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ANNALEN DES VEREINS
FÜR
NASSAUISCHE ALTERTUMSKUNDE
UND
GESCHICHTSFORSCHUNG.
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ANNALEN DES VEREINS
FÜR
NASSAÜISCHE ALTERTUMSKUNDE
UND
GESCHICHTSFORSCHUNG.
VIEßUNDZWANZIGSTER BAND.
18 92.
irr 10 LiTHOORüPHIBRTEII TAFELH.
WIESBADEN.
CONRAD REINHARDT
T0RMAL8 W. HOTB'8 BOCU- * KUNSTHANDLUHO
HOrLtBFBRAKT
■OSML. HORCIT PCB FRAU PBUZBUIR CHRnTIA» KU SCHLESWIG -HOLSTEIN
PBiaZBSSni TOM OBOaSBBITAIIHlBN UND IKLABD.
1892.
•TANranD un'vidxv^
Stack«
DEC -4 1970
/ S''7
Inhalts -Verzeichnis
des vierundzwanzigsten Bandes.
Seite
I. Johann Hilchen von Lorch. Von F. Otto 1
Anhang dazu 20
II. Xonrad Oerlin von Wiesbaden. Von F. Otto 23
III. Ftlnt Karl Wilhelm von Nassau -Usingen, 1776-1803. Mitgeteilt von
F. Otto 24
IV. Georg August, Fürst zu Kassau-Idstein, 1677—1721. Von G. Spielmann 25
Anhang dazu 76
V. Mitteilungen über die Lage und Geschichte der Marau bei Mainz.
Von Geh. Baurat Cuno 81
VI. Johann Konrad von Seibach. Nebst einem Anhang: „Einige unbekannte
Uerborner Drucke*. Von F. Otto 85
Anhang dazu 95
VII. Die SchOnauer Überlieferung. Eine historisch-kritiBohe Untersuchung von
Ludw. Conrady 101
VIII. Das alte Wiesbaden.' Mitgeteilt von F. Otto. Mit 2 Abbildungen ... 162
IX. Geschichte der Steigbügel. Von A. Scblieben, Major a. D. Mit 6 Tafeln
(I bis VI) mit 352 Abbildungen 165
X. Zur Topographie des alten Wiesbaden. Von A. t. Oohausen. . . . 232
XI. Burgen in Nassau. Von A. y. Cohausen. Mit 4 Tafeln (VII bis X) . . 233
1. Neukatzenelnbogen oder die Katz bei St. Goarshausen 233
2. Sterrenberg, Liebenstein und Bomhofen 236
XII. Die Frankengräber von Schierstein. III. Von B. Flor seh fitz . . . . 239
XI IL £ine neue Knochenhöhle in Steeten a. d. Lahn. Von B. Florschütz.
Mit 2 Abbildungen auf Tafel VIII 242
XIV. Der Wilde Pütz bei Steeten. Von A. y. Cohausen. Mit 5 Abbildungen
auf Tafel X 245
XV. Grabschrift des Gustav Ernst von Seydlitz zu Kastätten. Mitgeteilt
von F. Otto 248
XVI. Der römische Grenzwall (von Cohausen und Mommsen) 254
XVII. Vereinsnachrichten.
Bericht des Sekretärs (vom 1. April 1891 bis 1. April 1892) 261
Bericht des Konservators Oberst v. Cohausen über die Erwerbungen für
das Altertums-Museum in Wiesbaden während des Jahres 1891 . . . 265
Schenkungsurkunde 268
Kachruf an Anton Weck 269
Berichtigung zu pag. 61 ff. des vorjährigen Altertumsbandes . . . 271
Sendungen^ die für den Verein bestimmt sind, beliebe man an den Verein, nicht an ein
einzelnes Mitglied des Vorstandes zu adressieren.
t^ftUCK YOV RÜD. BKCHTOLD * COMP^ WIB8BADEK.
woctmmrtxmmJB * umoom, AXtrALT.
Johann Buchen von Lorch *)
Von
?♦ Otto*
Auf dem Denkmal, welches dem Bitter Johann Ililchen von Lorch in der
Kirche zu Lorch gesetzt ist, befindet sich eine Inschrift, nach welcher derselbe
in den Jahren 1542, 1543 und 1544 kaiserlicher „Oberster Feltmarschalk''
gewesen sei und ausserdem noch sieben Feldzuge „helfen thun.* Diese An-
gabe war die Veranlassung, dass der Verfasser dieses Aufsatzes es unternahm
die spärlichen Notizen über Hilchens Feldzuge zusammenzusuchen und einige
Nachrichten über sein sonstiges Leben mit denselben zu yerbindeui um so eine,
wenn auch nicht eben eingehende Darstellung seines Lebensganges zu gewinnen.
Jjeider boten die Schätze des hiesigen Staatsarchives nur geringe Ausbeute;
die meisten Mitteilungen über Hilchen entnahmen wir den in den Anmerkungen
angegebenen Druckwerken. Vielleicht gibt unsere Arbeit Anlass, dass etwaige
weitere Notizen aus ungedruckten Archivalien an das Licht gezogen werden.
Die Jugend Hilchens.
T'^nter dem zahlreichen Lorcher Adel nehmen die Hilchen von Lorch eine
hervorragende Stelle ein. Zur Zeit ihrer Blüte im 15. und 16. Jahrhundert
zerfielen sie in mehrere Linien, aus welchen mehrmals Leute hervorgingen, die
auf geistlichem oder weltlichem Gebiete eine rühmliche Stellung errangen. So
war der väterliche Oheim unseres Ritters Dechant des Stiftes zu Bleidenstatt,
dessen Schwester Äbtissin des Klosters Mariakron bei Oppenheim ; viele Hilchen
waren Schultheissen zu Lorch oder Amtleute des Kurfürsten zu Mainz. ^) Auch
der Vater des Ritters, welcher gleichfalls Johann hicss, bekleidete kurz vor
seinem Tode das Amt eines Schultheissen in seiner Heimat. Derselbe hatte
im Anfang der achtziger Jahre des 15. Jahrhunderts sich mit Elisabeth von
Walderdorf vermählt. Aus dieser Ehe entsprossten zwei Kinder, ein Sohn,
Johann Hilchen der Ritter, welcher im Jahre 1548 in einem Alter von 64 Jahren
starb, also etwa im Jahre 1484 geboren war*), und eine Tochter Margarethe,
*) Ein im AltertamsTerein zu Wiesbaden gehaltener Vortrag.
>) Bodmann, Rheingaolsohe AltertOmer, 8. 835. — *) Nioht 1488, wie der Rheinisehe
Antiquar ins tagt.
1
welche ein daiu* vur ihrem Bruder al» Äbtisit<tü voo JüanaicTÖn uüJ Nachfolgern
ihrer Tante (seit 1518) starb; die EUeni starben beide im Jahre 1512,^)
Über die Jugendzeit^ die Erziehung imd Bildung des jungen Hilehen sind
wir uieht unterrichtet^ wir dürfen aber getrost annehmen, dass er in dieser
lioziehung nichts vor seinen Standesgeuossen voraus hatte, insbesondere ist an
eine hühere wissenschaftliche Bildung nicht zu denken, seit die Legende von
der sog. Junkerscbule zu Lorch, welche Budmann aufgebracht hatte, als eine
Dichtung dieses Gescbicht&forschers, hervargcgangeu aus dem miasverstaudenen
Worte Schola, nachgewiesen worden ist.*) Es wird Uilchen vor allem zu kör-
perlichen Übungen und zur Ifandhabung der Waffen angehalten worden sein
und frühe in den Wäldern des Taunus dem Waidwerk obgelegen, daneben
auch die uotw^eudigsten Elementarkenntnisse sich angeeignet haben. Möglich
ist, dass er schon in früher Jugend den Grund zu der Freundschaft nnt dem
nur wenige Jahre älteren Franz von Sickiugen (geb. am 1. März 1481) gelegt
hat, da die Besitzungen beider Hauser sich vielfach berührten und zum Teil
von denselben Lehensherrn, namentlich den Kurfürsten von der Pfalz und
Mainz herrührten. Zudem war der Vater des berühmten Franz von Sickingen,
Schweickard, w^ährend der Jugendzeit heider ein am Mittelrheiu vielgenannter
Ritter, gefürclitet und gehasst von den Städten und Fürsten, gefeiert von seinen
Standesgeuossen, ein Vorbild lur alle, denen ein ritterliches Leben im alten
Sinne als Ideal vorschwebte.
Etwa 22 Jahre alt vermählte sich Joliann Ililchen mit der Tochter des
Melchior von Rüdesheini Dorothea. Die Ileiratsabrede fand am 2(J. Oktober
1508 statt, der Heirats vertrag ist am 26. November 1507 abgeschlossen/^) In
demselben verspricht Johanna Vater seinem Sohne eine Jahresrente von 55 il,
anzuweisen und ihm eine Behausung nebst entsprechendem Hausrat zu geben,
mit welchem allem Johann der Jüngere seine Hausfrau bewitumt; der Vater
der Braut dagegen verpflichtet sich seiner Tochter 800 fl. Heiratsgut zu geben.
Dieser Vertrag wurde jedoch nicht genau ausgeführt: Melchior von Rüdesheim,
nicht der Vater Hilchens, sorgte zunächst für eine Behausung, indem er den
jungen Eheleuten die Burg Martinstein einräumte, zahlte dagegen nicht die
HOn fl., für welche Ililclien im Jahre 1541 nach dem Tode Melchiors eine Ent-
schädiguog erhielt, bestehend in einer Jahresrente aus dem Zoll von Elireufels
im Betrage von 20 Ooldguldeu und einer weiteren Rente von 27 fl, 20 Albus
und 2 Pf.*)
*) Die GrftbBtein-Insciirifton a. b. Roth, Fontc» IT, S. 302. E« irrt daher Töpfer m
dem sogleich genannten Werk© IJ» 8. 463, wenn or Dorotheft im Jnlire 1&38 utcTbeo liiagt.
Über die Lehen der Uilchen tergl. Sauer in dieeeü Atinnlon XX, und Töpfcrr, ITrkundon*
Imeh der Vö^te von Hunolstein IIl, San er zühlt nuf: 1, HäU8 und Hof ku Lorch und dus
KirphlHjim-BüIandiaeho Lehon, spÄter Yoti NitssttU-SflArbriiükeii j 2» di«* Lehen d«*« Kp7,bi»ehori«
m Uikim.; 3. der Dompropstei tu Mainz; 4. du« BÜfto 8. Unn lul gr^dus; &, von S. Viotur;
^. df^ä Erzhiflchofs von Trit^r; 7« Lohen xu Utzonhain, ruterfborgf 6. Gom^hauiici) und Urbar;
8. Lolien ron Nasfiau-Wieebadefi ; 9. von N.^Katjrcnelnbogen; 10« van dem Stift S. Lubcntin«
/u Diotkirohen; 11. von 8, Florin xu KobUnz; T2. von I^eiiburg-Grcnxau; 13, kleinere Lehen
von Mamlersehoid-RlankenheiTa und Löwenstcin-Weriheirn; 14. der Fronhof xu Lorch. 'J Vgl.
Sauer in dem Anhang «um Codex diplom* NajgoicuÄ. - *| Töpfer III, 9. 25«. — *) Tupfer
lU, 8. 93.
Dlo Ehe daaorte nur wenige Jahre, da Dorothea seboD im Jahre 1512
PilliHrb mit ninterlassuDg einer Tochter Maria, welche im Jahre 1530 mit Adam
IS^Bgt voü HimoläteiQ vermählt wurde. ^)
Weadeii wir uos nun mehr zu den Tbaten Hilchens, so unterscheideo
wir zwei Perioden; die erste begreift die Zeit seiner Fehden, welche er allein
oder iu Verbindung mit Sickingen an»focht, 1510 bis 1523; in der zweiten
©r die«em altritterlichen Loben und widmet sieh dem Dienste des
Kaisers Karl und des Königs Ferdinand, iu welchem er als üeerf uhrer einen
KftOMm erwarb*
I Johami Hilchen WaSeogeooese Sickingens.
Auf dem Reichstage zu Worms im Jahre 1495 war zwar ein ewiger und
^meiner Landfriede verkündet und dessen Beobachtung in den folgenden
f«lahreQ ernstlich anbefohlen worden. Indessen konnte und wollte sieh die Kitter-
•ebaft der neuen Ordnung der Dinge nicht fügen. Nicht nur dass ihr die ihr
allein zusagende Thätigketi und die mit den w^echselnden Fehden und Haubzügen
ferhundene Unterhaltung und Aufregung entzogen wurde: sie fiihlte, dass es
mit ihrer Stellung vorüber sei, wenn das Gericht entscheiden sollte, wo bisher
das Schwert geherrscht hatte, wenn die Fürsten über den Frieden wachten
and dadurch ihre Macht immer fester begründet wurJe. Daher sehen wir noch
immer die Ritter mit Piekelhaube und gespannter Armbrust durch die Felder
eflen oder im Walde auf der Lauer liegen, um den Warenzug der Bürger auf-
zufangen oder den Gegner niederzuwerfen; zertreten wurden die Saaten de«
Laudmanna^ die Dorfer gingen in Flammen auf. Manche, wie Franz von
Kekiligen, gaben dieser Neigung zum alten Ritter- und Räuberleben einen
[tirferen Gehalt; sie traten ein für die verfolgte Unschuld, nahmen sich der
1 Schwachen und Hilflosen an und wagten den Kampf auch mit MächtigiM^en,
'Olückliohe Erfolge führten dann immer weiter, imd Franz errang allmählich
ein Ansehen, wie es kein Ritter vor oder nach ihm besessen hat.
Mit Sickingen war Ililchen, wie wir oben gezeigt haben, von Jugend auf
befreundet; er wird vielfach schlechtweg als der Waffengenosse und Freund
daatelben bezeichnet. So finden wir ihn denn gleich ijn Anfange seiner Selb-
flifldigkeit auf derselben Bahn.
Die Fehde mit dem Rheiugrafen 1510 ff*
Die erate Fehde, von der wir wissen, hat Hilchen nicht in Verbindung
mil Sickingen geführt, aber doch sicherlich in seinem Sinne und mit seiner
tlilltgttiig.') Es war im Jahre 1510; er wohnte noch im Hause Martinstein
iiQd war eben (150Ö) zum Gemeiner der Burg Kallenfels aufgenonimee worden.
Zu Mariinsiein gehörte das Dorf Uorbach, welches mit dem Dorfe Simmern
imier Dbmim oder Rheingrafen -Simmern^) in Streitigkeiten geriet* Hilchen,
*j Tapfar litt B. 81. Der Ehevertrag iit Am 18. November 1529 abg^oscltloascn. HitoUen
I fi»r«i|iricli4, f»tnr-r Tochter 1000 fl. Hoirutsgut tu zahlen und sie ihrem ÖUntlo gfemfiss ehoUüh
^m4 licfUfK j|^rhinU''kt um! j^ckloidct zu Üborgobnn. — ') T5pf«r lü, 8. 259. ^ *) 8JjiiRieru
jHDg und feurig, nahm üich bofurt seiner Leute an ; aber auch der junge Rheiii*
grÄf*) i^aumte nicht <lie Sache der Seinigen xu verfechten; als die Versuche
den Streit friedlich beizulegen sich in die Länge zogen, griff der ungeduldige
Uilchen zum Schwert; den Schultheiss von Simmeru schoss er in der Kirche
selbst nieder, auf den Priester drückte er zweimal Pfeile ab. Nun Übte der
lüieingraf schlimme Vergeltung; er besetzte einen Teil von Horbach und Weiter»*
bach, worauf Hilchen mit eeinen Freunden von Steinkallenfels rhoingraflicho
Dörfer niederbrannte und arme Leute tötete oder gefangen wegführte, Sep-
tember 1511. Dawider erhob der Hhcingruf Klage und erwirkte gegen seinen
Widersacher die Acht wegen Laudfriedensbruches. Vertrieben aua der Heimat
suchte derselbe nunmehr Schutz bei den Bürgern von Bingen, welche, weil
sie ihn freundlich aufnahmen, seinem Verfolger aber, dem Amtmann Philipp von
Lüwenstein, die Thore selilnssnn. vnn dem kais<Tli(^br"ry Fisknl /.u 1000 fl. ?tr:ifr
verurteilt wurden.
Während inzwischen ein neuer kaiserlicher Belehl gegen Uilchen erging,
bemühten sich die Gemeiner von Kallenfels Frieden herbeizuführen, was ihnen
auch gelang. Nachdem noch im Jahre 1511 ein vorläufiger Vergleich abge-
schlosaeu worden war, nach welchem die Fehde ruhen, der Schaden festgestellt
und deramlchst geordnet werden solle, der Ilheingraf aber dahin zu wirken
versprach, dass die Acht aufgehoben werde, zog sich die endliche Aussöhnung
bis in das Jahr 1515 hinaus* Die ganze mutwillige Fehde hatte den Hilchen,
wie er später klagte, grosse Kosten und oftmals Sorgen und Gefahren ver*
ursacht.
Die hesBisohe Fehde 1518.
Drei Jahre später beteiligte sich Hilchen an der hessischen Fehde
Sickingens gegen den Landgrafen Philipp von Uessen^ welcher der gemeinsame
Gi'gner beider war. ^Etliche landgräfische Angehörige**, heisst es iu dem spiUer
abgeschlossenen Vertrago, „hatten Johann Hülchen einen Sehultheissen be-
schädigt, darauf er nachfolgendt Tods abgegangen.^ Worin diese Besclnidigung
bestand, was Johauri etwa unternommen, um sich zu nichen, ob der Tod di»**-
sf^lbon die unmittelbare Folge der Beschädigung gewesen und er deswegen ver-
liindert worden sei liache zu nehmen, wird nicht gesagt; genug, als jetzt, seclia
Jahre nach diesem Ereignis, Franz dem Landgrafen Fehde ansagte, wurd«
Hilchen, der auch „für sich selbst dessen Feind war*^, veranlasut sich dem
Feldzuge anzuschliessen.
Was für Sicldngen die Ursache war, dass er gegen den Fürsten das
Schwert zog, ist für uns ohne Bedeutung; er glaubte die Jugend des eben erat
zur Regierung gelangten Landgrafen benutzen zu sollen, um die verletztan
Ueehte oder vermeintlichen Hechte einiger Freumle und antlerer, die seinnu
tint«r Dhiitin w^r der gröwjto Ort diar rhobgrüftirlion B.Vfor. SrlmiMilnr, no-,rliIt4»tr de
Wild- und Rheing^rfifltt^hcn Hause« 1854, S. 155.
') Rhein- und Wildgraf war durattk PliiUpf», >^"fi«» «i* ^ »n» Jahio i »;i;» >« v^iMt rx non Khiun«
g^mfen Johann VI; or war gohornn den 8. 8epU'inl><*r H92, bUo dnmal« IS Jahre alt, und
nliuid noch unter d(^r Yorniundsohaft nvitusr Muttvr Jotuinnii, gt*h. Oraflti von Baann^^rden.
8rhneidf*r w n 0 S m:!: l.'iS.
«nnelen^ra wahron.*) Er lag nocf^SrMetz „mit zwei tausend Pfordüii
[und etliche viel üiusend zu Fuss, überzog die vun Metz gewaltigHchen, der
tUr^ach^ das« sie ötliche ihre Bürger oline Recht daa Ihre gonoiriTnen'^,') als er
ftiis 8. Soptomber 1518 einen Fehdebrief aii deo Landgrafen erliess^) und ^rait
^ttDem geriogett Volk nicht über 500 Pferde und 8000 zu Pusa gleich von
Fdaimeii^ gogen Darmstadt zog» Er selbst überschritt den Rhein oberltnlh Mainz,
während vom Tauuaa her Kaspar von Kronberg, vom Odenwald her Götz von
^ 1 naheten; alle drei fielen zu gleicher Zeit und so rasch in die
Ujergrafnehaft Katzen einbogen ein, daas nichts zum Schutze vorbo-
Ireitelt die Burgen nicht hinreichend besetzt, für Proviant und Munition gesorgt
werden konnte. Daher hinderte niemand die Verwüstung dos Landes, die nun
tb^anii und uaineutlich von Hilchen vollzogen wurde, während Sickiogon die
mptatadt Darmstadt belagerte und gewann.*) Denn nach einer starken Be*
iicbieissung derselben verstand sich unter Vermittlung von drei Räten des Mark-
Ich die eingeschüchterte Besatzung zu einem Vertrage» welcher am 23. Sep*
aber abgeschlossen wurde. In Bezug auf Hilchen heisst es im zehnten Ar-
^AIs etliche landgräftscho Angehörige lobann Hülchen . . . beschädigt , , .,
Ut ab^rcdt, das» sie sich mit Ihme daruml) vertragen, dagegen sie Landgraf
!" ' 'iirer Herr nicht handhaben soll; möchte aber der Vertrag
ij, so soll derselb Artikel auch zu obbemeldtem Austrag
iUditn, und als lohann Hütchen für sieh selbst Feind worden ist, sich auf
**ra]ictscus Frieden und Unfrieden gezogen bat, solche Fehde auch ab und tot
htngde^ und lohann dcsshalbeu aus Sorgen sein/*)
Trierisehe Fehde 1522 und 1523.
Einen schlimmeren Ausgang hatte die Fehde mit dem Erzbischofe von
Trier, deren Ursprung, soweit sie Hilchen betraf, in das Jahr 151 fi zurück-
reiehl ; die eigentlichen Gründe, durch welche Sickingen veranlasst wurde gegen
einen mächtigeren Fürsten des Reichs das Schwert zu ergreifen, lagen tiefer.
Die Hoffnungen, welche man auf den jungen Kaiser Karl gesetzt hatte,
üHuUten «ich bekanntlich nicht; den Gebrechen der Nation half er nicht ab:
weder ordnete er die weltlichen Angelegenheiten in einer den Wünschen der
Fclrsten und den Bedürfnissen dos Volkes entsprechenden Weise, noch hatte
er irgend ein Verständnis für die religiösen Fragen, um hier entscheidend ein-
zugreifen: alles bemass er nach den Interessen seiner Dynastie und seiner
IStelluüg als Herr grosser und weithin zerstreuter Länder. Noch einmal lioli
V ^' 1 : .^j (]e,* kaiserlichen Sache im Jalire 1521 seinen Arm, als
auf 1 ^n Befehl des Kaisers mit dem Grafen Heinrich von Nassau
die Kriegßbrung gegen Franz L von Frankreich an der belgischen Grenze
^1. Rommel III, 1. 8. 248; Muooli, tV v. Sickingen I, S. 90» II, B. 9i. Die
PUiipp» glaobte sich bonnoHteillgt und zurQckgcseUt; die Eerroa Yon Kronberg und
Ein luHoa Streiiigkeiten mit llossen, der Abt von Fulda maehto Forderungen an da«
1ii0ter ll^rifeld^ «etobc mit Oew^alt surüokgowieeon wurden ; ihnen allen wollte Franz tu
I Heebti* rftrtii^lfen. — *) Flerahetroer Chromk bei Mönch 111, 8, 210« Kap. 85, — *) Ab-
•ekt M Bllänvb U, 8. 9t - *) Manch lU a. ». 0., Kiip. 37^42. — ') Manch U» S.9T,
übernahm. Aber auch hier ia seinen Hoffnungen gctiiu>st!iir iiü<l ujrht bofriod
schlug er nunmehr seine eignen Wege ein, unbehindert von dem Kaiser, der
fern war, und von dem Reicharegiment, von dessen vielköpfiger Spitze ein Ein-
greifen nicht zu befurchten, ja vielleicht Nachsicht zu erwarten war.
Es galt zunächst feste Stellung zu nehmen gegenüber den Fürsten und
dem Reichsregiment, denen die Ritter Schwache und Parteilichkeit vorwarfen,
deren Urteilen sie sich nicht unterwerfen wollten. Um sich zu verständigen,
berief J^ranz eine Versammlung der oberrheinischen Ritter auf den 13. August
1522 nach Landau, wo man „ein freundlich Verständnis, Gesellschaft oder Ver-
einigung^ auf sechs Jahre aufrichtete. Zu den dort erschienenen Rittern ge*|
hörten auch Johann Hilchen^) und sein Schwiegervater Melchior von Rüdes-
heim. Man verpflichtete sich „zu Aufrechthaltung guter Polizei unter einander**,
im allgemeinen sich einander treulich zu raten und zu fordern, wo man das
mit Ehren thun könne, insbesondere Streitigkeiten nur vor unparteiischen, mit
rittermässigen Leuten besetzten Gerichten entscheiden zu lassen, Streitigkeiten
unter einander Schiedsgerichten vorzulegen, Lehenssachen nur vor Lehensrichter
und Mannen zu bringen u. s. w. Zum Hauptmann erwählte man den edlen
und ehrenfesten Franciscus von Sickingen und bestellte für die einzelnen Gaue
Zugeordnete, welche über die Beobachtung der Gesetze wachen sollten; zu
denselben gehörte u. a. Melchior von Rüdesheim.
Es ist nicht unwahrscheinlich ^ dass Sickingen im Hinblick auf das, wa«
er alsbald vorhatte, diesen Bund abschloss, wenn er auch zu Landau keine
Mitteilung darüber machte. Denn schon vor Ablauf des Monats begann er
in Verbindung mit seinen Genossen die Fehde gegen Trier, welche beweisen
sollte, was der Bund vermöge. An derselben war Hilchen in hervorragender
Weise beteiligt und hatte mit Sickingen die Veranlassungen zu derselben her-
beigeführt.
Kurfürst und Erzbischof Richard von Trier aus dem rhoingauischen Ge-
schlecht der Greiffenklau hatte den Unwillen der Ritter durch mancherlei heraus«
gefordert, zuletzt durch sein Verhalten bei der Königswalil im Jahre 1519 uni
auf dem Reichstage zu Worms 1521. Damals hatte er bis zuletzt für den
französischen König gewirkt, hier mit gleichem Eifer die Sache der Gegner
Luthers vertreten*) und dessen Schriften verbrennen lassen ; er hatte, wie Franz
ihm vorwarf, sich an Gott, kaiserlicher Majestät und dem Reiche vergangen.
Daher trugen Sickingen und sein Freund Hilchen kein Bedenken in den, wie
CS ihnen schien, gerechtesten Sachen, welche steh ihuen darboten, ihm feindlich
entgegenzutreten.
Der Mainzer Bürger Peter Schefter hatte gewisse Ansprüche an fran-
zösische Uuterthanen erworben, konnte aber weder selbst bei Ludwig XIL,
noch seine Erben bei Franz L Recht tinden. Da erliess auf AnsurluMi Kaiser
') Ihn Donnt Lfltoinus bei Scharcl 11, 8, 1022. Di*? Vörtrapurkuinl*^ t)vi AnimU H,
8, 188 ff. — *} Ob Hilchen ihm hierin beigtimmte oder nicht, mag unontmliit^don blcihyii;
jedoaralls blieb er, wie e» »choint, ein treuer 8ohn der KircJio; Anzeichen einer HinnciguugJ
zu der Reformation, wio T5pf«r And<?utct, sind kiium Torheinden; nittu un'iMii^ ^bnn nvlfi}
tiahca VorhlltniB zu d^m Otiten Wilhelm von Nii«»Bti-Dilk'jiburg »o duutim. ^
I
k
lau eiowf K^pmsalionbrier Vi. reoruar ISIK), in welchom er allen
FlintcQ tnitl UoterthauiMi bei Strafe von 20 Mark befahl, auf Anrufen der
flchdfer^ohcii Erben oder Anwälte alle Unterthanen des König» von Frank-
reich nebst ihrer auf Reicbaboden betroffeneu Uabo anzuhalten und^ falls nicht
!i8 Wochen ein Abkommen getroffen sei, die Güter den Klagern zu
ien. Sickingen und Hilchen Hessen sich jene Forderung übertragen,
Terfahreti^ welches man öfter einschlug, wenn man eine rechtliche Hand-
för den Beginn einer Fehde erhalten wollte. Als nun Kaufleute aus dem
unter franzuaischer Herrschaft stehenden Mailand durch trierisches Qe-
hiH kamea, nahmen «ic ihnen auf Gnmd des Repressalienbriefes Waren von
Meuteudem Werte ab. Allein der ErEbischof verhinderte die Fortschaffung
denelbcn und gab auch der Stadt Trier dahin gehende Weisungen. Diese
llAtlö dftber durch ilire Anordnungen alsbald die in dem kaiserlichen Briefe an-
j^udrohte Strufe vor wirkt, welche nun die beiden Ritter in Anspruch nahmen.
Die wertere Verfolgung dieser Sache überliess Sickingen seinem Freunde, wurde
%\mt neberÄeits auf andre Weise in ähnliche Händel verwickelt. Als friedliche
Mittel nichts halfen, schickte Uilchen am 29. August 1522 der Stadt Trier
atoeD Fehdebrief) und verlangte Kosten- uud Sehadeoersatz nebst der ver-
wirkten Poen Ton 20 Mark,
Bereits zwei Tage vorher, am 27. August, hatte Franz von Sickingen
dem Erzbisjchofc von Trier Fehde angekündigt wegen einer Sache, an welcher
tliicben ebenfalls beteiligt war. Ein Ritter Oerhanl Börner war mit einem
ihen Amtmann zusammengestossen und verband sich mit Johann Ililclien
nriüh von Thann, um sich gegen etwaige Gefahren zu schützen. Im
1C2J7. 1521 nahmen sie zwei wohlhabende trierische Unterthanen gefangen,
sie auf die Burg Thann und legten sie in Fesseln j als Lösegeld ver-
«io 5000 ft. nebst 150 fl. für Atzung. In ihrer Not wandten sicli die
flefiMigenen endlich an Franz von Sickingen, welcher auch eine Vermittlung
der Suche zusagte (Ende Juli), und erneuern am 5. August ihr Gesuch mit
dem Zufügen, wenn Franz sich für sie verbürgen wolle, so würden sie mit
nurem gany,en Vermögen — mehr als 12,000 fl, — und mit ihrer Person haften
■öd P&T allen Schaden aufkommen. Am 8. August übernahm nun Sickingen
mli Selbstschuldncr die Zahlung der Loskaufsumme, während jene sich eidlich
Terpflichteten hinnen Monatsfrist diese Summe auf der Jlbernburg zu entrichten
oder iich wieder zur Haft zn stellen, jedenfalls auf jede Einrode zu verzichten*
Kttom befreit lassen sie sich von dem Erzbisch ofe ihres Eides entbinden uud
(^- vor das Reichsgericht. Es wurde hin und her verhandelt,
kingen, des Treibens müde, am 27, August 1522 dem Erz-
littchofo Richard die Fehde ankündigt.
Die8 waren die Veranlassungen zu der bekannten Trierer Fehde; wir
dfti Verfahren der Ritter nicht verteidigen, und namentlich die zweite
Steile ürinnert «tn rk an ^h\s räuberische Rittertum der früheren Zeit.
jrti M'j >lu!i''li U, ^. l?7.
8
Eb folgt der bekannte Kriegssug gegen Trier, die Belagerung der Stadt
vom 8. biß 14. September, die Achtung Sickingena, der Buad der drei Fürsten
gegen ihn, die Eroberung von Kronberg und der Burg Landstuhl, der Tod
Sickingens am 7. Mai 1523, Das Unternehmen war vollständig gescheitert, die
Fürstenmacht hatte einen vollständigen Sieg über den Bund der Ritter davon-
getragen.
Noch che Sickingen gestorben war, hatte auch unsern Hilohen ein fcind-'
liches Oeschick erreicht. Nicht genug, dasa der Landgraf die Hand auf aein«
Güter gelegt hatte; er selbst geriet in die Gewalt seiner Feinde, Wir lassoi
die Erzählung der Flersheimer Chronik über diese Ereignisse hier folgen.^)
(22) „Baltt darnach kbam Herr lohann Hilichin, Hanss von Sickiogon
Augustin von Braunaperg gehn Kallenfels, von dannen sie ein unglückhafftig^
Stunde uff Landstul zu reitten wollten; das wahr Wilhelm von Habern, so da-
mahls Faut zu Heydelberg, undt volgenda der Pfalz Marsehaick worden, gowalir
zu Lauttern, nähme sein Keutter mit ihrae, ereiltt die Sickingiachen gahr spätt,
also dass sie ungeschlagen von einander nicht khommen möchten, zogen also
zusammen. Die Sickingischen wertten sich ritterlich, also das Haoss zum ersten,
sich eratlichen zu Rosa undt volgendts zu Fuesa also menlichen gwehrtt, das er
ettlich Wunden ihm Kopff empfangen, also das ihme der Schweiss über da»
Angesicht undt inn die Augen lieff, das er nitt wohl sehen Kundt; jedoch so
wehrt er die andern also lang, biss sie zu letst nbermantt undt sich ergeben
musten; also wahren sie melirertheils gefangen undt doch vor der Oefeügnuss
getrost, das man sie nicht änderst dan ritterlich undt wohl haltten und das sie
auch allein der Plalz Gefangene sein soltten^); uflT solches gelobtten sie dem
Habern undt wahren also im Veltt vertagt undt ahnheiasig, das sie sich gehn
Lauttern, da sie gemeint, stellen woltten.
(23) „Ritten also damahls gehn Nanstul, da sie Frantzen von Sickingen
fanden, der schon deas Unglücks zum Theil bericht, undt wiewohl es ihme ein
schwerer Unfall, jedoch hieltt er sich unerachröcklich undt gantz tröstlich, zeig
ahn, disa gebe das Feltt also, undt sagt, der Krieg wehre umb seines Sohl
willen nicht angefangen, undt Johann Hilichin versprochen, er must ehe ledig
werden dan sein Sohu, soltten desshalb unerschrockhen sein; aber es wahr
Franzen ein schedig Niederlegen, dan nit viel mehr nach der Niederlag auss«
gericht.
(24) „Wilhelm von Habern schrieb solches sein erlangten Sieg fürderlich
gehn Heydelberg . . . überkham Befeleh die Gefangenen gehn Lauttern zu mahnen,
das er auch thet; als aber Hanss seiner empfangenen Wunden halber sieh uff
die erst Mahnung nicht stellen kbundt, wardt ihnen ein anderer Tag gesetzt,
uff den sie auch erschienen; als sie nun gehn Lauttern khamen, zeigt ihnen
Wilhelm von Uabern ahn, wie er sein siegliche That seinem guedigsten Herrn
^) Münch in, S, 219, Kap, 22 (f. Di«« g^chali bald naoh Siokingons Ahr.ng von
Trier, noch im Jtthre 1522. Vorgl. Kup* 25* — •) 8io watou olTcoUar froh, dftss aio nicht ui
die GrfangüUBchalt den Landffritfeu l*hiiiji|» gi^niion wuren» von dem «io vvegron ihrer Pehd
von 1518 keine Ktichnicht «jdcr mUdu Hehaoadluiig zu erwartoii h»tii*n* rful^i^^rul' wi&r d«iioa
Lttdwtg V., 1500^1544,
dorn Pfalzgraffen zugeschriebeD, auch ihnen bericht, was er ihnen den Sickingi-
schen im Yeltt zugesagt undt versprochen, das sie ein ritterliche Qefengnuss
haben undt auch der Pfalz Gefangene sein soltten. Darauff sein gnedigster
Uerr ihme geantwortt, wass ihnen zugesagt, soltt ihnen gehaltten werden, undt
ihme befoUen, dasselb ihnen wiederumb von neuem zu versprechen . . .; diss
haben sich die Gefangenen bedanckt und Hanss gesagt, ehe er die Qelübt ge-
than, er woltt zuvor wissen, wess Gefangener er sein soltt, wie man ihm haltten
weil, undt als ihme ein ritterliche Gefengnuss undt das er allein dess Pfalz-
grafFen Gefangener sein soll, zugesagt, hab er erst gelobt, sich auch darauff
gestellt, höre gehrn, das man ihme dass halten woU . . . Nach etlichen Tagen
seindt die Gefangenen gehn Heydelberg betagt, da sie ettliche Wochen gelegen
in einem Wurttshauss, von dannen gehn Germersheim in einem Württshauss.^
In der Sühne, welche nach Beendigung des Kriegs stattfand, wurde in
Betreff der Gefangenen bestimmt^), „es soltten auch alle gefangen ausserhalb
Hansen undt Hilichin, zu allen Theylen ledig sein, Hans undt Hilichin soltten
auch ledig werden, doch uff ein engere Mass, die weil Hauptleut des Kriegs.^ Sie
blieben noch einige Zeit in Gewahrsam, da sie nicht sofort im Stande waren
den Wirt in Germersheim zu befriedigen*), bis endlich die Befreiung erfolgte.
Während aber die Erben Sickingens zunächst schwer geschädigt wurden durch
den Verlust ihrer Güter und erst etwa 20 Jahre später eine Rückgabe erfolgte,
rettete Hilchen aus dem Schiffbruche wenigstens sein Yermögen. Er hatte
dasselbe durch eine Schenkung vor Schultheiss und Gericht zu Lorch und dar-
nach vor der ganzen Landschaft des Rheingaus seiner Tochter fibergeben. Auf
die Beschwerde von Trier, Pfalz und Hessen, es sei hinsichtlich dieser Güter
von dem Kurfürsten zu Mainz, in dessen Gebiet sie lagen, nicht genug geschehen,
machte dieser geltend, es gebühre sich nicht dem Töchterlein die Güter zu nehmen,
solange nicht nachgewiesen sei, dass die Schenkung uukräftig und dieselben
dem Töchterlein nicht zuständig seien.')
IL Johann Hilohen im Dienste des Kaisers Karl und Königs Ferdinand
1527-1548.
Der unglückliche Ausgang der letzten Fehde, seine Gefangenschaft uiid
die Ge£Eihr Hab und Gut zu verlieren, wohl auch die Besonnenheit des reiferen
Aliers gaben dem Sinne Hilchens eine andere Richtung; er gab das ritterliche
Leben in der bisherigen Weise auf und widmete von nun an sein Schwort der
Sache des Vaterlandes im Dienste des Kaisers Karl und Königs Ferdinand.
Sein Genosse Hans von Sickingen ging ihm darin mit seinem Beispiele voran.
Als sich der „bäurische üiFruhr^ erhob, ward dieser „von ettlichen Hauifeu der
Banem angesucht, das er ihr Hauptman woltt werden; sie wüssten, das seinem
Yatter undt ihme Unrecht geschehen were, sie woltten ihme zu allem dem
seinen helffen undt grosser machen, dan er ihe gewesen wäre; aber Hanss
*) Ib. VI, Kap. 17, 8. 228. — *) Ib. Kap. 24. — ») Ver^l. die Urkundeji bei Münoh II,
8. 23ap 2e4 n. «65.
10
enfcöchlug sich ihr undc ntt ntrackö dem Bundo zu^ bey äe
er sich biös zu Eodt desä bCiiuischeu Kriegs.** ^) Üb Hilchen sich ebenfalls zur
Bekämpfung der Bauern bei dem schwäbischen Bunde einfand^ ist zweifelhail.
Da der Rheingau selbst heftig yon der Bewegung ergriffen mirde, so i»t es
nicht wahrscheinlich, dass er den heimatlichen Boden verlassen hat, wenn auch
sein Name nicht genannt wird,^)
Indessen boten die folgenden Jahre hinreichende Gelegenheit die Thaten*
Uist zu befriedigen. Denn gerade ura jene Zeit begannen die fast unaufhör-
lichen Kriege an der Ostmark des Reiches, seit es den Türken gelungen war
sich in Ungarn festzusetzen; os hatten die Kriege mit Prankreich begonneui
welche Ruhm und Ehre sowie reichen Lohn versprachen. So finden wir denn
Uilchcn wiederholt in diesen und anderen Kriegen und vielfach mit Auszeichnung
oder iü hoher Stellung genannt.
Der FeMzug gegen Johann Zapolya 1527.
Am 29. August 1526 hatte König Ludwig von TT'ngarn nach tapfrer Gegen-
wehr bei dem Schlachtfelde von Mohacz im Kampfe mit Soliraan Thron und
Leben verloren. In die allgemeine Flucht mit fortgerissen hatte er schon doa
schwarze Wasser, das die Ebene durchschneidet, hinter sich, das Pferd war
eben im Begriff das steile Ufer zu erklimmen, als es ausglitt, zurückstürzte und
sich mit dem Reiter in dem Morast und dem Wasser begrub; etwa sechs Wochen
nachher fand man seine Leiche an der Stelle.^) War auch die Nachfolge in
den Reichen Ungarn und Böhmen unzweideutig durch die Verti'äge bestimmt,
so wurde doch das Recht des Erzherzogs Ferdinand, des Gemahls von Ludwigs
Schwester, von einer Gegenpartei angefochten und noch m demselben Jahre
um IL November zu Stuhl weissenburg Johann Zapoiya zum Könige von Ungarn
gekrönt. Aber Ferdinand gab seine Ansprüche nicht auf. Nachdem er sich
Böhmens versichert hatte, überschritt er am 31. Juli 1527 die ungarische Grenze
mit einem stattlichen Heere von 8000 Mann zu Fuss und 3000 Mann zu Pferde ;
unter diesen befand sich auch Johann Ililchen.*) Am 20. August hielt Fer-
dinand seinen Einzug in Ofen, die deutscheu Reiter aber verfolgten Zapolya und
achlugen ihn bei Tokay, dann geleiteten sie den Erzherzog nach Stublweiasen*
bürg, wo dieser am 3. November zum Könige gekrönt wurde, die lotete Krönung,
welche in dieser Stadt vollzogen wurde.
Der Einzug in die Stadt war äusserst glänzend; den Mittelpunkt bildete
der Erzherzog, welcher die Krone empfangen sollte, er ritt in einem übersilberten
Harnisch, den ein goldener Mantel deckte, unter einem goldenen Baldachin^
welchen ungarisclie Geistliche trugen, auf prächtigem Pferde, zwisclien den
beiden Königinnen, seiner Schwester Maria und Gemahlin Anna; zahlreiches
Fussvolk war vor den Mauoro der Stadt aufgestellt, über dem Panzer aufge-
») Flersheiiner Chronik «. a. 0. 8. 283, Kap, 83. — ») VorgL Po tri tm ftchtan Bitndo
der Ammlcn, S. 1 ff, — *) EtiukOf Düutöohe Gcsohiclitc ir, \ S. 832. Btiehhültx, KAiflor
FcrdioRnd III, 8, 159, — *) RÄnkü a. ». 0, « 'i*^ nu.^Til.nU/ s '/iks l.V.-t 1% r.i;n..f..l mll
2 LOGO Mann mi(t»roolien.
^^gjjl^
11
flcblitste saintDe oder mit Gold gewirkte Kleider, von den Hüften herab
reichlich gestreift. Voran zogen glänzende Reiter, Trompeter, Käte, Bischöfe
a. a. Grosse, alle in prächtiger Kleidung, den Zug schlössen 3000 Mann der
ausgesuchtesten deutschen und ungarischen Reiterei, unter ihnen Johannes
Iiacben.')
Die Belagerung Wiens 1529.
Im Jahre 1529 unternahm bekanntlich der Sultan Soliman den grossen
Ueereszug gegen Westen, zunächst um Zapolya wieder in die Herrschaft über
Ungarn einzusetzen, dann aber auch, um sich zum Herrn von Wien zu machon.
Am 26. September begann die Belagerung der Stadt, am 15. Oktober wurde
sie aa%ehoben.
Auf die Kunde von der Absicht des Sultans hatte der König Ferdinand
umfassende Anstalten in das Auge gefasst, um den drohenden Angriff abzu-
wehren; doch kam zunächst nur eine eben noch zur Yerteidigung der Stadt
ausreichende Schar zur rechten Zeit zusammen; die Reichstruppen, zu deren
Anfuhrer Pfalzgraf Friedrich, der spätere Kurfürst, zu Speyer ernannt worden
war, sammelten sich nur langsam und nur einer Abteilung unter dem Pfalz-
grafen Philipp gelang es vor der Einschliessung in die Stadt zu gelangen;
Friedrich musste sich begnügen mit einer kleinen Schar ruhig zuzusehen, wie
die Umgegend von Wien verwüstet wurde, ohne etwas Entscheidendes zu
unternehmen.')
Auch Milchen hatte, wie Hans von Sickingen, im Frühjahre es über-
nommen an dem Kriegszuge sich zu beteiligen; er verpflichtete sich damals
400 Pferde zu werben.*) Über seine weiteren Schritte und über die Aufgaben,
welche ihm in dem Kriege zufielen, sind wir nicht unterrichtet; nur soviel ist
wahrscheinlich, dass er unter Pfalzgraf Friedrich stand und nicht in der Stadt
Wien sich befand; in dem Verzeichnis der Anführer und Hauptleute, welche
daselbst waren, fehlt sein Name^); aber auch Spangenberg sagt, er sei
damals Oberster in dem Türkenkriege gewesen.^)
Der Türkenkrieg von 1532.
Hatte Hilchen im Jahre 1529 auch nicht die Gelegenheit zu tapferen Thatcn,
so eilte er doch bei dem nächsten grossen Kriegszuge der Türken im Jahre
1532 wieder freudig zu dem Kampfe. Infolge des Nürnberger Religionsfricdcus
rüstete diesmal das Reich ein so stattliches Heer, wie es lange nicht gesehen
worden war; wieder war Pfalzgraf Friedrich der oberste Befehlshaber. Doch
auch diesmal schien die Möglichkeit zu ernsteren Kämpfen fQr diesen zu ent-
schlüpfen. Während er angewiesen war, ein Lager bei Wien zu beziehen^,
machte Soliman einen Angriff auf die Festung Günz, welcher an der Tapfer-
>) Bachholtz 8. 210 f. — *) Buchholtz S. 297 teilt oiDige Briefe Ferdinands an
Friadridi mit — *) Polit Korrespondenz der Stadt Strassburg, I, S. 326: d.d. 25. M^rz 1529.
~ *} Bei Seliard n. -* *) Adelsspiegel II, Fol. 253a, freilich mit der falschen Jahreszahl
ins sl#tt 1529. — ^) Bachhplts ^. a. 0. S. 10^.
13
keit der kleinen Schar der Verteidiger und ihres heldenhatton Führers gcheiterB
Nach dieser Probe von deutschem Mut und Ausdauer und im Angesicht den 1
glänzenden Reichsheeres wagte es der Sultan nicht weiter vorzugehen, sondern I
wandte sich zum Rückzuge nach Steiermark, indem er nur zum Scheine, um
seinen Abzug zu verschleiern, eine Anzahl leichter Truppen zur Verwü.iftung
von Ostreich abschickte. Mit diesen traf nunmehr der Pfahgi*af zusammen J
und auch diese unterlagen der Tapferkeit und Kriegskunst der Deutßchen ; voöj
einem Haufen derselben dem andern in die Hände gojagt wurden sie zwischen .
beiden zermalmt.^)
Als die Hilfs Völker des Reichs zusammengekommen waren, so erzählt ein |
rhetorischer Berichterstatter^), berief der Pfalzgraf seine Hauptleute und An-
fülircr (tiibunos et centuriones) und hielt eine Aurede an sie, in welcher er \
ihnen auseinander setzt, wie notwendig es sei dem drohenden Angriff der |
Feinde wohlgeordnet entgegenzugehen und insbesondere die wichtigsten Ämter '
zu verteilen; das wolle er jetzt thun, aber nicht ohne ihre Zustimmung; er |
schlage also vor, dass der Graf Wilhelm von Rennenberg, an Klugheit ein i
Nestor, an hohem Sinn und Kunst zu siegen ein Achilles oder Ajax, das Amt
eines Magister equitum (= oberster Lieutenant oder SteUvertreter des Ober- ]
anfiihrers) erhalte; Dietrich Spat, an Kraft ein wahrer Mars oder Diomede«,
solle Marschall werden; Ulrich von Schellenberg, an Tapferkeit ein Muciue,
an Recht^kenntnis ein Scaevola, sei geeignet Über die Soldaten zu richieo
(Profoss); lobannes Hi Hiebe, ein Drache der Hesporrden oder ein hundortüugiger
Argus au Wachsamkeit, übernehme die Sorge für die Wachen (Oberstwacht-
meister); Hans von Staden, an Schlauheit und Anstelligkeit ein Ulysses aus
Ithaka^ möge für die Verpflegung der Soldaten sorgea. Die versammelten
Führer billigten die Vorschläge, aus denen, wenn wir die Rhetorik abziehet!,
für uns hervorgeht, dass Hilcben eine hervorragende und ehrenvolle Stelle
unter den Kriegern einnahm, eine Sache, die auch von anderer Seite bestätigt
wird; ein ungarischer Geachichtschreiber versichert, die Hauptleute do« Pfalz-
grafeu seien von grossem Rufe und Ansehen, sowie grosser Übung im Kriegs-
wesen gewesen»^)
Ehren und Würden.
Am 23. September langte der Kaiser selbst zu Wien an. Nach Bc*
endigung der Kampfe entbot er den Pfalzgrafen und ßcine Befehlshaber s
sich in die Burg, lobte ihren Eifer und Uiro Erfolge und schlug zum Zeichen
seiner Anerkennung viele zu Rittern, zuerst die Fürsten; dann berief er vor
lilleu Orafen und Herren den tapfren Schärtlin von Burtenbach, welcher gleich*
falls den Ritterschlag erhielt, jetzt zum zweiten Male, von dem Kaiser solb^li
nachdem ihm nach der Schlacht bei Pavia schon einmal diene Ehre zu teil
geworden war. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass auch lohann von Uilchen
zu der ausgewählten Schar gehörte, welche der Kaiser damals so auszeiclmeti^; \
») Bank« 111,8* 347; BuohlioU? TV :5 n2 ♦:
8. 124T. - *! latliuftnfi 8* 181.
-I M**loluOr Soi**^''»"* ^"t «.»Vmr^l
18
spater heisst er immer Ritter und bezeichnet sich selbst mit diesem Namen;
auch Kaiserlicher Rat wird er genannt^) und eques auratus.')
Im Jahre 1533 trat Hilchen mit Graf Wilhelm von Nassau-Dillenburg
in ein näheres Verhältnis; derselbe ernannte ihn am 22. Februar zu seinem
Rat und Hauptmann und versprach ihm fünf reisige Pferde, drei Knechte, einen
Knaben, sowie 100 fl. und eine Hofkleidung für jedes Jahr.') So sehen wir
ihn denn alsbald bei der Taufe des am 24. April 1533 gebornen Sohnes von
Wilhelm und seiner Gemahlin Juliane von Stolberg, des später so berühmten
Wilhelm des Schweigers, anwesend; diese fand statt am 4. Mai und wurde,
da das Kind der erste Mannspross des Hauses war, höchst glänzend gefeiert,
Hilchen sollte dem Grafen bei der Anordnung des Festes mit zur Hand sein
und hielt bei der h. Handlung das Kind selbst, bis die Teufelaustreibung ge-
sprochen war, übergab es dann den wartenden Frauen, um es nach Beendigung
der Ceremonien wieder in die Hand zu nehmen und es dann der Reihe nach
den Gevattern zu reichen. Nachdem man die Taufkapelle verlassen hatte, trug
er nanmehr den Neugetauften zu seiner Mutter Juliane.^) — Am 20. Juli 1537
tritt ein Vetter Johanns, Friedrich Hilchen von Lorch, gleichfalls in näheres
Verhältnis zu Wilhelm, welcher denselben mit einem Lehen bedenkt.^)
Endlich sei erwähnt, dass der Kurfürst von der Pfalz unsern Hilchen
ebenfalls zu seinem Rat ernannte.
Der würtembergische Feldzug 1534.
Minder ruhmvoll als der vorhergehende war der Feldzug, in welchem
Hilchen gegen den Landgrafen Philipp stand. Der Herzog Ulrich von Würtem-
berg war wegen seiner Missregierung im Jahre 1519 durch den schwäbischen
Bund seines Herzogtums beraubt und dieses dem Bruder des Kaisers, dem
Erzherzoge Ferdinand, übertragen worden. Da es den Anschein gewann, als
ob der Herzog für immer seines Landes verlustig bleiben sollte, beschloss der
Landgraf Philipp gegen einen solchen Gewaltakt einzuschreiten. An der Spitze
eines stattlichen Heeres von Reisigen und Fussknechten fiel er im Jahre 1534
in Würtemberg ein, um den Herzog wieder einzusetzen. Gegen ihn rüstet die
bestehende Regierung und entbietet namentlich die alten Gegner Philipps aus
der sickingischen Fehde, Dietrich Spät, Johann Hilchen u. a. Ein noch vor-
handenes Volkslied^ sagt von diesem:
Die Reuter und der obrist Hauptmann^)
Den Herzog wollten sie vertreiben,
Kein Hessen im Lande lassen bleiben.
Wollten sich nicht mit ihm vertragen.
*) Bei Bommel a. a. O. im Jahre 1534, dooh fehlt der Titel auf der Qrabschrift. —
*} Volrmd tod Waldeck, Itinerarium S. 36, docli felilt auch dieser Titel auf der Qrabsohrift und
MHuk und kann ihm von Yolrad irrtumlich beigelegt sein. Wenn Topfer ihn im Jahre 1529
als Ritter bezeiohnety so muss er es freilich früher geworden sein. — °) Keller, Qescliichto
Ton Kasaan, S. 128; Arnoldi, Geschichte von Nassau-Oranien III, 2, S. 39; III, 1, S. 127.
— *) Jacobs, Juliane von Stolberg, S. 84 u. 85. — - ^) Notiz im Staatsarchiv zu Wiesbaden.
— *) ▼. Lilien er on, Deatsehe Volkslieder lY, S. 70. — ^) Pfalzgraf Philipp, Hauptmann
4et Bandet.
14
Gen Illingoü theteiia Lager ßclilageu,
Ilir Volk vertrostens für Oefert
Auf fünfhundert pfalzgräHich Pferd,
Auch bracht lohann Hilch Pferd so vielen,
Dem Herzog wollten s Richter spielen.
Ebenso erwüliüt Nikolaus Asclepius Barbatus, Professor der Philosophio
zu Marburg, in seiner Festrede nach beendigtem Kriege ausser dem „kleinen
IIoss^ Konrad von Bemmelberg nur des Ritters Hilckus als des tapfersten und
dnrcli seine Kriegsthaten ausgezeichnetsten Mannes.')
Der Erfolg entsprach nicht den Erwartungen; bei Laufen wurde am
12. Mai der Ausgang des Kampfes rasch entschieden: der Landgraf siegte und
setzte Ulrich in die vtUorltche Herrschaft wieder ein. Der Friede von Kadan
bestätigte das Errungene und söhnte auch Uiichen mit dem Landgrafen aus.
Familien er eignisse.
Wenige Jahre später trafen den Ritter zwei schwere Verluste : es starben
sein Schwiegervater und Schwiegersohn ; jener ertrank in der Nahe*) bei Merx-
heim. Infolge seines Äbsterbens Hei an Hilchen und seine Tochter, die VtVgtiu
von Ilunolstein, im Jahre 1539 ein Drittel des grossen und kleinen Zehntens
zu Wallertheim als Lehen auf Lebenszeit von dem Lehenaherrn Johann von
llohenfels. Die Teilung der übrigen Hinterlassenschaft dos Melchior von Rudes-
heim erfolgte im Jahre 1541,') Ferner trat an Hilchen nun die Pflicht heran
sich seiner Tochter und seiner Enkel anzunehmen»*) Und so reichte er u. a.
am 1, Juni 1541 eine Beschwerde bei dem Herzoge von Lothringen ein gegen
die Geistlichkeit und namentlich den Dechanten von Homburg, weil er bei der
Beisetzung der Leiche Schwierigkeiten gemacht hatte und nun nicht dulden
wollte, dass der Amtmann von Merxheim Turban Schlegel, welcher, vordem
katholischer Geistlicher, ein Weib genommen und sich der neuen Lehre ange*
schlössen hatte, länger im Dienste der Witwe des Adam von Hunolsteiu ver-
bleibe.^) Aus diesem Schritt hat man geschlossen, dass Hilchen der Refor-
mation Eingang zu verschaifen gesucht habe — mit Unrecht, wie es scheint ;
man kann höchstens behaupten, dass er in Saclien der Religion nachsichtig
war, namentlich gegen Beamte, wenn sie sich als tüchtig erwiesen.
Türkenkrieg von 1542.
Der Türkenkrieg von 1542, in welchem Kurfürst Joachim von Branden*
bürg den Oberbefehl führte, verlief ohne erfreuliche Resultate. Für uns \rsi
wichtig, dass u. a. die wetterauischen Grafen, als sie zn Butzbach über die
Ausfuhrung des Speyerer Reiehstagsabschiedes, soweit er sie betraf, »ich be-
rieten, den Beschluss fassten wegen der Anwerbung ihres Kontingentes sich au
') £r sftgt: NoQ nbitat lohannea HUokuB oquoi fortissimug ei irir rebus belli gr^Btia prac*
BtiatiMiiiiaf, 8ohartl IT, 3. 1296; Caesar. Catologus «todloe. Harb. I, & U. -^ *) Bod-
mann 8» 349. Nicht auch dio Gnnmhliti HUoh^öH. 8. o. S. t, Au», t. — ») Töpfer a. a. O.
Ö. 92 u. 97, und obon 8. 2* — *) Denjclbo 8. 98 vl 99. — *} DcsrseJbe 8. 91.
dien XU wendea, um m erfahren, wo em^olcn^^alil von Knechten, als
*Ta Tt#«^?irrffen, acu fimleu sei.*)
: ben selbst befand sich später im Reichsheer als Reichsoherster Feld*
DhaU*); auch die Orabschrifk erwilbnt dieses Feldzuges.
Die Feldzügo gegen Frankreich 1543 und 1544.
Im Jahre 1542 hatte König Franz den Krieg gegen den Kaiser wieder
Das erste Kriegsjahr hatte eine bedeutendere Entscheidung nicht
griifEQht; um so mehr sollte das Jahr 1543, so hoffte man, das Yertraiien
rvclilfcrligea, welches das stattliche Heer des Kaisers einflüsste. Er selbst er-
idtien, in der Kraft seiner Jahre stehend, voll Siegeshoffnung und Selbstge-
(tüiis, am 17, August zu Bonn, wo etwa 35000 Manu Deutsche, Italiener und
ijor rereinigt waren, und hielt hier selbst eine Musterung ab,
,Wer vor Jahren, sagt ein Augenzeuge^), den Kaiser in seiner einfachen
Kleidung gesehen, wunderte sich sehr ob des ungewöhnlichen Schmuckes; denn
ssii erxäJiIt, als er sein Russ bestiegen, habe er sieh selbst angeschaut und
gelicbdit* Alles am Reiter und Ross war auf« ausserste kostbar, und er nicht
«Dein erschien in solcher Herrlichkeit, ganz in Eisen, Gold und Edelstein, sou-
dcro aucli mit ihm ungeftihr 300 spanische und italienische Heroen in ver-
bwcnderiscber Rüstung. Er besorgte selbst alle und jede Geschäfte eines
ranfillirers, er dirigierte die Ordnungen des Fussvolkes, wie im Fluge hin
lud htt reitend* Dem goldgezierten deutscheu Ritter Johann Hilchen reichte
V aifllMt die Renufahne, bald diesen, bald jenen anrufend und in deutscher
che tadelnd. "
Hier sehen wir also wieder unsern Ritter in bevorzugter Stellung, als
schall, wie die Grabschrift: besagt und die Chronik von Hatzfeld/) Bei
Ijaiidrecy und C'hateau Cainbrrsis kam es zu heftigen Kiunj>fen, in denen sich
(Hlclicti durch Tapferkeit und Mut auszeichucte*), wenn auch einzelne Thaten
erwübnt werden.
Die Huldigung des Erzbischofs von Mainz 1545*
Im Jahre 1545 finden wir Hilchen bei der feierlichen Huldigung, welche
Rhetogau am 14. November dem neu erwählten Erzbischofe und Kurfürsten
tcNi Mainz Sebastian von Heussenstamm leistete.^) Nachdem dieser, umgeben
Toa eioem stattlichen Gefolge von Domherrn und Rittern, unter welchen Hilchen
ädi be&tid, bei Östrich gelandet war, begab er sich zu Fuss nach S. Bartho-
lomin'- *" " war die Landschaft des Rheingaus versammelt und empfing von
d4Biis 1 ife die Bestätigung ihrer alten Hechte und Freiheiten; dann traten
die ScbaUbeisisen und Schöffen aus den Ämtern nach altem Brauch heran und
•diwiiren den Eid der Treue dem Erzbiöchofo und Domkapitel. Nach vollendeter
Füforni lilitif fuhr man nach Eltville und hielt daselbst eine fröhliche Mahlzeit.
.i. .,^cl^ Oa«GHichte von Niwaau I, S. 586. — ') Arnoldi Hl, 1, 8* 223 Anm. -=-
> CAtfiw H^dio; O. Toigt, Bricfwoclii^ol berühmter OcIeTirten, S. 307; und ftlmUcli Veit
ivk, 8, ISI. — *) Anmilen XIX, S, 65. — *) loviuR bei Scliard 11, 8. 1553. Spangen*
«,«-(>. — •) Oaaen IV, H. CC7; Boamaiin S. 19*
16
Das Uilchenhaus zu Lorch 1546.
Die Feldzüge hatten unserm Ritter nicht bloss Ehre und Stellung, sondern
auch reiche Geldmittel eingetragen. Die Summen, welche Schärtlin in seiner
Lebensbeschreibung nennt, beweisen, dass der Kriegsdienst nicht bloss Namen
und Ruhm verlieh, sondern auch gewinnbringend w£tr. Hilchen hatte bald
nicht allein den früher erlittenen Schaden ersetzt, sondern konnte z. B. im
Jahre 1530 seiner Tochter eine Mitgift von 1000 fl. aussetzen. Im Jahre 1646
begann er den Neubau eines Wohnhauses zu Lorch, welches bis in die neuere
Zeit erhalten ist. Er verwendete vieles Geld, wie er später Graf "Wilhehn
schrieb, auf dasselbe und stattete es mit mancherlei Schmuck aus. An dem
Rheine liegend zeichnet es sich vor den benachbarten Gebäuden durch seine
Fa^ade aus und zieht den Blick der vorbeifahrenden Reisenden unwillkürlich
auf sich. Eine Beschreibung und Abbildung s. bei Lübke, Renaissance in
Deutschland, S. 428; ferner vergl. Lotz, Baudenkmäler im Regierungsbezirk
Wiesbaden, S. 307; Rhein. Antiqu. X, S. 244.
Das Obergeschoss des Hauses ist über die der Stadt gehörende Strasse
erbaut; läarüber beschwerte sich die Gemeinde, und die Tochter Hilchens
musste sich deswegen mit ihr nach Hilchens Tode vertragen und sie zufrieden-
stellen.^)
Der schmalkaldische Krieg 1547.
Noch einmal wurde Hilchen zu den Waffen gerufen, diesmal von Graf
Wilhelm für den Kaiser. Dieser wollte endlich im Laufe des Jahres 1546 den
Entschluss die Protestanton mit Waffengewalt zum Gehorsam zu bringen und
zur alten Kirche zurückzuführen verwirklichen und begann den Krieg gegen
den schmalkaldischen Bund. Die Stellung des Grafen Wilhelm war in dieser
Sache eine missliche. Er war ein erklärter Anhänger der protestantischen
Lehre und hatte sie in seinen Landen eingeführt; er war auch Mitglied des
schmalkaldischen Bundes gewesen und zugleich Lehnsmann des Landgrafen
Philipp. So zogen ihn Pflicht und religiöse Anschauung auf die Seite der
Schmalkaldener. Auf der anderen Seite hatte er immer trotz seiner abweichen-
den kirchlichen Stellung die besondere Gunst des Kaisers genossen; sein Bruder
Heinrich war lange einer der ersten kaiserlichen Räte gewesen, dessen Sohn
Renatus (f 1544) hatte die Gunst des Kaisers geerbt, und eben wurde Wil-
helms gleichnamiger Sohn, von dessen Taufe wir oben berichtet haben, am
kaiserlichen Hofe erzogen, um demnächst in die Stelle Heinrichs und Renatus
einzurücken. Die Pflicht der Dankbarkeit zog ihn ebenso wie seine gut kaiser-
liche Gesinnung auf die Seite Karls, nicht weniger die Klugheit, da er im
Falle des Sieges auf eine günstige Entscheidung seines Streites mit Philipp
wegen der katzenelnbogischen Erbschaft rechnen konnte. Der Verlauf des
Kriegs enthob ihn zunächst der Notwendigkeit eine Wahl zu treffen; denn die
Gegner trafen vorerst nur in Oberdcutschland zusammen, wo die schmalkal-
dischen Fürsten und Städte in ihrer Unentschicdenheit und Uneinigkeit dem
») Rhein. Antiqu. H, 10, 8. 258.
11
Feinde nicht gewachsen waren. Doch lieas der Kaiser nicht ab ihn zu mahnen
in %mem eignen Interesse seiner Saelie sich anzuschliessen und sich mit Waffen-
gewalt in den Besitz der Grafschaft Katzenelnbogen zu setzen.
Eine persönliche Zusammenkunft mit dem kaiserlichen Feldherrn, dem
Grafen Maximilian von Büren, im Januar 1547 zu Frankfurt und bahl darauf
mit ihm Kaiser zu XJ\m (Eode Januar bis Ende Februar) Hess ihm endlich
keine Wahl mehr; er machte sich dem Kaiser gegenüber verbindlich 600 Reiter
mit ToHer Rüstung demselben zuzuführen, oder wie ihm der Kaiser berich-
tigend am 5. April zu Eger schreibt, t,sie in Werbung und Rüstung zu haUen",
damit er sie bei seiner Ankunft in Frankfurt^ sofern er sie nötig habe, zur
Verfügung habe; ja er fugt hinzu, er möge der Kosten wegen zur Zeit keine
Mittterung oder Bestallung vornehmen, sondern sich nur der Mannschaft ver-
sicliern für den Fall, dass man ihrer bedürfe. Am 15. Mai erliess er sodann
(ied Befehl von Wittenberg aus, der Graf solle in der Wetterau zu ihm stoasciij
eine Anordnung, welche durch den Lauf der Ereignisse unnötig wurde. ^)
Alsbald nach seiner Rückkehr aus Ulm hatte Wilhelm die Anstalten zur
Aufirüstung begonnen. Zu ihr wurden zunuchst die Lehnsleute aufgefordert.*)
dann kam er mit Asmus von der Hauben^) gleich im Anfange des Mürz
überein, daBS derselbe 300 Reiter binnen Monatsfrist als Hauptmann und Ritt-
meister stellen solle; doch wurde die Zahl bald nachher auf 150 Reiter herab-
giesetzt und als Tag der Musterung, welche bei Worms stattfinden solle, der
zireite Mai bestimmt. Ferner forderte Wilhelm den Johann Ililchen auf 60
Pferde zu werben, Dass dieser wie der Graf auf der Seite des Kaisers stehen
werde oder dass man dies von ihm wenigstens voraussetzte, beweist der Auf-
trggy welchen er, wie Graf Wilhelm und Ilaoa von Siekingen, am 13. April
1540 erhalten hatte, den Adel und die Ritterschaft am Rhein und auf dem
Weöterwald auf den 16. Mai 154G nach Maioz zu berufen, damit sie dort mit
den kaiserlichen Kommissarien über ihre Hilfeleistung wider die Unbutmüssigen
berieten.*) Am 3. April 1547 erklärt sieh Ililchen bereit und im stände die
Werbung zu übernehmen, fragt auch an, ob der Graf ihn selbst im Felde ge-
brauchen wolle; für diesen Fall bedürfe er zwei Wagen, um seine Notdurft
Dachztifuhreni da er selbst wegen der schweren Kosten, dio er bei seinem
Ilatisbau habe, nur schwer im stände sei einen Wagen zu stellen; endlich
bietet er dem Grafen 40 guter dürrer Staugen, die er zu Lorch habe, an, da
er gehurt habe, derselbe sehe sich nach SpiessstaDgen ura.
BehoQ wenige Tage nacjiher antwortet der Graf; da Asmus seine Anzahl
Reiter nicht wohl möge zu wegen bringen^ so bittet er Ililchen, wenn es ihm
tnuglich sei, sich um 200 Pferde'') zu bewerben auf die Bestallung hin, die er
in Uänden habe (s. u*); seiner hohen Notdurft nach könne er ihn diesmal nicht
verschonen ihn im Felde zu gebrauchen; er möge sich daher gefasst machen,
') Arnoldi RI, 1, 8. 118 ff. mid arohivaliBche Urkunden, wie aucli für das Folgende. —
*) Arnoldi HI, 2, 8. 90. — '^) Dieser ytur u. a. im Ic^tzten franzüsischen Kriege kaiserlielier
Oberst grwwen. — *) Menzel JJ, S. 268» — *) Fs ht ilalier dio Angabe Arnoliliö III, 1,
8, 1^ nkht genau, wenn er sagt, Asmu« von der Ilaiibon und Jölmnn Hilclion lulttcn je
^m Reiter fltellen mütn.
18
wo es ihm immer möglieh sei seines Leibes Gelegenheit wegen, zmtig reibst tfi
eigoer Person zu Feld zu ziehen; die zwei Wagen werde er stellen, damit er^
seine Fuhr bei dem Bauen behalten möge ; die Spiessstangen nimmt er dankend
an und wird sie durch seinen Keller zu Naaaau holen lassen; endlich wünschfl
er, daas Milchen sich persünlich nach Dillenburg verfüge und nicht auableibo,'
damit er mit ihm sich aller Sachen halber, die eich nicht wallen schrüibeu
laasen, unterreden und yergleichen könne. Dies Schreiben erhielt IlUchan nocfa
an demselben Tage zu Stromberg und antwortet am folgenden, den 6. April/
er werde nächsten Samstag zu Dillenburg sich einfinden. Dieses wie die an- ,
deren Schreiben unterzeichnet er alle mit: Johann Uilchen Ritter.
Über die mündlichen Verhandlungen sind wir nicht unterrichtet;
17. April meldet Hilchen, dass Philipp von Kronberg, welcher 100 Pferde «o*^
gesagt, jetzt abgeschrieben habe; doch wolle er selbst mitziehen und zusehen, j
wieviel Reiter er aufbringen könne, indessen müsse er Geld haben, das or deo
Reitern auf die Hand gebe; weil er selbst (Uilchen) aber von Geld entblosBl;
sei, dünke es ihm gut, daas der Graf einige hundert Gulden mit einem reisigen^
Knecht schicke ; doch solle das, was man jetzt ausgebe, auf der Mustei'ung ab«
gezogen werden- Am 29, April zeigt er ferner an, da^s er Montag den 2. Mai
die Reiter bei Worms mustern wolle, und fragt nach der weitereu Bestimmun^J
derselben. Darauf erwidert Wilhelm, dass er zur Zeit noch nicht wisse, wozu!
kaiserliche Majestät die Reiter gebrauchen wolle; diese sollten sich so verhalten |
und aller Gelegenheit und Notdurft nach sich so gebrauchen lassen, wie frommen,
redlichen und ehrlichen reisigen Dienern zusteht und gebührt; Hilchen solle
diejenigen, welche auf dem Musterplatz erscheinen und gerüstet sind, nach
Dillenburg bringen und selbst mitkommen und, wenn die Königsteinischen
schreiben, seinen Ritt über Königstein nehmen.
Die Musterung muss nicht befriedigend ausgefallen sein; in dem Artikel-
brief, welcher am 2, Brachmonat endgültig ausgestellt wurde, wird als Termini
der 20. Juni, als Ort der Musterung Mainz bezeichnet. In einem spfiterenj
Berichte klagt nilchon, daas unangenehme ZwischenfSUe stattgefunden hätten:
der Vitzthum des Rheingaus verhindere die Werbung*), ebenso der Pfalzgraf 1
und andere. Auch die Wagen, welche der Graf schicken wollte, seien nicht
angekommen; der Schultheiss von Nastätten*) und sein Sohn samt etlichen j
Bauern hätten sie in einem Grund bei Gronau heimlich weggenommen; er
müsse nunmehr seine Sachen zu Schiff nach Mainz bringen lassen und hoffe,
der Graf werde ihm etwa bei einem Grafen der Höhe (er dachte sicherlieh zu-
nächst an die verwandten Königsteiuer) zu Pferd und Wagen verhelfen.
Da die Bestallung Oraf Wilhelms vom 2. Juni 1547 mancherlei Interes-
santes über Bewaffnung und Rüstung, Sold, Disziplin u, », w. bietet, so lassen
wir sie vollstiindig im Anhang folgen*
1) Er Bohr^ibt, tn RQdestieim und der Umgegend habe er Eettn gute wohrliafMi Lands*
kneohto bestellt und Uinoii bofolilcn^ bei Nacht hinwegittjüehen, nio aber hüttcn «m Tage ab-
xieheti wollen; die»es habe der YiteUiuni erfiihren uad ibnen lukhe« vorbieieu IjiMaiu —
*) NutAUen gehürto £U der Niedergrftrs<;bart KiiUeoolnb<»gi»n und war in botai«o)iom Ue«il<.
--— '■^-- '■■■- ii-i ^'ti-^^'' — ^^-'^^
Nadidem die Mustcruug crfotj^t war, weist Graf Wilhelm seiae beiden
in JdhaoD Ililchon und Asinus von der Hauben am 24. Juni an den
Befisbleii des Grafen Reinhard von Solms zu gehorchen; an demselben Tag
»Htice der kasserliche Befehlshaber, da hessiaches Volk sich in der Wetterau
•mtinle, so niüge er eilende Hilfe daliiu senden. Indessen kam e.s nicht mehr
ro wiem Zuaammen.iinj38* Schun am 12. Juni hatte der Kaiiser den Grafen
aageiriesdii die Feindseligkeiten gegen Ileöaeu einzuatellen, da der Landgraf ge*
nmgi sei sich za unterwerfen. Die Aussöhnung war auch wirklich am 19« Juni
n HmUe anberaumt: der Landgraf unterzeichnete die ihm vorgelegte Kapi-
tubitkm und that fuaafallig Abbitte, aber anstatt die versprochene Auäsülinung
itt «rlaogeo, wurde er bekanntlich am Abend desselben Tages Gefangener de»
Kaisers tind blieb es fünf Jabre lang, bia nach dem Abschlusäe des Pasaauer
v^^»^,^.^,.H 9^0 wurden denn die Reiter Hilchens wieder entlassen.
Der Reichstag zu Augsburg 1548.
pfi folgte der glänzende Reichstag zu Augsburg, auf welchem der Kaiser
f VMehtc seines Sieges einerntete, die Freunde belohnte, die Feinde bestrafte.
yii*fiials in seinem Leben erschien er so gewaltig und als alleiniger Herr der
liSe. Die meisten Fürsten des Reichs stellten sich wenigstens auf kurze
i ein oder schickten Gesandte* Am schwersten empfanden die Macht
/v.,Msers die Protestanten, welche sich dazu bequemen mussten das Interim
nehmen und seine Einführung zu versprechen.
Omf Wilh^^lm erschien mit dem zahlreichen Gefolge von 20 Pferden und
CO bBberen und niederen Dienern. Zu ihnen gehorte auch Johann Hilchen,
wdeher einige Zeit zu Augsburg verweilte und oft in der Gesellschaft seines
'en «ich befand. Eine lebendige Schilderung seiner Erlebnisae und seines
^ namentlich mit "Wilhelm gibt Graf Volrad von Waldock in seinem
iTü. Er selbst war als Bittender anwesend, da er m den Reihen der
gestanden hatte, und in gedruckter Stimmung; nachdem er Abbitte
IAH und eine fleldbuaso erlegt hatte, verliess er erleichtert die Rcichsver-
samriilnnj^.
Ende 1548.
Ejiittii hatte Hilchen im Frühjahre 1548 Augsburg in Gesellschaft von
rühelms Schwiegersohne, dem Grafen von Nuenar, verlassen, als die Kunde
lef, diiss er am 15. April in der Heimat verstorben sei. Der Graf betrauerte
Tod de» Ritters, den er so sehr geliebt hatte^ aufrichtig.
In der Kirche zu Lorch wurde er beigesetzt und ihm daselbst im Jahre
i\ ein Denkmal errichtet; ein gepanzerter Ritter in betender Stellung, hinter
l mn liegender Hund, zn beiden Seiten zehn Wappen. Die Inschrift lautet:')
Hie ligt der Edel und Gestreng her lohann Hilchen von
I^rch Ritter, bei Zeiten seines Lebens Rr>mischer Keyser,
Majestät und des heiligen Rr»mischen reichs in den Zügen
>\ 'Km^tiU Zuun. RIn^inü'iiüUrhoA LaiiilLiipiUH). S. 324.
2»
gegen den erbfeindt den Bürcken und den König zu trancl
reich in den laliren MDXXXXII. III. und IUI Oberster feit-
niarschalck gewesen, sonst noch Vil Zug helfen dun, seines
alters LXIV Jahr uff den XV Aprilis im Jahr MDXXXXVIU
zu Lorch in seiner Behausung in Gott christlich verstorben,
des seien Gott genedig und barmhertzig sein wolle, Amen.
Hrlehens sieben Feldzüge, welche hier ausser den drei der Jahre 1542
bis 1544 genannt werden, müssen also, wenn uns kein weiterer Feldzug gegen
äuasere Feinde entgangen ist, auch die Fehden von den Jahren 1518 und 1522
sowie den schmalkaldisuhen Krieg umfassen. Wir zählen alle zum Schlüsse
der Reihe nach auf: 1. die hessische Fehde ; 2. die sickingische Fehde ; 3. der
ungarische Feldzug von 1527; 4. die Belagerung Wiens durch die Türken 1529;
5, der Türkenkrieg von 1532; Ö. der wilrterabergische Feldzug 1534; 7. der
Turkenkrieg von 1542; 8. u. 9. die französischen Kriege von 1543 und 1544;
10. der schmalkaldische Krieg 1547,
Spangenberg im Adelspiegel II, Fol. 253a hat folgendes über unsern
Ilitter: ^lohann Ilillichen, ein Oberster im Türekenzuge 1528') und hernach
Vigilantia Draco Uesperidum, aut Ärgo oculato comparandus*) : auch im Wirtem-
bergischen Krieg 1534. Item Feldmarschalck >vider Franckreich, da er sondor-
liehe ehre für Camersiu in einem Scharmützel eingelegt, ist sonät auch in vielen
Zügen gewesen."
A n h a ii g.
Uraf Wilhelms Bestallung für Herrn Johann HUchen von Lorch Kitter,
1547, 2. Urach monat.
Wir WüIi(»loi, Gravo zu Naasaa-ICtttzouelcnliOgen, Vimüdcn unnd Dictiss. ßekeniicn hie-
mit tumd in krafft disa briofä. Naclidem unnd ala der AUordurchlAuchtigBtc, Qrosaoiäolidf^te
unnberwindlioliste Fant oiind Herr, Herr Karl der funfft Ramisober Kaiser unnd unnser Aller-
^nedi^ter Herr unns oomittiert unnd bevolon hadt Ircr Kais. Mftt. ein antzall Reuter unnd pferdt
inwendig eins Monats trist von heut dato antzurechen^ uffzubringen unnd uff derselben weitem
gebeiss unnd beteleh irer Mat, zukomon zu laasen, dasa wir, als der scbuldig unnd gehonant
denuielben allso undortlienigst naoluukomen unnd xu geleben mit dem Strengen unnd ErnYesten
unserm lUtb unnd lieben getreuwen Hern lohan Hilohin ron Lorch Rittern beut dato uliflf»
eiokomeu sein, dass er uns ein autstaU Reutter in form unnd mass, wie von pankten zu puoktdk
bemaoh volgt, werben, uffbringen unnd uf Kiös, MSt* ferneren beacheit furun unnd ubor die-
aolbige unnd andere uiiiere bedielte Reuter unser oberster sein solL
Krstlicb soll bemelter Tuban Hilcbin uuns seine antzall Reutter wohlgerust zuforen tumi]
sollen under hundert Reutern nit mher dan swaintsig schatten unnd die ubrig^i alle Spiesser $^la.
Item die Spiesser sollen mit iren guten Helmlin oder Haoptharnischen, die gute Visier
haben unnd woü besohlossen sein^ mit Stehelin Kragen, daran lange Acb^etn, uti'betin arm*
») 8. obmi S. 11, Anm» 5. - ») Vergl. oben S. 12.
■il allor tn
P Il«n
Muniirtirlinn
', Boek^Q, KrölMi, whorix, Kdobuoklon oJor an der armtascug etadt ^Co pantzer ErmcU
rtiiltftiTi baeklcti, laogon Hanndtsohioolien^ stehlin kragen mit langen Achseln,
Dev^leieheii BoUen tlio Schützen mit giitcn 8chweinEpiesacn, guten feuerbuohsseni die
aBor ir«r nolturffl unnd siarckeD sohussen verfaast, auch ßchurU, Ermel, Krag<*n, Hanndl-
Eucken uimd Krebsen, auob gato ttehelin Hauben geriiBtbt, get'usst imnd gesuhickt soin.
Itam aoU dem obersten monatlich fnr jedes pferdfc, so er bringen wurt, ein gülden go-
fabift wvfd^o«
Htm dam Hanhtman über zweihundert pferdt zwen Trabanten gehalten, die sollen
Jed^r mit acht guldin betzallt werden.
Ifpiii uff ein jedes gerusts pferdt unnd Reisigen, er sey ein ^piesser oder schütz, die
In iaa montomng gut gemacht werden, wurt man monatlich zwollf guldin bctzalen.
Um allwegen uff xwolff pfert, so in der mosterung gut gemacht werden, wurt ein Troait
Boitanpferdt monatlich underhallten unnd mit sechs guldin bezallt werden.
Item uS zwolir in der Musterung gut gutgemachte Keiaige pferdt ein wogen, der mit
fMitil wagenpferden unnd aller seiner Zngehor guth wolgcrustht, bostelltj versehen, allao
afllennif befunden unnd darauff gutgemacht unnd pansieret ist, sollen Tier unnd swaintig
gBldia mciiiatlicb betzallt, unnd ob sich begebe, dass einem oder merhn aus den vier Wagon-
jlirJisi etoa oder mher erlege oder abgieng, der oder dieselben zum furderlichstou nach ann*
tea pferdan trachten unnd liiorin kein goverdo gebraucht oder gesucht, unnd »ollen auch
awMlrticih gomufltert unnd derselben mustcrung gemess betzallt werden*
llitn oas loU kein Reisigs oder Trosspfert, so durch die Musterung geritten, mit uiuht
kl iBo Ifagoo gaipant werden. Wo aber solUohs uberfarn unnd ein oder mehr pferdt hierüber
km vsftii ^ ' äoll dertelbig, dem sullich pferdt zustendig, sein ganize besoUdung dae*
V6fv Lii imnd ime in der betzalung abgetzogen worden.
Ilea OS« »oU einem Spiesser^ so vier unnd meher geruster unnd in der Musterung gut
ir pferdt haben wurt, ein Bueb, aber einem schützen kein Bueb gehalten worden,
Ilom ob uunder soUiehen Reisigen einer oder meher kranck wurden, so vil die genisl
ira SQTor gemusterte Rüstung unnd guete pferdt wie in der ncchsten vorgehenden Mus-
iioob habonf die sollen monatlich wie die gesunden in der Musterung passiert, der-
ilio gefangene, so ferr sie nach Kriegsgebrauch in unnscrm dienst niedergeworffen,
llon, besoldet unnd betzallt werden. Doch sollen obgemelter Kranken ubermoBsiga
pford Bsnd IJaniische durch die Musterung gefuert unnd kein gefcrdt gebraucht werden.
Ic«m Es voll auch sollichcn Reisigen, so gemustert werden, von Iren hcusslichon won*
auat biss zur Musterung uflT ein jedes gerusts Reisigs, in der Musterung zugolassens
pitrdt l«g unnd nacht vier unnd zwaintzig Kreutzer gegeben werden. Desgleichen uff ein
|i4tfl g^rusien in der Musterung gut gemachte wagen acht unnd viert^ig Creutzer, für ir an-
tiilb gvllt betzallt werden. Unnd soll einem jedem drey tag zut^iehen unnd an den vierten
§W att liegen erlaubt unnd eina jeden ziehenden tags drej meill zu reiten schuldig sein.
lient e«i soll die besoUdung nach bescheener Mujterung uff dem Musterplatz angeon
OBud «laslialdl uJf die Hanndt ein gantzer monat solldt gegeben unnd darnach allwegen monat-
Idi t^r**^^^ betaalU werden. Wo aber das» gellt von ungefhar funff, zehcn oder fünffachen
teg wiiliebe imnd nit gleich allda were, sollen sie gedult tragen unnd nicht dessweniger alles
daa tlittii, daaa Reiaigen eherliohen Kriegdeuten wolanstoet unnd als ob sie das gellt zu rechter
aalt c9pfiuBLge& batteiL
Heut aoUen aueh dreißig tag für ein monat zu dienen schuldig sein unnd nit annderst
gtftdieni werden«
Il«m obgemelte antzaU pferdt unnd Reisigen sambt irer zugeliore soUan uns wider alle
jiaiar* Vhebt niamaota ausgenommen zu thienen soholdig unnd vcrpflioht sein.
It«m tio sollen auch unns zwcn Monat zu dhienen schweren. Doch allso, wan die zwen
Monat aus sein unnd wir ir lenger unnd mhcr bogern oder notturfftig sein wur-
umb unnd in voriger besoUdung sich gebrauchen lassen unnd zu thienen
22
Item s*u <llo öbj^o^aoIileD Rolsigon nocli irem nnriHli inncrlinltj utind vor ausgfljig j
ttiuuHteu gcurkubt wurden, soll doch nicht dcstowcniger inen die Ewon MonAth unnd
Tolle bosoildung autgerioht, TerguSgt unnd bctzallt werden.
Item wan wir solUcber Reiniger oft mehor bedurfttig^^ Sonnder erlauben wurden, 80 »olt
088 211 unoBorm willen unnd gefallen steen, dcnaelben ein ^nnnUcn Monatsoldt oder daM «h*
nili^Ut tom plats des erlaubs blas zu eins jeden orth, aldn er angeritten, eiitrioliten unnd
betzalen zu lassen wie den anritlu Doch soll solHoher Reuter oberitcr, der leinen abrith getll^
naoh ferro dess wegs bey seiner pflioKt zu übergeben schuldig sein, die betsalung dess abrits
daruff 2U empfahen haben unnd hierin in allwege kein geverde gebraucht werdeiu
Item sie sollen im an- unnd abzug auch sunst in keinerlei wege jemandt besobedigen,
sonder jedcrman gutliche betzalung tliun, biss dass sie gegen den Yheinden in veldo liegen,
alsdan mugen sie die futherung ^ohen unnd gebrauchen.
Item so Oberste Ycldhaubtleutk von den Theinden ntderlegen unnd von inen gefangen
unnd erobert wurden. Sollen dlcaelben mit irer penon zu unsern oder unserer obersten Hann-
den gcstelt werden, damit, so unnserer Oberster oder anndcre einer oder rahor mderliegon,
gogoneinannder erledigt wurden. Wo aber ausserhalb der obgemelten andere personen go-
fatigon wurden, die mag ein jeder, der ny niderwurfft, sohetzen unnd nach seinem gefallen
damit handien. Doch sollen dieselben gefangene von stundt an tmns oder unnsem obersten
ongetzaigt unnd sonnder unnser oder seiu wissen unnd willen nit ledig geben werden.
Item Stet, Schlosser, Flecken, Dorffor unnd louth, auch wass von grossem gesohutz
unnd doaselbigen 2ugehorangeu Munition darin erobert wurde, sollen uns zustehen^ volgen
unnd pleiben« Tuod sollen dieaelbigen eroberten^ gohuldigteu unnd die uflgeoomone iStet,
Bchlosser, Flecken, Dorffer unnd leuth, Nachdem sie uffgenommen sein, sovil der erobert,
weiter nit geachedigt noch geprandschotzt werden» Aber alle annder gewonnene hab, so
preis» sein, soll inen plciben unnd keiner den nndern von seiner gewonnen hab verdringen.
Item Ein jeder soll sich nach unnscrs obersten odi^r desselben Bevelchhabcrs gebioton
unnd bovelen mit iren leiben, pferden» Wagen unnd in alle anndere wege gehorsamlioh halteii,.!
aioh willig lu unnd von den Yheinden in allen Sachen samblich unnd sonnderlich gebrauchen
laasen unnd ohne dess obersten oder desselben bevcHtabera zulassen unnd erlauben mit iron
Fancn nach Hothweiss noch sunst in annder wege auss der Ordnung unnd dem legger uii
reiten noch die wagen lliarn lassen^ sonder ein joder j)leiben, wie er geordent unnd beschcidoiiJ
ist, unnd sich in allem dem wie ehrlichen getreuwen Kriegsleuten gegen iren herren unndi
Übersien zusteet unnd geburt, halten«
Item diewcil vielleicht allerhand Nation zu Rosa unnd Fuess susamen komen werden,
deruhalben umb sovil meher auss geringen Ursachen sich unndwill unnd zweyung zutragen
mog, soUiobs zu verhucten, Soll kein Nation die andere cinicherley saohon halben mit worto
verursachen noch mit geberden schmehen, verkleinern oder schumpffiem, Bonder wo einicba
Natron gegen der andern einiche beschwerde hette, soll doaselblg nach KricgarocUt erörtert
unnd ausgetragen werden.
Kw toU auch keiner dem anndem sein gefinng^Aö oder gewonnen p^utU mit gewallt
oder sunst nit entpfremden, Sonnder sollen sich irer Irrung unnd Uneinigkeit^ so itieh dem-
halben zutrugen mochten, durch unnscrn obersten entledigen unnd cnt^jchciden lassen,
Ünnd damit man der betzalung unnd Muutz halben kein irrung haben muge, sollen je
funfTtdgen Batzen für ein guldin betzallt unnd ein goltgul<lin für achtzehon Bat/en, ein sonnen*
krön für drey unnd xwaintzig Batzen unnd ein italianische Krön für 22Vi batzen in der be-
tzalung angeschlagen unnd gerechnet werden.
Item soll der ^usterplatz zu Mcintz sein unnd die Musterung auf den zwutntzigston
tag des Brachmonata gescheen unnd gehalten werden.
Unnd so siohs begebe, dass die Reuter nach dem zwaintzigston tag des DraehmooaU
schierstkunftig uff dem Musterplatz, ehe sie gemustert, ctlich tag stillegen, 80 soll inen nicht*
destüwenigcr dos tags wie im anttug sechs batsECn betiallt un(»d gegeben werden.
Da aber ainer oder meher sich dlcsscr vcrordnungk uit halten unnd spctor anUukommv'n
aich beflolssen wurden, den oder denselbigen »oll tuan dieselbi^ U^ xu geben nichti schul*
di^ sein.
28
Wurd lieh aber der gemelt Mustoriag weiter verhindern luiud erstreckeni so sollen die
Reuter niehtadeetowemgor wie im anreitten gohallton werden.
Item eis sollen die Reuter sieh dieser verordung hallten unnd derselben sonnder einioh
clag nachkomen unangesehen, ob sehen boj anndern Routem andere bestallongen furgenomen
Umid soll dieise bestallung nit lenger dan zwen monath werben unnd dauren ; da man
aber der Reuter, wie obiteet^ lenger bedurffen wurde, sollen dieselben in jetzbestimbter be-
stanneg ferner zu thienen sehuldig sein.
Im CkU aooh dass Hoohstgedaohte Remisohe Kay. Mät. obbemelte antzall pferdt zu füren
aUehreiben wurde, Soll eis mit denselben wie ess Ir Mät mit Iren Routtem hallten wurt,
aaeh gehalten werden.
Den zu warem urkunt haben wir Wilhelm Grave zu Nassau-Gatzenelenbogen diese be-
itallnng mit eigner Hanndt undersohrieben unnd unnser Beeret heran thun truoken. Geben
■f den zweiten tag des Braohmonats 1547.
Conrad Oerlin von Wiesbaden.
Von F. Otto.
Im Jahre 1488 schenkte Conradus Oerlin ex ^pratinis termis'' dem
Kloster Schonau das Buch: Sermones notabiles S. lohannis Chrysostomi Arch.
Gonst. de patientia in lob, de poenitentia in David ot de virginitate. Er heisst
hier liberaliom artiom magister eximius. Mit den „pratinis termis'' ist offen-
bar Wiesbaden gemeint.
Wir lernen also hier einen Wiesbadener des 14. Jahrhunderts kennen,
der gelehrte Bildung genossen und sogar die Würde eines Magister liberalium
artium erworben hatte. Da möchte man nun gern etwas mehr über den Mann
wissen; aber leider versagen die Quellen: weder findet sich der Name Oerlin
in den bis jetzt gedruckten Matrikeln der deutschen Universitäten noch unter
denen der Bürger der Stadt. Wir müssen uns also vor der Hand begnügen
ihn unter die etwa zehn Wiesbadener Studiosi dos 14. Jahrhunderts, die wir
bis jetzt kennen, einzureihen.
Fürst Karl Wilhelm von Nassau-Usingen, 1775-1803.
Mitgeteilt von F. Otto.
Ein grosses Lob spendet der bekannte Staatsmann und Publicist F. E.
V. Moser in dem patriotischen Archive für Deutschland II, 1785, S. 482 dem
Fürsten Karl Wilhelm von Nassau-Usingen. Es heisst dort: „Dieses würdigen
Fürsten besondere Vorzüge sind: die Unschuld seiner Sitten, eine Aufmerk-
samkeit über sich selbst, die sich soweit erstreckt, dass ihm kein unnützes
Wort entfährt; ein bedächtiges Schweigen, das Ehrfurcht einfiösst, nicht be-
leidigt; eine Wohlthätigkeit, die er kaum weit genug ausdehnen zu können
glaubt; Gleichmütigkeit und Massigkeit, Nachsicht und Qüte gegen Schwache,
Fehlende und Böse; Gerechtigkeit, die nur mit Gnade straft, immer die Strenge
des Gesetzes mildernd; Weisheit und Christenmilde, keine Verleumdung noch
Afterrede anzuhören ; denn mit Lächeln, aber so sanft, dass er dem Schuldigen
Schamröte erspart, geht er zu anderem Gespräch klug hinüber; endlich herz-
gewinnende Leutseligkeit und eine Fröhlichkeit gegen jeden, die ungekünstelt
und treuherzig ist, imterwirft ihm, was sich ihm nähert. Es ist nicht Schmei-
chelei, sondern Wahrheit, die ihn lobt, aber nur von ihm ist er misskannt. Er
verabscheuet den leeren Hochmut und die Vorurteile, welche die Sterblichen
blenden und verderben, und weiss, dass uns alles von Gott komme, Weisheit,
wie Tugend, wie Glück.**
Darunter setzte Moser die Worte: „Die Übereinstimmung des Originals
mit dieser Schilderung beurkundet und bescheiniget als Augenzeuge
F. E. V. Moser."
Eine noch überschwunglicherc Lobpreisung des Fürsten entwirft Ritter
in den Denkwürdigkeiten der Stadt Wiesbaden S. 39.
Geor^j August, Fürst zu Nassau-klstehi, 1G77— 1721.
Vu«
C« Spielmann«
Vorbemerkung. Die Jahre 1890 uud ISni siod für die beitlcu nU-
liscIieQ Städte Idstein und Wiesbaden gewissermaÄseu Jubiläumsjahre
an* Vor zwei Jahrhuoderten, 1690 und 1691, begann Dämlich die Wieder-
itnog jener Städte aus der Leidenszeit des grossen Krieges und deren
PolgCQ. Besonders rechnet sich von genannten Jahren ab der aihnähliche,
icht mehr gehinderte Aufachwung unserer nun weltbedeutenden Bäderstadt.
Purst, unter dessen Regiment jene Erneuerung vor sich ging, Georg
l^uflt von Naäsau -Idstein, als Kolonisator in der neueren uassauischcn
Cfoschichte fiist unerreicht, hat eine speziell aelbständige biographische Behand-
ing noch nicht erfahren. Es war mir daher ein Bedürfnis, ihm bei Qelegen-
Btl besagten Jubiläums, dessen Feier zwar nicht öffentlich war, dessen mau
äberhaupt fast Tergaas, ein dauerndes Gedenkblatt in den Annalen zu widmen.
Es ist geschehen nach den Akten des hiesigen Königl. Staatsarchivs und des
lerxogl. Nassauischen Archivs zu Weilburg. Ich nehme hier Gelegenheit, den
roratefaern beider Archive, dem KgK Staatsarchivar Herrn Ärchivrat Dr. Sauer
uttd dem Hzgl Hof- und Archivrat Herrn Hölzgen, für ihre bereitwillige
JüterBtüizung meinen wärmsten Dank auszusprechen. Wo ich bei der Arbeit
Irttokte Quellen benutzte, ist dies vermerkt. Die zwei Urkunden, die An*
Icr-Privilegien betreffend, habe ich, obwohl sie bei Hizhaub (Idstcincr
GTmtiasialprogramm von 1787) bereits abgedruckt sind, ihrer Wichtigkeit halber
hier aufnehmen zu müssen geglaubt. Der mir zu Gebote stehende sehr
be Stoff musste in der vorliegenden kurzgefassten Bearbeitung geboten
werdeo, die aber hoffentlich ein abgerundetes, den geehrten Leser erfreuendes
ebeosbUd gewährt.
Der grosse Krieg von 1618 — 1648, welcher das Bestehen der nassanischen
Uerriohiifteti evangelischen Bekenntnisses schwer bedroht hatte, war zu Ende
^aogeiu Die Grafen der walramischen Linie waren durch den westtalischen
friediii wieder in ihre Rechte eingesetzt worden und hatten ihre arg vor-
rüsMiAu T^n.Tpr \vip<lrr erhalten. Da aber während der schweren Zeit der
26
Not zwei der Brüder, Sohne des Herren des Gesamthauaes, Ludwige van Weil-
bürg, gestorben waren, so nahmen die überlebenden zwei, Johannes zu Idstein
und Ernst Castmir zu Weilburg, in Gemeinschaft mit ihren drei saarbrückischon
Neffen eine neue Erbtctlung vor. Leider konnten sie auf der zu Kirchheini
anberaumten Versammlung nicht übereinkommeo, namentlich nicht wegen der
Verteilung der Gebiete, welche der Herzog Karl von Lothringen während des
Krieges an sich gerissen hatte und zumteil noch besetzt hielt. Es musste
also nach damaligem Brauche ein vom Kaiser bestellter Schiedsrichter in der
Angelegenheit entscheiden. Als solcher wurde Herzog Ernst der Proramo von
8aehsen«Gotha ernannt und ihm das Kommissarium übertragen. Auf dorn
Schlosse Friedensstein bei Gotha versammelte der Herzog die Räte der Strei-
tenden, und auch des Grafen von Idstein ältester Sohn Gustav Adolf erschien.
Am 6./16. März 1651 kam der sogenannte ^^gothaische Recess^ zustande,
einer jener Teilungsverträge, welche für längere Zeit wichtig und massgebeüd
für das nassauische Haus blieben. Die drei Hauptltnien: Idstein, Weilburg
und Saarbrücken wurden als solche bestätigt; letztere schied sich aber wieder
in drei Nebenlinien: Saarbrücken, Ottweiler und Usingen, sodass das Gebiet
des walramischen Astes nunmehr in fünf Teile zersplittert war. Die w^eiteren
Bestimmungen des Recesses folgen hier nur soweit sie auf Idstein Bezug haben
Demnach sollte diese dem alteren Bruder Johannes zugefallene Grafschaft um-
fassen: die Uerrsehaften Idstein und Wiesbaden mit der Kellerei Sonnenberg,
die Ämter Wehen und Burgschwalbach, den idsteinischen Teil des gemein-
schaftlichen Amtes Nassau mit dem Hause Scheuern^), dazu die Herrschaft
Lahr in der Ortenau und das herrschaftliche saarbrüekische Haus in Strass-
burg, genannt „der Seidenfaden *^. Veranschlagt war dieser ganze Anteil asu
26 130 Gulden 4 Albus *> Pfennigen und 1 Heller. Der saarbrüekische Teil
hatte an Idstein hundert Gulden jährlicher Rente auszuzahlen, weil er mehr
als Idstein und Weilburg eintrug (an letzteres kamen zweihundert Gulden zur
Vergütung). Von den Ländern, die noch in fremdem Besitze waren, sollte
die Grafschaft Saarwerden zur Hälfte an Idstein kommen (zur andern an Well-
burg). Ferner übernahm Idstein ein Drittel der gemeinsamen Reichs- und
Kreissteuern und der Unterhaltungskosten des Kammergerichtos. Die Schuld,
I
') Yerzeichiuss der Hochgrftfl. KasBAU-Itsflicin. LiniG Ämbterj der s&ugobSrlgen Btidto
ttiid Ortsohsfften diesseit Rheines. (Im Köriigl. SiaAtgarohiv zu Wtcsbndon») Its^tfun^ WaU*
dorfr, Uefftricli, Wiilrabttein, Adolfgeck, Ncubaff, WorÄtorff, Janghaffen {?), BcnerbÄcli, Hoebt-
heiinb, KctterBchwalbaob, Ernbaob^ Oborauroff, NiedoraurofT, fisoheiüiaaii, Oborlibbaüh, Nieder-
jibbach, Uambaeh, Bretthardt, Strititz Hurgaretbft, Steokearotb, Ourscbrotb, Kesselbaohf Lim-
bauh^ Wnlbacb, Strintz Trinitatis, Hennetbal, Miohclbach, Eisonkobon, Niedersoelbach, Ober-
seelbach, Lentshani NiederhausBeD, Engenliaii, Konigshoff, Daabaob, Efloh, B«rmbaeb, OberroUt«
Niederrotb, KrÖfftcl, Obcremb?, Wüstonembs, Kiedercmb8> Echborn, HeicbenbacH, Fünsiemihal
(Bo. ItzstciQ. Ambts — 47 J; Wisabadon, Saimcßberg, Rambach, Nauort, Hessloüh, Auringen,
Kloppheim, Birretatt, Erbcohctro^ Mossbaoh md Biebrioh, SehieraCein, Dotsheim (8a. AmbU
WieBbaden — 17); Wohcn, Orlen, Wingsbacb, Born, Bleidcostatt, Haati^ 8eiUonhaan (Sa-
Ambts Wehen — 7); Burg«ohwalbach, Pauroth, Doreturif, BerghauAen, MudersbattSdl (8a*
Ambts Burgschwalbaoh — b)\ Mahlen, Eiaigboffen, Buch, Rettert, Weltort, Stritt, Lippom
(zweiheniich — 7).
K4wiiise
Graf
aiig dl
ifthUQ
gMl*
che auf dan Ilarrachafteii Idstein und Lahr haftete, wurde von allen drei
gemelosam übernommen. Unerledigt blieb die Frage wegen der Ver-
der etogezogenen Metzer Lehen und der Beisteuer zu dem tdateiner
[(vad Wetlbtirger) 8ehlo8sbau aus der gemeinsamen Kasse. Die Bestimmungen
trüeii folbrt in Kraft, Nur konnte der Besitz der vom Herzoge Karl von Loth*
fSBfeo besetzten Gebietsteile selbst mit Unterstützung des Reiches für lange
Zeit oiofal wiedererlangt werden. Ausserdem musste die Herrschaft Lahr, auf
der noch aus früheren Zeiten eine Schuld an Geroldseck lastete, an den Erben
dei letiteren Hauses, den Markgrafen von Baden-Durlacb, im Jahre 1659
überlaasen werden.
Graf Johannes Ton Nassau-Idstein^ der sich mit Eifer der Wiederher-
lang des Landes wohlstan des hingab, war zweimal vermählt Seine erste
ÜQ war Sibylle Magdalenc von Baden- Durlach (geb. 1605, verm, 162ff,
1644); sie schenkte ihm neun Kinder, fünf Söhne und vier Töchter, von
die meisten jung, drei hoffnungsvolle Söhne in der Bläte der Jugo|id
Tode ereilt wurden, alle aber vor dem Vater starben. Zum zweitenmale
vsmbelichte sich Graf Johannes mit Anna von Leiningen*Dachaburg (geb. 1625,
flRD. 1046^ gest. 1668). Aus dieser Verbindung entsprangen sechzehn Kinder,
■iobeo S^buo und neun Töchter. Von diesen überlebten den Vater zwei
TdckleTi Jobannette, die Gemahlin des Fürsten Christian Ludwig von Waldeck,
ud Dorothea Amalie, die Gemahlin des Grafen Ludwig Friedrich zu Wied-
fiitnkid^ und ein Sohn. Dieser letztere wurde am 26. Februar 1665 geboren
und von dem damals G2jäbrigen Vater Georg August Samuel genannt. Den
liibliacbeu Namen Samuel ^ „erhört von Gott'' hat der Greis dem Kinde
jedenfalls nicht umsonst gegeben. Ein halbes Jahr vor der Geburt des letz-
larüi war der hoffnungsvolle 82jährige Erbprinz Gustav Adolf, der gleich seinem
giommn »chwedischen Namensvetter ein heldischer Mann war, in der Türken-
■chbcht bei St. Gotthardt an der Raab gefallen, den Sieg der Christen mit
Leben bezahlend. Das Gebet des tiefgebeugten Vaters um Ersatz wurde
erhört und ihm in seinem Alter noch ein Sohn geschenkt, der ilm beerben
•oUle. Georg August selbst führt den Beinamen Samuel in seinen Briefen und
lAdereo Schriftstücken nicht, weshalb ich auch im weiteren ihn nur mit jenen
beiden ersten Namen bezeichnen werde*
Nach dem Tode seiner zweiten Gemahlin Anna (14. '24. Dez. 1668) machte
iJ2*/ni. — l./TV. 1669 Graf Johannes sein Testament. In diesem bestimmte
deas nach seinem Tode der Graf Friedrich von Weilburg, der ehedem sein
Mündel gewesen war, die Vormundschaft über seinen jungen Sohn übernehmen
Stürbe jener, dann sollte für ihn Graf Gustav Adolf von Saarbrücken
etatreteii. Fünf Jahre später besann sich der alte Herr eines anderen. Er
•eheiiit den beiden Verwandten nicht mehr recht getraut zu haben, trotscdem
er doch laoge Zeit hindurch mit seinem Neffen von Weilburg auf sehr freund-
•ohaftlieliem Fuase gestanden hatte. Ob er in der letzten Zeit Beweise davon
I eiUttlli diiea die beiden ^ur Vormundschaft bestimmten Agnaten eigensüchtig
würden, iai nicht recht klar. Fest steht, dass Graf Johannes das
r#«;tÄment umstiess und in einem zweiten Testamente vom 12,/22* Nov.
^Sä^üs^
•^=^'-— -— -^
28
1674 zu Frankfurt rw^ei andere Vormünder, die Grafen Johann Casimfr von
Lemingen-Dachölmrg, Herrn zu Aspremont, seinen Schwager, und Johann
August von Solms^ Herrn zu Minzenberg, "Wildenfels und Sonuenwald ernaüote,
denen als dritter, als tutor honorarius, Herzog Friedrich L Yon Sachsen-^Gothfti
Sohn Ernsts des Froramen, an die Seite gesetzt wurde. Graf Johannes glaubte,
dasä diese Männer ihr Amt mit mehr Unparteilichkeit verwalten würden, und
er mag mit der Bestimmung umsomehr zufrieden gewesen sein, als er Fried*
rieh von Weilburg noch vor sich sterben sali (und Gustav Adolf von Saar-
brücken überlebte den Oheim nicht lange). Am 13./23. Mai 1677 starb Graf
Johannes, 74 Jahre alt, am Marasmus auf dem Schlosse zu Idstein, und nun
brach ganz wider seine Berechnungen eine trübe Zeit über die Grafschaft
heroin.
Ein Jahr nach des Vaters Tode (1678) wurde der uunmohr dreizehnjährige
Graf Georg August nach der Sitte damaliger Zeit auf Reiseu geschickt. l>cr
Kanzleidiroktor Graff zu Idstein sorgte dafür, dase ihm die entsprechenden Bc*
gleiter beigegeben wurden. Ak Erzieher walteten sein Sohn, der LieentiatuÄ
Oraff, der Graf Georg Heinrich von Boyncburgk-Langsfeld und der Rat Stap-
horst als Hofmeister; ausserdem reiston der Kammerdiener J. P. Ueybach und
der Page von Bobeuhausen mit. Heybach namentlich hatte sich der OuüKt dos
jungen Grafen besonders zu orfreuen und blieb auch in der Folgezeit stets um
soine Person, Er überlebte seinen Herrn und hat nach dessen Tode einen
kurzen „unterthtinigsten Bericht*' über die Reisen desselben abgegeben.^) Di©
Reise ging zunächst nach Gieasen auf die Universität, wo „der juDge Herr* —
so lautet vielfach die Bezeichnung bei Oraff u, a. — wahrscheinlich ein Jahr
sich auf liielt. Beim Eintritt ins Kolleg hielt er in Anwesenheit des dortigen
Adels, aller Professoren und Studenten seine lateinische Oration und ist dann
Kector Magnificeutisslmus geworden. Ein Jahr später (U>79) ging Georg August
nach Strassburg. Wie lauge er sich dort aufgehalten, ist Heybach „ohnbewuast**,
indem er selbst, ^um auf eingelegte Yocation nach Saarbrücken zum Hof-
meister des damaligen alteren Grafen Ludwig Kraft zu gehen und denselben
nach Frankreich zu begleiten, seinen Abschied nahm." Er hat im Jahre 1682
Georg August zu Paris seine Aufwartung gemacht, und verweist bezüglich
weiteren Berichtes auf den gewesenen (1721) Amtmann Graft* zu Wiesbaden»
den damaligen Licentiaten, der mit auf Strassburg und Paris gereist sei und
von da weiter nach Angers und nach England und Holland* Man hatte den
Zeitpuükt für die Reisen ziemlich gut gewählt; denn gerade damals war durch
den Nymweger Frieden der zweite Raubkrieg beendigt worden und allenthalben
mehr Ruhe eingetreten. Der junge Graf wird also Zeit und Gelegenheit ge*
nug gehabt haben, sieh Land und Leute in Frankreich, besonders das Loben
an dem glanzvollen Yersailler Hofe genauer anzusehen. Hier hat er auch
wahrscheinlich die Baulust eingesogen, die er später in seinen verschiedenen
Residenzen bethätigtc. Dabei war er auch Zeuge der Schmach, die dem deutschen
Reiche durch den Raub der Reichsstadt Strassburg angethan wurde, welche
1
I
M Sieha Anhang Xo« i.
29
I
ii«^r „iiiUin:hriwtla'böte Köüig** mitteu im FnrMun nugoNtrnit wcgüehmeu
1681).
ladeAsen aoUto Oeorg August, jetzt 17 Jalure alt, unter den Feindöeligkoiten,
^Icbe xi»*iiichca den Yormündern Wulrad von Usingen, der den verstorbenen
Olafen Tun Sulmn er^tzt hatte (d. w, u.), und Johann Casimir von Leiningei)
ktiTtcfateo, 2tt teiden haben, Graf Walrad befand sich im Jahre 1<»82 als
iMerländischer General zu Bergen op Zoom, von welcher Festung er Gonvernenr
Wif. Im ""' ' *»er dieses Jabres kam Ooorg August mit seinen llegleitoru
van Eaglai I jlier nach dem Brabaatischen, wo er sich eine Zeitlang auf*
Uiit; oamenth'eh gefiel es ihm in Antwerpen. In einem Briefe von dort au
Wilrttd schreibt er von dem Eindruck, den die gewaltige Handelsstadt auf ihn
frf '* 'liws er namentlich alle Bauwerke sich angesehen habe, den Hafen und
4»r ;lö, und noch die Jesuitenkirche besichtigen wolle (26./IX.— 5,/X- 1C82).
spricht er dem „Herrn Vetter" seinen Dank für alle Qutthaten aus,
für die Kutschen, die er ihm zur Erleichterung der Reise gesandt
Walrad zeigte sich sehr besorgt um seinen Schützling; er hid ihn
kersBchst ein, ihn im Lager zu Bergen op Zoom zu besuchen, von wo aus er
■Mliob reisen und Holland sehen könne. Georg August reiste auch nach Bergen
all; doch hatte Walrad sich kurz zuvor in Dienstangelegcüheiten nach dem
ttMMg begeben müssen. So wandte sich der junge Graf nach Brüsselj von wo
WM» et nach Flandern reisen wollte, um namentlich Gent zu besichtigen. I)a
gng aber ihm und seinen Begleitern das Geld aus* Sowohl Georg August
iliseio Gouverneur Boyneburgk teilten dies unterm O./IG. November dem Grafen
Walrad mit. Wegen Hangels an Geld und wegen des schlechten Wetters
bitten sie die flandrische Reise aufgegeben und wollten eigentlich dem Grafen
tm Ilaag aufwarten; aber der Herr Graf von Leiniugen wünsche, dass man
auf Luwen und Mastricht reisen solle und wolle das Geld dazu schicken* Walrad,
der setnou Vetter gar zu gern gesehen und ebenso gern denselben auch über
dat Benehmen Leiningens aufgeklärt (s. w. u.) hätte, sah wohl nicht mit Un-
rocht in dem Wunsche des letzteren das Bestreben, Jen jungen Idsteiuer von
ihm fern za halten.
Am 10./20* November schrieb er daher sowohl an Boyneburgk wie an
st, sie hätten ihm wegen der Geldverlegenheiten doch nur früher
llen, dann würde er ihnen sofort die nötige Summe zugestellt haben.
Tjdmngen intriguiere gegen ihn. Sie möchten doch sogleich kojnmen. Er habe
a&nen Banquier de Foullon zu Brüssel angewiesen, die nötigen Summen aus-
ntttUea — „80 veel Sij tot de reyse heerw|rts sal noodig h ebben** heisst es
to der betreffenden Anweisung. Die Sprache Walrads wurde gegen den Schluss
der Schreiben derb» und er redete gar von „Ungehorsamb*', dessen sich sein
Mandel gegen ihn schuldig machen wünlcj falls er nicht vor ihm erscheine.
Aach an den Licentiaten GrafT schrieb Walrad; dieser sollte das Geld bei Foullon
erheben. Graff war in Brüssel zurückgeblieben, wahrend Georg August mit
B^ * -k — Staphorst scheint nicht mehr Begleiter gewesen zu sein — auf
M^, . :,. weitergereist war. Hort erreichte ihn Graff mit Walrads Briefen.
Der junge Oraf nehrieb dem Vetter hierauf, dass er an einem „dritten Orte*
30
SO laDge bleiben wolle, bis sich die Herren Vormünder geumtgt hiitteii. Da
folgte seitens Walrada em noch schärferer Befelil nach dem Haag zu kommen.
Freilich musste der Graf von Usingen bald darauf dnrch Graif von Antwerpen
aus hören, das» sein Schützling, statt wie er dem Lioentiaten versichert hatte,
in einer holländischen Stadt die Entscheidung der beiden Vormünder abzuwarten,
nach — Strassburg abgereist sei. Unter diesen Umständen hatte GrafF den
Brief an Foullon zurück behalteo. Daas Graf Walrad über die Eigenmächtigkeit
seines Mündels in Zorn geriet, lässt sich denken; denn der ^junge Herr^ hatte
durch seine Abreise nach Strassburg^ also in Leiningeus Nähe, die Hiuneigung
%u letzterem deutlich bekundet. Der Leininger wnsste im Gegensätze zu dem
offenen und derben Usinger dem Pflegebefohlenen fein und freundlich zureden;
ausserdem war er auch sein Onkel, seiner Mutter Bruder. Aber mit der Geld-
Sendung hatte es seine eigentümliche Bewandtnis. Unterm 11. /21. November
schrieben die Kate Graif, Schröder und Schmidtborn von Idstein aus an Walrad,
dass der Graf von Leiningen befohlen habe, Geld für die weitere Reise ihres
Herrn zu beschaffen ; sie fügten aber hinzu, dass die Kammer kelns verwiUigen
werde. Sicher hat Leiningen das Geld für Georg Augast nur vorgeschossen
tiod gedachte sich an den Idsteiner Einkünften dafiir schadlos zu halten. Von
Idstein aus ging durch GrafF um selben Tage ein Brief an den „jungen Herrn**
ab, in welchem demselben über Leiningeus Betragen die Augen geöffnet werden
sollten. Der Graf wurde gebeten nach Hause zu kommen, ,^um des Landes
willen^ ; man wollte ihm entgegenreisen und ihn abholen. Inzwischen schrieben
am 13./23. November sowohl Georg August wie Bojneburgk an Walrad von
Usingen, dass sie in Strassburg angekommen seien, als an einem dritten neu-
tralen Orte, und dass sie hier das Weitere abwarten wollten. Schärfer antwortete
der junge Graf dem Kanzleidirektor nach Idstein — vielleicht nach einem kurz
vorhergegangenen Zusammentreffen mit seinem Oheim — am 17./27. November,
Er habe das Geld von Leiningen angenommen und sei entschlossen seine Bebe
fortzusetzen. ^Ne croyez pas que je vienne encore dans un an chez voua**^
schliesst der französisch geschriebene Brief. Da aber gebrauchten die Kate
zu Idstein alle ihnen zu Gebote stehende Energie. Schmidtborn schrieb unterm
25./XI,^ — 5./XII, an den Grafen von Usingen, dass es gefahrlich sei, den ^^jungen
Herrn" in der Nähe Leiningens zu lassen, denn dieser wollte ihn mit einer
Prinzessin von Pfalz-Birkenfeld verheiraten. Der „Herr*' zeige zwar keine
Neigung; aber Leiningen habe einen grossen Einfluss auf ihn« SchUesslich
bat Schmidtborn den Grafen, selbst aus dem Haag nach Usingen zu kommen.
Plötzlich änderte nun auch Georg August, unbekannt aus welchen Gründen,
seine Ansicht und traf mit Boyneburgk am 14724. Dezember 1682 in Idstein
ein. Am folgenden Tage entschuldigte er sich gegen Walrad, der unterdes
in Usingen angelangt war, dass er sich ihm wegen Husteus noch nicht vor-
stellen könne; auch Boyneburgk suchte sein seitheriges Benehmen zu recht*
fertigen. Walrad Hess, feinfühlend, alle Ausreden gelten und bat seinen Vetter,
ihn in Prankfurt, wohin er Geschäfte halber reisen musste, zu trefFen» Die
Zusammenkunft und V^rHölmung fand d<Min aur-h «tatt. Ende 1082 oder An-
fangs 1683.
4
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3t
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*
'AU «HUCK Yiiiv 66, dass lu den bewegten Zeiten die eigentliche Leitung
QeacKäfie in der Hand oinoä tüchtigen idäteinischeo Beamten lag. Es war
die« der mefarerwähnte Johann Georg Graff, der von Graf Johannes im
iwkxm 1675 zum Kanzleidirektor ernannt worden war. Als solcher vereinigte
«r in smner Person daa oberste Justiz- und Yerwaltungsamt. Er erscheint als
M soargiflclier, vielfach geradezu rücksichtsloser Mann, der aber dte idsteini-
Mslieii Haosiiiteresaen in dem Wirrwarr der damahgen Zeit mit solchem Nach-
dmck Terfooht^ dass es ihm hauptsächlich zu verdanken ist, dass der juDgo
Qrm£ oageslori seitie Regierung antreten konnte. Drei Jahre lang nach Jo-
iMUUMt* Tode giogen die ?ormund§chaftlichen Angelegenheiten ziemlich geordnet
Weiler, Da ttofb im Jahre 1680 Johann August von Solms, der /.weite Vor-
mitiulf itnil der Graf von Leiningen übernahm die alleinige Kuratel. Damit
wareo indeaaeo die saarbrückischen Agnaten nicht einverstanden* Wenn sie
scbon wegen ihrer Ausschliessung im Testamente von 1674 grollten, so be-
«tamleo sie nun umsomehr auf der Forderung Mitvormunder zu werdeB. Johann
hmiwig TOD OttweUer, der schon Vormund über den jungen Grafen von Weil-
hnrg woTt erklärte sich damit einverstanden, daas sein Bruder Walrad von
ÜMiigea die Bewerbung um die Mitvormundschaft über Georg August am
mergericbte zu Speyer einreichte. Der Graf von Leiningen dagegen
dem zuvorzukommen, indem er am 13./23. Juni 1681 für sein Mündel
Beiehabofrate die Erteilung der venia aetatis eventualis beantragte. In
der Zwisoiieiuseit scheinen sieh Leiningens Beamte, welche auf dem Schioase
an Idileui nach dem Abgange der aolmsischen allein schalteten, grosse Will-
kllrtiehkeiteti haben zu schulden kommen lassen. Die Schultheissen der Amter
«ad andere Beamten, die sich deshalb bei den Agnaten beschwert hatten, waren
aal hoben Geldstrafen zu 100, 00, 50 Thulern belegt worden. Sie scheinen an
den saarbrückischen Grafen eine Stütze gefunden zu haben; denn Leiningen
enilniie sich über die letzteren derart, dass er beim Reichäkammergerichto
giEadesa den Ausschluss der Agnaten von der Vormundschaft beantragte. Das
Oariolil aber dachte anders. Nicht wcDiger als viermal wies es den Antrag
dea Grafen ab und forderte ihn sogar auf, selbst einen Hitvormund aus den
Agoaien zu ernennen. Am kaiserliehen Hofe schien man eine vermittelnde
StaUttog einzunehmen; aber das Reichskammergerieht störte sich nicht daran.
Xm &/16. Januar 1682 verfugte ein Extra- Judieiat- Dekret die BestalluDg des
Gsafea Walrad an Stelle des Grafen von Solms als Mitvormund über den
GraÜMi vea Idstein, allerdiags mit dem Vorbehalt, 7,dass er die Administration,
Aafnahl and Verwaltung aller zwischen ihm und dem Minderjährigen vor-
seh webtadea oder inskünftig sich ereignende Rechtfertigungen, Differentien und
Strittigkeitea mit Separierung und Verschliessung aller hierzu gehurigen Brief-
•ehaftaai Dokumenten und Urkunden dem Herren Mitvormund allein überlaase,
aaeh hieriaikea für des Herren Pupillen Maiorennität und Endigung der Vor*
mundseliaft zu dessen Nachteil wetler durch sich noch durch andere direkt oder
iodirakt nichts vornehme.^ Die Konfirmation dieser Urkunde erfolgte am
i>-/IL— 10/UL lü82 durch den Kaiser, Entkräftet schien der Beschlusü durch
Entacheid dea Reichshofrates vom 16./25« Januar 1682, daas die von dem
32
ifrLin.tu von Leinlugcn nachgesuchte ErteiluDg der vuuia uetatifl eventualis'
für den Grafen Georg August ver willigt und dasa der letztere nach diese-s
aeinea Vormundes Ablebeu sofort als maiarenn anzusehen sei. Doch wurde
Herzog Friedrich I, von Gotha als tutor honorarius bestätigt. Die Erklärung
der Mitvormundschaft Walrads hatte zur Folge, dass auf dem Schlod^ zu Id-
stein sofort usingische Beamte einzogen, welche am 30* u, 31. März (a. St.)
von dem usingischen Rate Schröder für den Grafen Walrad neu vereidigt
wurdeu* Der leiningische Abgeordnete hatte dies zu hindern versucht. Er
wollte die Uoterthaoen aufwiegeln, die idsteinischen Beamten in Arrest halten;
er liesa Plakate an den Thoren anbringen, dass sich niemand gelüsten lassen
sollte „selbigen tags zur Stadt herein zu gehen, sondern sobalt umbkehren und
sich nach Hauss begeben," Die Usinger rissen aber die Plakate herunter,
und nun wurden alle Kanzleiräte, Amtleute, Landbediente, der Superintendent
und die Geistliehen, alle Schultheissen, Hofbediente, Fürster und Jäger in
Pflicht genommen. Der Direktor Graft*, dem die Neuvereidigung für einen
fremden Herren sehr empfindlich war, bat um Erlass des Eides, worauf Schrüder
sich mit einem Handgelobnis begnügte. Der leiningische Abgeordnete sandte
einen Kurier au seinen Herrn ab, empting aber den Befehl sich zu wider-
setzen zu spät. Fortan ergriff Graff wieder stramm die Zügel der Regierung ;
Schröder als Sekretär blieb seine rechte Hand, und die beiden anderen Stützen
bildeten der Amtmann von Idstein, Plebanus, und der usingische Rat Schmidt«
burn. Diese Männer unterhielten steten brieflichen Verkehr mit dem Grafen
Walrad, der damals, wie wir wissen, im Haag oder in Bergen op Zoom weilte.
Leiningens Intriguen dauerten indessen fort Walrad erachtete es fair
notwendig am 9./19. Juli 1682 seine Käte zu ermahnen, seine Hechte aufs
strengste zu wahren. Die Zustände müssen nachgerade unhaltbar geworden
sein, sodass die Ober- und Landschulthelssen zu Idstein, Wiesbaden, Nassau,
Burgschwalbach und Wehen an den Grafen Walrad ein Gesuch richteten, er
möge veranlassen, „dass umb Gottes und der dringenden Noth willen ihr von
flott bescheerter alleiniger Landesherr fordersambst ins Land hineingelassen
undt mitiiin grösserer Beschwernuss abgethan werde.^ Der Graf von Leiningen
hatte ihre Klagen über die Übergriffe seiner Beamten ungnädig abgewiesen.
Dies und anderes mögen den Grafen von Usingen zu der Überzeugung gebracht
liaben, es sei besser, um den jungen Vetter dem Einflüsse Leiningens zu ent-
ssteben, die Erteilung der unbedingten Grossjährigkeit für denselben beim Reichs-
hofrate zu beantragen. Gütliche Auseinandersetzungen mit Leiningen waren nicht
S5U erwarten, das ersieht man aus einem Briefe Walrads an den Fürsten von
Waldeck, in welchem es heisst, „der Leininger verweigere die vertrauliche
Korrespondenz, in Güte sei mit ihm nichts auszurichten, er wolle die venia
aotatis omni modo verhindern, so möge sich doch der Fürst beim kaiserlichen
Hofe verwenden, damit die venia aetatis pure und ohne condition erlangt werden
könne« ^ Die gleiche Bitte war an den Agenten beim Reichshofrate, Persins,
ergangen, seitens des Fürsten und seitens der Regierung von Idstein, von letztere
am IL/ 19, Nov. 1(583. Die Angelegenheit ver.schleppto sich, hh am "i. Müril
(ii* 8L) 16B4 der junge Graf Georg August selbst ein Schreiben direkt an den
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^aiftdr riciiteto, Yielleicht auf Ermunterting Walrads hin. In demselben heiest
Oi, dBm die Vormundschaft 1082 «trittig gewesen, weshalb im Falle des Todes
Oraleo von Leiuingen die venia aetatis eventualis erteilt worden sei. Er,
August, habe verhofft, dass alle Miashelligkeiten dadurch aufgehoben
Nach seiner Rückkehr von der Reise Rinde er nun die Vormundschaft
noch yoTi ^worauBs anders nichts als schädlich confusiones bei deren längeren
ooQtinttation abzusehen.^ Deshalb habe er bei dem kaiserlichen Hofe ein
rial abgegeben. Er glaube, dass er nach Zurücklegung des 20. Lebensjahres,
roU er „ohne Ruhm zu erndten, denen studüs und andteren Standesmassigen
Stflekm also obgelegen, die Landtsregierung mit seiner und seiner Unterthauen
grüssarem Vortheil und Nutzen durch gottlichen Beystand selbsten zu führen sich
getraue.* Seines Uauses Agnaten und Vormünder hätten „auch die Declaration
gfig«lieii, dass sie ihn vor tüchtig erachteten.^ Darum bitte er um die venia
Mtatifl, ,»pure und absolute*'. Darauf erfolgte das Maiorenuitatspatent; datiert
Ti)Qi 3. April (n. St.) 1684, erlassen durch Kaiser Leopold auf dem Schlosse
2tt Linz« Der Kaiser Hess dem „Grafen Johann Casimir von Leiningen und
Dagsbnrg, Herrn zu Appermont** mitteilen, dass, „nachdem auf seinen unter-
tliiLiugsian Anruf und Bitte und (urgebrachte erhöbliche Motive und Ursachen^
die renia eventualis aetatis am 25, Januar 1682 angefangen, nunmehr, da Vol-
rad (Walrad) voa Usingen gebeten, die absoluta venia aetatis verliehen sei,
abo dass der Graf zu Idstein „nun wirklich maiorennis seyn und sich aller Frey-
bttis*, rechts- und gutthats freuen und gebrauchen solle und möge, die denen
nuyoreimtbus von rechtswegen zukommen und gegönnet werden, ohne männig-
liehen Eintrag und Verhindernuss/ Alle Rate seien dergestalt ihrer vormund-
»cbafUichen Pflicht entlassen. Am selben Tage ging ein Schreiben gleichen
Inhalts an Georg August ab. Der kaiserliche Rat Fersius beglückwünschte
den letzteren am 5./ 15« April zu seinem Erfolge, worauf am 8./ 18. ein artiges
Dankschreiben des jungen Grafen abging. An diesem Tage gratulierte auch
der Graf von Leiningen mit sauersüsser Miene brieflich seinem „freundlich
gniiebten Vetter" und ermahnte ihn, „dass er bei seinen Regierungahandlungen
flach mit einem dritten unparteiischen und verständigen Manne sorgfältig weiter
Bberleg^ möge, weilen Übereilung Ew. Liebden nicht geringes desavantage
;en möchte**^ Er (Leiningen) hätte sich der Erlangung der venia aetatis
til widersetzt, „wenn es nur gebührend an ihn vorgebracht und nicht hinter
_td]ieizi Rücken expracticieret worden wäre, dass man ihn zum consens gleich-
I forcieret habe^. Er habe verhofft, „seiner Sorgfalt besser belohnet zu werden*^
Die idsteinischen und usingischen Räte atmeten auf Am I2./22. Januar
|084 itatle Oraflf noch eine Schrift an den Grafen Walrad abgehen lassen, in
welcher er seine Waltung gegen Leiningens Anschuldigungen verteidigte. Am
I7./27. Juni 1684 fand auf dem Idsteiner Schlosse grosse Huldigung statt,
welche die Räte Schröder und Schmidtborn an ihren Herren, den Grafen
berichteten. Achthundert Beamte, geistliche und weltliche, aus den
Idstein und Burgschwalbach schwuren; Sekretär Josa wurde zum ge-
and K&xudeirat ernannt Nach dem Aktus war gemeinsames Festessen,
km folgenden Tage begab sieh der junge üraf mit allen Anwesenden nach
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Wiesbaden, um dort die Huldigung aus den anderen Landesteilen m erapfaogeü*
Graf Walrad gratulierte am 3,/13* Juli dem Vetter und dem Kanzleidirektar,
Neunzehn Jahre und vier Monate war Georg Augu&t alt, als er die Regierung
übernahm, unter Beihilfe des bisherigen Leiters der Geschäfte, des Kanzlei-
direktors Graff.
Der junge Regent zeigte bald Spuren von Tbatkraft; das geht aus dem
Erlasse vom 2L/31. Januar 1685 über die Stadterweiterung von Idstein hervor,
dessen wir weiter unten ausführlicher gedenken werden. Derselbe giebt seiner
landesväterlichen Fürsorge, die ihn von Anfang an beseelte, das schönste Zeiigni».
Auch seine Teilnahme am TQrkenkriege in demselben Jahre, auf die wir noch
zurückkommen, bezeugt seine Energie. Den äusseren Glanz seines alten Hauses
gedachte er zu erhöhen, indem er bei allen Agnaten die Erneuerung der fürst-
lichen Würde des Hauses Kassau durch den Kaiser in Vorschlag brachte. Die
Grafen von Ottweiler und Saai*brücken lehnten denselben jedoch ab; denn die
Bache war ihnen zu kostspielig. Aus demselben Grunde erklärte Johann Emat
von Weilburg, man möge ihm drei Jahre Zeit lassen, damit er sich besinnen
könne, ob er die Fürstenwärde annehmen und zu den gemeinschaftlichen Kosten
beitragen solle oder nicht. Endlich vereinigten sich Idstein, Usingen und
Weilburg zu dem Antrage, Sechstausend Reichsthaler aus dem Rüdesheinier
Weinzehnteu sollten zur Begleichung der gemeinsamen Kosten dienen. Wieder-
holt wurde das Gesuch am Wiener Hofe vorgebracht und endlich vom Kaiser
bewilligt Am 4. August (n. St.) 1Ö88 wurden drei Urkunden ausgestellt, welche
Georg August, Walrad und Johann Ernst die den nassauischen Grafen von
Kaiser Karl IV. im Jahre 136G verliehene, bisher nicht geführte fürstliche
Würde erblich bestätigten. Eine Klausel bezüglich Johann Ernsts besagte, dass
dieser, auch wenn er sich des Fürstentitels nicht bediene, dennoch sein Recht
auf denselben behalten solle. Jetzt aber kam das Unvorhergesehene. Statt
6000 Thaler kosteten die drei Urkunden noch einmal soviel und noch mehr,
nämlich 21 465 Gulden. Sobald Johann Ernst von WeÜbnrg davon horte, stand
er sofort ab und erklärte, seinesteils nicht zu den Kosten beitragen zu wollen.
Doch machte er von seinem Rechte Gebrauch, das ihm in der Klausel zuge-
standen war. Georg August von Idstein und Walrad von Usingen, die von
nun ab sich „Fürsten^ nannten, mussten gute Hiene zum bösen Spiele machen.
Nicht nur, dass sie die Kosten allein zu tragen hatten; sie sahen sich auch
genötigt, dem Weilburger den dritten Teil der 6000 Thaler herauszuzaMen.
Daf&r aber behielt man in Usingen die Urkunde für Weilburg zurück* Johann
Ernst hat den Titel „Fürst** nie geführt; erst sein Sohn und Nachfolger Karl
August hat ihn angenommen.
In dem durch schwere Kriegsläufte bewegten Jahre 1688, dessen wir noch
gedenken werden, schritt der nunmehr dreiundzwanzigjuhrige Fürst Georg
August zur Ehe. Wie w^ir wissen, hatte sein Oheim, der Graf von Leiningen,
vor, ihn an eine Prinzessin von Pfalz-Birkenfeld zu verheiraten, wahrscheinlich
an eine der Töchter des Pfalzgrafen Karl Otto. Der junge Graf ging nicht
darauf ein. Seine Erwählte war Henriette Dorothea^ Tochter des Fürsten
Albrecht Ernst von üttingen (geb. 14,/ 24. Februar 1672), Die Vermählung
S6
»
Iknd mm 12«/32. Seplembor 1688 statt; die Ehe ist bU zum Lebensdode des
FfiiBten glücklieli gewesen, t^hor die aus ihr entspruDgenen Nachkommen
wettet aikteii.
Wenden wir uns nun zur Betrachtung der Teilnahme dos Grafen, bezw.
Fflnien au den politischen Ereignissen seiner Zeit.
Um die Zeit, als der Streit der beiden Grafen um die Vormundschaft
über den jungen Herreu" von Idstein aufs heftigste entbrannt war, wurden
die Auf^on der europäischen Christenheit auf eine furchtbare Gefahr gelenkt,
die ihr von dem Erbfeinde, den islamitischen Osmanen, drohte,^) Gerade beim
Beginne der zweiten ILilfte des 17. Jahrhunderts erreichte die Türkenmacht
ihre weiteste Ausdehnung und ihre Höhe unter der Herrschaft des Padischah
Huhnmed IV. (1648—1687). Der Sultan selbst zeigte zwar nicht die min-
deste Tfaatkraft und kam den krafkyollen seiner Vorganger nicht gleich; die
Jigd war sein ganzes Sinnen und Trachten. Desto nachdrücklicher vertraten
des Reiebea Interessen die Grosswesire, namentlich die gewaltigen Männer
Xnbamed und Achmed Köprili. Der erstere, im Jahre 1656 zur Reichs«
miltieteniteUe berufen* ein 7 5 jähriger Greis, war es, der den schon wankenden
nrofi de« Beherrschers der Gläubigen noch einmal mit kräftigen Stützen ver-
•mlL Die Kabalen des Harem und der Grosswürdenträger verstand er zu
durchkreuzen und die Übermacht der Kriegerkaste der Janitacharen zu brechen.
Diese modernen Prätorianer schienen während der Minderjährigkeit des Sultans
gttradesu daraof auszugehen, das Reich in eine Kriegerrepublik umzuwandeln.
Dem Denen Grosswesir gelang die Erneuerung der Autorität der Nachfolger
Omiyu»! gründlich, weil er mit gewaltthätiger, blutiger Strenge jeden Wider-
ftsod niederzwang. Selten hat es einen blutdurstigereü Wüterich gegeben als
den ersten Koprili^ der bedachtsam, aber systematisch die Rebellenkdpfe zu
den FOflsen seines Herrn rollte. Aber er machte damit dem Parteigetriebe in
Stambnl ein Ende und schuf die Möglichkeit, die Macht des Reiches nach
zu erweitern. Dieses letztere Werk nahm sein ihm ungleicher, gros-
Sohn Achmed in die Hand, ein aufgeklärter, toleranter, wissenschaftlieh
ttod Itriegstechnisch gebildeter und verhältnismässig humaner Mann. Unter ihm
ilieg die osmaniscbe Macht in den drei Erdteilen bis zum Gipfel. Das Ziel,
des rieb dieser Koprili gesteckt hatte, war kein geringeres als das, sämtliche
Kriege, die er von seinem Vorfahren überkommen hatte, bis zur Unterwerfung
der Oe^er zu fuhren.
So begannen denn Rossschweif und Koran den Kampf gegen das Kreuz
anf dem sehwankenden Gefilde des Griechenmeeres gegen die seemächtigen
Teaezianer, wie in den weiten sarmatischen Steppen des Ostens gegen die
Bittsen nnd Polen tmd in den kroatischen und steirischen Bergländern gegen
Österreich« Romanismus, Germanen- und Slawentum waren durch den Sturm
dbi labuD bedroht Mit dem Aufgebot aller Kräfte widerstand die deutsche
idiswehr dem Anfalle der Moslemen in der Schlacht bei Sankt Gotthardt an
'i Das Folgvode tni niieh Hsmiiief, Zinkeiaen, Eftnke (Dio Osrnsiien uod ilio
1|pt8iMsb# Moaareklf) imd dem Theatmm Earopaenm X— Xlfl,
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der Raab (1664). Hier, wo Georg Augusts älterer Bruder fiel (s. c), errangen
die Christen zum erstenmale einen Sieg im offenen Felde über die Türken*
Nutzen brachte derselbe aber nur insofern, als der Gross wesir einen zwanzig- ^
jährigen Waffenstillstand gewährte. Achmed blieb im Besitze des von ihm ^|
Eroberten, namentlich der starken Festung Neuhäusel, die er zu einem noch
bedeutenderen Bollwerke umsefauf, um ein stets offenstehendes Ausfallsthor
gegen das römisch -deutsche Reich zu haben. Völlig siegreich war Eöprili
gegen die Venezianer. Als nach langer, furchtbarer Belagerung das holden- fl
mutig verteidigte Candia in seine Hände fiel, da war der Riegel vor der Thür i
zur Herrschaft der Osmanen im Ostbecken des Mitteimeeres weggeächlagen
(1669)* Und auch der slawische Osten fühlte die Schläge des sieghaften mos-
lemischen Reichsverwesers, Es war die Tapferkeit und der Mannesmut des
grossen polnischen Krongrossfeldherrn (später Königs) Johann Bobieski nötig,
um es zu erreichen, dass die Länder an der Weichsel nicht von den Os- ,
manen dauernd behauptet wurden. Die Tage von Lemberg und Chocim ver- H
hinderten dies; aber das wichtige Camieniec und ganz Podolien blieb in der ™
Gewalt der Türken, ungeachtet die Zehntausende der aus den Gebieten des a
Don, Dnjepr und Bug fortgeschleppten Sklaven. Camieniec sollte im Osten H
demselben Zwecke dienen me Neuhäusel im Westen, Dort waren auch die ~
Russen niedergehalten und die republikanischen Kosaken und der Khan der
krimischen Tataren der Oberhoheit des Grossherrn aufs neue unterstellt worden.
Mitten im Siegeslaufe, nachdem er noch die Huldigungen von Gesandt*
Schäften aus aller cfaristHchen Herren Ländern, welche dem Sultan in Stambul
dargebracht wurden, erlebt hatte, wurde Achmed Köprili plötzlich durch die
Stimme des Weltenachicksals abberufen. Der Erbe seiner Stellung und seiner
Pläne ward sein Nachfolger, sein Schwager Kara Mustafa, d. h. der schwarze
Mustafa* Nach neuen Siegen im Osten begann dieser den Ansturm auf das
Herz Europas, auf das deutsche Land, unterstützt von der magyarischen Re-
bellion. Der Welt wurde es klar, was auf dem Spiele stand, als der Türke
im Frühjahre 1683 seine Hunderttausende fast ohne Widerstand zu finden zur
Belagerung Wiens heranwälzte: Christentum und Kultur! Welche Spannung j
damals! Wer wird siegen im Entscheidungskampfe? Die Weltgeschiclite bat ^|
es Terzeichnet. Das tapfere Wien^ der Heldenmut deutscher Bürgerschaft hat ^
der Unfähigkeit des erbfeindlichen Feldherrn und der Wut der Weltstürmer
so lange widerstanden bis die germanische und slawische Kriegsmacht geeint
den Eroberungsstrom der Osmanen in seinem Bette zurückdrängen konnte. Die
Schlachten von Wien und Parkanj geboten ihm Halt.
Nun rüstete man sich im deutschen Keiche zum energischen Benützen
der errungenen Siege. Zum erstenmale wurde im Jahre 1684 der Angriffs-
krieg gegen die Türken unternommen. Den Oberbefehl über das kaiserliche
und Reichsheer erhielt der Herzog Karl von Lothringen; der bayerische,
schwäbische und fränkische Kreis, sowie die Herzöge von Celle und Lüneburg
Hessen ihre Kontingente nach Ungarn abrücken. Doch kamen die meieteii
HilfsYölker erst mit Beginn des nächsten Jahres an. Inzwischen hatte Kaiser
Leopold mit den Republiken Polen und Venedig die sogenannte TripeUAllianz
I
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Wider liie Tfirkon goschlosson, un^STOere wurden also von drei Seiten aoge-
griffen. Die Fortschritte de» Herzogs von LotUringou warea aofangs bedeutend«
Kr fiähm Wtsohegrad ein, siegte glänzend bei Waitzen (L Jnli n« St.) und
eroberte diese Stadt sowie Pest und Verowitz, worauf er die Belageraog von
Obn, des Hauptbollwerkes der Türkenmacht in Ungarn, begann (14. Juli n. St)*
Nun aber entfaltete der neue tieraskier (Gener alissimuö der Türken) Ibrahim^
Seheiian (der Teufel) geDannt, der den wegen seiner Niederlagen erdrosselten
Kurm Mustafa im Felde ersetzte, eine solche Thätigkeit, dass nicht nur die
n glücklich weit vorgeschrittene Belagerung Ofens aufgehoben, sondern
leh Waitzen wieder aufgegeben werden musste. Erst im Frühjahre 1685,
ab das kaiserhehe Ueer verstärkt worden war und der grössere Zuzug aus
im Reich begann, konnte man wieder an ein Yorgehen denken. Jetzt erhielt
Herzog von Lothringen den Titel Generallieutenant Unter ihm befehligte
Keichsgeneral, Generalfeldmarscball Fürst Georg Friedrich von \Yaldeck,
mit dem Herzoge von Croj% dem Prinzen von Pfalz-Neuburg und den Grafen
de Smiches und ScbarfFenberg die Infanterie* Die Kavallerie stand unter den Be*
fehlen des Generalfeldmarachatls Grafen Caprara^ dem der Markgraf von Bades,
Grafen von Ladron, Taffe, Palfy, Dunewald, StjTum und der Baron von
ircy untergeben waren. Obrist Breuner war der Artillerie vorgesetzt Die
Armee richtete ihre Absicht auf das wichtige Neuhäusel, das von etwa 5000
Mann verteidigt wurde. Ohne dessen Besitz, das fühlte man, war der Haupt-
etttdl Ofen nicht ernstlich beizukommen. Die Festung, an der Neutra gelegen,
wurde vorerst eingeschlossen und ihr die Zufuhr abgeschnitten. Es besorgte
diea der kühne Reiteroberst Heissler, die „Türkengeissel" genannt, well er
mieriiiüdltch in Angriffen und Überfallen war und den Feinden vielen Schaden
e. Alle Ausfalle der Besatzung wurden zurückgewiesen, die Verprovian-
iversuche des Paschas von Ofen vereitelt, der Entsatz des ungarischen
ibeOenbeeres unter dem „Könige^ von „Muhameds Gnaden^, Emerich Tökoly,
wie der Tataren verhindert* So entstand bald Hungersnot in Neuhäusel, und
Pascha sandte die gefangenen Christen zumeist hinaus, um der Esser
ijiiger zu haben. Nichtsdestoweniger wehrten sich die Türken kräftig und
Verursachten den Kaiserlichen und Reichstruppen mitunter heftigen Schaden;
oameiitlicb hatten sie es auf die hohen Offiziere abgesehen, die sich oft zu sehr
lilo688tellten* So fiel u. a. der 25 jährige mannhafte Prinz Ferdinand Wilhelm
von Württemberg-Neustadt.
Am 27. Juni (7. Juli) 16S5 rückte der Herzog Karl mit seiner gesamten
il, 40000 Mann kaiserlicher, lüneburgischer, cetliseher, bayerischer und
olner Truppen, zur Belagerung heran, Hess ein Lager beziehen und das*
Jilbo mit einer doppelten Schanzenreihe und mit Redouten befestigen. Nach^
dem am 10. die schwäbischen Truppen angekommen waren und man eiuen
wüc^^fiden Ausfall der Türken abgeschlagen hatte, wurde nach gehaltenem
Kriegsrate am L/IU sofort mit dem Baue der Approchen begonnen, welche
gegen die hochgelegene, befestigte, citadeUartige Moschee geführt wurden. Die
ArbeÜea nahmen an den folgenden Tagen unter stetem Feuer der Belagerten
ihruü Fortgang. Am 5./i5. begann die BesclüesBuug, am 10*/20. wurde bereits
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Bresche gelegt, und am lL/21, und 12./22, brach in der bedräogten Feste
Feuer aus. Unterdessen feierte am 5./15. der Kaiser Leopold zu Wien die
Vermählung seiner Tochter Maria Antonia mit dem löwenherzigen Kurfürstou
MaxLmUian Emanuel von Bayern, An diesem Feste mitten im Kriegslärm
nahm die ganze Menge der zum Feldzuge berzugeströmten Reichsfürsten teil,
und unter diesen befand sich auch der ^Yolontair" Graf Georg August Ton
Naasau-Idstein. Sein Kammerdiener J. P. Heybach berichtet in fünf im Wies«'
badener Archive vorhandenen Briefen au Direktor Graff über die Ereignisse
der folgenden Tage, welche Mitteilungen genau mit den Angaben des Theatrum
Europaeum übereinstimmen. Im l. Briefe» vom 5./15, Juli (ohne Ortaangabo)
erzählt er, das» unter anderen Herren die Grafen von Weilbui^, Wittgenstein
und Waldeck mit Kurierschiff die Bouau abwärts angekommen seien und dass
die anderen bald folgen würden. (Die Hochzeit verlief schnell^ und der Kur-
fürst ging schon am anderen Morgen zur Armee ab,) An demselben Tage seien
auch die kurkolnischen Söldner eingetroffen. Der 2. Brief vom 12./22. Juli
meldet die Ankunft mit der Equipage im Lager vor Neuhäusel, Der Graf von
Waldeck (den die fränkischen Kreistruppen begleiteten) habe sich sofort zur
Armee begeben und die Approchen besichtigt, die bis an den Wall vorgerückt
waren. Es ging das Gerücht, dass der Seraskier (Ibrahim „der Teufel^) mit
60000 Mann diesseits Kovigrad stehe und dass der Herzog mit dem Heere
dem Feinde entgegengehen solle. (Das war thatsächlich der Fall. Am 14./24*
bestätigte der streifende Oberst Heiasler die Nachricht, meldete auch, dass der
Pascha von Ofen zum Entsatz Neuhäusels rüstete. Am selben Tage gegen
Abend fielen die Türken gegen die schwäbischen Truppen aus, überraschten
sie und fugten ihnen vielen Schaden zu.) Der 3. Brief vom 21./31, Juli meldet
von einem erfolgreichen Ausfall der Belagerten am 19./29. (an den beiden vor-
hergehenden Tagen waren gleichfalls Gefechte vorgefallen). Sie steckten mit
Blitzpfeilen die Galerieen in Brand und verbrannten die bayerischen Schanzen.
Die Belagerer hatten den Festungsgraben angestochen, sodass das Wasser an
einer Stelle stromweise abfloss; doch gelang es den Türken die Stellen wieder
zu verstopfen. (Eine Aufforderung zur Übergabe beantwortete der Pascha damit,
dass er sagte, die Schlüssel zur Festung seien in Ofen; dort möge man sie
holen. Am folgenden Tage 20,/30. Juli erschien der Seraskier mit gesamter
Macht vor Gran und begann sofort dessen Einschliessung. Verteidigt wurde
die Festung durch den Oberstlieutenant von Strasser. Bo erlebte man die
merkwürdige Thatsache, daas zwei grosse feindliche Armeen zwei nahe bei
einander liegende Pesten umlagerten, weil jede der letzteren für den feindlichen
Teil von Wichtigkeit war. Und jede ward mit Heldenmut gegen die Über-
macht verteidigt) Im 4. Briefe vom 25. Juli (4, August) berichtet Heybach
über einen neuen Ausfall der Türken aus Neuhäusel. Sie säbelten (am 2.)
50 Mann der Arbeiter nieder* (Dabei wurde auch der General de Souches
schwer verwundet, als er die neu hergestellten bayerischen Batterieen besah.)
Am folgenden Tage kam der Oberst Bernstoss an, begab sich mit dem H» >
von Neu bürg in die Approchen und wurde sofort erschossen. Täglich bl
viele Soldaten, Aber mit der Beschiessung ging es jetxt nachdrücklicher vorafl|
i
89
Dema
iK tmler
HSobwa
eiije iMicsena von zwanzig omcKO» crnelitet wordcu war* Ücr 5. und
Brief ut um 2./ 12. August gGachiicbeu und berichtet von der Eiuaabme
Wbchograds durch die Tarlcen, 31. Juli (10. August). Sie umlagertou diese
tnit 15000 MaQQ) forderten sie zur Ergebung auf, ließsen, ak diese
ward, eine Mine springen, die Bresche legte. Die beiden crAten
wurden abgeschlagen; beim dritten fiel die Stadt* Der Pascha lies«
im fieaatzuog frei absdehen und bis zur Armee bei Oran convoyieren.
Po» blutige Drama bei Neuhäusel und Gran nahte seineni Ende. Vera
Qod dem Kriegsrate erhielt Herzog Karl den Befehl^ den Türken ent*
xurücken« Bei Komorn setzte er über die Donau, ein Korps vor Neu*
zurücklassend. Dies veranlasste Ibrahim Scbeitan, die Belagerung Grans,
ihm »chon 3000 Janitscharen gekostet hatte, aufzuheben und eine feste
Stellung hinter einem grossen Moraste zwischen dem Gebirge und der Donau
ehmen. Hier war er unangreH'bar, das sahen die ihm in Schlachtordnung
inübar aufmarschierten Christen wohl. Man suchte durch einen verstellten
ug den stegesgewissen türkischen Feldherrn aus seiner Stellung heraus^
loekeo, und er ging wirklich in die Falle. In der Nacht vom 5.;' 15. zum
S./16. August hatte er die Kühnheit^ den weichenden Christen, die er für nur
20000 Mann stark hielt, über den Morast nachzusetzen und dieselben anzu-
grttfen* So entspann sich die Schlacht bei Gran, die um die Mittagszeit des
6*/18. mit der völligen Niederlage und Auflösung der Türken endigte. Der
Sefaskier wurde verwundet und verlor 5000 Manu, während die siegreichen
iten nur etwa 100 Tote zu beklagen hatten. Das besiegelte das Schicksal
feubiusels. Trotzdem ihm der Grossherr mit Übersendung der seidenen Schnur
gedroht hatte, wenn er sich nicht hielte, hatte der Pascha, der mit seinen
Lenteo schrecklich Hunger litt, doch die Übergabe gegen freien Abzug ange-
boten. Daa wurde ihm abgeschlagen. Am L/Il. erneuerte man die Galerieen;
am 6,/ 16, rekognoseierte ein kühner bayerischer Grenadier die Schanzen und
fiuid «ie schwach besetzt, so dass für den 7./17, der allgemeine Sturm vorbc-
rehel wurde. Es trat aber Regenwetter ein, und das veranlasste die Yer-
•ebjebimg der Dispositionen. Am 8./ 18. kam von Gran ein Schiff mit Türken-
köpfosi an, die man zum Schrecken der Belagerten rings um die Stadt auf
Slaogen aufsteckte. Dann begann am 9./ 19. August der Sturm auf Neuhäuscl
tmler Führung des Generals Grafen Scharfenberg (Kaiserliche, Lüneburger,
Sobwaben) und des Generalwachtmeisters Rumel (Kaiserliche, Kölner, Bayern,
;eii)- Der Graben war mit Faschinen gefüllt, und bis zur Bresche war
Damm geführt worden. Die entkräftete Besatzung, die sich kaum zu wehren
wmioebte, wurde, trotzdem sie die weisse Fahne aufgesteckt hatte, nieder-
gebmoeii» Ton 3000 blieben nur 200 übrig, meistens türkische Frauen und
Kinder, die an kaiserliche Kavaliere verkauft wurden. Der Pascha fiel; seine
grome Fahne (18:10 Fuss gross), 93 Kanonen, 200 Centner Pulver u. a. m,
worden erbeutet*)
Graf Georg August nahm an der Belagerung Neuhäusels und an der
ikebt bei Gran thätigen Anteil.^) Eine Zeitlang scheint in Idstein ein
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falsches Gerücht you seinera Tode verbreitet gewesen zu sein, weshalb er sich
veranlasst sah, zwischen dem 4. und 5. Schreiben Heybaoba selbst einen Brief
an den Kanzleidirektor Graff asu richten,')
Inwieweit der Graf noch an den folgenden Kriegsereignissen dieses Jahres
beteiligt war, ist aus den Akten nicht ersichtlich* Wahrscheinlich kehrte er
bald nach dem Falle von Keuhäosel heim. Wir verlassen mit ihm die magyarißchen
Ebenen, nur noch bemerkend^ dass noch im Jahre 1685 Essegg erobert wurde,
die Türken Novigrad und Wischegrad räumten und die Unterwerfung Ungarns
durch die Einnahme von Eperies und Kaachau ihren Anfang nahm. VoUendet
wurde sie nach der Erstürmung von Ofen (1686) durch die Entscheidungs-
schlacht von Mohacz (2./ 12. Aug. 1687), obwohl der Türkenkrieg noch zwöli
Jahre währte. Der Bluttag von Eperies lieferte das magyarische Königreich
dem habsburgiscben Herrscher auf Gnade und Ungnade in die Hände.
Ein Jahr darauf drohte dem Reiche eine andere Gefahr durch die
Eroberungssucht des französischen Königs. Bekanntlich begann damals Lud-*
wigXIV. den dritten, sogenannten orleansschen Raubkrieg (1688 — 97). Es würde
uns zu weit führen, wenn wir denselben bis ins einzelne verfolgen wollten.
Er hat hier nur insofern für uns Interesse, als Fürst Georg August an dem-
selben beteiligt war, (S. Anhang 4.) Er hat die Peldzüge von 1692 und 1693
in Brabant mitgemacht, jetzt also 27, bezw. 28 Jahre alt. In den Nieder-
landen standen sich damals der Konig von Frankreich und der von England,
Wilhelm von Oranien, gegenüber.') Wilhelm HL war kein unbegabter mili-
tärischer Heerführer; es scheint ihm aber das Glück nicht beigestanden zu
haben, und Glück muss man als Feldherr haben, das sagt sowohl Cäsar wie
auch der grösste Heerführer dieses Jahrhunderts. Der König gebot ausser
seinen englischen und holländischen Truppen auch über die Reichskontingente
von Bayern, Sachsen, Hessen, Brandenburg und Braunschweig- WoUfenbilttcl
Der Reichsgeneral, Generalfeldmarschall Fürst von Waldeek, der 1690 bei
Pleurus eine schwere Niederlage erlitten hatte, spielte in diesen kommenden
Feldzügen keine Rolle mehr; er starb Ende 1692, Wem auf alliierter Seite
Georg August zugeteilt war, ist nicht bekannt. Der Feldzug von 1692 wurde
von König Ludwig durch die Belagerung von Namnr eröffnet. Geleitet wurde
dieselbe durch den genialen Vauban. Acht Tage nach Eröffnung der Lauf-
gräben fiel die Stadt den Franzosen in die Hände. Die höher gelegene Cita-
delle (Port William) wurde von dem tapferen holländischen Ingenieur Menno
van Coehorn, dem späteren Helden des spanischen Erbfolgekrieges tapfer ver-
teidigt, musste aber auch am 20./30. Juni, fünfzehn Tage nach Übergabe der
Stadt kapitulieren. Ludwig begab sich darauf triumphierend nach Hause.
König Wilhelm aber, der sich vergebens zum Entsätze Namurs genähert hatte,
versuchte in offener Feldschlacht die Scharte auszuwetzen. Am 5. August übor-
iiel er den Marschall de Luxembourg in seinem Lager bei Steenkerke, Man
schlug sich auf beiden Seiten sehr erbittert und verlor gleichviel Mannschafl,
je an 7000 Mann. Im Anfang waren die Verbündeten im Vorteil, sagt das
*) 8. ^nhatig 6^ -< *) The^trum Europsettm XIV*, Smhr^ lSdS-94.
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I
I
I
m Kumpftoum, „big da-ss gegen Abend der MarsehaU BaufHers von
uxamn Cbrpo einige Trouppen und Canoncn anbrachte; dadttrch die Brigade
Fagel unter dem Conimando dea Printiien von Naasau-Saarbröcken viel ausa-
ftolm mtissl^*^ Ohne Zweifel ist unter diesem Printzen von Nassau-Saar-
brÜckoD Walrad von U«ingen, oder Georg August gemeint, wenn hier nicht
ito Dmckfehlor für Nasaau- Weilburg obwaltet, de^aen Graf, Johann Ernst, da-
stab boUAndischer Generalmajor war. Dagegen kämpfte der eigentliche Graf
vöo NaMau*Saiirhrückenj Ludwig Kraft, auf franzüsischer Seite. Die Schlacht
villi Sieenkerke blieb unentschieden, obwohl &ich die Franzosen den Sieg in
derselben zuBchrieben. £in zerschmetternder Schlag traf dagegen die letzteren
in dieeem Jahre durch die Seeachlacht bei La Hogue (19J29. Hai 1692), die
Benjamin West durch sein Gemälde verewigt hat. Hier wurde die vierzig
Segel ilarke französische Flotte unter Admiral TourrUle von der onglisch-
niederUndiscfaen unter Rüssel und van Almonde vollständig vernichtet.
J>er Feldzug von 1693 fand den Marschall de Luxembourg in der Offeu*
rive gi!gett Konig Wilhelm. Der französische Oberbefehlshaber eroberte die
PeelttDg Huy und griff am 19./29, Juli den Gegner in dessen befestigtem Lager
bri Landen und Neerwinden an* Es begann hier eine mörderische Schlacht Den
2ur Stellung der Verbündeten bildete das Dorf Neerwinden auf dem
Flügel der letzteren. Zweimal nahmen es die Franzosen, die übrigens
fai eteiker Übermacht sich befanden, zweimal verloren sie es wieder, bis endlich
nachraitlags der dritte Sturm gelang. Wilhelm verfuhr sehr umsichtig, aber
•eine Retterei war schuld, wenn er keine Erfolge errang. Als die fi-anzösischo
Kavallerie aus Neerwinden vorbrach und auf das wankende Fussvolk der Ver-
bQodeten einhieb, liess der Konig die seinige sich dem Ungestüm der Feinde
Büiygeowerfen ; sie wich aber sofort. In grusster Eile zog darauf Wilhelm
ieeha Bataillone Fussvolk aus den Landener Schanzen auf dem linken Flügel
berfiber. Die dort entstandene Lücke ersah das geübte Auge des französischen
Feldherrn; durch einen gewaltigen Sturm Hess er auch hier die feindliche
Bleihmg durchbrechen, worauf sich das verbündete Heer in wilde Flucht auf*
IMe. Das Lager mit 75 Kanonen und 66 Fahnen fiel den Franzosen in die
UÄndo; die Besiegten verloren 12000 Mann. In der Schlacht bei Neer-
winden war es (s* Anhang 4), in welcher dem Fürsten Georg August ein
Pferd unter dem Leibe erschossen wurde, worauf er sich auf dem Pferde des
SattelkBeebts aus dem Getümmel rettete. Er focht auch hier mit seinem Yetter
Johaon Ernst von Weilburg gegen den anderen Vetter Ludwig Kraft von
SaarbrQekeD.
la demselben Jahre errang Ludwigs Feldherr Catinat in Italien bei
Marsaglia (4./14. Oktober) einen Sieg und konnte in Deutschland der kaiser*
fidie Obergenora] Markgraf Ludwig von Baden keine nennenswerten Erfolge
erselen. Aber auch die Krafl der Franzosen erschöpfte sich. Und der kriegs«
geAbie Marschall de Luxembourg starb bald nach seinem letzten Siege. In
den Jahren 1604 bis 1696 wurde der Krieg nur lässig geführt; zu Anfang
1897 begann König Karl von Schweden den Frieden zu vermitteln* Zu Rys-
wijk, einem Dorfc in der Nähe des Haag, flogen im April letztgenannten Jahren
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die FricdonsuntcrhandluDgen an, an denen auch die nassauisohen Grafen thätig^n
Anteil nahmen.^) Namentlich war es der Oeneralfeldmarschall Für^t Walrad
von UaiDgen, der die Sache seines Hauses energisch vertrat Im Dezember
16D4 schon hatten Usingen, Weilburg und Idstein eine Hauskouferenz abge-
halten und die Intervention Schwedens einzuholen beschlossen, damit alle dem
Hause Nassau von den Franzosen weggenommenen Besitzungen zurückerstattet
wiirden. Wegen der Grafschaft Sponheira glaubte man an dem Markgrafen
Ludwig von Baden, der Mitbesitzer derselben war, eme einflussreiche Stütze
zu haben; auch in den anderen Fällen mochte dieser hilfreich sein. Ausser-
dem vertraute man dem Kurfürsten von der Pfab, obwohl Fürst Walrad einen
geheimen Widerwillen gegen diesen Enkel eines „Renegaten** nicht verhehlen
konnte. Zur nachdrücklicheren Wahrung der Hausrechte wurde ein besonderer
gemeinsamer Vertreter, der Weilburger Rat Ludwig Johann von Savigny» nach
Ryswijk entsandt. Georg August und Johann Ernst waren anfangs gegen die
Abordnung aus pekuniären Gründen. Walrad aber betonte die Notwendigkeit
unter Hinweis darauf, dass ehedem zu Münster und Osnabrück drei nassauiscbe
Gesandte an den Verhandlungen teilgenommen hätten, so nachdrückliehf dass
sich die Vettern fügten. Die Franzosen hatten die Städte und Dörfer Saar*
brücken, Saarwerdeu, Ottweiler, Homburg, lürchheim, Stauf und Herbizheim
„reuniert*^ und katholisiert ; Savigny wurde beauftragt diese Bestimmungen
rückgängig machen zu lassen. Seine Stellung wurde noch einflussreicher, als
Um auch die Protestanten des Oberrheinkreises zu ihrem Vertreter wählton,
damit er mit dem katholischen zugleich dahin wirke, dass in seinem Mandat*
gebiete die ehemaligen politischen und religiösen Zustande wiederhergestellt
würden. Trotzdem dauerte es noch bis zum August, ehe Savigny nach
Ryswijk abging, wo unterdessen Walrads spezieller Rat Gramer mit seiner
VortretuDg beauftragt war. In Koblenz hatte der Gesandte eine Unterredung
mit dem Erzbischofe von Trier, Johann Hugo von Orsbeck, und anderen Uäuptem
des Oberrheinkreises, die ihm namentlich ans Herz legten, dahin zu trachten,
dass Luxemburg nicht bei Prankreich bleibe, sondern an Spanien zurückkomme.
In Düsseldorf empfing er Empfehlungsbriefe des Km*fürsten Johann Wilhelm
von der Pfalz an dessen Gesandten, Baron von Wieser, und an den kaiserlichen
Abgeordneten. Savigny führte ein ausführliches Verzeichnis der zurückverlangten
R^unionen mit sich. Anfangs September, als der oberrheinisch-nassauische
Gesandte zu Ryswijk ankam, war unter den alliierten Bevollmächtigten eine
Spaltung entstanden. Holland und England kam es hauptsächlich darauf an,
dass Wilhelm von Oranien als König von England anerkannt würde. Sie
unterstützten daher die Forderung der deutschen Reichsstande, welche die
Rückgabe aller Reunionen verlangten^ schwach, als Ludwig sich weigerte den
Elsass mit Strassburg zurückzuerstatten. Die Deutschen waren darüber ent-
rüstet, und Katholiken wie Protestanten schienen eine Zeitlang ernstlich ent-
schlössen den Krieg wieder aufzunehmen. Doch wurde man naobgiebiger, $i$
England, Holland und Spanien wirklich am 10./20. September Frieden mit
*) VergU Auoh Menze] (SoUliuplinke), Oea^ilnoiiU! von Itiwsatt, VII, S, A3 ff.
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I
I
Pmkndcli «ichlos^en. Herr von Savigny aber wurde, als er an den Verhand-
Imig^i tetlnelimeii wollte, von den Kurfurston von Mainz, Sachsen und Branden*
barg abgewteiicn, weil der oberrheinisoho Kreis nicht zum Wiener Bunde von
lÄftfl gehöre^ weil der Gesandte nicht zur Reichsdeputatiou abgeordnet sei,
w<eldie die Angelegenheiten zu fuhren hatte, und weil die Evaugeliscben gegen
•eine Zulassung {irotestierten* Indes blieb der also Zurückgesetzte im Haag
find versuchte indirekt durch Kurpfalz und andere Mitglieder der Deputation,
wekiio dem Hause Nassau gewogen waren, flir letzteres zu wirken« Es wurde
ihm das um so leichter, ak der König von Frankreich endlich geneigt schien,
wSU Riiiinionea ausser dem Elsass und Strassburg heraussugeben. Wirklich
worden im Friedenstraktat vom 20./30. Oktober 1697 unter den namentlich ange-
Ahrteiit dem Reiche zurückgestellten Gebietsteilen als No. 6 die entzogeneu
Liodef der Grafen von Nassau (mit Leiniugen und Hanau und den „übrigen
Beicli88täiideQ^) genannt. Eine Ausnahme da?on machte die saarbrückische
Fsilaog Homburg, auf welche Lothringen seit 1670 das Pfandrecht vom Reiche
we^ea von demselben versprochener 140000 Reichsthaler hatte. Im Ryswijker
Priaden wurde trotz der energischen Gegenvorstellung des Fürsten Walrad von
KiMao-Usingen Homburg dem Herzoge von Lothringen eigentümlich zuge-
^Hmdieii, unter der Bedmgung, dass die Festungswerke geschleift würden. Im
aOgonunnen kam also das Nassauer Haus wieder zu seinen Rechten, und das
trsr hEttptsichlicb dem einmütigen Zusammenwirken der drei Vettern und
Berreo der rechtsrheinischen Besitzungen zu danken, daneben aber auch der
Gewandtheit und Zähigkeit des Herrn von Savigny. Derselbe reiste Anfang
ViffWlberB vom Haag ab und kam am 12722. in Frankfurt an, wo er am
K/1I# Dezember dem Direktorium des oberrheinischen Kreises von seineu Be-
mfllmogen, die indirekt so vielen Erfolg hatten, Mitteilung machte. Der Bericht
•o das Kreisdirektorium ist von ihm genau bis ins einzelne ausgearbeitet wor-
den und lasst einen Einblick thun in das ausgebildete Diplomaten wesen der
dainaligen Zeit, nicht weniger aber auch in die Erbärmlichkeit der eifersüoh-
Slftnde des ^heiligen romischen Keiches deutscher Nation^.
Der dritte Raubkrieg brachte auch unserer engeren Heimat, der Graf*
ieltaft Nassau-Idatein, mancherlei Ungemach, und dies war wohl mit der Grund,
daatt Fürst Georg August den Krieg anfangs nicht mitmachte, sondern inmitten
aetner Unterthanen verblieb. Die Nähe der Festung Mainz wurde für die
naiaaiiisehen Gebiete gefährlich. Als am 15. Oktober (n. St.) 1688 der Marquis
TOii Bouffiers mit einem Heere vor die Stadt rückte, kapitulierte zwei Tage
darauf der Kurfurst-Erzbischof Anselm Franz von Ingelheim gegen freien Abzug
aamer Truppen und Bichening seines Eigentums wie des geistlichen überhaupt.
Ifaias erhielt eine französische Besatzung, und diese begann sofort die Festung
auambauen und zu verstärken. In den umliegenden Gebieten wurden Fronen
■ingeaoliriebcni und als der Aufforderung nicht sofort Folge geleistet wurde,
orgrtff man Repressalien. Schlimmer als den Bewohnern der Herrschaft Wies-
baden, erging es denen des Bheingaues, die doch mainzische unterthanen waren.
8te muwieü im Schweisse ihres Angesichter für die Fremdlinge an den Werken
fiobaexen und die Pallisaden in den Wäldern selbst fallen, Sie brachen auch
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in die der Herrschaft Wiesbaden ein, um sich Material zu holen. Im nächsten
Frühjahre rückte da« kaberliche Heer unter Herzog Karl von Lothringen herbei
und bezog im Mai 1689 bei Mosbach und Erbenbeim Lager.*) Wiesbaden er-
hielt vom Herzoge einen Salvaguardiabrief, der es von ^ aller eigenthätigon
Einquartierung auch anderen Krigä executionen^ sonderlich aber mit brandt-
Schätzung, raub und plünderungen oder anderen gewaltthätigkeiten und straff-
massigen Insolentien gäntzlich zu verschonen^ befahl. Dessenungeachtet musston
die Bewohner die Kaiserlichen bei der nun folgenden Belagerung von Mainz
in jeder Weise unterstützen. Hunderte von Männern wurden gezwungen, ent*
weder als Arbeiter ins Lager zu gehen oder Holz in den Wäldern zu fallen
und zu verschaffen. Überdies mussten Fuhren gestellt, Lebensmittel, Heu und
Stroh in Menge geliefert werden. Am 9. September (n, 8t*) 1G80 wurde Mainz
Ton den Deutschen durch Überfall erobert, und sofort begann man die Demo-
lierung der von den Belagerern errichteten Werke. Dazu wurden wieder eine
Menge Bauern aus dem Amte Wiesbaden verlangt, die noch dazu ihr Gerät
selbst mitbringen mussten. Auch den Unrat in den Strassen von Mainz^ den
die Franzosen zurückgelassen hatten, sollten sie fortschaffen helfen. Ausserdem
wurden sie beim Ausbau der Mainzer Verschanzungen mitverwaudt. In den
folgenden Jahren folgten viele Truppendurchmärsche und Einr|uartierungen,
wobei man die ORiziere und Soldaten durch Geschenke auf gutem Fusse halten
musste. Dies dauerte bis 1695. Daneben trieb sich allerlei Gesindel, Land-
streicher, Räuber u. s, w. in der Grafschaft umher. Da die gräflichen Truppen
meist durch den Krieg in Anspruch genommen wurden, so ordnete Fürst Georg
August Bchon im Jahre 1687 die Bildung von zwei Kompagnien „Landaus«
ach US 8** zu je 100 Mann an**) Das Amt Wiesbaden stellte dazu 80> die
Stadt 30 über 15 Jahre alte ledige Burschen. Für die Unterhaltung derselben
hatte das Land aufzukommen. Aus diesem Aussehuss bildete eich nachher die
stehende Landmiliz mit sechs, später vier Dienstjahren. Sie besorgte die Wachen
und veranstaltete Streifzüge gegen die Friedensstörer, Zur Beschaffung gleich-
massiger Hüte und Strümpfe für diese Sicherheitswächter waren die Gemeinden
gehalten 1 Gulden für den Kopf zu zahlen. Im Notfalle wurden zur Abwehr
von Banden sämtliche männliche Einwohner, welche Waffen tragen konnten,
aufgeboten. Im Jahre 1718 erst, also dreissig Jahre nach Errichtung des Land-
ausschusses, bildete sich in Wiesbaden aus den wehrhaften und wachepflichtigeu
Einwohnern eine Bürgerkompagnie, welche zwei Offiziere hatte, einen Kapitän
und einen Lieutenant, dazu einen Fähnrich. Alljährlich hielt diese Kompagnie
vier (später zwei) Übungsfeste ab. Für Streifzüge in die Umgebung wnirden
Offiziere und Mannschaften besonders bezahlt, ebenso f&r die Teilnahme an
Exekutionen. Bei Hinrichtungen nahmen die Offiziere und Unteroffiziero an
der „ Blutzeche " teil, welche im herrschaftlichen Gasthause j,Zum Einhorn*
stattfand. So primitiv die Einrichtung dieser Landmiliz war, so scheint sie
sich doch gut bewährt zu haben, und man muss dem Eifer und der Einsicht
des jungen Grafen alle Achtung widerfahren tasaen, dass er an die Errichtung
») HeniiPa, B^lngeruiig v, Maiiu- 1689. — ») Th, 8chfil«f, „Wiwk Tn^H." No. OA, 18SÄ.
mm
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dnes »stehenden Heeres** dachte. Ein Glück war ea, daes sich in den be*
wagiaii Zeiten die schrecklioheQ Ereignisse Yon vor fünfzig Jahren nicht
wiederboUen.
Koch während der VerhandlimgGQ zu liyswijky auf denen die äusseren
'drhiltnissc de^ nassauischen Landes ihre Regelung fanden, richtete Fürst
Ooofg August sein Augenmerk auf die inneren Angelegenheiten des Gesamt*
htttiaea*^] Die Bestimmungen des ^Oothaer Recesses** von 1651 waren nur
toOwoUe in Ausfuhrung gekommen, und zwar aus dem Grunde, weil das Reichs-
bunmergericht im Jahre 1682 entschieden hatte, daj^s die Agnaten des nassau-
tsoben Hauses sich durch Verträge untereinander selbst vergleichen sollten.
Kau konnte sich nicht einigen, und die folgenden bewegten Zeiten boten keinen
Raom dazu. Am 9./19, Juni 1697 aber Hess Georg August seinen Vettern
ftilie Bonkschriflt zugeben^ in welcher er die Forderungen, zu denen er sich
1wrech%t glaubte, aufstellte und begründete. Er verlangte 1) für den Schaden,
ä^r ihm durch die Verpfandung der Herrschaft Lahr (in Baden) an das be-
nachbarte Baden-Durlach als Erben der Geroldsecker Schuld seit 1659 er*
wachsen war, 300000 Gulden als Ersatz, 2) eine EoUchädigung für die Aus-
iMgCfüj welche sein Vater vier Jahrzehnte hindurch als Direktor der gesamten
Haaniiiereasen gemacht, zugleich zur Begleichung der im Recess bewilligten
Gelder f5r den Idsteiner Schlossbau, 3) die Richtigstellung der Rechnungen
über Saarwerden, Herbizheim und Homburg für die Jahre 1671 — 80, 4) die
RemioD der Familienpakten „mit Rücksicht auf die jetzigen Läufie und Zeiten.*^
Direkt verlangte Idstein von Saarbrücken Anweisung der im Recess bestimmten
100 Gulden jährlicher Renten, die bisher noch nicht bezahlt worden waren,
iätm Rechnungsablage über die dem Grafen Wilhelm Ludwig seit 1629 zur
Verwaltung überlassenen Gebiete der beiden jüngeren Brüder desselben, Ernst
Catimir und Otto, ferner den dritten Teil des vom Grafen Otto hinterlassenen
Silbergesehirree und endlich Rechnungsablage und Entschädigung von Ottweiler
wegen Saarwerden, Herbizfaeim und Homburg für die Jahre 1681 — 1Ö97, Diese
Forderungen enthielten nichts Unbilliges; aber keiner der Agnaten wollte auf
Bewilligung derselben eingehen. Georg August brachte daher die Angelegenheit
for den Reichsfaofrat, in welchem teilweise noch die Männer sassen, die sich
tfam vor vierzehn Jahren bei Erteilung der venia aetatis so geneigt gezeigt
kalten. Wirklich bestimmte der Rat am 12V22. August 1698, dass Herzog
Triedrich IL von Sachsen-Gotha (1691—1732), Friedrichs I. (s. o.) Sohn, die
Sache imtersucben und begleichen sollte. Man hielt sich in Wien doch nicht
(&r massgebend genug, selbst in der wichtigen Sache zu entscheiden.
Walrad von Usingen veranlasste im Hinblick auf diesen Bescheid eine
Koiiferciu: der »echs übrigen Glieder des Hauses Saarbrücken am 3. März 1699
SU Dsbgen. Hier verbanden sich die Grafen zur Aufrechthaltung ihres seit-
herigen Besitzstandes und zum Widerstände gegen Idstein. Nun trat aber
Mioh Oraf Johann Ernst von Weilburg am 16. Juni (n. St,) 1699 mit einer
OegeDsehrift hervor, da die Saarbrücker in ihrer schriftlich aufgestellten Bc-
*) Ymgh anob dlt abereioitiiiuiieQdea Dvatenuogen HeoseU, Yll, 9. 06 ff.
rilfa
schwerde angaben, sowohl von Idstein wie von Weilburg benachteiligt zu sein»
Er verlangte 1) die Nichtigkeitserklärung der von Idstein einseitig uacbgeduohieu
Konfirmation der Fürstenwürde, 2) die Ablegung der Rechnungen der Vor-
mundschaft und Administration seitens Saarbrücken, bezw. Idstein für die
Jahre 1629 — 51, 3) gleichniässige Rechnung über das verkaufte Silbergeschirr,
über die gemeinschaftlichen Gefälle der Grafschaft Saarwerden und des Amtes
Homburg und über die 200 Quldeu jährlicher Rente, die nach dem Recess auf
WeUbupg entfallen sollten, 4) Ersatz iur den durch die Reunionen der Ämter
Kirchhetm und Stauf entstandenen Schaden, 5) gleichmässige Verteilung der
gemeinschaftlichen Schulden und 6) zeitgemasse Revision der Familienpakten.
Daraufliin wollten alle aclit Herren am 10,/20* Juni zu Frankfurt zur Beratung
zusammenkommen. Fürst Walrad war zuerst da; die andern sandten ihre
Räte. Auf die heftigen Vorwürfe des Usingers, dass man mit „Bedienten**
verhandeln müsse, kamen auch Georg August von Idstein, Ludwig Kraft von
Saarbrücken und Friedrich Ludwig von Ottweiler am 14./24. an. Johann Ernst
von Weilburg entschuldigte sich mit einer Kur, die er erst beenden müsse,
verlangte auch ausdrücklich die Beseitigung des Rangstreites zwischen den
fürstlichen und gräflichen Gliedern des Hauses. Die beiden Fürsten, Walrad
und Georg August, aber bestanden vor allem darauf als solche anerkannt zu
werden, und da die anderen dem widerstrebten, so konnte die Konferenz im
voraus als vergeblich bezeichnet werden. Georg August schlug zuerst einen
Schiedsrichter vor, was von dem Weilburger Gesandten als zu weitläufig ver-
worfen wurde; dann machte er den Vorschlag, die Angelegenheit ohne Weih
bürg zu ordnen, stiess aber hierin auf den Widerstand des Grafen von Saar-
brücken. Als auch andere Vorstellungen scheiterten, reiste er am 19./29. Juni
ab* Tags darauf kam Johann Ernst von Weilburg an, und nun nahmen die
noch anwesenden Agnaten gemeinsam Partei gegen Idstein, noch an demselben
Tage, Sie wollten den Prozess am Reichshofrate und die gothaische Ver-
mittelung hintertreiben und ihren Herren Vetter „auf bessere Gedanken bringen**,
Georg August dagegen wandte sich sofort nach Wien und veranlasste, dass der
Reichshofratsbeschluss ausgeführt wurde. Der Herzog Friedrich lud darauf die
Herren für den L/IL Oktober 1699 nach Gotha. Keiner von denselben er*
schien, und der Prozess begann, um sich in die Länge zu ziehen.
Erst nach dem Tode Kaiser Leopolds konnte Fürst Georg August bei
Kaiser Joseph auf schärfere Verfolgung der Sache dringen. Das Kommissarium
des Herzogs Friedrich wurde erneuert, und die Herren von Saarbrücken,
Usingen, Ottweiler und Weilburg wurden von demselben abermals fiir den
28, März 1707 nach Gotha geladen. Als die Beklagten das Kommissarium
verwarfen und sich in Gemassheit der Reichskammergerichtsentscheidung von
1682 für einen Ausgleich durch Uausvertrag erklärten, ordnete der Herzog
unter Billigung des Reichshofrats die Angelegenheit kurz und bündig. Am
14. Juli erklurte er, dass die Forderungen Idsteins, betreffend die Entschädigung
wegen Lahr, die Bezahlung der Sehlossbaugelder and der 100 Gulden jährlicher
Rente, rechtmässig und daher zu bewilligen seien. Sofort erhoben die übrige
Agnaten, besonders Jobann Ernst, beim kaiserlichen Hofe Gegenvorstellungen!
^
Ab hüAm »bor keia GohSr, und der Reichsbofrat bestätigte dos Urteil des
GUnogfl TOQ Ootha. Nun wandteo sich die Herren an die Heichnversammlaiig
sn Büfeofiburg und zwar mit mehr Qlück. Sie fandeu die Unterstützung ded
Kfioigv fon Preussen, der seinen Gesandten so nachdrücklich für »ie sprechen
di*t K^ ' Ilegieu zu der Ansicht kamen, die Hauaverträge und
mergeriu-. L j-^chhiöse seien durch die Einaetzung des Kommisaariuma
Vierl€txt| und letzterem solle daher aufgehoben werden* Das geschah, und das
Rfi&cbabofratBurteil wurde dadurch entkräftet. Nun ruhten die Streitigkeiten
eilige Zeit. Dann, als die YerhaUnisse wieder günstiger für ihn wurden, trat
Oimy Augui>»t von neuem mit seinen ForderuDgen hervor. Er verlangte lik
Entschädigung für seine langjährigen Verluste 140ÜÜ0 Gulden, die nach seinem
•ohllbwciii Tode seinen Töchtern auszuzahlen seien, dann 76000 Gulden aus
den gemeinschaftUchen Gefallen der Klöster und endlieh eine Jahresrente von
4803 Oulden bis zur "Wiedereinlöaung von Lahr. Die Grafen wollten diese
Saauiieii auf 105000, resp. 45000 und 3000 Gulden erniedrigen; aber Oeorg
A]i^iist war damit nicht zufrieden, sondern reichte beim Keichshofrat abermals
Khgt ein. Das vermittelnde Direktorium des Oberrheinkreises schlug die
Zahlen 140000, resp. 60000 und 3000 vor; allein der Fürst blieb, da er auf
Uotermtützong in Wien rechnen konnte, nicht nur auf seiner Forderung besteheu,
Modärn verlangte statt der 75000 Gulden aus den Klostergeföllen gar 150000.
Natfirliob gingen die Gegner hierauf erst recht nicht eiu^ und der Prozess lief
Die ProÄesskommission entschied endlich, dass die von Idstein ver-
Oelder zu zahlen seien und gab Georg August sogar das Hecht der
und Nutzniessung der Gebiete seiner Widerparte, bis die Summen
beglichen wären. Nun versuchten die Agnaten es mit Gegenvorstellungen und
Bahmen sogar zu Bestechungen einzelner Reichshofratsmitglieder ihre Zuflucht.
IEs hmlf nichts. Am 14. Juni 1714 entschied der Hat, dass die Beklagten an
Idatetii 204111 Gulden samt 5% Verzugszinsen (seit 1669) für Lahr, 10000
Oilideti Baugelder samt Zipsen (seit 1051) und 100 Gulden jährlicher Rente,
eben&Us samt Zinsen (seit 1651), zu zahlen hätten. Audserdem wurde Georg
Ansuit das Okkupatious- und Nutzniessungsreoht bestätigt, von welchem dieser
mhrt Gebrauch machte, indem er zunächst das weiiburgiscbe Amt Reichelsheim
ttDd die weilburgischen Gemeinschaftsteile von Nassau und andere im Yierherri-
aohra wegnahm^ ohne dass Widerstand entgegengesetzt wurde. Die Grafen legten
ftotost eb, der aber nur die Bestätigung des Urteils am 29. November 1714
TOT Folge hatte* Da versuchten sie den gütlichen Weg durch Vermittelung
dM Grafen Karl voo Wied-Runkel in der Hauskonferenz zu Kirchheim am
8, November 1715. Es sollten dem Fürsten Georg August, resp. dessen ver-
b^iratiiteu TOcbtern nach seinem Tode Auszahlungen in der Hohe von im ganzen
120(100 Oaldeo gemacht und ihm ausserdem 3000 Gulden jährlicher Rente ge*
gebto werden, wofOr er die besetzten Gebiete herausgeben solle. Durch Be-
steehtLogen in Wien erreichte man, dass der Reicbshofrat schwankend wurde
imd infolge deaaen Georg August seine Zuversicht etwas verlor. Beide Teile
gabma ntm uochi nnd schliesslich kam man, des nun fast zwanzig Jahre dauernden
Fnneises mQde^ auf der Gegner Seite dahin überein, dass man sich einzeln
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mit Idstein vergleichen wolle* Infolgedesseii kam zunächst zwUchen Uainge?
und Idstein am 11. Mürz 1717 folgender Vertrag zustande: Idstein erhält ein
Kapital von 20000 Gulden zu 5% jährlieh verzinst^ aus den Oefallen des
Klosters Rosenthal; dessen Restgefalle dienen zur Abtragung des Kapitals;
nach der Auszahlung des letzteren fällt das Kloster an Usingen zurück. Der
sechste Teil der Lahriachen Renten, 800 Gulden, wird auf das Dorf Steinfisch-
baoh angewiesen. Yon den 140000 Gulden, welche die Töchter Georg Augusts
erhalten sollen, verspricht Csingen gleichfalls ein Sechstel zu bezahlen, und
zwar solleu die Töchter bis zur Auszahlung der Summe im Genüsse der Herr-
schaft Idstein verbleiben. Ebenso wurde dem Fürsten von Idstein zugestanden,
dass seine AUodialerben den Idsteiner Landesteil nicht zu verlassen brauchten,
bevor die übrigen fünf Sechstel von den anderen Agnaten (3 von Weilburg,
je 1 von Saarbrücken und Ottweiler) bezahlt seien. Es soll eine jährliche Ab-
rechnung dieserbalb zur Feststellung der gemachten Abschlagszahlungen statt-
finden. Dagegen soll Idstein die okkupierten usingischeu Dörfer Rödelbach,
Finsternthal und Maulof herausgeben. Zugleich wurde der usingische Anteil
am Gebiete Idstein im Falle des Aussterbens letzterer Linie festgesetzt. Schon
am folgenden Tage verglichen sich auch Saarbrücken und Ottweiler mit Idstein
unter verhältnismässig ähnlichen Bedingungen. Der Vertrag wurde am 4, April
von den beiden Grafen genehmigt* Schliesslich erklärte sich auch Johann
Ernst von Weilburg bereit zum Vergleiche auf denselben Grundlagen, womit
dann im Laufe des Jahres 1717 der Prozess erledigt schien. Fürst Gec»rg
August war darüber hocherfreut und berichtete über den Verlauf der Unter-
handlungen noch in demselben Jahre an den Reichsfaofrat. Hier legte er zu-
gleich Fürbitte ein für den Kanzleidirektor von Plonnies und den Keller Lebleu
von Weilburg, welche sich seinerzeit in der Aufwallung des Zornes über die
Hofratsbescheide (zugunsten Idsteins) zu Schmähungen einzelner Räte und
Notare« bezw. zu tbätlichen Ausschreitungen gegen dieselben hatten hinreissen
lassen und gegen die deshalb das Strafverfahren eingeleitet war. Die Fürsprache
Georg Augusts hat indessen in dem letzteren keine Änderung hervorgerufen*
Kacbgerade aber brach abermals der Streit zwischen Idstein und Weilburg
ausy und beide Widerparte sind ohne Begleichung desselben gestorben.
Dass Fürst Georg August auf seiner Entschädigung also bestand^ kann
ihm nicht verübelt werden. Durch die Entziehung der Herrschaft Lahr war
schon sein Vater, Graf Johannes, gezwungen worden grosse Summen aufzu-
nehmen. Der Extrakt der idsteinischen Rentkammer ,,waa vor und nach 1702
an altvätterlichen Schulden bezahlt worden**, weist 10 Posten auf: 1) 6800
Gulden auf Pergamentbriefe der niederrheinischen Ritterschaft, 2) 18000 Gulden
auf einen Kapitalbrief des Herrn Maximilian Bauer von Eiseneck, 3) u. 4)
5000 und 7000 Gulden auf einen Kapitalbrief des Herren von Dalberg, 5) 1826
Gulden auf einen Kapitalbrief des Grafen Kolb von Warteuberg, 6)— 10) 6000,
394, 1500, 1500, 1050 Gulden Wilderische, Grollische, Kühhornische, Kör-
mannische und Gülcberische Schuld, zusammen 49070 Gulden. Fürst Georg
August sah sich genötigt, um diese ziemlich alten Schulden abzutragen, neue
Aufnahmen zu machen, zu Verpfandungen zu schreiten f teilweise hatte er auch
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tat Beslftkimg maneher Ausgaben gao^ neue Anleihen zu erhoben. Um die
Bmlboigiiehe und Kühhorni»che Schuld abzutragen, mussto mit Konaeoa das
Grafen Ludwig Kraft vou Saarbrücken ira Jahre 1697 die Weingülte zu Rüdes-
heiiii and Oeisenheim „veralieDiert*" werden. Desgleichen wurden im Jahre
1701 bei dem Ilandelsmauno Adam Paquay von Frankfurt 15000 Qulden auf
fBaf Jahre gegen YerpHindung eines Teiles der Qefalle von Klappenheim und
Biorstadt, unter Konseiia von Friedrich Ludwig von Ottweiler, entliehen. In
Aem folgenden Jahre entnahm Georg August beim Fürsten Eugen Alexander
von Thurn und Taxis 50000 Gulden zur Abtragung alter Schulden. Im Jahre
1T(V5 schoss Maximilian Bauer von Eiseneck neue 10600 Gulden zur Tilgung
der WUderiflchen und einer wied-runkelisohen Schuld, zu welcher Aufnahme
Ludwig KraiV von Saarbrücken den Konsens verweigerte, Wilhelm Heinrich
foo Usingen unbedingt, und Friedrich Ludwig von Ottweiler insofern zuwilligte,
als der Überschuss der Einkünfte der neu verpfändeten Dörfer Kloppenheim
mid Bierstadt zur Abzahlung der Leihsumme verwendet wurde. Ferner wurden
g^fiehen von Dr, Winter in Frankfurt 4000, von Herrn von Barkhauseo da-
fteihst 15000, vom Universitatakauzler Dr- Herten in Giessen 15000, von dem
Fretberrn von Hohenfeld 20000 Qulden, letztere Summen gelegentlich der Yer*
hetratuiig der älteren Töchter des Fürsten Georg August mit dem Fürsten von
Oeiffiesland resp. dem Herzoge von Sachsen-Merseburg (s. w. u.). Die Kon-
sense der Verwandten erfolgten zumteil zögernd, zum Hobenfeld-Kapital z. B,
erst 1724, drei Jahre nach Georg Augusts Tode, der der Fürstin- Witwe Char-
btie Amalie von Usingen.
Den schwersten Kampf setzte es um die Erlangung des Konsenses wegen
der vom Fürsten Eugen Alexander von Thurn und Taxis 1702 geliehenen
SOOOi) Qulden^ für welche diesem die Dörfer Each, Walsdorf, Walrabenstein
nnd Bermbaeh im Amte Idstein verpfändet wurden. Als Fürst Walrad von
UsiageU) der kraftvolle Vertreter der gemeinsamen nassauischen Ilausinteressen,
füm dem Vorhaben Georg Augusts Kunde erhielt, warnte er ihn (Uaag, 24. I.
1702) vor der Verpfandung evangelischer Dörfer an einen katholischen Reichs-
fllrsien. Das Kapital von 45000 Gulden (so war es anfangs festgesetzt) sei
n gFOSSy um aus den Revenuen auf einmal abgetragen zu werden. Taxis
finde dann leicht einen Vorwand zur Besitzergreifung jener Orte. Graf Johann
Ernet gab am 16. L seine Zustimmung unbedingt. Daraufhin stellte am 30. I.
Qeofg August ohne weiteres dem Fürsten Thurn und Taxis einen Schuldbrief
auf 50000 Gulden lautend aus, weil er hoffte die Zustimmung der anderen
Agnaten doch nachträglich zu erlangen. Aber er tauschte sich. Ludwig Kraft
SU Saarbrücken, von Walrad beredet, stand in einem Schreiben vom 10. 11.
tbeofalls an, seine Einwilligung zu geben; was Friedrich Ludwig von Ottweiler
ims^e, ist nicht bekannt. Walrad erbot sich unterm 17. II. selbst mit seinem
Gelde eintreten zu wollen. Als er aber unterm 30. II. den höflich entschul-
digenden Brief Georg Augusts empfing, in welchem dieser ihm mitteilte, dass
er bereits die Summe von Taxis entliehen habe, protestierte der alte Fürst
durch zwei Schreiben vom 3. VII. 1702 aufs heftigste und energischste sowohl
bei Georg Auguj^t als auch bei Taxid gegen diese Eigenmächtigkeit. Er ist
4
m
bald nachher gestorben, und sein Sohn Wilhelm Heinrich, über den Georg
August anfangs die Yormundschaft geführt hatte, irerweigerte nachher ebenao
hartnäckig seine Einwilligung wie Walrad. Georg August kam in Verlegenheit,
da er bloss Weilburg, höchstens noch Ottwciler auf seiner Seite hatte, während
die Stimmen von Saarbrücken nnd Usingen gegen ihn waren. Der Fürst von
Thurn und Taxis, der das Geld vertrauensvoll aus den Händen gegeben hatte^
aber keine eigentliche Sicherheit besass, drang auf Einbringung der Konsense.
Infolgedessen wandte sich Ooorg August nochmals an Usingen und Saarbrücken
im Jahre 170f>, Hess auch seine Gemahlin Henriette Dorothea eine Einwilligung
unterschreiben* Da aber die beiden anderen Agnaten sich fortgesetzt weiger-
ten, brachte Taxis die Sache vor den Reichshofrat, und dieser erklärte aml
14. November 1707, daas das ganze Verfahren höchst leichtfertig und wegen]
der verweigerten Konsense ungültig sei. Trotzdem nun Wilhelm Heinrich von
Usingen am 21* November 1707 seine Einwilligung nachträglich gab, begann
Taxis gegen Idstein einen Prozess beim Reichshof rate anzustrengen, da Ludwig
Kraft von Saarbrücken sich nicht deutlich erklärt hatte. Der Prosess zog sicfai
lässig gefuhrt, Jahre lang hin, und der alte Fürst von Thurn und Taxis ist
darüber gestorben (1714). Sein Sohn und Nachfolger, Anselm Franz, hat erst
im Todesjahre Georg Augusts nachdrücklicher eingegriffen. Er wandte sich
am 6. Juni 1721 an Karl Ludwig von Saarbrücken, Ludwig Krafts Bruder und
Nachfolger, und bat um den Konsens, der seinerzeit von der kaiserlichen Kom-
mission für unzulänglich erklärt worden sei. Der Graf verlangte unterm 25. eine
Kopie der Abkunft. Diese nebst der der Nichtigkeitserklärung des Reichshof-
rates von 1707 sandte Taxis am 8, Juli. Nun bat auch Georg August den
Vetter um die Einwilligung, damit eio fernerer Prozess vermieden werde (am
16. August); Karl Ludwig hatte jedoch den Konsens bereits am 14., also /.wei
Tage vorher erteilt. Um Taxis vollständig zufrieden zu stellen, holte der Fürst
von Idstein am 18, August nochmals von der Witwe Wilhelm Heinrichs von
Usingen, Charlotte Amalie, die Einwilligung ein, die am 23. erfolgte. Der Fürst
von Thurn und Taxis war so erfreut, endlich seine Sicherung zu besitzen, dasa
er in einem äusserst freundlichen Schreiben vom 26. August aus Brüssel dem
Grafen Karl Ludwig dankte. Zwei Monate darauf weilte Fürst Georg August
nicht mehr unter den Lebenden. Die Einlösung der Dörfer Esch, Walraben*
stein, Walsdorf und Bermbach hat allmählich stattgefunden. Die Befürchtung
Fürst Walrads, es möchte sieh ein katholischer Herr im evangelischen Nassau
featsetssen, ist also nicht zur Wirklichkeit geworden.
Wir kommen zum zweiten Teile unserer Betrachtung, zur Fürsorge dea
Fürsten Georg August für sein Land.
Schon bald nach seinem Kegierungsantritte erliess er am 20. /30. Januar
1G85 das Privilegium für die Bürger von Idstein und schenkte denen, die neu
bauen wollten, die herrschaftliche Weiherwiese.*) Die Residenzstadt schlössen
damals drei Thore ab, das Roderthor, das Oberthor und das Himmelsthor. Die
Stadtmauer lief vom Oberthor herab, den Zuckerberg durchschneidend, zwischen
') S. Anhang 1.
Sl
I aiigon Wethcrwiese und Borngasse her zum Uimmelsthore Uüd vou da
bU ao die Schlossmauer ia starkem Bogen ; auf der anderen Seite zog sie vom
r>berthore im Winkel nach dem Roderthore und von da im Bogen ssur Sohloas-
maaisr. Dieser letztere Teil ist heute noch teilweise erkennbar, Marktplatz,
Kreoxgasse, Weiherwiese, Schäfergasse, ein Teil des Zuckerbergs und der Born*
gmcte lagen also auaserhalb der Mauer ; zudem scheint die Borngasse innerhalb
Jbeo nicht regelrecht bebaut gewesen zu sein. Rund um die Stadt lief
ein tiefer Graben, der sich vor dem Himmelsthore und rings um das
durch den Zufluss des Wolfsbaches fast seeartig erweiterte. Die ganze
Irette des heutigen Marktplatzes war mit Wasaer angefüllt, das ganze Schloss
90 demselben umgeben« In den letzten Jahren der Regierung des Grafen
lohaanes jedoch wurde der Weiher völlig ausgetrocknet, und der Boden in Wiesen
imge wandelt, welche die Herrschaft in Pacht gab. Nur den Wolfs bach liess
man in eingeschränktem Bette weiterfliessen. Diese Wiesen verschenkte jetzt
^Georg August an Bauluatige. Im Innern der Stadt sollte die Borngasse aua-
l)aut werden. Auch w^urden die niederen Gaasen, insbesondere die Ilimmels-
cy ausgefüllt, erhobt und mit Abflüssen versehen, durch welche bei Regen»
^D daj» Wasser besser als bisher seinen Abzug nehmen konnte. Ob schon
iterungen damals vorkamen, ist nicht recht ersichtlich. Es scheint aber,
^daaa die Fremden von dem Privilegium in der ersten Zeit nicht sonderlieh
Oebraueh gemacht haben. Jedenfalls trugen die unruhigen Kriegszeiten Schuld
r daran. Der Fürst sah sich deshalb veranlasst, fünf Jahre später ein erweitertes
[Privüogtum zu erlassen und dasselbe auch auf die zweite Reäideuz, Wiesbaden,
lAUsrudehnen.') Im Jahre 1690 war nach der Eroberung von Mainz durch die
^DMtaühen die unmittelbare Kriegsgefahr für die idsteiuischen Gebiete beseitigt;
fing an aufzuatmen. Jetzt begann auch in Idstein die Bauthätigkeit mehr
\ mid mehr. Der Fürst liess den Teil der Stadtmauer zwischen dem Ober* und
dem Himmelsthore vollständig niederlegen, und nun kamen die Bauten all*
m£hlieh, aber unter mancherlei Beschwerden zustande. Man denke sich, erst
1721, also im Todesjahre des Fürsten, konnte die Borngasae als ausgebaut
Lfdien. Eine „Specification derer, so aus dem Lande auhero nach Itzstein ge-
sogen^ (vom 22, Oktober 1716) weist, sage und schreibe, nur vierundzwanzig
I Kamen von neuen Bürgern auf. Im Jahre 1684*), also kurz vor Erlass des
«ftten Freibriefs zählte Idstein ^ü9 Burger, 7 Beysassen, 3 Hoffleuthe, 5 Witt*
mit 139 Kindern mSnnlichen und 119 weiblichen Geschlechtes, also
SBioiDmen etwa 400 Einwohner (die Frauen der Bürger müssen noch hinzuge-
xSUl werden). Im Jahre 1703 hatte die Stadt 110 Wohnhäuser und in der
Yoffstadt B2, also zusammen 162, Die Einwohner, welche Feldgüter, grusaere
oder kleinere hatten, zählten 74, die, welche keine besassen, 56 ; es waren ihrer
abo 1^ vorhanden. Herrschaftliche und „freie" Diener gab es damals 30;
alto betrag die Summe der Hansvorstände 160, die Einwohnerzahl überhaupt
ttogefihr 700 — 800; sie hatte sich in zwanzig Jahren nahezu verdoppelt. Die
obengeiiaimleti 24 Bürger stammen alle aus den umliegenden Orten; es musa
^ a. AnkAog 2. ^ *) Die Ziihlen naoh EisKftttb« Ojrmn^-Proj^r« von 1787.
^s^aitsmemmm
52
daher eme. grosse Anzahl AusKinder zugezogen sein. Diese siedelten
hauptsächlich auf der Weiherwiese, zumteil auch vor dem Himinelslliure uud
ii] der Obergasse an, während die Idsteiner selbst die Borngasse ausbauten.
Die Löherstrasse wurde gleichfalls von Kinge wanderten besetzt. Später begann
man die Anlage des Marktplatzes und der Kreuzgasso. Zur Zeit des Fürsten
Georg August bildeten sich die Zünfte*) aus^ zumteil wohl deshalb, weil die
alteingesessenen Idsteiner fürchteten, den Eingewanderten gegenüber im Nach-
teil zu sein und es für nötig erachteten sieh fester zusammenzuschliessen. Die
ältesten Züufte sind: 1, die Bauzuuft (Maurer, Zimmerer, Leiendecker, Stein-
hauer und Glaser), 2. die Bäcker, 3. die Leinweber, 4. die Schmiede und Wagner,
5. die Sattler. Deren Privilegien wurden 1724 erneuert. Dann kommen:
6. die Schneider, 7. die Schuster (Artikel 1717 erneuert), 8. die Müller, 0. die
Schreiner, Schlosser, Dreher uud Büchsenmacher (seit 1721), 10. die Metzger,
11. die Küfer und Brauer (schon damals zünftig, aber die Artikel erst von
1750), 12, die Wollweber. Später kamen noch hinzu 13. die Gerber und 14.
die Schwarzßrber und Hutmachen Zu diesen Zünften gehörten aber nicht
bloss die in der Stadt Idstein wohnenden Handwerker^ sondern überhaupt alle,
die in den Ämtern Idstein, Wehen und Burgschwalbach sessbaft waren. Dass die
Alteingesessenen zu Idstein mit Missvergnügen auf die Neueingewanderteo
(„Hargeloftenon" im Volksmunde) bhckten, davon zeugt eine Beschvverdeschril
„sämptHcher Weyerwieser und Obergässer zu Itzstein* an den Fürsten aus
dem Jahre 1705. Sie beklagen sich in der Schrift über den „ihnen zuwider
seyenden Burgerhass." Bei Gelegenheit einer Haussuchung wegen Diebstahls
seien sie „am hellen Tage von denen Burgern überfallen, ihnen sogar ihre
gedörrte Hutzeln und Schnitzen fortgenommen, ihren Oeyssen die Fütterung
vorenthalten worden.** Auch hatten die Bürger sieb, „mit Hespekt zu ver-
melden, toll und voll in ihrem Branntwein besoffen uud dann alles Heu aus
den Speiehern genommen, als ob der Landesfeind da seye und vor die Cavallerie
fouragieren wolle.*' Das Heu hätten sie „fortgefahren auf ihren Wagen und
auf otFenom Markte verkauft." Was von Seiten Georg Augusts auf dieses recht
ungemütliche Gebaren seiner augestammten Landeskinder gegen die neuen „lieben
und getreuen Unterthanen** geschah, ist nicht bekannt. Keinenfalls wird der
gerechte Sinn des Fürsten die Übergriffe ungestraft haben hingehen lassen,
und er wird für die Zukunft ahnlichen Tumulten vorgebeugt haben. Der Markt,
von dem in der Beschwerdeschrift die Rede ist, ward damals auf dem alteu
Marktplatz, vor dem Rathause gehalten. Idstein hatte zwei Jahrmärkte*), den
einen auf Dionysius (9. Oktober) und den andern aui* Fastnacht. Den letzteren
erneuerte Fürst Georg August im Jahre 1700, und er wurde seit dieser Zeit
besuchter und ausgedehnter als früher. Der Dionysiusmarkt war früher im
Freien, zu Wolfsbach abgehalten, aber schon zur Zeit des Grafen Johannes
in die Stadt verlegt worden. Eine Marktordnung wurde 1709 erlasseu. In
demselben Jahre wurden zwei Gefangnisstuben im Oberthore hergericbtot.
^) EUhaub ebendii. — ') Ebenda.
■■*--^"*--*'
&a
Dat hervorrageudi^te GeLäude vou allcti^ die damals in Idstein entstandeD,
^«^hes Füret Ucorg August selbst autführtOf ist die hoho Schule, die nach
kWbeiii Namen ^Augustoum^ gehoissen wurde. Der Bau fällt in die Jahre
IftSO — ÖKM Das Schulhaua steht auf einem Felsen, dessen Hervorragungeu
an beiden Seiten man wegbauen Hess, um dadurch llaum für den Hof, den
Garten, fiär Scheunen und Ställe zu erhalten. Au der vorderen Seite des Ge-
tbiiiideii, nach der Strtisse zu, wurde der Felsen unter dem Bau selbst auage-
tmd darin ein Raum ffir zwei grosse Zimmer gewonnen, von denen das
[rine zur deutschen Knabenschule, das andere i:u einem Festsaale (Aula) bestimmt
f-wurdo. Der letztere ward im Jahre 1718 eingeweiht* Die hölzerne Treppe,
welche anfangs xu dem eigentlichen Hause von aussen hinaufführte, wurde nachher
ibigobruchen und der Zugang im Hause selbst, zwischen den beiden erwähnten
wimmern angebracht. Man hat sich gewundert, dass Georg August nichts au
litur Kirche seiner Residenz gebaut und verschönert hat, und doch findet die
chebuAg leicht ihre Erklärung. Der Vater des Fürsten, Graf Johann, hatte
rt fflr die innere Ausschmückung der Kirche gesorgt und sie so prächtig
tberladen lassen, dass für den Sohn nichts mehr zu thuu übrig blieb. Georg
Lugust mag es auch beklagt haben, dass das Gotteshaus nicht niedergelegt
und in entsprechender Vergrösaerung und auch äusserlich in schönerem Stile
ihrt worden war, welchen Mangel ihm jeder Besucher der Idsteiner Kirche
bfiUileu wird, deren prachtvolles Innere man aus dem schmucklosen Ausseren
nicbl vermutet. Im Boklosse zu Idstem hat Georg August die Kapelle her-
iehten lassen (1710), die beim Neubau (im Jahre 1615) vergessen worden
war. Auch hat er das sogenannte Kaiserzimmer im Schlosse durch Stnekarbeit
verzieren lassen. Auf der anderen Seite des Wolfsbaches, an der Bergterrasse,
er den »Tiergarten** an, der in der ersten Zeit wohl umhegt war, nach-
lange Zeit vorwildert lag, neuerdings aber durch die Fürsorge dos Ver-
cbunerungs Vereins zu einer beliebten Pronienadenanlage wieder urageschaffen
worden ist. So mag man in der altnassauischen Residenz seine Schritte lenken
ywobitt man will, man wird allenthalben an den umsichtigen und für seines
les Wohl und Aufschwung besorgten Fürsten, den letssten Idsteiner, erinnert-
Bedeutender noch als für Idstein wurde der Erlass vom 18. Oktober 1690
nir Wiesbaden, Die alte Bäderstadt hatte durch den grossen Krieg schwer
öfl, und nachher war oder konnte nicht besonders viel zu ihrer Wieder*
berstellttng geschehen* Die Weiher, wie die Stadtgräben genannt wurden,
waren ^umteil versumpft, die Mauer war an manchen Stellen eingestürzt; in
Stadt selbst lagen viele anbebaute Plätze, andere zeigten nur Ruinen.
^Wlr dfirfon als ziemlich bestimmt annehmen, dass eigentliche Strassen damals
kaum ^u erkennen waren. Schon 1684 hatte Georg August über die heillose
Verfassung Wiesbadens geklagt; jetzt, nachdem die Kriegsläufte eiuigermassen
ibor«t4iidou waren, nahm er sofort die Restauration der Stadt in Angriff durch
eo Plan eines neuen Mauerbaues. Es sollte weniger eine Stadterweiterung
ak fielmefar eine Stadterneuerung eintreten.^ Der Plan bestimmte, dass das
*) Blihaab «boada. -^ *) Tergl. ftuoli die DarsteUungen: Otto, Annalen XV, unt]
Hti| Q^idilohi« Ttm Wi(«flbAdco, dasu Sohaier, Wt^sb. TagbL 1084, Ho. 65.
54
atumpfe Thor (am h. Gottsohalkschen Hau^e auf dem Hiehelsberge) zu aiaem
Fahrthore erbreitert und das faeidDische (in der Kirchhofsgaflse) gesohlossea
werde. Yen dem stumpfen bis zum heidnischen Thore sollte die Hauer erhöht^
und ausgebessert, und von da eine neue Mauer innerhalb des Stadtgrabeod
bis hinter das Hospital aufgeführt werden, so dass am heidnischen Tbore ein
Platz gegen den Berg zu einem neuen Burger- und um das Hospital zu einem
neuen Armenkirchhofe behalten würde. Hinter dem Hospital sollte ein starkes
Rundell erbaut werden, von da die neue Mauer hinter der „Blume^ (^Euro-
päischer Hof") her bis zum Sonnenberger Thore führen, von da an der Herren-
mühle vorbei, über den Schlossgraben bis an den Stümperturm (hinter der^
Marktkircbe) und an die alte Mauer. Diese sollte bis an das Stadtthor und
das Langelnsche Haus (,,Orüner Wald*^) repariert werden. Für ,,rath8amb und
nützlich* wurde es auch befunden, Stadt- und Mainzer Thor (ersteres am ^Oril
Wald*^, letzteres in der Kirchgasse am „Nonnenhof**) abzuschaffen und au
beiden eins zu machen, dieses unfern der »Katz^ (am Accisehofe in der Nou?j
gasse) dergestalt anzulegen, dass es auf die „neue Gasse^ und auf die „Zwerch-
gasse*^ gegen die Schule dem Kirchhof (Schulgasse) korre8]>ondieren möge.^
Bei Absteckung der Mauer habe man sich eines erfahrenen Ingenieurs odi
Offiziers zu bedienen, der auch die Rundelle und Türme also anlegen sollte,
„dass die Defension von einem Orte zum anderen geschehen möge.*' Ohne den
stehenden Teil betrug der Umfang der Stadtmauer 300 Ruten (3600 Fuss);
jährlich sollten 100 Ruten zu P/s Schuh Dicke, 16 Schuh Höhe, 16 Schuh Länge
aufgeführt worden. Da aber an manchen Orten die Dicke zu 3 Schuh ge-
nommen werden müsste, so käme es jährlich nur auf 80 Ruten zu den erwähnten
Ausdehnungen. Das Kalkbrennen und Steinebrecheu sollte sofort beginnen,
und gleich diesen Winter (1690/91) Material zum Bau für zwei Jahre beschafft
werden. Man ging mit regem Eifer alsbald an die Arbeit, zunächst an die
Trockenlegung der Gräben, des besseren Baues der Mauer wegen. Dann brach
der Werkmeister Bager die Katz (am Accisehofe) ab und legte die beiden
Dammauern nieder. Am 24. April 1691 kam Fürst Georg August selbst von
Idstein herüber und legte den Grundstein zum ^neuen Thore** (zwischen dem
Accisehofe und dem „Rheinischen Hof); einige Wochen später geschah das*
selbe beim Beginne des Mauerbaues östlich vom Thore, wobei die Maurer eine
kleine Trinkfestlichkeit veranstalteten. Jetzt schritt die Arbeit rüstig voran,
so dass man Ende 1691 zwar nicht die vorgefassten 80, aber doch immerhin
57 Ruten Mauerwerk fertigstellte. Im Jahre 1692 wurde das Fundamentaus-
graben und das Mauerniederlegen fortgesetzt und das Neuaufbauen wieder be-
gonnen. Auf diese Weise verfuhr man stetig in den folgenden Jahren, 1693
bis 1607, ohne natürlich nur an die jährlich bestimmten 80 Ruten anzureiohen.
Im Jahre 1696 brach Bager das alte Mainzer Thor ab und baute es neu wieder
auf. Wahrscheinlich hat es noch acht Jahre in Benutzung gestanden; denn
der definitive Schluss desselben wird erst 1704 berichtet, angeblich (nach Hell-
mund), weil der Lärm des Fulirwerkes die Andächtigen in der Mauritiuskircho
äu sehr gestört habe. Im Jahre 1697 wurde die Restauration der alten Mauer
als abgeschlossen betrachtet. Die Kosten derselben beliefen sich auf ^uHiiMnuen
BS
Gulden 14 Albus und 4 Heller. Gedeckt wurden sie durch die Stadt-
aeebe, das Kopfgold und das Stadtbaugeld, welches in Wiesbaden, Soonenberg,
shoisn, Schierötein, Mosbach-Biebrich, ErbeoheirD, Bieratadt, Kloppenheia»,
ibfteh^ Hesslochf Auringen und Naurod erhoben wurde. Zudem waren alle
ibesitxcr in der Stadt und auf dem Lande zu Kornlieferungen für den
Jntorluilt der Arbeiter verpflichtet. Als 1697 die Sonnenberger nicht lieferteo,
ihiien die Frucht von staatßwegen geschnitten und verkauft. Die neue
wurde er«f später zu bauen begonnen; ja man weiss nicht, ob die
ite der alten Hauer vom (alten) Mainzer Thore im Bogen hiuter der heutigen
oll0lKtte her bis taxth stumpfen und zum heidnischen Thore nicht erst im ersten
hrsdint des neuen Jahrhunderts vollendet wurde. Denn dass der Bau gar
vorwärts ging, erhellt daraus, dass erst im Jahre 1701 das „neue
vollständig fertig wurde^ mit Turm, Brücke, Gefangnisstube und Fahne,
war im Viereck gebaut; der dreistöckige Neuthorturm hatte 30 Fuss im
lavierte. An das Thor schloss sich ein 25 Fuss langes und 18 Fuas tiefes
Taehthaus an^ aus dem man in den Turm gelangen konnte (auf der Stelle
jeteig€Q ^Rheinischen Hofes*). Im Jahre 1713 wurde das heidnische Thor
Fuhrwerke geschlossen. An der Mauer um das Sauer land, vom letztge*
Thore bis zum Hospital und von da zum Sonnenberger Thore bis zum
ipert baute man noch lange. Im Jahre 1720 wurde der äussere Teil des
»nberger Thores und 1731 der innere (der Turm) abgebrochen und das
Thor dann weiter hinausgerückt. Erst 1739 wurde das letzte Stück der
Hauer vom Sonnenberger Thore bis zum Stümpert fertig gestellt und
damit das Werk der Umwallung beendet, fünfzig Jahre nach seinem Beginne.
Cnftcbe der Verzögerung waren jedenfalls die fast drei Lustren hindurch dauernden
Unrtthen des spanischen Erbfolgekrieges, welche viele Durchmärsclie, Einquar-
Bgen tt. s. w< zur Folge hatten, wenn auch gerade keine unmittelbare
ri6gi|gefahr drohte. Aber die Landgemeinden litten doch derart, dass seit
1712 von ihnen nichts mehr zum Mauerbau bezahlt werden konnte. Auch
üb sieh der Fürst öfter gezwungen, der Stadt selbst die Beisteuer zu erlassen,
so 1703 und 1704, nachdem die Gemarkung durch Hagelwetter schwer gelitten
halte. So kamen auch manche beabsichtigten Änderungen nicht zur Ausführung,
INo am^trockneten Weiher wurden nicht wieder gefüllt, sondern gingen nach
ad nach ein und wurden, in Acker- oder Gartenland umgewandelt, von der
•ebaft verschenkt oder veräussert. Im Jahre 1730 bestanden nur noch
der ^kaite^ und der , warme" Weiher (vom Stümpert bis zum Sonnenberger
Thore). Das untere Stadtthor (am „Grünen Wald") wurde nicht geschlossen;
im Gegenteil liess man die Allee, welche eigentlich vom neuen Thore aus nach
MosInicIi fShren sollte^ von dem ersteren ausgehen. Diese Allee gabelte sich (etwa
in der heutigen Rheinstrasse) in den Weg nach Mosbach und den nach Mainz.
Zwbdien dem onteren Stadtthore und dem alten Mainzer Thore hatte Fürst
tiwfg August im Jahre 1088 die Anlage des „Herrengarten " begonnen, der
ipitor den Kurgiaten 2ii Promenaden diente. Jedenfalls wurde derselbe von
doi vom ,^iieQ Thore** aus nach der Biebrich-Mosbacher Strasse führenden
Fage durehiehnjtten. Wie weit sich dieser herrschaftliche Garten südlich er-
56
Bireokte, kann nicht ganz sicher aDgegeben werden, jedenfaUa bis ins Terrain
der heutigen Rheinstrasse,
Im Inneren der Stadt begann damals der regelrechte Strassenbau. Von
den beiden alten Weihern, die sich vom ülirturme (dem oberen Stadtthore von
ehedem) nordöstlich und südöstlich zogen, lag jedenfalls der letztere (durch die
Häusergevierte zwischen Neugasse und Marktstrasse^ quer durch die Ellenbogen-
gasse bis zum unteren Stadtthore am ^Grünen Wald'' führend) lange trocken.
Der Plan, von ausserhalb des ührturmea bis zum „neuen Thore** eine breite
und gerade Strasse zu ziehen, wurde sofort in Angriff genommen. Unbekümmert
um Gärten, Wiesenplätze und Hofraithen begann man 1691 die Anlage der
neuen Gasse. Nur schöne und hohe Häuser sollten in der Fluchtlinie ge-
duldet werden. Das erste Haus stellte H. Kümmel (Eimmel) 1694 fertig. Auf
dem Terrain, das die Neugasse durchschnitt, hatten die Stifte zu St Viktor und
St, Peter in Mainz Güter. Ersterem wurde bei der Anlage der Gasse ein Teil
seines Gartens und Wieseoplatzes ohne Entschädigung weggenommen, was einen
langjährigen Beachwerdeprozess (1696 — 1722) zur Folge hatte. Fürst Georg
August erlebte die Begleichung desselben nicht mehr. Eine Vergütung erhielt
das Stift nie. Zugleich mit der Anlage der Neugassc begann die der Frosch-
und der Schulgasse. Doch erhielt die Froschgasse nur auf der einen Seite
Häuser, da sich auf der anderen die Stadtmauer erhob (daher der spätere
Namen Mauergasse), und mit dem Ausbau ging es nicht so schnell werter.
Überhaupt nicht. Im Jahre 1703 (am 10. März) musste der Fürst eine Ver-
ordnung erlassen, das» jeder, der unbebaute Hofraitheplätze besitze, binnen
acht Tagen erklären solle, ob er dergleichen Plätze bebauen, oder gewärtig
sein wolle, dass ihm solche genommen und nach vorhergegangener gerichtlicher
Entscheidung einem andern gegeben werden sollten. Das half etwas ; aber als
im Jahre 1700 der Fürst die noch wüste liegenden PUltze verzeichnen Hess,
fanden sich deren in der Langgasso noch 18^ die den Bürgern J. J. Becker,
J, Dillmann, H. G. Freiussheim, J. D. Hoffmann, P. Knefeli, O, C. Kraft,
J. V. Matt, J. Müller, J. Matz, F. Ruhwedel, H. P. Sauer, J, Scherer,
Ph, Schmidt, L. Schweisagut und J. T, Spielmann geborten. Sonst lagen noch
die Plätze des S. Burck neben der „Glocke" („Weisses Rosa*') und des
N. Giessius neben dem „Vogelgesang* (h, „Reichsapfel*) unbebaut, dazu die
der Badhäuser „Zum Rindsfuss** („EogHscher HoP) und „Zum Salmen*
(zwischen dem „Europäischen Hof* und dem „Römerbad"), welch letzteres als
baufällig 1690 abgerissen worden war. In der Langgasae wurde damals einiger-
massen eine Fluchtlinie hergestellt; sechs Hausbesitzer wurden dazu genötigt,
ihre Gebäude „in die Reihe zu rücken". Einige herrenlose Plätze zog der
Fürst ein und verschenkte sie an Baulustige. Die Kosten für die Regulierung
der Lauggaase betrugen insgesamt 491 Va Gulden. Die Ellenbogengasse scheint
um dieselbe Zeit entstanden oder doch bis zur Neugasse und Sehulgasac dtircb-
gefuhrt worden zu sein. Auch der Michelsberg (damals die Oberthorgasee)
empfing damals seine regelmiissigo Anlage. Es war eine wenig gesudite
Gegend, und der Platz an der gPfaffenmühle^ (Cramers Mühle) wurde als aehr
abgelegen betrachtet. Die dort Bauenden verlangten und erhielten nmnoberlei
'erffioitigimgeii* Der Säumarkt (h. Hochatätte) behielt Beinen Lauf, welcher
dem der hinter ihm hcrfülirendeu Stadtmauer eut^prccheud, im Bagon ging.
Im Satterlande entatanden zwei neue gerade Strassen, die Weber- und die
Saalgasso. Die Saalgaase führte an dem alten, nun auagetroclcuctea heid*
lOn We>iher entlang bis ssar Gegend des Hospitals und des Armenkirdt-*
Als letzte Strasse wurde die Grabens trasse unter Georg August
angelegt (1710) und zwar nur auf der Seite der Metzgergasse (damals Judeu-
gane)» srumaist durch Besitzer von Häusern in dieser Gasae, die den Platz an
dem aufgetrockneten Graben für sich in Anspruch nahmon. Von dem ehe-
inaligfui Graben, dessen Verlauf sie folgt (vom Uhrturm an nordöstlich) bat
die StratAC ihren Namen. Schon bei Beginu ihrer Anlage wird man sie frei
ntr Qoldgasse durchgeführt haben, der Zugang zur Erämergasse (h. Markt*
straaae) war bis in die jüngste Zeit überbaut; m stand dort bekanntlich das
pZum roten Manu**. Alle Strassen waren ungepflastert bis auf die Lang-,
r*. Neu- und Wobergasse* Letztere empfing ihr Pflaster erst im Jahre
1710. Von einzelnen Gebäuden ist zu bemerken, dass der 1690 abgerissene
iSalm^ nicht wieder aufgebaut wurde, dasa aber zwischen 1001 und 1710 der
ir verfallene ^Bär** schon neu erstand. Am 31. Dezember 16!J2 wurde das
bartehaftUche Gast- und Badhaus „Zum Schützeuhof^ an Gg. Egidius Sartorius
für 750 Gulden jährlicher Pacht als Erblehn übergeben und hernach von diesem
gekauft. Im Jahre 1716 erbaute Joh. Andr Bechthold den ^Eitter"^ am neuen
Sotmooberger Tfaore. Weiterhin hätten wir noch die Verlegung des Bürger-
Idrchhcifs vom Mauritiusplatze auf den Heidenberg (d. h. alten Kirchhof) an
die aeue Stadtmauer (1690), und den Neubau des Hospitals (schon 1682), das
aber acUeebt im stände gehalten ward, zu erwähnen.
Den Einwohnern Wiesbadens griff Fürst Georg August auf jede Weise
ieh unter die Arme. Wie er ihnen (s. o.) zeitweise einen Teil der Ab-
gabeo erlassen hatte, so kam er endlieh auf den Gedanken, sie mehr und mehr
Wim den Proneu zu befreien* Am 28, März 1714 gab er der Stadt einen
Freiheitsbrief, in wekhem er dieselbe gegen einmalige Zahlung von 1000
Gulden von allen Forst- und Jagdfrondiensten freisprach. Nur den Geschirr
httlteaden Bewohnern lag die Beifuhr des ^Burgholzes'^ für Herrschaft und
Bfiatnte ob, und zwar kamen auf jeden im SchÖppenstuhl Sitzenden 17 Karren,
auf jeden anderen 8 Karren. Die Wiesbadener waren zeitweise mit dem
idlostigen Fürsten unzufrieden^ und im Jahre 1720 drückte sogar der Stadt-
seine MisabilUgung über manchen Zwange der geltend gemacht worden
, in einem sehr erregten Schreiben dem Fürsten gegenüber aus. Aber zu
Aufruhr, oder auch nur zur Belästigung und Benachteiligung der
>OQn me tn Idstein ist es nicht gekommen. Und doch sind die letzteren
auf daa Privilegium von 1690 bin sehr zahlreich in die Stadt gezogen. Im
iten Jahre zählte Wiesbaden 137 Bürger, 3fi Beisassen, 144 Frauen,
Kinder, ungefähr 600 Personen. Im Jahre 1699 schon lauten die Zahlen
löO Bürger, 142 Frauen, 348 Kinder, 39 Knechte und Gesellen, 41 Mägde,
Personen. Ein Jahr nach dem Tode des Fürsten (1722) «ahlte man
aer, 262 Weiber, 756 Kinder, 58 Beisassen, zusammen etwa 1400
88
Einwohaer. Es hat sich also die Zahl der Bewohner Wiesbadenfi
anter Georg Augusts Regierung verdoppelt. Ein bedeutender Wetteifer
im Hand werksieben und Industrie wesen entspann sieb, nachdem auch seit der
Aufbebung des Ediktes von Nantes eine Anzahl gewerbfleissiger franzosischer
Refugies in der Stadt sich niedergelassen hatten. In einer Urkunde (Droits
et Privileges aux Frani^ais refugies, composant la eolonie itablie a Wiesbade)
wird denselben zugestanden, dass sie frei nach ihren kirchlichen und richter-
lichen Gebräuchen leben, alle Rechte der ^anderen Unterthanen gemessen, ihren
SchuUehrer und Kantor sowie den Geistlichen nach geschehener Präsentation
selbst anstellen, ihr eigenes Konsistoriam und Presbytenum wählen, eine eigene
Handelskammer haben sollen* Ihr Eigentum darf auf keine Weise angetastet
werden, ihre bewegliche und unbewegliche Habe soll sich vererben. Die Freiheit
der Eheschliessungen bleibt ihnen gewahrt, ebenso der Transport und die Ter-
äusserung ihrer Guter. Die Geistlichen unterstehen nicht der deutschen Kirchen*
lnspektion, sondern der fürstlichen Kanzlei direkt. Zeugen brauchen die
Fremden nur zu sein, wenn es sich um MajestÄtsverbrechen bandelt. Ihr
Gericht besteht aus einem Direktor und drei Schöffen (echevins), die Handels-
kammer aus fünf Personen (drei Kaufleuten, einem Schöffen und dem Rat).
Sie richtet (sur los fraudes et difficult^s) bis zur Summe von 500 Gulden*
Ein Haus für den Prediger und eine Kirche (Betsaal) soll ihnen erbaut werden;
der Fürst behält sich die Platzbestimmung vor und verspricht Beihilfe beim
Bau* Bis zur Vollendung desselben sollen die religiösen Versammlungen in
einem Zimmer abgehalten, die Verstorbenen auf dem alten Friedhofe beerdigt,
die Kranken im Hospital verpflegt werden. Die Vorrechte der Bürger sollen
die Refugies wie diese fünfzehn Jahre lang gemessen, während der Zeit von
Einquartierung und allen Diensten frei sein. Ebenso wird ihnen auf gleich-
lange Zeit die Freiheit im Handel gestattet; später haben sie die Aoeise zu
zahlen*
Auch für das Bad wesen der Stadt hat Fürst Georg August viel gethan.
Am 10* Februar 1686 befahl er das gemeine Badhaus öfter zu untersuchen, auch
den bisher gemeinsamen Badraum durch eine Bretterwand mit HoJzgittor in
zwei Abteilungen zu scheiden, damit die Geschlechter getrennt badeten. Im
Jahre 1688 legte er dann, wie erwähnt, den „Herrengarten* zum Promenade-
aufenthalt der Kurgäste an. Auch dass er für den Aufbau und Ausbau der
ziemlich verwahrlosten anderen Badhäuser Sorge trug, ist schon zumteil gesagt
worden. Sein Leibarzt Melchior verfasste 1697 seine „Anatomia hydrologica**,
welches Buch grosse Verbreitung fand und Wiesbadens Namen allenthalben
bekannt machte, ebenso wie C. von Lohensteins damals vielgelesener Roman
„Arminius und Thusnelda'', eins der schwulstigen Werke der sogenannten
zweiten schlesiscben Dichterschule^ dessen Handlung zumteil in Wiesbaden
spielt* Trotzdem blieb der Besuch unserer Badestadt hinter dem von Schws
bach und Schlangenbad noch zurück; aber die Fürsorge Georg Augusts hg
später um so grossere Früchte getragen. Ihn muss man als Begründer der
Kurindustrie ansehen.
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jmtmtA
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Eine bosoDdcre Sorgfalt rerwandte der Fürst auf die Kirche^) und daa
:ii8i sa Wiesbaden. Die alte Maurittudkirche war zwar nach den
«cintcnmoo liftuftoD des grossen Krieges im Jahre 1650 ausgebessert worden,
dodi war dies so mangelhaft geschehen, dass am 17, August 1714 in einem
Rerichto an das fürstliche Konsistorium über die höchst notwendige Erneuerung
d«t Diaohee und des Obergebälkea sowie über den Abbruch des Turmes Vor*
itdhiog gemacht wurde. Dies stimmte mit den Wünschen des Fürsten über«-
diii d^ mit einem teil weisen Umbau eine Erweiterung und Verschöneruug der
Klrtho im Innern wünschte. Alles Flicken hatte bisher nichts geholfen. Im
1702 hatte der Hahn auf der Turmspitze eine neue Vergoldung erfahren;
war alles, was zur ^Verschönerung" seither geschehen war. Am 5. März
1715 wiederholte der Gemeinderat seine Bitte um Reparatur und legte später
Kostenüberschlag des Werkmeisters Bager vor. Die Regierung verwies
if Beiträge der Kloster, die in der Stadt begütert seien, auf die Kollekten im
Liuide, aof die Beitrage von Fremden und auf Erhebungen in der Stadt selbst,
dann auch die Herrschaft ihr Teil beisteuern wollte. Man wandte sich
neb nach Frankfurt, wo man eine HauskoUekte bewilligt erhielt. So fing man
jm Sommer des Jahres 1716 auf Wunsch des Fürsten mit der Niederlagung
Sohiffet fLUy während der Turm und der hintere Teil des Chores stehen
lieben. Der Werkmeister Bager reiste hierauf in den Schwarzwald, um das
Tannenholz für den Dachstuhl zu beschaffen, dessen Anfuhrung (342 Stämme
und 4000 Borde) 1570 Gulden, daasu 300 Gulden Fracht und 324 Gulden Zoll
(all Mche ZoUstätten) von Pforzheim bis Biebrich kostete. Es gab besonders
wcgoo der hohen Zollsätze viel Schreibereien um Naohlass u. s. w.; wahr-
tekfitldieh musste schliesslich doch alles bezahlt werden. Um das Geld zum
Baue zusammen zu bringen, wurde auch in Darmstadt, Usingen, Saarbrücken,
OHwailsr, Worms, Speier um Bewilligung von Hauskollekten nachgesucht, die
aaeh mit Ausnahme von letzterer Stadt genehmigt wurden. Daneben wurden
die Landleute zu Holzfuhren angehalten, und in Wiesbaden selbst mussten die
[er itark beisteuern. Bis zum 24. Juli 1717 wareu laut Recfanungsextrakts
Siiatma 35DS Gulden eingegangen; dagegen betrugen die Ausgaben bereits
Gülden 7 Albus + 1603 Gulden = rund 5200 Gulden. Der Gemeinderat
diesen Rechnungsüberschlag stillschweigend ein. Nichtsdestoweniger
uuui jet^t mit Bauen fortfahren. So begann denn auch im Frühjahr
ri7, noebdem man am 21. Mai einen Vertrag mit dem Zimmermann Goslar
de« Baues abgeschlossen hatte, der letztere von neuem und wurde mit
fortgeaetzt, so daas am Ende des Jahres der Rohbau fertiggestellt war.
Sohiff wurde erneuert und an den Turm, der früher freistand, links und
angeaohlossen; auch das Chor erfuhr eine Veränderung. Aber die Arbeit
gbg allzttrasch von statten, das Material, das verwendet wurde, war nicht das
bette, and die Bindemittel waren schlecht bereitet. Das hatte zur Folge, daaa
in den niefasten Jahren fortwahrend geftickt und gebessert werden musste;
auch machte der Ausbau im einzelnen so schlechte Fortschritte, dass ein
Dcnkmiilcr I, un«l Roth, üeschiclite von Wlojibiiücii.
^gum
60
Schluss des Baues eigentlich erst gegen dos Jahr — 1771 vorÄCichnot worden
kann. Dabei war der Stil der Kirche so unschön, dass er später wiederholt
den Pfarrer Hellmund zu recht derben Vergleichen nötigte. Die Ausschmückung
im Inneren ging gleichfalls langsam voran. Die im Jahre 1709 neu angeschafFte
Orgel wurde im Chore auf einer Empore aufgestellt; aber erst 1721 wurden
die Schreinerarbeiten an derselben vergeben. 1719 hatten die Schreinerarboiten
und die Stuckaturen überhaupt erst begonnen. Andreas Egidius aus Wies*
baden und Michel Rössel lieferten die Holzarbeiten. Die Kosten betrugen im
ganzen 773 Gulden 9 Albus 4 Heller, Die Treppe zum Altare schenkte im
Jahre 1721 ein Mainzer Steiuhauer. Der Turm behielt einstweilen seine
ursprungliche Gestalt; er besass einen stumpfen Unterbau, dessen Dach in der
Dachhühe des Schiffes begann und, geschweift nach innen, oben zulief. Dort
krönte ihn ein vierseitiges Türmchen mit niederer Haube. Der ganze Dach-
stubl war äusserst schwach, so dass man öfters beim Läuten der Glocken ein
Schwanken des Turmchens bemerkt haben wollte. Wenn man bedenkt, welche
verhältnismässig hohe Summen der Umbau und die Ausbesserungen erforderten,
so kann man sich nicht genug wundern, dass man für das Geld nicht einen
viel besseren Bau errichteta. Sicher war die Gleichgiltigkeit und Kacbläsaigkeit
der Bauunternehmer und Werkfuhrer Schuld daran, dass der ganze Plan misa-
lang; hätte Fürst Georg August länger gelebt, so wurde die Sache vielleicht
eine andere Wendung genommen haben. Der Platz um die Kirche war 1690
durch Durchbruch der Kirchhofsmauer eröffnet worden; doch wurde die Stelle
später (1740) des „Geschnatters der Gänse wegen** wieder geschlossen (bis 1809).
Das alteSchloss^) auf dem Markte erfuhr in den Jahren 1695/9G einen
gründlichen Umbau und teilweise Vergrösserung. Die Front war gegen das
^Weisse Lamm*^ und den früheren „Grünen Baum** gerichtet, in der Verlängerung
des heutigen Schlosses und der Marktstraase. Dieser Hauptbau war dreistöckig,
52 Fuss tief und hatte im Mittel- und Oberstock je S Fenster* An der Nurd-
westecke (nach dem jetzigen Königl. Schlosse zu) war ein Wachthäuschen an*
gebaut. Der Unterstock war 15, der folgende 14, der dritte l^ Fuss hoch.
Wenn man an der Fronte des heutigen Rathauses entlang schritt, traf man auf
die Einfahrt; links zur Erde fand man einen Vorplatz und vier Gemächer, rechts
die Konditorei, Küche, Vorratskammer und das Treppenhaus. Im Mittelstocke
befanden sich der Saal mit einem Altane, zwei Vorplätze, die Schenk- und
Spülräume und vier herrschaftliche Zimmer» Der Oberstock entbleit sechzehn
kleinere Wohnräume. Die architektonische Ausstattung des Mittelstockes, die
sehr gepriesen wird, wurde von dem Stuccator Hieronymus Pärna 1606 im Stile
Louis' XIV. ausgeführt; das Holzgetäfel war mit Goldleisten eingefasat. Über
den ThCiren waren Medaillons augebracht. lÜnter diesem Uauptbaue befand sich
der Scblosshof, der auf der Uinterseite durch den langen Marstall mit IIolz^
fachwerk-Oberbau abgeschlossen wurde* Der Marstall zog sich etwa fünfzig
Schritte vor der heutigen Marktschule, parallel mit dieser hin, nach der Seite
der Kirche zu verschoben, so dass sein rechter Flügel auf dem Platze de«
■) Nach TU. Schaler, Wic»b. TogbL, 1883, Nu. 252:
61
lexBL) Lauterbachschen Ilausea stand. Der hinter dem Stalle herfülirende alte
Oitiboo^ danmlä trocken, kam später (1725) zum „Mühlengarten," Zwischen
dem linkeu Flügel des Schlosses iiod dem Marstalle lag ein Qnrtchen ; der Aus-
gang aaa dem Hofe befand sich neben dem Stalle (beim Beginne der heutigen
MälilgiMse.) Die ostliehe Seite des Hufes wurde von einem Kutachensehuppen
begreort, der auf dem vorderen Teile des Platzes der Marktkirche stand; er
liatte icchs Doppelthore. Zwischen ihm und dem Schlosse lag wieder eiti
Qärtchen. Zwlschon dein Marstall und dem Schuppen befand sich der Zugang
Ättm hinteren Schlosshofe durch einen Thorbogen. Links standen die Zehnt*
iiefaeuern ; daran reihten sich winklig die Scheune, das Kelterhaus, die Schweine-
stille, die Remise, das Hof- (später Pfarr-) haus, daran im rechten Winkel die
ßreotierei^ andere Stallungen, Taglöhner- und Oesindewohnungen und der Küh-
lten (an Stelle des 1826 erbauton, 1883 niedergerissenen Gefängnisses)* Zwischen
dem^ben und dem Kutschenschuppen trat man vor das Sehloss und auf den
Uürkt binaus, Fürst Georg August hat sich mehrfach im Schlosse zu Wiesbaden
ftU%ebalten, bevor das zu Biebrich erbaut war. Dann bestimmte er es seiner
Oemahliii atum Witwensitze, und diese ist auch (1728) ia demselben gestorben.
Es bt nicht bekannt, welche Gründe den Fürsten Georg August bestimmten,
•eine Itesidenz aus dem altehrwürdigen Schlosse seiner Väter an den Rhein zu
Terlegeu* Gewiss waren es keine politischen und religiösen*, walirscheinltch
e er sich an der schönsten Stelle seines Landes ein petite Versailles schaffen.
Inf Johannes hatte ehedem schon am Eheinstrome sich ein Lusthaus erbauen
laiaen; sein Sohn begann den Schlossbau z u B i e b r i c h nach einem grossen
Fbuie, Das neue Sehloss sollte zwei Stock hoch sein, einen Längsbau mit
mnem grossen Hundturme in der Mitte und zwei grosse Flügel haben. Drei
JaKre, von 1704—1706 wurde an dem Gebäude gearbeitet, das heute noch
dcireh »oine Stiittlichkeit, uamontlich vom Rheine aus, einen reizvollen Eindruck
auf den Beschauer macht. Die innere Ausschmückung erregte bereits das Ent-
zücken Daniel Wilhelm Trillers, der Biebrichs und besonders seines Schlosses
Schönheiten poetisch verherrlichte. Die Gemälde, Statuen, Marmorverzierungen
and Stuckarbeiten des Mittelbaues werden besonders rühmend erwähnt Die
Flptneo auf der Rotunde sind bekanntlich zur Zeit der Belagerung von Mainz
dnrch franzusische Schüsse zumteil zertrümmert oder beschädigt worden (1793).
Auch die Anlage des Parkes ist Georg Augusts Werk; die beiden AUeeen,
^die von den Flügeln des Schlosses bis zu dem (abgebrochenen) Orangenhause
fahren*, die Laubgänge, Taxushecken, Beete und Fontainen waren nach fran-
xoti»chem Geschraacke angelegt. Zwischen dem Ziergarten und dem Dorfe
Mosbach lag au den Seiten der vom Schlosse fuhrenden Mittelallee rechts eine
It4»tbahnj links der Obst- und Gemüsegarten. Dann folgte eine grosse Wiese,
dareh welche der Weg, die Fortsetzung der Mittelallee, nach dem Thore de»
Gflrteos auf der Mosbacher Seite lief. Jedenfalls war die ganze Anlage für die
djuoal^ Zeit recht ansehnUch* Die Moosburg dagegen verdankt ihre Entstehung
«Tit dem ^' Friedrich August. Im Jahre 1721 wurde eine Kapelle im
Seblosne ht.^ "t doch blieb der Ausbau im Inneren in mancher Beziehung
uinroUiadeL
69
Die Umgegend der Stadt Wiesbaden*) gewährte beim Beginne
der Regieruug Georg Augusts eineD ebeusowenig erfreulichen Anblick wie die
Stadt selbst, RiDgaherum lagen weite von der Herrschaft oder der Stadt als
Viehtrifteo benutzte verwilderte Ackerflächen, Der grosse Krieg hatte sie ver-
wüstet, den Menschen entwertet; niemand zeigte grosse Lust, sich in weiterer
Entfernung von der Stadt dem Ackerbaue zu widmen. Man musste froh sein,
verschiedene Stucke gegen geringes Entgelt für Urbarmachung einzelnen Bürgern
zu überlassen. So verteilte denn die Stadt im Jahre 1686 2V/t Morgen vom
^Aukam**, den Morgen zu zwei Oulden, im Jahre 1687 einen Teil der ^Wellritz**,
den Morgen zu vier Gulden» Auch einen Teil des dortigen Eichenwaldes öber-
liess sie in demselben Jahre an Käufer, um an das Mainzer Domkapitel eine
Schuld von 1000 Qulden abtragen zu können. Dasselbe geschah im Jahre 1711,
in welchem eine Anzahl Wiesbadener und Dotzheimer abermals einen grossen
Teil des Waldes erstanden und Ackerland aus demselben machten. Das Well-
ritzthal scheint damals noch sehr waldig und sumpfig gewesen zu sein. Viele
Wasseräderchen des Druderbaches durchzogen ea und vereinigten sich erat
unmittelbar vor der Stadt Auf der anderen Seite dagegen war der Boden
HeidelanJ. Hier lag zwischen der Bierstadter und Frankfurter Strasse der
^kleine Hainer", ein im Jahre 1748 noch 210 Morgen grosser, und dahinter
der ^grosse Hainer^, ein 57 Morgen, früher im ganzen ca. 600 Morgen grosser
Distrikt. Er war wüste, mit wilden Obstbäumen, Gestrüpp und Gras bewachsen
und diente den herrschaftUcheu Hofgütern als Weideplatz. In den Jahren
1680 — 93 vergab die Stadt in ihrem an den j^Hainer" stosaenden Distrikte
„Unter dem Hainer*^ 23 Morgen, und nun griffen die Anbauer dort ins Herr-
schaftliche über und rodeten im „Hainer** an. Am 15, Februar 1693 verbot
dies zwar der Fürst auf Klagen seiner HoHeute hin; trotzdem machten die
Bürger weitere Strecken urbar. Im Jahre 1701 fand eine Untersuchungs-
kommission, dass 43 Personen eine Flache von zusammen 80 Morgen im ^Haiuer**
angerodet hätten« Georg August gab das jetzt zu, ja er verteilte sogar den Rest
des ^grossen Hainer** und einen Teil des „kleinen^ zu drei bis vier Gulden
nir den Morgen und gegen Lieferung von zwei Kumpf Eora jährlichen Zehntens
an die Rentei* Den Rest des „kleinen Harner** 80 Morgen kaufte dann die
Stadt ein Jahr nach des Fürsten Tode (1722) von dessen Nachfolger, Graf
Friedrich Ludwig. Auf der Nordseite der Stadt erhob sich der Geisberg, eine
wüste Viehweide, mit Heidekraut und Wachholderbüschen reichlich bew^achsen.
Hier w^ollte unter Georg August ein Bürger, Johannes Wenninger von Wies-
baden, einen Hof anlegen, wenn ihm 150 Morgen Ackerland und 20 Morgen
Wiesen zehntfrei und erbeigentümlich überwiesen würden. Ob es geschah,
wissen wir nicht; der jetzige Hof wurde bekanntlich erst von dem Regieruaga-
Präsidenten von Kruse (1783) erbaut. Früher ging man au die fiebauung
des Neroberges, damals und noch lange später ^Nersberg*^ geheissen. Die
Südseite desselben, jedenfalls mit Wald bestanden, wurde gerodet und mit Wein
bepflanzt. Das geschah 1720 durch den Bürger Eisen. Südlich der Stadt lag,
t) Kaeh Th. SobQler, Wiesb. T«gll, 18dl, No, 278.
irit wir wtiteDy der herr»ehaftltche Garten (•Herrengarten*'). Eine
Soff^gfiüt Ee« def Fürst dem Mühle nwesea aDgedeiben. Zum Salzbacbe floaa
daauüsy wie beate sooti, auf der Ostseite der Stadt eine Anzahl Bäche zusammen^
von deMQ wir äiiiielime& dürfen, daa» sie in jeuer Zeit, de« atleutbalheu titilrkereii
Waldwiidiaea Wiigep, stärker und reisaender waren und auch ein grusaeres
a«BUIfi bsttM. Der dorcb das Sonnenberger Thal fliessende Rambaeh war
jednfidb die bedeutendste Wasserader; in denselben mündete zunächst der
SdlwanlMieb aus dem Neresthale, der die Abflüsse der wai'men Quellen in der
Stadt aafoahm, dann der Dendelbach, aus dem Walkmühlthate, der mitten durch
die Stadt flose und der Druderbaeh aus dem Wellritztbalef der sich südlieh der
Stadt Biit dem Rambache vereloigte. Eine Abzweigung des Rambaehes trieb
die aelir alte Dietenmühle, die, im grossen Kriege verwüstet^ 1G86 vom Amt*
oiaiiiie J. W. Graflf (des Fürsten ehemaligem Reisebegleiter) neuerbaut wurde.
Die fibrigeii unter der Regierung des Fürsten Qeorg August ueuerbauten,
besw. eroeuerten Mühlen siod : die Hammermühle (an Stelle eines alten Eiseu-
bmtmers) 1090, die Neumühle 1090 und die Steinmühle 1704, alle am Salz*
baehti dte Firnselmühle 1715 am Rambach (hinter dem Pariser Hof), die
Sehloas* oder Herrnmühle 1082, die Kimpelmühle 1092, die Ölmühle 1719 und
die Krtekmannsmühle 1720 (beide in der Emserstrasse), alle am Dendelbache,
die Kloatermüble 1700 und die Welbitzmühle 1702, beide am Druderbache.
Der Beirieb dieser Mühlen war sehr rege und trug ganz gewiss dazu bei, die
rnwerbtiehe Tliatigkeit in Wiesbaden und auf dem Lande zu heben,
p Dieeelbe Fürsorge, welche Georg August der näheren Umgebung Wies*
bideoi erwies, dehnte er auf sein Landchen überhaupt aus. Bie brich und
Maabach^), die beiden Schwestergemeinden am Rhein, hatten in Kriegszeiten,
miDeittlieh während des drelssigjährigen, viel zu leiden gehabt wegen der Nahe
Ton Mains. Sie sollten deshalb zu besserem Schutze befestigt werden. Im
Jahre 1688, als der dritte Raubkrieg begann, wurde ein vierzehn Fuss tiefer
Ormbeo um beide Orte gezogen und ein Damm aufgeworfen. So gut gemeint
diei Werk schien, so nutzlos und hindernd war und wurde es. Denn einen
Sebula vermochte die Verteidigungslinie doch nur dann zu gewahren, wenn
Imler draselben Verteidiger standen, und diese fehlten eben. Zudem brachte
dir Graben Verkehrsstockungen mit sich, da er nur einen Zugang von der
Anaenrahmüble her hatte. Der Wohlstand der Gemeinde war nicht besonders ;
kilteii die armen Leute doch im Jahre 1648 noch 30000 Thaler zur Deckung
im ditreb den grossen Krieg entstandenen Schaden aufnehmen müssen. Erst
aUniblidi hob er sich, und zwar brachte der Bau des Schlosses manchen
Terdienst. Im Jahre 1095 errichtete Matthias Weiss in Biebrich die erste
Me^gerai und Wirtschaft „Zum weissen Schwan". Um 1700 erhielt die Schloss-
iteasn Pflaster, 1712 wurde die Kirche erneuert und erweitert. Im Jahre
1S84 hatten die beiden Orte zusammen 443 Einwohner, die Zahl stieg bedeutend
mt 1704« Auch die Nachbargemeinde Schierstein erholte sich seit jener Zeit
&fl mehr, und von den übrigen Ortschaften im Amte Wiesbaden kann man
j KagIi Tb. äobuler, Wieiib, Tagbl., 1S87, Nö, lOS,
64
Alinlichea berichten, trotzdem der apanische Erbfalgekrieg niancbmal durch
Trappendorchmärsche und Einquartierungen sich recht fühlbar machte. Das
Amt Wehen*), von Natur aus nicht recht wohlhabend, hatte die grösateu An-
strengungen zu machen, um seine Erwerbsquellen erspriesslich aufzuächliesBen,
Der Fürst griff auch hier uuter3tützend ein. Um 1700 erstanden vier neue
Mühlen im Wehener Grunde; 1686 hatte Georg August die Uahner Eisen* J
schmelze angelegt, zwischen 1700 und 1712 erbaute er den Seitzenhahner
Hammer. Der Jahrmarkt zu Wehen wurde erneuert und erfreute sich eines
so lebhaften Besuches, dasa die Stifteherren zu Bleidcustadt auf denselben
neidisch wurden und einen eigenen zu Bleidenstadt errichteten (1712). Seiner-
seits verbot nun der Fürst seinen Unter thanen den Besuch des letzteren, was
zur Folge hatte, dass der Versuch der Herren scheiterte. Das Stift war über-
haupt nur noch ein Schatten seiner früheren Grösse und Wohlhabenheit, Seit
der Reformation war es in zwei Teile, einen katholischen und einen evange-
lischen geteilt Letzterer war nassauisch geworden, Demgemäss schied sich
auch der Ort Bleidenstadt in zwei Hälften, deren Grenze allerdings anfangs
nicht genau festgesetzt war. Im Jahre 1705 jedoch schlössen Fürst Georg
August und die Stiftaherren einen Vertrag, nach welchem die Selbatandigkeit
des katholischen Teiles bestätigt und die Grenze genau bestimmt und durch
gesetzte Steine angedeutet wurde. So erhielt sich der Rest des Stiftes noch
fast hundert Jahre bis zur grossen Säkularisation. Die anderen Ortschaften
des Amtes Wehen hoben sich auch allmählich wieder; 1707 baute sich Born
eine eigene Kirche. In den Ämtern Idstein und Wehen erkauften sich (1684)
die Stadt Idstein und die Flecken ^WalstorfF, Hefftrich, Neuhof, Adolfseek,
Eisenkoben und Walrabenstein" Freibriefe für teilweise hohe Summen — Idstein
zahlte ISG Gulden 1 Albus + 21 Gulden Kanzleigebühren; aber diese Briefe
wurden die Grundlage zu einem gedeihlichen Leben und Wohlstande. Die
Gebäude des (182?1 abgerissenen) Klosters Walsdorf wurden in den Jahren
11591 — 93 von dem Fürsten verkauft, die Klostorgüter dagegen, welche die
Walsdorfer nicht kaufen wollten, da ilmen die geforderte Summe von Gl 00
Gulden zu hoch war, erblich verpachtet. Der Erbleilibrief, welcher der Ge-
meinde am 30, Dezember 1707 darüber ausgestellt wurde, kostete 100 Gulden,^)
Das Amt Burgschwalbach hatte wohl weniger gelitten, ab Idstein, Wehen
und Wiesbaden, doch sind auch hier mannigfache Spuren des Walteus Georg
Augusts zu erkennen. Zwei vereinzelt stehende Anlagen sind die des Hofes
Georgenthal bei Strinztrinitatis und die der „Fasanerie** bei Wiesbaden,
Letztere, 1690 erbaut, war lediglich ein Jagdschlosschen mit daranstosaendem
Garten für Wild, namentlich Fasauen, von denen das Jägerhaus den Kamen
ielt. Die alten Ulmen, welche an dem Wege, der von der Lahnstrasse zur
inerie abzweigt, zumteil noch stehen, sind jedenfalls vom Fürsten Georg
?ust gepflanzt.
Eine Gründung, obwohl der Ausdehnung nach von untergeordneter Be-
ig, leukt doch unsere Aufinerksandceit auf sich wegen der Schwierigkeiten,
I
») KftGh Tk Scliüler, WioäK Ta^bL, 188G, No, 00.
9 ton Wulndorf.
*J Nach D eis 8 mann,
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il deneü m zu kümpfea hatte bis ihre Existenz gesichert war, uod weil sie
«in Bild lies Yerfahrena giebt, das man damals bei NeaansiedeluDgea einscbliig.*)
Am Hange der , Hohen WurzeP^ der waldig zu einem Wiesentfaale abstürzt,
uod von dem man einen freien Blick ins schöne Kheinthal hat, stiess zu des
|liailigen romisch-deutschen Keiches*' spätesten Zeiten noch dreier Reichsfilrsteu
Bbiet susammeo: von Süden und Westen her das maiazisehe, Yon Osten das
^aissauische und von Norden her das katzenelabogische (hessen-rheinfels-roton*
bargische). Der Besitzstand war hier nicht genau abgegrenzt, wenigstens
scheint das nicht zwischen Nassau und Mainz auf der Seite nach Fraueustein
zu der Fall gewesen zu sein. Nach dem im Jahre 1693 erneuerten Einfalle
sr Frauzo,sen in die Pfalz kamen eine Anzahl flüchtender, (wahrscheinlich
llzischej Familien ins Nassauer Land, am der Privilegien^ die der Fürst den
Einwanderern gewährte, teilhaftig zu werden. Für zwölf bäuerliche Familien
beachloss nun Georg August eine eigene Niederlassung in jener Grenzgegend
zu gründen; die Neuangesiedelten sollten gewissermassen einen Eckpfosten des
Na^sauischen gegen Mainz und Hessen bilden. Die zwölf Familien fanden sich
bald. Im Frühjahre 1694 erhielten sie eine Waldfläehe von 300 Morgen am
Hange der „Hohen Wurzel* angewiesen» die folgendermassen verteilt wurde.
Jede Familie bekam eine Hofraithe mit Gartchen und 18 Morgen Ackerland,
das sie selbst roden musste; das Übrige blieb für Gemeinbauten aufgesjiart.
Eine entsprechende Strecke Weideland und Wiesen, sowie Bau- und Brennholz
wurde ausserdem zugegeben. Zehn Jahre lang sollten die Leute vollständig
von allen Lasten und Abgaben frei sein und nur nach dem zweiten Jahre den
Zehnten zahlen« Die Ansiedler gingen rüstig ans Werk; es waren ans Arbeiten
gewöhnte, unverdrossene Menschen, die froh waren, eine Unterkunft gefunden
SU haben. Sofort aber stiessen sie auf den Widerspruch der mainzischen Nachbar-
gemeinde Frauenstein, Die Fraueusteiner klagten, dass ihnen von den Fremden
ein Teil der RiWlerwiesen, die sie seit Jahren besessen hätten, und die ihnen
gehörten, w^eggenommen worden seien, und sie protestierten dagegen bei ihrem
Kurfürsten« Derselbe seheint indessen vorderhand nichts unternommen zu haben;
denn die neue Gemeinde, Georgenborn genannt, nach des Fürsten und Pro-
toklara Namen, entwickelte sich weiter. Da trieb im Jahre 1697 der Frauen-
•tiia6r Hirt sein Vieh auf die Wiesen und Acker der neuen Ansiedler, und
die Cteorgenborner sowie die übrigen nassauischen Nachbargemeinden vergalten
auf Befehl des Fürsten Gleiches mit Gleichem. Seitdem entspann sich ein
fortwibrender Kleinkrieg. Die Frauensteiner überfielen einen MüUer, der unter-
halb Georgenborn angesiedelt war, schleppten ihn nach ihrem Orte und setzten
ihn im Gemeindehause gefangen. Doch gelang es ihm zu entkommen, trotz*
den Sturm gelautet und ihm nachgesetzt wurde. Im Jahre 1698 folgte dann
doe förmliche Verwüstungsrazzia der Frauensteiner ins Oeorgenborner Gebiet,
die m> nachdrückliche Spuren hinterliess, dass die Ansiedler 1000 Gulden bei
der Ilofkammer zur Deckung der Schäden aufnehmen mussten. Zehn Jahre
lU|g blieb es hierauf ruhig; in der Zeit bestanden am Orte 8 Wohnhäuser
^ Vfrgl. auoh Tk SohOler, Wioib. TdgbL, 1&84, Nt». 138 u, 139.
66
und 2 Scheuern. Als man aber dann ein neues llaus bauen wollte und das
Rodland neu besamte, das bis dahin brach gelegen hatte, ging der Streit wieder
an. Am 28. Auguat 1708 rückten zi^eihundert Mann kurmainzischer Land-
miliz unter Anführung des Landächreibera von Eltville ganz unerwartet gegen
Oeorgenborn. Mit wahrhaft frenetischer Zeratorungsluat wurden die Oarten-
seäune abgerissen und verbrannt, die Obatbüurae, die nun schon teilweise zwOlf
Jahre gestanden hatten, abgehauen, die Pflanzen ausgerissen, die Frucht ver-
brannt» Hühner und Gänse raubte man; die Erdfrüchte wurden in dazu mit-
gebrachten Wagen fortgefahren ; da« aus dem Mainzischen mitgenommene Vieh
liess nniu die Äcker zertreten. Mit kllDgendem Spiele zogen die Riiuber ab,
gegen deren Überzahl die Georgenborner mit Armosmacht nicltt aufkommen
konnten. Sie beschwerten sich natürlich sogleich bei ihrem Landesberrn, und
dieser legte in Maioz Verwahr gegen derartige Gewultthätigkeiten ein* Genützt
hat das wenig; auch die Konferenzen zur Ausgleichung der Streitigkeiten führten
zu nichts. In den Jahren 1713 und 1716 wiederlioUeu sich die Überfiille,
wenn auch nicht in der Ausdehnung wie 1708. Unter diesen Umständen
konnte der Fürst fast nichts Weiteres thun, als die Leute zum Bleiben ermutigen
und durch Schenkungen und Unterstützungen nachhelfen. Den Mut der wackeren
Ansiedler muss man bewundern; sie liielten aus, denn sie hatten die neue
Heimat liebgewonnen. Freilich blieben sie mit ihren Leistungen im Rückstände,
so dass man 1723 von Seiten der Herrschaft den Ort, der nur Kosten verursacht
und an dem nur sein verstorbener Gründer Interesse hatte, eingehen lassen
wollte. Indessen verpflichteten sich im Jahre 1726 die zwölf Bürger zu pünkt-
licher Zahlung, und so blieb Qeorgenburn bestehen. Im Jahre 1728 erliess
die Fürstin-Regentin Charlotte Amalie den Bewohnern überdies die Schuld
jener 1000 Gulden, und die Georgenborner hielten sich fortan sogar einen
eigenen Lehrer. Heute ist der Ort ein hübsches, blühendes Dörfchen.
Wenn wir im Vorhergehenden die kolonisatürische Thätigkeit Georg August»
hauptsächlich betrachtet und dabei die industriellen Anlagen nur kurz berührt
haben^ so müssen wir nun unsere Aufmerksamkeit einer der letzteren asuwenden,
die reclit vielversprecliend war, leider aber fehlschlug.^) Ein einträglicher Zweig
der Industrie, der besonders in damaliger Zeit in Frankreich geptiegt wurde,
war die Fabrikation geblasener Glasspiegel nach der Methode des Venezianers
Gallo. Im Jahre 1704 kam ein Franzose aus der Normandie, Pierre Bernard de
Ste. Pierre nach dem Idsteinischen, gab Georg August den Plan zu einem Glas-
werke und stellte zugleich ihm die Vorteile desselben vor. Der Fürst, immer
bereit auf Neues und Nutzbringendes einzugehen, griff den Plan des Franzosen
auf, zumal in Deutschland damals noch weuige Spiegelglasfabriken bestanden^
Die Räume des Klosters Ciarenthal standen teilweise unbenutzt und schienen
sich vortrefflich zu Arbeitsgtuben zu eignen. Ste. Pierre aber besaas kein
Kapital, um das Unternehmen beginnen zu können; so musste sich der Fürst
dazu verstehen, 5421 Gulden vorzuschiessen. Der Franzose sollte diese Summe
zu 6^/0 verzinsen und nach Einrichtung der Fabrik 300 Gulden jährlicfun* Piurht,
1) Kfkob Th. äcliaior, Wicftb. TagUl., 1682, No. 206 u. Roth, Oetofa ton WioHbiui^iu
«7
LQiltriobtcü; vuin lieiw^üwiun war das Kapital allmählich abzutrageu. Das lironu-
rilob sollte ihm tiun deu umliegouden WalduugoD, dio Klafter zu 22 Albus
4 Htltor (= etwa 1.30 ML) geliefert werden. Alle Fabrik* und Wohngebäude
waren »teuer», der Lebensmittel- und Qetränkeverkauf au die Arbeiter acciöe-
Grei Die zugehenden Rohatolfe sowie die ausgefufarteu Fabrikate brauchten
Dicht Terzullt zu werden. Dem Unternehmer und seinen Leuten, die katholisch
waren^ wurde der Gottesdienst bei yerachlossenen Thüren gestattet; Taufen^
Kopulattooon und Begrübnisse dagegen nahm der eyangelisehe Pfarrer vor.
Kttii begann der Umbau des Klosters im Innern, und mit dem Versetzen der
Wunde und Pfeiler, dem Übertünchen und Vermauern verschwand fast jede
Erinnerung an die frühere Zeit und die ehemalige Bestimmung der nun-
mehrigen Fabrikrüume. Die Anlage scheint nach den Beschreibungen in jeder
ICosicht ausreichend und sogar grosaartig gewesen zu sein. Ihr Betrieb be-
gann im Jahre 1700, und der Fürst war so erfreut, dass er bei der Eröffnung
defn Unternehmer und seinen 25 Arbeitern ein kleines Fest gab und sie be-
selienkte. Aber der Absatz der angefertigten Spiegel ging im ersten Jahre
«ihte^bt 8te. Pierre trat, als der Vertrag mit dem Fürsten abgelaufen war^
zarfick. Ein anderer Franzose (oder Engländer) William Bayli (Baillie?) nahm
•eliie Stelle ein, machte aber Schulden und entöoh schon 1707. Hierauf
imrden Du Manoir und Ste. Marie, geborene Pariser, Leiter der Fabrik, Sie
»etzten an Stelle der Spiegelglasfabrikation die der Rohrspiegelgläaer und des
weuMien Fensterglases. Schon nach drei Jahren aber wurden die beiden Unter-
nehmer uneinig. An Stelle des Ste. Marie, der Ciarenthal verliess, trat ein
Dütttsoher namens Weiss, der zuletzt allein dastand, da auch Du Manoir,
Schulden hinterlassend, durchging» Nun folgten fast in jedem Jahre neue
Leiter, lauter Deutsche, die aber wahrscheinlich nichts von der Fabrikation
verstanden. Zum Jammer der Bauern verbrannte man dabei Unmassen von
H0I2, »0 dass der Wald ringsum stellenweise ganz verschwand* So schlug man
3t. B, io den Jahren 1713 und 14 au 630 Klaftern. Im Jahre 1720 erbot sich
wieder ein Franzose, Joseph Compagnon, eine Reform der Fabrik vorzunehmen,
40 dsaa vor allen Dingen weniger Holz verbraucht werde und auch die Spiegel-
glssfabrikation wiederaufgenommen werden könnte. Man hatte seit 1710 auch
Trbkglaser angefertigt. Wiederum begann das Bauen; die alten Ofen mussten
abgebrochen und neue errichtet werden. Die Arbeiten schleppten sich hin; Fürst
Georg August ist darüber gestorben. Da brach im Jahre 1723 durch Ün-
Tor * ' " ' ^:4t Feuer aus, und es brannten der Dachstuhl des „Nonnenbaues**
itiji „ L re Wohnräume ab. Der dadurch angerichtete Schaden kam last an
(IM QttldeDf die Compagnon aufgerechnet wurden. Da dieser sich weigerte,
den Wiederaufbau auf seine Kosten zu übernehmen, schickte man ihn im Jahre
1724 fort und wandelte die Glasfabrik in eine Papierfabrik um« Die Schicksale
derselben zu verfolgen ist nicht unsere Aufgabe. Bemerken möchte ich nur
HDclif dta« das verunglückte Unternehmen zu Clarenthal Imndert andere gleich-
ifiilige in Deutschland zur Seite stehen hat. Die Kulturgeschichte weist dies nach.
Der Verkehr innerhalb der Orafschaf): und nach aussen auf den Land*
•irAiien und Feldwegen war nach dorn grossen Kriege wenig lebhaft gewesen,
und die Wege befandeD sich allcDthalben im Yorfalle. Durch eine seioer ersten
Verordnungen vom 16,/26. Februar 1685 befahl daher der Fürst, dass die Ge-
meinden die Landatraseen und Wege in Wald und Flur binnen vier Wochen
zwanzig Fusa breit anlegen und zum besseren Reiten und Fahren ebenen sollten ;
im Falle der Nichtbeachtung dieser Vorschrift sollten die Säumigen mit 50 Gulden
Strafe belegt werden. Von einem regelrechten Chausseebau war damals noch
nicht die Rede; es handelte sich hier bloss um ein einfaches Firbreitern und
Überschütten der Wege mit Schutt und Sand, ein Ausgleichen der Löcher
u. s. w. Die Anzahl der Strassen durch die Grafschaft war auch nicht bedeutend.
Von Wiesbaden aus lief gen Norden ein Weg, der nach Wehen, Bleidenstadt
und Schwalbach führte und sich er»t auf dem Gebirge entsprechend gabelte.
Ein anderer fdlirte nach Idstein, von der Sonnenberger Strasse abzweigend, ein
dritter nach Frankfurt über den „Hainer**, von dem der Bierstadter und Mainzer
Pfad sieh trennten, und der vierte war die Allee vor dem Stadttbore, die sieh
in die Strassen nach Mainz, Mosbach und Schierstein verzweigte. Eine wirkliche
Land- oder Hochstrasse durch nassauisches Gebiet war die alte Köln-Frank-
furter Strasse. Zur Zeit des Fftrsten Georg August wurde auf derselben der
Postv erkehr vermittelt.^) Denselben leitete bekanntlich im ^heiligen römischen
Reiche deutscher Nation** (seit 1615) der Reichs-Generalpostmeister und spätere
Reichsfürst von Thum und Taxis. Ursprünglich war, des grossen Krieges und
der Heere wegen, welche auf den grossen Strassen einherzogen, die Postlinie
Köln-Frankfurt eine andere gewesen; die vier Stationen befanden sich zu
Oberroth (a. d, Aldenburg), Preiendiez, Maxsayn und Birnbach. Der Postreiter
ritt jede Woche einmal von einer Station zur nächsten, gab sein Brieffelleisen
ab und nahm das angekommene mit zurück. Als dann die Hohe Strasse ge-
wählt worden war, wurden etwa seit 1704 regelmässige Postfuhren eingerichtet.
Aus den Postreitern wurden Posthalter; die Hauptstation im Idsteinischen war
zu Wurges bei Idstein. Die Stadt Wiesbaden hatte damals (bis 1711) nur
gleichsam eine Neben Verbindung mit der freien Reichsstadt Frankfurt und zwar
durch den Rheinfelser Boten, Dieser kam zweimal in der Woche auf seiner
Tour durch Wiesbaden, nahm im Wirtshause ^Zum Rappen" in der Marktstrasse
(Seiler'sches Haus) die Briefe mit und gab die erhaltenen ab. Im Jahre 1711
schlug nun Fürst Georg August dem Fürsten Thurn und Taxis vor, in Idstein
eine eigene Poststation zu errichten. Die kaiserlichen Stationen waren damals;
Frankfurt, Königstein, Würges, Limburg, Walmerod^ Freitingen, GieleroÜi,.
Weyerbusch u. s. w* Sie waren schon seit 1704 vermehrt worden. Der General-
postmeister erklärte den Wunsch des Fürsten für unerfüllbar, da Idstein eine
geschlossene Stadt sei. Yerhandlungen Georg Augusts mit dem Kurfürsten von
Trier, der mit Nassau-Oraniee in Würges, der nächsten Station, die Gemeinsame
hatte, schlügen ebenfalls feliL Da stellte Georg August einen eigenen Boten
an, der jeden Montag und Freitag von Idstein über den „Trompeter^ nach
Wiesbaden ritt. In der Stadtschultheisserei in Idstein wurde er expediert, in
Wiesbaden gab er im Schlosse die Briefe ab und nahm etwa vorhandene mit^
>) ITauli Th. Sohal^Fi Wiesb. TagbL, 1889, Ko. 50.
ritt dttQQ tiAch Pmnkfiirt weiter, wo ein nassau-idBteiuiöcher Agent angestellt
war* Am anderen Tage kehrte der Postreiter mit den eingegangeueu Sachen
ftitf demselben Wege nach Idstein zurück. Das geschah seit dem 20. April 1711.
Der Fürst lies« die neue PestYcrbiadung in der „UaDamacheu ZeituDg*^ bekannt
iltielten. Anf diese Nachricht hin legte der Kurfürst von Mainz ah Protektor
dts Reichiipostwesens sofort Protest ein. Georg August aber Hess sich dadurch
nicht einschücbtem« Er erklärte, dasa, wenn der Fürst von Thum und Taxis
auf dieinen Vorschlag eingehen würde, er von seinen) eigenen Postbedienten
alwofaeo wolle. Die Station In Idstein aber war ihm jetzt allein nicht genug;
wie man sieht, wollte er die Richtung der Strasse verändern und letztere über
WiMbaden geführt wissen. Zum Zeichen, dass er seine EiurichtuDg unter allen
Umstinden aufrecht erhalten wollte, stellte er noch einen zweiten reitenden
Boten an^ der von der Lahn über Kernel nach Wiesbaden und zurück seinen
Weg iiabist. Der Rheinfelser fiote wurde für das nasaauische Qebiet abgeschafft.
lo Wiesbaden ernannte der Fürst den Wirt Henrici im „Qoldenen Löwen*
in der Marktstrasse (das h. Kimmersche Haus) zum Posthalter. Jeden Mitt-
woch, 2ur Frankfurter Messezeit zweimal in der Woche, fulir ein bedeckter
Wagen zum unteren Stadtthore hinaus von Wiesbaden n»cb der freien Reicbs-
iladt Die gedruckte Bekanntmachung dieser für Fremde und Einheimische
lidcbat angenehmen Nachricht wurde am 2. Oktober 1713 zum ersten Male
ia aUen Gast* und Badehäusern Wiesbadens angeschlagen* Dem Posthalter
war eine Taxe gesetzt, damit die Fahrgäste nicht übervorteilt würden. Zwei-
mal in der Woche wurden auch die Briefe nach Frankfurt besorgt, wahrschein-
lich durch einen besonderen Boten. Dass Mainz darüber noch mehr aufgebracht
wurde, läset sich denken. Zunächst verbot es, den nassau-idsteinischen Post-
reiter durch sein Gebiet zu lassen, und dann erwirkte es eine kaiserliche Ver-
ordnung, durch welche demselben der Einritt in Frankfurt verwehrt wurde.
Alles half nichts. Die Boten gingen und kamen nach wie vor, trotzdem einmal
einer im mainzischen Königstein arretiert wurde. Die Route blieb bestehen
und wurde fleissig benützt. Nun liess sich der neue Fürst Anselm Franz von
Thum und Taxis zu Verhandlungen herbei, die verhältnismässig schnell erledigt
waren. Am 17. November 1714 wurde die bisherige nassauische Post in ilirer
sittieirigen Ausdehnung vom Fürsten Thurn und Taxis übernommen und das
fcaiaeriiche Postschild am „Goldenen Löwen'^ angeschlagen. Die Wiesbadener
waren aber aehr unzufrieden, Sie hatten bisher durch Uauderen viel verdient
und wollten sich nicht damit einverstanden erklären, dass die Herrschaft ihnen
bezüglich der Personen- und Frachtfahrten das Brot schmälere. Der Fürst gab
aach und gestattete im Jahre 1716 dem Verwalter nur acht Postpferdo zu halten.
Kichtsdeatoweniger klagten die Fuhrhalter immerfort. Man warf Henrici vor,
daai er, im Einverständnisse mit Brotneidiachen, Wagen halte, andere Kutscher
in PoaÜivree stecke und so dennoch Beförderungen über die Zulässigkeit hinaus
Tumelime. Abermals liess sich Georg August zu Zugestündnissen herbei und
gMlattete den Wteabadener Hauderern, „alle und jede Fuhren über 4 Meilen
We^ea.* ¥Ir eriiesa auch eine scharfe Instruktion für beide Teile, deren Über-
acfareitung mit i^chweren Strafen belegt wurde. Es half aber nicht viel; denn
70
der herrachaftilche Posth alter und clic Fuhrleute der Stadt suchten und ftinden
jederzeit Mittel, die Yorachrifton zu umgehen. Dem Verkehre selbst thafc das
aber durchaus keinen Schaden.
Das Schul- und Kirchenwesen*) fand an dem Fürsten Georg Augua
einen eifrigen Pfleger und Förderer. Die lateinische Schule zu Idfitein war
im Jahre 1560 aus der Stiftaschule daselbst entstanden. Mit ihr war eine
VorbereitUDgsschule für deutsche Lehrer verbunden. Die Theologen wurden,
bevor sie ihr eigentliches Amt antraten, zuerst als Lehrer in den grüsseren
Dörfern angestellt, Der Kantor, der Lehrer der untersten Klasse, bildete junge
Leute, die tauglich waren, zum Amte als Lehrer aus. Ähnlich mag es in
Wiesbaden geschehen sein, wo ca. 1550 (oder später) die erste Schule entstand
(in der Schulgasse, h. ^ Storchnest**), Der Leiter jeder Schule war der Rektor.
Rektoren zu Wiesbaden waren zu Georg Ai^usts Zeit: J. W- Willkühn
(1670—84), J. R. Schmidt (1685—89), J. Ph. Scholl (1690-94), J. J. Wagner
(1694—1712), Ph.H. Gramer (1718-21), in Idstein: J. H. Gärtner (1673-1707)
und J. L. Gramer (1707—35), zwei ganz bedeuteudo Schulmänner. In der
damaligen Zeit brachen sich die Grundsätze des grossen Pädagogen Arnos
Komensky mehr und mehr Bahn, und sie wurden auf alle Schulen angewendet,
deutsche und lateinische, niedere und höhere. Das war besonders der Fall,
als August Hermann Francke mit seinen verschiedenen Musteranatal ten den
Pädagogen ein tüchtiges Vorbild gab. Nach ihm verfuhr teilweise der Refor-
mator der Idsteiner Schule, der Rektor Gärtner, und er brachte durch seine
Tüchtigkeit die letztere so in Flor, dass die Zahl der Schüler in den beiden
oberen Klassen, die anfangs nur sechs oder acht betrug, zeitweise auf achtzig
und hundert stieg* Die ganze Schule gliederte sich nämlich in drei Klassen.
Der Lehrer der untersten, wie oben erwähnt, der Kantor genannt, war recht
eigentlich Musik- und Deutschlehrer. Den Musikunterricht erteilte er auch in
den höheren Klassen, in der zweiten unterrichtete er im Schreiben und in der
seinigen gab er zudem Unterweisung in den ersten Grundsätzen der lateinischen
Grammatik. Der Lehrer der zweiten Klasse war der Konrektor. Die Klasse
teilte sich in fünf Ordnungen, und ihr Unterricht begann jeden Morgen um
6 Uhr. Die beiden ersten Stunden war Religionsunterricht; dann wurde mit
den zwei ersten Ordnungen Cornelius Nepos behandelt und dreimal wöchentlich ein
Exercitium über den durchgenommenen Stoff geschrieben. In der letzten Stunde
trieben die drei unteren Ordnungen (bis 10 Uhr) die Giessener Grammatik
und die Idsteinische Syntax (von Gärtner), sowie die Colloquia Corderi. Am
Nachmittage begann der Unterricht um 12 und endigte um 4 Uhr. Die zwei
oberen Ordnungen hatten wieder Latoinstunden und begannen das Orieehiöche;
die Regeln der Prosodie und Rhetorik \^Tirdon hergesagt und angewendet* Dio
erste Ordnung fing an, Hebräisch zu lernen. Lehrer der obersten Klasse waren
der Rektor und sein Gehilfe, der Prorektor, Diese Klasse enthielt die Exemten
und drei Primanerordnungen. Von 4 — 7 Uhr morgens wurde den Exemten ein
f V iim.-i ii'gi .
Mi»7 um\ IniMiHiici, Die rias^Aimctio SioittltAtt*
I t?9<rOUll7i
ßhes KoTIog über ^den Eötiig' gehaltoa, nach Musfius und Brochrnaiid
lit TTietis weiter liesümmt. und festgesetzt, die Antithesis erklärt, und wider-
Von 7 — 10 wurden die rrimaner unterrichtet; mit ihnen wurden die
kmiB Dieterici, die Anfangsgründe der Logik und Ethik, die Rhetorik,
itung zur Verfassung der i'hrie, die Janua des Komensky, das grieohischo
itfut» Ä«ops Fabeln, die Colloquia Graeca Posselii und Hesiod behandelt
r^nohiedene Male wöchentlich wurde ein griechisches und lateinisches Exer-
iunt getchrioboQ, wobei die obere Ordnung das griechische nach lateinischem
; gleich niederschreiben musste. Von 10 — 11 hatten die Exemten entweder
ieä oder ethisches Kolleg. Nachmittags, Mittwochs und Samstags ausge*
umiiiüD^ war Schule von 12 — 6. Die Exemten hatten von 12—1 Hobräisob,
fci im Phyaicum, Mittwochs aber Disputation über theologische und
K. lio Fragen im Beisein der Geistlichen, Die Primaner sangen oder
ff' 11 während dieser Zeit bei dem Kantor. Von 1—4 traktierte der Rektor
iDst ihoen Carüus und Vergil ; von 4 — 6 üachmittags hielt er mit den Exemten
aeh Mittwochs und Samstags) viermal metaphysisches und zweimal politisches
CollefC* Gärtner bewältigte anfangs diese Riesenarbeit allein ; daneben predigte
er als erster Stadtpfarrer jeden Sonntag. Später bekam er, wie angegeben,
leo Qehilfou an dem Prorektor, der ihm die Stunden bei den Primanern
ßnteils abnahm. Damals kamen für die Schüler noch wöchentlich eine
historische und zi^^i geographische Stunden hinzu. Sogar am Sonntage wurde
Too 7 — 10 unterrichtet; es wurden die Epistel des betreffenden Sonntags griechisch
cljUt und nach der Nachmittagskirche die griechischen Verse der Schüler
igicrt. Der spätere Rektor Rizhaub, der Gärtner sehr lobt und ihm alle
Ehre widerfahren lässt, kann «ich aber nicht mit seiner Methode einverstandea
därcü. Indessen führt er als Entschuldigung seines Vorgängers an, derselbe
ri ein Kind seiner Zeit gewesen. Eine neue Reform der Idsteinischen n^n\*
^raitaa** — im wahren Sinn des Wortes — hat eben erst zum Wohle der
tfekrer und Schüler der erwähnte tüchtige Methodiker X A, Rizhaub (1784 — 97)
aommen. Von Rektor Gärtner stammen die im Jahre 1690 veröffentlichten
I^Leges scholasticae pro schola Idsteiniensi et Wiesbadensi" (in 19
Artikeln), deren Inhalt kurz der folgende ist. Die Schulen sind Pflanzstätten
Frömmigkeit und der Wissenschaften. Jeder Lehrer ist auf sein Amt zu
eadigeo vor dem Konsistorium, Durchs ganze Jahr ist am Werktage Schule ssu
[Ii secbit Stunden am Vor- und drei am Nachmittage; jede Stunde ist mit Ge-
bet 2« beginnen und zu schliessen. Pünktlichkeit wird jedem Lehrer zur PHieht
obl. Ferien sind Mittwochs und Samstags Nachmittags und vierzehn Tage
jedem Seroesterexamen. Der Lohrplan soll von Rektor und Sehulkollegium
halbe Jahre vorberaten nnd genau durchgeführt werden. Jeder Lehrer
it «eiDG hestimntfe Klasse und über dieselbe Rechenschaft abzulegen. Der
ektor hat die gesamte Schularbeit zu überwachen und je nachdem bei Mängeln
bnend oder strafend einzuschreiten* Die Lehrer sind ihm, um des Beispiels
ffir die Jugend willen, Gehorsam schuldig. Der Kantor hat den Musikchor zu
so und die gesn -' ' i Pestauffüh rangen vorzubereiten. Schreiben und
iDen ist mit Fleis ^en und bei den Exiiminas zu prüfen. Die Methodo
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dieser Pächor soll stets verbesaert werden. Die Schüler mnd zur Komtichkeft
und zum Anstand EDzuhalten, Die Diäciplin soll niclit locker, aber auch nicht
zu hart sein ; statt des Stockes soll die Rute gebraucht werden ; nicht unmeusch-
lich, sondern väterlich, soll die Zucht sein. Zur Strafe diene manchmal Au»*
wendiglernen von Psalmen, Versen und Wörtern. Die Knaben sind mit Fleiai
anzuhalten, überall lateinisch zu reden, auch der Wetteifer, das Ccrtieren is
zu fijrdern* Die Exercitien und Extemporalien sind vom Lehrer zu Hause zu
korrigieren und die Fehler den Schülern zu erklären. Der Lehrer soll mit
seinen Schülern zur Kirche gehen und sich die Predigt wiederholen lassen* Mit
allem unnötigen Auswendiglernen sind die Schüler zu yerschonen, „das Gedächt-
nis soll man wie einen Schatz dem Blut gleich achten und nicht eher angreifen
als in der Not" Kein Lehrer soll nach eigenem Gutdünken ein Buch einführen;
sondern es soll dies erst nach Billigung des Scholarchen geschehen, und zwar
sind für die Schulen zu Idstein und Wiesbaden die Bücher dieselben. Vor
allen Dingen ist den Schülern das wahre Christentum einzupflanzen, — Der
Fürst Georg August zeigte lebhaftes Interesse an dem Fortgang der Schule zu
Idstein, die eine der berühmtesten in Deutschland wurde; er besuchte mit seiner
Gemahlin und seinen Tochter u oft die öffentlichen Examinas. Im Jahre 1705
gründete er die fürstliche Hof- und Kanzleibuchdruckerei, die neben be-
hördlichen Verordnungen und Bekanntmachungen auch Schul- und Ktrchea'
Schriften druckte.
Die Synodalverordnung von 1713 regelte den Volksschulunterricht Die
Schulen sollen von Michaelis anfangend das ganze Jahr hindurch gehalten
werden; die zarten Kinder, die zu keiner Baueruarbeit heranzuziehen sind, sollen
Jahr aus, Jahr ein, die andern von Michaelis bis Johannis ohne Einrede zur
Schule gehen; Widerspenstige sollen mit einem Albus Strafe für jeden Tag
belegt werden. Wie lange jedes Kind zur Schule zu gehen habe, hangt von
seiner Tüchtigkeit ab; untüchtige und unwissende sind nicht «i kontirmiereu.
Der Lehrer war zugleich Organist und hatte ebenfalls dem Konsistorium sich
schriftlich zu verpflichten. Der Unterricht dauerte wöchentlich 32 Stunden,
begann und schloss mit religiösen Übungen, ünterrichtsföcher waren der kleine
Katechismus Luthers und der idsteinische, dann Lesen, Schreiben, Singen und
Rechnen. Bessere Schüler konnten nebenher gegen Bezahlung Geometriestunden
nehmen. Die Schulstunden fielen auf morgens von 7 — 10 und nachmittags von
12 — 3, Mittwochs und Samstags von 12 — I Uhr, Die Besoldung der Lehrer
war, wie es scheint, auskömmlich und verhältnismässig besser als an manchen
Orten zu unserer Zeit. Der Lehrer Schrumpf zu Mosbach-Bicbrich empfing,
bezw< besass im Jahre 1699: freie Wohnung, 6 Karren Brennholz, '/t Rute
Krautgarten, 2 Morgen 11 Ruten Ackerland, die er nach seinem Gefallen,
doch auf seine Kosten zu bebauen hatte, ferner 80 Gulden bare« Geld (fünfzig
von der Gemeinde und 30 von der Kirche), die Leichen- und IIochtzGitsgefalle,
dazu die Gebühren für den Olockendienst: eine Ohm Wein und sechs Malter
Korn vom Zehnten, und von jedem Begüterten eine Garbe Korn, von jede«
Hausmanne jährlich auf Ostern und Weilinachten einen Laib Brot und siebe
Gulden Armenkinder- und Wicseuzins. Die Stelle wurde auf Vierteljahr lieb
la
Kflild^ung besetzt. Jedenfalls war aber Biebrich-Modbacli eino ausnahinsweisG
gute Pfründe, weshalb eich auch die angehenden Theologen, die zuerst Lehrer
' werden musatea, gern aogleich hierhin versetzen Hessen. Man verfuhr hierbei
ittoli dem Qruiid^fttase Luthers, der äusserte, er erachte ea für gut, dass^ wer
daa Dienen der Kirche lernen wolle, erat der Schule dienen lerne. Die Be-
waldung der Lehrer an den Scliulen ^u Idstein und Wiesbaden geschah aus
dem PriUenzfonds, der auch den Geistlichen den Unterhalt lieferte. Fürst
Georg August vermehrte denselben dadurch, dass er die Erträge der verkauften
und verpachteteu Walsdorfer Klostergüter (s. o*) ihm zufiiessen Hess.*)
Die oberste Leitung des Kircheuregiraentes*) und zugleich das Schol-
archat (die Sehulinspektion) übte der Superintendent zu Idstein aus. Es folgten
aieli ttfiler Georg August: J. Ph, Elbert (oder Elwert 1655—99), J. A. Schmidt
(lftS^9 — 1709X J. D. Herrnschmidt (nach einem Interregnum, 1712—16) und
J, Chr. Lange (1717 — 56), Die beiden letzteren hatte dem Fürsten August
Uermann Franoke auf Anfragen empfohlen. Franckes Ruf erscholl damals in
aUe Lande. Er kam im Jahre 1717 auf einer Durchreise nach Wiesbaden
ttad predigte am 17. Trinitatissonntage in der Mauritiuskirche bei Gelegenheit
leiaes Dankfestes wogen eines Türkensieges (Prinz Eugens bei Belgrad?). Die
Predigt wurde unter dem Titel „Nassau-Idsteinisches Denkmal^ gedruckt. Durch
Frmocke scheint Georg August sich ganz der strengeren Richtung zugewendet zu
* luU»eo. Am 10. Sept. 1719 hielt der in Wiesbaden zur Kur weilende strenggläubige
Sladtpfarror von Wetzlar, Egidius Günther Hellmund, in der Maoritius-
Idrelid eine Predigt vor Uerrschaffc und Gemeinde und besiegelte damit den
8i^ der genannten religiösen Richtung über das Gemütsleben des Fürsten.
Btae glänEende, feurige Beredsamkeit des Predigers vermittelte diesen Bieg.
Als nun im Jahre 1721 der Inspektor und Stadtpfarrer J. O. Stern starb und
liellmirndf der wegen seiner orthodoxen Richtung in der alten Reichsstadt
»BAaeberloi Anfeindungen erfahren hatte, sieh von dort wegsehnte, berief ihn
ier Fürst an Sterns Stelle. Mit grosser Bereitwilligkeit sagte Hellmund zu^
kam nach Wiesbaden, hielt am 14. September 1721 seine Antrittspredigt in
dm Btadtkirche vor dem Fürsten und stellte sich am Tage darauf in Biebrich
Tor« wo er sogleich zum zweiten Hofprediger ernannt wurde. Sofort begann
nun seine biblischen Erbauungsstunden in Wiesbaden und daneben seine
sooslige sehr umfangreiche und segenschaffeode Thätigkeit^ die aber, weil nach
Tode Georg Augusts erst recht ins Leben tretend, uns hier nicht weiter
[ hüditftigt. Aber auf eine Yerordnung, die unter Georg August erlassen wurde
und swar wohl auf Anregung des Superintendenten Lange hin (1. Dez. 1718)|
i ich hier noch hinweisen : die vierteljährliche Erhebung der ^Beckenkollekten^,
Knfwhmen ans Konsistorium abgingen und zur Unterstützung armer in-
ttod aualäiidiBcher Kirchen und Schulen verwendet wurden, auch zur Hilfe für
OOi ibres Glaubens willen Vertriebene, ohne Unterschied der Konfession. Binnen
drei Jahren gingeu 1270 Gulden 28 Albus ein» und es wurden davon 938 Gulden
für Unterstützungen im Lande verausgabt.
^ Hein n Ali n, Ootohiolaie von Walsdgrf, — '/ Firaliaber, 1,
74
Dio Kcglernug des Fürsten Georg Atigusi: war also allüntbalben orno
segenareicho und ist glücklicherweise durch kriegerischo Ercignisso nicht all-
zusehr, manchmal aber durch elementare getrübt worden. Im Jahre 1681, am
I8728, Januar ereignete sich ein »tarkes Erdbeben» so daas die (Hocke auf
dem Wiesbadener Uhrturme von selbst zu läuten anfing. In den Jahren 1601 und,
1 692 verspürte mau wiederum Erdstoäse, wie man glaubte im Sauerlande stärker *
als in der Stadt. Im Jahre 1692 legte ein furchtbarer Brand Waladorf in
Asche.*) 1702 und 1703 ereigneten sich in der Wiesbadener Gemarkung, wie
schon früher erwähnt, verheerende Hagelwetter und Gewitter. Am ersten Pfingst-
tage 1702 fuhr der Blitzstrahl in das Wiesbadener Schloss, während die Herr-
schaft an der Tafel sass, und tötete in der Küche zwei Diener, die das Esseii
auftragen wollten, worauf der Fürst und sämtliche Anwesende sofort in einer
Betstunde Gott für Ihre Errettung dankten.*) In diesem Jahre (?) fiel auch
ein Teil der Stadtmauer am Oberthore zu Idstein (vielleicht von Regengüssen
unterwaschen) ein und begrub ein Häuschen samt dessen Insassen, die tot blieben.')
Im Winter von 1708 auf 9 herrschte eine furchtbare Kalte. Im Oktober 1708
fiel der Schnee so stark, dass die Bäume im Walde durch die Last desselben
Aste und Zweige verloren, geknickt und zerrissen wurden* Der Rhein fror
fest zu, so daas man ihn mit Lastwagen befahren konnte; aus den Brunnen bekam
man kein Wasser, die Bäume zerbarsten, Menschen und Tiere erfroren. Vom '
12. bis zum 23, Januar 1709 dauerte diese strenge Kälte ; dann gab es Iloch-
w^asser, das wieder viel Schaden anricbtcto.*) Brände ereigneten sich ausser
dem obgenannteu ebenfalls mehrfach. Als Kuriosum verdient angeführt zu
werden, dass das „von jung und alt schädlich missbrauchte Tabakschmaucbcn,
so auch die Gesundheit ruiniert und den Müssiggang erziehet^, auch als Brandnr*
Sache angesehen wurde. Am 7. April 1706 verordnete der Fürst, dass jeder ^
^Tabaktrinker** V« Gulden Steuer zahlen sollte. Dio Schultheisson sollten die« '
jenigeu namhaft machen, welchen das Rauchen zu gestatten sei. Der von
Idstein schrieb damals darüber, „was die Schule anlange, so tränken die meisten
Tobak** und empfahl ausserdem zw«Uf zur Nachsicht, Nr. 12, Peter IIünelK
doshalb, weil er „lieber die Fraw will verlassen als dass Tobacktrinkcn," Man
strafte Zuwiderhandelnde mit IG Gulden, doch scheint sich das Ycrbot nicht
lange erhalten zu haben. *'^)
Fürst Georg August hatte das sechsundfünfzigste Lebensjaltr überschritten
und befand sich noch in voller Rüstigkeit. Er sah seine landesvätorlichen Be-
mühungen von bestem Erfolge gekrönt und erfreute sich des seit einigen Jahren
herrschenden Friedens. Tor kurzem war auoli der Reichshofratsprozess wegen
der Entschädigungsgelder zumteil und der mit Timm und Taxis wegen des go^
liehenen Kapitals (Aug. 1721) gänzlich beigelegt worden. Im Oktober de«
Jahres 1721 erkrankten nun plötzlich dio beiden jüngsten Kinder des I' '
die elfjährige Prinzessin Luise Charlotte und die dreizehnjährige K 1
Franziska Marie, im Schlosse zu Biebrlch au den Kinderblattern. Oeofg August
') Deissmano» 8. 190. ^ ») Öchcnck, 8, SeS. —
8 802. - *) SohOler, WWäI>. TagbL, I88e, Na. 237.
"i r: i^i.iii.ii s *H\
TCntll
75
riet in pniis© Aufirogun^* Als liebevoller Vater weilte er oft am ErankoD'
toiuer Kinder; leider zeigte sich seine Kunstitution zur Empfänglichkeit
Kmaklieit dispouiert* Sie ergriff ihn, imd biouea weuigen Tagen fichied
der Fürst aus dem Leben, am 25. Oktober 1721. Am 4. November folgte ihm
die jüngere, dann am 7. die ältere Prinzessin in das Grab nach. Mehrere
Tage blieben die Leichen in der erst im Mai des Sterbejabrea eingeweihten
eile (s. oJ) ssur Schau ausgestellt, während Glockengeläute täglich
11 — 12 und von 5—6 Uhr den Bewohnern der Grafschaft allenthalben
kündigte, dass Idsteins letzter Fürst den Weg alles Fleisches gegangen sei,
nit hatte die altnassauische Residenz den Witwenschleier genommen, den
sie bis heute noch tragt.
Am 13. Januar 1722, abends 8 Uhr, wurden der Fürst und seine beiden
Uader io der Kirche zu Idstein beigesetzt. Siebzig Geistliche und eine grosse
Ai»»üil Lehrer waren erschienen, welch letztere, Fackeln in der Hand, dem
erlicben Leicheukondukt vorauf nach der hellerleuchteten Kirche zogen. Man
das Lied: „Wenn mein Stündlein vorhanden ist, zu fahren meine Strasse*'
Nicolaus Hermann. Superintendent Lange hielt die feierliche Leichenrede,
worauf der Sarg links vom Altare nach dem Glockenturme zu in die Gruft
kt wurde. Tiefer Schmerz mag die guten Idsteiner durchzuckt haben;
man begrub hier einen guten Mann, der ihnen „mehr gewesen war.**
Zwölf Kinder hatte Fürst Georg August von seiner Gemahlin Henriette
oroibea; fiinf sind in zartem Alter vor und vier bald nach ihm gestorben.
ÜB beissen: l) Friedrich Ernst, geb. 27. VUL 1689, gest. 27. UI. 1690;
2) Christiane Luise, geb. 31. HL 1691, gest. 13. IV. 1723, vermählt am
24. IX. 1709 mit dem Fürsten Georg Albreeht von Ostfriesland; 3) Charlotte
Jbcrhardtne, geb. 17. VH. 1692, gest. 8. L 1693; 4) Henriette Charlotte,
ek 9. X. 1693, gest. 8. IV. 1734, vermählt am 4. XL 1711 mit Herzog Moritz
Wilhelm von Sachsen-Merseburg ; 5) Eleonore Charlotte, geb. 28. XL 1696,
8. XIL 1696; 6} Albertine Juliane, geb. 29, IIL 1698, gest. 10. X. 1722,
^^rmählt am 14. IL 1713 mit Wilhelm Heinrich, Erbprinz von Sachsen-Eisenach;
7} Auguste Friederike, geb. 17. VIIL 1699, gest. 8. VL 1750, vermählt
am 17-ATU. 1723 mit Karl August, Fürst von Nassau- Weilburg ; 8) Johannette
^Wilhelmine, geb. 14. U. 1700, gest. 2. VL 1756, vermählt am 16. X. 1710
Lit Simon Heinrich Adolf, Graf zur Lippe; 9) Friedrich August, geb. 30. IV.
1702, gest. L n. 1703; 10) Wilhelm Samuel, geb. 14. IL 1704, gest. 6. V.
1704; U) Elisabeth Franziska Marie, geK 17. IX. 1708, gest. 7, XL
^721; und 12) Luise Charlotte, geb. 17. UL 1710, gest. 4. XL 1721. (S. o.)
Keins von all seinen vor ihm verblichenen Kindern that dem Vater so leid
wie der früb verstorbene jüngste Prinz Wilhelm Samuel. Das geht aus dem
fe de« tiefbetrübten Fürsten an den Grafen Friedrich Ludwig von Ottweiler
ar. Die Fürstin- Witwe Henriette Dorothea zog sich in das Schloss zu
Wietbftdeo, ihren Witwensitz, zurück. Die Widerwärtigkeiten, mit denen sie
nach dem Tode ihres Gemahles zu kämpfen hatte, liegen ausserhalb des Kreises
utinM*ror Betrachtungen. Sie starb am 18. Mai 1728 und wurde neben ihrem
}§tJten beigesetzt. Ein prächtiges^ reichverziertes Denkmal, mit den über-
J^B^
jjigi^
76
lebensg^rosseo Figuren der beiden AbgeschiedoneQ in Marnmr, erhebt aich über
der Gruft.
Mannigfach sind die Erinnerungen an Georg August. Die Namen Augustemn,
Goorgenborn, Goorgenthal weisen direkt auf ihn hin. Das alte Schloss zu Wies-
baden ist längst gefallen und spurlos verschwunden, aber das neue zu Biebrieh
ruft uns das Andenken an den Erbauer, einen der populärsten Fürsten unserer
engeren Heimat, den grossen Kalonisator allzeit ins Gedächtnis zurück*
Anhang.
1,
L Privilegiiini der Aiisiedler zu Idi^teln (1(185).
Wir Georg Au^st, Graff zu Naasau, 8ft*rbrü<7k©n und Saarwerdeü, Herr zu Lahr, Wiee-
badon und Itzätem Fügoa hiermit jede rot jlnni^lioh zu Ibissen. Naohdome sich durch Göttlioheu
Seogen unser Land, und inBonderheit unaere H^sidenz Itzstein^ mit junger Mannschafl auch
anderen Einwohnern, Bey- und UntergaaBen nl»o vermehret, dass denenselben sich häuaslichen
niederxulasaeni es fast an Raum und Gelegenheit ermanglen mll^ und wir dann einem jed*
wedern zu Beförderung seiner Nahrung gerne behulflich sein wollen^ auch die Termehrung
unserer Unterthanen gerne »eben mögen, dass wir demnach zu Bezeugung unsers gn&digeu
willens^ den ahn hiesigen Stattmauren unss zugehörigen Wieaengrundt, die Weyherwiea« go-
nani, darzu angewiessen, und frey gegeben haben wollen, thun es auch hiermit^ und in Kraft
dieseB also und der Gestalt^ daas ein jeder inheimischer und ausländischer so auf unsere Ver-
ordnung darauf bauen, sich sobald in unsere Jurisdiction und nach Yerflicsujig dreyer Jahren
gegen das halbe Burgergeld, in die lüesaige Bürgerschaft zu begeben zusagen, dass alsdann
derselbe und dessen Erben zohea ganzer Jahr lang a Dato des Ihme darüber Ton unserer
Regie rungs-Canzeley ertheilten Special-Scheins Ton allen ordiuari und extra ordinari neschwer-
den, Contributioncn, Schazungen, gemeinden Beschwerden, Jagden, Wachten, Bneftragon, Ein-
quartierungen wie auch Auflagen wie solche Kamen haben oder aufkommen roogten, gänilioh
und allerdings eximiret und bef^eyet sein. Und pleiben nach Terflieaung obiger Zeit, aber
Ihrs ßeedt^ HermrentheUi Kirchengefälle, Contributioo und Schazung nach proportion Ihrer
Qüther beytragen, und der übrigen Bürgerschaft gleich gehalten^ auch derer Froyheiien, und
rechten geniesen soll und mag. Sollte aber nach Yorfliesung obiger Zeit, sich oui und ander
nach dem Genuas dieser Freyhcit hinweg begeben und auser Land ziehen, soU dortelbe vön
demjenigen, was Er mit sich hinweg nehmen wird, uns zum Abzugsrecbt den zeheoden Pfen*
oing erlegen und abstatten. Da auch ein und anderer nebonss dem Bauweisen eiuige Wirttt-
Schaft oder andere Parthierung treiben wolte, derselbige soU einem jedwedem gegen Ab-
stattung des gewöhnlichen umbgetds ohne ferneres entgelt erlaubt und zugelassen seyn.
Da nun ein und ander, Er seye einheimisoh oder ausländisch, frey oder leibeigen^ dieser
unserer Verwinigung sich bedienen wolte, derselbe hat steh bei unserer Regicrungs-Canzeloy
deswegen anzumelden, und wir Terspreehen, und sagen hiermit zu, Einen jed wedern bey dieser
unser erteilten Freyhcit und VcrwiUigung gegen jedermünniglieh handzuhabflo und zu eehüz^n.
Deesen zu Urkund haben wir Unss Eygenhändig unterschrieben » und Unser Beeret-Insiegel
dabey trucken lassen.
So geschehen. Itzsteiu den 20f«& January Anno 1685.
(L^ 6.) Georg August, Graff zu Natsau-SaarbrflckoD,
(KfU SiMiatrelih t« Wlnbadtnj
T7
n, Privilefiriai» «ler Anbaaer zu Idstein niid Wiesbaden (lß90).
Ton Qoitw Qmad«Q Wir Georg Atiipuit, FOrai su Naaiati^ Qraff zu Saarbrückon uiid
Iffdeo« Herr tu Lalir, WiKsbaden und Itistein etn. Fügen tiiermit Jedormaunigtich «u
i: Kaehdemo durch das rerderbllohe Franlzdaisohc Kriogswcaen viele Familien von Uhus
•aJ Wft Taijaget, und verschiedene PUtzc cingeüächert wordetij das« die«e rertriebene Per^
8<5böU und Tnterhult anderwärts suchen müssen» deren sich aach viel in Vnser
and itch darinn hftusslichen niederzulassen icemefnet sind, wegen Enge des
abar aicbl aUardJngs unterkommen und auffgenommen werden kOnuen, zu dem Ende
i Ttmahrung Ynaerer BürgeraobaffV zu Itzatein und Wissbaden Wir vor diensam be*
emotdie beode Orte einigemifiBBen zu erweitern, und in solchen Stand zu setzen,
wofilvffeb dia Frembde Ankommende zu bauen Qelogenheit haben, und aller mCgliohen Sicher-
Mt ganietaan mfigea; Worbei Wir auch geneigt seynd diejenige, so an baeder Orten einem
bauen, und sich allda niederlassen wollen, mit einigen Freyheiten und ExempHonen
ni iMfnaiiigen und leu versehen. Erklären demnach, ordnen und versprechen hiermit Erst-
Iteb^ daas alla diejenige, hq an beeder Orten einen von neuem bauen und sich allda nieder-
wolian, attlT fünlTzehn Jahr lang von ollen Personal- und Beol-Besohwerden, welche
Vft» ttJi4 in die Horgerachafft Tnsere übrige Bürger und Ynterthanen sonsten «u leisten und
trmgeii aobtildig sejnd, absonderlioh aber von Thor- und KachtwaebteUi gemeinen Be-
Aeraptem, Frohnden, Diensten, Schätzung, Einquartierung, wie nicht weniger von
nail Einxugs-Qeldem, gantz, wie auch von Zunffts-Geldern, soviel Vns davon zukommt^
ballrtjtt tojrn, und die füuffzehen Jahr durch desecn gemessen, nach Verüioasung der fünff*
Jabr aber gleich andern Bürgern und Ynterthanen ibre OebüJir von Hausa und Out,
in dam geringsten Anschlag entrichten und abstatten, hingegen aber doss vollkommenen
klgciiaehti und aller Privilegien und ßenoficien, ohne einiges Entgelt oder Nachtrag ge*
und fUiig seyn sollen. Zwejtens, Mitlerzeit und künfftig hin sollen sie sieh der
Wajd, Holtzes und Nntzens mit ihrem Vieh zu bedienen und zu gebrauchen haben.
Driltans i»aU einem jeden, so bauen will, ein freyer Platz, Kalok und Steine gegeben, und
wmk jedem Kiawohner doss Orts ihme zum Bauwesen dcss Jahrs drey froye Fahrden gethan
Yierdtens, Jioll thme das nuthige Oeholtz, soviel dessen In Waldungen zum
taebiig ist, frej und ohne Zahlung erlaubt seyn. Fünfftens, soll einem jeden ein
INfjar AbsQg, ohne zehenden Pfenning und Nachsteuer, und dass er sein Hausa und Oebüu,
dan Kmlek, Stroh and frej Oehöltz nicht angerechnet, hinwiederumb rerkauiTen, und einem
aad^n Abarlaatan möge, worbej dorjeiuge, so an seine statt tretten wird, der obgesetzten
IBaflkälwglhHgen Freiheit sofort gemessen solle. Secbstens, diejenige, welche ihr Haud-
f»braochen und UfLuser bauen wollen, sollen sich zwar den Zunlft-Articuln dess Orts
baltian, das Handwcrck aber inner solchen Zeit nicht versohAtzen, weniger der Herr-
?oa danan Materialieu einigen Accis abstatten. Siebendens, welche Handthierung
ttd Oevcrb treiben, sollen von Zoll und Aufflagen allerdings befreyet bleiben und von dem
Wein- und Biersolianck nur ein geringes abstatten. Achtens, Wirtbschaffts- Back- Brau-
Sctoldta* und andere Schild- und Feuersgerechtigkeiten sollen einem jeden ohne Entgelt er-
werdan» und er deren zu alleo Zeiten zu geniessen haben. Neundtens, falls ein
dar ander Ankommender, Aecker, Wiesen und Weinberg an sich bringen wird, soll er
tvar die darauff bafftende Gebühr abstatten, de^sfalls aber kein Abtrieb zugela^en, oder er
fm dam Canff abgehalten werden. Zehendcns, was auch ferner über dieia spectficirte
BUkk dmcii Frembden und Ankommenden zur Beförderung ihres Yorhabens, gutes und bej-
kUlliek« arwieaen werden kau, dessen sollen sie sich von Vns, Ynseren Beampten, und jedes
Oft! Siawobliam und Yndertbanen allerdings zu veraeben und würckUch zu geniessen Ivaben,
Wir fataprachen auch sie hierbej allerdings zu schützen, zu schirmen und handzuhaben. Yr-
Tnaarer dgenhlndigen Ynterschrifi^ und beygedruckten Insiegels. So geben Itzstein
19. OdobHa Anoo 1690,
(1^ 8.) Oeorg August, Fürst lu Nassau,
iL^ai
78 ^^^^
Brief des Prinzen Georg Aiignst Samnel an seinen Vnter,
Oraf Johannes (1673).
Allor herdiebster Herr Vaiiorl
De« Herrn Vftkters gute Gesundheit yndt in Allem ^ten WohlutontU zu Vernelini6ll
wirilt mir die grGsstc Frcudt zuliuren seyn. Ich bin nocU [Ciott Lob) gt^sundt ohno dass ich
eilich tag den Husten gehabt, ist aber meUtetheils vergangen ; bier ist niobtB neues ohne diMU
man sagt die Brück zu Strassburg seye von den Frontzosen halb abgebrundt Vorgeatern
ist der Herr Graff Kirohhoff todt hier durch mit vielen Reuttern virr Hanaw gefiihrct worden ;
wa« nun sonsten mein Tliun anlungot, so wolto ich lieber äu Idslein ala hier »eyn ftuss ge-
wissen Vrsaehen. Hiermit empfehle den Herrn Yattern sampt Allen Gottes Schutjc vudt Vor-
ftorg Yndt verbleibe aJlzeit
Des Herrn Yatters gehör sftTnbster 8ohn
Frankfurt den 8. 9br. 1673» Oearg Augusttis« Samuel.
AdroRÄo: Dem Hochgebornen Graflfen vndt Herrn^ Herrn Johann Orallen m Na^isau, Saar-
brücken vndt Saarweerden Hern zu Lahr Wisabaden vudt Idatein^ Meinem Ador
Herzliobsten Herrn Yattern pp» Idstein.
(Qnrxuxt. Nim. Archiv zu Weilbur^,^
4.
rntcrthanifirster Bericht fiber Hiro HocIiffirRlUciien nnrchlaiif ht nnseres"
liöi'listseel, Laiuh*sfrirsten i^etlianer Reisen in JVenihile Läniler extraliirt
aus dem Diaria*
Ao. 1678. Seynd Huchstseel. Ihro Durehl. in Begleitung des HofFmeitter Stabhorvt,
Kammerdiener Heybach und Psgo von Bobenhausen nach Qiessen auf die Universität gereiwl^
wosclbstcn dicasolben Rector Magnificentissimus worden und bey deren Antritt in CoUegk» bey
AnwesBon dos dortigen AdeLs, allen Professoren und Studenten Ihro lateinische Oration gehalten*
Ao. 1079. Gingen HGchstseel. Ihro DuroliL auf Strasahurg In begleitung Ihres Ilofr-
meistcra Stabhor^t, Cammerdiener und Page, wie lange aber dieselben dageblieben, ist mihr
obnbewusst; Indemc auf eingelegte Yocation nach Saarbrücken «um Uoffmeisler des nunrachro
Hdchstsecl ultereu Herrn Grafen Ludwig umb mit Dirne In Franckreicb xu gehen meinen
Abschied genehmen; Jedoch habe deroselben Ao. 1682 in Paris unterthjlnig aufgewartet; der
gewesene Ambtmann Qraf %u Wiaibaden kann hierüber die beste Xuehrtoht geben, dann «r
mit auf Strassburg und Parts gereisaet und daher auch berichten kann, ob Ihro Durehf. von
dar auf Angers und weiter über Engelland und Iloland nach Hauss gereisst seynd.
Ao, 1685. Seynd HOohstseeK Ihro Durchl. in Ungarn alsa volontair unter Ihro Durchh
den Fürsten von Wddeck gangen, da^olbsten bey der Belagerung von Neuheusel tn denen
Approohen ohnermüdet und an denen gefithrlichaten Orrhen sich eingefunden, auch nachhero
bey dem Entsatz Oran und in der Bataiile gegen die Türeken als« General-Adjutant unter
HOchstgn. Fürsten von Waldeck Dienste gethan. Hucbstgn, Ihro DurchL habon^ nachdetne
Sie schon Yerhcurathet gewesen, noch 2 Gampagne in Brabant gethan und sondorlluh in der
fameusen Bataiile bey Landen höchst deroselben Ein Pferd unterm Leib Tod gesohossen wor-
don^ jedoch sich mit des Sattelknechts Pferd glücklich aus der Feinde HAnde Salvlrct.
7* Dezember 1721. J, HoO^u-li
79
Die Tenla aetatls eyentaalis für den Grafen Georg Angnst Samuel
Ton Nassan-Idstein wird bef&rwortet (1681).
Merourj, 10. Deoembris 1681.
Kassan-Saarbrackcn Itisteinischer Linie in po. venia aetatis sive Johann CaBimir, Graff
zu Leiningen als Yormund des Jungen Graffen Ton Nassau SaarbrQcken Ittsteinischer Linie,
per Ernestum Persinm de Lonssdorff, sub psto. 23 tn. Juny nuperi, Bittet aus angeführten Ur-
sachen seinen Pupillen, alss welcher bereits das 17. Jahr erreichet die Kayl. gnade, und even-
tualiter veniam aetatis dahin gnädigst zu ertheilen, dass derselbe nach seinem Absterben pro
mkjorenni erkannt und einer anderweitigen Yormundtschafift sich zu Yntergeben, nicht fernerft
angehalten werden mogte, mit dem gehors. erbieten, dass Er, so lang Er lebte, biss zu dessen
noAJorennitfit, je dennoch mit der Ihmo auffgetragenen Yormundtschafft und möglichster Yor-
sorg gegen Ihn continuim und dessen nutzen nach äusserstem vermögen Befördern wolte.
Idem Persius sub psto. 1. 7-bris nuperi urgot resolutionem ex motivis pone adductis.
In eadem Georg August Samuel, Graff zu Nassau Saarbrücken in literis ad Imperatorem
de dato 26. & psto. 21. 8-bris nuperi exhibitis per dictum Persium bittet allerunterth&nigst
aus angeführten Ursachen nach geschehener Zulassung, .dass sich seine Yettern in seiner Yor-
mundtschafft nit eintringen mogten: sondern Ihme die gesuchte veniam aetatis gnädigst zu
ertheilen.
Idem Persius sub posto. 23. praodicti mensis 8-bris denuo instat pro concedenda petita
venia aetatis appon. Lit. A.
Fiat Yotum ad Oaesarem. Frantz Martin Mensshengen.
1K9I. SUftttarchlT bd Wiesbaden [Havsarchir, II A 3]).
Brief des FArsten (jeorg Angnst an Kanzleidirektor Oraif.
Au camp devant Neuheusel, le 24 Juillet 1685.
Pour votts montrer Monsieur que je ne suis, Dieu mercy, ny mort ny malade, je prens
une fois un moment de tems pour vous ^crire, et sachant, que haibach vous mande toutes les
noavelles, je nc diray autre chose quo seulement que je suis toujours clemence (sie)
Monsieur Yotre affectionn6
George Auguste, Comto de Nassau.
Adresse: Mr. Graff, Directeur de la Chancelleric.
(Crl- StafttearrhW n Wiesbaden rnenBarchlv, II A 6]).
6^
Kortze Relation dessen^ so 2 Kay. Conrriers welche diesen Morgen
allhier angelangt^ wegen grosser Niederlag der Tfircken nnd Eroberung
der Festung Neuhäusel mit gebracht.
Frankfurt, 25. Aug. 1685.
Nachdem auf neulich gemeldte glückliche Aktion unter Gran bey denen TQrcken die
Confosion angefangen, hat man dieselbe mit der Cavallerie recht angegriffen und gezwungen,
sich in der angefangenen Unordnung über Halss und Kopf zu retiriren mit ZurQcklassung
aller Bagage, Zelten, so meistens alle neu, Munition und 23 Stück Geschütz, so alles in unsere
Gewalt kommen. 5000 Janitscharen sein auf dem Platz geblieben sampt dem meisten Teil
der Cavallerie, dem Über-Rest ist darch unsere Courassierer etliche Stunden nachgesetzt wor-
den, die UDgerOi so in grosser Anzahl zur Kayserl. Armee gestossen, wie ingleiohen die
80
Kroaten und Dragoaer verfolgen, die flachtige Barbaren, mit Beyhülff der Herren Generalen
Hercy, Stynim und dess Obritten Hensslers, und damit diese Soldaten desto mebr su deme
Nachjagen angefHscht wQrden, haben Ihre Dorchl. der Hertzog von Lothringen einem jeden
erlaubt die Beuten zu behalten, welche er Tom Feind machen würde, desswegen wenig Tür-
ckische Infanterie sich wird salvieren, weilen sie Aber all von den nacheilenden und halb-
fliegenden Reuttem auffgesucht und gar biss gen Offen verfolgt und sich allda postiren werden.
Welcher Gestalt die sehr importirliohe Yestung Neuhftusel von denen Kayserlichen mit
stürmender Hand erobert worden, hat sich, wie der General von Scharpfenberg den 20. ds.
nach Wien überbracht, also zugetragen, dass nemL als die Unsrige dess Tags zuvor umb halb
acht Uhr angefangen zu stürmen, seynd sie umb neun Uhr darauf in die Stadt kommen, allwo
sie alles niedergemacht, ausser den Gommendanten, und 10. andere, so man gefangen ge-
nommen. 80 Stück haben sich neben noch einer grossen Menge Munition und anderm darin
befunden, und ist sehr zu verwundern, dass bei dem Sturm der Unserigen nur 27 geblieben,
in der BataiUe nur 7. Sonsten ist die Guamison in gedachter Yestung noch würcklich 1200
Mann gewesen. Fünff Tage zuvor hat das Gewitter in die Yestung Novigrad geschlagen, wor-
bei das meiste Thcil derselbigen, sampt dem 2eug- und Munitions-Hauss abgebrandt, worauff
dann die Türeken selbige auch verlassen.
(Oadraekt d«ii Akten des Köalrl. StaatMreblTt sa WiMlMid«ii b«lll«f«nd.)
itteiliingen üße^ie Lage und Gescliiclite
der Marau bei Mainz.
Von
Geh. Baurat Cano«
Die in der letzten Sitzung des Arohitekton^Yereios von mir zugesagten Mit-
tmluogen werden sich im Anschlüsse an die Yorarbeiten zum Bau eines Flosshafens
i Koatheim auf die Lage und Qeschichte der Marau mit ihrem Befestigungshaupte
ben. Der Herr Professor Dr. Orimm hat in einer Abhandlung über Lage und
lamen einiger Örtlich keiten unserer Gegend, veröffentlicht im 10. Bande der
pAiiBaleu dea Yereins fiir Kassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung^,
BQ überzeugenden Nachweis geführt, dass die in der Geschichte der deutschen
er mehrfach erwähnte Marau ein flacher Wiesenplan zwischen Rhein und
[«in gewesen ist und dass der Name des Ortes Kostheim von einem in der
lihe gelegenen Burgbau Kopfstein herrührt, welcher einst die Marau beherrschte.
Es wird uns im einzelnen berichtet, dass bei der Wahl Kaiser Lothars IL
vor der Stadt Mainz auf beiden Seiten des Rheins die kriegerischen Gefolge
erleUy dass im offenen Felde das Festmahl stattfand, bei welchem Kaiser
Friedrich L die Fürsten und ihr gesamtes Gefolge bewirtete, und dass feierliche
liehe Akte bei den Wahlen Heinrichs IL und Philipps von Schwaben in
der Nühe von Mainz erfolgten. Insbesondere wird der Ort des feierliehen Hof-
^bgem von 1184, wo der Palast und die Kapelle des Kaiser*', ebenso die
Tohnungen der Fürsten und ihres Gefolges errichtet waren, als ein weiter
Wie«enplaU| eine Insel nahe bei Mainz, auf der rechten Seite des Rheines, auf
iwei Seiten vom Rhein und Main umschlossen beschrieben und die Marau ge-
ant. An der Südspitze der Marau wnrd von einem Haupt, einem Bauwerk
[berichtet, wo Kaiser Heinrich IV. eine Urkunde für das Kloster Lorsch ausstellte.
Ferner hören wir, dass bei Kostheim oder Cupstein eine KOnigspfalz be-
Inden hat, wo Karl der Grosse im Jahre 790 weilte, wo im Jahre 795 ein
liebes Placitutti gehalten wurde. Die Lage dieser Burg wird als oberhalb
der Brücke bezeichnet und ist zugleich durch den in der Nähe belegeneu Lande-
der wichtigen Weisenauer Fähre beurkundet.
Diese Ortlichkeiten bilden das Gebiet, in welchem jetzt als Ergänzung
der Marn-KanalLsierungs* Anlagen bei Kostheini ein Flossbafen gebaut wird, und
m lag mir deshalb nahe, mich mit der Yorgeschichte dieser interessanten Bau-
eingehender zu beschäftigen. Die Rhein-Stromstrecke bei Mainz gehört
süsch zu dem Abschnitte des sogenannten Mainzer Beckens, welcher bei
)ppeiiheiD] beginnend sich bis Binger Loch erstreckt und von der tertiären
82
Formation beherrscht wird. ITydrographiach bat diese Strorastrecke einen sfl
artigea Charakter, welclier lo der mächtigen Breite des Wasserspiegels und in
den vielfachen InselbiUlungen und Stromspaltuügen sich ausprägt. Hierauf
muas man zunächst sein Augenmerk richten, wenn man die frühere und jetzige
ÄusgestahuDg des Überachwonmiunga-Oebiets zwischen Oppenheim, Mainz und
Bingen richtig verstehen will. Vor der Durchbrechung des Rheinischen Schiefcr-
gebirges unterhalb Bingen lag das ganze obere Gebiet tief unter dem Spiegel
des autediluvianisehen Rheinsees, welcher bei Basel beginnend sich bis zu den
Hüben des Niederwaldes erstreckte* Der Nullpunkt des Rheinpegels bei Basel
liegt in gleicher Höhe mit den Kuppen des Niederwaldes, auf denen sich Rhein-
geschiebe und Muscheln jenes Seegebietes finden.
Nach erfolgter Senkung des früher gestauten Wasserspiegels bildeten sich
auf dem Seeboden verschiedene Rinnsale, in welchen das aus dem Alpengebiete
kommende Rheinwasser fortgeführt wurde, ein Zustand, welcher zwiselien Basel
nnd Strassburg zum teil noch jetzt deutlich zu erkennen ist*
Neben einem Hauptstromarme bestanden mehrere Seitenrinneu, welche
hauptsachlich bei den höheren Wasserständen zur Geltung kamen, bei Niedrig-
wasser aber grösstenteils trocken lagen. Für diese Nebenarme hat sich im
Volksmunde der Name „Oiessen** erhalten. Die IuecIu zwischen solchen Oiessen
bestanden teils aus tertiären Ablagerungen, teils aus diluvialen Geschieben mit
kalkigem oder tbonigem Bindemittel, welche der gewöhnlichen Strömung hin-
reichend Widerstand leisten konnten und nur etwa bei heftigen Eisgängen an-
gegriffen oder verändert wurden.
Unmittelbar bei Mainz erscheint dies Verhältnis noch dadurch besonders
verwickelt, weil hier auf der rechten Rheinseite der Mam einmündet, dessen
Fluten bei den erwähnten Inselbildungen wesentlich mitgewirkt haben.
Nach den lichtvollen Darlegungen des verstorbenen Landesgeologen Dr. Koch
mündete der Main ursprünglich keineswegs an der jetzigen Stelle oberhalb
Mainz in den Rhein, sondern lief in längerer Ausdehnung neben den tertiären
Rändern des rechtsseitigen Geländes in den Gemarkungen Kostheim, Castel,
Amijneburg, Biebrich und Walluf parallel zu dem linksseitigen Hauptstrome des
Rheins. Zwischen diesen beiden Strömungen lagen die Inselgebiete, deren Reste
in der Marau, der Petersau, der Ingelheimer Aue, der Rettberga- und Bieb*
richer Aue, sowie in der grossen AUuvion bei Schierstein-Walluf noch vorhanden
sind. Auch von Walluf abwärts zwischen Eltville, Erbach, Hattenheim, üstrich,
Geisenheim und Rüdesheim ist der oben erwähnte Parallelstrom des Main:»
besonders in der kleinen Giess, in den Seitenarmen bei Winkel, Geisenheim und
Rüdesheim sehr deutlich zu erkennen, wie denn auch die kalkigen und thonigeai
Ablagerungen auf den rechtsseitigen Thalgehängen vorwiegend dem Maingebiete
angehören, während sich auf dem linken Rheinufer die sandigen Geschiebe des
oberen Rheines mit der zugehörigen Flora und Fauna zeigen.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde dann der Main zunächst zwischen
Kostheim und Walluf von dem rechtsseitigen Höhenrande abgedrängt «nd e«
entstand ein regelrechteres Mainbett durch die sogen. MaiuUclio, hart an dem
( ^asteler Uferrande heri in dem jetzigen CaMteler Rheinarmo bis unterhalb Uiebridi«
83
Zwischen ilem Rhein und Main lag im Angchlüsae an die roehtsrhemische
•> v*>r (luÄlavsburg, Bischofsheim und Rüssekheim das ausgedehnte
der Marau und I^etersau, ursprünglich ein Ganze« bildend, welches
ottT Äur Zeit der Hochfluten und des Eiggangeg durch einige Queratrumungcn
ti bcn war. Die Petersau ist damals ohne Zweifel viel breiter gewesen,
Ti und der jetzige Hauptarm dea Rheins oberhalb Biebrich war nur eine
g he Hochwaßsergiess, welche zeitweise mit den Mainfluten Tereintgt
f^ieh durch den sogen* Wachsbieiehen^Arm zwischen der IngeUieimei*- und
ni!ttberg«*Aue in den linksseitigen Rheinarm ergoss.
E« bestand hiernach gegenüber von Main^ auf der rechten Holte des Rheins
du grosser InseKWiesenpIan, welcher zu festlichen Veranstaltungen^ Volks- und
RfiichsYersaminluDgeu höchst geeignet war und nach den vorliegenden geschichl-
lielien Zeugniasen in dieser Weise vielfach benutzt wurde. Von Mainz aus
war dies Ins^lgebiet durch die zuerst in der rumischen Kaiserzeit erbaute feste
Rfaeio brücke zwischen Mainz und Castel bequem zugänglieb. Die Herstellung
mnm hölzernen Rheinb rucke oberhalb der Römerbrücke, wahrscheinlich zwischen
IFmeoau und der Marau zur Zeit Karls des Grossen war sicher neben den
fllmtegischen Rücksichten auch durch diese Verhältnisse mit bedingt. Der alt-
imiiicfae Brückenkopf bei Castel bezeichnete das rechtsseitige Mainufer und
ersten rechtsseitigen massiven Öffnungen der Römerbrücke führten ohne
reifel über den Main und über das links neben demselben belegene Insel-
Terrain, welches durch eine Seitenrampe mit der Brückenbahn verbunden werden
konnte. Über die karoUngische Brücke fehlen nähere Nachrichten, doch sprecheu
alle tnaasgebenden Umstände dafür, dasa sie vom linken Rheinufer oberhalb
Huinz direkt auf das Haupt der Marau führte.
Der Wiesen-Inselplan oberhalb der Rümerbrücke gewann eine besondere
letitung, als man das Bedürfnis fühlte, den Zugang zu diesem wichtigen Ge-
am oberen Ende gegenüber von Kostheim zu überwachen. Es wurde
Wer wahrscheinlich schon zur Römerzeit ein Vorposten, unter Trajan ein festes
Jmuwerk, sputer unter den Merowingern eine Wasserburg, ein Kunigshof an-
t, welchen die Karolinger mit einem Steinturm unter kuppeuartigem Dach
ben, wodurch der Name Kupstein (Kostheim) enstand. Zur Zeit Karls des
irosseii ist hier nach Grimms Darlegung ein Burghaus nachgewiesen, in welchem
Her Kaiser Heinrich IV. im Jahre 1067 die schon oben erwähnte Urkunde
teilte. Im Auscfaluss an dieses Burghaus wurde sicher auch bei den hier
gehaltenen Reichaversammlungen und namentlich im Jahre 1184 für daa vom
iser r ' ^a veranstaltete grosse Volksfest daa Hauptquartier des Kaisers
der ii- , lüraten in besonders für diesen Zweck errichteten Holzhausern
i%f!9chlagen. Die Zahl der bei dieser Gelegenheit auf der Marau zusammen-
Smten Ritter und Reisigen wird auf 40000 angegeben, die übrige Volks-
war ungezählt Nach Raumers Beschreibung hatte Kaiser Friedrich
gesorgt, dass den Rhein aufwärts und abwärts Lebensmitel in unglaub-
Bchf»o Mengen zusammengebracht waren. Alle Edlen, ja alles Volk ward auf
' fi Kaisers bewirtet und Könige, Herzöge, Markgrafen leisteten
I iiH. -ifton, Kümmerer, Marschullü und Mundschenken. Fremde
0*
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aus Slavien, IllyrieD, Frankreich, England, Italien und Spanien hatten sich zu
dem Feste eingefuDden* Die Uoheit des Kaisers, die Herablassung der Eaisertu,
die Schönheit der Frauen, die Herrlichkeit der Rittor, die Pracht der Kleiduogen,
der Schmuck der Pferde, die Mannigfaltigkeit der Spiele und Gesänge, der
tJberfluH» au Lebensmitteln und Wein, alles vereinte sich, um Lust, Freude
und Bewunderung zu erzeugen.
Die vereinigte Marau und Petersau mit ihrem frischen Wieaengninde
und schonen Baumschmuck, mit dem herrlichen Ausblick auf das goldene Mainz^
auf die lachende Rheinebene und das Tauuusgebirge waren sicher ein einzig-
artiger Schauplatz für ein solches welthistorisches Fest, dessen dauernde Er-
innerung im Volksmunde treu bewahrt wurde und einen festen Anhaltspunkt
in jenem Burgbau Kupsteiu, dem Haupt der Marau, behalten hat. Die durch
die Tradition erhaltenen Spuren jenes zur Überwachung der Marau bestimmten ,
Yorpostens, des nachmaligen Burghauses und Kaiserlagers, finden wir in der!
von Gustav Adolf gegründeten Schwedenschanze an der sogenannten Mainspitze,]
der heutigen Gustavsburg, welche später von den Franzosen weiter ausgebaut]
und in unserer Zeit als Brückenkopf verwertet wurde.
Dort deutet auch die Niederung des Gustavsburger Hafens mit ihren tiefen
Auskalkungen an der rechten Hheinseite auf die Stelle hin, wo bei den Hoch-
fluten der Vorzeit der Main von Uoohheim abwärts in möglichst gerader Richtung
eine Giesa gebildet hatte, welche nur durchströmt wurde^ wenn das Mainbett
hei Caatel-Biebrich mit Eis versetzt war, wie sich dies noch im Jahre 1880
wiederholte, als die Deiche von Rüsselsheim und Bischofsheim von der hohenj
Eisflut durchbrochen waren.
Die alte Wasserburg lag unterhalb dieser Main-Giess und bildete somit
das befestigte Haupt der Marau, welches früher mit der Rheinbrücke zwischen
Mainz und Castel, später mit der karolingischen Brücke in sicherer Verbindung stand.
Zugleich konnte von dieser Burg aus der Landeplatz der Weisenauerl
Rheinfilhre und die anschliessende wichtige Verbindungsstrasse nach Höchst,
Grossgerau, Lorscli und Starkenburg überwacht werden.
Die jetzige Mainmüridung unterhalb Gustavsburg, welche noch wiihrend]
des dreissigjahrigen Krieges behufs bequemer Verbindung mit dem altbefestigten (
Mainhaupt der Marau durchdammt war, hat sich erst später infolge der fran-
zösiseheu Festuugsbauten von 1680—90 ausgebildet und ist nach Versandung
dee Mainbettes bei Kostheim-Castel zur Hauptausmündung geworden, wodurch
die jetzige beschränkte Gestalt der Marau entstand. Die sodann errichteten i
Festungswerke von Castel bilden den Abschtuss dieser Umgestaltung.
Durch den Bau des Flosshafeus bei Kostheim werden die früheren Flut*
Verhältnisse im Oberachwemraungsgebiete des Rheines wieder aufgedeckt.
Diese Mitteilungen aber dürften den Zweck erreicheu, die Riebligkeit der]
ge§chichtlichen Ermittelungen des Herrn Professor Dr. Griram über die Mann
und di^ Lage der Burg Kupat#tn (Koaitheiui) auch vom geologbohen i^ hjdro*
iteluiisehen Standpunkte aus eu bekunden.
ammm
Johann Konrad von Seibach.
Nebut einem Anhaug: Eiiiige iiiibekHiiiiie Herbonier nrueke«
Von
F. Otto*
Johann Konrad von Seibach gehört nicht zu den grossen Kriegshelden
einer Zeit; er hat nicht eine höhere leitende Stellung wie Melander errungen,
[er ist nicht gefeiert worden von den Landsknechten wie Friedrich von Reiffenberg,
iid starb in einem Alter von 44 Jahren als Oberätlicutonaut des naasauischen
Reiterregiments, dessen Oberst Graf Ludwig Heiurich von Dillenburg war.
Lber sein Lebon ist trotzdem merkwürdig und einer näheren Betrachtung wert.
fKur kursse Zeit vermochte er in der Ueinuit und in friedlicher Thätigkeit zu-
mbringen; im Anfang seiner Jugend zog ihn die Lust am Kriegshandwerk
\d hierhin, bald dorthin in fremde Dienste, und in den let^cten Jahren seines Lebens
^Wttrde er als erprobter Krieger abermals zu den Waffen gerufen.
Die folgende Erzähluog seines LebcnslaufeB folgt der kurisen Biographie,
welche der llofprediger Hermann Vigclius von Dillenburg am Schlüsse der
«chearede (gedruckt Herborn 1636) gegeben hat.
Die Herrn von Seibach haben ihren Namen von ihrem Stammsitze Sei-
bach in der Herrschaft Siegen, nicht allzuweit von Burbach entfernt. Das
schlecht zerfiel in viele Zweige, welche sich durch Beinamen unterschieden;
luhann Konrad führte den Namen Lange: so ist er in der uoten erwähnten
M'rkuode von 1618 genannt; die Matrikel von Marburg nennt ihn Lang. Der
Wohnsitz und das Erbgut seines Zweiges war Zeppenfeld. Dazu erwarb sein
^aier Kraft Eogelbrecht den Mitbesitz des Oeispitzheimischen Hofes zu Wies*
iden. Diesen — es war der Hof des ca. 1400 ausgestorbeocn Geschlechts
der Herrn von Wiesbaden, er lag gegenüber dem heutigen Gasthaus „Nonnen-
bor' — hatte Joachim von Qeispitzheim besessen und bei seiuem Tode, um
Zeit der Kirchweihe von Wiesbaden (Sonntag Jubilate) im Jahre 1557*),
Töchtern, Margarethe und Anna Maria'), hinterlassen. Von diesen hei-
') All«« Oeriobtsbttoh der Stadt Wiesbsden* Der SonntAg Jubikte wnr im Jahre 15&7
<l«r f. Mm. — *) Anna BlUri« fehlt bei Uumbrncht, ebenaa ihr Ocmuhl Keinhard ?on
i; beid« werden 1580 und 1581 als Miibefittoer des Hofes genaant; der ^olm Waltlier
\m Jafare 1609 seinen Anteil*
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ratete Margurctlio utü das Jahr 1570*) deu geoanuteu Kraft ErigoIbrecE
von Selbaeh, Anna Maria den Junker Reinhard von Grodian. Bcido teilten
den za Wiesbaden ererbten Besitz; indessen scheint Seibach die ihm zugefallenen
Güter nicht selbst bewirtschaftet zu haben, während sein Schwager zu Wies-
baden wohnte: er verpachtete die Wiesbadener Güter z. B. im Jahre 1583 auf
neun Jahre.*) Nach Grodiana Tode wurde er Vormund von dessen hinterlasaeuera
Sohne Walther, als welcher er noch im Jahre 1603 vorkommt, doch niuss er
um diese Zeit gesfearben sein^); die Mutter erlebte noch den Tod ihres Sohnes
(1634) und muss^also ein hohes Alter erreicht haben; war sie bei ihrer Yer*
heiratung etwa zwanzig Jahre alt, ao zahlte sie damals etwa 84 Jahre.
Auf dem Gute zu Zeppenfeld, wO' er auch später wohnte, wenn er nicht
auswärts war, mag Junker Johann Konrad als das jüngste oder einzige Kind
seiner Eltern am 24. August 1580 geboren worden sein. Nach des Vaters Tod
brachte ihn die Mutter auf die benachbarte Landessehule zu Herborn, welche
damals eines besonderen Rufes sich erfreute. Im Jahre 1605 bezog er die
Universität Marburg, wo er am 30, Mai iramatrikuliert wurde, später die im
Jahre 1607 gestiftete Universität Giessen, zu deren ersten Schülern er also
gehörte,*)
1. In schwedischem Dienst 1608. Die Studien fesselten ihn nicht;"
da er mehr Neigung zum Kriegshandwerk hatte, so trat der ncunzebojährigo
Jüngling in die Dienste des Königs Karl XI. von Schweden. Diese Wahl mag
bestimmt worden sein durch den Vorgang seines damaligen Landesherrn Johann
des Mittleren, eines Sohnes des 1606 verstorbenen Grafen Johann des Alteren,
welchem in der Erbteilung die Herrschaft Siegen zugefallen war; derselbe hatte
im Jahr 1601 als General der schwedischen Armee rtlhmlichst in dem polnischen
Kriege gekämpft. Ferner stand eben damals ein Vetter des jungen Seibach»
Wilhelm von Seibach von dem Zweige der Quadfassel, ebenfiatls in schwedischen
Diensten und mochte seinen jüngeren Freund eingeladen haben sein Gluck in
dem bevorstehenden russischen Kriege zu versuchen. In Russland herrschte
nämlich seit einigen Jahren der Bürgerkrieg, welchen das Auftreten des falschen
Demctrius hervorgerufen hatte. Der neu ernannte Zar Schuiski suchte gegen
den zweiten Demetrius und die mit ihm verbundenen Polen Hülfe bei Schweden»
die auch versprochen und geleistet wurde. Nach dem Vertrage vom 28, Feb-
ruar 1H09 rückte der schwedische General Jakob de la Gardie®) in ßusslaud
ein ; sein Heer bestand zum grossen Teil aus Truppen, w^elche im Westen von
*) 6U 2u di«Mr ZaiI werden mohmiAls „die Kinder von Oeis(>itilieiiii^^ gcnaiuit, 15TS
zum crstennmle BcIImmsIi. — ') Dte Oator betrugen lUMmmcn 168 Morgen Ackcrl&nd| 3S Mor*
gen Wiesen, 2 Morgen Wemberge, der PAclit von HelbAcKfi Anteil S4 Mftiter Korn tind 10
SAoke Hafer. Anf dem Hofe If^tete die Verpflichtung mit seines Pferden und Wagen die
VerbrcKjher «iir RicbtstAtte «u führen, - ') Herrn. Yigeliue smgt, Kraft 1' Iit »ci
gettorben^ alt der Sohn 12 Jahre alt vvar, abo 1601; diese Anfibe muet aleo < Irr*
tttiDO beruhen* — *) Die Ultesto Matrikel der ünivcr^itÄt Oteesen bl verloren, die Zeit eeiner
Aiifhahne al^o nicht tu bestimaien, doch muM «ie weht 1607 erfolgt »eiA^ du er 1608 Kriegi»^
dienste naliin« ^ *) Bohn des V. de la Ganlte aut Carea««onne, treleber in eehwediAohe Üiensl
gelretcn und zu hoben Khren gekommen war; d«r Sohn war fob^en 1563 mid eiarb 1€
gteiobfiili in hohen Ehren.
sropft^ in Ffftnkracli, duu Nictlorluudüu uod HciiuUlaml, geworben waren. Der
Aofiuig des Feldxugs war f^lilcklieh: am 12* März 1610 zieht do \a Clardie
•iepreich io Mciskau oiu; doch infolge einer Meuterei namentlich der Söldner
tili er sich alsbald genötigt diesen Kriegsschauplatz zu verlaasen und Dach
Kirwgcrad abzu/Ziohen, während die russischen Verhältnisse durch Erhobung des
Midhul Uomanow zum Zaren (1612) einer festeren Gestaltung entgegengingen.
Afl diesem Feldzoge also nahm Seibach teil und erlangte durch seinen Vetter
Vrtllielm von Seibach ein Fähnlein, Wie lange er dort verweilte^ wird nicht
angegeben; Tielleicht wurde er von de laGardio zu Nowgorod 1611 oder 1012
fenU»eebiedet
Kaeh setner Rückkehr verweilte er am Uufe seines Landesherrn Johann
pau-Siegen, ^dessen Gnaden ihn allezeit lieb und wert gehalten.*^
'ft'lm Dienste der Hansestädte unter Graf Friedrich von Solms
1815. Zwischen dem Herzoge von Braunschweig nnd der Stadt Braunschweig
beataiiden seit langer Zeit Streitigkeiten^ da diese ihre Selbständigkeit wahren,
der Herzog aber sie mit Gewalt unter seinen Willen beugen wollte. Herzog
Utnrioh Julius starb im Jahre 1613 unausgesdbnt mit der Stadt; sein Sohn
Friedrich Ulrich verlangte alsbald die Huldigung, welche verweigert wurde.
Kacitdem die Versuche zu friedlicher Beilegung des Zwistes gescheitert waren,
griff er im Jahr 1615 zu den Waffen und begann im Sommer des Jahres die
itelagemng der Stadt, Diese fand Hülfe bei ihren Bundesgenossen, den Städten
Bremeii, liHbeck, Magdeburg u, a., und der Graf Friedrich von Solms-Laubach|
der beetellte hanseatische General-Obrist zu Land und Wasser^), erhielt den
Avftrvg ein Heer zu sammeln und die bedrängte Stadt zu entsetzen. Kasch
naeh den Begriffen der damaligen Zeit brachte derselbe eine Schar von 3000
Mnon r.a Fusa und 1600 Reitern zusammen und rückte am 20./10. Oktober
TOD dem Lager zu Giffhorn gegen die Belagerer vor. Von den Reitern führte
Kurt Uüinrich von Uffeln*) ein Fähnlein, sein Lieutenant war Seibach**) Am
2S* Oktober, als die Not der Stadt auf den höchsten Punkt gestiegen war,
UmA der Entsatz statt; der Herzog wurde geschlagen und Graf Solms zog als
Biifer in die Stadt ein. Infolge davon kam es zum Waffenstillstand und am
Sl*/Sl« Dezember zum Frieden zwischen der Stadt und ihrem Fürsten.^)
3* Im Dienste dos Königs von Frankreich 1616. In den Unruhen,
vekbe im Jahre 161f» — 17 die Grossen Frankreichs gegen die Krone anzettelten*,
eAMi am 31. Januar 1617 der Marschall Heinrich von Schomberg, ein Glied
der Faimlie, weiche Frankreich so viele tüchtige Kriegsmänner gab, den Auftrag
4000 Landsknechte und 400 Reiter in Deutschland zu werben* Der eben
*\ H«tt dem Jalire 1S08. Otto Graf m Solms-Rüdclbeim, Graf Kriedrioli van Solms-
l, 8. 161. — *) Kurt Heinrich ton Uffeln war am 13. April 1582 geboren iind hnttc
S0il tSe$ an Tierüchledctien Feldsflgen in Ungarn, den Niederlanden und im Khofis toilge-
Waimmttk* Lefehenri^de des Hofpredigera Theoph. Neuborger zu Kassel, gedruckt da^elbdt
%VH* IHeEtiiiiebt in dieselbe terdAnke ich der Freundlichkeit des Herrn iMiijor« r. Wangen*
haiBi 4aliiie. — ^) Ein Lieutenant erhielt 50 tt. mouattioh und vier Pferde, Otto Omr zu
Mm§ a. a, O. S. 429. — *) Otto Graf su Solms a, a 0. H, 34e-3ül. UaTemaon, üe-
•ehiekl« tod Br«uit»obweig-Lüaeburg 11^ S. 454 tf.
gauanoto Kurt iieiDricli von Uffela und öeiu Lieutenaut Selbacli (audoii nion
bereit auch hier zusammen Dienste zu uehmen, doeh war ihres Bleibens nicht '
lange. Bald nach der Ermordung dea Harschalls d'Ancra (24. April) wurden
sie wieder Yerabachiedet. *)
4. Im Dienste der Republik Venedig 1617 — 1618. Infolge der!
Räubereien der üskoken entbrannte im Jahre 1615 ein Krieg zwischen der
Republik Venedig und dem Erzherzoge Ferdinand von Österreich^ welcher zwar
nicht viele grosse Waffenthaten aufzuweisen hat, aber merkwürdig ist, weil an
ihm mehrere Männer teilnahmen, welche in demselben entweder ihre Waffen-
tuchtigkeit bewährten, oder später als Kriegshelden berühmt geworden sind,
Zu diesen gehört vor allen Wallenstein und Melandor; nicht weniger erwähnens-
wert ist es für uns, dass der Anführer der holländischen Hülfetruppen der Sohn
des Grafen Johann des Mittleren von Siegen Johann Ernst war; unter ibm
dienten der tapfere Hans Michael von Obentraut^ und Johann Eonrad von
Belbaeh.
Als die Venetianer im Frühjahre 1616 (5»— 25. März) vergeblich Gradiaca ^
belagert hatten und auch im Sommer der Krieg sich lahm dahin zog, knüpften
sie im Herbste Verhandlungen mit den Generalstaaten an, um von ihnen Hülfe
zu erlangen. Diese versprachen zwei Regimenter Söldner zu schicken, das
Kommando erhielt Graf Johann Ernst^ welcher alsbald ebe genügende Aüsahl
Soldaten unter seine Fahnen vereinigte; es waren ihrer etwa 4000 Mann, das
Gerücht verdoppelte später die Zahl, Die Überfahrt nach Venedig zog sich ,
lange bin und erst im Mai 1617 langten sie in Venedig an — zum Schrecken
für die gutkatholischen Bewohner und unter Missbilligung der älteren Senatoren,
welche lieber die Musterung auf dem Markusplatze nicht mit angesehen hätten,
da sie die Befürchtung nicht unterdrücken konnten, die Fremden seien stark
genug sich der Stadt zu bemächtigen. Die Ankunft der stattlichen tapfereu
Männer auf dem Kriegsschauplätze schien dem Kampfe eine bessere Wendung I
zu geben, doch wirkte die Uneinigkeit des vorsichtigon venetianiscben Befohls«
habers und des Grafen Johann Ernst, welcher eine energischere Kriegführung
verlangte, hemmend auf die Unternehmungen ein. Nach einer Reihe nutzloser
und von schrecklichen Verwüstungen begleiteter Kämpfe kam es im Herbste
1617 durch die Vermittlung befreundeter Mächte zu einem Friedensvorschlage,
welchen Erzherzog Ferdinand am 1. Februar 1618 annahm.^) Die hulländiscih
*) In dor Leichenrede Uffclna lieisst es, dieser sei nach „Sttplioyeu** beordert gcv^c«»en
iittüH Daniel, Oeftchichte von Frankreich, Nürnberg 1701, XJI wor Schonihcrg im nurdliohon
Frankreieh beschäftig:!. Über das Qanse Torgl. Daniel XII, 8. 135 ff., Fieffe, OesohioKtii
der Fremd-Truppeu im Dienste Frankreichs, deutsch ron P. Symon de CoraeTilJe 1860, I,
8. 186. Neubergors und Vigelius Leiofaenreden. — ') Hans Michael von Obeniraut statnmio
aus einer pfälzischen Adelsfamilie; geboren 1574 erscheint er 1610 als Rittmeister der ITitiou
au der Spitze von 500 Reitern im elsäsBischen Krieg, als es sieh darum handelte den Krx*
herzog Leopold abzuhalten, von dem Oberrhein nach den jülich-clevifichcu Landen durolisu
brechen. Der allgemeine Krieg, welcher damals zu entstehen drohte, mwde infolge der Kr*
mordung Ueinriohs lY. noch einmal abgewrendet« v« dtramberg in Krseh und Grub«rs £d-
oyklopHdie. — ') Fr. v. Uurter, Geseliidite KaiJi^r Ferdinand IL, Yllt ^* 77^iüT; Dare,
Hiikoire de la r^p, Vcnise, IV, S. 2S3.
.ai
kehrten nmimohr in die Heimat zurücki aber uhnG ihren Führer, den
Johann Emst| welehon eine Krankheit dahiDgcratFt hatte. \)
Dft&B Seibach als Lieutenant Obertrauts, ^obwohl er ein mehrere« 9chon
Bt**, diesen Kriegazug mitmaohte, sagt die Leichenrede des H. VigeUus
"■MdMhxUicL Wenn aber, wie anderwärts berichtet wird, die liüHäDdiöohcn
im Mai IG 17 zu Venedig eintrafen, so kann Seibach unter diesen nicht
seiD, da erst im Mai die Schar aus den franzdaiachen Diensten ent-
wurde*), welcher er bis dahin angehört hatte. Er muss also entweder
frSker aich von dieser verabschiedet haben — oder erst später auf dem Kriegs-
■ehaitplatze bei Gradisca eiogetrotfen sein, — Beine Rückkuoflt in die rheinische
Heimai erfolgte erst spat; denn in der Mitte des November war er dort noch
meilt eingetroffen, sondern wird in der gleich zu erwähnenden Urkunde als
il»wefieiid bei den Yenetianern bezeichnet. Obentraut — und mit ihm wohl
aaeh 8elbaeh — war im Jahre 1619 wieder in der Heimat und im Dienste
KnrfQraten von der Pfalz.
Am Sonntage nach Martini im »Jahre 1618 verkaufte Margarethe von
in ihrem und ihres Sohnes Namen die Güter zu Wiesbaden, welche
Dir wohl zu entlegen waren, an die Brüder Peter und Johann Meinhard von
ren für 3300 fl. Für den abwesenden Sohn siegelte Georg Heinrich von
^luy der Sohn des 1591 verstorbenen Hans Bernhard von Langelu, Amt-
zu Wiesbaden. Da die beiden Leyen um diese Zeit auch die andre
Hüfte der Geispitzheimischen Güter erwarben, so vereinigten sie wieder den
ganzen Besitz in ihrer Hand«
5, Im Dienste des Kurfürsten Friedrich von derPfalz 1620—1622.
am war der venetiauische Krieg beendet, so entstanden die böhmischen Un-
rtihcE, die Vorboten des Krieges, welcher Deutschland 30 Jahre lang verwüsten
ilte. Als der Kurfürst von der Pfalz im Sommer 1619 zum Könige von
ahmen erwählt worden war uod da^ bedenkliehe Geschenk angenommen hatte,
leicht zu ermessen, dass auch seine Erblande von einem Angriffe nicht
ßhont bleiben wurden. Schon im Herbste 1619 trat Obentraut in die Dienste
Kurfürsten und begleitete ihn auf seinem Wege nach Prag, wo er am
4. November der Krönung beiwohnte.') Indessen blieb er nicht in Böhmen,
toodem wurde beauftragt als Reiteroberst die Pfalz gegen den spaniBchen
FdUherrn Spinola schützen zu helfen; unter ihm diente Seibach als Anführer
aber Kompagnie. In diesen Kämpfen bewährten die beiden^ während die
übrigen wenig Ruhm einernteten, die alte Tapferkeit und Kühnheit. So übcr-
Obentraut im September ein Kornet spanischer Reiter unter dem Prinzen
Boy, nahm diesen gefangen und erlegte fünfzig.*) Am 30. Januar 1620
lit« er mit 120 Waghälaen, wie das Theatrum Europaeum sagt^), und 25
'} KeUer, Oeschiolite Ton NaasaiL, S. 627. Die Yenetiaaer hatten Uin durch retolic
enke geehrt — *) Die Leichenrede auf K, H. v. üffelo nennt den 24. Mai 1617. —
lldftr, Biographie g^n^ral. 38 Sp. 388. -^ *) Theatr. Europaeum I, S. 382. -> *) Ib. 1, 8. 488.
Aa di«ter 8ielle findel «ch zugleich ein Bild des Obersten Obentraut mit der ITater^ührifl :
I fiüi «ii, quaeris: siirpe Obeotrautiaoa ortns Est lan-Michaol uobilitatis honoR.
qiiae rirttt«, rogitas: eet Martis alamous, Pugrjans pro patria, relligionei toco.
90
Pibrilon des Lieiuoruuits ViaW vnuni Anschlug luif Ciips-Lawei*Mii?tin, wii emi
KunipAgnie vom lioateu und älteöton spanischen Volk lag, üborfie! »io vor Tagos-I
anbruch und machto nieder, was sich zur Wohr setzte; ein Rittmeister wurde
im Bett gefangen genommen und viele Beute gemacht. Am 10./20. Mai kam
er früh morgens vor Ilcrsteio, sprengte das Thor mit einer Petarde, nahm dea
darin liegenden Spaniern einige dreisßig Tferdo ab und hätte alle erlegt, wenn
sie sich nicht in das Schloss geflüchtet hätten. Wie sehr aber auch der ritter-
liche Sinn Obentrauts gerühmt wird*), bo konnte er doch nicht verhüten, da
nach damaliger Art der Kriegführung auch von seinen Leuten arge VcrwüijtungOB
verübt wurden, wenn sie feindliches Gebiet betraten« So wurden im Laufe de
Jahres 1G21 viele Dörfer des Bistums Speyer mit Feuer und Schwert verwüstet,')
Als Manafeld aus Böhmen in die Rheinpfalz gekommen war, schloss er sich
demselben an und unternahm, wahrend jener das Elsasn heimsuchte, einen
PlÜDderuügazug nach dem Breisgau mit einer starken Reiterei. Im folgenden
Jahre nahm er an der Schlacht bei Miogolaheim (15. April) teil; seine grüaste
That aber war iu diesem Kriege das (Jefecht am Ilagenaucr Forst, wo er am
16. Mai 1000 Reiter des Erzherzogs Leopold mit einem Verlost von 500 Tferdea
in die Flucht schlug und Furcht und Schrecken im Lager verbreitete.^) Doch
schou war die Sache des Pfalzgrafon bekanntlich verloren, und ein weiterer
Kampf schien seiner Sache nur zu schaden; er entlicss daher am 12. Juli
seine Truppen.*)
Seibach kehrte nunmehr in die Heimat zurück und verlebte die nächsten
Jahre aiif seinem (Jute zu Zeppcnfeld. Im Jahre 102^ li<Mratete er hier dio
Agathe von Scheid genannt Weschpfennig.
6. Im Dienste des Grafen Ernst von Sayu. Glucklich in dem Hafen
der Fihü angelangt entsagte Sclbaoh zunächst dem Kriegsdienst, übernahm aber
später — ungewiijs in welchem Jahre — die Stelle eines Amtmanns iu der
Grafschaft Sayn, woloho ihm Graf Ernste Sohn des mit der Erbtochter von
Sayn, Anna Elisabeth, vermählten Grafen Wilhelm von Wittgenstein, angeboten
hatte. Als solcher erscheint er iu den Jahren 1029 und H530 und zwar, wie
es scheint, in dem Amte Friedewald nicht weit von seinem Wohnsitee Zeppen»
feld* In den wenigen erhaltenen Schriftstücken heisst er Rittmeistor und
Amtmann/**)
7. Oberstlieutenant in des Herzogs Wilhelm von Sachsen Leib-
rogiment zu Pferd 16 31 — 1632, Im Jahre 1630 war Gustav Adolf ab
*} In olaem Oediolit von O. C(orviöus)^ dorn Profoa%or der Bered&iuukeii and Goichiolito
SU llcrborn, auf Selboch htnsst ett vou Ohentraut: Obootraut, dessen Tr«u das fromdo Gold
vernoht, ITiid jederzeit tinr hui niioh Touisclier Ehr getraoht. — »J Thoatr. Eurup. l, 8. 537,
541 f. — ') EhendA 8, 628« ~ M Kbendti S. 642. Kooh emtniü nahm in der Folge Ob<>fitraut
im dem KHego teü; im Jalin? 1625 hi tr OonorAllieuteniint dei Herzogs Johann Ernst tou
'Weimar, welcher im iiiodersÄohsisoh-ditnjBchen Kricigc dw KovnlJcne de*» Künijyr« bofehligle;
nnchdein er am 6» August hlop eingotrofTcn war, wurde op in dem Gefecht bei Seel«6 %o ver-
wutidet^ dass er alsbald 8tarb| den 3. Xov.f 24,Okt. Opel» l>or mederi}lehfisflt>dlni»che Krieg,
n, 8. 354; Havematin a« a. 0« 8, 642, — •) Die Mitteilung Ober dies« feine Amtsth&tigkeit
verdanke ioh der Freumllichkoit de« Herrn ArckivratOi Dr. Beck or &u Cobl^a. — Graf Ernst
regierte von 10O8 tlK12*
f^f
ifllzüf der vom Kaiser bodnington cvangeltschcn Fürsten Deutschlaudö au
dm Küste vuu ruminerü gelandet und hatte im Jahro 1U31 bei BreitoofclJ den
«ntGD entucheidonden Sieg über dae ligistiäcbe lleer erfochten» AU er in der
ilfe sieh mit seinem siegreichen Heere dem ßheine näherte, strömten die
meren protestantischen Fürsten zu ihm, um sieh seines Schutzes zu versichern
niid ibm ihre Hülfe anzubieten ; ihrem Beispiele folgten vielfach ihre Lehnsleute
und Hintersassen. 80 hatte sich Graf Ludwig Heinrich von Naasau-Dillenburg
iiQ Nüvember 1031 bei dem Könige zu Gernsheim eingefunden und demselben
feine Dienste angeboten, war auch von ihm am L Dezember zum Oberst be*
ildlt worden und begann alsbald ein Infanterie-Regiment zu errichten.*) Dieser
VorgADg des Grafen mag Seibach veranlasst haben um dieselbe Zeit dem Huf
ciiiDi schwedischen Anführers Folge zu leisten.
Nachdem Gustav Adolf Erfurt am Ende des September besetzt hatte, und
er selbst nunmehr nach dem Rheine zu ziehen beabsichtigte, licss er den Herzog
Wilhelm von Sachsen -Weimar ia Thüringen zurück — er erteilte ihm bald den
Btog eines Generallieutenants — mit dem Auftrage den Besitz des Landes zu
eieti€iti^ die Umgegend zu unterwerfen und zu dioseni Zwecke ein Heer von
10000 Mann zu werben.')
»Auf gnädiges Begehren des Durchlauchtigen und Hochgeborneu Fürsten
mid Herrn, Herrn Wilhelmen Herzog zu Sachsen, hat sich J. K. voü Seibach
ebgelassen und ist über Ihrer fürstlichen Gnaden Leibregiment Obriatlieutenant
im Jahre 1631 geworden, dessen furstl. Gnaden ihm wegen verspürter seiner
QuaUtHten Obristen Stelle gmldig haben geben wollen.*' Es wird im Herbste
— Xorember oder Dezember — gewiesen sein, als Seibach hier eintrat. Auf
Befehl des Königs unternahm Herzog Wilhelm im Anfang Januar einen Kriegs*
i3Dg von Erfurt aus, dessen einzelne Stationen im Theatrum Europaeum^) ver-
»ebnet sind: Aufbruch am 10. Januar, zu Sangerhausen am IL, zu Mansfeld
12., zu Ermsleben am 13., zu Quedlinburg am 14. und 15., zu Wernige-
rode am 16., zu Osterwiek am 17,, am 18. Verbindung mit Baner. Von nun
an handeln beide nach gemeinsamem Plane: am 23. besetzten sie die Stadt
Goftkr, Während sodann Baner das Uiideaheimische besetzt, rückt Herzog
WiDiclm nach Nordheim und Bovenden (31. Jan.), um die von einer schwachen
UgiMtschen Schar besetzte Stadt Göttingen zu nehmen, was ihm nach zwei-
mpfe am IL Februar gelang. Sodann besetzt er Duderstadt und
ere Orte des Eichsfeldes — Mitte Februar.
Daa Theatrum Europaeum berichtet darüber, wie folgt: „Dieweil nun
crxog Wilhelm durch eingezogene gewisse Kundschaft damals erfahren, dass
die starke wohlverwahrte Stadt Göttingen (welche den Grafen Tilly soviel Volk^
Mut und Arbeit, bis er sie einbekommen, gekostet) unter dem Kommando Haus
Georgen von Carthauss nur mit ungeföhr 300 Mann, darunter etwa 50 zu Pferd,
gevreseo, besetzt, auch mit genügsamer Proviant nicht versehen wäre, hat er
*) Dillcüburgcr Intcll-5achr. 1T78, 8p. 71 u. 88. — ^| Thcatr. Europ. II, S. 45i, und
fOr d^a FoIg<»nde 8. 559 T; Ilolmrivb, Oosohickie don Orosahorzogianis Sftühscii-Wüiinftr,
8, »1; Lm Boche «, «, 0, ö, 115, U7, — *J 8. 559. La Roche 11, S. 207 f.
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ilori 8. Februar iu aller Kit seine Truppeu zu Kosä und Fu8s samt Jeu äiücki
uud Bagage- Wagen zusaiunieu führeu lassen, sieh mit deaeelbigeu uaho vor
GÖttmgOQ Im Feld präsentiret. Worauf zwar die Kaieeriach'ligistische etliche
8chÜ88 aus der Stadt getbau, aber nachdem der Herzog zum zweiteumal eiueü
Trompeter in die Stadt um gütliche Ergebung geschickt, ist da^ Schiessen cio-
gestellet, dach die Übergabe rund abgescblagen und die Antwort vom Komman-
deur, daas er sich wehren wollte, gegeben worden« Derowegen der Herzog
die Truppen samt dem Qeschütz und Bagage gegen angehender Nacht wieder
in die Quartier rucken und ihnen sich darinnen bis auf weitere Ordlnau^ fertig
zu halten andeuten lassen. Folgenden 9. und 10. ist die Stadt rtBgs um blockiert
worden, dass niemand weder ein noch auskommen können, da dann diese beiden
Tag über die Belagerten aus Stücken uud Doppelhaken tapfer geschossen, so
aber wenig Schaden gethan, und hat der Fürst selber, aller Gefahr ungeacheut,
die Gelegenheit der Festung abgesehen und darauf nach genonmiener wohl*
bedäohtlichen Resolution und gehaltenem Gebet gegen vier Uhr dos Morgens
früh gemeldete Stadt Göttiugeu an acht unterschiedlichen Orten mit Sturm an*
gegriffen uud, weil die Belagerten wegen weniger Anzahl der Besatzung nicht
genügsame Gegenwehr und Vorsehung thun können, denselben unaufiiörlich
fortgetriebeu und darunter mit Stücken vom Oalgenberg heftig gespielet* Da*
hero dann erfolget, dass durch solchen gewaltigen Angriff er um 6 Ubr Morgens
den 11. Februar die Stadt mit geringem Yerlust sieghaft erobert. Da dann
sein Volk in der Furie, was es von kaiserischen Soldaten ertappt, alles nieder-
gehauen, der liest . , . gefangen geuümmen, auch 3 Fahnen bokummon worden.
Darauf der Herzog den 12. dieses, welcher war der Sonntag Estomüii, in der
Kirche S. Johann durch seineu Hof- und Feldpredigcrn M, David Ijippachon
eine Predigt halten und wegen solchen Victorie das Te Deum laudamus singen,
von zweien Compagnieu Musketieren und aus groben Stückeu dreimal Salva
schiessen lassen.
„Den 13. Febrimr hat Herzog Wilhelm einen Trompeter nach Duderstadt
an den Oberamtmann Hauptmann, versammelte Eichsfeldischc Stände und den
Uat daselbst abgeordnet und begehret sich in der Güte zu accomodieren und
der Kgl. Majestät zu Schweden sich zu submittieren; worauf sie, dass sie parieren
wollten, in Schriften sich erkläret, Derhalben der Herzog den 15. den vorgo-
dachten Trompeter neben dem Obristen Lieutenant Georg Friedrich von Branden-
stein mit ganz billigen Conditionen anderweit dahin abgefertiget* Worauf die
Stadt sicli den 17, zur Übergabe accoraodieret imd, als Herzog Wilhelm Nach-
mittags um 3 Uhr eingezogen, nicht allein demselben ein Fähnlein präsentiert,
die darin gelegene geworbene Seidaten, in 250 stark, sich mehren teils unter*
gestellet und alsbald geschworen, sondern die Bürger liabeu auch einen Fussfall
gethan uud die Schlüssel überantwortet. General Bauer hat sich indessen auch
unterschiedlicher Orte bemächtiget. **
Am Anfang des Februar hatte General Uorn Bamberg besetzt- Der
Bischof von Bamberg veranlasste nun den Kurfürsten Max von Baiern, IHlIy
den Befehl zu erteilen, dass er mit seinen Truppeu ihm sein Land zurücker-
obere. Um die Streitmacht Horns dieser Gefahr gegenüber zu verstärken^ be-
4
98
^
^
(iM der K5ntg Qastav Adolf dem Herzog Wilhelm sich mit jenem 'zu vereinigen;
r dem Befehle nicht, da er unter einem sehwediachen General
*); Ilorü selbst sehloas sieh am 3. März bei Kitzingen an
Atm kOniglidie Heer an, /.u welchem in der Folge auch Herzog Wilhelm bei
Doiwuwurth siiemt. Von nun an waren dojjsen Truppen ein Teil der königlichen
Armee und nahmen u. a. auch an dem Übergang über den Lech bei Rain teil \ dem
btiriicbeii Gottesdienst, welchen der König am 14, April zu Augsburg halten
Sau, wafante auch der Herzog Wilhelm hei.*)
Wahrend indessen der König seinen Siegeszug bis nach Baiern und deaaen
UauplBtadt fortsetzte, „hat sich der Herzog Wilhelm in Ober-Schwabeu auch
tapfer gebraucht'), indem er Ende des Mai einen Anschlag auf eine Schanze
bet Bregenz gemacht, welcher auch glücklich abgangen. Dann er den Grafen
Hannibal Ton Hohenembs mit seinem Regiment ron Issny aus unversehns über*
hHeu, ober 500 niedergehauen und bei 400 neben dem besagten Grafen ge-
fingen. Er hat auch bei Weingarten em starkes Scharmützel mit etlicher
kasnerischer Reiterei gehalten, sie geschlagen und 5 Cornet erobert.^
Am Anfang Juni übergibt Herzog Wilhelm seioe Truppen seinem Bruder
Bertibard, welcher gleichfalls in Schwaben stand, um die rebellischen Bauern
tm Zaitm zu halten, wahrend er selbst in der Gegend von Magdeburg neue Werl»-
tiogeD vornimmt und dann bei dem König vor Nürnberg eintrifft,
Seibach hat diese Kampfe unter Herzog Wilhelm mitgemacht. Nach des
TigetiuB Angabe diente er unter ihm ein halbes Jahr. Eis mag also etwa in
der Mitte dea Jahres gewesen sein, vielleicht als Wilhelm seine Leute verliess,
dftss er diese Bestallung aufgab. Warum er es that, wird nicht angegeben.
M&glieh ist es, daas er sich bloss an Herzog Wilhelm verpflichtet hatte und
nldil setnen Befehlshaber wechseln wollte; wahrscheinlicher, dass ihn die An-
ttngen des Grafen Ludwig Heinrich von Naasau-Dillenburg zu diesem
veranlassten.
Dieser hatte sieh wie die meisten Grafen der Wetterau und des Wester-
iti die Dienste des schwedischen Königs begeben und war am 1. Dez.
1851 zum Oberst eines von ihm zu errichtenden Regiments zu Fuss ernannt,
welchem im folgenden Jahre ein Regiment zu Pferd folgen sollte.*) Jenes trat
iKifart im März 1682 in Thätigkeit; der Graf selbst führte es damals nach Mainz,
wo ee dem Befehle des Pfalzgrafen Christian von Birkenfeld unterstellt und
dem Oberrhein abgeführt wurde. Hier nahm es teil an der Eroberung
festen Platze, wie Beufeld^ Schlettstadt, Stollhofen u. a.
Dm durch die Abwesenheit desselben die Herrschaft Dillenburg von regel*
n Truppen entblösst und feindlichen Angriffen ausgesetzt war, so war
liier drifigend Abhilfe geboten und die Zeit zur Errichtung eiues zweiten, eben
jinea Beiter-Regimenta gekommen. Im Oktober des Jahres kamen die Ver-
handlttiigeD mit Gustav Adolf zum Abschluss : der Qraf Ludwig Heinrieh wurde
'j La Eaoh« U« B. im. — *} The^tr. Earopaeuia U, 8. 581. — *J ibidem 8. ^U. -^
U R«il»r, Driuigt«le 8. 164. Dül tai-Nachr. 1778^ 9p. 71 a. 8S.
^B^ ■««•» «IwiM
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zum Obersten desselben ernannt^), und bestellte^ seinerseits den Johann Kontml
von Seibach zum Oberstlieutenant und Kommandanten im November d. J.
8. Jobann Konrad von Seibach Oberstlieutenant des Stllen-
burgischen Reiterregiments. Dieses Regiment wurde aUo im November
1032 geworben und war bald vollzählig. Es bestand aus sieben Kompagnien*);
Pferde zu beMchaffen, war nicht sehr schwierig, da deren Anzahl weit grässer
war als heutzutage^) ; vor dem Kriege standen deren wohl sechsmal mehr als jetzt
im Dienste der Landwirtschaft; auch war das Siegener Land, in welchem die
Werbung vorgenommen wurde, noch weniger hart durch die bisherigen Kriegs-
ereignistte mitgenommen. Die Aufgabe dieses Kegimeuts war, wie seine dem-
niichatige Verwendung bezeugt, zunächst die heimatlichen Lande zu schützen.
So kam es hier nicht zu grossen Kämpfen und Schlachten, sondern hüchstens
zu kleinen Gefechten, Yornehmlich war das Siegenscho Gebiet durch die
räuberiachen Einfülle des Oenerallieutenant Grafen Gronsfeld bedroht, durch
welche auch andere auf eigene Faust zu rauben und zu plündern veranlasst
wurdeD, Gegen diese schickte Graf Ludwig Heinrich im Februar 1033 den
Oberatlieutenant „Seibach mit einer Compagnie seines Regiments, um auf der
Grenze fleissige Patrouillen zu machen und alle Streifereien abzuhalten.^^) Im
März zog der Graf mit dem gauzen Regiment nach Ilachenburg, von wo aus
es ihm auch gelaug dem weiteren Vordringen Gronsfelds Einhalt zu thun,^)
Freilich verübten auch die nassauischen Reiter mancherlei Ungehörigkeiten trotz
aller Bemühungen des Grafen strenge Disciplin zu halten.
Im Juli erschien Generalmajor von Boninghausen mit 60 Kompagnien zu
Pferd und 2000 Mann zu Fuss in dem Sauerland und bedrohte von da aus
das Siegeusche Gebiet; die Verteidigung der Stadt Siegen war ausser der
Bürgerschaft dem Oberstlieutenant Seibach überlassen, welcher mit einer Kom-
pagnie in derselben lag, bald aber eine zweite Kompagnie zur Verstärkung
erhielt. Indessen kam es hier zu keinem Zusammenstos«, da Boninghausen
sich bald zurückzog.
Zweimal erhielt Selbaeh Gelegenheit ausserhalb der Heimat einen Kampf
zu bestehen, LFber den ersten sind wir nur UQVoUkommen unterrichtet, der
zweite wurde ihm verhängnisvoll. Vigelius sagt, er sei im abgelaufenen Herbst
zu des Landgrafen Wilhelm Truppen, als diese die Stadt Werle belagerte, be-
ordert worden. Nun griff der Landgraf diese Stadt zweimal an, zuerst im
Anfang des September 1633, als eben General Boninghausen einen Streifzug
nach Hessen unternahm. Damals wurde Graf Ludwig Heinrich zur Unter-
stützung dieser I^nternehmung herangezogen; indessen blieb sie ohne Erfolg,
da Boninghausen nach Hessen durclibrach und Amöneburg einnahm. Der zweite
Angriff auf Werle erfolgte im Oktober und war mehr von Gldck begleitet;
') Daas Graf Ludwig Heinrich Oberst Yon elaeoi Regiment zu Fu«s mid tu Pferd war,
fand dt*r Kandt^r Oxenstjerna sputer ungehörig, doch bestand der Oruf daruuf bcklo Kegi-
mcnter m behuUfn. Dill. Int.-Kachr. 1778, 8p. 3C2. — *) AI« später der Kunilor Oxoiislif^rtin
die Terminderuog des Re^imenis auf foobi Kompagnton verlangte^ schlug der Graf diospt« üb.
A. Ä. O. ^ ^) YörgL Ann. XVH, S. 39. Eio Fford kostete im Dun^hscbnitt ÖO Tblr. 1)111,
Iiit.-ITaühr, 1779, 8p. 360. — *) üilL Int.*KiM-br 1778, 8p. 327. — ^} Ibül. 8p. 329.
