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Full text of "Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift"

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SCHLESIENS  VORZEIT  IN  BILD 

UND  SCHRIFT 

ZEITSCHRIFT  DES  VEREINS 
FÜR  DAS  MUSEUM  SCHLESISCHER  ALTERTÜMER 

HERAUSGEGEBEN  VON 
W.  GREMPLER    UND    H.  SEÜER 

NEUE  FOLGE  III.  BAND 


JAHRBUCH    DES  SCHLESISCHEN   MUSEUMS   FÜR 
KUNSTGEWERBE    UND    ALTERTÜMER 


111.  BAND 


BRESLAU 

KOMMISSIONSVERLAG  VON  EDUAIU)  TKLWnNlil     lUKLIN    S  12 

1904 


JAHRBUCH 


DES   SCHLESISCHEN   MUSEUMS  FÜR 
KUNSTGEWERBE    UND   ALTERTÜMER 


III.  BAND 


MIT  6  TAFELN  UND  ZAHLREICHEN  ABBILDUNGEN  IM  TEXT 


HERAUSGEGEBEN  VON 
KARL  MASNER   UND   HANS  SEGER 


^J(^^^A>x1aA^ 


0 


BRESLAU 

KOMMISSIONSVERLAG   VON   EDUARD  TREWENDT   BERLIN  S42 

1904 


DRUCK  VON  GRASS,    BARTH    ft   COMP.  (W.  FRIEDRICH)  BRESLAU 


ÜBERSICHT    DES    INHALTS 


Abhandlungen: 

Steinzeitliclie  Werkzeuge  und  Waffen  in  Schlesien  von  Osi<ar  Merlins 
Das  Gräberfeld  von  Marschwitz,  Kreis  Ohiau  von  Hans  Seger  .  . 
Die  Bronzeciste  von  Klein-Zöllnig  von  Wilhelm  Orempler  .... 
Der  Fund  von  Höckricht,  Kreis  OhIau  von  Eduard  Krause  .  .  . 
Einige  prähistorische  Neuerwerbungen  von  Hans  Seger: 

1.  Kupfer-  und  Bronzeäxte  von  ungarischer  Form        

2.  Grabfund  von  Oberhof,  Kreis  Breslau 

3.  Bronzewage  aus  Dürschwitz 

Schlesische  Münzfuiide: 

1.  Brakteatenfund  vi}n    Liegnitz   von    Ferdinand    Friedensburg 

2.  Heilerfund  von  Wiischkovi'itz  von  Gustav  Strieboll 

3.  Schatzfund  von  Klcin-Schlause  von  Gustav  Strieboll 

Romanische  Skulpturenresle   der   Pfarrkirciie  in  Trebnilz  von   Conrad 

Buchwald 

Neuerwerbungen  des  Museums  von  Karl  Masner: 

1      Ein  Schnuickfund  aus  dem  Mittelalter 

2.     Ein  venetianisches  Glas  des  15.  Jaiirhunderts 

Aus  dem  Breslauer  Diözesanmuseum: 

1.  Ein  Madonnenholzschnitt  von  Max  Scnirau 

2.  Beiträge   zur  Geschichte   der   Goldschmiede    Paul    und    Fabian    Nitsch    von 

Joseph  Jungnitz         

Das  Haus  zur  Goldenen  Krone  von  Ludwig  Burgemeister     .     .     . 

Schlossportal  und  Grabdenkmäler  der  Kirche  in  Mondschütz  von 
Conrad  Buch wald 

Joli.  Christ.  Kundmann  als  Quelle  für  die  Kunstgeschichte  des  XVIII.  Jahr- 
hunderts von  Edmund  Wilhelm  Braun 

Schlesische  Miniaturmaler  des  neunzehnten  Jahrhunderts  von  Erwin 
Hintze 

Ein  Wiener  Porzellanservice  mit  Geburt  und  Triumph  des  Cupido  von 
KarlMasner 


Seite 


1 

27 
40 
46 

31 
54 
57 

59 

ÖO 
62 

65 

72 
84 

88 

89 
93 

100 

109 

117 

158 


Schlesische  Altertümer    in    der    Fremde    von    E.   W.  Braun,   Conrad 

Riicliwald,   Josef   Epstein,    Otto   Kümmel    und    Karl   Masner  Seite  161 

Bücherbesprechungen : 

1.  Kurt    Moriz  -  Eichborn:      Das    Soll    und    Haben    von    Eichborn   &   Co    in 

175  Jahren  von  Conrad  Bnchvvald         • it      164 

2.  Konstantin  von  Schweinichen:    Zur  Oeschichte   des  Geschlechts   derer  von 
Schweinichen  von  Conrad  Buch wald n      165 

3.  E.  Zellner:    Das  heraldische  Ornament  in  der  Baukunst  von  Karl  Schlawe  „      166 

Bericht  über  das  IV.  Etatsjahr  (1.  April   1902  bis  31.  März  1Q03): 

Arbeiten  in  den  Satnmiuncren         n       '"^ 

Vermehrung  der  Sammlungen »      16y 

Vermehrung  der  Bibliothek »179 

Ausstellungen »      1'9 

Vorträge         ' „181 

Besuch  der  Sammlungen  und  der  Bibliothek     .    ' „      181 

Preisausschreiben „182 

Die  Musenms-Deputation  und  das  Bureau »       '82 

Bericht  über  das  V.  Etatsjahr  (1.  April   1903  bis  31.  März  1904): 

Arbeiten  in  den  Sammlungen         „185 

Restanrierungsarbeiten ■      .      .      .  ,,185 

Vermehrung  der  Sammlungen „       186 

Vermehrung  der  Bibliothek „195 

Ausstellungen „196 

Vorträge          „198 

Kaiser  Friedrich -Stiftungsfonds „       198 

Herausgabe  von  Flugschriften „      200 

Besuch  der  Sannnlungen  niul  der  Bihlicitliek „      '^OO 

Stiftung  von  Geldbeträgen „201 

Die  Museums-Deputation  und  das  Bureau „      201 

Verein  für  das  Museum  schlesischer  Altertümer: 

Tätigkeitsbericht  für  das  Jahr  1902,03 „      205 

Tätigkeitsbericht  für  das  Jahr  1903/04 „      208 


ABHANDLUNGEN 


STEINZEITLICHE    WERKZEUGE    UND    WAFFEN 

IN    SCHLESIEN 


Bisher  sind  in  Sciilesien  noch  keine  Werkzeuge  oder  Waffen  aus  der  äheren 
Steinzeit  bekannt  geworden.  Die  ältesten  stammen  aus  der  jüngeren  Steinzeit,  in  der 
bekanntlich  Beile,  Äxte  und  Hacken  niciit  nur  zugehauen,  wie  in  der  älteren  Periode, 
sondern  meistens  auch  geschliffen  wurden.  Diese  Steingeräte  typologisch  zu  ordnen  und 
womöglich  ihre  Verbreitung  und  Zeitstellung  zu  bestimmen,  ist  die  Aufgabe  der  folgenden 
Arbeit.  Sie  beschränkt  sich  auf  die  im  Breslauer  Museum  vorhandenen  oder  aus  der 
Literatur  bekannten  Fundstücke. 

Kein  Material  war  für  den  Haushalt  des  steinzeitlichen  Menschen  von  so  grosser 
Bedeutung  wie  der  Feuerstein.  Daher  bildeten  die  Gegenden,  in  denen  der  Feuerstein 
häufig  vorkommt,  namentlich  der  skandinavische  Norden,  einen  besonders  günstigen  Boden 
für  die  Entwickelung  der  Feuersteinindustrie.  Neben  den  roheren  „primitiven"  Formen, 
die  gemeinsamer  Besitz  der  gesamten  neolithischen  Kultur  waren  und  durch  einfache 
Mittel  mit  geringer  Handfertigkeit  für  die  gewöhnlichsten  praktischen  Zwecke  erzeugt 
wurden,  entstanden  dort  mehr  als  anderwärts  besondere  „entwickelte"  Typen,  an  denen 
oft  eine  ausserordentliche  technische  Fertigkeit  und  ein  gebildeter  Schönheitssinn  zum 
Ausdruck  kommen.  Manche  von  ihnen  sind  von  den  entwickelten  Typen  aller  anderen 
Länder  durchaus  verschieden,  so  dass  man  sie  als  Eigentümlichkeiten  des  skandinavischen 
Nordens  ansehen  muss.  Für  viele  haben  sich  unter  dem  reichen  Fundmaterial  auch  die 
aufeinander  folgenden  Stufen  ihres  Entwicklungsganges  und  ihre  relative  Zeitstellung 
feststellen  lassen.  Man  ist  so  im  Norden  zu  einer  Einteilung  der  neolithischen  Zeit  in 
vier  Abschnitte  gelangt,  die  wir  hier  anführen,  weil  wir  im  folgenden  öfter  auf  sie 
verweisen.') 

1.  Die  erste  Periode  wird  durch  Steinbeile  charakterisiert,  die  gleich  denen  der  älteren 
Steinzeit  mandelförmig,  aber  geschliffen  sind:  Periode  der  spitznackigen  Beile.  Gräber 
fehlen  noch. 

2.  Die  Periode  der  kleinen  Stuben  oder  Dolmen.  Für  die  Zeit  der  ältesten  Dolmen  gilt 
als  Leitstück  das  dünnnackige  Beil,  das  indessen  auch  schon  am  Ende  der  ersten 
Periode  auftritt. 


')  Vgl.  u.  a.  die  grundlegende  Arbeit  von  A\ontelius,  Snr  les  differents  types  des  haches  en  silex 
snedoiscs,  Congres  international,  Stockiiolni  1874,  Conipte  rendn  S.  238— 251.  Montelius,  Les  tenips 
prc-liistoriiines  en  Siitde  PI.  III  VI.  -  Sophns  Müller,  Nordische  Altertinnsknndc,  Strassbnrg  1807  S.  48  f. 
niul   133  f. 


3.  Die  Periode  der  Riesenstuben  oder  Ganggräber,  die  als  charakteristische  Beigabe  das 
dicknacl<ige  Beil  führen. 

4.  Die  jüngste  Periode  wird  durch  die  Kistengräber  und  deren  gewöhnlichstes  Begleitstück, 
den  Feuersteindolch,  bezeichnet. 

Die  drei  letzten  Abschnitte  fasst  man  zuweilen  auch  unter  dem  Namen  Periode  der 
Steingräber  zusammen. 

In  anderen  Ländern  hat  sich  eine  so  deutliche  Gliederung  der  neolithischen  Zeit 
noch  nicht  ausführen  lassen.  Für  Schlesien,  das  zu  den  an  Feuerstein  armen  Ländern 
gehört,  ist  es  in  dieser  Beziehung  von  Wert,  dass  unter  dem  vorhandenen  Fundmaterial 
manche  Berührungen  mit  den  nordischen  Kulturresten  nachweisbar  sind.  Besonders 
bedeutsam  erscheinen  zwei  Gräber  (Nr.  20  und  28)  aus  Jordansmühl,  Kreis  Nimptsch,  die 
je  eine  Kragenflasche')  und  andere  nordische  oder  nordwestdeutsche  Gefässformen 
gemeinsam  mit  Gefässen  schiesischer  Bandkeramik  enthielten.  Das  eine  war  entgegen 
dem  sonstigen  Brauche  mit  Steinen  umsetzt  und  lieferte  auch  bearbeiteten  Bernstein.-) 
Diese  Grabfunde,  die  die  Bandkeramik  von  Jordansmühl  in  unmittelbare  Verbindung  mit 
der  nordischen  Dolmenkeramik  bringen,  bilden  für  die  Bestimmung  des  Alters  vieler 
Werkzeuge  und  Waffen  einen  wichtigen  Stützpunkt. 

Der  folgenden  Einteilung  der  Steingeräte  liegt  der  vermutliche  Gebrauchszweck  zu 
Grunde.  Unterabteilungen  bilden  die  primitiven  und  die  entwickelten  Typen  in  ihren  ver- 
schiedenen Arten.  Die  Steinart  geben  wir,  ausser  bei  Feuersteingeräten,  nur  in  besonders 
wichtigen  Fällen  an;  im  übrigen  sei  bemerkt,  dass  nach  Untersuchungen  von  Ferdinand 
Römer^)  und  Professor  Gürich  sehr  oft  Serpentin  und  Diorit  verarbeitet  worden  sind, 
seltener  Syenit,  Amphibolit,  Hornblendeschiefer,  Tonschiefer,  Glimmerschiefer,  Basalt, 
Quarzit,  Granit,  Gneis  u.  a.  Gebänderter  Feuerstein')  kommt  in  zehn  Fällen  vor.  Auf 
analoge  Fundstücke  verweise  ich  im  Text  durch  Anführung  nachstehender  Werke: 

O.  Montelius,  Antiquites   suedoises,  Stockholm  1873; 

Sophus  Müller,  Ordning  af  Danmarks  Oldsager,  Kopenhagen  18Q5; 

J.  Mestorf,  Die  vorgeschichtlichen  Altertümer  aus  Schleswig-Holstein,  Hamburg  1885; 

R.  Beltz,  Steinzeitliche  Funde  in  Meklenburg- Schwerin   18Q7; 

Merkbuch,  Altertümer  auszugraben  und  aufzubewahren,  2.  Auflage,  Berlin  1894. 

')  über  das  Vorkdiniiien  uiul  Alter  der  Kragenflasdieii  vf^l.  Petersen,  Arehiv  f.  Anthropologie  18S4 
Bd.  XV  S.  150.  —  Sophus  Müller,  Nordische  Altertumskunde  S.  67  und  154.  -  Kossinna,  Zeitschrift  für 
Ethnologie  1902  S.  172  Anm.  2.  —  Hoernes,  Mitteilungen  d.  prähistorischen  Commission,  Wien  1903  S.  408. 

-)  Auf  die  hier  zu  Tage  getretenen  Gefässformen  näher  einzugehen,  liegt  ausserhalb  unserer  Aufgabe 
um  so  mehr,  als  Dr.  Seger  die  schiesische  neolithische  Keramik  im  Archiv  für  Anthropologie  zum  Oegen- 
stande  einer  Untersucinmg  machen  wird.     Vgl.  jedoch  Schles.  Vorz.  Vi!   540  f. 

•■')  Vgl.  Schles.  Vorz.  111  35. 

*)  Vgl.  Brunner,  Die  steinzeitliche  Keramik  in  der  Mark  Brandenburg  S.  3S  Amn.  3. 


I.    Messer  und  Sägen 

A.  Primitive  Messerformen.  Die  häufigsten  Fundstücke  der  Steinzeit  sind 
Feuersteinspäne  von  prismatischer  Form,  Fig.  1  und  2,  die  durch  schrägen  Schlag  oder 
Druck  auf  den  Rand  eines  Feuersteinkernes  (Nucieus),  Fig.  3,  abgesprengt  sind.  Voll- 
ständige Späne  haben  in  der  Nähe  der 
Schlagstelle  auf  der  breiten  Flachseite  eine 
buckelige  Erhöhung,  den  Schlaghügei,  und 
sind  gewöhnlich,  besonders  nach  der  Spitze 
zu,  etwas  gekrümmt:  Fig.  1.  Wegen  ihrer 
scharfen  Schneide  spielten  sie  im  Haushalte 
des  neolithischen  Menschen  als  Messer  eine 
bedeutende  Rolle.  Zur  besseren  Handhabung 
wurden  sie  in  einen  Stiel  eingesetzt.  Haupt- 
fundort Ottitz.')  Spanmesser  haben  sich  in 
manchen  Gegenden  bis  in  die  Metallzeit 
hinein  erhalten,  ja  sie  scheinen  selbst  noch 
im  Mittelalter  vereinzelt  im  Gebrauch  ge- 
wesen zu  sein.  Verhältnismässig  selten 
kommen  in  Schlesien  Messer  vor,  die  an 
einem  Ende  eine  besondere  Vorkehrung  zur 
Befestigung  an  einen  Stiel  zeigen:  Fig.  4. 
Typologisch  betrachtet  sind  dies  jüngere 
Formen.  (S.  Müller  144.)  Das  grösste 
Feuersteinmesser  schlesischer  Arbeit  hat 
eine  Länge  von  11  cm:  Fig.  2.  Zwei  Feuer- 
steinspäne von  aussergewöhnlicher  Grösse  (L.  etwa  21  cm)  können  nicht  als  einheimische 
Erzeugnisse  angesehen  werden:  Fig.  1.  Wahrscheinlich  stammen  sie  aus  einem  der 
durcli  vorzüglichen  Feuerstein  ausgezeichneten  Länder  des  Nordens-)  Ihr  Alter  lässt 
sich  nicht  bestimmen. 

Späne  aus  Obsidian  in  Form  von  Messern  und  Pfeilspitzen  sind  in  der  Nähe 
von  Ottitz  gemeinsam  mit  einigen  Nuclei  und  vielen  Abfalistücken  gefunden  und  daher 
auch  wohl  an  dem  Fundorte  selbst  angefertigt  worden.  Sie  sind  samtschwarz,  durch- 
scheinend bis  halb  durchsichtig  und  meist  sehr  zierlich,  zeigen  sich  aber  in  ihren  übrigen 
Eigenschaften  den  Feuersteinspänen  ähnlich.  Obsidian  kommt  in  Schlesien  nicht  vor. 
Nördlich  von  Schlesien  ist  er  auf  dem  europäischen  Kontinent  weder  in  bearbeitetem,  noch 
in   rohem   Zustande    nachweisbar.     Im   Südosten    dagegen   gibt    es   öfter   Fundstellen   von 


Sackerall   Kr.  Ohlaii. 


')  LIber  die  leicheii  Fuiidstätteii  von  Feuersteingeräten  in  der  Nähe  von  Ottitz  vgl.  ii.  a.  Stöckel  in 
Schles.  Vorz.  III  477  f.  und  Voss  in  Verhandl.  d.  Berlin.  Oes.  f.  Anthr.  1881  S.  104  f. 

*)  Über  derartige  Feuersteinmesser  aus  Transkaukasien  vgl.  Virchow,  Verhandl.  d.  Berlin.  Oes.  f.  Anthr. 
1884  S.   105  f.     Abb.  Taf.  III. 


'^•"M^  i 


Fig.  9. 
Jordansniühl 

Kr.  Niiiiptscli.  ■'/s 


Fig.  2-8. 
Ottitz  Kr.  Ratibor. 


Obsidiangeräten,  besonders  in  UiiLi,arii  und  Orieclienlaiid.')  Im  Südosten  liefen  auch  die 
nächsten  Fundstellen  von  rohem  Obsidian:  Eperies  und  Tokay  im  nordöstlichen  Ungarn, 
und  von  dort  ist  das  Material  der  schlesischen  Geräte  wahrscheinlich  auch  bezogen.-')  Die 
Obsidianfunde  aus  Ottitz  bilden  so  ein  wichtiges  Zeugnis  für  einen  Verkehr  Schlesiens 
mit  dem  Südosten.  Da  Obsidianmanufakte  im  Süden  eine  gewöhnliche  Begleiterscheinung 
der  Kulturgruppe  der  Bandkeramik  bilden,  die  zum  Teil  auch  in  Ottitz  auftritt,  so  können 
wir  annehmen,  dass  Beziehungen  Schlesiens  zum  Südosten  während  der  Periode  der  Band- 
keramik bestanden  haben. 

B.  Entwickelte  Messerformen.  Aus  den  zweischneidigen  Spanmessern  haben 
sich  die  einschneidigen  halbmondförmigen  Messer  entwickelt.  Ihr  Rücken  ist  meist 
stumpf  und  bogenförmig,  ihre  Schneide  geradlinig,  konvex  oder  konkav:  Fig.  5,  ö  inid  7. 
Messer  dieser  Art,  die  in  Ottitz  zahlreich  vorgekommen  sind,  zeigen  auf  ihrer  Oberfläche 
vielfach  einen  eigentümlichen  Schimmer  wie  von  einem  lackartigen  Überzug,  der  wohl  eine 
Folge  der  Benutzung  ist.  Diese  Messer  erinnern  in  ihrer  Form  an  die  halbmondförmigen 
Sägen  und  Messer  des  Nordens,  von  denen  sie  jedoch  durch  die  Eleganz  der  Form  und 
die  kunstvolle  Bearbeitung  bei  weitem  übertroffen  werden.  (Merkbuch  23.  Montelius  71  -74. 
S.Müller   137     140.     Mestorf  25     27.)     Die   nordischen   treten   oft   mit   Feuersteindolchen 


III.  108. 


')  Vgl.   /.   B.  Wosiiisky,      Das    prähistorische    Schan/wcrk    von    Longyel,    Budapest   1888   S.  42,  55. 
2)  Voss,  Vcrhandl.  d.  Berl.  Oes.  f  .Xntlir.  ISSI  S.  104  f. 


auf  lind  <,rehören  den  letzten  Abschnitten  der  neolithischen  Zeit  an.  Zur  besseren  Hand- 
habung wurden  sie  mit  dem  Rücken  in  eine  Rinne  eines  Holz-  oder  Hornschaftes 
eingesetzt.') 

C  Die  Sägen  sind  wie  die  Spanmesser  gewöhnlich  zweischneidig  und  unter- 
scheiden sich  von  diesen  durch  die  gezähnte  Schneide,  die  nur  selten  so  regelmässig 
geformt  ist  wie  an  Fig.  9.  Meist  machen  die  Sägen  den  Eindruck  von  Messern,  die  beim 
Gebrauch  schartig  geworden  sind:  Fig.  8.  Als  Spuren  der  Benutzung  der  Säge  sind 
Einschnitte  anzusehen,  die  man  an  manchen  Steingeräten  z.  B.  einer  grossen  Steinaxt  aus 
Ottitz  findet.  Die  Schaffung  hat  jedenfalls  dieselbe  Form  gehabt,  wie  wir  sie  für  die 
primitiven  Messer  annehmen  müssen.  Entwickelte  Formen  wie  die  vorher  erwähnten 
halbmondförmigen  Messer  sind  in  Schlesien  nicht  beobachtet  worden. 

II.     Schaber 

Der  Schaber  besteht  aus  einem  kräftigen  Feuersteinspan,  der  am  Ende  durch 
Abschlagen  oder  Abdrücken  kleiner  muschelförmiger  Bruchstücke  in  der  Weise  zugestutzt 
ist,  dass  eine  scharfe  Kante  stehen  blieb:  Fig.  10  und  11.  Solche  Geräte  waren  bei  der 
Behandlung  der  inneren  Seite  von  Tierfellen,  beim  Glätten  von  Holz,  Hörn  u.  dgl.  wegen 
ihrer  widerstandsfähigen  Schneide  besser  verwendbar  als  die  dünnen,  spröden  Feuer- 
steinspäne.    Sie   haben    oft   auch   eine   breite   Form    und    sind    dann    aus    einer    kräftigen 


Fi^.  10     12.     Ottil/  Kr.  Ratibor.     '  , 

Scheibe  hergestellt,  die  von  einem  Feuersteinkern  abgespalten  ist:  Fig.  12.  Diese  Formen 
sind  brauchbarer  als  die  schmalen  Spanschaber  und  gelten  im  Norden  als  die  jüngeren. 
(S.  Müller  146  148.)  Die  Schaber  treten  bisweilen  in  beträchtlicher  Grösse  auf.  Jeden- 
falls wurden  sie  mit  einer  Handhabe  versehen;  bisweilen  ist  eine  besondere  Schäftungs- 
vorrichtung  an  einem  Ende  erkennbar.     Hauptfundort  Ottitz.    Entwickelte  Formen  fehlen. 


')  Eine  Säge  mit  dcrarti^jcr  Scliäftuiig  aus  ciiiein  Pfahlbau  abgebildet  von  Heierli,  Urgeschichte  der 
Schweiz  S.  118. 


III.     Bohrer  und  Pfeilspitzen 

A.  Bohrer.  Unter  der  grossen  Zahl  von  abgespaltenen  Feuersteinstücken  aus 
Ottitz  gibt  es  sehr  viele,  die  in  eine  scharfe  Spitze  auslaufen  und  daher  zum  Bohren  in 
hartem  Material  wie  Holz,  Hörn  und  Knochen  geeignet  waren.  Selbst  einige  Steinäxte 
können  nur  mit  Hilfe  derartiger  Werkzeuge  durchbohrt  worden  sein.  Bisweilen  sind  die 
zufällig  abgespalteten  Spitzen  noch  weiter  bearbeitet,  doch  lassen  sich  ausgeprägte  Typen 
unter  ihnen  nicht  erkennen. 


20 


Fi".  13—22.     Ottitz  Kr.  Rafihor. 


22 


B.  Primitive  Pfeilspitzen  Verwandt  mit  den  Bohrern  sind  die  Pfeilspitzen. 
Gewöhnlich  sind  sie  flach.  Nach  der  Form  ihres  Schaftendes  lassen  sich  drei  Typen 
aufstellen:  mit  geradem  oder  abgerundetem  Schaftende:  Fig.  13  und  14,  mit  Ausschnitt  am 
Schaftende:  Fig.  15  und  16,  und  mit  Schaftstiel:  Fig.  17.  Der  erste  Typus  stellt  die  Urform 
der  beiden  anderen  dar.  Oeschäftet  wurden  sie,  indem  sie  in  einen  Einschnitt  oder  eine 
Vertiefung  am  Ende  des  Stieles  eingesetzt  und  festgebunden  wurden.     Häufig  in  Ottitz. 

C.  Entwickelte  Pfeilspitzen.  Viel  seltener  sind  die  zierlichen  Pfeilspitzen,  die 
an  der  Schneide,  bisweilen  aber  auch  an  der  ganzen  Oberfläche  mit  grosser  Kunstfertigkeit 
bearbeitet  sind.  Auch  unter  diesen  gibt  es  in  Schlesien  nur  die  drei  oben  unterschiedenen 
Typen:  Fig.  18,  Fig.  IQ,  20,  imd  Fig.  21,  22.  Hauptfundort  Ottitz.  Die  Pfeilspitzen  mit  Aus- 
buchtung am  Schaftende  siiid  in  Schlesien  wie  überhauiit  in  Europa  häufiger  als  die  beiden 
anderen  Typen.  Im  Norden  stammen  die  Pfeilspitzen  mit  breitem  geradem  oder  abge- 
rundetem Schaftende  aus  der  Zeit  der  spitz-  und  dünnnackigcn    Beile,')   während   die  mit 


I)  S.  Müller,  Nordische  Altortiiinskiinde  S.  51. 


ausgeschnittenem  Schattende  der  Periode  der  Riesenstuben  angehören.')  In  Meklenburg 
erhahen  sich  die  ausgeschnittenen  bis  in  die  Bronzezeit,-)  in  Schlesien  in  einzelnen  Fällen 
gleichfalls.  Eine  Pfeilspitze  mit  ganz  geringer  Ausbuchtung  am  Schaftende,  die  also  eine 
Übergangsform  von  Typus  I  zu  II  bildet,  und  deren  Schneiden  zu  Zahnreihen  ausgearbeitet 
sind,  fand  sich  in  Jordansmühl  in  einem  Grabe  (Nr.  IQ)  u.  a.  mit  einem  Oefäss  der  Band- 
keramik. L  3,8  cm.  Sie  scheint  die  auf  S.  2  gegebene  Altersbestimmung  der  Jordans- 
mühier  Bandkeramik  zu  bestätigen. 

IV.     Lanzenspitzen  und  Dolche 

Zu  den  Lanzenspitzen  und  Dolchen  ist  ebenso  wie  zu  den  bisher  besprochenen 
Geräten  immer  nur  Feuerstein  verarbeitet  worden. 

A.  Primitive  Formen.  Kräftige  spitze  Feuersteinspäne  wurden  als  Lanzenspitzen 
benutzt.  Bisweilen  haben  sie  einen  langgestreckten  Körper  von  dreieckigem  Querschnitt 
mit  Schaftstiel:  Fig.  23.  Gewöhnlicher  sind  die  breiten,  blattförmigen  Spitzen:  Fig.  24. 
Zahlreich  in  vielen  Variationen  in  Ottitz. 


Fig.  23,  24. 
Ottitz  Kr.  Ratilior. 


Fig.  25.  Ober-WeistriU    Fig.  26.  Jacobine 
Kr.  Sctiweidnitz.     '^       Kr.  Ohiau.     ''s 


Fig.  27. 
Poin.  Peterwitz 
Kr.  Breslau.    '  « 


B.  Entwickelte  Formen.  Sie  gehen  fast  alle  auf  den  Typus  Fig.  24  zurück. 
In  einen  langen  Schaft  eingesetzt,  dienten  sie  als  Wurfspeer  oder  Lanze  im  Kriege  wie  auf 
der  Jagd,  an  einen  kurzen  Stiel  befestigt,  wurden  sie  als  Dolch  )  und  als  Schneidewerkzeug 

')  Moiiteiius,  Les  temps  preliistoriqiies  PI.  V.  4. 
-)  Beltz,  Steinzeitliche  Funde  in  Meklenburg-Schweriu  S.  54. 

■')  Einen  Feuersteindolch  mit  Holzfassung  aus  dem  Pfahlbau  Vinelz  siehe  bei  Heierli,  Urgeschichte 
der  Schweiz  S   132   und   Pfahlbauten    1888    Taf.  XVII. 


8 

benutzt.  Diese  vielseitige  Verwendbari<eit  veranlasste  die  Steinarbeiter  vielfach,  sie  mit 
besonderer  Kunstfertigkeit  zu  behandeln  und  ihre  Form  auszubilden.  Von  den  bekannten 
Typen  sind  in  Schlesien  nur  einige  vertreten  und  zwar  in  Exemplaren,  die  sich  meistens 
durch  ihre  feine  technische  Behandlung,  ihre  Grösse  und  Form  als  Importstücke  kennzeichnen. 
Die  grösste  Breite  im  unteren  Teil  zeigt  Fig.  25.  Im  Museum  2  Exemplare.  (S.  Müller  151. 
Beltz  S.  43.)  Eine  ähnliche  Speerklinge  aus  Mlietsch,  Kr.  Nimptsch,  hat  die  grösste 
Breite  mehr  in  der  oberen  Hälfte.  (Beltz  S.  45.)  Zwischen  diesen  beiden  Typen  gibt 
es  eine  Übergangsform,  mit  der  grössten  Breite  in  der  Mitte,  die  jedoch  in  Schlesien  nicht 
vorkommt.  (Montelius  51.  Beltz  S.  44.)  Unter  diesen  drei  Formen,  deren  Verbreitungs- 
gebiet Nord-,  West-  und  Zentraleuropa  bildet,  steht  typologisch  betrachtet  die  erste  der 
Grundform  am  nächsten,  im  Norden  sind  Speerklingen  mit  abgeschnittenem  oder  abge- 
rundetem Schaftende  gleichaltrig  mit  den  spitz-  und  dünnnackigen  Beilen.')  Die  beiden 
schlesischen  Fundstücke  (Fig.  25),  die  am  Schaftende  nicht  so  kurz  abgerundet  sind  wie 
diese  nordischen  Formen,  dürften  einer  jüngeren  Zeit  angehören,  sie  sind  aber  wohl  älter 
als  die  Speerklinge  aus  Mlietsch,  die  in  die  Zeit  der  jüngsten  Riesenstuben  fällt.') 

Das  schmälere  Schaftende  der  letzteren  Form  hat  sich  zu  einem  ausgeprägten 
Griff  entwickelt  an  dem  Typus,  zu  dem  der  Feuersteindolch  aus  Jacobine,  Fig.  26,  gehört. 
Der  Rand  der  Schneide  ist  fein  gemuschelt.  Der  Griff  hat  einen  quadratischen  Quer- 
schnitt und  ist  am  unteren  Ende  ebenso  breit  wie  am  oberen.  Die  vier  Kanten  des 
Stiels  werden  durch  erhöhte  Längsgrate  gebildet,  die  infolge  der  abwechselnd  von  rechts 
und  links  gerichteten  feinen  muschelförmigen  Absprengungen  die  Form  von  Zickzack- 
linien angenommen  haben.  (S.  Müller  167.  Beltz  S.  51.  Mestorf  60.  Merkbuch  II  21.) 
Das  Museum  für  Völkerkunde  in  Berlin  besitzt  den  Griff  eines  solchen  Dolches,  der  aus 
Jauer  stammt.')  Diese  Formen  kommen  in  den  jüngsten  Riesenstuben  vor,  während  sie 
in  den  primitiveren  Riesenstuben  und  den  noch  älteren  Dolmen  fehlen.  Der  Typus  des 
Dolches  von  Jacobine  gehört  fast  ausschliesslich  dem  skandinavischen  Norden  an.  Dieses 
Gebiet  bildete  für  die  Feuersteindolche  ein  Zentrum,  von  dem  einzelne  Ausstrahlungen 
ausgingen.')  Wir  werden  daher  auch  die  Dolche  von  Jacobine  und  Jauer  als  von  dort 
importierte  Stücke  ansehen  müssen.  Sie  sind  Beweisstücke  dafür,  dass  zu  der  Zeit,  als 
die  späteren  Formen  der  Riesenstuben  gebaut  wurden,  ein  Verkehr  zwischen  dem  Norden 
und  Schlesien  vorhanden  war. 