^^^^^^^ '—^ —
^---^^-^
1)5
TiertÜ^ger Belagerung fiel die Stadt (am 17. Oktober) iiml nacli eioiger
SM^ dft^ Schloüd in die Jlände den Siegers. Da von einer Teilnaltme nasaau*
beber Truppen an der letzteren ITnternehmnog nichts gemeldet wirdj so muHs
crstere die sein^ welche Yigeliua im Ange bat^
Schlimmer war der zweite Kampf. Für den Winter war »lern Regiment
die Stadt Brilon und Umgegend aU Winterquartier angewiesen worden, von
^a au» der Feind beunruhigt und geschädigt werden konnte. Am 27» Dezember
1633^) war eben der Quartiermeister in Brilon angekommen, als ihm die Meldung
gebmciiC wurde^ das» ligiätisclie Truppen im Anzüge seien. Es war diea der
Yorlnipp der Biminghausenschen Truppen, 200 Mann stark; derselbe wurde
foti den bereits anwesenden Nassauern zurückgeworfen. Mittlerweile wurde
dii Zahl der Feinde immer grösser, denn Böninghausen näherte sich mit seiner
gesamten Streitmacht, GÜ Kompagnien xu Pferd und einem Regiment zu Fusa;
Selbacb aber, die Übermacht des Feindes nicht ahnend, eilte mit seinem ganzen
ßegiment herbei, um den anfänglichen Erfolg bis zur Vernichtung der Gegner
teil foUenden. Als er endlich den wahren Stand der Sache einsah, erkannte
er sofort, dass nunmehr am geratensten sei den Kampf abzubrechen, zog sieh
in mnefn nahe gelegenen Watd zurück und hielt hier den Angriflen Böuing*
httOieils tapfer stand. Nach einem dreimaligen vergeblichen Verstoss auf diesen
Ubb dem Regiment nichts übrig, als zu weichen, Selbacb, welcher sich bei
dem Nachtrapp seiner Mannschaft aufhielt, wurde gleich anfangs, als er sich
SS weit vorwagte, durch beide Achseln geschossen, und da der Major im Moraste
stecken blieb, mit diesem nebst einem Kornet und 50 Mann gefangen genommen,
mw kleine Anzahl getötet, die übrigen retteteu sich nach Raden,*) Das Theatrum
Eitropaeam gibt den ganzen Verlust auf 100 Mann an mit dem Zusätze: ,,und
ist wohl zu verwundern, dass GO gegen 6 Compagnien (soviel hatte Selbaeh)
nudit mehr ausgerichtet/
Seibach wurde nach Arnsberg gebracht, wo er am 2. Januar 1034 an
aeineu Wunden starb; die Leiche wurde an den Orafen Ludwig Heinrich aus-
l^liefert und zu Dillenburg bestattet. Der Ilofprodiger Hermann Vigelius pries
Beiiie Vorzüge in der Trauer- und Leichpredigt, lustus Ilcnricus Heidfeld in
oenii lateinischen Distichen, Q(eorg) CXorvinus) in einem deutsehen Klag- und
Lobgedicht, der Graf aber erachtete *als den grössten Verlust den Tod dea
tar»ff*ren Fdhrer.s.
Anhang.
Einige utihekaniite Iferhorner Brncke.
Der kleine Quartband, in welchem die Trauerrede des Hermann Vigelius
inf Beibach sicli befindet, gehurte zu der fürstlichen Bibliothek von Dillenburg,
wii» der auf der Rückseite des Titelblattes angeheftete Zettel mit den Worten;
animer, OfltchloUfo von Hofisen, VIll, 8. 270, 272. — 'j VjgcliUB gM den 28, De«.
- «) DHI, Tnf.-XAolir. 1778, 8p, 391. Du« Tht^atr, Kufop. 111, 8. 148 ingt, c«
iiii»»tT*>riM>tiiiit'lit, 70 ifofailg'eil gonOtnni'Mi wnnlrtK
m
ad liibliothecam principalem Arausio*i>ias8aYieüsem Dillenburgicam beweil
Ausser dieser Schrift bietet der Baad noch mehrere Drucke aus jener Zeit, i
unter ihoen einige Herbomer^ welche zum teil in den Nassauer Drucken von!
A, V, d. Linde fehlen. Die Titel derselben sind:
1. (No» 2.) Freund des Herrn, | das ist | kurtze vnd einfaltige \) Tredigt,
darin | nen erkläret wird, welches Gottes vnd | Christi wahre^ bestendige vud
selige I freunde seyen, | Bey Begräbnus der vi! | Ehr vnd tugendreicben Frawen
Annen | Christinen Schomlerin, des Ehrnvestea^ wolge- | lehrten vnd wol vor-
nehmen Herrn Philips Sengeis, Gräflichen | Nassa wischen Cammerschreibers zu
Dillenberg, hertzgeliebten | haussfraweu: welche den 22. tag Juuü anno I6S6.
umb 2. uhrn*) nach mit- | tag, im 22. jähr ihres alters in Gott selig entschlafen,
vnd I dero leichnam den 24. ejusdem zu Dillenberg in die | Pfarrkirch Christ-
lich vnd ehrlich zur er- | den bestattet worden, | Gehalten durch { Sebastianum
Wetzflarium | Pastoren daselbst. | Gedruckt zu Herborn» im jähr 1630. —
36 S, Von S. 31 an finden sich folgende Gedichte abgedruckt: Threni ami-
corum (deutsch), Epitaphium (lateinische Distichen), A Monsieur Sengel (fran-
zosisch) von lustus Henricus Heidfeld, ad Dn. Sengelium, viduum maestiasi*
mum (lateinisch) von Georgius Corvinua^ Ode Bohemica (böhmisch und deutsch)
von Bernhardus Kosin, deutsches Gedicht von G. R. (Bei A, v. d, Linde,
Nassauer Drucke, Herborn, No. 1887.)
Die Schomler stammten ron Siegen; ein Hermann Bohomkr, vielleioht der Vater iler
Anna Clmstino, wurde am S. Mai 1601 zu Hcrbom immatrikuliert; dabei findet alch der üjiSter«*
Zusatz: praetor Slgenetiftis. A. v. d. Liado, Nassauer Drucke B* 8a7*
Philipp Bengel ton Dillenburg, su Ilerborn immatrikuliert 1602, wurde Rat und Kammer«
Schreiber zu Dillenburg. y. d, Linde, S, 38 L
Sebastian WetzMarius stammte von Marienberg, wurde zu Herborn immatrikuliert 1601
und disputierte unter Piscator; er war «uerÄfc Diakonus zn H*>rborn, dann Pfarrer zu Haelien*
bürg, kehrte darauf als Bolcher nach DiUenburg zurflck und starb als Inspektor daselbst 1665u
V. d, Linde, 8. 366. Steubing, Herborn S. 186. Vogel, Tasehenbuch S. 1&7.
Juatus Henrieus Heidfeld, Sühn des Johann Ht^idfeld, dea YerfaaserB dt^r Spbinx
IheoIogtccHphilüsophica, welcher Professor zu Herborn, dann Pfarrer zu Ebersbaeh war^ wurd<*
hier am ß. Juli 1606 geboren, ujid nach Vollendung seiner Studien Lehrer der gnlflieh Holms-
bohen Kinder zu Hungcn, 1624 Hofmeister der Herrn Job. Ludw. von Laugenbaoh und Theo-
dor Y» d. Reck, mit welchen er Ton 1630 bis 1635 eine Reise durch Frankretob und die Sohwdi
machte« Zurückgekehrt wurde er dem Erbprinzen Georg Ludwig Jon N.*Dülenburg beige*
geben und machte mit diesem eine Reise durch die Schweiz, OberitaUen, Frankreich, England
und Holland. Am L Januar 1637 wurde er zum Kriegs* und Eammersekretllr zu DQIenburg,
1640 zum Rat, dann «um Geh.-Rat ernannt und starb den 23. Juli 1667. Vogel, Archiv S. 251,
Georg Corvinus, Sohn des Herb. Buchdruckers Christoph Corvinus (Rabe), ttudlerta
xu Herborn (immatr. 1624), wurde Professor der Eloquenz und Geschichte daselbst und starb
am 7. August 1645 zu Amsterdam, v. d, Linde, S. 414, 421. Nordhuff, Altg. Dauliehe
Biogr, IV, S. 510.
2. (No. 4.) Christliche Traur- vdJ Leichpredigtj | Bey Begraboua |
weyland Woled- | leu, OestreDgen vud Veaten Junckern, | lohan^Conrad von
Selbaeby ObrUten | Leutonants vber daa hochlöbliche Nasaawi- | sehe Regiment
zu Pferd u. u. w. | Gehalten in der Pfarrkirchen zu Dillen- | berg in volok
i
^] 80| tuoht einfeltlge. — ') So^ nicht uhreo.
97
asudmficker Ter- saininluDg Von • Hermanno Tigelio, Ho^redigern
Gedmckt zu Herborn, in der Grafschaft [ Xassaw-Oattenelenbogen
IL &. V. 1«3«. ; 40 S. Ton S. 33 bis 36 Personalia. dann folgen Gedichte: in
gaieic ec Tirtnte nobilissimi viri, lohan-Conradi a Selbach, bellatoris
Ton lusms Henricus Heidfeld, Klag- vnd lobgedicht vber den tod
det Herm Obristen Leutenanta von Seibach, von G. Ci^orvinus).
HcTBABB Ti melius, geboren lu CleTe, studierte lu Herboni (imniAtr. 1$20\ wurde
ICS Cafba n Haehenbnrg, 1G32 Hofprediger lu Dillenburg und begleitete als solcher den
Gnrfn Laivif HeiBridi auf seinen FeldzQgen: er stnrb 1653. A« t. d. Linde, S. 406. Daht-
Wff. Sayv-iUeheiibarg, S. S97.
3b (So. 6.) Encomium sanctum san- | guinis Jesu Christi: j Das ist |
HeSger vnd herrlicher rühm des | bluts Jesu Christi, | Geschehen bey der
Be- gribnos des wevlandt Ehrnvesten vnd | hochgelehrten M. lohan-Hedderich
^rai- I gers, der Durchleuchtigen vnd Hochgebomen Fürstin vnd | Fraweu,
Frawen Sophiae Hedwigs, Geborner Hertzogin zu | Braunschweig vnd Lüne-
bmg u. s. w. Grävin vnd Frawen zu Nassaw I Catzenelnbogen u. s. w. wittiben,
gewesenen trewen Raths vnd fleis | sigen Cantzley Secretarii, auch new ange-
Bonmiaien | Amptmanns zu Nassaw: | Welcher den 8. Aprilis dises jetzo lauf-
fenden 1636. Jahrs selig in Gott entschlaifen, vnd den 11. ejusdem | gen
Diecz in die Pfarrkirch ist in volckreicher versam | lung, zierlich vnd ehrlich,
begraben j worden: Ton Ehm Andrea Arculario, damaligem Inspectorn | vnd
Pastom daselbsten vorgetragen u. s. w. | Gedruckt zu Herborn, in der Graf-
schaft I Kassaw Catzenelenbogen, u. s. w. 1636. 28 S. (Bei A. v. d. Linde,
S. 91 N. 192 nach Nebe angeführt.)
M. Johann Hedderich Sprenger aus Marburg, studierte lu Herbom (immatr. 1C03 den
4. Maij, wurde Sekretär der Gräfin Sophie Hedwig, dann zum Amtmann von Nassau ernannt,
itarb aber noch zu Diez den 8. April 1636. Steubing, Diez, S. 32.
Sophie Hedwig, des Herzogs Julius von Braunsohwcig Tochter, war Qcmahlin des
Grafen Ernst Kasimir, welchem in der Bruderteiluiig die Grafschaft Diez und die Goraoinsohaft
Nassau zugefallen war; er fiel am 25. Mai 1632 vor Kurmond. Vogel, Beschreibung, S. 37C.
Andreas Arcularius, geb. 1579 zu Dillcnburg, studierte von 1596 an zu Herborn,
1(00 Schulmeister und Diakonus zu Nassau, 1628 Pfarrer zu Diez, 1037 zu Nassau; er starb
iee4. Nebe, Annal. IX, S. 135.
4. (Xo. 7.) Carmen | ad | Amplissimum virum | Dominum Phi- | lippum-
Henricum | Hoenonium Ictum Nobilem, et illustris do- | mus Nassovio-Catti-
melibocensis Consi- | liarium facile principem, | in nuptias loctissimi Neonym-
phorum paris, Clarissi- | mi nempe doctissimique viri | Domini Alberti-Friderici |
Cnopii Med. Doctoris, juvenum sui Or- | dinis aetatisque ocelli | ot | Castissimae
Moratissimaeque virginis | Dominao Magdalenae Iloeno- | niae, Veneris Qratia-
nunque corculi. | Autore | lobanne-Nieolao Gonselio. | Herbornao Nassoviorum
1631. I 4 BL
Philipp Henrich Hoen, geb. den 23. Juli 1576 zu Diez, gest. den 23. April 1049 zu
Frankfurt, bedeutender Jurist und Staatsmann im Dienst der Dillonburger Grafen, 1029 vom
Kaiser geadelt. Steubing, Diez, S. 26, Dillenb. Intcll.-Naohr. 1784, Sp. 030 (von Burchardi),
Arnold i, Gesch. t. Nassau-Oranien, IH, S. 275 und AUg. Deutsche Biogr. —Seine Schriften
bei T. d. Linde.
7
98
Alb**rt Friedrich Cnop, geh- zu Herborn, Dr. und Professor der Medbin xu HerWn^
1(J32 L^ibAr^t des Graten Job» Ludw. zu Hadamar, gest. 1636. Vogpl, Arohiir, 8. 197 f.
Job, NicoL Genselias = Job. Ludwig Sengeliua, wie die Korrektur dea Titels be-
weistf indem über den Namen Nicolaus der Name Ludowicus gescliriebeo ist und Aber die ersten
BuchflUben dos Namens Genaelius Ziifern von der Hand des Job, Daum jun. gesetzt sind,
4231
welche den Namen Sengeliua ergeben (Qenielius). In die Matrikel ist er am 28. April 1G09]
als DillenburgenäiB eingetragen. A. x. d. Linde, 8. 385. Ygh t\i N. 1.
5. (No, 8,) Epithalamia | in | Nuptias secundaa, n secundaa! | Amplisaimi |
et spectatiasimi ] viri^ Dn. HermaDni Naurath, | Praefecti in Nassaw, nobilia
coDsul- [ tiööimique viri, Dn, Martini Naurath, Prae- | fecti et ConBiUarit Nasao-
vieo-Dezenaia, | filii, Spoiish | et | Lectissiraae Castis- | simaeqne Virginis, Ao-
nae | Caasandrae, AmpiissiDi! et Conäultissimi vin, [ Dn. lohan-Ludovici Qrao*
vii, I Praefecti et Consiliarii Solmeusis, | filiae, Spansae: [ Celebrandaa Deciae
3. Nüvenibr. 1636. | Conscripta ab amicis, | Herbornae Naasoviorium, | 1036.
8 BL: 1. Oda Dayidica von lohan Irlen, Theol. Doet* etc.; 2. aliud von
Georgius Corvinus; 3. Gamelion votivuin von Nicolaus Treviranua, pro
tenip. minister verbi divini apud Freyeudecianoa ; 4. aliud von Johannes Irlen
Sigen. tertiae olasais praeceptor; 5. aliud von lohannea * Jacobus Christ,
Grüningit -Wetteravus ; 6. Hirtengedicht von Johann Jacob Christ; 7* aliud;
8. äXXo von Job. Jacob. Münckerus Phil, et S. TheoL Stud, ; U, ad da-
rissimum Du, Sponsum von J. J, M. F,
Martin Nauratb, geb* 1575 zu Siegen, studierte zii Herborn 1592, wo er bald Pro*
fessor der Fhilosophic, dann der Hechte wurde; spater trat er in praktische Dienste, vrurde
1617 Amtmann zu Dicz, wo er den 5. September 1637 an der Post «tarb. Sein Sohn war
Hermann Naurath, geb. den 17. April 1601 %\i Siegen^ starb alä Amtmann von Naasan
den 20, Juli 1U69 (Stenbing, Die^, 8. 27) und Jolinnn Friedrich Naurath, Dillenburgischcr
Rat und Marschall, 1602—1678.
Joliann Irlen aus Siegenj studierte zu Herborn (immatr. den 14« Oktober 1614), wurde
KU Franecker Dr, theol., 1622 Professor extraord., dann ordin. der Theologie %u Herboni und
hielt liier während der traurigen dreissiger Jahre treulieh aus. Im Jahre 1645 ging er alaj
Inspektor nach Siegen; er starb 1656. Cuno, Siegen^ S. 160 ff.
Nicolau» Treviranus studierte zu Herburn (immatr. 1621 den 20* Mai)» war mer^i
Diakunua zu Die«, dann Pfarrer zu Nassau, nachher zu Diez, ging 1658 mivh St.. Oiiur. S h- u bin t^.
Dies, 8. 102, 106, 262.
Johann Irlen, wohl der Bruder des Professors Irlen (gleiche* Vonmmer» hei itruüern
kamen früher bisweilen vor), der ihn im Jalire 1632 zu Herborn immatrikulierte („Frater meu«*),
V. d. Linde, S. 420.
Johannes Jacobus Mttnckerus, wohl derselbe, welcher im Her bete 1632 (v.d. Linde«
S. 420) als Johanne! Münekerus Ferndorpiensis hanovicu» zu. Herborn immatrikuliert wurde;
sein Vater war Pfarrer in Ferndorf gewesen (1622—1627)» Dill. Int.-Naehr. 1786, Sp. 225,
241 u. 8. w.
6. (No. 9.) Christliche Klag: vnd Trostpredigt | Bey begrabuua [ Wey-
land des Ehrwurd- | digen vnd Wolgelehrten, Ehrn lohan» | nis Bernliardi
Gütalcbii llerbornensis, ge- | weseneo Pastors /u Dilleuburg: welcher den 1.
tag I Novembria 1635. durch den zeitlichen tod ausa diaem ja- | nierthal abge-
fordert, vnd folgenden 2. tag ejus- | dem zur erden bestattet worden, | Auas
dem 13. capit, Zachariae in der Pfarrkirchen 1 daaelbaten gehalten | Durch |
Conradum Poathium Ilerbornensem, damaligen 1 dienern am wort Gottes «u
99
D31eaburg, jetzt» Pastor ü zu ßurbach. [ Gedruckt zu Herbor ü, im Jahre 1636.
40 S, Von S. 85 an Gedichte: 1. Sur la mort de feu Monsieur Ootalebius
▼cm Julius Heoricus Heidefeld; 2. in ubitura reverendi viri, Dn. lohan-Bern-
hardi Gotslebii, ecciesiadtae Dillenbergensis, amici honorandi; 3. s$d<5Ti^ov von
Cleorgiui Corvinus; 4. aliud (lateiQisch); 5. ejusdem (franzusisch) von Johau*
Daum; 0. 8ur le trepas de feu Monsieur Gotslobius von U. G*
JoIl Benihard Qot«»tebius, geb. xti Herboru, Sohn des Profeaaorg und Ffurrera Johann
Oolilebius, utudierte zu Herborn (miTimtr. den IL Mai 1614J, war sodann Preceptor priniftniia
m Dillenburg, Pfurrer ^u Frobnhausen, Diftkunuf* und Pfarrer zu Dillenburg, wo er starb.
Konrnd Pnaib, gob. den 1. HL&rt 1613 211 Herborn, Salin dea Bürger§ Job. Dietricb
Po«Üi, «tudicrte zu Herborn (imnmtr. 1620) und erteilte in den folgenden Jahren zur Aushilfe
Uaterrlf ht an der Lateinschule daseibat; im Jahre 1634 wurde er zweiter Pfarrer zu DiJlen-
1635 Pfarrer zu Burbach^ 1638 Arcbidiukurms zu Herbora, dann auch Professor der he-
en Sprache und der praktiachen Theologie daselbst. Er starb den 10. November 166*3.
8ti>abingf Herborn, S. 179» 188, 271 ; ders.» hohe Schule zu Hcrhorn, 8.222, A. y. d. Lindo,
8. 418, und Herbomer Drucke N, 161, 369» 402, 1029.
Johanne)» Daum (jun/)} Sohn des gräflichen Sekretärs und Ratet Joh« Daum, immatr.
«11 llerborn 1629, m Marburg am 12. Juli 1632*
7. (No. 10.) Carmen exequiale ( Ad | Nobilissimum | et conaultisüimura |
Dn. Philippuin-Henri- | cum Hoenoniuuij u. j« D. domusque | Illustris
Yicae Cattiiiielibocensis | Consiliarium, | Super obitu praeniaturo | Portis-
juyenum paris, | Erasmi et Philippi Hen- | rici» ejus filiorum, quorum ille,
poöt I varios belli casus animose perlatos, Venetorum signa e Batavia | ßequu-
ü, triÄÜ naufragio (ut crcbra refert fama) in Oceano Can- | tabrico submersus,
DO 1631, periit: bic vero Suecorum arma | amplexus, non aliena a Marte
fiirtuna, in oppngnati- | one Ruffaci, Alsatiorum opptdi, 1634^ Notiis | Febr. for*
iiter aecubuit: | Fusum a 1 Georgio Corvino, Ilerbornensi. [ Anno | 1635,
16 S, Das Carmen erzählt die Lebensgeschichteu der beiden Brüder, dann folgt
ein Sonett,
Rrasmus und Philipp Henrich Hoen waren Sohne des Rates Phil. Henr. Hoon (a. ob.),
Krmstnu9 studierte zu Herborn (immatr. 1623) die Rechte, that dann Kriogsdienatc* in dem
niederländischen und dänischen Krieg, welche er 1631 mit venetianischen vertauschte; bei der
Cb^rfAhrt nach Venedig ertrank er im kanUibriscben Meere. YgL auch A. v, d- Linde, S, 412,
PhiL Heur. studierte ebenfalls zu Hcrboro (tmniatr. 162G) die Rechte, nahm dann ebenfalls
li^nste in Holland und trat 1631 in dos von Graf Ludwig Henrich errichtete Regiment
PoM als ffSignifer*" ein; er fiel bei der Erstürmung von HuÜach am 5./15. Februar 1634.
?. 4» Linde, S. 416; KeUer, Drangsale S. 207«
8. (No. 13,) Catalogus | Librorum tarn j Latiiiorum quam | Qermauico-
iirn, I Phristopbori Corvini^ Typogra- | phi Herbornerisls, typis editorum, et a» |
Eid heredea ipsius venu | liunu | Annu salutiä nostrae l{j*d2. \ 4. BI. Linde,
8. 116, N. 3G7,
Ausser dieaen Herborner Drucken enthalt der Sammelband n. a. nocb
bigende drei für die nassauische Oelehrtengeschichte wielitige Abhandinngen:
I. (No, 14.) Diflputatio iuridica de usucapiotiibus, nuam , , . praeside
l<ifa:inue Kinirico Duubcro Nassovio, L u. D, ejusdemque in iudyta Aeademia
bJH
^^
100
Sedanensi Professore ordinario et illustrissimi Principis BuUoniensis Consiliario
. . . proponit lust. Gull. Krug Hassus. Sedani 1632.
Johann Henrich Dauber^ geb. den 9./19. Dezember 1610, Sohn des Prof. Henrich
Dauber zu Herbom, war ein ausserordentlich begabter Mensch ; er verteidigte schon im elften
Jahre seines Lebens eine hebräische Dissertation und wurde am I.Mai 1622 zu Herborn imma-
trikuliert (v. d. Linde, S. 409). In seinem 18. Jahre wurde ihm die juristische Professur
angetragen, die er jedoch ablehnte, nahm aber 1681 den Buf als Prof. phil. nach Sedan an,
wo er noch in demselben Jahre Prof. juris, dann Rat des Herzogs von Bouillon wurde. Später
trat er in den Dienst des Prinzen von Oranien, darauf der Landgräfin von Hessen Amalie
Elisabeth und starb als Vizekanzler der Universität Marburg 1672. Der Kaiser Ferdinand
adelte ihn.
3. (No. 15.) Disputatio medica . . . von Philipp Hermann Sprenger,
A. et ph. Magister, medio. studiosus. Wien 1636. 7 Bl. Er ist wahrschein-
lich der Sohn des obengenannten M. Joh. Hedderich Sprenger.
3. (No. 16.) De cenotaphio deque diversis super ejus religione Ulpiani
et Marciani sententiis diatriba 1634. Die Rückseite des Titels enthält eine
Widmung der Abhandlung von Jacobus Gothofredus Ic. an lustus Henricus
Heidfeld, welche auf enge Bekanntschaft beider Gelehrten hinweist.
Die Schönauer Überlieferung.
Eine historisch-kritische Untersuchung
von
Ludw^ Conrady^
Dasselbe, was der Verfasser in seiner Abhandlung über das ^^Landgericht
der vier Herren auf dem Einrieb^ zu leisten unternahm, sieht er sich genötigt,
bei der nachfolgenden Untersuchung, die angeregt durch diese, ihren Gegenstand
auf dem gleichen örtlichen Gebiete gewählt hat, fortzusetzen. Auch hier hat
er gefunden, dass das bis dahin Geleistete zu beanstanden sei, und dies sogleich
in der Überschrift zum Ausdruck zu bringen sich gestattet. Möge ihm ein
solches wiederholtes Yerfahren gegenüber der anerkannten nassauischen Ge-
schichtschreibung nicht als Anmassung gedeutet werden. Die Forschung kennt
nun einmal kein anderes Ansehen als das der Wahrheit, und ihre schneidige Waffe,
die Kritik, ist nichts Geringeres als sittliche Pflicht. Denn auch hier gilt das
bei einem so unvergleichbar bedeutenderen Anlasse gesprochene Wort unseres
Landsmannes Usener: „Wo es möglich ist zu wissen, da wird es unsittlich,
sich auf Glauben und Meinen zu beschränken.*'*)
Sachgemäss wird unsere Untersuchung sich in ihrem ersten Teile mit der
Prüfung der Quellen der bis dahin unter dem Namen „Schönauer Sage" gegangenen
Überlieferung beschäftigen, um alsdann in einem zweiten die zu deren Ent-
stehung führenden geschichtlichen Verhältnisse, wiederum auf Grund der vor-
handenen Quellen, darzulegen.
Den ersten Teil aber vermögen wir nicht besser zu beginnen als mit tiefem
Dank*) für unsere Vorgänger, deren Arbeit allein uns in Stand gesetzt hat, die
unsrigc zu thun. Namentlich ist es Widmann, dem wir diesen Dank für seine
vortreffliche Abhandlung „Zur Schönauer Reimsage****) schulden. Nicht nur,
M Das Wcihnaclitsfcst, Bonn 1889, 187. — *) Es sei gestattet, bei dieser (iolegonheit
aiirh unseren wärmsten Dank denen auszusprechen, die unsere Arbeit so wesentlich durch
eine wahrhaft beschämende Zuvorkommenheit in der Darleihung litterarischer Hilfsmittel ge-
fordert haben: der grossherzogl. Universitätsbibliothek in Heidelberg, der Stadtbibliothok in
Mainz, der Landesbibliothek in Wiesbaden und der Vereinsbibliothek ebendaselbst. Unseren
anderen flberg^tigen Helfern statten wir an den betreffenden Stellen unseren besonderen
Dank ab. — >) Annalen 18, 33-43.
102
duHS er der gliiukliclie Wiedereutdecker der «eit Vugel veröchiittci gcwe
Urquelle dieser sogenanuten Sage ist, so hat er aueli zu ihrer Bcleuebtuug eiu
so sorgfältig geaiclitetes und reichliches Material herbeigetrageD, dass ihm das
Verdienst bleibt, die Saehe mit ebensoviel Flciss als Scharfsinn zur Spruchreife
gefördert zu haben, Dass der Spruch nicht in dem von ihm begünstigten Sinne
auszufallen vermag, wird die von ihm betbätigte selbstlose Hingabe an die
wissenschaftliche Wahrheit nicht uns, seinem dankbaren Benutzer, sondern der
Sache selber zur Last legen müssen.
Leider hat dies schon gleich hier auf der Schwelle zu geschehen. Der
von ihm gelieferte und mit Übersetzung beglGitete Text seiner wiederentdeckteu
Quelle erweist sich nach unserer eignen Einsichtnahme in den Cod. 20 der
Wiesbadener Landesbibliothok als unzureichend für die Zwecke einer eingehenden
UntersuchuDg, da neben anderen kleinen Verfehlungen gerade das in ihm aus-
gelassen istj was als das Ausschlaggebende für seine Beurteilung erscheint,
Widmann aber bei semen durch den Glauben an seinen Vorgänger Vogel ge-
haltenen Augen unwesentlich erschieo. Nun hat freilich F. W, E. Roth den
ganzen Text herausgegeben'), eboDso, wie er den diesem in der Haudschrift
vorausgehenden der Legende des hl, Florinus später veröifeutlichte»*) Indes
seine Ausgabe entspricht nicht in allen Stücken den Anforderungen, die mau
an die unbedingt zuverlässige Wiedergabe einer handschriftlichen Vorlage zu
stellen berechtigt ist. Wir sehen uns daher genötigt, vor dem Eintritt in seine
Besprechung den Text selbst zuerst hier vorzulegen und ihn mit den Anmerk-
ungen zu begleiten, die unsere Abweichung von den Vorgängern zur Nacli-
prufung des Lesers begründen. Unsere Abweichung von der Haudschrift be-
schränkt sich lediglich darauf, dass wir ihre Abkürzungen auflösen und in gewohntcr^H
Weise interpungiercn, ^^
In dem auf seinem Rücken mit : ^Sermones de tempore et Stis it[emquo?j
legendae Pars[?]*, auf dem Vordcrschuitt mit ^H XI/ bezeichneten Hand-
schriftenband, der, wie bemerkt, als Cod. 20 der Wiesbadener Landeshibüothek
gilt und als solcher von Dr. A. v. d, Linde^) mit ausdrücklicher Namhaftnuichung
*) DiO Visionen der hl. Elisabeth uod die Schriften der Aide Kkbert und Eniccbo von
Sühönau, Brunti 1884, 155 ff. — ") In der Zeitschrift; Roraaniachc Forschungen 6, 475 — 481.
— ^) Die HandÄchrirten der König!. LandeBbIbliothok in Wiesbaden. Wiesbaden 1877, 112.1
Das Versehen daselbst» dass die Legende Florins mit ihrem hier oben ribaiudruekendcn ZusauJ
auf BL SOI"— 35^ statt EL 30^—33*' stehen loH, ist auch auf Widmann 39 üborgegaugeii.
Von dem Cod. selber dürfen wir zur Yervollatändigung dos von v, d, Linde Gesagten noclil
bemerken, dass er auf seinen nunmehr 201 überwiegend zweispaltig beschriebenen KleinfoUo»
bltlttern (4 fehlen^ da der Band in Lagen von jo 6 >. 34 Bogen angelegt erscheint und di(i|
letzte jetzige Seite mitten im Zusammenhange ahbrieht,) 118 einzelne in sich abgeeehlosüen«
Schriftstüeko enthält. Dieselben beliaadeln der Mehrzahl nach in Beroionen und Homilion dcrl
Kircheurätor wie in zahlreiehen eingestreuten Legenden zumeist das Leben der Heiligen iltl
vier vorselüedenen Jahrgängen von ungleicher LÜnge und nioht durchweg genauer Folge, an
wenigsten Vollstündigkeit. Da der Band mit der Lectio tilr Anuunriatio Mariae d. r. 25. Mllni]
beginnt, po ist damit festgestellt, duas das Kloster den Jahrcsnnfang auf diesen Tug eotit^
wie die Erzdidcese Trier bis ins 17. Jahrhundert (Grotofcnd, Handbuch der hist. Chrotiu
logie. ITannover 1872, 27), Da aber nun das von Rotli, Die Visionen, 164 ff. mitgctdlt4S
^^Calendarittm des Klosters Scbünau de 1462" mit dem L Jantuir begimit, dürfen wir vieUcichlj
103
,ilegeiida de saDotu florioo confcasore. miracuU sei flunni confesiioris in
frimtia g06ta^ bej^chrlebcu ist, icsau wir voa Ende de^ ßlaitos 32 ^ bis boinabe
Ead« des ßlattes 33 '' dicht hinter der cboa genannten Legende, aber nicht
TOM Bchreiber dieser, wenngleich von einer Hand des 15, Jahrhunderts, das
Folgende als Abschrift, wie bereits Widmann aus ihren Fehlern richtig geschloascn
hat, mmt älteren Vorlage:
Ineipiunt miracula flaocti Horini confessoris in frantia geata. [Bl. 32**
Cum per omnia sanctiaainii eunfessoris florini meritorum miracula iuxta
itis debitum^) fidem demus auditis, oportet nos etiam eins glorifica visi-
tatiooe^ consolatos, quantum ipsiua guflraganto dementia posBc videmur, gratiaa
a^re de visig. Non est enim tanti fulgoris elaritudo modio suffocante celaada,
$ed velud*) posita super candelabrum [BK 33* Sp. 1] luccrna cunctis in domo
laoicn desiderantibus propalanda. Longe videlicet latequc glorifici confessoris
Tirttitibud diuulgatiJE» tanteque laudis rumore per orbem euidentiäsimo veritatis
indiculo clarescente, prouida de reni francorum salute pietas diuina salubri perhi-
beute fama auribus euiusdam rehgiosi baronis de lurenburg nomine druthuini
intimaait lUe vero apud hartbertum optimo memorie sacerdotem^ qui eo tem-
pore capellanus heremanni ducis reni alemanorum exstiterat*), qui*) et auxilio
belli prestito regi romauorum promeruit^ depetiit corpus sancti florini, quod et
conflaentie medie (!) reni partibus constructo collegio transtulit, cuius et ispe
thmthoinüs satelles erat tidissimua, mediante ipsorum amicitia partem reliquiarum
venerandi confessoria inpetrauit.^j In proprio enim prcdio hartbertus tanto
faerat suffultus patrocinio. Ipaas igitur reliquias alteri non audens committere,
(ptast Boruus domini^ cxhibendo famulatum usque in pagum francorum'*) einrieb'')
jtttncupatum et ibidem infra capellam in euiusdam lichtburnensis'^) [Sp. 2] monticuli
siipercilio**) studiis laborcque prenotati venera hilis domin i druthuini dcccnter oroa-
tam honore digno susceptaa in vigilia apostolorura petri et pauli collocauit. llis
its videlicet ordine decentissirao peraetis, qualiter se ciucm oiuibus iunxisset**),
(itcere deinceps ordiamur. Sacro*^) sancto quippe die natalis (!) beatorum aposto-
lonttn quidam pauperculus, quem pene per totius rite curricula tremor immauis-
D, dASB unser Band rilter iflt. Möglich sogar, il&sn die in «lieBem Katen danum vielfach
nde Bezoichnung „XIl, loct/^ oiu zwölftes LeetronAniim gegenüber unserem ,jS(anc-
XL** geEeichneten meinte.
*) Widmann^ Ann. 18, 39 lioat irrig: „debitum et fidem"; die von ihm für ,»ct" Tcr-
mJieod Kfirztuig Ut ein deutlich dtirchBtrichencs v, was dem Sohreiber offenbar in der Absicht,
idem mit t «tatt f beginnen zu wollen, aus der Feder floss, aber sofort von ihm getilgt wurde.
— ') Btatt dieses Wortes hatte der unachtsame Abschreiber „consolationo^ anlanglich ge*
rieben, dies aber dann durch- bexw. unterstrichen und halb ausradiert — *) Korrigiert
ttt*, wie es scheint. — *) Nach diesem Worte folgen im Text die durch*, d. h. uuter-
iHehenen Worte; „cuius et ipso druthuinus satelles erat fidissimus.*" — *) Am Rande ist hin-
^toilicet hermannas'*. — *') Widmann 8. 40: „impetrauit.** — ') Über ^domini^
Igetithrjeben ton andrer Hand: y,dominicum**; irrig bei Widmann: domini cum* — *) Im
' urvpranglich: ^franetiorum'*; dann wie oben von derselben Hand korrigiert. Roth irrig:
,(r«Bliiiniin\ — *) Von späterer Hand mit grossem Anfangsbuchstaben. — ***) Widmann
ifT%f ^Uchbamensis.*^ — **) Vita LudoTici: „in quodam montis supercilio**, Kremer, Orig,
f, 3t2. — ") Am Rande hinzugefügt: ,ad" (iunxisset). — ") Von Widmann attsgelataisa
biic f^ldem lero* cte. mit der Bemerkung: ,,Dana folgt die Eriiihlung einiger Wunder.**
ll^j^H
■^ ■'■' *-
104
ßimu8 artubuö ita dissoluti:!) cxcussit, ut huo iiequaquani ori propriis inanibua
cibu8 potuBue potuisset adhiberi. Is vero tanta fatigatus raolestia prostrato cor-
pore sanctorum itiplorans patrocioia dtuina meruit sentire subsidia« YeBperimis
enim laudibus adimplotis sanctorum inpriraia apostolorum, quorum aderat dies
öolemnis, intcruentu ganctique florini adrainiculantibus meritis^ »umini creatoria
medicante potentia, ita integre restitutus est sanitati (!), ut nuUus in eo pristim
tremoris motiid agnoaet potuisset, mi m tantum^) sibi redditus propriisque usibus
Cöt coaptatU9, ut in ouUo corporis loc<» ad necessaria miniatraüda titubare vidc-
retur. Die vero natalis (!) sanctiasinii florini confesBoris, quod oat XV. KL dccein-
bris^) plebs totius circumquaque regionis [BI. 33^' Sp. 1] tantae salutis aduoeaia
gaudimonlis comitatu locundo studioque saluberrinio satagebat interesse ßolem*
niis. C!erici vero diuioia cultibus humiliter instantes raissarum officia decenti
honore peregerunt. Quibus ordine congruo finitis mancus qutdam, cui plurinii
testcs astiterant asäerentes se niulto iam tempore eins contractam nianum du
colto pendentem vidisae, eandem non minus alteri sanam cunctis eeruentibus
extcndit. Nulla ualet explicaro lingua, quanta tuuc omnibus exorta sit letitia. No-
larum''') consonantia clerique vox j^mDidica^) et omnis choors^) laica laudis egcrunt
guüdia, Ilis itaque reuerenti moderamine laudibus explotis tertio nunc aderant due
puellc iuxta feretrum roliquiarum ape salutis extente, quarum vna coeui^) languoris
pondere grauata corpore contracto vlnis adueeta maternis ibi ponebatur, omntbus
adhue astantibus exsurgeus insolito gressu per capellam deambulando plantas
exerouit. Interea videlicet, cum aimili modo sicut prius diiiine gratie laudibus
omnes insisterent, altera puella, que ligneis sustentata fulcris^, ut solent debiles,
[Sp. 2] Bubtus ascellas^) aptatia aduenit, ut vox psallcntium quieuit} contemptis,
quibus autea fulciri coDsueuit, sustoutaculis, mira celeritate »urrcxit gressumque
speciilantibus populis secura direxit* Tertio tuoc laudes pulsabant aidera graudea
prcatante '^) domino nostro ieau christo, qui cum patre et spiritu sancto viuit et
regoat deus per infinita secuta seculorum, amen.
Idem vero baro*"*) drutlminuB deuictis tempore quodam hostibus suis, captis,
spoliatis et exactis cum inde rediret commilitouibus magno triumphi gaudimonio^
cum perueaiöset ad loca**) pertinentiis(!) ville struode'^), ruaticulus quidam latena
^) Übergeflchrioben ron spAter Httid über ein korrigiertea ursprüngliches H^i^^tum*.
welolics Roth irrig „totidem** lesen wiU, — ') Von späterer Hand ist darüber gcsnhriebeii:
„15*« caleudAs Xbris". — *) Roth: „Notarum**. — *) Von spaterer Hand mit ^Hymnidicn"
TerbRsgert, — *) = chur» oder = cohors? — ^) Das Wort ist durob Korrektur des Bohreibors
undeutlich« Am Rande: ^coeuvi ooryi", lotxtore« Wort von spöterer Hand. — ^) Roth:
^fuUria^ — *) Roth: „astellai'*. — ^) Die Worte ron ^Tertio* an sind mit blUsaercr Tinto
Kwischen die 7.wei Zeilen gefügt und durch ein deutliohes Heraufholungaxeiohen, das Wid-
mann zu »agen verleitete*, „daran sehliesat $iich in besondere Zeichen eingeschlossen die
lateinische Sage", mit den vom AbBChreiber an das Ende des Ganzen^ ton ona in dio ricbtigc
8tolle hier gesetzten Worten verbunden. Damit sich der Leser nicht irren könne, haito der
Korrektor „prostante* wiederholt. Das abgekürst geschriebene „pre** des zweiten „preatant«*
ist am Rande von später Hand mit ^prae** aufgelöst Roth meinte gar ein Herunterholuitgi- |
xeiohen xu sehen und begnügte sich, die ihm unverstandltehen Worte: „Torcio tunc laudtt (l)
pulsabant sidera grandes prcstante" in die Anmerkung zu setsten. — ^") Korrigiert dnreh Ober-
geschriebenes r aus „bato"; also nicht „barro% wie Widmann liest. — **) Korrigi«ft aui:
„locum". — ") Widraann, das darüber geschnebene o nicht beachtend: ^Strudo*, wieRotli;]
105
looio arcum oxteuclens fjt(!) nobilii? truthuini baronis victoris') intixit sagitttMU
inri. Terrain *^} incidens deuictiis occubiiifr. Prius tarnen quam monebatur,
omnia bona et bostium suorum tribitta colUgens eodom luco, quo fixus fuerat,
cluuiftriim beuedictorum ^) nomine sehönaw*) construi fecit Ad**) quod translate
sunt postiQodum de üchtsbron reliquie santi florini,^
Soweit der Text. Da Widmann nur einen Teil desselben übersetzt
hat, dos barbarische und dazu vielfach feblerliafte Latein aber nicht wenig der
Durchsichtigkeit ermangelt, so halten wir eine Uandleitung in Gestalt einer
luhaltsangabo für nicht unerwünscht.
Der Verfasser des Schriftstückes ist aUo der Meinung, dass, nachdem
man soviel von den Wundem des hL Ftorin gehört, es als Dankespflicht er-
cheine, über die von ihm in Franzien geschauten zu berichten. Zu dem
Bwocke erzählt er, dass die auf das Wohl der Rheinfranken bedachte güttliche
Iluld CS gefügt habe, dass Trutwin"), dem frommen Laurenburger Barone, die
Thateu des Heiligen zu Ohren gekommen seien. Befreundet mit Hartbert,
^m Kaplan des Rheinalemannenherzogs Hermann, und selber dessen getreuester
riegsgeföhrte, erlangt er durch beider Vermittelung ein Stück des Leibes des
Heiligen, den Hermann aus Gunst des ihm verpflichteten römischen Königs dem
Stift in Coblenz geschenkt. Hartbert selber vom Heiligen im eigenen Heim
beglückt, trägt es eigenhändig in die von Trutwin dazu gebührend ausgezierte
Kapelle zu Lipporn in der Vigilie des Peter- und Panlstages. Gleich in der
Vesper dieses Hoiligcntages wird ein Armer durch der Apostel und Florins
Fürsprache von dem lebenslangen Zittern befreit, das ihn gehindert hatte mit
eignen Händen Speise und Trank zu sich zu nehmen. Die dadurch zu Lob
und Dank am Florinstage herbeigezogene Menge sieht eines Krüppels vom Halse
hangende kontrakte Hand geheilt* Unbeschreiblicher Jubel darob, Glockengc-
läuie und Dankgesänge. Nach deren Ende befinden sich bei der Lade der hK
Überbleibsel zwei Mädchen. Die Eine mit lebenswieriger Schwäche behaftet
und mit kontraktem Leibe von der Mutter dorthin getragen, erhebt sich wunder-
bar und wandelt durch die Kapelle, Indes sich neuer Dank dafür erhebt, wirft
die Andre die bis dahin gebrauchten Krücken weg und wandelt ebenso wunderbar
flbenetzt er ^vüle* falscli mit TfMof**, wÄhreiid es Dorf heiison muss gemäss der Kr-
ug bei Du Cange-Hensohel, 6, 827*>: ^rillas hodie, non quomoilo Latiiii praedia rus-
sed complurium m&nBionutn vel acdium collcctioncm nppellumu^^.
') Die QetiJtiTo sind erat hinemgcbessert Ton aptiterer Hand an Stelle der AlckusAtive.
^ *) Widmanti will die ,8ehr undeutHohe Abbreviatur^ i^qui^ lesen, wie Roth. Eb steht
er ein selir deatliobes t mit der Abkürzung' für ^nim'' da, sodasf^ eine Verfehlung des
etireibers Torliegt, die, da incidere hier nicht intransitiv sein kann, am betten mit unserem
iig«n ^terram^ geheilt i«t und zwar deswegen schon, weil die gereimte Übersetzung dieser
911^: ,rff die Erdt** bietet, was offenbar nicht ale Reim zu ^Pferdt" erfunden ist, Hondoru
Erfindung veranlaut hat — ') Für «benedictinorum^ mag aus Ordensstolz gesetzt sein.
*) Reib: „Öobouau". — *) Widmann irrig: „dioitur*. — ^) Wir sehreiben diesen Namen
der Folge irniner so, da er aus abd. trdt = traut und wini = Freund zusammengesetzt ist,
gl, Oraff, Ahd. Sprachscbatz 5, 471 u* l, S68, Ebenso schreiben wir in der Folge TutOj
Tudi, ubeebtm seine Herkunft nicht klar ist, vergl. Forste mann, Altd. Namonlmcb*
•Xordiianien }86<S, I, 3^8 ff.
Jk
jH
aam
106
Iiefrcit. Zum ilnttonimilc bis au rlic SteniL' ^^rhliigeiuka" Lobgosaiig, Denselben
Baron Trutwin abcr^ auf dor lleinikehr vom Siog über seine Feinde, umgeben
von öicgesfrohen Genossen, erlegt ein im Gebüsch nächst Strüth lauernder Bauer
mit einem Pfeilschuss, dass er zu Boden sinkt. Elio er stirbt, lässt er auf der
Stelle, wo er zu Tode getroffen worden, von all seineu Gütern und der Feindes-
beute ein Bonediktinorkloster mit Namen Schonau bauen, in das späterbin die
Überbleibsel des hL Florin von Lipporn vorbracht wurden.
Es redet für sich, dasa die gewissenhafte Beleuchtung eines Berichtes von
solcli wunderbarem Inhalt von da aus anzustellen ist, wo der Berichterstatter selber
zu stehen erklärt. Gleichwohl hat man dies bis dahin seltsamer Weise weder
erkannt noch gethan. Erklären wir also hier zum erstenmale, dasa der Verfasser
unseres Schriftdenkmals als Zeitgenosse uud Augenzeuge der von ihm berichteten
Geschehnisse betrachtet sein will. Denn deutlich sagt or ^nos consolatos*^ zu
Anfang und erklärt es für seine Pflicht, mit seinem Berichte Dank abzustatten
für das Gesehene (de visis) im Gegensatz zu dem bloss Gehurten, dem man
bis dahin habe Glauben schenken müssen.
Nun stimmt es wirklieh mit der Geschichte, dass ein «heremanniiB dux*^
nicht zwar ^reni" aber doch „alemanorura" sich dem «regi romanorum'' durch
im Krieg geleistete Hilfe verdient gemacht hat. Es ist eben jener Hermann,
der als Graf des Oberlahngaues das Herzogtum Alemann ien im Anfang November
des Jahres 926 von König Heinrich L übertragen erhielt, die Witwe seines
Vorgängers Burkhard's I., Reginlinda, heiratete, 930 bei der Krönung Otto's L
als Spender des Weins war, während der Fraukeuherzug Eberhard für die
Speisen sorgte, der Baiernherzog Arnulf Marschalls-Dienste that und der Herzog
von Lothringen Gisilbrecht fiir Anordnung der Feierlichkeiten im Grossen be-
sorgt war. Als dann Eberhard und Gisilbrecht mit Heinrich, dem Bruder Otto*s,
und der Hilfe des franz, Königs Ludwig IV*, genannt transmarinus, im Jahre 93!)
in offene Empörung gegen ihren Herren ausbrachen, da war es neben den
Grafen Kurzbold und Udo, dem Bruder Hermanns, vorzüglich Hermann selber,
der dorn bedrängten Köüigc die für dessen ganze Zukunft entscheidende Hilfe
brachte. Ebenso wurde Hermann im Jahre 944 seinem Könige von grossem
Nutzen, indem er im Namen dcsbclbeu die Vasallen des franz. Königs, Kaguar
und Rudolf, bekriegte und zum Frieden zwang. Dafür ward ihm dann unter
anderem die Genugthuung, dasa Otto's Sohn Liutolf sich mit seinem einzigen
Kinde, der Tochter Ida, nicht lange vor seinem am 10: Dezember 948 im besten
Mannesalter erfolgten Tode vermählte.
Auch der zum Erbitten des „corpus sancti Flormi" nötige kbchliclio Sinn
des AlemannenherzQgs ist bezeugt durch die wenigen uns hierüber erhaltenen
Königsurkunden. Dieselben betrotfen sämtlich Vorteile, die König Otto auf An-
trieb Hermanns der Reihe nach dem Kloster Kempten, St, Gallen, Einsiedeln und
Ilamis, wie dem Bistum Chur zugewendet,*) Von anderwärts her wissen wir,
dass dem Kloster zu St. Goar der Hof Schwalbach und einige Weinberge
*) Die Quencubclogo für aUcs Vorfitohcndo «ieho bei Chrbtoi^li Friodr, Stalin, Wir-
tcmbergische Geschiohte, Stitttg. u. Tüb. 1S41, 1, 435—445, woselbst uuoh dAs Todeajahr Hec«
manne entgegen dor gewöhnlichen Annalime festgestellt ist.
iJK
107
Üampi und wa» bcsontlcr^ für uiiö wichtijj, „cuidurn niumiHtcriu (JonHiKjntio**,
ipitoron Florinstift^ der Zehnte der Kirche zu Humbach -MoDtabaur
Herzog Hcrtnanu geschenkt wurden, beides zwiseheu 932 und 948,*) Nocli
mehr, Reibst seine Verehrung des hl. Plorin vermögen wir deutlich nachzuweisen,
und xwar durch die soeben angezogene Urkunde für Ramis,') Dem dortigen
Horinstift hatte König Otto im Jahre 948 aus Verehrung des hL Florin Güter
tu Keozingen im Dniseothale und zu Finstermünz geschenkt und da dies aus-
dröeklich ^interveutu dilecte filie nostre Ito nee non et Hermanni comitis nostri*
g^ohiefat^ so ist docli wohl auch letzterer als Verehrer dieses Ueiligen deutlich
gekennzeichnet. Von hier aus steht demnach alles günstig für die Geschieht-
lichkeit der im Schönauer Bericht behandelten Schenkung des erbeteneu Leich-
s Fiurius an das Marienstift^) in Coblenz, Ist doch selbst uoch eine Be-
ung des Enkels Hermanns, des ^dominus Otto, Liutolfi fdius** zu diesem
SHfte durch dessen Zeugenschaft bei einem Wachszinso an dasselbe urkundlich
iesen.^)
Anders schon steht es mit dem „capellanus" Hermanns, dem „sacerdos**
Uartbert. Könnte uns ohnedies nur der reinste Zufall eine Nachricht von dem
Vorhandensein seiner an sich nichts weniger als weltgeschichtlichen Persönlich-
keit aufbewahrt haben, so sind wir in der Lage, diesen Zufall hier obendrein
als einen bloss möglichen vorzuführen. Uartbert^) heisat nämlich merkwürdiger-
wetae der Abt des Florinstifts zu RamiS| dem diese obengenannte Schenkung
Otto^s zu teil ward, und er ist vermutlich derselbe^ den wir vom Jahre 952 — 966
aus 9echs Urkunden*^) als Bischof von Chur und damit auch als Gebieter über
die Abtei Karaia kennen lernen^ und der vor 970 gestorben sein musa, da wir
diesem Jahre ein seinen Nachfolger betreffendes kaiserliches Diplom besitzen.')
Goerz, Mittelrhein. Regesten. Coblenz 1876, 1, 267 u. 275, und Vogel, Archiv «ter
clien- und Gelehrt engeschichte. Hadamar u. Coblenz 1818, 1, 73 t — Die von erstercr
nng berichtende Urkunde stammt erst aus dem Jahre 1138 und nennt offenbar irrig
ifermaiiu ^dui[ Francorum*^, waa Goerz 1, 527 iiboraehen oder zu berichtigen vergessen hat.
— ') lianiifl i»t offenbar dasselbe mit Kemus am Inn^ woliin am 9. Apr. 930 König Ileinrich 1*
der dortigen Kirche des hl. Florin die Kirche zu Sins jni Engadin schenkt, nach Zapf, Mon.
l^ 54; llormeyr, Beitr. 2, 94 bei Böhmer, Rege«ta cbronoL-dipIomat. Frankfurt 1831, 4.
Dm Bemerkung bei Roth, Die Visionen der hl. Elisabeth. Brimn 1884, Anm. 8. XIX: ^Dio
Kinfhe 81 Florins stand in Ramunsch oder Remosch in Bunden nach einer Urkunde von 930
IQ Blbtiotheca Zur!auben% betrifft daher den gleichen Ort, wie auch in H. Österley, Ilist,-
geogr, Wörterbuch des Mittelalters, Gotha 1883: ,,Remues (Oraubunden am Inn) Remedii u. XL
Beddit, eccl. Cur. Gesch. Forflcher 4, 191" das Gleiche meint. Es ist danach unverkennbar
4m ller«muscja der Legende Florins^ das auf diese Weise im Volksmunde umgebildet ist.
fiolb fuhrt hierbei noch Ildef. v, Arx^ Oescliichte von St. Gallen 1, 23 und N. G, als Aus-
ftjiort ober den Kultus und die Reliquien St. Florins in der Schweiz an. — ') Die Bo-
rkxrng Roths a. a. O. VH: ,,Herzog Hermann (f 10. Dez. 949) besass ©ine besondere Vor-
fbniikg 2U dem hl Florin, dessen Stift in Coblenz er beschenkte, nachdem dasselbe seinen
Filroo (die Gottesmutter) mit dem hl. Florin vertauscht hatte'\ ist ihrem letzten Teile nach
tHQig atu der Luft gcgriifon, wie sich weiter unten xeigen wird^ und steht mit seiner eigenen
Afi^ab« 8. XIX der Anmerkungen im Widerspruch. — •) Gocrz, Mittelrhein. Reg. 1. 298 f,
^ •) Böhmer, Rcgesta 9. — •) Würdtwoin, Nova subsidia diplomatica. Heidelberg 1782,
tK 863 f ^ $67 r, 372 ff,, 376 f., 378 ff,, 397 f. - ^) Ebenda 3, 419 f.
m^
108
Nun aljcr hekleidcte flcr Alciruniiienlicrzog; aiicli die Wurde einrs iijiugrafoil
Khätia^ wie aus der Urkunde über Ramis und einer tiudern vom 24. Januar !*4^
hervorgeht*), stand also mit Hartbert in nächster Beziehung und mit ihm gc
radc dem Gebiete vor, in dem die Legende vom hl, Flortn spielt. Denn io
Rhätia curiensis, dem heutigen Kanton Graubündon, liegt die Stätte der Wii-k^
i»amkeit Plorins, Heremuscia, und öeinor frühesten Yerehrung*^) Wäre demnach
Abt und Bischof Hartbert wirklich derselbe mit dem der Schönauer Erzählung^
80 hätten wir damit eine weitere wichtige Stütze für ihre sonst unbezcugtcia
Thatsachen gefunden.
Indes mit dieser Möglichkeit aind wir auch bereits an der Grenze der geschieht
liehen Bezeugung des Berichts angelangt. „Druthuinus", zunächst die HauptpersoD
als ^haro de Inreuburg" und „satelles fidissimus*', hat so wenig geschichtlichen^
Anhalt, dass er vielmehr ein Unding für die Zeit Hermanns ist. In den Quellen
dieser Zeit erscheint nämlich noch kein baro, sondern, sofern er sich nicht como^
nennt, der einfache nubilis,^) Das Siegel des Herzogssohnea Otto trogt lediglich'
die Inschrift: „Signum domini Ottonia Liutolfi filii.'^^) Barones kommen erst^
neben optimates und magnates in Urkunden seit Mitte des 11. Jahrhunderts voe
und auch dann nicht als Titel einzelner Personen/^) Und wenn auch Trutwic
in der Schönauer Erzählung einmal „venerabilis dominus*^ genannt wird, so is^
„venerabilia*' ein Ehrentitel, der erst im Anfang des 13. Jahrhunderts sich zeigt."
Die andere Widergeschichtlichkeit ergiebt eich daraus, dass Trutwin j^satelles*
des Herzogs Hermann gewesen sein aolL Schon Wenck fand diese Bereich-
uung in seinen „Historischen Abhandhmgen'' (1778)') „yerdiichtig*^ samt ihre^
ganzen Umgebung und hält in seiner „Hess. Landesgesehichte** (1785)®) dafflr,
dass die ganze „Titulatur kein Kenner des Alterturas für echt halten* könne *'')j
Indes, wenn er auch die Ungehörigkeit des Ausdrucks beanstandete, der kaut
mehr als den gewöhnlichen Kriegsknecht zulässt^^ so übersah er die ünraögJ
lichkeit für einen edlen Franken, im Heerbann des Alemannenherzogs sich be
finden zu können, statt in dem des fränkischen Herzogs oder unmittelbar den^
des Kaisers, da mit dem Tode Eberhards die fränkische Herzogisgewalt, wie io
Sachsen, mit dem Königtum vereinigt ward,") Trutwin selber aber als Porso«
hat nirgendswo einen geschichtlichen Anhalt zu dieser Zeit und alle Yersuche
*) Stalin 1, 433 u, 527. - '} Brower I, 504'-: „nie iJiclytB viguit S. Flonm me
morift^ eist non parum obscurata, ex quo Curtonsos Helvotiis conTooderiiH majoruni pii^taMin
B« religiösem abjccero. Gerte de 8* Otbmnro, primo abbato S. Golli, trjiditum liitoriA in
Rbnetift CurieuÄi etiara Pipini terapor*^ praefuisso eccleaiae, cui titulus a 8, Florino roiifossor«
5. oben Anm* 2, 8. 107, - *) Stwliu 1, 536. — *) Ooerz» Mittolrhein* Rop. l, 29».
*) J. Fiokor. Vom RoichBmralenstaiide. 1861, 1, 36 § 16 a. 17; 134 f. § 97. - *') Du Cangc^
Honficbel 6, 763*. — ') 1, 52. — *) 1, 193 Anm. — ^ Der gloioh«eitigü Kremor» Ong\
naaa, 1779, 1, 305, Anm. 11 urteilt noch etnaa derber, wenn er ^agt: „Wir erwähnen b«
diesem Grafen den ton der ehemaligen Barbarey im Kloster ScHunau erfundenen, dem Drnt*
win beygclegten Titel „Baro do Lurenburg Hcrmanni Duoi« Rheni Alomannorum ndoIiB^imiii
Mtellea** nur darum, um unsere Verwunderung zu äussern, wie e«i )iahe mögen sein können
dftia dieses Klostcrgedicht nooh heutigeatAgs Verteidigung gefunden hat." Widmann, AnnJ
18, 43 hat er aber so wenig als Vogel überzeugen können* — ^^) Bu Cange-Hcnachctj^
6, 73^ t — **) Oermanie, chronic. 13, 99 bei StruTc, Gcrraanic. Bcriptorura 2, 721: »,Qua
fuerunt F^bernrdi, titulo juris belli imperutor orcupat/* Vt^rgK StliUn 1, 41 4^ 446.
^Mf&lil
109
'encks, Vogels und ihrer Nachfolger, ihn aus der später genauer zu unter*
racbendon Urkunde zwischen 1102 — 24 über die Gründung der Propste! Ltpporn
alft fläkhen aufzuweisen, zerfallen, wie weiter unten nachgewiesen werden soll,
ebeftSHJ m sich, als die mit so vieler Zuversicht vorgetragene Vermutung Vogels*),
dio «nen so überzeugten Verteuliger an Schliephake*) gefunden hat, dass der
ZeQgo ,Drudoiuus" unter der vorhin^) angeführten Urkunde über den Zehnten
der Uumbach-Montabaurcr Kirche unser Trutwin und gar Vogt der Hurabacher
Kirche gewesen min müge, weil er au erster Stolle stehe. Denn unter den
Zi?ugeo zumal einer kirchlichen Urkunde erscheint an erster Stelle immer ein
kirchlicher Würdenträger, hier vermutlich ein trierischer Domherr und dann
d^ Kirchenvogt, der hier offenbar ^Hernbertus comes Palatinus" ist* Stellt
doch ausilrücklich auch im Texte der Urkunde: ^Cartulam nostram manu [sc.
.irrliuvpiücupi llenrici] simulque fidclium clericorum laicorumve corroboratum/
liinem genaueren Blicke enthüllen sich aber noch weitere verdächtige
Dinge, die einen zeitgenössischen Erzähler unmöglich erseheioen lassen. So
jind die vorhin schon gestreiften „reni alemani*^, wenn sie nicht als Fahrlässig-
keit des freilich höchst kopflosen Abschreibers angesehen werden müssen, der
etwa an die zuvor geschriebenen „reni franci" gedacht haben könnte, eine ge-
»ehichtliche Ungeheuerlichkeit* Denn besass auch das Herzogtum Alemannien
tmei «Uhingowe^, beide in Rhütia Curiensis, den einen an den Quellen des Rheins,
den anderen, auch „RheIntaP genannt^ beim Einflüsse des Rheins in den Boden-
H^% und wurde es gleich, da es Alsatia miteinbegriff, fast in seiner ganzen
Linge vom Rheine durchzogen, so fiel es doch nie einem Schriftsteller ein, am
welligsten einem des 10. Jalirhuuderts, von „reni alemani** zu reden, da es
cbi>n keine zwei oder mehrere Alemannien gab. Was konnte also den Verfasser
anderer Erzählung bestimmen, von „reni alemani** zu reden, wenn nicht die
rieht einen Gegensatz zu den Main-Alemannen auszudrücken, der freilicli
aer war, da diese sechshundert Jahre früher, gedrängt von Jen Burgunden,
der Mehrzahl nach ihre Sitze am Mittel- und Untermain verlassen hatten und
eh Süden in die von da an bleibend innegehabten oberrheinischen Sitze gezogen
ml^) Diese Absicht aber ist geradezu vernichtend für die Oeschichtliclikeit
4K>ioes Berichtes, sein eigner sehr unbeabsichtigter Verräter. Ebenso verräterisch
freilich würde es sein, wenn die Bezeichnung „reni alemani" aus der blauen
') Besehr, 2S8. — *) 1, 97. — ») 8. oben Anm. 1, S. 107. — *) Chronioon Gotwioanae«
&«lrouiua. Te^ernseo 1732, 743. — •) Da ilie Annahm*?, ein Teil der Alomaiuien hab©
leli der 8chüicbt bei Zülpich (49$) m die Alpen und nach OberitaUen zurQckg'ezogeiij
«Ina iiiiber«olittgte, spiitere Ut, vcrgl. StftLin 1, 149, so braucht ate hier nicht in Betracht zu
kooiBi«!]! aU eine dem Oesichtskreis des Sohanauers etwa zugHngli<>h gewesene. Die alton
8ilM dftr Alemaniifn aber konnte unser BcriühterBtaitor sieh inüglieherweifle aus epiat. 123
4« IIloroDj'nius ad Ageruchium (opp, ed. VaUar&ii !, 1766 col. 913 f,) zurechtlegen oder er
ICMuiiv dfo Peutinger'sehe Tafeli die die AJcmaimeD nurdlich vom Schwarxwald setzt, oder
I fr IkAlte, Wftif nach dem alsbald zu Sagenden am wahrBcheinlichaten ist, Kunde von der 8teUe
0«ogr« Kateona» 4, 26, wo nach dem Oothen Anarid berichtet wird, da«ft die AJematinon
ersten Viertel de» 6. JalirliandertB Asehatfenburg mid Wür^borg besessen haben sollen.
(iSUn 1, Hf». — Zum Übertlusa setzen wir hinxu, auch Ostorley kennt in seinem
uch keine Uh ein- Ale mannen.
^fidk
110
Luft gegritfen wilre. Denn dann läge Jer nicht minder handgreifliche Versuch
einer ebensolchen altertüraelnden Fälschung vor. Jedenfalls ist die Bemühung
Vogels^), die Ehre unseres Legendisten retten zu wollen mit der Behauptung: ^
^Der Ausdruck dux Rheni Alemannorum kann im Munde eines Mönches nicht ^M
auffallen, der damit Iferraanns Ansitz im Einrich, Eugersgau und Alemannien ^«
andeuten wollte'' — als eine verunglückte zu bezeichnen, so sehr sich auch _^J
Widmann^) noch auf sie bezieht. Das Mindeste^ was man sagen kann, ist ^|
Wencks Wort^); „Der dux Rcni-Aleniauorum bleibt immer eine seltsame
Erscheinung/
Ein gleiches ist es mit dem Namen der „reni francorum*^, den bisher noch ^
niemand anstöasig fand. Denn was auch Grollius in seinem umfangreichen ^|
^Responsum ad questionem: an et qualis fuerit Franciae ducatus, rhenensis ^^
praecipue, a Carolingicae stirpis lu Germania regnantis interitu usque ad Suevicum
sive Ilohenstauf. regum Germaniae periodum*'*) vom Jahre 1773 und Chr. Jak.
Krem er in seiner nachgelassenen „Geschichte des rheinischen Franziens unter;
den Meroving. und Karoling. Königen bis in das Jahr 843 ^^ fünf Jahre danach^)
von dem Vorhandensein einer „Francia rlieneusis" zu dieser Zeit mit dem höchsten
Aufwand von Gelehrsamkeit und Scharfsinn zu erweisen versucht haben, ©in
solches deutsches Land gab es niemals, wie das heutige Wissen festgestellt
hat. Mau weiss nur von dem bereits oben genannten ducatus Franciae."^)
HüchstenSj dass, seitdem die Bischöfe von Würzburg sich vom 11. Jahrhundert
ab, — also em Jahrhundert später, als unser Mönch geschrieben haben will —
Ilorzöge von Franken nannten, der Name Rheiufranken in Aufnahme gekommen
sein küunte.') Nur einmal wird ^Francia rhineusis** genannt, aber von einem
I
') Bosohr. 283, 2: — -) Annalou 18, 39, Anm. 1. — '') Eist Abk 1« 52. — \| Acta
ncatleraiae Thnodoro-Palotinoc^ 111^ 333 — 480, — '^J Mftnnhc^im 1778. — *) Von meinem vor-
olirti'U Frounde» Herrn Prof. Fr, Otto, ilom ich bei diesor Oelcg^enhert nicht unterlassen «larf,
meitien tiefsten Dank aujizusprechen für alle seine aufopfernden BeiDuliuiigßn »um Ilerbd-
.^«^liaffett mncH nicht kleineo Teils der mir nutigen litterarisohen Ililfsmittelf wie nicht nitnd^^r ^
zur ♦"inj;ehfMul**n Beratmig^ hl^^^r und anderwürt», hiJfrei«?her Winke nicht zu gedenken» werde
icli belehrt, dass Oiest'brecJii, Oesch. der Kaiserzoit 1860» l, 271 f» und Aum. S. 809 eine
Ven.»ijijgfung des Herzogtum» mit der KroiK* im nimmt; vergh K^pko in den Jahrb. dea deut-
8(tbeu Itoicha l, 2, 93 ff. v, Daniels, Hnndbueh der deutseh. Reichs- und Stnat^sreehtstjeflch*
1863^ 2« 3, 373 f, levgnet aber ilberhatipt^ das» es je eigentliche Herz{}ge ia Franken gegeben
höbe, da Kourad nur coraes, Eberhard offiziell coraeg^ nur bei den Annalist«» diut heisso,
ebtniKo Konrtid der liote, — Der Seltsamkeit wegen setxen T*ir hiniu» dass Roth a. ä. 0 ^ XIX
der Anmerkung^en den Bericht des Schonauer Munche» stützen zu kuunen vermeint mit dem
Folgenden: »Die Grenze von Franoion und Schwaben wird im wtlrtterobergischen Urkb. 2, 87
in einer Urkunde von 1024 als vom süddeutschen Mühlgau gebildet beaeiohnet, der Sohreiber
der Sehünauer Überlieferung schrieb demnach ganz im Geiste alter Einteilung nach Tolks^
atilmmen, die er jedenfalls einer HUeren Aufzeichnung über die Gründung Sohonaus entnahmt*
Nicht nur« dass in dieser aus Liinig, Bptcileg. eccles. 3^ 120 entnommenen, auch von Stiliii
1, 319 u. 321 und Chr. J* Krem er 44 angezogenen Urkunde nueii der noch südlicher gelegene*
Kochergau vorkommt, so ist damit auch nur die sudüstliche Grenjee gemeint Zwischen Franken
und Alemannien war dio Grenze bei Heimsheim (»wischen Stuttgart und Pforzheim), dann anf
der Berghohe xwtsohen dem Murr- und Leinüil n&oh Waitx, Vurfassungsgeschichte 5, 10^.
Vrri,H. H tili Ml I, 222, 597, — *) Österloys Wörterbuch z. R kennt ihn nicht AMiTdings
hl Im der cod. gt^rman.-mouaconsjs 589, foh Ih^ bei Br^hmoUcr'Frommann 1, H*i3 wirr
wo!
i
111
liriftstelkr des 8. oder aDgehendou 0, Jalirhimdortis, der uiitt^r dem Namen
leograpb von Ravenoa bekannt ist, itnd das in der nächsten Nähe derselben
SltUt| die wir bereits in einer Anmerkung oben für die Alemannen am Maine
beraitsuziehen hatten.*) Sollte es da allzu verwegen sein, wenn ein solchen
StmiiDmeütreffen uns veranlasste, iu dem Geographu» IlavennaB einen der ge*
Mtrteii Nothelfer unseres Sehönauers bei llerstellung seiner Märe zu erblicken?
Weiter muss es höchlich auffallen, dass der Schönauer Mönch allein von
der Schenkung des „corpus saneti Florini" an das „Gollegium" zu Coblenz durch
Herzog Hermann weiss. In Cobleuz selber weiss niemand davon. Das Archiv
des ehemaligen Kollegiatatiftes bewahrte noch 1818 zwei wohlerlialtene Origi-
nalien von jener oben angefahrten Schenkung des Hurabacher Zehnten^) seitens
doeiictbeu Herzogs, von der so viel wichtigeren Schenkung des Leibes des Hei-
ligen keine Zeile, Man besasa zu Browers Zeit (1G70) sowohl in Coblenz als
Trier „antiqua raembrana** mit den ^acta vitae eius*^^), aber keines weiss von
einer „translatio** nach Coblenz, so dass Brower*) In einiger Verlegenheit ist,
sra welcher Zeit er das Aufkommen des Dienstes Florins in Coblenz ansetzen
Äall, Von einem Vorhandensein des ^corpus" des rhätischen Heiligen aber gar
ImU er 80 wenig Kunde, dass er vielmelir berichtet, am 8, November 1378 habe
ein Mann aus gutem Hause, Wilhelm Muy^bach, das in seiner Familie vnn
IftOgher bewahrte Haupt des Heiligen dem Florinstift geschenkt!^) Und wenn
Boneeke^MQllcr 3, 395: ,,Oaterf ranken, RinfraEiken" auf, aber dnmii: sind zum Üntcrsolüed
\on de» „Franci leroces" an der Seine die Deutschen gemeint als die pFranci orientoles'* am
Rlieiae und der Donau. 8. Schmciler-Frommann ebenda. Um alle Gerechtig^keit zu er-
nitleii^ seuen wir noeli das uns naehträglioh von Herrn F^of. OtU) YermitteUe aus Wait^t,
VerfAiivttsig»geach. 5, 162 f. hin^u, woselbst die Meinung ausgesprochon wird, dass »ieh für das
obe Franxion kein unterscheidender Name Geltung verschafft fmbe. Es hiess gewulmlioli
Rheinfranken, wie man früher einzeln sagto» sei nicht in Gehrauch geblieben. Hierzu
wird nur der OeogT. von Ravenna angeführt und bemerkt, dass das Carmen de b. Sox»».
di»o Wangiones nenne. Dagegen fänden sieh bei Wipo: ^^Franci, qui supra Rhenum halii-
lant*' urjd bei Berthuld: „Francia eis Rhenum," Es heisao auch „FranHa antiqua** und »vete-
r«» Francu*\ wie seit t053 zuerst ,,FrAnconia*\ dessen Namo spiiter auf die ustlichen Striche
•ich lieschrilnkle. Nehmen wir dies mit dem von uns bereits Bonicrkten zusammen, so fmden
ketue üräache, unsere Meinung xu Andern. Wipo's ^^Franei** und Bert hold« ^.Frnnria*'
eben der Gegensatz zu den Franken an der Seine.
*) 4« 24: Itcrum ad frontem eiusdem Frigonum patriae .. ponjtur patria, quao dicitur Fran-
cis Rhinenstn. In qua patria plurimas fuisse civitates legimua:,,. id est luxta fluulum Rhenum
Moguötia** etc* Vergl. Act. Pal. 3, 334. Chr. Jac, Kremer 35. Wir geben diesem angeb-
Itohen Rheinfranken den wirklicheu Nameu, den es führte, aus der Urk. Ottos 111, von D85,
wo c^s heilst: ^fCurtem Tribuns vocatam in Frantia et in pago Rlnchgouuo uc coraitatu Co-
nonla dncis/^ Kremer, Org. 2, 85, indem ^vir ;suglcich das letzte Wort dem von v. Daniels
Betuuiptaten cntgegenateUen. — ') Vogel, Archiv 59. Yorgl. Goerz, Mittelrhein. Rag, 275;
nach letzterem sind die zwei Ortginalausfertigungen in der von Ren esse ^schcn Sammlung
IP»we«en ujid ein schönes Original mit Siegel ins Staatsarchiv nach Cohleii« gekommen. —
*) Aimale« trev. 1, 504, ^ *) Ibid. — ^) 2. 248, Das Register berichtet unabhujigig vom
T^xle: „8. Florini caput ConHuentiae argento includitur/* Der grossen Freundlichkeit des
Archiirat Dr. Becker in Cobleuz verdanke ich die Nachricht, dass die im dortigen
•afbewahrte, dem 15. Jalirhundert entstammende Handschrift »^Statuta et privÜegia
" an erster Stelle das ,, Caput sanoti Florini cum capito argenteo et rorona argcntea**
^ Damit ist B row er ^s Registerbemerkung bestätigt Leider hatte das Archiv keine
irNivr«^ Mill^ilung zu bieten.
tffl^^
MM
^■Ki
112
er dann an der gleichen Stelle erzühlt, im JaLre 1332 habe im selben Stifte
eine Suche nach den dem Gedächtnis entschwundenen hl. Überbleibseln statt»
gefunden, erfährt man nur, dass neben anderen der Kopf des hl. Silvester, und
eine „statua Caroli magni" und die „argentea insignia*' eines edlen Ritters
Richard mit „versiculi ad S. Florinum** entdeckt worden seien. Also keine
Rede von Überbleibseln des Ileiligen. Und kein Wunder, derselbe Kanoniker
von St. Floriü in Coblenz, Jakob Tectonius, der Brower die „epituroen actonim**
des Heiligen gesandt hatte^ die zuletzt von den Wundern des hK Leibes be-
richtet^), hat nichts zu berichten von einer Überführung dieses Leibes nach Coblenz*
Nur die urkundlich bezeugte ThatsacUe steht fest, dass das Florinstift ehemals
den Namen S. Mariae trug und in der letzten Uälite des 10. Jahrhunderts
seine spätere Benennung erhielt. Die Urkunde über die Schenkung des Ilum-
bacher Zehnten, sowohl in ihrer ersten Ausfertigung zwischen 931 — 49 zu Leb*
Zeiten des Herzogs Hermann, als in der späteren vom 13. Februar 969 lasst
den Zehnten „Dei genitricis sub nomine dedicato cuidam monasterio Confluentie
sito" zu teil werden, wogegen eine Schenkung Otto's 1. an dasselbe Stift vom
November 950 den „fratribus ecclesie S. Mariae et Florini in Confluentia** gilt.
Oleichwohl nennt jene oben vorgeführte Urkunde, w^elche der Enkel Herzog
Hermanns und des Kaisers Otto L zwischen 957 und 973 unterzeichnete, mir
das „Marienkloster im Kastell Coblenz an der Mosel**.*) Nun hat ja der launige
Vers der „Frau Aventiure" Scheffels Recht: „Von vielem mangelt Schriftbericht,
denn viel geschieht nur mündlich", aber was man in Coblenz vergessen, sollte
das in Schünau so treu behalten worden sein?
Und dass ferner der Schünauer Berichterstatter dem ^regi romanorum^^)
nicht den deutlichen Namen Ottt» giebt, dass er sich jeder Jahreszahl bei der
Sclienkung sowohl des „(corpus St Florini" nach Coblenas ah bei der Verbringung
der „pars^ desselben In die Lipporner Kapelle enthalt, während er doch bei
letzterer ganz genau den Tag weiss: „in vigilia apostolorum petn et pauli***),
I
I
') 1, 5Q4»" f. — *} Goerx, MittolrUom, Reg. 1, 207» 268, 275, 298. — ") Herr Prot
Otto rnflclit mtcli darauf uufmorksam, ilass schon dicuo nozeiohnun^ für cineu Mousohen dei
10. Jahr hunderte |,' escli ich ts widrig ist, da Otto L sich nur „rcx" oder später „imper«U>r**
nannte, „rex RomaDorum" dagegen otlizieU erat bei Lothar aufkonunt naoh v. Daniels a. a. O»
263, z. B. IQ der Urkunde vom 23. Dezember 1125: „Lotharius IIL Romanonmi rex:*\ bei
Jaff^, Oe»ob. des deutschen Reiobs unter Lothar. 1843, 41, Anm« 62. Im Context findet sich
0. ft. 1108: „regnante Heinrico Romanorum rege," Wohl aber bciwt e§ „R**™**öorum impe-
rator**, vergL z. B. die Urkunde Otto'a IlL ron 1000 bei Krem er, Orig, 2, 97 u.v.a. VergL
das Genauere bei Wait£, Deutaehe Yerfaasungageacb. 6, 100 f.: ,,Unter den Königen aus dem
f^ftnkiacben Stamme ist ei Üblich geworden, den König vor dem Empfang der katserUelifsil
Würde als König der Römer zu beaeichnen, ssuerst vielleicht von Papst Benedict VIII. (iOtere
Urkunden falsch oder iuter poliert), aber in Beziehung auf den Kaisertitel gebraucht", in dor
UnterHidirifl „armo Heinrici invictissimi regia Romanorum XIV, imperü II1*S also 1016. Von
Heinrich III. wird im Gegensatz zu der deutschen und burgundischen Herrschaft ebemlort S« 104
Anm. I angeführt : „anno regts Rom. secundo, Burgund. primi/^ Als Titel erscheint er znerftt
unter Heinrich VI. in Briefen, vielleicht einzeln m it all enis oben Urkunden, hlaflgfT
unier Heinrich V., seit Lothar und Konrad IIL regetmU^sig. — *) Der Florinstag wird übrigfn«
iu CübltmK am 18. November gefViert, wlihrcnd er hier, in Chur imd sonst »ttf den 17, angf»-
set/i ist; vergL ßruwer, Annulen l, 504''.
iMM
118
I
I
[tmd da» er eDdlteh als Augenzeuge nicht einmal die Namen der so wunderbar
'Gebeilten »ich gemerkt hat, die einen solchen biB an die ^sidera*^ klingenden
Jabel verursaclit hatten, — das alles ist doch wohl wahrheitsgetreuer, unver-
(anglicber Qe^chichtserzählung nicht eigen.
Daa Gleiche haben wir vom Schlüsse der Erzählung zu behaupten. Dort
werden nicht die so glorreich besiegten, gefangenen und vertriebenen Feinde
geoftoiit. Kein Name des meuchlerischen Bauern, und was noch viel beachtens-
I worter erscheint, keine Angabe des Grundes für seinen Mord! Ist für diese
' Zeife an eich solche Thatsache eine ungeheure zu nennen, dass ein ^baro^ durch
dio Hjuid eines Bauern fallt, so befremdet doch noch ungleich mehr, dass der
gr^Itgiosus baro** einen solchen Feind gefunden haben solh Dergleichen be-
richtet Lambert von Asehaffenburg aus dem Jahre 1066 doch nur über den
kircbeüräubirrischen Grafen Werner, dass er bei einem Raube in Ingelheim
im Handgemenge „a quodam nostri monasterii vilissimo mancipio vel, ut alii
feru&t, a foemina saltatrice clave percussus in capite eorruit**^) Aber wenn
dieser gepriesene Chronist weiter erzählt, dass der zu Tod getroffene Graf noch
■0 lange gelebt habe, bis er von den anwesenden Bisohüfeo mit der Ver-
weigerung der „Sacra communio" bedroht, das dem Kloster Hersfeld, freilich
mit kaiserlicher Erlaubnis entzogene, Dorf Kirchberg wieder zurückgegeben, so
metat man das Vorbild für unseren zu Tode getroffenen ,,baro** zu sehen, der
fromm seine letzten Minuten mit der Anordnung zum Bau*) eines Klosters
verbringt.
Doch wozu uns länger zurückhalten, wo dieser Geschichtschreiber Schon-
att^6 »ich in der ganzen Blosse und Grösse seiner dummdreisten Fälschung
»elber entlarvt. Das „claustrum benedictorum nomine schonaw** von den Lippen
de» sterbenden Trutwin sagt alles, sagt, dass wir nach den durchsichtigen
Nebeln des 10. Jahrhunderts in der Helle des 12. vor den Pforten des 1120
gegründeten Klosters Schönau stehen und daas der übele Erßnder des ganzen
Märleins nichts anderes mit seiner Dichtung vorhatte, als — wir werden sehen,
warum — die Urgeschichte des Klosters zu verschleiern.
Wir haben deshalb auch kaum noch not, darauf hinzuweisen, dass selbst
die Namen „lichtburnensis** und „lichtsbron'^ sieh als Machwerke wohl gar erat
des 14. Jahrhunderts darstellen« Denn der Ort zu dem lichten, d. h. klaren
Brunnen^}, wie sein Name offenbar gedeutet werden muss, heisst echt ausgehend
I
") StruTe, Rer Germ gcriptores 1, 336. Kremer, Orig. 1, 271, 2T8, 296 hat »ich
di« Freiheit genommen, diesen Werner ohne weiteres an die Stelle TrutTwins in der „Schön&uer
ItittiriMge*^ ni setzen and seine Ermordung hier mit etwas anderen Worten in dieser erÄShlt
a finden. Wir dnd ihm dankbar dafür, wenn atich nicht in aeinem Sinne. - ') Zu „conBtnii
tocit" «. Du Cnnge-Henichel 3, 178»: „facere = assignare, statuere." — *) AI« Analoga
mit dur f üllen Adjekrivform bieten sich dar: Lichtenborn bei Prüm und dasi?olbe bei Northeim,
•owi« Lichteobrunn bei Lobenstem und dasselbe slaw. Bila studne ^ lichter Brunnen bei MähriHcli-
Tlib«L donit sind der Zusammensetzungen mit Licht- und Lichten- wohl mehr als 200
lid Rudolph, Vollst, geogr.-fopogr.-stat. Ort^lexilcon von Deutach Und, Leipzig 1870, 1, 2551
bis 2557 lu finden. Föratemann, Altdeutflchea Namenbuch. Nordh. 1872, 989'=991 kennt
ooff LflilowB, fielleicht Lichtenau, Lichtateiga, Lichtensteig hei St. Oallen und Liechtenftfl«
bei Baabergf alle drei aa« dem II, Jahrhundert.
114
alid. „Lietprunin**, „Lietprunnin", „Lietpruneo**, ^Lietprun", wie das davon gebit«
dete latinisierte Adj. „lietprunensis**, zusammengezogen Libbrunne*), von ^liohti^,
fliehte** ^= hell und „pruno**, „brunno** =s brannen, während „lichtburnensis**
rein mhd, ist und sein zweiter Teil nur aus dem 13. oder 14. Jahrhundert her-
stammen kann, da sich erst dann die niederdeutsche Versetzung des r : „burn*
statt ^brunne** zeigt.*) „Lichtsbron" iet dazu eine rein etymologiache Erfindung
unseres Mönches, der einen Brunnen des Lichts aus dem lichten Brunnen macheu
zu müssen meinte; und wegen „bron*, das kein mhd* Wörterbuch kennt, eine
sehr späte*
Das Kloster hat übrigens später selber dafür gesorgt, dass man den Wert
der Federleistung seines früheren Mitglieds nicht überschätze. Das lehrt zu*
nächst schon die äussere Erscheinung der letzteren. Die Dichtung bildet, wie
schon durch Widmann bekannt*), den Nachtrag späterer Hand zu der ihr
vorausgehenden Legende des hL Florin, Während nun diese vor allen anderen
Stücken des ganzen Bandes nicht nur dadurch ausgezeichnet ist, dass spätere
lateinische Zahlen am Rande sie in 17 sehr ungleiche Abschnitte teilen, sondern
dass sie auch an ihren schmutzigbraunen, teilweise eingerissenen und wieder
geflickten Rändern die Spuren starker Verlesenheit zeigt, ist letztere verhält*
nismässig unberührt und besitzt auf ihrem ganzen Blatte in vier Spalten keine
Einteilung — ein Zeichen, daaa man sie nicht der Ehre öfterer Benutzung beim
Vorlesen im Refektorium wert hielt. Warum, ist unschwer zu erkennen»
Lehrreicher aber bei weitem sind die drei verschiedenen Redaktionen^
die unsere Erzählung von späterer Klosterhand erfahren hat: eine gereimte
deutsche, von der weiter unten zu handeln ist und zwei deutsch-prosaische.
Von den letzteren befindet sich eine in der viel benutzten amtlichen Kloster-
schrift „Rettung derer Freiheiten und Rechte des Unmittelbaren unter Chur-
fürstlich-Mayntzischer Über- und Hochfürstlich Nassauischer tfntervogtey biaz
daher gestandenen alten Beeodiktiner-Closters Schönau in der Rheinischen Land-
schafft Einrieb und Ertzbischöflich-TrierischenDioeces. Im Jahre des Hejls 1753.*
Sie ist für unsere Zwecke wichtig genug, ihr den folgenden wörtlichen Abdruck
ihres Jj VII auf 8. 5 zu widmen. „Es ist nämlich zu mercken, dass die er-
zählte, vom Oraven Rupert von Laurenburg vollbrachte, Stifftung des Closters
Schönau nicht gleich die erste Stifftung der Mönchen-Versammlung gewesen
und hierher gesetzt worden, sondern dass diese vorher ein Closter zu Liehtbom
gehabt und nur nach Schönau in ein neues Closter versetzt worden ist Als
Grav Drutwin, welchen Textor in seiner Nassauischen Chronik als des Graven
Ruperts Vaters Bruder anführet, von einem Feldzug auf sein Gut Strütli zurück-
gekommen, und auf der Jagd an eben dem Orte, wo der hohe Altar der
Schonauischen Kirche stehe, von seinem Hofmaon nicht erschlagen, wieTextor
meldet, sondern mit einem Pfeil geschossen worden, soll derselbe nach denen
*) Kremer, On>. 2, 151 f. 200; Sauer, Xasa. Urkundenb. l, 151; ,,Llc)uUiniii^' Uoi
Vogel, Beachr. 288 stammt auB dem fehlerhaften Abdruck der „Rettimg**, Reyl. HL 8. 2
und iBt mit Reclit von Kehre in, Nass* Namenbuch 230 beanstandet als 8|ir ach widrig, rergU
Oraff, Ahd. Sprachschatz 2, 147 und 3, 310* - ') Bencoke-Matler-Zarnüke, Mhd. Udw.
1, 2(19; Grimm, Deutsches Wbch. 2> 243. — *) ÄnnaL 18, 3d,
idiä ADü S. FIoriDo') in denen drey Tagen, die er noch gelebt^ verschatlt
Terordnet haben, von der orfochtenen Beute daselbst das Kloster aufeu-
worauf dann nicht allein die Reliquien des hl Florini aus der Kirche
III Lkslilboro, sondern auch die dasige Congregation mit allen Herrlichkeiten
und Gütern nach Schönau transferiert worden." Diese amtliche Darstellung
aber findet ihre Ergänzung in der bei Wenck») aufbehaltenen anderen Re-
daktion^ die so lautet: ^Die Mönche zu Schönau tragen sich mit der Tradition,
Ton der auch Textor wusste, dass Druthwin^ nachdem er von der Besiugung
aer Feinde bei Coblenz auf sein Gut Strüth zurückgekommen, auf der Jagd
BQ aeinem eigenen Hofmann ohne Vorsatz seie verwundet worden und zwar
an oben dem Orte, wo it^t der hohe Altar der Kirche zu Schönan stehe;
Druthwein habe also in den drei Tagen, die er noch gelebt, verordnet, von
meiner erfochtenen Beute an ebeji dem Orte ein Kloster aufzubauen. Die
Scbooauer wollen diese Erzehlung noch mit einer besonderen, der Deduktion
t. »Kettnng* u. s. w*] nicht angedruckten Urkunde. . . bestärken.**
Wird man nun auch billiger Weise zugeben dürfen, daas der erste dieser
beiden Berichte möglicherweise ein Auszug des volleren zweiten ist, so geben
beide doch zu erkennen, dass sie nicht Vorgänger, sondern Nachfolger des von
un« bitther behandelten lateinischen sind; und dass sie eine stillschweigende,
nicht zu de3«en Oun&ten lautende Kritik seines Schlusses darstellen. Man stiess
«ich Äü die bereits von uns oben gekennzeichneten UDglaublichkeiten, verbesserte
ite aber nicht etwa aus der Geschichte, sondern tauchte munter den Pinsel
in denselben Farbentopf der Erfindung wie der Vorgänger, nur mit mehr Oe-
ftehmaek, besser, mit mehr Berücksichtigung der kritischer gewordenen Zeit.
Zwar auch jetzt w erden noch nicht die Feinde Trutwin'a genannt, aber wenigstens
der Kampfplatz bei „Coblenz.** Der hussliche Meuchelmord wird beseitigt, wie
irung mitten im Triumphgefühl seines Opfers, der unbekannte bos-
Bticulus*' wird zu dem freilich auch nicht sehr viel bekannteren Strüther
Y Hufmann '^y der auf der Jagd das Unglück hat, seinen Herrn mit einem Pfeile
la verwunden. Der Getroffene hat dann noch ganze drei Tage Zeit, die Stift-
■tlg des Klosters Schönau vorzubereiten. Dass damit keine wirkliche Ge-
«chichte geschaffen sei, hat gleichwohl niemand besser gefühlt als das Kloster
\ indem es seinen Rechtsanwalt ein bescheidenes „aoU* in die Erzählung
diese Veränderung der ursprünglichen ^Legende**, von der neben-
bei bemerkt das Kloster, „nach denen Legendis von S. Florino** des eigenen
Bariehts zu schliessen, mehrere Ausgaben gehabt haben muss, stattgefunden
bft unschwer festzustellen. Sprachen wir schon von der kritischer ge-
[>rdeQen Zeit, so können wir diese nun mindestens ans Ende des 17. Jahr-
hunderts hinausrücken, wenn nicht in den Anfang des 18. Die alte Legende
Bimlich genau bis zur Zeit zwischen 1613 und 1629') vorgehalten, ids das
ater eilno Erneuerung erfahren und damit die gereimte Erzählung ^in ve»tilmla
^^ti «iod uoch citjirial berührt S. 401 datelt«t* ^ *) Bint Al>h. t, 50, Aiun. 6«
! tu «DU, Annal. IS. 37.
llß
templi oben an der Mauwero*^^) verschwundQU und „aiugulari etudio/ wie l'Ie-
han") behauptet, nicht wieder eraeuert wordeu ist. Nun aber musste mau docfc
minileateos eiu Menschenalter verötreicheu lassen, bis man die Veränderung
der alt- üud allbekannten Trutwin'acheD Mordgeachichte wagen durfte, die Dan
der deutsehen Reime überhaupt nicht so leicht auszurotten war. Das Eude*
de« 17» Jahrhundertö wird demnach eine nicht zu späte Änderuogazeit genannt
werden dürfen.
Diese vielbesprochene, gereimte Erzählung aber, zu der wir uns entgegen
der Zeitfolge nun erst wenden, weil sie zu dem Alten ein völlig Neues fugt,
bedarf trotz der ihr bisher gewidmeten Sorgfalt eine eingehendere Besichtigung,
Auch von ihr müssen wir uns zunächst einen Abdruck erlauben, ob wir deren
gleich vier besitzen*), da wir die Wiederherstellung des ursprünglichen Texte«!
an verschiedenen offenbar verderbten Stellen des jetzigen zur Rettung nicht!
bloss der reimerischen, sondern auch geschichtlichen Ehre seines Verfassers^
vorzuschlagen haben* Wir lesen unter Zugrundlegung des sich in der That
als älteren ausweisenden Widmannsehen Textes folgendermassen :
1. Ich hab mich des billich vermessen
Ehr, Lob vnndt Preiss nicht vergessen
Von Dreyen adeler wohl erzogen
In einem Nist, ist nicht erlogen,
5, Was Diese Drey brüder han gestifTt,
Bin ich erfahren wohl durch ihre schrift;
Alpertus*), verstehent mich auch recht,
Ein Bischoff zu Meintz vnndt Gottes Knecht,
Dudo zu Lippurg, eyn seltzem Ding,
10, Das man izundt Nenndt vff dem Rinck,
Da wähnten eins Ritter vnndt Knecht,
So izundt Da wohn Azelln vnndt Specht,
Truthwinus diss lants recht patron
Von Lureoburch der edel baron,
15. Ala der mitt recht hat bezwungen,
Die feindt alle vberrungen^)
Dar**) sähe man nuhn billich vnndt oben
Sein Herz in frewden schweben;
Aber seyn freyer Kühner muth,
') Ebenda 36. Hiernacb ist die Bemerkung „auf einem AltArblatte in def Kirche tn '
Bchunau geschrieben** bei Roth, Die Yisienen der hl. Elisabeth, VIL zu beoieBseAt der darb
schon Besseres aus Kremer I^ 278 hätte wissen dürfen. — ^) Ebenda 37. — ^) Yoii 171^
bei Kremer, Orig. 2, 379 ff,, von 1837 bei Niklas Vo^t, Eheim Geschichten und Sa^n.
Fniiikfiirt a M. 2, 878 ff., von 1866 bei Schliephake, OesoL Nassaufl 1, 195 f. und von 1884
\m Widmanii, Annd. 18, 84 f. — *) fiewuhnliche Lesart: ,,Rupertu8", — ^) Oewöbnlichor
Text: „vberwunden"; ,,vberrungen** aber s. belLexer, Mhd. Hdwbch. 2, 1651 = überwinden;
vbivr ist dabei md. — *) Kremer, Sohliephake, Widmann: ,^da8*'; Vogt richtiger „da";!
,,dar'* för „da** noch bei Lohenstein (f 1683) s. Weigand, Deutsches Wörterbuch, Gieasen 1873,
1^ 8üL
117
I
20. Den er Drug vndor sein cm oissea llut,
Was in ihoi nicht Lenger Daureu*),
Das geschähe Durch eioen Bawreu,
Der macht sich halt vff die Strassen,
Seynen Zorn wolt er nicht LasBcn,
25. lu einem Pusch lag er verborgen,
Er wacht den Abent und morgen
üf die Zukunfft dieses baren*)
Des Dott er Hatt hart geschwarcn/**)
Da Kham geritten enndtz eilen*)
30. Tnithwin mit seinen gesellen
Zu Sfrrüdt Hie auf Dieser fardt,
Da derselb bawr auch auf ihn wardt,
Er schoss den Graffen vff dem Pfcrdt,
Das er zu Dodt Stürtzt vff die Erdt»
35. Die Stath der Graf auch mercket eben,
Dieweil er noch hat das Leben;
Er was dem geistlichen Leben holt,
Er schätzt ailber, vnndt auch sein golt,
Schonaw ein Kloster vff der Stadt
40. Stifft er, Da er durchschossen wardt.
Selig was dar Graffe^) Truthwin,
Den Heiligen Patron Sant Florin
Vber all sein guth, gült auch Kcnth
Lrbt^ er in seinem letzten testament.
45. Mann Schreib Datum, sag ich furwar,
Dausend Hundert, Zwantzig sex Jar.
Zur Verteidigung der von uns vorstehend versuchten Besserungen haben
wir nicht bloss daraufhinzuweisen, dass dieselben einen besseren Sinn hersteilcu
and dem Misstand abhelfen, dass vier Verse nicht einmal ordentlich dureli
Assonanz reimen; wir meinen auch, durch den Umstand dazu berechtigt ge*
Wesen zu sein, dass der hergebrachte Text nur auf späten Abschriften einer
Abschrift beruht, deren Schreiber sich entweder nicht mehr in das ältere Deutsch
() GenitiT des hier zam erstenmal im äiteren Hhd. vorkommenden Wortes. Ver^l.
Orimm, Deutaches Wbch. 2, 839 ; Weigand 1, 309. — ') Gewöhnlicher Text: „Graffen*; bei
teltm eller* Fromm ani), Baver. Wbch. Stuttg. und Tüb. 1872, 1» 2ö3: „Was tat der hoHi-
gtabom bar, swen er daz wart gewar." Vor j^K Graf f, 3, 153; 2, 741, Grimm, Reclitaaltcr-
tiner 810. Deutache« Wbch. 1, 1139. Lexer 1, 126. — •) Gewöhnlicher Text; „geschworen";
abir „f«ich waren'* s. Lexer, 2, 1363.^*) Wie bei Vogt, und ist mhd. ^^enselen**:^ einzeln;
4h Leaart der Anderen „Tnndt Zellen** ist einfach ünainn; und die Annahme Widmanns
„larütett aud gezeHen'* d. h- ^,den Paaa gegangen** ist darum unhaltbar, weil da« Tart, heisacn
«(bite: geleitet, wenn überhaupt ^^zellen** für „zelten**, „zclden", „zeltenen" TOrkam Vcrgl,
Lex0r 8, 1055. — ■) Widmann: „war daa Graffen/ wag keinen Sinn gibt und gegen den
ikvifcn Gebrauch unser es Reimen ist, der immer „waa'' fQr y^war** aagt Beaaer daher Vogt:
^wu ^m Graff«'.** — "l Naa». Mundart; erben = zum Erben einii^t^n, tt. Orimm ^ Deuteohea
WM« S, 711»^ auch mhd.t s. Loxcr 1^ 612.
US
tiüdeu koDUtü und daher nur den Siim wiedergab oder UnsiDU schrieb, öX\
aber die schadhaft gewordene Schrift an der Wand (schadhaft vermutlich tai^
meist an den äusseren Rändern, welche die Reime enthielten,) nicht mehr
lesen vermochte und sich daher aufs Raten angewiesen sah. Stand doch d\i
Schrift, als Lösch^) 1590 sein: ^Ist bis uf anno 1590 Da Schönaw gestii
worden 464 Jar*^ unter die Abschrift setzte, ungefähr 80 »Tahre^) schon an de^
Wand, die wenige Jahre vor 1634 mit der Kirche einer Erneuerung benötigt war.*)
Die Verantwortung wegen des tieferen Einschnittes in den Text, den w'iv mi%
„ Alper tu s*' vollziehen muasten, haben wir erst vorzubereiten mit der BeurteiluBj
des Inhaltes der Reime, zunächst mit der Wiederaufnahme der von Widmaon
mit so grossem Geschick beinahe zum Abschluss geführten Untersuchung ubef
die Abfassung unserer Knüttelverse. Es wird uns das gleichzeitig Auföchlu«»*
über den Zweck derselben bieten.
In dem von der ^ Rettung*^*) beigebrachten Bruchstück aus den flAnnaHbuf
Schonaugiensibus sub A. 1506"* lesen wir von einem zwischen dem Manns^
und Frauenkloöter über Waldbenutzung entstandenen ziemlich hitzigen Streit
der eine „dieta pro huiusmodi rixa consopienda'^ nötig machte. Die Kloster^
frauen, angeführt von ihrer „Domna** aus gräftich nasaauischem Blute und ge
stützt auf die gniflichen „patronos suae usurpatae libertatis", brachten bei diese
Gelegenheit vor, dass ihr Kloster vor dem Manuskloster gegründet worden se
und ihnen deshalb die Yorherrachaft gebühre. Die Klosterbrüder aber ent^
gegneten, dass Trutwiu auf ilirer Stätte getütet worden, die Versetzung de
Brüder von Lipporn nach dieser hierauf zufällig erfolgt, die Stiftung also keine
neue, sie darum die ersten auf dem Gebiet gewesen seien. Die vorgewiesenen
Exemplare der Gründungsschriftstucke machten nach langem Hin und Her dein^ri
Streit zu Gunsten der Mtmche ein Ende,*) ^^
Nehmen wir zu dieser Nachricht die andere hinzu, dasa um dieselbe Zeit
die Klosterkirche in Schönau umgebaut worden ist von dem am 14. Dez. 151(
vei*storbenen Abte D. Joannes Schwelm"), so liegt nichts näher als anzunobmcaj
dass von demselben Abte, der wohl auch der Reimschmied war, genau zwischen
1506 und 1510 die Verse an die Kirchen wand gekommen sein müssen zu einen
beständigeu Zeugnisse für alle die Klosterkirche Besuchenden, dass dem Kloste^
die Ehre der Trutwinstiftung gebühre. Es mussten eben Verse, und diesfl
mussten deutsch sein, und ein entsprechendes Gemälde mussto zu ihrer augenJ
scheinlichen Erläuterung dienen, dass allen Klosterbesuchern der dem Kbdteij
*) Widniann 35, — ») Ebenda. — ^) Ebenda 37. — *) S. 86 f. — *) Der WoiÜäu
hi dieser: ^jRursum friTolo [moniaies] objicumt, earura MoiiBÄtorium (verius autem Clausoriun
fundatum füisae ante noetruin Mouasterium, ideoquo ad ipsaa praedoniinftUoneni rcspicero jUqut
conoernoro, nee recolentes, quod Druthwino hoc in loco necato sie translatio fratrum de Lippor
huTic ad looum ox conttogenda facta o»t, non autem fundatlo nuva, erjc^o eranius prius tu hU
Territoria; sioque reBpon»uiii est Poitrenio ubi negotium istud Titioßum ab utrisque parübu
uliquaiidiu v^ntilahim fuemt^ twndem produotis lecti?que copiifi üttorarum fundationis in pala
ümnibuB Monialium vel Nounarum temeranus succubuit conntus/* — Laut Du Cungi}*Hpnßehß|
2, 590^ iflt tiüopia^' excmpluni acripti Tc|>(tiiot6itr>u aive originalin, was hier um so näher lii»gt,
da die Mönche doch nur mit Originalscbriften etwas beweieen konnten. - *) W^IrMann
und BiicelinuSj Qermania top. chron. stemmatu^raph. Aug, Tind* 1662, 4^^ 180'
tI9
wichtigt» Thatbestand fiir immer eingeprägt werde, — eine Absicht, die so
ndlich, wie wir oben bereits andeuteten, erfüllt worden ist, dass noch heute
die Kunde davon im Yolke lebt und diese nebenbei bemerkt eben jene sog.
Sogs darstellt, der seit Wagner eine solche Wichtigkeit beigelegt worden ist^),
ala sei sie ein selbständiges Erzeugnis geschehener Dinge neben den schrtft*
Uehcu Berichten her.
Dürfen wir aber mit Fug daa Bild* und Reimwerk an der Scbonauer
Kircfaenwand den Vorgänger der „Rettung** von 1753 nennen, so haben wir in
dieaem nicht bloss den Ausdruck des ehrlichen Ülaubens und Reehtsbewusstseinis
dea Klosters im Unterschied von seiner bewussten Zusatzdichtung zur Legende
Florin*i zu erkennen^ sondern dürfen auch überzeugt sein, in ihm den Auszug
alles dessen vor uns zu haben» was das Kloster an ihm rechtskräftig erscheinenden
Boweiscu für seine Gründung besass, mit anderen Worten, den Auszug aus dem
ihm auf der Tagfahrt von 1506 vorgebrachten und vorgelesenen „copiis
rarum fundationis**, — ein Beleg, im Vorbeigang gesagt, dafür, dass nicht
der bekannte Sündenbock in diesen Dingen, der dreissigjährige Krieg, das
Klosterarchiv seiner wichtigsten Urkunden beraubt hat^), noch auch etwas von
ihnen zu Mainz sich finden kann.^) Eine absichtliche Dichtung des Klosters
Jüerbei muss schon um deswillen ausgoschlossen erachtet werden, dass es von
len auf der Tagfahrt anwesend Gewesenen, namentlich von den ihm auf den
Dienst lauernden Nonnen im Falle eigener Erfindungen des Betrugs geziehen
erden konnte.
Das vom Kloster Vorgebrachte scheidet sich nun aber deutlich in drei
Teile. Den einen mittleren Teil (V. 13 — 44) erkennen wir sofort als gereimte
ie^lergabo hauptsächlich des Endes der ^miracula s. Florini in frantia gesta.**
e Zuthaten des Reimers beschränken sich lediglich auf unschuldige Aus-
ftchmückungen seiner Vorlage; sonst ist er von so sklavischer Treue gegen
diese, dass er z« B. selbst das „coUigens^ derselben mit „schätzt*^ = sammelt^)
ebt.
Der andere oder Schlussteil, den wir hier vorausnehmen, weil wir seinen
Inhalt zur Erklärung des folgenden benützen müssen, wird von der Datums-
angabe gebildet und beruht offenbar auf einer im Kloster vorhanden gewesenen
iUiercu Aufzeichnung, sei diese auch nur über der Klosterpforte eingemeisselt
gedacht, da wir auch ausserhalb desselben auf deren Kenntnis stossen. Ho
hftt der schon vorhin genannte Pfarrer M. Joh. Plebanus, der von 1606 — 1618
b dem benachbarten, Schönau unterstellten, Welterod amtierte, nach den Mit-
^ AnDid. 1, 2, 197, Vogel, Besehr. 287, Schliephake 1, 100, Widmanti 31; ein
imlwlnindt»!! aber vor ihnen schon Reinhard, Jurist und bist, kleine AuÄfuhrungen, Cik'aaeo
1747, ;i. 105^ wenigstens in Be^ug auf die Burg »,Löpeni", — l>ic Rchweizerische Herkunft der
Jlerm von Luppern** findet schon bei Sohlicphake genügende iieleuchtuug. Doeh hat dies
oth nicht »bgehalten, dietselbe frischweg Aufs Neue jtu ln^Kn«iiten, Viaronen X- 1 D*ä Ün-
ifvliohste in dieser Richtung hat er iuilcsnen^ uobonbei benii^rkt, 8, YIII geleistet, indem
trtbi«o rt^' ^'"8 Tuuto" mit unserem Tuto verkoppelt und diesen dann van 1089 — 1 117 eine
(. I i> mit Sehaffhansen spielen tüsat, dass man seinen Augen nicht traut. ~
0 JL^ittmg*' u. 9. w. mb, Widmann 42. — *) „Rettung** 2, Anm. — *) Lexcr 2, 673,
120
teilungen Widmauna*) aus zweien seiner Berichte vou 1613 und 16^4 neben
dem wohl nur irrtümlichen Jahre 1121 zweimal das Jahr 1126 als Gründungs-
zeit Schönaus und wohl auch Todesjahr Trutwins bezeichnet Seine Angabe
ist für uns um so bedeutsamer, als er uater dem ^der evaDgelischeu Lehre
zugethanenen Abte*^ Lorichiua (f 1613) Gelegenheit genug gehabt haben wird,
sich genaue Kenntnisse aus dem Klosterwissen zu verschaffen. Ebenso be-
deutsam erweist sich die kurze Nachricht bei dem gleichzeitigen Textor*):
^Trudewin ist im Jahre 1126, da jetzt das Closter Schonaw ligt, erschlagen
worden.**
Der dritte, in Wahrheit erste, Teil endlich enthält, wie V, 6.: „Bin ich
erfahren wohl durch ihre schrift"^^) klärlich dartliut, — wir können diese nüch-
terne Wahrheit den Schwärmern für die „Sagen und Lieder der nassauischou
Heldenzeit '^ seit Vogt*) nicht ersparen — den Auszug aus den noch heute
uns vorliegenden Urkunden nach der Deutung des Klosters, und eben deshalb
Wahrheit und Dichtung! Diese bereits von der y,Rettung*'^) fehlerhaft abge-
druckten Urkunden sind: 1) die undatierte aus den Jahren zwischen 1102 und
1124, laut welcher „Tuto de Lurenburg advocatus lietprunin locum ipsum
in comitatu Luduvici situm cum omnibus bonis ad ecclesiam illani pertinentibus**
dem „SchafiTImseDsi monasterio" übergiebt, und 2) die vor dem 13. September*)
1132, in welcher Adelbert, Erzbischof von Mainz, bekundet, dass ^Ruobertus
de Luoronburch", sein ,,cognatus", das „monasterium Sconoue in predio buo
fundatum*' dem Erzstifte Mainz übergeben habe.
Aus der ersten erwächst uns zunächst „Dudo zu Lippurg* (Y. 9). Aller-
dings „eyn seltzemDing*^, nur in anderem Sinne als dem des Bruders Versmachc
wenn man erwägt, dass dieser klärlich den geschichtlichen „Tuto de LureB
bürg" aus einem Vogt der Kirche zu „Lietprunin" mit seioen Brüdern zmn
Herrn von Lipporn macht« während doch Trutwin nach der Urkunde nur ein
,jpredium Lietprunin** d. h, eben dort besessen und der Kirche des Ort^ ge-
schenkt hatte, der Ort selbst aber so wenig Eigentum der Laurenburger war,
dass er noch 1361 als gemeinsamer Besitz der ^ Vierherrn" erscheint^}, wie
Strüth und Welterod, allerdings nur in dem Sbne, dass die Vierherrn daselbst
bloss Gerichts- und Centherren waren, während Schönau das Hubengericht über
sie in späterer Zeit besass.^) Es kommt das aber offenbar aus demselben Miss-
verstand des Wortes ^locus** der Urkunde her, den sich auch die ,|RettuEg**)
hat zu Schulden kommen lassen und den bereits Krem er***) ausführlich klarzu*
Htelleu bemüht war, ohne dass freilich Roth sich davon abhalten licss, ihn zu
erneuern.^ ^) Der gute Bruder verstaud unter „locus" den Ort Lipporn selber,
I
*) 8. Se f. — ») Nftszawiache Cbroiiiok. Herborn iei7, 56. — =) Mit riclitigem Geftthl
haue Widttiauu diesen Vers gesperrt drucken lussen, aber „il»'*^** *1* i- ^^^ ürkuDdenateUer
jjScbrifk" mi^skeDnend, S. 41 gonieint: „Dcnuiaoh hatte der Sohrdber der deutschen ßcinie
noch ©ine andere Vorlage ah die „Legende'*, d. h. abcrlioferte schriftliche Erruhlung," —
•) Rhein. Gesch. und Sag. 2, 373* — *) Beyl, K und IIL Kreniefi IL» 151 f., 158 fl'. (lotzU»re
aU6 Gudoni, Cod. dipl. IJO.) SohUcphake 1, 196 f. und 198 f, Bauer, Nass. ürkb. l, 127 f.
— *) ,^Naoh Massgabe des Regicrungsjahres des Königs," Sauer a. a, O. 127. — ') Anuftlen
23, 69. 83 f. — ') „Rettung*' 35 ff. und 45. — T 8. 5 f. — '^) Orig. T, 305. — »»i Die
Visionen der hl. Elisabeth, IX.
121
zu »einer Zeit freilich dem Kloster gehurtü, wiUircrj<l nur die Kirche mit
ihrem Zubehör von Qüteru damit gemeint war, wie der Zusammenhang klar
ergiebt Weil nun Tuto das ganze Dorf verschenken konnte nach des Vera-
kdaBllers Annahme, war er ihm auch Herr von Lipporn, und er ward bestärkt
in dtttem Oedanken durch die angebh'che frühere Burg daselbst, die nach den
biahiir nur von dem Nichtfaehmann Wagner untersuchten Resten einer King-
maaer*) aus Bruchstein und Lehm, der berühmten ^Burgschale*' seit Beinhard*X
ühae jegliche Innenreste freilich nichts weniger als eine solche, vorsichtig ge-
sprochen, gewesen zu sein scheint, obgleich sie in dieser Eigenschaft die tapferste
Tcrteidigungsmannschaft von 1525^) an bis auf den heutigen Tag an einer
n Reihe Geschichtschreibero gefaudeu hat.*) Doch nein, — warum nicht
ich diese romantische Mannschaft zur WafFenatreckung zwingen? — nein,
fliebt die angebliche Burg hat den Dichter geschaffen, sondern der Dichter
die schon sprachlich ganz unmögliche „Lippurg**. Was keines ^jSängers Fluch**
jemals niederzureissen gehabt hätte, einzig unseres Sängers kühner Flug baute
das ^soltzem Ding, das man izundt nennt \* dem Rinck*^ zu einer Burg aus
imd belebte es mit Rittern und Knechten, indes der nüchterne Sinn des Volkes
des Dichters „Azelln und Specht" in den Trümmern eines soviel richtiger von
ihm bezeichneten alten Volksbollwerks wohnen liess.^) Was aber nutigte den
Schonaaer Mönch zu dieser völlig freien Dichtung seiner Phantasie V Offenbar
die Abeicht, den Rechtszusammenhang zwischen der ehemaligen Propstei Lipporn
und der Abtei Schönau stillschweigend Ausdruck zu geben, da er es in der
Kr die Unterschrift unter einem Gemälde nötigen Kürze nicht rund brachte,
der Stiftung von Lipporn selbständig zu gedenken. Denn wunderbarer Weise
ist von dem, was diese „Drey bruder hau gestifft*^ dem Dichter alles ausser der
Btifkuiig des einen Trutwin in der Feder stecken geblieben, wie denn der Zu-
mmtmiwihang des Ganzen so sehr keiner ist, dass ein Abgrund gähnt zwischen
den »wei ersten, nur als Statisten aufgeführten Brüdern und dem letzten, dem
tU eigentlichem Stifter der Löwenanteil am ganzen Schönauer Epos wird.
Kommen wir nun aber vor dem zweiten zu diesem letzten Bruder, um
den Zusammenhang mit der Urkunde zu wahren, aus der der Mönch seineu
Tuto nahm. Dort ist freilich von keinem Bruder Trutwin die Rede und wenn
UOBere Geschichtschreiber recht hätten, so wäre das auch eine Unmöglichkeit»
Denn ihnen ist es ein Trutwin des 10, Jahrhunderts, Vogels ,,Drutwin I.*^, eben
') Ton der jetzt abor nicbU mehr vorhanden Ut, Vergl. LotÄ-Schneider» Die ßau-
lUnkmiUer des Ref.-Bex. Wieib^en. Berlin 1800, 299. — *> Jiir. und hlat kl. Ausf. 2, 105.
— •) 8. die wundersamen Dokumente ober dio Herren von Lopcrn etc», die auch Textor bo
Irtati^rsig wiedergiebt, bei Orlers, La g^nualogie de* illustre» comte« de Nassav, Leyden 1615,
tat M, t ff. — *} Textor 32. Tolner, Historia F&latina, Fraiikf. a/M. 1700, 183. Reinhard
B. «. O. Vogel, Beschr. 287. Schliephake 1, 98 ff. Widmann 33. — ^) Der Gemarkuogs-
DMM «fiiti^' findet sich nach K<*hrein B, 528 auch im Qobieie des benaehbarten Welterod*
Wim \m ämm von Bleasenbach bei Kunkel. Nach Grimm, Doutsehes Wbeh. 7^ 990 wird da««
Wort von Erdw&llen gebraueht, bei Forste mann, Die deutsch. Ortsnamen. Nordlingen 1863,
2, nO kommt es in der Bedeutung ron BefestigungÄWork, bei Bück, OberdeutÄchoa Flur-
BtuUg. 1880, S 219 ats ninder FTftgel, auch Ringmauer vor. Letiterer Nam«
elfiUtjg im Ntw«auischon, vergl Kchrciu u* a. 0* 502.
,. .«>..— .^
122
der, den die Schönauer Zugabe zur Florinlegende zu nennen scheint. Nur hat
sich dann das Merkwürdige zugetragen, dass Tuto von Lurenburg, der Mann i
des 12. Jahrhundorts, indem er die Propstei Lipporn für seine Seele und die |
seiner „parentum", ^Precipui trutwini" stiftet, einem Vorfahren das Denkmal '
gesetzt haben soll, welches dieser nach der Legende 200 Jahre lang vergeblich
gewünscht hatte! Hier aber haben wir nun eine wirkliche Hilfe an unserem
Schönauer Barden. Wir empfangen von ihm nämlich einen dreifachen Auf-
schluss über das uns Wissenswerte, der als die amtliche Auffassung des Klosters
seiüer Zeit mit einiger Sicherheit die Überlieferung des Klosters überhaupt j
darstellen wird. Aus den bereits besprochenen Schlussversen des Gedichtes j
zunächst: „Mann Schreib Datum, sag ich furwar, Dausend Hundert, Zwanzig
sex Jar", gewinnen wir die Gewisaheit, dass das Kloster seine lateinische Gründ-
ungslegeude, unbekümmert um die groben Zeitverstösse ihres Verfassers itCb
12. Jahrhundert verlegt, wie nach unserer Beweisführung oben der Verfasser
schliesslich selber; Trutwin also diesem Jahrhundert angehört, ja wo möglich
in dem bezeichneten Jahre gefallen sein soll. Sodann wird unter dieser Vor-
aussetzung klar, daas das Kloster in den ^parentes'^ der Urkunde genau das |
sieht, was Du Cange-HenscheP) von „parens** als „sanguiue proximus,
aguatus, cognatus** schreibt, die Blutsverwandten; mitbin der siegesgewisse Schluss
Vogels*), der an Schliephake*) einen so warmen Lobredner und an Widmann*) I
und Roth^) bis heute so treue Gläubige gefunden hat, der Schluss: ,|[n einer
Urkunde, die zwischen 1102 und 1124 abgefasst ist, zählt Dudo IV. von Lauren-
burg, Vogt von Lichtborn^ den Drutwin, der die Kirche von Lichtborn gestiftet 1
und dieser Stiftung sein praedium daselbst von seinem Patrimonialgut zugewandt, [
ausdrücklich unter seine Vorältern, von welchen er diesen allein anführet
und für dessen Seelenheil vorzugsweise sorgt. Dadurch stehet die Sache über ii
allem Zweifel da!" — als leere Seifenblase zerrinnt und Trutwin als Zeitgenosse fl
Tutors erscheint^ der sogar zur Zeit der Gründung des Klosters Lipporn noch ~
am Leben war. Denn so fasste offenbar der Mönch mit seinem Kloster die
Stolle des Tuto'schen Stiftungsbriefes auf, wo es von Trutwin heisst: „qui de
suo patrimonio istud predium Lietprunnin quasi deo decimam optulit in sacri*
fioium**, da in der oben mitgeteilten Stelle aus den „Annalibus Schönaugiensibus*
ausdrücklich gesagt wird: ^Quod Druthwiuo hoc in loco necato sie translatio
fratrum de Lipporn hunc ad locum ex contingentia facta est", was sich durch*
aus deckt mit dem von Plebanus^) erhaltenen Berichte; „Sic olim legi in anti-l
quo mauuscripto^) : monasterium S. Florini in Sconaugia Treverensis Dioecosis
fuudatum est a Drutwino Comite de Lurenburg Ordinis S. Benedicti^) in pro- 1
*) 5, 94^ — ') Beichr. 288. — "*) 1, 96. Von dorn Urfipriiiig^e des Hfttisos Nassau. ^
Wieab. 1857, 54. — *) Annal 18» 33. i3. — *) Di© Visionon Vm. — •) Widmann 37.
^) In wclelicm wir aber nicht, wie Widmann, die die Legendo cntbaltende, eondern einol
andere Handschr. mit Aufzeichnungen aus der Klostergcschichto sehen, da die Lege o de nicht« I
von dem Hochaltar« als BexeichniiDg des Todeßortes Tnitwins erzählt. AllerhöchÄlens dlirftQ |
an eine andere RezQUüioii dorsolbeD gedacht werden. — *J Dasa dudurch Trutwin al» Benc'
diktiner bezeichnet sein »ollC| wie Widmann halbwegs annehmen möchte, m doch woh! duroh j
die B^zeiohnung ^^comefl^' ausgetohlosaen« ^^Ordinii S. Benedict]'* gehört offenbar tu ^moafl*f
etcrium/*
dHHüJHML^
123
prio fundo, qui Tulneratus in loco ubi summum altare stat, satU dotavit locum,
translaio Prioratu de Lipporn fedt abbatiam l^ — Dasa aber Trutwin auch Bruder
Tuto's war, das folgt unserem Mönche, wenn er es nicht aus der Überlieferung
des Klosters hatte, aus der Stelle der Urkunde, wo es heisst: ,si ego [Tuto]
Tel aliqnis de proxima consangwinitatis linea succedens advocatus.'' In der
nächsten Linie^) liegt für Tuto der Sohn oder Neffe, in der gegenwärtigen also
der Bruder.
Nun erst kommen wir zu dem dritten angeblichen Bruder, den der über-
lieferte Text ^Rupertus'' nennt, wir aber Albertus oder Alpertus lesen za müssen
meinen. Es fuhrt uns das zu der oben angezogenen Urkunde von 1132, in
welcher die beiden Namen vorkonunen: «comes Ruobertus de Luorenburch^ und
yAdelbertus Dei gratia Moguntinus Archiepiscopus et Apostolice sedis L^^atus.''
Indem wir aber diese Urkunde allein massgebend sein lassen, brechen wir gleich-
zeitig den Stab über den Versuch Vogels und seiner Nachfolger, den Rupertus
des überlieferten Textes ab wirklichen Erzbischof von Mainz nachweisen zu
woDeUf wenn dies überhaupt noch möglich wäre, nachdem es der Text und
die Geschichte schon längst besorgt haben. Der Text, indem er mit seinem
ausdrücklichen Jahre 1132 keinen Mainzischen Erzbischof des 10. Jahrhunderts
meinen konnte. Die Geschichte, indem sie berichtet, dass jener Erzbischof
Ruprecht von Mainz von 970 — 975 kein Nassauer, sondern ein Sachse war.*)
Ob nun aber auch ^Rupertus verstehent mich auch recht, Ein Bischoff zu
Meintz vundt Gottes Knecht' hüen muss? Wir geben zu erwägen, dass unsere
Urkunde ron 1132 das Kloster Schönau dem Mainzer Stuhl, bezw. dem hL Martin,
d. h. dem Mainzer Dom übergiebt, dass Schonau nach ihr gehalten war, das
Jahrgedäcbtnis der Ordination wie des Todes der Mainz» Erzbischöfe zu feiern,
und alljährlich ^in festo beati Martini' em reines Sakramenttuch*) auf den
Altar der Domkirche ,in memoriam et argumentum quod eins coenobium de patri-
') JLinie fCiiea) heilet die fortUafeiide Reihe der AbstomeBdeo." Wetzer ond Weite,
CrehcBlezikoiu FreONir^ 1856, 12. 1227. — ^ Daaut dieser IrriaB etn für sOemAl «ns der
■MA. Gesciüdite mageroiicc werde, bemerken wir hier masdrileUieh, daatTogel, Beschr. 286,
Aam. 2 seh einei icfaweren Teneheu fchnldi^ mseht, wenn er all Beleg za seiner im Text
angefahrtes Behaopning schreibt: .^oannis SS. Rer. Mognnt 1. 447, wo aber fiber Mine
\Empncka Herknnft mmr M atauanngen aitgeteilt werden, die ihn f&r einea Sachsen, aber
anrh ffir einen Lothringer aasgeben.*^ Joannis sagt 1, 447, 2 ▼on Rapertas: ^JUaftri apad
Saxoaea g»Aere naxam fmase, ehronicon tradit magdebargeiiae Bscr.: Qao [Hatmne] poat aanaai
sahmeto latfwiiiT Rocbertns, ex nobOiafiaM Saxonaa^ sieat adhae perspieaam est ia his, ^ai
ex eins gencre dcaeenderant. et primas inter principes regni^. 8. 448 dagegen widerlegt er
den dritten Irrca» des Coispilators des „¥icr. annoris" ait den Wonen: ^TcniaB faiase Rapertaai
hane e liochanagiae IhKibBS, cains Baltae, inqait ideai au., in Spaabeia hodse aMmstnuKar
At peraiiieet «OBpilat€»' hie S. Bapertaai, eaias jitmm üb. U d«di, eaa Arehiepf-
hne Raperto aostro, nt ex iOa ipsa tissl in qaa etiaa aano aetatii saae XX« aMirtaas
daraa «k et ex äs, qoa^ de illo Saaeto plara sparsit la SpaahsiaMaoi cnmob Tri-
esc Troczdea kac^ ooch Sehliepbake 1, ^ achreibea: J[>tn Erzacahl za Xaiax
kane *m Bapreeht, über de«i««n HerkuzLft man lange im ünUaren gewesen ist, in den Jahren
laa fiO— 975 'mDi-".: — *> «^and&m eorponle^. «jaimlkh ein Taeh. das mal Beiichang
md Las. ti^ ^i von Leinwand ^ and daher, weil der hL LA (Corpnsi ^mnud gdegt wird.
Cmpscafe kaaar*. Wetz«:r ssd Weite 2, SM 1.
124
monio sit Bcati Martini*^) zu liefern* Sollte unter diesen Umständen woW
denkbar aein, dasa Schönau die ^series archiepiscoporuni moguntinorum*^ unbe*
kannt gewesen sei? Noch mehr, die nassauischen Klöster hatten doch wohl
alle wegen ihrer örtlichen Nähe Kunde von ihrer gegenseitigen Gründung; und
da sollte es Schönau, dem Mainziacben Kloster, wenn schon im Triorer Sprengel^
aus dem Gedächtnis gekommen sein, das» ein Jahr vor seiner Übergabe an
Mainz dessen Erzbisehof Albertus senior das Kloster Eberbach gestiftet hatte^);
derselbe Erzbischof, unter dem auch Norbert geblüht, der gewissermassen geistige
Stifter des 1139 gegründeten nahen Praemonstratenserklostcrs Arnstein!*) Aber
abgesehen Yon diesem allem, war angesichts der vom Kloster als Fundations-
briof erachteten Urkunde von 1132 die Nennung eines Rupertus als Mainzischen
Erzbiachofs in einer üffeDf.Iichen und bleibenden Kundgabe, wie dem Gedicht
der Kirchenwand, rein unmöglich, wenn die Mönche sich nicht — wir sprachen
schon oben davon — der Gefahr aussetzen wollten, einer offenbaren Fälschung
bezichtigt zu werden. Es erscheint demnach als zwingende Notwendigkeit, den
überlieferten Rupertus des Gedichtes als einen Irrtum des Abschreibers fallen
zu lassen. Liegt es doch gar nicht ferne bei der Ähnlichkeit des jedenfalls
nach Gewohnheit der Zeit gotisch geschriebenen „Ru-* und etwa »AU-* ein
Versehen anzunehmen, wenn man nicht will, dass der Abschreiber etwa nur
noch ein »pertus" oder ^bertus* als Kest des Wortes vorfand und nach seinem
Gutdünken ergänzte.
Müssen wir aber den des Versfusses wegen znm Albertus gemachten
Adelbertus*) der Urkunde au Stolle des herkömmlichen „Rupertus* setzen, so
fragt es sich nur, wie konnte unser Versmachor diesen für einen Bruder Tutos
oder Trutwins ansehen, da doch ^Ädelbertus I. sivo Albertus I. aut senior *>
wie ihn Joannis aufführt^), ein Graf von Sarbrücken war? Wir meinen ein*
fach infolge eines Schlusses aus <[em ^cognatus noster*, als welchen Erz-
bischof Adelbert den Grafen ^Ruobertus de Luorenburch** in der Urkunde be-
zeichnet. Nun ist freilich »cognatua" zuuächst dem Lateiner nur der Bluts-
verwandte bn allgemeinen, aber dem Mittelalter Übersetzung von ^ueve*, was
ebensogut den Schwester- und Brudersobn, wie selbst den Oheim und danach
allgemein den Verwandten, den Vetter bezeichnen kann,") Bezeichnender Weise
steht darum über einem Briefe des Schönauer Abtes Symon, der in demselben
von Elisabeth als seiner Muhme (matertera) redet: ^Incipit epistola Symonis
*) Diese Bedingungen fehlen freilich in den beglaubigten AbBohriften der ürk., welehe
KasSRU in dem Streite mit Scliönau vorlegte, wie aelion Kremer 2, 161 bemerkt und Sauer,
Naes* Urkb. 1, 127 wiederholt; aber freilich nicht mit Hecht, wie denn die Behandlung Schönau«
«eitens Nassaus nicht eben die säuherUchste zu nennen sein wird. — *J Joannis, Her- Mogunt.
I, 548. Zatfl, Beiträge zur Qesohiohte des Erzatifts Mainx. Wiesbaden 1880^ 6. Widmann,
Die Erbnchor Chronik des ^fainz« Erzstlftea in „Neue» Archiv der GeficUschaft für ältere deutsclu
GeschicIitFikunde,'^ Hannover 1888, 13, 133. — *) Vit« Ludovici bei Kremer 2, 367. Joannit»
1, 541. — *) Furatomann, Altdeut»chcs Namenbuch 1, 140 — 142 bietet aus der ahd. Zeit
unter anderen folgende Varianten des Namens: Ädalberecht, Athalbraht^ Adalbert, Adelbreoht,
Adolpcri, Alpreobt^ Albert; nhd. Albert, Albrecht, AÜepraoht, und att» Vorname Adalbert. —
Die vorhin angezogenen Mainzer Chroniken nennen unseren Adelbertus nur AlbertuR. — *) 1,533,
— *J LcAcr 2, *il; auch ahd* novo ^ nepoa, sobriuus, cognatus ürul'f 2, 1052,
I
idi
125
r
tognati beate Elizabeth de Scoaaugia cenobio do ipsa beata Elizabeth!"*) Was
litoderie also den Schönauer Mönch, aus ^cognatus*^ eioeo wirklichen NefPeu zu
lOflichea? Lag es ihm doch nahe, so am besten die auffällige Überga1>o eines
Trieri»ebeu Klosters in Mainzische Hände zu deuten. Über die wirklichen Ver-
waadticbafltäverhultnisse geben ja die Er/.bischofsverzeiehnisse keine Auskunft.
Und es ist auch bis heute nicht einmal versucht worden, den Grad der Ver-
waDdtschait xwischeo Erzbischof Ädelbert und dem Grafen Ruprecht von Lau-
retibtirg festzustellen.*) Ist aber Adelbert Oheim Ruprechts für den Schönauer,
dann hat er auch ein Recht, ihn den Bruder Trutwins und Tutos sein zu lassen.
Damit scheint uns der Würdigung der Quellen der sogenannten Scbönauer
Sage Genüge geschehen, und wir haben wohl nach allem Vorgebrachten die
Erlaubnis zu erklaren, dass fürder das Recht^ noch von dieser «Sage* zu reden,
Terwirkt ist. Was als Sage seither gefasst werden wollte, hat sich uns teils
ab mbsichtliche und dazu recht plumpe Dichtung, teils als verkehrte Schluss-
folgerung aus geschichtlichen Thatsachen entlarvt. Nach Abzug beider ergiebt
sich nur folgender geschichtlicher Rest: L Trutwins gew^altsamer Tod, 2. sein
Uraden'erhahnis zu Tuto, 3. seine Beziehung zur Klostergriinduug» Weiteres
wird sich später ergeben. Und es ist nun unsere Aufgabe, au der Hand der
Geschichte diesen Rest zu bestätigen, indem wir gleichzeitig nachweisen, warum
IDAD zur Dichtung oder deutlicher Geschiehtafalschung griff und darum nachher
falsche Schlüsse ziehen musste.
Damit treten wir in den zweiten Teil unserer Untersuchung ein, in welchem
wir den Ausgangspunkt von einer anderen Gründung dieser Zeit nehmen müssen,
die ausserlich besehen nichts mit der von Schonau gemein zu haben scheint,
Ton der der Burg Nassau* Die Notwendigkeit für diese scheinbare Abirrung
wird sich indes alsbald ergeben.
Wir erfahren aus der Randbemerkung auf einer alten Abschrift des
nassauischen Teilungsbriefes vom Jahre 1255, dass das „Caatrum de Nassau er-
bawet an. 1101* ist.^) Wer die Erbauer gewesen, wird nicht gesagt; wir gelangen
gleichwohl, mit Hilfe zweier Urkunden, zur sicheren Kunde ihrer Namen. Die
erste vom Jahre 1159'*), die den Lchnsvertrag zwischen Erzbischof Ilitlin und
^) S. bei Roth, Die Visionen etc. 154. — '} Aach Scldiepliake 1, 137 Anm. und 108
begnOgt sich mit der Urkundenau^bc ^Cognat**; luiBere Ermittolung s. unten. — ') Reinhard
«»«.0*3, 151. Sohliephake 1, IBU Diese Angabe beruht tVcilich auf falscher Lesung.
0(0 richtige tautet nach des letsteren „Zusätzen" 1, 485: ^Castrum in Nassau erbawl Ao. 1001.*
Iwlei dl#se stellt sich als offenbarer Schreibfelilor dar, wie Schliephake treffend nachweist.
Bitlitig, wenn freilich wohl nur annähernd^ kann einzig 1101 sein und der Schreibfehler rCUirt
Ttmitttljcli daher, dass sein Schreiber ein MC Tor Augen hatte, das er in Gedanken zu 100t
niffiiatite^ statt die runde Zahl 1100 zu «chreiben, die ab die ungefähre die entsprcchendsto
itin wird. Es ist deshalb YoUkommen angemessen, dass Seh liephake die falsche Lesart als
die annilhcmd richtige Angabe aufrecht erhüit, vne wir hier. Denn für fite zeugen die Ur-
kiiod^n TOR 1150, deren Besprechung 1, 182 tf. wir nur heisuftigen haben, dass die doppelte
DiJ^tellung der Sachlage einen eigentümlichen Zuwachs erhält durch die Worte des pfipst-
Uiriieu Schreibeiui von 1154: «^bona eorum de Castro Nnssow et oircum positis loois — — vio-
d^tioere presumunt**. — *) Sehannat, Historia wormat. 2, 78 ttV Reinhard 2, 175 if,
f«llfiBthtfttn, UintoriatrevtreuBisdiplom. 1, 5S5a^ Sohliephake 1, 200 (f. S. 18lir. Daselbst
m^mm
mm
120
dem Hause Laurenburg wegen Burg und Hofgut Nassau enthältj berichtet, üäss
die ^predecessores ruoberti et arnoldi de Lurenburch** auf dem der Wormser
Dorokirehe gehörigen Gebiete die Burg, aller Einsprache derselben ungeachtet^
erbaut haben. Die andere, der Drohbrief des Papstes Anastaäius vom Jahr 1154^)^
meldet^ dass der Vater der genannten beiden Grafen, einer der .predeceflsore»*,
deswegen in den Bann gethan worden und darin jählings verstorben sei» Nun
wissen wir aus der Lebensgeschichte des Grafen Ludwig von Arnstein*), dasB
^Rupertus et Arnoldus* Söhne des mit der vierten von den sieben Arusteiner
gräflichen Schwestern vermählten ungenannten Nassauers waren. Anderseita
hat sich uns aus dem oben gemeldeten Wissen der Scbönauer des angehenden
16. Jahrhunderts ergeben, dass Graf Ruprecht ein Neffe des Grafen Tuto und
dieser ein Bruder Trutwin*s war. Trutwin ist also ohne Zweifel Vater Ruprecht«
und Arnolds, wie ihrer Schwester Demudis; ob mit Tuto auch der ^predecessor*
beider, werden wir weiter unten sehen. Zu dem gleichen Ergebnis ist nun
zwar auch VogeP) mit seinem Nachfolger Schliephake*) auf dem Wege blosser
Vermutung gekommen» Nichtsdestoweniger aber hat der von uns soeben er-
schlossene Trutwin samt seinem Bruder nichts zu schaffen mit Vogels «Drut-
win IV/ und „Dudo IV/, denn der von ihm für beide aufgerufene Eintrag
des ^Liber Tradit* Blidenstat/*^ vom Jahr 1076^) kann unsere gräflichen Brüder
unmöglich meinen. Es ergiebt sich das aus einem Vergleich mit dem Lebens-
alter der uns bekannten Arnsteinischen Zeitgenossen beider.
Da ist vor allem Trutwin's Schwager, Graf Ludwig H. von Arnstein. Von
ihm berichtet die lateinische Lebensbeschreibung seines Sohnes, dass er bei
dessen Eintritt in die Jünglingsjahre gestorben sei^ wobei bemerkt wird, dass
er ,ex hoc mundi naufragio brevis hospes evasit*, also eines frühen Todes
verstarb. Die deutsche Übersetzung dagegen behauptet in ihrer einzigen be-
deutenderen sachlichen Abweichung von der lateinischen Vorlage, dass der Sohn
beim Tode des Vaters drei Jahre alt gewesen sei.*') Da letztere Nachricht
wegen ihrer Bestimmtheit auf genauerem Wissen des Übersetzers zu beruhen
scheint, und überdies zu dem frühen Tode Ludwigs II. besser stimmt, so haben
wir Ursache sie gelten zu lassen. Weil nun ,,nach einer Bemerkung aus dem
Arusteiner Kloster Ludwig HL im Jahre 1109 geboren sein soll**'), so darf
man das Ableben seines Vaters ins Jahr 1U2 setzen. Der Todestag ist sicher
der 28. Mai.**) Sein Geburtsjahr wird demnach 30—40 Jahre zuvor, also frühestens
zwischen 1072 und 1082 anzusetzen sein, zumal wir seinen Unterschriften unter
I
I
I
wird die Abweichung^ ooserer Urkuade von den gleichzeitigen der Wormser Kirche genflgend
gewilrdigt, so doBs wir sie hier nusser Betracht lassen dürfen. Für 1159 a. Schlieph. 1, 190.
») Hennes, Oeschiohte der Grafen von Nataau. Kiiln 1843; 1, 223. Vogel, ßeschr*
300* — •) Widmann, Ann. 18, 247. Kremer 2, 361 — ') BeBohr. 296, — *) l. 155— 16L
— ^} Beseht. 292, Anm, 6. Sauer 1, 55. Schon Bohliephske 1, 159 Anm. hAtte dies er-
kennen können, wenn er »einem Argwohn gegen Vogels Annahme weiteren Raum KOKt'ben
hÄtte. — •) Widmatta, Die Lcbenabesehr. des Grafen Ludw. 111. von Arnflttsin. Annal, 18,
248 und desselben ,,Ka3s. ChroniBten des Mittelalters/* Wiesb. 1882, 19. VergL Sohlicp-
hake 1, 158 f. Vogel, Besohr. 201. — ^) Schliephake 1, 169.— ") Becker, Das Neero-
logicuu der vormaligen Praemonstratenser-Abtei Arnstein a. d, Lahn* Wiesbaden 1881. AnnaL
17, iie.
^m
127
ITrkiincleii nocb zwischen 1105 und 1108 begegnen.^) Nun wird er ausserdem
Leben Beines Sohnes der Versorger seiner sieben Schwestern genannt'), wird
k> nicht wohl «1er Jüngstgeborene des Hauses gewesen sein und schon darum
kaum an Jahren verschieden von seinem vierten Schwager, Trutwin von Lauren*
bürg, da uns dieser nicht als Witwer genannt wird. "Wir haben denmacli
auch des erstereu Geburt nicht vor 1072 anzusetzen, und die des jüngeren Bruders
Toto selbstverständlich noch später.
In annähernd dieselbe Zeit ist die Gemalilin Ludwigs 11.^ Udilhildis, zu
rücken. Der Lebensbeschreiber ihres Sohnes berichtet, dass sie „longo post
eonversionem filii**) gestorben sei. Munch wui*de dieser aber 1139*) Da sie
steh auf ihre väterliche Burg Odenkirchen an der Niers im heutigen Kreis
Düsaeldorf zurückgezogen hatte, und in dem dem jetzigen vorangehenden Dome
tu Köln beerdigt wurde, so vermutet Fischer^) nicht mit Unrecht, dass ihr
Tod erst nach 1151 erfolgt sein möge, weil zu dieser Zeit erst Erzbischof
Arnold II., der das .oaBtellum Odenkirchen* für Köln erworben, auf den Erz-
stuhl gelangt sei. Wenn Fischer hinzusetzt: ,Sie muss aber auch so gar alt
noch nicht gewesen sein, weil sie über einer besonders für eine Dame beschwer-
Uchen Feldarbeit und zwar die sie noch zur Abendzeit verrichtet hat, krank
forden und daran nachher gestorben ist**'), — so ist das jedenfalls und erst
pht für eine mittelalterliche Frau zuviel gesagt. Ihr Erkranken und Sterben
erklärt sich vielmehr soviel besser, wenn wir sie zu dieser Zeit in der Nähe
ilirea siebenten Jahrzehntes denken. Dies ihr Alter, dürfen wir aber gleich hier
hinzusetzen, ist nicht bloss zur ungefähren Bestimmung desjenigen Trutwins
dienheh, sondern noch vielmehr massgebend für die Lebeosdauer der ihr uu-
gefilhr gleichalterig zu setzenden Gemahlin desselben, welche als die Mutter
Ruprechts und Arnolds in dem päpstlichen Drohbriefe nur mit dem Anfangs-
bochstaben »B/ bezeichnet wird, die wir aber in der ebenfalls schon genannten
Urkunde 1159, wie später entgegen den Behauptungen von B ro wer bis Schi iep-
hake erhärtet werden soll, Beatrix genannt ttnden, und demnach als hoho
Siebeozigerin zu dieser Zeit annehmen dürfen.
Nicht minder bestimmender Art ist die uns ganz genau bekannte Lebenszeit
Lildwigs IIL Denn von diesem wissen wir, wie oben bemerkt, dass er 1 109
gieburen ist; aus seiner Lebensbeschreibung aber erhellt, dass er 1185'), mit-
liia alfl 76 Jähriger, starb. Wie könnte also sein Oheim Trutwin 109 Jahre
»
•) Togel, Bescbr. 200, ^ *) Widmann ft. a. O. 247. Krem er 2, 362. — *) Wid-
aa&n «, a. O. 249. Kremer 2, 364. — *) Ebenda 254. Kremer 2, 369. — *) GeschleohlB-
«igiflter der uralten deutschen reichBstilndigen Hiluscr Ifienburg, Wied und HtinkeL Mannk
tTt\ aS und 69. Reck, Gesch. der grafl. und fürstL Häuser Isenbur^, Runkel, Wied. Weiin.
18S5, 42 llSJai Udilhlld Odenkirchen an das Erzstift yermaohen. Dazu bietet aber die auch
fOn FtBoher benutzte Nachricht bei Geleniün, De adjniraoda saora et civiU tnagnitudine
OpIoniAe, Col. 1645» 9b keinen Anhalt. Dasselbe erzSJilt auch Schliephake 1, 210 ohne
Jlcnnung seiner Quellen Ftsoher und Reck. — ') Vita Ludovici (Widmann 249; Kremer
f, 864): ,,Kater Tero longo poat coutersionom filii tempore Tivens cum originanam terra (?)
fttrtJfTuUm mandi curvaret ad veaperam^ in predio suo, quod Udinkirchtn dicitur, tertio nona«
/ulfi dlifoi eUusft ej^tremam, et in ecolesia maiori Golonie re<|U]eacit.** ~^^) Widmanu u. a. O.
f^r<»mer 2. 378,
iÜMMriita
128
zuvor das Begräbuis eeioeß Vaters In Bleidenstadt besorgt haben? Zugleicl
aber wollen wir scboo hier festhalten, dass Ruprecht und Arnold im ungefahreu
Alter dieses ihres Geachwiaterkindsvetters Ludwig IIL gestanden haben müssen.
Das einzige^ was uns bei diesen Zeitansätzen beirren konnte, wäre eine
Urkunde von 1093, in welcher der Bruder Trutwins, Tuto, als ^comes de Luren-
burg*') erscheinen soll. Ist nämlich unsere seitherige Rechnung richtig, so künute
Tuto bei dieser Gelegenheit kaum 18 — 20 jährig gewesen sein. Nun giebt es^
ja freilich noch jüngere Zeugen. In einer Urkunde des Bischofs Heinrich von
Lüttich vom Jahr 1151*) stehen nebeneinander: „Henricus et Gerardua et fili-
ülus domini Ilenrici/ Aber hier handelt es sich auch um Familiendinge und
die Genannten gelten nicht sowohl als Zeugen, denn als anwesend Bezeugte.
Die 13 namhaft gemachten Zeugen der in Rede stehenden Urkunde von
1093 aber können wir, Tuto allein ausgenommen, mit einiger Sicherheit um
eine ganze Generatiun älter als diesen vermeintlichen Bruder Trutwins nach*
weisen.^ Wie sollte also ein so junger Mann in den Kreis der älteren gekommen
sein? Da liegt es doch weit näher, an den Vater der Brüder Trutwin und
Tuto zu denken, den wir dann an die Stelle des angeblichen, im Jahre 107C
gestorbenen Tuto setzen und als den nachweisbar ältesten Ahnherrn des i
nassauischen Hauses ansehen müssen. Mit ihm hätten wir alsdann auch
einen weiteren .predecessor* gewonnen und könnten des Bruders Tuto als eines
solchen entraten, was schon der mittelalterlichen Bedeutung dieses Wortes wegen
sich empfiehlt.^) Es wäre damit gleichfalls der Vater Tuto als Anfanger des
Nassauer Burgbaues zu betrachten, aber vor Vollendung desselben gestorben,
noch unbehelligt von der kirchlichen Ahndung, die erst Trutwin, als ältester
') T. Hontbeim a. a. 0. 1, 442, besBer Act. Pal< 3, 121 ff., vergL Fischer, ürkb.
38 f. — ') Krem er 2, 171. — '') Der Aua^teller der Urkunde^ Pfalz^af Heinrich, 1045 au
seiner Würde erhoben» stirbt zwei Jahre darnach 1093 (Tolner 275. 279); Herzog Hetnrirh
von Limburg stirbt 1218 fv. Hontheim 1, 442^ Anm. e); Graf Wilhelm von Lützelburg,
oognatus des Pfalzgrafen^ 1128 (daaelbBt); die Grafen von Arlo, Walram und Fulko oder Yotko
Bind naeh der ^^Domus ardennensiB tabula gonealogica L*' in Joh, Martin Eremer, Genealog«
Gesch. des alten ardennisohen Geschlechts. Frankf. und Leipz. 1785 um zwei Menai^heniilter
früher als Trutwin und Tuto. Graf Hermann von Yirneburg weiss ich nur von 1093 und 1102
nachzuweisen aus den beiden Urkunden in den Acta Palat 3, 123 und 126. Von den BrSdern
IMeffried von Wied und Richwin von Kempenich ist ersterer zwischen 1093 und 1129, der
letztere zwischen demselben Jahre und 1112 bezeugt, Reck a. a. O. 33 ff. und 1, Tafel,
Fischer a. &. 0. 62 f,). Burohard uud Heinricli von Ulbuoke erscheinen ebenfalls zwischen
1093 und etwa 1112 (Fischer 63 f,), Reimbold von Isenburg kommt 1073 bis 1119 in Ur-
kunden vor (Fischer tab. II und 8, 105 f.); Volkhold von Brule endlich zwischen 1093 und
U12« zu welcher Zeit schon ein Sohn mit ihm Zeuge ist (Acta PaL 3, 123 und 126). Auch
das darf nicht übersehen werden, dass ,,Dudo comes de Lurenburg*^ in der die Stiftung von '
Laach bestltigenden Urkunde von 1112 fehlt mit Ileinricus dux de Limburg, WUhelmus comes
de Lutzellenburg, Walramua et Yolco cumites de Arlo und Renboldu» de laenburrh. Auf seinen
Tod zu der Zett ohne weiteres zu schliessen, ist allerdings nicht erlaubt^ da, wie eben nach*
gewiesen, von den soebf'n Mitgenantiten mehrero noch am Leben waren. Nur von dem bei beidoti |
Urkunden noch thätigen Pfalzgrnfen Sigfried wiesen wir> dass er am 9* März 1113 seinen inj
der Schlacht bei W&msted erhaltenen Wunden erlag, Goerz, Mittelrlu Regelten 1, 463. —
*)Du Cange-Hensohel 5, 397*: „Praedeceaaor farailiae dicitur de majoribus, qui praeoesferiiliti
in gestis Tanoredi upud Martene tom, 3, Anccd. eol. 111.**
I2n
Sohn auf »ich zog oder, was nach der päpstlichea Bedrohung von dessen beiden
S<&hD6Q Ruprecht und Arnold noch glaubhafter erscheint^ als alleiniger Yollender
dde Baues. Bruder Tuto hatte dann als der kirchlichere bei Seite gestanden,
wie sein kirchlicher Sinn ja durch die Gründung des Klosters Lipporn genugsam
beleuchtet ist und wir späterhin noch glaublicher machen werden*
Das genüge zur Klarstellung der Lebenszeit der uns beschäftigenden Er-
bauer der Burg Nassau und ihrer nächsten Angehürigeuj um nun den verhäng-
nisvollen Polgen des Burgbaues unsere Betrachtung zuzuwenden, Auffalligerweise
ist das bis jetzt noch von niemand versucht worden^ so dringend nahe es auch
gelegen hatte. Man glaubte vielmehr alles gethan zu haben, wenn mun die
seil 1842 durch AufBndung des oben berührten Drohbriefes des Papstes Ana-
atadus bekannt gewordene Thatsache feststellte^ dass Trutwin wegen seines
Burgbaues auf dem von der Worraser Hauptkirche als Eigentum beanspruchten
Qrund und Boden in den Bann gethan worden sei. Und doch ist gerade dieser
Bann die Angel, um die sich die ganze uns hier vorliegende Geschichte dreht.
Erwägen wir also zunächst die Bedeutung eines Bannes im Rahmen mittel-
alterlicher Weltanscljauung, Wenn nach dem päpstlichen Briefe von 1154 der
Vater der Grafen Arnold und Robert, ^uinculo excomraunicationis astrictua**
genannt wird, so bedeutet das, dass er nicht etwa mit dem sogenannten kleinen
Baoci, der ^excommunicatto minor*, belegt worden war, der nur von den Sakra-
inenten und der Wählbarkeit zu einem Kirchenamte ausschloss'), und der über-
dies liloss wegen Umgangs mit einem Gebannten verhängt wurde^, sondern
Abm er im grossen Bann, der ,excommunicatio major'* des kanonischen Straf-
rechta, stand. Denn es heisst in der Anrede an den Trierer Erzbiachof von den
Söhnen, dass, wenn sie innerhalb 40 Tagen nach der erzbischoflichen Ermahnung
den Befehl zur Vollziehung der päpstlichen Auftbrderung verachteten^), .eandem
in eoa exeommunieationis, in terram uero eorum interdicti sententiam proferas^
i|tte iD patrem eorum pro eadem causa fuerat proniulgata,*) Die Ver-
bindung des Interdikts für das gräfliche Gebiet mit dem persüntichen Banne
iiuicbt den letzteren ohne weiteres zum grossen. Was das aber heissen will zu
damaliger Zeit?
War es doch an sich schon ein ungeheures Verbrechen in den Augen
nicht bloss des Klerus, sondern ebenso sehr oder noch viel mehr gar der Laien
*) Im Corp. jur. ottnon. : Oratüui. ad oap. 24. o* XL qu. 3 o. 2. X. de exoept. (2, 25) ;
t. I€L X* d« cleric. exeom, (5, 27); e. 59 X. de aent excomm. (5, 39). Vergl Wetxer und
Wftll« I, 229 und 002. — ') Pontificale romanum GlementtB VUL ac ürbani VIIL Venet
17S9| 879. — ^ ,,81 uero infra XL diea post commonitionem tuam executioni mnndiirG cüntem-
pi#riol* (Hennes durch Üborflehung dea eotsprecheDden Abkarzungsstrichea : cuntepserint],
HwT Prof» Otto unterrichtet mich, daas die Yerbludtuig von contemDere mit dem Infinitiv uaeh-
klMiisck, doüb schon bei Boras (ep* Ip I, 29, i^O), Seneca Phoen, 197 and Aputeiu» vor-
fcoinffi0» nach DrAger^ Bist. Syntax der tat. Spraohe. 1878, 2, 330. Ebenso naohklassisch
til Bsndare ohne Objekt, wi«? auch die Bedeutung toq contemoere = noUe, recusare; wm alles
Du CangOoHenschel unberücksichiig^t gelassen hat. Man vrltd deshalb so üborsetxen müssen:
««con si« innerhalb 40 Togen nach deiner Yerwarnung (sc, die Aufforderung) dem Yolhug
n Aberg^ben rerschm&ht hoben worden/ — ^) Sohliephake 1, 187 kennt seltsamer Weise
Mf dfo Bann für Trut\riii.
9
130
dieser Zeit, Kirchengüter, die ausDahmslos ^pro remedio anime* geschenkt waren,]
au deuen ako ia gewissem Sione das Seelenheil der Stifter hing, zu raubeu, d. h,
eben diesem ihrem Zwecke für das Seelenheil der Scheuker zu eutfremden.
Wir entnehmen das unter anderem daraus, dass die kirchliehen Kanonen*) der
Zeit noch nicht einmal dies Verbrechen ausdriieklieh hervorheben^ sondern es
der tridentiniechen Gesetzgebung überlassen, die ^occupantes bona ecclesiarum,
montium pietatia seu alterius loci pii: vel impedientes, ne ab iis, ad quos jure
pertinent, percipiantur"*), besonders namhaft zu machen, weil zu dieser Zeit
bekauutlich die Entfremdung der Kirchengüter in grossem Stile begann. Was
Wunder, dass die ^^sententia excommunicationis majorts* mit doppelter Wucht
auf den Kirchenräuber jener Zeit fiel
Die Kirche hat es verstanden, schon gleich die Verkündigung dieser ihrer
furchtbarsten Strafe, die gleichwohl vom Corpus jur. can. der ,felix muero
opiscopi*" genannt wird''), mit allen Schauern ihrer sinnbestrickenden Macht zu
umgeben. Wir erfahren dies genau aus dem ^Libollus de ecelesiasticis dis-
oiplinis et religioue christiana, colleetus ex jussu domini metropoUtani Rathbodiy
trevericae urbis episcopi, a Reginone, quondam abbate prumiensis monasterii,
ex diversis sanctorum patrum concilüs et decretis romanorum pontiticum**)
vom Jahre 899, dessen Bestimmungen fiir diesen Fall sich wortgetreu in dem
„Pontificale romanum Clemcntis VUI ac Urbani VHI"*) vom Jahre 1596 i^ieder-
*) Im Corp» jur can* o, 107* e. XI. qii. 3 werden zwar „ecclesiarum dei violatores"
genannt ab der Exkommunikation verfaUen, indes inBurchardi wonnatiensia ecclesiae epigcopi
„Dccretorimi libri KX" Hb IL o. 6. Ter^L SohaniiEt-Uartzheim, CoDcilia Germaniae. Colon»
1760, 2, 576 werden dieselben mit: ^Tideticet raptores, depraedatores et homioidae* er*
blntert, so dasa unser Fall kaum gemeiot sein kann. - ") Couo, trident» o. 11. &eot, 22 do
reform*; vergl. Vitus Pia hier, Surama juris prudentiae äacrae universae ßeu jus canonicura.
Aug. Vind. 1728, foU 5, 409**, — ') c. 1. c. XVI. qu. II, wie die Summa OstionaU an der
weiter unten anzufOlirenden Stelle mit der ehemaligen Oitierweise des Corpus sagt: „et de
hoe anathemaie potest intelHgi^ quod est mucro episoopalis XVL qu. IL visis [AnfangBwort
des i\ I] in Ane^, nur, dass ?un ihr das Beiwort „feÜx^ ausgelassen wird. — *) BeiSckannat*
Hartz ho im tom, 2, 435—582, unser Fall 573—76. Wir unterlassen des Raumes wegen hier
die Wiedergabe des lat. Textes. — *) Wir benutzen die schon vorhin angezogene Ausgabe:
Yenetüa 1729, Zu bemerken ist indessen, dass das „Pontificale romanum'' darin von Beginn
aUwf^icht^ dass es gcmäes der späteren Zeit, indem es zwischen excommunicatio minor, major
und nnathema unterseheidetf die beiden letzteren Baunformen auseinanderhält^ die ehemals
eins waren. Denn mit Recht sagt Silbernagl, Permaneders Handb. des gemeingültigen katbo*
liBuhen Kirchenreehts. Landsh. 1@65| § 338 8. 571 : ^il^i^ Bezeichnung: excommunicatio major
und minor ist erst viel späteren Ursprungs. 'Avdö^Yjjia (oxeoratio) war nämlich im Wesent-
lichen mit der excommunicatt«» gleichbedeutend und nur durch die beim anathema gewöhnlichen
SoleniiitÄten unterschieden.*^ Wir beweisen das mit zwei der berühmtesten Summen. Zuerst
mit der ^Bumma Hostiensis super titulis Decretalium^ in der unpnginierten GrossfolioauagahCf
V^onetiis 1480 .,De aententia exoomm. Üb. V." unter der Überschrift ^Quut sunt species excom-
municationis/ Da hebst es: ^^Due sunt species tantum. Una species excommunicationis est,
que dicitur anuthema, quo simpliciter exciudit ab ingressu eeelesie et comraunione Üdelium
et etiam saoramentis, que et dicitur maior excommunicatio ... Tel die, quod dicitur miuar
excommunicatio, quando simpliciter profortur sine solonnitatc, puta^ quando dtcir iudex: ex*
communico talem . * . ^ quando vero cum solennitate, tunc dicitur anathema «. . alia vero ipeoies
excommunicationis est, que dicitur minor excommunicatio et quo a sacramontts ccclcsie tantitm
separat. " Ebenso heisst es in der „Summa Ang^l»^"'^ ^»n^ Vfinnr»^' ^ • niaifn-l
Da Jäollte der Bischof ?or versammelter Oeraeinde, urageben von 12
Priestern mit brenueodeD Lampen in den Häoden, zunächst die vorgeachriebeno
lateiaische Ansprache halten, in welcher unter Heranziehung biblischer Worte
das R^ht der Kirche zur AusachUesaung des Sünders, wie dessen Verbrechen
dargetban sind. Alsdann erfolgte die Ausschliessung mit den Worten: ^Daher,
weil or unsre Mahnungen und häußgon Auffordern Dgeu verachtet hat; weil er
zum dritten Male nach des Uerrn Gebot ^) aufgerufen, zur Besserung und Busse
tu kommen vorsohmiiht hat; weil er seine Schuld nicht erkannt noch bekannt
liAt, noch durch Absenduug einer Botschaft an uns, die wir in seiner Sache
Richter sind, da er unser Spreugelangehüriger (parroechiauus) ist, Verzeihung
gefurdert hat 5 weil er in der begonnenen Bosheit, da der Teufel sein ]Ierz
\* V f hat^ verharrt und gemäss dem, was der Apostel sagt, nach seiner Ver-
M r uud seioem unbussfertigen Herzen sich den Zorn Gottes auf den Tag
des Zornes häuft'), — deshalb scheiden wir ihn mit seinen sämtlichen Genossen
und Verbündeten und Begünstigern durch das Gericht des allmächtigen Gottes,
Vaters, des Sohnes und des hl. Geistes und des seligen Apostclfürsten
Petras und aller Heiligen, wie nicht weniger unserer Geringheit Ansehen und
uns von Gott verliehenen Gewalt zu binden und zu lösen im Himmel und
itif Erden vom Empfang des kostbaren Leibes und Blutes des Herrn und von
df*r Oemcinf*chaft aller Christen uud schliessen ihn aus von den Schwellen der
beUigen Mutter Kirche im Himmel und auf Erden und heschliessen, das«
ein Gebannter und Verfluchter sei und verurteilen ihn als Verdammten mit
PH Teufeln und seinen Eagoln und allen Gottlosen im ewigen Feuer, wenn er
icht von den Stricken des Teufels lasst und zur Besserung und Busse zurück-
kehrt und der Kirche Gottes, die er geschändet hat, Genüge thut,* Darauf
antworten die Umstehenden dreimal: „Amen" oder ,tiat, tiat'' oder „anathema
«it* untl die zwölf Priester werfen ihre Lampen zur Erde und zertreten sie
mit den Füssen.^) Alsdann hatte der Bischof dem Volke in seiner Sprache
(fommunibus verbis) den Bann zu erklären, damit alle erkannten, wie schreck-
lich jener verdammt sei, und damit sie wüssten, dass er von jener Stunde an
hinfort nicht mehr für einen Christen, sondern für einen Heiden zu halten sei
und daaa der, welcher mit ihm, wie mit einem Christen verkehre, oder mit ihm
' oder trinke, oder ihn küsse, oder mit ihm eiu vertrauliches Gespräch halte
sei denn, dass er sich bestrebe denselben zur Genugthuung und Busse auf-
zufordern), oder dass er ihn in seinem Hause empfange oder gleichzeitig mit
Hirn bete*), zw^eifelsohne gleicherweise gebannt sei. Hiernach sollen Briefe
»m JaHrn lA^ü unter dem Worte „Excommunicatiü" ^ „Quotu[ilex est excommuriioatio ? ßc^ipon-
ITfift dicUur maior et liec priußt 11 flacratnenti« et conßortio houiinum et
11^ et muliia ;ilüs . . . et Itcc dicitur aoatheroa Alia dioitur minore hec
ie|>«nil n iuonunentis tan tum.''
*) MnttJu 18, 15 — 18. - ^j Rom. 2, 5. — ') Die fwulf Priealer mit ihren Lampen und
W^rfung zur Erde und Zertretung waren achon eino Bestimraujjg des Corp. iur. tanon*,
l c^ XL i|iL in. •) Die verseifrige epatere Zeit, die das i^anse Corp. iur. can, nsw'h
Inhiül in Ycree seUte, hat aucli deu Umfang der excommunicatio in den Hßxatiiet4?r
I: *,0«^ crran»! vale, cummuiiiu, meu^a uegatur.*' Yergl. Silbernagl a. a. 0. 572«
m ..- .— ^1
]:V2
des Priestern durch den Sprengel goschicki: werden, mit dem Inhalt der Weist
der Bauüung, m denen befohlen wird, dass au den Sonntagen nach Lesung
des Evangeliums dem veröamraelten Volke die Bannnng verkündet werde, damU
nicht jemand aus Unwissenheit mit dem Gebannten verkehre. Auch andereij
Bischöfen muss die Bannung bekannt gemacht werdend)
Da alles dieses wortgetreu in dem ^LiboUuö" verordnet ist, welcher, wifi
wir sahen, auf Befehl des Trierischen Erzbischofes Ratbad 2U stände kam, so kann
kein Zweifel sein, dass sich in ihm das Verfahren darstellt, dem auch Trutwip
als Augehöriger des Trierer Sprengela unterworfen worden ist. Dies Verfahren
war aber noch dadurch verschärft, dass schon die Androhung des Bannes, wil
dies noch jetzt an dem erhaltenen Drohbrief des Papstes Anastasiua gegen die
Orafen Arnold und Robert von Laurenburg an sechs Nagellochern und den da-
durch entstandenen Rissen au jeder Seite des Pergamentes zu erkennen ist^)
40 Tage lang an der Kirchenthüre, ^vermutlich zu Trier", angeschlagen wa
7M jedermanns Einsichtnahme.
Und doch w^urde der Schärfe dieser kirchlichen Strafe erst der todesge-j
fiihrliche Schleiffaden zugesetzt durch das mit ihr verhängte Interdikt, welche»
das grätliche Gebiet, Trutwins „terra*", wie der päpsthche Brief es nennt, mit
seiner damals unentrinnbaren Gewalt traf. Man kennt diese geistliche Folterj
obersten Grades, die erst im 11. Jahrhundert ibre volle Ausbildung erhielt^)|(
genugsam aus der Geschichte, um ihr hier eine gleiche Darstellung, wie der
Exkommunikation, widmen zu müssen. Wir dürfen nur auf die nach kirchlichei]
Begriifen klassische Beschreibung hinweisen, die ihr ein so von der Grosse der
kirchlichen Macbtftille begeisterter Schriftsteller, wie der spätere Konvertilj
Fr. Hurter, in seiner „Geschichte Papst Innocenz des Dritten* entworfen hat.^)
Und wenn derselbe bemerkt'*), dass er „zusammenstelle, was bei einem Inter-**
dikt, wenn es mit voller Strenge vollzogen wird, augeordnet war", so haben
wir hier nur hinzuzufügen, dass es gerade für unseren Fall passt* Denn im An-
fang des 12. Jahrhunderts, in dem wir hier stehen, hatte die Kirche noch nicht
^) Nebeu diegor obigen Formel werden S. 575 f. ncM!li drei weitere mitgeteilt, von denen
die letzte kürzeste blosse Wiedergabe derjenigen des Corp, iur, can, c. 107 c. XI, qu. IIl, i»t,|
die erste mit kürzeren Worten das oben Mitgeteilte umschreibt, die dritte aber unter der
Übersohrift ^Item alia terribilior exoomrauniontio** bloss die Bannformel enthält. Da Silber-
nagl a. a. 0. achreibt: „Nachdrticklicher trat die Unterscheidung zwischen Bannfluch und
Bann in dem weit seltener gebrauchten Maranntha herror (1. Cor. 16, 22, oone, Tolei. Yi.J
0* 75, XVI. 10/)*, so ist diese dritte Formel offenbar die seltener gebrauchte. Denn sie ont-l
hält dies grausige apostolische Wort neben den nicht minder grausigen aus 5. Bios. 28> 16— Is]
und schliesst mit den Worten Über die VerHiichten : „seputlura asini sepeliantur [Jerem, 22, 1 9) ]
et in äterquilinium sint super faciem terrae [Jerem. 8, 2]» Et aicut hae lucernao de manibufll
nostris proiectae hodie extinguuntur, sie eorum lucerna in eteroum extinguatur, nisi fortel
resipuorint et erolesiae dei, qumn taeserunt, per emendationem et condignam poenitentiiuiij
snttsfeeerinL^ Keine dieser drei Formeln hat Aufnahme in das ^PontiBeale romanum'* gerunden, —j
-) Hennesa. a. 0,48, Anm. 1. Vogel, Beschr 300, Änm. K 8ehliephakc 1, 187 Anra, —
') Silbernagl a. a. 0. 573. Gieseler, Lehrb. der Kirchengesch. Bonn 1846, 2, 1, S48_
kennt das erste unwidersprochene Beispiel eines unwidersproohenen Interdikts vom Jahre I
als gesetzlich geregelter Strafe aber erst seit dem conc, Lemovicense Tom Jahre lOSt. ^ — *)
hurg 1834, f. l, 373-386, im Nachdruck: Ebingeu 1835, 1, 825-88Ö. — *) IbiiL
I3ö
I
eriuumt, dass dm Intordikt eine ^weischneidigo Waffe war, die obeosa sehr ihren
Verbrecher, wie sie selber tötlicb zu verwunden wusstc. Es war erst um Ende
dM Xin* JahrbuDderts, dass man «ich in der Kirche voll bewusst wurde, wie
durch die etrenge Durchfuhrung dieses kirchlicheo Zuchtmittels, welches die
EinstelluDg des öffentlicheD Gottesdienstea und aller feierlichen kirchlichen Be-
Üiütiguugen einschluss')^ *die Gottlosigkeit des Volkes wuchs, Ketzereien empcr-
kamen, unermessliche Gefahren für die Seelen sich erhubeu, und den Kirchen
ohne ihre Schuld die schuldigen Leistungen entzogen wurden"*), um zu begreifefi,
dus MilderuDgeu in grösserem Masse Bedürfnis für die Kirche selber seien.
Buseliid solcher Milderungen waren ja freilich schon früher gewährt worden,
aber keine vor dem Jahre 1170.^
Wir können demnach ermessen, welche Wirkung das Intordikt auf die
itiisehuldige Grafschaft Trutwins haben musste, und in welcher Beleuchtung
ihr dadurch der Bann ihres Grundherrn erschien, der allein ao dem über sie
verhängten kirchlichen Elend schuld war. Sehr klein konnte ja schon das Gebiet
oiebl «ein, da sonst der gewünschte Druck für den Gebannten ein kleiner gc*
iresaii wäre. Zum Uochdruck gehörten \iele unzufriedene, wie es zur ebenso
wirksamen wie kurzsichtigen Übung aller Zeiten der Kirche gehörte, bei günstiger
Oelegenheit das Volk gegen seine Gewalthaber auszuspielen* Nun ist es ja wahr.
dass wir hier in den Zeiten Heinrich des IV, und V. leben, die dem mehrfachen
Banne Paschalis IL zu trotzen wagen konnten und dabei Geistliche auf ihrer
Seite batten, die selbst die Messe verheirateter Priester nicht anstössig fanden.^)
Bernoldus schreibt zum Jahre 1100 in seiner Konstanzer Chronik*) sogar:
^Schoü beginnt fast überall die Strafe des Bannes an Wirksamkeit zu verlieren^
iodaas selbst gewisse Klosterleute, die bis dabin in jener Sache vom glühendsten
Eifer erfüllt waren, sich von den Katholikern scheiden und sich nicht scheuen
imicr die Gebannten befordert zu werden !*" Ja etwa 40 Jahre später konnte
*) Sübernagl b. a. O. 573. — *) 8exH c* 24* de sentetit. excotnm. (V. 11): ^QuU vero
rx dbtrictione huiustnodi stattitorum exoroscit indcrotio populi, ptillulunt haereaes et mtluitn
(»erirulji umatarum insurgunt ac eceleBÜB eine culpa earum dobita obscquia Bubtrahuntur^^ cei.
Wir t>emerketi, da«8 der ,,Liber aextus decretalium d. Bonifacil papae VIII/^ erat 1298 za^ammen-
(MieJU wurde. — *) Wie weni^teni Silbernagl schlieesen läast, der nach eeinen von uns
BSollKfaciüa^eaen Citaten atu dem Corp. iur. cao. nur die toh 1170 aufiTiilirt, während tod seinen
iboImii imderen fünf aoa dem Jahre 1214, eine aua 1210 und eine aus 1236 stammca. Sic
bcaolieii sich auf die KaJtung wenigstens einer woehentlichen Predigt, auf Kindertaufe und
FinBOBg, Beichten für Kranke, Kreuzfahrer und Pilger, Wegxehrung für Sterbende, Haua-
fOttoidieaat in den Klöstern, wie die Abbetung der kanonischen Tageazeiten in StifU- und
KlotKridrchen von je »wei oder drei Geistlit^hen, Jedoch ohne Gesang, die kirchliche Beerdigung
ma G«aitfehen, die das Interdikt gehalten, eine stille wöchentliche Messe für die dem Interdikt
mmä am Exkommunikation nicht rnterworfooen ohnt? Glockengeliute und Gesang bei »er-
•cUottesexi ThGren für die Dauer des Interdikts, Weitere Xaohläaae brachten die folgenden
JahrhoBderte erst. VergL Oieseler a, a. 0. 2, 2, 520, Anm. i, — *J Gie8eler2, 252, Anm* Ö*
— ') Bei PertÄ, Mon. Germ. Vllf, 407 ^ Jam multura paene ubique sententia t*xcommunipationi«
OOfpil tepeaccro, ut etiam quidam religiosi^ qui usque ad hoc tcmpua in illa causa erarit fcrven-
I, a calholici» discedereot et ioter excommuuicatos jiromoveri nou timerent.** Vcrgl.
Ot#ft«l^f ^'hfftdÄ Anm. 10. Die Begründung fftr diesen Zustand der Dingo versuchi lUoner
^. 2 »f ab J««ait. Nur verwechselt er Bernoldus mit Bertholdits, dessen Forl-
i.^ Hln«ßf .i.- Hermannnna contractos.
tftolbat die hl Hildegard, als ihr Kloster mit dem loterdikt tielogi wordeö war,
weil sie einen ExkommunlzierteD daselbst faatt^ begrabeii lassen^ an das Mainzer
_ Domkapitel schreiben: »Wer dem Willen Gottes zuwider gehandelt, dor inuss
von dem Körper der Kirche getrennt werden, so wie er sich selbst durch Un-
gehorsam von ihr abgewandt hat, bis er durch Reue gereinigt, vom Qeiötlicheu
zur hl Kommunion wieder zugelassen wird. Wer aber sich nicht bewusst ist,
auf solche Weise gebunden zu sein, kann getrost an den hL Sakramenten teil
nehmen/*) Dagegen will bedacht sein, dass zu allen Zeiten der Fanatiker
nicht wenige sind. So lesen wir auch aus dieser Zeit» was der Trier'sohe
Scholastieus Quenricus von solchen mit den Worten berichtet: , Einige, in der
Absiebt, die durch den Eingang und Ausgang der Kirchenschänder beaud elter.
hl Orte zu reinigen, lassen den Wind durch die Tag und Nacht offenstehenden
Kircbenthiiren, Andre ihre Aufmerksamkeit auf die, wie sie versichern, durch
die Berührung der Utiheiligen entchristliehten Steine und Balken, mit Be^en
und Wasser wendend, machen als abergläubische Steintäufer, während sie die
jüdischen Taufen (Waschungen) erneuern, aus der Thorheit den Wahnwitz.**)
Nicht minder lesen wir, dass der nachmalige Stifter des Klosters Marbach im
Elsass, der Priester Manegold von Lutenbach, sich nicht scheute, zur selben Zeit
in seiner gegen den den Papst Gregor VII. in Angelegenheit Heinrichs IV.
schwer angreifenden Brief des Bischofs Theodorich von Verdun verfasston Schrift
zu erklären, ^dass diejenigen, welche Gebannte nicht aus eigener Rache, sondern
zur Verteidigung der Kirche töten, nicht als Mörder Reue haben raüssten oder
gestraft werden sollten/^) Und ward auch der Schreiber dieses grusslichen
Wortes selbst von Anhängern Gregors verurteilt, so dass mau wünschte, seine
Schrift mit ihm begraben zu sehen, so hielten nichtsdestoweniger Andere dieselbe
gleichsam wie eine Antwort göttlicher Eingebung.'*) Aber damit das Mana des
Grauens voll werde, so erklärte Urban IL (1088 — 1099) selber dem Bischof
Oodefredus von Lucanien: „Den Tötern der Gebannten lege, wie ihr es in der
Ordnung der römischen Kirche gelernt habt, gemäss ihrer Absicht ein
passender Oenugthuung auf. Denn nicht halten wir für Mörder^ wol
chen gegen Gebannte, brennend von Eifer für die katholische Mutter,
es sich gefügt hat, einige derselben tot geschlagen zu haben. Damit
jedoch die Zucht derselben Muttor Kirche nicht im Stiche gelassen werde, so
sollst du ihnen in dem Sinne, den wir genannt haben, eine passende Busse
ansagen, durch welche sie im stände sind, die Augen der göttlichen Einfalt
gegen sich geneigt zu machen, wenn sie etwa gemäss der menschlichen Schwach- 1
beit bei demselben Streich in etwas Zweifelhaftes geraten sind/ Dieses päpstliche
') Honnos, GenohicUt© der Omfeo von Niwsutt, 1, 47. — »| Pexii Theaaur. unecdot 2,
231: Alii loca »acra snonlogorum iiigressu et eorre«8u contamiuftt« repurgaturi, patonlibus per
dieei et U0€teni eccleaine lanuiB ventua recipiunt. K\i\ in Initide« et ligna prufanorutn» ut
ft88«nmt, contactu dcsLihristjariata, aciopi» animadvcrtcntos ftt »4Uft äuperfiHtiosi lapidtiru h^y
dum iudoica rovocaut baptismata, do staltitia iDsamam faüiuiil*, VergL OiesoUr 2, _
Anm. 35. — *) BeiGic«cIcr 2, 229, Atim»36: „quod lii, ijui excommunicato« tiou pm prtimia
tniuTia» »od occlostam dcfcndrndo iiiterflciuiit. non ut Homicidae iHjeiiiteantnr icl puniannir.*
*| Bbeadii: ^»oripla oiu« quasi responna coeloeti» uraculi".
135
aber ist so wenig jemals widerrufen, daas ihm vielmehr schon 1151 die
beklagenswerte Ehre zu teil wurde, ak Kanon in das von Oratian gesammelte
römbohe Kircbengesetzbuch aufgenommen zu werden, in dem es noch heute steht J)
Genug, ziehen wir nun aus dem VorätehenJen Schlüsse für unsere Ge-
achiohte. Steht es zunächst nach den im ersten Teile unserer Untersuchung
vernommenen Zeugen fest, dass Trutwin eines gewaltsamen Todes starb, so
haben wir nach dem zuletzt Vorgetragenen nichts Geringeres als das Recht
erworben, diesen Tod der Wirkung der kirchlichen Strafvollstreckung dringend
verdächtig zu erklären. Wir raussten es oben freilich ungeheuerlich finden,
daas ein Edler zu dieser Zeit etwa ans Privatrache durch die Hand eines Un-
r ■ fjillt worden sein könne. Denn hätten auch noch so viel Unthaten des
L urger Grafen gegen seinen Unterthaaen oder den eines anderen Herren
vorgelegen^ eine so i, grobe bäuerische Thaf^, als welche der Legend ist sie mit
seinem ^rusticulus** anzumalen versucht, wie es scheint^ war damals in deutschen
Landen unerhört, ebenso wie das, dass ein solcher Mörder von einem anderen
feindlichen Edelo hätte gedungen werden können. Zieht man aber in Betracht,
welcher Thaten allezeit der Fanatismus zur vermeintlichen grösseren Ehre Gottes
zu vollbringen im staude war und ist, dann liegt nichts naher, als im Blicke
auf das Bäuerlein an Huss^ Seheiterhaufen, gerade einen Bauern tu tollwütigem
Ulaubenswahn die meuchlerische * Waffe auf einen Edeln anlegen zu sehen,
der sich nicht bloss erfrechte, der heiligen Mutter Kirche zu trotzen, sondern
der auch in seinem Trotze schuld war, dass so viele fromme Kinder dieser
Mutter ihres Segens beraubt erschienen, und das erst recht, wenn gar dieser
Segen an der eigenen Person, im eigenen Hause entbehrt wurde, Stand doch
auch der Mann, wie jeder Fanatiker, nicht allein, sondern hinter ihm der ganze
Uaufe derer, die mit ihm empört entbehrten, was ihnen Lebensbedingung war.
Und wenn gar noch fanatische priesterliche Rede den Sinn erhitzt hatte ! Wenn
NVorms nicht nutbätig gewesen war, die bäuerische Empörung zu schüren, die
bIq Vorteil war! Freilich im papstlichen Briefe steht nur: „superuentento
te in ipsa damnationis seotentia satisfactione nequaquam exhibita ioterceptus",
d. h. dass Trutwin mitten in der Strafe der Verdammnis ohne die geringste
Leidtung einer Qenugthuung vom unvermutet hereinbrechenden Tode dahinge-
^ 0» 47 0. XXni. qti. YI : ,^Exoommimicatoram interfectoriba« (proni In ordine ecolesiae
nao didkistb) Becundum intenttonem [Ivo et Paniiormia : ipBonim] modum oongmao aatis-
üonis iniunge. Non enim homjciäas arbitramur^ quoa adTersus excommuiiicatos »tlo catho*
cac matiiB ardeiites, aliquos eoruni trucidas&e contigerit. Ne tarnen etusdem cccicsiue mutrii»
caplioa deaeratur, eo tenore, quem diximus, poenitentiani ois mdicito congruentem, qua divtiiao
I ocalos adversus se complacare valeant, si forte quid duplicitatis pro Humana fragi*
tu eodeui flagitio innirrennt*. Mau bemerke die päpatUche üntertcheidun^^ von ^intor-
i* — blo!»ben Tötern und abomicidoe* — Mordern. Nur leistete werden mit den ach wcraten
ifen belogt. S. die kanon. Belege bei Silber nagl 5, 91, der aber, soweit wir Heben,
Kanon vorübergeht! - ^Duplicitas** ist hier al« Gegensat« von „simplicila«*' in dem
llcbl klassischen Sinne von „dubietae, ambiguitas'* gebraucht, wie Du Cauge-Henschol 2,
lehrt. — Dan unpassende ^didicistis** licss ich atehcnf da es die von mir gebrauehte
des Corp. lur. can. Colon. iMunatinae 1717 hat, vermuttich aber ^didieieti'^ 2U Itisen
flntt iririL
136
rafft worden sei. Aber nicht nur, dass das mmdcstens 40 Jahre nach der That
gedchrieben war, so konnte doch auch Anastasius nicht das Gottesgericht^ das
ihm im plötzlichen Tode Trutwins erschien, abschwächen wollen durch den
Beisatz des Meuchelmordes, der jenes hervorgerufen und von dem er vermutlich
nie erfahren hatte. Und dass der Schooauer Berichterstatter sich aussehweigt
über die Natur des Meuchelmordes^ das ist doch wohl das beredteste Zeugnis
dafür, dass er, der nichts von Bann und Interdikt reden durfte, erst recht nichts
vom Fanatismus des Meuchlera reden konnte. Selbst das Fehlen jeglichen
Wortes des Abscheus über die Blutthat des Bauern ist bezeichnend. Der Mönch
kann den Mord eines Gebannten nicht verurteilen, drum hat er nichts, am wenig-
sten ein Wort der Empörung, über ihn zu sagen. So redet auch dies Schweigeo.
Und spricht nicht ebenso für das Wesen der That das Verhalten der Hinter-
bliebenen Trutwins? Ein Gottesgericht, wie es der Mörder in seiner Verblendung
doch zu üben gedacht, hätte mittelalterliche Menschen sicher vom Verharren
in ihrem Vorhaben weggeschreckt, lodern aber die Laurenburger trotz des
Todes des Hauptes ihres Hauses unbewegt bleiben^), zeigen sie, dass sie in
dem Morde nur die blutige Folge des zu Unrecht über ihr Haupt verhängten
Bannes und Interdiktes erblicken; dass auch diese blutige Folge sie nicht in
ihrem Rechtsbewusstsein zu erschüttern vermag, „in eodem castro se aliquid
proprietatis habere**, wie es die Urkunde von 1159') besagt Ihr Trotz wird zur
Kache wegen des unschuldig vergossenen Blutes und die Gemahhn des Ermordeten,
die bis in ihre greisen Witwentage nicht von ihrem Rechte lässt, zu einer
Art von Krimhild. Worms aber, das wie ein anderer Shylock auf seinem
Scheine besteht und ihn zur gelegenen Zeit erneuern lässt, wie es dieselbe
Urkunde in die Worte fasst: „et illi per sedem apostolicam in eos censurani ^j
occlesiasticam non desisterent exercere^, beweist, dass ihm der Mörder ein, wenn ^|
auch vergeblicher, göttlicher Gerichtsbote war. Es kann das kleine, noch dazu ^^
jenseitige Burggebiet aus den „XL mansus*, d. h., den mansus zu 36 Morgen
gerechnet'), aus den 1200 Morgen eigenen Geländes nicht missen, weil es
das blutige Siegel auf seinem erlangten Schein von Rom nicht missbilligen will.
Ob es vorher, das bemerken wir nebenbei, sein vermeintliches Recht mit Ge-
walt zu schützen versucht hat und daher die Worte der Worraser Urkunde*)
aus ihrer Trierer Wiederholung'^) rühren: „predictum castrum de Nassove ante*
cessores Ruoberti et Arnoldi de Lurenburg per violenciam aliquando oceupavc«
rant", steht dahin, wie wir auch nur angedeutet haben wollen, dass die Ausdrücke
der Legende von den „devictia tempore quodam hostibus suis, captis, spoliatis
etexactis*^ und dem „magno triumphi gaudimonio" der „commilitones'' Trutwins
iti ihrer verhüllten Gestalt von jenem üewaltstreich des letzteren gegenüber
der bewaffneten Macht des Wormser Domstifts sprechen möchten*'}, dem un-
mittelbar der fanatische Mord des Siegers gefolgt ist.
I
^) Qraf Wilhelm von Luxemburg befreite aioh nooh im gleichen Juhro 1 122 Ton dom
ihm uur angodrohton Banne we^en Kirch ooräuborei durch demütige Unterwerfung! Vergl, dk
Regesten bei Ooeras, 1, 479. — ^) Schlieplittkc 1, 204. - *) Vogel, Beschr* 145. -
*) Srhliephakc I, 200. — *» Ebenda 202, — *) Da«« die Besiegung der Feinde bei Cobleui
stattgefunden« wie die bei Wenck aufbehaltene, oben mitgeteilte Erz^hlun^ will, ersoheint
!37
Wo die MordUiut geschehen, um auch das an dieser Stelle /m l»erciin^en,
U(t mit Sicberheit zunächst dahin fedtzuBtelleu : Nicht ao der vom Schuuauer
Höooh geDaanteii Stelle. Deno wie hätte Tuto diese vom voratorbenon Bruder
angeblich bezeichnete Statte bei der zu dosuen Ehre unternommeiien Gründung
de« Klosters Lippom übersehen dürfen! Verfuhr doch Tuto gerade mit der
Wahl Lipporns im Sinne des gemordeten ßruders, der, wie wir schon einrnul
das Wort der Urkunde zwischen 1102 and 24 herangezogen, hier von seinem
flterlichen Erbgute der Kirche den Zehnten als ein Opfer ^quast deo* darge*
bracht hatte, und wir dürfen nun auch mit einiger Sicherheit sagen, wann.
Wir brauchen nor der vom Schonauer so klar gezeichneten Spur nachzugehen,
lodern wir den Sterbenden ein wirkliches Testament machen lassen, eben jenen
Zelmlea seines Erbes für die Lipporner Kirche. Handelte doch Trutwin damit
geoan so, wie 1125 oder 26 tiumpert von Teilna (Thailen, Kreis Merzig), wel-
cher Too einem gewissen Fridehart mit einer Lanze durchbohrt ins Kloster Metlach
gebtaehl^ am dort noch drei Tage unter grossen Schmerzen zu erleben, sein
AOod Teiltia diesem Kloster vermachte.^} Einem unter dem Kirchenbanne sterben-
dfio Manne uAt das doch erst recht ähnlich. Und denken wir an das im
pApatlidien Drohbriefe gebrauchte Wort „aatisfactione nequa^uam exhibita''^
•0 hmk m etae Beleuchtung, die dies Wort selber erst ins rechte Licht rückt.
Sbek d^Eu wird dadurch voll klar, warum gerade Lippom mit einem Kloster
wurde. Ob nun auch Lipporn oder ein Ort in seiner Nähe die
That geschehen sah? Möglich sagen wir vorerst. Jedenfalls
— auch dafür scheint unser Mönch ein sicherer Gewährsmann mit
sur halb verschleierten Angabe der «villa Struode*" — in einem
oder wohl gar in einem Sumpfe verübt. Denn damals wusste
gaaz genau, dass stmot oder strut GebÜÄch, Buschwald, Dickicht
Sas^f bedeutete^ und der gleichnamige nahe Ort, unser heutiges
wie gemacht, um de« erfinderischen Mönches Gedanken auf diese
m gvoat^e Yerhüllung zu lenken. War doch damit das, wie wir
werden, kircklich bedenkliche Kloster Lippom mit Glimpf aus der
und Sdiönaa als eigentliche Stiftung Tmtwins ins Licht gestelh.
aitf richtiger Fährte uns befinden, konnte möglicherweise sogar
Schonauer KlosterüberUeferung bezeugen, die, wie wir oben
Tnrwiii auf der Jagd angeschossen werden lässt. Denn müssen wir
m temem ja auch nur für Schonau arbeitenden Berichte den oben ange-
Xmmi/Af eine unbequeme Überlieferung zeitgemaaeer zu gestalten,
iidli niebia entgegen, hier einen Rest ältester, eohter Überlieferang
Kaa hatte dabei freilich den mordgierig lauernden ^rusticului***
dir I40n4t am ttsachuldigen rustieus villae, d. h, f,Uofmann'^ des Grafen ge*
flis aar Ul ge^Mat^ 4a wir airgends emeo Anhslt rsr Rie muM der gidehMtMgmt M-
te MqgMt daröbsr ssait deo ubrigeo Ajigabea bei Go«rt, Mlit#lrlu Regvlffi
i9r t, 1354 f* tlosere Ahinttif tn der vorigen AbtiAndiani;, AfiOAlen S3, 75
mm h^h, «li wir in ,Slrode* den ^Pmoh'^ de« Rcisfedktilet zu erfcattDca
A war aur iumm% Bachseglsubie Muhme ton der tdtm ^Ral»aa(e.*^
1S8
macht, ^) tlud ein Ilofmann auf der Jagd mit dem Grafen, gleich diesem, wm
der Schu88 zeigt, jagend, reimt sich wenig zu mittelalterlicher Gepflogenheit*
Ja man riecht sogar etwas wie Pulver dabei. Deou bei der Armbrust, die um*
70 Meter weit treibt, ist die Möglichkeit eines irrenden Auges, es aei denn bei
starker Dämmerung, ausgeschlossen, wenn nicht etwa Kurzsichtigkeit angenommen
werden soll schon für die damalige Zeit. Dies samt dem offenbaren Schlag-
wort aus der Legende vom ^fidelissinms satelles*', was Wenck, wie oben mit-
geteilt, gleichzeitig von Schönau berichtet erhielt, zwingt uns, mit der entfernten
Möglichkeit einer alten Überlieferung uns zu begnügen.
Mit um so grösserer Sicherheit treten wir dafür an das heran, was uns
die andere Wirkung des Bannes und Interdiktes, die der so eben erwogenen
auf dem Fusse folgt und die wir bereits gestreift haben, zu erwägen giebt, an
die Gründung des Klosters Lipporn. Es ist hart, es auszusprechen, aber die
Wahrheit lüsst keine andere Wahl; bis dahinging man mit geradezu verbundenen
Augen an der Bedeutung derselben vorüber. Man sah nur eine Klostergründuog
gewöhnlicher Art und erkannte in ihr lediglich „den ehrenden Zug, den da^
Zeitalter, in welchem die Laurenburger lebten, so häufig bei den Tornehmen,
nicht selten bei den Genngen gezeigt hat,**^) Und doch stand schon immer
die alles besagende Stelle in der Ilrkuude Tutos : „Ut auteui parentum meorum
memoria in schafhuseDSi monasterio sepiua presentaretur quasi vivens hostia
Precipue trutwini, qui de suo patrimonio istud predium lietprunnin quasi deo
decimam optulit in sacriticium legaliter constitui ut siugulis annis in anniver-
sario ipsius marcka argenti de isto loco fratribus schaflFhusonsibus solveretur Undo
caritafcive monachis servicium impenderetur/ Freilich wollen diese Worte anders
übersetzt sein, als es Schliephake^) fchut, wenn er sie also wiedergiebt: „Zu
dem Endzweck, auf dass das Andenken meiner Vorvordern im schaff häuscr
Kloster öfters vergegenwärtigt werde, gleichsam als lebendiges Sühnopfer, vor-
näralich aber das Gedächtnis Drutwins" u. s. w. Denn nicht nur, dass wir
seine „Vorvordern* schon oben ablehnen mussten, so hat auch „presentaretur*
em andere Bedeutung und das ^Gedächtnis Drutwins" ist geradezu wider den
Siun des Textes. Die Übersetzung muss vielmehr so lauten: „Damit das Ge*
dächtnis an meine Blutverwandton öfter vollzogen werde^), gewissermassen als
lebendiges Sühnopfer, voruämlich fürTrutwin, der von seinem väterlichen
Erbe eben das Landgut Lietprunnin gewissermassen Gott als Opfer dargebracht
hat* u. s. w. Hiermit ist allerdiugs zunächst nur eine das Salvatorkloster in
Schaffhausen angehende Bestimmung getroffen. Dort soll nämlich auf den
Todestag^) Trutwins ein Totenamt ^) für die von Lipporn fliessende Mark Silber
abgehalten werden als ^gewissermassen lebendiges Sühnopfer/ Aber die Absicht,
dass damit eine öftere') (sepius) Darbringung geschaffen werde, bedingt, dass
I
*) Du Cange-llensohel 5, 831**t ^Rusfcicuß villao, idem *{m villiciiB, ranjor TiUne^. —
») Sclilicphake 1, 177. - *) Ebenda 1, 153. — *) Du Cange-Henschel 5, 4I0<^: Praescii- 1
mre pro repraeaentare". — *) Du Ceiige-HenBcliel 1, 2$3^: „Anniversurium, dios annuu«,
quo ofticium dcfunctorum pro aliquo defunüto peragitur, ipsu obitus rocurrente die," Ver^L 1
Wetaer und Weite 1, 257 und 5, 486 t — *) Ibid. 4, SSa*»: „Memoriae, exequiae-** Ühwl
die letzteren als eigentliches Totenamt «. die Ausführung bei Wetzer und Weite 3, 847 f.j
— ^ Wetzer uud Weite 3, 846: »Im Mittelalter v^urdcn die Leichen der Vcritorbeneu J
üipporn fler ci^enHtcnc Ort dieses Totenamtes ist. Das besagt demnach im
(iruudc Dicht mehr und nicht weatger, als dass dan^ Klostor zu Lipporn
ein SuhiiekloBter darstellt. ^Yivens bostia** ist ati sich sciiou dor liturgiscbo
Ausdruck für das AltaraakramentV) ; dass ihr das ^quasi^ vorgcäetst wird, will
ftbcTj weit entferut, eine müssige WiederholuDg zu sein, die Feier des Toten*
amtee selber unter den Gesichtspunkt eines lebendigen^ d. h. niemals aufhörenden
Sühnopfera stellen^ ganz ähnlich wie Graf Gerhard mit der Übergabe seiner
Guter au das Kollegiatstift zu Oemünden eine ^hostia** darbrachte.*) Ihrem
Wesen nach bedeutet diese ^vivens hostia* überdies dasselbe, wie das ^saerifieium*,
^welches Trutwnu gleichsam Gott dargebracht hatte in dem ^{»rediumLietpruniiin''
den Zehnten seines Erbes -- ein© Art Überleistung, nebenbei bemerkt,
irenn man annehmen darf, dass dabei an den Pharisäer des evangelischen Gleich-
nfsset* gedacht ist, der nach der Übersetzung der Vulgata als ein Übermass
seiner Gesetzlichkeit neben dem zweimaligen Privatfaaten in der Woche die
Oabe des Zehnten von allem seinem Besitz nennt.*) Wird doch auch die Mark
Silber von den Erträgnissea desselben ^prcdium*' bestritten, d. h, „de isto loco.*
Wetentlich endlich noch für die Bedeutung eines Sühneklosters ist der bereits an-
gegebene Umstand, dass in SchaflFhausen, wie also auch in Lipporn^ die Totenmesse
af den Todestag Trutwins gehalten werden soll; Trutwin demnach, nicht die
tideren „parentes*, der Mittelpunkt der gestifteten , memoria'* ist. Ja, Trutwin
steht so »ehr im Vordergrund der ganzen Stiftung, dass die Worte der Urkunde :
pro dei honore pro anime mee et parentum meonmi salute", obwohl sie vor-
stehen, schon um deswillen nicht ins Gewicht fallen, weil Trutwins V^ermächtnis
f5r die Lipporner Kirche den Grundstock der ganzen Stiftung ausmacht, — ein
Bewet« mehr für den Sinn des Trutwin'schen „sacrificium*, von dem wir soeben
nad vorhin sprachen. Das Kloster Lipporn ist mit anderen Worten nur eine
Erweiterung und Vertiefung des von Trutwin gefühlten und bethätigten Sühne-
bedurfnisses, alles Weitere eine ebenso zufallige als herkömmliche Zuthat des
CrammeD Gefühls Tutos und vielleicht gar nur dazu bestimmt, den Sühnegedanken
oiclit aUzustark hervortreten zu lassen für amtlich kircfalfche Augen.
Denn es unterliegt nach allem, was uns zur Beurteilung übrig geblieben,
ketoem Zweifel : Das Kloster Lipporn ist ein deutlieh laienhaftes Sühnekloster;
amtliche Kirche hat an ihm keinen Teil Es entbehrt mit anderen Worten
oft ia mehrere Kirchen getragen, damit so das hL Opfer häutiger für dieselben dar-
M werde'*.
*) Ich Terdanke diese Auskuaft der Oüt<j des Herrn Oberlehrer Dr Wedewer. VennaUich
i der Aoidrock aus Röui, 12» 2. — *) Kremor, Orig* 2, 16. ^Praetcrea dam hacc ad
im meora ordinavcram^ quasi semper rivens hostiam offerendo obtuli eidem ecclesiao
tm r« meae proprietatis, quas hoc DominaTi voeabulo provende Lehn," Nur dass hier
fhard tdber als ge wisse rmassen immer Lebendiger das SQhnopfer bringt mit der Hingabe
Otter an die OemOndener Kirche. — *) Luc. 18^ 12: »,Jejuno bis in saldiato, docimatf
itaD, quae possideo*. Der griechische Text: ndvta Saa xim*iiäi ^ alles was ich erwerbe,
; aber schon die griechischen KirohcnTÄtor haben daraus ndvi« tw 'k^ifr/r/vra p.'/'j gemacht,
Tttahendorf, Nov. Test, graece. Editio octava critica major. Ups. 1S69, »o das» die
ÜreliUdl« Oborüeferung darsteUt. — Von hier war freilieh nur ein Schritt zu de»
^Oaiiiia bona et hostium suovum trtbuta coUigoue."
j^
HUI
140
der regelrechten Bestätigung des Erzbischofs von Trier, Zwar hei&st der^öcölns»
der uns überkommenen ^alten Cupie***) der Urkunde Tutos: ^Huiuß privilegii
statuta rogo devotissirae posco coufirmari sanctiri auctoritate baiino Bninonig
treverenais archiepiscopi et cuiuslibet succeaoris sui/ Indes auch abgesehen da-
von, da88 dieser Schliiss nicht mit der herkömralicheu Unterschrift des Urkunden*
ausstellers und der Aufführung der Zeugen versehen ist, also eine Unregelmässigkeit
in der Ponn^ vorliegt, so erweist sich die ebenso undatierte erzbischöflichc
Urkunde nicht als eine Antwort auf das Begehren Tutos. Es ist vor allem
wider die Wahrheit, wenn die Verteidigungsschrift des Klosters dieselbe über-
schreibt : ^Confirmatio superius petita a Brunone archiepiscopo et traditio decimae
in Meilingen*, und Schliephake dies im Texte seiner Geschichte nachahmt,
während er ein richtiges Regest der Urkunde selber vorsetzt.^) Der Erzbiachof
überlässt vielmehr in erster Linie auf Bitten des Abtes Adelbert von Schaff-
hausen und Tutos den Zehnten vom Dorfe «milingen deo et sancto äorino ad
monasterium liebbronncnso", alsdann erst erfolgt die Bestätigung des Klosters
selbst. Aber diese bestätigt nun nicht Tutos ^huius privilegii statuta*, sondern
gewährt nur, ^eidem oongregationi tale Privilegium sub banni nostri et ana-
thematis vinculo", dass niemand gewaltthätig sich an deren Eigentum vergreife
und Tuto samt seinen Erben die Rechte der Vogtei gewahrt bleiben, wie dass
Abt Adelbert und seine Nachfolger dem Lipporner Kloster vorstehen und dem-
selben den Propst vorsetzen. Von Tutos Bestimmung über das Totenamt für
Trutwin keine Spur, so wenig als überhaupt, wie sonst üblich, der Zweck des
Klosters berührt wird. Wie hätte auch der lürchenfürst eine Stiftung auf den
Namen des im Kirchenbann Gestorbenen bestätigen können! Der Kirche gilt^
wenn gleich nicht im Sinne des Dichters, dessen: „Dein Name sei vergessen,
in ew'ge Nacht getaucht/ Daher auch der oft genannte päpstliche Brief nicht
Trutwin, sondern nur den „pater"* Ruprechts und Arnolds erwähnt, und selbst
der Arnsteinische Lebensbeschreiber Ludwigs in. vermutlich nur darum die Namen
der Männer der sieben Arnstein'schen Töchter nicht genannt hat, weil er den
Trutwins, dos kirchlich ewig Verlorenen, nicht mitnennen wollte; wie es denn auch
klar ist, dass die Urkunde für Schönau sich dieses kirchlich geächteten Namens
aus gleichem Grunde enthält. Kein Zweifel also, die Stiftung Tutos hat eine
Bestätigung erfahren, wie gei^nsse Ehen nur durch die sogenannte passive Assistenz
des PriesterB. Bei Strafe des eigenen Bannes durfte Bruno das fromme Be-
gehren Tutos nur beschränkt erfüllen. Ja, es darf wohl noch mehr gesagt, es
darf behauptet werden, dass der Er^sbischof seine Befugnisse überschritten hatte
zu gunsten des gräflichen Bitt^ätellors. Es fehlen nämlich der Urkunde jegliche
kirchliche Zeugen, die doch bei einer Klostergründung in erster Reihe stehen
müssteu» Ob das Trierer Domkapitel sich weigerte, Zeugen zu stellen zur Ver*
>) Bchüephakel, 197. — ^) Schliephake setzt ^eto.^ während ^Rotfcung^ Boyl. Ilt
Hucli die8 fortlässt« An dor Echtheit der Urkunde desItAlb zu zwoifoln ht keine; Unsacho.
Aber e» i«t immerhin auffaUig, dass der Abschreiber^ wenn er nocli Weitere» vorfand» die«
nicht mit abschriebt da er es doch bei der folgenden Urkunde wenigstens nicht ganz uuior-
liesi. — «) ^Rettuoff**» BerL IV. SohUephake 1, 154 und 197, Öehon TIeunes l, 4 hatte
sich dea gleichen Irrtums schuldig gomaobt^ wie auch Kremer 2» 152.
i^n
B erkc
I
dieser kirehlich anrüchigeu Stiftnog? Ob der Erzbischof ea weislich
Yermied^ Aas Kapitel mitthun zu loöseii? Geuiig, die gelstlicheu Zeugen fehlen,
und die Urkunde erhitlt dadurch neben der beschränkten (fewäliruug der Bitton
Tutes ein gewisses halbamtliches Aussehen.
Und selbst diese beschränkte, gewissermasaen halbamtliche Bestiitigung
— da« dürfen wir dreist hinÄusetzen — war ihrem Ilauptteil nach nur durch
den Zwang verwaadtschaftlicher Rücksicht erreicht worden. Auch das ist bis-
her ttiierkatint geblieben, obgleich es deutlich van der fraglichen Urkunde eben-
saselir, als von anderen Seiten bezeugt wird. In der Urkunde nennt der Erzbischof
den Grafen Tuto ,amicus noater.** Schliephake war sehr im Irrtum, dies
m der al trumischen Bedeutung , Freund** zu fassen*), da es doch die sehr deut-
licbo Übersetzung des mittelalterlichen und noch beute im Volk gangbaren
Wortes ,FreunJ* im Sinne von Verwandter ist.^) Das wird denn anderwail«
anCa Unzweideutigste bestätigt. Erzbischof Bruno war ein Graf von Laufen.')
Bor Arnsteinische Lebensbeschreiber aber berichtet, das» die fünfte Tochter
«eiiiea Orafenhauses mit einem Grafen von Laufen vermählt wurde.^) Und es
ist sogar mehr als wahrscheinlich, dass wir Bruno selber als Ver mitteler dieser
Ehe ansehen dürfen, da er zu dieser Zeit nachweislich noch Propst an dem
Plofinstift in Coblenz war^) und bei der Nähe dieses Orts und Laurenburgs zu
de« letzteren Grafen auch in wirklich freundschaftlicher Beziehung gestanden
bftlieii wird. Ausserdem sind wir genau über den Grad des verwandtächaftlichen
hältniflses zwischen beiden Häusern unterrichtet» Die von Wenck^ aufge-
llte, von Stalin^) gutgeheissene Stammtafel der Grafen von Laufen lässt
erkeni^n^ dass Bruno Oheim des von beiden genannten Geschichtsforschern
riehtig erschlossenen Grafen Kourad von Laufen war^ der sieb mit jener un-
genannten fünften Arnsteinerin vermählt hatte. Diese genealogische Bestimmung
*-^* -kichzeitig eine um so erwünschtere Bestätigung der von ims oben festge-
a Lebenszeiten unaerer Laurenburg'schen Grafen zu dieser Zeit, als un»
Bruno berichtet wird, dass er hochbetagt 1124 starb.**) Für uns hier aber
LT, hiernach zu wissen^ dass der Erzbischof als angeheirateter Verwandter
und durch diesen auch Tutos nicht gleichgiltig dem an ersterem ver-
fabten Morde gegenüberstehen konnte und eben darum innerhalb der Grenzen
*) l, 154, Anm. — *J Schon ahd. „friimt* = pureoB, Q raff 3, 784, mhd. „vriunt** neben
Affioii, eonBangtuneus, Terwandter, Lex er 2, 526 mit nelen Beispielen. Ebenio ist
tt lÜT den hectttgen Gebrauch bezeugt: in B&icrn bei Schmeller-Fromniaiin 1. 822^ in
Kor^etaeii bei Vilmar, Kurheas. Idiotikon. Marb. 1868, 110, in NlederdeatAchland bei Sebam-
kft«1i, Wbrb* der niederd. Mundart IlaoDOver 1§58, 281, in Ostfrieslaiid bei Htüreoberg,
Öiifr. Wdfterb, Äurich 1857, 62, in Weetfalen bei Wocste, Wörterb. der vresit Mundart
■^ 1862| $10 u. s. w., tuuneßtUüb aber noch in Naaeau bei Kehrein 2, 145, nur daaa
>Mc»aem ^mn Tioleti Orten^ mit ^ überall ** zu crfteteeu ist. «^Freund** hat mdeftsen die Bedeutung n^^^*
Mwmäkär^ gewabnlich im Sinne angeheirateter oder doch netterer Yerwandt£ehaft — ^) Staltn»
WtffteBb. Qcaelt. 2 (1847) 416. Brower 2, 2. — *) Widmann, AnnaL 18» 248. Kremer,
Orif. 2, 363. — *) Brower 2, 2. — *^) Hess. LandeagcBiL 1, 254. Die Ton Kremer, Ortg.
l, 333 »ufgeitcllte GeschlechtsUfel macht Bruno irriger Weite zum Bruder Konradt. —
'• it 41<l. — *) Brower 2, 19 zum Jahre 1124: ^lude graTibua et periculusia morbia ipeaquc
• «»tiac^ta i|uas«ato curpure, aeptimo Kalcnd, Mati, hora diei prima, riveudi üncm fecit,'
142
Heines amtlichen Küuneus den Beatrebungen des letzteren förderlich boin musste.
Dazu kommt, tiasa Bruuö^ wie ebenfalls die Urkuüde zeigt, ubne dass es bis
jetzt wäre erkannt worden, noch anderen verwandtschaftlichen Bittstellern gegen-
überstand als Tuto. Wir finden unter den Zeugen des letzteren und unmittelbar
neben ihm „Reginboldus de romorsdorff,** Das ist, da Rommersdorf im ICreise
Neuwied eine löenburg'sche Burg war, niemand anders als der uns bekanntere
Roginbold, Reinbold oder Rembold III., der mit der sechsten Ärnsteinerin ver-
mählt w^ar^), der Sohn jeues Reinbold, den wir in der oben behandelten Urkunde
von 1093 als Zeugen kennen lernten neben Tuto, dem Vater Trutw^ins und
Tutos- Der auf ihn sofort folgende weitere Zeuge ^Henricus coraes de dyetsche"
enthüllt sich uns als Trutwins Mitschwieger, da er der Vater des Grafen Embrico
von Dietz, und dieser Gemahl der Tochter Trutwins, Demudis, war.-) Kein
Zweifel also, Tuto hatte die ganze in Betracht kommende Verwandtschaft zur
Seite und Bruno um so weniger Gelegenheit, sich auszusefa Hessen, wo alles dazu
angethan war, seine ganze metischliche Neigung zu beschlagnahmen.
Eine innerliehe Geneigtheit bei äusserlicher Förmlichkeit imd Zurückhaltung
ist aber noch durch anderes zu erhärten. Bruno hatte selber jahrelang die
kirchliche Censur dafür gekostet, dass er von Heinrich IV. auf den erzbischöflichon
Stuhl war erhoben w^orden. Nicht nur, dass mau ihn zur Niederlegung seiner
Würde bestimmen wollte, als er sechs Jahre nach seiner Wahl zum Erzbischof
sich in Rom stellte, so musste er sich auch drei Jahre lang die Busse gefallen
lassen, die Messe ohne Dalmatica zu lesen.') Als deutschgesiunter lürchenfürst
und Erwählter dos mehrfach gebannten Kaisera konnte er dazu dem Banne
der Kirche nicht den römischen Wert beilegen* Was mehr als das ist, er war
auch ein aufrichtig frommer Mann*), infolge dessen allen schroffen Handlungen
abhohl, überall zum friedlichen Vermittleu bereit, so dass er bei beiden Parteien
in Achtung stand, zumal er ausserdem ein kluger und gelehrter Mann und von
nicht geringer Beredsamkeit war. Selbst der strenge Jesuit Brower hält ihn
des Lobes wert, wenn er gleich an ihm tadelt, dass er ,schismatis maligni
') Wir Bchliessen dies mit voller Stolierheit aas den von Reck a. a. 0. 35 f. und 40 bei-
gchrac'liteii urkuTnJliohoii Belegen. VergL auch dessen Stammtafel der Isenburger. Die Ver-
warn lUehnft mit AmBtoiii n, Kiemer, Orig. 2» 363. Widniann, AnnaJ. 18, 248 und Progr. 15.
Fischer kann nur für die Urkuiidenbologo gebraucht worden: seine eigeoen SchlÜase be*
dürfen sehr der Berichtigung. Die BeliRU|jtung Günthers, die Wegeier, Die PrSmonatraten^
ser-Abtei Rommersdorf. Nach einer Handschrift und ürkundensammlung des Weihbi»ehof§
W. A. Günther bearbeitet. Coblenz 1882» 4 kritiklos wiederholt, dass die von Isenburg und Rom-
mersdorf zwei yerschiedone DynastengoschJechter darBfeellen mucUten, ist durch Reck srhon
beanstandet. — *) V«rgL Wenck, Hess. Landcsgesoh. 1, 538. v, Arnoldi, Ocsch der Gran -
Nääh Länder 2, 55. Vogel, Bcackr. 206. Krem er, Orig* 2, 363, Widmann, AjmaK 18,
247. Ein Verwandter dieses Grafen scheint auch, aus Wenck 1, 537 tu sebliessen, der lui-
mittelbar nach ihm folgende „Anshelmua de Moloberg", d. h^ Molsborg zu sein. Über den-
selben a. Goerz, Nachrichten über die Burg und die Gest^hiehte der Herrn von Motsberg,
Annal. 3, 341, Vogel, Beschr, 257. Die übrigen: „Anefriet de tornc?dorir (Dorndorf bei
Hadamar), fredericus de brubach, Wernhcrus asinhaga'* (V) Dietfryt de nentrr^ iNi'^tpr bei Marion-'
atfttt), „WlneUart et Oerlach de miliggin" (Meilingen), ,,Ello de Lontroth' ) sind oicfcl
nSher tu bestimmen. — ^) Mn^'num chron, belg, bei 8truvo, Rerum g«r'»
i, 152 t - *J Ebenda,
143
fiubilo »emcl perfuaus* gewesoü sei.^) Nehmen wir hinzu, dass er damals im
li5hereu Alter ataud, also um so milder und nachgiebiger seiu musste, so ist
mehr aU gewiss, dasa er dem frommen Verlangen Tutos soviel Herz zuwandte«,
ah sich nur mit der Würde seines Ivirchenarats vereinigen liess. Der Verwandte,
der Christ, der Greis verglich sich nachgiebig und klug mit dem Kirchenftlrsten,
tind dos Kloster durfte sein.
Es ist aber noch ein anderes, was uns die halbwegs hinter dem Rücken
der amtlichen Kirche zu stände gekommene Oründung der Propstei Lipporn
anzudeuten scheint: die Berufung alemannischer Munche zu ihrer Besiedelung,
Man hatte ja wohl gesagt: ^dasa Ordensbrüder bei neuen Klöstern xu deren
Übernahme und Einrichtung weither gerufen wurden, und als formliche Kolonie
mit ihrem kirchlichen Bedarf einzogen, sei nichts Seltenes."') Indes nicht nur,
ifaisä dies für Nassau hier zum erstenmale geschah und die von Schliephaice*)
li^rbeigezogenen Klostergrüudungen zu Eberbach und Arnstein, wie auch die
tu Rommersdorf, erheblich später fallen, ja wie letztere, unser Lipporn offenbar
zum Muster haben*), so liegt auch bei allen diesen Stiftungen kein Stiftuugs-
gründ wie der unserige von Auch ist es nach unserer obigen Darstellung eine
gegeostandelose Vermutung Schliephake's'*), wenn er sagt: „Zur Erklärung
des zwischen Lipporn uud Schaff hausen hergestellten Verhältnisses mag der
Umstand dienen, dass Erzbischof Bruno zu Trier, der aus dem Hause der Grafen
von Laufen abstammte, für Schaffhausen sich besonders verwandte und seinen
Freund, den Grafen Tuto, zu jener Anordnung zu gunsten von St, Salvator
iwog.* Denn wie durfle Bruno, wenn auch nur heimlich, befördern, was er
ntlich so zurückhaltend behandeln musste; und dies selbst von dem Gesichts-
punkte aus, dass er der Schaffhauser Abtei noch so viel näher stand, als Sehliep-
hake bekannt erscheint.®) Bruno ist nämlich als der Blutsverwandte von deren
Stifter, dem Grafen Eberhard von Kellenburg, dem Seligen bezeugt, der selber
iu diese seine 105Ü gemachte Stiftung zwischen 1075 und 79 eiotrat.'l Ausser-
*) If td, woselbtit auch das ^^iriedluin forire didlciaset" zu aeiuem Lobe erwfilmt wird.
Trtidperi Neu^art in seinem nachgelassenen, von Hodo herausgegebenen zweiten Bniido
fiel ersten Teils seitice» wichtigen «^Episcopatus Constantiensis giib luetropoli mo^untina chrono-
loigice et diploraatic-e illustratus/* Fribur^ Brisgovie 1862, 21 bemerkt: ,,Ex epiacüpi« Germaiiifte
Bruno TreTirenais pro auctoritate utque juribos imperatoris tarn prudenter atque moderate
propiigDATU, ut edam apnd papam grada valeret.** Weiteres, was man über Bruno urkundlich
mm»9t ut bei Stalin 2, 418 gesammelt. — =) Schliephakc 1, 154» Anm. — ') Ebenda. —
*> Rommersdorf wurde geg^rOndet von einem Gerlach aus dem Hause Isenbur^^- Rommersdorf,
wie wenigstena Reok 41 wahrscheinlich findet. Einen t^Reginboldua de romorsdorff^* aber haben
wir oben kennen gelernt. Das Jahr der Gründung ist nicht festgestellt, aber nach Sehliep-
bake später als daa der Gründung Lipporns« Vergh Goerx, Mittelrh. Regesten 1, 547. Berker,
Da* Kecrologium der Abtei Arnstein, Annel. 16, 42. Roth, Die Viaionen VllL Wegeier 3 f.
wliHlerholt nur Günther mit seinen irrigen Anstltzen und führt 8. 5 der ,, Annales sacri et
eaiKHtlci ordinis Praemonstratensls^^ Nancy 1734 für ein Gründungsjahr 1125 an. — *) A. a. 11,
t£ Wenok, Hist. Abh 1» 51! — ^J In cod. mso. bibliotbecne Schaffhua. 8. Joannis vooatur
..:^_.. f^berhardi eomitia qoi locum Schaffbusanum [1. e. monasterium O, O, 8. 8. scu
istruxerat^ rir divinarum »c secularium rcTUm ^«'ientia ad plurimum instructuV,
lt. 1, 2, 21. VergLStÄHnl, 553 f. Die mlhere Verwandtschaft liebe
(irafeu von Xellcnburg und Laufon ist aber /ucht mehr fe»txu**teUen,
ma
144
dem uoterlnolt er den leblrnfteston Verkehr mit den Mönchen des Klosters.
Densen Abt Adelbert erlangte vun ihm auf vieles Bitten die Leiber der hL
Conatana und Alexander, ehemaliger Senatoren von Trier^ wie den des hl. Bischofs
Leguntius.') Da letzteres bei einem Aufenthalte Brunos in Schwaben für daa
Jahr 1117 bezeugt ist, m meinte 1816 sehon auch Neugart, daas er den Grafen
Tuto von Laureuburg „wahrscheinlich ' überredet habe, das von diesem ge-
gründete Kloster Lichtboro dieser Abtei Aller Heiligen zu unterstellen.*) Aber
auch seine Annahme ist, abgesehen von dem bereits Gesagten, deshalb völlig
grundlos, weil sie nur einen Schluas aus Tutos und Brunos Urkunden darstellt.^)
Nein, Tuto handelte selbatändig* Musste er auch von den nahen Beziehungen
des Erzbischofs zum SchatFhauser Kloster wissen, so konnte ihn dies bei der
Wahl auswärtiger Ordensbrüder nur insofern leiten, als sich Schaffhausen ihm
als das dem Erzbischof so nahestehende Kloster besonders empfehlen mochte.
Sein Hauptgedanke hatte sich vielmehr darauf zu richten, Mönche für seine
Stiftung zu gewinnen, die seiner Sühneabsicht entsprachen. Dazu waren solche
von weither am besten geeignet, weil sie vorurteilsfreier dachten, als die mit
dem Sachverhalt genauer bekannten der Nähe, Vielleicht auch, dass Tuto iu
Erfahrung gebracht, dass die Schaff hauser Mönche zu jenen „religiös!*' gehörten,
von denen wir oben uns erzählen lioissen, dass sie dem Banne freier gegenüber-
standeu. Ausserdem wird ja freilich auch in Betracht zu ziehen sein, dasa die
Scliatt'hauser Benediktiner als Männer strenger Askese minder anspruchsvoll
waren als andere. In Lipporn, daa geht aus der Urkunde Brunos hervor, waren
ihnen so karge Bissen zugemessen, dass sie sich noch den Zehnten in Meihngen
ausbitteu mussten. Scheinen doch die gleichen Yerhältnisse, wie in Rommers-
tlorf, obgewaltet zu haben, von dem uns erzählt wird, dass die Schaffhauser
Miinche daselbst bei einer alten Kapelle unter ihrem Abte Hermann daa klöster-
liche Leben solange führten, bis sie wegen zu grosser Dürftigkeit des Orts
denselben wieder verlassen mussten.*) Auf alle Fälle erhellt ans deu beiden
Lipporner Urkunden, dass Tuto seine Absicht erreichte. Der Abt Adelbert
übernahm das Toten am t in Schaff hausen, schickte seine Mönche zu gleichem
Zwecke nach Lipporn und vereinigte sich mit Tuto zur Bitte um den Zehnten
in Meiliugen für die junge Stiftung. Und diese Verbindung mit Schaffhausen
ward offenbar auch dann nicht gelöst^ als die Propstei Lipporn nach Schönau
versetzt wurde, um dort zur Abtei zu werden. Denn in dem Weis tum des
letzteren vom Jahre 1573, „so sich auf ein älteres fundiret de anno 1407***),
Derselbe 2, 418. Yergl aurh Brower 1, 545\ der dabei irrig vom, ^moniisteno . . . uomino
tiaoilceim apostolorum oondito" redet.
') Naoh einem gieiohzoitigen Mse, bei Neugart a a. O, — "'^j Ebenda 22: j,et teriai-
nlliter Dudoni de Laurenburg persua^it, ut mouaaleriuin Lietitburnenee ob ipso fundatuni,
»atiae O. O, 8. S. sabmittGret'* RoÜi, Die Visionen VIII arheint au<?b hiervon zu wissen,
aber dreist ,^vt?naiiniliter** au» dem SpiH, das übrigens auch Ooerz» MiUeirli Regenten 1, 471
bear*htet hat, und erfindet ebenso dreist aUea Weitere^ entsprecJiend dem ganzen Romane,
•* aus Tutoe Leben herausgezaubert bat» — ^J Das geht hervor aua seiner Bemerkung
: «Faotam craditionem Bruno eonfirniaTit Vide Uttera« Dudonis et BrunonJs arehiep.
nkb earentcä in deduetione: „Rettung" u. s w. — *) Goer«» Mitteirh. Regesten 1,
igclcf, 2. ^ '^) „Rettung'^ 14 und BejL ,X1T S. 10 und 12« Dieselbe SteMe bat
ick, Hiat. Abb. 1, 52 und Roth, Die Visionen XI abgedruckt
145
Bisst es: „Item haben dio Scheffen gcweist ihren Oborhoff zu ScliafFhaiisen mit
ölcheni unterscheideo, welche Parthey ausheischet, diesolte deu Schelfen bostellen
eiDeo Karn und dafür spaoneo einen Fülleu, der neue Ingespannt sy und mit
Hanen-Dorn beschlagen aeye und sie gesund liefPern gegen Schaaffhausen, und
her wieder, und wann dem Fällen ein Eisen abfalt, da sollen sie über Nacht*)
verbleiben, und da solleu sie den Scheffen wohl gütlich thun/ Das Mutter-
kloster zu Schaff hausen behielt also trotz der Mündigkeit der Tochter ein altes
Vorrecht.
Ihre noch heute sichtbare Spur aber, das darf, da wir ohnedies durch das
bisher Gesagte das Wie der Gründung Lipporos genugsam beleuchtet erachteu,
dieser Stelle einzuschalten nicht unterlassen werdenj hat diese geistliche Schaff-
bauser Kolonie in der von uns oben behandelten Trutwin-Legende hinterlassen*
Nicht als ob wir die biederen Alemaonen selber für die Erfinder derselben
erklären wollten. Aber sie haben ohne Zweifel das dazu mitgebracht, was der
Erfinder so unglücklich für seine Erfindung benutzt hat: die Geschichte vom
Herzog Hermann und seinem j,capellanus'* Hartbert. Sei es nun, dass sie den
Stoff dazu unter ihren Bücherschätzen in Gestalt einer alemannischen Chronik
mit sich führten, oder sei es, dass sie ihn an Ort und Stelle durch Anfzeichmingen
aus der Geschichte der Heimat bereiteten. Es will uns deshalb nicht ausge-
schlossen erscheinen j dasa die von uns oben so mühsam zusammengeklaubten
Bruchstücke alemannischer Geschichte sieh irgendwo noch einmal im Zusammen-
hange entdecken lassen in einem glücklich wiedergefundenen Bande aus der
Lipporn- Schünauer Bücherei, von der auch nicht eine einzige weit* oder kirchen-
geschiehtliche Handschrift auf uns gekommen ist, obwohl sie solche sicher neben
ihren Andachts- und dogmatisch-scholastischen Schriften beherbergte^ wenn
anders echt benediktinischer Geist im Kloster wohnte, namentlich der geschicht-
liche Sinn von Schaff hausen mitgebracht war, der andere Klöster des Xonstanzer
Kirchensprengels auszeichnete.
Komraeu w^ir nun zum Wann der Tuto' sehen Stiftung, Schon oben wurde
^fcemerkt, dass uns durch die Sorglosigkeit der Abschreiber oder durch w^elchen
Zufall sonst das Datum der Lipporner Urkunden vorenthalten ist Wir sind
deshalb auf die Zeit zwischen 1102 und 1124 gewiesen, in welcher Bruno nach
Ausw^eis sicherer Geschichte Erzbiscbof von Trier war. Innerhalb dieser Zeit
»circa an. 1114* anzusetzen, wie Kremer*) that, ist rein willkürlich. Ebenso
hinfallig erweist sich der Ansatz des Coblenzer Archivars Goerz^) auf das
Jahr 1117, da er sich auf das von uns oben zurückgewiesene „verisimiliter**
seines Gewährsmannes Neugart stützt. Der einzige Anhalt, der sich aus Tutos
Urkunde bietet, ist dessen Bemerkung: „iam diu deliberavi." Darnach ist
l^schon eine geraume Zeit" verflossen, seitdem Trutwin erschlagen ward und
'«eine Stiftung für die Lipporner Kirche bestand. Da wur nun voraussetzen
^) Im Texte steht .Macht", Roth liest darÄUs „Waebt** und setzt \n K Jammern dabei
„(ob Nacht?)!" „Rettung'* U steht dafür doch klärlich „fiberuttohteii'* und ihr Verfaeaer orklfirt
m72: ^Bie Fehler in denen Beylagen wiü der Verfasser nicht Ändern, ala welcher den Druck
fderewelben g^or nicht und nur den äeiner Schnffi von p. 165 biss zu Eiid revidirt hat/* —
*) Orjg, 2, 151 r — 0 Miftelrh. Regesten l, 471,
10
^
146
dürfen, dasü der Mord des Bruders nicht gerade m die ersten Jahre des zwölften
Jahrhunderts fiel, weil doch imraerhiD erst eine langjährige hartnäckige Ver-
[shtung der kirchlichen Strafe seitens Trutwins und ein laDgdauernder Entzug
Her gewohnten kirchlichen Gnadenmittel den Fanatismus zur Mordwaffe greifen
laisaou mochte, so ist eine Hinausrückung in das zweite Jahrzehnt des gedachten
Zeitraums für den endlichen Entschluss Tutos um so mehr geboten, ah diesem
die Sühne des Bruders durch die Schenkung an die Kirche zunächst als eine
auskömmliche erscheinen rausste. Was konnte also seinen Gedanken eine andere
Richtung geben? Und was leitete sie auf eine grössere Busse, als die mit
der Schenkung an die Kirche vollzogene? Wir gehen schwerlich fehl, wenn
wir an erschütternde Zeitereignisse denken, die nicht bloss Tuto, sondern auch
andere Zeitgenossen auf ernstere kirchliche Gedanken brachten* Solcher aber
bieten sich zunächst in dem schrecklichen Erdbeben dar, da9 im Jahre 1117
„acht Tage nach dem Feste Johannis des Evangelisten** sich über den ganzen
Erdkreiß verbreitete und zweimal zwischen Tag und Nacht die damalige Welt
in einer Weise entsetzte, dass keine Chronik^) vergessen hat, von den erlebten
Häusereinstürzen und Menschenverlusten zu erzählen. Ausserdem tieas das
ganze Jahr eine Reihe so schreckhafter anderweitiger Naturerscheinungen schauen,
dass man den letzten Tag gekommen erachtete, und, wie ein Annalist bemerkt,
„viele ernstlich an Besserung ihres Wandels dachten.** Zu dem allem verbreitete
der von Erzbiachof Adelbert von Mainz angeschürte Krieg seine Schrecken.*)
Sollte da die Annahme allzu gewagt erscheinen, dass ein Mann wie Tuto, den
wir durch eine Klostergründung ernsteren Gedanken im Sinne seiner Zeit zu-
gänglich sehen, der allgemeinen Bussstimmung seinen Zoll bezahlt und an die
Ausführung eines Entschlusses gedacht haben werde, den er schon lange mit
sich herumtrug ? Will uns doch scheinen, dass gerade der unauslöschliche Ein-
druck, den solche ungeheure Erlebnisse auf die Seele so gestimmter Menschen
zu machen pflegen, ihm gewissermassen die göttliche Erlaubnis zu geben schien,
auf eigene Faust eine Suhnung zu suehen, die ihm die Kirche verwehrte, und
gleichzeitig dabei sein eigenes Seelenheil mit dem seiner übrigen Sippe zu be-
denken. Die Geissler und so manche andere ausserkirchliche Erscheinungen
des Mittelalters von innerst kirchlichem Sinne sind uns des sattsam Gewähr,
M Goerz, Mittelrk Hegesten 1, 470 bat ihm ein eigenen Regest gewidmet und eiDO
Anzahl von chronikalen Xaohriohteii daaelbst veraeichuet, denen wir noch die boi Neu gart,
EpisG. const. !, 2, 22 beifügen und aus Nassau den Bericht der Eberbaober Chroniken bei
ZaiSi Beitrag zur Geschichte des Erzstifts Mains 6 und Widmann im Neuen Archiv 13, l£t3.
— *) AnnaL 8axo» Bodeehin. bei Keugart a.a.O. Brower 2, ]3fasat dies alles xuaaminen»
wenn er sehreibt: ^Porro huius anni intoleranda mala, ae perniciosa Reipublicae disaidia con-
citoro Adolherto Moguntino acerrime, haud faaile sopienda, proximo, coelestia prodigia auxer
euni Buperum ira, non minore nooendi acerbitate, erupit: nam ingens hieme gelida terr
mi>tQH, et elisorum fulminura ubique jaetua, tremenda quoque tonitrua, quälen nemo meminerat,
cum grandine immissae tcmpestates. Coelum deinde Tisam igni ardere plurimo, tanttia dentquo
terror homincs ubique pervasit, ut mente propemodum attonitis, subiret norissimam adesae
mundo noctem, Omnium igitur nationum populis, ad pnoem Dei, veniamque impetraiidam
conversis, solum Qernianiae regnum, velut amisso jam sensu oulamitatis, neque moti ira Numini^
ncquc tot ultro oitroquo et illatis et acooptis cladibua malorum flnem invenit,*^
I do getrieben vom unermesälicheii Zeitelend die kirchliche Ordnung durch*
trechen und ihr Heil auf eigener Fährte suchen, weil es die Kirche ihnen nicht
bieten zu können schien. Dasa eine nüchterne, geschäftliche Urkunde davon
nichts zu erzählen weiss, kann nicht wundernehmen. Das mittelalterliche Qe-
fühl hat ohnedies mehr Thaten, als Worte. Und das Kloster Lipporn war
^ftiae solche That Setzen wir also immerhin, da die geschriebene Geschichte
uns schweigt, das Jahr 1117 als das mutmasslich entsprechendste Geburts-
dds Stiftnngsgedankens in der Seele Tutos fest. Jedenfalls haben wir dabei
ich das für uns, dass das am weitesten hinausgerückte Jahr uns mit dem so*
iel Älteren auch den soviel ernster gestimmten Stifter zeitigt. Jünglinge stiflteu
eine Klöster und der einer allzustark genossenen Welt satte Graf Ludwig war
loch auch schon 30 Jahre alt, als er Klosterstifter und Mönch zugleich ward.
^Tuto aber haben wir zu dieser Zeit nach unserer Rechnung als angehenden
Tiorziger zu denken und vielleicht gar als kränklichen Mann^ du er bald nach
fixier Stiftung gestorben sein muss. Denn von nun an hören wir nichts mehr
Ion ihm. Die von ihm aller Wahrscheinlichkeit nach bevormundeten Sohne
Pde« Bruders, Ruprecht und Arnold, treten vom Jahre 1123 ab in Unterschriften
als ZeugeOy also als angehende Männer und mündige Verwalter ihrer Graf-
schaft, auf.^)
Aber nicht bloss dass Tuto zu dieser Zeit aus der Geschichte verschwindet,
verschwindet auch seine Stiftung mit ihm. Bereits 1126, wie wir oben sahen,
ist Sohunau an seiner statt erstanden. Woher dieser plötzliche Wandel, der
lieh für uns ebenso stumm vollzieht, wie im Grunde die Stiftung Lipporn?
Luch hier also hat die geschichtliche Mutmassung au die Stelle der Geschichte
zu treten, und wir denken derselben diesen ihren Charakter, wie bisher, zu
wahren, wenn wir das Folgende zur Erwägung stellen.
Am 25, April 1124 hatte Bruno seine müden Augen geschlossen, und
wir haben alle Ursache anzunehmen, dass es seinen bis dahin offenen gelungen
war, dem ihm untergebenen Bischöfe von Worms zu bedeuten, dass er mit seineu
lurenburg'schen Verwandten den Streit wegen Nassau beruhen Hess, Denn
loch am 1. April 1124 sehen wir die beiden Grafen Ruprecht und Arnold
friedsam die bereits oten berührte Urkunde zur Bestätigung eines „beneficium^
Pfalzgräfin Adelheid für ihren „capellanus^ Manegold mit dem Bischof Bucco
^^n Worms in Mainz als Zeugen unterschreiben.*) Aber schon ^zwei Monate
und acht Tage" darnach, im Anfang des August^), wurde der frühere Dom-
ftQ Ton Trier, Godefridus, ein Lütticher von edler Geburt, zum Erzbisehuf
ittHit gewählt, und noch im selben Jahre finden wir den Neuerwählten in
rorms, wo er in erlesener Fürstenveraammlung gemeinsam mit den Bischöfen
von Mainz, Köln und Toul unter dem Vorsitze des Kaisers und in Gegenwart
päpstlichen Legaten, Bischofs von Praeneste, die auf der Tagesordnung
*) Vogel, Boachr. 298 mit dm Belegen. — *) Act, Pal. 8» 82. Die Grafen tind dabei
'«w«" ohne iHren Titel ^,de Luronburg^* aufgoführt, aber der unmittelbar nach ibnen verieichnete,
I TOD üben bekannte ^^AnshelmuB de MoUesberg^* l&sst als ihnen Nahestehender kernen Zweifel
[hrm Solbigkf^it, die denn auoh big jetzt noch Ton Niemanden beatritten iat. — 'J Browcr
«O'.
10*
148
stehendo Saeho des Btachofa Gebhard von Würzburg mitborateu hilft,*) DasJ
bei dieaom Anlasse Unterreduiigcu mit dem Bischof Bucco stattgefunden haben
werden, die sich um Nassau, wie nicht minder um das Kloster Lipporn drehten»
darf mit Sicherheit augenommen werden. Der neue Trierer Kirchenfiirst hatt<^
keine Rücksicht zu nehmen auf die verwandtschaftlichen und altersschwachen
Gefühle seines Vorgängers, stand wohl schon gleich als Mitglied des Domkapitelä)||
wie wir oben andeuteten, denselben entgegen, und der Bischof von WormsJ
hatte schwerlich mehr als offene Thüren einzustossen, um seiner Kirche Rach^
XU verschaffen, wenn er die verhasste Stiftung für Trutwin als Hindernis seiueij
Ansprüche auf Nassau zunächst zur Ausrottung empfahl Liegt es doch auch
nahe zu vermuten, dass die dem alten Bruno ganz ungewöhnliche Tonart in
Androhung des Baanes gegen den kirchenräuberischen Grafen Wilhelm von
Luxemburg zwei Jahre vor seinem Tode nicht ohne Drängen dos mächtigen
Domkapitels, mithin auch Godefrlds, angeschlagen worden ist.*) Überdies leseil
wir im Briefe Heinrichs V. an den neuen Erzbischof etwas von den Anfangen
seiner Herstellung eines neuen Zustandes der Dinge im Trierer Erzbistum, uni
es wird nur dem auch schon alten Manne noch grössere Energie vorzugsweise
gegen den wieder rückfiillig gewordenen Luxemburger empfohlen, offenbar unten
dem Zuthun des ihm abgünstigen Domkapitels.^) Genug, Lipporn musstc falleuJ
und wenn etwas, so ist sein Fall das erste Siegel auf unsere Erörterungen
über die Natur dieser wohl einzig in deutscher Kirchengeschichte dastehenden
Gründung.
Aber es sollte niclit ins Freie fallen und nicht allsogleich. Das beze
die Gründung Sehönaus und vor allem die wichtige Nachricht, die wir den
oben berichteten Streite zwischen dem Mönchs- und Nonnenkloster dieses Ortes
aus dem Jahre 150G verdanken, dass der Nonnen „Monasterium, veriue auteti
Clausorium" das erste auf dem Platze gewesen sei.'*) Man gewährte also, wid
daraus ersichtlich, den Laurenburgern die Gunst, die Verlegung durch ein^
scheinbar nötig gewordene Erweiterung der alten Anlage vor den Augen de
Welt zu verdecken. Aber da man doch nicht die Einkünfte Lipporns dran
gab*), sondern nur das Kloster selbst, so haben wir allen Grund, nunmehr noch
einen Schritt weiter zu gehen, als oben, wo wir allein die Möglichkeit der Er-
mordung Trutwins in Lipporn zugaben. Das Sühnekloster, das wird nun klar,
stand auf dem durch den Tod eines im Banne Gewesenen entheiligten Boden,
und der Schönauer Legendist hat uns auch diese geschichtliche Thatsache ge-
rettet, indem er sie für seinen frommen Grafen Trutwin schlau nach Schöna
verlegte, wo dieser „in eodem loco, cjuo fixus fuerat, claustrum benedictoru
nomine schönaw construi fecit
*) Ebenda 20K — «) Goerz» Mittelrb. Rcgeaten 1, 479. — ^) Brower 2, 21»: „Quan
ut ^am [pacemj tota dioeceäi provineiaquc^ uti quldem corpisti, lueltuB exrolere in poüteruii
queas, te graviicr eiiam et serio moneo ntqui' adhortor." — ^) Hiernach sinil aUc seitherige^
Angaben von dem »pütoren Entstehen dei ^'annenk^08tc^Ä zu boi'icli tagen. Schon hiernach li
die Angabe bei Brower 2, 21 falsch. — ^) Wie au8 dem pUpstlioheD BeBtiUi^uug^briefc da
Klogfer« yom Ö. Mtkri 1213 hertorgeht. Vergl ^^Kettunf^^* 4 und Beyl. IL 8.2 und Thritmofuj^
Chrgru hirBäug, St. Gallen 1C90, l, 384, wie Schliephuke 1» 1G8.
149
Eine weitere VerdeckuDg des Laurenburg'schen R(iek/.ugs war die Er-
hebung der Propste! Lipporn zur Abtei*) Schönau, die auch baulich sicher
mehrere Jahre in Ansprach oahiu. Aber dieser Küek2ug, sobald er sich vollendet
zeigt im Bau, kehrt nun — ein bedeutsames Zeichen und ein weiteres Zeugnis
für die Richtigkeit unserer bisherigen Darstellung — mit einmal seine Spitsse
gegen Trier und wird zum deutUchen Gegenzuge gegen es. Denn nun tritt die
Urkunde von 1132 in Kraft, die wir oben vorübergehend in Betracht zu ziehen
hatten, und die es nun gilt, näher zu besehen. In ihr verkündigt Erzbiachof
Adelbert von Mainz^ dass sein Verwandter, Graf ^Ruobertus de Luorenburch**,
ijjas auf seinem Gute in Schunau für sein und seiner Blutsverwandten Seelenheil
gerundete und dem monchiöchen Leben^) unter dem Abte Hildelin überant-
wortete Kloster dem hL Martin in Mainz mit allem, was zu ihm gehöre, auf
|wig zu eigen gegeben habe. Er bestimmt dabei, dasa die Mönche freie Abts-
il haben, ihr Erwählter aber von ihm und seinen Nachfolgern die Investitur
und vom Erzbiachofe in Trier die Weihe empfangen solle. Hierauf folgt die
schon oben gemeldete Auflage betreffs des am Martinstage zu liefernden Cor-
porale^s und der Feier der erzbischöflichen Jahresgedächtnisse, und endlich die
Festsetzung, dass der Graf die Vogtei über die Abtei aus der Hand Adelberts
empIfUBge ttnd dass dieselbe fortan gebunden sei an die Besitzer von Meilingen,
sowie dass kein Zweiter oder Dritter sie von den erblichen Laurenburg'schen
Beslczern erhalten dürfe. Dies alles wii*d bekräftigt mit der herkömmlichen
Bannandrohung für die Verletzer der Festsetzung und unter Zufügung der
Zeugen. Auffalliger Weise ist zuletzt nur das Jahr 1132 in herkömmlicher
Art, nicht der Monatstag genannt.
Was geht aus dem allen hervor? Doch unverkennbar das zunächst, dass
die neue Stiftung für immer der feindseligen Einsprache Triers entrückt ist und
Schonau nun ebenso unter dem Schutze eines Verwandten steht, wie ehemals
Lipporn. Diese Verwandtschaft aber, — das wollen wir hier zum erstenmale
feststellen, nachdem wir es oben in der seitherigen Schwebe gelassen, — kommt
auf folgende Weise zu stände. Der von Schliephake zwar genannte, aber
nicht eDtsprechend benutzte Job. Mart. Kreraer berichtet in seiner „Genea-
logischen Geschichte des alten ardennischen Geschlechtes*', dass, wie Erzbischof
Adelbert ein Graf von Sarbrücken'*), dessen Nichte Agnes*) die Gemahlin des
Herzogs Friedrichs H. von Schwaben und dieser ein Blutsverwandter Ludwigs IIL
von Arnstein war,^) Da nun Graf Ruprecht als Sohn Trotwins auch Solm
einer Arnsteinischen Gräfin, der Muhme Ludwigs HI,, ist, so ist der Grad der
mit »cognatus* angedeuteten Vetterschaft bezeichnet*
*) Nicht nur, da«s sie später so genannt wird, so wird bereits in der aIi Stiftungabrief
djonunden Urkunde von 1 132 Hildeliiius „abb««" betitelt und das Kloster ,,abbatia." — *J „monantioe
conTorjiationl^* ; ^conver&atio** hei^Bt sonnt allein schon znonaohiamus, vtta mouaatica, rorgl.
DuCangc-Henschel 2, 583* und unten Trithemitts. — *l 8. US f. — *) 8. 136 luid tab.
d, X. — *) 8. 140 und rita Lud. bei Kremer 2, 372. Widniann, Annal. 18, 258.
iiungen 2u Arnstein s. bei Becker, NecroL AnnaL 16» 130 und mehr. Eine Verwandt-
aohari swiachon ßufirecbt und rdalrloh Ton Idstein, der auch «^oognattis** dei firxbiBchofs ge-
ni ^'mK "^i" '^«»Ht^i" ^«<« Hiieht, AjinnL 3, 3, TiO, iit hierduroh naohgewieaen.
i^ai
■mÜ
150
Aber nicbt bloss, dass Schönau durch deu Schutz eines bo mächtigen
reiehsfürstlichen Venvandten vor der ÜDguust Triers sichergestellt war^ auch
die alte Tuto'sche Bestimmung blieb unter ihm in Kraft. Nicht zwar dem Wort-
laut uacb. Aber es war Ruprecht doch gestattet „pro remedio anime sue et
parentum auorura** das neue Kloster zu stiften, und wer durfte es ihm wehren,
seinen Vater Trutwin in erster Linie unter den letzteren zu denken! Der
Kirche war nur dem Namen, nicht der That nach eine Genüge gethan. Da«
Wort ^parentum** birgt denselben Laurenbnrg'schen Trotz gegenüber der Kirche,
wie die Behauptung der Burg Nassau. Bedeutsam: ein winziger „rocher de
brooze* lässt dieser Laurenburg'sche Laienwille die eherne Macht der Welt-
kirche sich an ihm brechen, und die ihm helfen müssen, sind zwei Würdenträger
derselben Macht! ,,Gutta cavat lapidem!"
Doch Lipporn, Schönau, Nassau sind Kinder desselben zielbewussten Willens
der Laurenburger. Wir haben deshalb des letzteren Geschichte nur auszuer-
zählen, um die der beiden ersten, seine Wirkungen, mit dem vollenden zu können,
was wir als die letzte Folge dieses Willens für die Kirche zu bezeichnen haben :
wir meinen, mit der Schlussbeleuchtung ihrer Legende.
Bucco, der streitbare Bischof von Worms, hatte die Bedeutung des Schach-
zuges seiner Gegner wohl erkannt. Er holte demnach zu einem neuen Schlage
aus, als der Reichstag drei Jahre später in den Mauern seiner Bischofsstadt tagte.
Die „diuturna querela Buggonis", wie sie die zwei Worraser Urkunden von 1159
nennen*), fand endlich Gehör bei Lotbar. Die Laurenburger wurden verurteilt,
das „castrum** Nassau herauszugeben* Ihr mächtiger Mainzer Gönner liess ea
geschehen. Er wusste warum und seine Günstlinge wussten es mit ihm. Was
vermochte Lothar? Sie störten sich nicht an den Beschluss des Reichstage,
und Bucco starb ohne Sieg. So vergingen noch neun volle Jahre* Da hielten
die Kanoniker der Wormser Domkirche die Zeit für gekommen, abermals ein
fulmen brutum auf die unbeugsamen Verächter kirchlichen und kaiserlichen
Machtgebots niederzucken zu lassen. Der Römer Konrad von Subarra, ehemals
Abt von S. Rufin in der Dioecese Orleans, dann Stellvertreter des flüchtigen
lunocenz IL, nunmehriger Papst Anastaaius IV*, den Otto von Freisingen einen
^homo veteranus et in consuetudine Curiae exercitatus^ nennt*}, und von dem
selbst Baronius nicht unterläsat zu bemerken, dass er „nimiae facilitatis repre-
heosus** gewesen aei^, schien dazu am geeignetsten. Es erschien der Drohbrief
vom 5. Mai 1154, von dem oben so vielfach schon die Rede war. Rache ist
sein erster Laut: „Qui paterne iniquitatis imitatores existunt, a uindieta
quoque non debent existere alieni.'^ Und wüe er sich nicht scheut^ die keines
Titels Gewürdigten*) mit ihrer greisen Mutter Beatrix an den Pranger zu stellen^
so wird auch noch der meuchlings gemordete Vater als ewig Verfluchter aus
dem Grabe ' gezerrt und ihnen selber dessen Loos verkündigt, wenn sie nicht
innerhalb 40 Tagen ihren Raub herausgeben* Aber auch dieser ungeheure
i
0 Sohliephake 1, 200, 202 vergL 204. — 'j Bei R. P. Nutttlis Alexoudor, HistoHa
eoclesiatil* Luci&e 1734, 7, 52. — - *) Yergl. Heu nee 1, 47 und Spondani, Annnliuin Ba,roiiii
epitome. Lugd. Bat, 1678, 2, 569, — *) .♦• i,quod Äniolduü et Robertus cum B. matre «ua
iniquitiitem patria »iii «ef^fAiit«*»*'«
151
P
Blite erwies sieb als kalter Schlag. Die Betroffenen bleiben ungerührt^ und
m Wirtirt üoch gau^e ffiüf Jahre, bis Worms sich gar zu einem Vergleiche her-
twibssen nuis^. Ben luhalt desBclbon erfahren ^ir aus den drei weitläuftigeu
Urkunden vom Jahre 1159*), deren Außlegung in Bezug auf die Laurcüburg'tjchen
PersooeD bisher bo viel Schwierigkeit bereitet hat. Wir haben nach der um«
fassenden DarBtellung bei Hennea*) und Schliephake^) hier nur noch zu sagen,
dass Worms »ich verstand, seine Ansprüche auf Nassau an den Erzbischof
HQHii von Trier gegen dessen Gut in Partenheim abzutreten, und dass Lauren-
bürg gegen eine entsprechende Vergütung aus der Hand des Letzteren Nassau
zu ewigem Leben empfing, unter der Bedingung, das» der Erzbischof sich ein
Haas und eine Kapelle im Burgberinge zum Zeichen seines Besitzrechtes erbaue.
Von grösserem Belange ist es, Klarheit über die bereits angedeutete Personal-
frage zu gchaifen. Man glaubte seither annehmen zu müssen, dass die im
tliohen Briefe genannten Grafen samt ihrer Mutter vor der Eröffnung der
leichsverhandlung gestorben gewesen seien. Denn der Leheusvertrag zwischen
Erzbischof Hillin und dem Hause Laurenburg zeige neben einer „beatrix comi-
tiwa" nur deren „coheredes" als „filii ruobcrti et arnoldi de lurenburch**, erstere
Bm mithin letzterer Mutter bezw, Muhme als Tochter des Herzogs Walram von
Limburg und Gemahlin Ruprechts, wie dies Oebhardi zuerst festgestellt hat/)
Indes man hat dabei vollständig ausser acht gelassen, dass die Verhandlung
zwiseheu Trier und Laureuburg nur durch kirchlich Unbescholtene geführt werden
kuaote. Erfuhren wir doch schon oben, dass mit Gebannton zu verkehren bei
Strafe des eigenen Bannes verboten war. Wie hätte also mit Kuprecht und
Arnold verhandelt werden könjien, mit ihnea, die keine Miene seither gemacht
hatten, sich von dem Banne durch Herausgabe Nassaus zu befreien. Ja nicht
eimnal mit Gräfin Beatrix und ihren Miterben wurde unmittelbar verhandelt
rhneu, als Angehörigen der Gebannten, war nur gestattet, sich als Bittende an
den Erzbischof zu wenden. Das Geschäft selber war in den Händen ihrer Go-
iichäftstr%er : Gerlachs von laenburg und Eberhards von Burgensheim, und
swtacben ihnen und dem Erzbischof stand wieder der Gaugraf des Einrieb,
Reinbold von Isenburg. Diese werden selbst als Vermittler des Gesuclis der
Orafuj zu betrachten sein, wie die Urkunde vermuten lässt. Was kann also
bindern^ unter f,beatrix comitissa** dieser amtlichen Schrift die nur mit „B.* im
Drohbriefe des Papstes Anastaaius angedeutete Mutter der Grafen Buprecht und
Arnold zu erkennen, zumal wir ihre Lebenszeit für diesen Fall schon oben gc-
siehan haben? Wir sind um so sicherer in unserem Rechte, als in unserer
Urkunde deutlich zuerst die gebannten ^ruobertus et arnoldus de lurenburch**
erscheinen, dann als Bittende „beatrix comitissa et coheredes eins scilicet
filii rtioberti et arnoldi de lurenburch'^ erwähnt werden und zuletzt der ^co-
inittsae nidelicet et coheredum eius Ruoberti et aliorum^ als solcher gedacht
istt welche die entsprechende Summe von 150 Mark für den Hof Partenheim
eriilgl haben. Denn wer kann der letztgenannte „Ruobertus*^ anders sein, als
»J Schliephnke 1, 200—200. — *) l, 48 ff. - ") 1, 190 tf. - *) Verifl. das KÄliere
mm
152
Graf ßuprecbt mit seinem Sohne Wabani und seinem Bruder Arnold mit desseii
Sohne Ruprecht, dem Streitbaren, ganz wie es der Lekensbeschreiber Ludwigs UT.
sagt? Wer ist also Gräfin Beatrix, wenn nicht die Mutter Ruprechts ? Und
was kann es uns anfechten, dass auch die Gemahlin Ruprechts Beatrix geheissed
nach Ausweis des Arnstein'schen Gedenkbuchs, zumal diese ausser dem früher
gestorbenen und darum später nicht mehr genannten Arnold Walram zum
Sohne gehabt, wie es dasselbe Gedenk buch einmütig mit dem Amstein^schen
Lebensbeschreiber bekundet?*)
Fassen wir nun aber das ganze Rechtsgeschäft, in welchem Laurenburg
nach beinahe sechzigjährigem Kampfe seinen Frieden mit der Kirche schliesstj
in einem Blicke zusammen, so ist zu sagen, daas sich hier zum drittenmald
wiederholt, was bei der Gründung Lipporns und Schönaus zu Tage getreten
ist: das kleine Grafenhaus hat unter dem Scheine einer Niederlage den Sieg
seines Willeüs ertTotzt und die Kirche unter dem Scheine eines Sieges du
*) Becker a. a. 0, 13. Dieser Eintrag erscheint an sich schou als Bürge dafür, dai
die hier genannte Beatrix nicht dieselbe mit der in den Urkunden von 1159 aein kann. Dem
er bekundet mittelbar die Abwendung von Schonau^ das doch dieae erhebliche Rolle im Kampfe
mit WormS'Trier gespiolt hatte. Der Einkauf in das Arnstetnor Seelengednchtnis kann nSmlich
nicht als VervieinUtigung eines schon in Schonau erwirkten gtjfflsat vrerden, da der dort be-
dachte Gemahl Ruprecht nicht mitgenannt iat, sondern nur der Sohn Walram. Es wird iwar
im Toteubuch Arnsteina unter dem 23. Dezember eines ,,Ruperti comitts de Nas^auw** gedacht
fBecker a. a. 0. 209), aber der kann nicht Ruprecht I. sein, weil eben ßcin Käme nicht
unter den Scheakern des Klosters steht, und unter diesen sein Sohn Arnold ebeuBowenig vor-
konimt| aU er im Totenbuch erscheint. Der Einkauf ist also offenbar nach beider Tode g(
•ichehen. Nun hat Bioh allerdingä Gräfin Beatriic an der Beerdigung der Sohönauer Elisabci
116& beteiligt (Nebe, Annal. 8, 231), aber vermutlich nur wegen der besonderen Frömmigk*
dieser, deren Name auch im Arnsteiner Totenbuch unter ihrem Todestag am 18. Juni yoi
zeichnet ist, Sie erscheint dadurch als besonders kirchliche £*rau; und erwägen wir, di
Sohönau seit seiner Stiftung durch Ruprecht sich keiner Zuwendungen mehr aus dem nassai
ischen bezw. laurenburgtschen Hause ku erfreuen hatte, das» yielmehr nur auf Bitten des erst^
Abtes Hildetin die Kirche zu Lipporn und 1211 noch einmal diese und diejenige su Welten
wegen allÄUgrossen Bedürfnisses rom Trierer Erzbtsohofe mit ihren Einkünften geschenkt wurdei
(b. die Urkk. „Rettung** lieyl N, V— VlI), so ist die Anuahme wohl gcroohtfertigt, doss dii
Idrchl icher gerichtete Gemahlin Ruprechts samt der ganzen spateren Familie fthnlicher Art
sich Schonau entfremdet zeigt. Ihre Gunst ist Arnstcin geworden. Daä beseetigt der gai
die nasaauische Famiüe betreffende Eintrag jenes Eingangs dieser Anmerkung angefilhrte]
alten Schenkregisters, das die Namen des Neffen Ruprechts L» den Kreuzfahrer Ruprec!
{f 1190 auf dem Kreuzzuge) mit seiner Gemahlin Elise und seinem Sohne Hermann, wie di
jenigen yon Beatrix, ihrem Sohne Walram, dessen Gemahlin Kunigunde, beider SChne Heiori«
und Ruprecht^ wie ihrer Tochter, und ebenso der Sohne des ersteren von diesen, Rupre<»hl
und Heinrich umfasst. Und dass die Qeschenkc au Arnstein nicht unansehnlich waren, be-
leuchtet eine Urkunde von 1198 (Guden. Cod. dipL 2, 27 ff.), laut welcher die torgenannte
Gräfin Kunigunde ,,omuera decimarum proveutum de novalibus in Estenervorst^* diesem Klost
mit der ihre kirohlieht Stellung deutlich genug kenneeiehnenden Bestimmung schenkt: f,ai
quo predictus coracs [Walrumus) adhuo in corpore vivens ex oporum illicitorum commi
impenitens morte deceaserat, corum precum iiminiculo npud miiiencordiarum Patrem mJserit'ui
diter expiaretur.** Ihr Sohn Ruprerht aber trat nach dem Tode seiner Gemahlin in das Deutscl
ordenshaus in Mainz> nachdem er 1222 da» C-istorzicnscrfrauenkloster Affholderbach gcstift(
hatte (vorgl Becker &. a U. 17). Alles doch wohl deutliche Zeugnisse für eine der Stil
Lipponi*Sohdnau abgeneigte Stimmung in der »pÄteren Familie der Stifter ftctbr
153
Niederltige ihrer Auaprüche vorborgen. Bann «od Interdikt mussten aufgehoben
werden, ohne dans die Grafen nur darum zu bitten gehabt hätten, und weit
»otforot eiDO Macbteinbusse erfahren zu haben, hatten dieselben nun als Vasalteu
!des mächtigen Trier eine um ßo grössere Machtfülle erworben, zumal sie auch
mit der Burg das ganze Gebiet Nassau für ihre 150 Mark erhielten. Sie treten
nun als die mächtigen Grafen von Nassau in die Geschichte ein. Was Bruno
für LipporUf was Adelbert für Schönau, ist Hillin für Nassau geworden. Des
Vaters Trutwin Wille ist erreicht und des Vaters Ehrung trotz Bann und
Interdikt durchgesetzt. Nassau ist seinem Geschlechta geworden, und Schonan
.betet fiir seine Seele, wie es Lipporn gethan* Denn, das ist der Sinn der
ßcbönauer Legende, Schönau erkennt ihn als seiuen eigentlichen Gründer und
die im Ealendarium der Abtei auf den „VIL Idusaprirm" angesetzte „commemoratio
fuüdatorura*'^) bedeutet die Feier seines Totenamtes vor allem^ wie es Tuto,
ja vielleicht schon Trutwin selber angeordnet für seinen Todestag, den wir also
im 7. April ohne weiteres zu sehen haben. Alles dies war ja freilich unter nn-
glaublich günstigen Verhältnissen für die Laurenburger erreicht worden. Denn zu
der Verwandtschaft mit den Erzbisehöfen Bruno und Adelbert kam neben der
treuen Vetters chaft dos mächtigen Gaugrafeu Roimbold von laenburg die besondere
Friedensliebe Hillins.-) Aber es war erreicht und die Kirche um eine der vielen
DemütiguDgen reicher, die ihr Bann und Interdikt schon eingetragen.
Und doch war der Kirche noch eine ungleich tiefere Erniedrigung, weil
sittliche Schädigung, als Frucht der drei Siege Laurenburga beschieden. Sie
iiitti»ste — und damit nennen wir das letzte und eigentliche Siegel auf die Wahr-
heit unserer ganzen Untersuchung — zur Geschieh tsfalschung greifen und jene
Legende ersinnen, die wir zum Ausgangspunkte unserer Erörterung genommen.
Das Haus Laurenburg litt es nicht, dass innerhalb des Bannkreises seiner Macht
und zu dem gehörte die Vogtei Schönau — der Name seines meuchlings
l^emordeten Oüedes fürder als kirchlich entehrter gelte, Sie hatten auf ihre
uaienweise für das Heil der Seele des Verstorbenen durch Gründung von Lipporn
und Schönau gesorgt, und sie hatten dieser Sorge kirchliche Geltung verschafft
im Widerstreit mit dem amtlichen kirchlichen Willen. Was blieb unter so fester,
^•keiner Wahl Raum gebenden Hand anders übrig, als das kirchlich entstellte
}3d Trntwins in den Augen der Nachwelt und zur Rechttertrgung der Stiftung
ond des alljährlichen Totenamtes vor sich selber kirchlich zu ersetzen mit dem
Tfughilde eine.^ Trutwin, der statt eines Kirchenschänders ein Kirchenliebhaber,
ein ^religiosus'* gewesen, ein besonderer Verehrer des hk Florin, und im Sterben
noch die Kirche bedacht habe mit der Stiftung eines Klosters auf der Statte
»} WidmBnii« Aunftl. 18, 41. Roth^ Die Visiooeu 165, — ') Dieselbe geht nicht bloss
am den Worten der Urkimdc : ^iios tantam diftcordiam et liih mateiiain de medto tollere
icnpicntcs^ etc., sondern auch aud Browers Bemerkung^, dos» HiUin ^praecipua quAedam animi
r»«>d^rfttio* (2| 56) bescHJHeri, hervor, Tni Übrigen ist die Darstollung Browers vom Hergang
^'iing des Streite» 2, 64 IfMÜglich üni«chreibung der ürkmide, und ea darf %¥ohl an-
ti werden^ dasa dieselbe sämtHohe naedauifiahe Geschiohtsehreiber bceinfiuaat hat, da
trtkhUt «(«uppliee» affitere parentibu« orbi LurenbtirgU, Beatrix ao Euperti et Ajttoldi
■in Iiberi*\ was nach unserer Darlegung doch nur ein fal.schor Selüaaa aus der Urkunde ist.
154
8oiüer Todesursache! Der Ralmieu zu einem solchen Bilde fand sich leicht.
Die Florinlegende war vorhaDden; man durfte ihr nur einen kleinen fränkischen
Anbau geben, und die Gläubigen konnten nicht fehlen. Man weiss, was die
mittlere Zeit auf dem Gebiete der Legendenütteratur, diesem Zwitter von Ge-
schichte und Dichtung, geleistet und erreicht hat. Man darf sich also nicht
wundern, dasa die Schunauer, als Kenuer ihrer Zeit, lieber ihre Zuflucht zu
einer Legende als zu einer chronikalen Aufzeichnung nahmen.
In der ersten Zeit war diei freilich weder möglich noch nötig» Wer
durfte es wagen, der Zeit etwas anderes zu erzählen, als was sie selber erlebt
hatte! Dazu nahmen ja auch ohne Zweifel die geistlichen Insassen Schünaua
gar keinen Anstoss an der Grundursache ihres dortigen Seins, wie wir oben
bereits andeuteten und hier damit bestätigen wollen, dass die Visionen der hl.
Elisabeth sich zwar selir \iel mit der entarteten Kirche, aber niemals mit der
Kirchenschändung durch einen Gebannten beschäftigen. Die Visiouäriu war
eben die nahe Freundin der hl. Hildegard, von deren kirclilich freier Stellung
wir oben Kenntnis nahmen, ausserdem gut kaiserlich gesinnt samt ihrem Bruder
Ekbert, der sich überdies dem Gedanken einer Lostrennung der deutschen Kirche
von Rom nicht fremd zeigte.*) Und ist nicht zu allen Zeiten die niedere Geist-
lichkeit geneigt, den Absichten der höheren ihren eigenen Willen entgegenzu-
setzen? Nimmt man dazu, dass durch Elisabetli das Kloster zu hohen Ehren
gekommen war in den Augen der Mitwelt, so begreift man, dass unter dieser
ge Wissermassen göttlichen Bezeugung und Begnadung der Makel des Klosters,
wenn er überhaupt als ein solcher von den Zeitgenossen empfunden wurde,
mehr als getilgt galt.
Aber es kamen andere Zeiten, und in diesen w^ill uns der Zeitpunkt bemerkbar
erscheinen, in denen Laurenburg-Nassau kirchenamtsföhig geworden war. Für
einen kirchlichen Würdenträger konnte es selbstredend nichts weniger als er-
w^ünscht sein, von einem im Banne Gestorbenen abstammen zu sollen, so wenig i
auch das Kirchengesetz diesen Fall vorgesehen zu haben scheint und so sehr'
die sogenannte Irregularität, d» h. die Untüchtigkeit fiir ein Kirchenamt, nach
dieser Seite hin sich nur auf uneheliche Geburt, den sogenannten defectus natalis,
bezog, ^) Id bedenklichen Zeiten aber war es immerhin möglich, dass auch aus
solcher Abstammung Kapital geschlagen wurde. Man kennt das ja sattsam
aus der Geschichte. Und so wagen wir denn unter allem Vorbehalt, aber nicht
ohne ernstlichen geschichtlichen Anhalt, die folgende Mntmassung vorzutragen,
die, wenn sie das Richtige treffen sollte, zugleich genau die Zeit angiebt, unter
der unsere Schönauer Sage entstanden ist, nachdem wir oben nur ihr Jahr-
hundert annähernd genannt hatten,
Diether, der älteste Sohn Walraras II. von Nassau, war nach dem Berichte
seines Zeitgenossen, des Minoritenbruders Werner von Saulheim, „sonder Wissen^
der (verwittweten) Mutter (Adelheid) in das Predigerkloster zu Mainz gegangen.**')
Von dort erhob ihn im Jahre 1300 über den Kopf des Domkapitels hinweg
Hb
«) Roth, Die Visionen XCIX L - ») Weisser und Weite ^, BU, — ') Sohliephako
^
I
Papst Bonifatius VI IL auf deo Erzstuhl in Trier, auf dem er sieben Jahre zu
stsen berufen war. Die eigentümliche Art seiner Erwählung, die nur päpstlich
poMiohe Ursachen hatte, war geeignet, alle die mit ihm unzufrieden zu machen,
die nicht bei ihr beteiligt waren. Nicht nur, dass sofort der Kampf mit König
Albrecht den Neuerwählten in Anspruch nahm, so waren auch seine beiden
Residensen zu Trier und Coblenz seine Feinde. Und fand er sich gleich mit
der ©rstereu endlich zurecht, so machte ihm Coblenz doch vier Jahre lang
schwere Mühe. Bei solchen Gelegenheiten ist es üblich, dass nicht bloss mit
den Waffen gekämpft wird. Die böse Nachrede und die schriftstellerische
Peder sind oft noch viel stärkere Kampfmittel, und nichts wird geschont, was
wie eine Blosse des Gegners erscheint. Nun darf doch angenommen werden,
dass gerade Coblenz, die nächste Nachbarin des Einrieh und der Heimat des
Erzbiachofs, trotz einer fast zweihundertjährigen Vergangenheit sich der ein-
drucksvollen Geschichte des im Kirchenbanne meuchlerisch gemordeten Trutwin
dunkel erinnern und diese Erinnerung verwerten konnte zu Ungunsten des
rerhassten, aufgezwungenen erzbischöflichen Herrn. Da galt es Gegenwaffeu
schmieden. Und wenn wir nun in unserer Schönauer Legende den Namen
Coblenz ganz unvermutet lesen und an diesen eine Geschichte geknüpft sehen,
die den ehemaligen wohlbekannten Gönner des Florinstiftes, den Herzog Hermann,
ztun Schenker des Leibes des hl. Florin macht, als welchen ihn niemand bis
dahin gekannt, und wenn wir weiter lesen, daas dieses Wohlthäters der Stadt
^ipse Truthuinus satelles erat fidiseimua*'. ein „religiosus baro** und Liebhaber
Florins, gleich jenem, den die Wunder des Heiligen samt seiner frommen Stiftung
so irouderbar verherrlicht haben, sollte es da zu gesucht erscheinen, jene heim-
lichen Oegenwaffen in solcher Schriftleistung zu erblicken? Freilich das Gegenteil
TO0 letzterer lag ausser im dunkeln Volksgedächtnis im Trierer Archive. Aber
das ersterc war mit alter Schrift zu besiegen und das letztere in den Händen
IXeihers, und das blossstellendste Zeugnis, der Drohbrief des Papstes Anastasius,
m wohlgeborgen, dass bemerkenswerter Weise kein Trierischer Oeschichtschreiber
immÜB davon Kunde erhielt Erst das Jahr 1842 forderte ihn ans Licht* Was
aber war leichter für den Erzbischof, als durch seine Verwandten, wie durch
mnn eigenes Ansehen, die Schönauer Fälschung ins Werk setzen zu lassen?
Ob 810 gewirkt hat, ist eine andere Sache. Die im Jahre 1307 unter dem
Drucke der ganzen Diöcese Trier zu stände gekommene Beschwerde des ge-
«amteo Klerus gegen ihren Erzbischof an den Papst hatte keinen Erfolg, da
Diether, im Begriffe zu seiner Verteidigung nach Avignon zu reisen, vom Tode
fibeirascht wurde. ^)
Wie aber immer sich die Sache verhalten haben mag, Schönau war zum
Fibcbeo gezwungen worden, und darnach zum ewigen Schweigen. Das erste
beweist, wie dargethan, seine Legende, das letzte die spätere auswärtige Nach*
rieht über die Gründung der Abtei, von der nun noch ein Wort zu reden ist.
VTjt lm«If7An liieselbe, was auch bis dahin noch niemand sich die Mühe genommen
*/ BtumtsT 2, 84, woseUist iiucli aUes Übrige aus der Gescliicltte Diethors zu Icdeo \ni^
ddIL
156
Imt festzustellen, in fünf DarstellungeQ, Drei davon riilirea van dem berühmten
Abte Johannes Tri t he m ins her, eine von Gabriel Bucelinus und
eine von Christoph Brower. Wir fuhren dieselben der Zeitfolge nach vor.
Die erste findet sich in dem „Chronicon spanheimense**, das im Jahre 1506
von Trifchemius, dem Abte des Klosters zu Sponheim bei Kreuzuach, vollendetJ
ward, wie die Vorrede besagt,^) Dort heisst es unter dem Jahre 1125*): ^In'
diesen Zeiten stiftete auch ein Graf von Lurburg ein Kloster unseres Ordens
im Gebiet des Trierer Sprengeis, welches Schouau genannt wird, dem er alaJ
ersten Abt von frömmstem münchischeu Leben Hiidelin vorsetzte, welchem]
nachher Eegebert folgte, der in göttlicher sowohl als weltlicher Schrift Hoch-
gelehrte, der Bruder der hl Elisabeth, der Nonne und Meisterin des Schönaue
Klosters, welches der vorgenannte Abt Hildelin für die Jungfrauen Christi neben
seinem vorgenannten Kloster im Felde gegen Süden aufführfco. Die Gründung
dieses Klosters bestätigte der mainzer Erzbischof Adelbert, der Vetter dieses
Grafen, als eine der mainzer Kirche dargebrachte, sowie es aus der Urkunde
derselben erhellt, welche folgenden Wortlaut hat; (liier folgt alsdann wörtlich
die ganze Urkunde von 1132, nach ihr heisst es weiter:; Und bemerke, dass,
vorgenanntes Kloster ^uvor eine Propstei war, erbaut an dem Ort, welcher
Lipporn genannt wird, wo jetzt eine Pfarrkirche mit einem Dörfchen in depj
Entfernung einer Meile ; und sie war dem Kloster und Abt zu St. Salvator in
Schaff hausen in dem Constanzer Spreogel rechtlich unterstellt.*')
Die zweite Darstellung desselben Verfassers ist in dessen ^Chronicon
hirsaugiense" erster Ausgabe, das 1495 angefangen und nach 1503 vollendet'
w urde^), enthalten und hat diesen Wortlaut : „ Im vierten Jahre des Abtes Volmar,
welches das 1125 8te der Geburt des Herrnj dritter Indiction, war, wird das
Schönauer Kloster, Trierer Sprengeis, unseres Ordens, ungefähr vier Meilen
von der Stadt Bingen, auf der anderen Seite des Rheins, entfernt, von einem
edelen und reichen Manne, Namens Hildelin gestiftet, welcher nach Vollendung
des Klosters Mönch und erster Abt daselbst geworden ist. Er erbaute auch
in Stein wurfs weite ein Kloster für Nonnen unseres Ordens, in welchem für dioj
Folge eine hohe Frömmigkeit der Jungfrauen Christi blühte.**^)
') Opera hiatorica. FrftncofurL 1601» 2, 237. — ') Kuch trierisoher Zeitreebnung, ftUou
1136, wie Auoh jene Yergle ich giur künden im trierlsclieii Jahre 115S ausgestellt sind, in Wirk«
liohkeit aber 1159, Vergl. Schliephake 1, 190* — *) Opera 2, 243 f*: „His etiam temporibu
ooroeB de Lurburg monaateriüm noatri ordinis t'undauik in finibus Treuerensia dioeoetia, quod
Sconaugia Tocatur, cui primum praefcoit Ilildelmum rcligiosissimae eonuersationis abbateni, oul
postca suGcessit Ecgebertus^ m acnpturis tarn divinis quam secularibus eruditJBsünuB, frater
Banctae Heltüabeth monialis monasterü Schonaugienflia et MogiMtrae, quod praefatue abbat
KildelinuB, pro ChriBti virginibaa prüpe monnstenum fuum praefatum in campis Tersus tneridiem
construxit. Huiu» monasterü fuiidationcm Adelbertiis archiepiscopus Moguiitinua, cognatua ipaius
üouiitis de Lurburg^ ecelesiao Mogundnae obtatam contirniauit: sicut patet ex literis etuidcmJ
quae seqtiuntur, et sunt talea, — — Et «ota, quod praefatum monasterium autea fuit praG-j
poflitura conatructa in eo 1o(H), qai Llpron dicitur, vbi titinc parochiali» eoolesia cum rillula
fÜBtantiam ynius medü müliaria, foitque monasterio et abbat! aancti Saluatoria in Seoffhauseu
CouBtantienais dioeeesis subiecta". — *} Annale» hirsaug. St GalL 1690, Vorrede^ — ^) üperü
2, 119: ^AüDO Yolman ab bat i« 4. qui futt dominice natiuitaÜB 1125. indirtione 3. monojstvriuii
Sohonaugiensa Trcueren^iH diüeeeds twniti ordinin, quatuor ferme miliaribus ab oppido BingianumJ
imai
liL
157
Der dritte Bericht wird von dorsclbcu Chronik, nachdem bicj von ihrem
TorfiMser im Jahre UOlM) umgearbeitet worden war^ in folgenden Worten ab-
geat^tt4lt: ,1125, Im fünften Jahre des Abtes Volmar erbaute ein gewisser
Gi«f TOD Lurburg ein Klo&ter unseres Ordens in eetner vor^nannten Qraf*
sefaaft im Sprengel Trier, Schonau genannt, was von Mainz vier und von der Stadt
Bürbarach am Rhein eine Meile entfernt ist, in dem Gau, welcher iomitten
«wischen Hessen und den Rheinlauden Einrieb gemeinhin genannt wird. Nach-
dem endlich das Kloster vollendet war, legte der genannte Graf, mit Namen
HÜdelln^ der Stifter, den Gürtel der weltlichen Ritterschaft ab, und Mönch ge-
worden UxT Christus in der Propstei Lieporna, wurde er zum ersten Abte des
Sehonauer Klosters verordnet, ein trefflicher Mann und von glühendstem Eifer
in der hl Religion. Auf Steinwurfsweite gegen Süden vom genannten Kloster
der Mönche gründete derselbe überaus fromme Graf auch ein Kloster für Nonuen,
m welches er eine Menge von in Liebe Christo dienenden Jungfrauen versetzte;
und «owohl für der Mönche als für der Nonnen gegenwärtiges Leben besorgte
er das Notwendige. Es muss aber bemerkt werden, das das vorgenannte Schönauer
Mönchskloster einst als eine Propstei unseres Ordens an eben dem Orte, der
von den Eingebornen jenes Landes heute Lieprona genannt wird, errichtet war,
wo jetzt ein Dörfchen mit einer Parochiaikirche liegt, auf eine halbe Meile
Entfernung von Schönau* Und diese Propstei war vor Alters den Äbten und
dem Kloster St. Salvator in Schaifhausen mit voller Rechtsbefugnis unterworfen.
Heutzutage ist nicht die geringste Spur mehr von ihr vorhanden.**^
Die vierte Form der Erzählung in Gabriel Bucelinus „Germania sacra**')
ans dem Jahre 1655 ist diese: j,Sehönau ein berühmtes Männerkloster Bene-
m\^ ftliA pjirte Rheni dietanfi, fundatur, a quodam nabili viro et diuite nomine HildellDO, qui
eompleto coenobto monachua et prioius abbas in eo facius est. Ad iaotum quoque lapidis
^o^uobium »ancHmonialiuin nofltri ordinig eonstruxit, in quo magna deincepe Christi vir^inum
viguit**
*) Annmles hirsaog. 1, Vorrede, — *) Ebenda 1, 384: MCXXY. „Anno Yolmari abbatlt V.
quidam de Lurburg Monasterium nostri Ord. eonstruxit In praefato comitatu suo Lur>
Ifurigengi Trevircnsiä Dioccesi's Scliönaugia dictum^ quod a Moguntia quatuor^ et ab opiiido
Bachcraob luxta Khenum uno distat milÜanbtj«, in pago, qui Hassiis et RhenenBibus inter-
«tüdiuii Kinrich vulgariter nuncupatur. Conaumato Monaaterio tandem Comes niemoratu» nomine
nild^linus fundator oingulnm saeoulariB nülitiae deposuit, et HonachuB factus pro Cbriato in
rra^positura Lieporna primua Schonaugionsis Coenobii abbaa ordinatua fuit; vir bonus, et in
Haocta rcligione ferrenÜBaimus, Äd factum quoque lapidiB ad Meridionalem plagam a dicto
ItoDUterio Monachorum aliud Coenobium Montalium idem Comos religiosisaimu» conatituit; in
i|iMi mulütudinem Christo in charitate servientium Virginum ooliocavit; et tarn Monachiß, quam
MotiUllbas %itae prae^entia necessaria procuraTit. Notandum vero^ quod Monachorum Coenobium
SehtoattgitnBe praefatum quondam erat Ord. nostri Praepoaitura^ in eo loco, qui ab ineolls
terra« üUus hodfe Lieprona vocatur posita, ubi nunc viUuia oura Paroehiali Eccteaia sita est,
■il imln» medii milliana diatantiam a Schünau^Ja. Et haoc Praepositura fuit antiquitus Abbatibus
•1 Monaaterio S. Salvatoria in Schaffhausen pleno jure aubjecta, eius hodie nullum omniuo
ersparet veattgium/' Vergl Krem er, Orig, 1, Md. Schliephake 1» 168, Inm. verateht
4ff9 lauten Satz offenbar irrig Tom Aufhdren der Rechtsverbindung mit 3ehaffhausen. — ^) Da
mir von Bucelin nur der 2. Teil der ,, Germania topo>chrono-etemmatographiea sacra et profana/'
^ ' 1672 zugänglich ift, 80 muRS ioh mich leider auf die Treue der Wiedergabe der
^iv S. l f. verlaasen^ wo aua „Germania aaoro P. 11. p. 70'* dies angeführt wird:
^AÜ
158
4
diktinerordeDs im Trierer Sprengel ungefähr vier Meilen von der Stadt Bingen^
ist im Jahre ChriBti 1125 von Hildelin, einem Edelmanne, gegründet worden,
der in demselben sich der Gottheit weihend, nachher desselben erster Abt war."
Die fünfte Stiftungsgeschichte endlich in Browera ^ Annales treviren»es*'*)
vom Jahre 1670 lautet so: ,Iü dieser Zeit (1125) ist der Trierer Sprengel ^J
wieder durch das neue und sehr berühmte Sehünauer Kloster bereichert worden* ^M
Dies ist auf einem Landgute der Laurenburger Grafen jenseits des Rheins 16000
Schritte gegen Bingen im Landstrich Einrieb von Uildelin, einem reichen Manne,
angefangen j vom Laurenburg'aehen Grafen Rubert darnach vollendet und dem
seligen Floriu, durch dessen hl. Asche es ausgezeichnet ist, geweiht worden,
Ilildelin aber stand als erster Abt dem Kloster vor^ der auf einen Pfeilschuss
ebenso eine andere Wohnstätte mit demselbeu Namen für Jungfrauen gründete,
in welchem nachher die an Heiligkeit und himmlischen Eingebungen fruchtbare
und wegen des Lobes ihrer bewundernswerten Frömmigkeit besungene Jung&au
Elisabeth von Schönau blühte, die auch Abt Hildelin in ihren Gesichten, welche
sie über die Auffindung der 11000 Gefährtinnen der Ursula hatte, lobte**'
Aus der Vergleichung dieser fünf verschiedenen Berichte ist vor allem
ersichtlich, dass sie alle Trithemius zum geistigen Urheber haben. Von den
drei ersten muss das nicht erst begründet werden, von dem fünften sagt es
Brower ausdrücklich, indem er am Rande vermerkt: ^Tritth. in chro. Spanheim, ^j
& MS. documenta'', bei der vierten geht es aus der Ortsbestimmung Schonaus ^f
und der Benennung Hildelins als „vir nobilis** hervor, welche beide im zweiten '
Berichte Trithem^s enthalten sind. Wir haben es also in Wirklichkeit nur mit
einem Berichterstatter zu thun und dessen verschiedene Darstellungen derselben
Sache zunächst ins Auge zu fassen.
Da ist denn vorab festzustellen, dass der gelehrte Abt als naher Freund')
der beiden Schonauer Abte Melchior und Johannes (1468 — 1510)^) um so sicherer
Schönauer Quellen benutzt hat, als er in seinem ersten Berichte die sogenannte
Stiftungsurkuude mitteilt, freilich ungenau. Denn er lässt nicht nur den Namen
des Grafen Ruprecht weg, wie im Kontext, so auch unter den Zeugen, von denen
er überhaupt nur die zwei ersten nennt, sondern setzt auch an die Stelle von
,»8oli{jDaugia, Vironun celebre Benedicdiu Ordjim iu Dioeoesi Trevirensi quatuor fere milli-
aribus a Bingiorum oppido CooDobium fimdatum A* C. 1125 ab Hildeliuo quod&m Viro nobiܫ
(|U) in eodem Numini ae dorovens cjusdem pottea primus Abbas exdtiL" Dabei soll ebenda
HilddinuH auoh noch ^^Djnasta^* genannt äein, vfüs Roth, indem er in seinen ,,Yisionea'* die
Stelle nur verkürzt wiedergiobt, aucli bemerkt. Es ht nicht erstohtliob, ob er doa au^ eigener
Anschauung hat, wenn er schon dem Titel dea Buebes 1(>55 beifügt,
*) 2, 20*^ f.: Quo tempore^ TreTirorum dioeeesis, nOTO rursua et percelebrl Schooaugionsi
monaaterio ancta est ; id in Lurenburgensimn Comitum praedioi trans Rhenum, sedecim contra
Bingam miUibuB paesunm^ Kbrichae tractu, ab Uilduwino loouplete riro inchbatum, a Rubert«
Lurenbüfgensi Comite, postea perfcctum^ atque B, Florino, ouiiis sacriB insignitum cincribua,
dicatum est Hildelinus autem primus Abbaa monasterio praefuit, qui ad teU inde jaetum,
aliud item Virginibus eudem nomine domicilium constituit ; in quo sanotimonlae ot caeleetium
instinctunm foecunda, nee non admirandae piotatis laude cautata, Tirgo Elisabeth de Sobonaugta,
pofltea ciaruit: ijuao et Hildelinum Abbatem in visis suis quae super XL, millium Urtttiae
Bodalium inventione habuit, laudavit.** — Auch bei Both^ Visionen Xl, — '} Nebe, Die hl.
Elisabeth, Annat. 9, 156. — '^jNach Bnoelinuay Qennania topo-chrono-stemmatographlca 2, ISO,
i
^^_^^ 1 59
1132 die Jahreszahl 1125. Gleichwohl ist nach Abzug dieser VerfehluDgen
der erste Bericht vüllkomraen geschichtagetreu bis auf die Gründung des Nouuen-
klosterB. Da jedoch dessen Stiftung vor dem Mönchskloster erst bei dem ge-
launten Streite irn Jahre 1507 festgestellt scheint, Trithemiu8 aber zu der Zeit
aicht mehr in dem nahen Sponheim, sondern in Würzburg sich befand, so muss
angenommen werden, dass seine irrige Darstellung in diesen Stricken dem Nicht*
risseo seiner äbtUchen Gewährsleute zur Last fallt.
Um so mehr hat mau zu fragen, wie es möglich war, die zwei anderen
Berichte zu schreiben, und wer an ihnen Schuld trägt. Gleichwohl liegt die
Autwort recht nahe. Trithemius muss seine Erzähluog in der Sponheimer Chronik
im Laufe der Jahre vergessen und letztere bei seiner neuen Arbeit nicht zu
Rate gezogen haben» War er doch auch infolge innerer und äusserer Zwistig-
keiten vom Jahre 1506 an nicht mehr Abt zu Sponheim, sondern nach 7 monat-
lichem Aufenthalt beim Kurfürsten Joachim von Brandenburg in Berlin Abt des
Jchottenklosters St Jakob zu Würzburg, wo er 1516 starb.*) Aber der Viel-
cbreibeude und darum Vergessliche muss eine Abschrift jener Schönauer Urkunde
ien haben, in welcher der Erzbischof Adelbero von Trier dem Abte Hildelin
!ie Seelsorge und den Zehnten von Welterod überträgt.*) Dort kommen die
Worte vor in Bezug auf Hildelin : „ecciesiam Weltrod secus claustrum suuni
in fände ecclesiae suae sitam, sni juris suaeque donationis.'^ Aus ihnen Boss
(htrcb verkehrte Auslegung der reiche Edelmann Hildelin, der Mönch und Abt
arde. Denn man fasste, wie dies auch die „Rettung** gethan^), alle die „suum,
iae, sui*^, als Hildelins Besitz anzeigende Fürwörter auf, während sie lediglich
den Besitz der Schönauer Kirche bezeichnen.^) So kam der zweite Bericht
le alles Zuthun von Seiten Schönaus zu stände. Der dritte unterscheidet
^ch nur dadurch von diesem, dass Hildelin zum Grafen von Lurburg gemacht
rird, weil Trithemius doch wohl noch etwas von der früher gelesenen Urkunde
aern mochte, in welcher ein Laurenburger Graf — den Namen hatte er
damals schon ausgelassen, konnte ihn also mit dem Hildelins ersetzen — als
Itfler Schönaus genannt war.
Hiernach verstehen sich die Darstellungen bei Bueelin und Brower ziem-
Geh von selbst. Obwohl ersterer die Äbtereihe, die er im zweiten Teile seiner
.Qermaata topo- chrono- stemmatographica* bringt, unmittel- oder mittelbarer
nur einer Mitteilung aus Schönau verdanken konnte, so hat er doch,
wie vorhin bemerkt, deutlich den zweiten Bericht Trithems vor sich gehabt,
eo dritten^ obwohl er sich handschriftlich eine Zeitlang in dem Kloster Wein-
deasen Prior er war, befand, konnte er nicht kennen, da dies vor seiner
Zeit lag, die zweite Ausgabe der Hirsauer Chronik aber erst 1690 im Drucke
chien. Den ersten hat er aufialliger Weise so wenig gekannt, ob er gleich
ieiner Zeit gedruckt vorlag, wie Brower, dem der dritte ebenso verborgen
eb* Bei diesem aber fallt es um so mehr auf, als er die Sponheimer Chronik
») Wetter und Weite 11, 2»ß. - ^ „Rettrog'* B«jrL 5. IT 8. 3 f. Krener, Ong.
tn IW f. Die Urkunde mi undatiert. TerjfL ScHliepbske 1, 174 f. und Brower 2, 45. —
^ la Uir^iB Eegeflie ühet die Urk^ das nucb auf Krem er überg^cgian^en ut — *) Yogtl«
mi
d^ti
160
ausdrückb'cli, aber irrig alä seine QueOe neiiat. Aber freilick er hal
andere Quelle, die in der SponheimeF Chronik gebraucht ist, das ^Ha. t
der Urkunde von 1132. Dieae verschweisst er nach aeiiier Anal^fuig mü
zweiten Berichte Tritbems unter Zuthat voo anderweitigem, was er
Lektüre entnommen haben mus^. Den ^reichen Mann^ HildeltH) wie & ift^
liehe Lage von Schonau und den Bau des Nonnenklosters durch
er von Trithemius. Den Grafen , Robert "^ von Laurenburg eo
Urkunde von 1132, und ein irriger Schlnss aus derselben war ea, dieses
blossen YoUender des Klosters zu machen. Denn, indem er, wie Nebe in dcioer
nunmehr auch hinfalUg gewordenen Darstellung'), ein ^a se ipso'^ bei dem ^ia
proprio predio suo fundatum^ vermisste, machte er das ^fundatum* m
Werk des Hildelin und die Übergabe an die ^monai^tica couTersaüo* ni
solchen Ruprechts. Ausserdem hatte er die Tisionen der hl Eli^beA
Aber recht oberflächlich. Denn das ganze Lob, welches dort Hildelin gespeodel
wird bei Erwähnung der ,Sancta Verena \ii^o et martir", ist dies: ,Hec per
manum ?enerandt abbalis nostri Hildelini inde in locum nostrom translata est-**)!
Die andere Brower eigentümliche Nachricht, da^s das Scbonauer Kloster ,
instgnitum eineribus'^ Ftorins sei, steht mit der Schönauer Ijegeode« wie
seiner eigenen vom Haupte dieses Keiligen in Coblenz, in bedenklielistem Wider-
streite» Denn Asche reimt sich weder mit dem «corpus'^ in Coblenz^ noch mit
der 9 pars reliquiarum'^ in Lipporn nach der Legende, noch mit dem «caput*
Brower s. Auch das ist auffällig, dass er „Hiiduwinua^, «Hilduinus^ und „Hilde-
linus*^ nebeneinander gebraucht und am Rande bemerkt: «Hilduinus «)ui et
Hildelinus autor monasterii.*^ Man könnte versucht seifli erstare Namen ab
eine Verlesung von ^Drntwinus^ anzusehen und dabei an das ob^i geounjite
«antiquum manu^riptum^ Plebans denken, in welchem seltsamerweise Tmiwiii
,Ordinis 8, Benedicti^ genannt schemt. Indes, so sehr man auch die Kenntaia
der gleichen alten Handschrift schon bei Trithem voraussetzen mochte, gekannt
können sie beide nicht haben, da dort vom ^vulnernatus*" Trutwin erzählt ist.
Die verschiedeoe Schreibung des Namens Hildelins bei Brower kann also nur
auf fehlerhafter Abschrift der von ihm benutzten Urkunde von 1132 beruhen.
Lät aber auf diese Weise der Wert aller ausserschönauer Berichte ober
die dortige Klostergründung auf sein wahres Mass zurückgeführt, nachdem der
Inhalt derselben lange genug Irrlichtsdienste verrichtet hat, so bedarf ea keiaes
weitereu Wortes, dass sie alle das tiefe Schweigen Schönans selber über seine
Urgeschichte bedeuten. Für sie hat kein Trutwin gelebt, war keiner gemordet,
kein Bann und Interdikt verhängt worden. Um so mehr ist noch ein Wort dar-
über am Platze, dass sie miteinander eine thataachliche Beseitigung der Scfadnauer
Legende darstellen* Es kommt nur darauf an, festzustellen, auf wessen Rechnung
die Beseitigung zu setzen ist. Wir sahen oben, dass der eigentliche Schöpfer
aller genannten Berichte, Trithemi US, in unmittelbarer Beziehung mit Schönau
stand und zwar, das setzen wir Wer hiuzu, ungefähr zu derselben Zeit, als
letzteres an seiner neuen Kirchen wand die alte Legende mit neuer Einleitung
f) iL a. O. ISO, Anm. — ^ Roth« Ykioiien 12a In Begiiter iat dat TorkoAmen dss^
Kmiaens mn dieaer Steüe vergesseti.
^
4
ieder aufleben liena, Sollton wir ihm die Tücke zutrauen dürfen, das« es, was
daheim etwa unter gräflich naBsau'^ehem Zwange gethan, auswärts leugncu
iems? Nicht dooh, das würde gegen den nur für seine eigenen Äugen bestimmten
rieht über den Streit mit den Nonnen im Jahre 1506 Verstössen. Wir können
nur utitiehmen, daas es Abschrift gab oder nehmen lieas von reinen alten Schriften
od s&war mit Einschhiss der Legende, an die es glaubte, War es Trithemiu«
mn^ der letztere verwarf und aus den ihm gelieferten Urkunden allein seine
Brzlihlung wob? Seine vielen Werke zeigen ihn niemals als scharfen Urteiler%
wohl aber oft als urteilsiosen Sammler. Er kann also zu seiner Erzählweise
nur dadurch gekommen sein, dass er entweder die Schünauer Abschriften ver-
loren Itattei oder sich keinen Rat wusste, wie er die Legende mit dem Urkundeu*
verknüpfen sollte. In dieser Verlegenheit mochte ihm das Geratenste
nen, nur die Urkunden reden zu lassen und auch sie nur io seiner befangenen
Auslegung, Seine Berichte, mit Ausnahme des ersten, verraten ja deutlich ge-
äugt dasa geschichtliche Treue nicht seine Stärke war, wenn er gleich in der
Vorrede zur Sponheimer Chronik sagt: ^Zugleich bitte ich den Leser, dass er
nicht irgend etwas von dem, was wir geschrieben, verurteile, bevor er sorgfältig
gepritft oder einen offenbaren Irrtum gefunden hat. Denn es ist eine verab-
idieneiiswerte Art der Menschen, Männernaehtarbeiten (virorum lucubratioues),
die sie weder nachahmen noch besser machen können, mit gottlosem Zahne zu
und was sie nicht richtig zu unterscheiden vermögen, mit anspruchs-
Iter Verwegenheit zu verunglimpfen»'**) Es scheint demnach, das ist unser
Mttss, hier das geheimnisvolle Walten der Geschichte vorzuliegen, dass un-
;i»Qhtite Verbrechen an ihrer Wahrheit sich solange in dauerndem Irrtum und
bstbetrug rächen^ bis sie endlich ihren Entdecker finden. Zeigt sich doch dasselbe
wie in dem Reim werke, so in dem langen Kampfe des Klosters mit seinem ehe-
imaligen frommen Stifter Nassau, der in der oftgenannten j,Rettung*' des ersteren
den letzten schriftlichen Niederschlag von Dichtung und Wahrheit, von Anwalts-
kniff und begründeter Beschwerde, von gelehrtem Flitter und prunklosem Rechte
efunden hat.*)
Wir sind zu Ende« Ob wir befugt waren, in dieser einschneidenden Art
ISericht zu üben nicht bloss an Schonau, sondern auch an seinen bisherigen
Anwälten, hat der unparteiische Leser zu entscheiden, wie es der künftigen
UeHchichtscbreibung obliegen wird, das Feuerbeständige unserer UntcrsuchuDg
tu verwerten«
0 Op, 2, 236, - ') Schliephake 1, 171 f.
II
Das alte Wiesbaden.
Mitgeteilt von F. Olfa.
1* Das Hniiiienborger Tlior und der Wioj^eiihriiiitioii im Jaliro 17i{8,
Einem Schreiben vom 22. Februar 1738 ober eine etwaige Erweiterung
der Stadt am Sonnenbcrger Thor liegt die folgende Zeichnung der Örtlichkeit
bei. Sie zeigt una zunächst das genannte Thor neben dem „Ritter", dann
rechts und links von dem Wege vor demselben zwei grosse Gärten, weiter
den alten Landgraben, dann den Weg, der von dem Sonnenberger Weg hinab
zu den Wiesen führte, zuletzt die Allee, welche hin zu dem Wieaenbrunnen
geleitete^ und diesen selbst mit seiner Einfassung von Bäumen; wir haben ihn
zu denken auf dem Platze vor dem jetzigen Kurhause. Zm* rechten Hand
finden sich unmittelbar vor dem Thore und weiterhin zwischen Landgraben und
Weg Brennofen, Hafner- und Ziegelhütten, endlich rechts unten ein 3 — 4 Schuh
Hefer gelegener Garten, wo früher Weiher and Graben sich befand; an dem-
selben flosa der warme Bach vorbei* Vgl. unsere Abhandlung Ann, XV, S. 83.
4
2. Der Mauritiiisplatz.
In dem Streite des Inspektors Hellmund mit der Stadtgemeintle wegen
des Geschnatters, welches die Oanae um die Mauritiuskirche und das Pfarrhaus
herum machten, verlangte u. a* der Inspektor, dass der ganze Itaum durch
eine Mauer eingeschlossen werde, wie es wenigstens früher z. B. der Fall ge-
wesen sei. Den Verhandlungen liegt der folgende Plan der Örtlichkeit vom
Jahre 1738 bei. Er zeigt uns im Mittelpunkte die Mauritiuskirche, um sie
herum den (alten) Kirchhof, der aber nicht wie jetzt ein Viereck bildete; links
liegt die Wohnung des Inspektors, dahinter die Ükonomiegebäude und ein
Garten, rechts vorn die Schule, etwas vorspringend in die Strasse (bis 1816;
8. ra. Geschichte der Friedrichschule S. 11, dt\zti Ann. XIX, S. 100 f) Vor
tler Kirche ist die ehemalige Kirchhofsmauer angedeutet, ihr gegenüber ausser
andern Hliusern der Schröder'sche Hof eingezeichnet.
Dm Sonnenberger Thor and der Wlesenbranoeii sn Wiesbaden Im Jahre 1738.
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2. Der ManritiiispUtz,
^erh&user
Geschichte der Steigbügel
Voo
A* Schliebeiii
Hierzu Taf. I big YI mit 352 Abbildutigvn.
I
Es ist eine zwar oftmals störende, eigentlich aber sehr natürliche Ersclieinuug,
SS wir, 90 weit unsere Kenntnis nur aus schriftlichen Quellen des Altertums
geschöpft ist, über einfache und alltägliche Dinge bisweilen weniger gut unter-
richtet sind, als über verwickelte und seltene Fragen. Es kommt dies daher,
dass Einrichtungen und Gebrauchsstücke, welche sich lange Zeiträume hindurch
fa«t gar nicht änderten, vielen Yölkern gemeinsam und darum jedcrmanu
geläufig waren, keine Veranlassung zu eingehender Beschreibung boten, w^ogegen
aolche Dinge, welche andere Völker anders anfertigten oder gebrauchten, vor-
it^aweise der Erwähnung wert gehalten wurden.
So sind wir mit wenigen Ausnahmen nur unvollkommen unterrichtet über
die Einzelheiten alles dessen, was sich auf Fahren und Reiten bezieht, über die
Pferderassen, den Gang der Dressur, die Hülfen und Anforderungen der Schul-
reiterei, über Anspannung, Beschirr ung und Zäumuug, Beschaffenheit und
Atisrüstang der Sättel, über Form und Befestigung der Sporen, Hufeisen,
Steigbügel und zahllose Kleinigkeiten, welche den Sportsman interessieren, und
doch wissen wir, dass die Fferdeliebhaberei und die Rennwut bis ins Mittel-
alter hinein gleich einem epidemischen Wahnsinn, wie Frocop sagt, das Volk
beherrschten, dass die Sportsmen vom Kaiser, durch die Reihen der Ritter,
Senatoren und Bürger hinab bis zum letzten Stallknecht Stammbaume und
Leiituiigen der Fferde auswendig kannten^ und dass zur Katsorzeit alle grössereu
Städte, TOD Jerusalem bis Sevilla, von Britannien bis Nordafrika, dieselben
Erscheinungen wie Rom und Konstantinopel boten.
Das Wesentliche bei der Beschirr ung und Ausrüstung der Pferde, bei
4ca Reanen und Reitübungen war seit den allerültesten Zeiten fast gar nicht
Teriadert und daher jedermann bekannt; nur gelegentlich werden wir auf
Emselheiten aufmerksam gemacht. Erst zur Kaiserzeit Finden sich, Xonophun
situgenommen, Schriftsteller, welche durch Schollen oder besondere <Jnomastica
die verschiedenen Gegenstände sachlich und sprachlich erklärten, ohne jedoch^
166
da sie sich selbst oft schlecht unterrichtet zeigen, unsere Wissbegierde in allen
Punkten zu befriedigen. Sache der Altertumsforscher ist es nun, aus den
gelegentlichen schriftlichen Nachrichten und jenen oft sich völlig widersprechenden
Erklärungen das Richtige herauszufinden.
Diese Aufgabe würde in vielen Fällen unlöslich sein, wenn uns nicht
eine wesentliche Unterstützung durch die Fundstücke zu teil würde, welche
die Gegenstände teils selbständig und greifbar vor Augen führen, teils wenigstens
in Abbildungen erkennen lassen. Und dieses Material mehrt sich von Tage zu
Tage; in der alten und neuen Welt findet sich im Schosse der Erde ein Stück
nach dem andern, welches unsere Kenntnis längst vergangener Zeiten mehrt
und uns schliesslich einen Überblick über das Oanze gewinnen lässt. Auch
die Frage, welche uns diesmal beschäftigen soll, nachdem Hufeisen und Sattel
früher schon (Band XX und XXI der Annalen) behandelt sind, nämlich die
nach dem ersten Vorkommen und der geschichtlichen Entwickelung der Steig-
bügel, wird gerade durch Betrachtung der Fundstücke wesentlich gefordert.
Hierin liegt der Grund, weshalb eine Wiederaufnahme und Vervollständigung
früherer Untersuchungen gerechtfertigt erscheint, denn seit Beckmann, welcher
in seiner Geschichte der Erfindungen (IV. Band, S. 102) ausführlich darüber
geschrieben, Fundstücke aber gar nicht berücksichtigt hat, sind nahezu hundert
Jahre verflossen, und seitdem so viele Einzelheiten zu Tage gefördert, dass
dieselben, unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt gebracht, wohl geeignet
scheinen, die Bemühungen zur Lösung der Frage einen bedeutenden Schritt
weiter zu bringen.
I.
Es ist längst bekannt, dass die Steigbügel den Alten unbekannt waren,
es muss aber bei allen Völkern eine Zeit gegeben haben, zu welcher sie
erfunden oder eingeführt wurden. Um diese zu ermitteln, wird es zunächst
darauf ankommen, nachzuweisen, wie lange man im Altertum oder im Mittel-
alter sich ihrer nicht bediente.
Der Zweck der Bügel ist ein doppelter, nämlich dem Reiter das Auf-
und Absitzen zu erleichtern und seine Füsse während des Reitens zu unter-
stützen, sowohl um der Ermüdung zu begegnen, als um den Sitz zu festigen;
bei einzelnen Völkern dienen sie überdies zugleich zum Antreiben des Pferdes
oder Maultieres. Beckmann meint, dass man sich wundem müsse, eine so
einfache Erfindung, wie die Steigbügel, im ganzen Altertum nicht zu finden,
aber er übersieht, dass Bügel ohne einen festen Sattel nicht gut anzubringen
sind, und dass gerade diejenigen Eigenschaften des Pferderückens, welche den
Alten beim Reiten auf Decken oder einem Ephippium wünschenswert waren,
nämlich ein fleischiger, runder Rücken, wie ihn Virgil und andere ausdrücklich
verlangten *), der Befestigung eines einzelnen Bügels, oder eines Bügelpaares an
*) Virg. Georg. III, 87: Ät duplex agiiur per lumhas spitm: Varro IF, 7, 5; Columell.
VI, 29, 2; Geopon. XVI, 1. Nemes. Cyneg. 243; Ovid. Met. XII, 401. Calpurn. cclog. VI, 54:
das Gegenteil, eine exstans spina, wird getadelt Grat, cyneg. 526; Varro 1. c.
167
sr iiber den üeckeo Schwierigkeiten bereiteten, da zum Verhindern tl(?B Herom-
gerade ein hoher und scharfer Widerrist vorteilhaft ist. Vor Ein-
f&Iirang des Sattels mit festen Bäumen werden wir das Vorkommen von Bügeln
DQ vornherein nicht erwarten dürfen; beide gehören zusammen. Sieht man
Bu Wert der Bügel vorzugsweise in dem erleichterten Auf- und Absitzen,
«o würde ein Paar solcher lose über die Decke gehängter Bügel, auch wenn
man annehmen wollte, dass der Nebenmann auf der rechten Seite durch Fest-
halten derselben da« Herumrutschen verhindert hatte, den Soldaten doch niemals
von der Notwendigkeit entbunden haben, sich noch mit einer anderen selbständigen
Art des Aufsitzens für den Fall, dass er allein wäre und keine Unterstützung
filude, vertraut zu machen. Bei Feldherren und vornehmen Personen hätte
immerhin eine Ausnahme stattfinden können, und doch finden wir stets, dass
sie in anderer Weise aufs Pferd hinauf- oder von demselben herabstiegen.
Da wir jedoch auch in späterer Zeit, als die Bügel längst bekannt waren,
immer noch vom Hinauf- und Herabspringen lesen, so kann dies allein nicht
ali Beweis gelten^ dass die Alten die Bügel nicht gekannt hätten; wir haben
andere unzweifelhafte Beweise dafür.
Dass die Griechen nichts von Steigbügeln wussten, geht unter anderem
darane hervor, dass Hippocrates von den Scythen und allen eifrigen Reitern
a^gif dass sie von dem fortwährenden Herunterhängen der Schenkel Flüsse
(xeStiata) bekämen. Diese im 4. Jahrhundert v. Chr. gemachte Bemerkung
wird noch im 2. Jahrhundert n. Chr* von Galeuua bestätigt J) Qermanicus
kräftigte seine schwachen Schenkel durch Reiten, indem er bei dem freien
Herunterhängen derselben durch die kräftigen Bewegungen des Pferdes eine
vermehrte Blutcirkulation erreichte (Sueton, Caligula 3).
Von entscheidender Beweiskraft ist es, dass wir ganz genau wissen, wie
die Alten aufs Pferd stiegen. In dem Buche Xeuophons von der Campagne-
reiterei, wie wir sagen müssten (Xen. hipp. 7, 1 — 2), wird eine Anleitung
gegeben, wie die Soldaten aufs Pferd springen sollen. Gottfried Hermann
(optttc. I, 63) hat diese oft raissverstandene Stelle vollkommen klargelegt,
Xenophun sagt, dass man auf zwei Arten aufs Pferd steigen könne, entweder
mitHOlfe der Lanze oder ohne dieselbe; in beiden Fällen solle man den Leitzügel
(die Alten führten ihre Pferde an einem besonderen Zügel, pTaY^Yr];) hübsch
]wag in die linke, die eigentlichen Zügel in die rechte Hand nehmen. Dann
aolte der Reiter entweder mit der linken Hand den Spiess, oder, wenn er ohne
dkeen aufsitzen will, ein Büschel Mahne in der Nähe der Ohren ergreifen, die
Becbte aber mit den sanft anstehenden Zügeln auf den Widerrist setzen und
gleiohfklls damit in die Mähne greifen, sodann den Körper in die Höhe
•ehwiogen, den rechten Fuss, ohne den Rücken zu berühren, auf die rechte
Seite briogen, sich sanft niederlassen und die Zügel ordnen. Wohlweislich
lünt Xenophon die rechte Hand nicht auf den Rücken, sondern am Widerrist
'> Eippoorfues do a^re ac^^uis et iocis ed. Kühn I» pag. 561; ed. Chart., pikg. 2Ü1K
de parrae (lUae exereitio c. d.; de tuoada saiiitate 11^ IK Man Icne, waa über die^e
Bontfac. llhodtgitiui Uhi, iudicra Yl^ a aagt.
168
aufsetzen, was auch ein kitzliches Pferd sich gefallcu lässt Äholich läest
den Reiter voü der rechten Seite aufsitzen, er kannte also sicher die Steigbügel nic^
Die römischen Soldaten übten sich im Springen an hölzernen Voltigie
bocken. Der Kriegsschriftsteller Vegetins, welcher Ende des 4. Jahrhundert
n. Chr. lebte, schreibt vor (I, 18), dass diese Übung von allen Reitern vq
der rechten und linken Seite, mit und ohne Rüstung und selbst mit gezückte
Schwerte eifrig betrieben werden soll. Also hatte man damals noch kein
anderes Mittel, ohne fremde Hilfe aufs Pferd zu steigen. Auch andere Schril
steller aller Zeiten erwähnen das Auf- und Abspringen, sodass über dies
Punkt kein Zweifel besteht/^) Mit älteren Reitern machte wenigstens Xeoophd
eine Ausnahme, indem er ihnen gestattete, sich^ wie er sagt, nach Persersit
durch den Nebenmann unterstützen zu lassen (Xen, mag, equ* I, 17), AI
auch in Persien und im ganzen Orient hatte der gemeine Soldat kein anderes
Mittel aufs Pferd zu steigen.
Vornehme und ältere Personen stiegen mit Hilfe eines Dieners
{atrator, avaßoXc'ic), welcher seine Hand als Tritt darbot. Bei Suidas heid
es: ivaßoXrj^ 6 ewi tov r:r7cov ava^tov. Vom sfrator spricht Aelius Spartiao
(C'aracalla 7) r aim ülimi m eqmtm sfrafor leraref, ebenso Aramianus Marcellind
(imper. Valens et Valent XXX, 21; irap, Julian. XXI, 1): lapso mllite
Jtdianum incessurum eqm dextra manu ertfxU^ Beide Stellen beziehen sich
die zweite Hälfte des 4, Jahrhunderts n. Chr. In dieser Weise ist auch dre
Stelle Esther G, 8 zu verstehen, wo Mardochai auf des Königs Pferd gesetzt wir<^
impoHere sujter equum sagt die Vulgata; ebenso Math. 21, 7: eirixiifs^av ijrd^
inwv sc. t(öv Smv, Lucas 19, 35: liCEß(ßaaav i*>TOv, 1 Könige 1, 33: impofi
Salomtmem t^upet mulam mcam. Als Sapor, König von Persien, den Kaia
Valerian gefangen genommen hatte (3. Jahrhundert), benutzte er den Rückd
dieses Greises als Fussschemel, so oft er zu Pferde stieg (Eutrop. Hb, IX^ init.);
Tamerlan soll es, beüäutig gesagt, mit Bajazet, den er 1402 in der Schlacht
bei Ancyra gefangen nahm, ebenso gemacht haben, wenn wir Paulus Jovi^
(elog. vir. illustr. II, pag. 111) glauben wollen. Ein Pendant dazu bildet
die Mädchen aus Cypern, die xAtji.ax{3s<;^ welche der Königin den Rücken boten,
wenn sie den Wagen besteigen wollte (Plut. de adulat. et araic, 3).
Ein anderes Mittel, dem Reiter das Aufsitzen zu erleichtern, bestand darin,
dasB man die Pferde abrichtete, sich auf die Kniee niederzulassen. So sollen
es dtr Bucepbalus Alexanders, das Pferd Traians und fast allgemein die Pferde
der Iberer gemacht haben. (Curt. 6, 5; Sil. Ital. 10, 465; Dio Cass, 49, *d^^J
m, 18; Strabo 3, 4 pag. 163, C; Plut. praec. polit 13, 11,) ^M
Es ist eine irrige Ansicht, dass die Lanzen der Alten einen Dorn gehabt
hätten, dessen man sieh als Tritt beim Aufsteigen bediente, obgleich ein solchi
auf einer in Baiae gefundenen Vase und auf einer Gemme abgebildet ii
Winckelmann irrt, wenn er aus einer seltenen Ausnahme eine allgemeil
Regel herleitet. (Ginzrot, Fuhrwerke der Römer und Griechen II, 165, Tij
lt.);
icbt I
») Virg. Aen, XII, 287; Arrmni j»enpl. PonL Eiix, c. 17; Polyb, VI, 85, 4; XI, ^l,j
PluittroUi coniag. {iraecept. 9; Valtnnus de re milit» X. c. 3. Ptutareh. Poropeiut 4K
u;f>
14; Winckelmaüo, Aüsg, v; Ferüow, Drestl. 1808, L 8. 285; Jacobs zu
Xenoph. pag* 151.} Noch heute sollen Kosaken und Tataren ohne Benutzung
der Bügel mit Hilfe der Lanze sich aufa Pferd schwingen; nur so ist gegen
die Ansicht von Lipsius (de milit Rom. pag* 140 in Petiscus, Lexic. antiqu.)
da« Absitzen bei Livius 4, 19 zu verstehen: Cornelius Cosms hmia innisu»
sc iw pedes recepit.
Endlich gab es fiir das bürgerliche Leben, für bejahrte Leute und un-
BÜbte Reiter an öffentlichen Wegen Steine^ welche das Aufsitzen erleichtern
[>lUen. C. Gracchus machte sich durch das Aufstellen solcher Trittsteinc
Staffelsteine, suppedanea) in inäasigen Abständen au öffentlichen Strassen beim
rümiscben Volke sehr beliebt.^) PoUux spricht von einem derartigen Aufsitzen
(L 203), welches er bei jungen rohen Pferden dem Springen vorzieht.
Diese Trittsteine wurden bald allgemein üblich und haben sich bis iu
unsere Zeit erhalten. Wir finden sie später am Hofe Karls des Grossen (Monach,
St« Gallensis de vita Caroli I, 6 bei Pertz^ Mon. II, 733), wo ein jugendlicher
Bi^cbofekandidat es verschmäht, mit ihrer Hilfe aufs Pferd zu steigen und
hinauf springt. Im Sachsenspiegel wird die Dispositionsfahigkeit bei vorge»
sehrittenem Alter davon abhängig gemacht „daz her, begurt mit eime swerte
nnd mit eime schilde üf ein ros körnen mag von eime steine oder stocke einer
dumelne ho (also eine Elle hoch, vom Daumen bis zum Ellenbogen gemessen,
bfudistens 40 cm) sunder mannes helfe, deste mau im das ros und den stegc*
reif halde . . .** Hier ist natürlich der Steigbügel schon bekannt (13. Jahr-
hundert) und der Trittstein für den rechten Fus«, als Vorstufe für den Bügel
bestimmt (Sachsensp. I, 52 und feud, H, 33).
Im Jahre 1502 wurde ein solcher Stein in Frankfurt a./M, am Körner
aufgerichtet (Beckmann IV, 110). Noch vor Kurzem konnte mau an Markt-
plätzen, vor Dorfschenken und an anderen verkehr reichen Orten dergleichen Steine
eben, welche sehr nützlich waren, da der Bauer, wenn er sein Pferd zum
Markte bringt, noch heute auf Decke ohne Bügel reitet und höchstens einen
hitj« übergelegten Strick mit 2 Schlaufen zur Stütze der Füsse benutzt. In
England und Amerika sollen Trittsteine noch häufig zu finden sein.
Im Französischen heisst ein solcher Stein- moutoir und die Unke Seite
des Pferdes danach c6te du montoir, obgleich zu der Zeit, als dieser Ausdruck
ifkam, die Bügel längst bekannt waren. Beringer, Verfasser einer Geschichte
es Reitens (Übers, von Ileubel, S. 83) teilt eine angeblich von Crassus lier-
eode Inschrift mit, welche er seinem Maultiere Crassa auf einem solchen
Steine gesetzt hat:')
ikii rel, Victoritu, var. lect. lib. 37, c. 15 ist die Stelle des Polybius UI, wo er von Hannilml
«{nichts ffgirjpi'iTicTat und Psßrjif'wTai erklärt. — *j Der übliche Anfaug Das Muftibu» mcrum
wird hier |>arodiert. Statt Ciuciae lies CiUciae; in Khihi-Asiün gab es vomü^Uebc MauUiüru»
IfgL Schlicbcn, Pfordo des Altertums 72 u. f., bene feretUi entspricht dem üblicheti hene
^mt^ Die Inschrift wird angexweifelt.
170
Diis pedihus saxumJ
Ciuciae, dorsiferae et vhmiferae,
Ut insultare ei desuliare eomtnodetur
Pub. Crassus mulae suae Crassae bene ftreitti
Snppedaneum hüc cum risu posuit.
Vixii anuos XI,
Wenn Beckmaou behauptot, da88 ein Trittstein im Wappen der alten-
Imrgiachen Familie von Salern vorkomme und sogar mehrere Stufen zcige^ si
durfte dies auf einem Irrtum beruhen. Bei Siebmacher (Wappenbuch^ Bd. VI^ 1,
Abgestorbener bayr. Adel S, 174, Taf, 119) ist das Wappen abgebildet, wird
aber für einen Stufengiebel erklärt.
So viel wir suchen, wir Hnden keine Stelle, aus welcher das Vorkommen
von Steigbügeln vor dem 6, Jahrhundert, wie wir sehen werden, hervorginge;
andere behaupten, glücklicher gewesen zu sein. Sie übersetzen einfach ivaßoXsij^'
mit Steigbügel, und wo Suidas (s. v. Masanasses) sagt, dass Masinissa bis
in sein spätestes Alter ohne Hilfe eines Dieners habe aufs Pferd steigen können,
„TicTiov yi^ipk avaßoXiax; sjdßaivev*' sagen sie einfach „ohne Steigbügel. '^ Sie
berufen sich dabei vermutlich auf die Erklärungen, welch© die Scholiasten von
diesem Werke geben.
Suidas selbst sagt: avaßoXH?)^ 6 tid tov tTrxov ävÄYtov . . * avaßoXe'i; xat
Tta^a Tto^iatotc \z'ifj\it/r^ <3%iXa : unter oxaXot heisöt es : oTciXa 'Vt$i\xaiaxl 6 ivaßoXeö-
Ferner sagt Eustathius: ivaßoXeic 6i> jxövov tö otSfjpiov, tji Tb^>^ i:68a? svti^svT»:
l'^iTTTOt Ytvovtat Tt'vsc* iX)*a %al ävö-pwTCoc, o^ kc; toiöütov sp^ov %ad*>"0'>f/fGL Beide
kannten natürlich, da sie im 12. und 14. Jahrhundert lebten, die Bügel, aber
wenigstens Suidas meinte in der Stelle über Masinissa sicher nur den Dienor,
da er sein Citat aus Appian (Punic. 106) entnommen hat und zur Zeit der^
Punisehen Kriege und noch weit später eine solche Neuerung völlig unbekannt
war, welche einmal erfunden, nicht wieder verloren gegangen wäre. An uod
für sich konnte ja, w'ie Beckmann anführt» das Wort ivaßoXEi); die Bedeutung
Steigbügel ganjs nach Analogie des deutschen Wortes Stiefelknecht erlialteu
haben, welches einen Menschen, welcher die Stiefel auszieht, bedeuten konnte
und dann auf das hölzerne Instrument, welches denselben Dienst leistet, über
ging. So konnte auch der Steigbügel, weil er den Dienst des Reitknechtcfj
leistete, avaßoX^ü; heissen.
Andere berufen sich auf eine Stelle bei Pollux, welche in der Ausgabe^
von Hemsterhuis, Amsterdam, 1706 in der lateiuischen Übersetzung wirklich
das Wort siapedes^ Steigbügel, enthält. Diese Übersetzung ist jedoch grundfalsch.
Der Text xii Y^p Tj InyJK 'Xiov ijd twv i^mjxotcöv, 7^ i;rl twv xa^cCojJtlvtüv ist so
übersetzt: dapedes enhn matjis ad standum quam insidendum parat i mnf undj
zeigt, dass der Übersetzer den Sinn gar nicht verstanden hat, denn InyJK soll KraftJ
Nachdruck, aber nicht Steigbügel heissen. Pollux 1, 11, 15 sagt ganz richtig, dasi]
der Reiter mehr Kraft hat uud Schwert und Speer bessor führen kann, wenn e
auf dem Pferde melir steht als sitzt. Seine ganze Gelehrsamkeit ist ja n
eine Umschreibung dessen, was Xenophon (Uipp* YII, 5) über diesen Punkt
M
171
I
^ Pfer
I
tinfl ein Mtssverst&ndnis datier gar nicht möglich: feite^^v ^s t^^^^Jv xaiKCr^tx
lb| coCv oxsXotv, denn our so köDDe er das Pferd beherrschen und äeine eigenen
Krüfte gebrauchen*
Endhch giebt es noch eine kleine Münze, welche bei Cohen unter
medailles eonsulaires, Blatt VII, bei Eckhel Tom, II, vol. V, 8, 145, abgebildet
ist. Sie gehört der gens Atia, einer plebejischen Familie, und hat die Um-
ichrift A, Labienus Parthicus irap. Dieser Labienus ist derselbe, welcher
zuerst Unterfeld herr Caesars war und später zu Porapeiua überging. Die Münze
wigt ein Pferd, von dessen weit zurückliegendem Sattel etwas wie ein Hosenbein
herunterhängt* Mau behauptet, es wäre dies wirklich ein solches, welches, der
Lange nach offen, unten ein festes Brett oder einen Steg hatte, auf welchem
der Fuös rulieu konnte, während das vielleicht gepanzerte Beinstück über den
Schenkel geschlagen wurde. Die Idee wäre nicht übel, die Entdeckung steht
aber zu vereinzelt da, um allein das Vorkommen von Bügeln zu beweisen.
Vielleicht sehen auch andere ganz etwas anderes darin; zu diesen gehöre ich
auch, nachdem ich mehrere Exemplare der Münze genau besehen habe*
Wenn sich also in der klassischen Zeit und den nächsten Jahr-
hunderten keine Quellen finden, in welchen Steigbügel erwähnt werden, so
müssen wir die Schriftsteller der späteren Zeit inB Auge fassen. Da ist nun
zunächst der Kaiser Mauritius zu nennen^ welcher Ende des G. Jahrhunderts
lebte und ein Buch über die Kriegskunst geschrieben hat (Mauricii tact. ed,
Schefferi, UpsaUae 1664 II, 8 pag. 22 u. 64), in welchem zum ersteumale
der Steigbügel mit folgenden Worten Erwähnung geschieht: Xpvj l/siv li^ la^
gßiÄ< <nu^j^z <iiÄr|pdc 8^>o und an der zweiten Stelle: Ast lac Sm axoXa^ twv
x^jp^, iK söt/c irrci, xat rf|V aXXr^v ;rpo<; rji wr^i^x^STjpß-Q» iva icöv om iirl rov tincov
ß9aXo{iivci»v ivipy£<5i^3rt, tow'jitv. itnoö zt xat xm aizoisAyoru i piv 5ia Tffi Tt^M t^
tr>)p^ fjx/iXoLi; ivspyerat, o Sk M tf^c ^pöc xti i^-o*oxö»>pß:jj. Hier ist also un-
zweifelhaft von eiserneu Steigbügeln die Rede, aber der Kaiser will, dass sie
nicht iu der gewöhnliehen Weise, w; £>o; sadv, angebracht werden, sondern
beide auf der linken Seite, hinten und vorn, damit ausser dem eigentlichen
Reiter noch ein auf dem Schlachtfelde aufgefundener Kampfunfähiger auf das
Pferd ateigen könne, der dann seinen Sitz auf der Kruppe tindeu würde. Die
Worte «0^ 2doc i^-v sagen zwar indirekt, aber ganz bestimmt, dass gewCdinlich
e Bügel auf verschiedenen Seiten angebracht waren und nur für die Deputari
eine Art Sanitäts^Korps — , welche die Verwundeten aufsuchten, eine Äus-
tmbme stattfinden sollte.
Im ?• Jahrhundort spricht Isidorus, Bischof von Sevilla, iu seinen ürigines
fi» Bügeln : scansuaey ferrum per quod equm scanditur.
Aus dem 9. Jahrhundert haben wir das Zeugnis des Leo Oraramaticus
(wL Becker, pag. 233), welcher den Tod dos Kaisers Michael erxühlt:
mik%^ ^poijds:^ 0 irnco; Sisorif^v Ät>tdv, Aus dieser Stelle kann man zugleich
172
oDtnehmen, daas die Bügel zlemlicli eng gewesen sein müssen, wuh auL-ü
weitig bestätigt wird und uns später ausführlich beschäftigen wird*
Aimonlus de mirac. S. Benedict! II, 6 erwähnt die Steigbügel als scandU\
Er sagt: a quilrns et sella osiendehatur, quae dilapsn cum equo fuerat, cw
scandilia quamvis nova et untelam suis impatiens pedihm ipse disrupr
Seine Worte beziehen sich auf ein Ereignis seiner Zeit, und da er Ende des
9. Jahrhundert« lebte, so ist sein Zeugnis sehr wertvoll; ob er aber von eisernen
Bügeln spricht, bleibt zweifelhaft.
Der nächste Schriftsteller, welcher eiserne Bügel erwähnt, ist Kaiser h
welcher dem Ende des 9* und Anfange des 10. Jahrhunderts angehört» (Leo
tact. VI, 10; ed. Köchly u. ßüstow Ü, 2, pag. 318.) Er sagt: slc Si
(3l).Xa; S''>o ötoTjpäg oxdXa?. Vou jetzt an ist öfter von ihnen die Rede, vii
Citate jedoch, die sich wie eine Erbsünde durch alle Schriften über die)
Gegenstand hinziehen, sind falsch. So heisst es unter anderen, acbon der
heilige Hieronymus, den ich auch als angeblichen Gewährsmann für Sättel ver-
geblich durchsucht habe, sei der erste, der von Steigbügeln spreche, man führt
sogar seine Worte an ; se^ cum quasdd^ accepit liUeras^ iummtum consccfisu^
iam pedes habuisse in hhiapia; bis jetzt hat jedoch nach niemand diese St
in seinem sehr umfangreichen Kachlasse auffinden können. Da Hierony
schon im Jahre 420 starb, so wäre sein Zeugnis das allerälteste und s<
wichtig, aber es existiert eben nicht. Wie ich sehe, hat schon Du Gange darj
aufmerksam gemacht, dass Jas Citat nicht von jenem heiligen Ilieronymusf
sondern von Hieronymus raagius (Miscellan. II, 14), einem Schriftßteller du»
16, Jahrhunderts herrührt, welcher jene Stelle aas dem Gedächtnisse ciui
und mit einem ni fnlUr auf seinen älteren Namensvetter verweist, Salmaai
Vossiys u. a. liaben dann zur weitereu Verbreitung des Irrtums beigotrag^
(S. Du Gange unter bistapia). Du Gange führt unter stapia eine andere
Stelle an, nämlich: Dum virgunculae plact^re cuperem pes haesit stapiae
tractns interii. Das Gitat ist ein Teil eines vou Berenger (Gesch. d. Reite:
übers, von Heubel, S. 85) mitgeteilteu Epigramms, welches jedoch vi
Montfaucon u, a. fiir unecht gehalten wird, Beckmann (IV, 113) und Du
Gange führen es auf Franc. Columna (somn. Polyph. I, 19) zurück, weld
im 16. Jahrhundert lebte, es ist also wie das vorige von sehr spätem Datu;
Ein anderes sogenanntes Beweisstück aus alter Zeit, eine Silbermün
auf welcher Kaiser Konstantin zu Pferde mit Steigbügeln dargestellt ist,
gleichfalls unecht. Sie ist bei Du Gange Bd. X, Tab. 4 abgebildet, doch ka]
ich die Stelle nicht auffinden, in welcher sie in diesem Werke besprochen ist.
Auf ein anderes Zeugnis macht Professor Braun im XXXIII, Bande der
llheiD. Jahrb., Bonn 1803, 8. 134 aufmerksam* Im Chronicon Novaliciense
(Novaleso am Fusse des Mont Genis) vom Jahre 1060, Buch II, c, 10 uud 11,
wird erzählt, dass Waltharius, Sohn des Königs von Aquitaniec, einst ein be*
rühmter Held» in Kovalese Mönch geworden sei uud einen Räuber mit eiD<
Steigbügel erschlagen habe: Cumquc coejnssent illi fWaUhanoJ tehemcnfisst
tnmfacere, Walthariits dam abstrahens a sella retifiacutum, in quo pt\^ rins mi
hmrebat, percussit uni earum in capHe^ qui md^ns in krram vclut mortx
dö^
- '-^-^^'-^
173
N
^
^
I
Hier heisst der Bügel retinamlum^ und es ist darum nur von einem
weil Walthariu» nur auf einer Seite den Bügel lösen konnte und
nur einen gebrauchte; ziemlich massiv muss er aber inimerbio gewesen
sdn« Dass hier retinacidum nicht Zügel faeissen kann, geht aus dem Sinn der
Stelle unzweifelhaft hervur. Wenn auch das Chronicon erst 1027 geschrieben
ist, so wird da« Faktum doch früher zu legen sein.
Sttinde es fest, dass der Waltharius Eckebards, welcher im 10* Jahrhundert
rerfasut und mohrfach überarbeitet ist, mit dem Waltharius dieser Chronik ein und
dieselbe Person wäre, so würde dieses Zeugnis von grossem Werte sein, denn
das WaUhariuslied erziihU wie das Nibelungenlied durch Dichtungen veränderte
sagenhafte Begebenheiten, denen ein allerdings kaum kenntlicher Kern aus dem
5, Jahrhundert zu Grunde liegt, und es würde somit ein Anschluss an die Nach*
richten der Byzantiner des 6. Jahrhunderts gegeben sein. Diese Identität ist
aber wahrschemlich nicht vorhanden* Während im Eckehard'schen Waltharius
bestimmt zwischen Franken, Burgundern und Aquitaniern unterschieden mrd^
iko eine Zeit gemeint sein muss, in welcher diese Keiche noch nicht vom Franken-
reiche verschluDgen waren, spielt der Novaleser Waltharius in der Zeit des
Desiderius (im 8. Jahrhundert), aber auch er ist sagenhaft und wahrscheinlich
eine Lombardische Tradition, welche sich bei anderen Völkeru wiederfindet.
(San. Marte, Walth. pag. 48; 35; 20., J. Grimm, Lat. Ged, des 10. und
IL Jahrb. S. 78 u. f)
Man könnte in dieser Stelle eine Bestätigung der Ansicht finden, dass man
in ältester Zeit nicht eiserne Bügel, sondern nur Riemen oder Schlaufen gehabt
habe, weil retinaadum sonst nicht für Bügel vorkommt. Da aber Waltharius
sein altes Streitross, welches er dereinst in das Kloster mitgebracht hat, sich
a^tftttichte^ 80 wird er auch dessen ganze Ausrüstung, zu der auch Steigbügel
g^^Arteo, benutzt haben. Kr wird den Käuber schwerlich mit dem blossen
BSgelriemen erschlagen haben.
Fassen wir nun die Ausdrücke ins Auge, welche im Mittelalter für Steig-
bügel gebraucht wurden und folgen wir dabei zunächst den Angaben von Du
Cft&gei so finden wir eine reiche Blumenlese. Die Citate sind aus verschiedeneu,
%wn Teil bis ins 10. Jahrhundert zurückreichenden Sehriflen entnommen.
Staffa, stapha, stapedium und stapelium kommen teils in den leges
AtheUtani regis (924 — 940), teils im 13. Jahrhundert bei Kaiser Friedrich IL
de arte venandi II, 71 pag. 152 vor: pofitä pedem unum in sioffa sellaej aecipiens
crcwm sellae anterioris manu sua sinistra. Ähnlich klingend finden sieh^ sta*
phtle, ataphiliSy staphilum u. a. Ascensorium oder sterifium findet sich
1127 : peg eius sterifio sive ascensorh sellae infmesit ac ^c per devia ac abrupta
hrmius calcibus equi et ohkdu arborum tniserahiliter est protritus, Stapia,
•Iftpeda, stapes, scandile, scansile, scirrup^ strapas, kommen bei Ael-
fridoa im 10. Jahrhundert vor; stiva in Chronicon Reichenspergense a. 1160:
mq^ervtore frmum equi et sHvam sellae tmentef wobei Du Gange strivam lesen will,
Teripos findet sich 1141 bei Ordericus Yitaiis: tum sacerdos sinütrttm pedem
jpp *^:...,j^.ff^ mifdt manumque afTcptis hris clUellac imposuif; sedipes steht Vitae
8.^ ^ U YJI^ maii pag, 158: subsellares, stregula, enedraculum,
il2l
i^HL
174
und I
i
streuga 1160, strepes, strepua 11 10 und 1118, strepa 1038, 1155, 11
Acta Adriani papae*
Dos Wort strepa mit seinen Nebenformen, von denen wir vorhin aw
ätrapaB kennen lernten, erinnert an iotpißY], den bequemen, hauptsächlich für
Maultiere bestimmten Sattel, über den ich im vorletzten Jahrgange der
Annaleu ausführlich gehandelt habe; denn das a am Anfange ist nur euphonisch
(Passow), aoTpaßtjC heisst fest, unerschütterlich, aTcpißTfj kann daher ein Ding
sein, welches fest sitzt, oder auf welchem man fest sitzt, ein Sattel Daher
sagt Aeschylus (suppL 285) i<TCfwtptCo^jaa'. xa|j,i^Xot^ (ah xi|i7]Xot). Der Stamm
des Wortes ist otpißT], eine Schlinge, von otp^^o). Sollte nun nicht strepa und
besonders die Nebenform strapas denselben Stamm haben und die stre
ursprünglich zur astraba gehört und vielleicht einen hölzernen Bügel nach
der von den Kosaken und Tartaren zusammengedrehten Hölzer (Ginzr
Taf. 86, 14) oder unserer Fig, 224, welche eine heute noch im Gebrauch
befindliche Bügelart zeigt, bedeutet haben? Noch vor 20 Jahren bedientt
sich die ostpreusßischen Bauern solcher Bügel von Birkenholz, Fig, 298, vi
welchen noch die Rede sein wird,
Isidorus, den ich in dem erwähnten Aufsatze schon in anderer Weise zu
rechtfertigen versucht habe, dürfte mit seiner Erklärung: asfraha^ fnbeUn in
qua pedcs requiescunt doch insofern recht haben, als au Stelle der Bügel für
Herren an der für Frauen bestimmten astraba ein Brett trat, wie es im Hortua
deliciarum abgebildet ist und uns in der Normandie unter der Bezeichnung
planchfUe als heute noch üblich wieder begegnen wird. Wie weit mutatis mutandis
die Erfindung zurückreicht, sehen wir an den assyrischen Skulpturen von Koyouudjik*
Wir geben in Fig* 337 und 338 nach Place und Layard zwei Abbildungeu
von Bildwerken, welche, obgleich teilweise zerstört, gerade den in Rede stehenden
Brauch ganz deutlich zeigen; in beiden Fällen sitzen zwei reitende Frauen
rittlings auf einem erhabenen Sitz mit bankartiger Fuaaunterlage. (Place,
Niniveh et TAsayrie III pl. 50 und Layard, Monuments de Niniveh, London,
John Murray 1849, Platte 82).
Da der Kaiser Mauritius die Bügel ausdrucklich von Eisen verlangt, 8o_
könnten wir vielleicht zwischen den Zeilen herauslesen, dass sie anfanglich nie
immer von Metall gemacht wurden und sich zu seiner Zeit schon in einem höher
Stadium der Vollendung befanden, vielleicht also schon längere Zeit in Clebraul
waren und somit viel früher erfunden wurden. Wir werden später hierauf zu-
rückkommen. Das Wort ^[A^ steht übrigens häufig allgemein für Fahre
Lenken (Hom, II, YIII, 168; XVn, 699; XX, 488; Odyss. XV, 205);
dieser Wurzel zusammengesetzte Eigennamen hatten, wie die auf ithto?, in der
Sportwelt einen vornehmen Klang: Strepsiades heisst bei Aristophanes
Pferdenarr, der etwas besonderes vorstellen soll, Strophios dagegen der rosa
kundige Vater des Pylades. Strabe, astrabe, strapas und strepa passen req
gut zusammen. Lacroix (moeurs, usages et costumes au moyen %e^ B.
leitet strepa von streben, stützen ab; besser dürfte an Strippe (gedrehte 8cbn«i
zu denken sein, da es in vielen in dem Exeurs von Du Cange 't *~!^«nat
ed« Niebuhr V, pag. 3titj, angeführten Fallen so übersetzt werden I
175
k
steepsai die Bügel selbst aber seandalae geoannt werdea. Es bandelt
«idi in jeoer AUtaodliiiig darum, ob der Kaber verpflicfatet ist, dem Papst den
B&gA SU halten« Kenaldas, Fürst von Aniiochiea (Mitte des 12. JahrfaimdertH),
filut das Pferd des Erzbisehola von Cypem, die Strippe in der Hand haltend :
weidem die 1273 bei der Kranong Rudolfs tod Habeburg beobachteten Cere*
ttoaieo gansE geaan beschrieben, wobei gesagt wird, daiss der Kaiser dem Papste
«wolil beim Auf- wie beim Absteigen den Bügel hielt (Schultz, Hof- Leben
1,510); tine aedere Stelle ans dem Sachseuspi^el wird noch erwähnt werdeo«
Das Wort slaflEa würde, wenn es Ton ors^ umkraoien, umgeben, abzuleiten
eüie gaaz äfanhche Etymologie haben, wie strepa mid das Holz oder
beMdhneOy welches kraiuförB^g gebogen den Fiiss dea Beiters imigiebC
Weaii e9 aber mit Stapfe zusammenhänge wovon noch dn Betl in dem Worte
ftsaitapfe zu finden ist, so konnte auch Stapfe, die omkruizte Fuasspitr, der
Cnriia derselben, von isdrfm kommen. Im Italieniachen und Spanischen ist
ilaii der Ste«b§gel und Stmffeite daher ein berilteiier Bote. Smge denken
•ndi an Stab, Stiitse« Im Griechiscben betssen die Bügel «däai (an bei
Msmitnia, Leo« Suidas, Eoatathius, Codinns de offie, 3 und 9 n. a.), d>enao
kaa% aber Tti^a^m^ (bei Paehymer. de Mick Paleolog. T, 27, PUles Omtaeuz.
ed. Wennndorff pag. 218 u. a.): seltener und spater ist der Anedmck oMoyia,
von wdcbem noch die Rede sein winL
Die deutschen B^eicbnungen für den Bugd sind niebl aehr frühen Datums.
Pardval heisst es: ,em gerte Stegereifa niht* und „er sprang dmf ine
Im WolMietrieh siebt: ^Ohne Stegreif der Fretge da in den Sattel
ifrang.^ Im Sachaenpiegel, der d^n 13. Jahrfannderl angehört, steltf I, It 1-
gD«B babite isl onch gesazt zu rlteo zu bescheidener zft Af eirae blanken
plorde nod der kajner aal in den stegereif baUeo dnrdi ites der aadel niht
ÄhnEeb lautet es I, 52, 2.
ist der Ausdruck ,ans dem Stegreife reden*. Wie in Oriecben*
hnd an den Bacchus-Festen die den Zag zn Wagen Begldtenden in admeil
gonaefaten Yeracben nü dem Pubtibim ihren Sehers und Speü
auch hm den rSminehen Triumphen allerlei tmfffOfinerte, eft seh
wie man sagte i£ V^j^ ^^ ^ ptam$iru^ losgeksaen wurdoi, eo wurden
Ha Mittelalter angeiäylicldicher Eingabe folgende ktraere oder Hagere Änaae-
no^en ab nn» dem St^reile gehalten beneidnel. (Dioajt« HaEe. TU, i2.>
Relteo und im Stegreif sieben war die Besebifiignng eines rQ8l%en Ifaimeej
der rasch von Entedihiss, auch schnell eine Antwort &nd. mit der es dann an
ICnan nicht genomnien wurde. Ancfa andere sfrichwörtficbe Bedefiaatten kaJIffiai
lieh an den Si^roC ,On Stegreif in den Sallri spngea^ hessü arndl ab
«hue Hufe asderer etwas ansttihren. ,8ich des Stegreib emOifes* hieas ranben
oad nehnienj wo man elwaa hefcomwien kann, nd wnrde ven vagabanffierenden
IdeHeolen gebrancht Dan Wort Ste%bngel seil nach Giimai etil im 17. Jahr^
lumdert aa%eknaiHM» nein. JBm Steigbügelirunk, den man ^"^^■■'*, wenn
et auf dem PGerde sitzt, hai seine Bridirug daria, dbss der Wirt nacb
n(^
bezahlter Rechnung, wenn der abreiöende Gast schon aufgestiegen war, noöl
einen Abscbiedötnink als letzten unentgeldlich vor die Thür brachte.
In dem Sinne «aller Anfang ist schwer^ oder, wie mir wahrschelalicher
iflt fiohne Bügel kommt man nicht Ln den Sattel^ sollen nach Wander (Sprich*
worterlexikon) gewisae afrikanische Negerstämme den Steigbügel den Vater des
Sattels nennen. Umgekehrt wäre es wohl ebenso richtig. Auch über die Steigbügel-
riemen mag ein Wort gesagt werden. Bis zum Jahre 1752 wurden sie in
Preussen bei der Kavallerie statt der Spiessruten verwendet; ein Unteroffizier
sehritt dem Verurteilten, indem er ihm die Säbelspitze vor die Brust hielt,
voran* (Meyer, Convers.-Lex,)
Auftallend ist die Bezeichnung hebison in Ulrich von Lichtensteios
Prauendienat (Ausg. v, Laehmann 8. 37). Es ist vom Jahre 1223 die Rode.
Ulrich hilft seiner Herrin vom Pferd steigen:
v. 6: Die vrowen hiez man do abheben:
ich bat mir daz hebisen geben:
ich huob die vrowen alle vil gar.
V. 13 : daz hebisen ich dar truoc.
si sprach ir sit nicht starc genuoc
ir mügt mich abe geheben niht.
v. 18.: dA trats uf daz hebisen so
du si her von dem satel steif
bi minem h&v si mich begreif . . *
Die gute Frau machte dabei den artigen Scherz, ihrem Ritter eine ganze
Locke auszureissen. Wie dieses Hebeisen beschaffen war, erfahren wir nicht,
nur daes es nicht fest mit dem Sattel verbunden war^ sondern erst herbei-,
gebracht wurde.
Anderseits wird in Flore und Blanscheflor v. 2743 von den Steigbügeln
an dem schonen Zelter gesagt, dass sie fest am Sattel saaseu, von Gold und
iiirlit von Kupfer, Eisen oder Messing waren und mit Darstellungen von Löwen,
Drachen und anderem Getier verziert waren. Natürlich ist dies alles Dichtung.
Siegfried hält Ouuther Zaum und Stegreif (Viollet-le-Duc, Dict rais. du mobilier,
Fr, Y, S. 415 unter ärler führt andere Beispiele an.)
Es ist selbstverständlich, dass zur Ritterzeit sämtliche Sättel mit Bügeln
versehen waren, wenn jedoch in Gedichten schon in frühester Zeit solche
erwähnt werden, wenn die Dichtung Karl den Grossen mit Rittern umgiebt und
die späteren Verhältnisse auf jene Zeit überträgt, so dürfen wir uns dadurch
nicht täuschen lassen. Die naiven mittelalterlichen Dichter kleideten eben alle«
iu das Gewand ihrer Zeit, wie Diercks (Die Araber des Mittelalters, S. 203)
sagt: Christus und seine Hauptleute oder Mannen, nämlich seine Junges
Alexander der Grosse und seine Feldherru, Artus und seine Tafelrunde, FC
Wladimir, die Sonne Kiews, mit den Seiaigen^ Karl und seine Pairs — sie alle
machte die Dichtung gleich, lieh ihnen dieselben Kleider, zeichnete sie mit den-
selben Sitten, Hess sie dieselben Thaten vollbringen, dieselben Worte spreehenf
wie man sie den Mitgliedern der Ritterorden zuschreibt. Abnlich und dies
177
I
*
I
oirnnt an» zii «tatten, malten die Maler des 16. Jahrhanderts alte Heilige m
Ko)«tüfneu und mit dem Hausrat ihrer eignen Zeit
Interessant für die Geschichte der Steigbügel ist eine Bemerkung des
Salernitaner Anonymus (bei Du Gange unter staffa). Leider ist es nicht möglieh,
die Schrift selbst aufzutreiben, ich kann daher nur citioren, was dort zu lesen
ist; sellam nupcr quam equitabaf stajfamque solitam pouebai. Hiernach scheint
eSf als wenn die Bügel nicht fest mit dem Sattel verbunden gewesen wären^
wmdern nur zum Aufsteigen angehängt und dann wieder entfernt wurden, iibnlioh
wie wir os soeben beim deutschen Hebeisen kennen lernten» Der Salernitaner
Anonymus lebte erst im 16, Jahrhundert uod es wird nicht gesagt, aufweiche
Zeit sich seine Angabe bezieht,
Leo Africanus (ed Floriani, Antw. 1557, pag, 145), ein Scliriftsteller des
ÜK Jahrhunderts j beschreibt die Ceremonien am Hofe des Königs von Fessa
Nova (Fez in Mauritanien) : Eegem nonnuUi praecedmdy qui divet^ms habeiU
funrtioncs • . . uirhnque stipatorfs inccdunt^ quomm alius stapedes, alhis regis
iaculumy aliu$ ephippii stra(fulum^ alius equi fert capistnim . , , Danach wurden
also die Bügel zum jedesmaligen Auf- und Absitzen erst angemacht; aber wie
gesagt, 68 ist von Afrika und dem 16. Jahrhundert die Rede. Auffallend ist,
dftss zu diesem Zwecke zwei Bügel (stapedes) verwendet werden. Es giebt aber
eine ähnliche Nachricht älteren Datums, die an das erwähnte deutsche Hebeisen
erinnert. Jahns (Ross und Reiter H, 47) und LöfBer (Das Pferd HI, S. 172)
iBfaren, jedoch ohne nähere Quellenangabe, eine Stelle an, welche sich auf
Wübelin U, von England, also auf das 1 1 . Jahrhundert, bezieht : non expectato
ascmsoriü sonipedem iuitiliens, Dass der Zwerg Walberan (Schultz, Höfisch,
Leben I, 389) sich eine prächtige Letter machen und neben dem linken Bügel an den
Sattel hängen läsat, um daran aufs Pferd zu klettern, ist nur seinem körperlichen
Unvermögen zuzuschreiben, kann aber nicht zur Verstärkung jener Vermutung
herangezogen werden, obgleich das Bedürfnis, bequem aufs Pferd zu steigen,
tief wie dort dasselbe ist.
Interessant, wenn auch nicht auf Pferde, sondern auf Kamele bezuglich,
ist eine Handzeichnung im germanischen Museum in Nürnberg (abgebildet bei
Stacke, Deutsche Oesch. I, 716), welche trotz mangelhafter Darstellung der
Kamele auf eigener Anschauung des Künstlers beruht und die älteste vorhandene
Abbildung von Türken ist Sie bezieht sich auf die Belagerung Belgrads
dareb Mohammed IL im Jahre 1456. Man sieht auf dem Bilde unter anderen
Beilom einen Türken auf einem Kamele, dem die Ohren gestutzt sind, so
sitsen, dass er den linken Fuss auf ein breites Band stützt, welches von der
Halfter ausgehend, durch einen Ring an einer Halskoppel zu einer Art Uralauf
oder Hinterzeug geführt ist. Dass der Fuss auf dem Bande wirkUch ruht,
mAt man aus dem scharfen Winkel und der deutlichen Anspannung. Da das
Baad am Kopfe befestigt ist, so wäre es möglich, dass es als Leitaeil diente,
wemi das Tier geführt wurde, oder vielleicht auch als eine Art Sprungzügel,
der mit dem Fusse gehandhabt wurde, darüber lässt sich jedoch aus der Figur
nidits Bestimmtes entnehmen. Der Strick ist nur auf der linken Seite sichtbar.
Utit or als eine Art Steigbügel zum Auf- und Absitzen gedient habe, welches
18
178
eiie
m
beim Kamel ja bedcuteii<I mehr Schvk ieri^H^üiteu ah beim Pferde maco^fSo
eiDe Notiz bei Leo Africaüus (Deecriptiu Africae 1, lO**) wahrscheinlich, in welchi
gesagt wird^ dass die Araber der Wüste nur auf Kameieo reiten uod dal
die Füsae auf den Hals setzen — was übrigens alle Kamelreiter thun — im
dass sie keine Steigbügel keooeo, sich vielmehr statt ihrer nur eines Seiles
bedienen. Daas man sich bei Kamelen in einzelnen Gegenden nur eines
Steigbügels zum Hinaufklimmeu bedient, der bei der Höhe des Tieres wohl ent-
sprechend tief heruDterhängt, wird durch eine nicht genauer datierte Abbildung bei
Denmiin (Waffenkuude S, 647) erwiesen, welche einen nordafrikanischen Kaniel-
aattel mit geschnitzter Vorder- und Hinterlehne und nur einem auf der linken Seite
herabhängenden dreieckigen Bügel darstellt. Dasselbe geht aus einer Abbildung
von Hans Guldenmundt in den Mitteilungen des Wiener Altert -Ver, 187
Bd. 15 hervor^ welche sich auf die erste türkische Belagerung Wiens vi
1529 bezieht. Es ist daher wahrscheinlich, dass auch bei jener Darstellung
das Band der linken Seite als eine Art Steigbügel, aber nur zum Aufsteigen dien
Es würde aus den angeführten, von transportablen Bügeln sprechend
Stellen der Sehhiss zu ziehen sein, dass man anfanglich mehr Wert auf di
Erleichterung des Aufateigens, als auf die Unterstützung der Füsse während d(
Reitens legte und dass sie hauptsächlich von solchen Personen gebraucht wurdei
welche w^eniger rüstig zu werden anfingen. Die Gewöhnung an das Reit
mit Bügeln hatte für denjenigen, der gewohnt war, ohne solche äu reiten, einige
Schwierigkeit. Der Naturreiter sowohl^ welcher sich mit den Unterschenkeln
festklemmt, als auch der Geübtere, der nach Xenophons Vorschrift mehr steht
als sitzt (Xenoph. hipp, 7, 5), und sich gewöhnt hat, das Bein zu strecken, daa
Fussgelenk aber unbeweglich zu halten, finden beide Schwierigkeiten dari;
den Bügel festzuhatten, und verfallen sehr leicht darauf, sich steif zu machi
und in den Bügeln zu stehen, wobei der feste Sitz, die Einwirkung auf
Pferd und die Fähigkeit der Waffenführung verloren gehen. Es ist daher schon
aus diesem Grunde nicht zu verwundern, wenn die Bügel nur langsam Eingang
fanden und das Loos vieler ausgezeichneter Erfindungen teilten. Es scheint
80gar die Benutzung von Steigbügeln längere Zeit ein Vorrecht der Vor-
nehmen und Anführer gewesen zu sein, wenigstens ganz sicher in England«
Die Statuta de armis vom Jahre 1295 bestimmen ausdrücklich, dasd Scbilc]^_
knappen genau wie Knechte ausgerüstet werden und keine Steigbügel am Sattd^H
haben sollen (Meyrick). Die Bügel wurden übrigens, abgesehen von der Form,
aufänglich sehr lang geschnallt, in England dauerte diese Mode von Wilhelm
bis Jleiurich VII., also bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, dabei sind die Büg<
auf der Tapete von Bayeux teils am vorderen Sattelknopf, teils in der Mii
des Sattels befestigt (Fosbroke), In den Scenes and Characters of the Middl
Ages by thegliev. E. L. Cutts pag, 31 B findet sich eine Illustration einer Han*
achrilt des Prudentius, w^orin ein Sachsenkönig (saxon king) ohne Steigbügi
abgebildet ist. Die Sachsen regierten bekanntlich bis ins 11. Jahrhundert|
ihnen Wilhelm der Eroberer folgte. Dagegen erwähnt Meyrick (Critic
En<iuiry into Ancieut Armourj Platte 8), einen Normannenköuig vom Jahre 106|
mit platten eisernen Bügeln. Alexander L, Konig von Schottland, HOT, k
plaUe Jreieckigo Bügel, ebeoso David, Earl v. Huttingtou, nachmals König
Too Sehottland; auf Siegeln haben Richard Pitz-Hugh, Earl von Chester und
Krmig Richard L dreieckige Bügel (Mejrick, Platte 10, 13, 14).
Auf der Tapete von Bayeux, welche, angeblich auf Veranlassung der
Königin Mathilde, Gemahlin Wilhelms L von Eügland angefertigt, dem IL, narh
adorou aber dem 12, Jahrhundert angehört und in 72 Scenen 530 Figuren
sthälty sind Reiter sowohl mit als ohne Steigbügel zu sehen. Ludwig VI-
hatte im Jahre 1100, bevor er Konig wurde, auf seinem Reitersiegel keine
S^ ' ' :f^l. Auf bayerischen Münzen kommt ein Reiter mit Bügeln, wahrscheinlich
11 I der Löwe, zuerst im 12. Jahrhundert vor, daneben linden sieh andere Her*
Ä*ige derselben Zeit ohne Bügel. (Obermayr, Hist. Nachr, von bayr. Münzen,
T«f, I, 16; VIII, 99 — 102). Münzen von Friedrich Barbarossa und dem Land-
grafen Hermann von Thüringen, beide aus dem 12. Jahrhundert, zeigen diese
als Kelter mit Bügeln. Ein Reitersiegel Qerhardi Dapiferi de Alzei a. 1228
xeigt diesen mit sehr weit vorgestreckten Beinen uod sehr kleinen Bügeln
(AciA acad. Theod, Palat bist. Vol. VII, pag. 268).
Die schriftlichen Nachrichten reichen in Deutschland zwar nicht über das
10. Jahrhundert zurück, es tritt dafür aber sogleich eine gewisse Vertrautheit
mit den Bügeln zu Tage. Den nordiachen Reitern reichte im IL Jahrhundert
der Schild von den Augen bis über die Steigbügel, wie Weinhold (Nord. Leben
S* 208) anführt* Dass man bei den Nordländern verhältnismässig wenig schriftliche
Nachrichten findet, hat zum Teil darin seinen Grund, dass sie in alter Zeit wenig
litten; sie waren zu schwer für ihr wohl nur leichtes Pferdematerial, wie aus Olaus
Kagnus (Hist. de gentibus septentr. Antw. 1558, XVII, 132 j und II, 23) her-
vorgeht. Es wird uns erzählt, dass die Qauten die körperliche Fülle so hoch
chätzten, dass sie ihren - König danach koren ; wer einen mächtigen Stuhl, ge-
cht für zwei, ausrüllfee, ward gewählt. Als sich in Gautenland niemand fand,
wurde ein Fremder Thoris Ilandsfuss, Enkel König Rings, gewähU (Rolf Kraka
8. c. 29; Weiühold S. 30). SörH, Sohn des Upiandkönigs Erling, war so gross
und schwer, dass ihn auch der stärkste Hengst nicht läoger als einen halben
Tag tragen konnte. Den gewaltigen Fusskämpfer Egge konnte ebenfalls kein
Rofts tragen, er ging nur 2U Fuss und erregte dadurch des alten Hildebrand
tTusufriedenheit (Jahns II, 23).
Trotzdem spielt schon in der Heldensage der Steigbügel eine Rolle. In
der Orkneyinga Saga bindet Sigurd das Haupt des erschlagenen Feindes an
»einen Steigbügel (Simrock, Myth. H, Aufl. S. 222). Wenn dieser Vorgang auch
dem Mythus angehört, so beweist er doch, dass man Vorbilder kannte, bei welchen
£ese Sitte bestand. Noch im IL Jahrhundert übten die Isländer ganz wie
Hannen und Slaven diesen Brauch (Weinhold, Nord. Leben S. 310). So lauge
keine Steigbügel hatte, hängte man diese Trophäen den Pferden um den
»oder an die Zügel Herodot IV, 64 erzählt es von den Seythen, Diodor U, 29
Eid Sirmbo IV, 4, pag. 198. C. von den Galliern; letzterer nennt es eine Ge-
wohnheit fast aller mitternächtigen Völker. Von den alten Irländern schreibt
ch, Stanihuratius (bei Du Gange, Lib. I de rebus hibernicis): Hibenws ferreis
alis, quat a nonnulU stapedea dicunlHrj in eguos wiiiime a^eemJa'e^ sed iubamm
12*
tur-
I
der
auf
den
sonders
setas, quae frontihm hmnmmt, auf equorum auriculas sitmlra apprehendere a\
dum equi ohstipls capiÜbus quieti inclinant (nam ad talem/acditafenu nt est em
dociliiaSf a domitorihus ßnguntur) equites etiam sagis atd loricin nmiHos ti
corporis agilUate ae efferre divaricatisque cruribm ephippiaj clitelUs non di\
miles^ stihiio occupare, StanihursHus lebte im 16. Jahrhundert.
Wenn wir noch in späterer Zeit lesen, dass Ritter vom Pferde herab oi
auf dasselbe hinauf springen, so dürfen wir daraus nicht schliessen, dass sie
keine Bügel hatten, ebenso wenig wie man aus der Statue des grossen Kur-
fürsten, welcher bekanntlich ebenfalls ohne Bügel zu Pferde sitzt, diesen Schi
ziehen kann; vielmehr war es ein Zeichen von Kraft und Gescbicklich!
ohne Bügel in den Sattel tu springen. Der sogenannte Ritteraprung, der Spn
aufs Pferd, rausste dem Ritterschlage vorher gehen. Im Wölfdietrich heisst es
„Ohne Stegreif der Freige da in den Sattel sprang" und im Orendel: „Eisej der
kühne Weigand, ohne Stegreif in den Sattel sprang/ Siegurd springt auf
das ßoss Ooti (Edda, Simrock 304), Auch die alten Nordländer machten den
Sprung aufs Pferd und das Wechseln derselben im vollen Laufe^ besonders
auf glattem Boden, im Winter, zum Gegenstand besonderer Übung,
Magnus ed, Äntw. 1558, VIII, pag. 85).
Vielleicht liegt in dem Umstand, dass statt des früheren insilire und r/m
im 8. und 9, Jahrhundert die Ausdrücke scandere equos und descendere
kommen, eine Andeutung, dass man anfing mittels der Bügel auf das Pferd zu
steigen, statt hinauf zu springen. So heisst es bei Ermoldus Nigellus II, 475
und III, 377;
Donat equos varios praestaniia colla ferentes
Quorum vix poterant scandere dorsa sui;
An der anderen Stelle:
Scandit equum velox, stimulis praefgit acutin
Frma tetiens gyros dat quadrupes vartos,
Kunig Günther steigt zu Pferde : phalerati terga cavalU gcandit (Waltha-
rius S. 1063).
In den Annales Fuldenses (Mon, Germ. I, vol. V, pag* 407) heisst es von
den Franken, welche in der Schlacht an der Dyle 891 vom Pferde fiteigen,
um zu Fuss zu kämpfen, neqtw descendunt*^ ,
Merkwürdig ist die veraltete französische Bezeichnung saufoirs, von $a\
für Steigbügel) welche ihren Namen, wie lucus a non lucendo, davon zu hal
scheinen, dass man bei ihrem Gebrauch eben nicht mehr aufs Pferd zu springen
brauchte. Die Erklärung bei Du Gange lautet : sautoir, Hrier pour aider u
sauter ä cheraL Aus diesem Worte ist, wie Du Gange behauptet, das spät-
griechische cxönjpCa gebildet (bei Suidas: saltatorium), welches bei Constantinus,
Porph. pag. 15 und Leo tact 6, 8 vorkommt und Sattel bedeutet (Stephan!
thesaur. Gr. unter a(»)njp'la und Du Gange unter saltatoria und staüa). Das-
selbe Wort findet sich aber auch im Altenglischen. Nach Meyrick (Critical Enquiry
into Ancient Armour VoL XI, pag. 18) wurden die Steigbügel im 14« Jahrhundi
so genannt, nämlich sautouers, aber auch schon die Statuta de armis vom
1395 schreiben vor: ^he stdd hare fia mutoure ut Ins sadill^f wie gleicbfi
eigen,
ineenl
181
. Die soDstige Bezeiclir
tung vuD Stegreif oder von stiffh-ropej sowie die Ableitung des französischen
Wortes Hrier gleichfalls von dem deutschen Stegreif, am Ende des zweiten Ab-
tfchüittes besprochen ist
Haben wir in den auf Europa bezüglichen Quellen kein älteres schriftliches
Zeugais, als das de» Kaisers Mauritius aus dem 6, Jahrhundert gefunden, so
giebt €8 doch, wie Olshausen in den Verhandlungen der Berliner anthropolo-
giaehen üesellachafl vom Jahre 1890, S. 20ii», mitteilt, ein solches in der chine-
«tichen Litteratur, im Nanshib e, 45, 8. 11, welches sich auf das Jahr 477
n, Chr, bezieht. Der Verfasser meint die Steigbügel schienen damals ganz bebannt
und vielleicht schon Jahrhunderte lang im Gebrauch gewesen zu sein; nach
dieser Zeit sollen sie öfter erwähnt werden. Im 7, bis 9. Jahrhundert soll das
Volk eiserne Bügel, die Würdenträger aber solche aus T'au-Metall gehabt haben,
einer Komposition, über welche einige Mitteilungen und Vermutungen beigefügt
werden, nach welchen es äusserlicb dem Messing ähnlich zu sein scheint.
Die älteste schriftliche Quelle würde also diese chinesische sein, sie ver-
legt den Ursprung der Bügel nach Asien und ihren Gebrauch ins 5. Jahrhundert,
sodass man ihre Erfindung gewiss noch frülier, vielleicht ius 4. Jahrhundert,
^ setzen kann.
H Wir haben jetzt also eine zusammenhängende Reihe schriftlicher Nach«
^M richten, welche mit dem 5. Jahrhundert beginnt, und wollen nun untersuchen,
^Lgno die Funde damit übereinstimmen.
I
II.
Wenn wir versuchen, die bis jetzt geraachten Funde von Steigbügeln
&U3&ählen und zu ordnen, um im Anschluss an die im vorigen Abschnitte
l&itgeteilten allgemeinen Angaben schliesslich zu einer Geschichte der Bügel
zu gelangen, so dürfen wir uns die Schwierigkeit dieses, soviel ich weiss, ersten
Versuches nicht verhehlen. Nicht tiur, dass das Material in einer Unzahl von
Büchern, Annaleu, Katalogen und kleinen Schriften zerstreut ist, so geben auch
die bisweilen sehr oberflächlichen Mitteilungen nur in seltenen Fällen eine Vor-
stellung von Form und Grösse und noch weniger einen Anhalt für die Zeit,
welcher die Fundstücke angehören. In vielen Sammlungen giebt es fast nur
undatierte Stücke mit unbekannten Fundorten \ es geht hier beinahe wie mit
den Hufeisen, von welchen oft ganze Kisten voll aufbewahrt werden, ohne dass
man überhaupt weiss, wie sie in die Sammlung hineingekommen sind. Solche
Sachen sind für unseren Zweck rorläutig ganz wertlos, bis man im stände sein
wird, ohne grosse Irrtümer allein aus der Form auf die Zeit zu scbliessen, und
dies wird möglich seiu, wenn man recht viele Zeichnungen wird vergleichen
können.
Die früher allgemein gültige Annahme eines in verschiedenen Perioden
erfolgten Zuges der ganzen jetzigen Bevölkerung Europas aus Asien nach Westen hat
iö ueueror Zeit der gerade entgegengesetzten Theorie IMatz gemacht* (Linden-
selunk, Haadb. d. Deutseh. Altert.-Kunde I, EinL S. 4 u. f. Vircbow, Verh,
im
lAS
182
Qcr j
1
a. Berlin, anthrop. Ges. 1884, S. 220. Krause, Taisco-Land, S. 12
Nehmen wir aber auch an, daas in allerältesfcer Zeit ein Zug von Westen nach
Osten stattgefunden hat, so bleibt doch die Thatsache bestehen, das3 in bistoridoher
Zeit eine Bewegung in umgekehrter Richtung stattfand, dass die Bewohner
Europas vielfach ihre Wohnsitze änderten, und dass ein Volk das andere v<
drängte, um nach längerer oder kürzerer Zeit ebenfalls bei Seite geschoben
werden. Uns interessieren indessen nur diese jüngeren Völkerzüge nach dei?
einen oder anderen Richtung und auch nur insoweit, als die in den Qräbern
gemachten Funde damit im Zusanimenhange stehen und einen Schluss auf die
Zeitfolge gestatten. Das Vorkommen von Kurz- und Langschädeln, die Folge
von Finnen, Kelten, Crcrmanen im Norden, die Ausbreitung der Wenden in der
Mark, Pommern und MeckleDburg im 5. und 6. Jahrhundert und ihre Grenze
an der Elbe und Baale, die Aufeinanderfolge der Bojer (Kelten), Marcomannen
(Germanen) und Slaven in Böhmen, die Einfalle der Mongolen, sowohl ihre
früheren Züge nach dem schwarzen Meere und der Donau, als ihre ins 4. Jahr-
hundert fallenden Züge nach Norden und ihr im 13. und 14, Jahrhundert er-
folgtes Vordringen nach Russland, sowie andere ähnliche Vorgänge, die Portschritte
der Kultur, namentlich der in verschiedenen Ländern zu sehr verschiedener
Zeit erfolgte Übergang zur Eisenzeit, die Annahme des Christentums — dies
alles beachten wir hier nur soweit, als die hauptsächlich aus der Beschaffenheit
der Gräber über diese Vorgänge gewonnene Kenntnis der Erklärung und Datierung
derjenigen Funde dient, welche uns über die Beschaffenheit und Verbreitung
der Steigbügel Auskunft geben* ^i
Ebenso wichtig aber sind für die Verbreitung die Handelsbeziehung^H
welche seit den ältesten Zeiten zwischen dem Süden und Norden Europa^
sowie zwischen dem Osten einerseits und dem Westen andererseits nach Mittel* |
Europa bestanden. Auf gsinz bestimmten, uns wohl bekannten Strassen, welche
vom mittelländischen und adriatischen, aber auch vom schwarzen Meere
nach der Ostsee führten, und in frühester Zeit in den Händen der Semii
(Fhönicier) waren, wnirden den Völkern des Nordens die Erzeugnisse des Südens,
hauptsächlich die schönen Bronze waren, zugeführt, w^elche wir in ihrem Besitze
linden, denn weder die Nordländer, noch die Gallier oder Germanen haben in
frühester Zeit diese Sachen selbst gefertigt. Auf denselben Wegen, welche
Unterbrechungen bis ins Mittelalter hinein bestanden, wurden nordische W)
namentlich Bernstein, zurückbefördert, auf ihnen fand der Austausch von all«
Gebrauchsgegenständen, die Mitteilung nützlicher Erfindungen und politisi
Ereignisse statt. Auch die Steigbügel folgten diesen Strassen, welche sich
Donau aufwärts durch Ungarn, Mähren, Böhmen, längs der Elbe, Oder und
Weichsel nach der Ostsee zogen, doch werden wir auch auf andere Verbreihi
wege ötossen. Alle Funde aber gehören nicht jener ältesten Zeit, sondern
dem jüngeren Eisenalter an, wie wir im einzelnen sehen werden.
Bei fast allen europäischen Völkern wurden bei der Bestattung den Kri'
je nach ihrem Rang Kostbarkeiten, Waffen, ausgerüstete Pferde, Wagen, Schi
Habichte^ bei einzelnen auch Frauen und Diener zur Benützung in jener V
mit ins Grab gegeben. Als König Uarald Hildetonn in der Bravallaschli
chej
Bns. I
183
gefallen war, lies« König llw^ vim Seliwodpn tue Lniciho auf den Wagen IngiTi,
inf dem Harald in den Kampf gefahren war, einen Hügel auf werfen und den
!FolM hinein fiihren. Das Ross ward getötet^ und König Ring gab seinen
ü^Den Sattel her, indem er dem Toten sagte, er möge jetzt thiin, wie er
wolle« Dach Walhall reiten oder fahren (Pornaldur Saga I, 387; Weinhold,
Nord* Leben S. 495), Besonders diese in den sogenannten Skeletgrabern,
in welchen die Toten unverbrauut bestattet wurden, gefundenen Pferdeausröstungen
ptd für ans von grog&ter Wichtigkeit, wahrend bei Brandgräbern auch andere Bei-
beo auf den Gang der Kultur und die Zeit schliessen lassen. Xach Annahme
de» Chriatentums werden keine Pferde mehr mit den Toten bestattet, es werden
bcr keine Steigbügel mehr in den Gräbern gefunden.
Wir beginnen mit der Besprechung der Ts eh u den -Grab er. Tschuden w^ar
der milgemeine Name für alle Finnen und Mongolen, w^elche nördlich der Scythen
wohnten und vom Altai und Ural nach dem schwarzen Meere zogen. Die Griechen
machten Sy.'>i^j^ daraus* Die Finnen sitd vielleicht die älteste und stärkste
Vülkerfamilie, welche ursprünglich den grussten Teil von Europa und Asien im
Beeitz hatte, bis die Indoenropäer (Kelten, Gaflier, Britaunier, Germanen und
Slaven) kamen und sie verdrängten. Im 4* bis *l. Jahrhundert tinden grosse
Wanderungen uralischer Volker uud öftere Züge tschudischer Stämme, zu weU
eben auch Hunnen, Avaren und Bulgaren gehörten (SchafFarick, slav. Altert. I,
286 hiÄ 319; Klaproth, tableanx de l'Asie 235 bis 254), bis in die pontischen
Gegenden statt.
Diese Tschuden haben nun in dem ganzen grossen Gebiete vom Altai,
Jecii«ey und Ural, durch das europ. Russland bis zum schwarzen Meere un-
aiUige Hügelgräber hinterlassen. In den ansehnlicheren derselben, welche
^majaki heisaen^ tinden sich oft neben den Menschengerippen Pferdekiipfe mit
^K2Satioi und Stange, zuweilen auch Steigbügel von Eisen oder mit Silber-
■ iflecli überzogen. Auch in den gewöhnlichen Gräbern, welche slansn heissen,
^ fiodea sich viele Steigbügel Eine dritte Art Gräber, die l-Hrganie^ die
p5a8ten, scheinen kein Eisen, eine vierte auch kein Gold, eine fünfte endlich
iiberh.iupt nichts Wertvolles zu enthalten, i Ritter^ Erdk., HI. Teil, IL Buch
Asien, Bd. 2, ^ 56 oder S. 328 uud f.). Schon Pallas erwähnt die Steig-
bügel in den majaki und slanzi. Siewers 1703 uud Meyer 1826 fanden solche
Oriber am Irtisch mit Pferdegeschirr von Kupfer, dünn übersilbert, und kupferne
Steigbügel mit Holzresteu; auch Bunge fand Bügel (Ritter II, S. 649 und 902).
Diese Gräber haben eine ziemliche Litteratur hervorgerufen^ die aber, meistens
to roeaischer Sprache abgefasst, leider wenig Verbreitung gefunden hat. Neuere
Untersuchungen (Andree, Die Metalle bei den Naturvölkern, Leipzig 1884, S. 125)
eu den Fund von Steigbügeln in den grossen Kurjanen, welche jedoch
fjenem Urvolke, sondern einem eingewanderten Reitervolke türkischen
Stammes angehören sollen, durch welches jenes Urvolk vertrieben wurde. Es
laiideii »ich Bügel von Eisen mit Silber und Gold ausgelegt und Spuren von
S&tteln und Sattelzubehör. Diese Reitervölker kamen von Norden, zwischen Ural
und Altai, nicht von Westen her. Nach den Ausführungen von Mone (Gesch.
d. Heideot. 1, 8. 104) bestätigt die Volkssage es nicht, daas die Ungarn als
^^"^ ^ ^-
mm
184
StammesgenosBen der Türken vom kaspischen Meere oder von Pcraien her
kommeti wären, alles deutet vielmehr darauf hin, dass beide von Norden kamen.
Dass man nicht auf Fiauen» sondern auf ein türkisch-tatarisches Volk schlieBst^
beruht auf anthropologischen Gründen, namentlich darauf, dass man nur brachy-
kophale Schädel gefunden hat.
Ändere Gräber, in denen sich ganze Schach- und Brettspiele von Gold,
Medaillen und Metallspiegel finden, weisen durch gleichfalls darin enthaltene
Schalen und Münzen mit kufischen Inschriften auf den muhamedanischen Kul-
turkreis hin und müssen jünger als jene sein, da die arabischen Münzen mit
kufiacher Schrift erst im 7. Jahrhundert aufkamen. Da nun jene anderen Gräber
Münzen ohne diese Schrift enthalten, so dürfen sie für älter, als die Einführung
des Islam gelten.
Aber auch das erwähnte Auftreten des Schachspiels läast uns einen
Schluss auf das Alter der Gräber machen. Das Schachspiel soll nämlich nach
dem Zeugnis Firdusis im 6. Jahrhundert nach Persien und um diese Zeit auch
von Indien nach China und an fast alle orientalischen Hofe, auch nach Arabien
gekommen sein ; schon die Gefährten des Propheten sollen Schach gespielt haben.
Aus sprachlichen Gründen soll überdies hervorgehen, dass das Schachspiel direkt
aus Asien durch tatarische Völker nach Russlaod gekommen sei (v. Bilgner,
Handb, d. Schachap. S, 4 und 16), Nach von Linde gehören aber alle diese
Angaben in die Schachmythologie; nach ihm datiert die älteste schriftliche Nach-
richt aus dem 10. Jahrhundert und findet sich bei Masudi (v, Linde, Gesch. d.
Litt. d. Schachap. I, 10; I, 2; III, C), Das Spiel verbreitete sich aus Indien,
WC es im 7. Jahrhundert zu finden ist, über Persien nach Arabien, jedoch nicht
vor dem 8. Jahrhundert, Mohammed kannte es nicht ; von den Arabern wurde
es nach Europa gebracht. Alle anderen Nachrichten beruhen auf Verwechse-
lungen mit anderen Brettapielen, welche seit den ältesten Zeiten her bekannt
waren* Aber selbst wenn es sich bei jenen Funden um das Spiel Mignan
handelte, welches die Mongolen nachweislich aus dem Tibetanischen entlehnten,
so wäre ein Zusammenhang mit den im Norden Europas auftretenden Spielen
möglich. Wir finden Friethjof, ja Odin und die nordischen Götter beim Brett*
spielj welches in der Völuspa einfach Schach genannt wird. Die Vorgänge in der
Friethjof-Sage spielen sehr früh, und wenn wir finden sollten, dass aus jener
Zeit Steigbügel im Norden nachzuweisen sind, so könnten diese wie das Brett-
spiel, welcher Art es auch gewesen sein mag, von Nord-Osten her in die Ost*
seeländer gekommen sein.
Schlüzer sieht in den Tsehuden die Bulgaren, welche schon im 5. Jahr-
hundert an die Donau kamen, andere erkennen darin Hunnen oder Avaren, welche
demselben Stamme angehören. Die von diesen wandernden Reitervolkern auf
ihrem langen und langsamen Zuge schon im ai>iatischen Russtand in ihren
Gräbern zurückgelassenen Bügel müssen demnach mindestens ins 4. oder 5.
Jahrhundert, wenn nicht noch weiter zurückreichen. Aspelin verlegt die Funde
in Scythien sogar ins 1. Jahrhundert vor Christus,
Neueste Forschungen bestätigen, dass die Tachudengräber, welche ätmo
und Eisen enthalten^ zwar sehr alt sind (Erman, Archiv für wiss. Kunde vuo
^
185
id, Bd. XIX, S. 55), dass aber ein uninittel barer Ziisiimnionhaii)L^ der
hndeii mit den Hcytheo, welche uns Hcrodot schildert {l\\ 71—72; man
vergleiche Herodot I, 205; Strabo XI, pag. 51B), nicht nachweisbar ist, ob-
gleich die Beschreibung ihrer Begräbnisfeierlichkeiton und mancher andere Zug
däKU nufFordero.
Id einem Berichte des Prof. Radi off aus Kasan, enthalten in den Ter-
bandlungen der Berl. Gesellsch. für Anthrop* 1882, S. 430, wird bestätigt, dass
die sibirischen Gräber der Eisenperiode eine Menge von Pfordeknochen zeigen,
die der Bronzeperiode dagegen niemals, und dass erstere ausser eisernen
Steigbügeln eine Menge anderer zum Gebrauch des Reiters nötige Dinge ent-
halten. Er Bchliesst, dass die Eisensachen nicht den Nachkommen der Bevölkerung
der Bronzezeit angehören, sondern fremden Einwanderern, welche von Süden
her zum Altai kameu, und dass diese, wie er durch eine Notiz aus chinesischen
Schriften erhärtet, zum türkischen Stamme gehörten.
Die bei Aspelin (Antiquites du Nord-Finno-Ougrien, III, Abschn., 8. 202,
•*ig. 767) beschriebenen und abgebildeten, in den Gräbern der Meren gefundenen
'Steigbügel gehören jedoch nicht dieser ältesten Zeit an. Sie wurden mit sama-
nidischen^ deutschen und angelsächsischen Münzen zusammen gefunden und
weisen auf eine Herkunft aus dem 10. oder IL Jahrhundert hin. Auch ihre
Form (Fiff. 57), welche an Ungarn erinnert, verweist sie in diese Zeit. Weit
älter scheinen dagegen die gleichfalls bei Aspelin abgebildeten, in den Skelet-
gräbern der Mordwinen gefundenen Bügel zu sein (Fig, 40). Beide finnischen
Völker, die Meren an der oberen Wolga und unteren Oka, die Mordwinen in
ihrer Nähe am oberen Don wohnend, breiteten sich später bis zur Ostsee und
snun heutigen Polen aus (Mullenhof, Deutsche Altert. 11, 71),
Es scheint demnach unzweifelhafit, dass die Steigbügel in den ersten Jahr-
(lunderten unserer Zeitrechnung den Yölkern, welche von Nord- Asien und vom
Ural her nach dem schwarzen Meere und der Donau hindrängten, bekannt waren.
Dies scheinen aber nicht dieselben Stämme gewesen zu sein, welche von Central-
Asien aus den Altai überschritten und die ältesten Gräber zurückliessen, sondern
später nachdringende Scharen, w^elcho in weitem Bogen an die Donau gelangten,
fmrährend andere vielleicht direkt nach Westen ziehend zu gleicher Zeit das
heutige Ungarn erreichten. Alle diese Horden gehörten dem türkisch- tatar-
iicfaen Stamme an, sie brachten die Bügel in die Donauländer.
Einen weiteren Aufschluss über die Zeit der Einführung giebt die von
Hampel (der Uoldfund von Nagy-Szent-Miklos S. 86, Fig. 46 und 47) be-
schriebene und abgebildete Sassaniden-Schussel, eins der vielen derartigen
Fundstucke, welche orientalischen Ursprungs sind. Die unsere gehört dem 4.
bis 5. Jahrhundert n, Chr. an. Sie ist von Silber und zeigt grosse Jagdscenen
in «ehr deutlicher Ausfülirung, Auf diesen Darstellungen haben die jagenden
^firaten Steigbügel, deren Form ganz deutlich zu erkennen, der der älteren
ItUBgarischen Bügel durchaus ähnlich ist; sie sind fast rund, nur die Sohle ist
Iwaa Hacher, aber breit (Fuj. I u. 2). Andere vornehme Personen haben
ine Bügel. Die Trachten erinnern an persische Kostüme.
miimk
mm
186
Da über die Achtheit und das Alter jener Fuude kein Zweiiei besteht,
so niüdseu wir die BekaiiDtachaft mit den Steigbügela im Orient ios 4, bis 5.
Jahrhundert zurück verlegen, was nach unseren früheren Betrachtungen keinem
Widerspruche begegnet und von den angeführten chinesischen Quellen bestätigt
wird. Es unterstutzt hier die schriftliche Quelle den Fund uod umgekehrt der
Fund die Quelle. Welcher Nation aber die hier im persischen Kostüme abge»
bildeten Reiter angehörten und von wem und wann diese die Bügel erhalten
haben ^ das bleibt vorläufig noch unaufgeklärt.
Obgleich nun die Steigbügel in chinesischen Quellen schon im 5., in griech-
iächen (Kaiser Mauritius) wenigstens im 6. Jahrhundert erwähnt werden, siod
die ersten Funde in Europa doch etwas jüngeren Datums. Sie verteilen
sich auf Ungar D, Rusaland, Preussen und Schleswig. Wurden sie von einem
Keitervolke aus Asien nach dem schwarzen Meere gebracht, so werden einer-
seits die ewigen Kriege mit den Nachbarnj anderseits die bestehenden Handels-
verbinduagen für die weitere VerbreituQg gesorgt haben.
Schon vor Christi Geburt hatten griechische Kaufleute eine Strasse vom
PontuB Euxinus nach der Ostsee gefunden. Sie ging den Dniepr und Pripat
entlang und wurde unter Alexander Severus für zwei Jahrhunderte während
der Züge der Goten, Germanen, Hunnen und Slavon verlasseu, aber im 5.
oder 6. Jahrhundert wieder aufgeaommen. Gegen Ende des 7, Jahrhunderts
kamen die ersten Münzen mit kufischeu Buchstaben nach Dänemark, sie wurden
mit römischen vermischt iu Menge auf Bornholm, Gotland und anderen Inseln
gefunden. Zu derselben Zeit blühte der Handel mit Lievknd und Nowgorod; er
dauerte, wie die Münzen nachweisen, bis ^um 10, Jahrhundert (Rougemont
S. 461 bis 463). Da aber der Handel zwischen dem Ural und der Ostsee erst
später beginnt, so ist es nicht wahrscheiolich, obgleich immerhin möglich, dass
die Bügel direkt aus dem nördlichen Russland nach Preussen kamen. Dass^
aber auch die Araber nicht diejenigen gewesen sind, welche sie verbreitet haben,
obgleich ihre Münzen häufig mit ihuen gefunden werden, dass vielmehr die
Araber erst sehr spät sich der Bügel bedienen lernten, geht aus einem Bericht
des Arabers Ibn Chaucal hervor, welcher hervorhebt, dass die gemeinen Araber
des 10. Jahrhunderts sehr schlecht zu Pferde saasen, weil sie sich der Bügel
entweder nicht bedienen konnteu, oder nicht wollten, sondern ihre Beine lose
herunter hängen Hessen. (Dozy, Gesch. d. Mauren in Spanien, H, 112.) An-
derseits ^agt eine Notiz über den Klialifen al Mamuu aus dem Anfange des
J). Jahrhunderts (Linde a, a. 0, I, 20), dass dieser vom Pferde herab, ohne den
Fuss aus dem Steigbügel zu heben, in Datnascus 24 Millionen Dirrheme ver-
teilte. Die Bügel waren zu seiner Zeit wohl nur bei vornehmen Arabern im
Gebrauch. Es war hier, wie im Westen; wir werden sehen, dass Bügel bis
ins 12. Jahrhundert überall nur von Vornehmen benutzt wurden.
Bevor wir die Funde einzelo anführen, muss noch eine bei Tiollet-le»Duc,
Le mobilier francais V, 8. 413, befindliche Angabe besprochen werden, wonach
schon zur römischen Kalserzeit die Steigbügel den Numidiern oder Iberern
bekannt gewesen seien. Unsere vorhergehenden Ausführungen widerspreohen
seiner beweislos hingestellten Behauptung durchaus, wenn er auch anfuhrt, das^ 1
,-1. ..,^ ^^„ m^^.^1. ^..
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rei derartige Bugcl, welche wir nach fteinor Zeichnung unter F/r/* B42 u. S4B
ib^büdet haben, im Neapler Museum aufbewahrt würdeu.
Die Form der Bügel macht nicht den Eindruck, aU wenn sie jenen Jahr-
htinderten angehörten^ wenn auch der eine an die primitiven Büget Fig. 27B
o. S(^ erinnert. Das Einzige, was der Verfasser zur Begründung seiner sonst
Too niemand geteilten Behauptung anführt^ ist, dass jene alten Völker einen
festen Sitz notwendig gehabt hätten, weil sie vom Pferde aus mit dem Bogen
•oboflsen und sieher trafen. Dazu waren aber Bügel nicht nötige denn niemand
Terstood dies besser als die Parther, und doch hatten diese bestimmt keine
Bügel, wie alle Skulpturen übereinstimmend zeigen. (Man vergleiche für die
ultere Zeit Livius 35, U und Strabo 17, 3, pag. 828. C; Horaz., Od. 2,
15, 17; 1, 19, 10; Virg. Georg. 3, 31.) Dieser Grund ist also nicht ausreichend,
fitine Behauptung zu erweisen. Aber auch das ist falsch, dass derartige Bügel
im Museum zu Neapel aufbewahrt würden. Auf eine Anfrage hatte der Direktor
der Musei di autiquit^, Signure Giulio de Petra, die Güte mir zu antworten,
daas nichts ähnliches, was als Steigbügel gelten könnte, dort aufbewahrt wurde,
dies sei auch ganz natürlich, da bekannt sei, dass die Alten dergleichen nicht
im Gebrauch gehabt hätten. Es ist schade, dass Viollet nicht angegeben hat,
woher er seine überraschende Nachricht genommen hat. Ebensowenig ist darauf zu
geben, wenn hier und da jemand einen Bügelfund bekannt macht und ihn
mindestens für römisch, womöglich aber für etruskisch erklärt* So heisst es in
einem englischen Berichte (Archaeological Assoc. 1873): „dies ist einer der
ersten römischen Steigbügel, welche ans Tageslicht gekommen sind*, während
das Stück — ich vermute das indessen nur — ein Kettenbügel ist, der wahr-
scheinlich dem 12. Jahrhundert angehört, früher kommt die Verwendung der
Ketten dabei nicht vor. Ein anderer schreibt (Archaeologia VoL 24, pag. 58)
von einem bei Hampdon Shill gefundenen Bügel: „er ist wahrscheinlich etrus-
kischen Ursprungs**, aber, nach der Beschreibung zu scbliessen, dürfte er dem
16. Jahrhundert angehören. Gründe sind überall nicht weiter angegeben. Wahr-
echeinlich auf Viollets Autorität hin hat ein neuerer französischer Schriftsteller
Le Vsllet (Le chic k cheval, histoire de requitation, Paris 1891, S* 7) dieselbe
Behauptung aufgestellt und erzählt dann weiter, daas Atfeilas Horden, Mitte des
5. Jahrhunderts^ zuerst Bügel, aus drei Holzatücken bestehend, gehabt hätten,
verrät aber nicht, woher er diese Nachrichten genommen hat, oder ob ihm
vielleicht ein der Vermoderung entgangenes Exemplar vorgelegen hat. Die Sache
ist ja an sich nicht unwahrscheinlich^ obgleich diese Völker wohl damals schon
im Besitze von Metallbügeln waren. Dass Holzbügel älter gewesen seien, be-
ruht nur auf einem Schluss a priori oder nach Analogie mit heutigen wilden
Völkern.
Wir müssen jetzt der Reihe nach die in den einzelnen Ländern gemachten
Funde aufzählen und fangen dabei mit Ungarn an, weil dort eine Fülle von
iBgeln gefunden wurde, welche, gut datiert, sich ihrer Form nach systematisch
rdoen lassen. Herr Nagy Qeza, Kustos und Adjunkt am National -Museum
Budapest, bat in Archaeolugiai urtesitö, XI, 2 von 1891, S. 115, seine
TJoiersuchungeD veröffentlicht. Leider ist es mir nicht möglich gewesen, von
188
wir
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rfte.
neu»
dorn Inlialto Kenntnis zu nelirnen, da ich keinen genügenden Übersetzer
treiben konnte. Es ist sehr zu bedauern, dass die vielen in ungarischer Spra<
alljährlich gemachten Publikationen nicht daneben auch in einer Weltsprache
stattfinden, wie die von Aspelin über die Finnen, da alle Nicht-Ungarn ohne ei\
solche Doppelzüngigkeit vod der Benutzung ausgeschlossen sind. Ich bemei
ausdrücklich, dass ich die meiner Abhandlung beigefügten Figuren zum grössl
Teile au Ort und Stelle nach den Originalen flüchtig aufgezeichnet habe^
der Regel ohne die in Glasschrunken aufgestellten Exemplare hinreichend gen
betrachten oder messen zu können, und dass es mir nicht um das Detail, sond
nur um einen Anhalt für die Form zu thun war. In Betreff der Schätze
ungarischen National -Museums in Budapest bin ich dem Kustos -Adjunkten
Herrn Dr. Bela v. Posta zu grossem Danke verpflichtet, weil er ausser v
schiedenen eigenen Angaben den Dolmetscher machte, da weder Herr Na
Gi5za der deutschen, noch ich der imgarischen Sprache mächtig war und wir
in seiner Abwesenheit nur zum Latein unsere Zuflucht nehmen konnten, ei
Sprache, in der sich über Steigbügel und ihr Detail nur mühsam eine vöUij
Verständigung erreichen lässt, wie der Leser bei einem Yersuche finden dürfVe
Das heutige Ungarn wurde der Reihe nach von Kelten, Germanen, Hunnen»
Avaren und Magyaren bewohnt. Sie hinterliessen in ihren Gräbern eine zahll
Menge von Gebrauchs- und Schmuckgegenständen für Meuscheu und Pfer<
welche im National-Museum zu Pest in grosser Vollständigkeit beisammen sind
und durch immer neue in der Nähe der grösseren Flüsse, namentlich der Donau
und der Theiss, gemachte Funde fortwährend vermehrt werden. Die Kelten nahmen
schon im 3. Jahrhundert y. Chr. Pamionien in Besitz, Ihnen dürfen wir indedsen '
keine der gefundenen Steigbügel zuschreiben, da sie dieselben wohl überhaupt
nicht kannten* In Keltengräbern sind auch niemals bis jetzt irgendwo 8tei^^
bügel gefunden worden. ^^
Nagy Oeza, dessen System ich versuchen will wiederzugeben, teilt die
ungarischen Bügel folgendermaasen ein.
1. Hunnisch-germanische Bügel, a) Der Fuud von Kesthelj in
Nähe des Plattensees. Er war von Münzen römischer Kaiser, und zwar vou
Philippus Arabs (244^ — 249) und sieben seiner Nachfolger bis Valentinian
(375—392), begleitet, kann also nicht aus einer früheren Zeit als dem Eni
des 4. Jahrhunderts herrühren, eine Grenze, welche mit dem Anfange der
Völkerwanderung zusammenfällt. Zu dieser Zeit war das Land noch von Germanen
bewohnt, welche, vou den Hunnen gedrängt, sich über die Donau zurückzogen.
Die älteste hunnische Form ist nicht bekannt, sie fallt vielleicht mit dieser
zusammen. Es ist anzunehmen, dass die von den Hunnen mitgebrachten Bügel
sich schnell bei den eingesessenen und benachbarten Völkern, Goten und
Oepiden, verbreiteten und auch Änderungen in der Form erlitten, deren eine
uns in diesem Funde vorliegt, welcher Fiff. 3 und mit etwas anderem Kup£a
Fig. 4 abgebildet ist. (8. Dr. Lipp. Vilmos: A Kesthely Sirm. S. 17, Fig. 2!
Charakteristisch ist bei ihnen die Sohle, welche in den Winkeln umgestülpt isi
sodass die umgelegten Enden eine Vorlfiugerung der Seiten wände (Schenki
nach unten zu bilden, b) Die Bügel von Ordas, älterer Art (wir werden \n\
189
wie bei andereu Fundorten, noch einen jüngeren Typus kennen lernen), wel-
che der ganzen Form nach den vorigen entsprechen, Fit/, 5, c) Der Fund
voD PÜ8pök*Szent-Erz8ebet (St. Elisabeth) Fig. 0 und d) der von Leroes, Fiß. 7.
Letztere bilden der durch einfaches Zusammenbiegen der Eisenstange gebildeten
Öse halber den Übergang zur folgenden Art, während sie der Form der Sohle
Dach 3tu der vorigen gehören.
2, Avarisch-hunniöche. a) Der Fnnd von Szentendre (8t. Andreas),
<M«(«r Typus, Fig> S, Nur die untere Hälfte ist flach, mit kleinem Urat auf
i\er Aussenseite der Sohle; die Ose ist durch einfaches Zusammenbiegen ge-
bildet, b) Die Bügel von Ordaa, zweiter Typus, Flf/. .9, aus mehreren stark
oxydierten Bruchstücken und einem ganzen Exemplar bestehend» Obgleich sie
dnrch eine Mün^e von Philipp us Arabs begleitet waren, soll der Fund doch später,
QDd zwar ins 6, Jahrhundert zu setzen sein. Ausserdem gehören hierhin: die
Funde von Szegedin, erster Typus, Fit/, lOj von Kassa und Bolcske. Die
letj^teren sind abgebildet und besprochen im Archaeologiai ertesitö 1891, XJI, 3,
8. 2H9, Die Bügel sind kreisrund, die Ösen zum Teil wie unter a, zum Teil
wie bei den avarisehen gebildet.
3. Avarische, Sie zeichnen sich durch die Form der Ose, welche in
einem mehr oder weniger laugen, selbständigen Halse sitzt, und eine flache,
fast die Hälfte der kreisähnlichen Rundung einnehmende Sohle aus* Es ge-
hören hierher die Bügel a) von Szentendre, zweiter Typus, Fig, 11, Münzen
Von lustinuä Thrax (518 — 527) und Phocas (602 — 610), sowie verschiedene
OotdBaeheu verweisen dieselben in das 6. oder 7. Jahrhundert. Der Bügel ist
etwa 12 cm weit und beinahe kreisrund, der flache Hals 4 cm lang, b) Die Bügel
Von Nagy-Manyok, Fi<j, 12^ abgebildet und besprochen in Archaeoh ertes. 1890,
X, 5 S, 432 und c) von Bicacs, Fitj, 13^ schliessen sieh jenen an. d) Die Bügel
von Szeged, zweiter Fund, Fig, 14 (s. Archaeol. ertes, S. 154). Sie alle stammen
ans dem 7. Jahrhundert.
4* Ungarische, a) Pusta-Vereb. Münzen von Karl dem Kahlen (840
bis 877) und Berengar (8S8 — 924) verweisen die beiden dort gefundenen
Bügel, Fig, S4f ins 10, Jahrhundert b) Porös, Fig, 35^ den vorigen ähnlich,
10. Jahrhundert, c) Pilin. Hier sind mehrere Bügel %^on ähnlicher Form aber
rerscliiedener Grösse, von einem nur Bruchstücke, gefunden, Sie sind datiert
dorcb eine Münze Ludwigs des Frommen (814 — 840). Genauere Abbild-
ungen befinden sich bei Hampel, Archaeolog. ertes. 1885, S, 322; 1887, 8. 63
|889, S. 269; Archaeol kötzlem. IX, 1, S. 21. Die letztgenannte Zeichnung
Fig, i7, den allgemeinen Typus der anderen Fig. 18. Die Bügel von
Czorna mit Münzen Ludwigs des Deutsehen (840 — 876) und Monaji sind hier-
bei einbegriffen. Bei den sehr ähnlichen Bügeln von Nesmely, Fig. 19^ welche
üDten einen schwachen Grat auf der Sohle zeigen, lagen Münzen von Berengar.
Bei Ki« Varda wurde mit den Bügeln ein Sporn gefunden; die von 8zol)nra,
Fig. MOf Bind sehr gross, 14 cm breit, sonst ähnlieh jenen. Derselben Zeit ge-
hlkroo auch die Funde von Bene Pusta und Nagy Teremini an. Einen zweiten
iwgmriachen Typus zeigen die Funde von Oalgocz, Fig. ^i, und Rakos, Fi(/. 2:4,
«i^^iMi^M
1^
190
Während alle früheren freistehende Ösen hatten, haben diese die Ösen in der
in der Schenkelebene erbreiterten oberen Rundnng. In Galgocz wurde eine
Münze des Samaaiden Naszr ben Ahmed (913 — 942) mitgefuoden.
5, Avarisch- ungarische* Hierher gehören die Funde von Szegec!
Othabra, Fig. 15^ Szeged Bojarhalmi u. a., welche Übergangaformen zeigen,
älter als die ungarischen und entwickelter als die avarischen sind. (Arch.
ertesit. 1891, XI, 2, S. 104). Eine andere Durehgangaform ist die von Oödöllri
mit einer Münze Athelstans (924 — 940). Die Bügel von Szentes, Fig. iff,
schliessen sich an. Der ganze Typus würde ins 9, bis 10. Jahrhundert zu
Hetzen sein, ins IL dagegen der Ftg, 26 abgebildete ungarische Bügel, dessen
Herkunft nalr nicht mehr erinnerlich ist Ausser diesen Bügeln befinden sich
im Pester Museum noch eine Anzahl anderer, welche unfehlbar magj^arischen
Ursprungs sind, aber aus unbestimmter, späterer Zeit stammen ; sie sind in den
Fig. 27^33 angedeutet.
Die Bügel im ungarischen Nationalmuseum bilden also eine fortlaufende
Reihe vnm 4, oder 5. bis zum IL Jahrhundert; es kommt nun darauf an^ die
in anderen Landern gemachten Funde mit Berücksichtigung der besonderen
Umstände und eigenen Datierung hiermit zu vergleichen.
Zunächst befinden sich im Wiener naturhistorifichen Museum (Saal XIIL
Schrank 58) Bügel, welche zum Teil mit jenen eine grosse Ähnlichkeit haben.
Fig, 38 zeigt ein Paar Bügel, welche der Öse nach in die avariach-hunnische,
der Sohle nach in die buBuisch-gormanische Zeit, also etwa ins 6. Jahrhundert
gehören können , Der Katalog des Museums bezeichnet sie als der merowin-
gischen Periode angehörig. Sie stammen, wie die folgenden, aus den Flach-
gräbern von St. Veit bei Hietzing in der Nähe von Wien. Ein anderer Bügel,
Fig. 3(if gleicht genau dem von St, Andreas in Fig. IL Fig, 37 zeichnet sich
dadurch aus, dass seine Sohle durch Niete mit den Schenkeln verbunden ist,
wogegen Fig, 35 wieder der merowingischen Form ähnelt. Alle diese Bügel
dürften dem 6. bis 8. Jahrhundert angehören, während ein bei Feistritz in Krain
gefundenes Exemplar, Fig, 39^ nach den flaschen förmig verlängerten Schenkeln
und der gewölbten Sohle zu urteilen, wohl jünger ist.
Wenden wir uns jetzt den Ostseeländern zu, so erseheiiit ein im Moore
von Walby in Schweden gemachter, der älteren Eisenzeit (vor 700) angehörender
Fund dadurch besonders interessant, dass ein bronzener Steigbügel mit dem Thors»
zeichen, wie es »im XXYII. Bd. der Jahrbücher des mecklenbg, V. für Gesch.
und Altert. S. 179 genannt wird, versehen war. Es ist dieses Zeichen, welche«
sonst Hakenkreuz, Suastica, bei drei Haken triquetrum genannt wird, aber auch
bei vieren diesen Namen führt, oft gleichbedeutend mit den verschiedenen Abände-
rungen der Radscheibe, welche die Fig. 330—334 zeigen und kommt auf einer
grossen Anzahl von Gegenständen aUer Länder vor. Es scheint, arischen Ursprungs,
den Feuerquirl vorzustellen. Der ältesten Zeit angehörend und wahrscheinlich von
Norden ausgehend, hat es sieh über die ganze alte Welt verbreitet und findet sich so-
wohl im Norden von Europa, als in Spanien, Sicilien, Griechenland, KJeinasien,
Ägypten und Indien. Schliemann fand es schon in Hios, wo es bis ins 2. Jahrtausend
V. Chr. hinaufreicht; auf lycischen Münzen des 5. oder 6. Jahrhunderts kommt es ufl
191
nwt Kftdreiffen lujd bezeiclinotcm Mittelpuiikte vor, wie es gleich den alten Agjp-
türn unsere Astronomou als Bild der Sonne gebrauchen. Es war ohne Zweifel
ein alte« Kultusbild der kreisenden Bewegung der Sonne, ihrer Wiederkehr
und ihrer Schnelligkeit^ vielleieht in abgeleiteter Bedeutung der Unsterblichkeit.
Dem Bild der Schnelligkeit entspricht die Variante, welche drei oder vier Beine
«tttU iler Haken zeigt (Triskelej und noch In heutigen Wappen vorkommt. Es
tmd die verschiedensten Vermutungen zur Erklüruug dieses Zeichens ausge-
sprochen worden. Vau hat darin S}niboIe von Odin, Freyer oder Thor, oder
aller drei xusamraen gesehen, die Haken auf den Blitz bezogen, und sein Vor-
kommen auf mecklenburgischen Thongefässen und etruskischen Urnen aU Zeichen
Je» Glaubens an die Unsterblichkeit, der Wiederkekr des Lebens, gedeutet.*)
Es scheint mir notwendige einem so allgemein vorkommenden und also auch
wohl allgemein verstandenen Symbol eine möglichst einfache Bedeutung unter-
»nlegen, ohne daas man bei jedem Gegenstände, auf welchem es sich vorfindet,
eine Beziehung auf die tiefsten Geheimnisse der Religion zu denken hat,
Und dieser Forderung scheint es mir zu entsprechen, wenn man es, wie bei
Specren, Schwertern, Steigbügeln passend ist, in Anlehnung an die schnelle und
ausdauernde Bewegung der Sonne, an ihre belebende wie zerstörende Kraft als
Symbol der Schnelligkeit und Kraft erklärt. Bei der überwiegenden Wichtigkeit, wel-
che in alter Zeit überall, im Norden wie in Griechenhind und Asien, dem Schuell-
laufe vor allen anderen Leibesübungen eingeräumt wurde, ist es nicht zu ver-
wundern, wenn ein äusseres Zeichen für die Schnelligkeit in verschiedenen
Abänderungen des Hakenkreuzes von laufenden Füssen und Pferdeleibern bis zum
vierspeichigen Rade (dem Feuerrade am Sonnen wendfeste) überall da angebracht
wurde, wo man den Grundgedanken zum Ausdruck bringen wollte, mochte
dieser einfach der Wirklichkeit entsprechen, oder nur als Wunsch bei dem
Verfertiger oder Besitzer des Gegenstandes bestehen. Es wird danach die An-
bringung des Zeichens auf einem Steigbügel als Ausdruck des Wunsches grosser
und anhaltender Schnelligkeit der Bewegung sehr passend erscheinen. Es ist
dabei nicht ausgeschlossen, dass mau es in anderen Fällen auch gleichsam als
ein Schutzzeichen oder Amulet anbrachte, wie Gallier, Sachsen, Angelsachsen
und andere Stämme Eberbilder trugen und wie man Kreuze und Kruzifixe
ohne jeden Gedanken au ihre religiöse Bedeutung anbringt. (Schlieben, Das
*) VergL MeckleEburgiscUe Jahrb. XXVI, 177; IX, 393; XIII, 383. Movera, Phon. 189,
Iti die Triqueira (Eekhol I, 184) auf den numidlsolien Baal-Choii oder den geiuer Drei-
yH w«gen T^'.itXÄT.o; genannten ohaldäisch-babjlonisehen Mithra und erinnert an die
t!ft»i Ä{}fel des Heraoles, welche den drei Jalireazeiten entsprechen, Joh. Lydus de meiisb. IV,
4(J, pftg. Sl. Ein lingerer Aufsat« befindet »ich in den Yerh, d. anthrop. Ges. zu Berlin 17, 4^
1S86, 8. 277, Ton Olshausen. Man sehe auch Hamy, Refne d^ethnographie II, 1883, S. 412,
die rroix gammiSe, welche als Saa«tioa im Sanskrit vorkommt, ferner Henri Oaidox: Le
Gaulois et le symbolysme de la roue, Paris, LerotLx 186G und besonders J. P. Scbmitx:
donneiirad, Montabaur 1888^ Sauerborn. Die ausführlichste Abhandlung findet §ioh bei
EnMiM^ Toisco-L&od, S» 343, welcher ich nur hinzufügen mochte» dass das triquetnim auch
■of «joem nenpunischen VotlT-Holief im assyrischen Saale des neuen Museums in Berlin vor*
iK^mnit, welchem der Inschrift nach atiB dem 2. Jahrhundert ?. Chr. stammen soll Krause
4firflo ditreliaus dai Richtige getroffen haben.
ÜMB^
W2
Scbwein in der Kulturgeschichte, S. 10). Ursprünglich Symbol des zum heilig6ti
Werkzeuge gewordenen Feuerquirls der Arier ist ea allgemeines Ueilszeicfaen
geworden, es wird noch heute den Buddhisten als Segenszeichen, Suastica^ auf
die Stirn gezeiehnet; es ist ihnen das, was dem Ägypter das Henkelkreuz u
den Christen das Kreuz war Der Übergang des Feuersymbols auf den Sonnei
goft und das Hervortreten der Bedeutung der schnellen Bewegung ist etwas gai
natürliches und findet Ausdruck in den üblichen Feuer- und Sonoenrädern*
(Krause, a. a* O.)
Nach dem Leitfaden für nordische Altertumskunde, herausgegeben voi
Sekretariat der Kopeofaagener Gesellschaft, S. 48, werden Steigbügel, Satt«
knüpfe von Bronze in Form von Ticrküpfen, Sporen ohne Räder,
einem Stachel endigend, von Bronze und Eisen in nordischen Gräbern, uut
welcher Bezeichnung die in Dänemark, Norwegen und Schweden gemeint
Bind, nicht selten gefunden. Die gleichfalls zuweilen gefundenen Hufeisen (S. G'
atammou aus der christlichen Zeit, wie ausdrücklich angeführt ist. Die Bügel
welche mit Kupfer, Kupfer mit Eisen, Bronze und Eisen allein gefunde;
wurden, werden wir frühestens ins 6< Jahrhundert setzen können, späteste]
aber in die Zeit der Einführung des Christentums, da später den Toten kei
Pferde mehr ins Grab mitgegeben wurden. Obgleich nun Ansgar bereits unt
Ludwig dem Frommen die Bekehrung begonnen hat, können wir den allgemein!
Übergang zum Christentum doch nicht vor dem Jahre 1000 annehmen.
Die bei Worsaae (nord. oldsager i det kgl, Mus. i Kjöbenhaven, S. 11
abgebildeten nordischen Bügel, von welchen F/^. .^f/ mit Silber, Fiff, 4!/ u. ;
mit anderem Metall ausgelegt sind, zeigen den Geschmack der zweiten Eisenzeit
und dürften ins 10. Jahrhundert zu setzen sein, da sie auch im übrigen in
der Form dieser Zeit entsprechen. Besonders bemerkenswert ist der kleine
Ansatz an den unteren Enden der beiden Schenkel. Bei den zwischen dem
8. und 12. Jahrhundert bestehenden, durch zahllose Münzen erwiesenen lebhaften
Handelsverkehr zwischen dem Norden und Eussland einerseits und dem Orient
andrerseits könnte angenommen werden, dass diese Bügel aus dem Süden ein-
geführt seien, wofür auch die vorhandenen Tauschierungen sprechen würden.
Das Charakteristische dieser in den nordischen Ländern an der Ostsee von
Schleswig bis nach Oatpreussen gefundenen Bügel, Fowie eines aus dem Rhein bei
Mainz gehobenen Exemplares, die wir teils unterm 9., teils unterm 10. Jahrhundert
aufführen, besteht in der hohen Dreiecksform, wodurch sie grosse Ähnlichkeit
mit dem erst viel später, wenn unsere Datierung richtig ist, auftretenden gotischei
Spitzbügen zeigen; ferner in der erhöhten, oft durch Umlegen der breite;
Flächen, wie bei den alten ungarischen Bügeln, gebildeten Sohle, der viereckigen,
oft; querstehenden Öse, dem gedrehteu Halse und den Tauschierungen,
welchen Eigenschaften jedoch nicht bei allen Exemplaren alle vorhanden sin
sondern verschiedene Kombinationen auftreten. Sie gehören alle dem jüngerei
Eisenatter an, welches in Schweden von 700, in Norwegen von 800 beginn:
und finden sich bis zur völligen Christianisierung der Länder im 11. Jahrhunde;
Der Fig. ~i(f abgebildete Bügel, w^elcher sieh auch in Mestorfs vorgeschichtliche!
Altertümern und im Katalog des Kieler Museums 1885, S* 32, findet^ ist uei
I
von
193
I
undereii Pracbtatucken im Mainzer Museum in vortreffllicher Nachbildung Tor-
baoden, an welcher man die schöne Tauschierung bewundern kann. Der, wie
dio beiden andern eben erwähnten, in Schleswig gefundene Bügel ist, nach einer
ulteron von Lindeoschmit herrührenden Aufzeichnung in der Bibliothek des
hiesigen Altertumsvereins, aus dem 9. — 10. Jahrhundert, da er an fränkische
Arbeiten erinnert.
Diese Annahme entspricht den von Worsaae aemer zweiten Eisenzeit
voiraiigeBohickten Bemerkungen. Dem genannten Werke von Fräulein Mestorf
sind auch Fig, 119 u* 43 entnommen^ welche gleichfalls in Schleswig gefunden
wurden. Ich halte ersteren für jünger, letzteren für älter. Unter Fiy, 41 (Mestorf
TIS, Lindenschmit, heidnische Vorzeit IV, 23, 1) ist ein Bügel mit Gold-
tausehterung aus den Skeletgrabern von Immenstedt gegeben. Er ist mit einem
xweiteti {Fig. 42) ebendaselbst gefundenen und einem dritten {Fig, 44) aus
dem Riiein bei Mainz von Lindenschmit abgebildet, welcher die beiden ersten
ndt Bestimmtheit dem 9« Jahrhundert, also der karolingischen Zeit, zuweist.
Zu dem gleichen Schlüsse kommt auch Handelmann in dem sogleich anzu«
enden Aufsatze. Alle drei Bügel sind dadurch merkwürdig, dass ihr Oberteil
ht ist, sodass die Öse senkrecht zu der Ebene eines durch Schenkel und
Sohle gelegten Durchschnittes, der Bügelebene, steht. Dasselbe gilt von einem
bei Melldorf in Holstein gefundenen und anderen aus unseren Abbildungen
ersichtlichen Exemplaren (Fig, 45, 46, 47\ 48). Die zunehmende Höhe bei
flacherer Sohle halte ich für ein Zeichen etwas späterer Zeit.
Nicht in allen Gräbern werden Ausrüstungsstücke für Reiter oder Pferde
gefunden^ nur die Gräber der Vornehmen, der Anführer, welche ihren zu Fuss
kiaipfenden Scharen hoch zu Ross voranzogen, sind durch diesen Schmuck
atiag^seiebnet. Reitergefechte waren weder bei Deutschen noch bei Nordländern
vor der karoliogiachen Zeit üblich, worauf wir später noch näher eingehen
werden, ^llandelmann, Vorhandlungen d. Anthrop. Ges. 1883, S. 25.)
Aber aus dem Umstände, dass Steigbügel in den Gräbern nicht gefunden
werden, ist noch nicht mit Sicherheit zu schliessen, dass auch keine darin waren;
Motsllbügel alletdtngs nicht; diese scheinen lange nur eine Auszeiclinung für
Vomebroe gewesen zu sein, aber vielleicht hölzerne, von denen sich natürlich
kei&0 Spur erhalten hat. Es ist sehr wahrscheinlich^ dass die geringen Leute,
sie überhaupt mit Bügeln ritten, sich ursprünglich, wie noch im Anfange
Jahrhunderts die ostpreussischen Bauern, hölzerner Bügel bedienten,
ja nach einer Anmerkung bei Wilde, Catalogue af Antiqu. S. 603, sollen eiserne
Bigel in England bis zum 16. Jahrhundert unbekannt gewesen sein, wobei
Poabfokea, Encyclop. of Antiqu,, citiert wird. Dieser Schriftsteller spricht zwar
nicht von hölzernen Bügeln, sondern von Lederriemen, welche mit einer eiserneu
Fuavplatte versehen waren, ist aber, wie wir später bei den Riemenbügeln
wdtef besprechen werden, allerdings der Meinung, dass ganz eiserne Bügel erat
im 16. Jahrhundert vorkommen. Für England mag dies vielleicht richtig sein,
dimn alle dort vorhandenen Bügel, so viel ich weiss, scheinen nicht vor dem
lö. Jahrhundert zu datieren, mit Ausnahme des bei uns unter Flg, HS abge-
hildfeten, w»*lohi^rv ieli für viel älter halte. Vom Norden und Osten Europas gilt
la
194
dies natürlich, wie wir saheo, nicht,
dieses Thema zurückzukommen,
Wir werden noch Gelegenheit haben.
en,
i
h«*r^
Viele Funde von Steigbügeln, hauptsächlich einzelneu, sind in den Meckleo^^
burgischen Jahrbüchern (XXÜI, 242; D, 83, b; XVII, 373, a; VIII,
XXX, 3, a; XXXVIII, 119 u. a,) aufgezählt Die Bügel, zum Teil von BronzeT
rnit einem oder zwei Sporen gefunden, sind für unsere Unteräuohung wertl
weil sie in keiner Weise datiert, auch nicht beschrieben oder abgebildet aii
Andeutungen über die Form der mit ihnen gefundenen Sporen lassen auf di
Ende der heidnischen Zeit schliessen.
Auffallen könnte es, dass so viele einzelne Bügel gefunden werden;
wäre ja möglich, dass ebenso wie zu Zeiten — durchaus nicht immer — n\
ein Sporn getragen wurde, auch nur ein Bügel am Sattel befestigt gewei
wäre, nur bestimmt, das Auf- und Absteigen zu erleichtern, und dass die Unt(
Stützung beider Füäse während des Reitens, besonders in der ersten Zeit
Einführung der Bügel, nicht üblich gewesen wäre. Wir haben vorhin gesehen,
dasö die gemeinen Araber noch im 10. Jahrhundert auf diese Bequemlichki
verzichteten und dass ursprünglich, im 6. Jahrhundert, nach der Angabe d<
Kaisers Mauritius, beide Bügel auf der linken Seite des Sattels befestigt s
sollten, offenbar nur zum Zweck des Aufsitzens, Trifft dies zu, so wüi-de mancher
einzelne Bügel einer Zeit zugewiesen werden müssen, in welcher die betreffen-
den Völker noch nicht zum Kampf zu Pferde übergegangen waren, also der
vorkarolingischen Zeit.
In Ostpreusseu finden sich Steigbügel ungemein häufig und bis in di
Zeit des 13, Jabrhundert.s überwiegend in grossen Pferdebegräbuisplätzen» Ei
im 13. Jahrhundert wurden nämlich die Ostpreusseu Christen, von da an wurdi
ausgerüstete Pferde nicht mehr mitbegraben, Auf diesen Plätzen finden si'
grosse Aschenschichten, in denen Waffen, Scherben, Gebisse, Schmuck, kleiJ
Bronzeschnallen und allerlei andere Sachen unregelmässig zerstreut liegen. Zum
Pfertle gehören zwei Bügel, Gebiss, Schnallen und meistens Glocken« sowohl
grössere von Eisen, als kleinere von Bronze. Die Sporen liegen nicht immer bei
Pferde, sondern häufig allein, vermutlich weil sie zum Manne und nicht z
Pferde gehörten. Aus dieaen Funden ergiebt sieh auch, dass die Behauptuj
die Alten hätten nur einen Sporn getragen, in dieser Allgemeinheit nicht richtig'
ist, da bis zum 6. Jahrhundert sowohl einzelne als zwei zusammengehörige
Sporen gefunden werden. Die gefundenen Bügel reichen bis in die Wickinger-
Zeit zurück; die in einem Begräbnisplatze des Wäldchens Aub zu Wiskiauten,
Kreis Fisch hausen, gefundenen gehören dem 9. bis 10. Jahrhundert an. Dr. Tischt
in Königsberg, dem ich diese Angaben verdanke, machte schon im Kataloj
der anthrop. Ausstellung zu Berlin 1880 S. 409 darauf aufmerksam, dass
Steigbügel durch asiatische ßeitervölker nach Europa gebracht wurden, eil
Ansicht, die wir schon besprochen und näher begründet haben. Er verwi
Andere im Karalog angeführte Fuüde (8, 424 und 425 aus Dolkheim^ 445 aus
Insterburg, 446 aus Labiau und Fischhausen) sehr unbestimmt ins 8.
14. Jahrhundert, In einer Rede über die Gliederung der Urgeschichte Oi
preusseus spricht er sich dahin aus, dass die Bügel, welche in Ostpreusseu
ohl
i
195
I
fttoden werden, UDgemein fonneoreicb siod und dass io der letzten Heideusceit,
ftlso im 13. Jahrhundert, versilberte Bügel in prachtvoller und kostbarer Aus-
führung im Lande verfertigt wurden. Leider sind mir davon keine Abbildungeu
bekannt geworden, es dürften in diese Zeit aber wohl auch die unter West*
fireudBeQ hier aufgeführten Nummern 71 — 75 zu rechnen sein, welche in Form
und Ausführung von den übrigen gänzlich abweichen. Mau hat die Vorliebe
für 9cfaÖDe Bügel ak einen Beweis angesehen, dass damals schon Preussen ein
Hauptland für Pferdezucht war. Die von uns nach Zeichnungen von Olehausen
abgebildeten Bügel Fig, 62—54 stammen aus Wiskiauten in Oatpreussen.
Während diese durch die ausgebildete viereckige Ose an die bereits besprochenen
Funde aus Schleswig und den westlicheren Gegenden und die sogleich anzu«
führenden dreieckigen Formen erinnern, zeigen sie im übrigen gleich den der Blell-
sehen Sammlung entnommenen Exemplaren, Firj, 60 — 65, ungarischen Tj-pus.
Jedenfalls geboren alle der Zeit vom 8.— IL Jahrhundert an, wir dürfen sie aber
wohl ins 10. Jahrhundert setzen. Die im ganzen Norden verbreitetste und
gewöhnlichste, Jahrhunderte andauernde Form ist die hohe, Fig, 108, VI u, a»
Auch sie findet sich gleich der vorigen im 10. Jahrhundert, aber auch vorher
und oacbher, von Island bis nach Deutaehland hinein, überall mit besonderen
Abänderungen, aber vorherrschend viereckiger Ose. Man findet zahlreiche
Vermischungen ungarischer, westpreussischer oder russischer Formen, wie die
Abbildungen zeigen.
Die in Ascheraden an der Düna in Livland gefundenen eisernen Bügel,
Fig. 55 u. 56^ welche Kruse (Necrolivonica, Dorpat, 1842, Taf. 5, Fig. 4 u. 5)
abgebildet hat, gehören wahrscheinlich den Waräger-Russen und sind ins
9.— lt. Jahrhundert zu setzen. Sie schliessen sich in der runden Form den
preussischen und ungarischen an und deuten sowohl dadurch als durch die
n weise in jener Gegend gefundenen orientalischen Münzen auf ihre Her-
klinfk aus dem Süden auf einer der erwähnten, dem Laufe der Flüsse Dnjepr
und Düna folgenden Handelsstrassen. Leider giebt die Zeichnung kein ProHl,
fodosH die Form nicht sicher zu erkenneu ist. Dasselbe gilt von den Abbil-
diingenf welche Biihr (Graber der Liveu, Taf. XVI, iS u. 7) giebt. Auch sie
lind in Ascheraden gefunden und zum Teil jenen ganz gleich und kreisrund,
Fijr- BS u. 59 \ sie werden von Bahr ins 8, — 12» Jahrhundert gesetzt.
Durch besondere Liebenswürdigkeit des Herrn Zsehille in Grossenhain bei
n, welcher in ähnlicher Art, wie er es mit den Sporn bereits gethan hat, Zeich-
niuigeii von Bügeln lierausgeben wird, bin ich in der Lage, nach seinen bereits
fert^eo Tafeln die Fig. 67 — 75 hier mitzuteilen. Es sind alles Bügel, welche
in Westpreussen, hauptsächlich in Dolkheim gefunden sind und der Zeit vor
dem 13^ Jabrhuudert, also noch der heidnischen Zeit angehören.
Es sind vorzugsweise die Köpfe abgebildet, da die Sohle bei allen ziemlich
die gleiche ist. Wenn man a priori urteilt, sollte man die Form ohne Ösen,
ik die einfachere, für die älteste halten, denen die durch einfaches Zusammen-
bii|ge& der Eisenstange gebildete, unten offene Öse gefolgt wäre; dann würde
die iielbständige Ose folgen, und zwar zuerst die auf kurzem, dann die auf
l*ng^i>m und die auf abgeschnürtem Stiele, und man könnte eine weitere Aus-
13»
196
bildung annehmen, je nachdem die Öse rund oder eckig ist. Dieser Betrachtimg
entspricht aber die Wirklichkeit keineswegs. Nur wenn ein Volk die ganze
Eotwickelung äelbständig durchgemacht hätte, konnte diese Folge vorkommen;
wir finden aber im Gegenteile in Ungarn, wo alle diese Formen vorkommen,
eine ganz andere Folge, soweit wir den Datierungen Glauben schenken dürfen.
Hier in AYestpreussen scheint allerdings die Form ohne Ose die ältere
zu sein, leider stehen mir aber gar keine Datierungen zu Gebote, auch habe
ich die näheren Umstände, unter welchen die Stücke gefundea wurden^ nicht
erfahren können. Die Bügel 72-74^ welche mit Messing und Silber tauschiert
sind, und 7i, welcher deutliche Spuren früherer Versilberung zeigt, oder Fig. 75^
wird man wohl nicht für die ältesten halten wollen, da weder der Eaelsrücken
(so heissen die nach oben geschweiften Bogen, Fig. 71y 93 in der Architektur),
noch die viereckigen Ösen dafür sprechen, wenn man sie nicht der Tauschierang
wegen mit den nordländischen ins 9. Jahrhundert setzen will; man wird als
älteste vielmehr die in Fig, 67 — 6!f in der angegebenen Reihenfolge nehmen
müssen. Bei dem letzten Exemplar in ß8 ist sogar, wie der Qrundriss erkennen
lässt, ein Versuch zur Schrägestellung des Bügels gemacht, indem die Ose in
einem Winkel vor die Bügelebene vorspringt^ Dieser und ^.9 mögen ins IL,
71 und 7.7 ins IL oder 12, Juhrhundert gehören.
Wie sich später aus den Bemerkungen über die Ausbildung des Reiter-
wesens ergeben wird, darf man das massenweise Vorkommen von Bügeln über-
haupt nicht zu früh annehmen, da vor dem 10. Jahrhundert wohl nur einzelne
Führer und kleinere Trupps beritten waren. Ich möchte daher die sämtlichen
Funde in Ost- und Westpreussen, bei den Waräger-Russen und ihren Nachbarn
nicht vor das 10, Jahrhundert setzen, wohl aber später. Dass die schön
tauschierten Exemplare^ deren Nachbildungen im Mainzer Museum sich befinden,
ins 9, Jahrhundert gehören sollen, glaube ich auf die Autorität von Linden-
schmit, jedenfalls gehorten sie nur vornehmen Personen an und waren damals
eine Seltenheit.
Man sieht, dass schon die älteren Formen lang-eiförmig sind und sich allmählich
der Dreiecksform nähern, auch ist auf die Absätze am unteren Ende der Schenkel
aufmerksam zu machen, welche sich in Skandinavien^ Preussen und Ungarn
finden, wie die Fig. 62, 63, 64. €U, 73, 18, 10, 11. 107, 108, 111 n. a. zeigen.
Die vorhandenen Tauschierungen» welche wir im 9, Jahrhundert in Skandinavien
fanden, sollen auch hier auf orientalischen Ursprung deuten, besonders die
mit Kupfer und Silber ausgeführten, und es mögen einzelne schöne Exemplare
aus dem Süden auf den vorhandenen Ifandelswegeu eingeführt sein, es darf
jedoch daraus nicht gefolgert werden, dass die Nordländer die Bügel überhaupt
aus dem Orient, etwa aus dem von ihnen häufig besuchten Konstantinopel, erhalten
liätten, es ist ebenso möglich, dass sie direkt aus dem Osten über das heutige
liussland in ihren Besitz kamen, und dass diese, von anderen Wanderstämmen
herrührend, wie die ungarischen, deshalb auch eine andere Form zeigen^ daas
also hier in Westpreussen die hoch-eiförmigen die älteren sind und der Einflus9
ungarischer und ostpreussischer Formen erst später stattfand, die Entwickelung
also eine selbständige gewesen ist.
A
197
la Schleaieo, iq der Nähe der Lubat, eines NebeDflusses der Neiase,
^M unter anderem in einem Burgwall ein Bügel (ob Stoigbügol iat nicht ge-
«igt), Sporen und Hufeisen, bei Niemitsch eine Trense nnd ein ßteigbügelartiger
Oogenstand, alles aus Eisen, gefunden worden. Weitere Angaben fehlen, doch
Wirden die Sachen in die wendische oder sogar in die germanische Zeit ver-
wieseti , würden also vielleicht dem 3. — 6,|Jahrhundert angehören (Verh. d.
anthrop. Qea. Berlin 1882, 8. 367). Bedeutend jünger scheint ein Fu/. fW ab-
gebildeter Bügel zu sein, welcher in einem wendischen Burgwalle bei Drense,
Provinz Brandenburg, gefunden wurde und im märkischen Provinzial-Museum
^m Berlin (II, 11851) aufbewahrt wird.
Fassen wir nuo die Ergebnisse unserer Untersuchung hier zusammen,
jm wir die ältesten Zeiten der an historischen Nachrichten armen Yölker ver-
■üseo, 80 scheint soviel sicher, dass Yölkerschaften, welche im Besitze von
Steigbügeln waren, im 4, oder 5. Jahrhundert dieselben nach Ungarn und dem
Orient, vielleicht auch nach Westpreussen und den Ländern an der Ostsee
brachten^ dass aus dem 6. Jahrhundert schriftliche Nachrichten von Kaiser
Mauritius, also aus Konstantinopel, vorliegen und etwa aus derselben Zeit seit
der Niederlassung der Avaren in Ungarn wirklich gut datierte Fundstücke
vorhanden sind. Durch Kriege, deren Schauplatz Osteuropa Jahrhunderte lang
war, und auch auf friedlichem Wege verbreiteten sich die Bügel wahrscheinlich
zunächst nach Norden. Dänemark, das südliche Schweden und die ganze Küste
der Ostsee erhielten sie frühzeitig durch den lebhafiten Handel, welchen sie
»owohl durch das heutige Russland als auf dem Wege längs der Elbe und
Oder mit dem Orient unterhielten.
Es empfiehlt sich hier, wo wir die zum Teil praehistorischen Funde ver-
en, etwa mit dem Jahre 1000 einen Abschnitt zu machen, und bevor wir
nach dem Westen von Europa und namentlich nach Deutschland wenden,
^ges nachzuholen und einige allgemeine Betrachtungen anzustellen.
So weit wir bis jetzt gesehen haben, stehen die aus den gemachten
Funden gezogeuen Folgerungen mit den schriftlichen Nachrichten in Einklang,
et giebt aber einige Punkte, welche eine vollständige Umwälzung hervorzubringen
geeignet wären, wenn wir bestimmt wüssten, dass wir hei ihrer Beurteilung
nicht einem groben Irrtum unterliegen,
Herr Dr* Gross hat nämlich (Anzeiger f. Schweizer Altertumsk,, Zürich 1879,
8. 909, und Lindenschmit, Altert, der heid. Vorzeit IV, 4, Taf. 23) im Brienner
ISee^ in der Nähe von La Tene, ein Paar von ihm als Steigbügel bezeichnete
O^gf^Ofttände von Bronze gefunden, Fiff, 335^ welche jedoch ihrer Kleinheit
wBgen nur zur Aufnahme der grossen Zehe bestimmt gewesen sein können.
Mit der Öse 12,5 cm hoch, haben sie einen Durchmesser von 8,5 cm. Gross
hält sie für etruskisch* Wer diesen Fund für einen Steigbügel erklärt, muss
übersehen, dass die untere Fläche rauh gemacht ist und ziemlich scharfe Zähne
k^ Ein Reiter, der nur eine oder zwei Zehen in den Ring steckt, muss die
andern fortwährend an den Zähnen scheuern und würde sehr bald auf den
Laxae eines solchen Bügels verzichten» der ihm, wenn er nicht etwa umwickelt
war, unnützer Weise die Füsse blutig reibt- Steigbügel, und gar etruskische
■ü
lii^
198
aus vorrömischer Zeit, scheiDcn mir die Fundstücke nicht gewesen zu
wenn ich auch nicht sagen kann, was sie waren.
Daas ein nur für die grosse Zehe bestimmter Bügel nach unseren Begrifl
unpraktisch erscheint, ist unleugbar; es gehört dazu ein ganz unbekleidetel*''
Fuss. Gross bezieht sieh auf Hamy, Documenta iuedits sur les Bougoirs du
gouvernement Tomak, Paris 1875, worin dieser Gebrauch russischen Hordea
vindiziert wird. Hamy sagt: „Ihre Bügel sind klein (8,5 cm), nicht für
ganzen Fuss bestimmt. Noch jetzt haben viele Horden dergleichen. Die heutig
Kirgisen haben Bügel mit platten Sohlen, während alte in den Gräbern
Kains gefundene runde Sohlen haben* Die alten Bügel sind wie alle Gral
fuode von Tomsk von gegossenem Knpfor und haben mit den heutigen die vi
eckigen Ösen gemein*** Ein anderer Vergleich mit ungarischen Bügeln,
Hamy macht, stimmt aber nicht. Nun sind allerdings bei uns viele sehr kle|
Bügel gefunden worden, welche man ihrer Abmessungen wegen als Kinderbüg
bezeichnen knunte Es giebt heute noch Volker, welche nur ganz kleine, nur
fiir eine Zehe passende Bügel in Gebrauch haben* Im Postmuseum zu
Berlin befindet sich als Geschenk von Emil Riebeck ein aus Jeipore in Zentral-
Indien stammender Sattel, dessen Steigbügel in einer Schnur bestehen, welc
lose über den Sattel gehängt wird und an beiden Enden eine Schnalle
kurzer, etwa 2 cm breiter Strippe hat (Fiff, Sil); diese wird so geschnall
dass die grosse Zehe gerade darin Platz findet. Die Somalis benutzen, bot
sie nicht mit arabischen Bügeln ausgerüstet sind, gleichfalls ein nur fiir einfj
Zehen bestimmtes Eisen (FiV/. V^/). Audi die aus IIulz geschnitzten kleinen
Bügel von der Insel Timor, welche im Völkermuseum zu Berlin sich beHndou,
gehören hierher {Fiff. 2*J9). Der von Gross gefundene Bügel soll den in
russischen Hügeln — wohl den besprochenen Tschudengräbern — gefundenen
durchaus ähnlich sehen, eine Angabe, welche nach dem mir zu Gebote stehendei^ ,
Material indessen nicht zutrifft*
Der Vollständigkeit wegen will ich noch erwähnen, dass das Museum
Kiel 17 eigentümliche Bronzeringe besitzt, deren innerer Durchmesser 5
7,5 cm, bei einigen nur 3 cm beträgt, und welche man, da sie eine zum Durd
ziehen eines Riemens geeignete Öse besitzen, gleichfalls für Steigbügel halten
wollte, obgleich bei dem einen drei lose daran hängende Ringe dies unwalf
scheinlich machen iFig, S3Ü — S4t). Alle sind in Schleswig und Holst
gefunden und dürfen nach Frl. Mestorf mit Bestimmtheit dem Anfang der älteB
Eisenperiode vorrömischer Zeit zugerechnet werden; nur wenige ähnlicher
befinden sich in Kopenhagen, Schwerin, Hamburg, Hannover und Halle,
ganzen 26 Stück. Dieser Verbreitung nach vermutet man, dass sie alle
Elbe herunter gekommen sind. Schon diese Angaben sprechen dafür, dass
es eher mit Gürtelschuallen oder dergleichen, als mit Bügeln zu thun hat,
die im Süden wohnenden Verfertiger, wenn sie selbst nicht ähnliche Bügel
nutzten, schwerlich für die Bewohner des Nordens eigens solche ihnen bis
hin unbekannte Stücke erfunden haben werden. Ist es denn überhaupt wah~
scheiülieh, dass Steigbügel in so früher Zeit existiert haben, ohne Verbrei
199
zti fijideOy und welche nordischen Völker gingen und ritten barfus.s, um eine solche
Krfiodung macheu oder auch nur benutzen zu können?
Ü01 diesen Fragen näher zu treten, müssen wir noch auf ein drittes Pund-
itück aufmerksam machen, welches bis jetzt unerwähnt und unerklärt, den Gebrauch
der ßügel in Europa in sehr frühe Zeit verlegen würde. Herr Emil Naue in
München« bekannt als Uistorienmaler und Prähistoriker^ zeigte mir eine in Lindau
gefiindetie und in Bregenz aufbewahrte kleine Keiterfigur von etwa 10 cm Höhe;
m isl aus Bronze und hat ganz den Hallstadter Typus, das Pferd trägt ein
SeheUenhalsband oder etwas dem ähnliches und eine Art Sattel; der Reiter
«eheint eigentümlich gebogene^ nicht ganz geschlossene Steigbügel zu haben.
Besonders deutlich ist dies am rechten Pusse zu sehen, Fig, 336. Naue meint,
u tollen wirklich Steigbügel sein, und ich kann nach genauer Besichtigung
kaun widersprechen. Daas Reiterfiguren in der Hallstadter Periode vorkommen
und die damalige Generation am Reiten Gefallen fand, ist durch viele Funde
na< ' -en, wenn ich auch keine Figur kenne, welche ein so richtig gearbeitetes
Pfe, ^ -- n^-- ^^^ einzige Fehler könnte nur der sein, dass die Figur nicht der
UiUstfidter Periode und auch nicht den späteren Jahrhunderten bis in die Mitte
des Mittelalters angehört. Ich überlasse die Frage der Entscheidung besser
üalcrrichteter Leser und bitte, die Figur in Augenschein zu nehmen* Verdächtig
ttl mir die Haltung des Reiters, welcher einen vollständigen Spaltsitz und ganz
zurückgenommene Unterschenkel zeigt, obgleich sich im Wiesbadener Museum kleine
Retterfiguren aus Xanten von ähnlicher Haltung befinden. Die grosseu Bogeo,
welche wie Vorder- und Hinterzwieael eines Sattels aussehen, sind auch bedenk-
Ikh, 8CNla88 jemand, der an die Vorgeschichte des Stücken nicht glaubt, auf einen
tßhr späten Ursprung der Figur raten könnte.
Immerhin wäre dieses frühe Vorkommen von Bügeln nicht ganz vereinzelt,
wenn eine Mitteilung bei Weinhold (Altnordisches Leben S, 18) ihre Richtigkeit
hat. Danach sollen sich schon in den Keltengräbern des Nordens Steigbügel
finden. Auch hier könnte insofern ein Irrtum vorliegen, dass man die Bügel
twar IQ Eeltengräbern gefunden hat, dass diese letzteren aber, ähnlich wie es
mit den Gräbern der Finnen durch die Kelten nachweislich geschehen, ein
iwoitea Mal von jüngeren Völkern benutzt wären« Leider ist nicht angegeben,
wo diese Bügel jetzt zu sehen sind; rühren sie wirklich von den Kelten her,
m würde allerdings ein Grund mehr vorliegen, das Vorkommen der Bügel in
Earopaf ond zwar im Norden, in frühester Zeit anzunehmen.
Xun sind zwar niemals in Keltengräbern Bügel gefunden worden, aber
die kclten können desshalb doch Bügel, allerdings keine eisernen, sondern höl-
ceme, welche sich nicht erhalten konnten, gehabt und nur einige vornehme
Pertooen solche von Metall besessen haben. Wahrscheinlich ist es jedoch keines«
weg*, da die Erfindung gewiss allmählich nach Süden vorgedrungen und auch
den Römern und anderen bekannt geworden wäre, und dafür spricht nichts^
wen» maD nicht auf die früher widerlegte Behauptung von Viollet-Ie-Duc zu*
riekkooimen will Wir müssen daher vorläufig beim 4* Jahrhundert Halt
nüeiira.
^#äb
itea
200
Auch Demmin verlegt das Vorkommen dor Bügel, allerdings ohne oähöro
gründuug, in diese Zeit Wenn er meint, dass man anfänglich nur Ricii
benutzt habe, so kann er Recht haben^ die seiner Waffenkunde (Ausgabe 181
8. 355) entlehnte Fig. 76 stellt einen merovingischen Ritter der Kirche St. JuliSn
in der Uaute-Loire^ angeblich aus dem 8. Jahrhundert, dar. Die plumpe F
zeigt einfache Riemen statt der Bügel
Sehr alt scheint auch die S. 650 abgebildete Elfenbeinschnitzerei der Di
kanzel zu Aachen zu sein, doch ist es bei dieser nicht unmöglich, dass
entweder eine sehr hohe Riemenschlaufe mit einer festen Sohle oder gar einen
Metallbügel vor sich hat, letzterer würde allerdings die ungewöhnliche Höhe
von etwa 40 cm, nach den Yerhältnissen der Zeichnung zu schätzen, gehabt
haben. Es ist eine Jagdszene dargestellt und wie mir scheint» ein Riemen-
bügel mit fester Sohle zu erkennen. Im Psalterium aureum von St. Gallen, in
w^elchem die Figuren die Kostüme der Zeit der Abfassung, des 9, Jahrhunderts,
tragen, sitzen die berittenen Anführer im Heere Davids auf Sätteln mit Steig-
bügeln, welche als einfache Riemen gezeichnet sind, iiti, 77. Allzuviel ist je-
doch aus den oft ziemlich undeutlichen kleinen Zeichnungen der Miniaturen nicht
zu schlie^sen. Heute noch bestehen in China, wie ein Sattel im Postmuseum
zu Berlin bezeugt, die Bügel in einem lose über den Sattel gehängten zollbreiten
Bande, welches au jedem Ende eine Schlaufe hat^ gross genug, um den Fuss
aufzunehmen, Fig, 312,
Bei Viollet-le-Duc I, 56 ist nach einem dem 13. Jahrhundert angehörenden
Manuskript der Pariser Bibliothek ein Wagen gezeichnet, dessen Führer auf
einem der Pferde reitet und zur Unterstützung der Beine Riemen beni
welche, vielleicht mit einem Querholze versehen, an dem Brustblatte des
schirres befestigt sind. Riemen und Stricke werden noch heute von un»
Bauern ähnlich benutzt. Die später besprochene Ableitung des englisc
Wortes stirrup von stig-ropi^ Steigriemen, kann als Beweis gelten, wenn ii
sie für richtig hält* Nach Fosbrokes Encyclopaedia of Antiquities, welche
auf die Nouvelle Diplomatique beruft, ist ein deutlicher Lederriemen auf eioi
gräflichen Siegel zu erkennen* Dieser lederne Riemen soll später mit eij
eisernen Fussplatte versehen worden und erst im Iß. Jahrhundert der ganz oiserfl!
Bügel aufgekommen sein. In der Darstellung der Zusammenkunft von Franz l,
und Heinrich YHI. anfangs des 16. Jahrhunderts, sollen lederne Bügel in Menge '
zu sehen sein. Wenn diese Angaben richtig sind, was zu bezweifeln [^H
obgleich sich auch Wilde (Catalogue of antiqu., S. 603) darauf beruft, so Wfl
es in England und Frankreich ganz anders als im Osten Europas gewej
wenn schon auch hier Kiemenbugel vorkommen.
Die nächst höhere Stufe bildete wahrscheinlich ein zusanimengeboj
Holz, wie es Kosaken, Kalmücken und Tataren benutzen und Oinzrot (Fuhrw
der Römer, Tafel 86, 14) abgebildet hat; ein ähnliches findet sieh an einem
tatariachen Sattel, w^elcher nach Böheim 1556 erbeutet wurde (Fig,
Sättel aus Patagonien im Völkermuaeum zu Berlin zeigen Bügel, welche
einem in zwei Lederstrippen hängenden Holzstücke bestehen und ein Dreieck
bilden; dazu gehören ebenso primitive Sporen, nur aus zwei spitzen Hol
so nfl
WQ^aa^
rwenH
201
iebend, wolche unter den Fuss gebunden werden, Fuj. z^.i u, oX.^>. Noch
BWttizig Jahren bedienten sich die osfpreuasischen Bauern hölzeroer
fiugol, wie sie Fi ff, 298 abgebildet sind, aus vierkantigem Birkenholz gefertigt und
oben zu Sana menge bogen. Von alteren Bügeln dieser Art ist de« vergänglichen
Matemk wegen keine Spur mehr vorhanden, jedoch besitzt Herr Blell in
«einer reichhaltigen Sammlung (Villa Thüngen in Gross-Lichterfelde bei Berlin)
ein Paar dergleichen neuerer Zeit. Zahllos sind die hölzernen Bügel, welche
beute noch bei verschiedenen Volkern im Gebrauch sind. Einige davon^
meistens dem Volkermuseum entnommene Exemplare, zeigen die Fxg* 298^
:i99, 300, $01 802, 303, 304, 305, 309, 310, 313. Fig. 84'' zeigt wahrscheinlich
auch einen Holzbügel Sie ist dem Codex Egberti aus dem Ende des 10. Jahr-
banderts entnommen (Bonner Jahrb. Bd. 70, S. 56) und zwar der Stelle, welche
die Parabel vom Gastmahle enthält; auf derselben Tafel befinden sich noch
ige ganz ähnliche Bügel.
Die deutschen Ordensritter waren durch ihre Statuten verpflichtet, sich
hiilzeruer Bügel zu bedienen und bezogen dieselben aus dem Schnitzhause^ in
welchem die Holzsachen angefertigt wurden.^)
Auch den Mönchen i^ Cisterzienserordend, der sich anfänglich ebenfalls
grosser Einfachheit befleissigte, war es verboten, eiserne Bügel an den Sätteln
zu haben (Capitul. gener. Cisterc. disc. 13, c, 1 1 ; Du Gange unter ßtapha),Wir wissen
aoBserdem, ^ass Mönche hölzerne Bügel oder solche von Bast oder Saite hatten
(Schultz, Das höfische Leben, 8. 497), Im übriigen gehörte es zu den schimpflichen
Strafen des Mittelalters, wenn einem Bitter wegen Ehrlosigkeit Waffen und
ritterliches Gerät untersagt wurden, und dazu gehörte, dass er Stiefel ohne
Sporen, ein Pferd ohne Hufeisen und Sattel und dazu einen bastenen Zaum
brauchen musste (Götze, Kealtexikon d* deutscheu Altert, unter Strafen, 8. 049).
Funde von Steigbügeln, auch solchen von Metall, aus älterer Zeit sind
itoismassig selten. Lindenschmit (Handb. I, 132) zählt die Gräber auf,
in welchen Pferdeschädel oder ganze Skelette gefunden wurden ; die meisten,
oimlich 17 Stück mit 8 Trensen, fanden sich in Beckum. Wenn nicht einmal
jedem Pferde ein Zaumzeug beigegeben wurde, so sei nicht zu verwundern,
wenn dies mit ganzen Sätteln mit Bügeln, welche gewiss sehr selten waren,
«rst recht nicht geschah. Auch Hufeisen seien noch in keinem einzigen Grabe
der merovingischen Zeit gefunden^ solche überhaupt niemals sicher nachgewiesen.^)
Im Westen von Europa scheinen sich die Bügel überhaupt später und
er, als im Osten und Norden verbreitet zu haben. Der Grund davon lag
Teil in der damaligen Beschaffenheit der Hoere und dem PferdemangoL
leich die gallischen und germanischen Reiter zu Casars Zeit in grossem
*) BtitotOD de» deutschon Ordeni, Aa«g. y. Hctinig, Kdni^Bbg. ISOG, ep. XXVIIL
(gOcrvoIinbeicoii*).- ^Der marschalc mag nemtn ran deme snitzhuiie sUffreiffe^ armbruti un bogen
ribi Amdercfi lu Uhtttf^ da hrr sihi das m bestiitit iBt '^ Die «Gewohnheit«»'^ sind zum ^rormen
TtÜt sa < wie die „Hegeln*^ die letzteren »olJen tod Hermann von BaIka «elbst vorfaMt
mm (IX Jahrhundert). — '| Lindenichmit, Handbuch I^ 295; VeriL d. anthrop. Oe» , Berlin
8, 55* Sohlieben, Die Hufoweafrago in den Annalen d* N»»i, AUcrt^Yor,, Wi^ibadon
202
Ansehen etaiKlen, so ging doch mit dem Ausgange der Völkerwanderung um
der Niederlassung in festen Wohnsitzen das Reiterweseu im ganzen westliche]
Europa zurück, während es im östlichen, namentlich in den DonauländerD,
hoher Blüte stand. Unter den 100^000 Franken, welche Theodebert im 6, Jahr-
hundert nach Italien führte, waren nur wenige im Gefolge des Königs berittej
und noch Pipin legte den Sachsen und Thüringern einen jährlichen Tribut voi
300 Pferden auf, weil die Pranken daran Mangel hatten. Erst unter Karl dem
Grossen, w^elcher die Zucht durch spanische Hengste veredelte, verwandelt
sich der Mangel in Uberfluss. An der unteren Donau dagegen gab es sei
alter Zeit nur Reitervölker, die Yandalen wurden sogar nach ihrer Ansiedelung
in Paunonien, Ende des 5, Jahrhunderts, aus Fusskämpfern eine ausschliesslich
zu Pferde kämpfende Nation. Auch Goten und Araber fachten zu Pferde,
während die Franken noch in der Schlacht zu Poitiera 732 absassen und zu
Puss kämpften. Erst etwa 755 wurden auch die Franken ein Reitervolk, und
Ende des 9. Jahrhunderts war der Fusskampf bei ihnen überhaupt nicht raeh
gebräuchlich.^) Da sie aber schon das Christentum angenommen hatten, si
können wir schon aus diesem Grunde keine Pferde mit ihrer Ausrüstung iu
ihren Gräbern mehr antreffen.
Im Norden und Nordosten von Europa stand die Sacho nicht viel anders-
Es ist eine falscheVorstellung, wenn mau nach den Schilderungen, w(4<^he Herodot
von den Scythen uud anderen Völkern jener Gegend giebt, glauben wollte, daas
alle im heutigen europäischen Russland nördlich des schwarzen Meeres wohnende]
Völker in ähnlicher Weise sozusagen nur auf den Pferden gelebt hättej
Im Gegenteile waren auch die im heutigen Gothland, Livland, Kurland au der
Düna, sowie alle südlich der Ostsee wohnenden Völker, selbst die Norweger
Schweden und Dänen lange Zeit nur Fusskänipfer. Erst nachdem Rurik mil
den Waräger-Russen im 9, Jahrhundert über die Ostsee gekommen war und sie
vou den Tschuden, Slaven, Kriwitschen, Mordwinen und anderen gerufen, an di
Düoa niedergelassen hatte, begann die Zeit, iu der man anfing, zu Pferde zi
kämpfen. Leo Diaconus sagt (VIII, 5^ 10; IX), dass die Russen, welche von ihm
Scythen oder Tauroscytheu genannt werden, aber nichts mit den alten Scytb
Herodots zu thun haben, in der Schlacht zu Dorystolum 972 einen Vcrsu
machten, zu Pferde zu kämpfen, während sie bisher nur zu Fuss fochten. Au'
die Dänen erhielten erst zur Zeit des englischen Königs Ethelred I, im 9. Jah
hundert, in Ostangeln Pferde und drangen damit ins Innere Englands ein.
Ebenso war es bei den Normanen (Kruse, Necrolivonica I, Beilage C, 8, 17).
Schon unter Swätoslaw 967 erschienen die Russen zum ersten Male zu Pferde,
Aber diese Reiterei blieb nicht bestehen, sie ging wieder verloren ; 094 schaffte
Wladimir abermals eine Reiterei (Nestor zum Jahre 994 u. 995), auch sie sehet:
wieder zu Grunde gegangen zu sein, und erst 1067 hören wir von einem gUiuzcj
den Reitergefecht, in dem zugleich die Lanze eine Hauptrolle spielte, Allgemei
n
Ol
SS j
er I
z^i
*) Brunner, Der Reiterdienst u. liie AnßDj^'e de» Lelinswesens, in der Zeits^hr
KoohtBgeaeh, VIL Band, 1877; Jahns II, 37; Schliebön, Rittorlioho Übungen und Cirku
BeluBtigungen, S. 52.
äfi^fe
203
Würde also die Reiterei nicht früher als im Abeodlandc eingeführt, obgleich
schon Oleg (Nestor zum Jahre 904) teils zu Schiffe, teils zu Pferde gen Kun-
sfcandnopel zog. Es war wie im Westen, so auch im Norden, der Besitz
von Pferden anfanglich selten und wohl nur auf die Heerführer und Fürsten
beschränkt, wofür die Seltenheit der Funde vod Steigbügeln in den Gräbern
spricht, während dereinst bei den alten Tschuden und bei den Völker-
schaften, welche aus Asien von Norden oder Süden her, in die Donauländor
ein wanderten j der Besitz von Pferden^ von Sätteln iiod Steigbügeln viel häutiger
geweseo zu aein acheiot. Die Nord mannen fanden ihre Starke im schnellen
Fussmarscb und im Laufen (Ermoldus Nigellus IV, pag, 13 u. 14.), später liesseii
sie sich von den Sachsen Pferde als Tribut liefern (Saxa Graramat pag. 166)
und kauften solche von den Franken, Böhmen und Ungarn, Sie hatten daher
auch wohl einen grösseren Pferdes ehiag, als die übrigen Ostseeländer, worauf
man aus den in den Gräbern (Ascheraden) gefundenen grösseren Gebissen schlieB-
sen will. Es kann indessen diese Tliatsache nicht als sicherer Beweis genommen
werden, denü fast überallj seihst in den Ländern, von welchen wir wissen, dass
sie nur einen kleinen Pferdeschlag hattet), werden sehr grosse Trensen gefunden.
Man muas daher entweder annehmen, dass überall grosse Pferde wenigstens
für den Kriegegebrauch vorhanden waren, oder daaa man die Gebisse stets viel
grösser, als das Pferdemaul erforderte, zu wählen pflegte. Sehr humau ging
man schon im klassischen ÄUertume mit dem Pferdemaule nicht um, wie die
noch erhaltetien Gebisse und die Abbildungen beweisen^ und da das Mittelalter
bis in die neuere Zeit den Pferden wahre Folterwerkzeuge ins Maul legte (man
sehe die Reitkuost von Job, Geiascrt vom Jahre 1615 u. a.), so mag man auch
in unseren Fällen in Anwendung grosser und scharter Gebisse ©in übriges
gethan haben.
Da also im Osten seit alter Zeit sehr viele, im Westen aber erat seit
der karolingi sehen Zeit nur sehr wenige Steigbügel gefunden wurden, so muss
man schliesseo, dass die Bügel vom Osten nach dem Westen sieh ver-
breiteten, und den Mangel an Funden damit erklären, dass seit der Zeit ihrer
EinführuDg bei den Franken keine Tiergräber mehr nachweisbar sindj wenn
auch eine Zeit lang noch allerlei Pferdezeug einzelnen Gräbern beigegeben wurde.
Andererseits ist es bei diesem späten Auftreten der Bügel nicht ausgeschlossen,
dass sie den Westeuropäern von Norden her über Dänemark und Norwegen
zugeführt wurden^ da der Handel übers Meer und auf dem Rhein stets sehr
lebhaft betrieben wurde und, obgleich im 4, Jahrhundert ins Stocken geraten,
doch im 6. und 7. wieder aufgenommen wurde. Namontlich gilt dies für die
Bewohner von Britannien, welche seit der Wickingerzeit mit dem Norden in
fortwährender Verbindung standen. Im 8. Jahrhundert beginnen die Normannen-
züge nach England, im 9. nach der friesischeß und französischen Küste, vom
10, an finden wir nordische Krieger als Söldner in Konstantinopelj welches
Jahrhunderte lang als Sitz aller Herrlichkeit gepriesen wurde (Kunstenopel in
der deutschen Heldensage). Es bestanden also so zahlreiche Verbindungen
nach allen Richtungen ^ dass die Erfindung ebenso leicht aus dem Orient, wie
aus dem Norden nach dem Westen Europas gelangen konnte.
204
Wir haben indessen schon bei Besprechung; der nordischen Bügel
aufmerksam gemacht, dass sie Formen zeigen, welche keinen Anhalt in orien-
talischen Mustern finden, und dass andere ira Norden früher, im Süden später
auftreten und umgekehrt. Namentlich findet sich im Norden statt der kreisrunden
die ogivale hohe Wölbung, welche an den gotischen Bogen erinnert. Bemerkens-
wert ist, dass ein solcher Bügel im Rhein gefunden w^urde (Fig. 44)^ und wenn
ähnliehe Formen in England vorkommen sollten^ so würde die Wahrscheinlichkeit
der Verbreitung der Bügel von Norden her zunehmen. Es kommt hin
daas die Bügel des Nordens aus dem O.Jahrhundert übereinstimmend mit den gleid
zeitigen fränkischen allein Ösen zeigen, welche zur Bügelebene senkrecht steh
Fi(/, 70, 80^ 81. Lijidenschmit hat, wie wir anführten, in den nordischen Bugi
einen Anklang an fränkische Formen, Sophus Müller an angelsächsische gefund
und Hygh (Nord. Oldsager) behauptet, dass die Sachen nach irischen Mustern, ^
aber in Norw^egen angefertigt wurden und dass die Form, welche wir ont^f
108 abgebildet haben, im ganzen Norden nicht nur die gewöhnlichste ist, sonde^fl
auch sehr zahlreich auftritt. Es herrschte also in der Form im Westen ein
vom Osten unabhängiger Oeschmack, welcher gegen die Verbreitung von Osti
und für die von Norden her spricht
Es scheint, dass die Franken bis zum 10. Jahrhundert die Bügel nie
allgemein benutzten (Jahns II, 46) und dass dies auch bei ihren Nachbarn,
den Aquitaniern und Arabern, nicht der Fall war. Wir haben früher einen
dies bestätigenden Bericht Ibn Chaukals aus dem 0. Jahrhundert angeführt.
Obgleich Isidorus von Sevilla (s. vorn) die Bügel schon im 7. Jahrhundert
kannte, so haben wir doch gesehen, dass andere schriftliche Nachricbten im
Westen nicht vor dem 10. Jahrhundert auftreten. Im 9. Jahrhundert aollen
sie bei den Angelsachsen nachweisbar sein (Jahns 11, 141). In den Abbildungen
des Fsalterium aureum, welches aus dem 9. Jahrhundert stammt, haben sic^
wie schon besprochen nur die Führer, die gewöhnlichen Soldaten nie!
Wir haben ausserdem gesehen, dass noch die englischen Statuta de an
aus dem Ende des 13. Jahrhunderts ausdrücklich vorschreiben, dass m
Schildknappen, wie Knechte, ohne Bügel am Sattel ausrüsten soll, es folgt al
hieraus und aus den weiteren, im ersten Teile gemachten Angaben, dass sei
im 13. Jahrhundert die Bügel noch nicht allgemein verbreitet und nur im Beeil
von Vornehmen waren, Dass der Kaiser Mauritius seine Reiter bei
Steigbügel auf der linken Seite des Sattels nur zu dem ausgesprochenen Zw^ecl
befestigen Hess, zwei Reitern das Aufsteigen zu erleichtern, und die Naehricl
in Ulrich von Lichtensteins Frauendienst (Ausg. Lachmann, S, 37, V. 6) au»
dem 13. Jahrhundert, dass man Frauen ein tragbares Hebeisen zum Äbsitzi
hinhielt, lässt vermuten^ dass ursprünglich die Bügel überhaupt nur zum Au
und Absitzen gebraucht WTirden, auch wohl nur von älteren Leuten, wie das
früher angeführte Verfahren des jugendlichen Bischofs bei Karl dem GrosseiL.
zeigt. Offenbar waren damals Bügel noch eine Seltenheit, da man erwartel
dass der Bischof die überall vorhandenen Tnttsteine benutzen würde. Di
griechische, auch ins Lateinische übergegangene Wort oxdAa, Leiter, für Bi
und andere mittelalterliche Ausdrücke, ascemonunty scandile^ unterstützen di
u^^
soft
I
T^nnutong. Das deatodie SHe^eid^r kmio Stdgkder imd Stej^ler
du« Wort sU^raiff bedeutet einen Reifen ^ Ring zum AuCilt^geii« und liegt
dem eoglbchen tiirrup m Grunde* Xath dem Oentleoians Magaiuiei YoL 44,
p«g. 316, bedienten sieli die allen Sftchsen in Eogltiid nur einea Siridees, mptj
xtt diesem Zwecke ond nannten diesen stigh-rope. Kaeh Fosbroke (Encyelap.
of Anliiiiitdea) naanlen die AngebaeltseD »ie siigt-rapa. Das deutsche Won
Seegreif liegt aueb dem fraAsösiscbeii Arier^ eslricr^ estrief, r^/re/(oa6hYiol]el*le*Dtte)
zu Grunde; man kann daher sehliessen, dass eine Übertragung der Sadi« sogleich
mit dem Nanien^ und zwar von Deutschland aoSf stattgefunden hat.
Tom 11. Jabrbundert an sind die Büge! häufiger im Gebraueli. Kaiser
Friedrich Barbarossa hielt 1055 dem Papat den Steigbügel (Helmoldus 1, 80),
nd es entstund ein langer Streit, ob der Kaiser dazu verpflichtet sei und ob
er den rechten oder den linken Bügel anfassen müsse. Der Papst nahm diese
Ehrenbeiioigung Überall als schuldige Leistung entgegen. Heinrich II. ?an
England, Ende des 12. Jahrhunderts, hielt Thomas Becket den Bügel, wenn er
zu Pferde sdeg. Nach einer Notiz bei Fosbroke waren die Bügel des Papstes
mit rotem Tuch überdeckt.
ni.
Bei dem Versuche, die Terschiedenen Fundstüeke auf die einzelnen Jahr*
hunderte zu verteilea, müssen wir ausser den WaiTensammlungen auch die
Bilderschriften^ deren uns vom 9. Jahrhundert ao mehrere zu Gebote stehen,
durefamustern. Es kommt uns dabei zu statteu, dass die Figuren in der Regel
(las Kostüm der Zeit ihrer Entstehung tragen, und oft bis ins Einzelne genau
einen Schluss auf die zur Zeit übliche Bügelform erlauben. Diese ist indessen
sehr schwankend^ am gleicbmässigsten noch im 16. und 17. Jahrhundert. Aus
liieser Zeit existieren auch eine grosse Zahl sicher datierter Stücke in alten
Sammlungen.
Für die Zeit der Völkerwanderung haben wir nur aus Ungarn einiger-
maisen sichere Kunde, und es lässt sich nur sehr allgemein sagen, dass die
kreisrunde Form einer hohen folgte, dann aber lange anhielt. Die Dreiecks*
form und die hoch-eiförmige finden sich im Norden vom 9. Jahrhundert au;
letztere ist in Deutschland vom 9. bis 14. Jahrhundert die herrschende, wenn
auch nicht ausschliessliche. Erst nach dieser Zeit treten neue Motive mit der
EntwickeluDg der Renaissance auf.
In frühester Zeit und namentlich bei den uncivilisierten Horden, welche aus
Asten hervorbrachen und uns die Bügel brachten, gab es wahrscheinlich keinen
festeu Stil, der, nach einiger Zeit durch einen anderen abgelöst^ uns auf das
Alter schliessen liesse. Jahrhunderte lang mag die Form von der Laune und
O hicklichkeit des Arbeiters bedingt worden sein. Daher sind solche Gründe,
e sich auf die leichtere Ausführbarkeit der Arbeit stützen, als Alterszeicheu
tmncher. Wollte man a priori schliessen, so würde man Bügel ohne Öse für
die ältesten halten, dann die, welche an Stelle der Öse nur eine Ausbieguug
n (Fu^. 6f), folgen lassen, diesen dann die mit kurzer, die mit tanggestielter.
20(i
nd j
die mit abgesetzter Öse sich anschlieüäen laBseo und ähnlich die mit nach uati
konvexer Sohle für alter als die mit gestauchter oder nach oben gewölbte
Sohle halten. Aber gerade den umgekehrten Gang sehen wir bestimmt in Unga:
und wohl auch in Preussen und anderen Ländern, wo gleich zu Aüfaug eine
etwas hohe Form mit aufgostiilpter Sohle auftritt. Vielleicht hat man die Fori
einer Strickschlaufe oder eines Riemens, welche die ersten Bügel vertraten u:
lang-eirörmig herabhingen, zum Muster genommen.
Lindenschmit behauptet (Heid.Vorz. S. 23), daas die Bügel in Deutschland
ursprÜDglich rund, dann dreieckig mit rundem und später mit flachem Bod
zur Ritterzeit fast gleichseitig und noch später sehr hoch waren* Einzel
Abweichuu«:en und das gleichzeitige Vorkommen mehrerer Formen sind nicht
ausgeacbloaaen. Fundstücke, welche die runde Form nachwiesen» scheinen in
Deutschland und Frankreich indessen nicht zu existieren, Zeichnungen aus dem
Ih Jahrhundert zeigen bereits die Dreiecksform, und diese hielt sich das ganze
Mittelalter hindurch. Für Ungarn und den Norden gilt obige Folge, wie schon
gezeigt, auch nicht. Runde Bügel zeigt F/V/, 89^ sie gehören aber erst dem
12., der in Fiy. 122 sogar erst dem 13. Jahrhundert an. Einen anderen Bügi
von runder Form aber mit grader Sohle aus dem Anfange des 13. Jahrhundert
zeigt eine Miniatur des lateinischen Psalters in der Pariser Nationalbibliothek,
Flg. loö. Runde Bügel sind, nach diesen Beispielen zu urteilen, in Deutschland
vor den langen und dreieckigen nicht nachweisbar, wohl aber linden sie 8i<
in Ungarn seit dem 7. Jahrhundert, sind dort aber auch nicht die ältesten. Die
oben erwähnten Miniaturen aus dem psalterium aureum von St. Gallen aus dem
9, Jahrhundert (Ausgabe von Uuber) zeigen die Fig> 82 u. 83. Andere fränkische,
dreieckige Bügel sind nach Viollet-le-Duc (Mobilier franc. V, pag. 68) unter
79, ^Oj 81 abgebildet. Von diesen soll der erste eine genaue Kopie einer Figur
desjenigen Schachspiels sein, von welchem man irrtümlich glaubt, dass es schou
Karl der Grosse benutzt habe. Alle drei Bügel sind aber dadurch gaüz be-
sonders ausgezeichnet, dasa die Öse quer zu der durch Schenkel und Sohl
gelegten Ebene, der Bügelebene, steht, wie wir es ähnlich nur bei den nordischi
Bügeln derselben Zeit gefunden haben. Dort aber ist die Ose zugleich gedrel
und der ganze Bügel tausohiert; ersteres ist hier nicht der Fall, letzteres nicht
zu beuiieilen. Diese Übereinstimmuog in einer Erscheinung, von der sich im
Osten keine Spur findet, ist im höchsten Grade bemerkenswert und ab eiui
der Beweise für den Zusammenhang der fränkischen und nordischen Bug^
wie wir ihn im vorigen Abschnitt besprachen haben, aufzufassen.
Auf welche Funde sich die Angabe von Jahns (Boss u. Reiter II, S* 4
bezieht, dass mau in Gräbern dos 9, Jahrhunderts verzinnte eiserne Steig büj
gefunden habe, konnte ich nicht ermitteln. Seiner Behauptung, dass auoh d:
Reiter der fränkischen Periode keine Steigbügel kannten, widersprechen die
von uns zum 9, Jahrhundert beigebrachten Zeichnungen, wenn auch Ledei
Schlaufen häufiger gewesen sein mögen als Holz- oder Metallbügel, wie früh
am Schlüsse des zweiten Teiles ausgeführt wurde. Auch über die transportablen
Bügel ist schon im ersten Teile gesprochen worden.
9|
207
i
Für das 10. Jahrhundert lassen sich droieokige Bügel our in wenigen
lieleu auffinden. Fir/. W zeigt die Bügel der apokalyptiachen Retter aus
Handschrift der Bamberger Stadtbibliothek- Die Trachten der dargestellten
Figuren gehören dem Ende des 10. Jahrhunderts an (Janitschek, Qesch, d.
isch. Malerei^ 8. 74). In dem Evangelium von Echternach ist eine zur
^ftrabe! vom Gastmahl gehörende Darstellung, Fig. 84 (Janitschek^ S. 66)*
Das Werk ist zwischen 983 und 991 entstanden. Auf einem Wandgemälde
tief Kirche zu Veleraer in Ungarn, Fig. 85j dem 10. Jahrhundert angehörend,
id die Bügel vollständig dreieckig und scharfkantig. Sonst linden wir, wie
en besprochen ist, in Preussen und Ungarn um diese Zeit vorzugsweise runde
Bügel. Dagegen zeigt sich bereits im 10. Jahrhundert, wenn wir VioUet-le-Duc
folgen wollen (V, 8. 413), eine merkwürdige Eigentümlichkeit der Konstruktion,
nämlich die vorgebogene Ose. Fig. 96 zeigt einen solchen Bügel, der, wenn
er frei im Riemen hängt, sich in die liichtung der sogenannten Schwerlinie stellt,
wodurch der eine Rand der Sohle etwas höher als der andere zu stehen kommt
und der Fuss an d^r scharfen Kante weniger leicht hin- und hergleitet, als
dies auf einer glatten Fläche der Fall ist. Diejenige Kante der Sohle^ nach
welcher die Öse hin gebogen ist, stellt sich höher ak die abgekehrte, je nach
der Gröase des Winkels und der Länge der entstehenden Hebelarme. Solche
Bügel sind: Iffiy 141^ 130 — HO, 178 u, a. Sie waren nach Zsehille sogar schon
vom 9. Jahrhundert an üblich und finden sich bis zum 14., ja noch in unserem
Jahrhundert zeigen die Bügel an den Geschirren der amerikanischen Artillerie
von 1802, von welchen eine Sammlung im Erdgeschosse des Berliner Zeug-
bauaes aufgehängt ist, dieselbe Konstruktion, und zwar ist die Befestigung am
Sattel derart, dass die Öse nach aussen zeigt.
DieFormen des IL- — 13. Jahrhunderts können wir zusammenfassen, eiu
Blick auf die Zeichnungen wird die übereinstimmenden und die abweichenden
Merkmale erkennen lassen. Mit Ausnahme einiger rundlicher Bügel, welche
aber auch, wie die langen, sehr eng sind, herrschten, in Deutschland wenigstens,
die iang-eiftkraigen, die lang-dreieckigen und die gleichseitig-dreieckigen vor.
Nach der Spitze zu zeigt sich allmählich eine durch einwärts geschweifte
Scbenkel herbeigeführte Verengung. Schlanke und zierliche Dreiecksformen mit
cTundeten Ecken habeu wir schon im 9. Jahrhundert kennen gelernt.
In der englischen Archaeologia (Vol. 1, pag. 336) befindet sich die Ab-
bildung eines Siegels des Bischofs Odo von Bayeux, Bruders von Wilhelm
dem Eroberer, 1055—1112, auf welchem er als Earl von Kent dargestellt ist.
Er hat einen sehr modernen Sitz mit ganz zurückgenommenen Schenkeln und
anscheinend rundliche, jedenfalls sehr enge Bügel Übrigens haben auch Wilhelm
und Toustain auf der Tapet© von Bayeux ganz, denselben Sitz mit anscheinend
nicht runden, aber sehr langgeschnallten Bügeln, sodass sie in denselben zu
«tehen scheinen. Der eine Retter hat die Bügel vorn, der andere in der Mitte
im SaUel« angebracht.
Die Schetikel sind in dieser Zeit nicht selten dreikantig, was wir nur noch
UL% »icn älteren Bügeln des 9, Jahrhunderts finden. Bei Demay (Le costum«*
du nioyen äge d'aprcs les .sceaux, S. 171) sind die Fig, Slß gegebenen Bügel
^'^ * ^
innyi
208
abgebildet, nämlich a) runde mit Riemen vom Jahre 1155, b) solche mit Ketten
vou 1163, c) dreieckige mit Riemen 1170—1235 und d) mit Ketten 1215 — 1367*
Nach dem Uandbuch des Waffenwesena von Wendelin Böheim, Kustos der
Waffensammlung des Österreichischen Kaiserhauses (Leipzig, bei Seemann,
1800, IV. Lief., S. 193), kommen 1163 zum erstenmale Bügel in Ketten hängend
vor, sind um 1127 die Bügel flaschenförmig und werden sie im Laufe des 13* Jahr-
hunderts vollkommen dreieckig, Fig. 61 giebt den bei BÖheim abgebildeten
Bügel; einen ganz gleichen spanisohen bildet Demmin ab (8. 382), er setzt ihn
jedoch ans Ende des 14* Jahrhunderte, während er in Madrid Jakob dem
Eroberer (f 1270) zugeschrieben wird. Die Form hielt sich bis zum 14. Jahr-
hundert, jedoch treten gleichzeitig andere mit gebogenen Schenkeln, sogar runde
auf. In der Manesse-Liederhandschrift, welche etwa 1230 in Konstanz ent-
standen ist, hat Herzog Heinrich dreieckige hohe Bügel, dagegen sein Knappe
solche von rundlicher Form {Fig. lOS u. 104).
Auf einer spät-gotischen Elfenbeinschnitzerei nordischer Herkunft hat ein
Ritter einen dreieckigen Bügel^ während die nach Männerart reitende Dame
einen rundlichen Bügel mit sehr breiten Schenkeln benutzt, den man vielleicht
für eine Lederkappe halten muas (Lübke, Gesch, d. Plastik, Leipzig 1863,
pag. 140), Fig. 106, Auch in England finden sich dreieckige Bügel zu derselben
Zeit Bei Meyrick (Crifcical Enquiry into Ancient Armour) zeigt Platte 10 einen
dreieckigen Bügel Alexanders L von Schottland vom Jahre 1007 und einen
anderen von 1140^ Platte 14 einen ebenaolcben Alexanders IL vom Jahre 1214.
Fig. 88 ist einem Reitersiegel des Grafen von Flandern von 1170 ent-
nommen, w^elches dem des Pierre Courtenay von 1184 durchaus ähnhch ist
und sich bei Demay findet. Die bei Worsaae (No. 505) abgebildeten Figuren
einer isländischen Kirchenthür, welche nach Demmin dem IL— 12. Jahrhundert
angehören, zeigen ähnliche Bügel, welche, dem damaligen Sitze mit vorgestreckten
Beinen entsprechend, an dem vorderen Sattelbogen befestigt sind. Dieser Sit«
und die entsprechenden langen Bügel finden aich noch im 14. Jahrhundert. Am
aufTallendsten ist er auf einem Aquamanile von Bronze, Fig, !f(f, bei welchem
die Kanten der Bügel etwas abgerundet erscheinen; die Form der Sporen
weist auf das 12.— 13. Jahrhundert hin. Der heilige Georg vom West-
portale der Liebfrauenkirche in Esslingen (Lübke, Gesch, der Plastik, Fig. 135),
aus dem 15. Jahrhundert stammend, aber das Kostüm des 13. zeigend, hat
sehr enge, unten abgerundete Bügel, Fig, lOL Die Bemerkung in Fosbrokea
Encyclopädie, dass die Bügel des 12. und 13. Jahrhunderts die Sohle nicht am
äussersten Ende der Schenkel, sondern etwas weiter oben hätten, ist wenigstens
für den Kontinent nicht richtig. Wir haben diese Erscheinung schon bei den
älteren ungarischen und späterhin bei den nordischen Bügeln gefunden, sie
kommt öfters, am häufigsten aber im 10. und 17. Jahrhundert vor.
Interessant ist in dieser Be^^iehung ein ostpreussischer Bügel der Bleir sehen
Sammlung (Villa Thüngen in Lichterfelde bei Berlin), welcher nach Angabe
des Besitzers dem Übergange aus der heidnischen in die christliche Zeit an-
gehört, also dem Jahre 1 100, Fig. .Vi. Er ist ausser durch seine offene Sohle
durch zwei Ansätze merkwürdig, welche sich unter der Sohle befinden und also
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I
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■■ -"^-""*'-
209
Die
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eben besprochene Erscbeimmg, wenn auch m etwa« analerer Form, zeigen,
Diftielbeii Aosätse kommen iu Oestalt von auifaltendea Spitzeu in den Zeich-
Dtiiigen zum Hortus deliciarura des 12. Jahrhunderts (Ausg, von Engelhard,
Tat 3 und 7) vor, wahrend die Bugel souat von etwas abgerundeter Dreieclcü-
tmn sind, Fiff. *J:i u. 93.
Auf Seite 889 hat Demmin einen französischen berittenen Boguer aus
dem 14. Jahrhundert abgebildet, welcher vollständig gleichseitige, dreieckige
hat, welche sehr eng sind* Auf S 892 steht ein englischer Bogenschütze
nfange des 15, oder 16. Jahrhunderts neben seinem Pferde, dessen
Bügel nur wenig höher, aber in der Spitze etwas abgerundet ist. Die drei-
eckigen Bügel sind also das ganze Mittelalter hindurch zu finden.
Einen deutschen dreieckigen Bügel, dem 12. Jahrhundert angehurond.
hat Demmin nach den im Braunschweiger Dom ausgeführten Wandmalereien
and einen runden, Fig. 122^ aus dem 13. Jahrhundert^ nach einem Original
Im Museum zu Sigmaringen abgebildet. Wenn die Zeichnung genau ist, so ist
die durch Zusammenbiegen hergestellte Ose iu dieser Zeit bemerkenswert.
Die Gründe^ weshalb dieser Bügel für deutsch gehalten und dem 13. Jalirhundert
lUgesi^h rieben wird, sind nicht angegeben, wer dieselben nicht kennt, konnte
Bügel für ungarisch oder westpreuasisch halten.
Seit dem 13. Jahrhundert finden sich auch oiellierte und mit Edelsteinen
betetEte Bügel. Wahrend die vorderen Sattelbogen im 13. Jahrhundert immer
niedriger werden und schliesslich zu einem Knopf zusammenschrumpfen ^ von
1350 au jedoch wieder höher werden, machte man umgekehrt die Bügel an-
fiLügliGh immer hoher und erst später wieder niedriger.
Unter Fi//. 04 haben wir ein Suulenfragment der Vorhalle der Kirche zu
Veselay (Ungarn) mitgeteilt, dessen Bügel vielleicht nicht von Metall sind, sondern
ins Riemen oder verzierten Bändern bestehen, wenn nicht auch hier die Ose
quer «ur Bügelfläche steht. Sind es Riemen, so würde die Figur ein Pendant
KU 105, 100 u. //; bilden.
Wir dürfen also sagen, daas dreieckige Bügel das ganze Mittelalter hin-
tlarcfa vorkommen ; noch im Frey dal (Ausgabe v. Leitner), welcher die Turniere
Kaiaer Maximilians I, behandelt und auf Veranlassung des Kaisers selbst in
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mit Bildern gedruckt wurde, finden
sich »ehr häufig die unter 97 u. 98 mitgeteilten Formen, neben andern dem
16. Jahrhundert eigentümlichen. Die deutschen dreieckigen Bügel haben in
flcf R^^el breite Schenkel, welche erst allmählich schmäler werden und
mgleicb nach oben zu sich der Form des gotischen Bogens nähern, welcher
im 12. tmd 13. Jahrhundert in der Architektur auftritt und auch auf die
Bfigel übertragen wurde.
Dofi 14, Jahrhundert bildet einen Übergang zu den spitzbogigen Formen
dei 15. Die lange Dreiecksforra mit den durch die Schenkel -Verlängerung
gebildeten Ansätzen (Fig, 124) geht in eine Art Fünfeck über, aus welchem
durch weitere Veränderung der Bogen entsteht, zugleich werden die Schenkel
ir* Die Figuren 128 — 134 zeigen den Übergang, obgleich einige aus
iueh^ Manuskripten entnommene Abbildungen ihrer Kleinheit und Uu*
U
äiu
deutlicbkeit wegeü nitjht sehr öicliere Sehlöaae gestatteu. Nach iJeiiiiiiiu (Waffeo-
kunde S. 6Ö1) kommt die Form Fuf, 134 schou im 11, Jahrhimdert vor, weoß
seine Datierung richtig mL
Im 15. Jahrhuodert haben wir zwei versehiedeJic Eracheiuuügen» welche
d#m Auftreten der italienischen Renaissance und der Fortbildung der deutschen
Formeü ihre Entstehung verdanken.
Die ReEaissance, welche in Italiea im 15* Jahrhundert zur Geltung ge-
langte und von der Baukunst ausging, erstreckte sich auch auf das Kleingewerbe.
Meiateoä werden die Bügel unsymmetrisch geformt, sodass der rechte und linke
sich unterscheiden. Bei Fig. fif^ einer von Yerrochio begonnenen und Ende
de« 16. Jahrhüudertö von Leopard! volleudeteu ßeiterstatue^ ist dies nicht der
Fall, wohl aber bei der in der Mitte des 15, Jahrhunderts von Donatello ge-
fertigten Statue, F^g, 153 ^ die wie die vorige in treiHicliem Abgüsse im neuen
Museum in Berlin steht.
Ahnlich unsymmetrisch sind ein Paar Bügel im National-Museum zu München,
Fiif, 154^ welche in diese Zeit gehören; ferner der zu einem Krippeusattel
gehörende Bügel aus durchbrochenem Eisen bei Büheim, welchen Fiff, 152
zeigt, und andre in der Abbildung wiedergegebene Funde, namentlich drei
(FUf. 156 — 158)y welche den Zeichnungen von Zschille entnommen sind. Der
zweiten Hälfte des Jahrhunderts gehört der Bügel zu einem Feldharuisch an,
welcher bei v. Sacken (Rüstungen und Waffen der Ambraser-Sammlung in
Originalphotographien Bd, 11, Taf. 14) abgebildet ist und eine ganz abweichende
Form hat.
Die andere im 15, Jahrhundert auftretende Hauptform spaltet sich wieder
in zwei Richtungen, beide sind hauptsächlich in Deutschland zu Hause. Bügel
der einen Art, Ftg, ISO — 140^ finden eich häutig in der Mark Brandenburg
und scheinen zur Ausrüstung des gemeinen Reiters gehört zu haben, die der
anderen Art haben vielleicht einen ungarischen Anstrich, Fig. 141 — 140^ und
kommen ähnlich noch im 17, Jahrhundert vor. Sie zeigen einen den Bügel-
riemen deckenden Voraprung an der Ose, welcher im folgenden Jahrhundert
eine weitere Ausbildung in Form eines Kastens erhält und sich auch bei den
Renaissance-Formen findet. Andere Bügel zeigen noch auffallendere Ansätze
vor und über der Öse und eine gewisse Ähnlichkeit mit ungarischen Formen,
wie sie bis zum 19, Jahrhundert nicht nur in Ungarn selbst, sondern auch in
anderen Ländern an den ungarischen Pferdeausrüatungen, welche eine Lieb-
haberei vornehmer Personen bildeten, vorkommen. Zwei dem Ende des Jahr-
hunderts angehörende echt ungariache Bügel Fiif. 147 u. 148 können als Beispiele
dienen.
Als besondere Erscheinung sind die als Bügel dienenden Eisenschuhe
zu erwähnen, welche in diesem und dem folgenden Jahrhundert vorkommen und
hier zusammen besprochen werden sollen. Fig. 150 ist ein englischer Eisenschuh,
ähnlich ist Fig. 204a, Der von Demmin entnommene Schuh Fig. 149 wird van
einigen als Pantoffel- oder Frauenbügel, von andern als Turnierbügel des 16, Jahr-
hundert» angesehen, zu welcher Klasse der sehr ähnliche, in F'ig. 204 h dargestellte
Büge! aus dem Jahre 1543 bestimmt gehört. Auch Fhj 205 ist kein Frauenbügel,
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211
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llotcJi Demmin ihn dafür halten mochte. Wenn es ein Eisenschuh ist, würde
^für Frauen unzweckmäasig sein ; er gehört in die Mitte des id. Jahrhunderts.
Ein Paar prächtiger Eisenseh uhbügel, teilweise vergoldet, befinden aich im
Kunstgewerbe-Museum in Magdeburg, Fig, 206-^ sie gehören dem 15* oder
10 Jahrhundert an und haben an der äusseren Seite eine Platte zum Schut/.e
der Knöchel und der Ferse. Ein ähnliches einfacheres Paar aus dem Jahre
1458 ist bei Meyrick (Engraved Dlustrations of Ancient Arms PI. 4, Fig* G)
abgebildet und ein drittes auch bei diesem (Vol, II, pag. 70) als in Warwick
Ca«t)e befindlich erwähnt. Der Fubs war beim Gebrauch dieser Schuhe nicht
mit dem Soleret bekleidet.
Da auch über Damenbugel gesprochen werden muss, so mögen über das
Reiten der Frauen und die Mittel, ihrem Sitx durch Unterstützen der Füsse
dnige Sicherheit zu geben, hier einige Bemerkungen Platz finden, welche sich
an das im ersten Teile bei Besprechung der adraba Gesagte anschliessen,*)
Ohne dieses Thema hier weitläufig abzuhandeln, sei nur daran erinnert,
fioss im Altertum die Frauen sowohl rittlings als seitwärts sassen, dass aber
die letzte Art die gewöhnliche war, dass auch das ganze Mittelalter hindurch
Wide Arten vorkommen, dass aber hier die Frauen, welche selbständig ritten ^
wie auf der Jagd, selbst die voruehmsten, nach Männerart zu Pferde sassen.
Wir geben unter Fig, ^08 einen Bügel der rittlings sitzenden Herzogin von
Savoyen aus dem 16. Jahrhundert, Der Quersattel soll nach Jahns (Rosa u.
Reiter II, 115) zuerst im 12. Jahrhundert von Anna, Tochter des böhmischen
KoEiigd, In Gebrauch genommen, aber erst im 14. Jahrhundert allgemeiner ge-
worden sein. Aber es war auch bis zum 16. Jahrhundert üblich, dass Frauen hinter
den Uännern auf demselben Pferde sassen; Königin Elisabeth von England
(16, Jahrhundert) sass oft hinter ihrem Stallmeister Lord Leicester. Diejenigen,
welche quer auf dem Pferde oder auf dem Esel sassen und nicht selbständig
ritten, sondern die Führung einer anderen Person überlieflsen, hatten keine
Bügel, sondern eine Art Fussbank, welche an den Sattel gebunden oder ge-
schnallt wurde* Von den Bildern aus Ilerrad's von Landsberg Hortus deliciarum
(12, Jahrhundert) ist schon die Rede gewesen {Ausgabe von Engelhard mit 12
KQpferiafeln). Jfach einem Passionale von Zweifalten In der königl. Bibliothek
zu Stuttgart sitzt die heilige Pelagia auf der rechten Seite ihres Esels und
itützt die Füsse auf eine kleine Bank, welche mit einer verzierten Decke behängt
ist. Im Nationalmuseum zu München ist ein Damensattel aus dem IG. Jahr-
hundert, welcher, für den Sitz auf der rechten Seite eingerichtet, zwei SchnaUeu
an der Satteltasche zum Anschnallen zweier Bügel oder wahrscheinlicher einer
solcbeD Bank zeigt, Fig. 327.
L aoicbeo 1
» *) über den Sitz der Fraaen im üiertum »iehe ScMiobon, ^Die B«it- und Paek^Sttel
tu den Annalen des Naas. Altert- Vereins, Wiesbaden 1S89» Hd. XXL, S. 18, Über
4«it Site uo Mittelalter Scherr, Deutsche Fraaenwelt 1, 194, und Jälins, Boss und Heiter 11, 112.
Ktnig« Abbüdungen von Dameti auf der Falkenjagd vom 12. bis Ende des 15. Jahrhunderts
äch bei Viollet-lcDuc II, 437, 429, 443, 445, 446, 44S; 111 418« 419. Sie zeigen die*
aon^ Jifi alt» %ur Seite sitzend, uml iwor teib refhu, teils Utiks, beim Sitx nach
»rt iffallend kurieen Bügelu.
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^^Mlfi&^äluiiii
212
Braiitume spricht in äeinen Meoioiren von der planrhdfc d'or der ITerzodR
vun Savoyen (Ende des IG. Jahrhunderts) und versteht darunter offenbar eimi
Fussbank für den Sattel, wie sie heute noch die Einwohnerinnen von Caux in
der Norraandie benutzen. Mau nennt diesen Sitz ä la plamheUe (Racinet,
Coatumes histor., VI. Band, pl* 490) Ficf. 32(L Im Nürnberger Museum ist
©in Damensattel ganz ohne Bügel (No, 1854). Indesfion kam im IG. Jahr-
hundert bereits der jetzige Damensattel auf, Katharina von Medicis (Anfang des
10. Jahrhunderts) soll die erste gewesen sein, welche den Fuss in eine Qabel
legte, wo dann nur noch ein Bügel nötig war.
Andererseits finden wir auch zu dieser Zeit Frauen, welche nicht, wie
Ordericus Vitalis YIII, 1 7 sagt, femineo more equltubattt et in mulifhribus W/i>
miehanf, sondern nach Mannerart ritten. Racinet bildet die Comtesse St Balmont
80 ab (PL 327, das Bild bezieht sich auf das Jahr 1645), einer ihrer Bügel ist
Fig, 208 gegeben. Von dem in Ulrich v. Lichtenstein erwähnten Ilebeeisen,
welches den Reiterinnen von einem starken Manne hingehalten wurde, hat
sich keine Spur erhalten. Wir fügen noch oiuon Dameubügel aus dem 17. Jahr-
hundert bei (Fig, Ml)^ welcher, im Berliner Zeughause beündlich, dieselbe Kon-
struktion zeigt, wie der noch vor wenigen Jaliren übliche Pantoffelbügel, nur
dass letzterer einen Schuh hatte {Fiij, 294a)\ zu dem modernen Damenbugel
(Fifjn 2*Mh) gehört ein Polster, welches den Bügel nach oben zu so weit schliesst,
dass der Fuss nicht zu weit hinein kann, Ftfj. 2r}(i zeigt einen stark vergoldeten
Damenbugel ohne Öse aus dem 17. Jahrhundert, das Original befindet sich im
Berliner Zeughause, Die aller neuste Konstruktion eines Damensteigbügels be-
steht aus einem Doppelbügel (Fig. JSQ.j \i,29G)\ auf dem inneren, nicht mit Polster
versehenen, ruht der Fuss, währeud der äussere zur Befestigung des Bügelriemens
dient. Der innere dreht sich, wenn die Fussapitze beim Sturz gegen den obere«
Bogen druckt, um ein Scharnier dicht an der Sohle, wodurch letztere ausgehakt
wird, umklappt und den Fuss vollständig frei lässt.
Die Bügel des 16. Jahrhunderts zeigen eine grosso Mannigfaltigkeit und
sind in allen Sammlungen am stärksten vertreten. Sie haben im allgemeinen
einen fculpenformigen oder glockenförmigen Durchschnitt, breite mit drei bis fünf
senkrechten Parallelreifen versehene Schenkel, welche in der Regel nach unten
zu über die Sohle vorstehen. Diese ist durchbrochen oder hat einen vollständigen,
durch 2—4 Balkon gebildeten Kost oder ein anderes Muster* Auch hier hängt
infolge der Konstruktion der Öse die hintere Bügelsohle zuweilen hoher als
die vordere und ist ausserdem noch gezahnt. Die Ose liegt frei, ist aber nicht
drehbar; sie ist durch einen vorgebauten Aufsatz verdeckt und dieser dann
meistens mit der Muschel verziert, welche in diesem und dem folgenden Jahr-
hundert die Rolle der Leitmuscheln in der Geologie spielt, Fig. 19H^ 171^ 170^
17!» u. a.
In den Yerzierungen und namentlich in der Form des Aufsatzes zolgi
sich die Einwirkung der Renaissance, wie sie uns bei den Bügeln der voa
Leopardi gefertigten Statue, Fig, WJ, entgegentritt.
Das Einziehen der Bügelriemen in die Ose scheint nicht in der bei
uns üblichen Art geschehen zu sein. Da der Aufsatz offenbar darauf berechn«**
mttm^
"-^^ ^"^
213
iti^ dais die Vürzieruug oder die Muschel, weun der Bügel am Sfttiel herunter-
bäogt^ nach ausseü, und wenn ihu der Reiter auf dem Fusse hat, nach vorn
£etgt, ao IDU8S der Reiter damals den Fusb anders in den Bügel geBchobeu
baboQ^ wie wir es jetzt thnu. Wir nelimen ihu von aussen, sodass die nach
ddm Pferde zu hängende Fläche nach vorn kommt, zu jener Zeit nahm mau
aber den Bügel von innen, sodass die nach aussen hängende Verzierung nach
vorn gekehrt wurde. Es ist dies ganz deutlich aus den Zeichnungen zum Frey-
dal, z. B. 8, 21, zu entnehmen; bei Böbeim (8. 204) scheinen die Verzierungen
jedoch auch zuweilen nach innen zu hängen. Den Übergang zu unserer Art,
den Bügel zu nehmen, bildeten die querstehenden und die drehbaren Ösen;
die lelxiere kommt vorherrschend im 17. Jahrhundert vor und hielt sich bis
mm Anfange des 19» Jahrhunderts. Die eratere ist sehr deutlich in den Ab-
bildungen TM erkennen, welche den Berichten des Wiener Altertums-Vereins
(Bd. XV, 1875, S* It7) beigegeben sind und türkische Reiter aus der ersten Be-
lagerung Wiens im Jahre 1529 darstellen, wie sie der Nürnberger Briefmaler
Baus Guldenmundt, ein Zeitgenosse, gezeichnet hat* Während die sonstige
Form dieser Bügel unstreitig dem 16. Jahrhundert angehört (Fig, 352)^ linden
sich auch andere, kreisrunde, in Ketten hangende Scheiben (Fig* ^^'V^ welche
«onst nicht rorkommen. Ob sie nach Originalen gezeichnet sind, kann zweifel-
fr sein, da Guldenmundt mehrfacli in diesen Bildern seiner Phantasie gefolgt
(Siehe den oben erwithnteu Bericht S* 104.) Wir haben schon im 9. Jahr-
hundert Bügel mit querstehenden Ösen gefunden (79, 80^ 61)^
Bei Meyrick (Critical Eufjuirv^ into Ancient Armour, Vol I, pag. 159)
tiöde ich ein lateinisches Manuskript, betitelt Speculum regale, erwähnt^ welches
dem 14. Jahrhundert zugeschrieben wird und Vorschriften enthält, wie man
den Fuss ia den Bügel setzen soll Vielleicht hat jemand tlelegeuheit, dieses
Manuskript einzusehen und die hier angeregte Frage weiter zu verfolgen. Es
ist nicht unmöglich, dass jene Schrift Aufschluss darüber giebt, vielleicht sind
sogar noch andere interessante Punkte darin besprochen.
Da das Tragen der Lanzen und Fahnen in freier Hand auf die Dauer
beschwerlich ist, so kam man frühzeitig auf die Erfindung des Fahnen- oder
Lanzeoschuhes, einer Vorrichtung am rechten Steigbügel, um die Spitze des
Schaftes festzuhalten. Bei Demmin (Waffenk. 8, 646, No. 18) ist ein solcher
jel aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts abgebildet, es ist jedoch nicht
itchtlich, ob der Schuh mit dem Bügel aus einem Guss besteht oder ob,
wie bei uns, eine Lederhübe an den Bügel angebunden ist; letzteres ist wahr-
scheinlich, weil am linken Bügel au der entsprechenden Stelle vier Löcher zu
sdiGo sind, welche wohl die Biuderiemen aufnahmen.
Ob die an den ungarischen Bügel u F«V/. 156 befiudlichen drei Löcher
moo ähnlichen Zweck hatten (an einer ungraden Zahl von Lochern i^t schlecht
ras anzubinden), kann ich nicht behaupten. Von Bügelu, welche zum Tragen
jaterne eingerichtet waren und die Demmin anführt und mit Pyrophor
— er hätte ebon^jogut Phosphoros oder Lucifer sagen können,
WfOö er nicht angiebt, in welchem griechischen Autor dergleichen erwähnt
WcrdoO) denn sonst versteht man unter Pyrophor ganz etwas anderes — , habe
214
ich Dichtd Kaden köauen, nach seiner Angabe sollte dioEO Lateruc leuchten and
die FiisöG wärmen.
Obgleich die Bügel in der Regel hinten tiefer hingen als vorn, so lat
doch bisweilen die Öse hinter der Uosette ausdrücklich nach vorn gebogen und
dadurch der Bügel gerade gestellt, Ftg. 177. Ausser den Bügeln mit Rachen
Schenkeln giebt es gegen Ende des Jahrhunderts und später auch solchcj deren
Schenkel aus runden Stangen bestehen ; besanders war dies bei denjenigen der
Fall, welche zu den Mailänder- uder Bärenachuhea gehörten, wie sie von 14ÜÜ
bis 1560 getragen wurden. Gegen Ende den Jahrhunderts werden die Bügel
höher und haben bereits vereinzelt die dem 17. Jahrhundert angehörende dreh-
bare Öse, welche auch früher ab und zu vorkam. Sie findet sich dann auoh
an den Zügelringen der Zamnzenge; als Beispiel kann eine Reitstango aus
der Wiener Waffensanmilung (Saal Karls V., No, 38t>) angeführt werden»
Verschiedene für hoho Herren augefertigte Prachtbügel, Fig, ISO u. a.,
zeigen einen besonderen (feechmack; sie tielen ganz dem Kunstgewerbe anbeinit
welches namentlich in durchbrochenen Arbeiten ganz Ausserordentliches leistete.
Dasselbe gilt in noch höherem Grade vom fulgonden Jahrhundert: die Bügel
"Wallensteinsj Fig» 22f}^ welche im Nationalmuseum in München sich befinden,
zeigen die sogenannten araule^ n fenHres, Andere Prachtstücke, welche durch
schöne Gravierungen, Silbertauschieruugen und Garnierungen mit Edelsteinen
ausgezeichnet sind, bilden dio Zierden aller Waffonaammlungen. Einige wenige
davon zeigen die Fi(j, 18^ MB, 2S2, 31:^^ Einen prachtvollen Bronzebügel
mit schonen Reliefs bildet Meyrick pl, 81, Fig. 3 ab.
Im 17. Jahrhundert wird dio Form allmählich etwas verändert; als
charakteristisches Zeichen tritt fast überall die drehbare Öse auf, welche früher
nur vereinzelt vorkommt. Die breiten Schenkel machen runden Stangen oder einer
Verbindung von oben runden und unten flachen Bogen Platz, welche, sehr
hoch gezogen, im oberen Teile sich dem Viereck oder Fünfeck nähern und
dem Zeitgeschmack entsprechende Verzierungen haben. Die schweren und
plumpen sogenannten Karabiner-Reitstiefel, engl, jack-boots^ wie sie zur Zeit
des grossen Kurfürsten getragen wurden und für Kuriere und andere Personen
inwendig mit eisernen Reifen und Schienen versehen waren, sodass der Reiter
beim Sturz des Pferdes den Fus^a unversehrt hervorziehen konnte, erforderten
nicht minder grosse, besonders aber hohe Bügel, als die Bärenfüsse breite,
Fig. 2BS. Dio Mailänder Schuhe, welche bis 20 cm breit waren — ein Exem-
plar im Wiener Rathause ist noch etwas breiter — , waren bis über die Mitte
des 17. Jahrlmoderts im Gebrauch.
Unter den abweichenden Bügelforraen des 16. und 17. Jahrhunderts be-
merken wir namentlich auch orientalische und ungarische, wie sie in den
Fig, 217, 218, 221. 222, 223^ 232, 350 wiedergegeben sind. Gewisse im öst-
lichen Europa ansässige Nationen, Tataren, Russen, Polen, die Stämme dos
byzantinischen Reiches, die Ungarn und bis zu einem gewissen Grade selbst
die Böhmen, standen in den Ponnen der kriegerischen Ausrüstung seit den
ältesten Zeiten unter dem Einflüsse des Orients. Böheim, welcher in seinem
llandbuche des Waffenwesens 8. 200 diese Bemerkung macht, sagt, dam
{
I
■HM
iflüiMi
mm
215
Polen und Ungarn aus dio orientalische Art der Pferdcausrüsfcung zuerst io
Deutschland Eingang fand. In Österreich leiten die ersten Spuren ins 14. Jahr«
hundert zurück; im 16. Jahrhundert finden wir dio Zaumungen ungarischer Art
in Italien. Die ungarischen Sättel haben eine Art Bock, die deutschen Polster.
Ungarische Sättel mit ihrem Zubehör wurden im 15. Jahrhundert auch von
deutschen Reitern häufig benutzt. Als Beispiel können die vollständig orienta-
lischen Bfigelschuhe (Fig, 221) eines Ritters des 16. Jahrhunderts im Zoughause
zu Berlin gelten.
Das orientalische Reitzeug König Christians von Sachsen, 1602 in Prag ge-
fertigt, war überaus prachtvoll, die Bügel, mit böhmischen Granaten besetzt, waren
ODgarischen Geschmacks, Fig. 25t) ; das Ganze befindet sich in der Dresdener
Waffensammlung. Ähnlichen Charakter haben die Bfigel eines Sattels, welchen
der Fürst Radziwill an König Georg III. schenkte, und welcher dadurch merk-
würdig ist, dass auf der Sohle ein Dom hervorsteht, um das Festbalten des
Bugeis zu erleichtem, lig, 257 ebendaselbst. Prinz Georg Lubomirski, Ende
des 17. Jahrhunderts unter König Kasimir von Polen, ritt ein vollständig arabisch
ausgerüstetes Pferd, dessen Bügel wir, Fig. 270^ nach Racinet wiedergegeben
haben. Wollen wir uns für die<se Nachahmung orientalischen Geschmackes
nach einem Yorbilde aus alter Zeit umsehen, so können wir Alexander den
Groesen anfuhren, welcher nach Diodor 17, 77, als er auf dem Gipüel seiner
Macht stand, seine Pferde mit persischem Geschirr ausrüstete. Yon diesem
Vorgange darf man, beiläufig bemerkt, die Einfuhrang des persischen Sattels,
soweit er damab ausgebildet war, an Stelle des griechischen Ephippinm datiere.
Näheres findet man darüber in meinem Aufsatze über die Sittel der Alten in den
Ann. d. Xass. Altert -Ter. (Bd XXI, 1889. S. 21). Da übrigens schon Karl Kartell
den Arabern viele Pferde abnahm und Karl der Grosse Znchthengste von dem
KhaEfen Haran-al-Raschid erhielt, so mag »cbon damals manches orientalisebe
Aosrüstangsstück von den Franken in Gebrauch genonmien sein« Der in F^ty, fßfß
abgebildete, für seine Zeit ungewöhnliche Bügel Biebards L von England vom
Jahre 1200 hat auch orienulischen Typus und Ähnlichkeit mit Fig. ^p17 oder
^1B\ ob dabei ein Dnfluss der in den Krenzzngen gemachten Bekasntsdiaft
mit orientalischen Ausrüstungen m sehen ist. mag dahin gesCeDt UeibeB« es
wire dies dann ein vettere« BeispieL IKe Abbildnngen in den alten Beitbfieheni
des 16. n. 17. JahrtuBderts ron L/jfaneisen, FlovipeL Griso u« a. zeigea eben«
80 viele orientalische al* andere BügeL Fig. 252.
Der bei unserer Kzxkßerie hvb faeux^ venu auch mit einigen Vcrbeic rangen,
beibehaltesie Sattel b^i&s? ^d^ ongari^ebe Boeksaixei^ : «lein Obergvrt vird darefa
den ,nngarä^ies Kzy/uen'^ znhunsiytfoz^iuiiuaL dessen zeftraabenier Sefafau«
idir venig fsr ;:i;«^«r Terlütcibiie pa«s. Die Form der nngariKb» BigeL
Fig. 22*». iÄ li* ir :;!;**? Jatrhuden La»«a von der kxhf» EavalkfK nnd
Artillerie i^si ü^r ^ULa:«!L. vSe die Flzum ram 19. Jafafaaisrt zeigen, i»
aflgeaKises V^.-^kh« v.irien. «/^ zspnkntth «e uaKstfitfa Ür rauoie;
ist. ▼»•V^ «i^^iieJ! aVffvrag^-B f^Aen vnd ithm in des ^mipm fUa^
216
I
Rinige liemerkuitgeii über diu iu dou Tatblu uuLliaitcueii Abl»i)üung4^ii
aus dem 16» uod IT, Jahrhuodert dürften hior arn Platze sein. Den l^nterschied
gegen die lleDaissance-Formen des 15. Jahrhunderts sieht mau am deutlichsten
in den Fig* 170y 174^ 180^ 181^ 232 u, a,, welche überdies dario übereiustimmou,
dass sie oben Äueammengedrückt sind und sich nach unten erweitern^ Der
Bügel Fi(f. ISS wird von Le Vallet (Le chic ä cheval, S* 85) dem 14.
Jahrhundert zugeteilt; ich habe ihn hierhin gesetzt, weil ich ihn dort oiobt
unterbriogen kann. Viollets Gründe kenne ich nicht, die Fürm aber scheint
ihn hierbin zu verweisen. Dass die Farmen lS7t I&öj lS*f aus Jost Anuuans
Wappen- und Turnierbuch vom Jahre 1589 diesem Jahrhundert angehören
Bollen^ scheint mir zweifelhaft, ich würde sie für älter halten* Ebenso würde
ich die Formen 24 J u. 242, welche Deoimin ins 17. Jahrhundert setzt, etwa ^
200 Jahre zurückdatieren, wenn ich, ohne die uahcrou l hnstände zu kennen, B
urteilen wollte. Den Bügel 243, welcher im Berliner Zeughause als dem Ende
des 15. Jahrhunderts angehörend aufgeführt ist, umss ich ins 17. setzen^ da
Form, Drehöse und Verzierungen dafür eprechen. Mit Fi<j* 240, 26 L 2(i2 weiss
ich gar nichts anzufangen. Wenn die Yorsprünge des ersten Reste eines ab-
gebrochenen Üaenschlussos sind, so kann er ins 15. Jahrhundert gehören, und
vielleicht auch der folgende Bügel; den letzten könnte man ganz gut ins 17,
oder 18, setzen. Die undatierten Bügel absonderlicher Form machen das
meiste Kopfzerbrechen! Wunderbar ist ein im Palaste Montecuculi in Venedig
gefundener Bügel, Fitj, 254, welcher zum Zusammenklappen eingerichtet ist.
Der Zweck dieser Einrichtung ist nicht begreiflich, da er die Dienste eines
Sturzbügels nicht leisten kann. Ein anderes seltenes Stück zeigt Fhj, 2ö6^
welche den Zeichnungen von B* Zschille in Grossenhain entnommen ist und
ein Pendant zu Fig. 297, einem Geschenke des Sultans an König Otto von
Griechenland, bildet. Ersterer, dem 17. Jahrhundert angehörend, würde einen
Vorgänger im 15. Jahrhundert, Fig, lOßb, haben, wenn die Angabc bei Demmio,
Waffenknnde, S. 623, No. 25, richtig ist. Ich selbst muss dieses Stuck im
Münchener Nationalmuseum übersehen uod nur für einen Sporn mit auffaltender
Befestigung gehalten haben, ich gestehe, nicht recht einzusehen^ wie der
Bügelriemen angebracht gewesen sein soll, da eine Befestigung an der vor-
handenen oberen Schiene gewiss recht unpraktisch gewesen wäre.
Fig. 236 ist aus W. II. Wildtj Catalogue of Antiqu. No. 47, Fig. 504 cnt-
nommeu. Das Original befindet sich im Schlosse Bkoklostcr in Schweden, südlich
von Upsala, der Familie Brahe gehörend. Der Graf Wrangel hat zahllose
Beutestücke aus dem 30jährjgen Kriege dort zu einem Museum vereinigt, dar-
unter auch verschiedene Steigbügel. Der unsere ist 5 engl Zolle hoch und
4 breit, die radförmige Sohle hat 2^/i Zoll im Durchmesser, Die Korbbügel
Fig. 201, 202, 203, 255j treten an die Stelle der schweren Eisenachuhe 2t^^
205, 206, 149, 150 \ einzelne, wie Fig, 100, sind sehr klein, für Knaben bestimmt«
Kinderbügel finden sich überhaupt in den Sammhingen häufig, Fig* 17$, J359,]
329. Es ist leider nicht möglich gewesen, alle Bügel in demselben Maassstabe
zu geben, da die Umstände in der Regel eine genaue Zeichtiung nnlif \''o^atn\
auch die Angaben in Büchern meistens keine Maasse enthalten.
I
■ühJI
217
Das 18. Jahrhundert zeigt wieder wesentlich einfachere und nöehtcrnere
Formen. Die Schenkel sind schmal — Ziethens Husarenbügel (Fi(f. ^6H) natür-
lich ausgenommen, welche die ungarische Form behalten haben — die Öse ist
drehbar oder fest mit dem Bügel verbunden, die meist offene Sohle pflegt mit den
Schenkelenden abzuschneiden. Stücke aus diesem Jahrhundert sind merkwürdiger-
weise fast in keiner Sammlung zu finden und viel seltener als solche aus dem
16. oder 17. Jahrhundert. Künstler geraten in Yerlegenheit, wenn sie historische
Bilder aus diesem Jahrhundert anfertigen sollen, und sind fast allein auf Ab-
bildungen beschränkt. Bügel Friedrichs des Grossen befinden sich im Hohen-
zollero-Huseum in Berlin, Fig. 366; sie sind genau dieselben wie die Kürassier-
Bügel seiner Zeit Am Denkmal des grossen Königs unter den Linden hat
die Sohle keinen ZwiBchensteg. Ganz dieselben Bügel wie J^66 empfiehlt de
la Gueriniere als die besten. Ähnlich waren die Bügel von Friedrichs Generalen,
Fiff. 26:^. Die Drehringe an den Ösen verschwinden wieder, letztere stehen
häufig quer zur Bügelflache.
Im 19. Jahrhundert herrscht die grösste Yerschiedenheity der franzosische
Geschmack hat dem englischen Platz gemacht. Die Offiziere der preustischen
Armee führten anfangs halbmondförmige Bügel, Fiy. 277^ jetzt englische Fig. 278.
Die für die Bocksattel in der Armee eingeführten Bügel der Mannschaften
zeigt Fig. 281j im Laufe der Zeit sind sie etwas erweitert worden, weil die
reitenden ArtiUerister. beim Abspringen häufig darin sitzen blieben. Dem
ungarischen Sattel entsprechen aber diese Bügel, welche bis auf den heutigen
Tag die rundliche Form mit breiter Sohle beibehalten haben. Fig. 283 ist ein
fraozösiseber Bügel von 1870. Fig. 288 ist ein russischer Artiüerie-Bfigel
mit dreikantigem Schenkel; früher hatte die Artillerie dieselben Bügel wie die
preussische bdm Material von 1810, mit runden unten etwas verbreiterten
Sehenkeln und kreisförmiger Sohle. Die Bügel der Chevalier-Garde von 1827
nntefscheiden sich nur durch eine ausgezackte kreisförmige Sohle (^Fig. 2H7)^
ganz anders sind die der Leibgarde-Ulanen (Fig 286). Die Originale befinden
sich sämtlich im Berliner Zeogfaaose.
Es seien nur noch die Fig. 27U abgebildeten Sturzbugel erwähnt, welche,
wenn der Foss des Reiters in ihnen hängen bleibt und also der Druck auf die
Sohle aufhört und ein Ziehen am auswendigen Schenkel eintritt — sie mfissen
dem entsprechend eingezogen werden — sich oben in der Bogelose offoen und
so den Bägd vom Bien>en befreien. Sie funktionieren ganz neber und verfain«
dem das Gesehleifrwerden.
Ein Bügel vom kleinen Araber Napoleons L« Fig. 2tf3 ist im iPreadwer
Johaaneiun. er ectsprichr geoan der von Le Tauet «etrier ä grille modele cbez
Ic roi* genaanten Form, Fig. 274.
Ich will nicht unterUssea. ein Knnütwerk hiier zo ervähfien, vekbei ein
eiagehenies Scadiam der S^gbogelfcMiiien verrät. Dämlicb das von W. Walter,
anf dem konf^üeLen .Scallgebiade in Dresden bergesteDte KdosaaMSenäUe,
welches die gasz« Jj^nzf: der Angnsta-StraMC eimuBBtt umd die täekiMebe»
FiffMen in Ua^a Z'i^*: vom 12. b» l-f- iahthiuA^rt ra If^rle in hwirisdi
Tracht dantdö.
IIB
Was über «lie äusseren ^^piii^ehetl Bögfl zu sagen ist, geht grosseii-
tmh aus fler Erklärung der Tafeln liervor. Es wird hier keineswegs Vollständigkeit
bearidprufht^ Bondern nur gegebou^ was «ich gelogentlich zusumiiiengefuuden hau
Wunderliche Formen zeigen die zusararaengestclltcn Holzbügel, welche
alle unserem Jahrhundert angehuren. Bei allen ist die obere Wölbung an-
nähernd kreisförmig und die Sohle Hach» ausser bei dem ostpreussischen^
welcher länglich ist. Die Fig. 314 und 315 sind araukanischen Ursprungs und
von schwerem, massiven Silber gearbeitet. Ausser den abgebildeten befinden
sieb noch mehrere ähnliche im Berliner Völker-Museum. Die Fi(j. J^l^i zeigt
einen bronzenen Steigbügel aus Süd -Vorderindion, welcher mit Rasselstit>en
versehen ist. Die Sohle, welche die Form einer Pferdekartätsche zeigt, ist hohl
und statt der Borsteubündol mit bronzenen Sfeifteu von etwa 3 mm Dicke und
2 cm Länge versehen, welche sich in Lüchern im unteren Boden hin- und her»
bewegen und ein klapperndes, für börbarische Ohren gewiss sehr angenehmes
(Jeräusch machen. Unsere Schellenbügel im Mittelalter bilden eine Parallele
dazu. Fitj, 320 ist ein Bügel von Bu§*alo-Bills Keiterri aus West* Amerika,
von Eisen^ sehr weit und breit. Der Kern ist, wohl um den Rost zu ver-
decken, mit Leder überzogen und das Ganze mit einem grossen Lederschurz
überdeckt, w^elcher zur Seite fast einen halben Meter herunterhängt, Er soll
den Fuss gegen Sonne und ^^ässe schützen und wohl auch AugriflFe von Fliegen
vom Bauche des Pferdes und dem Fuaao des Reiters abhalten. Die japanischen
Bügel sind von schon lackirtem festem Holz. Die Orientalen benutzten die
scharfen Spitzen ihrer schaufelförmigen Bügel (F/>/, 319 u. a.) statt des Sporns,
um das Pferd auzutreiben. Viele bei fremden Völkern gefundene Bügel sind
nicht national, sondern einfach von Europäern eingefiihrt.
Zum Schlüsse muss ich noch einen Bügel besprechenj der vielfach als
Steigbügel angesehen wird, aber keiner ist, näralich den in Fuj, 344 u, 349
abgebildeten Armbrust bügel. Erhat oben zwei Lappen, mit welchen er auf
der Mitte des Bogens mittels Riemen festgebunden wird. Beim Spannen der
Armbrust trat der Schütze, nachdem er dieselbe gesenkt hatte, mit dem Fusae
in diesen Bügel, um nicht den gauzen Druck mit der Brust auszuhalten. Alle
diese Bügel haben ungefähr dieselbe Weite von 10 cm, sind dreieckig und auf
der Aussenseite der Sohle mit einem scharfen Grat versehen. Vier solcher
Bügel betinden sieh im märkischen Proviuzial-Museum in Berlin, je einer itt
München, Wiesbaden, Nürnberg, Linz a. d, Donau und in anderen Sammlungen.
Im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit (neue Folge, Nürnberg, Mitt. d,
German. Mus. XXVIII, 1881, S. 134) wird ein solcher als Sattelbügel abgebildet,
aber als undatiert und unbekannter Herkunft bezeichnet; es ist eben ein Arm-
brustbügel, welcher dem 15. Jahrhundert angehören kann.
Obgleich die Armbrust eine sehr alte Waffe ist und vom 12,— 16* Jahr-
hundert zur Bewaffnung der Heere gehörte, so sind doch, wenigstens in Frankreich,
wie VioUet-le-Duc angiebt, keine älteren Exemplare als aus dem 15. Jahrhundert
vorhanden, Schöne Exemplare von Armbrüsten aller Art sind im Dresdener
Johanneum. Wir geben eine kleine Auswahl solcher Bügel {Fftf. 34r» — 34(9)
vom 14.— 16. Jahrhundert. Die Waffe M'^S ist für den Gebrauch %u
I
219
Pferde bestimmt; wurde sie zu Fuss gebraucht, so trat der Spanner, auch
wenn er sich des Geissfusses oder einer anderen Maschine bediente, mit dem
Fuss in den Bügel, um die Armbrust festzuhalten. Wir sehen, dass wenigstens
in Frankreich die BGgel ihre Form dem Zeitgeschmack anpassten, in Deutschland
scheint dies nicht der Fall gewesen zu sein, die späteren haben nur kleine,
viereckige Bügel.
Ein ähnlicher Irrtum, wie er in diesem Falle begangen ist, kann bei den
Bugein Torkommen, welche unsere Schmiede zum Bewegen ihrer Blasebälge mit
der Hand erfassen; sie sind Steigbügeln oft sehr ähnlich und haben die ab-
sonderlichsten Formen. So lange sie am Blasebalg hängen, wird eine Ver-
wechslung allerdings nicht eintreten, wohl aber, wenn sie gelegentlich gefunden
werden.
Als dritter derartiger Bügel ist der am Tragoriemen des einspännigen
rbeioischen Karrenfuhrwerks befindliche zu nennen, in welchem die Scherbäume
ruhen, dessen oft kolossale Abmessungen zu wunderlichen Anachronismen Ver-
anlassung geben könnten.
EIndlich sind noch die schon in den Keltengräbern in Uallstadt vorkom-
menden, der Römerzeit angehörenden Geräte zu erwähnen, deren eines mir in
einer Sammlung von dem Diener gleichfalls als Steigbügel bezeichnet wurde;
in Wirklichkeit sind es Eissporen, Fig. 350. Sie haben auf der Unterseite
einige Spitzen und wurden vermutlich mit Riemen am Fusse befestigt. Die
Sohle ist 8—11 cm weit. Schon y. Sacken bildet ein derartiges aus Hallstadt
herrührendes Steigeisen ab (Taf. XXVI, 10). Mit Hilfe einiger Riemen könnten
sie allerdings zur Not als Steigbügel dienen.
Hiermit schliesse ich, indem ich diesen Versuch nicht allzustrenge zu
beurteilen bitte. Ich habe mich vielfach dem Urteile derjenigen anschliessen
müssen, welche die Stücke besprochen haben ; ohne Kenntnis der näheren Um-
stände ist es nicht möglich, eine eigene Meinung aufzustellen. Demjenigen,
der alle Einzelheiten kennt, wird es leicht werden, bei diesem oder jenem Fund
meine Ansicht zu berichtigen, mir war dies bei so vielen einstweilen nicht
möglich. Ich hoffe selbst, da ich weiter sammle, zu besseren und umfassenderen
Resultaten zu gelangen und werde sehr dankbar sein, wenn mir aus dem
Kreue der Leser nutzbare Mitteilungen zugehen. Besonders angenehm wird
es mir sein, ganz sicher datierte Stücke, auf die es ja hauptsächlich ankommt,
mit den Beweisen ihrer Achtheit kennen zu lernen.
220
IV.
Erklärung der Abbilduugen, Angabe der Quellen^ der Fund- und
Aufbewahrungsorte^ der Besitzer u. a«
No. Jahrhundert.
1 U. 2
3 u. 4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27—34
35 u. 36
37
38
39
40
41 u. 42
43
Älteste Darstellung von Steigbügeln auf einer Sassa-
niden-Silberschüssel nach Hampel (Der Goldfund
von Nagy-Szent-Miklos, 8. 90)
Fund von Eesthely in Ungarn, aufbewahrt im Un-
garischen National-Museum in Pest ....
Fund von Ordas, Ungarn, erster Typus, Pest . .
Püspök-szent-Erzsebet (heil. Elisabeth), Ungarn, Pest
Lomes, Ungarn, Pest
Szentendre (St. Andreas), erster Typus, ebenda . .
Ordas, zweiter Typus, ebenda
Szegedin, erster Typus, ebenda .......
Szentendre, zweiter Typus, ebenda . . . . . .
Nagy-Manyok, ebenda
Bicacs, ebenda
Szegedin, zweiter Typus, ebenda
Szeged-Öthalom, ebenda
Szentes, ebenda
Pilin, ebenda
Allgemeiner Typus einer Anzahl Piliner Bügel, wel-
che in Archaeolog. ertesitö von Hampel abge-
bildet sind
Nesmely, Ungarn, Pest
Szolyva, ebenda . .-
Galgocz, ebenda
Rakos, ebenda
Szeged-Bojarhalmi, ebenda
Pusta-Vereb, ebenda
Porös, ebenda
Ungarischer Bügel, Fundort unbekannt, ebenda . .
Acht ungarische Bügel späterer Zeit, ohne genaue
Datierung, ebenda
St. Veit bei Wien, Nat.-hist. Museum, Wien . . .
St. Veit, die Sohle ist vernietet, Wien, ebenda . .
St. Veit, Wien, ebenda
Feistritz in Krain, Wien, ebenda
Mordwinischer Bügel, nach Aspclin
Imraenstedt in Schleswig, Nachbildung im Museum
zu Mainz
Eckernforde? aus Mestorf (Vorgeschichtl. Altert, v.
Schleswig-Holstein), Kiel
IV -V
VI
n
VII
«
V
IX-X
V
1t
X
Jt
n
Jt
Jt
XI
VI— VIII
VIII
x-xi
vni
IX
221
No.
44
45
46—48
49
50
51
52-54
55 u. 5ß
57
58—59
60-65
66
67-75
76
77
78
79
80 u. 81
82 u. 83
84a
84 b
85
86
87
88
Bei MaiDz im Rhein gefunden, Mainz
Holstein, Kieler Museum
Nach Rygh (Norske Oldsager) in Norwegen gefunden,
Christiania
Nach Worsaae (Nord. Altert.) in Dänemark gef. .
Nach Worsaae und Lindenschmit in Schleswig gef.,
Kopenhagen
Nach Worsaae aus Dänemark
Buge! ausWiskiauten in Ostpreussen, nach Olshausen,
Königsberg
Ascheraden in Livland in Gräbern der Waräger-
Russen, nach Kruse (Nocrolivonica, Atlas V, 5)
Merisch-Ugrischer Bugel, nach Aspelin
Ascheraden, Livland, nach Bahr (Gräber der Liven,
Taf. 16, Fig. 6 u. 7)
Ostpreussen, Samland. Aus der Waifensammhing von
Blell in Lichterfelde bei Berlin
Aus einem wendischen Burgwall. Provinzial-Museum
in Berlin
Dolkheim in W ostpreussen. Aus der Waffensammlung
und nach Zeichnungen von R. Zschille in Gros-
senhain bei Dresden. 72, 78 u. 74 sind mit Mes-
sing und Silber tauschiert, 71 war versilbert .
Riemenbügel, Skulptur an einer Kirche in St. Julien,
Frankreich, nach Demmin (Waffenkunde) . .
Riemenbügel, nach dem Psalterium aureum . . .
Riemenbügel, Holzschnitzwerk an einer isländischen
Kirchenthür, einen skandinavischen Ritter vor-
stellend, Demmin, Kopenhagen
Angeblich genaue Kopie einer Figur des sogenannten
Schachspiels Karls des Grossen, nach Yiollet-le-
Duc V, 69. Die Öse sitzt quer
Nach Yiollet V, 69 u. 71. Öse quer
Dreieckige Bügel anscheinend mit gebogenen Schenkeln,
nach dem Psalt. aur
Wahrscheinlich Holzbügel aus dem Codex Egberti
(Bonner Jahrbücher Bd. 70, S. 56) . . * .
Nach dem Evangelium von Echternach, nach Janit-
scheck
Nach einem Wandgemälde aus der Kirche zu Velemer
in Ungarn, nach Magyar regesceti emiek . .
Nach einer Bamberger Handschrift
Von der Tapete zu Bayeux, nach Yiollet UI, 431
Reitersiegel des Grafen von Flandern nach Demay .
Jahrhundert
IX
IX-XI
VIII- -XII
VlII-XI
VI-XI
IX-XIH
VIII
IX
ix-xri
IX
X E.
X
XI
XII
^^^H
■
^^^^H
Jahrhundmr
^^^^B
Runder Bügel a) mit RietneD, b) mit Ketten; drei-
eckiger Bügel, c) mit Riemeu, d) mit Ketten, nach
Deraay
XII— xiv
^^^P
Aquamanile aus dem Museum zu Kopenhagen, nach
Demmin
XIII-XIV?
^^H
Ostprcussischer Bügel, Sammlung Blell
itoo
^^H
Aus dem Ilortus deliciurum, Ausg. von Eugelliard,
^^^H
Taf. 7 u. 3
XFI
Fragment von einem Kapital der Kirche zu V^zelay
in Ungarn, nach VioUet lU, 432
iiao^l
^^H
Bügel Richards L von England, zweites Siegel, nach
1
Mejricks Critical Enquiry, Platte 13 . . , .
XII E. 1
^^H
Bügel mit vorgebogener Öae, nach Yiollet, wie Bio
■
vom 9. bis 14. Jahrhundert üblich waren . .
iX-XI^
^^H
ITäufigöte Bügelfurmen vom 10. bis 14. resp. IG, Jahr-
hundert, nach dem Freydal, Ausg. von Leitner
8. 22, 33, 34, 49, lOl/ 102, 105
( X-XIV
^^H
Bügel an Altarschnitzereien, d. heih Martin betreftend.
Mus. des Sachs. Altert.- Ver. im gr. (j arten in
iresp. XVI
Dresdeu . ,
1 500 u. 1521
^^H
Aus einem lateinischen l^salter, Viollet 111, 433 . ,
XIII A.
^^H ^^^
Vom heil, Georg in der Liebfrauenkirche zu Esaliugen,
nach Lübke, Gesch, der Plastik
XIII
^^H
Aus der Hiatoire de la vie et des miracles de
St. Louis, nach Viollet III, 460
13(»0
^^^B
Bügel des Herzogs IleiDrich resp. seines Knappen,
iu der Manesse Liederhandschrift
XUI
^^H
Statue des heil. Stephan im Dom zu Bamberg, nach
M
Lübke, Gesch. der Plastik
" ^
^^H
Damenbügel, nach Lübke, ebenda
XIV ■
^^H
Nach Rygh (Norske Aarsberetning for 1882). >*'or-
wegischer Bügel Die Schenkel sind mit Bronze
4
besehlagen. Christiauia
800—1050
^^H 108
Nach Rygh, Norske Oldsager, in Norwegen gewöhn-
lichste Form ,
n
^^H 109
Nach Monteliuö. Schwedischer Bügel
700-1050
^^H 110
Aus der BleU'schen Sammlung, Ostpreussen . . .
m
^^H 111
Wiakiauteo, Ostpreussen, nach Olshausen. Königsberg
X
^^H
Städtische» Museum in Braunschweig, Herkunft unbe-
^^H
kannt
X?
XV
Angeblich Mailänder Bügel. Germ. Mus. iu Nürnberg
^^H 114
Nach Mestorf, Vorgesch. Altert von Schleswig*HoI-
steiu. Kiel
XI? ^
223
^0. \
115 Eisenbiigel mit Silbertauschierung nach Mestorf, Ka-
I talog des Mub. zu Kiel
116 Aus der BleH'schen Sammlang, Ostpreossen . . .
117 Aus der Zsehille'scben Sammlung, -Westpreussen
118 I Nach Wilde, Catalogue of Antiqu. Bügel aus dem
I Museum zu Skokloster in Schweden ....
119 Nieder-Finow, Prov. Brandenburg, angeblich dem
13. bis 14. Jahrhundert angehörend. Mark. Prov.-
Mus. Berlin
120 Flaschenformiger aragonischer Bügel, nach Böheim
dem 13., nach Demmin dem 14. Jahrhundert
angehörend
121 \ Nach dem Anzeiger für Kunde d. deutsch. Yorz. Neue
I Folge. Nürnberg, Germ. Mus. 28. Bd. 1881,
! S. 134, 14
122 ! Deutscher Eisenbügel, nach Demmin, Sigmaringen .
123 a Statue des heil. Georg, Prag
123 b Nach einer Miniatur der Weingartner Liederhand-
sehrift zu Stuttgart ...
124 Nach den Miniaturen zu Lancelot du lac, Paris. Nat-
Bibüoth
125 Statue Eonrads HL, Dom zu Bamberg
126 Bügel ohne Öse, nach P. Lacroix (Moeurs, nsages et
costumes du moyen äge U, 15)
127 Miniatur aus der gemalten Handschrift der Jahrb. t.
Genua, nach Stacke, D. Gesch. I, 400. Der Bügel
scheint an einer Kette befestigt
128 Vergoldeter eis. Bügel, nach YioUet dazu soll ein
Kissen gehört haben
129 Aus Histoire de la rie et des miracles de St Louis,
nach VioUet III, 460
130 Fragment eines kupfernen Armleacbters, nach Yidlet
I, 401
131 Wie 129, nach Viollet III, 444
132 Ans einem Mannskript der Pariser Nat.*BibliotlL, nach
Yiollet UI, 467
133 Wie 129, nach Viollet m, 439
1-34 Südfiranzosischer Jagdbügel, nach Böheim ....
135 Linker Bügel für Sehnabelschnlie (solerets depoufauiie),
nach VioDel, dazu gehörte ein Kissen ....
136 Jüterbock, mit einem goldenen Magdeborger Bractea-
ten und einem Sporn ans dem 12. Jakrlmiidert
gefiiodea. aber wohl spater. Berliii, M. ProT.^Moi.
ISi j Sacrow-Pareu (Putadamj ebenda
Jahrhnnderi.
VIII~XI
XI— XII
XUI-XIV?
p
XUI?
XIV
1304
XIU
XIV E.
1300
XIV
9
1480
1390
XIV
XIV E.
xv?
224
No.
138 Gleissen, Schenkel nach hinten zu weiter gestellt,
ebenda
139 Oross-Beeren, ebenda
1 40 Deutscher Bügel, ebenda, nach Angabe Alfieris älter
141 Kaukasischer Bügel, Berlin, Zeughaus, angeblich
1500 bis 1700
142 Eiserner Bügel, ebenda
143 Nach Demmin, zu einem Elfenbeinsattel gehörend,
Berlin
144 Hohen-Lübichow, Brandenburg, Prov.-Mus. Berlin .
145 Aus einem sächsischen Grabe, mit ähnlichen zusam-
men. Mus. des Sachs. Altert.-Yer., Dresden
146 Schandau, ebenda
147 Ungarischer Bügel aus der kais. Waifensamml. in
Wien, No. 192
148 Ungarischer Bügel, ebenda, No. 112
149 Frauen- oder Turnierbügel? mit durchbrochener Arbeit,
nach Demmin, Paris, Artill.-Mus
150 Englischer Eisenschuh, nach Demmin, Schloss War-
wick
151 Peldharnisch-Bügel, nach Sacken, Ambraser Samm-
lung, Wien
1 52 Erippensattelbügel , unsymmetrisch j nach Böheim,
S. 207. Bei Demmin ist er verkehrt gezeichnet
153 Statue des Erasmus de Narni im Berliner Mus. . .
154 München, National-Mus
155 Museum in Linz a. d. Donau
150 u. 157 Ungarische Bügel von Eisen, mit Messing belegt,
Kais. Waffensamml. in Wien, No. 77 u. 78
158 Bügel aus zierlich durchbrochenem Eisen, Saal Maxi-
milians I., ebenda, No. 37
159 Statue des Bart. Colleoni, Berliner neues Mus. . .
IGO Arabischer Bügel, reich mit Silber und Gold nielliert,
nach Demmin
161—163 Gotische Bügel, nach Zschille
164 Schmiedeeis. Bügel zum Schutze des Knöchels, nach
VioUet und Demmin
165 Nach Lacroix IV, 119
166 a Bügel eines türkischen Kriegers auf einem Holzschnitt
von Hans Guldenmundt, nach Stacke, Deutsch.
Gesch. H, 97
166 b Angeblicher Sporensteigbügel des Herzogs Christian
von Bayern, München, nach Demmin ....
Jahrhandert.
XV?
XV E.
.?
j) •
um 1500
XV
XV E.
XIV R.
XV A.
XV-XVI
XV
XVI
XV
225
Ko.
167 Bügel des Erzherzogs Ferdinand, nach von Sacken,
Ambraser Sammlung, Wien
168 u. 169 Deutsche Bügel, München, National-Mus
170 Rheinischer Bügel mit durchbrochener Arbeit, nach
Racinet II, 87
171 Vergoldeter Muschelbügel, München, National-Mus.
172 Bügel des Herrn v. Fugger, nach Hiltl, Waffensamml.
des Prinzen Karl, Berlin
173 Rost eines Bügels, vorn gerade und scharf gemacht,
hinten halbkreisförmig, königl Waffensamml. im
Johanneum zu Dresden
174 Italienischer Bügel aus vergoldetem Messing mit Ver-
zierungen in italienischer Renaissance. Kais.
Waffensamml. in Wien
175 Bügel des Kurfürsten Georg von Brandenburg, Jo-
hanneum in Dresden
176 Bügel Augusts I. von Sachsen. Die Schenkel haben
5 Reifen, der Rost drei Stangen, hängt vorn
tiefer als hinten, ebenda
177 Bügel mit vorgebogener Öse, damit er vorn nicht
tiefer hängt, ebenda
178 Bügel mit vorgebogener Öse, nach Viollet ....
179 Muscheln an der Sohle und der Öse
180 Kleiner Prachtbügel eines Prinzen, Dresden, Jo-
hanneum
181 Deutscher Bügel aus vergoldetem Messing, mit meister-
haften Reliefs, kais. Waffensamml., Wien, No. 386
182 Prachtbügel mit Edelsteinen besetzt,' Sohle voll,
wahrsch. 16. Jahrhundert, Dresden, Johanneum
183 Bügel mit drehbarer Öse und ovalem Rost, nach Le
VaUet, S. 45
184 — 189 Aus Jost Ammans Wappen- und Stanmibuch, Frank-
furt a. M, bei Siegmund Feyrabend, 1589 . .
190 Bügel zum Scharfrennen, Dresden, Johanneum . .
191 Von einem Stechsattel Kaiser Maximilians II., aus
dem Freydal, S. 48
192 Aus der Bleirschen Waffensamml
193 Bügelösen, München, Nat.-Mus
194 Sehr grosser Bügel für breite Mailänder Schuhe,
München, Nat.-Mus
195 Desgl., ebenda
196 Deutscher Bügel, ebenda, wohl 17. Jahrhundert . .
197 Ebenda, gehört wohl auch ins 17. Jahrhundert . .
198 Bügel Karls V., nach Hirth
Jahrhundert.
XVI
XVI E.
XVI
?
n
1550
XVI?
, E.?
E.
XVI?
XVI?
XVI
15
^^^^ 226
^^^^^^1
■
^^^H
Jahrb^MP
^^^H 199
Bügel für Mailänder Schuhe, Möncheü, Nat,-Mu6. .
XVI
^^^H
Deutscher Bügel, Berliner Zeughaus, 1530 bis 1540
datiert, doch vielleicht dem 17. Jahrhundert an-
1
gehörend
n m9
^^^H
Grosser Korbbügel, Berlin, Zeughaus
^1
^^^1 202
Kleiner Korbbügel für ein Kind, ebenda ....
^^H
^^^H 203
Prunkbügel Kaiser Maximilians IL, nach Böheim .
^H
^^^H
Eiaenschuh, nach Demay
n-^^^H
^^^H
Englischer Turnierbügel, nach Mejrrick: Engraved
^^^1
lilustrations of Ancient Arms PI. VIII, Fig. 9
154^«
^^^H
Ritterbügel, Bleirache Sammlung
XYI ■
^^^H
Eisenachuh mit Seitenblechen auf der äusseren Seite,
Mus. für Kunstgewerbe in Magdeburg. Der
Bügel ist von vergoldetem und ausgelegtem Eisen,
m
^^^H
undatiert
^^^^1
Bügel Friedrichs IIL, Herzogs von Liegnitz und Berg,
nach V. Sacken, Wien, Ambraser SammL . .
^ Aj|
^^^H
Bügel der Herzogin von Savoyen, nach Racinet . .
^H
^^^V
Bügel Karls V,, nach Racinet IV, 260
IT ^^^^H
^^m 210a u. b
Bügel für Entenschnabelschuhe, nach Demmin, Wien,
^^1
Ambraser Samml., und Meyrick Fl, IX, Fig. 4 .
D ^^^^M
^^^H
Vom Sattel Kaiser Maximilians 1., Wien, kais. Waf-
^^1
fensamml. No. 195 .
1510 ■
^^^1
Ungarischer Bügel vom Reitzeuge Erzherz. Ferdinands
■
von Tirol, ebenda No, 410 .... ,
1583 ■
^^^B
Desffl.» ebenda No. 477
XVI E.
^^^^ 2M u. 215
Eiserne, ciselierte Bügel, wahrscheinlich für Maul-
tiere, nach Demmin
1585 1
^^^B
Eiserner Bügel in getriebener und durchbrochener
■
Arbeit, nach Demmin, London, Tower , . .
XVI ■
^^^H 217
Ungarischer Bügel aus verzinntem Eisen, nach Böheim
^1
^^^H
Eisenbügel, München, Nat.-Mus . ,
9f ^^^1
^^^H 219
Persischer Bügel aus einer Handschrift des 16. Jahr-
^H
hunderts, nach Demmin
^^^^^1
^^^1
Ungarischer Bügel, nach Ilirth .,,..,.
n ^^^^1
^^^H
Bügel, ^u einer orientalischen Rüstung gehörend,
Berlin. Zeughaus .
^
^^^^H
Arabischer Bügel mit durchbrochener Arbeit, nach
n ^^^H
Demmin, Paris, Artill-Mus
• ^^^^1
^^^H 223
Ungarischer Bügel mit Silberfiligran und vergoldeten
Rosetten, nach v. Sacken, Wien, Ambraser-8. .
« ^^^H
^^^H
Tatarischer Bügel, nach Böheim; ganz ebensolche
finden sich bei Burjaeteu und Kalmücken . .
f ^^^^^H
227
Ko.
225 Bügel Wallensteins, feinste durchbrochene Arbeit,
München, Nat.-Mus
226 Bronzebügel, teilweise rot und grün bemalt, Berlin,
Zeughaus
227 Bügel des Kurfürsten Maximilian I. von Bayern,
München, Nat.-Mus
228 Messingbügel, nach Demmin, fiir die englischen Jack-
boots bestimmt
229 Bronzebügel, Spätrenaissance, Berlin, M. Prov.-Mus.
230 Schwerer Eisenbügel, München, Nat-Mus. . . .
231 Bügel von Jean de Wert, nach Hirth
232 Prachtbügel, vergoldet, Berlin, Zeughaus ....
233 Sehr grosser^ zu den schweren Reiterstiefeln passender
Bügel aus der Zeit des grossen Kurfürsten,
Blell'sche Sammlung
234 Eisenbügel, Berlin, Zeughaus .
235 Deutscher Eisenbügel, Berlin, Zeughaus ....
236 Nach Wilde, Catalogue of Antiqu., Brahe-Museum
zu Skokloster in Schweden
237 Gelenkbügel, Blell'sche Sanunlung
238 Bügel des Herzogs Bernhard von Sachsen- Weimar,
nach Hirth
239 Bügel nach Pluvinel
240 Bügel des Grafen Styrum, nach Hirth
241 Deutscher Bügel des Kasseler Museuros, nach Demmin
242 Bei Dielfort gefunden, Museum in Sigmaringen. Die
Datierung dieses und des vorhergehenden Bügels
scheint ganz unrichtig zu sein, beide dürften ins
15. Jahrhundert gehören
243 Deutscher Eisenbügel, Berlin, Zeughaus. Der Bügel
ist dort wohl irrtümlich dem 15. Jahrhundert
zugeschrieben
244 Franzosischer Bügel
245 a Aus Le parfait 6cuyer vom Herzog von New-Castle
(I, 10, 20) als beste Art Bügel bezeichnet . .
245 b Yon einer Gobelin-Tapete im HohenzoUern-Museum
zu Berlin
246 a u. b Englischer Bügel des Lieut. Colonel Eyrle, von zwei
Seiten gezeichnet
246 c Messingbügel, Blell'sche Sammlung
247 Bügel von einem türkischen Sattel aus der Zeit der
Belagerung von Wien, Blell
248 Bronzebügel, bei Rottenmann in Obersteiermark ge-
funden, Graz, Museum
Jahrhundert
xvn
1680
XVII
A.
E.
1646
XVII
16*
228
249 Eiserner Bügel, volle Sohle, Blell
250 Vergoldeter Daraeubügel, Borliu, Zeuglmus
251 Damenbügel, ebenda . ......
252 Nach Pluvinel .,,.,,..
253 Bügel eioes vou Max Emauuel 1G88 bei Belgrad
erbeuteten orientalischen Sattels^ München, Nat.-
Museum . , . ,
254 Bügel zum Zusammenklappen, im Palast Monteeuculi
zu Venedig gefunden, Wien, Arsenal ....
255 Measing-Korbbügel, Mus, d. sächs. Altert.-V., Dresden
256 Bügel mit Hporn, nach ZschilJe .
257 Geschenk des Fürsten Radziwill au Georg IIL von
Sachsen. Auf der Sohle ein Dorn. Dresden,
Johanneum ... ......
258 Ungarischer Bügel von einem mi Türkenkriege er-
beuteten Sattel für kklüe Prluzeti, Suhle voll,
Dresden, Johanneum ...
259 Prachtbügel mit böhmischen Granaten besetzt, von
einem Reitzeuge Christians II., ebenda . . .
200—262 Drei eiserne Bügel aus Lübtow bei Pjritz, nach dem
Jahresbericht der Ges. für pommer^sche Gesch.
und Altert. 1877
26S Bügel der Generale Friedrichs des Grossen ausser
Ziethen, Berlin, Denkmal unter den Linden
264 Bügel Ziethens, ebenda
265 Tscherkessen-Bügel, nach Büheira, Zarskoe-Selo . .
266 Bügel Friedrichs des Grossen, Berlin, llohenzollern-
Museum. Dieselbe Form hatten die damaligen
Kürassier-Bügel
267 Französischer Büge), Sohle voll, keine Öse, Dresden,
Johanneum
268 Aus L'art de monter ä cheval, von Eit^enberg . ,
269 Ungarischer Bügel, von einem Reitzeuge Kaiser
Josephs IL, Wien, kaiserliche Waffensammlung
No. 895
270 Bügel des Prinzen Georg Ludomirski^ nach Kacinet
VI, 455
271 Türkischer Bügel aus vergoldetem Eisen, nach Bo-
heim .
272 Türkischer Bügel, vorn geschlossen, kais. WaffensammL,
Wien, No. 26
273 Patagontscher Bügel, Holz mit Lederriemen, Berlin,
Völkermuseum .
Jahrhunilert.
XVII
1683J
xvni
/XVII
( XVIII
XVIU
229
No.
274—276
277
278
279
280
281
282
283
284
285
286
287
288
289
290
291
292
293
294
295 u. 296
297
298
299
300
801
Drei französische Bugel, und zwar ^trier ä grille,
modele chez le roi, i^trier ä grille a coeur und
]ßtrier ä Tanglaise, planchette k grille. Nach Le
Valiet, 8. 157
Preussischer Offizier-Bügel, früher
Desgl., jetzt
Sturzbügel, geöffnet
Bügel der preussischen Feld-Artillerie von 181 6,
Berlin, Zeughaus
Preussischer Bügel f&r Bocksättel
Bügel der französischen Lanzenreiter ......
Bügel der französischen Ulanen'1870, Berlin, Zeughaus
Bügel der französischen Chevauxlegers, nach Le
Valiet, 8. 181
Messingbügel der amerikanischen Artillerie vom Jahre
1862. Die Bügel sind so am Sattel befestigt,
dass die Öse nach aussen gebogen ist und der
hintere Sohlenrand höher steht, Berlin, Zeughaus,
im Erdgeschoss
Bügel der russischen Leib-Garde-Ulanen Caesare-
witsch, Berlin, Zeughaus
Bügel der russischen Chevalier-Garde 1827, Berlin,
Zeughaus
Bügel der russischen Artillerie 1827, ebenda . . .
Bügel der russischen Feld- Artillerie 1870, ebenda .
Bügel für Österreich. Husaren 1824, WieU; Arsenal
Bügel für österreichische Kavallerie und Artillerie
1854, Wien, Arsenal
Bügel der belgischen Artillerie, Berlin, Zeughaus . .
Bügel Napoleons I., aus der Schlacht bei Dresden
herstammend, Dresden, Johanneum, entspricht
der Form 274
Moderner Damenbügel
Damen-Sturzbügel, geschlossen und geöffnet . . .
Bügel mit Sporn. Geschenk des Sultans an König
Otto von Griechenland, München, Nat.-Museum,
Vgl. 256
Bügel von Birkenholz, noch bis Mitte dieses Jahr-
hunderts in Ostpreussen im Gebrauch, Lichter-
felde, Bleirsche Sammlung
Holzbügel von der Insel Timor (Neu-Guinea), Berlin,
Völkermuseum
Holzbügel aus Chile, ebenda
Holzbügel aus Araukanieni ebenda
Jahrhonderi.
xvni
XIX A.
» E.
» A.
» E.
u
7t
1862
XIX A.
1827
1827
1870
1824
1854
XIX
1813
XIX
^^^^^^230
^
^^^^^B
Jatirhundart.
^^^^H
Uolzbügel aus Mexiko, ebenda . ^^^^^B ' '
XIX ^
^^^^H
Holzbügel aus Sibirien, ebenda . . ^^^»T . .
^H
^^^^^^^H
Holzbü^el. ebenda
^H
^^^^H
Holzbügel von der Insel Luzon, Wien, Nat.-hiat»
^^^^1
^^^^^B 3Ü6
Museum ..*...
^^^1
Araukauischer Bügel aus Lederriemen, sechs über-
einander, und einem eisernen Stift gefertigt » .
^ ^^^H
^^^^^B
Chinesischer Bügel Berlin, Völkermuseum ...»
* ^^^1
^^^^H 30»
Chinesischer Soldatenbügel, nach Racinet U, 87 . .
^^^^H
^^^^H
Japanischer Bügel aus schön lackiertem Hok, Berlin,
Völkermuseiim ; ein ganz ähnlicher im ethno-
graphischen Museum zu München
9 ^^^M
^^^^H 310
Japanischer Bügel, Eisen mit Messing und Kupfer
^^M
verziert, Magdeburg, Kunst-Gewerbe-Museum ,
^ ^^^1
^^^^H
Central-Indien. Nur für die grosse Zehe. Postmuseum
^^H
^^^^H
in Berlin
^^^B
^^^1
China, Bandschleife, ebenda .
^^^^H
Holzbügel von einem russischen Jagdsattel, bemalt.
1 Wien, kais. Waffensamml. No. 160 . . , •
.^^^H
^^^^H 314
Massiv silberner, araukauischer Bügel, Berlin, Völker-
^^^^H
Museum
n ^^^H
Massiv silberner, araukauischer Bügel, unten mit
einem glockenförmigen Ansätze, ebenda . . .
^^^^H
^^^^^H
Silberner araukanischer Bügel, ebenda , , , . .
^^^H
^^^^H
Arabischer Stahlbügel, München, ethnograph. Museum
^^^^H
^^^^H 818
Haussabügel mit Goldraustern, ebenda
^^1
^^^^H
Algerischer Eisenbügel, Wien, Nat.-hist, Museum
^^^M
^^^^H
Bügel der Westamerikanischen Reiter Buffalo-Bills ;
der eigentliche Bügel ist von einer Lederdecka
■
verhüllt
^^^H
^^^^H
Somalibügel, nur für eine oder zwei Zehen ....
^^^H
^^^^H
Mesainghügel des Königs Theodor von Abessinien,
^^1
Berlin, Völkermuseum
^^^H
^^^^H
Schwerer MessingbUgel aus Columbia. Zwei sehr
ähnliche Paare im Völkermuseum zu Berlin . ,
^ ^^^H
^^^^H
Bronzebügel mit Rasselstiften aus Vorderindien, ebenda
^ ^^^1
^^^^H
Eisenbügel aus Radschputana (Jeipore, Vorderindien),
^^^^H
ebenda ,
^^^1
Sattel mit planchetto aus Caux in der Normandie,
nach Racinet
^^^^B
^^^^H
Damensattel, München, Kat.-Museum
XYI ■
^^^^H
Patagonischer Sporn, Berlin, Völkermuseum . . .
xvm ■
^^^^^B
Kindcrbügcl, bei Killstadt im Elsass gefunden, Bertin,
^^1
Mus. für Volkstrachten »
f ^H
231
No.
330-334
335
336
337
338
339—341
842 u. 343
344
345—348
349
350
351 u. 352
Verschiedene Formen des Hakenkreuzes und des
Sonnenrades.
Im Neuenburger See gefundener angeblicher Steig-
bügel, nach Lindenschmit, heid. Yorz., und Gross.
Bügel an einem Abguss einer bei Lindau gefundenen
Reiterfigur, angeblich aus der Hallstadter Periode,
Besitzer E. Naue, München.
Relief aus Eouyoundjik, nach Place (Niniveh und
Assyrien HI, 50).
Desgl.y aus Layard (Monuments de Niniveh, 82).
Bronzeringe aus Dänemark und den Eibländern, nach
Mestorf.
Angeblich römische Steigbügel aus dem II. oder
in. Jahrhundert. Sie befinden sich nicht in
Neapel, wie VioIlet-le-Duc und nach ihm Le
Vallet (Le chic k cheval, S. 57) behaupten.
Deutscher Armbrustbügel, Berlin, Mark. Prov.-Mus.,
ebensolche befinden sich in Nürnberg, Wiesbaden,
Linz a. d. Donau u. a. 0
Verschiedene Armbrustbügel, 348 für Eavalleristen
Armbrustbügely Sammlung Straberger in Linz a. D.
Eisspom, Verein für Gesch. der Stadt Leipzig, ähn-
liche in Hallstadt und Halle
Zeichnungen von Hans Guldenmundt, das türkische
Heer der I. Belagerung von Wien betreffend. Aus
den Mitteilungen des Wiener Altert.- Ver. 1875,
Bd. 15, Taf. n und III
Jahrhundert.
XV
XV- XVI
1529
Zur Topographie des alten Wiesbaden.
Von
A* V* Cohausen»
Trotz der grossen Bautliätigkeit der Stadt hat sich doch nur eine geringe
Anzahl von Fundstücken ergeben, welche für die Örtlichkeit bezeichnend sind.
Der Quellensinter^ über den wir bereits in den Annalen XII, 317; XXI,
9 und XXIIl, 153 gesprochen haben, und der uns zeigt, wohin die Koch-
brunnenquelle einst ihren Abfluss genommen hat, wurde gefunden :
am Kreuzungspunkt der Emser- und Schwalbacher-Strasse, auf 127,08
Amst* Pegel, 1,76 m unter dem Strassenpflaster in einer Stärke von
1,50 m, darunter folgt ins Unbestimmte Lehm;
auf dem Markt am Anfang der Ellenbogengasse (114,01 Amat. Pegel)
lag 1,30 m unter dem Pflaster der Sinter 1,50 m stark;
in der Delaspeeatrasse No. 7, in den Fundamenten im ehemaligen
DaschVhen Garten, lag der Sinter 0,50 m mächtig auf 110,8^
Amst, Pegel in 2,60 m Tiefe.
Aus der Zeit, von der wir am Archivgebaude und am Schlachthaus dio
Mardellen gefunden haben, ist uns oichfcs vorgekommen, wohl aber aus der
Latine-Zeit, welche der römischen Besitzergreifung am Rhein vorausging, fand
sich ein rundliches, bodenloses, korrekt mit Strichen in Felder eingeteiltes und
mit Quadraten verziertes Töpfchen, und zwar beim Fundamentieren eines Hauses
an der Ringstrasse, südlich der neu zu erbauenden protestantischen Kirche.
AhnltcheB ist auch früher in der Nähe, am westh'ohen Ende der Rheinstrasse,
gefunden worden.
In der Delaspeestrasse No. 7, dem ehemaligen Dasch'ßchen Garten» fand
sich von dem, AnnaL XIV, 427 erwähnten römischen Friedhof die Fortsetzung
an der vom Stümpert nach der Mainzerstrasse führenden Rümerstrasse. Nur
ein kleiner Teil der Fundstücke, deren grossen Teil unehrliche Arbeiter ver-
bracht hatten^ kam ins Museum.
In den Fundamenten des Karlsruher Hofes, in der Goldgasae und der
Barenstrasse, fanden sich römische Töpfereien und ein Lavamühlstein, und in
der Rheinstrasse No. 30 fand sich in dem bekannton Zug der romischen Waaaer-
leitung (AnnaL V, 1877, pag, 47} ein Schlammkaaten mit Röhren.
In den Fundamenten der in der oberen Webergasse neu aufgebauten
Stadt Frankfurt, No, 37, fand man einen gereifelten, nicht glasierten Stein zeug-
Topf, der durch seine Backrisse und verzogene Gestalt zeigte, dass er nie in
Handel gekommen, sondern nicht fern von seinem Fundplatz angefertigt
worden ist.
■itH^Seid
Burgen in Nassau.
Von
A. Y. Cohausen.
Mit Taf. VII-X.
1. Neukatzenelnbogen oder die Katz bei St. Goarshausen
liegt über dem Städtchen in halber Höhe des Hochrückens, der bei Oberweisel
beginnt und mit seinem westlichen Ende an den Rhein vorstösst (Taf. YH, 1,
2; Vni, 1, 2; IX, 1). Überragt vom Gebirg, ist die Burg durch einen Fels-
graben^ der mit der Einebenung des Bauplatzes entstand, von jenem getrennt.
Seine vielen Felsabstürze nach der Rheinseite machen sie hier und auch nach
der andern Thalseite ganz oder fast unzugänglich. Die Burg war im Jahre
1393 von dem Grafen Johann lU. von Katzenelnbogen erbaut.
Ihr Mantel bildet ein 40 m langes und 30 m breites Siebeneck, auf dessen
gegen die Felshöhen gerichtete Schmalseite .und Ecke ein runder Bergfried a mit
einem Drittel seiner Stärke vortritt, und den zu seiner Linken gelegenen Ein-
gang flankiert. Er hat 10,45 m äussere und bei einer Mauerstärke von 1,85 m
eine lichte Weite von 6,75 m, in welche sechs Pfeiler vortreten und mittels
flachen Kappen ein Elostergewölbe tragen.
Der Eingang ist ebenerdig, aber nach dem zweiten Stock führt ein aussen
angelehntes Schneckentürmchen, von dem Holztreppen weiter hinauf geleiten.
Seine ganze Mauerhöhe beträgt 20 m ; er hatte aber über dem umlaufenden
Bogenfries noch einen niederen Mauerstock, auf welchem ein schieferbekleideter
achteckiger Zimmerstock mit spitzem Pyramidendach für den Wächter ruhte.
Er hatte zu hessischen Zeiten zu Thal fahrende Schiffe zu Wahrschauen, damit
die damals noch bestehende fliegende Brücke ans Land zu fahren Zeit hatte.
Die siebenseitige Mantelmauer der Burg hatte einen auf Pfeilern und
Rundbogen hinter den Zinnen herführenden Wehrgang, vor dem die Zinnen-
mauer gleichfalls auf Friesbogen vorgerückt war.
Die Mauer umschloss einen Hof, durch den der Bergfried vom Palas,
dem Wohnhaus des Kommandanten, und einem kleinem Thorzwinger getrennt war.
Mehrfache Zwinger, verschiedener Form und Breite, umzogen die eigentliche
Burg, die ihrer auf der steilfelsigen Rhein-Seite nicht bedurfte, die aber auf
der anderen Thalseite, wie gegen die Höhe hin, zu ihrer Sicherheit bei-
trugen, indem von dem Städtchen aus ein Pfad, und thalaufwärts beginnend ein
234
Falirwog herauf kamen. Die ihnon cntlaDg geführten Zwlugcrmaiiöm e sii
durch iü neuerer Zeit angelegte Soldateaquartiere und viele Klei nge weh rscharteu
verteidigt.
Nach der für das Ende des 14. und während des 15. Jahrhunderts beliebten
Überzahl von bewimpelten Türmen uod Türmchen ist auch die Katz auf allen
Kcken mit sechs solchen versehen (a, b, c, rf, /j, die bald als Schnecken, bald
nur als Erker dienen. Sie siud aussen rund, innen meist sechseckig und mit
Klostergewülbeo überwölbt.
Ausser der obengenannten Erbauungszeit von 1303 ist von der Bauge-
schichte der Burg kaum etwas, und von ihrer Kriegsgcachichte kaum mehr
bekanut, als wie sie bei der Verteidigung der Festung Rheinfels, einmal bei
dem Angriff gegen dieselbe, mitgewirkt hat.
Was im 15. und 16. Jahrhundert sich mit der Burg ereignet hat, ist uns
nicht bekannt geworden, mit dem 30 jährigen Krieg erst tritt sie in die Handlung
ein. Bei der Belagerung von Rheinfels 1626, wo St. Goar durch die Spanier
genommen und geplündert wurde, hielt sich die Festung aber durch den Oberst-
lieutenant von Uffeln, und die Katz unter ihrem Kommandanten Hauptmann
Dietrich Suale gegen fünfmaligen von Verdugo selbst geleiteten Ansturm,
obschon sie nur mit SO Mann und 10 Geschützen verteidigt war, Sie
wurde von den AngrifFsbatterien auf dem Wackenberg (die sie demontierte) und
auf dem Patersberg so beschossen, dass sowohl die Kommandanten- Wohnung
als der Bergfried bis auf das Mauerwerk niederbrannten.
Erst am 4, September 1626 verliesseu auf Befehl ihres Herrn, des Land*
grafen zu Hessen-Kassel, die tapferen Verteidiger ihre Testen, mit allen krie-
gerischen Ehren: mit Sack und Pack, mit lautem Trommelschlag, fliegenden
Fähnlein, brennenden Lunten, und die Kugel im Munde. So kam und blieb
Hessen- Dar matadt von 1626 bis 1647 in Besitz von Rheinfels und der Katz,
Um diese Zeit, 1647, konnte die Landgräfiu von Hessen-Kassel, Anna
Elisabeth, es nicht länger verschmerzen, dass ihrem Haus Bheinfels und die
Grafschaft Katzeneliibogeu entzogen war. Bei dem Versuch, sie wieder zn er-
langen, ergab sich die Katz nach dem ersten Bombardement — und mussto bei
der Beschiessung von Rheinfels mitwirken, da dies sich unter seinem Komman-
danten y. Koppenstein länger wehrte und dieser erst auf Befehl seines Herrn, des
Landgrafen von Hessen-Darmstadt, am 14. Juli 1647 Rheinfels mit allen krie-
gorischen Ehren verliess. Allein schon 1648 kam Kheinfels mit der Katz und
der Grafschaft Katzenelnbogen wieder an EasaeL
Bei der Belagerung von Rheinfels, 1692, durch die Franzosen, war das
rechte Rheinufer, St. Goarshausen, die Katz und die Berge von Nochern und
Patersberg in den Händen der Hessen geblieben, sodass die dortigen Batterien
die französischen bei Werlau und dem Wackenberg zu wiederholten Malen 2um
Schweigen brachten. Die Franzosen unter dem General Tallard mussten am
h Januar 1693 die Belagerung aufgeben und, verfolgt von einem Teil der
Reichsarmee, nach Trarbach ttieheu, während der Kommandant der Festung,
General von Görtz, sich hohe Ehren erworben hatte.
4
ai
235
1698 rerliess rite hesscn-kasscrflcho Besai:2iiiig Rheinfels, und Ilcsacn-
■JUieiofels rückte ein* Denn es waren drei hessische Stämme^ die sich während
17« Jahrhunderts dort bekämpften« Da aber Hessen-Kheinfels zu schwach
war, ao wurde es unter den Kaiser gestellt und bei dringender Franzoscogefahr
Itm Hessen-Kassel 1702 die Katz nach wenigen Kanonenschüssen wieder in
titx, bis 1718, wo [lessen-Ilheinfels wieder in Besitz kam, unter fortwährenden
ßttigkeiteu und wiederholten Oeriehtsentscheidungen.
Ein versuchter Überfall der Festung durch einen französischen Partei-
er missglückte 1730.
Endlich 1758 verzichtete Hessen-Rheinfels (Hoteuburg) nicht nur auf das
Resatzungsrecht, sondern auch auf das Eigentum der Stadt und Festung, sowie
auf die Katz und die Grafschaft Katzenelnbogen.
Allein Kassel hielt die Festung so schlecht, daes die Franzosen 1758
wieder einen Handstreich auf St* Goar und Kheinfols versuchten, und der
9n-kaasersche Kommandant kapitulierte.
Aber der der Katz, Kapitän v. Ende, nahm die Kapitulation nicht an,
verteidigte seinen Posten noch 3 Tage, bis alle Munition verschossen war und
rückte dann mit 40 Mann bei Nacht erst ab.
Nun behielten die Franzosen wieder Rhein fels und die Katz bis zum
Hubertusburger Frieden 1763, wo sie sie räumen mussten und Hessen-Kassel
wieder m Besitz kam und bis 1794 in Besitz blieb.
Der einzige Weg aus dem inneren Deutschland führte über Patersberg
und St. Goarshausen mittels einer fliegenden Brücke nach St. Goar und auf den
Hundsrucken, während nur Pfade längs dem Rheine nach Oberwesel und nach
Hirzenach führten.
Kaum besser war es auf dem rechten Ufer, wo unterhalb ein runder,
, oberhalb ein viereckiger Turm stand, welche durch eine gezinnte Mauer, auf
reicher einige Häuser aufsassen^ verbunden waren (Taf, VIII, Abbild. 2 /* u. t).
Als die Revolutionsarmee sich näherte, bestimmte der Kriegsrat von
Rheinfels schmäblicher Weise, sich nach dem rechten Ufer zurückzuziehen.
Auf der Katz war Hauptmann v. Ende mit 50 Mann Kommandant, während
die Batterien auf dem Patersberg u. s. w. unter General v. Lerap© standen, die
^sich dann« als auch das rechte Rheinufer an Frankreich kommen sollte, eben-
Ji zurückzogen.
1Z97 befahlen die Franzosen die Sprengung von Rhoinfels und 1812 seinen
Terkauf als Staatseigentum; im Jahre 1843 wurde es vom Prinzen von Preusson
angekauft und verblieb bis heute der kgl. Familie* Die Katz aber wurde, nach-
em sie nassauisch geworden, demontiert, und ibrem Kommandanten, Hauptmann
V, Trott, 1817 nebst den zugehörigen Feldern und Gärten auf 25 Jahre, aber
uhne daran etwas beschädigen zu dürfen, für 6 fl. 10 kr. in Erbpacht gegeben.
Unter gleichen Bedingungen verkaufte er die Burg 1819 an den Major von
Chmieliusky. Von ihm bekam sie seine Tochter, die Ehefrau des Stadtschultheisaen
Wappner in St. Goarshausen, und da es zwischen ihren Kindern, vier Söhnen
und zwei TOchtern, zur Erbteilung kam, so verkaufte sie die Burg etc. I82G
für 25 fl* jährlich und 6 fl. Mutation an Herrn v. Lützew, der sie seiner Tochter
^sSSl^^tS^
236
Katharino, Gemahlin dos Kammerherrn v. Langen zu Nachhof bei Warin in
Mecklenburg (der 1857 dazu den Konaeus erhielt), überwies. Der Burgbesitx
besteht aus 125 R. 82' Weinberg, 102 R. 69' Feld, 4,16 Wald und 1,23 Weg,
Die Familie von Langen ist im Besitze der Burg, des Geländes und des vier-
eckigen Turmes, den sie auch erhalten muss. Von der Stadtmauer gegen
den Rhein besteht nichts mehr als dieser und der runde Turm, den die Stadt-
gemeinde erhalten muss (Taf, VIII, Abbild. 2, k u. /).
2, Sterreiilierg, Liebeiistehi und Bornhoft^ii (Taf. VII, 3; IX, 2, 3; X, 1, 2).
Die beiden Burgen Sterrenberg und Liebenstein liegen kaum 200 Schritt
voneinander auf der Gebirgs - Halbinsel, welche durch den bei Kloster Born-
hofen in den Rhein mündenden Bach gebildet wird,
Sterrenberg, etwa 30 m tiefer als Liebenstein gelegen, war eine alte, an
die Bolanden beliehene Reichsburg, während Liebenstein von jenen im 12* Jahr-
hundert erbaut wurde.
Die Umfassung von Sterrenberg bildet ein längliches, von Südost nach
Nordwest gestrecktes Viereck von etwa 70 Schritt Länge und 40 Schritt Breite^
vor dessen Westecke Zwiugerräumc den abstürzenden Bergrücken einnehmen.
Bei der Ausgleichung des inneren Raumes bewahrte man in dessen Mitto
einen Grauwacke- Felskopf von etwa 10 ra Höhe und baute darauf den Berg*
fried a, um so seine Mauern vor dem Untergraben und Ausbrechen bei etwaiger
Belagerung zu schützen. Der Bergfried hat einen quadratischen Grundriss von
8,15 m und etwa 37 m jetzige Höhe, Er hat in halber Höhe eine rundbogige
Pforte und auf jeder Seite nur eine kurze Lichtspalte» Er war auf demselben
Felskopf mit einem ungleich breiten Zwinger b umgeben, welcher auf der Oat-
eeke durch einen Steg zugänglich war; dieser, von dem Sclmeckentürrachen c
eines viereckigen, 1^2 m langen und breiten Wohnpalas d ausgehend, ermöglichte
die Rettung in den Bergfried. Der Palas springt nach der östlichen Thalseite, von
wo auch der Weg heraufgeführt ist, vor die Umfassungsmauer vor. welcher hier
auch ein Zwinger vorgelegt ist. Die nach der Höhe, welche die Burg Lieben-
stein einnimmt, gerichtete AngrifTseite ist durch eine Mantelmauer abgeschnitten.
Dieselbe hat 30 Schritt Lange bei 10 m Höhe und 1,8 m Dicke und dient von
Ionen Wirtschaftsräumen als Anlehnung; sie hat nahe der linken Seite ein
Einfahrtsthor im Rundbogen. Vor der Mantelmauer liegt, durch einen Fels-
graben geschützt, der Zwinger i Ä*, neben dem noch ein besonderer kleiner
Thorzwinger abgeschnitten ist.
Die Zwingermauer hat uur Zinnenfeuster. während die Mantclmauf
zwischen demselben, eine über die andere, lange Sehieasscharten hat.
Das Mauerwerk besteht überhaupt aus Grauwacke mit Kalkmörtel, ist
unverputzt, aber über dem Eingangsthor ist in Roliefputz eine Fahne, die
ohne Zweifel einst bemalt war, dargestellt. Das Mauerwerk des Zwingern
um den Borgfried besteht zum Teil in Fischgrätenverband. —
stamn
237
Die Burg LiebenHtein, höher und dominiereDd g^en Sterrenberg gelegen,
bildet mit ihren mit 5 quadratischen Türmen a, h, c, d, e besetzten UmfaaaiiDgeD
etwa ein Rechteck von 130 Schritt dem Rhein paralleler I^nge und 120 Schritt
Breite, iu dessen Mitte ebenfalls ein FeUkopf erhalten ist, auf dem sich der
Bergfried a erhebt. Die Angriff^teite ist zwar gegen das höher ansteigende
Gebirg gewendet, doch aber sind die dicken Mauern des Bergfrieds, ein nord-
westlicher, starker Eckturm d mit eingebrochenen Oeschuczscharten und eine
Batterie/ von 2 Stockwerken mit je 3 Geschutzscharten nach der Burg Sterren-
berg gerichtet An diese Batterie und den starken Eckturm d sind neue be-
wohnte Wirtschaftsgebäude angelehnt. Links neben ihnen öffnet sich das
Thor e zum Thal, sowie an der oberen Abschnittsmauer auf der linken Seite
das Thor g nach der Höhe. Hier ist ausser dem tiefen Felsgraben kein
Zwinger Torhanden.
Obscbon Bomhofen, in dessen Mittelpunkt die 1435 erbaute Kirche liegt,
1280 zur Stadt werden sollte, so ist doch ron einer Befestigung derselben
and Toa einer Verbindung mit Sterrenberg und Liebenstein nichts Torhanden.
Doch haben wir es nutzlich gefunden, die Ehesten der beiden Burgen und des
Klosters msammenzustellen.
Sterrenberg ist alte Reichsburg, welche im 12. Jahrhundert die Ton Bo-
baden zn Lehen hatten, und etwas spater die hoher gelegene Burg Liebenstein
erhantai.
1140— 13äf>] Bornhofen war schon 1140—1250 Burgsitz derer von
Bonüurfen.
1190] Um 1190 war Udo von Wiselo Burgmann der Bolanden und Stamm-
Täter des Rmergeschlechts von Sterrenberg.
ltih—lißi\ Die Bolanden erhoben den Ilheinzoll, von dem sie Kloster
Eberbach befireiten. was auch ihre Erbesnachfolger, die von Sponheim, be-
ic&dgten. Diese besassen nämlich einen Teil von Sterrenberg.
i:99i>| B«>mhofen wird eine Stadt genannt; hatte schon 1224 einen Priester
ind eine Kapelle mit einem wunderthätigen Muttergottesbild.
IftÄJ Ton der Burg Liebenstein verkauften die Sponheim die Hälfte an
äe ächoikea von Sterrenberg und die andere Hälfte mit dem anstossenden Wald
139^ Hagen, sowie ein Yiertel der Stadt Bornhofen an Enolph, Kantor der
IMI| Martinskirebe in Worms und dessen Bruder Ludwig. 1300 hatte Jud von
1317] Boppard ein Drittel der Burg Liebeneck in Besitz, Trier aber brachte 1317
ISÜf and 1320 den andern Teil von Sterrenberg in seinen Besitz.
I34#>| Die von Liebenstein und die Schenken von Liebenstein waren
^»nonheim'ache TaaalleD.
1352 1 Beyer von R^ppanl, der Erbburggraf von Sterrenberg war, musste
lacö meinem Streit mit Trior viarauf verzichten, sodass Lamprecht von Schönen-
Tmtz rrlerlscher Amtuunn u«d Hwrjgraf wurde. Die Beyer von Sterenberg
^vrdcn Borgmanuou «It^iionur Von da an blieb Trier im Besitz, der dann
jaf ^9äBaxL und auf I^vm««vm^ uWr^in^ und blieb.
238
1433] Da 1423 die Schenken von Liebeneck ausgestorben waren, so be-
1427] lehnte Nassau-Saarbrücken als Nachfolger der Bolanden die von Lieben-
stein und den Johann von Thorne mit der Burg.
1435] wurde in Bornhofen die jetzt bestehende Kirche von Johann
Bromser von Rüdesheim erbaut.
1482] Da Engelbrecht von Thorn auf den Besitz von Liebeneck verzichtet
1495] hatte, so wurden 1495 die von Mudersbach und 1523 die von Stein mit
der Burg belehnt. 1637 kam sie durch das Aussterben der von Liebenstein
an die Waidenburg, genannt Schenker, und nach deren Aussterben an die
Herren von Preuschen, welche sie nebst 2 Hofhäusern noch besitzen.
1657] Nach Wellmich und St. Goar 1657 übergesiedelte Kapuziner hoben
die Wallfahrt nach Bornhofen sehr, und es wurde durch die 1679 hierher versetzten
Franziskaner schon seit 1662 der Gottesdienst gehalten und die Vorhalle zur Kirche
erbaut. 1662 wurde ihr Kloster erbaut und 1666 bezogen. 1813 wurde das
1813] Kloster aufgehoben, für den Staat verkauft und zum Wirtshaus gemacht,
im Jahre 1850 von Redemptoristen wieder bezogen, und diese durch den Kul-
turkampf 1873 wieder vertrieben; darauf zogen 1890 die Franziskaner ein.
Die Frankengräber von Schierstein.
Von
B* Plorschtttz*
m.
Die letzten Funde aus dem fränkischen Friedhofe von Schierstein, im
Terrain des Herrn Qeorg daselbst, beschränken sich auf den Inhalt von noch
zwei Gräbern, aller Wahrscheinlichkeit nach den letzten des ursprünglich bis
zum Beginn des Hohlweges reichenden Grabfeldes.
Es ergaben sich — eine Sonderung der Gegenstände nach dem jeweiligen
Grabe war nicht mehr ganz zuverlässig — an Waffen:
Grosse Franziska. Länge 19 cm, Breite der Schneide 10 cm, Höhe und
Breite der Bahn 5 und 4 cm.
Grosses Messer, Sax. Länge 24 cm, Höhe 35 mm.
Drei kleine defekte Messer, Höhe durchschnittlich 2 cm.
Drei zum Teil sehr elegante, kurze Lanzenspitzen von breiter Blattform
mit eingeschlitzter Tülle. Gesamtlänge 10 cm, Länge des Blattes 65 mm,
Breite 30 mm.
An gewohnlichen Gebrauchs- und Schmuckgegenständen:
Bronzenadel, 17 cm, mit aufgerolltem oberen Ende als Knopf.
Bronzepinzetto mit verbreiterten Endplatten, Länge 85 mm.
Bronzenähnadel mit Öhr, G cm.
Schnalle aus Weissmetall, 30 : 20 mm. Sehr breite (17 mm) Platte des
Dornes.
Zwei kleine Schnällchen (Weissmetall) mit schmalem Dorn, 12 : 10 mm.
Reste von drei eisernen Schnallen, im allgemeinen 35 : 22 mm.
Zwei schwer zu bestimmende schmale Leisten aus Eisen und ein desgl. flacher
Ring, zusammengehörig und in ihrer Form und Lage wahrscheinlich als Be-
schlagstücke einer Gürteltasche anzusehen. Länge der Leisten 10 und 14 cm,
Ring 6 : 2 cm.
Von Töpfereien waren nur zwei Gefasse erhalten. Ein gelblicher
Topf mit abgedrehtem Rande; Höhe 13 cm, bei 12 cm lichter Weite. Leicht
gerillt.
Urne von grauer Färbung, Höhe 12 cm, Durchmesser des scharf abge-
setzten Bauches 17 cm; lichte Weite der ÖiTnung 15 cm, Oberteil jgerillt. —
240
Endlich wurde das 5 cm lange Bruchstück eines cylindrisch abgeschliffenen j
Uärnatits, BUitstems, erhoben. —
Id zwischen haben sich weitere archäologische Fondstellen bei Schierstemi
ergeben, und zwar südöstlich von dem bisher geschilderten FrankenfriedhofeJ
in dem Winkel zwischen der Chaussee nach Wiesbaden und dem Fahrwege 1
nach Mosbach. Es konnten daselbst zunächst am Nord Westrand des Lösabrucbea
des Herrn Dr. Peters in einer Tiefe von 2,20 m die Überreste einer, wie es
scheint, ursprünglich sehr grossen Mardelle nachgewiesen werden« Man fand
eine in der Mitte noch annähernd 20 cm mächtige Kohlen- und Asehensehicht
mit geschwärzten Oefassstücken von neolithiachem Typus, aus welchem unter
anderem ein becherförmiges rohes, mit Steinchen durchsetztes Gefass von 14,5 cm
Hohe und 12,5 cm lichter Weite rekonstruiert werden konnte, wie wir solchen — 1
ganz gleich in Form^ Material und Mache — so häutig in den neusteinzeitlichen
Pfahlbauten der Ostschweiz, speziell des Bodenaees, begegnen. Daneben fanden
sich einzelne, schwer bestimmbare Bruchstücke von Tierknochen und ein sehr
mürbes und defektes menschliches Seiteuwandbein. Nach Angabe der Arbeiter
dürfte der ursprüngliche Durchmesser der ganzen Mardelle auf 9 — 10 m zu be-j
rechnen sein.
In nächster Nähe hiervon, nordwestlich und dicht an der Wiesbadener i
Chaussee, hatten die Herren Seipel aus Schierstein behufs Fundamentierung ^M
eines Hausos den Löss in Quadratform mit 9,60 m Seitenlänge und bis zu etwa "
1,50 m Tiefe ausheben lassen. Hierbei waren die Arbeiter seinera^eit auf die
Überreste von vier Skeletten gestossen, sämtlich in regelmässigen Abständen
je 2 und 2 von NW. nach 80. gelegen. Und es ist entschieden auffällig,
dass auch in dem von Lindenschmit beschriebenen Gräberfeld am Hiukelstein
bei Monsheim dieselbe nordwest - südöstUche Bichtung der Gräber und ihre
Skelettreste beobachtet wurden. Zwei Skelette waren einfach in den Boden
eingebettet gewesen (sämtliche fanden sich etwa SO cm unter der gegenwärtigen ^M
Erdoberfläche); ein drittes, anscheinend einem jungen Individuum augehörig, ^|
war mit einfachen Kollsteinen dürftig bedeckt; das vierte hatte jedoch eine
Unterlage von Kalkplatten, und scheint aus gleichen Platten eine sehr mangel- ;
hafte Orabkammer hergestellt gewesen zu sein. An Ort und Stelle wurden nur bei
Bestattung III noch verschiedene, sogenannte Wackensteine vorgefunden; am'
Platze der Bestattung IT aber fanden sich zerstreut fast sämthche, aus Ceritbien-
kaik bestehenden, dünnen und unbearbeiteten Platten, welche die Orabkammer
gebildet hatten. Sie waren von un regelmässiger Form und schwankten zwischen
25 : 35 und 32 : 45 cm Breite und Höhe. Zwischen Grab IH und IV war man
auf verschiedene Reste vou Tüpfereien gestossen; es gelang nachtraglich aus
einigen derselben die Profilierung eines sehr grossen urnenfurmigen Gefässea ^^
wieder festzusetisen und ist nach den gewonnenen Massen die Gesamthöhn ^|
desselben auf 50 cm, der grösste Durchmesser des Bauches auf etwa 55^ die
lichte Weite auf 42 cm anzusetzen. Der horizontale Boden zeigt 15 cm Durch-
messer; durchschnittliche Dicke der Bauchwandung 1 cm. Der nach seinem Fuss {
hin steil abfallende Topf ist von graubrauner Färbung ; sein 3 cm hoher Rand
ist scharf ausgezogen und den Hals umgiebt ein 2 cm hohes^ mittels der Finger
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0
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^1«^
241
eriiaben ausgearbeitetes Schnurornament. Interessant ist an dem nicht unbedeuten-
den Rand- und Bauchstuck der Mangel eines Henkels, welcher durch zwei,
anti»'halb des Halsornamentes angebrachte, 2 mm starke, Durchbohrungen der
GefiUswand zum Durchziehen einer gedrehten Sehne behufs Aufhängen des
Oefiasea ersetzt ist. Diese Löcher befinden sich in einem Abstand von 3 cm
Toneinander; ihnen würden zwei gegenüberliegende entsprochen haben. Der
obere Teil der Urne ist sorgfältig geplättet, der untere dagegen rauh gehalten
und läset das Geföss daher auf seine Verwendung zum Kochen schliessen.
Yen menschlichen Überresten waren nur noch äusserst defekte Schädel-
bmchstQcke vorhanden, welche eine Zusammensetzung nicht gestatteten. Merk-
würdig gut erhalten war dagegen der angeblich zu diesem Schädel gehörige
TeO des Ober- und Unterkiefers mit tadellosen Zähnen, welche beiderseits in
ganz auffalliger Weise horizontal abgeschliffen waren und damit auf vollständigen
Orthognatismus hinweisen.
Ein abschliessendes Urteil ist selbstverständlich im Augenblicke über die
neue interessante Fundstelle nicht abzugeben. Erst eine weitere sorgfaltige
Untersuchung wird die gewünschten Aufschlüsse über diese, wie wir wohl trotz
der dürftigen bisherigen Erhebungen nicht ohne Wahrscheinlichkeit annehmen
dürfen, neoUthische Begräbnisstätte liefern. Von Wichtigkeit für unsere Frage ist,
abgesehen von der in nächster Nähe gelegenen Mardelle, noch der ganz be-
deutende Umstand, dass bereits im Jahre 1876 (Ann. XIY, 431) der Konser-
vator, Herr Oberst von Cohausen, Schierstein als neusteinzeitliche Fischer-
station feststellen konnte, und zwar auf Grund einer Reihe einschlagender
Erhebungen aus der Ziegelei des Herrn Zimmermeister Jacob von der Rhein-
gewann am oberen Ende des Schiersteiner Hafens. In 180 cm Tiefe fanden sich
da im Löss ein geschliffenes, durchbohrtes Steinbeil, ein Bonaparteshut von
Lava, schwarze Topfscherben, Netzbeschwerer und andere aus Thon gebrannte
Gegenstände, gebrannter Lehmbewurf der Hauswand u. a. —
Schliesslich sei den Herren Dr. Peters und Seipel der beste Dank f[ir
Überlassung der Fundgegenstände ausgesprochen mit der Bitte um weitere
gefallige Unterstützung.
16
Eine neue Knoclienliölile in Steeten a. d. Lahn.
Von
B* Plorschtt2*
(Mit 2 Abbildimgefi auf Tafel YIIL)
Durch freaodliche MitteiluDg des HerrD Bürgermeisters Eschbofen zu
Steeten, kam uns im Frühaomraer des verflossenen Jahres die Nachricht, dass i
bei den nun einmal unvermeidlichen AbsprenguDgen des devonischen Korallen-
kalkes in der durch die Annalenberichte (AnnaK XIII, XV, XVI und XX)
berühmt gewordenen Schlucht „in der Leer* eine neue, wenn auch kleine Höhle 1
entdeckt worden sei.
Die Besichtigung derselben ergab ihre Lage südwärts von dem Wildhaudj ]
iu der gleichen Kalkwand, doch um etwa 10 m höher und damit ungefähr 20 m
über der Tbalsohle und dem damals durch Gewittergüsse angeschwollenen, roman^
tisch über die Felstrüramer der Leer hinschatimenden Wildbach. Der Anstieg zur 1
Ilühle war nicht gerade ein bequemer zu nennen; wer nicht um einen steilen
Felsgrat herum auf schwindelndem Pfade sich ihr nähern wollte, war genötigt, |
von unten auf über das abgesprengte, in der Sonnenhitze glühende Geröll
des Kalksteinbruches sich in die Höhe zu arbeiten, wobei allerdings ein nach
Anordnung des Herrn Oberst von Cohauaen um einen schweren Steinblock
auf dem kleinen Plateau vor der Hohle befestigter, kräftiger Hanfstrick ebenso j
auf- wie abwärts eine vorzügliche ünterstützuDg bot.
Die betreffende Höhle war angesprengt worden, und wie sich später er-
wies, an ihrem ursprüDglichen Eingang, der durch einen kleinen Schuttkegel teilweise j
verdeckt gewesen war. Das durch die Sprengung gewonnene senkrechte Profil
ergab, bei einer Mächtigkeit des roten Höhlenlehmes von 1,55 m, eine Eingangs-
Öffnung von 0,70 m Höhe, welche im Innern der Höhle bis zu 1,70 m anstieg.
Im Schuttkegel selbst waren bereits Knochenreste von Bos und Rbino7.crofl j
gefunden worden.
Nach Ausräumung der Hohle, welche mittels zweier Arbeiter schon binnen
zweier Tage vollendet werden konnte, ergaben sich als absolute Masse für den
Eingang 2,25 m^ für die su ziemlich in der Mitte gelegene höchste Höhe 4 und ^
für die Gesamtlänge annähernd 6 m bei einer gröasten Breite von 2,50 m. Die j
Hohle war keine einfache Spaltbildung Im Gebirge, wie z. B. das Wildhaiu» ;
flie erschien «chon am abgespreogten Profil nach den verscliiedenaten Richtungen
ausgewaschen und ausgedreht, je nach den verschiedenen Widerständen, welche
die härteren und weicheren Partien des anscheinend homogenen Stringokephaleu-
Ralkes den einwirkenden Kniften entgegengesetzt hatten. Gerade das gewonnene
»«ükrcehte Profil gah ein typisches Bild für die eigootümlichen, scharf begrenzten
neckenhausahnlichen Windungen, wie wir dieselben früher am Wildpütz,
irt mit senkrechter, hier mit mehr wagrechter Drehachse, kennen gelernt
hsbeOi nur das» sie dort annähernd horizontal und damit parallel Torlaafen,
während hier — und besonders im Innern der Höhle — das krause Durch-
einander air dieser parabolischen Ausschliffe einen frappierenden Eindruck her-
vorruft. Zwei enge, rührenfürmig ausgedrehte Gänge Messen sich in der Decke
(der eine am hinteren Ende der Hohle) beobachten; ein dritter verlief in die
linke Seitenwand, doch konnten alle nur auf kürzeste Entfernung verfolgt werden,
Der Felsboden war nur in seiner hinteren Hälfte annähernd horizontal;
ine vordere bildete ein bis zu 0,50 m überhöhtes, nach hinten sattelförmig aus-
geschweiftes Podium, das dann mit 30 cm steil abtiel und in der Mitte einen
schmalen Gang von kaum 30 cm Breite eben durch diesen Äbschluss freitiess,
Der untere Teil der Höhle war bis zu einer Höhe von etwa 1 m mit
durchaus homogenem, fettigem, lebhaft rot gefärbtem Höhlenlehm ausgefüllt,
ohne Spuren diluvialer Eeste. Über diese Grenze hinaus wurde der Lehm
lockerer, nahm ein immer dunkleres, aschen- und kohlenfarbiges Aussehen an,
um fichliesälich das Aussehen und die Beschaffenheit eines mit Geäteinstrümmern
durchsetzten Waldhumus zu bieten. Die unteren Lagen dieser zwischen 30 bis
50 cm mächtigen Schicht boten die Fundgegenstände der Diluvialzeit; eine
Sinterdecke fehlte, wie ebenso Stalaktiten an den Wänden der Höhle.
Menschliche Artefakte waren nicht nachzuweisen; dagegen zwei ausge-
dehnte Feuerstellen. Die erste befand sich am Eingang der Höhle und waren
ihre 1 — 2 cm starken, noch mit Holzkohlenresten durchsetzten Spuren an den
Seitenwänden sowohl wie auf dem Boden bis fast zur Mitte der Höhle zu ver-
folgen. Eine zweite fand sich in breiter Ausdehnung im Hintergrund der Höhle,
60 cm unter der augenblicklichen Oberfläche. Auch siebesass nur eine Mächtigkeit
von 1 — ^2 cm und wurde, wie ebenso die erste, einer genauen chemischen Unter-
suchung unterworfen, um jeden Irrttim auszuschüessen.
Über diesen Feuerstellen aber und ihrer nächsten Nähe lagen die Knochen*
reste der Mahlzeiten, welche die nomadisierenden Jägerhorden des Diluviums
sich dort zurecht gemacht hatten — des Pferdes, Auerochsen und der riesigen
Dickhäuter, die sie zu erlegen verstanden. Freilich nicht mittels tiefer Fall-
gruben, wie uns gewöhnlich gelehrt wird — denn für diese fehlten die ersten
Vorbedingungen : die geeigneten Werkzeuge. Wohl aber war gerade die tiefe
Schlucht der Leer insofern ein ausserordentlich günstiges Jagdterraiu, als sie
selbst eine Art enger Falle darstellte, in welche man ein von seiner Herde
durch Geschrei und Feuerbrände abgedrängtes Tier sehr wohl hineinscheuchen
konnte, um es dann von den sicheren Höhen der steilen Felswände durch her-
abgerollte Steine und Felsmassen ungefährdet zu erlegen. Was von dem erlegten
Wilde mittels der primitiven Steinwerkzeuge abgeacbnitten werden konnte, wurde
16^
k^ii
-^ -'^-
244
dann in die nächste Höhle getragen und zum Mahle — noch ohne jede Töpferei
— zugerichtet. Dann zog die kleine Horde der Jäger weiter, um unter günstigen
Verhältnissen gelegentlich denselben Platz nochmals aufzusuchen, vielleicht auch
gefolgt von einer anderen Horde, welche demselben Jagdverfahren oblag.
In den Zwischenzeiten aber kamen Hyänen und kleineres Raubzeug, an
den Abfallen dieser primitivsten menschlicher Mahlzeiten fleissig Nachlese zu
halten ; das bezeugen ihre Nagespuren und ihre eigenen Überreste, speziell Zähne.
Im allgemeinen ist die diluviale Fauna der kleinen Höhle als eine kleine,
aber trotzdem recht interessante zu bezeichnen. Es fanden sich (nach den
freundlichen Bestimmungen des Herrn Konservator Römer) die Überreste von
Hyaena spelaea^ Höhlenhyäne (Zähne);
Felis catus, Wildkatze (ünterkieferstück) ;
Canis [Vulpes] Spelaeus minore kleiner Höhlenfuchs (Eckzahn des
Oberkiefers) ;
Ärvicola amphibius, Wasserratte (Unterkiefer und Schneidezähne);
Rhinoceros lichorhinus^ Nashorn mit knöcherner Scheidewand, Be-
gleiter des Mammut. (Ulna und Radius, sowie Humerus —
letzterer nach Herrn Hofrat Dr. Liebe vielleicht dem Rh.
Merkii zugehörig);
Equus caballm, Pferd (Backen- und Schneidezähne, Mittelfussknochen,
Sprungbein, Ulna, Keilbein und anderes);
Cervus capreolus, Reh (Zehenglied);
Cervus, Edelhirsch (Backenzähne, Mittelfussknochen, Fersenbein u. s. f.);
Bos, Rind — ob Wisent oder Ur? (Ulna);
Mustela martes, Marder (Humerus).
)er Wilde Pütz bei Steeten.
Von
A« V. Cohausen.
(Hit & Abbildungen auf T«fel X.)
^
Wir haben in den Annalen des Naspaiiischen Geschichts- und Altertums*
Vereins, 18T4, XUI, 397; 1879, XV, 329; 1882, XVII, 73 u, 1888, XX, 371
Bericht erstattet über die Huhlen bei Steeten an der Lahn, und dabei ausaer
der vorgeschichtlichen Menschen- und Tier-Reste insbesondere auch des Wilden
FStzes Erwähoung gethan.
Es ist dies eine schachtartige, runde Vertiefung von durchschnittlich
1,10 m Durchmesser mit Ausreifelungen der Wände, welche aus wagrechten
Hohlkehlen von 4 bis 10 cm Tiefe bestehen, welche sich bald scharfkantig
begrenzen, bald zu weiteren Hehlkehlen verbinden (Abb. 2),
Ehe der Wilde Pütz von den hineingeworfenen Steinen und Schutt befreit
war, konnte man wohl denken, einen Gletschertopf vor sich zu haben; allein
diese sind im Gletschergarten zu Luzern immer nicht schacht-, sondern
trichterförmig und haben z, B. bei 1,30 m oberem Durchmesser eine Tiefe
von 3 m, bei 2 ra Durchmesser 3,50 m und bei 8 m Durchmesser eine Tiefe
von 7,50 m.
Man nimmt an, dass ein aus einem Felspalt auf eine Felsplatte sich herab-
stürzender Wasserstrahl Steine mit hinabgerissen und dadurch» dass er diese
auf der Platte bewegte, auch wohl in drehende Bewegung gesetzt, das Gestein
ausgebohrt habe. Dabei musste aber nicht nur für das von keinem Wind
bewegte hinabstürzende Wasser, auch für das ausweichende Wasser Raum
erzeugt werden, und daher die trichterförmige Gestalt entstehen.
Bei grösser werdender Tiefe setzte die bereits unten befindliche Waaser-
masae der herabstürzenden einen Widerstand entgegen, sodass diese in der
Tiefe keine Gewalt mehr ausüben konnte (Abb, 2),
Dies musste auch in dem (trotz der Auskehlungen) cylindrisch bis zu
7,30 m Tiefe hinabreichenden Wilden Pütz eingetreten sein und die Bewegung
der untenliegenden Steine unmöglich gemacht haben.
Gegen diese Qletschcrtopf- Theorie spricht aber, ausser der cylindrischen
Form des Schlotes, auch seine etwas nach Westen geneigte Lage, und dass
lief Felswand an der er hinabgeht, aufwärts*eine Rinne mit halbkreis^
246
förmigem Qaerschnitt, als Fortsetzung des Schlotes, nocli um mindestens ebenso
viel nach der Hohe, als er nach der Tiefe geht, hinaufziehen sieht. Es ist die
Hälfte des Schlotes, dessen andere Hälfte abgestürzt ist, und hat auch dieselbe
geneigte Lage, sodass der ganze Sehlot mindestens 15 m Hohe hatte. Seine
obere Mündung hört mit den Felsen auf und lag vielleicht noch höher» Er
wurde allmählich mit Steinen und Schutt fast augefüllt* damit niemand hinab-
stürzen m()ge.
In der Fortsetzung der Felswand über dem Wilden Pütz sieht man noch
mehrere solcher aufsteigenden Rinnen, welche wohl ähnlichen Schloten an-
gehört haben.
Das Thal, die Leer genannt, weil gewöhnlich kein Wasser durch das*
selbe fliesst, ist der Durchbruch durch eine dolomitische Strinchocephalen-
Kalkbank, welche mit einer Länge von etwa 250 Schritt und einer Breite von
30 Schritt ein weiteres wasserreiches Thal staute uüd den Bach nötigte, unter-
irdisch unter den zertrümmerten Felsen der Leer hin nach der Lahn zu fliessen.
Der genannte Durch bruch hat durch seine senkrecht aufsteigenden Felsen und
durch deren eckige Bruchstücke, zwischen denen nach Regengüssen die Leer-
bach sich durchwindet, ein neues, unfertiges Ansehen, das ihm^ durchwachsen
mit Buchen-Bäumen und Hecken, einen hohen Reiz gewährt.
Im Sommer 1891 kamen die Steinbrecher, welche wegen der hydraulischen
Eigenschaft des Kalkes leider das schone und merkw^ürdige Thal zerstören
werden, auch auf einen auf der anderen, linken Seite des Thaies schräg auf-
steigenden Schlot von beistehender Form (Abb. 3). Er war, soweit er messbar war,
14,30 m lang, und 60 bis 100 cm weit rundlich ausgehöhlt, war grösstenteils
ganz leer und enthielt nur etwas roten Thon. Seine Wände zeigten oben einige
grössere Tropfsteinbildungen, die aber unten bald aufhörten; an ihre Stelle
traten zellenförmige Auswaschungen, wie ich solche an einem Turm von Kalk-
bossenquaderu auf dem Ehrenberg bei Wirapfen gefunden hatte.
Die Art, wie Vertiefungen oder Höhlen in einem Felsen, vorzugsweise
Kalkfetsen entstanden sind» kann eine mehrfaltige sein.
1. Durch die aus wühlende Kraft eines aus der Höhe herabstürzenden
Wasserstrahles — Strudel oder Gletschertöpfe (Abb. 2).
2. Durch die weitere Ausspülung und Ausreibung einer Felsspalte, durch
welche das Wasser strömt und Baclikiesel und Saud mit sich führt. So fanden
wir das enge Wildhaus bei Steeten auf dem Grund mit gerollten Steben
erliillt, Waren auch die Seiten mehr angegriffen, so waren Ströme von den
Seitenwänden, auch wohl von der Decke herabgestürzt, wodurch sich die Höhle
erbreitert und erhöht hatte. Sie würde auch w*ohl mit Tropfstein bekleidet
worden sein, wenn eine mächtigere Kalkschicht über ihr gelegen, w^elche aus-
gelaucht, sich dann wieder als Tropfstein niedergeschlagen hätte.
3. Eine dritte Art der Ilöhlenbildung, wie sie auch im Saudsteingebirg
vorkommt, geschieht dadurch, dass sich eine, wenn auch unbedeutende Quelle,
durch einen wagerechten oder senkrechten Spalt durchdrängt und das nächste
Gestein feucht erhält, wo dann durch Frost oder Thau immer kleine Körner
abgesprengt werden und die Höhlung vergrössern, Dieselbe Wirkung kann
btt^SBi&i
247
auch eintreten, wo ein feuchter Niederschlag auf dem kalten Geateio sich ao-
setit und Frost oder Thau dasselbe Spiel treiben. So mag die Wilde Scheuer
auf dem linken Ufer der Leer, vorn 6 m breit und 7 m hoch und immer
eoger werdend, ihre 18 m Länge und ihre Weite erlangt haben.
Wir haben hier dreierlei Höhlenbildungen in bestehendem hartem
Kalkgestein vor uns. Wir fragen nun weiter^ was geschieht unter den nach-
stehenden Verhältnissen ?
Am Fusse eines Oebtrges bricht eine Süsswasserquelle, deren Sammel-
Becken hoch oben liegt, hervor. Sie wird, wenn der Druck stark ist, sich wie
ein Springbrunnen erheben^ und, wenn sie kalkige oder kieselige Bestand*
teile hat, wie die Qeyser in Neuseeland oder Kolorado, ein Becken um
sich herum niederschlagen^ ja eine Art Röhre bilden. Ist ihr Wasser rein, so
wird letzteres nicht geschehen.
Was wird aber dann mit dem stark auftreibenden Quellatrahl entstehen,
wenn rieh das Thal am Gebirgsfass mit einem Meeresarm füllt? (Abb. 4.) Es wird je
nach der Stärke des Druckes die Quelle, wenn nicht als Springbrunnen, doch
als aufquellender Wasserhügel über dem Seespiegel sich bemerkbar machen,
wie 35. B* im Hafen von La Spezzia, oder auch wohl an der norwegischen
Küste, sodass es Ansti*engung kostet, auf den Hügel einen Kahn hinaufzutreiben.
Das Meer aber wird seine festen Bestandteile, seinen chemisch gelösten (strineho-
kephalen) Kalk fortfahren niederzuschlagen, die Quelle aber wird sich ihre
Mündung und ihre Bahn im Meereswasscr etwa so freihalten, wie eine Rauch-
säule aus einem Kamine in die freie Luft aufsteigt ^ — rund in ihrem
wagerechten Querschnitt und wolkig in ihrem senkrechten Aufriss. Sie wird
ziemlich senkrecht aufsteigen, jedoch auch, wenn eine Meeresströmung sie
zwingt, mehr oder weniger geneigt ihr folgen, immer eingeengt, aber nicht ver-
hindert durch die Jahrtausende fort und fort stattündendon MeeresniederschlägOt
die sich ruhig aufbauen, aber die Quellenstrümung freilassen» Es wird in dem
allmählich sich bildenden Gestein eine Bohre entstehen, welche in Quer- und
LiDgenschnitt wie eine Rauchsäule oder auch wie die Schlote in der Leer
rieh gestalten werden (Abb. 5),
Die Quelle durchdringt also nicht ein fertiges Gestein, sie spült sich
keinen Weg aus, sondern sio steigt in dem Seewasser auf und dessen Absatz
respektiert den Weg der süssen Quelle und setzt nur neben diesem seinen
Niederschlag ab.
Ob dies ausreicht, auch die mehr wagerecht liegende wolkenäh nlichc
Gestalt der vorstehenden und einiger anderer Höhlen in der Leer 2U erklären,
wollen wir hier nicht durch zufuhren versuchen.
Grabschrift des Gustav Ernst von Sevdlitz
ZU Nastätten^
Mitgeteilt von Fr. Olto.
\1T' M
em V
Id der evangelischen Kirche zu Nastattea findet sich nachfolgende Inschrift
(h, 8. 249) auf dem Grabstein des Gustav Ernst von Seydlitz; wir geben sie hier
mit ihren Sonderbarkeiten in der Orthographie (quoeris, proefectus und sogar
Spartoe; charua und moestus entspricht der früheren Schreibung) wieder und
fügen einige erläuternde Beraerkuogen hinzu.
Der Grabstein, welcher die genannte Inschrift trägt, stand früher auf'
recht in der evaugelischeo Kirche zu Nastätten, an die Wand gelehnt. Hier schrieb
sie vor längerer Zeit Herr Oberst von Cohausen ab. Später erregten ihm
einige Worte Bedenken, doch gelang es ihm nicht eine Vergleichuog seines
Textes mit dem Originale herbeizuführen, zumal da der Stein aus seiner ur-
sprünglichen Stellung inzwischen entfernt worden war. Glücklicher war de
Verfasser dieser Zeilen. Auf seine Bitte verglich der jetzige Pfarrer von Nastätten,'
Herr Klein, in höchst dankenswertem Entgegenkommen die Abschrift mit dera^
Original und stellte nicht allein dadurch den Wortlaut derselben sicher, sondern
fügte auch noch die Resultate weiterer Nachforschungen in den Archivalien
seiner Kirche u. s. w, hinzu, welche es möglich machten die folgenden Bemerk -^Ä
ungen zur Erläuterung niederzuschreiben. H
Ehe wir die Grabachrift selbst betrachten, schicken wir voraus, dass der
Flecken Nastätten zur Zeit von Seydlitz Tod zu dem hessen -kasselischen Amte
Reichenberg in der Nieder-Grafschaft Katzenelnbogen gehörte*) und nach dem^
Yertrage von 1648 mit diesem an die rheiofelsische Linie von Hessen vorbe«
haltlich der Landeshoheit, der Regalien und der Kriegsbesatzung abgetreten
worden war*); die dort stehenden Truppen waren also dem Landgrafen vonj
Hessen-Kassel untergeben* Eine Abteilung derselben stand unter einem Oberstj
zu Nastätten. Der Landgraf Ernst von Hessen-Rfaeinfels hielt am 30. Här<
1649 den Einzug in seine Residenz St. Qoar (Rheinfels)^] ; in der Mitte de^
folgenden Jahrhunderts fiel das ihm überlassene Gebiet an die Ilauptlinie zurück*]
*) Büschinj?, Eriibeschrcibungt 1768, VlI. S 1093. — ') Rommel, Oosohichtc Toa
Hewen, VlII, S. 771 ; TX S. «Q. — ') Orebel, Oesohiolile iler 8tadt St. Ooftr, 8. 130.
249
Quoeris quis fuerim
Viator!
fui
GVstaVus Emestus a Seidlitz
nobilis Silesius
natus
die XL Aug. MDCXXCVI
Castra secutus
Inter Copias Hasso-Saecicas
Maioris excubiarum proefecti
Vices gessi
Uxorem charissimam
reliqui
Yiduam moestissimam
Annam Elisabetham Phillippinam
Natam de Westerfeld
Illustrium parentum
Filius undecimus
sine prole
febri acuta
decessi
die XIIL Maii
GVstaVI Ernestl a SelDLItz
VIrtVtis honorl
Et Spartoe et generl
Moesta reLICta
ponlt.
350
Kommen wir jetzt zu dem Inhalt der Qrabschrift. Sie teilt zunächst mit,
dass der Edle (nobilis) Gustav Ernst von Seydlitz aus Schlesien am 11. August
1686 geboren war und iü hessen-schwedischen Diensten die Stelle eines Oberst-
Wachtmeisters bekleidete (major excubiarum praefectus). Hessen-schwedisch
heissen diese, weil der Landgraf Friedrich von Hessen-Kassel^ welcher seinem
Vater Karl am 13. März 1730 in der Regierung gefolgt war, als Gemahl der
KonigiD Ulrike Eleonore von Schweden zur Zeit von Sej^dlitz Tode zugleich
König von Schweden war.
Von Kriegsthaten berichtet die Inschrift nichts, obgleich es wahrscheinlich
ist, dass Seydlitz während seiner ersten Dienstjahre mehr als einen Feldzug im
spanischen Erbfolgekriege mitgemacht hat, freilich in untergeordneter Stellung,
Seit dem Ende dieses Krieges gab es für die hessischen Truppen keine Ge-
legenheit zu Kriegsthaten, und Seydlitz mag im Frieden langsam zu höheren
Stellungen aufgerückt sein.
Sodann erfahren wir, dass er mit Anna Elisabeth Philippine von Wester-
feld vermiihlt war und dass er, selbst der elfte Sohn seiner ^erlauchten" Eltern,
kinderlos starb. Welcher Linie des weitverzweigten Geöchlechtes der Seydlitz er
angehörte, wird nicht gesagt, auch die Namen der Eltern werden nicht genannt
und können hier nicht angegeben werden, da ein erschöpfender Stammbaum
der Familie nicht vorliegt. Vielleicht veranlassen diese Zeilen zu weiteren
Nachtbrschungen über die Vorfahren und Verwandten des berühmten Roiter-
generals Friedrichs des Grossen.
Ferner erzahlt der Stein, dass die betrübte Witwe das Denkmal setzen
Hess, und gibt in einem lateinischen Distichon durch die in Unzialeu einge-
meiaselten Zahlbuchstaben das Jahr au, in welchem am 13. Mai Seydlitz aus
dem Leben schied; die genannten Buchstaben orgeben die Zahl 1730^); er war
gerade zwei Monate, vom 13. März bis 13. Mai 1730 hessen-schwedischer
Uberstwachtmeister gewesen. Wir setzen die beiden Verse in lateinischer und
deutscher Sprache hier nebeneinander:
Gustavi Ernesti a Seydlitz virtutts honori
Et Spartas et generi maesta relicta ponit*),
Trauernd geweiht von der Witwe dem trefflichen Edlen von Seydlitz,
Gustav Ernst: er war treu im BeruP) und geehrt.
I
») Die Zfthleu sind: MDCLLVVVYliramil ^ lOOO + 500 + 100 4 (2 x 50 =]
100 4- (4 X 6 =) 20 f |10 X 1 =1 10 = 1730. - ») In dem Worte ponit stackt ein
Ifnhtor ifCjitoii die Proaodie; der Yorfasser der Inschrift bedurfte hier noch eine« jambUehea
üdor jijrrrhioliJioheii Worte» (\^ — ; v-^ v«/) mit dem einen Zahlbuchtlaben I; um den Ictx-
tiffon ÄU gewinnen, wühlte er ohne Bedenken dm PrJUens von ponere, da das Perfect drei*
NilbifC 1*^ (^*)*1 ^^0' ^nhttjuehstAben (Vf) enthl<^ roueste sich aber dabei die Kürzung de« o
in pOnlt orinuboiK — ") Dip« (Beruf) bedeutet daa Wort Sparta nach dem aua dem Grieohiflchen
(dof Kuripidos) entlehnten Sprichwort bei Cicero ep. ud. Att. IV, ß, vergL I, 20: I«df>Tav sXoix*'*»
xoMw itAojiti ^ 8partam nac^tua ob, hane onui^ d. h, dir iat Sparta zugefallen, sehroacke 09
( »urfie fOr e«K Auf diese 8tot)on Ciceros hin haben spHtore und namentlich neulatoinücho
KileKiiuxi»n-JÄg*'r* dai Wort Sparta für den Bcgntf Amt, GeaohÄft, Beruf angewendet.
261
Die ABgaben über das Alter, den Todestag und die dienstliche Stellung
Seydlitx bestätigt das Kircheülmch der evangolischen Pfarrei zu Nastätten;
hier heimi ea in dem Verzeichnis der Oesturbeneu des Jabres 1730:
^Gustav Erost von Seydlitz'), Obristwachtmeister unter dem Wilckischon
{iment, gebtorben den 13. Mai, begraben am 17, Mai ssur »eiten des Altars
ph der Sakristei zu nocb etwas unter seioom Stuhl, alt 43 Jahr 9 Mon. 2 Tag*"
Darau8^ dasa Seydlitz einen eigenen Stuhl in der Kirche hatte, könnte
man schliessen, dasg er ein Mann von kirchlicher Gesinnung vrar, wenn sicher
wäre, dass elieser Stuhl der Familie angehorte und nicht etwa rait der Stelle
eines Oberstwachtraeisters verbunden war.
Ausser dem genannten aufrecht stehenden Grabstein findet sieb aber noch
ein zweiter vor, welcher auf dem Boden — sicherlieh über der Gruft selbst —
lag; er hat gleichfalls eine Inschrift, welche^ wie Herr Pfarrer Klein mit-
teilt, sauberer und gleichmässiger und zwar in Unzialen ausgeführt ist; sie lautet:
,Alhier ruhet der hoch wohlgeborene Herr, Herr Gustav Ernst von Seydlitz,
seiner königlichen Majestät von Schweden und Landgrafen von Hessen gewesener
Obristwachtmeister. Starb den 13. Mai 1730.**
Der Name des Wilckischen Regiments, bei welchem nach dem Sterberegister
Seydlitz «tand, erscheint in dem genannten Kirchenbuche zuerst in dem Monat
September des Jahres 1728: doch \iird schon 1725 Wilcke auf dem Grabsteine
«einer Frau (f im Jahre 1725) genannt, während das Regiment hier als Wutge-
nauisches bezeichnet wird. Die von Wilcke waren ein niedersächsisch-thüringisches
Geschlecht; eiu Volrat von Wilcke, wohl der unsrige, starb im Jahre 1744 als
hessen-kaäselischer Oberst.*)
Herr Pfarrer Klein fand ferner unter alten Papieren das Konzept eines
Schreibens, das mit dem Tode des Seydlitz in naher Verbindung steht und das
wir deshalb ebenfalls hier mitteilen. Die W^itwe errichtete nämlich bald nach
ilctn Tode ihi-es Gemahls eine Stiftung zum Besten der Armen von Nastätten;
sie bestimmte, dass die Zinsen eines Kapitals von 100 Gulden alljährlich unter
die Armen von Nastätteu lutherischer Konfession verteilt werden sollten. Das
Schriftstuck lautet:
„Wir zu Eod unterschriebene bezeugen und bekennen hiermit krafft unserer
eigenhändigen Unterschrifft, dass Ihro hochwMjhlgebohrne Gnaden die Frau •-,,*)
von Seydlitz gebohrne von Westervelt nach tadtlichem Hintritt Ihro Hochfrey-
herrlicher Gnaden des weyland*) Hochwohlgebohrnen Freyherrn Gustav Ernst
von Seydlitz gewesenen Oberstw^achtmeister unter dem hochloblichou Obrist
Baron von WUckischeu Regiment in Diensten Ihro Königlichen Majestät in
Schw^edeu aus Christliclier liebe uud zur beforderung der Ehr Gottes und Ewigen
Chriatliehen Andencken zu einer^j lutherischen Kirchen in Nastätt vermacht ein
eapitiJ TO0 hundert Gulden, davon jährlich unter die Annen die Zinsen sollen
') Die Inflchrift des Denkmals schreibt Seidtitz, die weiter unten folgende Seydiitz.
Üie Stihfeibiing des Namens war früher willkürlich. — *> Kneachke, Deutacbes AdeUIcxikou,
IX, 8.571, — *J Die Vornamen fehlen* — *) Nach dem Worte ,weyland* iat üborjijeaohriehfVM
da* Wort ,mtttiv*?»i*, wie e» s«'heint, ebomto nach dem folgenden ^^^J^'l^wohlgyiibolirne"» -
•j übcrguachrieben „der evangcliuch*'.
^mm
252
ausgetheOt werden, und dass nach der Christlichen iutention Ihro Hochwohl-
gebohren capital . . , .^) an gewisse leute, davon die Zinsen zur bestirnten Zeit
können erhoben werden, soll verleiht und die fallende Zinsen zum besten der
Armen angewendet werden."
Die Unterschriften fehlen; das Schreiben scheint gerichtet an das hessische
Konsistorium; denn das besagt eine langatmige Anrede, die jedoch verkehrt
auf derselben Seite des Papieres geschrieben ist. Ausserdem enthält es auf
beiden Seiten viele Notizen von Ausgaben und deren Addition, und da zu einer
die Jahreszahl 1731 zugefügt ist, so wird daa Schreiben alsbald nach dem
Tode von Seydlitz verfasst sein. Was es für einen Verlauf mit der Stiftung
nahm, ist aus anderen Aufzeichnungen nicht zu ersehen gewesen ; zur Zeit be-
steht eine solche nicht mehr für sich zu Nastätten,
Wir kommen zum letzten Punkte, zu dem Wappen, welches die Inschrift
abschliesst* Dasselbo ist das noch jetzt von der Familie geführte. Wir teilen
es deshalb in der ursprünglichen Form hier nicht mit, soodern benutzen Heber
die Gelegenheit, um ein anderes, aus anderen Gründen interessantes, ab-
zudrucken'); es stimmt mit jenem in seinen Hauptteilen vollständig uberein,
fügt aber noch eine lateinische Umschrift hinzu. Mit diesem Wappen und der
Umschrift hat es nach der gef. Mitteilung des Herrn OeneralHeutenant
v, Seydlitz Excellenz dahier, in dessen Besitz ein Abdruck des Originals sich
befindet, folgende Bewandnis.
Es befindet sich das Wappen auf dem Bruchstücke eines Steinzeugkrugs,
welcher in dem nassauischen Kannenbäckerlande im Jahre 1685, wie es in der
über dem Wappen zugefügten Jahreszahl selbst sagt, verfertigt ist; wir haben
an ihm also eine Probe der Kunstfertigkeit in diesem Industriezweige, wie sie ^|
vor zweihundert Jahren war. Der Krug gehörte einem Zweige der Familie
von Seydlitz an. welche den Adel abgelegt und in der Stadt Köln sich dem
geschäftlichen Leben gewidmet hatte, um, wie die Umschrift uns belehrt, durch
eigne Kraft und Thätigkeit sich eine Stellung in der menschlichen Gesellschaft
zu erringen, welche anderen — und ihr selbst — die A^bstammung ohne eigne ^ä
Mühe darbot. Darauf weist also die Umschrift hin ; sie ist entlehnt den Meta- ^
morphosen des Ovid und zwar der Rede des Ulysses entnommen (XIH, 140), in
welcher dieser seine Ansprüche auf die Waffen des AchiUea gegenüber den
leidenschaftlichen Worten des Ajax, der sich u, a. auf seine hohe Abstammung be-
rufen hatte, auch damit begründet, dass nicht die Geburt und die Ahnen oder
das, was wir nicht selbst uns geschaifen haben, unser wirkliches Eigentuoi aeL i
Die Worte lauten bei Ovid im Zusammenhang der Rede also;
Nam genus et proavos et quae non fecimus ipsi,
Vix ea nostra voco.
Denn das Geschlecht und die Ahnen und was nicht selbst wir errungen,
Nenne ich kaum noch das unsre.
Damit nun diese Worte auch ausser dem Zusammenhange für sich stehen
konnten, musste nam (denn) wegfallen ; am einfachsten wäre gewesen, es in
I
^) Unleserliobea Wort. — ^) 3« oben B, 249; et ist ungoräbr tiin Kwei Drittel verkleinert.
i^ÜÜ
253
entsprechend dem folgenden et, umzuändern. Es beliebte aber dem Yer-
fosser der Umschrift ein anderer Weg, welcher das ganze Satzgefüge zerstörte
und ihn veranlasste einen Fehler gegen Prosodie und Metrik zu machen. Er
dichtete (so lautet nun die Umschrift):
Quod genus et proaTUS et que non fecimus ipsi,
Yix ea nostra puta.
Was das Geschlecht und der Ahn, nicht wir uns selber errungen,
Ist wohl das unsere kaum. (Oder: Kaum ist^s, glaub' es, das unsre.)
Ein Fehler ist, dass die letzte Silbe von proavus als Länge gebraucht ist; statt
quod hätte es wenigstens quae, entsprechend dem folgenden quae (vielleicht
erst der Steinkrugverfertiger machte daraus que), heissen sollen ; die Änderung
von voco in puta ist annehmbar.
Ist auch so der Vers nicht gelungen, so bleibt er immerhin ein Zeugnis
für den wackeren Sinn des Auftraggebers und arbeitsamen Bürgers Seydlitz.
Der romisclie Grenzwall.
von CohauKen uud MoiiiiuMf il
Der bekannte Professor Mommaen hat um Weihnachten 1890 eine Kon-
ferenz nach Heiilelberg berufen, <b^ren meiste Mitglieder sich mehr oder minder
teils theoretisch, teiln praktisch mit dem rumischen Grenzvvall beschäftigt hatten»
Sie bestund aus nenn Männern (die wir, jeden in seiner Art, hochschärzeu),
immer aus den Ländern, durch die der Grenzwall zieht, nämlich dem Professor
Dr. V. Brunn, General K, Popp aus Bayern; Prof. Dr. v. Herzog und
Fluauzrat Dr. Paulus aus Würtemberg ; Prof. und Oberbibliothekar Dr. Zangen-
meister und Geheimer Ilofrat Dr. Wagner aus Baden; Fr» Kofier aus
Hessen; Major von Leszezynski und Prof. Dr, Nissen aus Preussen. Zu
ihnen wurden noch als Sachverständige mit beratender Stimme der Kreisnchter
Conrady für Bayern und der Baumeister Jacob i für Preussen beigezogen»
Es ist nun Jedem, dem die Literatur des Grenzwalles nur irgend bekannt
ist, aufgefallen, dass der Unterzeichnete nicht in die Konferenz gewählt worden
war, — nur ihm selbst nicht.
Nachdem ich im Jahr 1884 mein Qrenzwallwerk (Wiesbaden bei Kreidcl)
herausgegeben hatte, bat der bekannte Prof. Mommsen im darauffolgenden
Jahr 1885 den fünften Bund seiner römischen Geschichte veröffentlicht.
Darin hat er, wo er vom Qrenzwall spricht, eine grosse Zahl der von mir
zum erstenmal dargelegten Ergebnisse und Aneichten aufgenommen.
Das war recht, und dafür war mein Buch geschrieben; es konnte mich
nur erfreuen und mir als Bestätigung dienen^ wenn ein so bedeutender Schrift-
gelehrter es benutzt \ uud ich konnte daraus ersehen, wie meine auf Thatsaehen
und Entdeckungen beruhenden Angaben und Ansichten auch mit den römischen
Schriftsrellern und Inschriften übereinstimmen und von keinem widersprochen
wurden.
Prof, Mommsen wurde sich noch dieser Ausnutzung an meiner Arbeit
haben erfreuen könneu, wenn er zu seinen sonstigen ausgezeichneten Eigen-
schaften auch die der willigen Anerkennung uud der Bescheidenheit hätte«
255
Um 80 befremdender war es, als der Herr Professor nach aller Verwertung
der praktischen Resultate meiner Arbeit es nicht unterlassen konnte, von seiner
Kathederhöhe herab, und unter dem unbezweifelten Beifall seiner zahlreichen
Trabanten im Philologenkreise, auszusprechen, dass dem Verfasser des Grenz-
wallwerkes auch die oberflächlichste Kenntnis der lateinischen Sprache wie der
römischen Kriegsaltertümer abgehe. Was ihm so die Laune yergällt in meinem
Buch? oder dass es erschienen ist? weiss ich nicht.
Jedenfalls war es ein hartes Urteil gegen Einen, der seinen lateinischen
und griechischen Gymnasial-Kursus, wie er hoffte, nicht vergeblich durchgemacht
hatte, und dem die trefflichsten Klassiker- Ausgaben, Kommentare, Übersetzungen
und Erläuterungen zu Gebot standen, mit denen jene Herrn uns das Altertum
erö£Pnet zu haben glaubten und uns oft recht erheitert haben.
Auch über meine Kenntnis des römischen Kriegswesens konnte mein Grenz-
wallwerk, meine Rekognoscierungen für Napoleons Leben Cäsars, wohl auch
der Legionär, den ich Seiner Majestät dem hochseligen Kaiser Wilhelm vor-
führen durfte, eine etwas bessere Censur erwarten lassen.
Alles das glaubt der bekannte Prof. Mommsen besser zu wissen und
soweit es ihm schriftlich auf den Tisch gelegt worden ist — wird es wohl
auch so sein. Dagegen werde ich wieder andere Dinge besser verstehen als er.
Wer das Altertum verstehen, und anderen verständlich machen will,
muss die Gegenwart kennen. Wie aber steht es mit seinen militärischen, mit
seinen technischen Kenntnissen der Neuzeit, hat er ein Urteil über das Gelände,
das wir Terrainkenntnis nennen und über seine geognostischen Unterlagen, weiss
er, was zum eigenen Klarsehen so nötig ist, das, was er ausdrücken möchte,
durch Messung und Zeichnung darzustellen? Ich fürchte, er würde in diesen
Fächern kein besseres Zeugnis bekommen, als er mir ausgestellt hat.
Ich berühme mich durchaus nicht hoch, wenn ich sage, dass Prof. Mommsen
nicht im stände ist, das zu leisten, was ich in Feld und Wald und altem Gemäuer
geleistet habe.
Ich sage daher, er hat Recht, wegen dem, was er selbst nicht kann, sich
mit einem Kreis von Männern zu umgeben und nicht nach mir zu verlangen,
der ich nicht wohl mit ihm gegangen wäre. Er hatte recht, sich Männer zu
wählen oder wählen zu lassen, die ihm das, was in zahlreichen Vereinsschriften
zerstreut Hegt, wohlgeordnet auf den Studiertisch legen, die ausgehen, um das
aufzusuchen, was noch Thatsächliches fehlt, damit er das daraus zieht, was er
in Schrift und Inschrift nimmer fände.
Ich sehe in ihm wie in jedem tüchtigen Philologen willkommene Gehilfen,
die herbeifahreu, nicht nur was die klassischen Archäologen bedürfen, sondern
auch die Archäologen, welche sich mit der prähistorischen Kultur und der Ur-
geschichte Deutschlands beschäftigen, um das Gebäude aufzubauen, dessen Steine
in zahlreichen Gräber- und Höhlenfunden aufbewahrt sind.
Mommsen hat versucht, seine Tafelrunde mit einer Art von Instruktion
zu versehen.
256
una
seifl
Da ieli nun seit langem mit dorn Grenzwall in einem Verhältnis »te\
ich möchte sagen, in einem orinnerungsreichcn Verhältnisse stehe, und es mii
nicht um Streit, in dem es dem Herrn ProfeBsor nicht an Trabanten und
Lanzen fehlen würde, es mir auch nicht um das Rechthaben zu thun ist,
werde ich mich über jede Bestätigung meiner Beobachtungen und Meinun]
freuen, aber noch mit erhöhtem Interesse jede gute Widerlegung derselben lese
Wer sich mit dem Grenzwall beschäftigt hat, weiss, dass sein Studium ziemlich
hoch hinaufreicht, und dass gar Vieles zerstört ist, was z* B. vor 70 Jahren noe]fl
dastand; dass es sich also um ein genaues Studium der bezüglichen Schrifte^
handelt, und dass ihren Fingerzeigen nachzugehen ist
Der „Verein für nassauische Alterturaskunde und Geschichtsforschung**
wurde 1822, eigentlich schon 1817 und zwar ursprünglich zum Zweck der Er
forschung des Pfahlgrabens gegründet, und hat durch Männer wie Habelj
Rössel, Luja, F. W. Schmidt, Hanapel, Preuschen und Andere dies
Studien stets fortgesetzt. Aus dieser frühen Zeit, wo kein anderer Verein da
selbe Ziel verfolgt hat, wurde eine grosse Anzahl von Schriftstücken unfl
Zeichnungen aufbewahrt, und zum teil in den Annalen des Vereins veröffent
licht, welche jetzt, weil tlie Gegenstände zerstört sind, unraöglich zu beschaffen
wären.
Als ich als königlicher Konservator für das ehemalige Herzogtum eintrat
und mir den Grenzwall zur ersten Aufgabe gestellt, stand mir dies Akten*
material bleibend offen und that mir, als ich^ vom Königl. Ministerium und
dem Verein unterstützt, zeichnend und messend dem Grenz wall folgte^ di^fl
besten Dienste. ^
Es mussten mir bei diesen Gängen viele praktische Fragen aufstossen,^
die natürlich dem Herrn Professor wohl kaum in den Sinn kommen konnten fl
denn anders denkt ein an den Schreibtisch Gewöhnter — und mit anderen Ge-
danken kommt ein mit der freien Natur Vertrauter aus Wald und Fli
zurück.
Daher ist die Instruktion, die er seinen Ausgesandten gab, wenn sie nichl
selbst das Beste mitbrächten, recht ungenügend. Da ich aber wegen meines
oben erwähnten Verhältnisses zum Grenzwall, und weil ich einige Erfahrunge;
an ihm gemacht, und dabei doch manche Frage ungelöst lassen musste, fu]
die ich mich fort und fort interessiere, so erlaube ich mir, die Mommsen'sch
Instruktion zu ergänzen, indem ich den Kommissions-Mitgliedern teils Frage
teils Ansichten vorlege, die bei ihren Arbeiten zu berücksichtigen ich sie biti
en
in-Ä
1
Agenda zur weiteren Untersuchung des Orenzwalles.
1, Vor allem und allgemein lege ich der üntersuchungskommission an^
Herz, das noch Bestehende auch der Nachwelt zu erhalten, damit dU
vom Reich gewährten Mittel nicht einen Vandaliamus zum Erfolj
haben und jedem Bauer, jedem Wegbauer die Stelle zeigen^ wo
257
Sterne für seinen Gebrauch holen kann, sondorn dass sie keine Untersuch-
iHigsstelle verlasBen, ehe sie gemessen, gezeichnet und eingetragen ist,
und wenn sie nicht unter bleibende Aufsicht gestellt^ und in bewährter
Weise erhalten werden kann, wieder mit Erde bedeckt werde,
2, Ich glaube zuerst dem Orenzwall eine militärische Bedeutung ab- und
die einer Zollgrenze zugesprochen zu haben, was auch Prüf. Mummsen
acceptiert hat, (G. W. 348.)
3. Gegen kleine Raubzüge war er gut. (G. W, 348.)
4. In dieser Eigenschaft wirkte er zum Schutz, nicht zur Unterdrückung
der Landeseingeborenen. (G. W. 348, 349.)
5, Es war daher billig, daas sie dazu auch etwas leisteten, zu seiner Be-
wachung beitrugen, teils in zahlreichen Hilfskohorten in den Kastellen,
teils als Wüchter auf den Türmen, (G. W» 340.) Danach berechnet
sich die Zahl der Mannschaften (nicht der Legioushecre) je nach dem
zeitweiligen Kriegstheater.
C. Der Lauf des Grenzwalles ist auf lange Strecken auf seine strategisch
guten oder schlechten Eigenschaften betreffend seines Vor- und seines
Rückzugs-Gelandes zu prüfen.
7, Auch auf kurze Strecken ist er in gleicher Weise auf seine taktischen
Mängel oder Vorteile zu prüfen.
8, Es ist nach den Motiven zu suchen, welche nicht im Gelände, sondern
etwa in Volks-, Gau-, Gemeinde-Rechten — die zu achten waren —
wohl auch in der Fruchtbarkeit und Steuerfahigkeit, in Thermen und
Salzquellen lagen.
9, Diese Fragen sind auch zu stellen über die Lage der Kastelle und es
sind die G. W. 335 aufgestellten Erfordernisse zu prüfen, einzelne anzu-
erkennen oder zu beetreiten.
10. Wenn Prof. Mommaen mit vielem philologischen Aufwand den Grenz-
wall oder Limes für einen Querweg oder auch überhaupt für einen
Weg erklärt, so ist er im Irrtum, selbst wenn man damit auch nur
einen mit ihm parallelen Weg bezeichnen wollte; denn Wege, welche
auf längere Strecken neben ihm und zumal hinter ihm herlaufen, giebt
es nicht. Dass Wildpfade hier und da hinter, auf oder vor ihm her-
liefen und von den Zollwächtern benutzt wurden ^ mag niemand bestreiten,
aber dach aufs neue untersuchen und an den einzelnen Stellen aus-
sprechen,
11. Der Grenzwall bildet einen sehr brauchbaren chronologischen Strich —
wenn man so sagen darf — von etwa 200 Jahren Breite, an den sich
andere undatierte Anlagen anschliessen lassen.
'12. Durchschneidet der Grenzwall ungestört einen Ringwall oder sonstige
Wallanlage oder wird er von ihnen unbeachtet durchfahren? (O.W. 32.)
— Welche Beziehungen sind zwischen diesen Verschanzungen und dem
Grenzwall zu entdecken?
n
fadi
fittfiki
258
13. Lehnen sich Hügelgräber an den Grenzwall oder Bind sie von ihm
angeschnitten? Was weiss man von ihrem Inhalt? (Q* W. 60.)
14. Hat der Grenzw^all die Richtung auf entfernte hochliegende Punkte
genommen? (G. W. 74.)
15. Hat der Grenzwall im Mittelalter als Landes- oder Gemeindegrenze ge-
dient oder dient er noch als solche? Vielleicht als Grenze zwischen
Dialekten und Volkscharakteren ?
16. Giebt es Verdoppelungen des Grenzwalles? und wie sind sie zxt deuten?
als Vorstärkung? als Korrektur? (G.W. 141, 148.) — Zieht der Grenz-
wniU wie ein vereinzelter Arm, ohne Anschluss ine Auslaud? Und wenn
etwas derart sich zu finden scheint, wie ist es zu deuten? Ist es mittel-
alterlich? Allen Verschanzungen, Weg- und Bergabschnitten ist der
Sicherheit wegen nachzugehen, sie sind zu messen und zu zeichnen,
17. Der Oberstlieutenant F. W. Schmid, der den richtigen Endpunkt des
obergermanisehen Limes gefunden und veröffentlicht (ich übergehe hier
einige geographische Irrtümer in Mommsens röm. Geschichte) — der
aber doch noch weitere Fortsetzung des Grenzwalls auf dem Gebirge
angenommen hat, welche Lokalforscher vervielfältigt und beschrieben
haben — wurden von mir G. W. 252, 266, 268, 274 als irrtümlich
nachgewiesen, und empfehle ich diese Methode.
18. Die Frage von den Pallisaden ist durch Nachgrabungen zu untersuchen
und zwar nicht nur am Pfahlgraben, sondern auch an der Teufelsmauer,
wo der Namen Pfahl ebenso oft vorkommt, und je nach Befund aus
der Welt zu schaifen, so wie es ja auch gelungen ist, die akademischen
Römertürme mit Bossenquadem zum Schweigen zu bringen (G. W. 323,
23 u. Nachtrag 1886, 137.)
19. Was ist die Bedeutung des Grähchens vor der Teufelsniauer? (G.W. 10.)
Es findet sich vor dem Pfahlgraben wohl nirgend?
20. Sind die G. W. 336 aufgeführten Erfordernisse für die Lage der Kastelle
ausreichend? auch im einzelnen geprüft? auch längs der Teufelsmauer
zutreffend?
21. Sind nicht noch mehr kleine Zwischenkastelle (Manipularkastelle) längs
des Pfahlgrabens und längs der Teufelsmauer zu finden?
22. Ist ein Unterschied zwischen den Kastellen des Pfahlgrabens und der
Teufelsmauer je nach der geognostischen Unterlage in der Werkweise
zu erkennen, die etwa zur Bestimmung der Bauzeit oder auch der Ver-
schiedenartigkeit der Bauleute führen konnte?
23. Fundamentieruug mit gestickten Steinen? Mauerverbände, Handquader
Rauhmauer, Fischgräten.
24. Verputz, scheinbare Quadrierung, rote Fugen.
26. Der Mörtel schlecht oder gut, woher der Kalk? Der Sand schlecht und
lehmig, ausge&oren, ausgespült?
259
26. Wo liegen die Steinbrüche der Mauersteine? der Hausteine?
27. Was ist für die Unterkunft der Mannschaft, der Pferde geschehen und
nachzuweisen ?
^28. Setxen die mit oder ohne Haustein gemauerten Tlioranlagen etwa
hölzerne Thor blenden voraus? (G. W. 203.)
29. Die Kastellgraben zu untersuchen nach etwa hineingestürzten Zinnen-
deckeln oder andern Steinmetzarbeiten. Läset die Aufeinanderlage der
Schuttachicfaten auf Holz- und Lehmbauten, auf Stroh- oder Schindeldächer
sehliessen ?
30* Liegt, wie wir das zuerst behauptet haben, vor, hinter oder neben jedem
Eastell eine Villa, Zollbeamten- oder Kommandanten-Wohnung, Canabae,
heizbare Räume? die von Bädern wohl zu unterscheiden sind?
3L Ausdehnung der bürgerlichen Niederlassungen rings um dos Kastell
Auch die Gräber sind aufzuführen. Von wo und wie wurde das
Wasser beschafft?
32. Ich werde wohl zuerst darauf aufmerksam gemacht haben, dass die
Pfahlgrabentürme auch noch etwas anderes waren, als Signalposteu,
Stehen sie auch längs der Teufelsmauer an Nebendurehgängen und
durchführenden Pfaden? Sehen sie sich untereinander? Stehen sie so^
dass sie ins Ausland? ins Inland sehen können? bezüglich gesehen
werden können? Wie sind Gruppen von 2 — 3 solcher Türme zu deuten?
Kann man manche Hügel als Unterlagen von hölzernen Türmen an»
sehen ?
'33» Als Zeichen, dass sie allerdinge, wenn auch nur auf kurze Strecken, als
Signaltürme dienen sollten, stellt die Trajanssäule neben ihnen Ilolz-
und Strohhaufen dar, gibt ihnen für die Fackelsignale ausgekragte Um-
gänge und für die Rauchsignale ein Loch in dem Dachfirst.
"^34, Was geschah nach dem Sturz der Römerherrsehaft mit den Kastellen
und Türmen? Gaben die Umwohner den Grenzschutz und die Wohnung
nebst dem bearbeiteten Ackergelände alsbald auf? Lassen sich dafür
oder dagegen Beweise bringen?
35, Es wird nicht möglich sein, die Limes-Untersuchung auf einen schmalen
Landstreifen zu beschränken: wir wissen dies aus dem Mangel von
Kastellen längs der Teufelsmauer, statt deren wir immer auf die Kastelle
hingewiesen werden, die dahinter liegen sollen, und von denen nichts
als der problematische Namen bekannt oder unbekannt ist, von denen
aber kein Mauerwerk, kein Stück Kastellgrundriss vorgelegt werden
kann« Auch hier werden die Lokalforscher wohl das Beste zu liefern
h&ben.
36. Zu den Untersuchungen sind überall die Vertreter der zunächst be-
rührten Vereine einzuladen mit der Berechtigung, Notizen zu machen^
3tu zeichnen, zu messen und zu publizieren.
17*
260
Wir schliessen diese Agende mit der eingangs ausgesprochenen Bitte, auch
die Erhaltung im Auge zu halten imd durch die That zu bewirken, sowie mit
dem Antrage, dass ein Gesetz veranlasst werden möge, welches die Forstschutz-
beamten imd die Feldschützen ermächtigt und verpflichtet, gegen jeden, der
am Limes und seinen Bauresten etwas arbeitet oder etwas nehnien will, wie gegen
einen Wald- oder Feldfrevler vorzugehen.
Nach der Reichstags- Verhandlung am 16. Jan. 1892.
V. Cohausen.
Mittlerweile ist der Oberst v. Cohausen zu der am 7. April zusammen-
tretenden Grenzwall-Eommission durch den Kgl. Minister nach Berlin berufen
worden.
Vereinsnachrichten.
Berieht des Sekretärs.
(Yom 1. April 1891 bis 1. April 1892.)
Unsere .Annalen* sind, wie dies in der Generalversammlung vom
10. Dezember 1890 angekündigt wurde, im April vorigen Jahres zum Versand
gelangt. Dieser Zeitpunkt ist auch diesmal beibehalten worden; eine Yerzögening
der Herausgabe fand, trotz des grösseren Umfanges, nur um wenige Tage
infolge des Buchdruckerstrikes statt.
Wie immer wurde die Bibliothek des Vereins durch Kauf, Umtausch und
Geschenke in ihrem Bestände vermehrt. Die Benutzung der Bibliothek war
erfreulicher Weise eine sehr ausgedehnte, sowohl durch Ausleihen von Büchern,
als auch durch Gebrauch derselben zum Quellenstudium in unseren Räumen.
Auch unsere Handschriften wurden fleissig benutzt.
Für Geschenke an Büchern etc. zu Dank verpflichtet sind wir seit der Ver-
öfiFentlichung der Annalen des vorigen Jahres den Herren: Oberst z. D. von
Cohausen (wiederholt), Major z. D, Freiherr von Wangenheim, Hauch
(Frankfurt a. M.), Major a. D. Kolb, Justizrat Dr. Geiger, Freiherr A. von
Kruse. Wir danken den gütigen Gebern herzlichst!
Die Yorstandssitzungen fanden nach Bedarf statt, die öffentlichen Sitzungen
am zweiten Mittwoch der hierzu ausgewählten Monate, im H6tel zum „Grünen
Wald^
Es sprachen seit der letzten Veröffentlichung vor Beginn des neuen
Cyklus die Herren:
Direktor Fischbach in öffentlichem Vortrag über „die Textilfunde
und die antike Ornamentik in Peru vor der Inkazeit^ (im April).
Major a. D. Schlieben über „die Symbolik des Esels in der Kultur-
geschichte** (im November).
Der neue Cyclus begann mit dem Bericht des Herrn Oberst z. D. von
Cohausen über die am 30. August in Sigmaringen abgehaltene General-
Versammlung der deutschen Geschichts- und Altertums -Vereine (im Oktober).
262
Es sprachen ferner:
Herr Sanitatarat Dr, Plorschtitz über „die Beziehungen der Geologie
zur Altertumskunde mit besonderer Berücksichtigung der Yor-
geschichte des Nassauer Landes*. (In der Generalversammlung
vom 9. Dezember v. Js.)
Herr Schriftsteller C. Spiel mann über „General Marceau^s letzten Feld-
zug" und die Frage „Marceau's Asche* (im Januar 1892).
Herr Gymnasiallehrer Dr. Wedewer über ^Geographisch- Archäologiachi
Mitteilungen in Schweden und Norwegen** (im Februar),
Herr Realschuldirektor Dr. Kaiser über ^ Zahlzeichen und Zahlen-
systeme**.
Die im Sommer übliche Pause gab zu anderweitiger Yereinsthätigkeit
Veranlassung, Am 30. Mai w Js, machte der Verein mit dem hiesigen Archi-
tekten- und Ingenieur-Verein zusammen einen Ausflug mit Damen nach Limburg
an der Lahn zur Besichtigung des dortigen Domes und der Domschätze unter
zahlreicher Beteiligung, Der hochwürdigste Bischof Herr Dr. Klein hatte in
aufopfernder Liebenswürdigkeit die sachgeraässe, interessante Führung und
Erläuterung übernommen. Die „Hessische Ludwigsbahn** unterstützte den
Ausäug durch Überlassung eines Salonwagens zu ermässigtem Preise in
dankenswerter Weise.
Am 17, August hatten wir die Freude, Damen und Herren des Frankfurter
„Historischen Vereins^ bei uns zu sehen. An die Besichtigung des Museums 1
achloas sich ein gemeinschaftliches Abendessen* Wir hoffen, dass unser Ver-
kehr mit diesem Verein immer mehr zunehmen wird.
Am 19, August fand ein Ausflug mit Damen nach Oppenheim statt,
W02U Herr Rheder Faber dem Verein gütigst seinen Privatdampfer „Sagitta**
sfiur Verfügung gestellt hatte.
Auch für dieses Jahr sind mehrere Ausflüge in Aussicht genommen.
In Schriftenaustausch trat der Verein mit nachfolgenden Vereinen:
Karlsruhe. Grossh. Badische Altertümer-Sammlung.
Meiningen, Verein für Meiniogische Geschichte und Landeskunde,
Roda S.-A. Der Geschichts- und Altertumsforschende Verein,
Mölln i, Lauenburg. Verein flir die Geschichte des Herzogtums
Lauenburg,
Neubrandenburg. Museums verein zu Neubrandenburg,
Schw. Hall. Historischer Verein für Württembergisch Franken.
Dillingen. Historischer Verein.
Eichstätt, Historischer Verein zu Eiobstätt.
Torgau. Altertumsverein zu Torgau
Prüm. Gesellschaft für Altertumskunde in Prüm.
Dürkheim (Pfalz). Altertumsverein für den Kantim Dürkheim.
Emden. Die Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische
Altertümer in Emden.
Heilbronn. Historischer Verein zu Heilbronn.
MMi
268
Reutlingen (Württemberg). Der Verein für Kunst und Altertum
in Reutlingen.
Berlin. Märkisches Provinzialmuseum.
Klagen fürt. Kämtnerischer Geschichtsyerein zu Klagenfurt.
Salzburg. Gesellschaft für Salzburger Landeskunde.
Mit zahlreichen weiteren Vereinen ist Schriftenaustausch angeknüpft.
Seit November 1890 traten dem Verein 38 Mitglieder bei, 54 verlor er,
davon leider viele durch den Tod.
Es traten ein als ordentliche Mitglieder:
Herr Niemes, L., Rentner, W.
„ Becker, L., Kaufinann, W.
„ Meyer, R., Generalagent, W.
yt Brems, P., Buchdruckereibesitzer, W.
„ Floeck, F., Architekt, W.
^ Bredemann, 0., Dr. phil., W.
„ Henzel, A., Ingenieur, W.
„ Tietz, Dr. phil., W.
„ Hesse, A., Kaufmann, W.
„ Ott, cand. phil., W.
„ Altenburg, E., cand. phil., W.
^ Kunz, J., Bildhauer, W.
„ Feldner, C, Lehrer, Steeten a. d. Lahn.
„ Kurz, Dr. H., Apotheker, W.
y, Stolley, Hof-Dentist, W.
y, Lieber, Th., Hofrat, Professor, Gera.
Fürst von Waldeck und Pyrmont, Durchlaucht
Herr Drexel, J. J., Kaufmann, W.
„ Frisch, Major a. D., W.
„ Schenck, Major a. D., W.
n Bindewald, Kgl. Landrat, Weilburg.
„ Franz, Kgl. Regier.-Bauführer, W.
yj Reinhold, Medizinalrat, Eisenberg, Sachsen- Altenburg.
^ Ebhardt, C, Rentner, W.
„ Fischer, F.j Rentner, W.
jf Stahl, Amtsgerichtsrat, Hachenburg.
„ Bröcking, W., Dr. phiL, W.
y, Graf Friedrich zu Solms-Laubach, Erlaucht
Se. Kgl. Hoheit Fürst Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen.
Herr Rupp, F., Dr. theol., Herborn.
y, Eggert, Regierungs- und Baurat, W.
y, Frank, G., Dr. med., W.
yf Weitzel, Pr.-Lieut. i. 3. Grossh. hess. Liftr.-Regt. (Leibregiment)
No. 117, Mainz.
264
In derselben Zeit traten aus bezw« starben:
Herr Hartmann, Postsekretär, Stettin.
„ Michelsen, Dr. med., W.
„ Knowles, Rentner, W.
„ Theiss, Rentner, W. f
, Freitag, Rentner, W.
„ Haniel, A., Rentner, W. f
,, von Gerstein-Hohenstein, Excellenz, Generallieutenant z. D.,
Wiesbaden, f
„ Grabe, F., Rentner, W. f
„ Fleischer, Sanitatsrat, W.
T^ von Eck, E., Nassau, f
„ Rabe, Landrat, Limburg.
„ Stahl, Hofgerichtsrat, Hachenburg. f
„ von Körber, Excellenz, W.
jf Hartman n, M., Frankfurt, f
„ Knopf, Rentner, W. f
„ Wächter, Privatier, Epernay.
„ Schickel, Redakteur, Oberlahnstein.
„ Ort, Dr., Frankfurt.
„ von Kietzeil, Oberstlieutenant, Diez.
„ Frhr. von Malapert-Neufville, Major a. D., W.
„ Lauth, Kreisbauinspektor, Fulda.
„ Kirchner, Apotheker, W.
„ Graf von Reedern, Oberstlieutenant z. D., W.
„ Lehr, Kaufmann, W. f
„ Kolbow, Rentner, W.
^ Rh od, Pfarrer a. D., W. f
„ Linde, Lieutenant a. D., W.
„ Rupp, Pfarrer a. D., Langenbach. f
„ Vigelius, Ministerialrat, W. f
„ von Lilien, Lieutenant a. D., W. f
„ Schwartz, Generalmajor a. D., W. f
^ Müller, Postmeister, Hadamar.
„ Strampel, Apotheker, W.
„ Keier, C, Rentner, W.
Der Verein hat demnach einen Bestand von 397 Mitgliedern, inkl. Ehren-
und korrespondierenden Mitgliedern.
Der Vorstand setzt sich nach der Generalversammlung vom 9. Dezember
1891 zusammen wie folgt:
Direktor: Herr Sanitätsrat Dr. Florschütz.
Sekretär: Herr Premierlieutenant a. D. Hoff manu.
Konservator: Herr Oberst z. D. v. Cohausen.
265
Ferner die Herren:
Geheimer Baurat Cuno.
Geheimer Justizrat von Eck.
Rentner Gaab.
Landgerichtsrat Eeutner.
Landbau-Inspektor Dr. von Ritgen.
Major a. D. Frhr. von Wangenheim.
Gymnasialoberlehrer Dr. Wedewer.
Direktor Weldert.
Ersatzmänner die Herren:
Dr. med. Ahrens.
Dr. phil. Lohr.
Landgerichtsrat Dussel.
In die Rechnungsprüfungs-Eommission wurden wiedergewählt die
Herren :
Geheimer Baurat Cuno.
Eunstgewerbeschuldirektor a. D. Fr. Fischbach.
Rentner Isenbeck.
Herr Sanitätsrat Dr. Fleischer schied auf seinen Antrag wegen
Erankheit aus.
Bezüglich der Einsendung von Manuskripten in die Annalen sehe man
die Bemerkung auf der Rückseite.
Wilh. Hoff mann.
Bericht des Konseryators Oberst Ton Cohausen ßber die Erwerbungen
für das Altertams-Museom in Wiesbaden w&hrend des Jahres 1891.
Seit unserer vorigjährigen Generalversammlung sind, wenn auch nicht
viele, aber wertvolle Gegenstände in den Besitz unseres Museums gekommen.
Es werden Ihnen viele Enochen auffallen, welche nicht nur für uns, durch die
Steetener Höhlen, sondern, wie Ihnen dargelegt wird, von grossem allgemeinem
wissenschaftlichen Interesse sind.
Ich danke für zahlreiche Gaben dieser und anderer Art den gütigen Ge-
schenkgebern.
Von Herrn Oberstudienrat Dr. Fraas in Stuttgart empfingen wir ver-
schiedene Enochen und Zähne von der Hyäne, dem Bären, dem Hirsch und
andere, welche zur Zeit meiner Ausgrabungen in den Steetener Höhlen ein
Herr aus Oranienstein an sich und nach Stuttgart verbracht hat, die aber der
obengenannte Natur- und Altertumsforscher wieder an uns, wohin sie gehören,
gegeben hat.
Aus einer daselbst neuerdings entdeckten Höhle sind noch weitere Skelett-
teile direkt in unser Museum gelangt; auch einige weitere aus den Baufunda-
menten zwischen der Frankfurter- und Langenbeckstrasse.
266
Von Herrn Dr. Peters erhielten wir, durch Verraittelung des Herrn Dr, Flor-
schütz, aus des Erstgenannten Ziegelei bei Schieratein die Ergebnisse aus Mardellen
und Gräbern an Knochen und Töpfereien. Es ist angrenzend an die Stelle,
aus welcher wir von Herrn Jacob 1876 Gegenstände verwandter Art empfangen
hatten.
Da es nicht nur zur Eiszeit von Hohlen-, sondern auch noch später von
braunen Baren in unserem Lande gewimmelt hat und die Überreste beider
zugleich mit dem Menschen und dessen Erzeugnissen vorkommen, so fallen deren
Knochen in das Studium der Anthropologie, und es war uns des Vergleiches
wegen sehr willkommen, als uns Herr Becker, Nachfolger von J* M. Roth,
aus seinem Delikatessenladen die vollkommenen Skelette der Vorder- und
Hinterhackseu des Bären schenkte.
Von Herrn Alfred Villeroy empfingen wir die Schlacken aus zwei Ab-
achnittswälloü, welclie den Limberg bei Saarlouis teilen. Sie erinnern sich,
dass wir die Einlage von Hülzern in Steiuwällen als Bindemittel zuerst auf
dem Altkönig entdeckt und auch weiter die bei dem Brand der Holzer ent-
stehenden Schlacken ao den Volkszufluchtschanzen nachgewiesen haben.
Von Herrn Lehrer Feldner in Steeten empfingen wir einige Bronze-
Schmuckstücke aus Gräbern auf der Hochfläche von Dehreu,
Durch Vermittelung des Herrn Direktor Fischbach kam der interessante
Inhalt eines Grabes aus Erbenheim in das Museum, sowie durch Herrn Phil.
Heinr. Marx ein rümischer Mühlstein aus den Fundamenten des ehemaligen
Karlsruher Hofes am Mauritiusplatz.
Bei der lebhaften Bautbätigkeit, welche hier herrscht^ gelangten durch
die Bereitwilligkeit des Herrn Bücher mit den Schädeln die Beigaben römischer
Gräber aus dem ehemaligen Dasch^schen Garten an uns. Es lag da die Fort^
Setzung des römischen Friedhofes, welchen wir in der Museumsstrasse und
Garten schon als Begleiter der im Salzbachthal weiterziehenden Landstrasse
kennen. Römischen Ursprungs sind auch ein von Herrn Wollweber in der
neuen Bärenstrasse gefundenes Krüglein und ein Stück der römischen Wasser-
leitung, bestehend aus Röhren und Schlammkasten, welche wir, durch Dr. Reuter
beschrieben, in der Rhein- und Luisenstrasse kennen. Diese Stücke danken
wir dem Herrn Rechtsanwalt Kuli mann.
Von Herrn R. Forrer, von dem wir ägyptische Gewebe und Kataloge
von solchen und rümischeu Geweben erworben haben, empfingen wir Muster
von byzantinischen Geweben des 5, — 6. Jahrhunderts aus Achim- PenopoÜs ;
und für unsere ethnographische Sammlung Strick- und Netzgeräte aus Alt-
Peru. —
Ferner kamen durch Ankäufe noch an uns eine schöne römische Brenz
kanne, angeblich aus Simmern, eine Brouzepfanne, angeblich von Boppard, ein
vortrefflicher Gagatschmuck, sowie fränkische Goldringe.
Herr Professor Otto schenkte dem Museum zwei silbergoldeno und eine
Bronze-Regenbogen- (gallische) Münzen.
tau
2«7
VOD
Auü Merowingischcr Zeit kameD durch Schcnkting des Herrn Lieutenant
V. Lilien sehr schöne und charakteristische Schmuckstücke aus der Gegend
von Soest au uns.
Bei dem jetzt so häufig besprochenen Gegensatze der altheimischen Töpferei
der vom Lausitzer Typus war es uns von grossem Interesse^ einige Muster
letztgenannten Stils im Museum zu haben, und kamen wir durch Uberein*
kunft mit dem Herrn Dr. Voss, Direktor des prähistorischen Museums in Berlin,
aus diesem iu Besitz von aolchen Töpfereien, — welche durch Herrn Dr. Hein-
rich noch durch mehrere schöne Stücke aus Schlesien vermehrt wurden.
Durch die Aufmerksamkeit des Herrn Reg,-Bauraeister H, Rossler ge-
langten aus den Baggerarbeiten im Rheine bei Eltville mehrere sehr interessante
Stücke in das Museum; ein Eisenschwert des 10., zwei Degen oder Pallasche
mit Körben des 16. Jahrhunderts, ein Infauteriesäbel, ein gut erhaltenes Pilum
oder Ango, eine Anzahl von eisernen und steinernen Geschutzkugeln und Gra*
naten (unter den steinernen Kugeln waren jedoch auch einige natürliche Sep-
tarieo), zwei schwere und eine leichte Lanzenspitze und eine gelb glasierte
Ofenkachel. Eine Thonkachel aus dem 18. Jahrhundert von Bierstadt, sowie
zwei verzierte Gussplatten kamen durch Kauf in das Museum.
Zu nennen sind ferner einige Kupfermünzen von Herrn Rud. Hauch.
Zwei Petschaften und ein Taschenmesser mit Schrift von Herrn Aug. Herber,
dem wir schon früher schöne Stücke danken.
Von einem Kurgaste, dem Herrn Direktor Buch aus Bergen in Norwegen,
empfingen wir einen dort gebräuchlichen Silberring.
Von Frau Gräfin von der Golz, die uns schon lange, noch als Frau
Preyer, eine gütige Geberin war, erhielten wir mehrere venetianische, sogenannte
gesprengte Schlüssel,
von Herrn Edmond Elton in Clevedon Court Someret zwei schöne Vasen
mit nach chinesischer Art ablaufender Olasur,
TOD Herrn Alfred Boch in Fremersdorf zwei bedruckte Fayence-
Teller, die Ende der dreissiger Jahre in llettlach und Vallerfangen gemacht
sind,
von Herrn General von Bernut eine Vase und einen Leuchter aus Sigel*
erde, schöne moderne ägyptische Arbeiten,
von Frau von Cofaausen einen Knopf mit feiner moderner Glasmosaik.
Durch Austausch kamen wir in Besitz von zwei Millefiori-Gefässen,
einer kleinen Vase und einem Alabastron.
Von Herrn Major Sc blieben vermittelt erhielten wir einen vergoldeten
Bockknopf aus der Mosel von Herrn Dr. Maurer,
von Herrn Sanitätsrat Dr Florschütz eine aus dem Rheine gebaggerte
Bronzebarre, die er dem rörnisch-germanischen Museum dankt. — Durch billigen
Ankauf gelangten in die ethnographische Sammlung mehrere schöne persische
Itertümer; ein gewaltiges Richtschwert mit unentzifferbarer Inschrift, ein
•Im, ein Schild und eine Haudberge mir bemalten Relieffiguren und ein aus
gitriebenesy reich verziertes Kamel.
^^
ijfi
Als sehr erfreuliches, in die Augen leuchtendea Stück hätteu wir zu€
nennen können: ein Relief- Mosaik-Gemälde in Glas und Rahmen.
atelU eine der Pforten, die KliDgenpforte, im Rheingauer Gebück, zwischen
Neudorf und Schlangenbad, dar und iet durch die kunstreiche Hand des ver-
storbenen Dr- Creves in EltYille angefertigt worden. Ich hatte schon seit 1874
mein Auge darauf, konnte es aber weder als Schenkung, noch durch Ankauf
erwerben ; bei ihrem Tode aber gedachte die Tochter des Genannten, FräuL ]
Frida, des Museums und Hess es als teueres Vermächtnis durch die Vermit-
telung ihrer Schwester, Frau Steuerrat Pfaff, an uns gelangen, wo es zum
Andenken an die Familie in Ehren gehalten werden wird.
Wir bringen gerne folgende Urkunde, welche im August vorigen Jahres
dem Vorstande zugegangen ist, zur Kenntnis der Vereinsmitglieder,
Scheukoiiij:s-Urkuinle,
Beseelt von warmer Liebe zu dem herzerhebcuden Gesang, uud dadurch '
auch zu dem Wiesbadener Manne rgesangve rein, dessen aktiver Mitglied-
ßchaft er sich erfreut, hat Unterzeichneter Wilhelm Bruch von NassauJ
zur Feier dos fünfzigjährigen Stiftungsfestes des Vereins im Jahre 1891, ein
Geschenk angefertigt, das er durch diese Urkunde dem genannten Verein ab
unveräusserliches Eigentum verehrt. Nicht weniger begeistert für sein Fach
hat er zu diesem Zweck einen orablematischen Schrank, aus Nussbaumholz,
in italienischem Renaissancestil gearbeitet, und zwar so, wie er nebenstehend
(Seite 3 dieses Bogeiis) photographtsch dargestellt ist^)»
Sollte aber der Verein unverhofft jemals sich auflösen oder aufgelöst!
werden, dann wird der Nassauische AUertums-Verein (zur Zeit im
Muaeumsgebäude in der Wilhelmstraaae M zu Wiesbaden) kraft diesj
Urkunde unbestrittener Eigentümer des vorbenannten Schrankes*
Wiesbaden, den 31. Juli 1891.
(gez.) Wilhelm Bruch,
Zur Beglaubigung der Unterschrift: Der Königl Bibliothekar:
(gez.) Prof. Dr. von der Linde.
^) Auf dem Bureau des AltertumsTereins einzusehen.
BHHH
Jbi^
HU
Nachruf an Anton WecL
Der laDgjuhrige Diener unseres Vereins und Aufseher des Laades-Museuma
für Altertumer wurde den 15. Miirz 1813 in Fischbach, Amt KünigBteia im
Taunus, geboren. Er diente vom 15. April 1833 bis zum 1* April 1839 im
2. Nassauischen Infanterie-Regiment, teils in Wiesbaden, teils in Weilburg und
ging von demselben nach der gesetzmäsaigen Dienstzeit von 6 Jahren mit dem
Zeugnis guten Betragens ab.
Bei den durch den Verein in den Jahren 1836, 1841 und 1858 am
Hömerkastell auf dem lleidenberg, wo jetzt das städtische Krankenhaus steht,
unternommenen Ausgrabungen zeichnete er sich alsbald durch Anstelligkeit
und Verständnis so vorteilhaft aus, dass er zu ähnlichen Untersuchungen und
Vermessungen stets als Vorarbeiter und als Aufseher verwandt wurde.
In dieser Weise war er beschäftigt unter den Vereinsdirektoren: Regierungs-
präsident Dr. Müller, Oberappellationsgerichtsrat Strobel, Bibliothekssekretär
Ebenau, Begierungsrat Dr. Seebode, BibUotheksaekretär Ebenau, Medizinal-
rat Dr. Reuter, Hofgerichtsprokurator Dr. Braun, Oberschulrat Dr, Schwarz,
l Appellationsgerich ts-Präsident Hergenhahn, Medizinalrat Dr. Reuter, Gym-
luasialprofessor Otto, Gymnasialdirektor Spiess, Sanitätarat Dr. Florschütz;
sowie unter den Museums -Konservatoren Archivrat Dr. Ilabel mit dem
Architekt Kihm, Archivrat Dr. Rössel, Bibliothekar Dr. Schalk, Dr. Kekule
und Oberst von Cohausen«
Unter diesen Direktoren und Konservatoren betrieb oder leitete Weck die
Folgenden Ausgrabungen :
Am Römerkaatell Wiesbaden 1839, 1841, 1858; des Kastells bei Hof heim
1841, 1842, 1843; am Kranzplatz 1842; bei Ueddernheira 1860, 1863; an
dem sogenannten Kastell Rambach 1846, 1856, 1861, 1862; am Landgraben
(Kurve) und die Gräber bei der Spelzmühle; auf Röder, auf der Hasselt, an
der Wellritzraühlej am Höfchen und in der Bierstadter Flur; am Münzberg
und im Nerothal, alles in den Jahren 1847 und 1848, Ferner in Marienfels
1849, von dessen Villa er 1849 — 1850 das im Museum befindliche Modell ge-
, macht hat, nachdem er 1848 bei dem Bildhauer v. d. Lauuitz in der Lehre
|6W08en vrar. 1849 machte er Gypsabgüsse und Papier-Abklatsche von den
Kirchenstublen in Kiedrich und 1850 in Eberbach. Er half bei der Vermessung
der 1852 abgebrannten Mauritiuskircho, 1853 und 1856 machte er Ausgrabungen
am Zugmantel-Eastell Er war bei den Ausgrabungen der Frankengräber am
üiÜ
270
SchierßteiDer Weg 1854, 1863, 1865, 1866, 1867, 1868 thätig und grub 185^
ao der rümlschen WasserleituDg im MütileDthal und an der Mosbacher Bisen-
bahn, ferner an den Hügelgräbern am Weissen Turm und bei Auringen 1863,
sowie an den römischen Altertümern bei Stieratadt 1864, bei Fischbach 1865
und verschaffte dem Museum durch seine Aufmerksamkeit 1871 eine grosse
vorrömische Urne mit Deckel und Kupfermesser; im Jahre 1878 beaufsichtigte
er, von seinem Sohn Fritz unterstützt, thätig die Ausgrabung dar reichen
Frankengräber bei Erbenheim,
Überhaupt hatte er bei der Auffindung und Ausmessung bei den Fun-
damentbauten der Stadt den regsten Anteil und diente dorn Museum über viele
Gegenstände und Unternehmungen als zuverlässige Chronik.
Im Jahre 1879 am 16. April hatte er die Ehre, dem Prinzen Wilhelm,
unseres jetzigen Kaisers Majestät, Anleitung im Abklatschen von Steiuinschriften
zu geben* Im Jahre 1889 erhielt er das Allgemeine Ehrenzeichen.
Allgemein betrauert starb er den 19, Mai 1890:
Er hatte 1835 die Katharina Specht geheiratet und zwei Söhne, Wilhelm
und Fritz, welche Landwirtschaft und Fuhrwesen, sowie der jüngere Steinmetz
und Spezereihandel betreiben, und drei Töchter, Marie, Juli<f und Johanna»
welche tüchtige Handwerksmeister: Schlosser Hanaon, Anstreicher Schlepper
imd Schlosser Freund geheiratet haben, hinterlassen.
Weck ist uns ein erfreuliches Beispiel, wie ein Mann mit einer tüchtigen
Frau, der mit nichts weiter als mit 35 Kreuzern (1 Mark) Taglohn beginnend,
nach S5 Jahren mit einem Jahresgehalt von 1080 Mark schliessend, durch
Ordnungsliebe und Sparsamkeit, durch Ankauf von Ländereien und Häusern,
die früher allerdings nicht den jetzigen Wert hatten, ein Yermögen von
70000 Mark hinterliess und — dies sei hier besonders hervorgehoben — ,
geschah das nicht nur ohne jeglichen Zwischenhandel oder dergleichen, sondern
auch bei untadelhafter Rechtlichkeit und vollkommener Interesselosigkeit und
Austand gegenüber allen, die das Museum besuchten.
Der Altertumsverein, sowie der Konservator des Museums werden ihm ein
ungeteilt auerkenuaudes Andenken bewahren.
von Cohauseu.
271
Beriehtigung zn pag. 51 ff. des Torjfthrigen Altertomsbandes.
Naoh einer MitteiloDg vom 26. I^ovember 1. J. hat Herr Archivrat
Dr. Sauer in einem jüngst ihm erst bekannt gewordenen, dem Wiesbadener
Staatsarchiv zugehörenden Briefwechsel zwischen Schliephake und dem ehe-
maligen Idsteiner Landesarchive betreiFs der Ersterem nach Heidelberg zuge-
gangenen Archivalien gefunden, dass das Original des Weistums vom 6. Juli
1361 genau nach der «Geschichte von Nassau* 2, 65 in der That im Mai 1866
unter Abf&Uen u. dergl. in einem Schranke des Idsteiner Archivs entdeckt und
von Schliephake bis zum 6. September des gleichen Jahres benutzt worden
ist, nicht ohne Klage über die schwere Mühe der Entziiferung. Ich nehme
deshalb auf ausdrücklichen Wunsch des genannten Herrn Archivrates und eigner
Ehrenpflicht gerne hierdurch zurück, was ich zu Ungunsten Schliephakes
in diesem Stücke, S. 51 f., meiner Abhandlung über «das Landgericht der vier
Herren auf dem Einrieb" im vorigen Annalenberichte geschrieben habe, und
bemerke weiter, dass aus dem gleichen Briefwechsel die Bemühung des ver-
dienstvollen Forschers, auch über den «Ahorn* des Weistums und die Mal-
statten des Einrichs Gewissheit zu verschaffen, hervorgeht, da auf seine Ver-
anlassung Anfragen hierüber an verschiedene Oberforstereien ergingen.
Miltenberg, 13. Dezember 1891.
Ludw. Conrady.
Im Verlage von Rud. Bechtold & Comp, in Wiesbaden, sowie
in allen Bachhandlangen und im Altertums-Maseum daselbst
sind za haben:
Antiquarisch-technischer Führer
doroh das
Alteitons-Museum zu Wiesbaden.
Von A. T. Cohaosen^
iBfiBitvr-Obent i. D. ond KoBMrfator.
Preis: Mh IfiO.
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Eil f %wiiiser imcii las Alte zm KiDen
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lofralMc-OlMnt I. D. aad Kouanstor.
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Annal. d. Verein« f. Nas& Altert, u. Gesch. Bd. XXff
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Aniial. d Verein» f. Nas& Altert, u. Gesch. Bd. UBL
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Annal. d. Vereins f. Nas& Altert, u. Gesch. Bd. 2XIL
Taf.V]
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Die CATZ v Süden.
Annal d- Vereins f. Kass. Alfert. u. Gesch Bd. Uff.
Tiif-vm
Annal. d. Vereins f. Kasa Altert, u. Gesch Bd. SIL
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Annal. d. Vereins f. Nass. Altert, u. Gesch. Bd. WL
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SreRRENBERG
Zur Becuihtwng.
Das AUertumsmuseum ist vom 1. Mai bis 31, Oktober Montags^
Dienstags, Mittwochs, Donnerstags und Freitags von 2 — 6 Uhr, Sonntags von
11 — 1 Ilir geöffnet. — Behufs Besichtigung der Sammlungen zu eifier anderen
Zeit — 1 Mark Eintrittsgeld — toende man sich an den Museumsaufseher
König (Friedrichstr. 1 oder Friedrichstr. 9, Hof rechts).
Das Sekretariat und die Bibliothek sind jeden Mittwoch und Sams-
tag nachmittags von 3 — 5 Uhr geöffnet; an den übrigen Wochentagefi werden
Bücher nach vorheriger schriftlicher Bestellung verabfolgt.
Drucksa^chen und Zuschriften beliebe man an das Sekretariat
(Friedrichstr, 1), Geldsendungen an Herrti Rechnungsrat BegerS (Bahn-
hofstr. 15) zu adressieren.
Das Preisverzeichnis der noch vorhandenen früheren Annalenbände und
sonstigen Veröffentlichungen des Vereins befindet sich am Schlüsse des vorliegen-
den Jahrganges. Bestellungen auf dieselben und auf den gegenwärtigen Band
werden sowohl vom Sekretariat wie auch von der Firma Rud. Bechtold & Comp,
in Wiesbaden, an welche seit dem 1. April d, J. der Verlag der Annalen über-
gegangen ist^ entgegengenommen.
Wir machen unsere Herren Mitarbeiter darauf aufmerksam^ dass JBei^
träge zu den Annalen, welche von jetzt ab regelmässig im Aprü eines
jeden Jahres erscheinen werden^ bis zum 15, Dezember des vorhergehenden
Jahres beim Vorstand eingereicht sein müssen. Spätere Zusendungen können
für den betreffenden Jahrgang nicht berücksichtigt werden. Die Manuskripte
müssen leserlich und immer nur auf einer Seite geschrieben sein.
ANNALEN DES VEREINS
FÜR
NASSAÜISCHE ALTERTUMSKUNDE
UND
GESCHICHTSFORSCHUNG.
ANNALEN DES VEREINS
FÜR
NASSAÜI8CHE ALTERTUMSKUNDE
UND
GESCHICHTSFORSCHUNG.
FÜNFÜNDZWANZIÖSTER BAND.
18 9 3.
VT 9 LITHOOKAPHRKTHI TARLH.
WIESBADEN.
TBRLAG VON BDD. BECHTOLD & COMP.
1893.
Inhalts-Verzeichnis
des fünfundz^vanzigsten Bandes.
Seite
I. Die Beziehung^en der Geologie zur Altertumskunde. Von B. Florschatz 1
II. Die ,,Swige Lohe<< bei Homburg v. d. Höhe. Von H. Jacob i. Mit 2 Tafeln
(I und II) 15
III. Vorrömische Altertümer. Von A. r. Cohausen 21
1. Der Brunhildissteiii auf dem grossen Feldberg. Mit Tafel III .... 21
2. Der Abschnittswall und der Ringwall auf dem Rücken der Hofheimer Kapelle.
— Ein Jadeitbeil (mit Abbildung auf Taf. III) 23
lY. Bömiflche Altertümer. Von A. y. Cohausen 25
1. Der Stand der Limes-Forschung 25
2. Die Saalburg 29
3. Römischer Schmelzschmuck und Goldschmiedgeräte. Mit Tafel lY . . . 30
y. Burgen in Kaeeau. Von A. y. Cohausen 37
1. Burg Schwalbach. Mit Tafel V 37
2. Der NoUing oder NolUcht Mit Tafel VI 41
YI. Kachtrag zur Oeechichte der Steigbügel. Yon A. Sc blieben, Major a. D.
ffierzu 3 Tafeln (YII bis IX) mit 155 Abbildungen 45
YIl. Über die Gründung der Behem'echen Druckerei in Mainz. Yon Dr. H. Forst 53
YIII. Neuere das Vereinsgebiet betreffende oder berührende Litteratur. Yon
F. Otto 54
IX. Vereins-Kachrichten.
Bericht des Sekret&rs Dr. Focke (für das Etatsjahr vom 1. April 1892 bis
31. März 1893) 62
Bericht des Eonserrators Oberst von Cohausen über die Erwerbungen fQr
das Altertums-Museum in Wiesbaden während des Jahres 1892 .... 71
X. Verzeichnis der Mitglieder 74
XI. Verzeichnis der Akademien, Gesellschaften, Institute und Vereine, deren
Druckschriften der Verein in regelmässigem Schriftenaustausch erhält 85
Die Bezieliungen der Geologie zur Altertumskunde.
Von
6« Florsch&tz.
I
I
Es ist ein ausgesprochener CTrundäatz, dass jedes Lebeweaeo unserer Erde
abhängig sei von dem Bodeo, vou dem es seine Nahrung zieht. Dieser Satz
gilt in des Wurfes eigentlichster Bedeutung für die Ptianzenwelfc — möge sie
als bescheidene Flechte auf den Höhen der Gebirge oder auf einem ver-
schlageoen erratischen Block ihr scheinbar kümmerliches Dasein fristen, oder
als ragende Palme ihre schlanken Wedel in der lauen Luft des Südens sich
wiegen lassen. Jede Art, jedes einzelne Exemplar einer Art von Pflanzen ist
ein an chemische Stoffumsätze gebundener Körper, der nur eben da gedeihen
kann, wo er die für seinen Organismus notwendigen Nährstoffe dem Boden der
Mutter Erde entnehmen und für sich verwenden kann. So ist denn die Vege-
tation eine andere auf granitischem oder basaltischem Grundej wie auf den
Terrassen unseres Lösses; und der Keuper bietet uns andere Blüten und
FrüchtOi wie das in seinen Pflanzenformen meist so originelle Kalk- oder Jura-
gebirge. Ein Faktor ist freilieh bei alledem uuerlässlich, so günstig auch die
Ernährungsverhältnisse des Bodens sein mögen: das ist der unterstützende
Einfluss des Klimas. Wo beide Bedingungen sich die Hände reichen, linden
wir überall die üppigste Fülle an Formen und Arten, welche — selbstverständ-
lich fossil — auch da noch nachzuweisen ist, wo wie in Island und Grönland
die gegenwärtige Erniedrigung der Temperatur jede irgend beträchtlichere Vege-
tationsentwickeluüg unmöglich macht. Von der Pflanzenwelt aber war von
jeher die Existenz der vou ihr lebenden Tiere abhängig - — vou den Pflanzen-
fressern aber die so mannigfach gestaltete Masse der Raubtiere, die zu ihrer
Erhaltung auf erstere angewiesen waren.
So sehen wir eine fortlaufende Reihe von Lebewesen, von denen eines
\*on dem Wohl und Wehe des anderen abhängig ist. Eine reiche Vegetation
ermöglicht eine in körperlicher Entwickelung wie in Artenreiohtum ausgezeich-
nete pflanzenfressende Tierwelt, und diese ist wieder von einer entsprechenden
Formeareihe von Raubtieren begleitet. Tritt die Pflanzenwelt durch klimatische
SturuDgen zurück, so öodeu wir ein Gleiches bei ihrer tierischen Gefolgschaft.
1
*^-"- -' *-
n^L
Die mehrfiii'Ucn Wandorungen unserer Pflanzen von Böden nach Norden ito<
amgekehrt waren mit wenigen Ausnahmen, wie wir später sehen werden, von
gleichzeitiger Verschiebung der Tierwelt begleitet; und die gleiche Erscbeinung
wird wieder eintreten, sobald äussere Verhältnisse: eine neue übermässige Äb-
kublung unserer Breiten oder eine auSuUige Temperatursteigerung derselbeii|
auf dem gleichen Nährboden die Existenzbedingungen beider w^ieder alterien
werden.
Unter diesen Wechselbeziebungen ist seinerzeit auch das gefUhrliohste
aller Raubtiere, der Mensch, ins Dasein getreten, UrsprungUch von ihnen
abhängig, lernte er, dank seiner höheren geistigen Befähigung, sieh von ihnen
allmählich freisumachen, ja sie selbst zu beherrschen.
Wann aber — und dabei wollen wir mit den ersten Aufgaben unserer
Altertumsforschung beginnen — wann aber war die Zeit, da der erste Mensch,
nicht mit dem furchterUchen Gebisae des Gorilla und seiner Muskelstärke be-
waffnet, das Licht der Sonne zum erstenmal erblickte? Mit anderen Worten:
Wie alt ist denn überhaupt das Geschlecht der Menschen, dem wir selbst an-
gehören und dessen Ursprünge wir daher mit berechtigtem Eifer nachspuren P
Es ist das eine alte, viel umstrittene Frage^ die heute noch die Kopfe
der Forscher, und nicht der schlechtesten, beschäftigt. Liegt doch für uns,
die wir Geschichte betreiben und jedes grössere Ereignis mit Jahreszahlen vor
and nach Christus festzustellen suchen, ein höchst vorlockender Reiz darin, den
greifbaren Massstab unserer geschichtlichen Vorgänge auch an die dunkle Vor-
geschichte des Mensehengeschlechte« im einzelnen und im ganzen anzulegen.
Bb giebt uns GewohnheiCsmenscheu eine gewisse Beruhigung, auch hier mit
Jahreszahlen, und wenn sie nach vielen Tausenden rechnen, aufmarschieren zu
könoim, und mit ihnen, wie wir glauben, den Boden der Hj-pothese und der
wissenschaftlichen Unsicherheit zu verlassen. Die Berechnungen der Gelehrten
gehen aber weit auseinander. Ein hochberühmter Anthropologe der Kheinlande
hat noch vor iiiclit zu langer Zeit von 10 000 Jahren gesprochen, welche er
dem Menschen von seinem ersten Auftreten bis zur Jetztzeit zuweisen möchte.
Ob er dabei bedacht hat, um eines zu erwähnen, dass vor schon ca. 6000
Jahren das alte Ägypten ein hoch entwickelter Kulturstaat gewesen f Einige
sprMhaa toq 200—250000 Jahren; andere wieder von Aonen^ d. h. für uns
flberiiittpi nnfiMsbaren Zeiträomen.
Wir wollen mhtg sagen, dass die ganze Frage, in dieser Form gestellt, nie*
mab sor Beantwortung gelangen wird. Sie ist schon an und ßr sich und von vom-
herein nnsulisetg — ao an sagen, eine Gleichung^ die überhaupt nicht angeeetzt
werden kann. Wfieeten wir nur vor allen Dingen, mit welchen körperlichen Eigen*
tümUehkeiten der erste Mensch Oberhaupt ausgestattet gewesen ist! Konnten
wir wisseoaeluiftlicli festoelsen, wodurch der Beginn seiner Art sich trpESch stt
dynkteciaerao vemDoekte! VVo ist der Schädel, wo sind die Skeletteile des
ersten Repriteiitiirtim des Mmna mipims, der spater die Weh beherrseheo eoUie?
Wir kennen ihn gmr nteht nnd haben gdemt, uns dieser Eardtnalfrage gegen*
fiber sehr beseheiden mrQekauludten. Ea gab eine Periode « nnd sie liegi
nicht so lange hinler uns ^i da wurde jeder alle Menschen srhidel anf seine
i
*
i
^
'enSIinlichkeU uniorsucht und gloichzeitig glaubte man in dorn Ausbau der
tnden niederen Menschenrassen die Brücke zu finden, welche von den so-
nnten Menscliervaffen r dem Oraug, Chimpanse und Gorilla, zu uns herüber*
hren sollte. Es war eine Zeit grosser allgemeiner Aufregung für die ganze
gebildete Welt und mannigfachen Gezeters. Wohl forderten diese Untersuchungen
manche interessante Züge einer anscheinenden Arten Verwandtschaft zu Tage,
her eine auegesprochene typische Übergangs- oder VermitteluDgsform konnte
lie und nirgends festgestellt werden. Und sie wird jetzt nicht mehr gesucht,
tiachdeni man zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Mensch bereits vor
der Entwickelung des anthropoiden Affen, und zwar aus den Lemureu seine
bzweigung genommen haL
Bei solch' unsicheren Prämissen lassen sich keine Berechnungen auf
Tausende von Jahren und Jahrtausenden anstelle q.
Die Frage bekommt ein anderes Gesicht, wenn wir sie nicht mehr deduktiv
flufatellen^ wie früher, von uns Kulturmenschen ableitend und rückwärtsschreitend
bis zur unbekanDteo Grösse der ersten menschlichen Erscheinung. Sie gelangt
KU ihrer Beantwortung — freilich niemals mittels trügerischer Zahlen, die wir
^tiiia bei unseren Studien ein für allemal abgewöhnen müssen — wenn wir auf dem
Wege der induktiven Forschung, deren konsequente Verfolgung wir vor Allen
Virchow verdanken, vorwärts gehen.
Wir haben die Frage nach dem Alter des Menschengeschlechtes und da-
mit nach dem Beginn unserer Urgeschichte und Altertumskunde überhaupt dem-
Bach in der Weise zu formulieren, dass wir fragen:
Unter welchen äusseren Verhältnissen, ebenso klimatischen wie geogra-
phischen, kann der erste Mensch — einerlei ob affenähnlich oder nicht — in's
Dasein getreten sein? Welche Periode in der Entwickelung unserer Erdober-
fläche mag ihm die ersten Existenzbedingungen geboten haben?
Und hier nun ist es die Geologie, die Lehre von der Entwickelung oder
Oescbiehtc unseres Erdballes, die wir um ihre freundliche Unterstützung bitten
müssen. Sie gewährt uns dieselbe in reichem Masse. Hier kommt nun in erster
Linie die Frage vom tertiären Menschen — der in den letzten Jahren ge-
rade so viel ventilierte Streit^ ob der Mensch bereits zur Zeit der sogenannten
Tertiärbildung unseres Weltkörpers vorhanden gewesen sei oder nicht.
Wir wissen, dass unsere gute Mutter Erde nicht immer dasselbe Angesicht,
mcht immer dieselbe Oberfläche mit den gleichen Pflanzen und Tieren aufge-
wiesen hat, wie sie uns heute umgeben, Sie hat in den unberechenbaren Zeit-
räumen ihres Daseins eine Reihe durchgreifender Wandelungen erlebt, welche
wir in der Hauptsumme der jeweiUgen typischen Erscheinungen als Zeitalter
bezeichnen pflegen, deren jedes wieder eine Reihe von einzelaen Perioden
uder Zwiöchenformationen umfasst.
So reden wir von einem ersten Zeitalter, entsprechend der ui'sprüuglichen
Bratarrungskrusto der Erde, in welchem Llierreste irgendwelcher Lebewesen
btafaer mit Sicherheit nicht nachgewiesen werden konnten. An dieses schliesst
ein zweites Zeitalter an, ausgezeichnet durch das Auftreten der ersten
rochenen tierischen Formen. Zunächst sind ausschliesslich die niedersten
1*
Meeresbcwolit
vcftrefcti : »plUcr, in der noch ur:iprüii^licheu, aber Ai
roichen Flora der Kohlonformation, erscJiemeu die ersten Insekten, gedchwäozid
Aiupliibieu, Küorpelfisclie und die ersten echten Reptilien. Letztere erreioheo
den Höhepunkt ihrer Eutwickelung durch die mächtigen Saurier, spesdell der
Jiir L^* on, im dritten Zeitalter. Daneben kommen in letzterem die ernten
Kun he und die fliegenden Echsen vor, welche zum ersten Urvogel» dem
ArcheopUrix^ überfuhren. Das vierte Zeitalter entspricht endlich der Bilduiigs«
epoche, welche wir — man verzeihe den Kontrast der Worte — als Tertiärxeit
S5U bojßeichnen gewöhnt sind. Es bildet im grossen ganzen den Übergang zur
Jetztzeit und ist das eigentliche Zeitalter der Säugetiere, die nunmehr ihre
vollste, körperlich geradezu oft riesenhafte Ausbildung erreichen. Geographiscfae
und klimatische Verhaltnisse haben sich in dieser, jedenfalls weit ausgedehnten
Zeit vereinigt, bei einer bis 2U den Polen hinauf verhältnismässig gleichartigen
Wärme ihre vollste Schöpferkraft zu entfalten. Und so bietet jetzt eine weit
ausgedehnte, üppige Vegetation der nunmehr höchst entwickelten Tierwelt, die
wir in erster Linie als kolossale Pflanzenfresser kennen lernen, ein weites und
bequemes Feld der Ernährung auf Kontinenten^ welche in ihren beutigen Haupt-
formen schon abgegrenzt sind, wenn auch mannigfache» weitverzweigte Meere«*
arme sich noch in das Innere des Landes drängen und damit seine Frucht-
barkeit begünstigen.
An das vierte Zeitalter aber sehloss sich, um den althergebrachten, aber
durchaus ungeeigneten Ausdruck zu gebrauchen, dat» Diluvium^ d. h. zwei Eis*
xeitHD mit mächtigen Olotscherbildungen, welche durcb eine jedenfalls wieder
8ebr lange Zwischeneis- oder Interglacialzeit getrennt waren. Dann kam die
Neuzeit, in deren neuester Periode wir selbst unseren Kampf ums Dasein fuhren. -^
Doch kehren wir zur TertiäK6eit und dem problematischen Tertiärmeosoheo
EuruckI A priori dürften, und darüber sind alle Gelehrten einig, einem Au^
treteii des Menschen zwt Tertiarzeit besondere klimatische and nnderweittge
Verhinderungen nicht im Wege gestanden haben. Wo die Mehrzahl der groesen
Laiidaäuger «ich wohlbefand, konnte entschieden auch er seine Lebenabedin*
gmifeti finden, Oedieh doch damals bis 79° nordl. Br. hinauf auf dem jetzt
von 1—3000 m starken Gletschereis überdeckten Grönland ein so reicher Pflanzcn-
wuehs, daaa sich aus demselben Braun* ' ' 'Hze bis zu Z m Dicke bilden
konnten. Dort oben, indem heute so vcr^ werten Norden, wuchs der WaD-
nnssteum^ die Platane, die mit Recht eine Zierde unserer Wiesbadener Alleen
genannt wird, daneben Eiche, Pappel, Ahorn, Epheu und die Weinrebe.
Und wen dem Norden £Ugut kam^ war nicht xoni mindesten in unaerer
Breite Tolhiftlg itnd voUkräitig vertreten. Gerade unser Naasauer Land ist
eine hochinteressante Stelle tertiärer Formationen. Hoch ragte sein quarasitisebes
Urgeböse wii eoiiMn kijatnUinisehen Schiefern, xum Oftaren nodi dnrehbroohen
Toai iilittoiiisekeii Bni|itioiiQn. In die anliegenden Tertiäreolikhlen aber sebolien
mek weitmiiiKedehDle Meefeabecken, vor allem das eogen« Mainzer BeekeUt
dna eidlidi vrai Tannni beginnend von Bingen und WieBbndao mmm&^ über
Kreaaudi bb snm Pfillzer Haardtgebirge^ anderseita twieehen l^iniu«, Vogeb-
berg bia Uieeeen, deo Maio hinaof bt» Aacbaffenbnrg und den Rbetn hinauf
4
I
fiwi bis nach Basel sich erstrockte, ürspriioglich ein Meeresarra, war es später
ein süsser Binnensee, bis ihm schliesslich bei Bingen Durchbruch und Abfluss
gelang* Ein kleiues, gleichartiges Becken war bei Limburg* Die Bodensätze
de« Mainzer Beckens nun haben uns gelehrt, wie es damals mit Klima und
Flora, ganz abgesehen im Augenblick von der Tierwelt, bei uns bestellt ge-
wesen. Da gediehen zwischen iraraergriinen Eichen der Zimmetbaum, Magnolien.
Akaxien, Cypresscu und Palmen, und neben der Traube reifte die Feige. Hätte nicht
damals schon der Mensch in unseren Gauen ganz behaglieh leben können? Gewiss!
Aber es ist der geoguostischen Forschung bis jetzt nicht gelungen, in den
Tertiärlagerungen unserer Breiten, wie ebenso ganz Europas irgend eine zu-
verlässige Spur des Menschen oder seiner Thätigkeit nachzuweisen* Und das-
Ibe gilt für die übrigen Weltteile, soweit diese zur Untersuchung gelangen
mten, mit Aufnahme vielleicht von Kalifornien, wo Marsh und Wymanu,
zwei der gediegensten Gelehrten Amerikas auf dem Gebiet der Geologie und
Altertumskunde, in den obersten Schichten der Tertiärzeit menschliche Spuren
wollen gefunden haben, freilich auch nur ^mit grosser Wahrscheinlichkeit", wie
sie selbst sagen*
VTiv sind demnach iu der Lage zu sagen: dass der Mensch der Tertiär-
jteit, soweit wir bis jetzt eruieren konnten, zunächst bei uns noch nicht existiert
hat. Nicht nur tinden wir keine kurperlichen Überreste desselben, was bei der
nncndlichen Zeitdauer auch nur unter den denkbar gunstigsten Umständen
möglich wäre, wir haben, mit Ausnahme, wie gesagt» vielleicht von Kalifornien
und New*Jersey, auch keine Arbeitsprodukte seiner Hand, z, B* erste Stein-
iustrumente, welche seine vergänglichen Reste würden überdauert haben. Und
wir w^ollen bei dieser Gelegenheit wohl betonen, dass wir bei unserer Suche
nach dem Anfang des Menschengeschlechtes gerade auf diese seine primitivsten
Artefakte, als erste mensch liehe Bethätigungen, ein Hauptgewicht zu legen haben.
Der einfach» aber regelrecht zugeschlagene Peuersteinsplitter, wie ebenso später
der geschliffene Keil oder Kelt, sie bilden das Leitfossil fiir die ersten Etappen
unserer Vorgeschichte. Das gleiche aber gilt für die an das Tertiär sich an-
sclilieasende erste grosse Eiszeit, den Beginn der sogenannten Diluvialepoche.
Mit der ersten ebenso wie mit der ihr später folgenden zweiten, um vieles
weniger ausgedehnten Eiszeit ist es nun eine eigentümliche Sache, für die wir
oine ausreichende Erklärung, offen gestanden, nicht zu bringen wissen. Wohl
läset aus den Überresten der zweiten Hälfte der Tertiärzeit sich eine fort-
schreitende Abkühlung der Temperatur und de» Klimas nachweisen, die unge-
heure Vereisung jedoch, die verhältnismässig unvermittelt den steten bisherigen
Entwickelungsgang unterbricht, passt weder iu den Kahmen der fortschreiten-
Iden Abkühlung der Erde, noch des soviel berufenen platonischen Jahres mit
seinen Excentricituten der Erdaxe. Und ebenso ungenügend ist eme Erklärung
[durch die Verschiobnug der Wärmezonen unseres Erdballes oder» zunächst
[für Europa, das nachgewiesene Versinken der nordischen Tiefebene unter das
Wir haben für diese so ganz eigenartigen Allgemein -Erscheinungen
sr VerrautUDg nach auf ausserhalb unseres Erdballes liegende Ursachen zu
&ü, deren Boi^prechung aber hier zu weit führen würde.
mamm
den Spitseo der höheren Gebirge begaoB mie Tetgletsdieraii^, tmniir
«iM^welleiKl tiod ihre Eidamssea io fortfedeizter Folge Ihdabwärte
Die noek heilte ToriumdeoeD Oleteebergehiete nahmeii in ihreo Aos*
breitiiiigeii und Ausatrahiiuigen allfnählich solche DüneDsioneD an« da» fon doD
abuidbaTiflcheo Alpen ans die giiixeii nordiacheD Meere ia ettie ßnmafle Ter*
wmnddl wiirdeo, deren Rand von Calaia ans durch Frankreich nsd Bedien
hmdtrreh nach Bonn, dann nordöstlich dureh ÜVealfalen nnd das tidEche
HannoTer bb xnns Nordrand dee Harzes, südw^tlich mit tiefem Bnaen bis nach
Thärtttgen luneiD, ^er diireli Saebaeii und südUeh von Dresden am RieBenge*
hiiga und den Sodeten entlang doreh Poleo bis Kiew htoiof * So weü reiehle
Ton Nofdea her för Europa die gevral%e, b ihren TerMUiiiiBsen gar nichl ah-
tntchitiende Teigle^ehemag. Tiefer noch ging ihre Qrense in Nocdamefika
beranfer, wo sie bia in die Breite rata Sixffien sieh erstredte.
Zur gtoieben Zeh aehoben sieh tqq Süden her die Gletsebennaasea dv
Alpen nnd das Jnrageliirges in woditiger Ansdehnong nordwtrta. Und so kam
naf der Hahe der Ofsten Eisseit wm den 540000 Qnadimlläla-
aaseres DeatadOanda nicht wen%ar ab 360000 nnta^ starren Bs begfmboD
Um mlea gflnstigtr kam Franloeieh fort, denn kaom der fnnEMgsle
Tmk aainaa Temtomtms vetghtadierte^ Unser duwnrdigea Taanmgebirge ist, ao*
weit bis jßtai nnahgawieaen^ aber Yargtesehemng wohl nicht gewird^ worden;
aber es ist selbetrenündlieb, data, wie nberbanpc anf der achmatwi mittel*
denlsdmn Zone, welebe iwiscb« der nördlichen und södlicben HJimafMie übrig
hieb — nnab bei ms mit Sntwendigliii sich ein rein nerAscbes Klima eai*
wkkein mnasln. Ancb diene Torlmleiinfeü gugen natnrüeh, wie £ea bei dar
bla, mit Ansrnrinm feBranisrher Siftrnnge'ai ran jeh» Geseta gewesen, nnr
a^Bll ftr Sebritt irar sick. Die rmhm Vegetation der TertSneit sog sieb nneh
ihr langte die grosse Tiarweh, ao wdt sie nicht der Uagnant das
Opfar fiaL nm und Fauna wurden rmn norfiseh,
I Tondiee am Kameere finden, aber unser hJkrhstes
DidEbivcer —
i» wir »ar ab KepraaeninBlen warmer
ans Beqaemicbkeit oder Gott weiss ! wd*
UnnAt. nete Wind nnd Kille nnd Sehnen nnd Bs
Sie wnsuiin sich daidi
ärer Zahastmktar der
nnd
I
I
I
I
Dio Gletschermassen kamen zunüehst von ihren Räüdern her in's Schmelzen,
Sie Hessen dabei weite Qeröllhalden (MorÜnenschutt), und mächtige^ geschichtete
Ifossablagerungen zurück, wie sie heute noch die Vorlande der Alpen und
Torssttgs weise die nordische Ebene charakterisieren. Mammut und Nashorn
«her zogen in grossen Herden dem weichenden Eise nach Norden nach, bis
dabiii^ wo beute noch am Eismeere ihre Überreste in erstaunlieber Menge
gefunden und das , fossile Elfenbein** geradezu bergmännisch abgebaut wird.
Dort ist auch seiner Zeit so manches von ihnen in die mit Firnschnee ver-
wehten Schluchten des Terrains geraten und rettungslos eingefroren^ um uns
mit Haut und Haar erhalten zu bleiben. Andere, weniger wanderlustig, liessen
bei uns ao Ort und Stelle den Wechsel der Zeiten über sich ergehen, um
endlich ihrem gefährlichsten Gegner, dem Menschen, zu unterliegen.
Die geradezu unberechenbaren Eismaasen der ersten Eiszeit regen die
Frage an, woher die Unmenge Wassers gekommen, aus welcher diese sich
angebaut. Und da ist es selbstverständlich, dass diese Massen in erster Linie
den breiten Flächen der Meere entnommen sein müssen ; mit dem Wachsen
des Eises musste naturgemäss der Meeresspiegel sinken. Genaue Lotungen
haben uns gelehrt, dass es diesen Verhaltnissen entsprechend eine Zeit gab,
in welcher breite Landzungen, aus dem sinkenden Mittelmeere auftauchend,
unser Europa mit Afrika verbunden haben, Brücken, die später ebenso all-
mählich nach der Abschmelzuug der Gletscher wieder von den steigenden Fluten
überdeckt wurden. Über die Brücken nun, deren hauptsächlichste wir bei
Gjl>raltar und Sizilien zu suchen haben, fand zur Besiedelung des von seiner
Winterstarre sich erholenden Europas eine Einwanderung von Afrika aus statt,
— in ihren typischen Tierformen den tertiären Schöpfungen entsprechend, aber
in massiger Entwickelung des Einzelindividuuras sie überholend.
Da kam, um die Gewaltigsten zu nennen, der Elephaa antiquus und das
Jthinoceros Merclii. mächtige Flusspferde, Bisons, Urochsen und andere, gefolgt von
den kräftigsten und grössten Raubtieren: Höhlenbären» Löwen» Hyänen u. s. w.
Und mitten unter air dem bunten Treiben kam auch der erste Mensch nach
Europa — ein dunkelfarbiger Wilder, wie wir nach allem anzunehmen haben,
nur bekannt mit der Erzeugung des Feuers und der Herstellung des Fliotspanes,
der ihm Hauptwerkzeug und Waffe war. Wir dürfen wohl sagen, dass von
seinen körjjcrlichen Überresten uns mit Ausnahme einiger verdächtigen Unter-
kiefer^) nichts übrig geblieben ist. Dafür aber hat er uns, als Leitfossil für
sein Auftreten, seine höchst einfachen, aus Stein geschlagenen resp. abgesprengten
Werkzeuge, sowie die zerschlagenen, oft geschnitzten und selbst künstlich ver-
zierten Knochen der von ihm erlegten und verzehrten Tiere hinterlassen, und
oft genug auch die alten Feuerstellen, an denen er ihr Fleisch geröstet Diese
Überreste werden einmal in den Schwemmgebilden verschiedener Flüsse ge-
funden, besonders in dem der Somme in Frankreich, welche mit den Knochen
der Diluvialtiere gemischt in grösster Anzahl noch geschlagene Feuerstein-
'*) Doch vgl. deu Bericht ron PaiiJ Girod in ^BuJl, de Ia soci^t^ vaudoi^e do» scioncoB
Qftturolloa^ voL XXVIIi No. 105. LausAime, Fevr. 18d2.
8
inatmmenrp .infw^ist (tmd xu solchen FuodplätÄen gt^horen auch die geradeij^
klufidische Kalktutfe von Taubach bei Weimar), dann aber auch, und ror allen
Diogeo, io «Ion unzähligen Grotten und Hohlen, welche vorzugsweise der Kalk*|
speziell der Jorakalkformation angeboren.
Aach in diesen Dingen haben auswärtige, zumal französische und belgiaekcT
Forscher, den ersten Markt beherrscht und der jungen Wissenschaft nach ihren
Fundplätsen und Erhebungen ihre Nomenklatur gegeben, unbekümmert darum,
dass früher schon deutsche Gelehrte unter den gleichen Verhältnissen zu den*
selben Resultaten gelangt waren. Uns selbst darf es eine ge^^isse Befriedigung
gewähren, dass wir im Nassauerlande auch die Spuren derselben ersten Menschen
haben, welche unter berühmten ausländischen Namen in der Weltlitteratur der
Ürgedchicbte florieren* Die besonders durch den königlichen Konservator Herrn
Oberst v. Cohausen in den Steetener Höhlen*) bei Limburg a. d. L. erhobenen
Funde sind ToUständtg gleichwertig allen anderen Beobachtungen. Diese Kalk-
Idftfks und Strudeltöpfe geboren mit zu den besten Stellen in Europa, welche
uns luverlassige und unzweifelhafte Kunde vom ersten Auftreten des Meneobefii
vom Dilavialmenscben, bringen*
Diese ersten Menscheo von Steeten können, wie bereits gesagt, aller Vor-»
gttasetiiiiig nucb nur Wilde auf tiefster Kulturstufe gewesen sein, wie heutzutage
die FenerÜnder und wohl auch noch einige Stämme am nordL Eismeere. Keine
Spur von Weberei oder Töpferei, den ersten Beschäftigungen der menschlichen
Gesetkchafl, nichts ist tob Ackerbau nachweisbar. Sie scheinen als Jägervolk
ihr Dnsein gefristet zu haben, und mag ihnen die ebenso enge wie steile Schlnelil
von Stneten dn Torzügliches Jagdterrain gerade für die Dickhäuter gewesen
sein. HoUeDbewohner können wir sie nicht nennen, dafür fehlen die Spure»
cbraemden Aufenthaltes; sie kamen gelegentlich, der Jagd nachzugehen, um dann
in den sicheren, steilgelegenen Felsspalten die abgeschnittenen Teile der im
Abgrund zerschmetterten Pferde, Elefanten und Nashörner sich zu braten«
Und wieder änderte sich das Klima. Eine zweite Eiszeit nahte heran,
isa ihren Ursachen nns ebenso unerfindlich wie die erste, wenn »e anefa sich
nnf einen um Tiel^ besclirankteren Raum erstreckte. Es wurde wieder (rostig
nnd kalt ; Ton neuem bequemte sich die Vegetation, die so üppig auf dem Ldss-
boden der eratra Qlelseher und auf dem Zwiscfaengletscherterraln Plalx ge*
gnttm^ nneh Süden m flüchten, und ihr folgten die grossen Pflansenfressert
Blllie, wie wir früher sahen, b notwendiger Folge die Raubtiere. Aber sie
konnten nneli dem warmen Afrika^ Ton dem sie einst herübefgekommen, nicht
oübr mrackgelangen. Die damaligen Brücken waren mit dem AbschmelBon
der cnlaa gnmen Oletscher nnter der Oberfläche der steigenden tfeereaihil
TendiwiiiideD, and sie moastea elend ?erkimniem und ak rettungslos teiloren
tdifiiMGdi m Onmde gehen.
Der Henscli aber blieb, Wohl erhielt er oieht, wie früher nni
den gWdiea fJnutisden Mammut und Nashorn, ein scfaütiendes Wollkleid, (
U. IV a SOI, ttS; B4. 17, II, 5. 71, 88; B4 90, Sw ai^ sswis B4 U. 9. SU.
ü^Hlli
0
wnsstc durch seine Intelligenz den nötigen Schutz sich selbst zu beschaffen,
Dur das» er aus dem froheren Mammut- und Elefantenjäger ein Rentierjäger
warde. Mehr und mehr sah er das früher gewohnte Wild vor seinen Augen
Äch winden, und so hielt er sieb an die der fortschreitenden Abkühlung ent*
sprechende Tierwelt, um sohliesalich beim Ran, Moschusochsen, Schnocbaseu
und anderen, jetzt rein arktischen Tieren anzulangen, welche ihm halfen, über
die Harte der zweiten Eiszeit hinwegzukommen, und unter welchen das Ren-
tier sein Ein und Alles wurde. Wir sehen das Gleiche noch heute bei den
Anwohnern des nordlichen Eismeeres, die wir, ebenso nach ihren Stein waffen
und anderen Artefakten, wie nach ihrer dunkelbraunen Hauttarbung und Pig-
mentbildung jetzt allgemein als die Kachkommen der ersten Bewohner unserer
Qetilde betrachten. Auch in Steeten haben sich massenhaft die Überreste
von Rentiergeweihen, bearbeitet und unbearbeitet, gefunden, Als typischsten
Fundplatz für die Rentiermenschen in Deutschland am Ausgang der zweiton
Eiszeit und damit des Diluviums kennen wir die berühmte Schüssen quelle
nordlich des Bodenseos, welche, wie ebenso in neuester Zeit die Rentierstation
Schweizerbild bei Schaff hausen, von grösster Bedeutung für die Keuutuis
der gleichzeitigen geologischen, sowie kulturhistorischen Periode zu werden
verspricht.
Die zweite Eiszeit ging allmählich zur Jetztzeit über, selbstverständlich
wieder unter Entwickelung gewaltiger Massen von Schmelzwässern, die all-
mählich sich zu unseren noch heute bestehenden Flussläufen gestalteten, bei
gleichzeitiger Ausbildung neuer, weiter Lössablagerungen, Die Ausdehnung
der letzten neueiszeitlicben Yergletscherungen w^urde markiert durch die Moränen-
blöcke, die, oft von gewaltiger Grösse, an dem Rand der Eistelder liegen blieben
und oft genug auch heute noch die Reste nordischer und hochalpioer Flora
aufweisen.
Der Diluvial mensch war mit den arktischen Tieren dem zurückweichenden
Eise folgend nach Norden gezogen, sein grimmigster Gegner, der Höhlenbär,
nur noch in seinen Knochenresten vorbanden. Der reichliche Loss aber, mochte
er nun geschichtet auftreten als Niederschlag der Schmelzwasser oder woch-
soloder Triftströmungen, oder mochte er nur aus angewehten Staubmaseen sich
zusammensetzen, entwickelte sich zunächst zu einer weiten Steppenlandschaft
mit der entsprechenden Tierwelt, um deren Kenutuis Nehring sich die höchsten
Verdienste erw^orben hat. Dann scheint für Mitteleuropa und speziell auch für
unsere Gegend eine allgemeine, dichte Bewaldung durch unsere jetzt noch be-
stehenden Hölzer eingetreten zu sein.
Um diese Zeit findet eine zw^eite Besiedelung Süd- und Mitteleuropas
statt. Von der früheren Tierwelt sind Auerochse und Rentier vereinzelt zu-
ruckgebljeben oder haben sich wieder in diese Breite gezogen. Sie haben «ich
noch lange bis in unsere historische Zeit herein bei uns erhalten; wurde doch
noch Karl der Grosse bei einer Jagd im Ingelheimer Wald von einem Auer-
ochsen in Leib- und Lebensgefahr gebracht. Die zweite Menschenbesiedelung
aber kam diesmal nicht mehr von Afrika, sie kam von Osten, und zwar den
früheren Einwohueru gegenüber als eine vcrhäUuismüssig civilisierte Völker-
10
wolle, die sich allinählich über Europa hinweg bis zu den eüdticlieii Meeren
und zu dorn atlaatischen Ocean ausbreitete. Sie brachte den Ackerbau mit^
schon in ziemlicher Ausbildung, die Weberei und eine bereits nach Form und
Ornamentik hoch entwickelte Töpferei, wenn dieselbe auch noch ohne Dreh-
scheibe uod, wie oft die zarten Nagelornamente zeigen, von Frauen mit sehr
zierlichen Fingern ausgeübt wurde. Noch ist der geschlagene Feuerstein zu
mancherlei Zwecken im Oebrauch, aber zur Leitmuschel für diese neue Etappe
unserer Vorgeschichte wird uns das geschliffene Beil, der polierte Steinkeil,
der zu deo verschiedeDartigsten Verrichtungen ebenso als Werkzeug wie als
Kriegs waffe gedient haben mag. Von der Weberei jener Leutchen ist uns
selbstverständlich (mit Ausnahme der Pfahlbaufunde) nichts erhalten; aber wir
haben ebenso ihre Spinnwirtel, wie ihre Zettelstrecker aus gebranntem Thoa
und mancherlei Knochenwerkzeug, oft zierlich genug zugeschnitten, um den
Schussfaden durch die Kette zu führen. Ihre Töpferei erhebt sich neben rohen,
vielfach mit Steinchen durchsetzten gewöhnlichen Qefassen bis zu wirklichen
Prachtexemplaren frühester Keramik, deren Strich- und Dreieckornamente durch
eingelegte weisse Ivalkmasse auf dem angeschmauchteu oder auch graphitierten
Grunde ein heute noch hervorstechendes und gefalliges Muster bilden« Dass dieae
neuen Einwanderer aus Asien herübergekommen sind, dafür spricht nicht nur
die Art und Weise ihrer Ausbreitung, dafür spricht vor allem das fremdartige
Haterial, das bei vielen ihrer geschliffenen Gerate zur Verwendung kommt:
der Nephrit, Jadeit und Chloromelanith, amphibolisehe Gesteine, die, wie Vir-
chow mit Recht betont, ausnahmslos als Geschiebe und dann wohl aus den
Flüssen des Künlün-Gebirges und aus dem Irawaddi aufgelesen sein müssen.
Ein ähnliches Material wird heute noch in Birma bergmännisch gewonnen^
ebenso ist es auf Madagaskar und Neuguinea zu Hause. Bei uns hat man es
nur ganz vereinzelt in Schlesien getroffen und im übrigen alle Gebirge
speziell die Alpen umsonst nach ihm durchsucht.*)
Immerhin sind die Hilfsmittel dieses neu eingewanderten Volkea, 6mm
Ackerbau betrieb uüd, wie es seine Ansiedelungsreste uns zeigen, schon ni
Qometnweseu sich emporgeschwungen hatte, noch beschränkt genug, uro e^
auf bestimmte geologische Verhältnisse zum Zwecke seiner, nunmehr an die
Scholle gebundener Siedelung anzuweisen. Seine Domänen sind iu erster Linie
die Losaterrassen, dann die nuhleü. Den weichen Boden der ersteren brauchte
es, um mit seineu noch uubehilflichen Werkzeugen sich die Trichterwohnung,
die Mardelle, auszubauen. Da genügten die einfachsten Instrumente: der ge-
schliffene breite Kelt, als Hacke benutzt, die Augensprosse des Hirschgeweihes,
die Schaufel des Elches. So wurden trichterförmige Gruben geschaffen bis m
S m Tiefe und von verschiedenem Durchmesser; oft alleinstehend, oft aber auch
in der Form ganzer Dorfschaften zusammengestellt. Der Boden wurde hart
zur Tenne geschlagen; ein paar oft weit hergeholte Steine, mit Vorliebe Sand*
»teine, bildeten den Herd^ auf dem Aschenre^ite und Knochen verzehrter Tfere
4
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^) Doch v-r
hildor Aui der Ili>til>
uuMt.- Bühl 18S*2. 8. 2a f.
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tu deo meiiitoii Fallen Hegen bliöben, über dem Erdboden aber war ein Dach aus
Stangen zusammengesteUt, mit ausgestochenem Kason bedeckt oder mit Zweigen
durchfloobten und wenigstens innen dann mit Lehm dicht verstrichen. Das
waren die Wohnräume der Leute der Neusteinzeit^ der neoHthiachen Be-
völkerung.
Ein ans Steinen zusammengetragener Wall mochte, wie auf dem soge-
nannten Herrnplatz über den Steetener Höhlen^ die Haustiere zusammenhalten
und gegen die jetzt nur noch vorhandenen Raubtiere: den braunen Bären,
Luchs, Fuchs und Wolf und kleinere, eine wirksame Abwehr bilden. Die
Überreste solcher Wohnungen sind gerade bei uns selbst in Wiesbaden sehr
häufig* Sie wurden z. B. beim Bau des Archivs und des Schlachthauses auf-
gedeckt, und als die Herren vom Casino sich einen Weinkeller anlegten, da
fand man zwei kleine derartige Wohnstatten nebeneinander^ deren längst ver-
schollene Bewohner aus sehr gefaUigen Töpfen sich die kulinarischen Genüsse
des Torfschweines, das den Pfahlbauten zueignet, hatten zukommen lassen. Im
allgemeinen kann der Satz ausgesprochen werden, dass, wo der Löss, zumal
der ungeschichtete» sich ausbreitet, wir überall auf diese ersten, wirklichen
Wohnreste stossen werden. Kofier will bei Grossgerau tausende derselben
gefunden haben.
Höhlenbewohner waren die neolithisohen Leute nur an wenigen Plätzen,
gaos besonders in den Grotten der lieblich-romantischen fränkischen Schweiz,
wo sie, oft dorfähnlich zusammenwohnend, eine ganz besondere neusteinzeitliche
Kultur ins Leben riefen, die sieh vor allem durch die zahlreichen Artefakte
Lio Knochen und Hirschhorn auszeichnet ; ein ähnliches Verhalten wurde in
jüngster Zeit in der bei Krakau vorhandenen jurassischen Formation nach-
gewiesen*
Im Gegenteile haben sie mit Vorliebe die Höhlen als Begräbnisstätte
ihrer Toten benützt, welche mit grösster Sorgfalt möglichst im Hintergründe
teils auf, teils in dem Boden bestattet wurden, unter Beigabe von mancherlei
Gebrauchsgegenständen und Töpfereien, oft auch ohne alles. Häufig sind diese
Totenhohlen durch Steinplatten oder rohes Steinwerk nach aussen abgeschlossen.
k Auch hierfür wieder sind die Höhlen von Steeten massgebend und zeichnen
«ch nebenbei durch eine ganz wunderbare Erhaltung der Skelettreate. besonders
»der Schädel, aus. Von vornherein liegt wohl etwas ausserordentlich Verlockendes
in dem Gedanken, Menschenreste, die selbst zwischen den Knochen diluvialer
Tiere zur Auffindung gelangen, als Zeitgenossen des Mammut, kurz des Dilu-
viums zu begrussen; eine genaue kritische Untersuchung der Lageruugsverhält-
nisse aber wird bei allen bisher untersuchten Knoehenhuhlen erweisen, dass
■ die menschlichen Skelettreste in den Höhlen, mögen sie mit (wie in der
^ Wildscheuer von Steeten) oder ohne Töpfereien bestattet sein, mit den da-
runter oder selbst daneben liegenden Überresten grosser Tiere, menschlicher
Braudplätze und Artefakte aus der Urzeit nichts zu thun haben. Sie sind
in da« Diluviale später hineingetragen. Was wir von Steeten aber sagen,
g3t von allen Höhlenfundeji im übrigen Deutsehlandj in Belgien, Frankreich,
Italien^ Spanien und Portugal» sowie England, überall tiuden wir das gleiche
t9
Verhalten und sämtliche, archäologisch und aothropologisch znra Teil so hcJeS
geschätzte Schädel, wie besonders der berühmte Neaüderthaler» gehören ein-
fach der neolithischen Begräbniszeit zu und nichts anderem, trotz aller MühenJ
die man sich um ihn, um den von Eogis, den Cannstätter, den Schädel voa
Spy und andere gegeben hat, sie als die ältesten Urformen hinzustellen, Wii
wollen hierbei überhaupt einschalten, dasa wir in der Neuzeit und gerade aui
Grand der sorgfältigsten Erhebungen aus den Hohlen gelernt haben, derartig
alten Schädeln wenigstens nach dieser Richtung mit einem gewissen Skepticiamua
gegenüberzutreten. Haben w4r doch zu konstatieren» dass wir fast überall boij
diesen ältesten Schädelfuuden durchaus abweichende Raum- und Bildungaver--
haltnisse des Hirnschädels vorfinden.
Wir können dies interessante Kapitel, in welchem wieder Stceten oiu€
massgebende Stelle einnimmt, hier nicht weiter ausführen und wollen nur be^
tonen, dass wir hierbei Thatsachen begegnen, welche die zuverlässige Eoustruktiofl
eines solchen alteren Rassentypus überhaupt unmöglich machen. Ist doch gerade^
wieder bei den Schädeln von Steeten, welche einem kleinen, unter denselbec
Verhältnissen lebenden Stamm aogehörteu, der zur selben Zeit seine Leute
begrub^ kein Hiruschädel dem andern gleich. Wir haben mit einem Worte zu
erklären, dass dieselben bei den Leuten der zweiten Steinzeit, deren korper^
liehe Reste wir endlich und wirklich zwischen den Fingern halten, schon lange
zu den verschiedensten Bärmen sich ausgebildet hatten, ehe dieses Volk M
uns kam. Ihr Gesichtsschädel aber ist gleichartig und typisch, und mit seiuefS
mongolisch breiten Ausladung der Jochbogen, der sehr tiefen Anlage der Schlafem
grübe, mit entsprechender Abdachung der Seitenwandbeine, mit unangenehmenJ
uiedrigbreiten Augenhöhlen und Nase bei sehr roh angelegten KieferpartienJ
bezeichnen wir ihn als turanisch. Die letzten Reste dieses grossen Volksstamtnea
sehen wir körperlich erhalten in dem eigentümlichen Völkchen der Baakeii
dann aber noch in einer ganzen Reihe typiecber Formen zwischen uns seibs
und, nach Ranke^ besonders zahlreich in Bayern.
Da wir von den Höhlen als neolithischen Begräbnisplätzen gesprochen,,
dürfen wir wohl fragen, wo die Bewohner der breiten Lösstlächen ihre Toten
bestattet, zumal die HöhlenbiUlung doch immer nur in vereinzelten Gebirgs-
formationen sich vorfindet; und da entdecken wir, wenn auch selten, bei un^
die ausgedelmteo ältesten Friedhöfe unserer Fluren; die Gräber, meist einfacli
in den Boden eingeschnitten, selten, gleichsam als Nachbildung des Höhlen^
grabes aus Steinplatten gefügt, wie in primitivster Weise z. B. in Schierstein^
Die Leichen wurden, wie meist in den Höhlen, sitzend beerdigt; ein geschlitTener
Steinkelt, ein Feuersteinmesser, einige Töpfereien bildeten die meist sehr (jpär-|
liehe Beigabe. Hm vieles interessanter gestalten sich die neolithischen Bestat^
tungen am Rande des Bodens der zweiten Eiszeit, dort, wo ihre erratischen'
Blöcke geblieben sind und nun ein rohes, aber gigantisches Material für die
Errichtung der Dolmen und grösseren Ganggräber boten. Unserem Lande tind
diese interessanten Hünengräber versagt, denn bis zu unseren Gauen habeii
sich keine nordischen Granite und Gneise auf der breiten Fläche der alt
Qletscherwelt heruntorgowagt, aber wir kennen sie wohl alle, au» eigener An^
13
bliauung oder wenigsteuä aus Bildern, diese tiefernsten und dabei so gewaltigen
Lu«i*eruugen einer Pietät für geliebte Tote, die viele Jahrtausende über-
dauert haben.
Ib dieselbe Zeit und vorzugsweise in die gleicheu Gegenden fällt die
Errichtung uralter Steindenkmäler, zu welchen ebenfalls die erratischen Blöcke
das Material geben. Mächtige Steinriesen stehen allein, ab Menhirs, oder ?ai
Kreisen oder grossen Gruppen geordnet, oft mit Tragsteiuen überdeckt, Ihre
Bedeutung scheint meist kultureller Art zu sein. Bei uns fehlen dieselben,
wie die eben erwähnten Dolmen. Aber die Errichtung der Menhirs der oeo-
lithischen Leute scheint doch ein allgemeinerer Gebrauch gewesen zu sein, sodass
sie, wie im Orossherzogtum Hessen z, B. in den verschiedensten Stücken, wenn
jcli nicht aus erratischen Gesteinen aufgerichtet, auffällig häufig erscheinen
id unter dem Namen Langenstein, Gluckenstein, Gickel- und Hünerstein u. s. w,
h(!Ute vorzugsweise als alte Grenzsteine aufgefasst werden. Dass diese Erklärung
freilich nicht immer stimmt, mag aus dem mächtigen Monolithen erhellen, der
seinerzeit als Wahrzeichen auf dem berühmten neolithischen Gräberfeld von
Mousheim dem Sturm der Jahrtausende getrotzt hatte; einen zweiten, umge-
stürzten fandea wir auf dem gleichartigen Friedhofe von Nierstein. Bei Hom-
burg steht heute noch ein Glocken-^ richtiger wohl Gluckenstein, seit langem
ein ausgesprochenes Grenzmerkzeichen, und doch scheint sein Name eine land-
läufige Umunderung von Hühnerstein zu sein, verdorben aus dem alten Hünen-
stein, dessen Begriff und Abstammung verloren gegangen war. Und zur Be-
stätigung dessen grüsst dabei von der Höhe des Taunus herüber der alte
Kingwall der Gickelsburg, deren Namen wir schliesslich auch auf die Vorfahren,
die Hünen, zurückführen.
Die Leute der zweiten Steinzeit haben aber nicht nur auf oder in dem
Löas ihre Wohnsitze gehabt. Sie haben wahrscheinlich schon beim Beginn
ihrer Einwanderung zunächst die östlichen Seen und Sümpfe als Pfahlbauern
bewohnt. Wir wollen uns hier nicht des weitern auf die Eigenart der Woh-
nungen, der Lebensweise der sogenannten Pfahlbaueru einlassen; dieselbe darf
als bekannt vorausgesetzt werden. Die zahlreichen und so mannigfachen Über-
reste aber, die wir in ihren abgebrannten Seedörfero, in erster Linie des Boden -
sees, gefunden haben — die geschliffenen Steininstrumente, die eigenartigen
Töpfereien, sowie die übrigen Kunstgegenstäude — sind in Form und Mache
mit den Artefakten unserer neolithischen Bewohner fast ausnahmslos identisch.
Die Hinterlassenschaft unserer neusteinzeitlichen Bevölkerung, mögen wir
diese nun den Höhlenbestattungen, den Mardellen, den Dolmen u. s. w. ent-
nehmen, giebt uns den uuumstüssliehen Beweis in die Uand^ dass wir ohne
jedes Bedenken die alten Pfahlbauern vrie ebenso die ihnen in jeder Richtung
nahestehenden Leute der Terramaren jenseits der Alpen demselben grossen
turanischen Volksstamm zurechnen müssen, den wir gewohnt sind als die Cro-
Magnon-Leute zu bezeichnen, der aber ebenso gut nach unseren Steetener
Toten genannt sein könnte.
Wir sehen auf diese Weise ein grosses einheitliches Yolk vor uns, auf
einer gleichmässigen Kulturstufe stehend, aber noch ohne Kenntnis der Metalle.
i^L^
■k
IkmJiM
14
In enter Linie Ackerbau treibend, wurde und blieb es bei uns sesshaft; ja et
hat sogar, trotz aller spateren Stfirme, seine letzten Reste, wenn aach ganz
yereinzelty bis in unsere G^enwart gerettet. Seiner Entfaltung standen keine
neuen klimatischen Yeränderungen im W^e, wie die, welche seinen VorgSngem
das Leben erschwert hatten; aber noch waren für ein gutes Gedeihen bei der
Mangelhaftigkeit der Ausrüstung gewisse günstige geologische Bedingungen not-
wendig geblieben, ein mühelos zu bewohnender und zu bebauender Bodeni
unter Umständen selbst ein Schutz in den Seebecken, welche die Stimmoränen
der letzten Gletscher geschaffen. Als dann neu aus dem Osten andringende
Yolkeri die wir als arisch bezeichnen, ihnen den Boden streitig machten, teils
sie Temichtend, teils sich mit ihnen mischend, als verhältnismässig bald die
Metalle im Kriegs- wie im Friedenshandwerk anjBmgen die Oberhand zu gewinnen,
lernte auch bei uns der Mensch sich mehr und mehr yon den geologischen
Bedingungen zu lösen, die ihn bisher mit Notwendigkeit an sich gefesselt hatten.
Und ab er endlich das wichtigste und edelste aller Metalle, das Eisen, seinem
Willen fügbar gemacht hatte, da war er zum erstenmale wirklich frei yon den
Hemmnissen, die ihm die Natur bis dahin angelegt, und mit stolzer Freude
schritt er in ein neues Zeitalter seiner eigenen Entwickelung.'
ie „Ewige Lolie^^ bei Homburg v. d. Höbe.
eine friihgeschichtliche Orabstütte.
Von
H* JaCObii Kgl. Reg.-Baufülirer.
Mit Tafel I und H.
I
I noc
I
Die Uotersuchung von Ortsuamen und FIurbezeichouDgen bildet ein zu-
verlässiges Hilfsmittel zur Auffindung von geschiclitlichen Fundstätten* Gerade
für die deutsche Vorzeit, zu deren genauer Erkenntnis öchriftüche Aufeeicb-
DUDgen fehlen, sind sie von hoher Bedeutung, weil in ihnen oft historische Be*
gebenheiten einen Ausdruck gefunden und bis zum heutigen Tage mit wunder-
barer Energie erhalten haben, die man sehr leicht in das Reich der Sagen zu
weisen geneigt ist. Mauern, die noch in späteren Jahrhunderten über die Erde
hervorragten oder unter derselben dem Ackeramann beim Pflügen viel Be-
schwerde bereiteten, Brandachutt und Reste von Gefassen und Waffen, die
dort zu Tage kamen, zeugten von einer älteren Kultur, und es lag nahe, wenn
man damit die Überlieferung in Verbindung brachte, an Ansiedlungen zu denken,
die durch grosse Kriege von dem Erdboden verschwunden waren. In der
späteren Zeit machte man den dreissigjährigen Krieg dafür verantwortlich, der
noch als das letzte grosse zerstörende Element in Aller Erinnerung lebte.
In der Umgebung von Homburg v, d. Höhe, wo man den Flur- und
markungsnamen stets einen besonderen Wert beilegte, ist es gelungen, nachzu-
weisen^ dass eine Reihe von Ortschaften, die angeblich durch jenen grossen Krieg
verwüstet sein sollen, wahrscheinlich nie existierten und nichts weiter als vor-
römische, römische oder fränkische Niederlassungen und Kultatätten waren.
In alten Flurnamen, wie „Blutige Haide", ^Streickarf* oder „Streickert*' =
Streitplatz u. a- m. ist die Erinnerung an frühere Kämpfe erhalten geblieben j
Ausgrabungen an Ort und Stelle haben eine interessante Ausbeute an Alter-
tümern ergeben.
Eine alte Flurbezeichnung wie „Ewige Lohe** musste deshalb die vollste
Aufinerksamkeit erregen, besonders, nachdem auch vereinzelte Scherben von
dort abgeliefert waren. Man dachte bei dem Ausdrucke ^Ewige Lohe** an eine
alte Opferstätte, indem man „Lohe" ^ „wallende Glut" nahm. Dem steht aber
nüber, da^s in alten Karten, Urkunden sowie im Volksmunde die Flur
Obl
10
„Eppi^c LüIjc** genauüt wird. „Eppich** liciss^t bei deu Bauern jene
s= Epheu (Grimm: Eppich, Ebich und Ewich), und es ist wahrseheiDÜcIi, da
die Flur in früherer Zeit Wald war, woselbst Epheu in grosser Menge wucl
daher die Bezeichnung ^= „Epheu wald**. „Lohe*' bedeutet Hoviel wfe'
„Wald** (Grimm: loh = Wald, Holz, Walddistrikt). Prof. Arnold schre
darüber in seinem Buche: „Ansiedelungen und Wanderungen deutscB
Stämme^ mit Bezug auf Hessen: „loh, lat. Incus^ in der uraprunglichen
deutung jetzt erloschen \ wir brauchen jetzt dafiir Hain oder Wald ; \^iel hj
figer ist unser „loh** in den Feld- und Waldorten, einfach und zusaram^
gesetzt . . « begreiflicherwoise findet sich das Wort in den Flurnamen häuf
als in den eigentlichen < )rtsnamen .••**— und an anderer Stelle : „Ich
mute, dass das Wort ursprünglich gleich dem lat luais die dem religiös j
Kultus geweihten Waldorte bezeichnet und erst in der christlichen Zeil \
einen allgemeinereu Sinn angenommen hat Denn nur so weiss ich es 2U
ktureUt dass nicht bloss einzelne ganz isolierte Waldstücke sich vielfach
auf die Gegenwart erhalten haben, sondern dass vorzugsweise solche auch dfi
Namen „loh** fuhren . . • Bei Feldorten verrät oft die Präposition auFtn,
vor dem Lohe wieder die alte Bedeutung . . , Von Zusammensetzungen fül
ich beispielsweise au: das grosse, kleine, hohe, schone, lange „loh* etc.
Bei Homburg kommen Bezeichnungen wie „Eichenlohe, Lindenloha*^
(^ Wald) vor, die bei Untersuchungen Überreste römischer oder fränkiscH
Ansiedelungen aufwiesen.*)
Die „Ewige Luhe** bei Homburg liegt dicht hinter den Miueralquell
am Feldwege (alter Römer- Weg) nach Gonzenheim ; sie bildet den südöstUcfa
Teil des vor dem Hardtwalde nach dem Quelleugebiete zu abfallenden
banges, der jetzt mit Obstbäumen bedeckt ist, in alter Zeit aber ohne Zwe
zur „Hardt*" gehörte. — In der dort gelegenen Braun'schen Sandgrube
Ziegelei wurden schon früher einzelne vorrömische Gefasse gefunden, die aller*
dings einen grossen Teil ihres Wertes dadurch eingebüsst haben, dass ihr ge-
nauer Fundort sowie ihre Zusammengehörigkeit jetzt nicht mehr nachzuweis
ist. Endo August 1891 stiessen Arbeiter beim Abheben der oberen Schicht!
in der nordwestlichen Ecke der Grube wiederum auf Scherben. Da sie sofi
davon Mitteilung machten, und der Besitzer Herr Johann Braun wie scfa
öfter in dankenswertester Weise die Erlaubnis zum Nachgraben gab, konj
die Stelle, die sich als frühgeschichtlicbes Grab erwies, genau untersucht wer-
den. Da dieser Fund der erste frühgeschichtliche ist, der sowohl in dieser
interessanten Flur, wie auch überhaupt im Homburger Gebiet voUstÄndig
hoben und aufgenommen werden konnte, so dürfte einer etwas ausführliche
Beschreibung Kaum gegeben werden, —
Die über den Scherben liegende ca. 1 m hohe Erdschicht bestand
angeschwemmtem, fest zusammengewachsenem Löss, der ab und zu von klcii]
Eisensteinen') durchsetzt war. Nur mübsam gelang es, aus der harten
') Ffof, Arnold sotit die Entstehung dioser Beseichnongen in seine ftllaste Periode.
*l Dkhi bei der Fundstelle liegt eine Gemarkung ^EUoaberg*^, in der früher Eit*eDiteifie
sucht wurden.
17
mit Hilfe Yon Messeni die Scherbou berauszuschiieideD^ die ganz durchweicht,
trotz gnmster Voraicht, viel unter den Messern litten^); an der Luft wurden
[»ie später wieder hart. Sie lagen über einen fast kreisfürmigeo Raum von
ca. 1,50 m Durchmesser ausgebreitet; durch den auf ihnen lastenden Erddruek
war eine Anzahl GeßLsöe, die auf der alten natürlichen Erdoberfläche zusam-
menstanden» zerdrückt und ihre Bruchstucke in einer Höhe von ca: 20 cm dicht
aufeinaudergepresst worden. Auf dem stark eisenhaltigen Urboden lag unter den
IBcherben ein vullständig verrostetes Eisenschwert mit der Spitze fast genau
nach Norden orientiert. Senkrecht zu diesem fand sich ein eiseroes Dolch-
tnesser vor, und neben dieseui auf eine Schale aufgerostet ein halbringformiges
eisernes Hesser (vergl Taf. I, Fig. 1 u. 2). Eine Steinpackung war nicht vor*
banden; von Aschen- und Knochenresten keine Spur; dagegen zeigten sich
spärliche Überreste von Holzkohlen, Es konnte mithin nicht mehr zweifel-
Ihaft aein^ dass man ein frühgeschichtliches Grab erhoben hatte, in dem ein
reicher Krieger mit seinen WaflFen und Hausgeräten nach der Verbrennung
beigesetzt war.
Was die einzelnen Fundstucke anlangt, so sind die Eisengegenstände
die weitaus wichtigsten. Das eiserne Schwert ergab nach sachverständiger
Ablösung des Rostes in seinem Kerne die auf Taf. I, Fig. 3 und 3 a abge-
I bildete Form. Sie ist typisch für jene noch in geringer Zahl gefundenen
frühgeschichtlichen langen Eisensch werter der Hallstadtzeit und für die Zeit-
stellang und Klassifizierung des Grabes in erster Linie massgebend. Das
Schwert hat jetzt noch die beträchtliche Länge von 1,07 m und erreicht somit
diejenige des in Hallstadt*) gefundenen* Die Klinge ist geschweift und in der
Mitte an der breitesten Stelle ^ 6 cm; eine Mittelrippe lässt sich bei der
starken Oxydation nicht mehr feststellen. Das Heft ist besonders angesetzt
un<l war, wie erhaltene Spuren beweisen, mit einem hölzernen Griffe versehen.
Von gleicher Bedeutung ist das dabei liegende Dolchmesser (Taf. I,
Fig. 4), das ebenfalls für eine Reihe von Hallstadtgräbern der Eisenzeit eigen-
lich ist Es hat einen geschweiften, ziemlich breiten Rücken, ist 21 cm
und imitiert ebenso wie das Eisenschwert die Form von Bronzewaffen.
Das halbringförmige Messer ist ebenfalls aus Eisen, besser erhalten wie
die beiden vorigen, doch sehr dünn {Taf. I, Fig. 5). Bronzemesser in der-
I selben Form sind öfters gefunden.
Die zu Tage gekommenen Scherben wurden sorgfaltig zusammengelegt,
doch war die Lage der einzelnen Gefässe zu einander nicht mehr zu er-
kenuen. Mit grosser Bereitwilligkeit hat sich Herr Seibel aus Homburg der
nicht geringen Mühe unterzogen, die ßefasse zu kitten. Vollständig zusammen-
gekommen sind 7 Stück, von 3 weiteren sind Bruchstücke vorhanden. Im
übrigen ist es nicht nötig, dass alle Oefasse vollständig erhalten sind, da man
dem Verstorbenen wie bei den Griechon und Römern wohl meistens seine Ge-
') Diei zwt Erklärung für diejenigen, welche in diesen EioBchnitten etwa beabaichtigte
[^IcliDiiiigcn zu sehen glaaben. — *) Tergl den Aufgütz Ton Lindenschmit über dm vor-
tÜicliL* Btsenschwert in dessen! ^AttertQmcr unserer heidnischeD Vorzeit^ Band IV,
Oberer
unterer
Orösfter
DurcbmeMOr
Durchineuer
Ourchmeaser
1.
38
15
55
2.
34
t4
4G
a.
24
e
—
4.
24
9
—
5.
2t
6
—
6.
23
6V.
—
8.
6
11
braitcbsgefiisse mitgab^ auch wenn sie zerbrochen waren. Taf. II giebt in ihr^
oberen Hälfte die Form der im August 1801 aus^^egrabenen (refasse; ihi;
Masse sind folgende:
Bezeichnung r\.™u t\. i, r^ t.-., Hob»
Taf. II, Fig. l. 38 15 55 50
44
8
8
8
7
Oofasa Fig. 1 von sehr grossen Dimensionen läuft nach unten koatsoli
zxi und ist infolge seines auffallend kleinen Bodens sehr wenig stabil; es war
wahrscheinlich beim Gebrauche eingegraben oder an einem Ringe aufgehängt.
Die Oefässwände sind dick, nach unten zu stellenweise fast vollständig durch*
gebrannt. Das Äussere ist künstlich durch Reisig oder grobes Tuch raub ge-
macht, um den Topf besser handhaben zu können. Gefass Fig. 2 ist von gelb-
lich-rotem Thone, hat glatte Oberflache und eine geschwungene Form.
Fig. 3—6 sind flache Schalen mit dünnen Wänden, aus feinerem Thon*
aussen schwarzbraun ; ein besonderer Boden ist nicht vorhanden^ das sackartig
durehhängende Gefass war durch Aufstellen auf den Boden unten platt gedruckt.
Fast ganz erhalten ist ein kleiner Trinkbecher (Fig. 8), ebenfalls von
feinerem Thon; er läuft nach unten in eine 8pit2e aus, mit der er jedenfalls
in den Erdboden eingedruckt war.
Fig. 7 giebt Bruchstücke einer ganz dünnen Schale, deren Form sieh
leicht ergänzen lässt; sie hat einen Durchmesser von 15 cm. ist rot und hat
am oberen Rande einen 2 cm breiten schwarzen Streifen aus Graphit. — Das
GefasBp dessen Henkel in Fig. 9 dargestellt ist, lässt sich nicht mehr rekon*
struieren.
Die Technik der GefUsse ist eine sehr ursprüngliche ; Formund Material
weisen darauf hin, dass sie an Ort und Stelle hergestellt und gebrannt sind
(die Ziegelei liefert einen Thon, der heute noch von deu Töpfern verwandt
wird); ein so umfangreiches Gefass wie Fig. l wird man auch nicht aufWan»
derungen mitgenommen haben. Der Thon der grosseren Gefasse ist sehr stark
mit Quarzsteinchen durchsetzt, zum Teil wohl um ein leichteres Brennen xii
erreichen. Dio Drehscheibe scheint nicht zur Anwendung gekommen zu sein,
die GefTiss wände sind nicht gleich stark, ihre Oberfläche ist sehr uneben und
ohne jeglichen Schmuck. Die Bruchstücke Fig. 7, 8 u. 9 machen eine Ao^
nähme. Die feinere Technik legt die Vermutung nahe, dass diese importiert sind.
Da in gegebenem Falle alles Neue und Auffalleüde erwähnt zu werden
verdient, so sei noch eines pyramidenftkmigen Quarzkrystalls in der Urtoie
einer Kinderfaust gedacht. Derartige Krystalle kommen in der d(»r * ^«'geod
nicht vor, sonderu fiudeu »ich nur jenseits des Taunus bei Katz i. _iibAeli»
ein Beweis dafür« dass man damals eine Yerbinduug mit jener Gegend kanntr.
4
4
19
Der Brauch, den Toten besondera gestaltete oder gefärbte Steine, sei ea als
Aiideaken an ihre Heimat, oder das» man ihnen eine besondere Bedeutung
i»eimai^8, mitzugeben, findet sich auch bei anderen Völkern wieder, —
Von den im Jahre 1880 in der ^Ewigen Lohe** gefundenen QefKasen,
welche ebenfalls zusammen den Inhalt von Gräbern ausmachten, aber leider
uhne Zuziehung von Sachverständigen der Erde entnommen wurden, habe ich
die hauptsächlichsten auf Taf* II in der unteren Hälfte angegeben. Ihre
Masae sind folgende:
Bezeiohnung
Oberer
Durohmesser
Unterer
Durchmesaer
Grösator
Durohineiwer
Höhl
Tftf. II, Fig.
10.
27
8
30
23
n Ti
U.
29
8
—
18
V yt
13.
21
6
—
8
« f»
14.
17
8
20
8
TT n
15.
12
3
—
5
if fi
16.
13
7
—
9
Die Gefasae Fig, 10 u. 14 sind schwarz und sehr hart gebrannt Fig. 14
i«t echinusfOrmig, am oberen Rande mit richtigem Gefühle eingezogen^ um ein
Überfliessen zu verhindern. Im Gegensatz dazu hat Fig. 13 einen flachen,
gerade abgeschnittenen Rand; die Sehale ist sehr roh gearbeitet, die Wände
sind sehr stark. Von ebenso primitiver Herstellungsweise sind Fig. 12 u. 15,
von denen soviel Bruchstücke vorbanden sind^ dass ihre Form hergestellt werden
kann. Fig* 11 u. 16 sind beide von sehr altertümlicher Technik: Fig. 16 aus
»ehr unreinem Thon mit starken Wänden und besonders angesetztem Bodeu-
rand. Die auf seiner «Oberfläche angebrachten Nägeleindrücke dienen w*ohl
nicht alß Verzierung, sondern nur zum Rauhmachen; sie sind sehr klein und
lassen auf Anfertigung durch Frauenhände schliessen, wie dies auch von an-
deren Völkern bekannt ist.
Besonders interessant ist das Bruchstück eines sehr grossen Oefassea
(Fig. 17), vielleicht von einem oberen Durchmesser von ca. 60—70 cm. Der Thon
ist sehr grobkörnig, bei der grossen Dicke der Gefösswände aus technischen
Gründen. Am Halse trägt es einen Ring, der mit den Fingern angeknetet ist;
die höchsten Punkte desselben bilden eine wellenförmige Linie. Er giebt viel-
leicht eine Erklärung fiir den Transport eines solchen Gerätes und ahmt ent-
^weder das gewöhnlich um den Hals gelegte Tau aus Hanf oder Stroh nach,
Ider diente dazu, das Hinaufrutschen eines Strickes zu verhindern. Die Gefässe
Fig. 11, 13, 15, 16, 17 bilden ihrer unbeholfenen Form wegen einen eigen-
artigen Kontrast zu den übrigen auf der „Ewigen Lohe*^ gefundenen. Man
braucht deshalb niehi anzunehmen, dass sie älter sind wie die anderen, da
primitive Herstellungsweise nicht immer die ältere ist. Wir dürfen eher in
der UnvoUkommenheit der Technik einen Beweis dafür erblicken, dass derartige
it?Ij f: ! ' Gebrauchegegenstände im Lande selbst, wie es eben die lokalen Ver-
rb ^ erlaubten, in uuHerem Falle möglicherweise nicht weit vom Fundorte
gefertigt sind.
20
Mit diesen Scherben wurde auch das Bruchstück eines eisernen Schwert-
griffes mit Bronzeknöpfen ausgegraben. —
Die Fundstücke sind sämtlich im Saalburg-Museum zu Homburg aufge-
stellt und vertreten in der Homburger Abteilung der Sammlung die älteste
Kultur jener Gegend.
Betrachtet man die Gräberfunde von 1880 und 1891 im Zusammenhange
mit den wiederholt an verschiedenen Stellen der „Ewigen Lohe^ aufgefundenen
vorrömischen Scherben, so darf man wohl annehmen, dass die Flur, in alter
Zeit mit Wald bedeckt, eine ausgedehnte Grabstätte bildete, deren hohes Alter
schon durch die geologische Formation des Bodens bewiesen wird. Dass diese
Gemarkung bis heute den Namen „Ewige Lohe^ behalten hat, wäre eine Be-
stätigung der von Prof. Arnold gegebenen Erklärung für die mit „loh^ zu-
sammengesetzten Lokalnamen. Da, wie oben erwähnt, der Hardtwald eich
unfraglicb über die „Ewige Lohe^ hinaus erstreckt hat, und sich in letzterem
jetzt noch mehrere Hügelgräber befinden^), ist es wahrscheinlich, dass auch
die Gräber auf der „Ewigen Lohe^ von Hügeln bedeckt waren, welche bei
der späteren Kultur des Bodens abgetragen wurden. Vielleicht hat auch die
Natur die Einebnung selbständig bewirkt und die Grabhügel jener interessanten
Flur verschwinden lassen, deren Bedeutung als einer einst geweihten Stätte
heute nur noch in der Flurbezeichnung nachklingt.
Eine genaue Zeitstellung der Funde anzugeben, ist zum mindesten ver-
früht; einen vorläufigen Anhalt dazu giebt der umstand, dass dicht bei, zum
Teil auch auf der „Ewigen Lohe^ Reste von römischen Ansiedinngen gefunden
worden sind; u. a. wurde daselbst im Jahre 1880 eine grosse römische Yilla
aufgegraben.^
') Nooh nicht untersucht, doch in der archäologischen Karte von Dr. Hammeran an-
gegeben. — *) Vergl. darQbcr: v. Cohauson und Jacobi, «Kumische Bauwerke". Annalen
XVII, pag. 123 ff.
Vorröinische Altertümen
Von
m
1. D^r Brnnhilflisstein auf ilem grossen Pelilberg,
Mit Tafel IIL
Auf dem Gipfel des grossen Peldbergs im Tauaus ragt ein Felsen auf,
der nach der Sonnenseite einen sanften Abfall, nach Norden aber eine senk-
rechte zerklüftete Wand in Gestalt eines Dreiecks hat, deren Grundlinie etwa
10, deren Höhe 2,75 m beträgt; am Fuss derselben liegt zwischen herabge-
stürzten Blöcken einer, auf dessen ansteigender Oberfläche eine schalenförmige
Vertiefung und ein breiter Auslauf zu erkennen ist
Der Felsen ist schon in einer Grenzbegehung des Klosters Bleidenstadt
mn 812 der Brunhildenstein, 1043 das Brunhildenbett^) „lectulus Brunbilde",
eine nahe Quelle Brunhildenboro, ein Wald Brunforst genannt worden. ]>er
Name erinnert an Wodans Walküre, auch w^ohl an jene gewaltige auatrasische
Königin, deren schreckliche Thaten und Tod nach 200 Jahren wohl noch im
Volksbewusstaein lebten. Dazu die weit ins Land hioauablickende Lage auf
der öden und erhabensten Höhe des Taunus haben den Stein mit einem un-
heimlichen, sagenhaften Schleier umhüllt, in dem sich die Gebilde der nordischen
Ootterwelt, deren Verehrung durch blutige Opfer, för welche die Opferschale
und Blutrinne noch nachgewiesen w^erden, abheben, und uns in jene fcragisch-
etische Welt hinüberzaubern.
Wenn wir aber die Brille klar wischen, so erkennen wir die vordere
natürliche Schichtfläche, und in der hinteren blaugrauen Wandfläche der zer-
klüfteten Felsen drei weisse Flecken von elliptischer Form (a, 6, c), Sie haben 20
bis 30 cm Durchmesser und bestehen aus einer anderen helleren Masse, oder eiuer
Niere, w^elche allem Anschein nach noch so scharf umrissen und voll vor uns
stehen^ weil sie gegen Sonne und Regen geschützt nicht ausgewittert sind;
wäre das geschehen, so würden sie oben solche Schalen hinterlassen haben,
') Wir folgen hier Yogeli BtiHchreibimg von Nassau und der landtäuligcn Benenn ung^
obdolion anter dem eigenüiohen ßrunlüdeoBtein in der GreDzbegebung von BlcidensUdt 812
die Hebe Kanzel, 6 km norddenicb der Platte, und in der Orenzbegehung Ton Schloesborn
lOIS der Felaen aaf dem Feldbcrg als das BrunhUdeubett gemeint ist
22
wie 4ie in dem Block am Fusa der Felsen jetzt vorhandene (d). Man erkennt b
eine 30 cm weite, Itj cm tiefe Schale und in dieser das Gefüge des umschli
»enden Oesteins in gekrimimten und gezogenen erhabenen Reifein und Ver-
tiefungen, an denen nie eine menschliche Hand eine ölattung versucht hat;
man erkennt hier den Abdruck einer ebensolchen Niere, wie sie in der senk-
rechten Wand noch erhalten sini Aber was sind diese Nieren, und wie kom-
men sie dorthin? Durch diese Frage gelangt die Sache aus dem Gebiete der
Mythe, wie so manche andere, in das der Naturkunde. Und wir gestehen,
dass, dies voraussehend^ wir den auch als Geologen weltberühmten Professi
Dr. Tolger in Sulzbach bei Soden eingeladen hatten, unseren Ausflug mi
zumachen.
Mag es manchen Laien, der die häufigen Metamorphosen der Minerali
im kleinen wie im grossen nicht kennt, überraschen, wenn er hört, dasa di
Quarzitgestein des Taunus nicht immer das war, was es jetzt ist und wie
es vor uns sehen, sondern Kalk, der überlagert mit Quarzgebildcn durch den
Losung in Quarz umgesetzt worden ist, während der Kalk ausgelaugt und fei
geführt dem Quarz seine Gestalt hinterlassen hat. Daher die wenn auch nid
aOxu häufigen Versteinerungen und Abdrücke von Tier- und Pflanzenreaten im
Quarzit und seinem Naehbargestein, und unter jenen auch die hellen Nieren,
welche uns die Gestalt des Seeschwamms erhalten haben — als Yersteineruugi
in der Felswand, als Abdruck in der Opferschale. Mögen die Seeacbwäm
der Einfilterung des Kieselstoffes länger widerstanden haben und dieser dadu:
in Farbe und Material etwaa geändert, auch ihre Form etwas verdrückt word
»ein — immerhin ist ihre Form in der Schale, ihr Stiel in dem Aualauf un«i
aus einer unendlich fernen Zeit und trotz unendlicher Wandlungen der Gebirge
erhalten.
Aus dieser trockenen unpoetischen Betrachtung müssen wir noch ein
auf den Kultus zurückkommen, der auch ohne Opferschale und Blutrinne
das Brunhitdenbett noch gefeiert worden sein mag.
Bei einem anderen Ausflug auf dem Feldberg mit Freunden, die im v<
liergcgangenen Jahre Algier und Tunis bereist hatten, wurde ihnen einige Kil
meter von letzter Stadt ein Felsen gezeigt, auf dessen schräger Fläche
Beduinen weiber auf der vorderen oder auf der Kehrseite, je nachdem sie «ii
einen Kindersegen vom Himmel erflehen oder davon genug haben^ hinal
rutschen. Der Felsen, bei dem ein kleiner Tempel steht, aber kein Biid«»-
iMJer Waschplatz sich befindet, heisst ,Sidi-B!aten^.
Von den frühesten Bewohnern unseres Landes kennen wir aus den Rflgel-
gribern kaum viel mehr als ihren Bronzeachmuck für den Hals, die Arme und
Beine; er iat ganz gleich dem, den jene Völker in Afrika noch tragen. Sollen
jene auch ähnliche Votivgebräuche gehabt haben wie diese? Alterdings wid«r*
strebt es uns zu glauben, dass die germanischen Frauen dasselbe für gesii
hielten, was sich für die Beduinenweiber noch schickt
Wenn nun auf dem Foldbergfeste die Turner den Stein werfen uo<
Weitsprung üben, so folgen aie nur dem Vorbild der Brunhilde, von d
Nibelungen^Lied «agt:
i
23
^Brunhildeni Starke zeig^E^iö^^iüliflclaijij
Man tru^ ihr 2U dem Kreise einen Bchweren Stein^
Qross und ungeheuer^ rund und fltark und breit^
Ihn trugen kaum zwölfe dieaer Degen kühn im Streit.
Den warf sie allerwegen — wie aie den Spiess verschosaon.
« * . Da trat sie hin geaehwinde, zornig war ihr Mut,
Den Stein hoch erhob Bie, die edle Jungfrau gut;
Sie «ohwang mit groaien KrSften ihn ferner von der Hand^
Dann aprang sie nach dem Wurfe, ämn laut erklang ihr Qewand,
Der Stein war geflogen zwölf Klaftern von dem Sohwtmgi
Die Jungfrau, wohlgeaehaffen, erreicht ihn doch im Sprung«**
Nibelungen-Lied, übersetzt von Dr. K. S im m rock, 7. Abenteuer,
3. Der Ab8eluilttswalt und dt^r Kingwall auf dem Rücken der
Motlieimer Kapelle. - Ein Jadeitbeil (Taf. III).
Den Abschnittswall, welcher den Rücken, an dessen südlichem Ende die
Uofheiiner Kapelle liegt, begrenzt, haben wir im Bd. XX, p. 0 der Annaleo dar-
gestellt. Da wo eine Schneise 300 Schritt hinter dem Wall dessen Biegung
durchschneidet^ um zum Lorsbacher Thal zu führen, wurden bei der Anlage
eines Promenadenwegs in dem Geröllo des Walldurchschnittes zwei Steinbeile,
weiche zur Zeit der Wallaolage keine Beachtung erweckt hatten, gefunden und
durch llerrn Otto Engelhard aus Hofheira dem Altertumamuseum in Wies-
baden geschenkt. Das eine, von grünlich-grauer Qrauwacke, ist 16 cm lang^
6 cm breit und 2,5 cm dick, das andere, bei weitem kostbarer, aus hellgrau-
grünem Jadeit mit einer in bräunlichen Wolken angedeuteten Schichtung unter
45% bildet ein gleichschenkliges Dreieck von 25 cm Hohe und einer beilförmig
abgerundeten Grundlinie von 97 mm und ist nirgends dicker als 17 mm.
Der genannte Geschenkgeber mit dem Herrn Forstmeister Kehrein und
Herrn Fach entdeckten am Südende des Bergrückens, 200 Schritt südwestUch
von der Kapelle^ eine im Saud und Kies geebnete Fläche, deren Rand nach
Norden ansteigt, nach den andereu Seiten aber abfallt und einem elliptischen
Kingwall von äusserst schwachen Profilen Raum gewährt. Derselbe ist von
Westen nach Osten innerhalb seiner äusseren Grabenlinie 38 m und von Norden
nach Süden 37 m breit Die Mitte bildet eine 6 & 11 m grosse Fläche, von
einem seichten Graben und niederen Wall umgeben, den der äussere Graben
mit dem oben bemessenen Rand um/Jeht. Kein Graben ist 50 cm tiefer und
kein Wall 30 cm höher als diese Mittelfiäche, die man sich mit einer Flecht-
wand umgeben und in irgend einer Weise gedeckt als Wohnraum vorstellen
mag, während der äussere Wall, auch mit Pfählen besetzt, die durch Flechtwerk
miteinander verbunden sind, das Vieh beherbergte. Die Nordseite ist die, auf
die der Angreifer vom Gebirge her zuerst stosst und den Ringwall überhöht,
während die anderen abfallenden Seiten ihm keinen Vorteil bieten.
Hl Auch der oben erwähnte, 1800 Schritt nordwärts auf dem Gebirgsrücken
Hgal^gene Abschuittswall hat seinen Graben auf der Nordseite, als derjenigen,
24
«rerk
I
von welcher der Angriff erwartet ^iirde. Er hat ausser diesem Grabet
sich auch Doch einen hinter sich, zum Zeicheu der Eile, weil dadurch ei
doppelt 80 fiele Arbeiter angestellt werden konnten, um den WaU in kürzerer
Zeit in die Höhe zu bringen.
Auch bei dem beschriebenen Ringwall sind die Graben vor und hinter
dem Wall^ wenn auch nur in schwachen Abmessungen, angedeutet; und e»
ist nicht unmöglich, dass derselbe mit dem Abschnittswall durch Pfahlwerk
oder Gebücke längs der Ränder der beiden Parallelthäler in Zusamraenh
gebracht ist*
Wie der Uingwall Schlingwald bei Lorsbach (Annal. XXI, p. 5) mit starl
Wall und tiefem Graben den Angriff vom Gebirge her, aus dem Walde Katzei^
liicke erwartete, so war auch der Hoflieiraer Wall uröprünglieh gegen das
selbe^ gögen einen von Norden her kommenden Feind angelegt; aber auch
gegen einen vielleicht ach wacheren, minder ausdauernden Feind von Süden
konnte er schützen, Herrn Fachs Grossmutter erzählt, als die Frauzoi
uach der Schlacht bei Leipzig in hungrigen kranken Haufen nach Mainz
eilten, trieben die Hofheimer ihr Vieh in den Wald, wo es durch die
schanzuogen zusammengehalten wurde, um nicht nach den alten Ställen
ao in die Hände der Marodeure zu laufen. —
Über Nephrit und Jadeit ist das reichhaltige Fundamentalwerk von Hi
rieh Fischer, Professor in Freiburg i. B,, Stuttgart 1875, noch immer m
gebend. Der Genannte hat unser Museum 1875 besucht und die damals
handenen Steinbeile auf ihre mineralogischen Bezeichnungen untersucht»
interessantesten sind der Nephrit, der Jadeit und der Chloromelanit, sei
dadurch, doss sie in Europa weder in ihrem natürlichen Lager, noch in Oei
vorkommen, sondern nur, wie es scheint, in uralter Zeit als Steinbeile
Asien importiert sind, und zwar die Nephrite aus Turkestau, die Jadeite aus
Tibet; über die Herkunft des Chloromelanit ist man ohne Auskunft. Durch
die zahlreichen Funde dieser exotischen Gesteine in den Schweizer Pfahlbauten
wurde die Aufmerksamkeit auf sie gelenkt. Sie sind zumeist in Form
grüsseren und kleinereu, nicht durchbohrten Steinbeilen bearbeitet, welche
einer Länge von z. B. 25 cm kaum 2 cm Dicke haben, und zeichnen sich durcfi
eine ungemeine Zähigkeit, durch ihren Klang und eine meist grünliche F\
aus» Von allen Mineralien sind es eben diese, die zu schneidenden W
xeugen^ ehe man die Metalle kannte, am geeignetsten waren, da ihre
zwischen dem Feldspat und dem Quarz liegt. Aber nicht nur in den Pfal
bauten» auch im trockenen Land zwischen den Alpen und einer diesseits
Harz berührenden Linie werdeu sie nicht allzu selten gefunden, nördli
nicht. Ausser dem oben bei Hofheim gefundenen Jadeitbeil, von allen
längsten, besitzt das Museum zu Mainz fünf, in der Nähe bei Gonsenheim
sammen liegende und das Museum zu Bonn ein bei dem nahen Wes«»aJ
gefundenes Jadeitbeil von 18,8 cm Länge und 7 cm Breite.
Römische Altertümer.
Von
1. Wer Stand der limes-Forselmiigv
Aöküüpfeiid an das, was wir im XXIV. Band unserer Annaleu, pag. 254
gesagt habeu, eriDneru wir daran, dasä danach das Reicfasministerium vom
7. — 9» April 1892 eioe Kooferenz nach Berlin berufen hat, iu welcher preua-
sischerseits die Herren Geh. Oberregieruogsrat Dr. Althoff in Berlin, Landes-
direktor der Rheioprovinz Geb. Oberregierungarat Klein In Düsseldorf, Oberst
z. D* und Konservator von Co hausen in Wiesbaden, r)berstlieutenant vom
Nebenetat des Grossen Generalstabes von Leszcynski in Berlin, Geh. Regie-
rungsrat Professor Nissen in Bonn, Baumeister Jacobi in Homburg v. d.