Typologisch  betrachtet  lassen  sich  zwischen  die  Speerspitzen  mit  abgerundetem 
Schaftende  und  die  mit  entwickelter  Schaftzunge,  zu  denen  auch  die  Form  Fig.  26  gehört, 
diejenigen  Lanzenspitzen  stellen,  die  am  Schaftende  einen  Ansatz  oder  eine  Einschnürung 
zeigen;  auch  zeitlich  werden  sie  wohl  eine  Zwischensteliung  einnehmen  und  in  die 
Zeit    zwischen    den    ältesten   Dolmen    und    den   jüngsten    Riesenstuben  fallen.     Schlesien 

')  S.  Müller,  Nordische  Altertumskiiiule  S.  51. 
i)  Vgl.  S.  Müller,  Nordiske  Fortidsiniiider  Md.  I  S.  176  t'. 
^)  Goetze  in  Bastians  Festsciirift  Berlin  1896  S.  348. 
■•)  S.  Müller,  Nordiske  Forlidsminder  Bd.  1    S.  125     180. 


besitzt  fünf  Lanzenspitzen  dieser  Art.  Eine  10  cm  lange  Feuersteinspitze  aus 
Lobedau,  Kr.  ürottkau,  von  älinlicher  Form  wie  Fig.  25,  aber  mit  kurz  eingezogenem 
und  eingeschnürtem  Schaftende  fand  sich  u.  a.  mit  einem  Feuersteinbeil,  das  eine 
Übergangsform  von  den  dünnnackigen  zu  den  dicknackigen  Beilen  bildet,  und  mit  einem 
durchlocliten  Schuhleistenkeil.  Hiernach  scheint  die  Speerspitze  der  Zeit  der  Bandkeramik 
anzugehören.  Eine  Feuersteinlanzenspitze  mit    geradlinigen    Schneiden   und   stumpfem 

Schaftansatz,  Fig.  27,  stammt  von  einem  Gräberfelde,  das  Gefässe  mit  Schnurornament 
und  Schnittmustern  sowie  andere  junge  Formen  geliefert  hat.')  Dieser  Typus  der  Lanzen- 
spitzen tritt  ausserhalb  Schlesiens  öfter  auf,  z.  B.  in  Westpreussen-)  und  Meklenburg. 
(Beltz  S.  54.)  Nahe  steht  ihm  die  Lanzenspitze  aus  Marschwitz  (abgeb.  S.  32  Fig.  7), 
die  einen  Schaftansatz  mit  sich  nähernden  Rändern  hat,  aber  in  dieselbe  Zeit  wie  Fig.  27 
zu  fallen  scheint,  was  aus  den  übrigen  Fundstücken  dieses  Gräberfeldes  hervorgeht. 
Vgl.  die  folgende  Abhandlung  von  Seger:  das  Gräberfeld  von  Marschwitz. 

V.     Beile,  Hacken   und  Meissel 

Das  Beil  steht  in  Bezug  auf  seine  Form  dem  Keil  am  nächsten  und  wird  bisweilen  auch 
so  genannt,  trotz  der  sehr  verschiedenen  Art  der  Verwendung  (z.B.  von  Beltz,  S.  12).  Die 
übliche  Bezeichnung  Beil  entspricht  mehr  dem  Zweck  des  Steingerätes,  das  hauptsächlich 
als  Schlaginstrument  benutzt  und  daher  auch  mit  einem  Stiel  versehen  wurde.  Von  der 
Schweiz  und  anderen  Gegenden,  wo  viele  Steinbeile  mit  vollständiger  Schäftung  erhalten 
sind,  wissen  wir,  dass  sie  entweder  unmittelbar  in  einen  Holzstiel  oder  erst  in  eine  wider- 
standsfähigere Hornfassung  und  mit  dieser  in  den  Schaft  eingesetzt  wurden.  Geformt 
wurden  die  Feuersteinbeile  durch  Abspaltungen  von  den  Kanten,  wie  Fig.  28  erkennen 
lässt.  Die  Schneide  ist  hier  noch  stumpf.  In  einem  weiteren  Stadium  der  Bearbeitung  fielen 
die  Abspaltungen  weniger  grob  aus.  Darauf  erfolgte  das  Glätten  auf  einem  grobkörnigen 
Stein  mit  einer  gleichmässig  nach  zwei  Seiten  aufsteigenden  Schleiffläche  und  dann  auf 
einem  feinen,  kleineren  Stein  mit  mehreren  Schleifflächen.  Unser  Museum  besitzt  6  grobe 
und  4  feine  Schleifsteine.  Zur  Erzeugung  eines  grösseren  Glanzes  wurden  vielleicht  die 
kleineren  schuhleistenförmigen  Keile  wie  Fig.  48  oder  auch  Miniaturäxte  wie  Fig.  55  als 
Poliersteine  benutzt. 

Was  die  Form  der  Beile  anbetrifft,  so  erinnern  die  meisten  an  die  kantigen  Typen, 
die  besonders  im  skandinavischen  Norden  auftreten;  die  übrigen  entsprechen  mehr  den 
abgerundeten  Formen,  die  im  Süden,  Osten  und  Westen  vorherrschen.  Da  wir  in  Schlesien 
mit  Einflüssen  von  Norden  her  rechnen  müssen,  so  haben  wir  uns  bezüglich  der  kantigen 
Beile  im  wesentlichen  an  die  nordische  Einteilung  in  spitz-,  dünn-  und  dicknackige  Beile 
angelehnt,  oligleich  die  beiden  ersteren  nur  wenig  vertreten  sind.  Die  übrigen  Formen 
zerlegen    wir    in  rk'ilo    von    dreieckiger  bis   trapezförmiger  Grundform    und    in  Beile  von 

')  V«l.  Schles.  Vorz.  VII  239. 

-)  Ein  ExLMii|ilar  aus  LictuMiliof  im  VC'estpreiiss.  Prov.-Mus.  in  Danzig. 


10 

mehr  rechteckiger  Grundform.')     Diese  Gh'ederung  umfasst  die  Beile  aus  Feuerstein  wie 
die  aus   anderen  Gesteinen.     Die  Hacl<en   oder  Querbeiie,   die   in   ihrer  Form   mit   den 

Beilen  eng  verwandt  sind,  unter- 
scheiden sich  von  diesen  nur 
durch  die  Abflachung  der  einen 
Breitseite.  Sie  wurden  in  der 
Weise  geschattet,  dass  die 
Schneide  wie  bei  unseren  Metall- 


Sifc.? 


Fig.  28,  Karzen  Kr.  Niniptsch.  'L,    Fig.  29.  Pohl.  Neul<iich  Kr.  Cosel. '/o        Fig.  30.     Cieliiiitz  Kr.  Pless.    ',;. 

hacken  senkrecht  zum  Stiel  stand.  Sie  lassen  sich  ungezwungen  in  die  obige  Gruppierung 
einordnen.  Die  Meissel  sind  als  Schmalbeiie  aufzufassen  und  daher  auch  in  diese 
Übersicht  aufgenommen. 

Typus  A.  —  1.  Beile.  Der  nordischen  spitznackigen  Form  nahe  steht  Fig.  29. 
Die  beiden  gewölbten  Breitseiten  laufen  links  und  rechts  von  der  Schneide  ebenso  wie 
an  dem  Nacken  (Bahnende)  in  eine  Kante  zusammen.  Der  Querschnitt  ist  linsenförmig, 
der  Längsschnitt  annähernd  mandelförmig.  Feuersteinbeile  ähnlicher  Form  sind  über  ganz 
Europa  verbreitet  und  gelten  als  die  ältesten.-)  (Montelius  13.)  Die  gedrungenere  Form 
des  Beiles  Fig.  29  ist  vielleicht  durch  das  Material  bedingt,  das  Professor  Dr.  Milch  durch 
Untersuchung  eines  Dünnschliffes  als  feinkörnigen  Grünschiefer  festgestellt  hat. 

2.  Hacken.  Die  Verwandtschaft  dieses  Typus  mit  den  Geräten  aus  der  Zeit  des 
geschlagenen  Steins  tritt  noch  bestimmter  an  einigen  Hacken  des  Breslauer  Museums  her- 
vor: Fig.  30.  Wir  müssen  diese  daher  auch  zu  den  ältesten  neolithischen  Fundstücken 
Schlesiens  zählen. 


')  Finen  ähnlichen  Unterschied  macht  Montelius,  Die  älteren  Knlturperioilen  im  Orient  und  in  Europa, 
Stockholm   iy03  S.  21. 

-)  Vgl.  Montelius,  Antiquites  suedoises  Fig.  11   und  Les  teinps  prehistoriques  PI.  III  3. 


11 


Typus  B.  1.  Beile.  Aus  dem  spitznackigen  Beil  entwickelte  sich  das  dünn- 
nackifije,  indem  sich  die  Breitseiten  verflachten,  Schmalseiten  entstanden,  der  Nacken  sich 
verbreiterte  und  in  eine  dünne  oder  scharfe  Kante  überging:  Fig.  31.  (S.  Müller  56. 
Mestorf  21.  Merkbuch  I  5,  6.)  In  Schlesien  kommen  etwa  6  Beile  ähnlicher  Form 
vor.  Sie  scheinen  auf  Beziehungen  zum  Norden  hinzuweisen,  dem  die  dünnnackigen 
gemuschelten  Feuersteinbeile  eigentümlich  sind.  Das  Bresiauer  Museum  besitzt  ein  Beil 
aus  Töpliwoda,  Kr.  Münsterberg,  das  wie  Fig.  28  aus  bräunlichem  Feuerstein  besteht  und 
eine  für  Schlesien  ganz  ungewöhnliche  Grösse  (Länge  18  cm)  hat,  dabei  sehr  sorgfältig 
gemuschelt  ist,  besonders  an  den  Kanten.  (S.  Müller  55.  Mestorf  20.)  Es  gleicht  den 
nordischen  dünnnackigen  Beilen  so  sehr,  dass  wir  es  als  ein  altes  Importstück  ansehen 
müssten,  wenn  der  Fundort  außer  Zweifel  stände.') 


Fnr.  31.   Gierswald  Kr.  Trebnitz.  ',,     Fig.  32.   Wiehle  Kr.  Brieg.  -'.,  Fig.  33.    Streiiien.  '. 

Beile  mit  nur  massig  verdünntem  Schaftende,  die  also  eine  Übergangsform  zu 
Typus  C  bilden,  kommen  öfter  vor  als  die  bisherigen  Typen.  Das  Museum  besitzt 
ungefähr  20  Exemplare.  Eine  solche  Form  hat  z.  B.  ein  Beil  aus  Woischwitz  Kr.  Breslau 
von  einem  Oräberfelde,  wo  Funde  der  Bandk(?ramik  neben  vielen  anderen  aus  jüngerer 
Zeit  gemacht  worden  sind.  Grösste  Stärke  in  der  Mitte  2,2  cm,  am  Bahnende  1  cm,  Länge 
11,5  cm.  Eine  ähnliche  Form  hat  auch  ein  Flachbeil  aus  Kupfer,  das  in  Krehlau  Kr.  Wohlau 
mit  einem  Feuersteinbeil  und  Tongefässen  gefunden  worden  ist  Abgeb.  Schles.  Vorz. 
VI!  346.  Stärke  in  der  Mitte  1,2  cm,  am  Bahnende  0,5  cm.  Auch  das  Feuersteinbeil 
Fig.  32  ist  wohl  diesen  Ühergangsformen  zuzuzählen  trotz  der  Schweifung  der  Schmal- 
seiten, die  wahrscheinlich  auf  einen  Einfluss  von  Kupferbeilen  zurückzuführen  ist.  Stärke 
in  der  Mitte  2,2  cm,  am  Bahnende  etwa  1  cm.  (Dicknackige  Beilformen  mit  Schweifung 
der    Schmalseiten    bei    S.    Müller  64,   65.     Beltz    S.   19.)     Eine    verwandte,    an    sich    aber 

')  Es  stammt  aus  ciiici  l'rivatsainniliiML;  (v.  Falkcnliaiisen),  in  tiic  is  durch  liiicii  Händler  gekommen 
sein  kann.  —  Für  solclie  nordische  Importstücke  werden  9  verschiedene  Fundorte  in  Deutschland  aufgezählt 
von  Ooetze,  Über  neoiithisclien  Handel,  in  Bastians  Festschrift,  Berlin  1896   S.  347  f. 

2* 


12 


Fig.  35.     Brockau 

Kr.  Breslau,    'j., 

Mus.  Berlin 


ungewöhnliche  Form  iiat  das  Kupferbeil  Fig.  33,  dessen  Nacken  nicht  ganz  so  stark 
verdünnt  ist  und  das  daher  dem  Typus  C  näher  steht.  Die  Breitseiten  sind  gewölbt,  die 
Schmalseiten  leicht  geschweift.     Vgl.  Schles.  Vorz.  Vll  346. 

2.  Meissei.  Hacken  von  vierkantigem 
Körper  und  dünnem  Nacken  kommen  in  Schle- 
sien nicht  vor;  einige  Meissei  können  jedoch 
dieser  Gruppe  als  Übergangsformen  zu  Typus  C 
angegliedert  werden.  Aus  einem  Grabe  in 
Brockau  stammen  der  Feuersteinmeissel  Fig.  35') 
und  zwei  Gefässe  der  Bandkeramik,  die  im 
Museum  für  Völkerkunde  in  Berlin  aufbewahrt 
werden.  Die  Verdünnung  des  Meisseis  am 
Nacken  ist  gering,  so  dass  er  dem  Typus  C  \ 
nahe  steht.  Die  Schneide  ist  etwas  breiter  als 
das  Bahnende.  —  Zu  den  Übergangsformen 
zählen  wir  auch  den  Kupfcrmeissel  Fig.  34. 
Mit  einem  ähnlichen  Fundstück  bereits  ab- 
gebildet in  Schles.  Vorz.  Vll  344.  Auffallend  ist  die  Grösse  dieser 
Kupfermeissel,  die  an  schlesischen  Feuersteinmeissein  sonst  nicht 
beobachtet  worden  ist.  (Vgl.  die  Feuersteinmeissel  bei  S.  Müller 
124     126.     Beltz  S.  40.     Mestorf  41   u.a.) 

Die  Übergangsformen  zwischen  dem  dünnnackigen  und  dem  dicknackigen  Typus  dieser 
Beilarten  sind  wiederholt  in  den  nordischen  Dolmen  vorgekommen,-)  aber  auch  in  den  Gang- 
gräbern sind  sie  gewöhnliche  Erscheinungen.-')  In  Schlesien  sahen  wir  sie  in  zwei  Fällen 
(Lobedau  S.  0  und  Brockau  Fig.  35)  im  Verein  mit  Formen  der  bandkeramischen  Kultur. 
Es  scheint  also  auch  hier  die  Parallelität  zwischen  der  nordischen  Dolmenkeramik 
und  der  schlesischen  Bandkeramik  hervorzutreten.  Dass  wir  auch  die  Kupfergeräte,  die 
die  Übergangsform  haben,  dieser  Gruppe  zuzählen,  lässt  sich  durch  das  Vorkommen 
von  Kupfer  und  zinnarmer  Bronze  in  einigen  Gräbern  von  Jordansmühl  rechtfertigen.') 
Es  ist  wohl  möglich,  dass  die  Beile  mit  massig  verdünntem  Bahnende  sich  wie  in  Böhmen, 
wo  sie  noch  mit  Formen  des  Aunjetitzer  Typus  vorzukommen  scheinen,  )  auch  in  Schlesien 
bis  in  eine  jüngere  Epoche  erhalten  haben;  doch  lässt  es  sich  durch  die  schlesischen  Fund- 
verhältnisse nicht  beweisen. 

Typus  C.         1.    Beile.     Zu   den  Beilen   mit   dickem   abgeflachtem   Bahnende   und 
ausgeprägten  flachen  Schmalseiten,  die  mit  den  Breitseiten  vier  Kanten  bilden,  gehört  das 


Fig.  34.     Fröinsdorf 
Kr.  Münsterberg.    i  ., 


')  Zeichnung  von  Herrn   Dr.  Ooetze  freuntiliclist  zur  Verfügung  gestellt. 

-)  S.  Müller,  Nordische  Altertumskunde  S.  57. 

■')  Montelius,  Temps  prehistoriques  PI.  V  3. 

■*)  Vgl.  Montelius,  Die  älteren  Kulturperioden  im  Orient  und  in   Europa,  Stockholm  IQ()3  S.  26. 

5)   I'ic,  Cechy  predliistoricke  18W  Taf.  13  und  76. 


13 


Feuersteinbeil  Fig.  36.  Die  grösste  Stärke  noch  in  der  Mitte,  daher  verwandt  mit  den 
Übergangsformen  von  Typus  B  — C.  Dicker  Körper.  Ganz  geschh'ffen.  (Beltz  S.  21. 
Mestorf  24.)  —  Das  Feuersteinbeil  Fig.  37  ist  ein  Vertreter  der  dünnen,  langgestreckten 
Formen.  Der  mittlere  Teil  ungefähr  von  derselben  Stärke  wie  das  Bahnende.  Wie  sonst 
oft  trapezförmig  und  nur  an  dem  Schneidenteil  geschliffen.  (S.  Müller  60.  Beltz  17. 
Mestorf  33,  34.     Merkbuch   I   7.)  Die  Form   eines  vierkantigen  Stabes    hat    das   Beil 

Fig.  38.  Das  Bahnende  ist  vernachlässigt.  —  Das  Beil  Fig.  39  mit  stärkerer  Wölbung 
der  Breitseiten  und  weniger  hervortretenden  Kanten  leitet  über  zu  Typus  E.  —  Beile  des 
Typus  C  sind  in  Schlesien  verhältnismässig  häufig.  Das  Museum  besitzt  gegen  50  Exem- 
plare, davon  etwa  15  aus  Feuerstein.  Sichere  Grabfunde  sind  nicht  bekannt.  Da  in 
Europa  für  diese  Beile  ein  anderes  Zentrum  als  der  skandinavische  Norden  nicht  bekannt 
ist  und  ihre  Zahl  mit  der  wachsenden  Entfernung  vom  Norden  abnimmt,')  so  müssen 
auch  die  schlesischen  Fundstücke  auf  diesen  Einfluss  zurückgeführt  und  in  die  Zeit  der 
Riesenstuben  gesetzt   werden. 


rig.  30.     Bischwitz 
Kr.  Oels.    - ;, 


Fig.  39.     Lanipersdorf 
Kr.  Frankensteiii.    -3 


J7.     liiuiicichc 
Kr.  Breslau.    '  .. 


Fig.  38.     Koben 
Kr.  Steinau.    ','.. 


Fig.  40.     Brcitenaii 
Kr.  Neumarkt.   -/a 


2.  Hacken.  Vierkantiger  Körper  und 
dickes  Baiinende  sind  bisweilen  auch  den 
Hacken  eigen:  Fig.  40.  (S.  Müller  62.)  Die 
Sciineide  bildet  eine  gerade  Linie.  Die  ab- 
geflachte  Breitseite    ist  glätter    als   die  andere. 


Fig.  41.  l)iitiiKiniisi1iirf 
Kr.  W'aidenbiirg.    -'  3 


')  S.  Müller,   Nordiske  Fortidsminder  Bd.  1    S.  173.  In  Troja  i.  B.  kommen   auf  15  kantige  Beile 

155  abgetundete  Formen.     Vgl.  H.  SclMiiiilt,  Sclilicnianns  Trojanische  Altertümer,  Berlin  1902  S  271  f. 


14 


Die  Hacke  fand  sicli  in  einem  Grabe  mit  einem  einlieni<eligen  Gefäss,  das  Scliiuirverziening 
am  Halse  truy  und  jünger  ist  als  die  schlesische  Bandkeramik.  Ansseriialb  Schlesiens 
kommen  Hacken  dieser  Art  u.  a.  mit  Gelassen  des  Bernburger  Typus  und  Kugel- 
amphoren  vor.') 

3.  M  eis  sei.  Das  Breslauer  Museum  besitzt  aus  Schlesien  nur  zwei  ausgesprochen 
dicknackige  Feuersteinmeissel.  Eine  massige  Verjüngung  zeigt  der  Flintmeissel  Fig.  41. 
Stärke  in  der  Mitte  1,8,  am  Bahnende  1  cm.  Das  Alter  dieser  Meissel  dürfte  dem  der 
dicknackigen  Beile  entsprechen. 

Typus  D.  1.  Beile.  Hierzu  zählen  wir  die  Beile  mit  flachrundiichem  Körper 
und  spitzem  oder  schmalem  Schaftende.  Längsschnitt  dreieckig  bis  trapezförmig.  Schmal- 
seiten etwas  abgeplattet:  Fig.  42.  Die  Schneide  ist  an  diesem  Beil  wie  auch  sonst  öfters, 
besonders  an  den  Hacken,  infolge  nachträglichen  Zuschleifens  ungleichmässig  gerichtet. 
(Mestorf  28.  Merkbuch  111.)  Eine  ähnliche  Form  hat  das  Choromelanitbeil  aus  Smyslona 
Kr.  Kempen.  Abb.  in  Schles.  Vorz.  VI  26.-')  Geringere  Wölbung  der  Breitseiten  und  stärker 
ausgeprägte  Schmalseiten  hat  das  Feuersteinbeil  Fig.  43.  S.  Müller  zählt  nordische  Beile 
dieser  Art  zu  den  spitznackigen,  die  wegen  ihres  vierkantigen  Körpers  jedoch  schon  zu 
den  dünnnackigen  überführen.  (S.  Müller  50.)  Die  Form  ist  über  den  Westen  und  Osten 
von   Europa  verbreitet.  Dicken,    stark   abgerundeten   Körper   hat   Fig.  44.     Querschnitt 

oval,  Nacken  stumpfer  als  beim  vorigen.  —  Das  Museum  besitzt  etwa  8  Beile  mit  kantigem 
Körper  und  4  mit  rundem. 


Fig.  42.     Liebciiaii 
Kr.  Miiiisterberg.    ' ^. 


Fig.  41.     Zirlaii 
Kr.  Scliweidnitz.    -/g 


Fig.  44.     Ottitz 

Kr.  I<:itibor.    -/a 


Fij.;.  4'>.    Jiiniansimilil 
Kr.  Nituntsch.    ".. 


Beile  von  rundlichem  Querschnitt  bilden  eine  Form,  die  in  ganz  Europa,  von  Italien  bis 
Skandinavien  vorkommt.    Im  Norden  siiul  sie  seltener  und  gehören  dem  Anfang  der  jüngeren 

')  Ooetze,  Neolitliisclie  Studien,  Zeitschr.  f.  Etiieologie  IQÜO  S.  153,  171  ii.  a. 
■■')  Vgl.  auch  Orcmplcr,  Vcrliandl.  d.   Rorün.  Oes.  f.  Atitlir    1889  S.  356  f. 


15 

Steinzeit  an;  auf  sie  folgen  die  Beile  mit  dünnem  und  ferner  die  mit  dici<em  Nacken.  Im 
Süden,  wo  die  Verhältnisse  für  eine  Entwickeiung  der  Steinindustrie  weniger  günstig 
waren,  haben  diese  rundlichen  Beilformen  keine  weitere  Umgestaltung  erfahren,  sie  bilden 
dort  zugleich  den  letzten  Typus.')  In  Troja  z.  B.  waren  sie  in  der  I.  (untersten)  Schicht 
wie  in  der  II.  V.  und  vereinzelt  selbst  in  der  VI.  — VII.  Schicht  enthalten.-)  Eine  zu- 
verlässige Datierung  ist  unter  solchen  Umständen  unmöglich,  so  lange  nicht  reichere 
Grabfunde  vorliegen.  Vermutlich  gehören  die  dreieckigen  Formen  ebenso  wie  die  ihnen 
verwandten  Hacken  in  Schlesien  der  bandkeramischen  Kulturgruppe  an. 

2.    Hacken.     Sehr  viel  zahlreicher  sind  die  Hacken.     Sie  bestehen  nie  aus  Feuer- 
stein und  treten  in  vier  verschiedenen   Formen  auf. 

a)  Eine  Hacke  von  schlankem  Körper,  der  an  die  Meisselform  erinnert,  aber  walzen- 
artig abgerundet  ist  und  sich  gegen  das  Schaftende  zuspitzt,  ist  in  Jordansmühl, 
Kr.  Nimptsch,  in  einem  Grabe  (Nr.  27)  mit  Gefässen  der  Bandkeramik  vorgekommen. 
Die  Abflachung  der  einen  Breitseite  erstreckt  sich  nur  auf  ein  Drittel  ihrer  Länge  und 
nicht  auf  ihre  ganze  Ausdehnung  wie  bei  allen  anderen  schlesischen  Hacken.  (Vgl. 
S.  Müller  63,  68  und  22.)  Hacken  dieser  Art  haben  ein  grosses  Verbreitungs- 
gebiet. Die  im  Norden  auftretenden  verwandten  Formen  nehmen  eine  Mittelstellung 
zwischen  den  dünn-  und  den  dicknackigen  Beilen  ein.')  Eine  solche  Datierung  der 
Jordansmühler  meisselartigen  Hacke  würde  der  für  die  schlesische  Bandkeramik 
gegebenen  Altersbestimmung  (S.  2)  entsprechen. 

b)  Viele  Hacken  sind  flach  und  haben  einen  dreieckigen  oder  trapezförmigen  Körper. 
Ihre  Schneide  bildet,  von  vorn  gesehen,  eine  gerade  Linie:  Fig.  45.  Das  Schaftende 
ist  spitz.  An  den  beiden  Schmalseiten  treten  oft  ebene  Flächen  auf,  besonders  bei 
den  Hacken  aus  geschiefertem  Gestein.  Die  dreieckigen  Hacken  erinnern  sehr  an 
die  Form  des  Beils  Fig.  43.  Im  Museum  etwa  25  Exemplare  in  verschiedenen  Grössen 
zwischen  3,5  und  33,0  cm.  Die  meisten  Fundstücke  stammen  aus  Ottitz  und  Jordans- 
mühl  und   scheinen   daher  zum  Formenkreis  der  Bandkeramik  zu  gehören.^) 

c)  Andere  Hacken  unterscheiden  sich  von  den  vorigen  nur  durch  die  gewölbte 
Schneide,  die  besonders  deutlich  hervortritt,  wenn  die  Wölbung  der  Breitseite  auch 
auf  die  Schmalseiten  übergeht:  Fig.  46.  Die  dreieckige  Grundform  tritt  bei  diesen 
Hacken  seltener  auf,  meist  sind  sie  trapezförmig  wie  Fig.  47.  Hacken  dieser  Art  sind 
ebenso  wie  die  folgende  Gruppe  eine  charakteristische  Begleiterscheinung  der  Band- 
keramik'')   und    über    Mittel-    und    Südeuropa  verbreitet;    nördlicher   kommen    sie    nur 


')  S.  Müller,  Nordiske  Fortidsiniiider  Bd.  1  S.  173. 
-)  Ooetze  in  Troja  und  llion  S.  321,371  f.  und  397. 
■')  S.  MiilliT,  Ordiiiii«^   af  Oanniarks  Oldsager  S.  11. 

*)  VkI.  KocIiI,  Die  Handkeramik  in  der  Umgegend  von  Worms   1903  S.  12  und  Taf.  la. 
'^)  Vgl.  Koehl,  a.  a.  O.        Ooetze,  Oefässformeii  urui  Ornamente  etc.   im  Flussgebiet   der  Saale  S.  5 
und   (i. 


16 


Fig.  46.    Joidaiisimilil 
Kr.  Nimptsch.    -/s 


Fig.  47.     Weiclierau 
Kr.  Scliweidnitz.    -/a 


Fig.  48.     Jordansiiiiil 
Kr.  Nimptscii.    -/a 


Fig.  50.     Brustawe 
Kr.  Militsch.    'U 


Fig.  51.    Ottwitz 

Kr.  Strehlen.    '/., 


\ 


Fig.  52.    Crossen 
Kr.  Oriinberg.    "o 


Fig.  49.  Pohl.  Neukircli 
Kr.  Cosei.    •'/s 


vereinzelt  vor  und  werden  dann  als 
Handelsartikel  angesehen.')  Im  Mu- 
seum etwa  10  Einzelfunde,  besonders 
von  Jordansmühl  und  Ottitz. 
d)  Den  vorigen  Hacken  in  den  wesent- 
lichen Linien  verwandt,  aber  verhält- 
nismässig sehr  viel  schmäler,  länger 
und  höher  sind  die  sogenannten  Schuhleistenkeiie:  Fig.  48  und  49.  (Merkbuch  I  12.) 
Ihre  Länge  schwankt  zwisciien  6  und  38  cm.  Hacken  dieser  Art  werden  auch  als 
Poliersteine,  Ackergeräte  u.  a.  gedeutet;  ihre  Bestimmung  ist  jedoch  nicht  hinreichend 
festgestellt.  Auch  die  Art  der  Schäftung  scheint  zweifelhaft  zu  sein.  Oft  haben  sie  atn 
Schaftende  ein  Schaftloch,  das  parallel  zur  Schneide  gerichtet  ist.  Im  Museum  etwa 
24  Exemplare,   davon    12   mit   Schaftloch;   unter   ihnen   auch   Übergangsformen   zu    der 

')  (joctze,  Über  iieolitliisciien  Handel,  Bastians  Festschrift  IS'iö  S.  343.        Im  Westpreiiss.  Prov.-Mus. 
in  Danzig  befinden  sich  ö  Haci<en  dieser  Art  von  verschiedenen   Fundorten  Westpreussens. 


17 

vorigen  flachen  Hackenart.')     Einige  undurchlochte  Exemplare  stammen  aus  Ottitz  und 
Jordansmühi. 

Typus  E.  --  Die  Beile  haben  einen  Körper  von  beinahe  rechteckiger  Grundform, 
dessen  Ecken  und  Kanten  abgerundet  sind:  Fig.  50.  Die  Schmal-  und  Breitseiten 
etwas  abgeplattet.  Im  Museum  etwa  25  Exemplare.  Nie  aus  Feuerstein.  Zu  diesem 
Typus  gehört  auch  das  Nephritbeil  aus  dem  Kreise  Ohiau.-)  im  allgemeinen  zeigen  die 
Beile  dieses  Typus  einen  wenig  ausgeprägten  Charakter.  Es  gibt  unter  ihnen  viele  Übergänge 
zu  anderen  Formen,  besonders  zu  Typus  C  und  D.  Es  ist  daher  auch  nicht  möglich, 
ihre  zeitliche  Stellung  zu  bestimmen.  Sie  scheinen  im  Norden  selten  zu  sein  und  im 
Süden  in  dem  älteren  Abschnitt  der  neolithischen  Zeit  ebenso  wie  in  dem  jüngeren  vor- 
zukommen. —  Die  Hacken  von  oblonger  Form  wie  Fig.  46  haben  wir  mit  Rücksicht  auf 
die  gewölbte  Schneide  den  gleichartigen  Hacken  des  Typus  C  zugezählt. 

VI.    Äxte 

Die  Beile,  die  mit  einer  besondern  Vorrichtung  für  die  Schäftung  versehen  sind, 
wollen  wir  Äxte  nennen. 

1.  Diese  besteht  in  einer  Verjüngung  am  Bahnende:  Fig.  51.  Vgl.  Schles.  Vorz.  VII  236. 
Solche  Äxte  wurden  mit  dem  dünneren  Schaftende  in  ein  Loch  des  Stieles  eingeklemmt. 
Sie  kommen  in  ganz  Deutschland,  wenn  auch  selten  vor.^)  (Vgl.  S.  Müller  70,  71.  Mestorf 
84,  87.     Beltz  S.  74.    Merkbuch  I  13.)     Ihr  Alter  ist  nicht  sicher  festgestellt. 