Hohe, sowie als Mitglieder des geschäftsführend eu Ausschusses in Heidelberg
die Herren Generalmajor a. D. Popp von München, Professor von Herzog
von Tübingen und als Vorsitzender Hofrat Professor Zangemeister von Heidel-
berg — und endlich als Dirigenten bei der Reichskommission der General-
lientenant z, D. von Sarwey und der Professor und Museumsdirektor Dr. Hett-
uer in Trier bestimmt wurden. Als Streckenkommissär zwischen den grauen
Bergen (resp. Lochmühle bis zum Feldbergkaatell) wirkte der Baumeister Jacobi;
weiter hat sich in unserem Gebiet die Untersuchung noch nicht erstreckt, aber
vom Königlichen Kultusministerium ist als Sammelstelle für alle längs des
Pfahlgrabens in Preusaen, also von der Lochraühle bis Rheinbrohl, zu findende
Altertümer vorläutig das Königliche Landes-Museum in Wiesbaden bestimmt.
Des weiteren habe ich dann auch Homburg für alle Funde aus der Umgegend
der Saalburg von der Lochmühle bis zum Heidenstock in Antrag gebracht.
Für diejenigen, welche sich auch für die übrigen Strecken von der Loch-
raühle bis zur Donau interessieren, sind dadurch, dass jeder, insonderheit auch
die dem Limes zunächst liegenden Vereinsniitglieder, sich während und nach
den Ausgrabungen an Ort und Stelle Notizen machen, messen» zeichnen und
veröffentlichen dürfen, sodass also eine öffentliche Kontrolle besteht, wo sie
beliebt werden sollte, reichlich die Mittel gewährt, diese Interessen ganz zu
verfolgen. Von berufener Seite aber wurden bereits durch den archaolo-
giBchen Dirigenten in dem „Archäologischen Ansseiger" pro 1802, p. 147 u. f.,
26
wie durch den Herrn GeueralmaJL»r a. IK Tüpp m der ^Müncheuer Allg?^
meinen Zeitung^ !No. 7, 9 und 10 eingehende Berichte erstattet, und die Ori*
ginalberichte der Streckenkommissäre, der Herren Jacobi, Kofier und Pro*
fessor Wolff, ferner von den Herren Conrady, Schumacher, SteimeU
Kohl^ Eidam und Winkelmann, denen erläuternde Bemerkungen Ton den
Profesaoreo Momnisen und Zaogeraeiater beigefügt sind, in dem „Lime»-
Blatt** I. u. II., einem Beiblatt zur „Westdeutöchen Zeitschrift'* verÖfFeütlichi,
Hchüeselich soll die ganze Arbeit zAisammengofasst und mit den erfordorüchcn
Pläoen veröffentlicht werden. Uns hat hier vorläufig nur die Strecke von der
Saalburg bis zum Feldbergkastell zu beschäftigen.
Die Saalburg selbst hat den Dirigenten, unter Führung des Baumeisters
Jacob i und des Verfassers, als Lehrobjekt gedient, an dem weitere Unter-
suchungen nicht nötig erachtet wurden. Die Arbeit erstreckte sich daher nur
auf daa kleine Manipularkastell Heidenstock (Körn. Grenzwall, p. 129) und das
Feldbergkastell (Rom. Grenzwall, p. 137).
Der Heidenstock zeigte sich nach der Abräumung des Steinwalles als ein
in Trockenmauer aus Lesesteinen aufgeführtes Rechteck von 23,40 zu 19,40 m
Grösse, dessen Mauern von 1,90, 2 bis 2,05 m Stärke mit abgerundeten Ecken
bis zum Wehrgang nicht wohl über 2 m hoch gewesen sein konnte. Es wird
von einer schmalen Berme und einem seichten Grabeu umzogen und hat dem
PfaMgraben zugewandt einen 3,10 m breiten Eingang. Uns scheint es, da die
Romer überhaupt die schweren Hölzer, welche wir als Palissaden gebrauchen,
nicht hatten, sondern sieh leichter, etwa 4 — 6 cm starker Pfahle bedienten, das«
die Brustwehr vor dem Wehrgang aus solchen durch Flechtwerk zu einem
Ganzen verbundenen Pfählen bestand, welche dicht vor der Mauer eingeschlagen,
durch Zweiganker in der Mauer gehalten, dem Ganzen den genügenden Halt
gaben. Möglich, dass die Pfahle auch schon an der Berme durch einige Flecht-
zweige verbunden waren und oben verlängert Zinnen mit Wintbergen bildeten,
das Flechtwerk auch mit Graslehm verputzt war, wie auch dass die Barack«;
im Innern mit ähnlicher Wandbildung und mit einem Dach aus Stroh oder aber
aus Reisern und Rasen gebaut war, da der Mangel an Dachziegeln und die
Menge gebrannten Lehmes mit Kohlen darauf hinweisen. Nehmen wir noch
an, dass statt des hölzernen Thores, wofür Schwelle und Anschlag aus Stein
oder Holzspureu fehlen, ein astreicher Baum in die Thorlücke geschleift wurde?
so haben wir die Ausrüstung, mit welcher die Grenzkosaken und selbst unsere)
Grenz Wächter ihre notdürftige Unterkunft wohnlich und sicher machen ; und
grössere Ansprache werden auch die römischen Grenzwächter nicht gemacht
haben, denn die zahlreichen in Maassen und Konstruktion so verschiedenen
Zwischenkaatelte deuten auf solche nicht offizielle, sondern freiwillige nnd not*
gedrungene Konstruktionen hiu.
Die Funde beistanden aus 3 schönen Gewandnadeln, einigen BrunzenHinzeo,
Lanzen* und Pfeilspitzen, einem Hammer und einigen Nägeln, Thünscbcrbeiii
kleinen Ziegeln und einem Mühlstein von Mendiger Lava, der zeigt, daaa die
Wächter auch ihr Mehl sich selbst bereiten raussten.
4
^Si
27
Wir bentiteen, laugs des Pfahtgrabens weiter gebetxd« dio Oelegeaheit,
tm Rom. GreQÄwall noch nicht erwähnten, 1887 vom Furstnieister Herrn
lluene entdeckten Turmöberrest (No, 31^ 2) nachzutragen, welcher 152;i
chrttl weiter als der Stoekplacken (Rom. Grenxwall 136) liegt.
Von groÄsem loteredse sind die Ansgrabungen am FeldbergkasteH : aie
brachten Dinge zu Tage, die uns bei der Bearbeitung des Rom. Qrenzwalles
uobdiannt blieben, da wir keine Mittel zu Aasgrabungen hatten, und uns auf
Jiü Aufnahmen des Oberförsters Baum, der 1842 im Auftrag des Nassauischen
imsrereins Messungen und kleine Nachgrabungen gemacht hatte, sowie
niiäere eigenen Messungen beschranken mussten.
Das Feldbergkastell, auf einem sanften Wald- und Wiesenabhang nörd*
cb des grossen und des kleinen Feldbergs gelegen, hat in den Aussenkanten
sr 1,50 03 starken, solid mit Mörtel gebauten Mauer 93,40 zu 78,50 m Grösse,
einfache, durch je zwei Türme verstärkte Thore von 3,50 — 3,60 m lichter
Teite und hinter den gerundeten Ecken einen Turm von 3,18 zu 2,90 m lichter
Um das Kastell läuft vor der 1 m breiten Herme ein Spitzgraben,
860 Sohle^ wo Strömung der Quell wasser der Weil zu beachten war, mit
erundeter Pflasterung versehen ist. Über den Graben, der auch vor den
boren durchlief, müssen Holzbrücken gefuhrt haben. Denn es sind an den
Dgängen regelrechte, nach aussen abschliessende Verbindungsmauern herge-
pellt, welche als Auflager einer Holzbrücke zu dienen geeignet sind. Wir
uns zu diesem Zwecke nicht etwa eine Zugbrücke, sondern eine leicht
tirücfc- und vorzuschiebende RoUbrücke vorstellen, und wäre deren Konstruktion
einem feststehenden gezimmerten Gegenufer bei eioer Spannung von etwa
m leicht zu finden und durch die vielen verfügbaren Mannschaften leicht
ad rasch zu bewegen.
Die Mauer ist grossenteils bis zur Webrganghöhe 1,50 m erhalten, und
dögeo die abgestürzten Steine bis zu 80 — 85 cm Höhe ausreicheo.
Fünfzig Schritte vor dem Kastell, aber noch innerhalb des Pfahlgrabens
gt die kleine Villa als Schutthaufen, die sich jedoch bei der Nachgrabung,
wie im Rom« Grenzwall dargestellt ist, zeigt, nur umgekehrt, Nord wurde
äd» Sie bat auf der Nord Westseite, wohl wegen des dahin abhängigen weichen
leläadea, vier Strebepfeiler und zwischen diesen das Schiirloch, durch welches
Hypokausten von drei Räumen, der mittlere mit zwei Exedren, geheizt
rerden konnten; die vier anderen Räume sind ohne Heizung. Davor ist ein
IdwestUcher, 2 au 2*/i m weiter Raum durch Plättung, Cementierung der Wände
Viertelrundstäbe in den Wickeln als ßaderaum für kaltes Wasser gekenn-
t^icbnet, zumal aus ihm ein unterirdischer Ablauf uoter dem als Küche zu
zeichnenden südöstlichen Anbau hindurch ins Freie läuft. Nichts bindert in
.Küche, das Wasser zu wärmen und in den Kaltbadraura zu tragen, aber
irfte nicht ausreichen, das ganze Gebäude als Badehaus zu bezeiobneo,
"ie man an anderen Kastelleo, wo eine derartige, auch grosse Villa nie fehlt,
('ersucht hat.
Die Lage der Villa in einem weichen Wiesengrund hat allem Anschein
eine tiefe Fundamentierung erfordert» und in dieser fand sich beim Nach*
*^ **"*-
so
3. Komischer Hehnielz^chmnck nnd Ooldschniieflji^erilte.
Mit Tafel IV.
Im Oktober 1892 wurde in Mamz (Gaogaase 16 links beim Aul^
Aufraum für einen Hausbau eine Anzahl von römischen Emailarbeiten gefunden,
welche mit andern Goldschmiedgeräten und Brandscbutt, auch wenigen Thon*
Scherben in einem Mauerwinkel, wie in einem Versteck zusaranienlageu und
daa Gerücht verbreiteten, man habe mit einer Emailfabrik zu thun.
Der Finder und Grundbesitzer verlangte so hohe Preise, dass keines der
benachbarten Mui^een allein die Sachen ankaufen konnte, sondern es einem]
Antiquitätenhändler überlioss, dieselben an sich zu bringen und in Partien aa
dm rOmiäch-germantsche und an das Wiesbadener Museum, teils anderwärts xnl
verkaufen«
Das romisch-germanische Museum reinigte die Fundstücke und behielt die
Vorhand,
Der Fund bestand im wesentlichen aus;
15 schmekverzierten Knöpfen, aus solchen 3 Fibeln, 5 Haften, Zie^«
knöpfen, 4 Eapseldeckeln und B Kapseln (Duflbüehsen),
aus einigen (etwa 12) gewöhnlichen, unverzierten Bronzespangen,
aus einer grossen Anzahl (etwa 100) von weissen und schwarx
Kapellen,
12 Bronze-Löffeln mit geknicktem Stiel (Fig. 11).
13 Drabtstäbchen, am Ende zum Schüppchen ausgeplättet und mit einen
länglichen Öhr versehen,
14 Punzen, 1 Zängelchen,
19 sehr verrosteten eisernen Siegelringen ohne Stein oder Schmelz, Nägeln,
Schlüsseln, eisernen Messern mit und ohne Bronzebeschlag. 5 Latrun*
culi, vielen Würfeln,
verschiedenen Ziegeln mit dem Stempel der 22, Legion und andere, auc6
einem Hohlziegel mit diesem Stempel — womit, wie es scheint, etil
Weg zu der Werkstätte gestickt war*
Da ich nun im Jahre 1873 im 12, Band unserer Annalen^ eine kletnn
Abhandlung über römischen Scbmelzschmuck geschrieben und der LitteratuC
über diesen Gegenstand gefolgt bin, und obschon ich von dem dort Oesagieii
tiur wenig xu ändern und nur über die alte Goldschmiedtechnik einiges beisu^
fugen habe^ so hielt ich es doch für meine Pflicht, über den Fund hier zu be«
richten.
Es ist mir dabei weniger um die Kunstformen, als um die Tecitnik zu thunj
Schon vor den Römern zur Latonezeit vom 4. bis L Jahrhundert r, Ghri
wurden emaillierte Schmucksachen. Waffen und Sporen in das uördliohe und
östliche Deutschland und Gallien exportiert, wohl weil dahin der Seeweg »icherei!
»ein mochte, als die durch die Wälder Mitteldeutschlands führenden.
*) Dtr Tereifl bfwist ocNth ftinvi Aoulil vtm Sand^fmltdrackcn mit iwei Tjif«tii FwrU«»«]
dnmk, di« er «orkiuftieb su t M. nbgieUt.
81
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Wir kennen die lüdustriepiodukte aus den Werkstätten vom Moot Beuvrai,
dem alten Bibracte (Autuo, Saone et Loire), Dieselben erzeugten vorzugsweiae
oioeo roten (Blut-)Schmelz, der iu heissem Zustand in die Höhlungen, Gruben
der EU verzierenden Gegenstände (Schwertknäufe, Fibeln) gegosaen und dann
durch Abfeilen des Überflüssigen geebnet ^^urde. Unser Museum besitzt von
dieser Industrie eine eidechsenßrmige Fibel vom Ältkönig und wenig andere
ale Beispiele* Um dies Studium hat sich der leider zu früh dahingeschiedene
O* Tischler nicht mit philologischer Akribie^ yondern mit den Kenntnissen der
Gegenwart, mit chemischen Untersuchungen, mit Dünnschliffen, Mikroskop und
Polarisierungs-Instrumenten verdient gemacht
Zur Zeit der römischen Kaiser im 1. Jahrhundert n. Chr« kamen die
römischen Schmelzarbeiten nach Deutschland, Gallien, Britannien. Es war nur
Qrubenschmelz, die Farben nicht durch eingelötete Stege geschieden. Denn
diese Werkweise, der Zellenschraelz, kam erat viel später (um 1100) aus Byzanz
nach Deutschland.
Der Orubenschmelz verschwand mit dem Sturz der Römermacht ums Jahr
400. An seine Stelle traten die Gold- und Silberschmiede- und Juwelierarbeiten,
die wir in den Gräbern der Franken und Alemannen finden. Sie bedienten sich
dünner Gold- und Silberplatten, die auf Bronzeplatten befestigt waren, und ver-
zierten sie mit Almandinen (edlem Granat) und Pyropen (böhmiachem Granat)^
welche ihnen, zu Tafelsteinen, Dünosteineo geschliffen, wohl aus dem Orient
zukamen und denen sie gewaffelte Goldfolien unterlegten, Rotes durchsichtiges
Glas war im Altertum unbekannt und tritt erst im Mittelalter Ende des 10. Jahr-
hunderts in Kirchenfenstern auf. Die roten Steine an den fränkischen Schmuck-
stücken sind, wenn keine ganz neue Fälschung, daher immer acht, dagegen wurden
auch blaue und grüne Glasflüsse, selbst Perlmutter und Elfenbein eingesetzt
Den römischen Goldschmieden waren zwar Filigran- und Kügelchenarbeit^
auch das Tauschieren und Niellieren bekannt, doch übten sie die beiden letzteren
Zierarten lange nicht so häufig wie die Pranken und Alemannen und tauschierten
nicht wie diese, in den reichen und nationalen Mustern in Gold und gar nicht auf
Eisen. Die fränkischen Künstler produzierten zwar auch Filigran, meist aber
zwirnten sie den Draht nicht, sondern gaben ihm nur durch Einhacken den
Anschein des Filigrans.
Autfallend ist es, dass in Rom und überhaupt in Italien sowohl Scbmelz-
arbeiten wie Terra sigillata - Gefässe so selten sind. Lindenschmit schreibt
dies, und gewiss mit Recht, dem feineren Geschmack, dem Reichtum und dem
dort herrschenden Luxus zu, welcher ächten Goldschmuck und statt der Thon-
gefäase solche von Silber verlangte, die minderwertige Ware den Provinzen
überliess, und für sie anzufertigen und zu vertreiben gutfand.
So verschwanden beide Industrien mit dem Sturz der R5mermacht. An
Stelle des Schmelzschmuckes trat der mit dünnen Gold- und Silberplatten und mit
fragwürdigen Edelsteinen, und statt der reichverzierten Terra sigillata kamen
schwarze oder graue, nur mit Eindrücken und Strichen gekennzeichnete Gebrauchs-
töpfe auf den alemannisch -fränkisch eu Markt. Die für den Hausgebrauch arbeiten-
den Tüpfereien und Glashütten konnten, wenn auch durch die Unruhe der Völker-
^H^^tMKmm
^m^
32
Wanderung öfters uuterbrochoo, nicht aurgegeben werden; das was sie bUdeteHt
hatte nicht» mehr gemein njit den Erzeugnidsen der Romer. Bedurfoisforaita
und VerzieruDgen waren andere geworden»*)
In dem Fund auf der Gaugasse zu Mainz 1892 haben wir es mit atwei
Techniken zu thuu, oder wenn man will, mit einer Email werkstatte und einer
Gold- und Silberöehmiede. Beide, wenn auch unvollkommen vertreten, geben
doch Gelegenheit, ihrer Werkweise nachzuspüren und sie mit denen der Qogeti-
wart zu vergleichen. Es sind zwei Schamierfibeln mit Schmelzplatten, die
eine rautenförmig; der Mittelkreis, von einem Bronzesteg umschlossen^ ist rot
mit schwarzen, gelburakreisten Tupfen. Darum eine griine Raute» mit weiasoö
schwarzumkreisten Tupfen und um diese eine rote Raute ohne Verzierung. Man
erkennt, wie die Felder, als sie noch Schlammraassen waren, mit einem Rioglein.
gelb oder schwarz und in dessen Mitte mit einem gleichfalls eingedrüekteü
schwarzen oder weissen, runden Olasfadenabschnitt verziert worden sind, wie wir
dies p. 20 des citierten Schriftchens oder der Annalen XII, p, 228 gesehen. Auch
mag mau das Ringlein unmittelbar auf das Glasstäbchen wickeln und mit diesem
abzwicken.
Bei zwei Heftplatten in Form eines Fisches (Fig. 6 u, 7) mit zwei Knebeln
auf der Ruckseite und einem beweglichen Ring auf der Aussenseite, ist der
eine Kurper grün ohne Verzierung, der andere blau mit fünf roten, weissum-
kreisten Tupfen geschmückt, welche in gleicher Weiße wie oben entstanden
sind. Die grossen roten Augen der Fische sind von einem Bronzesteg nteht
eben korrekt umschlossen, aber von dem Schmelzscblamm vollständig ausgefüllt
und durch einen unregelraässigen weissen Tupfen vollendet.
Bis sind noch vorhanden die Deckel von Duftbüchschen, mit Lochern am
Boden und an den Seiten, welche wohl auch als Kapseln für iTkundensiegel
angesehen worden sind. Auch hier stossen die grünen oder roten Schmelzmassen
unmittelbar aneinander und schliessen an die Bronzeränder dicht an.
Eine andere Klasse aber sind die scbeibeufürmigen Zierknopfe, welche an
die Stelle der Fibula treten, nur dass sie auf der Rückseite keine Nadel und
Nudel^eheide, sondern in der Mitte nur einen Knopf haben, also wie etw*a unsere
Manschettenknöpfe in ein oder in zwei Knopflöcher hintereinander eingeknöpft
werden können. Sie haben die in Fig. 1 u* 2 in doppelter Grosse dargestelUtr
Form. Sie bestehen aus einem ursprünglich höchstens 2 mm starken Bronze-
blech, welches auf der Gesichtsseite mit Aussparung der Stege bis auf schwach
1 mm Dicke ausgedreht ist und einen kaum 1 mm starken schräg abfalleoden
Rand behalten hat. Die Schmuckseite ist in zwei oder mehrere, durch die
Metallstege oder Grubenränder getrennte Zonen geteilt und mit Glasschmek
gleichfalls von kaum t mm Stärke erfüllt. Metall und Schmelz sind dünn
gehalten, damit sie durch ihre Ausdehnung und Zusammenziehung in Wärme
^} Uet den GlSAem kann man bemerken, wte die BJSiner aben weite Triitkeohalen null
Kiiunen mit fein profllferten und nng&selKton Henkeln hatten, die Franken aber Sohalün dIibi*
Staritlbodeo, iclbil unten Eu^etpiute Triaki^lilAer, aber keine OefAsBo mit Henkeln Aaferti|ften
Man kanu aas letst«r«iD eelbat tchUeaton, daaa ihre Qlaahütteo kernen Kühlofen
93
I
»
Site nur gerioge Kraft aufeinaader ausüben können und zum Reidsen oder
Biegen keine Oelegenheit geben.
Eine grosse Hilfe wurde der Emaillierkunöt dadurch, dass man die Eunat
des Millefiori, welche nicht ohne die des Überfangena möglich war^ mit heranzog.
leb glaube am besten äu thuo, nicht die einzelnen Zierscheiben (Man-
schettenknöpfe), sondern das Verfahren bei ihrer Anfertigung zu beschreiben :
Nachdem das Braüzeblechstück etwa durch Prägung seine Hauptforra, die
Rundung und den schräg abfallenden Rand erhalten hatte, wurde seine Vorderseite
mit Aussparung der Stege, welche die Zonen trennen, etwa 1 mm tief abgedreht,
sodass nur der 1 mm starke Boden für den Schmelz übrig blieb und dieser
als Farbachlamm von rotem oder grünem Schmelz mit einem Schüppchen (Fig. 13)
eingefüllt wurde. Letzterer war am flüssigsten^ kochte leicht auf, diente aber,
iudemer den Boden in sehr dünner Lage überzog, auch als Klebstoff für die weissen
oder blauen Millefioriwürfel, welche auf ihn eingesetzt wurden. Ebenso dient
auch der rote Schmelz, welcher zwischen den MillefioriwürfelQ hervorquillt, aber
auch selbst kreisförmige Mittelfelder und Zonen oder auch würfelförmige Felder
bildet, in welcher Millefiori-Ornamente eingedrückt sind, als Klebstoff,
Diese kleinen Ornamente in den Würfeln sind aus schwarzen, weissen und
roten quadratischen Stäbchen zusammengesetzt und bilden Kreuze oder Dambrett-
chen^ oder sie bilden Blümchen, bestehend aus einem gelben, rotumkreisten Mittel-
punkt, an welchen sich acht spitzwinklige Dreiecke als Blättchen mit der Spitze an-
heften (Fig. 3, 4, 5). Diese feinen, nur mit der Lupe zu analysierenden Orna-
mente wechseln in den Farben , die Kreuze schwarz und weiss, oder auch
schwarz, weiss und rot, die Blümchen, je nach dem Medium, in das sie ein-
gesetzt sind, mit 8 blauen oder weissen Blättchen. Diese Ornamente sind
natürlich nicht ursprünglich in dieser Feinheit gemacht, sondern in vielleicht
1 cm starke Packete zusammengelegt, geglüht, mit der Plattzange zum Quadrat
geformt und dann vor der Lampe glühend ausgezogen, wodurch sie mit Bei-
behaltung ihrer Form bis auf jedes Mass verdünnt werden konnten. — Man
erkennt das sowohl an den Kreuzen , wie an den Blümchen , welche von
sehr verschiedener Grösse sind. Die so entstandenen Stäbchen (Fig. 16) werden
entweder abgeknipst, in die kalte rote oder die grüne Schlammmasse gesteckt,
oder sie werden, ohne zerstückt zu werden, mit blauem oder weissem Glas
fiberfangen und mit der Plattzauge zu einem quadratrischen Stab von den un-
gefähren Abmessungen gepresat und dann mit dem Meissel zu dünnen Blättchen
abgehackt, wir wir sie in Fig, 1 im doppelten Masssfeab dargestellt finden. Wir
aehen hier die äussere Zone mit rotem Schmelz erfüllt, der nicht nur selbst-
stäüdige Felder bildet uod mit je 4 Kreuzchen verziert ist, sondern auch die
WBlsaen und die blaueo Würfel festhält, verdrückt hat und zwischen ihnen her-
v-orgequollen ist.
Man sieht, die ganze Arbeit ist liederlich und voller Fehler zu Stand ge-
bracht* Aber eben diese Fehler sind es, die uns das Arbeitsverfahren enthüllen,
Wibr&Jid eine korrekte Arbeit sie verstecken würde.
Dma Mittelfeld der kleinen Zierseheiben ist ganz mit rotem oder mit grüu-
Uaüüm Sclimcliic, der gekocht hat, angefüllt und es sind in denselben in uuge-
34
fahren Reihen otwa vierzig Kreuze gesteckt, deren Grösse von 2 zu 3
variiertf je oachdem das MUIetioripäekclieo am oberen und unteren Ende
gekniffen und verwandt worden ist. Da die Schnielzflächen und die MUlefiori-
Würfel und Stäbchen nicht alle gleich hoch sind, so werden aie abgedchlü|
um auch die Metallstege wieder blank zu machen, worauf das Stuck ^ d|
m nicht poliert werden muss, wieder in den Ofen kommt und die Oborfli
etwas schmikt und dadurch glänzend wird.
Wir kommen jetzt zu den Fundstiicken^ die man einer Gold- oder Sill
schmiede zuschreibt. E& sind vor allem die Kapellen (Fig. 9 und 10 in ufi
lieber Grösse). Es waren deren etwa 100 Stück.
Soll ein Stücken Oold oder Silber probiert, oder von dem Zuaatz uno
Metalle gereinigt werden, öo geschieht daa durch das Abtreiben auf der Kap
(Fig. 9 u, 10), welche auf einem Blech in der Muffel (Fig. 15fi) steht, wähl
die Muffel rings von glühenden Kohlen auf ein Paar Eisenstäben im Uuffet4
(Fig. 156} steht.
Das Verfahren beruht darauf, dass dem edlen MetaU in der Kapelle einej
gewisse Menge Blei beigegeben wird, das sich mit den edlen und unedleni
Metallen legiert, mit letzteren zusammen zu Oxyd verbrennt, diese Oxyde (aU
ßleiglittte) schmelzen und von der porösen Masse der Kapelle aufgesaugt werii
80 dass das reine Edelmetall geschmolzen auf der Kapelle zurückbleibt,
in die Einzelheiten des Verfahrens und der Erscheinungen einzugehen^), lel
uns die Kapellen, die in Mainz in römischen Trümmern gefunden worden
daaa zur Kömerzeit, ebenso wie noch heute, verfahren worden ist. Die Kap€
(Fig. 9 u, 10), welche vor dem Gebrauch weiss sind, sind gleichfalls aus feuc
Knochenasche mit Holzkohlenasche in einem Cylinder mittels eines FormstempeE
geformt oder geprägt worden, wieder getrocknet und geglüht, und dann
noch heute mit Edelmetall und Blei beschickt in die Muffel und den Muffel
gebracht worden. Nach dem Oebraucb erscheinen sie, wie sie in Fig. 9
gestellt sind, grauschwarz und schwerer als die weissen, eben durch die ei|i
«ogenen Oxyde und auch Kohle.
In derselben Werkstätte hatte man, wie es schien aus derselben,
ähnlichen Masse weisse und grünschwarze Würfel mit ungefärbten Aiigen|
sowie einige Latrunculi von Porzellan- oder Frittmasse gefunden und
nun gleich bereit, die Kapellen für Spielmarken oder Damsteine «u
klaren* So geformte Damsteine oder Spielmarken sind aber niemals gefuc
worden, und es muss wohl bei der von uns gegebenen Erklärung sein Bewenl
haben. |
Von sonstigem Qoldschmiede Werkzeug fanden sich noch 14 eiserne Punzeui
(Fig. 14), die, wie wir sie auch jetzt noch macheu, in der Mitte dicker sindj
damit sie nicht , wenn sie gleichmässig dünn wären , in der Hand
jedem Schlag ititterten. Sie dienen dazu, runde, drei- und viereckige
tiefaDgen einzuschlagen, wie wir sie z, B. in gewissen Tieriibeln mit SchmeTd
Liigeni
-1
*} Sie Biiid In jedem Bandbuoh der te^hnischcD Chemie oiler Oold- und SiJb<»ri»cii
%ilft9t, I.B. in £. R. Schuberths Elemente d«r techtiiBclien Chemii*, udt^r in R. v. fCtiU
Hsodbuoh fQr (h)ld- und SUbflr&rbciteD, Weimar 1887, »Acbiuleten,
Hfl
igefülU hudüü. Auch diuaon sie, um iu tlüuuü Metallplatteu auf der eatgo^en-
etzteü Seite danach gestaltete ErhöhungeD aufzutreiben.
Drahtstäbcheo, etwa 13 (Fig, 12 a. 13)» welche unten etwas angegpitzt,
üben aber zu einem Schuppchen plattgeschlagen sind nnd unter demselben ein
KiDglicheis Ohr haben. Da bei einigen die Schüppchen etwas aufgerollt sind, so
hat man sie für liaarnadoln gehalten und das Öhr zur Befestigung mittels eines
Fadens am Haar gemutraasst. Wohl noch besser wird das Werkzeug als
Schüppchen zum Gleichstreichen des Schmekmassenteiges und das Öhr zur
Befestigung eines flachen Borstenpinsels zur gleichzeitigen Wirkung mit dem
Schüppchen zu halten sein.
Es wurden ferner noch einige weisse und einige braune Stäbchen von
30 mm Länge und 3 mm Durchmesser gefunden^ die man fiir Schmelzfarbe
hielt, ohne dass ich die Richtigkeit erhärten kann.
Allein 7Mt Goldschmiede- und Emaillierwerkstätte fehlen sehr viele Dinge,
wenn gleich man ein Zängelchen und auch einen Hohlziegel der 22. Legion
6ind, aüs welchem letzterem man wohl eine Muffel konstruieren konnte, da alle
fUideren dazu tauglichen Thonscherben fehlen»
Zwischen dem römischen Schmelzschmuck und der enkaustischen Malerei
!er Alten besteht eine gewisse Ähnlichkeit, nicht in den Darstellungen, denn *
diese sind beim Schmelzschmuck immer klein, ornamental und mosaikartig, sondern
in der Arbeit, in den Werkzeugen und in der Farbenbehandlung.
Bereits 1885 gab Otto Donner von Richter iii den ^Praktisch-chemisch-
technischen Mitteilungen* eine Abhandlung heraus: ,, Technisches in der Malerei
der Alten, insbesondere in der Enkaustik*, in welcher dargelegt ist, wie die
Alten ihre Farben bereiteten, wie sie dieselben aufgetragen und wie sie das
Gemälde geglättet haben. Er geht dabei, indem er die alten Schriftsteller mit
technisch eindringendem Blick liest und wieder liest und sie mit praktischen
Versuchen auf ihre Genauigkeit prüft, in einer Weise vor, dass jeder, der sich
nicht mit erfahrungslosen Übersetzungen oder hinschlüpfenden Redensarten
begnügt und nicht in einem Autoritätsglauben befangen iat, die Richtigkeit seiner
Darlegung anerkennen muss. In diesem Sinn hat Donner von Richter
jahrelang die Malerei der Alten in Italien studiert und seine Skizzenblätter mit
Dingen gefüllt, welche von zünftigen Archäologen über die Schulter angesehen
werden, für die Kenntnis der römischen Altertumsreste in Deutschland aber
von grösstem Interesse sind.
Was er über die Bereitung der Farben sagt, hat auf unser vorliegendes
ema keinen notwendigen Bezug.*) Die Alten malten, ausser in Tempera und
eseo, mit puniachem Wachs (cera)^ mit demselben, mit dem sie auch die
Schrifltäfelchen (tabellae)^ die sie mit dem Stylus im Gürtel trugen, überzogen.
Solche Tafelchen und Styli haben wir auf der Saalburg gefunden und eine Nach-
ahmung solcher in Mainz vorgekommener in unserem Museum aufbewahrt. Aber
Wir gestehen, daas wegen der Härte und Zähigkeit des Wachses die Versuche
^) fc*w \3i nwmnx zu einem anderen Zweck, zur Konsemerung des Eieens, an anderer
iiirackzukonuneih
3*
36
iTer- I
irb*
für
[loa, I
HP
damit nicht ebcu elegaot geliiigeu wollten, wir hatten kein punisches Wachs
konnten uns keines von Tnaia kommen lassen. Donner von Richter belej
uns aber an der Hand von Plinius, dass das Wachs erst dadurch die noi
Geschmeidigkeit erhält, vrenn es, abgesehen von einigen kleinen Nebenoperation^
einige Zeit mit Nitrum (d. i. Natron) gekocht und dadurch einer Art von Ver
seifung unterzogen worden ist. Dieser Seife oder Salbe (cera) wurden die Färb
Stoffe zugesetzt^ um die Wachsfarbeu (cerae) zu erhalten : schwarz oder rot für
die Schreibtafelchen, das Purpurisium, das Indigoblau, das Weiss von Miloa,
das Arsenikgelb^ das Appianiache Grün, das Bleiwoias für die Malerei. ImmeggL
hin aber bleibt das so Behandelte tur den Pinsel zu steif und zu wenig flüsi
wenn nicht noch Eigelb oder Eiweiss oder Olivenöl beigefügt wird, damit
Uaare des Pinsels die Farbe aufsaugen und entlassen. Wohl aber gelang das
Schreiben oder Zeichnen, sowie das Glätten und Verstreichen sehr wohl mit
der Spitze des Styles und mit dem Schüppchen oder der Spatel am anderen Ende.
Betrachten wir nur die vorn abgeplatteten Drohtatucken, die wir in der
Schmelz' und Goldschmied werkstätte gefunden und Taf. IV, Fig. 13 abgebildet
haben, so haben wir zwar nicht den spitzen Stylus, wohl aber das Schuppchen
oder das Cestrumi mit dem wir die schlammigen Schmelzfarben aufgetragen
und glattgestrichen haben.
Ebenso wurden auch bei der Wachsmalerei die Farben aufgetragen^ oder
wenn man will, aufgeschmiert.
Das aber machte die Waohtämalerei nicht zur Enkaustik. Durch die salbet
artige Weichheit des punischen Wachses bedurften wir zum Farbenauftrag der
Wärme nicht, der Wärme oder Hitze bedürfen wir aber, wie der Name er
heischt, doch sehr wohl, indem wir über das vollendete Gemälde, dem noch
atOrendo Strichlagen, unvermittelte Übergänge und Rauhigkeit anhaftet, mit d(
Cauterium, einem mehr oder weniger heissen Eisen hinfahroD, ohne sie zu
rühren^ die Farben zum Schmelzen, nicht zum Verfliessen und Tropfen, mnii
nur das zugesetztes Olivenöl zum Verdunsten oder zum Verharzen bringen ui
dadurch dem Gemälde einen gleichförmigen Glanz oder Schimmer geben.
Dasselbe geschah aber auch mit der Schmelzmalerei; nachdem dieaelbe
in der Mutfei eingeschmolzen und unter dem Schleifstein geebnet worden
wurde das Stück noch einmal in die Muifel gebracht und erhielt mehr ni
als eine massige Hitze, welche der nach dem Schleifen noch rauben Flä(
einen Glanz verlieb, welcher nur durch langes Feinschleifen und Polieren
erreichen gewesen wäre. —
Von dem römisch-germanischen Museum, dessen Direktor und Gründer
gestern in tiefer Trauer zu Grabe getragen, in dessen Sohn wir aber eii
Konservator besitzen, der seine Kenntnis, seine technische und geschäftliche
fahruug seit 4 Jahren bewiihrt hat, wird beabsichtigt, den ganzen Fund zu
üffaEtUchen.
ocb I
Burgen in Nassau,
Von
A. V* Cohaasen.
^
I
1. Di© Barg Schwalbach (erbaut 1368—1371).
Mit Tafel V.
Unter den oassauischen Burgeu, ja vielleicht uoter deutschen Burgen
überhaupt zeichnet sich die Burg Schwalbach durch ihren symmetrischen Grund-
riss und ihren regelrechten Aufbau aus. Auf dem rechten li^fer des Palmbachs
und der Aar, welche sich hei Diez in die Lahn ergieast und 10 km siidÖBtlich
von dieser Stadt nimmt sie das Ende eines kurzen Bergvorspriinges ein und ist
auf drei Seiten durch dessen steile Abhänge, auf der Ostseite aber durch einen
tiefen Pelsgraben von der hoher ansteigenden Berglehne, dem Angriffsgeläode,
getrennt* Ihr äusserer Bering, die hohe und starke Zwingermauer, bildet an-
nähernd ein Rechteck von 80 Schritt Breite und 65 Schritt Höhe, vor dem
ein fünfter Wbkel 20 Schritt vorspringt. In diesem Fünfeck liegt, etwa 25,
12 und 7 Schritt zurücktretend, der ebenfalls sehr regelmässige Onindriss der
Burg, ein Fünfeck, in dessen Kapitalwiukel der runde Bergfried und in dessen
Rehldeite der rechtwinklige Rittersaalbau angebaut liegt.
Um zur Burg zu gelangen, dient ein steiler Fahrweg, welcher vom Flecken
her, die Burg immer rechts lassend, den Felsgraben erreicht und durchfahrt,
um in den unsymmetrisch vor der rechten Fünfeckaeite angebauten Thorzwiogor
zu gelangen. Dessen erstes Thor ist von einem runden, ausgekragten Turm
auf der Ecke des Hauptzwingers überwacht, der den am Thor Stehenden in
den Rücken (en revers) fasst. Der Eingelassene gelaugt dann an das andere
Ende des langen und schmalen Thorzwingers» an das Thor unter dem Porten-
haus- Diesem Haus sind noch einige Wirtschaftsränme im Zwinger angebaut,
während der entgegengesetzte Winkel des Zwingers die Kapelle birgt. Zwischen
ihr und dem Palas, dem Rittersaal, zieht sich der Weg zu dem linken Schulter-
punkt, und kommt durch ein schiefes, gotisches Thor in einen Vorraum und
von diesem entweder geradeaus in die Küche oder rechts in einen engen Hof (wie
ihn der Gutenfels und viele andere Burgen aufweisen), auf dessen rechter Seite,
der Küche symmetrisch, noch zwei GemäGher ebener Erde liegen. Eine dritte
Tfair fuhrt rückwärts in den ebenerdigen Stock des Rittersaales, von dem eine
*üm Keller führt. Eine Sohnecke, eine Wendeltreppe, führt zum zweiten
und drittea Stock und zum Wehrgang. Dieser ist hier uud überall Auf eine
Bogenfries vorgerückt und auf den beidou Ecken nach der Thalseito durch el
rundes und ein sechseckiges Wichthäuschen mit Scharten unterbrochen. Af
diese genaonten Räume sind dreimal überwölbt
Um zum Bergfried zu gelangen, benutzt man diese und deu Dachrau
der Seitenflügel oder ersteigt von den Gemach ern neben dem Hof auf einl
geraden Treppe in der Mauerstärke den Wehrgang. Von ihm aus wird dl
Hof auf einem abwerfbaren HoIz8teg überschritten, der auf Kragsteinen vor der
50' über der Hofäohle gelegenen Pforte aufruht ; derselbe mag aus zwei Half
bestanden haben, sodass er von dem Dachraum des einen oder des anderen
bäudeflügels benutzt werden konnte. Durch diese Pforte gelangte man auf
erste Überwolbung, von welcher ein Loch in das Verliess sich öffnete. Dies
Verliess ist jetzt vom Hof aus ebener Erde zuganglich, da man wahrscheiulid
schon vor dem 17, Jahrhundert hier in den Turm eine weite Üfl'nuug gebrochen und
80 eine Art von Grotte gebildet hat. Ob in derselben etwa der Bruuneo ati
lief, dessen Leitung während des Bauernkrieges abgeschnitten wurde, wiss^
wir nicht zu sagen. Der Hof war jedenfalls ein gesicherter Ort, da ihn
Bergfried mit seiner Hoho und mehr als doppelter Breite gegen die Geschoa
von der Angriffsseite schützte. Die Mantelmauer, die sich zu beiden 8eifc
an den Bergfried anschliesst, hat ihm zunächst eine Dicke von mehr als 5
also eine Breite, die sie, da sie dachlos war, auf der einen oder der anderen
Seite zur Aufstellung von Schuss- oder Wurfmasehinen ^ehr geeignet macb
Das Verliess im Bergfried wurde schon zur Zeit der Hexen prozesso nie
mehr benutzt und an dessen Stelle trat ein Gefängnis in dem sechseckigen Wie
iiau« auf dem linken Schulterpunkt der Zwingermauer. Von dem Gewölbe ül
dem Verlies» führte eine Wendeltreppe an drei überwölbten Stockwerken vorüber
auf die gezinnte Wehrplatte des Bergfrieds. Dort sieht man in den FeUgrabq
liiiiab und auf das östliche Angriffsgelände. den Honnigsberg mit dem Hexe
kippel, wo die Hexen von Burgschwalbach verbrannt worden sind, nach deu
andern Seiten aber in das Palmbach- uud Aarfha), sowie über dies hinweg
den Höhenzug der Fuehsenhohl mit der 3 km westlieh gelegenen Burg Holüf
fela Der Bergfried bleibt nur so wenig von der Äussenseite der Maatelmad
zurück, dass, um den Wehrgang vor ihm herumzuführen, sechs Tragsteine
gesetzt sind, den Gang zu tragen ; ob zwischen den Tragsteineu einst Masc
kuU angebracht waren, ist trotz ibrer Zweckmässigkeit an dieser Stelle,
Masohikuli an deutschen Burgen überhaupt nur sehr selten angewandt wor4
sind, unwahrscheinlich.
Überall, Rowohl am Bergfried, als am Kern werk, wie an der Zwic
mauer, sind die Zinnen auf Bogenfriosen hinausgerückt. Der VVehrgang
Uauptzwingermauer ist auf den Schulterpunkten links durch einen zum
föugnis dienenden 7 eckigen, der rechts, der das erste Thor verteidigt, du
einen runden, ausgekragten Turm oder Wichhaus unterbrochen. Überhaupt gel
wenige Fenster nach aussen : die der Wohnräume zumeist nach dem Hof; jeai; '
wie die am Rittersaal, können durch Fallladen geschlossen werden, weshdb
hior iilii^r ö^n i<rkn|»|>i»ltrn FrriMtfrn eiserne Hinge angebracht sind.
I
Das Portenhaus auf der rechten Keblecke hi unten massiv, oben mit aus^
gekragtem Fach werk und spitzem Giebel erbaut.
Ihm gegenüber in dem andern Winkel steht die Kapelle mit Balkendecke,
welobo otnen Fruchtboden trug, mit einem im halben Achteck geschlosaenen Chor,
in dem einst ein schöner, geschnitzter und gemalter Flügelaltar aus dem 16, Jahr-
hundert — jetzt als Geschenk des Herrn A. H. Metzler in Frankfurt a. M.
im Museum zu Wiesbaden — stand. Die Kapelle konnte durch einen Kamin,
dessen Schlot im westlichen Giebel ausgekragt hinaufführt, geheizt werden» Aus
der Kapelle fuhrt ein jetzt verschütteter Gang abwärts.
Am Fuss des Burgberges liegt das lang vor der Burg genannte Dorf
Schwalbach mit mehreren Edelsitzen. Es kommt unter dem Namen Squalbaeh
schon 790 als eine Schenkung Karls des Grossen au die Abtei Prüm und 831
durch Tausch mit der Abtei Fulda vor. Vögte der Abtei waren hier die Grafen
von Katzenelnbogen, von denen Graf Eberhard 1368 bis 1371 die Burg baute
und dem von jetzt an Burgschwalbach genannten Flecken Stadt- und Befes-
tigungsrecht verschafilte. Die Kapelle Im Flecken^ in deren Grundmauern noch
der äbrenformige Verband vorkommt und welche noch einige romanische Reste
aufweist, scheint jedenfalls schon im 13, oder 12. Jahrhundert erbaut.
Innerhalb der Umschliessung des Fleckens liegen vier adlige Höfe: Ober-
haasen am Abhang des Burgberges, bewohnt von den Junkern Rode (deren
Stammsitz bei Idstein)« der Herrschafts ho f, später von den Lönern von Lauren-
hurg (Stammsitz zwischen Nassau und Diez a. d. L.), der Borgsitz am Schloss-
berg, bewohnt von Eydell von Waldmannshausen (dessen Stammsitz 7 km nörd-
lich Too Hadamar), dann von Hans Kaspar von Buches, dann von Johann von
Elingelhach (bei Katzenelnbogen), dann von Philipp Rode; der Brederhof
zwischen dem Herrsch aftsliof und der Kirche gelegen, dem Breder von Hohen-
slein (an der Aar unfern Bad Scbwalbach), später einer Agnes von Bicken,
geb. Forstmeister von Gelnhausen, dann dem Junker Philipp Rode gehörig. Unter
den Besitzern dieser Adelshöfe werden weiter noch genannt die von Weiters,
die Ton Hattstein (2 km nördlich von Reifenberg), von Bicken (6 km östlich
TOH Hej^bom), Mosbach von Lindenfels (im Odenwald), v. d. Leyen (am Mittel-
f]ia]i)| Ton Lindenau, von Carben (in der Wetterau), von Buseck (östlich von
Wahrscheinlich waren diese Edelsitze schon vor der Gründung der Burg
voriiaiiden und bewohnt. Als Burgraannen werden genannt: Die von Schön-
born (Schönborn, der Stammsitz des in Franken noch blühenden Geschlechtes,
hm Katzenelnbogen), die Schenk von Schweinsberg (östlich von Marburg), von
Blieinberg (an der Wisper die alten Rheingrafen), die Köth von Wanscheid
^25 km nördlich von Wahnerode), die Rode von Burgschwalbach*
Von den Grafen von Katzenelnbogen kam nach ihrem Aussterben Burg-
lehwalbach 1479 an Hessen und nach einigen Zwischenbesitzern und Pfand-
1536 an Nassau-Weilburg. Bei dem Bauernkrieg 1525 wurde die
leitung der Burg zerstört, aber um 1598 wieder hergestellt.
Graf Wilhelm von Nassau- Weilburg lebte hier bis zu seinem Tode 1594,
»eine Witwo, Erica OtjiHn von Isenburg, erst 1028 hier starb.
U
40
Schon uro 1583 bemühte steh der Graf Albrecht von Nassau- WeilburgT
den im Aarthal 3000 Schritt westlich des Fleckens eutspringendeD Sauerbrunneö
nutzbar zu machen. Derselbe findet jetzt als Jobanntsbrunnen reichlichen Ge-
brauch und Verband. Auch wurde der Weinbau um diene Zeit an den Abhängen
des Eichelherges fleissig betriebeu, sodass er z. B- 15tjB über 22 Fuder ergab,
Ura 1737 war die Burg sehr in Verfall, sodass Möbel, Thüren und Fensi
Öfen, Dach und Ilolzwerk versteigert wurden. Nur das Dach der Kapelle büi
da über ihr ein Kornspeicher und in ihr Ställe waren; das Portenhaua mit
Stallung blieb gleichfalls bestehen*
Das Portenhaua wurde von der nassauischen Regierung 1817 auf den
Abbruch versteigert and für 100 Gulden dem Zimmermann Georg Philipp Schnabel
Sttgeschlagen^ der die Erlaubnis erhielt, es bestehen zu lassen, und seitdem ei]
Wirtschaft darin führt, in welcher Touristen und Künstler zeitweise auch wohn
sie wird durch den Sohn Philipp Heinrich Schnabel zur Zufriedenheit f<
gefllbrt Für die Erhaltung der Burg giebt der Staat jährlich 60 Mk aus.
Wir haben in der Burg Schwalbach ein schematisches» alles umfassen«
Bild dessen, was man im 14. Jahrhundert, zur Zeit, wo so viele Burgen gebi
wurden, von einer deutschen Burg verlangte, unbehindert durch Vorteile tw
Nachteile des Geländes, oder durch Hemmnisse, die im Gelüste oder dem
vermögen des Bauherrn oder im Baumaterial lagen. Der vom Bergfass
Burg weg Aufsteigende hat von Anfang an die Burg immer zu seiner Rechten
durch kein Schild gedeckten Seite; sowohl in der Kehle, wie auf der linken
Burgscite und im tiefen Felsgraben, und da, wo er vor dem ersten Thor
Thorzwingers anhält, ist er immer übersehen und hier selbst im Rücken
nommeu. Der Thorzwinger selbst zieht sich von da lang und schmal bis st
Thor unter dem Portenhaus. Beide Thore haben weder einen Vorgraben, nocfe
Fallgatter, weil der Weg zu ilinen so gut beobachtet ist. Auch innerhalb der
Ilauptzwingermaucr umkreist der Weg fast die Hälfte der Burg, die er im
rechts lässt und von den mit Fallladen geschützten Fenstern beschossen wen
kann, ehe er die Pforte au der linken Burgschulter erreicht.
Das Angriftsgelände steigt östlich der Burg sanft au und ist
Ken
de» I
von
Höhenstrasse aus, welche zwischen Hahnstetten und Dauborn das Aar- und
das Wörabach-Thal verbindet, leicht zu befahren und bietet daher den Seht)
und Wurfmaschinen des 12, Jahrhunderts eine leichte Anfahrt, Aus dies
Grunde sind auch die dorthin gerichteten Mauern der Burg sehr stark
alle Räume zwei- und dreifach überwölbt. Der Bergfried ist, weil die Belagerer
sich nach beiden Seiten ausbreiten können, rund, nicht allzu cück und
starken Mauern versehen und doppelt so breit, wie der Hof, der durch
defiliert wird.
Zum Behagen der Burgbewohner liegen die Wohnräume nach der souniij
Südseite. Die Kapelle ist richtig orientiert und selbst, eiu seltener Fall, h4
bar. Für die Oeselligkeit unter den Grafen von Katzenelnbogen und von N«
Weilburg war durch den zahlreichen Adel, der die Burg umgab, und die
je zwei Kaminen heizbaren Festräume^ die Rittersäle^ von denen aus die Tr
iflil
mMM
pacli dem Keller ging, und wohl auch durch den Landwein des Eichelberges
jgeüügeDd gesorgt*
Ausser meinen Aufnahmen und den Oesprächen mit G. P. Schnabel in
|Burg«chwalbach wurden hier die Mitteilungen des Herrn Bürgermeister Oapp
[daselbst, sowie Yogela „Naasau'' und Lotz's „BaudeDkmäler*^ und zahlreiche
'Notisen von Herrn Schüler im Wiesbadener Tagblatt, Dezember 1886, benutzt.
>
2. Der Nollliig oaer NoIHcht.
Mit Tafel VI.
Auf dem steil aufsteigenden Bergrücken, dem Wachten- oder Burberg
über der Stadt Lorch, der das Wisper- vom Rheinthal scheidet, liegt ein Turm,
NvUlng oder Nollicht genannt, welcher meist als eine Burgruine bezeichnet
wird, obschon er nicht einer Burg, sondern der Befestigung von Lorch ange-
hört. Die Stadt war zwar am Auäfiuss der Wisper mit einem runden Turm>
Strunk genannt, längs des Rheins mit einer Mauer befestigt, deren Grund man
bei Anlage des Leinpfads fand und abbrach, und welche sich durch das Ober-
darfer Thor an die längs des Bergabhanges hinziehende Mauer mit der Eeller-
pforte dem Platzer Thor anschlossj und vor dem Katzengraben an der Wisper
mit dem Burgthor oder der Kuhpforte endigte. Auch auf dem rechten Wisper-
tafer war der dortige Stadtteil durch die Steilheit des Wachtenberges und die
Weiober^smauern geschützt, welclie in dem Sauer thor, dem runden Wolfischen,
später Hexenturm^ dem Weiseler Thor, dem Waideoker, später Breitenbaeher
Hof and am Rhein in dem Niederflurer Thor einigen Halt bekamen. Die Stadt
haite aber eben nur von dieser Seite einen Angriff zu fürchten, weil vor ihr
die Burgen ihrer Feinde Gutenfels, Sauerburg, Rheinberg und andere lagen,
itod fahrbare Höhenwege zum Nolling auf dem Wachtenberg, der die Stadt
bdieiTBchie^ führten. Derselbe musste daher, obschon er 400 Schritt vor der
Sladimiifiuaung lag, mittels eines starken Werkes in die Befestigung gezogen
Es geschah dies, wahrscheinlich im 14. Jahrhundert, durch den Turm
SoDiiig, von dem rechts herab ins Wiesenthal bis zum Sauerthor eine Mauer
I geaufgen werden sollte, aber aus Mangel an Qeld unterblieb und durch Palis-
mämi nnd dergleichen zwischen den Weinbergsmauern ersetzt werden musste^
wilireiid auf dem Rhein abfall wegen dessen Steilheit und leichter Überwachung
Matter nicht nütig befunden wurde.
Der Tann wurde auf einen Absatz, den mau durch einen tiefen Graben
Rücken abschnitt, gesetzt. Er erhielt die Gestalt, dass eine Quer-
«wei dreiviertel Rundtürme verband und hinter ihr ein viereckiger Turm
wurde.
Alb Kauern waren von Zinnen gekrönt, die des viereckigen Turmes
ab die vordere. Die Kurtine war zwischen den Türmen mit diesen
boeh, 4,86 m lang, 2,20 m dick und verband sie mit einem engen, ober*
"*-^"^
42
riAii AP. 1
wölbten Gang. Der Unke, der den Rhein überblickte, würde einen drelvU
runden Turm von :J,75 m Durchmesser und 1,90 m lichter Weite bilden, w€
er nicht einen orillonartigen Ausbau hätte, durch welchen in etwa 7 m Höhe
ein Ausgang führte, um längs des RfaeinabhangeB zwischen den steilen Wein»]
bergen zur Stadt hinab zu gelangen. Der rechte Rundturm, der mit */« se
Umfanges in der Kurtine steckte, hatte im übrigen dieselben Abmessung
an ihm ist die Verzahnung zu sehen, an welche die 1,57 m starke StadtmaiiecJ
die den Berg hinab an das Sauerthor fuhren sollte, anzusebliedsen war. ^M
Das merkwürdigste an der Ruine ist aber der viereckige Anbau, ^H
breit, 8 m lang und etwa 7 m hoch, der sich an die Kurtine anschloss und von
ihr aus zugänglich war. Man erkennt nämlich im Innern an den 1,37 m dickenl
Mauern überall die Eindrücke des Holzgerüstes, welches entweder ganz oder
nur auf drei Seiten von Mauerwerk umschloasen und auf einer Seite überputzt
war. Man hat dadurch die ganze Zeichnung des durchschnittlich 30 cm starken,
Hrtizwerkes vor sich, bemerkt unten die zahlreichen Ständer, von welchen die
an den Ecken mehrfach verstrebt sind, um niche nachzugeben, wenn sie u]||h|
angehjiuen wurden, und erkennt mehrere Balkenlagen, welche den Stock wei^H
nicht entsprechen, aoudern zur Verstärkung und Verankerung zahlreicher sind;
auch mag ein Teil einer Holztreppe noch erkannt werden.
In alter Zeit wurde in Holz viel mehr gebaut, als heute und viel
als jetzt noch sichtbar übrig geblieben ist.
Viele Befestigungswerke, welche rasch begründet, fertig und verteidigunge^i
fähig sein mussten, konnten nur durch einen vorbereiteten Holzbau entstehen«]
So geht die keineswegs unwahrscheinliche Sage von der Gründung
Wartburg zwischen 1G67 und 1070 durch Ludwig den Springer, der zwei
Bergfriede und ein Wohnhauti aut* Hulz zimmern und sie auf den Berg,
jetzt die Wartburg steht, bringen und unversehens aufschlagen liess.
Nach der „Limburger Chronik*" schlugen die Grafen von Nassau und voui
Katzenelnbogen eine Burg Ureveneck dem festen Haus Elkershausen an der
Lahn gegenüber auf und beherrschten es« sodass es von Stunde an gebrochdUi
war. Balduin schlug eine Burg Trotz-Eltz am Weg dicht vor dem Thor
Burg Eltz auf. Das wäre ohne einen plötzlich aufgeschlagenen, verteidig
fähigen Turm nicht möglich gewesen*
0er Dcutschnrden besetzte einen Landstrich dadurch, daas er in
Eile eine Holzburg aufschlug: so Martenwerder bei Kauen im Mai 1384^1
er 14 Fuss dicke Mauern gab, sie mit 300 Mann besetzte und, obwohl vol^
det, nach kräftiger (tegenwebr schon im September desselben Jahres
verlor.
Immer begegnen wir dem Ausdruck, dass die Burg „aufgeschlagen* wu
ebenso wie der Zimmermann noch heute das Zimmergerüst eines Hausefi
schlägt, das der Maurer dann ausmauert.
Bei der vielfachen Verwendung der Zimmerleute zum Bau and AufJ
«ehlagen der Belagerungstürme, der Schutzdächer, der Wurf maschinell wardo
BUedenmeiitter ausgebildet, welche auch die Wehrbauten einer
varbereiteten und aufBchtugen.
"unge^i
ehenj
I
Plötzlich über Nacht wurden die zubereitatea Hölzer au Ort und Stelle
"fragen und von ileu Zimmernieiäterii geordnet und aufgeschlagen. In wenigen
inden atand das Gerüst da und wurde unten mit starken Bohlen bekleidet,
es schon den Bauleuten Schutz gewahrte und von den Reisigen ver-
teidigt werden konnte. Während die Bekleidungsbohlen beseitigt und durch
Mauerwerk ersetzt wurden, welches das Ztmmerwerk umkleidete, waren die
Bohlen weiter oben angebracht worden und in dieser Weise fortgefahren, bis
das Mauerwerk, wenn auch noch firisch und nicht abgebunden, durch das Holz-
werk verankert und verstrebt, einem Angriff trotzen konnte.
Das ist, waB uns das alte Gemäuer erzählt hat. da uns keine Urkunde
von den Schicksalen des Baues im Lauf der Jahrhunderte, von welchen die
Stadt mit ihrem zahlreichen Adel von der Ritterschaft der Umgebung bedroht
berichtet
Statt der Ue^hichte des Kriegs können wir nur die vom Verfall und von dem
Beeitzweehsel ersahleo, die wir von dem Herrn Bürgermeister Schulte, dem
Herrn H, J. Pendel in Lorch, dem Herrn Amtsrichter A. Musset in Rüdes-
beicn und von der jetzigen Besitzerin der Burg Noiling, der Frau von Tsche-
bitteheff, geborene Fürstin Obolenska^ freundlich mitgeteilt bekamen:
Am 30. März 1844 hat Dr. Rössel^ Sekretär des Altertumsvereins und
fVDD^crvator, den Nolllng für 85 M. 70 Pf. (50 Ü.) von der Gemeinde gekauft.
Er verkaufte ihn am K Januar 1860 an die Eheleute Chr. Hofert in
Emaw omebdem er noch einige Ländereien dazu gekauft hatte, für 5 143 M.
laOOO 11.).
Von diesen kaufte der Marquis Albizzi (ein Florentiner Edelmann) die
Liigenicbftft für 10800 M. (6300 fl.). Derselbe baute sich auf derselben ein
and beschäftigte sich, wie mau mir 1872 erzahlte, mit Fuchsfaug.
Konkurs geriet, nahm ihn der Fürst von Leuchtenberg als Ver-
ten auf seine bayrischen Güter nach Stein, wo er jetzt lebt. Er
iit ivriieinitet mit einer Stieftochter des genannten Fürsten und lebte mit ihr
m iem Blockhaus, bis es abbrannte. Sie ist leidend und lebt in Madera.
Albiz3Ei*a Sachwalter, Herr Götz in Wiesbaden, übernahm den Turm mit
«dM oyrininften Landereien am IL Dezember 1878 für 3040 M., welche Frau
T#a Albizsi^ die an den Besitz attachiert war, in kleinen Raten an Herrn
Ci€i «bcatnigen suchte. Da aber dieser die Sache bald erledigt wUnschte,
0m tnt «le Freundin von Frau von Albizzi, die Witwe Frau von Tschebi-
^seheff fSr sie ein und zahlte an Herrn Qotz (am 17. Juli 1888) 3786 M.
mmi mt RNmft jetzt Besitzerin der Ruine, der zugehörigen Weinberge und des
Landes. Sie hat, wie ich höre, Freude an dem Besitz und hat nicht
Ahaieht^ daran etwas zu restaurieren, sondern nur den Nolling zu erhalten,
SoDte wieder ein Besttzwechael eintreten, so kann ich nur wünschen, dass
Hände der Stadt kürnn und <lass diese ihren alten BefestiguDgsturm
»o pietätvoll Itpjijimlrlrk MHige, wie er sich nunmehr seit 7 Jahr-
erhalten hat
*"■'^'-^^'
^■^■■"■-^'
Burgenfeste Lage der Kloster uud Stifte an der Lahn.
Nicht nur für Burgen liebte man steile Berge und Bergzungen, BODdem*
auch für Klöster und Stifte wurden bei der frühen Gründung solche LageoJ
zum^l an der Lahn, gewählt; es ist, als ob die ersten Lehrer und Verbreiter
des Christentums als Franken vor den neuen Christen — den Chatten jenBeiti
der Lahn — noch nicht so sicher gewesen wären, dass sie nicht den Fall vor^
ausgesehen hätten, ihre Gründungen auch wohl gegen jene wieder Terteid|^ri
3EU müssen, ^^
Das Wallburgisstift zu Weilburg, welches der Landgraf Konrad unl
900 wohl auf einer älteren Kultusatatte gründete, liegt auf einer auf S steilen
Seiten von der Lahn umflosaenen Halbinsel, welche durch eine tiefe, in vor-
geschichtlicher Zeit von dem Fluss durchströmten Einaenkung vom übr
Land getrennt ist.
Die hoch von einem Felsen herab in der Lahn sich spiegelnde Kircbd
von Dietkirchen erhebt sich auch gegen die andere Seite, die sich gegei^
Liraburg hinzieht, steil abfallend. Sie wurde als kleine üolzkapelle von den^
Apostel des Landes, dem heil Lubentius, gebaut, welcher diese Stelle «ur GrÜD^
düng wählte, nachdem er den heidnischen heiligen Hain Reckenforst zerstört
hatte und den neuen Christen wohl nur wenig getraut haben mag.
Die Praemonstratenser- Abtei Arn stein liegt auf einem hohen, nach
Seiten steil abfallenden, nur mittels eines schmalen Kammes mit dem hoh^
Gebirge zusammenhängenden Berg, von dem sie auf das Lahnthal und die
Langenau hinabschaut Sie verleugnet nicht ihren Ursprung als Burg
Grafen von Arnstein, welche diese zum Kloster gestiftet hatten.
Die Brunne bürg, auf hohem Felsen, an dessen Puss eine Heilquelle ei!
springt^ gelegen, ist auch an der Landseite von steilen Abhängen umgeben, aiij
denen man die Umfassungen erkennt, die sie als Burg bedurfte. Eine arn-
steinisehe Tochter Gisela stiftete hier um 1061 — 1070 ein adeliges Präulein-i
Kloster nach der Regel von Praemonstrat.
Der Dom, d. h, das St. Georgenstift vou Limburg, liegt auf ein
Felsen, der von «wei Seiten von der Lahn bespült wird, bei Hochwasser
konnte man sagen, dass er einst ringsum wie eine Insel von Wasser umgel
war. Schon zwischen 814 und 847 wurde hier eine Kirche des heil G«
gegründet, dessen Lindwurm hier wie anderwärts zum Namen des Ortes
anlassung gab. Um 910 wurde die Kirche zum Qeorgenstift erweitert.
Das Benediktiner-Nonnenkloster Dirstein^ jetzt das Kadettenhaus Orani|
stein, war wahrscheinlich eine diezische Stiftung. Es liegt auf einem g€
die Laiin vortretenden Felsen, welcher durch ein jetzt ausgetulltes Thal
der Hochfläche, dem Hain von Diez, getrennt war.
?rkn|
Ctrc53
jraiori
ailei|
I
facbtrag zur Geschichte der Steigbügel
im XXIV. Bande der Aimaleii (1892),
Von
A« Schlleben^
MäJof », n.
Hierzu Tafel Vn bia DC otit 156 Abbihluu^en.
Die Tafeln Vll bis IX bieten eine Nachlese von älteren und neueren
Sieigbägelformen, welche ich neuerdings in den Städten an der Ostsee vou
Königsberg bis Kiel, in Dänemark und Schweden, an verschiedenen Orten im
laaerQ von Deutschland, sowie in bildlichen Darstellungen aller Art noch ge-
fanden habe. Wer einmal angefangen, pflegt auch w^eiter zu sammelo und wird
dem Geschick nicht entgehen, dass alles, was er veröffeullicht, kaum gedruckt,
•ebon wieder unvollständig ist. Ich habe nachträglich Sammluogen gefunden,
in denen die Bügel nicht nach Dutzendeo, sondero nach vielen Hunderten zählen,
«o Bmmentlich die der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft und der Prusuia
in Königsberg, welche gerade durch das massenweise Wiederkehren derselben
Fomsn einen ganz bestimmten Charakter zeigen, wodurch einzelne abweichende
Sticke tun so mehr hervortreten.
Die in meiner Geschichte der Steigbügel versuchte Charakteristik der
Vmen, welche in den einzelnen Jahrhunderten vorherrschen, finde ich auch
hei den m diesem Nachtrage aufgeführten Exemplaren bestätigt. Bei den fast
nUküeo Bügeln der beiden Königsberger Museen liegen leider nur sehr wenige
Zeitangaben vor. Tischler setzt, wie früher atigeftihrt ist, fast alle
in die Zeit bis zum XIIL Jahrhundert, d. h. der letzten Heidon-
doeh amfGtssen die Funde an einzelnen Orten viele Jahrhunderte und reichen
in die Wikinger^Zeit zurück. In dem Bericht über die prähistorischen
der phys.-okonom. Ges. Band XVIII, 1877 setzt er alle in die Zeit
dna Jahr 1000. Vielleicht geht man nicht fehl, wenn man in Ermangelung
Anhaltspunkte die schwereren und sorgfältiger gearbeiteten Stücke der
die einfacheren und zum Teil ganz auffallend leicht gehaltenen der
Zeit zuschreibt. Je allgemeiner der Gebrauch der Bügel und je grosser
Bedarf wurde, desto weniger Sorgfalt konnte auf die einzolnen Exemplare
werden
46
Eine andere Bemerkung drängt sich bei dem Vergleich der nordischen
Formen mit den mitteldeutschen auf, die uns ja grösstenteils nicht in wirklichen
Fundstücken, sondern in bildlichen Darstellungen vorliegen. Die eigentliche
Dreiecksform scheint im Norden gar nicht vorzukommen, vielmehr zeigt sich,
ausser der vorherrschenden hohen und der ganz runden Form, hauptsächlich
die lang gezogene eiförmige in verschiedenster Abstufung und Ausführung.
Wir haben schon früher gesehen, dass die Bügel mit der Zeit überall
länglich werden und dass nur die Ungarn auch in neuerer Zeit wieder auf die
runde Form zurückgegangen sind.
Die Zeichnungen, denen die deutschen Bügel zum teil entnommen sind,
dürften doch nicht als durchaus massgebend anzusehen sein; abgesehen davon,
dass sie bei Miniaturen oft recht undeutlich sind, zeigen eie auch auf grösseren,
sonst recht genauen Zeichnungen höchst auffallende Schnörkel und Ausführungen,
die man am liebsten der Phantasie der Künstler zuschreiben möchte, so die
Fiffureti 159, 150, 147, US, 151, 152 u. a.
Störend wird es vielleicht empftinden werden, dass nicht die nordischen
und die im mittleren Deutschland vorkommenden Bügel gesondert aufgeführt
sind; bei einem nochmaligen Zusammenstellen aller früheren und der jetzigen
Formen wäre dies vielleicht durchf&hrbar. Wo die Form ein ununterbrochenes
Fortschreiten zeigt und sich über mehrere Jahriionderfe erstreckt, sind der
Übersicht luliebe frühere and spatere Fandstücke Easammengehalten worden.
Lässt auch die Datierang, besonders bei ganz vereinzelt vorkommenden
Fanden ohne sonstige Beigaben noch zu wünschen übrig, so bieten doch die
2«eichnangen mit diesem Anhange nun schon eine solche Fülle sicherer Stücke,
dass man nicht mehr, wie bisher, irgend einer Form völlig radas gegenüber
stehen wird. Ganz entmutigt kann man aber werden, wenn man in emzelnen
Gegenden Pommerns und Holsteins, in welchen die Knechte mit vier Pferden
fahren and dabdl auf dem Sattelpferde reiten, die Bügel betrachten welche sie
fuhren. Alle Master s^t dem XTI. Jahriiand^rt und diese von dner Weüe,
wie sie damals die Barenfusse and Mailander Schuhe, spater die schweren
R^losti^ri erforderten^ wkA in allen Troddlad^i, iA nicht einmal paarweise
panoid, angekauft und müssen jetit. an ^eut Sattettdssen, einer Art von
^ih^pium^ um es klassisch lu benennen^ befestigt, die mit gr»st$en Holzschuhen
bekMdeten Ban^rnfSase anfinehmen. Tiele dies«' Bügel habe ich wirklich für
all g^haHsB^ dam acdche Formen find^ man sonst nur bei d«i nordischen
«ft das ktetML uad vorl^xleii Jahrhundots.
dw Flures beigegeboie Beadirnbung »ithah zujrleich diejenigen
woldie e^gentiieh im Text hattai besproefa^i weiden müssen.
Ifciiraii« 4w AbMMwis»^ As^abe der f^tVLtm ud B<sitE<^r.
Dit itainhcB 13ifclMM Tiffiia biAttm 4k Jala^«i»ikTL
Kriiif:bei|r in Holsmr^ durch
Zeit aj^pehoread sieber na^ihg^wieä^n,
GmJL T. ScUeiw..Hobc-LaBeBh$, Kid 1^^$^ Bd. XTI,
47
354.
355.
35G.
357,
358.
359.
360.
362.
363,
365.
366.
367.
368,
369.
370,
372.
S* 411. Es wird angenomfDCDj daBs der Bügel mit den Frankeu each
dem Norden gekorameo ist. IX.
Altert. -Muaeum Kopenhageo, Bronze, Öse abgebrocheo. X.?
Fund im Torfmoor, Bronze. Ebenda. X,
Landfund aus Jütland, der Bügel ist mittels Bronzeplatte auf ^lem Bügel-
rieraen featgenietet, Museum in Kopenhagen, X, Daseibat noch mehrere
andere bis 75 cm hohe Biigel, zum teil tauschiert, alle zerbrochen, aber
mit dreieckigeii Schenkeln^ umgebogener Sohle und knopfartiger Verstär-
kung am Beginn derselbeUj ähnlich Fig, WS,
Aus Kösnicken in Oatpreus&enj Sohle 3 — 4 cm breit und etwas gewölbt,
befindet sich im Museum der phys.-ökon, Oea. in Königsberg. X. — XIII.
Ana Löber&hof, Kreis Labiau, Ostpr. Dort sind fast alle Formen in
Hunderten von Exemplaren vertreten, meist paarig, viele sehr leicht, durch
Münzen und anderes datiert, sie umfassen mehrere Jahrhunderte. Man
kann 5 Typen unterscheiden: 1) Ohne Ose, fast rund, Sohle schmal, Fhj, Sft9;
2) ohne Ose, Schenkel mehr gestreckt, Sohle breit, Fiff, S81j 3) rundes
Osenloeh, Absatz vor der Bohle, Fig. 391; 4) Ose viereckig, breit. Sohle
zungenförmig, kein Absatz, Fig* 358 ; 5) hohe Form, wahrseh. die älteste^
Fig. 401. Ganz dieselben Formen finden sich in Popelken, Kreis Wehlau.
Alles im Prussia-Museum, Königsberg. XI.— XIIL
Aus Ostpr euasen, jüngste heidnische Zeit, physik.-ökon, Gesellsch. Königs-
berg. Silbertausehierung, 10 cm Durchm. Vor XIH.
Eisen, vergoldet, Stockholm. Nat.-Museum.
Sehr leicht, Kopenhagen, Altert-Museum.
Aus Kirpehnen, Ostpreussen, Königsberg,
364. Cornieten, wie 359. XIL
Wie 359, aber nicht tauschiert
Kirpehoen, daneben die Formen von 358. Prussia. XL— XIII.
Relief auf einer isländ. Kirchenthür; der Bügel ist am Sattelknopf be-
festigt, Kopenhagen, Alt. -Museum. Um 1030.
Federzeichnung aus einem Pergament-Manuskript, enthaltend des Pfaffen
Konrad Gedichte von Karl d. Gr. d. Bibliothek zu Heidelberg, aus Hefner-
Alteneck Bd. II, Taf. 79. XII.
Löbershof a. 358.
371. Ostpreussen, phys.-ökon. Gesellsch. XIIL
Kreis Fiachhausen, nebst vielen anderen, teils runden, teils länglichen Bügeln,
Sohle bisweilen ganz flach, Prussia, XIIL
Gallhofen, mit Silbertauschierung, Königsberg, phys.-ökon. Gesellsch. XHL
Ebenda. XIII.
Fast kreisrund, häufig. Ebenda. XIII.
377. Ebenda. XHL
Kirpehnen, Prussia. XIIL
Phys.-ökon. Gesellsch. XIIL
Iliachken, Kreis Wehlau. Prussia. XIIL
Löbershof s. 358,
XL -^ XIIL
XII.
Prussia. XL— XIL
382. Ganz leicht, wie Kinder bügel, wie 379. XIII.
383. Cornieten, OstpreuB&ea. Öse gedreht^ aber abgebrochen, gaii£ leicht,
10:7 cm. Phys.-ökon. Oeaelkch. Xllh
384. Sehr leicht. Ebenda. XIIL
385. In Kt'jnigsbera irüfimdeu, Prussia. XIII.
386. Wie 372.
387. Übereinander geüchweisste Schenkel, Sohle ebenao breit, aber ihre Fläche
senkrecht zu jener. Polwitten, Ostpr. Auch tauachierto Exemplare mit
Goldstreifen, ähnlich in Cornieten, aber uehr klein, Phya.-ükon. GeseUach.
xin.
388. Aus einem Pfahlbau bei Lubtow. Stettin, Museum. XIII.
389. Der hintere obere Rand steht etwas höher, als der vordere, daher schräge
Fliehe, in wenigen Exemplaren vorhanden, phys.-ökon. Geselkch, XJII.
390 a u. b Oberteile, c Sohle au ostpreusa. Bügeln. Ebenda. XIIL
391. Löbershof s, 358 u, 392.
392. Typische Form, Sohle oft noch runder und etwa so breit wie die Schenkel,
aber senkrecht zu diesen stehend. Gallhofen und Cornieten^ Ostpr. Phys.-
ökon. Gesellach. XIII.
393. Gallhofen, Silbertauach. 12:11 cm. Ebenda. XIIL
394. Genietet ebne Öaenloch 13: 12 om. Cornieten, ebenda. XIIL
395. Prachtstück; durch ein Gerippe, dessen zugehörige Rüstung dasselbe Or-
nament hat, als sicher dem XIIL angehöreud, nachgewieaen ; a) Aufriss,
b) Seitenansicht, oben Lederstrippe mit Metallbeschlag, c) Sohle. Aus
Kunterstrauch, Kr. Fischhausen. Königsberg, Prussia.
396. Prachtstück. Aus Dolkheim, Ostpr. 10 cm, Silbertausch. Phys.-ukon.
GeseUsch. XIU.
397. Ostpr. HäuBge Form, ebenda. X.— XIII.
398. Stadt. Museum Danzig, kolossaler Bügel, 30:12 cm. X.~XIII,
399. Gef. bei Radegast bei Dessau, jetzt im Museum zu Kühnau bei Desai
400. Der Aufsatz ist 9 cm breit, der Bügel 11:11. Phys.-ökon. GeseUsch. XIII
401. Aus Ilischken, Ostpreussen, von einem heiduisehen Begräbnisplatze ^
12:9 cm. Prussia. XUI,
402. Wie 400.
403. Aus Gallhofen, Ostpreussen, 8:10 cm, wie 400. XIIL
404. Aus Kösnicken, Silbertausch,, 14:11 cm, wie vorher. XUI.
405. Fragment, sehr fein, Stockholm, Nat.- Museum. XIIL
40*1. Ostpreussen, wie 400.
407. Bei Gothenburg in einem Hügel gefunden, Stockholm, Museum. XIIL
408. Aufriss und Seitenansicht. Öse querstehend, wie 400. XIIL
409. Polwitten, schön tauachiert, 11:8 cm, stark zerfressen, wie 387. XIU.
410. Stockholm, Nat.-Museum. Andere hohe Bügel mit umgestülpter Sohle oisd
sehr breiten Öaen, oft dreimal so hoch als breit, alle mit Knöpfen Über
der Sohle. Ebenda, XIIL
41 L Cornieten, s. 363. XUI.
412. Wie 410. Vor XIU.
4
Sft/
413,
4U.
415.
416.
417.
418,
419.
420.
421.
422.
423.
424.
425.
426—
432.
433.
434.
435,
436.
437,
438.
439.
440.
441.
Skulptur vom Grosa-Münster iu Zürich, nach Farrer und ZBchille „der
Sporn'' Taf. IV, 11. XI.
Aus der Äoeide Heinrich v. Veldekes, BibL Berliu, nach Forrer uod
Zachille Taf. ¥11, 7. XH.
Wandgemälde in der Albambra nach Wagner, „Trachten des Mittelalters **,
Taf. V, 1. XIII,
Schloss Ilseuburg, Eisen, wafarsch ein lieh maurisch. XIIL
Aus den Costume-Bildern von Panquet freres, XIV.
Aus Hefner- Alteueek, IL Abt. Taf. 31. Dar Bügel scheint unter den Sattel-
gurt geschnallt zu seiu* XIV.
Darstellung des heil. Georg auf einer Mesaingachüsael. Mus, m Stralsund.
Aus eiDem Manuskript des XV. Jahrh., den Ritter Georg darstellend.
Aoz. des germ, Museums zu Nürnberg 1892, 2, Nr. 42. XV.
Griechisches Gemälde auf Holz aus Hist, de Tart d'apr^a les monuments,
Kaiser Theodorus (?) vorstellend, Tom. V, table 90. XIH.
Bügel des Herzogs Ludwig voo Bayern; Federzeichnung aus dem Fechtbuche
von Paulus Kai, Hefner IV, 267. 1479.
Aus dem Turniorbuche von Hans Burkraaier. Augsburg 1553. Bügel
Friedrichs HI. von Sachsen. Hefner, Tafel 109. 1497.
Ebenda. Bügel Maximilians I, 1497.
Aus einem Schachzabelbuche der Bibl. zu Stuttgart, nach Hefner DI,
328. XV.
431. Aus Zeichnungen, die Wahl und Krönung Heinrichs VH. 1307 dar-
stellend. Altert. -V. Wiesbaden, XIV.
Deckengewölbe in der Alhambra nach Hefner IHj 182, XIV,
Aus Codex 793 des germ, Museums, Nürnberg, aus dessen Anzeiger 1892,
Nr. 52. XIV-XV.
Prachtstück mit Silber ausgelegt. Original im geh. Archiv zu Königsberg,
stammt aus der Schlacht von Rudau am 17. 2. 1370 (Herzog von Litthauen
gegen d. deutschen Orden), also mit Bezug auf Bd. XXIV, S. 201 vpohl
litthauisch. XIV. Die Form d. Sohle erinnert an No, 490, 103, 199, 2B0,
Museum in Wismar, ebenda ein kleinerer derselben Form.
Aus Hefner U, Tafel 1. Der Bügel iat von Innen auf d, Fuss genom-
men. 1480.
Daratellung des h, Georg im Artushofe zu Danzig. XV.
Mongolischer Bügel, Relief von einem Helme, wahrscheinlich die Schlacht
von Ancyra 1402 darstellend. Besitzer Herr Blell in Lichterfelde,
Kolorierte Federzeichnung aus dem ,| welschen Gast** nach Hefner U,
Taf. 107. a) eines Kriegers, b) des Dichters, Riemenbügel mit Buckeln
verziert. XIH.
Von einer isländ. Kirch enthür, vielleicht Riemenbügel, am Sattelknopf be-
festigt. Nach Worsaae, nord. Altert, S. 127. XH.
Hölzernes Standbild des h. Georg mit eisernen Bügeln, der Mittelbogen
der Sohle ist ganz nach oben gewölbt, Kopenliagen, Altert. -Museum.
Ungefähr XV.
4
nO
1
I
442. Maurisches Wandgemälde der Alhambra nach Wagner, ^Trachten des
Mittelalters**, Taf. lY, 1. XHI,
448. Angeblicher Wikinger-Bügel vod Söborg auf Seeland. Viele solche Bügel
sind in Jütland gefunden, Kopenhagen, Altert -Museum.
444. AuB der Sammluog von Grosa-Kühnau bei Dessau, XT. — ^XVI.
445—448. Die Bügel wurden io einem Pfahlbau bei Zantoch auf dem linkeii
Ufer der Warthe gefunden , einer iuselartigen Erhöhung, auf welcher aicb
Fuudstücke aus allen Jahrhunderten bis s&um vorigen herab fanden. Landa-
berg a. d. Warthe, atädtiBche Sammluog, XY. — XVI. J
449. Museum in Stettin. XVI. *
460. Standbild des h. Georg aua der grossen Kirche in Stockholm, jetzt im
Museum; Sohle mit umgebogener Zunge, unsymmetrisch, XV.
46L Aus dem atädtiachen Müseum im Franziskanerkloster in Danzig; dies
Form liegt das scharfwinklige Dreieck zu Grunde, XV.
452, Gantschendorfer Fund, paarig, Sammlung in Stralsund. XV,
453. Polnischer oder ungarischer Bügel, Stadt Sammlung in Landsberg a. d,
XVI.— xvn,
464, 455. Aus der Galerie der Meisterwerke altd. Holzschnitzkunst von v. Eye
und Falke, germ. Museum, Nünberg 1858, den Triumpbzug Maximilians I.
darstellend. XVL j
45t). Relief auf Solenhofener Stein, nach Hefner VII, 479, XVL ^
457. Aus Henne v, fihyn, Kulturgesch. des deutschen Volkes, H, S. 120,
Bügel mit Lanzenschufa. XVH.
458. Bügel des Herzogs Wilhelm IV., nach Hefner VlH, 558, 1550.
459. S. 454 u, 455.
460. Wie 456, Bügel Karls V. Hier wie dort sind die Bügel von Innei
auf den Fusa genommen, XVL
461. Federzeichnung des germ. Museums, nach Hefner \1I, 487. XVI.
462. Hist, Museum Dresden. Hefner VIII, 565. XVL
463. 464, Sammlung in Gross- Kühnau bei Dessau.
465, Bügel aus Westergothland, Stockholm. Vielleicht XVL
466, 467, 470. Bügel von schwedischen und norwegischen Bauerusätteln auf
dem Stockholmer Museum. Zeit nicht genau zu bestimmen, vielleicht XVU
468. Städtisches Museum in Danzig. XVH.
469. Nach Hefner VIH, 508. Mitte XVL
471. Angeblich von den Hussiten herrührend, 11 : 16 cm. Der Bügel hän;
an einer Kette, deren Ilaken in die Ose greift; und durch eine Schraub
geschlossen ist. Bernau. XV. ^t
472 — 474. Drei Paar ganz auffallender Bügel auf der Feste Coburg, ungefah— ^^
25 cm hoch u. 15 cm weit, die Schenkel 20 cm breit, die Sohle auf ^/^^=^
der Höhe von unten angebracht, bei 472 durch einen eisernen BüIid
festgehalten. Sie sind von Eisen, mit Zeug gefüttert; bei 474 ist ^c — »
offene K ahmen mit farbigem Tnch bekleidet; sie waren wohl für Festli
keiten bestimmt. XVL — XVU.
Tl.
476.
477.
478.
179,
481,
482*
483,
484.
485,
486.
487.
488.
492.
493.
495.
496.
497.
498.
499.
HexikaniscIi-äpaniBche Bügel nach Demmio S. 656, welcher sagt, dass
die Spanier derartige sehr schwere Bügel unter Ferdinand Cortez in der
Schlacht von Oturnba führten. XVI.
Atta der Sammlung in Wisby. XVL
Altert.-Museum in Kopenhagen, XVI.
Sammlung auf der Ros^trappe. Derselbe Bügel ist im Schweriner Museum
als bayrischer Kürassierbügel von 1866 bezeichnet, vergl. Fig, 434, 103.
xvn.
480, Im Harz gefunden. Sammlung auf der Rosstrappe. XVII.
Wie 466,
Wie 476. XVD.
Meseingi vergoldet, Stockholm, National-Museum, 1611—1654.
Stettiner Museum. XVU.
Ostpreussen, Museum der Prussia, mit Silber tausehiert. Öse drehbar.
xvn.
Im Sohloss zu Dessau. XVII.
Schwedischer Bügel zur Zeit Karls XI. u. XII. Bei den Geschirren des
XIX. Jahrh. hat die Sohle noch einen Mittelsteg und ist scharf gemacht,
Stockholm, Artill. -Museum. XVII. resp. XEX.
Bügel Heinrichs H. nach Wagner, „Trachten dos Mittelalters", Heft IV,
Blatt 2, No* 5. Original in der Sattelkammer zu München. XVI oder
xvn.
Aus dem Schloss zu Ileenburg, wohl ungarisch. Angeblich Daraenbügel,
Öse nicht drehbar, Sohle oval, Höhe mit Öse 20 cm, vgl Fig, 214. XVH?
Paar Messingbügel, angeblich von der Tannenberger Schlacht 1410 her-
rührend, in Elbing gekauft* Prussia in Königsberg. Wahrscheinlich XVIL
Paar kleiner Bügel, 12 cm hoch, dem Baron v, Feilitsch auf Stendorf bei
Kosen gehörig. XVII,
Bügel eines Tuarik-Fursten (Wüste Sahara), schwarz mit Gold. Kopen-
hagen, ethnograph, Museum, vergl. 250.
Schwedischer Bügel aus dem Museum in Stettin, sehr gross, drei Buckeln
auf jeder Seite der aufsteigenden Sohle, deren Ebene auf der Schenkel-
ebene senkrecht steht. XVUI,
Schwedischer Bügel für Artill.-Offiz., Modell 1815, 1837 und 1846; ganz
ähnlich dem vorigen. Artill.-Museum Stockholm. XIX,
Schwedischer Bügel für Artillerie, 1876 und 1871. Ebenda. XIX.
Bügel eines Balifürsten (bei Java). Ethnograph, Museum Kopenhagen, XIX.
Aus West-Nigritien (Senegambien). Ebenda. XIX*
Sturzbugel, Patent Hawkins, London. Zwei getrennte Bügel, durch Stifte
aufeinander festgehalten, fallen auseinander, wenn der innere durch den
festsitzenden Fuss gedreht wird. XIX,
Mes^ikanischer Steigbügel, sehr sauber in Holz geschnitten, Öffnung für
den Fuss 13 cm hoch, ganze Höhe 19, Breite 25, Tiefe oben 14, unten
22 cm. Im Besitze des Rittergutsbesitzers Herrn E. Duderstadt auf
^everstaven bei Oldesloe.
4*
^Miy^
52
500. Bügel mit EisensohieueD, unbekannter Bestimmung, vielleicht Teil einei
Maschine oder zum Schutz gegen den Deichselschlag, dann wäre aber die
obere Platte falsch eingezogen; letztere ist 9 cm breit, die senkrechte 53
hoch, 6V2 breit, Bügel 23 hoch, Sohle 15 lang. Stettin, Museum.
501. Beispiel einer Fussbank am Frauensattel, von einem Reliquienschrein aui
der Eunstkammer des Fürsten G. A. von Hohenzollern, nach Hefner,
7. Lief., PI. 41 und 42.
502. Isländischer Sattel mit Fussbank nach den Abbildungen aus dem nordischen
Museum in Stockholm, herausg. von Hazelius 1890, 2. und 3. Abt., PI. 17.
VergL den Text der Annalen, Band XXIV, S. 211.
503. Rechter Bügel der Statue Kaiser Conrad III., oder nach Anderen Stephans,
des Schv^agers Heinrichs II. Die Statue befindet sich im Dom zu Bam-
berg; bei der ungünstigen Stellung derselben ist das Detail des Bügeh
nur schwer zu erkennen. Er scheint unsymmetrisch zu sein. Eonrad HL
lebte im XII., die Statue scheint aus dem XIY. Jahrhundert zu sein.
504. Bügel aus Immenstedt in Schleswig, Wiederholung von Fig. 42^ welche
etwas verzeichnet ist.
505. 506, 507. Wiederholung der Fig, 49j 50, 51, welche gleichfalls verzeich-
net sind.
Von den Seite 218 erwähnten Armbrustbügeln, welche zu Verwechse-
lungen mit Steigbügeln Veranlassung geben können, habe ich noch Exemplare
in Upsala und Bernau gefunden. Bei Worsaae (Fig. 488) ist ein nordischer
derartiger Bügel abgebildet, welcher an der Sohle dieselben Umstülpungen, wie
die hohen Steigbügel {Fig. 108, 109, 110, 117 u. a.) zeigt, welche im Norden
die verbreitetsten waren und noch im XUI. Jahrh. vorkommen. Dieser Arm-
brustbügel gehört der Zeit des nordischen Spitzbogenstiles (1300 — 1536) an.
Berichtigungen.
Fig. 42 f dafar ist zu setzon Fig. 504.
Fig. 4.0, 50, 51, dafür ist zu setzen Fig. 505, 506, 507.
Fig, 90 inuRs ganz schrfige stehen, sodass das I^ein mit der Horizontalen etwa einen Winkel
von 30 Qrad bildet.
Fig. 105 u. 125 sind ganz zu streichen; letztere Zeichnung ist nach Bode, Geschichte der
Plastik, Berlin 1887, S. 66 aber nicht richtig, siehe So. 503.
über die Gründung der Behem'schen Druckerei
in Mainz.
Von Br. H. ForsI«
Eine nicht uninteressante Ergänzung zu dem im Jahre 1889 an die Mit-
glieder des Vereins verteilten Werke von Dr. S. Widmann über Franz Behem
findet sich im zweiten Bande der „Geschichte der katholischen Kirche in Irland^
von Dr. A. Bellesheim (Mainz 1890) S. 692! Beilesheim veröffentlicht dort
einen lateinisch geschriebenen Brief des bekannten katholischen Schriftstellers
Coohlaeus an den irischen Erzbischof Robert Wauchop, datiert Worms, den
20. November 1540. Hier erzählt Cochlaeus, wie sein bisheriger Drucker in
Leipzig, Nicolaus Wohlrab, nach dem Regierungsantritt des lutherisch gesinnten
Herzogs Heinrich verhaftet und die Druckerei gesperrt worden sei. Dann fährt
er fort:
„Also wurde ich gezwungen, mich an einen anderen Verwandten zu wenden,
der in Dresden wohnte und unter Herzog Georg Buchbinder und Buchhändler
war. Dieser verkaufte und verliess auf meinen Rat alles, was er in Dresden
besass, zog mit seiner Frau (die meine Nichte von meiner Schwester her ist),
und seinen kleinen Kindern nach Mainz und kaufte von einem anderen zu
Leipzig wohnenden Verwandten gute metallene Schrift, um mir und anderen
katholischen Schriftstellern zu dienen.^
Dies stimmt genau zu den Thatsachen, die Widmann S. 2 — 4 über
Franz Behem zusammengestellt hat.
m
eos in
Kelten: H. Schaaffhausen, Die Kelten* Bonner Festschrifk zum 50 ji
Jubiläum des Vereins von Alfcertumsfreunden im RheiDlande. 1891, S. 62 ff.
Kloster: Q* Bucelin^ Übersicht der Mönehsabteieu des BeDediktinerordeos in
Deutschland, Österreich und der Schweiz bis zum Aofiini^ di»^sos
hunderts, Archiv. Zeitschr. N. F. n (1891), S. 188 fi
Kloster sagen: A, Kaufmann, Wunderbare und denkwürdige üescbichten aub
den Werken des Caesarius von Heisterbach, ausgewählt, übersetz! Qod
erläutert, ü. Ann. d. hiator. Ver. f* d. Niederrhein, H. 53, Kulo IS91.
Krieg und Kriegswesen: B. Poten, Geschichte des militärischen ErziehuDga^
und Büdungswesene in den Landen deutscher Zunge, Berlin 1891
8, 323 — 391 Die nassauisohe Kadettensehule)* Vgl. Khein, Kurier 1
No. 247.
Isenbartf Geschichte des herzogl. nass. 2. Regimentes, Stamm des kgL
preuss. 2. nass. Infanterie-Regiments Ni>* 88, von 1808 — 1866,
17 Skizzen und einer Übersichtskarte. Berlin, Mittler 1891.
u. 253 S.
v. Memert)% Das Offizierkorps des Füsilier • Regiments v, Oersd
No, 80, von 1866—91. Berlin, Mittler 1891,
König Adolf 8. Nassau.
Gotthold, Die Schweden in Frankfurt a. M. III. Frankfurt 1891
Progr. der Elingerschule.
(Sauer), Die nass, Kreiskompagnie in Mainz 1792. Kheto. Kurier 1
No. 32G, 327, 328.
Fr. T. Weech, Badische Truppen in Spanien 1810—1813. Badisofae
Neujahrsblätter, 2. BL 1892 (S. 5, 18 u, o. über nass, Trtippe
Spanien)*
W, Sauer, Blüchers Übergang über den Rhein bei Caub. Nebst Mit
teilungen über den Aufenthalt des Yorkschen Korps im Herzog!
Nassau von Ende Okt. 1813 bis zum Januar 1814. Mit dem
simile eines Briefes Blüchers. Wiesbaden, Kreideis Verlag 189
J. V, Schmidt, Die vorm. Kurhessische Armeedivision im Sommer 1866"
Auf Grund des vorhandenen aktenmassigen Materials sowie der eige-
nen Erlebnisse. Kassel 1892 (u, a über die ^Kleine hübsche
pedition'' nach Zorn, wie sie Generat v. Zimiecki nannte).
Kreuzzüge: R. Röhricht, Studien zur Geschichte des 5. Kreuzzuges. 1
(Graf Diother von Katzenelnbogen und Graf Gebhard von Diez, 121
Kunst und Kultur: Cuno, Die Kunstgeschichte des rechtsrheinischen Ti
der alten Erzdiocese Trier bis zum Ausgange des Mittelalters. W:
baden, Brems (1891).
Leiningen: E. Brinkmaiers Genealogische Geschichte des uradeligen^ reicl
gräflieben, reicfasfurstlicheu, standesherrlichen erlauchten Hauses Leiningoi
und LeiniDgen-Westerburg. Nach archivalischen, haudschrifilicheii tun
gedruckten Quellen umgearbeitet und vermehrt von K. Em. Graf voi
Leiningen- Westerburg, 2 Bde. Braunschweig, Sattler 1890, 1891.
M U-^
I
1866J
57
telEnder: R* Schmidt, Ein tahmist als Kaiserlicher Feldmarschali im 30-
jährigen Kriege. 11. 1891. Berlin. Gärtner.
Maotabaur: A. Eleinschmidt, Aus den letzton Tagen des KöDigreiehs West»
falen, Zeitechn d. Ver. für hess. Oeacbichte, N. F. XVI. (Jeröme auf
der Flucht zu M.)
Ifuseum zu Wiesbaden: Museum der Altertümer. Westdeutsche Zeitsehr. 1891,
8. 393; 1892, S. 238. Vgl. Jahresberichte der Geschichtswissenschaft
1891, IL 8. 148, Anm, 4 u. 8.
Kunstmuseum: Tfa. Frimmel, Kleine Galeriestudien, I. 1891 (8, 98 bis
114 Wiesbaden).
Nassau: A. Oüth, Landes- und Provinzialgesckichte, Heft 10 B. Nassau
(und Frankfurt). Leipzig 1891 (zu den bei K. Voigtländer erschienenen
geschichtlichen Lehrbüchern gehörend).
H. Susann, König Adolf von Nassau und Älbrecht von Ostreich vor
Kenzingen. Zeitschr, der Gesellschaft zur Beförderung der Ge-
schichte . . . von Freiburg, dem Breisgau u. s. w. IX, 1890, Frei-
burg; auch als Programm der heberen Bürgerschule zu Kenzingen
1890 erschienen.
Ulmann, Kaiser Maximilian I. Auf urkundlicher Grundlage. Bd* 2. Stutt-
gart 1891. (Graf Adolf von Nassau, Graf Engelbrecht,)
F. Otto, Graf Johann von Nassau, Herr zu Idstein und Wiesbaden.
Evang. Gemeindeblatt 1891, No. 30, 31, 32, 33.
H. Hüffer, Die Kabinetsregier ung in Preussen und J. W. Lombard.
Leipzig 1891. (S. 526 wird eine Prinzessin von N.-Usingen (?) ge-
nannt als Küsterin im Stift Herford ; gemeint ist wohl Auguste
Marie, Tochtep des Fürsten Karl von N.-Weilburg, welche 1802 als
Dechantin starb.)
A. Heldmann, Zur Geschichte des Gerichts Viermünden und seiner
Geschlechter. I. Die Vogte von Keseberg. Zeitschr. d, Ver. f. heas.
Gesch. N. F. XV, 1890. (Urkunden mehrerer Grafen von Nassau-
Dillenburg, Heinrich, Emicho, Johann von 1299, 1308, 1321 u. 1409.)
Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln, Heft 21, S. 80 und 81 ;
1437 Agnes und Elsline von Nassau, Kan. zu S. Ursula, 1450 Mar-
garethe von Nassau, Äbtissin von S. Ursula.
Jungfer, Der Prinz von Homburg. Berlin 1890. (Graf Ludwig Hein-
rich von N.-Dillenburg bewarb sich 1660 um die Hand der Gräfin
Brahe; abgewiesen veröifentlicht er eine Schmähschrift, worauf die
Antwort erfolgt: der beantwortete zwar ungenannte, aber überaus
schamlose und unverschämte Nassau-Dillen burger Pasquillant. 1660.)
W. Sauer, Das Herzogtum Nassau in den Jahren 1813—1820. Ein
Beitrag zur Geschichte der gleichzeitigen politischen Bewegungen
in Deutschland. Wiesbaden, Kreideis Vorlag 1893, Vi u. 186 8.
Vgl. Rhein. Kurier 1892. No. 269 u. 270.
Meinecke, Die deutschen Gesellschaften und der Hoff mau nische Bund.
Stuttgart 1891,
,-Slj^
dl
S8
A, Stern, Ein Kapitel aus der Geschichte der deutschen Einh^ii
strebuDgeQ. Nation 1892, No. 15,
Sauer, Die deutschen OeselUebaften und Nassau in den Jahren
bis 1815. Rhein. Kurier 1891, No. 343, 344 u. 348.
R, Kolb, Herzog Wilhelm von Nassau, Gedenkachrift zum lOOjähriged
Jahrestag seiner Geburt Wiesbaden 1892. Mit dem Bildnis
Herzogs,
J. A. M, Messinga, Das Haus Nassau. Herold 30, S, 153—155,
V. Göckingk, ebenda S, 172.
F. W. E. Roth, Das Nassauer Epitaphienbuch des Malers Doraen roi
Altweilnau, Vierteljahrsschr. t Wappen-, Siegel- und Familienkundo
19 (1891), 8. 537—76.
R. Hauch, Münzen, Medaillen und Ehrenzeichen der Grafen und Fu
von N.-Weilburg-SaarbrQcken und der Herzöge von Nassau
sammelt von R. Hauch. Prankfurt a, M. 1891.
Münzen des Grafen Gerlach von Nassau, Erzb, von Mainz (5 Dukaten)
und des Grafen Adolf von Nassau, Erzb. von Mainz (10 Dukaten).
Mitteil, des Ver. f* hess. Gesch. 1890, S, 133,
(Sauer), Die Ordnung der Farben in der nassauischen Fahne. R!
Kurier 1891, No. 214.
Prfihistorie: Schiersteiner Funde. Westdeutsehe Zeitschr,, Korr.-Bl. X, 8p. 262,
Plorschütz, Die Urbevölkerung Nassaus. Separatabdruck aus der Wi
Presse 1891, No. 35.
Recht: H, Waschersieben, Deutsehe Rechtsquellen des Mittelalters* Leipzig,
Veit u. Co. 1892. (Über das Rheingauische Weistura vgl. Sauer in
AnnaK XIX, S. 33 ff,)
Keformationszeit; F. Otto> Die Visitationen der nassauischen Kirchen
Mainzer Sprengeis in den Jahren 1548 — 1550. Evang, Gemeindoblatt 1892'
No. 47, 48, 49, 50,
Lenz, Briefwechsel des Landgr. Philipp von Hessen mit Bucer
Leipzig 1891. (Katzenelnbogener Erbfolgestreit, schmalkaldiflchei
Krieg»)
A. Kleinscbmidt, Hermann von Holzhausen. Zeitschr. f. Kircheng«-
schichte XL (1891), S. 252 ff. (irs Mutter [t 1498] oft zur K\
in Wiesbaden; W. Nesen von Nastätten 1520 ff.)
E, Otto, Mitteilungen aus Butzbacher Kirchenbüchern. Quartalbl
hess. Ver. 1892, S. 186 (Pfarrer Nikol. Bleichenbach geht 1530
Sulzbacb und Soden nach Butabach, Konr. Stet-senbach 1540 K
herr, Joh. Brendel, Diakonus zu Cronberg 1550, Zach. Rültnü
von Usingen 1677 Caplan zu Butzbach).
Fr. v* Reiffenberg: P. Colliachon, Frankfurt a. M. im schmalkaldischen Kri
Straasburg 1890.
Ringvrälle: F. Kofler, Westdeutsche Zeitschr. 1892, 8, 210 ff.
Der h. Hock zu Trier: (Sauer), Nassauisches zur Geschichte des b« Ri
Rhein. Kurier 1891, No. 214^
181^
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59
tSmen&eit: Funde zu Heddernhoim (A. Rieae und G. Wolff in der Westd.
Zeitachr. Korr.-Bl 1891, Sp. 12 ffi), Höchst (G, WolfF ebenda 1892, Sp, 1 ff,);
Didaskalia 1891, 26 Nov.), Wiesbaden (Rhein. Kniier 1891, 14, und
16. Aug.).
Limes, Weatd. Zeitscbr., Korr.-Bl. 1892, Sp. 20.
Limesblatt, Mitteilungen der Streckenkommisaare bei der Reiohslimes-
kommission, herausgegeben von F. Heller-Lintz. Trier, No. 1. 1892
(Sp. 1 ff, Berichte von L. Jacobi über die Ergebnisse vom Taunus;
Sp, 5 ff., Mommsen über die Feldbergiuschrift ; Sp. 12 ff., F. Koller,
Sp. 24, G. Wolff über die Funde in der Wetterau bis Marköbel),
Legionsgeschichte: v, Domszewski, Zur Geschichte der leg. XIIII gem.
Westd. Zeitschr., Korr.-Bl. 1891, Sp. 252 f.; Zur Gesch. der Legionen
Xin bis XX, ebenda Sp. 59.
tJL Riese, Das rheinische Germanieu in der alten Litteratur. Leipzig,
Teubner 1892.
V. Loher, Zustände im römisch-deutschen Kulturlande. Sitzuogsprot*
der Münchener Akad. der Wissensch., phil-hist. KK 1891, S. 1 ff.
Hang, Die Viergöttersteine. Westd. Zeitachr. 1891, 8. 9 ff., 125 ff.,
295 ff.
Uübner, Jupitersäulen; ebenda, Korr.-Bl. 1891, Sp. 254 ff.
W, Liebenan, Zur Geaehichte und Organisation des römischen Vereins-
wesens. Leipzig 1890.
Vertriebene Salzburger in Nassau: P. Otto im Evang. Gemeindebl. 1891,
No. 18, 19, 20 u. 21.
8. Goarshausen und die Katz: M. v. Ditfurth, Hessenliind, 1890, 8. 129.
Schinderhannes; K. Rauchhaupt, Akteumässige Geschichte über das Leben
und Treiben des berüchtigten Räuberhauptnianns J. Bückler gen. Schinder-
hannes und seiner Bande. Kreuznach 189L
Schule: K. Spielmann, Schola et Methodus Gaertneriana. Separatabdruck aus
den Mitteilungen f. deutsche Erziehung und Schulgeschichte. 1892.
W. H. Riehl, Die Idylle eines Gymnasiums (Weilburg 1837—41) in
den Kulturgeachtchtlichen Charakterköpfen 1891, S. 1 — 57.
»räche: F. Kehreiu, Volkssprache und Wlirterbuch von Nassau; Volkstümliches
aus Nassau; Nassauiaches Namenbuch. Neue (Titel)-Auflage. Leipzig,
Lesimple 189L
J. Heinzerling, Probe eines Wörterbuchs der Siegerländer Mundart.
Progr. des Realprogymn. zu Siegen. 1891. Buchstabe B.
K. Bach, Beiträge zur Deutung der Ortsnamen in der Umgegend von
Homburg. Mitteil d. Ver. f. Geschichte von Homburg, IV. S. 1 — 10-
K. T, Staraford: Die Heirat Jolantas von Lothringen mit Landgraf Wilhelm
von Hessen. Zeitschr. des Ver. f. hess. Geschichte, N. F. XVI, (Reise
durch Nassau, Nass. Fürsten auf der Hochzeit zu Kassel.)
Marianne vom Stein: A. Kleinschmidt, Das Daraenstift Wallenstein zu Hom-
burg unter Jeröme. Zeitachr. des Ver. f. hess. Geschichte, N. F. XV.,
S. 269 ff.
Hj
so
93J
ler
Nassautsche Studenten zu Köln: H. Keussen, Matrikel der Universität
1389—1559. Bd. I, 1389^1466. Bonn 1892. Vgl J. Hansen in
Mitteil aus dem Kölner Stadtarchiv 20.
Zu Giessen: R Klewitz und K. Ebel (1664 — 1685), Mitt. des oberheas.
Oeachichtsvereins, N. P. IIL 1892.
Sueben: Koaaina, Westd. Zeitachr. 1891, 8. 104; A. Riese, ebenda S. 293,
Barthol Usingen, Prof. der Theologie zu Erfurt; Q. Oergel, Beiträge zur
schichte des Erfurter Uumanismus. Mitt. des Ver. f. Oeach. von Erfurt,
15. (1892), 8, 39—100.
Urkunden, Regesten und Handschriftliches;
O. V. d. Ropp^ Urkunden zur Reichsgeschichte aus einem Falkensteiner
Kopialbuche, Neues Arch. 16, S. 624—31 (1259—1398).
F. W. E. Roth, Kaiserurkunden und Reichssachen; ebenda S. 632 (121
bia 1421).
, Deutsche Kaiaerurkunden ; ebenda S, 435— 38 (1349-14181
— — — , Urkuodea und Auszüge zur Geschichte der Erzbischöfe und
Kurfürsten von Mainz, Köln und Trier. Korr.-Bl des Gesamtver»
eins 39, S. 123, 139.
E. Friedländer, Rheinische Urkunden. Ann. des bist* Ver. f d. Nied
rhein 50, S. 237 ff. (Zwei Urk. betreffen Diez und Sayn von
und 1458),
P, W, E. Roth, Mitteil. aus Handschriften. (Kl. Arnstein und Not G-
Germania 36 (1891), 8. 262—67,
F. W, E. Roth, Nassauer Urkunden (1558—1623 aus dem Rheii
Korn-Bl des Gesamtver. 39, S. 44, 71, 89, 107.
— — — ', Ungedruckte Regesten zur Geschichte edler Familien BemmS
und der Rheinlande. Vierteljahrsschr. f. Wappen-, Siegel- und Fa;
jienkunde 19 (1891), 8. 364-391.
^ — » Urkundliche Nachrichten über die Edlen von Waldeck (Nassaul
Ebenda 19 (1891), S. 33-37.
H. Reimer, Urkundenbuch zur Geschichte der Herren von Hanau und
der ehemaligen Provinz Hanau. I. 766—1300. Mit zwei Tafeln.
(Publikationeu aus Kgl preuss. Staatsarch. 48*) Leipzig 1891.
K* Varrentrapp, Joh. Schulze und das höhere preusaiache Uuterrichtswesen
in seiner Zeit, Leipzig 1889 (Gantesviler, Meusebach, Karoline Rössler,
Steinmetz, Friedemann, B. Hundeahagen, L. Snell)*
Verkehr: F. H. Quetsch, Geschichte des Verkehrswesens am Mitteirbein von
den ältesten Zeiten bis zum Ausgang des 18, Jahrb. Mit 42 AbbildongeQ.
Preiburg, Herder 1891. Vgl. auch K. Theile, Bilder aus der Chronik
Bacharachs und seiner Thäler. Ein Stück rheinischer Orts- und Kirchen*
gesehiehte. Gotha, Perthes 189L
Waldeck: s, Urkunden.
n. Wachenhusen, Aus bewegtem Leben. Erionerungen aus dreissig Kri<
und Friedensjahren. 2 Bde. Straasburg 1890 (berührt an verschiedi
Orten Naeaau, insbesondere Wiesbaden).
61
Weilburg: Hermann Theuerkauf aus W., Pfarrer in Offenbaoh 1427. Quar-
talbL des bist. Yer. im Grossherz. Hessen, 1890, S. 74.
Riebl, s. unter Schule.
Wiesbaden: s. unter Museum.
F. Nippold, Der Jesuitenstreit zu Wiesbaden. Ein Einzelbild im Rahmen
der gegenwärtigen Agitation für den Jesuitenorden. Halle 1891.
F. Otto, Die Reformierten zu W. Evang. Gemeindebl. 1891, No. 17.
(Sauer), Zum 75jähr. Stiftungstage des Wiesbadener Kasinos. Rhein.
Kurier, No. 87.
Zollwesen im Mittelalter: K. Hummel, Die Mainzölle von Wertheim bis Mainz
bis zum Ausgang des 15. Jahrh. mit besondrer Berücksichtigung von
Frankfurt a. M. Westd. Zeitschr. 1892, S. 109-145.
Jahresberichte der Geschichtswissenschaft, herausgegeben von J. Jastrow. Jahr-
gang 1889, 1890 u. 1891. Berlin 1891-93. In Abteilung II : Mittelrhein
von F. Otto.
Allgemeine Deutsche Biographie:
Band X2CXI.
Th. Schliephake (1808-1871). Ausfeld.
Schinderhannes (1783—1803). Schüler.
Band XXXII.
W. J. Schmitt von Lorch (1760—1820). Winckel.
Fr. Jac. Schmitthenner (1796—1850). Schröder.
E. Schnaase (1798—1875). v. Donop.
E. Schnepf (1495—1558). Brecher.
R Scholz (1831—1871). Brummer.
Joh. Ph. V. Schönbom (1605—1673). Bockenheimer.
Joh. Ph. Schramm (1676—1753). Cuno.
E. L, Ph. Schröder (1764—1835). Lier.
Band XXXIII.
Schütz, Die Maler Chr. Georg (1718—1791), Franz (1751—1781), Joh. Georg
(1755-1813), Heinr. Jos. (1760-1822), Chr. Georg (1758-1823). Stricker.
K. D. V. Schütz zu Holzhausen (1825—1883). Ratzel.
TL Schwartz (1809—1885). Otto.
jL V. Schweiss (16. Jahrhundert). Otto.
J. D. Q. Seebode (1792-1868;. Hoche.
W. H Snell (1725—1793). Cuno,
Er. Sarcerius (1501 — 155^*;. HoUr^^in.
Vereins -Nachrichten.
Jahresbericht des Sekretärs*
(Vom 1. April 1692 bis 3L MArs 1693,)
Allgemeiuei». Das Etatsjahr ist für den Verein in der üblichen Wi
ifen. Der Vorstand ist bemüht; gewesen, durch Vermehrung der Bib!
thek — besonders auch im Wege des Äuatausches — die wissenschaftlicbeQ
Arbeiten zu fordern und durch Veranstaltung von Vorträgen das Interesde
der Altertumskunde und Qesohtchte zu heben*
Der Vorstand trat viermal zusammen, und zwar am 10. Juli, 15. Oktober,
ö. November und 3* Dezember. — Die ordentliche Generalversammlung fand
am 10. Dezember statt.
Die Generalversammlung des Gesamtvereins der deutschen Geschicbts*
und AltertumsvereiDc, welche vom 4. bis 7. September in Münster i. W. tagen
sollte, konnte wegen der damals bestehenden Choleragefahr nicht stattiindei
Ausflüge wurden während des Sommers nicht unterooraraen.
Es wurden 6 Vortragseitzungen abgehalten, darunter 2 öffentliche im
Museumssaale. Der Bericht über die Vorträge, welche sämtlich gut besucht
waren, folgt unteo.
Wir bitten unsere Mitglieder und Freunde, auch im neuen Jahre dem
Verein ihr Interesse und ihre wohlwollende Unterstützung zuzuwenden.
Mitglieder und Vorstand, Durch den Tod verloren wir 2 Ehr
mitglieder : die Herren Dr. Schaaffhausea , Hermann, Professor, Geh. M
zinalrat in Bonn (f 26. L 93) und Dr. Linden schmit, Ludwig, Profesi
Direktor des römisch-germanischen Centralmuseums in Mainz (f H. 2» 93).
Von den ordentlichen Mitgliedern schieden aus:
ii) durch den Tod:
Herr Aumüller, Beoefiziat, Östrich;
„ Bernhard, Professor, Gymnasialdirektor, Weilburg;
^ Geis, Hauptlehrer, Ems;
„ Dr. jur. Stamm, Eugen, Justizrat, W, (f 28. L 93);
„ Trüstedt, Carl, Oberstlieutenant a. D., W. (f 26. 2. 93);
, Scholz, Carl, Juatizrat, Rechtsanwalt, W. (f 15. 3. 93);
„ Fauser, Carl, Rentner, W, (f 24. 3. 93);
, Fischer, O. Friedrich W., Rentner, W. (f 25, 3. 93).
63
b) diireti Aaslritt:
Herr Altenbarg, Eduard, cand, pfaU., Hanau;
WöstmanD, H., Pfarrer, Nieder-Lahnstein ;
Thietf Steaerrendaot, Biedenkopf;
Lüdicke, F., Kentoer, W.;
Bot lieber, R, Haoptmonn a. D., MüncheD;
Bonn, Joseph, Dekan, Nieder-Erbaeh ;
Bonn, Adani) Pfarrer, Wellmich a. Hb.;
Mabl, Begieruags* ond Forstrat, W.;
Joseph f PauV Lehrer, Frankfurt a. M, ;
Halber, Geh, Ober-Regierungsrat, Berlin;
Brema, Buchdmckereibeeitzer, W. ;
Jleckel, J. L„ Rentner, W.;
Frh. von Wendt, W.;
Walcb, B„ Hochheim;
Hesse, Ad., Kaufmann, W.;
Schupp, Pfarrer, Sonnen berg;
Dr* Ton Ritgen f Landesbauinspektor, Königsberg L Pt. ;
Dr. Adam, Professor, W. ;
Mackauer, August, Geisenheim;
Wrede, Fr., Rentner, W.;
Leonhardt, C. L*, Kaufmann^ W,:
Togeläberger, Kaufmann, Ems;
Frisch, Major a. D., W.;
Schenck, Major a. D., W.;
Cretius, Oskar, Lieutenant a. D,, W.;
Klett} Heinrich, Kapitanlieutenant a. D«, W.
Diesen M ausgeschiedenen ordentlichen Mitgliedern stehen fol-
ade dO neo aufgenommene gegenüber:
Herr Tboma, Hermann, Hotelbesitzer, W.;
Y Momberger, Jakob August, Weinhändler, W. ;
, Wagner, Carl, W.;
, Fehr, Theodor, Fabrikbesitzer, W. ;
^ Engelhard, Otio^ Fabrikant, Hofheim im Taunus;
Schierenberg. Ernst, Rentner, W.;
Baron von Bistram, W.;
Elgershauseo, Lnitpold, W.;
Osterroth, Arthur, Rittergutsbesitzer, Scbloas Schönberg bei
Oberwesel;
Dr. phn. Panzer, Conrad, Königlicher Archivar, W. ;
Herrmanu, Johannes^ Inspektor der Wiesb. Kronenbrauerei, W,;
Freinsheim^ Friedrich. Rentner, W.;
Oornick», WLadislaus^ W,;
Dr. jur. Böninger, Eugen, Reebtsaiiwak, W,;
64
Herr Reusch, Heinrich, Referendar, W. ;
^ Trosiener, F., Ingenieur, W. ;
, Scliröder, Hugo» Photograph, W. ;
„ Leisler, Ernst, Referendar, W,;
^ Ab egg, Philipp, W.;
^ Kriege, Ernst Jakob, Oberst a. D,, W.;
„ Vietor, Moritz, W.;
^ Lex, Adolf, Regierungsassesaor, W, ;
^ Dr. med. Ideler, Carl, Geh. Sanitätsrat W*;
^ Aufermann, Wilhelm, Rentner, W.;
^ Dr. phil Merbot, Reinhold, Sekretär der Handelskammer, W.;
^ Opitz, Hermann, Ober-Regierungsrat u. KonsistortaUPras.^ W,:
„ von Hirsch, Friedrich, Kaufmann, W,;
^ Schüler, Theodor, Archiv-Kanzlei-Sekretär, W»;
^ Dr. med. Güntz, Theobald, W ;
^ Leo, Ludwig, Privatier, W.
Der Verein zählt also z. Z, 6 Ehrenmitglieder, 5 korrespondierende und
*dl8 ordentliche Mitglieder. Dem vorliegenden Annalenbande ist ein mit mög-
licher Sorgfalt aufgestelltes Mitgliederverzeichnis eingefügt.
Die VeränderuDgen, welche sich seit dem 1* April 1892 in der Besetzung
des Vorstandes vollzogen haben, sind folgende. Es schieden aus die Herren:
Landesbaninspektor Dr. von Ritgen, Sanitatsrat Dr» Fleischer und Major
z. D. Frh. von Wangenheim. Sie wurden ersetzt durch die Herren: Land-
gerichtsrat Dussel, Major a. D. Schlieben und Oberatlieutenant z. D. Sar-
torius. — Den Herren Major z, D. Frh. von Wangenheim uod Sanitatarat
Dr. Fleischer, welche lange Jahre hindurch die Interessen des Yereins aufs
Eifrigste gepflegt und gefordert haben, sei hiermit der wärmste Dank ausge-
sprechen. — An Stelle des von hier verzogenen Herrn Premierlieutenant a. D.
Hoff mann übernahm — mit Genehmigung Sr. Ercellenz des Herrn Ministers
der geistlichen, Unterrichts* und Medizinalangelegenheiten — der Unterzeichnete
am L August die Verwaltung des Sekretariats, — Die derzeitige Besetzung des
Vorstandes steht an der Spitze des Mitgltederverzeicbnisaes.
Bibliothek. Der Zuwachs, den die Bibliothek erfahren hat^ gründet sich
in erster Linie auf das Aus tausch Verhältnis, in dem wir mit sehr vielen wissen-
schaftlichen Instituten und Vereinen stehen. Während des abgelaufenen Jabrea
sind in dieses Austauschverhältnis folgende 7 Gesellschaften nea einge;^
treten :
Der Verein f&r Geschichte von Annaberg und Umgegend in Annaberg ;
die Kaiserl Königl. heraldische Gesellschaft „Adler*^ in Wien;
der Verein fiir das Museum schlesischer Altertümer in Breslau;
die Soci^te nationale des antiquaires de France in Paris;
die Comeniusgesellöchaft in Münster i. W. ;
die Badische historische Kommission in Karlsruhe;
die Abbaye de Maredsous (Belgien).
65
Dagegen tsc nur l Geselldchaft :
dif KäIö. Konigl. geographische Oesellöchaft in Wien
*u« dem Verhältnis aii§g:eKchiedeii.
Ein Verzeichnis aller Vereine und Institute, deren Veröffentlichungen wir
Itirch re^e^ n Austatiäch gegen unsere Annalen erhalten, steht am
Ichlusae di«: ^ ..^ades-
Aach durch eine Reihe von Geschenken^ welche da:! Wohlwollen
mehrerer Gönner des Vereins der Bibliothek zuwandte, ist ihr Bestand ver-
mehrt worden« Wir sprechen dafür den verbindlichsten Dank aus: Der König-
Jieheu Regierung hierselbst, der Landea-Direktion hierselbst, sowie den Herren;
riikl. Staatarat von Becker^ Oberst z. D. von Cohaueen, Geh. Baurat
i^QDCi, Sanitätsrat Dr. Florsehütz, Landesdirektar Sartorius, Amtsgeriehts*
ruf Strpiflierg, Dr Weidenbuseh — sämtlich io Wiesbaden.
Vortrage.
1) Sitzung im „Grünen Wald** am 9. November 18Ö2.
Der Vereinsdirektor Herr Sanitätsrat Dr, Florschütz begrüsat
die erschienenen Mitglieder und Gäste«
Der Sekretär des Vereins Herr Dr* Focko widmet dem am
18» Oktober 1892 verstorbenen Direktor des germaniachen Museums In
Nürnberg Geheimrat Dr. August von Essen wein einen Nachruf.
Der Königliche Konservator Herr Oberst z. D. von Cohausen
hält einen Vorfrag „über den gegenwärtigen Stand der Limesforschung*.
^gl* den vorliegendeu Band 8, 25 bis 28.)
2) Generalversammlung im Museumsaaale am 10. Dezember 1892.
Der von Herrn Dr. Foeke gehaltene Vortrag wird unter dem
Titel t|Zur Vor- und Prühge»chichte der Germanen und des nordwest-
lichen Deutschlands^ im Laufe dieses Jahres in den „Preussischen
Jahrbüchern^ veröffentlicht werden.
3) Sitzung im „Grünen Wald* am 11. Januar 1893*
Herr Sehriftstelier Spielmann hält einen Vortrag
„über die
demagogische Bewegung in Nassau in den Jahren 1818 — 1820*.
Der Vortrag versetzte die Zuhörer zurück in die Zeit nach den Befreiungskriegen,
der das deutsche Volk von den Fürsten Dank für seine Mithilfe bei dem grossen
ke verlangte: Selbstverwaltung und Mitregierung, Das Werk der Verfassungs-
ebung ging nur langsam vorwärts» und die Verwirküchung der deutschen Ein-
^Itsbestrebnngen erfolgte nicht. Die Hauptträger des Einheitsgedankens waren die
. auf denen sich unter den Mitgliedern der damaligeri Burschenschaften
Landungen gegen die sogenannten Reaktionäre und Natiorialfeinde bildeten.
^Uch im Herzogtum Nassau fing es an zu gären, weil die Regierung es unterliess,
■e Landständc gemäss der Verfassung von 1814 einzuberufen. Die Zahl der Opponenten
*^Krlc fiich rasch, und zu den vornehmsten gehörte der Freiherr vom Stein. Der
^»•«te Landtag, 1818, begann sogleich mit einem Zwiste Steins und der nossauischeii
'*-egi«nmg, und die Folge war die Ausschliessung des Ministers und dessen grollender
_55ck«ag auf seine Guter, Die Hf^wef^ung im Lande, besonders in den ehemals oraaischen
Gebieten, wuchs rinterrlcs immer mehr und erreichte ihren Ausdruck in der sogenannten
-Dillenbiirger Petition > ati den I.andtag. Der Kampf gegen die Regierung begann*
Als dio Petition keinen Erfolg hatte und ihr Verfasser, Kriuiinalrichter W. SneU
zu Dillenbiirg, wt'geu seines folgenden subordiuationswidrigen IJetragens seines Amtes
entsetzt wurde, auch der Landtag keine befriedigenden Resultate ergab, gtieg die
Unzufriedenheit noch höher, Geschtlrt wurde sie durch das Erscheinen einer Flng-
schrift: ^Prüfende Bemerkungen ftber Nassaus Laiidstände>» welche bezweckte, den
Minister v. Marschali zu stürzen* Der anonyme Verfasser des Pamphlets blieb un-
entdeckt: es kann aber nun als ziemlich erwiesen gelten, dass der Pfarrer F. SneU
zu Naaheim (bei Kirberg) sie schrieb, Stein sie mit Zusätzen versah und auf aeiiie
Kosten drucken Hess. Die Regierung verteidigte sich nach Kräften; als aber 18 lÖ
der Lindtag wieder zusammentrat, erschien von demselben Anonymus eine zweite
FlögÄChiift, iü noch schärferem Tone als die erste gehalten. Auch auf diesem LandtiMge
kam es zu erbittertem Kampfe (ttber einen veränderten Paragraphen des ArmeQ*
Edikts), der indes mit einem Siege der Regierung durch die Beredsamkeit und Lo^
des Prilsidenten Ibell endigte. Dadurch wendete sich der Unwille, ja der ganze Hass
der Opposition gegen diesen verdienten Mann* Die fanatischsten Schwärmer, Mitgliedüf
des Bandes der «Giessener Schwarzen*, bildeten ein Komplot zur Ermordung Ibel]&,
und die Ausftlhrung des Mordplans tlbemahm Karl Löning von Idstein, ein dareh
politische Schwärmerei und zerrüttete häusliche Verhältnisse verwirrter junger Maiio*
Das bekannte Attentat zu Langenschwalbach am 1. Juli 1819 misalang indessen, tmd
der Verbrecher tötete sich im Gefängnisse durch Verschlucken von Glasscherben und
Verweigerung der Nahrung. Eine strenge Untersuchung der revolutionären Umtriebe
begann hierauf, und wie es in solchen erregten Zeiten oft geschieht, eine Anzahl
Unschuldiger wurde schwer getroffen. Auf Stein fiel zwar ein starker Verdacht, tlass
er an der Abfassung der Flugschriften mitbeteiligt sei; Beweise gegen ihn aber
konnten nicht erbracht werden« Doch hat man schon damals nicht daran gedadit^
den grossen Staatsmaim der Beziehung zu den Verbrechern und den Extremen der
Bewegung überhaupt zu zeihen« Die Massnahmen der Regierung hatten aber aoch
die schlimme Folge, dass der Regierungspräsident Ibell zurücktrat. Dies4>r war mit
der Durchführung der ^Karlsbader Beschlüsse», an deren Ausarbeitung Minister von
Marschall tbiitig mitgewirkt hatte, nicht einverstanden und nahm auch jetzt in d<T
Domänenfrage einen anderen Standpunkt ein, als dieser letztere und der Landesbarr.
Seine Vorschläge liefen auf Nachgiebigkeit iler Regierung gegenüber der Volkavcr-
tretung hinaus, um einen Kampf zu verhüten, und auf Vermeidung von Ausnahme-
zuständen. Als diese; Vorschlifgc keinen Anklang fanden, trat Ibell zurück» Doch
liess er sich auch nicht verleiten, au die Spitze oder in die Reihen der OpposiUoo^
parte! xu treten, sondern er entsagte der Politik gänzlich» Somit ist Karl TbeU wohl
die reim?te und beste Gestalt aus jener ganzen sturmbeweglen Zeit.
Darauf folgt ein Vortrag des Herrn Major a* D. Schltebeii
«über Wasseruhren, besonders die des Kteaibios**,
Die Beschränkung der Verwendung der Sonnenuhren auf den eigentlichen Tlg,
ihre Abhängigkeit vom Wetter und Klima, welche durch die oft gefimdene Aubchrlfl
«horas non numero nisi serenas^ ausgedrückt wird, nötigten zu Versuclien, in anderer
Weise, unabhängig von der Sonne, die Zeit zu messen. Kleine Trichter, aus welchen
eine hineingegossene Wassermenge tropfenweise ausfloss (Klepsydrae)« wurden in Atü^
spAter auch in Rom. benutzt, um den einzelnen Rednern eine bestimmte Zeit jcmni*
motten, während welcher sie sprechen durften. Dies waren jedoch noch keine UhroA«
«7
«Ja de in keiner Br/ichung zur Länge des Tages standen ; wolü aber finden wir eine
solche im Poliorketicon de» Taktikers Aeneas beschrieben» welche darauf beruhte»
dass man eine bestimmte Wassermenge in ein Gefäss laufen Hess, welches derartig
gütt^ilt war, dass man beurteilen konnte» der wievielte Teil der ganzen Wassermasse
ausgelaufen war. War diese dann so abgepasst, dass sie die ganze Nacht vorhieltt
so konnte man sehen, der wienelte Teil der Nacht vertlossen war. Sie diente zur
Ablösung der Nachtwachen und wurde för die langen Wiutcrntichte durch Verstopfen
der Ausflussöffnungen mittels Wachses so reguliert, dass da^ Wasser je nach der
LiiigG der NAchte langsamer floss and die ganze Nacht vorhielt; von Genauigkeit
konnte bei dieser Einrichtung keine Rede sein.
Die grösste Schwierigkeit machte die Ungleichheit der Stunden, welche den
langen Soramertag wie den kurzen Wintertag, von Aufgang bis Untergang der Somie
gerechnet, immer in 12 gleiche Teile zerlegen mussten. So lange man daran fest-
hielt, immer dieselbe Wassermenge laufen zu lassen, musste man auf Mittel sinnen,
die AusflussOffnung stets so gross zu machen, dass das Wasser den ganzen Tag über
lief, wobei «Ue Höhe des Wasserspiegels über der Ausftussöffiiung von wesentlichem
Kindu^e ist. Ktesibios von Alexandrien (um 170 vor Chr.) machte die ersten er-
folgreicheu Versuche zur Verbesserung der bisherigen Uhren, Leider sind die Mit-
teilungen Vitravs darüber sehr unklar, offenbar fehlte ihm selbst das Verständnis.
Professur Bilfinger gebührt das Verdienst, das ganze Kapitel geniessbar gemacht, zu
haben. Ktesibios richtete zunächst den Ausfluss so ein, dass er mechanisch sicher
reguliert werden konnte; er soll auch den Einfluss des Abstandes des Wassersi^iegels
von der Ausflussöffuung gekannt, ja sogar zuerst darauf aufmerksam gemacht haben,
obgleich Vitruv darüber schweigt. Durch Probieren brachte er es dahin, dass er
System fand, nach welchem er die Ausflussöffnung höher oder tiefer stellte, indem
den Tierkreis oder die Monatstage als Index dazu benutzte. Später ging er dazu
über, das AusÖussgefäss stets ganz gefüllt zu halten und dafür das Mass, an welchem
das ausgeflossene Wasser und somit die Zeit gemessen wurde^ nach der Tagesläuge
veränderlich zu gestalten. Das Wasser floss in ein cylindrisches GefÄss und hob da-
durch einen Schwimmer, wodurch ein Stab oder eine Figur aus dem Gefässe heraus
trat, welche seitwärts an einer Skala die Höhe des Wasserstandes zeigte. Bloss im
Winter an kurzen Tagen nur wenig Wasser aus, so stieg auch der Stab nur wenig
emi>or, und die 12 Stunden lagen nahe beisammen, während sie im Sommer auf der
Tafel weit auseinander lagen; die Äquinoktien hielten die Mitte. Denkt njan sich
8e gleichen Stunden auf der senkrechten Tafel durch Striche verbunden, welche vom
rinter zum Sommer hin anstiegen, so konnte ein Lot, auf einer oberen Skala ver-
stihiebbar« die Stelle anzeigen, wo der Abstand der einzelnen Stundenlinien der Tages-
t&nge entsprach* So weit scheint Ktesibios gekommen zu sein. Etwa 150 Jahre
gpfiiter beschreibt Galenus eine solche Uhr, welche bedeutende Verbesserungen zeigt.
Er richtete die Uhr so ein, dass sie Tag und Nacht zeigte, indem das Wasser aus einer
festen tiffiaung volle 24 Stunden lief, der Zeiger immer gleich hoch stieg und die
hl Linien für Tag und Nacht enthielt. In den Äquinoktien wurde der ganze
in 24 gleiche Teile geteilt, welche die Mitte der Tafel einnalimen. während
der einen Seite 12 kurze Nachtstunden und darüber 12 lange Tagesstunden far
Liier augebracht waren, fttr den Winter auf der anderen Seite umgekehrt,
ii b Linien verbunden, welche das oben erwähnte Lot an der richtigen Stelle
schnitt. Die Wassermenge der ühr kontrollierte sich selber.
Schliesslich findet sich bei Vitruv noch die Besclireibung einer Aufzugsuhr, d. h.
ittaer L'hr, bei welcher das Wa&ser nur zum Teil die treibende Kiaft, mehr den
Kegülator abgibt ein >sRiidSAeK eine W c ül dreht und diese einen Knopf (den Stunden-
xdger) im Kreide unter einem feststehenden, von Draht gehihleten Stondennetz fortgeben
lässt. Dieses Stnndennet2 als ein sogenanntes Planispbaerinm erkannt und somit die
ganxe vage ßeschroitmng Vitravs Oberhaupt geniessbar gemacht m haben, ist wieder
das Verdienst Diltingers*
Wasseruhren blieben bis im späte Mittelalter, ja bis ins XVIT. Jalirhundert
im Hausgebrauch. Erst die Einführung des Pendels ira \VI. Jahrhundert (bei den
Ai'abem war es vielleicht schon etwas früher bekannt) brachte die Uhren einen be-
deutenden Schritt weiter.
4) Sitscunj5 im ^GrüneD Wald« atn 8, Februar 1893.
Herr Oberst z. D. von Cohausen widmet dem am 26. Januar"
verstorbenen Ehrenmitgliede des Vereins Geh. Medizinalrat Professor
Dr. Schaaff hausen in Bonn einen Nachruf.
Herr Oberstlieutenant z. D. Sartoriua hält einen durch Zeich-
nutigen erläuteirten Vortrag „über die römische Legion in ihren Wand-
langen^.
Das römische Heerwesen hat sich von Anbeginn des Römischen Reiches an aus
den von Geschlecht zn Geschlecht überlieferten, festen Grundlagen umfassender Kriegs^
erfahrungen eines halben Jahrtausends zu wissenschaftlich begründeter Organisation
herausgi'bildet und ist in seinem ganzen Stufengange stets im iunigsteu Zusammen-
hange mit der jeweiligen Staatsverfassung geblieben
E§ treten in diesem Stufengauge & charakteristische, voneinander unterschiedene
Organisationen hervor und zwar:
1. Die nach Ständen gegliederte Legion der ersten Könige^ als deren
Kern die patrizische Reiterei anzusehen ist;
2. Die auf der Grundlage der Vermügensklassen des Volks gegliederte und,
behufs mrksamer Bekämpfung der nach griechischen Vorbildern organisierten
Hlruskischen Phalangenstellungcn. schwergerüstete und eng geschlossene
Phalangen-Legion des Servius Tullius, durch welche der Schwerpunkt
der Waffenmacht nunmehr von der Reiterei auf das Fussvolk übertragen
wurde;
H. Die nach Dienstalter und Waffenfähigkeit gegliederte, aus Staats-
kosten besüldete und dafhirch zu Feld/ügen von längerer Dauer verwend-
bare Manipular- Legion, deren ei-ste ßildung der Zeit des Camillus
angehört (die Phalangen-Stellung des Servius wird in Maniiiel auf einer Linie
auseinandergebogen — l. Manipular-Stellung) und die im Laufe der
Zeit mehreren Veränderungen unterworfen wurde, deren Kenntnis uns durch
die Schilderungen des Livius und Polybius überkommen ist, nämlich in der
2. Manipular- oder t^uincuucial-Stollung. in der verbesserten
iJuincuncial-Stellung und itn f'luTgang vnn «h>r Manipular- inr
Kohorten-Stellung;
4* Di(*, alle früheren organisatorischLn Stüt^imnkte der Ueereä-Gliedening ver*
nichtende. einheitliche Organii>atiou der Kohorten -Legion des Mariui».
der nach der Niederlage der Volkspartci, um die Macht der nobilitaa zu
brechen uml um die durch Kämpfe mit bisher nicht gekannten Völkeni
notwendige AndcniUK in der Organisation des Heeres herheisufühnni, ein
«itcheodes Söldnerheer mit unbedingtem Gehonam gegen den Fcldherm
HBaii
69
schuf. Di^ Reichen enlzielien sicli dem andauei-ndon Kriegsdienst, die capite
censi treten zahlreich in das Heer, der Krieg wird als Handwerk betrieben,
die soliden bürgorlichen and militärischen Tugenden bogiimen zu schwinden.
Eine weitere Änderung sehen wir in der Kohorten- Legion des
Augustusi der, um die Existenz der Kaiserherrschaft, die durch Waffenge-
walt gegründet war, auch durch Waffengewalt zu sichern, ein stehendes,
bleibendes Heer schuf, welches nur dem Kaiser den Eid leistete:
fi. Die Rllckkehr zu einer Phalangen-Legion, die wieder verschiedene Waffen
glieder weise enthält (ganz wie unter Servius Tüll ins) mit vorherrschend
defensivem Charakter, welche den Zeiten des Verfalles der Kaiser-
herrschaft angehört und die am besten darp^estellt wird in der Legion-
Stellang des Trajan.
Der Verfall <ler sittlichen Kraft des römischen Heeres nahm stets *m, sodass
je mit dem allmählichen Verfall des Reiches immer tiefer sank.
Sodann stellt Herr Sanitlitsrat Dr. Flor schütz eine Reihe von
Arbeiten grönländischer Eskimos aus der modernen Steinzeit vor.
Bis waren teils sehr geschickt hergestellte Hals- und Arrabunder für die Frauen.
eiU, und der Mehrzahl nach, höchst originelle Schnitzereien aus Walross/alin, svclche
chwimmende Seevfjgel, Seehunde^ ja selbst einen Moschusochsen darstellten. Gerade
Btj^ere Arbeiten zeugen von einer scharfen, natürlichen Beobachtungsgabe und er-
egen hierdurch sowie durch ihre Technik unser archäologisches Interesse, da sie
«ehr oder weniger den ältesten Knoclienschnitzereien unsorei llöhlenfunde L'ntsprcchen,
Ein weiteres Interesse gewann die kleine Ausstellung dadurch» dass sie bei Gelegen-
beit der letzten Expedition zur Aufsuchung von Sir John Franklin durch Mac Clin-
i"k zwischen 1857 und 1859 erworben wurde; als besondere Reliquie dürfte eine
chneebrille betrachtet werden, welche Mac Clintock bei den letzten ÜbeiTesten der
aen, aber unglacklichen Forschungsreiseuden auf King William-Land gefunden hatte»
6) Sitzung im «Grünen Wald*' am 8. März 1893.
Herr Oberst z, D. von Cohausen widmet dem am 14. Februar
verBtorbenen Ehrenmitgliede des Vereins Prof. Dr. Liudensch mit,
Direktor des römisch-germanischen Centralmuäeums in Mainz, einen
Nachruf.
Im Ansohluss daran spricht Herr Gewerbeschuldirektor a. D,
Fischbach ^über Ludwig Lindenachmit als Förderer des Deutschtums**,
Der Redner, welcher inzwischen seine Ausftlhrungen als Broschtlre im Kommis-
sionsverlage von W* Roths Buchhandlung (Conrad Reinhardt) in Wiesbaden hat er-
beinen lassen, behandelte in erster Linie die unvergessüchen Verdienste, welche
Nestor der deutschen Altertumswissenschaft als unerschrockener Vorkämpfer gegen-
Iber der Keltomanie seiner Zeit sich erworben hat.
Darauf hält Herr Oberst z. D. von Cohausen einen Vortrag
^über neue Fuude von römischem Schmelzschmuck in Mainz,**
Tgl. den vorliegenden Band S. 30 bis 36.)
Zum Schluss bespricht derselbe , Theodor (irafs Galerie antiker
Porträt« aus hellenistischer Zeit",
70
Es handelt sich um eine Reihe von Porträts, die in der ägyptischen Profinz
Fftiyilm in der Nähe von Rnbaijat gefunden worden sind. Es sind aof Holz gemalte
Bilder, welche Aber das (Besicht der Mumie gelegt und durch die Binden der üm-
hfillnng in der Weise befestigt waren, dass das Porträt sichtbar blieb. Sie gebra
zum ersten Mal ein Bild von dem Können der antiken Porträtmalerei. Neben Er-
zeugnissen roherer Art finden sich die yollendetsten Kunstwerke. Als Zeit der Ent-
stehung der Bilder hat man das 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. bestimmen können;
der Name des Ortes, an welchem sich die Grabstätten befanden, war Kerke. —
unsere Bibliothek hat die von dem Besitzer herausgegebenen photographischen Nach-
bildungen nebst Katalog erworben.
6) ÖfFentliche Sitzung im Museumssaale am 18. März 1898.
Herr Wirklicher Staatsrat von Becker hält einen Vortrag ^ilber
die Geschichte der Eeltenfrage''.
Da der Vortrag auch dem Zwecke dienen sollte, das Andenken Ludwig Linden-
schmits in öffentlicher Sitzung zu feiern, so verbreitete sich der Redner im Laufe
seiner Ausfflhrungen in eingehenderer Weise über das Verhältnis des Grenannten zur
keltischen Frage.
Im flbrigen sei insbesondere das Folgende hervorgehoben. Die Kelten sdlen
ihren Namen von dem Kelt oder Streitmeissel haben, von dem viele Tausende in
unseren Museen aufbewahrt werden. Redner hat nun schon im Dezember 1876 in
der (Augsburger) «Allgemeinen Zeitung» nachgewiesen, dass das Wort celtis im Alter
tum gar nicht existiert habe und deshalb einem Volke seinen Namen nicht ge-
geben haben könne. Das Wort celtis (Redner spricht, nm nicht mit einem Worte
eine Ausnahme zu machen, nicht Kelten, keltisch, sondern Celten, eeltisch) komme
erst im 15. und 16. Jahrhundert vor, und zwar 1) in der lateinischen Bibelüber-
setzung, der Vulgata, und zwar Hiob 19, 23, 24, wo statt certc fälschlich celte
geschrieben sei, und 2) in einer dalmatinischen Grabschrift; diese Inschrift sei aber
modern, wie aus ihrem scurrilen Inhalt hervorgehe (Gruteri Corp. inscr. p. 329).
Seit 17 Jahren habe nun Niemand das frühere Vorkommen des Wortes Celt oder
Kelt nachgewiesen, und man solle endlich aufhören, die Palstäbe und Hohlbeile in
unseren Museen Kelte zu nennen.
Dr. Focke.
n
lerloht des Konservators über die Erwerbungen für das Altertums-
^m Museum in Wiesbaden während des Jahres 1892.
^m Ich folge dem Gebrauche, in unserea HauptverBammluBgen nicht nur die
^^in das Museum gekommenen Gegenstände, sondern auch die im Vereinsgebiet
dahin einschlagenden Vorkommnisse zu besprechen und den Gebern, sowie denen,
die uns auf altertümliche Gegenstände aufmerksam gemacht haben, bestens zu
danken.
Wir zählen unsere Ring wälle zwar zu den vorromischen Bauwerken,
I welche aber doch wie in der Urzeit auch noch in späterer Zeit als Zufluchts-
orte gedient haben. Da man auf dem Altkönig einen Turm bauen wollte,
«o gelang es auch unsererseits, die Ablehnung herbeizuführen. Ferner gelang
es, die Entnahme von Steinen in der Nähe des Alraerskopfes auf ein dem
dortigen Ringwalle unachädüches Mass zu beschränken, was wir der Aufmerk-
samkeit des Herrn Landrat Bindewald in Weilburg danken. Auch die Aus^
beutung des durch seine Politur merkwürdigen grauen Steins über dem Nieder-
hauser Tunnel gelang zu verhindern. Auf dem Berg, auf welchem die Hof-
heimer Kapelle liegt, wurde durch die Herren Forstmeister Kehrein, 0. Engel-
hard und Fach ein kleiner Ringwall entdeckt, über den im nächsten*) Annalen-
bande berichtet werden wird; allem Anscheine nach ein letzter Punkt der
Annal. XX^ 9 beschriebenen Verschanzung quer über dem genannten Berg-
rücken. Daselbst wird ein Aussichtsturm ohne allen Sehaden für die genannten
^Verschanzungeu beabsichtigt,
B Ober das Brunhildis-Bett auf dem grossen Feldberg, welches urkund-
lich schon sehr frühe genannt wird, ist schon viel phantasiert worden; man hat
dasselbe mit uraltem Götterkultus in Verbindung gebracht, zumal weil man bei
demselben eine napfförmige Aushöhlung im Felsen entdeckt und in ihr eine
Opferschale mit Blutrinne gesehen hatte. Selbst ziemlich nüchterner Natur
besuchten wir mit dem Geognosten Herrn Professor Volger und dem Vereins-
direktor die Stelle und erkannten auf der Nordostseite des Felsens mehrere
hellfarbige Nieren von weissem, weicherem Gestein^ welche, wenn sie wagrecht
gelegen hätten, sodass Wetter und Frost auf sie hätten einwirken können, wie
jene „Opferschale*' auch schon längst die Gestalt jener angenommen hätteo.
Die Erklärung dieser Nieren führt uns auf das benachbarte Gebiet der Geognosie,
die lehrt, dass das, was wir jetzt als harten Quarzit vor uns sehen, einst Kalk-
stein war, mit Einlagen nierenformiger Spongiten, welche aber durch Infiltration
und chemische Metamorphoöe zwar ihre Form ziemlich behalten, doch aber
selbst in Quarzit umgewandelt worden seien, aus dem jene zu Quarz gewordene
Spongiten ausgespült und zu Opferschaleu und Blutrinneo geworden wären.
Durch die Aufmerksamkeit des Herrn Bauinspektor 8 oberer empfingen
wir einen alten Mal stein, vod einer Steinart, welche man gewöhnlich als von
fiedermendig herkommend ansieht, welche sich aber doch auch in dem schlak-
Ligen Basalt des Wester waldes findet. — Dem Herrn Otto Engelhard danken
•) jetzt vorliegenden
tfb^
72
wir eni M^hr wertvolle« t.ei Hofheim gefundeneö Beil von Jadeit, nebat
VOM Grauwacke. Nebeo diesem aiud ausgestellt zwei Kelte von Kupfer, der
eine gegenüber der Hamtuermüble gefuoden, der andere aus dem Rhein ge-
baggert, — Von Frau Gräfin v. d. Goltz, die uns schon froher so achoiie
Gaben zugewandt bat, erhielten wir zwei griechische Vasen, die eine The-
rakleiisobeD Stiles mit fabelhaften Tieren bemalt, die andere archaischen Stiles,
auf rötlichem Grunde menschliche Gestalten in Schwarz darstellend. Von Frau
V. Cohausen erhielt das Museum eine römische Lampe aus Thon von Pompeji.
Sie wissen, dass nach einer Vorversammlung iu Heidelberg erst in Berlin
im Reiohsministerium und dann wieder in Heidelberg eine Limes-Rommissioti
zusammengetreten ist, welche die Aufgabe hat, den römischen Grenzwall, der
zuerst der Gegenstand unseres Vereins war und über den ich in dessen Auftrag
den „Römischen Orenzwall" mit 52 Tafeln (Wiesbaden, bei Kreidel 1884) ge*
schrieben habe, nunmehr durch Ausgrabungen auf seiner ganzen Länge von
der Donau bis zum Niederrhein zu untersuchen. Dies soll geschehen durch
zwei Dirigenten, Generallieuteoant von Sarwey und Prof Ilettner, sowie durch
verschiedene Streckenkommissäre, — von der Saalbnrg bis zum Feldbergkastell
durch den Baumeister Jacobi. — Alle Funde sollen iu dem Lande, wo sie
vorkommen, verbleiben : also (wie ich gebeten habe, mit Ausnahme der Funde
aus der Gegend der Saalburg, vom Kopperner Thal bis zum Heidenstock, welche
im Saalburg-Museum in Homburg bleiben sollen) sollen auf Befehl des Kultus-
Ministeriums alle Funde bis zum Ende des Pfahlgrabens bei Rheinbrohl iu
unser Museum kommen.
So sind bei dem Feldbergkastell sehr interessante Stücke gefunden
worden. Iu dem Fundamente der Villa vor dem Kastell fand sich ein Stein
mit einer Inschrift, nach welcher er der Julia Mamea, der Mutter des Sc vor u«
Alexander, von den Kundschaftern Halieenses geweiht worden war| nämlich:
IVLIAE'MAME
AEAVG MATRI
SEVERIALEXAN
DRIAVG NCAS
TRORVM SE
NAT VS * PATR I
AE QVEEXPL
HALIG'ALEXAN
DRIANA DEVO
ANVIVIINI
El ' IVS
JuUae Mameae
Auguetae matri
Severi Alexandri
AugUBti nostri
castrorum senatua
patriae
que ezploratio
halioenaia
Alezandriana
devota numinia
eüus
Der Stein ist aber nicht allein wegen seiner Weihung, sondern auch wegen
der Weihenden merkwürdig, da die Inschrift es wahrscheinlich macht, data
dieser Truppenteil aus einem Laüdstricb stammte, in dem Salz gewonnen wurde,
wie unser Land, das so reich au Mineralquellen ist, welche alle salzhaltig
sind und wohl alle :6ur Satzbereitung gedient haben, ao Soden am Spes^ait,
der Schwalheimer Sauerbrunnen, Nauheim, Rossdorf in der Wetterau, Selterser
Brunnen^ Homburg, Sulzbacb, Soden etc. im Taunus, Wiesbaden und wohl noch
andere, welche die.'« Lund gewiasermassen zum Salzkammergute der Römer ge-
macht haben.
I
4
Ghi
jmm,
73
unter yerBchiedenen kleinen Erz- und Eisenteilen fand sich im Feldberg-
kastell namentlich ein sehr gut erhaltener Pentagondodekaeder, von welchem
Zeichnungen und Abgüsse vorliegen und dessen Zweck und Gebrauch man zu
erraten sich bemühen möge.
Unter den römischen Gegenständen, welche das Museum erworben hat
— eine Feldflasche aus Thon, ein Erzbecher in Form eines Rehkopfes, ein
zierlicher Löffel aus Erz, zahlreiche kleine Schmuckstücke, namentlich zwei
goldene Ohrringe mit Delphinköpfen — sind es namentlich die Glasarbeiten,
welche unsere Aufmerksamkeit erregen. Eine kleine Vase mit eingeschmolzenen,
blauen, gelben und grünen Zickzackverzierungen ist wohl ägyptischen Ursprungs.
Ferner ist zu erwähnen ein Yexierbecher, auf dem ein Hirsch liegt, durch dessen
Maul man den Becher aussaugen kann. Der Glaskünstler Zitzmann in der
Kolonnade hat eine Nachahmung dieses Bechers gemacht und einen Becher mit
„Häuschen im Keller^ dem Museum geschenkt.
Es sind ferner hier ausgestellt viele Bruchstücke, die durch ihre Ein-
förmigkeit und Menge auf eine römische Glashütte an der Nahe hinweisen.
Auch spätere Gläser finden sich darunter und weisen auf eine Fortdauer dieser
Industrie bei uns hin.
Aus fränkischer Zeit haben wir diesmal nur wenig auszustellen, darunter
aber zwei runde Fibeln aus Gold mit Steinen und andere Stücke, darunter eine
kleine Silbermünze, welche Herr Isenbeck als eine Matasunda, Gemahlin
Vitigis (536—540), erkannt hat.
Weiter erhielt das Museum:
Yen Herrn Gerhard einen sogenannten Linkhand -Dolch, von Herrn
A. Zais einen Eesselhaken, wie sie früher bei offenem Herdfeuer aus dem
Schornstein herabhingen, von Herrn Demmin einen kyprischen Blumenständer
und andere Gefasse von dort her, von Baron Wen dt das gusseiserne Modell
einer Kanone.
Aus den Fundamenten eines Forsthauses in Battenberg empfingen wir
durch die Aufmerksamkeit der Eönigl. Forstbehörde 15 Silbermünzen (Tourones).
Für unseren Münztresor erhielten wir von den Herren Streitberg und von
Ititgen eine Anzahl älterer und neuerer Münzen.
Das Museum war 1891 von 4926, im Jahre 1892 von 3867 Personen
besucht.
Oberst von Cohausen.
Verzeichnis der Mitglieder.*)
(Abg^sohloBsen am 81. März 1898.)
Vorstand.
Direktor: Herr Sanitätsrat Dr. Florsehfltz.
Sekretär: Herr EuBtos der Eönigl. Landesbibliothek Dr. Foeke.
Konserrator: Herr Oberst z. D. von Cohansen.
Ferner die Herren:
Geheimer Justizrat von Eek^
Rentner Oaab^
Landgerichtsrat Kentner^
Geheimer Baurat Cano^
Oberlehrer Dr. Wedewer^
Sohnldirektor Weldert^
Dr. med. Ahrens^
Oberlehrer Dr. Lohr.
Ersatzmänner sind die Herren:
Landgerichtsrat Dfissel,
Major a. D. Schlleben^
Oberstlieutenant z. D. Sartorius.
Die Rechnungsprüfungs-Eommission wird gebildet durch die Herren:
Geheimer Baurat Gono^
Gewerbeschuldirektor a. D. Flschbaeh^
Rentner Isenbeck.
Ehrenmitglieder.
Herr Hodgkin^ Thomas, Esqu., Falmouth.
, Dr. Menzel^ Earl, Professor, Bonn.
, Dr. Mommsen^ Theodor, Professor, Berlin.
„ Schellenberg^ Carl, Geheimer Regierungsrat a. D., Wiesbaden.
„ Sehaermans^ H., Premier prösident de la cour d'appel, Li^e.
„ Dr. von Sybel^ Heinrich, Direkt, d. geh. Staatsarchivs, Wirkl. Geh. Ob.-
Reg.-Rat, Berlin.
*) Unsere p. T. Mitglieder werden dringendst ersacht, Veränderungen der Titolater
ttod des VlTohnortes sowie etwaige Berichtigungen gütigst dem Sekretariat mitratttlen.
75
Korreapandlerende Mitglieder,
err Franz Pascha, Kairo.
Dr, Heider, Sektionsrat im K. K. Minist i Kult., Wien.
Michelattt^ Heflry, CoDservateur du departement des manuacripte de la
Bibliotheque nationale, Paris.
Dr. Overbeck, Johannes, Prof., Geheimer I-Iofrat, Leipzig.
BaroD de Septeiiville, Chateau Li^nieres (Püix).
Ordentliche IMitglleder.
I. In Wiesbaden.
Herr Abegg, Philipp.
Dr. med. AhretlH« Friedrich, Arzt.
Anfermaiiiit "Wilhelm, Rentner.
von Aweydeu, Adolf, Ober-Regierungsrat.
BartUng:, Eduard, Rentner und Stadtrat.
ßeehtold, Rudolf, Buchdruckereibesitzer.
Becker, Ludwig, Kaufmann.
Beger^, Heinrich, Rechnungsrat, Rendant dos Verein».
Bergniaiiii, Fritz, Verlagsbuchhändler,
Berl^, Ferdinand R., Banquier.
Dr. med. Berlein, Martin, Arzt.
?on Bertoiich, Geh. Regieningarat a, D. und Karamerherr.
Dr. med. Bertrand, Carl, Geh. Sanitätarat.
Baron von Bistrani.
Dr. jur, Boniuger^ Eugen, Rechtsanwalt*
Bornemann, Carl, Wirkl. Geh. Kriegarat a, D.
Dr. phiL Bredemann, Carl Otto.
Dr. phLl. Bröckln^, Wilhelm.
Büdingen, Wolfgang, Kaufmann und Badhausbesifczer.
Charlier^ Albert, Rentner.
Dr. veter. med. Christmanu, Heinrich, Tierarzt.
TOn Cohansen^ August, Oberst z. D,, Konservator.
Dr, med. Conrady* Max, Geh. Sanitätsrat.
Conrady, Ludwig, Pfarrer a. D.
Dr. theol. de la Crolx, Otto, Oberregierungarat und IConsist.-Präsid. a. D.
Cano^ Eduard, Geh. Baurat und Regierungarat.
Donnann^ Philipp, Bauunternehmer,
Drexel^ Jacob, Kaufmann.
DÜ8sel, Hermann, Landgerichtsrat*
Freiherr von Dnngern« Max, Präs. d. Grossh* Luxemh. Finanzkammer.
Freiherr von Eberstein, Alfred, Oberst z. D,
Ebhardt, Karl, Privatier.
von Eck, Victor, Geh. Justkrat, Rechtsanwalt
Eekerlin« Heinrich, Bauunternehmer.
Eggert, Hermann, Regierange- und Baurat,
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76
Herr Elgershansen^ Luitpold.
9 Dr. theol. Ernst^ Carl, Oeneralsuperintendent.
„ Fehr^ Theodor, Fabrikbesitzer.
« Flsehbaeh^ Friedrich, Gewerbeschuldirektor a. D.^
9 Flöek^ Friedrich, Architekt.
„ Dr. med. Florsehfltz^ Bruno, Sanitätsrat.
„ Dr. phil. Foeke^ Rudolf, Kustos der Kgl. Landesbibliothek.
„ Dr. med. Franko Georg.
I, Franz^ Wilhelm, Regierungsbaufuhrer.
„ Freinshelm^ Friedrich, Rentner.
„ Dr. Fresenlas^ Remigius, Geh. Hofrat, Professor.
„ Friedrich^ Lothar, Pfarrer.
„ Frltz^ Heinrich, Rentner.
. Fritze^ August, Professor, Oberlehrer.
„ Faehs^ Wilhelm, Landgerichtsrat a. D.
9 Oaaby Christian, Rentner.
„ Oeeks^ Leonhard, Buchhändler.
„ Ton Ooeeklngk^ Hermann, EgL Eammerherr und Premierlieutenant a. D.
« Oötz^ Friedrich, Hotelbesitzer.
Frau Gräfin Ton der Goltz.
Herr Gomlekl, Wladislaus.
„ Orftber, Ferdinand, Eommerzienrat.
„ OriUier^ Robert, Oberst z. D.
„ Dr. jur. Grimm^ Julius, Professor.
9 Grosehwttz^ Carl, Buchbinder.
„ Dr. med. Gfintz, Theobald, Privatier.
„ Dr. Hagemann^ Arnold, Kgl. Archivar.
„ Helbtg, Hermann, Baurat, Kreisbauinspektor.
„ Hensel^ Carl, Rentner.
« Hensler^ Joseph, ständischer Ingenieur und Inspektor.
y, Menzel^ Nicolaus, Ingenieur.
„ Herrmann^ Johannes, Inspektor.
„ Hess^ Johannes, zweiter Bürgermeister.
„ Hess^ Simon, Kaufmann und Stadtverordneter.
„ Dr. med. Heobaeh^ Hans, Arzt.
„ HeyM^ Ferdinand, Kurdirektor, Kais. Ottomanischer Yicekonsul.
„ Dr. phil. Hintz^ Ernst Jacob.
„ von Hirsch^ Friedrich, Kaufmann.
„ Höhn^ August, Polizeirat.
„ HoAnann, Otto, Rentner.
fl Dr. jur. von Ibell, Oberbürgermeister, Mitglied des Herrenhauses.
), Dr. med. Ideler, Carl, Geh. Sanitätsrat.
„ Isenbeck^ Julius, Rentner.
„ Ketm^ Wilhelm, Landgerichtsrat.
„ Dr. theol. Keller^ Adam, päpstl. Hausprälat, Geistl. Rat, Dek. u. Stadtpfarrer.
Herr
frau
Herr
Kentner«» Joseph, Landgerichtsrat.
Ki88lItt^^, Carl, Möbelfabrikant.
Knaaer, Friedrieb, Kentüer.
Freifrau von Ktioop.
Koeii« Gottfried, Kaufmaaii«
Kolb, Richard, Major a. D.
KreideK Carl, Mecbaaiker.
Kriege« Krnst Jacob, Oberst a. D.
K11112, JohanueH, Bildhauer,
Dr. phil Kurse^ Hermann^ Apotheker.
Labes, Otto Friedrich, Oberst a. D*
Dr. phil Leliniann, Julius.
TOii Lelimaiiu, Peter, CTenerallieutooant /.. I>.
Leisler, Ernst, Roferendar.
Leo, Ludwig, Rentner.
Dr. med, Letzerich, Ludwig, Arzt,
Lex, Adolf, Regierungsasaessor.
Limbarth, Christian, Buchhcändler.
Freiherr Low von Steiiifart, Erwin, Oberlieutenant a. D.
Dr. phil, Lohr, Friedrich, Gymnasialoberlehrer.
MSckler, Heinrich, Rentner und Feldgerichtsacböffe*
Dr. phil Meilicus, Friedrich Carl, Professor*
Meister, Philipp, Laüdgerichtarat a. D,
Dr. phil. Merbot, Reinhold, Sekretär der liandelakatiimer.
Dr. med. Menrer, Carl, Augenarzt,
Meyer, Richard Adolf, Generalagent.
Momberjs:er, Jacob August, Weinhäudter.
Moritz, Joseph, BuchhäDdler.
Nlemer, Louis, Rentner*
NörtersliÄoser, Gisbert, Buchhändler.
NOtzeU Wilhelm, Fubrikbesitzer.
Oissoii, Hans Hermano, Juwelier.
Opitz, Hermann, Oberregierungsrat und Konsistorialpräsident
Otto, Friedrich, Prufessor, Prorektor am KgL (tymnasium.
Dr. phil Otto, Heinrieh, Gymnasiallehrer.
Dr. phil. Panzer, Conrad, Königlicher Archivar,
Peiperft, Hugo, Rentner und Stadtverordneter.
von Pestel, Eduard, Oberst a. D.
Dr. med. PfeitFer, August, Regieruuga- und Mediziaalrat,
Dr. med, Pfeiiter, Ernil. Sanitätsrat.
Pohl, Joseph, Weinhändler.
Beber, Johannes, Pfarrer a. D.
Reinliunit, Conrad, Buchhändler,
ReuHeh, Heinrich, Gerichtsreferendar.
Kieck»«, Wilhelm, Wirkl. Geh. Kriegsrat und Militärintendaut a. IK
mä
78
Herr
Biseh^ JaliuBy Geh. Begierungs- und Schalrat.
Bitter^ Carl, Buchdruckoreibesitzer.
Dr. jur. Bomelss^ Hermann, Rechtsanwalt.
Boos^ Heinrich, Kaufmann.
Bospatt^ Lambert, Geh. Regierungsrat.
Both^ Adolf, Rentner.
Dr. phil. Bnppel^ Carl, Oberlehrer.
Sartorins^ Adalbert, Oberstlieutenant z. D.
Sartorias^ Otto, Landesdirektor.
Dr. phil. Sanier^ Wilhelm, Staatsarchivar und Archivrat.
Dr. jur. Schalk^ Heinrich, Bibliothekar.
Ton Schellha^ Dietrich, Oberst a. D.
Sehellenberg^ Alfred, Architekt.
Sehellenberg^ Carl, Rentner.
Sehellenberg^ Louis, Buchdruckereibesitzer.
TOn Seheyen^ Wilhelm, Botschaftsbeamter a. D.
Sehlerenberg^ Ernst, Rentner.
Sehlaadt^ Wilhelm, Oberlehrer.
SehUeben^ Adolf, Major a. D.
Schmitt^ Adam, Rentner und Stadtverordneter.
Dr. phil. Schmitt^ Conrad, Hofrat
Schramm^ Philipp, Rentner.
Schröder^ Hugo, Photograph.
Sehfller^ Theodor, Archiy-Eanzlei-Sekretfir.
Schultz^ Otto, Oberst a. D.
Ton Schweder^ Adolf, Oberst z. D.
Schweisgoth^ Carl, Rentner.
von Seydlitz^ Hermann, Generallieutenant z. D.
Dr. jur. Slebert^ Eduard, Justizrat, Rechtsanwalt.
Splelmann^ Christian, Schriftsteller.
Spiess^ August, Gymnasialdirektor a. D.
Stein^ Christian, Bauunternehmer und Stadtverordneter.
Stolley^ Harald, Hofdentist.
Strasborger^ Paul, Banquier.
von Tepper-Laskly Victor, Regierungspräsident.
Thönges^ Hubert Christoph, Justizrat.
Thoma^ Hermann, Hotelbesitzer.
Thomeyssen^ Alexander, Rentner.
Dr. phil. TIetz, Oscar.
Trosiener^ F., Ingenieur.
Yletor^ Moritz, Kaufmann.
Yogeler, Julius, Rentner.
Wagner^ Carl.
Freiherr von Wangenheim, Otto, Major z. D.
Dr. theul. Wedewer^ Hermann, Oberlehrer.
lerr Weldert, Carl^ Direktor der höheren Töchterschule.
, Wiencke, Rudolf, Königlicher Lotterie-Einnehmer,
Dr* jiir. Wilheliii,v, Albert.
Willett^ Martin, Architekt und Stadtverordneter,
Winter, Ernst, Baurat, Stadtbaudirektor.
VVirth, Christian, Landeadirektor a. ü*
Wissmann, Eduard, Landgerichtarat.
Worst, Hermann, Seminardirektor a. T>,
Zais, Wilhelm, Hotelbesitzer.
II, Ausserhalb Wiesbadens.
Herr Abel, Rcohtsauwalt, Hadamar.
„ Dr, von Achenbach^ Heinrich, Staatsmiumter u. Oberpriisident, Potsdam.
Achenbacli, A., Konigl. Berghauptinaou, Klausthal.
Dr. Alefeld, Darmstadt.
Almenröder, Pfarrer, Ober-Biel (Kreis Wetzlar).
Anthes, Eugen, Pfarrer, Nassau.
Dr, phil. Aasfeld, Eduard, Königl Archivar, Koblenz.
Biibr^ Joseph, Landwirt, Frauenstein bei Wiesbaden.
fiahl, Christian, Ehi*on-Domherr, Bischöfi. Kommisaariua und Stadtpfarrer,
Frankfurt a. M.
Batton, Postmeister, Nassau.
Baaer, Major an der Schiessschule, Jüterbogk,
Baunaeh, Wilhelm, Frankfurt a. M.
Dr. Beck, Ludwig, Hüttendirektor, Rheinhütte bei Biebrich.
Dr. Beckmann, Fr., Landrat, Usingen.
Dr. Berg^ Direktor des Knaben pensionats, Oberlahnsteio.
Bimler, Oberbergamtsmarkacheider, Breslau,
Bludewald, Landrat, Weilburg.
Blell, Rittergutsbesitzer, Lichterfelde bei Berlin.
von Bni;li, Eugen, Geh. Kummerzienrat, Mettlach.
Dr. phil. Braun, Anselra, Professor, Oberlehrer, Hadamar.
Brofft, L. H., Frankfurt a. M.
Dr. phil. Büsgeu, Gymnasialdirektor, Rinteln.
Dr. phil. Freiherr von Canstein, Ökonomierat, Berlin.
Conrad}^, Wilhelm, Kreisrichter a. D., Miltenberg a. M.
Dahlen, Heinrich Wilhelm, Generalsekretär des deutschen Weinbauver-
eins, Geisenheim,
Deissmann, Pfarrer, Erbacb am Rhein.
Dei88mann, Dekan a. D., Pfarrer, Cubach (Post Weilburg),
Dr. med. Dettweiler, Peter, Geh. Sanitatsrat, Falkenatein i. T.
von Donop, Hugu, Major z. D. und Oberhofraeister, Weimar.
Dr. med. Bijttmamh Otto, Arzt, Montabaur.
Frau Baronin von Düngern, Schloss Dehrn bei Limburg a. <l. Lahn.
■^ '^*^
•^^'^^^ '-'- -^
Herr DjrckerhofT, Rudolf^ Fabrikbesitzer^ Biebrich.
, Ebhardt, LandgerichtBrat a, D,. Limburg a. d. L.
. Graf m Eltz^ Carl, Eltville.
^ Engel hard^ Orto, Fabrikant, Iloflieim im Taunud,
^ Graf zn Eolenburgt Botho, MiDUterpräsident, Berlin.
» Feldner, Lehrer, Steeten bei Runkel a. d. Lahn.
, Dr. phiL Fleckeisen, Professor, Dresden.
^ Fonck^ Geh. Rcgieruugsrat, Rüdesheim.
, Dr. phiL Forst, H., Osnabrück,
^ Fromme, Landrat, Dillenburg.
, (loltz, B*, Major im Westfälischen Infanterie - Regiment No. 57,
WesoL
, Dr. GraiMlhoiuiue, Sanitätsrat, Kreisphysikus, Prankfurt a. M.
, Haas, F,, Rektor des Realgyronasiuras, Limburg a. d. L,
, Graf von Hachenbnrg, Hachenburg.
, Dr. phil HaniJiieran, A., Frankfurt a. M.
♦ Uaneh« Rudolf, Frankfurt a. M*
„ Hecker, CJerichtsschreiber^ Nassau.
„ Dr. Hegert, Archivrat, Geh. Staatsarchivar, Berlin.
, Dr. med. Merxheimer, Salomoo, Sanitiitsrat, Arzt, Frankfurt a. M.
, Hess, Heinrich, Weiukomroissionär, Östrich.
, Hetssel, Professor, OyuHiasialoberlehrer, Dillenburg.
, Freiherr v. d, Hey dt, Landrat. Homburg v. d. H.
, Heyne, M,. Oberlehrer am Real-Progynmasium, Biebricb.
, Hilf, Hubert Arnold, Justizrat, Rechtsanwalt, Limburg a. d, L.
Hillebraiid, Professor, Oberlehrer, Hadamar.
^ Hilpiseli, Johann Georg, Pfarrer, Direktor der St, Leonhardskirche, Frank*
fürt a. M. M
„ Hoifmann, Guti^besitzer, Niederhöchstadt (Post CVonberg i. T.) i
, Uofl'muuu, Wilhelm, Premierlieuteuant a. D., Redakteur, Gummersbach,^
8e. Königliche Hoheit Leopold Filmt von Holienzollei-n^ Sigmaringen.
Herr Hosst^us, Inspektor der Heilanstalt, Falkenstein i. T.
^ Uuhalek, H,, Steeten bei Runkel a. d Lahn.
, Jacolii, Baumeister, Homburg v. d. H.
, Janothat Herzogl. Schlossinspektor a. D., Weilburg.
, Ilgen, Kapitän in der Kgl, Niederländischen Armee, Padang, iSuujutr
, Graf von Ingelheim, Oeiseuheira.
, Dr. Kalle, KommerÄienrat, Biebrich.
, Dr. phiL Kaufmann, A., Archivrat, Wertheim a. M.
, Kaafhiann, Heinrich, (ierbereibesitzer, Lorch.
« Keller, Justizrat, Rechtsanwalt und Notar, iJmburga. d. L.
Frao Gräfin von Klelmaun«c*gge, Nassau,
Herr Klein, Hermann, Hütten besitsser, Karlshutie (Post Buchenau, Kr. Bieden^
kopfi.
„ Dr. llu^il. Klein, Karl, Bistcliof, pilpstL Hau»prul«t» Limburg a. d. I4*
ron KBehel, HeiDrich^ Oberst z. D., Sonnenberg bei Wiesbadeo.
Dr, med. Kobelt, Wilhelm, Arzfe^ Schwanheira.
KöiiiiBTsteüi, Kilian, Pfarrer, Bornheira bei Frankfurt a. M,
Kohit-Speier, Frankfurt a. M,
Dr. phil. Kraus, F. X., Professor, Preiburg l B.
Kröck, Hauptmann a. D., Berlio.
Krücke, Wilhelm, Pfarrer, Limburg a. d. L.
^vou Lade, E., Geiaeuheim.
' iiebe, Th., Hofrat, Gera.
Dr. Lieber^ Reichstags- und Landtagsabgeordneter, Camberg.
li{ifzenkircbeii, Heiorich, Buchhändler, Bonn a, Rh.
Magewirth, J., Oberpfarrer, Homburg v. d H.
Maliuros, Amtsrichter, Limburg a, d. L.
Manper, Fr., Pfarrer, Dillenburg.
Freiherr Marschall von Biebersteiii, Ober^tlieutenant, Koblenz.
Frau Gräfin von Matnschka, Schloae YoUrads bei Winkel a. Rh.
Meckel^ J. Fr., Kaufmann, Herboro.
Dr. med, Miehel, Theodor, Arzt, Niederlabostein.
Moureau, J^farrer, Erbenbeim bei Wiesbaden.
Müller, Mich-, Pfarrer, Seck (Kreis Weeterburg).
Müllers, Erster Seminarlehrer, Montabaur.
Mnlot^ Heinrich, Rentner, Haiger,
Massety Landgericbtsrat, Limburg a, d. L.
Nick, Pfarrer, Salzig bei Boppard.
Opperinann, Ferdinand, Bad Soden.
Osterroth, Arthur, Rittergutsbesitzer, Schlosa Schönberg bei OberweseK
OU5 Joseph, cand. pbil, Biebrich.
Pauli, Gutsverwalter, Sehloas Bodenstein bei Regensburg.
Dr. Feters, C, Scbieratein.
Pfarrius, Alexander, Pfarrer, Dodenau (Post Battenberg).
Pfau, ßmil, Direktor der Aktienbrauerei, Nansau.
Freiherr von Preuschen nnd zu Liebenstein, Forstmeister, Rüdeaheim.
Pnlch, Gerichtsschreiber, Katzenelnbogen.
Beiefaert, Domänen^Rentmeister, Weilburg.
von Beinaeb, Albert, Frankfurt a. M.
Dr. med. Beinhold, Medizinalrat, Eisenberg (Sachsen-Altenburgi.
Bensch, C. Ed., Bürgermeister, Oberlahnsteiu.
Reuter, Fritz, Weinhändler, Rüdesheira.
Riedel, Amtsgerichtsrat, Frankfurt a. M.
Bäcker, F., Lehrer, Ritterähauaeu (Post Straaseberabach).
Rnpp, Friedrich, Reallehrer, Herborn.
Scliellenberg, Carl, Pfarrer, Battenberg.
Hchilo, Wilhelm, Pfarrer und Kreis-Schuliospektor, Idstein.
I Schutt, J., Dekan, Eltville.
[Sellttlidt, Ferdinand, Professor, Gymnasialdirektor, Dillenburg.
6
mk
myi
KJ.
82
Herr Schmitz^ Johann Poter, ProfesBor, Oberlehrer, Montabanr.
I, SdiinSlder, Kaufmann, Biebrich.
, Dr. Schneider^ Friedrich, Domkapitular, Geistl. Rat, Mainz.
. Sehneider, Robert, Pfarrer, Buchenau (Eoreis Biedenkopf).
„ Scholl, Bernhard, Radesheim.
I, Schreiner, Pfarrer, Barmen.
9 Schröder, J., Fabrikant, Oberlahnstein.
^ Schnlx, Forstmeister, Eaub.
„ Schuster, Pfarrer, Frisohborn bei Lauterbach (Oberhessen).
, Freiherr Schwartzkoppen-Bottorf, Weinheim a. d. Bergstrasse.
j, Seyberth, Oeh. Regierungsrat, Landrat, Biedenkopf.
, Siegel, Johannes, Pfarrer. Weilburg.
Se. Erlaucht Friedrich Graf zu Solms-Lanbach, Laubach (Oberhessen).
Herr Stahl, Amtsgerichtsrat, Hachenburg.
„ Stelnhelmer, 0. J. B., Gutsbesitzer, Östrich.
„ Dr. phil. Stenblng, Harrach'sches Institut, St. Goarshausen.
, Stier, Hauptmann a. D., Fürsten walde.
, Stlflt, Amtsgerichtsrat, Höchst a. H.
„ Stippler, Bergwerksbesitzer, Limburg a. d. Lahn.
„ Stoff, L.| Dechant, Kassel.
y Sturm, E., Weingutsbesitzer, Rüdesheim.
, Trog, C, Lehrer, Bosbeck (Kreis Essen).
„ Ton Trott m Solz, Landrat, Marburg L H.
„ Dr. phiL Yelke, Wilhelm, Stadtbibliothekar, Mainz.
, TSmel, E., Pfarrer, Homburg v. d. H.
„ Vogel, Arnold, Pfarrer, Kirberg.
„ Togel, Hermann Arnold, Pfarrer, Eppeurod (Post Nentershausen, Bezirk
Wiesbaden).
Se. Durchlaucht Georg Victor Fürst zu Waldeck und Pyrmont, Arolsen.
Herr Walter, G., Rentner, Schloss Qutenfels bei Kaub.
„ Weber, Amtsgerichtsrat, Wetzlar. #
„ Weitzel, Premierlieutenant im Inf.- Reg. 117, Mainz.
„ Wehr heim, Wilhelm, Direktor des Taubstummen- Instituts, Camberg.
, Widmann, Bernhard, Frühmesser, Eltville.
„ Dr. phil. Widmann, Simon, Rektor des Real-Progymnasiums, Oberlahn-
stein.
Se. Durchlaucht Wilhelm Fflrst zu Wied, Neuwied.
Herr Wilhelm!, Georg, Pfarrer, Diez.
, Wilhelmy, August, Prokurator, Hattenheim.
„ Willi, Dominikus, Abt, Abtei Marienstatt (Post Hachenburg).
, Winter, Wilhelm. Regierungspräsident a. D., Elmshausen (Post Buchenau,
Kreis BiedenkopO-
83
III. Ordentliche Mitglieder tind femer folgende
ArohiTe, Behörden, Bibliotliekeii, Museen und Vereine.
Berlin:
Königliche Bibliothek (W., Platz am Opernhause).
Königliche geologische Landesanstalt und Berg-Akademie
(N., Inyalidenstrasse 44).
Königliches Kunst-Oewerbe« Museum (SW., Prinz Albrechtstrasse).
Biebrieh-Mosbaeh :
Real-Progymnasium.
Biedenkopf:
Kreisausschuss des Kreises Biedenkopf.
Königliches Real-Progymnasium.
Cassel:
Ständische Landesbibliothek.
Koblenz:
Königliches Staatsarchiv.
Darmstadt:
Orossherzoglich Hessisches Haus- und Staatsarchiv.
Diez:
Kreisausschuss des Unterlahnkreises.
Real-Progymnasium.
Dillenburg:
Königliches Gymnasium.
Kreisausschuss des Dillkreisos.
Historischer Verein.
Ems:
Real-Progymnasium.
Erbaeh im Odenwald:
Gräflich von Erbach-Erbachsches Gesamt-Hausarchiv.
Frankfurt a. M«:
Kreisausschuss des Landkreises Frankfurt a. M.
Magistrat.
Stadtbibliothek.
St. Goarshansen:
Kreisausschuss des Kreises St. Goarshauscn.
Hadamar:
Königliches Gymnasium.
Herbom :
Altertumsverein.
Höchst:
Kreisausschuss des Kreises Höchst.
6»
86
BrÜQii, MähriBches Oewerbemuseum.
— -, K, K. mährisch-schlesi^che Gesellschaft zur Beförderung dos Acker*
bauea, der Natur- und Landeskunde.
Brüssel, Soci^te des bollandistes.
Charieroi, Soci6t6 pal6ontologique et archeologique*
Chemnitz, Tercm für Chemnitzer Geschichte.
Christiania, Kongelige Norske Frederiks-üniversitet.
— , Museum nordischer Altertümer,
Copeofaagen, Kongelige Nordiske Oldtikrift-Selskab.
Cottbus, Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie und Altertumskunde.
Dan zig, Westpreussischer Geaehichtsverein.
Darmstadtf Historischer Verein für das Gros^herzogtum Hessen.
Dessau, Verein für Anhaltische Geschichte und Altertumskunde.
Dillingen, Historischer Verein.
Donaueschiugen, Verein für Geschichte und Naturgeschichte der Baar uq3
der angi*enzendeo Länder,
Dresden, Konigl. sächsischer Altertumsvereiu,
■ — , Verein für Geschichte Dresdens,
Dürkheim, Altertumsverein für den Kanton Dürkheim,
Düsseldorf, Düsseldorfer Geschichts-Vereio,
Eicbstätt, Historischer Verein.
Eisenberg (S.-AIteiiburg), Geachichts- und altortumsforBchender Verein,
Eis leben, Verein für die Geschichte uod Altertümer der Grafschaft Mausfeld.
Elberfeld, Bergischer Geschichtsverein.
Emden, Gesellachaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer.
Erfurt, Konigl. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften,
, Verein für Geschichte und Altertumskunde.
Essen, Historischer Vereiu für Stadt und Stift Essen.
Prankfurt a. M., Verein für Geschichte und Altertumskunde.
— , Taunusklub.
Frankfurt a. d. 0., Historischer- statistischer Verein.
Freiberg, Altertums verein.
Frei bürg i, Br., Oosellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- un
Volkskunde v. Freiburg, dem Breisgau u, d. angrenzeaden Landsohafcen«
St, Gallen, Historischer Verein.
Gl essen, Oberhessischer Verein für Lokalgeschichte.
Glarus, Historischer Verein des Kantons Glarus.
Görlitz, Oberlausitzische Gesellschaft der Wisaensehaften.
Graz, Historischer Verein für Steiermark.
Oreifswald, Rügisch-Pommerschc Abteilung der Oesellschaft für Pom morsche
Geschichte und Altertumskunde in Stralsund und Greifswald.
Guben, s. Cottbus.
Sehw. Hall» Historischer Verein für Württembergrsch Franken.
Halle a. S., Thüringisch-Sächsischer Verein für Erforschung des vaterländbc
Altertums un^I Erhaltung seiner Denkmale.
8T
I
»
'g, Verein für liamburgische Geschichte.
Hanau, Hanauer Bezirksverein für Hessische Geschichte und Landeskunde-
Hannover, Historischer Verein fiir Niedersachsen,
Heidelberg, Histor.-philosophiacher Verein. [„Neue Heidelberger Jahrbücher'*.]
Heilbronn, Historischer Verein.
Hermann Stadt, Verein für Siebenbürgische Landeskunde.
Hohenleuben. Voigtländischer altertumsforschender Verein.
Homburg v. d. H^ Verein tür Geschichte und Altertumskunde.
Jena^ Verein für Thüringische Geschichte und Altertumskunde.
Innsbruck, Ferdinandoum,
Kahia, Vorein für Geschichte und Altertumskunde zu Kahia und Roda.
Karleruhe, Grossherzogliches Museum.
— , Die Badische historische Kommission [^Zeitschrift für die Geschichte
des Oberrheina**.]
EasaeL Verein für Hessische Geschichte und Altertumskunde.
Xempten, Altertums- Verein Kempten.
Kiel, Gesellschaft für Schleswig-Holatein-Lauenburgische Geschichte,
, Anthropologischer Verein in Schleswig-Holstein.
Klagenfurt, Kärntnerischer Geschichtsverein.
Köln» Historischer Verein f. d. Niederrhein, insbesondere f. d,
f Stadtarchiv.
Königsberg i, Pr., Königliche und Universitätsbibliothek.
— — , Physikalisch-ökonomische Gesellschaft.
— — , Altertumsgesellschaft Prussia.
Erzdiözese Köln.
Kornik in Poseui Bibliotheka Kornicka.
Krakau, Akademie der Wissenschaften.
Laibach, Historischer Verein für Krain»
Landahut, Historischer Verein für Niederbayern.
Leiden» Maatschappij der aedcrlandsche Letterkunde.
Böhmisch-Leipa, Nordböhmischer Exkursionsklub.
Leipzig, Verein für Geschichte Leipzigs.
Leisnig, Geschichts- und Altertums verein.
Lincoln, Nebraska State Historical Society.
k Lindau i. B., Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung.
Linz (Österreich), Museum Francisco Carolinum.
London, Society of antiquaries of London.
-y South Kensington Museum.
I
Lübeck, Verein für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde.
Lüneburg, Museums verein für das Fürstentum Lüneburg.
Luxemburg, Section hiatorique de Tinstitut Royal Grand-ducal de Luxembourg.
Luzern, Historischer Verein der fünf Orte : Luzern, Uri, Sehwyz, Unterwaldeu
und Zug.
Magdeburg, Verein für Geschichte und Altertumskunde des Herzogtums und
Erxstifts Magdeburg.
Uainx, Verein zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Altertümer.
86
Brunn, Mährisches Gewerbemuseum.
, K. K. mährisch-schlesische Gesellschaft zur Beförderung des Acker-
baues, der Natur- und Landeskunde.
Brüssel, Soci^tä des boUandistes.
Charleroi, Soci6t6 pal^ontologique et archeologique.
Chemnitz, Yerein für Chemnitzer Geschichte.
Christiania, Kongelige Norske Frederiks-Universitet.
, . Museum nordischer Altertümer.
Copenhagen, Kongelige Nordiske Oldskrift-Selskab.
Cottbus, Niederlausitzer Gesellschaft für Anthropologie und Altertumskunde.
Danzig, Westpreussischer Geschichts verein.
Darmstadt, Historischer Verein für das Grossherzogtum Hessen.
Dessau, Yerein für Anhaltische Geschichte und Altertumskunde.
Dillingen, Historischer Verein.
Donaueschingen, Verein für Geschichte und Naturgeschichte der Baar und
der angrenzenden Länder.
Dresden, Königl. sächsischer Altertumsyerein.
, Verein für Geschichte Dresdens.
Dürkheim, Altertumsverein für den Kanton Dürkheim.
Düsseldorf, Düsseldorfer Geschichts- Verein.
Eichstätt, Historischer Verein.
Eisenberg (8. -Altenburg), Geschichts- und altertumsforschender Verein.
Eisleben, Verein für die Geschichte und Altertümer der Grafschaft Mansfeld.
Elberfeld, Bergischer Geschichtsverein.
Emden, Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer.
Erfurt, Königl. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften.
,, Verein für Geschichte und Altertumskunde.
Essen, Historischer Verein für Stadt und Stift Essen.
Frankfurt a. M., Verein für Geschichte und Altertumskunde.
, Taunusklub.
Frankfurt a. d. 0., Historischer-statistischer Verein.
Freiberg, Altertumsverein.
Freiburg i, Bt,j Gü8<jllächaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und
Volkskunde w Freiburg. dem Breisgau u. d. aogrenzenden Landschaften.
St. Gallen, Uistoriieher Verein«
Giesaenj Oherlm«9i«cher Verein für Lokalgesehichte.
Glarus^ HiatoriiM?}»rn Ti^orn des Kantone Glarus.
Gortitst, Obeilau^^ sellechaft der Wissenechaften.
1 Steiermark.
r»cho Abteilung der Gesellschaft für Pommersche
ifertumskunde in Stralsund und Greifswald.
n für Württembergisch Franken.
her Verein für Erforschung des vaterländischen
rialtnng seiner Denkmale,
89
Schaffhaosen, Historisch-antiquarischer Yerein des Kantons Schaffhausen.
Schmalkalden, Yerein für Hennebergische Geschichte und Landeskunde.
Schwerin, Yerein (ur Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde.
Sigmar ingen, Yerein für Geschichte und Altertumskunde.
Soest, Yerein für die Geschichte von Soest und der Börde.
Speier, Historischer Yerein der Pfalz.
Stade, Yerein für Geschichte und Altertümer der Herzogtümer Bremen und
Yerden und des Landes Hadeln.
Stettin, Gesellschaft für Pommersche G^chichte und Altertumskunde.
Stockholm, Nordiska Museet.
-, EongL Yitterhets Historie och Antiquitets Akademien.
Strassburg, Soci^e pour la conservation des monuments historiques d'Alsace.
^ Kaiserliche üniversitats- und Landesbibliothek. [„ Jahrbuch des
historisch-litterarischen Zweigvereins des Yogesenklubs^.]
Stuttgart, Königliche öffentliche Bibliothek.
, Königlich Württembergisches Haus- und Staatsarchiv.
Tokio (Japan), Imperial üniversity of Tokio.
Torgau, Altertumsyerein.
Tri er ^ Gesellschaft für nützliche Forschungen.
Tübingen, UniYersitats-Bibliothek.
Ulm, Yerein für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben.
Washington, Smithsonian Institution.
Wernigerode, Harzverein für Geschichte und Altertumskunde.
Wien, Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.
, Yerein für Landeskunde von Niederösterreich.
— , Akademischer Leseverein der K. K. Universität.
— , K. K. Centralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst-
und historischen Denkmale.
, Altertumsverein.
, Archäologisch-epigraphisches Seminar der Universität Wien.
, Anthropologische Gesellschaft.
, Kais. König], heraldische Geselkchaft «Adler*^.
Wiesbaden, Gewerbeverein.
— — - . Verein für Naturkunde.
, Rheinischer Kurier.
— , Handelskammer.
Worms, Altertumsverein.
Würzburg, Historischer Verein für Unterfranken.
Zürich, Antiquarische Gesellschaft.
, Allgemeine geschichtsforschende Gesellschaft der Schweiz.
Zwickau, Altertumsverein für Zwickau und Umg^end.
Preis -Verzeichnis
der
iuf Lager beflndliohen Vereins- Annalen, SeparatabdrOcke und
sonstigen Publilcationen
des
Yereins fikr Nassanische Altertamskniide und Geschfchtsforsehnng.
(Mitglieder des Vereins zahlen die Hälfte des Preises.)
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VII
. . . 6.—
- VIII.
T. Cohausen, Der römische Grenzwall, Lief. I, 2, 3 fast vergriffen. (Doeh
können vollständige Exemplare zum Preise von 24 Mark von J. F. Berg-
manns Verlag in Wiesbaden bezogen werden.)
Bär's Geschichte von Eberbach von Dr. Rössel, I. Band, 1. Heft . Mk. 2.70
I.
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I.
II.
II.
2.
3.
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1.
2.—
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2.40
2.—
2.70
Urkunden von Eberbach von Dr. Rössel, I. Band, 1. Heft . . . Mk. 1.70
T) 7) 7) n n »^•7)*'T»'-*7) 1'40
T) n u H7» n ^' D ^' D ' ' ' T) 1.70
„ „ 7, T, 7, 7, n. „ 1. Abteil, 1. Heft „ 1.70
n n 7) 7771 „11. „l.„2. „^ 2.70
77 7) 7) TT) 7) H. „ 2. „ . , . j, 3.60
Denkmäler aus Nassau, I. Heft ^ 2.40
Die kirohlioheii Altertamer Ton Wiesbaden, Yon Dr. K. Bossel, mit 4 Tafeln.
Die Heiliggrab-Kapelle zu Weilbarg a. d. Lahn, Ton R. Qörz, mit 1 Tafel.
Das Qraae Haus su Winkel im Rheingan, Yon R. Görz, mit 1 Tafel.
, U. Heft „ 2.70
Die Abtei Eberbaoh: Das Refectoriom, Ton Dr. K. Rössel, mit 7 Tafeln.
, lU. Heft „ 2.40
Die Abtei Eberbaoh: Die Kirohe, Ton Dr. E. Rössel, mit 6 Taf. u. U Holzschn.
, IV. Heft „ 12.-
Die Abteikirohe zu Marienstatt bei Haohenburg, t. Oberbaurat R. Qörz, mit
11 Tafeln.
Gesch. der Herrschaft Eirchheim-Bolanden und Stauf, von A. Eöllner „ 6.40
Mithras, von N. Müller „1.20
Rheinübergang Blüchers, von Sohulinspektor Röder ^ —.30
Zti bedeutend ermäsäigtem Preise werden an unsere Mitglieder folgende
Publikationeti abgegeben:
LadMprai. rir Nilgliedtr.
1. Inscriptiones latinae i|i terris nassoviensibus . . . Mk. 3.40 Mk. — .50
2. Limburger Chronik „ 3.40 „ —.50
3. Reuter, Das Römer-Kastell bei Wiesbaden, mit Plan „ 2. — „ — .50
4. „ Römische Ansiedelungen in der Umgebung
von Wiesbaden, mit Plan „ 3.— „ —.50
5. „ Römische Wasserleitungen in Wiesbaden,
mit 7 Tafeln und 1 Plan „ 3.— „ —.50
6. V. Cohausen, Rom. Schmelzschmuck, mit 2 Tafeln . „ 2.50 „ — .50
7. Band XI., Gesch. des nassauischen Altertums-Yereins
und biographische Mitteilungen über dessen Grün-
der und Förderer, von Dr. Schwartz . . . . „ 6.50 „ 2. —
8. Dr. Schwartz, Lebensnachrichten über den Regie-
rungspräsidenten Karl von Ibell ^ 2.50 „ — .50
9. Urkunden von Eberbach I „ 4.80 ^ 1. —
10. Geschichte des Benedictiner-Klosters Walsdorf, von
Pfarrer A. Deissmann ^ 2.60 „ — .40
11. J. G. Lehmann, Geschichte und Genealogie der
Dynasten von Westerburg „ 2.70 „ — .40
12. Schmid, Wahl des Grafen Adolf von Nassau zum
römischen König 1292 j, 2. — „ — .40
13. Münzsammlung des Vereins, von Dr. Schalk . . . „ 2. — „ — .30
Im Verlage von Rud. Bechtold & Comp, in Wiesbaden, sowie
in allen Buchhandlungen und im Altertums-Museum daselbst
sind zu haben:
Antiquarisch-technischer Führer
durch das
Altertums-Museum zu Wiesbaden.
Yon A. T. Cohansen^
Ing^enieoroObent s. D. und KomerTator.
Preis: Mh. 1,50,
Die Altertümer des Vaterlandes.
Ein WüEf eiser llnrcli las Alte zm Nenen
für
Geistliche, Lehrer, Land- und Forstwirte.
Yon A. T. Cohaasen,
lDg«iil«iiT^>bent I. D. ond Konurrstor.
=^ ]MUt ISO Al>t>lldniisren. ^=-^
3. Aufl. Preü: Wc. 1,50.
Die Giganten-Säule von Schierstein.
Von Sanitätsrat Dr. B. Florschütz.
MCI t S Tareln,
Vrtis: öO Pfg.
Wanderungen
durch das
Altertums-Museum in ^Viesbaden•
Von Wilhelm Hoffmann^
Premierlieuteiiant «. D.
Preis: ÖO Pfg.
DRÜCK VOX RUD. BECHTOLD & COMP., WIESBADEN.
BUCIIURUCKBUU k MTilOOR. AXITALT.
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Fund von 1891.
Fund von 1880.
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Zur BeachttMtg.
Das Altertununniisekini ist vom 1. Mai bis Sl. Oktober Montags^
Dienstags f Mittwochs^ Dminerstags und Freitags von 2—6 Uhr , Sonntags von
11 — 1 Uhr geöffnet. — Behufs Besichtigung der Sammlungen zu einer anderen
Zeit — oO Pfg, Eintrittsgeld — wende man sich an den Museumsaufseher
König (Friedrichstr, 1 oder Friedrichstr. 9, Hof rechts).
Das Sekretariat urul die Bibliothek sind jeden Mittwoch und Sams-
tag nachmittags von S — 5 Uhr geöffnet; an den übrigen Wochenfoffen werden
Bücher nach vorheriger schriftlicher Bestellung ve^-abfolgt.
I>ruek8€te1wn uiul Zuschriften beliebe man an das Sekretariat
(Friedrichstr. 1), GelÜHeruhingen an Herrn Rechnungsrat Begerf (Bahn-
hofstr. 15) zu adressieren.
Das Preist^erxeichnis der noch vorhandenen früheren Annalenbände und
sonstigen VeröffentHchungen des Vereins befindet sich auf der inveitm und dritten
Jiyischlagsseite des vorliegenden Jahrganges. Bestellungen auf dieselben und auf
dm gegenwärtigen Band werden sowohl vom Sekretariat, wie auch von der
Firma Hud. Bechfold dr Comp, in Wiesbaden entgegengenommen.
Wir machen unsere Herren Mitarbeiter darauf aufmerksam^ dass Bei^
trä4je XU den Annalen, welche regelmässig im April eines jeden Jahres
erscheinen^ bis zum 15, Dezember des vorhergehenden Jahres beim Vorstand
eingereicht sein müssen. Spätere Zusendungen können für den betreffenden
Jahrgang nicht berücksichtigt werden. Die Manuskripte müssen leserlich und
immer nur auf einer Seite geschrieben sein.
ANNALEN DES VEREINS
FÜR
NASSAÜISCHE ALTERTUMSKUNDE
UND
GESCHICHTSFORSCHUNG.
ANNALEN DES VEREINS
FÜR
NASSAUISCHE ALTERTUMSKUNDE
UND
GESCHICHTSFORSCHUNG.
SECHSUNDZWANZIGSTER BAND.
18 94.
WIESBADEN.
VKRLAG VON KDÜ. BKCHTOLO & COMP.
1894.
1
I
Inhalts -Verzeichnis
des sechsundzwanzigsten Bandes.
Seite
T. Die Geschichte des Hauses Nassau. Von den ältesten Zeiten bis zu den
ersten Trägem des Namens Nassau. Von Ludw. Conrady 1
II. Der Name Wiesbaden. Von W. Streitberg 181
III. Gigantengruppen und St. Georg. Von O. Tietz 185
IV. Die Mennoniten und ihre Bedeutung für die Kultur in Nassau. Von
C. Spielmann 187
y. Alte Topographie des Vereinsgebietes. Von A. v. Cohausen 145
VI. Der Limes im Taunus. Von B. Florschütz 148
VII. Vereins-Nachrichten.
Bericht des Sekretärs Dr. Ritterling (für das Etatsjahr vom 1. April 1898
bis 81. März 1894) 152
Darin Vorträge:
Y. Cohausen: Generalversammlung des Qesamtvereins S. 156. —
V. Cohausen: Aino's S. 156. — Schierenberg: Pueblo's in
Centralamerika S. 156. — Florschütz: Alamannisch-f ränkische
Waflfen S. 157. — Clouth: Ruinen von Angkor Wat S. 157 f. —
Schlieben: Wassermühlen im Altertum S. 158 f. — v. Cohausen:
Volkstrachten in Nassau S. 159 f. — Schlieben: St. Georg als
Drachenkämpfers. 161 f. — Spielmann: Adolf v. Nassau und die
luxemburgischen Kaiser S. 162 f. — Schlieben: Braungart's Ge-
schichte des Hufeisens S. 168f. — Florschütz: Hochäcker S. 164.
- Genth: Aberglaube und Volksmedizin S. 164 f. — Heuer: Kaiser
Sigmund S. 165 f. — Düsseil: Volkstrachten im Goldenen Grund
S. 167 f. — Düsseil: Logbäume S. 168.
Bericht des Konservators Oberst von Cohausen über die Erwerbungen für
das Altertums-Museum in Wiesbaden während des Jahres 1898 .... 168
QKMn war Hilf« benuiziebeii xu kSmuen. Ffir matte DmnMhiJog
wir am m mabr «nf die Oedald des Lesen so sihlen, ak die
krftiiebe Art uoferer UoterraehaDg, weit entfernt den «i ridi schon rciilonsn
gensftlofiseben Oegenstand zu beleben, noch dazu seine angestrengte Naeh-
prflflung beansprucht
I. Die Hattoe/)
1. Tom Worms- ram Konfgssnndragav. Hatto I.— HI.
Wenn wir uns in der Gesamtübersohrift anbebcbig machten, die (Jeschiehle
des Hauses Nassau nvon den Ältesten Zeiten'' an zu behandeln, so kann das
nach dem bereits Qosagten nicht den Sinn haben, den unsere alten Stamm*
baumkflnstlor damit verbanden, als sie kflhn in die Zeiten Caesars hinabstiegen
und dort die luftigen Qeschlecbtsspinnfllden ihrer gelehrten Einbildungskraft
anknflpfton. Auch hier setit nur die Urkunde den Anfang, aber sie eetri
ihn um etwa ein Jahrhundert Arflher, als man bisher annahm, und uns damit
ungewollt gleich Ton vornherein in Widerspruch mit unseren Vorgängern, ob-
schon wir nur ihnen den Aulass tu dieser Neuerung danken. Denn da wir
uns mit dem von Ihnen gefundenen Urahnen des nassauischen Hauses, dem
Orafbn lUtto des Kßnigssundragaues, nicht zufrieden geben dürfen, so geben
wir etnfkioh, wie sich alsbald beweisen soll, zu dessen uns noch eben erreich-
baren fHihoston gleichnamigen Vorfahren zurflck und lassen, um dies gleich an
(llo Hpitso SU ROtson, dio Wiege des Ilauses Nassau im Wormsgau
sloheii, imohdoin wir unn zuvor vcrgowissert haben, dass die Urkunde, die der
Nanio diestm Urahnen selber darstellt uns jede Auskunft über Stammesabkunft
Keines ersten TrSgers vorenthält, da derselbe über alle deutschen Stamme gleich-
ntitssig verteilt erseheint.*)
Uie 1 trafen des Namens Hatte sind im Wormsgau durch die (ulder und
lorseher Sehenkungsverseiehnisse vom Jahre 756— S3S bezeugt, doch so. dass
ihn^ Keihe ntehrfaeh von anderen durchbrochen erscheint oder dass gleichzeitig
«eiHMi ihnen ander** verseichnel werden.
11 alle t« wie wir ihn mangels früherer Quellen nennen müssen« tritt
%M\ als «\H^nns^ und ersui^r /.euge einer Urkunde vom 25. Juni dieses Jahres
auf, in der ein gewisser H^qfrioU das ihm von Vaner und Brüdern ^in pago
VmMrnvaoinense iu uiUa Truhimaresheim* hinterla$s^ne Erbe an das Ekster
Fulda Aberzieht. '"^ Am 2."). Juli 756 aber winl ein Qraf Leidrsx als Schenker
«mu>» We^nWr):« in IVinenheim ebemlahin pmannu d«r j<bon im Jahre znvor
aU WMrkAuiV'r eine« Acker» in niainrer Markung erscheine Und nun ist ,Toto
♦, C♦^ i "^ !^c\*««*L \>Mt«* H<i»»j*aws> MAi^fcj— L Uf«. ITM i Xr. 4: Draak»,
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comi«^ erster Zt^ugo, also offenbar Oaugraf '), wie er es tags zuvor oder, wenn
^rooke recht hat, am 22. Juli 757, bei der Schenkung Rantulphs in Baten-
jieim in doppelt ausgestellter Urkunde war.*) Dem Nameu Hatto begegnen
nr erat 10 Jahre später, 767^ wenn wir nicht, was wahrscheinlich, einen ohne
|eonies bezeichneten Hatte als Zeugen einer Urkunde vom 21. Juni 756 für den
HrafoD haiton müssen, ^) Nun kommt in der ganzen Zwischenzeit auBser den
Ihereits Genannten nur noch einmal der orstere von ihnen, Leidrat, 765 als
Verkäufer eines Gutes ^in Castro Pinginaie" und Schenker in Thrutmareäheim
Ivor."^) Da er aber damit nur als Grundbesitzer, nicht als eigentlicher wormser
[Oaugraf gekennzeichnet scheint, wie Voto, so ist anzunehmen, dass letzterer,
Iwenn er nicht ein zweiter Graf des Gaues oder Hatto's Stellvertreter war, als
iGaugraf während dieses Zeitraums zu betrachten ist, Hatto 750 also seine
|1etzte Amtshandlung verrichtet hatte.
Für diese Annahme glauben wir folgende Vermutung als Stütze bieten
fxu können. Am 5. Oktober 772 schenkt eine „Luitsuuinda** „39 jurnales**
[Ackerland in Heimradesheim an das Kloster Lorsch mit der Bestimmung : „pro
remedio auimae Hattonis, filii mei".'^) Es ist das vermutlich dieselbe, welche
am 6, Juni 780 eine „hnbestat" in Oppenheim an dasselbe Kloster vergabt^),
lam 26- September des gleichen Jahres „pro remedio animac meae* einen
^mansus** und „de terra aratoria jurnales XXX in Waristater raarca* eben-
[dorthin stiftet^), dies am 30. September 788 mit allem ihrem Besitz dortselbst
iolt'^), hierauf mit ihrem Bruder Adelbert am 27. März 79ti einen
in Sauuelnheim dem gleichen Kloster übergibt und endlich mit dem*
«elben Bruder „aream I^ in Teinenheim dem Kloster Fulda zuwendet am
25. Mai 802.^) Nehmen wir nun an, dass der Sohn Harto, was nachher weitere
Begründung erhalten soll, der 767 zum erstenmal auftretende Graf Hatto ist,
den wir von da an bis zum Jahre 802 im Worrasgau genannt finden^ so haben
j wenn wir uns auf die mittelalterliche Gewohnheit der Vererbung des
Kamene vom Vater auf den Sohn verlassen dürfen, in Luit- oder Liutsu-
tiizida die Gemahlin Hatto' s L zu erblicken und dürfen ihren Sohn Hatto IL
nennen. Dass dieser nicht sofort nach dem Tode des Vaters, den wir in das
Ende des Jahres 75t» setzen, als Graf erscheint, mag darin seinen Grund haben,
dass er zu dieser Zeit noch minderjährig war. Denn die Erblichkeit des Gau-
grafentums ist schon für diese Zeit mit einiger Sicherheit anzunehmen. ***) Die
Mutter aber wird dem Sohne schon so frühe ein Seelengedächtnis gestiftet
haben, weil dieser die Gefahren des Langobarden- oder Sachsenfeldzugs im
) SGbann&t 2, Nr. 8, 4, Nr. 7; Dronke 9, Nr. 12, vergl Ö» Nr. 8. — ^ Sohannai 4,
Nr. C, G, Nr. 10; Dronke 8, Nr. Ha u, b. — *) Schimnat 5, Nn 5; Dronke kennt die
lürktinde nicht, — *) Schannat 12, Nr. 22; Dronke 16, Kr. 26. — ^) (Laraej), Codex
I prini'lpis olim laurGshamenaiB abbatiae diplomaticus, Mannh. 1768. 2« 141, Nr, 1101. — '^j Cod.
llaur. 2, 239. Nr. 155T. — •) Cod. Uur, 2^ 149, Nr. 12J8. — '*) Cod, laur. 2, 149, Nr. 1217*
— ^ Sohitnnai 77, Nr. 157; Dronke 99, Nr. 175. — *') Waitz, Deutech© VerfaaBungs-
^ geaeltirlit©. Kiel 1847 ff. 2, 336; 3, 328; Solirudcr, Li-hrbucb d. deutschon RecbtsgescJiiolite.
f Leipzig 1889* 129; Kaufmann , DeuUche Geflobichtc bit« auf Karl den Grossen, Lcnp/i;; 1880.
{t, tf>5, »51 f.
V*
Jahre 773 zu bestehen hatte, eine Wahrscheinlichkeit, die dadurch gewinnt,
dass wir ihn am 31. Juli 773 selber die Schenkung eines Weinbergs an da«
gleiche Kloster in demselben Ileiraradeaheim machen sehen und erst im Jahre
77G wieder als Gaugrafen bei einer Schenkung in Harasheim thätig finden,*)
Da Luitsuuinda noch im Jahre 802, wie wir sahen, am Leben ist, so rauss an-
genommen werden, dass sie die zweite Gemahlin Hatto's L und die Ehenach-
folgerin einer grabfeldischen Vorgängerin war.
Wir meinen dies aus Folgendem begründen zu dürfen. In den von Pistor
lß07 zuerst herausgegebenen, von Struve') erneut aufgelegten ^jTradltionea
fuldenses" werden „Roggo comes, Hatto come^, Nordio frater illorum*^ nebe«
^Brunicho comes et Moncbo fiater eius, Eggihart et Job frater, Emthild abba-
tissa** als Schenker der „marca Ratersdorf^ (Rasdorf bei Hünfeld) genannt,
Schanuat, der dieselbe Urkunde auszugsweise wiedergibt^), bemerkt, dasH
sie von 815 stamme und „in litteris amicabilis corapositionis initae inter Rat-
gerium abbaten] Fuldensem et Woifgangum Episcopum Herbipolensem** bestehe.
Das in derselben enthaltene ^tradiderunt** der von ihm nur aufgeführten pRogga»
Hatto, Brunicho Coraites et Emehilt Comitissa" geht noch auf die Zeiten
Karls des Grossen zurück, wie eine „vetus membrana* besage, und mag schon
um 800 oder noch früher stattgefunden haben, da in diesem Jahre Emhild mit
ihren Klosterschwestern den ihnen zugehörenden Grundbesitz in einer ganzen
Anzahl Dörfer des Grabfelds samt ihrem Kloster Miliza an Fulda übergibt*)
Schon 783 aber hatte dieselbe AbHssin ihre Güter an ihre Stiftung Milka ge-
schenkt und die darüber aufgenommene Urkunde hatte an erster Stelle ,,rogga
Cornea** und weiterhin der dort ^^nordiu" genannte Bruder mit unterzeichnet^)
Die Zeit steht demnach nicht im Wege, den Bruder Hatto mit unserem Hatto II.
für dieselbe Person zu erklären, und das um so weniger, als er weiter nicht
in grabfeldischen Urkunden erscheint^ die mit ihm genannten Schenker aber
sich als wormsgauische Eingesessene ausweisen. Denn Eggihart, Moric und
Brunicho kommen 801 nebeneinander in einer worrasgauer Urkunde vor'*)»
Brunicho aber erscheint mit anderen Zeugen jener Urkunde 796 und 800, ohne
diese 777, 806 und 813 und zweimal 816.^ Es darf also mit Fug angenommen
werden, dass Hatto L auch im GrabfeUl begütert war» wie sich dies nicht
minder bei anderen Grafen mit weit entlegenem Grundbesitz zeigt, beispiels*
weise bei den Grafen Manto und Megingoz, die im Jahre 788 ihre Güter in
nicht weniger als sechs Gauen und 25 eigenen Dürfern an Fulda schenken/)
Was Hatto I. im Grabfeld vermutlich durch königliche Schenkungen zu eigen
geworden war, mochte er durch die Heirat mit einer grabfeldischen Erbin
vermehrt haben, sodass er dort ebenso Orossgrundbesitzer war, wie im Worma
gau. Weil nun nach einer Bestimmung des Königs Chlotocbar U* vom Jahr
014 nur Grossgrundbesitzer in einem Gaue zum Grafenamt daselbst boiahigt
^) Uod. litif. S, 140, Nr. 1188; % 38, Nr* 917. — ') Remm e^ertiiajiiraruni iKjnplorM
8,560. — *} Corp. tra<L fuld. 37L — *) ätruve 3, 383 f.; SohaiitiAt 88 f. Nr. UO; Druoico
8«, Kr. IST. — •) StruTo 3, 561 ff. — ') Schttniiftt T4, Nr. ISO; Dronki^ 5»5, Nr. 168. —
^) 8«^li«tjniit 00, Nr. 130; 68, Nr. 139; 70, Nr. 37; 04, Nr, 200; 110, Nr, '.'47; 120, Nr. 283;
ISI, Nr. 288» — 'I Sfliiinndl 41 f, Nr. R3; I>ronk^ y^, Nr «7,
^g^
warcn*)> ^^ ^^^S I^*^gg** ^^l** Sohn tsrüet Ehe dort zum Orafon erüariüt worden
Boin, zumal wenn wir bedenket], das» bei dem mächtigen Eiufluss von Mainz
auf Fulda dem König und der Königin diese Ernennung im Qrabfeld und der
ganzen Buchonia sehr erleichtert war. Ilatto 11. aber sicherte der durch seine
Mutter vermehrte Grundbeäitz im Wormsfigau da» dortige Grafenamt des Vaters.
Yersichern wir uns hierbei, um in der Zeitreihe zu bleiben, seiner Amts*
handluDgen^ soweit wir von ihnen Kunde haben, so ist entgegen der Darstellung
Andr, Lamey-s in seiner „Pagi wormatiensis, qualis sub Carolingis maxime
rcgibus fuit, doscriptio* vom Jahre 1766^) znnächat zu wiederholen, dass die-
selben in die Zeit von 767 bis 802 und nicht bloss, wie jener will, ins Jahr 800
fallen. Wir haben zu diesem Zwecke nur die fulder und lorscher Schenkungs-
beriehte genauer zu lesen als dieser verdienstvolle Herausgeber der letzteren,
E» kommt der Graf Hatte zuerst als Zeuge einer Schenkung Kandulfs an
Lorsch in Ibernesheim am 30, Mai 767 vor.') In dem alsdann folgenden Jahre
771 begegnen wir seiner Zeugenpchaft bei einer Schenkung au Fulda, welche
die sechs Brüder Haguno, Hartnand, Rathat, Gebehart, Hather und Hludiiin in
Zarezanheim und Moniouhoim am 16. Februar machen. Nicht Graf genannt,
ist er doch als erster Zeuge in dieser Eigenschaft beglaubigt, wie er bei der
Grenzangabe des Weinbergs in Momonheim als Grundbesitzer namhaft gemacht
wird.^) Das Jahr 772 bringt seinen Namen zweimal: am 28. Februar schenkt
Odagrus mit seiner Frau Hruodsuinda und der Tochter Lantsuvinda Güter in
Vuacharenheira an Fulda, am 3. Mai Hartmunt solche in Truthmaresheim
ebendahin. Beidesmal ist ^comes" Hatto an erster Stelle Zeuge,^) Seine eigne
Schenkung an Lorsch vom 31. Juli 773 sodann nannten wir schon vorbin.
Weiter bezeugt er am 26. JuH 776 die Schenkung Ilarafrid's in „Harasheim
marca** an dasselbe Kloster**), am 19, Februar 777 beurkundet er die Schenkung
Vto'« „pro remedium (!) anime Geilsuvindae uxoris meae^ „infra Civitate (!)
Moguntia** und ^in villa Brettonorum" (Brezzenheim^j, am 30, Juni 779 dio-
jonige der Nonne Uda, die ausser im „Rinahgowe" ihre Güter in Thornhoim,
Elimaresbaeb und Erifeldon, wie im ^Loboditigowe** in Strizzesheim und Sahsen-
heim, solche in .Wormatiense** in Dulaheim, Dinenheim und Oppenheim au
Lorsch giftet.^) Sechs Jahre später alsdann trägt die Schenkungsurkunde eines
Priesters Vualther vom 22, März 785, der einen Garten innerhalb der maiuzer
Mauer au Fulda vergibt, das übliche ^f signum" seiner schreibunkundigeu
Zeugenschaft, ebenso diejenige von dessen Vater Bernhard der seinen Besitz in
Battenheim ebendortbiu stiftet, wie die einer gewissen Cremhilte, die ihren
Weinberg in mainzer Markung ebenfalls dem Bonifatiuskloster schenkt.^) Drei
^) Pertz, Legg. 1, 13: Ut tiullus judex [cKfines] de alÜB provinoüa aut rcgtoaibuB in
tüta looa ordinetur; ut si aliquid toftli de qiiibuslibet conditionibtig perpetrarcrit, do suis pro*
priU rebus exiade quod male abstulerit jiixta legis ordincm debeat reatitucre, Vergi Waitz,
Yerfttisangageachichte 2, B34; 8 ohröder, Lolirb, 129; Kaufmanu, Deutsche Qetoh. 2, S5t.
— ») Acta acftderome Theodore Palatinae 1, 289, — ") Cod. laur. 2, 16 f Nr. 859, — *) Sohan-
nnt 15, Nr 28. Diese Urkunde kennt Dronke nicht — *) S^hanuat 19 r. Nr. 36, 38;
Dronke 25 r, Nr, 39, 40. — *) Cod. laur. 2, 38, Nr. UJ7. — ^} Schannat 27 t Nr. 52;
Droiike utibekHiiiit — *) Cod. laur. 1, 302 t Nr, 198. - "> Suhannut 36 f, Nr. 72. 73, 7-1:
D ranke 48 t Nr. 79, 80, 81.
Jahre später lesen wir seinen Namen bei der Schenkung eines Bernachar fal|
Viuicharenheira vom 30. Jan. 788, und am 25. Mai des gleichen Jahres unter-
zeichnet er zwei Urkunden, in welchen die von Schannat falschlich dafür ge-
haltenen Eltern des berühmten Hrabanus, Vualuramus und Vualrat zuerst ,,ar&aQt ,
unam cum casa et cum omni aedificio^ in Mainz und sodann ihr ganzes Besine«
tum in Truthmareaheim an Fulda zu eigen geben**) Zwei folgende Urkunden |
au8 dem Jahre 790 sind dadurch merkwürdig, dass sie den Grafen Hatto „in
Pago Navinse", dem beuaehbarteo Nahegaue, im Dürfe Ilrocchesheira (Uoxhoim)
bei einer Schenkung Ratboto^s nnd seiner Gattin Hruodlind thätig zeigen und
zwar in der ersten mit den sonstigen wormagauer Zeugen. Diese ist vom
13. AugM die zweite ohne Zeitangabe, aber wegen der gleichen Scheoker und
betreffs des gleichen Orts wohl aus demselben Jahre, indes „in publico conciUo, ,
quod dicitur Pathrafons*, ausgestellt und, ausser einem, scheint es, wormsischen, |
mit uns unbekannten Zeugen.^ Hatto IL befand sieh damals also auf einem
Reichstag zu Paderborn. Am 18. Dezember 792 sodann bezeugt er gleichzeitig
mit dem ihm voranstehenden , also wohl als umissus dominicus^ wirksamen
Grafen Vuolfrod eine Schenkung Vuolfbald's und seiner Gattin Ludabirg, die
sich als eine solche in Mainz — die Urkunde selber sagt das nämlich nicht -
erweist, da dieselben Geber 789 und 801 dort als solche erscheinen.^) Weiter^
am 25. Mai 79tl wird von ihm die Schenkung der Nonne Hiltuvar in Sulzbeim
bestätigt und am 25. Mai 797 ebendort diejenige von deren Mutter Regimsuvind«,^)
Am 21. Februar 798 finden wir seine Unterschrift in einer Güter des Atu in
Talaheim betreffenden Sehen kungsurkunde/"^) Die sich dieser unmittelbar an»
achliessonde einer Nonne Burgrat betreffs eines Ackergebietes in „Mogontiorum
marca* vom 25. März desselben Jahres ist zwar nur mit „f Hattoni" an sechster
Stelle^) unterschrieben, aber da die anderen Zeugen im wesentlichen dieselben
sind, so kann die Selbigkeit der Person nicht bezweifelt werden.^) Die Urkunde ]
einer gewissen Baldsuvinda über ihren Besitz in Uabarinesheim vom 28. Juli
des gleichen Jahres hat gar erst an letzter Stelle, aber unter denselben Um-
dtäuden, die genannte Unterzeichnung*), während die vom 25. Oktober ebeni
dieses Jahres, die die Schenkung des Adalleicius in Mainz und ,in HaniHheimo
marcam (!)* bekundet, die volle Bezeichnung an erster Stelle trügt. Wiederum
an letzter Stelle steht ein .f Hattoni* in einer Urkunde vom 2. Februar 799,1
in welcher der schon 785 als Schenker genannte Vualthor einen Weinborg inj
mainzer Gemarkung an Fulda gibt.*) Am 4. Mai 800 beglaubigt llatto aU
') 8fih«nniit 40, Nr. T9» 4i f. Nr. 35. 88; Droiiko 55 f- Nr* i>0, 91, 5J2, 122. 0m
UloictiQ hatte nach Will, Ilegeatofi xiir Oeschiohtö der Miunter ErtMtchofo. Inuabr J877, f.
l^ XIX auch Eck hart in ^Comment. Frauüiao orietit.^ l, 736 tu or^ieisou ^oftuciht. Indc«, J
WM Will nicht einnuil benrorhobt, iVw Lebenszeit des llrabanus Maurtaj iet eiafacti ÜA^ogon,
wenn er desaeti Qoburtija^i' um 77(! ansetat. — *) Seh. 4e f* Nr D2, 93; Dr. $7 f. Kr. 95, 99.
— •} 8 eh. 50, Kr. 101, vef*^!. 15. Kr. 89 u. 74 f. Kr. 151; Dr 02, Nr. TOi, wo daa nchUf^
Jahr angogeboii in, — •) Soh, 56 t Nr 114, «it, Kr. 125; Dr. 67 f. Kr. IH, 81, Nr. H|.
— ») 8 eh. 62 r Nr. 128; Dr, 84. Nr. H9. — ») lo der obciigrnttiintpn Urkunde rom 22, Mir«
tS5, Bch. a7, Kr. 72 komnit »clbat ^Uatto Cotni«^ an 7, St..»llr vor: AbtiHoh andorwArta, f gt j
Dr. 62, 104. - '» 8ch, 63, Nr. 129; Dr. 84, Ko. lÄf ^ok $4, Kr. I$l| I>r, a^j
Kr. l^t^ — •*> >*'^>' '*^' ^'' 1 "'* (»- ^»V V. ^51^
ooftiGs sügtir vor Landbert „nuntius doraini" und dem echon 79ß vorgekomraoneu
gVuolfrad comes* die Schenkung der Tochter Nardpraht'a Hclmsuvind und Cra-
puclia für des Vaters Seeleoheil in Vuachareuheira und am 10. Juni des gleichen
Jahres mit blosaetn „f Hatto" diejenige Ilertings und Odilprant'a in Vuanes-
heim. *) Hierauf kommt sein Name und Amt bei einer dritten Schenkung des
obengenannten Vualuram vom 22. Mai 802 vor, durch die dieser eine Kirche
in Uofun .in Pago superiori Ilinensae* mit allem Zubehör von Gütern und
Ilörigou, auch dem in Oppenheim befindlichen, und ^areaa tres*, eine in
mainzer Mark, die andere in Uruodolfesheim, die dritte iu Teiocnheim an
Fulda gibt.^ Nun begegnen wir zwar seinem Namen noch fünfmal in fuldischen
Schenkungen, nümhch 805, 810 und dreimal 813. Da jedoch, wie ein müh-
samer Vergleich uns gelehrt hat, die Namen der Mitzeugen wesentlich andere
aind und ausserdem seine Amtsbezeichnung fehlt, so wagen wir nicht, diese
Urkunden für seine Person zu verwerten.
Wir begnügen uns deöhalü hier, nur noch festzustellen, dass die in Lamey's
angeführter ^^Descriptio^ versuchte Zwischenschiebung anderer Grafennamen in
die von uns hergestellte Reihenfolge der Hatto'schen eine irrtümliche ist. Denn
der 771 genannte „Warnherus comes** wird in der betreiFenden Urkunde nur
als Nachbar, also Grundbesitzer aufgeführt/'^ «Cuniberctus comes^ vom Jahre
779 ist ebenfalls nur Grundbesitzer in jjSauvilenheira in Pago Vuormazfeld*' und
wird von Stalin als Graf einer der fränkischen Gaue seiner Heimat beansprucht,
wohin überdies alle Ortsnamen der Urkunde mit Ausnahme Saulheims weisen,
das dieser Gelehrte nicht zu bestimmen w^usste, weil er »Vuormazfeld* ver-
mutlich übersah.*) ^Heiraerich comes** mit seinem vermutlichen Bruder Herman
ergibt sich ebenso als schenkender Grundbesitzer in Oppenheim nach der
Urkunde von 781*) und ist Graf im oberen Rheingau.*^) Hruodpraht endlich,
der 790, 796, 801 und 804 iu wormsfeldischen Urkunden erscheint, gibt sich
ebeufalls als wormsgauer Grossgrundbesitzer zu erkennen, während er ebenso
als oberrheingauischer Graf bekannt ist und 823 mit Erzbischof Haistulf misaus
dominicus „in Mogunfina" warj)
Nehmen wir hiernach den oben fallen gelassenen genealogischen Faden
wieder auf, so haben wir nun unser obiges Versprechen betreifs der Abkunft
Hatto's n. von Liutsuuinda bei seinen Söhnen einzulösen. Wir w^enden zu dem
Zwecke unsere Aufmerksamkeit dem Eintrag eines aller Vermutung nach lorscher
Necrologiums aus dem 3. Jahrhundert zu, welches sich dem Martyrologium Boda*8
auf der Würzburger Dombibliothek einverleibt zeigt. Dort heisst es zum 13,
Mai (841): „Obitus Adalberti comitis, fratris Banzleib et Hattonis comitis.**')
Nun ist nach dem diesen Eintrag bietenden Crollius gewiss, dass Adalbert, den
Nithard zuerst Grafen von Motz, dann Herzog von Austrasien nennt und den
wir als trierer Grafen oder Legaten der provincia trevirensis kennen^), die
') Schannat 71, Nr. 143, 144; Dronke 91 f., Nr. 161, — ^) Sek 76 f. Kr. 156; Dr.
98, Nr. 174. — ») Cod, lnur. 2, 2, Nr. 820. — ') Wirtembergisclie Geschichte. Stuttgart u,
Tob. 1041, 1847, 1| 332, vergl 312, — *) Cod laur. 2, 235, No. 1539. — *) Act. PäI. 2, 17y f.
— ') Aot. Pal. 2, 180 r.; HftrtzUeim, Cono. Oerman. 2, 32b. — "") Act. Pul. 6, 132. — **) Di*
Crollius den Beleg bierfar schuldig bleibt, so ergänzen wir ihn aus dem Cupitularc jinni 83{l
Hl.
.Anuales fuldenscs* a. d, Ilf» id. Maii (13. Mai) 841 aber im Gefecht gefallen
büzcugcn, voü Geburt ein Franko aus der Nachbarschaft von Mainz gewesen
sei. Ebenso ist nach demselben Gewährsmann und seinen Belegen seiü Bruder
Bauzleib als comea in Ostfalia bezeugt, und endlich erzählt gemäss ihm Nitbard,
doss Ilatto nach Adalberts Fall von Kaiser Lothar mit dem Erzbiachof Otgar
von Mainz zum Schutze des Rheins zurückgelassen worden sei,*) Da wir nun
dort einen Hatte als Gaugrafen auftreten sehen, so ist doch wohl kein Zweifel,
dass dieser der Zeitfolge entsprechend mit seinen Brüdern ein Sohn Hatto'a IK
sein muss. Erinnern wir uns alsdann, dasa der Bruder Liutsuuinda*6 Adalberi
geheissen bat, so haben wir au der Hand dieses Namens das gleiche Recht,
einen ähnlichen Sehluss auf seinen metz-trierischen Hiiträger zu wagen^ indem
wir diesen dessen Grossneffen und den Urenkel von seinem — wir wagen auch
dies — gleichnamigen Vater sein lassen* Dieser Vater aber dürfte dann derjenige
Adalbert sein, mit dessen Schenkungen die von uns so reichlich schon benutzten
^Traditiones fuldenses^ anheben. Am 25. Januar 750 übergibt dieser mit seiner
Gemahlin Irminsuuinda „caso (!) fragilitatis* d, h, als Greis ,pro antmas nostras (!)
remedium" ^arealem I" innerhalb der Hauer von Mainz»*) Am 18. Jan* 753
verkaufe er ebenso nach Fulda einen Weinberg innerhalb der Stadtmauer tiiid
schenkt dazu einen anderen ausserhalb ^in uilla nominata Prittonorum.^^ Alter
Wahrscheinlichkeit nach ist er, um auch das zu berühren, ein Schwager de«
obengenannten Grafen Leidrat. Denn dessen Schwester heisst Irminsunindi
und ist bereits oben von uns genannt worden.^)
Ilaben wir damit die spärlichen urkundlichen Anführungen nach Kräften"
verwandtschaftlich verwertet, so ist es nun unsere Aufgabe, das uns so erstandene
dritte Geschlecht des Hatto^schen Hauses vom zweiten zeitlich abzugrenzen und
dieses zugleich noch auf einem neuen Gebiet für uns zum erstenmal seine»
Amtes walten zu sehen. Wir verliessen Hatte II. im Jahre 802. Da im gleichen
Jabre seine Mutter Liutsuuinda noch am Leben war, wie wir sahen, so können
wir ihn unmöglich zu dieser Zeit schon aus dem Leben gesohieden denken. Es
verbietet uns dies, was bisher übersehen wurde, die Thatsache, dass in dem
Testamente Karls des Grossen vom Jahre 811 nach den Bischöfen als Zeugen
seines letzten Willens verzeichnet sind die ^Comites Walacho, Meginherua,
Otulfus, Stephanus, Unruochus, Burchardus, Meginbardus^ Hatte, Rihwinus,
Edo, Bero, Hildegerus, Roccolfus*.*) Es verbietet uns das ausserdoju eine
Urkunde von 819, in der von Ludwig dem Frommen unter anderem darüber Be-
schwerde gefuhrt wird, dasa in dem durch den Totl des Königs Adolf berühmt
gewordenen Gylenheim (Göllheim) dem Kloster Ilornbach einiges (»quasdam rea*)
„interiiellaute [HjAttone c|uondara coraito* vorenthalten worden sei* Dies sei
bereit» , tempore domini et geuitoris nostri Karoli bonae roemoriae piissimi August!
eo Dou iubeute, imo [»ror^us uesciente^ geschehen, genauer: ^dum in commune
wotölbiit 111» in C. 25 (De noiniiiibua locorum, in qaibtis MUsi Dominici le^atioua funguntur)
bciMt; ^In Trorins H«tta «iroluopifiropufl o( AtlftlbertUfi coini^s*'. Hürtsheiiti, Conc. Oorin. 2, S'iK
*) Nithiirt!*» UUtoria in Müijuto* Ocrin. 2, 6C7. V|;L Will, Kugett, 1, ÖO. Nr. 3». —
»I Sc'hatmnt i, ?ir 1; Droulie I» Nr Ä* — ^ 8cIl I, Nr. 2; l)r, ö, Nr, a. - *\ si^rniatm
gjtts, Öch 12, Nr 2« - Hr IT, Kr. 36* — *> Einbardi vit» Karüii in Mon. Qerm, 2, 4$3.
9
I
I a Wftruario et Widono monasterium possideretur*^.') Von Waniarius oder Werious
wisaen wir geaau, Jass er im Februar des Jahres 814 zu Aachen getötet wurde,*)
IIa aber daa Kloster zu seiner Klage vor Ludwig jedenfalls erst den Tod Hatto*8
abgewertet hatte, so ist dieser erst als zwischen 814 und 819 erfolgt anzusehen.
Wir sind demnach in der Lage, Hatto IL als einen ungefähren Siebenziger dem
ufifentlichen Gerichte, ,in mallo seu judicio publico**, am 15, Mai 814 Vorsitzen
zu sehen, in welchem der Kellner des Klusters Bleidenstat Salicho durch Zeugen
darthut, dass das Kloster seit den Zeiten Karls des G rossen im Besitze eines
Bifanga ,in Villa seu marca Didelesbei*c'^ (Diedenbergen) sich befunden und
Guntram kein Recht an diesen anzusprechen habe.^) Es wird das zu um so
grösserer Gewissheit, als der oben als Bruder des Grafen Heimerich angesprochene
Herman vom Jahre 781 die Urkunde unmittelbar hinter Hatto, dem Altersge-
[ nossen, als oames unterzeichnet.
Indem wir dies die letzte Amtshandlung Hatto's IL sein lassen, brechen
wir doppelt mit der bisherigen Überlieferung der nassauischen Geschichtschrei-
Ibuug. Denn die lässt in dem in der Anmerkung gerügten irrigen Jahre 815
ihren „Hatto L" seine erste Amtshandlung begehen und setzt ihn einzig in den
, König- und Rhcingau**, in dem sein Geschlecht von den Merowingischen Zeiten
an gewaltet habe.*) Da w^ir nun zu dieser Zeit keine zwei Grafen des Namens
Hatto kennen, so haben wir uns durch die vorgelegte Urkunde aus dem ersten
(„anno primo regnante** etc.) Jahre des Kaisers Ludwig, also 814, belehren zu
lassen^ dass die Kuningeasuntara, in welcher Didelesberc lag, mit dem Worms-
I gau unter einem Grafen stand, zur Zeit unserem Hatto H., der bald darnach
I gestorben sein rauss. Bei der verhältnismässigen Kleinheit dieses altnassauischen
Gaues kann dies nicht Wunder nehmen, da ähnliche Zusammenfassungen von
Gauen in eine Grafschaft nichts weniger als ungewöhnlich waren. So erweist
»ich beispielsweise der Zeitgenosse des alsbald näher zu besprechenden Hatto IH.,
iGrafPopo, als ^coraes pagorum GrabfelJ, Tullifeld, Folkfeld, Gotzfeld et Werin-
/*) Auch wären wir schon längst über dies Yerhältnis aufgeklärt, hätte
es nicht das Missgeachick gewollt, dass die alten Urkunden zu gründe gingen.
Ausserdem brachte es das Wesen des Königsgaues mit sich^ dass zu Schenkungs-
urkunden, die uns darüber Aufklärung bringen konnten, wonig Gelegenheit war.
Denn der Name „Kuningessuntara" besagt bekanntlich, dass der König dort Haupt-
I grossgrundbesitzer war, da das ahd. Femininum „suntara*^ proprium, Besonder-
heit bedeutet.^ Schenkungen daselbst gingen also der Hauptsache nach von
ihm allein aus. Gleiclizeitig, das will auch bedacht sein, gehörte der ganze
») Act. PaL 6, 249. — ') Act PaL 6, 218. — *) Will, MoDumerita BUdcottatenaia
Miec. IX, X et XI. Innsbr* 1874. 17, Nr. 1 ; Sauer, Noss. UrktiiidenbuLh. Wicabadeu 1886«
1, 17 t Die falsche Jahreszahl S15 bei Vogel » BeBOhr. 189 u, Schlieph- 1, 106 f. kommt
mn ßoilniaüti, Rheing. Altertümer 604. — *) Bodm. Rheing. Altert. 45; Schlieph. 1, 105,
Anm.; Roth, Geach, d. Stadt Wiesb. 7. — *) Gonno, De duo. Franc. Orient § 20, p. 4311
f. naoti Act. Pal. B, 344. Andere Beispiele Yerxeichnet Waitz, Verfassungs^csch. 3, 324,
10, 33. An letzterer Stelle wird^ allerdings erst im Ausgang des 10» Jahrhunderts, ein
totliringiscber Graf mit 15 Grafachafteu genannt. — ") Halt aus, Glossarium 1697; Oraff,
AUhucInl» 4SpraohFchätÄ 6, 50. Man tergleiche hierbei, was bei Waitz, Verfasaungisgesch. U,
56 aber den königlichen Grundbesitz im allgemeinen gesAgt wird«
10
■Sfdidie Tefl d« Gaoes, wie diet die aaf des
818) nricknfiilireiid
etetO Okidiwohl kun EandgniBdl
MB, wem wir die aaf uns
tnÄt siebeB.*) Bedenisem fir uns hier isl es dedialb,
Helto'ielie Heus im Kfo^igma b^fitert wmr. Wiri
882 ud 839 maageMatea Uikmude. in weldier
aerfu% d. h. der Torlm genucte Graf diens Namens nnd Bender Hnito's DL,
der ndi, wir dürfen des je wohl herrorfaeben, durch fiese nnIMBge ffennnnnh
nnng^ wie seine ebenfeUs namhaft rn machenden Schcaknngcn an drei KKstar
in doppdlem Sinne ak ,fiddb* des fronnnen Kaisers erweist, ,in Fago qni
dieiftnr Knmgeshnndra in TÜk nnneapata Waldalb
mit 6 KSnigsmansen, einem Wewherg ,ad sex Oanadas Tini% sowie 66
eipien nnd alles sonst^e Znbdm, ,in oppido Oobdeoee nnnenpato, qnod Oon-
flnentia fidtnr«, an FnUa schenkt nnd dabei den Besiti in Waünf
Ech «patrimonmm menm* nennt*) Dass der Graf mit letiterer
Bedite war, wird durch eine Schenknng des Kaisers Lndw% Ton Attigny ans
am 20. NoYember 834 bestitigt Denn da heisst es: .eoneessbnaa eidem fidei
nostrOi Adelberto nomin^ ad proprium qaaadam res, qnas idem
mnnere in pago Ynormieense et in Cnniges Sonteri hactenns inre
possedit, id est in TÜla, qni dicitnr Horagaheim (Hrndibebn)
eatam et alios qninqne mansns ad enm pertinentes et in TiDa Ynaldoi&
dinm mansnm et maneipia nnmero tria.*^ » Ynaldor&* ist dabei olienbar ]
des Termntlieh romanischen Schreibers fnr ,YnaIdoflBn*, wie «Snntori* als
Genetiv tod einem «sunteram* sich als Yerkennong des deutschen «snntara*
aasweist. Dürfen wir eine Yennutnng wagen, so stammt dies „patrimoninm'^
Adelbert*s aas dem Nachlasse seines Urgrossvaters Adelbert Denn in einer
fuldischen Schenkung des 8. Jahrhunderts heisst es: ^Adelbreht trad. sco. Bon«
in uilla Waldaffa aream unam et X bubas cum familia.*^^) Nicht minder aber
war Adalbert in dem WalluiF benachbarten Dorfe Rode, dessen Gemarknng
nun zu Neudorf gehört, seitdem es ausg^angen ist% begütert. Denn ,ez bi-
fango ad Rode* schenkt ,Adilbertus comis'^ zwei Mausen baubaren Landes
*) Vogel, Beschr. 190; Will, Mon. Blid. 24: Sauer, Xass. Urkandenbaeh 1, 24 C;
Will, Hegest 1, 48, Xr. 19. Da das Kloster eine ScifhiDg Karls des Orossen war, so darf
sein arsprfiBgliches Gebiet als eine Schenkung ans königlichem Besitz angesehen wardsa. fia
Beweis, wie nmfangreich dieser war. — ') Mit Recht bemerkt deshalb Otto, OeschSehta der
Stadt Wiesbaden. Wiesbaden 1877, 67 f. : .Das eroberte Land, soweit es herrenlos war, gng
in den Besiti des frSnkischen Königs über, dessen Domanium im Lande der Mattiakea aber so
gross war, dass der Gan den Xamen Kunigessundragao, Sondergau erhielt; daaebea moolitea
einselne angesehene Franken oder ältere Einwohner grössere Besitzongen erhalten oder bs>
halten haben; aus ihnen gingen die späteren Herren- und Adelsgeschleehter des Tisato
henror^ — 'J Schannat 179, Nr. 447; Dronke 235, Nr. 529; auszugtweiBe Saaer 1, tl C
Nr. 58. Die Urkunde hat nur das Datum YI. idus augusti (8. Aug.); das Jahr SIC isl Via
Schannat fälschlich hinzugesetzt, daher Ton Sauer in den Zeitraum 822 — SS gebesBeii. —
*) Sauer 1, 23 f., woselbst die Qbrigen Belege. — ^i Dronke, Traditiones et aaüqaitatss Mk
denses. Fulda 1844. 111, Nr. 214; Sauer 1, 12, Nr. 214; Schannat 298, Nr. 102. — ^ ▼efsl,
Beschr. 577.
I
11
samt Wald und 4 IIüHgon au Bloitloustat ') Dazu '/.eigto er sich glüichzeitig
als wormsgauer Grundbesitzer. Denn an das oben genannte Kloster Hornbach
veruolieüki er im Jahre 827 einen flof in Hesiuloch, allen Besitz in Dittilos-
heira und Thuringbeim und einen Weinberg in Mittenheim. ") Wir haben kaum
hinzuzusetzen, wie sehr die so erwiesene Doppel begüterung im Wurms- und
Königsgau unsere Behauptung vom gleichzeitigen Grafentum Ilatto's in beiden
erhärtet
Um sie aber ausser allem Zweifel zu stelleu, haben wir nunmehr nur fort-
zufahren und Hatte HI. dieselbe vom Vater ererbte I^ersonaluuion vertreten
36U sehen. Über seine Person sind wir freilich bisher auch nur sehr spärlich
nnterrichtet, da wir ihm ausser in einem Briefe Egiuhard's au Kaiser Ludwig,
iu dem mit ihm die Grafen Popo und Oebehard als eomites Äustrasiae be-
zeichnet werden^'), nur sechsmal und nur in seinen letzten 17 Lebensjahren
begegnen. Aber das Vorhandene genügt unserem Zwecke vollauf, uud wir
haben ausserdem die Genugthaung, bisher tTubekanutes zufügen zu dürfen.
Gleich die erste Urkunde vom Jahre 837 ist entscheidend, wurde aber noch
nicht einmal in Betracht gezogen. Denn in dieser bestätigt der bislang fiir
Königs- und unteren Rheingau in Anspruch genommene Hatto einen Güter-
tausch zwischen dem Abgesandten des Klosters Fulda, Nordalaho einer- und
Rohingo und Emhild anderseits, innerhalb der mainzer Gemarkung.*) Das
wormsgauer Grafentum ist also noch nicht bei ihm erloschen. Und doch be-
stätigt er am 28. Oktober 838 als erster weltlicher Zeuge das Geschenk des
Erzbischofs Otgar von Mainz „in pago Reni in uilla quae dicitur Gisinheim*'
an das Kloster Bleidenstat^) Offenbar dasselbe, da» vom Meiden stater „Sura-
marium et registrum** mit den Worten geschildert wird: ^In Gisinheim dedit
nobis Ottgarius archiepiscopus curtile I cum agris et vinois ad VI carradas et
mancipia VI'*^}, wenn auch hier die „curtis** der Urkunde nach bleidenstater
Schätzung Eum verkleinerten „curtile** wird. Dass aber Hatto in dem erz-
bischöflichen Schriftstück unmittelbar hinter Otgar und Fulco, dem Bischof
von Worms verzeichnet steht, macht ihn unseres Eraehtens nicht zum Grafen
im unteren Rheingau, der in der Urkunde ausserdem gar nicht als solcher be-
zeichnet ist, wie wir sahen, wenngleich Bodmann^) ihn „als den ersten fest-
erweislieheu Grafen unseres Rheingaues anerkennen" wilL Er steht vielmehr,
wie das Sitte Ist, als Advocat des Klosters Bleidenstat hier an seiner Stelle,
zum ersten mittelbaren Zeugnis für dies Amt, dessen unmittelbare Bezeugung
wir alsbald bei seinem Nachfolger finden werden. Das nach seinem „8** stehende
„S. Adilberti comitis*^ darf wohl seinem Bruder gelten, da der in einer Schen-
kungsurkunde des Klosters S. Älbau zu Mainz vom 2L Juni 847 sich ^AdiU
0 Will, Mon. BL 10, Kr 13; Sauer l, 35, Nr. 13. - "> Act Fal. 1, 195 t —
*) Epiüt. n- LVU in Act. Pal », 3*4- — *) Schannat 171, Nr, 429,j Dronke 109, Nr. 205-
Letzterer entbehrt allerdings der JahresmhL — *) Will, JIoii. BL 29, Regest 1, 58, Nr 26;
Bttuor I, 24 t, Nr 58. Das Jahr 846 bei Vogel, Bescbr 181 und Scliliepli. 1, 106 hi
irrig. - "^ Will, Mon, Bl 9, 9; Sauer 1, 35| g.; Will, Reg 1, 58, Nr 26. Von dicButi
»Ireicn mt\\ als Orundhtgo dc% Eintrags die Urkunde von 838 cUenso ht'range«üffüi». —
V Khein^. AU. 603.
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12
bcrt quundam Gomcs^ nennen de, also offenbar abgesetzte Oraf, wie die«
auch sein Zusatz in der Urkunde „graviUtcra pcccatorum meorum eoiisideran
al« SchenkuDgsgrund bezeugt, nicht in Betracht kommen wird, wenn er scbiS
wogen seiner Schenkung ^in pago Nabgowe in Migelinbache, in Simera^
RicUeswilari" etc, benachbart erscheinen künnte.*) Eine Urkunde au» do
gleichen Jahre 838 vom 14. Juni bezeugt, dass Uatto lU. vier Monate zun
am königlichen lioflager in Neumagen („in palatio apud Niomagum oppidui
constituto**) sich befand, an dem neben einer ganzen Anzahl von Grafq
und ^innumerabilibus vasallis dominicia*^ auch die Sohne Ludwigs, Ludwig un
Karl, uiclit fehlten. Es wurde da vor dem König und den Grossen des Retolj
ein Handel zwischen dem fuldischen Abte Hrabanus und einem gewisaen Uc
bert ausgetragen, der von der Stiftung der Gebrüder Folcholt, Burgio und HraS
an das fulder Kloster von dem Bifang zu Elmaha im Saalgau sich unreell
mässigerweiae eiuen Teil angeeignet hatte.*) Hinter den 7 Erzblschüfen uii
Bischöfen steht unmittelbar Graf Adelbert, alsdann erst an siebenter Stell
Uatto und hinter ihm noch drei weitere Standesgenossen. Bei der Ausfolgting
dos vorenthaltenen Teiles der Stiftung am darauffolgenden 16. Juli wird
„advocatus domini Hrabani** Leidrat gen?innt, in dem wir wohl den Grafen
der vorhin besprochenen, Geisonheim betreffenden Urkunde erkennen diirföl
der als der dritte hinter Hatte und Adelbert erscheint.^) Hiernach ist die
künde vom 13. Nov. 849 zu nennen, in der Hatto III. ,pro reraedio animc mi
et parentum meorum** Güter in „Wilene** (Dorfweil), in „Statero raarca** (Gbe
etetten) und in „Sulenburc** (Seulberg) „in pago Nithagowc** an Bleidenstat ver-
machr; am ersteren Orte eine „area", die zu einem der Anlieger ^Luilfridd
conies, uepos meus***) hat, am zweiten einen Wald, in dem 200 Schwein© zij
Weide gehen, im letzten 3 Manseu mit allem Zubehör — diesmal menschlid
geordnet — von Hörigen, Waldern, bebauten und unbebauten Äckern, Wiese
Weiden und Wasaerläufen. Das Schriftstück ist ausgefertigt: ^Costene cora
raissis domini nostri Ludewici regis,"*)
Nehmen wir das noch zu nennende Todesjahr und die von uns erst
herangezogene Urkunde von 837 aus, so ist dies alles der bisherigen nassauisoh^
Gescbiehtsehretbung Bekannte. Vermehren wir es deshalb nuü mit dem vc
sproehenen Neuen, das sich unserem Suchen in zwei weiteren Tbatsachen ai
dem Leben Hatto's 111. bot. Die Nachricht über die erste ist freilich viel
kurz, um die seitherigen ebenso kurzen durch mehr als ein neues Lebenszeich^
von unserem Grafen übertreffen zu können. Aber sin bestätigt wenigstens se
Leben schon im Jahre 823. Denn in diesem Jahre melden die wolfenbüttel
Annalen lakonisch, dass Graf Hatto und der königliche Vasall Peretott sich in
») Act. Tal 5, I7i f. - «> Seh im out 172, Nr 484, fergl S. 422; Üronko 226, Kr. M
•» ') Kr kommt 848 noch oiximiü iu dicker Eigenftülmfk vor, Seh 191, Kr 4?!; Dr ti
Kr ft56; notlmuiint Rhcing. AU ÄOIJ «otiot ihn den ,boröTimloiJ OtAfoti Leidrat*'. — •) iL]
wohl «inen Vetter, nicht aWr einen EiikeL mt Vogul, Bcschr 19S und Solille]jk 1* It
ftTgl. Boauioun, Hlieing. Alt. 60t, annehmek — ^) Will, Mon^ Bl. 17, Kr. 2; ä»itor]
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Gegenwart des Königs gegenseitig angeklagt hätten.^) Die Unbekanntschaft
(mit der Person Pcretolts oder Bertholds verbietet uns selbstverständlich schon
ein Raten über den Gegenstand der gegenseitigen Anklage. Um so wichtiger
ist die andere Thatsache, die uns zum ersten und leider einzigen Mate in un-
Iserer ganzen Untersuchung einen Blick in den Bildungsstand eines der uns
beschäftigenden Grafen, hier Hatto's III., thuo lässt. Wir sind näralich der
Meinung, das» der uns glücklicherweise aufbehaltene Brief des frierer Chor-
oder Landbischofs Thegano*), des Verfassers der Vita Mludowici vom Jahre 835^
an den »dux** und ^conaul" Hatte iinserem Grafen gilt Derselbe ist das Be*
I gleitschreiben zu einem Geschenke an Hatto^ und das Geschenk die von Alcuiu
Iverfasste und Karl dem Grossen gewidmete Schrift über die Dreieinigkeit/^)
[Begründet wird die Schenkung wie mit der Dankbarkeit für das genossene
I unverdiente Wohlwollen des Grafen und dem Wunsch, sich seinem frommen
Gedächtnis zu empfehlen, so mit der Absicht, dass der Graf daran seinen
[frommen Geist übe. Es darf uns nicht irren, dass Hatto dabei „dux** genannt
wird* „Thegano braucht**, mit Waitz*) zu reden, „den Titel überhaupt sehr
häufig." Dass er aber auch nicht mehr als ein Titel ist zeigt nach ihm gerade
unser Brief. „Conaul** ist allein der wirkliche Äratsname und bekanntlich nur
lein anderer Ausdruck für ^comes". „Dux" mochte Thegano von Adelbert,
dem Brudor Hatto's, her geläufig sein und dessen von uns oben berührte Amts-
I Wirksamkeit im Triergau die Ursache der Bekanntschaft mit Hatto gewesen
*) Ann, Guolferbitam in Moo. Germ. 1, 46: ^823, in eo anno^ quando Hatto comes et rassus
•lomiüi reg-ia Peretolt inter se aocu^arunt coram imperator©**« — *) Nachträglich finde ich, belehrt
durch Roth, Gesch. u. hißt. Topogr. der Stadt "Wiesbaden, B, das« am KorrespondenzbK 1882,
N. 7 des Briefes bereits Erwähnung geaohieht. Cbrigena hat Roth, scheint c8, mit mir aefn eigenes
Regest 36. J, 832, Fontes rer. nass. 1, 1» 502, das von der gleichen Sache handelt, übersehen* Dieser
auii Martene et Durand, Coli, amplms. t 1, p. 84, in Hon. Germ. 2, 586 wieder abgedruckte
IDrief lautet: ^Domino vcnerabili et in Christo patri Hattoni nobilissimu duci nc consuli TbeganuH
Ijieecator, licet antistes in domino Jesu Christi, dicit saliitem. Cum mihi diu cogitanti quid ex
Ipaüpertate mea vestrae serenae praesentiae pracsentare potuisaem, propter immensam benigni-
Itatem vestram, quam aasidue, oon meia merttis exigentjbus, ostendere dignati fuisti^, et ut
Ifiomini« mei memoriam vestrae pietati eommeodarem, nikil aliud ad raentem cucurrit, nisi ut
aliquod opusculum aanctorum patrum vobis dirigerem, in quo sanctum Ingenium veatrum exer-
rere potniasetis, et ideo istud volumen Tobis transmisi, qnod sanctua aleiiinus summus scolosti-
leus ex varüs libris sancti Augustini congregavit in unum, quod peritjssimo ac nobtliaaimo
lioiperatori Karolo tradidit, siout prologua iatiua libri iudicata ubi inveniri polest, siout maxima
boeeaBitas est mortalium, de divtna natura ac de essentia, de aeterna gignentia Det patris, de
pi4«t«ma nativitate filii Dei, de aeterna prooesaione Spiritus sancti, de incamatione Jesu Christi
ßlii Dci, quomode (!) ait unus Deus trinua, et trinua unus, aicut vera fides oredere jubet, et
Iqui sie non credit, alienus a Chriato est. — [Von anderer Hand:] Inclyta gloria Christi te diu
hoc saeculo custodire et protegere dignetur, et poat haeo mortalia tempora ad illam beati-
odinem porducat, oui fini« adpropinquare non potest Valeto. Sal^c magne parena, felix eia
emper in aomm Dona superna Deus addat ubiqiie tibi. Sic Theganus erat, sie semper poatu-
at ipae; Auditor Dominus sit quoque celsithrouus**^ — *) Die Schrift ist betitelt: „De Hde s.
ti indiridue trinitatie libri 111 ad Carolum M. cum inroeatione ad a. trinitatem et «jmbolo
Üdei^ und ein Kompendium der ganzen Dogmatik mit starker Benutzung der Werke Augustina.
ITgL GuH. Caire, Scriptorum ecclesiaat. hiatoria litcrariA. Gcncr, 1694. 2« 349; Knrtz, Hand-
bueh dar allg. Kirchengcüfh. Mitau 1857. 2, 1, 540. ') VerfasBungsgi^srh, 3, 318, Anm. 3,
14
sein. Der Empfang eines si»khen Briefes und Geschenkes aber beweist für
diesen, dass er nicht nur der lateinischen Sprache kundig, sondern auch im
Stande war. die gelehrten Werke seines Zeitahers zu verstehen, mit anderen
Worten, dass er gleich einem Karl dem Grossen und Ludwig dem Frommen
auf der im wesentlichen theologischen Bildungshöhe seiner Zeit stand. Nehmen
wir dazu, was der Brief mittelbar über den gesellschaftlichen Stand des Grafen
bekundet : so dürfen wir zufrieden sein mit diesem so glücklich uns erhaltenen
Vollbild unseres Grafen. Nebenbei erzählt uns der Brief auch etwas über das
' Lebensalter Harto's III. Da er noch in die MachtfuUe des Grafen fallet! muss
wegen des gebrauchten Wortes -duK-. so gehün er der Zeit vor S42 an. Wird
Ilatto nun -in Christo pater" genannt, so war er zu der Zeit ein älterer Mann.
Das stimmt genau zu unserer Annahme, dass sein Vater S14 ein ungefährer
Siebenziger war. Er selber war also im Jahre S54^ . in dem er starb, etwa
SO Jahre alt.
Dass Hatto nicht ohne Unterbrechung seines Amtes im Künigsgau gewaltet
hat. tragen wir nun nach, indem wir berichten, dass in den Jahren 842 und
844*) ein ^Unalaho comes*^ dem Grafenamte daselbst vorstand. Im Oktober
des ersteren Jahres — der Tag bleibt merkwürdigerweise ungenannt in der
T'rkunde — wird unter seinem Vorsitz ,in castello viila puplica' die Schenkung
. eines unbenannten Gutes .in pago Cunigess::nderon* seitens Manegolt's und
* seiner Söhne Arnulf und Liutulf vollz-^gen*^, am 24. April S44 schenkt Immeza
t von Lorch durch die Hand ihres ,mundiburtus* d. h. Vormundes Hruothard
^ zweien Hörigen die Freiheit mit der Bedingung, dass sie fortan an Bleidenstat
• Zinsen. Die Urkunde darüber schliesst nach der Namhafrmachune des Königs-
t jahros mit dem Zusatz: -W.^hh-jiio eomire."* Wir glauben, was auch seither
unboachtot blieb, mit eiiLi^ror Sjohvrheir sa^en zu kVr.uer.. wie 'iieso Unierlreehung
l der Hatto'soheu Anusrh.-itiirkoit zu Jeuton ist. E> wurie jlt-n «S. S> berichtet,
C dass Hatto mir dem Erzbisoh::V 0:«:ar von L ihar zum Schutze des Rheins
', /urückirelasser. worden war. Wir :::\Vo:i aber nun i:inzuzusv:7on. -lass der dort
• ancez^'^one Boriohforstatter le: :i-:>er Gele^enhoi: ::o oili^o F:Ur;h: der zurück-
gelassenen Sohüt/or vor dem hvranziehen-ivn Heorr- Luhvigs -ies Deutschen,
seines Sohnes Karlmauu und Svines Bruiers Karl des Kahlen am 17. März
>42 meldet.^ Was Wur. ur a'.s.\ dass U.\::- . :er ParteiiTä-jirer des besiegten
*"■ Wor.ii wir uns äu: iie v;:-. Yojt'.. Er ? hr IS-. Ar.- ' &::*:?: ihre *^»uelle der
Chror.. brev. S. Oaüi bii :u Cr.v-r.o ;^. 46^ Tvr'ä5*rr. ilr:'-::i. "».hürih. 1. V*^ ha: «ich
lier Todo^anirabe tr.sh.ViTer.. Ko:'. . Gojoh. -i. Si.-ii: W ;.-<:. f ■ f:-:: 5e-^ir zi-^t das abce-
krir7t»> Ciwi VojTOi*. — •■ Für .ias er^torv Jähr '-\t1 \:z Vj^t'.. Fr?:Kr. li*l ur.i Schliep-
hako I. 107 irri^ >7;? allere ct*en. für iä? --ir-::v tvt. Vc jo'. IA'2: ifl .\ Tor. ^ebl!ef■h- 1.
109: S95 und Tor. Wil-, Ml r.. Bi. 31: ^Oj» •::►!?:■ irri^-. «:• Si-'r ül :e- l-e:re*<?nden
Orton überzeugend nachweist. - ■ Ar.n.V. S. 2. :.^. i.^. öS: Sä -fr 1. 23. Xr 5?. —
*^ Will, Mon. Bl 31: Sauer. 1. 26. >>.»..•=:: ifr *: hr.j?' A==: 1. S. 27. - ' Mihardi
Hist. III. A, 842 {Hon. Genn. 2. 667 : .i^'-ci c-= vt^ar-? Mc j^-.l: a-: fv.'.i* •r-U-opu*, Ha::o
coDioa, Heriolda« oeterique Tidt^runt. ouv* Lvihar.L« .■.' r. ; ir.;:: r-Iiyu-:r.»:. u; f.Iis rransirum
proUbuMeDt» nraore perterriii, liiore ro*.:::*- :u^vr-r.:.- Ks >►: h.er-r das flr >~a5»au nichr
Usviehligv Ucr bemerkt. iUm naoh NiiV.ar: Kar-r-,-. .y-r K- • r ■ h: ♦ ■ «\.r.":-.T.:;Awi-. lein
Vllii%«Hgiyl II der Ilrere. /oi;.
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I
und seit dem Vertrag von Verdüü (Auguet 843) auf Mittelfranken, d, h, das
Land zwischen Scheide, Maas, Saune und Rhone im Westen, Rhein und Alpen
im Osten j und auf Italien angewiesenen Lothar von Ludwig dem Deutschen,
der Ostfranken, d, h. alle Teile dos Reichs auf dem rechten Rheinufer ausser
Priesland, wie die Gaue von Mainz, Worms und Speier auf dem linken Ufer*
im allgemeinen zwischen Rhein und Elbe, erhielt, zunächst seines Amtes ent-
hoben und dann zur Strafe auf den Königsgau beschränkt wurde? Damit war
die Macht des Gefährlichen, den Thegano uicht umsonst, wenn immer über-
treibend, ^dux'^ genannt hatte, gebrochen. Die Beschränkung auf Güter rechts
des Rheins bei Stiftung seines Seelengedäcbtnisses am 13. Nov. 849 scheint
sogar auf Eiubusso seines wormsgauischen Besitzes schliessen zu lassen. Jeden-
falls dürfte auf diese Weise am bündigsten die Trennung der Grafengewalt im
Worms- und Königsgau erklärt sein.
I
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2, Im Koiiigsfiundragan. Hatto IV.— YL
Wir treten demnach nunmehr cndgiltig auf den Boden der Kuningessuntara
über und beschäfltigen uns Äunächst mit Hatto IV,, den wir dem Namen und
der Zeit nach unbedenklich als Sohn Hatto's lU. gelten lassen. Von seiner
Grafen würde im Gaue zeugt leider nur eine Urkunde vom 19. Januar 882.
Konig Ludwig UL, der Jüngere, schenkt in ihr auf Bitten des Erzbischofs Luit-
pert von Mainz und der geliebten Grafen Konrad und Meingoz der Kirche des
heiligen Ferrutius in Bleidenstat „ex fisco nostro Wisibad in pago Cunigeshundra
in Villa que dicitur Nordinstat in comitate Hattonis comitis** drei Mausen mit
Ilüfen, Gebäuden, Hörigen, Äckern, Wiesen, Feldern, Wäldern, Weinbergen,
Wassern, Wasserläufen und allem dazu Gehörigen. Gegeben ist die Urkunde
von ,jFranconofurt palatio regio**') und dadurch bemerkenswert, dass sie dem
Tode des Königs einen Tag vorangeht, nachdem dieser schon seit einiger Zeit
am Fieber krank gelogen hatte.*) Den furbittenden Grafen Konrad haben wir
wohl im Lahngau zu suchen, wo er S8C Güter mit dem Kloster Lorsch tauscht'^),
während Meingoz der Graf des Worms-Nahegaus sein wird/) Vom Grafen
Hatto IV, aber erfahren wir nunmehr auch das andere unmittelbar, was wir
bei seinem Vater erschliesssn zu müssen glaubten, dass er Vogt des Klosters
Bleidenstat war. Denn als „advocatus ecclesie nostre* bezieht er aus dem
vom Erzbischof Luitpert (8C3— 889) geschenkten Weingut des Klosters in
Winkelo 2 Fuhren Wein und 6 solidi im Herbste und ^in vicinia eiusdem ville
[Rammscheid] habemus diversas curtes, quas habet Hatto comes in beneticio."^)
Nach 884 aber schenkt er an Bleidenstat zwei Hüben mit Höfen „in Berestat**
samt 6 Hörigen.^) Wir sagen nach 884, weil wir so allein aus den deutlich
») Will, Mon. Bl. 21, Kr. l; Sauer l, 32, Kr. T3. - *) Goerz, Mrttelrhein. Regöet.
Cobl* 1876 f» 1, 207, Nr, 726. — ^) Cod. laut. 3, 4, Nr. B040, vgl. Vogel, Beaohr. 179. —
*J Act, Pal 3, 402, — **) Will, Mon. Bl 10, Nr. 14, 16; Sauer 1, SO, Nr. 14, Iß; Vogel,
ßeftchr. 181), Aiun. 2. — ") Will, Mon. Bl 11, Nr. 20; Sauer l, 36, Nr. 20, Bierstadl, uiiht
Haj-NtA(tt, wio Will und StitiPr in ilirei) Hcge8to(i wollen, bt gerne iiil, da letzteres sstim Uiiler-
jgjm
^Ü
10
nach der Zeitfol^ geordneten einzelnen Schenkiingeii des ^Sammariam
regintrum^ des KlofitorB die unsere Schenkung betreffende Angabe 2u bestimmen
vortoOgen. Denn der unmittelbar vorangehende ^Earolus Imperator*^, Karl der
Dicke (876 — 888) ward 884 Kaiser, Leider ist das aber auch alles, waa wir
von Hatto IT, zu aagen wissen. In Anbetracht dessen^ dass sein %*on uns an-
genommener Vater Ifatto HL 854 geatorben ist, müssen wir aonebmeo, daas er
Ende des H. oder Anfang des 10. Jahrhunderts dem Vater im Tode folgte.^)
AU sein Zeitgenosse erweist sich — wir müssen dies für spätere An*
kiiüpfungen einschieben — ^Udalricus eomes^, der ebenfalls swtschea 803
und 880, der Lebenszeit des Erzbiachofs Luitpert, mit seiner Gemahlin Gisil-
hild, „mansoe (!) III cum hubis suis in WidiUassen" und in „Husun" an Bleiden*
stat schenkt.') Der erste der beiden Orte, Wildsaehsen, gehört dem Königsgatt
zu; wohin der zweite ^n setzen ist, kann nicht ausgemacht werden^ da es der
Orte Hausen mehrere giebt.
Wir kommen nunmehr zu Hatto V., für dessen Lebenszeit wir einen
sinhoren Anhalt an der Urkunde des Königs Heinrich L vom 29. Dezember 928
hubün. Der König schenkt dem Kloster 8* Alban in Mainz sein Gut zu Kost*
Ijoim „in pago CunigeBhundra, cui Hatte comes preesse conspicitur»*) Die beiden
utulereu Angaben, die wir noch über ihn besitzen, sind wenigstens annübemd
zeitlich festzustellen , wenn wir der bereits vorhin von uns geltend gemachten
Antmlime^ dass die einzelnen Schenkungen des bleidenstater ^Summarium et
regintrum" der Zoitfolg«^ nach geordnet sind, weiter folgen. Dort wird hinter
einer Schenkung des genannten Königs (919 — 936) in Massenheim diejenige
dos Grafen Hatte und »einer Schwester Waltrud in Waldaffa mit einem Wein-
berg und seiner übrigen Guter in Biburch, und hinter einer des eben gestorbenen
Erzbischofs Ileriger von Mainz (f 927) eine eben solche von einer Hube
Villa Hocheheim^ genannte, die derselbe Graf ^cum filiis suis" gemacht hat,*)
lJ<»ide Schenkungen mögen demnach in das Ende der zwanziger oder den An-
fang der dreisüiger Jahre des 10, Jahrhunderts zu setzen sein. Beide beurkunden
köuigsgauor Besit», der in Waldaffa erinnert uns an den angeerbton des Grafen
Adelbert daselbst
i
rbeii)|;iiti geliort, in dorn wir die kOnigBgau'sohen Orsfon nicht begütert findeti. Siehe tuitim
Antn. 1, H. 23.
^) Dio y%tmam$ Tofsli, Büdir. 19t, Anm. 1, dio Roth. Q^ch. d«r 8udt WIm-
liftdon, S ohne wsiierss sur Oewiisheit «rheht^ dass »Mvginfridus comes* ftU OfaT det Roni),*t-
gaiia iiad Y^fgi roti Bleidemtadt ^mofesehAit wsHm* dQrfs, wsil «r aoi I, Detsiute 878 di#
8cli«akuiig«ii flu«! f9wi»ei] Uoto «n das KJoslar Blsldeutili btitohend aus «Imbi Bifani^
^ fiaga Wtttf^roihn in l«f¥ijiut«r msrcis*! huji 7) Manien mit Qehliiden «In TÜla Ba]lnidsah(
9xm V« Xaasos ,in Trci««* und aus der Mitj^ifl teln^r Gattin Rntlind «in Albfatttlittfcni*
ifiuiren hiin (Kindtinger, Gasoh. d«r deutschen Hdrifkeit, Il^rlin lSt9. 218; Will, Mon.
HL 2» »i Scriba, ttafvüen der Prot. OborKaMi^ Darmsl. 1849. 14, Nr. 3 IS), ist yoflllig,
da offenbar, wie einh aiü dem dam eomee lolgafidaB waitareo Zanfen Walabelm {\gl Will
tL tu <K l, t) erfibty ii^ Qaofraf da« 8ch«*nken am der Wetttfan ^meiot ist; SchhopK
I, 108 wafi Mna btsaksMiuit. — ") Will, Mon. BL 10, Jfr 15; Sauer 1, 86, Nr. 1^. —
V Yo|tl« llM^ir. l7St Will, Kacaüüi 1» »9, Nr. f. - «) Will, Ma». Bl II, ^r 18 «. 83|
9aarr 1, 88.
^^ IT
lueh diesem Hatto gebt eiu Zeitgenosse „rtlfffTWö noraes" zur SoitOj
»den raaa freilich »eit der Darstelhmg des Freiherrn Schenk von Schweinsberg')
gewohnt ist, für dieselbe Person mit dem bereits genaanten zu halten, nicht zu
j^edenken, daas er, wie dies derselbe Gelehrte richtig erkannt hat, von Vogel
und Schliephake gar mit dem des 11. Jahrhunderts verselbigt worden ist.
I Wir sondern ihn aber von Udalrich 1. als Udalrich EL,, wie wir Hatto V,
Hvon Hatto IV. auf grund der Annahme chronologischer Ordnung des ältesten
Hbleidenstater Schenkungsregisters schieden. Denn er schenkt in demselben
B Zwischenraum von 919 und 936 seinen Hof in Bibure mit drei Uiirigen an
Bleidenstat.*) Nach der letzten Schenkung Hatto's V. in Hochheim muss er
Iaber schon gestorben sein. Denn nach dieser ist die Schenkung Vudilhild's
-jjpro remedio patris sui IMah*ici comitis** „in villa Jossebahe" mit zwei Hüben
verzeichnet, die mit Zustimmung ihrer beiden Soime Udalrich und Eugor
geschehen war.*) Und zur gleichen Zeit wird berichtet» dass dieselbe „domina**,
bevor sie Schwester in Bleidenstat geworden war, mit Zustimmung ihres Sohnes
I yjTTdalrici prepositi in Hornawe", also wohl auch schon nach dem Tode
■Kugers; sechs Äcker mit zwei Hörigen an Bleidenstat vergabt habe,*) Die
"Begüterung im Niddagaue, dem beide Ortschaften angehören, ist bedeutsam,
da sie derjenigen Hatto-s und der Luitfride daselbst entspricht, also eine Ver-
wantschafl der drei Häuser zu bestätigen scheint, wie dies nicht minder die
iSehenkung an das gleiche Kloster beweisen mochte, dessen Vogtei Familien-
Ibesitz ist. Die Annahme, dass Udalrich H. ohne männliche Erben gestorben
[uei, weil seine T<3cliter für dessen Seelengedächtnis Sorge trage, kann als ziem-
llich gesichert gelten und wird, wie sich später zeigen soll, durch die Folgezeit
Inahezu verbürgt.
Nicht minder wichtig ist es, noch eines anderen Zeitgenossen Hatto's V.
m gedenken, Eberhard's, der, wie er, Graf im Künigsgau in einer Urkunde
^om 12* März 927 genannt wird. In diesem zu Worms ausgestellten Schrift-
") KorretpondensbL de« Oesamtver. d. deutochon Oesoh/s u, Altertum 8 v er. 1874, Nr. 9,
efi f. nun folgt naoh Both, Ge«ch. d. Stadt WIesb. 11. — •) Will, Mon. BL 11, Nr. 24.
'^ •) Ebenda t2, Kr 43. — *) Ebenda Nr, 44. Will interpungiort irotz der Einrede Roth 's
11. a. 0. n, Antn. 1 richtig, wenn er hinter „Hornawe*" ©in Komma setzt und im KegiiJter
LUdftlrifu» zum „prcpositus'' in Uornau machr, wahrend Vogel, Beschr. 233 irrig die Sckenk-
lung nach Hornau verlegt, entgegen seiner eigenen Angabe S. 851, wie ihm das so oft begeg-
Itiet in dem aus seiner „Topographie^ herüber genommenen topographischen Teile seiner ^Be-
iBühreibtiug**, dass Hornau seit der Schenkung Routllmrs mit 8 Hansen im Jahre 879 dem
I BartholoraßuBstift in Frankfurt gehört und samt dem benachbarten Kelkheim eine eigene Vog-
liei bildet, die zugleich den Blutbann hatte und mit der du« Stift die Herren von Eppstein, die
hier alle 14 Tage Oencht zu halten hatten, belehnte. Dieser Belehnung wird zwar erst in
iner Urkunde vom 1. Februar 1369 gedacht, als vom Dekane des Stifts ndomino Eberharde,
[lomina in Eppenstein'' die ^advocacia*^ über ^Kalcheim^ „tamquam feodum et nomine feodi^
[jbergebeu ward. Aber es heisst ausdrücklich dabei, dasB dies ^ab antiquo*^ geschehe. Vgl.
Bdhmer, Cod. dipL moenofrancfurt. Frankfurt 1836. 1, 723. Da es nun in Hornau kein
üo»ter gab, so bedeutet ^prepositus^ hier dasselbe wie advocatus und wird auch anderweit
ebraucht, vgL Du Gange -Henichcl 5, 405' f. Damit fällt der hergebrachte „Propst^,
en ^conscnsns* nusserdcni gar ni«^ht stn bethlitii^en s^oweson wäre, dn er al«( Holoher Kitdi
»f»)n*«8 VormugeuM begeben haben würde.
19
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SaehMliei nd e«%c9 Lcila Sdca Bedlz. Jkme eat camcn I sam in !
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Mml. mbaoL ^(^fnaxbß^ za habeuy. wie denn emiifhMTm niekc bim» Gfa&cbaft; ^mi-
m MUtth <fi« IFSpie <ie» Grafen bezeiciuiec mck Du Caiige-H«nscii<*I 1. 4if5^. Uber^es
r w3L hemebtet Min^ was ^^^hrGder, Lehrb. 131 «^: .J>iirefc & znanmgädtig<an P!fieitteit
Graftm, moBündicb^ damh srnnai Hof- ami Hsenfienst^ wurde bimi^ ^b» BedüHm» mmar
bat T ut ^gt ufen> Anassr >iat ScbnlÜteiBBen. die jm ffir ibrs ffimtiertscbiid^ sbl 'üeaer
bariifi«. woran« HeoKn aefr <fie Gcafen büiifig atuA «inreit Spe^AlbeTQlImlcb-
t%te ▼•rtrctsB. Owientfig&a Substiiauen» <fie den ISiei ▼ieeeondias oiier Tk*««faiadni führtmu
!■■■■» aaft 4gm ^fffr-g des 9. Jabrboniierts bin und wieder rar. Als wirkliebes Amt b«^e^
der TieegraÜKB erat am MitteiBiter. TgL Yaitz. 3^ 397 £.*
Ift
?riegesheitu und Sulburc im Niddagau an BleideastatJ) Da die Urkunde ausser-
ioni noch von ihrem Bruder „Eburhard" unterzeiclmet ist, so darf unterstellt
rerden, daBS in seinem Namen der des Vaters wiederkelirt.*)
Gehen wir nun weiter, so würden wir nach der gewöhnlichen Lesart der
hetreffenden Urkunde ohne w^eiteres einen Hatto VL'') zu verzeichnen haben.
Die Urschrift dieses Schriftstücks vom 25. Februar 960 bietet jedoch Hat hold.
Es werden nach ihm von König Otto h einem gewissen Thiatgaz, seinem
^«jtidelis", Güter geschenkt, unter andern «in pago qui dicitur Cuninghessundra
^■n villa Waldhoffa iu comitatu Hatholdi comitis"."*) Gleichwohl wird ein Ver-
^■ehen in dem sonst nicht vorkommenden Namen vorliegen^ wenn nicht etwa
^^nznnehmen sein sollte* daas Hatto die Koseform desselben darstellt, ähnlich
Iwie aus Sund'^rold Sunzo oder auch wohl Stmdo entstand/') Denn es scheint
hiebt von ungeföbr, dass der von Wenck®) nach einer Abschrift gegebene
Text der Urkunde ^Hattoni comitis" setzt. Derselbe bringt nämlich auch
peben anderen Abweichungen in der Schreibung der Eigennamen und des son-
fttigeu Textes die Besserung zweier unrichtig geschriebener Ortsnamen. Der
JlLbschreiber erweist sich demnach als sachkundiger Verbesserer, Da wir nun
In der näcbsten Geschlechtsfolge noch einmal dem Namen Hatto begegnen^ p.o
^dürfen wir wohl nicht anstehen, den Hatbold der Urkundenurschrift als Ilatto VI.
^BU fassen. Sein Name ist leider aber auch alles, was uns von ihm über-
l^iefert ist.
Dafür haben wir ihm gerade 10 Jahre zuvor einen Vorgänger bezw^. Stell-
jrertreter im Grafen Gerung zu geben. Es kommt dieser in einer zu Walech
[Walbeck) aufgenommenen Urkunde König Otto's L vom 1. Mai 950 vor, worin
letzterer auf Bitten seines Sohnes Ludolf ihm, der ^vasallus** Ludolfs genannt
fird, ^hobas regias VI in villa Wanaloha [Wallau] et Brechenheim sitas in
pago Kunigessundera vocato in comitatu prefati Gerungi comitis* und für den
fall, dass diese nicht voll dort gefunden werden, den Rest in dem benach-
barten Nornestat schenkt.^) Schon die Unsicherheit in der Beschenkungsweise
^cheint üerung als Fremdling im Gaue zu kennzeichnen, wie die Schenkung
ßlber in diesem, da sie im Einvernehmen mit dem Grafen geschehen musste,
») Will, Mon, Bl. 18; Sauer 1, 45, Nr 93; Togel, Beaohr. 188, Woher Kotb,
Jpsch. d. Stadt Wiesb. 9 die Zuversicht schuj>ft, dass ^Grar Eberhard des König8gaue8 — jeden-
^nlls von dorn im Niedgau 921 auftretenden Grafen Eberhard verachieden'* sei, ist unerfind-
lich. — *) Der von Bodmunn, Rheing. Altert. 601 entworfene Stammbaum würde von Wert
e^in, wenn «ebe Quellen augegeben waren. — ^} Dass Bodmann 570 ebenfulU einen Hatto YL
kennt, also zdhlt^ wie wir, hätte Vogel und Schliephake bei ilirer Zählung bedenklich
Flachen müsflen. Freilich sind ihm die Hattoe Grafen im Rheingau, die aie nie waren. Vgl.
a, 4^ s, 9. _ *) Sauer 1, 44, Kr. 92. — **) Förslemann 1, 1128; Will, Regest. 1,
LXVII tt. 84. — **) Hess. Landesgeaoh. 2, 30 fürkb.). Von Abweichung in der Schreibung
der Eigennamen ist zu verzeichnen: Bobbonis statt Popponia, Diatgaz statt Thiatgas, Hunolt
fttt Huuald, Treyae statt Treise, Cunigessundra statt Cuningheiaundra. Sonstige Änderungen :
;iredicitim statt pre«criptam, annuli statt anuli, recognovi statt rocognovit (S. R.). Ausgelassen
»i: Signum Öttonis invictissimi (L. M.) regis und 2U actum Wormatiae zugesetzt: in Domino
feüciter^ Ajneo. Die unrichtig geschriebenen Ortsnamen: Wo<laha und Spiazcesheim heiasen
liier Woiaha (ailcrdinga mit dem QbergesetÄten d) uml Spiojtebheim. — ') Sau er 1,4H, Nr. U«L
chwvtfltch sind die Kamen Wanaloha und Norueslat richtig.
fllnmir nioh aUo unkundig in den Besitzverhältnissen zeigt. Es mag deshalb
ilnrNollin Oorung sein, den wir 960 im Taubergau, 965 und 968 im Speiergao,
97«! wiodnr im Taubor- und im gleichen Jahre im Gollahgau, yielleicht gar
iiooh 1002 im Kinagouuo thätig finden.') Die Yasallitat war nebenbei gesagt
koino HoHchränkung soiner OrafonwQrde.*)
Von olnom Naohfolgor llatto^s VI. sind uns, wenigstens nach unserer
iitNimtd KU l)ogründon<hui Annahme, zwei Urkunden erhalten. In der erst«!
aUN Paviii vom 17. Jan. 970 schenkt Kaiser Otto I. dem Kloster S. Johann
In Magdoluirg (KUor zu ^winokara et noranstat in pago et comitatu Euninges-
Nuudra, oui Immat comos proosse videtur*. So nach der in Magdeburg auf-
bowuhrtou AuMHtollung''*), während die in Berlin erhaltene richtig „Wikkara*,
uhor ohouMO irrig «NorinstAt** für Nordinstat liest.^) Der in beiden gleichlautende
Naino «Imnmt** bosoitigt für immer den wunderlichen Lesefehler ,,Numat*, wie
(lio au ihn gokuflpflon KoMserungsversuche.^) Dagegen müssen wir .Immat*
»olbor auf grund der von uns angemeldeten zweiten Urkunde für einen Schreib-
A^hlor orkläriMK Naoh dioser, welche in Botveldun am 18. Sept. 974 ausgestellt
i«t» nolionkt Kainor Otto IL dem Kloster Ililwartshausen Güter in Schieratein
im KiVuigMumlragau und in dor Grafschaft des Grafen .Ymico*^, sowie in
Uraulmol) in dor Grafschaft Uoilbertsu welche Einrichi heisst, und zu Garden
au dor M^mol/) Da nun Vmioo (Imicho, Emicho, Emmicho') aus dem nahen
Worni«*Naht'}niu dor bokannton^ ist, so darf mit Recht vermutet werden, dass
\lor S\^hr^*ibor iu Paxia das ihm vorli^^nde Immico bei der leichten Verwech-
!n^lui\|ninWV|;liohkoit d*>* mittolaltorliohon o und t für ImmeCo, der Nebenform
x^Mi lmm,'*f*\ :«U!iah und daftlr dsw ihm jr^liiutisrere Immat schrieb. Bei der
IvrtMfT» bomorktou xiuriohtic^Mi SohrtMbunv: «U^r Orr;>nÄmen wird dies um so wahr-
Wo; ;st nuu \ miko vvlor V'mioho-^ Wir hdber allen GrunJ. denselben in
.u*^u ^»rAtVn *:o> Na^i^us 5U orb;:oko:\ dor in ^lor \v rhiu a:ig>?£Ofirenen Urkunde
x.^v. ^hn^ ^N-'lvvt n,^:V.x\? H."%::x^ \.^rkor.r.n: v.r.^: •':: .ie^so- Grafsohaf^ die, was
\xvi".'-KT^ «^i*.N .».^N orsrort^ \ .^r. .^ vt r SotrrT^. .-iucr run: Wormsscai: geneohnecen
IV, V: S; .s^i,*N>i^ ." ..r.'. Vr**^ >o ^v"?"j:; >»er.:o.: I\rs-:y:«e niie^u'sche Graf
>^^v..'\^ «-.x^'^o ..: ,;.^: l :'v,-.",:o x.::; 1^:^ Vä. :^:*:, :-. ^rl.it^r K'cu: «>no den
\vAU^" 4.*v..,vr. ,.. .; V;a ..iv* *U*r<*:.v:c iVl:^: .::•*> N4>.ric*:i> •»r Emicho-
. ,» -* . v- * , V ^.* * ^ * * *> •" Ji V : ;• - V Ar; r s:^ : r; < : > ;• - <• ■ V. :•: r >*: vlri i^ der Ur-
V ■/ X '' :"■ V..i..v ^'SS ■•X '."^.T* v^o'T"; r* . .? :-;r:TJLr:: E:n::i:eT* comi-
^' <v s . « ,' , \> -*. V '■.;■-'/ "o" -i. . :. .- /■-::■ 7 v r- ?*■!:•:- Kr-rig an die
'AV4.- . : . w" \ \', j^v^^v:*- * ' ". * ;■ T;- \ *v^: ;.■: k"-i.y: ."•?::"> ITI. \<m
> . >» *' Ti . . ^ ♦ ■»* V . n .>-^- Nww : *• Are ?^. K 5», 15!»:
V I • , 1 » • V . .r»."«» ^ . I -n.» * ' 1.1 V •» X * ■ ♦ ■> ». -,-. .• •. ^X". £ . f K %#rB
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^^ V.. .1 •...,. X . . ^ •. .-.:» --<. - • , H#«t-
21
03 wercleü 7 Manson „in villa Norstein in pago Nachgoiive in eomitatu Emi-
honiö*' an da% Kloster Selz im Eleaa^ geschenkt,') Es ist dasselbe Niersteiiu
dB 211 den Zeiten Ludwigs des Kindes zum Wormsgau gehört hatte^); ein
eiebon, im Vorbeigang bemerkt, dass za dieser Zeit der Landstrich zwischen
ingen, Mainz, dem Pfrierabach und Douuersberg wieder zum Nahegau geborte,
ie ehemals.^) In dem gleichen Jahre 993 hatte derselbe König am 14. Jan.
er Abtei S. Alban bei Mainz 6 Künigshufen Waldes zwischen Kelersheim und
icselbach im Nahegau in der Grafschaft Emicho's geschenkt.*) Und wiederum
m 10, Nov. 995 gibt derselbe freigebige Herrscher an seinen Cietrcuen, Beci-
lioi daa ^^praedium Domnisse (Densen)" ^in pago Nachgovve et in comitatu
Emiohonis comitis**.*)
DasB damit nicht eine abermalige Verbindung des Königsgau's mit dem
Vorms-Nahegau gesetzt ist, verbürgt die Folgezeit. Wir haben deshalb Emi-
oho ebenfalls nur als Stellvertreter anzusehen, aber^ wenn nicht alles trügt,
nunmehr als einen in verwantschaftlichen Beziehungeu zum Hatto'schcn Hause
stehenden. Wir meinen zu dieser Vermutung durch folgende Thatsachen be-
rechtigt zu sein, die gleichzeitig den weitereu geschichtlichen Verlauf darstellen
od deshalb an dieser Stelle eingeschoben werden müssen.
II. Die Trutwine und Tutoe im Königssundragau und in Laurenburg*
Trutwin I. nnd IL Tuto L und II. Eiiibricbo h Terschwägernng
mit den Urafeii von Leiniugen.
Wir finden zwischen den Jahren 992 und 1009 den Königsgau durch
ftincn Grafen Trutwin verwaltet. Am 29. Dec. 992 schenkt König Olto IIL
an das Kloster Selz sein Praedium „Biburc et Moskobach**, gelegen ^in pagu
JunigesöUüderou in comitatu Druwini oomitis**/') Am 9, Dec. 995 gibt derselbe
lom Kloster Bleideustat sein Praedium .Laresbach in pago Kunigissundero in
bomitatu Trutwiudi comitis*'.^ Und im Jahre 1009 geschieht die Übergabe
les Eigentums eines ,militaris homo'* lleginbod und seiner Gattin Lieba „in
Winckelo** an Bleidcnstat „coram Drutwino comite et scabinis"*), womit aber
licht gesagt ist, wie angenommen wird, dass Trutwin gleichzeitig im RheiDgau
!raf gewesen sei. Vielmehr ist er nur ab advocatus des Iviosters mit den
Jchöifen Zeuge der „traditio''. Dieser Trutwin 1* aber erweist sich^ da eine
Rrwerbung des Klosters Bleidcnstat im Jahre 1017'^) ,ab Ilattonc, patruo
predicti I>rutwnni"^ d. L des zweiten dieses Namens, also unzweifelhaft des
Sahnes Trutwin's L, gemacht wird, als Bruder dieses Hatte und damit ebenso
') Ad. Pal. l, 287; 2, 255. — *) Gudonu«, Cod. dipL l, 367, v^'L Act. VaI 2, 265.
*) ßo dm Atta, Diplomat. NaoHrichC von der fürstl. Wild- u. Rhoingräil. Landgrnfsohnft im
lahgftu. Erfurt 1792, 4 f. Derselbe, Rbeing. Alt. 203; Christ Jak. Krem er, Oesch. d. rhein.
PrAiii. M&nnlu 1778. 147 f. — *) WilU Regest U 127, Nr. 84. - ^) Fr*3her, Orig. Palat
Bidelb. 1686. 2, 44, — *») Krem^r, Ori^^ Nass. 2, 91 t - ') Will, Mon. Hl 22, Nr. 3;
m«r U ^^ Nr. 100; Will, Regest 130, Nr. 112. - *) Will, Mon. BL 31, Nr. 7; Sauer
1, 51, Kr. 104. - ^ Willy Mon. Bt Id, Nr. 3; Sauer 1, 59, Nr. 110, 3.
iliill
rrafeiJitF Mj* Sxtx Hfc-ir;"* \X Gaäffenfggr w^ri iur aTi* Tröfp»!r Brufcr Der
B^pcrxJe Tjpt jgöiggr S^öae Txu «TL ^Ei tlLi feräaz ^timKriEit i iiin -ä
SonSui zxäiUL um ^mi -»oeilsiB iz B^sirr! «»xsi hvm TL Tnui'fniTif, ic^
Visus» «t MimJw» *i •nn p^srsaemiänB''' ^pn 7«me5> 4.T..n:i."iJi «lünai'^ .la
£e Txr-j« Tsyrrig- fa ist G«fefi£>><scsraä)e TmiwzEi erseisiDai- Diss? zr Böer-
sadc Tsi B«<ir{<&. vie wEr ooeot si&«n. &■:& Hiz^rie^**? B^rnz im«, -nr-te
eJKS&ILi sxf iJJiiLigibage T-*rvmBac&ifi feä^e««!! jsssüix. w^ilx 'm^ Eeaeihtt
«iiü SeeimäiaL «ii^ rL*3ai*re AIcer is S!ib«ks^ xl«! jeuitc loea seinasa naLauin-
«aer Bensas^xK ^^a BgwrnnyHi «ir» IFfffta^Hfffcftjtggr? bi Biiainerz {!in:&
pflco Cioieessasfin fa ctHiiKEa Bezinarf:'^ lKs«9i*i r^niMsnz virP. Se £1:01:-
bac 'ier rckxsfif» T^iraasieissecic. zu «ealicaseix. fjos Tmrr5i L sa iier Zes re-
fCorikBL im mnaBe. Begmari i«ib€r jier wirf aar iik «et Scs»iI»«LU«ia
g^fi^rrtL Hjcso ezh Jaltr^ 1017.
I>L w^ wir faxten, 'ier in <ien bünisLsoser Crkm'ieg. T.a Si»«nL Jxäre
ja seit Smieode Trscwin ULidraskEefc aL§ y«& <£eaes H.iiro leseiiranisc wir^L
jo SR mmmebr Ton Trnciriii IL mIa Gra£sn «Les Konieancifiaaz^ak» 211 re^ien.
Abc Hscbeet erkauft 1017 ^a Dnirwino comice •lartsn in Bt}«fe •:iim 'r.ks& ec
üBUieipa:» ni or> XTTTT atird».'^''» Li Ro«ie cefiia»! ii«!a 3ii»!a rrüier Bäiierkuini
Haca>*i4!h€r fa«ir. Aie&iin'jctier B^srz. *5 iids ii'ia la*!^ iieser Säre ier
Znaamtman fü^irff mft: liem V'mgvgagpr HiOde Z»!H»:tr<K -fTrHiäiHnr. U'wrße* 3IIIä«(
in E«>ie aocii «fer 3Luiäiz» Aekeriaa^i zefer^sn haben, ier iem ^pamn:?* ELicro
2:eiiiirc hasce. «ia er oime ▼röere •T^rtao^irabe oamirajlbar hinrer iem ▼«rijafien
BeHCE Tmrwin'i «iaselbsc Jkarz^tahrz wirL Hlenaf in^iec s«!ä lecsienjr 10 1>
ab Zeo^e min ^Wigaat Ti«:etionmia:i'*' beim Terk-iife ^on I^ Xx'iiea A:ker Li
B<3me «bei Bi£fden:ica£ uti «ier Sihenkan^ von ^ Jochen mic ^iaer W^ese :iir
«Ja^ ewige Hniv: ies Alrars les i. FermciTi:* seicen:* Mein^riti* X2«i Iv^lJ ver-
\) Will. »iiL BL IJ, 5r. 4: Sat^jt 1. 4i> >'r. lü Becsac ä. wie Vj^«:. 3«fscfir.
±3«) 3- 537 riciixür iii2«?noiiiiiiiMi aac Bü*rsa«ir. D^mii ^l kaninit b^fniirs ,in ytvpi Cuni^»»-
Enmiiero in Pwiacacer niir:*- Tor. Wi::. Mon. BL •!. Jr. li: '?A:i^r L iL. 5r. 7.. W:e
E^te beiden G*iiearxa ji iflr«!ai E^s*üiz za iies^r Trirunie aiir ier ,35rsia;zär 3Lirk m iem
Küiii:r«miin2vi'' irren, w !rr^n «e lacn In i»*ni R**2«t lar Tinceaentien n^z ier I}«»maii:r
Btirscaiit ieoki. . Lu rioz ittäe la ier «>r»!ize ier CamwKianiira linr* ^''^-r iiaben .luer
•jiwn 9chiia Aom. -i, •?. 1 "5 iei-hst Ber^scv fir Biersciiir reaoimneii. iaö aucii ieun> .m V ..ik;*-
smiide 3^r§caeti- "i^iasc ^.e B5rici»it ^Bannrne^i-. — ' :Jai-?-- L 3i, ». I Jl^ .*UÄSu:;^w»Mfi«
cuui auHeriem. als TqniächcüT lezeitrhnet J-itieniails jdmiiieii w;<ikir imiurco. lucii r*JiC?iiini.
BOfta imperimn zur Jiar««2anL — • Wil.. Mon. Bl. U. 5r. i. Sai-^r I. J5. Xr Llj. *. —
*'» "Will. Man. Bl. U. Xr S: Sii-r I. i.>. Vr 11), -i. Der ,Tii!e«ioiiiina'*- ^-ni iier ^«jht
Biehc flis Ticecunies. wniiem »L« priep«}>HnL'« jii»?r je^ronoma.'* i»*-* 5Iust-*r? lu ▼»rstvien ^«lo.
Tjl. 5«i!ir»i-i«r. Lehrb. li-i.
23
»etzt Graf Triitwin b*'^^ coaaeneu et voluatate fratns sui Einbrichoais |Ij
curiam in Giaenheim ot tiaulum in Waldaffa pro LV marcis et diinidia.'**)
Büdatin wird 1028 die „curia in Mossebaeh" „iq placitu Drutwiui" Bleidenstuf
xuorkauut,*) Im Jahre 1032 beim Versatz einer „curia in Neisse pro XYlll
mareis et ditnidia*^ durch den Grafen Wigger sind Zeugen: ^Arnold come«,
Dnitwin comes, Gisilbert vicedominus**.^) Zweiaial endlich noch begegnet uns
der Name dieses Trutwin 1034: das erste Mal bei der Gelegenheit, wo „Em-
bricho cum conseusu uxona sue Adeliudis'* oiaen Mansus in llusen bei Bar-
stadt für 17 Mark ^ot quanto (!) fuit in captivitato iterum VI marcia" versetst
und alsdann „mausum rogatu fratris sui Drutwini nobis dimisit**^); das andere
Mal gab Abt Ezzo dem Grafen Trutwiu 15 Mark, „pro quibus habemus
piscaturam in Iteuo.*^) Dass er dann zwischen diesem und dem Jahre 1040
gestorben ist, bezeugt die Thatsache, dass in letzterem ein Graf Sigfrid in
der Königssundara erscheiot.^
Und nun ist es an der Zeit, dass wir unsere vorhin ausgesprochene Ver-
mutung von einer verwantsohaftliohen Beziehung zwischen dem llatto-
Trutwin*8chen und dem Eraich^scheu Hause näher begrüuden. Anlaas
dazu bietet der soeben erwähnte Bruder Trutwins, Embricho L Die seit-
herige Geschichtschreibung hat aus seinem Namen nur Schlüsse auf dessen
vermutliche Nachkommen gezogen, indem sie ihn^ wie Bodraann'), zum Ahn-
herrn der Ilheingrafeo oder, wie Vogel®) und Schliephake^), zu dem des
dietzischen Hauses muchte. Wir halten es für angezeigt, aus seinem Namen
^dcn vermutlichen Vorfahren, d, h. Namengeber zu erschliessen.
Zu dem Ende fassen wir zunächst den Namen an sich ins Auge und bo-
^haupten, dass aus ihm, der ursprünglich Ambrichö laufet und auch in den
Formen Eraricho, Emhrico und Embricho vorkommt, »ich die Koseform Amicho,
Emicho, Emmicho, Imicho gebildet hat.^**) Wir wissen, wie sehr diese Be-
hauptung der seitherigen Annahme von der Verschiedenheit beider Namen wider-
spricht, und wie sehr sie sprachlich anfechtbar erscheint. Gleichwohl zwingt
uns zu ihr der urkundliche Befund, So sehr nämlich auch diese Namen in
denselben Urkunden nebeneinander vorkommen, so sehr erweisen sie sich eins
für ihren Träger in unabhängig voneinander auFgenoramenen. Wir köniien da«
freilich nur aus solchen des 12, Jahrhunderts erweisen. Da finden wu' bei-
spielsweise unzweifelhaft für denselben Mann: 1122 „Embricho viccdominus**,
1123 „Embrico vicedomiuus'*, 1124 ^Emicho viccdominus** und 1135 „Embricho
vicedominus.****) Forner wird derselbe erftirt-maiuzischo ^prepositus 8, Sevcri''
1128 „Emichor, 1120 ^Embricho«, 1130 „Eraicho«* zweimal, 1130 und 1131
,,Emiche" und 1132 „Emercho** genannt.*^) Sodann kommt 1146 „Emmecho
0 Will, Mon. BL 13, Nr. 10; Sauer 1, 35, Nr. HO, 10, — ') Will, Mun, Bl. H,
Kr, ID. - *) Ebenda 14, Nr 19. — *) Ebenda 14, Nr, 23. — *) Ebenda 14, Nr. 24. -
•) Vogel 292j Sohlteph. 1, l?*2 nach SpiesB, Aufklärungen i. d. aesoh. u. Diplomatik 221.
— *) Rheing. Alt. 508 ff. — ") Beachn 203 f. u. 291 f. — "j 1. 131. — »*) Forste mann !♦
80, 77ö u. 81, 776. — ") Wttrdtwoin, Dioec- mog. 1, 477; Qudenus, Cod. dijd. i, 55;
ebenda 1^ «3; Wurdtwein ä. a. 0. 1, 335. - '=*) Gndenus I, 79; Act. Pal 5, 184; Hauer
1« 109; QudenuB 1^ 82; Joannia, Eenim moguuL 2, 582; Gudenus 1, 93, 99, 104. In
oomea do Nucnburc" vor, der im gleichen Jahre an anderer Stelle „Kmhrtco ilo
Novo Castro** heisst;*) Endlich bietet sich uns die fulgeude Reihe der lcinin;;i-
öchen Grafen dieses Namens dar: 1128 ^Emercho'* und „Emicho'^, 1140 und
1143 „Emicho«. 1144 „Emmecho", 1151 „Embicho*. 1156 „Emmencho% 1160
^Embrichu« und yjEraecho", 1163 „Emicho", 1167 „Erabrico", 1170 „Emicfao%
1173 ^Emb^icho^ 1197 „Embecho", 1198 „Embecho^^ Ans dem IK Jahr*
hundert tritt uds nur einmal der Name ^Embricho" in der Iciuiugischeu Familie
entgegen und auch dieser wird uns erst in einer Urkunde von 1128 bekannt^
in welcher „Embricho Augustensia episoopus", genannt und dieser in der An*
merkung von Gudenus als ^antehac praep. Mogunt», comes de Leiningen**
bezeichnet wird.^ Er wurde 1064 zum Bischof von Augsburg erwählt und ntarb
in dieser Würde 1077.*) Ausserdem soll nicht vergessen seiu, dass <lai5 uassauischo
Dorf Emraershauaen, das sonst als Emmerichshausen und Heimerahausen vor-
kommt, 1710 Emekhausen genannt wird.^)
Warum wir uns mit dieser Zusammenstellung aufhalten musstcn, hat »ich
dem Einsichtigen wohl schon sofort ergeben. Es gilt uns, den sicheren Unter-
bau iur die bis dahin noch nicht versuchte Annahme zu gewinneUf dass Graf
Embrichu seinen Namen von dem Vater seiner Mutter trage, und daas dte^o
eine Tochter des oben besprochenen Grafen Ymico sein müsse. Von diesem
selber aber nehmen wir an, daas er einer der Ahnen des leiningischen Hauf§CÄ
war. Hat man nUmlich schon längst mit Hecht dafür gehalten, daas der mit
einer Schenkung von Wald „in Linunga marca** an das Kloster Lorsch am
23. Juni 779 auftretende Amicho der Stammvater dieses Hauses sei**) und
wird man billigerweise in einer in Egratesheim ausgestellten, eine Schenkung
au Fulda in Tienenheim und Talaheim im Wurmsgau betreffenden Urkuude
lotzlofor Urkunde lesoD freilich äohlieph. 1, 199 und Buuor 1, 128 naoh der UrBchrift im
kdntgliclten StAtfiarobive zu Wieibaden: ^Emeoho'*,
«) Gudenu« l, 177 u. 182. — *) Sauer 1, 106; Gudenus l, 79; Sauer I, 135, Mo;
JaariniSi Uer. mog. 2, 586; Sauer 1, 145; Mart. Kremor, GeneaL GoscIk d. alten ardim*
nifloheu OoAofitecht« 2^ 248; t. Honiheim, Hiat. trev. i, 589; Gudcnut \, 404 f^ I, 248;
Kreroer ebenda 2,245; Gudenus l, 256^ 259; Joanni» 2, 690; Kremer 2, 21^; ÖcUau-
nat, Hi«t. epiöo. Worm. l, 18* — *) Cod. dipl. 1, 78. — *) Joannia 2, 212; Brinkmcier,
Gcneal. GoBch. dc^s erlauchten Hauses L@imn|peu. BruttU6ehw. t890, 1, 10 macht ihn wunder-
ÜohorweUe zum Bischof Ton Würxburg trotz der von ihm selber aufgeführten Bezeichnung
i^augustoasis" und Terwechselt ihn offenbar mit dem Btschof Embncho von Wiirxburg (IIS
bis 1146)« der nach den einen ein Graf von Leiningetip a/inli den anderen ein Herr von Esp«d
feld war, «welche leUier« Meinung auch walirtchetnlicher ist"*, wie Chr. F«rd. Scabiuus,
RolaÜones dipl. hist. de fratribus domus Kiltani oder kurjegefaaste histor. Nachricht ron dcno
Domherren dos Hoohstifts Wflrtiburg. Letpdg 1741, 20 meint -- ^) Vogel» Topogr. 26
Bekehr. 857; E ehre tu, Kamenb« 1, 19L Von Herrn Professor Otto darauf nufmerktam
macht, tragen wir an dieser SteUe zu unserer Getiugthuung nnch^ diiss K. 0, Andrcsen,
ftUdeuttohen Ferionennameti in ihrer Entwicketung und Erscheinung als beutiire Geschlechts*
njim«n. Mainz 1873. 60, Imico« Emicho» Imniioh, Emich, Kmmich ebenfaUs alt Kusefurm^ aber
von KrmanHoh« Krturiob, Emrich^ Emerloh, Emmerich fasat und diesen Xanten in seinem üfstnn
Teil von Irmin ableitet, Li'td^r hat er seine Abweichung von Forste mann nicbt begründet
und lÄsat, wie dieser, neben der sprach wissenschaftHohen die geschichtliche Bcgrilndung rcr-
misscn^ die d^r Xaine dc«ftclben Mannes odvr de«Sttlben üaui^s tu aeiner Wandlung bietel.
•) Cod. laur 2, \6S, Xr lim.
$
vom 20. April 825 den dort unter den Zeugen genannten Emicho für einen
NÄchkonimen desselben ansehen dürfen'), so geht man auch nicht fehl, wenn
uian, wie dies schon Crollrus*) gethan hat, aouimmt, dass jener Vasall den
Grafen oder Herzogs Konrad, «nomiDe Emicho", der am 30. Mai 940 von dem
Ablc H^damar in Fulda tauschweise Güter zu Horegheim im Wormsgau und
zu Ingelnheim gegen andere zu Alehesheira im selben Wormagau erhielt^),
wiederum ein Nachkomme des oben genannten Emicho gewesen sei, da „llorch-
hoim ohnweit Worms und Aisheim, woselbst eine dem h. Bonifacius gewidmete
Kirche ist, ohnweit Guntersblum liegt." Dass dieser aber der Vorgänger des
20 Jtthro später erscheinenden, gleichnamigen Grafen war, von dem wir oben
bandelten, geht mit höchster Wahrscheinlichkeit aus dem Umstand hervor, dass
letzterer in demselben Nahegau seit 960 Gaugrafenrechte ausübt, indem der
hinterlassene Sohn des 955 gefallenen Herzogs Konrad, Otto von Worms, 956
als achtjähriger Graf urkundlich genannt wird*); derselbe, der von 978 au als
Herzog von Eärnthen und dabei Graf im Worms-, Speier-, Kraich- u» Elsonz-
gau und ausserdem als Markgraf von Verona vorkommt.''*) Wir lassen es dahin
goatellt sein, ob damit eine Vasallenschaft Emicho^s im Grafentum unter dem
Herzog Otto ausgesprochen ist, wie dies Crollius, dem wir die vorstehenden
Angaben entuehraen, zu gunsten seines „ducatus Francia Rhenensis" und nach
ihm Lamoy behaupten.^) Jedenfalls scheint eine nähere Beziehung zwischen
beiden vom Vater Konrad her unverkennbar. Nun ist ja freilich wahr, dass die
nahegauischen Grafen Emich im IL Jahrhundert dem wildgräflichen Hause
entstammen, wahrend die gleichnamigen des Wormsgaues dem Hause Leiningcu
angehören. Aber gerade die Gleichnamigkeit gebietet, die letzteren als Namen-
gober anzusehen, da sie die ältesten sind und Nahe- und Wormsgau lauge eins
waren. Ausserdem nennt Bischof Fridrich L von Worms aus dem Hause der
von den Wildgrafen abgezweigten Raugrafen in einer Urkunde von 128t die
Grafen Fridrich und Emich von Leiniogon ausdrücklich seine „consanguioei,"^)
Es ist demnach anzunehmen, dass ein Leininger eine nahegauische Erbtochter
heimgetuhrt und der wildgräflichen Familie den Namen Emich vererbt habe,
wenn wir schon mit dieser Annahme unseres Wissens die ersten sind.
Kommen wir aber auf unsere Vermutung, dass der königssunderaiHche
Graf Embricho ein Enkel mütterlicherseits jenes von uns dem leioingischen
Hause zugezählten Emicho vom Nahegau ßcin müase, zui-ück, so sehen wir uns
nun veranlasst, sie durch eine ungleich gewagtere zu vermehren, die uns das
seitherige Unvermögen, die Herkunft des laurenburg'schen Besitzes in der Hand
der Grafen des Königsgaues zu erklären^ aufzwingt. Scbliephake berichtet,
leider uhne urkundliche Belege beizufügen: „Das Haus Leiningen hatte Be-
') Schannftt 153, Nr. 380; Dronke 202, Nr. 459. Benierkenswerterweise wird in
I domselbtn Teinenlieim eiu Embricho als einer der Atiliogor an einem WeiDberpro j^eiiamit,
der um 803 mit and&rf?n Gul:eni an jinderon Orten an Fuldu verscheukl: wurde, äehannat ^9^
77 mit fftl<<cber Jiihrcaziihl 786; Dronke 108, Nr. 198. — ') Act Pal. *i» 252. — ') Schitunnt
|285, Nr. 573; Dronke 316, Nr. 683. — *) Schannat, Hi^t. epi«e. Worm. 2, 20, Nr. 23,
fl, Ut PaL 3, 4t6, 5, 168. ^ ^} Act. Pal. a, 417 f. — **) Ebenda 5, 18!^. — 0 Schannal,
opUc. Worm. 47, TgL 382.
26
Sitzungen in der Grafschaft Dietz, in Vilmar, Hadamar, Creuch."^) Wie nun,
wenn wir diese niederlahngräfliche Begüterung mit dem nahen Laurenburg ver-
mehrt und letzteres als Mitgift der Tochter Emicho's an ihren von uns ange-
nommenen Gemahl Trutwin I. übergegangen denken? In diese Zeit nämlich
muss die Erwerbung Laurenburgs für das Trutwin*sche Haus erfolgt sein, dazu
drängt der zuerst 1093 bezeugte Besitz, und haben wir uns in der Herleitung
des Namens Embricho aus dem Hause Leiningen nicht geirrt, so muss diesem
der frühere Besitz zugeschrieben werden, wenn wir uns nicht entschliessen
wollen, Trutwin I. in einer früheren Ehe mit der Tochter eines niederlahn-
gau'schen Grafen vermählt gewesen anzunehmen. Das aber ist unmöglich, da
die Schwester Embricho's, also die Tochter Trutwins L, Richildis, mit dem
niederlahngauischen Grafen Wigger vermählt war, wie dies der Eintrag in das
bleidenstater Schenkregister unter dem Jahre 1044 erweist, wo sie unter der
Zeugenschaft ihres Bruders Embricho, „hobam in Neisse pro anniversario mariti
sui", desselben, der ebendort als Graf Wigger eine „curia" für 187« Mark an
dasselbe Kloster unter der Berechtigung des Rückkaufs versetzt hatte, schenkt.*)
Nun hat zwar Vogel diesen Wigger mit seinem vermutlichen Bruder Arnold
zum Grafen vom Einrieb machen wollen, indem er behauptete, dass die Urkunde
über die Schenkung des Bischofs Azecho von Worms betreflFs seines Praediums
„Nassouva" an den Altar der hh. Hippolytus und Nicomedes in Worms es ver-
sehen habe mit dem Zusatz: „situm in pago Loganehe in comitatu Wiggeri et
Arnoldi comitum/ Es müsse vielmehr heissen: „in pago Einrieb", da Berg-
nassau „niemals zum Lahngau" gehört habe.') Aber die dort geschenkten
„XL mansi" begriffen nicht bloss Bergnassau, sondern auch das gegenüber-
liegende Nassau in sich. Dies geht ausdrücklich aus dem bekannten Tausch-
vertrag zwischen Worms und Trier vom Jahre 1159 hervor, wo es heisst: „iani
dictum predium Nassove quod situm in pago Logene XL mansos continet a
longo retractis temporibus libera donatione felicis memorie acechonis."*) Wigger
») 1, 402 Anm. — ^) Will, Mon. Rl 14, Nr. 19, 31. — ») Beschr. 198; Sohannat,
Hist. episc. Worm. prob. 51; Kremer, Orig. Nasa. 2, 110. — *) Schliepb. 1, 200. Man
konnte sagen, diese Stelle der Urkunde sei derjenigen Azecho's entnommen und daher fehlcr-
Iittft, wie diese. Aber abgesehen davon, dass seinerzeit schon Azecho wohl gewusst haben
muss, was er schrieb, so stimmt sie weder auf den Buchstaben, noch ist anzunehmen, dass
man einen so viel umstrittenen Besitz bezüglich seiner Lage nicht ganz genau festgestellt
liabe. Dazu würde das „situm in pago Logene" im 10. Jahrhundert ein Fehler gewesen sein.
Denn als König Konrad L seine „curtem Nassowa" am 9. Aug. 915 an Worms schenkt, bc-
sclirieb er ihre Lage mit den Worten: „in utroque latere fiuminis Logene in duobus Ulis
comitatibus Sconenberg et Marvels", Kremer, Orig. Nass. 2, 50. Damals also gehörte die
jetzige Stadt Nassau in den Engersgau mit dem Gaumal Sconenberg. Im 11. und 12. Jahr-
liundert dagegen erscheint sie im Lahngau, wie die obigen Urkunden beweisen und Schliep-
hake 1, 184 demgemäss richtig bemerkt: „Im Anfang des 11. Jahrhunderts erscheint der
Engersgau mit dem Niedorlahngau unter einem Grafen". Er widerspricht sich aber selber,
wenn er bezüglich des in der Azecho'schen Urkunde gebrauchten Ausdrucks vom Lahngau
behauptet: „dass der Name Lahngau in diesem weiteren Verstände benachbarte, am Lahnfluss
belegene Landschaften einschliessend, genommen wird, kommt verschiedentlich vor, vgl. unten
S. 191." Denn nicht nur, dass er S. 191 nur ein Beispiel beibringt, so ist dieses gerade das-
jenige der Urkunde von 1159, das Einrieb und Engersgau im Niederlahngau aufgehen lässt,
von deren beiden letzteren er die Einheit seit Anfang des 11. Jahrhunderts meldet.
27
und Arnold waren alöu wirklich Orafou des Nicderlahngau'ö mit: tlcni schon zu-
gcröchneton Einricli, letzterer offenbar fiir diesen Bergnasßau enthaltenden Teil»
cratcrer für den übrigen Gau, in dem Nassau lag* Diese urkundliche FestHtelluug
ergibt gleichzeitig die IliuRilligkeit der anderen Vermutung Vogels*), die Schiiep-
hake*) sich angeeignet hat, dass unser Trutwin I. — der ihrige ist bekannt-
lich der der „schönauer Reimsage** — in zweiter Ehe mit einer ^Erbtochter
aas dem Niederlahngau" vermählt gewesen sein solle. Dieser Ehe sei Embricho
und seine Schwester Riehildis entsprossen und beide hätten die „ansehnliche
laliDgauidche Erbschaft*' übernommen^ während Trutwin II. aus erster Ehe an
ihr unbeteiligt geblieben sei. Vogel und Schliephake suchten mit dieser
Vermutung freilich nur dieselbe Brücke zwischen Laurcnburg-Nassau und Dietz,
die wir nachher benutzen werden. An dieser Stelle aber ist sie unmöglich,
wenn man nicht verschiedene niederlahngauiache Örafenhäuser annehmen w*ilK
Indes selbst eine solche Annahme könnte beiden Forschern nicht einmal zu
gute kommen, da ihre ganze Aufstellung von der irrigen AutFassung ausgeht,
dass, wie alsbald klar zu stellen sein wird, Embricho mit seinem gleicli-
namigen Sohne dieselbe Person sei.
Dürften w^ir auf diese Weise unserer Vermutung über den Zusammenhang
der Leininger mit den späteren Laurenburgeru einiges Itecht erstritten haben,
80 vermögen wir dieselbe vielleicht mit zwei anderen Thatsachen zu stützen.
Die erste ist das oben gemeldete Auftreten des Grafen Iraico in der Königssundara
für die Jahre 970 und 975. Ist dieses nicht durch die Nachbarschaft des Nahe-
gaues bedingt und als rein goschiiftliche Ileichshandlung aufzufassen, so liegt
es doch wohl nahe, dasselbe auf einen letzten Willen des bis dahin erblich er-
scheinenden letzten Besitzers der Grafschaft, Hatto VL, und diesen Willen auf
eine nicht ungewöhnliche frühe Ehobcredung mit Inüco zurückzuführen, die
zugleich die Erhaltung der Grafschaft für den minderjährigen Trutwin durch
den künftigen Schwiegervater in sich schloas,
3. Azecho, Bischof von Woruis^ Soliu Triitwins I.
Als zweite Thatsache bietet sieh uns das (lesehenk des Bischofs Azecho
üu ilen wormser Dom vom Jahre lüB4 aü. Schannat hat, wie man weiss,
diesen wormser Kirchenfürsten zu emem Nassauer gemacht, indem er im Beginn
von ilessen kurzer Lebensbesehreibung sagt: „Praeter eximias tum corporis tum
animi dotes, quae avitae Nassoviorura stirpis, unde et ortum traxerat, quasi
hereditaria erant decora, eum summopere commendabat eximiao prudentiae ac
eruditionis laus.*^) Es spricht für sich, dass eine solche Nachricht nicht aus
gleichzeitigen Quellen stammen kann, da es noch kein nassauisches Haus zu
der Zeit gab. Möglich also, dass Schannat sie bei einem Späteren gefunden
hat. Am wahrseiieinlichsten aber wird er ihr eigner Erliuder zu uennen, und
seine Quelle die Urkunde Azechn'» sein* Denn er gibt dieser, offenbar verführt
von ihrem „praedium quodcuraque Nassouva'*, die Cberschrift: „Ejuadem Aze*
») Boechr, 291 f* — «) 1, U2. — '} llUt. epbu. Worai, 335.
28
chuniä Episcopi charta, per quam Praedium suum Gentilicium NasBova con-
fert ad Opus erocti a se altaris S, S. Ilyppoliti et Nicomedie/ Ist das so,
daun muas seine Nachricht falsch genaeot werden. Denn die Urkunde bezeichnet
das Praedium ausdrücklich als ein „proprio labore meo libera manu acquisitum,**
Gleichwohl dürfte Schannat wider sich selbst Recht haben. Man weiss, welch
ein Kampf um dies Praedium im Jahre 1159 zum Auatrag kam. Der Kampf
hatte es zwar nur mit dem den geschenkten 40 Maosen Azecho's gegenüberliegen-
den „castrum Nasaauue" zu thun, und in der Urkunde^ in welcher das Domstift
Worms seine Ansprüche auf Weiler und Berg Nassau an Erzbischof Hillin von
Trier gegen Güter in Parteoheim abtritt, wird ausdrücklich zwischen „caatrum
de Nassove* und der ^ curia adjacens" unterschieden, die im weiteren Verlauf
allein auf die ,,libera donatio*' Azecho's zurückgeführt wird,-) Die diesen Tausch-
vertrag bestätigende Urkunde des Bischofs Kunrad von Worms nennt dagegen
nur das „predinm eorum (der Domherren) de Nassove, tarn castrum quam cu-
riam adjacentem XL mansos continentem.**') Und diese Einheit hält der hier-
nach folgende Lehensvertrag zwischen Hillin und den Laurenburgern aus dem
gleichen Jahre 1159 um so mehr fest, als letzterer nicht nur unter Mitwirkung
der die Sachlage aus der Nähe kennenden Laurenburger zu st^inde kam, son-
dern auch die Schenkungsurkunde von 1034 der gleichen Sachlage entspricht,
indem sie das ganze Gut in dem oben gekennzeichneten „comitatu Wiggori et
Arnoldi comitum** liegen läset. ^) Wenn nun in dem gedachten Lehens vertrag
bemerkt wird, daas die Laurenburger „in eodem Castro ae aliquid proprietatia
habere*', so kann sich dies doch unmöglich auf die von ihnen erbaute Burg
beziehen wollen, die uhnedies ihr eigen war und von den Wormsern, weil auf
ihrem angeblichen Boden erbaut, eigenmächtig in Anspruch genommen wurde,
sondern oa muas eben den Boden der Burg bedeuten, den „mons*' des Lehens-
vertrags. Beanspruchen aie den aber als altes Eigentum, so scheint klar» dass
es der ererbte Grundstoek war, um den Azecho ,,rait seiner Mühe und aeiner
freien Hand" das Übrige hinzuerworben hatte. Nach dem alten Satze: „deno-
minatio fit a potiori* hatte er alsdann das Ganze eigene Erwerbung genannt,
weil der Hauptteil os wirklich war. Was kann uns also hindern, Azecho einen
weiteren Sohn Trutwin's L zu nennen, zumal er auch den Jahren nach — er
stirbt 1044*) — als Zeitgenosse der übrigen Kinder desselben: Trutwin, Em*
bricho, Richildia, gelten dart?) Und wer kann uns hindern, seine Erhebung auf
den wormscr Bischofsstuhl im Jahre 1025 der Mitwirkung der Worms nahen
leiningischen Verwantachaft zuzuschreiben, nächst der Gunst des Kaisers Kon-
rad IL, zu dessen und seiner Familie, wie der früheren wormaer Bischöfe und
») Sohlieph. 1, 200. — «) Ebenda 1, 202. — *) Eboiida I, 104. -^ ') Schannat, HiuL
m'im. Worm, 336. — *) SoJbat der Name könnte dies geBtutten, sofern Azoebo» tler autih in
der Form H&ÄCchü erscheint, als die Verkleinerung^Bforni von Hatto in Belraebt gezogen wer-
d^n darf. Freilich bietet einmal eine gallo-frunkiBGhe Quelle aus dem Jahre 673 Chadiohu», aber
nicht nur, daeä dieser Xamo aonst als Eticho sieb lindet, FGrütemnnn, Ältd. namenbuoh 1,
642, und Athaeho aucb nur dem S. Jahrhundert gebort, ebenda 132^ sü seheint die spätere Zoit
den Umlaut des t in i zu begilnatigen; denn AzaehOt Azecho^ A7.ekü, Eziko^ ebenda 191» jfo>
hören dem 10. und IL Jahrhundert^ ebenso üe^eeho, Ha^eco, Bezieh, ebenda 650.
29
hinein eigeneu Seelenheile er die gaaze reiche SüiltiLDg niachte ? bt doch selbst
dieser Koorad der Urenkel jenes Ronrad und Enkel jenes Otto, denen die Lei-
ntnger ihre Nahegaugrafachaft verdankten, und letzterer bei dem Vorgänger
Axeoho's Burkard auferzogenJ)
Kehren wir aber noch einmal zu den Ansprüchen der späteren Lauren-
burger auf den Berg Nassau zurilck, so glauben wir aus der Urkunde A/.eoho's
ersehlicssen zu dürfen, dass die ganze Schenkung aus Abwendung von der
eigenen Familie geschehen ht* Wir sehen andere Kirchenfürsten bei solchen
und so bedeutenden Stiftungen für ein Seelengcdächtnis ihre Verwanten in
den Schutz der letzteren miteinbegreifen**) Dass Azecho das nicht that, setzt
einen Bruch mit seiner Familie voraus. Und die Bedenkung des Kaisers, seiner
Gemahlin Gisela und seines Sohnes Heinrich in erster Linie, mit denen keiner-
lei Blutsverbindung vorlag, so sehr dies auch von Schannat vermutet^ wurde,
seheint mit ziemlicher Sicherheit darauf hinzudeuten, dass der Bruch aus poli-
tischen Gründen erfolgt war, deutlicher zu reden, dass die laurenburg'schen
Grafen Anhänger des Wahlmitbewerbers, des jüngeren Konrad, sein mochten.
Wir finden deshalb auch, dass, als es sich am 30. Januar desselben Jahres 1034
darum handelte, dass die Besitzungen des Klosters Bleidenstat und dessen Zoll-
freiheit auf Rhein und Main die kaiserliche Bestätigung erfahren sollten, nicht
der Blutsverwante der königsgau-laurenburg' sehen Vögte des Klosters, Azecho,
sondern der Erzbischof Bardo mit der kaiserlichen Gemahlin die Antragsteller
waren.*) Die spateren Laurenburger, geleitet von der Familienüberliefernng,
beanspruchten also deutlich ein ihnen wider den Familien willen entfremdetes
Erbstück, und dass sie darin Recht hatten, scheint unzweideutig aus dem so
geflissentlich betonten , proprio labore meo libera manu acquisitum*' von 1034,
wie aus der ebenfalls nicht müssigen „libera donatione felicis memorie Acechonia
ijuondam episcopi nostri* von 1159 hervorzugehen. Die Freiheit war eine im
Gegensatz zum Familienwillen genommene und durch die grössere eigene Er-
werbung beschönigte.'^) Der Familienbesitz auf dem Berge Nassan aber bestätigt
unsere Annahme von der damaligen Begüterung der künigsgauer Grafen im
Niederlahngau*
3. Embricho F, und IL im Niederlalinirau und in Dietz, Verwantscliaft
mit den Kheiiigrafen.
Nehmen wir nunmehr den bei Embricho stille gestellten Gang unserer
Untersuchung wieder auf, so geschieht es zunächst, um uns noch einer weiteren
Pamilienverbindung seines Hauses zu versichern, die bis dahin mit unzureichender
Kraft vermutet wurde. Wir meinen die mit den Grafen von Dietz. Man hat
mit Recht angenommen, dass Graf Embricho der Ahnherr dieser Grafen sei,
*) Wippo, vitn Conradi p. 425 und MonAchus Kirschgartensis iu chron. Worm. c. 25,
p. es, — *) 8. unten Anro. 6, 8, 36, z. B. die Stiftung des Erzbiacbafs Sigfrid. — ') Hi«t.
#pl»c. Worin, H35, ^ *) Will. M«in. BL 23, Nr. 4. — ') Hiermit dilrflo der F^inwand Schniid«*
äteiuerK, Annal. 3, 3, 120 u. 138 gegerj die AbstMnjmuug Aisedio'» um» !aureDljurg'st'li*«ni
Hauiiv t!rledigt sein, da er sich ledtgliüh auf das ^proprio labore^ etc. der Urkunde stütict.
30
aber zu Unrecht hat man ihn, wie oben bemerkt mit seinem gleiehnamigeD
Sohne verwechselt.
l^nser Graf Embricho, Sohn Trutwin's I., hat folgende Spuren seines
Tiobons in den uns überkommenen Urkunden hinterlassen. Von seiner Zustim-
nuing zum Vorsatz der «curia in Qiseuheim* und des „naulum in Waldaffa"
durch Trutwin II. im Jahre 1010, ebenso von seiner eigenen Verpfandung eines
Mansus in Husen in Gemeinschaft mit seiner Gemahlin Ädelindis im Jahre 1034
war bereits die Rede. Es ist aber nun am Platze, gerade die letzte einer
näheren Betrachtung zu unterziehen, da sie uns. wenn wir uns nicht tausehen,
wichtige Enthüllungen zu machen hat. Besehen wir uns nämlich den vollen
Wortlaut des bleidenstater Eintrags darüber genauer, so stellt sich das bereits
oben vorgeführte Nacheinander von Einzelhandlungen dar. das erst im Jahre 1034
seinen Abschluss gefunden haben kann.') Die Verpfandung liegt offenbar vor
dem geiiachten Jahre und diente deutlich zur Bestreitung einer Rüstung für den
Krieg. In diesem Kriege geriet Embricho in Gefangenschaft oder, wenn die
Bod man n'sche Lesart-^ «in egestate" richtig sein sollte, in Geldnot, zu deren
Hebung weitere 0 Mark gereicht wurden. Als die eine oder andere auf horte,
war er erst im stände, den Bitten des Bruders nachzugeben und das verpfändete
Eigentum, vermutlich ebenso, wie es seine Schwester 1044 mit dem Hofe in
Xeisse ihat« an Bleidenstat zu schenken. Damit war das ganze Geschäft vollendet,
\^ und nun erst geschah der Eintrsg 1034. Wir sind aber auch wohl im stände,
das Anfangsjahr des Geschäfts zu bestimmen. Erinnern wir uns. daas Graf Wig-
gor seinen Hof in Neisse 1032 an Bleidenstat für IS' * Mark, also für nur V *
M.irk mehr als sein Sohw.sger Embricho verpf^indote. ?o scheint es doch in die
Av.c :i .'".* >vrir.Ct'':K ^^^>> iV.:'. -ior j"oio::e Zweck, wie den Schwäger, hierzu he-
ur jT '.eiche:; Zoi: <ie*i \er?ch,;-^:e. Pi>s wir hierin das
: .iir .-\\:?chev. le-.: Wi^^er ur. : E'^trich.' be: reffenden
vflc ::.::;•;: c.e> V'.e: :er.5:;i:er .Reir:>:r'.;!!is* klar, in dem
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i -^ .' - =• Kbf.ii.- Alt.
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gelteod machte. Gestatteten wir uus nun schoD vorliin die künigsgau-lauren-
burgcr OrafoD in den Reihen der der Wahl Konrad» Abgünstigen zu suchen,
so ist ©9 jetzt wohl nicht zu kühn, sie als Bundesgenossen Otto's zu vermuten.
Die Besitzergreifung Biirgund's durch Kaiser Konrad im Jahre 1033 und die
dabei erfolgende ßrechuog der gegoerischen Burgen mochte leicht die Gefangen-
schaft Embricha's, der dann die Auslosung folgte, bringen. Irren wir nicht
in dieser Vermutung, so haben wir darin, nebenbei gesagt, eine Bestütigung
für unsere Annahme, dass Azecho abseits der Familie sein Seelcngedächtnis
für Kaiser Konrad 1034 stiftete.
Was wir weiter von Embrrcho wissen, ist zunächst seine gleichfalls bereits
gemeldete Zeugenschaft im Jahre 1044 bei der Stiftung des Seelengedrichtuisses
für Wigger, dessen Tod im gleichen Jahre oder nicht lange zuvor damit bezeugt
wird, Hierauf begegnet er abermals als Zeuge 1048 bei der Gelegenheit, wo
eine ^domina Blltrudis*^ ihren Hof in Lahnstein unter dem Torbehalt des
Rückerw^erbs ionerhalb zweier Jahre für 25 Mark an Bleitlenstat verpfändet,')
Als Mitzeugen werden von ihm aufgeführt: ^Arnold comes, Gerlach comes**.
Arnold kennen wir bereits, und die erste Stelle zeichnet ihn augengcheiolich
als Oaugrafen für den Eiorich. Aber wer ist Gerlach? Niemand gibt Auskunft.
So wagen wii* die Vermutung: er ist der im Amte Wiggers nachrückende
Bruder und mit diesem und Arnold ein Sohn des niederlahngau'schen Grafen
Oerlach, der, wie Wenck-) «larthut, iu Urkuoden von 996 — 1008 vorkommt und
ein Sohn des im Jahre 978 im Einrich als Graf erscheinenden Hugo büchster
Wahrscheinlichkeit nach sein wird, wie derselbe Gelehrte glaublich macht/*)
Dieser aber ist unverkennbar wiederum ein Sohn des 974 eben dort bezeugten
Rodbertus.*) Nun kann ja Embricho in die Mitzeugenschaft der Bruder AtdoIJ
und Gerlach als Schwager Wiggers aufgenommen sein, wenn er nicht etwa
vogteiliche Rechte dabei wahrnahm, w^as freilich, nach den sonstigen bleiden-
stater Einträgen zu urteilen, nicht immer nutig gewesen zu sein scheint. Naher
aber scheint es zu liegen, hier eine Familienangelegenheit gebucht zu sehen.
Die in Lahnstein begüterte Blitrudis wird die verwitw^cte Schw^ester der Brüder
Arnold und Oerlach und Embricho ihrer aller Schwager sein. Das letztere
Verhältnis werden wir ja alsbald näher würdigen. Deshalb hier nur unsere
nackte Vermutung, dass Embricho's Gemahlin eine Schwester der dumina Bli-
trudis sein wird, und so die lahn- und königsgauischen Familien durch Kreuz-
heirat verbunden erscheinen, da wir Richildis bereits als Embricho's Schwester
und Wiggers Witwe kennen gelernt haben.
Zum letztenmale erscheint Graf Embricho 1052. Es ist offenbar nach
dem Tode aller seiner Geschwister und Schwäger. Er bezeugt an erster Stelle
mit seinen nfichsten jüngeren Verwanten : „Dudo et frater eins üdalrich**,
von denen nachher zu reden ist, die Stiftung einer „domina Itemma" förderen
verstorbenen ungenannten Gemahl an das Kloster Bleidenstat, bestehend in
einem Hofe zu Winkel. Ifir Bruder, Graf Ludwig, der hierzu sein Eiüverstilnd-
'j Wni, Müll, Bl. 15, Nr. 39.
I, 46. Nr. 95,
»J lliat Alih, l, 17 f, - "l Ebenda 13, — *) Sauur
32
ni8 bekundet, fDgt noch einen Weinberg in Ibingen, nach seinem Ertrag auf
drei Karronlaston angeschlagen, hinzu. ^ Da Vogel ^); wie bereits Schliephake*)
nachgewiesen hat, unrichtig vermutet dass Hemma die Witwe des oben ge-
nannten Qrafen Sigfrid sein möge, so empfiehlt es sich, mit letzterem anzu-
nehmen, dass 08 die Witwe des Qrafen Arnold gewesen sein werde, zumal wir
dies durch die angeführte verwantschaftliche Beziehung Embricho's zu unter-
stfltien vermögen. Ludwig aber ist der Qraf des Rheingaues, der in Urkunden
swischen 1050 und 1078 erscheint^), und den wir deshalb für einen sehr viel
jflngeren Stiefbruder Hemma^s und Adelind^s halten müssen.
Und nun erst sind wir im stände, unser längst gegebenes Versprechen
lietrefFs der Verwantschaft Embricho's mit den dietzischen Grafen
ganx »u orffillen. Denn nun gebietet uns die Zeitfolge von dem Embricho za
sprechen, den die Früheren mit dem jetzt besprochenen verwechseln, während
wir ihn als seinen Sohn anzusprechen haben, da zu dieser Zeit auch die üb-
rigen vcrwanten Zeitgenossen. Embricho*s I.: Trutwin seit 1034, Wigger seit
1044, Oorlach seit 1048 und Arnold seit 1050 vom Schauplatz abgetreten sind
und nur der soviel jüngere Rheingraf Ludwig noch am Leben ist. Ausserdem
tritt Embricho IL als lahngauischer Oraf auf. Als solchen lernen wir ihn in
der Urkunde Konig IIeinrieh*s IV. vom 27. Mai 1059 kennen, wo dieser uSex
mansivjt. tn^ soilicet in villa Brechelebach, duas Sekaha« unam Westemaha, in
|>agt> autom Logenaho et in comitatu Imbrichonis comitis sitos ad altare S.
Oei^i Martins in loco Lintpurc*" schenkt.^) Desgleichen bestätigt derselbe
Konig am 24. Februar 1062 die Schenkung seiner Mutter Agnes für das Seelen-
heil iioines Vaters, Kaiser Heinrioh's III., bestehend in je einem Mansus zu
IK^deriohosbÄol» und HiKleshrtjren. ,^n dasselbe Kloster. Die Orte liegen ebenso
»in oomit,'*tu Kmbriohonis oomiiis et in pago Logenahe"^» und wie Vogel richtig
her\ erhebt ''^, samt den bereits iren.^nnten .in den westerwälder Kirchspielen
der iir:Usohaft Diet?". Am deutlichsten jedoch wird die von uns gewählte Be-
zeichnung: «F.mbricho 11.* durch eine l'rkunde lies Jahres 1073. in welcher
der Kanoniker W'ejyil vom S. Victv^rstif: in Mainz «duos niansos apud villam
lUvlenheim >itivs a liberis hv>minibus coniiic F.mbrich.ne e: fratre suo de Di-
desse et domino Wolfcanco* kauf: ;:nd ar. i?cn Kreura'.tar seiner Kirche schenkt.*)
Hier also hat Kmbricho einen H:udcr. vier. >vhi ?: .:ic Bereichnuni: »de Dide*»e*
\on der Hrnderschat^ mit F.mbrivV..^ 1 aussor/.iess:, Ti^er.i: es nicht die so viel
sjviter«^ Zei: thun seilte Fnvliob. .ia :v.ar. .;ie Zeil s:r.oz lei Embricho nirht
.;; AnscV'a^: brachte, konnie es c«^vhe*:.i v.. .:as> V ^^o'/ liesen ungenannten
>Ä : Vor Iv -.N. 44: SÄtf- : S.S. Nr ;: . 44 ^ r.T-srV.r ^?'*: - = 1. 132 f.
' rr ».y.ricr v. m iV . -» ,' r,r c K -r »• " .; : ,V i . .,ir. ' i ; : : «■ r r- #i ■■ • . r'k . r tr. f - .iss* . ^ f- i! ?• 1 1 99 h«
>.T. n,>i.K '.»"*'*»'* ^'.w «''J h^TTr.JkV >!.> Ka »>;■: 11 f --.-►^ '/,' V-<.T."f "« . it I .Vi-rT. lOW Tff-
vsVr^^ ." .:«v .'. «•'v.v .'.**: K.r,*^f .'i^ * S» ; f • . : ^V;-.i .rtTr fc-f^n- sin u' v"i;iB af^liä^i«
,M .N.nr \r* X ri^« r x .' < .«si^ .•,>.;.• v^tt.-... s:..t ;■: • .\.rr :*r.. Vt; ' r; :r TUürr- Enrichf*
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■ VSoi-."* C -. -^ '■ "Si"^-* ^■•* ^ '*..-.':..- ^ • i^v Krfnrr. «^if.
IUI
kW
Bruder von Dietz in dem Grafen Gotebold ontdccke» zu mdsaen moioto, der
am 5* Aug. 1053 bei einer Schcukuog des Kaisers Hoinrieh III. in Yilimar und
andern diesem benachbarten Orten an die Abtei S. Matthoi« in Trier aU Graf
des Lahngaues aufgeführt wird,*) Sein leider auch sonst allzu willfähriger Nach-
folger Schliephake') hat ihm zugestimmt. Und doch hatte lange zuvor schon
^Wenck geschrieben r ,^Ich will mich zwar nicht darauf berufen, dass in dem
^rozess, worin die Urkunde gebraucht worden^ der Gegentheil sie für uniicht
erklärt, muas aber doch bei näherer Überlegung bekennen, daas mir dieser
Oodebold, dessen Namen den Rheinischen Gegenden so ganz und gar unbekannt,
^deo Hennebergern dagegen so eigenthümlich ist, als würklicher Graf des Nieder*
^johngaues verdächtig erscheint. Da man einmal, nach unserer obigen An-
Ihrung^ weiss, dass zu gleicher Zeit ein Zweig des Hennebergisehen Gescbloohb
^die Orafenwürde im Lobdengau und Ober-Kheingau im Besitz hatte, so mogte
die Vermuthung wohl weniger auffallend finden, dass etwa damals ein
lerr aus dem nemlichen Geschlecht durch irgend eine unbekannte Ursache auf
kurze Zeit in den Nieder-Lohngau eingekommen. War er etwa Vormund des
£iiibricho von Dietz, der gleich 6 Jahre nach ihm als Gaugraf erscheint? In
dom Speiergaa kommt unterm Jahr 1114 ein Elsbertus Advocatus in vice Ege*
aoiijfl puerl Advocati vor^, fuhrt also blos als Vormund des Egenonis puori
Advocaii selbst den Titul eines Advocati: sollte nicht der nemliche FaQ auch
bei dem Godebold statt finden?* Da wir, ohne Wenck^) zuvor zu Bäte ge-
zogen zu haben, der gleichen Meinung waren, so kann die Übereinstimmung
mit ihm nur unsere eigene Annahme bestarken, und wir verzichten um so
lieber auf seinen in den ^Histor. Abhandlungen^^) gemachten Zusatz: ^Will man
1)^ iiideesen diesen Godebold der Dietzischen Genealogie nicht nehmen lassen, 90
l^kiitM er der Zeit nach eher für einen älteren Bruder des Embricho von Dietz, aU
^nir eejaen Vater gelten^, als wir bereits den Tod samtlicher in Betracht kom-
VlneiideD Oraieu des Niederlahngaus mit dem von gleichzeitigen Verwanteu
luieligeirieaen haben. Godebold kann nur ein fremder Stellvertreter der 1058
noch miiiderjälirigen dietzischen Brüder gewesen sein, etaer von den vieleu,
die wir eeitber schon im Konigsgaue kenuen zu lernen hatten und die, wie
Bodmann^) richtig bemerkt, «die Reihe der ächten Gaugrafen und ihre Geoe«^
kgiea gewohnlich vefdonkehi.'
Wir woQeii aber uicht die den Aulass zu dieser Auamia2ider»etzun£
g^^eade Uiksade von 1073 verbuieii, olme den in ihr gmanatea Oft Bades-
hetnv du heutige Bodeobeimi ebes niliereii Biickea gewürdigt zu haben* la
ien friherea Zeiten wurde m iiaeh den loneha* und fiilder Uikandeo is im
WiMJingaa gereehnet^, and weoa es aaeh aadiber zam Ifabegaa ziUte, 10
geborte es doch immer dneai Gaae ao, tu deoti £e Leanoger begütert war«.
«ÜB das nicht aar Stütze unserer Aiiwah"y* von der verwantachaftliehen
*} T. HvBthetB, Hiit tnw, 1, 3M; Eremar, Ori^. ItMi. 2, im L; Beyer« IfUtl*
R«g. l, 3S4, JTr. 13M. — ^) 1, Ul. - ») Ad. PtL a, 4tt. ^»1» &. ^
1, saa, Abb. k — •) 1, af c -- ^j BiMtar- ^it* ^oa« ^ ' ^«t
a«. nvi. a
34
Verbindung letzterer mit den königsgauer Grafen die Vermutung gestatten,
dass hier die Veräusserung eines von Leiningen ererbten Gutes vorläge, das
um so mehr auf das väterliche Teil Embricho's I. kommen mochte, als dieser
durch seine von uns vermutete lahngauische Vermählung nur stiller Teilhaber
an dem nicht veräusserungsfahigen königsgauer Hausvermögen sein konnte, wie
z. B. an Laurenburg, wenn wir der unbelegten Aussage v. Arnoldi^s^) hier-
über Glauben schenken dürfen?
Eine Teilung des Niederlahngaus zwischen Embricho 11. und seinem un-
genannten Bruder von Dietz, bei der ersterer den westerwälder, letzterer den
Teil an der Lahn erhalten hätte, anzunehmen hat zwar Vogel*) versucht, wie
nach ihm Schliephake.') Wir sehen uns aber nicht genötigt, ihnen zu folgen.
Denn von den hierbei geltend gemachten zwei Landgerichten der Grafschafl;
Dietz zu Beckenforst und Winden, ist das letztere erst aus dem 13. Jahrhundert
bezeugt.^) Ausserdem war der Graf nicht an eine Gerichtsstätte im Gaue ge-
bunden.^)
Berichten wir deshalb nur noch, dass Graf Embricho II. uns zum letzten-
male 1076 als Zeuge bei der Stiftung begegnet, die Graf Trutwin für Begräb-
nis und Seelengedächtnis seines Vaters Tuto durch Schenkung von 6 Mark aus
den Einkünften in Eloppenheim und mit Wald und Feld bei Bleidenstat an
dieses macht. ^) Sein Name steht unmittelbar hinter dem des Bruders Trut-
win's, Tuto, als der eines nächsten Vetters und hinter ihm der des uns bekann-
ten Grafen Ludwig I. „cum filiis suis^, nämlich Richolf und Ludwig 11., wie
uns Bodmann belehrt.^ Nahmen wir früher an, dass Ludwig I. ein Schwager
des Grafen Arnold sei, so werden wir ihn einen angeheirateten Oheim Em-
bricho's n. nennen müssen und dürfen weiter nebenbei vermuten, dass dieser
zugleich Mitschwiegervater Ludwig's n. sein müsse. Denn Ludwig IL hat einen
Embricho zum Sohn und dieser Name ist von da an erblich in der Bhein-
grafenfamilie. Wir verbessern damit Bodmann®), der offenbar von diesem
Erbnamen ausgehend, Embricho, wie früher bemerkt, zum Stammvater der Rhein-
grafen machen wollte. Die Herkunft Ludwig's I. bleibt freilich im Dunkeln.
4. Erheiratung von Eppstein-Idstein.
a. Graf Sigfrid von Nürings.
Nachdem wir so den Anschluss der dietzischen Grafen an die königs-
gauischen wahrscheinlich zu machen gesucht haben, kehren wir zu diesen
zurück, denen wir bereits um zwei Glieder vorangeeilt sind, aber freilich um
abermals einen Anschluss zu besprechen, den der Eppstein-Idsteiner an
sie, den man bis dahin vergeblich gesucht hat.
*) Gesch. der Oranien-Nassauisohen Länder 1, 20. -— *) Beschr. 204. — ') 1, 131. —
*) Vogel, Beschr. 204, Anm. 5. — ^) Waitz, Verfassungsgesoh. 4, 312: „Die ge wohnlichen
Gerichte des Grafen haben auch in dieser Zeit an verschiedenen Stätten innerhalb seines Gaues
stattgefunden, wahrscheinlich da, wo von jeher die Hunderten sich versammelten.^ — ^) Will,
Mon. Bl. 15 f., Nr. 53; Sauer 1, 55, Nr. 110, 53. — ^) Rheing. Altert. 571 f. — *) Rheing.
Altert. 570 f.; Vogel, Beschr. 229 f.
d
II ii
nn
Wir brachen oben bei Tmtwin U. ab, von dem wir festgestellt hatteu,
daes er zwischen 1034 und 1040 gestorben sein raüsae, da wir 1040 einen
igfrid als Grafen des Königsgaues trafen. Von diesem nun nimmt Vogel
n» das» er ein Nachkomme seines „Drutwin III.", unseres Trutwin II. und
der Vater des mainzer Erzbrschofs Sigfrid I. (1059 — 1084) gewesen sei^ den
zuerst Bruschius einen „baro de Eppenstein", Dieffenbach in einem hand-
chriftlichen Kataloge einen „comitem de Eppenatein" nennt und den Ff. Cor-
^nelius in seinem „Breviarium fuldense" ebenfalls von den Eppsteinern stand-
en läset'), wie auch, fügen wir hinzu, Brower von seiner eppsteiuer Abkunft
pricht.*)
So verlockend aber auch eine solche Annahme erscheint und so sehr ihr
chüephake^) seine vorsichtige Unterstützung gehehen hat, so wenig besteht
ie vor einer näheren Beleuchtung. Die bereits oben gestreifte Urkunde vom
2. März 1040*) besagt ullerdinga, dass Sigfrid Graf der Königsauodara war, als
Kaiser Heinrich HI. die Schenkung Otto's HL in Scerdistein an das Hochstift
in Augsburg bestätigt Und SchÜephake zieht mit Recht noch die Urkunde
vom 4. April 1057 heran, in der offenbar derselbe Graf Sigfrid den Rechts-
spruch König Heinrich's IV* und der Fürsten raitbezeugen hilft, dass der
„miles** des Erzbischofs Luitpold von Mainz, Udalrich, zum dreifachen Schaden-
ersatz für das angehalten worden sei, was er sich widerrechtlich von der Be-
itzung des St. Michaelsklosters zu Bamberg in demselben Schierstein angeeignet
ite, nachdem er 1052, damals unter Entschädigung, zur Verzichtleistung auf
eine Ansprüche genötigt worden war.^) Aber nicht nur, dass in dem zuletzt
enannten Zeugnis von einem königsgauer Grafontura Sigfrida nicht mehr die
ede ist, so verbietet sich auch nach 1040 ein solches Amt dadurch, dass, wie
iben dargethan, Embricho 1052 als comes den Brüdern Tuto und Udalrich
|Vorausteht, demnach als Gaugraf betrachtet sein muss. Dass er 1040 nicht
auch als solcher auftritt, mag sich darans leicht erklären, dass er damals im
Feldzug gegen die Böhmen die königsgauer Mannschaft führte. Denn ihn dort-
hin mitzunehmen und in der Heimat ihm einen Stellvertreter in der Person
Sigfrid's zu bestellen, wird Konig Heinrich IH. um so aogcmesaeoer erschienen
ein, als Embricho dessen Vater nach unserer früheren Annahme Schwierig-
keiten bereitet hatte. Freilich könnte sich die Sache auch so verhalten haben,
dass Trutwin II. mit dem Bruder Embricho und ihrer beiden Vetter Tuto II,
in den Krieg gezogen wären und der erste und letzte dort ihren Tod gefunden
ätten.*')
Aber auch die eppstelner AbstammuDg Sigfrid's zerfällt vor der Erwägung,
dass für's erste die Eppsteinor als solche niemals Grafen gewesen sind, sondern
') Joannig, Rer. mog. 1, 496. — *) Fuldensiura antiqait. Uhr. IIIL Antwerpen 1612.
jf3: «EppeDsteinioniin UluBtri sangoine.'* — *) 1, 132 ü. 136. — *) Sieb© Anm. 6, S. 23. —
Schfinnat, Vindom. lifer, 1, 43 im Auszug;*ScbH©ph, 1^132, 134; Vogel, Besohr. 293;
lubmer, Regeata 85, Nr. 1793; Will, Regesten 1, 179, Nr, 17. — ") Die Nachricht de«
[tirnianuus cuntractus in seiner Chronik zum Jahre 1040 würde dies^glaubli oh machen: ^Heu-
rex diiccm Bocmiae beUo petit, sed multis proceribu» et mUitibus in praestructiono avlvap
f» ot ultra nrcifiit vol capdB nil digtium efflcere potuit> 8truvo, Ror. i^crm. sfTt|it. 1^ 281.
"^ 3*
* '"^''^
— - ^•^- ^^^»
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36
einfache domini, uud für^s zweite, was schwerer wiegt, dass der Name Sigfrid
bei ihaeii erst vom 13. Jahrhundort an und auch da nur in den drei Trigeni:
Sigfrid IL, Erzbiachofe von Mainz (1201—1230), Sigfrid HI., seinem Nachfolger
(1230—1240) und Sigfrid, Herrn zu Eppstein (1283—1316) vorkommt. Wer
hier in Rede stehende Graf Sigfrid ist vielmehr dem benachbarten Niddagaiw
2UZU weisen und deutlich ein Graf von Nürings, wie der Stammbaum scbaii
bei Bodmann darthutJ) Letzterer hat seine Aufstellung freilich nicht urkundltch
belegt, auch scheint sie nicht von willkürlichen Annahmen frei. Gleichwohl
stimmt in ihr das für Sigfrid angesetzte Jahr 1057, ausserdem können wir
das Geschlecht derer von Nürings, in dem der Name Berthold vorwiegt, wenigstcttf
1081 im Niddagaue nachweisen. Denn in diesem Jahre beurkundet Erzbiacbof
Sigfrid K von Mainz^ dass der edle Mann Ruodeger und dessen Ehefrau der
Kirche des Klosters 8. Alban daselbst zu ihrem Seelenheile 6 Mausen zu Erlen-
bach im Niddagau in der Grafschaft Berthold'a und Sigfrid's geschenkt haben*")
Als weltliche Zeugen sind dabei hinter dem Stadtpräfekten Gebeno der Kethe
nach angegeben die Grafen Drutwin, Sigfrid und dessen Sohn Berthold, Qerlach
und Rudolf. Ausserdem ist der letztgenannte Sigfrid schon 1069, 1071, 1074
und 1079 nachzuweisen*^) Er kann also füglich als Sohn des von uo« ab
Stellvertreter im Konigsgau angenommenen Grafen Sigfrid gelten , wiew<(^
Bodmann ihn zum Sohne Ezzo^s macht.
Haben wir aber damit in Sigfrid einen Grafen des Niddagaues und insl
sondere von Nürings entdeckt, so dürfte sich nebenbei auch wohl die alte Frag«^'
nach der Herkunft des ihm von Vogel zum Sohne gegebenen Erzbiöchof»
Sigfrid L der Losung naher führen lassen. Dass man diesen so beharrlich^)
einen Eppensteiner nennen konnte, wird in erster Linie vermutlich daher kommeSt
dass der zweite Träger dieses Namens auf dem mainzer Erzstuhl wirklich ein
solcher war* Es kann aber ebensogut daher rühren, dass man in späterer Un*
kenntnis des Sachverhaltes für eppensteinisch ansah, was von Ilause aus nürtogtucb
war, da die nttringische Erbschaft teils auf Falkenstein, teils auf Eppstein ge-
kommen war.*) Und dieser Meinung mochten wir sein, indem wir die Ver-
mutung aussprechen« dass Erzbischof Sigfrid L ebenfalla dem Geschlechti! derer |
von Nürings zuzuzählen sein werde. Wir vermögen diese allerdings nur dureh
deüaelben Eintrag in das bleidenstater Register zu stützen, den Will®) für seini
Vermutung, dass Sigfrid eppensteiniscber Abkunft gewesen sei, herangezogra
hat: „A. dorn. MLXX VII dominus Sifridus archiepiscopus dedit nobia pro annU
versario parentum suorum XII marcas, que cedunt de curia sua in Huste.* ^
Aber da wir nachgewiesen habeöi dias der Name Sigfrid zu dieser Zeit niohl
eppensteinisch sein kann, so dürfen wir in Höchst, das niemals eppensteiniM!lii
war, nilringi»cheu Besitz *«« w>irf»'n, Di»im t^s ist di.ch aniunehmeo, daas dei
f
«) llheinjc^ Altert. 57«. - ') VVUl, K<>^^t4iji l, ili^ Kr. H». ^ *j Saoer I. S8
Kr. ISTT TO, Nn 28; Will, Hon. BL 16. Nr. W, 20, Nr, a. • ») Um PtofMPor Otto
Bieh a*rattf »ttftn^t»fi*w. Uj»»! äucH Tlii»ocl. Lindiiitr, Allf.d#«la^o Biofrafikic. L«lp«. IStt. ;
U, 258 noch di« cjiptteinterhi. Abkunft Si$(M\ l^hmufitot Rr K mim Rotli. Qmmh. A^
«. *. «*. I .g Antn 2, in IImü« •^invr V«irgäiifirtr. - •) Itodoiftoii, Uhrnng. Altart. ^'
, t, LVI. ^ W;U, Mati. 111 I«. Nr A« ; St^tr I, W, Kr. %ln, m. i
8T
t Erzbischof vom FamlHeDerbgut das Seeleugodächtnis seiner Vorfahreu bestellt
'haben werde. Ausserdem will uns die Wahl Bleidenstats für dies Gedächtnis
bczeicbneod erBchcinen. Hierher hatte die ^domina Adeliod, vidua Bertboldi
comitia" im Jahre 1061 ihren Hof in Patersberg gestiftet/) Dieser Berthold
aber, der im Jahre 1042 und 1043 vorkommt*), muss der Zeit nach ein Bruder
[des vorhin genannten Grafen Sigfrid sein. Es ergibt sich also die Möglichkeit,
daes er der Vater des Erzbischofs Sigfrid I. war. Ihm, der Mutter und früheren
kVorfahren ein Gedächtnis, zu dem er in seinem vielbewegten Leben bis dahin
f'iiicht gekommen sein mochte, zu stiften, dazu konnte diesen offenbar nur der
Gedanke bewegen, dass er zu dieser Zeit flüchtig von seinem Erzbischofssitze
Iund ungewiss über seine Zukunft sein Haus im Geiste der Zeit auch nach
dieser Seite hin bestellen müsse. Betrat er doch auch von da an die Heimat
Dicht vrieder, sondern starb 7 Jahre später in Thüringen.^)
^ b. Tuto IL und IIL Udalrich L
\^ Genug. Wir meinen mit diesem allem, ableimend und Neues setzend, aus-
reichend dargefehan zu haben, dass die Verbindung des Hatto-Trutwin^sehen
oiit dem Eppenstein-Idsteiner Hause sich nicht an den Namen Sigfrid^s knüpfen
i^Basat. Die Brücke zwischen beiden ist uns vielmehr der Name Udalrich,
^^BDesaen idstein-eppensteinische Herkunft erscheint, wie sich alsbald ergeben
IHboHi durch die Folgezeit gesichert. Seines Vorkommens in der Königsaundra,
unabhängig von dem Hatto's, haben wir schon zu zweien Malen früher gedenken
müssen. Wir hatten bereits aus dem Besitz der Träger dieses Namens auf
reine gewisse Familienverbindung mit den Hattoen schliessen zu sollen gemeint,
I^P^un aber begegnet uns der Name Udalrich im Hatto-Trutwin'schen Hause
Vaelber* Wir fanden 1052 „Dudo comes et frater eins Udalrich*' als Zeugen
"Angegeben,^) Vogel^) glaubt diese ohne weiteres als Nachkommen „Drutwin's IH/
bezeicknen zu dürfen. Das erlaubt ihm aber weder ein ausdrückliches gesehicht-
^icbea Zeugnis, noch der Name Tuto, der in diesem Geschlechtsalter an die
itelle desjenigen Trutwin^s tritt und von da bis zu seinem Erlöschen noch
Bweimal mit dem brüderlichen Trutwin's erscheint. Vielmehr ist gerade dieser
letzteren Thatsache wegen anzunehmen, dass Trutwin IL nach dem Jahre 1035
foder 1040 ohoe mUnnliche Erben gestorben war, und die Nachfolge im Gau-
rafentum, nachdem wir sie im Jahre 1052 in den Händen seines Bruders
Cmbricho gesehen haben, auf die Nachkommen seines Geschwisterkindsvetters
Tuto IL überging, der, wie wir oben erwähnten, im Jahre 1005 mit seiner
jjHATutter Kotrude die Einwilligung zur Stiftung seines Vaters, Tuto L, für ein
^H'amilienseelengedächtuis gab, und, wie wir nachher möglich sein liesseD, im
Jahre 1040 gefallen sein mochte. Von diesem nun muss behauptet werden^
lass, w'io er der Vater Tuto's lU. und üdalrich's ist, so auch um des Namens
pieses seines zweiten Sohnes willen der Gemahl einer idstein-epponsteiniachen
Itandesgenossin sein wird. Denn von Udalrich L, wie wir ihn als den ersten
*) Will, Mon. Bl. 15, Nr. 51; Sauer I, 55, Nr. UO, 5K - *) Vogel, Böiohr. 195 f.
Will, Regestoii 1,212, Kr. ia5j 217, Nr. 163. — *) 8; Anm. I, S, 32. — *) ßea<5lir, gdS f*
riiii
38
dieses Namens in der gaugräflicben Familie nennen müssen, verzeichnei; der
bleidenstater Abt im Jahre 1057 : „Udalricho comiti vendidi equum pro XVI
marcis, pro quibus comparavi agros nostris conterminatos in Auroffa.*^) Nun
ist ja wahr, dass^diese Worte nicht ohne weiteres von einem Tauschgeschäft
berichten müssen. Erwägen wir aber, dass AurofF der nächste Nachbar Idstein's
ist, so müsste doch wohl ein ungeheuerer Zufall walten, wenn der Abt bei
dieser Gelegenheit gerade hier Güter erworben haben sollte, wo wir in nächster
Nähe den Sohn Udalrich's als Grafen später finden werden, wo noch dazu ein
idsteinischer Burgmann „Eginolf von Eythichenstein^, genannt Musilin, mit seiner
Gattin Justitia 1253 eine Schenkung von seinen Gütern zur Beleuchtung der
Martinskapelle in Bleidenstat macht.^ Wir haben deshalb wohl ein Recht,
auch hier, wie bei Wigger, Embricho und Hugo von Wiesbaden, das Kloster
als Güterbank und den Grafen Udalrich als Verkäufer eines Besitzes in Auroff
oder auch in idsteinischer Markung zu erkennen, der uns ihn als idsteinischen
Besitzer enthüllt.
Damit aber kein Zweifel darüber sei, in wessen Händen sich ehemals
dieser Besitz befunden habe, ziehen wir aus demselben bleidenstater „Registnim^
die Aufzeichnung zum Jahre 1024 heran. Diese besagt: „Dominus Rutgerus
tradidit nobis curiam suam in Itigisten, ut agatur eins memoria.^') Der Name
Rutger ist sprachlich derselbe mit Ruger.*) Ein Ruger aber hat sich uns schon
oben samt dem Bruder „praepositus^ Udalrich nach 927 als Enkel des Grafen
Udalrich ergeben.*) Rutger hier gehört demnach demselben Geschlechte an.^
Da nun die Bestellung des Seelengedächtnisses auf ein höheres Alter schliessen
lässt, so muss Rutger Tuto I. gleichalterig gewesen sein; und das legt es
nahe, in ihm den Schwiegervater Tutors II. zu erblicken. Freilich war Rutger
nicht in unmittelbarer Geschlechtsabfolge der Nachkomme jenes Grafen Udalrich,
der mit seiner Gemahlin, wie wir sahen, in Wildsachsen und Hausen Schenkungen
an Bleidenstat gemacht hatte, aber er war der Nachkomme der Enkelin beider,
Vodilhildis, die offenbar mit einem Ruger oder Rutger vermählt war; und es
wäre nicht unmöglich, dass dieser Inhaber idsteinischer Besitzungen gewesen ist und
letztere infolge seiner Verbindung mit der Erbtochter Udalrichs mit denen bei
Eppstein vereinigt hatte. Der Name unseres Rutger wäre dann Bürge für
diesen urväterlichen Besitz.
Von seinem mutmasslichen Enkel Udalrich I. dürfen wir nun aber auch
Wühl sagen, warum er 1057 ein Pferd in Bleidenstat erhandelte. Unmittelbar
vor dem diesen Handel bezeugenden Eintrag steht der andere des Abtes:
„Dcdi Herdeno VHI niarcas, quando in Saxoniam profeetus est, de quibus
habcmus ceusum III solidorum de curia sua in Gisinbeim."^) Nun berichtet
') Will, Mon. Bl.;i5, Nr. 50. — ^) Vogel, Beschr. 570. — ') Will, Mon. El. 13, Nr. 16.
— ') Vgl. Förstemann 1, 727 f. — ^) Siehe S. 17. — ®) Freiherr Schenk von Sohweins-
bcrg hat seinen Irrtum, Rutger zum Bruder des praepositus Udalrich gemacht zu haben (Korre-
spondenzbl. 1874. 68 und in der beigegebenen Stammtafel), stillschweigend verbessert in den
., Mitteilungen des hanuuer Bczirksvereins*^ 1880, Nr. 6, S. 25, wo er gleich uns Rutger einen
Nachkommen Ruger's sein lässt. — ^) Will, Mon. Bl. 15, Nr. 49; Sauer 1, 55, Nr. HO, 49.
Proficisci ist hier deutlich das ahd. reison, wovon reisa iter und cxpeditio militaris, daher auch
mhd. = ins Feld ziehen. \^\, Graft' 2, 524; Loxer 2, 395.
39
Lambort von Aachaffeiiburg in seiuem Zmtbuclie, dass die Sachaen auf Äaatiften
Otto's, dea natürlichen Brudora des soeben verstorbenen Markgrafen Wilhelm,
sich 1057 verschworen hatteo, nicht bloss Otto an dessen Stelle zu setzen,
sooderD auch den 7jährigen König Heinrich IV. ans dem Wege zu räumen
und ihrem in Aussicht genommenen Markgrafen die deutsche Ktmigskrüne auf-
zusetzen. Die Reichsregierungj davon in Kenntnis gesetzt, läsat den jugendlichott
K«jnig früher nach Sachsen aufbrechen. Dieser eilt, io Merseburg den Peter-
uud Paulatag (20. Juni) zu feiern und dort die sächsischen Fürsten zu einer
Beratung zu treffen. Als man nun dorthin zieht, ein jeder nach seinem Ver-
mögen umgeben von einem grossen Heerhaufeo C^P^"^ ^^^ singuli copia magna
militum manu stipati"), geschieht es^ dass die Vettern dos Königs lirun und
Ekbert durch Zufall in den Haufen des dem Königshof zueilenden Otto geraten.
Es entspinnt sich sofort ein noch von eigener gegenseitiger Erbitterung geschürter
Kampf, in dem Brun und Otto sich einander durchbohren, und Ekbert, obschon
verwundet, die führerlose Sachsenschar zur Flucht treibt, sodass diese, ihres
Bannerträgers beraubt, nichts weiter gegen den König zu unternehmeu wagen.^)
Sollte es da zu viel gewagt seinj den Pferdeakauf mit diesem starken Zuge
nach Sachsen in Verbindung zu setzen?
Und wenn wir nun gar im stände wären, die Geldnot Udalrichs, die ihn
zur Veräusserung von Grundbesitz veranlasste, zu erklären! Mae hat seit
Weock angenommen, dass unser Udalrich derselbe mit dem schon oben er-
wähnten Udalricus, „Luitpoldi Magontiensis Episcopi miles" sei, der wegen
Majestätsbeleidigung unter Heinrich HI. in die ßeichsacht gethan, längere Zeit
in Italien zubrachte, dann zurückgekehrt im Jahre 1052, durch einen Reichs-
tagabeschluss zu Mainz am 9, Juni gegen Entschädigung auf seine Ansprüche
an das „prediura Scerstein", das Kaiser Heinrich IL dem Michaels-Kloater in
Bamberg geschenkt hatte, verzichten musste, nach dem Tode Heinrichs lU,
aber sich gewaltsam in den Besitz der Güter setzte und deshalb am 4. April
1057 auf dem Reichstag zu Worms zur Erstattung des dreifachen Schaden-
ersatzes verurteilt wurde.*) Schou Wenck vertrat mit urkundlichen Belegen
die Meinung, dass die Bezeichnung ^Udalricus milefl qaidam" der Urkunde
dessen grüHicher Würde keinen Eintrag thue, und wir können seinen Belegen
noch die weiteren hinzufügen, dass auch Graf Adelbert von Calw unter die
„milites et fideles" des Klosters Lorsch gezählt wurde und Erzbischof Sigfrid I.
in einer Urkunde von 1074 vom Grafen Bertold von Ravengirsburg sagt:
„Bertüldus etiam comes Miles noster effectus est,"*'') Es hindert also nichts,
dass unser Grraf l'dalrich auch Vasall von Mainz für Güter, die er von dorther
zu Lehen trug, sein konnte. War das aber der Fall, so war der dreifache
Schadenersatz für das Schiersteio Entzogene wohl im stände, seine Kasse zeit-
weilig zu erschöpfen und ihn zwischen dem 4. April und 29. Juni zur Ver-
äusserung von Grundstücken in der auroffer oder idsteiner Gemarkung zu nötigen,
*) Struve, Rer. germ. acript. 1, 323. — *} Wenck, Histor. Ahli. 1, G6; Will, Ro-
gcsten 1^ 177, Nr. 2. S. oben Anm. 5| B. 35. SL-heuk v. Sohwcinaberg, Mitteilungen dea
banauer Bezirksver. G, 26. — ■) Cod. laur. 1^ 183; Guileiius, Cod. dipL 1, 37iK VgL übrigemj
fkuoh Wnitz^ Verfassungsgescli. 3, 457; 4, 216 t und 583,
40
Qin feiner Reiohtpflioht auf dem Zuge gegen die Sachsen in genfigen« Yon
einem Besitie dee gaugrftfliohen Hauses in Sohiersteiu wissen swv wneie
dflrftigen QueHen nichts, aber mit Recht bemerkt Schliephake: «das« üdal-
rioh nicht ohne Ansprflche auf das streitige Gut war, wird deutlich genüg dudi
die ihm frflherhin bewilligte Entsch&digung bewiesen.^ und wenn etwas die
ZngehSrigkeit Udalrich's lur kSnigsgauer QrafenfiEtmilie darthon möchte, so ist
es dieser Familienzug des hartnäckigen Bestehens auf ihrem Rechte nnd flu«
Übeneugung wider Kaiser und Kirche, den später der Burgban in Nassan
mit allen seinen Folgen in ein so deutliches Licht gestellt hat und den wir
schon froher bei Einseinen • des Qeschlechts wenigstens andeuten konntoi, so
Tieler Zflge gleicher Art in so viel späterer Zeit bis herab anf den, der dem
letiten tapfsren Nassauer den Thron kostete, nicht su gedenken.
Dagegen mflssen mr uns hier einmal fOr allemal dagegen verwalireii,
dass man noch länger unseren Orafen Udahrich mit dem berfichtigten Ratgeber
des Kusers Heinrich^s IT«, Udalrich von Oosheim oder wie ihn Lambert
▼on Ascbaifenburg nennt, yon Oosheim'), f&r dieselbe Person halte. IJnseras
Wissens hat Wenck diesen Irrtum in unsere Geschichte eingef&hrt, wohlweie»
Koh aber Udahrich yon Oosheim der Zeit wegen zu einem Sohne unseres Udsl-
rieh gemacht^, während Vogel*) und Schliephake^), letzterer nach
Art mit vorsiohtigem Yorbehalt, ihn ohne weiteres denselben sein
Lambert*s Oosheim ist ihnen, wie schon Wenck und nach ihm Bodmann^
fraglos Oosthmm bei Hains „in der Herrschaft Eppstein.'' Dieses OoaOeim
abw hiess su d«r Zeit, me Bodmann im Widerspruch mit sich selbst in dem-
selben Atem berichtet, Kuffstein und findet sich nach ihm noch 1115 unter
dorn Namen „castrum Cuphese.'' Jener Udalrich war zudem Ton Oosheim
oder Godesheim*) ; und noch viel mehr : unser Udalrich, wie sich alsbald ergeben
wird, im Jahre 1076« als jener Udalrich von Gosheim in den päpstlichen Bann
gothan wanL gar nicht mehr unter den Lebenden.
Dagegen sind wir berechtigt im Blick auf den oben uns bekannt ge-
wonlenen ^Udalrious prepositus in Ilornauwe'^ den ^Udalricus advocatus*,
der uns in zwei Urkunden des Erzbischofs Sigfrid aus den Jahren 1067 und
1071 als Zeuge begegnet, als unseren in Rede stehenden Grafen anzusprechen.
In der ersteren bestätigt der £rzbi:$ehof auf Bitten des Propstes Thiemo und
n ScruT«, Her. s*«» *^*rii^' U SS4 f.. 367, 416, 4^0, 423. — *) Eist. Abb. 1, S7. —
*^ lW*^hr. 2*3. - '> l, l». - *^ Khein^. Alt*«. 602. — 0 I>*n S^chTerbmlt hatte beraito
Sohmiiiv« AnBdüen 3, 2, 10 erkannt« und Floto» lithk'*t. Kaiser Hemrich*s IV. and seines
Xeitaltvr* l. 3>^7 e« be»ie»en, Um« iuvio^heim an der Weser oberhalb Höixter die Heiaat
jeaM Vdalrieb sei. da die :>a^'bsen ihn im S|K>tie .Rirter Yoa Goneshass* nannten, mdem sie
das liodesheim in ein inKle«hus umdaohivii. Wonu nun Schlieph. U 13& Floto bemiBgcla
jtt kCttoen meint mit der IVmerkun^: «Naoh ober\loutscher Aussprache bs Goabeia mnd Coa-
beim kaum su unterKrheiden« so konnte v\^eim als Gv^eiai t erstanden und für Gottcabeni
^seut aerxiea*. i\« ist ^rade das Gec^utvil rix^hti^:. Oas sv'hart" icespnx^bese vetsfUmehe G
(iel in das sUddeut^K^be Obr Lambreobt's als K v^'^ und k« scbuf er «ein irrefübreadea Coa»
beim V«i diesem su i\*<ibeim t*5 au<>er\iem n\^*h ein of^aln^rer S-rhri:?. des sirb kcäw
Mundart tr>M4 aller Lie^e lur tWeb»iabe««erseuutt^ erUubi: s »:rd nie $«.
41
Am StiftoB 8. Peter seu Mainz dessen Stiftiuig durch seiuen Vorgänger Fridrich,
iDsbesondere die Schenkung der Kirche zu EUville und der Dörfer Walluf,
Steinlioitri, Kiednch, Erbach und Uattenheim,*) In der letzteren gibt er seiue
(jenebmiguog /m dem Spruche des auf der Lützelau unter dem Vorsitze des
Grafen Ludwig abgehaltenen Gaugerichta, durch den die von der Matrone
Hiltrudis und ihrem Sohne unter Zustimmung ihres Vormundes, des Grafen
Ludwig, dem Stifte S. Peter zugewendeten Schenkungen in Winkel, Eibingen
und Lorch bestätigt werden.*) Ausserdem wird es unser Udalrious sein^ der
IQ der Urkunde desselben Kiruhenfürsten vom Jahre 1070 mit einer ganzen
Reihe anderer Grafen, unter diesen auch dem hier nur nicht mit Bruder be-
iseichneten „Dudo", bezeugen hilfl, dass schon von Erzbischof Lupoid dem
Kloster S. Jakob in Mainz die zu den Zeiten des Erzbischofes Bardo erbaute
Basilica des h. Nicomedes geschenkt worden sei.') Weiter ist auch wohl kein
anderer als der unsere jener ^Vodalricus coraes", den wir in der Mitte «wischen
den Grafen Rudolf und Erkenbrecht 1072 als Zeugen bei der Bestätigung
des Besitzes der erzbischöflichen Höfe im Erzstift seitens des 8. Peterstiftea
durch den Erzbischof Sigfrid antreffen.*) Endlieh wird ein Udalricus in der
von Kindlinger nur unvollständig überlieferten Urkunde von 1074 genannt,
in der abermals Erzbischof Sigfrid bezeugt, dass Walther und dessen Bruder
Bupertf Dieustleute seiner Kirche, den Klosterbrüdern zu Bleidenstat zum eigenen
Seelenheil alles geschenkt haben, was sie zu Gonsenheim im Nahegaue in der
Grafschaft Emicho^s besassen.*) Von w^eltlichen Zeugen finden sich in ihr „Emicho
comes", nach einer kleinen Lücke „Bertolfus comea et frater eius Sifridus"^
nach grösserer Lücke ^Uermanus comes Udalricus", hierauf nach kleinerer
„Eberhardus Erabricho.'* Da Udalrich neben fast sämtlichen Zeugen früher
vorkommt, so darf kein Zweifel sein, dass hinter ihm comes ausgefallen ist;
wir ihn also für den unserigen erkennen dürfen. Von nun an aber verliert
pich jede weitere Spur und wir können sein Ende mit um so grösserer Zuver-
iicht zwischen 1074 und 1076 ansetzen, als wir schwerlich mit der Unterstellung
irren, dass er bei der Ausrichtung des Begräbnisses und Beelengedächtuisses
lur seinen Bruder Tuto in dem zuletzt genannten Jahre, wovon oben die Rede
w^ar, schw^erlich gefehlt haben würde, wenn er noch am Leben gewesen wäre.
Damit bescheinigen wir aber auch den Tod dieses seines Bruders Tuto II L
im gleichen Jahre mit dem Bedauern^ dass uns ausser der vom Jahre 1052
und der vorhin entdeckten vom Jahre 1070 jede andere Spur von seinem
Dasein fehlt.
■) Sfttter 1, 68 f. — ') Ebenda 1, 70 f. Sauer irri aber, wenu er ttn Regest der
Urkunde Ludwig auüb zum Sohne der lültrtidiB tnaolit Will, Eegesten 1^ 195, Nr. 65 hat^
»ie wir, dem Texte entsprechend, ^Vormund*' gesetzt — *) VVill, Rcgeaten 1, 192, Nr. 5H.
Atmal. 12, 3. — *) JoannU, Rer. mog, 2, 579; Sauer 1, 71, Nr. 129. Die von erste-
au den Kand gesetzte Lesart: „ludict, X yel a, MLXXVIl*' erweiat »ich nach uösorem im
Texte auBgegprocheneD Vermuten über die Todeezeit ITdalrich's als irrig. Es ist deshalb zuviel
Voraiclit Wiir», Kegesten 1, 195» Nr. 70, dieselbe in Klammern zu mederholeu. — *) Will^
Mun. BL 20, Nr. 6.
48
5* Trutwiu III, uud Tiito IV. von Laurenhnrg.
Da wir iu dem Voranstelieadeu die Anfange der Verbindung JeT
gniflichon Geschlechts der Köuigasuutra mit dem eppstein-idsteiniacheu
gewiesen glauben^ wenden wir uns jetzt wieder dem erateren zu und hfl
vsunächst von den Söhnen dos zuletzt genannten Tuto III. Wir erfuhren
Namen schon bei der noch oben angeführten Bestellung der LeichenfeierUcI
für ihren Vater. Trutwin III, als der Besteller derselben wird ohne weil
als der altere gelten dürfen, und sein Name iat ohne Zweifel mit Rücksicht da
gewählt worden, dass er die Ansprüche der ursprünglich Trutwin'schen
Schaft zur Geltung bringe, Tuto IV* als jüngerer setzt den väterlichen Na
fort. Von Trutwiu III. kannte man seither nur das eben Berichtete,
haben aber wenigstens seine Zeugenschaft im Jahre 1081, die wir schon
bei Beurkundung des Grafen Sigfrid zur Sprache bringen mussten, hfi
zusetzen.^) Dass er dort als der erste nach dem mainzer Stadtpräfecten Qe|
verzeichnet ist und sogar dem Grafen des Niddagaues, in dem die Schenl
geschieht, voransteht, lässt neben seiner gaugräflichen Würde seine ansehnllcB
Stellung hervortreten. Mit Tuto IV. erscheint zum erstenmale die Fa
nach einer Burg genannt. Es ist im Jahre 1093, wo er genau in der
14 erlauchten Zeugen als ^Dudo comes de Lurenburg** bei der Beurktind
der Stiftung des Klosters Laach genannt wird.^) Ihn zum andernraale
auch sprachlich ungewöhnlichen Form „de Lurenburc Dudo comes* als Zeii
in einer Urkunde von 1105 nachweisen zu wollen, wie Kremer'') und nacE
ihm Sehliephake*j versucht haben, ist leider vergeblich, da wir dles^
gefälscht bezeichnen müssen.'^) Dass Tuto aber 1093 ohne seinen Brude^
*) Siehe oben Anm. 2, S. 36. — ') Vgl. AnimJ. 24, 128. — *) Orig;, Naaa. l,
*| l, 153. — *) Vorjib ist schon düB Jahr 1103 un sich ein Fehler» wie die Einflichtajüiina
von beidou Gelehrten angerufenen, leider einzigen Quelle, Trithemü Chron. sponhcim,, opp
hUt. 2, 240, sofort ergibt. Denn wenn dort angegeben ist: „MCV, Indictione tertia. XI
l^ndas Septembris^ — Ooerz, Mittelrhein. Regest 1, 486, Nr. 1771 liest irrig 1115
widerBprieht die ludiction der JaKreszahi. Das Jahr 1105 hatte die indict. XIll. Nimnil
aber an, dass , tertia" oder III Versehen für XIII sei, sodass 1105 gemeint gewesen wi
ist dem die Tbatsache zuwider, das« dan Kloster Sponheim, dessen vogteiliche Verhalt
Urkunde regeln wiU, erst Yom Jahre 1118 ab Tom Grafen Meginbard Ton Sponheim,
Aussteller der Urkunde, der Vollendung seines ßaues cntgegengeführt worden ist, na
der Vater Stephan (| 1118) es 1101 su bauen begonnen hatte, Trithem. 237 f. Kr
26. März 1124 wird der Bau den Ton Ersbisohof Adelbert von Mainz datu beorderten 8 |
Stern und 4 Conversen aus dem 3. Albana- und S. Jakobskloster in Mainz, beide Bcnedtk
ordcns, vom Grafen Meginhard übergeben, Tri t kern. 238. Lässt man aber 1105 ciin
solches Versehen sein, wie das Jahr 1225 der alsbald zu nennenden kaiserlichen Uri^
das für 1125 steht, und behält die ind. III als richtige bei, wie dies Goerz gethao Ha
wtlrdc das Jalir 1125 herauskommen. Aber auch das widerspricht den Thatsachen* Trith«
miu« führt der ausdrucklie heu Zeitreihe nach zuerst die Urkunde an, in welcher Graf M«
liard dem Erzbischof Adelbert das Kloster am 7. Juli 1124 übergibt, sodann die in
siebende mit der Regelung der Vogteirechte und endlich die Urkunde Kaiser Hein
vom 26. UUrz 1125, worin die Rechte de;« Elostors bestätigt werden, und die Übergab«
Urkunde (Ibcr die Vogtotrechte an den Abt ausdrdoklioh boscheinigt wird. Wie ktVnnie [
also vom 2U Aug. 1125 gegeben tein^'' Wir dürfen ja dem Oesch ich tschr eiber TritHi»!
Zeuge auftritt, achoiut mit eiuigcr Sicherheit darauf öchlieasou zu lassen, dusa
dieser damals nicht mehr am Leben war Und schauen wir uns in der Zeit-
geschichte um, 80 rauchte der Grund hierfür in deaseu Teilnahme an der Be-
lagerung Rom'a durch Kaker Heinrich IV. in den Jahren 1081 — 1084 zu suchen
smo, die manches edle deutsche Leben kostete. Ist aber Trutwin eines frühen
Todes gestorben, so hat er auch keine Kinder hinterlassen. Jedenfalls wird
der soviel länger lebende Tuto nicht kinderlos geblieben sein. Und wir haben
wohl um so eher ein Recht, ihn für den Fortiiihrer des laurenburgischen Stammoa
zu halten, als er nach der genannten Urkunde von 1093 der Bekannte des
Grafen Walram von Arlon war, dessen Enkel, ^Graf Walram paganus'* der
Schwiegervater des später zu nennenden Grafen Ruprecht von Laurenburg
werden sollte. Indem wir aber damit unserer Annahme in der Abhandlung
über ^die schönauer Überlieferung*)" eine neue Stütze geben, bestätigen wir
nur, dass sich bei Fortführung des laurenburgischen Hauses durch Tuto IV,
wiederholt, was wir bei Tuto iU. zu unterstellen hatten* Auch seine Söhne
nennen sich Trutwin und Tuto, der erstere als vierter; der letztere als
fünfter dieses Namens.
wie wir Annal. 24, 156 ff. Baheo unil bei den anderen zu sehen »t, die wir zu unserer tmclt-
träglioben Oenugthuung bei Will, Regest, I, 234, Nr. 55, als Verurtci]er des Abts icusammcn-
geßtellt finden, viel zutmuen in irrigen und Terwirrten Angaben. Aber eine solch© rbereilimjj
würo doch etwa^ zu stark. Nehmen wir aho zu seiner Ehre an^ dasa er oder sein Heraus-
geber Froher sich aowolii im Jahre als der Indiction geirrt habe^ ao würde, wenn wir statt
iad. JIL iod. 11 setsen, aich das erträgliche Datum: 1124 lud. II, XU Ka). sept. ergeben nnd
die Urkunden Tom 7. Juni 1124, 21. Aug. 1124 und 26. Mai 1125 sacb- und zeitgeuiäss ein-
ander folgen. Aber selbst dieser Besserungsvorsehlag ist umsonst. Denn die Urkun<Ie legt
an üich ein Veto gegen jedes Datum aus dem 12. Jahrhundert ein. Goerz und der von ihm
angerufene Lehmann, Gesch. der Grafschaft Sponheim, haben dies bereits geahnt, wenn üig
die Urkunde „stark interpoliert^* nennen. Sie wären aber schon verptitchtet gewesen, auf
dreiste Unterscliiebung zu erkennen. Denn wie wäre es möglich gewesen, dass Graf Megin-
hardf der Stifter des Klosters, sieh zu der Bestimmung hätte hergeben sollen, dass die ihm
und seiner Familie im ältesten Gliede vorhehaltene Yogtei des Klosters Iboi und dieser sollten
abgenommen werden können, wenn Übergriffe des Vog^te« nach dreimaliger Vermabnung des
Ensbischofs tou Unln/. ungesübnt blieben, nachdem der Graf bei Obergabe des Klosters an
den Erzbischof nicht bloss das Verbleiben der Vogtei bei dem Ältesten der Familie, sonderu
sogar eine etwaige Auflüsung des Klosters sich ausbedangen und nur zugestanden hatte, dass
der Erzbischof bei etwaigen Üborgriflfen den jeweiligen Vogt „corrigere ac ad emendatloiiem
cogorc" dürfe. Und nun winl gar noch der Älteste des damals noch gar nicht vorhauderjen
kreu£naoher Zweiges der Familie als Rechtsnachfolger Meginhnrd*g genannt und diesem zu-
gemutet: ^Ad placitum publicum in terminis monaj^terii non sodebiti nisi ab abbate fuerit in-
uttatui*^! Alles Dinge, die ron dem späteren Unabhängigkeitsgelüste des Klosters aurecht ge-
schnitten wurden. Und nun die der Urkunde beigegebenen nächsten Zeugen nach den Pröp-
sten Tpon Diasibodenberg und Schwabenheim: .,Goswinus de Lurburk, Dudo comes, Ernestus
rieedominus** etc.! Wie könnte da nach Kremer *8 Vorschlag hinter Goswinua ein Komma
gesetzt werden können, sodass derselbe ohne Bezeichnung bliebe. Ein ^Qoswinus de Lurburk**
aber ist ein Unding und darum ^Dudo oomes'^ eine ebensolohe Erfindung. Wie wir aber nach
allotn diesem die ganze Urkunde für fnitergcschoben erklären müssen, so möchten wir auefi
die ilir bei Trithemiua folgende Kaiserurkunde für gefÄlMcht halten, und nur ungern ver-
sagen wir uns die Begründung dieser Behauptung, da sie ausaerholb unserer gogenwärtigen
Aufgabe liegt.
*) Annal. 24^ 128.
düaiK
u
6. Trtitwiti lY. und Toto Y. Stiftung der Propstei LIpporn«
ken VerselieiÄj-j
geseUoeato^HMi
der Stelle dri^V
An»* .
Dio Geschichte dieser beiden ist mit BeDutzimg der dürftigen Quellen iO
MisfAhrlich in der gedachten AbhaudluDg dargestellt, dass wir hier AUf äe
voTEichteD dürften, hätten wir uns nicht in zwei Punkten eines starken VerselieM
schuldig gemacht. Wir gingen, was den ersten betrifft, leider
Auges wie unsere VorgilDger und durch sie mit verleitet, an der
Urkunde Tut^^s V. über die Stiftung Lipporn's vorüber, die uns das Stiftangt» V
jähr annähernd eu bestimmen ermdglicht. Dort steht ausdrüdclich die
sehiaggebende Bezeichnung von Lipporn, dass es «in comitatu Luduwiei*^ g&legon
•ei*); und wir köunten nur dann bei unserer früheren Annahme bleiben, wenn
miter diasem Ludwig der dritte dieses Namens, der Gründer des Kketers Ara^
sieb, verstanden werden konnte. Das aber wäre nur möglich, wenn er ab Mind
jilirigir die Qmiignifeehaft innegehabt haben würde. Denn beim Tode
Bnbisebofes Btimo vonlMir am 84. April 1124, unter dem die Urkunde
geAusI iai, war Ludwig UL erat 15 Jahre alt, da er 1 109 geboren tst.^ Nns
kfMunil es ja vor, dass bei d^ Erblichkeit der Oaugra&dialfen aneh eiii Miaihif^
^dir%er $h Ttmlargraf eraeheint Wir lernten selion oben den aohtjährigeo Onfiu
Otto ?nii Woran kenoea nach der Urkunde Tom 6, Mi» 956, wo ea beinl:
,b pago Nahgowe in Focesto dosIto, Ynoeago nominale^ in Oontitattt OHmus,
Pilti Cnooradi daeia,*^ Aber oiefat nur, daaa Otto ein Hanegpaolm war, ao
wird er aneh dealfidi als Sohn und damit demtKeh ak ICoderjUirlger beaeiebiiet
in unaerer Urkiindo fehlt dagegen die Beteichnung ,filü^. Wir koiwea dea-
iMlb mk gvimm ktiliaebeoi Oewiaaeo acbweriieh jenand aadert in den ange*
Mkrtes Werten ak Uiaber des Oaognfentaraa im Karieh Imeidiiel aeben,
ab Ledw% IL Ton iKesen haben wir wabradieiiifidi gtmmAk^ daas er am
Sa Mai 1113 gestorben ist*) Die GrüiiAtng des Kloslera Lippom kann dem-
il erfolgt aein uni der Morl l^ittvin's fialgevmse eoräl
wir nnft diese Zeit, ao will aieb nna im Jahre 1 107 ein
wo bereite der Ben nnd woU aadk der Mord TnttwinV
Denn ea ist in diesem Jahre^ daaa wir lEe Edelea dea
OeMrakjMde nm Bitto leiaaamell mImb. Avf Üir
dM QfftMH^g dea rjgwBertoft Amnatmer ClwitlietTPMMa (H|winpersbeeii) ;
mwHft beüitigt nnd nnfer den Zeegen Mika £e Lanreebnxger, wikreod «Ludov
ieAiteMm^ iwcmiiitn Wir dmdE«. dea ist kern ZttkU. DerBaim
ao Mi mMh i
üfkindM eiis dem Lebsa dos iwimlMB imaea Kireliea* nnd
BmUUbmfdUfmAim boMad^ ftetoBlM Bnmo aar im Awaü 1110 etn Bnbe^
pm^mdom«
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4B
ihm selber angekauften Gütern zu verbriefen.') Betrachten wir aber die
Zeugen der unter den Augen Bruno's ausgefertigten Stiftungsurkunde für
Lipporn: ,Tuto comes de lurenburg, Reginboldus de romersdorff, Henricus
corae8 de dyetsche, Anshelmua de Moloberg, Anafryt de tomedorff, Fredericu»
de Brubach, Wernherus de Asinhaga, Dietfryt de nistere, Winhart et Gerlach
de roiliggin, EIIo de lantroth^^, so sind das durchweg Edele aus der nächsten
Käfae von Coblenz, und es kann auch wohl kein Zweifel darüber sein, dass
Tuto das nahegelegene Coblenz benutzt hat, um dahin seine Mitzeugen aufzu-
bieten, da eine Reise nach Trier zu diesem Zwecke eine zu grosse Zumutung
für dieselben gewesen wäre. Überdies war Bruno's Thätigkeit für das coblenzer
Florinstife wie gemacht, um die Angelegenheit für eine Gründung zu Ehren
desselben Heiligen in Lipporn vorzunehmen. Zugleich haben wir wohl den
Abt Adelbert von Schaffhauaen, der in der Urkunde als Bittender mit aufge-
führt wird, anwesend und nicht minder als Aussteller der Urkunde zu denken.
Es scheint das nämlich aus der Schreibung „dyetsche* hervorzugehen. Das
ist alemannische Sprach weise, die uns nur noch einmal 1336 für das sprach-
gemässe ,,Dietse*' oder „Diedisse*' begegnet.*) Auf den fremden Schreiber
können aber auch ^Moloberg*^ statt Molsberg, ^Asinhaga*' statt des vermutlichen
Asinauga (Eschenau bei Weinähr), „miliggin" statt des in dem Texte selber
richtig geschriebenen inilingen, „lantroth^ statt Lautroth sehliessen lassen, wenn
nicht Lesefehler des späteren Abschreibers angenommen werden müssen. Dort
in Coblenz aber, das will nicht minder bemerkt sein, war auch der Ort, wo
Bruno, unbehindert von seinem schwierigen Domkapitel, von dem der Bann
über Trutwin ohne Frage erfolgt war, und bei dem er sicher noch in frischem
Andenken stand, dem Zuge seines menschenfreundlichen und verwantschaftlichen
Herzens folgen konnte. Es kam aber noch ein anderes hinzu, was ebensosehr
Tuto die Aufbietung so vieler Standesgenossen erleichtern, als Bruno noch
geneigter machen mochte, dem kirchlich anstössigen Willen seines Verwanten
nicht entgegen zu sein. Wir dürfen daran erinnern, dass in eben diesem August
des Jahres 1110 König Heinrich V. ein Heer von 30000 Mann sammelte, um
seine Kaiserkrönung in Rom wirksam betreiben zu können. Sollte da Coblenz nicht
eine Sammelstelle für die rheinischen reisigen Edelen gewesen sein, und musste
aich nicht auch Tuto unter ihnen befunden haben? Es wird das um so gewisser,
wenn wir in Tutors Urkunde lesen, dass er die Stiftung in erster Linie für
sein Seelenheil und dann erst für das seiner Yerwanten („pro antme mee et
») Beyer l, 4T9; Günther, Cod. dipL 1, 166» Mittelrhein, ürkundeobüch 2, 671,
Nr 463; Goerz, Mittelrhem. Regesten 1, 457, Kr 1634. — *) Wenn Yogol, Beichr 635
bemerkt: ^Ein Adeliger £Uo von Laudrotli kommt tllO vor*^, so kann sich dos doch wohl
nur unf unsere Urkunde beziehen, obgleich er diese S. 288 unbeatimmt zwischen 1102 und
1124 geachriebeu sein lägst Ebenso gründet sich seine Bemerkung ebenda 618: ^Ein Win-
tiard und Gerlach ?on Milingen erscheinen um 1110*" sicher nur auf unsere Stelle. Da er die-
selben Nachrichten worüieh schon in seiner ^Topographie** S. 72 und 85 auffuhrt, die er ge-
wfthnJioh in der gleichen Gestalt in seiner f,Beschr.^ verwertet hat, so hat er bei ersterer
offenbar andere Quellen benutzt, deren Kenntnis uns yorenthalien ist. Es muss dat um so
mehr beklagt werden, als sich seine Annahmen mit den unseren decken, ohne den gleichen
Quellen entnommen za sein. — ^) Kehrein, Noss. Nnmenbuoh 1, 162; FtSrstemann 2, 1144.
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parentum meorum salute^) macht. Das ist eines in den Kriege Ziehenden nach
der Sitte der Zeit Art« Er versichert seine Seele, wo der Leib in Gefahr Ut,
Und wenn er bei diesem Anlass seines Bruders gedenkt, zu dessen Seelenheil
er bis dahin noch nichts getban batte^ obgleich es ihm lange schon im Sinne
lag („ium diu deliberaui")» so gehört das erst reclit mit zu einer solchen letxten
Versicherung, zumal die Söhne des Gemordeten noch minderjährig, ja geradezu
noch Knaben waren. Und es war wohlgethan im Sinne des Zeitalters. Denn,
80 müssen wir. nun besser unterrichtet, schliessen, Tuto kehrte nicht \vm
von Rom.
Wir begründen das mit der Thatsache, dass 1112 ein fremder Graf tm
Königsgau auftritt. Ein Zeugnis nebenbei gesagt, dass, wenn wir uns nicht
der früheren ebenso massgebenden Yertretungen alle im Königsgau erinnern
wollen, man keinen minderjährigen Titulargrafen bei den Beurkundungen in
gewohnlichen Fällen zuliess. Schon Schmidt') hat die Urkunde dieses Jahren
herangezogen und VogeP), wie Schliephake^), haben sie in ihrer Weise m
verwenden gesucht, in der Erzbischof Adelbert von Mainz die Schenkung des
Allods der Witwe Cuniza ,in villa Wilibach in pago Cuniogesundera in eomitatu
Rudolfi comitis situm" an das Jakobskloster in Mainz bestätigt/) Sehliep*
hake in seiner irrigen Annahme, dass der Königsgau zuletzt geteilt gewe^n
sein möge^ und in dem östlichen Teile die Familie Udalriehs gewaltet habe,
will diesen Grafen Rudolf zwar auch diesem ^ Seitenzweige" zuweisen und
„zwischen die beiden Udalriche** setzen, aber derselbe ist erweislich Graf im
Kiddagau. Schon Bodraann^) führt im Stammbaum der niddagauer Grafen
zwei Yerschiedene dieses Namens im ausgehenden zehnten und ersten Viertel
des elften Jahrhunderts auf, und Ton dem letzteren dürfen wir eine Schenkung
zu seinem und seiner Qemafalin Seelenheile in Crnfcela im Niddagau namhaft
machen.^} Einen dritten Grafen Rudolf aber finden wir in den von uns oben
für Udalrich und dann für Trutwin LII. angezogenen Urkunden von 1069, 1070,
1072 und 1081, sodass gar kein Zweifel sein kann, dass der Rudolf des Jahres
1112 niddagauischer Abkunft sein muss. Begegnen wir doch noch 1238 einem
Rudolf unter den Grafen von Ziegenhain und Nidda.')
Nun wäre ja freilich ein anderer Stellvertreter für den minderjährii^'rn
Sohn des gebannten und dann gemordeten Trutwin aus dem eigenen llaui^v^ tu
erwarten gewesen^ Graf Udalrich von Eppstein-Idstein. Indes ihn machteo,
wenn wir aus den damaligen politischen Yerhältnissen schliessen dürfen, gerade
dietie zu der Zeit unmöglich. Ja, es wird uns erlaubt sein müssen^ um eben
dieser politischen Dinge willen eine Fntzweiung in der gaugräfiichen Famißp
anzunehmen, die Laurenburg von Idstein-Eppstein schied. Wir sehen Lauren«
bürg in der Person Tuto's auf Bruno's Seite und deshalb, da dieser auf Kaiser
Heinrich*« V. Seite stand, kaiserlich gesinnt, während Udalrich schon der
I
V) Antiftl. 3, 8, 108. — *) Betchr. 228. — *) 1, 136. — •) Snu^^r I, 95 t Kr. l«}'
Will, Kegoiton 1, 248, Nr, 129. — ") Rhcing. Altert. eOK — •) Will, Idon. B1. U, Kr»;
»Aurr 1, &4, Nr tlO» 89* ~ ^) Sorib», Regcsteu zur Landes- unil OrUgcsrh. dtn f]n>«tli.
Iletson. DAfiiist. 1849. 2, 34, Nr 432.
sioer Besitzuugea nach und vielleicht nicht weniger seiner Oemahlin wegen 0
l^u Erzbißchof AJelbert, dem erklärten Feinde des Kaisers hielt. Nun ward
gerade im Dezember 1112 der schon seit einem Jahre als Feiod verdächtige
^Adelbert auf drei Jahre in strengste Haft genommen.*) Wie hätte da sein
;er mit einem Reichsamt betraut werden können, der sicher in der
iinaxima militum eopia*^ Adelbert^s sich befand, über welche das kaiserliche
[anifest Klage fuhrt/) Allzulange wird diese kaiserliche Ungnade nicht ge-
• dauert haben^ zumal wir auch den Grafen Rudolf nur das genannte eine Mal
Iseines Stellvertreteramtes walten sehen. Will uns doch schon das Jahr 1114
[ein anderes zeigen, wenn wir, wovon nachher, üdalrich als Führer des gau-
ji-ätUchen Fähnleins im kaiserlichen Heerbanne vor Köln zu erblicken meineo.
Dies die eine Besserung unseres damaligen Versehens. Die andere ist
ivon ungleich geringerem Belange, aber die Gewissenhaftigkeit gebietet, sie nicht
'zu unterdrücken. Wir übersahen damals, dass in Bruno's Urkunde betreffs
des ,ias advocacie*^ der neuen Gründung ein ^ut prescriptum'' beigesetzt war.
Dieser Beisatz hat in der Urkunde selber keinen Anhalt, muss sich also auf
die Urkunde Tutos beziehen, in der die Rechte der Yogtei des neuen Klosters
jenau geregelt werden. Daraus geht hervor, dass nicht bloss die Stiftung, son-
iem auch die Stiftungsurkunde ihre, wenn auch verdeckte, Bestätigung erhalten
bat, sodass sie wenigstens als massgebende Beilage der Bruno'schen Klosterbe-
ItAtigung anerkannt ist. Ja, wir dürfen wohl noch weitergehen. Diese Beilage
stand, wie das „ut prescriptum' deutb'ch zu machen scheint, auf einem Perga*
nent mit Bruno's Urkunde und war, wie die sonst nicht gewohnliche Art, die
eitworter nach altklassischem Gebrauch ohne et zu verbinden, in beiden zeigt,
ron derselben Hand, die wir als die des schaffhauser Abts vermuteten* Au»
diesem Umstände mag sich auch ergeben, dass nur die Bruno^sche Urkunde
mit dem Namen der Zeugen versehen ist und das ^etQ,^ unter der Tuto's,
was der ^Hettung^ fremd ist, auf einem Zusatz des Schreibers der von Schliep-
Ibake benutzten „alten Copie" beruht. Jedenfalls verdient der Abdruck der
LRettung^ in diesem Stuck mehr Glauben, da das um sein Recht gegen Nassau
Bireitende Schönau nach WenckV) richtiger Bemerkung «,die Originalurkunden
Bern Richter vorzulegen verbunden* war. Wir werden hierin bestärkt durch
den am Schlüsse des Bruno^schen Schriftstücks gebrauchten Ausdruck: ^Testes
autem huius pactionis hie asscripti retinentur,* „Pactio* ist Vertrag und
^Jconnte daher von Bruno^s Bestätigung nicht allein gebraucht werden, sondern
^Betzt Tuto's Urkunde als die des Mitpartners voraus, und das selbst dann^ wenn
H^pactio'^ hier den Sinn eines zunächst geheimen Vertrags haben sollte, der erst
*iin Notfälle veröffentlicht werden dürfe. Den Vertrag zwischen Bruno und
Schafffaausen abgeschlossen zu denken, verbietet sich um deswillen, daaa letzteres
Ie<liglich dem Vertragsgegenstand eingeordnet war.
*) In der später xu besprecbesdeti Urkimde von 1 128 wird üdftlricli nicht bloss »eogna-
i^on f Adelbert f^enannt, sondern Ton seiner GemAfalin niekl nunder AHtdrücklicb
1 Site Idfttthildi« etiam cognate mee.*^ Gudenus, Cod. dipl. 1^ 761; Sauer
104, Hr. 11«. — »^ Will, Ilegegten I, 246, Xr. 27. — ^ Ebenda. — *) Qktor. Abhjuidl.
jiJM
48
Aber wenn dann anch Tnto^s Antrag die erzbiaehofliche WiUfaümuig ge-
Ainden hat, so wird die ganze Abmachung, wie wir ehemals herrorhabai, als
eine kanonisch nnregelmassige bezeichnet werden müssen. Und das seibat in
dem Falle, dass wir Lippom nach den Regeln des Benediktinerordens als blosses
Filiale, weO blosses Priorat, von Schaffhaosen anzusehen haben^X üi ihm also
eine blosse Erweiterung des schaffhauser Mutterklosters erblicken müssen. Denn
nicht nur dass die gewöhnliche Bestätigungsform umgangen ist, so ist gerade
in der Heranziehung eines firemden Klosters der Beweis einer Ausnahme ge-
liefert Oder hatte es nicht nahe gelten, dass das demselben Orden ange-
hörende Bleidenstat das Filiale übemonmien hätte, zumal es zur Yogtei Lauren-
bnrg's gehörte? Bleidenstat, das zudem die Beerdigungsstätte seiner Vögte
war? Dass es unbeteiligt bleibt, kann kaum anders denn als Ablehnung einer
an es gestellten Aufforderung gedeutet werden. Es muss also einen Haken in
der Sache gefunden haben, und dieser kann nicht der gewesen s&ii, dass lipjKmi
ausserhalb seiner kirchlichen Heimat, dem mainzer Sprengel, lag, denn auch
Schaffhausen gehörte nicht in den trierischen Machtbereich« Ausser der kirch-
lich bedenklichen Sache werden die wenig einträchtigen Beziehungen zwischen
den beiden Erzbischöfen Bruno und Adelbert mitgespielt haben. Der letztere
hatte mit Yerleumdungen und sonstiger Tücke nicht aufhört, bis er den wegen
der Jugend Heinrich's Y. von den Fürsten zum Obsorger des Reichs und SteU-
Tortreter des königlichen Hofes (,procurator regni ac Ticedominus regiae curiae)
bestellten Bruno von diesem Amte gebracht und sich selbst in dessen Besitz
gesetzt hatte.*) Bleidenstat aber musste es mit seinem nahen kirchlichen Ober-
herm halten, wie Tuto es mit Bruno zu halten beflissen war. Lippom war
demnach mit seinem Bestand lediglich auf die persönliche Gunst Bruno's ge-
wiesen. Nicht einmal, dass es, soweit wir wissen können, wie andere die könig-
liche Bestätigung erfahren hat. Gleichwohl stand es, wie wir nun mit ziem-
licher Sicherheit rechnen dürfen, unbehelligt seine Tollen 16 Jahre, bis es 1126
in die Abtei Schönau überging. Es will das etwas bedeuten, wenn wir bedenken,
dass ihm der Schutz seines weltlichen Gründers fehlte, derjenige von dessen
minderjährigeo Nachfolgern aber kaum in Betracht kommen konnte.
Soyiel Ton dem, was wir zur Berichtigung unserer Darstellung in der
«schunauer Überlieferung^ nachzutragen uns verbunden hielten. Wir können
damit aber noch nicht den Zeitraum verlassen, in den die geschilderten Begeb-
nisse fielen. Denn es ist aus dieser Zeit noch die Geschichte des anderen
Zweiges des königsgauer Hauses zu berichten, in die wir vorhin schon uns
einen Yorgriff erlauben mussten, da es den Ausgang des idstein-eppensteiner
Hauses darzustellen gilt.
7. Udalrich U. und Konrad von Idstein. Fdalrich III.
von Idstein-Eppstein.
Yom Tode Udalrich's L an bis zum Jahre 1162 fehlt uns hier alle Nach-
richt. Eine Urkunde dieses Jahres aber, auf die schon Kremer^) und 65 Jahre
') ^^gJ- Wetzer u. Weite, Kirchenlexikon 8, 771. — *) Brower, Annal. trer. 2, 5*
n. 7*. - ») Orig. Xää8. 1, SI5, Anm. 5.
49
später Schmidt-Steiner^) aufmerksam gemacht hatten, die jedoch Vogel*),
wie Schliepbake unbeat'htet liesaen, sodass Freiherr Schenk vob Schweins-
berg^) sie aufs neue in das verdiente Licht rücken muaate, bietet an erster
Stelle nach dem mainzer Stadtpräfecten Gerhard „Vdalricus et Cunradus,
frater eius de Etichenstein*'» Der Üispensator des mainzer S, Jakobskloaters,
Härtung, verbrieft io ihr die Verpfandung des Dorfes Roth und eines Mansua
in Schwanheira seitens des im erstgenannten Orte geborenen Besitzers, der
auch Vdalricua heisst, für 100 Talente an aeio Kloster samt allen daran ge-
knüpften Abmachungen p*) Die Zeugenschaft der genannten Beiden hierbei rührt
augenscheinlich daher, dasa Schwanheim, wie Schenk beibringt^), ein Vogtei-
lehen des Klosters an die Herren von Eppenstein war. Dass aber nach ihnea
nur Mitglieder des niederen Adels: „Cuno de Maoendale" und „Franco et
Hubertus de Birgestat** aufgeführt werden, bot dem des Sachverhaltes unkundigen
Herausgeber der Urkunde, Joannia, Anlaas, die beiden ideteiner Bruder, wie
Schenk richtig bemerkt, im Register cbenlalls dem niederen Adel beizuzählen.
Name und Ortsangabe aber bezeichnen sie uns unverkennbar als Söhne Udal-
richs I, wie als Grafen. Wir nennen doshalb den ersten und also wohl al-
teren von ihnen Udalrich H,, sehen uns aber genötigt, der seitherigen Annahme
entgegen, beide Brüder als Zeitgenoasen Trutwin's HI, und Tuto's IV. aufzu-
fassen und darum nur dieses eine Mal Zeugnis von ihrem Vorhandensein ab*
legen zu lassen- Denn unsern Udalrich II. mit dem bisher so genannten als
eine Person zu nehmen, würde soviel sein, als den letzteren zum Überleber
zweier lauren bürg' sehen Geschlechter zu machen und ihn von einem Vater
Udalricli L abstammen zu lassea, der bei seinem ersten Auftreten im Jahre 1052
schon ein gereifter Mann sein musste.
Wir gestatteo uns deshalb, den bisherigen y,Udalrich H." als Sohn unseres
Udalrich H. vom Jahre 1102 anzusehen und ihn Udalrich HI. zu nennen.
Dieser Name ist mit einem Berichte aus dem Jahre 1114 verknüpft, den wir
der Zeit entsprechend zunächst einer erneuten Prüfung zu unterwerfen haben,
so bekannt er auch aus Vogel's*^) undSchliephake's^) Darstellung, um Früherer
nicht zu gedenken, ist. Brower®) erzählt nach einem ihm zu Geaichte ge-
*) AiiDalcn 3, 3, 117* — •) tJnd doch kunnte er die Urkutide naoli Befl«Ur* 871, —
") Mitteil, des Hanauer Bezirkerer. 6, 24. — *) Joannis, Ren mog. 2, 805. — ") YenniitUcli
gestutzt auf Yogel, Besohr. 871. — ") Besohr. 204, — ^) 1, 139. — «) AnnaL trm. 2» 12».
Der bequemeren Nachprüfung unserer Darstellung wegen seteen wir den voUen Wortlaut des
Briefes hierher: ^Udalricma, coroitis üdalrici cliens militariSj proTinciam, quam Toeamtü Haanam^
conjuratis plerisque asäumptiaf inrasit liostiliter, et incolas alios membris foede truncarit^ alios
morte aßecit. Ät Uli, iit sunt efferi et iminanea, cum dato signo concurrunt undique ad auorum
necem injuriaeque vindicatidafli usque ad fluTium nostrum Loganam fitgientem hoBtcm inBceutL
»unt. Quare dirupti» et eursu fesais jumentia, cum onnttere fugam cogitur UdalrieuB, plerique
abjectis arinia pedites, ailva eos tegeute, perioulum fuga deelinarunt j caeteri in Ecelesiam liane,
telut ad asylum confugientea, dum altaria certatim amplectuiitur, geiii illa effrems in ipaum
manaiitenuni^ pateraetis vi elaustn», irrunipons^ nonnullo^j in Ecdesiae Binii eaptos, eorreptos-
que ad pocnam, nefarie atrarit et occidit. Quamohrem hanc inatani Baailißae, et 8. Oeorgio
Domino 8uo rim atque injuriam, ut cordi habere, et quanam poena pleeti violentoa ooiireiiiat,
dispieere Bruno velit, eomiuiiiiiter rogant et obtestantur**
kommeoen Schreiben der Kanoniker des S. Georgsstiftes in Limburg an dei
Erzbischof Bruno in Trier vom Jahre 1114, dass ein KriegsTasall de« Grafen
Udalrieh» selber des Namens Udalrieh, mit einem Haufen von Dienstgenossen
in das Gebiet von Habn eingebrochen sei und Einwohner desselbeu teils griai* r
lieh yerstümmelt, teils getötet habe. Die übrigen hätten sich hierauf, roh und
grausam, wie sie seien, auf ein gegebenes Zeichen zusammengerottet, am
Mord uud die ünthat an den Ihrigen zn rächen, und den fliehenden Feind bii
nach Limburg verfolgt, wo der Rest von ihm im Georgskloster Schutz gesuch
hätte, nachdem die andern unter Zurücklassung der zersprengten und ermüdeten
Zugtiere zu Fusse im Walde Zuflucht gefunden hatten. Hier hätten die Ver^
folger die Tbüren erbrochen und in der Kirche ein Blutbad angeriebteL Di(
Schreiber des Briefes bäten deshalb darum, dass Bruno die der Kirche und ihrem
Herrn, dem h, Georg, zugefügte Gewaltthat zu Herzen nehmen und ausfindig
machen wolle^ wie die Gewaltthätigen zu strafen seien.
Dass die hierbei genannte „provincia Haana*' nicht der Einrieb sein kSnoei
wie Brower und mit ihm Gebhardi annahmen, indem sie Einrieb zu nainricii
oder HAnrich umdeuteten, hat schon Kremer nachgewiesen.*) Doch irrt auch
er, wenn er, verfuhrt von dem Ausdruck ,,provincia^, auf die «Saynischen Lande^
rät, weil «in dieser Gegend noch jetzt mehrere Orte in ihren Namen das An
denken dieser Provinz behalten: Hayn oder Hahn, Langenhahn, Rotzenhahn.
Hellenhahn, Zinnhahn« *^ Yogel, dem sich Schliephake nach Gewohnheit an*
schliesst, hat diese Deutung benutzt, aber, obwohl richtiger „provincia* in
seit Tertullian') gangbaren Bedeutung von G^end fassend, ebenso willkürlich
auf die Gegend von Hoen, das ehemals Hana geheissen habe, beschränkt,^) Wäh<
rend er alsdann textgemäss den Zug des Dienstmannes Udalrieh deutete, lieas erl
sich später verleiten, einen Kriegszug zur Geltendmachung von Erbansprücheo
seines Grafen an das dietzische Gebiet zu vermuten. Nicht nur aber,
der Bericht hiervon keine Silbe meldet, so laast dieser schon seinem Wortlaut
nach gar keinen andern als einen barbarischen Mordzug zu, da nur von Ter*
itfinmeln und Toten der Überfallenen die Rede ist. Wir denken, die Saehe
Uegt sol Brower berichtet vor Erzählung dieses Frevels, dass Kaiser HeinrichV^
Itaeil seiner Vermählung mit Mathilde, der Tochter des Königs Heinrich van
EiiiglaDd, um Epiphanias 1114 in Mainz, sich zur Belagerung des anCstfindisobco
Köln angemacht habe. Da die Hoffnung auf Einnahme trog^ so wandte mdh
der Kriegssom, mit Brower zu reden, auf Verwüstung, oder vielmcV- -'' die
gAüsales Cokmienses*^) besser wissen, die Kolner verheeren die k hm
BfattzoBgen am Bhda, namentlich Andernach und Sinzig, im Attgust und
tooib^r« Und als es darnach im Oktober zur Schlacht zwischen den K *
qikI KSlMra bei Andernach kommt^ werden die aus Sachsen, Franken, A..: nea,
Baieni a^nd Borgiifidern bestehenden Ersteren aufs Haupt geschlagen« Wie mia<,
wmfl an diasem Zuge auch der Heerhaufe des Grafen Udalrieh, den wir Im
^> OrCf. Han* 1, 315. -- ") de snims c, 43, hn Du CsDg»-Hesie1iel S% 4IU^. — |
I, I, ICD f^ Bssolir. 294. - •) Moiu Oerts, i7, T4$ f,; Tgi 0«ert, MRtviribm.
I, 4«5, Mr. leri.
61
I
dieder Gelegenheit als Gaugrafeo />u denken hatteD, beteiligt gewesen wäre
und eine unter Führung des gleichnamigen Lehensmannes^) stehende Abteilung
auf dem Rückwege das an der alten Strasse zwischen Köln-Ltmburg-Frankfurt
Hegende Dorf Hahn im Amte Walmerod, mit seiner Umgebung das hahnisehe
Gebiet, die ^provincia Uaana'^') von den Briefschreibern gefaeissen, zur Ahndung
wegen etwa auf dem Ilio^ug verübter Gewaltthaten oder aus altem Nachbarhasse,
wie wir gleich begründen werden, oder aus einem noch viel triftigeren Grunde,
den wir später nennen wollen, überfallen habe? Es entspräche das dem, dass
der Bericht nur von Verstümmeln und Morden, nicht von Bauben erzählt und
gleichwohl, wie das die bei der Flucht erwähnten Zugtiere klar machen, Fuhr-
werke dabei sein lässt, die demnach nur das Heergeräte zu fuhren bestimmt
waren,') Überdies ist der im Anfange des Berichtes gebrauchte Ausdruck „con-
juratis plerisque assuraptis** nicht von Mitverschworenen zu verstehen, die üdal-
rich für seinen Mordzweck hinzugenommen hätte, denn ^conjurare** im mittel-
lateinischeu Sinne bedeutet: zur Vasallen- oder Hörigenpflicht rufen.*) Die
„conjurati^ hier sind also in Pflicht genommene Dienstmannen des Grafen Udal-
rieh. Besehen wir uns dabei den Vasallen Udalrich genauer, so haben wir
wohl in ihm denselben Mann zu entdecken, bei dessen Qüterverkauf an das
Kloster 8. Jakob „Vdalricus et Cunradus frater eins de Etichen stein'* erste Zeu-
gen nach dem Stadtpräfecten waren, und die nach ihnen verzeichneten „Cuno de
Manendale^ und „Franco et Hubertus de Birgestaf* Uire idsteinischeu Burg-
männer sein werden. Nun wird der Vasall „Vdalricus*, der damals (1102) noch
ein junger Mann gewesen sein muss, da er nach der Urkunde gegebenen Falles
eine Hörige des Klosters heiraten soll, als ein „de vico, qui Roth nuncupatus,
oriundus** genannt. Da sich in der Nähe Schwanheims, in dem Udalricus 4
Mausen vorkauft, kein Dorf dieses Namens befindet, der Verkauf in eraterem
yielmehr als ein besonderes Geschäft bezeichnet wird, bei dem neben dem Stadt-
präfecten Gerhard nur der Vetter üdalrich's, Almar, zugegen war, so dürfte
au Roth in der Nähe Hahnes zu denken sein, und dann wäre wohl der Nacli-
barhass, von dem wir vorhin als einer möglichen Ursache zum Überfall Hahns
redeten p in genügendes Licht gesetzt, ebenso wie die Grausamkeit auch dieses
1) Der Ausdruck ,^CUeDB militaris'^ begegnet nur hier. Soost bedeutet clieM allein schon
armiger, dann aber auch vasallug, Du Cange-Henschel 2, 397*. Beides wird also den
Kriegs Vasallen oder Lehensmann bezeichnen, und es wird hier in Betracht kommet}^ was
Waiti, VerraasxmgBgesoh. 3. 232 bemerkt: „Es ist nicht zu Kweifeln, dass die Vornehmen des
Reichs sich gerne, wie mit unfreien Dienern, die bewaffnet waren» so auch mit Vasallen um*
gaben, welche ihnen Schutz und Hilfe bei Terschiedcnen Vorkommnissen gewährten.*^ — ^ Ist
das Wort richtig gelesen von Brower, so ist seine ungewöhnliche Form bemerkenswert.
Das 12, Jahrhundert kennt noc]i keine Dehnung durch aa; aa ist ihm Zusammeneiehung aus
aha, wie liaal, Kesselhaken aus hahal^ Qraff 4, 772. Hier dagegen mQsste eine Zusammen-
ziehung aus aga, da der Käme vom ahd. hagan kommt, stattfinden. — ^) Dass unter den
^utnenHs** zunächst Zugtiere zu rerstehen sind, beweist der erste Beisatz ^diruptis'^. Auf der
wilden Flucht Bind die Gespanne zersprengt worden; „fessis*^ bezieht sich dann Yorzugsweise
luif die unter den ^jumentis'^ mitbegriffenen Rosse der Reisigen, die dadurch gezwungen wer*
den, nach Abwerfung ihrer schweren Waffen als „peditea*^ im Walde ihre Zuflucht zu suchen,
wfihrend die Übrigen leicht bewaffneten Fussgänger sich nach Limburg HOohten. — ^j Du
Uange-Henschel 2, 540*.
53
Westerwilders ; ^efferi et immaDes'' nennt sie ja der Bericht. Und dodi id
diese Grausamkeit auch dann noch so ungeheuerlichj dass wir die TermutiiQg
nicht 2U UDterdruckea vermögen, hier habe vielmehr die Rache für Trutwia'»
Mord ihr spätes blutiges Qericht gehalten. Oder Hegt es so fern ab, anziuielimeii,
da^ der Morder entflohen war, in dem entfernten Hahn einen langjahrigeii
Versteck gefunden hatte, dann endlich ausgekundschaftet worden war, tiod d«r
wilde Ftückzug nach der verlorenen Schlacht, der die Mordbegier nur geaie^gerl
hatte, die heissbegehrte Gelegenheit bot, ihn auf fremdem Boden niederzuatosMa
oder vielmehr ihm den Rücken zu brechen^) und seine Helfershelfer mitbiiaseB
zu lassen? Den limburger Beschwerdefuhrero konnte das ja nicht bekanjit
sein. Aber dem Grafen Udalrich war es ohne Zweifel nicht verborgen luid
geschah auf seinen geheimen Befehl, als des einzig noch übrigen mundifea
Blutrachers, der nun durch einen Knecht eine Enechteathat ahnden l«8tea
konnte, wo ihm selber Blutrichter zu sein versagt war.
Dass der Graf darnach als wirkliches Haupt des konigsgauer Haiisoi
auftritt, glauben wir aus seinem Namen unter den mehr als dreissig Zeugen
der Oeiatlichkeitt des hohen Adels und der mainzer Dienstmaonen auf dem
Freiheitsbrief vom Jahre 1118 schliesaen zu müssen, den Erzbischof Adelbeft
zum Dank für seine Befreiung ausstellte.^ Er ist dort als ^Ydalricus dt
Edichenstein ^ verzeichnet. An seiner Stelle aber sind bei der Bestätigung Aimm
Briefes 1135 seine Vettern „Arnoldus comes et frater eius Rutbertus de Luren-
bure.*^ Nur noch einmal sodann bekundet er uns sein Dasein als Zeuge und
nun unter dem Namen .IMalricus de Eppenstein^ bei der Gelegenheit, wo
Encbiachof Adelbert der Abtei S, Jakob 1122 den Besitz der Parochialkirehe in
Geusini (Ginsheim) bestätigt.^) In dieselbe Zeit aber müsste die angebliche Scheok-
ung lidalrichs an Adelbert oder das Martinsstift in Mainz fallen, die unter den dem
Erzbischofe wahrend seiner Regieruogszeit gemachten auderweiten Zuwendungen
an letzter Stelle mit den Worten angeführt zu werden pflegt: ^Caatnim Dingen*
burc, munitionem Oberoldeshusen cum prediis suis: Castra duo^ Elhecbenatein
et Eppenstein, que comes Ydalricus dedit cum universis predtts suis et miitii-
terialibus suis, sicut probatur per quoddam Privil^ium Ecclesie Sti Jaeobi^ qood
habest super quibusdam bonis in Rudensheim.*^
Diese Aufzeichnung hat ihren seitherigen Auslegern viel Mühe g^maeliif
doch nur in Bezug auf die zwei ersten in ihr namhaft gemachten Orte, Ein
^Dingenburc* kennt niemand* Vogel hat daher zu Gunsten seiner Annahm?
von der Bedeutung des oben geschilderten Einfalls in das bahnbehe Gebiet
es in den Resten einer Burj^ ^innerhalb der Grenzen des alten Gerichte« H«
4
*) Dm war wesigstens im Mordes und im friesischen Rechte des Mm^laiM^re dia
rklrtlieh« 8tr&fe für den Mord, rgl Sehr öder, Lehrb. 72. Daher das plUot neo
Iraaeatit* dteBmchteiiy weil es ikh irictieicht nicht blou um einen lleuehelm^rder handrttaf
- >> Ottdenii», Cu<l. dipL I, 116 ff.; Will« KegMt 1, Ul, Hr. U. — *) Oiidenii« t, ISa
— «J WOrdtwein, Dioee, mo^. I, 477, — •) Giidenn« 1, ml t% Will, RofMt 1, atm
Hr. 801 ; Roth, Fonlei rer. oaM. 1, h&L Dmo Roth, Ge^h. d. SladI Wl^k U aal ümil
Stelle davon reden kaa% da» 0dAlneh di« Buripeii Eppetein «ad Ideiefo fü»
9m Leliiti gv'trftf«» habe, bt — telueoi.
«i
idUBL
63
»
zwischeo Seck und Uelleoham^ suchen zu sollen gemeint und findig die Ding-
stitte des nahen StuhlliDdengeritihts bei Winden als Namensursaehe der Burg
deuten wollen. Die „munitio Oberoldeshusen" dagegen »uchte er als „bcfeatigten
Burgsitz" in der Nähe von Niedernhausen, weil sich dort eine „alte Burgachale*
finde, die in der Sage der Umgegend als ^erste und eigentliche Stammburg
der Herren von Eppstein* gelte und später Oberhausen geheisseu habe,*)
Schliephake bat diese Vermutungen warm, aber nach seiner Art vorsichtig
unterstützt ^f ohne zu bemerken, dass, wenn Bchou die Herleitung von , Dingen-
bitfO^ aus ding eine sprachliche Unmöglichkeit ist^ die höchstens durcli Zuhilfe-
nahme des Zeitworts dingen = Recht sprechen einigermassen gehalten werden
könnte, die« in erhöhtem Masse für die angenommene Gleichung Oberhausen:
Oberoldesbusen gilt. Schenk von Sohweinsberg sucht deshalb den sehr an-
sprechenden Ausweg, dass „Dingenburc* Verschreibung für Clingenberg a. M.
8ei; da sich cl leicht verwechseln lasse mit d, wie dies nachweislich in einer
würtemberger Urkunde von 1230 bei demselben Worte geschehen ist. Auch
sei Klingenberg ein mainzisches Lehen gewesen.^) Desgleichen hatte er schon
früher die ,munitio Oberoldeshusen" in Obertshansen im sog. Kodgau entdecken
wollen, da dort uicht bloss die geräumige „Trümmeratätte einer Burg*^ gefunden
worden, sondern auch bei Oberoldesbusen eppsteiniBcher Besitz seit 1278 ur-
kundlich nachgewiesen sei.*) Indes, so bestechend da« auch für den ersten
Augenblick klingt, ^ Oberoldesbusen*' kann sprachlich nie zu Obertshausen
werden. Das letztere ist nur das von ihm als Abbrach tshusen, Obratshuain
und Abrachtishusen 1329, 1348 und 1371 nachgewiesene Dorf, das mit dem
Personennamen Audoberath, Odebrecht, Audebert, Otbert, Othbraht, Otperaht,
Obert, Opert, nhd. Obert, Odebrecht, Oppert gebildet wurde*), während Ober-
oldesbusen von dem «einzig mit der Praeposition ubar zusammengesetzten Per-
sonennamen** Oberolt stammt,®) Schenk's Gewährsmänner Scriba und Wörner
haben beide Namen schon in ungerechtfertigter Weise zusammengeworfen, in-
dem sie zu Oppershofen sogar Oppoldeshusen stellen, während das mit dem letz-
teren gleichnamige Oppoldeshusen in der Herrschaft Itter, das deutlich ein zu-
sammengezogenes Oberoldesbusen ist, allein steht,^)
Sehen wir aber nun genauer zu, welchem Zweck zu Liebe dieser Aufwand
Ton Scharfsinn und Gelehrsamkeit getrieben worden ist, so kommen wir zu der
wehmütig nüchternen Erkenntnis, dass derselbe ein von Grund aus verfehlter
genannt werden muss und nur der verkehrten Druckweise Guden^s oder der
verkehrten Zusammenschreibung seiner Vorlage ein unseliges Dasein verdankt.
Die Worte „Castrum Dingeoburc, munitionem Oberoldesbusen cum prediis suis**,
die Guden dem Udalrich betreffenden Absatz des Schriftstücks zugewiesen
hat, gehören in Wahrheit dem vorangegangenen an, dessen Wortlaut mithin
dieser war: „Ministeriales omnes, quos Comes Adelbertua in montanis circa
Nuenkirchen habuit, Filia et Vir suus Marchio Conradus Sto Martine et Archie-
piseopo cum cetera familia dederunt. Castrum Dingenburc, munitiouem Ober-
*) Besohr. 233, 295. — ') 1, 142 ff. — ^) Mitteil, des haoauer BöÄirksver. 5« 12; Roth,
Gesch. d. Stadt Wie»b. 13. — *) Korrespondenzbh dos Oesamtver, der deutsch. Oesch,'« u,
^AltertumBTor, 1874, Xr 9, 8. 69. — *) Försteniann I, \m f. — "^ Ebeadu I, 969 u. 1267.
') Kegoflten der Provinz Starkenburg. Darmst, 1B47. 273.
tm
54
oldeshuaen cum prediis suJs.^ Sie bilden dort denselbea unvermittelten Nachtriigf
wie in dem Absatz vorher die ebenso durch einen vorangesetzten Punkt alleiii
gestellten Worte ^Munitionem Altenheim cum prediis suis**, die gleichwohl von
einem dicht vor dem Punkte stehenden ^dedit" abhängen. Es entspricht die«
auch ganz genau dem Sinne der Stelle. Der in ihr genannte Graf Adelbert
ist unstreitig ein Graf dieses Namens von Calw, dessen Yater schoo unter
Heinrich IV, sich des Klosters Lorsch als Schütacer gegen den Erzbischof Adelbert
von Bremen annahm, und der selber als Vogt des Klosters bezeiclmet werdec
muss, da es sein Sohn Gottfrid sicher war.^) Markgraf Konrad dagegen dürfte
nach Guden ein Zähringor sein, der 1145 als Vater Otto*8 genannt wird**)
Das in der Stelle aber genannte Nuenkirchen, das heutige Neunkirehen, beinafat
auf dem Gipfel der 2364^ hohen neunkircher Hohe^), liegt nur 2 '/s Stunden vom
Kloster Lorsch, also unfehlbar in dessen Bannkreis, wenn es auch nicht namentUcli
darin aufgeführt wird bei Dahl, Die rätselhafte ^Dingenburc* entpuppt sich
also einfach als das heutige Zwingen berg, 27» Stunden von Neunkiroben an
der Bergstrasse gelegen und ebenfalls Lorsch ehedem asugehörig. Die Ursprünge
liehe Form des Namens ist Twingenburg^); und wie das mhd« twiogen mit
dwingen wechselweise erscheint^), so konnte ebensogut Dwingenburc geschrieben
werden. Der Schreiber unserer Stelle hat also ein w oder u vergessen oder
übersehen. Hierdurch wird dann auch die Vermutung Wenck's hinfällig, dass
die Burg Zwingenberg unter dem Grafen Diether lU. von Eatzenelnbogen im
13. Jahrhundert angelegt sein möchte.*') Aber freilich wird die Burg erst 1312
mainzisches Lehen'O) während sie es nach unserer Urkunde schon vor 1127
sein sollte. Doch kann uns das nicht stören, da ein Beaitzwechsel im Laufe
des Jahrhunderts nicht ausgeschlossen, oder aber auch hier geschehen ist, was
wir alsbald von Idstein und Eppstein zu berichten haben» Was endlicli die
(^munitiu Oberoldeshusen* betrifft, so muss bedauert werden, dass man settbor
«munitio'^ nie anders als in der Bedeutung Feste gefasst hat, während doch
seine Stellung neben „castrum*^ darauf führen musste, das Wort in seiner mittel*
alter liehen Bedeutung zu verstehen, in der es redditus, fructus beisst, ako mir
die Einkünfte von Oberoldeshusen bezeichnet.^) Ob aber Oberoldeahuseii im
von Schenk in der Nähe von Seligenstadt festgestellte ist, kann mit oqc
dermaligen urkundlichen Mitteln nicht bewährt werden.
Kommen wir demnach zu dem uns allein angehenden Iteste dos uns bb
dabin beschäftigenden Urkundenabschnittes. Er bestätigt als wirklicheii Beski
I
I
M Cod. iHVLT. 2, 183, Kr. 189 1 Dalil, Hist. topogr. etat G^soh, des FürtlenUmn« ]
DarmBt 1S12. BS, U2 t, 145; StSlin, Wirtemb. Gesch. 2, 370. ~ *) Cod. dipl. l, ITl. WmT
Stalin 2, 203 sagt: ^In boiden Bohr entfernten Oegendeii der geiianai^o Gaoe Dffgiit ^il
Mningau treffen wir im Anfang de« 12. Jahrhundertfi die Murkgrafon ron Boden begütert, wmi
dicdos Bohwerlich lufllÜge Zunanimentrcffen erklärt sich am leichtesten, wenn wir hier to den
Markgrafen vt»n Baden die Re<tKt«rjachf olger der Grafen von CaH annehmen**, so dürft« Wer
in dem Markgrafen Konrad, den 8 tili im nicht kenotf der Ptiokt den Zusammen«chliiai)«a gv
geben »ein« — *i Wagner, Stat, topegr. Bettchr« dee Gruftah. HeBaeu, Darm»t. 1S39. I. tC
— *) Soriba» Regoaten I, 24S. - ^) ^tehe Lexer 2, 1S02. — ^} Heus, Landeegetck
— ^) Oydenu«, Cod, dipl. 3, 72. - "i Du Cange^Henich'-' f 'T'^
6&
I
Üdalrich's Idstein und Eppensteio, aber, wenu wir auch hier genauer prüfen,
nur diesen. Denn Idstein ist niemals, soweit wir das urkundlich verfolgen können,
in muinxiöche Hände übergegangen. Eppstein aber konnte gar nicht vom Grafen
Udalrich verschenkt werden, da es Reichslehen war. Nach einer Urkunde vom
;iO. Mai 1124 schenkt erst Kaiser Heinrich V, auf Bitten seiner Oemahliri
Mathilde und des Erzbischofs Ädelbert die Hälfte der Burg an Mainz.*) Die
andere Hälfte aber blieb Reichelehen, selbst als sie an Hessen veräussert w^orden
war.*) Und w^enn es auch im eppsteiuischen Lehensbuch des 13. Jahrhunderts
heisat: ^Item vom bysthum zcu Mencze die borg zcu Eppenstein*^, so kann
»sich das nur auf die mainzische Hälfte beliehen. Hat man doch auch bisher
übersehen^ dass dem Schreiber von dieser Schenkung kein Schenkungsbrief
vorlag, sondern dass er seine Nachricht nur einem „Privilegium" des Jakobs-
klosters über dessen Güter in Rüdesheira entnahm. In diesem Schriftstück kann
aber eine solche Schenkung selbstverständlich nicht an sich enthaltou gewesen
^aein, sondern höchstens in einer Neben- oder Randbemerkung vorkommen, die
iB^ermutlioh nähere Erläuterung über den Schenker der rüdesheimer Güter gab.
^Wenn wir nun lesen, dass unter dem Abte Burchard (1108^1119) das Kloster
gewisse Weinberge (^vineas quasdam") in Rüdesheim erhalten habe*), und
wenn wir uns dabei erinnern, dass oben bei der Schenkung der Kirche in
Ginsheim an dasselbe Jakobakloster in Mainz Graf Udalrich Zeuge war, so mag
wohl sein, dass dieser der Schenker jener Weinberge war und ein Späterer
ihn bei dieser Gelegenheit am Rande auch als Schenker von Idstein und Epp-
■ etein bezeichnete, wie man gerüchtsweise annahm. Es mochte dieses Gerücht
Hfieiner Zeit eine wirkliche Unterlage gehabt haben, wie bei der sogleich zu
^besprechenden Schenkung von Bierstadt. Wir bleiben also dabei, dass das Ver-
zeichnis der Schenkungen an Mainz uns nur Gewissheit über den Besitz Id-
steins und Eppsteins in der Hand des Grafen Udalrich gibt.
Wir kommen nun zum letzten Schrifitzeugtiis, in dem der Name dieses
Grafen noch einmal zum Vorschein kommt. Erzbischof Adelbert hatte sich
1128 iniRückblick auf seine stolze Vergangenheit — auch Schliophake^) spricht
■ vom „starken Selbstgefühle*^ Adelberts — veranlasst gefunden, eine Dankheka-
Piombe zu opfern. Er that dies in Gestalt einer umfänglichen Zuwendung an
seine ^fratres 8. Martini de Domo.** Das erste, was er diesen zu eigen verbrieft,
ist, um mit seinen Worten zu reden: „curia in Birgestadt, qui fnit Comitis
Ydalrici cognati mei et uxoris sue Mattildis etiam cognate mee, et quam ipsemet
^prius voto tradidit S, Martine; ipsa autem post mortem eiusdem mariti sui,
Beicut uxor fidissima et devotissima, quod ipse minus fecit, nostro rogatu et per-
^»ugau, eoram multis astantibus et idoneis testibus sollemniter adimplevit."*) Hier-
atiB geht doch wohl vor allem als Bestätigung unserer vorangegangenen Be-
hMptung zur Genüge hervor, dass Graf Udalrich nicht der grosse Schenker
Ton Idstein und Eppstein gewesen sein konnte, da er hier ein so kleines Lob
als einer empfängt, der noch nicht einmal seinem Gelübde in Betreff Bieretadts
*) Siiuor 1, JOl, Nr, 172. — ^) Ledderliose, Kl. Sohrr. 3^ 73 flf. in Mitteü. 4 bau*
5, 13. — *) Sauer I, 132, Anin. 2. — *) Joantiis, Rer. mog. 2^ 84. — *) l, 139»
♦) Qadoaus, Cod, dipK l, 76; Siiuer 1, 104, Nr. 176,
66
umdigekoiiiiiien ad. Und aach hier bedurfte es erst der Bitte und Überredung
des ErzbischoCi bei der Witwe. Es stdit deshalb zu vermaten, dass Udahrich
Grösseres gelobt hatte, and dass dämm Adelbert das wirklich Emp&ngene, so
Tid Kleinere mit schlecht Terhehltem Tadel beschräiigte.
Ist aber sodann etwas geeignet, den Znsammenhang Udalrich's mit dem
konigsganer Hanse zn Terbürgen, so ist es eben dies Bierstadl. Wir haben
frfiher gesehen, dass nach unserer Richtigstellnng Hatte lY. dort zwei Hnben
mit Hmgen an Bleidenstat schenkt^), und dass dies Tnto L so Tiel später
mit einem Obstgarten und einer halben Habe wiederholt. *) Ans diesem Grande
sdien wir ohne Zweifel aach anter der ganzen Urkunde Addbert's «Amoldus
et frater eins Rubertus de Lurenburgh'^, von denen akbald zu reden sein wird,
nach «Emicho Comes de Snddeburgh et frater eins Gerlachus'^ und «Emidio
Comes de Liningen'^, tou dem noch besonders spater zu sprechen ist, als Zeugen
aa%efuhrt und in diesem Zusammenhang gewinnt es erst an Bedeutung, dass
Adelbert hier Udalrich seinen «cognatus'^ nennt. Er ist dies, wie wir seiner
Zeit nachgewiesen haben durch den eben genannten Grafen Ruprecht von Lauren-
bnrg^, demnach als ein von Haus aus Blutsverwanter der laurenburg'schen
Brfider. Diese Blutsverwantschaft wird überdies durch einen anmerkungsweise
unserer Urkunde beig^ebenen Eintrag aus dem .über animarum'^ des Martins-
stiftes, in dem es zum 2. April heisst: «Obiit Ylricus Comes de Nassawe qui
contulit nobis Tillam Birgestadt'', bestätigt^) Natürlich kann das erst nach dem
Jahre 1169, wo die Laurenburger sich nach Nassau zu nennen begannen,
zugeschrieben sein, aber es stellt ohne Frage das sichere Gedächtnis des
Stiftes Ton der Abkunft Udalrichs dar. Dass aber die Brüder von Laurenburg
allein von den Yerwanten — wir werden hierzu spater einen Nachtrag zu
machen haben — Zeagen sind, berechtigt zu dem Schlüsse, dass Udalrich,
dessen offenbar zu der Zeit auch bereits yerstorbene Witwe allein genannt
wird, ohne männliche Erben gestorben war. Setzen wir hinzu, dass Idstein
▼on nun an überhaupt nicht mehr im Zusammenhange mit Eppstein vorkommt,
so haben wir es schon jetzt unmittelbar nach dem Tode Udalrich's in den
Händen der Laurenburger zu suchen, zum abermaligen Zeugnis dafür, dass es
verwante Hände sind, und dass Eppstein Reichslehen war, das mit dem Tode
«) 8. Anm. 6, 8. 15. — *) 8. Anm. 1, 8. 22. — •) Annal. 24, 149. — *) Sauer a. a. O.
gibt als Marg^nalDotiz der Urkunde selber die Worte : ^Item Ulricus comes dedit villam Birg-
stad ecelesie Maguntine et obiit III. noD. Aprilis. Vide Id libro preseDciarum III. dod. Aprilis**.
Es geht daraus herror, dass das MartiDSstift neben dem Seelenbnch noch ein solches für Ge-
schenke (praesentiae) besass. Das letztere unterscheidet sich im Wortlaute Tom ersteren und
zugleich im Tage. Das Seelenbuch hat ^IV Non. Aprilis*", was als der genaueren Quelle ent-
stammend, das Richtige sein wird, wenn es auch wegen „de Nassawe*" ein späterer Eintrag
ist, d. h. aus einem umgeschriebenen Seelcnbuch stammt. Aus beiden Eintragen aber scheint
henrorzugehen, was wir zur nachträglichen Bestätigung unserer im Text zuvor gemachten Be-
hauptung wegen der Schenkung von Idstein und Eppstein hinzusetzen wollen, dass diese nie-
mals geschenkt wurden, da ihrer hier nicht gedacht wird, während es doch in jenem grossen
Schenkregister des Erzbischofs heisst: ^Hec sunt Allodia, que Dominus Adelbertus Venerabilis
Moguntinus Archiepiscopus Deo et Sto Martine in Maguntia contulit.'' Wie hätten so
bedeutende Schenkungen vergessen werden können ^in libro presenciarum*", das mit seinem
Eintrag augenscheinlich alles angibt, was Udalrich jemals dem Martinsstitt geschenkt hat!
S7
^dtn ohn« mäonliGheo Nachkomtnen gebliebenen Udalrich in andere Hände
IJibergiiig'), zur Hälfte^ wie wir bereit« sahen^ an Mainz, zur andern Hälftci
raie die spätere Geschichte zeigt, an die Herren von Hanau, um von da ab
Ider Sitx eines den Laurenburgern fremden, blossen Herrengeschleehtes zu seiti«
|ati de^en Geachichte wir deshalb Torüber zu gehen babeo.^
Man hat aeither^ nm auch das nicht ungesagt zu lassen, die Todeszeit
\ Udalrich *8 nicht bestimmen zu koonen gemeint, und doch stehen zwei sichere
i Allhaltspunkte einer solchen Bestimmung zu Gebote. Der erste ist der im
kSeeienbuch des Martins:«tifte8 genannte Todestag, der 3. April, der andere das
Datum der Belehnuog des Domstiftes mit Eppstein am 30. Mai 1124. Sobald
Udalrich tot war, galt es für den schlau berechnenden Adelbert der erste auf
dem Platze zu sein, um allen zuTor die mächtige Burg des Yerstorbenen an
[gewinnen. Udalrich ist also am S. April 1124 gestorben, und die Yerzogeruiig
Ider BelehnuDg bis zum 30. Mai trotz des nahen Datumsortes Worms möglicher-
durch die Belagerung dieser Stadt seitens des Kaisers Heinrich V.^
^yeraolasst worden. Denn am Schlüsse der Urkunde heiast es nicht nach Gaden*a
i irrigem Abdruck: ,data ante Wormatiam*, sondern wie die Urschrift besagt:
la autem Wormatiae*''*) Dass die Schenkung Bierstadt's in das gleiche
Iri vielleicht in dieselbe Zeit gefallen sein muss, und nicht, wie man bisher
annahm, in"« Jahr 1128, ergibt sich ron selber daraus, dass sie zum Seelen-
gfNlaehtni^ des Verstorbenen geschah. Mit der Gewinnung der reichen Gabe
hatte Adelbert wohl um so leichteres Spiel, als er in der Urkunde von 1128
Malbitdis „etiam cognata mea*^ nannte, nur dass diese Terwanfscbaft leider
ichl nachzuweisen ist, wie die mit Udalrich,
III. Ruprecht I. und Arnold L von Laurenburg.
Als Urknndenzeugen. Klopfer Schonan und seine Übergabe au Mainz.
Wenden wir uns nun zur (Jeschichte des Uauses Laurenburg zurück, m
haben wir uns zunächst mit den beiden schon genannten Grafen Ruprecht
luod Arnold zu beschäftigen, die wir aus der ^schönauer Überlieferung* ab
Sbne des gemordeten Trutwin lY. kennen.^) Als erster von Beiden b^^net
') Es galt hier der RechUgruii(UaU, den Sohr&der^ Lehrb. 397 f. mh den Worten
^Die SuccessioQ beschrSakte sich, wie in Italien, auf die De«cead«8teii aiu don
nsaflaninie, umfadste aber nicht wie dort die gesamte lehn^fahi^ KaehkoBiDOiiadiall dea
Erwerber«^ sondern nnr diejenige des letzten Beaüsen» sie war demnach aiiMolilieMlich
Bdentenftuccesmon und U eis die Aacendeoten nnd die Settenrerirandten, aelbsl die Brüder
>sebt]gt> — ') Der Vertnch Schenk^i an den a. Orten, die Anfinge de« Berren*
deohte« auf Ivppstein in klareres Licht zu setien, m jedenfallt der TerkeinaoftgiTeUele
fallen bi»hcr Angestellten. ITnaere Beanstandnng einzelner »einer Behaii|itinigeD befÜft
BD Kern «einer Damtellung nicht. So kann e» die«keiii auch nicht schaden, daas wir «eiaa
tion oppite mischen Hau«ei mit dem alten grifljebea in Abrede «teUen, In«
m Idstein kinderlos slerbeo latjon, — *) Sohanoal, Hitt epiae. Wormat.
il ^ehweinib., Hitteil. d. han. Bexirkaver, 6, 24. — *) AnnaL 34, 1^0.
58
uns ini Jahre 1123 «Ärnoldus de Liirioburg.^ Neben den uns bereita bekannten
^Emicho comes et frater suus Gerlach" von Scbmidtburg, und „Meinhardut
comes de Sponheiro", die ihm voranateheu, und ,Sifridus comea de Nuringen*,
pAlbero de Hachinfels'* und ^Eberhardus de Hoataten'*, die ihm folgen, ist er
Zeuge bei der Beurkuadung doö Erzbischofs Adelbert, dass Meingutt, Sohn
des verstorbenen Kämmerers Embricho, bei Antritt einer Wallfahrt nach Jeru-
salem dem Kloster Altmünster mit Zustimmung seines Bruders Tuto, da er
selbst ohne Leibeserben sei, seine Güter zu Östrich und Keiehartsbausen mit
dem Beding vermacht habe, dass ihm Rir den Fall seiner Rückkehr der Unter-
halt auf Lebenszeit von diesem gewährt werde.*) Dass damit Arnold, wenn
er auch im Verlauf der nachfolgenden urkundlichen Bezeugungen hin und wieder
seinem Bruder voransteht, nicht als der ältere der Brüder gelten kann, besagt
die spätere Geschichte. Seinen Namen hat er unverkennbar von dem Gross-
vater seiner Mutter Beatrix, den wir im Jahre 1050 als Gaugrafen im Einrieb
kennen^, wie denn auch Ruprecht seinen Namen von dem Ahnherrn der Matter
Rodbertus haben wird^ der eben dort in gleicher Eigenschaft 974 erscheint,*)
Auf alle Fälle ist wichtig, schon hier festzustellen, was auch durch das Folgende
bestätigt wird, dass ein Vertreter Laurenburgs mit dem erzbiscböflichen Hofe
in Mainz in Beziehung tritt. Damit ist eine Wendung in der seitherigea Haus«
poIitik vollzogen, die wir auf Rechnung des mit Mainz verbündet gewesenen
Grafen Udalrich IIL zu setzen berechtigt sind* Der in der Fülle seiner Maebt
stehende Verwante in Mainz bot höhere politische Vorteile für das Haus, als
der seinem Ende entgegengehende machtlose Bruno in Trier, obsehon auch
dieser, wie wir ehedem festgestellt haben, ein Verwanter des Hauses wan*)
Wir sehen deshalb gleich im folgenden Jahre, am L April 1124, die
beiden Brüder — und diesmal geht „Ruobertus comes** dem „Arnoldua frater
eius* voran — als Zeugen in einer Urkunde Adelberts, in der dem St. Geoi^
stift in Limburg die Schenkung der Pfalzgräfin Adelheid Rir das Seeleniild
ihres Gatten, des Pfalzgrafen Heremann, In Eisen und Meud bestätigt wird.*)
Sie sind die ersten unter den weltlichen Mitzeugen, aus denen nur ihr Ver-
wanter, ^Anshelmus de Mollesberg** noch hervorgehoben sei. An erster Stelle
der geistlichen Zeugen befindet sich ihr nachmaliger Feind, „Buche Worma*
tiensis episcopus", der von Adelbert in Bann, vom Kaiser in die Reichsacbt
gethan, in diesem Jahre von den wormser Bürgern auf eigene Hand auf aeineii
Bischofssitz zurückgeführt worden war.**) Dies wiederholt sich in der Urkunde
vom 7. Juni 1124, durch welche Adelbert die Stiftung des Klosters Sponhdnt
und die Übergabe desselben an das mainzer Martinsstift durch die Brfider
Meginhard und Rudolf, Grafen von Sponheim, bestätigt.^) Buggo ist als erstar
Zeuge genannt und die freien weltlichen sind : „ Arnoldus vrbis praefectus, coflnss
") 8audr 1, 9Ö f., Nr 170; Will, Regesten 1, Ita, Nr 142. - ■) Kremor« Orif^
KaiS. 2, 123. - *} Sauer I, 4S, Nr. 05. - *) AnnaL 24. 141. ^ ^) Saui^r 1, 100, Nr. ITH
Aot. Pml. 3, 81; Will, RegeBien l, 278, Nr. 148. — ^) Sohanaat, Hisl. episo. WofüL MU
— ') Trithomiti», Chron. sponh. 2, 289; Will, Reisten 1, 274, Nr 151. Die Urkmidf
f»t von Hennes 1, 10, nichl gekannt, ebensowenig ron dem ihn honnUendon Sefilifipbake
1, 165, daniiD aacb von uns Annal. 24, 147 unbeachtet gebUebea*
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59
Goswinus et Hliue eius Gerardua et frafer eius Emicho, Arnoldus et frater eius
Rapertus de Lurenburgk, comes Fridericus Bertoifud et frater eius Sigcfridus,
Henricus de Catzenelnbogen, Rorichus et frater eins Gerlachuu [von Merxlieim]*),
Vdalricus, Fulcoldus.** Wir schliessen daraus, dass zu dieser Zeit friedliche
Beaiehungen zwiaclicn Laurenburg und Worms bezüglich der Burg Nassau be-
standen haben müssen* Ob dieselben einem zeitweihgen Yerzicht auf letztere
seitens L^urenburgs oder einem klugen Gehenlassen der Dinge seitens Buggo's
zuzuschreiben sind, oder ob ein gutlicher Ausgleich versucht worden war, läast
aich nicht bestimmen« Wir mochten aber glauben^ dass ein Ausgleicbsversuch
am meisten für sich habe. Denn zwischen 1124 und 1126 füllt die Übersiede-
lung des Klosters Lipporn nach Schön au. Und diese bedeutet ohne Frage
©in Nachgeben der Laurenburger, Lipporn war als Sühnestätte für den Er-
bauer Nassaus, Trutwin, ein unverkennbares Vorwerk dieser Burg. Gab man
es dran, so schien die Burg zu halten zu sein. Vorerst dürfte jedoch bei dieser
Gelegenheit die Aufhebung Lipporn'a nur ein Gegenstand gütlicher Besprechung
gewesen sein. Denn bis zum 25, April 1124 lebte Bruno, der Beschützer des*
selben, und Godefridus folgte ihm im Anfang des August. Alsdann erst erhielt
Buggo, wie wir seiner Zeit rautraassten^), Macht, der Besprechung seinerseits
Nachdruck zu verleihen.
Vier Jahre später finden wir die laurenburger Brüder, diesmal auch
wieder in der Ordnung „Arnoldus et frater eius Ruobertus de Lurenburch**, in
der oben besprochenen Urkunde Adelberts vom Jahre 1128 wieder. Ihre Mit-
zeugen^ „Emicho comes de Smideburg et frater eius Gerlaus, Emercho comes
de Liningen, Dammo de Bvochen et Siegeboto [von Hanau], Bertoldus et frater
eius [Sigfridus] de Nvoringen**, gehören sämtlich der rheiniachen Ritterschaft an,
ein Zeugnis nebenbei, dass sie selber dieser immer trotz ihres Besitzes an der
Lahn angehört haben* Im Jahre 1129 sodann ist es „Rubertus comes de
Lurenburc* allein, der ausser den geistücheu Zeugen mit Arnold, Grafea von
Lon und mainzer Stadtpräfecten, wie Advocaton des Stifts, Gerlach von Veldeoz
und Heinrich von Eatzenetnbogen bezeugen hilft, dass Adelbert auf die wieder-
holten Klagen des limburger Georgsstiftes über die Widersetzlichkeit seiner
Hörigen zu Brechen, Bergen, Netzbach und Zeuzheim den Widersetzlichen
ihre Pflichten gegen das Stift einachärft.^) Wir dürfen schon hier darauf auf-
merksam machen, dass der genannte Mitzeuge Heinrich 11. von Katzenelnbogen^
der Ruprecht gleichalterig war, mit diesem das sog. Vierherrengericht auf dem
Einrieb im Jahre 1158 erwarb.*) Aus dem Jahre 1130 liegen uns nicht weniger
als vier Urkunden Adelberta vor, in denen die Grafen von Laurenburg mit*
einander als Zeugen genannt i^ind. Während der ähnlichen Zeygen wegen
twei von ihnen vor den 12. Dezember zu legen sein werden, ist die dritte am
12. gegeben und die vierte um die gleiche Zeit verfasst. In der ersten zu
8t. Älban bei Mainz aufgestellten entscheidet der Erzbi.schof einen Streit zwischen
dem Stiftskapitel zu S. Victor in Mainz und den Mönchen des h. Disibodus
') Ooerz, Mittelrh, Regest, l, 492 f., Nr. 1801, - •) xViinftL 24, 145. — ») Sauer 1,
Ig?, Kr, 178; Act Pal. 3, 82; Will, Rejesteti I, 288, Nr. 212. - *) Wenok, Hest. Linde«*
Ij 289, 243 S.
id^Ji
aber den Zehnten von malischem Boden in SoberDheim derart, daas die Hol
den Zehnten fortan allein genieasen, dafür aber dem Victorstift den Gotteclndka*
hof am Stockburgthor, dessen Grundzins für die Zukunft vom Erzatift effbttOii
wird, und einen Mansus in Algesheim abtreten. Die freien weltlichen Zeiig^
sind der Reihe nach: «Rubertus comes et frater eins Ärnoldus de Lurenburdi,
Qerlaus de Limburg, Heinricua de Katzeneinbogen, Sigebodo de Baehoo, B^r-
tülfus [sein Bruder] comes de Lindenueles, Sigfridus comes de Nuriogen [eben*
falls Bruder], Cunradus de Wallrestein, Cunradus de Bickenbach, Anshetisii»
de Oumeldiogen.*^^) In der zweiten ersahlt Adelbert die Stiftung des KkMt)in
Bischofsberg (später Jobannisberg) durch Erzbischof Ruthard, seinen Yorgmag^f
und erklärt es selbständig, nachdem der Abt von S. Alban auf seine dmröbtf
gehabten Rechte verzichtet hatte. Auch verleiht er dem Kloster Pfarrredito
und vermehrt seine Besitzungen. Die Zeugen sind dieselben, nur daas swiadiofi
Higfrid von Nürings und Konrad von Wallreatein noch „Gerardus de Scowtti*
burch*^ eingeschoben und statt des letzteu „Cuonradus Spore*' und «Cunradiii de
liageno^ (Hanau) zugesetzt sind.-) Die dritte Urkunde vom 12. Dezember
stellt die erste in kürzerer Fassung dar und hat als weltliche Zeugen ntir:
^Amoldus et frater eins Rupertus de Lurenburch, Heinricus de Katzenelnbogeit
Bertolfus de Lindeufels, Adelbero et frater eins de Hachenfels.^^ Die vierte
endlich stellt eine Erweiterung der zweiten dar, wie Sauer mit Recht geg^
seine Yorgängerf die sie mit dieser im wesentlichen übereinstimmen und um
gleichen Tage ausgestelU sein lassen, hervorhebt, da sie von anderer Ilaod ge-
schrieben ist, und die freien weltlichen Zeugen nur sind : „Oerlahus de Felden-
zun, Ruobertus et Arnoldus de Lurenburg, Heinricus de Katzenelnbogen« Berh-
toldus comes et frater eins Sigfridus.**)
Das Jahr 1132 bringt uns die wichtige Urkunde von der Übergabe des
Klosters Schonau an Mainz. Zu unserer ehemaligen Besprechung dervelbeii^
haben wir noch das Folgende nachzutragen* Zunächst überhaben wir in Beiteff
ihres Datums gleich unseren Vargaogeru, dass dies mit einer unrichtigen In
diction versehen ist, und dass diese unrichtige „Indictio VUI** (statt X*) m
bloss an ungewöhnlicher Stelle, d. h. statt, wie gebräuchlich, nach der Jahres-
sahl| sogar vor dem dieser vorangehenden „ Actum '^ steht, sondern auch,
es eine leere Zeile vor sich hat^ eine solche nach sich folgen steht. Des^Ieiefaeo
hat eine erneute Untei^uehung der Urschrift^ ergeben, dass der ganze hierauf
folgende Schluss, der die genaue Jahresangabe enthalt^ von anderer HandL
niimlich voa der des Martinsstiftapropstes neinrich, der sich am Ende als solcher
zu erkennen gibt, herrührt. Nehmen wir die andere, bereits von Sauer^
zeichnete Unregelmässigkeit hinzu, dass vor Aufführung der Zeugen sich oodi
*) JoAimii, Her. Mof. 2, 581; Will, Registeii 1, 2tl, 9fr, 2^9; .lnSeüeo« TlUt^
VcrfohJaag fQr Till. - *j Sauer 1, 108, Nr, m; Will, R^geiteo 1, 291, Kr. 2S|. Pk
faUcho lodict, XU bei Qudenut I, 8:i ßült, wie 6«uer iMmtrkt, nur diceem tut LuU
^ Joaanis, Her. Mo^. 2, bSt; Will, Regf>it«ii t, 29), Nr. 230. — «) Snusr t, 111« Nr. ili||
VfL 110; Win, Rofeateo 1, 291« Nr. 291. — *> Annal 21, 10, 123^ 119. — ^) Esrr
rnl Dr. Sauer hattii dis gromö Gate, iieli d«r»«lb4!i] aaf aatorct Bittm »
') h 12S.
61
k
eine 10 cm lange leere Zeile befindet, so scheint Stoff genug vorhanden zu seini
^lira die Urkunde verdächtig zu finden. Und doch löst sich die Sache sehr ein*
fach. Der Schreiber der eigentlichen Urkunde war augenscheinlich ein Neuling.
Er schrieb das bis zum Datum abgeschlossene Konzept*) ins Reine, Hess vor
den Zeugen einen Zwisohenrauni, der sich dort zufallig finden mochte, und nach
demselben zur Aufnahme der umstund liehen Jahresangabe einen soviel grösseren.
Dann setzte er seine eigenmächtige und verkehrte „Indictio VIII'**, Dompropst
Heiorich, der den Fehler nicht bessera durfte, da er sonst die Urkunde rechts-
ungiltig gemacht haben würde, musste um seinetwillen auch den freigelassenen
Raum unbenutzt lassen und schrieb nun ohne Indie(iou die Jahresangabe, fügte
aber, damit die andere Hand keinen Zweifel an der Echtheit der Urkunde auf-
kommen lasse, sein „Data per manum Ueinrici prepositi in Maguntia'^ hinzu.
Denn „Data^ bedeutet hier nichts anderes als: Das Datum Ist von der Hand
des mainzer Propstes Heinrich,*) Die Sache war so wenig anstössig, das»
spätere Abschriften die verkehrten Zwischenräume samt der ebenso verkehrten
Indictioo einfach wegliessen* Gudenus^) hat deahiilb beides in seiner Vorlage
nicht gesehen, und ebenso fehlt es in der ^copia auüientica Archivt Idsteinen-
sis", die Kremer^) abgedruckt hat.
Bedeutsamer ist, daas die Urkunde unter den Zeugen nicht, wie zu er*
warten gewesen wäre, den Grafen Arnold nennt, und dasa sie überhaupt nur
fünf freie Edle als Zeugen aufführt. Aber auch dafür dürfte die Erklärung
nicht allzuschwer sein* Die Geschichte berichtet uns, dass König Lothar im
September 1132 mit einem, wenn aucli schwachen, Heere zu seiner Kaiser-
kronung nach Rom zog. Nun ist unsere Urkunde allerdings, wie die Angabe
„anno regni sui VH'* in ihr lehrt, da das 7. Jahr erst am 13, Septemiter, dem
, Jahrestage seines Regierungsantritts, voll war, vor diesem 13. September aus-
^kestellt. Aber bedenken wir, dass die Zurüstung zu der Heerfahrt alle dabei
^■beteiligten Hände in Anspruch nehmen musste, so leuchtet wob! ebensosehr
^M *J Die Annahme von Konscepten für Urkunden ist nach Ficker, Beitrjlge zur ürkundeu-
^mehre. Innsbruck 1877 f. 23, § 202 zweifellos. Ober naohtrSgtiohe Datierung in der Ecin-
^»chrift 9. S. 252 ff. daaelbat. — •) Du Cange-Henschel 2, 744^': „Data seu Datum, Anni,
meiistj! dieique et loci Diplomati seu Chartae adacripta notutio.'' Vgl. Ficker^ BeUrügc Y.ur
Urkundenlehre 2^ 207, § 307. Von besonderem Nachdruck würde diese Datierung durch den
Dompropst Heinrichf den späteren ErzbtBcbof von MainSf sein, wenn sieb die Angabe dm
mainzer Dom necroLogiuma als richtig erwiese, dta ihn ^Henricus de Nassave*" nennt, Guden.,
Cod. dipl. 2, 818 und 5, 1103. lüde« die Unterauchuug Schenk'», Archiv f. lies», Gesch.
PJ3, 3, 497 C und Korrespondenzbl. d. Oeaamtver. 1874, Nn 9, S. 69 stpHt wob! ouBser Zweifel,
dass Erzbischof Heinrich thüringischer Abkunft war. VgL Will, Regesten 1, LXKL —
*) Cod. dipl. I, 104. — *) Orig. Nass. 2, 100 if. Nur die von Trithemius, Chron. sponh.
2» 243 abgedruckte Urkunde liest: „Actum dominicae ineamationis anno MCXXX Indictiono
(K)tava regnante Lotario tmperatore. Data per manum Kenrici Notarii et Fraepositi in Mo-
ritia.*' Das ist aber allzuileullicb eine der talächen Indiction der Urschrift zu Liebe gemachte
Andc^rung — indict. YUl gibt nämlich das Jahr 1130, Ihre Verkehrtheit thut sie dabei da-
mit kund, dasa aie Lothar 1130 Kaiser sein ISasfc, während er es erst am 4. Juni 1133 ward,
bemaali} ein Beweis^ wie wenig Verlass selbst auf die von Trithemius mitgeteilten Urkunden
it Und doch ist dieser besondere Fehler bisher noch nicht einmal gerügt worden. Will,
fi ip 295, der ausdrücklich Trithemius anfahrt» hätte daau Anlsas gehabt»
IWiillH^
68
«
eiB, dass Oraf Aroold sich unter den Rüstenden befunden haben wird, ak dam
zu der Zeit in Mainz nur ein kleiner Kreis unbeteiHgter Edeler Yorbandeo sein
konnte* Ton den mit Kuprecht aber genannten Zeugen sind zwei an Main
gebunden: der Stadtpräfect Arnold und Gerlach von Yeldenz als f,de6 geist-,
liehen primatidchen Erzstifts Erzirucbsess und Küchenmeister*^, wie Crotli
ihn nennt*), während des letzteren Bruder Graf Emicho von Schmidburg ?tr
mutlich den König ebenso nach Italien begleitete, wie die Brüder der beidi
anderen mitgenannton Zeugen Budolf von Sponheim und Dammo von Nidda,
Auch das sei nicht übersehen, dass der vermutliche Yeranlasser oder doch
Aülassgeber zu dem in der Urkunde namhaft gemachten Schritte des Grafeo
Kuprecht mit unter der Zahl ihrer Zeugen ist und unmittelbar dem Stadtprm
feeten folgt. Es ist Graf Meginhard von Sponheim. Derselbe hatte, wie wiri
oben sahen, am 7. Juni 1124 das von seinem Yater Stephan begonnene^ von
ihm fertig gebaute Kloster Sponheim mit seinem Bruder Rudolf dem Domstifi
in Mainz übergeben, und auch dort befanden sich, wie damals bemerkt wurde,
unter den Zeugen der Übergabe die beiden laurenhurger Grafen. Da« Gleiche
geschah 1 1 30 mit dem ihm zugehörigen Kloster Schwabenheim') und wenn dabei
unter den 6 edelen Zeugen die Laurenhurger fehlten, so rührte das offenbar dahefi
dass sie sich bei dem Ueere Lothar's befanden, das dessen Rechte gegeu neiodJ
Nebenbuhler Pridrich und Kourad verfocht* Jedenfalls war mit beiden Schenk-
ungen Ruprecht ein nachahmenswert erscheinendes Beispiel gegeben. Be*
sprechuDgen mit dem Schenker werden hierbei mit um so grösserer Gewisahat
anzunehmen sein, als dieser zum Mitzeugen bei der Ausstellung der ürkuod*»
erwählt war.
Nur da€ eine unterschied beide Schenker, dass, während Graf Meginhard^
die Vogtei über die beiden verschenkten Klöster als Eigentum zurückbehielt, H
Graf Ruprecht auch diese in die Hände des Erzbischofs legte und sie von ihm ^
als Lehen zurückerhielt. Warum er das that, oder warum das ausbedungen
wurde? Sicher nicht aus dem von Schliephake angegebenen Grunde: ,Mi&
steht aus diesem Artikel, dass die Geistlichen besorgten, durch Entfremduag
von der Person des laurenhurger Erbherrn in Nachteil und Bedrängnis zu ge*
raten.*'"'*) Denn das Vogteilehen an sich war von minderer Kraft als das Vpgtei*
eigentum, es überstieg aber das letztere an Kraft in der mächtigereo maiusar
Hand, und darum wurde es in diese gelegt, genau so, wie sich spater die
Laurenhurger dazu verstanden, die Burg Nassau als Lehen von Trier zu nehm^u j
nur dass es hier galt, Schönau vor diesem sicher zu stellen bei dem damals aitf|
dem Gipfel seiner Macht stehenden mainzer Erzbischofe. Graf Meginhard halt«
solche SicherstelluDg bei seinen unangefochtenen Stiftungen nicht nötig. Damm
behielt er die Vogtei in eigener Hand. Aber er musste sieh gefallen humm, j
dass in die päpstliche BestätigungsbuUe für Sponheim vom 23* MänE 1127 diaH
Klausel aufgenommen wurde: „Sepulturara quoque istius loci liberam esae omaiiici
censemus, ut eorura, qui ilHc sepeliri desiderauerint (nisi forte excommoni-
cati fuerint) donationi et voluntati nemo obsistat,*'*) Wenn wir erwägün» Ja»
') Act, Pal, 2, 268. — *)Gudciiui, Coth dipl t, 07
liui, Clu-oo. »ponh. 2, 241.
K JC9. - n TrU
63
asur Erlangung dieser Bulle ein Mönch des Klosters eigens nach Rom abgesandt
worden war, so können wir kaum zweifeln, dass dessen Wissen von dem Vor*
gange in Lipporn dabei massgebend gewesen sein wird, zumal sich nach dem
Berichte darüber derselbe lange genug in Rom aufgehalten hat.')
Schliesslich soll nicht vergessen sein, dass unsere Schenkungsurkunde auch
noch die nicht unwichtige Nachricht von dem Erstgeburfcsrecht Ruprechts enthält.
Denn nicht nur, dass dieser in der Urkunde als Scfaeiiker des auf seinem Qrund
und Boden erbauten Klosters auftritt und mit diesem, wie vor ihm Tuto, für
eein und seiner Verwanten Seelenheil ein Denkmal stiftet, so wird er allein
auch dessen Vogt und dabei mittelbar der „dominus in Castro Lurenburch
hereditarius et legitimus*' genannt, sofern sein Erbfolger in der Vogtei ein
solcher sein soll Da letztere in erster Linie aber an den Besitz des „predium
de Millene* geknüpft wird, so muas dieses, was durch „eins" als sein Eigentum
^ bezeichnet ist, ein besonderes Eigentum des Erstgeboreueu oder vielmehr ein
H w^esentliches Stück der Herrschaft Laureoburg gewesen sein.
^ die mal
I
3. Kloster Gronau keine laarenbnrg^scbe Stiftung.
Gehen wir nun weiter, so tritt uns eine neue Klostergründung entgegen,
die man gewohnt ist, in die gleiche Zeit zu verlegen und an die Namen der
beiden Grafen Ruprecht und Arnold zu knüpfen. Es ist die Gründung des
Schönau benachbarten Klosters Gronau.') Die leider einzige Quelle dafür
bietet Trithemius, und unglücklicherweise hat man bisher noch dazu nur eine
Stelle seiner Werke dazu herangezogen, die seiner hirsauer Chronik^), wo unter
|dem Jahre 1130 gesagt wird: „In diesen Zeiten errichteten auch die Grafen
von Lurenburg ein Kloster unseres [Benedictiner] Ordens an dem Orte, welcher
Gronawe genannt wird, im Gebiet des trierer Sprengel:^, eine Meile von dem
oben genannten Coenobium Schönau und zwei vom Rheine entfernt, in das
sie unter Leitung eines Abtes die ihr geistliches Leben fuhrenden Mönche
setzten, denen sie gemäss der Regel unseres h, Vaters das zum Leben NöHge
für den Dienst des H^rrn vorsahen. In diesem Kloster wird das Haupt des
h. Märtyrers Sebastian gezeigt, welches die Gründer durch Geschenk des Papstes
Honorius II. von Rom hergebracht haben sollen. "^^J Wenck, der diese Stelle
zuerst benutzt hat nach ihrem Wortlaut bei Kremer'), und dem Hennes,
*) TjHoo ipso anno [1126] Bemhelmuä abbaa Anshelmiun monaobum (qui post BertUol-
prior factus est) Romam mmi ad sedem apostolicam ad impetrandum a papa Honoria
rmflegittm npoetoticae defenaionis huius monasterii spoaheimcnsis, qui rc?ersus pHuilegmui
fmh ipBo papa [23. März 1127J obtiimit.'* TrithemiuSi Chron. «ponli. 2, 245* — *) Henne»,
le«ch. d< Grafen von Naaaau. Köln 1843. 15; Yoget, Topographie 70 f., Besohr. 298, 617;
$chlieph« 1, 176. — ■) 1, 397* — *> .»His etiARi temporibufl Comites de Lurburg Monaste-
ium Ordlnis noetri oonatruxerunt in loco, qui dicitur GronaTve, In finibuB Trevirensia Dioeoeaia
ao a Bchünangiensi dupradicto Cuenobio et duobus a Rbeno dlätaoä milliartbuB, in quo MO'
ttflchon 8ub imperio eonTersantes AbbatiB posuerunt, quibua vitae necesaana ad serviendum
)tffribo »ecundum D. Patri« nostri Regnlam proTideruiit, In hoc Monasterio Capat 8. Öebaa-
imi Martyrts ostenditur, quod fundatores dono Papae Honorii II Roma tranatuliBse perbiben»
' t>rig. NftHb. 1, 348 t
i.3.
ühJL
64
Vogel und Schliephake folgen, war der Meinung^^ das» «Buceliotis ud«
andere Neuere" sie «auch ohoe Zweifel zu ihrer einzigen Quelle gehabt*' hätten.']
Er irrt aber. Buceliuus*) weuigsteos kounte »ie gar nicht kennen, da wem
Werk vor 1662 gedruckt ist, die ^ChroDica hirsaugiensis*' aber erst 1090 im
Drucke erschien, und die von ihr veranstaltete erste Ausgabe Fr eher'« von
1601 die Stelle gar nicht enthält, da diese nur den Abdruck des ersten Ent»
Wurfes darstellt, den Trithemius im Jahre 1503 vollendet hatte, während dit*,
ITxnarbeitung und Vollendung des Ganzen in das Jahr 1509 fällt.') Die QueIlQ<
des BuceÜDus ist vielmehr das „Chronicon sponheimense^, das ebenfalls 1601
durch Fr eh er zum Abdruck gelangte. Dort heisst es aber unter dem Jahre
1132: fl Ungefähr zu diesen Zeiten ist auch ein Kloster unseres Ordens, welches
Groinavv genannt wird, im Gebiete des trierer Sprengeis, nicht weit voft
Sohouavv^ über das wir schon früher sprachen, durch einen Grafen von Lauron*
bürg gegründet worden, iu welchem das Haupt des h. Märtyrers Sebastian
gezeigt wird, das durch den Grafen herbeigeschafft worden sein soll«'^^)
Es bedarf keines Beweises, dass diese Quelle des Bucelinus auch die»
jenige des Trithemius bei der zweiten Ausgabe der hirsauer Chronik war,
und dass letzterer in der uns von Schönau her bekannten Weise seinen alten
Stoff ummodelte« Aus dem „Comes de Lurenburg" wurden die „Comites de
Lurburg**, die Entfernungsangaben für Gronau raussten seine Lage deutlicher
machen, Mönche und Abt angedeutet werden und das Haupt Sebastians vom
Papste Honorius IL geschenkt sein. Weil dieser aber am 7. Februar 1 ISO starbt
80 war statt des Jahres 1132 das ungeföhre Jahr 1130 zu wählen. Oleichwohl
muss der wirrsälige Chronist eine Urquelle benutzt haben, und das kann nach
allen Anzeichen nur die dürftige mundliche oder schriftliche Überlieferung sein,
die er von seinen beiden schönauer Freunden, den Abten Melchior und Johaunes^X
oder deren Nachkommen in Gronau erholt haben wird. Die aber schopfteüt
wie die nur ungefähre Zeitangabe und das „perhibetur" und „perhibentur" be-
weisen, nicht aus Urkunden, sondern aus mündlicher Überlieferung; ein ZoicheOt
dass schon damals das gronauer Kloaterarchiv seiner alten Urkunden verlustig
gegangen war, wie denn noch heute keine über das 16. Jahrhundert hinais»*
gehenden sich gefunden haben,*^) Und doch, eine Urkunde stand den alten Ratero
vermutlich zu Gebote. Das war der dem Haupte des h. Sebastian beigegelien«*
Zettel mit der Nachricht von dessen Herkunft. Dergleichen pflegte sonst wenig»
sten.H beigelegt zu werden. Dagegen wird mau den oder die Grafen voo
Laurenburg mit einiger Sicherheit auf die alleinige Rechnung des Trithemius
setzen dürfen, wenn sie nicht etwa Scheuker jenes Hauptes gewesen sein soUteo.
Denn Gronau war, soweit unsere Kunde reicht, niemals laurenburg^achea Eigen*
*) Hess. Laadeagesoh« ], 120, Anm. k. — ') Germanid topo-ohroao- stein mutoffimphia«,
p. 4K - •) AtiniiL 24, 156 t Die 8, 151 ang(»gebene Jfthrcsjciihl „1109** ist ein Drurkftltlfr.
— •) Opern Itist 2, 217 j ^Ciroa iftU quoquc tempora moonstenum no«trt nrdiniA, quöil ßroi-
nifT voeatur^ in confinibus TreuirtMihia dlueeesis^ non proctil » Seh "♦
antea) (»er Comiiom d<> Lurt^nbiir^ rutidututtt <*st. in qtio caput 8 . '^
iljtiir^ qtiod ntlatum p«r Comitf^m pcrliib«tui - ) AotiaL 24, 168. lippliak* 1^
l«6f Aam.
I
es
tum. Dagegen wisaeo wir aus dem Jahre 1326, dass es Katzeuelnbogen gehörte,^)
Vor den Grafen von Katzenein bogen können es nur die Grafen von Arnsteiu
I besessen, und weder der gronauer, nucb die schnnauer Äbte können von lauren*
burg'scher Gründung gesprochen haben, da ihnen die Beaitzverhältniaae bekannt
iiv'areo. Sehr wohl aber konnte Trithemius, durch die Nähe der beiden Klöster
verführt, Gronau für ein ursprünglich laurenburg'sches Eigentum halten, zumal
er Schönau in einen „comitatus lurburgensis*' verlegt,") Wie leicht war es da,
in Ermangelung genauer oder von ihm vergessener Nachricht die Klostergründung
idemselben Grafenhaus zuzuschreiben^ dem er die Gründung von Schönau mit
JKecht zugeschrieben hatte! Weuck war also durchaus berechtigt, die Glaub-
I Würdigkeit des Trithemiuö'schen Berichtes in Zweifel zu ziehen, und es hat
mel für sich, wenn er Gronau eine Gründung Katzenelnbogeus zu nennen vor-
schlügt^ insbesondere den Grafen Heinrich IL dieses Hauses als Stifter mut-
masst, denselben, den wir 1129 und 1130 mehrfach mit unseren Grafen in
IZeugengemeinschat^ fanden und später noch finden werden. Von selber mochte
Ider YerkehTi die Richtigkeit der ungefähren Gründungszeit Gronau's voraus-
etzt, die gleichen Gedanken w^ecken und den einen zum Nachahmer des
leren machen^ ganz abgesehen davon, dass Klostergründungeo zum guten
Tone der Zeit gehörten» Selbst die Wahl der Namen : Schonauwe und Grunowe,
d. h. die schöne und die grüne Aue, verrät gleichen Geschmack. Beide lehnen
^ sich vermutlich an Ps. 28, 2 als Übersetzung des dortigen „locus pasouae* der
■ Yulgata an,*) Die Gründung Grouau's durch laurenburger Grafen wird dem-
nach ein für allemal aus der nassauischen Gesobicbte zu streichen sein, auch
Iwenn man gar nicht in Betracht zieht, worauf Weuck mit Recht aufmerksam
macht, dass die Gründung zweier Klöster zu gleicher Zeit das Vermögen der
Laurenburger überstieg.
3. Weitere ürkundenzeugenseliaft, Verurt^iliiiig wegen der
^ Burg Nassau*
Fahren wir darum nach dieser unvermeidlichen Ausscheidung eines fremden
Stoflfes in der wirklichen Geschichte unserer Grafen fort, und berichten wir,
dass in einer Urkunde des Erzbischofes Adelbert vom Jahre 1133, in welcher
bezeugt wird, dass Emmecho, ein ehemaliger Kanoniker von S, Victor, nachdem
er wegen seiner Verdienste in Besitz von zwei Propsteien gelangt war, dem
Victorstift ein aus eignen Mitteln erkauftes Haus „iuxta ecclesiam Beate Marie
ad gradus*' geschenkt habe, „Rupertus et Arnoldus de Lurenburch* unmittelbar
hinter dem ersten weltlichen Zeugen, dem ^praefectus civitatis Arnolfus", stehen,
und hinter ilmen ^Hermannus Bawarus* und „Auselmus de Gumeldinge** verzeich-
net niad/) Im selben Jahre, vor dem 13, September, ist „comes Arnoldus de
\) Wenok, Ilew* LftndeBgeach. 1, 121. — ») Chran, hirsaug. 1, 384, rgh Ananl. 24,
— *) Wie helif^bt die ßezeiclinung „ouwo" selbst jq splUerer Zeit tiocli war, bozeiigt die
Ite hn „Leben der h. Elisabeth'*, heröUHgegebeii Ton Bieg er. Stuttg. l»r,K. 220M: ,in der
loiftgdft oiiwe %u Aldenburg*" nh IJexeiehnung des Kloster« dieses NameiiR nn der liahti. Yg\*
)tiifS«r t, n>:i — *) JoanniB, Ror. mog. 2, itHX Die m der Urkunde aogegobene mdiet X
Luronburch*' ohne seiuen Bruder mit ^Theodoricus de Geilenhuseo, Gerbardaii
comeB et frtiter eiuB Heiaricus de Berbach, Dammo et Sigebodo de Buccbo,
Conraduft de Bickenbach, Gerhardus de Uagenhusen, Gerhardus de Kelberovre,
Bcrewicue et frater eiua Meginlaus" Zeuge bei der Beurkundung Adelberts aber
die Schenkung der von dem Freien Hugo erkauften Güter in Zozenheim in
Nahegau, in der Grafschaft des Grafen Emicho von Smedeburch an das* Martins-
stift in Mainz.*) Ebenfalls in diesem Jahre, aber nach dem 13. September,
dtebon beide Brüder unter den „laici'^ als Zeugen in der Urkunde des gleichen
Erzbiaohofes, in der dieser den Chorbrüdern des h. Martin das 20 Hansen b»*
tragende und jährlich 23 Schweine und zwei Pfund entrichtende Gut seu Bare-
bach schenkt, das er für 120 Mark von dem neugegründeten Kloster Ilbenstaik
erkauft hatte. >) Die Zeugen sind der Reihe nach: „Arnoldus urbis pra^«
comes Oerhardus de Berbach et frater eius Heinricus, Rupertua et frater
Arnoldusy comes de Lurenburc, Heinricus de Cazenelnbogen, Dammo de Buebo»
Sigebodo,** Im darauffolgenden Jahre 1134, zwischen dem 4. Juni und 13. Sep*
tember, sehen wir betde^ wie schon oben berührt wurde, an Stelle ihres Vette«
Udalrich auf dem erneuerten Freiheitserlasse des Erzbischofes ftir die Mains«'/)
Es folgen sieh hierbei die Namen der beteiligten weltlichen Edelen in der fBr
die Brüder ehrenvollen Weise so: „Willehelmus comes de LuzclenburCp dw
Frithericus, item praefectus civitatis Arnoldus, Arnoldus comes et frater mwB
Rutbertus de Lurenburc, comes Hermannus de Salmis et frater eius Otlo
de Kineche, Emmecho comes et frater eius Gerlaus, comes Gerhardus et frml^r
eius Heinricus de Berbach, Heinricus de Cazenelenboge, Dammo et Sigebodo
de Bucho." Ebenfalls im Jahre 1134 und vor dem 18. September helfen ,T>ttx
Frithericus, Arnoldus et frater eius Rupertus de Lurenburc, comes Sigfndus de
Nuringes, Gerart de Hagenuhese, Adelbertus de Jude^ bezeugen, dass Adelbeit
dem Stiftskapite! von S, Victor einen Ort zur Anlegung einer Mühle aswtscbeo
der steinernen Brücke und Rudolfeshusin verleiht,^) Zwischen 4. Juni and
I
Btimmt nicht, wie bcroita JoftnßiB am Kande bemerkt, und Will, Regceten 1, :297, Nr, t$i
Angedeutet liat, mit dem mt tangegeben eit 8. Regierungsjahre Lothar^ da sie dai IaIit ti^f
dieftcfl aber 1133 vor dem \X Sept. anzeigt, Sie ist also in XI lu verbeflsern.
*) Oudenui, Cod, dipl 1, 110; Will, RegeaK^n 1, 2i)7, Nr. 2Ö0. -^ ») Üuduuaj»
Cod. dJpL 1, Uli. In dem Datum: 11^5. ind. XI, a. regni IX, imper. l, itt« wie Will, llaif.
t, $97| Nr. 2iVl nahtig bemerkt liat, daa Jahr verfehlt Indiodoti und Regjerungajahr Lothar'i
weiitn auf da« Jahr 11. HH nach dem 13. Sept Schlieph. 1, 167 hilft sieb mit otoam ,«■
dieae Zeit*, Genauer warde zu datieren sein: 1133 zwiaohen 4, Juni (Beginn dee ersten ICaaMf-
jahre») und 13. Sept, (de* Kömg«jahres). — ') Oudenus. Cod. dipL 1, V2ü, Auch hi«r hi
dat Datum fehlerhaft: 113ä ind. XII a. regni Till, imp. IL Indiotion wie Kdnig^ahr p^mn
nur tum Jahre U3i, nur das Ketaerjahr könnte auch 1135 ror dem 4. Juni gejitatt4»B, Da
08 aher mit dem 4. Juni 1134 beginnt^ so kann gh obeüso gut dieses bezeichnen. Stfaimafl
die drei Angaben zusammen, so haben wir wohl ein Recht zu unserer Zeitbestuumuiif^ !■
Texte uod dürfen es Will, Regesten 1, 364\ Nr. 27K aberlassen, auch nooh das Jahr IUj
bb min 4« Juni sur Wahl zu stellen. Hennes 1, 18 seltt, wie wir, 1134« Suhtteph. I, lil
da« Jalir 1135. — *) Joanois, Rer. mog. 2« UHS f. Auoh hier stimmen die DatamingaWi
im Jahr« 1135: lad. XI, regn. Villi, imp. IL nioht. Ind. XI ist U33« KGiiffsjahr YflH
IH. Sept. 1133 bti dahin 1134, Kais(»rjahr IL 4. Juoi 1134 bis dahin llHIi. WIM, Ro|««Mi
1, :ia(^ Nr. ^m setxt deshalli mit rraffoxLnohvn - Juni* an. Wir 4ifftu aUr 4k»
I
i
■h
87
^:
B^f. 1135 befinden sich ^Comos Arnoliius*) et frater eius Rypertus de
srenlmrg'* an letzter Stelle nach den freien Edelen „Cornea civitatis Adel-
^arduö, comes Emicbu de Liningou, comes Ernmecho de Kyreburc et frater eins
lerlacus^ »um letzte nmale in einer Urkunde Adelbert», der in dieser die
icheukuDgen au die Propste! (Philippß-)Zell im Nahegau durch die Abte von
lornbach, bsbesondere den Besitz der Kirchen zu Hareweaachem und Buaeneß-
lieim und des Ortes Hornbach mit der Kirche bestätigt*)
Es ist dies bemerkenswerterweise zugleich das Jahr, io dem die Grafen
lu( dem Reichstage zu Worms zur Herausgabe der Burg Nassau verurteilt
rurden^), und der Bischof Buggo die ihm zuerkannte Besitzung siegesstolz in
enschein nahm.^) Da nun Erzbischof Adelbert noch bis zum 23. Juni 11B7
lefte, so sind wir entgegen unserer früheren Annahme^) der Meinung, dass die
^•OD ihrem Gönner nicht abgewendete Verurteilung die Grafen diesem bis zu
Binem Ende entfremdet habe. Denn wir finden sie alsbald zwischen dem
4. Juni und 13. September 1136 am Hofe des trierischeii Erzbischofes Adalbero.
Ss gilt die Entscheidung dieses Kirchenfürsten in einem Streit zwischen dem
Sitoeonsstifte in Trier und dem von S. Georg in Bamberg über den Zehnten
zu Hoingin am Rhein zu beurkunden. Die freien Edelen dabei sind: „Wille-
minus comes palatinus, Ernmecho comes et frater eins Gerlacus de Veldenz,
^-Godefridus comes de Sponheim, Gerlacus de laenburch, advocatus in Hoingiii,
l^homes Rupertus et frater etus Arnoldus de Lurenburch.^*^) Ebenso erscheinen
^Hie Grafen im Jahre 1138 als Zeugen in einer Urkunde, in welcher derselbe
^^Irzbischof dem S. Simeonsstift ein Gut zu Kyle bestätigt, das diesem geschenkt,
aber durch Ritter Hezelo entzogen worden war. Auch hier nehmen sie die
letzte Stelle hinter „Wilhelmus comes palatinus, Friderious comes de Vianna^
|H|Berlacus de Isenburg, Reimboldus de Isenburg** ein/^) Es könnte nun zwar
^Bngenommen werden, dass diese Anwesenheit in Trier eine rein zufallige ge-
^Bireaen sei, und sie wäre es in der That, wenn Hennea^) mit seiner Behauptung
anfl «ngesetzte Zeit mit am so besserem Hechte behaupten, als Herzog Fridrich ^egen-
Ärtig >var^ wie wohl in der ungefähr gleichen Zeit bei der Urkunde zuvor.
'j Die Verwechselung TOn d and f begegnet öfter in Urkunden, diigegen wird Rypertus
oder Druckfehler sein, da es ein unmdglieber Name i«t für Rupertus. — *) Würdt-
ein, Dioec. mog. l, HIU; Will, Regesten 1, 80n, Nr 281. — ^) Wenck, Hiat. Abh. l, SH;
ennoB l, 46; Schlieph, I, 185. — *) Sohannati Hist, episc. Worm, :i5:?: „Hie nliisqu©
'18 detinebatur Burchardus, quaudo Kupertus et Arnoldus^ Lurenburgii Comiteg, quorum
tita sede» inter Dietzium et Nassoviam erat, hanc postreraam arcera Wormatieneis ecclesiae
ominio avellere ubique usurpare conati sunt; hinc tumuJtuariae litis exorta materia, sed quam
plorata moz Caesaris justitia sustulit; restitutua itaque in priätinum jus suum Praosul, dum
bovam loci passessionem ipsemet adit"* etc. Sohannat beruft sich dabei am Rande auascr
|uf die Urkunde von 1159 auf ^Anonymi Chron. Worm. MS." — *) Annalen 24, 150» —
T. Hontbeim, Hist. trev. 1, Ö32 f. Die Datumangaben der Urkunde: J, Uri6, vad, XIII,
►HB. I, a. pontif. nostri IV, regni X» imp. III, stimmen bis auf Indiction und Concurrente iiber-
n; dahi?r unsere Datierung im Texte, bei der Kaiser- und Köuigsjahr bestimmend sein
m^ie^ aufrecht zu erhalten Ist gegenüber Goerz, Mittelrh* Regest. 1, 5U, Kr* 1881, der
der Bemerkung: ^Da alle Zeitbestimmungen im Datum ausser II aß auf 1135 weisen, in
gesütjtt% dem Thtttbesttinde widerspricht. — ♦) r, Honlheim I, "ilO; Beyer, ürkk
Kr UUS; Goerz, Mittelrli. Regest l, ri2:i, Nr, lü25. — ") 1, 21.
68
Bedti
letzten maingifiefaen
TrkunJeo auch dit? letzten
oeiea. Aber ein Blick in WilTs Regestea belehrt una^ daii^ der <
üricQiKkD bis ziitn Tode des Erebischofea noch ein Dutsend iat, tmd d«w b
Omen frühere Hitzeegen unserer Qrafeo wiederholt Torkommea, allerdiog» iiidil
mihr m der gewohnten Anzahl. Dazu kommt das andere, da^a das Gef&U dsf
Hiederlige bei den Qrafen am so mehr versoliärft wurde, als Boggo leiaeB
Sieg mit der Rachaneht eines ehemals Besiegten auaznnQtzen sich aogel^»
aem Besä. Niehl nnr, daas er, wie berichtet, die Burg Na&saa mil etgoeo Hiadeo
IQ Besila nalmi^ ao unterliegt es auch keinem Zweifel, daas er dem
erraaigeBeii und nicht allzu reichlich ausgestatteten Kloster Schonau etaeo
weit an Glanz des Baaes und der Einkünfte überragenden Kebeobabler
dem er ebenfitUs den Namen Schonan beilegte.*) Er begann gerade sii
Zeit jenea ^elegans ac sumptuasum hand proeul Heidelbergm eoe&obiiuii«
ob peramoennm situm gratamque solitudinem Scbonangie nomen indidit*',
Schannat arglos von dem Bau seines besonderen Lieblings berichten zu
meint. Wenn er aber dann hinseist: ^eomque rasto operi fortiter insudaiet,'
mox de Lodiarii Caeaarta morte nuncius superreniens üliid abraptt ac ipai Tebit
e manibus extorsit*')« so ist es uns ein Kleines, au erkennm, waa Bau oail
Naaeii dieaer atohMi, in der strahlenden kaiserlichen Gunst nntemommeon
Sliftmig bedeutet Kein Zweifel also: das starke Gefühl ihrer Niederlage trieb
die Grafen Ton Hains w^ nach Trier. Und nicht umaoast beeilte sich der
aeues kaiaerfieben Gönners beraubte Buggo, die auf Betrieb des Btsbtidiofa
Adalbero xnr WaU des neuen Königs Konrad atatt nach Mains nadi Oobkat
ReiohaterBaaimhnig am beaaehen und den OewäUtaii ajebt naebr voo
SU weichen/)
#« Alberata, Uamahlln Emieho*s ron Lelningen, eine Tochter
Idalrichs IIL
Da die gleiebe Zeit €« mit sich bringt^ ae sind wir geiiii%t, an dieser
Stelle die rnteranehni^ Über eb weibUchea Mitgfied des koiitgtganiachen Grafi»
hawiei eimuacbiebefi, das als solch« bisher auch noch der Totleo Aaerkennnig
gewartet hat Schannat beriehtet» daas im Jahre 1135 gEmtcho% dea Orafni
Bnkaid ?on Leiaingeii ¥od der Gtifln AdellieM Sohn, von himmlisch«» Te^
laageo ^ibeod, seiner Gemahlin Alberata, die Toa naaaoisehen Oralen ifarffl
Un|Nni^g herleitete. AnUss war, daas sie mit ihm xur Grtodnng eiooa geweihtet
Kkaterfti ta dem ihre Leiber nach dem Ilintritt geborgen werden aollten« Ih«-
^*^^^"* Sie atiftalen in dem Zwecke in der Nähe von AUleiningen das Anguümr*
Uoater Haimi (Haaingen, Haniagen), das im Jahre 1141 von Bischof Bügg*
gewaÜit wnrde^ und in deaseo Kirdia sie ihr Andenken mit den Hexametitfa:
Laaifamhl» Ofaiaatai ia UnivHiaBicea
Weiser mii Watte, KirobwOMikaa \iML JHm
S&a: ^mmc m Isürs «Ia» i
60
I
riDitas UDa (leus, oblatuni Buscipe opus,
Emicho quod donat cooaensu conjugb Älbrat«
vcrcwi^D. Auf ihrem Grabmal aber stebeo die Verse :
Hie jacet in tumba comas Emicho^ coosociata
CoDJuge dicta Albrat, qui templum caBdidit istud.^')
channat hat die Abkunft Alberata's aus dem allerdings verfrüht so ge-
rn nassauischen Hause offenbar ebenso für ausgemacht gehalten, wie die
f,aUen leiningischen Geschlechtstafeln**, die Scbliephake zur Begründung
seiner Mutmassung über den späteren Anteil Leiningen^s an der Burg Wies-
baden heranzieht,^ Natürlich ist dies kein entscheidender Grund, die Annahme
beider für zweifelloß zu halten, zumal Schannat sein Wissen wohl aus letzteren
geschöpft hatte,^ Das erkennt auch Scbliephake, und wurden wir seiner in
solchen Dingen sich immer zwischen Ja und Nein bewegenden Beweisführuog
folgen, 80 müssten wir sogar die alte Nachricht geradezu für irrig erklären/)
Denn ist, wie Schliephake will, die Gemahlin Ruprecht's des Streitbaren,
des Sohnes des uns bis dahin beschäftigenden Grafen Arnold, von dem später
zu reden sein wird, die Tochter des Grafen Emicho III. von Leiningen, und
dieser ein Sohn Emicho's II., dessen Qemalilin eben jene Alberata war, so
würde der kanonisch unzulässige Fall eingetreten sein, dass Huprecht der Streit-
bare die Enkelin einer Tochter seines eigenen Hauses geheiratet habe. Die
Bluts verwan tschaft war aber genau noch um einen Grad näher. Denn wird
das in der später zu besprechenden Urkunde des dafür angenommenen Jahres
1159 oder 1169 vom Grafen Emicho HI. fiir Ruprecht gebrauchte Wort „gener
[meus** im spätklassischen und daher im Mittelalter üblichen Sinne genommen,
[wie es hier ohnedies die Lebenszeit Ruprechts verlangt, so bedeutet es nicht
[Schwiegersohn, sondern Schwager,*) Und dann ist, wie dies später genauer
nachgewiesen werden soll, seine üemahlin eine Tochter Alberata's. Eine Ehe
bei solcher Blutsnähe war selbst mit Dispens nicht zu ermöglichen« Zum Über-
flüsse setzen wir noch hinzu, dass der Lcbcnsbeech reiber des Grafeu Ludwig III.
I'von Arnstein nur von einer laurenburg^schen Tochter dieser Zeit, von Demudis,
[Weiss. Soll also Alberata wirklich eine „nassauische*^ Urafeutochter gewesen
*) Hist cpisc. Worin. 150. — *) l, 401. VermutHch hat Schliephake nur die Be-
Krem er'Sf Orig* Nasa. 1, 357 vorgelogen, und nein misicherea Auftreten in der Sache
tid in der Bestreitung der Richtigkeit der leininger Kachriehten durch Krem er. —
rie auch K rem er a.a.O. urteilt. — *) Brinckmeier, Genealogiaehe Oesch. des Ilausea
□Ingen 1^ 16 begnügt sich mit der farblosen Bemerkung: ^Seine [Emicho's IL] Gemahlin
s, wie beider Leiohenstein besagt, Albratf Alverat oder Alberat und scheint dem Hause
fftSfiiiu angehört zu haben, ^ Zur BeetättguDg führt er ^Menzel u. Sauer, Cod. dipL Nass.
p. 138" an und setzt dazu: ^Daa Ori^aal in MOnohen.^ Aber das angefilhrte Werk hat
weder an genannter Stelle, noch sonst irgendwo diesen Namen. Es ist deshalb unerfindlich,
was es mit „ Original in München'* auf sich hat. Vermutlich hat sich daaselb« au« einer an-
deren Anmerkung des Verfassers hierher verirrt. Er pflegt aber auch sonst wohl leider wie
YoltAire zu citieren. -^ ^) Da Gange -Henschol ti^ 504'': ^Oener, agnatus, affinis, maxime
oris marituB.'^ Auch Lexer 2, 1832 f. irrt deshalb, wenn er aus Diefenbach's Glossa-
rium Ui.-germ. Frankf. 1857. 259*: f^Oener, swäger*" letateren in der Bedeutung von Schwieger*
Boho lAjüeo will,
70
rtoiii, SO sinri wir gcnr»tigt, 8ic in ilom idstoin-eppüteinischon Zwci|fe nm
zu suchen und milaaen annehmen, dass aie eine Tochter des Gräfe« Vi
rieh in. war. Für diese Annahme» so gewagt sie auch maugels jeder attdercti
goschichtlichen Überlieferung erscheint, spricht unseres Erachtens wenig^ai
ein Zeugnis. Es ist die von uns bereits behandelte Urkunde von 1128, ta d«r
Erzbischof Adelbert dem Domstifte in Mainz die Höfe Bierstadt und Spurcbon-
heim nebst vielen anderen schenkt, und in der als ^laici^ die zum Teil berdti
genannten Zeugen: j,Emicho comea de Smideburch et frater eins Ocrltiu,
Emercho comes de Liningen, Arnoldus et frater eius Ruobertus de Lurenbarcfa,
Dammo de Bvochen et Sigeboto, Bertoldus comes et frater eius de Nvoringeo et
alii liberi" stehen. Nehmen wir nun an, dass wegen des überwiegend grossen»
Teils der Schenkungen aus dem Nahegau, wohin vor allem der Hof Sporkenheio]
in der Gemarkung Niederingelheim gehört, die Vertreter dieses Gaues die Ge-
brüder Emicho und Q erlach von Schmidburg, voranstehep, so ist nichts natür*
lieber, als im Grafen Emercho oder Emicho von Leiningen den Schwiegersohtt
des ehemaligen Herren von Bierstadt und in den Ihm folgenden Brüdern vou
Laurenburg die nächsten Verwanten desselben zu sehen, denen sich die ihöco
nachfolgenden Zeugen als Nachbarn anBchlieasen. Nun war freilich die Gemahlia
Emercho's oder Emicho's eine Erbtochter. Aber ihre Evbberechtigung koußti)
trotzdem nur eine beschränkte sein, da sie von der des Gesamthauses abhiog,
dem der Landbesitz des Erblassers nach altem, auch zu dieser Zeit noek
geltenden salischeu Rechte in seinen männlichen Vertretern zufiel.^) Der ITit-
besitz Wiesbadens seitens Leiningens, dem wir im Anfange des 13. Jahrhundertf
begegnen, und der sich möglicherweise noch auf andere Teile des Nachla»«c4
Udalrichs erstreckte, würde demnach als eine Art Pfandschaft anzusehen fleioi
die Laurenburg Leiningen zur Sicherung des anderweitigen Erbes Alber ala^fi
»ukomineu lassen musste. Und er ist es auch ohne Zweifel, da er die Heiroi
Ruprecht» des Streitbaren mit einer Tochter Alberata's veranlasst hat. Diese
galt der Beseitigung der lästigen Fessel des Hauses^ die deshalb vor Endo i^
13, Jahrhunderts gelöst erscheint.
Warum sich aber ein solches verwantschaftliches Verhältnis zwisoheii
Laurenburg und Leiningen bis zu dem Grade verschleiern konnte, das« mr
noch eine dunkele Überlieferung Kunde von ihr gab, ist unschwer zu enträtseln. H
Emicho als Graf des Wormsgaues und Lehensträger des Bischofes von Worms ™
durfte mit dessen Feinden keine Gemeinschaft haben. Wir begegnen deshalb
fast zwei Jahrzehnte laug seinem Namen in keiner Urkunde, in der die Lauron*
burger als Zeugen sich finden. Diese Stellung musste sich aber um so AmU
lieber auabildon^ je schärfer sich die Dinge zwischen Laurenburg und Buggti
zuspitzten. Hieran durfte seihst die gemeinsame Verwantschaft mit Udalitehy
i
*) T«ex SalicA tit. H2: ,,t>e ierm rero snlicfi in mixlierem nQlU |>ortii» lieredttiiiU tnodl^J
sod hoc ririlis »exiis acquiriL'' Vgl. Eichhorn, Dcutseho Staats* tj. RccfHtag^tohicIiUu OSI-
tingeti t82L 1, 19» u. L*« 609. Ebcusc» besagt das tUuHngi^cho Recht! «üaqu« »4 qiiiniftiB J
gcoerationem pfttenm generftHo soeeedat. Fast qointam autom fiUa ox loto^ tlve d^ |^Alzii|
»Ire niAirls parto, in heredUntoüi suecodal, et Inno demum hereditas ad ftisum atanoMt
ual.** Vjyl. S('hrödor, Lohrb. ai9.
71
die in Alborata iliren Ausdnick gefundoD hatte, nichta ändern. Erst als der
Streit zwiachen Worms und Laurenburg einem Waffenstillatand gewichen war,
konnten sich friedlichere Beziehungen auch Äwischen Laurenburg und Leiningen
entwickeln. Und das geschah vom Ende des Jahres 1146 ab, wie wii* zeigen
werden* Es ist also klar: die gespannten Verhältnisse zwischen beiden Häusern
mussten die alte Verbindung Leiningena mit den nahen Verwanten des lauren-
burg'schen Hauses in ein Dunkel rücken, das die spätere Zeit nur noch durch
unsichere Überlieferung aufzuhellen im stände war. Hatten sie doch auch, um
davon noch ein Wort zu reden, die soviel ältere der Vergessenheit anheimgegeben,
die wir bei Trutwin I. erschliessen zu müssen glaubten, und die wir nun die
Mutter der mit Alberata besiegelten zu nennen uns erlauben« Denn da nicht
»Jleigung, sondern Hausbedürfnis die Ehen unserer hohen Geschlechter schafft^
m hat auch dies allzeit wachsame und mit starkem Gedächtnisse bewaffnete
Bedürfuis durch Alberata's Heimholuog nach Leiningen nur das wieder heimzu-
holen gesucht, was es damals au Laurenburg verloren hatte. Eine Verbindung
Emicbo^s mit Oemudis Hess das Zerwürfnis Ihres Hauses mit Worms nicht zu
und konnte das reichere Erbe einer Erbtochter nicht ersetzen. So musste Albersta
die Erwählte werden, die ausserhalb der Parteien stand. Wir denken, einen
solchen Schluss zu ziehen, ist angesichts der so sehr deutlichen Verbindung
dea streitbaren lluprecht mit einer Tochter Alberatas, von der wir vorhin
gprachen, nicht unerlaubt.
»
I
&. Stellung zu Mainz und zum Kaiser. Bupreclit I* Kreuzfahrer.
Wie aber hier das Hausbedürfnis das allein massgebende ist, so zeigt es
fiich auch dort auPs Neue, wo wir es schon vorhin beobachtet hatten. Denn
nun haben wir bei der weiteren Verfolgung der Geschichte Laurenburgs zu
berichten, dass der notgedrungenen Entfremdung von Mainz die Wiederan-
näherung an es folgt. Zeugnia dafür ist uämiich die zwischen L Januai* und
13, März 1139 fallende Urkunde, in der der Neffe Adelberts L, der Erzbischof
Adelbert H., auf Bitte des Propstes Heinrich von 8* Victor diesem Kloster in
ehrendem Andenken an seineu Vorgänger und Oheim die ihm zukonimenden
Einkünfte von Weinbergen in Dulcesneheim schenkt. Denn hier wird von den
freien weltlichen Zeugen nach „Comes Symon de Sarebruch, Advocatus eiusdem
ecclesie, comes Willeheimus de Olizberc, comes de Lengenburc, Egbertus,
üerlacus de Isenburch** zuletzt „Arnoldus de Lurenburc** genannt,'} Aber
iwenn wir nun gewahren, dass dies die einzige Zeugnisleistung Laurenburg*s
bis zu dem am 17. Juli 1141 erfolgenden Tode Adelberts U, ist, und dass es
von da ab nur bei Beurkundungen des Königs Konrad und des späteren Erz-
bischofes Heinrich von Mainz aU Zeuge mitwirkt, so erkennen wir, dass die
jWiederaunäherung an Mainz nicht sowohl diesem als dem Könige galt, der
m Gegensatz zu dem Schwiegersohne des Laurenburg feindlichen Lothar,
li^inrich dem Stolzen, gewählt, worden war, und dem Adelbert IL seinen Erz-
*) JMftauie, R6r« mog. 2, ^84; Wall, Re^esteü 1, 30»^ Nr, U.
72
stuhl 3SU verdanken hatte. Aber als der letztere schon im Juli 1139^)^
wie sein Ohnif sich auf die Seite Heinrichs schlug, war trotz der YerwantBcbaft]
das Band zwischen ihm und den Grafen von Laurenhurg aserschnitten. Sioj
trieben von nun an auf eigene Faust die ihnen förderlich scheinendo ho^
staufische Politik^ die sie mit dem Anschhiss an Trier eingeleitet hatten*
ist am Platze, dies hier auszusprechen, da es bisher übersehen worden
Wir finden deshalb am K August 1143 ^Robertus dp Lurenburch** am königli^
Uoflager auf Schloas Cochem an der Mosel, wos»^llmt er als der Zweitktztö
^Herimannus Palatious comes, Adelbertus raarohio de BaxoQia, Gerebardu
Cornea de Sulcebach^ Godefridus comes de Sponheim, comea Otto de Rineka
üiusque eunsanguinei Otto et Othalricus de Ära, comes Heriraannus de Uc
burch und Reimboldus de Isenburgh" Zeuge in der Urkunde ist, durch
Koutg Konrad die Besitzungen und Rechte des Klosters Sprenkirsbach bestät
Im Jahre danach, am 20. April 1144, sehen wir ^Arnoldus de Lurobfl
beim nachnächsten Nachfolger Adelberts IL, dem Erzbischofe Heinrich 1., zu Um
Mit , Damme de Hagenowe, ITenricus de Cazenelenhogeu*^, die ihm voranati
und „Wolfram de Wertheim et frater eins Diether, Eggebertas de Degenet
Godefridua de Hoste*, die ihnen folgen, bezeugt er, dass der Erzbisehof
longa, die Gattin Adelberts, mit ihren ti Kindern von der Familie der
Kirche und der Hörigkeit ihres Advocaten, des Stadtpräfecten Ludwige Id
eprocheu und dem Peterstifte in Asehaffenburg als Ministeriale übergeben hi
Die Zeugenschaft so vieler Edeleu und die besonders kunstvolle AussCmti
der Urkunde^) bei einem verhältnismässig geringfügigen Anlasse wolle
bei dieser Gelegenheit nicht unterlassen, als kutturgeschrohtliche Besond*!
ausdrücklich hervorzuheben, die Müssigkeit des Adels und die Prunklieb«
Geistlichkeit erhält damit eine beachtenswerte Beleuchtung. Auftalligcri
treffen wir den Grafen Arnold niemals anders an als in Mainz, wie sich oac
noch einmal zeigen wird. Seinem Bruder Ruprecht begegnen wir dafür ifl
Folge, wie im Jahre 1143, zuerst 1145 viermal am königlichen Hoflagcr.
erste Mal ist es, unbestimmt in welchem der lots^ten Monate dieses Jabre^p ^
er unter den Zeugen einer nijmeger Urkunde König Kourads Hl, nteh
dftr dieser der Abtei Werden ihre Gerechtsame» insbesondere das von
Konrad D. ihr ertciUo Recht auf Beachiffung der Ruhr, nachdem er durch
hier7.u bostollten Grafen Hermann alle Hindernisse hatte wegräumen la
bestätigt. Die Zeugenreihe dabei ist diese: ^Arnoldus col arr^" - ij|
Wernerus monanteriensis episcopus, Heinricu« comes de gelre, Heiiu
*) Will, Re^esten 1, hu\ Nr. 17. — *) Act- PaU :i, 112 ff.; Beyer, Urkanttoiili
5tKI, Nr. 532. Die Urkunde ist datiert: J. 1144, Ind. VI» Kdnigigahr VI, KaL Aair. I>a i
Ind. i\m Jahr IHH ergibt, so hat Gocr^, Mittclrh. Regest. I, Ä4U, Nr, 2iHi*l nach St«
2n.H, Xr, 34*30, das Jahr ll4:i als das riolUige geselait, weil der 1. Augu« nur in 4a
i:i. Ulirz beginaende i». Künigrsjabr pa^at Schon in den Kcgesten xuiii Mittolrh. Urkii
buch 2, »»IH, Nr. 591 hatte übrigen» Ooerx, der VerfRÄ«er dersolbeo, gesagt: ,lj|it
regn. o. H weiaon auf iu:i Aug. L** — *) audenus, Cod» dipl, l^ mm IT.; WSU» Reg
l, :V2A^ Nr. 22 hat öbersehen, dasa ind. VI falsch ist und YH hoissen niUFs. — ^Oudcncitl
merkt autdrijoklich: ^Supcrbit diplomu hoc caracterurn ornatu peculiart uaqttO adrO| nl
tis üuluslibci platio rapiat ad mirationem.**
^läfc
Ma,.. ^ n— t..
T8
0 Limbvfch [Riipreoht*8 Schwager], Adolfiis aduocatus ecciesie et Evcrardu»
lius eiufl, Ruotbertus oomes de lurenburch, Godefridus et heriinannus de cuiche/')
'ftts zweite Mal, genau am 18, Oktober 1145, befindet sich Ruprecht iu Utrecht
IiiDter den 49 Zeugen, die König Konrad den Besitz der Grafschaften Oater-
kind Westergau seitens des Bisturas Utrecht bestätigen helfen.*) Um Weihnachten
Ist er in Aachen bei der Verbriefung des Königs für Propst Gerard in Bonn
über den Verkauf einer Liegenschaft zum Baufonda seiner Kirche.') Und eben
Bort bezeugt er am 30. Dezember mit dem Erzbischofe von Köln, den Bischöfen
[roo Lüttiohf Münster^ Basel, Verdun und Havelberg, dem Pfalzgrafen HerniaüD,
lleinrich von Liraburg und dessen Bruder Walram, Grafen von Arlon nebst 12
weiteren Grafeo die königliche Bestätigung der Besitzungen und Freiheiten <Ies
ochstiftea Cambrai.*)
Es mag hiernach autfallen, dass Graf Ruprecht dem königlichen Hoflagcr
verhältnismässig weite Ferne gefolgt ist, während er sich von ihm äugen-
beiulich ferne hielt, als es während der ersten Hälfte dos Jahres iu seiner
ähe zu Worms, Speier und Andernach sich befand nach Ausweis des könig-
chen Itinerars."'^) Sollte sich das etwa daraus erklären lassen, dass er Kunde
on der Absicht seines Vetters, des Grafen Ludwig UL von Arnstein, hatte,
in Kloster zu dieser Zeit vom Könige bestätigen zu lassen, und dass er diesem
nd dessen Gönnern nicht begegnen wollte, da es scheinen will, dass das Gegeu-
ü von verwantschaftlichem Einvernehmen zwischen ihnen stattgefunden habe?
oun nirgends begegnen wir beiden zusammen io Urkunden, auch nicht vor
dem Jahre 1139, wo Ludwig Mönch wurde. Ebenso wird die Grafschaft im
Einrieb, was so nahe gelegen hätte, von letzterem nicht an Laurenburg, sondern
ÄQ Isenburg abgegeben, als er ins Kloster ging. Jedenfalls steht soviel fest,
daas die Bestätigung Arnsteins in seinem Besitze und seinem Kochte durcb
en König zwischen dem 13. März und 24. September 1145 zu Speier ohne
*) Lacorablet, ürkb. 1, 245, Nr, SöS. Das Datum ist: U47, ind. X, a, regui X*
tVL Kill, novembria (IT. Okt.). Biea hat Hcmies 1, ri3 Anm. ruhig, aber kKIj^'ücli mit der
blossen Jahresangabe hingenomiDen, Schliephake 1^ 179 ist ilim unvorsiclitig gefolgt tiiit
dem Motiatitdatum dazu und deshalb mit dem starken geMchichtlichen Sohnit^er aU Zueatss:
iln ihm imc hinten Jahre q unternahm Kaiser Kotirad den Kreuzzug^, während er hiltte wiüBen
aüsseUi dass Konrad diesen anfange Mai 1147 schon angetreten hatte. Das Datum iat alst>
DO Zweifel unrichtig. Eaumer, Geach, der Hohenstaufcn 2; 457 setzt do»halb im Itinorar
konradfl bei Anführung der Urkunde ©in einfaches ^falsch*^. Stumpf Nr. 3r>'>2 erkannte auf
FÄlsehung der Urkunde, musste jedoch spater deren Echtheit wieder anerkennen, Die Würz-
burger Immunitäts-lTrkonden des X. u. XI. Jahrhunderts. Innsbr. 1874. 1, 12. Erst Fickor,
JoitrJtgo iur ürkundenJehre 2, 142, § 270 sotiSte die Handlung in die letzten Monate des Jahres
|14.> mit dem Bemerken, daas auch im ersten Viertel des Jahres 1147 ein Teil der Zeugen
cim Könige in Aachen sich befand^ und kommt zu dem Schlüsse, dass die Datierung ^zweifel-
als ^nachträgliche YoUziehung eines von Konrad bereits genehmigten Textes^ anzusehen
Wir sind den Herren Prof. Otto und Arehi?rat Dr* Sauer zu besonderem Danke ver-
bflichtet, daas sie uns auf einen Teil der im Vorstehenden benutzten Litteratur aufmerksam
emacht haben. — *) Bondam, Charterboek der hertogen tau Gelderland 192. Vgl. Hennes
21 f.; Böhmer, Regest. 118, Nr. 2219; Suhliophake 1, 179. — ') Hennes I, 28; Buh-
l«r UN, Nr 2052; Schliephake 1, 1711. — *) Hennes u. SchUephako a. a. i>.; Büh-
ler Nr. 2051
Uhr 1U5.
Ooerz, Mittelrh. Regesten 1, 555, Nr, 202J. — ^) Böhmer, Regesten U7,
74
(lio Mitxoiigonsoliaft RnprochtH und soinos Bruders vor sich ging. Mitzeuge
war diigogon der liiiuronburg foindliche Bischof von Worms, Buggo, und von
tlon iindorun Vorwanton ausser dem „consanguineus" Ludwigs, dem Herzoge
Krio<lrich von Schwaben, Heinrich von Eatzenelnbogen und Gerlach von Isen-
hurg.>)
Dan Jahr darnach aber treffen wir auch Ruprecht beim Erzbischofe Hein-
rich von Mainz. Das bezeugt die Urkunde vom 20. März 1146, in der letzterer
die Kirche in Goisenhcim dem Stiftskapitel in Mainz einverleibt und für be-
Hondero Besoldung des Domscholasters und Thürstehers sorgt, insbesondere
auch den llerriMi und Brüdern des Domstiftes die 6 Fässer Wein von Lahn-
Htoin bestätigt und sieh dem Gebete am Tage seiner Ordination und nach dem Tode
am Tage soinos Jahrosgedächtnisses empfiehlt.') Hier ist „Comes Rupertus de
LurtMiburo* der erste der freien weltlichen Zeugen, es folgen ihm: „Gerhardus
oonios do Nuringes, Bertholdus oomes de Nitha, Arnoldus de Hagenowe, Em-
brico do Novo oastro, Thei>doricus de Birberc, Henricus de Thidesse**. Da»
Faulo dos Jahres bringt die denkwürdigen Tage der Entscheidung für den ver-
hungnisvollon zweiten Kreuzzug in Speier. Auch Ruprecht ist anwesend, und
dio gt^waltigo Predigt Bernhards von Clairvaux am 29. Dezember 1146
wini OS wohl fortig gebracht haben, dass der alte Groll zwischen Ruprecht
und Buggi^ in dor Begeisterung für die Kreuzfahrt begraben ward. Denn als
am 5. Januar 1147 Konig Konrad mit Hilfe der versammelten Reichsfiirsten
den siobonjahrigon blutigen Streit zwischen dem Erzbischofe Adalbero von Trier
und dorn Grafen Heinrich von Namur wegen der Abtei S. Maximin bei Trier
luMlogt, tindon wir unter den 42 Zeugen der Urkunde nicht bloss Buggo, sondern
;4iuh vJioV.: v.obor. Joui iirafon F.mioho von l.o:nii;coii •Koibortus comes de Lucem-
bu:^:*. .?. ■'.. l.uronburc.* Uiorii.Kh belehr: ;:::< ei::e Urkunde ohne Datum,
* M / ?. ; >. .' :v. : . : : Kr <. -.v. e r . *.V c. Ni>>. -. '. T ; G - : t r. - 5 . Cod. dipl. *J, 1«» ;
i« / .■ . V.:t*:" H.\: ■, -Nr : ; . H. CT _■;:. r.-vr i IVi-.-sTTi: -K'vM:er« Arn5U*in
. N.- :. ^^ V.. r.i;.i. . :,. V^r-r.:-:- K;*cv>- - » .: r. S:.=:rf. R-^:oh*kÄniler
N- l^A* ?a; .-: s: Sy >." '. - r." V*/.. :.;— .\-r II R. = r^ce jl r^j^ii VII.
r * ^.-.r v: * .-r a. * - i I\ r^ • :•. : • :>;-:.. . ;: r-.t : : - ^ : . ; -iin^r*:=:. - Terre**en.
> :<•>.• T- ^ >: %::t \^:\ •■ .■.;- I -<_■. i; s: :?•: :.i -:< - * --.: It. AJid^r-fz A^^ben
X, r.'*' I ■ \ ". x; .•>;?,- >;.•■ \.- & v;i -^f^--. . . . r XLr: *: A!*o kAaa dif?
■ ,'- ^.' \" ; ■-.: . .* • . *^ . . : ■ --c^"^".: :■ >: ■■ I is> ■« - t: • Lf*-. r >?*::"= = -:^' äTitn
^•: -i • ,- V. . ;.i ;f ■ ^ ,:. .. ■ *.... ^ . •. . ii- - .. -^ ■ • '! * i/fr: £- _ir* S;-rbBirkeit
* *. * ." ; .'* *■«'■.• X • .'«> V , ■■ '. -v > . •:•■■* ^v5r" s .■"*, ir:r?*r':i*2 too
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I
jdie aber der Zeugen wegen wahrscheinlich in des Königs Aufenthalt /n Frank-
furt im März 1147 ßUt, dass Graf Ruprecht abermals in des letzteren Umgebung
ich befindet* Der König beötätigt auf Bitte deä Abtea Richard von Sprenchirs-
ach und durch Vermittelung des Abtes Wibald von Stablo einen Gütertausch,
welchen der erstgenannte Abt mit dem Erzbischofe Arnold von Köln durch die Hand
des Erzbischofes Adelbero von Trier gemacht hatte.*) Zeugen sind: „Albero
Treuirensis archiepiscopus, Arnold us coloniensis archiopiscopus, Heinricus Leo-
diensis episcopus, Herimannus palatinua comes de Reno et frater suus Hein-
ricus de Cacenelnboge, Robertus comes de Lurenbureh, Heinricus comes de
Limburch et frater auus comes Walleramus, Otto comes de Rineeha, Reinaldus
eomea de Bar, Heinricus comes de Saines, Reimbaldus de isenburch et frater
BUU8 Gerlachus et ceteri quamplures." Daas Graf Ruprecht sich im Mai des
gleichen Jahres dem zu Augsburg veraammelten Kreuzheere angeschlossen habe,
darf wohl als gewiss gelten, da er Zeuge des begeisterten Tages in Speier ge-
wesen war und sein Land den Händen Arnolds überlassen konnte. Das Schw*eigcn
des arosteiner Mönches hierüber ist kein Gegengrund. Denn wenn dieser bloss
er Teilnahme des Neffen, Ruprechts des Streitbaren^ im nächsten Kreuzzug
gedenkt, so geschiebt das nicht bloss, wie Schliephake, das Für und Wider
pn seiner Weise unschlüasig erwäge&d, annimmt, weil dieser seiner Zeit soviel
[näher stand, sondern weil er der in des Mönches Augen höchsten Ehre, des
fSterbens auf diesem Zuge, teilhaftig geworden war. Graf Arnold blieb jeden-
falls zurück. Das bezeugt eine Urkunde von 1148, in der Erzbischof Heinrich
von Mainz dem Kloster Ochtricheahusen (Ichtershauaen) die Schenkung der
Kirche in Egenstaete durch seine nahe Verwante, die „nobilis ac religiosa ma-
[trona nomine Frideruna", und deren Sohn „MarquardusdeGruombach** bestätigt.*)
Das Datum der Urkunde hat den ausdrücklichen Beisatz: „gloriosi regls Cun-
radi secundi secundo peregrinationis anno/ Hat Will, wie es scheint, rccht^
30 ist die Urkunde im Februar zur Zeit des Aufenthaltes des Erzbischofes in
Brfurt ausgestellt» Dorthin würde also der mituuterzeichneto Graf Arnold samt
dem ihm voraustehenden späteren Mitachwieger, dem Grafen Emiclio von Lei-
Iningen, seinem Gönner gefolgt sein, zum Beweis, wie weit sich der erzbischüf-
licho Hofdienst auch für Freie ausdehnte, und wieviel die erzbischöfliche Gunst
wert schien. Wie aber Graf Arnold beharrlich am mainzor Hofe, so finden
wir seinen Bruder auch dann am Königshofe, als dem Könige Konrad der Neffe
Fridrich L gefolgt war. In der am 20. April 1152 in Köln ausgestellten
Urkunde setzt dieser das Kloster Laach wieder in Besitz des ihm von seinem
Stifter, dem Pfalzgrafen Heinrich, geschenkten Hofes Bedendorf, den Heinrich
allein bei Beyer und Goerz richtig, die Yerschroibung ^Luoemburg** ifür Lureiiburg Sühim
von Toi n er erkannt, Luxemburg Icunu es um so weniger lieiaseti, als es keinen Robert dieBCS
Namens gab, und ausserdoni in der gleiohen Urkunde rier Edele ^de Luceleiiburg'* vorkommen.
') Act. Pal, 3, 116; 0Onther l, 29ö; Boyer 1, 5H9; Goerz, Mlttelrh. Regest. 1, 502,
[Nr, 2046, Von letzterem allein in das richtige Jahr gestellt Von hier aus auch Schliop-
[liake 1, 178 mit der irrigen Augabe ^zwiBclien 1144 und lUö*" zu berichtigen. -- *) ätum|if,
Acta mog. i*ec. XII. Innsbr. J8H3. 43, Nr. ftH; Will, Regesteu l, aal, Nr. iM>; Schlieii-
lliako 1, ITß.
I
7«
von Molleepcrg sieh unrechtmässiger weise als Lehen zugeeignet, nun aber gegm
60 Mark an dou Künig wieder abgetreten hatte.') Unter den nicht weniger
als 33 bei Schlicphake aufgezählten, den hüchsten Reichsständen angehdrea*
den Zeugen nimmt »Rotbertus comes de Lurenburch* die 22. Stelle ein.
G. Trotz päpstlielion Bannes endlicher Erwerb Nagsauj^.
Zu dieser Zeit aber muas es gewesen sein, dass die Grafen im Vertraaoti
auf die königliehe Gunst sich gewaltthätig des Zankapfels zwischen ihnen und
Worms, der von ihrem Vater erbauten Burg Nassau, bemächtigten* Denn vom
4. Mai 1154 datiert der bekannte papstliclie Drohbrief.*) Derselbe ist, wii
wir seitter Zeit hervorzuheben unterliessen, ebenso sehr ein Zeichen für die to*
zwiijchen gewonnene Machtstellung Laurenburgs« als er die Ohnmacht van
Worms kennzeichnet, das die letzte Karte ausspielt, nachdem der erste trierisebo
Buun und Lothars Spruch sich als wirkungslos erwiesen hatten. Worms «ah
Laureüburg in königlicher Gunst, darum war nur noch der Papst seine Zufluehi
Laureaburg aber war offenbar um so sicherer in seinem Vorgehen, als es «ich
ausser auf die Gunst des Königs auf sein gutes Recht stutzen konnte.') Was
wollte es dagegen heisseo, dass von 1154 on der Name seiner Grafen in keiner
IVkunde erscheinen konnte, ein Umstand, der thörichterweisc bis dahin an
den Tod Ruprechts und Arnolds zu dieser Zeit glauben Hess, obgleich sie so
deutlich der päpstliche Brief meint, wie ihren Namen nicht minder deutüdi|
was auch bisher übersehen w^urde, die zwei wormser Urkunden vom 9. Mirs
1 löD nennen samt der alsbald xu nennenden Hillin's vom gleichen Tage!
Der Besitz von Nassau war ihnen mehr wert. Sie trotzten einfach 5 Jahro
laug und ertrotzten damit den berühmten Vergleich vom Jahre 1159, Dieser
Erfolg ist um so bemerkenswerter, wenn wir bedenken, welch eine strenge
Strafe Kaiser Fridrich noch an Weihnachten 1156 auf dem Hoftage zu Worms
über den Pfalzgrafon Hermann und den Erzbischof Arnold von Mainz wegen
Landfriedensbruches durch das bekannte Hundetragen verhäügt hatte.*) Der
Kaiser muss demnach den laurenburg'schen Fall mit anderen Augen angc*
sehen haben als das wormser Domstift und das um so mehr, als Bischof Kon-
rad von Worms, der Nachfolger Burkard's oder Buggo's^ selber in des KaLicrä
Gunst stand. Nicht nnmögUch also, dass von letzterem ein Druck auf Konrad
ausgeübt worden sein mag, den ärgerlichen Streit aus der Welt zu scfaaflfit,
und kein Wunder, dass Schannat den Austrag desselben mit den bitt4)nQ
Worten berichtet: ^ Immer war unser Kourad dem Kaiser als Begleiter itir
Seite, uud wuhrend er sich zur Übernahme der kriegeriseheu Mühcu rüstete^
ging er. zufallig nach Trier verschlagen, den schändlichen und unseligen Vertrag
') Oanthcr 1» 331; Bo^cr 1, 61^ Nr. 561; Oocn, Mittelrh* liogresten 2, 2, K?» 4;
^^ohHcphtike 1, 180, — ") Annal. 24, 150. — *) Dürfen wir doch zu der »ohoti fmbw um
llUlin*« Ürkttodo roa 1159 angefahrten Stell©: ,dicento« in eodom cu»tro se iilti|uid |»fu-
prii?t*tis hubere", dio bis dabiii von uns und unaoren Vorgängern tJbcrseheoe andere wuthtig»
&te\\Q denelhen: ^ct persone nostmo et oodesiac quidquid in eodem «ftjitro Iqri» Allo^i^
habebiint, rcsi^narcnt* (Schlicphakc 1, 2(>4) in Botriicht neben* — *) Vgl, Wlil, Rttftfm
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dem Erzbischofe Hillin eio. Er trat diesem die Burg Nassau uml das
ihr aogrenzeade herrliche Landgut von 40 Maaaea ab, wiibrend er umgekehi't
den nur 19 Manaeu umfassenden und dazu jeder Gerichtsbarkeit entkleideten
Hof Partenheim von ihm in Tauach nahm. Es geschah das, wie in den Urkunden
glänzend berichtet ist, unter der nachherigen Billigung des Gegenpapstes Victor
im Jahre 1160, Es wird deshalb von einigen Schriftstellern der wormser Ge-
schichte Hillin dabei wie ein gewaJtthätigen Raubes Schuldiger angeklagt,
während er im Gegenteil von seinen eignen Leuten und von Einheimischen be*
schuldigt wird, als habe er jene Sache weniger schlau behandelt und zu Ende
gebracht. Dass deshalb von Neuem ein Schaden über die wormser Kirche
gekommen sei, darüber gibt gewiss der Besitz der beiden Landgüter einen Wink,
der, wer weiss aus welchem Grunde oder Geschicke, bei der trierer Kirche
blieb, da sie die Grafen von Nassau von da an Kraft des Lehens als ihr Ver-
ptiichtete und ihr Gut in Partenheim bis zum Jahre 1GG5 gegen den Churfüraten
von der Pfalz wegen des behaupteten Wildfanges in Anspruch zu nehmen ver-
sucht hat/^)
Was das Ausserliche der Beurkundung wegen Nassaus angeht, so ist
hier nachzutragen, dasa wir uns seiner Zeit vom Ansehen unserer Gewährs-
männer lleunes und Scliliephake verleiten Hessen, nur vier Urkunden über
diesen Fall anzunehmen : die der Kanoniker des wormser Domstiftes, die des
Bischofes Konrad, beide vom 9. März 1159, die Hillin 's vom 1. April 1159,
die Schliephake nach den Urschriften mit den beiden ersten abgedruckt hat,
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I
*) EIbL opiso. Wornmt. 356 f. : ^ Adhaeserat caesari comes ubique Conradug noater, tleni-
que aünul ad aubeundos militiao labores sese acciogeret, forte Trovirem dolatita, turpem nc
infaUBtum iUic cum HHlino Arohipraeüule Tractatum imit: huic gi quidcTn Nossowa itrccm
eique annexiim XL mansoruiD nobüe praedium cessit, dum, vice versa, iion niai Curtem Par-
tenheim^ manaos dumtaxat XIX complectentem, neo boq omni iniuper jurisdictioiie destitu-
ium, utui in Tabulas speciose [spatioBe^J relatum^ probaute pgbtmadum auno MCLX Victore
Antipapa. Hinc a nonaullia Wormatiensium rerum BOriptoribus [am Rande: Qolscher, Geeta
Trcvir, apud Ecoard. Scrij)t. Tom. 11 j Hiliinus in lioo, velut violonti spoUl reus inouBatur,
dum e contrario, a propriis ac domoaticiä culpatur, quasi minus caute rem iUam tractarit ac
peregerit. Certo damnum inde ex integro in Wormatiensem redundasse EcclcBiamf sads innuit
praedii utriusque simul posaeasio, quae nescio qua ratione aut fortiina, penes Trevirenaem per*
manait, cum haeo NasaoTiae Comitea feudi lege exinde obnoxios sibi habeat^ et Partcnheimiitm
auum adbuo Aruio MDCLXV. adversua Palatino tn Electorem ä praetenao jure Wildfangiatus
vindicare conata fuent.*" Das ^forte TreTirem delatua*^ ht übrigena ein Irrtum Sclianuat'a,
ßifl€liof Konrad sagt deutliofa in aemer Urkunde vom 9. MUrz I15B (Sohliephake t^ 20t):
^qualitcr ..... interfuerim ouidam ooncambio in uilla Partenheim, quod yeraabatur inter
dominum Hyllinum uenerabilem treuirenaia eoclesie arohiepiacopum upostolic. aedia legatum üi
iuler confratreR noatrao oanonicoa Sancti Petri maioria domua, et illam comrautationem pro-
mouerim et coufirmauerim.*^ Dem Termerko an ihrem Schlusae gemJlas achoiut nur die Aua-
fertigung der Urkunden in Trier erfolgt zn sein. Aber auch darin wird Sohannat in »einer
EntrOatnng %n weit gegangen sein, daas Partenheim nicht in wormser Besitz übergegangen
•ein tolle. Denn da IliUin in seinem Tausehvcrtrag auadrüoktich betreffs dieaca Outea sagt:
^exoepta aolummodo decima et udvocutia, quae ante tempora mea a praedecedsoribua meh
«ront inbeneficiata'* [i. e. in benelicium data, vgl. Du Cange-IIenschel 3, 7B(>*], ao gehörte
«och der Wildfang zu den von Trier vorbehaltenen Rechten, sei es nun, daa9 dieaea als Wild*
bann oder, was wahracheinllcher ist, atä das Recht, Fremde ala eigene^ d. h. Yogteileute, etn-
stifangen, zu rerateben ist.
mutam
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und endlich die de« Papstes Victor IV. vom 25. Juli 1160. Es gab aber ooch
eine fünfte, die uns Schaunat') aufbebalteu, und auf die schon Kremer") ver-
wiesen hat. Diese, ebenfalls vom 9* März 1159, iät das Gegenstück zu der
Urkunde Kunrada und gibt, ausgestellt von Hillin, den Sachverhalt des io Parteo-
heim abgeschlosseuen Tausch Vertrages zwischen Trier und Worms von eraterer
Seite an. Sie bietet im wesentlichen nichts Neues, sondern stellt nur da» von
den beiden wormser Urkunden Vorgebrachte, mehrfach wörtlich, aber in eigener
Ordnung, zusammen. Gerade das jedoch macht sie merkw^urdig. Denn indem
sie genau den wormser Rechtsstandpunkt bezuglich Nassaus wiedergibt, mttt
sie sich in Widert?pruch mit der Urkunde vom 1. April, in der nach Gebühr
das laurenburg'scho Recht gewahrt, und der Sachverhalt der Wirklichkeit eat-
sprechend dargestellt ist, so wie er wenigstens von seiten Laurenburgs ange-
sehen worden zu sein scheint. Überdies widersprechen sich beide Urkunde
in Bezug auf den Zweck des Tausches. Nach der vom 9. März geschieht d«
Tausch in der Absicht, dass Worms, weil ihm der Besitz Nassaus lästig ge-
worden sei, und dies ihm zu entfernt liege, in dem näheren Partenheim (bei
Wörstat in Rheinhessen) einen Ersatz finde, und Trier dafür einen Besitz inner*
halb seines Sprengeis erhalte. Die Urkunde vom 1. April vorsichert dagegen,
der Tausch sei aus dem Wunsche hervorgegangen, die Streitursache zwisobc
Nassau und Worms aus dem Mittel zu thun und zugleich der trierer Kirchd
einen Vorteil und Nutzen zu verschaffen. Als ob der Streit damit ein End«
habe, dass Nassau in die Hände eines anderen Besitzers gekommen sei ! Dann
erst kommt die Hauptsache. Nachdem Trier friedlich und ruhig in Beaits
Nassaus gelaugt gewesen, seien die Laurenburger mit der Bitte hervorgetreten.
dass, w^eil sie keinen Streit mit Trier wünschten, vielmehr diesem immer ergeben
gewesen seien, auch manchen Dienst ihm geleistet hätten und weitere versprächen,
Nassau ihuen zu Lehen gegeben werde. Zum Ersatz („pro restauratione**') für
das ohnehin ein wenig zurückgegangene Partenheim hätten sie 150 Mark für
den Ankauf eines anderen Landgutes gegeben und zugleich auf ihr Allodialrecht
an Nassau verzichtet. Aus diesen widerspruchsvollen Darstellungen der Urkunden
wird erst recht klar, dass die Triebfeder zum Tausche weder in Worms uoch in
Trier, sondern in Laurenburg und am kaiserlichen Hofe lag. Man ummantelte
nur die harte Notwendigkeit, um die kirchliche Würde zu wahren. Die zwischen
Worms und Trier gewählte Form der Darstellung erschien den Fülireru der
Unterhandlung, vor allem Hillin, notwendig, um dem wormser Domkapitel Sand
in die Augen zu streuen. Bei der mit Laureoburg geführten Sprache, von dar
Worms nicht» boren durfte, galt es Hillin, das eigene Domkapitel glauben zu
machen, dass er lediglich im Interesse Triers gehandelt habe. Denn auch
dieses bedurfte einer solchco Täuschung, da es 5 Jahre zuvor an der Ausführung
des ptlp»Uichen Bannes kirchenordnungsgemäss beteiligt war. Deshalb auch
in der Urkunde vom 1, April kein Wort von der Zuriicknuhme des Bannei»
KtHt iVw Vorteile von einer Verbindunc: Laurenbur^rf? mit Trier» dann verstand
hftt Ulf r *Ui* nuhi'lHUrrlii'ht« H(ik<ulung *uii «ininpunfÄlio. Vgl. Üii C«ii|pe«Hi*ii«rhrl \ Tlifi*
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^aich die Aufhebung des Bannes von selber, die wir deshalb in einer hierauf
[ilgenden eigenen, leider verloren gegangenen Urknüde erwarten dürfen.'}
Aber auch das findet noch aeine Erklärung, dass Laurenburg bei dieser
^Angelegenheit eine so auffallend geringe Beteiligung seiner nächsten Nachbarn
Hfand. Nur lü freie Edele nennt die Urkunde vom 1. April 1159 als ^testes*^
Hlind ^obrndes*^ : ^Reinboldus c. de ysenburg et Gerlacus nepos eius, Heinricus
rtomes de seina, Kuobertus comes de Berebaeh, Fridericus de Brubach, Euerardu«
de Burgensheim, Egenolfus de Wruthe, Vdo de hegere, Sifridus de ruukel,
SifriduB de biegen/ Ton diesen sind zunächst zwei angeheiratete Yerwaute.
leinbold von Iseuburg ist der vierte dieses Namens und Sohn Keinbolda III,,
1er eine der 6 arnsteinischen Töchter geheiratet hatte, zugleich, wie die Urkunde
bezeugt, Inhaber der Grafen würde im Einrieb.*) Sein Neffe Qerlaoh V., als
uhn Gerlachs IV., kommt, wie sein Vater, auch als Herr von Kovein vor*^)
^Der diesen folgende Graf Heinrich von Sain ist derselbe, der mit seinem Bruder
Eberhard die Burg Sain Erzbischof Hillin 1152 freiwillig aufgetragen und als
Lehen von diesem empfangen hatte. Eine solche Ergebenheit gegen Trier trug
ihnen 100 Pfund Heller als Jahresgehalt mit der Bestimmung ein, dass ihre
L erblichen Nachfolger die Burg und diesen Jabrgehalt ohne „Heregewede** und
H|,Mere8ture'' haben sollten.^) Und doch war das Ganze nur ein Werk der
■Kot, da im Sommer des gleichen Jahres die Burg durch den Erzbischof Arnold
"von Köln von Grund aus zerstört worden war»^) Was Wunder, daas Lauren-
ni bürg sich hieran ein Beispiel nahm, und dass einer der Beispielgeber mit
Htinter den Zeugen und Geiseln war. Der weitere Zeuge Graf Ruprecht von
^Berebach scheint in keiner näheren Beziehung zu Laurenburg als der einer
LBekanntschaft vom erzbischöflich mainzischen Hofe gestanden zu haben, da er
^m ') Zu dieser Erwartung berechtigt uns ausser den Vorscliriften des kanoniaclien Rechtes
^^^Pein ihalicher Vorgang ans ungefähr derselben Zeit. Graf Stmen I. von Sarbrücken, Bruder
' des Erzbisohofes Adelbert I, von Mainz, hatte lange Zeit dorn Kloster Sehwarzaeh tm Elsass
die ^curtis in SuuinderAthesheim^ gewaltsam vorenthalten. Kaiser Fridrich L erkannte 1152
XU Recht, dass der Hof dem Kloster gehöre, Giidenus, 3ylloge 458 ff, Graf Simon, der des-
Phalb vom Bischöfe von Strassburg nach päpstlichem Spruche in Bann gethan war, rousste sich
tiieniüch zur Herausgabe des Hofes verstehen^ that dies aber in der Weise, dass er sich \ota
Abte Konrad in Schwarzach UM ^ex rebus ecclesiae magna difficultate comjuieitas marcas'*
I^eben liess, „aliquod tarnen inter haeo luorum ¥01608*^, wie es iu der Urkunde heisst, trotzdem
hr sein Unrecht eingesehen hatte und den Hof an den Bischof Günther von Speier abtrat, der
jthn dem Kloster wieder austeilte. ,8ique demum*", heisst es alsdann in der darüber aufge-
nommenen Urkunde Günther's von 115*2, „concesHione Dni Argentinensis^ ad quem potestü»
llunc itoltendi spectabat, uostra auctoritate ab exeommunicationo solutus est*. SyUoge 462. ■ —
') Der Satz: „qui tuuc tempori» eundem comitatum teoebafc*', in dem wir bereits ^tunc tem-
pcrria'' in der Bedeutung: ^zu der Zeit*^ siebergesteUt haben, Anna], 23, 64, besagt bei näherer
l^ßötrachtung, dass zu dieser Zeit bereite Terliandlungen betreffs des Terkaufes der Grafschaft
^^Bn Laurenburg und Katzenelenbogeu im Gange sein mussten, da sonst wohl ein ^tenet'" stehen
^^vwdfde. Möglich bleibt freilich ein Versehen des Urkundeverfaasers. Sein eigenes „tunc
^BU»mporia** konnte ihn dies machen lassen, indem ihm das im Sinne gehabte ^ku dieser Zeit''
unwillkürlich xu einem «, damals'^ wurde und eine Zeitform der Vergangenheit zu fordern schien.
»} Reck, Gesch. d. Häuser [«enburg, Runkel, Wied. Weimar 1825. :<S^ 40. — *) Boy er
ll^SI, Nr. aTt; QoerA, Mittolrhein, Regenten 2, T, Nr. 2a. *) Die Quellen hierüber sifhe
ei Öoerx ft. a. 0. 2, 5, Nr. 17*
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BQüAi in maiazisohen Urkundeo vorkommt.') Seine Grafacbaft liegt im tbfiriiig*
ischen Monregau.*) Fridrich von Braubach gehört den Adeligen von dort m,
die schon 1153 genannt werden.^) Eberhard von Burgensheim, jetzt Bilrre»-
beim bei Mayen im Regierungsbezirk Coblenz, darf wegen der nicht allzu femeii
Lage seiner Burg zu dem Bekannteokreise der Laurenburger gezählt werden,^) |
In Egenolf von Wruthe haben wir wohl den ersten Adeligen von Fnicbl IQ
crkenneo.^) Udo voo Haiger, Sigfrid von Runkel und Sigfrid von Bicken treim
auch hier zum ersten male als altnassauiache Adelige auF,^) Unter den 18 Mi*
nisterialen ist es nur Roricus de Milena, der sich uns als nast^auischer Eigeum^iui i
zu erkennen gibt, und der als Ahnherr derer von Miehlen zu betrachten ist/l I
Das sind nun alles, trotz ihrer Zahl von 26, keine bedeutenden Namen, Aber \
mit den 42 auf der Gegenseite verhält es sich geradeso. Die 1 7 geidtticfapo j
Zeugen davon gehören alle Trier oder seiner nächsten Nähe an. Von den
nur 9 freien Edelen vertreten 6 zugleich Laurenburg, und von den 16 Minsi*
terialen thut dies sogar noch der Marschalk Wilhelm, Gleichwohl wäre eb
Schluss hieraus auf das geringe Ansehen Laureoburgs das Gegenteil von der H
Wahrheit. Es konnten nicht mehr Zeugen, und dieselben konnten keine anderm "
als diese zum Teil bejahrten sein, da alle kriegatüchtigen Männer sich zu der
Zeit in dem Ileere Fridrichs L befanden, der die lombardisehen Stiidte tu
5(ücht]gen hatte.
7. Rutireelit TU,, der Streitbare, znm ersteniiiale Urknndenxeüge.
W^ir mussten dies alles, da es zusammen gehört, in einem Zuge zu Ende
fuhren* Eine mainzer Urkunde aber nötigt uns nun, ehe wir weiter geheo,
um ein Jahr zurückzugreifen. Dieselbe ist 1158 ausgestellt und berichtet diel
vom Erzbischofe Arnold, wie es am Ende heisst: „in camenata nostra Moguntie^»|
vollzogene Schlichtung des Streites zwischen dem Kloster Winkel und deel
Vormündern des Kheingrafen Embricho IV. über die voo letzteren erhobenen
Erbansprüche auf das AUod Rendewineshuba, das der Ministeriale des Martin»*
Mtiftcs Wulfricus von Winkel dem Kloster geschenkt hatte. Als freie Laten^
zeugen werden dabei genannt: „comes Gerhardus de Nurinkes*^ und y^cocn»
UupertUB de Lurenburch.^^) Schliephake hat ohne weiteres in letzterem dm
^) Qudonus, Cod. dipl. 1, 281; Wonck, Hesäsclie Lundasgesoh. 1, Urkb. 101.^1
•j Joannia, Ror niog. 2, 4G5, 489 f.; Will, Rogesten 1, 311, Kr. 18. — ») Vogel, Tofiap^.f
yi, Boiiohr 646, — *) MfUelrh. Urkb* 2, LKXIII. — *) r. Konthoim 1, r>8H »ohrribt iiflfl
«WriuOiotni''. Die Vcriauschuog^ von v und w kommt Öfter vor» 8o Wolkoldo« für Yolkolibw
Im Ho utile im 1,442. Wiesenrt für Vieicart oder Fischart, Jahresber. d. Ge8<»Jiiolit«wiii«it<4.
iierlln 1H9:1. 2, 104. Ob „Wezil de Yroohte et frater oiuü Arnoldus*' in der Urkyad« tm
Jahn llttO «eiDe Sohne sind? Ygl Joanuis, Spicileg. 21, Mittelrh. Reg^eii. ^, UU Um
oh oioht, waa wichtiger »ein mochtCi er der Ahnherr derer von Stein bi, die in FrOcIit '
IfiKcrt waren mal einen Egenolfiis im amsteiner Necrologium verzeichnet haben? VgL Vof«l|j
Topogr. Ü5, Be«chn (Jäl; Becker, Ann«), 1«, 14. — *) Vogel, Beachr, 712, 2.V2, '^'k
0 Artioldi, Miaeellaneen 141, AnnaL 16, 15, — •) Bodmann, Rbcing. Ali«»rt. iTö; f^as«!
i, 172« Nr. 238. Da die Urkunde nur da» Jahr 1158 und Ind* 6 angibt, so hat die ung^t
BMtintcnttDg de« Munal» Schwierigkeiten rornnaiiht. Will, Uegesten 1, 365, Nr. ftl MHal ali
«**
IvoD uns seither besprochenen Ruprecht sehen zu müssen gemeint und in dieser
Jrkunde die letzte Bezeugung für ilin vor seinem Tode gefunden.*) Sehr mit
Jnrecht* Der Altgraf Ruprecht befand sieh zu dieser Zeit noch im Banne,
l'war also zeugniüunfähig* Zudem hätte ihm Gerhard von Nüringa nicht vor-
astehen können, da er diesem gegenüber der Altere war. Denn Gerhard
fbegeguet un8 in Urkunden erst vom Jahre 1143 an.') Es muss also ein jüngerer
f Ruprecht sein, und wenn wir bedenken, dass vor dem Banne Arnold sich auf-
fällig oft am mainzischen Hofe zeigte, so liegt es wohl am nächsten anzunehmen,
kdase es dessen Sohn Ruprecht der Streitbare ist^ und dass die Veraalassung,
Idie den Vater so oft dorthin führte, dessen Eigenschaft als mainzischer Lehens-
träger war, wie ehemals die Udalrichs. Es will sich uns das nämlich daraus
lergeben, dass die Zeugen schaft diesmal dicht vor dem Kriegszuge nach Italien
ffltatt hat. Was kann da natürlicher sein, als dass der Sohn des gebannten, vielleicht
^auoh schon gestorbenen Vaters au dessen Stelle sich bei dem Erzbischofe als
,mitos'^ und „fidelis" einfindet, um ihn nach Italien zu begleiten! Als Sohn
ies laurenburg'schcn Hauses und als Sohn des nicht regierenden lauronburg^schen
Vaters aber stand Ruprecht natürlich dem regierenden Grafen Gerhard von
TüringB nach.
»1
I
TorJujii**f offenbar geleitet yon dem Gedanke n, dass Erzbischof Arnold bereits im Anfang de»
uoi mit einem glänzenden und wohlbewaffneten Heere auflzieht und zu dieser Zeit mit Kaiaer
ridrich in Augsburg zuBammentnift, ebenda 'il>7, Nr. 69. Sauer setzt die Zeit Tom 14. Aug.
is 24. Sept. und lüaBt flieh dabei von den beiden Anhaltspunkten der zuerst toq ihm genau
ach dem Original wiedergegebenen Urkunde bestimmen, dass der als Zeuge angegebene Abt
arpert von B. Alban dies erst nach dem 25. Mai^ dem Todestag seines Yorgi&iigerB Baldemar,
ein konnte, und dass der für den Namen des Abtes von Eberbaoh freigelaatene Raum den
14« Aug* 1158 (1152 ist Druckfehler bei Sauer, der gioh auf Baer, Oesck der Abtei
Iberbaoh, 1, 2'M^ wo das richtige Jahr steht, beruft) erfolgten Tod des Abtes Ruthard vor*
auBsetsie. Da aber Ton der Hand desselben Schreibers noch eine Urkunde rora Jahre 1151»
mit der Ind, VII vorliege, die ebenfaKs den Raum für den Kamen des eberbachor Abtes frei-
Jaase, so sei ersichtlicli, dass dieser nach der am 24. Sept. beginnenden sog. kaiserlichen In-
ietion reohne, mithin als Ausstellungszeit die Zeit sswiaehen 14, Aug. und 24. Sept. an;^nehmen
li. Beide Golehrto haben mit ihren Festsetzungen recht; Will, unwissend, da et in dem
ihm vorliegenden Bodmann*Boben Texte nur den Namen des dort von diesem hier einge-
iten Abtes Ruthard kannte, für das Konzept der Urkunde, Sauer für ihre AusferHgun>c.
aber die Urkunde in diesem Stücke für die Diplomatik lehrreich ist, so ist sie es auch in
iiug auf die Zeugen. Bei dem Konzepte der Urkunde, In der Kemenate des Er;sbischofeay
waren offenbar noch die Äbte Baldemar von S. Alban und Ruthard von Eberbaoh zugegen.
Bei der Ausfertigung waren sie tot. Tote Zeugen sind keine. Also wurde der dem Schreiber
bekannte Nanhf olger Baldemar's Harpert ohne weiteres an dessen Stelle gesetzt, und da
der Nachfolger Ruthard^s, Eberhard, der zuvor von Clairvaux kommen sollte und deshalb erst
vom 20. Nov. bezeugt ist, vgl. Baer 1, 231 Anm., zu der Zeit seinem Namen naoh noch un-
bokaimt war, so blieb die Stelle ftir diesen frei zum sp&teren Eintrag, der nie erfolgte. Auch
ier ist ersichtlich, dass die Urkunde nur dadurch Wert hatte, daas ihre Zeugen nudgenfalls
lom Eidö gefordert werden konnten, vgl. Ficfcer, Beitrüge zur Urkundenlehre l, 85 ff. Man
war deshalb auf Ersatz der inzwischen Verstorbeneu bedacht. Die Ersatzmänner können dann
aU iestes facti, d, h. zu Zeugen Gemachte, gelten^ vgl. Ficker 1, 86*
») t, 189. — ") Vogel, Bewahr. 197.
iSi
IV. Die Grafen von Nassau.
1. Der arngteiner Bericht und seine Ergänzung,
Was nun zuüiichst folgt in der Geschichte dea von da an, wie bekanottl
sich Nassau nennenden Hauses, hat den biBherigen Darstellern dieser nm
Anlas» ihrer irrigen Annahme über die beim Vertrage mit Trier beteiligten
Glieder des Hauses so viele vergebliche Mühe gemacht, dass uns so gut «rie I
alles EU entwirren übrig geblieben ist. Wählen wir deshalb unsern Weg sorg-
föltig. Die Grundlage, von der auszugehen ist, bleibt, wie wir seinerzeit schon i
darthaten, auch jetzt der Bericht des arnsteiner Mönches,*) Nach diesem
war der uns als Trutwin IV. bekannt gewordene Laurenburger, der ihm b«- ]
reits Nassauer ist, der Gemahl der vierten Arnsteinerin, die wir abseits von
ihm, wie den Gattt»n, unter dem Namen Beatrix kennen. Aus dieser HIhe
entsprossen: Ruprecht, Arnold und Deraudis, die letztere vermählte sich
mit Erabricho und war die Mutter des Grafen Heinrich von Dietz, wie j
dieser der Vater des Grafen Gerhard von dort. Von Ruprecht kennt der Mdneh
nur den einen Sohn Walram. War ihm doch auch der Name der GemahliD
Ruprechts unbekannt geblieben. Wir aber sind im stände, mit Urkunden seiner
Unkunde zu Hilfe zu kommen* Wir wissen seit Gebhardi, dass die Gemahlin
dieses ersten Ruprecht Beatrix hiess und eine Tochter des Herzogs Walnun
von Limburg, mit dem Beinamen Paganus, und dessen Gemahlin Jutta oder
Judith war, sowie dass ihr erster Sohn von Ruprecht den Namen Arnold trug.
Dies macht alles die eine Urkunde des Bischofes Heinrieh von Lüttich von li6l
klar, in der dieser bestätigt, dass die in's Augustinerkloster getretene Witwe
Walrams, Jutta, diesem unter Zustimmung ihrer Sohne Heinrich und Gerhard
die Kirche in Lomundesheira mit allem Zubehör geschenkt habe, und doas
bei ihrer Beerdigung in gedachtem Kloster die anwesenden Söhne mit dorn
gleichnamigen Söhnchen des ersteren von ihnen, wie mit „Arooldua quoqtM
filiua Ruberti, comitis de Lunneburg, natus ex domina Beatrice, filia praedicia^;
dominae, et Theodoricus, filius Ekeberti comitis de Titkeinburg, natus ex wüm
tilia", die genannte Kirche förmlich übergeben hätten/') Der Name „Lunneburg*,
der in den Urkunden von 1158 und 1212 des gleichen Betreffs mit Lunenbnrg
und Lunenboreh wechselt, ist nur ein Schreibfehler für Lurenburg, wie bereit»
Kremergesehen und festgestellt bat.'*) Dass wir diesem erstgeborenen Sohne
Ruprechts L nicht weiter begegnen, ist ein Zeichen, dass er früh gestorben
sein wird, möglicherweise auf dem ersten italienischen Feldzuge Kaiser» Prid-
ricbs L zwischen 1154 und 1155, der noch vor Verkündigung der päpstlichen
Bannandrohung an Laurenburg begann, sodass sein Tod des Kaisers Gunst gegen
letzteres vermehren helfen konnte. Dem arnsteiner Mönche aber blieb da» ,
ebenso verborgen, wie das VorhandoTisein noch eines anderen Sohnes KuprechtaL«J
vun dem erst weiter unten geredet werden kann« Ebenso verrät er ein halbdi i
*) Krem er, Orig. Näm. 2, a6:i; WidrannUt Annalen 18, 247, — *j Krcnior, Oiff.
Nna«. 2, l7l t, vgl. 184 t u. 249 tt - *> Orj|f. Kam. 1, 352 Aiim., v^l «^^h-v»' » '^^ '
^Q/^
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Wisaen, wenn er weiter berichtet: „Arnoldus comes pater extitit Ruberti
eomitis viri bellicoei, qui in expeditione imperatoris Froderici peregrinus
ubiit iD partibus tranamarinia" ; und sein Übersetzer weiss Dicht mehr, wenn
er das überträgt mit: „Arnold, eyn atam, dar vss sproiss Ruprycht eyn juock
rey68, eyn sti'eytbaftich man, der da gedynet was dem Romischen Keyser, Keyser
Frederich, vnd von godes wyllen starp vff dem mere,"*) Fünf alte Nachrichten
belehren uns nämlich über einen Graten Heinrich zu dteaer Zeit, der niemand
anders ala ein Sohn Arnolds gewesen sein kann, wie dies bereits Kremer
dargethan hat'), ^^^^ Nachfolger finden zu können. Sein Name ^Ueiuricus
Cornea de Nassowe" wird zuerst in einer Urkunde von 1160 genannt, in der
Erzbischof Hillin dem Bischöfe Albert von Verdun die Burg Mussy an der Mosel
zu Lehen verspricht, falls derselbe sie von dem Paganus von Muasy erobern
werde.') Graf Heinrich, der als der Erste seines Geschlechtes den
Namen Nassau hier führt, tritt dabei als erster und einziger freier weltlicher
Zeuge auf. Die nach ihm verzeichneten 13 Ministerialen sind der Mehrzahl
nach dieselben, wie die in der Urkunde vom 1, April 1159. Er hat demnach
den waten Teil des «weiten italienischen Heereszuges Kaiser Fridrichs nicht mit-
gemaobtt Erst der Nachschub neuer llilfsmannscbaft beteiligt ihn daran. Das
gibt die zweite Urkunde vom 1. September 1161 zu erkennen, die ausgestellt
„in territorio Medyolanensi apud Landrianvm**, die kaiserliche Schlichtung des
Streites zwischen Hillin und dem kaiserlichen Bruder, Rheinpfalzgrafen Konrad,
enthält Als Zeugen werden dabei ausser den geistlichen Würdenträgern auf-
geführt: ^Lodwicus prouincialiB comes, Euerardus comes de Seyne, Henricus
comes de Dithesae, Robertua et Henricus coraitea de Nassowe, Sifridus comes
de Wedeh, Hermann ua comes de Saffenberch'^ und weitere 6 vom niederen
Adel/) Da Graf Heinrich von Dietz voransteht, so kann „Robertus** nicht
Ruprecht L sein. Dagegen scblieast die Nichtbezeichnung als Bruder, wie in so
vielen anderen Urkunden, nicht aus, dass die Genannten von Nassau die beiden
Söhne Arnolds, Ruprecht der Streitbare und Heinrich sein können. Wir sagen
aber nur „sein können", da die Möglichkeit zu bedenken ist, dass Ruprecht
als Lehensmann des Erzbiscfaofes Arnold von Mainz mit diesem im Jahre IICO
nach Deutachland zurückgekehrt sein könnte und Zeuge von dessen schmach-
vollem Tode durch die empörerischen Mainzer am 24. Juni dieses Jahres ge*
wesen wäre.^) In diesem Falle hätten wir in yjRobertus" den oben angedeuteten
Sohn Ruprechts I. zu sehen, von dem später zu handeln ist. Die dritte Urkunde
über Heinrich vom Jahre 1163, die Schliephake noch nicht kannte, stellt
') Widmann, Animlen 18, 247. CliArakteristisch für die Roth'ache Oeßchichtsdör-
Stellung ist, da§8 er 8. 16 seiner OeBch. d« Stadt Wie ab, zu Bohreibeu wagt: ^Arnold f. hatte
ak Sohne Heinrieh L, Hertnaon, Ruprecht IT. und Huprecht UI. den Streitbaren, mit dem
diese Linie ausHtarb^. Als Schreibfehler nur sei ihm angerechnet, dass er S. 1 7 Huprecht III.
jtum Sohne Walrams t. macht, da er dicflen auf derselben Seite vorher als Ruprecht IV. ycr-
I xeiohnet hatte. — ») Orig. Nas«. i^ nR4, Yg\. Schliephake 1, 269 ff. — ') r, Hontheim
l^ 590: B«yer J, 680; Ooerz, Hittelrh. Regest. 2,50» Kr. 16t». — *) v. Hontbeim 1, 595;
[B#yer l, 687, Nr. 627; Ooerz, Mittelrh, Regelt, l, r>5, Nr. l!*ß. - ^} Siehe die Quellen bei
Nvni, Regcj^ien l, y7;i— 76.
•^^■■--^ ^
84
(lieäeo ebenso aebeo einen Ruprecht seines Hauses. Erzbischof Eonrad Li
Mainz legt mit ihr den Streit zwiseheu dem Eloster S. Jakob daselbst]
Konrar] von Rüdesheini bei. Die hierbei genannten «laici^ sind der
nach: „Riipertus et Ileinricus de Nassowe, Eraicho irsutus comea^ Gerhi
Cornea de Nuringis, Wernherus de Walebach, Embrieho comes Reni, Wefi
horus de Bolauden, Hartradus de Mijronberc, Cunradus de Leitgastere, Ernbi
de Winkelo, Wernherus dapifer, ArnoUlus rufus.**^) Hier nun scheint
entgegenzustehen, die au erster BteUe diesmal genannten Nassauer als Ui
anzusehen« Die vierte Urkunde zeigt uns den Grafen Heinrich abermals in It
E« ist eine solche des gleichen Erzbischofes, vom März („in mense martio*')
,in opiscopatu Faventino apud S, Proculum** ausgestellt, die den Kaoonil
des matnzer Domstiftes die Kirche und den Zehnten „de inferiore Vlmene viffal
[Niederolm] uberlässt. Ausser 20 geistlichen Zeugen werden dabei genannt
Namen: „Comitis Embriconis de Liningen, Gerlaci comitis de Veldenza.
comitis de Thuringia, Heinrici comitis de Nassowe, Embriconis de Wiia
Burchardi et Cunradi de Asehaffenburg, Dudonis, Marquardi de Berg
Cunradi filii Wignandi, Tirrici de Selliova, Ludewici Walpodi Moguntini,
bodonis de Pinguia, DudoniK et Hertwici de Lorecho. ***) Die fünfte Urk
endlich aus der gleichen Zeit und vom gleichen Orte enthält die kaiaeii
Boi^itiitigung der vorangegangenen. Ausser 2 Bischöfen und einem Abte wer
hier aber nur als Zeugen genannt: „Frater noster Cunradus comes Palo
de Reno, Fridericus dux de Rodenburc, Erwinus comes de Thuringia, Heiii
comes de Nassowe."*) Befand sich aber hiernach Graf Heinrich im kaiserli|
Feldlager, so besteht kein Zweifel, dass er auch der ^H. comes de Ntis«
ist, den der Cardinal Nicolaus von Aragonien in seiner ^Vita nonnnllii
pontificum rom/ unmittelbar nach „Fredericus Bavariae dux** und mit
chardus comes de Aitremont, IL comes de Lippia, R. cancellarius eecM
Colon, inlrusus et L. frater ejus comes^ episcopus Verdeusis pertinax scbisrud
als einen der «pauci faraosissirai" der damals innerhalb 7 Tagen vor Ron
Pest Erlegenen des deutschen Heeres nennt, welche den Kaiser, wie der
bemerkt, ,,octavo idus Aug. [G. August 11G7| nou sine manifesta eoufiifii^
/.wang, von Rom vm entweichen« um im Frühjahr 11 GS nach Deutaehland
rückzukehren,*)
^) Roth, OeachichtsqueUen aus Ifassau. Wiegbaden 18fi0, 2, 7 f.; S«tier I« j
Will, Regelten 2, 4, Kr. 24. — *) Oudenu«, Cod. dipl. 1, 254 ff.; Goer«, Miitijlrli. :
2, T4, Nr, 258. Fioker, Beitrüge ziir Urk uii de d lehre 2, 495 macht darauf atirniisrk8ftm,1
tu dieBcr Urkunde ein ^Zusammenwerfen Ton Zeugen der Handlung und Beurkundunf^*
gefunden habe, erstere «ei nach Mainz, Jotitere nach Italien zu verlegen. Will hat djä
künde nicht vorxeichnct. — *) Gndenus, Cod. dipl l, 25i; f.; Will, Regesten :.*, Z
Fioker TiOO nennt die Urkunde ^ein sehr auffallendes Beispiel der Ahhan^^jfrkeit da«
koll« ftogsr von der bcstiltigten Privaturkunde^, d. h. der xuvor genannten und bemerkt
«Ab«r M stimmt auch [in beiden] die unrichtige Ind. M statt 1<>, virntet daa richtige Ueg
9tett dee kandeigemILiisen 14, vor allem aber fHe in dieser Zeit gan?. ungewuhnliehe
«tftndigc Tagesangabe.'' — *) Murateri« Script rer Itai, tom, Hl, p, I, p. 45» V>ei KrcmurJ
Orig. Nass. 1, :iH({ Anw^ vgL Sehliophake 1, 274 f. Weiter«»« b^i Btfittn^ Wirteai^
sebielite 2, loi.
65
^
dieae fünf Zeuguisse vom Lcbcü utui Tode doa Grafen Heinrich waren
für den Mönch in der arusteiuer Zelle nicht vorhanden. Er, der zwischen 1198
und 1230 schrieb*), kennt nur die Namen der mitlebenden naasauischen Grafen
und deren nächste Ahnen, Graf Heinrich lag vor seiner Zeit. Ja nicht einmal
seinen Zeitgenossen, den Sohn des von Dim genannten Ruprecht des Streitbaren^
Hermann, scheint er gekannt zu haben, da dieser als Kanoniker des St. Peter-
stiflt€B in Mainz seinem Blick entrückt sein mochte.*) Nennt er doch auch nicht
den zweiten Sohn des Grafen Heinrich von Dietz, den jüngeren Heinrich, der
noch bis 1234 lebte, während der von ihm genannte Bruder desselben Gerhard
nach 1223 nicht mehr vorkommt''), zu geschweigen, dass er von den ebenfalls
Mitlobenden des dietzischen Hauses, die uns auch nur dem Namen nach be-
kannt sind, von Berthold, Diether und Philipp*) nichtö weiss. Und ist
denn nicht sein ganzer genealogischer Bericht ein selir summarischer zu nennen?
Während er von den 6 arnateinischen Töchtern vier ganz flüchtig mit der Be-
merkung abthut, dass die erste und zw^eite au ungarische Barone verheiratet
wurden, die dritte dem Pfalzgrafen von Tübingen in St., Goar mit grosser Pracht
zugeführt ward» die sechs^te das isenburg'scho Geschlecht gebar, verweilt er
bei der vierten und fünften nur deshalb länger* weil die Nachkommen dieser^
die Grafen von Nassau und Katzenelnbogen, ganz in seiner Nähe, die erstereu
sogar die Vögte des Klosters sind*^) Aber selbst bei diesen arnateiner Vögten,
deren laurenburg'sche Abkunft er nicht einmal kennt, da er der vierten Arn-
steinerin gleich einen Nassauer zum Gemahl gibt, verfahrt er deutlich mit der
Absicht, nur den jetzt regierenden Grafen die nächsten Stammväter zuzuweisen
und darum die Nebenlinien bloss anzudeuten.
Wir dürfen uns deshalb nicht wandern, dass die soeben von uns vollzogene
Ergänzung seines Berichtes, die uns Arnold als den vermutlich ältesten 8olm
Kuprechts 1. und Ueiurich als den zweiten Sohn Arnolds L kennen lehrte,
uns nun noch zu einer weiteren zwingt, wo es gilt, einmal für alle Male dem
seitherigen Gewirre des Namens Ruprecht in der nassauischen Genealogie ein
Ende zu machen und dabei mit wesentlichen Annahmen unserer Vorgänger in
dieser verwickelten Sache zu brechen. Denn, um es gleich zum voraus zu
en, es ergibt sich uns die Notwendigkeit, den beiden Grafen Ruprecht des
«Vnsteiner Mönches noch zwei weitere zu gesellen, von denen der eine bis jetzt
nur schüchtern Anerkennung gefunden hat, der andere aber, obwohl längst ent-
deckt^ zum Beweis für die Richtigkeit dieser Entdeckung von uns auf eigenem
Wege als solcher erkannt wurde. Schliephake ist uns dabei ein vorzüglicher
Wogweiser und zwar ebensosehr durch den von ihm eingeschlagenen Weg als
durch seinen Zweifel, ob derselbe zum Ziele führe. Sein Weg, die Uuprechte
durch ihre Gemahlinnen zu bestimmen'^J, erprobt sich durchaus,
*) Widmunn, Hass. ChronUt^n des Mittelalters, Wiesbaden 1B82. l:j, — ') Ee dQrft^
das ein Zeiiguiä dafür sein, daas seine Vita näher au 1230 als an ll^H geeohrieben gein
wird« da Uormaun 1212 noch nicht iu den geistlichen Stand getreten war, und der K&nuniker
ent 1240 uns be«eugt Ut VjjL Vogel, Bescbr. 3U7 f.; ßodmaon, Rheing. AUort. 874. -
■) Tog«), Beachr 20ft. — *) \Venok\ Hess. Lnndesgesob. 1, 530. — *) v* Arnpldi, Oeadh
ilttr Oraa* Naas, Lande 3, 1, 211. — ^) 1| -3'^-
R»
2. Die Bupreehte und ihre (ieiuahUaiieiu
a. Ruprecht L und Beatrix.
Ihn Kupreeht I. bedarf dies keiöes Beweises metr. Auch ist er (ür um
nicht erat durch aciue Gemahlin Beatrix, die denselben Namen mit setner Mutter
führt, und die wir Yogel und Schliepbake entgegen als seine einzige aner*
keuuen« sondern ebensosehr durch die seither über ihn vorgelegten Urkunde«
festgestellt Und wenn wir hier noch einmal auf ihn zu reden kommen, so geschieht
es nufi lim festzustellen, dass mit Sicherheit nur die Verhandlungen /.wischeo
Worms, Trier und Laurenburg seinen und seines Bruders Arnold Namen zum
lot/^tenmale bieteu. Wie der letztere von da an überhaupt nicht mehr vorkommt|
so sind auch die Träger des Namens Ruprecht seit den 60er Jahren des 12,
Jahrhunderts augenscheinlich andere als Ruprecht I. Es darf das nicht Wunder
uehmeu, denn war es auch beider Vetter, Ludwig III, von Arnstein, vergönnt,
als 75 jahriger im Jahre 1185 erst zu sterben, so scheinen der Kriegsdieost
und, wie wir bei Ruprecht L annehmen dürfen, die Folgen der Teilnahme an dem
Verhängnis vollen Kreuzzuge unter Konrad III. ihr Leben gekürzt zu bal
Ausserdem mochten sie um 10 und mehr Jahre älter als Ludwig sein, da
sie schon 1123 als Zeugen auftreten sahen, wo Ludwig erst 13 Jahre alt wmr.
Uleichwohl dürfte, um das an dieser Stelle noch einzuschieben, der «Com«
de Nassogen*^ vom Jahre 1166, auf den bis jetzt nur Hennes') und Will*)
aufmerksam gemacht haben, noch als Ruprecht L anzuerkennen »ein. Es wird
nämlich in der weitläufigen „Descriptio bonorum Rhingravieorum^ aus dem
Anfang des 13. Jahrhunderts unter anderem berichtet, dass Rhetngraf Embrieo
zu der Zeit, als der Erzbisehof Christian von Mainz auf Befehl des Kaiaoo
Fridrieh den Kriegsxog gegen die Lombarden mitmachen w^ollte, die YetQiiwtmg
traf, dass für den Fall seines, des als Vaaall Mitziehenden^ T^tdas der Sohn
seiner Schwester Lukardis, Wolfram (von Stein), die von ihm selber Udiier ini
gobi^bi^i Lehen erhalten solle. Unter diese Lehen geborte von SaÜMi
^Cömea de NM^ogen* ,ain wtllbao' swisehen der Waldaifa und Wtsper, da«
Dorf Rin^rETtnhuaeo, die txkm bleideoatater Hofe gebörigeo Eigenleale twiaobw
Waldaffa und Wi&per, Weinberge in den Oemarknngsleileii OYeobaefa, M<
luken luid Riuhelden, die der Wildfördter Womer in (After*) Leb«
Weiobei^ in BattendaL, ebeneolcbe und Zina in Lare<hn»eii| die Pokotad is
(A(ker«>Lehen innebacte^ Weinberge endlich auf dem Berge Allnnills, die
briM Too Tilmar bostts«.^) Dn Brsbieebof Ckrbikn, der daanb nnr eni
wihlter (etectna) wnr^ im Uerbsle Am Jabrea 1 IM Bach Itafien aog, der Beriebl
2, ÄK Xr. ty,
fn Iieitin ^'^Ct ^velclbti»
ieL VgL ttenatt K Ul t
* *) Kramtr. Otif . Sum. ^
«ad «to Will a. ik Ol
a?
V
aber tmr von einem oder dem Grafen von Nassau, also ufTenbar dem regierenden
spricht, so ist die Zeit nicht entgegen^ dass wir den Altherrn des Hauses,
Grafen Ruprecht L, der damals ein hoher Sechziger sein mochte, in diesem
Orafon von Nassau erblicken, zumal die in der Zeit genannten anderen Glieder
des Hauses nur als Zeugen erscheinen. Die Urkunde ist aber auch nach oiner
anderen Seite hin noch wichtig. Sie zeigt vorab Nassau im Besitze des Wild-
bannes innerhalb des Rheingaues. Diesen konnte es nur von Mainz zu Lehen
tragen, da Mainz Besitzer dos Rheingauea war. Heiast es doch auch deshalb
soviel später in der Urkunde des Erzbischof es Q erlach vom Jahre 1847: ,Auch
bekennen Wir in [den Grafen Adolf und Johannes von Nassau], dass si vnser
Oberste Vorster sin von der WaltafFen vber vnsern Walt, daz die Hohe heisset,
bitz zu Lorche in den Rin."*j Hier werden wir also das Lehen haben, um
deswillen wir oben den Grafen Heinrich und vor ihm seinen Vater Arnold als
mainzische Lehonsleute bezeichneten, Sie sind, so scheint sich hiermit zu er-
geben, als Vertreter des Geaamthauses in dieser Eigenschaft aufgetreten. So-
dann zeigt die rheingräfliche Urkunde den Grafen von Nassau noch im Besitze
der Vogtei Bleidenstadt, da sie die ^homines* des Stiftes innerhalb des Rhein-
gaues als seine Vogteileute kennzeichnet. Und endlich berichtet sie uns von
seiner Begüteruug im Rheingau. Soviel von Ruprecht L und seinem vermutlich
letzton Auftreten.
»
b. Ruprecht lU. und Elisabeth, Tochter des Grafen Emicho H.
von Leiningea
Schwierig wird die Sache erst bei dem von uns bereits genannten Sohne
Arnolds L, Ruprecht dem Streitbaren. Seine Gemahlin soll Elisabeth
heissen^ denn das besage, so behauptet man einhellig, der Eintrag in dem am-
Steiner Totonregister : ^Rupertus comes de Nassowe et uxor eius Elysa et tilius
eorum Hermann us**.*) Aber welche Elysa soll das nun gewesen sein? Man
war bisher der einstimmigen Meinung, dass es nur diejenige sein könne, die
in einer Urkunde des Jahres 1235 als „Elysa quondam comitissa de Nasso-
uuia" vorkommt*), und die als Tochter des Grafen Emicho von Leiningen, wie
wir nachher darthun werden, erwiesen ist. Grundlage dazu bot die von uns
schon 8. 69 oben gestreifte Urkunde, die nach Senckenberg und Kremer
dem Jahre 1159, nach Knoch 1169 angehören soll*), selber aber ohne Jahres-
angabe ist. Graf Emicho von Leiningen erklärt in ihr^ dass er mit Zustimmung
seiner Gemahlin Elisa und seiner Söhne Herraano, Eberhard und Fridrich die
ihm als Vogt des Klosters Höningen zustehenden 30 solidi wormser Münze und
10 Scheffel Hafer diesem zur Unterhaltung eines Nachtlichtes für sein und
»einer Verwanten Seelenheil schenke und ausserdem die zwischen ihm und dem
Kloster bisher streitige Abtei wähl letztcrem endgiltig überlasse. Als Zeugen
werden dabei aufgeführt: ^Cunradus Wormatiensis episcopus, Ego Emicho,
') KremeTf Orig. Koaa. 2, 319; Bodmann^ Rhein^. Altert 2^ä; Hcnoc» 1, 142 f.
— ^ Hacker, Das Necfologiujn der Abtei Arnsteiii. Annal. 16, 13. — ^) Kretoer, Orig,
IfikBs. 2, 274; Sohliephnke 1, 263 Anm. — *) Vgl. Schliephnke 1, 261 Anm.
8B
Hermaniius, Eborhardu«, Fridericus filii inei, Euberkus oumes de NaMOwai
gen er meus.^ Die anderen 10 sind Ministerialen Emicho's. Wird quo, wfe
sdther angeDommen^ dass die für den Grafen Ruprecht gebrauchte Bezeichntuig
^gener" Schwiegersohn bedeute, so würde sich ergeben, dass wenn die Ver*
biudung Ruprechts mit Elisa eben erst im Jahre 1150 oder 1169 geschloesen
worden wäre und /^war bei einem Alter der letzteren von etwa 17 Jabrettt
dieae im Jahre 1235 entweder 93 oder 83 Jahre alt gewesen sein müsse. Ein
80 hohes Alter ist auch Schliephake „ungewöhnlich**, wie er nicht miufler
die 45jährige Witwenschaft, die vom Tode Ruprechts 1191 — 1236 zu recboen
ist, bemerkenswert findet. Nun würde letztere ja an sich nichts ^anz Ausser-
gewühnliches sein. Die Mutter Ruprechts I. muss sogar über 50 Jahre Witwe
gewesen sein und die (jfemahlin Ludwigs IL von Arnstetn, üdilhildis, mindestous
42.^) Aber beider Oemahle starben auch schon im ersten Ehejahrzehnte. Rup-
recht der Streitbare dagegen muss bei seinem Tode mindestens als Sechziger
angenommen werden, da, wie wir sahen, sein Vater Arnold bereits 1123 al«
Zeuge auftritt. Hätte er sich um 1169 oder 69 vermählt, so würde er schon
ein 29 oder 39 jähriger gewesen sein, was für eine Füratenheirat UDgewöholidi
zu nennen wäre. Hat er sich aber der Sitte gemäss im Anfang der zwanziger
Jahre vermählt, dann war die anzunehmende 17 jährige Gemahlin etwa 11%^
geboren, mithin 1285 nicht weniger als 102 Jahre alt. Das scheint denn dodi
des Guten zu viel zumal der angebliche Vater, Emicho HL, erst in den fünf*
ziger Jahren des 12. Jahrhunderts als Zeuge genannt wird. Kann demnach
sclion von hier aus unbedenklich auf die Unmöglichkeit einer Verbindung Hup-
rechts des Streitbaren mit dieser Elisabeth von Leiningen orkanut werden, m
ist es uns eine nicht kleine Genugthuung, dies auch auf anderem Wege io
gleicher Weise zu erhärten.
Wie wir schon vorhin bemerkten, kommt Elisabeth 1235 in der Urkunde
vor, TU welcher „Luckardis comitissa de Sarebrugon" bekennt» dass sie „vna cum
sororibus nostris Aluerada, quondam comitissa de Cleberc et Elysa, quondam
etiam comitissa de Nassouuia communicato oonsitio* einen Mansus in Croicbe,
einem eingegangenen Dorfe bei idmburg^X für eine Lampe im Katharinenchot«
der limburger Kirche spendet. Von dieser Lukardis nun wissen wir aus der
„defecteu Copie'* einer vor den 17, Juli 119G Pallenden Urkunde »in dem ab-
teilichen Chartulare*^ des Klosters Wadgassen, dass Graf Simon von Saarbrücken
mit ihr, als seiner Gemahlin, und aus ihrem väterlichen Erbe dem Martenkloster
in „Wadegocinge** das Patron atsrecht über die Kirclie S. Michael in „Bücken-
heim^ (Bockenheim) unter der Bestimmung schenkt: ^ut U'delicet singulis anoii
anniuersarius dies noster et patris mei et matris mee et anuiuersarius dies cotnttii
Emmechonis de Lininga et eius uxoris, ttliorum filiarumque suarum S'»" >er
in endem ecclesia celebretur."') Dass die L^rkuude wirklich vor die b i.:W
Zeit (ullt, bezeugt etno andere dieses Datums, in der Luppold von Worms als
Bischof und derzeitiger Archidiacon dem Abte Gotfried von Wadegozingen utid
I Aiuml t4, 127, 15'/ Aum* — •) Vogel, Bi»chr. 7h*.', - ») Mittelrk.
lüöt $ohli«|ih. 1, %U Atim,; Goer/, Mirtolrh« Bcgcat* t^ 2iU^ Nr, f<jb.
Urkutiikoliiiik
80
I
I
I
deasou Nachfolgern dio Uechtc eiuos Plebans (Pfarrers) über die vom Grafen
Simon von Saarbrücken und dessen Gemahlin Lukardis demselben "geachenkto
Kirche 8, Michael in Bockenheim verleiht,*) Eine andere nur aus dem genea-
logischen Manuskripte Andreae's erhaltene Urkunde des gleichen Jahres besagt:
^Vlricus in Wormatia major prepositus** thut kund, dass Graf Simon und seine
Gemahlin Lutgardis die Kirche 8. Michaelis in Bockenheim, die ihnen nach
dem Erbrechte zukam, dem Marienkloster in Wadegozingen „pro remedio ani-
marum suarum nee non etiam parentum suorum* übergeben haben; ausserdem
habe ^comitissa Alberadis de Cleberc, aoror praenominatae comitissae, marito
et liberis orbata, zelo pietatis" das Patronatsrecht der „ecclesia S, Martini cum
omni iure in eodem villa Bockenheim aupra dicto coenobio** übertragen,^) Aus
dieser letzten urkundlichen Nachricht erhellt, dass, was die erste nur andeutete,
Graf Emicho von Leiniogen der Vater der Lukardis ist, also alle drei Schwestern
leiningischer Abkunft sind, und Elisabeth zwar nicht als die jüngste, doch b\$
die der Schwester Alberata nachfolgende jüngere kenntlich wird,
Kechnen wir nun. Waren im Jahre 1159 oder 1169 die drei vorhin ge-
nannten leiningischen Brüder Hermann, Eberhard und Fridrich, zu denen wir
hier drei Schwestern gefunden habeo, die aber ausserdem noch zwei jüngere
Brüder, Adolph und Emicho, hatten^), mündig, wie ihre Zeugenschaft zu beweisen
scheint, so darf doch wohl unter der Voraussetzung, dass sie die älteren waren,
angenommen werden, dass die Schwestern sich höchstens 10 — 12 Jahre im
Alter von ihnen unterschieden. Setzen wir also für Lukardis, bei der uns genaue
Jahre gegeben sind, aufs Geradewohl 1149 oder 1159 als Geburtsjahr und
bedenken wir sodann, dass ihr Gemahl, Graf Simon von Saarbrücken, nach dem
Jahre 1214 starb*), so müsste sie in letzterem Jahre entweder eine 65 oder
5ö jährige Witwe sein* Von dieser Witwe aber wissen wir, dass sie sich in
der Folge wieder verheiratete mit dem Grafen Lothar von Wied, wie dies, von
allen weitereu geschichtlichen Angaben abgesehen, im Jahre 1235 das Siegel
an ihrer Urkunde bezeugt, das eine in der rechten Hand eine Blume haltende
Frauengestalt mit der allein noch lesbaren Inschrift: „Comitissa de Wide' zeigt.*)
Eine mehr als 55 oder 65 jährige fürstliche Witwe, die durch den Tod ihrer
fünf Brüder, die Kinderlosigkeit ihrer einen Schwester und den geistlichen
einzigen Sohn der anderen die Anwartschaft hatte, mit ihrem allein übrig ge-
bliebenen Sohne Pridrich II, von Saarbrücken Erbin der umfangreichen Graf-
schaft Leiningen zu sein — eine solche Witwe soll nun eioen zweiten uneigen-
nützigen fürstlichen Gatten gefunden haben! Das glaube wer mag, und selbst
wenn die Geschichte bezeugt, da^s diese Ehe kioderlos war.
Dio Sache wird aber noch toller, wenn wir dem Berichte Kremers und
seines blinden Nachtreters Brinckmeier Glauben schenken sollen* Lukardis
hatte von ihrem ersten Gemahl fünf Kinder: Simon IlL, Heinrich, Fridrich,
') AUttelrh. Urkb. !>, U»6; öoerz, Mittclrh. R^geat. 2, 210, Nr. 769. — ') Kremer_
lonejüog. ücBcb, des alteo ardennisohen GeBchleclit». 30H. — ') Brinokmeiorr Genoalog.
fOcsch. de« Hause» Leiningon 1, 22 f. — *) Brinokmeier J, 2;» lässt im Texte arwar den
|GrAfen Simon ,vor oder in dorn Jahre 1211** sterben, in der Anmerkung aber wird sein Leben
noch bis 13H urkundlich bezeugt! — *j Kromer, Orig. Kabb, 1, 3U1, Anm. 5.
90
Stephan und Oiäcla, Yoti Heiurleh und Fi'idrich duq wird behauptet, das»
mit ihrem Yater Simon II. in der wederswoiler Stiftungsurkunde ven 11
Zeugen genannt seien,*) Sie waren demnach mündig, ihre Geburt w
etwa ia dae Jahr 1160 zu legen sein, die des Vaters vor 1140, die der'
ungefähr in die gleiche Zeit. Dann kommt heraus, dass Grälin Lukardis 121
eine etwa 74jährige Witwe war und als selche in eine zweite Ehe trat! Aber
mala eine Unmögiichkeit, der freilich der so viel besonnenere Crollius dadurcl
entgangen ist, dass er die genannten Zeugen um ein ganzes Oeschlechi
rückwärts weist')
Wir kommen demnach zu dem Schlüsse, dass, wie in letzterem'
andere Personen für die vorhandenen Namen zu suchen waren, ein 8o
späteres Jahr für die auf 1159 oder 1169 eingestellte Urkunde anzunehme;
Das Recht dazu gibt uns ohnedies ihre bereits bemerkte Niehtdatierung.
sind aber auch in der Lage, es urkundlich ausüben zu können. Briuckme
leistete uns hierbei wider Wissen und Willen den erspriesslichsten Di<m^
Neben seinem vielen urteilslos zusammengehäuflen Stoffe des bisher Gedruc^H
hat er ausnahmsweise eine uagedruckte Urkunde, wenn auch ohne Eenntmj
von ihrem Werte nur auszugsweise, mitgeteilt, die uns mit einem Male aui
allen den bisherigen unsinnigen Verlegeuheiten rettot* Er bietet aus einesj
Pergamente des germanischen Museums in Nürnberg vom Jahre 1179*) di^
massgebenden Worte: „ego Emicho Dei gracia comes de Lyningen et conseil
mea Elisa et pueri mei Eberhard us et Fridericus canonicis Cellensia ecciesie,
salute nostra et in remedium animarum pareutum nostrorum in benefioium
vimus et perhenniter confirmavimus*/) Also sind die genannten Söhne Emi
1179 noch „pueri*' gewesen, d. h,, da sie nach Brinckmeier's Veraich
auch Kanoniker, das will offenbar besagen Dtmiicellaren, des Stiftes in
wareti, noch nicht mündige Jünglinge. Setzen wir demnach hoch gegriffen iKi
Geburtsjahr um 1105, so bleibt uus für dasjenige der offenbar jüngerofl
Schwestern der Spielraum zwischen diesem Jahre und 1175. Alberata rooehti
dann 1196 eine etwa 25 jährige Witwe^ Lukardis 1214 eine hohe Dreiasigeriil
und Elisabeth 1235 eine angehende Sechzigerin seie.*^)
Diese Altersverhältnisae stimmen gleicherweise, was nicht wenig zu
Bestätigung dient, aufs Beste mit uns überlieferten anderweiten Angaben.
finden am 14. April 1 189 den etwa 25 jährigen Grafen Fridrich von Leiningeu,
Emicho's 111., am kaiserlichen Hoflager in Hagenau, wo er als Erster unter
Bezeichnung: „F. coraes de Lmingen" den Verzicht des Kaisers Fridrich I,j
die seither vom Bischöfe von Strassburg zu Lehen getragenen Güter zu „Spi
*) Kroroer, Oenealog, Gesch. d. ardeiiniacheo Hauacs. 13»; Britickmoior 1,
^ Orig. Bipont I, 209. — ') ,Ind, XL" und danach: ^nub summo porttifioe Al^xandr
inüasen freilich mit Ind. XU und Aloxandro HI. ersetzt worden^ wenn nicht ein Veci
BrjQGkiiieier^t vorliegt. — *) Brinokmeier 1, 20 Anm. — ') Bei die«(^r FesUteUitiigj
um die von Brinckmeier 1, 22 Angeführte, ober nicht naehgewiogeno Urkund« niohi hd
in der «Emicho rumet de LiniJigeii et filius oiua Eberhardus*' als Zeugen bei einen vom 1
von Worms gein lichten Vertrage orsoheinen. Denn nicht nur, das« hier niMnahmüweiid
minderjährige Sohn genannt sein könnte^ *o haben wir auch bei Brinekm»-ipr «ich
dingt attf tlie Rsohtigkeit dor vua ihm gef^eheoen Jahreszahl lu reehnen*
91
bach* und ^Tegerenbach** zu Oiinsten des Bischofes mit noch aoderea für uns
UDwesentlicheu Bestimmungeu mitbezeugt^), während sein Vater am 7, Mai
des gleichen Jahres sich «apud Basileam" im Gefolge des zurückbleibenden
Königs Heinrich VI, befand^, also noch ein sehr wegfertiger Mann gewesen
sein mu88. Was uns aber mittelbarerwcise noch mehr von seiner Jugend-
liobkeit überzeugt, ist 7 Jahre später seine Teilnahme an der Heerfahrt Hein-
richs VI, nach Apulien, Das Andenken an sie ist durch sein eigenes Minnelied
I
^j Wardtwein, Nova lubeid. 12» 118 f. Der solbst in seinen Anfülirungen durchaus
tinxuverlJUflige und dabei mit vielen Druokleblern betastete Brinckmeier üitiert hier: ^XV.
IL C.**! — Besonders auffilllig konnte es dcheinenf dass Graf Fridrich am folgenden Tage,
lö* April, nioht mit dem von hier aus den Kreuzzug antretenden Kaiser mg, AnnaL Marb>
tÄ4 bei Riezler, ^Der Kreuzzug Kaiser Friedrioh's I> in ^Forschungen z, deutsehen Oesoh,**
GSttingen 1870. l(i^ 24^ sondern erst am 2U, Juni 118l> im Gefolge de* mit dem kaiserlichen
Oheime veruneinigten Landgrafen Ludwig von Thüringen sieh in ßrindisi einschifft, Riessler
26, Kl Denn dass er in dessen Gefolge üeh befand, besagen die Verst» in dem bekanuton,
In »einer gegenwärtigen Gestalt allerdings ein Jahrhundert späteren Gediehte fiber diese Fahrt
Z. 1707 f.
^Der edele von Liningeu Ein menlioh herre gar waa er^
Grare Friderich, so hiesi ouoh der, Vest gomvt ?f strites werk.**
und Z. 3134 wird ebenso ^Orauo Friderioh von Lyningen** genannt, Fried. Heiur. v. d.
Hagen^ ^T^e& Landgrafen Ludwig des Frommen Kreuzfahrt. '^ Leipzig 1854. 5B, 104, vgl. den-
selben ^Die Minnesänger^. Leipzig 18H0. 4^ IUI, letztere auch von Brinckmeier 1, 36 an*
geführt, aber mit Auslassung der zweiten Stelle, Es OUlt dagegen auf, dass der sorgfültige
Kies] er in seinem ^Yerzeiohnis der in den Quellen genannten Teilnehmer*^, Beilage H den
Grafen ausl&sst, wahrend er doch doA genannte Gedicht S. 14(» ausdrüeklich zu seinen Quellen
Mät Um so genauer hat dies R5h rieht, Beiträge zur Gesch. d. Kreuzzügo. Berlin 1878.
2, 387 naohgeholtf aber mit r. d. Hagen zu Unrecht Z« 44in d&7M angeführt. Die Sache
wird sich aber so verhalten haben. Die Urkunde berichtet: ^Huic contraotui ioterfuit pre-
dileetus filius noster Heinricus illustris Born. Rex Augustus^. Graf Fridrich hat sich demnai^h
im Gefolge dieses Königs befunden, der von seinem Vater in Hagenau Abschied nahm^ und
gehorte off'enbar zum Kreise der diesen begleitenden Minnesänger, vgl. Toeehe, Kaiser Hcin-
rioh VI, Leipzig 1H67. 504. Er hat sich auch selber dort wohl von dem Bruder seines
Sohwagers Simon, dem Grafen Heinrich von Saarbrücken, verabschiedet, der am kaiserlichen
Krenzzuge teilnahm, vgl. Wilkeu 4, 9r»; Riezler 25, 147, noch vielmehr von seinem Oheime,
Grafen Ruprecht dem Streitbaron. Denn daaa dieser ebenfalls sich in Hagenau befand, be-
zeng^n die Annales Marbacenses, Monuroenta Germ. 17, 164: „A. D. 1189 in octavo paras-
oettes id est 17. KaL Mai, nostrates fetieissimum iter arripuerunt et Imperator de Hagenowe
ae movit. Cum quo hii, quos solos novimus prlncipes, filius suus videlieet dux Sueviae, no-
mine Fridericus, et dux Meranie Bertholdus, episcopus Herbipolensis, episcopua Leodiensis,
cpiseupus Baäüeen!«is, episoopus Tullensis, episcopus Ratisponensis, episcopus Monosteriensjs,
episcopus Pataviensis et frater suus Missinensis, Friiiaiugensis episcopus, marcgrauius de Baden,
marchio de Vrobruo, comes de Dorenbusch, comes Bertholdus de Kuowenburch^ oomes de Hol-
lunden, comea Robertus de Nassowe et episcopi et principe» multi et nobilcs iverunt.'^
Graf Fridrich ist dann wohl am 7. Mai mit seinem Vater zu Hofe beim Könige gewesen und
mag MOh von dn aus vom Vater und Könige verabschiedet und alsdann nach Dalien zu
seinem Gefolgherrn, dem Grafen Ludwig von Thüringen, begeben haben. Beziehungen zu
diesem waren ja vorbereitet durch diejenigen seines Vaters Simon, der als Zeuge neben dem
Grafen Ruprecht IL von Nassau bei der Zuteilung de» Herzogtums Westfalen an Erzbisohof
Philipp von Köln in Gelnhausen am la. April Hho gegenwärtig war, also auch zu dessen
Gotreaen zTihlte, vgl. Lacomblet, Urkundenbuch l, 332. — *) Böhmer, Hegesten 147,
Ar, 2736.
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an seine Oemahün Gertrud verewigt und von dieser ebensa ernvndert worden*')
Wie dasselbe die eigene Jugendlichkeit des Sängers darthut^ — denn nur die
Jugeud kann so singen — so besingt er aucb die der Gemahlin und damit
wieder die eigene. Denn von ihr heisst es darin:
„got hat 81 80 gebildet,
do min herze nit enkan
noh al min sin erdenken^
wie 81 schöner kvnde sin
du minnekJiche frowe min,
du mir wil froide krenken/
Zum gleichen Lande zog damals sein gleichalteriger Schwager, Orif'
Simon n. von Saarbrücken. Das beweisen wir, wie mit dem Liede die Fahrt
Fridrichs, mit der Stiftung des Seelengedächtnisses im Kloster Wadgasseu von 1 19ß,
von der wir oben redeten. Und wir müssen dies um so mehr thun, ak es bisher
nicht bloss unerkannt war, sondern uns hier auch dazu dient, das jugendliche Alter
des Stifters sicher zu stellen. Denn sehen wir sonst das Alter solche StifltungeD
machen, so ist es aogezeigt, die jugendliche Stiftung des Grafen Simon mit
der Fahrt nach Apulien zu begründen. Er kauft sich in die mittelalterliche
geistliche Lebensversicherung ein. Und dass dabei aucb seines Schwiegervaters
gedacht ist^ hat uns für ein Zeichen von dessen kurz zuvor erfolgtem Todo
zu gelten; ist also ebenfalls ein Beitrag zur Feststellung der Altersverhältnisse.
Einen noch wichtigeren Beitrag hierzu liefert das Ändere, dass Graf Simon zwar
sein und seiner Gemahlin, wie seines Yaters und seiner Mutter Seolengedachtnis
gestiftet, aber seiner Kinder mit keinem Worte gedacht hat, während er bei
seinem Schwiegervater die Söhne und Töchter nicht vergessen hatte. Kntwedef
hatte er damals also keine oder sie waren noch in den jüngsten Jahren.
Diesem letzteren scheint nun freilich entgegenzustehen, dass im Jahre 1196
0Ogar schon erwachsene Kinder des Grafen Simon und seiner Gemahlin Lukardis
vorhanden gewesen sein sollen. Kremer und nach ihm Brinckmeier nennen
als solche die uns bereits bekannten: Simon ni., Heinrich, Fridrieh, Stephan
und Gisela. Von diesen trete Simon bereits 1212 als Erbe von Saarbrücken
auf und sei 1243 gestorben. Heinrich erseheine 1217 als Bischof von WornM
uüd habe bis 1239 gelebt. Fridrieh als Gründer des zweiten leiningischen
Hauses, d, h. Erbe seiner Mutter, sei 1237 gestorben. Stephan komme ab
*) Briookmeier 1, 87 f., der das Lied nach der vom Grafen Etu*! Kmioh ton Lai-
ningeii im ^Deutschen Herold*^ 14 {tS83), Nr. 10 gomoohten Mitteilung aus der HaneMtsrJtta
llaiidftchrifl abdruckt^ meint dieses irrigorweise auf den Kreuzzug beziehen »u dOifei^ ila d«r
Dichior in ihm von ^{luUe" (Apulien) spreche, von wo man in der Hohenstaufcnzcit don 2ii^
nach PalitetiflA aogetroten habe. Es iat aber nicht ein Gedanke au das h. Laiiü dririn, lumdt
08 beiMt denüioh Tom Ziele der Fahrt:
»Muos ich ny scht^idcn sus ron ir,
da ich ir hulde gar enbir»
O we der leiden verte,
die danne gegen pulle tvt min lib.*^
93
Propst von Neuhauaen von 1216 — 1263*) ror, und OiBela« mit dem zwiBchen
1212 und 1263 auftretenden Wildgrafen Konrad L von Kyburg vermählt, sei
|i24G aus dem Leben geschieden.') Wir haben aber schon oben bemerkt, welch
&in genealogischer Unfug durch Verwechselung gleicher Namen im saarbrückischen
lause getrieben worden ist, und brauchen hier nur zu sagen, dass bei Simon UI.
jflenbar eine Verwechselung mit seinem Vater Simon II, vorliegt, Heinrich aber
3er Bruder des letzteren sein muss. Denn da er bereits 1212 Propst zu
feubausen war^), so musste er, wenn er diese Würde, was unmöglich erseheint,
chon in dem für einen Priester notwendigen kanonischen 24. Lebensjahre
erhalten hätte^ im Jahre 1178 mindestens geboren sein. Seine angebliche
_JIutter würde dann als hohe Sechzigerin zur zweiten Ehe geschritten sein*
Wir haben demnach nur Simon III.^ Fridrich n*, Stephan und Gisela als
Cioder der letzteren zu betrachten. Die Angaben über das Leben dieser
LBtimmen aber mit dem von uns angenommenen Festpunkte 1196.
I^l Sind damit einigermassen die Altersverbültnisse der für uns in Betracht
j^Bcommenden Personen klargestellt, so sind die folgenden Schlüsse erlaubt. Vor-
gab ist die aus uns unbekannten Gründen auf die Jahre 11 5J^ oder 1169 verlegte
Urkunde erheblich nach dem Jahre 1179 zu setzen, in dem die Brüder Elisa*
beth*8 noch ^pueri" genannt werden* Sodann kann fürder nicht mehr von
einer Verbindung Ruprechts des Streitbaren mit dieser Elisabeth geredet werden.
)enn hätte er selbst mit ihr in zweite Ehe treten woOen, womit man sich
seither immer geholfen hat, so war EUisabeth bei seinem Tode doch kaum mehr
Js 15 oder 16 Jahre alt. Damit fallt die dritte seitherige Annahme, dass
lermann dieser Mutter Sohn gewesen sein könne. Schliephake hat demnach
fechte wenn er bemerkt: „Ist nun aber alter Zweifel darüber gehoben, dass
Slisen's von Nassau Gatte jener in dem leiningischen Scheokungsbrief genannte
iraf Ruprecht gewesen ist, so müssen wir doch daran erinnern, dass wir eines
iftusdrücklichen Nachweises, ob dieser eben Ruprecht der Streitbare war, ent-
behren.*'*) Letzterer ist in der That nicht der Gemahl der „Elim comitissa
de Nassouuia/
Gleichwohl hat der Eintrag im arnsteiner Totenbuch recht. Ruprecht der
I Streitbare war wirklich einer Elisa von Leiningen Gatte, aber diese Elisa war
hiebt Tochter, sondern Schwester Emicho's IQ. und gleichnamig mit dessen
pemahlin, ihrer Schwägerin. Wir hatten demnach guten Grund, schon oben
neu „gener*^ der angeblich 1159 oder 1169 ausgestellten Urkunde mit Schwager
zu übersetzeü. Auch ist Hermann dieser Beiden Sohn* Das bewährt die zwar
indatierte, aber unzweifelhaft vor den 8. November 1195 fallende Urkunde,
der Erzbiöchof Johann von Trier dem Kloster Himmerod die Vogtfreiheit
3iuer Güter im Bezirke Coblenz bestätigt, nachdem Graf llerraann von Nassau
tifolge der früheren Bestimmung seines Vaters „guten Andenkens*^, des Grafen
ert, in Gemeinschaft mit seinem Vetter („cognatus**) Walram die Vogtei*
chtigkeit vor dem zu Coblenz anwesenden Erzbischofe in die Hände des
') Br ine km ei er 1, 2ß nennt das Jahr 1236| es ist aber offenbar einer der Tielen ßclireib-
4<jr Druckfehler eetoca Bucliea, bei denen die Zahlen versetzt erscheincnp so hier liü statt i»3« —
Kr^niar, QeneaL Oegcb, 153 f.; Brinokmeier 1,25 f. — *) Kremer 155. — ') 1, 265.
94
Rheinpfalzgrafen Eonrad, von dem sie dieselbe zu Lehen trugen, zurückgegeben,
und dieser sie dem Erzbischofe für die Abtei übertragen hatte. ^) Dort in Coblenz
ist nämlich Ruprecht der Streitbare Vogt gewesen. Denn in der der Beilegung
des Streites zwischen den Kanonikern des trierischen S. Simonstiftes und der
Bürger von Coblenz wegen des leidigen Zolles gewidmeten Urkunde von 1182
heisst es ausdrücklich: „Ipse quoque Robertus comes de Nassowe Confluentinorum
advocatus sub poena banni sui districti inhibuit, ne unquam aliquis in posterum
super praedicto fratrum telonio aliquam moveret querimoniam.^^ Dieser Ruprecht
aber kann trotz Yogel^ kein anderer als der Streitbare sein, wie dies mit
Recht auch Schliephake^) behauptet, und die vorangegangene Urkunde ausser-
dem deutlich lehrt. Vom Grafen Hermann aber liegt nur noch die oben bereits
gemeldete Nachricht vom Jahre 1240, dass er Kanoniker des S. Peterstifl^es
in Mainz war, vor. Ob „Hermannus de Nassoua^ in einer Urkunde des Peter-
stiftes vom 7. April 1235 und in einer ebensolchen des gleichen Jahres vom
25. Mai der dort offenbar nur verschriebene „Hartmannus de Nassove''^) mit
ihm eine Person ist, können wir nicht entscheiden, ebenso wenig, ob dies mit
dem 1252 und 83 vorkommenden „scholasticus Hermannus'' des Peterstiftes
der Fall ist.«*«)
c. Ruprecht lY. und Elisabeth, Tochter des Grafen Emicho III.
von Leiningen.
Aber welcher Ruprecht war nun der Gemahl jener Elisa des Jahres 1235 P
Wenck^) hilft uns auf die sichere Spur, und es ist zu bedauern, dass sie von
>) Günther, Cod. dipl. Rheno-Mosell. 1, 500: Mittelrh. Urkb. 2, 163; Goerz, Mittel-
rhein. Regesten 2, 182, Nr. 653; Hennes 1, 133 f.; Schliephake 1, 344. Die von beiden
letzteren gemachte Bemerkung, dass die Söhne Walrams, Heinrich und Ruprecht, hier zum
erstenmale als Unterzeichner einer Urkunde vorkämen, beruht auf der irrigen Annahme, dass
die Ton Günther an drittletzter Stelle aufgeführten Zeugen: „Henricus .... et Robertus de
Nassowe^ diese Sohne sein müssten. Beweisen aber schon die von Günther gesetzten Punkte
die Lücke seiner Vorlage, so bezeugt die Ausfüllung derselben aus dem himmeroder Ghar-
tulare III in der Stadtbibliothek zu Trier mit „Roricus", die wir dem Mittelrh. Urkb. verdanken,
dass diese drei Namen drei Ministerialen der Burg Nassau angehören. Roricus wird ein Sohn
jenes Ministerialen Rorich von Milen sein, der einen Burgsitz und ein Haus in Nassau hatte,
vgl. Arnoldi, Miscell. 341. Waren doch auch dazumal die Söhne Walrams noch minder-
jährig. — «) V. Hontheim 1, 613; Kremer, Orig. Nass. 2, 204; Mittelrh. Urkb. 2, 93;
Goerz, Mittelrh. Regest. 2, 136, Nr. 483. — ^) Beschr. 303. — *) 1, 342. — *) Joannis,
Rer. raog. 2, 476 f. — ®) Ebenda 2, 502. Dass Ruprecht der Streitbare auch eine Tochter
Richarda gehabt habe, die an einen geldrischen Grafen — man nennt Otto lU. — verheiratet
gewesen sei, wie Krem er, Orig. Nass. 1, 390 ff. zufolge die geldrischen Geschichtsohreiber
behaupten, und Arnoldi, Gesch. der Oran. Nass. Lande 1, 27, 3, 106 ff., wie Schliephake
1, 341 f., darthun mochten, muss beim Mangel jeder zuverlässigen Unterlage als leere Ver-
mutung abgewiesen werden. Geschichtlich unanstossig ist nur die von den Genannten bei-
gebrachte Grabechrift des Cisterzienserklosters Ruremonde : „Obiit anno Domini MCCXIX ipso
die beati Severi Episcopi Gerardus comes Geldriae et Zutphaniae, qui cum Margaretha uxore
sua ad instantiam raatris suae Richardae de Nassovia, primae huius loci Abbatissae, monaste-
rium istud fundavit anno MCCXVIII." Richarda ist also wohl eine Nassauerin. Wessen Tochter
sie aber war, kann zur Zeit nicht gesagt werden. Bemerkt mag nur noch werden, dass, wie
bei Alberata, auch ihre Mitgift durch die Vermählung des Sohnes Walrams, Heinrichs IL,
mit der Gräfin Mechtildis von Geldern wieder heimgeholt wurde. — ^) Hist. Abhandl. 1, 103.
95
tn Nachfolger a unbenutzt blieb. Denn sie hatte dieselben vor einem starken
ItTtume bewahrt. Der hochvenliente Forscher ist nämlich der unzweifelhaft
(richtigen Meinung, dasa jener ^Rupertus, filius Henrici de Nassouwa*, der
in einer bisher immer in das Jahr 1235 gesetzten, an sich durchaus undatierten
prkunde des Erzbischofes Theuderich von Trier genannt wird, ein Sohn jenes
Heinrich L sein müsse, den wir oben als Sohn Arnolds L beurkundeten, und
behauptet ebenso mit gutem Rechte, dass die genannte Urkunde dem Jahre
1217 angehöre, da Brower^) die in ihr berichtete Angelegenheit in dieses Jahr
verlege. Das Jahr 1235 ist ihr nur willkürlich angedichtet worden, v. Ilont-
heim')t dem wir ihre Kenntnis verdanken^ hatte ohnedies an den Rand der-
selben nur ein vorsichtiges ^circa 1235** gesetzt und gibt ausserdem in einer
Anmerkung den Aufschluss, dass die ihr unmittelbar folgende Urkunde vom
Jahre 1235 ihrer Vorgängerin so nur ^immediata subjecta iu antiquo cbartario
saec. XIV" sei. Brower hatte also von anderwärts her geschöpfte bessere
Kenntnis, als er das Jahr 1217 für ihren Inhalt wählte, weon er sich gleich
iea Irrturaes schuldig gemacht hat, an Stelle des yjRupertus tilius Henrici" einen
^Henricus zu setzen. Wäre das rechtzeitig erkannt w^orden, so würde man nicht
auf den verzweifelten Gedanken gekommen sein, dasa jener Heinrich ein Sohn
Walrams gewesen sei, der 1217 ein angehender Dreisstger war, da er 1192
Inoch unter Vormundschaft stand^), und dass sein vom amsteiner Totenbuch*)
verzeich oeter Sohn Ruprecht als Knabe nach der genannten Urkunde vom Erz-
bischofe Theoderich GO kölnische Mark für das Allod, was er in „Ditse" und „in
«uperiori Laiustein" besass, empfangen habe, um es als Burglehen zurück zu
empfangen und dafür „in caatro Monthabur* seinen Sitz habe, samt den weiter-
Khin namhaft gemachten Burgmännern: ^Gerhardus de Derinbach, Hermannus de
Bedondorf, Anaelmus de Hoübach, Conradus de Widergis, Dythardus de Paffen-
dorf, Hermannus et Sifridus de Hademar, Ludewicus de Vrencede, Pleinricus
^^ Herren, Wilderichus, Wilhelmus de Keifenstein, Fridericus Carpennus, Henricus
^■de Lainsteiu, Conradus Elicbam de Everhain, Kuno, Reinardus, Guntramus,
^Dido, Johannes de Schuppach, Sifridua et Gerlacus, Sybodo, Gerlacus, Hugo
Henricus de Stocheini, Enolfus, tilius Henrici/^) „Rupertua filius Henrici**
Ist darum deutlich Heinrichs I. Sohn. Entsinnen wir uns nun der schon oben
') AjinaL Trer. 2, llft. — *) 1, 7UJ f. Der Ton Krem er» Ong, Nms, 2, 27ri gegebene
kbdruok Ist in Bezug auf seitieD letzten Absatz geradezu irreführend, da derjenige aas y. Hont-
eint, der das Jahr 1235 ivTigt und ihm vorangeht, ohne weiteres ausgelaesen ist* Freilich
at dieser letS5te Absatz gar keinen erBiohtlichen Zusammenhang mit dem vorangegangenen
machte damit deutlich beweisen, d&ss auch der uns angehende Teil der ganzen urkundlichen
litteiluiig von dem Zosammensteller des Chartariums blindlings vor das vom Jahre 1235 Ge-
raohte gestellt worden ist. Auch dos zeugt für die blinde ZusammenwQrfeluug von der Zeit
ch ungusammengohüriger Teile» dass der genannte letzte Absatz, der Bestimmungen über
iia Brüder Hemrich und Ruprecht enthält, gar nicht nach oder vor 1235 fallen kann^ da
preoht bereits 1231 als deutscher Ordensritter auftritt, vgL Vogel, Beschn 31 L AufliUliger-
wird das Ganze ohne jeglichen Absatz^ als wäre es eine zusammenhängende Urkunde,
Mittalrh. ürkb. 3, 421 abgedruckt, und Goorz, Mittelrh. Regest. 2, 57:i, Nr. 2194 hat das
5«iv K ^ ') Sohliephafco l, 409 f, — *) Annnl. 1«, la. — *) Vogel, Besehr. alt),
• {»hakr» t^ yn" W; Becker, AnnaL IG, IT*
9ß
angeführten Bemerkung Schliepliake'»') vom Besitze Leüüngen» lo der Gl
ichaft Dietz, so gewinnt claa aooben genannte Allod Ruprechtes in ^Ditse*
ganz besondere Bedeutung für uns. War doch »EIjsa quondam comitidsa de
Nasitouuia^ im Jahre 1235 Sohenkerin jenes Mansus in dem nur eine Stunde
von da entfernten „Croiche** bei Limburg. Wird es demnach zuviel gewagt
tcin, wenn wir das Allod in Dietz als ein Stück ihrer Mitgift fassen und in
ihr die Gemahlin dieses Ruprecht, Sohnes Heinrichs I.^ sehen? Das Lebena*
aller beider wurde aufs YoUkommoDste damit stimmen, denn starb Hetnrieh
tl(i7 als mittlerer Dreissiger, so darf die Geburt seines Sohnes etwa um 1160
gesetzt werden. Die Elisabeths fällt nach unserer Berechnung etwa 10 Juhre
Hpäter, Hindernis aber ist es wahrlich nicht, dass Oheim und Neffe nacbeinander
sich aus demselben Hause Leiningen Frauen holen. Ira Gegenteil, die Ver*
mähiiing des Oheims war die Vorbereitung zu derjenigen des Neffen. Die
durch den Ersteren einander nähergerückten beiden Häuser brachten die zweite
Verbindung, die nähere Kenntnis der Personen die nähere Kenntnis des ver-
lockenden Heiratsgutes, Und über das Alles: kann sonst auf keine Weise Eli-
iabeth zu dieser Zeit mit einem anderen nassauiscbeu Grafen verbunden gedacht
werden, so hat unsere Annahme das für sich, dass sie auf ihre Art am ein-
fachsten und ungezwungensten aus aller Verlegenheit hilft. Ein seltsames Zu-
sammentreffen wird es dabei zu nennen sein, dass beide Teile des vou um
susammengefundenen Pares nur ein einziges Mal und unabhängig voneinander
urkundlich deutlich auftreten. Und ein ebenso seltsames Zusammentreffen wird
es genannt werden müssen: dass Elisabeth mit ihrer verwitweten Schwester
Alberata von Kleberg das Loss teilte, kinderlos zu sein, sei es nun, daae sie,
wie diese, ihre Kinder alle verloren hatte, oder ohne Kinder geblieben war.
Es ergibt sich das nämlich daraus, dass ihre Schwester Lukardis das GIQek
allein liatte, die mächtige Grafschaft Leiningen an ihre mit dem Orafini Simun
von Saarbrücken gewonnenen Kinder zu vererben.
d. Ruprecht II, und Elisabeth von Schaumburg.
Ist aber damit der von uns verheissene vierte Ruprecht gefunden, »i»
übrigt es, nun den schon länger gefundenen dritten dieses Nameus scu vermähleo«
Denn darüber, wessen Sohn dieser sein müsse, ist wohl kaum mehr ein Wort
2U verlieren, nachdem schon längst unseren Vorgängern klar geworden war, dmsa
Ruprecht I. nicht mehr derselbe mit dem sein könne, dessen Käme urkundlich
bis gegen Ende des 12. Jahrhunderts erscheint Er muss notwendig Ruprechts I.
Sohn gewesen sein, den der arnsteiner Mönch ebenso übergangen bat» wie Ar*
nold IL Ihn aber, wie Vogel will'), einer ersten Ehe dieses Ruprecht L ent-
stammen lu lassen, dazu n5tigt uns nichts. Denu dass er im arnsteiner Toteii*
buch nicht neben Beatrix als deren Sohn wie Walram genannt Ut, cBe« Loes
Icitt er mit dem unzweifelhaften Sohne deeaelben Aroold IL, und Becker iiAi
offenbar volles Recht, wenn er dies dem Ende des 13. oder AnCuig des 14.
Jalirhunderts angehörende Bruchstück eines Totenbaebee ,tiB6ii Aimiif Mi»
'} 3. oben kmm, 1, 8. ISC - 7
ir. t«e.
9T
pmem ersten Necrologiura der Abtei" nennt. Wie leicht konnten die Namen
Lrnold und Ruprecht von dem Auszieher übersehen worden seio. Und war
las nicht der Fall, so waren eben beide Brüder lange vor jenem alten Eintrage
^gestorben, der überdies nicht von der Gräfin Beatrix als noch lebender ausge-
gangen sein konnte, da sie steinalt geworden sein müsste, um auch noch die
in ihm mitgeoaünteu Urenkel Ruprecht und Heinrich, die Söhne ihres Enkels
Heinrichs U. zu seheu.
Für diesen Ruprecht H., Sohn Ruprechts I», bleibt von den uns ur-
kundlich bekannten gräflich nassauischen Gemahlinnen dieser Zeit nur die
„Elysa coraitissa dicta de Schowenburg" übrig, die wir aus der Schenkung
I einer Wiese bei Hadaraar im Jahre 1197 kenneu lernen,^) Mit dieser Wiese
aber hatte es folgende Bewantnis, „Comes Rupertus de Nassouwa" hatte sie
nach dem eberbacher Berichte seiner Zeit von zwei Brüdern in Mulenbach bei
Hadamar für 20 Mark gekauft und sie nachher Heinrich, Freiem von Dern, für
»Vi Mark versetzt. Nach dem Tode des Gemahles schenkte nun GräKn Elisabeth
die Wiese dem Kloster Eberbach, das zur Lösung der Pfandschaft Heinrich
von Dem die geliehenen 8 Mark und einen Pcrto bezahlte und eine 9, Mark,
j^äie es ihm dabei versprochen hatte, „pro deo*^ erlassen bekam. Der Gräfin
Htelisabeth aber waren dabei 2 Mark zurückgegeben worden. Jedoch ihre Tochter
Luotgard zeigte sich samt ihrem Gemahle, Grafen Hermann von Virneburg,
mit dieser Schenkung unzufrieden. Sie brachteu es deshalb 1217 nach dem
Tode der Mutter fertig* dass ihnen für dieses, ,,in remedium aaime Domini et
mariti mei comitis Ruperti" gemachte Geschenk der Mutter noch 7 Mark zurück-
bezahlt wurden, sodass die angebliche Schenkung, wie Baer bitter bemerkt, das
Kloster „ohne Spesen 18^/4 Mark** kostete, also 1% Mark weniger als den ehe-
maligen Kaufpreis. Die Bestätigung der Schenkung war von Gräfin Elisabeth,
wie es in der Urkunde heisst, „apud castrum Schouwenburg" erfolgt. Da
P Schaumburg damals sich in den Händen der Isenburger befand^ so ist hier-
nach eine Verbindung des nassauischen mit dem isenburgischen Hause bezeugt,
wie denn auch unter der Urkunde ein „Henricus de iBenburg" als Zeuge steht.
Aber das ist auch alles. UrkuDdennachrichten stillen nun einmal keinen Wissens-
_ durst^ machen aber dankbar auch für ihre Tropfen : die Ehe Ruprechts, seine
f Tochter, sein Lebensende (1194 oder 1197), wie dasjenige seiner Gemahlin (vor
1217). •) Weiteres will, wie folgt, erschlossen sein.
1^) Baer, Diplomat. Gesoh. d. Abtei Eberbftoh 1^ 404, 494 ff.; Wenck, Hess. Landesgesoh.
2, ürkb. 124. Die von Roth, GeachichtgqueUen auB Nasaau, 3, 318 ff. abgedruckten ^Tra-
ditiotieB Eberbacenses'^ bieten über diese Schenkung einen doppelten Bericht, Tgl. 8. 305 und
S57. Nur der letztere spätere ist von Wenck mitgeteilt worden. Der kuriere frQhore, vor
dem Jahre 121 1, wie S. Hr>f> lehrt, abgefasste lautet : „Gomea Ruoperthus emerat a duobua fratribun
Meinhardo et Ditberico pratum in Mulenbach pro XX marcis, quod postea expositum fuit Hein*
rico Frien pro VIII marcis et fertone. Idem pratum et eius proprietatem comitiasa Elyae
eotitulit eociesie nostre pro dono et nos dedimus pro redemptione illius Heinnci Frien VIH
maroM et fertoneni.*" Die Datierung Weneks i^vor und nach 1194** erweist sich beztigliob
r der ereiteren Angabe gegenüber dem von Baer mitgeteilten: ^ Actum anno inoartiationis domini-
Icae MCXCVII apud portam Ebcrbacensem** als irrig. — •) Es ist nicht unwichtig, auB einer
|Urku7ide von 1222, die seither in der naeifauifcheii Geaehichte noch nlrfat benutzt wurde, etwni vou
AniialBn Bd. X.XVI. T
■T"ff''tirii -■»!
ü.
»8
8* Bnpreeht II. in Urkunden und der Geschichte.
(Walrani yon Laurenburg. Raprecht IIL)
Siod aber so die Vier des Naraens Ruprecht mit ihrea QemahlioDen ur-
kuodlicli nachgewiesen, so kommt es nur noch darauf an, die anderweiten ür*
kiiriden, in denen ihr Name begegnet, unter die zwei zu verteilen, die noch ia
Betracht kommeo, aachdem wir bereits mit Ruprecht L abgeschlossen und ▼an
Ruprecht lY. bemerkt haben^ dase er überhaupt nur einmal namenilicti tor*
kommt. Daas dabei zwischendurch Walram nicht unbeachtet bleibt, bringt
schon die Erörterung der ihn mitbetreffenden Urkunden zuwege. Von Rup-
recht IV. ist noch einmal abgesondert zu reden* Zur Unterscheidung d^r
Träger des Namens Ruprecht aber wählen wir für den Sohn Ruprechts L die
bereits gebrauchte Bezeichnung Ruprecht IL, für den Sohn Arnolds L, den
wir a\n den Streitbaren schon kennen, die weitere: Ruprecht III., den Solui
Heinrichs I. haben wir soeben schon Ruprecht IV. genannt* Zum Überflmse
sei darauf aufmerksam gemacht, dass die Bezeichnungen nicht mit den &otUA
rtnclers gemeinten Vogel*8 verwechselt werden dürfen, da wir mit diesem blosse
.1 klilen*y nicht Personengemeinschaft teilen. Das unterscheidende Merkmal omi,
wem vou den Vettern Ruprecht IL und UL das Recht gebührt, in den er*
httUenen Urkunden als gemeint zu gelten, kann allein das Vorrecht desjenigen
abgeben, der als der Herr des Hauses zu betrachten ist Vogel hat das bereits
richtig gefühlt, und Schliephake würde sich nicht in Gegensatz zu ihm ge*
bracht haben, hätte ihn die Urkunde über die Schenkung des Klosters Scbdnau
an Mainz von 1132 belehrt, wer das führende Haupt der i-^?"^ -en Familie
war, Vogel scheint sich zwar auch nicht von dort die mas^^ Belelinuig
gidioU SU haben, aber er nimmt wenigsteos richtig an, dasa Ruprecht L al<
das Haupt zu betrachten war. die Befugnisse eines solchen also auf seinen Sohn
übonugelien hatten. Wir unsererseits brauchen uns nur auf das früher in dieser
Bedehang Gesagte 2U berufen^ um Ruprecht L als den urkundlich so geoaiuiteo
, dominus in eastro Lurenburch hereiiitarius et legitimus^ anerkannt zu wissen
und damit die Zweifel und irrigen Behauptungen SchliepfaakeV) kurier Haed
abzuweisen. War Kuprei^ht L aber der Herr des Hauses, so ist Ruprecht IL
als sein Sohn der Nachfolger setnes Rechtes, und Ruprecht HL, wie der IT.
k%5nnen nur da in Betracht kommen, wo Ruprechts IL Bereehtigung nicht vor-
liegt oder sweiMluift erscheint.
Kann oiaii dengemiss aadi vielleieht Doeh ureifela, ob Rupreelil IL
oder UL in den bereits behandelten Ulkenden Ter 1170 geamant isli m bestellt
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kein Zweifel, daas vor allem die Urkunde von 1170 den crsteren meint. In
ihr bekunden ^Conradua de Bopardia*^ und aeine Gattin Hildegardia, dass sie
^in Villa, quae dicitur Lietprun** ein Gut samt Hörigen für 60 Mark von »Albo
de Carpania*' und seinem Bruder Theodericb erworben und dieses mit einem
Teile der Hörigen der Kirche S. Plorina „in Schonaugia* „pro salute domini
Boi imperatoris Friderici et pro salute animarum auarum suorumque filiorum
et filiarum^ mit der Bestimmung übergeben haben, dass nach ihrem Ableben
eine bestandige tägliche ^memoria tn missis^ stattfinde. Von dea drei und
mehr Pfunden der Einnahme soll eines den Schwestern, „quae juxta eundem
locum manent", mit der Auflage zufalleo, dasa beider Gedächtnis nach dem
Tode an einem Tage daselbst gefeiert werde, und dass den Brüdern von einem
Pfunde und den Schwestern von 10 solid! Handreichung geschehe. Dieser Ur-
kunde bat Kaiser Fridrich sein Siegel anhängen lassen, und die ganze Handlung
kam zu stände: „sub Araoldo Trevirensium archiepiscopo atque sub Ecberto
abbate et ßuperto comite de Nassau, advocato eiusdem loci,"*) Die Annahme
Schüephake's*), dass der Kaiser „vielleicht" in Schönau dabei gewesen sein
könne, ist zulässig, da die Anwesenheit desselben in diesen Gegenden für
Prankfurt am 2. Januar und 25, Juli dieses Jahres urkundlich gesichert ist.^)
Als regierender Graf ist Ruprecht IL auch sicher der „comes Nas-
soviensis", von dem ßrower zum Jahre 1172 die kurze Meldung thut, dass
er mit gewaifneter Hand die emser Silberbergwerke sich anzueignen
trachtete, aber von Erzbischof Arnold, seinem Lehensherrn, ebenso abgewiesen
ward.*) Was ihn zu diesem Schritte bewogen hatte, wird leider nicht berichtet*
Ein Kecfatsanspruch konnte es schwerlich sein, da eine Urkunde des Kaisers
Fridrich vom 26. April 1158 das königliche Bergrecht bei Ems nach dem
Urteil der Fürsten ausspricht und Fridrich deshalb gestattet, den Erzbischof
nillin und seine Amtsnachfolger mit ihm zu belehnen,^) Wenn Nassau gleich-
wohl später im Besitze der Silbergrubeu erscheint^, so konnte das sicher
nur von kaiserlicher Belehnung oder einem trierischen Afterlehen her-
^} Rettung derer Fre^rheiten des Clusters Seh Ooau, Beü, 8, S. B; Krem er, Orig. Naas.
2, 200 t, vgl. Goerz, Mittelrh. Regest. 2, 84, Ifr 287. — *) 1^ 279. — *) Böhmer, Regest.
IS5, Nr 2535 u. 2543. — *) Annsl. trev. 2, 76: rtComitem quoque Nassovionseoi occupare
ArgendfoditiAm ad tbennas Emptsianas, regtonis Loganae, parata yi moüentem pari virtute
Arnoldua ropresait.'' Ygl. Gol«cher, Gesta Trev. in t* Hont heim, Prodrom. hi»t trer. 2, 758,
üea den Streit in die Zeit HiUin's verlegt, aber indem er von diesem aagt: ^Yiriljter repressit
Comilein de Hassanen iura eoolebiae Trev. sibi usarpantom in argentaria fosea Hentecen'', be-
weisii dass er Brokers Werk über Arnold vor sieb hatte und diesen mit jenem verwech-
selte» weil Hillin mit den Silbergrubeo belehnt worden war. Es sind deshalb die irrigen An-
nahmen bei Wenckf Hisior. Abb. l, 100 u. Hess. Landesgesch. 1, 156, wie Schliephake
I, 280, hiernach zu berichtigen, — *) t. Hontheim 1, 588; Beyer, Urkb. 1, 673. Sehr öder,
Lehrb« d« deutsch. Rechtsgesch. Leipzig 1889. 522 sieht in dieser Urkunde den deutlichen
Beleg dafür, dass entgegen der noch heute herrschenden Meinung, die Könige hätten erst im
II. und 12. Jahrhundert das Bergregal ertrotzt oder erschlichen, dieses von jeher zu Recht
bestand. Graf Ruprecht konnte also das Bergrecht nicht ertrotzen wollen, gondern höchstens
die Belehnung damit. Daher auch nur der Streit mit Trier, nicht mit dem Kaiser. Möglich,
daas bei dem Lehcoauftrag Nassau's an Trier von letzterem Yersprechungen betreffs Emi^ gc*
maelil worden waren, die es nicht gebalten hatte, — ^) Schliephake 1, 280,
100
rfihren. Ein Yogteirecht des Orafen von Nassau über das dem Castorstifte in
Coblenz gehörige Dorf Ems zu dieser Zeit anzunehmen, wie Yogel*} auf Grund
dieses Streites thut, und Schliephake^ weitläufig mit Vermutungen nachzu-
weisen sucht, ist jedenfalls unberechtigt, da jeglicher urkundliche Anhalt da-
für fehlt.
Weiter wird es Graf Ruprecht II. sein müssen, der als der vierte welt-
liche Zeuge nach dem Rheinpfalzgrafen Konrad und den Grafen Hugo von
Dagsburg und Emicho von Leiningen in der Eaiserurkunde vom 2. Juli 1173
erscheint, die der mainzer Geistlichkeit das wichtige Recht der selbständigen
Verfügung über ihr bewegliches Vermögen zugesteht.') Das Hoflager befand
sich damals dem Datum der Urkunde nach zu Speier. Die Anwesenheit der
benachbarten Reichsfirsten verstand sich also ganz von selber. Ebenso bezeichnet
in einer Urkunde des gleichen Jahres, in der Erzbischof Christian von Mainz
den Verkauf einer Rheininsel bei Hattenheim an das Nonnenkloster Tiefenthal
zu Bingen verbrieft, der erste Laienzeuge «Rupertus comes de Nassowe'^ unseren
Grafen, dem sich der Reihe nach der Truchsess des Erzstiftes, Graf Gerlach
von Veldenz, Gottfrid von Eppenstein, Rheingraf Embricho mit seinen Brüdern
Sigfrid von Stein und Wolfram, der Kämmerer Dudo, Embricho von Walbach,
Franco von Lorch und Wernher von Geisenheim anschliessen.^) Abermals am
kaiserlichen Hoflager, diesmal zu .Sinceche*' am 9. Mai 1174, treffen wir ihn
als fünften weltlichen Zeugen bei der kaiserlichen Bestätigung der Besitzungen
des Klosters Siegburg, zunächst nach den Grafen Eberhard von Sayna und
Heinrich von Ditse.*)
Dass er dem Kaiser im Spätjahre nicht nach Italien folgte zur leider
erfolglosen Züchtigung der lombardischen Städte, beweisen zwei kölnische
Urkunden. Der Graf sucht also Fühlung mit dem kölner Erzbischofe, nach-
dem die Beziehungen zu Trier durch den emser Handstreich eine Trübung
erfahren hatten. In der ersten hilft er dem Erzbischofe Philipp die Überlassung
der Vogtei Wile an das S. Cassiusstift zu Bonn und deren Propst Lothar, nach-
dem diese bisher ein erzbischöfliches Lehen der Grafen von Katzenelenbogen
gewesen war, bezeugen.^) Aus der anderen vom Jahre 1176 erfahren wir, dass
Ruprecht zu Gunsten der S. Marien- und Clemenskirche zu Rindorph (Schwarz-
') Topogr. 113, Beschr. 662. — *) 1, 282 f. — ^) Würdtwein, Subsid. 1,367; Joan-
nia, Rer. mog. 2, 588 ff. Vgl. Sohliephake 1, 283. — *) Bodmann, Rheing. Altert. 235 f.;
Will, Regesten 2, 37, Nr. 116. Letzterer datiert vom „nov.?** Der von ihm angefQlirte
Fioker, Beitr. z. Urkundenlehre 1, 253 aber macht darauf aufmerksam, dass die Urkunde
„während Christians^ Ab Wesenheit in Deutschland auf seinen Namen" nur ausgestellt sein könne,
oder letzterer ^habe in Italien trotz der Einleitung mit Datum, Ort und Zeugen nach der in
Deutschland („apud Pinguiam") geschehenen Handlung** geurkundet. — *) Kremer, Beiträge
3, 47; Lacomblet 1, 315; Sohliephake 1, 284. — °) Günther 1, 421 ff. Daa Datum:
1175, ind. VIII, a. imp. XXIII, a. regn. XXV stimmt allerdings nicht, da nur die Indict. für 1175
richtig ist, das Kaiserjahr aber 1178 und das Konigsjahr 1177 bietet. Ausserdem muss ange-
nommen werden, dass Erzbischof Philipp schon 1175 wieder aus Italien zurückgekehrt sei.
Denn dass er am Kriegszuge dorthin teilgenommen hat, bezeugt die Urkunde von 1174, in
der er „ad Italice expeditionis preparationem" von der Stadt Köln 1000 und von „Gerardus
ante curiam** 600 Mark leiht, Lacomblet l, 318, Nr. 452. Sohliephake 1, 285 kennt
dieife Anstände bei der Datierung nicht.
101
^
rheiodorf bei Bona) auf seine Vogtoi Ethedorp (Eitorf a. rl. liukon Seite
der Sieg)) die er an Ludwig von Gendorsdorf zu Lehcu gegeben hatte, nach
dem Rate des Erzbischofes gegen eine Eotschädigung von 25 Mark und eine Zug-
last Wein verzichtetet) Woher diese abgelegene Vogtei stammle, ist nicht
zu ermitteln, Unmoglieh aber wäre nicht, dass sie etwa zur limburgidchen
Mitgift der Mutter des Grafen gehört hätte.
Wie sehr sich Ruprecht IL die guten Beziehungen zum erzbischöflicheu
Hofe angelegen sein Hess, bezeugt auch die Thatsache, dass sein jüngerer
Bruder Wal r am am 25. April des gleichen Jahres mit den Grafen Heinricli
vou Seina, dessen Bruder Everard, Gotfrid von Heimesburg und Oerlach von
Isenburg unter den Zeugen der Urkunde steht, in der Erzbischof Philipp der
Abtei Mere den Besitz von Gütern, welche die Gräfin Hildegund an verschiedeneu
Orten Ton ihren Ministerialen teils eingelöst, teils angekauft hatte, bestätigt
und diese mit den übrigen Beziehungen des Klosters unter seinen Schutz
nimmt*^) Dass Walram bei dieser Gelegenheit mit dem Zusatz „de innen burgh"
erscheint, wird demselben niederrheinisehen Sprach- oder Gehörfehler zuge-
schrieben werden müssen, dem wir schon einmal begegnet sind. Wichtig aber
ist die Bezeichnung, da sie die Weiterbewohnung der Stammburg des Hauses
durch ihr jüngstes Mitglied beweist, Schliephake hebt deshalb mit Recht
hervor, dass, während Walram in einer Urkunde von 1195 als Graf von Nassau
erscheint, seine Witwe sich noch 1198 des Siegels mit der Umschrift; ^Sigillum
eomitis Walrami de lurenburgh** bedient*^)
Wenn wir weiter die bekannte Urkunde von 1179, in der Bischof Sigfrid
von Brandenburg die von ihm in Vertretung des noch in Italien abwesenden
Erzbischofos Christian von Mainz am 5, Juni dieses Jahres vollzogene Einweihung
der Kirche zu Alten bürg bei Heftrich samt der Geschichte von ihrer Ent-
stehung erzählt und bezeugt^), mit dem Grafen Ruprecht H, in Verbindung
setzen, so geschieht es im Widerspruche mit der gewohnten Annahme, dass in
ihr nur von Ruprecht HL oder Streitbaren die Rede sei. Für diese scheint
allerdings der Wortlaut der bezüglichen Stelle von der Begiftung der Kirche
zu sprechen: „Huius vero dotis auctores sunt dominus Ruobertus de Nasova
et fiuus cügnatus Walraven, qui quinque mansos tarn cultos quam incultos
1) Lnoomblet 1, 322; Sohliephake 1, 285 IL Data der Graf bei der BeurkunduDg
nioltt zu§;egen war^ bezeugt das Fehlen »c^iner Uiitergehnft^ an seiner SteUe aber stehen offen-
bar „Lodüwieus de genderetorp. LodeTvicus de neatere". Ob der letztere ein Solin des „Diot-
frjrt de nestere'* tat in Bruno's Urkunde über Lipporn, Schliepbako 1, 19B? Er würde dann
als nossauiseher Burgmann zu betrachten sein und den Adeligen von Niater zugchoren, die
nelber eine Burg dieses Namena bei Marienstafe beeaaaen, Yg], Vogel, Topogr. 135, Beschr.
m'S. — *) Lacomblet 1, 319, Nr. •i:>4; Schliephake 1, 28ö; Fischer Hl f. Die Urkunde
trügt bei letzterem zwar das Jahr 1175, ist aber nicht bloss, wie Schliephake willj wegen
der Ind. IK, sondern eben so sehr wegen des a. praesulatus YII in das Jahr 1176 zu setzen,
fgl, Kolb, Serie» episcop., urchiepiacop* et eleotorum. Rottwilae 1725. 109 f. Der Abdruck
„auadem Carttüar der Abtei" bei Lacomblet hat deshalb die richtige Zeitangabe. — ^ Schliep-
bak» l, 288. Diu Abbildung des Siegela siehe bei Krcmer, Orig. Nasa. 1, Tafel 5, —
*) Gadoous, Cod, dipl. 1, 267; Krenier, Orig. Nass. 2,201; Sauer 1, 19Ö f , ; Will, Reg.
2t 53, Kr. 175; Schliephake 1, 289 ff,
102
super altare et reliquias beatorun) martirum Eyliani et socioruin eiun obtul
in dotetn ecciesie pro remedio et salute suarum parentumque Buorum aDiaij
Wir geben indessen vor allera zu bedenken, das« die Urkunde nicht von eüieoi
einheimischen, mit den verwantschaftlichen Verhältnissen des Hauses Naaaao
Vortrauten, sondern von dem fremden brandenburg'schen Sigfrid oder seiBen
Geheimschreiber aufgenommen ist. Nun war dieser zwar im aUgemeiDen dofdi
den Beirat der mainzischen höheren Geiatltchen, die er ausdruckiteh nennt,
über die Sachlage unterrichtet. Aber nicht nur, daas unter den Laienzeugeo
^comes de Nassova Ruobbertus^ allein erscheint, Walram also bei Aufnahme
der Urkunde nicht zugegen war, so mochte auch der Umstand, daas dem BiBohofe
letzterer als Graf von Laurenburg genannt worden sein wird, diesem das
Bruderverhältnis nicht deutlich gemacht und ihn darum veranlasst haben, bloa«
der Bluts verwaotschaft mit «eognatus^ Ausdruck zu geben. 8<»dann fällt be-
deutaam ins Gewicht, dass die Verschenkung von Allodialbesitz doch nur dem
Haupte des Hauses zustand, und wenn es seine Richtigkeit mit der mehrfaeb
am Pfahlgrabengebiete gemachten Wahrnehmung haben sollte, dass dieses späteres
Herrenland sei, so war dies bei der Alteoburg erst recht der Fall, da diete
am Pfahlgraben liegt. Ferner müsste es doch ein eigentümliches Zusammen*
treffen sein, wenn Walram mit seinem Vetter Ruprecht lU. gemeinsam«Q
Einzelbesitz dort gehabt hätte. Überdies aber darf mit einiger Sicherheit ange*
nommen werden, dass Ruprecht HI. im Juni 1178 sich noch ebenso bei detn
kaiserlichen Heere in Italien befand, wie Erzbischof Christian, den der Bischof
von Brandenburg hier vertrat. Die Brüder Ruprecht U. und Walram waren
demnach augenscheinlich die Begifter der Kirche als die Herren des regierendea
Hauses, und «cognatus* für Walram ein irriger Ausdruck des fremden
kundeausstellers.
Unzweifelhaft sodann ist Ruprecht IL gemeint, wenn es in den zu Weiasen-
bürg vom Kaiser am ersten Sonntage in der Fasten (18. Februar) 117S> utf
Bitten der Fürsten und Edlen Rheinfrankens für zwei Jahre erneuerten Land-
friedens bei Angabe des denselben umfangenden Bezirkes an der bezüglichen
Stelle heisat: dass dieser durch die ganze Wetterau über die Hohe nach der
Grafschaft des Grafen Heinrich von Dietz durch die Landschaft des Grafen
Ruprecht von Nassau bis dahin, wo die Erzbistüraer Köln und Trier xa-
sammenstosaen, sodann durch den ganzen Einrieb und den Rheingau ziehe.')
Damit ist zugleich das Gebiet des Grafen zwischen Wetterau und Einrieb mit
Rheingau, und zwischen Lahn und Rhein andererseits deutlich bezeicbnot, und
dea
') Böhmer, Acta imperii «eleota. Innabr. 1871. l, 130, Nr, 4274: ^iade tt»que Eieliea-
tiubol abi bot^i epinpupahis Wirceiibur^enBia, inda uaque ad pontem Foldenteni tibi anitui'
oomitiA oomitii Berdoldi de NroriDges et per totam terram Wethereiha, indo per AltitudtDo (!)
in oomitKtiiin comitis Heinrici de Dioize et per provinoiam comitis Ruoberti de NAMawe u»q«o
übt finHitr arohidiAOOisotiu Coloniensii et Trovireodis et per totam terram EinHoh* et per I<k
tain HtngOTiam,* — i^ProTinciA^ i«t hier lediglich ein anderer Ausdrack (Hr den tmtiii1i«tlMr
tuxoT gebraaohten .oomjtatu«*', der wiederum mit der rorangeg'angeaen ^comitiÄ*^ wooluslt
Bei lU«nnu0 1, 7(5, der die Urkunde noob ttn},'odTtickt nennt^ und «einem Ik^nutzcr äcbltoj»-
h^ko l, 2fM ist als Datum irri^ der ih, UKn ang^egebon, «rührend u» aundrücklich ^12.
Mari.'' bei«8t.
ai^^g
103
mati begreift nicht, was Schliephake bewegon konnte, einer suloheo genauen,
keine andere Herrschaft sonst zulassenden Umschreibung gegenüber zu behaupten,
dass dem Lande des Grafen, , wie es scheint, auf einer Seite, gegen die Laurenburg
hin, die Besitzungen des Grafen Walram zunächst in der Esterau benachbart
waren, während auf der anderen Seite, gegen die CÖlnische Grenze hin, die
Kesitzungen seines Namensvetters Ruprechts IIL zu liegen kommen.**")
Dieselbe Verkennung des Landesherrn, der damit von selber zum Iteichs-
rate gehört, legt Schliephake eben dort an den Tag, wenn er Ruprecht IIL
auf dem berühmten Fürstentage zu Gelnhausen am 13, April 1180^ bei
dem über die Reichslehen des in die Reichsacht erklärten Herzoges Heinrich de»
Löwen vom Kaiser anderweite Verfügung getroffen wurde, an der Unterzeichnung
der die Verhandlungen berichtenden Urkunde beteiligt, wie dies vor ihm auch
Hennes') gethan hatte. Es versteht sich von selber, dass der hier unter den
83 Zeugen an 20- Stelle stehende „Rubertus comes de Nassowe" nur Graf
Ruprecht IL als Reichsgraf sein kann und das um so mehr, als er schon an
dritter Stelle nach den Herzögen, Land- und Markgrafen folgt und selbst dem
Grafen Emicho von Leiningeu vorangeht/'*) Das „besonders nahe und niemals
gestörte Verhältnis der Diensttreue und des Vertrauens*^, in dem nach Schliep-
hake Ruprecht der Streitbare zu Kaiser Fridrich I. stand, kommt hierbei gar
nicht in Betracht, da amtliche und persönliche Beziehungen bei einer solchen
Gelegenheit zwei verschiedene Dinge sind.
Da Erzbischof Philipp von Köln in der soeben genannten kaiserlichen
Urkunde von dem Reichslehen Ueinrichs des Löwen aus dem in zwei Teile
geschiedenen Herzogtume Westfalen und Angarien den beträchtlichen Teil, der
an das Erzbistum Köln und das Bistum Paderborn grenzte, für seine Verdienste
um den Kaiser empfangen hatte, so war eine solche Mach tver mehr ung erst
recht dazu angethan, seine Gunst erstrebenswert zu machen. Wir treffen des-
halb am 27. Jali desselben Jahres 1180 unseren Grafen Ruprecht in Köln bei
der Beurkundung seines erzbischöüichen Gönners über den Vergleich zwischen
ihm und der kölnischen Bürgerschaft wegen des gegen dessen Verbot angelegten
Befestigungsgrabens und wegen der auf dem Leinpfade und am Markte errich-
teten Häuser.*) Nach nicht weniger als 39 geistlichen Zeugen unter 67 solcher
überhaupt nimmt „Roberlus comes de Nassowen" nach dem Pfalzgrafen bei
Rhein Konrad, dem Herzoge Oodefrid von Löwen und dessen Vetter, „Dominus
Ileinricus de Limburg," die erste Stelle ein^ ein bemerkenswertes Zeichen seiner
räHichen Bedeutung« In der kaiserlichen Bestätigungsurkuude aus Halberstadt
am 18. August des gleichen Jahres befindet er sich abermals unter den 21
engen. Diesmal freihch als der 17. und als der 6, unter den Grafen.*) Schliep-
*J I, 295. — *) 1, 62. — ') Lacomblet 1, 332 f. Die a^nst richtig datierte Urlnuido
rorfohli m nur in dem a. ^imperii tero XXYP, Es mass XXY heia^en. — *) Ebenda 1, 33:^ f.
Irrig sind der Katserjnhre boi der Zeitangabe XXVII^ und der a. preBulat. noatri undecimus
et tun 2 Jahre verfehlt, sodass nur Tocarnations- und Konigajahr dummen. — '-'} Ebenda I^ 'M'i f.
rermtitiiüh veranJaast durch die in sie wdrtltob aufgenommene Urkunde des Erzbiflchofes leidet
inch diCBo an dem Datierungsfehler der XXV 11 Kaiaerjabre, während Incarnationsjahre, In-
iiotion und Königsijahre zutreffen und damit auch das Jahr U8i) der erzbisehoflichen Urkunde
fttJUlgoo,
104
hake macht hierbei die zutreffende Bemerkung : „Vielleicht war er mit Wahr-
nehmung der erzbischöflichen Angelegenheit besonders betraut, da von den an-
gesehensten Herren aus dem Laienstande nur er allein sowohl zu Köln als
auch zu Halberstadt bei diesem Geschäfte zugegen gewesen ist."^) Alsdann
sehen wir ihn im selben Jahre noch einmal in Köln. Erzbischof Philipp ver-
pfändete seinem ^carissimus frater et amicus", dem Erzbischof e Arnold von Trier,
für 232 Mark kölnischer Denare Darlehen seine Höfe Bense, Sigenheim, Rah-
tecke und^ Celtanc.^ Ruprecht H. aber diente ihm hierbei nächst elf höheren
Geistlichen des Erzstiftes als erster Bürge („obses*) von vier Edelen („Robertus
comes de nassowe^ Heinricus comes de seina et frater eins Euerhardus, pro
quibus frater eorum Bruno prepositus spospondit, Renerus de froisbret^) und
10 benannten Ministerialen. Wie dies Zeugnis für die innig gewordene Ver-
bindung der beiden hohen Herren ablegt, so scheint es auch neben der Ange-
sehenheit des Grafen dessen ansehnlichen Vermögensstand zu bekunden, eine
Sache, die nicht minder durch die vier ohne Zweifel mit entsprechendem Ge-
folge unternommenen, darum ausgabereichen Reisen dieses Jahres belegt sein
dürfte, die uns gleichzeitig darthun mögen, zu welchen Opfern sich seine Haus-
politik verstand. Denn fürstliche Vergnügungsreisen möchten damals schwerlich
Sitte gewesen sein, da sie ungleich kostspieliger noch als die heutigen gewesen
sein würden, neben dem, dass sie erheblich mühsamer gewesen wären. ^)
Im Jahre 1182 aber ist es, dass wir zum Unterschiede von Ruprecht IL
dessen streitbaren Vetter Ruprecht HI. in der schon oben geschilderten Vogtei-
sache zu Coblenz thätig finden. Es mag diese seine Eigenschaft als „advocatus
Confluentinorum"*) auf den ersten Augenblick befremden, da sie einen Ein-
griff in die Rechte Ruprechts II. darzustellen scheint, der als Vertreter des
Hauses auf diese von Arnstein geerbte Vogtei die nächsten Ansprüche gehabt
hätte. Das Befremden verschwindet jedoch sofort, wenn wir erkennen müssen,
dass in der Abtretung dieser Vogtei an Ruprecht IH. ein deutliches Leibgedinge
für ein nicht regierendes Glied des Hauses vorliegt. Die Vogtbede, die seit
dem 12. und 13. Jahrhundert in rechtlich bestimmten Beiträgen der Vogtleute
von den geistlichen Grundherren anerkannt war*), mochte eben einen unver-
ächtlichen Beitrag zu dem bieten, was das Haus sonst noch für seine Glieder
aufzubieten hatte, oder was diese erheiratet haben mochten. Gleichwohl mag
Ruprecht HI. nicht der alleinige Nutzniesser dieses Leibgedinges gewesen sein,
wenn er schon alleiniger Vogt sein musste. Denn aus der oben an der gleichen
Stelle mitgeteilten Urkunde von 1195 ersehen wir, dass der Sohn Ruprechts HI.,
Hermann, mit seinem „cognatus" Walram auf Vogteirechte in derselben „ad-
vocatia et jurisdictio confluentina" zu Gunsten des Klosters Himmenrode^ ver-
zichtet. Dieselbe Gemeinsamkeit des Besitzes in diesem Amtsbezirke, diesmal
\) 1, 300. Er meint das freilich irrig von Ruprecht III. — *) Günther 1, 439 ff",;
Mittelrh. Urkb. 2, 95 f., vgl. Honnes 1, 64, Schliephake 1, 300. — ^) Zur Vergleichung
dürfen wir hierbei an die Klagen der Fürsten wogen der bedeutenden Kosten für die Hof-
fahrten erinnern. Siehe Toeche,5 Kaiser Heinrich VI. 16, 389. 442, Anm. 2. — *) 8. An-
merk. 2, S. 94. — ^) Schröder, Lehrb. 525. — ^) Auch Hemmenrode, heute Himmerode.
105
iü dem eiue Stuade von Coblenz entfernten Motricha (Metteroich'), erweist auch
üine Urkunde von 120G. In ihr bezeugt Erzbischof Johann von Trier die von
Seiten sämtlicher Besitzer erfolgte Schenkung des bisher unbebauten Landes
zwischen Metternich und Rore an die Abtei Ilimmenrode.^ Als „domiui uille
de Metricha^ werden genaoot: „Henncus eumes de Seina et frater eins Euer-
hardus, Robertus*) comes de Nassowe et nepos suus Walerammus, Anseiemus
de Moluesberg, Salomena nobilts et deuota matrona cum filia sua Mathildi et
genero suo Rudolfo palatino comite de Tuingen, Hermaunus etiam miles eiusdem
loci indigena^ rusticornm quoque tota communio, qui hereditate possidebant usu-
aria/ Dass die genannten Herren, wie seither angenommen wurde, in vor-
wantachaftlichem Zusammenhaüge gostanderi hätten, ist geschichtlich nicht zu
erweisen. Ein zuGilliger gemeinsamer Besitz hat ebenso viel Berechtigung
Wir enthalten uns deshalb des Eingehens auf alle daran gereihten, zum teil
mehr als kühnen Vermutungen unserer Vorgänger. Fest steht bloss die eine
uns hier angehende Verwantflchaft, die die Urkunde mit ^Robertus comes de
Nassowe et nepos suus Walerammus** bezeugt. Die Frage ist nur^ was ^ nepos*
an dieser Stelle bedeutet. ^Enkel*' hat Schliephake*) schon mit Recht ab-
gewiesen, so sehr auch diese Übersetzung beliebt worden war. Sein ^Neffe**
aber führt ebensowenig zum Ziele und bat ihn selber unbefriedigt gelassen. Es
hilft nur die dritte, dem Mittelalter bekannte Bedeutung des Wortes. Nepos
ist auch patrueÜÄ und consobrinus, d. h, von des Vaters Bruder abstammend,
Geschwisterkind und wird dann vorzüglich gebraucht, wenn der so Genannte
der an Alter oder Würde Geringere ist,^) Walram ergibt sich demnach einfach
als Geschwisterkind mit Ruprecht dem Streitbaren, Die von beiden in Ver-
bindung mit den genannten Anderen gemachte Schenkung Mit aber nicht in
das Jahr 1206 der Urkunde, sondern, da Ruprecht JH. bereits bei Beginn des
Jahres 1189 mit Walram, den Vettern Heinrich von Dietz und Bischof Her-
mann von Münster, einem Grafen von Katzenelobogen, wie mit dem kaiserlichen
Kämmerer Markwart von Neuenburg die Gesantschaft nach Konstaotinopel zur
Förderung des dritten Kreuzzuges angetreten hatte und 1190 auf dem Zuge
starbt jedenfalls vor das Jahr 1189 und war möglicherweise veranlasst durch
die Kreuzfahrt. Die Urkunde selber stellt nur die Bestätigung der Schenkung
der Nachkommen der bis auf den Pfalzgrafen Rudolf von Tübingen verstorbenen
ehemaligen Besitzer des genannten Gebietes dar und ist ausser von Geistlichen
m}r von den Ministerialen der beteiligten Naehkoramen bezeugt,
-j Schliephake l, 347 setzt Mettemioh irrig in das Maieafeld, in dorn allerdings auch
ein Dorf dieses Namens lag, das Ortsregister des Mllielrh. Urkb/s aber, das soTiel beAscro
OrtskenntDiä ausweist, ist für die von uns genannte Lage bei CobleiiÄ. — ")¥. Hontheira
1, 646; Kremer, Orig. Nasa, 2, 213 f.; Älittelrh, Urkb. J, 2fi2 f.; Gocrz, Mittelrh. Regest.
2, 279. Nr, lül3; Wenck, Hist, Abb. 1, 91 £, Hes«, LandesgeseL 3, 236 f.; Honnes l,
Ä43 f.; Vogel, Beschr. 2^9; Schliepbake 1, 344 ff. Die ind. VIII ist mit IX zu ersetzen,
— •) So liest das auf der StadtbibUothek in Trier befindliche Original, das im Mittelrh. ür-
kundcnbuoh wiedergegeben ist, v. Hontheim hat dafür irrig ^Henricus*^, Es werden damit
alle All diesen letzteren Namen geknüpften Bemerkungen der Benutseer r. Hontheim« hinfällig.
Wir müssen ans deehalb nicht mit ihrer Widerlegung im einzelnen aufhalten. — *) 1,270. —
*) Du Cange-Hentebcl 4, 020*>: Nepos, patrueüs vel consobrinus. Tum vero maximc pa-
\ lniel«8 ttil oonsobrinos nepotcs diotos Tolunt, cum aetate inferiorem crant aut dignitate.
106
Zu Ruprecht II. führt uns nach diesen des Zusammenhanges wegen zum
teil vorausgenommenen urkundlichen Angaben das Jahr 1184 wieder zurück.
Es ist am Sonntage der Pfingsten dieses Jahres auf dem berühmten Reichs feste
auf der Marau bei Mainz^), das der grosse Kaiser Fridrich I. mit seinen
Fürsten, Prälaten und Rittern in strahlender Pracht abhielt, dass er bei dem
in der Feldkirche durch den Abt Eonrad von Fulda erregten bekannten Rangstreite
mit dem Erzbischofe Philipp von Köln diesem seinem gekränkten Lehensherren mit
des Kaisers Bruder, Pfalzgrafen Konrad bei Rhein, und anderen Lehensträgern
aus der Kirche folgen wollte, indes Landgraf Ludwig von Thüringen, des Abtes
Lehensmann und des Kaisers Schwestersohn, ihm spottend zurief: „Heute, Graf,
habt Ihr euer Lehen verdient!* worauf er mannlich erwiderte: »Wohl habe
ich es verdient und werde, so es heute not thun mag, es noch mehr verdienen.*")
Dieser Vorgang scheint unzweideutig, wie die mannhafte Art unseres Grafen,
so seine nicht unbeneidete namhafte Stellung unter den Reichsfürsten darzuthun,
neben dem, dass sie die Stärke der Beziehung zu Erzbischof Philipp erweist.
Gegen die kaiserliche Ungnade bot ja freilich der Yorantritt des kaiserlichen
Bruders Deckung, aber dass er sich sofort nach diesem mit den Worten erhob:
„Auch ich werde meinem Herrn, dem Erzbischofe, folgen**, verrät, dass er sich
der Tragweite seiner Macht bewusst war, und dass der von da ab dem Kaiser
grollende mächtige Kirchenfürst sich auf ihn verlassen durfte, wenn es zur
offenen Entzweiung mit dem Kaiser kam, die erst der berühmte Tag in Mainz
vom Jahre 1188 mit seiner flammenden, alle Zwiste niederschlagenden Begeiste-
rung für einen neuen Kreuzzug auf immer aus der Welt schaffte.
Am Ende dieses selben Jahres 1188, am 22. Dezember — damit schieben
wir ein neues bis dahin unentdeckt gebliebenes Glied in die Kette unserer
nassauischen Grafengeschichte ein — war Graf Ruprecht II. am Hoflager des
Königs Heinrich VI. in Worms anwesend, da er als Zeuge bei einer Beurkundung
thätig ist, deren Wortlaut zwar nicht mehr erhalten scheint, die aber offenbar
*) Annal. 10, 379; Roth, Gesch. d. Stadt Wiesbaden, 17. — •) Die Geschichte wird in
Arnold i, Abbatis lubecensis, chronica Slavonim 3, 9 (Leibnitz, Script. Bninsric. 2, 661 f.
— nicht „Monum.^, wie Schliephake 1, 300 fälschlich steht) erzählt. Dort heisst es nach
dem Bericht über die Worte des Rheinpfalzgrafen : „Deinde surgens comes de Assowe [in der
Anmerkung verbessert: Nassowe] dixit: Et ego in gratiam vestram sequar Dominum meum
Archiepisoopum'^. Dann heisst es wenig weiter: „Respondens autem Ludovious, comes pro-
vincialis, qui fuit homo abbatis, dixit comiti de Assowe : Bene hodie beneficium vestrum meru-
istis. Cui ille: et merui et merebor, si hodie necessitas exegerit.'^ Vgl. Hennes 1, 65 ff.;
V. Raum er, Gesch. d. Hohenstaufen, 2, 48. Welches dieses vom Landgrafen gemeinte bene-
ficium, d. h. Lehen auf Lebenszeit oder auch erblich (vgl. DuCange-Henschel 1, 650 ff.),
gewesen, ist uns leider verborgen. Dass es nicht unbedeutend gewesen sein muss, verrät der
durch den Hohn klingende Neid des Landgrafen, und geht ebenso sehr aus der Thatsache
hervor, dass Ruprecht IL sich als ersten kölnischen Lehensträger nach dem Rheinpfalzgrafen
weiss, da er sich unmittelbar nach diesem erhebt, und dann erst der Graf von Flandern und
die übrigen folgen. Dass den Landgrafen der Hohn alsbald reute, beweist der Umstand, dass
er nach Beendigung des Festes dem Erzbischofe nachreist und nicht eher Köln vorlässt, als
bis er dessen Unwillen besänftigt hatte, ja sich in der Folge mit diesem wider den Kaiser
verband, vgl. T o e c h e , Kaiser Heinrich VL 30 f., woselbst auch die übrigen Quellen über das
Fest angeführt und anderweite Litteraturangaben gemacht sind.
107
lem Erzähler ihres Inhaltes, dem Verfasser des „UhronicoTi Hanoniense^«
islobert oder Gisilbert, vorgelegea haben muss. Ihm zufolge hatte der König
ch mannigfachen Verhandlungen mit dem Grafen Balduin von Hennegau
lio dem Reiche von diesem aufgetragenen AUodien und Lehen der Grafschaften
amur und Hennegau zu einer Mark vereinigt und letztere dorn Grafen über-
•ben, wie dies bereits sein Vater Fridrich 1184 festgesetzt hatte. Als Zeugen
hrt Gisilbert dabei den Erzbischof Eonrad I. von Mainz, den Rheinpfalzgrafen
onrad, die Bischöfe von Worms und Speier, die Grafen Robert von Nassau,
(Kmioho) von Leiningen, Robert von Uorne, den Kanzler Johann, von Ministerialen
cruer von Bolanden, Cano von Minaebercb, F(ridrich) von Husen und Hunfrid
on Falkenstein auf.*) Da die Sache vorerst geheim gehalten werden sollte,
I 80 haben wir in den Zeugen Vertrauenspersonen des Königs zu erblicken,
^Heugt das auf der einen Seite für die politische Bedeutung unseres Grafen in
^Heu Augen des Königs, so tritt die statsmännische nicht minder hervor. Denn
PRs sind Statsmänner ersten Ranges, unter denen sich Ruprecht II. hier befindet.
Allen voran nicht bloss an Amtswürde steht Erzbischof Konrad von Mainz.')
Jobann bezeichnet schon seine Kanzlereigenschaft als solchen, wie es nicht
minder seine bald danach erfolgende Erhebung auf den Erzstuhl in Trier thut.**)
Desgleichen war der Bischof von Worms als geschickter Vermittler bekannt,*)
Die reichsministerialen Ritter, Werner von Bolanden und Kuoo von Minzenberg,
ebenso reich begütert, als statsmännisch gebildet, zählten zu den vertrauten
Raten des Kaisers Fridrich, wie seines Sohnes Heinrich*), ebenso der Minne-
sänger Fridrich von Hausen.^ Es ist aber noch ein Anderes, was die
') Mon. Germ. 21, .^04: „Domitius autem rex aduDaKs tam aUodiis quam feodia ot (amU
Ks et ecolefiiia in iids oomitatibus Bitie, ad imperium pertmentibuB^ ex ih princtpatum, qui
narohia dioitar, fecit et eandem marohiAtn comiti Hanoniensi in feodo llgio conoessit; unde
omes HanonienBis ligium ei bominium [homagium] feoit, sub testimomo priocipum^ scilioet Con-
rardi ManguntinenBiB archiepiecopi et Conrardi oomitis palatini Reni et episeopi Worroatiensis
; epiBcopi Spirenaie et aliomin muttorum, Koberti cotnitis de Na»soa^ . . , comttiB de Lioenghi»
Robert! de Dorna et Johannis oanoellani et miniflterialiiimi acilicet Weroeri de Bollanden,
ooonifl de HJDseberob, F. de Husa, Uunfridi de Faloonis Petra et aliorum muitorum tam
c^bilium quam ministerialiuni. Sicque comes Hanooiensis et princeps imperii et marohio Nu*
Burcensjä raotus est.^ AußUlligorweiiie hat WiH diese Urkunde nicht in seinen Regesten rer-
aet, und Toeohe sie als solche nicht erkannt. Ebenso ist des letzteren Datum: ^Weih-
1189'* S. 101 In 1188 zu Terbeflsem, das seine Regesten S. 643 richtig angeben. -~
Poecheil5; Will, RegeuL 2, IV, — *) Toeche 116. — *) Ebenda 3H, 115. — *) Ebenda 2a.
— •) Riexler (s. S. 110, A. « unten) 115 f.; Toeche 59, Anm, 2, 83, 51*4 T, wo sein Tod bei
der Verfolgung der Seldachuoken vor Philomelium, IJ, Mai 1190, durch einen Druckfehler in
L196 gesetzt ist. Es mag an diesem Orte nioht unerwünscht scheinen, hinzuzufügen, was ich
er 0Qte des Herrn Professor Otto verdanke, dass Fridrieh von Hausen sich so nach der
ihr anspreohenden Vermutung Sc henk 's (^Zur Frage nach dem Wohnsitze Friedrichs von
ansen'' in der Zeitachr, f. deutsch. Altertum IH87. :^2, 4H) von unserem St. Ooarshausen ge-
nannt hut, das ehemals nur Husen hiess, Tgl. Vogel, Topogr, 86, Besohr. 63H. Er gehörte
cur rheinischen Ritteraohaft und war Nachbar unserer Grafen. Möglich, dass der 1 159
Zeage io dem worms-trier-laurenburg'schen Handel vorkommende .,Walteru8 de husen^
^chliephake l, 2U3) der Vater Fridrichs war Schenk rerrautet, dass ^Friderious de
rubac^ in dem Vertrag zwisoheu Hillin und Laurenburg aus dem gleichen Jahre (Schliep-
"^ake 1, 205 — Schenk'» Citat ist irrig) ein Verw anter Friedrichs von Hausen gewesen »em
108
Zeugenschaft unseres Qrafen bei diesem Anlasse bemerkenswert macht. Die
endgiltige Verleihung der Harkgrafschaft an Balduin hatte auch eine Spitze
gegen den Lehensherm Ruprechts EE., den Erzbischof von Köln, die dieser
bereits auf dem vorhin besprochenen Reichsfeste gefühlt, und die seine Ver-
stimmung über die kaiserliche Bevorzugung des Abtes Eonrad von Fulda nicht
wenig gesteigert hatte. Damals war nämlich dem Grafen Balduin, der das
Reichsschwert bei dem Feste vorangetragen hatte, von Kaiser Fridrich bereits
die Zusicherung geworden, dass er^ die von seinem alternden Oheime zu er-
wartende Grafschaft von Luxemburg und Namur mit Hennegau vereinigt als Mark-
grafschaft erhalten sollte.^) Dieser Zuwachs an Macht erschuf ihm aber be?
denkliche Nebenbuhler an seinen französischen Nachbaren, dem Grafen von
Flandern und dem Herzoge von Brabant und an dem diesen beiden verwanten
und benachbarten Erzbischofe Philipp von Köln, und verwickelte ihn in be-
standige und gefahrliche Fehde mit diesen, — ein Grund, der die endgiltige,
von den Gegnern durch höhere Angebote immer hintan gehaltene Belehnung
vorerst noch zu einer Geheimsache machte, bis es endlich im Oktober 1189
gelang, den Erzbischof voll zu versöhnen und sogar zum Friedensmittler zwischen
den Streitenden zu machen.*) Das Hineinziehen in das königliche Vertrauen
bedeutet also für Ruprecht II. ein Abziehen vom kölnischen Erzbischofe, war
aber zugleich von der königlichen Statskunst wohl berechnet, um den Grafen
zum Mitwirker am endlichen Frieden mit dem Erzbischofe zu machen. Wir
hatten deshalb wohl ein Recht, von der politischen wie statsmännischen Bedeutung
Ruprechts H. zu reden.
Wie hier aber die Machtstellung und das statsmännische Gewicht des
Grafen, so ist es abermals der unverkennbar gute Vermögensstand desselben,
den uns in dieser Zeit eine Urkunde des Erzbischofes Konrad von Mainz offen-
bart. Stumpf teilt dies bemerkenswerte Schriftstück aus dem Originalconcepte
im Archive zu Wurzburg (München) mit und setzt es — es ist undatiert —
zwischen die Jahre 1187 und 1190.') In ihm schildert, um mit den Regest-
worten Stumpfs zu reden, „Erzbischof Konrad I. von Mainz und Cardinalbischof
von Sabina, in welchem Zustand der Verwüstung, Unterdrückung und Demütig-
ung er die mainzer Kirche bei seiner Rückkehr (1183) getroffen habe, zählt
ferner genau die Verluste auf, die dieselbe durch die verschiedenartigsten
Veräusserungen, Belehnungen, Verpfandungen erlitten und verzeichnet dann
ausfuhrlich, welche Güter, Schlösser u. s. w. und um welche Summen er für
die Kirche zurückerworben und gekauft habe.** Hier heisst es nun von unserem
Grafen: „Pignori obligate diximus comiti Ruberto de Nassowe curtim Loginstein
pro CL marcls examinati argenti; eidem comiti Ruberto Ramsei cum aliis
adiacentibus possessionibus LVII marcis" und danach: „Deinde a comite Ruberto
curtim de Loginstein et Ramsei et Drissungen et Espelscheit pro CG marcis
möge. Alles in Anlehnung an Sauers Mitteilung „Zur älteren Gesch. der Herren v. Eppen-
stein und v. Homburg", Annal. 19, 56.
*) Die Urkunde wurde veröffentlicht von Prutz, Heinrich der Löwe 483 und bei
Toeche 600 f. Hier sind schon Werner von Bolanden und Kuno von Minzenberg Zeugen,
ausserdem aber auch Graf Heinrich von Dietz. — 'j Toeche 49 ff., 99 ff., 117. — ') Act.
Magunt. 114 ff.; Sauer 1, 209 f. Nr. 287; Will, Regest. 2, 100, Nr. 91.
109
en
m
recollegimuö,** Der Graf verzichtet also, wenn richtig gebucht ist^), auf 7 Mark,
urch den VerÄichl, wie das Darlehen beweisend, daas es ihm nicht an klingen*
'dem Gute gebrach^ noch an dessen kluger Verwertung. Was die ihm ver-
landeten Orte betriö't, so ist der Hof von Lahnstein bekannter mainzischor
Besitz, Ramsei mit dem etwa eine Stunde entfernten Espelschied rheingauisches
ügentum des Erzstufales, und Drissungen offenbar ein ausgegangenes Dorf
in deren Nähe, wie die erste urkundliche Bezeichnung: „Ramsei adiacentibus
possessionibuB^ schliessen lässt, wenngleich die EoduDg -ungen ins Hessische
er Thüringische weist, wo sich allerdiogs kein Ort dieses Namens findet,
ie Zeit, in der Versatz und Auslösung vor sich giog, wird von Schliephake
anter dem falschen Gesichtspunkte, dass Ruprecht III, der „comes Rubertus**
er Urkunde sei, einseitig und noch dazu unter NichtbeachtuDg der in ihr
vorliegenden anderweiten, von seinem Gewahrsmanne Stumpf*) genau hervor*
gehobenen ZeitbestimmuDgen zwischen 1187 und 1189 gesetzt, während Scholz
nachzuweisen sucht, dass die Urkunde aus drei Teilen bestehe, von denen der
erste zwischen die Jahre 1180 und 1190 gehöre, der zweite aber erst in die
it Dach 1195 gesetzt werden müsse, ^) Da die Angaben über das unsere
rafen betreffende Geschäft dem ersten Teile zuzuweisen sind, so dürfen wir
ie Scholz'sche Feststellung gelten lassen, von der diejenige Stumpfes sich
nur durch das Anfangs jähr 1187 unterscheidet. Der freigebige Erlass mag
dann immerhin der Kreuzzugsbegeisterung des Jahres 1189 zugeschrieben wer-
den, die das nassauische Haus um so tiefer erfasst zeigt, als zwei seiner Glieder
in 80 hervorragender Weise an dem Kreuzzuge beteiligt waren.
4. Walrams vorzeitige Röckkehr vom Kreuzzuge und Ruprecht IL
Aber freilich sehen wir diese Begeisterung bei einem derselben, dem
^Grafen Walram, schon gleich im Anfange verraucht. Wir müssen das aus
jiner Urkunde des Jahres 1190 schliessen, in der er mit seinem älteren Bruder
Ruprecht 11, als Zeuge in Köln erscheint, Dass wir uns damit in Widerspruch
ait unseren Vorgängern setzen, ist ein um so grösserer Anreiz, unseren Schluss
iesto unanfechtbarer zu begründen. In der Urkunde bezeugt Erzbischof Philipp,
BS uComes Theodoricus de Widho** seine Burg Holebriche (Olbruck), soweit
*hr Graben reicht, mit ihrem Boden und Zugange der Kirche S. Petri in Köln
EU Lehen aufgetragen habe. Unter den 26 Zeugen mit dem Erzbisch ofe selber
an der Spitze stehen „Hubertus comes de Nassawe et Walramus** an 6, und
Stelle. Als Datum ist ausnahmsweise nur das Jahr 1190 angegeben mit
lern Zusätze am Schlüsse der ganzen LTrkuode: „regnante Priderico Romanorum
aperatore augusto." Der erste Abdruck des Schriftstückes in Joannis' Spici-
ium^) stimmt wörtlich mit dem PiacherVj ^ex Chartulario Colonienai**,
mit dem bei Lünig^) überern und weicht nur sehr unwesentlich von dem
tittelrh. Urkundenbuches') „aus Kindlinger's Sammlung* ab. Man begreift
*) Die SumiDen stimmen nämlich in der ganEen Äufteichnung nicbt Qberoin, wie
llltnipr 117, Aiim. darthtit. — ') 8. XXX. — ') De Conradi L principe territor. 37 f. bei
rill, K<>jf«i<ten 2, 61, Nr, 61. — *) S. 19 f. — *) GeschlechUre^. der Hiiusot Isenburg^
HujikeL 2, 40. — *) Corp. jur. feudali«. l, H5ti. - ") 2, 140 f. u. 74G, Nr. 833.
110
deshalb nicht, wie sich Uennes^), der allerding3 nur den Abdruck das JoaoBii
und Fiacher's kannte^ zu der Behauptung verirren konnte, nachdem er dai
Jahr 1190 der Urkunde beanstandet und willkürlich in 1185 verwandelt luUle:
Die Urkunde ^iat auch sonst: 90 korrumpirt, dass sie, wie es scheint, dethilb
nicht in Lacomblet8 Urkundenbuch aufgenommen worden iat'^ EUesler, d^
Herauägeber dieses Teiles des Mittelrh. Urkundenbuches, hat mit Recht keben
AnstosB an der Urkunde gcDommen, und sein Regiätrator Qoerz bemerkt
deshalb mit eben so gutem Rechte zu ihr: ^Da Kaiser Fridrich L 1190, Juni 19.
im Flusse Saleph ertrank, in die erste Hälfte des Jahres 1190 fallend,"*) Erat
in i»einen Mittelrh. Regesten Hess letzterer steh in der Datierung irre macbea
und bemerkt zu dem ins Jahr 1185 gesetzten Auszuge der Urkunde: „Da die
Grafen von Nassau im Jahre 1190 noch bei dem Ereuzheere im Orient waren,
Bo nimmt Hennes einen Schreibfehler in der Datierung der corrumpirl»!
Abschrift an und verbessert 1190 wohl mit Recht in 1185/*) Schliepbake^}
war ihm hierin vorangegangen. Keiner bedachte, dass das Datum einer XJf*
künde so lange unantastbar ist, bis die schwerwiegendsteo ander weiten geschieht
liehen Umstände gegen es sprechen. Yom leichtesten Gewicht aber ist der
Grund, dass die beiden Grafen Ruprecht und Walram sich damals noch bti
dem Kreuzbeere befunden haben sollen. Nur vom ersteren ist dieses aicher
anzunehmen, und das ist nicht der Zeuge unserer Urkunde, da dieser selbst
nach Schliephake nur Ruprecht U. sein kann, der am Kreuzzuge so wenig
teilgenommen hatte, als sein Lehensherr, Erzbischof Philipp. Des Grafen Walran
aber wird seit seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft in Konstantinopel am
28. Oktober 1189 nicht mehr bei dem Kreuzheere gedacht. Hennes ist ei
selber^), der uns den Quellen gemäss berichtet, dass Kaiser Fridrich sowohl
im Briefe aus Philippopel an seinen Sohn Heinrich VI. vom 18. Novembor^r^
fds tn einem solchen an Herzog Leopold von Ostreich aus Adrianopel vom
Winter 1189 — 1190^) nur den Bischof Hermann von Münster, den QrafcQ
Robert und den Kämmerer Markwart als Gesante nennt Er hätte aber \m^
umsetzen können, dass der Verfasser der „Chronica Slavorum*, Abt Arnold von
Lübeck, überhaupt nur diese drei Gesanten kennt.^) Wie aber konnte es
*) 1, lU, Anm. 2. — *) Oregoriua IV„ Catholicufl der Armenier, meldet ar»t im Jittj
oder Au^iut IVMi mit den Heitherigen Thtten des Kaiser« Fridrich in Qrieohenluid md
düB Soltan SfllAdln deasen Tod. YgL Röhricht , Eegeeta regni hieroaolymitani. Innibr, 1H9I.|
18&, Hr. 694. — •) 2, 154 f. Anm. Die ftlr Hennes angegebene BeitenzAlü ,106, Kott 3*i
bt nach unserer obigen Angabe bei Uun tu Terbessem, ^ *) 1, HOT. — *) 1, U7» d9 Aas.
" *) Kach RSetler^ Der Kreiusug des Kaisers Friedrich in «.Forsch, i. deutseli. Getdi.^ X«
4d tu 112 f. ist es der 16. Xot. — 0 Biezler U3 setzt den Brief ^c. 1189, Ende No?«nibar*.
— *) 8|3U; ^RiB rerbis nimis crodulus et pcrterritus ConstantinopolitAnus ntincios imperalorii,
Spboofnnn Tideltcet Monftsteriensem et Robertum de Assowe et MmrfittArdum cammararliBi
cum qniDgeniis müitibus comprehendi prsecepif Leibnits, Script, Hnusr. 2^ fktB; Ifo^
Germ. 21, 172. Nicht ersichtlich tst, ans welcher Quelle Browcr^ Annal* trtTtr« t, Si ge-
■fliUpft hat, wenn er von den am Kreiusiige Beteiligten der trierischea DlöoeM unter andere»
tagt: vTrant Rhennm adseripti, manu famaqae strenui^ Roberto«, Comes NiMOTioa, et hde a
tiOgaae Tiolnii uterqae üeuncus junior saniorqne Comiles Dietadi. Naeaorlns juntorqu« Ot<l^^
in» ob iaduatriae Tirtnüsqne spectala^ famam« Nonbergeoti conTentu, ledl da pacx»
ad laaaQum Aiigaliim OHifntiA imp^ratorra ; mifuiquo can Monaatartaiiai Kptooopo <
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gescbeben, da^s Qraf Walram^ der doch von Ansbert auBdrüeklieh ah Mitge-
santer genaunt wird, seit der Rückkehr von Konatantinopel oicht mehr erwähnt
wird? Wir dürfen kaum annehmen, daas die bei der schnöden monatelangen
Oefangenechaft erlittenen Drangsale ihn zur sofortigen Rückkehr in die Heimat
veranlasst haben könnten. Wohl aber scheint es der kaiserliche Empfang in
Philippopel gewesen zu sein, der ihn gekränkt in die Heimat trieb. Denn der
Augenzeuge, Bischof Dietbold, berichtet vom Kaiser, dass er beim Empfang seiner
mit so viel Feierlichkeit von ihren Landsleuten eingeholten Gesanten nur in
die UraarmuDg des Bischofes von Münster und des Grafen Ruprecht geeilt sei
und diese mit Thräuen empfangen habe.^) Wie leicht konnte diese Auszeichnung
den nicht mitausgezeichneten und nach seinen gleichen Erlebnissen doch
gleicher Ebren gewärtigen Grafen Walram verstimmen. Wir haben die Ehr-
begriffe der hohen Herren dieser Zeit noch in frischer Erinneruag vom Erzbischofe
Philipp her.*) Jedenfalls muss etwas der Art vorgelegen haben, was den Grafen
beatimmtOi sich eigenmächtig seines Kreuzzugagelübdes zu entbinden und in die
Heimat zu eilen. Denn nur in diesem der gläubigen mittelalterlichen Zeit
peinlichen Liebte gewionen die bis heute noch uoerklärten Worte der Gemahlin
Kunegundis in der Urkunde von 1198 Bedeutung, in der sie „ob anime mariti
8ui Comitis Walrami memoriam et remedium non aolum manu voluntateque
ttbopai verum etiam vniversorum ministerialium assensu consilioque indueta
polim.** Auch hier ist Walram aaigelassen. Die „Continuat. Zwetlenaia altera**, Mon. Oerra.
U, 544 kennt gar nur swei Abgesante: f,Epi6copum autem MonadterieDBem et comitem de
Kaaaowe, riroa prudentes et magni consilii prlncipea, proniiaerat ad regem Grecorum Ysachlum
ad praeparnndam Ttam et mercetum.^ Wie schwankend überhaupt die damaligen Zeitbücher
über die Zahl der Gesanten sind, beweist auch der von Hennea 1, H3 bereits angeführte
Gottfried^ deflaeo Bericht in den nun längst ron Karl Veriz mustergildg herausgegebenen
„Annale« Colonienses Maximi", Mon, Genn. 17, 779, Zeile 24 ff. vorliegt, und der nur die
Orafen Rupreoht und Walram nennt und beide noch dazu irrig von Nicaea (Niiiaa) an den
Ort ihrer Bestimmung abgehen ISsst. Der sog. Ansbert — ^sog,^, weil erst eine Hand au^
der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts der Handachrift aus dem Eode des 12. Jahrhundert«:
^Ystoria de expeditione Friderici imperatoris edita a quodam Austnensi clerico, qui eidem
interfuit** die Worte zugesetzt hat: „nomine Anaberti**, vgl. Riezler BD — iat es allein, der
alfl Gesante ^episcopum Monasterieusem et comitem Rudpertum de Nasaowe et cognatuni
eiaa Walrab comitem et Henricum iuniorem comitem de Diez et Maroh cammerarium öuum*
nennt. Canisius, Lectiones antiqu. 3, 504 f. Fontes rer. austriacarum 5, 14, 16. Befremd-
liehorweiae lässt Wilkcn, Gesch. der Kreuzzüge 4, M, obwohl er die Quellen in ihren alten
Ausgaben kennt, nach Anm. ♦> nur den Bischof von Münater, die Grafen Robort von Nassau
und Heinrich von Diech und den Kämmerer Marqwatt gesendet sein und weiaa bloss das
falsche „Diech" 3. 16 nach der QueUe in ^Bietz** zu verbessern, obwohl er S. 95 alle Namen
ans Ansbert wiedergibt.
^) „Dominus vero Imperator de domo suo e&iens in amplexus Episcopi et Comitia irrutt,
cum multis lacrj'mii» eos suscepit, dicena; Gratias ago Deo, qula filii mei mortui erant et re-
uixerunt, perierant et inuenti sunt*^ Tageno, Desoriptio expeditionis asiat. bei Frehcr-
Struve» Script. Germ. 1, 409; Mon. Germ, 17, 510. Oder sollten gar die vom Kaiser ge-
brauchten Worte aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohne« Luc. 15, 24, verstimmend gewirkt
liaben? — •) Arnold ist in seiner Chron. Slav, freilich der Meinung, dass der Abt von Fulda
der Ehrgeizige gewesen sei, und läast deshalb der Erzählung des Sachverhaltes ein ganzes
Kapitel (£.] ^de superbia deteatabili monachorum** folgen. Mon. Germ. 21, 1(3, vgl. Riet-
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omnem decimarum proventum de novalibus in Estenforst, qui ad eins proprie-
iatem apectabftt, Ecclesie S. Nieoki in Arnestcin fratribusquc Deo ibidem
servientibus meute devota dooavit, \it, si quo predictus Cornea adhuc tD
corpore vivens ex operum illtcitorum commisso ioipenitens morte
dooesserat, eorum precum aminiculo apud misericordiarum Patrem
misericorditer expiaretur.**V) Der gläubigen Witwe lag ein Fluch dea
Gatten auf der Seele^ und welcher könnte dies mit grösserer Gewiasbeit geweseo
sein, als der des gebrochenen Rreuzzugsgelübdes ? Sehen wir doch auch, dass
der Zeitgenosse des Grafen, der arnsteiner Mönch, schweigend an Walrasa
vorflbergeht^ während er nicht unterlassen hat, des streitbaren Vetters als eioe»
aperegriuus'^ zu gedenken. Und dass alle anderen ebenso Bertifenen schweigen,
redet auch. Man scheute peinliche Berichte bei der heiligen Sache des Kreuz*
iLuges^, man scheute wohl auch den mächtigen Grafen und den noch machtigereo
Kaiser.
Was darf uns unter solchen Umständen hindern, Walram mit seinem
Bruder Ruprecht bei der gedachten Urkunde von 1190 als Zeugen thatig m
sehen? Sicherlich nicht die seither gangbar gewesene Annahme, dass Wairam
samt seinem Vetter Ruprecht in. am 5. März 1190 die Urkunde zur Gründung
des deutschen Ordens mit unterzetcluaet habe.') Denn die neuesten Forschungen
auf diesem Gebiete haben ergeben, dass die Grandung erst am 5. Mür2 1198
stattgefunden hat*), die Namen der beiden Grafen also einen sp5* - - f —^-ng
in die Li^te der damals Anweaenden darstellen würden, der daher i i^i.
daas man schon frühe den vierten Kreuzzug mit dem dritten Terwechseke und
dinim die Namen der letzteren in jenen übertrug. Liess sieb dc»cb selber
Kaiaer Pridrich EL verleiten, seinen Grossvater Fridrieb L Gründer dee Onleiia
tu neoiieii«^) Von grosserem Belange dagegen könnte es seheinen, daaa Graf
Tbeoderich von Wied. der Lehensaufbager der Burg Olbrück an Kdlo^ tn der
obea geoa&nten Urkunde sich audi beim Kreuzheere beGuid. Denn unter dea
iipriores et odetriorei^ der Lageigeiiossen bei Philippopel wird roa Ansbert
aoidriieklieh ^Dietricus comes de Widen* genannt,') Ebenso wird beriebtei,
dast die Maanea dea Btaefaofea tod Würxbui^ und die Grafen von S§lm,
Wied tiod SpMheiiD drei veo WalladieD bewohnte Städte beaetit. die beideo
«raten ebne Wideralmod, die dritte mit Schwertes Scharfe genommen hatten,
^ Kfeaiar, Ong. Umi 2, t14 t; Üadeaat» Cod. dipL t» f7 1; 8elilie|ifcal[e I«
les 1; Htr^ai»!. ÜrkbL d. PrtooMiraacaMr-iaovIert AnMteia. ITmik. tftSS. l\ Kr. t. ^
^ IKReebllMteEifilerfShwter: ^ITamkiMiW igt AatVtrti
mmk fßitm^kwt «ad MCgM* fcJiiiMUli«, als ikk war.« Di«
[ ftibr ItirreM. — *) Ktaatt 1, 110; SektiepHak« 1,«I8* — •} Das Rtfiti
iM» Rlkriftbl, Rafatla n^ lusmolim. tt7. Kr. 740. «aMOü dJa iMge Um-
dir vir «BT «oe^ Ri#sUr »5 oad Will, B«fte>sa 1, 110» Kn $SO laOfta. la ibdfo
Utaa»« ead $e1ilU|iliaka «hoa dar«^ «a hm Bm^m Qmmiktmum Taigt,
t. ade «k^ tidiaiii AafiW ine wardta Mtow^ 4am ^vkl«. ja £*
la dar niiJMifcioaflr gnaiTOnai ftislw aa d«r Kreadttit im Jttes liee ^ar
mIi»m* Abar frelM T aif I wdkm nar ]
I^ktT U9^\ - *) Riatltr S«. W^ iMtea Jtda«^ spliar #4m maämt firtUfoif ^irraW
• 0 WiUtn %, ftX
n
113
sodass man 5000 Tote des Feindes zählte,*) Aber bief^ESttsit tn Betracht^
unsere Urkunde den Grafen nicht alö gegenwärtig bezeiolinet, und sein
fame auch nicht unterschrieben ist. Dagegen stehen an erster Stelle nach
* dem Erzbiachofe Philipp „Ulricus comes de Nurberch, Gerardus filius suus comes
de Are." Diese aber sind zweifeHos allernächste Verwante des Grafen Theo-
derich, wenn man einer Angabe des Gelen ius trauen darf, nach der Erzbischof
Arnold von Köln^ der Vorgänger Philipps, aus wiediöchem GeschlechtCj einen
^Lambertus de Nuerberch** zum Neffen hatte. ^) Man wird deshalb annehmen
dürfen, dass sie als Vertreter des Abwesenden dessen Willen vollzogen haben,
^^P 5. Tod Ruprechts III.
H^ Haben wir aber mit dieser Auseinandersetzung der Urkunde, die sie ver*
Hanlasste, das Recht ihres Datums 1190 und ihrer beiden fiir uns in Betracht
B kommenden Zeugen, des Grafen Ruprecht II. und seines vorzeitig vom Kreuz-
m scug heimgekehrten Bruders Walram erstritten, so ist es nun an der Zeit, das-
selbe Jahr als Todesjahr des Vetters beider, Ruprechts m., in ähnlicher
Weise zu erstreiten und dies mit derselben alten Quelle^ die unseren Vorgängern
zum teil Raum für andere Zeitbestimmung zu gewähren schien. Diese Quelle
aber ist einzig des arnsteiner Mönches schon berichtete Bemerkung bei Ruprecht
dem Streitbaren: „qui in expeditione imperatoris Frederici peregrinus obiit in
partibus transmarinis,***) Die deutsche Übersetzung hat das mit den ebenfalld
früher gemeldeten Worten wiedergegeben: „der da gedynet was dem Romschen
Keyser, Keyser Frederich, vnd von godes wyllen starp vff dem mere." Auf
den ersten BHck scheinen damit freilich zwei Quellen vorzuliegen, da nach dem
lateinischen Texte Ruprecht auf dem Lande, nach dem deutschen auf dem
Heere stirbt. Es ist deshalb nicht zu verwundern, daas Schliephake*) den
letzteren als Stütze seiner Vermutung vom Ende Ruprechts ansehen zu dürfen
glaubte. Wir sind aus diesem Grunde genötigt, von der vermeintlich zweiten
Quelle zuerst zu reden und sofort dem letzten verdienten Forscher über das
Verhältnis beider Texte, Widmann^), zu bestätigen, dass^ wenn etwas den
deutschen Text als eine hochgradig „schlechte Übersetzung* des lateinischen
nachzuweisen vermag, dies unsere von Widmann nur zum kleineren Teil be-
nutzte Stelle in schlagendster Weise tbut, denn der von diesem Gelehrten allein
angemerkte grobe Fehler „starb ufF dem meere" wird erst recht zu einem solchen
durch die bei weitem gröbere Verfehlung des Sinnes der vorangehenden latei-
nischen Worte. „Der da gedynet was dem Romschen Keyser, dem Keyser
Frederich**, soll Übersetzung des lateinischen: „qui in expeditione imperatoris
k
') Riexler 44 f. -- ^j De magoitudine Colon. 95 bei Fisoher, Gesohlecktareg. 09»
EltOBler im Vorwort zum 2. Bande des Mlttelrb« Ürkundeubttohe« tbut dieser VerwanUchaft
zwar weder bei den Grafen von Are-Nurberg-, tioob bei deoen von Wied LV u. LXIX f. Er-
fmg, aber schon die bei ihm angeführten Namen Udalrich und Tbeoderich lassen auf eine
ndung Bchliesson und bestätigen ao mittelbar die Annahme Fisohors von einer Linie
^Neuerburg. — ") Kremer, Or. NasB. 2, 313; Widmann, Aiinal. 18, 247. — *) 1,340.
Kasi, Chroniken im Mittelalter 10 ft,, Annal« 18, 244.
iiMtsit, »d. xx\L a
114
n«derici^ »ein. Der Übersetzer keont also die BedeutUDg von ^expeditiV
nebt, daji seinem Sehreiberf wie es fast seheiot, selber aus KenDtnie der ,Ys-
fcorim de expeditiooe Frederici imperatoris^ des sog. Ansbert geläufig wmr
ab Kri^gs^ug^ sondern niromt das Wort in dem späteren mittelalterlichen Sini
ir<m der Verpflichtung zum Kriegazug im Dienste eines Herren, hier also A
Kaisers«^) Wenn er aber dann fortfährt zu übersetzen: „vnd von godes willen
»tarp vff dem mere", so will uns bedanken^ dass ihn das Nichtversteben der
lateinifchen Vorlage zu eiuem Meisterstücke gröblichster Gewaltthat an dieser
feiföhrt hat. Dürfen wir nämlich sein „von godes wyllen" nicht als den
freilich ungewöhnlichen und sonst unbezeugten Ersatz des herkömmlichen ^vmbe
gotte« willen* verstehen, sodass eine Umschreibung vou »peregrinus" als des
Maones, der um Gotteswillen die h, Stätten besucht, vorliege, während peregrinu»
io Wahrheit an dieser Stelle nur den Kreuzfahrer^) bedeutet, so hat der Über-
setzer dieses Wort im späteren mittelalterlichen Sinne gefaaat, wonach die pere-
grinatio eine von der Kirche aufgelegte Straf loistung für begangene Verbreclw
war.*) flVon gottes wyllen" ist dann von Oottes oder deutlicher von Rec;
wegen und der Tod auf dem Meere der Ausdruck göttlichen Strafurteils, und
in der That» diese Auffassung entspricht dem, dasa er zuvor „viri bellieoäi"
mit „eyn streythaftig man" übersetzt hatte, denn das an der Stelle von atril-
bare gesetzte mhd. strithaftik heisst ausser bellicosus auch contentiosus, factioitt«.
Er verrät also, dass bellicosus ihm die ebenfalls mittelalterliche Bedeutung von
rixosus, jurgiosus hatte.*) Dass er dann „in partibus transmarinis* mit dem
geraden Gegenteile „vfT dem mere" überträgt, finden wir bei einem Manne
begreiflich, der ebenso sinnlos an späterer Stelle den Vater des Kaisers Prid*
rieh I., den Herzog Fridrich von Schwaben, trotz der deutlichen Vorlage ohne
weiteres zu diesem Kaiser selber macht/') Ein Milderungsgrund könnte haohsteob
für ihn sein, dass er an der herkömmliclien Abkürzung träs für trans die etwa
zu lang ausgefallene Überstreichnng für eine Durchstreiehung genommen,
bloss ^marinis^ gelesen hätte.
Ist damit die alte deutsche Übersetzung mindestens an dieser Stelle fiLr
immer als Quelle gerichtet, so seheint sich als solche der Urtext um so iau^-
lieber zu erweisen. Der Ausdruck „in expeditione imperatoris Frederici*, beim
Worte genommen, lässt keinen Zweifel darüber, dass der Tod Ruprechts HL
auf dem vom Kaiser selber noch geführten Zuge, also vor dem 10. Juli 1190^
wo der Kaiser im Kdykaduos ertrank^ erfolgt ist Da nun Ruprecht am 28.
Oktober 1181» mit seinen Genossen von Konstantinopel beim kaiserlicheD Htme
in Philippopcl eintraf, so sind damit Anfangs- und Endpunkt seiner Todetitftt
gegeben. Dass er nicht im Kampfe fiel, scheint das ,,obiit*^ besagen in sollen,
wie dies auch das Stillschweigen der gleichzeitigen Rerichte bestätigen niochttf».
') Da Cttiif«*IIenioH«l 3» 15$)^: Ezpeditic». Gloiiiir* Ut gr.: Ex|>odiOi, 1»^ hi^i^
iimi)t4) 9tf^aTt<utUiv« S«d Bcquiorihug Süeculis hnec vox uBurpMur pro ohli^ntiont Ptmili ,
exeroUum iloniini. Dmbur dor Ausdruck «expediiionftUtor Tcoiro'*^ WaEIs^ D4»i«li<At V^
f»tiiißgigt»ch. 4, 4f..i, Anm. I. — *) Du ÜAiige- Honte hei '», 201»: Pcr(»|(ri'iQUi, mmee
naiun. — *) Kbeöd» \ *HH\i°: Pßrogriniitio iadictai in poviiain, — *) f.Hxi<r l*, »?* : rd
CAn^e*Hen«ch6l 1, S41^ - ') Widmann, Annsl. IS, 2&S.
I
I
115
Denn wäre der der Ehre der kaiserlichen Freundschaft und dazu der des Banner-
trügers ira vierten vom Kaiser selber geführten Zuge gewürdigte^) Graf Rup-
recht im Kampfe gefallen, so würde uns wohl das Echo der Klage über seinen
Tod ebenso aufbehalten sein, wie das über den Heldentod Fridrichs von Hausen,
von dera die kölner Ännaleu berichten, es sei über diesen eine solche Trauer
entstanden, dass Alle den Kampf aufgegeben und das Kriegsgeschrei in lautes
Weinen verwandelt hätten.*) Er wird also wohl, wie so zahllose Andere, der
Entkniftung oder Seuche zum Opfer gefallen sein, sodass nicht einmal sein
Todesort bekannt geworden ist Die allgemeine Umschreibung „in partibus
transmarinis** ist der Beweis dafür. Freilich würden dann diese ^.partes trana-
marinae* im weiteren Sinne zu fassen sein, da der zu dieser Zeit gangbare der
von „partes hiersolymitanae** oder gelobtem Lande war. Aber dass man auch
zu dieser Zeit nicht allzu genau bei der Wahl der Worte verfuhr, sondern
das Ziel der Fahrt mit dieser gleichbedeutend setzte, geht aus einem Verzeichnis
der in dem ganzen Kreuzzuge gefallenen hervorragenden Helden hervor, das
der zu diesem Zwecke abermals als bisher unbekannte Quelle von uns benutzte
und nach Toeche's Urteil^ überhaupt „noch immer nicht völlig gewürdigte**
hennegauische Chronist Gislebert bietet", und das zugleich das erste und einzige
aussernassauische Zeugnis vom Tode Ruprechts darstellt Dieser Mann, der
zwischen 1155 und 1223 lebte*), sagt: ,,Da aber im jerusalemischen Gebiete
sehr viele höheren und niederen Standes aus dem Leben geschieden sind, so
muss von den mächtigeren Fürsten und anderen Edelen und strengen Rittern,
die hier aus der Welt gegangen sind, und deren Namen uns bekannt sind, ge-
nannt werden: Fridrich, der römische Kaiser^ sein Sohn Fridrich, Herzog von
Sehwaben, des Kaisers Neffe, der Landgraf von Thüringen, Graf Robert von
Nassau, Graf Heinrich von Dietz und Fridrich von Hausen, des Kaisers Freunde
und Vertraute."*'*) Von diesen 6 Deutschen, denen weiterhin die Franzosen
angereiht werden, sind, wie wir wissen und Gislebert nicht unbekannt sein
konnte, Kaiser Fridrich und der Ritter Fridrich von Hausen noch in Eleinasien
gestorben, während Herzog Fridrich von Schwaben der Seuche vor 'Akku am
20. Januar 1191 erlag, und der kranke Landgraf Ludwig von Thüringen am
16. Oktober 1190 auf der Heimkehr vom Tode vor Cypern ereilt worden war*
^) Anonym. Can. 507: Signifer electus est Rupertus comes de Na&&owA, in belUois rebus
exercitatua et manu promptuB. Vgl. Hennes 1, hk f,^ Röhricht, ßeitr. z. Geflch. d. Kreii2-
süge. 2, 142. — *) Biezler 58, Anm. — *) Forschungen suf deatsohen Qetoh. 10^ 704. —
*) Arndt in Mon, Oertn. 21, 485, 488, — *) Mon* Oerm, 21, 579: ^Cum auteni quainplure»
in parttlius IheroBolymitani« tarn maioree quam mittoree decesserint, de potentioribua pnnoipi-
buB ei aliia noblübus et miliübus atrenuiB dioendum eat, qui ibi a aaootilo migravorunt, quorum
nobts nomina nota sunt: Fredericas R4>mananim imperator^ FrederiouB filiua elus, dux Sueyo-
rum, landgravint Duringbie, ipsius imperatorta nepos^ Robertuii comes de Nassoa et Henrious
nomes de Dieeea et FrederieuB de HuMa, ipsiua itoperatoriB familiäres et secretarlL*^ — 8ecre-
tarius ist hier nach Du Cange-Uenschel 6, 150*: coasiliorum arcanorum particepB. — Da
Oraf Heinricb der Jüngere von Dietz noch bis zum Jahre 1207 bezeugt ist, vgl. Vogel,
Beschr, 207, so haben wir bei dieser Gelegenheit auch erwünschte Kunde von dem Auagange
dea Alteren Grafen Heinrich, ron dem wir bis dabin ala letztes nur wuE^ten^ daBS er ala Ge-
aaiit^r Tom Kaiser an Saladiii ani 2(k Mai 11KH abgeschickt worden war, vgl* Riezler 20,
14»; SohliepliAke 1, 313.
116
GlmchwoU läset er sie Alle «in partibos IherofioliinitaniB* ümkoinmeii, ein
Zeicheo, dass auch ihm diese „partes* einen weiteren Begriff hatten.
Nach dieser Darl^nng sollten wir der Besprechung der seither gangbaren
Meinungen über das Ende Ruprechts m. enthoben sein. Wenn wir gleich-
wohl in eine solche eintreten, so geschieht es nur, um, was an uns ist, deren
geschichtsverwirrendes Fortwuchem zu yeriiindem, da sie sich selbst in ausser-
nassanische GeschichtsdarsteUungen neuester Zeit bedenklich wmtergepflanst
haben. Es betrifft zunächst die schon von Hennes^ angezweifelte, aber Ton
Schliephake*) wieder angenommene Vermutung Kremers^, die sich auch
T. Arnoldi^) angeeignet hat, dass Ruprecht IDL unter dem ,comes Rupertus*
gemeint sei, der in dem damals sogenannten „Chronicon urspergense*') mit
anderen auf der Seite des Königes Philipp von Frankreich bd der Belag^img
von 'Akka gestanden habe. Diese Nachricht ist, wie die neuesten Heransgeber
des nun sich ^Burchardi et Cuonradi urspergensium chronicon' nenn^iden
Weri^es, Otto Abel und Ludw. Weiland, darthun*), der „BrcTis historia
occupationis et omissionis Terrae sanctae* entnommen^ und Imdet an sich
schon an der üurichtigkeit, dass unter den Bundesgenossen des französischen
Königs auch der Landgraf Ludwig Ton Thüringen genannt wird. Dieser aber
war ber^ts, wie wir oben sahen, am 16. Oktober 1190 gestorben, während
d^ Köoig erst am 13. April 1191 vor ^Akka eintrat^ Ausserdem melden die
, Annales Einsidleoses*^, dass die nach dem Tode ihres Führers, des Herzoges
Fridrich von Schwaben, zurückbleibenden wenigen Deutschen sich unter dem Be-
fehle des mächtigen Konrad von Montferrat, der auch an jener Stelle wie ^marchio*,
so «fiuitor* des Königs von Frankreich heisst, befanden, indes die kölner
Annalen^^ berichten, dass dieselben die ersten 4 Wochen unter einem gewissen
*) 1, 111 f. — *j 1, 339. — »J Orig. N««. 1, 389. — *) 1, 26. — *) 8. 229. — •) Mob.
Gem. 23, 359. — ^ Die tod Kremer nicht ganz mitgeteflte Stelle lantet nach Moo. Gem.
23, 360: ,Ciim rege Franciae iati fantores erant: dnx Bnrgiindiae, comes ClarimontiB, marchio
Cttonradoi^ ciriiiB poientia magna erat in exercita, Templarü, Janoenses, lantgraTins de Turin-
gi% eomes Rapertns et BelTacenas epiaeopns. In parte regia Angliae faenmt isti: eomes
flaiidriaoaa, comes Campaniae, rex Wido, Hospitalarü, Pisani et plores alii*. — Wir wollen
weniger Wert darauf legen, dass diese Gmppiening aoch deswegen unrichtig erscheint, weO
die Geaneaen Tor den Pisanem neh unter die Fahnen Richards gestellt hatten, s. Röhricht
IB Foneli. mr dentsehen Gesch. 16, 513. Gerügt aber darf es wo^en, dass die ganze ins
Jäkr 1191 gehörende Angelegenheit Ton Kremer wohl nor durch einen Schreib- oder Druck-
feUer iat Jahr 1194 gesetzt wird, und t. Arnold i dies achtlos nachschreibt Im übrigen sind
dam TOB US gerügten Verstösse der ^Breris historia*^ an der geschichtlichen Wahrheit Ton
Eiesler bei Beschreibung dieser Geschichtsqueüe S. 107 übersehen worden. Er weiss nur
imm einem Tersehen ihres Terfassers, dass er den Herzog Fridrich ron Schwaben wenige
Übge maA seiner Ankunft Tor *Akk4 sterben lisst. Ebenso ist ron den Herausgebern des
■ilfMgu Zeitbnches übersehen worden, dass die inEccardi, Corpus historicura medü aeri 2,
1049 £. zuerst abgedruckte ,Breris historia'' die Xamen des Grafen Robert und des Bischöfe«
wtm Beasrais nidit enthalt. Ein Zweifel an der Echtheit der Namen ist damit allerdings nicht
an bs^gründen^ ob^deh Eccard in der Yorrede sich darauf beruft, die .Breris historia^ au«
Handsehriftanbande des angehenden 13. Jahrhunderts abgedruckt zu haben.
Chroniitan muas eben eine andere, wie ihre Herausgeber meinen, italienische
¥0f gelegen haben. — •) Röhricht in Forsch, i. deutschen Gesch. 16, 511. —
3, 149. — ^ Ann. ool. mtLU, Mon. Germ. 17,201; Tgl. Rieiler 86, Anm. 3.
m
Heinrich uorl darauf 6 Wochen unter einem gewissen Gerhard gestanden hätten.
'Von einem so hervorragenden Fuhrer wie Ruprecht dagegen verlautet nichts.
Nun ateht ausserdem der »comes Rupertus* zwischen dem Landgrafen von
Thüringen und dem französischen Bischöfe von Beauvais, sodass mit einiger
Wahrscheinlichkeit angenommen werden darf, daas er nicht einmal ein Deutscher,
sondern ein Franzose ist oder, worauf die Abwesenheit jeder nähereu Bestimmung
führen möchte, Italien angehöre, wie der Berichterstatter. Für unseren Grafen
ET?..«..A^|^t bleibt demnach keine Stelle in dem italienischen Verzeichnisse der
^s*^ des französischen Königs,
u
ft
6» Ruprecht ü. und Walrani, Bnprechto IL Tod.
un hatte ja bereits, wie bemerkt, Kenn es die Richtigkeit der soeben
abgewiesenen Vermutung Krem er s angezweifelt, aber mit einem Grunde, der uns
die andere irrige Annahme ufaer Ruprecht kennen lehrt. Ihre Berichtigung lässt
uns gleichzeitig einen weiteren Schritt in der Geschichte seines Vetters Rup-
recht II. than. Hennes ist nämlich der Ansicht, dass Ruprecht IIL mit
seinem Vetter Walram noch als Zeuge in der Urkunde vom 25. Juni 1191
erscheine, in der Erzbischof Konrad von Mainz auf Grund eines Rechtsspruches
der Abtei 8. Maximin bei Trier das Patronatsrecht der Kirchen zu Weinheim»
Albec und Oozolvesheira gegen die Brüder Gotfrid und Embricho von Kreuznach
und Gotfrid und Heinrich Schelhevena bestätigt') Das ist denn auf Toeche
übergegangen, wenn er mit Berufung auf Hennes' Quelle, Gudenus, bemerkt:
,m 25, Juli 1191 zeugen die Grafen Robert und Walram von Nassau, von
Kreuzfahrt heimgekehrt, zu Mainz beim Erzbischof Konrad.**) Und Röhricht
schreibt ihm mit dem gleichen falschen Monate nach: „Am 25. Juli 1191 zeugen
beide R. und W, schon wieder in Mainz/*) Bei der seither herrschenden
I Unsicherheit über das Ende Ruprechts IIL und das Leben Walrams in unserer
Bassauischen Geschichtschreibung sind solche Irrtümer ja begreiüioh, aber
gchmerzlich bleibt immerhin, daas unsere Unsicherheit diesen Wiederhall in der
deutschen Geschichtschreibung Anden musste, und dass unsere Stimme hier
möglicherweise nicht laut genug sein wird, um diesen für immer zu übertönen*
Und doch darf uns das nicht hindern, sie zu erheben und zu erklären: es ist
nicht Ruprecht der Streitbare, sondern der regierende Graf Ruprecht H*, den
wir mit seinem Bruder Walram hier zeugen sehen. Sah doch schon 8 c hl i op-
ake die Richtigkeit dieser Thatsache ein.^) Freilich ward ihm das nur da-
durch möglich, dass er Walrams Schicksal von dem seines Vetters trennt und
ren nach dem Tode des Herzogs Fridrich von Schwaben heimkehren Hess,
irend letzterer ihm nach dem Falle 'Akka's starb. '^) Dass aber beide gräfliche
Brüder zu dieser Zeit in Mainz als Zeugen auftreten, verdient um deswillen
«besonders bemerkt zu werden, weil es einen Blick in ihr politisches Verhalten
^^^ *) Ondenus, Cod. dipL 3, 1072 ff.; Mitt€lrh. Urkb. 2, 155 f.; Will, BegeAlen 3, 85»
^KFsA«. Ind. X «teht irrig für IX. — ») Kniaer Hebriob VI. Itt4, Anin. X — ») Beibr. ssur
^^BöMcti. der Kreuzisage 2, ;H0. -- *) i, 308« Auch Will ■, a. 0, nimmt keine Kotiz ?ati ihtiij
»i f«id«ni nur von iletmes und Toeche. — *) l, ^8, iMU*
118
werfen lässt, wie uns dünkt. Nur einer ihresgleichen ausser den Qeistlichen und
Ministerialen ist noch mit ihnen Zeuge und steht ihnen voran, der uns unbe-
kannte ^Fridericus comes de Witelingersbach." Das ist nicht von unge£ahr.
Die meisten deutschen Fürsten waren den Fahnen Heinrichs YI. gefolgt. Aber
es waren auch etliche zurückgeblieben. Ausser den Dreien finden wir noch
den Grafen Fridrich von Leiningen daheim. Das bezeugen uns zwei Urkunden
von 1191, die seinen Namen in Angelegenheit der Anstellung eines Yiceplebanes
an der Kapelle zu Wenigen-Vilmar bieten.^) Seine Anhänglichkeit an den
verstorbenen Landgrafen von Thüringen, mit dem er im Gegensatze zu Kaiser
Fridrich I. den Kreuzzug unternommen, und dessen Erbe Heinrich VL sich
anzueignen vergeblich versucht hatte, mochten ihn diesem Kaiser abgeneigt
gemacht haben. Für die Nichtanteilnahme der nassauischen Grafen am ita-
lienischen Feldzug fehlen uns alle Gründe ausser dem einen, der Walram
damals vom Kreuzzug zurücktreten liess. Auch lässt die Anwesenheit am
erzbischöflichen Hofe in Mainz nicht auf dessen Mitabneigung gegen den neuen
Kaiser schliessen. Denn Erzbischof Konrad war zu dieser Zeit, scheint es^
noch ein getreuer Anhänger dieses Kaisers. 2) Wenn wir gleichwohl an der
Fürstenempörung gegen Heinrich YI. im Jahre 1192 auch die rheinischen
Fürsten beteiligt sehen, so werden unsere Grafen nicht unbeteiligt zu denken
sein, und schon das Jahr 1191 wird sie für weifische Einflüsterungen nicht
unzugänglich gefunden haben, um so mehr als die allmähliche Entstehung der
Verschwörung bis jetzt noch nicht aufgehellt ist.
In dieser Auffassung der Dinge bestärkt uns, abermals im Widerspruche mit
unseren Vorgängern, ein Ereignis des Jahres 1192. Erzbischof Johann von Trier,
der ehemalige Hofkanzler, hatte bei dem Kaiser und seiner Umgebung durch
grosse Geschenke („magnis expensis"), wie die betreffende Quelle meldet*), fertig
gebracht, dass ihm die ansehnliche Reichsabtei Echternach übergeben und an
deren Stelle dem Kaiser das bisherige trierische Lehen, die Burg Nassau, ausgefolgt
wurde. Nassau war damit ein Reichslehen geworden. Wenn Schliephake*)
aber nun meint, dass dieser Wandel für Walram, den er zu dieser Zeit schon
als allein regierenden Grafen annimmt, „willkommener" gewesen sein möge,
als das seitherige Lehensverhältnis, so widerlegt ihn die Thatsache, dass gerade
der vom echternacher Vogte, dem Grafen Heinrich von Luxemburg, aufgerufene
Freund der nassauischen Grafen, Erzbischof Konrad von Mainz, es ist, der mit
Hilfe der Geschenke des Grafen, wie mit derjenigen des Protonotars Sigillo
und des ebenfalls den nassauischeu Grafen von der konstantioopeler Gesaot-
schaft her befreundeten Reichstruchsess Markwart den schmählichen Handel
rückgängig macht, der dem habgierigen Trierer eine reiche Abtei und dem
machterweiterungssüchtigen Kaiser die Grafen von Nassau als willkommene
Beute überliefern sollte.^) Wahrlich, wäre der Schacher im Sinne Ruprechts
^j Mittelrh. Urkb. 2, 158 f. — *) Toeche 239. — ^) LibeUus de propugnata aduersus
archiepiscopum Treuirensem übertäte Epternacensis monasterii in Martone et Durand,
Collect, ampliss. 4, 453—467, abgedruckt bei Kromer, Orig. Nass. 2, 382—404, vgl. Brower,
Annal. trev. 2, Hl) ff. — *) 1, 349. — ^) Die Regesten über die betreffenden Kaiserurkunden
mit deren Quellen Yora 17. Mai, nach 9. Juni, vor 7. und vom 24. Aug. siehe bei Toeche,
119
Wstrams giewesen, sie hätten Mittel und Wege geoug gtfimdeii, threa
b 'ilsdüz für den Tausch in Bewegung xii setzen, deateii Bückgaogig*
tiBurlwing ikm keinerlei Gewinn abwarf. Er haadeltis also, indem er lelstere
belriebf nur in ihrem Sinne, zumal er schon zu dieser Zeit im Bande der
aufr&lirerisdiea Forsten sich befand, wie seine Tom kaiserlichen Kaplane Gardulf
aii%efkogenen Brtefechaften bewiesen.') Auch würden wir nteht in der fcaiaer*
lieben Urkunde Tom 24. August U92 ans WeiMoan bei Mainx, die daa aHe
erbältnis endgiltig wiederherstellt, die den Nasaanem TerwanidD und
^t^efremdeten Hanner, die Grafen von Diets und Katoeneleobogeo imd den
\o{ Hermann Ton Munster, als Zeugen finden.^ Überdies aber beweisl
'die aufiallige Abwesenheit Ruprechts 11. und Walrams vom katserltcben Hef*
lager in dieser gansen Zeit und bis zum Jabre 1195, dasa sie mit dem gamen
Handel nichts zu thun hatten. Der unbefragte G^esstand ein» Tausebge*
aefaiftoa zu sein, das war wenig geeignet, die seitherige Unzufriedenheit mit
dem kaiserlichen Regimente abzuschwäehea.
In dieser Zeit nun muss es auch geweaeu aein, da«s Bupreehl IL ans den
Leben schied, da wir Ton 1195 an Walram als alletnregierenden fiadea* Wir
ürfen demnach das Jahr 1197, in dem seine GemaUin Elisabeth die aebaii
oben besprochene Schenkung füi aein SedeobeQ macht, nicht für
mittelbar vorangegangene Todeaaeifc bestimmeiid halten. Denn da die I
von der Tochter angriödUen wurde, so ergibt sie sieh, aunal m naeb
der Familie fremden Eberbach geseUebt^ ala eine zafiJfige spatere, die
der in Arnstein zu vermutenden, offenbar Ton Eberbadi selber rar Yergrikacffwug
aeber ,grangia'^ in Hadamar angeregt wurde. Erscheint es doch für mkielaller-
liebe Anschauung rein unmeglicb, dasa ein wirklieJies Seeleogedäcbtois, gar
noch Ton der Tochter, aa%ebabeii wurde. Wir hmben uns aus diesen Grunde
lartan zunäcbst nur nocb mit Wdrmm an
7* Walramg Alleiuregfersiig und Ende«
Von ihm berichtet zuTörderst die für die nawisuinrhr Geachiehte wicht^e
de aus Worms vom 6. Xovenber 1195, daaa er auf BefeU md
mit WtUen Kaiser Heinrichs TL mit dem Bischöfe Heimieb tou Woms die
entstandene Irntng ^de oppido Wileburg*^ gutlich bqgfieheu habe. Walram er-
kennt die grundherrlicben Rechte des BisdiofeB in Besag auf ^hubereeht, buwe-
ieO, beste wahtmal*') und die Bete Upetieio*) im
ta^
Huw
Henrich TL 656— «59.
gar nichiL
£81 ProgcmwB des kMgL
safatrkaa» » »sebfiD die Otee
*) Toeche 235*, äS5 1 — *> BertliaUl,
Hesnei I, 117; Scfaliepliake l, 331; Will,
■w Hcniiet. - «) HMbereekt f.
d«r
Ott« Rasbaeh» Ble
L M H
sa Tom lasst, le £,
h^ 71S; S, SS; j, 421 W Lexer (1, l^M); fcaaitia elv
da fauMWan IT, preavt 37, vgl.
1, SS, Ür. m^ dtr gehtiepliak«
idükliepkako i, 4$7
äJh^Am ivadn^BaK Ori««, We
,ija Ted dfs vaa
120
(^m ioferiori et in saperknri officio*) an. Die Stnfeii („hicTs iudieiomm")
im gtLDien Bezirke („in toio pago ülo, qoi spectat ad Wüebnrg'X ralu^D ne
non YOfa GeUbnwen («de compoaitionibas, qnod wlgo wette yocatnr") oder
Yon Gericbtsatrafe her («de Jndicio qnod gedingeze dicitur*^*), werden zwiaclien
Bischrfe und (trafen gleicbheitlich yerteflt. Wird die Stadt über den Berg
hinaus gebaut, so soll alle ISnnahme aus Zoll oder Münze odor Strafe (,lucro*)
ebenso geteilt werden, doch soD des Orafen Hälfte bischöfliches Lehen sein.
Der Graf darf wohl ein Haus, aber kein Burghaus daselbst orrichten. Die
Yom Chrafen als Yogtlente beanspruchten Bewohne sollen, wenn der Biaebat
sie als seine Kinisterialen ausweisen kann, vom Yogtrecht befirdt sein. Dem
Bischöfe yerbleibt das Recht der «cupelweide'' (Koppelweide). Der Graf gibt
dem Bischöfe Entschädigung für aHes ihm zugefugte Unrecht. Auf dem Berge
findet weder vom Bischöfe noch Grafen gewaltthatige Einlagerung statt. Ein-
mal im Jahre nur haben die Einwohner die Yerpflichtung, den Bischof m
herbergen und seine Auslagen nach Köglichkeit dabei zu erstatten. Zur Siche-
rung des Yertrages wird der Graf zehn — die Urininde fuhrt aber 11 auf —
Yon seinen Leuten (,,homines'') und Ministerialen, die mit Namen genannt werden,
bestimmen, die dem Bischöfe eidlich versprechen, dass sie, wenn der Graf seinen
Yertrag brechen sollte, nach 14 Tagen auf Aufforderung des Bischofes sich nach
Worms b^^ben und die Stadt ohne bischöfliche Erlaubnis nicht wieder yer-
lassen* Dasselbe thnt der Bischof mit 10 ebenso namhaft gemachten seiner
Leute, die sich dann nach Nassau begeben und dies ohne grafliche Erlaubnis
nicht wieder verlassen.^)
Aus dieser Urkunde geht vor allem hervor, dass die Ansprüche Walrams
auf Weilburg lediglich vog^iliche waren, wie diejenige des Bischofes von Worms
grundherrliche. Wie Worms zu dieser ansehnlichen Grundherrlichkeit gelangt
ist, wissen wir genau. Königliehe Schenkungen vom Jahre 993 bis 1062 haben
Erblehenmanne hinterlassenen fahrenden Gutes, welchen sich der Herr nehmen durfte^, Lex er
1, 401 ; beste watnial, da wätmal grobes WoUenzeng bedeutet, das beste Qewand daTon,
Lexer 3, 705; Schröder, Lehrb. 439. Hennes 1, 119 ist hiemach zu berichtigen.
') Du Cange-Henschel 4, 155<': Lucrum, mulcta judiciaria; 3, 918<': Judicium^ di-
strictos judlcis. — ') Hennes* 1, 121 und Schliephake's 1, 358 Übersetzung: ^^Yergleiche^
ist falsch. Denn : „Compositio mulcta sonti imposita ad luendum crimen damnumre resarcien-
dum**, Du Cange-Henschel 2, 502*, was einer der Bedeutungen Ton ^ wette *" entspricht.
Tgl. Lexer 3, 808, die in diesem Falle auch „gewette*^ heisst, vgl. Schröder, Lehrb. 54,
Anm. 30, 85, Anm. 33. Die Höhe dieser Busse siehe ebenda S. 342, Anm. 68. Eine Urkunde Ton
1268 nennt ,,aliqua8 emendas ratione forefacti, que dicuntur Wette^. Oudenus, Sylloge 255. —
^ Auch hier verfehlt mit Hennes Schliephake's „aus der Abhaltung der Gerichte*^ den
8inn. „Judicium, poena per Judicium statuta*^; Du Cange-Henschel 3, 919^ „Oedingeze''
oder „gedingede** findet bei Lexer 1, 771 ff. die wenig genfigende Erklärung: „Versprechen
einer Zahlung, die Schuld oder Zahlung selbst.** Deutlicher ist: Piaculum, bedinge, Diefen-
bach, Glossar, latino-german. Frankf. 1857. 432« in Grimm, D. Wbch. 3, 2029 aus dem
15. Jahrhundert, wo „beding** für „geding** geschrieben zu werden beginnt. Eine Urkunde
von 1327 nennt „aliquas exactiones, quae vulgariter dicuntur gedinge.** Wurdtwein, Nov.
subs. 3, 183. — *) Schannat, Hist. episc. Worm. Urkb. 88; Kremer, Orig. Nass. 2, 207 ff.;
Schliephake 1, 467 ff.; Hefnr. Boos, Urkb. der Stadt Worms. Berlin 1886. 1, 79, Nr. 96,
der Schliephake aufzuführen vergessen hat.
121
bekanntlich den grossen Besitz nach und nach in seine Hände geliefert. ^) Ein
anderes ist es mit der nassauischen Yogtei Weilburg. Nachdem die alte
Herleitung der nassauischen Grafen aus salisch-fränkischem Stamme sich als
hinfallig erwiesen hat, hielt sich Vogel') berechtigt, durch die Gemahlin Walrams,
Eunigundis, so wenig auch ihre Abkunft bekannt ist, eine Erbverbindung mit
dem Grafen Werner, der zu Anfang des 11. Jahrhunders im Besitze Weilburg's
vorkommt, zu mntmassen, die Schliephake') bei allem Yorbehalte so wenig
zur Aufklärung der Sache ungeeignet erschien, dass er sie in ihrem vollen
Umfange vorfuhrt. Indes, wie sehr man bei diesem Anlasse die genealogische
Findigkeit Vogel' s schätzen lernt, auch hier ist die Kühnheit seiner Vermutungs-
gabe grösser als deren Glück. Wir haben eben einfach kein Recht, Kunigundis
zu einer Tochter des Grafen Poppo von Holinden zu machen und sie einer Seiten-
linie des kinderlos verstorbenen Werner'schen Geschlechtes zuzuteilen, da uns
über beides jede geschichtliche Nachricht fehlt. Es bleibt uns deshalb nur die
Auskunft, dass die Vogtei Weilburg auf dieselbe Weise an Nassau gekommen
sein muss, wie das mit Coblenz geschehen ist. Die dem nassauischen Hause
zustehende Vogtei über dieses Gebiet war, wie wir oben sahen, ein pfalzgräf-
liches Lehen. Wie nun Pfalzgraf Konrad als trierischer Obervogt der Vergeber
dieses Lehens war, so wird es keinem Zweifel unterliegen, dass er in der Eigen-
schaft auch als Obervogt der wormser Bjrche der Verleiher der weilburger
Vogtei gewesen sein muss. Als solchen lernen wir ihn nämlich zufallig in
einer Urkunde des Bischofes Konrad von Worms vom Jahre 1174 kennen,
nachdem wir noch 1159 beim Vertrag über Nassau den Grafen Simon von
Saarbrücken in dieser Würde haben walten sehen.*) Graf Simon aber war
von der Mutter des Pfalzgrafen, seiner Schwester, her dessen Oheim, die worm-
sische Vogtei demnach saarbrückisches Erbe, freilich, wie es scheint, erst mit
Gewalt dem Grafen Simon entrissen, als Kaiser Fridrich L 1168 seinem Halb-
bruder, dem Pfalzgrafen, zuliebe die Burg Saarbrücken mit drei anderen saar-
brückischen Burgen brechen liess.^) Daraus geht dann hervor, dass die Be-
lehnung Nassau's mit der Vogtei Weilburg erst nach dem Jahre 1168 statt-
gefunden haben kann, was auch unserer Urkunde entspricht, da diese, wie
bereits Vogel und Schliephake richtig hervorgehoben haben, die Zustände
unter den früheren wormser Bischöfen dem gegenwärtigen entgegenstellt und
damit das alte Recht gegenüber den versuchten Rechtseingriffen der jüngeren
Zeit begründet.
Ob diese Rechtseingriffe, die uns die Urkunde vermuten lässt, von nassau-
ischer Seite im Vertrauen auf den pfalzgräflichen Lehensherrn versucht worden
waren und etwas von der weifischen Neigung des Grafen verraten, die durch
die im Jahre zuvor vollzogene Heirat der einzigen Tochter des Pfalzgrafen mit
dem jungen Weifen Heinrich begünstigt schienen ? Jedenfalls lässt die Urkunde,
die gerade zwei Tage vor dem Tode des Pfalzgrafen in Heidelberg oder auf
») Schliephake 1, 355 ff. — *) Beschr. 303 f. — ®) 1, 361. — *) Kremer, Oeneal.
Gesch. d. alten ardenn. Hauses 138; Tolner, Histor. Palat 31, 309. — **) Dodechin zum
Jahre 1168 bei Krem er a. a. 0.
128
8tahleck') vollzogen worJeu war, nicht bloss duroli fhren Inhalt, »rmdern auch
durch die Be^eichoüDg des Bi»chofe$ mit „dilectus nodter H^iinricus worraa-
tiensis episcopua", während ^Comes Waleramus de Nassauwe** unbefreiindet
uachfolgt, eine Spitze gegen den letzteren erkennen. Bischof ,Heioricu8* stand
ebeu in besonderer GuDöt des Kaisers. Nicht nur, daas er von letzterem zum
kaiserlichen protonotarius erlesen worden war^ so verdankte er dem Kaiser
Huch seinen Bischofssttihl seit dem 23. Februar 1192*), war desBen Vertrauter,
ward als Gesanter in Italien verwendet und zum ^vicarius imperialis curiao^
ernannt/) Kein Wunder» daes In dem Vertrage die Rechte des Bischofes aufe
Peinlichste gewahrt erscheinen und Walrara sogar verpflichtet wird, in einem
Stücke wenigstens zum Lehenamanne des Bischofes zu werden. Dennoch ist du
Ganze mit so kluger Mässigung abgefasst, dass man das Bestreben des Kaisers
herausfühlt, es trotz alledem mit Walram nicht zu verderben. Hatte der Kaiser
doch auch diesen nötig für die Durchführung des gewaltigen Planes, mit dem
er sieh zu der Zeit trug, das deutsche Wahlreich in ein Erbreieh zu verwandeln
und sein normannisches Erbe mit diesem zu vereinigen.
Nicht vergessen sei endlich, dass unsere Urkunde, wie sie Walrain ab
regierenden Grafen behandelt, also mittelbar den Tod seines älteren Bruder«
Ruprecht H- bescheiaigt, dies auch mit der Bestimmung thut, daas Nassau^ und
nicht sein früherer Wohnsitz Laurenburg, der Ort der etwaigen Einlagerung
der wormser Geiseln sein soll Dorthin weist uns aber auch einer der von dem
Grafen zu stellenden Geiseln: Egenolfus Longns.*) Denn diesen lernen wir
in den „Traditiones Eberbacenses* als Gutsbesitzer in Hadamar unter der
Bezeichnung « Dominus Egenolfus de Nassouwe^ im Jahre 1225 kennen.')
Doch konnte er auch jener Egenolfus sein, der neben Egenolfus Longus als
Bruder des ^Heinricua" und Sohn der „Sophia** in der schon oben angeführtes
Urkunde der Gräfin Kunigundis von 1198 vorkommt und, wie das arnsteiner
Necrologium ergibt, ein Herr von Stein war.*) Dann wäre wenigstens der auch
unter den Geiseln genannte Heinricus als Burgmann von Naasaa bestinmii
Eben dorthin wird auch der w^eiter genannte , Heinricus filius Rifridi" zu rechnen
sein^, da Rifridus unter den Ministerialen erscheint, die als Zeugen in dem
berühmten Vertrage über Nassau von 1159 aufgeführt werden. Nicht wenigor
mag „Roricus" ein Sohn des Zeugen ,jRoricus de Milene" der letzteren Urkunde
sein, sodass schon hierdurch allein Walram als regierender Graf nach der
früher erwähnten Bestimmung bezeichnet wäre.*) Sehen wir aber genauer bu«
flo erweisen sich alle zehn als Burgmänner von Nassau. Denn bei den Geinelo
des Bischofes vermögen wir urkundlich festzustellen, dass bis auf zwei Unbe-
stimmbare, die anderen in Worms ansässig waren. ^) Auch weisen , Ruperte
4
4
^
») Toliier :i2^i. - *) Riezier 21H; Will» Regwt^n 2, S7, Nr, 258. — ') ßUittf
238^ 329^ 431. — *) Ebenso genannt im nrnAUiner Necrologtuni, Ann&l. t6» 14. — ^) Rotl!«
Oeiohichtsquelleo aut Nasmui. 3, 353. — *j Annal. le, U. — ^) Da« nrnetoiner Kecrologntn,
Annul. Mi, U, bestätigt das mii dem Eintrag : „RifriduÄ et mor eiu« et p\ Oiterlindb et Jiliof
oorum Henricus.'' — ") Auch das erflÜirt seine Bestätigung durch dieselbe Quelle S. Ij, —
•) Boot, Urkb» Amr Stadt Worni«, thut uns dabei die weteotlichAt^n Dieniite: 8 tit
n»cb »einer Wilwe su ichlieswen „burgenais*' von Worms 1, S6, 30« Erlewinu« i4tt
128
Bjiifoschalcus** und „Sjfridus pincerDa*'') auf die nächste ümgebuDg des Grafen
■l^alram, und »Dythoricus de Staphele* wird drei Jahre dauach ^dapifer** der
^Bräfin Kunigundis und Sohn des Anseimus genannt*), aodass wir gleichzeitig
Buch einen Blick in den gräflichen Hofhalt gewinnen^), ^ne nicht minder
HFIieder des niederen nasisauiächen Adels von damals kennen lernen/)
H Eine zweite Kaiserurknnde, kaum mehr als drei Wochen später als die
Hoeben besprochene, ausgestellt zu Kaiserslautern am 28, November 11^5*),
B^igt) dass die Entscheidung der letzteren den Wünschen Walrams entsprochen
^Hbn muss. Denn wir sehen in ihr „Walrabanua^) comes de Nassau wen^ nach
^KW Kaisers Bruder, dem Herzoge Konrad von Schwaben, und dem Herzoge
Bäeinrich von Brabant (dux Louanensis) mit dem nach ihm erst folgenden
Trucbsesse Markwart, dem ehemaligen Genossen in Konstantinopel, und anderen
Hofbediensteten die kaiserliche Bestätigung aller Besitzungen und Rechte dos
Klosters Otterberg in der Pfalz bezeugen. Graf Walram befindet sich demnach am
kaiserlichen Hoflager und hat dasselbe vielleicht seit Worms nicht verlassen. Es
ist deshalb begreiflich, dass er auch auf dem Reichstage in Worms nicht fehlt,
^en der Kaiser zur endgiltigen Beschlussfassung über einen neuen Kreuzzug
Bart abhielt Er wird, was bisher noch unbekannt war^), ausdrücklich unter den
Büselbst versammelten Relchsitirsten genannt^)^ während seiner nicht gedacht
ist bei dem zum gleichen Zwecke veranstaltet gewesenen Reichstage in Geln-
hausen Ende Oktober. Von der Teilnahme an dem neuen Kreuzzuge, zunächst
Hon der zu ihm verpflichtenden Anheftung des Kreuzes, hielt ihn vermutlich sein
A.lter ab. Das letzte Zusammensein mit dem Kaiser findet ein halbes Jahr
später in demselben Worms am 10, Juni 1196 statt. Es handelt sich hier um
die Bestätigung einer Urkunde vom 4. April 1190®), worin dem Bischöfe Konrad
Bon Worms die Vogtei über Dirmstein überlassen war, und dieser dem Colte-
unter den Zeugen „de Wormatia**, 82, 31. Ge modus ist ^tam de conailio, quam de uniTer-
aitate civitatit** (Wormatiae) 102, 33, ConraduB Rufus 80, 33, Otto 93, 4, GodefriduÄ
de Stocheim 102, 21, Bertholfus de DirmBtein 76, 28, Adellieras de YTofmatia
erweist sich von selber als Wormser. So ist kein Zweifel, dass auch Welfridus, der in
unserer Urkunde aUein vorkommt, und Cunradug, der sehr oft eraoheint, aber nirgends mit
Deutlichkeit als Wormaer auftritt, Wormser gewesea sein müssen.
*) Wird mit Unrecht von Heu n es 1^ Hl und Sohliephake !, 372 za einem Herrn
?on Stein gemacht. Da« Necrologium von Arnstein behandelt ihn unabhÄngig von dieaer
Familie, Annal, 1(>, 14. — *) Urk. v. ilös bei Schliephake I, 46^J; Anist, Necrol, AnnaK
^6» U. — *) Vgl Honnes J, 14a — *) Crafto de Bilstein wird Ton Arnoldi, Hiseell,
BD94 und Vogel, Beschr. 727 nicht aufgefülirt, obgleich beide unsere Urkunde kennen, wäli-
Tfend beide Dagemar von Merenberg und Dythericus de Staphele von hier aus nennen.
Irrig macht Arnoldi 429 letzteren zum ,dapifer Comitiss, Cunegundis de Dietse" trotz der
^bei angeföhrten Urkunden von IU)5 und 1198* Es soll auch nicht vergeesen sein, dass 9
^den Genannten als Woblthäter des arnsteiner Klosters unmittelbar hinter den Mitgliedern
liehen Hauses verzeichnet sind, also auch hierdurch ihre Zugehörigkeit zu Nassau be-
Ygl. Annal. ItJ, 14 f. — *) Frey u. Reraling, Urkb, d. Klosters Otterberg. ürk. 4;
Hennes 1, 223 f.; Boos, Urkb. der Stadt Worme T'J, Nr. 9fi; Toeche (178. Die Ind. XUH
muas in XIU verbessert werden. Zur Urkunde vgl. Schlieph. I, 3Ö3 f. — *) Über diese
^aniensform r, Änm. 7, S. 125. — ') Vgl Hennes 1, 125; Schlieph. 1, :it>4, wo seine An-
Äbsonbeit nur vermutet wird. — ®) Annal, Heinhardi^bronn. 2nH^ bei Toech© JlftU. — *) Statt
^pd* IUI muss es XIV heissen«
124
gisUtifte S. Martin in Worms eine jährliche Präbonde von 1(1 Pfund ckfäF
ri<*hten sollta, dasa letzteres den Zoll in Boppard wieder überlassen hatte» Üi
wird der Zwist zwischen dem Stifte und den Rittern Kourad und Dietrich
Waldeck geschlichtet.*) Unter den Zeugen der Urkunde befindet eich,
an bevorzugter Stelle nach den Geistlichen und den beiden Brüdern des Kai«
Walram von Nassau,
Da88 es diesem mit seiner Annäherung an den Kaiser ernst warj geht aac|i,
aus seiner nahen Verbindung mit dem Erzbischofe Konrad von Mainz in die
Jahre hervor, die durch nicht weniger als 4 Urkunden belegt ist. Dean
der Erzbischof vier Jahre zuvor die Seele der Pürstenerapörung gewesen war,
so lag ihm nun daran, zu dem Kaiser zn halten, damit der Kreuzzug zu staode
k/ime, den er anführen sollte. Man hat dies freilich auf Grund einea Beric
des „Chronicon lialberstadense* bestreiten wollen, der die zweite, aus Anlass
kaiserlichen Bestrebens, das deutsche Wahlreich in ein Erbreich zu verwandeln^ ,
entstandene Schilderhebung der Fürsten mit dem mainzer Erzbischofe in
bindung bringt* Toeche aber hat unseres Eracbtens die Verworrenheit
darum Unechtheit dieses Berichtes so schlagend nachgewiesen, dass ein abei*i
maliges Zurückgreifen auf denselben seitens WilUs unbegreiflich ersehe
zumal eine Widerlegung Toeche* 8 von ihm nicht einmal versucht worden ii
Die Thatsache kann für uns um so ausgemachter gelten, aU die erste Urkti
dos Erzbiscbofes, in der Graf Walram nach einer Reihe von Geistlichen oel
dem Grafen Poppo von Wertheim und anderen Edelen die Qestattung der fräsen
Propstwahl für das Nonnenkloster 8, Petri zu Kreuznach bezeugen hilft,
18. November lir»6, also zu der Zeit ausgestellt ist, in deren nächster N^
die frankfurter Fürsten Versammlung stattfand, in welcher .mediantibus Ci
rado Mnguntino archiepiscopo et duce Suevie Philippo* der dreijährige
Iloiurichs VI. zum deutschen König gewählt wurde.*) Die drei übrigen
künden aber folgen dieser, wenigstens nach der Anordnung WilPs^ der
un» anschliessen. In der zweiten verleiht der Erzbischof dem von ihm besond
geliebten Kloster Elvenstat (Jlbenstat) die Pfarrkirche in Sothle (Sodel]
und hier ist nach den Priestern „Walrarmus comcs de Nassowe* der c*
*J Sohaaoat, U'i»L cpisc, \Vi»rm- L^rkb. 1)0, Nr. rV7; Toeche m\; Hi}0^, Urktj
t<3, Nr. 90; Hennea 1, 12H f.; Scliliophnk« 1, 364. Die Beraerkiutg 4ei lt)Utor«n,
^ilio Ver1iandlungi«ri über die Sacho mehror*j Jiihro früher unter Bise hofiCoDrad iteltg^fyi]
haben* Tielkicht auf dem im Aufange dm Jahroe livrj 2u WormB ^ehaltefleo B«idhsta^',
ledigt sich durch d«ii im Texte genannten 4. April 1190. Die Urkunde dieaee Datunif iloiia
.Menum. boic, XXXI^ I, 439 bei Toeche 645, Nr. 74. — ») Toeohe 4J.% Anm. I, ri.V»j
Will, K€ge«eeii 2, 103, Nr. 3.V2. — *) Mittelrh. Urkb, 2, 2(K); Wardtwein, Monaat
5, :il2; Uoer», Mittelrh, Kegefit. 2, 213, Nr. 778; Hennes 1» 131; Sohliephakc 1,
Will, Re^^len 2, 103, Nr. 350, 353; Toeche 441, Anm,, 144. Will hat beidioser Urkv
tom XH. November lum nur daa Jahr KKKIU det Kxili dee Krsbisohoret beanaiandetf
in der That das Jahr XXJCl sein musete, nh^r er hat die falsche Ind. XV abersehen;
dieae nun in den drei folgenden Urkunden riohtig als XIV sieh darstellt, wiederholt sieh ,
den sewei nilchRtou die Angabe des falschen Exilsjahres, das m-it in der leiKteo
4et«t wird. — *) üudenus, Cod. dipL I, 331; Würdtwein, Notltia bist dipL du j
llbenstadt. Mog. I7ß0. ai f.; Will, ßegtalett S. 1U4, Kr. *ftT.
12&
weltliche Zeuge, dem noch fünf weitere folgen. Dasselbe ist der Fall in der
dritten Urkunde, in der der Erzbischof bezeugt^ dass der Freie Arnold den
Brüdern der h. Maria xu Otterberg 12 Mansea in Gudinbach uod Heinwilre
zu deren Unterhalte geschenkt habe*); wie bei der vierten, in der eben derselbe
die Abtrennung der Kirche in Gosbach (Josbach) von der seit den Zeiten
Kaiser Ottos des Jüngeren dem Stepbansstifte in Mainz gehörigen Kirche in
Burno (Schlossborn) und deren Selbständigkeit als Pfarrkirche bekundet.-)
^ Da der Erzbisehof gegen Ende des Jahres oder doch im Anfange des nächsten
f sich auf den Kreuzzug begab^), so darf der Aufenthalt des Grafen Walram
am erzbischuflichen Hofe als Abschiedsbesuch aufgefasst werden, um so mehr^
als der Erzbischof schon bejahrt und dazu körperlich geschwächt war,*)
Denselben Zweck scheint die um dieselbe Zeit bezeugte Anwesenheit
B Walrams am pfalzgräl^icben Hofe in Heidelberg (?) gehabt zu haben, da Pfalz-
graf Heinrich noch am 27. Mai 1197 sich in der Heimat befunden hat, Demi
^m dass derselbe den Kreuzzug mitgemacht habe, ist ausser Zweifel/'^) Dieser
H bestätigt nämlich im Beisein der Grafen Walram von Nassau, Simon von Saar-
brücken, Heinrich von Zweibrücken, Poppo von Laufen und anderen dem
Cisterzienserkloater Schönau bei Heidelberg den Besitz des Landgutes Opphove
nebst den dabei gelegenen Rheininseln.®) Da der Pfalzgraf von seinem Schwieger-
vater Konrad her, wie wir wissen, Lehensherr Walrams war, so erscheint ein
P Abschiedsbesuch auch bei ihm natürlich* Dass dabei auch ein Gedankenaus-
tausch über deutsche Reichsangelegenheiten mit dem mächtigen Weifen statt-
gefunden haben werde, wird bei der früheren Parteinahme Walrams für die
Weifen nicht ausgeschlossen erachtet werden dürfen. Was konnte dem mittel-
alterlichen Fürsten über die Interessen seines Hauses gehen? Jedenfalls war
^es die letzte Begegnung, wie Walrara damals auch den Erzbischof Konrad zum
Hletztenmal gesehen hat.
^B Denn nur noch einmal begegnet uns fortan der Graf. Am 20. Januar 1197
^oezeugt er zu Coblenz nach den Priestern als „Walrabo^) comes de Nassowen*
tmit Graf Embecho von Leiningen, den Grafen Heinrich uod Eberhard von Seine,
Heinbold und Bruno von Isenburg, Werner von Bolanden und anderen die Be-
ütätigung der Güter der Abtei Arnstein durch den Erzbischof Johann von Trier,®)
»> Abftchrift bei KindJinger 137, 56 in ßöhmer's Ma, 5; Will, Regest 2, !()5, Nr. 360:
Hoiines 1, 131; Scblieph. 1, 370. — ') Joannis, Rer. mog. 2, 525 f.; Würdtwein,
Dioec. wog. 2, 84; Hennes 1, 130; Schliepk 1, 305 ff.; Will» Regeaten 2, 105, Nr. :iGJ.
Wartim Will bei diesen beiden letxten Urkunden das Jahr 1190 mit einem Fragezeichen ver-
sieht, ist nicht klar, da die Datumsangabe in beiden keinen Zweifel gestattet. ~ ') Röhricht/
Beilr, zur Gesch. d. Kreuzzüge 2, 355; Will, Regeaten 2. 107, Nr. 367. — *) Abt Oerbert
von Gemhloux erinnert in dieser Zeit den Erzbiächof brieflich an seine y,eitis et imbocillitaB
corporis^^ vgl. Will, Regeaten 2, 106, Nr. 363, — ^') Röhricht, Beitr. 2, 358. — °) Schan-
at, Hiet. episc. Worra. ürkb. 155; Henne« 1, 132; Schüeph. 1, 370. — ^) Zum Über-
UB»6 sei daran erinnert, dass die ursprüngliche Form des Namens Walahraban ist, Wie aber
Tabon (Rabe) auch als hram und ram vorkommt, bd ebenfalls alü rabo und rabe^ vgl. Graff
U4tl f. Daher die Formen Walram und Walrabo, Walrab, Walrar, die Forstemann
1233 nicht kennt — ^) Herquct, Urkb. d. Prfimonatrat. Klosters Arustein 12, N. H.;
ittelrh, ürkb. 2, 205 (hat Walrauo); Gudenua, Cod» dipl. 2, 24; Kremer, Orig. Nass. 2.
IM
Die emte Stelle hierbei macht es zweifellos, das8 er als Vogt dm Kloelan
Zeuge ist. Damit wird aber zum erstenmal die arnsteioidche Vogtei als nasaaitisdi
beglaubigt, b welcher Eigenschaft sie bis zum Jalire 1542 verblieb, OSenbar
hatte das Kloster erkannt, dass die freie Vogtwahl, die ihm 1142 voo Papft
Inoocens IL und 1145 von König Konrad III- zugestanden war, am beateo voo
ihm geübt sei, wenn es den mächtigen Nachbaren in Nassau zu seinem ScfainQ*
herrn erkiese,*) Aus diesem Gründe sehen wir wohl schon beim Begräboisse
des Grafen Ludwig von Arnstein im Oktober 1185 die Grafen von Naasau an
der Spitze der Leidtragenden und Leichenträger.') Demselben Umstände v«r-
dankt man sicher, wie schon früher angedeutet wurde, ein paar Jahrzehnte später
die bevorzugte Berücksichtigung des Hauses Nassau vor den übrigen amsteiner
Verwanten in der Lebensbeschreibung des Grafen Ludwig, wenngleich dieselbe
mehr von der Pflicht, als von der Neigung für das Vogthaus eingegeben scheint,
denn Arnstein hat zu dieser Zeit Klage beim Papste geführt gegen seine Dränger,
und Gregor IX. die Erzbischofe von Mainz und Trier zum Schutze gegen dioM
in der Bulle vom 13, Mai 1229 aufgerufen.^)
Wann aber ist Graf Walram gestorben ? Die schon oben von uns voraus*
genommene Urkunde vom Jahre 1198 bezeugt die Bestellung seines Seelenge*
dächtnisses in Arnstein durch seine Witwe Kunigundis."^) Da nun das arnsteiner
Totenbuch dies Gedächtnis auf den 1. Februar zu setzen scheint*), so wäre ja
wohl seine Todeszeit, wie dies gewöhnlich geschieht^), auf den 1. Februar 1198
festzustellen. Bedenken wir jedoch, dass nach dem Verzeichnisse der üaujit*
withlthäter des arnsteiner Kirchenbuches Walrara schon selber für sein Seelen*
gedächtnis Vorsorge getragen haben muss^, so erscheint die Stiftung KunigundeV
als eine bloss nachhelfende spätere, die darum das Todesjahr Walrams nicht
bestimmen kann. Suchen wir aber im Totenbuch nach einer solchen Spende
des letzteren, m bietet sich die bisher nur künstlich gedeutete des 5. Juli dar:
„Heinrici comitis de Nassauwe et Walrami comitis fratris eiusdem, qui contulit,
nobis totam decimam de foreste apud Esten sitam."^) Nach Becker's D»" ^
die sieh derjenigen von Hennes^ undSchliephake'**) anschliesst^ sollen ll
und Walram die Söhne Heinrichs des Reichen, also Enkel unseres Walram Li
sein. Aber das Gedächtnis dieses Heinrich Becker's ist bereits auf den 2)
Hai des Totenbuches gesetzt und mit den bezeichnenden Worten : „Uenrici aeo*
laris, filii Henrici comitis de Nasaauwe",") Wie sollte hier der dort bloaa als
yscolaris^ aufgeführte als „comes*^ und noch dazu dem regierenden, also älteren
I
210; Goert, Mitt^lrh, Regest 2, 21*5, Nr. 7SM>; Hennes l, 184 f "^'^hnephnko I» a7<»;
Toeohe 442, Änm.
•) ▼, Arnoldi, 0©»ch. d. Orao.-Naa«. Land« 3, l, 212 ff.; Vogol, B^^schr, 6il7, Die Ufl
kltadetl mit weiterer Littersturotigftbe liehe bei Herquek, ITrkb. 1 — 5. Tgl. oben Anau 1,1
g. 74. _ f) ViU LudoTici, Widmanu, Annol. IR, 2ftri. — *) Uerquet, Urkb. l». Kr. Ittl
— *) 8. obeo Aiim. 1, 8. 112. — *) Becker, Animl, 1«, ir», 57. — *) Henne« l, IHÖ; l^gei;
BuRobr. 306; Sohliephake l, 370 f, — ') Die Überschrift, AntinL \% 13, sagt
«Hü luot, qtti nobia pro reroedio «nimarum suaruni suaa Inrgiti sunt el^Ofnoeitiiw.*
«) AtiJial. 10, 134. — •) l, 130 f. - »'*) 1» im. - »») Annftt. i% 116,
127
Iruder voransteheD können^ der ausserdem die SchenkuDg allein gemacht hätte
Uqui * , . coütulit"). Es bleibt demnach keine audere Wahl, als ein Verseheu
pes Abschreibers^) des Eintrages anzunehmen und an die Stelle von ^fratri«"
latris z\x setzen. Dann fallt der Todestag von Vater und Sohn auf denselben
Juli, und der Sohn steht nur voran, weil der Eintrag erst nach dessen Tode
Jemacht, und der des Vaters nach einer älteren Aufzeichnung hinzugefugt wurde.
E« begreift sich dann aber auch erst ganz die Schenkung Kunigunde'a „de
ptovalibus in Estenvorst**. Graf Walram hatte bei seinen Lebzeiten den Zehnten
Iteses Waldes dem ICloster vermacht. Es waren aber, ebenfalle offenbar zu
seinen Lebzeiten, Rodungen in demselben vorgenommen worden, die, da der
Zehnte bloss vom Forste lautete, die Gabe an das Kloster minderten. War nun
lie Schenkung wohl im Hinblick auf die in ihrer Vollendung unterbrochene
Lreuzfahrt so reich ausgefallen, so war eine solche Beschneidung derselben ein
doppeltes Vergehen. Kunigundis musste demnach mittelalterlich ängstlich be-
strebt sein, diese „opera illicita^ ihres Gatten zu sühnen und schenkte so auch
den Zehnten der Neurode im Forste, vermutlich nicht wenig dazu angetrieben
durch die Klagen des Abtes Herebord^ der als erster Zeuge in ihrer Urkunde
teht. Dürfen wir aber auf diese ungezwungene Weise den bisher als Todes-
Walrams angenommenen 1. Februar fallen lassen und diesen Walram IL
hinweisen, um dafür den 5» Juli an seine Stelle zu setzen, so sind wir nun auch
verpflichtet, sein Todesjahr als das Jahr 1197 festzustellen. Ist nämlich die
Stiftung Kunigunde's nur durch das Jahr 1198 bestimmt, so trägt die Urkunde,
der ihre Sohne Heinrich und Ruprecht „pro remedio anime patris nostri
Wabarmi nee non et nostrarum** mit ihr selber auf die Vogteieinkünfte aus den
|t»ei Wise (Mosel weiss) gelegenen Gütern der Kirche von Romersdorph für
18 Mark Silber Entschädigung verzichten, das Datum des 20, März 1198.*)
Graf Walram ist demnach am S.Juli 1197 gestorben. Nicht unerwähnt bleibe,
daas bei seinem Tode Idstein ausdrücklich, wenn auch nur mittelbar, seioem
Uerrschaftsgebiete einverleibt erscheint* In der Urkunde der Gräfin Kunigundis
Iwird nämlich als letzter der Ministerialen, mit deren ZuatimmuDg und Rat sie
die Schenkung des ganzen Zehnten vom Rodland im Estenforste gemacht babe^
^Fridericus Prun') de Etiehenstein" genannt. Die Schenkung von 5 Manaen
b dem benachbarten Altenburg bei Heftrieh vom Jahre 1178 wird dadurch
kls eine vom Uausgute geschehene bestätigt.