2.  Einige  Äxte  haben  am  Bahnende  eine  breite  Auskerbung  oder  Rille:  Fig.  52.  Hier 
sind  die  Schmalseiten  etwas  gekehlt.  Diese  Axt  wurde  vielleicht  mit  einer  Schmal- 
seite auf  das  knieförmige  Ende  eines  Schaftes  aufgesetzt  und  festgebunden.^)  Andere 
Äxte  haben  einen  rundlichen,  zugespitzten  Körper. '")  Im  Museum  je  3  Exemplare. 
Äxte  mit  Rillen  am  Bahnende  sind  selten  in  der  nordischen  Steinzeit.  Vereinzelt, 
aber  in  etwas  abweichender  Form  treten  sie  in  Meklenburg  auf.  (Beltz  S.  73.) 
Auch  ihr  Alter  ist  nicht  zuverlässig  bestimmt. 

3.  Bei  weitem  die  gewöhnlichste  und  vollkommenste  Schäftungsvorrichtung  ist  das  Schaft- 
loch, das  jedoch  nie  an  Äxten  aus  Feuerstein  vorkommt.  Es  steht  parallel  zur  Schneide 
bei  den  Äxten,  senkrecht  dazu  bei  den  Hacken.  Die  Durchbohrung  wurde  mit  einem 
röhrenartigen  Stabe  ausgeführt,  den  man  mit  leichtem  Druck  auf  den  Stein  aufsetzte 
und  nach  Art  eines  Drillbohrers  in  drehende  Bewegung  versetzte.  Trockener  oder 
feuchter  Sand  diente  dabei   als  Schleifmittel.'')     Unvollendete  Schaftlöcher,  die  in   der 

')  Mehlis,  Die  sogenannten  Schiihleistenkeile  der  neolithischen  Zeit,  im  Zentralblatt  f.  Antiir.  etc.  IWI 
S.  12Q— 133. 

■-)  Schoetensack,  Verhandl.  der  Berhn.  des.  f.  .-Xnthr.  1891  S.  596  f.  mit  Abb. 

»)  Voss,  ebenda  1S95  S.  137.    Vgl.  auch  S.  689  f. 

*)  Andere  Arten  der  ScliäftimK  s.  Olsliausen,  ebenda  1S94  S.  330.    -  Deichmüller,  ebenda  1895  S.  136. 

'')  Lehniann-Nitsche,  ebenda   1895  S.  691.    -  Wilke,  Zeitschr.  f.  Etheologie   1904  S.  73. 

")  Niilieres  liber  das  Bohrverfahren  ii.  a.  bei  Keller,  Pfahlbauten,  8.  Bericht  S.  49  f. 

3 


18 

Mitte  einen  Bohrzapfen  haben,  sowie  selbständige  Bolirzapfen  lassen  dieses  Verfahren 
deutlich  erkennen.  Die  sehr  viel  roheren  Schaftlöcher,  die  mit  Hilfe  von  Feuerstein- 
spitzen ausgegraben  sind,  kommen  nur  selten  vor. 

Die  Steinaxt  diente  im  allgemeinen  denselben  Zwecken  wie  unsere  moderne  Metallaxt 
und  die  ihr  verwandten  Geräte.  Den  verschiedenen  Arten  ihrer  Verwendung  entsprechen 
besondere  Formen.  Wir  unterscheiden  A.  einfache  Äxte  im  engeren  Sinne,  B.  Doppeläxte 
und  Doppelhämmer  und  C.  Axthämmer.  Im  allgemeinen  dienten  die  einfachen,  primitiven 
Formen  Arbeitszwecken.  Die  entwickelten  und  sorgfältig  bearbeiteten,  die  auch  bisweilen 
eine  stumpfe  Schneide  und  nie  Spuren  der  Abnutzung  oder  einer  Neubearbeitung  tragen, 
waren  Streitäxte,  die  im  Kampfe  geführt  wurden  oder  vielleicht  auch  als  Abzeichen  einer 
Würde  galten.  Sehr  kleine  Äxte  oder  solche  aus  wenig  widerstandsfähigem  Material,  die 
weder  im  Haushalte  noch  auf  der  Jagd  oder  im  Kriege  eine  praktische  Verwendung  finden 
konnten,  sind  als  Votiväxte  anzusehen.  Die  Äxte  zeichnen  sich  den  übrigen  Steingeräten 
gegenüber  durch  eine  grosse  Mannigfaltigkeit  der  Form  aus,  die  besonders  unter  den 
entwickelten  Axthämmern  auffällt.  Sehr  viel  mehr  als  in  Schlesien  tritt  dieser  Reichtum 
im  skandinavischen  Norden  hervor. 

A.  Die  einfache  Axt  hat  einen  ausgebildeten  Schneidenteil,  ein  unbearbeitetes  oder 
abgerundetes  Bahnende  und  das  Schaftloch  in  der  Nähe  des  letzteren.  Bisweilen  ist  der 
Querschnitt  rundlich,  meist  vierkantig,  besonders  in  der  Nähe  der  Schneide,  gewöhnlich 
aber  unregelmässig.  Bald  ist  der  Körper  langgestreckt:  Fig.  53,  bald  gedrungen:  Fig.  54, 
bald  flach  wie  an  der  Hacke:  Fig.  56.  Die  Grösse  dieser  Geräte  schwankt  sehr  und  mit 
ihr  die  Art  der  Verwendung.  Grosse  Äxte  dienten  wohl  auch  als  Pflugscharen.  Andere, 
die  ein  sehr  kleines  Schaftloch  hatten,  wurden  vielleicht  als  Setzkeile  benutzt.  Das  Museum 
besitzt  etwa  70  Arbeitsäxte  und  9  Hacken  mit  Schaftloch.  Die  ersteren  sind  nur  als 
Einzelfunde  vorgekommen,  die  letzteren  auch  in  Gräbern  und  zwar  in  Jordansmülil 
(Grab  23)  mit  Gefässen  der  schlesischen  Bandkeramik  und  Kupferschmuck  und  in  Sillmenau, 
Kr.  Breslau,  mit  Gefässen  des  Aunjetitzer  Typus,  die  schon  zur  Bronzezeit  gehören. 
Die  Form  der  einfachen  Äxte,  aber  in  sehr  sorgfältiger  Bearbeitung,  selbst  am  Nacken, 
zeigt  Fig.  59.     Abgerundete  Bahn.     (Vgl.  Beltz  S.  61.) 

Diesem  Typus  gehören  auch  einige  Miniaturäxte  an.  Sie  wurden  allem  Anscheine 
nach  als  Amulette  getragen  und  sollten  vielleicht  gegen  den  Zorn  des  Donnergottes 
schützen,  dessen  Waffe  ja  die  Axt  war.')  Zwei  stammen  aus  neolithischen  Wohngruben 
bei  Kreuzendorf:  Fig.  57  und  58.  Stärke  0,8  bezw.  0,6  cm.  Bei  Fig.  57  fällt  die  Kleinheit  des 
Schaftloches,  bei  Fig.  58  seine  Grösse  auf.  Eine  heilige  Bedeutung  haben  wir  wohl  auch 
der  kleinen  Axt  aus  Gnichwitz  (Fig.  55)  zuzuschreiben.  Das  Schaftloch  verengt  sich 
nach  der  Mitte  zu.  Die  beiden  Seitenflächen  sind  geglättet  wie  die  eines  Schleifsteines. 
Aus  schwarzem  feinkcMiiigem  Gestein. 


')  S.  Müller,  Nordische  Alteituiiiskunde  S.  170  f. 


IQ 


I 

Fig.  53.     Oittersbach 
Kr.  Wohlan.  '  ., 


Fig.  55.     Qnichwitz.Kr    Breslau.  ^, 


Fig.  54.     iVlatzwitz 
Kr.  Grottkaii.  "» 


Flg.  56.     Laubnitz 
Kr.  Frankenstein,  '/a 


Fig.  59.     Rudelsdorf  Kr.  Nimptsch.  '/a 


Fig.  57  u.  5S.  Kreuzendorf 
Kr.  Lcohscliütz.  "  , 


B.  Doppeläxte  und  Dop|Delliämmer.  Entsi^recliend  einerErweiterung desZweckes 
haben  viele  Äxte  eine  Ausbildung  des  Bahnendes  erfahren.  Entwickelte  es  sich  zu  einem 
zweiten  Schneidenteil,  so  entstand  die  Doppelaxt,  gestaltete  es  sich  zu  einem  hammer- 
artigen Nacken  mit  ebener  Fläche  am  Ende,  so  bildete  sich  die  Hammeraxt  oder  der 
Axthammer,  wie  die  geläufigere  Bezeichnung  lautet.  Bisweilen  nahm  auch  die  Schneide 
diese  Form  an,  und  es  entstand  der  Doppelhammer.  Doppeläxte  und  Doppelhämmer  sind 
in  Schlesien  sehr  selten.  Eine  Doppelaxt  mit  exzentrischem  Schaftloch  zeigt  Fig.  ÖO. 
Vermutlich    eine    Votivaxt,    das   Material    scheint  Ton    zu    sein.')      Doppeläxte    mit    stark 


')  Nach  der  Ik'stimniung  des  Kgl.  A\ineralogischen  Museums  „wohl  aus  Ton,  der  aus  einer  Letten- 
kluft statunit;  ob  gebrannt,  ist  fraglieh,  vielleicht  nur  getrocknet."  —  Über  Doppeläxte  als  Votiväxte  siehe 
Montelius,  Chronologie  d.  ältest,  Bronzezeit  S.  19. 


20 


^ 


Fig.  60.     Isoldeiiort  Kr.  Militsch. 


Fig.  61.    Jausclnvitz  Kr.  Liibeii.  ','2 


Fig.  62.  Tsclieschfii-Haiiinier  Kr.  Gross- 
Wartenlierg.  '/-j 


Fi.'.  fi3      Daiiinier  Kr.  Militsch.  '/s 


Fig.  64.     Frii.'bL'1-n.'rii   Kr.   (Breslau.  '/.. 


Fig.  65.     Eichberg  Kr.  Biiiizlaii.  'Aj 


Fig.  66.     Ziiil<witz  Kr.  Miinsterberg.   '/.j 


Fig.  b7.     I'.iln.  Nciikirch   Kr.  Cosel.   '., 


entwickelten  Schneiden  treten  im  Norden  niclit  selten  in  Oangorräbcrn  auf,  auch  als  Bern- 
steiniierlen.  (S.  Müller  Q3  96,  264.  Beltz  S.  72.  Merkbnch  II  7.  Mestorf  101.)  Auch 
in  tier  Schweiz  und  im  westlichen  Europa  kommen  sie  vor.  Sie  sind  als  Nachbildungen 
von  doppeischneidio^en  Kupferäxten  zu  betrachten.')  Einen  Doppelhammer  zeigt  Fig.  61. 
Seitlich  je  ein  Grat  parallel  zum  Schaftloch.  Das  Museum  besitzt  nur  zwei  Exemplare. 
Auch  ausserhalb  Schlesiens  scheint  diese  Form  sehr  selten  zu  sein. 

C     Der  Axthammer.         1.  Die  primitiven  Formen  haben,   wie  aus  Spuren  des 
Gebrauchs  hervorgeht,  Verwendung   als  Axt  und  als   Hammer  gefunden.     Wie  bei  den 


Vgl.  Moiitclius,  Cliroiiülogic  tl.  iiltest.  Bronzezeit  S.  114. 


21 

vorigen  Geräten  steht  das  Schaftloch  ungefähr  in  der  Mitte.  Der  Körper  ist  oft  abgerundet: 
Fig.  62.  Wie  hier  hat  der  Schneidenteil  gewöhnh'ch  die  Neigung,  sich  zu  verbreitern, 
während  sich  der  Hammerteii  verjüngt.  Im  Museum  über  80  Exemplare.  Seltener  sind 
Axthämmer  mit  vierkantigem  Körper:  Fig.  63.  Bisweilen  auch  ohne  Grat  zwischen  Axt- 
und  Hammerteil.  Im  Museum  etwa  15  Exemplare.  Unter  diesen  Axthämmern  gibt  es 
auch  Mittelformen  wie  Fig.  64  mit  abgeplatteter  Ober-  und  Unterseite  und  gewölbten 
Seitenflächen. 

2.  Entwickelte  Formen  weist  unter  den  schlesischen  Äxten  fast  nur  der  Axthammer 
auf.  Sorgfältige  Bearbeitung,  Schweifungen  am  Körper,  Krümmung  der  Längsachse, 
besondere  Ausbildung  der  Schneide,  des  Nackens  oder  des  Mittelstückes  zu  beiden  Seiten 
des  Schaftlochs,  Ornamente  in  Form  von  Graten,  Auskehlungen  und  Rinnen,  das  sind 
Eigenschaften,  die  die  entwickelten  Axthämmer  oder  Streitäxte,  wie  wir  sie  nennen  wollen, 
von  den  primitiven  Formen  unterscheiden.  Typisch  tritt  in  Schlesien  nur  eine  Form  auf; 
fast  alle  übrigen  sind  Einzelerscheinungen,  für  die  sich  jedoch  oft  ausserhalb  Schlesiens 
analoge  Fundstücke  nachweisen  lassen. 

Auf  den  Axthammer  mit  viereckigem  Querschnitt  (Fig.  63)  gehen  einige  Streitäxte 
von  einer  Form  wie  Fig.  65  zurück.  (Vgl.  Merkbuch  II  4.)  Derselben  Urform  steht  die 
Streitaxt  Fig.  66  nahe.  Vom  Schaftloch  zieht  sich  auf  der  oberen  Seite  eine  Rinne  nach 
der  Schneide  hin.  In  der  Mitte  der  Seitenflächen  je  eine  abgerundete  Längsleiste.  — 
Die  Form  des  vierkantigen  Axthammers  haben  vielfach  Kupferäxte.  Ein  solches  schlesisches 
Fundstück  mit  stark  entwickelter  Schneide  stammt  aus  Ottwitz,  Kr.  Strehlen.  Abb.  in 
Schles.  Vorz.  VII  351. 

Mannigfacher  sind  die  Formen,  die  mit  dem  abgerundeten  Axthamnier  Fig.  62 
verwandt  sind.  Wir  betrachten  zunächst  die  Stücke  ohne  besondere  Ausbildung  des 
Bahnendes.  Geschweiften  Hammerteil  und  leicht  nach  unten  gekrümmte  Längsachse 
zeigt  Fig.  67.  Eine  verwandte,  aber  sehr  viel  schlankere  Form  hat  die  Streitaxt  Fig.  68.') 
Im  Museum  noch  2  Exemplare  derselben  Art.  Ausserhalb  Schlesiens  lassen  sich  für 
diese  Axtform  nur  ähnliche  Beisi^iele  finden,  typisch  scheint  sie  nirgends  aufzutreten.  Ihr 
steht  ein  anderer  Typus  nahe  mit  walzenförmigem  Körper  und  buckelartigen  Verdickungen 
zu  beiden  Seiten  des  Schaftloches.  Im  Museum  nur  einige  Bruchstücke.  Ähnliche  Äxte 
in  Mecklenburg.     (Beltz  S.  71.) 

Zu  dem  Typus  der  facettierten  Äxte  können  wir  vier  schlesische  Fundstücke  zählen. 
Vgl.  Fig.  69.  Facettierte  Axthämmer  treten  besonders  in  Thüringen  auf  und  zwar  als 
Begleiterscheinungen  der  Schnurkeramik.  Diese  sind  jedoch  sorgfältiger  gearbeitet  als  die 
schlesischen.  (Vgl.  Merkbuch  II  3.)  Die  Fundstücke  ausserhalb  Thüringens  werden  als 
Handelsware  angesehen.      Die   in   Böhmen   und   Ungarn   vorkommenden   facettierten  Äxte 


')    Die  Axt  ist  lu'spiociKMi  in  licr  KDirespoiulenz  J.  Schles.  Ges.  f.  Vaterland.  Kultur  Bd.  1   S.  KW      113; 
die  dortigen  Abbildnnjjon  acbtiu  eine  falsche  Vorstellunti;. 


22 

haben   wie  die  schlesisciien   Stücke   mehr  verwaschene   Formen   und   sind    wolil   als   ein- 
heimisclie  Arbeiten  zn  betrachten.') 

Wir  wenden  uns  den  Streitäxten  zn,  die  ein  besonders  entwickeltes  Baiineiuie 
haben.  Die  Verdickung  am  Bahnende  hat  die  Form  einer  dicken  Raupe  an  einer  Streitaxt 
aus  Alt-Wansen,  Kr.  Ohlau.  Abgeb.  Schles.  Vorz.  VII  533.  (Vgl.  S.  Müller  76. 
Merkbuch  11  9.)  Während  die  obere  abgeplattete  Seite  beinahe  eine  Ebene  bildet, 
zeigt  die  untere  infolge  der  starken  Entwicklung  des  Schneidenteils  und  des  Bahnendes 
eine  sehr  grosse  Krümmung.  Stärke  am  Schaftloch  3,2  cm,  an  der  Schneide  wie  an  dem 
Bahnende  7,5  cm  bei  einer  Länge  von  22,5  cm.  Verwandte  Typen  kommen  in  Schlesien  nicht 
vor.  Die  Form  ist  gewöhnlich  in  den  jütischen  Bodengräbern,  die  etwa  mit  den  jüngsten 
Formen  der  Riesenstuben  gleichaltrig  sind.-)  Die  Streitaxt  aus  Alt-Wansen  wäre  ebenso 
wie  der  Feuersteindolch  aus  Jacobine  ein  Zeugnis  für  Beziehungen  zwischen  dem  Norden 
und  Schlesien,  wenn  ihr  Fundort  unzweifelhaft  festgestellt  wäre;  dies  ist  nicht  der  Fall, 
da  sie  durch  einen  Händler  ins  Museum  gekommen  ist.^) 

Zu  einer  weit  verbreiteten  Gruppe  gehören  die  Streitäxte  mit  kugelförmiger  oder 
knopfartiger  Verdickung  am  Bahnende,  bogenförmig  verbreiterter  Schneide  und  leichter 
Biegung  der  Längsachse:  Fig.  70.  Der  Querschnitt  ist  rhombisch.  Auf  der  oberen 
und  der  unteren  Seite  ziehen  sich  vom  Schaftloch  nach  der  Schneide  und  der  Bahn  Furchen. 
Den  Hammerteil  einer  solchen  Axt  besitzt  das  Museum  aus  Heidersdorf,  Kr.  Nimptsch. 
Denselben  Charakter  hat  eine  Streitaxt  aus  Protzan,  Kr.  Frankenstein.  Sie  hat  jedoch  einen 
runden  Querschnitt.  Zu  beiden  Seiten  schwache  Längsrücken.  (Vgl.  Merkbuch  II  5.) 
Streitäxte  mit  knopfähnlicher  Bahn  kommen  in  Ungarn  in  Kupfer  vor,  in  Stein  finden  sie 
sich  in  den  Österreich-ungarischen  Ländern,  im  nordöstlichen  Deutschland  und  besonders 
in  Schweden.  Das  Museum  in  Stockholm  besitzt  nach  Montelius,  dessen  Untersuchungen 
wir  hier  folgen,^)  60  Äxte  dieser  Art.  Auch  in  Gothland  treten  sie  auf,  während  sie  in 
Dänemark  ganz  fehlen.  Montelius  sieht  daher  in  ihnen  ein  Zeugnis  für  den  direkten 
Verkehr  zwischen  Norddeutschland  und  Schweden  zur  Zeit  der  Ganggräber,  in  der  auch 
im  Norden  das  Kupfer  bereits  bekannt  gewesen  ist,  wie  durch  das  Vorkommen  einer 
solchen  Kupferaxt  in  Schonen  bezeugt  wird.  Auf  den  Einfluss  dieser  Kupferäxte,  die 
aus  dem  Süden  kamen,  sind  die  Steinäxte  zurückzuführen,  denn  ihre  Form  entspricht  viel 
mehr  der  Natur  des  Metalls  als  der  des  Steines. 

Ein  knopfartiges,  aber  nur  sehr  wenig  hervortretendes  Bahnende  ist  der  Streitaxt 
Fig.  72    eigen.      Ihre    Längsachse    ist   gerade,   die   Schweifungen    am  Körper    sind    gering. 


I)  Vgl.  Ooctzc,  llher  iieolitliisehcii  H;iiuit.'I,  in  Bastians  Icstschrift  S.  341  34!,  iiiul  VcrliandL  der 
BtTlin.  Ges.  f    Antlir.   1893  S.  141    Fig.  1. 

•')  S.  Müller,  De  Jydske   Eiil<el<;rave,  AarbÖKer  f    nord.  dldkynd.   ISQS  S.  230. 

•■*)  Kossinna,  Zeitschrift  f.  Ethnologie   1902  S.  172  Anni.  2. 

*)  Montelius,  Chronologie  der  ältesten  Bronzezeit,  S.  12  f.,  94  und  110.  Eine  Streitaxt  dieser  Art 
aus  Barlewitzersee  besitzt  das  Westprenss.  I'rov.-Mus  in  Danzig.  Eine  andere  aus  Böhmen,  abgebildet 
von  Pic,  Cechy  pfedhistoricke   1899  S.  155. 


23 


Fig.  68.     Giinschwitz  Kr.  Ohiaii. 


Fig.  69.     Sacraii   Kr.  Oels.  ': 


Fifi  70.     Jortlansniiilil  Kr.  Niniptsch.   '-^ 


Fig.  71.     Tschirnitz  Kr.  Jaiier. 


Fig.  72.     Töpliwncia   Kr.  Miinsterberg.  ',„ 


Fig.  73.     Tluiiiiit/  Kr    Niinptsch.  '/a 


Fig.  74.     Rothscliloss   Kr.  Niniptsch.  »,o 


Fig.  75.     Leiinerwiiz  Kr   Leobschütz.   '/ü 


Fig.  76.    Jakobsdori 
Kr.  Niniptsch    "3 


Fig.  77.     Tschotschwitz 
Kr.  Militsch.   •  .. 


Fig.  78.     Wronin  Kr.  Cosel.  •/« 


24 

Facetten   treten   besonders    deutlicli   auf  dem   Hammerteil   hervor,  parallel   zu   ihnen  laufen 
zu  beiden  Seiten  des  Schaftloches  Rinnen.') 

Häufig  sind  in  Schlesien  die  Äxte  mit  überhängendem  Bahnende.  Knopfartig  ist 
dieses  an  der  Axt  Fig.  71. 

Sehr  viel  schlanker  und  gefälliger  sind  die  Streitäxte  dieser  Art,  die  einen  Schlesien 
eigentümlichen  Typus  darstellen:  Fig.  74.  (Rechts  das  Bahnende.)  Von  einem  üräberfelde 
des  Aunjelitzer  Typus.-')  Charakteristisch  für  diese  Streitäxte  ist  nicht  nur  die  herab- 
hängende Bahn,  sondern  auch  die  abgeplattete  obere  Seite,  die  nach  unten  hängende 
Schneide,  eine  Krümmung  der  Längsachse,  der  die  obere  Fläche  folgt,  und  eine  eigen- 
tümliche Schweifung  des  Körpers.  Oft  steht  das  Schaftloch  der  Schneide  näher  als 
dem  Bahnende.  Das  Museum  besitzt  von  der  voll  entwickelten  Form  etwa  20  Exemplare. 
Viel  grösser  ist  aber  die  Zahl  der  weniger  ausgebildeten  Äxte,  welche  Mittelstufen  zwischen 
dem  einfachen  Axthammer  wie  Fig.  62  und  Fig.  64  und  dem  entwickelten  schlesischen 
Typus  darstellen.  Eine  solche  Übergangsform  ist  z.  B.  Fig.  73.  Das  Schaftloch  ist  nach 
vorn  gerückt.  Manche  dieser  meist  sehr  zierlichen  Streitäxte  sind  Prachtstücke.  Durch 
glänzende  Politur  ist  eine  Axt  aus  Poln.-Neukirch,  Kr.  Cosel,  ausgezeichnet.  Auch  Ornamente 
treten  auf  wie  bei  Fig.  75.  Gruppen  paralleler  Furchen  ziehen  sich  über  die  gewölbten 
Seiten  z.  T.  in  vertikaler  Richtung,  z.  T.  schräg  das  Schaftloch  umfassend,  wie  etwa  eine 
Schnur,  mit  der  die  Axt  am  Stiel  befestigt  wurde.'')  Eine  zweite,  etwas  kleinere  Streitaxt 
mit  derselben  Ornamentation  besitzt  das  Museum  aus  Heidersdorf,  Kr.  Nimptsch. 
Vgl.  Schles.  Vorz.  VII  217,  Ausserhalb  Schlesiens  haben  sich  Streitäxte,  die  die 
charakteristischen  Züge  dieses  Typus  in  sich  vereinigen,  nicht  nachweisen  lassen,  und 
selbst  in  Schlesien  scheint  sein  Verbreitungsgebiet  beschränkt  zu  sein.  Das  Zentrum 
befindet  sich  in  der  Gegend  zwischen  dem  Zobten  und  der  Oder.  Vereinzelt  kommen 
Funde  auch  bis  nach  Bunzlau  und  Steinau  einerseits  und  bis  Leobschütz  und 
Cosel  anderseits  vor.  Bemerkenswert  ist  es,  dass  die  meisten  Streitäxte  dieses  schlesischen 
Typus  aus  Serpentin  bestehen,  und  dass  gerade  dort,  wo  sie  am  häufigsten  gefunden 
werden,  in  der  Nähe  des  Zobten,  Serpentin  vielfach  ansteht.  Es  ist  daher  anzunehmen, 
dass  sich  dort  auch  das  Zentrum  ihrer  Fabrikation  befand.')  Sie  reichen  ziemlich  sicher 
bis  in  die  älteste  Bronzezeit,  denn  zwei  von  ihnen  (aus  Ottwitz  und  Rothschloss)  stammen 
von  Begräbnisplätzen  des  Aunjetitzer  Typus.-')  Eine  dritte  aus  Sillmenau,  Kr.  Breslau, 
soll  in  einem  Hockergrabe  mit  drei  Gefässen,  worunter  das  eine  zweifellos  ebenfalls  zum 
Aunjetitzer  Typus    gehört,   gefunden    worden   sein.")      Der   Inhalt   dieses  Grabes   befindet 

')  Beschrieben  und  abgebildet  von  RüsctiinK,  Heidnisclie  Altertümer  Schlesiens  1820  Taf.  V  1  a. 
^)  Vgl.  Seger,  Hockergraber  bei  Rothschloss,  Kr.  Nimptsch,  Schles.  Vorz.     N.  F.  II   15f.     Fig.  14. 
")  Abgebildet     und    beschrieben    von   W.  (irernpler   in    den    Verhanillnngen    d.   Berlin,  ües.    f.  Aiithr. 
1880  S.  356f. 

*)  Vgl.  F.  Römer,  Über  die  Steingeräte  ans  der  heiilinschen  Zeit  Schlesiens,  Schles.  Vor/.  III  35. 

<>)  Vgl.  Seger,  Schles.  Vor/..  Vil  236,  und  N.  F.  1115. 

")  Nach  gefalliger  Mitteilung  von   I'rofessor  Jcntsch  in  (luben.     Vgl   Schles.  Vorz.  V  127. 


23 

sich  im  Museum  zu  Guben.  Zu  bemerken  ist  jedoch,  dass  auch  ein  Fundort  für  Band- 
keramik und  ein  anderer  für  Schnurkeramik  je  eine  Streitaxt  dieses  schlesischen  Typus 
als  Einzeifund  geliefert  haben.  Einige  Male  scheinen  die  entwickelten  Streitäxte  dieser 
Art  zusammen  mit  den  weniger  entwickelten  Axthämmern  vorgekommen  zu  sein;  es  fehlt 
jedoch  noch  an  zuverlässigen  Beobachtungen,  um  etwas  Bestimmtes  über  das  Verhältnis 
sagen  zu  können,  in  dem  die  verschiedenen  Übergangsformen  dieses  Typus  zu  einander 
stehen. 

VII.     Keulen 

Wie  die  Beile  und  Äxte  sind  auch  die  Keulen  Geräte,  die  zum  Schlagen  dienten. 
Allseitig  stumpf,  sollten  sie  hauptsächlich  durch  ihr  Gewicht  wirken.  Einige  haben  eine 
Schäftungsrille,  die  anderen  ein  Schaftloch.  Wie  sich  unter  den  Äxten  die  einfachen, 
derben  als  Arbeitsgeräte,  die  entwickelten,  kunstvoll  gearbeiteten  als  Streitäxte  kenn- 
zeichnen Hessen,  so  können  wir  auch  unter  den  Keulen  die  einfachen  Arbeitsgeräte  von 
den  sorgfältig  bearbeiteten  Streitkolben  unterscheiden. 

A.  Keulen  mit  Schäftungsrillen.  -  1.  Die  Arbeitskeulen  sind  klotzförmig,  haben 
meist  eine  obere  und  eine  untere  Schlagfläche,  welche  Spuren  des  Gebrauches  tragen,  und 
werden  von  einer  oder  zwei  Furchen  umzogen,  die  das  Festbinden  an  einen  Stiel  ermöglichen: 
Fig.  76.  Senkrecht  zu  der  Richtung  der  Furche  steht  eine  fast  ebene  Fläche,  die  auf  das 
knieförmige  Ende  des  Stiels  aufgesetzt  wurde.  Die  Arbeitskeulen  bestehen  aus  grob- 
körnigem Gestein.  Das  Breslauer  Museum  besitzt  6  Keulen  dieser  Art,  davon  eine  aus 
Leobschütz  mit  doppelter  Rille,  sämtlich  Einzelfunde.  Vier  stammen  aus  den  Kreisen 
Nimptsch  und  Strehlen.  Solche  Steinschlägel  mit  Schäftungsvorrichtung  sind  vielfach  in 
Europa  beobachtet  worden  und  zwar,  wie  Much  an  vielen  Fundstücken  zeigt,')  oft  an  Orten, 
wo  ein  bergmännischer  Betrieb  stattgefunden  hat.  Es  scheint,  dass  sie  dort  zum  Zer- 
schlagen des  Erzes  gedient  haben,  wie  z.  B.  in  dem  vorgeschichtlichen  Kupferbergwerk 
auf  dem  Mitterberg  (Salzburg).  Verwandt  mit  ihnen  sind  die  Äxte  mit  Schäftungsrille. 
Vgl.  S.  17. 

2.  Von  den  entwickelten  Keulen  mit  Schäftungsrille  besitzt  das  Museum  nur  ein 
Exemplar  in  Form  einer  gedrückten  Kugel.  Die  Oberfläche  ist  geglättet  und  die  Rille  um 
den  Rand  rauh  ausgehauen.  Sie  stammt  aus  Camöse,  Kr.  Neumarkt.  Im  Norden  kommen 
Keulen  mit  Schäftungsrillen  öfter,  aber  nie  in  Gräbern  vor  und  werden  daher  in  die  ältere 
Periode  verlegt,  für  welche  die  spitz-  und  dünnnackigen  Beile  charakteristisch  sind.-) 

B.  Keulen  mit  Schaftloch.  Sie  sind  stets  sorgfältig  bearbeitet  und  kleiner  als  die 
vorigen.  Sie  tragen  nie  Spuren  der  Benutzung  und  sind  wohl  als  Waffen  oder  Abzeichen  der 
Würde  anzusehen.     Unter  den  zwölf  schlesischen  Fundstücken  haben  fast  alle  eine  besondere 

')  Mucli,  Die  Kupferzeit  in  Europa,  2.  Auflage  S.  258  f.  -  Vgl.  auch  Verliandl.  li.  Berlin.  Ges.  für 
Anthr.   \W2  S.  336-  41   und   18^5  S.  (iQl. 

')  S.  Müller,  Nordische  Altertuniskunde  S.  144. 