~oi
str
dei
dun
iteeh
PW
hin
vei
') Als Abschreiber erweist er sich, da nach Becker, Annal. ID» 33 „die erste Anlage
Ides Ddortttariuma nicht lange vor dem Jahre 1232, aber auch nicht lange nach den Jahren
1232 und 1254 erfolgt sein wird.** — *) Günther 1, 493; MittelrK ürkb. 2, 215 u. 759,
Kr. 902; Ooer;!, Mittelrh, Regestea 2, 225, Nr 822; Sohlieph. 1, 371, 469 t — ^) Prim
bei Schliephake 1^ 464 ist entweder Sohreib- oder Lese- oder Druckfehler, da es keinen
iSinn gibt, Pmn oder Bnin, der Braune, aber auch spSter bezeugt ist, vgl. Vogel, Beschr. 825,
Däss aber Fridrich Prun nicht etwa, wie Craflo de Bitstein und Dageraarua de Merenberg,
ur BurgmanuscbafY in Nassau gehurte, erscheint dadurch ausgeschlossen, dass die Brun, wie
lie PoiOf Mut^eliii und Syiiekin von Idstein zur Burgmannschiift diiaelbst gehörten^ Vogel ,
^M^d^
I2B
8* Bupreebt TT, als Kreuzfahrer and Ruprecht T»
als Deutschordensritter,
Damit dürften wir unsere Absicht, die Geschichte des nassauiachen Ghufen*
bauses bis zu den ersten wirklichen Trägern dieses Namens zu verfolgeu, erreicht
halten. Indes uoch ein YerspreeheQ ist uneingelödt^ dessen Erfüllung sieh an das
dem Todesjahre Walrams folgende Jahr 1198 knüpft und Ruprecht IV. betrifft,
den wir bisher nur aus dem Jahre 1217 kannten, wo er Burgmann des Erz*
blschofes Theoderich von Trier zu Montabaur wird. Wir hatten geseheo, daas
die Gründung des deutschen Ordens nicht, wie bisher angenommen wurde, auf
den 5. MiirÄ 1190, sondern 1198 fiel, die Namen der Grafen Ruprecht und
Walram also, die man seither in der Liste der Gründer des Ordens glaubte,
nur nachträglich dort eingesetzt sein konnten. liier müssen wir nun zunächst
sagen ^ dass diese letztere Annahme sich bei näherer Betrachtung noch data
als Irrtum erweist. Sie gründet sich nämlich auf die Angabe Voigt'» ans
8, 8 der Ordenschrouik, die ihm als Manuskript vorlag, «lass dortselbst nach
den übrigen Teilnehmern „die Grafen von Nassau, Henneberg und Sponheim*
genannt seien. ^) Nicht nur aber, dass hier keine Vornamen genaunt werden,
so erlaubt auch der Ausdruck ^die Grafen^ nicht einmal, auf zwei nasaaiiiitelie
Grafen zu schliessen, 'da die Mehrzahl gleichzeitig für Nassau^ Henneberg
und Sponheim gilt. Kann nun im Jahre 1198 keine Rede mehr sein voo
Ruprecht lU. und Walram, so bleibt für Nassau als einzig Mündiger in diesem
Jahre Dur Ruprecht IV., der Sohn Heinrichs L, übrig. Und liegt es denn so
fernv, anzunehmen, dass diese müssige jugendliche Kraft von der im nahen
Mainz so ungleich höher als vor dem vorangegangenen Kreuzzuge lohenden
Begeisterung für den heiligen Krieg ergriflfen worden sei, und dans es Walram
nicht sehr angelegen haben solle, zur Sühne für sich einen Ersatz ins h. Land
mitzuseoden? Ja, wir haben sogar den Mut, ihn wirkHch genannt zu findea
als Kreuzfahrer, wenn auch ohne seinen Vornamen, und an verkehrter Stellow
Das Gedicht „Willielm von Österreich**) nennt mit noch vielen anderen Edelea
einen Grafen von Nassau in der Genossenschaft des Herzogs Heinrich von
Brabant. Nun ist aber dieser Herzog nicht, wie das Gedieht will, am dritten
Kreuzzuge beteiligt gewesen, sondern nachweislich 1197 ins h. Land gezogeii.
Da sich der Dichter solcher Verstösse gegen die geachichtliche Walirheit mehrere
hat zu Schulden kommen lassen, so sind wir berechtigt, einen solchen auch
bei seinem Grafen von Nassau zu unterstellen, und diesen unseren Ruprecht fV'.
zu nennen. Wir haben allen Grund, eine Bestätigung dieser Annahme in der
Thatsaehe zu sehen, dass der deutsche Orden seit dem Jahre 1217, wo ihm
da.H Patronat der Kirche in Wiesbaden überwiesen wurde, als besonderer Pfleg-
ling de» nassauischen Hauses erscheint.*) Freilich tritt weder hier noch in
*) Oeioli. Prouflson« 2, 648, — ') Von Ruh rieht nbgeijruckt in Znoher*« SSttJtaf'liritl T,
16^ flf. Vera 16916, 17810. Ver^L deeftelbeii Beiir. z. OeBoh. iL Krcuu. 2» a30 und Voigt,
acTjH^h. PriiuMcn» 2, 047. — ») Oudcnua» Cod. dipl ü, 107^^ ingO, l, 4 Orj
N«*». ä, *.'ri4. 2rM f,; ir^K Will, Rogi^ten 2, \m, Xr. 'itri, wosHbst iUo i . ■ mr :
AuannfiRift von Scblioph. 1, UH7 fl.
4
mm.
Wtätm
129
m zahlreichen späteren Zuwendungen an den Orden der Name Ruprechts IV, auf,
leimehr sind nur die Söhne Walrams, Heinrich der Reiche und Ruprecht V,*),
Be Schenker, und letzterer Tora Jahre 1231 etwa gar Ordensbruder, Aber
Bide sind eben die Vertreter des Hauses und als solche die Besitzer des Haua-
lermügens. Auch das steht unserer Annahme nicht entgegen, dass die erste
iiäsauische Schenkung an den Orden verhältnismässig so spät nach Qründung
lesselben Killt, Denn sind gleich die Ballei Coblenz, zu der diese Schenkung
m ersten Grund legte, die Balleren Thüringen, Oesterreich, Hessen, Franken
ad Utrecht zum Teil um 10 Jahre vorangegangen^, so beginnt doch dia
Jgentliche Besitzentwickelung des Ordens mit seinem ersten nachhaltigen Por-
lerer Kaiser Fridrich IT. In dessen erstes Regierungsjahr aber fällt die Schenkung
des Patronates der Kirche in Wiesbaden. Auch war die Schenkung erst niog-
Bch seit dem 5. September 1214'), wo Fridrich II. vor Jülich dem Deutsch-
erden die Erwerbung reichslehenbarer Besitzungen, dergleichen das Patronat
Wiesbaden eine war, urkundlich und unter der Mitzeugenschaft des Grafen
leinrich II. von Nassau zugesteht.*) Bemerkenswert darf es ausserdem vielleicht
IrscheineUj dass die Schenkung in Wiesbaden geschieht, wo der Bruder der
lemahlin Ruprechts IV., Graf Fridrich von Leiningen, Mitbesitzer war und
löbald nach der Schenkung seinerseits sich mitthätig erwies in der Befreiung
BS vom Orden hinzu erworbenen Mansus von allen Lasten,^) Nicht minder
^ndet die im Jahre 1230 erfolgende weitere Schenkung an den Orden, aber-
mals in Gestalt eines Kirchenpati'onates, diesmal in Oberlahnstein, statt, wo
Ruprecht IV. sein Allod 1217 an den Erzbischof von Trier als Lehen für
«[ontabaur aufgetragen hatte.^ Endlich aber wird man kaum umhin können,
ie verhältnismässig starke Beteiligung des niederen nassauischen Adels am
Orden derselben personHcben Anregung zuzuschreiben, die jene Schenkungen
Bfaulasst hatte. Seither wusste man bloss, dass Graf Ruprecht V. ums Jahr
*) Wenck, Hist Ahlu 1, HiH f. Bi?hlie§«t auB dem Umstaiiile^ dass dio Genannten sich
Brüdor in den Urkunden nennen, dasa Ruprecht der in Rede stehende Kuprec^ht IV. sein
lue. Aber t.u Unreoht. Düä :«cigt deutlich z. B. die Urkimdo von 1221 betrefTs Sonnen-
>rg9| wo beide Griifen ebenso nebentMnander Btehen, aber die g:teichzeiti^ mit^ennnnten Oe-
nhlmnen Mechtildia und Gertrudia sie u\s Bruder kennen lehren, Oudenua, Cod. dipl. 1,
t»; Kremer, Orig, Nasa. 2, 2«2. — *) Vgl. Voigt, Oc«ch. d. deutschen Ritterorden». Ber-
185?, t, 1—04, 87 f* Leider hat er 8. U dua folaohe Jahr 1191 fflr die Sehenkun^r in
hejsbaden nach Gudonu» M, 11)70. — ^) Von diesem Datum aus (vgl Böhmer, Eegesten
S7, Nr. 3n5>7) sind wir bereehtigi, die widersprechenden betreff« der Sohenkung der wies-
uler Kirche richtig zu stellenf wie dies bereits Uennes I, 158 Änm. angebahnt hatte,
^hüephake l, 897 aber nicht durchzuführen Termochte. Das Datum der Schenkungsurkunde
Rr Grafen Heinrich und Ruprecht weist dabei den Weg. Die irrige Angabe des Jahres
ICCXI bei GudenuB 3, 107^ und Krem er 2, 254 ist durch das Ausfallen einer V zu er-
|$r«fi, welche allein in der von Vogel, Beseht. 5H8, Anm. 7 gemeldeten Originalurkunde
Het2t ist. Die Schenkung ist also am 20. Nut* 1214 erfolgt. Die karserliche ßestStf-
H ii[ide, die da« Datum 21. Jan. 1214 trilgt^ iat, wie dies bereits Böhmer, Regost IVK
Ir. 33R:J vorgeschlagen hatte, wegen ihrer „ind* tertia*' ins Jahr 121.") äu setsen. — *) Böh-
Vur-Fieker, Reg. imp. V, Nr. 747; Bennes 1, Li4 ; Will, Regestea 2, 159, Nr. 230, —
fl«»nn«s l, 225; Sohliephake 1, 40(». — '») Hennes, üpkb. d. deutsch, OrdenÄ U 85;
•ulbipn, Gesnb. d. Orat'ei) von Xo^hau I, 172; Sohliephake 1, 432 f*
130
1231 in den deutschen Orden trat, und dass 1237 sich mifc ihm Heinrich
Ybach (Eibacb) und Konrad Rubsamen von Merenberg im Orden befände
Wir dürfen aber nunmehr einen Deutschordensbruder aus Nassau sogar
h. Lande nennen und schon vom Jahre 1229: ^Counradus de Nasaowe*!
aU »olcher am 20. April eine Tauachurkunde des Ordens mitunterzeichne
Derselbe wird in den Urkunden vom 7, Juli und 11. September 1244
„praeceptor magnus^ oder „praeceptor Theutonieorum*^ aufgeführt^) und ist
17. Oktober 1244 gefallen/) Da ein naasauischer Graf dieses Naroens uu|
kannt ißt, so musa angenommen werden, dasa Konrad dem Geschlechte
Burgmänner von Nassau angehört. Seine Anwesenheit im h. Lande 1220 bü
aber wohl dafür, dass er dort schon länger ansässig war, wie denn auch sei
Erhebung zum Praeceptor oder Gummen thur auf längere Zugehörigkeit zi
Orden deutet. Ist doch vou dem 1225 nebeo ihm genannten „Andreas de non|
(Hoheuloh) bekannt, dasa er mit seinen Brüdern Heinrich und Fridrich 1£
bereits in den Orden getreten war und als solcher vermutlich den Feldzug
Damiette mitgemacht hatte. ^)
Soviel von den letzten mühsam nur aufgedeckten Spuren des Letzten
der Nachkommenschaft der ersten Träger des Namens Nassau. Schliesscn wir
mit der Tbatsache, dasa ea von nun an nicht bloss Grafen dieses Namens giht^
sondern dass nach allen Wandelungen der Gaugrafschaft Worms-Kuuingessunu
in eine Erbgrafschaft diese letztere auch von nun an den Namen Nassau füfa
Die um 1230 — 1231 anzusetzende Urkunde des Grafen Heinrich H,, die
Abfindung mit seinem in den deutschen Orden getretenen Bruder Ruprecht '
verbrieft, indem sie die Dörfer Frickhofen, Mühlbach^ Thalheim, Ilambad
Ftusternthal, Ober- und Niederauroft'^ Dotzheim, Breitscheid, Erdbach, AVö
dorf, Fischbachi Walsdorf und die Mühle Arde aus dem Bereiche der ga
Ürafaehaft („tooiua nostre comicie*^) ihm verschreibt, trägt auf der Rückaeilit
^von wenig späterer Hand" die Inschrift: «De übertäte quaruudarum villanun
et curiarum in comicia Nassauge/**)
») WQrdtwein, Dioec. Mog. 2, 128; Wenolc, Hiat AWu 1, 104; Honnen l, tf
Sohliephake l» 421. — *) Strehlke, Tabu!, ord. TheutooicL Berlin i«69. 51 f. Nr,
Alt h rieh t| Redest, regn. tliorosoljmit. 2ß3, Nr. I(M)2. In degselben Iloitr, iL Gaachichtt
KreussQge 2, 38s [$1 irrig 20. April 1228 geeotxt — ") Strehlke 75 C Nr. 98; Kiihricl
R©ff«iit. 298, Nr, 1120, 299, Nr. 1123; BcitrÄgro 2, 385. - *) Röhrtcht, Rßgoat. 2f»v
Amn, 2. — *) Stfllin, Wirte mb. Gesch. 2, 541, 553. Sie werde» in den ilAselbst ;
Urkunden von 12U» tind 122(j ^nobiles pueri'', d. h. Edelknappen ^^onannt. Vgl, Riihrirl
Beitri&ge 2, IJOH. — *) WyBfl, Hess. ürkK Leips. 18T** (Publioationen nii« den preuai^
ATchiTon. H. Bd.) 1, 18.
Sohly»jibeinerk«ng. Trotz sorgfEltigtter Korrektur vnirdc leider abersette«,
8^ 4a, Z* 4 T. n. 1102 9taU 11^2 xu «tehen hat^ und dass der arnsteiiiificben T{Volit«r fi.
2. VI ?. o. und S, H.'v 7j. 14 r. o. tilidii (1, sondern 7 nind, wie berotti) AntiAt. 24, 12*
miS itlber berichtet war. Die N»4?hprüfung der Riohtigkett dt»r Citate konnte lumdM
nach unseren Aufiseirhnungon geacshvhen, da die Besehleunigting des Drttcke» da» KaAhaeMtfWi
in dati xum großen Teile entliehen gewesenen Werken aDflüchtosi.
Stammtafel
des
Hauses Nassau.
Von den ältesten Zeiten bis zu den ersten Trägern des Namens Nassau.
Stammtafe
von den ältesten Zeiten bis 2
Oral
? firsto Gemahlin tma dorn Qrabfold. ? Zweite Gemal
? Roggo ? Nordio
Graf im Grabfeld. Graf im Worms- u. KÖnigi
788. 790. 792. 796. 797.
? Adelbert
Herzog von AuBtrasien, Graf in Metz u. Trier. Graf im Worms- u. KÖn
822(-839). 834. 837. f 841. 82S
Graf im KSnigwi
P Waltrut
t nach 936
Hatte
1017. ? C
P Azecho Kichildis Embricho I.
Bischof Yon Worms. 1034. f 1044. Gemahlin des Grafen Wigger. Gemahlin Adelind, Schwester
1044. Wigger's. 1034. 1044. 104S. lOM».
y Embricho II. ? ]S. de
Graf im Nicderlahngau. 1 ().'>*.). I()fi2. K
1073. 107H.
I
? N., Gemahlin Ludwiga IL,
des Rheingrafen.
I
y Embricho
Rheingraf.
Ruprecht I.
Gcmalilin Beatrix, Tochter Walrams von Limburg.
irJ4. 1125. 1121». 1130. 1132. 1133. 1134. 113."). 113«. 113S. 1143.
114."). 11415. 1147. 11 .Vi. li:)4. ll")!». 1 HJH. f '^
Arnold II. Ruprecht II. Walram I.
n.M. (icniahlin Klisabcth von Schaum- Gemahlin Kunignndis. 117<> Graf
t zwischen li:)4 u. li:)."». hur;; (1197). ? 1 U>n. 1170. 117ll. von Lnurenburg. 117J». 1 IHO. ll^MJ. G<
1173. 1174. ?117»;. ll7'i.llso. 11S4. ll'J5 Graf Ton Nassau. in»6. Ei
ni^V>. WXK IHM». 1101. 1102. t ■>. Juli 1107. I
t vor iio:..
I . ^ -V
Luotgard Heinrich II. Ruprecht V.
(icmuhlin Hermanns von Yirnc- 1217. 1230. Deutschordons-
burg. 1217. ritter 1231.
Hises Nassau
n Trägern des Namens Nassau^
^Toehi
ter f Adelberts und Irminsuinda^s im Wormsgau.
1^ 771. 772. 773. 776. 777. 779. 785.
■Ot. 814. t zwischen 814 u. 819.
h
4bb Klosters Bleidenstadt.
t 854.
ntehen 863 a. 889.
P Banzleib
Graf in Ostfalen.
Batto Y.
W9 XL 936.
(Hathold) VI.
960.
•ntwio L
hlir Imioo's Ton Leiningen.
L 995. 1009.
^^
Btwin n.
19. 1028. 1032. 1034.
▼or 1040.
Udalrioh I.
Graf (WiIdMelia«n und Haai«n)
xwisch«n 863 u. 889.
Udalrioh II.
Graf (BUbrich) 919 o.
Yodilhild — ? Gemahl Ruger
(Josbaoh) nach 987.
? Tuto L
Gemahlin Rotrade.
1005.
Tuto II. —
1005. t ? 1040.
Udalrioh III.
preposilus in Hornaa
nach 9S7.
Rager
naeh 927.
Rutger
Harr ron Idatain. 10S4.
- N., Gemahlin
T. Idstein-Eppstein.
Tuto III.
1052. 1070. t 1076.
Udalrich I.
1052. 1057. 1067. 1070. 1071. 1072. 1074. f vor 1076.
Hn m. Tuto IV.
, -f- TOr 1093. Graf Ton Laurenburg. 1076. 1093.
Trutwin IV.
Gemahlin Beatrix von Amstein.
? 1101. t 1107.
Tuto V.
? 1110. t vor 1112.
Arnold I.
wll28. 1130. 1132. 1134.
Ln89. 1144. 1148. 1154.
1159. t ?
Heinrich I.
1160. 1161. 1163.
t 1167.
Buprecht IV.
Geamhlin Elisabeth,
^WditerBmiolM'sni.
■«11(1235).
Demudis
Gemahlin Embrioho's
von Dietz.
Heinrich
der Jüngere, Graf
Ton Dietz.
P Udalrich H.
Ton Idstein 1102.
I
Udalrich DI.
Gemahlin Mathildis
[1128]. 1114.
1118 von Idstein.
1|22 TonEppstein.
f^^^ April 1124.
I
? Alberata
Gemahlin Emioho*s II.
Ton Leiningen.
? Konrad
Ton Idstein 1102.
EUHa fiAfViiiM ^«^^
Da die Tontdiende Stammtafel im eigentlichsten Sinne die Tnhaltiangabe
der ihr Toransgehenden Abhandlang darsteUt, so ist letztere Beltwtredend ienm
anareiohende Eridirong. Es bedarf deshalb für den unkundigen nvr besflgüsh
ihrer äusseren Einriehtung der Auskunft, dass die in ihr der Eflne irqgai
gesetiten Fragesdohen die von uns nur vermutete oder ersohlossene Ahhnfl^
beiw. eheliohe Verbindung bezeichnen soUen, während die den betreffiBadsa
Namen beigesetzten Jahreszahlen deren urkundliches Yorkonunen bd^gen md
ein Fragezeichen vor diesen die nicht vollige Sicherheit derselben bedeutet
Der Name Wiesbaden.
Von
Prof, W* Streitberg (Freiburg i. d. Schweiz).
Einharrl achreibt in der Translatio 88. Marcellioi et Petri: „Cum nie
qüaedam ueceääitaä, secundum consuGtudinem, comitatum regit) adire compelle-
ret mense Decembrio, in ipsis (ai bene recolo) Kalendis de loca martyrum pro-
movens aequenti die ad c^strum, quod moderno tempore Uuisibada vocatur,
ibi mansionem habiturus adveni/ Vgl Acta S8. Jun, I, 196.
Die Rei»e, auf der Einhard Wiesbaden berührt hat, fallt ins Jahr 827,
die AbfasauDg des Reiseberichte ins Jahr 830. Aus dieser Zeit stammt also
die erste Überlieferung des Namens Wiesbaden, Die späteren Schreibungen
des Wortes ündet man bei Förstemann, Altdeutsches Namenbuch IL s. v,
Qtid bei Kehrein, Nassauisches Namenbuch S. 287. Sie lehren uns nichts
neues, brauchen daher an dieser Stelle nicht angeführt zu werden.
An der Etymologie des Stadtnamens hat man sieb oft und gern versucht.
Meist freilich mit mehr als zweifelhaftem Erfolg. Ich will gar nicht einmal
von jener alten naiven Deutung sprechen, wonach Wiesbaden seinen Namen
erhalten habe, weil man sich in den Quellen ^weiss" wasche. Aber auch manche
der neueren Ableitungen, wie z. B. die von Prof* Boltz (Annalen XII, 314),
der Wimni und badu in Wiesbaden sucht und dadurch zur Bedeutung ^Büffei-
tummelplatz* gelangt, darf man getrost mit Prof. Otto als einen lusus ingenii
bezeichnen. Kaum besser ist die Erklärung Prof. Grimmas, wenn sie auch
mehrfach Zustimmung gefunden hat. Danach soll das erste Kompositionsglied
irisi" dem altindischen inshds^ griecb. to? und lat. virus entsprechen* Nun ist
aber die indogermanische Bedeutung des Wortes keine -andere als „Qift*^. Wenn
man also auch ganz von den schweren lautlichen Bedenken absehen wollte,
die allein schon die Gleichung verbieten, so ergäbe sich doch nur als Resultat
die mehr als seltsame Bezeichnung „Giftbad**. Wenn Prof. Grimm statt
dessen mit kühnem Gedankensprung zu ^Salzbad^ gelangt, so entspricht das
allerdings eher den Forderungen, die man an eine Benennung der alten Aquae
Mattiacae stellen darf, desto weniger aber den Prinzipien der Semasiologie.
Dass sich auch die Keltomanie ein so dankbares Versuchsobjekt wie den
Namen Wiesbaden nicht hat entgehen lassen, kann nicht wunder nehmen. Wie
sollte es sie auch abschrecken, dass der Name offenbar erst in nachkeltischer
Zeit entstanden ist? Was Freiherr von Medem in seiner kleinen Schrift über
Wiesbaden, den Namen, seine Herkunft und Bedeutung (Homburg 1880) noch
23 Jahre nach Glück*» klassischem Büchlein über keltische Namen vorzubringen
wagt, tragt so sehr den Stempel wildester Phantast! k, dass eine nähere B#-
MittJ
asäm
Jd^jL
132
teuchtung seiaer Hypothese peinlich wirken müsste. Man wird sie mir deshalb
erlassen. Und was gelegentlich Vorgänger und Nachfolger in gleichem Sinün
geäussert haben — darum ist es nicht besser bestellt.
So bliebe denn von allen bisher versuchten Deutungen nur noch die Val»
gaterkhirung übrig, die Wisibada als ^ Wiesenbad ^ fasst. Man vergleiche ita-^
rüber besonders Friedemann, Archiv für hessische Oeschiehte und Altertums^
künde VI, (1851), S, 357 ff.
Zweifellos darf Friedemann's Aufsatz als das Beste besseichnet werdeis»
was je über den Namen geschrieben ist Es thut seinem Wert keinen Eintrag,
weim auch das Ergebnis unhaltbar geworden ist. Denn Friedeinann bleibt
das Verdienst, zuerst auf die lautlichen Schwierigkeiten aufmerksam gemacht
zu haben, die hei der Erklärung von Wisibada als „Wiesenbad** hostolien.
Es ist nicht seine Schuld, wenn das Mittel, das er angewendet hat, die Be*
denken zu heben, durch spätere Forschung als unzulänglich erwiesen worden ist
Die Ilauptschwierigkeit bildet nämlich der Vokal der Kompositiousfuge.
Er ist *, Man kann daher die Frage nicht umgehen: Welchen NominalstamiB
hat man h\ wisi- zu suchen?
Jedenfalls weder einen n-, noch einen o-8tamra. AJid. nisa ^ Wiese" iit
aber entweder n* oder o-Stamm. Jenes ist jedenfalls das ursprünglichere, wo*
rauf auch altnordisch veisa „palus putrida** hinweist, EinJ oder i ist im Stamm
nie gewesen. Es erscheint auch nicht, wo irina unzweifelhaft als erstes QliwI
eines Kompusitums auftritt; Wimnsieten (8, Jh.) u, dgl sind it-Stämme. Es
läast sich daher, wenn man von wisa ausgeht, die Form wisi' in H'i^Kirfii
ninht erklären. Das hat Friedemao n «charfen Blickes erkannt. Wenn er
aber der Schwierigkeit dadurch abhelfen wollte, dasa er als Nebenform einen
jO'Stamm anzusetzen versuchte, so fehlt die ausreichende Begründung dureli
die Thatsachen.
Wenn nun alle alteren etymologischen Versuche gescheitert sind, ojid
zwar in erster Linie an tlen Klip|>eu der Lautlehre, so darf man wohl die Frage
aufwerfen^ ob nicht gerade die Lautlehre, indem sie die Ungangbarkeii der
bisher betretenen Wege darthut, auch zugleich einen Fiiv ■ gibt, der noe
zu einem in »achlicher wie formeller Beziehung befriedigri. i . /jcle weist. Ich
glaube, ja. Rein vom Stund punkt der Lautgeschichte betrachtet, läast der
Stamm wim- drei Erklärungsmöglichkeiten zu. Er kaun 1. i*, 2, ja* oder/(H»
3. f*-8tamm sein.
Jn den beiden ersten Fällen mangelt, soviel ich sehe, ein befriedjgeodei
Etymon durchaus. Anders im dritten FalK Hier eröifnet sich uomittelbar der
Ausblick auf eine passende Anknüpfung, seitdem IL Rogel auf wim- als eretai
Qtied germanischer Eigennamen aufmerksam gemacht hat. Vgl, liiteratiirb!
fdr german. und roman. Philologie 1887, Sp. 108: ^german, «rmi* in
namen {Wimcari, Wimneh u. a.) = allgall vemu* (Vatttarmf Vemmm^ &9II9*
it4nt$) =^ altind. väsu- ^gut" {V^ammanas u. s. w., vgl. Fick, Persononnamee
CCXI), illyr, l%'selef'e»'ii< (Tomaschek in Bezzenbergers Beitrügen IX, MX
Das Adjektiv wemi- ist aUo schon im Imlogormanischen zur NamenbitdoDg ter*
wendet worden.^ Weitere Verwanten finden sich in griecb« ü^ au« ftodc und
f
$
I
ia3
— mit anderer Ablautform — in got, ins „gut**, tusha „bcBsor", iusila „Besse-
rung", vgl* Pick, Wörterbuch der iodugorman. Sprachen« 4. Aufl. 8. 133.
Lautliche Bedenken bestehen bei dieser Etymologie in keiner Weise. Denn
der Übergang von unbetontem u zu i in der Eompositionäfuge ist der gewöhn-
liche* Man vergleiche die zahlreichen BoispielCf die wisu- selber gewährt:
Neben dem bereits zitierten Wistfcart eracheint mehrfach im 8. Jahrhundert
Wisigardi im 0, Jahrhundert Vinchart^ statt Wim-rtch tritt in derselben
Periode Wisirfch^ Wisirth auf.
Auch im Gotischen sind wimi^ und wisv- belegt. Neben sprachgeschicht-
lich älterem Vlsu-mdr erscheint bei Jordanes Vishnär. Über Visibadus vgl.
Wrodo, Sprache der Ostgoten, 3, 132. Vor allen Dingen kommt aber der
Name der sogenannten Westgoten in Betracht: Wisujothae. Mit „Westen*
kann sein Whi- aus sachlichen und grammatischen Gründen nichts zu schaffen
haben, wie ich in längerer Erörternog bewiesen zu haben glaube. Sie wird
demnächst im vierten Bande der von Brugmann und mir herausgegebenen
„Indogermanischen Forschungen** erscheinen. Auch die 0{»t(;ßotjpTftot dos Ptolo-
maios haben wem- als erstes Kompositionsglied. Der Name bezeichnet den
Stamm als die „gute Burgen besitzenden**. Vgl, R. MucH, Paul -Braun es
Beiträge zur Gesch. der deutschen Sprache, XVIl, 132 f.
Als Parallele kann man sich die Entwicklung eines anderen f<-StammeS)
%. B. fridu'y in gleicher Stellung vergegenwärtigen* Es stehen nebeneinander
Fridtihold und Fridlbold^ FrUhuburg und Fridiburg, Frithuger und Frldiger,
Fridugcri und Fridigart^ Fridugis und Fridtgis u. dgl. m. Sprachgeachichtlich
sind natürlich die M-Formen die ätterenf die /-Formen die jüngeren.
Man sieht also, von Seiten der Lautgeschichte steht der vorgeschlagenen
Deutung kein Hindernis im Wege.
Dass iwtt-, whi' auch sonst in Orts-, nicht bloss in Personen* und Volks-
uameu auftritt, beweist das ungemein durchsichtige Kompositum Wlsu-mmt^
d, i. Weisemar an der Lahn, nördlich von Giesaen. Mit Wisibada in der Be-
deutung aufs nächste verwandt ist Wlaihrtinneiiy d. i. Wiesenbronn bei Rüden-
hausen, nordöstlich von Iphofen in Unterfranken.
Nach Allem kann meines Bedünkens kein Zweifel mehr bestehen^ das»
wir Wmbada in wisit- „gut** und bad „Bad** zu zerlegen haben, dass also
die Bedeutung keine andere als „gutes, d. b» heilkräftiges Bad^ gewesen sein
kann, üass diese Bedeutung des Namens zum Charakter des durch seine
Quellen schon früh berühmten Ortes aufs beste stimmt, braucht nicht erst be-
tfunders hervorgehoben zu werden.
Noch ein Punkt bleibt zu erledigen» Schon früh hat man den Namen
ll'udbada mit den rsipctcH^ Usipilf Usipi zusammengestellt, vgl. Jac, Orimra,
Ueechichte der deutschen Sprache 1. Aufl., S. 535, An unmittelbare Verbindung ist
freilich nicht zu denken. Immerhin enthält jedoch die Vermutung eine Ahnung
des Richtigen. NachK. Much's glänzender Etymologie (Paul-Braune's Bei-
träge, XVil, 138 f.) ist der Eigenname in Vs-ipetf^s zu zerlegen und als „die
gnlen Reiter'' zu deuten. AltgalL -ipetes entspricht lautgesetzlich dem lat.
djfnilci^, galL -ipii dem griechischen i^rmöu us- ist nach gallischem Lautgesetz
134
aiiB vesiu)' bervorgegaugeu. Vgl, das Ussnbium des Itin. Aot., das detn Vesu*
bh der Tab, Peut. gegenübersteht. Vom rein etymologischen Standpuakt aus
betrachtet, eteht also Wisibafla mit den l/si2}etes allerdings in einem gewtKtKtn
Zusammenhang: beide haben das erste Kompositionsglied (iudogerm, wcsu* »gut'»
gemeinsam. Ein historischer Zusammenhang darf deshalb zwischen dem keU
tischen Volksnamen und dem deutschen Ortsnamen natürlich nicht koii«
struiert werden.
Zum Schluss noch ein Wort über die alte Benennung des Ortea, der
moderno tempore Wisibada vocatur. Sie lautet ager Müttiacus (Tac, Ann, XI, 20),
MaUiacum (Plin. Hist nat. 31, 2, 27), Matriaxov (Ptul 11. 11, 29), Aqnitc Mat-
tiacac (Amm, Marc. XXLX, 4,} u. s. w. So wenig daran gezweifelt werden
darf| dass Wisibada ein gut deutsches Wort ist, so wenig kann geleugnet
werden, dass Mntiiacm nur keltischer Herkunft ist. Mit dem deutschen Worte
Malte,, dessen Stamm nmlira- ist, kann es schon aus diesem Grunde nichts tn
sohafFen haben. Übrigens ist die Etymologie durchsichtig genug.
Das Suffix gall. -ä^o-, -deo- bildet nichtpatrony mische Peraonennatndo,
sowie Völker- und Ortsnamen in grosser Anzahl, bezeichnet jedoch niemals die
Abstammung. VgL Holder, Altceltischer Sprachschatz, 8p- 20 ff. Diesen
Suffix gebt ein i-Stamm voraus ; Matti-, Lassen wir vorläufig die Geminatioa
des i bei Seite, so ergibt sich eine Etymologie unmittelbar in dem Adjektiv*
stamm mati', i,gut", der im Altirischen als maith erhalten ist* Der Stamm
tritt in Eigennamen öfters auf, vgl MatidonnnSy Maticius. Neben dem i-Stamm
existiert auch ein f4-8tamm mo/u* von gleicher Bedeutung; er erscheint in
Matuffenm. MalHCCiHS, Zu dieser Wortsippe gehört u. a, auch oetgoi, malkc*
in Mathvmicntha^ dem Namen einer Tochter Theoderichs.
Was nun das doppelte t in Mattiatns gegenüber dem einfachen von wiWi%
matu' anlangt, so verdankt es seine Entstehung den Kurznameu, worin nach
alti udogermanischem Bildungsprinzip Gemination eintreten muss. Man vergleiche
die altgallisehen Kurzformen MuUo =- kymr. Math (Glürk, Keltische Nameti,
8. Ö7, FuBsnote 3), Mattonim, Mattius,
Auch im Germanischen tritt der Name Matto aur. E;^ kauu jedorh kaum
zweifelhaft sein, daiss die germanischen Namen mit ntathu- nicht als aite^ Erb*
gut, sondern als Entlehnung aus dem KeUiscbeu zu betrachten sind. Denn
hier ist mutH-, matt- Mitglied einer grossen lebendigen Si|»pe, dort steht mathi*
ziemlich isoliert da. Eine solche Entlehnung darf nicht befremden . Wir köunea
an zahlreichen germaniseheo Eigenuameu deutliche Spuren keltischen Eintlun^es
nachweisen« loh betone die Fremdartigkeit des mathu' deshalb ausdruckliültt
dass niemand versucht sei, in dem keltischen Namen Mattiaci ein echt gemuk
nssehes Wort zu sehen.
Aus den bisherigen Erörterungen ergibt sieh als Resultat : diui Adjoklif
tttattincHs ist von einem Kurznamen MatthiH abgeleitet. Es bezeichnet d«i|
was ihm zugehört. Die Mutiinci siud also nichts anderes, als -l*^ V-ji f]|
Clan eines Häuptlings Mattius.
Gigautengruppeu und SL Georg.
Von
Dt, 0. Tietz.
P
»
Wenn man in Erwägung zieht, dasa alle bekannten Fundorte der Giganten-
aäulen innerhalb eines eng begrenzten Gebietes der römischen Provinzen, und
zwar in Gallien und Germanien, liegen, sowie dasa die Säulen aus einer hervor-
mgend kriegerischen Periode des Hl. Jahrhunderts n. Chr. stammen, so darf
man wohl der Annahme Raum geben, daas diese eigenartigen Monumente ganz
bestimmten Veranlassungen ihre Entstehung verdanken und zur Oesehicbte des
Bodens, auf welchem sie standen, iu enge Beziehung zu bringen sind.
Über die allgemeine Deutung dieser Gigantensäulen sind die verschiedenen
Forscher übereinstimmender Ansicht insoweit, dass sie, wenn nicht die voll-
ständige Gleichheit, doch die nahe Verwantachaft der Darstellungen auf allen
uns erhalteneu Säulen anerkennen. Anders liegt es jedoch mit der Deutung
des Reiters und mit der damit eng verknüpften Frage, ob die verschiedenen
Gruppen bestimmte historische Episoden zu verherrlichen berufen waren, oder
ob dieselben einen rein mythologischen Begriff verkörpern sollten. Ohne hier
auf die Kontroverse, welche Person mit dem Reiter gemeint sei, näher ein-
zugehen, so scheint doch soviel sicher, dass die gesamte Darstellung den
Kampf zweier feindlichon Elemente (ob den des Kömerreiches mit den in
ihrer Gefährlichkeit, nach Vorbild der Gigantoraachie, selbst als Giganten
wiedergegebenen Barbaren?), und den Sieg des einen von ihnen auszudrücken
bestimmt war.
In dieser Auffassung begegnen wir einer merkwürdigen Parallele mit der
bekannten Darstellung des Ritrers Georg, welcher ebenfalls der Gedanke dos
Kampfes zweiter Elemente zu Grunde liegt: des siegreichen, repräsentiert durch
den Ritter, des unterliegenden, repräsentiert durch einen Dracheu oder Lind-
wurm* Es ist nicht nachzukommen, wann der Ritter Georg zuerst bildlich dar-
gestellt wurde; indessen war bereits im lU* Jahrhundert n. Chr., also etwa
zur Zeit der Errichtung der Gigantensäulen, im Orient ein Ritter Georg be-
kannt und wurde wegen seines Sieges über die Dämonen — feindliche Elemente
in jeder Beziehung — als Heiliger verehrt,
Angesicbta nun der aufialligen Verwantschaft der Gigantengruppen und
der St. Oeorgsgruppcn in ihrer Ausführung, sowie des Auftretens dieser
im
beiden typischen Figuren »u ein und derselben Zeit dörfke wühl dio Aunftfame
nicht zu gewagt erÄchcinon, dass beide Typen aus einer gomeinsamcD Wurxcl
hervorgegangen sind und beide ursprünglich die gleiche symbolische Bedeutung
hatten.^) Dieser Annahme konnte Yielteicbt als weitere Stütze dienen der Umütand«
dass damals die engsten Beziehungen zwischen den verschiedenen Bewohnern
des römischen Reiches stattfanden; ist es doch eine Thatsache, dasa gerade in
der ersten Hälfte des rH* Jahrhunderts eine Reihe von orientalischen Truppen-
körpern : Parthor, Osrhoener und andere, infolge der Oermanenkriege des Cara-
calla, Alexander Severus und Maximinua Thrax an den Rhein gekommmi sind.
Hatte doch auch schon auf demselben Wege und auf demselben Terrain der
persische Mithraskultus Eingang und weite Verbreitung gefunden.
Im Verfolg dieser Auffassung dürfen wir nach dem Vorbilde do« ho nahe
verwanten heiligen Qeorg wohl auch von unseren Oigantensäulen annebmen,
dass sie nicht nur als Symbole der siegreich überwundenen Elemente aufgestellt
wurden, sondern auch die Bedeutung eines (/enius iociy des Schutzheiligen für
dfus betreffende Besitztum, erhielten^) und als solche religiöse Verehrung ge*
aoaseo. Dann wäre auch für die eigentümlichen Umstände, unter welchen unsere
Sehiersteiner Säule gefunden wurde, eine ausreichende Erklärung vorhanden:
religiöser Fanatismus zerstörte die Monumente, warf die Schutzheiligen der*
selben in dio Brunnen oder Senkgruben oder suchte sie gar durch die ausser-
ston Hilfsmittel ursprünglicher Technik, wie in Sohierstein, für ewige Zeit4!0
unsichtbar und damit unschädlich zu machen.
Treffen diese Ausführungen das Richtige, so gewinnt auch die Zer^toniiig
der Uigantensäulen engere geschichtliche Beziehung zu dem Boden, auf wel-
chem wir sie finden; sie sind in ihren meist dürftigen Üburresteu der Ausdruck
einer gründlichen Zerschlagung der romischen Weltherrschaft auf unserem
heimischen Boden durch germanische Hände.
') [Erw'oisi sioli oincr cingcliendeu Forsohung gegenüber eine aolclie Ver^ ' %[%
iffirklicli bestehend, ao Iciinn sich die Ansieht, welche in den Darsu^llutigeii der »v- ri*
•iulen die Wiedergab« einer lokmlen, keltischen oder genniiniilchctif mytholo^tiiehcn AuHübmu*
ung ^liHekt («o «. B. Hettner: Wcutd. Zeitachr. IV, 3HO f.), ituf »iioeieUe Aiinlügioon bo*
rufen: ia Ägypten und in dem unter Ägyptischem Einflüsse »tehenden ben«ehb«rteti Smen
bat die Verehrung und bildliche DttrstolUing de» ein Untier bekämpfenden Ritten Gcor^ »o
den oniapreehenden altimtiomilcn Mythus von Horus ftugeknüpfl (vgl. Glerinuni-G«uue«ii;
Her, «roh<'K)l. Ih77. Nouv. Svr. Tome XXXII» 8. lUÖ ff. und dauaeb ÜArtoo: Wo»tormiuiu\
llluÄtr. Monatsh, mn, Febr. S, «2t* ff.) (E. R.)J
*i (In diesem Zusammenhange darf TieUeiobt darauf hingewieucn werden, dasi dioiii
Dt^nkffliUer durch die in d«n daxu gehörigen Innehririen verhiUtüiiniiwig hAufig bi^g«gii«ndc^
mehr oder weniger auagoaehriobeno Formel ^iu luo punuit" «ich aufdrtlekboh al« Privath^llif*
iOnor, gegvnaber den in ütfcntltchon Tcmpidu crriiditotcn Alkiron und GSUerbildorn« tu fr»
kennen geben. Zu einer Aufstellung in oder bei dem Hmi*^ d^» Dedtkantcn «timflit «eifir,
dass die drei Namen de» Dodikanteu uftor nieht auigescltriobijn, sondern nur mit den drri
Anfangtbuehstaben besetchnet sind. (IL R.))
4
Die Mennoniten und ihre Bedeutung für die
Kultur in Nassau.
Von
C. Spielmann«
Etwa zwei Jahre, nachdem das Herzogtum Nassau durch die Rheiabunds-
akte als Staat der Confederation germanique konstituiert war, hielten die beiden
Staatsminister, Freiherren von Marschall und von Gagern, ihren Souveränen, dem
Herzoge und dem Fürsten zu Nassau zum erstenmale Vortrag über den ge-
samten Zustand des Landes. In dem dazu ausgefertigten Schriftstücke kommt
bezüglich der Landwirtschaft die folgende Stelle vor: „Der Ackerbau bleibt
die Hauptquelle des deutschen Wohlstandes. Wäre er nicht von so guter Bc-
sohaiFenheit, wie hätte unsere Nation so viele Leiden'' (gemeint ist das durch
die Kontinentalsperre hervorgerufene Elend, das im vorhergehenden Abschnitte
geschildert war) „ertragen können ! Die grossen Theorien anderer Länder finden
wir zwar bei uns nicht; wenige unter uns sind vielleicht selbst unterrichtet
genug, um sie ganz zu würdigen. Aber in dem praktischen Teil ist dennoch
Leben und Betriebsamkeit. Vorzüglich unsere Wiedertäufer gingen mit Bei-
spiel voran, Nachbarn der vormaligen Unterpfalz, und mit ihnen rivalisierend
schreitet man überall vorwärts. Der Kleebau hat uns geholfen. Die Brache
ist eingeschränkt Die Viehzucht prosperiert. Allein wir bekennen gern, dass
wir noch ein weites Feld vor uns haben." —
Diese sogenannten Wiedertäufer, die hier als Pioniere einer neuen prak-
tischen Bodenkultur dargestellt werden, sind Mennoniten. Wenn sie nach
dem Zeugnis der beiden Staatsmänner sich um die Landwirtschaft also verdient
gemacht haben, so verdienen sie selbst wohl wiederum, dass ihre Herkunft, ihr
Verbleib und ihre Arbeit in unseren heimischen Qauen eine kurze historische
Beleuchtung erfahrt.
Es ist bekannt, dass zur Zeit der Reformation das ganze Niederdeutsch-
land von einer weitverzweigten religiös-kommunistischen Bewegung ergriffen
wurde, deren Tragweite ebenso gefahrlich war wie die der Empörung der
Reichsritter und der Bauern in Mittel- und Oberdeutschland kurze Zeit vorher.
Träger dieser Bewegung waren die Wiedertäufer^ oder wie sie sich selbst
138
narintcD, die Taufgesionton. Und auch ein grosses politisches Moment wirkte mit,
detnukratische Teadenzen, die an die hansischen Revolutionen der Vergaii^eii«|
heit erinnerten und an der damaligen löbischen Bewegung Stütze fanden. ADetii^
die Excesse im münsterischen Königreiche Neu-Zion, der Hochburg der Wieder*
täufer, forderten die niederdeutsche Fürstenmacht zum Kampfe gegen die Uot«|
sturzler auf. Die folgenden Ereignisse sind bekannt. Münster wurde belagert '
und fiel ; mit blutiger Strenge unterdrückte das Richtschwert die Taufgesinoieti*
Als politische Macht waren sie vernichtet; die grosse Bewegung war unter*
drückt* Die Reste der Glaubensgenossen, verfolgt, zerstreuten sich in alle Laode,
Man würde indessen fehl gehen, wenn man glauben wollte, die groMe
Mehrzahl der Taufgesinnten hätte den religiös-mystischen, blutig*tleisehUehen
Mischmasch-Lehren zugestimmt und das Treiben in Münster gebilligt Dm]
war nicht der Fall ; die Folge^seit lehrte es, als der Prediger der Taufgesinnteo j
zu Altena, Menno Simonis^ die zerstreuten Qläubigen sammelte. Es ist seio \
Verdienst, den Genossen, nach ihm Mennoniten genannt, eine feste geistigf
Organisation gegeben zu haben; eine äussere, soziale oder politische aller-^j
dings nicht, weil dies den Grundsätzen seiner Lehre widersprach, wie wir noch
sehen werden. Trotzdem war die religiöse Überzeugung und das Festhatten
am Worte bei den zerstreuten Taufgesinnten-Gemeinden so stark, dass sie
mehrere Jahrhunderte untereinander in der innigsten Verbindung standen^ ohne
ein geistliches Oberhaupt, sei es in einer Person oder in einer mehrgliodrigiMi
Behörde, zu besitzen.
Den niederdeutschen Mennonitengemeinden schloss sich eine Anzahl ober*
deutscher an, die sich auf gleicher Grundlage wie jene konsolidiert hatten* Eji
waren Reste der Waldenscr, die sich trotz aller Verfolgungen in der Schweiz,
in Tirol, im Elsass, in Bayern und Schwaben, ja in Ungarn erhalten hatten,
fleissige, friedliche, fromme Leute, die niemals daran dachten^ eine politisebe
Rolle zu spielen, sondern ak treue Ünterthanen dem Lande dienten, desaea
Herren sie unterstanden.
Dennoch liees ihnen religiöse Feindschaft keine Ruhe. Wie die spaniflche
Inquisition nnd das Würgeschwort Alba*s die niederländischen Mennoniten tmn
Teil nach Niedersachsen und dem Herzogtumc Preussen vertrieb, so begannen aueh
die CaWinisten in der Schweiz und die Katholiken im Eisaas die Verfolgung^«
Man sah hier in den Mennoniten die gefürchteten Wiedertäufer, Staats- und sozial«,
religions* und sittengefahrliche Menschen. Aber ohne Zweifel spielten auch Hab*
sucht und Raubgier bei den Nachstellungen eine grosso Rolle, Diese letzteren b©*
gaonon gegen Ende des 16. Jahrhunderts und nahmen besonders in der Folge-
zeit, namentlich in einigen Kantonen der Schweiz in grossem Mansstabe zit
Nach dem grossen Kriege erreichten die Verfolgungen den Höhepunkt. Trotz
verschiedener Anschreiben der Generalstaaten an die Schweizer-Republiken
hörten die Peinigungen nicht auf Viele der braven Leute wurden der fial-
sehesten Anklage nach gemartert, getötet oder des Landes verwiesen, nachdem
man ihre Güter konfisziert hatte. Eine der schlimmsten Verfolgungen war die
im Kanton Bern^ 1671 — 72« Dutzende von oberdeutschen Mennoniten TerlieMtQ
deshalb, um den Anfeindungen zu entgehen, das ungastliche schweizer ß^biiit
i
13»
nd zQgBü rheinabwärU io das kurpfäkbche, wu s^ie der Ijaudeaherr Karl Lud-
ig (1632 — 80) freuodlich aufnahm. Bald darauf wurden sie durch Glaubens-
ito«8ea aus dem Elsass verstärkt, die, ebenso flüchtig wie sie, nlch den Nach-
ellungen des ^grossen" Roi-soleil, Ludwigs XIV» entzogen*
Arm kamen die Einwanderer zumeist nach ihrem neuen Vaterlande; aber
r rastloser Floiss tiberwand alle Mühen und Entbehrungen. Wenn sie nur Grund
d Boden vorfanden, hiesd es bei ihnen, urbar machen und bebauen woHten sie
n schon. Und gab es nicht noch damals vom grossen Kriege her Hunderte
>n Morgen Ödlandes mitten in den Kulturgebieten! Aber kaum war das neue
leim einigermassen gegründet, die Erde mit saurem Schweisso betaut^ die
Hand am Pfluge und an der Karre rauh geworden, da nahte wieder «las Ver-
rben. Als die Sendlinge des „allerchristlichöten Königs* die fruchtbaren
cgenden am Rheine in eine Wüste verwandelten, als die Städte, Dörfer und
oilcr der schönen Pfalz zu Hunderten in Flammen aufgingen und die Brand*
olken auf Meilen hinaus die Sonne verfinsterten wie tler lleraucli, da standen
oh die Mennoniten an dem „Grabe ihrer Habe**.
Und wiederum legten sie Hand ans Werk, und wiederum erstand aus den
rümmeru ein neues Ueim. Trotz der mannigfachen aufeinander folgenden
riegsläufte wuchsen die mennonitischen Siedelungen an und blühten. Aber
sehr man in Kurpfalz notgedrungen dem Fleiss und der Geschicklichkeit
r fremden Bewohner Beifall zollen musste, man betrachtete sie dennoch
mer mit argwöhnischen Blicken, man traute ihnen als vermeintlichen Ab-
mmlingen oder Religionaverwandten der Wiedertäufer nicht. Man glaubte^
is sie in ihren kirchlichen Zusammenkünften sozialgefiihrliche separatistische
Jeen pHegten* Deshalb fing auch Kurfürst Karl Theodor schliesslich an, wieder
non starken Druck auf die Eingewanderten auszuüben*
Ein Teil dieser wollte sich das nicht bieten lassen* Sic vernahmen von
Änem toleranten Fürsten, der nördlich über dem Maine wohnte und fremde
eissigo Ackerbauer gern aufnahm. Dieser Fürst war Karl Wilhelm von
Nassau- Usingen (1776 — 1803). So machte sich denn zu Endo der siebziger
nd Anfang der achtziger Jahre eine Anzahl mennonitiseher Familien aus der
egend von Heidelberg und Mannheim auf und wanderte ins Nassauer Land.
Wie die Patriarchen und alttostamentlichen Sfaramesaltesten, mit Weib
ind Kind, ihre bewegliche Habe auf Wagen und ihr Vieh mit sich führend,
meu sie. Hocherfreut nahm sie der treffliche Regierungspräsident von Kruse,
Ibst ein tüchtiger Musterlandwirt, auf. Am 21. Februar 1783 bezog Valentin
Dahlem, der spätere Kirchensenior der südnassauischen Mennoniten, schon da-
iftls wegen seiner Frömmigkeit und Intelligenz hochangesehen unter seinen
bensbrüdern, als Pächter das frei herrlich von Krusische Gut zu Mosbach,
Und jetzt begann die Thätigkeit der sesshaft Gewordenen. Die Regierung
ihnen teils grössere, teils kleinere Güter in Pacht, meist in den Herr-
( Wiesbaden und Idstein und an Stelleü, wo in der Nähe viel Brach-
L ikvnd lag. Systematisch war Freiherr von Kruse darauf bedacht, beson*
die Umgebung von Wiesbaden, wo sich noch Hunderte von Morgen wüster
ecken befanden, in fruchtbare Gefilde zu verwandeln» Theoretisch wie prak*
j^L
140
fciBüh war er thätig. Im Jahre 1780 gab er anonym eine Sobrift berat»:
, Kurzer Lehrbogriff der Landwirtschaft und Ilaushaltungskundt tum Qebraoebe
der doutächoü Schuleo und des Landmanns in den nassau-usingiachen Landen.*
Daa leicbtfaaslich geschriebene Büchlein wurde in den Schulen eingeführt ujhI
gelangte auch in Dutzenden von Exemplaren in die Hände der Bauern, Es
wurde für Südnassau der Katechismus einer rationellen Nationalakonomie. Aber
auch den praktischen Feldbau betrieb v. Kruse persönlich. Seit 1783 begaan
unter seiner Leitung die Urbarmachung des Geisbergs, der bis dahin noch eioe
herrenlose, steinige, mit Qestrupp bewachsene Öde dargestellt hatte. Bald ttr-
wandelte er sich in eine mit herrlichen Saaten, fruelitbaren Äckern, fetten
Wiesen und sogar streckenweise mit Weiogärten bedeckte Anhöhe^ und ab
ihn 171)6 der Fürst ankaufte, bildete der Hof samt seinen zugehörigen Laniki-
reien einen ganz bedeutenden Komplex*
Bei all diesen Bemühungen leisteten die Mennoniten der Regierung that-
kräftige Unterstützung. Ihre von Geschlecht zu Geschlecht überkommenen
und stets vervollkommneten Weisen der Bodenbearbeitung und Bodenmeliuratiou
wurden von Kruse aufgeuoraraen und verwertet. Besonders war es die Kultur
der Kartoffel jeues erst in damaliger Zeit im Grossen aagebauten Nahrung»«
mittels, welche die Mennoniten eifrig betriebeo. Man kann sich denken, wie
wichtig dies in dem Jahrzehnte nach der furchtbaren Teuerung von 177Ü bis
1772 war.
Die unermüdliche Thätigkeit der Eingewanderten hielt auch unter Am
Drangsalen der Revolutionskriege an^ welch letzlere unser Gebiet von 1795
Im IHOOy also sechs Jahre laug schwer trafen. Die Zähigkeit, mit der die
Mennoniten an ihrer Scholle festhielten uud die Liebe zur Landarbeit liert:
alle Mühen uud Gefahren standhaft überdauern.
Es geschah gerade in jener sturnibowegten Zeit, dass Albrecht Thaer in
seinen Annalen der niedersäcbsischen Landwirtschaft (1798 — 1804) zuerst die
Grundsätze der rationellen Ökonomie darlegte, während er 1804 zu Muglin die
erste deutsche Lehranstalt für Landwirte eröflTuete. Einige Jahre ssuvor halte
(1801) der Freiherr von Fellenberg zu Ilofwyl in der Schweiz seine Muster*
Wirtschaft gegründet. Bekanntlich war Adam Ilaseloch, der Bebauer (aeiJ
1804) des nach ihm benannton ^Adamsthales^, ein Schüler Fellenbergs. Aber
im allgemeinen hatten die Ministor reeht^ wenn sie sagten: „Die grossen Theo-
rieon anderer Länder finden wir bei uns nicht; wenige von uns sind vietleieht
selbst unterrichtet genug, um sie ganz zu würdigen,** Die 3[ennoniten botrtebeii|
ohne von Thaer und Feilenberg etwas zu wiBseo» und ohne viel Aufhebens
viin ihren Errungenschaften zu machen, die Landwirtschaft so rationell aU tnuf-
lich. Die sorgfältigen Aufzeichnungen Valentin Dahlems bezeugen dies. Die
Erfahrung war nach seiner Ansieht die beste Lehrmeisterin und »ein Wshl«
Spruch ; Probieren ist besser als studieren. Gewissenhaft notierte er vciti Jahr
zu Jahr diese Erfahmugen und zog daraus stets das Facit für die kommende
/^eit. Vnd darum war auch das Wort der Minister, das dem oben angeftihrieft
folgte, von um so grösserer Bedeutung: ^Aber in dem praktischen Teil iil
dennoch Leben und Betriebsamkeit.*^
I
I
141
Nach der Yergrösseriing des nassauischeD Gebietes durch den Reichs*
deputatioQshauptschluss und die Rheiabundsakte, 1803 und 1806, ^alt ea auch
der Landwirtschaft in den erworbenen Ländern aufy;uhelfen. Nun wurden die
tlenmmiten geradesiu als Lehrer der Bauern verwandt, Wir finden ihre An-
ledelungeu beim Kloster Eberbaeh, wo sie die kulturelle Thätigkeit der Mönche
irtitetzeDy bei Braubach, im Trieriachen auf dem ll^nterweaterwalde und im
lunkeh'schen au der Lahn. Auch in dem damals noch nicht nassauisehen
febiete der Niedergrafschaft Katzenelnbogen und des ehemaligen Fürstentiiniö
Ditleuburg treffen wir sie, Sie waren allenthalben wohlgelitten wegen ihres
toacheidenen Auftretens, ihres makellosen Lebenswandels und ihrer uneigen-
üt^jgen Uilfsbereitschaft. Mit Rat und That gingen sie ihren andersgläubigen
laehbarn zur Hand, vermieden peinlieh Zank und Streit und achteten genau
uf die Heiligkeit des Eigentums. So charakterisiert sich das bürgerliche Leben
er Mennoniten.
Zu Anfang des Jahrhunderts begannen sich die mennanitisehen Gemein-
den in den nassauischen und pfiilzischen Gebieten auch in kirchlicher Beziehung
zu konsolidieren. Es war dies eine Notwendigkeit, die sich aus den gleich*
zeitigen politischen Territorialveränderungen ergab. Zu Ibersbeim am Rhein,
, auf damaligem französischem Boden, trat am 5, Juni 1803 ein Konzil der
^^^frrediger ton sechsundzwanzig mennonitischen Gemeinden zusammen, und nach
^^Beschehener Beratung wurde von der Versammlung Valentin Dahlem zu Wies-
^^ftaden beauftragt, eine Liturgie für die Anfanger im Predigtamte zu entwerfen.
Dahlem unterzog sich der Arbeit, und in einer zweiten Zusammenkunft an dem-
Hclben i^rte, am 9. Juni 1805, bestätigte die Kirchen Versammlung das vor-
^^elegte Formularbuch, das nun von allen rheinischen Gemeinden angenommen
^^■rurdeJ) Es verbreitete sich über folgende Punkte: 1) die hl Taufe, 2) das liL
HjLbeudmahl, 3) die Kopulation, 4) die Wahl und Installation der Prediger,
^^B) die Wahl und Installation eines bestätigten Predigers, 6) die Wahl und An-
^^■reisung eines Altesten, 7) die Absetzung eines Predigers und Altesten, 8) die
^^^Hir<5henzucht — und gab an, wie in diesen Stücken zu verfahren sei.
Wir können auf die einzelnen Punkte nicht näher eingehen; es würde
^ins das zu weit führen. Vieiraehr begnügen wir uns damit, hervorzuheben,
^^■rorin die Mennoniten sich von den übrigen Protestanten unterscheiden. 1) Sie
I^Mufen nicht die Kinder, sondern erst die Erwachsenen nach der Konürmation,
Hinter Berufung auf den strengen Wortlaut von Matth, 28, 19. 2) Sie ver-
Hircigern den Eid und gehen nicht über ^Ja** und ^Nein** hinaus, nach Matth. 5,
^^^■4 — 37. 3) Sie erlauben Ehescheidung nur bei vorliegendem Ehebruch» naeh
^^latth. 5, 81 — 32» 4) Sie dienen nicht dem Kriegshandwerke nach Matth. 5,
33—89, 43~-41, und 22, 39, ferner 20, 52. 5) Sie halten das Verwalten
obrigkeitlicher Ämter für bedenklich, nach Luk. 12, 14. 6) Sie erlauben nur
') Sein voUstÄndiger Titel lautete: ^ÄUgemeiaea und vollaUlndiges Formularbuoh für
QotteBilien8tli«ibe Handlungen in denen Taufgcsinnfcen ETAngeliachen Monnoniten-Üemeindeiit
ni*b»t firbetorn zum Ocbrnurh niif iille vorkommende Fiille h^lm ofTentUt^ion Ootteadtenat,
^n» aorh dif^ Formert und Oobc^tern uiuteriT Brüder am Neckar. Neuwied. Gedruckt bei
143
die Heirat mit GlaubensgenosBen, nach 1. Kor* 14^ 40 und schliessen Zuwider^
handelnde aus.
Wie nun fast in jeder Keligionögeineinsehaft eine strengere und eine ge-
lindere Richtung existiert, so war dies auch bei den Menooniten der Fall, Dti
Anhänger der ersteren nannte man Friesen (Äminger, Ajnmoniten), die der
letzteren Flanirainger. Die Aminger unterschieden aicb von den Flammingcm
durch den Gebrauch der Fuaawaschung vor dem Abendmahle, durch die Be-
obachtung einer strengeren Kirchenzucht, durch den Bart, den die Flammbger
nicht trugen und durch einfachere Kleidung mit Krampen und Ösen statt dur
Knöpfe. Sie nahmen auch die Dahlem'sche Liturgie nicht an.
Die Flanuninger bestehen heute nicht mehr auf den obenerwähnten seehs
Unterdcheidungspunkten, sondern halten hauptsüefah'ch an den beiden 6ril4»ii
und dem fünften fest (Verweigerung der Kiodertaufe, des Eides und der Be-
kleidung eines obrigkeitlichen Amteö).
Die Prediger wurden durchs Los von allen erwachsenen mannlichen uudi
weiblichen öemeindegliederu gewählt. Es waren sittlich reine^ begabte Leute.
Nach alter Vorschrift durften sie nicht wissenschaftlich von andern gebildet»
dagegen konnten sie Autodidakten sein. Was ein solcher Autodidakt leistete,
davon zeugen V. Dahlems theologische, litterarische, naturwissenschaftliche und
landwirtschaftliche Abhandlungen. Er verstand griechisch und lateinisch und
sprach das Hebräische Hiessend — ein wirklicher Bauern philosoph. Das zweite
und dritte Erfordernis war, dass der Prediger sich verheiratet hatte und sein
Amt unentgeltlich verwaltete. Bestätigt wurde der Prediger erst durch ©i
/»weite Wahl, nachdem er drei Jahre provisorisch amtiert hatte. Erst dann]
durfte er auch die Sakramente administrieren. Später jedoch wurde für
Prediger eine theologische Schule zu Amsterdam gegründet.
Um das Jahr 1790 vereinigten sich die in Sud^Nassau angesiedelten Men
nouiten, die zu den Flammingern gehörten, zu einer Gemeinde. V, Dahlei
wurde zum Prediger gewählt und verwaltete sein Amt bis an seinen Tod ii
Jahre 1840, also ein halbes Jahrhundert lang. Der Prediger wohnte, wie
wähnt, zuerst in Mosbach, dann als herrschaftlicher Outspachter auf dem Kop-'
pensteiner Ilof (Dern'schcs Hauö) in Wiesbaden, seit 1820 abwechselutl auf
dem Schafhofe bei Bleidenstadt und dem Rosenkoppel bei Frauenstein« Dme
beiden Höfe hatte er für zwei seiner Kinder gekauft, zwei anderen Sühnen dei
Hof bei Hornau und die Steiners Mühle am Dendelbache (a. d. Emserstraaie]
bei Wiesbaden. Alle vierzehn Tage Sonntags hielt er auf der letzteren Qotte#-
dienst, zu welchem die umwohnenden Glaubensgenossen zusammenkamen. Di
hohen Feiertage predigte er zu Massenheim und reichte dabei das Abendmahl;
obendort war zu Ostern Kontirmatiou und Taufe. Die Gemeinde führte den
Namen Wiesbaden und besass ein Kirchensiegel. Dieses zeigt die Uatle oin
Teiche Bethesda; vier Personen stehen unter deren Bogen, drei tauch»o
das Wasser, oben darüber schwebt der Engel. Die Untei'schrift lautet: Joh.
V. 8, die Umschrift: Siegel der evang. Menon. Uemeiude in u, hei Wisibadeo.
I
dei Verfanfri.
MO wie das Fofmularbock imit ,
T. OftUlvBii tiad in Bmim
143
Es sei b^nerkt, dass Y. Dahlem eine Zeit lang zugleich die Flamminger Ge-
meinde zu Neuwied am Rhein administrierte.
Um 1880 etwa stellte sich die Anzahl der Glieder der mennonitischen
Gemeinde Wiesbaden folgendermassen :
Imter.
Ortschaften.
An:
der
Familien.
eahl
der
Namen
der
Familien.
1) Hochheim
.2) Höchst
3) Wehen
4) Wiesbaden
Massenheim
f Eschborn
l Hornau 1
Schafhof (Bleidonstadt) . .
Wiesbaden .
RosenkSppel
Schierstein
Kloppenheim
Mosbach
1
3
1
3
1
1
1
3
6
22
5
16
8
3
7
18(?)
Mfiller
Dahlem
Hiestand
l Christoph
Krehbiel (Staufer)
Dahlem
Hüthwohl
l Steiner
Dahlem
Weber
Oossmann
Borkholder
Kappes
Kaltwasser
Summa . .
14
85(?)
Die im übrigen Gebiete des damaligen Herzogtums Nassau zerstreut
wohnenden Mennonitengemeinden gehörton der strengeren Richtung der Aminger
an. Der Prediger dieser war jahrelang der achtbare J. Unzicker auf dem Hofe
Henriettenthal bei Wörsdorf, der alle kirchlichen Funktionen wie sein Kollege
V. Dahlem versah. Der Gottesdienst wurde an verschiedenen Orten gehalten.
Um 1830 verteilte sich diese Gemeinde wie folgt:
.4. .■*
Anzahl
Amter.
Ortschaften.
der
Familien
der
Seelen
1) Braubach
Weissmühle
8
2) DUlenburg
Feldbacherhof .
8
3) Eltrille
Kloster Eberbach
8
Neuhof ....
8
4) Idstein
Henriettenthal .
8
Schwickershausen
8
Walrabenstein .
8
5) Montabaur
?
3
24
6) Rennerod
?
2
14
7) Runkel
Qladbacherhof ....
1
7
Hörderhof 1 1
7
8) 8i Goarshausen
Heppenhof { 2
14
Affenthalerhof
. . 1
i
8
17
130
1
imen der einzelnen Familien Bind aui nicht bekannt geworden^
i ,e Sebätzung der Seelenzahl nur upgdfthr.
izen wurden also um 1830 in Naasaii au 210 — 220 MenQoniiPQ
' .^.uen»
ie Zahl ist bedeutend geschwunden. In Süd^Naseau hat »ich dii^
ergemeinde bald nach dem Tode V, Dahlems aufgelöst. Ihre GlieJt^r
u oder heirateten in audere ei^angeltsehe Gemeinden, und die Kinder
^ieh zu deren Olaubenähekenntni^se. Q^;eiiwärtig betragt der Rest der
Igen Gemeinde i^wei Personen, Im übrigen Nassau mügen noeh stärkere
absei aeiUp')
ging eine (lemeinachaft ein, die einst von hoher Bedeutung für die
^and Wirtschaft in unserer engeren Heimat war. Sie hatte ihre BeRtimmuiig
:erföllt.
') Nioht zu vorwechielQ sind mii den Mennoniten die Baptiaton, Jene taufen nur mn*
Enftt \m iler KonfirfiiBtion« diese Kweimftlf rmt'li ilcr Qdblirt und Itt^i der Konürmation d^r
Kinder un«L /.wnr jedesmal durph Untertaui'tirn düa UliSnflioge, wlihrend die Mc^nnoiilten nur
eini* Ifntjdvolt WiiKst^r auf df'Bscrt nfiu|it bringen. Bapti4t0n<*Taufeti änden sii WieHbadf'n im
Seb^iiribiiL'lie Im N&rottialc statt ^^
Alte Topographie des A^ereiiisgebietes.
Von
A. Y* Qohausen»
Schifferßtationen länga dem Main. Wenn man dem rechten Main-
ufer vou Qrosa-Krotzenburg bis Castel und weiter bis Schiersfeein folgt, so kann
man bemerken, wie die Ortschaften alle auf einem hohen Ufer liegen, w^elches
durch JJiederuDgen von den Ausläufern des Gebirges getrennt ist, und man
^'ird bei näherer Untersuchung linden, dass diese Ansiedelungen vorrömische
^BLItertUmer aufweisen und Fischer- oder Schifferstatiaoen waren, welche nicht
^Bi|r den Fluss benutzt, sondern auch durch die Gewässer der Niederung einen
P^Hnssen Schutz genossen gegen die in Wald und Gebirge hausenden wilden
und raublustigen Volksstämme.
Groas-Krotzenburg und Groas-Auheim schützt der Torfstich, der, von der
tahlbach beginnend, durch die von den Überschwemmungen der Kinzig über-
tuteten sumpfigen Wälder der RinntaDnen, des Langen Wassers, der Rottlache,
les Doppelbier sich durch den Lamboy-Wahl im Ober- und Unterbruch bis
lu der einst irrtümlich als Römerkastell angesprochenen Sumpfburg am Kinzig*
heimer Hof zieht und Hanau umkreist, ebenso wie diese Sumpfe umkreist und
Brmieien werden durch die alte Landstrasse von Ilochstadt, Wachenbuchen,
littelbuchen, Bruchköbel bis Langendiebach und weiter. Ferner setzt sich die
Federung fort von Hanau durch die Lache und den Weiher» welche dem
iümerkastell Kesselstadt Schutz gibt, um durch die Fluren und Seen Langeu-
liel, Zimmersee, Tiefeaee, Waklsee, Bodenaee (zum Schutz Fechenheims), die
rorfatiehe unter Bergen, den Kolb-, Sau- und Lange-See bei Seckhach charak*
^jrisiert zu werden, bis sie mittels der Erlenbach und des Konigsgrabens durch
lie Bornheimer Höhe zum Recheneigraben und zum Main abgelenkt wird.
Trotzdem aber liegt Frankfurt in seinen höchsten Punkten, wo mau die römi-
schen Baureste fand, gleichfalls nicht schutzlos gegen die nordischen Wald-
barbaren, da die alte Stadt durch Mainarme und durch jenen Abliuas des
iecheneigrabena inselartig umschlossen war. Dieser Schutz war zwar durch
;ie Verbreiterung der Stadt 868 aufgegeben, aber durch die Erweiterung im
Jahre 1 343 wieder erlangt worden, indem die Stadtmauer bis zu einer wasser-
diehen Niederung ausgedehnt wurde. Abwärts der Stadt sind es schon diu
ITaaser der Nied, sowie selbständige Waaserreste, welche das rechte Mainufer
Aoa«}«n« ej. XXVf. 1 0
146
in Abstand begleiteoi während Höchst mit Recht seinen Namen trägt und der
dort einmündende Liederbach Abs Lacbenfeld und verschiedene Ableitungs-
gräben die Uferhöhen schützen. Dann ist es der Ooldbach, der vom Gebirge
kommend, den Lachrein im See nördlich von Edderaheim aufnimmt, und andere
aichtbare Parallelthälerf welche den Weilbach und andere Wässer in fimpfang
nehmen und versiechen lassen. Der Falkenberg zwischen Flörsheim und Hachheiiti
achrebfy indem er bis an den Main vortritt, seinen Felsriegel vor, welcher auch
den Wickerer Bach direkt zum Main lenkt. (Hier^ wo der Uferweg den Fels-
köpf übersteigen muss, hat sich eine römische Ansiedelung mit interessantea
gestempelten Ziegeln der 22. Legion gefunden.) Erst jenseits, am Fasse der
Weinberge von Uoohheim, setzt sich das hohe Ufer und die es begleitende
Niederung fort, umkreist den Hochheimer Bahnhof, sowie Castel in naäiea
Wiesen und Feldern und verbindet sich jenseits der hohen Amöneburg mit
dem austretenden Wasser der von Wiesbaden kommenden Salzbaeh und dem
niederen QeUnde von Mosbach, das von dem Dotzbeimer Bach gespeist wird
und sich jenseits Schierstein dem Rhein anschliesst« Wir verfolgen Ufer und
Niederung nicht weiter.
Überall von Oross-Erotzenburg an hat man die Spuren alter Ansiede-
lungen gefunden, Steinbeile, Reite und Bronzeschmuck, bei Frankfurt auf der
Ptingstweide und unterhalb der Stadt an den Bahnhöfen und an den Bahn*
brücken Bronzeachraucke und Koüektivfunde, bei Höchst zu Kähnen ausgehöhUe
Einbäume; überall Altertumer, die, wenn auch nicht allein hier, sondern auch
am Gebirge zu finden sind, doch auf alte Schiffer- und Fischerstationen sofalies*
sen lassen. So fand sich ein vollständiges Skelettgrab, das sich im Ufer bei
Flursheim erhalteo hatte und bei uns nicht eben hautig vorkommt, aber doefa
auch bei dem 8 km entfernten Breckenheim in den Qebirgsaushiufen entdeckt
worden ist. Am merkwürdigsten siod aber doch die Funde, welche dureh
Steiobeile, Mahlsteine und Netzbeschwerer auf der Schifferstation bei Schier*
stein vorkamen und woselbst auch Mardellen entdeckt wurden, die durch ihre
Funde Formen darstellen, welche sonst in unserem Gebiete nicht vorkamen,
nämlich schwarze glockenförmige Qefasse mit weiter Mündung und engem Fum
(luv. 14510—14518). Solche sind bisher nur aus den Pfahlbauten des Boden*
sees und von dem Michelsberg bei Bruchsal bekannt und im Karlsruher Museum
aufgestellt. Dazu kam noch ein bei uns fremdländisches ovales Oellso mil
zwei Henkeln. Wollte man weiter theorettsieren, so wäre im Bodensee^ d^n
Bruchsaler Berg uod in Schierstein den Schiffern der Weg angezeigt, den Bit
mit ihren Produkten genommen hätten. Wir verdanken diese kostbaren Funde
dem Herrn Dr. Peters in Schierstein, der sie aus seinen Ziegelgruben er-
hoben hat.
Diedenbergen. Der Heidenkippel, 1100 Schritt nördlich de« Orta«^
auch kleiner Galgenkippel, modern Kanzel genannt, tritt mit einigen Bäumen
besetzt aus der ^Gericht** genannten Feldfläche vor den Wald vor; neben ihm sind
von einem Manöver her Schützengräben eingeschnitten. Er durfte als ein bekannter
Aussichtspunkt nicht untersucht werden. An ihm vorüber fuhrt die Hoideii*
cbaUB«ee nordwärts durch den Wald nach Langenhain und Eppatein« Auf iliTi
I
I
ejHG^
147
Iom Heideokippel 390 Schritt weiter gehend, liegt 60 Schritt linka der Strasse
er ^grosse Oalgenkippel^^ deo wir, einen ähnlichen rechts liegen ladaend^
ntersucht haben. Derselbe, aaf südwestlich abhängendem Geiäode gelegen,
at bei 16 m Radius 2,50 m Höhe, Er wurde in konzentrischen Ringgraben
earbeitet. Hierbei fanden sich in 10 m Abstand von der Mitte und 1 m uut^r
der Högeloberfiäche die Spuren einer (nicht verbrannten) Leiche, nämlich 7.wei
seitlich abgeschliffene Fussringe, der eine noch mit dem entsprechenden Schien-
l^^ein, zwei Armringe, die Reste eines mit Bronzedraht gestickten LedergurteU
^Biehst Gürtetschloadteilen und ein Halsring mit Gusszapfen. Eine zweite Gruppe
■Fand sich in gleicher Entfernung und Tiefe nordwestlich vom Mittelpunkt, be-
istehend aus dem Bruchstück eines Fussringes mit einigen Knochen und Holz-
stücken nebst einer Art von Steinpackung von 50 ä 50 cm Abmessung. Im
I übrigen fanden sich noch Spuren eines 50 a 30 cm breiten Kohlenlagers und
j ein Feuersteinspan, aber keine Töpferei. In der Kiesheide« westlich des Hetden-
] kippeis, lagen noch etwa 10, grossenteils verschleifte oder zerstörte niedrige
I Hügelgräber. In einem, 23 Schritt vom Weg^ fand sich eine Urne mit Asche
I und ein Napf, In einem anderen, 175 Sehritt vom Weg, mit versenkter Mitte
I lagen in 1 m Tiefe zahlreiche Topfscherhen in Hugelgrabcharakter. Wir hatten
! daselbst Ende April 1893 mit 11 Mann 6 Tage gearbeitet und dabei von Herrn
I Bürgermeister Kleber freundliche Unterstützung empfangen.
Atta Erben he im empfingen wir durch die Aufmerksamkeit dea Herrn
Bürgermeister Born mehrere fränkische Altertümer, welche sich in den süd-
^^lichen Erweiterungsbauten des Dorfes gefunden hatten.
^B Ebenso erhielten wir durch die Gefälligkeit des Herrn Bergrat Ulrich
^HKenntnis von Frankengräbern 100 Schritt ober der Station Friedrichssegen
^■an der Lahn: zwei Schalen standen auf Briss in Bimsteinsand l m unter der
»Erdoberfläche. Die Gräber enthielten keine Erz- oder Eiseugeräte.
In Wiesbaden fand sich in den Häuserfundamenten auf der Nordweat-
ecke des Kranzplatzea eine 1\/» m dicke, von NO. nach SW. ziehende Mauer
aus 40 ä 40 cm grosaen, 4 cm dicken Ziegelpiatten mit den verschiedenen
Stempeln der 22. Legion (Inv. 14529). Beim Abbrach des Hauses an der
Lang- tmd Goldgassenecke fanden sich mehrere, wie ea scheint, in der Nähe
fabrizierte Steinzeugtöpfe ältester Art
10*
Der Limes im Taunus.
Von
B. Florschüts.
Nachtlem auf Anregung MommseDS uod mit finaDzieller Unterstütasuc
TOQ Seiten des Staates eine systematische Untersuchung des römischen Qre&d
Walles in» Werk gesetzt worden ist, sind die Augen der ganzen gebildeten Wef
wieder auf jene gewaltige Abgrenzung der römischen Herrschaft auf unseren
Boden gerichtet, welche in einer Länge von nicht weniger als 550 km von M
Donau bis zum Rheine hinzieht und bereits vor 10 Jahren durch Oberst vi>|
Cohausen in seinem grundlegenden Werke: ^Der römische Grenzwall* tu
gehender Weise beschrieben und in ihrer Bedeutung festgesetzt worden
Allerorts längs der ganzen Linie regten sich die fleissigen Hände der Streektn-
kommissare und so manche Grundmauern der antiken Turme und oft Über
Erwarten grosse Kastelle traten mit mancherlei kleineren Funden, sowie aofth
sehr bedeutsamen Insehriftsteineu seit mehr als anderthalbtausend Jahren vitm
erstenmale wieder an das Tageslicht. Während diese sehr dankenswerten Res
täte im grossen Ganzen überall als gleichwertig zu betrachten sind, liefe
die Untersuchungen im benachbarten Uombnrger Gebiete neben dem hübsch
Feldbergkastell^ dem „alten Jagdhause^, dem ^Ueidenstoek^ und anderen ß^
festigungen ein unerwartetes, ganz eigenartiges Ergebnis, welches auf eini
ein helles Licht in die viel umstrittene und unklare Frage der Greuzlegung
römischen Reiches bringen sollte, und das wir mit vollem Rechte als die grottitc .
Errungenschaft der neuen Limesforschung bezeichnen müssen«
Schon von Cohausen hatte in seinem Werke auf einen klci^ ^
aufmerksam gemacht» welcher in Bayern vor der sogenannten 1
wie der Grenzwall dort genannt wird, an verschiedenen Stellen aufgefoiideit
worden ist Das gleiche ^Oräbchen* ist im vorigen Jahre vom Geheimen Ober-
schulrat Soldan auch in der Nähe der Saalburg verschiedentlich nachgowbimi
worden. Herr Baumeister Jacobi nun als Streckenkommissar war der erstik
welcher dieses bisher unbeachtete „ Grübchen^ einer sorgfältigen Krron«ribiiB|:
unterwarf und er gelangte hierbei und im Laufe seiner weiteren eifrigen Uoler*
Buchungen zu folgenden Resultaten^ die wir aelbstverständlich an die8<er Steife
nur in gedrängter Kürze nach dem im Limesblatte Nr, 7 und B niedeigtltgteo
Berichte Jacobi» vorHlhren können.
^Umtm
-^ -
149
Das von Sold an entdeckte ^.Gräbchen*, das meistens in einer gleiob-
inässigen Entfernung vom Rande des Grabens und Grenzwatles hinläuft, konnte
wohl daran denken lassen, in ihm die nach römischer Sitte gezogene Grenz-
furche zu erblicken. Der Umstand jedoch, dasa es jetzt noch seinen Erdaus-
wiirf auf der äusseren Seite zeigt, sowie ganz besonders die Beobachtung, dass
bisweilen seine dem Wall parallele Richtung aufgibt und bis zu dem Wall*
grabou lauft, — zwischen dorn Kastell Maisei und dem Cröftelthale (Gemarkung
Schlüssborn) läuft das üräbohen sogar auf der Wallkronc — ergeben die un-
bestreitbare Tbatsache, dass wir in dem „Qräbchen'* nur einen der im Mittel-
alter beliebten Grenzgraben zu sehen haben und dass dasselbe wahrscheinlicli
den mittelalterlichen Grenzgängen (Grenzregulierungen) der Märker seine Ent*
e stehung zu verdanken hat.
Die Stellen aber, an welchen das „Gräbchen* gleichmässig neben dem
Pfahlgraben herläuft, führten zur Entdeckung des darunterliegenden wirklichen
alten rumischen Grenzgrabens mit seiner schon von den römischen Feldmessern
betouten ^versteckten Äussteinung^; man hatte eben im Mittelalter an diesen
Partien nach alter Tradition und gewissen sichtbaren Merkmalen die neue
Grenzbestimmung auf die alte gelegt. Dieser alte römische Grenzgraben ist
I auf dem Homburger Gebiet überall nachgewiesen vom Grauen Berge bis zum
^ftKastell Zugmantel in einer Länge von 30 km; seine Breite beträgt etwa 80 cm,
^r seine Tiefe 60—80 cm und seine Bodenfläche 20—30 cm. Derselbe ist auch
H da aufgefunden, wo von einem Grenzwalle resp. Pfahlgraben keine Spur vor-
handen ist. Er ist im Gegensätze zu dem Sold aussehen Gräbchen, das, wie
erwähnt oft streckenweise über oder mit ihm hinläuft, vollständig eingeebnet
und birgt die römische Grenzverstoinuug mit ihren Marksteinen und den da-
ißwischeu befindlichen Läufern und wollen wir deswegen, um Verwechselungen
mit dem Sold an' scheu Gräbchen zu vermeiden, diese erste Grenzanlage einfach
als , Aussteinung* bezeichnen.
lu dieser Aussteinung markieren sich zunächst grössere Qnarzitplatten,
welche in gewissen Abständen, mit der glatten Stirnseite nach unten, die GreoE-
steine darstellen, durch Steinsetzung ausserordentlich fest verpackt sind und an
ihrer Basis manchmal eigentümliche Zeichen trogen. Zu diesen Marksteinen dürfte
ach den Untersuchungen Jacobis wohl auch der interessante^ im Wiesbadener
fiuseuui befindliche, mit einer Kursiviuschrift versehene Stein (Bramb. 1548)
ehören. Unter ihnen liegen, wie noch heute unter unseren Grenzsteinen und
euau nach den Angaben der römischen Feldmesser, die Grenzzeichen. Die-
eiben bestehen aus den verschiedensten Materialien und zwar aus mancherlei
efassscherben, aus Bruchstücken von Ziegeln oder Mahlsteinen aus Nieder*
lendiger Lava, aus abgerollten Kieselsteinen und überhaupt fremden Gesteins-
ten, z. B. Rötel und Schiefer, die an Ort und Stelle nicht vorkommen,
isernen Nägeln, Holzkohle, angekohltem Holz und endlich Asche. Zwischen
diesen Grenzsteinen nun treffen vnr die sogenannten Läufer, vorwiegend aus
langen und schmalen Quarzitplatten bestehend, die, oft paarig, fest in die
rabensohle eingelassen sind. Wo die Aussteinung an einer Berglehne hin-
.uft| bilden diese Laufer sogar häufig eine ausgeprägte Kinne, um AbHutungen
130
der Orenzfurche durch Wasser zu verhinderu. Unter gewöholicbeo VerbUi*
Hissen künneD die Läafer bis zu 10 Meter von einander entfernt liegen, so
anderen Stellen aber sind sie ersetzt durch eine vollständige Pflasterung a«s
kleiueren Steinen oder aber, wo das Steinraaterial selbst selten ist, durch Brudi*
stücke von GefSssen, vereinzelte kleine Nägel, Äsche oder Kohlen, die wir auch,
wie zumal Scherben in der Nähe der Saalburg, zwischen den einzelnen Läufcni
antreffen. Stets aber ist die Aussteinung vollständig mit Erde überdeckt imd
eingeebnet worden^ sodass ihr versteckter Lauf nur für den Eingeweihten durch
gewisse aufgepflanzte Holzarten oder anstehende Logbäume erkennbar war.
Die Aussteinung läuft stets in schnurgerader Linie von eioera Grenzpunkte
zum anderen, wie diese eben in friedlicher Yerhandlung mit den Germanen
festgelegt worden waren. Diese Punkte waren ursprünglich durch Grenxbügel
markiert, — runde» einem flachen Hügelgrabe ähnliche Bodenerhohungeu, unter
welchen sich wieder eine feste Steiupackung mit einer ceutraleo, etwa einen
Kubikmeter grossen, mit Erde und Asche gefulUen Öffnung zeigte, v. Co hausen ^
fand in einer solchen das Bruchstück eines Schleifsteines und einen Nagel. Sie ^M
bildeten die Spitzen der aus der Grenzabmessung resultierenden aus- und ein* ^^
springenden Winkel; sie sind die ersten und ältesten Grenzbestimmungen und
so angelegt, dass von einem zum anderen visiert, und die Aussteinung zwiaeben
ihnen regelrecht ausgeführt werdeo konnte» Die Aussteinuog läuft dabei bogen*
förmig an der Aussenseite dieser Grenzhügel vorbei, währead der später ange-
legte Pfahlgraben direkt über sie hin wegführen und dann noch, wie z. B. auf
dem Kieshübel, hinter ihnen die Fuodamente eines gleichzeitig mit ihm erbauteo,
gemauerten Turmes aufweisen kann. Die Grenzhügel wurden ihrer Lage wegen
früher als Fundamente von Holztürmen mit Fanalen aufgefasst.
Zwei römische Ruten, gleich 20 romische Fuss, von der Aussteinung an
gerechnet, haben sich mehrfach kleinere, vereinzelte Stelnpackungen^ 10 römische
Fuss voneinander entfernt, aufgefunden, welche in ihrer mittleren Öffnung nur
zur Aufstellung eines Pfahles gedient haben können. Diese Yerpfuhlung bildete
allem Anscheine nach die iouere Grenze des nach aussen durch die Auasteinuog
abgeschlossenen Quer- oder Grenzweges, oder wie wir sagen würden, Gewaon-
Weges — des Limes' Mommsens, der oft genug nur durch entsprechende
Ausholzung mag dargestellt worden sein.
Dieser Grenzweg erfuhr später, wie wir wohl annehmen dürfen, unter
Trajan, eine bedeutende Yerschmäleruüg. Die versteckte Aussteinung mag nicht
genugsam mehr die Grenze markiert haben und so wurde hinter derselben auf«
dem Grenzwege ein breiter und tiefer Greuzgraben ausgehoben und sein Material
an seinem inneren Rande zum Wall aufgeschichtet. Die Entfernung vom Fimmi
des Walles bis zur Aussteinung beträgt im Durchschnitte die erwähoten 2ü
rumischen Fuss und wurde der Limes damit auf einen neben der Aussteintu^
herlaufenden Grenzweg von nur 5 bis ♦> Fuss Breite reduziert. Der Grabes
und der aus seinem Material gewonnene Wall bilden zusammen das. was
als römischen Grenzwall oder Pfahlgraben bezeichnen.
Das Riesenwerk des Grenz walles konnte erst dann zur Ausführung ge*
langen^ als eine dem Schutze der Grenze entsprechende Anzahl von gr&asi
151
and kleineren Kastellen errichtet und mit den notigen Mannschaften versehen
war. Bei diesen Befestigungsanlagen, die wohl nicht so ganz unwahrscheinlich
als das lang gesuchte munitnentum Trajani aufgefasst werden dürfen, spielt aber,
wie dies schon vor Jahren v. Gehäusen immer und immer wieder betont hat
and wie dies durch die Forschungen Jacobis jetzt glänzend bestätigt worden
ist, Wall und Graben keine fortifikatorisohe Rolle; dazu waren sie nicht ange-
than and auch von Ursprung an nicht bestimmt. Sie bildeten nichts mehr und
nichts weniger als die deutlich ins Auge springende römische Territorial- und
damit Zollgrenze und sind uns heute noch der interessante Beleg für die Aus-
dehnung des alten Weltreiches auf unserem heimatlichen Boden.
Dieses sind die Hauptresultate, welche Jacobi bis jetzt an der von ihm
durchforschten Limesstrecke von 30 km Länge gewonnen hat, und welche ich
teils bei der Alteburg, teils in der Nähe der Saalburg selbst einsehen konnte.
Mögen sie auch nach mancher Richtung hin noch sehr lückenhaft sein und zu
ihrer vollständigen Ergänzung noch sehr viel Qeld und noch mehr Zeit erfordern
— das Eine steht doch fest, dass sie für die weitere Limesforschung von denk-
bar grösstem Werte sind und auf noch vielfache dunkle Punkte, die uns gerade
auf diesem Gebiete bisher unverständlich geblieben sind, ihr klärendes Licht
werfen werden.
Ich will schliesslich noch betonen, dass inzwischen auch auf der Rhein-
Limes-Strecke Sayn-Oberbieber die von Jacobi für den Taunus nachgewiesene
römische Aussteinung in ganz derselben Herstellungsweise durch Löschke auf-
gefonden worden ist.
Vereius- Nach richte 11 •
Jahresberrcht des Sekretärs.
(Vom L April 1693 bis 31. M^s 1994.)
Allgemeines* Das Vereiaaleben war im verflossene o Etatsjahre erfreu*
licherweise ein aehr reges. Varfttaadsaitzungen wurden drei abgehalten, am
5. August und 6. November 1893 und am 20. Januar 1894, Es wurde be-
dchloasen, das Sitzuogslokal vom ^Grünen Wald* Ju das »Uotho Haus**, Kirch-
gasse 46, zu verlegen, und fanden daselbst im Winter sieben YortragssiUungco
statt, welche sich sämtlich eines zahlreichen Besuches erfreuten; der Bericht
über die Vorträge folgt weiter unten. Die urdeutliche Generalversammlung
wurde am IG. Dezember im grossen Muaeumssaale abgehalten*
Der Yorstand ist bestrebt gewesen, auch in der üblichen Sammorpauae
das luteresse an den Zielen des Vereines wach zu halten und den Mitgliedern
Gelegenheit zu geben, im personlichen Verkehr die gemeinsamen Bestrebuugdi
XU fi3rdern. Demeutsprechend wurden Ausflüge nach der Saalburg im Jttli,
nach Mainz zur Besichtigung des Domes und des römisch -germanischen Ce»-
tralmuseums im Oktober gemacht, beidemal in Verbindung mit dem hie^igou
uatnrhistorischen Vereine. Auch für diesen Sommer sind wieder mehrere Au«2_
flüge in Aussicht genommen.
Zur Generalversammlung des Gesamtvereins der Deutschen Qeschicht««
und Alter turas vereine, welche vom 21. bis 25» September 1803 in Stuttgart
stattfand, war seitens des Vereins der Königl, Konservator Herr Oberst z. I),
von Cohausen delegiert worden; ihm schlössen sich au Se. Excellem^ FratiaE
Pascha aus Kairo^ der Direktor des Vereins Herr Dr. Florscbütz, Herr
Dr, med. Ahrens, Herr E. Schier enberg. Sämtliche Herren waren von
dem Verlaufe des Kongresses höchst befriedigt, und steht zu erwarten, dan»
Vau jetzt ab überhaupt eine regere Teilnahme von Mitgliedern unseres Vereins
an diesen regelmässigen Zusammenkünften stattfindet.
Der diesjährige XXVL Annalenband konnte in gewohnter Weite bis Ende
April fertiggestellt werden. Wir danken dies in erster Linie der Muuifieenz
Sr. Königl Iloheit des OrossherzogN vt»n Luxemburg, welcher durch eine gr
mutige Spende den diesesma] sehr beschränkten Mitteln di?s Vereins su Hü
i
153
kam uad hierdurch die voIlstäDdrge Drucklcgiiog der Arbeit dea Herrn Pfarrer
/Oorady über die älteste Oeschichte des Hauses Nassau ermöglichte« Dem
"Hohen Herrn «ei auch an dieser Stelle der herzlichste Dank ausgesprochen.
Mitglieder uml Torstand, In der Vorstandssitzung vom 5. August 1893
.wurde Herr Historienmaler Dr. Julius Naue in München zum korrespoD-
Idierendeo Mitgliede ernannt Der Verein hat auch in diesem Jahre den durch
Tod verursachten Verlust zweier Ehrenmitglieder zu beklagen: der Herren
roh. Regierungs-Rat Carl Schcllenberg in Wiesbaden (f 23* 6. 93) und Geh.
hiu* u. Regieruogs-Rat a. D. Eduard Cuno in Stuttgart (f 5. 12. 93), von
denen der letztere erst wenige Monate vorher bei Oelegenhett seiner Über-
siedelung nach Stuttgart zum Ehrenmitgliede ernannt worden war.
Von den ordentlicheu Mitgliedern schieden atts:
a) durch den Tod;
Herr Ebhardt, Landgerichtsrat a. D., Limburg a. d. Lahn (f 8. 92),
(erst nachträglich gemeldet).
^ Dr. phil Kaufmann, A., Archivrat, Wertheim a. M. (f 1* i>. 93);
Se. Durchlaucht Georg Victor Fürst zu Waldeck und Pyrmont,
in Arolsen (f 12, 5. 93);
Herr Schramm, Philipp, Rentner, W. (f 15. 5. 93);
„ Magewirth, J., Oberpfarrer, Homburg v. d. H. (f 29. 5. 93);
„ Roth, Adolf, Rentner, W. (f 12. 6. 93);
„ Bindewald, Landrat, Weilburg (f 19, 6, 93);
„ Spiess, Aug., Prot, Gymnasialdirektor a. D., W. (f 26. G. 93);
„ von Eck, Victor, Geh, Justizrat, Rechtsanwalt, W. (f 23, 8, 93);
« Gräser, Robert, Oberst z. D., W. (f 30. 11. 93) j
^ Dr. Modicus, Friedrich Carl, Professor, W. (f 18, 12. 93).
b) durch Austritt:
Herr Dr. jur. Böninger, Eugen, Rechtsanwalt, W.;
„ Risch, Julius, Geh. Regierungs- und Schulrat, W.;
„ Moni berger, Jacob August, Weinhäudler, W. ;
„ Bornemann, Wirkl. Geh. Kriegsrat, W. ;
„ Dr. phil. Lehmann, Julius, Mainz;
„ Cuno, Eduard, Geh. Baurat und Regieruugsrat a* D. (wurde
5. 8. 93 zum Ehrenmitgliede ernannt);
„ Dr. phil Steubing, A., Harrach'schea Institut, St* Goarshausen ;
„ Pauli, Gutsyerwalter, Schloss Bodenstein;
^ Graf von Hachenburg, Hachenburg;
^ Hoff mau n, Wilh., Premierlieutenant a. D., Gummersbach;
^ Deissmann, Dekan a. Ü,, Pfarrer, Cubach;
„ Krücke, Wilhelm, Pfarrer, Limburg a. d. L. ;
Frau Grätin von der Goltz, W.;
Herr Hetzel, Professor, Gymnasial-Oberlchrer, Dillenburg;
„ Dr. Berg. Direktor des KuabenpeusionatSj Oberlahnstein;
„ Meister, Philipp, Landgerichts rat a. D., W,
^mämm
154
Diesen 27 ausgesohiedenen ordentlichen Mitgliedern stehen fid«
gende 28 neu «nfgeiiomniene gegenüber:
Herr Mondorf, Georg, Hotelbesitzer, W.;
, Balzer, Pfarrer, Bromskirchen, Kreis Biedenkopf;
Frau von Boch, ZSegelberg bei Mettlach a. d. Saar;
Herr Dr. phil. Ritterling, Emil, W.;
« Beckel, Jacob, Bauunternehmer, W.;
9 Dr. phil. u. med. Preyer, Wilhelm, Hofrat, Professor, W.;
Se. Durchlaucht Georg Friedrich Ffirst zu Solms-Brannfels, Braan*
fels;
Herr Zorn, Richard, Obstbanmschnlbesitzer, Hof heim a« T.;
„ Dr. med. Lossen, Hermann, Arzt, W.;
9 Gramer, Landgerichtspräsideot, W.;
, Weidenbusch, Hans, W.;
9 Caesar, Clemens, Reg.-Rat, W.;
n Schwedersky, W., Lieutenant a. D., W.;
Fräulein Mawson, Anna Maria, Privatlehrerin, W. ;
Herr von Brandt, Ezcellenz, W.;
Frau Todd, W.; .
Herr Dr. phil. Bodewig, Oberlehrer, Oberlahnstein; ^
9 Eurtz, Leonhard, Hofyhotograph, W.;
„ Wilhelmj\ Otto, Landgerichtsrat, W.;
, y. Wunster, Wilhelm, Oberst a« D., W.;
j, Lucas, Friedrich, Schulamtskandidat, W.;
„ Gossmann, C. G., Kloppenheim;
„ Reifenrath, H., Niederlahnstein;
„ Plindt, Wilhelm, Kgl. Kanzleirat a. D., W.;
^ Nico], August, Buchhändler, W.;
„ Quiel, Gustav, Buchhändler, W.;
„ Bojanowski, Julius, Rechtsanwalt, W. ;
„ Busse, Louis, Rentner, W.
Der Verein zählt also z. Z. 5 Ehrenmitglieder, 6 korrespondierende und
879 ordentliche Mitglieder. Auf den Abdruck eines vollständigen Mitglieder-
verzeichnisses wurde in diesem Jahre verzichtet.
Von den Vorstandsmitgliedern schieden durch Tod aus die um den Verein
hochverdienten Herren Geheimer Justizrat v. Eck und Geheimer Baurat Cuno.
An ihre Stelle traten die Herren Königl. Archivar Dr. Hagemann und R^e-
rungs- und Baurat Eggert. Die plötzlich erfolgte Berufung des bisherigen
Sekretärs Herrn Dr. Focke an die Königl. Universitätsbibliothek Göttingen im
Februar d. J. machte auch die Neubesetzung des Sekretariats nötig; dasselbe
übernahm nach Wahl dos Vorstandes der Unterzeichnete. Die bisher aus drei
Mitgliedern gebildete Rechnungsprüfungs-Kommission wurde in Anbetracht der
bestehenden staatlichen Kontrolle aufgehoben.
1S5
Die derzeitige Zusaiiiiiieiisetzungr des TorstaiideN int also rolgcnJo:
irektor: Herr San itätsrat Dr, Florschütz; Sekretär: Herr Dr, phil, Ritter-
og; Konservator: Herr Oberiit z. D, von Cohausen Ferner die Herren:
Itcotner Gaab, Landgerichtsrat Keutner, Oberlehrer Dr. Wedewer, Schul-
direktor Weldert, Dr* med* Ahrens, Oberlehrer Dr. Lohr, Landgerichtarat
Diiäsel, Major a. D, Schliebea. Ersatzmänner sind die Herren; Oberat-
lieutenant z, D. Sartoriua, Kgl. Archivar Dr. Hagemann, Regierungs- und
L Baurat Eggert.
^H Bililiothek. Bei der grossen Zahl der Yereine und Institute^ mit welchen
^Bnser Verein im Austauschverhältnis steht, war der Zuwachs der Bibliothek
^Hm letzten Jahre wieder ein bedeutender und wurde deswegen auch nach
Bfceschluss der Vorstandssitzung vom 5. August 1893 die Summe, mit welcher
die Bibliothek gegen Feuersgefahr versichert ist, um 1000 Mark erhöht* Neu
in das Austauschverhältnis sind eingetreten:
tDer Historisclie Verein zu Lemberg (UaiiziüuJ [„Kwartaluik histuriczuy**);
die Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Uüttingen, Philologisch-
■ historische Klasse;
der Copernicus- Verein zu Thorn.
Dagegen sind aus dem Tauschverhältnis ausgeschieden:
Der Historische Verein für den Regierungsbezirk Marien werder;
die ComeDius-Gesellschaft zu Münster.
Durch das Wohlwollen mehrerer Gönner des Vereins ist auch in diesem
Nüanre die Bibliothek mit wertvollen Geschenken bedacht worden. Wir sprechen
dafür den freundlichen Gebern an dieser Stelle den verbindlichsten Dank aus:
Ber Königlichen Regierung hierselbst, der Landesdirektion hierselbst, sowie den
Herren Oberst z. D, von Cohausen, Sanitätsrat Dr. Florschütz hierselbst»
■Vremierlieuteuant Hoffmann in Gummersbach, Rechtsanwalt E, Leisler (W.),
^^, A. KHngholz (W.), J. de Rey-Paithade in Toulouse, Laodesdirektor Sar-
torius (W.), Frl. Marie Schaffhausen in Bonn, Verlagsbuchhandlung B. G,
Teubner in Leipzig, Herrn Stadtbibliothekar Dr. W, Velke in Mainz. Auch
der kürzlich verstorbene Herr Wirkl Staatsrat von Becker hatte sein freund-
liches Interesse für den Verein durch Zuweisung einer Anzahl auf badische
Geschichte bezüglicher Bücher an die Bibliothek bethätigt.
Vorträge.
1) Sitzung im „Rothen Haus*^ am 8, November 1898.
Der Vereinsdirektor Herr Sanitätsrnt Dr. Florschütz begrüsst
die zahlreich erschienenen Mitglieder und Gäste und widmet den um
unseren Verein hochverdienten, seit der letzten Sitzung verstorbenen
Herren, Herrn Professor Dr. Spiess, dem früheren Vereinsdirektor,
und Herrn Geh* Justizrat von Eck^ dem langjährigen juristischen
Berater des Vereins einen Nachruf.
^ '^- '^
Hl
.^1^^^^^
156
Der Königliche Konservator Herr Oberst z. D. von Cohausen
berichtet über die diesjährige Generalversammlang des Gesamtvereins
der deatschen Geschichts- und Altertumsvereine in Stuttgart, zu wel-
cher er als Delegierter entsandt worden war.
Nach einer längeren Aosftlhnmg Aber Wesen und Bedeotong dieser General-
versammlongcn verbreitet er sich eingehend über die zu Stuttgart gehaltenen öffent-
lidien Vorträge der Herren Dr. Fraas, Dr. von Stalin, Generalmajor von Pfister,
Dr. Kraus und Dekan Klemm, fflr welche auf den inzwischen im Druck erschienenen
offiziellen Bericht Aber die Generalversammlung verwiesen werden kann. In der prä-
historischen Sektion, deren Vorsitzender der Redner war, stand noch die von der
letzten Generalversammlung flbemommene Frage Aber das Wesen und die tirpischen
Kennzeichen der vorgeschichtlichen Kultusstätten zur Besprechung. Auch diesesmal
gelangte die Frage nicht zur Lösung; es wurde vielmehr eine Kommission ernannt
behufe Aufstellung eines erschöpfenden Fragebogens, der an geeignete Persönlichkeiten
versandt werden soll. Die Mardellen-Frage konnte auch diesesmal nur gestreift
werden. Allgemeines Interesse erweckten die Mitteilungen des Herrn Baumeisters
Jacobi in Homburg v. d. H. tlber seine epochemachenden Entdeckungen am römischen
Limes im Taunus (siehe oben S. 148 ff.).
Sodann spricht Herr Oberst von Cohausen über die Urbevölke-
rung Nord- Japans, die Ainos, von denen zahlreiche Handarbeiten in
Geräten, Waffen und interessanten Textiistücken, welche einem Ge-
schenke der Frau Polizeihauptmann Höhn für die ethnologische Ab-
teilung unseres Museums angehören, ausgestellt sind.
Endlich macht Herr E. Schierenberg einige Mitteilungen aus
den neuesten Veröffentlichungen des Smithsonian Institution zu Washing-
ton, besonders über die viel besprochenen Klippen Wohnungen in den
Gebirgsschluchten von Arizona, New-Mexico und Utah.
Während manche enthusiastische Reisende, welche die Gabe zu haben scheinen,
immer weit mehr zu sehen, als wirklich vorhanden ist, in ihnen die Überreste einer
uralten untergegangenen Kultur erblicken wollten, hat Major Powell, der Vorsteher
der geologischen Vermessung der Vereinigten Staaten, tiberzeugend nachgewiesen,
dass sie Indianerstämmen angehörten, welche noch jetzt in der Nachbarschaft wohnen,
und dass sie teilweise noch bis in die neueste Zeit benutzt worden sind. In gewöhn-
lichen Zeiten lebten jene Stämme in den sog. Pueblo's, runden oder elliptischen
steinernen Gebäuden, welche bis zu sieben Stockwerk hoch waren und einen Hof
einschlössen. Sic enthielten Hunderte von Räumen, welche teils als Wohnungen, teils
als Vorratskammern dienten. Von aussen waren sie bloss mit Leitern zugänglich.
Solcher Pueblo's sind noch einige Dutzend bewohnt. Hunderte liegen in Ruinen. Wenn
die Bewohner von kriegerischen Feinden bedrängt wurden, verliessen sie die Pueblo's
und nahmen ihre Zuflucht in den schwerer zugänglichen Klippeuwohnungen an den
senkrechten Wänden der tief eingeschnittenen Schluchten jener Gegenden. Dies ist
nachweisbar noch vor nicht langer Zeit geschehen.
^^ 187
2) Sitzung im ^Rothen Haus*' am 29. November 1893.
Die Licbeiiswardigkeit des Konsiervators des Römisch-germanischen Museums zu
Hcrnj L. Lindenscbmit liatte es ermöglicht, eine ganz vorzügliche Aus-
dlung alamaimisdier und fränkischer Schutz- uud Tnit/wafteri den Mitgliedern vor*
ttführcn. Dicselbeu bestanden aus Irisch angefertigten, in Metall und Holz lierge-
Jlten Nachbildungen der besten Originale, und Hessen mit ihren Lanzen und
eercn, Bogen und Pfeilen, gewaltigen Schwertern, einem i»rachtvollen Scramasax,
en verschiedenen Arten der Franciaka, dem schimmernden Helm und den gebuckelten,
ant bematten Schilden die altgermaniäcbe BewafiTuang, die wir sonst nui* in mehr
ier weniger defektem Zustande den Gräbern entnehmen, in neuem Glänze vor uuse^
Auge erstehen. Herr Dr. Flor schütz schilderte die einzelnen Stücke in ein-
ehender Weise, nachdem er in der Einleitung seines Vortrages auf die Schwierigkeiten
afmerksam gemacht batte, in den der alamannisch-fränkischen Ejwclie vorausgehenden
Pumlen typisch germanische Formen festzustellen, Interessenten verweisen wir anf
Se klassische Arbeit Lindenschmit's in seinem Handbuch der deutschen Altertums-
Linde, Band I.
Für nächsten Winter ist eine ähnliche Ausstellung römischer Be-
waffnung in Aussicht genommen.
3) Oeneralversammluug im Museumssaale am 16. Dezember 1893*
Der von Herrn Dr. Fooke über „Cliarlotlie Corday" gelialtene
Vortrag war einer grüeaeren Arbeit entnommen, welche demnaclist als
Monographie ersoheineu wird.
4) Sitzung ira „Rothen Haus" am 10. Januar 1894.
Der Vorsitzeudo Herr Dr. Plorsehiitz widmet dem kllrzlich in
Stuttgart verstorbenen Ehrenmitgliede des Vereins, rierrii (Jeh. Reg.- '
und Baurat Cuno einen Nachruf.
Sodann legt Herr Dr. Clouth eine Reihe von Photographieen vor,
welche die grossartigeu Ruinen von Angkor Wat in Siam darstellen^
und begleitet dieselben mit einijj;en orientierenden Uemerkungeu« weichte
sich an einen von Mr George N. Lurzon am 24. April 1893 in der
Sitzung der Royal Geographica! Society zu London gehaltenen Vortrag
anlehnen.
Die Ruinen befinden sich auf dem 13. Grad nördl. Breite und dem 104. Grad ustl.
Mge 20 km landeinwärts von dem Binnensee Talay Sap, südwestlich vom Mekong.
Das Gebiet, auf welchem sie liegen, geh^^irt zu Siam; um sie zu erreichen, bedarf es der
chiifahrt auf dem Siem Rep, dann eines Rittes zu Pferde nach der IIau|>tstadt der
gleichnamigen Provinz und von da eines 1 V» stündigen Marsches auf sehr gut gehaltener
itrasse bis zur äusseren Terrasse von Angkor Wat. Die Ruinen bedecken eine Fläche
m 32 qkm. Nach Lurzon 's Ansicht sind die Tempel nicht der Drachenverehrung (wie
Pergusson), auch nicht dem Buddha geweiht gewesen (wie Garnier» Legre e und
kudere meinten), sondern sie sind rein brahmanisch und erst später die Statuen des
idlia in die Nischen und Schreine der tlindugottheiten eingesetzt worden. Für
158
iHe Erbauer der TemjKjl und der übrigen Bauten hält er die Kbmer, einen wahr-
scheinlich von Indien über I-ond gelcomraenen Volksstamm. Die Zeit der Baoteu
dürfte nach den Forschungen französiscLer Gelelirter in das 11, bis 7* Jahriuindert
vor Chr, fallen. Das Material der alten Bauten zeigt durchgehends nur zwei Stein-
arten: 1* einen harten feinkOniigon SantL^tein, der besonders fdr die Skulpturen verwendet
wurde, und 2, einen rauhen porösen, rötlichen Stein für den Unterbau : die viel spÄlerer
Zeit angehörigen ßauten bestehen aus gut gebrannten Ziegelsteinen. Das Steinmat^rial
stammt aus Brüchen, welche mehr als 50 km weit entfernt waren; die Möglichkeit
des TransiH>rtes solcher Massen bei den schlechten Wegen wird nur verstilndlich durch
ilen noch jetzt in fThina zu beobachtenden Gebrauch^ Steinblöcke, Glocken etc, auf
4len Schultern von Hunderten von Trägern, durch Gerüste verteilt, im Mai^chteropo
fortjcubewegen.
Die verschiedenen Oebfiudekompicxe lassen sich in 7 Grupi)en teilen: 1, die Hainen
auf der Hrdio von Puom Krome und zu Aihvethvea auf dem rechten Ufer des Flus
2. der eigentliche grosse Tempel von Angkor Wat, 5 km vom Flusse entfernt; 3.
Hügel von ßakhong; 4. die Ruinen der Königsstadt von Angkor Tom; 5, 8 km weil
östHcli der grosse See und der Sommerpalast von Barie Mtdmni ; ß» auf dem fistlichen*
Ufer das Flusses die Gruppe von Prasat Kao; 7* Ziegelbauten von Bathoum, Mabn»
und f*rcarup*
Hierauf hält Herr Major Schlieben einen Vortrag über
Erfindung und erste Einrichtung der Wasaerraühlen",
Die erste Erwähnung einer Wassermühle als Sehenswürdigkeit der Stadt Kabirt
in F*onlus findet sich bei Straho, und Servius berichtet, dass solche Mühlen kurz vor
Augustus in Rom aufkamen. Es ist nicht unwalirscheinlich^ dass Mithridates, wie
eine unverbürgte Nachricht sagt, wirklich der Eriinder war und die erste Anlofe
ins erste Drittel des L Jahrhunderts vor dir. föllt. Durch ein Epigramm des Anil*
pater wird das Vorhandensein von Wassermühlen in Rom zur Zeit Ciceros, durds
eine Verordnung Caligulas und spütere Angaben aus ilem lü* Jahrhundert das Fort-
bestehen von Boss- und Eselmülden erwiesen. Die von Sklaven und VerbrecJjem
getriebenen schweren Handmfthlen hörten unter Thcodosius auf, kleinere blieben h\*
in die neueste Zeit bestehen.
Die Getreidebereitung zerüel in die Anfertigung von Mehl und von Graui^en,
beides durch Stossen oder Mahlen. Die Anfertigung der Graupen beschreibt Plinins»
Hiat. uat. XVIIL 10 (23), dessen Text zunächst richtig zu stellen ist. Falsch ist die
Lciiart ut comidantur grana ferrumque frangatur^ da nicht das Zerbrechen dct
schweren Eisens, sondern das Zerquetschen der Kömer sm befürchten ist, was
Oraui>en nicht vorkommen soll ; es muss gelesen werden ferroque frangantur^ V
wichtigüte Stelle ist die folgende: ratis etiam (utitnr)^ quas aqua rej^scJ obUer, ei
moliitf nicht molii oder molat. Darunter ist zu verstehen nicht ein oberschlidi*
tiges Wasserrad, wie viele wollen, sondern ein senkrechtes Rad, welches oboiltii,
d, h, von oben leicht aber das zu enthülsende Getreide hinweggleitct und
gegen die scharfen Kanten der umgebenden Trommel wirft; denn die Wlrkmig
ober* oder unterschlächtigeu Wasserrades ist für die Bereitung der Grauiicn g«!iuiit
dle^be, also ganx gleichgiltig* Molia wird gelesen« weil man sich auch der Mahleo
i
4
159
nit horizontalem Stein, wie lange Zeit im den Flmer Graupen geschah, hedienen
koimie. Es wird nun eine solche Mühle mit Hülfe der Angaben Vifcruvs in sehr ein-
Ifacher Art konalnaert, bei der die Umdrehungsgeschwindigkeit des senkrechten Rades
leih dem Zweck entsprechendes Mass innehält. Das Ganze wird durch die in Deutsch-
land bb ins XVII, Jahrhundert übliche Graupenbereitung, welche im Prinzip noeb
heute besteht, erläutert und durcli eine Zeichnung anschaulich gemacht.
Die Einriclitung der Mehlraühlen beschreibt Vitruv X» 5 (10) sehr ungeschickt
and undeutlich ; der Text ist gleichfalls verdorben. Unter tympanum intlummi ist
|eiu Rad im Innern der Mühle zu verstehen, während das Wasserrad sich draussen
befindet. Es i,^t zu lesen : quod (axu) haheaf tympanum denfatum et inelusum,
Illicht t*st. Sodann niuss hinter tympanum maius ein Komma stehen, weil die Be-
vegung beschleunigt werden soll, wahrend, wenn matus zum Folgenden gezogen wird,
fdie Wirkung eine entgegengesetzte, zweckwidrige sein würde; das zweite Rad, das
MphtfiHm^ d. h. horizontale, muss das kleinere sein, Mola ist hier der obere, sich
I drehende Mühlstein, der Läufer. Die weitere Beschreibung des infundibulum und
ias Fördern des Mchles kann nur der verstehen, der die Einrichtung bereits kennt,
che genau der an unseren primitiven Landmühlen entspricht. Auch hier wird die
ae Einrichtung durch eine Zeichnung deutlich gemacht.
YitruY kannte nur diese erste Einrichtung der Mühleu, sie blieb im allgemeinen
iJahrhunderte lang dieselbe. Im Jahre 536, als die Goten Rom belagerten und die
'Wasserleitungen zerstört hatten, erfand Belisar die Schiflsmülden* Allmühlich trennte
sich das Müllergewerbe von dem der Böcker, während früher der pistor beide aus-
IAfale. Windmühlen scheinen, nach Gitateu bei Du Cange, erst im XIL Jahrhundert
iaufgekommen zu sein. Erst 1784 wurde nach verschiedenen nicht gelungenen Yer-
ßuchen in England die erste mit Erfolg arbeitende Dampfmühlc erbaut, seitdem sind
die Mühlen und mit ihnen die Mehlbereitung ganz ausserordentlich vervollkommnet
worden*
^5) Sitzung im ^Rothen Haus** am 24. Januar 1894.
Der Köüigliche Konservator Herr Oberst z. D. von Cohauspn
hält einen Vortrag über „Die Volkatrachten in Nassau*^.
Der Obstbaumzüchter Herr R. Zorn in Ilofheim hat den Antrag gestallt, der
AUertumsverein wolle die jetzt noch in Nassau vorhandenen Landestrachten der
ländlichen Bevölkerung und besonders die im Verschwinden begrift'enc Tracht des
«Blauen Ländchens» (Di edenbergen, Breckenheira, Wallau, Wildsachsen etc.) durch
Beschreibung, photographische Aufnahme oder Modelle in den Annalen und im Museum
er Nachwelt erhalten. In der Garderobe des hiesigen königlichen Theaters sind
e Trachten von Bäuerinnen vorhanden, welche bei Gelegenheit des ersten Besuches
les Kaisers Willielm L in Wiesbaden für ein Ballet als völlig getreue Nachbildungen
er wirklich getragenen Kleidung angefertigt worden sind. In dem sogenannten Buch-
nkenlande, aus welchem uns ein Kostümbild eines Mädchens vorliegt, welches wir nächst
em Herrn Landrate Seyberth der Gefälligkeit der Frau Präsident Winter in
Imshauson und der Frau Pfarrer Schneider in Budienau danken, wechseln die
rächten, zumal die Mützen, wenn nicht mit jedem Dorfe, so doch mit jedem Amte,
tlhrend die Mäddien im Breidenbachor Grunde rote <Kubclchen>^, d. h. cylindrischey
'jKBi,^L^maätm
Mä
$teif abgesteppte Mützen mit schwarzen ßäudera tragen, sind dieselben in Batteol»er|t
schwarz und anliegend und haben in Dantphe fast die Form eines bayerischen Gen-
darmenhelme^ an^ schwarzer Wolle, Ein besonderer Staat sind dort die sicbthareß
breiten ^ Hosenbändel*, d, h. Strumpfbänder mit roten Quasten. Sehr klcidsaih«
praktjseb tmd gediegen ist die Tracht der Frauen und Mädchen in Brandoherntlorf
im Kreise Usingen (vergj. Annalen XVII^ 27), die jetzt freilich nur mehr von den
Reicheren und Voniehmercn getragen wird. Aber auch hier sind es fast ansschlies&lirh
die Frauen» welche die Sitte bewahren, die Kleidung der M&nner erinnert kanm
mehr an eine Landestracht. Zwei vorgelegte, von einer Dame ge^seichnete BIldclieD
zeigen die Einzelheiten der Tracht der Frauen: sie tragen schwarze Strftn»pfe^ eiocii
kurzen schwarzen Rock mit dunkelblauer Schürze» eine dunkelfarbene geblümte Jackf
mit hellem, über die Schultern gehendem, hinten geknüpftem Ilalstuche, einen gestej^ttlen
runden Hut, von dem ringsum Spitzen herabhängen, welche die Augen nicht sehen
lassen. Die Mädchen haben hellblaue Strümpfe, einen kurzen schwarzen Rock mit
hellblauer Sdiürze, ein braunes Mieder, das die Hemdärmel freilässt, ein eng an*
liegendem gesticktes Mfttzchcn mit schwarzen Bindebiindern.
Auch Herr Ilauser in Mainz sammelt liindliche Trachten, namentlich Uanhen
und Bänder von Frauen und Mädchen aus dem 'Blauen Läudchen^ (eigeiiiüch
die 1803 an Nassau gekommene Herrschaft Eppstein, begrenzt etwa von Hochheim,
Hof heim, Eppstein, Bierstadt). Aber auch hier fehlen die Trachten der Bnmchen
tv^t völlig; dieselben haben nach ihrer Militärzeit die Freude an ihrer l^ndcstraciit
verloren. — Über das Alter der ländlichen Trachten darf man sicli keiner TäüschDug
hingeben; die wenigsten werden über das 16. Jahrhundert hinaufgehen; es sind
Nachahmungen städtischer Moden, die beim Laudvolke etwas länger sich erbjüten
haben. Ein Beispiel aus der neueren Zeit bieten die in den 30 er Jahren aufi^
kommenen Chignonänncl, welche jetzt noch in Dachau bei Manchen getragen werden.
Hoffentlich wird die jetzige, der Weiblichen Gestalt so sehr widersprechende Damen*
tracht nicht ebenfalls als eine ^Volkstracht* aufgegriffen. In dem \ortrelHichcD
Werke von Kretschmer: Deutsche Volkstrachten, Leipzig 1870, betreffen tmch
Ä Blätter unser Vereinsgebiet, 2 Blätter Riedenkopf, 1 Blatt Wetzlar.
Was nun die praktische Seite der von Herrn Zorn angeregten Fro^, ilit
Sammeln bezw. Erhalten dieser Trachten seitens des Vereins angeht, so ist «n eine
Sammlung von üriginalkleidungsstQcken schon aus dem Grunde nicht zu denken, woil
uns im Museum volUtändig der Platz hierzu feliit. Wohl aber wäre eine Sammiwsf
von ausgemalten l'hutographieen der Trachten in Kabinettformat möglich. Iliefi«
die Mittel zu gewähren und in iliren Kreisen die Sache in die Hand ku nebJDiii^
würden die Kreisstände, die ohnehin Mitglieder unseres Vereins sind, am geeignetidcii
sein und müssten seitens des V^ereins darum gebeten werden.
In der längeren an den Vortrag anknüpfenden Debatte erbietet
sich Herr Juetizrat Thonges^ Zeichnungen von Traehteo atta dem
Amte Dillenburg, der Gegend von Montabaur, Wallmerod. naehenburp
und Limburg zu beschaffen, Herr Direktor Fiscbbacb i*t"iwh\»|||t
dringend die Beaehaffung von Originalkostiimen*
Hierauf hält lli*rr Mtfjur Heb Heben einen Vortrag Über ,St, UiMirg^
aU l)raeheukiitnpft*r^.
4
161
y Man denkt sich St. Georg als sUittlichen Kitter, welcher zu Pferde gegen einen
Draclieti kämpft und ihm den Speer in den Rachen stöstst. Da& Yorhitd dazu lieferte
Jacobtis de Voragine in seiner Legenda aurea. Er verlegt den Kampf eines Ritters
gegen einen Drachen, um eine Jungfrau m befreien, nach Libyen, andere Bearbeit*
ungen nach Kappadocien. Syrien, Palüstina, eine derselben nennt als die befreite
Jungfiau die bU Margarethe, welche mit dem Drachen abgebildet zu werden pflegt.
Der Codex des Jacübus de Voragine stammt aus dem XII, .Jahrhundert, stützt sich
aber auf einen älteren aus dem VIIL Jahrhunderl. Älter als diese Erzählung ist
die von dem Megalomartyr Georg, welche die Acta Sanctorum enthalten. Dieser
wurde unter Diocletian als Verteidiger der Christen gefoltert und am 23. April 303
umgebracbu Er ist der kirchliche Heilige, jedoch ist bei ihm von einem Drachen-
kampfe keine Kede ; die Kirche fajBSte später diesen Kampf, welcher demselben Georg
als Jugenrlthat zugeschrieben wurde, nur symbolisch als Überwindung von Unglauben
und Ketzerei, als Überwindung des Teufels und als Sieg des Christentums auf.
Eine Erzählung bei Vertot, Histoire de Malthe, welcher einen Maltheser Ritter
auf Rhodos im XIV. Jahrhundert gegen den Befehl seines Grossmeisters einen ahn*
liehen Drachenkampf bestehen lässt, hat Schiller den Stoff zu seiner Ballade -^Der
Kampf mit dem Drachen* geliefert. Aus dem XIII. Jahrhundert gibt es noch äbn-
liche deutsche und englische Dichtungen.
Drac.hensagcn gibt es bei allen Völkern; als Drachen bezeichnete Ungeheuer
sind jedoch nur PhantasiegebiUle. zu denen die Apokalypse und' die Heldensagen die
Vorbilder geliefert haben. Sie wurden als Standarten und in Wappen geführt, und
stehen heute noch in ('hina in Verehrung. Drachenkämpfer waren Ilama, Rüstern,
Apollo* Herakles, Jason, Kadmos, Bellerophon, Perseus, Beowulf, Ortnit^ Wolfdietricb,
TristAii und Sigurd oder Siegfried. Diese Kämpfe beziehen sich in der nordischen
Mythologie auf den Kampf des Sommers gegen den Winter, d, h. Odins oder seiner
Stellveilreter gegen die Reifriesen oder Thursen zur Befreiung der Sonnenjungfrau,
der schon in den ältesten Zeiten in Deutschland dramatisch dargestellt wurde. An
Odinji Stelle traten die Sonncuhelden und schliesslich St. Georg, da nach Einführung
des Christentums die Eigenschaften und Verrichtungen Wuotans und anderer Götter
xnm Teil auf christliche Heilige, wie Georg, Martin, ilswald, Mlcliael, übergingen.
Der hl. Georg genoss schon unter Konstantin grosse Verehrung, sein Bild wurde
mit dem des Mithras verschmolzen; in den fortwährenden Überarbeitungen der alten
Legende wurde er zum glänzenden Jüngling, zum Lichtgott, nach dem die alten Iberer
am Kaukasus sich Georgier nannten, zum Drachenkämpfer und durch die Kreuzfahrer,
welclie ihn in dieser Auffassung kennen lernten, namentlich durch Richard Löwen-
herz, zum Ritter, der für die Kreuzfahrer gegen die Ungläubigen kämpfte. So kam
er als Ritter vom Morgenlande ins Abendland und wurde volkstümlich, da man in
ihm den Stellvertreter Wuotans mit dessen Schimmel und Speer sah.
Der hl. Georg wurde Patron der Krieger, der Reiter und ihrer Pferde. Die
Bauemritte um die Linde am Georgitage (23. April) und die Wettrennen bezeugen
idies. Die Sago wurde vielfach lokalisiert, so in Leipzig and Mansfeld, In letzterem
Orte wurde der hl. Georg als Schutzpatron auf die Münzen geprügt; berühmt sind
die Georgsthaler des Grafen David von Mansfeld, weil an ihnen« besonders an den
Uirgängen UJ09 und 1(111 der auf einem wunderbaren Vorfall aus dem HOjithrigcn
■ J|MI41#JI, liil. XXVI. 1 1
162
Kriege beruhende Aberglaube haftet, dass sie unverwundbar machen. Der hl. Georg
schfitzte aber auch gegen Krankheiten und Tod und deshalb standen die Aussatz-
uiid Pesthäuser unter seinem Patronate. Allerlei Aberglaube gründete sich auf diese
Vorstellungen, wovon beim Kugelsegen und beim Schäfflertanz noch Spuren zu finden
sind. Die verschiedenen Georgsorden gehören heute noch zu den höchsten Auszeich-
nungen, namentlich in England und Rusdand.
Zum Schluss zeigt der Yorsitzende Herr Sanitatsrat Dr. Flor-
schütz einen ihm zum Geschenke gemachten „Panzerbrecher* vor,
eine dolchartige Waffe, mit sehr spitzer und schmaler Klinge und da-
durch befähigt, im Nahkampf zwischen die Schuppen und Ringe der
Panzer, gegen die Schwert und Lanze nichts auszurichten vermochten,
einzudringen. Er überweist den wegen seiner grossen Seltenheit sehr
wertvollen Gegenstand dem Museum.
6) Sitzung im „Rothen Haus^ am 14. Februar 1894.
Herr Schriftsteller Spiel mann hält einen Vortrag über , Adolf
von Nassau, Kurfürst von Mainz, und die luxemburgischen Kaiser^.
In unseren Tagen ist die Dynastie Nassau in den Besitz des Grossherzogtums
Luxemburg gelangt. Aber bereits vor etwa 500 Jahren traten die Glieder beider fürst-
lichen Häuser öfter zu einander in Beziehung, zuerst zur Zeit Kaiser Karls IV., Königs
von Böhmen, aus dem luxemburgischen Geschlechte. Karl war bestrebt, mit allen
Mitteln seine Hausmacht zu vermehren, meist durch staatskluge und gewante Akte,
weshalb man ihn auch als den ersten Diplomaten auf dem römisch-deutschen Kaiser-
throne bezeichnet hat. Seine Politik lässt sich charakterisieren als vorsichtig im
Versprechen, treulos im Halten, zurückhaltend im Gewähren, unerbittlich im Fordern,
schlau im Erkennen des rechten Zeitpunktes, nachdrücklich im Verfolg des einmal
Begonnenen. Persönlich zeichnete ihn einnehmendes Wesen, Höflichkeit und Gelehr-
samkeit aus; die Eigenschaften dreier Nationen vereinigten sich in ihm: deutscher
Ordnungssinn, welsche Bildung und slavische Verschlagenheit. Ihm kam es vor Allem
darauf an, seinem Hause ein dauerndes Übergewicht in Deutschland zu verschaffen;
deshalb fügte er zu Böhmen Schlesien und die Lausitz unmittelbar hinzu, verleibte
die den Witteisbachern entrissene Mark Brandenburg seinem Königreiche ein und
machte die slavischen Herzöge von Mecklenburg und Pommern von sich abhängig.
Sein gesamtes Reich, zu welchem er noch die Oberpfalz hinzu erwarb, erhielt eine
feste Organisation und als erste dauernde Residenz Prag. Der Landfriede wurde
gewahrt, die Bodenkultur befördert, Handel und Wandel gehoben und der Grund zu
einem stehenden Heere gelegt. Erst nachdem er sich so eine feste Grundlage zur
Durchführung seiner weiteren Pläne geschaffen hatte, wandte er seine Aufmerksam-
keit dem Reiche zu. Allein hier trat ihm eine Persönlichkeit gegenüber, die seine
Pläne zum Scheitern brachte. Dies war Adolf von Nassau, der jugendliche Urenkel
des deutschen Königs gleichen Namens. Ursprünglich, wie sein Oheim, der verstorbene
Erzbischof Gerlach von Mainz, ein Anhänger des Kaisers, wurde er, durch die Politik
Karls zweimal von dem Throne des ersten geistlichen Fürstentums ausgeschlossen,
zum erbitterten Feinde des luxemburgischen Hauses gemacht. Der Kaiser nämlich
163
battG bei seinen Organisationgbestrebungeu 1iaiii)t£4ichlich wiederum die Befestigung
seiner eigenen Macht in Westdeutschland im Auge und zielte auch auf Erblichmachung
der Krone in seinem Gcselilechte, Sein Bruder Lesass bereits Luxemburg, ßrabant,
Limburg* nnn suchte Karl durch Bündnisse und Heiraten sein Ansehen iin Westen
weiter in befestigen. Adolf aber, dem es inzwischen doch gelungen war, die Main/er
Kurwürde zu erhalten, l*ehauptete sich in seinem Besitze und verfocht seine Inleressen
iu blutigen Fehden gegen des Kaisers Bundesgenossen, weshalb er den Beinamen
^dcr beissende Wtilf* von seinen Zeitgenossen erhielt. Als dann Karl starb^ ohne
Ziel erreicht zu haben, und sein Sohn Wenzel KOnig wurde, suchte dieser Adolf
"dadurch zu gewinnen, dass er ihn iu seiner Stellung als Kurfürst anerkannte. Aber
dessen Streben ging jetzt noch höher: er selbst wollte an der Spitze seiner Bundes-
genossen an Stelle des Königs Ordner des Reiches und dessen Lenker werden. Zur
Erreichung dieses Zieles wnsstc er den Streit zwischen Königtum, Ritterschaft und
Städten geschickt zu benutzen, sodass er stets als Schiedsrichter der Parteien anerkannt
wnrile. So kam es, dass Adolf endlich dem Könige alle Macht aus der Hand ge-
wunden und die luxemburgische Hausiwlitik durch seine eigene verdrängt hatte,
Wenzel zog sich nach Böhmen zurück und ktiranierte sich nicht mehr um das Reich*
Doch noch ehe Adolf sein Ziel völlig erreicht hatte, starb er in noch jugendlichem
Alter. Sein Bruder, der spätere Kurfürst Johann von Mainz, der dem Reiche nach-
einander 3 Könige gab, setzte Adolfs Politik mit Erfolg fort. Die grosse nationale
Bedeutung Adolfs liegt darin, dass er in erster Linie es war, welcher verlijndertCi
da&s die deutsche Plinlieit von Böhmen, d. h. durch slavischo Interessen bestimmt,
und dass dieses Land das Hauptland Deutschlands wurde«
Hierauf bespricht Herr Major Schlieben eiue grossere Arbeit
dea Professors Dr, Braungart, welche im 3. Hefte des XXIL Bandes
der Landwirtschaftlichen Jahrbücher, Berlin 1893 abgedruckt ist, über
„Die Hufeiseufunde in Deutschland und die Geschichte des Hufeisens".
Der Redner, welcher im XX. Bande der Annalen des nassauischen AUertums-
vereins, Wiesbaden 1888, selbst einen längeren Aufsatz über die Ilufeisenfrage ver-
öffentlicht hat, der dem Verfasser unbekannt geblieben ist, ist anderer Ansicht, als
dieser und glaubt viele von dem Verfasser wieder vorgebrachte Ansichten und Bei-
spiele schon widerlegt zu haben. Er wendet sich zunächst gegen einen Fundameiital-
satz des Verfassers und seiner Autoritäten, dass die gallischen Hufeisen kleiner gewesen
seien, als die germanischen und führt dafür eine Anzahl Beweisstellen aus Cäsar, Tacitus,
Florus Appian, Plutarch an, bezweitelt die Beweiskraft der Funde von Alesia und die
Kichtigkeit der Folgerungen auf die Funde in Deutschland, und kann namentlich dem
Verfahren, wie die alamannische und suevisch'baiuwarische licihe von alten Eisen nach
dem blossen Augenschein durch Aussuchen aus einem Haufen von 300 Stück, deren
Ursprung ganz unbekannt ist und die er selbst früher gesehen hat, um so weniger
zustimmen, als der Verfasser selbst gesteht, kein Entwickelungsprinzip darin entdeckt
zu haben und dass die Eisen, sowohl aus den Schanzen bei Alesia, als aus den baye-
rischen Hochäckern zum Teil wie solche aus dem XIL Jahrhundert aussähen (S, 390).
Audi in den beigegebenen Abbildungen sind die Unterschiede in den Eisen nicht so
bedeutend, um 90 einsckneidcnde Klassifizierungen zu rechtfertigen, was schon der Aus-
1^
164
driit-k «Htark germmlsicrtes kdtiscbes ^Emm* bei Fmden toü der Stdtmrjt bi
welche vrm allon Funflen die am beitai begläiibigfai «ad datierte« siorl und doi
Formen zeigen (8. 432. 20). Der Redner mukt icfciieMlicih seinersdu nocb
hiprkungen Ober den llttf vom Pferd« Cims inteeftaui, wddm sich bei
CAKar 61 itnd M Sfilintts 45 findmi irod sieIH miiebB« dAiin eine mtf d^ Abiirglaal
Bcimr Landfiteuto fpekulierende Tinedning Ciaars zu «eben« welcher die Weltl
idiaft erKtrehte. Wie nüher erörtert wurde, könnte darin der Aufiaag des den
damals noch nnbekanuten Nagelbes^hlagcs zu sncbeo sein mid würde er dann
frühere Ansicht, dass der Nagelbescblag erst in den ersten Jahrbonderten
Zcitrechnting lofkani, aas diesem und anderen neoeren Gründen etwas äodertL
Die Besprechung von auf Hocbäcken] gefundenen Huf ' ^
anlaaat den Vorsitzenden Herrn Dr. Florschütz darauf u
zu machen, dass diese merkwürdigen Überreste des kdtiacheii A«
baues auch in der nächsten Nähe Wiesbadens beim Chaiuaeehause 7
beobachten sindJ)
Endlich weist Herr Dr, Tietz auf die Ähnlichkeit hin, wd
zwischen den Gigantengruppen und den Darstellungen dea
Oeorg besteht (siehe oben S. 135/186).
7) Sitzung im „Rotben Haus* am 28. Februar 1894.
Herr Dr. med. Genth aus Schwalbach hält einen Yortrag
„Aberglaube und Volksmedizin in der Gegenwart*^.
Aberglaube ist der Rest einer alten religiusen Vorstellung, der ürh ttach
dringen eines Denen Glaubens erhalten hat; welche grosse Lebensi^htgkeit diese
rcste be^it/en, beweist der Umstand, dass noch im XVTL Jahrhundert tm (Mj^
heidnische Opfer dargebracht worden sind. Wesentlich davon versdiieden iil die i
Oriente ausgehende, namentlich dnrch die Araber nach dem Westen verlireil
hcimc Wissenschaft der Magie, die man im Gegensatze zum Volkiab
• Kttustaberglanben* bc/eichnen kann. Der Vulksaberglaube, der allein tfkc um Um
in Betracht kommt, zeigt am meinten Verbreitung in der VolkbTnedizio. Die Kruk-
heit wird hier nicht als eine organische, als Störung physiologischer Vorgdtn^^
rselil
^) Eine Begehung der Strooke^ welche am 31, März von den Herren Dr. Flori
Prot f, THttdiohttm aus Tübingen und dem Unterzeichneten ausgeführt wurde (aiL
KW«it«ti am IX April Torgenommenen beteiligten sich auch die Herren Obentt t. Oehaotea
Hr. Tiott), ergab, daM der güdliobe besw. pQdwestllcbe Abhang in einer Brilie ton H\
Hohritt mit durohichnittlich 10 Schritt breiten, mehr oder weniger regelmlidg paraUel«!
beil<iekl l»t; diesetbon beginnen im Walde unmittelbar westlich von der Htatian Chi
und laaien »ich in mehr oder weniger scharfen Proülen bis in die Nähe der Ol
UhauMeehautp wo sie von der Schwalbacher Chaussee durohiohnitten werd«!^ Tftrfolfis, Oi«i^
halb der Iflataren sind deutltebo Spuren nicht beobachtet worden. Nach Aiudofie näaw
dirartig^r Anlagen wird man roit diesen Äckern einerseits die tYilher aiifg«d«el(te^ ^m 4m
hL^r Biihii Äum TcW durtliftchnirtoncn HügelgrÄber (aieh© Annalen XXI, Ml» I £|^
itN den Hingwatl, det«aen Kcstp stob auf dorn nahen Seh IJlfeM köpf* Dodttn, ni fimtm-
nf^ohang lottitn dilrfati. l^ine genaue ITnterauohung und Aufnahme dtf gasMo Anlifn wM.
lUlinflichit vorgonoromen werden.
165
Jern ab dio Wirkung eines Dämons betrachtet, darch dessen Vertrcibnng bozw, Un-
$chlldlichmachung allein ilio Heilung bewirkt werden kann. Die Entsühnting Ist daher
die älteste Form; dieselbe wird zunächst vollzogen durch blutige Menschen- oder
Ticrofifer^ wie sie im Märchen noch erscheinen im Ritter Blaubart und in «lern Opfer-
tmle der Jungfrau im -Armen Heinrich*. Als Reste davon sind anzusehen die Ent-
mannung bezw* Beschneidung, die heilende Wirkung, welche man dem Blute Hin-
gerichteter zuschrieb, sowie der kulturelle Aderlass, Weiter fand eine EntsMbnung
durch Feuer oder Wasser statt, welche schon bei Persem und Juden üblich war und
auch in den Sonnen wendfenern ihren Ausdruck fand. Sehr grosse Bedeutung aber
legt^ man bei Heilung von Krankheiten der Sitte des ^Besprechens»^ bei und hierin
zeigt sich, dass die JaJirtausende alten Formeln zum Teil noch heute im Gebrauch
sind, natürlich ohne in ihrer ursprünglichen Bedeutung erkannt zu werden (so wird
der Schiusa eines der bekannten Merseburger Zaubersi>rüche in Hessen und Böhmen
noch jetzt gegen bestimmte Leiden angewendet). Mit dem Besprechen sind hliufig norh
Manipulationen verbunden^ wie das Umgreifen, Abringein und das Anblasen, welchem
letztere sich z. B. in dem Anhauchen hei der Taufe erhalten hat* Wichtig ist, dass
bliese Handlungen schweigend ausgeführt werden, meist von einer Person des anderen
Geschlechts; geschieht dies nackt, so ist anf ein besonders hohes Alter des Gebrauchs
I zu schliessen. Der Gedanke, dass die Krankheit auf andere Gegenstände oder lebende
oder lote Wesen tibertragen werden könne, liegt den sympathetischen Kuren zu
Grunde, welche schon Plinius kennt. Auf dem Neuhof bei Marburg wird die Krank-
I heit von den in einen Birkenwald geführten Kranken durch Zauberspruch auf einzelne
I Bäume Obertragen. Unter den Tieren eignen sich zur Übertragung besonders Kreuz-
schnabel, Meerschwein und Schnecke. In der Wetterau worden Zahnschmerzen auf
einen Esel öbertragen, indem man denselben auf das Maul küsst. Die Volksmedizin
kennt aber auch vorbeugende Mittel zur VcrhOtung der Krankheit und auf diesem
Gebiete besitzt der Aberglaube die weiteste Verbreitung in aUen Schichten unserer
I Geseli^'haft. Hierher gehört der Schutz gegen den Kinfluss der Toten, welche die
I Überlebenden nach sich ziehen wollen. Damm müssen dem Toten die Augen zu-
I gedrückt, die Fenster des Sterbezimmers geöffnet, die Thüre geschlossen werden u, a, m,
Der Glaube an das Verschreien und Beschreien, hervorgegangen aus der Meinung
von dem Neide der Götter, ist besonders in der Wochenstube sehr allgemein* Gegen
die scbÄdliche Einwirkung solcher Einflüsse, sowie der Hexen, Alben, Truhten etc,
Igibt es Amulette, welche auch schuss- und hiebfest machen. Endlich ist auch die
Wahl des Tages, sowie der ab- und zunehmende Mond für bestimmte vorzunehmende
I Handlungen nicht gleichgiltig.
Es wäre sehr zu wünschen, dass von den Überresten des Volksaberglaubens,
{speziell in Nassau, eine Zusammenstellung veranstaltet würde.
Daraufmacht Herr Sanitätsrat Dr. Flurschütz Mitteilungen über
die neuesten Ergebnisse der Limeafuröchung im Taunus (vcrgl. oben
S. 148 ff.).
8) Sitzung im ^Rothen Haus** am 14. Mtirz 1894.
Herr Dr, 0. Heuer aus Frankfurt a. M, hält einen Vortrag über
»Kaiser Sigmund**,
166
Im allgenieinen beBchräukt sich die Kenntnis von Kaiser Sigmimds Tbaten auf
die durch ibii erfolgte V^erta^teUfitig des Huss, die Einsetzung des ersten IloheuzoUoni
in Brandenburg und die unter ihm wütenden Hussitenkriege. Es liegt dies zum Teil
an tler bisherigen Anpassung, weiche .sein Bild nur schief und falsch zeichnete, ihn
«einem Charakter nach als einen Lump, seiner iK)liti9chen Thfitigkeit nach als eino
Null darzustellen gewohnt war. Uauptsäehlich dem Parteiliass ist diese geschichtliclMB
Fälschung ziizuschreibeü: die Protestanten sahen in ihm steU den Mörder de« kirdb«
liehen Üeforniators IIuss, obne dabei dem fanatischen Deutschenhass des C^sechon
Rechnung m tragen; von den Katholiken wiederum hatte er nichts Gutes zu envarteo,
weil sein Bestreben, tlie Maclit des Papsttums zu bescb ranken, ihn in dauernden
Kampf mit Rom setzte* Endlich hat auch die preussische Geschichtschreibung, welclie
ihre Fürsten nur zu oft einseitig schildert, Sigmund wegen seines Bruches mit Fried*
nch T, von itoheuzoUern in wenig günstiges Licht gesetzt. Doch eine unpartoiisdiu
Forschung» welche namentlich in den allmälüieh erschlossenen Reichstagsakten soi&er
Regierung ein reiches Material findet, gewinnt ein wesentlich günstigerem Bild tob
diesem Kaiser.
Als Sohn Kaiser Karls IV. 1368 geboren, erlangte er ilureh die Uand seiner
Gemahlin Maria ilen ungarischen Königsthron« Im Jahre 1410 erfolgte seine Wahl
mm deutschen König. Bei derselben war für die Kurftlrsten bestimmend gewesen,
dass Sigmund, der keinen Fuss breit deutschen Bodens besass, eine Hausmacht xa
griinden nicht leicht versucht werden konnte, da ihm männliche Nachkommen venttgt
geblieben waren. In dieser Berechnunia: bat man sicli auch nicht getäuscjit; Sigmimd
stand während seiner ganzen Regierung über den Parteien; ihm lag das Intereao
des Reiches und der Krone aufrichtig am Herzen. Sein klares und festes Programm,
mit welchem er im Jahre 1414 mich Deutschland kam, lautete: Wiederunfrtchtung
der tief gesunkenen königlichen Macht, Besserung der wirtschaftlichen Zustände ijd
Ueiclie, Reform des Handels und MUnzwesens, sowie Herstellung der kirchlichen Ein-
heit. Zur Durchführung seiner Pläne musste er sich Bundesgenossen suchen» da dio
bedeutenden Kräfte des weiten Ungarreiches fUr Deutschland nicht verfugbar warco.
Mit Erf(dg stutzte er sich dabei vorzugsweise auf die Reichsstädte und die Reich*'
ritterschaft, welche in ihm ihren natürlichen Halt gegen die ttberhandnehniende Maclit
der Fürsten erblickten. Seine Bestrebungen waren zu Anfang auch von Erfolg ge-
krönt^ wozu nicht wenig seine persi^nlicheu Eigenschaften beitrugen. Er hesass eine
bestrickende Liebenswürdigkeit, binreissende Beredsamkeit in fünf Sprachen, über*
raschende, ja oft verblüffende Schwungkraft des Geistes, eine rastlose Arbeit^ikrali
und eine Energie^ die oft in Heftigkeit und Jähzorn ausartete. In der Verlogenboil
ond Verschlagenheit seiner Politik stand er unter dem Einflüsse seiner ganacon ZdU
Sein grö&stcr |K>litisrher Fehler war, dass er zu hohe und weitgesteckte Ziele m
erreichen trachtete und dabei das Nächstliegende übersah oder in seiner Ik^deutung
unters<'hätzte. Dazu kam noch seine grosse GenussfUhigkett, die sich in Keigung zum
Trünke und zum schrmcn Geschlecht dokumentierte; aber Einfluss auf sinne |iotiUs
Stellung haben Weiber niemals unter ihm gehabt. Seine rastlose persönliche Thlt;
kcit lÄsst sich noch erkennen aus der Übereinstimmung der ans seiner Kaiutlei
vorgegangenen Scliriftstücke mit dem Inhalte von Äusseniiigon und UntarodtitiBQa^
die ima anderweitig von ihm bekannt geworden sind.
4
4
4
f
167
Auf dem KonEile tm Konstanz, dessen Zustandekommcu in erster Linie sein
Werk war» erfreute er sicli zu Anfang grosser BeUebtheit und gelang es ihm auch,
üe drei zur Zeit fungierenden Papste zur Abdankung zu veranlag»eu. wodurch er
Jaurn fllr seine Reform zu ^;e\viimen hoffte. Aber bei seinem Streben, zunächst die
<tform durchzuführen, dann erst zur neuen I^apstwahl zu schreiten, war or allein
ttf die Untersintzung der deutschen Kirchenfürsten angewiesen, die anderen Nationen,
Italiener^ Franzosen, endlich auch die Engländer setzten ihm hierbei den hartnilckig-
Bteo Widerstand entgegen inid brachten seine Pläne zum Scheitern, Dieser Miss-
folg wirkte auch auf seine Stellung in Deutschland zurück, was sich bei seinen
Versuchen, die Reichsstädte in einem Bunde zu vereinigen, die WasserzöUe aufüu*
beben, sowie eine einheitliche Münze zu schaö'en, zeigte; denn Niemand war geneigt,
ivon seinen Rechten zum Besten des Ganzen auch nur einen Bruchteil aufzugeben.
VieUeicht hätte Sigmund doch endlich noch Erfolge erzielt, wenn nicht nach dem
iTode seines Bruders Wenzel die czechische Revolution ausgebrochen wäre. Seine
E^OÜtik bestrebte sich zunächst, diese gefährliche Bewegung durch diplomatische Schach-
lüge hinzuhalten, bis auf dem Breslauer Reichstag 1420 der Kreuzzug gegen die
[lussiten beschjossen wurde. Aber die dauernden Misserfolge, welche die deutschen
und ungarischen Heere gegen die an Zahl meist geringeren fauatisierten Scharen in-
folge der neuen Taktik derselben (Wagenburg, und nach abgeschlagencni Angriffe
auf dieselbe entscheidender Ausfall) erlitten, haben seine Stellung in Deutschland
^■untergraben. Dazu kam, dass er auch in seiner polnischen Politik, welche ihm in
^■erster Linie durch die Interessen seines ungarischen Reiches diktiert vNUt'de, Unglück
^BiattG, wenn es ihm auch gelang, den polnischen König von einer wirklichen Ver-
■ bindung mit den Czechen abzuhalten, Friedrich von Brandenburg, der in Ungarn
Sigmunds Politik kennen gelernt hatte und bisher dessen festeste Stütze im Kur-
[farstenkollegium j^ewesen war, setzte sich durch die Verlobung seines Sohnes mit der
Srbtochter des polnischen Reiches in offenen Gegensatz zu Sigmund» Dieser Zwist,
Jer zu vielen diplomatischen Kämpfen führte, endete erst, als die Tochter des Polen-
königs starb und diesem bald darauf ein uiännlicher Thronerbe geboren wurde. Von
Srfolg gekrönt war Sigmunds Römerzug, auf dem er durch geschicktes Unterhandeln
len Papst dazu brachte, ihn zum Kaiser zu krönen. Durch sein persönliches Kingreifen
rerhin<lerte Sigmund auf dem Konzil zu Basel ein neues Scliisma. Vor seinem Tode
Boch gelang? es ihm, die böhmischen Wirreu beizulegen und als anerkannter König
in Prag einzuziehen.
Mit einem Hinweis auf den Unterschietl zwischen der damaligen Zerrissenheit
md (Ihnmacht des Reiches und dem heutigen festgefügten stolzen Bau, au dem frei-
einzelne Glieder der Nation bereits beginnen, in partikularistischen Gelüsten zu
Btteln, schloss der Redner den mit vielem Beifall aufgenommenen Yortrög,
Hierauf legt Herr Landgerichtsrat Düsaell einige von ihm er-
worbene Stücke der Volkstracht aus dem „Goldenen Grunde" (Amt
Caniberg) vor.
Die charakteristischen Teile der Frauentracht sind die Haube (*Komodchen^ ge-
ein gesiickter und mit Seide überzogener Deckel mit einfachem Band, welcher
bar das Hinterhaupt bedeckt), das Schultertuch, sowie die Jacke (»Mutzen od, Motzen*},
168
Emige kolmerie Bilder, welche diese Tracht darstellen, erÜLatem die Art. wie jene
Kleiduigsstücke getragen werden.
Endlich macht Herr Landgerichtsrai Düssell noch einige Mk-
teilongen über den Gebrauch und die Bedeotnng der Lügbanme.
Das WotI Logbanm (mit langem ö) hat mit Loch nichts zn thnn: es hingt
vielmehr mit dem germanischen Verbom ladian^ wdches einbauen bedeotet, zosanuBen
und bezeichnet den betreffenden Baom also ab den mit einem eingdiaoenen ZeicJiai
Tersehoien. ebenso wie z. B. anch ein «lachender Stein» genannt wird^ von d«
gldchen Verbom abgdntet. Die Bezeichnung findet sich sdion im Jahre 1012
«arbcM* lögbore» ; in den Weistflmem. z. B. der Hohen Mark, ersdieinen hiofig «gelogte
Biume». Im Xassauischen ist der Ausdruck jetzt nidit mehr Üblich, er findet sich nur
mdir in Eigennamen. In Privatwaldungen stdien hsl nirgends Grenzsleine, die Gren-
zen werden vielmehr durch Blume bezeichnet. Torzugswdse w^den dazu 'ELAem,
iMswdl«! auch Buchen« selten Hasel benutzt. Die Bezeidmung geschah dadurdt» daas
auf der Seite des Baumes, welche dem Grundstücke, dessen Grenze er bezd^uen
soUte. zugekehrt war, dn Stück aus der Rinde herausgeschllt wurde, eine Pirozedur.
die im Laufe der Jahre natftrlidi öfter wiederin^t werden muss. Bd der Hasd wird
ein stärkerer und daneboi ein sdiwidierer Trieb stehen gdassen und letzterer um
erst«» gewundoi (Kringd). Wird ein soldier Baum abgehauen, so bleibt der Stumpf
mit dem Zdchen st^en. Die Form des Zeidi»s gab bd den Hdden hiufig die
Hausmarke, bd den Christen war es das Kreuz.
Dr. Ritterling.
Berickt des Konservators über die Erwerbungen für das AHertuns-
Museym m Wiesliaden wihrend des Jahres 1893.
Für die Räume des Museomäy wdche kaum mdir eine lehrreiche Auf-
stellung, sondern nur noch eine Magazini^ung erUnben, waren die Erwerbungen
nicht unbedeutend. Wenn wir die bisherige Bnteilung bdbehalten, ao and
aus der ältesten, etwa der terra mare-Zett uns durch die Gute des Hern
Dr. Peters in Schierstein eine Anzahl Ton Mardellen-Funden zugegangen^
die in hohem Grade dankens- und beachtenswert «nd, weil sie uns Formen
geben, wdche in hiesiger Geg^id nicht» sondern nur etwa in den PCsüübauten
des Bodenseetf und auf dem Michdsberg bd Bruchsal zum Yorschein gekomuMn
sind. Es sind zwei glockenförmige und ein orales Gefiss, sowie einige Werk-
zeuge Ton Hirschhorn, Enoch«i und Zahn. Hieran schfiessen sich, etwa der
HaDstidter Periode angehörig^ einige Erzringe für den Hab, Arm und Fuaii^
fie wir teils aus Weidenbach bd Xastätten erworben^ teils im Walddutrikte
Kqppd bei Diedenbergen selbst ausgegraben haben. Die Funde dnd nidkt
; beneichaend, weil steh trotz eines Feaersteinnwssars auch noch eine Münze
sowie ein eänaer Nagd dabd gefunden hat. Ans jener Gegen!
Ißft
iammt auch eiü eigentümlichor Teil eines Mainmutzahnes, den wir dem Herrn
lärtoer Zorn aus Hoilieim verdanken. Unbekannter Zeit, aber wohl der
fzngegend von Frankfurt a. iL gehört ein schönes Bronze-Hamraerbeil und
in Kclt mit Tülle an. Ein wahres Prachtexemplar einer vorrömischen Urne
anken wir der Güte des Herrn Dr. A. Remy zu Weissenthurm, in desaen
Fabriketablissement sie gefunden wurde; vermittelt wurde das Geschenk durch
Ifterrn Landgerichtsrat Düsaell hier.
I Interessanter noch waren mehrere romische Funde. Im Rheiugau
rird nur wenig gefunden, trotz seiner alten und reichen Bevölkerung, ohne
^weifel, weil in dem Abfall zum Rhein schon früher die Wälder ausgerodet
lud zu Feld kultiviert waren und die in alter Zeit entdeckten Altertümer schon
^damals zerstreut wurden. Desto angenehmer war uns ein Fund, der 1000 m
^HreBtlich von IT allgarten in einem römischen Brandgrab gemacht worden war.
^Er bestand aus zwei, 29 und 24 cm hohen schwarzen Urnen mit Knochenasche,
^^1 gewöhnlichen Waaserkrüglein^ 2 Sigillataschalen, einem kugelförmigen Glas-
^Baschchen mit Henkel, einer erzenen Gewandnadel und drei Münzen von Nerva,
^^^onätantin und Tetricua^ alle aus den untereinander ferngelegensten Zeiten.
^^ Von grossem Interesse auch waren die Gegenstände aus einer in der
Oaugasse in Mainz gefundenen Werkstätte eines Gold- und Schmelz-
irbeiters; wenn auch nicht der ganze Fund, so ist doch eine Anzahl von
bharakteristischen Stücken in unser Museum gekommen, die wir bereits im
lXV. Annalenband pag. 30 beschrieben und auf Tafel IV abgebildet haben,
lachdem wir schon im Jahre 1873 in unserem XII. Annalenband eine Be-
schreibung des Schmelzverfahrens gegeben hatten. Wir erwähnen daher hier
lur noch die drei emaillierten Zierscheiben von 3,5 cm Durchmesser in der
Form unserer heutigen Manschettenknöpfe und die Kapellen^ die, je nachdem
sie zum Abtreiben von Blei aus den edlen Metallen schon benutzt worden sind,
schwarz oder grau, wenn noch unbenutzt, weiss geblieben sind. Man wird
^immer mehr erkennen, dass zum Studium des Altertums auch die Kenntuis der
Qeuen Zeit in Kunst und Werkweise erforderlich ist Nahe verwant, wenn
nicht derselben Technik angehörig, sind verschiedene Kratzen und Schüppchen
Erz und eine Schmiedezange, die wir aus Heddernheim erhalten haben*
ficht ganz sicher ist mir aber die Herkunft zweier schöner Bronze vasen, welche
3och wahrscheinlich aus der Rheinpfalz stammen, die eine mit zwei
"kunstgerechten Seitengrüfen ist 36 cm, die andere mit einem Überhenkel ist
14 cm hoch.
Für die römische Topographie unseres Landes ist die Auffindung eines
römischen Bauwerkes, da wo die Felsen rechts des Wickerer Bachs dem Main
nächsten kommen, wichtig; es wird durch einen skulpierten Sandstein und
je Ziegel der LXXII C* V. bestimmt, welche wir der Aufmerksamkeit des
Ihren fabrikanten Herrn Hockel in Flörsheim verdanken. Aus einigen schon
fOT mehreren Jahren bei T>otzheim zerwühlten römischen Brandgräbern em-
pfingen wir 3 Scheren, 3 Messer, sowie einen Fingerring von Eisen mit Schmelz-
scamee, eine Bronzefibula und eine Münze der Faustina junior. Wir verzeichnen
Doch einen schönen römischen Bronzehelm, eine desgleichen Schüssel und Pfanne,
-'^- -"
-• — "-^
ITO
Aozftfal Too BfuüzcflcfaiimrkguicKeai Fibulae mit Schmeli, teils t<
fm HodderDhetm. Ym erst^eauimleBi Orte aber beben wir
I mbt lebAiira goUeoes Ofarriog mit Filigraa und mit eiBer Berloek, wdebt
Bi]i0 Udoe Kanne IrS^ aawie xwei kleinere goMeae Obrrioge, dasi
ooefa einen Behwarzen Beeber mit au^eepritzter Ja^,
Aiu dem Zug des Pfahlgrabeos bei seinem Übei^aog tiber die Aar b«
AfloKbaek erbieicen vir Ton der eiostigeD dortigea Brücke zwei anbescUageae
PfiUe. Eben giit erhaltene» Litnod (Heereahoro). der bei Fhlrsheim doreb
den Baggenneiater Schroeder atu dem Main gebaggert worden und mir biK
itimmQDgaoiiaaig durch den Herrn Regienings-Baameister R oraler ibergobea
worden war, habe icb gtdchfalU bestiinmnngsmäsaig, weil er in KönigCeber
Arbeit und Arbeitaatelle zu Tag gekommen war^ an dajs Königliebe MneeiiB
in Bertin getandt, nicht ohne einen sehr guten Gipsabguss ditreh die GefiU%kift
dea Direktora des romiacb-gennaniscben Muaeumis Herrn Linden Beboiil ftLr^
QQtor Hnaenm empfangen zn haben.
Was wir too fränkischen Funden zu Terzeichnen haben» i»i em »chw«
BVt cm hohe« Töpfchen mit einem Schwert und einer Pfeilspitze« welche«
«üdfiehen Aut^ange von Erben heim bei Fundamentarbeiten gefunden wurde,
und eine Bronzeaehässel aus Köln. Aus dem mehr oder minder späten If itli
alter und der Renaissance wurden dem Museum einverleibt ein Yexierl
▼on Steinzeug als Geschenk des veratorbenen Steuerrats Ton Winkler.
derselben Masse ein Tintenfass, einen Löwen vorstellend. Yon dem H€
Grafen zu Eltz ein eigentümliches flaschenformiges Tbongefass ohne At
aber mit vier Seitenlöcherny ab ob zum Eicstecken von Blumen; aie finde
sich öfters in den Weinbergen in SjTmien. Eine Anzahl von bemallen Glas-
scheiben ans dem 10. unc) 17, Jahrhundert vom Niederrhein* Ein Krug
Steinzeug, so^. ßartmann, und zwei Butterstander vom selben Stoff^ einst
Wiesbaden in BeDutzung«
Eh ist ein schöner Gebrauch, dass einige Glashütten, wie die von Yiller^
und Boch tn Warlgassen und die von Herrn Rauder in Ehrenfeld, wie
früher die von Tachi, uns ihre Nachahmungen antiker Oläser schenken,
erhielten wir eine Art Diatreta und zwei zierliche Kannen von ersterer
und dann von letztgenannter Firma die Nachbildung einea in Ostpreussen
einem Grabe bei Ossewen gefundenen Gla:*hurapens, Wir sagen beiden unser
beHffrn Dank. Eine Spaltaxt uud das Zimmermanns-Zunftzeichen erhielten
noch von dem leider hingeschiedenen Zimmermeister Herru Jakob hier.
Durch die Aufmerksamkeit der Königlichen Wasserbauboamtcni iosonde
auch des Herrn Baurat Ileniäch und de^ Regierungsbaumei^ters Herrn RussU
empfing das Museum aus deu Baggerarbeiten im Main, uamentlich bei Uöohl
eine Anzahl sehr verrosteter Waffen, welche aus der siegreichen Schlacht dadeU
im Juni 1622, die der Feldmarschall Tilly gegen den Herzog Christian
Braunschweig schlugt dort verloren worden sind. Ea sind Palaache, Sil
Dolcbmüsser, Flinten mit Radscblössern, Sporen, Pferdegeschirr und einige m
von dieser Niederlage herrührende Stücke*
171
¥
Von Herrn J, Isenbock hier, deo wir als unseren Münzwardein ansehen
dürfen, empfingen wir eine Münze von Marokko und eine von Kongo; von
Herrn Niemer eine von Kongo und von Finland; von Herrn Direktor Spangen-
borg in Merzig einen Qermanicus, und endlich von Herrn Qaab hier, der
unser Münzkabinett schon mit so vielen wertvollen Medaillen beehrt hat, eine
solche von Gustav Adolf, Maria Theresia, Groasherzog Friedrich von Baden,
Gutenberg und einen Silberthaler, welcher 1796 in Frankfurt aus kirchlichen
und bürgerlichen Geföasen zur Zahlung der französischen Kontribution geschlagen
werden musste. Von Herrn Maurice Prou vom Mcdaillen*Kabinett der
National- Bibliothek in Paris erhielten wir den Zinnfolien-Abdruck einer Münze
von Theoderich, die wir auch besitzen, aber für eine Matasunda gehalten hatten.
Unsere ethnographische Sammlung nimmt eigentlich nur durch Ge-
schenke, darunter aber sehr schätzenswerte, zu. Wir erwähnen vorläufig zwei
Jerichu-Rosen (die eine erst eben im Aufblühen begriffen von Herrn TeQdelau)|
dann aber eine schöne Sammlung von der Goldküste, die wir der Frau Mann-
heimer verdanken: es sind schön gearbeitete schwarze Thonschalen und eine
Lampenschale mit Kreuzgrifi', ein Schwert mit arabischen Zeichen auf der
Klinge mit Gehänge, Zaumzeug, Dinge, welche die Haussa-Händler aus dem
Innern von Afrika bringen, eine Kaiebaase, Bogen, Pfeil und Köcher, Wurfspiess,
Matten aus Lagunengras. Beigelegt sind einige Photographieeo aus jenem Lande.
— Von Frau Polizei-Hauptmann Höhn und deren Fräulein Tochter empfingen
wir ausser einer Anzahl wertvoller indischer und japanischer Münzen eine An-
zahl von Gegenstünden der ATuo, welche die nördlich von Japan gelegenen
Inseln bewohnen, es sind namentHch fünf Überröcke mit Stickerei, Schürzen,
Gürtel^ Stirnbinden und Leibbinden, Schneeschuhe und Schuhe aus Fischhaut,
Perlschnüre, Löffel, Messer, Webegeräte, Schilfmatten, Bogen und Pfeile, ein
Fetisch, der Kopf eines Albatross,
Allen gütigen Gebern und Geberinnen w^ird hiermit nochmals der Dank
unseres Museums ausgesprochen.
Das Museum war 18J>2 von 3867, im Jahre 1893 von 4668 Personen
besucht,
Oberst von Cohausen.
«HÜ
ilfil
iMÜ
Im Verlage von Rud. Bechtold & Comp, in Wiesbaden , aonde
iir allen Bachhandlangen ond im Altertama-Maseam daselbii
Bind xa haben:
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Die 6iganten-Sänle von Schierstein.
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Altertums-Museum in Wiesbaden.
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Pr«inIerU6at«Dant a. D.
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Bl'CHUaOCKUIIU * IJTIIOOK. AVIITALT.
ANNALEN DES VEREINS
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NASSAUISCHE ALTERTUMSKUNDE
UND
GESCHICHTSFOBSCHÜNG.
ANNALEN DES VEREINS
FÜR
NASSAÜISCHE ALTERTUMSKUNDE
UND
GESCHICHTSFORSCHUNG.
SIEBENUNDZWANZIGSTER BAND.
18 95.
Mit dem Bildnisse des Konservators A. y. Cohausen, drei uthooraphibrten
Tafeln und 25 Textabbildungen.
WIESBADEN.
VERLAG VON BÜD. BECHTOLD & COMP.
1895.
Inhalts-Verzeichnis
des siebenundzwanzigsten Bandes.
Seite
I. Karl Aug^t von Oohausen, Oberst z. D. und Eönigliclier Konservator, f am
2. Dezember 1894. Von B. Florschütz 1
II. Drei Münzfiinde aus Nassau. Von J. Isenbeck 9
in. Töpfer- und Ziegelstempel der flavischen und vorflavischen Zeit aus
dem unteren Maingebiete. Von Prof. Dr. GeorgWolff 39
lY. Goethe in Nassau. Von Friedrich Otto. Mit zwei Tafeln (I u. II) . . . 53
V. Zur Abwehr. Von A. Schlieben 189
VI. Erfindung und erste Einrichtung der Wassermühlen. Von A. Sehlieben.
Mit einer Tafel (III) 190
VII. Einige Bemerkungen zu dem Aufsatze von Oonrady: »»Die Geschichte
des Hauses Nassau*S in Annalen XXVI. Von Dr. W. Sauer . . . . 195
VIII. Christian Daniel Vogel. Von Dr. W. Sauer 197
IX. Zu den Buprechten von Nassau und ihren Gemahlinnen. Von Professor
Joseph Hillebrand 209
X. Berichtigungen zu Bd. XXVI der Annalen. Von Landgerichtsrat Düssell 214
XI. Römische Geschtttze. Von 0. Dahm, Oberstlieutenant a. D. Mit 25 Ab-
bildungen 215
XII. Erwiderung auf „Einige Bemerkungen zu dem Aufsatze von Conrady: „Die
Geschichte des Hauses Nassau**, in Annalen XXVI**. Von Ludw. Conrady 223
XIII. Vereins-Nachrichten.
Bericht des Sekretärs Dr. Adalbert Schroeter (f. d. Etatsjahr vom 1. April
1894 bis 31. März 1895) 227
Darin Vorträge:
Florschütz: Slavische Bauernburgen, S. 232. — Schlieben: Die
Martinsgans, S. 232. — Sartorius: Das Postwesen der Römer, S. 234.
— Heuer: Wesen und Ziele der historischen Forschung, S. 235. —
Florschütz: Die Mardellen, S. 235. — Wedewer, Die Geisiler-
fahrten und andere Bussprozessionen des Mittelalters, S. 236. —
Caesar: Das Leben der höfisch-ritterlichen Gesellschaft zur Zeit der
Hohenstaufen, S. 237. — Meinardus: Das politische Testament des
Grafen Johannes von Idstein - Wiesbaden (1603—1677), S. 239. —
Stinnes: Die Entwiokelung dep Bergbaues in den ältesten Zeiten,
S. 241.
VI
Vorträge der ^filitorischen Sektion*:
Grimm: Marken und MitkgenofiseiiRßhafteiii S. 242. — Orimm:
Zeit und YerajilBaaniig des ßaues der Coateler Landwehr und ihrer
Warten, 3i 243. — Otto: Mühlen im Gebiete der Stadt Wiesbaden xa
Ende des 15^ Jahrbuadertg^ S. 244. — Sauer: Wappen der rhebgMi-
lachen 8tädte und Dörfer, S. 244.
ßericbt dea KonserTatora aber die Erwerbiuigen für das Altertums-Museum
in Wiesbaden wfilirend des Jahres 1B94 -...,.♦..-., 24h
KIV, Verzeichnia der Mitglieder , . . - - , , . . 248
XV. Verzeiciiiiie der AkademieiL, @eB6llaehaftaii, Institute und Yereine^ darea
Bruckachriften der Verein in regelmäasigem Schriftenaustauach erhält 2h^
XYL Inhalts - Angabe der Bände I — XX¥I der Annaleti des Teraina für
Naflsaaische Altertumakunde und Oeschichtsforachung ..... 263
Durch ein Ye riehen lai auf 8, 2*M>, Z. Ib v
angegebeot Dieser Batz iai zu streichen.
Berlehtigiing,
Herr Bnuriit Winter als Kaueerrali^r
Sendungen, die für den Verein bestimmt »ind, beliebe man an den Verein, nicht an ein
einzelnes Mitglied des Vorstandes zu adressieren.
ItftgCE von RCra BKf^lJTOLP 4 COMP., WIEBBAPEN.
Karl August von Coliauseu,
Oberst z. D. und Königl. Konservator, f am 2. Dezember 1894.
Der Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — -
und mit ihm die gesamte archäologische Wisaenschaft — hat in diesem neueu
Bande seiner Anoalen einen schweren Verlust zu yerzeichnen. In der Nacht
vom 1. zum 2. Dezember vorigen Jahres verschied plötzlich und unerwartet
der weit über die Grenzen des Vaterlandes bekannte und hochgeschätzte Kunigl.
Konservator, Herr Oberst z. D. Karl August von Cahausen. Trotz fast
vollendeter 83 Lebensjahre war der Verblichene^ abgesehen von einer vor etwa
4 Jahren überstundenen längeren Influenza-Erkrankung, bis zu seinem letzten
Tage von rüstiger Körperkraft und Gesundheit, und alle Wiesbadener werden
sich gerne der ritterlichen Erscheinung erinnern, wie sie mit den klugen, wohl-
wollenden Augen, dem ehrwürdigen weissen Barte und dem mächtigen schwarzen
Schlapphute sich durch die Strassen der Stadt bewegte, oder ihm, den zusammen-
gelegten Poncho auf der Schulter und den Hakenstock am Arme hängend
draussen in Wald und Feld begegnete. Am beneidenswertesten aber war die
seltene geistige Frische, welche der hochbetagte Mann sich bewahrt hatte, und
die seit seiner letzten Erkrankung unter dem Einflüsse einer gross angelegten
wiBsenschaftlichen Arbeit, welcher er sich mit eisernem Fleiase unterzogen hatte,
in neuer Zunahme begriffen schien. Noch am letzten Abend war er der
heiterste in seinem traulichen Familienkreise und nahm sich noch verschiedene
Briefe mit ins Schlafzimmer, die er an demselben Abend vor dem Einschlafen
im Bett lesen wollte ; früh fand man ihn, seit Stunden bereits ruhig entschlafen,
ohne irgend welche Spur eines Todeskampfes. Ein Schlagfluss hatte seinem an
Arbeit und an Ehren reichen Leben ein glückliches schmerzloses Ende bereitet.
Karl August von Gohausen wurde am 17. April 1812 zu Rom, in dem
damaligen kaiserlich-französischen Postgebäude, dem Palazzo Firenze, geboren.
Sein Vater, Salentin von Cohausen, fungierte unter der napoleonischen Herr-
schaft als directmtr des esiafeUes; seine Mutter war eine geborene Freiin von
Leoprechting. Seine Kinder- und Jugendjahre verlebte Karl August von
Co hausen in Heidelberg, Koblenz, Mannheim bei seiner Muttor Schwester Frau
von Steube und Saarburg, woselbst sein Vater Landrat war, dann wieder bei
Verwandten in Heidelberg und absolvierte seine Gymnasialzeit 1831 in Trier,
Im August desselben Jahres begann er seine militärische Laufbahn durch den
I
Eiotritt bei der 8. PioDierabteiltiDg io Koblenz; seine mathematisch uod techoiscfa
hochentwickelte Veranlagung hatte ihn sich für diese interessante und anregende
Disziplin entscheiden lassen. 18S3 avancierte er zum Offizier, um alsdiiuu die
Artillerie- und Ingenieurschule in Berlin zu besuchen, wo er gleichzeitig den
anregendsten Verkehr im Meusebach'scheii Hause bei Bettina v. Arnim,
Goethes Freundin, fand. Nachdem er noch in Luxemburg und Erfurt gestanden,
nahm er 1840 seinen Abschied, um in der berühmten Stmngutfabrik von Villeroy
u, Boch zu Mettlach die Stelle eines zweiten Direktors zu bekleiden ttod
daselbst am 24. April 1841 den Ehebund mit seiner Cousine FrL Klothilde
von Cohausen, welche ihn jetzt als Witwe betrauert, zu schliessen, lu dieü
Stellung verblieb er bis zu dem Jahre 1848 und eignete »ich dabei solch pra
tische Erfahrungen auf dem Gebiete der gesamten Keramik an, daaa er wohl
mit Ftecht als einer der berufensten Kenner derselben, von ihren rtUe«ten
Perioden bis zur Neuzeit, bezeichnet werden durfte, wie er denn auch in dieser
Eigenschaft im Jahre 1873 nach Wien zur Jury für die keramische Abteilung
der Weltausstellung berufen wurde. Während dieser Zeit erbaute er auch in
Mettlach 1842 die dortige katholische Kirche, sowie die in dem nahe gelegene
Orte Saar-Holzbach.
Die Ereignisse des Jahres 1848 üessen dem jungen thatkräftigeu Manne
in dem Stilleben Mettlachs keine Ruhe. Er meldete sich von neuem zur Armee
und trat als Premier- Leutnant wieder in Saarlouis ein, ist aber stets in dem
treuesten Freundschaftsverhältnis mit der Familie Villeroy & Boch geblieben.
Dann stand er im llunsrück und zu Köln. Auf dem Hunsrück fand er Gelegen-
heit, sich zum erstenmale eingehend mit den dort betind liehen zahlreichen Be-
festigungen der Vorzeit zu beschäftigen, ein Studium» welchem er von da ab
bis zum höchsten Alter oblag, und welches durch die eingehendsten Forschungen
der burgtichen Bauten des Mittelalters bis zur modernen BefestiguugBweij!»e
erweitert, ihn zu dem gediegensten Kenner dieses ebenso schwierigen wie
interessanten Oebietea werden liesa. Die mustergikige Aufnahme zahlloser Be*
festigungeo aus der älteren und mittleren Zeit, welche seine geschickte Uand
entworfen, haben bei Gelegenheit dieser Untersuchungen im llunsrück ihrej
Anfang genommen. Von dort aus wurde der hochtalentierte Ingenieur-Oftlzi«
nach Mainz kommandiert, wo noch heute mancher Teil der Befestigungen,
apesiell in den ebenso praktischen wie gefälligen eisernen Sperrthoren, an sein
Thltigkeit erinnert. Dann wurde er als Hauptmann nach Ehrenbreitstein vc
aetst^ woselbst er eine rege TItätigkeit im Baufach entwickelte. Er erriclitete
o. a. die dortigen Thalbefestigungen vom Pfaffendorferthore nach dem Aster-
stein, - der schone Luisentumi dort ist ebenfalls sein Werk — und vou
naoh dem Blindthal und Clausenberg, woselbst er die Burg Buschmann aaa
fahrte, und dann weiterhin nach dem Sauer wasserthor mit den beiden scbi'^iieB
Türmen bis hinauf zu Oberehren breitsteiu. Ebenso ist er der Erbaue«' de« fo
der Kaiserin Augusta so viel und gern besuchten dortigen Klosters der
herzigen Schwestern. Im Jahre 1857 trat er sodann etoe grossere Rei^o duntb
das Deutschordensland in Preussen und nach Italien an, um die dortigen mittel!
akeriiehen Befestigungsbauten xu studieren. Im Jahre 1858 wurde er de
3
Bundcamilitiirkoniinission in Frankfurt a. M. beigegeben, hatte sich aber bereits
eio solcbes Ausehen als praktischer Archäologe im In- und Auslände erworben^
dasi er im Jahre 1862 von Napoleon IIL berufen wurde, um an dessen, »einer-
zeit epochemachendem Werke: ^Julius Ceasar" mit Kat und That teilzu-
nehmen; e^ verweilte 10 Tage in Compi^gne als Gast des Kaisers. Ebenso
bekam er von der preussischen Regierung den höchst ehrenvollen Auftrag, die
Fundstätte des Hildesheimer Silborsehatsses einer exakten Durchforschung zu
unterziehen und den Wert des groasartigen Schatzes, sowie alle mit dessen
Auffindung verbundenen finanzielleu Fragen festzustellen und zu erledigen* Im
übrigen blieb er in Frankfurt a, M. bis 1866, um hierauf xur preussischen Ge-
sandtschaft nach Paris als Militär- Attache kouiraaudiert zu werden. Im Jahre
1870 fungierte er als Platzingenieur zunächst in Minden und späterhin in
Koblenz, woselbst er sich durch die technisch vollendete und äusserst geschickte
Ausfuhrung zweier grosser Barackenlager für die 25000 daselbst internierten
Franzosen auszeichnete und die Gefahr einer drohenden Revolte derselben in
der Neujahrsnacbt 1870/71 durch Energie und Kaltblütigkeit abzuweisen ver-
stand. Diese Barackenlager, von denen das erste auf der Veste Alexander, im
Volksmunde Karthause, das zweite späterhin hinter der Yeste Franz auf der
linken Moaelseite von ihm angelegt wurden, waren die mustergiltigsten in ganz
Deutschland und so eingerichtet, dass sie unter dem Feuer von Kanonen
itanden, deren Batterien elektrisch untereinander verbunden waren. Durch diese
Einrichtung würden bei dem ersten Anzeichen einer Revolte beide Lager sofort
von einem Ilagel von Kartätschen überschüttet worden sein, während die Wacli-
mannschaften durch unterirdisch angebrachte Gänge ihre rechtzeitige Deckung
finden konnten.
Im Jahre 1871 wurde von Co hausen als K5nigl. Konservator für die
Provinz Nassau-Homburg angestellt, welche Stellung er bis zu seinem Tode
inne hatte; gleichzeitig war er von 1874 ab Mitglied des römisch-germanischen
Central-Museums in Mainz, sowie seit 1885 des germanischen Museums in
Nürnberg ; auch dieße Kreise werden dem Verblichenen ein ehrendes und dank-
bares Andenken bewahren.
In dieser Stellung als Konservator in Wiesbaden war es von Cohausen
ermöglicht, seine ganze Arbeitskraft der praktischen Erforschung der Alter»
tümer unseres hiermit so reich gesegneten Landes zuzuwenden, und die in den
Annalen und anderen Schriften von seiner Hand niedergelegten Mitteilungen,
sowie die zahlreichen Altertümer, mit denen er unser Museum bereichert hat,
aind die besten Zeugen für die rastlose Thätigkeit des bis zu seinem Tode
unermüdlichen Forschers. Mit dem scharfen Blick des Pioniers und Ingenieur-
OfiRziers entdeckte er jede künstliche Erhebung des Bodens, mochte dieselbe
i ein Hügelgrab oder ein altes Schanzwerk bedeuten ; mit allen nötigen Mess-
Instrumenten war er von Jugend auf vertraut; der Spaten forderte ihm sicher
I da» zu Tage, was der Boden an Altertümern barg, und als Mann der realen
Praxis war er nur von dem überzeugt, was er selbst mit eigenen Händen
daraus hervorgeholt hatte. Er war eben ein durchaus nüchterner Forscher,
der durch sein praktisches Vorgebeu der Altertumswiasensohaft die wichtigsten
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Dienste geleistet hat, allen Freunden gründlicher Forschung ein lehrreiches,
anspornendes Beispiel, Andern freilich, die nur auf schriftliche Überlieferungen
oder auf den freien Spielraum ihrer Phantasie sich verliessen, nicht immer
ganz bequem. Neben seinen nicht hoch genug zu veranschlagenden tech-
nischen Kenntnissen und der durch ein langes Leben herausgebildeten archäo-
logischen Erfahrungen stand ihm ein reiches Wissen auf den meisten natur-
wissenschaftlichen Disziplinen zu Gebote, welche mit dem Studium der Alter-
tumskunde verknüpft sind. Er war ein guter Geologe und Botaniker; die
Paläontologie war ihm eine liebe Freundin ; als selbstthätigem Baumeister wurde
ihm Wesen und Eigenart der ältesten und ursprünglichsten Bauwerke durch
das Mittelalter hindurch bis in die neueste Zeit so bekannt und vertraut, wie
kaum je einem Anderen. Und so gehörte eine Wanderung mit dem rüstigen
Manne zu den schönsten Genüssen. Jede Pflanze am Wege war ihm bekannt
wie die Tierwelt, die sich um sie bewegte, jedes irgend fremdartige Gestein
erregte sein Interesse ; auf jede Verwerfung im Gebirge machte er aufmerksam,
keine mittelalterliche Befestigung um eine alte Stadt oder einen alten Friedhof
mit Kirche entging seinem Auge ; sorgfaltig ward die Anlage der Dörfer, sowie
die Bauweise und das Material ihrer Häuser studiert; dabei wurde kein
interessanter Baum vergessen und noch weniger die Eigenart der Menschen-
kinder, denen man unterwegs begegnete. Und wie so ganz besonders inte-
ressant und belehrend war die Untersuchung der alten Befestigungswerke, vom
einfachen uralten Abschnittswall bis zum trutzigen Bergfried der mittel-
alterlichen Burgen und darüber hinaus zu den modernsten Befestigungswerken !
Aus dem Schatze seiner Leistungen auf nassauischem Boden soll nur
einiges hervorgehoben werden. Es sei hier zunächst nur an seine bahn-
brechenden Arbeiten über die Ringwälle des Taunus erinnert, in welchen er
als Erster die ursprüngliche Einlagerung von Hölzern zwischen den Stein-
setzungen betonte und auf dem Altkönig selbst direkt nachweisen konnte ; seine
allerorts angestellten Untersuchungen über die fast bei jeder solcher Be-
festigungen nachweisbaren , örtlich auftretenden Verschlackungen des an-
gewandten Steinmaterials haben den Begriff der sogenannten Glasburgen in
Deutschland beseitigt. Epochemachend für die Kunde der Urzeit waren seine
Ausgrabungen in den Höhlen von Steeden an der Lahn ; ihre Resultate stellen
sich denen der berühmtesten diluvialen Fundorte vollständig ebenbürtig zur
Seite — schade nur, dass ihre Kenntnisnahme wenig über das Gebiet der
Annalen des Nass. Altertumsvereines hinausgedrungen ist. Die zahlreichen
Burgen unseres Landes und noch weit über dessen Grenzen hinaus haben in
von Cohausen, welchem auf diesem Gebiete nur v. Essenwein nahe kam,
ihren besten und gründlichsten Darsteller gefunden. Von höchster Bedeutung
waren seine Erforschungen des römischen Grenzwalles, welche er in einem
umfangreichen Werke mit zahlreichen Tafeln niederlegte; dieses Werk bildet
heute noch, wenn auch an manchen Punkten durch die neuesten Explorationen
erweitert und vervollständigt, die Basis für die durch Mommsen ins Leben
gerufene Limesforschung, zu deren Kommission er selbst einberufen wurde.
Es würde allein genügen, dem Verstorbenen ein dauerndes Andenken zu sichern.
Auf technischem Gebiete beschäftigte er sich neben vielem Anderen mit dem
Studium des römißchen SchmelzachmuckeB ; seine Arbeiten über römiache und
überhaupt alte Schlösser und Schlüasel sind bis jetzt nicht übertroffen. Sein
Lieblingskind aber war die achoue Saalburg bei Homburg v. d, Höhe, das
best erhaltene RömerkasteU auf deutschem Bodeo^ für welches er auch das
ochste Interesse eines Mannes wie Moltke zu erwecken wusste. Dort hat
er mehrtausendjähriges Mauerwerk konser^neren gelehrt, wie yor ihm noch
kein Anderer; seine Methode, den Mauorresten eine flache Cementmulde
mit eingepflanztem Grasboden aufzusetzen, ist wohl jetzt von allen Konser-
vatoren angenommen, Im übrigen sind die Begriffe Saalburg und von Cohausen
E überhaupt unzertrennlich, und was er da oben auf der alten Passhöhe des
Taunus zusammen mit seinem ebenso eifrigen wie genialen Freunde und Mit-
arbeiter, dem Baumeister Jacob i zu Homburg, geschaffen hat, kann nur der
verstehen, der die Saalburg und das Saalburg-Museum eingehend studiert hat.
Es ist wohl selbstverständlich, dass der Verewigte bei solcher Befähigung
und allseitiger Bethätigung derselben, die er in grösseren und kleineren
Arbeiten veröffentlichte, einen weit ausgedehnten Kreis von Freunden und
l^^geistigen Mitarbeitern flnden musste. Aber auch die Anerkennung von höchster
^pSeite hat ihm nicht gefehlt. Wir erwähnten oben seine ehrenvolle Berufung
^ zur Untersuchung des Hildesheimer Silberfundes, sowie zu den wnssenschaft-
lichen Arbeiten i^apoleons HI, ; aber auch unser Kaiserhaus ist zu ihm in nahe
und herzlich warme Beziehung getreten. Wie hatte unser hochseliger Kaiser
Friedrich unter seiner Führung die alten römischen Reste da oben lieb ge-
^Äwonnen und wie oft hat er, selbst ein feiner Kenner römischer Altertümer,
^pdort zu seiner Erholung geweilt! Das Gleiche gilt von Ihrer Majestät der
r^Kaiserin Friedrich, welche so oft an der Seite des altehrwürdigen Mannes mit
^■Beinem grossen schwarzen Schlapphute den klassischen Boden betreten hat und
^Pheute noch mit grösstem Interesse den dortigen Ausgrabungen folgt. Das
^.Gleiche ebenso endlieh von unserem hochverehrten Kaiser Wilhelm IL, der auf
^Bder Saalburg seine ersten mit bestem Erfolge gekrönten Ausgrabungen gemacht
^Hiind dort, wie im Museum zu Wiesbaden, unter von Cohausens Augen, welcher
Allerhöchstihm auch die Heidenmauer demonstrierte, sich die ersten archäo-
logischen Sporen Yerdieote.
Karl August von Cohausen w^ar ein energischer, in sich fest ab-
E geschlossener und zielbewusster Charakter; er war nicht nachtragend und
wusste jedem Gegner die beste Seite abzugewinnen und zu achten. Van tief
religiöser Veranlagung, besass er ein reiches, für alles Gute und Schöne
empfangliches Gemüt und war ein begeisterter Verehrer der Kunst und
Wissenschaft. Seinen Freunden aber war er immer der treueste und un-
eigennützigste Berater.
Jetzt ruht er auf der vorspringenden Ecke des hohen -Friedhofes von
[*faffendorf am Rhein, in welchem Orte die Familie einen kleinen Besitz hat.
ine Familien-Grabstätte hat er noch ein Jahr vor seinem Tode dort selbst
angelegt und Alles selbst bestimmt. Er hat sich eine herrliche Stelle gewählt;
echts Hegt das sfolze Ehrenbreitstein, an dessen Befestigung er so fleissig und
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geschickt mitgearbeitet hat, — von drüben grüsst das ihm so lieb gewordene
Koblenz — nnd zu seinen Füssen weit unten im Thale ziehen die grünen
Wogen des schönsten deutschen Stromes, zu dessen geschichtlicher und yor-
geschichtlicher Ergründung er so viel beigetragen.
. Friede seiner Asche, und Ehre seinem Andenken!
Aus den zahlreichen litterarischen Arbeiten heben wir nach dem Jahre
ihres Erscheinens folgende hervor:
1842 Hohlziegelbräcke in Mettlach (Philanthrop in Trier).
1848 Eulenspiegel, vom Bauen (Merziger Baaernfreand No. 40, 41).
1852 Verschanzungen auf dem HunsrQcken (Bonner Jahrbücher XVIII).
Der Palast zu Ingelheim (Mainzer Altertümer).
1853 Restauration von Ingelheim (Bonner Jahrbücher).
1854 Verschanzungen bei Koblenz (Bonner Jahrbücher XXVI).
1857 Reliquienschrein in Mettlach (Zeitschrift f. christl. Archäologie).
1859 Die Kirche St. Nicola da Mira in Giornica (Zeitschrift f. Bauwesen).
1860 Bergfriede (Bonner Jahrbücher XXVIII).
1861 Rezension von Lindenschmids „Hohenzollersche Altertümer" (Korrespondenz-
blatt des Gesamtvereines).
1862 Ringwälle (Westermanns Monatshefte).
1863 Verschanzte Dörfer auf dem Gau (Westermanns Monatshefte).
1864 Besprechung von Prevast forts vitrifieds (Bonner Jahrbücher).
Aufstellung von Ilintorlaclern (Archiv f. Artill.- u. Ing.-Oflizierc).
Feuchte Kasematten (daselbst).
18()5 Der hohe Turm in Xeckar-Bisohofsheim (Anz. für Kunde d. deutsch. Vorzeit).
18<i6 P^inleitung (Zeitschrift f. prcussischc Landeskunde).
Terrain de ßlementsplane (Archiv f. Artill.- u. Ing.-Ofüziere, 59. Band).
Selbstwirkende Thorverschlüsse (daselbst).
Bockenheimerwarte (Didaskalia).
Fahrthor (daselbst).
Esrhenheimer Turm (dasolbst).
Römische Wasserleitungen in Trier. Mainz und Köln und ein ähnliches Projekt
für Frankfurt (Frankfurter Reform).
Kultur der Bronzezeit (Anthropologische Zeitschrift).
Kömische Steinbrüche am Felsberg.
18()7 Vermutliche Schlackenwälle bei Koblenz (Bonner Jahrbücher XLII).
Schallgefasse, Altbaumburg a. d. Nahe (Bonner Jahrbücher).
Caesar am Rhein (Bonner Jahrbücher XLIII).
Caesars Kheinbrückcn (Leii)zig b. Teubner).
IbiJS Kschenheimer Thor (Zeitschrift f. Bauwesen i.
Brückenbo^'en unter der Fahrgasse (Mitteilungen an die Mitglieder des
Frankfurter Vereins).
1869 Caesar am Rhein iBonner Jahrbücher XLVII u. XLVIII).
Beiträge zur (iesch. d. Befestigung Frankfurts (Archiv f. Frankfurter Gesch.
u. Kun>t).
1871
1873
Fyndstelle des Siiherscbatzes (Hildesheimer Sonntagsblatt).
Von der Barg (Bazar).
^ IftTO Kasernen-Abtritte, Geschichte d, Abtritte (Archiv f. lug.- u. ArfUI -Off)
Kuppelgewölbe (daselbst).
Sehmass I und II (Bazar).
Silberfundstolle bei niUlcsheim (\m. f. Kunde d. deutsdicn Vor/oltu
Boppard (Bonner Jalirbücher).
Der alte Torrn in Mettlach (ZeiUchr, t, Bauwesen).
Gefangenenlager bei Koblenz (ebenda).
Index. Fenchtigkeit d. Pulvermagazine (Archiv f. Ing.- u. Arti1K*()if.).
Brfteken von Hohlziegeln (Zeitscbr. f, Bauwesen).
Der römische Schmelzschmuck (Annaion XII).
Gräber im Kammerforst (Ännalen XIl).
Portal zu Lorch (Annalen XII),
Miscellen (Annalen XII),
Von Stiefeln und einigem Anderen (Bazar).
Der See (Bazar).
Der Schmuck der ältesten Bewohner Deutschlands (Bazar).
Warme- und Kühlkugeln (Bazar).
Schlttssel und Schlösser bei den Römern (Annalen XIII).
Das Rheingatier Gebttck (Annalen XIII).
Miscellen, Gblser, Renaissance- Architektur (Annalen XIV).
ludubtrie der Stein-, Thon- und Giaswarcn (in dem amtl, Bericht ober die
Wiener Ausstellung).
Römische Steinbrüche am Felsberg au der Bergstrasse, von (-ohausen unrl
Wörner (Darmstadt, Brill),
Aulofen in Saulberg und Wölbtöpfe (Annalen XIV).
Ursprung des Dorfes Glashütten (Annaleu XIV).
Hügelgräber im goldenen Grund (Annalen XIV).
Hügelgräbef im Schiersteiner Wald-Pfuhl (Annalen XJV).
Ilugelgraber zwischen Nahe und Hunsrücken (daselbst).
Miscellen, Heidenraauer, deutsch. Gläser (daselbst).
Römerkaslell Saalbnrg. tob Coh aasen und Jacobi (Homburg b, Frann holz).
Spinnen und Weben bei den Alten (Annalen XV),
Zur Geschichte der Eisenindustrie (Annalen XV),
Guftus, Mamiila^ Venicidum (Annalen XV),
Höhlen und Wallburg bei Steeden (Annalen XV).
Die Wallbnrgen, Landwehren, Schanzen im Reg.-Bez. Wiesbaden (ebenda).
Miscellen. Frankengräber (Annalen XV),
Merkwürdige Bäume. Würfel (Annalen XV).
Die Thon- und Glaswaren auf der Pariser Ausstellung (Gewerbebl, Wiesbaden).
Ländliche Waschanstalten (Gewerbebl. Wiesbaden).
Dekoration der Fussböden (Zeitschrift f. Bankunde),
Wehrbauten zwischen Rhein, Main und Lahn (daselbst).
Die Altertümer im Fürstentum Birkenfeld (Picks Monatsheft),
Über den Bau und die Einrichtung der Provinzial-Museen (ebenda).
Erinnerungen aus Hohenzollern (Korresp.-Blatt des Ges.-Ver.),
Höhlen von Steeden. — Hügelgräber bei Huhr, — Hügelgräber bei Brandobem-
dorf, — Hügelgräber im Wald Pfarrhofen bei Nastätteu. -- Reihengräber. —
1876
1877
(1878
1879
1880
1881
1882
10
2. Pfals: Pfalsgraf Lodwig lY., 1489—1449.
Weistgrosohen Ton Baoharftoh Ton 1448.
Hfc •ir*Da*Stt*(IX— Oa •XLYm wie No, l.
Bm. •Monep— •aovw-— •BTOm' wie no. l
GiteM 86 MBU Gewicht 1,70 Gr.
3. Pfalz: Pfalzgraf Ludwig lY., 1439—1449.
WeiMgrosohen Ton BaohMaoh ohne Jahr.
Hl. • LVDWI' • aXomes) • — F(alatiiiu8) • R'(heiii) • DVX • BXayariae)
Wie No. 1.
Bs. •MOÄff — • ÄOVW# Bmm' wie No- 1.
Gritae 86 Mnu Gewicht 2^0 Gr.
4. Pfalz: Pfalzgraf Ludwig m., 1410—1436.
Weingroichen tob Bacharach ohne Jahr.
Hs. .LVDWKT.ff.P.E'.DYX.BW
Unter einem gotiachen Bogen das Brustbild St Petrus' mit Kreuaatab nnd
Schlflssel.
Bs. «MOÄeii— w o Äonr • — • Biraa*
lu einem spitzen Dreipass der gevierete Wsch., 1. u. 4. Feld der Löwe L
Yon Pfiids, 2. u. 3. Feld die Wecken von Bayern.
In den Spitzen des Dreipasses befinden sich kleine Wsch., darin rar Beohten
das Bad Ton Mainz, zur Linken das Kreuz von Trier, unten der Löwe I.
▼on Jülich.
Grösse 24 Mm. Gewicht 2,00 Gr.
5. Pfalz: Pfalzgraf Friedrich, 1449—1476.
2 Stück Weissgrosohen, zu Bacharach geprftgt.
Hs. FRID' Q' P' — R' DVX * BW
Unter einem gotischen Bogen das Brustbild St. Petrus' mit Ereuzstab und
Schlösse! über dem hochgcteilten Pfalz-Bayerischen Wsch., rechts der
Löwe 1. von Pfalz, links die Wecken von Bayern.
Es. ♦ MORS' — ♦ ROVW # — ♦ BITOß'
In einem spitzen Dreipass der gevierete Wsch., 1. u. 4. Feld der Löwe 1.
von Pfalz, 2. u. 3. Feld die Wecken von Bayern.
In den Spitzen des Dreipasses kleinere Wsch., darin in dem Wsch. oben
rechts das Rad von Mainz^ links das Ereuz von Trier, unten das Kreuz
von Eöln.
Grösse 24 Mm. Gewicht 2,20 Gr.
6. Pfalz: Pfalzgraf Friedrich, 1449—1476.
Weissgrosohen, zu Baoharach geprftgt.
Ganz wie die vorstehenden, aber mit der Eontremarke von Hildeaheim,
dem gekrönten tf bezeichnet.
Gröaie 25 Mm. Gewicht 2,10 Gr.
11
7. Pfalz: Pfalzgraf Friedrich, 1449—1476.
Weiasgroaoheti, tu Heidelberg gepr&^.
Hs. Wie No. 5.
Rs, • MORS-— # R0V17 # — üeiDai(berg)
Die Wappen wie auf No. 5*
GrOMe 24 Mm. Oewioht 2^10 Gr.
8. Mainz: Erzbischof Theodor Graf von Erbach, 1434— 14B9.
WeissgToaohen, in BiDgeo geprSgt.
Ufl. # THeODÄlBBI — WRaPr-M(oguntiae)
Unter einem gotischen Bogen das Brustbild St. Petrus^ mit Kreuzstab und
Schlüsse), darunter der Wsch. von Erbach mit den 3 Sternen: 2 u. L
Oben: # MBBH* — * ROYTT # — * BlttöXenais)
Geviereter Wsch. im spitzen Dreipass^ 1. u. 4. Feld das Rad von Mainz,
2. u. 3. Feld die 3 Sterne, 2 u. 1, von Erbach.
lo den Spitzen des Dreipasses je ein Wsch., in dem oberen zur Rechten
das Kreuz von Trier, zur Linken das Kreuz von Köln, in dem unteren
die Wecken von Bayern.
Grdsce 24 Mm. Oewioht 2,10 Gr.
Cappe, Mainzer Münzen, 8. 135, No. 608 Tar.
Ra
Hs.
Ra.
9. Mainz: Erzbischof Theodor Graf von Erbach, 1434-
Weiftsgrosohen, in Bingen geprUgt
- HWKLm * Wie No. 8.
-1459.
Wie No. 8.
Grtese 24 Mm.
Oewioht 1,80 Gr. Oeloohi.
10. Mainz: Erzbischof Theodor Graf von Erbach, 1434-
Weisegrosohen, in Bingen geprÄgL
is. * ir'ßO * DM* — T • CDDCX ♦ XLV Wie No. 8.
Rs. Wie No, 8.
GrSese 24 Mm. Oewioht 2,00 Or.
-1459.
IL Main«: Erzbischof Adolf Graf von Nassau, 1462—1475.
Weinfigroschen.
Hs, ^ TtDOhr flLO' — ST . aOKF(irmatua) MlT(guntiae)
Unter einem gotischen Bogen das Brustbild St. Petrus^ mit Kreuzstab und
Schlüssel; darunter Wsch. mit dem nassauiscben Löwen 1.
Rb. »MORa*— *nOVTT» — *imöVß(tiae)
Im spitzen Dreipass ein hochgeteilter Wsch , darum 3 kleinere Wach., im
Felde zur Rechten das Rad von Mainz, zur Linken der Lowe gekrönt,
l. mit Schindeln im Felde: Nassau.
Im Wach, oben zur Rechten das Kreuz von Trier, zur Linken das Kreuz
von Köln, unten die Wecken von Bayern.
Ordsse 24 Mm. Gewicht 2^00 Gr.
2*
12
12. Mainz: Erzbischof Adolf Graf von Nassau, 1462 — 1476.
WeisBgrosohen.
Hs. • WDGgßJ^, WR — lUÖPr WR * Wie No. 11.
Rs. Wie No. 11.
Grösse 24 Mm. Gewicht 2,30 Gr.
13. Mainz: Erzbischof Adolf Graf von Nassau, 1462 — 1475.
WeisEgroBohen.
Hs. o ITDOLF' WR — OüftlQPr Mlf Wie No. 11.
Rs. Wie No. 11.
Grösse 24 Mm. Gewicht 2,10 Gr.
14. Mainz: Erzbischof Adolf Graf von Nassau, 1462 — 1475.
2 Stüok WeissgroBohen.
Hs. ♦ KDOLP' TTR — GRÖPr MW Wie No. 11.
Rs. ♦ MOKff^— MiOVn * — * MOreVIi * Wie No. 11.
15. Mainz: Erzbischof Adolf Graf von Nassau, 1462 — 1475.
WeiRBgroBchen.
Hs. ITDOLP' WR — OMÖF M7r Wie No. 11.
Rs. ♦ MOßö' — • ßOVir *— M7TeVR Wie No. 11.
Grösse 24 Mm. Gewicht 2,10 Gr.
16. Mainz: Erzbischof Diether H. Graf von Isenburg, 1475 — 1482.
WeiBBgroBchen.
Hs. * DW* HLHU^ - HfT.aOttFIR
Unter einem gotiachen Bogen das Brustbild St. Petrus' mit Kreuzstab und
Schlüssel; unter ihm ein Wsch. mit den 2 Balken von Isenburg.
Rs. Oben * MOIW --*0©^?5^^ -* MuGV'
In spitzem Dreipass der geviorote Wseh., umgeben von 3 kleineren Wsch.,
im 1. u. 4, Felde des JLuipiscIiildes das Rad von Mainz, im 2. u. 3.
Felde die 2 Balken von Isenburg.
Im Wsch. oben rechts das Kreuz von Trier, links das Kreuz von Köln,
unten die Wecken von Bayern.
Grösse 25 Mm. Gewicht 2,40 Gr.
Cappo, Mainzer Münzen, S. Hö, No. OT"».
17. Trier: Erzbiscliof Werner von Falkenstein, 1388—1418.
Weiöygroschen, zu Oberweeel geprägt.
Hs. * WHRUHR'»KR0P' TKH'( vireusis) *
Vduv einem gotischen B'\i;en das Brustbild St. Petrus' mit Kreuzstab und
Schlüssel.
Rs. MOimT» i: UOW: WHSiri/iiensis)
In einem spitzen Dreipass der hochgoteilte Ilauptschild, von 3 kleineren
Wscli. in den Passecken umgeben, im Ilauptschilde rechts das Kreuz
von Trier, links quergeteilt das Familien Wappen: Falkenstein.
Im kleiacren Wscb. oben rechts das Rad von Mainz, links die Weekeo
von Bayern, unten der Löwe l von Jülich, das dem Vertrage am Ende
des Jahres 1417 beigetreten wan
Grßase ^5 Mm. Geirtoht 2,00 Qr*
Bohl, S. 78, No. 31.
18 Triftr: Erzhischof Otto von Ziegenhain, 1418—1430.
Weissgrosohen, in Trier geprAgi.
"Hsr"ÖTT01Ü8' ^ IT Zwei gekreuzte Schlüssel ^ RÜP * TRÖ*
Unter einem gotischen Bogen das Brustbild St* Petrus* mit Kreuzatab und
Sohlüssel.
Ks. * MOK' — ^ HOT — - TRÖ — # VffR'
In einem Vierpass ein hocbgeteilter Hauptachild mit 4 kleineren Wseh, in
den Winkeln des Vierpasses^ im Hauptschilde rechts das Kreuz von
Trier, links quergeteiU, oben ein Stern, unten Gold: Ziegenhain.
Im kleineren Wsch. oben das Rad von Mainz, rechts das Kreuz von Köln,
links die Wecken von Bayern, unten der Löwe L von Jüiich,s. vorstehend
GrSBSQ 26 Mm. Gewiobt 2,30 Gr.
Bohl, S. 93, No. 12.
19. Trier: Erzbiachof Jakob L von Sirk, 1439—1456.
3 StÜGk WetBBgrosohea, in Koblenz gtspr^gt^ tod 1444.
# 7r • Dir # SR ♦ a — ooa ^ XLini
Unter einem gotischen Bogen das Brustbild St. Petrus* mit Kreuzatab und
SchlüsseL Unten ein AVsch. mit einem Schrägrechtdbalken, worauf
3 Vögel liegen, das Familienwappen von Sirk.
♦ MOßa* — * R0V1J * — ♦ aOVöXlonsis)
In einem spitzen Dreipass ein geviereter Ilauptschild, darum 3 kleinere Wsch.,
im Hauptschilde im 1. u. 4. Felde das Kreuz von Trier, ira 2. u. 3.
Felde Schrägrechtsbalken mit 3 Vögeln belegt: von Sirk,
Im kleinen Wsch, oben rechts das Rad von Mainz, links das Kreuz von
Trier, unten die Wecken von Bayern.
Grösse 25 Mm. Gewioht 2,20, 2,10 u, 2,00 Gr.
20. Trier: Erzbischof Jakob von Sirk, 1439—1456.
2 Stück Weksgroachen, in Koblenz geprägt.
# IWaOBVS • — * TTROPI * TR^
Unter einem gotischen Bogen das Brustbild St Petrus' mit Kreuzstab und
Schlüssel. Darunter ein Wsch., dessen Schrägrechtsbalkeu mit drei
Vögeln belegt, das Familienwappen des Erzbischofs.
Oben - MORS^ — ♦ XRIVW' — aOVö*
Im spitzen Dreipass ein geviereter Hauptschildj umgeben von 3 kleine-
ren Wach.j im 1. n. 4. Felde des Hauptschildes das Kreuz von Trier,
im 2. u. 3. Felde der Schrägrechtsbalken mit 3 Vögeln belegt.
i^^JB^iSfeL.
14
Im oberen Wscb. rechts das Rad van Mainz, linke am Kreuz roo Trteff
im uotereo die Weckea ?od Bayero,
Of5M« 25 Um, Gewicht 1,90 b. 1,50 Gr,
Bükt, 8. IM, No, 1.
21. Trier: Erzbiachof Jakob von Sirk, 1439—1466,
2 Stück Weiaagroaahsi], in Kob1«o£ geprlgt.
Hi, • KTOOB' • ^ — KOPr TR Wie No, 20,
Es, Oben «POßff — * UOY^T * — • aOT0^
Wie No. 20, statt des kleineren unteren Wüch* aber eine Roee in der
BreipasBspitze unten ; die beiden oberen Wsch. haben jedes ein Kreu^.
Grtae 25 Mm. Gewiolit 1,80 u. 1,70 Gr.
Bokl, & 107, No. 10.
22, Trier: Erzbischof Johann IL Markgraf von Baden, 1456 — 1503,
2 Stück Wekagr Dachen^ in Kcbleaz geprägt.
H0, * lOir * aLS«(tu8) — QT itaORP'(irmatus) * r(revirensis)
Unter einem gotiBchen Bogen das Brustbild St, Petrus' mit Krensstab und
SohlÜBsel. Darunter ein Wsch. mit dem Schragrecbtsbalken in gol*
denem Felde von Baden.
Ks. Oben ^ MOUQ' — * ROTHT * — * aOVa*
Im ipitzen Dreipass ein geviereter Hauptscbild^ umgeben von 3 kleiDe-*
reo Wsch.» im L n. 4. Felde des Hauptacbildes das Kreuz von Trier,
im 2, u, 3. Felde der Sehrägreehtsbalken in Gold von Baden.
Im oberen Wach rechts das Rad von Mainz, linka daa Kreuz von Trier
im unteren die Wecken von Bayern.
GrOste 25 Mm. Gewicht 2.00 Gr.
Bohl, 8. 111, No. 10.
23. Köln: Erzbischof Theoderich IL Graf von Mors, 1414—1463.
WeissgroBchen, in Bonn geprägt.
Hb, iraeODÖRiaV — S WUea» aOLConiensis)
Unter einem gotischen Bogen das Brustbild St. Petrus' mit Kreuzstab und
Schlüssel; auf der Bru^t ein Wsch. mit dem Kreuz von Köln. Oben
über dem Bogen 2 Wsch. mit dem Saarwerden'schen doppelköpfigen
Adler; unter dem Heiligen ein Wappenschildchen mit dem Balken
von Mors.
Es. o ffiOßaT8l — • HO Vir I : B — OUIiöR ♦
Im spitzen Dreipass ein geviereter Hauptschild, im 1. u. 4. Felde das
Kreuz von Köln, im 2. u. 3. Felde der Balken von Mors.
Im oberen Dreipasswinkel rechts 2 gekreuzte Schlüssel, links das Kreuz
von Trier in einem Wsoh., im unteren eine sechsblätterige Rose.
Gra«6 25 Mm. Gewicht 1,80 Gr.
Cappe, KlUnisehe Mantw Ko. 1066 var.
16
24. Köln: Erzbisohof Theoderich Graf van Mors, 1414—1463.
WeiisgroAGhen, in Riele ge^rlLgt.
Hb. f TOÖODI — TTRaPr ff
St. Petrus unter einem gotischen Bogen hält einen KrßQzstab und einen
Schlüssel; unter ihm ein Wsch. mit dem Balken von Mura.
Rfl. # MORff — • HOVTT * — * RILÖ'C^sis)
In einem spitzen Dreipass ein geviereter Hauptschild, umgeben von drei
kleineren Wsch,, im 1. iL 4. Felde des Hauptschildea das Kreuz von
Köln, im 2, u. 3. Felde der Balkan auf goldenem Grunde von Mors.
Im oberen kleineren Wsch. rechts der Balken auf goldenem Grunde von
Mors, links das Kreuz von Köln, im unteren 2 Delphine.
Grösse 25 Mm* Gewicht 1,70 Gr.
Oappe, Kglntflolie MQnzeii No. 1077; t. Merle, 8. 194, Ko. 6.
25, Köln: Erzbischof Theoderich Graf von Mors, 1414—1463.
WeiüsgroBchen, in Riele gepr>.
H«. ♦ TftHoor - iTRöcpr * ao*
8t Petrus unter einem gotischen Bogen hält einen Kreuzstab und einen
Schlüssel; unter ihm ein Wsch. mit dem Balken von Mors.
Rs. Oben * MOHff — » R0V1T * — RILa^
In einem spitzen Dreipass ein geviereter Hauptaehild, umgeben von drei
kleineren Wsch., im 1. u. 4. Felde des Hauptschildes das Kreuz von
Köln, im 2. u. 3. Felde der Balken auf goldenem Grunde von Mors.
Im oberen kleineren Wsch. rechts das Rad von Mainz, links das Kreuz
von Trier, im unteren die Wecken von Bayern.
Oröese 24 Mid. Gewicht 1 JO Gr
GroMhen-KAbinet, X. F&ch, Taf. IX, No. 82; t. Merle, 8. Id4, Ko. 5; Cappe, Kdl-
ciBohe Mauzen No. lOSO.
26. Köln: Erzbischof Theoderich Graf von Mors, 1414 — 1463,
WeiasgrosoheDp in Riele geprägt.
Hfl. ♦ TRÖODIG' ♦ TTROPr * aOLO*
St. Petrus unter einem gotischen Bogen hält einen Kreuzstab und einen
Schlüssel.
Rs. * MOR' — • KOr _ ♦ RIL » — # «RS ♦
In einem Vierpaas ein geviereter Wsch., umgeben von 4 kleineren Wsch.
Im L u. 4. Felde des Hauptschildes das Kreuz von Köln, im 2. u. 3.
Felde der Balken auf goldenem Grunde von Mors.
Im oberen kleineren Wsch. das Rad von Mainz, rechts das Kreuz von
Trier, links die Wecken von Bayern, im unteren der Löwe I. von Jülich.
Gritase 26 Mm. Gewicht 1,80 Gr.
Cappe, Kölnische Miinten No. 1095,
27. Kfiln: ErEbisehof Theoderich Graf von Mors, 1414—1483.
Weijftgröacli«ii toh 1444.
H». Oben * TliSOD* — * ItROPr — ÜOLOR*
Iß oiiiom spilzeii Draipos» ein geviereter Hauptachild, umgeben von dm
kleineren Wi^eh., im L u« 4, Felde dea HauptachUdes das Kreuz voo
KoIq^ im 2. u, 3. Feld der Balken auf goldenen] Grunde von Mor«.
Im oberen kleineren W»chi ssur Rechten daa Bad von Maiu^ zur Linken
da« Krau/, von Trier, ira unteren die Wecken von Bayern.
El. W'ßo - D • sß «• a — an* xLimn
St. Fetriiii unter einem goüächen Bogen halt einen Kreuzitab und einen
Schl&a⪙ unter ihm ein Waeh. mit dem Balken auf goldenem Grunde
von Mör«*
Orüii« %k Mm. Gowlolii 1^0 Or.
f. H«rt«, a 206, No. 87; Üatipe, Köttnadie Mütiztm No. IIOG.
I
I
S8. lC5ln: Erzbisohof Theuderich Graf von Mors, 1414— 1463.
Wtlsfgroiolieit, tu Rj«le geprägt^ hat Doppdbchl&g,
BM.wmm DI - TTBOFr * ao
St, PetriiB unter einem gotischen Bogen hält einen Ereuzatab {und einen
Schlitsel). Darunter ein Wach, mit dem Balken auf goldenem Grunde
von Hori.
\ÜA. Oben * HOKö«— wmmm — • RILe
In einem tpihien Brerpaaa ©in geviereter Hauptachild, von 3 kleineren Wsch
uuig^oeü. iJufcb den Doppeibohlttg ist der linke Teil der Ro. verwlocLi,
!• u. 4. Feld des Hauptschildes das Ereuz von Eöln, 2. u. 3. Feld
der Baiken auf goldenem Felde von Mors.
Im oberen Wsch. rechts der Balken auf goldenem Felde von Mors, der
obere Wsch. links und der untere Wsch. sind nicht sichtbar.
QfOtM 25 Mm. Gewicht 1,70 Gr.
i
29. Jülich: Herzog Reinhald, 1402—1423.
i Stück WttUsgTiMchen, in Bergheim geprigt
H«^ • R«lir • DVX • lYL e«L ÖO^
St. PeCrus unter einem gotischen Bogen hält einen Ereuzstab and eiiien
Schlüssel.
lU, • MOW* — • UOV* — • BaR • — • aTier(mensis^
Tierpass inmitten Wsch. mit dem Löwen 1. von Jülich, umher 4 kreas-
w«»e g«6ii^te Wsch.
In Wscii. oben das Rad von Mainz, rechts das Ereoz von Trier, finks
das Kreuz tvvq K«S4n« unten die Wecken von Bayen.
Oi«M» «; Itük G«vic4t 2,00 Gr.; 2.1^ Or.
er#i*, MliwiM B. TU, S. 4«>, Xr. $«. 1.
..^aä
17
♦ 30. Berg: Herzog Adolf, 1408—1423.
RaderalbuB mit dem Yierpass, in Mfllheim geprAgt.
Hs. ITDOLPRVS ♦DVX*Da »MOT«
Der Herzog in halber Qestalt mit platter Mütze, ein Schwert mit beiden
Händen schräg rechts haltend, unter einem gotischen Bogen.
Rs. * MOÄ^-tßOV— »MOS* — *Lßa'(men8i8)
In einem Yierpass der gevierete Hauptschild, von vier kleineren Wsch. um-
geben. Im Hauptschild das 1. u. 4. Feld mit dem Löwen 1. von
Jülich, das 2. u. 3. Feld mit dem doppelt geschwänzten Löwen 1.
von Berg.
Im Wsch. oben der zweischwänzige Löwe 1. von Berg, rechts der Adler,
links der Löwe 1. von Jülich, unten die 3 Sparren von Ravensberg.
Grösse 25 Mm. Gewicht 1,80 Gr.
31. Berg: Herzog Adolf, 1408—1423.
2 Stüok RaderalbuB mit dem Yierpass, in Mülheim geprägt.
Hs. Wie No. 30, aber mit o statt der Sternchen.
^®' 1» » 30, »»•'>»» 7t
Grosse 26 Mm. Gewicht 2,30 u. 1,90 Gr.
32. Jülich u. Berg: Herzog Gerhard, 1437— 14T5.
Raderalbus, in Düren geprägt.
Hs. eöRD' ♦ DVX * IVL(iacensis) ♦ Z MOT' * (et montensis)
Unter einem gotischen Bogen der Herzog in halber Gestalt, mit platter
Mütze, hält mit beiden Händen ein Schwert schräg rechts.
Rs. * MOß' — * ROY * — D VR — GüaS(is)
In einem Yierpass der gevierete Hauptschild, von 4 kleineren Wsch. um-
geben. Im Hauptschild das 1. u. 4. Feld mit dem Löwen 1. von Jülich,
das 2. u. 3. Feld mit dem doppelt geschwänzten Löwen 1. von Berg.
Im Wsch. oben der Löwe 1. von Jülich, rechts der Adler, links der zwei-
schwänzige Löwe 1. von Berg, unten die 3 Sparren von Ravensberg.
Grösse 25 Mm. Gewicht 1,80 Gr.
Wellenheim No. 8064 hat MOS statt MOR
33. Jülich u. Berg: Herzog Gerhard, 1437—1475
Raderalbos, in Dfiren geprägt.
Hs. eaRF * DVX IVL' Z MOT Wie vorstehend.
Rs. ♦ MOU'» — *ßOV'»— *DVR — GUaS'^c
Grösse 25 Mm. Gewicht 1,90 Gr.
18
II.
Am 18. Juli 1881 wurden beim Bau einer Holzremise in der Hofraite
des Franz Faber in Schlossborn, Haus No. 16, 3 Häuser von der Kirche, nur
wenige Zoll unter der Erde, in einem braunen Steinkrügelchen 41 Goldgulden
gefunden. Sie wogen zusammen 135 Or. und sind nicht ganz 18 karatig.
1. Baden: Markgraf Christoph, 1475—1527.
Goldgulden.
Hs. QRISTOF o MITE — QMO S BTTDÖftS
Brustbild St. Petrus' mit Heiligenschein, Schlüssel und Buch über geviere-
tem Wsch., 1. u. 4. Feld der Schrägrechtsbalken von Baden, 2. u. 3.
Feld 16 mal geschacht in 4 Reihen wegen der hinteren Grafschaft
Sponheim.
Rs. MOßö o uo o TTVReiT o BTTOeßSIS o ISO?«
4 Wsch. in den Winkeln eines Lilienkreuzes, 1. Wsch. der Schrägrechts-
balken von Baden, 2. Feld 16mal geschacht in 4 Reihen wegen der
hinteren Grafschaft Sponheim, 3, Feld hochgeteilt, Lowe 1. von Mahl-
berg, und der Balken von Lahr, 4. Feld querliegender Flug Ton
Usenberg.
Gröase 23 Mm. Gewicht 3,82 Gr.
2. Nördlingen: Friedrich IH. König 1440—1452, Kaiser bis 1493.
Ooldgulden.
Hs. FRIDRKIVS« llOSll\:\V ^ LSUPtRirTOR +
In eiuom mit Punkten verzierten Dreipasse, dessen äussere Ecken mit
Blättern verziert sind, der Reichsapfel.
Rs. M/OW(-T n \H^\\: o U --- OKDLIUOeSo
Der stehende St. Johannes mit Heiligenschein, das Lamm mit Schein auf
seinem linken Arme ; unten zu seineu Füssen Wsch. mit den 3 Schild-
chen von Weinsberg.
Grösse 22 Mm. Gewicht 3,27 Gr.
3. Nördlingen: Friedrich 111. König 1440—1452, Kaiser bis 1493.
Goldgulden.
Hs. FRIDRIOVS ^^ ROMirU ^ IMF +
In einem Dreipasse der Reichsapfel.
Rs. MOweT • UO xnmmAM
Der stehende St. Johannes mit dem Lamme auf dem linken Arme;
zwischen seinen Küssen ein Wsch. mit den 3 Schildchen von Weinsberg.
Grösse 22 Mm. Gewicht 3,32 Gr.
1S7S Hess, Kai. 314S, M. 10.-: ISs*^^ Fund ron Lenzhahn.
19
4. Frankfurt: Kaiser Sigismand.
Goldgulden.
Ha. SIOISMTD'» RO'» RORfSM» RtX*
Der Reichsapfel in einem Sechspass, der mit Kleeblättern verziert ist.
Rs. MORCT ♦ RO — PRmiPORD
St. Johannes erhebt die rechte Hand u. hält in der linken einen Kreuzstab.
QrÖBse 23 Mm.
Gappe, Eaisermfinzen Bd. I, No. 813; Blätter far Manxkunde, Bd. I, No. 259.
5. Frankfurt a. M.: Friedrich HL König 1440—1452, Kaiser bis 1493.
2 StQok Goldgulden.
Hs. FRIDRiaVS o RO'ßORV *> RffX *
Der Reichsapfel in einem runden Dreipass.
Rs. KORQ^mnO — FRWaaFOR'
St. Johannes mit Heiligenschein, weist mit der Rechten auf das Yon ihm
auf dem linken Arme getragene Lamm. Zwischen seinen Füssen Q.
Also wahrscheinlich von Conrad von Weinsberg, der 1431 zu Frank-
furt das Munzrecht erhielt und 18. Jan. 1448 starb.
Qrösse 22 Mm.
Cappe, Kaisermünzen, Bd. III, No. 739.
6. Frankfurt a. M.: Friedrich HL König 1440—1452, Kaiser bis 1493.
2 Stack Goldgalden.
Hs. FRIDRiaVS o ROMWK'o IMP'(erator) *
Der Reichsapfel in einem runden Dreipass.
Rs. MOIiöT o ßO — FRTTIiaFD'
St. Johannes mit Heiligenschein, weist mit der Rechten auf das von ihm
auf dem linken Arme getragene Lamm. Zwischen seinen Füssen ein
Wsch. mit den 3 Schildchen von Weinsberg.
Grösse 23 Mm.
Oappe, KaisermOnzen, Bd. in, No. 776; Voigt, 8. 75, No. 12.
7. Frankfurt a. M.: Friedrich m. König 1440—1452, Kaiser bis 1493.
Goldgalden.
Hs. FRIDRiaVS o ROßOR' o IMPWT' . *
Der Reichsapfel in einem runden Dreipass.
Rs. MOUÖTTT o liO — FRITßaFOR'
St. Johannes mit Heiligenschein, weist mit der Rechten auf das von ihm
auf dem linken Arme getragene Lamm. Zwischen seinen Füssen QC.
Grösse 23 Mm.
Cappe, KaisermODsen, Bd. III, No. 769 Tar.
20
B. Frftiikfurt a. M,; Friedrich m. König 1440—1452, Kaiser bis 1495.
QoldguMen*
Ha, PRIDRiaVSi^ ROMm?Olt IIIPIT' (imperator)*!«
Der RelchBEpfel in eiDom ruaden Dreipass,
Eh, MOfiQ'nTi* MO ^ FEimaF^D^
St. Johaoaea mit HeüigeDB^bein^ wet»t mit der RocbteD auf das voq ihm
auf dem liuken Arme getragene Lamm. Zwiscbeo seinen Füsaaci fcv
0f6u^ 2a Mm,
9. Frankfurt a. M,: Maximilian L, 1498—1519,
2 Stück QoMgulden.
Ha. SEwxiSRiLrirHva c ßoiira o Rax*
Der ReicbBapfel in einem runden Dreipass,
Jls, SßO - HO ^ FR ^ imOF ol^q^.
St. Johannes mit Heiligenscheio^ weist mit der Raobten auf das ran tbm
auf dem linken Arme getragene Lamm, Unter ihm Wach, ml deu
3 Schildchen von Weinsberg.
araaae 2^ Mm.
Gappe, Kaiiermatixeai Bd, Ult No. 855 Yftr.
10, Prankfurt a. M.: Maximilian Ly 1493—1519,
Hs, sairxmaLnrHvs « ROiün ^ r9x+
Der Reichsapfel in einem rundeo Dreipass,
Es. O SRO 0 KO - FR - '^rBttF . 1 5^9 6
St. Johanne» mit Ueiligeoscheb, weiat mit der Rechten auf dai von ihm
auf dem linken Arme getragene Lamm. Unter ihm Wach, mit den
3 SchiJdchen von Weins he rg,
QrOue 2ä Mm.
Cttppe, Kaiiennüneeti, Bd. III, S57 TAT,
11. Markgrafschaft Brandenburg in Franken: Albrecht Achilles,
1471_1486.
2 Stück Sohwabaoher Goldg^den.
Ha. 1TLBT' : 5ßirR0Gft — BRITßD t ÖLTO'
St. Johannes mit Heiligenschein, weist mit der Rechten auf das von ihm
auf dem linken Arme getragene Lamm. Zwischen seinen Füssen der
Brackenkopf r.
Rs. SÄORanr s iia»w § 7r\g^g|^woB'iraii' +
Auf einem Blumenkreuze der Churschüd mit dem Scepter; in den Winkeln
4 Wach., im oberen der Adler von Brandenburg, zur Rechten toq
Weiss und Schwarz gevieret: Zollern, zur Linken der Greif 1. Ton
Pommern, unten: Löwe 1. in Weiss- und Rot-Einfaasung : Nürnberg.
OrOtte 23 Mm.
1868 Sohnlthett-Reohberg, Kat No. 3482.
21
12. Markgrafflcbaft Brandenburg in Frauken: Albrecht Achilles,
P 1471—1486.
8ahwabaoher Gold^utden,
Ha. T^LBT . SRlTRa — U : BRITD : ffLT^
8t. JohaoDeB mit Heiligenschein, weist mit der Rechten auf das von ihm
mk auf dem linken Artne getragene Lamm. Zwischen seinen Füssen der
H Brackenkopf r.
WL. ffiOliöKr Z ROVTT : TTYR : SW0B7TaR'«f
Auf einem Blumenkreuze der Churschild mit dem Scepter; in den Winkeln
4 Wach., im oberen der Adler von Brandenburg, zur Rechten von
H Weiss und Schwarz gevieret: Zollern, zur Linken der Greif L von
V Pommern, unten: Lowe 1. in w^eias und roter Einfassung: Nürnberg,
Grinse 23 Mm
13. Markgrafschaft Brandenburg in Franken: Friedrich u, Sigismund,
1486—1495.
3 Stück Qoldgulden.
Ha. FRID' S 7 1 BI(^E|ffi(ünd) — ailTRüft S BRITliD
St. Johannes mit Heiligenschein, weist mit der Rechten auf das von ihm
auf dem linken Arm getragene Lamm. Zwischen seinen Füssen der
Brackenkopf r.
Rs. SfiOliaTIT t UOTIT S TTVR % SWOB^(ni +
Blumenkreuz mit 4 Wsch. in den Winkeln, oben der Adler von Branden*
bürg, zur Rechten: Weiss und Schwarz gevieret: ZoUeru, zur Linken:
Greif 1. von Pommern, unten: Löwe h in Rot- und Weiss-Einfassung.
Grosse 23 Mm«
1866 SchttUhess-Eechberg, KM, No. 8463.
14. Bacharach, Prägestätte von Pfalzgraf Ludwig IH., 1410 — 1436.
Qoldgulden,
Hs, » LVDWlö' * (r(omeä) * P(alatinus) — R^heni) ^ DVX * BTrfvariae)
Der stehende Pfalzgraf hält in der Rechten ein Schwert geschultert und
hat die Linke erhoben ; auf seinem Haupte ein barettartiger Hut, über
der rechten Schulter ein Stern. Unten zwischen seinen Füssen eine Rose*
a. MORÖTIT ^ ROVIT ITVRfflT * BIT'*
Lln einem runden Dreipasa ein geviereter Wsch., 1. u. 4. Feld der Löwe 1.
von Pfalz, 2. u, 3. Feld die Wecken von Bayern.
GrSsie 22 Mm.
1868 Sohalthe88*Rechberg, Kat. No. 4260; Joseph, DeBibodenberger Fund No. 28, c.
15, Pfalz: Pfalzgraf Philipp, 1476—1508,
Kbeinlaoher Goldgulden toh 1493.
iHa. .PßlLI — F.O'.F-R DVX-BTT
In einem spitzen Dreipass ein grosser geviereter Wsch. mit Mittelschitd,
^ 1. u. 4. Feld der Löwe 1, von Pfalz, 2. u. 3. Feld die Wecken von
Us,
82
Bayern, Mittelschild nur ein Punkt. Daneben in den Winkeln des
Dreipasaea 3 kleine WscIl, oben rechts mit dem Bad Ton Mainz, links
mit dem Kreuz Ton Trier, unten mit dem Kreuz von Köln.
Rs. . •MOiia.ÄOv— :rv.Re[(no.iJt9>
Christus auf gotischem Throne, unten ein gespaltener Wsch. mit dem Löwen
L von Pfidz und den Wecken von Bayern.
OritaM S3 Ma.
16. Höchst, Prägestätte des Erzbischofs tou Mainz: Johann 11. Oraf
Yon Nassau, 1397—1419.
Ooldgnldeii, too 1409—1417 gesehlsgeo.
Hs. ioma'*mKt — a —mwr^QyriT
St. Johannes mit Heiligenschein, in zottigem Mantel mit dem Kreuzstab
io der Unken, das Schloss am Mantel wie ein Ringel <>. Zwischen
seinen Füssen unter dem 3 ein Kreuzchen -t* .
Ra. HO — ÄaTir.I.ROöiBWVP — M0 +
Grosser hochgeteilter Wsch. mit dem Rad von Mainz und dem nassauischen
Löwen. Oben daneben rechts ein Schildchen mit dem Kreuze von Köln,
links ein quergeteiltes Schildchen, dessen untere Hälfte schraffiert ist,
Yon Minzenberg, dem Famflienwappen Kuno's von Falkenstein, Erz-
bischofii von Trier.
GraMe 22 Ma.
Jotepli, Denbodenberger Fond, No. 8, c.
17. Oberwesely Prägestätte des Erzbischofs von Trier: Werner von
Falkenstein, 1388—1418.
GoldgnMen, Ton 1409—1417 geprigt.
m. waRR«R — iTRap' ♦ trs^
St. Johannes mit Ueiligenscbein in zottigem Mantel, hält in der Linken
den Kreuzstab; zwischen seinen Fassen ein Halbmond mit ? darin.
Rs. * MOUflT * —*r. rovt: * — ♦ was^TL'
In einem spitzen Dreipass der grosse hochgeteilte Wsch., rechts : das Eureuz
yon Trier, links : quergeteilt, unten Gold, das Familienwappen (Minzen-
berg). Oben daran rechts das Minzenberger Wappen, links das Rad
Yon Mainz, unten delphinartige Schnörkel.
Or6sM 22 Mm. Gewicht 3,90 Gr.
1868 Sehaltbesfl-Reehberg, Kat 2261 ; Joseph, Denbodenberger Fund, No. 20,d rar.
18. Koblenz, Prägestätte des Erzbischofs von Trier: Raban von
Helmstädt, 1436—1439.
Goldgulden Ton 1438.
Ha. RITBW — TTROP — TRÖV — 110' • aO'(velensis)
Auf einem grossen, die Umschrift teilenden Kreuze der gevierete Wsch.,
das Familienwapp^i des Erzbischofs, 1. u. 4. Feld das Kreuz des Ebrz-
süfkes Trier, 2. u. 3. Feld ein Rabe.
Ba. iT'RO # DIU' # SR'^ aaaa » xxxvm • *
Drei Wsch, in Kleeblattform zusammeDgestellt, dazwiacheu eine Rose, der
Wsch. oben rechts hat das Rad von Mainz, der Wach. links auf gol-
denem Ctrunde das Kreuz von Köln, belegt mit einem Mittelschilde,
worin der Balken von Mors, das Familienwappen des Erzbischofs von
Köln, Dietrich H, Grafen von Mors, der Wsch, unten ist hoehgeteilt,
rechts der Löwe L von Pfalz, links die Wecken von Bayern.
Gru886 22 Mm. Gewicht 3,50 Qr.
1868 SofaulthesB-Beohberg, Kai Ko, 2264.
19, Bonn, Prägestätte des Erzbiachofs von Köln: Dietrich U, Graf
von Mors, 1414—1463.
Goldgulden, UU— 1417 geprägt.
Hs. TliffODI — a ITßöPI — aOLOIU
Spitzer Dreipaas, darin ein grosser geviereter Schild, 1. u. 4. Feld das Kreuz
von Köln, 2. u. 3. Feld der Balken von Mors. An dem grossen
Schilde befinden sich oben rechts 2 gekreuzte Schlüssel, an Stelle des
trierischen Wappenschildes, oben links ein kleiner Schild mit dem Kreuze
von Köln, unten eine Rose.
Ra. MOnanr — BVmSlS (Bonn) Doppeladler.
St. Johannes mit üeiligenscheiu in zottigem Mantel, auf der Brust ein
kleines Schildchen mit einem Kreuze, schultert ein Lilienscepter.
Gr5flie 24 Hm. Gewicht 3,50 Gr.
1868 BchultheÄi-Reohberg, Kat. Ko. 1864; rergl. Zeitschrift N. P. 8. 96, No. 136;
1882 Joseph, DesibcMlooberger Fund No» 37.
appe« KSlnisobe Münzen No. 1026, T. XI V, 230 ?ar.; Wuerst, Munsen u. Medaüien
BonQB, No. 46 0.
20, Riele, Prägeetätte des Erzbischofs von Köln: Dietrich II, Graf
?on Mors, 1414—1463.
Goldgulden, von 1425 — 1437.
IIa. TMODiO' — imapr* aoL^
Der Bischof mit segnend erhobener Rechten^ in der Linken einen Bischofsstab
haltend. Zu seinen Füssen der Balkenschild von Mors ohneSchrafßerung.
Rs, MORffTir * ROTir ^ irvRSir » Rr +
Grosser geviereter Wsch., 1. u. 4. Feld das Kreuz von Köln, 2. u. 3. Feld
der Balken von Mors.
Gröiae 22 Mm.
Joiepb, Desibodenberger Fund No. 44.
21. Riele, Pragestätte des Erzbisohofs von Köln: Dietrich IL van
Mors, 1414—1463.
2 Stück Qoldgalden, Ton 1437—1461 geprägt.
Ha. TimO' — WROP — GOLO — UimV
Langes befusstee Kreuz, das die Umschrift teilt, darauf Hegt ein grosser
geviereter Wsch., 1, u. 4. Feld das Kreuz von Köln, 2. u. 3. Feld
der Balken von Mors als Familienwappen,
24
Rs. MORÖTTT # ßOTIT ^ TTVRem # RI f
Drei Wsch. in Kleeblattforni ziisamraongeatellt, dazwisehea ein Balbmood.
Wsch, oben rechts Kreuz, darauf ein Schildchen mit einer Sdiräf-
rechtsbmde, worauf 8 Muscheln liegen, daa slrkische Familien wappeo;
Wsch. links Rad von Mainz; Wsch» unten hoohgeteilt, recbta der
Löwe L von Pfalz, links die Wecken von Bayern.
GrOtse 23 Mm.
Gappe« Kdloische MOiizen No. 1052.
22. Königsdorf, Prägestätte des Erzbischofs von Köln: Dietrich
Graf von Mors, 1414—1463,
Goldgolden.
Hfl, • TRöODia^ « ir — RQPr * aoLO'
Der stehende St Petrus mit Heiligenschein schultert mit der Rechten
einen Schlüssel und hält in der Linken ein Buch* Zu seinen FtjAi»eii
ein Wsch. mit dem Balken auf goldenem Felde: Mors.
Rs. • MOR' — * ROV — * KOR • — *^ IX' D* (Konigsdorf b. Köln)
Yierpass^ darin ein grosser Wsch. von 4 kleinen umgehen. Im groasea
Wsch* auf goldenem Grunde das kölnische Kreuz mit einem Mitid-
acfailde belegt, worin das Familien wappen des Erzbischofs, der Balken
von Mörs, ist. Im Schildchen oben das Rad von Mainz, rechts das Krem
von Trier, links die Wecken von Bayern, unten der Löwe 1. von Pftl».
OfSnaa 28 Mm. Gewicht 8,43 Gr.
Oappe, KOlnisohe Mfinzen Ko« 1063, T. XI V, No. 231.
SB T
23. Riele, Prägestätte des Erzbischofs von Köln: Ruprecht, Pfalzgrt
1463—1477 t 1480.
3 Siaok Gotdffuiaeii.
Hs, :^:ROPfIRT 9':: — LHQ* 9ÜL' flO'
Der stehende St. Petrus mit Heiligenschein hält in der Rechten eini
Schlüssel, in der Linken ein Buch. Unter ihm ein Wsch« mit dem
Löwen 1. von Pfalz.
Rs. • MOU • — » UOTii — TTVRa — TT RIL
Langes befusstes Kreuz, das die Umschrift teilt, darauf Hegt eb gtomef
geviereter Wsoh., L u. 4, Feld das Kreuz von Köln, 2. Feld der
Löwe 1. vou Pfalz, 3. Feld die Wecken von Bayern.
Gftee S3 Mm. Gewioht 3,40, 3,40, 3t3a Or.
Kahler, Dukaten-Kabinett Ko, 921; t. MerU, S* 20a, No. 1; Capp^, K^MmS^
Manien No. 1122.
24. Riele, Prägestätte des Erzbischofs von Köln; Rnpreobti PfaUgr
1463—1477 t l-t80.
Goldfiüdefi.
Ha. • ROPeRTYS — lIWaBKRO' (TV8 im ROP^RTYS ist Doppelprige
und steht tiefer).
2o
Der auf gotischem Stuhle sitzende Heiland segoet mit der Rechten und
hält in der Linken ein Buch. Zu seinen Füssen ein hochgeteilter
Wach,, rechts das Kreuz von Köln, links der Lowe 1. von Pfalz,
Hs. MOHH^ UOYnmaSmH^ ILUHR^ ^ (durch Doppelaehkg aus RlLfftt
entstanden).
BlumenkreuÄ, in dessen Winkeln 4 Wach, : oben hucligeteiU rechts das
Kreuj& von Köln, links dor Löwe 1. von PfaU; rechts in goldenem
Felde das Kreuz von Trier mit Mittelschild^ worin der badische Schräg-
rechtsbalken, das Familienwappea des Erzbischofs von Trier, Johann
von Baden ; links hochgeteilt, rechts der Löwe h von Pfalz, links die
Wecken von Bayern; unten das Rad von Mainz.
Grösse 22 Mra. Gewioht 3,18 Gr.
r. Mertei S. 212, No 9; Cappe, Kdlmsolie Mannten Ko. 1135.
25* Bonn, Prägeatätte des Erzbischofa von Köln : Ruprecht, Pfalzgraf,
1463—1477 t 1480,
Qoldgulden.
Hb. * ROP«RTVS — TTROPr QO*
Der auf gotischem Stuhle sitzende Heiland segnet mit der Rechten und
hält in der Linken ein Buch. Zu seineu Füssen ein hochget. Wsch.,
rechts das Kreuz von Köln, links der Löwe 1, von Pfalz,
ts, * MOI^H' HOTn * ITVRHi: # BVftl^H * * (DoppeUchlag)
Blumeukreuz, in dessen Winkeln 4 Wsch., der Wach, oben ist hochgeteilt,
rechts das Kreuz von Köln, links der Löwe K von Pfalz; der Wsch.
rechts hat in goldenem Felde das Kreuz von Trier mit dem badischen
Schrägrechtsbalken im Mittelschilde, als Pamilienwappen des Erzbischofa
von Trier, Johann von Baden 5 der Wsch, links ist huchgeteilt, rechts
der Löwe 1. von Pfalz, links die Wecken von Bayern; der Wsch.
unten hat das Rad von Mainz.
Grosse 24 Mm. Gewicht ;i,40 Gr.
v« Merle, S. 212, No. 11; Eeichel IV, Abteilung 2, No 2679; Cappe^ K6Lmache
Münzen No. 1133; Wuerst, Münzen und Medaillon Bonns, No. 54 c.
26. Bonn, Prägestätte des Erzbiscbol's von Köln: Hermann von
Hessen, 1480—1508.
GoldguldoD.
^ft'MuP fTLoti — aaaLa' aoLoir
St. Petrus mit Heiligenschein, schultert den Schlüssel und hält ein Buch.
Unten ein hochgeteilter Wsch., rechts quergeteilt oben ein Stern,
unten Gold von Ziegenhain; links der Löwe 1. von Hessen,
M0K9 -- aOVT? — :rVRff^ — BOlüi« —
Grossee Kreuz, befusst, das auch die Umsohrifi; teilt, darauf geviereter Wsch.
1. u. 4. Feld das Kreuz von Köln, 2. Feld der Lowe K von Hessen,
3. Feld quergeteilt, oben 2 Sterne, unten Gold von Nidda*
Oro»Be 22 Mm. Gewicht 3,31 Gr.
T* Merle, S. 2S1, No. 9; Cnppe, Kölniaobe Münzen 1181; Wuersi, Münzen und
MedniUen Bonns, No. 5dd.
S
27. Dortmund, Prägeatäfeto voa Kaiser Friedricli IlL, 1440 Kuoig
bif 1452, KuiBer biö 1493.
Ha. PKI DHIlKr — RO t IMP
Ddf steh Otitis Kitiüer im Kri>Du ugsor Dato; zwischen Beinen Füssen ein Stern.
It». MOU t J^OVir ft TliHMOilMU
Hano. In nimmt rutidiiD Droipat^^ der Reichsapfel
örOtiio 2:i Hm* Öewinht 3»34 Gr.
CAppQf Enimarmüiuon 111^ No, 7fl7, etwas nbwdohond. LhT8 Heas, Kat&log No.
28. Lünpburgf Prägestätto von Kaiser Sigiamnod, 1411—1438,
Goldifiildcn, na*ih l+:fi — Hin gcprUgt.
Ua, HltüSMVD' - !t()*I/()RV^ « IMP^rjOR*
In ©iüum runden Drei [ms» der ReichsapfeL
R*t, MOunr * UO - LVIWB'CiH'
SL »lohanntis mit Köpfsoliein, weiist mit der Rechten auf das Lamm^ weit
üf auf dorn linkon Armo trägt, Zwiacben geineD Fusion mu geiiei|
Wiclh mit dorn Löwea L van Lüneburg,
Qrflu« n Mm. Oewiehl 3,3$ Or.
Vargl OgHlttof Htnit^ßlltlQir 1S84, g. 4T1; t^7t K&i HaA»e (Ui]>£if)No. :iaS4; ▼. i^nfF-^
hjuiftun üa. üü37.
2S». Lünoburg, Prftgi^stutte von Kaiser Fried rieh ilL, 1440-1452-1493.
Goldgulden.
H«; FUinrtRKlVS * RO'UOR' • RÖX +
Kundor Droipass aus 2 Zwillingäfaden, darin der Reichsapfel.
Rs. MOimr UiV . - LYIWB UH*
St, Johauno» mit Heiligenschein, weist mit der Rechten auf das Lamm^
welches er auf dem linken Arme trägt. Zwischen seinen Füssen «n
geneigter Wsch, mit dem Löwen 1. von Lüneburg.
iSixV««' :i:^ Mm. Gewicht XAi Gr.
BerlintT MauibUtter ISS4, S. 4Tl; C^ppe, KaiseriDiIniec III, Xo. 750; K. k. Misi-
kabineU in Wien.
SO. Hamburg, Pragestätte von Kaiser Sigismund. 1411 — 143S.
Gv^Idculden.
Hs, sMUSMViv RtvuoRv* imp::tor ■!•
Runder I>reijvass aus 2 Zwilling^faJeii, darin der Reichsa{rfeL
R.<. NOUHT UO Tr.:MBVRi>rt
St. Petrus m:; Heiiigensohein häU den Schlüsse! geschultert und das BscL
GrJMM^ ioi Xak v*^wK!lit .v^i« Gr.
C«rf>e. R«H«r»4MM« HU NV T^4
27
31. Leipzig, Prägestätte von Herzog Albreoht dem Beherzten von
Sachsen, allein bis 1519.
Goldgulden.
Hs. ITLBaETVS t D'» ö ^^DVX S^TXOÄI +
Dreipass aus 2 Zwilliogsfäden, darin der Reichsapfel.
Rs. MO* * irVRäTT — Lipaeiisi
St. Johannes mit Heiligenschein, weist mit der Rechten auf das Lamm,
welches er auf dem linken Arm trägt. Zwischen seinen Füssen der
sächsische Rautenkranz.
Grösse 23 Mm. Gewicht 3,22 Gr.
1875 Dresdener Doubletten-Aaktion No. 347.
ni.
Fund von Lenzhahn im Jahre 1883.
1. Eärnthen unter dem römischen Kaiser Ferdinand L (1521), 1558-1564.
Dukaten.
Hs. FERDI . D : G . EL(ectus) • RO(manorum) — I ~ M(perator) . 8(emper) .
AV(gu8tus) • GECrmaniae) • HV(ngariae) — ;
Der stehende geharnischte Kaiser hält das Scepter.
Rs. BO(hemiae) . Z . • REX • IN . Hl(spania) . AJlCH(idux) . AY(striae) .
E(t) . CA(rinthiae) • Z€ . 1564.
Gekrönter hochgeteilter Wsch., 1. Feld 3 übereinanderschreitende Löwen,
2. Feld Querbalken.
Grösse 21 Mm.
2. Nördlingen: Kaiser Friedrich IIl. 1440-1452, Kaiser bis 1493.
Goldgulden.
Hs. FRlDRiaVS o ROMAN(orum) o IMP(erator) *
Runder Dreipass aus 2 Zwillingslinieu, darin der Reichsapfel.
Rs. MOftHT . ßO -- TiORPLffi(gensis)
Der stehende St. Johannes mit Heiligenschein weist mit der Rechten auf
das Lamm, welches er auf seinem linken Arm trägt. Zu seinen Füssen
ein Wsch. mit den 3 Schildchen von Weinsberg.
Grösse 23 Mm.
1878 Hess, No. :iH8, M. 10.— ; 1881 Fund Ton Schloßsboni.
3, Nürnberg, Stadtmünze: Zeit von Kaiser Maximilian I.. 1493 — 1519.
Goldgulden von 1507.
Hs. SROVBTJX o 9Y|iis S D t UVRSJdBaRG S 150 7^S*
Der rechtshin blickende Reichsadler mit N auf der Brust.
3*
28
Rb. siniQTVs <* u: — vRHßaivs
Der über Flammen stehcndo Heilige hält einen Rost und ein Buch. Zwisch
dem Felde und der Umschrift niedliche Kreis- Verzierung.
GrOBie 23 Mm.
4. Nürnberg, Stadtmünze: Zeit von Kaiser Maximilian-I.
Goldgulden yon 1511.
IIb. 5U0RffT . irVR o Röl o py • RVRÖIiB ol5 II *
Der rechtshiu blickende Reichsadler mit N auf der Brust.
Rs. siriidTva o Lir - - YR&mms <>
Der über Flammen stehende Heilige hält einen Rost und ein Buch. Zwiseh«
dem Felde und der Umschrift niedliche Kreis- Verzierung.
OrÖMe 28 Mm.
5. Nürnberg: Freie Reichsstadt.
I>aurentiu8goldgulden yon 1614.
Hb. U. b. MONE.REIPVB-K NVRENBERG 1614
Ovaler, hochgeteilter^ verzierter Wsch., rechts der halbe Adler, links sech
mal schräg rechts gestreift.
Rs. U. b. ♦ SANCTV8 ♦ — LAVRENTIV8
Der Heilige stehend r., hält ein Buch und einen grossen Rost.
Grtat 23 Mm.
6. Nürnberg: Freie Reichsstadt.
Laurentiusgoldgulden von 1617.
118. r. b. MONK V KKirVH V )ß^ NYKENBERG Unten •1617*
Ovaler, hoohgotoilter, verzierter Wsch., rechts der halbe Adler, links sechs
mal schräg rechts gestreift.
Ks. r. b. SANof VS - LAYKKXTIYS
Per Heilige stehend 1., hält vor sicli einen grossen Rost und in der linkoi
Hund eine Taline.
liKwo l^^ Mm.
7. Miirkgrafschüft Urandeuburg in Franken: Friedrich in Ansbacl
und l^Ayrouth i^l4S(>' allein. 1405 — 1515 t 153t>.
GoKi^ulvior. vor. r^«>\ •:: SohwaK^ioh ccpräirt.
Us KKIPUUU i 0 - i> M/'iriMlMo ; HKirVulenburg
S:. »K^h.-ir.r.os :v*i: Heilgor.schoi::. \%oisr v.v.x .ier Roohreu au:* das auf seiner
; vkrr. Arir.o /.oc^'" -^^ 1.kv.:v. : :wi>o::o:i seir^en Füssen der Brackenkop
r. 7.^\-.SvVr^" :c:r. T '. :v *.:::.: .:er r::isohrif: :v.ei>!or:e Kreis- Verzieruni
1^;.:::v:n:cu: :v:: 4 W>:; - l-^:: Wii^kel::. OVeu :er AAIrr vja Brandes
rurg. ::.T l\cr::iT. govl-ro: v - Schwarz u:.i Weiss: Z.Uers. zur Linke
ior i^re:!**. ^:" r.-rr.err; u":e" ier I.'we '.. ir. weiss-r?:er Einfassung
Nürr.rorg Auf .itr >!:::•: ies B'.u:nenkreu:es 4 Veniefunjea.
89
8. Baden; Markgraf Christoph, 1475—1527,
Goldgulden«
^ ORISTOP ^ MIT — ROraO - m ° BlTCdensis)
BruötbilJ St. Petrus' mit Heiligeascheiu, Schlüssel und Buch über eioem
geviereten Wöch., L u, 4, Feld der Schrägrechtsbalken von Baden,
2. u* 3. Feld 16 mal geachacht in 4 Reihen wegen der hiüteren Graf-
achaft Sponheim.
MORa^nr noyir ° u vröw ^ BiTDera • i s -
4 Wscb. itt den Winkeln eines Blumenkreuzes, 1. Wsch. oben Schräg-
rechtabalken von Baden, 2. Wach, zur Rechten 16 mal geschacht in
4 Reihen wegen der hioteren Grafschaft Sponheim, 3. Wäch» zur Linken
hochgeteilt, Löwe l von Mahlberg und Balken von Lahr, 4, Wsch.
unten, querliegender Flug von Uaenberg.
Gfdfiso 24 Mm, Gewicht 3,30 Gr*
1883 HesB, Katalog No. 3418 vnr.
1545.
^■9, Mainz: Erzbisehof Albert^ Markgraf von Brandenburg, 1514-
^B Goldgulden.
"Hs. ° o irL(bertu«j ^ a(rchi) «^ fIP(isoopu3) <= VRi^oguntiae) — 9 «> 5RHT « HTB
Ber auf einem gotischen Stuhle sitzende Heiland hat die Rechte zum Seg-
nen erhoben und in der Linken ein Buch ; zu seinen Füssen in einem
Wech, das Rad von Mainz.
Oben * SEOßff-K— +';rvRe[*:- — •iReiii:»
In spitzem Dreipaas ein grosser geviereter Wsch., umgeben von 3 kleinen
Wsch., 1. Feld das Rad von Mainz, 2. Feld quergeteilt, oben Rot,
unten Weiss: Magdeburg, 3 Feld hochgeteiltp rechts Rot, links Weiss;
Halbersitadt, 4. Feld der Adler von Brandenburg.
Im Wsch, rechts das Kreuz von Trier, links das Kreuz von Köln, unten
die Wecken von Bayern.
GrdHse 23 Mm.
Cappet Mainzer Mensen No. 749, T. TV, No. 69; 1868 Sohulthess-Rechberg,
Kat. No. 1997.
Re.
18*
^R.
10. Riele, Prägestätte des Erzbischofs von Köln: Dietrich Graf
von Mors, 1414—1463.
GoldguldeiL
* THeODIÜ * TTR — epi * (lOLOV;
Der stehende heilige Petrus schultert mit der Rechten einen Schlüssel
und hält in der Linken ein Buch; zu seinen Füssen der mördische
Wsoh.t der Balken auf goldenem Felde.
# MOU' — * liOY^ — # RIL * — * mt&
In einem spitzen Vierpass der Hauptschild von 4 Wsch* umgeben. Im
Hauptschilde das Kreuz von Köln auf goldenem Felde, belegt mit dem
Balkenschilde von Mors. Im Wsch. oben das Rad von Mainz, zur
iBK
UM
Ra.
im Kieuz ?oa Tner, %ar Linken die Wfoken tob
usktmi der L<3we 700 Jöliefa.
Qt^m» UM«.
11* Bomi: Ersbisehof Raprecbt von der Pfak, Kdlii 1483 — 148(]^r
• EOPttBTVS''- -'MEaPIYarchiepiaeopo«) tlO'OoBieiw»)
Der aof ©sem ^otiscbeo Stuble äitzeDde BeHand h^ die Becbte sutn
oeo erbobeo unä m der Liiikeii ejo Bcieh; zn ^em^a Pfis^^i in
WacL dm Kad ron MaiDx.
• MOWH' OOVa • 7rVRtfn - BVUKff*
In doli Winlteln «ines BliimeiikreaEee 4 Wtch. Der Wtek oben ist ht
l^ailt. reebti dss Kreu^ vqd Kq\u^ links der LGwe L Tun PfmlM : d«
Wseb. reebts hat in goldenem Feldi^ daa Kreuz toh Trier mdt dem\
FaodiiD Wappen de« £rsbiscboCi ron Tritr: Johann too Baden, dtia
Sdifigrecbubalken aU Mitlekehild; der Wach, links ist hochfeloUt;,
recbri der L5we h von PfaU^ links die Wecken ron Bajem: ut
da« Had Ton Mainz,
Gw^mm ts Mm.
Woertt, lliitx«ii nad MedAJlJea Bomi Mol Me« Tif.;
12. Bonn, Prägeslitte des Eribiaebofft too Köln: Heroia&ii van
U essen, 1480—1508.
m. KTnrrrHermannö»)«n.afl(el©ctui) — ÖOaWfite) aOLOB*fi€ii«»)
St Petras mit Heiligenschein, schultert den Schlüssel und hält ein Bach,
unten ein hochgeteilter Wsch., rechts quergeteilt, oben ein Stern, unten
Oold Ton Ziegenhain; links der Löwe I. von Hessen.
Es. MOßa - ßOVTT — ITVßa' — BOmiQ
Grosses befusstes Kreuz, das auch die Umschrift teilt, darauf geriereter
Wsch., I. u. 4. Feld das Kreuz von Köln, 2. Feld Löwe 1. von Hessen,
3. Feld quergeteilt, oben 2 Sterne, uoten Gold von Nidda.
Grö«e 23 Mm.
T. Merle, 8.221, No. ^; Cappe, Kölnische Münzen Xo. 1181; Waerst, MOnseD mmd
Medaillen Bonns No. 59 d; 1881 Fund Ton Schlossborn.
13. Köln: Erzbischof Hermann von Hessen, 1480 — 1508.
Goldgulden Ton 1508.
Hs. IVSRuV TTR — OPF OOLO'
Christus, auf gotischem Stuhle sitzend, hält in der Linken ein Bach ; zu
seinen Füssen ein hochgeteilter Wsch., rechts der Löwe 1. von Hessen,
links hochgeteilt oben ein Stern, unten Gold von Ziegenhain.
Rs. ♦ SRO' ;rv ♦ — ♦ RaftG ♦ — s' i sc s *
In einem spitzen Dreipass ein grosser geviereter Wsch.; darum 3 kleine
Wsch.: 1. u. 4. Feld das Kreuz von Köln, 2. Feld der Löwe L tob
Hessen^ 3. Feld quergeteilt, oben 2 Sterne, unten Oold von Niddm.
31
Im kleinen Wsch. oben rechts das Bad von Mainz, links das Kreuz von
Trier, unten der Löwe 1. von Pfalz.
GrSisse 24 Mm.
y. Soothe, No. 543; Cappe, Kölnische MODzen No. 1200.
14. Köln: Erzbischof Hermann V. Graf von Wied, 1515—1546.
Goldgulden.
Hs. wsfrni' öLöT — I eaaLö' ao'
Christus, auf einem gotischen Stuhle sitzend, hält in der Linken ein Buch;
darunter befindet sich ein Wsch. mit dem Kreuze von Köln.
R9. Oben o 5R0' 'ffVR — Rdßa — S* o 15 17 *
In einem spitzen Dreipass ein grosser Wsch., umgeben von drei kleineren.
Im grösseren Wsch. das Kreuz von Köln, auf demselben liegt als
Mittelschild das Familienwappen von Wied: vier rote, schräg rechts
laufende Balken, auf denen sich ein Pfau befindet. Im kleineren Wsch.
rechts das Rad von Mainz, links das Kreuz von Trier, unten der Löwe 1.
von Pfalz.
Grösse 23 Mm.
y. Merle, S. 236, No. 6 var.; Numismatische Zeitung 1865, S. 84, No. 12 var. ; Köhler,
Dukaten- Kabinett No. 931 var.
15. Köln: Erzbischof Johann Gebhard Graf v. Mausfeld, 1558—1562.
Rheinischer Goldgulden von 1558.
Hs. »• • lOHA . GB . (Gebhard) — EL . EC . CO . •*
Der Heiland, auf einem gotischen Stuhle sitzend, erhebt die Rechte zum
Segnen und hält in der Linken ein Buch. Unten ein Wsch. mit dem
Kreuze von Köln.
Rs. Oben MO. AV RHNE 1-558 v
In einem spitzen Dreipass ein grosser geviereter Wsch., umgeben von 3
kleineren Wsch. Das 1. u. 4. Feld des grösseren Wsch.'s ist wieder
gcvieret, 1. u. 4. die 3 Balken von Querfurt, 2. u. 3. je 6 Rauten in
2 Reihen von Mansfeld; im 2. Felde ein Adler von der Herrschaft
Arnstein, im 3. Felde Löwe 1., über welchem ein aus 2 silbernen und
roten Schachreihen bestehender rechter Schrägbalken gelegt ist wegen
der Herrschaft Heldrungen.
Im kleineren Wsch. oben rechts das Rad von Mainz, links das Kreuz von
Trier, unten der Löwe 1. von Pfalz.
Grösse 24 Mm.
V. Merle, S. 253, No. 2 var.; Numismatische Zeitung 1865, 8. 117, No. 82 var.
16. Köln: Erzbischof Johann Gebhard Graf v. Mansfeld, 1558—1562.
Rheinischer Goldgulden von 1558.
Hs. . . lOHA ♦ GB . — . EL'EC . COL . Wie vorstehend.
89
Bs. ObraMON.AY. — BBNEN. — 155»*
Wie TortteheDd, doch sind im grösseren Wsch. die Felder des 1«
Feldes anders gestellt, nftmlich 1. n. 4. je 6 Rauten in 2 Beüiei
Mansfeld, 2. u. 8. die 8 Balken von Querfurt.
Otesss 24 Mbl
T. Msrls, 8. 258, Ho. 8; HaminiAtisolie ZeitiiDg 1865, 8. 117, Ko. 88?
17. Köln, Stadt.
Bhefadsohsr Goldgnldtn Ton 1518.
Hs. • (HYIT S aO — L0Ka'ol5l3
Obristas, auf gotischem Stuhle sitzend, erhebt die Rechte zum Se^eo
fallt in der Linken die Weltkugel ; unter seinen Füssen ein qnexget
Wsob. oben mit den 8 Kronen, unten als Oold gepunktet, das 8
Wappen faat unten Silber.
Bs. *JttOn* - «ßOT — Ä WVB'(enenses) - '^HQSV
In einem spitzen Yierpass ein quergeteilter Wsch. von 4 Wsch. umgc
Im Hauptwappen oben die 3 Kronen, unten Oold, als Stadtws]
(s. Torstehend). Im Wsch. oben das Rad von Mainz, zur Beeilten
Kreuz des Erzstifts Köln, zur Linken das Kreuz von Trier, nnten
Wecken von Bayern.
Gitas 28 Mai.
Capps, KUniiolis Mflnssn Ko. 1286, T. Y, Nc 82.
18. ZwoUe, Freie Reichsstadt zur Zeit von Kaiser Rudolph H
1576—1612.
H«. MO . AV . IMP - CIVI . ZWOL •
Wsch. mit dem Kreuze von ZwoUe, darüber ein gekrönter verzierter H
der von einem Engel gehalten wird.
Rs. RVDOL . 11 • D G . ELEC . RO . IM . SEM . A
Der gekrönte doppelköptige Reichsadler mit dem Reichsapfel auf der Bi
Urteo 2» Mm.
IS>. Rrabant: Philipp 11. König von Spanien, 1555 — 1576—1598.
Hs. r. b. .POMINVS.MIHI.ADIVTOR.
RrustbiUl des Königs von der rechten Seite. Darunter die Hand
Antwerpen.
Ks. rHvilippu^S.lVi):ii,rÄtia>.lUSr(aniarunr. Z REX . DYX BRA(banl
iiekröuier geviereter Wsoh. l. Quartier ist geviert: 1. u. 4. Feld
Turm von Castilien, 2. u. 3. Feld der Löwe 1. von Leon. 2. Quai
ist h*H*hgotoilt: rocht* 3 I^hle von Arragonien, links schraggev
oben und unten 4 l^hle« auf den Seiten je ein Adler, Königr
Sicilion. Die Spitie iwischen diesen beiden Hauptquartieren hat ei
(irauatapfel von Granad«. 3. Quartier ist queigeteih. oben die Bi
33
von Österreich, unten sechsfach schrägrechts gestreift: Herzogtum
Burgund, 4. Quartier ist quergeteilt, oben mit Lilien bestreut, unten
ein Löwe 1. : Herzogtum Brabant. Der Mittelschild zwischen den
beiden unteren Quartieren ist hochgeteilt, rechts Löwe 1. wegen der
Herrschaft Flandern, links Adler wegen der Grafschaft Tirol.
Grösse 24 Mm.
20. Stadt Gent 1583, 1584.
Noble.
Hs. MO : — AVßEA • RESTAVR • METROPOL • GAN) Oben . FLAND .
Eine gekrönte stehende Person in einem Schiffe ; sie hält in der Rechten
ein Schwert, in der Linken einen Wsch., worauf ein Löwe 1. Zu ihrer
Rechten eine Fahne mit einem Löwen 1.; in der Höhe des Kopfes
N — T. Das Schiff ist auf seinen* Planken mit schreitenden Löwen 1.
und Kreuzchen verziert und trägt unter der Fahne einen viereckigen,
an der anderen Seite einen sechseckigen Behälter.
Rs. Oben Kleiner Löwe 1. NISI • DNS • CVSTOD . CIVITAT • FRVSTRA .
VIGILANT.83-
Im Felde ein verziertes Zwillingsfadenkreuz, vor dessen Balken Lilien
stehen ; in der Mitte einer Einfassung eine Rose. In den Kreuzwinkeln
je ein Löwe 1. unter einer Krone. Das Ganze ist von einer achtbogigen
Einfassung umgeben, deren äussere Ecken mit Kleeblättern verziert sind.
Grösse 32 Mm.
De Bast, II. Suppl. pl. II, No. 2; C. P. Serrare, Cabinet du Prince de Ligne 1847,
No. 182, 8. 276.
21. Belgische Föderation.
Von 1596.
Hs. Auf einer verzierten Tafel in 5 Zeilen: MO ORDI | PROVIN | FOEDER |
BELG AD I LEG IMP |
Rs. CONCORDIA . RES — • P — AR , CRES . TRAU
Der geharnischte Mann r. mit geschultertem Schwerte, und dem Pfeilbundel
in der Linken. Zu beiden Seiten 15 ''96
Grösse 23 Mm.
22. Belgische Föderation.
Von 1598.
Hs. Auf einer verzierten Tafel in 5 Zeilen: MO ORDI | PROVIN | FOEDER |
BELG . AD I LEG . IMP |
Rs. CONCORDIA ^Wm — P — AR CRES • TRAV'
Der geharnischte Mann r. mit geschultertem Schwerte, den Pfeilbündel in
der Linken. Zu beiden Seiten I5~98
Grösse 23 Mm.
23. England: König Heinrich VIII., 1509—1547.
Angel.
Hs. tllößRia?? V.I.I.P^DlVöRn'xReCK; W6L% ZxF' — J
Der Erzengel Michael r. tötet mit einem Ereuzstabe den Lindwurm.
3i
33, Oeldern: Unierte Kiederlandisclie PfOTiöEen,
Thaler toq 1618.
Ha, MO(neta) * ARG(ei3t6a) - PEO • C — ONFOE . BEL • GEL
Stehender Bitter hält in der Rechten den Kcimmitndo»tab, in der linkea
hält er ein flatterndea Band zuiammen ; vor ihm ein Wsch. mit dem
Löwen 1, von Geldern,
Es. C0NPIÜEN8 . DNO . NON • MOVETVR -16
Das Zeichen der Münzstatte iit nicht auf den SchrotUng gekonamen J
Löwe l
OfS^ie 4S Mm.
34, Miraodola: Herr Ludwig Pioixa 11,^ 1571 — 1574.
Soudo d*oro.
Us. LVD(ovicua) - PICVS • ü - SB^ (andulae) CON . Q - DNS *
Geviereter verzierter Wach, mit Mittelschild; L u, 4, Feld der Adler^,^
2, u, 3. Feld auf 3 Qiierlmien der Löwe L, Mittelachild gesohacht.
Rs. IN • TE . DOMINE CONFIDO * Kreu2 mit Lilien verziert,
Gra«fle 24—25 Mm.
35, Mantua; Friedrich II, 1519, Herzog 1530—1540.
Hfi. FED(ericuä) • DVX - MAN(tuae) . ^ • MAR(chio) - MONTIS - FE(rrati) m
Qeviereter Wach* mit Mittelschild, darüber der Berg Olymp unter einer
Krone, die 4 Felder des Wsch, enthalten jedes einen Adler^ der Mittel-
schild ist auch gevieret, das 1. u. 4. Feld zeigt den lombardbeben ^
Ldwen, das 2. u. 3. Feld die Querst reifen des Hauses Gonzaga.
Es. SI.LAB0RATI8.EG0.REFICIAM,*!*
Christus, in Ualbfigur von vorn, auf einer Estrade predigend^ hinter ibm
das Krenz mit 2 Oeisselo,
Grüsve 2t» Mm. Gewicht 3,80 Gr.
1&75 ERmbargar, Kat Lahr, Steoki und RegnäuU, No. 50S7.
36. Lucca.
Zecohino.
Es. . 8ANCTV8 ^ VVL Schildchen TY8 • DE LVC A . t
Gekröntes Brustbild Christi.
Es. CAE0LYS.IMPEEAT0E.?K
Verzierter Schild, darin auf einem Bande ipIBEETAS
Grösse 25 Mm.
37. Lucca.
Zeoohino von 1552?
Hs. . 8 . VVLTVS ...._. DE LVCA • +
Gekröntes Brustbild Christi.
Es. CAEOLVS.IMPEEATOE. 0benI5)ley2
Verzierter Schild, darin auf einem Bande LIBEETAS.
Gröise 24 Mm.
37
38. Montalciüo, Notmünze von König Heinrich IE. von Frankreich,
1555—1559.
£ou d'or Yon 1557.
Hs. . R.B. BEN. IN MONTE. ILICINO.^
Die stehende Wölfin 1. säugt Romulus und Remus. Im Absch. 15 (A) 57
Rs. HENRICO .II. AYSPICE
Kreuz zwischen 2 Rosetten. In einem verzierten Schilde auf einem schräg-
rechts liegenden Bande LIBERTAS •
Grösse 25 Mm.
39. Sicilien: Johanna und Karl V., 1516—1555.
Hs. lOANA o ET S CAROLVS
Geviereter gekrönter Wsch. Das 1. u. 4. Quartier ist gevieret, das 2.
u. 3. hochgeteilt. 1 u. 4. Quartier im 1. u. 4. Feld die Turme mit
den 3 Zinnen : Gastilien, 2. u. 3. Feld Löwe 1. von Gastilien ; 2. Quar-
tier rechts das Kreuz wegen Jerusalem, links das Eettenviereck mit
gewöhnlichem und Andreaskreuze von Navarra; 3. Quartier rechts die
3 Pfahle von Arragonien, links schräggevieret, oben und unten 4 Pfahle,
auf den Seiten je ein Adler: Königreich Sicilien. Die Spitze zwischen
den beiden unteren Quartieren zeigt den Granatapfel von Oranada.
Rs. HISPANIARVM o REGES S SICILIAE Turm.
In einem Vierpass, dessen innere Spitzen mit Kleeblättern verziert sind,
ein befusstes Kreuz.
Grösse 23 Mm.
40. Sicilien: Johanna und Karl Y., 1516 — 1555.
Hs. IG ANA o ET « KAROLVS
Geviereter gekrönter Wsch. wie vorstehend, zu dessen Seiten S — ^
Rs. Wie vorstehend.
Grösse 22 Mm.
41. Spanien: König Philipp H., 1556 — 1596 und Marie von England,
seine Gemahlin, 1554 — 1558.
2 Dukaten.
Hs. PHLS.DrG^HISP^ A^SS^ REX SCOSSES
Die beiden gekrönten sich anschauenden Brustbilder ^es Königs und der
Königin; oben pj^, zwischen den Brustbildern «S-
Rs. . SVB ^ VMBRA S ALARVM . T
Adler, dessen Kopf und Flügel sichtbar sind ; auf ihm liegt ein gekrönter
Wsch. wie No. 39 beschrieben.
Grösse 29 Mm.
88
42. Portugal: König Jobann IH., 1521—1557.
Breiter Dukaten o. J. oder Imlbe Crusade.
Hs. lOANES . V III V R V PORTVGALIE . a A >5C-
Wsch. mit 5 kleinen Wsch. kreuzweise belegt, deren jedes 5 Pfennige
Gestalt eines Andreaskreuzes zeigt. Der Wsch. ist mit einem Bam
eingefasst, welches 8 Türme mit Thüren und Fenstern entliält. Di
Ganze ist gekrönt.
Rs. IN. Y. HOC Y.SlGNO-^-VINCESY. Kreuz, darüber 3 Punkte.
Grösse 27 Mm. Gewicht 3,80 Gr.
43. Portugal: König Johann III., 1521—1557.
a) Hs. I0ANE8 . \ . 1 1 1 : a . R : a . PORTVG ALI . x
Gekrönter Wsch. wie vorstehend, zu dessen Seiten L — R
Rs. IN -A- HOC .t-SIGNOr.VINCESY. Kreuz, darüber 8 Punkte.
Grösse 23 Mm.
Dasselbe mit PORTVG und h - R.
Grösse 23 Mm.
b) Hs. Dasselbe mit POR und Ä - i.
Rs. INA'HOCA'SIGNO-^ VTN -A' Kreuz, darüber 3 Punkte.
Grösse 23 Mm.
o) Hs. Dasselbe mit PORT und R — i
Rs. IN A HOC Y SIQNO Y VINCKS Kreuz, darüber 3 Punkte.
Grösse 23 Mm.
d) Hs. lOANES A- 111 ^- R -K PORTVG ALI Ohne Buchstaben an den Seiten
Rs. Wie vorstehend.
Grösse Ü4 Mm.
41.
a', Jls. [OA-.- IlivI^OKvKT-.Af/. R.1>:G+ IKu- gokr:mto Wsch.
Rs. I\ : HOC : Sl NO : AXDS + Kreuz auf (.inem StoinlKuiren.
<irösä(» '23 Mm.
h) Ils. )0\ . III : rOI? : ET: AL: n:J): . )-|- ])ov gokrnTUo Wsrli.
Rs. IN : ir(H,7: 10 - NO - VINCK« •!• Kreuz auf o,inem Sroinhauti-T,.
Grösse 2 t Mm.
r) Hs. lOA : lli : IH>R : ET : AL : I? ']- Der p^krönto Wsdi.
Rs. IN nOCS! - NO.VINCFS: ^l- Kivuz aut eiuom Steinhaufen.
Grösse 2:» Mm.
d) Ils. iOA :\]] ' POR : ET : AL : + Dor -i'krnnir Ws.^h.
lU. IN IIOCSI NO. VINCS: + Krouz aar (mimmu Sroiühaufeu.
(jröspe 2.t Mm.
4r>. jNa'tuu.il : Ivnniir S('i)a«*fi:iJi. i.!).")7- - l.')TS
J!s. SEBASTIANVS. i : i{EX ; P();c'rV+ Dov ^^.\,r{\inv W.sch.
Ks. !\ HOC : >hiNn . VlNd'.S «^ Üofussrcs Kn-uv..
(Jrössc 2."'--l-'b Mni.
Töpfer- und Ziegelstempel der flavischen und vor-
flavischen Zeit aus dem unteren Maingebiete.
Von
Prof. Dr. Georg Wolf!*
Die Bedeutung, welche die Niddalinie und besonders die Mündung dieses
Flusses in den Main für die römische Okkupation der Wetterau gehabt haben
muss, war von älteren Lokalforschern wohl erkannt, in neuerer Zeit aber
weniger beachtet worden.^) Als nun vor 3 Jahren die Auffindung der Central-
ziegeieien des römischen Kommandos von Mainz zwischen Höchst und Nied die
Aufmerksamkeit jener wichtigen Stelle von neuem zulenkte, zugleich aber der
älteren Annahme eines Kastells beimBorfe Nied die Grundlage entzog, mussten
sich die Blicke um so mehr auf die Stadt Höchst selbst richten, weil ihre Lage
aliein den Voraussetzungen für ein am Mainknie hinter der Niddamündung
anzunehmendes Kastell entsprach und gleichzeitig die ersten sicheren Mitteil-
ungen über römische Funde auf dem Boden von Höchst selbst gemacht werden
konnten. Diese Funde haben sich nun in den letzten Jahren, seitdem dem
Orte eine ununterbrochene Aufmerksamkeit zugewendet wh'd, erheblich vermehrt.
Bei der Anlegung einer Quellwasserleitung sind in den verschiedensten Teilen
des Stadtgebietes römische Münzen, Gefasse und Militärziegel aufgefunden
worden, und auch die an einzelnen zugänglichen Stellen vorgenommenen Nach-
grabungen haben günstigere Ergebnisse geliefert, als es erwartet werden konnte
gegenüber der Thatsache, dass der Boden von Höchst seit der karolingischen
Zeit von Häusern bedeckt gewesen ist. Dass dies auch bereits in römischer
Zeit der Fall war und dass die an Stelle der heutigen Stadt gelegene römische
Niederlassung zu den ältesten Anlagen des Maingebietes gehörte, dafür sprechen
besonders mehrere an sich unansehnliche Fundgegenstände, welchen deshalb in
den folgenden Zeilen eine eingehendere Betrachtung gewidmet sein soll. Beim
^) Die Bedeutung der Position von Höchst-Nied und die ältere Litteratur über die dort
gefundenen römischen Reste ist eingehender behandelt in der Schrift: G. Wolff , Die römischen
Ziegeleien von Nied bei Höchst a. M. und ihre Stempel. Frankfurt 1892.
40
Bau des Kreishauses im ustKchen Teile der Stadt war ausser AmphoreaBtudeo
uud aüderea Antikaglien, die verrieten, dass dort neben der damah bcreiu
vermuteten, später an verschiedenen Stelleu auch aufgefundenen recbtamaiiii*
sohen Uferstrasse ein römisches Haus gestanden habe, eioe fast gauz erbatt^e
Sigillataschale gefunden worden, welche sich durch ihre Form und Farbe, «>•
wie durch die Beschaffenheit dejs Töpferütempels von der im Grenzgebiete ge-
wöhnlichen Ware gleicher Art unterschied. Nachgrabungen im anatosjsendeD
Qarten des Herrn Ingenieurs Blecken (jetzt zum Kreishauae gehürig) bestätig*
ten daä Vorhandensein römischen Anbaues; das Glück aber wolhe ea^ daas
unter den B'undstücken sich zwei ganz kleine Sigillatasplitter befanden, welche
denselben Töpfernamen in zwei neuen Yarianten zeigten und erkennen liesseii,
dass sie von Gefassen stammten, welche dem zuerst gefundenen in Material tiod
Form gleichartig waren. Die Stempel fallen besonders durch die regelmaAsigG
Form der Buchstaben auf, deren scharfe Umrisse deutlich erkennen lassen, daii
sie mit Metallmatrizen eingeprägt sind, während die meisten rheiniscfaeD SigQ«
latastempel ebenso zweifeltos von Holzmatrizen oder nach solchen hergestellten
Thon stempeln herstammen. Von besonderem Interesse aber war der N
des Fabrikanten.
Die 3 Stempel haben folgende Formen:
1. tTC-l| I j^iif 2wei nur 25 bezw. 30 mm breiten» dünnen Soheri
2. JATI 1 1 ('^ Besitze des Verfassers).
Auf einer gut erhaltenen mattroten Schale (früher im Bt»
I
3.
CNKE
sitze des Herrn Bauunternehmers Kuuz in Höchst» jetzt der Samai-
lung des Höchster Altertumsvereins einverleibt), auf schmalem Bod^a
in 3 fast geradlinigen Absätzen breit ausladend, mit flachem, etwas
eingebogenem Rande. Durchmesser 1 8 cm, Höhe 45 mm.
Das uomen fjvniUr Ateius, einmal mit dem praenomen Qnaeus, unter-
scheidet die 3 Stempel von der grossen Mehrzahl der oben genannten^ dii»
meistens nur eiuen^ oft nachweisbar keltischen Individualnamen zeigen, und
stellt sie den Stempeln auf den Henkeln grosser Amphoren an die Seile, bei
welchen die regelmässig abgekürzten 3 Namen ebenfalls auf Import sehliesaeo
lassen. Wichtiger aber durften folgende Beobachtungen sein: Der Töpfer-
namen Ateius ist in zahlreichen Varianten^ die aber grossenteils doroli diu
charakteristische Art der Ligaturen eine Verwandtschaft untereinander verraten^
sehr häufig in Itulieu (einschliesslich dem Polande), oft auch an der OstküsC«
Spaniens und in Frankreich, besonders in der Provence, vereinzelt ira die-
maligen linksrheinischen Germanien, Britannien und den westlichen Alpes*
ländern, sowie in Nordafrika, nur eiumul aber bisher, soweit mir bekannt iil,
auf dem rechten Rheinufer gefunden worden. Eine graphische Darstellung des
Fundgebietes lasst eine zunehmende Dichtigkeit der Fundorte von der Perir
pherie (Afrika, Spanien, Nordfraukreich. Eogland, Rheinland, Cef -n,
Istrion) nach einem Centrum iKampanien) ei kennen <
Fundorte konnte ich festatoUeo :
I
I" i kii<-i>iikiio \
41
I. Nur mit nomen gentile.
1.
Ttl
Höchst 1 = Ghatülon, Schaermans 534.
2.
ATI
Höchst 2 = Tarragona,.C. J. L. ü, 4970, 51, ?,»«, m.
Vienne, , XQ, 5686, 81, m.
Genf (Mu8.) , , „ „ n,o,p.
Narbotme „ „ „ „ e.
Sassari » X, 2, 8056, 49, /.
Greenwich „ XVn, 1336, 95^(8chaer-
mans 177 a. Fröhner 528: ATEL
Limoges, Schuermans 535.
ChatiUon „ 535.
Andernach, Bonner Jahrb. 86, 8. 161 (Eoenen)
und 89, 8. 3 (Klein).
Mainz (Museum), C. J. L. !XTTT nach Mit-
teilung Bohns.
3.
ÄE
Tarragona, C. J. L. ü, 4970, 51, d.
Pozeuoli , X, 2, 8056, 47.
4.
AEI
Tarragona, C. J, L. 11, 4970, 51, k.
Genf „ Xn, 5686, 81, r, s».
Fr^us (Mus.) „ xn, 5686, 81, 6.
Narbonne „ „ „ „ y.
Bregene (Mus.) , III. 8upp]. 12014, 7.
Friedberg? Nasa. Annalen XIV, 8. 283, 10
(Die£Penbach).
5. ATEI Tarragonay C. J. L. II, 4970, 51, e.
Pozeuoli „ X, 2, 8056, 48 a.
j^Figlina Campana^ C. J. L. X, 2, 8056, 484.
Pompeiiy C. J. L. X, 2, 8055, 8.
Mainz (Mus.), C. J. L. XHI nach MitteiL ]
Köln (Mus.), n V r> 9
Syracus
„ X, 2, 8056,
48 CL
Catania
» » »
48A
Cagliari
1» 7) 7»
48«.
Tortona
„ V, 2, 8115,
m*
y^IAhamae^
T) n •
l^tlL
Sie. Colombe
„ xn, 568t. 1
Orange
» 9) a
k
Nimes (Mus.)
•
7» » •
Genf
1} 9
Comeilhan {y,prope Baeierrm
AU.
5686, 81,
W?.
Frejus (Mus.),
C. J.I
I,-^
Narlonne
.-
.x.^
^W«»(„Mas8U.
mos.*
.i
10. ATEtO
11. ÄIM
12. ATEIM
Tarragöua, C. J. L. II, 4970, 51, q.
^Deae apud Lanmrte-FeUnes^ ^ C* J. L,
5686, 81, /.
Fürü? Schuermaos 594: ATEIE.
SL Rem^, C. J. L. Xn, 5686, 81,/,
Frejus (Mus.), C. J. L. XH, 5686, 81, c.
j^ Vieilleville prope Sommüres^, C. J. L. Xu,
5686, 81 V.
18. ATEIMANIB oder ATE MB Paris, Schuermans 540, Wohl: Ligatur Ä.WB.
14. AT- • • A Augst^ Schuermans 523, Wohl: ATEIAA, nicht
mit Fröhner 179: ATELLANA zu ergänzeD.
15. DATEI Orange, C. J. L. XH, 5686, 81, k\
in. Nomen gentile und Praenomen.
16. CNÄE Höchst 3 = Serre de la croix (H. Alpes), C. J. L. Xu,
5686, 82, bK
Alesia^ nach Bohns Mitteilung.
(CNAE P Tarragona, C. J.L. II, 4970, 53, 6).
17. CNÄEI Orange, C. J. L. XH, 5686, 82, a.
Tarragona, C. J. L. II, 4970, 52, t.
Tongres, Schuermans 536.
18. OäEI Tarragona, C. J. L. II, 4970, 53, L
Orange « XII, 6686, 82, b.
Nages ^
43
19. GN7C.
20. OÄ
21. CN7E.I
22. 07CI
23. CNATEI
24. CNATE
25. CNATEFI
26. OATEI
27. CM7REI
Cr€KE
30. [CNAPP
31. GATE
32. GATt
33. CA El
28,
29
Tarragona , II, 4970, 53, c.
S<e. Colombe „ XII, 5686, 82, e.
Tofi^e«, Sohuermans 537.
(= CNÄIP Aquileia, C. J. L. Suppl. It.
Fase. I, 1080, 88.
Tarragona, C. J. L. II, 4970, 53, p.
Capm , X, 2, 8056, 50, b.
,Figlina Campana', C. J. L. X, 2, 8056, 50, a.
Tarragona, C. J. L. n, 4970, 63, h.
Verona , V, 2, 8115, 11.
Leyden (Museum), nach Bohns Mitteilung.
Vienne, C. J. L. XH, 5686, 82, d\
» i> » » » *•
Cagliari, „ X, 2, 8056, 50, d.
Tarragona „ 11, 4970, 53, *.
» » j» » i> /•
» i> » » » *•
» n » » » M
n Ö2, b.
» 1» » jf 52, c.
Pozzuoli, ^ X,2, 8056, 49.
34. CNÄfA
IV. Mit Cognomen.
Pozeuoli, C. J. L. X, 2, 8056, 46.
Dieser wie die folgenden aus Pompeii und
Herculaneum stammenden Stempel sind
C. J. L. X, 2, pag. 887 mit Recht auf
Ateius bezogen. Doch möchte ich in dem
Zusatz UK nicht eine Abkürzung für „mant-
Ims^^ sondern ein Cognomen vermuten.
C, J. L. X, 2, 8055, 1.
« 1» 1» 4, «— ^•
7» n Ji ^^ ^^ ^'
7t 11 1» 6» «1 6, c.
Pompeii C. J. L. X, 2, 8055, 8, a.
jjNeapol mus^, C. J. L, X, 2, 8055, 8, c
ftGaUia cisalpina, rep. ad Carrü^j C. J. Lu
Suppl. It. Fase. I, 1080, 87.
Pompeii, C. J. L. X, 2, 8055, b.
jfNeapoL mus.*^ „ ^^ ^ d.
41. CN7CJ EVHODI Im Kreis um CN gestellt.
Tarragona^ C. J. L. H, 4970, 61.
35. CNÄ/VI
36. CN • Ä M
37. CNäA
38. CNAA
39. CN.Tt.Ä
40. CN-7^hAR
44
42.
43.
44.
45.
46.
47.
48.
49.
50.
51.
52.
53.
54.
55.
ÄIEVO Tarragona, 0. J. L. n, 4970, 57.
= ATEI EVODP Paris, Schuermana 539.
V(W)' ^®*'''** Palmzweig: Fr^us (Mus.), C. J. L. Xu, 5682, a.
Aspree les Veynes, C. J. L. Xu, 5682, b.
TtllVO Orange, C. J. L. XH, 5686, 86.
CNEI CRESTI, im Dreieck gestellt:
Tarragona, C. J. L. ü, 4970, 55. Von E. Hüh-
ner erklärt als : C. (At)ei Cresti.
Tarragona, C. J. L. ü, 4970, 56.
Ich möchte lieber „Oo. Atei(a8) Eros" lesen,
als mit Hühner „Eros Cn. Atei".
Pompeii, C. J. L. X, 2, 8055, 9.
„Figlina Campana", C. J. L. X, 2, 8056, 51,
Tarragona, C. J. L. H, 4970, 58.
CMÄEI
EROS
CN • ATEI ER0NI8
Q<- TC- ERM
CNATEI
FVRIAN
CNATEI
ZOIL/////
ATEIZOIU
AE///XE
ET ZOEL
CN • ATEI
ZOIL • 8
(TtIP)
» II II » 61a,
Aquileia, C, J, L. Suppl. It. Fase. I, 1080, 86.
Tarragona, C. J. L. H, 4970, 61, 6.
Andance, „ XH, 5686, 87.
Artaud (Gall. Narb.), C. J. L. Xn,5686, 85,6.
56.
57. ATEI XANTI
58.
59.
60.
61.
62.
63.
XANTI
lllKi • XNI (CN • 7E.I -XAIIP) „Prope le Luc infundo Ptotde" (GaU. Narb.),
C. J. L. Xn, 5686, 85, a.
= ATEI XNTI P Tongres, Schuermans 538.
= TtIXP Tarragotia, C. J. L. H, 4970, 60, b.
X^^l ^" ^*®''® ^^^ Striches ein Zweig:
Genf, C. J. L, XH, 5686, 85, c.
Vindonissa, Schuermans 543.
Tongres, Schuermans 532.
„ » 538.
Paris „ 546.
Tarragona, C. J. L. II, 4970, 59.
Cartagena, C. J. L. H, Suppl. 6227, 23.
Ampurias („Emporiae"), C. J. L. H, Suppl.
6227, 58.
ATEI//XA//NTHI
ATEI CNMAESP
ATEI OPTATI
„ATEL
SALVI
CN • ATEI
AM- AN
CRE3
CN-7t
Yielleicht gehören auch folgende Typen hierher:
ATEPI Ste. Colombe, C. J. L. XH, 5686, 89.
Aquileia, „ Suppl. It. Fase. I, 1080, 85.
ATE
INI
45
Auf Ziegeln kommeD folgende Typen vor;
C-ATCAVP Isola della Scala (Gallia eimlpma). C. J* L BuppK lt.
Fase. I. 1075, 77.
Palestrina (Praemste), C. J. L. XIY, 4091, 20, a—d,
Tivoli, C. J. L. XrV, 4091, 20, e.
CATEiPHlL^ ^Delphinns dextrorsum'' ,
Tivoli, a J. L- XIY, 4091, 21, a.
Rom „ „ „ 21, 6.
CATTEIVS
FILTATVS
>
64. ATE!
65. Arai
66. AT I
67. ÄEI
68.
1'
Ä
69. 7L\
70. CNATE
71. CNETEI
72. CNäEI
73. CNÄ-
74. MATI
75. CnATEI
T. Pigurenstempel ohne Coffnomen,
Kreis mit Palmzweig, Tarragona^ C. J. L. IT, 4970, 51, A.
Jn delphino'', „ ^ „ 51, j.
^m .so/aa**, ,, „ „ 51, m.
mit Palmzweig, Gm/, C. J. L XII, 5686, 81, s^
JSTaw/^«*), a Xin, nach Bohns Mitteilung,
j^in flore^^ Tarragona^ C. J. L. Q, 4970, 51, o.
mit Palmzweig, Gmf, C. J. L. XII, 5686, 81, 5.
„m circuh)^, Tnrragona^ C. J. L. LI, 4070, 53, g.
TT 9 « „ - 53; l.
„?7i trijotio cum pahtta*^^ Tarragona, C. J. L. II, 4970, 53^ o.
Halbkreis mit Palmzweig, „ „ „ ^ 53, 4f.
„t« iri/olio cum palma^^y „ „ ^ „ 54.
mit Palmzweig, Narhonne, „ XII, 5686, 82, ^.
Zu den oben angeführten Exemplaren würden nach einer gütigen Mit-
IteiluDg Dr, Bohns noch zahlreiche Beispiele verschiedener Varietäten des
Stempels ATEI mit und ohne Vornamen CN in Holland kommen, deren Typen
aber, wie es acheint, sämtlich in unserer Aufzählung vertreten aiüd. Ob dies
auch der Fall ist bei den 3 in rheinischen Museen vorkommenden Stempeln
tnit Vornamen CN, ist wegen der Beschatfenheit der Exemplare nicht sicher,
aber nach Bohna Mitteilung der erkennbaren Teile wahrscheinlich. So dürfte
1er Stempel des Bonner Provinzialmuseuma unserem Typus 17, das Kölner
Sxemplar („ap. Niessen'*} Typus 40 entsprechen. Bei dem Xantener Exem-
plar CNÄH, wohl identisch mit FrÖhner 757 CNATl (^= Schuermana 1471),
liegt vielleicht ein neuer Typus vor. Sicherlich aber dürfte der von Pröhner
f54 (= Schuermans 1469) mitgeteilte Mainzer Stempel CNAEI unserem
Pypus 18 entsprechen, zumal da Fröhner ausdrücklich bemerkt: ^littera N
diBor*^. Alle diese Funde gehören dem linken Rheinufer an, und dasselbe ist
ler Fall bei den oben unter No. 2, 5, 14 und 67 angeführten Exemplaren von
*) Nach Steiner, Bonner Jahrbw 87, 8. 91: ^ Atems*' Auf der Soherbe eines Napfes
9n feiner sohwarzcr Erde*^ (?), gefunden in einem Grabe dicht an der ümfassungsniauer.
^^^H
46
Andernach, Mainz^ Kolu, Xanten und Augdt. Aus reobtsrheioisefaem Oabi^
war bisher nur eia einziger Fund bekaaat, der von Dieffenbach mitgelefll«'
Friedberger Stempel, bei dem ea, da die von Dieffenbach überiiererle Pann
ÄXi zweifellos falsch ist, leider unsicher bleibt^ ob er zu Typus 2 od«r
gehört. Wohin das Gefässfragment gekommen ist, konnte ich nicht fesisielltit.
Unter den an die Museen zu Frankfurt und Darmstadt verkauften Friedb
Fundstucken scheint es sich nach Mitteilung der Herren Dr Qailling
Henkel nicht zu befinden. Für Auskunft über diese Frage bin tob aiidi
den Herren Hofrat Zangemeister und Dr. Boho zu lebhaftem Daoke ?er-j
pflichtet
Bei dieser Gelegenheit möge auch auf folgende Thatsaebe hingewi
werden. Im Wiesbadener Museum findet sich eine dem guterhaltenen Hoobtt€f|
Exemplar ähnliche Sigillataschale aus Mainz mit dem Stempel OF *AROA (Kala
log No. 13443), Derselbe ist wohl identisch mit dem C. J. L. U, 4970, 73,
und XD, Ö686, 72, a—ä in der Form OF'ARDA angeführten Typus aua Ti
ragona^ Orange, Sommu''re>t, Nimes und Viejine (II ARDA), Der Name (Ärdaeot^
kommt in verschiedenen Varietäten in Vienne, Genf, Ste. Colombe^ Tarrni
(C. J. L. Xn, 5686, 73, a— c und H, 4970, 73, a), aueseidera häufig in Frank*
reich, den Niederlanden und am linken Kheinufer (Schuermans 460—471,
Fröhner 143, 146, 147 u. 149) vor. Auch bei diesem Stempel aprtcbt das
ausschliesslich linksrheinische Yorkoramen für frühzeitige Heratellüng) die M
dem Wiesbadener und einem Andernacher Exemplar (Bonner Jahrb. 86, 174
und 89, 3) auch durch die Form^ bezw« die Fundumstände beatätigt wird
Aus der obigen Übersicht ergeben sich zunächst folgende Thataachen:
L Höchst ist ausaer Friedberg der einzige rechtsrheinische Plats, la
welchem der Töpferstempel Ateius nachgewiesen ist. Er fand sich dort auf
3 Gefaasen in 3 Yarietäten, die in der Form der Buchstaben und durch cbarak
teriatische Merkmale (Ligaturen, Yorname Gnaeua etc.) untereinander und
den in allen westlichen Teilen des römischen Reiches gefundenen Ateiuaal
peln übereinstimmen, und xwar der Art, dass teils voUkommeue Idenlhit A
Matrizen nachweisbar, teils gleiche Provenienz in hohem Grade wahrs<»h<»iö.
lieh ist,
2. Die Verbreitung der Stempel und die Beschaffenheit des Maieriai^
nötigen uns, für die Höchster Ware und ebenso wohl auch fiir die am
und in den Provinzen gefundenen Exemplare auf Import zu ficbliesa^n.
3. Als Ausgangspunkt dieses Imports ergeben sich mit grosser Wal
scheinlichkeit kampanische Töpfereien, um so mehr, da Pliniua (Ifai. hti
XXXV^ 160 u, 161) ausdrücklich bezeugt, dass die Töpferwaren von Sorrem
ebenso wie diejenigen von Arretium, Pollentia, Sagunt und Pergamun» io alle
Welt über Land und Meer versandt wurden*
4. Auf Plinius* Zeit weist bei den Höchster Gelassen die Übereinstim-
muDg mit den tu Pompeii auagegrabenen Exemplaren hin.
5. Eine besondere Stelle nimmt unter den in Betracht kommeodeu Vt^
Tioseo SpanioD ein, wegen der grossen Anzahl der Coffnomina einerseits osd
«
47
der Figurenstempel andererseits, die in andereD Provinzen nicht ?ertreten sind,
während doch hinwiederum die einfachen Stempel mit der Marke ATEI oder
CNATEI in den manDigfachsten Ligaturen mit den kampaniaeheD übereinatimmen.
Man kann die erstgenannten Gruppen auf Import in einer anderen (wohl «pä-
teren) Zeit oder auf provinzielle Industrie zurückführen, die dann aber in eng-
ster Yerbindung mit den kampanischen Töpfereien, etwa in einer Filialaolagei
betrieben worden sein dürfte.
6. Der Namen Ateius scheint nicht wie die zahlreichen, regelmässig nur
in sehr wenigen Varietäten oder nur in einem Typus vertretenen Topfernamen
der jüngeren rheinischen Sigillata auf Kleinbetrieb, sondern auf die Existenz
einer bedeutenden Anlage im Besitz einer Familie der gens Atekty die das
. Oeschäft durch Freigelassene betrieb, hinzuweisen/)
^ft 7. Auch die Verbreitung des Topfernamens Ardacna über dieselben Ge-
^■liete mit Ausnahme Italiens, wenn auch in weit geringerer Zahl, sowie die
^TÄbnlichkeit des Wiesbadener Tellers mit dem Höchster Exemplar spricht dafür,
dass der Zeit der entwickelten gallisch-rheinischen Sigillataindustrie eine Periode
des Imports aus den mittelländischen Gegenden vorausgegangen ist, in welcher
zuerst provenzalische Töpfereien mit den kampanischen Fabriken in Konkurrenz
traten. Neben der damals wohl teuren und darum seltenen Sigillata scheint
man sich in jener Zeit für die Zwecke, welchen später die Sigillatanäpfe, Tassen,
Teller etc. dienten, mehr schwarzer und grauer Ware bedient zu haben/) Denn
dieselbe hat sich iii vollkommener Übereinstimmung nach Material und Form
weitaus überwiegend in den durch Ziegelatempel der ersten Periode zugewiese-
nen Kastellen bezw. Niederlassungen von Hoflieim, Okarben und Höchst ge-
funden, während die für diese Orte charakteristischen Formen an den Plätzen
. äes äusseren Limes fehlen. Die frühe Entstehungszeit dieser Gefässe und ihre
^^eitliche Zusammengehörigkeit mit unserer Sigillataware finde ich auch in dem
^^oeben erschienenen Buche von Konstantin Koenen, Gefasskunde der vor-
^^römischen, römischen und fränkischen Zeit in den Rheinlandeni Bonn 1895,
Hiestiitigt. Die in demselben Taf. VIH, Fig. 15, Taf. X, Fig, 21—23 abge-
'^T)ildeten, mit den oben angeführten Funden übereinstimmenden Geffisse weist
loenen S. 64 u. 78 der frührömischen, die auf Taf. X abgebildeten speziell
t*^
*) Zu den in der römischen und griechischen Litteratur erwähnten Ateiern habe ich
keine Beziehung gefunden. Dagegen dürften die in C. J. L. Bd, VI, 2^ pag, 1549 ii. 1550
aufgeführten Orabiiiscbriften tou BVaueu und Mäunern m\t ttnsereni notnen petttile wegen ihrer
griecbiBoheQ cognmnina zu beachten seio^ besonders die Grabaohrift VI, 2, 12ri73, auf der
sowohl der widmende Fretgelassene {Symphorus) als der rerÄtorbene Patronua (Antiochu«)
dieaet oharaktensiiache Merkmal zeigen. Die Lesart Atteius sohlJesat, wie die Noten beweisen,
^^^benaoMrentg ihre Beziehung auf unsere Ateier als ihre zweifellose .Identität mi<^ der bereits
^H). J. L. V, 1^ pag. 2201 nach anderen Quellea aufgeführten Inschrift aus, deren stadtrdmischen
^Klrsprung bereits der Herausgeber (^fortaBse originis urbartae'j vermutet hatte. Italische
^PProTenienz nimmt für die mit dem Namen Ateius gestempelten rheinischen Gef&sse auch
Dragendorff in der mir erat nach der VoUendung der Torliegenden Untersuchung bekannt
gewordenen Dissertation; De vasculis Romanorum rubrii, Bonn 1894, 8 0 an.
*) VgL F. Hettuer, Zur rdmisohen Keramik in Gallien und Germamen (^Festschrift
fUr OTorbeck)^ S. 108.
■-
48
der Zeit des Claudius und seiner unmittelbaren Kachfolger zu. In dieselbe
Zeit aber gehören nach ihm die „hartgebackeiien hellbrauuroten Terrasigillata-
Teller mit reich profilierter Wandung" (S. 91, A u. 92), welche nach der Ab-
bildung (Taf. XIV, Fig. 3) genau mit dem ganz gefundenen Höchster Exemplar
übereinstimmen, auf welches auch die Beschreibung der technischen Eigentum-
lichkelteD passt. Für die Richtigkeit seiner An Setzung dürfte aber die Ober-
einstimmung unserer Höchster Ateiusötempel mit deu in Pompeii gefundenen
besonders ins Gewicht fallen. Sie verbietet uns, die Eotstchungszeit dieser
Gefäsae über die flavische Periode herabzurücken. Damit ergibt sich durch
deu Friedberger Stempel ein ueucr Beweisgrund für die erste Okkupation der
Wetterau bis zur Linie Hanau-Friedberg durch Domitiaus Chattenkrieg,
Ohne diesen Friedberger Fund würde ich geneigt sein» die Höchster
Ateiuüötempel wegen ihrer Verschwisterung mit anderen, sämtlich auf frühe
Zeit hinweisenden Gefassreuten für die Vermutung in Anspruch zu nehmen,
dftSB das Terrain von Höchst schon vor dem Jahre 83 n. Chr. von den Römern
besetzt war. Ist doch bereits früher bei der Zusammenstellung der in Höchst
vorhandenen römischen Münzen lokaler Provenienz durch Dr. Quilling^) die
relativ grosse Anzahl der Augustusmüuzen aufgefallen. Ebenso stellt es sich
immer deutlicher heraus, dass die ältesten römischen Strassen nach dem Taunus
und der Wetterau von Höchst ihren Ausgang nahmen, was in Verbindung mit
anderen Gründen es wahrscheinlich macht, dass auf dem Boden von AU-Höchst
das Grenzkastell einer ältesten, vorflavischen Periode römischer Okkupation in
der Wetterau lag. Für diese Annahme haben sich nun aber weitere Beweise auf
einem beoaclibiirten Gebiete gefunden. Durch RitterlingVs Arbeiten*) ist es
mehr als wahrscheinlich geworden, dass diejenigen obergermanischen Steinin-
Schriften der 22. Legion, auf welchen diese noch nicht den Beinamen pia ßdelis ■
^) AroliiT für Frankfurts Geßchichte u. Kunst Dritte Folge, IV. Band 18U3, 8. 350 ff.
°] Emil Ritterling, De le^ione Remsnorum X Gemioa, Liptriae 1885^ pn^. tl {f.,
besonders pBg. 17 und Zur rümiBoheii Legionsgeechifbie am Khein. We«td. Zeitaelir. XO, 111,
3. 207 ff, 8. 2B0 fF Rhterliiig's Hesultate werden in einer Boeben erschien eoen Diaserttttion
von A. JänemaDHf De legionc Romauoruin \ adiutrlcc. Llpsiac 1894, m manchen PunkteOi
beiondars was die ZtiaatnTuenseUung des obergermanTächen Heeres sswigchen den Jabreo 71
und 89 n. Cbr, betrifft, beatritlen. Es ist zu bedauern, i3aps A. June mann nur die biß emn
Jahre 1892 ersobienene Liiteratur gekannt hat. So bat er beßonders weder Eitterling's
oben an zweiter SteUe nltierten Aufsatz benutzt, nooh einen in derselben ZeitBcbrift erschieneneo,
der spesiell die GeBcbiehte der Legio [ adiutrix behandelt (Weatd. ZeitBobr. XII, TI, 106 ff).
Ebenso sind ihm die für Beine Zwecke wichtigen Ergcbniaae der Ausgrabungen von Nied nur
aus einem Yortäufigen kurzen Referat in der Berliner philologischen WochenBcbrirt, nicht aber
auf der oben citierten auBführliehen Bearbeitung bekannt, obechon auch dieae bereits vor 2
Jahren erschienen ist Daher hat er die in Nied gefundenen Typen der genannten Stempel
ungenau und unTollstandig angeführt (1, c. S 112» No 40); ebenso ist seine Auffassung der
Lokalität und ihres YerbäUniases zum Limea (t. o, S. 63) uurichtig und die auf dieser Qrund*
läge aufgebaute Sc hluss folge rung für die Geschiohte der Legion unzutreffend. Oberhaupt ßnde
iob in Jünemann^s Ausf{lhrung^en keine Veraniasaung, meine Ansicht über die Zusammen^
Setzung des obergermaniächen Heeres im h und 9. Jahrzehnt des ersten Jahrhunderts zu
ändern. Vielmehr musste mich in derselben der Umstand bestärken, dass Bitterling
gleichseitig mit mir, aber z. T. aus anderen Gründen, zu einer in wesentlichen Punkten über-
einstimmenden Auffassung gekommen war.
I
J
49
führt, aus der Zeit ihres ersten Aufenthaltes in Mainz, vor 70 n. Chr. stammen,
Solche Inschriften sind mir, abgesehen von dem gerade an der in Betracht
kommenden Stelle schadhaften AschaflFenburger Stein (Brambach 1757) aus dem
rechtsrheinischen Gebiete nur 4 bekannt, die sämtlich aus Kastei und seiner
unmittelbaren Umgebung stammen, nämlich von Kastei: Brambach 1343, von
Bischofsheim a. M. Br. 1383, von der Gustavsburg Br. 1382 und aus Flörs-
heim Br. 1506. Bei den Ziegelstempeln im allgemeinen kann bekanntlich das
Fehlen der Beinamen nicht als Beweis für Frühzeitigkeit angesehen werden.
Aber hier macht gerade die 22. Legion eine Ausnahme; von ihr sind mir von
den Nieder Ziegeleien, also aus der Zeit ihres zweiten Aufenthaltes in Ober-
germanien, keine vollständigen Stempel bekannt, auf welchen der Zusatz p. f.
nicht ganz oder z. T. vorhanden wäre. Die von Brambach unter 703, 1431,
1437, 1491, 1501 u. 1673 u. 1695 aufgeführten Exemplare gehören teils Ge-
bieten an, in welchen die Legion vor dem Jahre 89 n. Chr. stand (No. 23 ff.)
und kommen daher nicht in Betracht, teils sind sie nach meinen Beobachtungen
fragmentiert oder ungenau überliefert, bezw. falsch gelesen.') Umso über-
raschender war es für mich, als mir im Jahre 1893 Oberst von Cohausen
Abklatsche von 2 Stempeltypen sandte, die sich in römischen Trümmern am
Wickertbach bei Flörsheim nahe dem Main gefunden hatten, au einer Stelle,
wo die von Kastei nach Höchst führende rechtsmainische Uferstrasse den Bach
gekreuzt haben muss. Die übersandten Exemplare .waren sämtlich nach rechts
fragmentiert; die von mir sofort ausgesprochene Vermutung, dass die Ziegel
linksrheinischer Provenienz und älter als die Nieder Ziegel der Legion seien,
erhielt eine bedeutende Stütze dadurch, dass ich beide Typen auf Abklatschen
vollständiger Exemplare des Wormser Museums fand, die nach Dr. Wecker-
ling's Mitteilung erst im Jahre 1890 in Worms selbst ausgegraben wurden und
daher in den von dem genannten Forscher veröffentlichten Katalogen noch nicht
vertreten sind. Die Legenden sind folgende:
1. LXXIICV Der oblonge Stempel hat innerhalb der Langseiten als Ein-
fassung der Buchstaben parallele Wulste, die an den Schmalseiten in Schwalben-
schwänzen endigen : 1 1 cm lang, 37 cm hoch.
2. LGXXII Oblonger Stempel mit grossen Schwalbenschwänzen an beiden
Seiten: 10,2 cm lang, 2,5 cm hoch. Ich habe an anderer Stelle (Die römischen
Ziegeleien von Nied bei Höchst a. M. und ihre Stempel, Frankfurt a. M. 1892,
S. 340) gezeigt, dass die Abkürzung L für LEG(io) bei der 14. und 21. Legion,
^) Dies kann ich nachweisen von den No. 1431, 1437 und 1 50 r aufgeführten Exemplaren;
bei dem Namenstempel Br. 1491, c, 2 dürfte der Beiname in den beiden letzten Zeichen stecken.
Hier sei die Bemerkung gestattet, dass auf denjenigen vollständigen Ziegelstempeln, welche
noch nicht den Beinamen p. f. zeigen, regelmässig auch pr. fehlt; den wenigen Fällen, welche
dieser Regel widersprechen, stehen zahlreiche andere gegenüber, in welchen p. f. oder auch
nur p. ohne pr. vorkommt und wieder andere, in welchen p(rimigenia) nur mit p(ia) verbunden
ist. Wir haben bei allen diesen Exemplaren aus der Zeit des zweiten obergermanischen
Aufenthaltes, ebenso wie in dem analogen Vorkommen der Stempel LEG Xllll roit und ohne
Beinamen, und zwar im ersten Falle bald mit G allein, bald mit QM und GMV nur eine Unvoll-
ständigkeit der Titulatur zu erkennen, die für chronologische Fragen nicht zu verwerten ist. Als
Grund lässt sich in vielen Fällen die Ungeschicklichkeit des Stempelschneiders erkennen, dem es
schwer fiel, die zahlreichen Buchstaben auf der vorher begrenzten Holzfläche unterzubringen.
50
ttt»^e-4t»hen von einem einzigen NTeaepExcrapltir der ersterün, tror auf /iJt«
liiikwrlieiniachoii Ziegeln vorkurnirreo. Dementsprechend zeigen säiiUliche Nie
Stempel der 22. Legion die Bezeichnung LEG ohne Kürzung, Sprach »cJio«
dieaer Umstand in Verbindung mit dem Fehlen des Zusatzes pr. p. t cLiAe
da»H die Flitrüheimer Ziegel von dem ersten Aufenthalte der Legion h« ^ i letttl
iiUü vur (iL'in Jalire 70 n, Chr. gebraunt sind» so auch die weitere Bl" !rifj
diiB^ die beiden Typen nur äusserst selfOD und auf der rechten Seite dea fibeml
nur in dnr l'mgebuog von Mainz-Wiesbaden gefunden worden sind Bei Tj|iiif j
II spricht Jie Form und das Fehlen jedes Beinamens an sich für Frühreif igkeit]
Typus I acheiut, wenn man die Form Leg. (nicht L) auf Ungenauigkeir der
Iberlieferung s^urückführen darf, identisch zu sein mit den bei Brambftohl
ir>37 f. 2 und 3 verzeichneten Exemplaren aus Wiesbaden, sowie dem Wie§- 1
badener Ziegel aus Mainz, Br. 1377, cf, 81, Dafür spricht besonders bei 1537
f 8 und 1377, g, 81 die falsche Lesart N vel IV/) Denn zu beiden Erklärung«!! <
knnnte der t^mstaud verführen, dass C am oberen Ende mit V zu einem Zuge
vereinigt ist. Auch der Stempel Becker, Kat. 304, 12 aus Mainz gebSrt
sicher hierher. Nur den Zusatz C zeigen zwei Stempel von Koblenz, Rr. 707/]
und Bopimrd, Br. 718; doch ist der erstere nach rechts unvollständig, was aiidi
beim zweiten der Fall sein könnte. Dass die Legion zu einer gewissen Zeit den
Ueinauiou C*V* führte, würde^ wenn seine Qualität unzweifelhaft feststaude» andi
der Legionsbaustein von Mainz mit der Inschrift: LEG XXII- C*V*^ (Brai
bach 1084) beweisen, st^tt welcher ein anderer, an derselben Stelle (St. Albas)!
gefundener Stein die Legende LEGXXILC'F» (Br. 1085) und ein drittor '
LEG XXII ^p^ ^ primigema?) (Br. 1086) zeigt. Was die Sigle C ■ V betriÄ,
m ist sicherlich Beckor's Erklärung als cohors quinta (Katalog des Maioaerl
Huaeums« 304, 12) zu verwerfen, dagegen Bfambach's Vermutung (Regitier
S. 887) wohl richtig, dass in dem ersten Buchstaben der Beiname ClatidU
steckt* Würde nun diese Deutung auf eine Herstellung der Ziegel in Claudiu»'
oder Nero'* Zeit führen, sc stimmt dazu auch der Umstand, dasa die gering«
Zahl der bisher gefundenen Exemplare der beiden Stempel auf eine frühe Zeit
hinweist, Dass diese aber nicht wohl vor Nero*s Regierung anzusetzen iMt, gdtt
AUS der früher festgestellten Thataaohe (Die ri>mischeu Ziegeleien von Nied,
S. 339) hervor, dass am Rhein die Sitte, Militurziegel mit dem Stempel de«
Truppenteils zu versehen, kurz vor dem Jahre 70 n. Chr. aufgekomutea
Rekapitulieren wir nun, was bisher festgestellt wurde:
L Innere Gründe^ in Verbindung mit dem Vorkommen frühiei|]|
QeflUsreste und zahlreichen Augustusmünzen sprechen dafür,
an der Niddamündung bereite vor dem Jahre 83 d. Chr, eine
riedelung bezw, Befestigung bestand.
2. Die Florfllieimer Ziegel sind vor dem Jahre 70 n, Chr. gebraimt
•» tdb Ittba ^ MdHi eiaatpal itt WktlMdaBtr MasMim itielit gotoilMi,
I fmM^ flaf»wtiwtet KzMptar siiwrtt fiaftfttla«r Tj^m 1 (Katalog Ne. I0ina\ wt^^h^
aadi Aiiftb« 4«« KaUloft in d«r ManrittaMtiaita auff^fimfleii wurdo^ Dmduttk tot die ^
ftüigkatl dir FldfaMaMr Bavtaa lait w6tchmk ui Wiasbadaa trvitMa» tifitidli dU Tcnniiiaii^,
dM «• cksii M «lOT AoftOkt Bra«l»aekU uai anffBott» tlMriMcraif iudell, ooek
51
an einer den Main begleitenden Strasse neben den von den Röraeru
bereits ira 1. Jahrliundert benutzten Sandsteinbruchen verbaut worden,
3. Die Besetzung der Gegend von Kastei, Wiesbaden und Flörsheim
vor dem Jahre 70 u. Chr. wird auch durch Steininschrifteu der
22. Legiou ohne die Beinamen pla fidelis und zahlreiche Münzen
des julisch-claudischen Ilauaes, besonders auch aus der Umgebung
von Flörsheim, bestätigt.
4. Ba alle auf eine so frühzeitige Okkupation hinweisenden Erscheinungen
vereint nur in dem Terraiuabschnitt Mainz-Höchst nachweisbar sind,
dagegen schon in Heddernheini und Nied fehlen, so ist eine der
Okkupation der Wetterau vorausgehende Besetzung und fortifika*
torische Sicherung der Position Höchst-Hofheim um so wahrschein-
licher, da ohnedie.^ die Behauptung von Wiesbaden, dessen frühzeitige
Einbeziehung in das Reich schon wegeu seiner heissen Quellen anzu-
nehmen ist, ohne Beset/^ung jenes Terrainabschnittee kaum möglit'h war.
Man hat nun die Wahl, entweder mit Mommsen (R. G. V, S, 134 f.) anzu-
nehmen» dass, wie gegenüber von Köln und Koblenz, so auch an der Main-
muudung nach der Varuskatastrophe ein Strich Landes besetzt blieb, welche»
jjdeu Römern etwa wie dem Festungskommandanten das unter seinen Kanonen
liegende Terrain** galt (L c, S. 115), oder an eine Wiedereroberung vor dem
Jahre 70 n. Chn zu denken. Ich möchte mich unbedingt für die erstere An-
Uäbma erklären, zunächst weil die zwischen 16 und 83 n. Chr. erwähnten
Kriege gegen die Chatten uns nirgends einen Anhalt zu der Ansicht bieten,
dass rechtsrheinisches Gebiet neu erobert sei. Es könnte hierfür nur der
Chattenkrieg vom Jahre 50 n. Chr. in Betracht kommen. Aber derselbe war,
wie aus Tacltus* Bericht (Aon* XH^ 27 u. 28) hervorgeht, nur ein defensiver
Vorstoss der HilfstruppeUj die in zwei Abteilungen, rechts und links vor-
rückend, die Chatten überraschten und ihnen solche Verluste beibrachten, dass
sie um Frieden baten. Wenn nun die nach recht« (dextris et propiorihns
compe^ulm) vorgerückte Abteilang sich nach dem j^mons Taunus* zurückzog,
wo der Oberfeldherr Pomponius mit den Legionen das Ergebnis der Expeditionen
abwartete — doch wohl an einer Stelle, an welcher die Rückzugslinien beider
Abteilungen zusammentrafen — , so ergibt es sich von selbst, dass das erstge-
nannte Korps durch die Wetterau gegen die Lahn gezogen war. Das andere
könnte etwa durch die wichtige Senke von Niedernhausen-Idstein nach dem
Lahnthale vorgerückt sein. Die ganze Darstellung macht den Eindruck, dasa
es sich um die Sicherung eben des rechtsrheinischen Gebietes um Wiesbaden
handelte, welches der Plünderung der Chatten sowohl von der offenen Wetterau,
als von den Taunuspassen aus in erster Linie ausgesetzt war. Dazu stimmt,
dass weder seitens der Chatten, noch seitens der Romer ein Rheinübergang
erwähnt wird. Ohne Zwang führt uns die Darstellung des Tacitus auf die Position
von Hofheim. Dort tritt der Taunus in südlicher Ausbuchtung zwischen Höchst
und Flörsheim am nächsten an den Main heran, um sich dann entschieden von
demselben zu trennen und Raum zu lassen für die Entwicklung des Fluss-
systems der Nidda. Hier trifft die uralte Völkerstrasse von der Weser nach
dem Rhein auf den ebenfalls alten Yerkebrsweg, der unter dem Namen „Hübner-
^^
52
gtraase" von der unteren Lahn durch die Niedernhausor Senke tum MäÜ
Rhein ffihrro, sich aber, bevor er die Ebene erreichte, in zwei Arme
welchen am Austritte aus dem Gebirge die Kastelle von Wiesbaden
heim lagen. Ist deren Existenz auch durch die in ihren Bauten gel
Ziegel der 1., 21. u. 14. Legion erst für das 9. Jahrzehnt des ersten Jahr;
zu erweisen, eo schlieaat dies doch eine frühere Besetzung, besond
der wichtigen Position von Hofheim nicht aus. Pomponius stand dan
<frenze des römischen Reiches, die Feinde nach zwei Seiten bedrohi
seinen beiden Korps den Ruckzug Biehernd, wie denn auch Tacitus
nicht ins Chattenland einrücken, sondern nur die Hilfstruppen in dajiaelbe
einschicken lasst.
Die hier dargelegten Ergebnisse privater Nachforschungen 9i5
Reichs-Limes- rConiraission mitbestimmend gewesen, als dieselbe für das
1894/95 dem Yerfasser in erster Linie Nachgrabungen bei Hofheim und
heim übertrug* Es rauss der Kommission vorbehalten bleiben, die Ei
dieser Arbeiten zu veröffentlichen. Doch darf hier erwähnt werden,
selben keine der oben ausgesprochenen Yeronitungen widerlegt, diesell
mehr in wesentlichen Punkten bestätigt und ergänzt haben (ef. Limesblatt
Insbesondere haben auch die Nachgrabungen und Lokaluntersuchu
Flftrsheini die Voraussetzung frühzeitiger Besiedelung jener Uegend
gedehnter Benutzung der dortigen Kalksternbrüche durch die Römer i]
Masse bestätigt Immer klarer tritt die grosse Bedeutung hervor,
Mattiakergebiet für die römische Okkupation des rechtsrheinischen G
gehabt hat. Um so mehr ist es zu begrüssen, dass die Reichs-Limes-Kouimil
nun auch das römische Wiesbaden selbst in den Bereich ihrer Untersucfati;
zu ziehen beschlossen hat.
Nachtrag.
Durch tU» Kntpegenkoraincij der Herren Museumedirektor Lindensühi
Koerher in Mainz hatte ich Gelegenheit, die oben an^efQhrteD Mainzer AteiuMtisiap^Kl j
träglich omf»r einpfehetiden UnterMuchung und Vergleichung^ mit den unsrigen Jtu tin
K» sind Ti Exemplare, ton weichen eines i No* :i94> dem Typus 2, drei (No. 440, 44ä1
dem Trpu» T» entsprachen, während bei dem fünften mangelhafter Abdruck oder Veif
an der Matrijce die Zugehörigkeit am dem einen CKler dem anderen Typus j:veifclhaffc
laflacn. AJJe 5 Stempel aber rühren Ton Matrizen her, welche untereinander und yo
dio Huehster Kxomplare verwendeten nach Form und <JrÖii»e verschieden waren,
dies dafür, dass die Zahl der Matrizen noch weit griSftMT war, als die der oben
Corpus und ander»in Quellen mitgeteilten Typen, Im übrigen werden unsere obigen At
durch die BefschafTonheit di>r Mainzer GefHisatücke in allen Punkten bestätigt. Insb
•timmen dieselben in der ^hrnun-gelb»roten** Farbe, welch© Koenen an den unserer J
Schale in der Form entfpreeh enden rheinischen QeflUaeo au» der ersten HMnodeaj
liunderts herrorhebt, mit diesen und den Höchster Stöcken fiberein. Mit den loUteq
Rio auch die Bigentümlichkeit gemein, das« die Seherben an den Bruchstellen wd
gefUrbe emcheinon, als die» bei der rheiniechen SjgUlata des 2. und a* Jahrhun^
Fall TU »ein ptlegt, Zwei der Mainzer Exemplare zeigen auf der unteren Soite de
eingeritzt die Namen der Bcaitzer, welche bei der Sigillataware der Limeskastelle
nicht an diefior Stelle, sondern an der Aui^seuHcite de^ Hauelies angebracht lind.
Goethe in Nassau.
Von
Fr* Otto.
Die Stätte, die ein grosser Mann betrat,
Sie ist geweiht für alle Zeiten.
Nach Goethe.
Die Schöpfuugen von keinem andern Dichter sind so sehr Ergebnisse des
eigenen Lebens, als die von Goethe; für keinen ist daher das Selbsterlebte
so wichtig zum Verständnis seiner Werke als für ihn. Dadurch ist hinreichend
der Versuch gerechtfertigt, dasjenige, was er in Nassau, das er wiederholt be-
suchte und hoch zu preisen pflegte, als Jüngling und Greis erlebte, zusammen-
zustellen. Gaben schon die bis jetzt veröffentlichten Briefe und andere Berichte
manches Bemerkenswerte, so haben die im Jahre 1893 erschienenen Tagebücher
von 1814 und 1815^) über diese inhaltreichsten Jahre seiner Besuche Nassaus
so viele neue Aufschlüsse gewährt, dass es möglich schien, auch ehe die noch
ausstehenden Briefe des Weimarer Goethe-Archivs in der Weimarer Goethe-
Ausgabe mitgeteilt sind, den Versuch zu wagen, und der Verfasser dieser
Schrift glaubte damit eine Pflicht der Pietät zugleich gegen den grossen Dichter
und gegen sein schönes Heimatland zu erfüllen.
Grundlage für unsere Darstellung sind vor allem die eigenen Mitteilungen
Goethes, also für die früheren Jahre „Dichtung und Wahrheit", für die Jahre
1814 und 1815 die Tagebücher, dazu die Briefe von Freunden und andere
Berichte; und um den Eeiz und die Frische der Unmittelbarkeit nicht zu ver-
wischen oder abzuschwächen, haben wir die einschlägigen Stellen wörtlich
aufnehmen zu sollen geglaubt. So schien uns am lebendigsten entgegenzutreten,
was dem Dichter hier widerfuhr, wie er sein Leben gestaltete, worauf sein
Sinnen und Denken gerichtet war. Dabei könnte uns freilich der Vorwurf
gemacht werden, dass wir mehrfach uns zu sehr auf die Kleinigkeiten des all-
täglichen Lebens eingelassen haben ; doch würde derselbe zunächst den Dichter
selbst treffen, der durch seine Berichte dazu veranlasst auch diese Dinge zu
betrachten und zusammenzustellen. Und schliesslich ist bei einem Manne wie
Goethe selbst das Kleine beachtenswert. Polemik gegen einzelne Punkte in
früheren Darstellungen haben wir im allgemeinen vermieden ; der Kundige wird
von selbst herausfinden, wo etwas berichtigt oder ergänzt werden konnte.
Eine Übersicht des Inhalts findet sich am Ende dieses Aufsatzes; dazu
treten 2 Tafeln, ein Plan des früheren Wiesbaden und ein Kärtchen für die
Lahnreise von 1815.
Wiesbaden, im Dezember 1894. Fr. Otto.
^) Goethes Werke, herausgegeben im Auftrage der Grossherzogin von Weimar. III, 5.
Goethes Tagebücher, 1813-1816. Weimar, H. Böhlau 1893.
54
Goethe in Nassau,
L 1763—1764,
Zam eräteoniale scheint Goethe als etwa vierzehnjähriger Knabe den
des späteren Herzogtums Nassau betreten zu hahen; es war zu der Zeit,
er lu die GcdellBcbaft mehrerer junge u Leute geraten war, bei denen ar du
»eine grosse Fertigkeit Keime und üediehte zu varfaBsen zu eioem gewin
Ansehen gekommen war, und die yon dieser seiner Gewandtheit für ihre aidit
immer harmlosen Zwecke Gebrauch machten. Mit ihnen unternahm er wohl
Lustfahrten auf dem Marktschiffe nach II och st; sie beobachteten dann ihre Hem^
geführten und liesdon sich, neckend und scherzend, mit diesem oder jenen m
ein Oe»|>räch ein. Da zugleich mit ihnen das von Mainz heraufkommende
Marktschiff' zu Höchst anlaugte, so gab es immer eine vollbesetzte Tafel, oaflj
welcher sie wieder nach Frankfurt zurückkehrten. In ihrem Kreise hatte er
au^h eine herzliche Zuneigung zu einem Mädchen Namens Gretohoo gefftüt,
welche ihn fester au die Gesellschaft knüpfte, ohne dass sie selbst seine stilli
Leidenschaft nährte, sondern nur den unerfahrenen Knaben gut beriet.
Im Frühjahre 1764 trat die Katastrophe ein, welche diesem von §ei<<a , ,
Goethes harmlosen Verkehr ein jähes Ende bereitete. Als man gewissen Ve^
untreu ungeii eines von ihm empfohlenen jungen Mannes auf die Spur gekon
war und ihn sogar beteihgt an denselben glaubte, auch das Yerhdltni»
Gretchen ana Licht gezogen wurde und schlimmen Verdacht erregte, geriet
in »0 leidenschaftHchc Erregung, dass man auf ernstliche Mittel siuncti mnt
ihn 3U beruhigen und seinem Sinne eine andere Richtung zu geben. Zn dem''
Zwecke gab man ihm einen Aufseher, der ilm begleiten und beaufäicfaiigtn
und durch Arbeit und Zerstreuung allmählich in das rechte Geleise briogoi
goUe. Da er den Mann hochschätzte, so gelaug die Sache. Nach und nacfc
besorgte miin nicht mehr, dass er in seine früheren Neigungen und Verhültnis
zurückfallen könne; man Hess ihm allmählich vollkommene Freiheit Wi^
lassen nunmehr Goethe selbst weiter reden*):
,Durch zubillige Anregung, so wie in zufälliger Gesellschaft siGiitt fckj
manche Wanderungen nach dem Gebirge (dem Taunus) an, das von Kiodlil
auf so fern und ernst vor mir gestanden hatte. So beauchten wir UomlKtTg,
Kronenburg, bestiegen den Feldberg» von dem uns die weite Aussicht immer
mehr in die Ferne lockte* Da blieb denn Königstein nicht unbesucht. Wies*
baden, Schwalbach mit seinen Umgebungen beschäftigte uns mehrere Tag
wir gelangten an den Rhein, den wir, von jenen Hohen herab, weither seUai^gcIa^
geeohen, Mainz setzte uns in Verwunderung, doch konnte es den jn^endltelie
Sinn nicht fesseln, der ins Freie ging; wir erheiterten una an der Loge
Biberioh, und nahmen zufrieden und froh unfern Rückweg.^
Es wäre bei dem Mangel weiterer Mitteilungen über diese AusHüge vi
geblicbe Mttbe ausforschen zu wollen, was Goethe besonders ••' - '-
*) «Dic^titutiip iiod Wahrbeif* U, 0,
55
eschäftigte; er selbst fügt der Erztihluag binzu, wie er aie benutzte und was
ir eine wohltbütige Folge sieb für iliu daran anscfaloss* Er föhrt nämUcb
also fort:
^H ^Diese ganze Tour, von der sich mein Vanr juaiiclics Bititt versprach,
^B^Äre beinahe ohne Frucht gewesen: denn welcher Snui, welches Talent, welche
I Übung gehört nicht dazu, eine weite und breite Landschaft als Bild zu begreifen I
I Uomerklich wieder zog es mich jedoch ins Enge, wo ich einige Ausbeute fand:
denn ich traf kein verfallenes Schloss, kein Gemäuer, das auf die Vorzeit hin»
deutete, dass ich es nicht für einen würdigen Gegenstand gehalten und so gut
als möglich nachgebildet hatte. Selbst den Drusenstein auf dem Walle zu
ainz zeichnete ich mit einiger Gefahr und mit Unstatten"), die jeder erleben
U8S, der sich von Reisen einige bildliche Erinnerungen mit nach Hause nehmen
will. Leider hatte ich abermals nur das schlechteste Conceptpapier mitge-
ommen, und mehrere Oegenstände unschicklich auf Ein Blatt gehäuft; aber
ein väterlicher Lehrer liess sich dadurch nicht irre machen; er schnitt die
latter auseinander, Hess das Zusammenpassende durch den Buchbinder auf-
eben, fasste die einzelnen Blätter in Linien und nöthigte mich dadurch wirklieb,
je Umrisse verachiedeuer Berge bis an den Rand zu ziehen und den Vorder-
grund mit einigen Kräutern und Steinen auszufüllen. Konuten seine treuen
Bemühungen auch mein Talent nicht steigern, so hatte doch dieser Zug seiner
Ordnungsliebe einen geheimen Einfluss auf mich, der sich späterhin auf mehr
als Eine Weise lebendi^r erwies/
IL 1765.
^H Zum zweiten Male finden wir Goethe in Nassau im Jahre 1765; er
^■»esuchte damals Wiesbaden. Was ihn dahin führte, in welcher Geseltschafi;
^^er sich befand u. s. w., ist aus der einzigen Quelle, der wir diese Kunde ver-
danken, nicht ersicbttich. Er muss sich längere Zeit hier aufgehalten haben;
am 19. Juli erhielt er einen Brief seiner Schwester Cornelie, den er am 2L des-
selben Monats beantwortete, ohne von einem Zeitpunkte der Rückkehr zu reden.
Auch wo er wohnte, ist nur zu vermuten. Wenn sieh hinter seinem Hause ein
Garten befand, so scheint das Gast- oder Badhaus, welches ihn beherbergte,
m Abhänge des Berges, der sich längs der einen Seite der Langgaaae erhebt,
gelegen zu haben, und da bleibt für Leute seines Standes kaum eine andere
ahl anzunehmen, als dass er iro „Adler** oder im „Schützenhofe" gewohnt habe;
eun die andern ähnlich gelegenen Häuser entbehren entweder des Gartens
der waren damals meist nur von Leuten niederen Herkommens aufgesuobtt
■wie die Kurlisten aus den späteren Jahren, aus denen sie noch erhalten sind,
ausweisen.
Der Brief, den er un Cornelie schrieb, lautet also*):
^) Dm mittoUiCHfhdeiitsche uns täte ist jetjit ausser Oebrauoti; es bedeuttt
tiilflose, ungünstige Luge, dnnn auch Milbe, Ungeaohick. Lexer, mhd» WürterUt^ —
8t Mbgedrurkt im Goethe- Jahrbuch VII, 8. A fl8Hf() und in der Weimarer Ausgabe t«a
r«rktii IV, I (1687), 8. ö.
nui
se
Liebe Schwester,
Damit du nicht glaubest ich habe dich unter den seh
Freuden eines ^tarck beauchteu Bades gantz vergessen; so wi
einige absonderliche Sebicksaale, die mir begegnet, in diesem
2JU wissen thun. Dencke nur wir haben allhier Schlangen^ da»
Ungeziefer macht den Garten, hinter unaerm Hause, gant«
Seit meinem Hierseyn, sind schon 4 erlegt worden. Und heut<
es dir erzählen, heute morgen, stehen einige Churgäate und i(
einer Terasse, siehe da kommt ein solches Thier mit vielen gewi
Qdngeu durch das QrasH daher^ scliaut uns mit hellen fun ekelndes
an, spielt mit seiner spitzigen Zunge und schleicht mit aufgehab
Haupte immer näher. Wir erwischen hierauf die ersten 1^ "^
warfen auf sie loss und traffen sie etliche mahl, dass sie i
die Flucht nahm. Ich sprang herunter, riss eiuen mächtigen
von der Mauer und warf ihr ihn nach, er traf und erdrückt
worauf wir über dieselbe Meister wurden sie aufhängeten und
Ellen lang befanden. Neulich verwirrten wir uns in dem Walde
musäten 2 Stundenlang in selbigem^ durch Hecken und Busche dl
kriechen. Bald stellte sich uns ein umschatteter Fels dar^
düstres Gesträuch und nirgends war ein Ausgang zu finden*
wir wären bis» in die Nacht gelaufen; wenn nicht eine w^
Fee hier und da, an die Bäume Papagey Schwänze (:die ab<
kurzsichtige Augen für Strohwische ansahen:) den rechten
zu zeigen gebunden hätte, da wir dann glücklich aus dem
kamen. Dein Briefgen vom 19. Mai war mir sehr angenehm
den Brief lass Augenblicklich dem Pog zustellen* Lebe wolt
Jf, M. von meinetwegen die Hand,
Wisb. d. 21, Jun. 1765.
Jf. M, ist sicherlich die Fräulein Charitas Meixner von Wor
Freundin der Cornelie, die sich damals ihrer Ausbildung wegen zu
aufhielt und in dem Hause des Legationsrates Moritz, eines Hausfreund
Familie Qoethesj wohnte*') Wer unter Pog gemeint ist, bleibt zweifej
wenn es Papa gelesen werden müsste, so wäre das ^lass . . zuste
unpassender Ausdruck statt ^übergib.* — Unter dem Walde, in we
Wanderer sich verirrten, haben wir denjenigen zu verstehen^ welcher
den Bergabhang unterhalb der Platte hinzieht und jetzt meistenteils mt
Gepräge «eigt^ namentlich viele mittlerweile angelegte Spaziergängo
"Welcher Art die in dem Briefe erwähnte Schlange angehört^
Ooethes» Worten nicht zu erraten. In Nassau gibt es verschiedene
Schlangen, die Kirschbaum in der Abhandlung ,^Die Reptilien und
Herzogtums Nassau^, Programm des Gymnasiums zu Wiesbaden ld50,|
') Aafgohaben, all ttail aof^liobfln. Grionn, D. W. t, 8p, eos. ~ ")
K. Qo»doke, GrmtdniB IV 2, 8. 575« 72 eimge Ulteratur «n.
57
Tod den daselbst genanutea pasat nur die als Elaphh ßatmcens bexeicliuetej
nur sie die von Goethe aogeführte Länge erreicht; nach demselben Gewahrs-
Bann findet sie aich nur bei Schlangenbad, das wohl von ihr den Namen habe;
Sxemplare, die zu Wiesbaden getroffen wurden, seien abgemagerte und wohl
Icr Gefangenschaft entronnene Exemplare gewesen. Über Schlangen in Bädern
lehe auch von Heyden, Jahrbucher des Vereins für Naturkunde im Herzogtum
fassau XYI, 263 und Becker im Frankfurter Archiv N. 8. I, 32.
Wenn Goethe von einem Begleiter auf dem Waldspaziergang sprichf, so
konnte man vermuten» dass der Ausflug von 1765 zu den unter No. I erwähnten
ghöre; der Begleiter wäre dann der Aufseher gewesen. Es ist jedoch nicht
rahrscheinlich, dass dessen Amt sich bis in den Sommer 1765 erstreckt habe.
Denn in demselben erscheint Goethe nach „Dichtung und Wahrheit** ala durch-
18 geheilt und in munterer, fröhlicher Gesellschaft. Eher kann man an die
^kleinen Reisen^ denken, die er mit seinem Freunde Hörn (dem ^Hörnchen*')
!ite und die sie nachher poetisch aufstützten.
IIL Die Lahnreise von 1772.
Im Sommer des Jahres 1772 weilte Goethe bekanntlich in Wetzlar als
Praktikant bei dem Reichakaramergericht, Verhängnisvoll wurde ihm daselbst
!ie Bekanntschaft mit dem braunschweigischen Legationssekretär Johann Christian
[estner und dessen Braut Charlotte Buff, welche durch ihre Frische, Natürlichkeit
tnd Munterkeit, verbunden mit einer bezaubernden Erscheinung, seine ganze
ineigung gewann; der biedere Bräutigam legte den Besuchen Goethes, weil
dessen Sinnesart genugsam erkannt hatte, kein Hindernis in den Weg, so-
die stille Keigung allmählich zu inniger Liebe emporwuchs; Goethe aber war
&8t entschlossen den Frieden der Verlobten nicht zu stören und schwankte so
rischen Liebe und Entsagung, die in ihm kämpften, bis er, durch seinen Freund
lerck aufgerüttelt, beschloss diesem qualvollen Zustand ein Ende zu bereiten.
Im 11. September riss er sich von Wetzlar los, nachdem er von Lotte schrift-
lich Abschied genommen hatte, und begab sich nach Koblenz, um hier mit
Merck bei der Frau von La Roche zusammen zu treffen. L^ber diese Reise
sen wir ihn wieder selbst reden'):
^Ich hatte mein Gepäck nach Frankfurt, und was ich unterwegs brauchen
5nntej durch eine Gelegenheit die Lahn hinunter gesendet, und wanderte nun
üesen schönen, durch seine Krümmungen lieblichen, in seinen Ufern so manniob-
faltigen FIuss hinunter, dem Entschluas nach frei, dem Gefühle nach befangeii|
einem Zustande^ in welchem uns die Gegenwart der stummlebendigen ^mJtm
wohUhätig ist. Mein Auge, geübt die malerischen und übermaler
pchönheiten der Landschaft zu entdecken, schwelgte in Betrachtung der
ad Fernen, der bebuschten Felsen, der sounigen Wipfel, der feuchten Grtadfe.
1er thronenden Schlösser und der aus der Ferne lockenden blauM B^p^
lien.
^» ^Dieiitutig und WuhrUeif* lU, 13.
58
Ich waüderte auf dem rechten Ufer dos Flusaes, der in einiger Tiefe
Eütfernung unter mir, von reichem Weidengebüsch zum Theil verdeckt, tin
8 OD neulich t hingleitete. Da stieg in mir der alte Wunsch wieder auf^ solckc
Gegenstände würdig nachahmen zu können. Zufallig hatte ich ein TadchiMJ-
messer in der linken Hand, und in dem Augenblick trat aus dem tiefen Orund
der Seele gleichsam befehlshaberiseh hervor, ich sollte dieses Messer ungesi^umt
in den PIuhs schleudern : sähe ich es hineinfallen, so würde mein krin»tleri«che«r
Wunsch erfüllt werden; wurde aber das Eintauchen des Messers durch die
überhängenden Weideubüsche verdeckt, so sollte ich Wunsch und BemühtiDg
fallen lassen. So schnell als diese flrille iu mir aufstieg, war sie auch aufge-
führt: denn ohne auf die Brauchbarkeit des Messers zu sehen, das gar maodie
Geräthscbaften in sich vereinigte, schleuderte ich es mit der Linken, wie icfc
es hielt, gewaltsam nach dem Flusse hin. Aber auch hier musste ich die trüg-
liche Zweideutigkeit der Orakel, über die man sieh im Aherthum so bitter be*
klagt, erfahren. Des Messers Eintauchen iu den Fluös ward mir durch die
letzten Weiden zweige verborgen, aber das dem 8turz entgegenwirkende Wasser
sprang wie eine starke Fontäne in die Hübe, und war mir vollkommen sichtW-
Ich legte diese Ersch**inung nicht 2U meinen Gunsten aus; und der durch sie
in mir erregt© Zweifel war in der Folge Schuld, dass ich diese Übungen unter-
brochener und fahrlässiger anstellte^ und dadurch selbst Anlass gab, das« diu
Deutung des Orakels sich erfüllte. Wenigstens war mir für den Augenblic
die Aussenwelt verleidet; ich ergab mich meinen Einbildungen und EmpHnduagefit|
und Hess die wohlgelegenen Schlosser und Ortschaften Weilburg, LimburgiJ
Diez und Nassau nach und nach hinter mir, meistens allein, nur ro&adio
auf kurze Zeit mich zu einem andern gesellend,
Kaeh einer so angenehmen Wanderung von einigen Tagen gelangte ich
nach Ems, wo ich einigemal des sanften Bades genoss, und sodann auf eioom
Kahne den Fluss hiuubwarts fuhr. Da en^ffnete sich mir der alte Rhein; Ak
schöne Lage von Oberlahnstcia entzückte mich: über alles aber herrlich
und majestätisch erschien das Schloss Ehrenbroitsteinf welches in setoer
Kraft und Macht, vollkommen gerüstet, dastund.'*
Wir begleiten di^ri Wanderer nicht weiter; bei dem Geh. Rat von Im
Ruche und seiner Oemuhlio fand er gastliche Aufnahme und unterhaltende
Oesellacbafit. Die sonderbare Befragung des Orakels, welche der ßoricht mt^
teilt, muss an den Anfang der Wanderung — vor der Ankunft in Weilburg
fallen. Eine durchaus verbürgte Sage will wissen, bei Obernbof habe Qc
auf einer Anhiihe ausgeruht und sich au dem herrlichen Anblick der vor
liegenden Laudschnft erfreut; mini hat dem Punkte den Namen Goethf
plutzcheu oder Goethepunkt gebou woUeu.
Von Koblenz aus fuhren Merck und Goethe auf einer Jacht den
aufwärts, und ,,obschou**, heisst es weiterhin, , dieses an sich sehr langsam ging
so ersuchten wir noch überdies die Schiffer sich ja nicht zu übereilen» 8^
geuossen wir mit Müsse der unendlich mannichfaltigen Gegenstände, die
dem herrlichsten Wetter jede Stunde au Schönheit Jtuxunehmen und suwuhl
Gnisso als an Oef/iHigkeit immer neu zu wechseln scheinen; und icli
69
nur^ iadem ich dia Nameo Kheiufela uud St. Goar, Baclmrach, Uiugoii, Ell Fol d
und Biber ich ausapreche, dass jeder meiner Leser iin Stande sev sich diese
Gegenden in der Eriunorung hervorzurufen/
Am 21. September schrieb Goethe wieder den ersten datierten Brief von
Frankfurt ans.
Hatten die ersten Ausflüge nach Nassau einen heilsamen Einfluas auf die
Stimmung des jungen Goethe und infolge der Ordoungsliebo seines Aufsehers
und Begleiters auf seinen Ordnungssinn ausgeübt, so war die Lahnreise viel-
leicht von noch grösserer Bedeutung für den jungen Mann. Der etwas zweifel-
hafte Ausgang des Orakels drängte die Neigung zur darstellenden Kunst zurliek, die
Übung im Zeichnen wurde lässiger betrieben, uod um so müchtiger wurde der
Trieb und die Kunst dichterischer Gestaltung des Erlebten, von der alsbald
die Leiden des jungen Werther 1774 Zeugnis ablegten. Goethe wurde so dem
Elemente endgiltig zugewiesen, zu dem er geboren war, in dem er die höchste
Vollendung erreichen sollte. Indessen versäumte er das Zeichnen uichtj und
auch darin brachte er es, wie er denn ein scharfer Beobachter der Natur war
und den Griffel sicher zu handhaben lernte, zu einer mehr als gewöhnliehen
Fertigkeit.
Sein öfterer Aufenthalt auf dem Schlosse zu Dornburg gab ihm später
Gelegenheit die Erinnerung an die schönen Lahngegenden aufzufrischen; denn
hier waren viele Darstellungen ihrer bunten Landschaften aufgehängt und er-
euten das Auge des Beschauers.*)
IV. 1774, Sindlingen.
I^ii'euten
^m Sindlingen, heute ein Dorf des Kreises Höchst, gehörte bis zu Jahre 1803
zu dem Kurfürstentum Mainz, Amtsvogtei Höchst; so ist das Fest, welches
I Goethe am 30, Mai 1774 hier mitbeging, eigentlich dem Kreis unserer Dar-
Btellung fremd, doch dürfen wir es wohl nicht ganz übergehen.
I An dem obeo bezeichneten Tage feierten der Kaufmann Johann Maria
Allesina und seine Frau Franziska Clara^ geborene Brentano, das Fest ihrer
goldenen Hochzeit auf einem Gute ihres Schwiegersohnes Schweizer zu Sind-
lingen. Goethe stand damals, w^ie mr wissen, in naher Verbindung zu der
Familie La Roche; Maximiliaue, die Tochter des Hauses (1756—1793), hatte
einige Monate vorher den Kaufmann und kurtrierrschen Residenten zu Frankfurt
L^Peter Anton Brentano geheiratet'*), und so war er auch mit dieser Familie in
■Beziehung getreten. Daher wurde denn auch er zu dem festlichen Tage eioge-
^ laden und tanzte flott mit. An die Mutter der Maxe, die ,Mama" Sophie ran
La Roche, berichtet er darüber also'^):
*) C, A* H. Burkhsrrlt, OootheB ITrjterhftltungeo mit dem Kunssler Fr. v.
I^7U, 8* 21, — ») Di© l'roklftojation des PaÄrea war um 2<i. Dezember lll'A zu Frmlctat «f^
»Igt; Mar Bolli-Gontard, Leben in Frankfurt VI 4H. Der Kurfarst von Trier fc^^p^^
lasti die Trauung in der Hofldrrhe zu Koblenz stattfinde (Sonntag, den 9. Jitrar IT:^
?. V. Locper, llriefe (loethes an Sophie v, La Roche, S. XX» — *") r, Loefi^r^ m m. ^^
'i7etho« Werk«, Weira. Ausgabe IV, 2, 163.
60
^Zu Singlingen (sie) auf der golder.en Hochzeit, da ich den Geburtstag Ihrer
lieben Max") herbeitanzte, hab ich Ihrer viel gedacht. 0 Mama! es waren
viel Lichter da*^), und Schweyzers Willemine") kriegte mich am Arm und fragte:
warum zündt man so viel Lichter an? Das war eine Frage einen ganzen
Sternhimmel zu beschämen, geschweige denn eine Ilumination. Ich hab mich
nach Ihnen umgesehen, hab Ihrer Max den Arm gegeben wenig Augenblicke.'
V. 1774, Ems.
Die Emser Beisen^^) des Jahres 1774 knüpfen sich an den Besuch
Lavaters bei Goethe an. Beide hatten ein lebhaftes Interesse, auch ohne sich
gesehen zu haben, zueinander gefasst. Goethe hatte im Jahre 1772 Lavaters
Schrift , Aussichten in die Ewigkeit^ in den Frankfurter gelehrten Anzeigen
besprochen, zwar ohne sich zu nennen, doch war es nicht unbekannt geblieben,
wer der Verfasser der Bezension sei; Lavater hoffte von seiner Bekanntschaft
grosse Vorteile fiir sich; auch hatten ihn mehrere Aufsätze von Goethe sehr
angesprochen, wie der über deutsche Baukunst, das Schreiben des Pastors zu **
an den Pastor zu **. Daraufhin war im Jahre 1773 ein Briefwechsel zwischen
beiden eingetreten, der zur persönlichen Bekanntschaft führte, als der Schweizer
Theologe im Juni des Jahres 1774 seine Bheinreise machte und unter anderm
das Bad zu Ems besuchte. Gross war die Spannung beider, sich von Ange-
sicht zu Angesicht zu sehen. Endlich am Abend des 23. Juni traf Lavater in
Frankfurt ein und nahm bei Goethes Eltern Wohnung. Sie hatten beide eine
ganz andere Vorstellung voneinander gehabt, als sich jetzt darbot, aber die
gegenseitige Zuneigung stieg bei dem persönlichen Verkehr, wenn auch der
ernstere Geistliche den übersprudelnden Uumor des jüngeren Freundes bis-
weilen beruhigen musste. Da aber Lavater vielfach von anderen Personen in
Anspruch genommen wurde und deshalb Goethe ihn nicht so geniessen konnte,
wie er wünschte, so beschloss er ihn auf seiner Weiterreise nach Ems zu
begleiten. Am 29. Juni fuhren also beide in einem besonderen Wagen ab und
verlebten die Zeit in ernsten und heiteren Gesprächen zu ihrer hohen Zufrieden-
heit. Nur einen Tag verweilte Goethe zu Ems, da Geschäfte ihn nach Hause
riefen; auf dieser Rückreise war es, wo er, im Wagen sitzend, „Erwin und
Elmire" fast zu Ende brachte.
In Frankfurt stellte sich bald ein anderer Gast ein, ganz verschieden von
dem ersten und ebenso so vielgenannt im deutschen Beich; es war Basedow,
der sich gleichfalls nach Ems zur Kur begeben wollte; er hoffte zugleich För-
") Ihr Geburtstag war den ;U. Mai. — '-) Dazu bemerkt v. Loeper, 8.43: Die Einfach-
Iieit der damaligen Zeit zeigt sich in Goethes Abneigung gegen die ihm als unzulässiger Luxus
erscheinende helle Beleuchtung der Zimmer. So hebt er hier die vielen Lichter hervor, so
die vielen Lichter am Spieltisch in dem Liede an Lilli „Warum ziehst du mich unwidersteh-
lich" und in den Briefen aus der Schweiz (erste Abteilung zu Anfang des vorletzten Briefes).
— *•'') Schwester von Schweizer. — ") Hauptquelle ist wieder „Dichtung und Wahrheit**; die
Chronologie lässt sich aus den erhaltenen Briefen feststellen. Vgl. vornehmlich v. Loeper,
Briefe Goethes an Sophie von La Koche u. s. w. 1879 H. Düntzer, Frcundesbilder aus
aoethes Leben 1853. L Lavater, S. 1 ff.
61
derer und OuDoer für seine ueue ErziehungsanütaU in DedaaU) deren Errichtung
wegen des Mangels an den nötigen Geldmitteln ins Stocken geraten war, auf
dieser Reise zu gewinnen; eben hatte er den Plan zu seinem Unternehmen
durch eine Schrift „Vorscliläge an das kundige Publikum über Errichtung einer
Privatakademie'* ersclieinen lassen^ indem er durch des „kundigen Publikums**
Opferwilligkeit die fehlenden Oeldmittel zu erhalten dachte. Von Basedows ihm
vielfach uuangeuehmeu Gebaren entwirft Goethe in „Dichtung und Wahrheit"
ein anschauliches Bild^ auch wie er sich dessen zu erwehren suchte.
Kaum war Basedow abgereist, so beschloss Goethe die beiden Antipoden
in Ems durch seine unerwartete Ankunft zu überraschen, nimmt Urlaub und
reist am 14, JuH ebenfalls nach Ems ab; am 15. ist der ^Herr Doctor Goeddee*^)
aus Frankfurt" in der Kurliste als angekommen verzeichnet. Die drei ungleichen
Genossen blieben bis zum 18. Wie Goethe lebte, wie er sicli vergnügte, davon
entwirft er in ^Dichtung und Wahrheit* eine lebendige Schilderung, bei der
ihm nur darin das Gedächtnis untreu war, dass er die erste und die bald folgende
Anwesenheit in Ems nicht voneinander scheidet; ein Irrtum ist es ferner, wenn
er sich über „Werthers Leiden** ausfragen läset, da diese Schrift doch erst im
Herbst desselben Jahres erschien.
Am 16. oder 17. Juli wurde der Frau v. Stein, der Mutter des späteren
Ministers, ein Besuch abgestattet, und es ist heiter zu lesen, wie Goethe auf
der Heimfahrt Basedow für seine frivole Geschwätzigkeit über die Dreieinigkeit
abstraft, indem er ihn hinderte In einem Wirtshause seinen trockenen Gaumen
anzufeuchten; Basedow hatte gewünscht, der Kutscher möge hier halten, Goethe
aber feuerte denselben au rasch vorbeizufiahren. Seine heitere, übersprudelnde
Laune beweist der Brief, den Lavater am Morgen des 18. an seine Frau
schrieb. Goethe lag noch zu Bett, als Lavater zu schreiben begann; kaum
hatte er angefangen, so diktierte ihm jener von seinem Lager aus die Fort-
setzung^ an welche dann Lavater wieder anknüpfte:
„Ich schreib Euch (so beginnt dieser) den letzten guten Tag von Bm9
aus, Ihr Lieben . . . , ^Unterdess - (diktiert mir Goethe aus seinem Bett iKnft^)
— Unterdeas gehts immer so gerade in die Welt 'nein. Es schlaft oek, krt
sich, trinkt sich und liebt sich auch wohl au jedem Orte Gottes wie i
folglich also — schreib er weiter.** — Nun ich schreibe:
Tage der Huli und des Draugs und des nouen Menscben Oenu
Gönnte mein Vater mir hier u. 8, w,^**)
^^) Vgl A. Spiess in den Aiuaalen des nase. Vereins fQr
Ooedd^e, wie auch nach seiner Abreise in der Kurltste der Name Untet» liil^
selbst geschrieben« sondern seinen Namen dem '^trte oder Kellner
BadhauBefi angegeben, der ihn dann der Auaspraehe getreu so nkdei
Aussprache des Mittelrheini nimmt es nach jctti mit den DentAl<
vielfach Media (d ) sUtI: Tenuii} oder Aspirata (t, th] ; ferner spHchl t
wie Goethe, Lade lang aus ; Goethe selbst muas so gesproobeii
apJItes Alter seine rheioische Auasprache nie ganz verleugnete ui«^ i
tett«. Er selbst schrieb irn Tagebuch Lado. Vgl, K. Hildekr«»^
Ö. 4 IT ff. — ***) Goethes Briefe, Weimarer Ausgabe (IV) Zf IX#>.
^<C
'33\,
teüte
62
Aber auch die Dichtung ging nicht leer aus; am 17. Juni entstand „des
Künstlers Erdenwallen", eine Schilderung des genialen Künstlers, der sich durch
Nahrungssorgen zu elenden Lohnarbeiten gezwungen sieht, am 18. ,,auf dem
Wasser gegen Neuwied** die ältere Gestalt von „des Künstlers Apotheose",
„des Künstlers Vergötterung. Drama" ^'); in beiden wird die Apotheose durch
die Bewunderung dargestellt, welche das von dem Meister hinterlassene Bild
der Yenus Urania hervorruft; die Ausführung jedoch ist ganz verschieden. Der
Fahrt auf der Lahn, die sie an demselben Tage von Ems weg nach dem Rheine
führen sollte, verdanken die zwei Zeilen ihren Ursprung:
„Auf der Lahn, 18. Juli 1774.
Wir werden nun recht gut geführt,
' Weü Basedow das Ruder fahrt."*
Ferner entstand im Anblick von Burg Lahneck auf derselben Fahrt:
„Der Qeistesgruss.
Hoch auf dem alten Thurme steht
Des Helden edler Geist,
Der, wie das Schiff vorüberzieht,
Es wohl zu fahren heisst.
„Sieh, diese Senne war so stark,
Diese Herz so fest und wild,
Die Knochen voll von Rittermark,
Der Becher angefüllt.
Mein halbes Leben stürmt' ich fort,
Verdehnt' die Hälft' in Ruh,
Und du, du Menschen-Schifflein dort.
Fahr* immer, immer zu."
Wir übergehen die weitere Fahrt nach Koblenz und die heitere Scene
in dem dortigen Gasthause, wo Lavater den Landgeistlichen über die Geheim-
nisse der Offenbarung belehrte, Basedow dem hartnäckigen Tanzmeister klar
machte, dass die Taufe ein veralteter Brauch sei, Goethe aber, zwischen beiden
sitzend, sich es wohlschmecken Hess; ebenso muss der Verlauf der Reise nach
dem Niederrheiu hier unbeachtet bleiben, nur der Zeilen sei gedacht, die in
den Versen Goethes auf dem Weg nach Neuwied an Ems erinnern. Zunächst
die bekannten Verse:
„Und wie nach Emaus weiter ging's
Mit Geist und Feuerschritten,
Prophete rechts, Prophete links.
Das Weltkind in der Mitten."
Denn sicherlich wurde er zu dem Vergleiche angeregt durch die Namens-
ähnlichkeit von Ems und Emaus; dass bei unsern Reisenden die Sache anders
lag, da sie von Ems kamen, nicht dahin gingen, thut nichts zur Sache; ist doch
auch das Verhältnis in einer zweiten Art umgekehrt, indem auf dem iGang
nach Emaus nicht das Weltkind in der Mitte sich befindet, sondern der Herr
und Meister, dem die beiden andern bewundernd zuhören. ^®)
") V. Loeper, a. a. 0. 8.55. — *®) Darauf macht M. v. Waldberg im Goethe-Jahrb.
IV, 355 mit Recht aufmerksam.
»
^_ 63
Sodann sei dea Stamm buch verses „In das Kalenderlein der Frau Hofrätiu
Kümpf. Auf dem Rhein, den 18. Juli 1774" erwähnt, der freilich nur loao mit
Erna zusammeohängt Zu Ems und Neuwied waren die zwei Brüder Kämpf
Arzte, Johaun zu Ems, Wilhelm Ludwig zu Neuwied, beide mit dem Titel Hofrat;
dos Emsers werden wir weiter unter noch ausführlicher gedeoken. Derselbe
mag die Reiaegettibrten an jenen empfohleü haben, und so wird es gekommen
sein, dass dessen Oemahlin in Kobleuz sich zu ihnen gesellte und auf der
Rheinfahrt abwärts bis Neuwied ihre Begleiteriu war und für sie sorgte. An
sie") richtet nun Goethe folgende Zeilen in ihr Kalenderlein:
„Sarah kocht unserm Herregott,
Elisabeth tiötzen m der Noth,
Nahmen ftioh ihres Httuses an,
Waren Oott lieb, waren lieb dem Mann,
Du sorgtest für die Freunde hier;
Drum, liebes Weibohen, dank* ich dir,**
Am 25. oder 26. Juli trifft die Reisegesellschaft wieder in Ems zusammen;
Lavater jedoch eilte schon am 27. in die Heimat zurück, die beiden andern
verweilten noch etwa 14 Tage* In diese Zeit musa hauptsächlich das lustige
und ausgelassene Treiben Goethes, von dem „Dichtung und Wahrheit** erzählt,
fallen, während sich Basedow mit weitaussehenden Pläneu für Verwirklichung
seiner Anstalt beschäftigte, zu ileneo vielleicht auch unser Goethe im Vertrauen
hinzugezogen wurde.
Der eben genannte Johano Kämpf (1726— 1787) war seit dem Jahre 1770
zugleich nassau-oranischer Ilofrat, Physikus zu Diez und Brunnenarzt zu Ems-"};
ein unruhiger Kopf — ein Zeitgenosse nennt ihn einen grossen Windbeutel und
unverschämten Lügner^') — , auf die Zeitstrümuogen aufmerksam und zugleich
für das Wohl seines engeren Vaterlandes bedacht, macht er Basedow, als er
von den Schwierigkeiten, die sich der Errichtung der Erziehungsanstalt ent-
gegen stellten, hörte, den Vorschlag*^), diese nicht in Dessau, sondern zu Ilerborn
im Nassauisehen zu errichten; er hoffte dabei der daselbst bestehenden"), aber
im Niedergang begriffenen hohen Schule wieder aufzuhelfen und so beide An-
stalten zu fördern. Basedow ging auf die Sache ein, da Kämpf ihn beioabe
nicht von der Seite Hess und seinen Eifer immer mehr anzufachen wusste* So
ging denn eine dahin zielende Anfrage Kampfs vom 6. August nebst einem
Schreiben Basedows vom 4. August nach Dillenburg an den Geh. Rat Winter,
Mitglied der oranien-nassauischeu Kegierung, ab, fand aber nicht die gehoffte
Aufnahme, und das Projekt musste fallen gelassen werden; im Dezember 1774
wurde die neue Schule in Dessau eröffnet.
^^) Dass es die Frau des Ni3uvYiodory nicht des Etnser Kllmpf war^ Iti^st sich dtirauK
boebmen, das« diese Dur kur/.e Zeit iia<)hher, am Aofang des August, eines Knftbleins genas,
also am 18, Juli wohl nicht nielir eine Rheinraiäe «ach Neuwied unternahm. Vergl. den Brief
in der Weatdeutschen Zeitschr, I, 24r», mitgeteilt von Joachim* - ^^] Strieder, Hess. Oel,
VI, 440, — ") Randbemerkung in einem Exemplare von Strieder«, a. 0. aus Mosers Leben
1772, IL — **) E* Joachim, ßa^edow und die hohe Schule xu Herburn^ Westdeutoohe Zoit-
sohr. I, (1882), S. 238-252. — -'i Hi«> war 1584 gostiftet worden, halte aber — der Kosten
wegen ~ auf die kaisorltche Uenehmigung deü Ranges und Namens einer Unirersität vernichtet
lim
64
r d«r
Wir kehren nach dieser Abschweifang zu Goethe zurück. Am 3 1 . Jt]
kündigt er der Frau von La Roche seinen Besuch zu Ehrenbreitsteio auf'
Dienstiig (den 2. August) au und bittet zugleich um einige Flaschen Weiß
^oder Vielmehr, fugt er hinzu, ich will sie mitnehmen wenn ich kommen
vergiften aie mich mit Getränk,** In demselben Briefe thut er eines Unglüdcs
Erwähnung, welches am 30. Juli zu Ems vorgefallen war, „Am 30. Juli, be-
richten die Dilleoburgiacho Intelligenz -Nachrichten**}, sind zu Bad-Ema vier
Knaben, welche krebsen wollten^ in der Lahu ertrunken. Nach dem sie drey
viertel Stund unterm Wasser gewesen, so wurden sie herausgezogen, aber der
angewandten Mittel ungeachtet, nicht wieder zu recht gebracht.** Über di€
Unfrtll schreibt nun Goethe an Frau von La Iloche: „Mein Sinn hat sich ud
nicht ganz erholt, da vier Knaben gestern Nacht ertranken und keiner gere
wurde. Nur in solchen Augenblicken fühlt der Mensch wie wenig er tat,
mit heissem Atmen und Schweiss und Thrtinen nichts wurckt.*
Dies Ereignis grub sich tief in die Seele Goethes ein; er selbst hat aieh
wohl an den Wiederbelebungsversuchen beteiligt oder ist wenigstens bei dea»
selben anwesend gewesen. Noch nach einem halben Jahrhundert war die
innerung an sie in seinem Gedächtnis lebendig und fand eine Stelle in
^Wanderjahren'* (II, 12),**) Hier sind fünf Knaben beim Krebsen ertruuk
nachdem sie in langem Zuge hereingetragen und in dem Gemeindehause nie
gestellt worden sind, glückt es Wilhelm Meister durch ein offenes Fenster
einzuspringen, da man ihn nicht einlassen w^ollte, „In dem grossen Saale*,
zählt derselbe weiter, ,lagen die unglücklichen auf Stroh nackt ausgeat
glänzendweisse Leiber» auch bei düsterem Lampenschein hervorleuchtend,
warf mich auf den gröasten, auf meinen Freund; ich wüsste nicht von mein
Zustand zu sagen, ich w^einte bitterlich und überschwemmte seine breite Bj
mit unendlichen Thranen. Ich hatte etwas von Reiben gehört, das in
Fällen hülfreich sein sollte; ich rieb meine Thränen ein und belog mk
der Wärme, die ich erregte. In der Verwirrung dacht' ich ihm Athera ein
blasen, aber die Perlenreihen seiner Zähne waren fest verschlossen; die Lip|
auf denen der Absehiedskuss noch zu ruhen schien^ versagten auch das lei«
Zeichen der Erwiederung. An menschlicher Hülfe verzweifelnd, watidt^
mich zum Gebet; ich flehte, ich betete; es war mir als wenn ich in die
Augenblicke Wunder thun müsste, die noch lowohnende Seele hervorzurti|
die noch in der Nähe schwebende wieder hineinzulocken. Man rise
wog u, 8* w.*
Für den Augenblick beschäftigte den Dichter nach seiner Erzählung
„Dichtung und Wahrheit* (U, Buch) ein andrer Plan, den die Beobacbl
eeiner beiden Gefährten in ihm erregt oder gefordert habe; danach wollte
das Leben Mahomeds dramatisch bearbeiten. Indessen scheint auch hier
Gedächtnis ihm untreu gewesen zu sein; der ^Gesang Mahomeds^, welche
*•) T, LoDper, m. ii. O. Ä. h\K — -") Mitgeteilt von v, Looper «* «, O. — "^ Da
maoht V, Luc per n, a. O. mit llooht «uf merk «Am,
66
alä datiiQ gehörig anführt, wurde bereit» im Herbste 1773 durch den Qottinger
Muflenalmanach bekaout und fiillt also früher,
Am 12. August reiste Goethe mit Basedow, der sich nach der Schweiz
begeben wollte, wieder von Ems ab; am 14, war er zu Frankfurt,
P
\U 1793, Juni, Juli
Goethe liat zwar die Geschichte der Belagerung von Mainz im Jahre 1793,
soweit er derselben beiwohnte, oder vielmehr seine Beobachtungen während
derselben in einer besonderen Schrift geschildert, aber die Ausflüge, welche er
damals nach Nassau machte, nicht erwähnt; die Kunde von denselheu verdanken
»wir brieflichen Mitteilungen ia diö Heimat.
Auf den Wunsch seines Herzogs begab er sich im Mai zu dem Belagerungs»
[wer; am 27. traf er bei demselben zu Marienboru ein. Die Einschliessung der
Radt hatte im April begoonen und der Kampf um sie dauerte bis zürn Ab-
schluss der Kapitulation am 23. Juli* lu und unmittelbar nach dieser Zeit
fallen zwei Ausflüge, die für uns hier Interesso haben.
Am 9. Juni Rheinfahrt nach Rüdesheim; daselbst probierte der un-
^^ kriegerische Dichter die Keller durch, setzte dann an dem Mäuseturm vorbei
^1 nach Bingen über und kehrte zu Land nach dem Lager bei Marienborn zurück,*^)
^B Nach dem Ende der Belagerung, dem Abzug der Franzosen, des Königs
^" von Preassen und des Bebgerungsheeres war, sagt Goethe, keine Ursache
mehr weiteren Anteil an den Unbilden des Krieges zu nehmen; er erhielt Urlaub
nach Uause zurückzukehren, doch wollte er vorher noch Mannheim besuchen.
Bevor er jedoch dahin abging, machte er einen Ausflug nach Schwalb ach und
Wiesbaden, von dem er am L August an Christiane Yulpius Bericht abötattet,
und da er noch am 27. Juli einen Brief von Mainz aus schreibt, so muss der-
selbe in die Tage vom 28.— 31. Juli fallen. Jener Brief an Christiane lautet:
^H „MajTiz den 1. Aug. 1793,
^^^^ Nun bin ich meine Liebe wieder in Maynz nachdem ich einige Tage
^^^B in Schwalbaeh und Wissbadeu mit wenig Freude und Interesse war.
^^^H Es fand sich gute Gesellschaft am ersten Ort, unter andern Umständen
^^^" hätte man sich wohl da vergnügen können/"*)
^^ Schwalbach war damals noch der Ilauptkurort für die vornehme Welt
und hatte durch die Fürsorge seiner Fürsten sich mächtig gehoben; man ver-
gleiche die Mitteilungen aus den Kurlisten, welche A* Genth aus den Jahren
1788, 1797 und 1798 macht und ebenda die „Stimmen aus Schwalbaeh vor
hundert Jahren."*^) Kurz vorher — 1787 — hatte der uns bekannte Joh. Kampf,
jetzt Geh, Rat zu Homburg v. d. H., Vorschläge zur Hebung des Ortes ge-
macht, die von dem Landgrafen Karl Emanuel (1778 — ^1812) gut geheissen, aber
p
*^j Bridf an Herder, Weimarer Aasgabe (IV) 10, 8. 79, Tom 15 Juli^ tmd an Jaoobi,
8. 89, Yom 7» Juli, über das Datum s. R Oüntzer tind F. G. v. Herder, aus Herders
Nachltti>a l» U4* — *^) Brief an Chnetiano Vulpius, Weimarer Ausg. (IV) 10, S, Uli. -^ ^) ^^ai'li-
trag zu der Snhrift: GeBchiohte de» Kurorts SoUwalbach, a. Aufl., 1884, S. 2li und 41 ff,
L
H^fca^
se
Djobt ausgeführt wurden, da Kämpf starb. ^^) Wiesbaden entbehrte damila faft
aller VeranfttaltungeD zur Unterbaltiiog der Kufgä.ste, die daher auch meitt
ivirklich Kranke waren, und die Stadt hatte in Ansehung^ des Ausaerlicheji wenig
Empfehlendes^^); zudem war es in den Kriegsjahreu wegen der Nähe ?od Mainz
mehr Gefahren ausgeset/^t. Scharf urteilt über die Stadt ein Bericht aus jener
Zeit (1785)*'*) „Wiesbaden liegt in einer niedrigen Ebene und in einer G^eud,
die keine besonderen Annehmlichkeiten in sich fasst, sondern sie erst in der
Nachbarschaft und in einiger Entfernung gegen den Kheiu hin suchen mu»*.
Auch fehlt es an schattigen Spaziergängen und an merkwürdigen Anstalten su
an»4täridigen uffentlichen Vergnügungen. Wiesbaden ist ein elendes Stadäeio
mit engen Gassen." Naehdem sodann der Verfasser von dem Entwürfe emee
^sehr grossen Brunnenhauses'^, welches ehemals für den Ort bestinust
gewesen sei und im Modellhause zu Kassel sich befinde, gesprochen, schliefst
er mit den Wonen: „Wie viel hätte nicht Wiesbaden durch die Ausführung
eine» solchen Gebäudes gewinnen müssen!**
Der Plan dieses Brunnenhauses ist für uns, nachdem die Stadt durch dst
Erbauung dos Kurhauses und durch Erweiterung der früher bestandeoen
bescheidenen Anlagen, auf die wir später kommen werden^ die ersten Scfarttie
XU ihrer jetzigen Bedeutung als „Weltkurstadt" gethan, zu interessant, ala daas
wir ihn übergehen dürfen. Er wird folgendermaa^en beschrieben:
„Dieses (lobnude hat eine vortreffliche, seiner Bestimmung gemässe An-
ordnung, indem um lieide Stockwerke in der Kunde zwei grosse Arkadengäoge
hiufoo, die durch sechs grade bedeckte Gallerien mit dem eigentlichen Brunnen«
hause, das iu der Mitte liegt, verbunden sind. Auch das geräumige flache Dack
dieser Arkaden und Gallerien dient bey kühlem Wetter zum Spazieren und
tiat in seiner Mitte eine Kuppel in Form eines antiken Tempels, die Ruhesitse
enthält. An den Arkaden, die im ersten und zweiten Stockwerk rund um Amb
Brunnenhaus sich winden und es gleichsam einfassen, sind als Wohnungen fllr
die Brunnengäste zwei lange Flügel ebenfalls mit einer flachen Decke ange-
hängt und diese endigen sich mit zwei Pavillons, die ein gebrocheoes Dach
haben. Bequeme Treppen und Thüren verbinden alle Theile zu einem voH^
ständigen Zusammenhang. Man wird nicht leicht einen Entwurf zu einem grossen
Brunnenhaus finden, der mit der Schönheit des äusseren Angehens £Ugleieb
soviel gute Anordnung zu seinem Zwecke, soviel Bequemlichkeit, soTiel Anmut
und Heiterkeit der inneren Einrichtung vereinigte.*^
Es ist zu bedauern, dass der Plan dieses Brunnenhaused, wie es scheiat,
verloren gegangen ist, Da^ Modellhaus von Kassel ist in der weatphiUaohto
Zeit von den Franzosen geräumt und zerstört worden und dabei gi^geo manche
wertvolle Modelle zu Grunde, wahrscheinlich auch die Darstellung des geuanatee
Brunnenhauses, sie müsste denn verschleppt worden sein und in irgend etDein
Winkel vielleicht einer französischen Sammlung versteckt sein, b Kaasel wenige
sieas ßodet sie sich nicht mehr vor.'') Es bleibt freilich für den Leser maaehes
i
^^ Gtmb, ». •. a a tX - »»• Job. BtmoulU bei Gsiilb, a 41. — •». i\ c
Htrtebfsld, Theorit d«r Usfteektuitt, i:ss, V, 111. — ^) BHslütlis Milleilttaf 4m vwvlür^
S7
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an der Beächreibung dunkel, vor allem der Ort, wo daa Gebäude errichtet
werden sollte, Euch ob der Plan von einer massgebenden Stelle ausging u. s. vr\
Im besten Falle kaoo die Sache als der erste Gedanke an die etwa zwanzig
Jahre spater erfolgte Errichtuo^ des heutigen Kurhauses angesehen werden,
VII. 1814, 29. Juli bis 12. September
YIIL 1815, 27. Mai bis IL August
Wir kommen nunmehr zu den Jahren 1814 und 1815. Sie sind für
unsern Zweck bei weitem am reichhaltigsten und lohoendsten nicht blos wegen
der langen Zeitdauer von Goethes Aufeutbalt in Nassau — er füllt den Zeitraum
von im ganzen fast vier Mooaten aus — ^ sondern yoroehmHch wegen des In-
halts. Es ist der gereifte Dichter fast am letzten Ziele seiner poetischen Lauf-
bahn, den wir in fröhlicher Schaffenslust verfolgen können, der wissbegierige
Forscher, den wir auf seinen Exkursionen begleiten dürfen, der gefeierte Meister,
hochgeehrt und aufgesucht von alten, die ihm nahen kOnnen, aber auch der
nachsichtige Richter, der auch den guten Willen anerkennt, wo Kraft und
Leistuug höheren Anforderungen nicht entsprechen, der Freund, welcher im
trauten Verkehr gauz Mensch ist, der sich unter die fröhliche Meoge mischt
und aus ihrer frischen Lebenslust sich selbst verjüngt. In den Tagebüchern
der Weimarer Ausgabe (IIL 5, 1893) liegt, freilich in knappster Form, ein so
ausführlicher Bericht über das tägliche Leben vor, dass wir auch über die
gewöhnlichen Vorkommnisse desselben genau unterrichtet werden; und was ist
bei einem Manne wie Goethe nicht wissenswert? Erläuterod treten die Annalen
oder Tag- und Jahreshefte der Jahre 1814 und 1815 und andere Aufzeichnungen^)
hinzu, sowie die zahlreichen Briefe von befreundeten Personen und an dieselben,
soweit sie bis jetzt verötientlicht sind»
Wir haben es für zweckmässiger erachtet die beiden Jahre vereint zu be-
handeln, da vielfach die in beiden vorkommenden Personen und Sachen in ein-
andergreifen und so einer Zerreissung des Zusammeogehörenden vorgebeugt wird.