4 


26 

Form,  die  bisweilen  an  Spinnwirtel  erinnert.  Die  Gestalt  einer  oben  und  unten  abge- 
sciinittenen  Kugel  iiat  der  Streitkolben  Fig.  77.  Einen  fünfzackigen  Stern  bildet  Fig  78. 
Eine  nierenförmige  Keule  mit  Schaftloch  stammt  aus  Karmine,  Kr.  Militscli.')  Andere  Strcit- 
kolben  sind  flach  und  rund,  oder  würfelförmig  mit  abgerundeten  Ecken  und  Kanten, 
doppelkegelförmig  mit  abgeschnittenen  Spitzen,  oder  gedrückt  kugelförmig  mit  vertikalen 
Furchen.  Eine  Keule  aus  Lobedau,  Kr.  Grottkau,  die  unter  anderem  mit  einer  schuhleisten- 
förmigen  Hacke  vorgekommen  sein  soll  (vgl.  S.  Q),  hat  die  Form  eines  seitlich  platt- 
gedrückten Zylinders  mit  einem  Schaftioch  in  der  Richtung  der  Längsachse.  Auch  die 
Streitkoiben  mit  Schaftloch  sind  sämtlich  Einzelfunde.  Trotz  der  grossen  Zahl  ihrer  Formen 
und  ihres  ausgedehnten  Verbreitungsgebietes,  das  über  Europa  hinausgeht,-)  haben  sich 
nirgends  Zentren  für  einzelne  Typen  feststellen  lassen.  Im  Norden  treten  Streitkoiben 
mit  Schaftloch  nicht  selten  in  Gräbern  der  späteren  neolithisclien  Perioden  auf.') 

Schlesien  hat  auf  dem  Gebiete  der  Steinindustrie,  wie  die  typologische  Zusammen- 
stellung der  Werkzeuge  und  Waffen  erkennen  lässt,  in  der  eigentlichen  Steinzeit  keine 
eigenartigen  Formen  geschaffen.  Fremdartige  Fundstücke  weisen  darauf  hin,  dass  es 
wenigstens  zweimal  von  einem  Durchgangsverkehr  berührt  worden  ist,  der  sich  in  nord- 
westlicher und  in  südöstlicher  Richtung  bewegte:  zur  Zeit  der  Jordansmühler  band- 
keramischen Kultur,  welche  die  nordwestlichen  Kragenflaschen  als  fremde  Bestandteile 
aufgenommen  hat  und  daher  trotz  ihres  Auftretens  mit  Kupfer  und  zinnarmer  Bronze 
auch  zeitlich  mit  der  nordischen  Dolmenkultur  in  Verbindung  gebracht  werden  muss,  und 
dann  später  zur  Zeit  der  nordischen  Riesenstuben,  als  Feuersteindolche  mit  kantigem  Griff 
und  Streitäxte  mit  knopfartigem  Bahnende  Handelsartikel  bildeten.  Diese  beiden  Beziehungen 
Schlesiens  zum  Norden  treten  dem  Anscheine  nach  auch  an  anderen  Steingeräten  hervor, 
die  der  Form  und  Zeit  nach  den  nordischen  Typen  nahe  stehen.  Auf  einen  viel  älteren 
Verkehr  mit  dem  Norden  scheinen  dünnnackige  Beile  hinzuweisen.  Ob  in  der  Stein- 
zeit auch  ein  westlicher  Verkehr  bestanden  hat,  kann  aus  den  vorhandenen  Steingeräten 
nicht  festgestellt  werden;  nur  die  facettierten  Hämmer  kämen  hierbei  in  Frage.  Einen 
eigenen  Typus  hat  die  schlesische  Steinindustrie  nur  in  den  zierlichen  Streitäxten  geschaffen, 
die  das  Zentrum  ihrer  Herstellung  in  der  Umgebung  des  Zobten  innerhalb  des  Verbreitungs- 
gebietes der  Aunjetitzer  Kultur  haben  und  wahrscheinlich  auch  gleichzeitig  mit  ihr  auftreten, 
d.  h.  zu  Beginn  der  Bronzezeit. 

Oskar  Mertins 

')  Abgeb.  von  Büschinj;,  Heidnische  Altertüiiier  Schlesiens  Taf.  V  5. 
-)  Vgl.  z.  B.  Ooetze,  in  Troja  nnd  Ihon  S.  377  und  323. 
•')  S.  Müller,  Nordische  Altertumskunde  S.  144. 


27 

DAS    GRÄBERFELD   VON    MARSCHWITZ 

KREIS    OHLAU 

Line  Meile  südwestlich  von  Ohlau,  in  der  Luftlinie  5,5  km  vom  linken  Oderufer 
entfernt,  liegt  das  Dorf  Marschwitz,  bekannt  in  der  schlesischen  Kunstgeschichte  durch 
einen  kleinen  Schnitzaltar  mit  der  Taufe  Christi  und  bemerkenswerten  Flügelbildern,') 
und  in  der  Numismatik  durch  einen  bedeutenden  Brakteatenfund.-)  Im  April  1Q03  erhielt 
das  Museum  durch  seinen  Pfleger,  Herrn  Pastor  Hein  in  Mollwitz,  die  Nachricht,  dass 
in  einer  Herrn  Rittmeister  a.  D.  von  Eicke  auf  Marschwitz  gehörigen  Sandgrube 
gekrümmte  Skelette  mit  Tongefässen  gefunden  worden  seien.  Die  sofort  eingeleiteten 
Verhandlungen  führten  dazu,  dass  auf  Einladung  des  Herrn  von  Eicke  am  24.  April  Herr 
Prof.  Dr.  Thilenius  und  der  Berichterstatter  sich  nach  Marschwitz  begaben,  um  mit  Unter- 
stützung der  genannten  Herren  sowie  des  Ortsgeistlichen,  Herrn  Pastors  von  Strampf, 
eine  Ausgrabung  vorzunehmen.  Es  wurden  an  diesem  Tage  von  den  im  folgenden 
beschriebenen  Funden  die  beiden  slavischen  Abfallgruben  B  und  C  und  die  Gräber  1  4 
aufgedeckt.  Ein  fünftes  Grab  war  schon  vorher  freigelegt  worden.  Einige  Tage  später 
kamen  beim  Sandschachten  die  Gräber  6  8  zum  Vorschein.  Die  Herren  von  Eicke  und 
von  Strampf  sorgten  dafür,  dass  sie  in  sachgemässer  Weise  behandelt  und  die  Funde 
aufbewahrt  wurden.  Am  6.  Mai  fand  eine  zweite  Ausgrabung  statt,  bei  der  diesmal 
ausser  dem  Breslauer  Museum  auch  das  königl.  Museum  für  Völkerkunde  in  Berlin 
durch  Herrn  Dr.  Hubert  Schmidt  vertreten  war.  Hierbei  wurden  die  Gräber  Q  22 
und  die  Abfallgrube  A  aufgedeckt.  Eine  Fortsetzung  der  Ausgrabung  verbot  sich  durch 
die  Rücksicht  auf  die  Feldbestellung  und  konnte  auch  im  Spätherbst,  nach  der  Rüben- 
ernte, wegen  ungünstiger  Witterung  nicht  erfolgen.  Sie  ist  für  1Q04  in  Aussicht 
genommen.  Ob  derselben  ein  grösserer  Erfolg  beschieden  sein  wird,  erscheint  fraglich, 
da  die  Fundstellen  an  der  Grenze  des  von  uns  durchforschten  Gebietes  schon  recht 
spärlich  wurden. 

Sämtliche  Fundstücke,  dazu  noch  einige  von  früheren  Ausgrabungen  herstammende, 
wurden  von  Herrn  von  Eicke  dem  Breslauer  Museum  freundlichst  zur  Verfügung  gestellt, 
wofür  auch  an  dieser  Stelle  herzlich  gedankt  sei.  Die  Beigaben  aus  den  Gräbern  10, 
12  und  22  wurden  dem  Berliner  Museum  überlassen. 

Die  Fundstelle  ist  eine  etwa  800  m  westlich  vom  Gutshofe  gelegene  Sandgrube, 
deren  Nordrand  genau  177,7  m  vom  Kilometerstein  3  (bei  der  Vermessung  als  Nullpunkt 
bezeichnet)    der    von   Goy   (Ohlau)   nach  Würben   führenden  Chaussee  entfernt   ist.     Das 


')  Jetzt  im  Schlesischen  Miiseuiu  für  Kunstgewcrlu-  iiiul  Altertümer  Nr.  6178.  Vgl.  Schles.  Vorz.  II  271; 
V  217;  A.  Schult/,  Schlesiens  Kunstlebcn  im  15.  IS.  Jalnli  ,  iUcslaii  1S72  S.  10;  derselbe,  Geschichte  der 
Breslauer  Malerinnung,  Breslau  1866  S.  157. 

-)  Schles. Vorz.  III  243;  IV  265;  v.  Sallets  Zeitschrift  für  Numismatik  XIII  S.  1 ;  Friedensburg,  Schlesiens 
Münzgeschichte  im  Mittelalter  II  S.  1 1  f. 

4« 


28 


oS<Lhri[f 


Fig.  1. 


25  000 


Messtiscliblatt  gibt  dort  eine  Höhenkurve  an  und  in  der  Tat  eriiebt  sicli  die  Stelle  etwas 
über    die    sonst    ganz   flache  Umgebung.     Der  Boden   ist   zunächst  fetter  Humus.     Dann 

folgt  in  30  cm  Tiefe  gelber  Kies 
und  zuletzt  gelber  Lehm.  Nach 
Aussage  älterer  Arbeiter  sind 
hier  schon  Vorjahren  mensch- 
liche Gebeine  gefunden  worden. 
Wahrscheinlich  stammt  von 
einem  dieser  Zufallsfunde  der  in 
Fig.  2ö  abgebildete  Henkelkrug, 
der  im  Schlosse  aufbewahrt 
wurde,  ohne  dass  über  seine 
Herkunft  Näheres  bekannt  war. 
Die  Schachtungsarbeiten  des 
Jahres  1903  erstreckten  sich  auf 
den  östlichen  Teil  der  Grube. 
Es  mögen  dabei  im  Anfang  eine 
Reihe  von  Gräbern  aus  Acht- 
losigkeit zerstört  worden  sein. 
Die  von  uns  aufgedeckten  lagen 
in  der  Nordostecke  (auf  dem- Kartenausschnitt  mit  1  bezeichnet)  innerhalb  eines  Recht- 
ecks von  15  m  nordsüdlicher  Länge  und  10  m  westöstlicher  Breite,  dessen  genaue  Lage 
sich  aus  einem  dem  Fundprotokolle  beigefügten  Situationsplane  ergibt.  Es  ist  an- 
zunehmen, dass  die  zerstörten  Gräber  sich  westlich  davon  angeschlossen  haben,  denn 
auf  der  Südseite  wurden  in  dem  in  unserer  Gegenwart  abgeschachteten  15  m  langen 
Streifen  keine  wahrgenommen.  Ob  sich  das  Gräberfeld  nach  Norden  und  Osten  noch 
weiter  ausdehnt,  bleibt  einer  späteren  Untersuchung  vorbehalten. 

Die  Lage  und  Orientierung  der  einzelnen  Gräber  zeigt  der  umstehende  Plan. 
Eine  regelmässige  Anordnung  war  nicht  zu  erkennen.  Die  Entfernung  benachbarter 
Gräber  von  einander  betrug  1,5—4  m.  Die  Orientierung  von  Süden  nach  Norden 
herrschte  vor,  doch  wurde  in  6  Fällen  eine  abweichende  Richtung  beobachtet.  Bei  den 
Gräbern  16,  IQ,  20  und  21  konnte  wegen  des  Fehlens  körperlicher  Überreste  die  Richtung 
nicht  mehr  festgestellt  werden. 

Die  Tiefe  der  Gräber  betrug  bei  den  meisten  nicht  mehr  als  50  75,  nur  in  wenigen 
Fällen  130  140  cm.  Sie  waren  in  der  Regel  muldenförmig  in  den  festen  Kies  gebettet 
und  mit  loserem,  dunkel  gemischtem  Boden  ausgefüllt.  Eine  Umfriedung  durch  Stein- 
setzung fand  sich  nur  bei  Grab  Q.  Hier  war  an  den  vier  Ecken  je  ein  grosser  Feld- 
stein hingelegt.  Wo  sich  sonst  Steine  fanden,  waren  sie  offenbar  nur  zufällig  hineingefallen. 
Durchgehends  waren  die  K(")rper  in  Hockerlage  mit  an  den  Leib  empor- 
gezogenen  Oberschenkeln    und   spitzwinklig  gebeugten  Knien    beigesetzt,    wobei  Gesicht 


29 


und  Beine  nach  derselben  Seite  gerichtet  waren,  während  der  Oberkörper  mitunter  die 
Rückenlage  bewahrt  hatte.  Mit  wenigen  Ausnahmen,  die  bis  auf  einen  Fall  durch  die 
Bestattung  mehrerer  Leichen  in  einem  Grabe  erklärt  werden,  blickte  das  Gesicht  <ren 
Sonnenaufgang.  Dagegen  scheint 
man  keinen  Wert  darauf  gelegt  zu 
haben,  ob  das  Kopfende  nach 
Norden  oder  nach  Süden  gerichtet 
war.  Auch  die  Haltung  der  Arme 
war  anscheinend  an  keine  be- 
stimmte Form  gebunden.  Beigaben 
waren  spärlich  und  fehlten  in 
vielen  Gräbern  ganz.  In  drei 
Gräbern  (14,  17  und  18)  fanden 
sich  Geräte  aus  Stein  oder  Knochen; 
Grab  6  enthielt  5  Ohrringe  und 
eine  Nadel  aus  Bronze.  Tongefässe 
standen  in  13  Gräbern  und  zwar 
gewöhnlich  am   Kopfende. 

Auffallend  war  das  wiederholte 
Vorkommen  von  zwei  oder  drei 
Leichen  in  einem  Grabe.  Eine 
Nachbestattung  war  dabei  nach  den 
Fundumständen  ausgeschlossen : 
die  Gebeine  der  verschiedenen 
Individuen  waren  so  ineinander 
geschoben,  dass  sie  unbedingt 
gleichzeitig  in  die  Erde  gelangt 
sein  mussten,  ja  bei  Grab  4  war 
die  Lagerung  nach  dem  Urteil  des 
Anatomen  (Prof.  Thilcnius)  nur 
dadurch  zu  erklären,  dass  man  die  beiden  Körper  vor  der  Beerdigung  zusammen- 
gebunden hatte.  Im  6.  Grabe  lagen  drei  Kinder;  zwei  mit  den  Rücken  gegen  einander 
gekehrt,  das  dritte  mit  den  Beinen  auf  den  Schultern  der  beiden  anderen.  Grab  1 1  barg 
augenscheinlich  eine  Mutter  mit  zwei  Kindern,  die  sich  an  iiire  Brust  schmiegten. 
Ausserdem  war  bei  diesem  Grabe  eine  Nachbestattung  erfolgt  (Grab  7).  Es  liegt  nahe, 
angesichts  dieser  Erscheinung  die  Anlage  des  Begräbnisplatzes  auf  eine  Epidemie  zurück- 
zuführen, bei  der  ganze  Familien  und  namentlich  die  Kinder  hinweggerafft  wurden, 
denn  die  Zahl  der  Kindergräber  war  verhältnismässig  sehr  gross.  Doch  ist  die 
gleichzeitige  Bestattung  mehrerer  Leichen  in  einem  Grabe  innerhalb  dieses  Kultur- 
kreises    auch     sonst     öfters     beobachtet    worden,     sodass    sie     recht    wohl    auf    einem 


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30 


allgemeinen,     vielleiclit     bloss     diircli     Bequemlichkeitsrücksichten     veranlassten     Brauche 
berulien  kann.') 

Die  Erhaltung  der  Knochenreste  war  im  allgemeinen  nicht  gut;  von  vielen  Skeletten 
waren  nur  einzelne  Teile,  von  manchen  Kinderskeletten  fast  nichts  mehr  übrig.  Inuneriiin 
konnten    eine  Anzahl    leidlich    konservierter  Schädel    und  Extremitätenknochen  gesanmielt 

werden,  die  nebst  den  photographischen  Aufnahmen 
einen  Anhalt  für  die  körperliche  Beschaffenheit  der 
Marschwitzer  Hocker  geben.  Darüber  wird  in  einem 
grösseren  Zusammenhange  später  berichtet  werden. 

Im  einzelnen  war  der  Befund  folgender.  (Beschreibung 
der  Skelette  nach  Prof.  Thilenius.  Wo  nähere  Angaben  fehlen, 
war  die  Bestimmung  wegen  der  mangelhaften  Erhaltung 
unsicher.) 

Grab  1.  Tiefe  70  cm.  Erwachsener  von  20— 25  Jahren, 
männlicher  Typus.  Scheitel  S.,  Gesicht  O.  Lage  auf  der  rechten 
Seite.  Linker  Arm  am  Körper  entlang,  Hand  im  Becken. 
Rechter  Arm  im  Ellbogen  gebeugt,  Hand  am  Kopfe.  Ober- 
schenkel rechtwinklig  zur  Wirbelsäule,  Unterschenkel  spitz- 
winklig gebeugt.  Rumpflänge  7<J,2,  Oberschenkel  43,  Unter- 
schenkel 37,  ganze  L.   159,2,  diagonale   L.  98  cm. 

20  cm  über  den  Knien,  vor  dem  Becken,  stand  eine 
gelblich  graue,  dickwandige  Tonschüssel  mit  zwei  breiten, 
etwas  abwärts  gerichteten,  senkrecht  durchbohrten  leisten- 
artigen Ansätzen  unterhalb  des  Randes,  der  eine  mit  2,  der 
andre  mit  3  Schnurösen,  dazwischen  ein  schwächerer,  nn't 
6  senkrechten  Kerben  verzierter  Vorsprung,  dem  auf  der 
beschädigten  Gegenseite  wahrscheinlich  ein  anderer  entsprach, 
H.  4,6,     Dm.   21    cm:      Fig.    14.  Grosser     Feldstein     am 

Fussende. 

Grab  2.  Tiefe  130  cm.  Kind  von  10—12  Jahren. 
Scheitel  NO.,  Gesicht  NW.,  Hände  am  Kopfe,  Beine  gebeugt. 

Am  Kopfende  stand  ein  rotbrauner  kleiner  tiecher,  der 
durch  eine  Reihe  senkrechter  schwacher  Einschnitte  verziert 
ist,  H.  4,3,  Dm.  5,5  cm:  Fig.  27. 

Grab   3.    Tiefe  140  cm.    Erwachsener  von  ÖO  -05  Jahren, 

männlicher    Typus.      Scheitel  NO.,    Gesicht  SO.      Oberkörper 

auf  dem  Rücken,   Becken  auf  die  linke  Schaufel  gestützt.      Arme  vor  dem  Bauche  zusammengelegt,   Hände 

über    dem    Beckeneingang.      Beide    Oberschenkel    rechtwinklig    zur  Wirbelsäule,    linker   Unterschenkel    fast 

parallel,  rechter  Unterschenkel  spitzwinklig  zum  Oberschenkel.  —  Keine  Beigaben. 

Grab  4.     Tiefe  70  cm.     Doppelgrab  zweier  Erwachsenen.     Skelett  A  Scheitel  S.,  Skelett  R  Scheitel  N. 
Beine  bei  beiden  stark  gebeugt,  die  von  A  unmittelbar  über  denen  von   B. 


Fig.  3.     Grab  13 


')  Vgl.  z.B.  Buchholz,  Verliandl.  d.  Berlin.  Ges.  f.  Anthr.  1890  S.  3ö7  f.;  Schumann,  ebenda  S.  478; 
Götze,  ebenda  1892  S.  186  f.  und  besonders  Zeitschr.  f.  Ethnol.  1900  S.  146,  158  u.  174;  Zbiör  wiadomo^ci 
do  antropologii  krajowej  Tom  XV,  Krakau  1891  S.  21;  Mitteil,  d,  Wien,  antrop.  Ges.  1895  S.  46;  Pic, 
Starozitnosti  Dil  I  Sv.  1  S.  65/66. 


31 

Zu  Seiten  der  Skelette  einige  Stückchen  gebrannten  Lelinies.  Am  Kopfende  von  B  ein  dunkei- 
lirnniier  Henkelknig  mit  scharfeingeschnittenem,  aus  parallelen  und  Zickzacklinien  gebildetem  Hängemuster, 
das  sich  über  den  ganzen  Bauch  bis  an  den  Rand  des  etwas  eingetieften  Bodens  hinzieht,  H.  12.5,  Dm. 
6,5  cm :  Fig.  25. 

Grab  5,  Tiefe  60  -70  cm.  Erwachsener.  Scheitel  S.,  Gesicht  O.  Lage  auf  der  rechten  Seite.  Beine 
stark  gebeugt.  —  Keine  Beigaben. 

Grab  6.  Tiefe  60—70  cm.  Drei  Kinder  von  8  12  Jahren  in  Hockerlage,  zwei  mit  dem  Rücken 
gegen  einander,  Scheitel  N.,  das  dritte  mit  den  Beinen  auf  den  Schultern  der  beiden  anderen,  Scheitel  S., 
Gesicht  W. 

Am  besten  erhalten  war  das  mit  dem  Gesicht  nach  O.  gekehrte.  Bei  ihm  lagen  die  Hände  am 
Munde.  Der  Unterkiefer  war  durch  Metalloxyd  grün  gefärbt.  An  der  rechten  Schulter  lag  a)  ein  4,5  cm 
langes  Bronzenadelfragment  ohne  Kopf  und  Spitze.  Dicht  dabei  fanden  sich  b)  5  zerbrochene  offene  Ringe 
aus  dünnem  Bronzedraht  mit  verjüngten  Enden,  Dm.  1,5  —  2,2,  Dicke  0,2  cm:  Fig.   II. 

Grab  7  lag  ganz  flach  und  direkt  über  Grab  11.  Erwachsener  von  ca.  50  Jahren,  Scheitel  S. 
Gesicht  O.     Alles  andere  zerstört. 

Am  Kopfe  stand  ein  lehmfarbiger,  dickwandiger  Topf  von  rauher  Außenseite  mit  4  horizontal  durch- 
bohrten Schnurösen  am  Halse,  H.  9,5,  Dm.  8  cm:   Fig.  19. 

Grab  8.     Tiefe  140  cm.     Kind.     Scheitel  S.     Vom  Skelett  nichts  erhalten. 

Neben  dem  Kopfe  stand  ein  blnmcntopfförmiger  hellgrauer  Becher  mit  horizontalem  Schrägschnitt- 
muster, II.  6,6,  Dm.  9  cm:  Fig.  16.     Dabei  lag  ein  kleiner  glatter  bohnenförmiger  Kieselstein. 

Grab  9.  Tiefe  75,  L.  90,  Br.  60  cm.  Kind,  ca.  8  Jahre.  Scheitel  NNW,  Gesicht  NOO.  Lage  auf 
der  linken  Seite.  Rechter  Oberarm  parallel  zur  Wirbelsäule,  Unterarm  quer  nach  links.  Linker  Oberarm 
parallel  zur  Wirbelsäule,  Unterarm  hart  am  Oberarm,  Hand  am  Gesicht.  Beide  Beine  spitzwinklig  gebeugt, 
Sprunggelenke  nahe  am  Gesäli. 

4  große  Feldsteine  an  den  Ecken  zu  seilen  des  Kopfes  und  der  Füße:    Fig.  5.  —  Keine  Beigaben. 

Grab  10.  Tiefe  55  cm.  Kind.  Scheitel  NNW,  Gesicht  NOO.  Lage  auf  der  linken  Seite.  Beide 
Oberarme  schräg  nach  vorn,  Unterarme  spitzwinklig  aufgebogen,  beide  Hände  am  Kopfe.  Beide  Ober- 
schenkel im  Hüftgelenk  spitzwinklig  bis  zur  Ellbogenhöhe  emporgezogen,  Unterschenkel  rechts  weniger, 
links  mehr  gegen  den  Oberschenkel  spitzwinklig  gebeugt. 

In  der  Höhe  der  Brust  und  des  Gesichtes  standen  zwei  braune  unverzierte  Henkeltöpfe:  Fig.  23 
und  24.     (Beide  Museum   Berlin  ) 

Grab  II.  Tiefe  CO,  L.  97,  Br.  77  cm.  Ein  Erwachsener  A,  50  —  55  Jahre,  und  zwei  Kinder  B, 
4  5  Jahre,  und  C,  S  10  Jahre.  Scheitel  bei  allen  SSW,  Gesicht  von  A  nach  O,  von  B  und  C  nach  W. 
Oberschenkel  bei  allen  nahezu  rechtwinklig  zur  Wirbelsäule,  Unterschenkel  parallel  zu  den  Oberschenkeln. 
A  lag  auf  der  rechten  Seite.  Der  rechte  Arm  war  ausgestreckt  und  um  das  größere  Kind  B  gelegt.  Dieses 
lag  auf  der  linken  Seite,  dem  Erwachsenen  zugekehrt,  die  Arme  abwärts  gerichtet.  Zwischen  beiden,  eben- 
falls auf  der  linken  Seite,  lag  tias  kleinere  Kind  C:  Fig.  4.         Keine  Beigaben. 

Grab  12.  Tiefe  65  cm.  Kind  von  12  15  Jahren.  Scheitel  SO,  Gesicht  NO.  Lage  auf  der 
rechten  Seite.  Oberkörper  und  Arme  zerstört.  Oberschenkel  fast  rechtwinklig  zur  Wirbelsäule,  Unterschenkel 
spitzwinklig  gebeugt,  Sprunggelenke  am  Gesäß. 

Am  Knie  a)  ein  zugeschlagenes  Flintstück;  am  Fußende  bi  ein  brauner  Henkeltopf,  dessen 
Hals  mit  einem  scharf  eingeschnittenen,  aus  einer  dreifachen  Zickzacklinie  und  zwei  Gruppen  von  vier- 
zeiligen  Horizontalen  gebildeten  Bandmuster  verziert  ist:  Fig.  12.     (Museum  Berlin.) 

Grab  13.  Tiefe  60  70,  L.  102  cm.  Erwachsener,  50  55  Jahre.  Männlicher  Typus.  Scheitel  N, 
Gesicht  O.  Rumpf  fast  in  Rückenlage,  Unterkörper  auf  der  linken  Seite.  Oberarme  am  Körper,  rechter 
LInterarm  fast  rechtwinklig  gebeugt,  Hand  in  Brusthöhe.  Linker  LInterarm  im  stumpfen  Winkel  einwärts 
gerichtet.  Beine  spitzwinklig  gebeugt.  Scheitel  Beckenende  83,  Atlas  Beckenende  70,  Obersehenkel 
41   cm:  Fig.  3. 


32 


ronzc.     '  3       Fig    12—14.     To 


33 


34 

Diclit  nin  Sclieitel,  etwas  tiefer  als  der  Kupf  fand  sich  ein  auf  der  Seite  liei;eiider  graubrauner  Topf 
mit  zwei  seitlieli  durclibolirten  Sclinurosen  und  einem  sciialeiifiirnn'uen  Deckel,  H.  12,7,  Dm.  10  cm:  Fig.  22; 
Deckel,  H.  1,S,  Dm.  0,7  cm:  Fig.  21. 

Grab  14.  Tiefe  75  cm.  Erwaclisener,  ca.  35  Jahre.  Scheitel  S,  Gesicht  O,  Lage  auf  der  rechten 
Seite.  Linker  Oberarm  parallel  zur  Wirbelsäule,  Unterarm  aufwärts  gebeugt,  Hand  in  Halshölie.  Rechter 
Arm  mit  dem  Ellbogen  unter  der  linken  Hand,  Unterann  unter  der  Mitte  des  rechten  Oberarms  durch- 
gesteckt, Hand  in  der  Höhe  des  0.  bis  10.  Brustwirbels  am  Riickeii.  Rechter  Oberschenkel  spitzwinklig, 
linker  Oberschenkel  stumpfwinklig  zur  Wirbelsäule,  beide  Unterschenkel  spitzwinklig  gebeugt:  Fig.  6. 

In  der  Bauchgegend  zwischen  Rippen  und  rechtem  Oberschenkel  lagen  a)  eine  unfertige  Speerspitze 
aus  hellgrauem  Feuerstein,  dicke  ungeschärfte  Spitze,  Schaftende  gerade  abgeschnitten,  L.  7,5,  Br.  2,8, 
Dicke  0,Q4  cm:  Fig.  8;  b)  ein  abgespaltener,  zackiger,  an  der  Längskante  mit  Retouchen  versehener  Schaber 
aus  hornbraunem  Feuerstein,  L.  4,7,  Br.  3,3  cm.  -  15  cm  oberhalb  des  Kopfes  stand  c)  ein  schwarzbrauner, 
in  Stücke  zerfallener  und  größtenteils  zerbröckelter  birnförmiger  Becher,  dessen  Hals  mit  8  horizontalen 
Doppelreihen  von  Schmireindriicken  verziert  war,  H.  12,  Dm.  10,5  cm:  Fig.  15. 

Grab  15.  Tiefe  öO,  L.  110  cm.  Erwachsener,  20— 25  Jahre.  Scheitel  N,  Gesicht  O,  Lage  auf  der 
linken  Seite.  Beine  stark  gebeugt. 

Zwischen  den  Knochen  zerstreut  lagen  mehrere  Stückchen  gebrannten  Lehmes.  Zu  beiden  Seiten 
des  Schädels  stand  je  ein  Gefäß:  a)  am  Hinterhaupt  ein  dunkelbrauner  Henkelkrug  mit  scharf  einge- 
schnittenem, dreiviertel  des  Gefäßkörpers  bedeckendem  Bandmuster  von  Horizontalen,  Zickzacklinien  und 
Winkelstrichen,  H.  15,  Dm.  7,2  cm:  Fig.  20;  b)  ein  graubrainier  Topf  mit  warzenartigem  Vorsprnng  am 
llalsansatz,  H.   13,7,  Dm.  9,5  cm:  Fig.  18. 

Grab  16.  Tiefe  50  cm.  Kind,  5  — 6  Jahre.  Vom  Skelett  war  nichts  erhalten.  Beigabe:  ein  rot- 
braunes Henkelkrüglein,  H.  8,6,  Dm.  5,8  cm:  Fig.  28. 

Grab  17.  Tiefe  67  cm.  Erwachsener,  40  45  Jahre.  Männlicher  Typus.  Scheitel  S,  Gesicht  O. 
Hals  und  Brustwirbelsänle  in  Rückenlage,  Lenden  und  Beckenwirbelsäule  sowie  der  LInterkörper  auf  der 
rechten  Seite.  Oberarme  am  Körper  anliegend,  Unterarme  auf  der  Brust  gekreuzt,  sodaß  die  Hände  über 
die  Kreuznngsstelle  hinausreichten.  Rechter  Oberschenkel  mit  dem  Knie  am  rechten  Ellbogen,  linker  Ober- 
schenkel rechtwinklig  zur  Wirbelsäule,  LInterschenkel  fest  angezogen,  Füße  handbreit  vom  Becken.  Scheitel 
—  Beckenende  93,  Atlas— Beckenende  78,  diagonale  L.   112  cm. 

An  der  Außenseite  des  rechten  Ellbogens  lag  a)  eine  gut  gearbeitete  Speerspitze  aus  grauem  Feuer- 
stein, L.  8,2,  Br.  3,2,  Dicke  0,8  cm:  Fig.  7;  an  der  Innenseite  b)  ein  annähernd  ovales,  flaches,  stumpf- 
kantiges Stück  gelbbraunen  Feuersteins  mit  muscheligem  Bruch,  L.  5,  Br.  3,6,  Dicke  1,3  cm.  Auf  der 
Innenseite  des  rechten  Oberschenkels,  kurz  über  dem  Kniegelenk,  lag  c)  eine  oblonge,  glatt  geschliffene  Platte 
aus  schiefergrauem,  im  Bruch  rötlichem  Stein,  mit  abgerundeten  Ecken  und  zwei  Löchern  in  der  Mitte 
der  beiden  Schmalseiten.  Der  F^and  ist  jedoch  bei  beiden  Löchern  abgebrochen.  Die  Bohrung  ist  von 
beiden  Seiten  vorgenommen,  sodaß  die  engste  Stelle  in  der  Mitte  liegt.  Die  untere  Seite  der  Platte  ist 
ganz  flach,  die  obere  kaum  merklich  gewölbt.     L.  5,7,   Br.  2,5,  Dicke  0,5  cm:  Fig.  9. 

Grab  18.  Tiefe  100,  L.  115  cm.  Erwachsener,  18-20  Jahre.  Mäimlicher  Typus.  Scheitel  S, 
Gesicht  O.  Rumpf  auf  dem  Rücken,  LInterkörper  auf  der  linken  Seite.  Oberarme  längs  des  Körpers,  rechter 
Unterarm  stumpfwinklig  gebeugt,  Hand  am  Becken;  linker  Unterarm  rechtwinklig  gebeugt  und  über  den 
rechten  Oberarm  gelegt,  Hand  außerhalb.  Beide  Oberschenkel  rechtwinklig  zur  Wirbelsäule,  Unterschenkel 
spitzwinklig  gebeugt.    Linke  Ferse  35,  rechte  20  cm  vom  Gesäß.    Scheitel — Beckenende  92  cm. 