1. ßer Etitsclilnss» 18U.
Goethe hatte seit 22 Jahren nicht den Rhein, seit 17 Jahren nicht seine
Vaterstadt gesehen* Und doch hing er mit inniger Liebe an dieser; schon die
Lektüre von Hebels alemannischen Gedichten lockte ihm das Geständnis ab,
dass sie ihm den angenehmen Eindruck gebe, den wir bei Annäherung von
Stammverwandten immer empfinden. In Bezug auf die Rheingegend und ihre
Uerrlichkeit bemerkt er in einem Briefe von Wiesbaden aus (5. Juli 1815)'^),
es komme ihm in dieser schönen Walt denn doch wunderbar vor, dass er seine
Frcuude und sich selbst hioter dem Thüringer Wald suchen müsse, da man
hier nur eine Viertelstunde Steigens bedürfe, um in die Reiche der Welt und
**) Z, ß. «ier ReUeberit?ht an TerMhiadene Freuode wi© Wolf, Knebel (9. Nov» 18U)>
(Öfter abgedruckt. VorgL die Anm. sunt Tagebuch 8» 354. — **> Aa Mejrer in F» W, Riomor,
Briefe von und an Goethe, IS46, S, 105.
6S
ihre Herrlichkeiten zu sehen; die Thüringer Hügelberge aber nennt er am
seinea Lebens triat. Kein Wnnder, dass er, als der Friede endlich g<
erachienf ernetlich den Plan erwog wieder einmal nach dem Westen stii
Denn früher hatten ihn die unsicheren Zeitläufte zurückgehalten, wie
11, Juni 1813 seinem Freunde Fritz Sclilosser zu Frankfurt schrieb'*):
lieben Rheinstrom, besonders die Bergstrasse mochte ich wohl einmal
sehen, ein wildes Ereignis nach dem andern verbietet mir aber solche Qeni
Den gleichen Wunsch in Bezug auf seine Vaterstadt spricht er demselben
über am 22. Februar 1814 aus'*'), als er durch seinen von Frankfurt z\
kehrenden Sohn lebhaft an die Freunde daselbst war erinnert worden.**)
noch dachte er nicht ernstlich an die Ausfülining des Wunsches; am 7
schreibt er au Meyer*'-'), er wolle zunächst nach Berka gehen, um dem gichtil
Wesen, das ihm manchmal in die Glieder fahre, zu steuern; allenfalls kTM
er sich gegen den Herbst noch einige Wochen nach Böhmen wenden. Dac
allraähhch reifte der leise Wunsch zum festen Entachluss, dem er im Mai de
Jahres 1814 schon nahe ist „Ich habe'', so schreibt er am 8. dieses Moott
an Schlosser***), „diesen Sommer keine sonderliche Neigung die böhmischen Eid«
zu besuchen; wohin ich mich wenden soll, ist mir noch nicht ganz klar. Ma
Sie mir aber eine Schilderung von Wiesbaden geben und von der Lebi
daselbst, nicht weniger, was etwa eine Person mit einem Bedienten auf
vier- oder sechs wöchentlichen Aufenthalt zu verwenden hätte, so würde i
dankbar erkennen, um so mehr, als ich die Hoffnung hege, meine wen
Freunde auch einmal wieder zu begrüssen. Hiervon bitte ich jedoch
laut werden zu lassen,**
Die Antwort Schlossers muss nicht ganz ermutigend gewesen sein; h
Erwiderung**) bekennt Goethe abermals seinen Wunsch in der Nähe
Vaterstadt einen Teil des Sommers zuzubringen, allein die Arzte seien
nicht einverstanden und möchten ihn wieder nach den böhmischen Bi
schicken, die ihm freilich mehrere Jahre bekommen seien. Und, ßlhrt er
„w^enn ich aufrichtig sein soll, so hat Ihre treue Schilderung der dorttgei
stände meine frülieren Erfahrungen daselbst wieder geweckt und mir ii
innerung gebracht, welche Leiden ich dort bei grosser Hitze in den Badhäi
Bädern, Gasthöfen u. a. w. erduldet und wie ich mehr wie einmal in di
birge geflüchtet,**
Den Zweifelnden mögen schliesslich die Freunde Zelter und F, A,
welche ihn im Juni zu Berka besuchten und gleichfalls vorhatten die B&
Wiesbaden zu gebrauchen, bestimmt haben seine Bedenken fahren su
im Hinblick auf den Verkehr, den er mit ihnen dort pflegen konnte,
freilich, welcher in der letzten Woche des Juni zu Wiesbaden eintraf
in der Kurliste als Gast des , schwarzen Bockes** eingetragen), war, ati
ankam, wieder abgereist. Dafür hielt um so fester Zelter bei dem Fi
) In Freie ^ Ooeihe^ßriefe atu Frit» 8chlt)aaer8 Naoltlaaa, 1877, 8. 52. — ^)
:?. :>s, — *•) Tk Creix«iiAohf BriefweohBel zwiÄohen Uoethe and Marknnr^ '^'^*
2. Au«. IÖ7«, 8. 2H. — *♦) ifOOtbe^Jahrba(!her IV, lül, ~ *^; FreftO Ö. GO,
B. au
69
I
aud; er war am 12. Juli angekommen und ging erst am 31. August wieder
ab, einen Tag früher, als Goethe nach Winkel im Rheingaii fuhr.
Kaum war Zelter zu Wiesbaden eingetroffen, als er für Goethe zu sorgen
begaufl. Von Wolf übernahm er für ihn dessen noch übrigen Vorrat an Wein
und Mineralwasser ; am 15. Juli meldet er*^), dass er ein Quartier für ihn
gefunden, drei ordentliche Pioceu, welche in zwölf Tagen frei würden, in dem
„Bären** („dem Neste") in der „Angergasse*' (offeubar verhört statt „Langen
Gasse" oder ^Langgasse"). Er fügt hinzu; „Es ist hier gut und angenehm
leben, da man durchaus nicht gebunden ist • , Ich habe durch Wolf den hie-
sigen BibUothekar lluodeshagee kennen lernen; dies ist ein junger vielgeschickter
Mann, der hübsch zeichnet, mit Antiquitäten, Botanik und mit Landeshistorie
beeohäftigt. Dieser wünscht Dir allerlei Varietäten der Natur und Kunst vor-
zuführen. Willst Du Deine Pferde nicht mitbringen, so ist hier das Fuhrwesen
nicht übermässig theuer, um die schonen Umliegenheiten zu befahren. In
Biebrich, wo der Fürst (Herzog Friedrich August) residirt, habe ich gestern
eine Stunde im Garten zugebracht, der sich sehr schön ausnimmt. Von Frank-
furt bin ich auf einem Marktschiff bis Kochheim gefahren und dann zu Lande
hierher. Die bunte Reisegesellschaft hat mir den grössten Spass gemacht.
Dies lebendige Anschauen des Lebens aus der Mitte auf die beiden Ufer ist
wahrhaft lehrreich. Ich habe weinen müssen über die lustigen Lieder^ die
dieses Völklein sang.**
So wusste er dem erwsu'teteu Freunde Hoffnung auf mancherlei Genüsse
zu erwecken.
2. Die Beise, 1814.
^Zu den Eheiiia geatreekten Hügeltif
HochgedegDOteii Gebreiten,
Aueti| die den FIusb bespiegeln^
Weingeechmiickten Landesweiten»
Müget mit GedankenflügeLn
Ilir den treuen Freund begleiten,**
^Waa ich dort gelebt, genosBen,
Was mir all dorther entaproBsenj
Weiche Freude, welobe KenotDisT
War' ein allKuJang Geständnia,
M5g' ea jeden so erfreuen,
Die Erfahrenen, die Neuen. "^
Nachdem am 24. Juli die Vorbereitungen zur Reise getroffen waren, reiste
Ooetho am 25, bei herrlichem Wetter ah und kam um G Uhr in Eisenach an,
wo er übernachtete j ein Diener begleitete ihn. Am folgenden Tag um 5 Uhr
ging ea weiter^ gleichfalls bei herrlichem Wetter über Hüufeld, wo Jahrmarkt
war, bis Fulda; am Abend um 6 Uhr Ankunft daselbst, Weiterreise um 6 Uhr
des folgenden Tages bis HauaUj 7 Uhr; bei Neuhof bemerkte er reifes Korn,
bei Steinau Hanf- und Flachsbrechen, bei Salmünster den ersten Storch und
**) Riemer^ ßriefwoulisel iiwiscben Goethe und Zelter IL 1833, 8. 125.
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erstes KorDscimeiden; die Burg zu Gelnhausen, die ihn bald näher besc
8ollte, zieht seine Aufmerksamkeit auf sich; er verzeichnet: „"Würde und .
Lust zu zieren ohne Gefühl der Verhältnisse." Hanau fesselte ihn eioetii
da er hier Freunde besuchen wollte, doch traf er den Geh. Rat v. Leoii
nicht zu Ilaude, da er im Bade zu Schwalbaeh weilte*^^ dagegen zeigtea
sein Faktor Joh* Menge und Schwager Blum vieles^ was er zu sehen wöa
auch das Leislerische Haus und Kofintendant Schau mburg^^) wurden
Am Abend herrliche BeleuchtuDg der Dörfer und Villen des Unken (Matn*^
Ufers, Der 29. Juli war der Vaterstadt gewidmet, wo am Abend zuvor eiad
Illumination wegen Ankunft des Königs von Preusaen stattgefunden hatte.
Dichter machte einen Spaziergang vor das Thor und durch einen TeUij
neuen Anlagen; es mögen lieblich(^ Bilder der Erinnerung ihm vorgeschwi
haben, aber auch Gedanken an die Freunde, die er in der Zwischenzeit hi«
verloren hatte. So war er nicht zu Besuchen aufgelegt, nur die zwei Br
Schlosser, Fritz und Christian, sab er und tauschte sich mit ihnen aius;
Schlosser besorgte zudem seine Geldgeschäfte zu Frankfurt, auf die er*
seinen Kuraufenthalt gerechnet hatte. Um 6 Uhr, als sich eben ein Oei
auftürmte, verliess er die Stadt und traf um 11 Uhr zu Wiesbaden et%l
ihn Zelter empfing. So hatte er in fünf Tagen, in die freilich auch
längerer Aufenthalt zu Hanau und Frankfurt fiillt, sein Ziel erreicht.
3* Der erste Tag, m Juli 1814.
Eins der angesehensten Bad- und Gasthäuser, an dessen Stelle
zur Zeit der Römer, wie später entdeckte Funde beweisen, Bäder be«ii
war das Bad- und Gasthaus zum Adler. Als im Laufe des 15. Jahrhttn«
die Schildnamen der Gasthäuser zu Wiesbaden aufkamen, erhielt es den Nameo
„zu der Kannen" oder „zu der Kante" und erscheint so zum erstenmale
Jahre 1505.*^) Hundert Jahre später vertauschte es ihn mit der Bezeich
,zum roten", dann ^zum güldenen Adler*^; noch im Laufe des 18. Jahrhun
ragte das Bild eines goldenen doppelten Reichsadlers auf einem Schilde
in die Strasse hinein. Wenn Guethe, der hier zuerst Wohnung nahm,
Haus zum ^weissen Adler" nennt, so irrte er, da der Adler nie die Bej
nung weiss oder, wie der verdiente Geschichtaschreiber Schenck bei
schwarz fuhrte,^*^ Hier also stieg Goethe zuerst ab, wahrscheinlich weil
Wohnung im „Büren** noch nicht frei war; erst am 6. August zog er
Qber. Das Badhaus zum Bären war eins der vornehmsten, wie es schoo
Zeit des dreissigjährigen Krieges bezeichnet wird; reicht sein Alter auch nielit
in die Romerzeit zurück, so muss es doch schon im Mittelalter bestanden kab^;
der Name ^zum Bern*^ erscheint zum erstenmale im Jahre 14TI. E« bogg
sein Badewasser aus der Adlerquelle und erwarb zu dem alten Besitz im Jahre
*') K. C. T. Leonhardj Xu» ojiserer Zeit in melDeni Leben IBM, I, 8.44*^
Goethe, KuD»t9c)i2ize Am Rhein u. s, w. unter Haofttt. — **) F; Otto, Merk6rbiu;li i
Wie^bAden^ S. 74 f — *^} «Schenek, Geschioht-ßeschreibung der Stadt Wieab^deii 17fi
u. 446» nennt da» Hmu» «tum »obwarxeti Adler**, vcM-besgerte «bor in iernem noeii
liaad«xoiDpUr das Wort «tobwArx" tn «i^aiden".
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1629 den Anteil derselben (Juello, welcher bis dahin in das Schlosg abgeführt
wurde, für 50ü Rtlh, sowie den des neben anstosseudeu Badhauses zum Riesen,
Idas mit ihm verschmolzen wurde. Seinen alten Ruf hat das Haus bis zu
■einem Aufhören vor einigen Jahren stets bewahrt.
I Charakteristisch ist, wie Goethe den ersten Tag zubrachte und benutzte.
Kumichät traf er seine ^erste Einrichtung'* in dem Gasthause, der er am
h, August, da sie sich als mangelhaft herausgestellt haben mochte, die „erste
brdentliche Einrichtung'' folgen Hess; denn er hielt auf Ordnung im Zimmer,
nud wiederholt verzeichnet das Tagebuch von 1814 „Ordnung im Zimmer**
fl9. August) oder „Ordnung" (21, und 31. August) oder „Aufgeräumt. Ge-
ordnet** (10. September). Der Vormittag war sodann der Umschau gewidmet,
die Umgebung der Stadt wurde begangen, die neuen Anlagen und Bauten der*
^wen»eu, die er noch nicht gesehen, die Altertümer und Naturmerkwürdigkeiten
^■li'urdeo aufgesucht. Und in der That hatte die Stadt seit seiner letzten An-
^Bfiresenheit sich wesentlich und zu ihrem Vorteile verändert. Sie war freilich
^^noch klein von Umfang und die Zahl der Bewohner betrug kaum etwas mehr
als 4000; doch war der Anfang zur Vergröaserung gemacht und die Bevölke-
rung stieg, wenn auch nicht so rasch als heutiges Tages, so doch stetig. Be-
deutend waren die baulichen Veränderungen und Helen am meisten in die
Lugen.
Fast an der Stelle des Wiesenbruunens mit seiner Einfassung von
Feinem Kranze bejahrter Rosskastanien, zu denen eine doppelte Allee von Silber-
pappeln hinführte und kühlen Schatten spendete^^), war in den Jahren 1808 — 1810
las Kurhaus errichtet worden, noch jetzt von den Wiesbadenern nach dem
lauptteil gewöhnlich der Kursaal genannt; wie es auch Goethe thut, ferner die
Lnlagen vor und hinter demselben teils neu geschaffen, teils entsprechend um-
gestaltet.^*) In dem Saale waren Nachbildungen antiker Bildsäulen von carra-
pischera Marmor aufgestellt, denen auch Goethe seine Aufmerksamkeit schenkte;
rornehmlich erwähnt er die Kopie des Apollo von Belvedere von Jos. Chinard*^)
lue Lyon (1756 — 1813), die der talentvolle Künstler im Jahre 1787 zu Rom
ßfertigt hatte. Die neuen Strassen, Wilhelms-, Burg- und Friedrichsstrasse,
&n dem Plane nach entworfen, aber noch nicht ausgebaut, ja die Namen
der beiden ersten standen noch nicht fest^ die Wilhelmsstrasse naoote man
entweder Alleestrasse oder* nach ihrer Lage am sog. warmen Damm Warme-
^damm- Allee, bis sie im Jahre 1817 ihren jetxigen Namen nach dem jungen
^Herzoge Wilhelm erhielt; die Burgstrasse aber, weil sie den Marktplatz mit
1er neuen Wilhelmsstrasse verband, hatte bis zum Jahre 1821, wo sie genüge
Bam „ausgebildet** erschien, den wenig geeigneten ^ wenn auch bezeichnenden
ätbstrakten Namen Kommunikationsstrasse. Den warmen Damm nahmen Kriuit-
jnd Baumgärten ein. Die Häuser, auch die der neuen Strassen, waren
- ) Da« Bild in RitterB Detikwardigkeiten der Stadt Wieabaden, S, 81> »owie tfitfl
ohntiüg der ÖrtUohkeit in den Annulen dei Vereins für nasaiiuisohe Altertumakuode XXH; 1
"— *•) 3. den Plan bei Ebhardt, Geschichte der Stadt Wiesbaden, auf unserer TafeL — ^ 1
ai mM die richtige Form dea Namen», nioht wie Gerning, Hie Rbeingegenden 8. 1% mmm
[Andere, auch HeyM im Fremdenführer angibt, Ghinard. Goethe nennt iha CP.C^h
l^rtting C. F. Ghinard, tUU^t in dor fliogr. gen. X, 'MH »l a, Joseph Chinai*
den heutigen Begriffen klein, wie noch jetzt einzelne Gebäude jener Zeit be-
weiseu, ihre ionere Eiorichtung beschränkt, Goethe urteilt daher mit woU-
wollender Nachsicht« wenn er schreibt^**): „Dem Freunde der BaukuuBt wird
der grosse Curaaal sowie die neu aogelegten Strassen Vergnügen und Bfnster
gewähren. Diese durch ansehnliche Befreiungen und Zuschüsse von h5cltsteii
Behörden entschieden begünstigten Anlagen, zeugen von des Herrn Baudireeta
Qoz**) und des Herrn Bauinspectors Zais*^) Talenten und Thätigkeit.
grossen Wohnräume, die in den neu angelegten Häusern entstehen, beleben i
Hoffnung, dass mancher Vorsatz auszuführen sey» den man hier im Still
oährt, um eine so viel besuchte, an Ausdehnung und Umfang täglich wachse
Stadt durch Sammlungen und wissenschaftliche Anstalten nueh bedeutender
machen*^ Dieser letztere Wunsch ist denn auch später in Erfüllung ge
obgleich vielleicht nicht in dem vollen Umfange, der jetzt von manchen
wünscht wird.
Qoethe besuchte also an dem ersten Tage in Begleitung seines Freondee
Zelter sogleich die nächste Umgebung der Stadt das Bosket, d. h. die Anlagcii
um den Kursaal und die Reste der früheren Anlagen, des Herrngartens zwischen
dem Kursaal und der Stadt, dann den Kursaal selbst, am Nachmittage de
Steinbruch im Mühlbachthale (denn dieser ist gemeint, auch wo der Zuaatz
Mühlbachthale** nicht zugefügt ist; derselbe zog den Mineralogen oft an); da
kehrte er zurück zu den Resten der Stadtmauer, dem Schützenhof, der
Jahre 1783 einen Umbau erfahren hatte, und dem Kirchhof hinter demselb^
Hier suchte er das Grab Wilhelms v. Wolzogen auf, der im Jahre 1809
17, Dezember zu Wiesbaden gestorben war und daselbst begraben lag; da
zog ihn die pietätsvolle Erinnerung auch an Schiller, der bekanntlich Woljso
Schwager war. An den Kirchhof stosst die HeideDmauer, „die alte Haue
die er mit geschärfteren Augen als früher betrachtete, ohne ihr wie öberha
den Altertümern der Stadt, deren Zeit noch nicht gekommen war, gr(j
Interesse abzugewinnen; er erwähnt der Mauer nicht mehr. Die Umschau über
das Ganze schloss am 1. August ein Spaziergang auf der Schwalbacher
Limburger Strasse ab, die damals nur durch Gärten, Baumstüeke und
führten, jetzt von stattHchen Häuserreihen bis weit vor die Stadt be
sind; auch der Steinbruch lockte ihn abermals an. Dasa er den Kocbbfiijioefi
in seiner damaligen unkünstlerischen Gestalt nicht versäumte, dürfen wir vor*
auBsetzen, wenn er auch über ihn schweigt; nur am 11, August gede
eines Besuches desselben („nochmals ausgegangen zur heissen Quelle^).
4* Eiit»c]ilu88 uiitl Reise^ 1815.
Im Frühjahre 1815 befand sich Uoethe nicht wohl, eine frühzeitigere!
tu'schicn geboten^ „wozu ich**^ schreibt er an den Geh, Rat von Voigt am HK M^il
^) KtuitlsobStie am Rhein^ Wiesbaden. ^ ^*i Geor^ KArJ Fiorm» v<oi£| ilaq
III WiMlNideo für dat Obtrmmt Wiotbmden, dio Ämter WüHbu und Wehen, ~ ^v Cltr
Zait, Baatnspckior xu Wiesbatletj fUr dio Amter EltTilte, Rüdcnheim, Kaub^ Id '
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,darch meine Krankhaftigkeit veranlasst, durch freundliche und ängstliche An-
triebe, ja gewissermassen durch eio Geheiss unserer gnädigsten Fürstin genöthigt
werde^; und bald darauf — Mitte Mai^) — an Zelter: ,Ich habe mich mehr
aus fremdem Andrang als aus eigener Bew^^g entschlossen in diesen Tagen
nach Wiesbaden zu gehen und daselbst so lange zu bleiben, als die umstände
erlauben wollen. '^
So yerliess er denn rasch entschlossen am 24. Mai des Morgens um 5 Uhr
Weimar. Diesmal bot die Reise weniger Yeranlassung zu Bemerkungen; das
Tagebuch beschränkt sich fast nur auf die Notizen fiber die Orte, durch die
ihn sein W^ führte, und die Zeit der Ankunft und Abfahrt.
„Am 24. Um VJt in Erfurt. Um 11 in Gotha. Um 3 in Eisenach.
. . . Gespeist allein. Kommandant y. Egloffstein.
,25. Von Eisenach ab 6 Uhr. Von Bercka ab SV'a. Von Fach ab 11.
Von Buttlar ab 1V>- Hatte gespeist. Von Häofeld ab SV«, in Fulda ange-
kommen 6Vs Uhr. Im Posthause. Gespräch mit dem Postmeister.
„26. Mal Heller kühler Morgen. Von Fulda 57«. Neuhof 7. Schluch-
tern 10. Saalmünster 11 V>- Gelnhausen 1. Gespeist. Hanau 6. Franckfnrt'^) 8.
,27. Mai. Von Frankfurt 8^4. In Hadersheim (Hattersheim) 11. In
Wisbaden Vl%. Im Bären eingekehrt. Zurichtung.*
In Frankfurt machte er keine Besuche, wie sich aus dem Tagebuch er-
gibt, und hielt sich nicht länger auf, als nötig war. Zu Wiesbaden fimd er
das Badhaus zum Bären sehr Terändert. Als Zelter am 6. Juni ihm angekündigt
hatte, er werde sich ebenfalls einfinden, da ihm das Wasser so gut bekommen
sei, erwidert er am 16. Juni^): ,Iq den alten Bären ist Dein baumeisterlicher
Geist gefahren; er würde Dich in Verwunderung setzen. Der dunkle Gang
ist erweitert, eine durchaus zusammenhängende Reihe Ton 2Smmem angelegt,
der Vorplatz hinter dem Balkon macht jetzt mein abgeschlossenes Vorzimmer:
so ist es auch auf der andern Seite. Wie lange ich bleiben werde, wdss ich
nicht* „Dass der alte Bär*, antwortet Zelter am 26., ,seine Eingeweide restan-'
riert, möge ihm wohl bekommen, wiewohl ich wünsche, dass sein FeD geschont
würde; das alte rotbraune Gebäu mit den beiden Altanen sah mich immer an
wie ein kupfernes Schaustück früherer 2^iten.* Dieser Wunsch Zelters ist so
wenig erfüllt worden, dass sich der alte Bär nicht nur einen Xeabau, sondern
in unseren Tagen die völlige Niederreissung musste gefallen lassen, um einer
neuen Strasse, der Bärenstrasse, in deren Name sein ehemaliges Dasein fort-
leben wird, für den gesteigerten Verkehr Platz zu machen. Die neue Zeit hat
eben auch ihr Recht und verlangt sogar in Nürnberg und Rom, dass ihren Be-
dürfnissen Rechnung getragen werde.
** Der Brief ut wöhl der im Ta^boch bezeidmete tob 17. Hai; Riener mus äa
Ende lüO. — " Goethe «chreibt bald Fraakfart. bald Fraacktet» a«rh Fra^fiart. EboMO
ist die Sdireibnn^ von Wiesbaden wechselnd b«i ih«. I« setten raaeb yngevcrfeaca 5aöicn
legte er, wie die damalige Zeit aberhanpc, kvmm Wert aaf Or^ogiaphie. — ■• Riemer
a. a. O. miter den betr. Ta^en.
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5. Kurleben, IHU uuti 1815.
In seinem Briefe an Leouhard vom 1. August 1814*^) hcmerkt
er gedenke eine ernsthafte Badekur von wenigstens vier Wochen tm be«l
und sich vs^ährend dieser Zeit nicht weit zu entfernen, und übereinstiinnii
damit bGriehtet er F, A. Wolf In dem oben erwähnten Rei«eliericht xo\
November 1814^ er habe die Kur auf das regehiiässigste gebraucht, doch
e» nicht an Unterbrechungen gefehlt.
Das Tagebuch bestätigt beide Augabeti vollständig. Was zumicbst
Jahr 1814 betrifft, so wurde nur au wenigen Tagen und meist infolge töi
äuäneren Umstanden die Badekur ausgesetzt, sodass die Zahl der Bader t]
ganzen 22 betrug; nur an 4 — 5 Tagen findet sich kein Grund zu einer Um
brechung angegeben. Wir werden die Störungen in einem besondern Abschoitf^
weiter unten besprechen; hier mögen sie kurz augeführt werden. Am 3, Ä
folgte er einer Einladung nach Mainz zur Feier des Geburtstages Setner Majestil
des König« von Preussen; am 15, August fand der Ausflug nach Rüdesbesi
statt, der zur Teilnahme an dem Rochusfeste am 16. führte; am 24. und 25,
verlangte die Anwesenheit des Orossherzogs Karl August von Weimar, Jäm
ihm die ganze Zeit gewidmet werde; am 29, fühlte Goethe sich unwoblt wabr-
ücheinlich wegen der Strapazen, welche die Feier seines Geburtstagas ihm airf»
erlogt hatte. Mit dem Anfang des September war die Kur abgeschlossen,
es folgten die schönen llorbsttage im Rheingau,
Die Kur des Jahres 1815 verlief anfangs gleich gewissenhaft; vom 28.
bis 22. Juni setzte Goethe in 26 Tagen nur fünfmal aus; nachher Terfuhr
weniger streng; nach einer Pause bis 11. Juli nahm er fünf und nach eil
zweiten vom 16. Juli bis 5. August^ in welche die Reise an die Lahn itnd
Köln fallt, noch einige Bäder, die diesmal im ganzen die Zahl dreissig erreicbteiu^
Mit dem Bad verband CToethe das Trinken von Schwalbacher, seltener
Wetlbacher Wasser. Jenes rührte zum Teil aus dem Bestand von F. A. Wolf
her, wie wir wissen; er nahm es gewöhnlich des Morgens auf oder vor etoeoi
Spaziergang zu sich. Geilnauer Wasser, das er zu Mainz gekostet hüte,
scheint ihm nicht zugesagt zu haben. In beiden Jahren ist elfmal Schvralbaeliei^
dreimal Weilbacher Wasser in dem Tagebuch angemerkt.
Die körperliche Bewegung bildet auch einen Teil des regelmasaigen
lebens. Während des Sommers 1814 beschränkten sich die täglichen 9pi
ginge meist auf die Anlagen'^*) oder dte Gegend vor dem Kursaal, Yielfach li
Bogleitung Zelters oder eines anderen Bekannten^ weitere Ausfluge waren »eltei
wir werden sie weiter unten erwähnen; hier sei nur bemerkt, das» am 6. Augi
die Friiuleiu voo Stein eine .FCte zu Sonnenberg** veranstalteten und «
und 18, die Platte besucht wurde.
Im Jahre 1815 zeigte sich Goethe, nachdem einmal, wie t.-^ >« nem
jiKninkhaftigkeit* gewichen war, viel uutcrnehmender. In Betreff der
*') T. LeonliAfrlj Atu umervr ißvit in moüieui Liberi 1» 44n, \ Wr^nn f« «« »Ul
bcltit Jn den lWibm'finnI«cheo?^ Anlagen^, so iti der i^iiftaU Hetbm. ein Irrtum; «ololiii ^ali
fii Wie»b«d«n niobt
76
er — am 29, Mai — eines Besuchs der pOberea Vorstadt", ein Name^
der für die kleine Stadt volltonender lautet, als sie verdient. Sonst bildet zwar
auch wieder der Eursaal mit seinen Anlagen namentlich vor 7'isch („vor Mittag^)
(das gewohnliche Ziel der Spaziergänge und auch die Kalksteinbröcfae wurden
wiederholt besucht; aber für die Naehmittage oder Abende, manchmal biü in
die Nacht hinein, ist jetzt der Geisberg, den er 1814 nur einmal betrat, der*
jeoige Punkt, welcher den Dichter am maiaten anzog. Hier verlebte er im
Kreise von Freunden wie Cramer, Botsseräa, 8chl(»fl«er bei einem Olaae Wein,
vielleicht von dem gepriesenen Elfer, vergnigte trauliche SttmdeDf die aaefa
ihren Niederschlag im west^ostlichen Di van gefunden haben. Yon ihm gilt,
was er in einem oben angezogenen Briefe sagt, daaa man Uer ^n Wiesbaden)
nur eine Yiertelstunde Stcigeos bedürfe, um in die Beicbe der Welt und ihr«
Herrlichkeit zu sehen. Hier hat man die Stadt zu «einen Fümeüt wettarbtn
erblickt man sanfte Anhöhen hinter und neben tkr^ die Berge jeoaaHa de« Rhetnfl%
diesen selbst und die Türme des goldenen Mainz, sowie linker Hand die Et«M
bifl anm Odenwald hin. Der Oeisberg war damals von dnem Ökraomiegiii
eingenommen^ dessen Besitzer zugleich Wirtschaft betrieb; er faieei HaitiBga'^,
aetn Kellner war ein schöner^ blonder, freundlieber junger Meoseb^ aa dem
Goethe sein Wohlgefallen hatte; am Sons* nnd Montag nnd wütrend der
Sommermonate auch am Mtttwoeh und Freitag^^) spielte hier eine Mstikbande.
DieBe adietnt nun onaere Gaste weniger aageloelct am iuibeo, denn eine ver-
gleielieiide Zosammenatelhing belehrt msy dnaa «e fie der Mnaik eolbebreoden
Tage för ihre Besuche des Oriea Torzogen, aber die anderen doeli aiebt ganz
Tcrmiedeii; iii die Becbnung ricbi%, so betrifca jese 12 Tage unter IS.
Andefe Anafloge des Jahres 1815 Slnten naek der Paptermible m
^aarenthal (am 2^. Mai) und der Klosterranble (am 3* Angnat) bei
^^leiaen Dorfe, welchai sieh an daa
^Namens (1296—1580) angeadtlonMi hatte. Ten
in aeiner Kahe mM^Ugte und noeh jetzt besieliaide XflUn den Kaan; Ooethe
nennt sie Nonnenniähle. An beiden Qrteo wnrdea den etakehteBdea Giacen
terabreieki. Die Kloatentfhle arregte äb& in gnaz nadrer We
Intcreew. & glanbie _
■llyiuUieft in «Hermann od Domihen* fcihniin an hrtcn. Die Mttle
im Jahre 1792 ein Johaanea Beialmrd ni» SMÜtten ftr 3000 t.
Als er in Jahn 1813 in «taem AMer nm 45
Witwe nü cjacr zaUresehen
iheotna waren Sohne, wehAe der Mittler bei dcB Bmkb
wohl jehnnUfreieh zar Seite stehen keaaaa; m ib%taeiaoTe
Beonore, geh. na 30. Aprfl 1T97,
^^Msehongea
B«ifi«r4e m
•*/ es 1mm i. a
76
ein Mädchen toq 18 Jahren war; die anderen Tochter waren jünger. KathariBe
Eleonore tnuss sich der Geschäfte der Haushaltung und Bewirtung der QikiJUs
thätig angenommeD, auch die Mutter hei der Erziehung der jiiugeren Oeschwbter
unterstützt haben. Sie nun rief unserm Dichter das Bihi »einer Dorothea vor
Augen. 9o erzählte er am 17. September"^) den Frankfurter Freunden is
zahlreicher OeselUchaft von der schönen Müllerstochter auf der Nonneninühle
bei Wiesbadeo, mit der ihn Frau Bansa®*) bekannt gemacht habe, als mmm
Gegenstück zu seiner Dorothea: ^Reinlichkeit, Wulilliabenheit, Schunheit, Derb-
heit Sie spielt Klavier, die Brüder sind zugleich Fuhrleute, eine alte Mutter'^)
steht dem Haus vor. Eine alte Muhme ist der Apotheker aus ^Hermann und
Dorothea* und recht gut. Sie hat noch eine Anzahl Geschwister.** Noch ein-
mal sah Goethe das Haus, es war auf der Rückreise von Nassau am 31. August,
aber wohl ohne einzukehren, doch vergisst er nicht die Nonnenmühle und daM
or an ihr vorbeigefahren, zu notieren. Die Katharine Eleonore, um das nicht
zu übergehen, heiratete später den Besitzer des ehemaligen sog. Mahrischen
Hofes Jakob Wilhelm Mahr und nach dessen am 17* November 1832 erfolgten
Tode im Jahre 1838 den Badewirt Philipp Daniel Herber; sie starb suoa
zweitenmale verwittwet am 23. Oktober J872,
Weiter ab lag der Nürnberger Hof, dem der Besuch am 6* Juli galt.
Die Fahrt war am vorhergehenden Tage mit Gramer verabredet worden^ der
zwar nicht unter den Teilnehmern genannt wird, aber doch wohl nicht gefehb
hat, da seine Familie®*') zu ihnen gehörte und auch das Gestein unter«udlt
wurde. Auch dieser Punkt bietet eine herrliche Aussicht auf die tot Sm
liegende Ebene, durch welche majestätisch der Rhein seine Fluten wäkt, uni-
geben von zahlreichen Städten, Dörfern uud Villen.''^) Das Tagebuch gibt di«
kurze Notiz: „Mittag auf dem Hofe, Im Freyen schöne Aussicht.*
Regelmässig ist im Tagebuch verzeichnet, wo er zu Mittag speiate. Diu
geschah im Jahre 1814 anfangs an der Tafel seines Gasthauses, wenn kebo
Abhaltung durch eine Einladung dazwischen trat. Vom 11, August an aber
heisst 03 fast immer: „Mittag zu Hause*, oder „Mittag für mich". Er war
ia seine Wohnung zum Baren übergesiedelt, und die Gasthaustafel moebt43 ihiu
nun unbequem geworden sein, sei es, dass seine Massigkeit in Speise und Trank
ihm iüeselbe verleidete oder er nicht die Unterhaltung fand, die ihn befriedigle,
oder er in anderer Weise sich beengt fühlte. Wir kennen die GenOgsamkeit
des freilich vierzehn Jahre älteren Goethe aus den Mitteilungen über Brno»
i
^^1 B. Boifser^e, dem wir die^e Mliieilung ?6rdaiiVen (I^ 2S0), nennt BonotAg dm
1^. Soptemb^r alt den Tag der Krzfthlung. D«>r Bonntag dieser Woohe fiel aber im Jalwt
Ititr» auf don 17. Sopkomber. Scbaii Creizoaaoh» Briefwechsel zwischen Qoolhc» «id
M. r. WUlemer ä, 50 bemerkt, d«»» Boisaeroed Ani^abeu der Tage sn dieser Zeit nicht ridikig
ariea; da« Tagebuoh »out die betreffemle Oeaenachafl auf den 17. Sept — ♦*) Boiiier/a
achreibt Paiian. — •*> Sie bie«» Marie Stargurethe und war eine geb. Erckel von WieabarftOf
lobte abrtgeni oocb bis xutn 10. Oktolter 1817. — ^'^i VgL den Abücbniit No. 8, 10 ifbilippiM
Lada). ^ ^*i Sogar Vogel, Beschreibung des Herzogtunis Xaasau S» 544^ wird iu lointET
ti$ob»t lehrreichen« aber trockenen Darstellung zu den Worten bingermen: «Hier hat
flino ajibaoclirei blich seböne Au«»icbt niir»r don Hh*»i»» ''*- ^<l'*^ingau, die PfuU n • •», hiaJ
i
77
tüglicho LeboDsweise zu Dombiirg im Jahre 1828*'); die daselbst erwähnte
Liebhaberei an Artischokeü, die er sich selbst zu einem Salat mit feinem
iProveücerÖl zubereitete und aus Frankfurt hatte kommen lassen, bestand auch
schon in Wiesbaden; seinen Freund Fr, Schlosser bittet er am 20. August
ISH**^, wobei er sich wegeu des sonderbaren Auftrags entschuldigt, er möge
ihm durch einen Fuhrmann, der zweimal wöchentlich nach Frankfurt fahre, ein
halbes Dutzend Artiachoken senden; hier (in Wiesbaden) seien sie selten und
dann nicht gut zu haben, und dies Essen sei seine Leidenschaft. Wie wenig
sein Magen ausserge wuhnlichen Leistungen gewachsen war, zeigt sein Unwohl-
[seiD nach der Geburtstagsfeier,
Hier müssen wir die Anekdote, die ein freilich nicht ganz glaubwürdiger
Berichterstatter erzählt, erwähnen,'**) „Kurz nach den Befreiungskriegen traf
r Goethe**, so heisst es, „mit russischen Offizieren, Liefländern in Wiesbaden an
der table d'hote zusammen; diese brachten ihm den Toast aus: „Sie sollen leben,
Herr Professor!** Goethe, der ganz einfach gekleidet war, entfernte sich und
' erschien nach kurzer Pause wieder mit dem Stern des russischen St. Annen-
Ordens auf der Brust Die Offiziere gaben ihm nun die Excellenz und baten
ihn um Entschulrligung, die Gesundheit habe nicht ihm, sondern seinen un-
sterblichen Werken gegolten. Die weimarische Excellenz verharrte in stolzem
Schweigen.** Wenn dieser Bericht auf Wahrheit beruht, so muss die Sache
im Gasthaus zum Adler und in den Tagen stattgefunden haben, ab Goethe noch
zugleich ebenda wohnte, da er sonst nicht nach kurzer Pause wieder erscheinen
konnte, also im Jahre 1814. Die Tagebücher aber schweigen an diesen wie
|an allen Tagen von einer Gesellschaß; russischer Offiziere oder von einem Vor-
kommnis der Art, wie das erzählte ist. Wäre Goethe über ein solches miss-
ötimmt wurden, so hätte er es sicherlich kurz bemerkt, wenigstens die Anwesen-
heit der Offiziere erwähnt. Gesetzt aber auch, dass sich die Sache so verhalten
hat, wie Vehse berichtet, so ist das Benehmen Goethes gewiss weit eher dar-
auf berechnet gewesen, die lärmenden Gesellen zum Schweigen zu bringen, als
aus beleidigtem Stolz wegen Versagung der Excellenz zu erklären. Die Ent-
I schuldigung aber wäre ebenso albern gewesen, als gross die Unwissenheit über
die Stellung des Yerfaasers der ^unsterblichen Werke**, die sie hoch „leben** liessen.
Auch im Sommer 1815 speist er meist zu Hause; nur wenn Besuche ihn
nutigen, auswärts, und zwar jetzt meist im Kursaal; diese Fälle wiederholen
sich öfter infolge der Anwesenheit Schlossers, Boisser^es u, a.
Den Abend brachte er ebenfalls am liebsten zu Hause zu, sei es im
traulichen Gespräche mit einem Freunde oder mit seinen Arbeiten beschäftigt.
Einmal, am 16, Juli 1815, speiste er zu Abend in der Loge* Er ging in der
Itegel früh zu Bette, zu Dornburg regelmässig um 9 — 9Vi Uhr, Nur äussere
Umstände brachten auch hier eine Änderung hervor, wie die Anwesenheit des
Grossherzogs oder der letzte Abend vor der Abreise der Frau Äbtissin v. Stein,
was er dann niemals zu verzeichnen vergisst Für das Jahr 1815 finden sich
**) Gocthe^Julirb, U, liVX
I deutschen Höfe, 28, 2<H.
— •*) Freae, a, tt. 0, S. 0^. ^ "> Velisß, Geschichte der
78
selten dahin geheado BemerkiiDgen in dem Tagebuch f doch darf man vertoiileOi
daas er es ebenso gehalten hat. Nur die Spaziergänge auf dem Geisberg dehnten
sich öfter hlnger aus, bis in die Dunkelheit hinein.
6. Das Theater.
Hier ist wohl der passende Ort, über Goethes Besuch des Wieabad
Theaters zu reden. '^*)
Ein Theater betitand hier schon längere Jahre, wenn auch ein eigeaei
Gebäude fiir dasselbe fehlte; die Vorstellungen wurden in einem dazu berge*
richteten Saale des Schützenhofea gegeben. Das Theater, seit 1810 hentoglieh
nassauisches Hoftheater benannt, stand seit 1807 unter staatlicher Oberdirektioa
und erfuhr dadurch einen höheren Aufschwung. Bei den für notwendig ^
achteten Umänderungen im Inneren des Gebäudes zog man den geBcbickteo
Dekorationsmaler Friedrich Beuther (1770 — ^1856)'*), der sich damals zu Frankfurt
aufhielt, zu Rate; dieser hatte seine Stärke in der Darstellung der PerspekHr«
und der „Hintergründe**. Auch in Weimar ging man einige Zeit später, iia
Winter 1815 auf 1816, damit um, das Theater, das dort ungleich höher stand
als in Wiesbaden und, wie Goethe sagt, „sich in Hinsicht auf reine RecitatiOD,
kräftige Deklamation, natürliches und zugleich kunstreiches Darstellen auf eineo
bedeutenden Gipfel inneren Wertes erhoben hatte**, dem entsprechend in seinen
äusseren Mitteln zu vervollkommnen. Zu dem Zwecke trat Goethe mit Friedrich
Bouther in Verbindung und gewann ihn fiir die Weimarer Bühne, bei welchw
er im Jahre 1816 als Theatermaler und Dekorateur angestellt ist.^') Als oaoll
die Verhandlungen schwebten, mag er von ihm selbst vernümmen haben, dass
auch die Wiesbadener Dekorationen von ihm angefertigt worden seien, und
dieser Umstand lenkte die Aufmerksamkeit Goethes auf dieselben hin.
Im Jahre 1814 hatte er dem Theater in Wiesbaden wenig Interoste
entgegengebracht.'*) Infolge des Krieges, der sich im Herbste des Jahre» 1813
nach dem Mittelrhein gezogen hatte, war der Hof des Herzogs nach üsisg^en
übergesiedelt (November 1813) und das Theater aufgelöst worden; im Somroer
1814 spielte eine Truppe der Direktrice Müller in den alten Räumen, tm
Sommer 1815 die des Georg Dengler; diese beiden konnten den hohen Kunit«
sinn des Weimarer Gastes nicht anziehen und befriedigen; im Sommer IS14
besuchte er das Schauspiel nur einmal, am 25. August« Das wurde auf domil
anders im Sommer 1815; nunmehr finden wir ihn bald nach seiner Aoktuift
and dann noch zweimal im Theater, aber schon die Zusätze, die er bei der
Erwähnung dieser Besuche im Tagebuch macht, lassen vermuten, dass es sidi
hier um etwas anderes als um das Schauspiel handelte; am 4* Juni heisst es:
»Abends Schauspiel; Dekorationen von Beuter • (sie); am 6. T Thwrter
"> Tgl 0, Wftddigön, Geftchiohte de« KönigU Ttionttirs in Wieibadeu ISO 4. — ") übm\
idn die AUgciindtie DeuUchi^ ßiogFsphic und Go«thcn Atmulon IHtr*. - '*i ICof- atid SlmaU-
h»ndlmoh von Sseh0on*Woimar*EUenAch, i?. J4>. — ^*i Übor da» Foigtande t. F. 0. ijo Bk»*
iiiich«n Kurier vom S. Juli 1S94.
79
r^eii Dekorationen*, und am 14,: ,Im Tbeaier. DekormtmieD** unsere Ver*
mutung wird zm OewUsheit dtarch etilen Brief, d«i er am 8* Joni an setiie
Frau schrieb : in diesem s^e er^^): ^Naeh Beothers Arbeiteo, dar das hiesige
Theater emrichtete, habe ich dogleiefa Bachgefragt Herr Gebeimefatb Ton
Pfeiffer, dem die hiesigen Theatefgeschafte untei^eben sind**), bat die ganz
besondere Gefälligkeit, mir an sehiekltcheD Abenden^ oaeb Beendung dea
I Sebattspiels, wenn die Erleuchtung nach Toilstäodig iat, mehrere Dekoraiioaeii
' oder weojgstend Hintergründe zu zeigen^ wo iob dami daa tin greeaea sehe^
was wir im kleinen schon kennen and was bey ans grSaser aitsgefohrt werden
soll/ Wenn er sagt, daäs er im grossen sehe, was sie im kleinen schon kennen«
^^ geht das wohl auf die Modelle iu kleinem Massalabe, die Beuther zu ent-
^Brerfen verstand. Wie es für Wiesbaden als höbe Ehre und Auszeichnung
^BDffGsehen werden musste, wenn der grosse Kenner der Bulme und Leiter des
^Bprsten Theaters Deutschlands in damaliger Zeit Ton dort ^cfa eine Belehrung
^ftder wenigstens die Anschauung der in Weimar Torzunehmendmi Neuerungen
herholte, so war es für diesen von Wichtigkeit über Beuthers Leistungen an
Hdessen Werken sich ein sicheres Urteil zu bilden. Sobald dieaes Interesae
^Htt|l^^ war, hört der Besuch des Schauspiels für Gt>edie aal
^^^^^Bts es mit der Notiz des Tagebuchs vom 15. Februar 1815: «Wiesbadener
Theaterspass* auf sich habe, vermögen wir nicht zu erklaren. Tielleiehf gibt
Iainer der nicht veröffentlichten Briefe darüber Aufscfaluss.
I £d mögen hier noch zwei andere Kunstgenüsse, die Goethe zuteil wurdeo,
verzeichnet werden.
I Am 6. August 1814 horte er den Ho%erichts- Advokaten HaH wachs aus
Parmstadt die Glocke von Schiller deklamieren* Darüber berichtet er am 7.
an seine Frau^^): ^ Gestern sah ich eine wunderliche Erscheinung, einen jtingen
I Mann^ Advokaten in Darmstadt, ganz zum Schauspieler gebohren. Schöne
^ftleatalr, schickliche Bew^ungen, wohlklingende Stimme; er deklatmrte, in einer
^^krt von Hamlets Kleide^ Schillers Glocke. Leider ist er, in Ansicht auf Ddda*
^Hnation, ganz auf falschem Wege, er müsste völlig umlernen wenn er bey Qua
Gluck machen wollte • . . . ein prächtiger Bursch istV*
Ferner hatte er den Hochgenuss des Spiels auf der Mauhrommel. Tage-
buch vom 30* Juli: «Maultrommel. Gesteigerte Mechanik derselben* und am
13. August: «Gesang und Maultrommel im Adler** Dieses lange verkannte
muaikaliscfae Instrument war erst seit dem Ende des 18. Jahrhunderts zu höherer
Lushildung gelangt und hatte durch die Vollkommenheit, mit der es von
H, Scheibler zu Krefeld (1777—1838) u. a, gehandhabt wurde, allgemeine An-
rkennung und durch G, Chr. Grosahetm (1764—1847) den edleren Nameu Mund-
barmonika, den Jean Paul aufgebracht, gefunden.^ In Wiesbaden hatte um die
"t MU^eteiU i«t diese 8teDe m den AnacrkiageB m dem T«gel>Doh^ 3. 372. — ^^ Frsiu
Joftef (»eit 1814 Yon i Pfeiffer war OaMawr Ftnasznl und OeheUncr StemlsrtftfMidir,
dtm Oktober 18U Geheitserrmt und Gesermldtrekim' d«r todjftkieii Stttieni.
1814, Ka« 22* — ^} Die Stelle ist nitgetoilt in den Antaericiiiigeii ssw Tag^hicht 8« S5f.
')dolllUiikf , Encjrklopidie der mittikslUclieii WiatensetiafteD i^ (MM.
iiB^
mmam
Zeit, in dor wir une vorsetzt aohen, ein gewisser Teichmuller aus Braunschwcig^ '
fiieh durch seine Kunstfertigkeit auf der Maultrommel ausgeseiebDet; er selbit
oder ein Sohüler von ihm mag es gewesen sein, den Oüothe hier zu hären bektOL
?• Terkehr mit Kurgästen. Besuche auswärtiger Freuncie.
Wir werden hier zuerst den Verkehr mit Kurgästen zur Sprache bringts,!
die nicht aus Frankfurt waren, dann den mit Frankfurtern, und zwar zunächat .
vom Jahre 1814, darauf von 1815, sofern nicht eine Verbindung der bddeQJ
Jalire Äweckmäsaig erscheint.
Den lebhaßesten Verkehr unterhält Goethe während seines Aufentbatu
^u Wiesbaden im Sommer 1814 mit seinem nur wenige Jahre jüngeren Freunde
K. Fr. Zelter (1758 — 1832), dessen Einfluss und thätige Vorbereitung für die
Reise schon oben hervorgehoben wurde, auch dasa er bis zum 31. August an«*
hielt; am 1. September sahen sich beide fiir kurze Zeit in Winkel wieder. Da
Zelter auch im „Bären** wohnte, so war der Verkehr um so weniger gebindeft
oder erschwert, und so finden wir denn beide fast täglich zusammen, manch»
mal mehr als einmal an demselben Tage, und zu allen Stunden, auf dem Zimmer,
auf Spaziergängen oder Ausflügen; wir glauben nicht nötig zu haben die einzel&ea
Tage aufzuzählen, an denen sie zusammen erscheinen. Von den Ausflügen am
3. August und am 15.— 17. August wird unten die Rede sein unter dem Ab*
schnitt , Unterbrechungen oder Störungen, " Auch zu kleineu Dienstleistungen
war Zelter bereit, wie er z, B* die Rezension des Werkes der Frau v. Stael
über Deutschland am 11. und 12. August vorlas und am 28. eine alUuaaf*
regende Feier von Goethes Geburtstag, welcher dieser doch nicht ganz entgiii|^
zu verhüten suchte. „Ich habe alle Hände voll gehabt zu verhindern*, schreibt
er am 30. an den Staatsrat Schultz^^}, „dass vorgestern an seinem Geburt«ü[||l
nicht Aufruhr in Wiesbaden wurde, indem ich sagte, er gehe von dannen, wl<
er denn auch in Biebrich beim Herzog von Nassau zur Tafel war.**
Sie kannten sich schon lange Zeit; das Verhältnis hatte sich aber seit den
freiwilligen Tod von Zelters Stiefsohn 1812 zur innigsten Freundschaft gesteigert.
Damals gobraachfe Goethe in der Anrede zuerst das vertrauliche Du: ,Du
hast Dich auf dem schwarzen Probiersteine des Todes als ein echtes geläuterte«
Gold aufgestrichen; wie herrlich ist ein Charakter, wenn er so von Oeiftt und
Seele durchdrungen ist*', und Zelter durfte seit diesem Briefe dcnkon, ao Stelle
dos verlornen Sohnes einen lebendigen Bruder gewonnen zw habeB. Goethe
schätzte an ihm die Kernhaftigkeit seiner Natur, die frei von aller Sentimentatit&t
war, den ufTenen ehrlichen Sinn, der empfänglich war für alles Oute und SctiiiiM!,
Bei ihm fühlte er sich wahrhaft wohl.
**) Ä. Schreiber^ Topo^nphischer Nomenklator dor ^aiixeu Khetnktlit«! kX
Kr war nioh diesem »ugleich PorirÄriniiler. Schilling Bohreibt den Naro«n L \rt.
F<^tU, Bio^^phte de« üuftioien« VII, 190 rerzeichnct einen K. W. Tdchmfillcr, der KOitiiliv
«uf dor Violine, FlOto und OuitHrr^ und um I93(r Professor der Musik zu RrauniokwMg fo«
•«i; Auch hab« er iich durch sein 8piel Auf der Mundlmmioiiika Ixikmont
**) H. Dflnia^r^ Briefwecbeel zwiBohea Qoethe und SohulU 1653, 8. ISe.
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am
Die Jkjar irc Zargr r&ss imäc rm itakammsL. »tt f. ^eiiBnä^
b1 4bi Pnoun üKEL rsbisitL Diü^ luL u!L «ffTT ^ iiiBg;.. niffffii uat not en.
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iT^tfetüt»* ir*^ L*>i^tvi'in. • * ■ . LH ~ ^'LTTS' Tar -sivBiiBi -EIL «St. Xsralisis
ÄriüS'wa**'- i»eiiier -«^a i.*ii»T c o^ äse Ittm. — •
8S
Uerr Graf IlenckeWuDÜonnersmark, königl. preussmelier General.****)
iRt Graf Wilhelm (1773—1823), seit dem 30. Mai 1814 Oeneralmftjor; JHJtr
wirJ Graf Lazarus sein, welcher im Jabre 1813 zum Adjutant des Genenb
V, Steinmetz ernannt worden war/') Mit der Familie der Grafen war Ooeth»
sclion von Weimar her bekannf^ da die Mutter des Grafen Wilhelm, flriii
Ottilie geb. %% Lepel, Oberhofrneisterin der Erbgroasherzopn war; später
er in ein noch engeres Verhältnis zu derselben, al» aein Sohn die Enkel
Gräfin« Ottilie v, Pogwisch, heiratete* Ob nun Goethe mit beiden oder
welchem von beiden er vornehmlich verkehrte, giebt er nicht an; mit A
erateren, dem Rittmeister, traf er schon am 30, Juli wahrseheinlich an di
Tafel zusammen, ebenso ist seine Name am 31. Juli und 1, August im Ti
buch genannt; am 8., 9. und 26. August kann der im Tagebuch aufgeführte
Graf lleackel auch Graf Wilhelm, welcher bis zum 6. September zu Wiesbaden
verweilte, gewesen sein. Mit ihm erscheinen am 9, zusammen die Pranlfi^j
V. Steiß, wie sie das Tagebuch vom 2. August kurz bezeichnet Sie ware^H
schon eine Woche früher, zwischen dem 17. und 24. Juli in Wiesbaden einge-
troflen und hatten »ich im Badhause zum schwarzen Bock eingemietet. Nidi
einem Briefe von Goethe an seine Frau waren es (d. fa. wie wir sehen wetdcn,
nur zwei von ihnen) Schwestern de» ehemaligen Oberforstmeisters v. Stein m
Weimar.****) Es waren im ganzen vier Damen und sie werden in dem Tage-
buch und der Kurliste so übereinstimmend aufgeführt, dass die Vermutung nahe*
liegt, die eine Aufzählung sei aus der anderen geflossen. Die Kurliite 6a|t
folgendermassen (die eingeklammerten Worte sind bei Goethe weggel
„Fr,^^ V, Stein, Äbtissin, von Witzenbaoh^; Fräulein v. Stein Stifts- und
dame [bei Ihro Durchlaucht | der Frau Churfürstin von Hessen-Kassel; Fräuli
V. Stein, Stiftsdame und Fräulein \\ Willhan'**), [beide] von Bobenhausen,
die erste und dritte der Damen gehen die weiter unten angefülirten Stami
buchverse derselben nähere Auskuuft. Daselbst unterzeichnete die erste Eleon
V. Stein, Äbtissin von Waitzenbacb, die dritte schrieb Christiane t. 8i
diese beiden waren die Schwestern®^) des Oberforstmeisters v. Stein zu Ki
und Oatheim (f 1816). Eleonore (1775—1851) war die PrÖpstin (so ]Mid»
nach der Stiftungsurkunde der Titel der Vorsteherin) des Stifts Wajtzenb«cli
zu Würzburg, eines lutherischen freiherrliob Truchsessischen adeligen Dameo«
frtifte««, tlas im Jahre 1733 für fünf adelige Fmulein von mindestens acht Ahseii
gegründet worden war.^^) Christiane (geb. 1779) gehörte dem frtihefrlicli
V. Steinischen adeligen Damenstifte auf der Birken bei Bayreuth an; iimm
war im Jahre 1740 auf Schloss Birke für vier, seit 1804 sechs arme adeHgf
Witwen oder Fräulein gegründet worden.**)
■*) Kurliatc rom Jil. Juli bi« T. August 1814 und W. Graf Henokel von Dol
mark, Erinnerungen S. 344« — ^^) r. 8ohdnin^« Die Generale der preuftaischen Ar
Wo, 1^06. — *•) Anmerkung xum Tagetmch, 8 355. — ••) Du Tigebuch »eUreilH kkr
am SS* Frau. — *^) Auffallend I^t der überetnatmimcndo Fehler Witieiilmch statt WaiIibbU
•. gleich vtttea. — **/ Im Tiijfebuch WtlUjRlm. — '•* (totb*i»<"heg TA«<'lieiiljurli »W ft^SIrirr
Ueheü Hiluter iaß3, 8> 454. — **) GriUner, Hnndburh der DumenstÜter, 5. S4i
da, 8. ^6.
SS
Wer die zveite der Frioleiii toa Sem v^ir. Üa« sick
BMgemz äe vmr, ab die SumBbedwntrige Tsfu« umitm.
vad ersclieiu iiidit uter den SefavibeiiMMn. Dt ae ngiekt Hrfii»iP der
KuifirftÜD TOD Hessen wjx. so tx nicfat nnvidu9cUnlicL dft» se deH haMMcbcn
Zweig derer t. Seein ai^ehorte: «nd in der TWi imitt mck eine Friederike
T. Stein-Iiebenstein in BnrddeM {geK 17^) db Efcnniiinnihw? n Sckuken
in Walde^ Terzeidinec^ nnd wenn in fieses Soft
Ton 1810 nur Damen nns dem Ftrstentnm» Wnideck
durften. lier Friolein Ton Adel nnd üm^ Tochter
wahrend die Pröpsdn eine Priucssin t:« Wnideck
wohl zwischen der Familie der Friederike t. Stein nnd WaUedc
statt, die ihre Aofoahme ermöglichten: doch erhidi sie, wie hesaerku nnr dm
Charakter einer Ehrenstiftsdame.
An ihrer nnd der lierten Strile &nd«i sich nntcr den StammbnciMXKrigen
fie Namen Lnise t. Wildungen nnd Lotte t. Bobenhansen: |ene. die
sich seihst ab junge Freundin des Dichters beneichnec wird die zwieiie Tochter
des hessischen Oberforstmeisters t. Wiidni^en gewetsen detn'\ fiene saounte
ans don im Mannsstamme 1836 erkschenen fiwnkischen GeacUechse v. BohaiH
hmnaen, dessen Stammschloss bei Munnerstidt im WtiibnigLchen lag und da-
mals in fremde Hände übergegangen war: £e letzten Nachkommen lebten sn-
letzt auf Sehloss Birken.^^ Sie war nidit Stiftsdaaw« beaeichnet sich wen^gstess
nicht so und wird nicht so in der Knrüste nnd im Tagebnch genannt: sie wnr
wohl B^leiterin der Christiane t. Stdn. Woher die Stiftadame (Christiane) t. Stein
zugleich T. Bobenhausen genannt wird, Termag ich nidit zn sagen: ea kann
sich hier ridleicht nur um raie unrichtige oder nndendkhe Niederschrift in
der Kurliste haoddn«
Was nun den Verkehr dieser Damen und des Grales Henckd mit Goethe
angdit, so gibt das Tagebuch ausser den drei ersten Tag^» fegendes an: ,den
2. August. Mittags die Fräulräi Stein zn Tische. — 5. Angnsi. Zn Fri. t. Stein.
— 6. August. Fete der Damen Stein aaf Sonnenberg. — S. August. Zeiter
und Graf Henckel. — 9. August. Abends auf der Platte: ron Graf Henckel
ungeladen mit den SteinischeD. Herrliche Aussicht. — 17. August. Mit Stein
pp. im Cursaal. — IS. August. Mittag auf der Platte wt Steins^ Gunden^^^
Steinberg. Löwen. — 25. August. Zu FrL Stein. — 26. Ai^gnst. Graf Henckel
(zweimalj. — 27. August. Nachts bis nach 12 Uhr bei Fran Äbtissin r. Stein.*
Bei dem Ausflug auf die Plane am 9. oder Tidmehr im Kursaal am 17.
mag es gewesen sein, dass die Einzeichnung in das Stammbuch Terabredet
wurde. Das Album ^^ /, welches Goethe bri sich führte, war in gdbes geripptes
Leder gebunden, mit polierten Stahlecken, -Schild und -Schlosschen, der Em*
schlag Ton citronengelber Moiieseide^ Hochformat. Die ESntrage^ wddie samt-
lidi die hohe Terehrung für den Dichterfürsten bekunden, lauten abo:
•*) Oothaischefl Tascbenboch üsC^ S. 4Sa. — ** Gritiaer, Swä«i. — * Strieder, He«.
GeMrter XVII, 59. — ^) Gothaisrber Tttd^akmlMder l$$a, & «(L — *^ Die rMt^ SehrMJb-
aag des Kameoi ist Günderrode. — ''*') Die BeArkmlNn; «»d £e fblgcsdca Gatrise Md
den Artikel Ton W. Valpias ia der DitBcina RvidselHUi 1:^9C^ «, S. Sil C
L Die Äbdasiii Eleonore v. Stein schrieb:
,Mdoht6 zu w ei Jeu diOBer höh er© BUok,
roll Riilie und Geht und GrSsBe hier Terweilin^
Und Sifi leisä den tiefen Wimsoli
Tueinea Herseie ^uro AliBeheiiden
für lAnge^ heitre, seg^ensTolIe Tage yernelim^ii.
Ewig mit wahrer Verehrung und Liebe.
Wioib*i4leu d, 19. Auguftt 1814. Eleonore y. Stein ,
Abtissiü im 8tift Waixenbai^li.*
3, . „Chrkttane voo Stein
Der Name einer auB treaem und
Di»kbftren Herzen Sie innipt
Verehrend en. -
Wiesbaden ü. 20, August 1814.''
3. Luise ?on Wildungen:
„Darf ich als junge Freundin auch
bitten für Zukunft und itzt,
dass dieser Name niebt ganz rersch winde
tmter denen der Bittenden alle
um Andenken und Gunat.
Wieabiilen d, 20. August 181 4. Luis© von Wildungen.**
4, Lotte Ton Babenbausen:
^Vergebens fielite ioh Ap<»Uoa Hälfe an
Die Krone der sehonen Geister napli
Würde zu bofiiogen; dooli immer wttre mein
Lied nicht würdig gewesen, yor Ihrem
Throne zu erscheinen, denn mir fehlen
selbst Worte, den einzig frohen erhabnen
Genuss auszudrücken, den die Augenblicke
Ihrer Gegenwart auch mir gewfthrten.
Die Erinnerung derselben wird meine
Zukunft erheitern, und nur mit meinem
Seyn schwinden; so wie mein tiefes
Dankgefühl, mich hier nennen zu dürfen als
Ihre hochachtungsvollste, innigste Verehrerin
Wiesbaden am 20. 7 [8] 1814. Lotte von Bobenhausen.*^
5. Graf Henckel (die Unterschrift nicht deutlich):
„Wie vermag ich Ihnen der Ver-
ehrung und des Dankes Gefühle zu
schildern? — Wie kann ioh es mehr,
als wenn ich es laut bekenne, wie
ioh des eignen Strebens bewusst,
Doch deutlich erkenne, dass durch Ihrer
Lehre geistvolle Helle, ich erkannt des
Lebens innerste Quelle, so weit mir das
Erkennen beschieden ist. — Und wie vermag
ich es besser zu zeigen, dass ich gefasst
Ihrer Lehre erhaben liebevollen Sinn,
85
Als wenn ich noch heute Ihnen und der Gottheit
Gelobe, da&a ich fest entachlossen bin:
Nicht mit Kummer und ftng^stÜoh sorgend oder
zagend, aber mit Muth tmd thatiger Kraft^
nictii allein d&s hesohiedene Loos zu tragen,
BOndern auch zu Bobaffen und tu wirken
aus all meiner eij5^Den Kraft, ao weit und
80 viel, ak de« Schicksals Wille en gestatten mag.*^
Wiesbaden d. 22. August 1814.
Henokel.'
I
Wir haben noch über die Teilnehmer Jer Fahrt auf die Platte vom
18. August zu reden. Von diesen sind die dort zuerst genannten Günderrode uud
Steinberg schwer zu bestimmen. Günderrode wird yielleicht der letzte 8 tadt-
schultheiss der Stadt Frankfurt, Friedrich Maximilian v. Günderrode (1753 — 1824),
gewesen sein, welcher die lauge Reihe der Stadtschultheiöaen, allerdings unter
den veränderten Verhältnissen der napoleonischen Zeit, von 1807 bis Ende 1810
abflchloas,***') — Der Name Steinberg erscheint ia der Kurliste zweimal, ein
H, V. Steinberg, groasherzoglich würzburgischer Kamraerherr aus Meinungen,
(7. — 14. August) und Fr, v. Steinberg aus der Wetterau. Am 30. August
machte Goethe einen Besuch „bey Fr. v. Sternberg*, vielleicht ist dies die
eben genannte Fr. v. Steinberg.****') Mit ^Löwen** meint er ohne Zweifel den
Oberjägernieister Freiherrn Philip pLöw von und zu Stein furth von Weil-
burg, welcher, wie es scheint, zur Kur hier weilte und in der Woche vom 9,
bis 14, August angekommen war. Geboren am 26. Januar 1756 war er im
Jahre 1780 in die Dienste des Fürsten von Nassau- Weilburg getreten und geuoss
den Ruf nicht nur eines tüchtigen Forstmannes und Jägers, sondern auch eines
frommen und geraden Menschen; erstarb hochbetagt am 12. Oktober 1841J''*)
Wir finden ihn noch einmal bei unserm Dichter am 24. August. Mit der
Familie der Low von Steinfurth war Goethe in Beziehung getreten infolge der
Vermählung der Tochter des Freiherra Wilhelm Christoph von Diede zum
Fürstenstein mit dem Bruder von Philipp Low zu Steinfurth,**^) Den Freih.
V. Diede und seine Gemahlin Luise geb. Gräfin von Callenberg nennt Ooetlie
seine „werthen Gönner und Freunde" und war ihnen zu Liebe im Februar 1788,
als er zu Rom weilte, aus seiner Zurückgezogenfaeit herausgetreten*'*'^) Er er-
zählt u. a. von einer Fiinladung zu einem Konzert auf der kapitolinischen
Wohnung des Senators von Rom Fürsten Rezzonico, wo „die Dame, wegen
des Flügelspiels berühmt, sich hören zu lassen willig war.* Und weiter: „Frau
v. Diede spielte, sehr grosse Vorzüge entwickelnd, ein bedeutendes Concert."
Ihre gleichnamige Tochter Luise, geb. 1778, hatte sich, wie gesagt, mit dem
Freih. Georg Low zu Steinfurth vermählt, war aber Ende des Jahres 1811
nach siebenjähriger glücklicher Ehe Witwe geworden und lebte fortan meist
auf ihren Gütern Staden und Ziegenberg in Hessen, ganz der sorgfältigen Elr-
***') Sohwartz in Ersch und Gruben Encjklopftdie, 97. Bd., 8. 122 ff. des Seporat-
«bdrucks, — *"/ Anmerkung zum Tagebuclr, 8* 358* — '") Wilhelm Freih. Lu>w von und
ÄU 8teinfarth, Notkon äb«?r die Familie derer Freiherra Low tou und lu i^ieiururiU^ 1808,
8. 114. -» ^''*) Ebenda S. 110. — '*^^) Italienische ReiBe, Bericht zum 22. Februar 1788.
I
86
Ziehung ihrer Kinder hingegeben. Sie war eine grosse Verehrerin von Goethe
und eilte^ von seiner Anwesenheit zu Wiesbaden unterrichtet, herbei, um ihn
zu begrüssen, am 30. August 1814. Wir treffen sie 14 Jahre später noch ein-
mal bei dem Dichter, als er zu Domburg sich aufhielt, mit ihrer Tochter Luise
(nachher vermählt*®^ mit dem Grafen v. Reventow). Auch der Sohn des Freih.
Philipp V. Low, der nachherige Präsident des Oberappellationsgerichts zu Wies-
baden, Ludwig Low zu St., erbte die Yerehrung für Goethe und besuchte den
Dichter einstmals zu Weimar.
Die anderen Begegnungen mit Kurfremden des Jahres 1814 waren mehr
vorübergehender Natur und weniger eingreifend. Das Tagebuch nennt folgende
Namen: am 30. Juli den preussischen Generalmajor Baron [Fr. L.] t. Loben tbal
aus Luxemburg^^^), am 1. August einen Dr. Müller nebst Tochter aus Bremen,
am 11. August den Regierungsrat El wert aus Darmstadt und dessen Sohn,
Amtsassessor Elwert, am 17. August Ungers aus Berlin; bei dem Buchhändler
Johann Friedrich Unger (f 1804) waren seit 1792 viele Werke Goethes er-
schienen, wie 1792 , Goethes neue Schriften'', 1795 , Wilhelm Meisters Lehr-
jahre''; am 26. erscheint der bekannte Theologe Mach ein eke im Tagebuch.
Welcher Herr v. Stein es war, der am 14. genannt wird, ist nicht klar; keines-
falls war es der Minister vom Stein, der sich damals zu Nassau aufhielt und
von da am 10. und 19. an den Minister v. Marschall zu Wiesbaden Briefe
richtete^^^), in der Zwischenzeit also keinesfalls dahin gereist sein wird; jener
V. Stein wird ein Angehöriger der Fräulein v. Stein gewesen sein.
Das Tagebuch bringt am 6. August die Bemerkung: „Geh. R. Leonhard.
Auf der Durchreise. Prof. Welcker aus Giesen" (sie). Der in der Mitte
zwischen den beiden Namen stehende Zusatz „auf der Durchreise'^ ist ohne
Zweifel auf beide zu beziehen. Der Philologe Fr. Gottl. Welcker (1784 bis
1868) hatte bereits im Jahre 1805 den von ihm hochgeschätzten Dichter zu
Weimar aufgesucht^^^), war diesem also schon persönlich bekannt. K. C. v.
Leonhard stand zwar mit ihm schon längere Zeit in brieflichem Verkehr,
doch hatten sie sich noch nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen, und auf
der Reise hatte ihn Goethe, wie wir berichtet haben, zu Hanau nicht ange-
troffen."®) Kaum war er nun in Wiesbaden angekommen, als er — am 1. August
1814 — ihm nach Schwalbach meldet, wie er das Missgeschick gehabt habe
ihn nicht in Hanau zu finden, aber seineu Besuch für seine Rückreise ankündigt.
Daraufhin versagt es sich Leonhard nicht, ihn alsbald — auf seiner Durchreise
— in Wiesbaden zu besuchen. Den Bericht über diese seine erste Begegnung
mit dem von ihm hochverehrten Manne glauben wir hierher einrücken zu müssen,
da er lebenswarm darstellt, wie Goethe dem von ihm hochgeachteten Mine-
ralogen entgegentrat, welchen Eindruck seine Erscheinung auf ihn hervor-
brachte."*)
*°*) F. J. Fromm an n, Das Frommannsche Haus und seine Freunde 1879, 8. 39. Goethe-
Jahrb. 11, 320. — W. v. Low, Notizen u. s. w., S. 110. — *<'^) Schoning, a. a. 0. S. 236. —
*^*) Sauer, Das Herzogtum Nassau von 1813-1820, S. 13 u. 14. - *"*) Kekul^, Leben
Welckers, S. 37. — '*") Rratranek, Goethes naturwissenschaftliche Korrespondenz I, 281.
— *"^ K. C. V. Leonhard, Aus unserer Zeit in meinem Leben 1854, L 441.
87
Als Leonhard den Brief erhielt, war er freudigst überrascht und bewegt:
er sollte Goethe sehen! „Männer von grossem Namen, fährt er fort, verlieren
nicht selten bei näherer Bekanntschaft. Wie verschieden war das, was ich fand
bei meiner ersten Zusammenkunft mit dem Dichterfürsten » der uns Grosses und
Herrliches gebracht, die höchste reinste Poesie, mit einem Manne, der durch
die Macht reichen, durchdringenden gewaltigen Qeiates so unendlich hervorragte
über seine Zeitgenossen.
„Gespannt mit ganz eigenem Gefühl — was soll ich*s in Abrede stellen»
nicht ohne scheue Ehrfurcht überschritt ich die Schwelle des Allgefeierten,
,Der Heros der Wissenschaft kam mir entgegen mit dem ihm eigenen
wahrhaft hohen Anstand, mit der edlen geistigen Vornehmheit, in gemessener,
aber dennoch ungezwungener Haltung. Er begrüsste mich zutraulich, bequem
und gütig, offen, frei und herzlich, mit der ihm gegebenen Leichtigkeit sich mit-
zuteilen, es sei schriftlich oder mündlich. Goethe reichte mir die Hand^ nun
fühlte ich mich nicht im geringsten weiter in Verlegenheit. Was ich gesagt,
weiss ich nicht mehr, nur das blieb mir im Gedächtniss, dass er, in wohlge-
fälligster Weise, heitere, freundliche Worte an mich richtete*
„Sehr bald belebte sich das Gespräch. Ich gestand Goethe, wie unendlich
er mich ehren und beglücken würde, wenn es ihm gefiel, auf der Rückreise
nach Weimar in Hanau bei mir einzukehren, mein Haus als das seine betrachten
zu wollen. Das Erbieten wurde offenbar gern entgegengenommen, die Erfüllung
meiner Wünsche jedoch bis zum Spatherbst hinausgeschoben. Seine heimath-
liche Gegend, die Main- und Rheinlande, hatte mein Gönner lange nicht ge-
sehen, er wollte erfahren, was, nach so vielem Missgeachick, sich daselbst be-
finde, bezüglich auf Kunst und Alterthum und die verwandte Wissenschaft, wie
man zu erhalten, zu ordnen, zu vermehren, zu beleben und zu benutzen gedenke.
„Bezaubert von der Persönlichkeit — die Erscheinung allein war erhebend
— schied ich. Wie hatte sich die Bewunderung gesteigert, welche ich dem
grossen Manne nie versagt.
„Leuchtenden Blicks erzählte ich den Meinen, und wer in Hanau es
hören wollte, vom ausdrucksvollen Gesicht, von der hohen, edlen, gedankenreichen,
majestätiachen Stirn, vom Glanz und geistigen Feuer in den Augen, von Rede,
Stimme, Haltung, Gang — Alles wusste ich hegeielert zu schildern, und wie
Goethe mit Mund und Herz nicht genug zu loben und zu lieben sei.
„Er musste den Ruhm kennen, der ihm zurückstrahlte aus allen Ländern
Europas, er war sich dessen bewusst, aber auf eine naive Weise, die nicht
missfalleu konnte. Was Bewunderung verdiente, fand sie bei ihm, um jedes
Talent bekümmert er sich, inniges Gefühl hatte Goethe für alles Gute. In
unseren Unterredungen fand sich wiederholt Gelegenheit mich zu überzeugen,
dass er die Verdienste früherer und mitlebender Männer — ich rede jetzt nament-
lich von Dichtern — sorgfaltig und rein anzuerkennen bemüht war, dass er
die Fortschritte bedeutender Leistungen und eines nicht unterbrochenen Wirkens
mit froher Theilüahme unablässig begleitete.**
Als solcher Mann, so verehrt und hochgehalten, von allen, die seine Grosse
erkannten, wandelte Goethe in der Fülle seines Ruhmes unter uns, und auch
- !•
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die, welche ihn verkannten, wie er ja auch seine Gegner hatte, vermocbi
ihm nicht auf die Dauer zu schaden» im Gegeuteil steigerte sich im Lattfe der
Zeit die Erkenntnm und damit die Bewunderung seines Geistes. Dasjenige
aber, was er an dem Tage von Leouhardis Besuch in das Tagebuch sehrieb,
scheint er auf dessen Stirne abgelesen zu haben; es sind die Worte, die aaf
ihn passen, mit den Gegensätzen:
Am ehren voll aten,
Würde
Wissen
Thatigkeit
aber auch
Enge, Pedant
Philister.
ara anstrengendsten für Goethe war die
Anwesenheit des Grossherzogs von Weimar, die wir, weil sie eine ITnterbrechuog
der gewöhnlichen Lebensweise herbeiführte, in anderem Zusammenhange be^
handeln werden.
Wir gehen zu Frankfurter Freunden, die sich im Jahre 1814 einfandeiii
über. Zuerst ist der Geheimerat Johann Jakob v. Willemer zu verzeichneii
und Dlle, Jung* Über das Verhältnis beider zu einander und zu Qoethe haodeU
Th. Creizenach, Briefwechsel zwiachen Goethe und Marianne v. Willeraer
Zweite Auflage. Stuttgart, 1878. Willemer hatte Marie Anna Jung als sech-
zehnjähriges Mädchen in sein Haus aufgenommen und mit seinen Tuchlcro
weiter ausbilden lassen; nachdem er zum zweitenraale Witwer geworden wmr,
führte er sie am 27. September 1814 des Wohlanstands wegen und aus Neigung
mit Zustimmung der Töchter und Schwiegersöhne als dritte Gemahlin zum Altar.
Mit Goethe war er schon lange Zeit bekannt; am 4. August 1814 führte er
die Verlobte zum erstenmale zu ihm; der baldige Verkehr im Willemeriscben
Hauäc nach der Kur zeitigte manche schöne Frucht an und von dieser seiner Suleikn.
Mit Goethe teilte er das Interesse für das Theater und war einige JaJire Mit«
glied der Oberdirektion des Frankfurter Nationaltheaters gewesen; doch da er
sich mit den neuen Direktoren nicht vertragen konnte, war er zurückgetr^ttti
ohne seine Beteiligung an Theaterangelegenheiten aufzugeben. So hatte er
kürzlich wieder eine Schrift gegen die Theaterdirektoren ausgeben lassen, die
er am 7. August Goethe zusandte: „An die Theater-Aktionäre zu Frankfurt a, M«
Eine Streitschrift, Frankfurt a. M. 1814.«
Auch im Jahre 1816 besuchte Willemer den Dichter zu Wiesbaden; am
3. Juli speiste er mit ihm im Kursaal, verfehlte ihn aber am 21.. an welelMüi
Tage Goethe seine Lahnreise angetreten hatte. In einem Briefe vom i. Anguit
spricht Goethe sein Bedauern aus, ihn am 2L Juli j^versäumt* zu halien q
kündigt seine Ankunft zu Frankfurt auf den 12. August an.
Sein Albura hatte Goethe bei seiner Abreiße 1814 den Frankfurter Frt^uddeoi
suruckgelasseu^ damit auch sie ihre Namen eintrügen. Willemer that di
9. Dezember 1814 und setzte folgende Zeiten dazu:***)
ff Der Wein begeistert den Verstand^
Die Liebe das Her«,
Goethe heide;
liEMt uQi» trinkeD, Uelzen, Qoetbes
Werke letOD und ibii kennen.
I^rittikmri a, M. d« U. Dac. lUi. WiUemer.*
i
') 8. Vtilpiita in d«r deuliolito Kevue ft, «, O.
mm
89
Marianne schrieb am 11. Oktober 1814:
^Zu den Kleinen zähl ich mich,
Liebe Kleine nennst Du mioh;
Willst Du immer mioh so heissen,
Word ioh stets mioh glfioklloh preisen,
Bleibe gern mein Leben lang
Lang wie breit und breit wie lang."*)
Als den Grössten kennt man Dioh,
Als den Besten ehrt man Dich,
Sieht man Dich, muss man Dioh lieben,
Wftrst Du nur bei uns geblieben;
Ohne Dioh scheint uns die Zeit
Breit wie lang und lang wie breit.
Ins Gedächtnis prftgt' ioh Dioh,
In dem Herzen trag ich Dioh,
Nun möcht' ich der Gnade Gaben
Auch noch gern im Stammbuch haben;"*)
Wftr's auch nur den alten Sang:
Lang wie breit und breit wie lang.
Doch in Demuth schweige ich.
Des Gedichts erbarme Dich;
Geh', 0 Herr, nicht ins Gerichte
Mit dem ungereimten Wichte;"*)
Find es aus Barmherzigkeit
Breit wie lang und lang wie breit**
Sonntag den 7. August 1814 beisst es im Tagebuch: „Brentano,
Quaita^^^, Frauen, Mad. Holweg.'' Wen wir unter den beiden ersten Frauen
zu verstehen haben, darüber belehrt uns ebenfalls das Stammbuch, in welches
auch sie ihre Namen eintrugen: Antonia Brentano, Gemahlin des Franz
Brentano, geb. Edle von Birkenstock, über die wir bei Gelegenheit von Goethes
Besuch in Winkel sprechen werden, und Meline (Marie Magdalene) v. Guaita-
Brentano, Tochter des Peter Anton Brentano, des Vaters von Franz, und
der Maxe Brentano, geb. La Roche, vermählt im Jahre 1809 mit Georg
Friedrich v. Guaita. Deren Gemahl verewigte sich durch folgende Zeilen:
**') Zur Erklärung dieser wiederkehrenden Zeile bemerkt Greizenaoh, S. 38: „Breit
wie lang, lang wie breit^ war ein Lieblingsausdruck des Dichters; er kommt sohon in den
siebziger Jahren vor, in einer sp&ter ausgeschiedenen Scene des Jahrmarkts zu Plundersweilem,
aber auch ein Epigramm aus dem Jahre 1815 ist überschrieben „Breit wie lang''. In der
Scene des Jahrmarkts spricht der persische Minister Haman:
Religion Empfindsamkeit,
s'ist ein Dreck, ist lang wie breit.''
Der Anfang der Strophe „Zu den Kleinen z&hl ich mich** ist wohl eine Anspielung an den
Eintrag der Kinder zu Winkel; s. unten. — "^) Greizenaoh gibt diese zwei Zeilen also:
nur möcht ich Ton Gnadengaben
Dich noch gern im Stammbuch haben.
"') Greizenaoh: „Mit dem armseligen Wiohte''. Wir haben die Fassung und auch
Schreibung des Stammbuchs beibehalten zu sollen geglaubt, — "^ Goethe sohreibt meist
guaita statt Guaita.
^BeUeb^n Sie sich boy «tem Namen
des unierzeichnetßn ein ei [lirer
anfrichdgitan Verehrer zu erinijern,
Frankfurt d, 24. Oktober 1S14. Fr. t. Outita BreulM
uod darunter Meliue:
^Audi ich mochte nielit von
Ibuen Terg eisen werden,
Melme t. Quaifca Brenta
Di© dritte — Mad, Hol weg — war Susanae, Witwe dei
Holweg (t 1808), geb. v- Bethmanti, die Mutter des gelehrtei
V. Bethraatan-Holweg (geb. 1795).
Es folgte am 8* Auguat Hr. v. Neuf ville, der Sohn des oranii
Qeheimeorates Robert \\ Neaf ville und der Walberta Elbabetba
Jobauu Aoton Friedrich Wilhelm Robert, oranieD-naasauifcher O
f 35U Bodo 1819. In dem Hauäe der Frau v, KeufTiLIe zu Pr
wie Goethe rühmt, vorziiglicbe Gemälde, Auch der alte Jugeni
Jakob Riese, Kasteoachreiber zu Praukfurt, fehlte eicht (10, m
ihm verehrte Goethe d^mala eiü Exemplar von ^Herniaüu und
er muas viele Exemplare dieses ihm selbst so lieben QedichteB mi
denn wie wir sehen werden^ erfreute er gern gerade mit ihn
Leute auf dieser Reise*
Mit dem Geheimearat Johann Jjaak v. Gerning"^)^ de
TaunuB uud eifrigen Sammler von Antiquitäten und Kunstwerken
stand Goethe schon seit zwanzig Jahren in Beziehung; ihn sah
und 18» August zu Wiesbaden, am 17. zu Schieratein. In d
schrieb Gerning am 13. Oktober 1814 folgendes Distiehoi]:
^Tftuuna, gedankt eei Dir und Deinen verjUogenden Quelleiii
Üa^a wir jegliches Jahr wieder den Einzigeü sehn.
Zur Erinnerung an frohe Wie
von Ihrem
dankbaren Freund nnd Tifi
Frankfurt 13, Oktober 1811, Gemin^.'^
uud erhielt von Goethe eine Grabstichelarbeit in Aquatiuta^"*), die
Tochter Rosette, vermählte Stadel, an seinem Geburtstage im
mehreren Exemplaren gegebeu hatte; sie stellte Frankfurt dar n
geschickten Pfarrturm ** und der alten Brücke, ungefähr wie es
Gerber miihio ans ausnimmt. Darunter war dit^so Widmung:
^Flnas und Ufer, Land und Holien
Kühmen seit geraumer Zeit
Bö dein Kommen, m dein QeheHj
Zeugen deiner TbStigkeit,
Weimar; den 5. Mai l^m, Goethe."
"') Gotbaiflcher Tasehenkalender Von tB,>6, S. 425. — '''i CroiKenac
— ^**i Eine Lebentbcschreibung von ibm gibt K. Schwarte in den Annaiei
Verpln» für AktTlum»* künde Xl, S. 109 ff,, der ibn auob gegen die Angnife voi
AufdriugLiohkeit in seinen Be^iehuni^en 7M den Weimarern in Schutz nimm'
laine Sehriften reneeiohnet, — ^") CrcixenAob^ S< 8L
91
Der 13. August führte einen Herrn v* Malapert zu Goethe, vielleicht
den Friedrich Philipp Wilhelm v* Malapert gen. Neufville, Schöffen und Syn-
dikus (1784 — 1852). Von dem Herrn v. Giinderrode ist oben 8. 85 die Rede
gewesen*
Am nächsten von den Frankfurter Freunden standen Goethe die Brüder
Pritz und Christian Schlosser, Söhne von Hieronymus Peter Schlosser
(t 1797)^ einem Bruder von Goethes Schwager Johann Georg Schlosser; be-
sonders eng war das Yerhältois xu dem älteren, Fritz (1780 -1S52J. Obgleich
Rechtsgelehrter und Di\ juris^ hatte dieser im Jahre 1812 die Stelle eines Obor-
schul- und Studienratea sowie Direktors des neugegründeten Lyceums zu Prankfurt,
wenn auch nur für kurze Zeit, übernommen und behielt davon den Titel Rat
und Direktor, ein treuer Freund und inniger Verehrer Goethes, und er wurde
darin nicht beirrt durch die Verschiedenheit der religiösen Ansichten; denn am
2L Dezember 1814 trat er zu Wien mit seiner Frau, dem Vorgang des jüngeren
Bruders folgend, zur katholischen Kirche über; das Freundschaftsverhältnis
blieb von beiden Seiten davon unberührt, gerade so wie das verschiedene Be-
kenntnis von Sulpiz Bois8er6e nicht hinderte, dass Goethe mit ihm in den
innigsten Verkehr trat, aber auch dieser den Altmeister zu verehren lernte und
nicht auf horte ihn zu verehren. Eine pietäts volle Darstellung von Fritz Schlossers
Lebensgang und sein Verhältnis zu Goethe hat auf Grund von den Briefen
Goethes an Schlosser Julius Frese entworfen in dem Werke „Goethe-Briefe
aus Fritz Schlossers Nachlass. Stuttgart, 1877", auf welches wir uns sebou
mehrfach bezogen haben. Schlosser sammelte u, a, eine reichhaltige, ziemlich
vollständige Goethe- Bibliothek, die später laut testamentarischer Verfügung an
das katholische Seminar zu Mainz übergegangen ist; er war eifrig bestrebt zu
„ Dichtung und Wahrheit** Material zusammenzubringen und alles, was an den
teuren Freund erinnerte, zu erhalten. Einen äusseren Halt hatte das Verhaltni»
dadurch gewonnen, dass Schlosser nach dem Tode der Frau Rat Goethe auf
Wunsch des Sohnes die Verwaltung von dessen Frankfurter Vermöge usteilcn
übernahm; so verknüpften geschäftliche und rreundschaftÜche Bande die beiden
immer fester.
Was nun den Verkehr beider im Jahre 1814 während der Kur a&f^L»
so beschränkte er sich auf den Besuch Goethes auf seiner Durchreise durcb
Frankfurt (oben S. 70) und auf mehrere Briefe meist geschäftlicben Inb«ltd.
Am 1. August meldet Goethe seine Ankunft und Wohnung zu Wiesbaden, am
7, dankt er für eine erhaltene Sendung, am 20. bittet er eine für ihn ein-
gegangene Sendung ihm zuzuschicken, am 81. dankt er für die scbooefi Gmbea,
die zu seinem Geburtstage angekommen waren, am 9. September ktedigt er
seine demnächstige Ankunft an; über die Geldsendungen^ die Goetbo dtuch iba
erhielt, s. weiter unten. Die Briefe Schlossers sind, wie es scbutut^ aiefai er-
halten, wenigsten.' nicht veröffentlicht; derselbe hatte nach Goethi» Tod sie
sich wieder zu verschaffen gesucht.
Konnte auch Fritz Schlosser während des AugustmoDiit^ »s Wterf nie»
nicht erscheinen, so that es doch Christian Schlosser. Pa« Tagrebndi liiwcta^
folgendes: „25. August« War Schlosser angekoiwoien, — 2Ö. (AtiMf^ S^to^gg
02
und Zelter. Mit jenem allein. — 27. Mit Zelter und Schlosser auf dem 0©»-
berg. — 28. Abends Zelter, Schlosser, Luck, — 30. (nach dem Bad) Sohloo^r.
Legeadeo. — ^31. Zelter und Schlosser gingen ab** (in der Frühe nach Winkel,
wo Goethe sie am folgendea Tage wieder antraf). Von dem Besuche schreitil
Goethe an Fritz in dem Briefe vom 31. August, dass er ihm viele Freude
bereitet habe; denn er sei ihm (Christian) um gar vieles näher gekommecL
Auf seiner demnächst erfolgenden Reise nach Heidelberg erbat er sich nogar
die Begleitung desselben*
In das Stammbuch trugen die beiden Bruder folgende Zeilen ein:
1. Pritz Schlosser:
^Sohnell eilen die Tage rerQber, in w^lobea
Sie, geliebtester MaDn, uns mit Ihror freund-
lichen und erhebenden Nähe begluokten. Niq
ftber wird Ihr theures Büd und das Anden-
ken dieser köstlichen Tage in unaern Her-
zen erldschen. Und so rndge auch Ihre Oüte
der dankbaren Liebe und Verehrung, womit
wir gegen Sie erfüllt &iud, ku weilen eine
^eundliche Erinnerung schenken«
Frankfurt den 20, September 1814. J, F, H, Schlosser**
Beigefügt haben ihre Namen Schlossers Gemahlin Sophie (geb. Dufay) uml
seine Schwester Susanne.
2. Christian Schlosser:
^Auf Gnade
Sey 08 geihan! —
Möchten Sie immerfort
uns Ihre Güto bewahren, und wir
dieser grossen Güte werth werden.
Frf, 20t«n Tber 1814. C. F. Sohloeser
Wir haben des Geburtstages Goethes schon gedacht^ auf ihn mii-üi^eD
oueh einmal zurückkommen. Ausser Schlosser hatten auch andere wie Fr, Bren»
tanu Geschenke eingesandt; eine besondere Feier aber veranstaltete eine xu
Wiesbaden anwesende Verehrerin des Dichters trotz Zelters Gegenbemühunjjen
(«. S. 80); dies war die Gemahlin des Freiherrn Johann Justinian Georg
V. Uoizhausen (1771 — 1846), Karoline Friederike Luise von Holzhauson
(1775 — 1846), Tochter des nassauischen Oberhofraeisters v. Ziegesar*'*), tunl
da der 28. August auf einen Sonntag fiel, an dem Goethe an den herzoglicheii
Hof zu Biübrieh geladen war, so musste der Vormittag zu Hilfe genommen
werden. Frau v. Uoizhausen war mit ihrem etwa zwanzigjährigen Sohne Karl,
damals Grenadierlieutenant im k. k. Regiment Prinz von Hessen, schon im Juli'*^
zur Kur in Wiesbaden angekommen, wo sie in dem Badhause zur Rose Wohnung
nahmen. Es ist nicht zu bezweifeln, dass beide auch schon bald mit Goetba
in Berührung getreten waren, doch erwähnt er ihrer nur am 28, AngttatT wo
es heis»t: ,Im Cursaale Dejeune gegeben von Fr. v. Holzhausen*, taod v€t;^«t
»•*) Gothaiache« Timchenbuch 1850, 8. 321, 18Sf>, mv2, Branner Gon^^alof. TaidifB^
buch 1*500, SJ. &7U. — »"/ So be«^ die KiirUeta vom 10.— IT- Juli.
4
f
93
dabei nicht des „Apollo, Copie des Belvederischen, von C. P. Chinard 1787**
(s. S. 71) zu gedenken; sicherlich war derselbe u. a. Gegenstand des Ge-
sprächs gewesen. Auch diese beiden, Mutter und Sohn, schrieben sich in das
Stammbuch ein, die Frau v. Holzhausen mit folgenden Begleitworten:
„Das GlQok, Sie zu sehen, yerdanke
ich dem Himmel, Ihnen den Qenoss:
dass der Eindruck Ihrer hohen
Würde mit der laengst empfundenen
tiefen Verehrung und Liebe unaus-
loschlioh in mir lebt.
Wiesbaden d. 30. Aug. 1814. Caroline t. Holzhausen
geb. T. Ziegesar. **
Karl von Holzhausen:
„Weloher Eindruck auf ein
jugendliches GemQth kann
Wohl stärker und bleibender seyn,
als das schon längst als Ideal
des Reinen, Weisen und Guten
Aufgestellte nun in Ihrer so
werthen Person so schön und
edel personifioirt zu sehen!
Gerade der Verein einer
erhabenen Seele, eines so
hell erleuchteten Geistes,
mit einem lieberollen,
mittheilenden, sich so schön
herablassenden Aeusseren
ist das, was mein Gemfith so
unaussprechlich anreizt,
festhält und zu allem stärkt.
Wiesbaden d. 1. Septbr. 1814. Carl Ton Holzhausen.*
Wir fugen sofort die Besuche und Briefe von Frankfurter Freunden im
Jahre 1815 an und zwar in der Form des Tagebuchs. «Arn 28. Mai [An]
Fr. V. Brentano Franckf. — 6. Juni Brentanos. [Sie] fuhren [am Abend] ab.
— 15. Sendung von Fr. Brentano. — 1. Juli. Brentanos. Mit ihnen im Adler
gegessen. — 18. [Brief an] Fr. v. Brentano Francf. — 25. [Zwischen Nassau
und Ems] Unterwegs Franz Brentano. — 6. August [An] Frau Brentano Francf.
— 9. Hr. u. Fr. Brentano. Mittag im Adler mit Brentano. Sie reisten ab.*
Mit Brentano war Goethe im Herbste 1814 in engere Verbindung getreten
(s. No. 9,4); damals hatte er unter anderem auch die Pauline Serviere schätzen
lernen, und dadurch wird er mit deren Familie in nähere Beziehung getreten
sein. Schon in seiner Jugend hatte er deren frühere Generation gekannt und
erwähnt der Frau Serviere, „Gemahlin eines in Frankfurt lebenden Kauf-
mannes.*^^^) Am 2. Mai 1815 heisst es im Tagebuch: „Briefe von WilleniCT
und Serviere." — Am 4.: [An] „Dlle. Serviere nach Frfurt* — Am ••:
'>) ,,Diohtun£^ und Wahrheif", B. 13.
94
^Serviere gefunden." Ära 21,: „Hr. Serviere." u. am 9. August: *.r>!l<>.
viere* wahrscheinlich in Gesellschaft der Frau Brentano.
Am 15. Juni: ^Dr. Neefe von Francf.**, ein kenntnisreicher Botantkcrl
Frankfurts, Professor und Arzt,***)
Am 1. Juli: „Mad. Crespel**, Witwe des humorvollen Jugeodfreandew
Goethes Johann Bernhard Creapel, der als Archivar zu Laubach 1813 »tArb**")
Am 3.: »Mad. Bansa^, mit der die „NoDDenrauhle" besucht wurde (S. 78)i
Vom 7. — 14. Juli war Fritz Schlosser zn Wiesbaden und in t^glicbem j
Verkehr mit Goethe. Wir lassen auch hier das Tagebuch reden: ,7. Juli.
(Nach Mitt^] Schlosser. Mit Schlosser auf dem Oeiaberg. — 8. Spaziergang
mit SchL Mittag Schlosser. — 9, Schlosser weiturafassendes Gespräch. [Ko^li
der Rückkehr von Biebrich] Schlosser Fortsetzung der Unterhaltung. — 10. Spa-
zieren mit Schlosser. Mittag mit Schlosser zu Hause, — 11. Mittag mit Schlosier
Cursaal. Nach Tisch spazieren. Mit Cr[amer] und Schi. Geisberg. — 12. Mittig
mit Schlosser Cursaal — 13. [Nach dem Bade] Mit Schlosser zu Hause. Mit
Seh. auf dem Geisberg. — 14. Mittag Cursaal mit Schi.*
Und da Schlosser ihn brieflich eingeladen hatte, auf seiner Durchreise
durch Frankfurt wie früher Wohnung bei ihm zu nehmen, so dankt er nm
8. August, indem er bemerkt, er habe schon dem Geh, Rat Willemer zugefiagt;
denn es sei billig, dass bei wiederholter Erscheinung in seiner Vaterstadt «eh
die Wohlwollenden in die Last der Einquartierung teilten. Und so stieg er
am 12. September in der Gerbermühle ab.
Endlich trat Sonntag den 8. August, als Boisaeree sich bei Goethe befttod,
ein weiterer Jugendfreund ein, der Forstschreiber Kehr, wie er in der Kiar«
liste eingetragen ist, von dem Boisseree folgende Beschreibung macht' *^): ,eia
altes Männchen in grünem Rock und grünseidener Weste mit schwänge-
schnittenem Sammt, Forstmeister von Frankfurt, ein alter Schulkamerad von
ihm. Er (Goethe) war unendlich freundlich gegen ihn, Hess ihm zu Trinken
bringen; nach einigen lustigen Reden und Fragen über andere alte, bekaoott
Schulkameraden kam Cramer, und nun ging das Gespräch mit diesem und mir
fort; das alte Männchen blieb immer rohig sitzen, lange, lange Zeit, und trank
sein Gläschen, und wir nahmen immer Rücksicht auf ihn, ohne uns weiter am
ihn zu bekümmeru. Seltsam war es, dass Goethe weder Cramer noch mir.
als wir verrtchiedentlich fragten, wer der Mann sey? den Namen nicht nannte,
sondern jedesmal freundlich sagte: „Es ist ein alter Schulkamerad von mir, der |
kömmt alle Jahre nach Wiesbaden und ist schon 74 Jahre alt.' Der Dichter
muss den alten Freund und Kameraden lieb gehabt haben, der so weit hinter
ihm zurückgeblieben war, wie er ja die Frankfurter Frouudc und Erionerungüo
hoch hielt. Kehr erwähnt er in einem Briefe vom 30. Oktober 1765, in dem
er als Leipziger Student die Mädchen seiner Stadt und Kehren grCisa^n
'**) Kiia»iieliJltso IL t* w. in Fmiikfuri. Nfteh der Botli'Ooutard^ LiiVi«n tu F^uil^
fiirt IX, 141, Xf 11 kieis er Christian Krnst KeeL — ***) v. Loeper, a. a. (K R«fi«l«r. ^
•»•i Sulp. Böi8»er«« 1, 261.
u
Wir gehen Duninehr zu den Beeuehen von Nicht-Frankfurtern während
lerKur voo 1815 über und bedauern hierbei nur mehrfach die Peraönlichkeiten
und ihre Beziehungen zu Goethe nicht sicher feststellen zu können*
27, Mai: „NB. Le Bault des Naotes, Preus, (sie) Ingenieur de Place*
ist Claude Frangois Le Bauld de Nans, Stabskapitän im iDgenieurkorps seit
1806; er wurde 1828 Inspekteur der zweiten logenieur-Inspektion und 1832
als Generalmajor pensioniert.'*^
^^ 4. Juni: ^Maj, von Roth." In der Kurliste ist in der Woche vom
^■8. Mai bis 4. Juni eingetragen „Hr. v. Roth mit Gemahlin, Major von Frank-
^piirt* (Badhaus zur Rose), vom 9. bis 23. Juli in der Fremdenliste (Gasthaus
^asur Stadt Darmstadt) „Hr. v, Rod, Platzmajor von Frankfurt.*" Vielleicht sind
beide Personen identisch; ein sacbsicher Major Johaon Heinrich August v. Rufh
*war im Jabre 1815 zum Kriege ausgerückt.**^)
I 4. Juni: „Reuss^; es ist zweifelhaft, wer mit diesem Namen gemeint ist.
18. Juni: ^v. Natzraer** traf Goethe, wie es scheint, «u Biebrich an der
Tafel des Herzogs. In Mainz stand damals ein Oberst v. Natzmer, der in der
Kurliste von Wiesbaden zweimal vorkommt, iu der Woche vom 1. — 7. Mai
und vom 9. — 16. Juli, wohl derselbe (Wilhelm) v. Natzmer, der 1816 als
Kommandeur des 20. Infanterie-Regiments zu Trier stand *■**); schwerlich dürfen
wir an den bald darauf zum General ernannten Oberst Oldwig v. Natzmer*^*)
denken, der eben als Brigade-Kommaudeur der Grenadierbrigade der Garde
auf dem Wege zu Blücbers Armee war und am 22. Juli in Paris einrückte;
am 18. konnte er nicht wohl zu Wiesbaden sein, da er an diesem Tage noch
nicht zu Homburg, wohin er später kam, eingetroffen war, nachdem er am 15.
einen Brief von Gotha aus geschrieben hatte.
K30, Juni: „v. Natzmer, neugriechiacho Lieder" Darüber s, No. IL
20* Juni; ^Hr. v. , . . von Wetzlar'^, vielleicht ein Herr v. Hötzendorf
US Wetzlar, der iu der Kurliste vom IL — 18. Juni (Badhaus zum Bären)
verzeichnet ist.
K30. Juni: „Preuss, Garde einquartiert. Graf He n ekel von der Garde.*
l oben S. 81 ff.
4. — 7. Juli: „Major v. Haxthausen'^ wegen der neugriechischen Volks-
ieder (s. unten No. 11).
^4. Juli; Metzler. Mad. Soeligmann und Tochter," In der Enrlitle
om 25, Juni bis 2. JuH ist Geheiraerat Metzler aus Offenbach, vom 2, — 9. Jali
ijlad. Seelig mit Bedienung aus Ilofheim verzeichnet,
9. Juli: ^Mittag Bieberich mit Lynckers,* Kurlisie vom 2, — 9. imE:
] ,Ur, V. Linker mit Fr. Gemahlin, Familie und Bedienuug, grossherz.
^■fteimarischer Kammerherr und Oberforstmeister aus Weimar** (J
^Auch am 20.: „Fr. v, Lynker und Tochter.**
**h 8 oho Hing, Die Generale ii, s. w., a 303. — "•) N. Kekndiip ^H «Ml —
^) llasseL Staats- und Adresa-llAndbucli der Teutsrhon Bundes-Süult« Vir 4m Star 1^14«
$, 353. — *'^) Gneomor Ernst r* Natr.mer, Aus dem Lelien doi Otsifüi OiHf «. 5«ts-
ner, 1. 1^76, 3. 195 u. 196.
iiM&
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16. JuH; ^¥, Hügel" zu Biebrich, 19. Juli auf dem Johannjsbefg iiftd
vom 1. August an zu WieFbadeo, Der Freiherr Johann Aloya Joseph r* Hflfol
war ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister des Kaiaei«
von Österreich auch am nassauischen Hofe und wohnte zu Frankfurt. Er biUa
am 10. Juli Qoetbe die Zeitungsnachricht überbracht (s. unten bei dem Alt-
Hug auf dem Jabannisberg), dass der Kaiser ihm das Eommandeurkreus du
Lcopoldordens verliehen habe, und überreichte am 1. August bei der Mittags*
tafel im Kursaal Goethe zum Nachtisch den Orden mit eiQem Begleitschreibeo
dos Fürsten Metternich, d. d. Paris den IG. Juli.^^') In demselben betont der
Furstj S. Maj. der Kaiser habe aus Höchsteigener Bewegung***), unter Atm
Drungo der Geschäfte und unter der unausgesetzten Sorge für daa Qlfiek
seiner Unterthanen in seinem Feldlager [zu Speyer am 28. Juni] ibm diMe
Auszeichnung zu bescbliesaen geruht als eine ehrenvolle Anerkennung seiner
ausgezeichneteu Yerdieuste um die deutsche Sprache und Litteratur. Bs gak
nun ein Dankschreiben an den Fürsten abzufassen, was am 4. August gesehab:
„Conoept, dann Mundum des Briefes^ an den Fürsten, heisst es im Tagebuch^
nach welchem das Schreiben von H. v. Hügel weiter befordert wurde,
S.August: ^Consistorialrath Horst." Georg Konrad Horst, 1767 — 1832,
ein äusserst fruchtbarer theologischer Schriftatelier und u. a, Verfasser der
Zauberbibliothek, 6 Bände, 1820—1826, war Pfarrer zu Lindbeim in der Wetteniii
und erhielt 1800 den Charakter eines hessischen Kirchenrates (nicht Konsiatoria]*
nitos, wie Goethe schreibt), 1823 eines geistlichen Geheimenrates'^J; er über-
reichte Goethe seine kleine Schrift „Über das h. Abendmahl, eine dogmen^
geschichtliche Untersuchung nebst Vorschlägen zu einer Beseelung dieses In*
stituts nach den Bedürfnissen unserer Zeit", Üiesaen, 1815.*") Im Ansehlost
an dasselbe unterhielt sich Goethe am folgenden Tage mit Beisser^ ilbcr
theologische Gegenstände, über die katholisch gewordenen Protestantea, wie
Stolberg u. a,, sowie über eine auf Mysticismus hinaus laufende Riehttmg 49t
Protostanten. — In der Kurliste ist ein Hofgerichtsrat Horst aus Gieaaen aitf-
gefuhrt, ob irrtümlich, ist zweifelhaft; denn es gab auch einen solchen zu Oiesaea.
Während Goethes Abwesenheit auf der Lahn* und Rheinreise (2L bis
:n. Juli) war die Grossfürstin Katharina, Witwe des Prinzen Peter von Olden*
bürg und Schwester des Kaisers Alexander von Russland, und der QressherKif
von Oldenburg zu Wiesbaden eingetroffen; sie wsren nach der Kurliste in den
Lang*Ge versehen Hause abgestiegen. Die Grossfurstin war bekanutlich eiop
feingebildete, geistreiche Frau, damals etwa 28 Jahre alt; mau sagte von ihr,
sie vereinige die Eigenschaften von Peter dem Grossen, Katharina H. and
Alexander; sie wurde später, im Jahre 1816, die Gemahlin des Kronpriiisiai
Wilhelm von Würtemberg» der bald nach der Vermählung seinem V^imt ak
Konig folgte. Als Schwester des Kaisers Alexander wurde sie m Wt€#b«4fii
hobbgefeiertf am 30. Juli veranstaltete man ihr zu Ehren eine für die damaligen
('>) Mitffct«iU im Ooetho-JAbrb. Xltt, 239. — ^'^i S>tLm vgl den Brisf d<es OrMSh«np«fl
uiitor No. II, T. — '•*> Sofibii, Lexikon hcisUchcr SohrifUtPÜer 1, I5t. U, aii. — «*S Bst
Bot»»Br4« I, fjtt^ int (l«r Niuue dfn YcrfosAere iiichi genAnnt, «Uer diireli im Baoli d«iilfioli
bsssiolm»!.
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YerbältDiase grassartige Dlumioation des pKurgeselbchaftshauses* von 6000
Lämpcheu; der grosse Saal war mit vielen Wachslichtern erleuchtet, ein
Transparent i^eigte den hellerätrahlenden Änfangsbuchstabea ihres Namens^ ein
grosses C. Sie hatte kaum von Qoethes Ankunft gehört^ als sie ihn zur Tafel
lud, am 2* August; dazu bemerkt das Tagebuch: ^Hoheit abgesagt/ Doch
er entging seinem Schicksal nicht; nach einem verfehlten Besuch am 4. erfolgte
'^eiue zweite Einladung auf den 5. August, der er sich nicht mehr entziehen
konnte, doch klagte er Boisseree gegenüber, dass er zu ihr sollte; ^sie haben
niohts von mir, und ich nichts von ihnen, den Herrschaften. Ich, fährt jener
fort, vergleiche die fürstlichen Personen und die vornehme Welt mit Gewässer,
welches um uns herum anschwillt, ein Strom, ein See werden kann, worauf
man schüft und segelt, sich aber auch wieder verlaufen kann. Man mnss ihm
nicht trauen, ist und bleibt Wasser," Darauf antwortet Goethe: ^Nun, zu
hypochondrisch muss man sie nicht nehmen» aber so als Naturkräfte/'**) Am
18» August machte er „der Herzogin v. Oldeuburg K, Hoheit" üochn]al8 Besuch*
I 4. August: ^v. Burgsdorf", Hofrat aus Dresden. Derselbe war am
p« August mit Boisseree in Sehwalbach zusammengetroiTen und hatte ihm u. a.
^on Tieck erzählt, am 2. ihn „halbwegs* nach Wiesbaden zu begleitet.*^^
I Am 8. August ist der Besuch einer „Dame von Johannisberg pp/ an-
gemerkt.
Am 10. August erschien, was das Tagebuch nicht sagt, aber Boisseree
berichtet*^'), der preussische Regierungsrat Wilhelm Butte von Köln; er war
Professor der Staats Wissenschaften zu Landshut gewesen, dann aus der akade-
^kitsehen Laufbahn ausgeschiedeu und von der preussischeu Regierung ange*
^■nommen worden, ein fruchtbarer Schriftsteller auf seinem Gebiete uod zugleich
^auf dem der politischen Tagesfragen, Nach Wiesbaden war er vielleicht ge»
^■kommen, um mit dem Buchhändler L. Schellenberg über sein neuestes Werk
^^2U verhandelo^ welches bei diesem erschiea unter dem Titel: „Die unerlässlichen
^iiedingungen des Friedens mit Frankreich, eine freimüthige prüfende Darstelluug
Häer üffentlichen Meinung; hierzu einige Bemerkungen über das Misslingen der
teutschon Bundesakte. Wiesbaden, ISIS.** Goethe legte er ein älteres Werk
^■vor, das er in deutscherund französischer Sprache veröffentlicht hatte: „Orund-
^Pinien der Arithmetik des menschlichen Lebens nebst Winken für deren An-
wendung auf Geographie, Staat«- und Naturwissenschaft. Nebst IX Tabellen.
Landshut, 181 L XXXIV und 420 S," Die französische Ausgabe erschien
zu Paris 1812; eine Ergänzung bildete die „grosse Karte der beiden Hemi-
sphären" nebst kurzer Erklärung 1812, ebenfalls in den zwei Sprachen verfasst*
Der unstreitig geistreiche Verfasser will nicht nur das menschliche Leben auf
^sfeste arithmetische Gesetze zurückführen, sondern auch andere Gebiete des
^PViösens denselben Gesetzen unterwerfen; auf diesem Wege verwirrt er sich
in mathematische Phautasien; kein Wunder, dasa er deshalb, gerade wie bei
früheren Werken ähnlicher Art von 1808 unJ 1809, so auch jetzt ungünstige
Emgen erfuhr; sie verdienten nach seiner Meinung aber den Namen
'*) S. Boit^er^e 1, 25». - ^**) Ebenda S. 248» — '*^; Ebenda 8. 266.
MüMMbtr Imimm. frMiiiiiithu Bieiter mber Indtai fta mmm Bmtem.^
OmAtB ■MMirt äA m: ,WMa bm etmmal n Mkhei SpM fl^sebe, wU n*
fibM »lue OM« CS dadv m so du inacnl setoriiiMig mmd btUdi'^; . .
4f« DofeMIbnisg tsi BbseiM g«M Aib iaiir, wm Uigte «v ^^i* ^^ M^oa
0lwft* CjniiidMi Ittbe; ds» er aielil etamsl da reudiefaet ]fs»«dbipt mwi
KsftM, mioitiii beÜet beicihipuui ood bcfledit Im mA filtre. üttter des
JfMttikripi bl fidMdtt die ob« geniiote poGüielu) Scfaift n venidia.
Wir tteheii bd dem letstes BeenelMiT der für Goedie eehr bedeotMogt roll
und oflmb&r iboi lehr erwümefal wiTi dem des Solpiz Boisseree, aus desteg
Anfedebottflgeo Aber tetoe Uolerbatesgeii mit Goethe wir seboa iifter emMfat
AnsisniDgeD wn diesem sngefBbri hsben snd weiterhin sof&breii werden* Den
i{e eivIreckeD sieh Qber eioe lange Keihe tod Tagen aach über Wiesbsdai
bissun uu*i betreffen die mannigfaltigsieo Gegenstiodey die beide gerade be^
Wt^gteo oder sich ihnen zufällig darboten. \Vlr werden hier nur emigea
dsbso*
Rh halt« Uoge gedauert und grosser Mühe bedorft^ bis Goerbe*^),
Sinn gt\U7, auf da« Altertum gerichtet war, dahin umgeatrmrat wurde, da»» tr
auf die ganaj der mittelalterlichen Kunst zugewandte Richtung Boisserees, der ein
groimor IJewiinderer und Kenner derselben war, einging und msbesondere ftiek
daa^u herliesty durch lobende Erwühnung des grossen Domwerks tod Boisserr«^
dimtien Veröffentlichung zu fordern. AHmählich schlug das Herz unseres Diehi
für die Hache und I'or«oii de« rheinischen Kunstfreundes wärmer, das IGastrsiiea
gegen den Freund von Fr. Schlegel wich, und es erwuchs ein Bund herzlkber
Frc»undflchaft zwisolien den beiden so verschiedenen Männern. Im Jahre 1814
kam OS erst zu einer Begegnung in Frankfurt, von wo aus Boisseree den ultereo
Freund nach Ihudelhorg in seine und seinem Bruders Bertram Geroälde^am»*
lung geleitete; denn soweit hatte er ihn gewonnen, dass er wiederholt bririiich
den Wunsch aussprach die Heidelberger Schätze bewundern, sich deren erfreiieii
und durch sie heleliron zu können,***)
Im Jalire 1815 erfuhr Boisseree am 1, August^ als er Goethe «u \Ti
liaden nicht getroffen hatte, dann nach Schlangenbad und von da nach Schwalbscb
gegangen war, im durtigcu PoHthause, daää Goethe am Tage vorher dssell
m Mittag gegessen hatte, und erhielt am Abend einen Brief Goethes vom I
wurin er bedauerte, dass Boissertio ihn zu Wiesbaden verfehlt habe; er biHi
ihn, wäre es auch nur auf oino Viertelstunde, zu ihm zu kommen, eine
sprechung sei hüchst nötig.***) So erschien dieser denn sofort am 2. Attgnil'
Mittags; es war ein fröhlicher, herzlicher Empfang, wie er sagt. Was Oeeüi«
«un^chst büschäftigtCi war das Ersuchen des Ministers v. Stein, mit d
übou die Uheinreise gemacht hatte, dass er an Hardenberg ein Sehril
Ober die Kunst und die antiquarischen Angelegenheiten am Rhein v
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*•) Vorrtds I« d^n OrunithnuMi, S, XIX. Btu^Mr. u «. a. O. — *••► Dßiiti«r,^-
ÜMtfict Prsmidtrttrsbtii \t<(*s. s UuuMor« n. 8. J^G-3-l2; — ^*^ Id ,D)«)itBng und Wa
lii^ir, IL 0. Ilttoh, |}*12, — **' P MoinueTi^e II, 40 vom IX ttad 30. kmisum'
WlikAluMa^^ii au«. **^t äL Um Uai folgende tiach B, 1, Ü49 C
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IIB fi,.
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sollte; darüber wolle er ihn beraten. Er giog gleich darauf ein; man könne
as Schriftstück zugleich an Metternich schicken, Jera er uhnehin den Dank
für dea Orden schuldig sei; Hai*ptgrundsatz aolle sein» dass die KuDstwerke
und Alrertümer viel verbreitet würdea, jede Stadt die ihrigen behalte uod
iederbekomme. Vom Domwerk »olle gesprochen werden, von Allem, was
einzelne gethan und was zu erwarten sei, wenn die Unterstütärnng der Regierung
zu Hilfe komme. Dauo kam er auf die Farbeolehre, die ihm ja besonderd am
Herzen lag; »ie werde jedenfalls Anerkennung finden u* ». w. Am folgenden
Tag sprach er von einer neuen Ausgabe seiner Werke, der italienischen Reise, mit
deren Daratellung er eben beschtiftigt war, dem Divan, Spüfcer klagt er über
die Uuredlielikeit der Schlegel und Tieck; in den höchsten Dingen verlieren
und daneben Absichten haben und gemein sein, das sei schändlich. Schiller sei
ein ganz anderer gewesen, der letzte Edelmann, möchte man sagen, unter den
deutschen Schriftstellern, sans tache [irrtümlich at. tacho] et sans reproche.
Am Nachmittag des 3. August spricht er den Wunsch aus in die Gesell-
chaft der verrückten Hofräte aufgenommen zu werden ; der Spass sei allerliebst,
her man müsse ihm ein gutes ob, d, h, eine gute Begründung ins Diplom
eben, etwa ob varietatem scientiarum. Da sein Wunsch bald erfüllt wurJe
ollen wir hier einfügen, wie es mit dieser Gesellschaft stand, '*"^) Etwa im
alire 1809 stifteten in Prankfurt der Arzt Job, Chr. Ehrmann aus Strassburg*^*)
1749—1827) und der Philologe Prof Friedrich Christian xMatthiae (1763 bis
822)**^), zuletzt Direktor des Gymnasiums zu Frankfurt, aus eigner Macht-
vollkommenheit den Orden der verrückten Hofräte; der Orden legte den Mit-
gliedern, die sie ernannten, keinerlei Verpflichtung oder Leistung auf; es ge-
nügte irgend eine zufällige, unschuldige Eigenschaft oder Beschäftigung, eine
Eigentümlichkeit im Thun und Treiben^ um achtbare, hochgestellte Männer der
Mitgliedschaft für würdig zu erachten. Namentlich dem Spürsinn des sonst
sehr ehrenhaften und geachteten Ehrmann, der unter rauhem Äusseren ein treff-
liches llerz besass, entging nicht leicht die schwache Seite eines Ordenskandi-
daten. Die Diplome wurden stets unter dem K April ausgestellt^ mit grossem
Oblatensiegel versehen und mit dem Namen Timander^*^') unterzeichnet. Der
.Grund der Erneunucg wurde in kurzen treffenden Worten mit ob . . angegeben,
B. bei dem Heidelberger Creuzer mit ob pocula mystica, bei Jean Paul ob
iram et studiuni, bei Boisseree mit ob architectonice mensuratam in crepuscnlo
urrim Cathodralis Argentinensis. Goethe erhielt — denn nicht viel später erfolgte
eine Aufnahme — „Kai. Apr. MDCCCXV'^ — ob orientalisinum occidentalem.
Nicht alle nahmen die Sache so leicht auf, manche mit Verdruss, Es wurden
bis 1820 hundert Diplome ausgegeben» Im Jahre 1821 zog Ehrmann, der
beiläufig gesagt Schwager des Philologen Ph, Buttmann war, zu seinem Adop-
ivsohn nach Speyer, und so endigte der Scherz nach etwa einährigem Be-
stehen.
***) Crßizenftch» 8* 47. v* Leonliard, 8, 455, — '") BoUi-Gontard, Leben in
^'pftiikfurt VI, 15G. — >*^) Erk«t«iii, Nomentaator Philologonira 1s71, 8. aßl "^ Bo
L^hreilit Cr»*ijEonach, Lfonhiird TinRmler, Tiniander — El»rmiinji.
- - '-^^—
100
Aadere Gegeoßtände der interesB&nten Unterhaltungen beider Mi
»oUeo von uns an auderen Stellen angeführt werden, wie die über Pestaloa
(8. No. 8 unter de Laspee), über Goethes Verhältnis zu deioent Herso^
(b. No. 9), den Divan (No. 11). Freitag den Ih August verliessen beide Fremiile
Wiesbaden; auf der Weiterreise begleitete Boisaerie Goethe und schied
XU Würzburg am 9. Oktober von ihm. Sein erster Gang nach der Tr<HiDtiiig|
war in den Dom zum Gebet, gewiss auch für Gaethe, der auf der Reise
mehrfach unwohl gefühlt und den er „unter den frommsten Wünschen* yerlaasei]
hatte.**') Am IL Oktober traf Goethe in Weimar ein.
iD«Je
«i<^^V
8* Verkehr mit Einhelniischen,
^Du biBt SU oh am Kheio gewesen,
Audi am Hof tu Bieborioh;
Magst nun an dem Maine leaea^
Wie es luatig war um dieh."
Mit diesen Worten druckt der Dichter die Stimmung aus, die von
angenehmen Eindrücke« seines längeren Aufenthalts am Rhein und des Ver-
kehrs am gastlichen hers^oglicheu Hofe zu Biebrich, auch als er Wiesbadea]
verlassen hatte, noch fortdauerte. Nachdem wir im Vorhergehenden betrachtet^
haben, wie mannigfaltig sich der Verkehr mit Fremden und Bekannten ge-
staltet hatte, wollen wir nunmehr zu den Einheimischen^ den Rewuhnern im
uassauischeü Landes, übergeheo, von denen einige sein höchstes Interesse er^
regten oder sogar seine FreuQdschaft auch für die Folgezeit gewannen, Wtr|
begiunen mit dem herzoglichen Hofe.
1. Der herzogliche Hof ku Biebrich.
In dem Aufsatz „Kunstschatze am Khein* u. s. w. beisst es von Biebrich***):!
,,Nach sü vielen Ruinen alter und neuer Zeit, welche den Reisenden am Nieder*!
rheiu nachdeDkh'ch, ja traurig machen, ist es wieder die angenehmste Emp6u*|
duug ein wohlerhalteDes Lustschloss zu sehen, das, ungeachtet der gefahrlicbttett
Nachbarschaft (von der Festung Mainz) in völligem Stande von seinem Filrstenj
bewohnt, durch einen Hof belebt wird, der den Fremden des liberalsten E{ii*i
l>faügea genieasen lässt.**
Das Schloss war von dem Fürsten Georg August Samuel erbaut und mit
ihm die Anlage eines geschmackvolleu Parkes verbunden worden (seit 1704)**^;
68 steht noch im wesentlichen in seiner alten Gestalt; der Park hat veraehie
Veränderungen erlitten; die bedeutendste Umgestahung erfuhr er nach den Eat^l
würfen des genialen Gartenkuustters Friedrich Ludwig v« Skell in den Jalirfäl
1817 bis 1824.^''^) Dem fürstlichen Bauherrn war es nicht vergönnt gewoMsf
seiner Schupfung lange zu geniessen; er starb im Jahre 1721, nachdf^m
**^) 8, Boi»(*er<'e I, 29 L — "*) Auoh die Schreibung vun Biobrirl' ^
Tagsburh mit Biebenoli imd Bibrioh. — *'') Men^i^l, GeBühiobtü von N i
8p(ülfiiiinrif Animleti du» Verclru für »ass. Alturtoiiukiiiida XXI V, <H T - ^
tedn, Hheiuiüchi» OArteti 188C, H. Ul fl*.
- . Vit, n«
10t
kurz vor seinem Tode eine Hofkapelle hergerichtet worden war, m dem neu-
I erbautea Schlosse. Aber erst seitdem die Laodearegieriing im Jahre 1744 nach
Wiesbaden verlegt worden war, wurde es — fiir eine lange Reihe von Jahren
— die dauernde Resident des Fürsten und Herzogs'^*), bis Hers^ug Adolf in
dem seit dem Jahre 1839 erbauten Schlosse zu Wiesbaden seine Winterresi-
denz nahm*
In dem Parke liegt von einem Arme des dort angelegten Weihera um-
fangen die künstlich als Burgruine erbaute Mossburg. Hier hatte ein älteres,
im Jahre 1765 wegen Baufätligkeit zum Teil abgelegtes Gebäude gestanden^
die Burg oder eine Zeit lang nach dem Besitzer die Pentzenau genannt, welches
vordem an Beamte als Wohnsitz, dann als Erblehen ausgegeben worden war;
Herzog Friedrich August kaufte es im Jahre 1804 zurück und Hess an seiner
Stelle jene Burgruine errichten, die er selbst gern bewohnte und die jetzt noch
dem Park zur Zierde gereicht. ^*^) Sie zog auch Goethes Aufmerksamkeit
auf sich.
Die herzogliche Pamilie*^^ bestand zu der Zeit, als Goethe den Hof be-
suchte, aus dem regierenden Herzog Friedrich August (geb. 1788), seiner Ge-
mahlin Luise, Tochter des Fürsten Karl August Friedrich von Waldeck, ver-
mählt im Jahre 1775, und zwei Töchtern, Auguste (geb. 1778) und Friederike
(geb. 1784); zwei Söhne waren jung gestorben, ebenso eine zwanzigjährige
Tochter Luise im Jahre 1SI2; zwei andere Töchter waren vermähltj Luise im
Jahre 1791 an den Markgrafen Friedrich von Baden, Karoline Friederike an
den Herzog August von Anhalt-Köthen im Jahre 1792; doch wurde diese Ehe
im Jahre 1803 wieder getrennt, und die Geschiedene lebte von da an meist
zu Hochheim. Da der Herzog in früheren Jahren ohne Aussicht auf die Nach-
folge in der Regierung gewesen war, so hatte er auswärtige Dienste und zwar
der Sitte seines Hauses entsprechend in Österreich genommen und blickte auf
eine bewegte und ruhmreiche Vergangenheit zurück; im siebenjährigen Kriege
focht er mit Auszeichnung und errang z. B, bei Hochkirch durch seine Tapfer-
keit den Maria- Theresia-Orden; er stieg von Stufe zu Stufe und wurde 1780
zum FeldniarschalHieuteuant, 1790 zum Feldmarschall ernannt. In ruhigeren
Tagen lebte er in der Heimat^ meist zu Umngen, wo das Stammschloss seiner
Vorfahren stand, seit 1786 wegen seines Amtes als Direktor der Reichs Werbung
mehr zu Frankfurt a. M. Als im Jahre ISOO sich die Wahrscheinlichkeit steigerte,
dass er der Nachfolger seines Bruders Karl Wilhelm in der Regierung sein
werde, legte er diese Stelle nieder. Schon nach drei Jahren starb der Fürst
Karl Wilhelm und am 10. Juni 1803 zog Friedrich August als Fürst (seit 1806
Herzog) in seine Residenz zu Biebrich ein. Er wird als ein biederer Herr
geachitdert, geschmückt mit allen ritterlichen Tugenden seines Hauses, und zeigte
sich als einen wohlwollenden, für das Beste seiner Unterthanen eifrig sorgen-
den Regenten.*^) Ein Beweis des schönen Verhältnisses von Fürst und Volk
»"^^ Menzel, b. a. O. S. 427. - ***) Oitipteda. a. a. 0. S. m, FäleohlHi nalim wm
früher on» liier habe eine kaiserliche Burg gestanden. Vogelj Beschreibung ileg HerKOgftums
Naasau, S. 541. — "*) Meii?:ol a. a. 0., S, 907. — *^*) Men^cel a. a, O. an verftchieiienen
Stellen. Maria Feodora v. Dalbcrg, Au» dem Leben einer deutsdien Fiirstin, S. l ff.
8
H>2
ist folgender Vorgang: Der Herzog hatte in Übereinstimmung mil dem Fti
Friedrich Wilhelm von N.- Weilburg am L Januar 1808 die Lieibeigeoac
aufgehoben, am lO./H. Februar 1809 ein Gesetz betr. die Qleicbheit der Aii-
gabeu und Eiuführung eines direkten Steuersyatems und iDfolgedasä^n
l./ä. September 1812 ein weiteres betr. die Aufhebung der ultereu direk
Abgaben erlassen und dadurch die Uuterthanen mit lebhaftem Daokgefdhl
(ütU. Dieses offenkundig auszusprechen hatten die sämtlichen GerneindeD ii
Herzogtums sich entschlossen, durch eine Deputation von 60 gewählteji Ahg^
ordneten und 5 Amtmännern dem Herzoge Dankadressen zu überreicbeo mit
einer Denkmünze, welche das Andenken an diese wohlthätige UmgeatAltuii
erhalten sollte. So bewegte sich am K August 1813 diese Deputation ta
Wiesbaden^ wo sie sich versammelt hatte, nach dem Schlosse atu Biebrk
hier fand ^ich zugleich der Fürst von Weilburg ein^ und so nahmen beide Fi
die dankbare Huldigung der frohbewegten Abgeordneten entgegen. Da
wurde diese zur Tafel gezogen und ihnen fQr den Abend der freie Zutrilt
dem herzoglichen Hoftheater gewährt. Hier empfingen sie die höchsten H«
Schäften mit einem freudigen Lebe hoch!, in weiches das zahlreich verBarumeH
PubUkum einstimmte.**^)
Unter den Seinen waltete der Herzog als liebender Yater und gewann
es auf die vereinten Bitten seiner Gemahlin und Tochter über sich, die kaum gt*
schlüssene Verbindung der letzteren, der Prinzessin Auguste, mit dem Prini
Ludwig von Hessen-Homburg (2. August 1804) bald nachher wieder zu trenoeif
(13. Juli 1805), als er sah und horte, wie unglücklich sich die Tochter an der"
Seite eines zwar ehrenhaften und im Kriege erprobten, aber ungeliebten Mann»
fühlte, da ihr Herz einem anderen, dem Hofjunker und Lieutenant Friedrteii
Wilhelm v. Bismarck geborte; ja er gestattete in väterlicher Liebe die V«
bindung der Liebenden, die dann am 7. September 1807 geschloss ' h
vorliiuHg geheim gehalten wurde.^**^) Aber wahrend der langen l
der folgenden Zeit war Bismarck als Offizier der würtembergischen Truppen
so in Anspruch genommen, dass er erst im Herbste 1814 — mit den Khre»*
zeichen militärischen Ruhms bedeckt — zu seiner Gemahlin zurüokkel
konnte. In der Folge stieg er zu hohen Ehren und Würden empor und
nachdem er im Jahre 1846 seine Gemahlin verloren hatte^ im Jahre l(
zu Konstanz«
Wir haben dies vorausschicken zu müssen geglaubt, um den Kreia^ welelli
Qoethe hier vorfand, zu schildern. Denn sowohl während des SomiDera 181^
als 1815 war er fast jeden Sonntag Gast der herzoglichen Tafel Er erwähnt rwir"
nicht einzelner Persönlichkeiten des herzogliehen Hauses, aber lernte aie 4eber-
lich kennen, und wenn er auch nicht das Yerständnis und Intere^s^ an
ih»'
"•i Naw, Ifil«Lltg«n2b1iitt 1813^ No. 32 vom 7. August Hier finmi aioi buch tat«
•«hretbutt^ der kunstvoll gearbeiteten Denkmtliisto mit ihrco Kroblemco und iler Tm»mf^ 1»
wdeheri si« in dreifacher Prägung lUold, Tcrgoldetem Silber un^
überreicht wurde, Vergl FCti. ii,. Kurier iSiM, No. 83^, der AbiMi
i^t M 1^ %. Dnlberir H. U u. »2« S(*h«»artt, UiitlKraf K>
Homburg Hl, 5H.
103
inen Schöpfungen und Bestrebungen fand wie zu Weimar^ so war er doch
}ie)chbefriedigt von dem Empfange, der ihm in dem gastfreien Scblosae zuteil ward.
Zum erstenmale erschien er hier am 7. August 1814, wo er den Park
und das Ritteröchloss besuchte, dann am 14. und 21 , an welchem Tage er
auch den Pursten von Nassau- Weilburg Friedrich Wilhelm antraf. Wenn
dieser auch ein Mann von stärkerera Willen und durchgreifenderer Art war,
so regierte er doch in Eintracht mit seinem Verwandten die vereinigten nassau-
ischen Lande; denn bei dem voraussichtlichen Aussterben der herzoglichen
Linie mussten deren Besitzungen an die Weilburger fallen, und so war die
Regierung und Verwaltung der beiderseitigen Lande schon jetzt so geordnet
worden, dass alle Gesetze und Verordnungen in dem Namen der beiden Regenten
erlassen wurden. Am 25, begleitete Goethe seinen Herzog Karl August nach
Biebrich und nahm sicherlich auch hier am 28. die herzlichsten Glückwünsche
zu seinem Geburtstage entgegen. Nachdem er sich am IL September verab-
schiedet hatte, begegnete er am 12. auf der Reise nach Frankfurt der Herzogin
nebst Gefolge, die vielleicht ihre Tochter Auguste nach Frankfurt begleitet
hatte, um sie in die Arme Bismarcks zu führen ; denn hier pflegten wenigstens
früher die getrennten Gatten für die kurze Zeit des Urlaubes, den Bismarck
erlangen konnte, unter dem Schutze der herzoglichen Mutter zusamraenzu-
treifen.''^') Auch die Fürstin von Nassau^Weilburg, eine Tochter des
Burggrafen Georg zu Kirchberg, Grafen zu Sayn-Hachenburg, sah unser Dichter
zweimal zu Frankfurt, am 17* und 2L September; das Tagebuch meldet am
17.: |,zur Fürstin von Nassau**, am 2L: „Fürstin von Nassau/
Belebter war der Hof zu Biebrich im Sommer 1815. Dazu trug haupt«
sächlich bei, dass der Erzherzog Karl während dieser Zeit Gouverneur der
Festung Mainz war. Derselbe hatte sich im Laufe des Winters 1814/15 mit
einer Tochter des Fürsten Friedrich Wilhelm von Nassau- Weilburg, Henriette
Alexandrine Friederike (geb. 1797)^ verlobt, und dieses verwandtschaftliche Band,
welches auf herzlicher Zuneigung der Verlobten beruhte und eine glückliche
Zukunft der beiden voraussehen Hess, führte nicht nur den Bräutigam und sein
Gefolge mehrmals nach Biebrich, sondern auch den Hof von Weilburg und
andere Persönlichkeiten, So traf Goethe gleich bei seinem ersten Besuch,
Sonntag den 4. Juni, den Chevalier De Lort^*^) und Graf Künigl u. a. an.
Dieser, Graf Hermann v, Künigl, war Generalfeldwachtmeister der öster-
reichischen Armee und damals Artillerie-Direktor der Festung Mainz, später
dem k. k* Armeekorps in Frankreich zugeteilt; Joseph De Lort war Oberst
des 33. Infanterie-Regiments, aber dem Generalstab des Erzherzogs Karl zu
Mainz als Chef desselben zugeteilt; im Jahre 1818 hatte ihn Goethe zu Teptitz
am 5. August kennen gelernt, als er noch Oberstlieutenant im Generalquartier-
raeister-Stab war, und über eine Biographie, die er in Pinsk in eines reichen
Juden Bibliothek gefunden hatte, eine Unterhaltung gehabt**^); er muss unge-
>*^ Diin»«rg:, Ä, A. O. S. 168, 175, 176. — *") üoetlie adireibt de l'Or, er lieiaat aber
\m rMiturtekiiinch«!! ÖtaAUaoii^tuati^uiuti und in eirtem Aklenstuek des hieaigren Stiiattarnliivft
104
wubDlicheti HUerari»cheD Sion an ihm bemerkt haben, dexm er ütlte den Ter*|
kehr mit ihm fort, wie wir sehen werden.
Am U. Juni war Jer Erzherzog Karl selbst anwesend« ^Besafidere»
Glück, heitfst es m deo ADtialen 1815, ereignete «ich mir auch ac» BieberJclu
irulem des Ilerro Erzherzogn Carl K. H. die Gnade hatte, nach einem iotere^
]>ianti^n Gespräch, mir die BeschreibuDg Ihrer Feldzuge mit den hoebai geitan
und sauber gestochenen Karten zu verehren.'' Wie er diese Karten splter tm
seinem Zwecke zu ver\* enden wusgte, werden wir bei Gelegenheit der I*iihii»
ri'Jse <Xo. 9) erwähnen; für jetzt war er an den zwei folgenden Tageo mit d«r
Lektüre des Buches beschäftigt.
Am 18> und 25. Juni bildeten die Nachrichten vom Eriegaschaoplmixe
den Hauptgegenstand der Unterhaltung; an jenem Tage war ea ja» diua die
Ents^cheidung bei Waterloo erfolgte, von der man freilich noch ntehta winsm
konnte; kttum dass man vcm den vorhergehenden Kämpfen etwaü gehört baben
mochte. Aber es waren unbestimmte Nachrichten von dem bevurstebeadeji
Aufbruch der Mainzer Besatzung eingetroffen, an deren Stelle auch nassauische
Truppen einrücken sollten; der Befehl dazu erging indessen erst am 25. durch
das Gouvernement von Mainz, wurde aber alsbald wieder zurückgenommen. ^'^]
Am 25, war zwar der Sieg der Verbündeten bekannt geworden, doch feUCeo
noch genauere Nachrichten über die Verluste der naasauischen Tnippen; aod
Goethe nalim an den Sorgen und Befürchtungen der Nassauer und deiü Hei
innigen Anteil, Vergl, unten No* 9.
Sonntag den 2. Juli war Goethe nicht in Biebrteh, sondern speiste «fBr
sich/ Am 9. heisst es: ^iMittag Bieberich mit Lynckers,**^') Min. v. Stein«
Einladung/ Aus dieser kurzen Notiz konnte man ach Hessen, dass auch der
Minister v. Stein anwesend war und dabei Goethe einlud ihn zu Nassau an
besuchen^ doch lässt sich dies nicht sicher behaupten. Noch st^nd damals der
Minister v. Stein mit dem herzoglichen Hause auf freundlichem Fusse, und
unter seinem Beiräte und wesentlichen Einfluss war die nassauische Verfaasung»-
urkunde vom 1./2. September 1814 zu stände gekommen'^-), auch von ihm g«g»D
Angriffe auf dem Wiener Kongrejä.^e verteidigt worden, sodass ein Besuch an
dem herzoglichen Hofe nichts Unwahrscheinliches hat. Er.-tt vom Jahre 1816
an trübte sich das Verhältnis bis zum vollständigen Bruche.
Sonntag den 16. Juli „wurde ein allgemeines liankfest wegen des von den
verbündeten Heeren unter ausgezeichneter Mitwirkung der herzoglichen Trupjwn
bei Belle Alliance in den Niederlanden erfochteuen Sieges in allen Kirchen de»
Herzogtums mit den gewöhnlichen Feierlichkeiten* gehalten.'**') AU Text ßr
die Predigt in den Kirchen waren die Verse 14— 1() des 77* Psalms bestionfiit:
«(14). Gott, dein Weg ist heilig. Wo ist so ein mächtiger Gott» aU du^ Gott^
liiMt. (15). Du bist der Gott, der Wunder thut; du hast deine Macht beweiMt
unter den Volkern. (IB), Du hast dein Volk erlöset gewaltiglich, die Kinder
^•^} SUatiarohir »u WicttUadon. - ^^^) a H. 95. ^ >«*) Sauer, Dm Hencoftum Xi
bi dcQ Jahren It^ü)— 1H20, urvlvr AUschmtt V<«rordiiuiig vom b, Juli 1^15. V
iiuiii<«MAit Xu, iSi vum H. Juh IHi:»,
^^ 105
Jakobs und Josephs. Sela.** Zur Verherrlichung des Tages fand am Abend
eine Ilhimination des Qescilschafcdhauses, wie mau das Kurhaus damals nauiUo,
statt; es braartten 5100 Larapchor^ und ein Ball sdilos« sich an, bei welchem
ain zweites Orchester mitwirkte. Der herzogliche Hof feierte den Tag durch
BÜDe grosse Mittagstafel, zu der Erzherzog Kart mit dem ganzen QeneraKstab
und auch Goethe nebst dem Freiherrn v. Hügel geladen waren. Es waren
zu dem Feste Kanonen nach Biebrich gebracht worden, welche den nötigen
kriegerischen Lärm machen sollten. ^^) Nach seiner Rückkehr scheint unser
Dichter auch die Illumination sich angesehen zu haben. Mit dem Feste war
eine Oeldsammlung verbunden, deren Ertrag verwundeten Kriegern aus Nassau
und den nächsten Angehörigen der Gebliebeneu zugute kommen sollte; er
bolicf sich zu Wiesbaden auf etwa 400 fl , in ganz Nassau auf etwa 4700 H.;
der Herzog hatte 157 ft. 12 k. beigesteuert.'^'*)
Die beiden folgenden Sonntage war Goethe abwesend, erst am 6, x^ugust,
und da zum letzteuraale ist er in Biebrich. Anwesend war eine grosse Gesell-
schaft, ausser dem Erzherzoge der Hof von Weilburg, also auch wohl die Prinzessin-
Braut, und „Dillenburger Dienerschaft.** Am 17, September fand die Ver-
mählung des Brautpaares zu Weilburg in der (evangelischen) Stadtkirche durch
den geistlichen Eat Freiherrn v, Brakel nach katholischem Ritus statt; ein
Maskenball zur Feier des Tages schloss die Festlichkeiten. Die damals in
Freude und Heiterkeit versammelte fürstliche Familie sollte bald den Um-
schwung des Glückes erfahren. Das Jahr 1816 raffte rasch hintereinander den
Fürsten Friedrich Wilhelm am 9. Januar, den Herzog Friedrich August am
24. März und dessen Gemahlin Luise am 17. November hinw^eg. Seit dem
24. März regierte der junge Herzog Wilhelm (geb. 1792) allein die nassauischen
Lande bis zu seinem Tode 1839, wo ihm Herzog Adolf, jetzt Grossherzog von
Luxemburg, folgte. Seit dem Jahre 1866 steht das Schloss zu Biebrich unbe-
wohnt da; der Park entbehrt der früheren Pflege und wird nur durch fremde
Spaziergänger belebt, welche die schattigen Alleen und buschigen Pfade gern
aufsuchen.
Zum Schlüsse wollen wir auch die Kleinigkeit nicht unerwähnt la^^scn,
daas Goethe am 10. August 1815 an den Holfouricr Johann Stritt einen Brief
richtete. Derselbe mochte die Einladungen zur Tafel an Goethe besorgt haben
und verdiente dafür eine metallene Anerkennung. Ein Schreiben an den
Oborhoftnarschall L. w Bismarck zu Biebrich vom 10, September 1814 erwähnt
das Tagebuch; es scheiot persönlichen lohalts gewesen zu aeiu, da es in den
Akten des Hofmarschaltamts nicht enthalten ist.
2. Die höheren Beamten.
Als hochstehender Beamter eines kleinen deutschen Staates glaubte Goethe
den ihm an llang gleich- oder nahestehenden Männern Besuche abstatten zu
müssen. Dies geschah denn auch, aber nur wenigen ''*^^) ward diese Auszeichnung
'"*) Die Angaben Über die FesUiohkeiten imch »rchivalitchen Notizen. — »^*, Nüm. In-
toliigen^bL 1616 Oktober, -- ^^^'*) Über die Auswahl derselben vgl 8. 115.
102
i«t folgender Vorgang: Der Herzog hatte iü Übereinstimmung mit dem Pfir
Friedrich Wilhelm von N.-Weilburg ara K Januar 1808 die Leibeigeaact
aufgehoben, aoi 10./ U. Februar 1809 ein Gesetz betr, die Gleichheit der Ab-
gaben und Einführung eines direkten Steuersystems und infolgedeeseo tm
K/3, September 1812 ein weiteres betr. die Aufliebung der alterea direkten
Abgaben erlassen und dadurch die Unterthanen mit lebhaftem Dankgefühl er-
füllt. Dieses oftenkundig auszusprechen hatten die sämtlichen Gemeindea det
Ker/ogtums sich entschlossen, durch eine Deputation von 60 gewähUeo AI
ordneten und 5 Amtmännern dem Herzoge Dankadressen zu überreichen
einer Denkmünze, welche das Andenkon an diese wuhlthätige Umgestaltui3|(
f^rhalten sollte* So bewegte sich am K August 1813 diese Deputatiou von
Wiesbadeu, wo sie sich versammelt hatte, nach dem Schlosse zu Biebric
hier fand sich zugleich der Fürst von Weilburg ein^ und so nahmen beide Fürst«
die dankbare Huldigung der frohbewogten Abgeordneten entgegen. Darauf
wurde diese zur Tafel gezogen und ihnen für den Abeud der freie Zutritt xu
dem herzoglichen Hoftheater gewährt. Hier empfingen sie die höchsten Herr-
Schäften mit einem freudigen Lebe hoch!, in welches das zahlreich versammelt«!
I'ublikum einstimmte.*^*)
Unter den Seinen waltete der Herzog als liebender Vater und gew«
es auf die vereinten Bitten seiner Gemahlin und Tochter über sich, die kaum gi
schlossene Verbindung der letzteren, der Prinzessin Auguste, mit dem Frifi2€ii
Ludwig von llessen-Homburg (2. August 1804) bald nachher wieder zu trenneo
(13. Juli 1805). als er sah und hörte, wie unglücklich sich die Tochter an d«
Seite eines zwar ehrenhaften und im Kriege erprobten, aber ungeliebten Mann«
fühlte» da ihr Herz einem anderen, dem Hofjuoker und Lieutenant Friedrich
Wilhelm v, Bismarck gehörte; ja er gestattete in väterlicher Liebe die Vc
bindung der Liebenden, die dann am 7. September 1807 geschlossen, jedu^
vorlaufig geheim gehalten wurdeJ*^) Aber während der langen Kriegsjabre
der folgenden Zeit war Bismarck als Offizier der würtembergischen Truppen
«o in Anspruch genommen, dass er erst im Herbste 1814 - mit den Ehroo-
xeichen militärischen Ruhms bedeckt — zu seiner Gemahlin zurückkehreil
konnte. In der Folge stieg er zu hohen Ehren und Wurden empor und «tarb,
nachdem er im Jahre 1846 seine Gemahlin verloren hatte, im Jahre lö€
zu Konstanz.
Wir haben dies vorausschicken zu müssen geglaubt^ um Jen Kreis, welcheo
Goethe hier vorfand, zu schildern. Denn sowohl während des Sommers 1814
als 1815 war er fast jeden Sonntag Gast der herzoglichen Tafel. Er erwähnt zwar
nicht einzelner Personlicbkeiton des herzoglichen Hauses, aber lernte sie sicher*
lieh kenneu, und wenn er auch nicht das Verständnis und Interesae an alleo
^^\ Niua, tni«l|[^«nstblall 1S1.H, No* ^2 vom 7. Auguil. Hi«r findet sich ftueh d&« B«-
noliroibuii^ d«r tcutiiitvi>n ^v«riteltetcti Üerikmäjue mit Fhren Kmblemcu und der Toueo« in
wekb^ii sie in dreifiMshor Prägung lüald, vergoldetom Hübrr und HilUer) deti beiden FQnUm
aberrei<}ht wurd«. Vnr^l. Hh*s'm. Kurier 1$94, No. 3Ü9, der Ab««ndftUA|r«be xwoitvH liktt.
»•*> M, h\ X. Dukberi;, A II O S, 11 u. ßtj 8rhw«flf, LiiidjfrJif Fricdritdi V. vuq fIcM»i|.
Uofnbufg 111, TiM.
sein
■ hoci
I
I
I
1
108
semen Schöpfuugen und BentrebuugöD fand wie zu Weimar, so war er doch
hochbefriedigt von dem EmpfaDge, der ihm in dem gastfreien Schlösse zuteil ward.
Zum erstenmale erschien er hier am 7. August 1814, wo er den Park
das Ritterschloss besuchte, dann am 14. und 21 , an welchem Tage er
auch den Fürsten von Nassau- Weilburg Friedrich Willi elm antraf. Wenn
dieser auch ein Mann von stärkerem Willen und durchgreifenderer Art war,
so regierte er doch in Eintracht mit seinem Verwandten die vereinigten nassau-
lachen Lande; denn bei dem voraussichtlichen Aussterben der herzoglichen
Linie raussten deren Besitzungen an die Weilburger fallen, und so war die
Regierung und Verwaltung der beiderseitigen Lande schon jetzt so geordnet
worden, dass alle Gesetze und Verordnungen in dem Namen der beiden Regenten
erlassen wurden. Am 25. begleitete Goethe seinen Herzog Karl August nach
Biebrich und nahm sicherlieh auch hier am 28, die herzlichsten Glückwünsche
zu seinem Geburtstage entgegen* Nachdem er sich am 11. September verab-
schiedet hatte, begegnete er am 12. auf der Reise nach Frankfurt der Herzogin
nebst Gefolge, die vielleicht ihre Tochter Auguste nach Frankfurt begleitet
hatte, um sie in die Arme Bismarcks zu führen ; denn hier pflegten wenigstens
früher die getrennten Gatten für die kurze Zeit des Urlaubes, den Bismarck
erlangen konnte, unter dem Schutze der herzoglichen Mutter zusammenzu-
treffen.*^^) Auch die Fürstin von Nassau -Weilburg, eine Tochter des
Burggrafen Georg zu Kirehberg, Grafen zu Sayn-Hachenburg, sah unser Dichter
zweimal zu Frankfurt, am 17. und 21. September; das Tagebuch meldet am
17.: „zur Fürstin von Nassau**, am 2L: „Fürstin von Nassau.**
Belebter war der Hof zu Biebrich im Sommer 1815. Dazu trug haupt-
sächlich bei, dass der Erzherzog Karl während dieser Zeit Gouverneur der
Festung Mainz war. Derselbe hatte sich im Laufe des Winters 1814/15 mit
einer Tochter des Fürsten Friedrich Wilhelm von Nassau- Weilburg, Henriette
Alexandrioe Friederike (geb. 1797), verlobt, und dieses verwandtaehaftliche Band,
welches auf herzlicher Zuneigung der Verlobten beruhte und eine glückliche
Zukunft der beiden voraussehen Hess, führte nicht nur den Bräutigam und sein
Gefolge mehrmals nach Biebrich, sondern auch den Hof von Weilburg und
andere Persönlichkeiten* So traf Goethe gleich bei seinem ersten Besuch,
Sonntag den 4. Juni, den Chevalier De Lort^^"^) und Oraf Künigl u. a* an.
Dieser, Graf Hermann v. Künigl, war Generalfeld Wachtmeister der öster-
reichischen Armee und damals Artillerie-Direktor der Festung Mainz, später
dem L k. Armeekorps in Frankreich zugeteilt; Joseph De Lort war Oberst
des 33* Infanterie^Regiments, aber dem Generalstab des Erzherzogs Karl zu
Mainz als Chef desselben zugeteilt 5 im Jahre 1813 hatte ihn Goethe zu Teplitz
am 5. August kennen gelernt, als er noch Oberstheutenant im Generalquartier-
meister-Stab war, und über eine Biographie, die er in Pinsk in eines reichen
Juden Bibliothek gefunden hatte, eine Unterhaltung gehabt**^); er muss unge-
'*'^ DaJber^i *. a, O. 8. IG8, HD, 176. — '**) Ooetbe aolireibt de TOr, er heisat aber
im odierreiclitflcheo StaaUsohciiiiaHttrinis iin«! in einem AktenstOek des liiesigen StaatsArnhivi
ht» l^irt, - '^*f Tftgt'btJüb, 8. 0«.
8»
102
bgS
ht folgeöder Vorgang: Der Herzog hatte in Übereinstimraong mit dem Fürstwi
Friedlich Wilhelm von N.- Weilburg am K Januar 1808 die Leibeige-oschd:
aufgehobGü« am 10,/ 14, Februar 1809 ein Gesetz betr, die Oleichheit der Ab*
gaben und Ktnfuhrting eines direkten SteuerBystems und infi^lgoded»eii am
\^/'d, September 1812 ein weiteres betr, die Aufhebung der älteren direktwi
Abgaben erlassen und dadurch die Unterthanen mit lebhaftem Dankgeföhl
füllt. Dieses oftenkundig auszusprechen hatten die sämtlichen QemeiodeQ
Herzogtums sich entschlossen, durch eine Deputation von 60 gewählten AI
ordneten und 5 Aratmiinoorn dem Herzoge Dankadressen zu überreichen
einer Denkmünze, weiche das Andenken an diese wohlthätige Umgestaltung
erhalten sollte. So bewegte sich am 1. August 1813 diese Deputation tob
Wii^sbaden, wo sie sich versammelt hatte, nach dem Schlosse zu P* * * ':
hier fand sich zugleich der Fürst von Weilburg ein, und so nahmen beide l ^...: 2
die dankbare Huldigung der frohbewegten Abgeordneten entgegen, Darai
wurdo diese zur Tafel gezogen und ihnen für den Abeud der freie Zuiriti tu
dem herzoglichen Hoftheater gewährt. Hier empfingen sie die höchsten Hei
Schäften mit einem freudigen Lebe hoch!, in welches das zahlreich Yer4i4inini
Publikum einstimmte.'*^)
Unter den Seinen waltete der Herzog als liebender Vater und ge
es auf die vereinten Bitten seiner Gemahlin und Tochter über sich, die kaum
schlossene Verbindung der letzteren, der Prinzessin Auguste, mit dem Prinzen
Ludwig von Hessen-Homburg (2. August 1804) bald nachher wieder zu trenoei
(13. Juli 1805), als er sah und hörte, wie unglücklich sich die Tochter an d(
Seite eines zwar ehrenhaften und im Kriege erprobten, aber ungeliebten Mannet^
fühlte, da ihr Herz einem anderen» dem Hofjunker und Lieutenant Priedrici
Wilhelm v. Bismarck gehörte; ja er gestattete in väterlicher Liebe die Ver-
bindung der Liebenden, die dann am 7. September 1807 geschlossen, jedoch]
vorläufig geheim gehalten wurdeJ"*^) Aber während der langen Kriegsjab
der folgenden Zeit war Bismarck als Offizier der würtembergischen Truppen
so in Anspruch genommen» dass er erst im Herbste 1814 — mit den Bhreo*
zeichen militärischen Ruhms bedeckt — zu seiner Gemahlin zurückkehren
konnte. In der Folge stieg er zu hohen Ehren und Würden empor und sUrb,
nachdem er im Jahre 1846 seine Gemahlin verloren hatte, im Jahre 180O
zu Konstanz.
Wir haben dies vorausschicken zu müssen geglaubt, um den Kreia^ welchen
Qoethe hier vorfand, zu schildern. Denn sowohl während des Sommer« 181
als 1815 war er fast jeden Sonntag Gast der herzoglichen Tufel. Er erwähnt zwa
nicht einzelner Persönlichkeiten des herzoglichen Hauses, aber lernte sie sicher-
iich kenneu, und wenn er auch nicht das Verständnis und Intererao an allen
^^) N«ti. Ifiielligenjüilntt IHia, No. liS vom 7. Auguat. Hbr Bndt^t tieh aueh di« Ito*
iiclir«ihung tler kuiiAtvoU givarl leiteten Denkmtlnjie mit ihren Knibloiiien and der Vaiaa,
nclntipu »i« in ^relf achter Prügiirig lUold, vergoldnteiu 8ilbcr und Silber ) d©n boidrii fUnint'
ab4»rreiobr wurde. Vergl. KhiMii. Kurier 18t44, No. 339, üer Ali^uduuiiet^bit iiweiU« Bktl —
*^*t M. F. y, lltttberir, 11. a (> M. 1 1 u. *V2. HehirftrU, LaiidgrAf KHf driidi Y. von Hmmu*
lluaiburg üt, fiJ<,
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108
seinen 9oh5pfuügeQ und BestrebuugeD fand wie zu Weimar, so war er doch
hochbefriedigt von dem Empfange, der ihm in dem gastfreien Schlosse zuteil ward.
Zum erstenmale erschien er hier am 7, August 1814, wo er den Park
und das Ritterschloss besuchte, dann am 14. und 21., an welchem Tage er
auch den Fürsten von Nassau-Weilburg Friedrich Wilhelm antraf. Wenn
dieser auch ein Mann von stärkerem Willen und durchgreifenderer Art war,
so regierte er doch in Eintracht mit seinem Verwandten die vereinigten nassau-
ischen Lande; denn bei dem voraussichtlichen Aussterben der herzoglichen
Linie raussten deren Besitzungen an die Weilburger fallen, und so war die
Regierung und Verwaltung der beiderseitigen Lande schon jetzt so geordnet
worden, daas alle Gesetze und Verordnungen in dem Namen der beiden Regeuten
erlassen wurden. Am 25, begleitete Goethe seinen Herzog Karl August nach
Biebrich und nahm sicherlich auch hier am 28* die herzlichsten Glückwünsche
zu seinem Geburtstage entgegen. Nachdem er sich am IL September verab-
schiedet hatte, begegnete er am 12. auf der Reise nach Frankfurt der Herzogin
nebst Gefolge, die vielleicht ihre Tochter Auguste nach Frankfurt begleitet
hatte, um sie in die Arme Bismarcks zu führen ; denn hier pflegten wenigstens
früher die getrennten Gatten für die kurze Zeit des Urlaubes, den Bismarck
erlangen konnte, unter dem Schutze der herzoglichen Mutter zusammenzu-
treffen. '^0 Auch die Fürstin von Nassau-Weilburg, eine Tochter des
Burggrafen Georg zu Kirchberg, Grafen zu Sayn-Hachenburg, sah unser Dichter
zweimal zu Frankfurt, am 17. und 21. September; das Tagebuch meldet am
17.: „zur Fürstin von Nassau", am 2L: „Fürstin von Nassau.**
Belebter war der Hof zu Biebrich im Sommer 1815. Dazu trug haupt-
sächlteb bei, dass der Erzherzog Karl während dieser Zeit Gouverneur der
Festung Mainz war. Derselbe hatte sich im Laufe des Winters 1814/15 mit
einer Tochter des Fürsten Friedrich Wilhelm von Nassau- Weilburg, Henriette
Alexandrioe Friederike (geb. 1797), verlobt, und dieses verwandtschaftliche Band,
welches auf herzlicher Zuneigung der Verlobten beruhte und eine glückliche
Zukunft der beiden voraussehen Hess, führte nicht nur den Bräutigam und sein
Gefolge mehrmals nach Biebrich, sondern auch den Hof von Weilburg und
andere Persönlichkeiten, So traf Goethe gleich bei seinem ersten Besuch,
Sonntag den 4. Juni, den Chevalier De Lort****) und Graf Künigl u. a. an.
Dieser, Graf Hermann v. Künigl, war Generalfeldwachtmeister der öster-
reichischen Armee und damals Artillerie-Direktor der Festung Mainz, später
dem k. k, Armeekorps in Frankreich zugeteilt; Joseph De Lort war Oberst
des 33. Infanterie-Regiments, aber dem Generalstab des Erzherzogs Karl zu
Mainz als Chef desselben zugeteilt; im Jahre 1813 hatte ihn Goethe zu Teplitz
am 5. August kennen gelernt, als er noch OberstUeutenant im Generalquartier-
meister-Stab war, und über eine Biographie, die er in Finsk in eines reichen
Juden Bibliothek gefunden hatte, eine Unterhaltung gehabt"^^); er muss unge-
**^) Dalberg, a. a. O. S. 168, IT5, 176- — '") QoeÜie schreibt do lOr^ er heiist aber
im iktcrreichii$ch«o 8tatiU4»ohematiimii9 und in eioem Akteoatürk dea hientg^ei] dtaatänrchivst
De Lart.
Ttigcbutih, 8. CG.
S*
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aprochen und Cramers MineraUensammlung besichtigt; aus dem folg^eorien Etn-
trag dcö Tagebuchs scheint hervorzugehen, dass Cramer sein Werk über Alien-I
kirchoD Goethe mitgeteilt, vielleicht zum Geschenk gemacht hat. Im Goetli«^''
Archiv zu Weimar findet aieh ein Faszikel mit der Aufschrift „Geognosta und
Oryktoguosie des Herzogtume Nassau 1814^, in welchem sich Aufzeichnuiigüo
meist von Cramers Iland^ die mineralogische Litteratur Nassaus betreffend,
Suitenverzeichnisse und eine Übersicht über Cramers Mineraliensammluog t^
finden.»»^)
8. August „Altenkirchen von Cramer/ vor dem Bad; Goethe eraSSnötel
also seine Tagesarbeit — nach einem vorher angemerkton Besuche Zelters —
mit der Lektüre von Cramers Buch über AUenkirchen. Nach der Mittagi»tarel
bei Minister v. Marschall heisst es: „Bei Bergr. Cramer" , und am Schlüsse:
„NB. Moltern. Borgm. Ausdruck. Siehe Cramers Beschreibung des Nasa. Us»
Berg pp. Wesens 1805, p. 86 § 55. Moll kauten.'^') Moll Maulwurf. Moll-
hubel MaulwurfshügeL" Diese ihm unbekannten Worte entnahm Goethe der
bezeichneten Stelle, v^^o es heisst: „Höchst wahrscheinlich geschah die allererste
Arbeit unter der Oberfläche der Erde mit sogenanntem Moltern oder mh
Aufsuchen der von Hauptgängen abgeworfenen Geschiebe. Dies war jedoch
wohl hauptsächlich oder vielmehr ausschliesslich bei den wichtigsten Eisensteiu*
gäogen der Fall . . . Dass das sog. Moltern in der Vorzeit geschehen sein soll,
beruht freilich blos auf mündlichen Sagen, die aber . . . durch das Ansehen der
Erdoberfläche in der Nähe wichtiger Gisensteingänge volle Glaub würdigkail
erhalten . . . Man sieht hier mehrere hundert, ich möchte wohl sagen tausend
kleine Vertiefungen oder Kauten (hier sog. Mollkauten), woraus jene Greschtebe
gefördert wurden/ Nachdom dann als Zeitgrenze in § 56 der Anfaiig des
16. Jahrhunderts vermutet ist, wird das Wort moltern auf Moll s= Maulwurf
zurückgeführt, indem Moll ein provinzieller Ausdruck für dieses Tier sei und
seine aufgeworfenen Hügel MoUhübel genannt würden. Hier haben wnr alle
von Goethe angemerkten Worte wieder. Wir können uns übrigens der Detituog
und Ableitung der Worte, wie sie Cramer hinstellt, nicht ganz antscbliev^im.
Moltern freilich wird nicht von Molter zu trennen sein, einem Wort, welch»
noch in Hessen und Nassau"") neben Moltruff, Molteroff u, a. statt de« hooii-
deutschen Maulwurf vorkommt, ursprünglich Moltwerf ^ das die Erde, M0II4&,
aufwerfende Tier'*^); von diesem Molter kommt dann auch Molterhauf = mn
vom Maulwurf aufgeworfener Hügel****) und Molterhübel. Aber mit Moll jicbeiiil ^j
GS anders zu stehen; es wird zwar dialektisch in einzelnen Gegenden Mol^^l
eigentlich Molch, Eidechse, statt Maulwurf gebraucht*^*)* aber in dem Sayui- '
sehen Gebiet soll dies nicht der Fall sein, wie von glaubwürdiger, der dortig^ti
Landessprache kundiger Seite versichert wird.*^*) Hingegen ist die Herleitung
*•**; Aoinerkung nun Ta^Uitcli, 8. 356, — '"*) 80 iiiuse gelesen werd«ii, nicht Moli*
kannten, wie dw T«gebucli hut* 8. die gleich folgende Stello aus Cnuners Work, — "»» Keiir^
ein, Volkssprache und Wörterbuch in Kiwi«ti, 8. 281. — ^'"i Lexer, MIUelhiK'htieutBeliü
Wörterbuch III, T40. Heyne in Orimnit dentsehem Wörterbuch VI, 2177. — *"y Kehrvtii,
8. 282, " ^**) Lexer, u. d. Wort, tlejne in QHminf deoiMhoai Wdrterbaoh VI, 2476v ^
*•*) Auch Kobrein hat dw Wort nicht.
4
111
doa WortöB Moll kaute von mhd, Molte oder Multef jetzt Mulde, Staub, Erde
an sich viel eiDleuclUeuder und vurständlichor, also ^ Erdkaute, und Moll-
liübel =^ Erdhügol. Doch wir kehren nach dieser Abschweifung zu unserer
Aufgabe zurück.
Am n, August begleitete Cramer seinen neuen Freund zu de Laspoe. ^^^j
Am 10. August sagt das Tagebuch: „Zu Bergr. Cramer. Steinarten bis zu
Ende**; am IL: „Bei Bergm, Cramer"; am 12.: „Carte von Allenkirehen.*^
Eine Karte von Altenkirohen ist dem Buche von Cramer nicht beigegeben, aber
in einem Faszikel ttes Goethe- Archivs zu Weimar, „Papiere auf die Reise am
Rhein, Mayn und Neckar im Jahre 1844, bezüglich^, befindet sich u. a.
verzeichnet**'); „Charte von Altenkirchen. Bergrath Cramers Literatur jener
Bergwerke/ An demselben Tage; „Zu Berg. R. Cramer. Marmor Tische. Be-
sonders Kupfer Stufen." — 13. August: „Bey Oberbergr. Cramer. Bley'*;
Sonntag den 14.: „Mit 0. B. R. Cramer zurück*' von Biebrich. Die folgenden
Tage, 15., 16. u. 17., nehmen den Ausflug nach Rüdeshoim und zu dem Rochus-
fest in Gesellschaft von Cramer und Zelter ein; am 19. heisst es wieder: „Bey
Cramer, Die letzteren Metalle"; am 20.: „Zu Bergr. Cramer**, Sonntag den 21.:
yjBerg R. Cramer**, den 22.: „Bey Cramer**, den 23.: „Bey Cramer catalogirt.
Im Garten,* Nach einer Pause während der Anwesenheit des Grossherzoga
und anderer Besuche kommt erst am SO, Cramer wieder zu Goethe, und, nach
dessen Rückkehr aus dem Rheingau, am 9. September mit Hnudeshagen, in
deren Begleitung er einen Spaziergang zu den „Kalksteinbrüchen des Muhl-
thalea" macht; am 10. hilft des Morgens Cramer die Mineralien, die Goethe
gesammelt hatte, einzupacken^ des Nachmittags die Kasten zuzuschlagen;
den letzten Abend vor der Abreise, Sonntag den 11., widmet der scheidende
Gast dem zurückbleibenden neugewonnenen Freunde, wohl wie im folgenden
Jahr in der Familie.
Hatte mit der Abreise Goethes auch der persönliche Verkehr, den, wie
man sieht, dieser noch mehr aufsuchte als Cramer und bei dem er mehr der
Empfangende als Gebende war, für jetzt aufgehört, so blieb die einmal ange-
knüpfte Verbindung doch bestehen. Am 23. September schreibt Goethe einen
Brief zu Frankfurt an Cramer und übersendet ihm eine Kupferlasur von Chesy,
und der Anfang des neuen Jahres vergeht nicht, ohne dass sie einander be-
grüBsten, Goethe am 9. Januar 1615, Cramer am 8. Februar.
Nicht ungleich verlief der Sommer 1815, nur dass man jetzt den Bedürf-
nissen nach geselliger Unterhaltung und Spaziergängen mehr Rechnung triijzt,
ohne jedoch der Wissenschaft Abbruch zu thun. Namentlich wird jetzt der
Qeisberg vielfach das Ziel der Ausgänge. Nach dem ersten Besuche Goethes
am 28. Mai und dem Gegenbesuche Cramers am 29. folgt am 30. sogleich ein
Spaziergang auf den Geisberg, ebenso am L Juui^ wo man „spät herein" kam.
Am 2. wurden „Mineralien besichtigt, Rheinbreitenbacher *^^ Produkte, phosplior-
B[aures] Kupfer, dergl. Bleye^ blätteriger Malachit'^; am 3. ist die Rede von
**^/ 8. untufi bei de L»«p4e. ^ **•) Anmerkutnj tum Tiigebuob, H. 35«. — ""*^ Kheiu-
breitbaoli, Dorf im Amtsbestirk Neuwied.
* --^
atid zierlich darchbrocheüen Gallerien); am 13. betrachtet Ooethe bei Hunfa*
hagen'**') eine grosse Stromkarte des Rheins. Von da an bis zum 9. September
stockt der Verkehr; an diesem und dem folgenden Tage ist der Nauie
hagen wieder im Tagebuche notiert.
Im Winter des Jahres 1815 schickt Hundeshagen au Ooetbe etni
druck seines Planes von Mainz, „den ersten, welcher aus meioeu
kommt*, 80 berichtet er in dem Brief vom 15. Februar 181 5"*) ; „muchtoi
Ihren herrlichen Ideen, fügt er bei, und umfassenden durchdringendeo B^griflft
das Resultat meiner umfassenden Beschäftigungen wenn auch im kleimta
Ma988tabe anschliessen, dann könnte ich ihm für mich den grussten Wert
logen. ^ Zugleich bittet er um Verteilung einiger beiliegenden Ehcemplai^
Werkes an Weimarer Freunde, ein Wunsch, dem Goethe entsprach.
Im Sommer 1815 erscheint sein Name weniger häufig im Tagebirel
27* Mai, 2., 5., 17. Juni und 5, August), auch sind die Gegenstände der Ijoö
baltung nicht angegeben; doch wir würden irren, wenn wir annehmen wollt
der Verkehr sei minder lebhaft gewesen. Goethe las in diesem Jahr rorndm^
lieh wahrend des Monats Juni, wie er im Tagebuch bemerkt und in auderwili
mitteilt, eine Reihe der Gottinger gelehrten Anzeigen und anderer Zeitschr
oder Bücher, die er der Bibliothek entnahm, teils wie es scheint, in dem Loki
derselben, teils in seiner Wohnung, wie daraus hervorgeht, dass er aucb
Sonntagen mit deren Lektüre beschäftigt ist. Wir dürfen annefameo, dass dii«
Werke, welche bergmännische Sachen behandeln, meist der Bibliothek Craiii49%
die anderen der öffentlichen Bibliothek angehörten; danach wird man bf«ttrteifeQ
können, welche Schriften in unserem Verzeichnisse unter Lektüre fXo. 10)^
Diensten von Hundeshagen verdankt wurden.
Wir lassen nunmehr die Äusserungen Goethes über Hundeätiageo
die Bibliothek folgen. In dem Aufsatze über die ^Kunstscbät^e am Rl
u. s« w, sagte er: „Hier [in Wiesbaden] ist in gedachter Hückaicht [Saiiimlttii|{f9
und Bibliotheken] schon viel geschehen und mehrere aus Klöstern gi^wooiMriM
Bücher in guter Ordnung aufgestellt. Ein altes Manuskript^ die Visionen d€r
heiligen Hildegard enthaltend, ist merkwürdig/^) Was neu in dieser As
angeschafft wird, hat Torzüglicb den Zweck die Staatsdiener mit dem Lunreod^
der litterarischen und politischen Welt bekannt zu machen/^^) Sämtliche
ungen und Journale werden deshalb vollständig und in bester Ordnung g^chaltc
Dieses geschieht unter der Aufsicht des Herrn Bibliothekar Hundeehage
"Welcher dem Publikum schon durch die Bemühungen um den Palast Friedricli]
SU Gelnhausen rühmlich bekannt ist. Leider ist die ganze volleodel« Auaga
rt«eil^Q
m
tfacUB
'"^) Kr wohnt« in dem Geblude, weiches Auch die Bibliothek Uf»herbergt#»
SchkiMt taulich kei teil eof dem Markte, die spiter niedergelegt wurden; im Jaiir# IR21
Bihltothek in dai Miueiuftt and iwar in mehrere Zimmer ebener Erde, THf»(; in Slirt jeitagm
Riamlichketten. — ^ aoethe-Jahrk Yl, 126. — ^) k. ?, Linde, Die HaadaolbnaMi te
KSm$l t^andesMhltoibek so Wietbadeo. — F. W. E. Roth, Die Codice« de« SeiTlaa m. a. \
In dan Quartal blAttem dee liiator, Ver. f. d, Uroesherr. Hessen tSS7, S IM ff, — ^
Ven»rdiuuif Tora i2. Oktober 1813 im VerordnungshlaU 1^13, 8. 57, und die Voraii) r
Zweek, Einrit^htung und Getiraut*h der GffrnlÜrhen Bibliothek tu WiesbadM tont 1.
ISN im AUg. IntJiUigcnjihlr»* '-w «^ 't
117
Werkes bei dem Bombardemeot von Hanau verbrannt, wiewohl die
Kupfertafeln gerettet wurden; deshalb man die Hoffnung nähren kann, dass
die günstigere Zeit auch die Reife dieses Werkes befördern werde* Der Plan
der Festung Mainz, von jenem talentvollen Manne herausgegeben, zeugt nicht
weniger von Fleiss und Oeschieklichkeit," Und in den Annalen von 1815
heiaat esi „In Uterarischer Hinsicht forderten mich iiicht wenig Göttinger
Anzeigen, deren ich viele Bände auf der Wiesbadener Bibliothek antraf und sie,
der Ordnung nach'*'), rait gemüthlicher Aufmerksamkeit durchlas. Hier wird
man erat gewahr, was mau erlebt und durchlebt hatte und was ein solches
Werk bedeute, das mit Umsicht aus dem Tage entsprungen in die Zeiten fort-
wirkt. Es ist höchst angenehm, in diesem Sinne das längst Geschehene zu
betrachten. Man sieht das Wirkende und Gewirkte schon im Zusammenhange,
aller mindere Werth ist schon zerstoben, der falsche Antheil des Augenblicks ist
verschwunden, die Stimme der Menge verhallt, und das überbliebene Würdige
ist nicht genug zu schätzen."
Auch in dem Reisebericht an P. A. Wolf vom November 1814 spricht
sich Goethe anerkennend über Hundeshagen aus, indem er sagt: ^Herr Haupt«
mann und Bibliothekar Hundeshagen hatte zugleich durch antiquarische, artistisch*
literarische Mittheilung am Vergnügen und Nutzen, die ich aus meinem Aufent-
halt zog, den grössten Antheil.**
Die Hoffnungen freilich, die der talentvolle junge Mann in ihm erweckt
hatte, erfüllten sich nicht. Derselbe richtete in den folgenden Jahren noch
mehrere Briefe an Goethe, in denen er von seinen wissenschaftlichen Be-
schäftigungen, insbesondere dem Funde eines Nibelungen-Kodex und der Blos-
legung eines römischen Bades zu Wiesbaden, Mitteilung macht; aber er
klagt auch bald über Zurücksetzungen, die er zu erdulden habe, Ende des
Jahres 1817 wurde er aus seinem Amte zu Wiesbaden entlassen und siedelte
zunächst nach Mainz, dann nach Bonn über, wo er Vorlesungen an der Universitil
hielt und eine Professur zu erlangen hoffte. Noch bis zum Jahre 1825 finden
sieh einzelne Briefe an Goethe vor, der aber dann von dem ,iruiiderlidieB*
Manne sich zurückzog, welcher auch anderen kein Vertrauen etafiSuBiB^ «■!
immer tiefer sank, bis er sein Leben im Irrenhause endete^
5. Apotheker Otto.
Dr. Karl Philipp Otto***), geboren zu Grävenwiesbafib
am 22. März 1812 von der nassauischen Regierung die
'**) Aber Dioht der ohraDoIogtsohen Ordnung nnoh,
Audi die Zahl der gelesenen Bßnde Ut geringer, ak ■•
möchte, — '^*) Auch F. G. We loker nennt ihn, wieOoettie üi
IH24, dfts hierher 2U gehören scheint (Goethe^Jahrb, VI, IM
ÖberflJl seine Netze nuBwerfe, um einige lukrative
Briefe an S, Boiaaer^e TOra 15. August 183L 8, BoUa^'
den biographischen Notixen sind teiU dem Staalaarekiw
„Einleitung in die wissenschafiliolie Chemie* u. Il ■
Bale desnelbeii berührt kurz Sauer, Das Hertoct««
und gibt weitere Litteratur Über iho an.
WM 4m T<
118
!0 dei
zweite'Apotlieke in Wiesbaden zu gründen und dieaelbe im Judi 1813
ein Unternehmen, das wohl hätte glücken können, da die Stadt Über 40M
wohuer zahlte, wohl bevölkerte und wohlhabende Dörfer in der Nähe la^eo
die Kur im Sommer viele Kranke und überhaupt Fremde zuführte; deoi
dürfnis genügte kaum mehr die Ilnfapotheke, welche seit 1808 im Beeitx itt
Apothekers August Lade sich befand. Otto hatte im Jahre 1800 seiDe phans*-
ceutiäch-ehemiächen Studien mit grosBem Eifer begonnen und mit ibuea siiglÄdt
philosophische verbunden und zwar hauptaächlich nach den LetirböcherB fot
Ch. W, Snell, Rektor des Gymnasiums zu Idstein*'*), weloher die Lefar«« im
grossen Königsberger Philosophen in zahlreichen Schriften und Redeo dai
weniger gebildeten Publikum zugänglich und verständlich zu inachoa stt(
ihm war Otto von früher Jugend an bekannt und erhält von ihm das L#ob
er die von seinen Fähigkeiten gehegte sehr günstige Meinung oteht nur
sondern weit übertrofFen habe. Denn dadurch, dasa er sich bestrebte Chi
durch Philosophie zu befruchten, kam er den Anschauungen Soells eDtg«gtO|
der sich in der Vorrede 7.ü Ottos Werk also darüber ausspricht: „PhysikeUtebe
und chemische Beobachtungen oder Versuche geben, wofern aie aiebt dank
Prinzipien geleitet und nach denselben geordnet werden, nur eiQ tote^ AggttgUL
von Kenntnissen; erst dadurch kommt Geist und Leben in die chaotisclie
dasB die Erscheinungen und die in denselben sich offenbarenden, dem Anscbi
nach noch so verschiedenen Kräfte aus einer möglichst geringen Anxahl
Grundkräften als aus ihren letzten Quellen abgeleitet werden." Dies aei
Otto, wie auch der grosse französische Naturkenner, Herr Senator Bertht>lkl,
bezeuge, io seiner Schrift vortrefflich gelungen.
Von dieser Schrift erschienen zwei Abteilungen des ersten BuDtles »r
in dem Jahre 1814-'*); die Vorrede Snells ist am 1. April, die Vorerinu«
des Verfassers im Juli dieses Jahres geschrieben; der uns vorliegende erste'
trägt die Jalireszahl 181 G und fülirt den Haupttitel: ^Einleitung in die
schaftliehe Chemie im Geiste von Kants und Berthollets Lehren und mit er
philosophischer Berücksichtigung der damit in Widerspruch stehenden HypotbeML
Als Leitfaden bei Vorlesungen und beim Selbststudium für in diese Wiaa^i^
Schäften schon Eingeweihete. Mit einer Vorrede bogleitet von Dr. C, W, Sn
Erster theoretischer Teil;" Wiesbaden 1810. Der Nebentitel lautot: «Beitr
zur chemischen Statik oder Versuch eines critisch-philosophibchen Commeiit
über Berthollets und Anderer neue philosophii^che Theorien. Erster^ rein tbtf^
retischer Therl, enthaltend allgemeine und specielle Critik nebst einer aprioroch
Daratellung von Berthollets neuer Theorie nach Kants dynamischen Frincij
sowie den Erweiterungen des Herrn Fischer und Karsten und den eifrent
liehen des Verfassers.** Um Goethes Interesse an dem Buche zu erklür^n, 191
wir auch die Überschriften der Hauptfetle der ersten Abteilung des
Teils (S. 1—200), die ihm damals gedruckt vorlag, an; die Übersehriit
*^*} Über ihn ^g\. Strieder, Heaa. Od. s. v, Sau er, Du Herxogtum N'iui&au q,
8, 40. ~ ^**) AokajidJiping den Verlegers am 13. August 1814. Nii». tiit«^Uii;<3tixlilAtt
aelbeo lautet: ^Allgemeine critisch-philosophische Betraclitungen über die wissen-
schaftliche Bearbeitung der Cheinie sowie über die dynamiäche[n] und ato-
mistischeln] Systeme und Principieu der Dalton- und Berzeliusschen Lohreu
u» s. w, als Eioleitung für das Ganze; Cap, 1 : über das Verhältnis der Philo-
sophie zur Chemie; 2.: über die dynamiach- und atomistiach- metapkyäiache[u]
Principien und deren Anwendung auf die ersten Gründe der Chemie; Cap, 3:
Kurze historiäch-critische Übersicht der Bemühungen zur Begründung einer
rationellen Theorie der Chemie." Das sind allerdings vielversprechende Titel;
der Verfasser des Buches glaubte offenbar eine sichere philosophische Grund-
lage zur wissenschaftlichen Umgestaltung der Chemie gefunden zu haben*
Es ist zweifellos, dass Goethe zuerst durch Hundeshagen auf das Buch
Ottos aufmerksam gemacht wurde^ und nicht zu verwundern, wenn der grosso
Kenner der Natur neugierig wurde, dieses und den Verfasser selbst kenneu
zu lernen. Denn am Tage nach dem zweiten Gespräch mit jeneraj am 5. August
1814, eilt er des Morgens zu dem Apotheker Otto^^''), und notiert im Tage-
buch: „Otto chemische Abhandl.** und am G. ist der erste Eintrag in demselben;
„Otts ehem. Statin* An demselben Tage besucht ihn Otto; dabei sind ver-
zeichnet die Namen: (Otto,) „französche (sie) Pharmac, Medecin auglois.
Chirurgien frangais. Pharmacie ailemande," verschiedene Bezeichnungen, die
den Gegenstand der Unterhaltung gebildet haben mögen. Es scheint aber nicht,
dass der Mann befriedigende Aufschlüsse über sein System gegeben hat; nur
noch einmal wird sein Name erwähnt und ohne w^eiteren Zusatz am 20. August*
Was die weiteren Lebensachicksale Ottos betrifft, so geriet er bald nach
Goethes Abreise in Konkurs, Anfang Oktober; über seinen wissenschaftlichen
Arbeiten und Bauspekulationen (er erwarb einen Bauplatz in der Fried richs-
strasse) mag er sein Geschäft versäumt haben, das nun bald in andre Iländo
überging. Vergeblich bewarb er sich um eine Professur in Bonn, Verfolgt
von Missgeschick, verfiel er in Geistesstörung und suchte sich an seinen ver-
meintlichen Feinden durch Denunziationen zu rächen, welche scliliesslich die
hochstg est eilten Beamten Nassaus nicht verschonten, und endete schliesslich
durch Selbstmord,
6. Habel zu Schierstein.
Der nassauische Hofkammerrat Christian Friedrich Ilabel-^^'), geb. 1747,
hatte, nachdem er im Jahre 1808 in den Ruhestand getreten war, eine Be-
sitzung zu Sehierstein gekauft und hier seinen Wohnsitz aufgeschlagen. Er
war während seiner Dienstzeit fortwährend wissenschaftlich thätig geblieben
und hatte mehrere Schriften verfasst oder kleinere Mitteilungen in Zeitschriften
veröffentlicht; nunmehr gab er sich ganz seinen Lieblingsbeschäftigungen hin,
w^elche hauptsächlich die Altertümer der Heimat und Mineralogie zum Gegen-
stände hatten; für beide hatte er schou früher Sammlungen angelegt, die er
*") Er wohnte nioht weit TOn Ooetlie in der Langgasae. — *^') LebenaDaehrichton
über die beiden Habel, den Hofkamniorrat Christ ian Frit^iloüli und <lon Sohn^ Artjhivar Fried-
rich Gustav Habel, gibt Hcliwartz in den Annalen des nasa. ÄUertumHvm'oina XI, t)l fr. u.
186 ff.
120
jetzt durch Ausflüge, welche er z, T. mit seinem Freunde v. Gerniog*'*) maehf
zu bereicherD Buchte. Die niineralogische Sammlung brachte er auf 2100 Num-
mern, die er in ein wohlgeordnetes A^erzeichnis, einen Quartband von Drei-
Finger Dicke mit einem Rücken von Leder, eigenhändig eintrug. Der Tod über-
raschte ihn am 20. Februar 1814, Sein damak zweiundzwanzigjahriger Sohn
Friedrich Gustav erbte die Liebhabereien seines Vaters för Altertumer und
Geschichte und wurde später ein Mitbegründer und Ilauptforderer der AUer-
tumsforächung und des Vereins für nassauiache Altertumskunde und Qeschichta-
furachung* Damals (1814) war er eben von der Universität zurückgekehrt und
wohnte bei seiner Mutter zu Scfaieratein.
Goethe mochte von der Ilabelachen Sammlung durch Cramer Kunde er-
halten haben ucd beschloas, als er von dem Ausflug nach Ilüdesheim und dem
Rochusfeste zurückkehrte, dieselbe in Augenschein zu nehraeD. So machte er
am n, August 1814 auf der Fahrt von Elfeville nach Wiesbaden zu Schierstein
Halt und trat mit seinen Reisegefährten Cramer und Zelter bei Habel dem
Sohne ein. Das Tagebuch bemerkt „Hahel und Geroing*', woraus man schliesseo
möchte, dass Gerning damals hei Habel sich aufgehalten habe, zumal da ein
zweiter Besuch zu Schiersteio nicht mit „und** angeknüpft wird. Es konnte
sogar möglich sein, dass Gerning den Besuch bei Uabel vorbereitet und die
Freunde dort erwartet habe. Habel wusste die Ehre, Goethe in eeineni
Hause gesehen zu haben, wohl zu schätzen; noch an demselben Tage schickte
er ihm ein Mineral zum Geschenk, welches wahrscheinlich dessen besondere
Aufmerksamkeit erregt hatte. Wir sind durch die freundliche Mitteilung des
Herrn Pfarrers L. Conrady, eines Neffen des Archivars und Schenkers, in den
Stand gesetzt, dieses Geschenk noch genauer zu bezeichnen; es war in dem
Kataloge unter No. 1433 eingetragen und also beschrieben: „Röthl. und gelbl.
Glaskopfartiger Eisenstein mit gekippertcn Dendriten, vom Paulisch Werk bei
Alfljendorf," Dabei ist zugefugt: „Dem Herrn Geh.-Rth. v, Goethe aua
Weimar vorehrt den 16. Aug. 14.*^ Der Tag stimmt freilich nicht mit dem
Tagebuch, in dem zum 17. angemerkt ist: „Sendung von Schierst ein**; aber
beide Notizen gehen offenbar auf dieselbe Thataachc, und da eine auf einem
Irrtum beruhen muss, so wird man sich für die llichtigkeit der Tagebuchnotiss
entscheiden, da kaum anzunehmen ist, dass die Heise nach Rüdesheim, nach
Tisch unternommen j durch einen oder vielmehr mehrere Besuche in Schiersteiti
unterbrochen wurde, während man auf der Rückfahrt den ganzen Tag vor
sich hatte,
Was den Eisenstein selbst und seine Herkunft angeht, so erwähnt Wenck
in der hessischen Laudesgeschichte***) und Habel in Elipateins mineralogischeua
Briefwechsel I. 1781 der Eisenstetnhergwerke von AUeudorf bei Katxeuelnbogen;
Eisensteingruhen nebst einem Hütteuwerk hatte kuri^ vor 1740 der Bergrat
Wagner angelegt und uachher ein gewisser Pauli aus Köln erworben, woher
*^*) Oerning nBunto nach ihm eine QueUe oder einen BrunEen Habelsborn in temem
Gedicht «Die llen<^udlei] arn Taunus*' III^ 90, S, 12r» und rülimt S. 235 aeiue Verdienet« um
die WiaseuschRfl; auch Bcjhieratei» erfährt eeiu Lub ill, 105 ff. — ***) I, 157.
miL
131
sie den Namen Pauli'sche Werke erhielten*"*') Zu welcher Gruppe der von
Habel genannte Rot- oder Braunöisenstein gehörte, laust sich aus seiner Be-
schreibung nicht wohl feststellen.
Goethe erwies sich dankbar, sei es für das Geschenk oder die freundliche
Aufnahme in dem HabeFschen Hause; er verehrte dem jungen Habel ein
Exemplar seiner Dichtung „Hermann und Dorothea**, das später leider ab-
handen gekommen ist. Die Schwester Habels aber, nachher Frau des Hof-
karamerrats Conrady, wnsste in der Folgezeit ihren Kindern zu erzählen, dass
Goethe ein schöner, grosser Mann gewesen sei»*'*)
Ausser dem Habelscheu Hause besuchte Goethe in Schiorstein auch das
der Frau v, Hertling-**), der Witwe des Froiherrn Philipp v. Hertling zu
Frohnhof und Schiersteiu, welcher im Jahre 1810 gestorben war und mehrere
äöhne hinterlassen hatte; ob auch einer von diesen (der älteste wai* 1786
geboren) anwesend war, ist nicht ersichtlich* Die Frau v, Ilcrtling, die uns
noch einmal begegnen wird, starb im Jahre 1843,^^^)
7. Hofrat Götz zu Rüdesheim,
Der nassauische Beamte zu Rüdesheim^ Hofrat Wilhelm Friedrich Götz,
war nicht nur für Goethe auf dem Weg zum Rochusfest ein freundlicher „Ge-
leitömann" und zuvorkommender Wirt (s* unten No* 9, 2), sondern er besass
auch eine Sammlung von Mineralien, die er, noch bevor man den Weg zum
Rochusberg antrat, dem w^issbegierigen Jünger der mineralogiachen Wissen-
schaft in der Frühe des 16. August 1814 vorzeigen niusste. Über diese spricht
Goethe sich nicht weiter aus und besuchte sie auch nicht wieder, als er am
Anfang des September acht Tage in dem nahe gelegenen Winkel weilte und
mancherlei Spaziergänge zur Belehrung und Unterhaltung nach der Umgegend
machte. Aber von dem Besitzer bemerkt er in dem „Rochusfest" mit sicht-
licher Befriedigung, daas die Begegnenden ihn alle freundlich begrüssten und
rühmten, wie er wesentlich zu dem Gelingen der Feier beigetragen habe, Götz
wurde im folgenden Jahre von Rüdesheim versetzt und starb, nachdem er
mehrere höhere Staatsämter zu Wiesbaden und Dillenburg bekleidet hatte, als
Geheimerat und Mitglied des Oberappellationsgerichtes am 25. Oktober 1823
zu Wiesbaden,
Wenige Monate vor diesem Tage, als Goethe sich zu Marion bad befand
(es rauss am 21. Juli 1823 gewesen eein), sollte er auf eine eigentümhche
Weise an seinen Rüdesheimer Bekannten erinnert werden. Der Vorfall ist ein
Gegenstück zu der scherzhaften Weise, wie sich Goethe im Jahre 1772 bei
dem Professor Höpfner zu Giessen einführte, und wurde von dessen Tochter,
der Gemahlin des Geh. Kabinetsrates Aug. Wilh. Rehberg, ins Werk gesetzt*
*'*) StaataarchiT zu Wiesbailen. VgL auöh jetxt dio Beachreibimg der ßergreviere WioB-
biiden uüd Diez ISyS» S, 167. — "*) Auch dieee beiden NotizeD verdanken wir der fruuiidUehen
Mitteilung de» oben genannten Pfarrers Conrady^ eines SoJince von Habola Schwester —
*") So iat 7M leseo statt j,v. Hardiiig*" im Tagebuch. — ^■') Ootliaiachea geitealog. Tasclieabuch
der freihorrliclion HSuser 1860, 8. 329. — S. unten 9- 128 Anra. 249.
122
Wir glauben iho, obwohl er nur lose mit Götz zusammenhäQgt, hier einfugen
zu solleo, zumal da die Bemerkung la dem weiter uoten folgenden Briefe der
Frau Rehberg^ dass der schwarze Todesengel achoa über dem Freund geschwebl
habe, den Zeitpunkt ausser allen Zweifel stellt.**^) Wir schicken den erwäl
ten Scherz Goethes voraus, wie er von Hopfners Frau berichtet wird,
„Eines Tages^ so erzählte die Frau Höpfuera ihrem etwa vierzehnjährigen
Stiefenkel, dem nachherigen Obersteuerrat Uallwachs in Darmstadt, den Vor-
fall von 1772***), meldete sich ein junger Mann in vernachlässigter Kleidung
und mit linkischer Haltung zum Besuche bei Hopfuer mit dem Vorbringen an,
er habe dringend mit dem Herrn Professor etwas zu sprechen. Hupfner, ob-
gleich damit beschäftigt, sich zum Gange in eine Vorlesung vorzubereiten,
nahm den jungen Manu an. Die ganze Art und Weise, wie sich derselbe beim
Eintreten und Platznehmen aostollte, liess Hüpfner vermuten, da«3 er e« mit
einem Studenten zu thun habe, der »ich in Geldverlegenheiten befinde. In
dieser Ansicht wurde er dadurch bestärkt, dass der junge Mann damit seine
Unterhaltung anfing, iu ausführlicher Weise »eine Familien* und Lebensver-
hältnisse zu Bchildern, und dabei \on Zeit zu Zeit durchblicken liess^ dass diese
nicht die glänKendaten seien. Gedrängt durch die herannahende Kollegienstunde
entschloss sich der Professor sehr bald dem jungen Mann ohne weiteres eine
Geldunterstützung zufliessen zu lassen und dadurch zugleich der pein heben Unter*
haltuBg ein Ende zu machen. Kaum gab er jedoch diese Absicht dadurch zu
erkennen^ dass er nach dem Geldbeutel in seiner Tasche suchte, so wendete
der vermeintliche Bettelstudent das Gespräch wissenschafthchen Fragen zu und
entfernte sehr bald den Verdacht, dass er gekommen sei, um ein GeldgeschoDk
in Anspruch zu nehmen. Sobald der junge Mann merkte, dass der Herr Pro-
fessor eine andere Ansieht von ihm gewonnen, nahm das Gespräch jedoch die
alte Wendung uod die Andeutung des Studenten, dass es schliesslich doch auf
das Verlangen nach eioer Unterstützung abgesehen sei, wurde immer verständ-
licher. Nachdem Hopfner auf diese Weise ein und das andere Mal sich iu der
Lage befuoden hatte dem jungen Mann Geld anzubieten und dann wieder da-
von abstehen zu müssen glaubte, entfernte sich der Student und liess den Herrn
Professor voll Zweifel und Vermutung über diesen rätselhaften Besuch zurück,
„Als Hüpfner am Abend desselben Tages, doch etwas später wie gewöhn-
lich, iu das Lokal trat, wo sich die Professoren der Universität gesellschaftlich
zusammenzufinden pflegten, fand er daselbst ein vollständiges Durcheinander. Die
ganze zahlreiche Gesellschaft war um einen einzigen Tiach herum gruppiert,
teils sitzend, teils stehend, ja einige der gelehrten Herrn Stauden auf Stühlen
und schauten über die Kopfe der Kollegen in den Kreis der Versammelten
hinein, aus dessen Mitte die volle Stimme eiues Mannes hervordrang, der mit
begeisterter Rede seine Zuhörer bezauberte. Auf Höpfoers Frage, was da
"*) Boherer im Goetlie-Jahrb* VI, 147 hat den Scherz schon aua anderen Grttnden richtig
ui das Jahr 1H23 goäct^t^ der Tag ergibt e^ich aus der Angabe des Tagebuchs^ daas da« Reh*
borgsche Ehepaar ihn am 21. Juli besuchte, v. Lceper^ Öoethe- Jahrbuch Vül, 170. —
***) Seherer im Goethe-Jahrb, VI, 345. VgK damit Goethes Darfitelhmg in , Dichtung und
Wahrheit", 12. Burh.
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wird ihm die Antwart, Ooetlio aua WoUlur sei »clion seit eiüer Stuudo
hier. Die Unterhaituag habe nach und nach sich so gestalte^ dass Goethe
fast allein nur spräche und alle verwundert und begeistert ihm zuhurten,
„Höpfner, voll Verlangen den Dichter zu sehen, besteigt einen Stuhl,
schaut in den Kreis hinein und erblickt seineu Bettelatudenten zu einem Gotter-
jüngling umgewandelt. Hopfners Erstaunen lässt sich denken » . . *^
Es war nun im Jahre 1823, als Hnpfner« Tochter diesen Scherz erwioderte,
Sie lieas sich als Bäuerin und Verwandte des Geheimorats Götz in Rüdeaheim
bei Goethe melden und wurde angenommen. Wir wollen sie selbst über ihre
nun folgende Unterhaltung mit Goethe sprechen lassen durch einen Brief, den
sie am 30, November achrieb; der Anfang desselben nuiss sich auf eine Be-
gebenheit beziehen, die ihr von dem Adressaten mitgeteilt worden war und
wohl den Tod des Geheimerats Götz betraf^ welcher nach einer uns als glaub-
würdig verbürgten Mitteilung ein freiwilliger gewesen sein soll Die Thatsachc,
obgleich nicht in dem Totenregister eingetragen, findet darin eioe Bestätigungi
dass die Bestattung entgegen der bestehenden Vorschrift und Sitte am Tage
nach dem unglückseligen Ereignisse statt hatte. Frau Rehberg also schrieb^"**):
^ Welch eine Geschichte haben Sie mir von G'6z erzählt! Wirklich ich
muäste dreimal lesen, eh ich mich überzeugen konnte, dass Sie das wirklich
geschrieben hätten! Peinlich wird mir doch immer der Gedanke bleiben den
Freund zum Instrument in einer Posse gebraucht zu haben, über dem schon
der schwarze Todesengel schwebte. ~ Aber die ganze Posse überhaupt war
vielleicht nicht löblich. — Indess ich unternahras im Vertrauen auf den Cate-
chismus, der da spricht; Nothlüge ist erlaubt. Und da der Erfolg den Helden
oder Thoren macht, so darf ich ja wohl den Kopf in die Hohe heben.
„Gern möcht ich Ihnen und IL [Hallwachs] recht viel vom Gespräch mit
Goethe erzählen können, aber es geht aus vielen Gründen nicht, Arn Morgen,
da ich bei ihm allein war, blieb natürlich die Unterhaltung in der Sphäre der
Gewöhnlichkeit; ich hatte mich so gut in meinen Basenmantel eingemummt, dass
ihm gar kein Zweifel aufsteigen konnte, als habe ich je eine Zeile von ihm
gelesen, ja ob ich überhaupt lesen und schreiben könne, blieb ungewiss. „Ach
sage Se mer doch, Ihr Excelenz, ob Se sich wieder recht gut befinde, ach wie
wird sich mein Herr Vetter freie! und viele, viele Leit werde sich freie! Is
es denn wahr, dass Sie sich selbst curirt habe? — Die Leit habe sagt der
Dokter hätte Sie nicht ksund mache köune.*^
„Er kam nicht aus dem Lächeln über die komische Base, zog sie immer
wieder aufs Canape und sagte, ob sie denn heute nicht in Marienbad bleslm
wolle? — „Ach nein, Ihr Exe. sehn Sie, ich reis' mit einem alten Herrft, 4v
hat absolut nich herkwolltj aber ich hab'n soviel kbitt, bis ors ktban hsL —
Mer wolle nach Prag, das soll e schöne Stadt sein, und zu Ore#ifei «bwI
schöne Bilder** etc. Was war auf solches Zeug zu antworten und
man so einer Base sagen?**
*'*^ Ooetbe-Jahrb. VI, Ml. Miti. des oberheas. Üe»ch.-Ver, V lü^lj^i.;
124
Im Vorzimmer hinterliess sie beim Weggehen als Qeschenk ihres Vetters
Götz einen Krug Rüdesheimer und einige wertvolle Mineralien. An den Krug
war eine Vignette mit folgender Inschrift geheftet:
O fand ich doch gleich Wort und Zeichen,
Für meines Herzens heissen Dank,
Ich möchte Dir den Labebecher reichen,
GefiÜlt mit reichem Wundertrank,
und jeden Balsam in den Becher senken,
Den die Natur erschafft,
Und ToII und immer Toller Dir ihn schenken
Mit LebensfQll und Kraft
Am Nachmittag ging Frau Behberg mit ihrem Qemahl zu dem Dichter,
um sich „Pardon^ zu holen, der ihr gewährt ward. Beim Abschied gab er
ihr zwei Steine aus seiner Mineraliensammlung mit den Worten: ^Ich muss
Ihnen doch auch ein Andenken schenken, da sind ein paar Steine, aber ich
nenne sie Ihnen nicht, denn wir haben auch unsere Geheimnisse. Fragen Sie
nur den ersten besten Mineralogen danach.^ Der über die Namen befragte
Professor zu Göttingen Hausmann gab nach Fr. Behberg die Auskunft, der
eine heisse Pyrox6ne = Feuergast, der andere Amphibole = die Zweideutige.
„Da hatte ich also meine gnädige Strafe'', schliesst der Bericht. Hausmann
hat übrigens wohl geantwortet, die Steine gehörten zu der Klasse der Pyroxene
und Amphibole, da die Bildung Pyroxene und Amphibole als Feminina des
Singularis ungriechisch ist. Beide Steine gehören zu den hornblendartigen
Mineralien, und es hat die Sippe der Amphibole den Namen davon, dass die
meisten Arten ihrem Ansehen nach leicht mit anderen Mineralien verwechselt
worden können, die der Pyroxene, weil man glaubte, dass sie trotz ihres Vor-
kommens in vulkanischen Felsarten durch Wasser entstanden seien.^*^) Es
war eine sinnige Erwiederung Goethes!
8. Kammerberr v. Nauendorf.
Die Herrn v. Nauendorf waren ein noch nicht lange in Nassau einge-
wanderter Zweig der sächsisch-thüringischen Adelsfamilie; im Jahre 1812 wurde
ihr Adel in Nassau anerkannt; Ludwig v. Nauendorf war im Jahre 1808
zum Kammerjunker des Herzogs ernannt worden, erhielt im Jahre 1810 den
Titel Bergrat und im Jahre 1813 den Rang eines Kammerherrn. Er hatte
Liebhaberei an Mineralien und legte eine Sammlung an, die er Goethe am
4. Juni 1815 vorzeigte; auch nachher begegnen sie sich noch öfter, am 11. und
25. Juni, als Goethe in Biebrich zur Tafel war (am 25. sagt das Tagebuch:
„Bey Hrn. v. Nauendorf*) und am 22. und 23. in Wiesbaden. Von der
Mineraliensammlung heisst es in dem Aufsatz über Kunstschätze am Rhein
u. 8. w.: „Die hier [im Schlosse zu Biebrich] befindlichen Bibliotheken und
NaturaliensammluDgen, deren Ordnung durch die vieljährigen Unbilden des
Kriegs gelitten, werden nun bald auch zum Nutzen und Vergnügen der Ein-
"^) Leunis, Schul- Jiaturgeschichte III, § 153 Anm. und § 156 Anm. Hausmann,
Mineralogie II, 1, 463 u. 500.
126
Itieimisclion und Vorübergeherideo aufgestellt sein; wie denn Herr Kammerherr
Ivoii Nauendorf seine ansehnliche und wohlgeordnete MineralieusaaimUing dem
Liebhaber mit Vergnügen belehrend vorweist/ Bei dem ersten Besuche, am
[4. Juni, ist zu Nauendorfü Namen ^Lepidokrokit" gesetzt; wahrächeinlich hat ein
[Exemplar diesee nach seiner schuppig-faserigen Beschaffenheit benannten Eisen-
] Steins Goethes Aufmerksamkeit besonders erregt.
Über das Schicksal und den ungefähren Umfang der Sammlung hat sich
[bei genauer Nachforschung folgendes ergeben. Der Bergrat L. v. Naueudorf
hwurde im Jahre 1818 zum Obeiforstmeister in Qeisenheim mit dem Titel Ober-
[Jägermeister ernannt und starb hier am 25. November 1820. Etwa zehn Jahre
später begann der Vorein für Naturkunde im Herzogtum Nassau, welcher kurz
Yurher ins Leben getreten war, eine mineralogische Sammlung anzulegen, zu
welcher ein Qeschenk des Herrn v, Stein den Grund legte; als nächste Er-
werbung folgten die Sammlungen des Oberforstmeiäters v. Nauendorf und Berg-
meisters Jung.*'*) Die Rechnungen und Archivalien des Staatsarchives uncl
Vereins für Naturkunde*") ergaben nun, dass die Nauendorf'sche Sammlung
von der Witwe des Besitzers im Jahre 1831 für 300 fl. dem Verein überlassen
wurde; die erste Rate der Kaufsumme wurde am 20. September 1831, die
I anderen in den folgenden Jahren ausgezahlt. Der Transport der Sammlung
von Mainz, wo sie sich befand, nach Wiesbaden kostete 13 fl. 21 kr. Ferner
wurden in eben dieser Zeit verschiedene Kasten und Kästchen für Mineralien
vom Buchbinder Selenka angefertigt, und zwar Ende August 250, im September
550, im Oktober 650, zusammen 1 450. Nehmen wir dazu, dass der Vorsitzende
des Vereins in der rächsten Generalversammlung die Nauendorf sehe Sammlung
als in mancherlei Rücksichton ausgezeichnet nennt, so dürfen wir sie nicht
gerade für unbedeutend halten, und Goethe mag nicht blos aus Artigkeit von
I ihr das Wort „ansehnlich** gebraucht haben; die Ordnung freilich hatte notgelitten
[ und es bedurfte einer Neuordnung, welche der Archivar Habel übernahm* Von
den 1450 Kästchen möchte ich die am Ende September und im Oktober ab-
I gelieferten 1050 fixr die in Rede stehenden Mineralien in Anspruch nehmen.
9. Johannes de Lasp^e.
Johannes de Laap^e' "> entstammte einer aus Belgien nach dem Rhein-
Igau eingewanderten Familie und wurde am 25. September 1783***) in dem
»»•) Thomae, Qeftchiobte des Vereins fttr Naturkunde 1S42, S. 42. — '») Wir ver-
[danken die Einsicht in dieselben der Freundlichkeit des Herrn Sanit&tsrates Dr* A. Fagon-
ütecher und des Herrn ArchivrateB Dr. W. Sauer. — ***) 8o schreibt die Familie jetzt den
I Kamen^ wie ein Schreiben des Sohnes Ton Joh. de Lasp^^ und dessen milDdüche Versicherung
TOrbürgt. Goethe hat im Tagebuch die Formen: de Lasp^e, Delasp^^e und de la Spi^e; Johann
de Laspee schrieb anfangs (vor 18H) de rAftp<'e, und ao fehJt nur noch d'EIa^poe, um alle
t JMOgüohketten der Schreibung zu erschöpfen, Lebensnachdchten von Johannes de Laspee
[finden aich im Neuen Nekrolog 1825, S, 137l*| abgedruckt aus der Schubeitung, und danach
IScbwrartx, Ann, des nass» Vereins u. % w. XVTlf, 122; dazu traten fQr uns niQndlichc Mit^
Iteilungon des jt^^enannten 8ohne» von de Laspee, Herrn August de Laspee. — ^"^i So, und
laicht 1784, nach der Mitteilung de» eben genannten Herrn August de I^sp^e dahier und
oh der Inschrift auf dem Orabsiein,
126
Dorfo Johaoüisberg geboren. Sein Vater war Maurer, und der Sohn sollte das-
selbe Handwerk ireiboo; da er aber den Wunach hatte sich höhere Bildung
zu erwerben, so suchte er Mittel und Wege auf dies zu erreichen und verweilte
desshalb einige Zeit zu Mainz, dann in dem Kloster zu Königsteio, zuletzt in
Höchst, wo er dem Küster betstand und den Unterricht mehrerer Kinder über-
nahm* Als er hier von Pestalozzi hörte, beschloss er dessen Schüler zu werden
und begab sich zu Fuss unter vielen und harteo Entbehrungen zu dem Meister
nach IfFerten, Aufangs mit wenig Vertrauen und Entgegenkommen aufgenommen
gewann er doch die Liebe Pestalozzis und wurde ein eifriger, dem Lehrer teurer
Schüler und bis zu seinem Ende treu ergebener Freund. Als er die Methode
völlig zu beherrschen glaubte, wandte er aich nach Wiesbaden und erhielt am
0. November 1808 die Erlaubnis daselbst eine Elemcntarachule nach Pestalcz-
zischen Grundsätzen zu errichten. Sie wurde im Jahre 1809 eröffnet"^*); das
Lokal befand sich anfangs in der Mitte der Langgasse, nach alter Zählung in
No. 184, am Eingange in die Kirchhüfsgasse, später in einem Hause der neu-
angelegten Friedrich astrasae, wo jetzt die nach de Lasp^e benannte Strasae ist.
Das Glück war dem Unternehmen günstig, und das Vertrauen des Publikums
lohnte die Bemühungen des thatigen und geschickten Mannes, der bald nachher
eine Privatanstalt zur Erziehung von Knaben damit verband. Die Anstalt
erfreute sich bald eines ausgezeichneten Rufes und zahlreichen Besuches aus
allen Gegenden Deutschlands, ja auch ausserdeutschen Gebieten, sowie von
Gelehrten und Pädagogen, welche die Lehrart, Ziele und Erfolge der Schule
kennen lernen wollten. Im Jahre 1810 hielt sie die erste öffentliche Prüfung
ah, nach zwei Jahron die zweite; von der dritten, die am 2ii. und 26* August
1814 stattfand und der Goethe beiwohnte, liegt auafuhrliche Ankündigung vor;
wir setzen sie eben wegen der angeführten Thatsache vollständig hierher.*^)
„Unterzeichneter ladet das hochzuverehrende Publikum zu der auf den
25, und 26. August festgesetzten dritten öffentlichen Prüfung der hiesigen
Pestalozzischen Anstalt hierdurch hötlichst ein. Sie wird in dem Mahrischen
Garteusaale vor dem Schwalbacher Thore jeden Tag Morgens von 8 — 11 und
Nachmittags von 2—5 Uhr gehalten werden. Die Gegenatände des Examens
sind: Lcscn^ Schreiben, Rechnen, Algebra^ Geometrie, Zeichnen, Singen, deutsche
urjd französische Sprache, Naturgeschichte, Geographie, llcligionsuuterricht und
Gymnastik sind keine Gegenstände der öffentlichen Prüfung. Da auf der Prüfung
nur Resultate erscheinen, darum werde ich suchen am folgenden Tage dem
27. in den oben genannten Stunden für die Freunde der Pädagogik, die es
wünschen, den Gang der Methode in meiner Schule darzustellen.
Wiesbaden den 20, August 1814. Job. de Laspee.**
Über die Besuche von Fremden liegt uns das Konzept eines Briefes von
de Laspee vor, dessen Mitteilung wohl am Platze sein möchte'^*); der Brief
*'•) Firuhaber, Simultan^clrule l, 2S7. — *^^) WksbÄdeaer Wm^benblatt No. 34 Tom
22. August ISH. Die vierte Prüfung' fand am 19. und 2ih Juni lHl»i im Scbiitzenhofe statt
— "*) Wir verdanken der Oefllligkeit des Ehkel» von de Laspee, ilerrn itiatitutavorst^her
Kreis dahier, diese und andere MiHeilungen.
nt
ist gerichtet an den Gohetmerat v. SchilliDg zu Karlsruhe, von dem ein Soha
am 8. April 1815*^^)» ein zweiter am 12. Juli 1816 in die Schule eintrat;
da in dem Schreiben nur über die Portschritte dea älteren berichtet wird, so
w'rd es vor dem Eiötritt des zweiten niedergeöchriebeo sein und zwar, da die
Anweaenhett der meisten dort benannten Personen nur für den Sommer 1815
nachweisbar ist, etwa am Ende des Sommerhalbjahres 1815. „Die vielen Be-
suche unserer Schule von Gelehrten und hoheu Personen, so schreibt de Laspfie,
die meistena noch meine ohnehin kurze freye Zeit des Tages oft bis in die
Nacht aufzehrenj waren Schuld^ dass ich Ihnen nicht früher eine Nachricht
über den Staudpunkt Ihres wahrhaft guten Eduard gab. Im Glauben, dass Sie
vielleicht einige Besuche unserer Schule genannt haben wollen, bin ich so frey
Ihnen den Geh. Rath Goethe [zu nennen; er] war in unserer Schule 8 Stunden,
der preuesische Staatsrath Süvero*^®) 5 Stunden, der bairische Hofkommissar
Baron v. Andrian-^^) etliche 20 Stunden, der Oberschulrath Schulz"*) 5 St,,
der preussische Regierungsrath Bufcte*^'^) und H. v. Kestcn 7 St*, Graf Sie vors-* ^),
Generalmajor in rusöischen Diensten, von Morgens bis Abends 9 Uhr nebst
mehreren von ihm zur Erlernung der Pestalozzischen Methode geachickten OfK-
zieren; der Staatsrath Hatzfeld**^), die Frau v. Wolzogen '"'**) über 14 St,, die
Gräfin Trebra aus Cleve über 9 St., die Grossfurstin*^®) nebst dem Fürsten
Gagarin***) und der Fürstin Wolhanna und noch mehrere ihres Hofes über
15 St. Sie hat mir gestern die Erzieherstelle ihrer Prinzen angetragen (die
ich ausschlug), und mehr als GO grüsstentheils Gelehrte von allen europäischen
Nationen." Dahin gehörten z. B. die Philologen F. A. Wolf und Buttmanu,
der Ministor Freiherr v. WaDgenheim, Clemens Brentano, der sich auf mehrere
Wochen bei de Laspee einquartierte und dem Unterrichte beiwohnte; die Zahl
der Zöglinge belief sich zu Zeiten auf 40 Pensionäre und 100 Externe»^**)
Goethe, aufmerksam auf jede neue Erscheinung, die den Keim zu etwas
Gutem in sich zu bergeo schien, hatte auch die Pestalozzische Lehrmethode
nicht übersehen, aber noch keine Gelegenheit gefunden in eigner Person sich
über deren Weise und Resultate zu unterrichten; im Tagebuch findet sich am
7. Juli 1814 die Bemerkung: „Sinn des Pestalozzischen Wesens; wunderliche
Versuche von . * . , in Königsberg," Als er daher nach Wiesbaden gekommen
war und von de Laspee horte, sicherlich durch Gramer**®), dessen jüngste
Tochter die Anstalt besuchte^ beschied er alsbald den Yorsteher zu aich und
'**j V, Schilling aus Earlsrulie ist in der Kurliste Tom 2.-9. April emgctragcti.
— "*«} Kurliste vom 2, — *K Juli 1815. Baia&er(!e I, 258, — "^) KöHisto vom !*>.— 23, Juli:
H. V. Audrian, Kammerherr von Würzlmrg. — *^) Der bekannte Johannes Schulze, damals
Direktor des GymnaBiums /u [fanau; dort sah ihn Goethe auf dor Kückreise am 24^ Okiober
1814. — »^) Im August 1815. S. oben S. 97 uml Boisser/^e I, 266. — *") Boisseree I,
260. — »**) KurJiste vom 20.— 27. August (und 30, Oktober — 5. Kovember) Staatsrath
V, Hatzfeld aus Dusseldorf, — *") Die Frau v. Wolzogen war öfter zu Wiesbaden. — •*^^ Die
Grosaftiratin Katharina, Orossherzogin von Oldenburgs ri^i^bBt Suke"; Kurliate vom 16. — 23,
Juli 1815, S, obea 8. 96. — ***) Kurliate vom 16.— 23. Juli 1815; der Fürst Qagarin ^nebst
Buite," — '**) SchwartK, Annalen a. a* 0. — '**) Wohl nicht durch Willomer, den er in
Frankfurt damab nicht beaut'bt hatte, wie >^rir wiaaon; docii konntü am 4. August zu Wieabaden
die Kode auf die Anstalt gekommen sein.
128
am 8. August zum zweiten Male, wie dieser an demöelben Tage Pestalozzi
berichtet'*'}; daa Tagebuch schweigt über beide Unterrcdiingea; in der zweiten
äussert er, es «ei ihm lieb, wenn er die Schule boauchoii dürfe. y,Er kommt,
fährt de Laepee io dem eben geoanEten Briefe fort, morgen oder übermorgen.
Er fragte» ob ich selbst bei Pestalozzi geweaeo. Sonst konnte ich nicht viel
über die Methode mit ihm reden; aber in meiner Schule, wenn er die Fakta
nicht absprechen kann, muss es gehen; auch suchte ich gar nicht mit ihm
über die Methode zu reden, bevor er in meiner Schule war. Auch habe ich
grosse Hoffnung, dass Geheimerath Zelter^ der die Musik nach Pestalozzi lehrt,
ein Busenfreund %'on Goethe, sich dieser Tage in meiner Schule einfindet. O,
wie freue ich mich königlich.*'
Und in der That trat Goethe am 0. August 1814 in die Schule, wie nun
auch das Tagebuch, aber ohne de Laspees Namen zu nennen, besagt. 2*^) In dem
ang:eführten Briefe fährt dieser also fort: „Soeben, 9. Aug., lasst sich Goethe
melden. Es ist halb elf Uhr. Wie freue ich mich! Wenn mir*ö nur gelingt,
dass ich auch vom Guten Gutes, vom Grossen Grosses sagen kaon, Gott helfe
mir! Ich setze jetzt zwei Stühle! Er kommt! Adieu. — Er ist soeben fort und
wie ich glaube, mit grosser Zufriedenheit weg. Er blieb bis 1 Uhr, In der
Grammatik fragte er manches selbst; besonders intereasirte ihn die Kopfalgebra
und überhaupt das Kopfrechnen, aber über alles ein Examen über deutsche
Sprache. Ich aber fürchtete, das Ganze erscheine ihm als Prunk. ** Um zu
verhüten, dass die frappanten Resultate dem Uneingeweihten als Auswendig-
gelerntes und mechanisch Eingeübtes erschienen, forderte de Laspee jeden
Fremden und so auch Goethe zum Selbstexaminierea auf. „Als er erfreut sagte,
ich möchte doch selbst fortfahreUj nahm ich eine neue Sprachseite, von der
meine Kinder noch nie etwas gehört hatten, was sie selbst auch laut vor ihm
bekannten. Vorerst muss ich sagen, dass sie mir selbst neu war. Aber alles
gelingt mir nur mit den Kindern und zwar dann am allerbeöten, wenn ich
mich in einem für die Mensehen entschoidenden Augenblick dazu auffordere
oder dazu aufgefordert werde. . . Weil mir dieses schon ao oft, wie ich glaube,
gelungen ist, fürchtete ich mich auch nicht vor Goethe, und die Kinder zeigten
sich kräftig und selbständig, dass sich Goethes Gefallen an der Sache zunehmend
zeigte. Soeben erfahre ich, dass Goethe zum zweiten Male kommen will,
so gut habe es ihm gefallen. Überhaupt halten die meisten Leute Anfangs
nichts auf den Gang, sobald sie aber die Kraft gesehen haben, wollen sie nun
diesen wissen. Mit ihm war Oberbergrath Gramer und Fräulein Hertling**^)
(diese grosse Dame)^^) hier. Der^^') stärkste Gegner nach Schnell"') im Nassau*
I
'*') Morf, Zur Biographie Pestaloziii IV, 312flf* Das Konzept dea Briefes lag uns
cbenraÜB vor. — ^^•) ♦»Ooy . .. Unterricht im Pefitaluzzischcn (sie) Sinne.** — •") Geoieiiit ist
die oben S. 121 genannte Frau Gisberta v. Hertling, welche dcuo auch in der Kurliate tom
21* — 28- Au^uat verzeichnet ist als Frau v» Hertling aus Hchierstein. — **^') Diese Besceiohnun^
mag »ich auf ihre würdige Haltung gründen, die verliunden war mit Wohlbeieibtheit; ein Brief
vom 3. Januar 1S14 berichtet, dass ^diese du^ke Dame, als die Russen am Freitag Abend
[31. Dezember 1813] zweimal Ihre Stubenthüre im Hcbtltzenhefe, wo sie wohnte, gestürmt hätten,
sich durcli das Fenster flüchtete und bei dem Hauseigentümer» dem alten Kjlseberger, Schuts
suchte.* Wiesbadener Wochenblatt 1882, No. 140, S. 24. — *^') Das hier Folgende ist dem
KoDzepfc des Briefes oiitnommcn. — '^') Es ist der obon erwähnte Rektor des Ojmnasiums
129
I
ischen war am Freitag [5. August] das erstemal in meiner Schule. Er hat
die Sache im rechten Liebte gesehen und ist ganz iu Flammen für die Sache
und ich soll ihn die Methode lehren, dafür will er mir Unterricht in der Astro-
nomie etc. geben; er l»t der grosste Mathematiker und Schriftateller in dieser
Wiaaenachaft und HofratL dahicr. P, Scr. vom lü.: Goethe hat den 10. August
einige meiner Kinder mit „Hermann und Dorothea" beschenkt" [ähnlich wie
Habel und Riese].
Dieser nassayische Hofrat war der Kamraerkonsulent und Advocatus üsci
Heinrich Christian Brodreieh, früher fürstlich Solms-Liehischer Regierungsrat,
der auf seine Bitte 1804 als Hofrat von Nassau übernommen wurde; im Jahre
1815 wurde er pensioniert und starb einige Jahre später etwa 60 Jahre alt.-^^)
Geschrieben hatte er nach Meusel im Jahre 1805 „Versuch einer Theorie des
Schwungrades und der Kurbel, zweyer für die Maschinenlehre sehr wichtigen
Gegenstände nebst Prüfung der bisher über selbige bekannt gewordenen Grund-
sätze, Frankfurt a, M,**
Dass Goethe 2*/!^ Stunden dem Unterrichte in der de Laspeeschen Schule
beiwohnte, lässt sein Interesse an der Sache erkennen und dass er das Wesen
derselbe ergründen wollte. In den folgenden Tagen bildete die Pädagogik
Pestalozzis einen Hauptgegenstand der Unterhaltung mit Gramer***); leider hat
er selbst nichts über den Eindruck, der ihm zuteil wurde, niedergeschrieben.
Doch war mit dem einen Besuch sein Interesse nicht erschöpft. Als ihm
de Lasp^e am 20. August .Pestalozzi^che Schriften" über bracht hatte, sehen
wir ihn sofort an diesem und dem folgenden Tage mit der Lektüre von „Lien-
hard und Gertrude** [so schreibt er beide Male] beschäftigt.
Am 26* war ein Freudentag für de Laspee und die ganze Anstalt: Goethe
wohnte der Prüfung am Morgen und Nachmittage bei, also etwa 6 Stunden
lang, wodurch sich die 8 Stunden, die in dem oben angeführten Briefe an
Schilling vorkommen, als Summe in runder Zahl ergeben. Für dieses Mal
entbehren wir nicht nur wieder einer Äusserung Goethes, sondern auch de Laspe^s,
der doch gewiss einen Bericht nach Uferten abgesandt hat.
Noch einmal erscheint 1814 de Lasp6e bei Goethe, am 30. August, wo
im Tagebuch die kurze Notiz steht: ^De la Spee Pestaluzziana.'*
Im Jahre 1815 w^urde die Verbindung zwar wieder angeknüpft, aber sie
beschränkte sich auf zwei Besuche, und es war nicht die Schule, die sie herbei-
fübtte, sondern die Schülerinnen, von denen eine die folgende schöoe Erzählung
niedergeschrieben hat; sie nennt sich D. St, geh, Cr., was ohne Zweifel zu
deuten ist als Dorothea St.**^) geb. Gramer; Dorothea Sophie hiess die jüngste^
I
EU Idstein Cli. W. Snell, ein Terdienter und in bohem Anteilen atehender Schulmann, den für
lieh zu gewinnen de Latp^e änsserBt viohtig^ war; des wegen lud er ihn damals zu der üffent-
ItcliGD Prüfung ein mit dem lockenden ZufQgen, er werde dann auch Goethe kennen lernen ;
Snell jedoch ]Q}inte ali und bedauerte nicht kommen scu können. Schreiben vom 24. Angutti
Wir werden nicht irren, wenn wir annehmen, das» er froh war einen Grund 2ur Ablehnung
2u haben.
^ »**) 8lmattarchtT tu Wteib»den; Verordnungsbl. ron 18i:>. — »»*) S. Boinaer^e I, 260.
I^fe — *^) Den Namen ihre« Mannea war bia jet/t nicht mOglich nu^^fiudig «ii machen.
ü
130
am 29, Dezember 1801 geborene Tochter Cramers und war ScfaüleriQ fle Laspäes.
Goethe erwähnt den Vorfall am 23. Juni 1815 mit dem Nameo, den wir denn
auch der Episode geben wollen:
„Gedicht für die Kinder.**
„Bekanntlich, ao erzählt D. St,***), hatte de I'Aspee, einer der besten
Schüler Pestaluzzis, io Wiesbailen eine Elementarschnle gegrüadet, welche ich
[D. St. geh, Cr.] mit mehreren meiner Gesplelinneu besuchte. Um den Namens-
tag [24. Juni]") unseres hochverehrten und inniggeliebten Lehrera zu feiero^
hatten wir einmal einige Zeilen aufgesetzt, in denen wir ihm unsere Glück-
wünsche darzubringen gedachten. Da taucht plötzlich in uns der Gelanke auf,
dass Goethe sich vielleicht bewegen liesse unsere Zelten in Verse umzusetzen.
Rchüchtern naht sich die Kinderschaar dem grossen Manne und trägt üim ihr
Anliegen vor» indem sie ihm die niedergeschriebeDen Sätze übergibt. Darauf
erwiederte Goethe erst mit einem gelinden Verweise, dass wir ihm ein su
kleines Stück Papier gebracht hätten; man müsse, fügt er hinzu, stets auf
einem grossen Stück Papier beginnen, der kleine Raum beenge die Gedanken.
Nachdem wir hierauf ein grösseres Blatt h erb eigebr acht, schrieb Goethe, während
wir ihm staunend zuschauten, in kurzer Zeit auf dasselbe einige Strophen,
welche den Inhalt unserer Worte wiedergaben. Noch heute sehe ich im Geiste
den grossen Mano^ wie er erst einzelne Worte in angemessenen Zwisclienräumeo
niedersehrißb und dann die Silben mit der Federspitze zählend die Lücken all-
mählich ausfüllte; zuletzt zeichnete er unter die Verse eine aufgehende Sonno
und schrieb auf ihre Strahlen unseie Namen, die er sich von uns nennen lies»,**
Wieder ein Beweis für das gute Herz des grossen Dichters, das den
Kindern soviel Vertrauen cinfiöaate, dass sie es wagten ihn mit ihrer Bitte an-
zugehen, ihn aber dazu trieb darauf einzugehen! Ks war wohl noch den
Mädchen im Gedächtnis, wie aufmerksam und teilnehmend er im verflossenen
Jahre dem Unterricht in der Schule und der Prüfung beigewohnt hatte; dazu
ermutigte sie der zwanglose heitere Verkehr mit Gramer, in dessen Hause er
sicherlich oft auch Dorothea gesehen und mit ihr gescherzt hatte. Diese wird
denn auch unter die Anstifter ihres Unterfangens gehört haben.
Das Gedicht für die Kinder hat sich leider nicht erhalten; die Nachkommen
de Laspees versichern, dass sich unter dessen nachgelassenen Papieren nichts
vorfinde, das so genannt werden könne. Damals gab es Veranlassung^ daaa
der Verkehr wieder angeknüpft wurde; de Laspee besuchte Goethe am 1. Juli,
wohl um ihm für seine Teilnahme und Mitwirkung zu danken, Goethe erwiederte
den Besuch am 10, Juli. Und damit endete für dieses Mal und für immer
sein Verkehr mit de Laspee»
Indessen kam Goethe noch einmal zu Wiesbaden auf das, was er in der
Schule de Laspees gesehen und gehört hatte zurück, eine Episode, die S. Boid-
I
I
*^*) Die Erzählung iflt abgedruckt in Vlvk» Moriatösohrift I (1R75), 287. — '*'; Also
rällt, wie auch das Tagebueli augibt, der YorfBll io dnä Jahr 1815; am 24. Juul 1814 war Goethe
noch nicht in WieBbaden,
i
lai
k
aerue erzählt"') und die wir mit dessen Worten hiev wiedergeben wollea; bei
ihr spielt wieder eine Tochter Craniera eine Rolle und zwar eben diese Dorothea,
als sie eine Probe ihrer ReefaacikuDst, die sie nach Peätalozziseher Methode
erlernt hatte, ablegte. Daas es Dorothea war and nicht eine andere der
CranieriacheQ Töchter, geht daraus hervor, daas diese, wie wir bakl neben werdeo,
nicht die Pestalozzische Schule besucht hatten, und wenn Boisseree sie als etwa
sechzehnjährig bezeichnet, so beruht dies auf einem Irrtum; sie w^ar im August
1815 noch nicht volle 14 Jahre alt.
Die Rechenkunst der Dorothea Cramer
»Abends fam 5. August 1815], berichtet Boisseree, war ich mit Goethe
und Oberbergratli Gramer auf dem Geisberg, es wurde oben gezecht in der
Schenke ... Ein Schwager von Gramer aus Hanau kam nach; das Töchterchen
des alten Oberborgraths, etwa sechzehn Jahre alt, führte ihn zu uns, ein ganz
einfaches, frisches Kind, Goethe neckte sie mit ihrer grosseu Pestalozzischen
Rechenkunst, erzählte uns von der Schule hier und Hess dem Mädcheu keine
Ruhe, hh sie sich selbst eine abgebraische Aufgabe, aber in Zahlen gab und
die Autlösung maohte. Es war eine verwickelte Aufgabe, drei unbekannte
Zahlen, von denen nur die Verhältnisse unter sich angegeben waren. Mir
wurde ganz schwindelig bei der Auflösung; vorerst war es einmal nicht möglich
zu folgen, dann aber die Bestimmtheit, die Förmlichkeit, womit das Kind die
trockenen Dinge aussprach, die man sonst nur in den mathematischen Hörsüleu
zu hören kriegt, und wie sich dies arme Kopfchen was darauf zu gut that, mit
den hohlen Zahlen und Verhältnissen herum zu wirthschaften; wie es selbst
mit über diese Kunst sprach und vernünftelte, warum es Elementarunterricht
genannt werde, da es doch, wie Goethe bemerkte, ganz darüber hinausgehe,
weil jeder selbst finde und erfinde; endlich über Buchstaben-Rechnungen,
Gleichungen u. s. w. Das alles, mit der festen, schulmeisterlicheu Haltung,
setzte mich wahrhaft in Schrecken,**
Goethes Urteil über das Pestalozzische Wesen nach Boisserees
Mitteilungen,
„Als wir im Dunkel, so berichtet Boi3ser6e weiter, gegen zehn Uhr nach
Ilause kamen, klagte Goethe seinen Jammer über dies Pestalozzische Wesen.
Wie das ganz vortreftlich nach seinem ersten Zw^eck und Bestimmung gewesen,
wie Pestalozzi nur die geringe Volksklasse im Sinne gehabt, die armen Menschen,
die in einzelnen Hütten in der Schweiz wohnen und die Kinder nicht in die
Schule schicken können. Aber wie es das Verderblichste von der Welt werde, sobald
es aus den ersten Elementen hinaus gehe, auf Sprache^ Kunst und alles Wissen
und Können angewandt werde, welches nothwendig ein Überliefertes voraus-
setze, und wo man nicht mit unbekannten Grössen, leeren Zahlen und Formen
zu Werk gehen könne. Und nun gar der Dünkel, den dieses verfluchte Er-
ziehungswesen errege; da sollte ich nur einmal die Dreistigkeit der kleinen
Buben hier in der Schule sehen, die vor keinem Fremden erschrecken, sondern
***} 8. Boisseree 1, 259.
132
uckU
tho hl Sohrecken setzeD! Da falle aller Respekt, Alles w^, wbjb die
tnilier «Haider zu Menschett macht Was wäre aut mir geworden,
imm ich Dicht immer geoathigt gewesen wäre Respekt ror Anderti tu\
Vod diese Menscben mit ihrer Verrücktheit and Wuth, atlee auf dse
IndiTidmun m reducireD uod lauter Götter der Selbstständigkeit zu
wcrilea ein Tolk bilden aod den wilden Schaaren widerstehen, wetm dteee
mal steh der elemeotariseben Handhaben des Verstandes bemächtig
welches nun gerade durch Pestalozzi unendlich erleichtert ist. Wo
religiöse, wo moralische und philosophische Maximen, die allein sühütxeo
Er fühlte recht eigentlich einen Drang mir über alles dieses sein Herz
achfitten^ und ich selbst war von all diesem yoII^ es sprach mteh gleieli
wie eine Meldung des jüngsten Tages, und die Furcht vor den Rusaea
mir beim Namen Stevers, den Gramer als einen der »diär&teii Prüfer 4
grOaaten Rühmer der hiesigen Schule genannt hatte, in ihrer gunten
aafgegangen. — So führten wir uns wechselseitig in das Gespräch hinei
Goethe bat mich wiederholt nm Gotteswillen, nicht in die Sehule xu
ich würde zu sehr erschrecken. Gramer hatte mir schon ror seiner Ruekk^
gesagt, dass ihn das Pestalozzische Wesen ausserordentlich intereedre ujidj
Immer davon spreche.^
Wir dürfen wohl annehmen, dass von diesem Terwerfenden Vi
grteaere Teil Boisserte angehört; er hat den Funken in Goethes
betteii Brande angefacht und in seinem Sinne uns vorgeführt; Goethe
sicherlich nur die Ausartungen und verkehrte Anwendung treffen wollen,
jede neue Erscheinung mit sich zu führen pflegt. Indessen finden sieh
namentlich in den «Wanderjahren*, die zu den oben ausgesprochenen Äitaaera:
stimmen, wie wenn er der Ehrfurcht eine so grosse Bedeutung fOr die
Ziehung beilegt, überhaupt den Weg und das Ziel derselben dort ganz aiidi
gestaltet haben will, als durch blos formale Schulung erreicht werden bu
Anch in den Gesprächen mit Kanzler v. Müller ist er nicht ein Freund i
mathematischen Methode. ,Die Mathematik, sagt er^), steht ganz faleeh
Rufe untrügliche Schlösse zu liefern. Ihre ganze Sicherheit ist weiter nie
als Identität; 2 X ^ '^^ nicht vier, sondern es ist eben 2 X ^i ^°d daa tiem
wir abgekürzt vier . . . Die Pjrthagoreer, die Platouiker meinten Wunder, j
in den Zahlen stecke, die Religion selbst, aber Gott muss ganz anders
gesucht werden** —
Johannes de Laspee leitete seine Anstalt bis zu seinem Tode,
20. März 1825 eintrat, geehrt von seinem Fürsten, hochgeachtet ?on all
mit ihm in Berührung kamen.
10. Philippine Lade.
T^m für Frauenschunheit und Frauenliebe leicht empfungliohö Hl
damals G5juhrigen Dichters fand auch in Wiesbaden Gelegenh^t, wen]!
nicht in heilen Flammen zu entbrennen, so doch eine zarte Neigung sim
***) Btirckhttrdt, Unt(»rliiiUiiO(t«u mü Kaiiili«r v. Maller, 8. lOtv
I
13S
jimgeii Mädofaen zu fosseo, das er im Hause des Oberbergrates Cranier kennen
lernte. Dieser hatta ausser der ira vorigen Abschnitte geoauüten Dorothea
noch mehrere ältere Töchter, von denen zwei, Luise und Sophie, damals etwa
18 Jahre zählten; sie hatten die Friedrichaschule*^'**) besucht, welche, aus der
alten Lateinschule hervorgegangen, auch Mädchen ihre Bildung gab und sie
mit dem li. Lebensjahre entliess; mit dieser Entlassung war gewöhnlich nach
naßaauischem Brauche die Konfirmation verbuüden. Die beiden Töchter Cramers
waren irn Jahre 1810 konfirmiert worden und am 7. Mai 1810 aus der Schule
geschtedeu* Ihnen und ihren Mitschülerinnen widmeten bei der Entlassung
au« der Schule ihre Lehrer folgende, gut gemeinte
„Letzte herzliche Worte***):
Erfüllet redlich Eure Paicht
Und hoffet dann mit Zuvereicbt:
Gott «orgt mit Vaterliebe!
Zu ihm erhebet Eoreo Bück!
Er sorgt für Eures Lebens GlQok,
War' auch der Himmel trabe.
Gehorchet nioht der Sinnlichkeit!
Gehorchet Gott! Was ©r gebeut,
Ist, wenn Ihr folgt, Euch »Segen,
Von drohenden Gefahren fern
FOhrt auf der Bahn der Tugend gern
Er Euch dem Glück entgegen.
Gott theilt Euch seinen Beistand mit;
Drum gehet stets mit festem Sohritt
Fort auf dem Pfad der Tugend!
Die Luit verfuhrt, — die Tugend nie;
Ein guter Gott belohnet sie.
0 ebrt sie in der Jugend!
^6ott, Ihre goldne Jugendzeit
Flieh edel hin zur Ewigkeit!
Lehr^ Sie die Weisheit wShlen!
Mach' Sie tum Dienst der Welt bereit!
Lass Tugend^ Fleiss uod Fromm rgkeit
Nie Ihrem Leben fehlen!^
Die Namen der Schülerinnen waren: Johanne Bühning, Luise und
iiphie Gramer, Christiane Frey, Luise Menke, Charlotte Niese, Amalie
Pfarrius, Wilhelmine Schmidt.
Nur wenig jünger als die Töchter Oramerü war Philippine Lade''),
welclie äie iu der Schule mochte kennen gelernt haben und mit ihnen befreundet
blieb. Sie war am 8. Februar 1797 geboren und wurde im Jahre 1811 kon-
•***) VgL des VerfaMora OeBchichte der FriedricliMchuIe, Otterprogramm dea Kgl. Gym-
nuaiuma zu Wienbadeii 18l!(0. — ^**) Etu Exemplar de« seltenen üediohtes befindet aioh im
HeaÜsE des VerfaSÄers dieser Sehrift, Wir fögeii e« hier eiu, weil es fUr die Zeit eharakte-
rvAttsch ist; Verfiwaer ist wohl der Rektor der Schule, Schellenbefg, — *••) Vgl. obeii 8. 61
Anm. 15 über die Auanprache des Noraens.
10
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iÜS2
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firmiert. Ihr Yater, Christoph August Lade, war herxoglicber Uoi
Schreiber gewesen und lebte nunmehr als Pensionär m WieabacleOi n
eignes Ilaus in der Nahe des früher städtischen Wirtshauses zum
Löwen besass, nicht fern von der Wohnung des überbergrats. Ala am
1813 das Yorksehe OfKzierskorps einen Hall veran»taltete^ dem auch der Ki
Freussen beiwohnte, war PhiHppine gleichfalls anwesend und hatte die El
mit dem Feldmarschall Blücher zu tanzen, dem sie, da er durch eiotto
bei dem Tanze in die Knie gesunken war, wieder auf die Fu^se half«
Nicht viel später, im September des Jahres 1814, hatte eie ab^
Ehre, wenn auch nicht in der Gesellschaft von Königen und grossen
fiihrem sich zu bewegen, so doch die Autmerksamkeit eines KuDi^a im Kd<
der Dichtkunst auf sieh zu ziehen^ zunächst nicht durch ihre Scbunheit, M
d^srn durch ihre klangvolle Stimme. Das Tagebuch erwähnt ihrer zwar nii
im Jahre 1814, aber ein Brief Hundeshagens vom 5. Februar 1815 sagt*
daas sie das Glück gehabt habe die letzten Stunden in Wiesbaden wüti
»choaern; danach wurde die Bekanntschaft Goethes mit ihr gegen daa Ea
seines Aufenthalts, nach der Hückkebr aus dem Bheingau, vielleicht er:»t
IL September zu setzen sein.
Über ihren Verkehr mit Goethe liegen zwei Berichte vor, toh
selbst ein kurzer in den Gesprächen mit Kanzler y. Müller und eio
von M. Belli-Oontard in der Didaskalia, dem belletristischen Beiblatt zum
fürter Journal, zu denen Creizenaeh in dem Briefwechsel von M.
\\ Willeraer mit Goethe einige Zusätze gibt. Wir wollen die beiden vd
hier mitteilen, Creizenaehs Zusätze und unsere eigenen Bemerkungen
pas.Hendeu Stellen einfugen.
Am 12. Mai 1815 also erzähhe Goethe dem Kanzler v, Möller ^rn\
reizenden jungen Mädchen, der Tochter eines Sekretärs bei irgend einej
partement zu Wiesbaden, die die höchsten Anlagen zur Deklamation un<
theatralischen Spiel besitze. Sie habe ihm den Wasseriaucher fTauehi
Schiller] vordeklamiert, aber mit zuviel Malerei und Gestikulation, daran
er iiie statt aller Kritik gebeten ea noch einmal zu thun, aber hini
Stuhle stehend und dessen Lehne mit beiden Händen festhallend. Daa
Kind habe bald Absicht um! Wohlthat dii*ser Bilte empfunden und
dafür gedankt. Verwechsle man doch nicht, sehloss er, epische narsteltung
lyrischer oder dramatischer/
Der zweite Bericht ist ausführlicher und lautet also:
^ Philippine war zu Besuch bei den beiden Töcliteru des Bergraia
in Wiesbaden und die drei jungen Mädchen allein im Zimmer. Piutx;liei
die Thüre des Nebenzimmers uuf unil in derselben steht ein alter scliüuer)
— „Ki, sprach er, das ist ja eine hübsche junge Gesellschaft; e» war ti
Stimme, die mich anzog« *^ Darauf erkundigte er sieh bet der e'meu der
Schwestern, ob sie sänge^ und nixt ihre bejahende Antwort ersnebte er
') BHpf vom 4. Mftm |HH im Wi««U, TagMAtt
.iiiUri., VI» 127. Viel ilio Antwort Oo^rÜir^ -- t - *
135
I
I
I Lied. Auch die zweite musste äiugei), Fräulein Lade aber antwürtete,
dass sie nicht musikalisch sei. „Das ht die Stimine, rief Ooethe sogleich nach
jdieaea Worten uod daan fragte er: ^KenDeu Sie die Werke Goethes r"* —
^Nein, antwortete sie, sie ziehen mich nicht an." — ^So! [Zusatz Creizenachs:
^Nuü ja, für so Hebe kleine Wesen sind auch meine Sachen nicht/] Welelion
Schriftsteller lieben Sie denn ganz besonders?** — ^Schiller, rief Fräulein Lade,
den liebe ich über alles. Ich kenne das Meiste von ihm auswendig,** — ^Hoho,
meinte Goethe, dann deklamieren Sie mir einmal etwas, z. B. den Anfang der
Braut von Messina/ Fräulein Lade errötete betroffen, begann aber: ,» Nicht
eigne Wahl** n. b. w. und sprach den ganzen Monolog ohne Anstoss. Goethe
klatschte Beifall und bat sie dann noch um den Taucher.
, Nachdem sie auch diese Ballade gesprochen, bemerkte Goethe, ihre Be-
wegungen mit dem Arm seien zu heftig geweseoi bei einer Ballade passe sich
das nicht. Sie musste wiederholen und dabei eine Stuhllehne festhalten; bei
den llauptscenen jedoch wackelte der Stuhl gewaltig,
^An dem Tage musste Fräulein Lade stets an Goethes Seite bleiben und
bei Tisch neben ihm sitzen, wodurch sie, obwohl noch im Alter des Back-
tisches, ein Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit wurde.
,y Goethe beschäftigte sich von da au viel mit Fräulein Lade. Es war
im Jahre 1814, er gebrauchte die Kur in Wiesbaden und hatte seinen eigenen
Wagen bei sich. Täglich fuhr er mit ihr spazieren und nahm sie mit ins
Theater. Dann musste sie ihm ihre Meinung sagen, wenn ihr etwas gefiel
oder missfiel und wesshalb| wobei er sich dann angelegen sein Hess ihren Ge-
schmack zu läutern und zu bilden. Natürlich gewann er dadurch an dem
jungen Mädchen eine enthusiastische Verehrerin.*'
Wir unterbrechen hier den Bericht, um einige Bemerkungen und Ein-
schränkungen zu dem zuletzt Gesagten zu machen. Soweit sich dieses auf das
Juhr 1814 bezieht, kann nicht davon die Rede sein, daas Goethe sich viel mit
Fräulein Lade beschäftigte und oft mit in das Theater nahm. Denn damals,
wie auch im folgenden Jahre, besuchte er das Theater selten, im Jahre IS 14
nur elnmaL Sodann hatte er sie am Ende seines Aufenthaltes von 1814 kennen
gelernt, wie er in der Antwort auf den Brief Hundeshagens selbst berichtet.
Auf eine Sendung Goethes hatte dieser am 15. Februar erwidert: „Da sich
der schätzbare Inhalt theilen liess, so konnte ich dem Lüsten nicht widerstehen
denselben mit der artigen Deklamatrice zu theilen, welche das Glück hatte
u. s. w." Darauf erwidert Goethe: „Dass Sie Ihre schöne Mitbürgerin au
mich erinnern und von den übersandten Gedichten vielleicht Einiges aus ihrem
Munde hören wollen, weiss ich recht sehr zu schätzen; sagen Sie dem liebeu
Kinde, dass ich bei mancher Uollenvertheilung an sie denke uod mich freue
nächsten Sommer nicht in den letzten, sondern in den ersten Tagen meines
Aufenthalts zu Wiesbaden ihrer augenehmen Gegenwart zu gemessen,^
Sodann ist die Bemerkung, dass Goethe einen eigenen Wagen gehabt
habe, höchst verdächtig; er hatte nicht einen eigeneu Wagen, sondern machte
seine Spaziergänge zu Fuss; nur zu den kleineren Ausflügen raielote er eium
Wagen f der nach Schlossers Versicherung leicht und nicht teuer zu besobaffen
10»
jjUfllBB
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war. In einem solcheu mag Philippine den Dichter nach der Papii
Kloatcrmüble begleitet haben* Hätte er einen eigenen Wage« gehabt
er bei der Fahrt nach Rudesheiin anspannen lassen, niebl aber,
^hlt, einen Wagen bestellen müasea.
Wenn unser Bericht und danach Creizenach damit scbliesst, dw^n ^
bei seinem zweiten Abschiede von Wiesbaden am 4. August 1815 dem
Schreiber Lade das Versprechen abnahm ihn mit seiner Tochter m
tu besuchen, so kann — ganz abgesehen von dem falschen Datum
nur im September 1814 geschehen sein, aus dem einfachen Gruade^ weilJ
IUI August 1815 schon ein Vierteljahr lang tot war; denn er wmt aio
desselben Jahres 76 Jahre alt gei^torben. Aus demselben Grnnde tat
glaublich, daas schon am Tage nachher, am 27. Mai. dem Tage saioer
Goethe die junge Freundin gesehen hat; wenn hier im Tagebueb ihr Sm
steht, 80 wird das zu bedeuten haben, dass er sich sofort nach ihr
und die Mitteilung des Trauerfalles in ihrer Familie entgegeiiDahmy nie
er sie sofort etwa zu sich beschieden oder sie ihn von selbst besucht
Erst am 19. Juni erscheint sie bei ihm mit einer verheirateteD S^d
dann am 6. Juli zu dem Ausflug auf den Nürnberger Hof wie daa Ti
zu diesem Tage bemerkt, den aber unser zweiter Bericht, 2U dem wir
mehr zurückkehren, zu einer Landpartie nach Qeorgenborn macht.
,Auf einer Landpartie nach Jorgenboru bei Schtangenbad (alao ri^
auf den Nürnberger Hof] musate Fräulein Lade wieder nebea ihm tm
sitzen und da sie später eine Skizze nach der Natur machte, wünachte
SU sehen und fing an zu kritisieren. ,Ach! Sie können alles beaaer
als ich^, rief sie, nahm ihm das Blatt aus der Hand und zerrias ea, wabf
lieh ein wenig gereizt. „Aber eins kann ich, was Sie doch nicht k^
und damit tief sie rasch einen steilen Weinberg hinan. Goethe ihr nach,
der Höhe aber stolperte er und fiel an dem steilen Abhang zu Bodelj
beiden Händen klammerte er sieh an, bis auf des jungen Mädcheoa«
einige Herren von der Gesellschaft herbei eilten und ihn aus aetner
Lage befreiten. Fräulein Lade zerfloss in Thränen, Goetlie aber laol
aucbte sie zu beruhigen.*
Schliesslich wollen wir nicht unterlassen zu bemerken, dass die
Hondeahagen habe sich um Philippinens Hand beworben, schon früher
tum erwiesen ist'**); sie blieb unvermählt und erreichte ein hohes All
Noch einmal^ am 9. August 1815, steht ihr Name im Tpl-^^Vt-V
der letzte Abend, den Goethe bei Gramer zubrachte, und der A
zu dem sie auch zugezogen war; man war guter Dinge und trennte sich if
Pas Verhältnis Goethes zu Philippine war hervorgerufen durch ihr© J
Uge zu Deklamation und theatralischer Darstellung, die jener sofort erkaa
nod irieileicht auszubilden und für die Weimarer Bühne zu verwertcin gedac
doafsbalb wird er sie eingeladen haben ihn zn Weimar zu besuchen, we
TüUeoiiete Vorbilder Jtuf dt»r d»trti*j:ort liühno i^ehen "''^ -T*. !«.♦•. .|, t*ifH|g| j^ ^
M*) a««ili#aalifk a. a. Ü.
IST
Wuosche UHch Vollenduog veranlasst werden kanüte* Eioe tiefere Neigung
eotwickelte eich nicht au dein jungen MüdchoD, das durch die gröaseren Vorzüge
einer Marianne v. Willemer bald in Schatten gestellt wurde.
I
ir, Gerbermeister Behringer u, a.
Daa Bild, welehoe wir von Goethes Verkehr entworfen haben, würde un-
vollständig sein, wenn wir eine Unterredung mit dem Gerbermeister Behringer
zu erwäll aen unterlassen und einiges Gleichartige übergehen wollten, das er im
Tagebuch anmerkt.
Behringer war der Nachbar Brentanos äu Winkel; als Goethe sich da-
selbst aufhielt, unterhielt er sich mit ihm am 6. September 1814 und fragte
den mitteilsamen Mann über sein Gewerbe und den Weinbau aus. Was er
vun ihm erfuhr, hat er in dem Supplement zum Rochusfest kurz verzeichnet;
im Tagebuche ist fast nur mit blossen Substantiven notiert, was dort doch
wenigstens in Sätzen niedergeschrieben ist. Wir wollen hier den Wortlaut des
Tagebuchs wiedergeben; er lautet also:
„Zu Mittag Nachbar Behringer Gerbermeister. Über Eichenwucbs, 13
bis 14 Jahre, schälen der jungen Eichen. Schaale aller Orten hergehohlt, über
Heidclberg[J bey Trier, Erleichterung durch Waaserfracht. näute[,| Nord-
amerikanische auch während des Krieges über Fr^mkrelch, Anstalten von
Mühlen u. s, w. Zeit des Garwerdens. Sprichwörter und Redensarten. Wein-
bau, Mühe, Vortheile.*®*') Gewinn, Verlust, Zehente. Ao 1811 wurden in
Winkel 800 Stuck Wein gebaut. Spätes Lesen. Streit zwischen armen und
Reichen. Vorzüge des Johaunisberges.*
Und wie er hier Redensarten und Spruch werter sammelte und sie in
seinem „ Rochusfeste ** niederlegte, so findet sich im Tagebuch folgendes der
Art aufgezeichnet:
31. Juli. „Trunkener Bauer, der zum König von Wirtenberg sagt:
Vor allem nehmen sie sich vor dem eilfer in Aohf.**
Au demselben Tage: „ Jedem was er will[,] es ist noch einmal so viel*
31, August; „Murgens rund,
Mittags gestampft,
Abends in Scheiben,
Dabey will ich bleiben.
(Cartoffeln.r*)
„Kein Kupfergang so gut,
Er hat einen Eisernen Hut***
Der erste von den beiden letzten Sprüchen wird im „Rochusfeste'* einem
Bergbewohner, also doch offenbar aus der Nahegegend, mit etwas verändertem
Schlüsse in den Mund gelegt. Wenn Goethe aber ihn allein mit den damtf
folgenden vom Kupfergang in das Tagebuch und zwar unter dem 31. Au|
An demselben Tag:
'^^} Über de» Weinbau^ seine Muhen and Erträ^nisee u. 9* w. 1. O. Sarforian«
Wembnu m Nmbiiu. Ilerlin 1^71. — '**•) V^L Goothe-Jahrb, IX, 227,
U
138
setzte^ so mus8 os mit der Herkunft und Heimat derselben eiae andere Be-
wandtnis haben. Der zweite ist ein Bergmannsapruoh, der einer Milteiluog Crüniers
— am 30. August — entstammen mochte und daher sicherlich dessen Heimat,
dem Westerwalde, angehürte. Warum nicht auch der Spruch auf die Kartoffelü,
zumal da der Wester wälder ein Liebhaber derselben ist und sie in den ver-
schiedensten Arten der Zubereitung zu geuiessen liebt? Daas der Dichter ihn
nachher frei verwendete, darf keinen Anstoss erregen und ist sein Recht.
Als am L September geschrieben findet sich die Winzerregel:
„Wiesbaden den 1. September 1814.
Was der August nicht thut,
Macht der September gut/
Vgl die Weimarer Ausgabe von Qoethes Werken V, 4, 247.
I
0. Störniigeii und Unterbretluiits:eu des regeliiiässigeti Kurk*lH*ii8,
a. Im Jahre 1814.
Wir haben oben gehört, dass (ioethe die Kur im Jahre 1814 zu Wiesbaden
ernsHich und regeloiässig durchmachen wollte, dass es aber auch nicht an
Stürungen und l/nterbrechungen felilte^ dieselben mussten wir auch schon bei
einzelnen Gelegenheiten berühren. Nunmehr sollen sie im Zusammenhang be-
sprochen werden.
L Die erste Störung trat im Jahre 1814 sehr bald nach Beginn der Kur
ein, am 3. August, dem Geburtstage des Königs von Preussen, der zum ersten*
male nach der Befreiung des Hnken Ilheinufers von französischer Herrschaft
in dem neugewonnenen Mainz gefeiert werden sollte. Dazu lud der Kommandant
der Stadt, der preussische Oberst v. Krauseneck^^)^ am Tage vorher Guethe
ein, und dieser glaubte Folge leisten zu müssen; Zelter begleitete ihn am Morgen
des 3. August dorthin. Nachdem er an der „Funktion**, d. h* der militärischen
Feier des Tages auf der neuen Anlage teilgenommen und sich dabei an der
„herrlichen Nähe des Rheines" erfreut hatte, besuchte er den Kommandanten,
die Zitadelle, das Kasino und fand sich dann bei dem Festessen ein. Es folgte
ein Feuerwerk, das er %"erpaästc'^") und der Festbali, auf dem er jedoch nicht
lange aushielt. Von neuen Bekanntschaften nennt er: „die Österreicher* Gouver-
neur Johann Freiherr v. Frimont, Feldzeugmetster und General der Kavallerie''"),
den Generalfeld Wachtmeister Heinrich Graf Hardegg und den Generalfeld wacht*
meister August v, Swrtnick^'*}; die ^^Preussen* Prinz Ludwig von Hessen-
Homburg, Generallieutenant und damals Gouverneur von Luxemburg (von 182Ö
*<^) Der Obenit Wilhelm Jobanii v. Krauseneck (1775 — 1B50; trat aas Anspao bische ti*
Dtonateti in die preuBsisoIieri ein und Bohied im Jabre 18i8 ala General der Kavallene aus
ileiiaelben. Hcböniug, Di© Generale der preussiachen Arimee^ S. 2H9, Polen, HandwSrter-
liücb V^ 29L — **^) Goethe gebraucht dieees Wort in dem doppelton §inn: harrend an sich
vorbeigehen lassen, z, B, ein Gewitter — und harrend Terahsäumen, Wulcker, Gr. Deutsche»
Wörterbuch XI 1, 1158. — ***) Die genauere Bezei**biiung der Stellung ist dem 8tajit8-Adf«ai»-
handbueh der teukschcn Bundesstaaten filr das Jahr 1810 entlehnt. — *'**) Goethe soKfeibt
Cwertenic.
I
189
^ mein
bis 1830 war er regierender Landgraf von Ilessen-Homburg)"^), deo jungen
Prinzen Leopold Friedrich von Anhalt-Uessau (1704—1871), welcher Beinera
(Jro88vater im Jahre 1817 in der Regierung naclifi>lgte; er hatte den Feldzng
von 1813 — 1814, aber im österreichischen Heere, mitgemacht^''); endlich den
Obersten Kranseneck; zuletzt die ^Mainzer** F. J. Bodmann"*), den bekannten
Geschichtsforscher und Sammler von Urkunden, und den Freihcrrn v. Jungen-
feld. Am 4. August kehrte er über den „bewegten Rhein*' nach Wiesbaden
zurück, nachdem er noch den befreundeteu Hauptmann \\ Luck gesehen hatte.
Um 8 Uhr trat er den Heimweg an.
2. Zum 15. August bemerkt das Tagebuch: ^Einfall nach Rüdesheim zu
gehen,'^"*} AnstaUen dazu. Mit Zelter zu Hanse gespeisst. Mit ilim und Cramer
nach Tische abgefahren." In Übereinstimmung damit ist nach der Erzählung
im pS. Rochusfeste" dieser Ausflug plötzlich beschlossen und ausgeführt worden;
nur darin weicht; diese ab, dass nach ihr der Mittag schon vorbei war, als die
Anstalten getroffen wurden. „Vertraute geselhge Freunde, heisst es hier,
welche schon Wochen lang in Wiesbaden der heilsamen Kur genossen, empfanden
eines Tages eine gewisse Unruhe, die sie durch Ausführung langst gehegter
Vorsätze zu beschwichtigen suchten. Mittag war schon vorbei und doch ein
Wagen augenblicklich bestellt, um den Weg ins^'") angenehme Rheiugau zu
suchen.** Es war also ursprünglich nicht die Absicht, wie aus beiden Dar-
stellungen hervorgeht, etwa dem bevorstehenden Rochusfest, diis in diesem
Jahr wieder zum erstenraale nach der französischen Zeit und mit besonderem
Glänze gefeiert werden sollte, beizuwohnen; erst als die drei Freunde in Rudea-
heim die grossartigen Vorbereitungen zu dem Feste und die fröhliche Stimmung
der Menschen über die wieder ermöglichte Feier des folgenden Tages sahen
und man ihnen grosse Freude und grossen Qenuss bei der Teilnahme in Aus-
sicht stellte, beschlossen sie sich der Menge anzuschliesson und den ohnehin
anlockenden Aussichtspunkt des Rochusberges aufzusuchen. Da der Meister
selbst in anmutiger formvollendeter Darstellung eine Beschreibung des Festes
uns hinterlassen hat, so kann es nicht unsere Absicht sein einen ausführlichen
Bericht über seine Erlebnisse und Beobachtungen hier zu geben; man muss
dies alles bei ihm selbst nachlesen und dazu das lebensvolle Bild von dieser
Gegend des Mittelrheius und dem regen Thun und Treiben der Menschen da-
gelbst nehmen, welches der rheinische Dichter August Ammaun in dem lioder-
reichen Büchlein ^dov Rochusberg bei Bingen am Rhein. A. Koch, Darmstadt
18S)3** gezeichnet hat. W^ir wollen nur einiges herausheben, was zum Teil
dem Tagebuch entnommen ist.
Durch die gesegneten Fluren des Rhein gaues wurden unsere Reisenden
rasch dahingetragen; für jede Stadt, für jedes Dorf und joile Villa hat Goethe
ein freundliches Wort, für Besonderheiten stets offene Augen, Nach 3^/^ Stunde
*'^) Dereeib«, weloher oben S* 102 Torkum. Seh wart z, Landgraf Friedfioh V. van
lIoBsen-Homlmrg: III, 74. — *") Allg. Deutficlio ßiogr. — "*i Dag Tagebuch sehreibi fJotU-
mÄnn. — *^*) Vg!. Duntjser, Ooethe und die RoehuBkapellc. Mttnch. Allg. Z. lS8:i, No. Mi)
u. :Uii. — *'*f Der Ultere, gäohliche tiebrouoh dea Wortes RheiogHu ist am Mittelrhein allge-
mein üldicli geUlieben; das Volle Ragt hier gewöhnlich das Rheingau.
140
Menge
fliclier
wt Htidoaheim erreicht^ wo das Gasthaus zum Adler'") tm*. uu: i
Beamte des Ürts, Hufrat Götz (s, ubeu)» wohl mit Cramer al« »^ «wo
Mineralien bekannt, gesellt sich zu ihnen und mag ihr Führer bei dem Spasivr-
gang am Rhein, zu der Burg des Grafen von Ingelheim, aber audi so ikr
besten Quelle dea Elfers, den man kastete, gewesen sein; deno dieser ilssd
damals auf der Höhe seiner GQte, und von ihm, einem „Uauptjabr^ eiitspTOttsil*
hiess es, er sei ^vorzüglich gut und viel gewesen, wie seit Jahren iiiebr
Aber auch für wissenschaftliche Belehrung sorgt« Götz, wie wir obeo gi
haben« Nachdem die drei Preuude am folgenden Tage unter seinen] Oeli
über den Bhein gefahren, den Berg erstiegen und unter der fröhlichen Menge
verweilt hatten, kehrten sie befriedigt zurück und fuhren nach frcundliclier
Bewirtung durch ihren „Oeleitamann" noch am Abend desselben Tages nach
Eltville zurück, wo sie übernachteten. Der Morgen des 17. Augusi bradbie
sie wieder, nach dem Besuche bei Habe! (a. o.) nach Wiesbaden.
Die Eindrücke, welclie Goelhe auf dem Ausflüge empfangen, die U
haltungen der Leute und die Reden, die er vernommen hatte, wirkten
mächtig nach, dass er schon unterwegs den Gedanken fasste den Beaueh d»
Rocbusberges litterarisch zu verwerten. In der Nacht vom 16, auf de« 17* Aug.
hatte es stark geregnet und Hess es rätlich erseheinen die Abfahrt von Elmlle^
zu verzögern. So fand sich für ihn in der Frühe des 17. noch Müsse «dt^B
Schema des Rochusfestes^, wie das Tagebuch sagt, zu entwerfen, und auch to
Wiesbaden „setzte er das Schema** fort; noch mehrfach holte er es in deo
nächsten Tagen, am 19, und 2»i. wieder hervor. Die Ausarbeitung jedoeh er-
folgte erst im Jahre 1816 wie auoh die Stiftung des Rochusbildes, dat
„gelobt" und durch Luise Seidlor zu Jena hatte ausfuhren lassen. Die all-]
mähliche Entstehung und der Abschluss der Erzählung sowohl als des Bildes
läast sich an der Hand iles Tagebuchs genau verfolgen: jene wurde vom 23, Mai
1816 bis Ende des Jahres vollständig ausgearbeitet und ausgefeilt, gedruckt
im zweiten Heft des ersten Bandes „Über Kunst und Altertum**, 1Ö17, die«»
wurde wohlverpackt durch die fahrende Post den 18. Juli 1816 abgesandt,
nachdem ein Brief an die geistliche Behörde in Bingen wegen des Auspaokena,
der Behandlung und des Gegenstandes des Bildes vorausgegangen war,
3. Eine dritte Unterbrechung erlitt der ruhige Gang dos täglichen LeboiM^
durch die Ankunft de« [OrosölHorzogs Karl August von Weimar. Derselbe
gebrauchte in diesem Sommer das Bad zu Aachen; am 2. August meldete ibut
dorthin Goethe seine Ankunft tu Wiesbaden und empfing am 8. von ihm die
Ankündigung, dass er bald Aachen verlassen und nach Mainz kommen wetde;
ein zweites Schreiben vom 16. gibt nähere Bestimmung über den Zeitputiku
^Ich eile Dich zu benachrichtigen, schreibt der Grossherzog, dass ich küol^tgi
Sonnabend den 20. von hier weg und gerade nach Coblenz reise, um den 22j
bei guter Essenszeit in Maynz zu seyn. Wo ich logiren werde, weiaa ich
niobt . « . Wir werden uns schon finden. Don 23. Nachmittags wollte ich
nach Biebrich und Abends nach Wiesbaden gehen, um von dorten Visiton bei
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^*j Im Roehtufett hoisdt isa tut Kr<>no.
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} Öarloriue, •. a. O, i3. 3iw
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Minister v. Stein in Nassau, io Schlangenbad u. s. w. zu machen. Sehr freue
ich mich Dieh wieder zu sehen. Lebewohl.***^)
Der letzte Satx wie auch der ganze Ton des Briefod h'isst klar das gHir/;
eigenartige Yerhültnis erkennen, das damaU zwischea dem Fürsten und seinüm
Diener bestand und fortdauerte, bis der Tod es löste. Ein Jahr später spricht
sich Goethe in der Unterhaltung mit Boisaeree ara 8. August darüber also
aus'"'): ^Was die VerhäUnisse mit Fürsten theuer und werth macht, sey das
beständige und beharrliche darin, wenn einmal ein Vertrauen eitstanden ; su
zwiseheu ihm und dem Herzog. Durch allen Wechsel der Verhältnisse und
Gesionungen durch habe der Herzog ihn immer denselben gefunden^ gesehen,
dass er einen braven, ehrlichen Mensehen an ihm habe und so sey der Herzog
noch jetzt wie in ihrem ersten Freundschaftsverhältniss; er habe ihm kürzlich
einen Brief geschrieben^ ein Resultat seiner Leetüre während einer UnpässUch-
keit, ganz wie aus jener Zeit so herzlich.'
Lassen wir jetzt über die Tage des Zusammenseins das Tagebuch reden:
jfAm Nachmittag des 23. August] kam Geh. Secr. Vogel [ScatulUer im Adresa-
Ich genannt]. Mit ihm nach Mainz*"*) Mit Serenissirao bifi tief in die Nacht.
24, Mit Dr. Stark.»'*) [Geh. Hofrat u. Leibarzt) nach Wisb. . . Mit Stark
die Brunnen und Bäder [besucht]. Die Gegend, Cursaal und Anlagen. Im
Cursaal mit Stark und Zelter, Kam der Herzog. In der Gesellsch. bis Nachts.
— 25. Mit Serenissimo. Zu Frl. Stein. Nach Bibrich. Nach Hause. Ins Schau-
spiel. In den Curaaal. — 2H. Mit Serenissimo. Graf Henkel* Briefe vun Weimar
an Serenis. Fuhr der H(er35og) ab. [am Abend] An Serenis. [nachgeschickt]
das Stucden Blatt der Estafette, nach Francfurt."
Es waren anstrengende Tage, wenn auch der Verkehr mit dem fürstlichen
Gönner und Freunde noch so angenehme Stunden brachte. Die Kur stand
still, und es bedurfte einiger Tdge, bis sie wieder aufgenommen wurde.
Es erhellt übrigens aus dem Mitgeteilten, dass Goethe den Grossherzog
weder zu dem Herrn v. Stein nach Nassau noch nach Schkugenbad und anderen
Orten begleitete, wie man angenommen hat.
4. Für die Kur hatte Goethe vier Wochen in Aussiebt genommen; diese
waren mit dem Ende des August abgelaufen^ und w^enn er auch am 9. Sep-
tember noch einmal des Bades genoss, so bilden die Herbsttage im Rhein*
gau, zu denen wir jetzt kommen, streng genommen keine Unterbrechung,
sondern den Abschluss des Kuriebons. Indem wir jedoch auch auf sie noch
einen Blick an dieser Stelle werfen zu sollen glauben, wird es gerade wie bei
der Rochusfahrt genügen die Tagebuchnotizen hierherzusetzen, da er selbst
in dem Anhang zum Rochusfeste sie ausführlicher aufgenommen hat; einige
anderweitige Mitteilungen werden beide ergänzen.
Am 1. September reiste Goethe zu der befreundeten Familie des Franz
Brentano, nach dessen Landsitz in Winkel am Rheine und verweilte daselbst
acht Tage. Betrachten wir zuerst «len Kreis, in den er dort eintrat. Wir
'*) BriefweoKftel *lis» Orowherzogii Karl August mti Goelhe, H. — ''^> 8. ßoieiere« l,
;^bi — -'*j Goethe schrieb irrtaraliob Wiabaden stott Mainz. — **^ Das Tagebuch h«t Starke«
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H«llA «rr»l«f Kli« flta niehmalt mit Msxioitlbae ron La Roche Termlltlten R
Aif(«iii HfimtAiK». Hdne tiamiüilja mmt ABtoiii% Tochter des k. k, Ü4rf
•ffiliniifi Mtit^bior v^ Birkeactoek. Boide habaa wir sehon unter den Fr«iM
ll<i«iii;l»rtri in Vfimh^lüU aofUtirefi laü^^eD. Dann folgen tta Stmmmhiiefa
Niirn(ri] dm Kliidfir vüq Uetdeo, Qeorg, Maxitnlliane, Jasophine^ PranBiski i
tCiirl« iiiiiJ iii(9 Friinkfurter VerwiiDdteOf VetterD uod Couainen, Claudüie, Sop
Fruriys und Lu«tivig Brootano, ferner Claudine Piautaz^ die satt dem Tode
MitiliniDiiiift Hroiilurut (l7fKi) dio Rr^^iehung der Tuchter P. A. Brentaiiiki<
Inliitr**) Imito, dor lUuiilülirer Wildfayr und Pauline Serviere aus dem
liokiiniitoii Itauio Hurviora. Umu trsteu für deu ersten Tag aU Qä^ite Zel
t Itiintidii HtditoiNor und der Fraiikfiirtor Atta und kurcr^kanzlerischo Il«i
lh% Wimjsid/")
Dum l^ignbuch nlito beriolitot: ,,1. Soptcmbor. Früh 7 Uhr aus Wteshd
um UV* ^'l*!* lu Winkel Hoy BrontanoB fand ich Zelter und Sehloasefi «
IJi^lMiSnionU Wi*iui)I, Arsti und ActJöuidmur von Fmnkfurt. Nach Tlaclie gin(
jomt Wf^itor iiuP"*) Bingou, Mit Urontanos und Wenstel fuhr ich aufEibinj
Imrub mtt iiilUyMnmn, Ihimmjfmüxm Uhus.'**) Stadtkircho. Kuckfahrl M
•ebiiii«ton Abi^üd,* - Diu Au3»flügü um 2» 3i und 4, September fohlen
Tiijfidvnidi, wir f^rj^Unxon aw in Kür^o aus den ^Herbsttagen": am 2. w«
HtddotA VullnUbM und iKduuuiiaborg hot«ucht, am 3« (ioiseoheim, die ätiillir i
kiira Viirlior «jllknlarl^ic^rUHi unddaim Hufgegeb^ncu Kiiptiziner-Kladters Not-Q^
d«f MM^Wtld, den nmu vom Jagiischloj^s aus bis za dorn Tempel duf
wimdt*r<t\ *ioh au iU>u wnudorbaimi AusÄichien erfreueud, am 4, die verfalle
in oiii Winit^rlmiiA vorwiiudtdtö KapolUi dm h. Rhabanus ****), Weitiheiiii
{lililiMnHl rft^t di>^ Ubt>iuoi«, Niodci'ingt>lht>im, wo man die Reste des Palaj
Kwth \\m Unsm^Hk aufstuolittv*''^)
l>M T*j^dmcb fiihrt fiwt; ^X August, Auf Küdei^heim. Im Kaha I
^^inr^^^ ^t%nfio naoh Bingfu. ^[miid^ng. Gjp^- Woher ^ Melaacholb
Wivtliiu Hill »^It^nit'tti lWwuf$ti»<Hii ihvo^ Zu^taades. Abfahn. Roefaosbc
I^MK* wif*)k*tton Si«tt\m^ik R4»chii$ka(M*lle. i^igeL Weiche OrgeL Kann
iWf^k Ut'ftlWb^s ak'iiial» gUMnag la schauende Aassieht. Gestein obea, aat
INUirl Kiaab^vinjkrtK K^Mtii^t^n li&ck^ IWrrlkhe Chua^^^e. Letcht an bearl
IvfiAM' ftaokft l^^tfHft. Uiacks ab \vm der Cbaass«^. Saad, jiittg^ Fidil
g$lß%t^tls W^m^ ]|m«c4n>« ■« »ftmk Ate««» wMla«%«» ScUoob^ £ire
kmftwitiwh Jt» Wa|s{N^ Af€ OtaWhNaiL Baal« Ff ifiier- Wenkaaau AI
143
I
^
Wirth, Coniplex der acht OrtacbafteD. Ehenialigu geriuge Abgabe. Pran*
züsoiie (eic) Zeit. Weinbau sonst nur weiss. In Nachahmung und Nacheiterung
von Assnianshausen roth. Handel mit demselben. Vorzüge. Eilfen Rückfahrt
bis Weiuheim. Kahu^ Knaben^ aehoelle Fahrt.
^6, September. Früh Hr. Brentano nach Prancfurt, Rodacktion und
Abschrift der bisherigen Notaten. Spaziergang erat allein, dann mit Mad.
llrcntano und Dlle, Serviere- PrI, v. Oiinderode Leben und ToJ,**^) Ort ihre«
Hclbiätmordes. Kurz vorhergehend. Zu Mittag Nachbar Behringer Gerber [s. oben].
„8, September. Die bisherigen Aufsätze durchgegangen. Mit Fr. v. Brentano
und Dlle. Serviere au den Mühlen hin» Clause. •* Unter diesem Namen
wird gewöhnlich die ehemah'ge St» Georgsklause am Fusse des Johanniubergcs
verstanden. Mit dem Kloster Johannisberg war ursprünglich ein Nonnenkloster
verbunden» das aber spater von jenem abgelöst und unter dem Namen St* Oeorgs-
klause in das Thal verlegt wurde; er bestand bis zum Jahre 1452, wo es auf-
gehoben und seine Güter der Abtei Johannisberg einverleibt wurden, ^^^)
Das Tagebuch fahrt fort: „Mittag. Einsezung der Jesuiten, Werners
rbertriebenheiten.* Diese beiden Einträge bildeten wohl den Gegenstand der
Unterhaltung des Nachmittags. Papst Pius VII. hatte am 7. August 1814 in
feierlicher Versammlung die Bulle Sollicitudo omDiuni ecelesiarum verlesen^
durch welche der Orden der Jesuiten förmlich und feierlich in alle seine
frühereu Privilegien wieder eingesetzt wurde. Mit dem Namen Werner ist
ohne Zweifel der Romantiker Zacharias Werner (1708—1823) gemeint; nach
einem höchst ungeregelten Leben war er im Jahre 1811 katholisch, 1814 Priester
geworden und machte damals durch sein excenlrisches Wesen viel von sich
rcden*^**); nicht lange vor seinem Tode trat er in den OrJen der Rcdenip-
toristen.
Die Abreise Goethes erfolgte au demselben Tage; ^Nach Wiesbaden**^ so
echlicsst das Tagebuch den Bericht.
Es waren genussreiche Tage» die Goethe in der ,,geliebtcn und verehrten
Familie Brentano* verlebte, und daL'kbar gedenkt er der „glücklichen Stunden".
Die „Herbsttage* beendet er mit den ^^glücklichen Ruudworten":
^L 9 Am Rhein, am KheLn^
H Dn wachsen unsre Hebor},^
H Der Familie Brentano verehrte er ein Frankfurter Laudschaftsbildchen,
Bunter welches er zur Erinnerung an Winkel die Zeilen setzte:'^^)
^ft „Waäserfälle» Landee^rüsse»
^■^ Heitrer Himmel» frohe Hahn;
^^K Diese WeHen, diese Flösae^^'')
^^^F Landen auch in Winkel an.^
^ **•) Karolino r. Gduderrode, geh, am U, Februar I7S0, atiirb Ijckanntlich in den Fluten
des Elieines citied freiwilligen Todes am 26. Juni 1806. Vgl. Ht hwurU in der Enf'vklopädie
von ErsoU und Gruber 1« Bd. 97, S, 56 des SeparaNibdrucks, — *"") Vogel, nmiihreihung-
des llcr/ogtunia NassaUi S. 5U7. — '"*") Vgl. Arndt, Meine Wanderungen und Wandi^lungcn
mit Herrn v. Stein, 8. 231. — ***') Creizen«oh| 8. 86. — *'*) So die Weimarer Ausgabe [^
4^ ♦>*» «'''•/♦»nach minder passend: Flüsse*
144
Die oben er wähnten S tarn mbiichein träge des Breotaoaischeii IlaoiH
folgend©,^»*)
1. Atitonia Brentano Bohrißb:
^Winkel im Ebeiiigau.
Hier stand dte Hatur, da sie ftui
reicher HantI Qber Hügel und Thal
belebende Scli5plun^ goas, mit rm-
weilen dorn Tritte still — hier gefiel
es auch Urnen acht schone Tage £U wi?lloii|
und Ihrer Gegenwart Sonnenblick
aohion mir der Änmnth Vellcndung.
d* 6. Sept, tHU. Antonia BrfmtoJio
gebohrone Edle von Birkenftn
2. F ran SS llrentano:
^8e yrie das woblthltige Jahr 1^11
hier den edlea Kebetis^ft ^nin
Nektar erhob, m ver!ierrUohte
in d^ei^ciu Jahr Ihr freundlicher
Besuch untere Getuhle!
Dos Andenken daran wird mir
unwergesslich bleiben»
Winkel im Kboingau d. 8. Sept. 1814, Ftmmx Br^atMÖu*
3. Dio füigeüde Seite trägt in scböner, aber steifer, unaus
Kinderhaiid die Überschrift!
^Aueh die Kleinen liessen Sie tu sieh kotntnen"
und darunter die Namen der Kinder des Hauaes;
^Oeorg Urcütano
Maximiliane Brentana
Josephine Brentano
Fronciska Brentano
Carl Brentano,**
Der Name des daraala einjährigen Karl und die Unterschrift:
itu Kheingati, den 8. Sept 1814*' sind von der Hand der Mutter.
4. ^Auch wir geboren tti den Kl einen ^
oagt die dritte Seite und ^eigt die Namen der Frankfurter Vettern und Ccim
^Cl&udino Brentano
Sophie Brenteno
Franz Brentano
Ludwig Brentano«*^
Bowte der Claudine Piautaz, die ^chon im nächsten Jahre berufea war Mn
atelle an den verwaisten Kindern seu vertreten,
5* Der Hauslehrer Wildfeyr:
.nOnine tulit punotnni ijul mis^uit utile dulci.
Yiaieellae @. Sept 1814.
(Jedweden Sehieksalssehlag Terwindel^
wer Tüohligei ntil Liehlichem ferbindeL)"
j
,w
WMtmp-.
**! Vülpiutf HttQdschau, a. a. O. S. 35^ C
145
^atiline Serviere:
^Bonst könnt ioh xu OecUnken Worte ßnden^
Doch nutif da toll so tiiibe bei Dir wolmt,
Traf mich ein Strahl au« Deiner Sternenkrone^
ich wurde stumm und tQhlte mu'h erblinden.
Aoh, wer kfton Ddineia Zauber lich entwinden!
loh wa^ e« nicht, dem guten Oeißt tum Hohne*
Mir würde 8pott und Schande bald icum Lohne,
Wollt ich mit Schwachheit kühnen Trotz verbinden.
ich achleiohe zum l'aruaBH ak armer Kranker,
Da such ich nun mit tiefbewegtem Herzen
Und vierzehn Helfern Liudrung meiner Uualen.
An Deiner Oütc lieg ich hier vor Anker,
Ein freundlich Wort heilt alle meine Schmerzen,
Doch kann ich nie der Wohlthat Freude malen.
Winkel, d. 8. September 1814. Pauline Serviere.'*
„Die lieben Kleinen, so erfahren wir spater***), haben sich gar nicht gefreut,
wenn der Oefeierte Winkel aU Qast beehrte; sie mudsten daQu sehr brav und
sehr still sein, durften nicht auf dem grossen Speicher spielen u. s. w. Da-
gegen hatten sie bei den Spaziergängen nebenher zu trippelu, um dem hohen
Herrn die Steine, Muscheln u. s. w. aufzulegen, die er mit seinem Stucke be-
zeichnete und mit seinem Bergmannshämmerchen untersuchte,**
b. Im Jahre 1815.
5. Nachdem im Jahre 1814 Napoleon besiegt, Paris eingenommen und
der Friede geschlossen war, schien es, als ob eine weitere Störung der Ruhe
für längere Zeit nicht zu befurchten sei. Daher war der Sinn der Menschen
von heftigen politischen Einflüssen frei und die Teilnahme an öffentlichen An-
gelegenheiten beschränkte sich für Goethe höchstens auf Rückblicke in die
Vergangenheit oder das DurchblÄttern von Broschüren über Fragen, die doch
anderswo entschieden wurden*
Ganz anders im Jahre 1815. Als er zu Wiesbaden ankam, stand man
am Beginn neuer gewaltiger Kämpfe, denen man, seit Napoleon Elba verl
und seinen Einzug in Paris gehalten hatte, unzweifelhaft entgegenging,
Achtserklärung des französischen Eroberers durch die Mächte am 13.
folgte eine neue Verbindung derselben zu seiner Bekämpfung und
am 25. März; die übrigen Fürsten traten deren Kriegsbündnis nadi
Verhandlungen bei; unter den ersten waren der Herzog Friedrieb Ai
Fürst Friedrich Wilhelm von Nassau. *^^) Diese hatten schon
den Befehl zu Rüstungen gegeben und am 25. eine allgemeine
angeordnet; u. a. sollte neben den bestehenden Reserve- und
kompagnien bei jedem Landsturms- Bataillon eine Vefceranenl
zQglich aufgestellt werden, welche zu bilden sei 1. aus
Der
••*) Mtiteilung de» n&ohnialig'en GemmhU der Joiepli%
RtmdMchau a. a. O. — -**) Menzel, Üoaohkhte von ^mman
m
146
bis zum 45. Jahr, 2. aus allen unverheirateten Landstormmannem bis zom
45. Jahr, 3. aus freiwilligen Milizen und zum Liniendienst nicht zugfahigen
Reservisten dritter Klasse, welche im Falle des Aufgebots zur Yaterlandsyer-
teidigung, mit der Landwehr sofort ins Feld zu räcken sich verbindlich machen;
diese sollten zur Auszeichnung eine silberne Borte um den Kragen tragen.*^*)
Während noch die Rüstungen und Übungen von Landsturm und Landwehr
fortdauerten, rückte am 21. Mai das erste Regiment in das Feld ab, das zweite
stand noch vom vorigen Jahre her in den Niederlanden; beide nebst den
nassau-oranischen Truppen wurden dem Kommando des Herzogs von Wellington
unterstellt.*^^) Und da gegen diesen Napoleon sich zuerst wandte, so war es
natürlich, dass in Wiesbaden und ganz Nassau die Spannung ausserordentlich
gross war, welches der Verlauf und der Ausgang der bevorstehenden Kämpfe
sein werde.
Mitten in dies aufregende Treiben, in die zwischen Hoffnung und Be-
fürchtung schwankende Stimmung fiel die Ankunft Goethes, und wie er, selbst
gespannt auf die Entwicklung der Dinge, das militärische Wesen vor seinen
Augen sich abspielen sieht und hört (am 31. Mai wurde zu Wiesbaden der
Landsturm verpflichtet, am 4. Juni zu Weilburg die Fahnenweihe und Beeidigung
des Landsturmbataillons vollzogen), auch von dem nunmehrigen Major v. Lack
eingehendere Nachrichten erhält, da lässt er sich mehr als einmal, wie das
Tagebuch verrät, von seinen mineralogischen Studien bei Gramer und seinen
west-östlichen Dichtungen wegreissen und greift zu der ihm sonst nicht genehmen
Lektüre der politischen Blätter. So verzeichnet das Tagebuch gleich am 29.
und 30. Mai, dann am 5. und 7. Juni „politische Zeitungen^ oder .Blätter*.
Auch auswärtige Ereignisse werden aufgenommen, wie die Nachricht von der
am 23. Mai erfolgten Einnahme Neapels durch die Österreicher; König Murat
hatte sich am 31. März für Napoleons Sache erhoben, aber durch die unglück-
lichen Kämpfe bei Tolentino im Anfang Mai sich gezwungen gesehen nach
Frankreich hin zu flüchten, wodurch den Gegnern in Italien freie Hand blieb.
In gleicher Weise ist am 4. Juni Marschall Berthiers Tod verzeichnet, der
am I.Juni durch einen Sturz von dem Balkon des Bamberger Schlosses seineu
Tod suchte.
Näher gingen ihn schon die „neuesten Abtretungen und Besitznehmungen",
sowie der „ Ländertausch ^ (5. und 13. Juni) an, die er mit Gramer, dessen
Heimat sie zum Teil betrafen, besprochen haben mag; durch die Verträge vom
14. Juli 1814 und 31. Mai 1815 hatten sich die beiden nassauischen Haupt-
linien, dann die walramische mit Preussen so verständigt, dass durch verschiedene
Abtretungen und Tausche das schön abgerundete Herzogtum für Nassau und
besser zusammengelegte Länderstrecken für Preussen geschaflfen wurden.***)
Cramers Heimat fiel infolgedessen an die Krone Preussen. Zur Ausführung
dieser Vereinbarungen waren alsbald Kommissäre bestellt worden; ihre bia-
'***) Verordnungsblatt 1815, No. 10. — *«') Menzel, Geschichte von Nassau VH (III),
876. Vor dem Auamarsch des ersten Regiments war vor dem Kurhause zu Wiesbaden am
17. Mai ein feierlicher Gottesdienst von dem katholischen und evangelischen Geistlichen ab-
gehalten worden, ^a88. Intelligenzbl. 1815. ~ "«) Menzel III, 778, 854.
147
^
herigon Untertliaaen ia den abgetreteoeu Gebieten entliesBen die Fürsten von
Nagsau aus dem Uoterfhanenverbaude am ^ j^i[^ 1815,"*) Am 16. Juni, wo
die Entöcheidung bevorstand, bringt Major von Luck wieder ^Politica MUitaria**
zum Qespräch.
Am 11. Juni war Goethe die eben erschienene und gerade in jenen Tagen
düppeltes Interesse erregende Broschüre des Grafen v. Truchses»- Waldburg in
die Hände geCalloü; ^Napoleons Reise von Pontainebleau nach Frejus**"**'); sie
zeigte den Imperator auf der tiefsten Htufe moralischer Schwäche und Halt-
losigkeit, indem der eben noch so gew*aUigo und übermütige Mann, um vt>r
dem Unwillen seiner ehemaligen Unterthanen geschützt zu sein^ es nicht ver-
geh mähte österreichische Uniform anzulegen, die weisse Kokarde der Bourbnnen
anzustecken und im Dunkel der Nacht die gefürchteten Orte vermied oiler
eilends durchfuhr*
Beunruhigend wirkte zuletzt noch am 18., an dem entscheidenden Tage,
die Nachricht, dass die Garnison von Mainz aufbrechen solle (s* oben), an
deren Stelle auch nasaauische Truppen rücken sollten. Doch bald — aber
erst drei Tage nachher, am 21. — kamen günstige Nachrichten von dem Kriegs-
Schauplätze, nachdem ihnen schlimme vorausgegangen waren. Darüber, sowie
über die ganze vorhergehende Zeit schreibt Goethe in den Annalen: „Napoleons
Wiederkehr erschreckte die Welt; hundert schicksalschwere Tage mussten wir
durchleben. Die kaum entfernten Truppen kehrten zurück; in Wiesbaden traf
ich preussische Garde/"') Freiwillige waren aufgeboten und die friedlich be-
schäftigten, kaum zu Athem gekommenen Bürger fügton sich wieder einem
Zustande, dem ihre physischen Kräfte nicht gewachsen und ihre sittlichen nicht
einstimmig waren. Die Schlacht von Waterloo, in Wiesbaden zu grossem
Schrecken als verloren gemeldet, sodann zu überraschender, ja betäubender
Freude als gewonnen angekündigt. In Furcht vor schneller Ausbreitung der
französischen Truppen, wie vormals über Provinzen und Länder, machten Bade-
gäste schon Anstalten zum Einpacken und konnten, sich vom Sehrecken er-
holend, die unnütze Vorsicht keineswegs bedauern."
Die Nachricht des Sieges erfuhr Goethe, wie es scheint, durch den Minister
V. Marschall, doch war der Bericht noch unvollständig; genaueres meldete am
22. V. Luck, zugleich aber verlautete, dass die Nassauer zahlreiche Verluste
erlitten hätten. Und in der That waren diese bedeutend; denn da sie zwei
der am meisten gefährdeten Punkte, das Schloss Hougomont und den Hof la
Haye Sainte, zu verteidigen hatten, und gegenüber wiederliolten kräftigen
Angriffen ihre Aufgabe glänzend losten, so waren viele tapfere Männer gefallen
=•"•♦) Verordnungsbliitt 1815, No. 20. — *"^) S. den Titel in dem Abschnitt 10, Lektüre.
*"*} DüB Tagebuch erwiUtiit diese ersi am 30. Juni, dabei den Grafen Henoket. Obrigen»
Jwar die Einquartierung von Wiesbaden in dieöern Jiihre nitht bedeutende Der Oberbefehl«-
iltAber der mittelrheiriiBchen Armee^ Feldmiirs^hiiU Barcliiy de ToUv« hatte den Befehl erlaägei^
a«ia die rheinischen BÜder während der Badezeit von aUer Einquartierung verschont bleiben
•oUten. Wiesbadener Wocheiihlatt» Bekanntmachung vom 20. nnd 27. Juni 1815. In Ober-
leingtiaimung damit weisen dio KinquartierutigHhiten dei Künigl. ätaataarphivH dahier fflr Wiefl«
baden nur wenige einquartierte OfÜ^tere und Süldateo auf.
148
oder tervmidet wordeu; aber wie gross die Yerlutte warea, koonle iofol «I
l^t^^t^ltt werdeo^^ und ao schwebte man noch T&fe lao^ zm!»ehen Furcht i
Doff&ütig. Qoethe nahm an dieaeu Sorgeu Anteil; er seb reibt am fiu iii
Meyfr: itDie grosseo Nacbnchten des Yerlosras erat^ dann des Oewinm M
hier hollig« D^r Ifasäauer eiuseloe Leiden und Sorgen teilte maa laäta
Tl^* Kaelidem am 27. das ytieueate Bulletin vorgerückte Ilaupft^aKtiq
ganiiddet Imiin^ erfährt er am 30, durch deo Kammerberrii f. Naaeod
,geaau«re Relatiiin der grik^ea Schlacht.^
Damit war för Goethe die Bescbaßlgung mit Politik, soweit e» d«t *
batli erkt*iiaeix läsat, eräehopft; er kehrte zu seiai^r ^wobnlicbeQ IMfirf
tiiliick, dti9 der WisseQ^chaft und Kunst gewidmet vran V
6, Wir wisten, dass der Eriberzog Karl am herao^Ilcben IMb
Biebtieh nuiieren Dichter gesehen hatte« Dies gab ihm die VeraoläiMif
«uk«T GiaUdttsg nach MatEi^ der Goetbe am 18. Juli Fo%e lernt eie. Bs i
Tafel werden noch Leute aus ddip QoAljge der kaisertieben Hobdt gfii
«M, Qiat dturn m Aaaflag auf deo Johaoni^berg, der «xn folg«ad#i %
mdel wurde. Aueb den Ob^wteo ^CbeTsfier^ da li
Qo0lke damab n Matta.
7. Di« Fahrt auf deo Jobannisberg am 19. Juli mmchteßmAiti
für die Gesdikhte dies Scbkissca deiikwütt%eii Vorgaiiga. \
g«itift«fc 1 106^ hatte mA aafopga ra«cb an eiaer grvii
MiaivittMlialt ttad Tv&A dar Zaekt braehtn m
r, dass der ßribsdicf Daaid roa Miisa (1S5S — 15^) «
mTicbM% Md ak aiieb in der Fol^e die Terhltanaw a^
«ekien es gecaleii sich lieb^ des fanxen Be^txes ma entla«
iw PUda, Koutaatiii t, bttkr. wie J^iuanliei^ dm Bi
a]i§i4ürig aad Ptfinas dessdbeii m DevtaeUaad, betcUni
Abc« xa «rwerbcfi wää kaafte sie am 20 Jui ITie. Daa ä
Staad aber tikxtm er ak^t wieder uräck^ Mwlcia b«faiQi akbttld aa dir Sl
dir Ptattrgtbaade eia S^Aom n
it» liiiain warde. Uat«r dec Fai^tsehMTa
149
Hügel übertragen. Nach den Wiener Verträgen, Artikel 51 der ICongros»-
nkte, und dem Vertrag vom 12. Juni 1815 zwiachen (iaterreieh und Preusaen
ging da« Schloss in das Eigentum des Kaisers von Östorreicli über, und der
^Jlrzh erzog Karl erhielt den Auftrag Besitz von demselben zu ergreifen, Dieöer
Vernatnite darauf den Geheimerat Paul Anton v. Handel zum ^Obernahme*
Kommißsarius*^ mit dem Auftrage die Übernahme am 19. Juli 1815 zu voll-
Blieben. So begab sich derselbe in Begleitung mehrerer Offiziere und Beamten
^^au8 der Umgebung dea Erzherzogs an dem bestimmten ^J^ag an Ort und Stelle:
der bisherige Kellner Pater Arud legte die letzten Rechnungen und die In-
Byentare vor und empfing die Bestätigung seines Amtes, worauf die Besitzer-
greifung Namens des Kaiserhauses ausgesprochen und zum Zeichen derselben
»das kaiserlich österreichische Wappen au das Hauptthor augeschlagen wurdc.'**^)
Diesem Akte wohnte Goethe gemäss der Einladung bei und berichtet
darüber im Tagebuch in der gewohnten Kürze; nach der Übergabe wurde von
den Anwesenden ein Spaziergang um den Berg gemacht, wobei der Pater
Arüd den Führer und „über die Kultur desselben* Mitteilungen gemacht haben
Hivird. Daran schloss sich ein heiteres Mittagsmahl Als Teilnehmer au dem-
~ selben haben wir die in dem Tagebuch genannten Personen zu denken: den Herrn
^v. Hügel, den Grafen v. Weatphalen, wohl den k, k. wirküclien Geheimerat
■ Clemens August (1754 — -1818), den Generalfeldmarschall-Lieutenant Gottfried
■ Freiherrn v. Strauch, Vizegouverneur der Festung Mainz, den Geheimerat Paul
■ Anton V, Handel**), später Direktor der Bundespräsidialkanzlei, den Regierung«-
■ rat Joachim Kleyle aus dem Hofstaat des Erzherzogs und den Adjutanten des-
■selben^ den Obersten Karl Freiberrn v. Gudenau."^) An den Grossberzog von
B "Weimar berichtet Goethe darüber also*^): „Nach vollbrachter Übergabe, nach
^ einem Umgang um Schloss und Burg, sodann einem heiteren Mittagsmahl, die
Gegend immerfort bewundernd, sah ich dann den kaiserlichen Adler über den
alten, in Eisen gegossenen fuldischen Kreuzen schweben und also auoh den
I Besitz dieses merkwürdigen Erdpunktes entschieden.** Entscfaieden aber war
er nun doch nicht völlig; denn am G. November 1816 ging er durch kaiserliche
Schenkung an den Fürsten Metternicb als ein volles Eigentum über mit dem
Zusatz, dass das Gut unter kaiserlicher Oberherrlichkeit bleibe und jährlich ein
Kanon, bestehend in dem Zehnten des Weiuertrags, entrichtet werde;'^\)
Der 19, Juli war für Goethe noch in anderer Beziehung wichtig und er-
freulieh; an diesem Tage erhielt er durch eine Zeitungsnotiz die Nachricht, da«is
der Kaiser von Österreich ihm das Kommaodeur-Kreuz des Leopoldsordens
j, am 28. Juni zu Speyer verliehen habe. Die Nachricht davon empfing er, wie
■ es scheint, noch zu Wiesbaden durch Herrn v, Hügel AU er sich dazu be-
I
^ Oli€r die Oeiclüohle des JoKaonbbergei handelt saoh Utcreo und eigeotn FotböH'
imgim ui frQiidlich«r Webe der Archivar Habet in dem Berichte der KomtniJision der nnM.
Stände tvr Untersttofanng der sUuitarechUichen VcrhlltnisBe dei Schlosei Johannijiber^ vom
15. Min lS49f m populirer DartteUung Zw enger in der Zeitschrift HeMenland 1kh9, H. IHd^
20O n. 2a^ und K. Braun in «einer Art in den «Bililem «oa der deotachcn Kleinaümterei t,
tm fL - ^* DmM Tagebuch »chretbt: Heg. H, Ueiick#L — *""} Rbeoda beiaü er Um. Adj.
Bar. Otttlienaa. - •••) O. Jahn, UiMlhis Brtefe an Voigt, 8. 53X. — •»*> BaUel» a. •* O.lkM.
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«. lAe Lftiareis« am, 21^ 32L od SL MP^^ war a^isr
me 'J^üsMczrrä. Cctait^ ^f^rioatHL xui nü irm zrTHiBaHim*£Ü nrr^nwmitrr ^^lö
■omdie lenila«: IL»annaä» xui FÜTW^äc: sieä Ttsr&enat s& w ioL umer fie
ww v4fL ihr atlrm. übt xasür <£e k5i9ii«a ELräsL 2sc ä^ unöi: lai^^iiiijixniisa.
iJte Tftz^Mttä 23IC aar öi7&%»ii *ä«r hnai «ni^*»! AjAeniip^f u«r
r^füig ißtt IAu»^ X3fi i^uiKrcsL Eräonöwe hsr äfüe. lü^ai: i^i^r im-
GL&«r 4»L GtSfwiszL la Kfnaaiw xui Fm»w«tL &*r ^ m vsrhMs^isa, w^iv.
Ijfe Tfrufiiaiiii iit IS är n& w\ial >& Emjsiifixnir hi» IFniMCg^ ^ 5ci£bi
Zk 4er ■§■ II itnjjiiigagg. Exkxswft srlcen äe Mseuaseeo. Cruinr^ mc Macämnc
Gü«sfte fe LAfcB«s<ati xäeäc fciHiaL xaif <ar kiimoe^ m*^ Er-
4» Jaäns 1772 3«a &<äe&**it. EmilnÄ issa^ <r
S«iaerkpäB«!&»L 6*?«Q:irx^g isr^ii tjn Scnfiimy •&»
f«tt dm Erdkaxa^ K^ i&<r f*»i F^dxs^ ^hi 17>i £*»n;KTHr bHnunr
Amt (lfm fcgig€g€h€ttett Y&r>eääC ?«oäKK S3ti iiiiL:«sr £us;:«:2«H£e!L Ki^r^eoL'^
ragefcqag -ier Lafcs ▼»m Wacciae' ^ö y.sr>ri!i£*. xait
t 4kt Jj^iL fior &»
151
zu führon, ab auf ihre sonstige Brauchbarkeit. „Ich machte die Bemerkung,
sagt er, dass eine gute Militärkarte zu geognostiachen Zwecken die allerdien-
lichate sei". Nachdem abo der Eatschluss zu der Reise gefaaat war, nahm er
eifrig das Studium eben dieser Karten und von Schriften über die geognostische
Beschaffenheit dieser aowie ähnlicher Gegenden wieder vor^'-), um sich vor-
I zu bereiten und Fragen ateüen zu können, deren Lösung er dort hoffen konnte.
y erfolgen wir nunmehr an der Hand des Tagebuchs den Weg, welche
unsere Reisenden einschlugen. Am 21* Juli fuhren sie über die Platte nach
Idstein, wo die Kirche und das Schloas ihre Aufmerksamkeit erregte. Das
auf einem Felsen, der sich in der Ebene erhebt, auferbaute Schloas steht an
der Stelle einer älteren Burg, die Graf Ludwig IL (1602—1627) im Jahre
IG 15 niederreissen liess, weil sie baufällig geworden war; den sofort begonnenen
Neubau vollendete sein Nachfolger Johannes (1627 — 1677) und umgab ihn mit
, Gartenanlagen, die leider verschwunden sind. Das neue Schloas blieb die Resi-
deoz der Grafen, bia Johanns Nachfolger, Fürst Georg August, das Schloss zu
Biebrich erbaute und mit ihm die Linie Nasaau-Idstein erlosch, Graf Johannes
hatte zugleich die Kirche in seinen letzten Kegierungsjahren im Innern kunst-
voll ausbauen, mit Säuleuarkaden von Marmor und Gemälden schmücken
lassen. ^^^) Von Idstein giag es nach Oberselters^ wo eine minder bedeutende
Mineralt|uelle ist, dann nach dem berühmteren Niederaelters; über die Ver-
hältnisse der Orte gaben der Verwalter Münz und der herzogliche Brunnen-
kommissarius Alexander Westerraann Aufschluss.^^*) Die Nacht brachte raau
in dem Dorfe Blessenbach (nicht Plessenbach, wie das Tagebuch bietet) bei
dem reformierten Pfarrer des Ortes Johann Jakob Mess zu; vielleicht besuchte
man auch am Abend die Dachsehiefergruben, die damals noch betrieben wurden.
Am 22, Juli kehrte man durch die waldreiche Lange Hecke, die dem
Dorfs den Namen gegeben hat, nach Langhecke zurück; man war am vor-
hergehenden Tage an ihm vorbeigefahren, wahrscheinlich weil der arme und
kleine *)rt kein geeignetes Nachtquartier bot. In der Langen Hecke gab es
viel zu sehen; es wurde dort Dachschiefer, Blei und Eisen gewonnen, letzteres
auch verhüttet. Der llütteuschreiber Eppstein gab Mitteilungen über daa, was
^seines Wissens war; der Betrieb der Gruben reichte zum Teil in sehr frühe
'Zeit zurück. ^*^) Am Mittag fanden sich der Pfarrer Meas und der Brurnen-
kommisaar Westermann wieder ein. Dann fuhr man nach Limburg, wo der
„rote Ochse** Nachtquartier gewährte.^^*^) lu einem Briefe an »eine Frau
vom 8. August vergisst Goethe nicht zu erwähnen, dass die Lange Hecke
, berüchtigt sei wegen Schinderhannes Fluch twinkel*' ; und io der That war die
f Gegend von jeher berüchtigt und gefürchtet, weil sie oftmals einzelnen Räubern
*^*) Wir haben sie oben S. tl2 erwähnt; die vollständigen Titel a. in Abschnitt 10,
Lektürfii schon Ende Juni, dann vom 14. Juli an, — '*'*) Eizhnuh, Einige Naohrichten
von der Stadt IJätein. Programm des GymnaBinma zu Iditein 17S7, Ö, 35 flf. W, Ctiotz,
Die Kiriihe zu Idstein, 1868. — *^*) Über den Brunnen am Ende des vorigen JafirhuDderta
vgl. Sohlozers Briefweohsel IV, 22, S, 275 u. VIII, 43, S. IL — **^) Vgl. Wencken-
bacli, Beschreibung des Bergrevier» Weilburg, 187U» 8. 114, 122, 135 ff* — *»**) Jetzt im Be-
aiU der Witwe Kunigaberger iL«derbandlung;, »ohrfig der Post gegenüber.
ISS
ttod ganidQ Banden eine Zufluchtätätte geboten hatte. Der bekaoiii
hauptmaDD Schrnderhaooes (Johann Bückler) wurde bei WoIfenhaEsen
Nübo des Dorfes Laoghecke am 31, Mai 1802 gefangen genommdü
21. November 1802 mit mehreren seiner Qenosaen zu Mainz hingerii
wird auch von ihm und seinen Tbaten, über die vieles Schreckliche
lieiteres umlief und noch jetzt ensahlt wird, in der Mittagageßelbchart
^^ewesen seia,**^
Der 23. Juli führte von Limburg nach Nassau. Zuerst
Tiigebiieh: »Preusüiseh Militär'^; seitdem Preussen im Besitz von K
dem Rheinland und der Stadt Wetzlar war, bedurfte ea etoer £ttt|
£# Wide Landesteile verband; diese war, ho lange das Hersogtni
bestand, die Strasse an der Lahn und berührte Weilburg, Limburgs Di
Tuseren Reisenden begegneten also preussische Truppen^ welche zu
Weitlar bestimmt waren. — Dann gelangten sie nach Holzappei,
Bilsiif daon nach dem kaiserlichen General Peter Heiander, Grafen
appel, der die Herrschaft im Jahre 1643 gekauft hatte^**), Hulzappel
Uohapfel) genannt. Hier empfing sie der Bergkommissür Schreiber^
oaeli der Silberschmehe"*) geleitete und nachher freundlich bewin
deutend und anregeud müssen die Gespräche über daa «Yerschieben
ttnd Aedres Geologisches* gewesen seio, zumal da hier der T<
gediegeoea Buches darüber damals sich aufhielt, das Goelbe zu
geleMa katte. Darüber bemerkt Goethe in den Annalen: ,Iq Holzapfel
bei Gelegenheit des dortigen höchstmerk w^ürd igen Ganges, kam Werneft Hl
der Batatehnag der Gange (von 1791) zur Sprache, ingleichen dee dort i
B Teraehiebung der Gänge (von 1810).*^) Diese ricl
wo oft belraeht^e und immer geheimnissvoll bleibende £rtscbeti
vor die Seele, und ich hatte das Glück im Labnlbal
Abtei ungeflUir ge^nüber [Arosteia], auf einer ver]
ilaitea mit kreuzweise lattfeadeo neb mehr oder weniger Tendni
daa Qmngiagea m fiadea, wo das GruodpUUiQnieB mit den Augen ges^
mm aaeb aicbt begrUTaa« aeeh weniger aaigespreeben wenleu kann.
BHrtfaaang der aa%ebobeaea Abtei Araalein bei aas eeh^o in ,die L
«ehtucbten^ hinabgefilhft^O; fiiat adieint «§, ab ob aber den wi^aei
IdiMerteaat«, 1891. ^ ^ Tegel,
. ^ n«. — W, Uef eiaaa« Piter MtlaadOT, BtUmgni m Balaapp«!, 1881, t
- «^ thm 4le Btol- aal figteMüea 4^MAm Mie 4m hmchnSbrna^ der Bcr^m^im
Ota, ie»3^ 8. loa - >*) 8Me ^iMtkaüt OK Ltkiara» I4^ hm 17« im
iter Ott» w aoüte ai^ifkl iMte (iwsL & hS^ jilii OeaüeiHak«!
m mmm SeUsekt umktkm c««i 8w|«a hm CümkaT. Ut
Or«a4 m sa Wiaalftla ^, m katm Av Iciqpttskt ^oa fi >gthi
rMlit mU aaoii H ifo iweü» fahareiw tttS IUIm. alt er dmr^ 4» ,J
ba^ttit; ake b dia 3$. JeK ISIS« wm ^Mim
raiaa aioki fMfrMMa liw^^^ ttaiai
Ml« Ami er Clirtiii — lliitMii, ia er ita Wig litü m Twm larisklig^u mmd
153
Beobachtungen und dem Funde, den er hier machte^ ganz vergeaeou habe
den Blick auf die aus der waldigen Eiosanikeit plötzlieh hervortretende, prächtige
romaoiache Kirche von Arnstein zu werfen, da er ihrer nicht weiter gedenkt.
Mit der Ankunft in Nassau war das Ziel der mineralogischen Seite der Lahn-
reise erreicht; die Wege der Reisenden werden sieh hier getreiint haben, iiidem
Cramer den Heimweg antraf, Goethe nunmehr zu dem Besuche des Ministers
V. Stein sich anschickte. Doch werden die ünterhaltungou vor der Trennung,
am Abend des 23. und am Morgen des 24, Juli, noch einmal das „Verw*erfeo der
Gänge" aufgenommen haben, wie aus den Bemerkungen des Tagebuchs zu
schliessen ist; die letzte Notiz des 23. heisst: ^Theorie des Gang- Ver Werfens",
die erste des 24.: „Verwerfen der Gänge/
9. Über den Besuch bei dem Minister v. Stein waren wir bisher
ebenfalls nur ungenügend unterrichtet; nicht einmal wie es dazu gekommen, wusste
E- M. Arndt richtig anzugeben''^'}, wenn er sagt, Stein habe zufaltig gehört,
dass Goethe auf einer Lahnwanderung, die er blos zur Erinnerung an die frühere
unternommen, in Nassau rm Löwen abgestiegen sei: „er [Stein] flugs in den
Löwen und holt und zwingt den Sträubigen in sein Schloss hinauf.*^ Nein,
lieber Arndt, so war es nicht, wie uus das Tagebuch meldet. Die vorausge-
gangene Einladung Steins haben wir oben angeführt und auch den wissenschaft-
lichen Zweck der Reise genugsam erkannt. Und am Morgen des 24. Juli kam
nicht Stein zu Goethe, um ihn abzuholen, sondern dieser Hess sich, wie es sich wohl
geziemte, bei dem Minister anmelden, machte dann einen Spaziergang „übers
Wasser", da die jetzige Kettenbrücke noch nicht erbaut war, und durchwanderte
die dortigen Anlagen auf dem Gebiete der Burg Stein. Ein „eintretendes Ge-
witter verpasste*'^) er im Adler." Dann begab er sich in das Schloss des
Ministers.
Wie die beiden grossen Münuer, der grosse Dichter und grosse Staatsmann^
beide zu jener Zeit ohne Zweifel die grössten Deutschen, die aber so ganz
verschiedene Vergangenheit hatten, so ganz verschiedener Thätigkeit und auch
religiöser Anschauung waren, damals sich entgegengetreten sein mögen, jeder
des anderen Grösse achtend, Stein ausserdem als Hausherr, der den Gast ge-
laden, doppelt zuvorkommend und fast seine eigene Natur verleugnend, das
können wir der Schilderung von E, M, Arndt, der sie bald darauf zu Köln zu
beobachten Gelegenheit hatte, entnehmen; als er mit Eichhorn im Dom zu Köln
Stein begrüsst hatte und sie nun Goethe vor dem Dombild stehend erblickten,
sagte Stein zu ihnen: „Lieben Kinder, still! still! nur nichts Politisches! das
mag er nicht; wir können ihn da freilich nicht loben, aber er ist doch zu gross!*
, Wunderbar, fährt er fort, gingen die beiden deutschen Grossen hier neben
einander her wie mit einer gegenseitigen Ehrfurcht,** Und weiter: ^Ich kann
mir denken, wie die beiden Reisegefährten jeden Zusammenstoss vermieden j es
war gewiss die äsopische Heise des steinernen und irdenen Topfes. So gingen
sie auch in Köln neben einander hin mit einem zarten Noli me tangerc.
"*) E. M. Arndt, Mein© Wanderungen und Wandelungen mit dem Reiehafreiherrn
▼. Stein, 1858, S. 225. — '^") Über Tcrpassen s, oben 4$. 138, Anw. 268,
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imi iiii'..i i-'-'i' r: r :•*::£-: . -:■ 'r. i ir '..-. - ■ t -7 rnr -::«•:■: r. : — ^"r
Swziiirtn Z'i TirWi 7.-. - i ." i-". .:: t*-: .: . - 3 l-tj 7.: -- :_;.—
Traf imier «irn !•*! 1 1." i 2 - 1 : * ~ :
1BB
fcne Famitie dm Ministorä beaiand damals aus Beiner Gattin Wilhelmiae,
geb, Gräfin v. WallmodeD-Giniborn, mit der er nunmehr 22 Jahre verbunden
war und ein glückliches, aber vielfach durch Staatageschäfto ußil die Achts-
erklärung Napoleons gestörtes Leben geführt hatte, uod zwei Töchtero, von
dcDen die altere damals 19 Jahre, die jüngere 12 Jahre alt war^ anwesend
war ausserdem eine Frl. v. Walmoden und (am 29. genannt) eine Fr. v. . . .,
deren Name Goethe entfallen war; sie war eine geb. Gräfin Brühl.
Die Burg Stein, am Fusse der Burg Nassau gelegen, da, wo jetzt das
Standbild des Reichsfreiherrn steht, bildete einen beliebten Spaziergang der
Familie; schattige Wege liefen zwischen den belaubten Bäumeu hin, und seit-
wärts edte in der schmalen Wiese der Miihlbtich dem Wasser der Lahn zu.
liier hatte, ak im Herbste 1814 endlich die Rückkehr des Schlossherrn bevor-
stand j ein alter Maurermeister, vor langen Jahren des Ministers Spielkamerad,
durch mühevolle und kunstreiche Zusammenstellung von Steinen, Moosen,
Blumen und Zweigen die Thaten und Leiden der jüng^iten Feldzüge^ den Brand
Moskaus, die Leipziger Schlacht u. s. w. bildlich dargestellt und Steins Wappen
und Namen und wohlverdiente Kränze an versehiedeuen Stellen angebracht.
Als Stein diese seine Verherrlichung erblickte, geriet er in Zorn und wollte
alles sogleich wegschaffen lassen; erat die Fürbitten seiner Schwester, Arndts
und andrer Gäste brachten es fertig, dass er erlaubte, dass Wind und Wetter
das Werk des treuen Manrermoisters zerstören durften.'**)
Hier^ auf der Burg Stein, scheint der Minister Goethe den Vorschlag
mit ihm nach Köln zu fahren und ihn zugleich mit seinem Wunsche bekannt
gemacht zu haben, dass Goethe eine Denkschrift über Kunst und Altertum in
den Rheinlanden ausarbeiten und dem Fürsten Hardenberg einreichen möge,
wie wir schon oben bei Boisseree dargelegt haben. Goethe ging darauf ein,
und 80 unternahm er in der „ehrenden Gesellschaft des U, v. Stein" die Heise
nach den niederrheinischen Städten Köln, Bonn u. s. w., die wir hier übergehen
müssen. Am 25. Juli sagt das Tagebuch: „Mit H, v. Stein zu Wagen bis
Erna, ferner bergan und bergab bis Thal Ehrenbreitstein, [von da] im Nachen
abwärts** u. s. w. Nach einer mehrtägigen Abwesenheit trafen spät am Abend
des 28, Juli unsere Reisenden wieder in Koblenz ein. Am folgenden Tage
veranstaltete der Präsident des rheinischen Keviaionshofes von Meusebach^ der
früher in Dassau-oranischen Diensten zu Dillenburg geweseu war, ein Frühstück
/M Ehren der beiden Männer auf der Carthause, wozu hervorragende Person*
lichkeiten von Koblenz geladen waren; doch die Hoffnung desselben Goethe
näher treten zu können verwirklichte sich nicht da dieser zu sehr mit den
mineralogischen Funden besehäftigt war, die ihm von einer Art Famulus zuge-
tragen wurden; er mochte wohl auch an Meusebachs, in der Art Jean Pauls
nach künstlichen Gedankensprüngen haschender Unterhaltung keinen Gefallen
finden. Meuaebach war von dem Znaammensein mit Goethe höchst unbe-
friedigt/")
^'•*) Arndt a a. 0. S, 222 ff. — ^'*) Dae Tagebtioh iionnt ihn Meusburg. Über ihn
vgl. Anntden des nnss, AlteriumairereinB XX!| -43 E und XXllj 1 0*., beßondors 8. 8.
IM
NaühdifPnmn am 20. in Nassfiu wieder angelangt war^ blieb
rälireud des Tages ganz ia dem Ilause des MI nistete
Tagebuch bonchtet: „Mit der Familie gespebL Schüs Gemälde.'^) AÜial
Thm boy Fr. v. Htein^ und am 30.: ^Im (xiirten mit Hrn. v, Slein uo«} 4^
IlameQ» Oei^procbon uitd Gontradtoirt. Mittag FamilieDlafeL SpaztergAag ri
don Damen in ein Thal über dem Waasier [Müblbachthäl]. Thee und Ami
bei Fr V. Stern. Prusfident] v. Motz m Diez/^") Und am 31.: ,,Oapmekt. IG
Hm, T, Stein and Motz ioi Garten* Dazu die Damea. Abachied*'^ Der RU
DrG!g führte aaoh Bobwalbaeh^ wo Goethe ao der Tafel den 0r. Hat^feld, Hü
Gantard mit Familie und t. Oppel aua Sacbsen traf, vom da Dach glücklidü
Fahrt an der Nonnenmühle vorbei nach WiesbadeB. Uoterwegw tiberdftefal
er die Au^afbeitung der Denkschrift über die Kunstschätze am Main und Jthm
die ihti demBäohst noch weiter beachäftigen sollte in Gemeinschaft mit S. Boiiseril
In ^Vleshaden fand er viele Briefe und Packete. Das Tagebuch achltosst i$
Bdrieht über den Verlauf des Tages mit d^n Worten: «Aoagepackt, Eingi
rieht©*.' Am !0* September richtete er an den Minister einen Brief, derwol
eiae Mttl4^ilnng über das Ende der Heise und einen Daok filr die &eiaJid]Kli
Aabahmo enthalten hats.
Denn von dieier, sowie von dem Gewinn des Zusainmettäeitia mit 4m
Il^chafreifaerni war er sehr befriedigr. An den Gebeimerat t, Yoigt »chriil
er am L August daröber aUa: .(Die achttägige Bebe) war aelir fracfatbar m
T«tfiiiSg«ii und Belehrung. Oass ich mit H. v. Stein in m nahe Berükniii
gekräinifD, 141 fSr mjefa, tu ftetfacbem Smne. hdehst bedeuteud und e^ crgelm
iidl aus die«Mi Anfange, f^r mich und für andre, gewiss erwünsehte Fotgoo«^^
Ifl, Lektüre.
Ei dvcbeiiit iwet^kma^ig^ um die LekTüre Goethes während MW
Alfealbalts m Wie$ba«kn teiclit tu über^hauen, die Bücher oder geecfariebiM
AiifietrhBungeit. welche er in dem Tagebuch nennt, Ta^ für Tag fuaamnia
üiHiltui Wir geben die^ ZusammeosteUung im Folgenden mit Zufugring di
SritemahL «nief welcher in diesem Anätze jede Sehrilt erwilmt wird.
1814.
IXmneT^fai: den 4, AufUi§^i: ^Bi\\sehüre: Adresse an die Oermanea #
iiakefi Kbeinufer»^. Der indle Tiiel i^: Europa ia Bemg auf den Friela
Adimwi an die Germanen de« Unken RbmaJefigL Im Mai IS] 4. (8. 8
Fteüif d^a S. Austisi: ,Oito dieRU»ehe AbhandL^ S. den Titel 8, 118
den «> At^ptöi! ^<Hu theiik Statk,* (8. 11
^ , , ,Barhani«M« Pala&iV [S. 114, 11
•^ Viilliiali M tliatHf am ftmkNmt IMm i:^ a
K^l w. Hl
T Hl tr ^tm^ iM^a 5«. 5
tl
a, % m, IS«. Ili$ a^ all.
157
I
Sonntag deo 7. August: ^WiUemerB Btreitschrift gegen die Tbcater-
diroktion«. [8. 88.
Montag ilen 8. August; „Altenkirchon von Cramor'^. [Ö. 109. 110.
Dienstag den 9. August: ^Verschiedene Bücher und Broschüren**.
Mittwoch den 10, August: ^Hundeshagoo Tempelherrn Capelle an der
Mosel** [8, 115.
Donnerstag den lU August: ^Almedingens Heft**. Über dasaelbe Hess
steh nichts ermitteln. [8. 117.
„Sereniseimo Aachen, Sartorius Recension**- Die Recension des Göttinger
Professors Sartorius betraf das Buch von Weisse, Neueste Geschichte des Kunig-
rachs Sachsen seit dem Prager Frieden. Bd. III. 1764—1812, und ist in den
Göttinger Gelehrten Anzeigen 1814, No. 122, 8. 1209 ff. abgedruckt.
„Zelter las die Jenaische Recension des Werks der Frau v, Stael* :
Madame la Baronesse de Stael-Holstein, de rAllemagne, 6 Teile, 1813 und
1814, abgedruckt in der Jenaischen Allgemeinen Litteraturzeitung von 1814^
No. 139—144, 8p. 161—206, und mit ^ unterzeichnet. [8. 80.
Freitag den 12. August: „Carte von Altenkirchen'*. [S. HL
«Zelter. Recension fortgesetzt*. 8. den 11. August. „Neueste Stücke
der Minerva Freyh. von 8 — a über deutsche Litteratur** =^ Barbarei der deutschen
Litteratur, aus den ungedruckten Memoiren des Freyh. v. S— a. Minerva,
1814, 1.
Samstag den 13» August: „Gernings Carte aufgezogen**, Karte des Taunus?
«Grosse Stronikarte des Rheins**. [8. 116.
Sonntag den 14. August: „Rheinisches Ai'chiv*^. So hiess die Monats-
schrift für Geschichte und Lttteratur, die seit dem Jahre 1810 bis Ende 1814
N. Voigt (zuletzt J. Neeb) und J. Weitzel herausgaben.
Freitag den 19, August: p Berliner Zeitung**.
Samstag den 20, August: „Lienhard und Gertrude*, von H. Pestalozzi,
4 Teile, zuerst gedruckt 1781,
Sonntag den 21. August: ^Lienhard und Gertrudc".
Montag den 29. August; Englische Karte*
|S. 120.
18. .
1816.
Mittwoch den 31. Mai: „Tavernier**. Joan-Baptiste Tavernier (1605—1689)
machte grosse Reisen im Orient, deren Besehreibung unter dem Titel erschien:
Les six voyages de J.-B* Tavernier, qu^il a faits en Turquie, en Perse et aux
Indes pendant Tespacc de quarantis ans et par touteg les routes que Ton
peut tenir. Paris, 3 vol. 4^ 1676^1679, Goethe studierte sie und machte
i Excerpte aus Bd. I und II; von Tavernier sagt er: „Protestantische Franzosen,
B die eultivirtesten Mensehen, die es je gab.^ 8* die Anmerkungen zu den Noten
und Abhandlungen zum Di van, Weimarer Ausgabe (I, 7 der Werke) S. 285.
^Vgl. den Text der Noten u. s. vf. S. 214 und die Annalen 1815. tS. 164.
H Donnerstag den 1, Juni: „Göttinger Anzeigen**. [8, 116.
H Samstag den 3. Juni: „Göttinger Zeitungen 1814"« ^ „
H Montag den 5. Juni: „Göttinger Zeitungen 1814**. ^ „
168
DiensUig^ deo 6. Juni: f,Göttinger Anzeigen*^. ^^^V l^* ''^
MittwcKrh den 7. Juni: |,GöttingGr Anzeigen*** ^
Donnerstag den 8. Juuit „Gottingor Anzeigen n^i>tMiri". ,
Freitag den 9. Juni: „Tavernier*'. S. den 3K Mai.
Samstag den 10. Juni: ^Göttinger Zeitungen*. j,
8onQt»ig den IL Juni: „Napoleons Reise nach Elba**, „Tavernier*. —
Die Ileiae Napoleon» behandelte das Schriffchen: Napoleon Buonapartc's Reise
von Foutainebleau nach Frejus vom 17* bis 29. April 1814. Herausgegeben
von dem zur Begleitung Napoleon Buonaparte's allerhöchst ernannten konigl.
Preuas. Commiftsarius Grafen v. Truchseg- Waldburg, königL Preuss» OberBten
u. 8, w. Einzig reehtmäsöige Ausgabe. Berlin 1815. Sie ist bald darauf tu
das Französische übersetzt und später neu herausgegeben worden von J, Alex*
Froih. V. Helfert, Napoleon L Fahrt von Fontainebleau nach Elba April bis
Mai 1814, Mit Benutzung der amtliehen Reiseberichte des kaiserlich öster»
reichischen Commissars General Koller. Wien, 1874. [S. 147.
Montag den 12, Juai; „Werck des Ensherzogs*. — ,Taveruier", — Grund-
sätze der Strategie erläutert durch die Darstellung des Feldzuges von 1796 in
Deutschland. 3 Bde. Wien, 1814. [8. 101,
Dienstag den 13. Juni; »Erzh. Carls milit. Schrift.** — -„Tavemier Diamant-
gruben^. In Tavemiers Werk ist die Gewinnung von Diamant ausführlich
behandelt,
Mittwoch den 14. Juni: ^Leipz. Lit Zeittmg**. — „GöttiJiger AnzeigcH^J^
— ^Tavernier*.
Mittwoch den 21. Juni; „Göttioger Zeitungen**.
[8. U6.
Samstag den 24. Juni: ^GöttiDger Anzeigen 1812*. » #
yUllmauns Pranckenb.**. — Unter diesem Namen ist, sei es aus Irrtum
oder durch einen Schreibfehler, versteckt das Werk des Marburger Profeasors
der Staatfiwissenschaftf Berg- und Hüttenkunde Job. Chr. Ulimann (1771 hia
1821): Mineralogische Beschreibung des Frauenberges im Oberfüratenthum Hessen.
Vgl. Strieder, liess. Gel. X\T 239, XVU 394. [8. 112.
Samstag den 25. Juni: «Gottinger Zeitungen 1812^. [S, 116.
Mittwoch den 28. Juni; ^v. Hovel« Gebirge der Grafschaft M*irck*. =
F. v. Hövel. königl. Preuag. Landrat zu Herbeck, Geognostische Bemerkungea
über die Gebirge in der Grafschaft Mark nebst emem Durohschnitt der Gebirgs-
lagen, welche daa dortige Kohlengebirg mit der Grauwacke verbrnden* Hau*
nover, 1806. 70 8. 4*. [S. 112. 151.
Donnerstag den 29. Jimi: tiV. Hovel*. l» » n
Freitag den 30. Juni: „Beckers Dillenburg*. Gemeint ist das Buch vao
Job. Phil. Becher, mineralogische Beschreibung «ies Westerwaldes, 1786, oder
mineralogische Beschreibung der oranien-nassauischen Lande mit einer potm*
graphischen Charte der or,*niiÄS. Lande und drei Kupfern. Marburg, 1789. S\
Über den bedeutenden Mineralogen Becher (1752^1831) s. Vogel, Arohiv der
nass. Kirchen- und Gelehrtengeschichte L S. 174 ff, Gümbel, Allg. Deutsehe
Biographie. [8» U
159
Sonntag den 2, Juli: „AmusemenB des eaux de Schwalbach**. = MervilHeux,
Ainusements des EaiLx do Schwalbacb, des Bains de Wisbaden et Schlangenbad
U8W,, 1738, und deutsch: Amusemens des Eaux de Schwalbacli nder Zeitvertreibe
bey den Wasseru zu SchwnUmch, denen Badern zu Wisbaden und dem Schlangen-
bad nebst zweyen lesenswurdigen Erzehlungen, darunter die eine von dem Neuen
Jerusalem und die andere von einem Theile der unter Niemandes Bothmaasig-
kelt stehenden Tartarey handelt. Mit Kupferstichen versehen und aus dem
aösischen ins Deutsche übersetzt. Lüttich, 173Ü, [S. 116.
Freitag den 14. Juli: „Schmidt Verrückung der Gänge*. = Joh, Chr.
Leberecht Schmidt^ Bergraeister zu Bickeu, Theorie der Verschiebung alterer
Gänge mit Anwendung auf den Bergbau, Frankfurt 1810. 118 S. 8^ [8. 112. 152.
Samstag den 15. Juli: „Schmidt Verschiebung der Gänge 1810**. [i, w n
Sonntag den 16, Juli: ^Werner Gangtheorie**. = Abrah. Gottlob Werner,
Neue Theorie der Entstehung der Gänge mit Anwendung auf den Bergbau,
besouders den Freiberger. 179L Werner (gb. 1749, f 1817) war Bergbeamter,
zuletzt wirklicher Bergrat zu Preiberg. [S. 112. 162.
Montag den 17. Juli: , Werners Gangtheorie**, [« « w
Dienstag den 18. Juli: „Werk des Erzherzogs**. [S. (114) 150 f.
Mittwoch den 10. Juli: ^Erzherzogs Werk. Grundaätze der Strategie.'*
fS. (114) 150 f.
Donnerstag den 20. Juli: „Strategie Zwischen der Sieg und Lahn."
, Orientalisches**.
Samstag den 5. August: , Schreibers Rheinreise*, = Aloys Schreiber,
Taschenbuch für Keisenden am Rhein und durch seine Umgebungen. Heidel-
berg, 1813, [8. 116.
Donnerstag den 10. August: W. Butte, Grundlinien der Arithmetik des
Ischlichen Lebens. Den Titel des Buchs s. oben. [S. 97.
tu Eigenes Schattetu
1. Divan.
Die Jahre 1814 und 1815 bezeichnen bekanntlich den Zeitraum, in dem
Goethe den grössten Teil der Lieder dichtete, die er unter dem Namen west-
östlicher Divan^^^^) vereinigt hat. Die Dichtung des Orients war ihm in früheren
Jahren nicht fremd geblieben; die poetisclien Bücher des alten Testamentes,
namenthch das hohe Lied, den Koran und arabische Dichtungen hatte er schätzen
gelernt; aber eine ganz neue Welt ungealmter Genüsse und Anregungen er-
wuchsen ihm, als er J, v. Hammers Fundgruben (1809) in die Hand bekam.
Es begann damit für ihn ein neues dichterisches Leben, das uns die köstlichsten
Erzeugnisse seiner Lyrik schaifeu sollte.
^^) Divan = Satniulung versohiedener 8tüfke in Prosa oder Poesie, die gewöhnlich nach
dem Tode des Verf. zusaiumengestelU wurden. Wurm, Komiiientar zu Uoethee weüt-ÖKtHohein
160
2.
a.
4.
26. Juni II,
- II,
- II,
1
3
4
5.
6.
22. Juli I,
~ IV,
7
1
Im Herbste des Jahres 1S13, als die KriogsBtQrmc an Weimar vorbei*
gosatiBt waren, sehen wir den nicbt mehr jungen Mann im eifrigen Studium
der Grammatik des Orients; er macht Schreibübungen mit hebräischen, 83rri8cheii
und arabischen Buchstaben, verzeichnet sich Worte, bemächtigt sich der Dekli*
nation und Konjugation.*'*) Bald versuch t er sich in eignen Übertragungen und
Nachbildungen, wobei er auf gtuckliche Weise den Reichtum und die Anmut
»einer Vorbilder mit der CTcdankcnfüUe und Tiefe des Occidents zu verschmels&eji
weiss oder eigne Wege wandelnd in den eignen Schöpfungen den Glanz des
Urientfl wiederspiegeki lässt.
Die ersten Lieder, die Goethe in den Divan aufnahm, sind im Frühjahre
1814 zu Berka gedichtet, wo er das Schwefelbad von der Mitte Mai an ge*
brauchte, dann zu Weimar im Juli; von den datierten gehören hierher:
1. 21. Juni, I, 8^'*): Erschaffen (Hana Adam war ein Erdenkloss); W(eim)*
A(usg). S. 16,
Beiname (Mohamed SchemBoddin sage); W, A. 8. 33*
Fetwa (Hafis Dichterzüge sie bezeichnen); W, A. 36,
Der Deutsche dankt (Heüigei Ebusundi hast*» g<h
troffen); W. A. 37.
Elemente (Aus wie vielen Elementen); W, A. 14.
Rath (Höre den Rath, den die Leier tönt); W. A. Ö7.
Das Gedicht I, 5 (Vier Gnaden) hat das Datum G. Februar 1814, doch
vermutet der Uerausgeber der Weimarer Ausgabe, daas es dem Februar 1815
angehört (S. 365 der Anmerkungen).
Kaum aber hatte Goethe im Jahre 1814 die Reise an den Rhein ange-
treten und ihn die frische Luft der thüringischen und hessischen Fluren um-
fangen, so entströmte seiner Brust eine Fülle von Liedern; er zahlt sie in
Briefen an seine Frau auf.***)
Phänomen (Wenn zu der Regenwand); W, A. 17.
Liebliches (Was doch Buntes dort vorbindet); W. A, 18.
Sollt' einmal clurch Erfurt fahren; W, A. 278«
Zwiespalt (Wenn links an Baches Rand); W. A. 16.
Im Gegenwärtigen Vergangnes (Ros" und Lilie morgon-
thaulich); W. A. 20.
Derb und Tüchtig (Dichten ist ein Übcrmuth); W* A, 24.
Lieblich ist des Mädchens Blick; W. A. 7a.
Keinen Reimer wird man finden; W, A, 97.
Übermacht, ihr könnt es spüren; W. A. 09.
Wenn Du auf dem Guten ridist; W. A. 100.
So laag man nüchtern ist; W. A. 205.
Und was im Pend-Nameh steht; W. A. 71."^)
*••) Ooothos Werke, Wdnmrer Aüijyf«be I\ 7» 8. 300. — "*) TkaEeiohoung nii-h dor
Heiiip#l8ch<»ti AuBgÄbi». — ^••f Wcltii«rer Au»gÄbo 1, 6, 8, 31 H. *- ■•^) D}#»e0 luiil die folgf^mlvn
Gediehie tm^on don Tmg dor Entsteh titig ta der Uiit«rschrift. D«i Oedicht ^dtr J»hrmiirkt
SU Hanf«ld* fonn 36. Jali fud kein« AttfiuJunii in den DhtOL
7.
26." Juli
I, 9
8.
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26. Juli
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20.
29.
Juli
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Iß:
irat«n«p m
d« Nubt
p
^
Als wenn das auf Namen ruhte; W. A. 102*
Allleben (Staub ist eins der Elemente); W. A, 26.
Diese zwanzig Gedichte brachte Goethe nachweisbar mit nach Wiesbaden
oder hatte sie vor seiner Ankunft gedichtet und vierzehn von ihnen auf der
Reise, „Dean, wie er Boiaseree mitteilte*'^), kämen ihm die Gedichte auf ein-
mal und gauÄ in den Sinn, wenn sie recht wären; dann müsste er sie aber
gleicli aufschreiben, sonst finde er sie nie wieder; darum hüte er sich auf den
Spaziergängen etwas auszudenken. Es sei ein Unglück, wenn er es nicht ganz
im Gedächtniss behalte; sobald er sich besinnen müsste, würde es nicht wieder
gut, auch andere er selten etwas; ebenso sei es ein Unglück, wenn er Gedichte
trliume, das sey meist ein verlorenes." So schrieb er No. 8 im Angesicht von
Erfurt, No. 11 zu Fulda Abends 6 Uhr, No. 15 ebenda 8 Uhr und 16 ebenda
zur gleichen Stunde; No. 20 dichtete er unterwegs in der Nacht,
Nachdem Goethe in Wiesbaden um 11 Uhr in der Nacht des 29, Juli
eingetroffen war, ist er sogleich am 30, mit dem Divan beschafrigt. Kaum
hat er die erste Einrichtung getroffen, so schrieb er „Gedichte an Hatis" ab
und kehrte am Abend mit Zelter zu Hafis zurück; am 31, ist im Tagebuch
dreimal, Morgens vor und nach dem Bad sowie nach der Tafel wieiler der
Divan notiert: „Divan geordnet , , , In obigem fortgefahren , . Fortsetzung
des obigen.* Es werden die auf der Reise entstandenen Gedichte gewesen
sein, die er hier in Reinschrift niederschrieb und in (vorläufige) Ordnung brachte.
Dazu aber trat bald ein neues mit der ünterachrift W[ie8]B[adcn] d, 31. Juli
1814", Hempel I, 18; es trug früher die Überschrift „Selbstopfer" (Wiesbadener
Register 52) oder „Buch Sad Qasele I.* Zu Grunde liegt dem Gedichte die
dem Orient bebebte Allegorie, nach welcher der Nachtfalter das Sinnbild
der treuesten, sich selbst opfernden Liebe ist; er umHattert das Licht, seine
Qeliebte, die nie ihm sich ihr zu nähern gestattet, bis er am Ende sich selbst
in ihren Oluteu verzehrt. Hafis t
Wie die Kerze brennt die Seele
Hell an Liebeefiammen,
Und mit reinem 8iime hnb ich
Meinen Lotb geopfert.
Bis du nicht wie dchmGUerlingc
Aus Begier verbrennest,
Kannsl du nimmer Rettung Hnden.
Vor dem Gram der Liebe.
Und dieses Bild wird zum Ausdruck der Gottealiebe erhoben:
Wirft »ioh der SoltnietterUng des Nachia in Kerißenst^hein,
Werft Euch in Gottee Feuertneer hinein!"*)
Danach also dichtete Goethe am 3L Juli zu Wiesbaden:
(1,) Selige Selmsuüht.
Sagt es niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhDhnel,
»*^ S. BoisBer^Se I, 2tn. - "*) Warm S. 5ß ffl v* Loeper tu U 18-
IMiAk
Dfta Lebendige will ich preisoD,
Das nÄ<jh Flamineiitod sich selmet****)
Ixt der Li ebeiD lebte KCLlitung^,
Die dieh zeugte, wo du zeugtest^
Überflllt dtcli fremde Fühluu^t
Wetiö die stille Kerie**'> leuchtet,
KicUt mehr bleliiest da umf&ngea
In der FjuseerniB« ßea^hattung,
Und dioh reisset neu Verlangen
Auf SU höherer Begattung.
Keine Ferne mai^ht dich ftchwierig,
Komm et geflogen und gebannt,
Und zuJelxti des Lichts begierig,
Bist dii BehmetterUng rerbranvl*
Und so liLng du das niolit hast,
Dieees^ Stirb und werdet
Bist du nur ein trüber Gast***]
^ Auf der dunklen Erde.
Auf diesen viel vcrheissenden Anfang verstummt plötzlich die Muse unseres
Dichteri. Wir dürfen wohl anüebmen, dass zunächst die wiasen&ebaftlichen An-
regungen ihn ^ni sehr in Anspruch nahmen, vorab die mineralogiscfaeo Studieo;
auch die Kur verlangte ihr Becht, Besucbo niid der Verkehr mit den Freuoden
traten dazu. Erst am Ende des folgenden Monats, den BL August^ sehrieb
er wieder zwei Gedichte nieder. Das erite, Ilemp. III, 16^ W. Ä, 8. 61, früher
(Wicsb* Reg- 68) überschrieben ,Un verwehrtes*, erhielt später die Überschrift
^Unvermeidlich**; die ersten Zeilen erinnern an Ilafis: Wer kann wohl gebieten
Still zu sein auf der Flur^»)? Es lautet:
(2.) Unvermeidlich.
Wer kann gebieten den Vögeln
Still zu sein auf der Flur?
Und wer verbieten zu zappeln
Den Schafen unter der Schur?
Stell ich mich wohl ungeberdig,
Wenn mir die Wolle krausH?
Nein! Die Ungeberden entzwing^ mir
Der Scherer, der mich zerzauset.
Wer will mir wehren zu singen
Nach Lust zum Himmel hinan,
Den Wolken zu vertrauen,
Wie lieb sie mir*s angethan?
****) Diese Strophe steht bei Hafis am Ende des Gedichtes: Kennet wohl der Pöbel —
Grosser Perlen Zahlwerth? — Gib die köstlichen Juwelen — Nur den Eingeweihten. — •**) Die
stille Kerze ist das Licht des höheren Lebens, der irdischen entgegengesetzt, v. Loeper.
— *^') Gäste auf Erden sind die Menschen auch bei Firdusi (v. Loeper):
Die Welt ist ein Gasthof, pack auf, geh fort;
Hier geht ein Alter, ein Neuer kommt herein.
»*») Wurm 8. 105.
108
^
Daa zweite Gedicht, früher „Glücklich Qeheimniss'^ oder (Wieflb. Reg. 69)
^Liebchen* üborachrieben, Bteht jetzt als „Geheimes*' im Divan III, 7, W. A,
S. 63 und lautet:
(8.) Geheimes.
Über meine« Liebelieiis 5Lugeln.'**)
Stehn verwundert alle Leute;
Ich, der wbaende, dagegen
Weiss recht gut, was das bedeute.
Denn ea heütst: ich Hebe dieeen,
Und nicht etwa den und jenen.
Lagset nur^ ihr guten Leute,
Euer Wundern, euer Sehnen!
Ja, mit ungeheuren Mächten
Blicket sie wohl in die Runde;
Doch sie sucht nur zu verkünden^
Ihm die nllohste süsse Stunde.
Aur^gutig gab Haiis:
Über meines Liebchens Äugeln
Htaunen Jille Unerfahrne:
leh bin so, wie ich ersriieine,
Während aie es anders wiseen.*^^)
Am 29. Auguat Bchrieb Goethe an Riemer: ^Die Gedichte an Hafis sind
auf 30 augewachseü und rnachea ein kleines Ganze, dm sich wohl ausdehnen
kann, wenn der Humor wieder rege wird.**^*^) Und er wurde während der
folgenden Monate wieder rege, besonders aber, als der Mai 1815 den Dichter
wieder an den Rhein führte, und wieder war es die Reise, welche ihm zuerst
eine grosse Anzahl Lieder entlockte. Gleich am ersten Tag derselben (24. Mai)
schrieb er zu Eisenuch an seine Frau: ^Kund und zu wissen jedermann, deu
ea zu wisseu freut . . ., Dasa mich unterwegs sogleich die guten Geister des
Orients besucht und mancherley gutes eingegeben, wovon Vieles auf das Papier
gebracht wurde. "*^') Und am 27.: „Mein Divan ist mit 18 Assessoren vermehrt
worden.^ Yen diesen 18 Assessoren können wir sieben als zu Eisenach
am 24. Mai, sechs als zu Frankfurt am 27* Mai und einen als zu Wiesbaden
am 27, niedergeschrieben nachweisen; dazu tritt ein Gedicht vom 28* und ein
undatiertes vom Mai, zu Wiesbaden wenigstens abgeschlossenes:
III, 10. Schlechter Trost. W. A* 57.
VIII, 2. Dass Suleika ... W. A. 144.
VllI, 3, Da du nun Suleika heissest . . . W. A. 145,
IX, 6. Warum du nur oft so unhold bist? W. A. 206.
X, 9. Vom llimmel steigend . , , W. A. 235*
X, 10. Es ist gut. W\ A, 236.
XI, 2. Wenn der Mensch ... W. A. 243.
'*") ÄugeUi = iruumUieh blicken, liebftugeln. Grimm, Deut8(^heB Wörterbuch I, 801.
^) Wurm S, 106. — »**; Goethes Werke, Weimarer Ausgabe I, <ä, S. 319 - **'j Eben-
-'--^- ~ '
164
8.
am 27.
zu
Frankfurt:
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IX,
7.
H.
am 27.
zu
Wiesbaden:
VII,
2.
15.
am 28.
zu
n
I,
2.
16.
DezJSH-
-Mai 1815:
XII,
10.
WiMbrndi»».
Qeatändnia. W. A. 13.
Oru88. W, A. 59.
Ergebung. W. A, 60.
Reitest Du . . . W. A. 72.
Höchste Gunst, W, A. 88.
Wenn der Körper * • . W. A, 20T*
An Suleika, W. A. 139.
Segonspfänder. W. A. 7 (zum Teilt
Siebeuschläfer. W. A, 267.
Nunmehr ruheto die Muse einige Zeit; es lagen etwa hundert Gedichte
vor, wie ein Brief vom 7. Juni besagt^ der ganz aus der frohen Stimmung,
welche ilie Beschäftigung mit dem Orient hervorbrachte, geschrieben ist: „Die
Rosen blühen vollkommen, die Nachtigallen singen wie man es nur wünscht
und so ist es keine Kunst sich nach Sehiras zu versetzen. Auch siud die neuen
Glieder des Divans reinlieh eingeschaltet und ein frischer Adresakaleuder der
Vei^amiuhing geschrieben, die sieh nunmehr auf hundert beläuft, die Beygunger
und kleine Dienerscliaft nicht gerechnet***) Es war nun die erste Arbeit des
Aufenthalts zu Wiesbaden ein wohlgeontnetes Yerzeichuis zu machen, und das
gesfthah nach dem Tagebuch am 27., 28., 29. und 30. Mai; am 30. war m
beendet Es führt den Titel: „Des deutschen Divans manigfaUige Glieder"«
und umfaast hundert Nummern •*'*), in Kurze genannt „das Wiesbader
Register,** In der endgUtigen Redaktion des Divan wurde es wieder ?er^
lassen und durchaus umgestaltet.
Daneben liefen Studien der Roisebeschreibung von Tavernler***), dessen
Name am 31. Mai, 9., IL, 12., 13. und 14. Juni im Tagebuch vorkommt;
auch am 8. Juli, am 9., 12, ist der Divau, am 20, „Orientalisches* augemerkt.
Von Tavernier heisst es in den Noten zum Divan: „Tavernier, Qoldschmidt und
JuwclenhUudler [im 17. Jahrhundert], dringt mit Verstand und klugem Betrugen
... an die orientalischen Hlife und weiss sich überall zu schicken und %n
Ktiden, Er gelaugt nach Indien zu den Demantgruben . . . Dessen hintarlassene
Schriften sind buchst belehrend.*
Zu Wiesbaden sind nach den Unterschriften im Jahre 1815 folgende
Gedichte des Divan niedergeschrieben, gedichtet oder endgiltig redigiert"^):
1. An Suleika, VII, 2j im Wiesbadener Register 58 ^Rosenul** üiier-
schrieben, am 27. Mai. Um auch nur eine kleine Menge Rosenöl zu erhalcen,
bedarf mau eine grosse Anzahl von Rosen; mit diesem Gedanken ist verbundeB
die im Orient beliebte Anschauung von der Liebe der Nachtigall (Bulbul) stur
Rose. Wie Timur Tausende von Menschenschadeln zum Bau eines Turms ver-
wendete, so dürfen wir auch die Rosen zu unserem Vergnügen gebrauchen,"')
^} Ebanda 8. 324. - **») Abgedruckt clonda S. aU f. -- ^) Ö, Ho. 10 (Uklir«)
and die ^oten uud AbltandluDgen tum b«Moroti VcntütidnU de« wcst-0«tliohen Divan. Wtloi,
Aojig, I, 7 S. 214. — ^^) Die Utterftrucbian Nutitoii statKoii «tch vornebmlich »ur dio Aumtrk-
uitg»R ton BardAch In d<»f Wrimiir*»r .\i«|fiibe ilc» Divuii, 1» «^ :{I3 fl\ — '•') Wuria S, tCS.
T. Lo»p»r, Attmisrk. SM di»tti Gedicht
I
IWS.J.
lubJI
166
Dir mit Wohlgerucli äsu koaen**'),
Deine Freuden t.ü erhSh'n,
Knospend müBsen tausend Rosen
Eni in Qluthen untergehn«
Um ein FlS^chclien zu besitzen
Da« deu Rucb*") auf ewig halt,
Schlank wie deine FingerHpiteen,
Da hedarf es einer Welt,
Sulelka.
Einer Welt von LehenAtriehen,
Die in ihrer Fälle Drang
Ahneten svhon Bulhul« Liehen,
Beelerregenden Gesang.
Sollte jene Qual uns quälen,
Da sie unsre Lust rermehrt?
Hat nicht Myriaden Seelen
Timurs Herrschaft aufgezelirt?
2. Segenspfänder, I, 2, Wiesb. Reg- 4. Schon am L Januar 1815
brwähnt das Tagebuch die zweite Strophe mit etc. (Amulete etc.), am
3. August las Goethe 8. Boisser^e vor Talismane, Amulete, Abraxas, Siegel-
vhi^ der Araber = erste, zweite^ vierte und fünfte Strophe, Zum 28. Mai
^^815 bemerkt das Tagebuch: Talismane, Amulete, und das Wiesb» Reg* 5: Talis-
^■natie, Amulete, Abraxas und Siegel. Wenn auch alle diese Bexeiehnungen von
^ft, 2 nicht ganz zutreffen, so beweisen sie doch, dass ein Gedieht dieses Inhalts
^prorgelegen hat, also die vier Strophen fertig waren; die dritte mag nacliher ein-
^^eschoben sein, und zw^ar im Anschluss an das jambische Metrum der fiiuften
im Gegensatz zu dem trochäischen der anderen; dieser Wechsel der Metra soll
vielleicht den Gegensatz der Zaubermittel des Orients zu den Symbolen des Occi-
Ideuts, Siegeln und Inschriften, auch äusserlich kennzeichnen.
I Zum Verständnis des Gedichtes bemerken wir, dass Talisman^ persisch
Telii^me, = Bezauberung ist, heute gewöhnlich eine Inschrift auf Stein, Onyx,
Carneal u. s. w., dass Amulet, arabisch Hamele, ein mit einem frommen
Spruch beschriebenes Papier ist, und die Talismaue meist von Frauen, die
Amulete von Männern getragen werden. Abraxas war der Name der Talis-
mane bei den Gnostikern: die Buchstaben als griechische Zahlzeichen ergeben die
Zahl 365, die Zahl der Engel und Uimmel; die Inschriften und eingegrabenen
Bilder waren oft seltsam, wie die vierte Strophe und der Spruch der zahmen
Xeuien besagt;
Nichts sehreeklicheres kann den Menflehen gesoheh^Di
Als das Absurde verkörpert zu seh^n.*^^)
SegenspfÜnder.
Talisman in Carneol
Gläub'gen biingt er Glück und Wohl;
Steht er gar auf Onyx Grunde,
KQss ihn mit geweihtem Munde!
AU es Ühel treibt er fort,
Si'hQtzet dich und soliützt den Ort:
Wenn das eingegrabne Wort
Allahs Namen rein verkilndet»
Dich zu Lieb* und That eutisündet.
Und besonders werden Frauen
Sich am Talisman erbauen.
^*^l Vgl. Hilde brond im Deutschen Wörterbuch V, 1845: mit Dattv, wie früher Heb-
OQ nnd wie schmeicheln. — ^*^) Uuoh = Geroch, veraltet, aber no*^h bei D^chtl^^n hic und
in aebraui'h. Heyn« im Deutschen Wörterbuch VID^ LH40. — ''"') Wurm B. :il IT,
15J
^^jfe^l^^
160
AmuJate sind darglßiclioi]
Auf Papier gleich Heb ne Zeiohen;
Doch man ist nicht im Oedrän^o
Wie Buf edlen Steines Enge,
Und verfSnnI mi froaimen Seelan
L^gre Yerae hier zxi trählen.
M^ner hängen lUe Papiere
Olüubig um als Beapulire.
Dici Inflohrift aber hat niohtf hinter eioh,
Em ist ale aelhat, und mufis dir alleti aagen,
Wat hinterdrein mit redlichem Behagen
Du gerne sagst: Ich BAg' e»! Ich!
Dooh Abraxaa hrlug^ ich selten 1
Hi<?r aoU meist dai Fratz enhafte.
Das ein düstrer Wahfiiiuu schaffte,
Für das AJlerhiiehate gelten.
Sag' ii*h ©neh ahaardo Dinge,
Denkt, dass ieh AbraxikS l»rlnge.
Ein Siegelring ist schirer %u seißhnen.
Den hSehsten 8iun im engaten Raum;
Doch welsat du hier ein Eehtes anatuetgiien,
Oograben steht das Wort, du denkst ca kaum.
3. Auch die „SiebeuBchläfer", XII, 9, emd wahrscheiDlicIi sehoD fr über
eiitstaufleii, da daß Tagebuch am 29, Dezember 1814 notiert flSiebeoschläfer';
die Unterschrift lautet ,,Jena [wohl verschrieben statt Weimar]'**) Ende Dec*
bis Mai 1815. Wiesb "faden]; da das Gedicht im Wiesb. Reg. 9Ö gotiaant ist,
muss es vor dem 30. Mai niedergeschrieben sein. Die Erzählung verbindet die
Sage des von einer Fliege verfolgten Nimrud, des Götzendieners, der dem
Abraham nach dem Leben trachtete, und die Legende von den Siebenschläfern,
die, wegen ihres Glaubens von Kaiser Decius (249-251) verfolgt und samt
ihrem treuen Hunde eingemauert, unter Theodsius 11. (408 — 450) aus ihrem
Schlafe erwachten.'")
Siebenschläfer.
Sechs Begünstigte des Hofes
Fliehen vor des Kaisers Qrimmc,
Der als Qott sich lässt verehren,
Doch als Gott sich nicht bewährt:
Denn ihn hindert eine Fliege
Guter Bissen sich zu freuen.
Seine Diener scheuchen wedelnd,
Nicht verjagen sie die Fliege.
Sie umschwärmt ihn, sticht und irret
Und verwirrt die ganze Tafel,
Kehret wieder wie des hämischen
Fliegengottcs^^) Abgesandter.
Nun — so sagen sich die Knaben —
Sollt* ein Flieglein Gott verhindern?
Sollt' ein Gott auch trinken, speisen,
Wie wir andern? Nein, der Eine,
Der die Sonn* erschuf, den Mond auch,
Und der Sterne Gluth uns wölbte,
Dieser ist's, wir fliehn! — Die zarten
Leicht beschuht-, beputzten Knaben
Nimmt ein Schäfer auf, verbirgt sie
Und sich selbst in Felsenhohle.
Schäfershund er will nicht weichen,
Weggescheucht, den Fuss zerschmettert,
'^) Goethe verweilte vom 7.— 18. Dezember in Jena; am Ende des Monats, Tom 18. an,
war er wieder in Weimar. S. Tagebuch. — *^^) Die QueUen gibt an Wurm S. 272 ff. Vgl.
T. Loepers Anmerkungen. — *^) Fliegengott = Beelzebub.
167
r Bioh an seinen TTerrfn,
fmä gMellt sich zum Vortiurgnen,
Zu fli»u Lieblingeo des ^chlafed.
Üod der FürBt, dem «ie entflohen^
Liebeutrüätet, sinnt auf Strafen,
Weiset ab so Sehweri ah Feuer,
In die H5hle sie mit Ziegeln
Und mit Kalk sie lässt vermnuerti«
Aber jene schlafen immer,
Und der Engel***)» ihr Begrliötzer,
Sjigt vor Oott«>8 Thron berichtend:
80 zur Reclilen, so tur Linken
Hab* ich immer sie gewendet,
DasB die sebCnen jungen Glieder
Nir'ht dc0 Moders Qualm verletze.
Spalten risa ich in die Felsen ^
Dflss die Sonne ateigendf siDkcnd,
Junge Wangen frijch erneute:
Und 80 liegen aie beseligt. —
Auch auf heilen Vorderpfoten,
Sohllft das }IiLndlein süssen Schlummer.
Jahre flieheui Jahre kommen,
Wachen endlich auf die Knaben'"^),
Und die Mauer» die Termorschte,
Alterelialben ist gefallen.
Und Jamblikft"') sagt» der Schöne,
Auiigebildete von allen,
Als der Schäfer fürchtend zaudert:
LauT ich hun! und hol' euch Speiste^
Leben wag' ii*b und das GoId«ta<'k! —
Ephesus, gar manches Jahr sohoüi
Ehrt die Lehre des Propheten
Jesus. iFriede sei dem Guten!}
und er lief, da war der Thoro
Wart^ und Thum und alles anders.
Doch zum nilchsten Bäckerladen
liVandt' er sich nach Brot in Eile. —
SchoTmf so rief der BRcker, hast dn,
Jüngling, einen Srhatz gefunden!
Qib mirj dich verrAth das QoldaKit^k,
Mir die Hälfte zum Versuhueu!
Und sie hadern, — Vor den KCmig
Kommt der Handel; auch der Köni;^
Will nun theilen wie der Büi^ker.
Nun bethätigt sich das Wunder
Naeh und nach aus hundert /eichen.
An dem sell»sterbauten Palast
Weiss er sich sein Hecht tu. sichern.
Denn ein Pfeiler durohgegraben
Führt zu scharfbenams'ten Schützen.
Oleich versammeln sich GeschJechter
Ihre Sippschaft zu beweisen.
Und als Ururvater prangend
Steht Jainblika^s Jugendfülle«
Wie von Ahnherrn hört er ep rechen
Hier Ton seinem Sohn und Enkeln«
Der Urenkel Sehaar umgibt ihUf
Als ein Volk Ton tapfern Männer«,
Ihn den jüngsten zu Terehren.
Und ein Merkmal über^s andre
Dringt sieh auf, Beweis YOllendond;
Sieh und den Gefährten hat er
Die Persönlichkeit bestätigt.
Nun xur l{j>hle kehrt er wieder«
Volk und König ihn geleiten. —
Nicht zum Kdnig, nioht 2um Volke
Kehrt der AuserwäliUe wieder:
Denn die Sieben, die von lang her,
Achte waren^s mit dem Hunde,
Sich von aller Welt gesondert,
Gabriels geheim Vermögen
Hat, gemäss dem Willen Gottes,
Sie dem Paradies geeignet^*),
Und die Flöhle schien vermauert.
I
4* ^Frage nichü, durch welclie Pforte**, IV, 12, ist mit der Über-
schrift verdehen: „Meiaem Sobo, zum dreissigsteo Mai 1815", und mit der
Unterschrift: „Wiesbaden. Goethe**, nach dem Tagebuch aber am 10, Juni 1815
verfasst oder abgeschickt; es war ein Gluckwunach zum fünfzi^'abrigen Dienst-
Jubiläum des Geh, Ilofrats Kirms und des Geh* Rats Schardt zu Weimar und
•"*) Gabriel, der auch am Ende des Gedichts mit semem Namen genannt uit. — *'*'l Unter
Kaiser Theodoaius FI, 408 — 45y, wie oben bemerkt wurde, nachdem sie 184 Jahre geschlafen
hatten. — ^\) Jamlirha bei Hammer, nach andern Berichten JaJuleekI>a und Dschemlieha,
beidei ^=:=^ JambHi'hus; er war der Älteste der S(*hlAfer und ging den anderen in Allem voran*
'**) Die sieben Hohläfer und ihr Hund sind zu der Ehre besondere Schutzherren tu. sein
gelangt; der Sohfifer bteHH Hahil l,Abel;, der Hund Kitmir; die Namen der anderen, auch die
cbrintlichen s. bei Wurm S* 275.
.^^.n^
IG8
durch die Reise verapätet Die Urschrift, veruffeatlieht im März 1858 in T^
Bchiedenea Zeitungen nach einem Blatt, das im Besitz des Kreidricbtera Kraku
in Ziegenruck war, enthielt sieben Strophen, von denen nur die vier ersteu
dem Divan Aufnahme fanden; y. Loeper fügt die fünfte hinzu. Das gaiii
Qedicht lautet nach der Weimarer Ausgäbe:
FfAge nioht durch welche Pforte
Du in Gottes Stadt gekomnten.
Bondern bleib aui sttlleD Orte
Wo du einmal Platz genonatnen.
Soliauc dunn umher uftoh WeUen
Und niw'h Mäohfgen, die Ltüfelilefi;
Jene? werden unterweisen,
Diese That und Kräfte stähleii.
Wenn du nüiilich und gelaasen
80 dem Staate treu geblieben^
Wisae! niemand wird dich hitasen
Und dich werden viele lieben.
Und der FQrst erkennt die Treue,
Sie erhalt die That lebendig;
Dann bewährt sieh auch da« Neue
Nächst dem Alten auch bestiEndig.
und YOilbringst du, krftftif; milde,
Deiner Laufbahn reine Kreide,
Wirst du auc*h zum Musterbilde
Jüngeren nucJi deiner Weiae,
80 Ihr beiden, heut gefeiert,
Vor viel Tausenden erlesen.
Fühlet jene PHicht erneuert.
Die Kuch heilig stet*» gewesen.
Bei dem fruhlichon Vereine
Diese« spitte Lied entschuldigt,
Das, vom alten deutschen Rheine,
Eurem schunen Tage huldigt.
5. ^Sussea Kind, die Perlenreihen", VlII, 17, ist wie No. 2 u. 3
gedichtet» da eü in dem Wieöb. Reg. 62 (Abraxaa) verzeichnet ist, aber n»
der Unterachrift zu Wiesbaden am längsten Tage 1815 redigiert und am 8. Atij
Boisseree vorgelesen, der es als zu bitter, hart und einseitig zu verwerfen ri
doch vv^urde es später als 17, Gedicht des achten Buches aufgenommen; in
Weimarer Ausgabe ateht es uuter dem Nachlaaa. Die Ubersclirift ^au Suld
ist von Eekermann /Atgefügt, Boisäeroe nennt es Hass des Kreuzes^, ni
ganz mit Recht; denn er verkennt, dass dieser Hass oder vielmehr diosi»
neigung, die doch eigentlich nur der Darstellung des Gekreuzigten gilt,
Liebe zu der Trägerin des Kreuzes überwunden wird. Choeroes Farvis, Ki
doÄ Perserreiches, aus dem Geschlechte der Sassaniden (591 bis (528), halte
seiner Gcnialilin Sira oder Schirin 1= die Süsse), deren Schönhöit, Yeratand
und musikalische Tatente in den Dichtungen der Perser viel gepriesen werden,
eine kostbare Perlenschnur geschenkt, an der er einst ein Kreuz (Roisserco
von Bernstein) befestigt findet; denn sie war zugleich eine fromme Chi
zum Leidwesen der Perser, die deswegen dem Choaroes die Verbi
ihr zu vorleiden suchten, und auch er mag nicht die „moderne >
einen ,Abraxa»", das „Jammerbild am Holze**, so sehr er auch die Vnrgii
Christi, Abraham^ Moses und David, sowie Christus selbst wegen ihre» tilau
an den einen Gott feiert; zu ihnen gesellt er — vorgreifend - Mahai
während Salomo sich habe verführen lasi^en violi» Giitter anT^ubcten. U
-I t*ot9%9f6pwmgiiliin- Hin I r^('r»rririti*fiit*r /j:
rJun
16»
I
will auch er widor aeine Überzeugung uüd seineü Glauben aua Liebe zu Selurla
(las Kreuz an ihrem Halse sieh gefallen laesen, ja sogar einen Vita&liputisli, der,
ein mexikanes Götzenbild, im Muude de» Cbosroes eich freilich sonderbar
ausnimmt.
Wir lasäen nunmehr daa Gedicht nach dem Texte der Weimarer Aus*
ibo folgen,
8u»^€8 Kind^ die Pcrk^nrcih*^«,
Wie ich irgend nur vo f mochte,
WoUte traalich dir YOrkiheti^
Ab der Liebe Lumpeiidocbto.
ITud nun kommst du, haut ein Zeichen
Dran g^ehangt, das, unter aJlen
Don Abruxas aeincBgleiöhen,
Mir am ä4*hleoh tauten will gefallen«
Diese gans moderne Narrheit
Magst du mir nach Schiraa bringen!
8on irh wohl^ in seiner Starrheit»
HdUehen quer auf Hdbcchen singen?
Abraham, den Herrn der Sterne
Hat er eich zum Ahn erlesen;
Moaes iat, in wCiater Ferne»
Durch den Einen grosi gewesen.
David auch, durch viel Gebrechen»
Ja, Verbreehen durch gewandelt,
Wttisfce dooh sich los xu sprerhen:
Einem hab^ ich rocht gehandelt.
Jesus fühlte rein und dachte
Nur den Einen Gott im Stillen;
Wer ihn seibat zum Gotte machte
Kränkte seinen heil'gen Willen.
Und 80 mues das Uecbte scheinen
Was auch Mabomct gelungen;
Nur durt'h den Begriff des Einen
Hat er alle Welt bezwungen.
Wenn du aber dennoch Huld'gung
Diesem leid'gen Ding verlangest;
Diene mir cä zur Entschuldigung
Dass du nicht alleine prangest« —
DxK'h allein! — Da viele Frauen
8alomonis ihn verkehrten»
QOtter betend anzu8<<hauen
Wie die Närrinnen verehrten.
Isis Hörn, Anubtt Rachen
lk»ten sie dem JudenstoUe,
Mir willst du zum Getto machen
Solch ein Jammerbild am Holssel
Und ich will nicht besser scheinen
Als es sich mit mir erftugnet»
8aiomo verschwur den seinen»
Meinen Qott hab* ich verlAugnet»
Lass die Kenegatcnbörde
Mich in diesem Kuss verschmerzen:
Denn ein Vitzliputzli würde
Talisman on deinem Her/cn,
An die Besprechung des Gedieh tea mit Boisseree knüpft Goethe, alä jener
ea 2U verwerfen riet, folgendes an» ^er wolle es seinem Sohn zum aufheben
geben, dem gebe er alle seine Gedichte, die er verwerfe; er habe eine Mengc^
besonders persönliche und zeitliche. Es scy nicht leicht eine Begebenheit, wo-
rüber er sich nicht in einem Ged'cht ausgesprochen. So habe er seinen Arger»
Kummer und Verdruss über die Angelegenheiten des Tages^ Politik u. s. w.
gewöhnlich in einem Gedicht ausgelassen, es sey eine Art Bedürfnis und Herzens-
erleichteruDg, Sedes p. Er schaffe sich so die Dinge vom Ilalso, wenn er sie
in ein Gedicht brbge. Sonst habe er dergleichen immer verbrannt, aber sein
Sohn verehre alles von ihm mit Pietät, da lasse er ihm den Spaas/
6. Firduüi spricht; IV, 20. Auch dieser Titel steht schon im Wie^ib.
Reg, 49, und wenn unter dem Ganzen ab Tag der Abfassung der 1. Juli 1815
bemerkt ist, su bezieht sich dies auf den letzten Teil desselben. Nach Nutizeu
im Tagebuch vom Dezember 1814 und Februar 1815 werden die zwei ersten
Teile in diesem Winter gedichtet miu I>or erste Teil i^t dem Schah*Nameh
IMI
iä£i
^^Ü^^
tto
Firduaia eot lehnt (Fuodgruben H, 64), der zweite Goethes Entgegnung^ tler
dritte oiue solbätundigo AusfühTUDg dea BegriiTcs Reichtum im Siotie des OrtoiiU
ab Genügsatnkett.
Flrdufti spncbt
0 WeltJ wie scliamloi und boaliaft du bist!
Du näbrat tmd emeheat ond tödteat ^ugleieh.
ITur wer toq Mlhh begüuatjfet Ut,
Der nährt iich, erdebt iich^ lebendig und reiolh
Wa« beiast denn Reiobtbum? Eine wirmende Sonao,
Oem^ist de der Beider^ wie wir sie geoies^en!
Es in5ge docb kern du der Beicbeii verdriesaea
Des Bettlers im Etgeugiun selige Wonne.
7. Dem Kellner, Dem Schenken, IX, S. Diesea Gedieht muss ebeii«
faltä die nachbeaserade Hand im Jahre 1S15 erfahren haben: es steht scbon
im Wiesb. Reg. 74, ist also danach vor dem 30. Mai 1815 gedichtet, trägt
aber die Unterschrift: L 7. 15. Eä bezieht aleh auf den Kellner, der Goethe
auf dem Gejsberg bediente und Ton Boisseree zweimal erwähnt wird, einmal
aU ein schöner, freundlicher, blonder Aufwärter, dann als schöner, junger,
blonder Kelloer bezeichnet.^**) An der zweiten Stelle sagt Boisseree ausdruck-
lich, daäö dieser der Gogonatattd de» Gedichtes sei. Um Gedicht stellt dicdem
als freundlichen Schenken einen groben Kellner entgegen.
Bern KeUner.
Betxe mir niobt^ du Grobiaiif
Mir den Krug^ äo der>> ver die Nase!
Wer mir Wein bringt sehe mich freundlich an,
Honst trübt sich der Eilfer im Glase.
Dem Schenken.
Du zierlicher Knabe, du komm herein,
Was stehst du denn da auf der Schwelle?
Du sollst mir künftig der Schenke sein,
Jeder Wein ist schmackhaft und heUe.
Wir haben schon mehrfach bemerken müssen, dass Goethe im August
des Jahres 1815 Gedichte des Divan seinem Freunde Sulp. Boisseree vorlas.
Dass er das Bedürfnis hatte dies zu thun, ist ein Beweis, wie sehr er in diesen
damals ihn ganz erfüllenden Schöpfungen lebte, wie befriedigt er sich in dem
Gedankenkreise des Orients fühlte. Und da er wohl dasjenige zur Mitteilung
an den in einer ganz anderen Welt stehenden Romantiker auserwählte, was
ihm am geeignetsten schien in die Anschauung des Orients einzuführen und
nach seiner Ansicht am besten gelungen war von den vollendeten Gedichten,
so ist es nicht ohne Interesse diesen Punkt weiter zu verfolgen und die Reihe
der vorgelesenen Gedichte zusammen zu stellen; unter den Text Boisserees
setzen wir die Stellen, wo die betreffenden Stücke sich in der Hempclschen
»•*) 8. Boisseree I, 259, 263.
171
und Weimarer Ausgabe sowie im Wiesbadener Register finden nebst dem Tage
ihrer Eütatohuog, wenn dieser bekannt ist. Für einige glauben wir von den
BelnerkuDgen der Weimarer Ausgabe, der wir sonst viel verdanken, abweichen
zu müssen«
v|Am 3. August 1815]« Er las mir, berichtet Boisseroe, eine sinnreiche
Introduktion, eine Exposition des ganzen Orientalismua und seines eigenen
Verhaltens dazu vor. Dies letzte /.uerat anfangend von dem Gegensat« der
Zeit und Trost suchend im Orient. (1.) Talismane, Anmiete, Abraxaa^ Siegel-
ring der Araber. (2.) Haiiz, der Korankundige, wurde zum Eigennamen
des Dichters; Goethes Gedicht au ihn vergleicht sich mit ihm, weil er sich die
Bibel augeeignet, wie das göttliche Angesicht sich auf das Tuch abgedrückt hat. (3)
„4. August. Nach Tische besprach er die Fortsetzung des Di van: das
Kosenül (4.); behandelt die Weiber mit Nachsicht (5.); Spiel In den Locken (6.);
Uans Adams Geburt (7.); der Tulbend (8.); Freude der Freigebigkeit (9,); Ver-
sprechungen des Liebhabers (10.) Alle Pracht des Orients hat doch am Ende
nichts Höheresi, wie die liebenden Herzen. Stolz der Armut des Liebenden
und viele andere herrliche, prächtige und anmutige Dinge. Ich sagte Goethe^
lass es mich an Faust erinnere, wegen der Grosaartigkeit und Kühnheit und
ioch wieder in der Natürlichkeit und Einfachheit der Sache und in der
Form und Sprache, was ihm dann ganz recht und lieb war.
Uawptli
W«iBftr»r
WlMt>»d«aer
Oedlcbtfi
AlUfftl»«.
Au»c»be,
ReffliUr.
1,1.
5.
3« Hegire.
24. XIL 14.
Hegire. Nord uod Weit und Sad.
1,2.
7.
4, 8eg©na-
pfönder.
1.1.15.28 V,15.
SegeiiBpfÄuder. TalUman in Carnool.
n, L
33.
14. Bej nähme.
2Ö. VL 14.
Beiname. Mohamet dchemBeddin »age.
VTI, 2.
139.
58. RoBonöl.
27. V. 15.
An 8ule»ktt, Dir mit Wohlgerucb m
kosen.
IV, 15.
80.
30. Adam und
Evii.
' — '
Behandelt die Frauen mit Kaehtiofat.
in, 6,
54.
27. Locken.
^
Versunken, VoU Locken kraua an Haupt
so rund.
I,».
lü.
17, Urvater.
21. VL 14.
Ersolsaffen und Beleben. Uane Adum war
ein ErdenkloBs,
9.
vni, 14.
155.
3L Talbflud,
17. IL 15.
Komm, Liebchen, komm ! Umwinde mir
die Maue.
9.
IV, 4.
70.
24. 8nh5n
Bittende,
26, VIL 14.
Lieblioh tat dei Mftdoheni Blick, der
winket.
10.
VÜI, 16.
158.
57, Überboten.
17. IL 15.
Hätt* ich irgend wohl Bedenken.
„Den 6. August fSonntag Nachmittag, ah Goethe von Biebrich zurück-
kam].***) Nachher Gespräch über den Divan. Eutstehen[,I (II,); Lob des
*•*) Zum Vormittag und Nachmittag des 0. August hat Boieserifc tergeason ilaj Datum
2U bemerken; dasa die betr. Stelle dem f>. angehört, geht daraus hervor, das» Qoethe an dieeem
Tage, einem Sonntage, in Biebrich ao der herioglicheu Tafel war.
172
Weios (12.); Frechheit gegeo das Gesetz (13.); Di® FbtIb (14,); UowiileD
ober die Deutschen (15*)i ihre Neuer ungsucht uod Zerstreuung (16*)
, Sonntag am 6. Abends las mir Goethe wieder einen Teil aus deintim
Di van vor, worunter das sehöDste <,Adani und Eva* (17,) war, wie der Schöpfer
sie macht und seine Freade aa ihneu bat. Er legt dem Adam die Eva an die
Seite, und mochte dabei stehen bleiben. Ein Bildchen, eine Idylle von der
«schönsten, reinsten Naivität und wieder der höchsten Grösse; es machte mir
den Eindruck wie das beste plastische Werk der O riechen. Dann las er, wio
Jesus das Evangelium gebracht hat und wieder mit zam Himmel genommen
hat (18) Aber was die Junger, jeder auf aeioe Art davon behalten, verstanden
und nnsBver.^tanden^ ist soviel, dasa die Menschen genug daran haben für immer
KU ihrem Bedarf. Liebesgedichte (19.) Was ich verlange, ist nur wenig;
aber für die Geliebte alle Schätze. Ein prachtvolles Stücke worin alle Herrlich-
keit und der ganze Handel des Orieiita vorkömmt; wo alle Elemente, alle
Kräfte der Natur und Menschen io Bewegung gesetzt werden, um der Geliebten
Geschenke zu bringen, die ihr aber doch nichts sind gegen die Freuden der
Liebe* Die Feueranbeter der alten Parsen (20.) Ein solcher stirbt und spricht
seine Lehre als Vermachtniss aus, Verehrung der Sonne, durch Ordnung und
lieintiehkeit, damit sie sich nicht betrübe, den Schmutz und Wüstenei der
Menschen und Erde zu sehen. (Stiftung, eine Gasse zu reinigen, damit die
Hunno mit Freuden hinein scfaetneO In demselben Bezug, Ackerbau. (Auf
ähuliche humane Weise erklärt Goethe sich die Yerebrung der Kuh, als nüt^«
lichstes Hauitier, und des goldenen Kalbes, und sey also nicht gar so absurd
und abgeschmackt, als es aussehe.) Verehrung der Feuers als irdischer Sonae.**
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
HeiupeU
Ausgabe.
IX, 3.
JX, 4.
IX, 4.
X, 4.
V, 4.
V. 8.
Weimarer
Aufgabe.
Wiesbadener
Register.
Gedichtet.
203.
204, 1.
204, 2.
230.
34. Koran u.
Becher.
i43.Truiicken-
I heit.
33. Perle
Wider-
spänstig.
98. 92. Leidiger
I Trost.
102. 47. Lands-
I leute.
X, 10. 236. 60. Gottesge-
I danken.
X, 9. 235. 59. Evange-
lium.
VIII, 15. 156. 56. Kayser-
! gaben.
XI, 1. I 239. 65. Vermächt-
I ni8.
20. V. 15.
7. II. 15.
27. VII.
23. XII
24. V. 15.
14.
24. V. 15.
17. III.
17. V.
13 III. 15.
17.III. ) .
17. V. 1 ^^•
I
Ob der Koran von Ewigkeit sei?
Trunken müssen wir alle sein!
Da wird nicht mehr nachgefragt!
Die Perle die der Muschel sich entrann.
Befindet sich einer heiter und gut.
Als wenn das auf Namen ruhte.
Es ist gut.
Vom Himmel steigend Jesus bracht\
Nur wenig ist's was ich verlange.
Vermächtnis altpersischen Glaubens.
173
„Dienstag den 8. Abends liest Goethe wieder Stücke aus dem Divan.
Der Wenke (l. Schenke) (21.) Euss auf die Stirne (22.) Eifersucht. Das
Mädchen sey eine böse ermüdende Liebhaberei für den alten Freund. Das
Ganze als ein edles, freies pädagogisches Yerhältniss, als Liebe und Ehrfurcht
der Jugend gegen das Alter; yorzüglich schön ausgesprochen in einem Gedicht:
die kürzeste Nacht (23.), wo Morgenroth und Abendroth zugleich am Himmel
sind. Astronomie Ethik. Ein andres Gedicht bezieht sich auf den schönen,
jungen, blonden Kellner auf dem Geisberg (24.)
„Timurs Winterfeldzug. (25.) Parallelstück zu Napoleons Moskowitischem
Feldzug. Eriegsrath. Der Winter tritt redend auf gegen Mars; Fluch oder
Verheissung; gross, gewaltig. Hass des Ereuzes. (26.) Schirin hat ein Ereuz
von Bernstein gekauft, ohne es zu kennen; ihr Liebhaber Cosken (l. Chosroes)
findet es an ihrer Brust, schilt gegen die westlich nordische (1. modische) Narr-
heit u. s. w. Zu bitter, hart und einseitig, ich rathe es zu verwerfen.*' Vgl.
oben S. 168.
Hempels
Weimarer
Wiesbadener
Gedichtet.
Aiugfftbe.
Aasgabe.
Register.
21. [ IX, 16.
1
1
215.
78. Bohwän-
qhen und
SchwaD.
Okt. 14.
Sohenke.
22. , IX, 9.
1
209.
75. Des Schen-
ken Eifer-
sucht.
Okt. 14.
Schenke spricht.
23.
IX, 20.
220.
89. Sommer-
nacht.
16. XII. 14.
Sommernacht.
24.
IX, 8.
208.
74. Kellner u.
1. VII. 15.
1 Dem Kellner,
l Dem Schenken.
Schenke.
25.
VII, I.
137.
84. Winter u.
Timur.
11. XII. 14.
Der Winter und Timur.
26.
VIII, 17.
288.
NachhUf.
62. Abrazas.
Redigiert am
längsten Tage
1815.
Süsses Kind, die Perlenreiben.
Es sind also
vorgelesen
aus Buch
I: 3 Gedichte; aui
} Buch VII: 2 Gedichte;
» 1»
ü: 1 Gedicht;
. ^ni: 4 „
» 7)
ni: 1 .
« IX: 7 ,
7) fl
IV: 2 Gedichte;
X: 3 ,
n it
V: 2 „
XI: 1 Gedicht;
1»
»
VI: nichts;
r»
„ XII: nichts.
2. Im Herbst des Jahres 1813 begann Goethe die Dichtung einer Oper,
deren Titel „der Löwenstuhl" sein sollte. Das war bisher aus den Annalen 1813
bekannt, wo es heisst: „Der Lüwenstuhl, eine Oper, gegründet auf die alte
Überlieferung, die ich nachher in der Ballade „Die Kinder sie hören es gern^
ausgeführt, geriet ius Stocken und verrharrte darin." Die letzte Bemerkung
174
iat jedoch niolit ganz zutreifend. Im Tagebuch erscheint der Name der Oper
Löwenstuhl zuerst am 28. Oktober 1813, dana am 29. die Worte, welche auf
«10 hinweiaeu: „die Kinder sie hören es geroe**, am 30,: „die Kinder pp.*|
um 31.: Es höreos die Kinder so gerne*^, und endlich am 20. November: „Dio
Kinder sie hören pp/ Indessen kehrt der Dichter im Jahre 1814 nooh swei-
bia dreimal zu diesem Stoffe zurück; auf der Reise nach Wiesbaden eotwmff
er den Plan zu der Oper, sei es am 27. Juli, als er von Fulda bis Uaoaa
fuhr, wie eine Notiz besagt^^, oder zu Hanau am 28,, wo das Tagebuch den
^Plaa des Lowenstuhls** anführt — wenn nicht beides zusammeafällt und
irgend ein Gedächtnisfehler hei der ersten Aufzeichnung mituntergelaufen iMt
Aber auch am L August ist der Löwenstuhl im Tagebuch genannt: , Schema
des Lowenstuhlö" — und danach erst geriet die Dichtung ins Stocken und
verharrte darin, bis sie später in die Form einer Ballade umgegossen und von
Goethe selbst einmal als „Die Sänger und die Kinder""*^) benannt, von Späteren
als „Ballade vom vertriebenen und zurückkehrenden Grafen** betitelt wurde.
Der Umstand, dass Goethe die Oper in Wiesbaden — am 1. August 1814 —
noch einmal vornahm, veranlasst uns ihr einige Worte zu widmen.
Den Stoff entnahm er, wie die Noten zu der Ballade berichten, einer
altenglischen Erzählung, die unter der Regierung der Königin Eliaalieth nieder-
geschrieben wurde.***) Nach ihr war der Sohn des bei Evesham am 4. August
1265 im Kampfe mit König Heinrich von England gefallenen Grafen von
Leicester, Heinrich von Monfort, in der Schlacht des Augenlichts beraubt, aber
gerettet worden und wählte nunmehr das Los eines Bettlers; seine schune
Tochter jedoch erweckte die Liebe eines Ritters, dem sie auch ihre Hand reichttf
auf der Hochzeit erschien ihr Vater und tragt zur Laute ein Lied vor, in
welchem er sich als Sohn des Grafen zu erkennen gibt* Diesen Stoff bildete
unser Dichter durch Benutzung von einer Erzählung in Boccaccios Decameroiits
(11, 8) um; in ihr wählt ein Graf freiwillig, veranlasst durch Yerläum düngen
der Königin von Frankreich, das Los eines Bettlers, bis die Nichtigkeit jeDcr
Beschuldigungen nach dem Tode der Königin an den Tag kommt; aus iltr
entnahm insbesondere Goethe das Motiv^ welches in dem wiederkehrenden „die
Kinder sie hören es gerne*^ enthalten ist, da die Kinder seiner ihn nicht et*
kennenden Tochter den freundlichen Bettler liebgewinnen, und ferner die harten
Worte, welche der Gemahl der Tochter des Bettlers wegen deren FreunJUchkoii
gegen diesen an sie richtet. Neu hinzu that er den Hintergrund, in dem er
die Vertreibung und Rückkehr des Grafen an grosse politische Kämpfe, dett
Sturz und die Wiedereinsetzung des rechtmässigen Königs, anknüpft.
Von der Dichtung Löwenstuhl sind im Jahre 1892 aus dem Nachlansc
Goethes in dem 12* Bande der ersten Abteilung der Weimarer Ausgabe folgende
Stücke veröffentlicht worden: 1. der Plan dos Löwenstuhls, 8. 421 f.; 2. etil
Fragment, vielleicht das obengenannte Schema, mit wenigen eingestreuten Yer^oa,
4
^^\ OoeiheK Werke I, 3, :17M: ,Pl*n lur Oper Ldiwenttühl, auf der liei«is Im J«H
«wiaohtn Puld« und Han»u i»otworfen und copirt * -- ***) Oo^üid, tut K«ttirwiitotiKchA(\ ab#r^
Kftupt. — ***t Vgl Th. Peror, Roli-juw of ftucieiU «agliiih poetrjr* London IMi* 8, Itn.
8- 296 — 290; 3. ein Bruchstück voa mehr oder weniger ausgearbeiteten Scenoti,
18» 300^ — 307; 4. cino Reihe von einzelnen unssusamraeühängendea Versen,
S, 422 ff, Aus dem zweiten uod drirten Bruchstück geht h*.^rvor, wesnhalb
der Dichter sein Werk Löwenstuhl benannte: in dem grossen Prachtaaale der
Burg, die der Graf ehedem erbaut hatte (II, 28: ^Und er baute den Palast^
Ach ein Gott erschien er fast**) befand sich ein Freiatuhl oder Sessel (UI, 133)
mit xwei goldenen Löwen (11, 34: „Und zwei goldne Löwen waren Zeichen der
Gerechtigkeit*'), aufweichen die Kinder den üreia sich zu setzen nötigen wollen;
wie der Stuhl nach den Löwen Löwenstuhl htese, so der Saal Lowensaal. Die
KotdeckuDg des wahren Standes der Tochter und ihres Vaters wird auf eine
wunderbare Weise herbeigeführt, indem die im Saale aufgestellten Rüstungen
^ lebendig werden (8. 299).*^)
S* Über den Plan und die Ausführung des St. Rochusfestes haben wir
(8. 140) schon gesprochen.
4, In dem Jahre 1815, ^u dem wir nun übergehen, beschäftigte sich
he neben dem Di van eifrig mit der Abfassung der italienischen Reise, die
ufKuontlich im Jahre 1816 und 1817 erschien. Gleich vom zweiten Tage seines
I Aufenthalts zu Wiesbaden an vorzeichnet da^ Tagebuch dahin weisende Ba-
merkuDgen; so am 29. und 30, Mai und 4» Juni: „Neapel dictirt", am 3L Mai
und 6, Juni: „dictirt Sicilien*", am 3.: „dictirt Vesuv L**, am 18.: „dictirt
Palermo", und wenn am L, 2., 5., 7., 8,, 9, und 10, bis 24. blos „dictirt*
bemerkt ist, so siud wir berechtigt ebenfalk an die italienische Reise zu denken.
Die Tage vom 10. — 13. waren dem |,Corrigiren zum Abschreiben** gewidmet,
am 20. und 27,, als <lie Krankheit seines Dieners Karl eich verschlimmerte
und hindernd dazwischen trat, wurde ,,Sicilicn durchgesehen*'* So waren während
'des Mai und Juni 25 Tage auf diese Arbeit verwendet worden; vom 28. Juni
an traten andere Abhaltungen dazu, sodass die weitere Besohäfiigung mit der
italienischen Reise — wohl aus Schonung für seinen Karl — fortan während
der Kurzeit zu Wiesbaden unterblieb.
5. Das Gedicht für die Kinder vom 23* Juli ist oben (S 130) erwähnt.
6. Der Sommer 1815 brachte Goethe die Bekanntschaft mit neugriech-
ischen Liedern, die freilich für die nächste Zeit keine Früchte zeitigte, aber
doch ihn lebendig anregte und schliesslich die Übersetzung der „neugriecbisch-
opiroti.'ichen Iloldenlicder** und der „neugriechischen Liebe-Skolieu'' der zwanziger
Jahre hervorrief.*"^) Die Annalen 1815 sagen darüber folgendes: ^Wenig
Fremdes berührte mich; doch nahm ich grossen Antheil an griechischen Liedern
neuerer Zeit, die in Original und Übersjetzung mitgetheilt wurden, und die ich
bald gedruckt zu sehen wünschte. Die Herren v. Natzmer [?] und Haxthausen
hatten diese schöne Arbeit übernommen." Das Tagebuch berichtet über diese
beide«: „SÜ. Juni. v. Natißmer [?] Neugriechische Gedichte. — 2, Juli. Major
[von llaxtlmuden]. — 8, Major v. Haxthausen ßrtechiache Volkslieder. —
^^^) Ob«r die BaUade und ihre t^uellcn vgi, i?t. Waorioldr in «ier /oirschrift für
doaUchen Unterricht, lO, iJ, 502—515. - *^S Die Heldenlieder *iud vou Goethe übersetzt iTti
Jahre 1822, gedniokt 1828, die Skolien 1825 und 1827. S. die Weim* AuBgiibe I, 3, 4211 ff.
ne
4. Überif^og wegen AuBgabe der Vulkslieder. — 5« M^BT T. Haifltmiiiti |
GmeUwbo Toikilieder. ... Mit Haxthausen auf d&m OeUberg. Symboltc der
Sprackverlititiime. — 7, v. Haxthausen, Neup-, Volk» L.* —
Was für ein NaUmer es geweaeo scio mag« dar die AtImsjI dor Uemti«-
gäbe der Lieder mit Haxthaasen übemehmeD woUle, ist nicht überliefert, ja
der oben (S. 95) geDannte Oldwig r. Natzmer versicherte dem Yeffaaser seiiier
Btographiei der iha darum befragte^^'), ihm sei diese litterarisfibe Arfaeti gaos ,
fremd und er habe io jener Zeit keinen Natzmer gekannt, der steh mit Sehrifi* |
siellerei beschäftigte; von ihren näheren Ter wandten könne dieser NaUmer
gewiss nicht gewesen sein. Und der Yerfasser der Biographie erklart, or habe
nicht in Erfahnmg bringen können, welcher K. die Ehre der Mitarbeit gehabt
habe. Sollte Goethe sich im Namen geirrt haben? Sollte nicht Tteüaehr v. Uast^j
bmnaeii im Tagebuch am 30. Juni gelesen werden? Denn dasa jener Namo i
oebeD Haxthausen auch in den Annalen steht, thut nichts zur Sache, da it^
aelben nach den Tagebüchern bearbeitet sind.
Der Major Werner v. Haxthausen (1780 — 1842) war wohl Ende JuiT
(zwischen dem 25. Juni und 2. Juli) in Wiesbaden eingetroffen und ist in der
Kurliste als Major t. H. von Hannover zweimal (No, 1838 und 1910) venteichnet.*^') i
Er hatte mehr als 100 neugriechische Volkslieder teils geschenkt erbalten tdls |
selbst gesammelt, und es kam ihm nun darauf an den wertvollen Schatz deo
Freunden dieser Dichtungsart zugänglich zu machen. Goethe sollte daher für «y
die ^ütwirkung bei der Herausgabe gewonnen werden und sie durch seine Tal* ^M
nähme uder doch Empfehlung unterstützen.*'*) Mit welchem Interesse er in ^"
der That die Lieder las, beweist der Umstand» dasa er schon am 5. Juli, also
nachdem er sie kaum in die Hände bekommen hatte, an H, Meyer schrieb*"): '
^Laaseo Sie sich von August etwas über den Fund neugriechischer BaÜadeii
(so mögen sie genannt werden) sagen. Das ist das Beste, waa mir in dieser
Woche vorgekommen. Sie sollen dem vergangenen Jahrhundert angeboreB,
dem Besten gleichend^ waa wir in dieser Art haben,*' Und noch am 2L 8ep*
tember desselben Jahres ist er voll von dem Genüsse der Lektüre und errähll*^; '
zu Heidelberg seinen Gästen Creutzer und Daub bei Tische ,von den imju*
griechischen Dichtungen vor etwa fünfzig Jahren her. Die Helden seyen meist
unabhängige Seeräuber und in den Gebirgen Landratiber, oder Familien aef 1
kleinen Inseln, es seyen meist dramatische Romanzen. Alle Elemente, Irrtsclie^
dramatisch-epische, seyen io einer Form. Der Geist derselben sey der nordisebei ^
schottische mit dem südlichen und altmythologiscben verbunden« Das Goapriell
eines Adlers mit dem abgeschlagenen Haupt eines Rauberanfuhrers, welchea er
auf die Felshöhe getragen. Charon, ein Reiter^ welcher die Seelen der
4
■^^t Qneoinur E. r, Naiimer, su» dam l#«l»eii 0. f . Natinier, I, l!f2. ~ "^ Et w«efc-*
teile sein I^o^is dsher bt er iweiaial eint^trsfen, gersdc wie aiioh Ootth« im JaImv iai4^ '
LebeatnacliHohteii ttm thm •* in der Allg. Deutfteht^ti Bio^»plue. — ***) 8. Slelg, üoeÜM
and die BrAder Gninni, 1892 8. ISO IT. und UoMbe- Jahrb. Xll, a^ ff.« beMmdcr« 67; Relffer-
iifliieid, Freuodethricfe von Wilkelm und Jakob OHmnu IHTa 8. aS. — ^ Biamer^ BHuX^
mm und von Ooethe, 1S4A S. 1D4. — *^\ BoiiaerAo f^ 2^:i, der nijM^hlich lagt, ff tm Don* |
nmruims den 22. ^wcien; dor Dunnf^rnt&jr war abor der *21.
177
storbeneo hinten an den Schweif seines Bosees biodet^ die Kinder an den
Sattel hängt. Ein Pferd, welches seinen erschlagenen Herrn beklagt und mit
der Hufe scharrt. Ein Bräutigam, der auf der Überfahrt zur Braut, in einem
siegreichen Gefecht mit den Türken bleibt und wünsch t, es solle der Braut
verweh wiegen worden.*^
Das eriäte der hier genannten Lieder hat Goethe später unter den grieehiäch-
epirotischen neldeoliedern als No* VI herausgegeben. Es lautet bei ihm:
Der OlympofJ, der Kis8aY08,*''i
Die zwei Bergd huderten;
Da entgegnend epraoh OlympOB
AIbo zu dem KissaYos:
„Kiolit erhebo dich, Kissavoa,
Türken- du Getretener.
Bin ich dooli der Greis Olympos,
Den die ganze Welt venjahm.
Zweiundsechzig Gipfel mhV ich
Und sweitauflend Quellen klar.
Jeder Bruno hat seinen Wimpel,
Seinen Kämpfer jeder Zweig.
Auf den böohaten Gipfel hat sich
Mir ein Adler aufgesetzt^
Fawt in seinen nulcht^gen Klauen
Eines Helden blutend Haupt.^
^Sage, Haupt, wie ist's ergangen?
Fielest du verbreoberiseh?'* —
SpeiBc^ Vogel, meine Jugend,
Meine Mannheit speiae nur!
Ellenlanger wiehst dein FlGgel,
Deine Klaue spannenlang.
Bei Louron, in Xeromeron
Lebt' ich in dem Kriegerstand,
Ho in Chaaia, auf^ra Olympos
Kämpft ieh bis m's zwölfte Jahr.
Seehjsig Agas ich ersehlug sie,
Ihr Geüld verbrannt' ich dann;
Die ich sonst noch niederstreckte,
Tilricen^ Albaneser auch,
Sind icu Tiele, gar lu viele,
Das8 ich lie nicht sAhten mag;
Nun ist meine Reihe kommen,
Im Gefechte fiel iob brav.
"Das zweite Lied, Charon, ist No. VII,:
Die Bergeshöh'n warum so schwarz?
Woher die Wolkonwoge?
Ist es der Sturm der droben kämpft,
Der Hegen, Gipfel peitschend?
Nicht ißt's der 8turm der droben kttnipft,
iNicht Regen, Gipfel peitschend;
Nein Charon ist'«, er sauat einher,
Entführet die Verblichuen;
Die Jungen treibt er vor sich hin,
Schleppt hinter sich die Alten;
Die jüngsten aber, biuglinge,
In Reih' gehenkt am Sattel.
Da riefen ihm die Greise zu,
Die Jünglinge sie knieten:
y,0 Charon halt'! halt' am Geheg,
Halt^ an beim kühlen Bruj:nen!
Die Alten da erquicken sich.
Die Jugend schleudert Steine,
Die Knaben zart zerstreuen sich
Und pÜüuken bunte Blümchen."
Nicht am Gehege halt* ich still,
Ich halte nicht am JJrunnen;
Zu schupfen kommen Weiher an,
Erkennen ihre Kinder,
Die M&nner auch erkennen sie,
Das Trennen wird tmmdgUch.
7, Dies sind die dichterischen Ergebnisse, welche Goethe aus dem
Aufenthalte zu Wiesbaden und am Khein nach dem Tagebuche und anderen
Aufzeichnungen davontrug. Dass aber auch andere Studien und Beobachtungen
fruchtbringenden Gewinn brachten, haben wir zum Teil früher gehört, wenn
sie, wie die Lahnreise, auch nicht litterarisch verwertet wurden. Wir wollen
nach einiges hierzu bemerken. Am 1. Juli 1815 finden wir Goethe mit der
"M Kiasavos iat der moderne Name dei Ossa, welcher dero Olympo«, j. Olioiboa oder
ßlinibos, gegenüber liegt; beide trennt daa enge Thal Tempt).
!i8
Farb[eD] Tab[elle] beschäftigt, wie er zu seiner Farbenlehre^ die ihm so «ehr
am Herzen lag, auch im Jahre 1814 durch einen Brief von Staatsrat Schulu
war hingeführt worden/"*'**) Ferner wurde er im Jahre 1815 bei der Berataii^
über das Blucber-Beakmal in Rostock zu Rate gezogen; auf einen Brief d«t
Kamnierherrn v. Preen antwortete er ara 14, Juh' 1815, den er fiilschJich tat
den Geburtstag Oellerts hielt*'**) und demgeniäsa unterzeichnete „am Geburtstage
Üellerts**, dessen das Tagebuch ebenfalls am 14. gedenkt; auch in der Folge
war er für das Denkmal thätig und verfasste bekaontlieh die Inschrift.*")
Endlich müssen wir die Nachwirkungen hier erwähnen, welche die Tag«
am Rheine hatten^ vor allem die Aufsätze ^über Kunst und AUerÜmm in deo
Rhein* und Main-Gegenden** u* a. in der Zeitschrift über Kundt und Altertum
18H1 ff. Und sicherlich verdanken manche Lieder des Schenkenbuchs im Dtvau
der frohen Eriuueruug an den Elfer, der auch im „St. Rochusfosf^ verherrlicht
wird, ihren Ursprung. Und wie jugendlich frisch, fast überschäumend küiidei
das „Ghasel auf den Eilfer* den Ruhm dieses Göttertrankes! In seiner nr»
sprüngtichen Gestalt, die nach dem Tagebuche ara 18* Oktober 1815 aen
Meiningeu auf der Heimreise niedergeschrieben und erst vor wen igen Jahren
veröffentlicht wurde"*), schien es dem Dichter für den THvau zu feurig, sodass
er für ihn eine abgeschwächte, kürzere Fassung schuf, die aber doch keine
Aufnahme fand^ sondern erst 18G8 aus dem Nachlasse bekannt gemacht wurde."
In ihr lautet das Gedicht also:
Wo man mir Gutes orieigt aberall
s* i»t eine Fltt§ohc Eilfer.
Am Khein und Mtün, im Necknrland«
llun bringt mir lächelnd Eilfer,
Und nennt gar manchen braven 31aim
Viel »eUener aU den Eilfer:
Hat er Menachhcit wohl getfaan,
Ut immer noch kein Eilfer.
Die guten Fürst eu nennt man so,
Beinahe wie den Eilfer;
Uns tnaohen ihre Thaten froh,
8ie leben hoch im Eilfer«
Und manchen Namen nenn^ ich lett
8till schuppelnd meinen Eilfer;
Sie weia» m wenn es tiiemaud weisa,
Da Hohmeokt mir erat der Eilfer.
Von meinen Liedt5rn sprechen aie
Fast rühm Hüb wie vom Eilfer,
Und Blum* und Zweige brechen ai»
Mich kränzend und den KiJf«
Dus alle» wAr^ ein groAsreit llrii
leb tbeilte gern den Kilfer
Nahm* Hatis auch nur «einen Thi u
Und schlurfte mit den Eilfer»
Drum eir ich in das Paradiest
Wü leider nie vom Eilfer
Die Uißub'gcn trinken, 8eJ er aitai
Der Himmelawoin! Kein Eilfer
Oeschwinde» Hafif, eile hin?
Da itebt ein Homer EÜfer!
IS. Abreise, Erfolge. Urteile.
Die Heiroreise aus der Kur trat Goethe im Jahre 1814 am 12. September
an. Auf der Fahrt nach Frankfurt beobachtete er bei Flöröheim ^Kalk Taff
mit Copohylion'' und besuchte deu Schwefeibrunnen zu Woilbach In Fratik-
»'^ DOntxer, Briefwech*el zwischen GooUie und Staatsrat Sebulti^ 1853 8. 13«. —
**") Geliert int am 4. Juli IT IT» geboren; ahgeschekt ht der Brief am i6. Juli. — '■*) tfj^t
den Aufaau in Kaumere hiitnrischem Tatcbenbueh, 1802 S. :u:i ff, -- *^*) Burdaeh im
Qoeihe-JahrU. XI« 8. 3 It ilt^SMI). * ***.< Herttn, IKGS, jeUt in d^f Weimarer AQ»cab# I^
178
I
»
fürt kehrte er bei Fritz Schlosser, der ihn freuadlicb emgeladen hatte, ein und
verweilte dort im Verkehr mit alten Freunden und Bekannten bis zum 24. Nach-
dem er sich darauf vom 24. September bis 9. Oktober mit Christian Schlosser
zu Heidelberg bei 8, Boisseree aufgehalten hatte, kehrte er nach Frankfurt
zurück und reiste am 20. nach Ilanau, wo er bei Leouhard einige Tage blieb,
dann über Gelnhausen, Fulda und Eisenach nach Weimar und traf am 27,
wieder dort ein.
Im Jahre 1815 verlies» er am 11. August morgens um 6 Uhr Wiesbaden
in Gesellschaft von 8. Boisseree. Der Weg führte sie zunächst nach Mainz.
„Auf der Höhe, erzählt dieser***), sahen wir das Rheingau bis Bingen, „Was
muss das, bemerkte Goethe, für eine Gewalt gewesen seyn, was muss eine Zeit
daiLU gehört haben» ehe nur das Wasser da zum Durchbruch gekommen: das
hat da gewiss lang als See gestanden, wie der Bodensee. Und nicht allein
die Berge haben gehindert, sondern auch das Meer, ehe seine Gewässer abge-
nommen." In Mainz wurden unter der Leitung des Professors Lehne die
Kunstschätze und die Altertümer in Augenschein genommen. Vor dem Schlafen*
gehen betrachteten sie noch leuchtendes Holz, das Goethe aus Wiesbaden mit-
gebracht hatte. Samstag den 12, August fuhren sie nacli Frankfurt; auf der
„Höhe** von Höchst wurde stillgehalten wegen der prächtigen, reichen Aussicht,
die im schönsten Sonnenlicht vor ihnen lag. In Frankfurt angekommen fulir
Goethe sofort nach Willeraers Landsitz, der Gerbermühle, wo er einzukehren
zugesagt hatte und den grösaten Teil der folgenden Zeit wohnte. Hier ent-
wickelte sich das zarte Verhältnis zu Marianne v, Willemerj das Creizenach in
seinem Werden und Bestehen in dem mehrfach angezogenen Buche ausführlich
geschildert hat, zu voller Blute und Hess die lieblichen Früchte des siebenten
Buches des Di van, des Buches Suleika, hervorspriessen. Am 18. September
verliess der Dichter seine Vaterstadt, die er von da an nicht wiedersah; von
Heidelberg aus, wohin er sich nochmals gewandt hatte, wurde Mannheim und
Karlsruhe besucht, und am 7, Oktober die Reise nach Weimar angetreten, das
er am 11. erreichte. Vgl. S. 100,
Seines Aufenthalts am Rhein und Main gedenkt Goethe verschiedene Male
mit hoher Befriedigung. So sprach er sich am 12, Mai 1815, kurz vor seiner
zweiten Reise, dem Kanzler v. Müller gegenüber lobpreisend „über Nassaus
Länder und Staaten^ aus und teilte manche hübsche Episode seines dortigen
geologisch-politischen Lebens mit^'*); in den Annalen 1814 bemerkt er kurz:
„Die Reise nach den Rhein-, Main- und Neckargegenden gewährte eine grosse
Ausbeute und reichlichen Stoff an Persönlichkeiten, Kunstwerken und Kunst-
reaten.*' Ausführlicher ist, was er über die ganze Reise des Jahres 1815 be-
merkt: „Heitere Luft und rasche Bewegung gaben sogleich mehreren Pro-
duktionen im neuen östlichen Sinne Raum. Ein heilsamer Badeaufenthalt, länd-
liche Wohnung in bekannter von Jugend auf betretener Gegend, Theilnahme
geistreicher, liebender Freunde gedieh zur Belehrung und Steigerung eines
glücklichen Zustanil^^-^, dor sioh pinoni jeden Reinfülilciideu aus dem Di van
"*') S. Boisaeri^e 1, 2üG. — ''V UurkiiArdt a. a, 0 , S, IG.
flarbielen mtisa**^ Dieser StimmuDg verdankte wohl das Disticlioi] den Ursprung,
welchei überachrtebeo ist:
^Zum Aridenkeii des 28. Au^cst 1815.
AU die Tage noch wuciidetif geÜel duB LcUen mir wenige
Nun abnehmend mit Eil\ könnten gefallen sie mit "
Doch vergisst er auch nicht das, was ibra weniger in Nassau gefuilr
sagen, ^uDächdt in Betreff des Zustandes von Land und Leuten^ über den er
an Voigt den 1. August 1815 schreibt"*): „Was für Übel den Franzosen be-
gegnen ma^:, so gönnt man es ihnen von Grund des Herzens» wenn rnao die
Übel mit Augen sieht, mit welchen sie seit zwanzig Jahren diese tiegend
quälten und verderbten^ ja auf ewig entstellten und zerrütteten. Die neue
Regierung [in Nassau] findet schwere Aufgaben, Davon mündlich. Auf alle
Fälle leben wir dorthintcn, mit mehr oder weniger Seelen, wie in lirabo patrum.*^)
Und in Bezug auf Kunst und Wissenschaft äussert es sich in dem Briefe vom
6. Juli 1815 an Meyer also: .Kunst und Wissenschaft und deroo Verwandte
spielen hier (d. h. in ziemlich weitem Kreise) eine sonderbare Rolle." Damit
vergleiche man, was wir oben selbst bei No» 8, S. 106 i?iigen mussten, oder
wie man — und diese Sclmld fiel hauptsächlich auf den Minister — die Mineralien-
Sammlung Cramers anzukaufen versäumte u. a. mehr. Erst später erwachte
namentlich durch des Uerzogs Adolf eifrige Sorge für Kunst und Wissenschaft
ein regeres Streben, um auch hierin hinter den anderen Gegenden Deutschlands
nicht zurückzubleiben. Freilieh konnte sich damals die Stadt Wiesbaden^ die
nicht einmal ein Gymnasium besass, und Nassau, das eine Universität entbehrte,
in keiner Weise mit Weimar messen; die eben erst von dem Herzogtume ge»
wonnene hohe Schule zu Herborn fristete mit Mühe ihr Leben noch bis zum
Jahre 1817 und die beiden Gymnasien zu Idstein und Weilburg waren, vaii
dem Wehen der neuen Kunst und Litteratur wenig berührt^ den klasaischeü
Studien nach altem Muster treu gebliebeu. Über das Leben zu Wiesbaden
überhaupt meint Goethe am 6. März 1816*'*^), dass es dort zu leicht, zu heiler
sei, als dass mau nicht verwöhnt wurde fürs übrige Leben. Er möge daher
nicht zu oft hinreisen; Karlsbad störe das innere Gleichgewicht schon weit
weniger. Oft bestimme die kleinste Zufälligkeit die dauerndsten Verhältnisse im
Leben, und am meisten wirkten Berge auf die Verschiedenheit der Sitten und
Charaktere, weit mehr als Klima und Sprache.
Zu der Befriedigung, die Goethe über seinen Aufenthalt zu Wiesbadeu
empfand, trug nicht wenig der günstige Erfolg der Kur bei. Wiederholt sprach
er in Briefen an Freunde aus, wie gut ihm das Bad bekomme oder bekommon
mit dies schrieb er an Schlosser am 7. und 20. August 1814^*)^ an Boisseree
am 13. und 30. August 1814 und am 2. Juni 1815*^), an Knebel am 2. Kch
veniber 181 4.'*"') Dabei bemerkt er dem ersten, der ihn von Frankfurt aus mehr-
•^) O, JabB, UoethM Briffe aa ». Voigt» 8. 343, — ■") Limbun ist a. a. de? Oft,
an dem die Seelen der tot CKriitui ventDrbenen frommen MAaner weilen, die nioht der votltii
Beligkeii toilhaftig, aber ihr nah« iiiid. W«tzer nnd Walla, Kiroht^tileiakan. ^ ^*^ Barli«
iiardt A a. O., 8. Itt. — •••) Kreta a. a. ü., 8 m, ili, - »«^) ö. Baiüün?« 11, 4*«
Ooelh<''>iHlirli VF Iif3. '*^> Briefwechhel xwiuJton fiooüj«^ und IvucbcL 1*^!>I-
I
181
fach mit Geld Tersorgte, man spüre in Wieebaden sehr, dass die Münze rund sei,
uad dieser Ware bedürfe man daselbst überall, wie es seheine, mehr als anders-
wo. Wie hoch «ich übrigens seine Ausgaben auf der Reise und insbesondere
iu der Kur beliefeUf lasst sieh aus den nur vereinzelten Erwähnungen in Briefen
nicht feststellen. Am 7« August 1814 bescheinigt er Schlosser 324 fl., am
9. September 216 fl. erbalten zu haben.
Von entscheidender Bedeutung endlich war die zweimalige Rheinreise für
Qoethes Kunstrichtung/**) Während er bis kurze Zeit vor dem Jahre 1814
einem fast einseitigen Klassizismus gehuldigt hatte, befestigten ihn nunmehr
die beiden Reisen in der neuen Baho, die er eingesehlagen hatte. Wir haben
oben schon auf den Einfluss Boisserfes hingewiesen, dessen Sammlungen mittel-
alterlicher Kunst er jetzt selbst kennen lernte, wie er die Kunstschätze am Rhein
und Main von nun an mit ganz anderen Augen betrachtete. Dazu trat der freie
Verkehr mit alten uud neuen Freunden, sowie die ungehinderte Bewegung unter
der heiteren Bevölkerung der Rhein- und Mainlande, die sein Ohr und Jlerz
dem Leben und Treiben seiner Landsleute und den Liedern fremder Nationen
mehr uüd mehr öffneten. Freudig Hess er die gewonnenen Eindrücke in eignen
Schupfungeu austönen. So konnte er später mit Recht sagen:
^Wir 8iDd rieUeiohi zu antik gewesen;
Kun woUen wir es moderner lesen/
L\. Spätere Beziehungen zu Nassau, 1816, 1825, 1828.
1. Auch im Jahre 1816 gedachte Goethe das Bad zu Wiesbaden zu
gebrauchen."^) Zelter, der gleichfalla die Kur daaelböt wiederholen wollte, liatte
ihn im Juli zu Weimar besucht, und ea war abgeBprochen worden, dass er
wieder für eine Wohnung sorgen sollte. Dies that er auch sofort nach seiner
Ankunft zu Wiesbaden am 16* Juli, indem er ein ,,stiileä Quartier in der Rose
festlegte/ Doch in letzter Stunde wurde die Sache vereitelt. Denn kaum war
Qoethe am 20. Juli mit Meyer, der ihn begleiten wollte, abgereist, als nach
zweistündiger Fahrt, kurz vor Münchenholzen „der ungeschickteste aller Fuhr-
knechte** den Wagen umwarf. Da Meyer, wenn auch nicht gefahrlich, verletzt
worden war, musste die Weiten-eise zunächst aufgegeben werden, und da die
Heilung wenigstens 14 Tage in Anspruch nehmen sollte, so entachloas sich
Goethe, um den besten Monat nicht zu verlieren, nach Tennstedt zu gehen,
TOD deasen Wassern er die beste Wirkung hoffte. Das für ihn gemietete
Logis in der „Rose" bestellte Zelter sofort nach der Meldung hiervon ab, musste
aber Vi H. Entschädigung bezahlen, „ein Preis, fügt er in dem Briefe vom
26* Juli zUf der nicht zu gross seyn würde, wenn Du etwas dafür genossen
hättest, denn das Quartierchen schien mir recht für Dich zu passen.**
«V) K. Burdaoh, Ooethe-Jahrb* XJ, H ff, — '^) Riemer, BriefweohBel a^wiflvheo
Ooetiie und Zelter, II, 282 &. Goethe ümlertc^ fibrigen» •einen Plan und wollte niich Haden
geheiii wo d^au Cott« ein Quartier bestellte.
192
2. Im 'Soremher des Jabtes 181S selireibt der OrmAenog Karl Amgma/t
MB Goetbe^: ^Wenn mao dot den Codex der h. Hildegard gefiehen bekosiKa
kfnmte, um ihn selbst zu bearbeiten. Über die Jagd naeli den NibetasgeB
hat man die b. Hildegard rergeasen. Es eidstieri der Original-Codex «nd eine
Copie desselben in Wiesbaden. Scbreibe doch an Minister t. Xarseltnll, er
rooebte nns die Copie leiben, er hatte mir dieses schon im Tor^en Heriiat Ter-
sproeben.* Im Oktober 1815 war der Grossherzog am Rhein; damaH mn^ er
den Minister t. MarschaD gesehen ond seinen Wnnseh mitgeteilt habes^ wie
er aoeb am 22. Oktober sich eine Mitteilung dar fnr Nassau eriamencn Ter-
lassnngsnrknnde aasbat«'^ji In wie weit der in obigem Brief aoagesiHtidieBe
Wunsch, den Codex der Hildegaid zu eriialten, erfüllt wurde, ob Goedie die
nötigen Schritte dazu that, konnte nicht festgestellt werden.
3. Nicht fibergehen wollen wir ferner, dass am 16. Oktober 1825 nof
Minssterialbeschluss rom 13. Oktober dem Staatsminister t. Goethe auf AasoeheB
ein Pririlegium gegen den Nachdruck einer ron ihm beabsichtigten neuen
Ausgabe seiner Werke auf einen Zeitraum von 50 Jahren ertrih und dieser
Beschluss alsbald den Buchdruckern und Buchhändlern in Nassau mitgeteflt
wurde. Die neue Ausgabe erschien im Jahre 1827 und den folgenden Jahren.
Und aU im Jahre 1835 ein Nachdruck derselben zu Paris reranstaltet wurde,
so verbot die nassauische Regierung — am 2. April — den Vertrieb desselben
in Nassau.***)
4. Ooethe und der Verein für nassauische Altertumskunde und Geschichts-
forschung.^ Die ersten Anreguogen zur Gründung eines Vereins zunächst
zur Erfortk^hung der rumischeD Altertümer in Nassau gehen in das Jahr 1811
zurück; namentlich betrieb der ältere Ilabel noch während des Jahres 1812 die
Sache 8ehr eifrig'^^j, doch traten die politischen Verhältnisse bald hindernd
dazwischen. IndcMsen muss Goethe von dem Plane unterrichtet worden sein;
denn in dem Aufsatze über die Kunstschätze am Rhein u. s. w. sagt er: , Schon
haben sich mehrere Freunde der Kunst, der Natur und des Altertums [zu
Wiesbaden] unterzeichnet, eine Gesellschaft zu bilden, welche sowohl überhaupt
als besonders für diese Gegend um alles Merkwürdige bemüht wäre. Herr
V, Gerning, der das Taunusgebirg zum Gegenstand seiner Dichtungen und
Betrachtungen vorzüglich gewählt, mochte wohl zu bewegen sein seine reiche
Sammlung hierher zu verlegen und einen Grund zu legen, worauf die Gunst
der Fürsten und die Bereitwilligkeit mancher dankbaren Fremden gewiss mit
Eifer fortbauen würde.** Diese Wünsche sollten sich verwirklichen, freilich
später als man damals hoffte, indem in der That drei Vereine jetzt die drei
Gebiete der Kunst, Natur und Altertümer zum Gegenstand ihrer Pflege gemacht
haben. Aber die Zeiten, die auf die grossen Kriege folgten, waren diesen fried-
lichen Beschäftigungen nicht hold; gerade in den Rheingegenden und vornehm-
*•*) Briefwechsel II, 77. — *•*) Sauer, Das Herzogtum Nassau in den Jahren 1813—1820,
8.20. — ••*) StaatsarchiT zu Wiesbaden. S. Hirzel, Verzeichnis einer Goethe-Bibliothek, 1884,
8. 99 ff. — •*•) Die folgenden Mitteilungen beruhen, wo nichts anderes bemerkt ist, auf den
Akten des Vereins. — "*^) Annalen des Vereins XI, 5 und XVII, 65.
183
lieh in Nassau fingen politische Interessen die Qemüter zu beherrschen und
zu beunruhigen an, geheime und offene Bewegungen und Verbindungen störten
die Freudigkeit xu wissennchaftlicher Thutigkeit und führten schliesalich die
Regierung zu energischen Massregeln gegen das Vereinaweöen.^^*) So kam
es erst zehn Jahre nach den ersten Ansätzen — im Jahre 1821 — zur Gründung
des ältesten der genannten Vereine, des Vereins für nassauische Altertumskunde
und Geachichtöforschung, und auch der zweite Wunsch des Altmeisters» dass
die Sammlung des H. v. (ierniog zu Wiesbaden eine bleibende Stätte finden
möchte, ging im Jahre 1824 in Erfülliing.*^^) Als der Verein auf eine mehr-
jährige erfolgreiche Thätigkeit zurückblicken durfte, glaubte man mit Ehren
vor der wissenschaftlichen Welt auftreten zu können und beschloss in einem
ersten Hefte der „Annalen des Vereins*' Mitteilungen über die Ergebnisse seiner
Forschungen zu machen, sowie eine Anzahl namhafter Gelehrten zu Ehrenmit*
gliedern des Vereins zu ernennen, denen dieses und die folgenden Hefte der
Annalen uneutgeltlich zugehen sollten. Sobald also das im Druck befindliche
Heft fertiggestelt war ~ Eade des Jahres 1827 — , machte man auf Grund
früherer Besprechungen ein Verzeichnis von 30 Männern der Wissenschaft und
Kunst, denen das Diplom ihrer Ehrenmitgliedschaft zugleich mit der Druckschrift
zugesandt werden sollte. Der Verein hatte damals zwei Direktoren, einen in-
ländischen für die Geschäfte innerhalb Nassaus und einen ausländischen für
die Geschäfte ausserhalb des Herzogtums; letztere Stelle bekleidete der ge-
nannte Geheimerat v. Gerning zu Frankfurt, dem zu Liebe sie geschaffen war.
Ihm wurden also am 9. Januar 1828 21 Diplome zur Unterzeichnung zugesandt,
die für Goethe und einige andere Herren folgten erst am 25. April. Fast drei
Monate später — am 20. Juli - überschickte Gerniug dem Vorstande ein
Dankschreiben Goethes zugleich im Original und in Abschrift mit der Bitte ein
Exemplar zu behalten, das andere ihm wieder zuzusenden. Trotz eifrigen Nach-
suchens in den Akten des Vereins ist es nicht gelungen das eine zurückbe-
haltene Exemplar aufzufinden.
Inzwischen hatte es der Sekretär des Vereins, der jüngere Habe!, welcher
in dem Annalenhefte über seine bedeutungsvollen Entdeckungen der ^Ruinen
von Heddernheira**, namentlich zweier Mithras-Tempel berichtete, nicht über
sich gewinnen können ganz in den Hintergrund zu treten und am 17. Februar
1828 an Goethe ein Schreiben gerichtet, das er mit dem genannten Hefte an
diesen absandte. Das Konzept desselben bat sich erbalten und lautet also:
^Ew, Excellenz
beehre ich mich durch gütigen Einschluss meines Freundes Braun^*^*^) ein Exem-
plar der gegen Ende vorigen Jahres erschienenen Annalen unseres Alterthums-
Vereines zu übersenden, aus welchen Hochdieselben die Ergebnisse unserer
bisherigen Bestrebungen sowie die Richtung unseres Wirkens geneigtest ersehen
wollen.
™') Sauer, Diui HerzogtiLm Naasau in den Jahren isiit— Ls::u, 8. i^s, Meineeke^ Die
d^utüOlien OetielUchaften und der HoftmannUch© Bund, 18«K — **^J Annalen XI, 8» IHtl. —
*^f Prof. Dr. Braun ^a Mainz war ein eifriges Mit|;lied des Yereina.
13*
164
4
Unter den maDcherlei ioteresaanteü Piiokten unseres Landes hat der
Verein den erst einige Jahre unter meiner Leitung begonnenen****) Unter*
suchungen der römischen Überreste bey Heddernlieim eine vorzügliche Auf*H
nierkHamkeifc geschc^nkt. Ich wage es den in unserer Zeitschrift abgedruckten ™
Bericht über die dortigen Ausgrabungen der nachsichtsvollen Beurtheilung
Ew. Excellenz zu empfehleQ.
Ohnstreitig sind Ew* ExcelL durch das Stuttgarter Kunstblatt vor mehreren
Monaten mit der letzten interessanten Ausbeute aus diesem ausgedehnten Über-
reste, der Entdeckung zweier Mitfaraätempel, bekannt geworden. Die im Inneren
desselben gefundenen merkwürdigen Reliefs wurden jedoch in diesem Blatt durch
Herrn Hofrath Dr Dorow auf eine so unbescheidene und unwahre Weise dar-
gestellt, dass sich der Verein verailasat sah eine Zeichnung dieser plastischen
Überreste einstweilen im Umriös lithographiren zu lassen, um die Meinung
competenter Gelehrten über diese manigfaltigen und z. Th. neuen Symbole zu
vernehnn^n.
In dieser Absicht erlaube ich mir einen Abdruck dieser Lithographien
beyzuschlieaseu. Nicht nur der Yerein, sondern das ganze gelehrte Publicum
Deutschlands w^ürde sich unendlich freueo, hierüber die Ansichten eines so J
grossen Kenners des Alterthums zu vernehmen, und Ew. ExceÜ, würden mich H
besonders verpflichten, wenn Dieselben mir erlauben wollten dieselbe in unsera
Aunalen bekannt machen zu dürfen,
In Bezug auf die Lithographien bemerke ich nur noch, dass auf Taf. HI
die Figuren 4 — 4% auf Taf, V die Figuren l — l** in meiner Abwedeubeit
durch Versehen des Zeichners hinzugefügt worden sind, welche nicht zu den
in unserm Mithraeum gefuDdenen Gegenständen gehören. Eine ausführliche
Beschreibung und die Orundrisse beyder 51ithraen dürften in dem zweiten Hefte
von mir folgen.*^*)
Genehmigen Ew. Excell, die Versicherung der ausgezeichnetsten Verehrung,
mit der ich beharre
Exped, den 17* Februar 1828, Ew. Excelh gehorsamer Diener
F. G. ll|abel|.*'
Unter dem Schreiben steht die Notiz: „Das Diplom zur (Übersendung über-
geben (an Gerning) den 25. April 1828/ Eine Antwort Goethes hat sich in ^
Ilabels Nactdass nicht aufgefunden. ^M
In dem zweiten Hefte der Annalen, das im Jahre 1830 erschien, sind
63 Ehrenmitglieder des Vereins in alphabetischer Ordnung aufgeführt, unter ^
ihnen auch Goethe mit Zufüguug der Namen aller seiner Orden* H
Wir sind zu Ende; denn weitere Mitteilungen oder Andeutungen von Be-
ziehungen Goethes zu Nassau haben sieh bis jetzt nicht gefunden, wenn er
sicherlich auch noch immer der nassauischen Lande und seiner Besuche der-
selben gern gedachte und die wissenschaftlichen Bestrebungen der Bewohner,
die er erhofft und gewünscht, freudig begrüsste.
*"*) Seit dem Jftbre 1^23. Ann. J, l, H 48. - *^^^)Ge&cliiih in Ann. 1,2(1830>, 8. 161- Ige,
Inhaltsangabe.
185
Seite
Vorwort 53
I. 1763—1764 .... 54
II. 1765 55
III. Die Lahnreise von 1772 . 57
IV. 1774. Sindlingen ... 59
V. 1774. Ems. Juni— Juli . 60
VI. 1793 65
VII. 1814, 29. Juli bis 12. Sept.j
VIII. 1815, 27. Mai bis 11. Aug.) ^^
1. Der Entschluss, 1814 . 67
2. Die Reise, 1814 . . 69
3. DerersteTag,30.Julil814 70
4. Entschluss U.Reise, 1815 72
5. Kurleben, 1814 u. 1814 74
6. Das Theater .... 78
7. Verkehr mit Kurgästen.
Besuche auswärt. Freunde 80
8. Verkehr mit Einhei-
mischen 100
1 . Der herzogliche Hof zu
Biebrich .... 100
2. Die höheren Beamten 105
3. Oberbergrat Gramer . 108
4. Bibliothekar Hundes-
hagen . . . . 114
5. Apotheker Otto . . 117
6. Habel zu Schierstein . 119
7. Hofrat Götz zu Rüdes-
heim 121
8. Kammerherr v. Nauen-
dorf 124
9. Johannes de Laspee . 125
Gedicht für die Kinder 1 30
Die Rechenkunst der
Dorothea Gramer . 131
Goethes Urteil über das
Pestalozzische Wesen 131
10. Philippine Lade . . 132
Seit«
11. Gerbermstr. Behringer
u. a 137
9. Störungen und Unter-
brechungen des regel-
mässigen Kurlebcns . . 138
a. Im Jahre 1814:
1. Des Königs V. Preusseu
Geburtstags- Feier zu
Mainz 138
2. Das St. Rochusfest . 139
3. Der Grossherzog Karl
August in Mainz und
Wiesbaden . . . 140
4. Herbsttage im Rhein-
gau 141
b. Im Jahre 1815:
5. Politische Aufregungen
145
6. Zu Mainz bei Erz
herzog Karl . . . 148
7. Auf dem Johannisberg 148
8. Lahnreise . . . . 150
9. Besuch bei dem Mi-
nister V. Stein . . 153
10. Lektüre 156
11. Eignes Schaffen . . . 159
1. Der Divan ... 159
2. Der Löwenstuhl . . 173
3. Das St. Rochusfest . 140
4. Italienische Reise . . 175
5. Gedicht für die Kinder 130
6. Neugriechische Lieder 175
7. Verschiedenes; Nach-
wirkungen 69. 100. 177
12. Abreise. Erfolge. Urteile 178
IX. Spätere Beziehungen Goethes
. zuNassau 1816, 1825, 1828 181
186
Verzeichnis
der
lor Qcethee Aofeathalt am Bbib b^mrk^Kgwerteeteo Namni
r, AlmefidingefL, L. Uin^dief 107,
Arndt E. M. 153,
ArasteiD 152 C
Badtaradi b%
Bäam, Frmit 76, 94.
Biaedoir 60 t.
Befariigo'j Gertemieister 137.
Bertliier, Msradull 146.
Beotlipr, Fr. 7S f.
Kabkli 54. 5d. €0, 100 ff.
Bfl^l» 59. 65. 142,
f. Bbiaait^k, Fn W. 102 t
L, 105.
Bienen Web 131.
\\ Bobeiiliaus^ti, I^tte 83 f.
Bodinaan, F, J, 139.
Boisseiw, S. 75. 81, 98 ff. 131. 14 L
168 L 170 ff, 179,
Eretitatio. Ma^e 59 I,
„ Franz iL Aiitonia 69, 93. 1 II ff.
Eii>der und Yerwandte 142 ff.
V, ßurg^dorr 97,
Bütte, W, 97. 127-
dimard^ Jtis* 71, 93.
ClauM^ 143,
Cramer, L. \V, 75. 108 ff. 12ü. 127 ff.
132, 139 ff, 150 ff,
€ramer, Loise und Sophie 133.
Durotbra, S^iphlc 129 ff,
Ocspel, Fnm 94,
Cronberg 54.
De f.aspee, Job. 125 ff.
De Lort, Jos, 103. 148.
Diei 58.
DiUenburger Dieuers^baft lü5,
Drnsusätctu 55,
Ebrenbreitstmti 58,
Kibiugeu 142.
EllTiUe 59, 140.
Elwert 84,
Entts 58, 60 ff.
Eppstein 151.
Feldberg 54.
Flörsheim 178,
V. FrimoBt, J, 138.
&€ilnaaer Wasser 74.
Getsberg 75, 92. 94, 111 f. lai.
GeisenbeiiEi 142.
V, Gemlnf, J, J, 90, 120. 1S2.
GfiOfgeaboni 136.
Goetiie, Gebartstag 1814 80. 92. 103^
„ Kleine Gedidita 62. 90, 143.
„ UennaaD nnd Doratbea 75, 90,
121, 129.
Goethe, Leajwldsordeii 98. 149 f,
Orden der venfickten HohüLte 99.
Goethepunkt Goethewinkel 58. 1 52 Aom.
Gtietbit 113,
Götz, G. K Fl, 72.
Goet^, W, Fr, 121 ff. 140.
V. Günderrode, ^Fr. M.) 85,
„ Karoline 143«
V, GuÄita-BrentaBd, G, F. 89 f,
Meline 89 f.
V. Gudeuaa, K. 149,
Habel, Fr, G. 119 f, 1S3 f.
Hall wachs 79,
V, Handel P, A. 149.
V. Hardegg. Graf Heinrich 138.
V, Haithanfen^ W. 95, 175,
llem^kel v, Donncrsmark. Graf L. 81 L
,* W. 81 i
V. Hertliug, Fran 121, 128.
Hildegard, die heilige 116. 182«
Höchst 54. 179,
Holwegt SiisaQBe 90.
Uobappel 152.
187
V. Holzhaasen, Karoline 92 f.
„ Karl 92 f.
Horst, G. K. 96.
V. Hügel, Job, AI. Jos. 96. 149 f.
Hundeshagen, B. 69. 114 flf. 134 f.
Ibell, K. 107.
Idstein 151.
Ingelheim, Ober- und Nieder- 142.
jDliannisberg 142. 148 f.
V. Jungenfeld 139.
Kämpf, Frau 63.
„ Job. 63. 65.
Karl, Erbemjg 103 ff. 148.
Karl August, [Grüss]tlemig 65. 140 f. 150.
Katharine, Grossfürstiu 90 f. 127.
Kebr, Forstschreiber 94.
Kleyle, Joacb. 149.
Klostcrmühle 75.
Koblenz 57. 62.
Königstein 54.
V. Krauseneck, W. J. 138.
V. Kttnigl, Graf Hermann 103.
Lade, Philippine 132 ff.
Labneck 62.
Lahnstein 58.
Lahnreisen 57 f. 150 ff.
Langbecke 151.
Langsdorff, E. H. 107.
La Roche, Sophie 59. 64.
Lavater 60 ff.
Le Bauld de Nans, Cl. 95.
Lehne, Prof, zu Mainz 179,
Lehr, F. A. 118.
V Leonhard, K. C. 86 ff.
Leopold BViedr, , Prinz von Anhalt-
Dessau 139.
Limburg 56. 151.
V. Lobenthai, Fr. L. 86.
Low von und zu Steinfurth, Pb. 83. 85.
„ „ „ Luise 85.
V. Luck 81. 139.
Ludwig, Prinz von Hessen-Homburg 102.
138.
V. Lyncker 95.
Mainz 54. 65. 104. 138. 141. 179.
V MalaperL F. Ph. W. 91.
Marheineke 86.
V Marschall, E. F. L. 106 f. 147. 182.
Maultrommel 79.
Mäuseturm 65.
Metternich, Fürst 96.
Metzler, Geh.-R. 95.
V. Meusebach 155,
J. J. 151.
V. Motz, K. 156.
Müller, Dr. 86.
Münz 151.
Murat 146.
Napoleon 145. 147.
Nassau, Herzog Friedrich August 69.
101 ff.
Nassau, Fürst Friedr. Wrlh. 103. 105.
„ Herzogin Luise 101. 103.
„ Fürstin „ 103.
„ Prinzessin Auguste 101 f.
„ „ Henriette 103. 105.
„ Stadt 56. 152.
„ Land 53. (67.) 180.
,, Kriegsrüstungen 145 ff.
V. Natzmer, (W.) 95. (175 f.)
V. Nauendorf, L. 124 f. 148.
Neef, Chr. E. 94.
y. Neufville, J. A. F. W. R. 90.
Neuwied 63.
Niederwald 142.
Xonnenmühle 75.
Not Gottes 142.
Nürnberger Hof 76. 136.
Obernhof 58. 152 Anm.
Otto, K. Ph. 117 ff.
Papiermühle 75.
Pestalozzi 126 ff.
v. Pfeiffer, F. K. J. 79. 107.
Piautaz, Frl. 142.
Platte 74, 83.
Rehberg, Frau 121 ff.
Reinhard, Kath. El. 75 f.
Reuss 95.
Rhein 54. 58. 67. 138. 143.
Rheinfels 59.
Rheingau 141. 179,
Riese, J. J. 90.
v. Roth 95.
Rüdesbeim 65. 140. 142.
8. Goar 69.
S. Rochusberg 139. 142.
S. Rochusfest 139 f.
Schierstein 119.
Schlosser, Chr. 70. 75. 91 f. 142.
Fritz 68. 70. 75. 91. 94 f.
Schmidt, J. Ch. L. 152.
Schreiber 152.
Scbwalbach 54. 65.
Schwalb ach er Wasser 74.
Seeligmann, Frau 95.
Selters, Ober- und Nieder- 161.
188
Serviere 93.
„ Paaline 93. 142. 145.
SindliDgen 59.
Sonnenberg 74.
Stark 141.
V. Stein, Matter des Ministers 61.
„ der Minister 104. 153 ff.
„ Frau and Töchter 155.
V. Stein 86.
„ Christiane 82 ff.
„ Eleonore 77. 82 ff.
„ Friederike 82.
V. Steinberg (Stemberg) 85.
V. Strauch, H. 149.
Stritt, J. 105.
V. Swrtnick, A. 138.
Taonos 54.
IJngers 86.
Togel 141.
Yollraths 142.
V. Walmoden, Frl. 154 ff.
Waterloo 104. 147.
Weilbach 175.
Weilbacher Wasser 74.
Weilbarg 58.
Welcker, Fr. G. 86.
Wenzel 142.
Westermann, AL 151.
V. Westphalen, Graf 149.
Wetzlar 57.
Wiesbaden 54 ff. 65 f. 68 t 70 ff. 141.
„ BadhÄuser: Adler 70. 76 L
Bär 69 f. 73. Rose 181.
Schfltzenhof 78. Schwmrzer
Bock 68. 82. Heidenmmiier 72.
„ Anlagen 71. 141. Kalkstein-
brflche im Mflblbachthal 72.
75. 111 ff. Karsaal 71. 74.
92. 94. 96. 141. Koch-
bninnen 72. Landesbiblio-
thek 114. 116.
Wildfeyr 142.
V. Wildungen, Luise 83 f.
V. Willemer, J. J. 88.
„ Marianne 88 f.
Willhan, Fri. 82.
Winkel 141 ff.
Wolf, F. A. 68. 74. 127.
V. Wolzogen, W. 72.
Zais, Chr. 72.
Zelter, K. Fr. 68 f. 72. 74 f. 80 f. 120.
138 f. 142. 181.
8. 77, Z. 13 des Textes t. o. lies Liefländer,
8. 83, Z. 10 ., ^ V. u. ^ 8tein8 st Stein.
8. 116, Z. 16 ., ., V. o. streiche in [anderwärts].
Zur Abwehr.
Einem französischen Gelehrten G. de la Noe ist es gelungen, eine an-
geblich ganz neue Entdeckung zu machen, nämlich dass die Römer Reise-
Sonnenuhren besessen haben. In den Memoires des antiquaires de France,
ser. VI, tom. HI, Paris 1893, aber erst 1894 erschienen, pg. 151 — 162 ver-
öfFentlicht er seine Abhandlung, welche sich auf eine Herrn Emil Huber in
Saargemünd gehörende, auf dem Herapel bei Forbach gefundene Bronzeuhr
gründet. Aber genau dieselbe Bronzeuhr, welche mir seinerzeit von Herrn
Professor Dr. Zangen meist er in Heidelberg übergeben wurde, habe ich schon
im 23. Bande unserer Annalen 1891, S. 115 u. f. ausführlich besprochen und
dort unter der Überschrift „Römische Reiseuhren'' das angeführt, was der
französische Gelehrte jetzt für sich in Anspruch nimmt, ja sogar noch zwei
andere Sonnenuhren, die eine aus dem Mainzer Museum, auf welche mich Herr
Professor Zangenmeister aufmerksam machte, die andere aus dem Wiener Hof-
museum, ebenso ausführlich behandelt. Da ich Herrn Huber schon 1890 ein
Exemplar meiner Abhandlung schickte, für welches er sich am 13. Dezbr. 1890
bedankte, so ist nicht anzunehmen, dass er Herrn Noe gegenüber, als
er ihm die Uhr übergab, nicht erwähnt haben sollte, dass sie bereits bekannt
gemacht und erklärt sei. Herr Noe erwähnt aber nichts davon.
Die Notiz über die grosse französische Entdeckung ist in alle Zeitungen
und wissenschaftlichen Blätter übergegangen und als etwas Besonderes gepriesen
worden, ich erkläre darum hiermit ausdrücklich, dass diese Entdeckung der
römischen Reiseuhren nicht von Herrn de la Noe herrührt, sondern, wie oben
angegeben, deutschen Ursprungs ist.
. Seh 11 eben, Major a. D.
Erfindung und erste Einrichtung der Wassermulilen.
Von
A. Schneien^
Major a. D.
Hierxu die Tafel III.
Die erste Erwähoung uud wahrscheinlich auch die Erfinduag der Wassc
mühlen reicht bis in das erste Jahrhundert vor Christi Geburt zurück. Strabo
(XU, 3 fol. 556), ein Zeitgenosae Caesars und Ciceros, zählt unter den Sehens*
wiirdigkeiten der kleinasiatischen Stadt Kabira in Pontus eine Wassermühle
auf, welche bei ihm i '^^jxxXirr^; heisst. Da Strabo ganz in der Nahe geboren
und erzogen wurde, so kann man annehmen, dass er genau unterrichtet war,
und da er die Erwähnung dieser Wassermühle, nachdem er sich in der ganzen
Welt uragesehen hatte, unter den Sehenswürdigkeiten der Gegend an erster
Stelle noch für augebracht hielt, so lässt sich mit Grund annehmen, dasa der-
artige Mühlen bei seinen Lebzeiten — er starb 24 v, Chr. — noch nicht alt-
gemein üblich waren. Damit stimmt eine aus Servius Kommentar zu Virgil
herrührende Angabe, welche die erste Errichtung von Wassermühlen in Rom
kurz vor der Zeit des Augustus erfolgen lässt. Sollte jene Wassermühle bei
Rabira wirklich die erste gewesen und Mithridates, welcher diese Stadt tnt
Residenz erhob, einer unverbürgten Anunahme zufolge, selbst der Erfinder
gewesen sein, so muss diese Mühle vor seinem Todesjahre — 64 v* Chr. —
erbaut worden sein. Die Erfindung konnte dann im Laufe des p >ntischeri
Krictges bekannter werden und kurz vor Augustus, also vor dem Jahre 30
V. Chr, in liom Nachahmung tinden, wie so viele Neuheiten gerade zu jener
Zeit aus Asien eingeführt wurden. Die Erfindung der Wassermühlen wörde
demnach in das erste Drittel des ersten Jahrhunderts vor Chr. zu setzen «ein.
Dass sie etwa zur Zeit Ciceros in Rom bekannt waren, n^ird durch ein
bei Beckmann (Qesch d. Erfindungen II, S. 15) angeführtes Epigramm des
gleichzeitigen Antipater erwiesen, welcher die Sklavinnen beglückwünscht, dass
sie sich nicht mehr in der Mühle zu quälen brauchen, da Ceres die Najadi?u
beauftragt habe die Räder zu drehen, welche die Mühle treiben. Dass die
Wassermühlen gleichwohl selten blieben und keineswegs allein den MebUiedarf
decken konnten, geht für die Zeit df^s Caltgula daraus hervor, dass ia Rom ein
Brodmangcl entstand, als er die Pferde, Esel und Ochsen aus den Htthlea
4
4
191
wegnahm uod zum Transport verwendete und für die spätere Zeit des VIT. Jahr-
hunderts darauöj daas damals noch 300 Rossmühlen in Rom bestanden. Von
Sklaven getriebene grössere Handmühlen wurden erst nach Einführung des
Christeotunis von Theodosiua abgeschafft, kleinere Handmühlen bestanden noch
viele Jahrhunderte in kleineu Haushaltungen, Roös- und Eselmühlen abor giebt
es auf dem Lande noch heute«
Die Terwendung des Getreides war in den einzelnen Ländern eine sehr
verschiedene* Gerate, Weizen und, für ärmere, Roggen wurden entweder nur
enthülst oder grob zerkleinert und gaben dann die Graupen, in Griechenland schon
von Homer angeführt (Odysa* XX, 108; U, 290), iX^Jza 'wy/jomai xnl aXefata
jitKXcr^ avSptov, oder sie wurden fein gemahlen und gaben dann Mehl von ver-
schiedener Güte, aus welchem in Rom in ältesten Zeiten ein Brei (puls) ge-
macht wurde, da das Brodbacken noch unbekannt war (luv. sat 14, 170; PUn.
h. n. 18, 8 (19), während in Griechenland der Brei nicht vorkommt. Dieses
Zerkleinern und Mahlen geschah nun entweder durch Stossen mit einem Stempel,
die gröbere Art (daher der Namen pistor^ ursprünglich pwmrj der Müller,
welcher das Getreide zerstösst, später auch der Bäcker, der es backt), oder es
geschah durch Mahlen auf kleineren, durch Mägde oder Sklavinnen bewegten
Handmühlen oder auf grösseren Werken, welche von Verbrechern, denen eine
7:w>oix%:rfi^ ein hölzerner breiter Kragen umgelegt wurde, damit sie nicht mit
den Händen in den Mund reichen konnten, oder von Pferden, Eseln oder Ochsen
getrieben wurden. Für diese grösseren Mühlen fing man um die genannte
Zeit an sich der Wasserkraft zu bedienen und rauss nun zwei Arten unter-
scheiden: Graupenmühlen und Mehlmühlen. Über erstere sind wir durch
Plinius, über letztere durch Vitrnv unterrichtet, beide Texte bedürfen aber, um
verständlich zu sein, einer Richtigstellung,
I.
Sprechen wir zuerst von den Graupenmühlen (Fig. 1). Nachdem Plinius
(h, n, XVin, 10 (23) fol. 127) von den verschiedenen Oetreidearten gesprochen
hat, beschreibt er nicht das Mahlen des Mehles, sondern das Anfertigen der
Graupen, welches er mit pistura bezeichnet: Pisiura non ottwium facilis, das Zer-
kleinern ist nicht bei allen Oetreidearten leicht; quippe Eimria spicam farris iosii
pisetite pilo prtteferraio, in Etrurien bedient man sich nämlich, um die Spitze des
gedörrten Kornes zu entfernen, einer eisenbeschlagenen Stosskeule, ßstula
serrata et Stella intus denticulata, einer sägeartig geschärften Mörserröhre,
welche unten sternförmig gezahnt ist: tU nisi intenti pisant^ sodass, wenn die
Arbeiter nicht vorsichtig stossen, concMantur grana fcrroque frangantur^ die
Kurner verderben und von dem Eisen zerquetscht werden. Die Lesart ferrnmqut'
frangatur halte ich für falsch, denn nicht das schwere Eisen zerbricht, sondern
die Körner werden zerquetscht, was bei der Graupe nicht geschehen aulL
Plinius fährt fort: maior pars Italtae rt$ido utUur pthj der grösste Teil Italiens
braucht rauhe Stempel, rotis etüim^ quas aqua versei obiter et molis^ aber
auch Räder, welche Jurch Wasserkraft bewegt über das Getreide hinstreicho^
m
oder bedtonen sich der MüUeii. Dieser Sftls macht die meiste Schwier jgfcml^
ich nehme obiier zu versel und lese mclis atiitt molü oder molai^ wie
Ausgaben haben. Marquardt und andere Terslehen unter rM»^ qiäas 0fu^ i
obiter sogenannte obers^hlächuge Wasserräder, aber ist es nicht gau ^tieh*
giltig, ob das Rad ober- oder unterschlächtig ist? Beide haben dieselbe Wiikmigf
die einen kommen mehr im Gebirge, die andern mehr in der Ebene tot^ ea
kommt doch nur darauf an, wie ein Rad und zwar jedenfalls nicbl das Wawer*
rad direkt, sondern das von diesem bewegte^ besondere eingertchteta Rad oder
der Mühlstein zum Enthüben dienen kann. Dieses Yerfahren geht allein aoa
metner Erklärung hervor. Ich verstehe die Stelle oämlich so, dass ein xwettm
Rad, auf der horizontalen Welle des Wasserrades sitzend, also senkrecht stehendi
mit Einern Gehäuse, einer Trommel, umgeben ist, in welcher sich das Getreide
am Boden befindet und dass nun dieses Rad bei schneller Umdrehung über
das Getreide hinstreicht, es gegen die Wand der Trommel wirft, welche wie
der Umfang de« Rades geschärft ist und so mit der Zeit das sogenannte Spitzen
oder Abschälen des Getreides bewirkt, wie es in einfachen Werken im Prinsüpe
noch heute erfolgt. Da das Mühlrad steh nur langsam dreht, so war wahr*
scbeiulich noch eio Multiplikator eingeschoben, d. li. au der Mühlwelle sass ein
grosses Zahnrad^ welche in ein kleines Getriebe griff, an dessen Achse dann
das Graupenrad sass. Drehte sich das Mühlrad und also auch das erste Stiru-
md mit etwa 50 SUhneo in 5 Sekunden einmal herum und hatte das Getriebe
5 Zähne, so drehte sich das Oraupenrad in 1 Sekunde zweimal und wenn die
l Meter im Durchmesser hatte, so legte jeder Punkt der Peripherie in 1
über 12 Meter zurQck. Das auf diese Weise mit Heftigkeit aufgeworfene Gl
ireide fiel von der Wand wieder zurück und der Vorgang wiederholte siel
bis die Schale vollständig ahgi^rirben war. Ausser diesem Verfahren wandte
man, wie Plinius schliesst, auch gewöhnliche Mühleu an^ in welchen das Koro,
bei sehr weiter Entfernung der beiden Mühlsteine voneinander, nicht »erdrückt,
sondern nur gerieben wurde, hia en schliesslich ohne Hülse tum Vorschein
kam, vielleicht auch erst grob geschrotet und dann glatt gerieben wurde, in
welchem Falle man feinere Graupen iTliielt. Zur leichteren Abluauog der Hüls
wurde, wie Pliulus gleich darauf ebenfalls sagt, das Korn vorher eingeweicht
dann etwas gerüstet und bisweilen nochmals eingeweicht.
Ahnlich» wie hier beschrieben, wurde die deutsche Graupenbereitung bis
ins XVII. Jahrhundert betrieben; erst zu dieser Zeit wurde in Saurdam die erst
Graupenmühle mit horizontalem Stein gebaut. Der horizontale Laufer derselbe
war in seinem l'nifange rauh behauen, hatte keinen Bodensteiu unter sich und
lief in einer hölzernen Umfassung, welche inwendig mit einem reibeisenartig
geschärften Eisenblech ausgefüttert war. Die sogenannten llmer Graupeii
wurden dagegen auf einer gemeinen Mülilo, deren Steine weit voneinandc
entfernt standen, gemahlen. Selbst das vervollkommnete Vorfahren ist im Prinzip
von dem römischen nicht verschieden^ nur dass bei diesem der Stein oder das
Rad senkrocht stand, es wurde jedoch auch, wie Plinius am Schlosse sagt, bis
weilen die gewöhnliche horizuntiile Mülile, wie bei den Ulmer GraupeUi benutil
193
IL
Wir kammeo jetzt zur Eiarichtuag der Melilmöhlen, welche Yitruv [X, 5,
(10)1 beschreibt (Fig, 2). Die Stelle hat, wie die eben angeführte bei Pliniu«,
verschiedene Aualegungeu erfahren und muss deshalb ntiher besprochen werden*
obgleich trotz aller Verschiedenheiten der Sinn nicht zweifelhaft iat.
Nachdem Vitruv ein Wassorachopfrad beschrieben hat, fährt er fort: Eadan
rniione etiafn versantur htjdraUtae (tA. hydratdae), auf dieeelbe Weise werden
die Mühlen gedreht, in quihua eadem »mit omnia, bei welchen alles ebenso iöt,
praetei'quam quod in uno capife ajcis haheat iympanum, ausser das» die Achse
(Radwelle) am anderen Ende ein anderes Rad hat, dmintum d inclusum (andere
lesen fM für t^f und lassen haheat fort), welches gezahnt ist und sich im Inneren
des Gebäudes befindet (dies ist die Bedeutung von inclusum, das Wasserrad
ist drausaeü und dieses Rad drinnen). Id a}äem ad pvrpeitdivuhim coUocatum in
rultrnm versatur mm rota parlier, dieses Rad steht senkrecht, auf der Schneide,
wie das Mühlrad, Secundttm Id ttjmpanum maitis (andere Erklärer setzen hinter
tympanum ein Komma und ziehen maius zum Folgenden, wodurch der Sinn
vollständig ins Gegenteil verkehrt wird), neben diesem grosseren Rade item
dtniatum planum est rolhcatum^ ist ein ebenfalls gezahntes horizontales —
nach meiner Erklärung, also kleineres, nicht grösseres — Rad angebracht, ein
Getriebe, habetis in stimmo capite subscudeni ferream^ qua mola conitneiur^
welche am oberen Ende der Achse einen eisernen Riege) hat (was wir Mühleisen
nennen), der den Läufer (mola) trägt. Ita dentes fius tympani^ quod est in
fixe inclusum^ iinpelloido dentes tympani plant, cogunt fiet*i molarum circinationem,
SU bewirken die Zähne des inneren Rades an der Mühlwetle, indem sie die
Zähne des horizontalen Rades treiben, die Drehung der Mühle, in qua machina
impendrm injundihuhim .^uhmlnisttal 7HoUs jramentum H eadem versatiofie sulf-
iyiinr farina, über der Maschine hängt ein Gefass, welches der Mühle das
Getreide aufschüttet und durch dieselbe Bewegung wird auch das Mehl weiter
betordert. **
Offenbar war letztere Einrichtung ganz wie bei uns* Die schüttelnde
Bewegung wird durch einen an der senkrechten Achse angebrachten Pflock
bewirkt, welcher gegen den beweglichen Runjpf (infandihutum) stosst, während
ein an derselben Achse angebrachter anderer Pflock durch Schläge gegen eine
federnde Stange das Beuteltuch schüttelt und dadurch das Klappern der Mühle
verursacht. — Dass man das oben erwähnte malus nicht auf das zweite, horizontale
Rad an der senkrechten Welle beziehen darf, sondern nur auf das erste, an
der horizontalen Welle, ergiebt sich zweifellos daraus, dass es darauf ankommt,
die Geschwindigkeit des Wasserrades und des senkrechten Rades zu be-
schleunigen, nicht zu verlangsamen; dies ist aber nur möglich, wenn ein Rad
mit vielen Zähnen, also ein grosses, ein anderes mit weniger Zähnen bewegt:
^ die Geschwindigkeiten stehen dann im umgekehrten Verhältnisse, wie die Zahl
[^B der Zähne. Einen Läufer von l m Durchmesser lästtt man jetzt in der Minute
^H etwa 200 Umdrehungen macheu, grössere Steine weniger.
194
Yergleicht man den Text Yitruvs mit dem, wm er ohne Zweifel sagen
wollte, BQ hat man in dieser Beächreibung wieder einen auägezeiehneieD Bele^
fiir seine Unbeholfenhett.
Dies aUo war der Stand der Angelegenheiten zur Zeit des Pliaius^ welcher
79 n. Ohr. beim Aufbruche des Vesuv uni3 Leben kam, und dee Vitrur,
welcher ein Zettgenoöse you Augusttis war, die Mühle aldo nur in ihrer ältesten
Form kannte.
Die nächsten Jahrhunderte brachten ohne Zweifel viele Yerbesserungerii
im Einzelnen I aber nichts wesentlich Neues, als jedoch die Goten unter Yitiges
im Jahre 536 Rom belagerten und die sämtlichen Waaserleitungen, welche die
Mühlen trieben, abgeschnitten hatten, machte die Not erfinderisch und brachte
Belisar auf den Gedanken, Sehiffsm üblen im Tiber einzurichten (Procop. belL
Goth. I, 13); erst viel epäter scheinen die Windmühlen aufgekommen zu sein«
Du Gange führt als fruhestea Beispiel ein solches ana dem Anfange des
Xir Jahrhunderts an. Beckmann (11, 63) erzählt, dass da^ ehemalige Augustiner*
Kloster zu Wmdsheim, nicht weit von Z wolle, eine solche bauen, der benach-
barte Gutsbesitzer aber dies verhiodero wollte, indem er behauptete^ der Wind
in dortiger Gegend gehöre ihm. Der um Entscheidung angerufene Bischof von
Utrecht aber erklärte, der Wind in der ganzen Provinz gehöre ihm und gab
im Jahre 1391 die Erlaubnis. In England wurde endlieh im Jahre 1784 dte
erste mit Erfolg arbeitende Dampfmübie erbaut, nachdem verschiedene Yer*
anche in Amerika vorhergegangen waren, und seitdem vervollkommnete und
komplizierte sich der Mühlenbau und die Mehlbereitung in einer Weise, daaa,
wenn Yitruv das heutige Yerfahren in seiner Art beschreiben wollte, kein
Gelehrter der Welt ihn nach abermals 1900 Jahren würde enträtseln können.
I
I
Einige Bemerkungen
zu dem Aufsätze yod Conrady, ,,Die OeBcbicbte des Hauses Naäsuu'^,
in Annalen XXVL
Von
Dr. W. Sauer^
KSntc^t ArchlTrftt und St^AtfArcblvar lu WiMbftden.
Daas trotz der uugemoiQen Mühe, welche in vorhergegaogeDer Zeit der
Aufklärung des Ursprunges dea Hauses Nassau zugewendet ist, erneute Porscliuog
Doch beachtenswerte Ergebnisse erzielen kann, zeigt CüErady's varbezeieh-
iiete Arbeit. Doch auch durch diese Forschungen haben wohl noch nicfit alle
Fragen eine abschliessende Erörterung gefunden. Verfasser übersah, dass die
von ihm mit Recht an die Spitze seiner Untersuchungen gestellten Bezieliungeu
des Geschlechts der Hattonen zum Wormsgau bereits bei Wenck, H, L. O,
II, S. 54], Stein ^ König Konrad I., Ilegel^ Mainzer Chroniken IP, S. 11,
Draudt, Forschungen zur d. Gesch« XXUI, 478 erörtert sind. So sehr hier-
durch einerseits der Wert der in selbständiger Forschung vom Verfasser ge-
wonnenen Ergebnisse gesichert wird, so bleibt es doch anzunehmen, dass unter
Benutzung dieser alteren Untersuchungen einzelne Punkte sich würden anders
haben gestalten können. Hierzu gehört auch die in entscheidender Weise noch
nicht klar gelegte Frage, ob die Hattonen in Wormsgau Grafen oder nur
Orossgrundbesitzer waren.
Auf diese Einzelheiten der anerkennenswerten Untersuchungen jetzt hier
einzugehen, wird nicht beabsichtigt. Es sollen hier nur einige Versehen, die
dem Verfasser bei der Benutzung Fulder und Lorscher Traditionen für den
ersten Abschnitt seiner Arbeit begegnet sind, vermerkt werden.
Zu S. 2. Die nach Schannat S, 2, No. 4, Üronke S. 7, No, 9 angeführte
Tradition des Eggiolt ist nicht vom 25., sondern vom 15. Juni, wie
die Drucke richtig angeben.
Zu S. 3, Anmerkung 3, Die Angabe, dass Dronke die bei Schannat S. 3|
(nicht 5, wie angegeben) No. 5 gedruckte Tradition von 756 mit dem
Monatstage XI. Kai Julii nicht habe, ist irrig. Dieselbe steht bei
Dronke 8, 7, No. 10 mit verbessertem Monatsdatum XV. Kai. Julii.
Hiernach ist bei Conrady der 21. Juni in 17. Juni zu ändern.
_Zu 8. 5 bezw. S. 3 ist die nach Cod. Lauresh. O, S. 16, No. 859 angeführte
Tradition des Radulf — nicht Randulf — nicht vom 30. Mai, soaderD
vom 29. Juni 767.
196
Zu 8. 5 wird eine Äusseraog, ob Verfasaer den Hatto und dessen Sohn^
Egioo 778, Cod. Laureah. II, S. 5, No, 829 zu dem Oeachlecbte I
rechoet, vermisst: Ist die Traditioo übersehen?
Zu S. f», Note 4 bt die Angabe, dass die Tradition Scbannat 8. 15, No. 28
bei Dronke fehle, irrig; dieselbe steht Dronke S. 21, No. 33,
Zu S. 5, Note 7. Auch hier wird eine Tradition bei Schannat als Dronki* ^
unbekannt geblieben bezeichnet; Schannat 8* 27, No. 52. Yerfaaaer flj
übersah hier doch, dass Dronke es S, 80 rechtfertigt, weabalb er ^
diese Tradition mit No. 143 und mit dem Datum 797 März 16 «siu-
ordnet. Yerfasser verarbeitet hier somit Schannat'd falache Da-
tierung 777 Februar 19.
Zu S. t». Verfasser will die undatierte Tradition Dronke No, 96, ausgedte^llr
w puhlico concilio quod dlcitur Pathra/onSf in die Zeit der Ausstellutig
der vorhergehenden Tradition No. 95, deren Monatsdatum mit
August 13 angegeben ist, setzen. Nach seiner Annahme würde
die Tradition somit in den August 790 fallen. Ton einer Reicba-
Versammlung um diese Zeit, und am wenigsten zu Paderborn, iiit
nirgends die Rede, Vielmehr ist die Tradition wohl ebenso w^ie die
vorhergehenden Traditionen Dronke No. 82, 83 im Juni 785 auf der
Eeichsversaramlung zu Paderborn ausgestellt, Vergl, Möhlhac!u»r*
Regg. Rar,, ad a, et d.
Zu 8. 6. Zu der hier angeführten Tradition des Adalleicus fehlen die NachweidP.
Dronke No. 146 hat das richtige Monatsdatum Oktober 24, während
Verfasser irrig Oktober 25, - die hier vom Verfasser gerügte Lese-
art marcam bei Schannat ist durch den Druck bei Dronke beseit^«
Za 8, 6. Die angeführte Tradition von 800, Dronke No. 161, ist nicht voo
Mai 4, sondern von Mai 6, wie Dronke richtig.
Zu S. 7 scheint bei Benutzung der Tradition von 800, Juni 10 der Text bei
Dronke nicht eingesehen zu sein.
Zu 8. 7. Bei Krörrerung über die Brüder Adelbert, Banzleib und Hatto w&re
Wenck II, 2, S. 549; Stein S. 142, 227 zu berücksichtigen ^weseo.
8. 1 1 wird für Hatto III, eine Tradition angeblich vom Jahre 837 au.nge-
beutet« Verfasser weist daselbst Note 4 selbi^t darauf hin, dass der
Druck der Tradition bei Dronke No. 205 „der Jahreszahl entbehre*^,
bezieht sich dafHr jedoch auf den Druok bei Schannat 8. 171,
No. 429, der allerdings das Jahr 837 hat.
Die Vergleichung der Zeugen lässt jedoch die Feststellung
dase die Tradition nicht dem Jahre 837, sondern vielmehr
dem Jahre 787 angehört; sie ist der Tradition Dronke No. 90
von 788 Mai 2o etwa gleichzeitig. Die Jahreszahl bei Schannat
a. a, 0. DCCCXXXVII ist verderbt und leicht in DCCI.XXXVU
zu bessern. Uiermit fallen die S. 11 aua dieser Tradition gesogeueo
Folgerungen bezüglich ^des wormsgauer (Irafentums* fort und ist
I
I
I
diese Sr*Ml*v Howie die woitore Beatugnoliiiie 8. 12 zu »tri?!«
]UM,
liristian Daniel Vogel.*)
Von
Dr. W. Sauer,
Das Furatentuni Oranien-Nassau galt in der zweiten Hälfte des vorigen
.Tahrlninrlerts für eins der am besten regie^^eQ uud somit glüüklichaten Läiiftelien
Deutschlands. Und mit Recht, denn der Fürst von Oranien-Nasaau, der Erb-
Statthalter Wilhelm V* der Niederlande, der seit 176C selbst die Regierung
der vereinigten oranischen Erblande führte, war ein Mann von hohen Geistes-
anlagen, ein gerechter, wohlwollender, der Aufklürting geneigter Fürst, so recht
ein Oranier von altem Schlage. Freilich kannte man den Fürsten von Person
in seinen Erblanden kaum, da er, dessen Stimme im europäischen Fürstenrate
viel galt, fern von der Heimat auf seinen prunkvollen niederländischen Schlössern
residierte und nur selteu sich der Fall ereignete, dass er in die Erblande kam,
um iici Dilleuburg oder Oranienstoin zu jagou, Schaden litt jedoch die Ver-
waltung der Erblande unter diesen Umständen nicht, da der Fürst »ich der-
selben zu allen Zeiten mit vollster Pflichttreue und Hingebung unterzog. Jede,
auch die geringste YerwaUungsangelegenheit blieb seiner persönlichen Ent-
scheidung vorbehalten und es wurden zu diesem Zwecke alle Berichte uud
Anträge der Landesregierung zu Dillenburg an ihn in die Niederlande gesandt.
Des Fürsten Wilhelm V. Vorbild war sein grosser Oheim in Sanssouci; auch
sein Stolz war es, die Verwaltung seiner Erbknde ausgezeichneten Männern
zu unterstellen, für deren Berufung er in geeigneten Fällen persönlich Sorge
trug. Er hatte das Glück, dass seine Wahl selten fehl giog; in der That war
damals ein Kreis von Männern in der kleinen Residenz an der Dill versammelt,
die den besten ihrer Zeit ebenbürtig zur Seite treten konnten. Und neben
ihnen standen die Lehrer der Herboruer hohen Schule, deren Entwickelung dem
Oranier, dem Kinde jenes freien, an ruhmvollen Errungenschaften in Kunst uud
Wissenschaft so reichen Landes ganz besonders am Herzen lag, Reiches
geistiges Leben erblühte damals in den eng verbundenen Nach bar stadten
I>illetiburg und Herborn; es ist zu bedauern, dass es uns bis heute an einer
umfassenden quellen rnässJo-on Darsh^llune' drr daninllgen Zustände fehlt.
*i Zuerst veruffeniliiUt im HheinittclieTi Kuritfi ii^'Jtä^ ^o, 46, 47, 61.
14
UKHfei
198
Finden wir in den damfilfgcn gclclirteri Kreisen von Dillenburg und Ucrl
alle Zweige der Wissendchaffc fast gleichmäsäig vertreten^ so ist es doch erklä
lieh, wenn wir vom Fürsten die Geschichte sowohl des eignen Hauses wie mtn
die des Landes mit einer gewissen Vorliebe gepflegt sehen, Wühelin V. koooi
mit Stolz zurückblicken auf die ruhmvüllo Geschichte seiner Ahnen; kaum
anderes deutsches Pürstongoschlccht hatte in den letztvergangenen Kwoihuod^
Jahren eine so grossartige politische Thatigkeit entfaltet, als die Orauier. Reiche
Schätze barg das alte Ilausarchiv im Stammschlossc zu üiUonburg; hier ruhi
neben den Archiven der Krblande die ganze auagedehnto politische Korrespoi
denz der Oranier, ein geschiclitliches Material von unschätzbarem Werte,
Den Anstoss zur Erforschung der Geschichte des Hauses gabea damali
die Vettern des Walramischen Stammes, welche die auf den Schlössero ^Btstresi
vorhandenen Archivalien sammeln und vereinigen und auf dem verlasseoi
Idäteiner Schlosse durch Johann Georg Hagelgaus, den trefflichen Begrüodi
des dortigen Archivs (1729^1762) ordnen Hessen. Diesem flciasigon Farach^f^
verdankten die Walramischen Vettern die 1753 erschienene, auf grüudiicbe
Ausbeute des urkundlichen Materials beruhende Geschichte dieses Astefl des
Geeamthansed. Durch diesen, endlieh von grossem Erfolge gekrönten Eifer der
kleinen Walramischen Vettern in Biobrich und Weilburg konnte der mächlige
Erbstatthalter im Haag sich und seine ruhmreichen Ahnen nicht in den SchallM
stellen lassen. So war es noch dem Fürsten Wilhelm IV. in seinen letsleii
Lebensjahren gelungen, den Braunschweiger Anton Ulrich von Erath, schoD
damals ein Mann von ausgebreitetem litterarischen Rufe, in seineu Dienst sa
ziehen, Erath, seit 1747 als Justizrat in Dillenburg angestellt, übernahtn die
Aufgabe, das Archiv dos oranischen Hauses und Landes zd ordnen und dia
Materialien für die Geschichte beider auf breitester Grundlage zu sammeln.
Die umfassendste Berücksichtigung auch der Landes- und Ortsgeschichte eot
sprach dem freien Sinne der Oranier, wahrend die Walramischen Vettern, umint
Zöglinge des Hofes zu Versailles, nur dynastische Interessen verfolgten; hiei
Bollte alles der Erhöhung des Lustre des hochfürstlichen Hauses dienen
Des Anton Ulrich von Erath Verdienste um Archiv und Erforschung d©(
Landesgeschichte von Dillenburg bleiben dauernd. Seine uns handschriftlid
erhaltenen Arbeiten sind auch heute noch ein unentbehrlicher Ratgeber. Nichi
minder bedeutend ist ein zweites Verdienst^ welches er sich erwarb; als Lehrei
und Meister bildete er eine treffliche Schule, die es verstand, in seinem SintH)
das von ihm begonnene Werk mit rastlosem Eifer weiter zu führen, Di
Namen Rauschard, Uegmann und Johannes Arnoldi werden noch lange ZeJJ
mit Achtung zu nennen sein. Neben diesen haben wir den für Kirchen* u
Gelehrtengeschichte thätigen Steubing, sowie den Herborner Professor Fuchs
erwähnen.
Christian Daniel Vogel war der letzte dieser Schule; als SebQlerj
Arnoldia und Hegmanns dürfen wir ihn derselben zuzählen. Weitergohend^
faehwissenschaftliche Schulung hatte Vogel nicht ii^ er war T1
und als solcher nur in Herborn und in einer Zeit ;; ^ i iet, in weh i
Verbältnisse ein geordnetes und plaumässiges Studium an der rasch geii^uketi«ii
i«rV
19»
Hochsobulo rijchi mehr zulieäseu. Kirclieugeschichtliche Studien führten den
hochbegabten Jüngling bald üuf das Gebiet der Profangescfaichte aemes Vater-
landes, auf welchem mau ihn noch heute als Führer und Wegweiser ehrt*
Vogels Vorfahren uüllen aus Breitenbach in Uessen in das Üillenbargische
eingewandert sein. Seit dem Jahre 1727 bekleideten dieselben die Stelle eines
Amtsjägers mit dem Wohnsitze zu Neuliütte in der Gemeinde Stra8seberöt)ach.
Hier wurde Christian Daniel als Sühn des Försters, späteren Oberförsters
Ludwig Vogel (t 1821) geboren J) In herkömmlicher Weise erhielt er den
ersten Unterricht in der Schule seines Dorfes, später bei dem Pfarrer Dapptng
in Bergebersbach, bis er vom Herbste 1801 ab die Lateinschule zu Dillenburg
besuchen konnte. Neben gründlicher Schulbildung verdankte er dem dortigen
Rektor Küraer die Anleitung zur Beschäftigung mit der Botanik, der er sein
Leben hindurch treu blieb; bis an sein Ende wandte er seinem Üausgarten
die aufmerksamste Pflege zu. Aber nicht minder ist damals in Dillcnburg die
Neigung r.ur vaterländischen Geschichte, der später die Lebensarbeit des ge-
reiften Mannes galt, in ihm geweckt worden, wenn auch heute nicht mehr fest-
zustellen ist, wie weit in jenen Tagen schon seine Beziehungen zu dem Dillen-
burger Kreise gereicht haben mögen, Zeugnis von seinen damaligen Studien
legen die in dieser Oymnasial^eit entstandenen Sammlungen für eine nassauische
Oelehrtengeschichte, welche sich noch jetzt in seinem handschriftlichen Nach-
lasse befinden, ab. Im Frühjahre 1807 vertauschte Vogel Dillenburg mit
Herborn, um sich auf der hohen Schule daselbst dem Studium der Theologie
zu widmen^ unterbrach jedoch im Jahre 1809 die begonnenen Studien und
kehrte zu seinen Eltern nach NeuLutte xurüek.
In diese ETerborner Zeit ftillt Vogels erste litterarische Arbeit, eine kleine
Schrift, deren Ertrag zum Besten eines religiösen Naturdichters, des verarmten
Schlossers Hermann Schutte im Siegenerlande, bestimmt war. Das Schriftcheu
„Hermann Schutte, ein kleiner Beitrag zur Vaterlandsgeschichte'', erschien zu
Iterborn 1808 und wai- drei Studienfreunden des Verfassers, Ernst von Reiehenau,
Bender, dem bekannten späteren Superintendenten zu Siegen, und Wickel ge-
widmet. Vogel hatte die Vorrode kühnen Sinnes aus Ebersbach im Fürstentum
Nassau-Dillenburg datiert, obwohl dieses durch Napoleon im Jahre 1800 vun der
Landkarte gestrichen war. Voll Entsetzen machte ihn ein llerborner Professor,
der Theologe Jakob Wilhelm Oriram, sein väterlicher Freund, auf die möglicheu
Folgen dieser staatsverbrecherischen Worte aufmerksam und riet ihm, die^selben
in jedem Exemplar zu durchstreichen und durch die Worte „im grossherzog-
Hchen Bezirk* zu ersetzen. Mit dem dankbaren Hermann Schutte, desseu
„(.'hristliche Lieder** der genannte Professor Grimm 1811 in Herborn heraus-
gab, blieb Vogel noch lange in vertraulicher Korrespondenz.
Die damaligen Zeiten wai^en schlimm, der Fortsetzung der begonneneu
theologischen Studien wenig günstig. Der (Gefahr einer perciönlichen Ableistung
seiner Militärpflicht war Vogel durch Stellung eines Einstehers entgangen.
VergL den Nekrolog Voger« von Nebe, NnBaauiscItefi Schulbtjitt 1852; Sohwarti —
Utto, Aiiuol. de« Naiui. Ali«flutiisvvr«iiii XXI, TS; XXII, 5.
200
Private Studien und der nebenbei betriebene Unterricht der jüngeren Gesell wiatari
liessen Vogel hinlänglich freie Zeit, den gewünschten Verkehr mit Dillenhurf j
zu pflegen utiJ Verbindungen, zu denen bereits früher der Grund gelegt war,J
fester zu knüpfen. Von bestirameEdem Einflüsse auf ihn wurden jetzt zw«
Männer, deren Dillenburg noch heute mit Stolz gedeuken darf, der für diet
Entwickeking unserer Litteratnr so bedeutsame K. G. H. von Meusebachi vonl
1803 bis 1814 dort al« Beamter thätig, und J. Arnoldi, der GeschicbtschreiberJ
der oranischen Lande* Des letzteren Einwirkung künnen wir es gewiss zu-f
schreiben, wenn Christian Daniel Vogel für seine Thätigkt»it bald das Gebiet '
fand, für das er geboren war. Ob Vogel schwankte in dieser Zeit bezüglich _
des Berufs, dem er sich bisher bestimmt^ wir wissen es nicht, aber drei Jahrsfl
dauerte es, bis zum 19. April 1812, bis er wieder in Herborn einzog, um sich
nunmehr zum tbeologiachen Examen vorzubereiten. Nachdem er m den folgen»
den Tagen das übliche Tentamen absolviert, bestand er im Juli d. J. das Staats*
examen gut, wurde ein Jalir später, am 7. Juni 1S13, ordiniert und gleichtfl
darauf als l'farrvikar in Ballersbacb angestellt. Wahrend seines nur dreimooat- ^
liehen Aufentbai tes daselbst schrieb er unter Benutzung des Pfarrarchtvs die
, Geschichte der Kirche und Pfarrei B allere bach'^, welche in dem 1818 ver*1
üffentlichten 1. Baude seines „Archivs für Kircbengeschichte" bald ihren Plat»
fand. Der Aufenthalt in Ballersbach war nur Tun kurzer Dauer; bereits ara
1. Oktober wurde er von dort nach Liebenscheid versetzt* In diese Lieben-
scheider Zeit fällt zunächst seine A^erheiratung, dann eine grössere Arbeit, die
Neuaufstclluag der ulten Regierungshibliothek zu Dillenbyrg, welche in der
französischen Zeit aus den bisherigen Räumen entfernt worden war. Lebhaft
empfand er hierbei die Schwierigkeiten, welche durch die örtliche Trennung
von dem geliebteti Dillenburg aeioea Studien bereitet wurde. Doch auch der
Fürapruch seines väterlichen Froundüs Arnoldi reichte nicht hin, um die be-
triebene Versetzung in eine dortige Pfarrstelle zu erreichen; am 1. Juli 1815
ging er als zweiter Pfarrer nach Marienberg. Wurde Vogel durch diesen
Wechsel auch eine gewisse Erleichterung geschaffcü, so blieb es doch ein
schwerer Fehler der Regierung, die junge aufsl rebende Kraft nicht an die Stelle
gesetzt zu haben, wo dieselbe sich zur vollen Leistungsfähigkeit hätte scbueller
entwickeln können. Wir werden sehen, dass die Regierang sich im Jahre 1828
desselben Fehlers unter weit erschwerenderen Umständen schuldig machte, als
sie einen Antrag auf seine Versetzung in die Nähe von Wiesbaden, nach
Erbenheim, abschlug.
Durch die Versetzung von Liebenscheid nach dem Amtsorte Marien berg
war Vogel der Ausaeuwelt wenigstens etwas näher geruckt. So wurde es ihm
leichter, dem Zuge seines Herzens folgend die Verbindung mit dem alten
Oönuer von Meusebach zu pflegen, der am 27. März 1815 die Entlassung aus
dem oranischen Staatsdienste erhalten hatte, nachdem er zum Präsidenten de»
in Koblenz errichteten Revisionshofes ernannt war. Es war ehrenvoll für Vogel,
dass Meusebach, in Koblenz in ^ izendsten Namen gebildeten
Kreis gerückt, des jungen '' '"^.ht vergass. In seinen
Tagebiichern gedenkt er u 1' ^ 1817,
I
I
201
n
»
»
P
es itim -eliKigon, „den Vogel vom Weatorwalde* in das Koblenzer
Ilüim zu luekcn. Wir verxeiclinen diese beide Reisen Vugols mich Koblen»
hior auch, um beiaufügeo, daas dieselben zugleich mit eiuer spätereu Iteiäe
nadi Frankfurt a. M. die einzigen sind, welche ihn in seinem ganzen Leben
jjber die ürenzeu des Herzogtums führten. Für Vogel wird es bei diesen Be-
tchon in Koblenz wesentlich von Wert gewesen aein, Beziehungen zu dem
Archivar Kanonikus (lünther, dorn Herausgeber des ^^ Codex diplomaticus ilheuu-
Mosellanus* uuküüpfen zu können. Meusebach, im Jahre 1819 nach Berlin
versetzf, hat Vogel stets freundschaftliche Gesinnungen bewahrt und diese
später bethätigt, als Vogels Sohn Reinhard, der Bildhauer, zu setner Ausbildung
Berlin aufsuchte.
Nach dem uns erhaltenen handschriftlichen Nachlasse Vogels können wir
vermuten, dass bis in die Marienberger Zeit hinein seine Studien sich fast aus-
schliesslich auf die Kirchen- und Qelehrtengeschichte der oranischcn Länder
erstreckten; bei letzterer zogen ihn die Theologen, namentlich die Herborner
Professoren, besonders an. Diesen Studien damals w^eitergehende Ziele gegeben
zu haben, ist das Verdienst Arnoldis. Johann Arnoldi, vom Professor Ersch
als Mitarbeiter für die eben begründete „Allgemeine Encyklopädie der Wissen-
schaften** gewonnen, hatte sich in dessen Auftrage um Unterstützung des weit-
schichtigen Unternehmens in Nassau zu bemühen; seine Wahl fiel zunächst auf
Vogel- Am 22, September 1815 forderte er ihn auf, für das Sammehverk die
Bearbeitung der Biograph ieen nassanischer Gelelu'ten sowie ortsgeschichtliche
Artikel zu übernehmen; gleichzeitig bat er ihn, gegen ein festzusetzendes
Honorar das Register zu seiner oranischen Landesgeschichte anzufertigen. Auf
Arnoldis Vorschläge einzugehen, scheint nicht in Vogels Absicht gelegen zu
haben« Mehrfach rausste jener dieselben erneuern und um endliche Beantwortung
seiner unerwidert gebliebenen Briefe bitten, obwohl er ihm auch die Bear-
beitung der Statistik des Herzogturas, für welche er selbst ausgedehnte Samm-
lungen angelegt hatte, abgetreten hatte. ()hne Zweifel hatte Vogel in der
Zwischenzeit^ augeregt durch Arnoldis Vorschlage, den Plan gefasst, eine Topo-
graphie des Herzogtums nach dem Vorbilde von Büschings Erdbeschreibung
und namentlich Widders Beschreibung der kurpfalzischen Länder als selb-
ständiges Buch zu veröffentlichen und war deshalb in erklärlicher Weise nicht
geneigt, durch voreilige Veröffentlichungen in der Encyklopädie das geplante Buch
zu schädigen. Mit vollem Eifer muss er sich während des Marienberger Aufent-
haltes den Arbeiten für die Topographie gewidmet haben; am 10. März 1817
wurde auf seinen Antrag das Central-Landesarchiv zu Idstein vom Ministerium
ermächtigt, seine Studien zu unterstutzen. Bis zum Februar 1819 war es
Arnoldi nur gelungen, Vogel eine Biographie, die des Herborner Professors
Aisted, abzupressen; erst im folgenden Jahre LS20 erhielt er die in der Ency-
klopädie ferner zum Abdruck gelangten topographischen Artikel Biebrich, Bleiden-
stadt, Bornhofeu, Braubach, Burgschwalbach, Caub, Ciareuthal, Crouberg^ Herborn
und Herschbach, Das geringe Honorar sowie der Umstand, dass die der Re-
daktion weiter eingelieferten Artikel Berbach, Camberg, Hohensolms, beide
Homburgt Id6tein und Irmtraut bei dem Drucke übergangen und nicht auf-
202
genoramoQ waren, acheint Vogel verstimmt und zum Abbruche der Verbindung
mit der Redaktion bewogen zu haben, Auaser den vorgenannten Artikeln hat
die Encyklopädie weiteres aus seiner Feder nie lit gebracht. Durch den Artikel i
„Cronberg** hat er sich daö Verdienst erworbeUi die Aufmerksamkeit wieder
auf dies fast vergessene Dynaetengeachlecht gelenkt und Forschungen über
dasselbe angeregt zu habeu. Die vorhin gena unten Artikel sind offenbar seiner
damals in Auaarbeitung betiudlieheu Topographie entnommen; \*ir ßndca sie mit
geringen Abänderungen hier, sowie in der später erschienenoo „Be^chreibtuig
des Herzogtums Nassau* wieder. Um sich den Arbeiten für die Topographie
ganz und ungehindert hingeben zu können, brachte er zunächst die kirchen-
geschichtlichen und litterarhistorischeu Furschungen, welche ihn bis dahin vor-
wiegend beschäftigt hatten, zn einem gewissen Abschlüsse. Im Verlage der
neuen Gelehrten- Buchhandlung, Iladamar und Cobleuz, erschien im Jahre 1818
der erste (einzige) Band seines „Archiv der nassauischen Kirchen- und Gelehrten-
geschichte", welcher im ersten Teile fünf kirchengeschichtliche Aufsätze, im
zweiten fünfzehn Biographieeu von Gelehrten, unter welchen wir auch den fur^
die Encyklopädie bearbeiteten Aisted wiederfinden^ brachte. Ausserdem haiA}
er die Zeit, das Register zu Arnoldis oranischer Landesgeschichte, um desses
Anfertigung ihn dieser im Jahre 1815 geboten, endlich fertig zu stellen und im
Jahre 1810 durch den Druck zu veröffentlichen. Ferner, im Dezember 1820^
konnte er seinen väterlichen Freund, dem er die Hinweisuug auf die reiebel
Nachrichten der Limburger Chronik verdankte, mit der Mitteilung überrasche»
dass die Topographie, im Plane noch als ein „Historisch-topographisches Wörter
buch des Herzogtums Nassau'^ «gedacht, feste Gestalt gewonnen habe. Der"
alternde Arnoldi gab sofort seine freudige Zustimmung kund und empfald
nochmals Widders Beschreibung der Kurpfalz als Muster. Doch verginge
noch 16 Jahre, bis das einen ungemeinen Aufwand von Sammeleifer und Pleii
erfordernde Buch zur Drucklegung fertiggestellt war.
Inzwischen war auch im südlichen Teile des Herzogtums das luteress
füi* die vaterländische Geschichte geweckt worden. Hier zwar brachten
Verhältnisse es mit sich, dass der Forschungstrieb sich einem anderen Gebieti
als dem, welches den Dilleuburger Kreis beschäftigt hatte, zuwandte; hier, be
sonders in der Landeshauptstadt und deren nächsten Umgebung, bot die prj
historische und besonders die römische Zeit den Alter tuniefreunden reichsten Stofl
Zwar war es ein Auawärtigerj der bekannte Dorow, der zuerst, nachdefl
die Stürme der grossen Kriege ausgetobt, hier im Boden ruhende Schätze de*
Altertums hob, bald aber wandten sich auch Einheimische der reizvollen Aul
gäbe zu. Die beiden Habelj Vater und 3ohu, und andere planten, um il
antiquarischen Bestrebungen mehr Halt zu geben, die Gründung eines altert
forschenden Vereins, der jedoch erst im Jahre 1821 feste Gestaltung erhielll
Letzteres war zum Teil das Verdienst des jüngeren Habel, der, damals wenige
herrschsüchtig v^'ie später, noch nicht verkannte, dass neben seinen geliebte
römischen Forschungen doch auch mittelalterlicher und neuerer Geschichte d«
gleichberechtigte Platz einzuräumen sei. Begann doch damals — durch Steiu
Verdienst — die Erforschung unserer mittelalterlichen Oeschichtsquellen mächtil
203
emporzublühen. Habel trat in Y^rbinduDg mit Vogel^ der, begeistert für das
seinen eigenen Wunäelioü ao sobr entsagende Unteruehmeu, iiueigimnüt/.ig und
freudig «oine Unterstützung vorhpracb, ohne zu ahnen, wie bald Ilabols Eigensinn
ihm grobe Enttäuschungen bereiten und ihn aus dem liebgewordcnen Arbeita-
felde verdrängen würde» Zu den drei ersten Bänden der „Aunalen" des Ver-
eins steuerte Vogel treffliche Aufsätze bei, auch der 4. Band brachte noch eine
Arbeit von ihm, obwohl sein Bruch mit Uabel und dem Vereine sich inzwischen
vollzogen hatte, wie wir später ^ehen werden. Der 1. Januar 1823 brachte
Vogel die Versctasung von Marieuberg nach Schönbach als Pfarrer und Schul-
Inspektor; eoinem lieben Archive zu Dillenburg, wohin zu versetzen ea der
nassauischen Ilegierung an Einsicht fehlte, war er hierdurch wenigstens uäher
gerückt. Hier achrieb or zunächst „Johann Friedrich Fuchs, nach seinem
Leben dargestelU. Eine GedächtDisschrift. Herborn 1823**, zur Erinnerung
an seinen am 20. Juni d. J. dahingegangenen alten Ilerborner Lehrer. Im
Jahre 182G folgre seine Ausgabe der bekannten Limburger Chronik, mit Ein-
leitung und erläuternden Anmerkungen. Mit dieser Veröffentlichung konnte
Vogel auf eine achtuögs werte Reihe von geschichtlichen Arbeiten zurückblicken,
die von der zeitgenössischoo Kritik gebührend anerkannt wurden und ihm im
Lande selbst den wohlverdienten Ruf einer Autorität verschaiTcen. Im Ministerium
stand man nicht an, mit Umgehung des Idsteiner Archivs über schwierige go*
schichtliche Fragen Auskunft bei ihm zu holen. Als solche zweifellose Autorität
auf dem Gebiete der mittelalterlichen Landesgeschichte wurde er deshalb als
Dritter zur Mitwirkung an einem Unternehmen berufen, welchem auf miniBterieÜe
Anordnung die Aufgabe gestellt war^ den Ursprung de.ii Hausen Nassau zu er-
forschen und die Geschichte des zur herzoglichen Würde gelangten Walramischen
Astes zu schreiben* Ansprechend und verdienstvoll war ein solches LTnternehmen
des Hauses unter allen Umständen, mochte demselben auch vielleicht der Gedanke
zu Grunde liegen, des alt und stumpf gewordenen Arnoldi Geschichte der nieder-
ländischen Vettern endlich in den Schatten zu stellen. Der Vater dieses Gedankens
war fraglos der Leiter des Unternehmens, der bekannte Publizist Joh. Weitzel,
seit 1820 herzoglicher Hofrat und Landesbibliotliekar zu Wiesbaden.'') Das
zweite Glied des Bundes war natürlich HabeP); dieser sollte die prähistorische
und römische Zeit bearbeiten. Weitzel, obwohl Publizist, scheint doch mehr
wie blos die künstlerische Ausgestaltung des Fertigeo und Ganzen als die seiner
bewährten Feder zufallende Aufgabe angesehen zu haben/} In früheren Jahren
hatte er sich darin gefallen, als Historiker von Fach zu gelten; er soll sogar
versucht haben, durch Vermittelung des Fürsten Hardenberg eine Geschichts-
Professur in Bonn zu erhalten.
Weitzels erste Anträge in dieser Sache fallen in den Juni 1827. Er
erklärte dem Ministerium^ den Entwnirf einer Geschichte des Herzogtums aus-
gearboitct zu haben nebst einer Ebleitung, welche sich über die ältere Geschichte
H *) Über WoiUel v^jrgl. Öchwart«, Annalctn XIV» 41 ff, — *) Ober den Arohi?ar Uftbel
^m vergl Schwurtz, Aimüko XJ, besonders H. J60 IT. — ^) \*ir^l zur 8arbe auch Boh^sris,
^H \nnalen XI, *i02.
I
2M
DeotAchlandB, dessen kirchliche uod politische Terfassung und Kultur
8. bi» 13. Jahrfaundort verbreite, ächwierigkeiten, meinte er, bereue ihm aar
die Entfernung der Archive und der arehivalis^cbe Stoff selbst. Beschäfti^ai
oiU iK>lchem war üim, wie er gestand, fremd; weder las noch verstand er
mktelalterlicbe Urkunde. lodeäaen verschlug dies nach seiner Metnciii^
vk^l; Abhilfe sollte hier die Errichtung eineä historischen Archivs in Wie
•ehaffen. Für die Bildung demselben sollten die Landesarchive alle gesciiiehl
wichtigen Urkunden hergeben. Den Auftrag, diese zu ermitteln und zur Cbe«^
(tifaning nach Wiesbaden auszuscheiden, zugleich aber Auszüge aus deiuelbcfl
fiir Weitzels Zwecke zu fertigen, erhielt Yogel, der infolge deaaeo bia warn Eads
des Jahres 1827 in Idstein arbeitete. Die Angabe von Schwartz, Annaleo XI^
202, dass diese Arbeiten in Id^ein durch Uabel ausgeführt seien, ist hiemaeh
zu berichtigen. Im Interesse der Sache betrieb Weitzel damals die Veraetzni^
Vogels, der nach seiner Äusserung ,,fast zum lebendigen Archiv* gewarden
war, auf die vakante Pfarrei Erbenheim, aber ohne Erfolg, Die ArbeitQft
währten, nachdem auch Uabel herangezogen und zum Archivar, das heiasi Tü^
Steher eines solchen in Wiesbaden zu gründenden historischen Archivs, eroanial
war, bis zum Jahre 1829, gerieten aber dann, wohl infolge von Eiferaocl
zwischen Ilabel und Vogel^ ins Stocken. Weitzels wiederholte Klagen^
keiner seiner Mitarbeiter mehr einen Finger für die Sache r<^e, konnte Vogel
sieghaft wiederlegen; er übergab am 17. Juni 1830 ein 56 Bog^en atarkes
Manuskript, betitelt: „Geschichte von Nassau**, zweite Periode» 496 — ICNX*,
während er die aus Urkunden gefertigten Auszüge vorsichtig für »eine Samm-
lungen zurückhielt. Gegen Eude des Jahres 1832 klagt Weitzel, dasa er uitiht
einen Schritt vorangekommen sei in den letzten drei Jahren; noch wisse er
nicht, ob sich auch nur eine geschichtlich wichtige Urkunde in den Landes-
arcliiven vortiode!
Die Verbindung Weitzel, Habel und Vogel konnte hiermit als aufgelöst
betrachtet werden; weitere Vorkommnisse vergrösserten die Kluft zwischen den
Dreien. Vogel, der einzige, welcher mit aufrichtiger Hingebung bei der Sache
gewesen und etwas geleistet hatte, bescbloss sich wieder auf eigene Füsse zu
stellen. Den einmal angeregten Gedanken der Abfassung einer naasauiachcn
Qeschichte Hess er ungeachtet der gemachten Erfahrungen nicht aus den Augeu.
Ab Johannes Weitzel am 10. Januar 1837 gestorben war, bewirkte er dureb
Vermittelung seines Freundes, dea Ministerialrats Vollpracht, dass der Uerzug
ihn und diesen im Februar 1838 mit der Abfassung der Landesgeschiehte be-
auftragte* Doch ehe wir hierauf eingehen, habea wir manches aus Vogela
Leben nachzuholen, an welchem uns die bisherige Darsteliung vorbeifuhrt i\
Seine — unter den damaligen Umstunden nicht wohl erklärliche — Versetzung
nach Eirberg am L Januar 1831, anstatt des von ihm aus guten Gründeu
dringend gewünschten Erbenheim, ist zuerst anzuführen. Von Kirberg aus vor*
öffentlichte er 1832 das „Nassauische Taschenbuch*'. Auch diese Arbeit brachte
nur gelegentlich gereifte Früchte, kleinere Erträge seiner grosseren Forschuii
diese erstreckten sich auf die verscliiedeuartigsten Gebiete und gaben sv ,..
treffendes Bild des umfassenden Fleisses Vogels. Wohlverdiente Ehrung be*
205
I leitete ihm der Yereio für heasische OeäcbicTite, welcher ihn unter dem 28,
[Dezember 1835 Äiim korreapondierenden Mitgliedo wäblte. Für die beide»
ersten Bäudo der Zeitschrift dieacü Vereins spendete Vogel kleinere, aber
»ehätzbaro Beiträge; mit den leitenden Per^öuliclikciteu diesea Verein», namout*
[lieh dem Hufrat Dr, Steiner, stand er in fieundschaftlicbem Briefwechsel
Wie inzwischen das Projekt einer nassauiseheu Landesgeschlehte scheiterte,
|i*t vorhin gesagt. Vogel niussto von dem Unternehmen mit der gewiss wenig
I erfreulichen EiupHndung scheiden^ mehrere Jahre seines Lebens geopfert za
haben. Tief verstimmt scheint er sieh von seinen Wiesbadener Freunden zu*
I rüokge»;ogen zu haben, Ü leichzeitige Vorkommnisse in dctn von ihm bis dahin
* gestützten Wiesbadener Altertumsvereino führten zeitweilig zu einer Isolierung
des Gekränkten,
Den Vorsitz im Altertumsverein als Direktor führte damals der Staats-
Saen-Direktor Hauth» das Museum des Vereins verwaltete als Konservator
Ben Begrumler, der Archivar HabeU Ilabels Verdienste um das Museum,
[um Erforschung und Erbaltuug der Denkmäler tu unserem Lande werden im-
vergiinglich und unübertroifen bleiben. Habeis Leistungen wollen mt nicht
verkleinern, wenn wir beifügen» dass er den Verein andererseits auch ebenso
sehr geschädigt hat durch sein Bestreben, seine einseitig, nur auf die Erforschung
der romischen Zeit gerichteten Thätigkeit die ausschliessliche Herrschaft im
Verein, dessen Mitgliedern er sich nach allen Richtungen hin weit überlegen
glaubte, zu sichern. Nicht minder entfremdete er sich durch seine Bissigkeit
und kleinliche Streitsucht die Freunde und Verehrer. Schwere, nur langsam
und mit Mühe überwundene Krisen hat er über den Verein, für dessen Wohl
er aufrichtig zu arbeiten glaubte, gebracht.
Die Streitigkeiten zwischen dem Direktor Hauth und Kabel, welche im
[Jahre 1836 die Auflösung des Vereins herbeizuführen drohteu, scheinen ihren
TTrsprung in abweichenden Anschauungen beider bezüglich der Auslegung
einzelner Bestimmungen der Vereinsstatuten gehabt zu haben. Im November
1836 hatte sich der Kontiikt so weit zugespitzt, dass der alte Direktor Hauth,
der fortgesetzten Reibunger müde, Jen Vorsitz niederlegen zu wollen erklärte,
Ilabel nahm von dieser Erklärung mit Behageu Akt und teilte dieselbe Vogel,
der mit ihm dem Vereiusvor stände angehörte, nach Kirberg nebst einem Vor-
schlage zur Herstellung besserer und friedlicherer Verhältnisse im Vereine mit.
Nach diesem Flaue wollte er sich mit Vogel in die Leitung des Vereins teilen;
Habe! behielt sich das Museum und die Redaktion der Zeitschrift des Vereins,
der mittlerweile zu Ruf gelaugten Annalen, vor, Vogel aber sollte von seinem
entlegenen Wohnorte aus die äussere Geschäftsleitung führen! Letzteres mu»8
Vogel, der ja bereits kurz vorher in hinlänglichem Masse recht unliebsame
Erfahrungen in seinem Verkehre mit Habel gemacht hatte und der auch in
diesem Streite nicht auf Ilabels Seite stand, doch wie Hohn geklungen haben.
In einem Briefe vom 6, Dezember 1836 lehnte Vogel in wurdevoller Weise
die Zumutung ab, indem er zugleich bei der Neugestaltung des Vereiusvor-
[ Standes für sieh die einAussreiche Stellung forderte, welche er als einziger und
verdienter Forscher auf dem Qebietc der mittelalterlichen Geschichte für sich
206
zu verlaogen sich berechtigt hielt. Er forderte für sich — und die BerechtiguDg
dieser Forderung war unbestreitbar — die Rodaktion der Vereinszeitschrift.
«Es thut mir sehr leid, so antwortete er Habel, dass die Geschichte unseres
nassauischen historischeu Vereins immer traurigere Wendung nimmt. Es ist nun an
uns, das arme Schifflein unter den drohenden Wellen so zu führen, dass es wenigstens
erhalten werde. Hierzu will ich gerne nach Kräften mitwirken. Ich überlasse also
Ihnen und dem Hauptmann von Bornhorst die interimistische Direktion. Sie sind
zur Stelle, haben einen sicheren Überblick und Geschäftskenntnis und wissen also alle
Vorteile für den Verein zu ergreifen und zu benutzen. Handeln Sie hier nur rait
aller Liebe für die Sache, mit Mannheit und Reinheit. Ich will dagegen die Re-
daktion der Annalen übernehmen, an deren raschen Fortschritt alles gelegen ist.
Übermachen Sie mir nur gütig umgehend alles darauf bezug habende. Ich bedinge
mir nur dabei dieselbe Freiheit aus, die Sie dabei bisher genossen haben. Ich finde
auf diese Weise denn endlich auch einmal Gelegenheit, für den Verein thätig wirken
zu können und bei aller Liebe für die Sache mich der drückenden Ansicht überhoben
zu sehen, als sei ich das fünfte Rad am Wagen. Stimmen Sie also darin mit mir
überein und übergeben Sic mir umgehend alles, was zur Fortsetzung der Annalen
dient, so werde ich mit aller Kraft für den Verein wirken, wo nicht, so erkläre ich
hiermit nicht nur meinen Austritt aus dem Vorstande, sondern auch aus dem Verein.»
In der schönen Hoffnung, dass Habel mit ihm übereinstimmen würde,
hatte Vogel sich doch erheblich verrechnet. In seiner Antwort suchte Habel
sich mit der ihm zu Gebote stehenden Dialektik, wie er sie später in noch
höherem Masse in seinem ähnlichen Streite mit dem Idsteiner Archivdirektor
Friedemann entfaltete, um Vogels Forderungen herumzuwinden, um dieselben
schliesslich abzulehnen. Vogel schloss sich sofort den weiteren Schritten des
Vereinsdirektors Hauth an, er zeigte seinen Austritt aus dem Vereine an.
Dennoch aber und ohne die gestellte Forderung der Übertragung der Redaktion
der Annalen durchgesetzt zu haben, meldete er sich, nachdem der Regierungs-
präsident Möller das Direktorium des Vereins übernommen hatte, im März 1838
aufs Neue als Mitglied au und entsprach in der Folge auch der unter dem
1. Dezember 1838 vom Präsidenten Möller an ihn gerichteten Aufforderung,
Beiträge für die Annalen einzusenden!
Vogel griff unter diesen Umständen auf seine älteren Studien zurück,
welche durch seine Arbeiten für die Landesgeschichte Unterbrechung erlitten
hatten. In Kürze erfolgte die Herausgabe seiner „historischen Topographie
des Herzogtums Nassau **, mit Vorrede vom 1. Juni 1836, seinem Freunde,
dem Regierungsrat Vollpracht, „dem tiefen Kenner der vaterländischen Ge-
schichte, Verfassung und Rechte" zugeeignet. Das Buch gibt in den ersten
6 Abschnitten eine Übersicht über die ältere Geschichte und Verfassung
der Länder, aus welchen das Herzogtum sich zusammensetzt. Der Behandlung
des Stoffes in den folgenden Abschnitten die alte Einteilung des Landes in Gaue
zu Grunde zu legen und in diese Einteilung die 28 Ämter des Herzogtums
einzuzwängen, veranlasste ihn der ursprüngliche Plan der Arbeit. Verdienter-
massen fand das Buch vielfache Anerkennung, der Herzog liess dem Verfasser
im Februar 1838 für dasselbe eine Gratifikation von 400 Gulden auszahlen.
Übel begegnete dem Verfasser jedoch der Wiesbadener Gymnasiallehrer Josef
207
Muth, damals noch katholischer Priester und daneben eifriger Verfechter der
koufesflioüslosea Schulen. „Statt der nassauisehen Geschichte**, höhnte Muth
in einer vom 13. Auguat 1836 datierten Besprechung des Buches, ^die man
schon lang aus geübter Feder erwartet, ist dieser Tage erschieoen: Vogel
(Pfarrer in lürberg) hiätorische Topographie des Ilerzogtmtis Nassau, Wohl-
gemeiDt, aber ohne rechten Plan, viel Steine uud Mörtel^ jedoch kein Bau,
Das Werk iat gewidmet dem Herru Regierungsrat Vollpracbt, dem tiefen Kenner
der uassauischeu Geschichte, Verfassung und Rechte, Der Herr Regierungsrat»
ein bescheidener Manu, auch wohlbewandert in Verfassung und Rechten des
Herzogtums, wird sich den tiefen Kenner der Geschichte verbitten. Die
Sehmeichelei ist etwas zu plump, ein .Mann, der das Wort Gottes predigt,
sollte nicht schmeicheln," Muths hämisches Urteil über die geschichtlichen
Kenntnisse VoUprachts beruhte doch auf Irrtum, doch können wir an dieser
Stelle hierauf nicht eingehen, Vollpracht selbst soll diese Bemerkung Muths
sehr übel vermerkt haben; durch dieselbo soll, wie erzählt wird, die nicht lange
darauf erfolgte Versetzung Muths an das GvDmasium zu Weilburg veranlasst
worden sein.
Wir haben schon des am 10. Januar 1837 erfolgten Todes W^eitzols ge-
dacht; der WiesbEideoer historischen Kommission wurde hierdurch auch äusserlich
das Ende bereitet. Die schwierige Erbschaft anzutreten, hielten der Regier unga-
rat Vollpracht und Vogel, der nochmals 1837 die uneingeschränkte Erlaubnis
zur Benutzung der Landesarcbive erhalten hatte, sich für berufen. Durch Ver-
mitteluug des Ministers von Düngern erteilte der Herzog dem von Vollpracht
ausgearbeiteten Plane im Februar 1838 die Genehmigung, Vollpracht erhielt
die Leitung des Unternehmens, er erbat für sieh die Bearbeitung der Geschichte
der „ihm genau bekannten tinanziollcn Verhältnisae dea Landes." Das Manuskript
von Vogels nassauischer Geaehichto vom Jahre 49b bis 1000 wurde ihm aus-
gebändigt.
Zu eioDui Abschlüsse in dem geplanten Sinne ist jedoch das schon vorhin
berührte l'nternehmon aucli in diesem zweiten Stadium nicht gebracht worden»
Vogel fuhr fort, mit gewohntem Pleisse Urkunden uud Akten der Archive zu
exzerpieren und seine bandschriftlichen Sammlungen durch diese Ausbeute zu
bereichern^ entschloas sich aber bald, die Ergebnisse seiner Studien für eine
zweite umgestaltete Bearbeitung seiner historischen Topographie zu verwenden.
Im Ministerium scheint mau mit dieser endlichen Lösung der Aufgabe einver-
standen gewesen zu sein und so erschien, hnanziell von der genannten Behörde
unterstützt, im Jahre 1843 sein noch heute so schätzbares Hauptwerk, die
.Beschreibung des Herzogtums Nassau,* Von der Analysierung dieses Buches
können wir an dieser Stelle füglich Abstand nehmen und bemerken, dass seine, wie
wir sahen, bereits 1832 abgeschlossene „Geschichte von Nassau**, zweite Periodcj
40b bis 1000, hier an passenden Stellen Verwendung und Abdruck fand.
Das Buch sollte in 6 Lieferungen zu 40 Kreuzern erscheinen; die drei
ersten Lieferungen lagen bis Ende Oktober 1843 vor.
Aus dem äusseren Leben Vogels in dieser Zeit haben wir nachzutragen,
dass er im Jahre 1838 zum Dekan, 1842 zum Schulinspektor zu Kirberg und
308
1849 zum Inspektor der evangelischen Schulen im Amte Eirberg ernannt wcirde.
Neben der geschilderten wissenschaftlichen Thätigkeit hatte er somit noch den
ausgedehnten Anforderungen seines Amtes gerecht zu werden. Vielleicht waren
es diese Dienstpflichten, vielleicht auch die ersten Kegungen des schweren
körperlichen Leidens, dem er erlag, welche seine weitere wissenschaftliche Arbeit
einschrfittkten. Nach dem Erscheinen des eben besprochenen Buches haben
wir eine grössere Arbeit nicht mehr zu verzeichnen; wir finden nur kleine,
gelegentliche Mitteilungen aus dem reichen Schatze seiner Sammlungen. Die
letzte dieser Veröffentlichungen dürfte eine kleine Humoreske, eine «Scene aus
dem ökonomischen Leben eines Nassau-Dillenburgischen Landschullehrers aus
dem vorigen Jahrhundert^ sein, welche das nassauische Schulblatt noch kurz
vor dem Hinscheiden des Schwerkranken aus dessen Feder brachte. Bald
darauf, am 29. Juli 1862, erlöste ihn ein sanfter Tod von seinem schweren
lieiden; erst am 4. Juni d. J. hatte er in seinem Pflichteifer es über sich ge-
winnen können, zur Unterstützung in seinen kirchlichen Amtsgeschäften sich
der Beihilfe eines Vikars zu bedienen.
Das entworfene Bild durch Schilderung der Wirksamkeit Vogels als
Geistlicher, sowie seines sonstigen ausgezeichneten Lebens zu vollenden, messen
wir, da dies ausserhalb unserer Aufgabe, uns versagen. Nur gehört hierhin
noch die Bemerkung, dass derselbe, treuer Anhänger des evangelischen Be-
kenntnisses, die Anschauungen anderer Eonfessionen ehrte; die Behandlung
namentlich der Reformationsgeschichte in seinen Schriften zeigt dies.
Vogels handschriftlicher Nachlass wurde nach seinem Tode für da»
Landesarchiv zu Idstein angekauft und beruht jetzt im Staatsarchive zu Wies-
baden. Ein im Besitze des Altertums- Vereins befindliches, in den Annalen*)
veröffentlichtes Verzeichnis dieses Nachlasses von der Hand Rosseis ist fehler-
haft und unvollständig.
*) Annalen XVII, 7ü.
Zu den
Ruprecliten von Nassau und ihren Gemahlinnen.
Von
Joseph Hillebrand*
In Bezug auf die Nassauischen Grafen dea Namens Ruprecht herrseht
'schon insofern Verwirrunf^, als sie von Vogel, Schliephake-Menzel und
laenbeck (in der St am rata fei, Annalen XV, 187!), S. 113 ff.) verschieden ge-
zählt werden. Ruprecht L wird übereinstimmend so bezeichnet. Ruprecht IL
Vogels und Isenbeeks aber will Schliepliake (I» 253 ff. und 268) über-
haupt nicht recht gelten lassen und zählt er nicht mit. So ist denn Vogels
und laenbecks Ruprecht III. (der Streitbare) ihm der Zweite dieses Nameus
(in Menzels Register allerdings auch der Dritte), Vogels Ruprecht IV. ist
bei Schliephake R. III. (in Menzels Register H.), bei Isenbeck R. V.;
Vogels R, V. hinwiederum ist bei Iseubeck R, IV., wahrend er bei Schliep-
hake-Mendel wieder nicht mitgezählt ist. Herr Pfarrer Ludw. Conrady hat
in seiner ^Geschichte des Ilauses Nassau" im vorigen Annalen-Bande, wohl um
die Verwirrung nicht noch zu vergrOssern, mit Recht bei der Zählung sich an
Vogel angeschlossen^ wie es auch hier geschehen solL Es empfiehlt sich das
um so mehr, weil Vogels Ruprecht UI. und IV. beide Gemahlinnen des
Namens Elisabeth hatten und Conrady nun glaubt auch dem Grafen Rup*
recht II, eine seither einem anderen Ruprecht beigegebeno Elisabeth zuweisen
zu sollen f w^as eine weitere Verschiebung in den genealogischen Verhältnissen
jener Zeit im Gefolge gehabt hat. Ruprecht der Streitbare nämlich (IIL nach
Vogel), welcher nach der seitherigen Annahme Elisabeth, eine Tochter Em ichs IIL
von Leiningen, die als 1159 oder 1169 bereits vermählt und noch 1235 lehoud
galt, zur Gemahlin hatte, soll eine Elisabeth, Tochter Em ichs It., von dem
aber eine solche nicht nachweislich, bekommen. Der Ruprecht dagegen, Vogels
R, IV., der als Gemahl der Elisa von Schaumburg galt, soll nach ihm mit
jener Elisabeth, der Tochter Emichs Ilf* von Leiningen, die noch 1236 am
Leben war, vermählt gewesen sein. Und der Elisa von Schaumburg, die, wenn
sie nicht geradezu dem Isenburgischen Hause angehörte, mindestens in nahen
verwandtschaftHchen Beziehungen zu demselben stand, gibt Conrady statt
Ruprechts IV. zum Gemahl Ruprecht IL, dessen Gemahlin seither unbekannt war.')
*) NiLcli Vogel troUiüli i Iletirhretb^. de» H^rt. NAütou^ H. 302) hieas sie Beatrix, wie
»*nnf Muller, wi>geg«ii i. Hcblieph. 1, ^- ^^^*
210
Ich kann Herrn Conrady hierin aber nicht beistimmeD. Er geht davon
aus'), dass Elisabeth, die Gemahlin Buprechts III. des Streitbaren (dass dieser
eine Gemahlin des Namens Elisabeth gehabt, schliesst man aus dem Arnsteiner
Totenregister, weil dort ein Rupr. und EI. als Eltern Hermanns") bezeichnet
sin4, der eben ein Sohn Ruprechts des Streitbaren war), die als eine Gräfin von
Leiningen anzusehen ist, weil in einer undatierten, von Senckenberg und
Kremer ins Jahr 1159, von Knoch 1169 gesetzten Urkunde^) bei den Zeugen-
angaben es heisst: „Ego Emicho, Hermannus, Eberhardus, Fridericus filii mei,
Rubertus comes de Nassowen gener meus^, dass also diese Elisabeth und
die Elysa quondam comitissa de Nassouuia, die im Jahre 1235 vorkommt^)
und als Tochter Em ich s III. von Leioingen*) erwiesen ist, nicht wohl dieselbe
Person sein könnten, während sie ziemlich allgemein dafür gehalten werden.
Wenn Elisabeth von Leiningen von 1235 die Gemahlin Ruprechts HI. wäre,
meint Conrady, so würde 1235 deren Alter, wie es für diesen Fall mit Hilfe
verschiedener Daten über Emichs HI. andere Töchter, besonders Luckarde
berechnet wird, ein zu hohes sein. Die Elisa vou 1235 muss also einen
jüngeren, später lebenden Gemahl erhalten und erhält durch ihn Ruprecht IV.,
den Sohn Heinrichs I. von Nassau, dem Schliephake eben die Elisa von
Schaumburg (Mutter der Gräfin Luckarde von Virneburg) zugewiesen hatte,
die er wegen des Isenburgischen Mitbesitzes von Schaumburg für eine Isen-
burgerin hielt. Da aber doch in der teils 1159, teils 1169 gesetzten Urkunde
schon ein Ruprecht von Nassau, der nicht wohl ein anderer, als R. der Streit-
bare sein kann, als gener eines Emich von Loiningen Zeuge Emichs ist, so
soll gener hier, wie allerdings nicht selten, sogar „maxime** nach Du Cange-
Henschel, Schwager bedeuten und Ruprechts IH. Gemahlin Elysa also eine
Tochter Emichs des Zweiten von Leiningen sein.
Dagegen ist Folgendes zu erinnern. Die undatierte Urkunde kann
nicht nur, wie Knoch meint, ganz wohl 1109, sie kann noch später ausgestellt
sein, nach Schliephake^) „merklich später*, auch, wie Conrady selbst 8. 90
darthut, nach 1179. Ich finde insbesondere in den Namen der Zeugen in der-
selben, wie auch sonst, nichts, was dagegen spräche. Abgesehen vou den
Zeugen ist übrigens wenig Anhalt zur Zeitbestimmung geboten. Der Zeuge
Konrad, Bischof von Worms, könnte Konrad I. von Steinach (1150 — 1170) oder
auch Konrad II. von Sternberg (1171 — 1192) sein. Von Emichs drei genannten
Söhnen überlebte Friedrich den Vater und lebte Eberhard noch 1179.*) Der
0 Ann. XXVI, 87 ff. — ^) S. Becker, Ann. XVI, 13 u. Vogel, Beschr. u. s. w. 307.
Hermann kommt in einer zwischen 1190 u. 1192 fallenden Urkunde als Vogt über Koblenzer
Güter vor, der die Vogtei resigniert hat (Mittelrh. Urkdbuch, II, 163 u. 749, Reg. No. 849)
und nocli 1240 als Mainzer Kanonikus zu St. Peter (Schlieph. I, 342, Bodmann, Rheing.
Alt. II, 874). Hermann stammte möglicherweise aus einer ersten Ehe Ruprechts und
könnte, da Ruprecht c. 1154 schon erwachsen war (8chlieph. I, 255), Elisabeth aber viel-
leicht erst c. 1160 geboren ist, ein ätiefsohn von dieser gewesen sein. Doch sind wir zu
dieser Annahme nicht geradezu genötigt, da die Geburt Elisabeths auch um das Jahr
1150 gefallen sein kann, wie weiterhin gezeigt wird. — *) Kremer, Or. Nass. If, S. 191, I, 390.
— ^) Krem er 1. c. II, S. 274. — ^) Dieser f vor 1189 nach Lehmann, Gesch. d. Burgen
u. 8. w. d. bair. Pfalz, III, S. 21. — ') I, 250. - ") Conrady I.e. und Kremer, Or.Xass. I, 891, A.4.
211
Zeuge Ildgorus de Frarikcnsftoin ermaert üu uml wird vou Köllncr') uod
Leliöiann**) auch j^'dmlteii für doa 1146 ürvviihnten und den 1164 als Zeuge
Mirtretendeo Holeu^er von Frankeostrin, Aber auch 1195 eröcheineu zwei
Idlinger von Fraiikciistciu/*) Ein llugi* (Huc) und eio HildehoUi von Isen-
burg (Eiaeuborg) treten^ wie in unserer Urkunde, so im Jahre 1146 bei KöUner'-)
auf, sie koutjun aber ebenso gut IIGO und spater noch gelebt haben, wie Emieh
seibat Der Zeuge Siegfried, Propst ^eiuadera loci*'» also wohl des Ortea, um
{\en es »ich in der Urkunde handelt, des Klasters Ilogen bei Alf-Leiningen in
der bairiachen Pfalz^ jetzt noningeü'"*), das Eniich im Jahre 1140 nach Kremer^*),
wahrscheinlich 1120 nach Lehmann'*) stiftete, scheint jedoch für 1159 nicht
zu pasEien. Denn nach einer Urkunde Kaiser Friedrichs I. vom 18. Jan. 1160*^)
war U60 Propst von Hogeu noch Härtung, der erst© überhaupt von den
Pröpsten nach Schannat.^*) Schanuat kennt dann erat aus dem Jjhre 1222
wieder einen Propst, nämlich Amilius. Aber in einer undatierten Urkunde bei
Baur'*), die dort c. U73 gesetzt ist, erscheint allerdings als Zeuge „Sigefridus
prepositua de Ilagene", worunter ich gegen Kitsert (im Register zu Baur's
Urkundeubuch) das Leiningische Ilagen, Höningen verstehe, nicht Hageo bei Bo-
lauden (Köllncr 1. c. S. 321), da als erste Laien Emich von Lüiningeu und sein
John Eberhard Zeugen sind und es sich in der Urkunde um Iberaheim (Mbesheim
hei Alzey) handelt, wo die Leiningen wenigstens 1237 einen Hof (Lehmann, Gesch.
der Pfälzer Burgen IH, 34) und 1285 eine Vogtei hatten (Baur U, 8- 380). Das
spräche also zum mindesten mehr für Knochs Ansicht über die Abfassungs-
zeit der Urkunde Emichs und für das Jahr 1 169. War nun damals Ruprecht
der Streitbare gener in der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes, wie sie doch
auch das französische gendre bis in die neueste Zeit hat, also Schwiegersohn
Emichs des Dritten, kann also seine Qemablia Elisabeth um 1150 geboren
sein, so war sie 1235 85 Jahre alt, was auch noch kein so ganz ausser ge-
wöhnliches Alter wäre. Ist aber die Urkunde aus der Zeit nach dem Jahre
1179 etwa, wofür auch wir mit Conrady selbst uns entscheiden, dann
käme als Geburtsjahr c. 11 CO und ein Alter von unter 76 Jahren für das Jahr
1235 bei Elisabeth heraus.
Sehen wir weiter zu. Luckarde^ als deren Schwester 1235 Elisabeth,
„quondam comittssa de Kassouuia'^ und nach der seitherigen Annahme Witwe
eben jenes Ruprecht des Streitbaren, erscheint, war zuerst mit Simon dem
Zweiten, Grafen von Saarbrücken, vermählt, der vor 1208 starb'*), und
tritt seit 1220'*^} auf als Gemahlin Lothars, Grafen von Wted. Wenn also
*) Ge«ch. d. Hemcbft, KiroUheira^BoUnd, 1854, S. 298. — '*) L c. U, 395. — »»i Leh-
mann L o. — ") L o. 6. 341, A. 1. — *^) Krem er, Gcsiih. de» Ardennisi-hcn Oc«chIeclit«
u, 8. w. 17«5» I, 156. — ") 1. c. ^ «) 1. c. UI, 8. 15. -^ •*) Kremer, üesch. d, Ard. 0. II,
8. 248. — ^) HiBtoria epUeop, Wormiit, 17H4, I, 8, 151, — »») HeMWche Urkimdea, IT, 186«,
8. 2S. El ist die ^von Brinokmeier l, 22 angefahrte, aber nicht nachj^rewietiene*' Urkundo
(Conrady, 8, W, A. J>). — **) nach KOIlner. Geeoh. de» ßaarbrQck. Lniidea, 1841, IL,
8. 79. 8. »noh Mittelrhein. Urkdb, II, 8. 315 ii, S. 778 zu Hegest UM »4. Nach Krem er,
0(«acU« de» Ardetin. üesohl^cht« 1, 15H war er 1211 tot Da*» er nach 1214 gestorben »ei,
wie Conrad jT rmch Briackmeier'i» unjcuverUnfiigen Angaben annimmt iß, 89), ist wohl
nicht richtig. — '*) Qörz, Mitt<!lrh. Kegesteu U, S. 411, vergi. 8, 4HH u. 434-
212
Luckarde nicht weit von der Geburtszeit von Ruprechts des Streitbaren
mahlin das Licht der Welt erblickt hätte, so wäre me, meint Conrady, bein
Tode ihres Gemahls Simon 55 oder 05 Jahre alt gewesen; daas sie dann nocj
einen zweiten Gemahl gefunden, hält er für höchst uDwahrecheinlieb, Naii
nimmt ja aber Conrady doch auch die Zeit nach 1179 als Ausstell ungazeid
für die mehrerwähnte Urkunde ao, kann also als Gebnrtszeit Luekarden
etwa das Jahr 11 60 oder später ansetzen. Und dann war diese, als ihr*
erster Gemahl (c. 1208) starb, eben nicht c, 65, sondern noch nicht 48 Jahre
alt* In der Wersehweilerer Stißungsurkunde von 1180, wo als Zeugen ein
Graf Simon (woher, steht nicht dabei) und seine Söhne Heinrich und Friedrich
genannt werden'*"), können — das sagt Conrady selbst — nicht Simon dei^
Zweite von Saarbrücken und seine und Luckardens Söhne gemeint seiajl
Es kann und wird vielmehr gegen Kreraer mit Crollius, den Conrady eitleri,
noch ebenso an Simon den Ersten zu denken sein, wie in einer Urkunde von
1179*^), wo neben des Orafeu von Saarbrücken Söhnen Friedrich und Ileinric^
als dritter Sohn Propst Albert geuannt wird, den auch Kremer'^) für eine
Sohn Simons des Ersten erklärt, Ist das so, dann braucht man fiir Luckarde
1180 noch keine erwachsenen Söhne anzunehmen und kann sie selbst ab
eben erwachsen in diesem Jahre oder kurz verheiratet gelten. Sie kann ja
von den Kindern Emichs 111. von Leiniogen, deren wir sieben kennen**)^ eines
der jüngsten oder geradezu das jüngste gewesen sein, wie es Lehmann an-
nimmt. Lothar von Wied war c. 1208, als Luckardena Gemahl Siraon D.
von Saarbrücken starb, auch nicht mehr jung. Denn sein Bruder Theoderich,
der spätere Erzbischof von Trier (f 1242), war 1189 bereits Geistlicher"^)^
seine Schwester Theodora war 1185 schon mit Bruno von Isenburg vermtihlt''*)^
und so ist nicht ausgeschloasen, nicht einmal ynwabrsclieiulich, dasa Lothar*
Verheiratung mit der Witwe von Saarbrücken — sie erscheinen urkundli<
roi»
icll
I
als vermählt zum ersten Mal 1220, könnten aber nach dem Gesagten seh*
c. 1210 in die Ehe getreten sein — auch seine zweite war. Da nun abei
als im Jahre \\^i> bereits einigermasseu erwachsene Kinder Simons IL und
Luckardons von Saarbrücken Simon IlL, Heinrich, der spätere (1217 — 123
Bi^schof von Worms, der schon 1212 Propst war, Friedrieli, Stephan, schon 121
Propst, und Gisela gelten*'), woraus nach Conrady folgt, dass Heinrichs Gebu:
schon mindealena 1178 anzusetzen sei, Luckarde jedoch, wenn sie seine Mutt
gewesen wäre, wieder als „hohe Sechzigeriu** zur zweiten Ehe geschritten seil
würde, so will er diesen Heinrich gar nicht als Sohn von SiinoD IL nw
Luckarde gelten lassen und sieht in Heinrich eiuen Bruder Simons IJ, A
gesehen davon jedoch, dass selbst bei Ausetzung des Jahres 1178 als Geburt
Jahres des Bischofa Heinrich von Worms Luckarde c, 1210 keiue hohe SechzigeriifJ
sondern nur eine aogehende Füofzigerin zu sein brauchte, widerspriclit gau
ausdrücklich der Vermutung Conrady 's, dass Heinrich ein Bruder Simons U.
*>) Conrftd^r* 8. 90. Vorgl. Kremer l c. 1, i:ui. — -') H. GürÄ, Miltelrli. Eegefiieti 11^
S, 115. — *■) Gesch. des Anlenn, Oeaihl 1, HO f., A, 0. — '*> LeliDijiiiii, U^soh. d«
Pfilzer Bargen Ol, 20. — *=^) Oörz I. n, II, R. 173, Mitteirb, Urkdb. IT, S. lJi3. — -*i 06f
L c. n, 8. 154. — '^) Krem er, Oeach. d. Ard, Üt-HcUt. 1, 154 u. Conraily S. 02.
213
sei, die Urkunde von 1221 bei Kremer, Orig. Nass. ü, S. 264, worin Bischof
Heinrich von Worms den verstorbenen (»pie memorie**) Grafen Friedrich (L)
von Leiningen seinen Oheim (avunculus) und den Grafen Friedrich, der als
successor eiusdem bezeichnet ist, zugleich frater noster nennt. Wie sollte
Friedrich von Leiningen avunculus des Bischofs Heinrich von 8aar-
brficken sein, wenn Heinrich ein Brnder Simons IL von Saarbrücken
wäre? Er wäre dann sein Schwager; avunculus aber konnte er nur genannt
werden als Bruder von Heinrichs Mutter, Gräfin von Leiningen. Ist also
Bischof Heinrich ein Sohn Simons H. und Bruder Simons IH. von Saarbrücken
und Friedrichs, der die Grafschaft Leiningen von dem kinderlosen Oheim erbte
und als Graf von Leiningen Friedrich H. heisst, und war Heinrich auch etwa
schon 1178, wie Conrady will, geboren, so hat sich eben seine Mutter Luckarde
zum zweiten Mal als ältere Witwe verheiratet, bei der übrigens nichts
ein höheres Alter anzunehmen nötigt, als etwa 50 Jahre. Es ist aber dann
auch kein Grund, von der Schwesterschaft Luckardens und der Ge-
mahlin Ruprechts des Streitbaren Elisabeth abzugehen und für diesen
eine ältere Elisabeth, Tochter Emichs H. von Leiningen, zu erfinden, die Tochter
Emichs des IH. dieses Namens aber einem anderen Ruprecht von Nassau
ohne weitere Stützpunkte zuzuweisen. Und so gut Luckarde 1235 noch lebte
(ihr Gemahl Lothar noch 1243. S. mittelrh. Urkdb. HI., S. 576), ebenöo gut
kann auch ihre Schwester Elisabeth dieses Jahr noch erlebt haben, mit der
und deren, wie ihrer eigenen Schwester Alberade von Cleberg sie damals'') die
Schenkung an die Kirche zu Limburg machte. Das Wort gener in der öfter
erwähnten, früher c. 1159 oder 1169, von Conrady selbst, dem wir darin
also beistimmen, nach 1179 gesetzten Urkunde muss dann freilich seine alte
Bedeutung „Schwiegersohn** behalten.
*») Kremer, Or. Nass. U, 8. 274.
15
Band XXVI (1894) der Ännalen des Vereins für Nassauisclie
Ältertumökunde und Geschichtsforschang.
ein gestickter — bedeckt* — ist wa
4 u. 5 V. o. lies Loch bäum 8t. Logbanm.
6 lies labbaD st. laohan.
10 Mm tachbii€ha st. lögbore. Übrigens ist dies nicM die älteete
ErwabBung dieser Grenzbäume.
12 lies FIurDamea st. EigeoDameü.
Das Folgende bezieht sich auf Waldungen im Kreise Neuwied (die sogenannten
Rahmhecken). Der letzte Satz soll heissen: Die Form des Zeichens ist
häufig die einer Hausmarke oder ein Kreuz.
D ü s s e 1 1 , Amtsgerichtarat.
Römische Geschütze.
Von
ObertilUnteniint a. D.
Hierzu 25 Textabbildungen.
Die im Herbst 1894 ausgeführte Ausgrabung des 5 km nördlich von Ems
gelegenen Limeskastells Arzbach- Äugst ergab unter anderen Funden auch eine
Anzahl Waffen teile, von denen einzelne ein besonderes Interesse beanspruchen.
Der praktische Lokalforscher, der sich der mühevollen Aufgabe unterzieht,
mit Hacke und Schippe den oft mehr als dürftigen Resten römischen Anbaues
und römischer Herrschaft in Deutschland nachzuspüren, begrüsst, nach oft
tagelangem vergeblichen Suchen, stets mit Freude die Auffindung von Baulich-
keiten, bei denen — wenn oft auch nur in wenigen Steinlagen — noch Über-
bleibsel des aufgehenden Mauerwerks erhalten sind, besonders dann, wenn An-
zeichen vorliegen, dass die betreffenden Gebäude durch Feuer zerstört sind
und der Brandschutt seither möglichst unberührt geblieben ist. Mit neuem
Eifer wird dann die Arbeit fortgesetzt — aber nur zu oft werden auch in
solchen Fällen die Hoffnungen auf lohnende Funde getäuscht, denn die Mehr-
zahl der römischen Bauwerke wurde, nach der Wiedereroberung des Landes
durch die Germanen, erst dann den Flammen übergeben, nachdem sie gründlich
ausgeräumt worden waren. Günstiger lagen die Verhältnisse im Kastell Arzbach-
Augst, denn die dortigen Baulichkeiten waren augenscheinlich vor ihrer Plünde-
rung eingeäschert worden, entweder bei der Erstürmung dieser Befestigung
durch den Feind, oder beim Rückzuge der Besatzung durch diese selbst; aber
auch hier hatte man später noch genug verwendbare Gegenstände gefunden,
die nicht zu hoch mit Schutt und Trümmern bedeckt waren oder zufallig bei
der Einebnung des Terrains und durch den Ackerbau zu Tage kamen.
Am ergiebigsten an Fundstücken erwiesen sich die Thortürme, und
unter diesen besonders der östliche Turm der porta praetoria, dessen Obermauer
noch in Höhe von durchschnittlich 75 cm vollständig erhalten war. Gleich zu
Beginn der Arbeit stiess man hier auf einen starken, halbverkohlten, eichenen
Balken, der beim Niederbrennen des Turmes in die rechts vom Eingange
gelegene Südecke desselben gestürzt war und sich hier in schräger Stellung
schützend über das Essgeschirr eines Soldaten, bestehend aus Napf, Teller und
Tasse, gelehnt hatte, welches vor mehr als 1600 Jahren dorthin gestellt und
15*
216
nun — bis auf eine unerheWiche Beschädigung des Tellers — vollkommen
unversehrt zu Tage gefördert wurde. Die daraufhin mit aller Vorsicht vorge-
nommene völlige AusriiurauDg des Turminnern bereicherte das Museum tu
Wiesbaden um 18 Fondnummern, worunter sich die wichtigsten der nachstehend
aufgeführten Gegenstände befinden:
1. Zwei Spitzen der gewöhnlichen, zur Ausrüstung der Hilf»-
trnppen gehörigen, kleinen Lanzen (Fig. 1).
2, Ein kleines Bruchstück von der Tülle einer solchen Lanace
(Fig. 4), Dasselbe ist dadurch bemerkeuswertj daas in der Tülle noch ein
Stück des hökernen Lausen-
*^' '^ Schaftes vorhanden und letz-
terer mit einem eisernen
Kern versehen ist. IHe0e
Einrichtung macht es erklär-
lich, daas es überhaupt mög-
lieh war, in deu überaus
kleinen Tüllen dieser Waffen
genügend haltbare Schafte an-
zubringeo.
3. Zwei eiserne Ringe ,
von 30 bezw, 35 mm Durch- fl
messer, mit etwa 4x4 mm
quadratischem Querschnitt
(Fig. 4'). Diese Ringe dien-
Um ohne Zweifel zur Ver-
bindung von Eisen und Schaß
I
bei aolt^hen Watten, die mit geschlitzter Tülle versehen waren, in der Weise»
wie dies in der beigegebenen Skizze angedeutet ist. Dieses anscheinend pri-
mitive Verfahren ist dennoch ausserordentlich zweckmässig, weil eine solche ^
VerbiuduDg sehr haltbar ist und beim Schwinden des Ilolzes, infolge Eintrock- V
nens desselbeuj leicht durch weiteres Auftreiben der Ringe auf den Konus
nachgespannt werden kann,
4. Eine ungewöhnlich schon geformte und sorgfältig gearbeitete
Spitze von einem Pfeil der Armbrust (Fig; 3),
5. Zwei Spitzen von Pfeilen der (späteren) Ballista (Fig. 2)^ wie
sie in älmlichen Formen öfters in den Kastellen gefunden wurden und bei
Lindenachmit: „Die Altertümer unserer heidnischen Vorzeit (VI, 5)** abge-
bildet sind. Dieselben werden irrtümlich zuweilen für Spitzen einer besonderen
Ai't von Wurflanzen gehalten.
li» Eiserne Beschläge und sonatige Teile von Geschützen') (Fig. 5
'} Selbst diejenigen Leaer, wcleho mit den narhstoiienilen Auafilhmiig-en^ inROweit d}«-
aelUen sich auf die riimiäi-ho ArtiUerie beziehc^n^ nkht in alten Pnnkteii einTerHtanden siiiil, {
werden zugeben müssen, dasfi durcli die betreffenden Funde Yon Arstbaoh- Äugst eln^^ w«ii<
▼orllufig auch nur unftiehere Grundtage für die Kekoustrukliän der um die Mitte des iIHi
217
I
I
I
I
I
I
I
bis 25). Die ArmieruDg der germanischen und rätischen Kastelle mit Geschützea
wurde bisher lediglich deshalb vorausgesetzt, weil man Steinkugelu und andere
Gegenstände auffand, von denen man annehmen konnte, dass sie ala Geschosse
gedient haben. Die Funde von Ar^bach-Augst liefern zum erstenmal Stucke,
die teils mit Sicherheit, teils mit grosser Wahrscheinlichkeit als Bestandteile
römischer Geschütze zu bezeichnen sind; dieselben beweisen deshalb direkt die
Vorwendung der letzteren in den genannten Befestiguugeu und geben gleich-
zeitig einigen Aufschluss über ihre Konstmktion.
Zu den gegebenen Zeichnungen wird folgendes bemerkt:
a) Schleuderhaken (f) eines Onagers (Fig. 5), Dieses Geschütz,
lessen Konstruktion (nach Köchly und Rüatow: „Griechische Kriegsschrift-
steller'*) durch die beigefügte Skizze veranschaulicht wird, war bekanntlich das
Warfgeschütz der späteren Zeit. Dasselbe bestand in den Hauptsachen aus
den beiden durch Riegel in paralleler Lage zueinander festgehaltenen Wänden ({x)y
dem durch entsprechende Durchbohrungen der letzteren gezogenen Spannnerven-
bundel (h)^ dem Schleuderarra (c)^ der Windevorrichtung (d)^ der Schleuder
(g) und dem Widerlager f%). Das Laden des Geschützes erfolgte, indem der
in senkrechter Richtung mit einem Endo durch die Spanunerven gesteckte
Sehleuderarm (c) mittels der Winde (d) in eine nahezu horizontale Lage ge-
bracht und die Schleuder mit Qeschoss (g) an einem am anderen Ende dieses
Armes angebrachten Haken aufgehängt iivurde. Beim Abschiessen des Geschützes
löste der Geschützführer durch einen kräftigen Hammerschlag gegen einen
Nagel der Spann Vorrichtung den Schleuderarm, der nun infolge der Elastizität
der Spannnerven, unter heftiger Erschütterung von Geschütz und Geschützstand,
bis an das Widerlager (e) zurückschnellte, wobei das Geschoss (q) frei wurde
und im hohen Bogen zum Ziel flog.
Das vorliegende Fundstück kennzeichnet sich als der zum Aufhängen der
Schleuder (g) bestimmte Beschlag (f) des Schleuderarmes (c) einmal durch
seine überaus starke Konstruktion und die zweckentsprechende Form des Hakens,
dann aber vor allem durch die eigenartige Verbindung dieses Beschlagteilea
mit dem Holz. Solche Yerbindungen wendet man nämlich auch heute noch
an und zwar ausschliesslich in den Fällen, w^o ea sich — wie beim Schleuder-
arm des Onagers — um Teile handelt, die starken Erschütterungen ausgesetzt
werden ; sie bestehen darin, dass die durchgezogenen Niete (h)^ wenn nicht an
beiden, so doch wenigstens an je einem Ende mit einem starken, cylindrischen
Ansatz 0t) versehen sind, der den Zweck hat, die Anlagefläche des Nietes zu
vergröBsern und dadurch zu verhindern, dass derselbe sich infolge der Stösse
in das Holz eingräbt, wodurch zunächst ein Lockerwerden, dann aber sehr bald
I
ifahrhttnderte n. Clir. bei den RSmern im Gebrauch gewesenen Geflchütze gefichafTen worden
ist. Der YerfAascr ist der Ansicht^ dass auf dieser Grundlage weiter g^ebaut werden könne
und glaubt annehmen zu dürfen, dass in den Museen und Frirat»amniluug;en uocb manche,
bisher als ^tinbekatiuie Itofcblagfeile'^ rubrizierte Stücke TOrbanden seien, die sieh willig in
den Torhandenen Bahmon einfügen la>i»en. Mitteilitng'en über bezw« bisher nicht publizierte
Funde (uiit«»r der Adr, Berlin W., Hchaperstr. 10) wärden denselben jsu besonderem Dank
veqiflichten.
^
218
ein Abbrechen des betreffenden Beschlages herbeigeführt würde. Bei dem aof-
gefiindenen Schlenderhaken sind drei solche mit je einem cvlindrischeii Ansatz
(Tc) versehenen Niete (h) vorhanden. Dass das betreffende Geschütz stark
im Gebranch gewesen ist, beweist der Umstand, dass man Ton aussen in das
von dem 163 mm langen Beschläge umschlossene Holz in schräger Riebtang
einen noch erhaltenen eisernen Nagel eingetrieben hat, der keinen anderen Zweck
gehabt haben kann, als das, trotz der soliden Befestigung, locker gewordene
Beschlagstück wieder festzukeilen.
Bemerkenswert ist noch, dass auch durch die Terrainbeschaffenheit die
Aufstellung eines Onagers in dem Turm der porta praetoria des Kastells, woselbst
der in Rede stehende Schleuderhaken aufgefunden wurde, angezeigt ist. Das
Terrain fßXii nämlich vor der Prätorialfront zuerst sanft, dann steiler zu dem
300 m entfernten Wetzelbach ab. Der Abhang dieses Baches war von dem
Kastell aus nicht einzusehen, ausserdem aber erschwerte der nur 50 m vor der
Front des letzteren verlaufende Grenzwall den Überblick über das Yorterrain
erheblich; dass unter diesen Umständen hier nur Wurfgeschütze mit Vorteil
verwendet werden konnten, bedarf wohl keiner weiteren Begründung.
Was nun den Wert dieses Fundes anbetrifft, so liegt derselbe haupt-
sächlich darin, dass durch die Feststellung des Umstandes, dass zur Geschütz-
ausrüstung dieses Kastells ein Onager gehörte, einiges Licht in die in artille-
ristischer Hinsicht völlige dunkele Zeit des dritten Jahrhunderts n. Chr. gebracht
wird. Die von Yitruv beschriebenen Geschütze der ersten Kaiserzeit bestanden
bekanntlich aus Katapulten und Ballisten; beide waren in den Hauptsachen
ziemlich gleich konstruierf, nur war das erstere als Flachbahn-, das letztere
als Wurfgeschütz eingerichtet. Die Verwendung dieser Konstruktion ist nach-
zuweisen bJH in das zweite Jahrhundert n. Chr., denn man erkennt dieselbe
wieder auf den Darstellungen der Trajanssäule ; von da ab aber fehlt jede
Nachricht bis in die zweite Hälfte des vierten Jahrhunderts n. Chr., wo Am-
niianus MarcellinuH uns den der Ilandschleuder nachgebildeten, einarmigen
Onager als Wurfgeschütz und die Ballista — anscheinend im wesentlichen die
alte Katapulte - - als Flachbahngeschütz vorführt. Wann und wie der Über-
gang von der einen zur anderen Periode erfolgt ist, wissen wir nicht. Durch
den vorliegenden Fund wird nun die interessante Thatsache konstatiert, dass
die römische Artillerie zu der Zeit, als das Dekumatenland geräumt wurde —
also etwa 2G0 n. Chr. — bereits in ihre zweite Periode eingetreten war.
b) Bruchstück eines Drückers (epitoxisj (Fig. 10), gefunden in einem
Turm dor portff pr'mcipali>i shnstra. Leider wurde beim Lockern des Bodens
mittels der Kreuzhacke durch den betreffenden Arbeiter das Fundstück zer-
schlagen und konnte das zugehörige Stück, trotz sorgfaltiger Durchsuchung der
ausgeworfenen Erde, nicht aufgefunden werden. So sehr dies im Hinblick auf
(1:18 Interesse, welches dieser Fund in Anspruch nimmt, zu bedauern ist, so
genügt andererseits das vorhandene kleine Bruckstück, um in demselben, nach
den auf Grund der Überlieferungen von Heron, Philon und Vitruv durch
Köchly und Rüstow a. a. 0. entworfenen Zeichnungen der antiken Geschütze,
mit Sicherheit die rechte Hälfte der Klaue derjenigen Vorrichtung zu erkennen,
219
die 2um FesthaUen der tnifcteU der Winde gespannten Sehne (x) während des
Ladens bzw; zum Abschiossen des Geschützes diente und Drücker genannt wurde.
In Fig. IQ iät das aufgefundene Bruchstück durch allerdinga rohe Schnitz-
arbeit aus Kiefernborke soweit ergänzt, dass wenigstens das Funktionieren dieser
Yorricfatung veranschaulicht wird; erläuternd ist zu dieser Skizze hinzuzufügen^
dass der Drücker (y) um einen am ^Läufer* des Geschützes befestigten Quer-
bolzen soweit drehbar war, dass, wenn die Klaue auf der Läuferbahn aufliig,
das entgegengesetzte Ende des Drückers hoch stand, und umgekehrt.
Sollte das Geschütz geladen werden, so wurde der Läufer so weit vorge-
schoben, bis die Klaue über die (ungespannte) Sehne übergriff; dann wurde der
keilförmige Hebel (js) unter das hochstehende Ende (y) des Drückers geschoben,
der Läufer und mit ihm die durch die Klaue festgehaltene Sehne mittels der
Wiudevorrichtung zurückgezogen und schliesslich der Pfeil auf die Läuferbahn
gelegt. Zum Zweck des Abschiesseus war es dann nur nötig, den Hebel (z)
mittels eines Abzuges zurückzuziehen, wodurch das hintere Ende (y) dos
Drückers niederfiel resp, die Klaue hoch ging, die gespannte Sehne (x) frei
wurde und das Qeschoss vorwärts schnellte.
Selbstverständlich konnte eine solche Yorrichtung nur bei der zweiarmigen
BaIHsta, nicht aber bei dem Onager angewendet werden, und so bietet denn
dieses Fundatück einen weiteren Anhalt für die Feststellung der Armierung
des Kastells insofern, als dasselbe darauf schliessen lasst^ dass ein solches Ge-
schütz an dem angegebenen Fundort aufgestellt war. Und in der That ent-
spricht, wie auf der Prätorialfront das Wurfgeschütz, so hier das Plachbahn-
geschütz vollkommen den Terraiusverhältnissen, denn auf dieser (der linken
Prinzipal-) Front fallt das Terrain unmittelbar vor der Berme steil zu dem
breiten Wiesengrund des Arzbaches und das vorliegende Gelände ist überall
bis auf eine Entfernung von mindestens 400 m vollständig einzusehen,
c) Zwei eigentümlich geformte eiserne Ringe (Fig. 6 u. 7). Der
kleinere dieser Ringe wurde in dem mehrerwähnten Turm der porfa prneforia,
der grossere in einem Turm der porta principalis dextra gefunden. Beide
Ringe lassen, trotz ilirer schlechten Erhaltung, eine sehr sorgfältige Bearbeitung,
eine vollkommen gleiche Konstruktion und eine fast genaue Proportionalität
ihrer Abmessungen erkennen. Ihre Stärke ist im Verhältnis zum Durchmesser
(88 bezw. 108 mm) und zur Breite (23 bezw. 27 mm) auffallend gering und
nimmt von den Rändern nach der Mitte zu; am äusseren Umfange sind sie mit
jo einer, im Querschnitt parabolisch gestalteten, ziemlich starken Mittelrippe
vorsehen. (Siehe Profilakizze.)
Diese ausaergewöhnliche Beschaffenheit der Ringe berechtigt zu dem
Sohluss, dass dieselben besonderen Zwecken dienten, und die Funduniatände
legen die Vermutung nahe, dass sie als Geschützteile Verwendung fanden. So
überaus schwierig es nun iat, die Bestimmung derartiger Gegenstände zu er-
kennen, so ist in dem vorliegenden Falle doch der spezielle Zweck dieser Ringe
mit einiger Wahrscheinlichkeit festzustellen. Sehen wir uns die antiken Geschütz-
konstruktionen näher an, so muss es auffallen, dass man die Spannnerven direkt
durch die entsprechenden Löcher dar Geschützwände zog, denn es ist ein-
220
leuchtend, dass unter diesen Umstanden beim Laden und beim Abscbiesscn der
Geschütze, infolge der tordierenden Bewegung der Spannnerven, eine starke
Reibung und demzufolge auch eine schnelle Abnutzung der letzteren eintreten
musste. . Legte man aber solche Ringe, wie die aufgefundenen, in die betreffen-
den Durchbohrungen der Geschützwände so ein, wie dies in der zu Fig. 6 und
7 gehörigen Skizze bei w — w angedeutet ist, so wurde diese Reibung natur-
gemäss erheblich vermindert und zwar dadurch, dass die Spannnerven sich nnn
nicht mehr an die auch bei sorgfaltigster Bearbeitung immer noch rauhen
Holzflächen, sondern an die glatten, eisernen Reifen anlegten, die sich ausser-
dem infolge ihrer geringen Stärke den Torsionsbewegungen der Spannneryen
anschmiegten, wodurch die Reibung noch mehr abgeschwächt wurde. Die
Rippe auf der Aussenfiäche der Ringe würde dann zweckmässig zum Festhalten
der letzteren in der ihnen angewiesenen Lage gedient, insbesondere ein Hin-
gleiten derselben in die Durchbohrungen der Wände verhindert haben.
Ist diese Vermutung über die Verwendung qu. Ringe richtig, so würden
uns dieselben das wichtigste Mass der betreffenden Geschütze überliefern,
nämlich das Kaliber, welches bekanntlich durch die Stärke des Spannnerven-
bündels im Spannloch bestimmt wurde und das Grundmass für alle übrigen
Abmessungen der Geschütze bildete. Demnach würde auf dem erwähnten Turm
der porta praetoria des Kastells ein (rund) 9 cm Onager aufgestellt gewesen
sein und vielleicht ist es kein Zufall, dass der Durchmesser des dort aufge-
fundenen kleineren Ringes von ca. 88 mm*) ungefähr dem von Vitruv (X, 14)
angegebenen kleinsten Kaliber (von 5 Zoll = 92,5 mm) des älteren Wurfge-
schützes (der Ballista) entspricht; dass man an dem für dieses Geschütz ein-
geführten Minimalmass auch in der späteren Artillerieperiode und bei ver-
änderten Konstruktionsverhältnissen festhielt, dürfte nicht unwahrscheinlich sein,
und dass die Mehrzahl der Limeskastelle thatsächlich mit Geschützen kleinen
und kleinsten Kalibers armiert war, geht aus den in der Regel beschränkten
räumlichen Verhältnissen der Geschützstände, sowie aus den meistens geringen
Dimensionen und Gewichten der aufgefundenen Geschosse hervor. Schwere
Geschütze verwendete man sicherlich nur in grösseren und wichtigeren Be-
festigungen und in diesen auch nur da, wo es sich um die Bestreichung von
Defileen, schiffbaren Flüssen oder dergl. handelte.
d) Bruchstücke eines starken eisernen Beschlages (Fig. 8). Dieser,
sowie die in Fig. 11 bis 25 abgebildeten Beschlagteile wurden ebenfalls in dem
mehrerwähnten Turm der porta i^raetoria gefunden. Wenn auch nicht behauptet
werden soll, dass diese Gegenstände sämtlich von dem dort aufgestellten Onager
herstammen, so kann dies ihrer Beschaffenheit nach doch sicher von der Mehr-
zahl derselben angenommen werden.
Eiserne Diebel, wie Fig. 8 einen solchen zeigt, wendet man häufig zur
Anbringung beweglicher Holzarme (n) an Gestellen u. s. w. in solchen Fällen an,
^) Die Grösse des Ringes konnte, wie schon aus der auf photograpliischem Wege her-
gestellten Zeichnung ersichtlich ist, nur annähernd bestimmt werden; der Durchmesser desselben
kann ebenso gut um einige Millimeter grösser gewesen sein und dem von Vitruv angegebenen
Mass genau entsprochen haben.
221
Iwo es nicht auf eine besonders grosse Haltbarkeit der Verbindung ankommt.
Der Üichol wird zu dieeem Zweck in das Hirnende eingetrieben und um letzteres
[ein heiasor Ring fest heruragelegt,
Fijr. 5 bis 25.
e) Bruchstück eines istarken, eidernen Beschl i uor acht-
Fkantigen Holz welle (Fig. 9), gefunden im Exerzierhause de» KastelR
f) Bruchstück eines kreisförmig geschnittenen, dünnen Eiscn-
blechstreifens (Fig. 11). Derselbe konnte zweckmässig zur Feststellung der
Elevation des Geschützes dienen, wenn er mit einer entsprechenden Gradein-
teilung versehen und so am Geschütz angebracht war, dass er den Winkel
bestimmte, den der Schleuderarm, im Zustande der Spannuug, mit dem Geschütz-
staude bildete. Die Drehachse des Schleuderarms niusste dann in dem Mittel«
punkt desjenigen Kreises liegen, nach dem dieser Blechstreifen geschnitten war*
222
g) Zwei starke, eiserne Haken (Fig. 12 n. 13), wie aofete o. i.
aoeh bei Winden zum Befestigen Ton Tanwerk rerwendec werd«i.
h) Brachscüek eines langen, eisernen Bolzens (Tig^. 14/ nm q^Li-
dradschem Qaersehniu and stark gewölbtem Kopf.
I) 1 1 Stack eiserne Nägel Ton Terschiedener Form xmd Grodse (Ti?. 15
bis 25): dieselben warden aa^ einer grossen Anzahl in diesem Turm ao&e-
fandener Xägel aasgewählt. Bescmders bemerkenswert sind diejenigen Fi?. 1'4
bis 21, welche, nach Art der Drahtstifte« mit dannen ganz flachen und ebenen,
fist genan kreisranden Köpfen yersehen sind: desgleichen die in Fig. 22 bis 25
dargesteUten, die ohne Zweifel znr Befestigung starker eiserner Bedehläge —
auch aof gewölbten Flächen — gedient haben.
7. Ein Pilam.^ Dieses in allen Teilen wohleibaltene Fandstück ist für
die Festsiellang der Geschichte dieser Waffe insofern Ton herrorragender Be-
deatang, als wir aber letztere für den Zeitraam vom Ende des zweiten bis
zum Aasgang des vierten Jahrfaanderts n. Chr. ebensowenig antenichtei sind,
wie fiber das romische Geschutzwesen.
Die Konstraktion des Rlams, welche in den letzten Jahrhunderten t. Chr.
nnaasgesetzt verbessert wurde, erreichte za Caesar's Zeiten ihren HoheponkL
Dasselbe bestand damals aas einer durchschnittlich 7 — 800 nun langen, weich-
geschmiedeten Klinge mit gehärteter pyramidaler Spitze; das Eisen war mittels
Zwinge and Niete mit dem doppelt so langen Schaft fest verbanden. Die Haapt-
Torteile dieser Konstraktion lagen darin, dass die Klinge geeignet war, Schild
and Mann zn darcbbohren and dass infolge der Yerbiegang des weichen Eisens
im feindlichen Schilde der Gegner am Gebrauch des letzt^^n behindert wurde,
da Pilum und Schild nicht leicht getrennt werden konnten. Es war eine echte
und rechte Offensivwaffe, die in allen wesentlichen Teilen unverändert nach-
weislich bis Antoninus Pius, vermutlich aber bis zum Anfang des dritten Jahr-
hunderts n. Chr. beibehalten wurde.
Mit dem Verfall des Staates und dem Niedergang der Armee verschwand
diese Nationalwaffe, der die Römer nicht zum kleinsten Teil ihre militärischen
Erfolge verdankten, und der Fund von Arzbach-Augst lehrt, dass zu der Zeit,
als da« Dekumatenland von den Germanen zurückerobert wurde — also etwa
um 260 n. Chr. — bereits eine Waffe eingeführt war, die den Übergang zu
dorn von Yegetius (ü, 15) beschriebenen Spiculum bildete. Die viereckige, mit
zwei Widerhaken versehene Klinge hatte eine Länge von nur 190 mm und ein
(iewicht von 145g; sie war mit dem Schaft nach dem von Plutarch (Mar. 25)
beschriebenen, bereits in der Cimbernschlacht angewendeten Prinzip mittels
eines eisernen und eines hölzernen Stiftes verbunden. Beim Eindringen des
l'ilums in den feindliehen Schild rausste der liolzerne Stift brechen und der
Schaft wurde an dem eisernen Niet nachgeschleift.
Die Waffe war zu kurz und zu leicht, um wirksam zu sein ; sie entsprach
der Qualität der damaligen Armee.
3) Bonner Jahrb. Heft XCVI, ö. 226 ff.
m
ii
n
Erwiderung
auf
„Einige Bemerkungen zu dem Aufsatze von Conrady, „Die Geschichte
des Hauses Nassau", in Annalen XXVI, von Dr. W. Sauer, Königl.
Archivrat und Staatsarchivar in Wiesbaden."
Auf die vorstehend genannten, mir durch Mitteilung des Herrn Yereins-
sekrctärs bekannt gewordenen „Bemerkungen^ finde ich ihrer Reihe nach das
Folgende zu erwidern.
1. Ich müsste mich dagegen verwahren, wenn Herr Archivrat Dr. Sauer
gemeint haben sollte, dass ich meiner Geschichte des Hauses Nassau den Wert
einer „ abschliessenden ** Behandlung des Gegenstandes beilege, da ich wohl einen
„Neubau^ (8. 1 derselben), aber selbstredend nicht dessen vollen Ausbau er-
streben konnte.
2. Bezüglich des mir zur Last gelegten Übersehens der namhaft ge-
machten Litteratur und der Versehen im Gebrauch der fulder und lorscher
Traditionen bemerke ich zunächst im Allgemeinen, dass meine Arbeit bis nahe
zu ihrem Schlüsse in Miltenberg zustande kam, wo mir begreiflicherweise die
Ermittelung und Beschaffung der nötigen litterarischen Hilfsmittel die grössten
Schwierigkeiten bereitete. Ich holte deshalb das dort Versagte mit Hilfe der
Landesbibliothek hier im weitesten Umfange nach, konnte aber auch bei ihr
nicht alles Gewünschte erlangen. Böhmer-Mühlbacher, Regesta imperii 1, 1
z. B. war zur Zeit meines Bedürfens hartnäckig belegt und Dronke's Cod.
dipl. verstellt, sodass ich denselben erst dicht vor Abschluss und sehr be-
schleunigtem Abgang des Manuskripts in die Druckerei benutzen, mich also
nur oberflächlich mit ihm bekannt machen konnte. Dies alles in der „Schluss-
bemerkung^ S. 130, wie meine Absicht war, zu berichten, blieb mir versagt,
da der mir dort noch gewährte Raum nicht reichte, und eine neue Seite
wegen der folgenden Arbeit nicht anzubrechen war. Ich musste mich also sehr
wider Willen damit begnügen, dass ich S. 1 meine „unzünftigen Erfifte" be-
tont hatte.
224
3* Was iin Besooderen die Nichtbenutzung der angezeigten Stellett
Wenck, Stein, Hegel uod Draudt anlangt, so hat dieselbe, wie ich aehi
meiner Arbeit nicht die mindciite Einbusse bereitet, da ich alles biete, was m
und, wie ich denke, Vollständigeres, deshalb neugierig wäre zu erfahren,
mir nachgewiesen werden köuDte, ^dass unter Benutzung dieser älteren Uoti
suchuugen einzelne Punkte sich würden anders haben gestalten können.* Merk>
würdigerweise befinde ich mich dazu mit den drei zuletzt Genannten in dei
gleichen Verdammnis, wenigstens die Stelle Wenck^s übersehen zu haben.
Noch mehr, uns allen vieren, wie Herrn 8., ist die Behandlung der Sache bei
Dahl, Rhein. Archiv, herausgeg, (zuletzt) von Neeb u. Weitzel, 1814, 14,
233, von der ich jetzt erst ohne Nutzen Einsicht genommen habe, eDtgangen.
Ausserdem wäre Hegel, um genau zu sein, !. c. 10 Anm. 12 doch nur als
Bestreiter der Idee abzuweisen gewesen. Da aber Herr 8. selber, wie er sich
erinnern dürfte, anfanglich Bestreiter derselben war, so darf ich es eigcnt
lieh finden, dass er mir ein Versehen zur Last legt, dessen er aich ad'
schuldig gemacht hat und als Fachmann in nassoicis.
4. Ablehnen muss ich leider die Anerkennung^ dass „der Wert der
selbständiger Forschung von mir gewonnenen Ergebnisse gesichert wird'\ C
sichert iät doch nur, dass die genannten Gelehrten mit mir dasselbe vermuiet
und mehr oder minder wahrscheinlich gemacht haben,
5. Das mir zur Auflage Gemachte wegen der Frage, ,,ob die Hattoi
im Wormsgau Grafen oder nur Grossgrundbesitzer waren*', darf lediglich
Widerhall von Draudt'a Bemerkung, 1, c. 478: .^dass es im Zweifel bleibt^
ob dieselben Guter im Wormsgau beaassen oder aber den Gau ganz oder teil
weise verwaUeten (s. Hegel in deo Stadtechroniken XVIH, 2, 8. 10, I6)*'i
bezeichnet werden und ist ^in entscheidender Weiae*^ aus sclbstredcnden Grfii
den nicht festzustellen.
6. Über die genau ein Dutzend umfassenden „Versehen*', die mir na
gewiesen werden wollen, habe ich, indem ich dieselben der Kürze wegen al
ptuibetisch bezeichne, dies zu sagen:
a) Der 25. für den 15, Juni ist, wie ersichtlich an der Verwechselung
von 2 mit 1, ein leider stehen gebliebener Schreibfehler und wohl \au
keinem hohereu Gewichte^ als die, die Herrn 8. Seite 195, Z. 14 t
oben mit „8, 550* statt 541, ,10** statt 11 und Auslassung der Seite!
zahl bei Stein, wie Z. 20 von oben mit ^im* statt ,in* selber bi
g^net sind, wenn der mir vorliegende Revisions bogen zum Abdrin
kam.
b) „B^^ abermals Schreib- oder Druckfehler, das Übrige erledigt du^
meine Beichte in No. 2,
c) „Randulf* Druckfehlen das Übrige durch leidige Verwechselang t.
Juni und Juli beim Übertragen aus dem romischeu Kalender entstände
d) Die „Donatio Hattonis** habe ich mit Bedacht ausser acht gel
da die Bezeichnung „comes^* fehlte, und Egino für mich
[tet
i
acht gela^j^^^H
ZI
225
unterzubriDgeu war, als für Dratidt 478, dem der Frager erat die
Wiaseascbaft vom Vorhandensein derselben verdankt»
e) u, f) Meine nach No. 2 zn beurteilende, im übrigen nichts von irgend
welchem Belange verschuldende Schuld.
g) Indem ich mich betreffs Mühlbacher*a, dessen Versagung mir gerade
bei dieser Feststellung sehr peinlich war, auf No. 2 berufe, bemerke
ich, dase die nun von ihm genommene Einsicht mich in der gleichen
Lage lässt Denn die Urkunde mit ihrem „actum in publice concilio
quod dieitur Pathrafons** in den Juni 785 setzen zu sollen, wie die
beiden namhaft gemachten dieses Datums mit , actum ad Phadra-
bunnen publice** und „actum ad Phadrebunnen*', widerstrebt
meinem diplomatischen Gewissen» wie sich denn auch Mühlbacher
wohl aus gleichem Grunde gehütet hat, der Urkunde an dieser Stelle
und darum überhaupt zu gedenken.
h) Die Angabe meines Konzepts: „Schannat 65, No, 134" ist leider
nicht in dit? Reinschrift gelangt^ und da erat bei der Revision dieser
die Vergleichung mit D renke stattfinden konnte, die letztere unter-
blieben. Cbrigens verbessere ich hier noch das von Herrn S. unan-
gefochten gebliebene „Harasheimo" in „Harahesheimo" des Konzeptes
und Textes, wie, die Gelegenheit benutzend^ gleichzeitig S, 128 den
irrigen ,,Heinrich'' in den richtigen ,,JohaüQ^\ An dem irrigen „25. Okt."
tragt wieder das Versehen beim Übertragen aus dem römischen Kalen-
der Schuld,
i) Derselbe letztere Fall und von gleicher Schwere wie a) b) c) e) f)!
k) Dieser Schein ist einfach durch Auslassung eines ,,f/' hinter „No. 16 P^
erweckt worden. Im Übrigen konnte gar nichts versehen werden, da
die Urkunden bei Schannat und D renke, abzüglich mehrfach ver-
schiedener Schreibung derselben Eigennamen, bis aufs Wort überein-
stimmen,
1) Beide Schriftatelier, von denen der letztere auch hier des ersteren
Stelle ebenso unbeachtet lässt, wie ich, tragen nicht das Geringste zur
Vermehrung oder Veränderung des von mir Gebotenen bei.
m) Der Versuch, die Urkunde vom Jahre 837 dem Jahre 787 zuzuweisen,
muss so lange als verfehlt bezeichnet werden, bis es dem Versucher
gelingt, die Leichtigkeit der Verwandlung der von Schannat gebote-
nen nlmischen Jahresziffer in die seine und dabei die Gleichheit der
Zeugen in beiden Urkunden nachzuweisen. Die Namen Adalpraht und
Adalfrid der Urkunde von 787 sind nicht dieselben mit Odil- (Drouke;
Vodil-)praht und Altfrid, vgl. Förstemanu, Ahd. Namenb. L s. vv.,
und bei den anderen fehlt einer 787, Auch hier wäre zuerst der Ver-
derb der Tlschr* nachzuweisen. Meine „Folgerungen*^ werden demnach
bis dahin noch 9&u beetehon ein gutes Becht und die Streichung der
„Bezugnahme S« 12" zu unterbleiben haben.
226
Damit ist meines Erachtens klargestellt, d^ss sämtliche erhobenen An-
stände belanglose Minutien betreffen, die dem Gange und Werte der Ton mir
angestellten Untersuchung den mindesten Abbruch zu thun nicht die geringste
Kraft besitzen. Immerhin bin ich im Interesse der Sache aufrichtig dankbar
f&r diese mühsam mikroskopiscbe Reinigung meiner Arbeit yon unliebsamen
Menschlichkeiten, auch wenn sie selber von Menschlichkeit zeugen und dämm
wohl in dieser Form nicht geübt sein sollte.
Wiesbaden, 13. August 1895.
L. Conrady, Pfarrer a. D,*
* Hiermit i8t diese Polemik für die Annalen beendet.
Die Redaktion.
Vereins-Nachrichten.
Jahresbericht des SekretSrs.
(Vom 1. April 1894 bis 31. März 1895.)
Allgemeines. Auch im verflossenen Etatsjahr war das wissenschaftliche
wie gesellschaftliche Leben des Vereins ein reges. Yorstandssitzungen
fanden statt am 25. August, 27. Oktober, 4. u. 19. Dezember 1894, sowie am
7. Januar, 3. u. 12. Februar und 12. März 1895, die gewöhnliche Oeneral-
versammlung am 15. Dezember; ihr folgte eine ausserordentliche Generalver-
sammlung am 26. März 1895.
Auch im vergangenen Jahre wurden während der Sommermonate Aus-
flüge unternommen, um den persönlichen Verkehr der Mitglieder zu ferneren
gemeinsamen gedeihlichen Bestrebungen zu fördern. Diese Exkursionen galten
zunächst dem Besuch der Nachbarstadt Mainz und zwar den eigenartigen
Katakomben unter der St. Peter- und der äusserst sehenswerten St. Ignatius-
Kirche, sowie einem Besuch der altehrwürdigen Stephans-Eirche. Sodann
folgte eine Fahrt nach Höchst a. M. zur Besichtigung der neurestaurierten,
noch aus der Zeit Karls des Grossen herrührenden Antouiter - Kirche da-
selbst, wobei Herr Pfarrer Syring in liebenswürdigster Weise als Führer
diente; von Höchst fuhr die zahlreiche Gesellschaft nach Frankfurt a. M.,
um dort das neu eingerichtete, nach jeder Sichtung vorzüglich ausgeführte
historische Museum unter Leitung des Herrn Konservator Cornil in Augen-
schein zu nehmen. Eine dritte Expedition galt dem durch Herrn Professor
Wolff aufgedeckten römischen Kastell bei Hofheim, welches das höchste
allgemeine Literesse erregte. Der vierte Ausflug galt wieder der weitberühm-
ten Saalburg, wobei, wie ebenso vorher im Saalburg-Museum zu Homburg
V. d. Höhe, Herr Baumeister Jacobi die Leitung übernommen hatte und seine
hochwichtigen Entdeckungen über die römischen Limitationen und Termina-
tionen an Ort und Stelle darlegte. Diese, sowie die inzwischen neu gemachten
Entdeckungen in und bei der Saalburg 'führten zu dem allgemeinen Beschluss,
auch im nächsten Jahre wieder einen Ausflug nach dieser klassischen Stätte
zu unternehmen. Weitere geplante Exkursionen mussten der anhaltend schlech-
ten Witterung wegen unterbleiben. —
Die Drucklegung des diesjährigen XXYIL Annalen-Bandes hat eine
unliebsame Verspätung erfahren, hervorgerufen durch tief eingreifende Störungen
228
des bisher gewohnten geschäftlichen Yereinsbetriebes, welche in Anschluss an
den Ausfall der Wahlen in der letzten Oeneralversammlung nicht nur zu einem
neuen Statuten -Entwurf, sondern auch zur Bildung einer besonderen „his-
torischen Sektion" unter Vorsitz des Herrn Professor a. D. Friedrich Otto
führten. Wir werden später Gelegenheit finden, auf diese Ereignisse eingehen-
der zurückzukommen.
Dieselben Vorgänge trugen Schuld, dass die Wahl der drei Ersatz-
männer des Vorstandes annulliert werden musste und demnach der
Vorstand bis auf weiteres nur aus folgenden Herren zusammengesetzt ist:
Direktor: Herr Dr. Florschütz, welcher gleichzeitig im Auftrage
der Königlichen Regierung provisorisch die Geschäfte des
verstorbenen Oberst von Cohausen bis zur Neuwahl des
Königlichen Konservators übernommen hat.
Sekretär: Herr Dr. Ritterling.*;
Ferner die Herren:
Rentner Gaab.
Landgerichtsrat Keutner.
Oberlehrer Dr. Wedewer.
Dr. med. Ahrens.
Oberlehrer Dr. Lohr.
Landgerichtsrat Düssell.
Major a. D. Schlieben.
In der Vorstandssitzung vom 25. August 1894 wurde auf Antrag des
Vorsitzenden Direktors der Professor a. D. Friedrich Otto zu Wiesbaden
zum Ehrenmitgliede ernannt.
Von den ordentlichen Mitgliedern schieden aus:
a) durch den Tod:
Herr Albert Charlier, Rentner, Wiesbaden (f 22. 4. 94);
„ Janotha, Schloss-Inspektor a. D., Weilburg (f 7. 5. 94);
„ Büsgen, Dr. phil., Rintelen (f 4. 6. 94);
„ Liebe, Hofrat, Gera (f 5. 6. 94);
„ August von Cohausen, Oberst z. D. und Konservator des Ver-
eins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung,
Wiesbaden (f 2. 12. 94);
„ Max von Dungern, Freiherr, Wiesbaden (f 23. 12. 94);
„ Otto Hoff mann, Wiesbaden;
„ Ferdinand Schmidt, Professor, Dillenburg (f 13. 2. 95);
„ von Wangenheim, Major, Freiherr, Wiesbaden (f 14. 2. 95);
„ Hermann von Seydlitz, Generallieutenant z. D., Excellenz,
Wiesbaden (f 1. 3. 95);
„ Wilhelm Winter, Reg.-Präsident a. D., Elmshausen (f 7. 3. 95);
„ Johannes Reber, Pfarrer a. D., Wiesbaden (f 23. 3. 95).
*) Seit 1. April 1895: Dr. Adalbert Schroeter.
229
b) durch Meldung des Austritts:
Herr Conrad Reinhardt, Buchhändler, W.;
„ Eduard Ausfeld, Dr. phil., Archivar, Koblenz;
„ Eduard Schmölder, Weinhändler, Biebrich;
„ Letzerich, Dr. med., W. ;
„ Kobelt, Dr. med., Schwanheim;
„ Thoma, Hotelbesitzer, W.;
„ August Pfeiffer, Regierungs- und Medizinalrat, W.;
„ Vogeler, J., W.;
„ Wilhelm Franz, Regierungsbauführer, W.;
„ Hermann Klein, Karlshütte, Kr. Biedenkopf;
„ von Trott zu Solz, Landrat, Marburg i. H.;
„ Weber, Amtsgerichtsrat, Wetzlar;
„ Friedrich Otto, Professor a. D., W. (am 25. August 1894 zum
Ehrenmitglied ernannt);
„ C. Abel, Rechtsanwalt, Hadamar;
„ Weitzel, Premierlieutenant, Mainz;
Fräulein Anna Maria Mawson, W.;
Herr Hugo Schroeder, Photograph, W,;
„ von Schwartzkoppen-Rottorf, Freiherr, Weinheim a. d. Bgstr.
„ Richard Ad. Meyer, Generalagent, W.;
„ Theodor Blell, Rittergutsbesitzer, Lichterfelde bei Berlin;
„ Friedrich Rupp, Reallehrer, Herborn.
Diesen 33 bis zum 1. April ausgeschiedenen ordentlichen Mit-
gliedern stehen folgende 84 bis zu demselben Termin neu aufgenommene
gegenüber:
Herr Schmidt, Landgerichtsrat, Limburg a. d. L.;
„ Franz Bossong, Buchhändler, W. ;
„ Ferdinand Nitzsche, W.;
Se. Durchlaucht Prinz Albrecht zu Solms-Braunfels;
Herr Moritz Richter, Landgerichtsrat, W. ;
„ Rudolf Faber, Chemiker, W.;
„ Rudolf Engelmann, Justizrat, W.;
„ Adam Schleidt, Gerichtsvollzieher, W.;
„ Wahl, Pfarrer, Rüdesheim;
„ von Sachs, Amtsrichter, Mitgl. der Direktion d. Landesbank, W.;
„ Wilhelm Vogelsberger, Oberingenieur a. D., W.;
„ F. Mensing, Vizeadmiral z. D., W.;
„ Oswald Tschacher, Rentner, W.;
„ Theodor Schneider, wissenschaftlicher Hilfslehrer an der Ober-
realschule, W.;
„ Georg Piepenbring, Schlossermeister, Königstein i. T.;
„ Otto Meinardus, Archivar, Dr. phil., W.;
„ Matthias Stinnes, Geolog, Wiesbaden u. Mühlheim a. d. R.;
16
280
Herr Alex* •Schüttej Major a* D», W»;
„ Philipp Kermanii Leonhard, Bildlmuer^ Eltvlll© a* Rh.;
,j Friedrich Wilhelm Kleidt, Speaglar, W,;
,, Adalbert Schroeter^ Ruatoa der KonigHcheo Landesbibliothek|
J)r, phil, W,;
j, Hoiiirich Fresenius, Profeasor» Dr. phil., W.^
,, Paul Cleoien, Dr. phiL, Provinml-KoDservator der Rbeioprci-
yln/., Boüd;
,^ Otto Fohr^ GericbtaasseMor, W.;
^, Georg Thöging, Laiidrichter, W.;
„ Emil l^iederhiiuaer, Dr,j W*;
j, Tai, Gerlach, Dr. med., W*;
„ Karl Roaer, Dr, med,, W.;
„ IL Stobbe, Dr. jun, W.;
„ Wilhelm Kaufmano, Architekt, W.;
,, Ernst Brackebtisoh, Besitzer der Oranien-Apotheko^ W,;
,, Heyn^ Pfarrer, MarieDberg;
„ Joa, Hilf rieh, Kaplan, W.;
„ Wilhelm Flügel, Kaplan, W,
Weiterhin rerlor der Verein vom 1. April d. J- bia sium Erscheinen der
Antialen:
a) durch den Tod:
Herrn K o h w - 9 p e i e r , Korn nierxienraf, Fr aük fii rt a. M, ( f 1 9, Mat) ;
' », Christian Wirth, Landesdirektor a» D.h Wiesbaden (f 26, Apr.);
,, Wilhelm Riecks, Wirk!. Geh. Kriegarat und Militär-Intendant,
Wiesbaden (f 2. Juli).
b) durch Abmeldung:
Herrn Schalk, Bibliothekar, Dr. jur., Wiesbaden;
„ Johannes Kunz, Bildhauer, W.;
Dagegen sind in dieser Zeit als Mitglieder neu eingetreten:
Herr Max Guttmann, Rechtsanwalt, Wiesbaden;
„ Hermann Schroeter, Pfarrer a. D., W.;
„ Born, Landesgerichtsrat, Limburg a. d. L.;
,, Gerhardus, Amtsrichter, Limburg a. d. L.;
„ Josef Kirchberger, Buchhändler, Ems;
„ Lossen, Oberlandesgerichtsrat, Frankfurt a. M. ;
„ S eck eis, Gerichtsassessor, Montabaur;
„ Thewaldt, Amtsgerichtsrat, Ems;
,, Tilemann, Amtsrichter, St. Goarshausen;
,, Gottfried Zedier, Kustos der Königlichen Landesbibliothek,
Dr. phil., Wiesbaden;
„ Bellinger, Bergrat, Braunfels;
Frl. Emilie Vogler, Bad Ems.
231
So stehen bei Abscbluss des Bandea 38 ausgeschiedenen 46 neu hinzu*
getretene Mitglieder gegenüber und besteht der Verein gegenwartig ausser doin
Vurätande aus 5 Ehren-, 7 korrespoodierendcn und 343 ordentlichen Alitgliedern.
Die Gesamtheit des Vereins umfasst in Sumroa! 355 Personen.
ßihltüthek. Die Bibliothek hat einen nennenswerten Zuwachs durt^h
Ankauf nicht erfahren; als wertvolles Geschenk wurde ihr durch Se, Excellenz
den Herrn Staatsminister von Stephan das Werk: Veredarius, Das Buch
von der Weltpost 3. Aufl. zugewiesen. Weitere Geschenke erfolgten durch
Herrn Sanittitsrat Dr. Flürachfitz, Herrn Oberstlieutenant a. D. Sartor ins
(Kölner Thorburgen und Befestigungen), Herrn G. Piepenbring {Die Fesr-
ungsruine Kunigstein), Herrn Professor aus^ni Werth (KunstdenkTnüler des
christlichen Mittelalters in den Rbeinlanden, Bd. 1 u. 2. Attas m. Text). Herrn
Ptofessor a. D. Dr. Otto (Berichte über die Visitationen der nassauiselien
Kirchen des Mainzer Sprengels in den Jahren 1548—1550).
Vortrüge. Die wissenschaftlichen Vorträge des Vereins wurden Mittwoch
den 31, Oktober 1894 wieder aufgenommen. Die Sitzungen wurden im ^Roten
Hause" fortgesetzt, während die „historische Sektion^, welche sich inzw^isclien
gebildet hatte, um gesondert speziellere Studien zu pflegen, das Lokal gewi^oh-
aelt und für ihre beeonderen Vortragsabende das Crvilkasino auserlesen hatte.
Die Vorträge im j^Roten Hause* nahmen folgenden Verlauf:
1) Sitzung am 31. Oktober 1894 im „Roten Hause**.
Nach der Begrüssung der erschienenen Mitglieder und Gäste
durch Herrn Sanirätsrat Dr. Florschütz berichtete Herr Oberst von
Cohausen über den Verlauf der Eisenachor Generalversammlung de»
Gesamtrereins. Von Vorträgen in den Hauptversammlungen wurden
hervorgehoben derjenige des Herrn Professor von Tluidiclium über
^die Rechtssprache als Hilfsmittel zur Feststellung der ursprünglichen
Gebiete der deutschen Stämme**, weiter der des Herrn Superintendent
Marbach über ein im Jahre 1322 in Eisenach aufgefülirtes geiatlichea
Schauspiel „Die 10 Jungfrauen", sowie des Herrn von Thüna über
die Geschichte des 40* Regimentes im siebenjährigen Kriege. An die
Hauptversammlungen schlössen sich die Sitzungen der Sektionen an»
von denen wie üblich l und 2, sowie 3 und 4 gemeinsam tagten. In
der erstercn Gruppe, in welcher, wie gleichfalls seit Jahnen üblich,
Herr Oberst von Cohausen den Vorsitz führte, legte derselbe zunächst
den Fragebogen über die prähistorischen Kulturstätten in Deutschland
vor; ein gleicher Fragebogen soll auch für die Mardellen aufgestellt
werden. In der 2. Sitzung wurde die Frage über den Denkmalschutz
im Anschluss an einen Vortrag des Herrn Architekten Wallee aus
Berlin behandelt. Danach sprach Herr Baumeister Jacobi aus Hom-
burg über die wichtigsten Entdeckungen in der Limesfrage. In der
3* und 4. Sektion wurde die Frage des Herrn Ärchivrat Jacobs, seit
wann die Kirchenbücher in Deutschland existieren, behandelt, sowie
IG*
23a
dtr WiiQSch auägesproobeti, man möge eine Ausstellung von Archi-
iraJfaft in Harburg veranntaUeu- An aelneu eiDgebendeB Bericht kaüpfl
Herr ObürMt vüd Coli au »cn noch einige Bemerkungen über <las inner-
halb des schon längst bekannteu Saalburg-Kaatells neuerdings entdeckte
ältere KasicIL
Darauf hielt Herr Sanitätsrat Dr, Flor schütz einen Vortrag
über i^Hbivi^cho Üaueruburgon^ in Mitteldeutschland^ speziell in der
(jegoud Vüii Küburg und lleiningen.
Dio.<^olbeu i^iiid durrrligeiieuds reine Erdbauten und unterscheiden sich daduri."li
gratidiJltittieh von den ^ogL'iL RingwälJcn der keltischen Zeit, Eine weitere Eigen-
tum! iebkDit ist ihre I^age auf der vorspringenden Nase von Bergen, nie auf der Kui>i*c.
und '/.Viar m^ dum aivU von dür oinen nach <ler anderen Befestigung Signale gegeben
werdoti küunten, Ihro Gestalt ist meistens oval und die Anlage jsiemlicJi klein, nur
fUr ilie Aufnahme weniger Familien berechnet* Im Innern des vom Walle und Graben
unm*iilüssencn llaumci^ iiiMlen sich die einzelnen Wohnstüiten, deren Mittelpunkt eine
trieb tcrfiirmige Mardelle mit tonnenartig gegliUteteni Hoden bildet« Funde von Artefakten
und St^licrben finden J^icli vorwiegend in den Gräben der Uniwallnng. Charakteristisch
und frir die riesümmung, weldiem Stamme die einstigen Bewohner dieser Bauten an-
KühArten» allci« masssgebond Bind die GefäsBscberben, Diese Gefäs^se sind mit der
Urohtehoibü geformt^ ^m Glimniertlion sehr hart und klingend gebraunt und zeigen
tnei&t ein welleaförmigoa Oniamcnt, Merkmale, welche ebenso bei den slavischen An-
sicdclufigen der I.mi!^it4^ und de» Spree waldes wiederkehren. Die Zeit <lieser slavischen
Kiedcrkssuugeti gebt bis in das Ende der Völkerwanderung zurück, doch können
dieselben nicht sehr lange bestanden haben, da zur Zeit Karls des Grossen diese
Oogcndon bis nach Uegensburg bin als loca deserta et silresfria bezeichnet werden.
Karl der Grosse bat dann 30 000 transalbingisdie Sachsen, die bereits halb slavisiert
waren, dort angesiedelt. Von ihnen rühren die beute dort noch so häufigen slavisclien
Ortsnamen her.
2) Sitzung am 10. November 1894 im „Roten Hause".
Vor einer zahlreichen Zuhörerschaft, welche diesesmal, um die
Sitzung mit der Martiusfeier zusammenfallen zu lassen, sich ausnahms-
weise au einem Samstag versammelt hatte, hielt Herr Major Seh lieben
einen Vortrag über „die Martinsgans**.
l>io Martinsgans wird zum Andenken an den hl. Martin verzehrt, der im Jahre
:>!(> unsoror Zoitreduning zu Sabaria (jetzt Stein am Anger) in Ungarn geboren
wurde, sich anfange dem Soldatenstando widmete, im Jahre 375 aber vom Volke zum
Hisrhof von Toui^ erwählt wurde. Sein Namenstag ist der 11. November; der Um-
stand aber, dass Martin Luther am 10. November 1483 in Eisleben geboren wurde
und dasvS die Feier /u Ehren dos Heiligen in der Regel am Vorabende stattfand,
hat /u einer Vorwoobselung beider Martine geführt. Der hl. Martin galt das ganze
Mittelalter bindurob als der Patron der Schlemmer, aber ohne seine Schuld, da er
in der christlichen Kirche au die Stelle des heidnischen Wuotan trat, von dem er
rnnh den Schinunel und den Mantel als Attribute behalten hat^ wie ähnliches auch
den Heiligen Michael, Georg, Oswald und anderen widerfahren ist. Die Martins-
233
sind die umgewaiulcltcn Jieidiiiselit n « 'jM^urstr, im NoviuiUcr fanden Imi
unseren AUvorderen die Eiritcopfor statt. Bei dein Martinssdimaus si>iolt die Gans
eilte Hatiplrollc. DiesiT Vogel ist seit lärmten in Mittelcnropa heintisdi nnd stammt
nicht aus Asien. Die Gans ist tapfer und wachstam und verdankt es diesen Tugenden,
dass der Vandalenfürst Geiserich sich und seinen Sohn Gcnza nach ifir benannte. Die
Römer dankten ihr die Rettung des Kapitols, sie war der Juno und der Proserpina
heilig nnd ist eines der ältesten Haustiere. Die Gans, auch die wilde, galt früher
als ein schöner und lieblicher VogeK Penelope hielt sie mr Zierde des Uofcs^ zwischen
NaI und Damajanti machte sie den Liebesboten* Bekannt ist die Gans^ welche 10*J(j
die Fllhrung eines Seh warmes von Kreuzfahrern und verlaufenem Gesindel aus der
Gegend von Mainz übernahm ; indem sie einem Weibe ribcraU hin folgte» erweckte
sie den Schein, dieses infolge göttlichen Einflusses zu führen. Bei den Griechen war
die Gans das Sinnbild einer sorgsamen Hausfrau, bei den Chinesen das Symbol der
eheliehen Treue, bei den Indiern der Weisheit und der Sonne* Im Uaushalt ist die
(tmxs fast so nützlich wie das Schwein und heisst daher bei einem Dichter auch ein
geiiügcites Schwein, Ihr Käme, wie der von allen Haustieren» ist jetzt zum Schimpf-
wort geworden, aber mit Unrecht gilt sie als dumm. Die Garn kann ein hohes
Alter erreichen, es sind 60 bis 80 Jahre alte Gänse beolmchtet worden. Wilde
Gänse sind Wetterpropheten. Zu Pliniiis' Zeiten gab es grosse Herden im heutigen
Jicigien. Die verwohnten Römer verschmähten das Fleisch der Gans, sie assen nur
die Leber und kannten schon die Kunst, grosse Lehcrn zu erzeugen. Im Mittelalter
glaubte man, dass die sogenannten Baumgänse auf Bäumen wüchsen, und ass sie,
dieses pflanzlichen Trsprunges wegen, als Fastenspeise trotz des Verbotes des Papstes
Inuocenz Hr. Wie der hl. Martin mit der Gans in Verbindung gebracht wurde,
dai'ttber berichtet die Legende, er habe sich, zum Bischof gewählt, in einen Gänse-
stall versteckt, um sich dem Amte zu entziehen, sei aber von den Gänsen verraten
worden. In Wirklichkeit kam der hl. Martin zur Gans, weil ihm zahlreiche Kirchen
und Kliteter geweiht waren und zur Zeit seines Namensfestes ihre Abgaben, zu denen
vorzugsweise Gänse gehörten, entrichten mnssten. An vielen Orten bestanden die
Allgaben ausserdem aus Wein nnd Most, wodurch alles m einem Festessen gegebeu
war. Bei den Schmausen wurden Gedichte gemacht, deren aus dem 16. und 17. Jahr-
hundert verschiedene vorhanden sind. In England trat an die Stelle des hl Martin
der hl. Michael. Zur Erklärung der Sitte des Gänseschmauses am Michaclstagc
(2i». September) wird erzählt, die Königin Elisabeth habe gerade eine Gans gegessen,
als ülc die Nachricht von der Vernichtung der Armada erhielt. Die Sitte ist jedoch
schon viel älter nnd mindestens seit dem 15. Jahrhundert nachweisbar.
An den Vortrag schlössen sich einige Bemerkungen des Vorsitzen-
den Herrn Sanitätsrat Dr. Florschätz über ,die Beleuchtungsmittel des
Altertums**, An einige während des nun folgenden Mahles augeztiudeto
römiscbü Thoulärnpchen anknüpfend sprach er die Ansicht aus, dass
dieselben nicht nur zur Beleuchtung, sondern auch zur Erhaltung des
Feuers gedient haben, und dass dem nach auch die Lämpchen, welche
sich 80 j&ahlreich in Gräbern finden, als Beigaben für den Verstorbe*
nen, um sieh daran die Speisen zu koeheUp aufzufassen seien. In der
iiflh daraii »chliessendeQ Diakuasion^ an welcher sich die Ilerreti Oberst
von Cohausen^ Major Schliebeü, Dr. Lohr und Re^ierungsrat Petri
betetligteD, wurde die Ansicht verfereteD, dass eine groaserc Aoa^ahl sol-
cher Lämpcben, mit Talg, Fett oder Ol gefüllt, doch wobl bingereicbt
hätten zur Erleuchtung der Terhältnismässig engen Etiumo der AUen,
wobei freilich auch Kien- und Wachsfackeln eine bedeutende Rolte
gespielt haben werden.
3) älb£ung am 28. November 1894 im „Roten Hauie*.
Kaeh Begrilsgung der aussergewohnlich zahlreich araehieneDeii
Mitglieder und Gäste seitens dm Yereinsdirektors und nach Tertesuiig
des Protükolk der vorigen Sitzung hielt Herr Oberatlieutenaot Sar-
tor ins einen Vortrag über j^das Postweeen der Römer "•
Nach einem kurzen t'berblick über die iwataUschen Kinricbtungen im alcce
Orient und bei den Griechen führte di?r Redner dea weiteren aus, dass die Römer
die ersten gewesen, welche eine Elnrichtttug schufen, von der nicht allein der StaaL,
^MuidüTn auch die Allgemeinheit Vorteil hatte, wenigstens insofern als die ausg<e^etch«
ncten Kunststrassen nicht wenig ^tir Hebung de.s Hantlels- uud Reiseverkehrs bei-
trögen. Eine feste Organisation brachte in das Postwesen erst die Kaiserzeit^ Sa
Ifedßutendes auch der CurfiHB paMicus (ilureh setne in bestinrniteu ZwischetiräafMfi
angebrachten ^iansionen niid Stationen) leistete, bildete er doch eine schwere LaM
fflr die Gemeinden ; Kaiser Kerva befreite weniis'stens die Italiener von dieiten Ab»
gaben^ indem er die Kosten auf den kaiserlichen Fiskus übernahm. Auch s^iätcra
Kaiser, so TTadrian, Pins und Scvcrus, bemühten sich in diestT Ricbtun*,' ?.f} i^irk+^tv
Trotzdem häufen sich die Klagen über Bedrückungen und missbräuchliche Benutzung
der Staatspost seitens der Beamten in diesen Jahrhunderten immer mehr, wie ^ir
aus den darüber erlassenen Gesetzen und strengen Verboten namentlich des 3. und
4. Jahrhunderts ersehen. Noch im Ostgotenreich wurde der Cursus publictis nach
dem römischen Muster beibehalten. Der Redner ging näher ein auf die innere Or-
ganisation und Verwaltung der Staatspost und schilderte das Leben, welches auf und
an den grossen Heerstrassen geherrscht hat. Zum Schluss gab er noch eine Über-
sicht über die wichtigsten Routen dieses grossartigen Strassennetzes, welches durch
den Mittelpunkt Rom die Städte Hispaniens und Galliens mit denen des Ostens in
bc^iueme Verbindung setzte.
Darauf erläuterte der Vereinsdirektor eine Sammlung von india-
nischen Waffen und Kleidungsstücken aus Dakota, welche für diesen
Abend von privater Seite freundlichst zur Verfügung gestellt waren
und die besonders wegen ihrer schönen Perlenstickereien von den an-
wesenden Damen bewundert wurden.
4) 73. Hauptversammlung am 15. Dezember 1894 im Museumssaale.
Der Vorsitzende, Herr Sanitätsrat Dr. Florschütz, begrusste
die Erschienenen und hielt eine begeisterte Rede zum Gedächtnisse
von Cohausens, der 23 Jahre lang im Vereine verdienstvoll gewirkt
hatte. Er hob seine grossen Kenntnisse in der Altertumswissenschaft
235
hervor, seiuo Yerdieiiste um die Freileguug dar Saalburg uud forderte
auf, in seinetn Geiste weiterzuarbeiten. Darauf trug der Sekretär dea
Vereins, Herr Dr, Kitterlingf den ausführlichen Jahresbericht vor
über die Thätigkeit des Vereins in Ausflügen^ Sitzungen^ Vorträgen
und Erwerbungen. Die Mitgliederzahl ist sich fast gleich geblieben,
indem 29 austrateo, 28 neu eintraten. Nachdem Herr Dr. Florschütx
kurz die einzeloeu Erwerbungen aufgezählt und erklärt hatte, hielt
Herr Dr. Heuer, Bibliothekar am Qoethehaus zu Frankfurt, einen
sehr intereösauten Vortrag über „Wesen und Ziele der hiötorischen
Forschung'**
Die Ocistesrichtang unserer Zeit ist wesentlich eine historische, auf allen Gc-
bieten herrscht der Sinn für das Wirkliche, Greifbare. Zuerst ist die Geschichte
erzahlend, sat'enhafi wie Ilomer, Horodot, die Nibelungen, dann wird sie lehrhaft,
subjektiv wie bei Schiller, zuletzt wird sie genetische Forschung, wie das Einzelne
geworden ist im Zusammenhange der historischen Begebenheiten. Der Forscher hat
die Quellen zu kritisieren, Fälschungen aufzudecken und der Legcndenbildung nach-
zugehen, wie den Sagen von Teil, den 400 Pforzheiraern bei Wimpfen, den Weibern
von Weinsberg, Die Geschichte giebt, wie alles Menschliche, keine absolute Wahr-
heit^ sondeni nur im ganzen, in der Hauptsache. Zuletzt trat Redner der von Marx
begründeten, von Friedrich Engels, Bebet weitergeführten materiellen Geschichtsauf-
fassung entgegen.
Die statutengemäss ausscheidenden Vorstandsmitglieder wurden
sämtlich wiedergewählt und zwar Oberlehrer Dr. Lohr, Landgerichts-
rat Düdsell^ Major a, D, Schlieben. Als Ersatzmänner wurden
gewählt: Herr Oberstlieut. z. D. Sartorius und Archivar Dr. Hage-
mann.*) Als Konservator wurde Herr Baurat Winter mit 28 Stim-
men gewählt,
5) Sitzung am 9, Jaouar 1895 im ^Roten Hause**, y
Der angekündigte Vortrag des Herrn Stinncs über ^prähisto-
rischen Bergbau** konnte wegen Erkrankung des Herrn Kedners nicht
stattfinden. An seiner Stelle sprach Herr Sanitätsrat Dr. Florschütz
über „die Mardellen", und speziell über die in Schierstein gemachton
derartigen Funde.
Ausgebend von der ßedeutung des Wortes, dessen beide Bestandteile mar uud
teile Einbuchtung, Aushöhlung bedeuten, besprach der Redner analoge Erdaushuhl-
piingcn, wclclie noch jetzt zeitweilig als Wohnungen dienen und deren Formen sirh
wiederholen in den slavischen Bauemburgen, den keltischen lüngwällen, u« a. auf
dem Taunus und bei Meiningen. Ob auch diese Wohnungen wie die Jetzt noch be-
stehenden Kuhlerhnttcu durch oben zusammengebogene, im Kreis um die Aushöhlung
gesteckte Bftume gedeckt waren, litsst sich natQrüch nicht mehr feststellen. In den
eigentlich so genannten Mardellen glaubte man früher dauernde Wohnstätten sehen
zu dürfen; doch ist dies nicht haltbar.
♦) Vgl 8. 22Ö, Z. 7 ven obon.
2S6
Die Schiersteiuer Funde, von dcneii eine Anzahl schwarze ThongefUssc, Gcrile
atis Ilirschhoni und ICnüchen u. s. w. die Ausführungen erhtutertea, gehören der o<*o-
lithischcn Pcrinde an ; ähnliche werden vielfach im Lüss gemacht. Bei den GefiLsectt
ist besonders die gloekenartige Form hevorjoigt. Wer die Menschen warea, welehi;
diese Gefässe fertigten und benutzten j wird schwer zu entscheiden sein. Kcdncr
verwies hier auf die Pfahlhauerbevölkerung der sogen, tnranischen Race des Biiden-
scos. Die Bestimmung dieser Mardelleii selbst präzisierte er ab wahrscbeixUiche Ah-
fallsgruben und Kellcrräume für die Bedürfnisse der Umwohner,
Ander folgenden Debatte beteiligten sich die Herren Sehiereii-
berg, Oberstlieuteuaot Sartarius, Herr Direktor Fischbach und
wurde auf verschiedeno analoge, noch jetzt ini Gebrauch beündlichu Erd-
wohnungen hingewiesen.
6) Sitzung am 23, Januar 1895 im „Koten Hauso*^.
Da Herr Dr, Stinnes durch einen Auftrag der Hegiorung lie*
hindert war, seinen angekündigten Vortrag zu halten, i^praeh Herr
Oberlehrer Dr. Wedewer über yjdie Geisslorfahrten und andere lln»^«-
Prozessionen des MittelaUera'**
An alte Vorbilder anknüpfend trat das Büsscrtum zuerst öffentlich horror im
Jahre 1260 in Perugia und s^war in der Absicht, durch solche Selhstka^steiung das
Elend und Laster, welches damals überhand m nehmen schien, abzuwenden und zu
slilmen. Dieser erste Yersach, welcher in seinem weiteren Verlauf bereits auszuarten
bogann^ erioseh schon nach drei Jahren, etwa 1263/04. Erst im Jahre 1349 jeei-
ti^cn lihnliche Ursachen wieder gleichartige Erscheinungen: besonders war es der
,, schwarze Tod", welcher durch seine Verheerungen die Gemüter der Busse zugäng-
lich machte. Und zwar tauchten jetzt diese Bussprozessionen fast gleichzeitig in
den verschiedensten Ländern auf. Aber die immer stärker auftretenden Ausschweif-
ungen und Zügellosigkeiten veranlassten den Papst Clemens VI., gegen das ganze
Wesen einzuschreiten, weil unter dem Scheine des Guten ,. alles Böse getrieben werde**.
Denn allmählich hatte sich ein ganzes System und Dogma der Geisselung heraus-
gebildet; die Führer erklärten ihr vergossenes Blut für wertvoller als das der Mär-
tyrer, sodass die Richtung in antikirchliche, revolutionäre Bahnen einlenkte. Als
charakteristisches, zeitgenössisches Zeugnis verlas der Redner den Bericht der Lini-
burgcr Chronik. Er ging dann noch auf andere Prozessionen über, in denen derselbe
Gedanke der Busse zu Grunde lag, aber in milderer Form zum Ausdruck gebracht
wurde; besonders eingehend schilderte er die noch jetzt bestehende Echternachcr
Springprozession aus eigener Anschauung.
In der sich anschliessenden Debatte, au welcher die Herren
Archivrat Dr. Sauer, MeinarJus, Kuppel und Panzer teilnahmen,
wurde noch auf verschiedene Punkte hingewiesen, besonders auch da-
rauf, dass ausser den religiösen und sittlichen Gründen auch volks-
wirtschaftliche Zustände die Bewegungen mit beeinflusst hätten, wo-
durch sich erkläre, dass im Anschlüsse daran auch Juden- und Ketzer-
verfolgungeu stattfanden; bei den Spriogprozessionen habe auch die
237
Tanzwut als Volkakrankheit rartgewirkt. Dio Mouchsorden, welche, wie
besonders die Dominikaner, die Goisslerziige begücstigforij handelten
damit direkt gegen das Verbot des Papstes.
Darauf sprach Herr Dr. Ritterling über das im rumischen
Kastell bei Wieöbaden 1858 gefundene Militürdipbiin, Nach ullge-
Tneinen Bemerkungen über die Organisation des römischen Ueorwesens
der Kaiaerzeit erläuterte er den Zweck, die Einrichtung und Verwen-
dung dieser Bronzetäfelchen, welche uns Truppen aus den verschieden-
sten Vulkerschafteu als gemeinsanie Verteidiger der rfimischen Grenze
gegen die Germanen auf2ählen.
Zum Schlüsse wurde noch eine Anzahl kureiiuischcr Essgcfiisse,
welche Se. Excellenz Herr v. Brandt dem Museum als Geschenk
überwiesen hatte, vorgezeigt.
7) Sitzung am 7* Februar 1895 im „Koten Hause**.
Nach Verlesung des Protokolls hielt Herr Regiorungsrat Caesar
einen Vortrag über „das Leben der hofisch-ritterlichen Gesellschaft sur
Zeit der Hohenstaufen**,
Wer, besonders hei uns an den Ufern des Rheins, die Reste der Ritterburgen,
jener Denkmäler einer interessanten Periode unserer Geschichte, die man gern als
die Mtoniantische'* heyreiohnet, betrachtet, «lern stci^rt leicht der Wunsch auf. nüheres
über das häusliche, das Familienleben /m jener Zeit und in jenen Mauern :^o wissen.
Es fehlt uns mm gldcklicherweise nicht an Quellen, die uns durch Aneinanderreihen
und Vergleichen derselben ein ziemlich klares Bild jener damaligen LebensumstÄnde
gehen. Es sind dies besonders die epischen und lyrischen Difhtuiigcn am der Ilohcn-
slaufcn/cit, doch sind diese im grösseren Publikum nicht in wünscheuswertem Masse
bekannt. Rittertum und Adel standen sich früher gesondert gegcnftber» und /.war
das erstere als das niedrigere» vom /weiten vielfach Ahhiingige. Zum echten alten
Reichsadel gehörte man nur durch die Geburt, während das Rittertum erworben
werden konnte. Später aber umfasste die Bezeichnung des Rittertums sowohl die
Edlon^ als auch die adeligen Dienstmannen und die mit kleinen Hofämtem und der-
gleichen belehnten eigentlichen Ritter, Auch der Edle niusste erst den Ritterschlag
empfangen. Der sesshafte Ritter schuf sich eine feste, wehrhafte Wühnung, im ebenen
niederdeutschen Lande gern von Wasser umgeben^ in Oberdeutschland auf schroffem
Bcrgkcgcl oder an steilem Bergebrand, der an der tiachcreu Seite mit künstlichem
Schutz versehen wurde. Der Hauptbestandteil der Burg war der Bergfricil, jener
starke Mittelturm, der keiner rechten Burg aus jener Zeit fehlt. Hier drängte sich
zuweilen alles zusammen, Wohnnng, ßefesügniig, Speicher, Gefimgnis u. s. w. Denn
zuerst kam damals die Sicherheit, dann erst die Bequemlichkeit, Konnte die Woh-
nung der Insassen hier nur erbärmlich sein^ so war das Gefängnis fürchterlich^ eine
Hölle, Liessen es Raum und Mittel zu, so stand neben dem Bergfried der Pallas,
das Wohnhaus des Ritters. Dies konnte recht stattlich und gcröunng sein. Ein
schönes Beispiel davon ist der Pallas, das lange Hauptgebäude der Wartburg. Vcr-
mehrte sich die Burgfamilie durch Kinder oder YMtng von Verwandten^ m entstanden
An* und Neubauten, die freilich wegen des knappen Raumes oft sehr in die H5he
gehen mussten. Für eioc solche Burg-FamiiicDkolonie ist die Borg EStz in
Querthdle der Mosel das scliöoste — und vollstäDclig erhaltene — Muster, Bkr
lebte nun die Ritterfamilie schlecht und recht — d. h. im laugen deiitsclteEi Wimm
(im heutigen Sinne des Wortes) herzlich schlecht, Man sass, in Pelze gcbflUl
frOstclud am bekanntlich schlecht heizenden Kamine, oft tagsftber nur bei schmwAm
kanstlichen Lichte, wenn die Fensterläden wegen Unwetters geschlossen werden sw»-
ten, da die kleinen trüben Hörn- oder Pergamentfensterscheiben nicht genfl^^eoddt
Schutz dagegen boten. Eng wohnte alles zusammen, der Wohnraum war oft xngkld
Schlaf- und Gastzimmer. Die heutigen Gefängnisse müssen dagegen als AttMCNi
traulich und gemütlich bezeichnet werden. Daher auch die sehnäüchtigen KlAgeo ila
Minnea&nger, dass der schlimme Winter gar nicht weichen und der liolde SoniBer.
der Ei'löser aus der bedrückenden Enge, nicht kommen wolle. Zog der letartere m,
so zeigte das ritterliche Hauswesen ein weit freundlicheres Gesicht, Dann war es
lustig, vom hohen Erker über die Wipfel der Bäume ins Thal zu scbanen oder im
Gärtdien an der Burgmauer m sitzen, wo Lilien und Hosen blühten. Dann sab <i
auch im Saal, dem Hauptraum des Pallas, lustig und hell aus, wo schöne Te|i]iidbe
Wände und Fussboden zierten, wo bunt bemalte Möbel das Auge erfreuten, wo dts
Kronleuchter — natlLrlich von sehr primitiver Gestalt — von der Decke liiiigeii.
Der Haum für die Frauen, die Kemenate (von caminata, Raum mit Kamin) war
von fleissiger Frauenhand geschmückt. Denn die Edeldamen von damals webtts,
nahten und stickten das meiste^ das sie bedurften, selbst. Auch FretndenjiironieT
gab es in den Burgen, wo aber oft zwei Gäste in einem Bett untergebradit
wurden. In grösseren Burgen fehlte auch die Badestuhe nicht. Eine KafieOü
war ebenfalls i^tets vorhanden, deren „BurgpfafT* zugleich Sekretär und Haostekrer
sein musste. Auf Reinlichkeit und schone Kleidung wurde sehr gesehen, ebenso asf
Schmuck, Es gab da schon Schleppen, spitze Schuhe, Handsc^lndje, aber aucli —
Schminke und falsche Haare* Den Freuden der Tafel war man sehr ergeben^ fs
wurde viel Fleisch, viel Gewürz und viel (und vielerlei) Getränk konsumiert, beimische
Weine, diese oft wegen ihrer Rauheit zu Bowleji verarbeitet, fremde Weine» MetJu
Obstwein und Bier. Das Fleisch wurde von dazu bestellten Knaben — Junkern
un<l Jungfrttulüiß zu mundrecbten Bissen zerkleinert, so serviert und — direkt ml
den Fingern zu Munde geführt, da die Gabeln damab zu diesem Zwecke noch
benutzt wurden. Glücklicherweise fand vorher ein allgemeines ceremonictles Hände
waschen statt, che alle Finger in die Schüsseln fuhren. Vielfach wurde aber vc
zwei Personen aus derselben Schüssel gegessen und aus demselben Becher getninkeo
Die hotischen Tischsitten waren sorgfältig vorgeschrieben ; die Nägel sollten kurz sew
man sollte sich hüten, in ilas Tbchtuch zu schneuzen — und was sonst löblich
wissen und zu beobachten war, Dass die Frauen sich hei Tiifch betranken,
schon damals für uoschicklich.
8) Sitzung am 20. Februar 1895 im „Roten Hause*"*
Nach Verlesung des Protokolls der vorigen Sitzung niaehl de
Vorsitzende die Mirteilung von der im Anfang des Monata erfolgtet
Koustituieruug einer Sektion dos Vereins für niittlüre und neuere Gc
schichte} und ladet die Mitglieder des Vereins zum Heitritt ein*
239
rauf hält Herr Dr* Meinardus einen Vortrag Ober „das palitiache
Testament dos Grafen Johannes von Idsteio-Wiesbaden 1603 — IßT?".
Der Redner stellte im Verlaufe de^ Vortrags feet, was man unter dem Begtiff
,, politisches Testament'* fürstlicher Personen zn verstehen habe. Dasselbe sollte keines-
wegs ein »Jetzter Wille** ihrer jM)litiÄchen Verfnuungen sein, sondern ein Schriftstück,
oft lange vor dem Tode verfasst oder wenigstens doch begonnen, in welchem sie ihre
politischen and wirtschaftlichen Ansichten, teils zur Rechtfertigung ihrer eigenen
Handlungen, teils als nützliche Winke nud Fingerzeige ftlr ihre Nachfolger, nieder-
legten. Es existieren, auch aus späterer Zeit, eine Anzahl solcher poHiischen Testa-
mente, so z, B, das Friedrichs des Grossen und das von Friedrich Wilhelm IfL von
Prcnssen. Das des obengenannten nassauischen Fürsten verdient als das ehrende
Zeugnis eines tüchtigen, hervorragenden und originellen Herrschers unsere volle Be-
achtung. In die Regieruiigsjahre des Grafen Johannes von Idstein-Wiesbaden tiel
Deutschlands trübste Zeit, die des furchtbaren dreissigjährigen Krieges, der unser
herrliches Vaterland in eine Wüste und in einen Volkerkirchhof verwandelte, da man
nach glaubwürdigen Schutzungen annehmen muss, dass wiihrend jener 30 Schreckens-
jahre sich die Bevölkerung Deutschlands auf ein Viertel der früheren Zahl ver-
niindert hatte ! Alle Leiden dieser traurigen Zeit fielen auch auf den Grafen Johannes
und auf sein Land, Zuerst suchte er in der Neutralität Schutz und Ruttung, aber
vergeblich. Er wurde durch die Umstände zur Parteinahme gedrängt* Als evange-
lischer Fürst war er ja ohnehin dem Zorne des Kaisers und der Jesuiten verfallen»
So kam es dahin, dass er, ein Flüchtling, das bittere Brot des Elends, der Verban-
nung, dreizehn lange Jahre essen musste. Er lebte diese lange Frist in Strasslmrg
— und zwar zum Teil von einer (von ihm erbetenen) französischen Untersttltzung
von jährlich 6000 Livres ! Diese eigentümliche Stellung zum Auslande ist der dunkle
Punkt in seinem Leben. Er, der echt deutsch fühlende und sich in seinem „Testa*
meut** äussernde Fürst nahm ein französisches, immerhin verdächtiges Almosen au.
Er sucht sich in dem genannten Schriftstücke deswegen zu rechtfertigen, aber —
ganz einwandfrei und klar ist der Umstand nicht, wenn auch aus der — sagen wir:
,,Naivetiit'' jener Zeit zu erklären, Graf Johannes war ja nicht der pjnzige ! —
Aus seinem Familienleben ist noch besonders erwähnenswert, dass er den grossen
Schmerz hatte, seinen Sohn Gustav Adolf, infolge jesuitischer Bekehrung, in Regens-
burg zum Katholizismus übertreten zu sehen. Ein masslos heftiger Brief au den Ab-
trünnigen, in welchem er diesen mit seinem schwersten Fluche belegt, und der uns
erhalten ist, wird in seiner Echtheit augezweifelt. Nach dem Ende des unseligen
Krieges ward dem zurückgekehrten Fürsten die Aufgabe zu Teil, sein entvölkertes,
total verarmtes Land wieder emporzurichten uml die verwildert <*, dünne Bevölkerung
wieder sittlich zu heben. Dies sehOne Fürstenamt hat er in trefflichster Weise aus-
geübt und sein ,, politisches Testament'' lässt uns die Lauterkeit seiner Gesinnungen
uud den heiligen Ernst, mit welchem er an seine Aufgabe herantrat, aufs beste er-
kennen. Es wurde schon in der Zeit seiner Verbannung begonnen und zerfällt in
drei Teile* Der erste Teil handelt meist von religiösen Dingen, der zweite vom
weltlichen Regiment, der dritte von Finanz-, Staats- und wirtschaftlichen Angelegen-
Jiciten. und dieser bricht dann unvollendet juiiten im Sat^e ab, als der Tod dem
rafen die Feder aus der Greisenhand nahm. Das Gan;sc ist schon von K. Fr. von
Moser in seinem i^Ncncn patriotischen Archiv" (1792 — 94) veröffentlicht worden«
Dar Vortru|ij:eiiile führte daim aus^ dass aus den Betrachtungen des G-rafeii Joliaiinei j
üher das krinftige Verhältnis zwischen Kaiser und Reich ersichtlich ist, wie schon <
im frischen Schutt der Verwüstungen des grossen Krieges die Keime des modemen ,
Staalsleheiis Wurzel zu schlagen hcgannen; wie nötig alle Glieder des gemei
Vaterlandes hätten, fest zusammenzuhalten, der Gier der ungetreuen Nachbarn ge
üher. Zunächst gelte dies für alle Fürsten des nassauischen GesÄmihauses. Danii '
betont der Fürst das Bedenkliche der Separatbündnisse mit dem Aaslaiide und wänit
eifrig vor den Franzosen (deren Unterstützung er doch früher angenommen !). Aus
allem geht nach Ansicht des Redners hervor, dass Graf Johaimes zwar in seiner
äusseren J*olitik Schitfbnich erlitten, dass er aber in der inneren desto schönere
Erfolge erzielt habe. Denn seine Betrachtungen über das Herrscheramt sind cheJiso
richtig als ehrenvoll für ihn. Die Fürsten sind nicht Herren ihres Volkes, sondern
Amtsleute, Knechte Gottes und Verwalter des Landes. Er seihst fasst sein Ilerrschcr-
amt ganz imtriarchalisch uuf^ indem er für die sittliche Erziehung seiner Unterthanea
sorgt. So schrieb er sclir eingehende Land Visitationen vor, die sich auch um i\h
häuslichen und sittlichen VerhiUtnissc der BetroiTenen zu kümmern hatten. Er wanit
vor Luxus^ Kleiderpracht, Wirtshauslaufcn. Aber — kein Licht ohne Schatten ! Ali
ein Kind seiner geistig unfreien Zeit stellt er auch die Vorschriften für die schauder-
haften Hexenprozesse fest, wenn er sie auch in manchen Einzelheiten weniger (grau-
sam macht. Um seines Vaters grosse Schulden zu tilgen, sorgte er, unter anderem
durch Verminderung des Verwaltungsapparates, für Sparsamkeit. In seinen Wirtschaft- |
liehen Anordnungen zur Hebung der Ijandwirtschaft und des Verkehrs und der Ver-
besseruog der Verwaltung bricht das „politische Testament'', wie schon erwiihnt,
plötzlich ab. Der Vortragende führte ausserdem noch Einzelheiten aus dem Schrift-
stück des Grafen an, so z. B. seine Vorschriften über Prinzen-Erziehung. Er eifert]
über die Modethorheit, die vornehmen Jünglinge zur Vollendung ihrer weltmännischen
Bildung nach Paris, von wo sie wenig Gutes, aber desto mehr liaster mit heimbrächten,
zu schicken. Eifrig empfiehlt er die Pflege der Musik, wogegen er von der ,, Komödie'^
durchaus nichts wissen wilK Der Redner schloss seinen Vortrag mit dorn Urteil,'
dass Graf Joliannes, wenn auch kein Mann der hohen Politik, so doch ein vortrcff- 1
lichei" fürstlicher Hausvater und ein echt deutscher Füllst gewesen sei.
Nach Eröffnung der Diskussion teilte Herr Major Kolb einigea
aus dem letzten Willen des Grafen Johannen mit, worin er besonders
vor der kalvinistiächen Lehre warnt. In einem Inventar seines Nach-
lassea^ welcher unter den Erben verteilt warde, sind besonders be-
merkenswert die isahlreiehen dort aufgezählten Weinsorten, meist gan»
junge Jahrgiinge. Weiter sind darin enthalten die Speisegeriite, die
Schmuck- und Wertgegenstände, auch ein Verzeichniä der Bilder, dorca
Taxierung auffallend gering ist.
Herr Baron v. Biatram hob noch hervor, dass bei der IStoUung-
uabme zu den Hexonprüzesseu in jener Zeit auch w^ohl die aittliche
Verwitderiiog, namentlich des weiblichen Geschlechtes, mitgewirkt habe,
gegen welche in gewisser Weise die Hexenrichter einzuschreiten för
nötig erachteten.
241
9) SitzUDjj am 6, März 1895 im „Roten Hause**.
Nacb Verlosung des Protokolls der vorigen SitzuQg hielt Herr
Stinues einen Vortrag Über ,die EntwickeluDg des Bergbaues in den
ältcdton Zeiten*^.
Obgleicli für uns die Griechen und die Römer als die ersten Kulturvölker des
Altertums gelten mu\ sie auch stets in Kunst und Wissenschaft diesen Rang behaup-
ten worden, so nehmen &ie doch in manchen technischen Fertigkeiten nicht die-
selbe hohe Stellung gegentiher anderen Völkern des Altertums ein. So auch im Berg-
hau, In vielen asiatischen, afrikanischen und europäischen Ländern, in welchen sich
die Griechen und Römer als Kolonisten oder als Eitjberer festsetzten, faudcn sie iui
Bergbau und in der Erzhereitung eine viel ältere und höhere Kultur vor, als die
ihrige in den genannten Gegenstiinden war. Sie lernten erst von ihren Nachbarn,
von ihren Besiegten* Jahrhunderte, sogar Jahrtausende vor der BKlte Griechenlands
und Roms, zu einer Zeit» wo der Grieche und noch mehr der IlOmcr noch ein un-
beholfener halber Barbar war, schürfte der Kleinasiate, der Phönisder, der Hebräer,
der EgTrpter und «ler Kelte schon nach dem heissbegehrtcn Gold, Silben Kujjfer,
Eisen und Blei, trieb seine Stollcu und Gänge in das harte Gestein, pochte, schlemmte
und schmolz das Er/ und fonnte aus ihm den edlen Schmuck und die schneidige
Wafte. Die Anfänge des Bergbaues mögen aber nicht dem spröden, mit schwachen
Steinwerkzeugen schwer zw gewinnenden Erze gegolten haben, sondeni der so zuträg-
lichen Speisewürze, dem Salai, In den Salzbergwerken Halleius hat man eine Leder-
tasche aus uralter vorhistorischer Zeit gefunden, in welcher sich eigentümlich geformte
rundliche Steine befanden. Diese wird man aus triftigen Gründen als die filtesten
bekannten Geräte zur bergmännischen Salzgewinnung bezeichuen müssen, als steinerne
,,Fäustcl'^ Die ältesten Spuren des Bergbaues auf Erz finden sich im mittleren
Asien, in Iran. Jedenfalls wurde das erste Metall in oberirdischem Tagbau und in
gediegenem Zustande gefunden, Gold und Kupfer mögen die ersten Funde gewesen
sein, wogegen das Eisen erst sjiÄter in die Geschichte tritt» Lange vor den euro-
paischen Völkern kannten die asiatischen Semiten schon das Eisen, man kaim an-
nehmen, schon länger als 4000 Jahre vor Christo* Die ersten Nachrichten über die
Verarbeitung der Erze beginnen in der Zeit von etwa 3000 Jahren v. Chr. Sie
stammen aus Indien, Assyrien und Eg}i>ten. Doch ist die Ansicht falsch, dass die
Egypter zu den ältesten Kennern der Er^^gewinnung und Behandlung gehört haben;
man kann vielmehr annehmen, dass die eingewanderten hebräischen Semiten, also die
Juden* ihre eigentlichen Lehrmeister in diesen Fertigkeiten gewesen sind. Eine eigen-
tümlich-interessante Hypothese stellte der Redner auf (oder gab sie aus anderer yuello
wieder) über den Dienst des „goldenen Kalbes*', dem sich aus Egypten ausgewanderte
Juden hingaben. Sie sollen auf ihrer Wanderung das heissverehrte edle Gold ge-
funden und ihm die Gestalt des Apis, des ep^yptischen Sinnbildes der Arbeit und des
Fleisses, gegeben haben, natürlich zum grnssen Zorne ihres Führers Moses, der das
kostbare Symbol zerschlug und ^ konfiszierte. Schon in den ältesten Büchern der
Bibel werden die Metalle Kui»fer, Eisen, Blei u. s. w, crwäliut, wie auch ihre Fund-
orte* Die Griechen enrpfingen ilos Eisen von den semitischen l'höui/iern, wührend
die Römer auf Ihren EroberungsseügeD nach Norden, besonders bei den Kelten und
242
Iberern, einen hochentwickelten Bergbau nnd eine weitgehende Knnst der Er;?be]
lung fanden. Die alten Schriftsteller rühmen u. a. das vortreffliche skythi8ct[#^
Eisen. Von Phunizien und Egypten kam die Kunst der Erzgewinnung nach den
grossen Inseln des Mittelmceres, so^ie später nach Griechenland, während Etmskcr
und Kelten, Iberer und Dritten die Lehrmeister der Römer waren. Erstaunlich iit,
wie die alten Völker mit ihren immerhin unvollkommenen Gerätschaften das linrle
Gestein durdibrechen und wie sie die Schächte in das Innere der Berge gralirfl
konnten. Ilir uraltes Hilfsmittel, welches noch zu dem gleichen Zwecke bis zur Er-
findung des Schi esspul vers, des neuen Sprengmittels, dienen niusstc, war das siigen.
„Feuersetzen*'. Man zöndete dicht vor dem erzhaltigen Gestein grosse Feuer aii und
goss dann gegen die beisse FelsnAasse Wasser oder Essig, wodurch das Gestein itißrbr
und leichter zu bearbeiten wurde. Auf ähnliche Weise liess Hannibal durch keitii5ch<'
Bergleute bei seinem berühmten Alpen-tbergange die hindernden Felsen sprengen
und die Sirasse herstellen. Auch in Spanien fanden die Römer den Bergbau in
hoher BlQte, nicht minder in Gallien, Den Karthagern waren schon gewisse Tor-
kehrungen gegen schlageufle Wetter bekannt, auch das sogenannte Rösten des Erz^s.
Was das jetzige Deutschland anbelangt, so fanden die Römer sch(m z, B. au der
Lahn blQhenden Bergbau. Ausser dem Zinn fanden sie (oder lernten sie vielmelir
dort kennen) in Britannien auch die Steinkohle, die dort schon zum ^^Feuerset-zen*'
verwandt wurde. Wie so manche Kultur ging auch die des Bergbaues in den StUmiCia
der Völkerwanderung in vielen ländern fast ganz unter, nur die se«shaften fränkischen«,
alemannischen und thtlringischen Volksstämme hüteten das alte Erbe und schufen sich
damit eine Quelle des Wohlstandes. Hier entstand auch das alte deutsche nergrechl»
welches keineswegs römischen Ursprungs ist. Der Redner verglich zum Schlosse
noch die Berggerechtsame der verschiedenen Nationen^ sprach von dem Obergang
vom Geraeinbesitz zum fürstlichen Regal, von der Belehnung gegen Erstattung einc^
Zehntel otler Fünfzehntel des Ertrages, schilderte das Entstehen der sogenannten
„Kuxe" und dergleichen und schloss mit dem lebhaften Wunsche für das fernere
Gedeihen des deutschen Bergbaues.
An der folgenden Debatte, an welcher sich ausser dem Redner
Herr Archivrat Dr. Sauer und Sanitätsrat Florschütz beteiligten,
wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, ob dio Kömer den Berg*
bau speziell im mittleren Rheingebiete bereits vorgefunden hatten^
weiter wurde darauf hingewiesen, dass die gewaltigen in den Fei» ge-
hauenen Barggräben mittelalterlicher Burgen wohl nur durch Anweu*
duug der Feuersetzung hätten ausgeführt werden können.
4
Über die Sitzungen der ^his torischen Sektion" im Civilkaaino liege
folgende Notizen vor:
Am 27, Februar sprach Herr Prof. Grimm über ,, Marken und
Markgenossenschaften^^ mit besonderer Beziehung auf Nassau.
Der Redner wendete sich zunächst im allgemeinen gegen die verbnjitrte An*
sieht, als !*eien die grossen Marl '' Mie iu der Benutzung der F
den standen und von den Bcr m* untrr Srhinn und Leu
243
lObcrmärkers genossenschaftlich verwaltet worden* nichts anderes gewesen, als der-
jenige Teil der bei der ersten Ansiedoinng der deutschen Stumme gegründeten Orts*
Itnarken, welcher, nicht als Sondercigenttim verteilt, im gemeinsamen Gehrauche der
|Gcsamtheit gehliebou sei, somit dasselbe wie Almende. Nachdem er dann die ver-
chiedenen Bedeutungen des Wortes Mark festgestellt hatte 1. als Zeichen, 2. als
durch Zeichen festgelegte Schoidungslinie zweier Gebiete, wofür seit dem 14. Jahr-
^^liundert das slavische Wort gtaniza, Grenze* Eingang gefunden habe, 3, als das
begrenzte Gebiet seihst, wurde die Art der Ältesten Ansiedelung criirtort. Die ersten
«ftederlassongen seien im gebirgigen West- und Süddeutschland zuerst in den Thälem
Jer Flns«ic und i\cr in sie einmündenden Wasserläufe erfolgt. Da wo diese Thälcr
fvon Höhenzügen mit dichtem Urwald begleitet gewesen seien, habe es einer Ab-
grenzung der einander allmählich näher rückenden Ansiedelungen nur tbalanf- und
khalabwürts bednrft, gegen die UiShe bildete der Wald die natürliche Grenze. Schon
'frühe habe man den /usammenhfingenden Wald die Mark, d. i, Grenze, genannt.
Atidi im Ntirdischen bedeutete das Wort niork Wald. Die Erinnerung an die Bc-
leutung Grenze war dort geschwunden. Die Höhcnwaldungen. welche die Thäler
|toneinander schieden, wai'en in niemandes Eigentum, der Wald war frei und die
ingsum Wohnenden benutzten ihn nach Dedarf und Belieben. Erst nach Jahrbun*
lerten — wohl nicht vor dem 13, Jahrhundert — führten die bei der vermehrten
^evfdkerung immer berlroblicher werdenden Devastationen zu einer Organisation der
Markgenossen, ihre Rechte wurden geregelt und mit zunehmendem Einflüsse der Ter-
fritorialherren mehr und mehr beschränkt. Die Markgenossenschaften seien demnach
nichts Ursprüngliches, sondern Bildungen einer si)äterGn Zeit. Zum Beweise wies der
I Vortragende auf die im Nassauischen bis in dieses Jahrhundert bestandenen Mark-
rgenossenschaften hin. Er erklärte es für undenkbar, dass z. B. die zu der Grefeu-
hühe (Wiesbader Mark) gehörigen Ortschaften, darunter Biebrich, Dotzheim, Schier-
stein im Süden, und Idstein, Neuhof, Oden, Wehen im Norden der Höhe zu irgend
einer Zeit in einer Ortsmark vereinigt gewesen seien. Dasselbe gelte auch von der
l'uchsenbülde, der Markwaldnng auf dem linken Ufer der Unter* Ahr. Auch hier
kann man nicht annehmen, dass die markberechtigten Orte Katzenelnbogen, Schön-
born u, s, w. einerseits je mit den andererseits gelegenen Orten Flacht, Hahnstätten
u. s, w, in einem Urdorf oder seiner Mark vereint gewesen seien. Der unwegsame
mcilenbreite Bergwald inmitten einer Ortsmark hätte den Verkehr der Ortsgenossen
fast unmöglich gemacht. Ganz unrichtig sei es auch, die Almend, d, h. denjenigen
-Teil einer Ortsgeraarkung, welcher im gemeinsamen Genüsse der Bewohner geblieben,
nit der gemeinen Mark zu identifizieren. In Wiesbaden und Biebrich 2. B, wurden
Llmend und gemeine Mark scharf unterschieden. Auch im Hochgebirge des Südens
die Almend nicht gemeine Mark selbständiger Dorfschaften, sondern gemeinsamer
esitz aller Bewohner einer Gemeinde.
An den Vortrag knüpfte sich eine längere lebhafte Debatte.
In der Sitzung vom 13. März erörterte Herr Prof. Dr. Qrimm
zuerst die Zeit und Yeranlassung des Baues der ,,Ca8teler Landwehr
und ihrer Warten** auf Grund meiner nrebivali^cben Studien,
-•^ -— -.
244
Redner bescBmo an der Hand einer von ihm selbst nach äi'
angefertigten grossen Karte den Zug der Casteler Landwehr ; sie begaiiu ...
der Mündung des Sabbacb in den Rhein nnd erreichte bei Flörsheim den 3lasik
sie endete. Da sie nicht genan der Landesgrenze des KarfÜrstentums ^Amnt fol
m waren Streitigkeiten über die Hoheitsrechte in dem Gebiete zwisch ' -
wehr und der nassauischcu Grenze ^(wischeu Nassaa and Maiuz onau.
endeten erst, als etwa vor 50 Jahren die Sache zu Gunsten Nassaus beigelegt
ijffcnbur weil man zu Damistadt den wahren Sachverhalt nicht knnate.
Sodann sprach Herr Prof. Otto über die Mühlea» we*. nt^ in
Ende des 15, Jahrhunderts in dem Gebiete der Stadt Wiesb«4||
wähnt werden.
Nachdem er kurz die rechtliche Seite der Entwickelung des Mohleol^
bis zu diesem Zeitpunkte skizziert hatte, zählte er die einzelnen Moliluo mat^
vom Jahre 1022 an bis 1500 und vornehmlich um die Mitte des 14. Jahrboiide
(1530 — 1380) genannt werden (sie erreichen die stattliche Zahl von zwölf Mfthk^
von denen nur wenige unter den alten Namen dem heutigen Ges ' * " ,
waren oder sind), suchte ihre Lage zu bestimmen, ihre Namen zn i i ^u itnd tk
rechtliche Stellung anzugeben. Die meisten von ihnen sind wl^irend des SCJUiii^
Krieges eingegangen ; di^ später genannten sind um das Jahr 1700, manche %'ieUdcll
au der Stelle der frllheren, errichtet.
Au beide Mitteilaogen knüpfte sich eine lebhafte Beapr^dmif
einzelner Punkte, die zu Erläuterungen und näherer FfsstsMIunj^ rm
Einzelheiten führte.
Sitzung am 29* März, Nach Erledigung einiger geachnfT]
Angelegenheiten besprach Herr Arehivrat Dr. Rauer die ,,\V4ii|*»
der rheingauischeo Städte und Dürfer^^
Kedner schickte einige allgemeine Bemerkungen aber die Wappen vonm«
wies auf die Bedeutung hin, welche die Wappenkunde für die Geschichte? bal, sovk
auf den Aufschwung, welchen sie in neuester Zeit durch sorgfültigercs StiifÜuni iumI
in den freilich nicht immer richtigen Darstellungen durch unser vollendeteres Kfinrt*
gewerbe gefunden hat, Veranlassung, gerade die rheingauischen Wappen /u erüHc
hatte ilim der Umstand gegeben, dass beabsichtigt wird, das neuer baute* Kretsh
zu Radesheim mit den Wapiien der zu dem Kreise gehörigen Urtc /n äcbmc
Seine Nachforschungen ergaben das Resultat, dass diese Stildto und Dörfer, wie ajid
wUrts, ursprünglich, wenn sie überhaupt ein eigenes Wappen hatten, wohl alli!
ihre^ Laiidoshorrn, hier des Krzbii^chofs von Mainz, also das zuerst acht^>cicli
dann secbsspeicbige rote Rad in silbernem Felde führten. Jetict ist Johann tsberj
der einzige Ort, der es unverändert erhalten hat. Die anderen haben im Lauft* dii
Zeit mancherlei Veränderungen durcli Zusätze, dann Weglassungcn einzelner Tdl^
oder Verstümmelungen vorgenommen, die teils als historisch gewordene GcäialtuEigvül
jetzt ihre Berechtigung haben, sofern de heraldisdi richtig beliandelt werden, tdl
wii* hoi RttdOÄholm* Ilattenheini und Ncudnrf völlig im " * hm
gerade dadurch rnr Nachforsihung und Krklürung rclj^cu. J - , itciu
Rad, wurde zunächst durch ein zweite» Rad orweiteiti das mit dem furzten d«
245
inen Balken oder ein Kreuz verbunden wurde; so in Ö strich. Oder man fügt«
bm zweites Bild hiii/u, das die Rechte des Zelintherrn svmboliäierLe, teils in freier
^Gruppierang, teils so, ilass es die eine H&lfte des iätigsgeteilten Schildes einnahm,
.^ithrend die andere dem Rade verblieb: so fügte Lorch den h, Martin wegen der
I Mainzer Dompropstei zu, El t vi 11 e den Schlttssel wegen des St, Peterstiftes* Einzig
I steht das Stadtthor von Geisenheim da, ein Symbol seiner Eigenschaft als Stadt.
Nur die Anfangsbutthstaben ihrer Namen haben Eibingen und Niederwalluf,
Andere führen nur noch ihren Kirchenpatron oder dessen Attribute im Siegel, die
[kleineren Orte haben wohl erst in neuer Zeit ein Wappen nach freier Eründung
[gewählt.
Nach diesen Ausführungen, die der Redner durch und an den
Abbildungen der betreifenden Wappen näher erläuterte und begründete,
legte Herr Generalsekretär Dahlen eine Reihe von ihm geaanamelter
rheingauiseher Wappen in pbotographischer Abbildung mit erläuternden
Bemerkungen vor. Unter ihnen v^ar von hohem Interesse ein von ihm
zu Oeisenheim gefundener Wappenstein; es war ihnj gelungen, dessen
Herkunft (von Weissenthurn) zu ermitteln und dadurch seine Bestim-
mung und Deutung nachzuweisen«
Dr. Adalbert Sehroeter.
Bericht des Konservators Über die Erwerbungen für das Altertums-
Museum in Wiesbaden während des Jahres 1894.
Dieselben reihen sich folgendermassen aneinander:
Achat- und Thonperlen, kleine Provinzral-FibeU z^vei kleine Thon-
näpfchen, Pfeilspitze aus Eisen (sämtlich römischen Ursprungs).
Ein bronzenes Oiirtelscbloss und eine kleine geschweifte Franciaka,
fräukisch (aus den Gemarkungen Dotzheimerstrasse)*
Porzellanfigur von Höchst (Knabe mit Katze und Kund).
Bronze-Stempel zum Einbrennen einer gotisehen Ornamentik in llolis.
Eisenring mit Kamee.
Römischer Wasserkrug vom Krauzplatz,
4 Ziegeln mit dem Stempel der 22, Legion, ebendaher.
Thürschloss vom Patersberg.
Ousseiserne Ofenplatte aus Emrichshausen.
Ein Paar römische goldene Ohrringe mit Öteluen und Filigran, an-
geblich aus Köln.
Eine golden© Gewandnadel mit rotweisser Kamee, ebendaher.
Bronze-Zindeln, wahrscheinlich einem Leder- oder Linnenpanzer auf-
genäht, aus einem Hallstattgrabe bei Dexenheim.
Rot bemalter Trinkbecher aus Ountersblum.
Ein Thonschälchen mit zwei HäugelöcherOj ebendaher.
Eine Thouschale aus Niederingelheim und Schlangenfibula, *!bt»nduhei-.
n
db
246
i
Ein Pttuxerbrecher mit Bron^eknopf (Kreuzzüge), Fundort ufibekänut
Zwei Eberzähae.
Ein Stück vergold^tei Blech*
Ein Steingeachirr älteBter Art, Topf mit rundem Boden, desgl, hoher
Trinkkrug uad Tase mit gefälteltem Fusse^ sämtlich grereifeltj am
der Goldgaeae.
Steinzeugkrug (Bartmann).
^ mit HenkeL
^ Topf für Topfgewölbe (gereifelter Becher.)
Ein römisches goldenes Armband aus dem Rheine
Siegburger uud Nass. Trinkkrug. Geacbenk von FrL G. BrauinAiin.
Ein Marmor stück, von Trier,
Ein römiöcbes Tboolämpchen.
Schwachgebraunte Urne von der Goldgasse (Frühmittelalter),
Kleine römiscbe Thonvase (Goldgasse).
GrauschwarÄB Urne mit Überresten vom Auorochs n. a*, von Niednr^*
ingelhcinh
Kleine dunkelschwarze Urne von etruakischer Form, ebendaher.
Eiförmiger Klopfsteiii aus KieaeUchiefer, ebendaher.
Durchbohrtes Steiubeil aus Kieselschiefer, von Bechtheim.
Omiibraune Urne von Lauaitzer Typus mit Henkel, aus Ookenheim.
Zettolheschwerer ans gebranntem Thou, ton Bingen.
Net7.beschwerer mit eingedrückten gezackten Orn amen ton.
Zwei mittelalterliche Eisenöehlüsaol
Silbernei Arm- und Halsband!, gegliedert mit Intaglicu- und OlagBna«-
einsätzen (Völkerwanderung).
Römisches Bronzebesteck mit chirurgischen Werkzeugen, aus dem
Rhein gebaggert bei Mainz.
Bruchstücke grösserer neolithischer Gefasse, Bruchstücke einer durch
Fiugereindrücke ornamentierten, gehenkelten Tasse, ein in gleicher
Weise verzierter Spinuwirtel, ein Klopfstein und Knocheureate,
aus Grosswinternheim.
Reichverzierte Urne der Bronzezeit mit Thonperlen, ornamentierter
Spinnwirtel und Bruchstück eines Schmelztöpfchens, aus Bauchheim.
Eine mit Dreiecken und Punkten verzierte graue Urne, neolithisch, aus
Königsstadt.
Ein goldener Bauernring, von Herborn.
Bronzepfanne mit etruskischem Stiel, angeblich aus Köln.
Römische Vogolfigur mit Jungen auf dem Rücken aus Thon, von Köln.
* Achatperlen von Andernach.
Zwei Haarpfeile und sieben Frauenkämme aus Hörn, von Herborn.
Eine ganz bedeutende Kollektion von alten Landestrachten aus den
verschiedenen Kreisen des Nassauer Landes, in erster Linie cha-
rakteristisch durch die zierlich gestickten Kopfbedeckungen der
Frauen und Mädchen (sogen. Kommödchen).
247
Wir verdanken dieselbe nach der durch Herrn Zorn zu Hofheim in der
vorletzten .Generalversammlung gegebenen Anregung der unermüdlichen und
opferwilligen Thätigkeit des Herrn Landgerichtsrats Düssell, welchem wir auch
an dieser Stelle für diese ganz neue und ausserordentlich interessante Bereiche-
rung unseres Museums den herzlichsten Dank aussprechen!
Folgenden Personen haben wir für die freundliche Förderung, welche sie
unserer Trachtensammlung durch Zuwendung von Geschenken, durch Erteilung
von Auskunft oder in anderer Weise während des Jahres 1894 haben zuteil
werden lassen, hier, mit der Bitte, auch fernerhin den Verein in seinen Be-
strebungen zu unterstützen, unseren verbindlichsten wärmsten Dank auszu-
sprechen :
Herrn Professor Braun zu Hadamar,
„ F. R. Born zu Wallau,
Frau Dr. med. Cuntz Wwe. aus Heidelberg, z. Z. in Wiesbaden,
Herrn Landgerichtsrat Ebenau zu Limburg a. d. L.,
„ Kaufmann Flügel*) zu Montabaur^
„ Rechner Groos zu Steinebach,
Fräulein Habel zu Wiesbaden,
Herrn Gerichtsassistent Hansen zu Usingen,
„ Kaufmann S. Hess zu Wiesbaden,
„ Postmeister Hey mann zu Wied-Selters,
„ Rentmeister Hieb er zu Montabaur,
Frau Pfarrer Hümmerich Wwe. zu Aisbach,
Herrn Feldgerichtsschöflfen Kolb zu Walsdorf,
„ Bürgermeister Bauer zu Cransberg,
Frau Bürgermeister Metz zu Heftrich,
Fräulein L. Ochs zu Wiesbaden,
Herrn Bürgermeister Reinhard zu Steinebach,
„ Bürgermeister Reuter zu Brandoberndorf,
„ Gastwirt Rocken feller zu Dierdorf,
„ Bürgermeister Schmidt zu Reichenbach,
Familie H. Sparwasser zu Wallau,
Frau Pfarrer Tecklenburg zu Heftrich,
Herrn Referendar Tecklenburg zu Wiesbaden,
„ Beruh. Walch zu Hochheim,
„ Renteisekretär Zeyher zu Dierdorf.
*) Inzwisohen Terstorben.
17»
Verzeichnis der Mitglieder .*)
Vorstand.
Direktor: Herr Sanitätsrat Dr. Florschfltz.
Sekretär: Herr Dr. Adalbert Schroeter.
Konservator: f 2. 12. 94.
Ferner die Herren:
Rentner Oaab^
Landgerichtsrat Keutner^
Oberlehrer Dr. Wedewer,
Schuldirektor Weldert,
Dr. med. Ahrens,
Oberlehrer Dr. Lehr,
Landgerichtsrat Düsseil,
Major a. D. Schliebeii.
Ehrenmitglieder.
Herr Hodgkin, Thomas, Esqu., Falmouth.
„ Dr. Menzel, Karl, Professor, Bonn.
„ Dr. Mommsen, Theodor, Professor, Berlin.
„ Otto, Friedrich, Professor, Wiesbaden.
„ Schuermans, H., Premier pr^sident de la cour d'appel, Lüge.
Korrespondierende Mitglieder.
Herr Franz Pascha, Kairo.
„ Dr. Heider, Sektionsrat im K. K. Minist, f. Kult., Wien.
*) Unsere p. T. Mitglieder werden dringendst ersucht, VerÜnderungen der Titulatur
und des Wohnortes, sowie etwaige Berichtigungen gütigst dem Sekretariat mitzuteilen.
249
Herr Hichelant^ Henry, Conservateur du departemont des manuscripts de la
Biblioth^que nationale, Paris.
jf Dr. Naue^ Julius, München.
y, Dr. Overbeck, Johannes, Prof., Geheimer Hofrat, Leipzig.
y, Baron de Septenville^ Chäteau Lignieres (Poix).
^ Prof. Gr. Tocllescn^ Bukarest (Rumänien).
Ordentliche Mitglieder.
I. In Wiesbaden.
Herr Abegg^ Philipp.
„ Dr. med. Ahrens^ Friedrich, Arzt.
„ Aufermann^ Wilhelm, Rentner.
„ von Aweyden, Adolf, Ober-Regierungsrat.
^ Bartling^ Eduard, Rentner und Stadtrat.
„ Bechtold^ Rudolf, Buchdruckereibesitzer.
„ Becker^ Ludwig, Kaufmann.
„ Beckel^ Jacob, Bauunternehmer.
„ Beger^^ Heinrich, Rechnungsrat, Rendant des Vereins.
„ Bergmann^ Fritz, Yerlagsbuchhändler.
y, Berl^^ Ferdinand B., Banquier.
„ Dr. med. Berlein^ Martin, Arzt.
„ Dr. med. Bertrand^ Carl, Geh. Sanitätsrat.
„ Baron Ton Bistram.
^ Bojanowsky^ Julius, Rechtsanwalt.
„ Bossong^ Franz, Buchhändler.
„ Dr. Brackebusch^ Ernst, Besitzer der Oranien-Apotheke.
^ Ton Brandt^ Excellenz.
„ Dr. phil. Bredemann^ Carl Otto.
„ Dr. phil. Bröcking^ Wilhelm.
„ Busse^ Louis, Rentner.
y, Bfidlngen^ Wolfgang, Kaufmann und Badhausbesitzer.
„ Caesar^ Clemens, Regierungsrat.
„ Dr. veter. med. Christmann^ Heinrich, Tierarzt.
„ Dr. med. Conrady^ Max, Geh. Sanitätsrat.
„ Gonrady^ Ludwig, Pfarrer a. D.
„ Gramer^ Landgerichtspräsident.
„ Dr. theol. de la Croix, Otto, Oberregierungsrat und Konsist.-Präs. a. D.
„ Dahlen^ H. W., Generalsekretär des deutschen Weinbauvereins.
„ Dormann^ Philipp, Bauunternehmer.
„ Drexel, Jacob, Kaufmann.
., Dfissell^ Hermann, Landgerichtsrat.
„ Freiherr von Eberstein, Alfred, Oberst z. D.
, Ebhardt, Karl, Privatier.
^ Eckerlin^ Heinrich, Bauunternehmer,
250
Herr Elgershausen^ Luitpold.
„ Engelmann^ Rudolf, Justizrat.
yt Dr. theol. Ernst^ Carl, Generalsuperintendent.
„ Faber, Rudolf, Chemiker.
„ Fehr, Theodor, Fabrikbesitzer.
„ Fischbach, Friedrich, Geworbeschuldirektor a. D.
„ Flindt, Wilhelm, Königl. Kanzleirat a. D.
„ Flock, Friedrich, Architekt.
„ Dr. med. Florschütz, Bruno, Sanitatsrat.
„ Flflgel, Wilhelm, Kaplan.
„ Fohr, Otto, Gerichts-Assessor.
„ Dr. med. Frank, Georg.
„ Freinsheim, Friedrich, Rentner.
„ Dr. Fresenius, Remigius, Geh. Hofrat, Professor.
„ Dr. Fresenius, Heinrich, Professor.
„ Friedrich, Lothar, Pfarrer.
„ Fritz, Heinrich, Rentner.
„ Fritze, August, Professor, Oberlehrer.
„ Fuchs, Wilhelm, Landgerichtsrat a. D.
„ Gaab, Christian, Rentner.
„ Gecks, Leonhard, Buchhändler.
„ Dr. med. Gerlach, Valentin.
„ YOn Goeckingk, Hermann, Kgl. Kammerherr und Premierlieutenant a. D.
„ Götz, Friedrich, Hotelbesitzer.
„ Gornicki, Wladislaus.
„ Gräber, Ferdinand, Kommerzienrat.
„ Dr. jur. Grimm, Julius, Professor.
„ Groschwitz, Carl, Buchbinder.
„ Guttmann, Rechtsanwalt.
„ Dr. med. Güntz, Theobald, Privatier.
„ Dr. Hagemanii, Arnold, Kgl. Archivar.
„ Heibig, Hermann, Baurat, Kreisbauinspektor.
^ Mensel, Carl, Rentner.
„ Hensler, Joseph, ständischer Ingenieur und Inspektor.
„ Menzel, Nicolaus, Ingenieur.
„ Herrmann, Johannes, Inspektor.
„ Hess, Johannes, zweiter Bürgermeister.
„ Hess, Simon, Kaufmann und Stadtverordneter.
„ Dr. med. Heubacb, Hans, Arzt.
„ Hey'l, Ferdinand, Kurdirektor, Kais. Ottomanischer Vicekonsul.
„ Dr. Hilfrich, Jos., Kaplan.
„ Dr. phil. Hintz, Ernst Jacob.
„ von Hirsch, Friedrich, Kaufmann.
„ Höhn, August, Polizeirat.
„ Dr. jur. von Ibell, Oberbürgermeister, Mitglied des Herrenhauses.
251
Herr Dr. med. Ideler^ Carl, Geh. Sanitätsrat.
y, Isenbeck, Julius, Rentner.
^ Kaufmann^ Wilhelm, Architekt.
„ Keim^ Wilhelm, Landgerichtsrat.
„ Dr. theol. Keller^ Adam, päpstl. Hausprälat, Ueistl. Rat, Dek. u. Stadtpfarrer.
„ Keutner^ Joseph, Landgerichtsrat.
„ Kissling^ Carl, Möbelfabrikant.
„ Kleidt^ Friedr. Wilh., Spengler.
„ Knauer^ Friedrich, Rentner.
Frau Freifrau Yon Knoop.
Herr Koch^ Gottfried, Kaufmann.
^ Kolb^ Richard, Major a. D.
„ Kreide], Carl, Mechaniker.
„ Kriege, Ernst Jacob, Oberst a. D.
, Kurtz, Leonhard, W., Hofphotograph.
„ Dr. phil. Kurz, Hermann, Apotheker.
„ Labes, Otto Friedrich, Oberst a. D.
„ von Lehmann, Peter, Generallieutenant a. D.
„ Leisler, Ernst, Rechtsanwalt.
„ Leo, Ludwig, Rentner.
„ Lex, Adolf, Regierungsassessor.
„ Limbarth, Christian, Buchhändler.
„ Dr. med. Lossen, Hermann, Arzt.
„ Freiherr Low Yon Steinfart, Erwin, Oberlieutenant a. D.
„ Dr. phil. Lohr, Friedrich, Oymnasialoberlehrer.
„ Lfitzenkirchen, Heinrich, Buchhändler.
„ Mäckler, Heinrich, Rentner und Feldgerichtsschöfifo.
„ Xeinardus, Dr. Otto, Archivar.
„ Mensing, F., Vizeadmiral z. D.
„ Dr. phil. Merbot, Reinhold, Sekretär der Handelskammer.
„ Dr. med. Meurer, Carl, Augenarzt.
, Mondorf, Georg, Hotelbesitzer.
„ Moritz, Joseph, Buchhändler.
„ Nicol, August.
„ Dr. Niederhäuser, Emil.
„ Niemer, Louis, Rentner.
„ Nitzsche, Ferdinand.
„ Nortershäuser, Gisbert, Buchhändler.
„ Nötzel, Wilhelm, Fabrikbesitzer.
„ Olsson, Hans Hermann, Juwelier.
„ Opitz, Hermann, Oberregierungsrat und Konsistorialpräsidcnt.
y, Dr. phil. Otto, Heinrich, Gymnasiallehrer.
„ Dr. phil. Panzer, Conrad, Königlicher Archivar.
„ Peipers, Hugo, Rentner und Stadtverordneter,
jj Yon Pestel, Eduard, Oberst a. D,
352
I
Ilerr Dr. med. Pfelfffer^ Emil, Sanitätsrat
^ Polil, Joseph, Weinlmndler.
, PreyiTt Wilh., Dr. phil. u, med., Prot, Hofrat
j, (|«iel, Oufitav.
„ Re lisch, Heiririch^ aerichtareferetidapi
„ itictitor, Moritz, Landgerichtsrat.
„ Kitter, Carl, Buchdruckereibesitzer.
„ Dr. phiL RItterlInt,', Emil.
, Dr* jur. Roiiieiss, HermaQo, Rechtsanwalt.
^ Dr< med* Roser, Carl, Spezialarzt für Orthopädie.
, Itüdi^ Ilomridi, KaufmauD.
^ RoHl>»ttf Lambert, Geh, Regier utigsrat,
„ Dr. phiL Rii]){ie], Carlj Oberlehrer.
^ r^ HftcliB« Änitiärlehter.
„ Sartörliiis, Adalbert^ Oherfttliout^Dant z. D*
, SartoHu«, Otto, Landesdirektor.
n Dr. phil» Hauer, Williolm, Staatsarchivar und Arohivrat
^ TOri Sftielihat Dietrielj, Oberst a. D.
„ ScliellenheriJ, Alfred, Architekt,
„ Hi'hi^lf'ithürg, Carl, Rentner.
^ Scholl eiiberg^ Loui!), Buchdruckereibesitzer.
„ xmi S(*h«»Teii, Wilhelm, Botschaftsbeamter a. D,
„ Schii*r©iiherg, Erust, Reutaer,
« Hclilaatit, Wilhelm, Oberlehrer,
y, Schlleben, Adolf, Major a. D.
„ Schleldt, Adam, Gerichtsvollzieher.
„ Schmitt, Adam, Rentner und Stadtverordneter.
^ Dr. phil. Schmitt, Conrad, Hofrat.
^ Schneider, Theodor, wissensch. Hilfslehrer.
„ Schroeter, Adalb., Dr., Kustos an der Kgl. Laudcsbibhothek.
„ Schroeter, Hermann, Pfarrer a. D.
„ Schüler, Theodor, Archiv-Kanzlei-Sekretür.
^ Schultz, Otto, Oberst a. D.
, Schütte, Alex., Major a. D.
jy von Schweder, Adolf, Oberst z. D.
„ Schwedersky, W., Lieutenant a. D.
„ Schweisi^uth, Carl, Rentner.
Durchlaucht Prinz Albrecht zu Solms-Rraunfels.
Dr. phil. Spielmann, Christiao, Schriftsteller.
Stein, Christian, Rauunteruehmer und Stadtverordneter.
Stinnes, Matthias, Geologe.
Dr. Stobbe, H.
Stolley, Harald, Hofdentist.
Strasburger, Paul, Banquier.
von Tepper-Laski, Victor, Regierungspräsident.
8c.
253
Herr Thflsing^ Georg, Landrichter.
9 Thönges^ Hubert Christoph, Justizrat.
Frau Todd.
Herr Trog, C, Lehrer a. D.
, Thumeyssen, Alexander, Bentner.
„ Dr. phil. Tietz, Oscar.
„ Tschacher, Oswald, Rentner.
„ Vietor, Moritz, Schulvorsteher.
„ Yogelsberger, Wilhelm, Oberingenieur a. D.
„ Wagner, Carl.
„ Dr. theol. Wedewer, Hermann, Oberlehrer.
, Weidenbusch, Hans.
„ W^eldert, Carl, Direktor der höheren Töchterschule.
„ Wiencke, Rudolf, Königlicher Lotterie-Einnehmer.
„ Wilhelmy, Otto, Landgerichtsrat.
„ Dr. jur. Wilhelmy, Albert.
„ Willet, Martin, Architekt und Stadtverordneter.
„ Winter, Ernst, Baurat, Stadtbaudirektor.
„ von Wunster, Wilhelm, Oberst a. D.
y, Wissmann, Eduard, Landgerichtsrat.
„ Worst, Hermann, Seminardirektor a. D.
„ Zais, Wilhelm^ Hotelbesitzer.
„ Zedier, Gottfried, Dr. phil., Kustos der Königl. Landesbibliothek.
n. Ausserhalb Wiesbadens.
Herr Dr. von Achenbach, Heinrich, Staatsminister u. Oberpräsident, Potsdam.
„ Achenbach, A., Königl. Berghauptroann, Klausthal.
„ Dr. Alefeld, Darmstadt.
„ Almenröder, Pfarrer, Ober-Biel (Kreis Wetzlar).
„ Anthes, Eugen, Pfarrer, Nassau.
„ Balzer, Pfarrer, Bromskirchen.
„ Bahr, Joseph, Landwirt, Frauenstein bei Wiesbaden.
„ Bahl, Chr., Ehren-Domherr, Bischöfl. Kommiss. u. Stadtpfr., Frankfurt a. M.
, Batton, Postmeister, Nassau.
„ Bauer, Oberstlieutenant an der Schiessschule, Köln.
„ Baunach, Wilhelm, Frankfurt a. M.
„ Dr. Beck, Ludwig, Hüttendirektor, Rheinhütte bei Biebrich.
„ Dr. Beckmann, Fr., Landrat, Usingen.
, Bellinger, Kgl., Bergrat, Braunfels.
„ von Bertouch, Geh. Regierungsrat a. D. und Kammerherr, Biebrich.
„ Bimler, Oberbergamtsmarkscheider, Breslau.
„ von Boch, Eugen, Geh. Kommerzienrat, Mettlach.
Frau von Boch, Ziegelberg bei Mettlach.
Herr Dr. Bodewig, Oberlehrer, Oberlahnstein.
354
Herr Bom^ Landgerichtsral, Limburg a. J* Lahn.
„ Dr, phih Braun, ÄoBelm, Profeasory Oberlehrer, Hadamur»
„ BrofTt^ L. H., Fiankfurt a. M.
„ Dr. phil Freiherr von Cansteiii, Ökonomierat, Berlin,
„ Dr. Clenien^ Paul, Promzialkonservator d. Rhein pro vius^^ Bonn,
„ Cotirady« Wilhelm, Kreiarichter a. D., Miltenberg a. M.
„ Delssnianii, Pfarrer, Erbach am Rhein.
^ Dr, med. Dettweller, Peter, Geb. Sauitatsrat, Falkenitein i. T*
^ von Dotiopf Hiigo, Major z, D. und Oberhofmciötürj Weimar,
, Dr. med, Bflttniann, OHo, Arzt, Montabaur.
Frau Baronin von Dangern^ Schlosa Dehrn bei Liraburg a. d. Lahu,
Herr Byckerhoff, Rudolf, Fabrikbesitzer, Biebrich.
„ Eggert, Hermann, Regierunga- und Baurat.
^ Graf zu Eltz, Carl, EltviUe.
, Engelhanl, Otto, Fabrikant, Hofheim im Taunua.
„ Graf 211 Eulenlmrg^ Botho, Miniaterpräsideut, Berlin.
fl Feldner^ Lehrer, Kassel
„ Dr* phil. Fleckeisent Professor, Dresden.
» Dr, pbiL Focke, Rudolf, Kuatoi der KgL Üniv.-Bibliothek, Oöttingeo.
^ Fonekj Geb. Regierungsrat, Rüdesbeim«
n Dr. phil Forst, H., Osnabrück.
„ Fromme» Landrat, Dillenburg.
ji Crerhanlus, Amtsrichter in Limburg a. d. Lahn.
^ Goltz^ B., Major im Westfälischen Infanterie-Regiment No. 57, Wesel.
^ Uossmann^ C. G., Kloppenheim (Post Bierstadt).
„ Dr. Grandhomme^ Sanitätsrat, Kreisphysikus, Frankfurt a. M.
„ Haas^ P., Rektor des Realgymnasiums, Limburg a. d. L.
,, Dr. phil. Hammeran^ A., Frankfurt a. M.
yy Hauch, Rudolf, Frankfurt a. M.
„ Hecker, Gerichtsschreiber, Nassau.
„ Dr. Hegert, Archivrat, Geh. Staatsarchivar, Berlin.
„ Dr. med. Herxheimer, Salomon, Sanitätsrat, Arzt, Frankfurt a. M.
^ Hess, Heinrich, Weinkommissionär, Östrich.
^ Freilierr v. d. Heydt, Landrat, Homburg v. d. H.
^ Heyn, Pfarrer, Marienberg.
,, Heyne, M., Oberlehrer am Real-Progymnasium, Biebrich.
^ Hilf, Hubert Arnold, Justizrat, Rechtsanwalt, Limburg a. d. Lahn.
yy Hillebrand, Professor, Oberlehrer. Hadamar.
„ Hilpisch, Johaun Georg, Pfarrer, Direktor der St. Leonhardskirche, Frank-
furt a. M.
^ HoiTmann, Gutsbesitzer, Niederhöchstadt (Post Cronberg i. T.).
Se. Königliche Hoheit Leopold FOrst von Hohenzollern, Sigmaringen.
Herr Hosseus, Inspektor der Heilanstalt Falkenstein i. T.
„ Hubaleck, IL, Limburg a. d. L.
„ Jaeobi, Baumeister, Homburg v. d. H.
2ri5
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Frau
Herr
lljUTi'n^ Major iu Jer Kgl. Niedeilüud. Armee, PaJang (Kü^aradjii), Öuiaatm.
Uraf von Ingolholm, Gei8euheim<
Dr. Kalle^ Komraerzieorat, Biebrich,
Eaiifmanii, HeiDricJi, Gerbereibesitzer, Lorclu
Kt>Ilor, Juj^Hzraf, Rechtsanwalt und Notar, Limburg a. d. L.
Gräfin von Kielmaiiiisoi^ge, Nassau.
Kirchberger, Josef, Ems (Bad Eras),
Dr. tlieol. Kkin, Karl, Rischof, päpstl. Hausprälat, Limburg a. d* L,
von Knebel, Heinrich^ Oberst z. D , Sonncnbcrg bei Wiesbaden.
Konlgsteiu, Kilian, Pfarrer, Bornheim bei Frankfurt a. M.
Dr. pbil, KrauSj B\ X», Professor, Freiburg i. B,
Kr5ck, Hauptmann a. D., Berlin.
TOii Lade,« E., Geisenheim.
Leonhar«), Phil Hermann, Bildbauer, Eltville a* Rh-
Dr. Lieber, Reichstags- und Landtagsabgoordneter, Caraborg.
Losten, Oberlaudeägerichtsrat, Frankfurt a. M»
Lnca^^ Fr., Hilfslehrer, Weil bürg a. d. L.
lHaImro8, Amtsrichter, Limburg a, d. L.
Hanger^ Fr., Pfarrer, Dillenburg.
Freiherr Marschall von Bieberstüin, Oberst a. D., Woilburg.
Gräfin von Matuschka^ 8chlo8s VoUrads bei Winkel a. Rh,
MeckeL »T. Fr,, Kaufni.inn, Herborn,
Dr. med. Michel, Theodor, Arzt, Niederlahnstein.
Mourean^ Pfarrer, Erbenheim bei Wiesbaden.
Müller, Mich,, Pfarrer, Beck (Kreis Westerburg).
Müllers, Erster Seminarlehrer, Montabaur.
Mulot, Heinrich, Rentner, Haiger.
Müsset» Landgericbtsrat, Limburg a, d, L.
Nick, Pfarrer, Salzig bei Boppard.
Oi»permaun^ Ferdinand, Bad Soden.
Osterroth, Arthur, Rittergutsbesitzer, Schloss Schönberg bei Oberweseh
Ott, Joseph, Gymnasiallehrer, Merzig a, d. Saar.
Dr. Peters, (!!)., Schierstein.
Pfarrins, Alexander, Pfarrer, Dodenau (Post Battenberg).
Pfau, Emil, Direktor der Aktienbrauerei, Nassau.
Pieponbrins:^ Georg, Schloasermeister, Königstein i. T.
Freiherr von Preusche« und zu Liebenstein, Forstmoistor, Riidesbeim.
Puleh, Gerichtsschreiber, Katzonelnbogen.
Reichert, Domänen-Rentmeister, Weilburg.
Reifenrath, H,, Niederlahnstein.
von Reinach, Albert, Frankfurt a. M.
Dr. med. Bein hold, Medizinalrat, Eisenberg (Sachsen-AUonburg).
Reusch, C, Ed., Bürgermeister, ObcrlAhnstein*
Reuter, Fritz, Weinhändler, Rüdesheim.
Riedel, Amtsgorichtsrat, Frankfurt a. M^
2S6
Herr Rocker, F*, Lehrer, Haiger,
., Schelleiiborg^ Carl Pfarrer, Battenberg.
., Hcliilo, Wilhelm, Pfarrer und Kreia-Schulinspektor, Idstein.
,, Sehlitt, J., Dekan, Eltville.
., Schtiitdt, Landgerichtsdirektor, Limburg.
„ ScIimitK, Johann Peter, Professor, Oberlehrer, Mootabaur,
„ Dr, Schneider, Friedrich, Domkapitular, Oeistl. Rat, Mainz.
j, Schneider, Robert, Pfarrer, Bnchenau (Kreis Biedenkopf).
„ Scholl^ Bernhard, Riidesheim.
„ Schreiner, Pfarrer, Barmen.
,. Schrödor., X, FahrLkaot, Oborlahnateio.
,, Schulz, Forstmeister, Kaub,
„ Schaster, Pfarrer, Frischborn bei Lauterbach (Oberhessen).
^, Seckels^ Genehtäassesaor, Montabaur.
M Heyherth, Geh. Regierungsrat, Landrat, Ilanau.
„ Hiegelj Johannes, Pfarrer, Weilburg.
Se. Durchlaucht Heorg Friedrich Fürst zu Si>lmH-BraiitireLs.
Se. Erlaucht Friedrich (iraf zu Solnis-Laubaeh^ Laubach (Oberhesscol
Herr Stahl, Amtsgorichtsrat, llaeheuburg.
„ Steinfaeimer^ C. J. B., Clutsbesitzor, Östrioh*
,. Stier, Hauptmann a. D., Fürsten walde.
„ StiflY, Amtsgerichtsrat, Höchst a. M.
„ Stipjiler, BergwerksbesitÄcr, Limburg a. d. L.
,, Stol!', L., Dechant, Kassel.
,, Sturm, E*, Weingutsbesitzer, Rüdesheim.
„ Thewaldt, Aratsgerichtsrat, Ems.
„ Tilemauu^ Amtsriehter, St. Goarshausen.
,, Trosiener, F., Ingenieur.
„ Dr. phil, Vdke, Wilhelm, Stadtbibliothekar, Mainz.
„ Yöaiel, E., Pfarrer, Hamburg v. d. H.
.^ Yogel, Arnold, Pfarrer, Kirborg.
,, Yogei, H, A., Pfarrer, Eppenrod (Post Nenterahausen, Uez. WieobaS
Frl. Vogler, Emilie, Ems.
Herr Wahl, Pfarrer, Rüdesheim.
He, Durchlaucht Fürst za Waldeck, Arolaen.
Herr Walter, M., Rentner, Schloss Outenfels bei Kaub.
„ Wehrhehn, Wilhehn, Direktor des Taubstunimen-Iniititut^ Camberg, m|
,, W idmanii, Bernhard, Frühraesser, Eltville, H
.. Dr, phil. Widmaun, S., Rektor des Real-Progymnaöium», Uberlubnateie.
Se. Durchlaucht Wilhelm Fürst zu WIeil,, Neuwied.
Herr Wllhelmi* (ieorp, Pfarrer, Die2,
Wllhelm.v, August, Prokurator, Ilattenheim.
., Willi, Doraiuikus, Abt, Abtei Marienstatt (Post Hacheuhm
,. Zorn, Riohani, ObstbauraöchulbeöitÄer, Hofh*M'm i. T,
iL^m
^m
257
in. Ordentliche Mitglieder sind femer folgende
Archive, Behörden, Bibliotheken, Kuseen und Vereine.
Berlin:
Königliche Bibliothek (W., Platz ara Opernhause).
Königliche geologische Landesanstalt und Berg-Akademie
(N., Invalidenstrasse 44).
KöniglichesKunst-Gewerbe-Mu8eum(SW., Prinz Albrechtstrasse).
Biebrich:
Real- Progymnasium.
Biedenkopf:
Kreisausschuss des Kreises Biedenkopf.
Königliches Real-Progymnasium.
Cassel :
Ständische Landesbibliothek.
Coblenz:
Königliches Staatsarchiv.
Darmstadt:
Qrossherzoglich Hessisches Haus- und Staatsarchiv.
Diez:
Kreisausschuss des Unterlahnkreises.
Real-Progymnasium.
Dillenbnrg:
Königliches Gymnasium.
Kreisausschuss des Dillkreises.
Historischer Verein.
Ems:
Real-Progymnasium.
Erbach im Odenwald:
Gräflich Erbachisches Qesamthaus-Archiv.
Frankfürt a. M.:
Kreisausschuss des Landkreises Frankfurt a. M.
Magistrat.
Stadtbibliothek.
St. Goarshausen:
Kreisausschuss des Kreises St. Qoarshausen.
Hadamar:
Königliches Gymnasium.
Herbom:
Altertumsverein.
Höchst:
Kreisausschuss des Kreises Höchst
258
llomhurg T. iL Höhe:
Erebaussehaas dea ObertautiuskreiaeB,
Latigen8€hwiilhaeh :
Kreisauaschuas de» Untertaunuakreinf^B,
Liuiliiirg a. d. Lahn:
RreiaauBschusii dea Kraisos Limburg,
Hai 112:
SUdtbibliothek,
larb0rg ;
Köoiglichea Staataarehiv.
Marienberg:
Kreisausachusa dea Oberweiterwaldkreiaea,
Montabaur:
Ivrüisausschuaa dea Untarwesterwaldkreiaea,
Rndeslieini:
Erelaausächusa dea RheiDgaukreiaes.
Srhlangenbad:
Königliche Eurkommi^aiüD.
NchneldmflhU (bei Audenachmiedef Post WeilniuBater):
GesellBchaft „Erholung",
Usirtgeu:
KrpiBauäachuas des Ereiaca Uaingen.
Wellburg :
Ereisausschuss des Oberlahnkreises.
Westerburg :
Ereisausschuss des Ereises Westerburg.
Wetzlar:
Eönigliches Staatsarchiv.
Wiesbaden :
Bezirksverband des Regierungsbezirks Wiesbaden.
Eönigliches Gymnasium.
Ereisausschuss des Landkreises Wiesbaden.
Magistrat.
Eönigliches Staatsarchiv.
Verzeichnis
der
Akademien^ Gesellschaften^ Institute und Tereine, deren Druckschriften
der Verein in regelmässigem Schriftenaustausch erhält/)
Aachen, Geschichtsverein.
, Verein für Kunde der Aachener Vorzeit.
Aar au, Historische Gesellschaft des Kantons Aargau.
Abbaye de Maredsous (Belgien). [„Revue benedictine^.]
Altenburg, Geschichts- u. altertumsforschende Gesellschaft des Osterlandes.
Amiens, Societe des antiquaires de Picardie.
Amsterdam, Koninklijke Akademie van Wetenschappen.
Annaberg, Verein für Geschichte von Annaberg und Umgegend.
Ansbach, Historischer Verein für Mittelfranken.
Antwerpen, Academie d'arch6ologie de Belgique.
Augsburg, Historischer Verein für Schwaben und Neuburg.
Bamberg, Historischer Verein für Oberfranken.
Basel, Historische und antiquarische Gesellschaft.
Bayreuth, Verein für Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken.
Berlin, Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. [„Forschungen zur
Brandenburgischen und Preussischen Geschichte'^.]
, Verein für die Geschichte der Stadt Berlin.
, Archäologische Gesellschaft.
, Verein „Herold".
, Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
, Reichs-Postmuseum.
, Märkisches Provinzial-MuBeum.
Bern, Historischer Verein des Kantons Bern.
Birkenfeld, Verein für Altertumskunde im Fürstentum Birkenfeld.
Bistritz, Gewerbeschule.
Bonn, Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde.
, Verein von Altertumsfreunden im Rheinlande.
Brandenburg a. d. H., Historischer Verein.
Bregenz, Museums- Verein.
*) Die mit * beietchneten Zeitochrifien hftlt der Verein aaf eigene Rechnung.
^
Bremen^ Künstlerverein, Abteilung für Geschichte und Altertumakunde.
Breslau, "ächleöische Oeaelbchaft für vaterllindisclie Kultur, plilloäophiscfa«
faistoriache Abteilung.
, Verein für Geachichte und Altertum Schlesiens.
—- -, Verein für das Museum schleaischer Altertümer. [„Schlesiens Vor-
zeit in Bild und Schrift*'.]
Bromberg, Historische Gegellschaft für den Netscedtstt'ikt
Brunn, Mährisches Gewerbemuseum.
, K. K* mähriseh-achlesische Geaellachaft zur Beförderung dm Aeker-
bauos, der Natur- und Landeskunde.
Brüssel} Societe des bollandistes.
Bukare&t^ Revista pentru Istorie, Aroheologik si Filologie.
Charlergi, Societe paleoutologique et archeologitjne,
Chemnitz, Verein für Chemnitzer Geschichte,
Christiania, Kongelige Norske Frederiks-Universitet.
— , Museum uordiacher Altertümer,
Copenhagen, Kongelige Nordiake Oldskrift-Sebkab.
Cottbus, Niederlausitzer GeselJschaft für Anthropologie und iUiertuni^kunda.
Danzig, Westpreussischer Geschichtsverein*
Darmstadt, Historischor Vereiu für das Orosaherzogtum Hessen.
Dessau, Verein für Anhaltische Geschichte und Altertumskunde.
DilUngen, Historischer Vereio,
Donaueschingeu, Vereiu für Geschichte und Naturgeschichte der Raar
der augre uzenden Länder.
Dresden, König], sächsischer Altertums verein.
, Verein für Geschichte Dresdens.
Dürkheim, Alterturasverein für den Kanton Dürkheim.
Düsseldorf, Düsseldorfer Geschichts-Verein.
Eichstätt, Historischer Verein.
Eisenberg (S.-Altenburg), Geschichts- und altertumsforschender Verein.
Eisleben, Verein für die Geschichte und Altertümer der Grafschaft Mansfeld.
El b er fei d, Bergischer Geschichts verein.
Emden, Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer.
Erfurt, Königl. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften.
, Verein für Geschichte und Altertumskunde.
Essen, Historischer Verein für Stadt und Stift Essen.
Frankfurt a. M., Verein für Geschichte und Alterturaskunde.
, Taunusklub.
Frankfurt a. d. 0., Historisch-statistischer Verein.
Freiberg, Altertums verein.
Freiburg i. Br., Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und
Volkskunde v. Freiburg, dem Breisgau u. d. angrenzenden Landschaften.
St. Gallen, Historischer Verein.
Gi essen. Oberhessischer Verein für Lokalgeschichte.
Glarus, Historischer Verein des Kantons Glarus.
2C1
I
I
I
Görlitz, Oberlauaitxische Gesellschaft der Wissenschaften.
OüttiDgen, Kgl* Gesellischaft der Wiaseusclmften. Philolog.-hiator, Klasse.
Ora^t Historischer Verein für Steiermark*
Greifs wald, Rügisoh-Pomniorsche Abteilung der GeaeiUchaft für Ponimorsche
Geschichte und Altertum ftkiindp in Stralsund und Greifi§wald,
Guben, 8. Cottbus,
Schw. Hall, Iliötorischer Verein für Württembcrgiüch Franken.
Ilallo a. S., Tlmriogiaeh-Sächöischer Verein für Erfor»ehung dea vaterländischen
Ahertams und Erhaltung seiner Denkmale.
Hamburg, Verein für Haniburgische Geschichte.
Hanau, Hanauer Bezirks verein für Hessische Geschichte und Landeskunde.
Hannover, Historischor Verein für Niedersachsen.
Heidelberg, Hist.-philosophiacher Verein. [„Neue Heidelberger Jahrbucher**,]
Heilbronn, Historischer Verein.
Hermannstadt, Verein für Sieberibürgische Landeskunde.
Hobenleuben, Voigtlandischer altertumsforachender Verein,
Homburg v. d. H., Verein für Geschichte und Altertumskunde,
Jona, Verein für Thüringische Geschichte und Altertumskunde.
Innsbruck, Ferdiuaudeunj,
loaterburg, Altertumsgesellschaft.
Eabia, Verein für Geschichte und Altertumskunde zu Kahla und Roda.
Kaiserslautern, Pfälzisches Oewerbcmusoum,
Karlsruhe, Grossherzogliches Museum.
, Die Badische hißtorische Kommission. [, Zeitschrift für die Geachicht^
des Oberrheins**.!
Kassel^ Verein für hessische Geschichte und Altertumskunde.
Kempten, Altertums- Verein Kempten.
Kiel, Gesellschaft für Schleswig-Holsteiu-Lauenburgische Geschichte.
, Anthropologischer Verein in Schleswig-Holstein.
Klagenfurt, Kärntnerischer Geschichtsverein •
Köln, Historischer Verein f. d, Niederrhein, insbesondere f. d. Erzdiözese Köln.
~, Stadtarchiv.
Königsberg i. Pr., Königliche und Universitätsbibliothek.
, Physikalisch-ökonomische Gesellschaft.
, Altertumsgeseilschaft Prussia«
Körnik in Posen, Bibliotbeka K«>rnicka.
Krakau, Akademie der Wissenschaften.
Kreuznach, Antiquar.-histor. Verein für Nahe und Hunsrücken.
Laibach, Historischer Verein für Krain.
. Landshut, Historischer Vorein für Niederbayern.
H Leiden, Maatscbappij der uederlandsche Letterkunde.
Böhmisch- Leipa, Nordböhmischer Exkursionsklub.
Leipzig, Verein für üeschichte Leipzigs.
— , Museum für Völkerkunde.
Lei SD ig, GeBohichta- und Altertums verein.
18
>
262
Lemberg, Historischer Verein. [„Kwartalnik hiBtorjcany,*']
Lincolo, Nebraska State Hiötorical Society,
liindau i. B,, Vereiu für Geschichte des Bodensees uod seiner Umgebung«
Li 0 55 (Österreich) j Museum Fraaciaco-CarolinuiiL
Loüdoii^ Society of antiquariea of Loüdoa,
-^ South Ken singt OD Museum*
Lübecks Verein für Lübeckiache Geschichte und Altertumskunde.
Lüneburg, Museums verein für das Püratentum Lüneburg.
Luxemburg, Sectiou hittorique de riustitut Royal Grand-duoal de Luxembourg,
Luzoru, Hiatoriaeher Terein der fünf Orte: LuEern, Uri, Schwyz, Uutorwalden
und Zug.
Magdeburg, Verein für Geschichte und Altertutuakunde dee Her^^ogtuma uad
Er^stiftB Magdeburg,
Mainz, Verein zur Erforsehung der rheinisehen Geschichte und AUertüm&r.
Mannheim, Altertum9?erein*
Meiniugen, Hennebergischer altertumsforacbender Verein,
^, Verein für Meiningiacho C^eachichte und Landeakunde,
Motssen^ Verein für Meiuiugiscfae Geschichte der Stadt Meisaen.
Metz, Verein fiir Erdkunde.
Mölln ]< L.j Verein für Geschichte des Herzogtums Laueuburg.
München, KGnigL bayeriache Akademie der Wisaeuachaften^ phih-hist. Klaaie.|
— , Hiätoriicher Verein für Oberbayern.
, Müncheoer Altertums- Verein,
Mün&ter, Verein für Geschichte uud Altertumskunde Weatfalena,
Namur, Societe archeologique.
Neubrandenburg, Museumsverein.
Neuburg a. D., Historischer Verein.
New-Castle, Society of antiquaries.
Novara, Biblioteca civica di Novara.
Nürnberg, Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg.
, Germanisches Nationalmuseum.
Offenbach a. M., Verein für Naturkunde.
Oldenburg, Oldenburger Landes verein für Altertumskunde.
Osnabrück, Verein fiir Geschichte und Landeskunde.
Paris, Societe nationale des antiquaires de France.
, Revue archeologique.*
Buda-Pest, Magyar Tudomanyos Academia. (Ungarische Akademie der Wissen-
schaften.)
, Ungarische Revue.
, Ethnologische Zeitschrift.
St. Petersburg, Commission Imperiale archeologique Russe.
Plauen i. V., Altertumsverein.
Posen, Historische Gesellschaft für die Provinz Posen.
, Posener Gesellschaft der Freunde der Wissenschaften.
Prag, Verein für Geschichte der Deutschen in Böhmen.
263
Prag, Lesehalle der deutschen Studenten zu Prag.
Prüm, Gesellschaft für Altertumskunde.
Stift Raigern (bei Brunn). [,,Studien und Mitteilungen aus dem Benedietiuer-
und dem Cistercienserorden**.]
Regen 8 bürg, Historischer Verein für Oberpfalz und Regensburg.
Reichenberg, Nordböhmisches Qewerbemuseum.
Reutlingen, Verein für Kunst und Altertum.
Riga, Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde der Ostseeprovinzen
Russlands.
Rio de Janeiro, Museu Nacional.
Roda (S. Altenburg), Der geschichts- und altertumsforschende Verein.
Rom, R. Accademia dei Lincei.
Saarbrücken, Historischer Verein für die Saargegend.
Salzburg, Gesellschaft für Salzburger Landeskunde.
Salzwedel, Altmärkischer Verein für vaterländische Geschichte und Industrie.
Sarajevo, Bosnisch-hercegovinisches Landesmuseum.
Schaffhausen, Historisch -antiquarischer Verein des Kantons SchafFhausen.
Schmalkalden, Verein für Hennebergische Geschichte und Landeskunde.
Schwerin, Verein für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde.
Sigmar ingen, Verein für Geschichte und Altertumskunde.
Soest, Verein für die Geschichte von Soest und der Börde.
Speier, Historischer Verein der Pfalz.
Stade, Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen.
Stettin, Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde.
Stockholm, Nordiska Museet.
, Kongl. Vitterhets Historie och Antiquitets Akademien.
Strassburg, Societe pour la conservation des monuments historiques d^Alsace.
, Kaiserliche Universitäts- und Landesbibliothek. [„Jahrbuch des
historisch-litterarischen Zweig Vereins des Vogesenklubs".]
Stuttgart, Königliche öffentliche Bibliothek.
, Königlich Württembergisches Haus- und Staatsarchiv.
Thorn, Copernicus-Verein.
Tokio (Japan), Imperial University of Tokio.
Torgau, Altertums verein.
Trier, Gesellschaft für nützliche Forschungen.
, Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschrift.*
, Limesblatt. Mitteilungen der Strecken-Kommissare bei der Reichslimes-
Kommission.*
, Westdeutsche Zeitschrift für Gewerbe und Kunst.*
Tübingen, Universitäts-Bibliothek.
Ulm, Verein für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben.
Washington, Smithsonian Institution.
Wernigerode, Ilarzverein für Geschichte und Altertumskunde.
Wien, Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.
, Verein für Landeskunde von Niederösterreich.
264
Wiep, Akademischer Leseverein der K. K. Universität Wien*
, AkadomiBcfaer Yerem deutscher Iliatoriker.
— — j K, K. Centralkooittii^sion zur Erforechung und Erhaltung der Kuost*"
und historischen Deukmale,
j AltertumaTereii].
— — ^ Ärchäologisch-epigraphischea Semtnar der Fniversit^it Wien»
, Äüthropologiflche OeäelbchafL
- — , Kais. KCmigi. berahlbuhe Gesellschaft , Adler".
Wiesbadeo, Gewerbeveretn,
' , YereiD für Naturkunde,
— ^^ Bheinisefaer Kurier*
, Handelskammer.
W 0 r m a ^ Altertumsverein .
Würzburg^ H ist bischer Verein fiir UntprCratikeu,
Zürich, Antiquarische Oeaellschaft,
^ , Allgemeine gesehichtsfürüehende Oeselkchafi; der Schweiz,
Zwickau, Altertums verein für Zwickau und Umgegnud.
I
Inhalts-Angabe
der
Bände I— XXVI der Annalen des Vereins für Nassauische Altertumsicunde
und Gescliiclitsforscliung.
Band I^ erstes, zweites und drittes Heft (vergriffen).
Band II, erstes Heft.
Abhandlungen und Berichte: 1. Über das Hedderuheimer Mithras-Monament im Museum su
Wiesbaden, in Yergleicbung mit den beröhmtesten bis jetst bekannten mithriscben Denkmälern ;
samt einer Abband lang über den mitbriscben Symbolkreis mit Einweisung auf die myibiscben
Urbilder desselben im alten Hindostan, Ton Prof. N. MQller, Mainz. — 2. Die Domkircbe zu
Limburg, in historischer und architektonischer Beziehung, tou Domkapitular Dahl, Mainz. —
3. Historische Nachrichten yon den Bürgen Driedorf, Eigenberg und Holenfels und ihren Be-
sitzern den Ton Mudersbach, yon Pfarrer C. D. Yogel, Kirberg.
Mit 6 Tafeln.
Band II, zweites Heft.
Abhandlungen und Berichte: l. Über die Lage des Munimentum Trajani fon Domkapitular
Dahl, Mainz. — 2. Die Sueren, yon Hofgerichti-Adyokat H. C. Hoffmann, Darmstadt. —
3. Bericht fiber die Bearbeitung einiger Qrabhfigel imBuhehaag bei Dotzheim, yon Pfarrer Luja
daselbst. — 4. Historische Kachrichten yon dem ehemaligen Kloster, nachherigen Bitterstift zum
heiligen Ferrutins in Bleidenstadt, yon Domkapitular Dahl. — 5. Bucheslo, die Mallstätte des
Erdehegaus, yon Pfarrer Yogel, Kirberg. — 6. Über einen yor Castel bei Mainz gefundenen
Yotiystein der Bfirger yon Wiesbaden, yon Prof. N. MO Her, Mainz. — 7. Ludwig, der letzte
Qraf yon Arnstein, aus einer alten deutschen Handschrift mitgeteilt yon Pfarrer Yogel.
Miscellen: 1. Der Tod Adolfs yon Nassau, nach den Quellen poetisch dargestellt yon Prof. Dr.
Braun, Mainz. — 2. AltertQmliches yon Mainz, yon demselben. — 3. Über die Qesichtsbedeck-
ungen an Helmen aus dem Mittelalter, yon Dr. C. Put trieb, Halle. — 4. Altertfimer in der
Umgebung yon Schierstein, yom Herausgeber.
Band JI, drittes Heft (verg^riffen).
266
Band HIj erstes Heft«
Abhandlungen und Berichte: l. Der Eich olet^in, dai Ebrenileukm«! dei Dmine eu Mttm«^ fvm
Prof. N, Mttlter, cJtseLbst. — 2. Über dio dtirtachaa Milnfcen^ Ton Geli. MedUinftkit Prot Dr.
N^bel, GiesfteD. — S. Qeai^hiebt« der B^rg AMta&ck^ von Dekan C. D, To^el, Eirbcr^. ^
4. Wie Ortf Ruprttobt 17, von N*B8A|i der MÜregierong Antsagt und in den tlentflcliftn Onlea
ti'lU, V€ii demselbtss. -^^ 5. Die ^ermioiacben Gräber bei Bilkbeim, ron Dek^n HoffiBAii n^ Mfitidtp
JElaeeUeni 1. über dt»n Grabstein eines römijcben Sald^teii der XIV. Legion, taa DomkapittLlAx |»ab],
Miint. — S. Voracbkg %ut Grün dang eines Veremfl Kur Ileranagnbe arebilekioniaclier Dtak*
mal er des Mitttiklt^ref von BAaln«peklor von Ltüsiulx lü Cobleni.
Biographische Nachrichten von verdienten vaterl&ndiecben Gelehrten: Kacliriehrf^i
über dAa Lrben nnd di« Schriften dea ehemaligen FrofesBore und HsBtaQiBGhea Bietorsop'4|itiea
Ciiiie^R Lentnlai^ ven Decm Veg«L
Mit 4 Tifeb.
Band III^ zweites Heft.
Abhandlungen und Berichte - ! . ünteratiGbiin^ seiner germanii°cben Begrübniitlüit« bei BllkWut,
Amt Willmeredf am einem Bericht des Dekin U. tloffmann^ Mendt. — S. Nickritbl
über die Borg Waldenfeb, von Dekan C. ll. Vogel, Xirberg, — 3. NaabrichteD Qb^r die Bnr§
TrinfCöstein, ?on denjßelbEn. — 4. GraJ" Gerhard TL von S*yn wirtl vc^m Eaiaer Fnedricb JJl-
£nm Stattbalfer über die beimlicben WettpHilitcbeQ Gerichte ernannt, von demselben. — 5. Eori«
OeBchichte 4e§ rornaiUgen KloBlers Tlefentbal Im Rheingau, von Domkipitalir C Dah!, Mainj,
mit Nicbtrlgen Ton Dekan VogeL — ü. Die Kir«bc an Mittdbeim im Bheingan, ^on Uofliti»*
meiiter H. G ä r s , Wi^sbuden. — 7. Naehri^^bten Qber die Ganen de$ IlerEi^gtitmj Naiitau, aai
dem NachlaflB des Tcrslorbenen PrUlAtea Dr. Schmidt in Giessen, mitgeteilt ron Ifofrat Üt*
Steiner, Eleiakrot£eriba.rg. — 8. Über Gelehr tenvereine, inabeinndere Über dk Wiclitigkcit der
biaiariiahen antl alleHmnsforiebenden GeBellicbafleni vno Prof. K. Maller, Hatna. -^ 0. Uta.
ESmer'Castell bei Wiesbaden, rtm F. G. Habel, icbierstein.
Mit 6 Tafeln.
Band III, drittes Heft.
1. I)ie Krypta des heil. Bardo im Dom zu Mainz, yon Domkapitular Dahl, Mainz. — 2. Beitrage
zu der älteren Genealogie und Geschichte der Grafen von Schönborn, aus den uaasanischen
Archiven mitgeteilt von Dekan C. D. Vogel, Kirberg. — 3. Nachrichten über die Burg and
das Geschlecht der Ilerren von Molsburg, von Uofbaumeister R. Görz, Wiesbaden. — 4. Die
Nassauischen Gaaen, von Hofrat Dr. Steiner, Kleinkrotzenburg (Forts, v. No. 7 des 2. Heftes).
Mit 6 Tafeln.
Band IV, erstes Heft (vergriffen).
i
Band IT, zweites Heft.
Abhandlungen: l. Kömische Inschriften, welche in den letzten Jahren ausgegraben worden sind, von
Prof. Klein, Mainz. — 2. Die römischen In.schriften des Herzogtums Nassau. Erst« Abteilong.
Von demselben. — 3. Der Dolichenische Gott, von Dr. Römer-Büchner, Frankfurt a. M. —
4. Über eine unedicrte Inschrift des Museums, von Konrektor Becker, Hadamar. — 5. üb«r
Apollo, den Heilgott der Kelten, von demselben. — C. Zur Erklärung nassauischer OrtaaameD,
von Archivdirektor Dr. Friedemann, Idstein. — 7. Die lateinischen und deutschen Lebeas*
beschreiber Ludwigs, des letzten Grafen von Arnstein, von demselben. — 8. Über die AbstanuDang
der Bewohner des südlichen Nassau, von Gymnasiallehrer Seyberth, Wiesbadeo.
267
Miscellen: l. Bodmanna und Kiodlingen hinteriaasene handachriftlioha Sammlangen aar Qeachiohta daa
Rheingana, ▼. Archivdirektor Dr. Friedemann, Idatein. — 2. Kotia Aber die Inachrift: Wiainobatesi
Yon demaelben. — 3. Die älteaten Familien in den Rhein- and Donaaländem, yon Konrektor
Becker, Hadamar. — 4. Eine QebetaroUe, von Prof. Kehr ein, Iladamar. — 5. Die Belagerang
von Kronberg 1522. Nach einem alten Druck. Yon Lehrer Becker, Kronberg. — 6. Der römische
ateinerne Löwe zu Wieabaden, von Archivdirektor Dr. Friedemann, Idatein.
Mit zvrei Tafeln.
Band IT, drittes Heft.
Inacriptiones latinae in terris nusoTienaibus repertae et aactoritate societatis antiqoariornm naseoviensis
editae.
Band V, erstes Heft (vergriffen).
Band Y^ zweites Heft.
Zur Geschichte dea römischen Wiesbadens: II Daa Kömerkastell bei Wiesbaden, von Obermediainal-
rat a. D. Dr. K. Reuter.
Mit vier Tafeln.
Band Y^ drittes Heft.
Zur Geschichte dea römiachen Wieabadens: HI. Römische Ansiedlangen in der Umgebung von Wies-
baden, von Obermedizinalrat a. D. Dr. K. Reuter.
Mit vier Tafeln und 1 Übersichtskarte.
Band Y, viertes Heft.
Zur Geachichte dea römischen Wieabadens: IV. Römiache Wasserleitnngen in Wiesbaden und seiner
Umgebung, von Obermedizinalrat a. D. Dr. K. Reuter.
Mit sieben Tafeln und einem Plan.
Band Yl^ erstes Heft.
1. Die Ueilgötter (Ober ein Knochenrelief dea Museums in Wiesbaden), von Prof. 0. Jahn, Bonn. —
2. Griechische KopfermQnzen von der Insel Lenke (im Museum zu Wiesbaden), von Dr. J. Fried-
1 an der, Berlin. — S. Die römiachen Inschriften des Herzogtums Nasaan, II. Abteilung, von
Prof. Klein, Mainz. — 4. Der heil. Hildegard Subtilitatum diversarum naturarum creaturarum
libri novem, wissenschaftlich gewQrdigt, von Prof. Dr. Reuss, Narnberg. -~ 5. F. W. Schmidts
Lokal Untersuchungen über den Pftihlgraben, sowie über die alten Befestigungen zwischen Lahn
und Sieg. Aus den Papieren des Verstorbenen herausgegeben von dessen Bruder^ Major
E. Schmidt, Kreuznach.
Mit drei Tafeln.
Band YI, zweites Heft.
Abhandlungen: l. Daa Pfahlgraben-Kastell bei Holzhausen^ von Landmesser Wagner, Kernel. —
2. Germaniache Grabaltertfimer, mit beaonderer Beziehung auf die Ausgrabungen bei Rambach,
von Medizinalrat Dr. Reuter^ Wiesbaden. — 3. Die Salziger Meilensteine, von Dr. Rössel,
Wiesbaden. — 4. Graf Eberhard I. von Kataenebbogen und die Grabatätte aeinea Geschlechts
in der Abtei Eberbach, von demselben. — 5. Die Saaerburg, von J, 6, Junker, Lehrer in
St. Goarahaoaen.
268
MisceUen: K Aatifiairisehea am Em$^ von dem Vereios^kretär. — 3. ExpHcttioa il'iti}« liuiert|itt>ia
Iftlioe 4u MuBM de Wiesbaden. MiigeteiU toii Prof. Dr. Becker, Fraukfiirt i. M- — S. Üi>«r
die Btchtung der rümiachen Wasser] eituig bei Mainje^ vod Dr. Mftllea^ U&ifiE. ^-> 4. 0 btr 4 ii
Iltf^ien TeÜfl der Burg Kroübergf ymi irGbitekt Pii. Klein, Fr&akfuH &. M. — ^ 5. rrti*
beitibrief fik di* Herrfcbaft Htdumir and Driedorfj von Lehrer Junker, St. Gdarsliati»«». —
6. Erinnerungen an den denischen Konig Adolf von K&s&an^ Vän dem 7«reiD$iefcreyirHi -^ 7* Küt*
fürst Aaguata von Satihsen Badereise Dieb Scbwaibacb lä84, mitfoteiU Ton dem«etb«o. —
S. B«i8« der Konigiii dtrietine von Scbwedem darcb Kna^au lg5&, roQ Lehrer Junker,
St. Goerikansen. — 9. KröaungBmae Künlf Friedrichs IV, van Frankfart nach Aachen 1441^
mitgeieüi von dem Tereiasaekreiär. — 10. Knlturhiätoriaches äui NasMU, von J. B. Juaker,
BL Goarshaa^en. — 11. Sphragialiscbeaf von dem Vereinaiekreltir, — 13. Über eine moidieftt
Iiieclirift dea Wieabidener Mdsentus, von Prof, Dr. Becker^ Fraaktot a. M.
JDt fünf Tifelü,
Jtaiid VI, drittes Heft
Die Ijiiabarg^r Chronik dei Johaanea, Necb. J. Fr. Feaifit FmU Limpurgeuaeii voa Ür. K. Kuifttl
Mit drei Tafeln.
Band VIIj erntes Heft (Vorgriffen).
Band YII, i^ weitest Hefl,
Abhandlungen; 1. Die älteaten Spuren dea Cbriilentums am Mittelrhein, von Prof. Dr. Becktr,
Frank Tnrt a, M. ^ ä. Ges^^bichto dei Grafeu Gerkch L von Nasttaii, von Konreklor Cal um bvl«
Hidtmar. -^ 3. Bericbt über die AosgrAbung dttr Hügelgrüber am Wd^aetiturm, tod Dr. Bcbalk-
— 4* ßeilräge tut Geicbichte dea KupJberroiibaBBes zq KöninKtein, von demselben.
lÜBCellen: L HoUordnting von Linfeaselten^ mitgeteilt roti Eechnnngaliiiismer'Frobalor Oejer, ^
2. Erbtailaiig de« Grafen FbiHpp von Naieaa v. J. 1&54| mitgeteilt von Dr. Schalk. —
3. Druckwerke von Oberorsel, von demselben.
Mit drei Tafeln.
Band VIII.
Abhandlungen: 1. Der Auszug der Rheingauer auf den Wachbolder. Eine Episode aas der Ge-
schichte des deutschen Bauernkriegs, von Assessor Dr. Petri. — 2. Einige Bemerkungen über das
Baudobrica des Itinearium Antonini, von Pfarrer Nick in Enkirch a. d. Mosel. — 3. Die Juden-
verfolgung in der Mitte des XI7. Jahrhunderts, mit besonderer Beziehung auf Nassau, von Kon-
rektor Colombel, Hadamar. — 4. Die heilige Elisabeth und Egbert v. Schönau, von Prof.
Nebe, Herborn. — 5. Der Sternerbund und Graf Ruprecht der Streitbare von Nassao, von
Konrektor Colombel. — 6. Archäologische Bemerkungen über das Kreuz, das Monogramm
Christi, die altchristlichen Symbole, das Kruzifix, von Kaplan Münz, Frankfurt a. M.
Miscellen: l. Ein Amulet aus dem Museum zu Wiesbaden^ von Prof. Dr. Becker, Frankfurt a. H.
— 2. Römische Inschriften vom Mittelrhein, von demselben. — 3. Kosthoim und die Main-
spitze, von demselben. — 4. Aus: Johannes Ileidfeld: ^Sphinx theologico-philosopbica, von
Prof. Nebe. — 5. Altes und Neues, von Prof. Nick. — G. Zwei Bemerkungen zu der ältesten
Geschichte Nassaus, von Konrektor Colombel.
I
Band IX.
1. Liber donationum ecclesiae S. Severi Bopardiae, von Pfarrer Nick, Salzig am Rhein. — 3. Fürst
W^ilhelm Hyaainth von Nassau-Siegen, Prätendent der oranischen Erbschaft, seine fiegiemiif
ond Zeitgenossen, von Kirchenrat E. F. Keller, Pfarrer, Sulzbach. — 3. Über ein angeblich
.^
26R
baiilidiiuiscbea Amalet, Vdü Dr. Iheol et phiK F. X. Ertui, Pfalxel bei Trier — 4. Dio
iltestea Sparen des Chn(tt«ntQtn£ itii Mitt«lrhoin, KachtrA^ so Annalen 711. V^n Professof
Dr Becker, FriDkfurt a. M« — 5. Ciateliatn MattUcorum, das römtache Kasteil. Nachtrag
tn Aiinalen VIl^ ron demsalbeo. — 6. Taoiitis* SittemBchilderan^ der alteD GermaoeU) bestätig
durch den h. BoDifaciua and dea Freabytor Salvlan, von Kaplan Dr Kaat^ Frankfurt a. M.
— 7. Ein merkwardL^ea Kioder^cbet, von demB«Ib«n. — 6. Beitrl^e mr fbeinucheu Epiirraphik,
von Dr. B. Lupas^ Uerlobn. -- 9. Die Blatampullen der rtfmiacben EaUkonibe»| von Dr. tbeol.
et pbit. F. X, Kraaa. -- 10. Die Bur^ Canb oder Gatenfela and der PftUfrafenalein^ von
lloft-it Weidenbaob. — U* Der FIQgelaliar der ehemali^ea Gilt ercien^er- Abtei* K ircbe Maritn-
atadt nnd seine fonuverwandte ParaUelc su Obcnreael, von Canooictts Dr. F. Bock^ Aaeben.
— 12. Faldiatorinm in der AltertumsiAmmlung des Muaeuma aa Wiesbaden^ von demselben. —
13. Der Backenttretch in den dentacben ßecblaaltertiimern und im chriatücben KnltnB, von
Kaplan Dr. HQos, Frankfart a. M. — U* Die ueaeaten Fände in Wieabaden, von BiblioUtek-
aekretär Dr. Schalk, — 16. lliacellen, von Obertchnlrat Dr, So h wart a.
Banil X*
]. lue Verträge awiachen den Orafien Adolf von Naasau und Dietber von raenburg-Bttdingeu aar
Beilegung des Streites nm das EnsEtift JMains, von Archivsckretir Dr. Mentel^ Weimar. —
8. Die Burgen und die Burgfrieden des deutschen Mittelalters^ von Gymnaatal-Oberlehror Colombel,
Uadamar. — 3. Taufnamen ala Gattonganameu in apncbwörtlicben Redensarten Naaaaus^ von
Dr. MänZf Pfarrer, OberhÖebatadt. — i. Zar naaaaaiaabeo Schriflstellergeschichte, von Prof.
Dt. Keb«, Herbom. — 5. Die EheioSbergänge der Romer bei Mainr., von Prof. Dr. Becker,
Frankfurt. — 6. Das Dilleaburger Schloss, von Prof. Spiess, Dlllenbarg^ — 7. Naasaniscbe
Terrilonen nach dem Beiit2tUnde unmittelbar vor der frana. Revolatiou bia 18C6, nebst einer
Karte des Henogtami Nauau. Von Hofrat Weidenbacb, Wieabaden. — **. Rtmisehe Fände
in Wteabaden, Ton Dr. K. Keknl^ — 9. Cbristticbe Inschrift aus Wieabaden, von demselben.
— 10. Mogon, ein Stammeagott der Vangionen und Mogontiacum, eine vangioniacbe Stadt, von
Ober- Med. -Rat Dr. Reuter. — II. Über Lage and Nainou einiger Örtlichkeiten, von Dr. jur,
J. Grimm. — 1Ü> Der Aar-Übergang im Zuge der römiscbeu Grenxwebr, von StAatsarcbt^ar a« D,
Dr. RotieK — 13. MIacellen.
Mit rOnf Tafeln.
«aiid XI*
obte des naasaalschen AJtertnmaTereios and biogrtpbiaobe MilteiltingeD Über deiMO
GrQnder and Förderer.
Band XU.
Das erste Jahrtausend ehristlicber Bau- nnd Kunatth&tigkeit in Mainz, von Dr. V. A. Frana Falk,
Kaplan, Worms. — 9. Beitrage xnr Geacbicbte des deatjschen Baaernkrie^^t, ibtb^ von Prof.
Dr. Fr. X, Kraus, Straasburg. — 3. Urkundliche Mitteilungen sur Geschichte des Er«stiftes
Maini während der ersten Regierung Dietbers von fsenburg^ 1459—1163* von Dr K. Mentel,
Archivs ekretär, Weimar. — 4. Römischer Schmelz aohmnek, von A. v. Cohaasen^ Oberst a. D.
— &. Die Gräber im Kammerforat awisehen Lorcb nnd Rddesheim, von demselben. - 6. Eine
Episode ans dem Leben der Eltern P. P. Rubens^ von Prof, A. Spiess, DLUenburg. — 7. Zn
Qoethe^s .Aufenthalt in Ems im Sommer 1774, von demselben. ^ 8, Über die Gründung Ein-
bail's XU Soligeuitadt, von Fr. Schneider, Dompräbendal in Mtina, — », Ein Portal in Lorcb
am Rhein, ob rOmiaeb ob karolSogiscb, von A. v. Cohtaaen, Oberat a. D. — 10. Miieellen.
Mit neon Tafeln.
wo
Band XUI.
I, Cid Looiiiei tiieac}i«laiM«rii«li«r iaf»U »ut den B^ciermii^tprUldeol«^ foo Tl^fH Mi
(I. Xttli ISlöK foö Geb. gjiiiilltirit Dr. GeBtli, SchwilUd*, — 2 Ofl«rf WiUi^tai Lafifcig^
Dich ««iiteia Lftbfn nfid Wirk«ii, vaa Pi«n«r Cnno, HincnliiiD. ^ S. E«g««tes d^ Qilflk^
I. Die £«roUiigi9cfae BAfil^kt ^n SumUch-KichelBtailt im 04envdd^ voa Dom^Tihtud^i SclKBii4»r,
Hiiof. — S. 0it SchlöWfir und Seyasiel der MmtTy rouCohmieB, Oberrt &. D. — §. Um
Eh&tiiftiter G«bllck, toh flemielbfro. — 7. Edmiieb-frinkifth« Älkrtfimer tm MittcLrhJtBt m) DI»
»itdiri«ttiehfa loÄchriftfto reo Wietbid^n, tou Prof* Dr. J, Eeeter, FTmakfart ■. IL; %} Wm
«Ui^jiitllcher QnhsUln d«a TinsiiF^ebieCei, toq Ffitrer Br. Hanf , DberbSeh«iidi| «) BdaiM^
Hiii^iicb« iiiflolirift une« Brouiens^iM »Oft Mibi, tod ¥iqL Dt. J. Becker. — 8. SfiiMiKh« la-
sclmXlen ioj dfla Rhein] art den. Kacbtrif« «tt Brimbushs Vm^UM iQicHpttoDBia fiKe&AttAt«a,
roA dtmt«tlre&, ^ 9. fiömUebe InschrilUn r^u der 8t«lbQrf bei Hombari r. d. H^lir^ ^tm
d«iiu<lb«ii. — 10. Beitrice »r Oeveluchte der 6ftorf«ii1cirebe and 4u Georfenslifl« im Limb^rf;
roa SlutMTcbivu Dr. G^tfe, Id^teiQ. -- IK Beitrag xar Kenmtiiii dor Euttar- mnd BaeJit«-
ffir0|inll«il«» dcfl XttteUlt^rif von dtmMtbea. ^ If. Jübiaa'a YL Ortfeu tdh Jfii««ii*DiUtmi«rf
Url#il hUf HeiinproteÄae (15S2), ton d«iDielb«ii. — 13. Uic V^rmagewTejlnitt d«r
HuMUiftcbtii Liode duith frftntd&iAche Trnp|»«ti vihmd dia ttebeDJlhr EfitfM, roR d«
— li. Heoiittu d« HflauA Über d^a Wieib*deiier Baddebeii üa U. Jibrfi ändert^ t^n ArcfcifTil
Dr. Will, E«|{Qibt:rg. — 15, ITuceUeD,
Mit drei UMn.
IIa Uli XI Tf enitcM Heft,
Ul>#fitBAcbriebacii llbir d^ B«|itnofirMiadMrittt £. T. tML, f oa^D^. IL &€fcit>fi^
I
Band XIV, zweites Heft.
Die St. Michaela-Kapelle zu Kiedrich im Bheingan, tod J. Zaan, Geiatl. Bat and Pfarrer daaelbit
— 2. Über die Lage der Karthanae im Petersthale, ron demselbeD. — 3. Der Anlofea ia
Seulberg and die Wölbtöpfe, Ton A. t. C oh aasen. — 4. Ursprang des Dorfes Glashütten im
TauDos, TOD demselben. — 5. Sphragistisches auf Steinkrügen im Altertams-Masenm tu Wiesbaden,
von Edelherr und Graf Manrin Nahujs. — 6. Die Hügelgräber östlich rom Goldenen Grand
zwischen Camberg und Nenweilnan. ron A. t. Cohansen. — 7. Grabhügel im Schiersteiner
Wald, Distrikt Pfühl, ron demselben. — 8. Anatheme und Verwünschungen auf altchristlichen
Monumenten, Ton Dr. Münz, Pfarrer, Oberhöchstadt. — 9. Beitrag zur Controrers« tob
^Prenze-Win'' und ^Hunzig-Win". Kulturhist. Studie aus dem Gebiete der önologie, tob
A. Wilhelmj, Wiesbaden. — 10. Necrologium I. des Chorherrnstifles St. Labentias ta Dict-
kirchen, mitgeteilt Ton Dr. Erich Joachim, Idstein. — 11. ZusammensteUang der bisher ia
Priedberg aufgefundenen römischen Inschriften, von G. Diefenbach. — IS. Daa Tormalige
Wilhelmiten-Kloster zu Limburg a. d. L. und dessen ArchiT, mitgeteilt tod Dr. W. M. Becker,
Idstein. — 13. Das ArchiT der Stadt Limburg a. d. Lahn, mitgeteilt von demselben. — 14. Bei-
träge zur Geschichte der Eisenindustrie, Ton Dr. Ludw. Beck. — 15. Grabhügel zwitchea
der nntem Nahe und dem Hunsrflcken, von A. t. Cohansen. — 16. Die römischen Inschriftea
der ^Altstadt"" bei Miltenberg, von Wilh. Conradj, Miltenberg. — 17. Miscellen: a) Die
Heidenmaner, von A. v. Cohansen; b) Römische Gräber in Mains, von demselben. — o) Griber
bei Nauheim i. d. Wetterau, von demselben; d) Römisches Panzergeflecht ron Bingarbrftek, Toa
Blell-Tüngen; e) Deutsche Gläser, ron A. v. Cohansen; f) Notizen zar Gawerbthitifkät
in Kiedrich im Mittelalter, ron Zaun
J
271
Band XY.
Abhandlungen: 1. Zwei neue Jopiterstttnen aas den Bheinlanden, tod Dr. A. Dancker, Oberlehrer,
Wiesba€en. — 2. Zum Alemannenkriege Caracallas und der angeblichen Alemannenschlacht des
Claadins Oothicns am Gardasee, Ton demselben. — 8. Daa Spinnen und Weben bei den Alten,
Ton A. V. Cohausen. — 4. Zur Geschichte der Stadt Wiesbaden, Ton F. Otto, Oberlehrer,
Wiesbaden. — 5. Das nassanische MQnxwesen, I. Teil, Ton J. Isenbeck, Wiesbaden. —
C. Beiträge zur Geschichte der Eisenindustrie^ II, von Dr. L. Beck, Biebrich und A. Ton
Cohausen, Wiesbaden. — 7. Eine Erinnening an den Orden des Stachelschweins, du Porc-epic,
TOn Edelherr und Graf M. Nahuys, Wiesbaden. — 8. Begesten der in dem Archiv des Vereins für
Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung aufbewahrten Urkunden aus den Jahren
1145—1807, von Prof. Dr. K. Menzel, Bonn. — 9. Nicht Eberhard, sondern Arnold der
2. Abt Eberbachs, ron L. Stoff, Eberbach. — 10. Guttus, Mamilla, Yericulum, von A. von
Cohausen, Wiesbaden. — 11. Der römische Mainübergang swischen Hanau und Eesselstadt,
von Dr. A. Duncker, Oberlehrer, Wiesbaden. — 12. Die rechtsmainische Limesforschung, von
demselben. — 13. Über die Uöhlenfbnde in der Wildschener und dem Wildhaus bei Steeten an der
Lahn, von Dr. H. Scha äff hausen, Geh. Medizinalrat und Professor, Bonn. — 14. Die Höhlen
und die Wallburg bei Steeten an der Lahn, von A. v. Cohausen, Wiesbaden. — 15. Die
Wallburgen, Landwehren und allen Schanzen des Regierungsbezirks Wiesbaden, von demselben.
Miscellen: a) Gräber bei Nauheim in der Wetters u, von G. Dieffenbach, Friedberg; b) Funde
im Grund des neuen Archivgebäudes in Wiesbaden, von A. v. Cohausen; c) Hügelgrab in
den Sonnenberger Fichten, von demselben ; d) Hügelgräber zwischen der Aar und der Dörsbach,
von demselben; e) Hügelgräber in der Gegend von Zorn und Strfith, von demselben; f) Die
Frankengräber bei Erbenheim, von demselben; g) Zur Topographie des alten Wiesbaden, von
demselben; h) Drei Bedungen in der Gemarkung von Wiesbaden, von F. Otto; i) Merk-
würdige Bäume, von A. v. Cohausen; k) Würfel, von demselben; 1) Zur Geschichte der
Abtei Amstein, von J. Zaun, Kiedrich; m) Aus der Bürgermeister-Rechnung der Stadt Wies-
baden vom Jahre 1524, von F. Otto; n) Die Schuldisziplin zu Wiesbaden in der Mitte des
XYIII. Jahrhunderts, von demselben; o) Ein Brief des Fürsten Karl Wilhelm von Nassau,
von demselben.
Mit elf Tafeln.
Band XYI.
Das Nekrologium der vormaligen Prämonstratenser- Abtei Amstein a. d. Lahn, von Dr. Becker. Ein-
leitung. — Beschreibung der Handschrift. — 1. Bruchstücke eines Zinsregisters aus dem 13. u.
14. Jahrhundert. — 2. Zusammenstellung der dem Prämonstratenser-Orden verliehenen Ablässe
ans dem 14. Jahrh. — 3. Notizen über unbedeutende Legate aus dem 14. Jahrh. — 4. Ver-
zeichnis der vornehmsten Wohlthäter des Klosters aus dem 13. und 14. Jahrh. — 5. Gleich-
zeitige Abschrift einer Urkunde vom Jahre 1315. -^ 6. Abschrift eines Martjrologiums in
einem Ealendarium aus dem 14. und 15. Jahrh. — 7. Abschrift der Begula s. Augustini aus
dem 14. und 15. Jahrh. — 8. Abschrift der für den Grünen Donnerstag vorgeschriebenen
Lektion aus dem 14. Jahrh. — 9. Gleichzeitige Abschrift einer Urkunde vom Jahre 1359. —
10. Summarisches Verzeichnis der dem Prämonstratenser-Orden verliehenen Ablässe aus dem
15. Jahrh. — 11. Gleichzeitige Notiz über eine im Jahre 1589 zwischen dem Kloster Arnstein
und dem Minoriten-Kloster zu Limburg a. L. abgeschlossene Vereinbarung zu gegenseitiger Für-
bitte. — 12. Notiz über eine zwischen der Abtei Arnstein und benannten Klöstern vereinbarte
Verpflichtung zu gegenseitiger Fürbitte ans dem 13. Jahrb. — 13. Abschrift der im Kloster
Arnstein üblichen Professzettel ans dem 15. Jahrh. — 14. Das Nekrologium der Abtei Arn-
stein ans dem 13.— 18. Jahrh. — < 15. Die bei der Segnung der klösterlichen Gewänder und
bei der Einkleidnng der Novizen üblichen Gebete ans dem 18. Jahrh. — 16. Die für die Auf-
nahme eines Mitglieds in die Kloster-Bruderschaft vorgeschriebenen Gebete aus dem 13. Jahrh.
— 17. Eine Zauberformel gegen eine tödliche Krankheit aas dem 14. Jahrh. — 18. Bino Nach*
m
ricrhl fiber eine tm Kloster Antaiem iblieht besoadär« Fasknindtcht nebit den Oabetea und
ÖesiöpflQ für die Feier darselbea &Dä dem 14, Jftbrh, — 19. Äb^cbrin der feisher izQbek«DDt«a
Bulle ^Ex paxte Teitri^^ Pftpst Innaceaf' IV, Tom 3K JiDmr 1215 »aa dem 13, J4hrh, —
%Q. Bmchatäck emee ZmeregUters aai dem 14. Jikrh. — 11, Boschreibtitig ^ii«s Gate« d«i
Kbittri Arustein me dem 14. Jihrb. — Bflilüfe I: ^Zut öcifihiehte der Abtei .\rnstein**, —
BeilAgfl 11: ^Brenibergf Bramienbach und Brantidnbiirgf Bremm ind Neet^i eioe ünten^etiiiDe^
ilber dia Ltge dieser Orter. -« TeTieichnis der Abte des Kloetcn Arneteifi. ^ Zaaitse &Bd
BeriebUf äugen. — Giofiaftr. — Ort«- tind PereoiienTerstIchaiB- ^— Ttfel.
Band XVn.
1. Zmr Giiebiebte de« Bheii^geni: ij Beitrag« xar Qeacbiobte der Kloeter Baperiiber^ und Eiblnfcit,
TQU StAiiiifebivir Dr. Stmer; b) Die B^eehreibnügea dej Ebebg&iLi raa BirthoIom&eaA ijtfejui
nad Jobi&nei BiitibAcb «aa dem XI?. aitd XV. JabrbUQdeHi toii Prof> Fr Otto; c) Kup&r
Eedtd« Seadbrtef an die Bhempoer Tom 35. Har^mber 1524, ron demeelben; d) Bnnd i«
Bingen 1540^ 27. JnVij fOn demselben; e) Brief dM Pfarrer» Georg Stertti its Bingen 15T7,
Tön Dr. WidniinD; f) Zar Geecbiclitt Fon Eberbteb währeod dei dreiesigjibrigen Krisfea,
Tou demaelben; g} Kkrte dee Bbeitipni Tan iblb^ tod Fror. Fr. Otto. — I. StAÜetiiebe«:
i) Die Weldecbmieden bei Weilbürg im J.Y. Jehrbimdert, ren Prof. Fr. Otto; b) Die Zahl der
Pferde Tor dem dreiaiigjibrigen Kriege, ron demselben; t) Die Zahl der in den Jebren 1629
bis 1631 in der Herrecbeft Dillenburg rerbrtnnten Heiep^ T<^m TizeprtLs. d, App,*Oer. a. iL
Ltot«, — ^ 3h Kleine HilteUungen mr Geacbicbte K^&igdeins, roa Dr, Widminn. — 4. Der
Bfmnd von Fillmar im September 1630, Gedieht dea Eplnfa. Lorich v<»n HadtniAr, mitfei« ilt ron
Lic, Dr. A. Ereb«. — 5. E\m Heia« dei Grifen Ludwig Fnedricb von NAMAii^daieiii im
Jibr« 1(»&4, mitgeteilt von J. G. — 6. H«iiboni, nicht Kiefern. Bericbügong in Bd, X7»
pig. tfi3. — 7. Kindlmger^ Hebel uud die nesatiiiacbe AUtrtnma-GeielJachift, von FreibeiT
v, Medem, Kgl. Arcbirret a. D., Homburg. — 8. Vogele lilteririfither Utebl*«*, v. Prof. Fr- Oll^,
— 9. Di« Höhlen bei Steet^n A^ d. Labn^ von Koneervator Oberst i. D. y. Cobaneeti. — >
10. Der neue Höhlenfond von Steeten, von Prof. Dr. Hermann Schaaff bansen, Bonn. —
11. Gräber, von Konservator Oberst z. D. v. Cobauaen. — 12. Römische (?) Uafeisen, von
Prof. Fr. Otto. — 13. Wallbnrgen, von Oberst v. Cohtnaen. — 14. Höhlen, von demaelben.
— 15. Znr Schlacht bei Cronberg am 14. Mai 1389, von Dr. Widmann. — IC. Romische Baa-
werke, von Oberst v. Cohausen nnd Baumeister L. Jacobi in Homburg. — 17. Mittelalter-
liehe Bauwerke, von Oberst v. Cohausen und M. Heckmann. — 18. Zur Topographie des
alten Wiesbaden, von Oberst v. Cohausen und Obermedizinalrat Dr. Reuter. — 19. Inschriften,
von Oberst v. Cohausen und Prof. Fr. Otto. -— 20. Sonnenberg, von Prof. Fr. Otto.
Mit acht Tafeln.
I
Band XVIII, erstes Heft.
1. Nassauische Biographie, von Fr. Otto und Dr. S. Widmann. — 2. Neuere historische das Ver-
einsgebiet betr. Litteratur (abgeschlossen Anfang Sept. 1883), von Prof. Otto o. Dr. Widmann.
— 3. Der Sinter von Wiesbaden, von Obermedizinalrat Dr. Reuter. — 4. Schauspieler in
Schwalbach, von Prof. Otto. — 6. Das älteste Bücherverzeichnis des Klosters Arnstein, von
Dr. Widmann. — 6. Zur Scbönauer Reimsage, von demselben. — 7. Zur Geschichte de^
Dorfes Patersberg von 1501 — 1796, von Pfarrer W. Ullrich. — 8. Job. Hofmeister, von
Professor Otto. — 9. Des Stadtpfarrers Anton Weber zu Idstein Sjnodalchronik der Diözese
Idstein: 1577 — 1595, von ArchivsekretÄr Dr. Joachim. — 10. Chronikalische Notiz ana der
Zeit dei SOjähr. Krieges, von Dr. Widmann. — 11. Das Gerücht ron einem seitens Kor*
Mainz beabsichtigten Einfall in Wiesbaden im Jahre 1609, von Dr. E. Ausfeld. — 12. Weid-
gerechtigkeit von Kloppenheim und Hessloch in der Naoroder Gemarkung, von Landgerichtsrat
W. Keim. — 13. Lebensnachrichten über Jean Pauls Geistesverwandten und Freund Panl
__^^^^^^ 273
Kmi] Thi«riolt von Ohersolmtr^t Dr K« SobwArtr ii h. A, RrngV S«tv<iitcllen, von
Prof. Otto. — If». Zwei öeUichte «t» ilftiii XV. JÄhrhumlert Über WJetbiden^ ron OjriiiUB«»itI-
hr«r Fr lue tind Prot Otto.
öaiiil XVUI, zweites Heft
Ha« naifiiiüischi« Mfln^v^ten (Forti^eUang], von J^\. Inenbeck; mit Nftrtitrsg^: MütixniHster ku
I WifiibnJi*ti^ von P. Joseph, LsliTer in Fnnkftirl •« ]f. — t. Prühbtoriseh« Foud« b«fi Nieder-
wallnf und bei Hombar^, von Konaemtor Oberst i. l>. v. Cobmacn und Baumcijstflr pUcobi.
— 3. Jiie Ilüfelgrüber im Scbwanheimor Wtld und di« Schweden schäme bei Kebterbich n M.^
Ton Obent v. Cohau^en. — 4, Wallburgen (Altkönig), von Oberst v. Cohsuseu niid
I f)r. Widmann. — 6. Bi^toische Bauwerke io der Njibe von Hooabnr^, Fraukfart und Bergen,
I ^on Obent v. Cohausen und Baumeister Jaoobi, ^- 6. Römische Altertümer, tou Oberst
\ r. GohanBeUf Dr. Widmaun und Dr Hanimeran. — 7. Zur Gescbichte der FenerwalTen,
yon Ober§t T. Cofaauaeu. — 8- Zur Topo^ripbie de» alten Wiesbaden^ tou Ober^ v. Cohauien.
— 9. Arcbivaliicbe MitteiluD|ren, von Staatffarcbirar Dr Sauer. — 10. Die Lebensbeschreibnn)^
I det Grafen Ludwig IIL von Ärnstein, Lateinisch und deutich, herausgegebeu rou Dr. Wid-
I mann. — 11. Ein Lied auf Graf Albrecbt von Nassau, mitgeteilt von Prot Otto, — 13. Hieb-
trag sar Sjnodalcbronik de« Anton Weber^ mitgeteilt ron Dr. Joachim. — 13. FreakogemäMe
in der Kirche zu Idstein, ron Dr. Sauer. — li. Kontiskatioo ?erbotEr widrig gehaltener Ziegen
auf dem WeMenraH im XVI. und X7II. Jahrhunderi und deifallifige BitUobrift eioe» Pfarrers
lu Driedorf, mitgeteilt von App.-Gcr.*VirepriUident a. D, LautE. — 15. Rekoneiraktionen von
WatTen for Sr. M^. dem Kaiier^ von A. r. Cohittseti.
Mit sehn Tafeln.
Band XIX*
hiatoriacbe das Vereinsgebiet betr. Litteratur (abgeachloiten im Juli 1985). Von Prof. Otto
und Rektor Dr Widmaun« — t. Weistum vom Lindaner Oerichl, 1575, 1401), von Prof,
Otto. — 3. ArchivaJiaehe kfitteilnngen, tou Archirrat Dr. Sauer. — 4. Ort und Tag der
Gebort des ness. Superintendenten J« D. K. Bickel, von Prof. Fr. Otto. — 5, Zur älteren
Oitehiobte der Herren von Eppeneteiu und von Homburg, sowie ihrer Be^ittungea Uombtirg
nnd Braubacb, von Archi?rat Dr. Sauer — 6. Gottfried Hatafelda Chronicon Domoü Nassa-
ricae 1516 — 15SC, herausgegeben toq Dr. Uerm. Forst, — 7. Der Adel im Rheingao^ 1631,
von Arcbivrat 0r Sauer. — 8. Der Fuch« predigt den Giusen, Mit einer Abbildung, von
Rektor Dr« Widmann. — 9. Die iilte»ten BOrgerroeister- Rechnungen der Stadt Wiesbaden.
Rin Beitrag anr Geschichte der Stadt im Anfang des XVI. Jahrhundert«, von Prof. Fr. Otto.
— 10. Nachnohten Ober den Umfang der Heienverfolgung in den deutschen Gebteten der
Otto^schen Linie der Grafen von Nassaa, mitgeteilt von App.-Ger.-ytsepräaident a. D. Lautx.
— II. Berichtigung und Zosatis tut ^Das naas. Müazwesen^^ Forteelanng, Ann. XTIIT, p. 145,
von J, Isenbeck. — 12. Chronik des SebuHbeissen Job. Georg Hoffmanu von Raoeuthal,
1671—1725^ milfeteilt von Rektor Dr. Widmann. — 13. Nachtrag zu pag. 55 sq.: ^Zur
Geschichte der Herren von £ppenstein und ihrer Beattinngen Homburg und Braubach*^, von
Archirrat Dr. Sauer. — 14. Eine Berichtigung suLoerseh: ^Der Ingelheimer Ob^rhof^, von
dnmuelben. — 15. Der röinisohe OrenswaU. Znaätae an dem 1884 darQber erschienenen Werke^
von Konservator Oberst «. D* A. v. Cohausen. — lö. Grabhöhie am Danbhans, von dem*
seihen. — 17. Hflgelgrlber auf dem Kichelberg bei Ifolshausen a. d. Daalphe^ von demselben.
18. Die Höhlen Steinkammcm bei Brdbaoh, 6,5 km von Herborn, von demselben. — 19 Der
Weodelring, von demselben. — 20. HSgetgrilher im Danbomer Wald Rippd, von demselben.
— til. nogelgrüber im Heringeir Wald, von demselben. — 92. Hügelgräber in der Glrtches-
H^k, von deniftclben. — S3. Frankengrüber bei Dauborn, von demselben. -- S4. iMr Klauten»
kippfl bei Kalte Kiche, von damstlhen. — sr>, Schtackenhalden im Crofdorfff Wuld, von dfjn-
27-1
itühtn, ^ S6. Kreai im Kf^tiSfärtcbeD, tod demselben. — 27. Him-AJiArlimer, t^a
tfllbea. — 28. M&rieustAtt; von demselben. — ^9, Zar Topo^rftpbie ies alten Wie»bAdeii, roa
demfciltioii. -» 3{>. NAchlruf ta der Äbbandlang Giber: ^Die ülteetea Hürferm«iil«r*B«cluitiJigeii
der Stsdf Wiosb&dem**, ron Frof. Fr, Otto, — 3t. Die Beäitiergreifatif der UHSMii-ormiiivebai
Liiide^teil« für den GroaeberEog ?ün B^tg im Jiihre ISOG, töii Afcbivir Dr E. Anafflld, —
SS. Xpkrolog dei »m ä. Juli 1SH5 verstorbenem GjiniiiBitldlrBktorB &. U^ OberacItulra^Ui
Dr. K. SvbvtrU, foa Prof. Fr. 0tio.
Band XX, erstf^s Heft.
Dflr ejrinbfliuftebltgitade Sttjrr, ?on Eonierntor k. D. r. Oohioion (mit Abbildung). — S. IN«
QUntrbari;, vun demMellien (mit Abbildiiiig). — 3. Attdgrabuu^en tiiid Arbeiteu «iif der ^ml-
barfi ron demielben, — 4. AHe Walle and Oräbep, vi)n demselbea (mit AbbiMoug). ^- S, IH«
Bati^eti in Jliideisbeimf von demaelben {mit Abbild nügen). ^— 3. Zar Topa^flphie d«R «it«ti Wii?»*
badfltif ron demüelben. — 1. Die kletns SteiAk^oimer hti Erdbacb, vitn demietbeo. — 8, lUe
Ei nhoni lügende in ihrem Urt|ir(icig und ihrer AusgestAltan^. ron Dompräbendtat l>r, FH^dr.
Schualder (mit Abbildup^). ^ 9, Ztlt Sebönitier Eeimsage, ron Arcbivrit Dr, S«ner. ^
lil. Die Oetcrense de« ScMoaibärner PfirrspreageU^ ron Pfarrer J. B<^n». — 11. Bemerk ttngtEi
£n dorn Aafii4tte^ Dio Oitgrsme de« Scbloisborn^r Ff^rrsprengeJaf ron Arcbtrnt Dr. Sauer.
— IS. DJo Eaderi-Kttpelie ün Cronberger Wtli, von Koueervator Oberet i.D. r. GohansQD. —
18. AfdiiraltAcke 3ilitteiLiia^eD, ron Archirrat Dr. Sanej. — 11. BömUcbe Mainbräekaiif ron
Konitrrator Ub<»rit t. D. r. Cohattteo. — 15. Znr Qi«eliicbte Johatin» des Alteren ron
H4fUi]*Dil1enl»(ir^j von Direktor Prot iiipUss. -^ 16. Beitri|:e zur Ga«chklitG d«^ Erel«ea
]f5«liit, ron Dr. W, Kobelt« — 17« Oral W&Urid von NaiBin-Uiiogen hm den oberrhaiaiaebrn
Rrflltlruppen im Türkenkneg« 1041^ ^on Dr. Herrn, Forct. ^ IH. Ijakrokg dea am la, Not.
laSG refitorbibett Eerm Max Ueckmann, ron Konaervator Obtrat a. D. r. CodHutf n.
Buna XX, twenes Heft,
1. Nachruf für Kaiser Friedrich. — 2. Führer durch das Altertumsmasenm, von Eonservitor Oberst z. P.
V. Cobausen. — 3. Römische Sonnenuhren in Wiesbaden und Cannstadt, von Major a. P.
Schlieben. — 4. Die Hufeisenfrage (eine archäologische Musterung), von demselben. — 5. Zu-
sätte und Berichtigungen zu den archivalischen Mitteilungen XX 57 ff: No. i (Seelbnch des
Geschlechts von Langenau und Äbte von Amstein) und No. 6 (zur Geschichte des Stiftes Blei-
denstatt), von Archirrat Dr. W. Sauer. — 6. Höhlen, von Konservator Oberst z. I).
r. Cobausen und Geh. Rat Prof. Dr. Schaaffhausen. — 7. Hügelgräber in der Halbehl
bei Fischbach, von Konservator Oberst z. D. v. Co bansen. — 8. Grabhügel bei Rodheiu
a. Bieber, von demselben. — 9. Denkmal des Grafen Wilhelm zu Lippe-Schanmburg, von Konser-
vator Oberst z. D. r. Cobausen und Major Freiherr v. Wangenheim. — 10. Zur Topo-
graphie des alten Wiesbaden, von Konservator Oberst z. D. v. Cobausen. — 11. Nekrolog
des Herrn Berthold Reinhard Vogel.
Mit neunzehn Tafeln.
Band XXI.
1. Sachrerhalt und Deutung der alten Verschanznngen in Nassau, von A. v. Cobausen. — 3. Das
Fischbacher nnd Lorsbacher Thal, von demselben. — 3. Die Wallborg, ron demselben. -
4. Hügelgräber, von demselben, a) Im Wald Halbehl (bei Münster i. T.); b) Bei Heckholi-
hausen; c) Im Ruhehag. — 5. Zur Topographie des alten Wiesbaden, ron demselben. —
6. Die Reit- nnd Packsättel der Alten, von A. Schlieben, Major a. D. — 7. Die Franken-
gräber ron Schierstein, von B. Flor schütz. — 8. Der Hasselbacher Turm, von A. r. Co-
bausen. — 9. Grenzaa, von demselben. — 10. Hügelgräber, ron demselben (Fortaetznng ron
No. 4): d) Niederwallnf; e) Aus der Umgegend von Usingen: Wilhelmsdorf, Eachbach, Wem-
bom. Im Usinger Wald Schweinhardt, Im Pfaffen wiesbacher Jongenholz, Sehmidthols, Taaben-
275
köpfchen, 'Oberloh, Am „Altenmark^, Capenbnrg Strickert, Am Sflsienberg, Wormstein, Hinter
der Altenbarg ; f) Im Niederhofheimer Wald Halbehl. — 11. Karl Hartwig Gregor ron Meaa e-
bach. LebeDBnaohrichten ron Dr. K. Schwarti. Für die Annalen bearbeitet von F. Otto.
I. Jagend, 1781—1803, ü. Dillenbarg, 1803—1814. — 18. Chronogramm anf das Jahr des
grossen Brandes ron Wiesbaden, von F. Otto. — 13. Wiesbaden im Sommer des Jahres 179C.
Nach den Aufzeichnungen des Wilh. Lantz mitgeteilt von F. Otto. — li. Das nassaaische
Mflnzwesen, ron Jul. Isenbeck. — 15. Die schlesisohe Armee in Nassau vom An&ng No-
vember 1813 bis zum 1. Januar 181i, ron Dr. W. Sauer. — 16. Die Schildhalter des Wap-
pens des Herzogtums Nassau, ron demselben. — 17. Das Jahr der Zerstörung der Burg Lahn-
eck, Ton demselben. — 18. Schwursteine zu Niederbrechen, Ton 0. Klee-Oöttingen. —
19. Waren die clerici uzorati coniugati verheiratete Geistliche? Von demselben. — 80. Feld-
zugspflicht der Hoftrompeter im 17. Jahrb., von Dr. Forst. — 81. Neuere, das Yereinigebiet
betreffende Litteratur, von F. Otto.
Mit fünfzehn Tafeln.
Band XXH.
1. Karl Hartwig Gregor von Meusebach. Lebensnaohrichten von Dr. K. Schwartz. Mit 8 Stamm-
tafeln. Für die Annalen bearbeitet von F. Otto (Fortsetzung). III. Coblenz, 18U— 1819,
17. Berlin, 1819 — 1847. — 2. Die Burgen in Nassau, von A. v. Cohausen. I. Zahl und
Bestand; II. Ankauf und Restauration; III. Ihre Erhaltung; IV. Die Lage und die Anordnung
alter Burgen; 7. Der Deurenberg. — 3. Nassau unter dem Minister von Marschall, von
Dr. W. Sauer. I. K. F. vom Stein und die Entstehung der nassauischen Verfassung. Die
erste Ständeversammlung 1818. — 4. Urkundliche Notiz zur Geschichte des Brömserhofs, von
Dr. W. Sauer. — 5. Die Gigantensäule von Schierstein, von B. Florschfitz. — 6. Weitere
Funde im Römerbrunnen von Schierstein, von demselben. — 7. Dr. Karl Reuter, 1803 — 1889,
von F. Otto. — 8. Die Hegung des Landgerichts zu Mechtildshausen. (Nach einer Nieder-
schrift aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts, etwa aus dem Jahre 1536), von Dr. W. Sauer.
9. Über das Wappen der Herren von Kleberg, von demselben. — 10. Besprechung von Büchern
u. s. w., von Premierlieutenant a. D. Hoff mann. — 11. Neuere, das Vereinsgebiet betreffende
Litteratur, von F. Otto.
Mit vier Tafeln.
Band XXIII.
1. Friedrich von Reiffenberg, 1515—1595, von F. Otto. — 2. Das Landgericht der vier Herren auf
dem Einrieb, von Pfarrer a. D. Ludw. Conrady, Miltenberg. Mit einer Karte. — 8. Aus
dem Stammbuche des Georg Birckell, von F. Otto. — 4. Burg Gutenfels am Rhein, von
A. von Cohausen. — 5. Felix Mendelasohn-Bartholdy's Lied: „Des Jagers Abschied**, von
F. Otto. — 6. Die Zerstörung der Burg Lahneck, von Dr. W. Sauer. — 7. Wallensteins
Briefe an den Grafen Johann den Jängeren von Nassau-Siegen, von F. Otto. — 8. Ein Reim
Hellmunds auf sich selbst, fon F. Otto. — 9. Römische Reiseuhren, von A. Schlieben. —
10. Die Juden zu Wiesbaden, von F. Otto. — 11. Zur Topographie des alten Wiesbaden, von
A. von Cohausen, Dr. B. Florschfitz nnd Prof. Otto. — 12. Zwei Todesurteile des
Schöffengerichts zu Wiesbaden, mitgeteilt von F. Otto. — 13. Die Frankengräber von Schier-
stein, n., von Dr. B. Florschfitz. — 14. Die Gigantensäule lu Schierstein, von Dr. B. Flor-
schfitz.
Mit sieben Tafeln.
Band XXIV.
1. Johann HUchen von Lorch, von F. Otto. — 2. Konrad Oerlin von Wiesbaden, von F. Otto. —
3. Ffirst Karl Wilhelm von Nassau- Usingen, 1775—1803, mitgeteilt von F. Otto. — 4. Georg
August, Fflnt zu Naasau-Idstein, 1677—1721, von C. Spiolmaiin. — 5. Mitteilungen Aber
276
^li Li^e und QcicbicliU der Mirau bei M»inx, tod Geb. ßaurit Cano. — §. Jokftün KounJ
von Salbach. Kebst titatm Atihtn^; „Einip aiibekatiBts HuFborner Dracke**, von F. Otto- --
7. Die SchBt)itier ÜbcrHefcrang^. Eiti* hiit^mth-kritbclj« 0ötormeb«ög vso Lödw, ü&ntäif
— 8. Daj ilte Wieibad«!!^ roitgetftilt von F. Otto, mit t AlibildüTigeii. — 9. Qeaebicbtt 4ft
8te!gbQgaIf von Ä. SühliebeD. — 10. Zar Topogrsphit dea ilteo WieabadeD, toh A. t. Cp-
bansen. — 11. Borgen in Hassan, von A. v. Cohansen- I- KenkaUonBlnb0gän oder di« KüU
bei St. Goarabaliien ^ II. Sterreoberg, LiebBoateiii und Borubofen. — 12. Die Fraöltengrib^f
von Scbier9t«in. III.^ von Dr. B. FforaofaütK. — 13, Ein« oeue Knocbenböble in ?1«tlct
a. d. Lahn, ron Dr. B. FloraehQl!£. — 14. Der Wilde PQtE bei Steeten, von A. von Cq*
liansin, — 15. Qrabiobrift de« Qutitav Ernat v, Ssirdljts m Naatiitten, mitgeti^iU roti F. Oll
— t£. Der romieehi Greni^vall (von Oobaasen und Möiiimien),
Mit Eebti Tif«lit.
Band XXT.
1. Die BeziabuD^eB der Geologie zar AlterliimAknndef von Dr. B. Floraebüt^, — 3. Di« «Ei
Lobi*' bei Ilomburg v. d. Hübe, foa II. JacobL — 3. Yorromiscbe Altertümer, von A* i
Oobauaen, a) Der Branhildij^teiu anf dem frosii«Q Ft^liber; : b) Der Abitcbiiitteirall mid
lilngwall auf dem Bücken der Hofbeimer Kapelle; ein Jadeit-Beil. — 4. BSmiache Allextümtr,
vi>n A. von Ct^hanaen. a) D«r Stand der Llmaa-Foräcbtng; b) Die Stalburg; e) Rdmiaeb«r
gebmelxacbuti^k und Goldacbmiedferäte. — 5^ Burgen m Nasaatt, vom A. von Coliaiisen,
a) Bnrf Scbwalbacb ; b) Der Notling öder Noüicbt. — €> Kachtrag sor Geacbicbte der St«]^-
bilgelj von A, 9cb lieben. — 7. Über die Gründung der Btb^m^acben Drnck^rei in MAinf;,
¥011 Dr. II. Font. — 8, Kenere^ daa Vereinsgebiet betreffende oder be rubren Je Litt^rslnf,
von F. Otto,
Mit nemo Tafeln^
Baiifl XXVL
1. Die Geschichte des Haases Nassau, von den ältesten Zeilen bis an den ersten Trägem de? Namens
Nassau, von Ludw. Conrady. — 2. Der Name Wiesbaden, von W. Streitberg. — 3. Gigan-
tengruppen und St. Georg, von 0. Tiets. — 4. Die Mennoniten und ihre Bedeutung far dif
Kultur in Nassau, von C. Spiel mann. — 5. Alte Topographie des Vereinsgebiete««, von
A. von Cohausen. — 6. Der Limes im Taunus, von Dr. B. Florschütz.
Annal. 1 Vm{n. l flas» AIM i. l^W U mH
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Annal. d. Vereins f. Nass. AltcH u Gcsch Bd. XXVIl
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Ann.1. J. ^U l ffass. Altert, n flesck. BJ. üiUm.
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^r Annalen, I.
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„ (250 Exempl.) . .
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„ XVIII.
„ 1. Heft (352 Excmpl.) .
. 3.50
„ XVIII.
r, 2. „ (370 „ ) .
. 5.50
r, XIX.
„ (340 Excmpl.) .
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Bär's Geschichte von Eberbach von Dr. Ilossel, I. Band, 1. Heft . Mk. 2.70
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I. . 3. . . , 2.-
. 2.40
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, 1.70
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Urkunden von Eberbach von Dr. Rössel, I. Band, 1. Heft
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I. . 3. „
, . , II. , 1. Abteil., I.Heft , 1.70
. . , IL . 2. , . . , 3.60
Denknialer aus Nassau, I. Heft ^ 2.40
Die kirchlichen AltertQmer von Wiesbaden, von Dr. K. Rössel, mit 4 Taf.
Die Heiliggrab-Kapelle zu Weilburg a. d. Lahn, von R. Qurz, mit 1 Taf.
Das Qrauo Haus zu Winkel im Rheingau, von R. Gurz, mit 1 Taf.
, H. Heft , 2.70
Die Abtei Eberbach: Das Refeotorium, von Dr. K. Rössel, mit 7 Taf.
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Die Abtei Eberbach: Die Kirche, von Dr. K. Rössel, mit 6 Taf. u. 11 Holzschn.
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2. Limburger Chronik „ 3.40 „ —.50
3. Reuter, Das Römer-Kastell bei Wiesbaden, mit Plan „ 2. — „ — .50
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von Wiesbaden, mit Plan . . . „ 3. — „ — .50
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7. Band XI., Gesch. des nassauischen Altertums-Yereins
und biographische Mitteilungen über dessen Grün-
der und Förderer, von Dr. Schwartz . . . „ G.50 „ 2. —
8. Dr. Schwartz, Lebensnachrichten über den Regie-
rungspräsidenten Karlvonlbell . . . . „ 2.50 „ —.50
9. Urkunden von Eberbach I „ 4.80 „ 1.—
10. Geschichte des Benedictiner - Klosters Walsdorf, von
Pfarrer A. Deissmann „ 2.60 „ — .40
11. J. G. Lehmann, Geschichte und Genealogie der
Dynasten von Westerburg „ 2.70 „ —.40
12. Schmid, Wahl des Grafen Adolf von Nassau zum
römischen König 1292 , 2.— „ —.40
13. Münzsammlung des Vereins, von Dr. Schalk . . „ 2. — „ — .30
Be»telUmgtn an den Vereinssekretär Prem.-LieuUnant a. D. Hoff mann {Friedrichstr. 1^).
Ziihhifigen ah Herrn Bechnufigsrai BegerS (Bahnhofstr. iO'j,
Wir machen unsere Herren Mitarbeiter darauf aufmerksam, dass
Beiträge zu den Annaleu, welche von jetzt ab regelmässig am
1. April eines jeden Jahres erscheinen werden, splUcstcns bis zum
15. Dezember des vorhergehenden Jahres dem Vorstand angezeigt sein
müssen* Später eingeliende Manuskripte, oder solche, welchen noch
Nachtrüge, Karten u. s. w- folgen sollen, krmnen f(lr das betreffende
Jahr in'clit berncksichtigt werden. Zurückgewiesen werden Manuskripte,
welche schwer leserlicli sind, wenn nicht der Verfasser gestattet, auf
seine Kosten eine Abschrift derselben anfertigen zu lassen, und die
KniTektur derselben vor dem Drucke selbst übernimmt. Sämtliche Manu-
skripte dürfen nur auf einer Seite beschrieben werden.
Die Bibliothek steht jeden Montag und Donnei^stag von Vormittags
10 — 12 Uhr zur Benützung frei* Einzelne Bikher können täglich (mit
Ausnahme Sonntags) von 11 — 12 Uhr Vormittags verabfolgt werden;
doch wird gebeten, dieselben bereits Tags zuvor schriftlich zu bestellen,
wozu wir die im Sekretariat crliältlichen Bestellzettel empfthhn.
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^^^^H t« CohaiiseDi Der rutnUetic Qrenzwall, Liof. 1^ 2, 3 fast vergriifcu. (Dacb ^^H
^^^^H können vollt^ändige Kxoiii]»lare inm Preme von 24 Mk. vun J, P, Berg* ^^^
^^^^^H manns Verlag in Wiesbaden
bezogoD werden.) ^^H
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Urkunden von Eb^rbacli von Dr. Rössel, I. IJiuid, 1. Heft . . . Mk. 1.70
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I. , ;{. . . . . ^ 1.70
II. „ 1. Abteil.. 1. Heft ^ 1.70
11. , 1. „ 2. „ „ 2.70
r, n , II. , 2. , . . . , a.CO
I)enk?iiäler aus Nassau, I. lieft Mk. 2.40
Die kiroliliclicii Ahortüincr vim Wio.sliHcloii, von Dr. K. Ku^soI, mit 4 Tafeln.
Du» Hcnijjjjnib-Kapc.'llc zu Woillmr^ ii. d. Lahn, von K. UfM'z, mit 1 Tarel.
Das (irauo Haus zu AVinkol im Klicint^nu. von K. (iiirz, mit 1 Tat'ol.
, II. Heft . . „ 2.70
Dil' Abtei Eborbadi : Das Kofcciorium, von Dr. K. Kossol. mit 7 Tafeln.
, III. Heft „ 2.40
Dio AlitoiKWi'bnoli: I>ip Kirclie, von Dr. K. KosscI. mit (i Tat', u. 11 Holzschn.
— — , IV. Heft „ 12.-
Die Aliteikirf'lie /n Maricnsratt bei Harln-nlMirL', v. OlK»rl»aurat K. (iörz, mit
11 Tafvin.
Oesi'li. clcr llerrscliafr Kirchhoim-liolanden niul Stauf, vcm A. K öl In er „ (1.40
Jlitliras, von X. MülItM- 1.20
Itlieinüberfjan^ IMücIhm's, von Scliulinspoktor Iicxler „ —..'{0
Xu hcfJvHfeiiil eriH/issifftrni Pveisv innlru oh mtscrr Miff/linJrr foff/rmir
l'ffftH/.'iftinitrH ahi/vt/flmt :
üiiflRprcis. Ut Mittlinirr.
1. Inseriptioncs latinae in torris nassoviensilius . . . Mk. .'{.40 Mk. — .50
2. Iiinibur«j:er Chronik *140 ^ —.50
:i. Konter, Das liöincr-lvastcll bei WiesbaihMi, mit Tlan ., 2.— « -.50
4. ^ Küniisdu» Ansie(lelun«jfen in il(.»r rnijü;el>un]^
von Wiesbaden, mit Plan '•). ^ — ..'»O
5. ^ Iiöniischc WasserbMtungen in Wiesbaden,
mit 7 Tafeln und 1 Plan « :{.— - -.50
(5. V. Cohausen. Hörn. Srlinielzselinuiek, mit 2 Tafeln . « 2.5D ^ - .50
7. Band XI., (Jeseli. «b»s nassauisclicn Altertums-Vereins
und bioprai»liische Mitteilnuicen ül)cr dessen (.irün-
der unil P'örderer. \on Dr. Seinvartz ...... «1.50 . 2.—
8. Dr. Sfliwartz. L«.»bensnaclirielit«Mi über den lie<i:ie-
rungspräsidenten Karl \on ]b(»ll ^ 2.50 .. —.5(1
\K rrkunden von' Klierbacb 1 4.80 , 1.—
10. (icöchiclite des HeinMlictiner-Klusters Walsdorf, von
Pfarrer A. Deissmann « 2.(»(i ^ —.40
11. J. (». Lehmann. (Jesehiehte unci (ieneah\y:ie der
Dynasten von Westerl)urg ^ 2.70 „ — .40
12. Sehmid, Wahl des (Jrafen Adcdf von Nassau zum
römisehen Köni^ 12l»2 • 2. - „ — .4d
13. Münzsamndun«r cb's Verein.-, von Dr. Schalk . . . ^ 2. -- ^ — .W
ANNAT.KN T)ES VFT^KINS;
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[ASSAÜISCHE AT/rERTÜMSKUNDK
UNÜ
GE8rHirHTSF0RSCHÜNfi.
SIEBENllNDZWANZIfiSTBR BANÜ.
18 9 5.
Jklrr nwi Bnj>MssE des Konsbbvatobs A. v, Cohauskn, i^rki uTiioöRArnrKjnr
Tafklk VHP 25 Trxia&sjlhonqrk.
WIESBADEN.
1895.
Zur Beachtung.
Das AltertmimniH^emu ist vom L Mai bis 3L Oktober Mmiügs^
DiefiHtai^^f MittwochSj Dminerstags and FreUag^ vonniUü^» mn 11-^1 Uhr wird
nachmiUaffs von 3--G UJir^ Somdafji^ von 11^1 Uhr ffcüßnei, — Behuf r Re-
siehtitfitftff ihr Smnmlunffai sn ciHer anderen Zeit — ßo Pftf^ EtntrtllggvM —
ivtnde man mdt an den Museunmiufsehir Koeuiff ( Fr icdr ichst r. 1^ eim Stiege^
oäer Fritdrkhstr. 5, Seifmd)m^ dm Stiege)*
Dm Hekretnriaf und die ßlMmthek sind jeden Dimstttg und Frei'
lag naehmiUaßs %mW B — G Uhr geöfnet; an den iihriijen Worjientaije^i tr erden
Bücher mieh vorheriger schrißlichfr Bvsh'Utmg verabfolgt*
jy^iirksarhim Uful Zuschriftm hdiehc mun an dm Sekreiariai
(Friedrieksir, I), OeklMentlunyen an Jhmi ItechnungHrot BegerS (Bahn*
hofstr. 15) mi adresBieren*
Das Preisverzeichnis der noch vorhandenen früheren Annalenhände und
sonstigen Veröffentlichungen des Vereins befindet sich auf der dritten und letzten
Umschlagsseite des vorliegenden Jahrganges, Bestellungen auf dieselben und auf
den gegemvärtigen Band werden sowohl vom Sekretariat, wie auch von der
Firma Rud, Bechtold & Comp, in Wiesbaden entgegengenommen.
Wir machen unsere Herren Mitarbeiter darauf aufmerksam^ dass Bei»
trüge zu den Atiniilenf welche regelmässig im April eines jeden Jahres
erscheinen^ bis zum 15, Dezember des vorhergehenden Jahres beim Vorstand
fingereicht sein müssen. Spätere Zusendungen können für den betreffenden
Jahrgang nicht berücksichtigt werden. Die Manuskripte müssen leserlich und
immer nur auf einer Seite geschrieben sein.
Preis -Verzeichnis
der
auf Lager befindlichen Vereins- Annalen, SeparatabdrOcke und
sonstigen Publikationen
des
Vereins fAr Nassanische Altertumskunde und Geschichtsforseliung.
(Mitglieder des Vereins zahlen die Hälfte des Preises.)
Annalen, I.
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n VI.
, VI.
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n VII.
, VIII.
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Bd., 1. Heft, Tergriffen.
„ 2. u. 3. Heft, Tergriffen.
Heft 2.40
» 3.40
„ vergriffen.
, 2.20
, 3.40
, 3.40
„ vergriffen.
, 2.60
, 3.40
„ Tergriffen.
3.
1.
2.
3.
1.
2.
3.
1.
2.
3.
4.
1.
2.
8.
1.
2.
yt Tergriffen.
3.—
3.—
3.40
5.20
3.40
4.30
9.—
5 20
Mark
Annalen, X. Bd 7.20
XI. , 6.-
n xn. , 9.-
n XIII. , 9.-
y, XIV. „ 1. Heft 2.-
« XIV. „ 2. , 9.-
n XV. , 12.-
n XVI. „ 9.-
n xvn. „ 8.-
„ XVm. y, 1. Heft 3.50
„ XVIU. y,2 5.50
n XIX. „ 6.-
„ XX. r, 1. Heft 4.—
T» XX. „ 2. „ 6.—
. XXI. , 6.-
n XXII. , 6.-
y, XXIIL , 6.-
n XXIV. „ 10.-
^ XXV. „ 6.-
n XXVI. „ 5.-
nxxvn. y, 6.-
V. Cohausen, Der römische Grenzwall, Lief. 1, 2, 3 fast vergriffen. (Doch
können vollständige Exemplare zum Preise von 24 Mk. von J. F. Berg-
manns Verlag in Wiesbaden bezogen werden.)
Bär's Geschichte von Eberbach von Dr. ßossel^ L Band, I.Heft vergriffen.
I. , 2. , Mk. 2.-
I. . 3. , , 2.-
I. „ 4. „ „ 2.40
n. „ 1. , . 2.-
n. ,. 2. „ • 2.70
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^^^^^^^H Die Abtei Bberbocli: Die Kirche, Ton Dr. lu^oiset, mit € Tsf, iL
niiobvdiii.
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^^^^^^^H Die Abteikirohe zu MArieofftfttl \m HaeluMburg, r. Ob^b«iir«t B. Q5rs, mit
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^^^^^^V ne^ctiMler HerrsehaTt Kirchh^jfn*(^landeß and Btatif^ von A
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^^^^^^^H Rlieiiiflbergaiig Blüchers^ vou c^cuLumspcütor iiüucr ver^
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^^^^^^^H Zir betleutewl entUissf^em I^reiHe werden an UH^tre MUfflMer f^setH^^^^
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^^^^^^m L Inäcriptionos latinae in term oaasoTiBtisibas . . .
Mk. S.40 Mk,
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^^^^^^H 3. Limbtirger CbroDik
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^^^^^^H :i Reuter, Das ROmer-Kaatell bei Wieabadea» mit Plan
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i^^^^^^H 4. Uumitiche Ao^iedcluDgcn iu der Umgebao^,'
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'^^^^^^H 6. r, Cohausen, Rom. Scbmekschinuck, mit 2 lafeln .
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^^^^^^^H und biograpliitfcbe Mit^ i über dfr^^cn fi
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^^^^^^H niL^.j,....iientoQ Karl vun Tln-H
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^^^^^^f 9. Urltuüdon van Eberbaeh I«
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^^^^^^^H t iLiifL-r A. DsisfltnaoD «..*.....
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^^^^^^H 11. J* 0. Lehmann^ Oeschiehto und Oenealo^i^f^ der
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^^^^H 12. S^ Wahl des Grafen Adolf von iHaö^au zMm
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STANFORD UNIVERSITY LIBRARIES
CECIL H. GREEN LIBRARY
STANFORD, CALIFORNIA 94305-6004
{415) 723.1493
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