An  der  Außenseite  des  rechten  Unterarms,  dicht  unterhalb  des  Ellbogens  a)  ein  gespaltener  halber 
und  ein  ganzer  Eberzahn  ohne  Spuren  von  Bearbeitung  oder  künstlicher  Abmitzung.  Auf  der  Brust,  recht- 
winklig zur  Wirbelsäule,  Spitze  am  Ende  des  rechten  Oberarmknochens  b)  ein  falzbeinarliges,  aus  einem 
gespaltenen  Röhrenknochen  hergestelltes  Glätte-Instrument  mit  abgerundeter  glatter  Spitze,  L.  15,8,  Br.  am 
Griff  4,1  cm:  Fig.  10.  Am  Hinterhaupte  anlehnend  c)  ein  hell-  bis  dunkelbrauner  verkehrt  konischer  Napf 
mit  4  angesetzten  horizontalen  Vorsprüngen  unterhalb  des  Randes  (2  davon  abgesprungen),  H.  6,2,  Dm. 
17  cm:  Fig.  13. 


35 

Die  Oräber  19  —  21  waren  50  cm  tief  tiiui  enthielten  nur  dürftige  Reste  von  Kinderscliädeln. 
Keine  Beigaben. 

Grab  22.     Vom  Skelett  war  nichts  erhalten.  Als  Beigabe  fand  sich  ein  grauer  Becher  mit  einem 

stielartigen  Vorsprung  unterhalb  des  Randes:  Fig.  17.  (Museum  Berlin.) 

Für  die  Zeitbestimmung  der  Gräber  ist  von  der  Bestattungsform  auszugehen.  Der 
Brauch,  die  Toten  unverbrannt,  mit  stark  gebeugten  Knieen  in  die  Erde  zu  betten,  ist  in 
Schlesien,  wie  fast  überall  in  Europa,  auf  die  jüngere  Stein-  und  die  frühe  Bronzezeit 
beschränkt.  Innerhalb  dieses  Zeitraums  werden  wir  also  auch  die  Entstehung  des 
Marschwitzer  Friedhofes  anzusetzen  haben.  Eine  engere  Begrenzung  kann  sich  nur  auf 
die  Beigaben  stützen,  zu  deren  Betrachtung  wir  uns  jetzt  wenden  wollen. 

An  Zahl  und  Bedeutung  obenan  stehen  die  Tongefässe.  Es  sind  ihrer  im  ganzen 
15  erhalten.  Sie  sind  sämtlich  aus  grobem,  mit  Grus  und  Glimmerstückchen  durch- 
setztem Ton  sorgfältig  rund  geformt,  innen  und  aussen  geglättet  und  schwach  und 
ungleichmässig  gebrannt.  Die  besser  gearbeiteten  sind  aussen  mit  einem  leicht  ab- 
springenden Überzug  aus  fein  geschlemmtem  Ton  versehen.  Die  Farbe  wechselt  vom 
hellen  Grau  bis  zum  Schwarzbraun;  doch  herrscht  ein  rötlicher  Ton  vor.  Die  Wand- 
stärke ist  sehr  verschieden.  Bei  einigen  wächst  sie  nach  dem  Boden  zu  ausserordentlich. 
Der  Boden  ist  flach  und  nur  einmal  leicht  vertieft.  Von  Gefässformen  sind  vertreten: 
a.  Töpfe  mit  eiförmigem  Körper,  etwas  eingezogenem  Halse  und  zwei  oder  vier  Schnur- 
ösen oder  einem  warzenartigen  Vorsprung  am  Halse  (Fig.  18,  19,  22);  b.  Krüge  mit 
einem  bandförmigen,  am  Rande  oder  etwas  unterhalb  davon  ansetzenden  Henkel  (V'\(y  12 
20,  23, 24,  25,  28);  c.  Becher,  teils  blumentopfförmig(Fig.  16, 27),  teils  mit  Sförmig  geschweiftem 
Profil  (Fig.  15,  17),  einmal  mit  stielartigem  Ansatz  (Fig.  17);  d.  Schüsseln  mit  leistenartigen, 
teilweise  vertikal  durchbohrten  Ansätzen  unterhalb  des  Randes  (Fig.  13,  14). 

Ornamente  finden  sich  an  sechs  Gefässen.  Bei  dem  Becher  (Fig.  15)  bestehen  sie 
in  den  Eindrücken  einer  Schnur,  die  in  dicht  aneinander  gereihten  Doppelzeilen  den 
Gefässhals  umziehen.  Bei  den  übrigen  scheinen  sie  mit  einem  spitzen  Griffel  eingetieft 
zu  sein. 

Der  kleine  Becher  Fig.  27  zeigt  eine  Reihe  senkrechter  schwacher  Einschnitte,  der 
grössere  Fig.  16  eine  aus  starken  keilförmigen  Schrägschnitten  gebildete  horizontale  Sparren- 
bahn und  darunter  eine  Zickzacklinie.  Die  drei  Henkelgefässe  (Fig.  12,  20  und  25)  sind 
an  Hals  und  Schulter  mit  einem  aus  kräftigen,  aber  nicht  sehr  regelmässigen  Horizontal-, 
Vertikal-  und  Zickzackfurchen  zusammengesetzten  Muster  verziert,  dessen  Motiv  unver- 
kennbar dem  Schmuck  des  menschlichen  Körpers  entlehnt  ist  und  das  man  daher  mit 
Hubert  Schmidt')  als  Hals-  und  Brustschmuckornament  bezeichnen  kann.  Speziell  für  das 
häufig  wiederkehrende  Ornamentmuster  von  Fig.  12  möchte  ich  der  Kürze  wegen  die 
Bezeichnung  Halsbandmuster  anwenden. 

Von  dem  grossen  Henkelkruge  Fig.  26  ist  zwar,  wie  (S.  28)  erwähnt,  nicht  aus- 
drücklich bezeugt,  dass  er  auf  der  Stelle  des  Gräberfeldes  gefunden  worden  ist.     Da  er 

')  Zeitschr.  f.  Ethnol.   1Q03  S.  452,  f.  461,  407. 

5» 


36 

sich  aber  in  Form,  Technik  und  Vcrzicrinii^  duicliaus  dvu  andern  Gefässen  dieser  Gruppe 
anschliesst  und  in  Paraileifunden  genau  entsprociieiulc  üeL;enstücke  liat,  so  kann  er  ohne 
Bedenken  als  zugeiiörig  betrachtet  werden. 

Die  Marsciiwitzer  Gefässe  geiiören  einer  keraniisciicn  Gruppe  an,  die  in  Sciilesien 
durcii  eine  ziemlicii  grosse  Zahl  von  Funden  vertreten  ist.')  Charakteristiscii  für  sie  sind 
namentlich  lilunientoijfförniige  Beclier  teils  mit  Scin'ägsciniittnuister  wie  Fig.  16,  teils  mit 
horizontalen  oder  spiralig  aufsteigenden  Schnureindrücken,  geschweifte  Beclier  mit  knopf- 
oder  griffartigen  Ansätzen  und  Henkeltöpfe  von  der  Form  unserer  Fig.  12,  Henkelkrüge 
mit  eingezogenem  Halse  und  etwas  ausladendem  Rande,  teils  schlauchförmig  wie  Fig.  20 
und  25,  teils  mit  stumpfkantig  gebrochener  Wandung  wie  Fig.  26,  wobei  die  grösste  Aus- 
bauchung etwa  in  ein   Drittel-Höhe  des  Körpers  liegt. 

Von  Ornamenten  ist  das  häufigste  das  Haisbandmuster  Fig.  12;  es  findet  sich 
besonders  an  den  geschweiften  Bechern  luid  an  den  weitmündigen  Krügen,  und  zwar 
sowohl  in  Schnitt-  wie  in  Schnurtechnik.  Daneben  trifft  man  auch  öfters  breite  Zickzack- 
bänder, die  guirlandenartig  von  den  Sanmiinien  des  Halses  herabhängen.  Diese  Merk- 
male reihen   die  Gruppe  in  den   Formenkreis  der  steinzeitlichen  Schnurkeramik  ein. 

Ausserhalb  Schlesiens  kommen  blumentopfförmige  Becher  der  bezeichneten  Art 
vereinzelt  vor  in  der  Provinz  Posen-)  und  im  südwestlichen  Westpreussen. ')  Zahlreicher 
sind  sie  in  Jütland,  wo  man  sogar  drei  Typen  davon  unterscheidet;  doch  weicht  die 
Dekoration  ziemlich  stark  von  den  schlesischen  Exemplaren  ab.')  Wenn  hier  wirklich 
irgend  welcher  Zusammenhang  besteht,  so  muss  man  erwarten,  in  dem  Zwischengebiete 
Übergangsformen  anzutreffen.  Bisher  ist  dies  jedoch  nicht  der  Fall,  obwohl  an  der  unteren 
Oder,  in  Pommern  und  den  angrenzenden  Teilen  der  Mark,  eine  schnurkeramische  Gruppe 
existiert,  die  im  übrigen  eine  augenfällige  Ähnlichkeit,  ja  geradezu  dieselben  Formen  wie 
die  schlesische  aufweist:  Gefässe  wie  die  Marschwitzer  Fig.  12,  15,  17  könnten  ebenso 
gut  bei  Prenzlau  oder  Stettin  gefunden  worden  sein.-')  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  die 
beiden  Gruppen  in  engster  chronologischer  Beziehung  zu  einander  stehen  müssen. 

')  Z.  15.  l'ettTwil/,  Kr.  Strelilen  (Scliles.  Vorz.  VII  551);  Oross-Tschaii.scli,  Woiscliwitz,  Wilkovvitz, 
Oiiiclnvitz  (Vcrhaiidl.  li.  Berlin.  Oes.  f.  Aritlir.  1SS4  Tat'.  Vi  Fi<>.  12),  Tinz,  foliiiscli-Peterwitz  (Zcitschr.  für 
Ethiiol.  I'J02  S.  174  Fii(.  20,  21),  Klcin-üamiau,  Kleiiiburu  und  Fiicbeberg,  Kr.  Breslan;  Pnscliwitz  (Nachr. 
ülier  deutsche  Altertnmsf.   1S<W  S.  Sl  f.)  imd   Brcitcnan  (vgl.  S.  13  f.  zn   Fig.  40)    Kr.  Ncumarkt. 

■-')  Virchow,  Verhandl,  d.  IkrI.  des,  f.  Aiithr.  1883  S.  436  Taf.  VIII,  Fiir  1:  schnnrverziortcr  Becher 
mit  Knopfansatz;  das  Ornament  besteht  ans  horizontalen  F^eilien  niid  von  diesen  lierabli:inL;enden  schraf- 
fierten Dreiecken. 

^)  Nach  Kossinna,  Die  indogermanische  Frage,  Zeitschr.  f.   FJhnnl.   l')02  S.   173. 

')  Aarböger  for  nordisk  oldkyndighed  og  historie  18QI  S.  310  11;  vgl.  ebenda  1SQ8  S.  249,  nnd 
S.  Müller,  Ordning  af  Danniarks  Oldsager  Fig.  22().  Anf  die  Ähnlichkeit  der  jütischen  Becher  hat  schon 
Virchow  und  mit  grösserem  Nachdruck  Kossinna  a.  a.  O.  hingewiesen,  der  sie  für  seine  ethnologischen 
Schlüsse  verwerten  will. 

■■')  Götze,  Die  Schnurkerainik  an  tier  unteren  Oder,  Verhandl.  d.  Berlin.  Oes.  f.  Anthr.  1S92  S.  I80f. 
Abbildungen  liei  Walter,  Die  steinzeitlichen  Gefässe  des  Stettiner  Museums,  Lemcke-Festschrift,  Stettin  1898; 
Brunner,  Die  steinzeitliche  Keramik  in  der  Mark  Brandenburg,  Braunscliweig  1898  S.  19  20;  vgl.  auch  Monats- 
blätfer  f.  I^ommersehe  Gesch.  u.  Alt.  1896  S.  152;  Verhandl.  d. Berlin. Ges.  f.  Anthr.  1890  S.368  f.;  elu-nda  19t)0  S.268. 


37 

Bezeichnenderweise  feiilen  in  der  püinniersciieii  üruppe  die  liohen  schlauchförmigen 
oder  doppeli<onischen  Krüge.  Dass  wir  es  dabei  mit  einem  vom  Süden  her  eingeführten 
Typus  zu  tun  haben,  leiirt  ein  Vergleicii  mit  den  gleichaltrigen  mährischen  und  böhmischen 
Funden,  wo  er  ziemlich  häufig  ist.')  Schlesien  nimmt  eben  auch  hier,  wie  so  oft  in  prä- 
historischer Zeit,  eine  Mittelstellung  zwischen  dem  Süden  und  dem  Norden  ein. 

Die  Sciiruirkeramik  an  der  unteren  Oder  hat  Götze,  im  Einklang  mit  seiner  Datierung 
der  Schnurkeramik  überhaupt,  in  den  älteren  Abschnitt  der  neolithischen  Periode  gesetzt.-) 
Gegen  diese  Ansicht  spricht  in  erster  Linie  die  offenbare  Verwandtschaft  der  schlesischen 
Schnurkeramik  mit  der  frühbronzezeitlichen  vom  Aunjetitzer  Typus.  Man  vergleiche  z.  B. 
die  schlauchförmigen  Krüge  von  Marschwitz  Fig.  20,  25  und  vom  Friebeberge  Fig.  31  mit 
denen  von  Rotschloss  (Schies.  Vorz.  N.  F.  II  19  Fig.  2  u.  4),  oder  die  durch  Fig.  26  und  29 
vertretene  Krugform  mit  der  Flasche   von  Ottwitz  Fig.  30  (vgl.  Scliles.  Vorz.  VII  237),  und 


Fig.  29.  Wilkowitz  Kr.  Breslau  ' 


Fig.ao.  Ottwit/ Kr.  Strehien  '4  Fig.31.  Friebcberg  Kr.  Breslau '/4 


man  wird  über  deren  typologischen  Zusammenhang  niciit  im  Zweifei  sein.  Genau  dieselbe 
Erscheinung  finden  wir  auch  in  Böhmen:  auch  dort  vermitteln  diese  Krugformen  den 
Übergang  von  der  neolithischen  Schiuirkeramik  zum  Aunjetitzer  Typus.')  Dazu  kommt, 
dass  in  Rotschloss  selbst  ein  schnurverzierter  Becher  gefunden  worden  ist,  bei  dessen 
Besprechung  (a.  a.  O.  S.  21)  ich  schon  darauf  hingewiesen  habe,  dass  er  als  ein  Überrest 
der  nächst  vorhergegangenen  Stilperiode  anzusehen  sei.  Endlich  sind  die  zierlichen  Stein- 
äxte vom  „schlesischen  Typus"  (vgl.  den  vorhergehenden  Aufsatz  von  O.  Mertins  S.  24 


1)  Vgl.  /..  B.  Cciviiika,  Morawa  za  l'ravckii,  Briinii  1902  Tab.  XXII  Fig.  3,  10,  11  ;  Tab.  XXIII  Fig.  S; 
Pic,  Starozitnosti  zemö  Ceske,  Prag  1899  Dil  I  (Cechy  pfedhistoricke)  Svazek  1  Tab.  I  Fig.  2,  11 :  Tab.  X  Fig.  7; 
Tab.  LXI  Fig.  14;  Miich,  Kinistliistorlschcr  Atlas  Taf.  VIII  Fig.  3. 

-)  Götze,  Zcitsdir.  f.  Etlinol.  1900  S.   177  iiiui  Verhaiidl.  S.  268. 

")  Pic  a.  a.  O.  S.  115,  Tab.  V  ii.  XVIll.  Vgl.  auch  Buclitela,  Vorgeschichte  Böhmens,  Beilage  zum 
Vcstiiik  Sldvaiiskvdi  Stam/itnosti   III.  Prag  1S99  S.   lOf. 


4f 


n 


38 

zu  Fig.  74  und  75)  genieinsame  Begleitstücke  beider  keramischen  Gruppen:  je  ein  Exemplar 
fand  sicii  einerseits  in  Polniscli-Peterwitz,  dessen  Tongefässc  ganz  den  Charakter  der 
Marsciuvitzer  iiaben,  andererseits  in  Ottvvitz  und  Rotschloss. 

Audi  das  nicht-keramische  Inventar  der  Marschwitzer  Gräber  zeigt  das  Gepräge 
der  Übergangszeit.  Bezügiicii  der  Speerspitzen  Fig.  1  und  2  verweise  ich  auf  die  Aus- 
führungen von  O.  Mertins  (S.  Q)  über  das  seiir  ähnliche  Exemplar  von  Polnisch-Peterwitz.') 
Das  Schieferplättchen  Fig.  Q  dürfte,  trotzdem  es  im  Grabe  an  einer 
anderen  Stelle  des  Körpers  gelegen  hat,  zur  Klasse  der  Armschutz- 
l^latten  zu  rechnen  sein,  jener  eigentümlichen  Art  von  Geräten,  die  nach 
Ausweis  ethnologischer  Parallelen  dazu  gedient  haben,  beim  Bogen- 
schiessen  den  linken  Vorderarm  oder  die  Hand  gegen  den  Rückschlag 
der  Sehne  zu  schützen.-')  Sie  sind  gewöhnlich  der  Körperform  ent- 
sprechend gewölbt  und  mit  2,  4  oder  6  Löchern  zum  Festbinden  ver- 
sehen: Fig.  32.  Soweit  man  sie  datieren  kann,  stammen  sie  aus  den 
späteren  Stufen  der  Steinzeit  und  der  ältesten  Bronzezeit.  Die  übrigen 
Stein-  imd  Knochengeräte  geben  keinen  chronologischen  Anhalt. 

Wohl  aber  ist  dies  der  Fall  bei  den  Metallbeigaben  aus  Grab  6 
(Fig.  11),  so  geringfügig  sie  äusserlich  auch  erscheinen  mögen.  Die 
chemische  Analyse'')  hat  nämlich  ergeben,  dass  sie  aus  Q4,01  "  „  Kupfer 
und  6,6 '7,1  Zinn  bestehen,  also  einen  relativ  hohen  Zinnzusatz  auf- 
weisen. Die  Bedeutung  dieser  Tatsache  wird  erst  klar,  wenn  wir  sie 
mit  den  Analysen  von  Metallsachen  aus  bandkeramischen  Fundstationen 
zusammenhalten.  Bei  einigen  Schmuckstücken  des  neolithischen  Gräber- 
feldes von  Jordansmühl  Kr.  Nimptsch  (Schles.  'Vorz.  VII  543  Fig.  19-25)  war  das  Ver- 
hältnis des  Kupfers  zum  Zinn  95,7:2,9;  -  96,3:3,4;  —  96,84:2,69,  während  bei  anderen 
von  Zinn  „fast  nichts  mehr  nachweisbar"  war.  Da  mm  tlie  Zunahme  des  Zinngehalts 
erfahrungsgemäss  mit  der  chronologischen  Entwicklung  Hand  in  Hand  zu  gehen  pflegt, 
so  spricht  die  Wahrscheinlichkeit  dafür,  dass  die  Marschwitzer  Nekropole  und  die  durch 
sie  vertretene  Kultur  jünger  ist,  als  die  von  Jordansmühl.  Wir  gelangen  also  auch  von 
dieser  Seite  zu  ilem  Schluss,  dass  sie  an  den  Ausgang  der  Steinzeit  zu  setzen  ist. 


Arnischiitzplatte 

ausWoiscIiwitz,  -/s 

Kr.  Breslau 


")  Noch  näher  steht  der  Maischvvit/er  Fifj.  7  eine  von  Cervinka  a.  a.  O.  S.  105  abgeli.  Speerspitze 
aus  Urcic   in  Mähren. 

-)  P.  Reinecke.  Corresp.-t51.  f.  Anthr.  1896  S.  S'Jt.  (mit  Literatnrangaben),  iinil  18')7  S.  ISf;  K.  Out- 
nian,  ebenda   I8Q7  S.   17f.;  L.Schneider,  ebenda  IWi  S.  27. 

■')  Diese  und  die  folf^enden  Analysen  sind  durch  freundliche  Venuittlunj^  des  Herrn  Prof.  Dr.  Hintze 
itn  chemischen  Laboratoriniu  der  Universität  unter  Leitunj,'  von  Herrn  Privatdozenten  Dr.  Herz  ausgeführt 
worden,  dem  wir  hierfür  zu  lebhaftem  Danke  verbunden  sind. 


39 

Es  ist  eine  oft  beobachtete  Tatsache,  dass  dieselben  Plätze  zu  verschiedenen  Zeiten 
als  Begräbnis-  oder  Wohnstätten  benutzt  worden  sind.  Man  hat  dabei  nicht  immer  an 
eine  ununterbrochene  Besiedlung  zu  denken,  vielmehr  liegt  es  meist  so,  dass  die  Gründe, 
die  für  die  Wahl  der  Örtlichkeit  das  erste  Mal  entscheidend  gewesen  waren:  erhöhte  Lage, 
Sicherheit  vor  Überschwemmungen,  leichter,  durchlässiger  Boden  u.  a.  m.,  sie  auch  den 
späteren  Bewohnern  des   Landes  zu  gleichem  Zwecke  empfahlen. 

Auch  der  Marschwitzer  Sandhügel  wies  Spuren  wiederiiolter  Benutzung  auf.  Zu- 
nächst war  schon  vor  der  Ausgrabung  vom  24.  April  am  Südrande  der  Kiesgrube  (auf 
dem  Kartenausschnitt  S.  28  mit  II  bezeichnet)  von  den  Arbeitern  ein  Brandgrab  zerstört 
worden,  das  mindestens  4  Oefässe  enthalten  hatte.  Die  Reste  davon  wurden  uns  auf  dem 
Schlosse  vorgelegt.  Es  waren  Scherben  von  glänzend  schwarzen  Vasen,  die  z.  T.  mit 
eingeschnittenen  Bandmustern  reich  verziert  waren.  Eine  grosse  weitmündige  Urne  mit 
(3)  kleinen,  am  Rande  ansitzenden  Henkeln  zeigte  ein  mäanderartiges  Ornament.  Die  Form 
und  Verzierung  der  Oefässe  machten  es  unzweifelhaft,  dass  sie  der  frührömischen 
Periode,  also  den  ersten  Jahrhunderten  n.  Chr.  enstammten.  Unsere  Nachgrabungen 
blieben  an  dieser  Stelle  ergebnislos. 

Dagegen  gelang  es  uns,  40  m  nördlich  davon,  2  m  nordöstlich  vom  17.  Hocker- 
grabe, eine  Abfallgrube  (A)  aufzudecken,  deren  Inhalt  ebenfalls  auf  die  frührömische  oder 
Spät-La  Tenezeit  deutete.  Sie  war  fast  kreisrund,  von  1  m  Durchmesser  und  0,7  m  Tiefe 
und  mit  schwarzem  Boden,  Haustierknochen,  dicken  Lehmbewurfstücken  von  Hütten- 
wänden und  Scherben  grosser  rohgeformter  Oefässe  gefüllt.  Charakteristisch  für  diese 
war  besonders  die  Art  des  Brandes.  Sie  waren  nämlich  z.  T.  vom  Feuer  ganz  durch- 
glüht und  verzogen,  eine  Eigentümlichkeit,  die  gerade  an  den  Tonwaren  der  genannten 
Periode  häufig  wahrzunehmen  ist.     (Vgl.  Schles.  Vorz.  N.  F.  II,  34  Fig.  12.) 

Wieder  an  einer  anderen  Stelle  (auf  dem  Kartenausschnitt  mit  11!  bezeichnet), 
13  —  16  m  südlich  vom  Oräberfelde  und  ca.  10  m  östlich  vom  römischen  Brandgrabe 
lagen  in  einem  Abstände  von  3  m  zwei  andere  Abfallgruben,  eine  grössere  (B)  von  1,5  m 
Durchmesser  und  1,4  m  Tiefe  und  eine  kleinere  (C)  von  1  m  Durchmesser  und  1  m  Tiefe, 
ihr  Inhalt  glich  dem  der  ersten:  fetter,  von  organischen  Substanzen  schwarz  gefärbter 
Boden,  im  Feuer  geglühte  und  zersprungene  Steine,  Tierknochen,  z.  T.  stark  verkohlt, 
Wandputz  mit  Holzabdrücken,  drei  sorgfältig  geglättete  Knochenpfriemeii  und  vor  allem 
zahlreiche  Scherben,  auch  ein  blumentopfförmiges  ganzes  Oefäss.  Aber  diese  Irdenware 
war  von  der  dortigen  grundverschieden.  Sie  war  auf  der  Drehscheibe  geformt,  hart 
gebrannt  und  z.T.  mit  Bodenmarken  und  dem  für  die  slavische  Periode  charakteristischen 
Wellenornament  versehen.  Dieser  jüngsten,  schon  zum  Mittelalter  überführenden  Stufe 
der  vorgeschichtlichen  Zeit  gehört  auch  ein  schönes  Q2  cm  langes  eisernes  Schwert  an, 
das  in  der  Nähe  des  Outshofes  gefunden  worden  war  und  von  Herrn  von  Eicke  dem 
Museum  geschenkt  wurde.     Eine  Abbildung  davon  enthält  der  Verwaltungsbericht. 

Hans  Seser 


40 

DIE   BRONZECISTE  VON   KLEIN-ZÖLLNIG 

Im  NoveiiiluT  1002  wandte  sicli  Herr  Fabrikant  Robert  Gerlach  aus  Bernstadt 
wegen  der  Verwertung  einer  kimstgewerbliciien  Erfindung  Rat  suchend  an  das  Museum. 
Er  äusserte  bei  dieser  Gelegenheit,  dass  er  im  Besitz  eines  alten  Kupferkessels  aus  der 
dortigen  Gegend  sei  und  sandte  ihn  auf  Ersuchen  ein.  Wie  erstaunten  wir,  als  sich  der 
unverpackt  als  einfaches  Frachtstück  zur  Bahn  gegebene  Kessel  als  eine  altitaiische  Bronze- 
ciste  von  ungewöhnlicher  Grösse  und  Schönheit  erwies.  Natürlich  verlor  die  Direktion 
keinen  Augenblick,  sich  des  seltenen  Stückes  für  die  prähistorische  Sammlung  zu  ver- 
sichern und  nähere  Erkundigungen  über  seine  Herktmft  einzuziehen.  Man  erfuhr,  dass 
das  Gefäss  vor  längerer  Zeit  auf  der  Feldmark  Klein-Zöllnig  Kreis  Oels  zusammen  mit 
einer  Anzahl  kleinerer  Bronzegegenstände  gefunden  worden  sei.  Einige  davon  konnte 
Herr  Gerlach  noch  herbeischaffen:  es  waren  die  weiterhin  beschriebenen  Pferdegeschirr- 
beschläge (Kat.-Nr.  357  360.  02).  Sobald  der  Stand  der  Feldbestellung  es  erlaubte,  nahm 
Direktor  Dr.  Seger  im  Verein  mit  Herrn  G.  Ullrich  eine  Untersuchung  der  Fundstelle  vor. 
Seinem  Bericht  ist  Folgendes  zu  entnehmen: 

„Lage.  Die  Fundstelle  liegt  1  km  ss.-westl.  vom  Dorfe,  ca.  100  m  nördlich  der 
Chaussee  nach  Bernstadt,  ca.  30  m  östlich  des  von  Kl.-Zöllnig  nach  Sadewitz  führen- 
den Feldweges  auf  einem  flachen  sandigen  Ackerstück,  das  dem  Bauergutsbesitzer 
Assmann  I  gehört. 

Fundumstände.  Der  Bronzefund  wurde  nach  Angabe  des  Herrn  Assmann  vor 
ca.  8  Jahren  gemacht,  und  zwar  beim  Abfahren  von  Sand.  Die  Finder  waren  fremde 
Arbeiter.  Das  Bronzegefäss  stand  etwa  einen  Meter  tief  frei  im  Sande.  Knochenreste, 
Scherben  oder  dergl.  sollen  nicht  dabei  gewesen  sein.  Genaueres  war  nicht  zu  erfahren, 
da  Herr  Assmann  selbst  nicht  dabei  gewesen  und  von  den  Beteiligten  niemand  mehr 
am  Orte  war. 

Verbleib  der  Funde.  Die  Ciste  hat  Herr  Assmann  jahrelang  als  Papierkorb 
benutzt  und  schliesslich  Herrn  Oerlach  in  Bernstadt  geschenkt.  Von  den  Beschlägen  des 
Zaumzeugs  sollen  luindestens  40  grösstenteils  rosettenförmige  vorhanden  gewesen,  aber 
bis  auf  wenig  Stücke  als  wertlos  weggeworfen  worden  sein.  Möglicherweise  haben  auch 
die  Arbeiter  einiges  behalten. 

Untersuchung.  Da  die  Stelle  mangels  aller  besonderen  Keiuizeiclien  nicht  mehr 
genau  bezeichnet  werden  konnte,  wurde  der  Boden  im  grösseren  Umkreise  abgedeckt. 
Es  zeigte  sich,  dass  er  überall  neuerdings  angeschüttet  worden  war,  was  mit  i.\(^n  Angaben 
Assmanns  stimmte,  wonach  seinerzeit  bis  zu  einer  Tiefe  von  1  m  geschachtet  und  dann 
die  Grube  wieder  eingeebnet  worden  sei.  Von  Fundstücken  fand  sich  keine  Spur.  Die 
Wahrscheinlichkeit  war  dafür  von  vornherein  auch  äusserst  gering,  da  man  die  Stelle 
nach  der  Auffindung  der  Ciste  nach  Geld  durchwühlt  und  schwerlich  etwas  liegen 
gelassen  hat. 


41 


Sonstige  Funde.  Ausser  dem  Bronzefunde  hat  man  auf  dem  Nachbaracker,  dem 
Gutsbesitzer  Hauschild  gehörig,  vor  Jahren  eine  Steinaxt  gefunden,  die  ein  Lehrer  aus 
Bernstadt,  namens  Schipke,  er- 
worben imd  bei  seiner  späteren 
Versetzung  mitgenommen  hat.  Von 
demselben  Acker  stammt  auch  ein 
Münzfund  aus  dem  17.Jahrhundert, 
der  seinerzeit  dem  Museum  ein- 
geschickt worden  ist.  Sonst  ist  in 
der  ganzen  Gegend  nichts  von  Aiter- 
tumsfunden  bekannt  geworden. 
Insbesondere  hat  man  wederUrnen 
noch  Scherben  von  solchen  bemerkt. 

Bei  der  Untersuchung  hatten 
wir  uns  der  wirksamen  Unter- 
stützung des  Ortspfarrers  Herrn 
Beinhagei  zu  erfreuen,  der  sich 
auch  freundlichst  erboten  hat,  ein 
wachsames  Auge  auf  etwaige 
künftige  Funde  zu  haben." 

Nach  diesem  Berichte  kann 
man  es  als  ziemlich  sicher  be- 
trachten, dass  wir  es  mit  einem 
Depotfunde  zu  tun  haben,  wofür 
übrigens  auch  die  Analogie  des 
Lorzendorfer  und  anderer  Funde 
spricht. 

Sehen  wir  uns  nun  die  Fund- 
stücke etwas  genauer  an. 

Der  Kessel  (Fig.la)  hat  eine 
Höhe  von  33,5  cm.  Sein  Durch- 
messerbeträgt an  der  Mündung  37, 
am  Boden  36,5  cm.  Die  Wandung 
bestellt  aus  zwei  gleich  grossen 
rechteckigen,  halbrund  gebogenen 
Broiizeblechpiatten,  deren  Nähte 
durchgesetzt  und  verglichen  und 
durch     13    Nieten     sorgfältig    mit 

einander  verbunden  sind.     Die  Nietstellen  sind  ;iuf  der  Innenseite  in  der  Höhe  der  obersten 
Zone  durcii  untergelegte,  1,4  cm  breite  Biechstreifen  verstärkt.     Die  Nietköpfe  sind  auf  der 

0 


Fij;;.  la  Bronzekessel;  Fig.  Ib  liddcii  des  Kessels. 


42 

Aiisseiiseite  vollkommen  jilatt  gehämmert;  imieii  ragen  sie  als  flache  Knöpfe  hervor.  Der 
Mündungsrand  ist  wulstförmig  nmgebörtelt  imd  durch  einen  eingelegten  Draht  verstärkt. 
Die  zylindrische  Leibung  ist  durch  6  breite,  von  innen  herausgetriebene  stabrunde  Rippen 
gegliedert.  Die  Zvvischenfelder  sind  durch  iiorizontale  Reiiien  kleiner  getriebener  Buckel 
verziert,  die  in  der  zweiten  und  vierten  Zone  ein  mäanderartiges  Muster  bilden.  In  der 
Mitte  der  zweiten  Zone,  quer  über  den  Zusammenstössen,  befinden  sich  zwei  horizontale 
Handhaben.  Die  zierlich  geschwungenen  Griffe  haben  runden  Querschnitt,  ihre  Enden 
sind  bandförmig  abgeplattet  und  beiderseits  mit  je  drei,  aussen  kegelförmigen,  innen 
flachen  Nieten  befestigt. 

Der  durch  Wölbung  und  Eintiefung  kunstvoll  versteifte  Boden  (Fig.  Ib)  ist  in  der 
Höhe  der  untersten  Rippe  eingelassen  und  in  der  Weise  mit  dem  Oefässkörper  verbunden, 
dass  der  Bodenrand  nach  aussen  umgeschlagen  und  falzartig  um  die  untere  Kante  des 
Zylinders  gelegt  ist.')  Die  Bodenmitte  ist  in  Form  eines  flachen  Buckels  mit  markiertem 
Nabel  nach  innen  getrieben.  Der  Raum  zwischen  dieser  Einbuchtung  und  der  rinnen- 
förmigen  Peripherie  ist  durch  sehr  regelmässige,  teils  radial,  teils  konzentrisch  geführte 
Hammerschläge  gewölbt. 

Der  Kessel  ist  in  allen  seinen  Teilen  aufs  sorgfältigste  und  sauberste  gearbeitet. 
Seine  Erhaltung  ist  vorzüglich,  nur  ist  von  dem  Bodenfalz  ein  ca.  15  cm  langer  Streifen 
abgebrochen.  Die  Ratina  ist  goldig  bis  dunkelgrün.  Im  Innern  bemerkt  man  zwischen 
der  untersten  und  der  vorletzten  Rippe  eine  intensiv  rostbraune  Zone,  die  entweder  von 
eisenhaltigem  Grundwasser  oder,  was  wahrscheinlicher  ist,  von  Eisensachen  herrührt,  die 
in  dem  Gefäss  gelegen  haben.-) 

Die  kleinen  Bronzegegenstände  sind  sämtlich  gegossen  und  durch  angebrachte 
Ösen  als  Riemenbeschläge  oder  Knöpfe  gekennzeichnet.  Vier  davon  haben  die  Form 
runder  Scheiben,  aus  deren  Mitte  ein  abgestumpft  kegelförmiger  hohler  Buckel  hervorragt, 
und  von  deren  Rand  vier  horizontale  Ösenpaare  ausgehen.  Auf  der  unteren  Seite 
befindet  sich  eine  Vorrichtung  zum  Durchziehen  gekreuzter  Lederriemen,  bestehend  aus 
einem  Ringe,  der  durch  vier  Stege  mit  der  Scheibe  verbunden  ist.  In  der  technischen 
Ausführung  macht  sich  ein  beträchtlicher  Unterschied  bemerkbar.  Zwei  der  Zierscheiben 
(Fig.  2)  sind  sehr  regelmässig  und  gut  gearbeitet  und  in  ihrer  Art  kleine  Meisterwerke 
des  Bronzegusses.  Die  beiden  anderen  dagegen  (Fig.  3  und  4)  weisen  grosse  Mängel  auf: 
die  Scheiben  sind  dünn  und  platt,  nicht  vollkommen  rund  und  ohne  den  zierlichen  Rand 
der  erstgenannten.  Die  Buckel  sind  niedriger  und  voll  gegossen.  Die  Ösen  sind  ungleich 
gestaltet,  ein  Paar  fehlt  bei  dem  einen  Exemplare  ganz,  ohne  dass  eine  Bruchstelle  sichtbar 


')  Bei  den  Lorzenclorfer  Cisteii  ist  iinit;ekelnt  der  Rand  lies  Zylinders  iinigeschlageii  iiiul  um  die 
Bodctikante  gelegt. 

-)  Vgl.  über  eine  äliiiliclie  Crseiieinung  an  der  Cistc  von  Prinieiitdorf:  Viichow,  VerJKindl.  d.  lierlin. 
Ges.  f.  Antlir.  1874  S.  145.  Die  dort  als  möglich  angennmineiie  llerknnft  des  Rostes  von  Eisendiahten,  die 
in  den  Oefässrand  eingelegt  waren,  ist  in  unserem  halle  ausgeschlossen,  da  diese  Dnilite  hier  aus  Kupfer 
oder  Bronze  bestellen. 


43 


wäre.  Wir  werden  nicht  fehlgehen,  wenn  wir  diese  beiden  Stücke  für  einheimische  Nach- 
ahmungen der  importierten  anderen  ansehen.  Ausserdem  sind  noch  vorhanden  ein 
stangcnförmiger  Beschlag  von  halbrundem  Querschnitt,  balusterförmig  profiliert  mit  zwei 
rechteckigen  Ösen  an  den  Enden  der  Innenseite  (Fig.  5),  und  7  schalenförmige  kleine 
Knöpfe  mit  Querbügeln  (Fig.  6  und  7)  Fast  alle  Stücke  zeigen  Spuren  von  Eisenrost. 
Einer  der  Knöpfe  ist  mit  einem  3  cm  langen  rundlichen  Eisenfragment  zusammen- 
gebacken (Fig.  8)  Es  ergibt  sich  daraus,  dass  die  Beschläge  zur  Zeit  ihrer  Vergrabung 
noch  am  Geschirr  befestigt  waren.  Die  Leder-  und  Eisenteile  sind  aber  im  Laufe  der 
lahrlumderte  zugrunde  gegangen. 


QthrfMrtrQ 


3a 


2  3  4  8 

Fig.  2-5.     Bronzebeschläge,     -'/a.       Fig.  6—8.     Bronzeknnpfc  iiiui   Eisenfragnienf.     '/, 

Bei  der  Betrachtung  dieser  Gegenstände  drängt  sich  von  selbst  der  Vergleich  mit 
dem  Depotfunde  von  Lorzendorf  Kr.  Namslau  auf.  (Von  mir  besprochen  Schles.  Vorz.  VII 
195  ff.)  Dort  waren  drei  solcher  gerippter  Cisten  und  eine  Menge  verschiedenartigen 
Pferdeschmuckes  vereinigt,  darunter  auch  44  Stück  ganz  ähnlicher  Zierscheiben  wie  die 
in  Klein-Zöllnig  vorgekommenen.  Und  doch  besteht  zwischen  beiden  Funden  ein  wesent- 
licher Unterschied:  die  Gefässe  von  Lorzendorf  haben  als  Henkel  je  zwei  bewegliche,  am 
Rande  befestigte,  halbkreisförmige  Bügel,  zwischen  denen  der  Kessel  beim  Tragen  hin 
und  her  schwingt,  das  von  Klein-Zöllnig  dagegen  zwei  feste  seitliche  Handhaben,  die  ein 
gutes  Stück  unterhalb  des  Randes  sitzen.  Wie  ich  seinerzeit  erwähnt  habe  (a.  a.  O. 
S.  IQQf.),  ist  es  das  Verdienst  Marchesettis,  auf  dieses  Unterscheidungsmerkmal  hin- 
gewiesen und  darauf  die  Herkunftsbestimmung  der  gerippten  Cisten  gegründet  zu  haben: 
die  mit  festen  Handhaben  sind  in  der  Gegend  von  Bologna  zu  Hause,  die  mit  beweg- 
lichen  Henkeln   in    Vcnetien.')      Zur  zweiten   Kategorie   gehört    die   grosse   Mehrzahl   der 

')  Reinecke  (Altbayer.  Monatsschr.  1901  2  S.  131)  neigt  freilich  trotzdem  zu  der  Annahme  griechischen 
Ursprungs  der  Cisten,  „wenngleich  es  schwer  zn  entscheiden  ist,  ob  sie  in  Griechenland  selbst,  resp.  in 
ostgriechischen  Gebieten,  oder  etwa  in  unteritalisch-griechischen  Werkstätten  oder  vielleicht  auch  in  anderen 
Gebieten  Italiens  unter  griechisciicni  Einfluss  verfertigt  wurden". 


44 

nordwärts  der  Alpen  gefundenen,')  während  von  i.kn  Cisten  mit  festen  Handliaben  ausserlialb 
Italiens  im  ganzen  nur  9  Exemplare  vorgekommen  sind,  die  sich  auf  Frankreich,  die 
Schweiz,  Österreich,  Süddeutschland  mui  Russisch-Polen  verteilen.  Dazu  tritt  jetzt  als 
zehntes  das  von  Klein-Zöllnig. 

Die  auffallende  Tatsache  nun,  dass  wir  in  Schlesien  an  zwei  nicht  weit  (ca.  25  km) 
von  einander  entfernten  Stellen  italische  Bronzegefässe  antreffen,  die  nachweislich  ver- 
schiedenen Fabrikationszentren  entstammen,  legt  uns  die  Frage  nahe,  ob  hier  nicht  auch 
eine  chronologische  Differenz  mitgesprochen  hat,  so  zwar,  dass  die  seit  alters  bestehenden 
Handelsbeziehungen  mit  dem  Süden  zu  einem  gewissen  Zeitpunkte  in  neue  Bahnen 
gelenkt  worden  wären.  Leider  sind  wir  über  die  Chronologie  der  gerippten  Cisten  trotz 
der  grossen  Zahl  der  Funde  noch  recht  mangelhaft  unterrichtet.  Soviel  ich  weiss,  hat 
nur  Reinecke-)  den  Versuch  gemacht,  die  Zeitstellung  der  verschiedenen  Typen  genauer 
festzustellen.  Danach  treten  beide  Hauptarten  schon  in  der  Stufe  der  eisernen  Hallstatt- 
schwerter d.  h.  noch  vor  dem  7.  vorchristlichen  Jahrhundert  auf.  Die  Form  mit  beweg- 
lichen Henkeln  erhält  sich  bis  ins  5.  Jahrhundert  so  gut  wie  unverändert,  jedoch  dürfte 
die  Mehrzahl  der  erhaltenen  Exemplare  der  jüngeren  Hallstattstufe,  also  dem  7.  und 
6.  Jahrhundert  angehören.  Die  Cisten  mit  seitlichen  Griffen  variieren  hingegen  ziemlich 
stark.  Typisch  älter  sind  die  „weitgerippten"  Gefässe  mit  eingeschlagenen  Ornamenten, 
Kreisen,  schräg  laufenden  Bändern  von  Punktreihen,  Hallstattvögelchen  u.  s.  w.  Mit  der 
jüngeren  Hallstattzeit  verschwinden  die  weitgerippten  Gefässe  mit  jener  althallstättischen 
Dekoration;  an  ihre  Stelle  treten  die  grossen  enggerippten  Cisten,  die  als  Verzierung  meist 
nur  einfache  Punktreihen  aufweisen.  Aus  der  Früh-La  Tenezeit  (erste  Hälfte  des  5.  Jahr- 
Iniiulerts)  sind  Cisten  mit  festen  Griffen  überhaupt  nicht  mehr  nachweisbar. 

Die  Richtigkeit  dieser  Deduktion  vorausgesetzt,  würde  die  weitgerippte  Ciste  von 
Klein-Zöllnig  im  Vergleich  zu  den  Lorzendorfern  als  der  ältere  Typus  anzusehen  sein, 
und  dies  um  so  mehr,  als  der  Lorzendorfer  Fund  wegen  der  verzierten  Hohlringe')  und 
der  Ketten')  sicher  der  jüngsten  Hallstattperiode  angehört.  Wenn  etwas  geeignet  ist,  jene 
Annahme  zu  unterstützen,  so  ist  es  die  Form  der  runden  Buckelscheiben.  In  dem  Zöllniger 
Funde    sind    sie,    wie  wir    gesehen    haben,    mit    8    seitlich    abstehenden   Ösen    versehen. 

')  Zu  den  von  mir  a.  a.  ().  S.  200  aufgezählten  48  Exemplaren  von  21  Fundorten  tixtLii  iincli  folgende 
4  hinzu:  1  neuerdings  hu  Rhein  bei  Mainz  gefundenes  (Westd.  Zcitschr.  1S98  Taf.  V  15);  1  im  Museum  zu 
Bonn  (Reinecke,  AUbayer.  Monatsschr.  1901/2  S.  130  Anm.  1);  1  von  Issersheilingen  in  Nordthiuingen 
(Reinecke  a.  a.  O.);  ]  aus  Skalitz  Bez.  Sobeslav  (Pamätky  Arch.  1904  S.  81  Tab.  II  1).  Vgl.  Marchesetti, 
Scavi  nella  necropoii  di  S.  Lucia,  Bolietino  della  societä  adriatica  XV,  Tiiest  189!  S.  185  ff. ;  Moutelius, 
Etti  Svcrige  funnet  fornilaliskt  bronzkärl,  Svenska  fornminnesföreningens  tidskrift  11.  IUI.  1.  Heft  Nr.  32 
S.  49  f.  u.  S.  84  f. 

-)  a.  a.  O.  S.   130  f. 

•■')  Ornamente  wie  die  auf  don  I or/eudorliT  Ringen  finden  sich  fast  genau  so  auch  an  Exemplaren 
von  ausgesprochenem  La  Tenecharakter,  vgl.  /.  15.  (Juant/,  Neue  La  leiR-Bron/eu  aus  Raiu's,  Zeitsclu.  f. 
thüring.  Gesch.  1902  S.  606  Fig.  2. 

*)  Vgl  K  Brunner,  Bronzefund  von  Stauoriun  Kr.  luovvra/law,  Nachr.  libei  ileutsche  Allcitiini'-funile 
I8Q9  S.  83. 


45 

Vermutlich  dienten  diese  zur  besseren  Befestigung^  am  Riemenzeuge.  Die  Lorzendorfer 
Sclieiben  (Fig.  9)  laufen  statt  dessen  in  12  14  abgerundete,  strahlenförmig  angeordnete 
Zacken  aus,  in  denen  man  vielleicht  rudimentäre  Reste  jener  zum  Ornament  gewordenen 
Ösen  zu  erblicken  hat.  Ähnlich  verhält  es  sich  mit  dem  Buckel:  bei  den  Zöilniger 
Exemplaren  wächst  er  organisch  aus  der  sich  wölbenden  Scheibe  heraus.  Bei  den  Lorzen- 
dorfern  ist  er  zum  winzigen  Knopf  zusammengeschrumpft,  der  an  die  völlig  platte  Scheibe 
nur  äusserlich  angesetzt  zu  sein  scheint.  Den  Übergang  vermitteln  die  von  uns  als  ein- 
heimische Nachahmungen  bezeichneten  Stücke  von  Zöllnig,  bei  denen  die  Scheiben  platt 
und  die  Buckel  nur  halb  so  hoch  wie  bei  den  anderen  sind.  Typologisch  gehören  somit 
die  Lorzendorfer  Zierscheiben  einer  jüngeren  Entwicklungsstufe  an. 

Die  Analogie  des  Lorzendorfer  Fundes  lehrt  uns  auch,  dass  diese  Zierbeschläge 
als  Pferdeschmuck  gedient  haben,  denn  dort  lagen  sie  mit  einem  Paar  Pferdegebissen 
und  anderen  zum  Geschirr  gehörigen  Dingen  zusammen.  Übrigens  hat  man  in  einem 
Grabhügel  bei  Thalmässing  in  Mittelfranken  ein  reich  ausgestattetes  Reitergrab  gefunden, 
in  welchem  das  Pferd  unter  anderem  auch  mit  denselben  tutulusartigen  Knöpfen  geschmückt 
warwiedievon  Kl.-Zöllnig.')  Das  wiederholte  Vorkommen  von  Pferdeschmuck  in  Verbindung 
mit  Bronzecisten  deutet  darauf,  dass  auch  diese  bei  der  Pflege  des  Pferdes  zum  Füttern 
oder  Tränken  verwendet  wurden.  Es  sei  daran  erinnert,  dass  auf  der  Bronzesitula  von 
Moritzing  in  Tirol  ein  Zweigespann  dargestellt  ist,  dem  ein  Mann  einen  Metallkessel  hin- 
reicht.-) Jedenfalls  bildet  unser  Fund  eine  neue  Bestätigung  dafür,  dass  schon  in  vor- 
christlicher Zeit  eine  durch  weitreichende  Handelsbeziehungen  geförderte  Kultur  und  ein 
gewisser  Luxus  hier  zu  Lande  herrschend  waren. 

Zum  Schluss  will  ich  nicht  unterlassen,  Herrn  Dr.  Seger  für  seine  mir  bei  dieser 
Arbeit  gewährte  Unterstützung  meinen  Dank  auszusprechen. 

Willichn  Orempler 


Fig.  y.     Ziersclieibe  von  Lorzendorf.  '/. 


')  Mehlis.   Archiv  f.  Antiir.   Bd.  XV  1884  S.  3{)4f.  Taf.  VI  Fig.  9.  Vgl.    auch    Pie,    Sfaroiitnosti 

Dil  1  Sv.  1  Tah.  XXVI  Fig.  ö,  XXVIl  Fig.  23. 

-)  Miich,  Kiinsthistor.  Atlas  Taf.  LXVIII  Fig.  6. 


46 

DER  FUND  VON   HÖCKRICHT,   KREIS  OHLAU 

Der  Fund  von  Höckriclit,  der  nach  Stil  und  Technik  der  goldenen  Schnuickstücke 
der  friiiien  Merowinger-Zeit  angehört,  ist  leider  nicht  in  allen  seinen  Teilen  auf  uns 
gekommen,  wie  wir  aus  dem  Fundberichte  ersehen  werden.  Die  erhaltenen  Original- 
stücke befinden  sich  in  der  vorgeschichtlichen  Abteilung  des  Königlichen  Museums  für 
Völkerkunde  zu  Berlin,  aus  deren  Katalog  und  Akten  Nachstehendes  mit  Erlaubnis  des 
Direktors,  Herrn  Geheimen  Regierungsrat  Dr.  A.  Voss  ausgezogen  wurde. 

Der  Kessel  wurde  zufällig  beim  Pflügen  zutage  gebracht;  Grabungen  ergaben  dann 
die  weiteren  Fundstücke.  Sie  wurden  von  dem  Besitzer  des  Gutes,  Herrn  von  F^eibnitz, 
der  damals  Major  und  Führer  des  2.  Aufgebots  des  2.  Bataillons  (Briegschen)  11.  Landwehr- 
Regiments  in  Namslau  war,  am  5.  März  1831  dem  Könige  Friedrich  Wilhelm  III.  als 
Geschenk  angeboten  und  von  diesem  dem  Museum  vaterländischer  Altertümer  überwiesen. 

Der  im  Jahre  1831  von  dem  damaligen  Direktor  O.  L.  v.  Ledebur  angelegte  Katalog 
gibt  folgendes  an:') 

„II  315  318.  Vier  dünne  Platten  von  feinem  Golde  mit  getriebener  Randverzierung 
und  mit  2  Reihen  von  unächten  Steinchen  (Carneol,  Glasfluss),  die  ihre  Fassung  durch 
einen  aus  der  Platte  hervorgetriebenen  Rand  erhalten.  Sie  haben  sämmtlich  das  Überein- 
stimmcnile,  dass  der  erste  Stein  dreieckig  und  mit  dem  Scheitel  links  gekehrt  ist,  dass  der 
zweite  eine  die  Spitze  links  gewandte  Blattform  hat,  der  dritte  ein  Oblongum  bildet,  der 
vierte  einen  Rhombus,  der  fünfte  das  zuerst  vorkommende  Dreieck.  Zwei  der  Platten 
haben  fünf,  die  beiden  andern  vier  Steine  in  jeder  Reihe  von  der  Grösse  wie  abgezeichnet 
ist.  Die  i'latten  sind  mit  kleinen  Löchern  durchbohrt  gewesen,  um  sie  befestigen  zu  können. 
-  -  Zu  Höckriclit  bei  Olilau  in  Schlesien  nebst  den  folgenden  Schmuckgegenständen,  so 
wie  neben  den  bronzenen  Gefässcn  II  324  und  325  beim  Pflügen  aufgefunden  und  von 
dem  Major  v.  Reibnitz  als  Geschenk  Ser  Majestät  dem  Könige  überreicht  und  im  März  1831 
dem  Museum  überwiesen."  Hierzu  ist  zu  bemerken,  dass  die  Regelmässigkeit  und  Über- 
einstimmung der  verschiedenen  Schmuckstücke,  wie  unsere  Abbildungen  Fig.  4- 7  zeigen, 
doch  nicht  so  gross  ist,  sondern  im  Gegenteil  eine  ziemliche  Unregelmässigkeit  sowohl 
auf  den  einzelnen  Stücken,  wie  beim  Vergleich  der  Stücke  unter  einander  herrscht. 

„11  319.  320.  Zwei  zerbrochene  Schnallen  von  gehärtetem  Eisen  oder  Stahl  mit 
feinem  Goldblech,  statt  der  Vergoldung  bekleidet.  An  dem  Ringe  der  Schnalle,  deren 
Zünglein  dinchbrochen  ist,  war  ein  Goldplättchen  befestigt,  welches  den  vorhergehenden 
ähnlich,  ebenfalls  getrieben  und  mit  2  Reihen  Steinchen  besetzt  ist,  so  jedoch,  dass  nur 
3  in  jeder  Reihe  vorkommen,  zuerst  das  Dreieck,  dann  der  Rhombus  und  zuletzt  das 
Oblongum."  (unser  Stück  II  318a.)  -    Fig.  8— 11. 


')  Vgl.  V.  Ledebur,  Das  Kötiij,'!.  Museum  vatcrl.  Altertiiiuer  im  Schlosse  Monliijciu  /u   Beiiiri,    Berlin 
1838  S.  46  f.  und  Taf.  IV. 


47 


„II  321.     Eine  kleine  Schnalle  von  feinem  Golde.     Das  Heftende  bildet  ein  Rechteck, 
dessen    obere  Seite    durch    eine   auf-    und    absteigende    Spitze    von  Gold   in  4  Dreiecke 


Wf  ■  I.VV*  'J^' 


l_-3/ 


12 


Fig.  1-9:  Oold. 


,^^ 


Fig.  10     11  :  Eisen  vergoldet. 


Fig.  12:  Bronze. 


Fig.  13:  Bronze.     ''4 

getheilt  ist,  welche  mit  ähnlichem  Glasfluß,  wie  die  vorhergehenden  Schmucksachen  aus- 
gelegt sind."  Ich  halte  die  durchsichtigen  Einlagen  für  Granaten,  die  freilich  ihrer  gelb- 
roten Farbe  wegen  Karneolen  sehr  ähneln.  —    Fig.  2. 


48 

„II  322  323.  Zwei  ziingenförmige  kleine  Platten  von  feinem  Golde,  mit  einem 
Rande  und  in  der  Mitte  diircii  eine  Schlangenlinie  von  getriebener  Arbeit  verziert.  T'/s" 
lang  ^/V  breit."         Fig.  1  nnd  3. 

„II  324.  Ein  glockenförmiges  Gefäss,  das  ohne  die  beiden,  den  Öffnungsrand  über- 
ragenden Henkel  eine  Höhe  von  1'  5"  hat  und  in  der  Mündung  1'  1"  im  Durchmesser 
beträgt.  Es  besteht  aus  einer  dem  Kanonengut  ähnlichen  Composition  von  Kupfer  und 
Zinn.  Die  Bestandtheiie  sind  jedoch  ungleichartig  gemischt,  dass  an  manchen  Steilen  das 
Kupfer  fast  rein,  wiewohl  schlackenartig  abgesondert,  an  manchen  Stellen  wieder  das  Zinn 
vorherrschend  erscheint.  Das  Gefäss  ist  dem  Anschein  nach  in  einer  Erdform  gegossen 
und  so  roh  geblieben,  wie  der  Guss  eben  gerieth,  ohne  demselben  durch  Polirung  oder 
Ciselirung  die  Unebenheiten  zu  nehmen.  Als  Glieder  der  rauhen  Oberfläche  des  Glocken- 
förmigen Gefässes  zeigen  sich:  die  beiden  Henkel  mit  Randlinien,  die  Andeutung  eines 
Frieses  durch  3  die  Mündung  umkreisende,  von  den  Henkeln  jedoch  unterbrochene  Leisten, 
ferner  4  die  Glocke  in  ebensoviel  gleiche  Felder  abtheilende  Kreuzrippen  an  dem  untern, 
fast  spitz  zulaufenden,  nur  mit  einem  schmalen  Fuss  versehenen  Theil.  Sämmtliche 
Ornamente  sind  ungleichmäHig  ausgebildet,  wie  es  von  der  rohen  Form  nicht  anders  zu 
erwarten  war;  endlich  ein  Fuss,  auf  welchem  das  Gefäss  so  schwach  ruht,  dass  ein  ganz 
geringer  Anstoss  dasselbe  umfallen  lässt."  Dem  ist  noch  hinzuzufügen,  dass  das  Gefäss 
nicht  nur  nicht  ciseliert  ist,  sondern  dass  sogar  die  Gussnäte  stehen  geblieben  sind, 
von  denen  eine  in  der  Abbildung  deutlich  zu  sehen  ist.  —  Fig.  12. 

„II  325.  Eine  unten  abgerundete  Metallurne  mit  kurzem  Halse.  Die  Weite  des 
Bauches  beträgt  10",  die  Weite  der  Mündung  Q"   und  die  Höhe  4"."         Fig.  13. 

Der  Bericht  von  Ledeburs  in  den  Akten  sagt  hierzu: 

„Die  stark  gewölbte  Rundung  des  geschlossenen  Theils  dieses  einer  flachen  Urne 
nicht  unähnlichen  Gefässes  und  die  Schwierigkeit,  dasselbe  auf  dieser  Rundseite  fest- 
zustellen, lässt  vermuthen,  dass  dasselbe  blos  der  Deckel  eines  andern  Gefässes,  vielleicht 
einer  Graburne  gewesen  sei. 

„Einen  ganz  ähnlichen  Metalldeckel  fand  man  im  Jahre  171Q  zu  Arendsee  in  der 
Altmark  in  einem  Grabe  (abgebildet  in  Keissler.  antiq.  septentrion.  Tab.  XVII  uml  in 
Beckmans  Beschreibung  der  Mark  Brandenburg  I.  Th.  Tab  V).  Ebenso  fand  man  1822 
in  einem  Grabhügel  bei  Delbrück  im  Paderhornschen  eine  irdene  Urne  mit  einem  solchen 
Deckel  von  sauber  durchbrochenem  Eisenblech  (Zeitschrift  Westphalen  imd  Rheinland  1822 
S.  260). 

„Das  hier  in  Rede  stehende  Gefäss  ist  eine  Mischung  von  Kupfer  und  Zinn,  und 
ohnerachtet  einer,  besonders  am  Rande  noch  deutlich  hervortretenden  Versilberung,  ganz 
mit  Edelrost  (aerugo  nobilis)  überzogen.  An  dem  hohen  Alter  des  Gefässes,  welches 
von  dem  Zahn  der  Zeit  wahrhaft  zernagt  worden  ist,  ist  daher  nicht  zu  zweifeln.  Es 
setzt  sowohl  durch  die  Gleichmässigkeit  der  Mischung,  wie  durch  die  sorgfältigere 
Behandlung  eine  höhere  Stufe  der  Kunstbildung  voraus,    wie  das   erste  Gefäss;    denn  es 


4Q 

ist  nicht  nur  besser  gegossen,  sondern  auch  auf  der  Drechselbank  gedreht,  wie  die  kreis- 
förmigen concentrischen  Meisseispuren  beweisen,  welche  noch  auf  der  Wölbung  des 
Deckels  sichtbar  sind." 

Zu  den  Schmucksachen  bemerkt  v.  Ledebur  noch: 

„Es  ist  bemerkenswerth,  das  man  bisher  zwar  häufig  eherne  und  eiserne  Schnallen 
in  Gräbern  Deutschlands  gefunden  hat,  soviel  mir  bekannt  ist,  jedoch  nur  2  silberne  und 
zwar  im  Jahre  1774  bei  Fluhrstädt  im  Weimarschen  (Meusels  Geschiclitsf.  II  245);  eine 
goldene  Schnalle  erscheint  jedoch  hier  zum  ersten  Mal. 

„Jedenfalls  werden  die  besprochenen  Altertumsgegenstände  eine  sehr  erwünschte 
Aquisition  für  das  Museum  der  siavisch-germanischen  Antiquitäten  sein,  jedoch  ist  eine 
genauere  Erkundigung  über  die  Art  der  Auffindung  unerlässlich." 

Diese  Erkundigung  ist  dann  später  erfolgt,  denn  der  Katalog  enthält  über  die  Fund- 
umstände noch  die  folgenden  Bemerkungen: 

„Das  Terrain  bei  Höckricht,  wo  die  Auffindung  geschaii,  wird  also  beschrieben: 
In  einem  ganz  ebenen  Felde,  welches  etwa  12  14  Zoll  hinunterreichenden  Lciini,  zur 
Unterlage  feinkörnigen  Kies  enthält,  ist  eine  kleine  Erhöhung  von  etwa  6  bis  8  Fuss,  die 
wegen  ihrer  sehr  sanften  Abdachung  dem  Auge  fast  garnicht  bemerkbar  und  keineswegs 
von  der  Kunst  zusammengebracht,  sondern  eine  natürliche  Terrainbildung  zu  sein  scheint. 
Beim  Umpflügen  des  mit  Kartoffeln  bebauten  Feldes  stiess  die  Pflugschaar  an  einen 
Henkel  des  Metallgefässes,  woran  die  Spur  des  Eindrucks  noch  sichtbar  ist.  Es  ward 
näher  untersucht  und  das  Oefäss  rings  von  feinem  weissen  Sande  umgeben  gefunden;  auch 
in  demselben  fand  man  nur  Sand  und  Erde;  etwa  2  Fuss  westlich  davon  in  gleicher  Tiefe 
fand  sich  das  2.  Oefäss  (1!  325).  Von  dem  Lager  der  grossen  Urne  nach  Norden  lief 
ein  schmaler  12  —  16"  breiter,  5—6'  langer  Streifen  von  dem  feinsten  weissen  Sande,  in 
diesem  ein  etwa  handbreiter  und  kaum  1"  hoher  ganz  dunkelbrauner  Strich,  in  welchem  einige 
Spuren  von  Knochen,  kleinen  Stäbchen  Holz  in  verschiedenen  Gestaltungen,  meist  mit 
Silber  beschlagen,  die  aber  so  vermorscht  waren,  dass  sie  an  der  Luft  zerbrachen  und 
die  verschiedenen  von  II  315  bis  323  aufgeführten  Gegenstände  von  Gold  ohne  Ordnung 
durcheinander  lagen.  Zwischen  den  Goldplatten  war  in  einigen  noch  eichenes  Holz 
kenntlich.  Am  Ende  dieses  Streifens  war  etwa  ein  Quadrat  von  3  Zoll  ganz  brauner 
Erde,  und  damit  hörte  auch  der  feine  Sand  auf,  starker  Kies  trat  an  seine  Stelle,  und  ohn- 
erachtet  '  ^  Morgen  bis  3  Ellen  tief  umgegraben  wurde,  fand  sich  doch  weiter  nichts  als 
2  Ton-Urnen,  die  aber  beim  Herausnehmen  zerbrachen.  Eine  derselben  stand  südlich 
von  dem  hier  in  Rede  stehenden  Metallgefäss,  war  von  schwarzer  Masse,  7"  hoch, 
unten  5",  oben  3"  weit,  hatte  kleine  Henkel,  und  einen  nach  aussen  scharf  umgebogenen 
Rand.  Ungefähr  300  Schritt  hiervon,  mehr  nördlich,  war  zwischen  Urnenscherben  eine 
Silbermünze  von  Kaiser  Trajan  gefunden.  Der  Major  v.  Reibnilz  schreibt  weiter,  dass 
am  Ende  des  langen  Sandstreifens,    wo    die    braune  Masse   zusammengehäuft  war,  auch 

7 


50 

eine  16  Zoll  lautre,  von  Sfacliem  Oolddralit  künstlich  zuainniengesetzte  Kette  mit  einem 
einfachen  Haken  befestigt  oefunden  sei,  die  noch  jetzt  dessen  Gemahlin  als  Armband 
trage."  ') 

Nach  diesem  Fiindbericht  ist  meiner  Ansicht  nach  kein  Zweifel,  dass  wir  es  hier 
mit  einem  Skelettgrabe  zu  tun  haben,  dessen  Leichnam  bis  auf  wenige  Knochenreste  zu 
braunem  Mull  zerfallen  war.  Auch  bin  ich  überzeugt,  dass  der  grosse  Kessel  mit  zu 
dem  Grabe  gehört  hat,  und  zwar,  dass  er  zu  Füssen  des  Leichnams  beigesetzt  war.  Wir 
finden  ja  häufig  derartige  Beigaben  in  Skelettgräbern  der  spätrömischen  und  spätem  Zeit. 
Seine  im  Gegensatz  zu  dem  kleineren  Bronze-Oefäss  rohe  Ausführung  und  geringe 
Patinierung,  die  an  die  Grapen  der  spätem  Zeit  erinnern,  scheinen  dem  freilich  zu  wider- 
sprechen. Derartige  anscheinende  Anachronismen  kommen  aber  häufiger  vor.  Die  Bei- 
setzung des  Kessels  in  demselben  weissen  Sande,  worin  der  Leichnam  gebettet  war, 
sprechen  klar  für  die  Gleichzeitigkeit  beider. 

Was  die  von  v.  Ledebur  angezogenen  Parallelen  zu  dem  kleineren  Bronze-Gefäss 
betrifft,  so  entstammen  die  von  Keysler  angeführten  beiden  Stücke  einer  viel  älteren  Zeit, 
denn  es  sind  reich  verzierte,  sogenannte  „Hängebecken"  der  nordischen  Bronze-Zeit,  die 
wir  ja  jetzt  zu  Dutzenden  kennen.  Seitenstücke  zu  dem  grossen  Bronzekessel  sind  aus 
Ungarn  mehrere  bekannt.  Sie  werden  dort  als  „skythisch"  angesehen  und  demgemäss  in 
die  vorchristliche  Zeit  gesetzt.-)  Demgegenüber  ist  zu  betonen,  dass  in  dem  Funde  von 
Höckricht  ein  Begräbnis  ganz  nach  merovingischer  Sitte  vorliegt  und  dass  auch  die  Fund- 
stücke einschliesslich  des  grossen  Kessels  durchaus  merovingischen  Charakter  zeigen.') 

Eduard  Krause 


')  Bei  den  Akten  des  Schles.  Museums  f.  Kunstgew.  u.  Alt.  liefindet  sich  eine  alte,  wahrscheinlich 
aus  dem  Anfang   der  dreissiger  Jahie   staiuniende   sorgfältig  ausgeführte   Bleistiftzeichnung  der   Fuiidstücke 

von  Höckriclit,  die  auch  eine  Skizze  der  erwtähnten 
Kette  enthält.  Fig.  14  a  zeigt  die  ,, wirkliche  Dicke 
der  Kette";  Fig.  14  b  eine  etwas  vcrgrösserte  Dar- 
stellung des  Drahtgeflechts;  Fig.  14c  eine  schematische 
^'  '^  Umrisszeichniing  der  ganzen  Kette.     Hierzu  wird  lie- 

merkt:  „Ganze  Länge  der  Kette  in  Fuss  fünf  und  »/j  Zoll."  Ein  beigefügter  Massstab  lässt  erkennen,  dass 
schlesische  Fuss  gemeint  sind.  Es  wäre  interessant  zu  wissen,  ob  diese  Kette  sich  noch  im  Besitz  der 
Familie  von  Reibnitz  erhalten  hat.       H.  S. 

")   Hampel,   Skythische  Denkmäler   aus   Ungarn,     Ftlnuil.  Mifteil.  aus  Ungarn,    Budapest  1S')5  S.  Ol. 

")  Als  ['arallelfunde  zu  den  Schmucksachen  führe  ich  an:  L.  Liiidcnschmit,  Handbuch  d.  deutsch. 
Altertumsk.,  Braunschweig  18S0  89  Taf.  III  Fig.  332;  Taf.  VI  Fig.  351  355;  Taf.  X  Fig.  2  u  ö;  Taf.  XX 
Fig.  9,  10  n.  11;  Taf.  XXI  Fig.  1 ;  Taf.  XXIV  Fig.  3.  Weitere  Beispiele  in  dem  dreihändigen  I'rachtwerke 
von  M.  C.  Barriere-Flavy,  Les  arts  industriels  des  peuples  barbares  de  la  (iaule  du  V.  au  VIII  siede, 
Toulouse  u.  Paris  1901. 


51 


EINIGE   PRÄHISTORISCHE   NEUERWERBUNGEN 


1.     KUPFER-  UND  BRONZEAXTE  VON  UNGARISCHER  FORM 

Von  einem  Breslauer  Altwarenhändler  erwarb  das  Museum  im  Herbst  IQOl  eine 
bronzene  Axt  mit  niedrigen  Rändern  (wie  Schies.  Vorz.  VI  2Q7  Fig.  9)  und  das  in  Fig.  1 
abgebildete  kupferne  Querbeil  (Kat.-Nr.  1223.01).  Nach  der  Angabe  des  Verkäufers  sollen 
beide  Gegenstände  an  der  Strasse  von  Militsch  nach  Trebnitz  in  der  Nähe  von  Oross- 
Zauche  von  Feldarbeitern  gefunden 
worden  sein.  Eine  Anfrage  beim  Outs- 
vorstande  ergab,  dass  diesem  von  dem 
Funde  nichts  bekannt  war.  Fundort 
und  Zusammengehörigkeit  der  beiden 
Stücke  sind  sonach  zweifelhaft.  Ihre 
schlesische  Herkunft  untediegt  jedoch 
keinem  Bedenken. 

Das  Beil  hat  eine  Länge  von  20 
und  eine  grösste  Breite  von  5,6  cm. 
Die  Dicke  beträgt  in  der  Mitte  2,7,  kurz 
vor  dem  Bahnende  1,8  cm,  das  Gewicht 
1404  gr.  Der  Querschnitt  ist  rechteckig. 
Die  Flächen  sind  am  Schneidenteile 
etwas  gewölbt,  die  Schneide  ist  bogen- 
förmig verbreitert,  das  Bahnende  hat  die 
Form  eines  flachen  Schmiedehammers. 
Das  nach  oben  zu  ein  wenig  erweiterte 
Schaftloch  ist  auf  der  oberen  Seite 
mit  einer  0,7  cm  hohen  Dülle  umgeben. 
Um  diese  herum  sind  in  die  Oberfläche 
10  unregelmässige  Grübchen  einge- 
schlagen. Die  Oberfläche  ist  ziemlich 
glatt  und  mit  einer  ungleichmässig  grünen  Patina  überzogen.  Die  Abnutzungsspuren 
sind  gering.     Die  Analyse  des  Städtischen  Untersuchungsamts  ergab  99,91",,  Kupfer. 

Das  Jahr  darauf  hörte  ich  bei  einer  Ausgrabung  in  Jordansmühl  zufällig  von  einer 
kupfernen  Axt,  die  ein  dortiger  Arbeiter  in  der  Richtung  auf  Poppelwitz,  also  nicht  weit 
von  dem  neolithischen  Wohn-  und  Begräbnisplatze  auf  dem  Bischwitzer  Berge,  gefunden 
hatte.  Es  gelang  mir,  sie  ebenfalls  für  das  Museum  zu  erwerben  (Kat.-Nr.  314.02).  Sie 
hat  grosse  Ähnlichkeit  mit  der  vorigen,  ist  aber  weniger  gut  erhalten.  Die  Schneide  ist 
abgebrochen;  sie  stand  nicht,  wie  bei  der  andern,  quer,  sondern  senkrecht  zum  Schafte. 
Die  Dülle  um  das  Schaftloch  ist  durch  einen  ganz  niedrigen  Rand  ersetzt,    die  Grübchen 

7« 


Fior.  1.    Gross-Zauche 


Fig.  2. 
Jordansmühl. 


52 


fohlen.  Dafür  yelit  hier  von  der  Mitte  des  Schaftlochrandes  beiderseits  eine  flache  drei- 
eckige Vertiefung  aus,  deren  Ränder  mit  den  Kanten  des  Schneidenteils  parallel  laufen. 
Nach  dem  Baimende  dacht  sicii  die  obere  Seite  ziemlich  stark  ab,  so  dass  nur  eine  schmale 
Schlagfläche  übrig  bleibt.  Die  Oberfläche  ist  teils  infolge  mangelhaften  Gusses,  teils  infolge 
von  Verwitterung  rauh  und  ungieichmässig  patiniert;  ausserdem  weist  sie  mehrfach  Spuren 
von  neuerlichen  Beschädigungen  auf.  L.  (ohne  das  abgebrochene  Stück)  17,5,  grösste 
Br.  6,  Dicke  am  Schneidenteil  2,7,  am  Bahnende  1,3,  Weite  des  Schaftlochs  3,5  cm.  Gewicht 
1035  gr.  —  Eine  Analyse  hat  nicht  stattgefunden.  Dem  Aussehen  nach  besteht  die  Axt 
aus  reinem   Kupfer.         Fig.  2. 

Ein  drittes  Exemplar  dieser  Art  von  Hammeräxten  ist  auf  dem 
Galgenberge  bei  Ottwitz  Kr.  Strehlen  gefunden  worden  (abgeb.  Schles. 
Vorz.  VII  351).     Ihre  noch  sehr  an  Steinäxte  erinnernde  plumpe  Form 
sowie  der  Umstand,  dass  sie  immer  aus  reinem  Kupfer,    niemals  aus 
Bronze    bestehen,    verweisen    sie  in  die  jüngere  Steinzeit.    Ausserhalb 
Schlesiens  kennt  man  sie  aus  Böhmen,')  Mähren-)  und  vor  allem  aus 
Ungarn,')    wo    sie    in   solcher  Zahl    und    in    so 
mannigfachen  Abstufungen  vorkommen,  dass  man 
alle  anderwärts  gefundenen  als  ungarische  import- 
stücke ansehen  kann.    Ihr  Auftreten  in  Schlesien 
bildet  also  einen  neuen   wichtigen  Beweis  für  die 
Beziehungen  unserer  I^rovinz  zu  Ungarn  während 
der  neolithischen  Periode. 

Einer  beträchtlich  jüngeren  Zeit  gehört  die 
in  Fig.  3  abgebildete  bronzene  Streitaxt  an,  die 
auch  wegen  ihrer  eigentümlichen  Fundumstände 
von  Interesse  ist.  Der  Stellenbesitzer  Arlt  in 
Gleinau  Kr.  Wohlau  stiess  im  Oktober  1899  auf 
seinem  in  der  Richtung  auf  Dombsen  zu  gelegenen 
Felde  1  Fuss  tief  unter  der  Bodenfläche  auf  einen 
grossen  Steinhaufen.  Die  Steinmasse  betrug  etwa 
8  Fuder,  obwohl  Steine  in  jener  Gegend  sonst 
nicht  häufig  sind.  Nach  Wegräumung  der  Steine 
fand  er  in  etwa  I  m  Tiefe  auf  einem  grösseren 
Steine  liegend  die  Bronzeaxt,  die  später  vom 
Museum  erworben  wurde(Kat.-Nr.63.99).  Knochen, 
Urnenscherben  oder  sonstige  Begleitstücke  waren 


Fig.  3.     Olciiiau 


1)  L.Schneidcr.Kiipferlieile  aus  dem  IkvirkeKöniKgrätz.MiHerl.il.k.k.Cefitr.-Comm.XXVIlI  1902  S.  105  f. 
'-')  Mucii,  Die  Kupferzeit  in  Europa,  Jena  1803  S.  41  f. 

•'')  V.  F'ulszky,    Die  Kupferzeit  in  Ungarn,    Budapest  1884  S.  57f;    Maiupel,    Neuere  Studien    über  die 
Kupferzeit,  Zeitsclir.  f.  Ethnol.  1896  S.  67 f. 


53 

nicht  dabei.  Ein  Grabfund  ist  sonach  ausgeschlossen.  Aber  auch  ein  zufällig  verloren 
gegangener  Gegenstand  kann  es  nach  Lage  der  Umstände  nicht  gewesen  sein,  vielmehr 
spricht  die  sorgfältige  Bettung  der  Axt  auf  einem  Steine  und  der  darüber  gehäufte  Stein- 
hügel dafür,  dass  ihr  ehemaliger  Besitzer  sie  mit  einer  bestimmten  Absicht  am  Fundorte 
niedergelegt  hat.  An  einen  zeitweilig  verborgenen  Schatz  zu  denken,  geht  auch  nicht 
an,  denn  solche  Schatzfunde  sind  immer  aus  einer  mehr  oder  minder  grossen  Zahl  von 
Stücken  zusammengesetzt  und  es  wäre  doch  seltsam,  wenn  man  hier  gerade  nur  einen 
einzelnen  Gegenstand  verborgen  hätte,  und  noch  dazu  eine  Waffe,  die  man  in  Zeiten 
der  Not  am  wenigsten  entbehren  konnte.  Es  bleibt  also  nur  die  Annahme  übrig,  dass 
wir  es  hier  mit  einer  Weihgabe  an  die  Götter  oder  an  Verstorbene  zu  tun  haben.  Es 
liegen  bestimmte  Nachrichten  aus  dem  Altertum  vor,  dass  diese  Art  von  Opfern 
gebräuchlich  war,  und  eine  beträchtliche  Zahl  von  prähistorischen  Funden  lässt  keine 
andere  Erklärung  zu.') 

Die  Gleinauer  Axt  hat  eine  Länge  von  21,3  und  eine  Schneidenbreite  von  3,2  cm. 
Der  Durchmesser  der  massiven,  unten  ebenen,  oben  gewölbten  Kopfscheibe  beträgt  6,4, 
die  Länge  der  Schafttülle  5,3  cm.  Form  und  Verzierung  ergeben  sich  aus  der  Abbildung. 
Die  Schneide  zeigt  geringe  Abnutzungsspuren,  die  Patina  ist  hellgrün  und  ziemlich  rauh. 
Alles  in  allem  ist  die  Axt  das  genaue  Gegenstück  zu  der  fast  hundert  Jahre  früher 
gefundenen  aus  Rosenthal  Kreis  Schweidnitz.-)  Nur  ist  bei  dieser  die  Kopfscheibe  nahezu 
flach  und  in  der  Mitte  mit  einem  kegelförmigen  Buckel  versehen.  Die  Klinge  ist  stärker 
geschweift  und  weist  niedrige  Randleisten  auf.  Auch  die  Ornamentierung  ist  etwas  ver- 
schieden. 

Der  Rosenthaler  Axt  sehr  nahe  steht  ein  drittes  Exemplar  unbekannten  Fundorts, 
das  dem  Museum  im  Jahre  1Q02  von  Herrn  Gelbgiessermeister  Franz  Kuppe  in  Breslau 
geschenkt  wurde  (Kat.-Nr.  345.02).  Die  Randleisten  an  der  noch  stärker  gebogenen  Klinge 
sind  hier  mehr  entwickelt  und  die  Kopfscheibe  hat  eine  nach  abwärts  gerichtete  scharfe 
Kante  und  eine  1,5  cm  hohe  Spitze. 

Das  Verbreitungsgebiet  dieser  Äxte  ist  ungefähr  dasselbe  wie  das  der  kupfernen. 
Auch  sie  sind  in  Ungarn  zu  Hause  und  von  dort  wahrscheinlich  in  die  Nachbarländer 
importiert  worden.  Ein  nahe  verwandter  Typus  kommt  im  Norden  vor  und  wird  dort  in 
die  ältere  Bronzezeit  (Periode  I  II  von  S.  Müller,  Periode  11  von  Montelius)  gesetzt.*) 
Dem  entspricht  die  von  Reinicke')  für  die   ungarischen   Äxte    gegebene  Zeitbestimmung: 

')  V^l.  Sopliiis  Müller,  Nordische  Altertumskunde,  I  S.  430  ff. 

'-■)  Abgeb.  bei  Biischinjj,  Die  heidnischen  Altertümer  Schlesiens,  Tafel  IV,  1;  Schles.  Vorz.  Bd.  II 
S.  32,  Taf.  1,  I;  Hampel,  A  Bronzkor  Emlekei  Mag>'arhonban,  IW.  III.  Taf.  CCLI.  Über  die  Fundumstände 
ist  nichts  näheres  bekannt. 

")  S.  Müller,  Ordning  etc.  Fig.  153,  und  Nord.  Altertumsk.  I  S.  281 ;  Montelius,  Om  tidliestämning 
PI.  2  Fig.  21,  und  Antiqu.  sued.    Fig.  99  u.  100. 

*)  Corresp.-Bl.  d,  deutschen  des.  f.  Anthr.  1902  S.  20  u.  27;  vgl.  auch  Arch.  Ertesitö  1899  S.  241 
(deutsches  Referat  Wien.  Mitteil.  1900  S.  101  f.). 


54 

er  zählt  sie  zu  den  Typen  seiner  Periode  C  des  mitteleuropäischen  Bronzeaiters,  bemerkt 
aber,  dass  sie  niciit  ausschliesslich  dieser  einen  Stufe  angehören,  sondern  auch  aus  älterer 
wie  aus  jüngerer  Zeit  nachweisbar  sind. 

2.     GRABFUND  VON  OBERHOF,  KREIS  BRESLAU 

Am  7.  Mai  1002  stiess  man  in  einer  Kiesgrube  zwischen  Siebischau  imd  Oberhof, 
eine  Meile  südwestlich  von  Breslau,  in  1  '/^  m  Tiefe  auf  ein  Skelett.  Es  lag  auf  dem 
Rücken  mit  dem  Kopf  nach  Norden,  das  Gesicht  aufwärts  gerichtet,  die  Arme  längs  des 
Körpers,  ausgestreckt  frei  im  Sande.  Arm-  und  Fussgelenkc  waren  mit  Bronzeringen 
geschmückt,  auf  der  Brust  lagen  zwei  Fibeln  aus  demselben  Metall,  in  der  Hüftgegend 
ein  Ring  aus  Lignit,  der  vielleicht  am  Gürtel  befestigt  gewesen  war.  Rechts  vom  Kopfe 
stand  ein  grosses  wohlerhaltenes  Tongefäss  von  schwarzer  Farbe.  Der  Besitzer  von 
Oberhof,  Herr  Rittergutsbesitzer  Karl  von  Wallenberg  auf  Schmolz,  benachrichtigte  sogleich 
das  Museum,  und  es  wurde  von  uns  eine  genaue  Untersuchung  der  Fundstelle  vor- 
genommen. Hierbei  konnten  noch  einige  Reste  des  Skelettes  gesammelt  werden,  die  auf 
eine  weibliche  Person  im  Alter  von  20  25  Jahren  schliessen  lassen.  Nach  der  geringen 
Weite  der  Gelenkringe  muss  die  Bestattete  von  zartem  Wuchs  gewesen  sein.  Trotzdem 
der  Boden  im  Abstände  von  5^6  Metern  abgetragen  wurde,  kamen  andere  Gräber  nicht 
zum  Vorschein.  Die  Funde  schenkte  Herr  von  Wallenberg  gleich  den  früher  auf  seinen 
Gütern  gemachten  dem  Museum  (Kat.-Nr.  252—60.02). 

Von  den  beiden  Armringen  ist  der  eine,  ein  kreisrunder,  glatter,  geschlossener 
Reif  von  fast  rundem  Querschnitt.  Dm.  7,2,  Stärke  0,7:0,8  cm.  Fig.  4.  —  Der  andere  ist 
in  zwei  Teilen  hergestellt,  einem  grösseren  von  etwa  7i  »-^es  ganzen  Umfangs  und  einem 
kleineren,  der  einerseits  durch  einen  Zapfen,  anderseits  durch  ein  Scharnier  mit  dem 
grösseren  verbunden  ist.  Das  Scharnier  besteht  in  einem  zungenförmigen  durchlochten 
Vorsprung,  der  in  einen  entsprechenden  Schlitz  des  grösseren  Teiles  passt  und  durch 
einen  durchgesteckten  Stift  befestigt  werden  konnte.  Wollte  man  den  Ring  öffnen,  so 
musste  man  zunächst  den  Befestigungsstift  aus  dem  Scharniere  ziehen  uml  dann  den 
kleineren  Teil  herausnehmen.  Ein  einfaches  Aufklappen  wurde  durch  den  an  seinem 
anderen  Ende  befindlichen  Zapfen,  der  in  ein  Loch  des  grösseren  eingriff,  verhindert 
Der  Ring  ist  hohl  gegossen,  so  dass  die  nach  innen  gekehrte  Seite  oftVn  liegt,  und  uii- 
verziert.    Dm.  7,55,  Stärke  1,18  :  1, öS  cm.     Fig.  5. 

Die  beiden  Fussringe  sind  schwach  elliptisch  und  an  der  Aussenseitc  abwechselnd 
mit  grösseren  und  kleineren  halbkugiigen  Knöpfen  oder  Knoten  verziert.  Die  Enden 
stossen  dicht  zusammen.  Dm.  a)  0,4:8:7,  b)  10,1  :  0,2,  Stärke  a)  1,2:  1,0,  b)  1,05:  1,4  cm. 
Fig.  6  und  7. 

Die  beiden  Fibeln  gehören  zur  Klasse  der  eingliedrigen  Früh-La  Tenefibeln.  Die 
kleinere  hat  einen  massiven  dicken  Bügel  von  rundem  Querschnitt,  der  seiner  ganzen 
Länge  nach   durch   Einschnürungen   gegliedert   ist.     Ebenso   ist   der   rückwärts   gebogene 


55 


Fuss  duixli  Verdickungen  und  Einkerbungen  profiliert.     Die  mit  oberer  Sehne  versehene 
Kopfspirale  beschreibt  beiderseits  drei  Windungen.    L.  7,6,  Br.  2,55,  Br.  der  Kopfspirale  2,65, 


Fi«,  n.    Ton.    "4 


Stärke  des  Bügels  0,7  cm.     Fig.  8.  —  Die  grössere  Fibel  hat  einen  bandförmigen  Bügel,  der 
sich  nach  beiden   Enden  zu  verjüngt  und  mit  drei  quergerippteii  Längsrippen  verziert  ist. 


56 

Der  Fuss  erweitert  sich  am  Ende  zu  einer  rinoförmigen  qiiergerippten  Platte,  die  in  ein 
profiliertes  Schiussstücl<  übergelit.  Die  Kopfspiraie  besciireibt  beiderseits  vier  Windimyen. 
An  der  Aussenseite  des  Nadeiliaiters  sind  in  der  raiiiien  Patina  Abdriici<e  von  Fäden 
sichtbar,  die  von  dem  Totengewande  herrühren.  L  9,5,  Br.  2,8,  Br.  der  Kopfspirale  3,3 
Br.  des  Bügels   1,6  cm.     Fig.  9. 

Der  Gürtelring  ist  kreisrund,  geschlossen,  von  rundem  Querschnitt  und  ganz  glatt. 
Die  Farbe  ist  kohlschwarz.  Er  war  von  den  Arbeitern  in  drei  Stücke  zerbrochen  worden. 
Nach  freundlicher  Bestimmung  durch  Prof.  Hintze  besteht  er  aus  Lignit,  einer  Art  von 
Braunkohle,  die  häufig  in  zusammenhängenden  Baumstämmen  vorkommt  und  zuweilen 
noch  als  Holz  verarbeitbar  ist.     Dm.  9,5,  Stärke  1,1  cm.     Fig.  10. 

Das  Tongefäss  ist  eine  sehr  regelmässig  geformte,  weitmündige  Vase  von  grau- 
brauner Masse,  deren  Oberfläche  aussen  mit  einem  feinen,  glänzend  schwarzen,  nur  durch 
Verwitterung  stellenweise  heller  gewordenen  Überzug  versehen  ist.  Der  Halsansatz  ist 
durch  einen  von  innen  herausgetriebenen  kräftigen  Wulst  markiert,  der  etwas  ausladende 
Rand  ist  verdickt.  Längs  des  äusseren  Bodenrandes  ist  eine  Ringfurche  gezogen.  Das 
Gefäss  ist  unzweifelhaft  auf  der  Drehscheibe  gearbeitet  und  somit  das  älteste  Beispiel 
dieser  Technik  auf  schlesischem  Boden.     H.  21,8,  ob.  Dm.  19,2,  u.  Dm.  12,5  cm.   Fig.  11. 

Der  Grabfund  von  Oberhof  ist  ein  klassisches  Beispiel  jener  Gruppe  von  Früh- 
La  Tenefunden,  die  ich  in  meiner  Arbeit  über  die  schlesischen  Funde  der  vorrömischen 
Eisenzeit  als  böhmisch  bezeichnet  habe  (Schles.  Vorz.  VI  452f.).  Seine  Ähnlichkeit  mit  den 
gleichaltrigen  böhmischen  erstreckt  sich  auf  alle  Einzelheiten:  die  Orientierung  des  Grabes, 
die  Rückenlage  des  Toten,  seinen  reichen  Körperschmuck,  die  Art  der  Schmucksachen, 
die  Gestalt  und  Technik  des  Tongefässes.')  Von  besonderer  Bedeutung  ist  der  Lignit- 
ring. Bekanntlich  ist  Böhmen  das  Braunkohlenland  v-cci  s^oyjjv.  Die  Kohle  wird  dort 
noch  heute  vielfach  durch  Tagebau  gewonnen  und  sie  hat  sicherlich  schon  in  alter 
Zeit  die  Aufmerksamkeit  der  Bewohner  auf  sich  gezogen.  So  erklärt  es  sich,  dass  in 
den  dortigen  Gräbern  Schmucksachen  aus  Lignit  nicht  selten  sind.  Sie  kommen  jedoch 
nur  während  der  La  Teneperiode  vor,  und  zwar  immer  in  besonders  reich  ausgestatteten 
Gräbern,  so  dass  man  in  ihnen  Abzeichen  der  Vornehmen  vermutet  hat.-)  Das  Tragen 
solcher,  aus  kohleartigen  Stoffen  gefertigter  Schmucksachen  ist  eine  spezifisch  keltische 
Sitte.  Im  Westen  gebrauchte  man  dazu  den  Gagat  (Pechkohle),  der  ja  in  Württemberg 
noch  jetzt  zu  industriellen  Zwecken  verarbeitet  wird.'')  Die  gallischen  Bojer,  die  im 
4.  Jahrh.  v.  Chr.  Böhmen  eroberten,  schufen  sich  in  dem  einheimischen  Lignit  einen  Ersatz 
für  das  altgewohnte  Material. 


')  Ausser  der  in  Schles.  Vor/.  VI  452  aiigefülirteii  Literatur  vgl.  I'ic,  Starozitnosti  iJil  11,  Sv.  1; 
V.  Weinzierl,  Das  La  Tenegrabfeld  von  Langugest,  Braunschweig  1899;  L.  Schneider,  Das  La  Tenegräber- 
feld  von  Hoienice,  Mitt.  d.  k.  k.  Centr.-Coniin.  XXVIII   1002,  S.  116  f.;  Cervinka  Morava  za  praveku  S.  259-  278. 

2)  V,  Weinzierl  a.  a.  O.  S.  70. 

'■')  Ikierli,  Urgeschichte  der  Schweiz  S.  48,  295,  371   u.  ö. 


57 

Eine  derartige  Übereinstimmung,  die  in  den  früheren  Funden  noch  nicht  so  deutlich 
zutage  trat,  kann  nicht  durch  blosse  Kuitureinfiüsse,  sondern  nur  durch  Gleichheit  der  Be- 
völi<erung  erl<iärt  werden.  Der  Schkiss  liegt  nahe,  dass  die  gallischen  Einwandrer,  deren 
Spuren  sich  im  nordöstlichen  Böhmen  bis  an  die  Ausläufer  des  Grenzgebirges  verfolgen 
lassen,  einen  Verstoss  nach  Schlesien  unternommen  und  sich  zeitweise  zu  Herren  eines 
freilich  nicht  sehr  ausgedehnten  Landesteiles  gemacht  haben.  Dass  wir  bisher  in  Schlesien 
bloß  vereinzelte  Gräber  dieser  Art  gefunden  haben,  spricht  dafür,  dass  der  Aufenthalt  der 
Fremdlinge  nur  von  kurzer  Dauer  gewesen  ist.  Böhmen  wurde  von  ihnen  bekanntlich 
zur  Zeit  Caesars  aufgegeben. 

3.    BRONZEWAOE  AUS   DÜRSCHWITZ 

Bei  Erdarbeiten  zum  Bau  der  Kleinbahn  Jauer-Maitsch  fand  man  im  Sommer  1Q02 
in  Dürschwitz  Kr.  Liegnitz  am  Leisebach  eine  kleine  Schalenwage  aus  Bronze.  Über  die 
Fundumstände  verlautet  nichts.  Die  Wage  kam  in  den  Besitz  des  Herrn  Baumeisters 
Eisner,  der  sie  auf  Ersuchen  unserem  Pfleger,  Herrn  Rechtsanwalt  Kühn  in  Jauer,  für 
das  Museum  übergab  (Kat.-Nr.  344.02). 

Zur  Wage  gehören  zwei  kreisrunde  flache,  innen  und  aussen  vergoldete  Schalen  aus 
dünnem  Bronzeblech,  deren  Kanten  horizontal  nach  innen  gebogen  sind.  Am  äusseren 
Rande  sind  als  Verzierung  mit  einem  Stempel  eine  Reihe  augenartiger  Vertiefungen  ein- 
geschlagen, ausserdem  4  Löcher  zur  Aufnahme  der  Ketten.  Jede  Schale  wird  von  vier 
Kettchen  gehalten,  die  sich  in  einem  Ringe  vereinigen.  Dieser  hängt  an  einer  stärkeren 
Kette,  die  an  den  Enden  des  Wagebalkens  befestigt  ist.  Die  Kettenglieder  bestehen  aus 
feinem  Draht,  der  in  Form  zylindrischer  Spiralen  bei  den  unteren  Ketten  dreifach,  bei 
den  oberen  vierfach  zusammengerollt  ist.  Der  Wagebalken  ist  dreiteilig.  Die  zum  Auf- 
klappen eingerichteten  Seitenarme  sind  "rund  und  mit  würfelförmigen  Knöpfen  sowie  an 
den  Enden  mit  schraubenartigen  Gewinden  verziert.  Das  Miltelstück  mit  der  Zunge  und 
dem  Kloben  war  nicht  erhalten,  konnte  aber  nach  vollkommen  entsprechenden  Parallelstückcn 
ergänzt  werden.  Ausserdem  weist  noch  die  eine  Schale  stärkere  Beschädigungen  auf.  Die 
Vergoldung  der  Schalen  ist  ziemlich  gut  erhalten.  Die  übrigen  Teile  zeigen  die  ursprüng- 
liche Bronzefarbe.     Dm.  der  Schalen  7,3,  H.  3,  Br.  der  Seitenarme  je  7,1  cm.     Fig.  12. 

Teile  von  gleichartigen  Wagen  besitzt  unser  Museum  noch  von  zwei  anderen 
Fundorten.  Aus  der  Sammlung  des  Kgi.  evang.  Gynniasiums  in  Glogau  stammt  ein 
wohlerhaltener  und  schön  patinierter  dreiteiliger  Wagebalken  von  17  cm  Länge,  der  dem 
Dürschwitzer  sehr  ähnlich  ist,  nur  dass  die  Seitenarme  stärker  und  an  den  Enden  etwas 
anders  geformt  sind  (Kat.-Nr.  747.91)  Fig.  13.  Der  genaue  Fundort  steht  nicht  fest. 
Von  einer  grösseren  Wage  rührt  ein  Wagebalken  her,  der  1873  in  Striegau  bei  einem  Haus- 
bau „neben  hellgelben  Tongefäßen"  gefunden  worden  ist.  Die  Konstruktion  ist  dieselbe 
wie  bei  den  anderen,  aber  das  Mittelstück  hat  eine  Länge  von  8,2,  die  (nicht  verzierten) 
Seitenarme  von  je  13  cm,  woraus    sich    eine  Gesamtlänge  von  30  cm  ergibt.     Die  Zunge 


58 


lind  das  eine  Endstück  sind  abgebrochen.     Die  Patinia  ist  raiili.    (Kat.-Nr.  6665).    Abgeb. 
Sciiics.  Vorz.  111  32  Taf.  2  Fig.  30. 

BronzewagLMi  dieser  Art  kennt  man  sclion  aus  der  römischen  Kaiserzeit.  So  ent- 
halten z.  B.  die  riieinischen  SammUmgen  sowie  das  Museum  für  Völkerkunde  und  das 
Antiquarium  in  Berlin  dreiteilige  Wagebalken  von  römischen  Fundstationen,  darunter  aucii 
solche  mit  würfelförmigen  Verzierungen,  wie  die  unsrigen.  Andrerseits  sind  sie  in 
Skandinavien,  Norddeutschland  imd  namentlich  in  den  Ostseeprovinzen  ziemlich  häufig 
vorgekommen.  Manche  waren  vollständig  erhalten  und  lagen  zusammengeklappt  mit  den 
Gewichten  in  hübsch  verzierten  runden  Bronzekapseln.  Diese  nordischen  Exemplare  nun 
stammen,   wie  durch  Begleitfunde  festgestellt  ist,  grösstenteils  aus  der  Zeit  des  arabisch- 


nordischen  Handels,  also  etwa  aus  dem 
Q— 11.  Jahrhundert.  Sie  wurden  dazu 
gebraucht,  das  in  Form  von  ganzen  und 
zerbrochenen  Münzen,  Schmucksachen 
und  Barren  als  Wertmesser  dienende  Silber 
abzuwiegen.  Ihre  Übereinstimmung  mit 
den   römischen   erklärt   sich   daraus,   dass 


CTS® 


die  Nordländer  ihr  Oewichtsystem  von 
den  Römern  übernommen  und  lange  Zeit 
unverändert  beibehalten  haben.  Vergl. 
darüber  die  Abhandlung  von  Friedrich 
Kruse,  Necrolivonica,  Leipzig  1869,  S.  14 f., 
Beilasje  E  und  Zusätze  S.  31  f. 


Hans  Seger 


Fifj.  12.     Sclialenvvaj>e 
ans  Diirschwitz.     '!■,. 

Fig.  n.    Wagebalken 
aus  Qlogaii.     '/i- 


59 

SCHLESISCHE    MÜNZFUNDE 

I.    BRAKTEATENFUND  VON  LIEGNITZ 

Im  Frülijalir  1903  wurden  bei  Orundlegungsarbeiten  zwischen  den  Fundamenten  des 
sog.  Hedwigsturms  am  Liegnitzer  Schlosse  mehrere  durch  Rost  und  Grünspan  zu  Klumpen 
zusammengebackene  Brakteaten  gefunden.  Sie  lagen  in  unglasierten  Töpfen  von  mittel- 
alterlicher Form.  Die  mit  unendlicher  Mühe  und  Geduld  vollzogene  Reinigung  und 
Lösung  der  überaus  gebrechlichen  Stücke  hat  ergeben,  dass  es  sich  um  folgende  Sorten 
handelt: 

1.  Schlesischer  Adlerpfennig  etwa  wie  Friedensburg,  Schlesiens  Münzgesch.  im  Mittel- 
alter Nr.  189fg. 

2.  Pommern.     Pfennig  mit  nach  rechts  schreitendem  Greif. 

3.  Stargard.     Pfennig  mit  sechsstrahligem  Stern,  Strahlenrand.     4  Stück. 

4.  Pyritz.     Pfennig  mit  achtblättriger  Rose. 

5.  Pfennig  mit  Kreuz  in  einfacher  Form.     2  Stück. 

6.  Dgl.  mit  Kreuz,  dessen  einer  Schenkel  sich  spaltet. 

7.  u.  8.  Pfennige  mit  Kronen  in  zwei  Verschiedenheiten  3  und  1  Stück. 
9.  Pfennig  anscheinend  mit  2  einander  abgekehrten  Vogelköpfen. 

Dazu  kommen  noch  die  Bruchstücke  von  ö  unkenntlichen  Stücken. 

Numismatisch  hat  der  Fund  insofern  eine  gewisse  Bedeutung,  als  er  uns  lehrt,  dass 
die  hier  in  Gemeinschaft  des  sicher  vor  1290  geprägten  Schlesiers  auftretenden  pommer- 
schen  Münzen  Nr.  2  bis  4  noch  ins  13.  Jahrhundert  gehören,  während  man  sie  sonst 
regelmässig  ins  14.  verlegt.  Ihnen  schliessen  sich  wohl  auch  Nr.  7  bis  9  als  Landsleute 
an,  während  Nr.  5  und  6  gewöhnlich  für  Gepräge  der  Deutschritter  gelten,  aber  vielleicht 
auch  pommerisch  sind.  Wir  sehen  auch  hier  wieder,  dass  der  Strahlenrand  vereinzelt 
schon  recht  frühe  auftritt  und   keineswegs  das  Kennzeichen  eines  späten  Brakteaten  ist. 

Grössere  Wichtigkeit  besitzt  der  Fund  für  die  Stadtgeschichte  von  Liegnitz.  Bei 
der  Eigenart  der  Brakteaten,  die  auch  abgesehen  von  dem  Gebrauch  der  dreimaligen  Ver- 
schlagung der  Münze  im  Jahre  einen  längeren  Umlauf  nicht  gestattete,  und  bei  der  Sicher- 
heit, mit  der  wir  das  Ende  der  schlesischen  Brakteatcnprägung  überhaujit  in  die  Zeit  nahe 
um  1290  verlegen  können,  haben  wir  in  dieser  Jahreszahl  die  ziemlich  genaue  Datierung 
des  Fundes  und  damit  des  Bauwerkes,  in  dem  die  Münzen  geborgen  waren.  Es  dient 
zur  weiteren  Bestätigung  dieser  Datierung,  dass  wir  aus  dieser  Zeit  sogar  ein  bestimmtes 
Ereignis  nachweisen  können,  bei  welchem  pommersches  Geld,  das  sonst  in  unseren 
Brakteatenfunden  nicht  auftritt  und  dessen  Auffindung  in  Schlesien  an  sich  höchst  auf- 
fällig ist,  in  unser  Land  gekommen  sein  kann:  am  18.  Mai  1282  urkundet  Philipp,  Bischof 
von  Fermo,  in  Militsch  über  einen  Vertrag  zwischen  Herzog  Mestwin  von  Pommern  und 
dem  deutschen  Orden  und  crsterer  stellt  am  selben  Tage  und  Orte  die  Gegenurkunde 
aus  (Grünhagen  Schles.  Regesten  Nr.  1710,  1711). 

8* 


60 

Da  der  Hedwiirstumi  selbst  aus  dem  Jahre  1415  stammt,  so  beweist  der  Fund, 
dass  er  auf  den  Fundamenten  eines  älteren  Bauwerks  errichtet  worden  ist. 

Der  Fund  wird  in  der  Städtischen  Altertümersammlunj^  zu  Liegnitz  aufbewahrt. 

Ferdinand  Friedensbiirg 

II.    HELLERFUND  VON    WILSCHKOWITZ 

In  Wilschkowitz  Kr.  Nimptscii  wurde  Anfang  Oktober  1Q02  auf  einem  Herrn 
Gutsbesitzer  Hermann  Brehmer  gehörenden  Ackerstücke  am  Rande  eines  Feldweges  beim 
Pflügen  aus  einer  Tiefe  von  ca.  50  cm  unter  der  Ackerkrume  ein  Münzenfund  zutage 
gefördert,  der  bis  auf  wenige  Stücke  aus  schlesischen  Helierprägungen  des  Mittelalters 
bestand  und  alle  bisherigen  Funde  dieser  Art  an  Stückzahl  und  Reichtum  an  verschiedenen 
Sorten  ganz  erheblich  übertrifft.  Mindestens  5000  Stücke  dieser  interessanten  kleinen 
Münzen  kamen  als  Inhalt  dreier  Tongefässe,  die  beim  Herausnehmen  leider  in  Scherben 
gingen,  ans  Licht.  Wenn  auch  bei  der  Aufdeckung  ein  gewisss  nicht  kleiner  Teil  davon 
verschleppt  wurde,  auch  mehrere  hundert  Stück  in  Privatbesitz  gelangten,  so  ist  doch  der 
grösste  Teil  von  dem  Eigentümer  des  Grundstücks  in  dankenswerter  Weise  unserm 
Museum  übereignet  und  dadurch  für  die  Wissenschaft  gerettet  worden.  Ausserdem 
haben  die  Herren  August  Kirschner  in  Heidersdorf  und  Dr.  Rhode  in  Puschkowa  die 
von  ihnen  erworbenen  Stücke  für  die  Bearbeitung  zur  Verfügung  gestellt,  so  dass  es 
möglich  war  ein  ziemlich  vollständiges  Gesamtbild  des  ganzen  Schatzes  zu  bekommen. 

Der  folgenden  Übersicht  ist  Friedensburgs  bekanntes  Werk  über  Schlesiens  Münz- 
geschichte im  Mittelalter  (Codex  diplomaticus  Silesiae  Bd.  13)  und  der  1904  hierzu  er- 
schienene Ergänzungsband  (Cod.  dipl.  Sil.  Bd.  23)  zugrunde  gelegt. 

1.  Breslau,  Rempelheller  F.  554 621  Stück. 

Von  den  bekannten  Varietäten  befinden  sicii  hierunter  ohne  Beizeichen  182, 

a,  mit  Ringel  146,  b.  mit  durchstrichenem  Ringel  47,  c.  mit  Stern  118, 
d.  mit  Mondsichel  14,  e.  mit  Lilie  2,  g.  mit  dem  Buchstaben  T  99,  i.  Hs. 
Ringel  Rs.  T  8,  m.  Hs.  Lilie  Rs.  Stern  4,  ausserdem  eine  ganz  neue  Abart 
r.  mit  dem  Buchstaben  S  unter  dem  Löwen  und  einer  umgekehrten  Mond- 
sichel neben  dem  Johanneskopf. 

Ob  dieses  merkwürdige  Stück  trotz  des  mit  den  anderen  Sorten  über- 
einstimmenden Stempelschnittes  Breslauer  Ursprungs  und  nicht  vielleicht 
eine  Nachprägung  ist,  wie  dies  Friedensburg  für  sein  Stück  s.  mit  dem 
Buchstaben  B  vermutet,  bleibt  eine  offene  Frage. 

2.  Liegnitz,  Peterspfennige  F.  588 2277 

Diese  Sorte  bildet  annähernd  die  Hälfte  des  ganzen  Fundes.  Es  lassen 
sich  darunter  zwei  Hauptgruppen  erkennen.  Durch  Einschmelzen  und 
Wiegen  einzelner  Stücke  hat  sich   ergeben,   dass   der   Feingehalt   zwischen 

3  und  5  Lot  und  das  Gewicht  zwischen  0,29  und  0,24  gr  schwankt. 


61 

3.  Brieg,  St.  Hedwigshellcr  F.  592 37  Stück 

4.  -'       Heller  mit  geschachtem  Felde  F.  595 41 

Diese  Heller  hatte  man  früher  an  den  Ausgang  des  Mittelalters  gesetzt. 

Auf  Grund  unseres  Fundes,  der  davon  vier  verschiedene  Gepräge  in  fast 
slempelfrischen  Exemplaren  aufweist,  sind  sie  nunmehr  in  die  Zeit  vor 
1450  zu  datieren. 

5.  Freistadt,  Zinnenturmheller  F.  638 65 

Auch  bei  dieser  Sorte  muss  die  frühere  Vermutung  Friedensburgs,  wonach 

sie  einem  Privilegium  von  1472  ihre  Entstehung  verdanken  sollten,  auf- 
gegeben und  die  Prägezeit  um  das  Jahr  1430  zurück  verlegt  werden.  Als 
Varianten  enthält  der  Fund  2  Stücke  mit  3  Punkten  und  2  Stücke  mit 
einem  Punkt  unter  dem  Buchstaben  m. 

6.  Glogau,  Madonnenheller  F.  648 10 

7.  F.  649 1 

8.  -  '-  F.  650 279       - 

Zu   den   besterhaitenen   Stücken    des    ganzen   Fundes    gehörend    weisen 

diese  Heller  zahlreiche  Stempelverschiedenheiten  in  der  Darstellung  der 
heiligen  Jungfrau  auf. 

9.  Öls,  Heller  mit  Adler  und  Spruchband   F.  672 351 

Hierbei  befinden. sich  26  Stücke  der  Abart  c.  mit  dem  Ringel  im  Felde. 

10.  Wohlau,  Heller  mit  Stierkopf  im  Dreipass  F.  673 1 

11.  =  -  -  --  Kreise  F.  674 2       - 

12.  Namslau,     -  =      Krone  F.  686 4 

13.  Schweidnitz,  Hohlheller  mit  Eberkopf  F.  704 794       -- 

14.  Jauer,  Heller  mit  J   F.  706 2       • 

15.  =  J   F.  707 3 

16.  Münsterberg,    Hohlheller    mit   dem    Buchstaben   Hl,    darüber   ein   kleiner, 
unkenntlicher  Buchstabe  F.  725A 20 

Besonderes  hiteresse  bietet  bei  diesen  Stücken  das  über  dem  Art  befind- 
liche Beizeichen  in  Form  eines  gotischen  Minuskelbuchstabens.  Vor  etwa 
20  Jahren  kamen  sie  zum  ersten  Male  in  2  Exemplaren  in  einem  Oppelner 
Münzfunde  vor.  (Schles.  Vorz.  V  23.)  Wegen  ihres  leichteren  Gewichtes 
und  geringeren  Feingehaltes  hält  Friedensburg  sie  für  Nachahmungen 
seiner  Nr.  725. 

17.  Neisse,  Hohlheller  mit  Muschel  F.  771 2 

18.  Heller  mit  Lilienschild  F.  772 82 

Hierunter  befinden  sich   10  Stücke  ohne  Ringel  im  Lilienschilde. 

19.  Glatz  mit  cj  zwischen  zwei  Ringeln  F.  782 1 

20.  -        ebenso,  aber  ohne  Kreuzchen  im  c}   F.  782  A 3 

21.  Oppeln,  Hohlheller,  halbes  Kreuz  und  halber  Adler  F.  797 112       • 


62 

22.  Opiieln,  Hohllieller,  Adler  nacli  links  selieiui  F.  7Q8 114  Stück 

23.  Kose!,  Adlerschild,  Rs.  Bockskopf  n.  I.  gewandt  F.  815A 2 

Dieses  Stück  bereichert  die  bekannten  Reihen  der  schlesischen  Heller  um 
eine  neue  Sorte.  Leider  sind  die  beiderseitigen  Umschriften  fast  unleserlich, 
doch  ist  die  Zuteilung  nach  Kosel  durch  die  Darstellung  des  Ziegenkopfes 
und  den  schlesischen  Adler  im  Schilde  sicher.  Der  Adlerschild  stimmt  mit 
dein  auf  den  Hellern  von  Öls  und  Neisse  vorkommenden  auffallend  über- 
ein, so  dass  auf  eine  gemeinsame  Fabrik  zu  schliessen  ist. 

24.  Kosel,  Heller  mit  Ä  F.  816 7       = 

25.  Beuthen.  Heller  mit  B  im  Dreipass  F.  817 5 

26.  ^  Bergmann  F.  819 5 

27.  Ratibor,  Heller  mit  Helm  F.  823 6       -- 

28.  =  =       halber  Adler  und  halbes  Rad  F.  824 1 

29.  Troppau,  Heller  mit  Stadtwappen  F.  830 3 

30.  wie  F.  827,  aber  auf  der  Rückseite  iängsgeteilter  Schild, 
wie  bei  F.  827,  worüber  querliegend  das  Stadtwappen,  ein  mit  drei  Sparren 
belegter  Pfahl  F.  831A      2      = 

Auch  hiermit  haben  die  schlesischen  Hellersorten  eine  Bereicherung 
erfahren,  da  ein  derartiges  Stück  bisher  nicht  bekannt  war.  Seine  Ent- 
stehung glaubt  Friedensburg  einem  Versehen  des  Stempelschneiders  zu- 
schreiben zu  müssen. 

31.  Tost,  Hohlheller  mit  T  F.  835 57       = 

Die  Zuteilung  des  früher  unbestimmten  Stückes  an  die  Stadt  Tost  beruht 
auf  einer  neuerlichen  Vermutung  Friedensburgs. 

Von  nicht  nach  Schlesien  gehörenden  Prägungen  fanden  sich  vor: 

32.  Frau  Stadt,   Heller 6 

33.  Polen,   Denare  aus  der  Zeit  Wladislaus  II.  Jagello  (1386     1434)     ....       7       = 

34.  Anhalt,  Hohlpfennig 1 

35.  Eine  alte  französische  Marke  in  Messingbronze. 

Hs.  der  gekrönte  franzc'isische  Lilienschild  zwischen  zwei  gestielten  Blumen, 

Rs.  ein  steigender  Löwe  von   12  kleinen  Ringeln  umkreist. 

Chronologische  Anhaltspunkte  für  die  Vergrabungszeit  des  Fundes  bieten  uns  die 
Heller  von  Freistadt  F.  638,  Glogau  F.  650  und  Tost  F.  835  mit  ihrer  fast  durchweg 
stempelfrischen  Erhaltung.  Hiernach  ist  mit  grosser  Wahrscheinlicheit  anzunehmen,  dass 
der  Fund  um  die  Jahre  1449,50  in  die  Erde  gekommen  ist. 

III.    SCHATZFUND  VON   KLEIN-SCHLAUSE 

Im  September  1903  erhielt  das  Museum  durch  Herrn  Redakteur  Hartmaim  in 
Münsterberg  die  Nachricht,  dass  bei  Klein-Schlause  dortigen  Kreises  von  Feldarbeitern  zwei 
Tongefässe  mit  einem  in  Leinwand  eingewickelten  kleinen  Silberschatz   gefunden  worden 


63 

seien.  Gleichzeitig  übersandte  er  als  Probe  einige  Münzen  und  die  am  Schiuss  dieses  Auf- 
satzes abgebildete  Mantelschliesse.  Daraufhin  begab  sich  Herr  Direktor  Seger  an  den 
Fundort  und  erwarb  den  Fund  für  das  Museum. 

Von  den  wie  gewöhnlich  zerbrochenen  Gefässen  war  das  eine  ein  15  cm  hoher 
ziegelroter  Krug  mit  eingezogenem  zylindrischem  Halse,  das  andere  ein  kleiner  schwarz- 
brauner Topf  mit  profiliertem  Rande.  Die  noch  gut  erhaltenen  Leinwandreste  zeigen  ein 
grobes  Gewebe.  Den  ohne  Zweifel  wertvollsten  Bestandteil  des  ganzen  Fundes  bildet 
die  als  einziges  Schmuckstück  dazu  gehörige  silberne  Mantelschliesse.  Öse  und  Haken 
tragen  als  Verzierung  zwei  4  cm  hohe  vergoldete  Buckel,  deren  unvergoldete  Köpfe  granuliert 
und  mit  angelöteten  Perlstäben  und  Kugelpyramiden  verziert  sind.  Die  Buckel  werden 
von  je  vier  zylindrischen  mit  silbernen  Kugeln  bekrönten  Türmchen  eingefasst  und  sind 
ebenso  wie  diese  auf  Scheiben  von  2,5  cm  Durchmesser  aufgenietet,  deren  Ränder  von 
erhabenen  Blätterkränzen  umgeben  sind.  Als  Mittelstück  der  Schliesse  ist  über  dem  Haken 
eine  ganz  vergoldete,  mit  vier  Kugeln  bekrönte  Pyramide  aufgelötet.  Am  Rande  der 
Scheiben  befinden  sich  6  bzw.  7  Löcher  zum  Annähen  der  Schliesse  an  das  Gewand. 
Das  interessante  Schmuckstück  ist  von  tadelloser  Erhaltung  und  offenbar  nur  kurze  Zeit 
im  Gebrauch  gewesen.  Ähnliche,  nur  viel  kleinere  Zierpyramiden  wie  das  Mittelstück  der 
Schliesse  finden  sich  an  einer  reich  bestickten  Parua  (Besatz  eines  priesterlichen  Schulter- 
tuches) des  Museums   aus  der  Elftausend-Jungfrauenkirche  in  Breslau.     (Kat.-Nr.  7746.) 

Von  Münzen  enthielt  der  Fund  a.  331  Stück  Prager  Groschen,  darunter  5  Stück  von 
Karl  IV.  (1346  1378),  die  übrigen  aus  der  Regierungszeit  seines  Sohnes  Wenzeslaus  IV. 
(1378  14 IQ);  b.  765  Stück  schlesische  Heller,  zu  denen  sich  noch  7  Stück  gleichartiger 
Münzen  von  anderer  Herkunft  gesellen. 

Die  schlesischen  Stücke  verteilen  sich  auf  folgende  Sorten: 

1.  Breslau,  Böhmischer  Löwe  im  Quadrat.     Rs.  Adler  F.  553 4  Stück 

darunter  1   Stück  mit  Adlerkopf  nach  links  sehend. 

2.  Breslau,  Rempelheller  F.  554 ig 

Hiervon  ohne  Beizeichen  6,  a.  mit  Ringel  3,  b.  mit  durchstrichcnem  Ringel  3, 

c.  mit  Stern  5,  d.  mit  Mondsichel   1,  g.  mit  T  1. 

3.  Liegnitz,  Peterspfennige  F.  588 86 

4.  Brieg,  St.  Hedwigsheller  F.  5Q2 17 

5.  Freistadt,  Zinnenturmheller  F.  638 10 

ein  Stück  davon  mit  drei  Punkten  o°o  unter  dem   Buchstaben   m- 

6.  Glogau,  Heller  mit  ©  umgeben  von  4  Ringeln   F.  644 30 

7-  '         ebenso,  aber  ohne  die  Ringel  F.  645 34 

8-  =         wie  F.  644,  doch  Rs.  statt  der  Buchstaben  00  0.00.0.  p.  546      .     .     2Q 
9.  =         Madonnenheller  F.  648 76 

10.  Öls,  Heller  mit  Adler  und  Spruchband  F.  672 84 

in  allen  bekannten  Varietäten  a.  45,  b.  16,  c.  18,  d.  5  Stück. 

11.  Wohlau,  Heller  mit  Stierkopf  F.  674 I5 


64 

12.  Schweidnitz,  Hohliicller  mit  Eberkopf  F.  704 27  Stück 

13.  Münsterberg,  Hohlheller  mit  (H  ohne  Beizeichen   F.  725 65 

14.  Olatz,  Heller  mit  §  zwischen  2  Ringeln  F.  782 27       = 

15.  -        ebenso,  aber  ohne  das  Kreuzchen  im  cj  F.  782 A 38       = 

16.  '-        wie  F.  782,  doch  (^  zwischen  2  Punkten  F.  783 5       = 

17.  Teschen,  Heller  mit  T5  zwischen  4  Ringeln  F.  807 188 

18.  Beuthen,  Heller  mit   B  F.  818 5       = 

19.  Ratibor,  Heller  mit  Helm,  oben  2  Sternchen  F.  822 2       = 

20.  wie  F.  822,  aber  ohne  die  Sternchen  F.  823 4 

Ausserdem    fanden    sich    noch    5    hellerförmige    Stücke,    die    nach    Fraustadt, 

Österreich,  Ungarn,    Köslin    und    Kolberg  gehören    und    2,    deren    Herkunft  noch 
nicht  festgestellt  werden  konnte. 

Neues  für  die  schlesische  Münzgeschichte  hat  dieser  Fund  nicht  gebracht,  doch 
ergänzt  er  den  Wilschkowitzer  in  interessanter  Weise,  da  die  unter  Nr.  1,  6,  7,  8,  16,  17, 
18,  19  verzeichneten  Sorten  dort  nicht  vorkamen.  Im  übrigen  gleicht  er  diesem  in  seiner 
Zusammensetzung  so  sehr,  dass  er  ungefähr  aus  derselben  Zeit,  d.  h.  etwa  aus  der  Mitte 
des  15.  Jahrhunderts  stammen  muss.  Allenfalls  spricht  die  geringere  Erhaltung  der  gleich- 
artigen Sorten  bei  dem  Schlauser  Funde  für  eine  um  einige  Jahre  spätere  Vergrabungszeit. 

Gustav  Strieboll 


Sillieriic  Mantclscliliesse 
aus  Klein-Sclilaiise,  15.  Jalirhiiiidert,  uatiiil.  Grösse 


65 


---.-.  ---a*.-,.^- 


ROMANISCHE    SKULPTURENRESTE 
DER    PFARRKIRCHE    IN    TREBNITZ 

Am  24.  August  1Q03  wurde  mit  nicht  ganz  sicherer  historischer  Begründung  das 
TOOjährige  Jubiläum  der  ehemaligen  Stiftskirche  der  Zisterzienserinneii,  der  jetzigen 
katholischen  Pfarrkirche  in  Trebnitz  gefeiert,  des  ältesten,  wenn  auch  nicht  vollkommen  in 
ursprünglicher  Gestalt  erhaltenen,  grösseren  Baudenkmals  Schlesiens.')  Im  Hinblick  auf 
dieses  Fest  hatte  man  schon  1Q02  mit  einer  weitgehenden  Säuberung  und  Instandsetzung 
des  Kirchen -Innern  und  seiner  jetzt  barocken  Ausstattung,  aber  auch  einzelner  Teile  des 
Äusseren  begonnen.     Am  Tage  des  Festes  waren  diese  Arbeiten  vollendet.-') 

Dabei  wurden  eine  Anzahl  romanischer,  figürlicher  und  ornamentaler  Skulpturen 
entdeckt,  von  denen  die  wichtigsten,  wenn  es  auch  bisher  nicht  gelungen  ist  für  alle 
eine  bestimmte  Deutung  zu  finden,  hier  abgebildet  werden,  weil  derartige  Bildwerke  ja 
nicht  nur  in  Schlesien  zu  den  grössten  Seltenheiten  gehören.  Vielleicht  trägt  ihre 
Veröffentlichung  dazu  bei,  die  Erklärung  ihrer  Bedeutung  und  ihres  Zweckes  zu  fördern 
und  weiterhin  auf  dem  Wege  der  Stilkritik  für  die  Geschichte  des  Bauwerks,  dessen 
Scimiuck  sie  einst  bildeten,  allgemeinere  Zusammenhänge  zu  finden  und  festzustellen. 

Es  handelt  sich  zunächst  um  fünf  figürliche  Reliefplatten  aus  Sandstein. 

Nr.  1  u.  2.  Zwei  Heilige,  in  starkem  Relief  auf  fast  gleich  grossen,  oblongen 
glatten  f^latten,  von  denen  die  eine  oben  3  cm  vom  Rande  eine  3  cm  breite  Rinne  und  ein 
Dübelloch  in  der  Mitte  hat,  teilweise  sehr  beschädigt.  Die  eine  Platte  (Abb.  S.  60)  109  cm, 
hoch,  57  cm  breit  und  36  cm  stark,  zeigt  die  von  vorn  gesehene  ganze  Figur  eines  jungen, 
bartlosen  Mannes  mit  einem  Scheibennimbus  hinter  dem  Kopf  mit  kurzem  Lockenhaar. 
Das  reich  gefältelte  Gewand  mit  Ärmeln  fällt  tunikaartig  bis  zu  den  Fussknöcheln  herab; 
ein    bis    zu    den    Hüften    reichendes   ärmelloses   Obergevvand   umgibt   den  Hals  in  engen 

')  Verzeichnis  der  Kunstdenkmäler  Schlesiens  II  S.  576;  Biidenverk  schlesischer  Kunstdenkmäler 
Taf.  4-8,  Tcxthand  Sp.  lOff. 

'-)  Veröffciitlichun^a'n  der  Provinzialkommission  zur  Erhaltung  und  Erforschung  der  Denkmäler  der 
i'rovinz  Schlesien  III   S.  24,  IV  S.  30  und  Zentralblatt  der  Bauverwaltung  1903  S.  221. 

9 


66 


Falten,  die  nach  unten  in  breiteren  Massen 
herabfallen.  Die  nackten  Füsse  stehen  auf  dem 
Nacken  und  Rücken  einer  kleinen  zusammen- 
^ekrümmten  Figur,  von  der  nur  noch  erkennbar 
sind  die  Form  des  nach  vorn  gerichteten  Kopfes, 
der  mit  einem  faltigen  Gewand  bedeckte  Rumpf 
als  Masse  ohne  Unterscheidung  einzelner  Glied- 
massen ausser  der  linken  Hand,  und  zwischen 
dieser  und  dem  Kopf  zwei  kugelige  Gegen- 
stände. Die  linke  Hand  des  Heiligen  rafft  einen 
Oewandzipfel  auf,  die  rechte,  mitten  auf  der 
Brust  ruhend,  hält  ein  Schriftband,  das  sich  um 
die  linke  Seite  des  Kopfes  der  Figur  herum- 
zieht. Seine  Inschrift,  aus  verzierten  römischen 
Kapitalen  und  Unzialen  gemischt:  DNE 
(DOMINE)  OStENDE  scheint  sich  rechts  am 
Kopfe  des  Heiligen  auf  der  als  Untergrund 
dienenden  Platte  mit  dem  Worte  PATREM 
fortzusetzen,  wenn  nicht  etwa  ein  unerklärtes 
Zeichen  zwischen  dem  zweiten  und  dritten  Worte 
auf  einen  anderen,  durch  die  abgebrochenen 
Stellen  zerstörten  Zusammenhang  hinweist. 

Die  zweite  Platte  (Abb.  S.  67),  103  cm 
hoch,  37  cm  breit,  36  cm  stark,  gleicht  in  der 
Gesamterscheinung  der  zuerst  beschriebenen. 
Nur  ist  hier  der  Heilige,  den  Spuren  des  völlig 
abgebrochenen  Kopfes  nach  zu  schliessen  ein 
älterer  bärtiger  Mami.  Auch  ist  das  Unter- 
gewand über  dem  Saum  mit  einer  aus  kleinen 
Quadraten  zusammengesetzten  Borte  verziert, 
und  das  bis  über  die  Ktiiee  herabfallende  Ober- 
gewand ist  togaartig  über  die  Schultern  gezogen. 
Beide  Hände  halten  ein  quer  über  die  Brust 
sich  hinziehendes  Schriftband  mit  den  Worten: 
DNS  (DOMINVS)  MS  (MEVS)  JOHANNES 
MS  (MEVS).  Die  kleine  kauernde  Figur,  die 
den  Füssen  als  Stütze  dient,  ist  von  der  Seite 
gesehen,  sonst  aber,  viel  mehr  beschädigt,  noch 
schlechter  in  Einzelheiten  zu  erkennen  als  die 
auf  der  ersten   Platte. 


67 


Beide  Figuren  zeigten  nach  der  Auffindung 
deutliche  Spuren  ursprünglicher  Bemalung;  ein 
Karminrot  und  ein  tiefes  Blau  treten  an  der 
Gewandung  besonders  sichtbar  hervor. 

Die  Reliefs  entsprechen  durchaus  ana- 
logen Werken  romanischer  Plastik  in  Deutsch- 
land, sowohl  in  der  Stellung  der  Heiligen  auf 
den  später  sich  zum  Consolenmotiv  wandeln- 
den kleinen  Figuren,')  mit  ihren  etwas  ungefügen 
Gliedmassen,  den  plumpen  ungeschickt  auf- 
tretenden Füssen,  aber  auch  in  der  Monu- 
mentalität ihrer  eindrucksicheren  Erscheinung. 
Letztere  mag  nebenbei  bemerkt  wohl  auch 
bewirken,  dass  die  Figuren  in  den  kleinen 
Abbildungen  weit  grösser  aussehen,  als  sie 
in  Wirklichkeit  sind.  Was  aber  stellen  die 
Bilder  vor?  Propheten?  Apostel?  Heilige? 
Bezieht  sich  das  Johannes  des  inschriftbandes 
bei  dem  einen  auf  den  Dargestellten?  Oder 
bringen  die  Worte  den  Anfang  eines  alten 
Hymnus  auf  den  Heiligen?  Haben  die  Platten 
zu  einer  grösseren  Zahl  gleichartiger  gehört 
und  als  Schmuck  etwa  der  Chorschranken 
gedient,  wie  wir  es  von  erhaltenen  Bauwerken 
jener  Zeit  her  kennen?  Jedenfalls  lässt  die 
erwähnte  Rinne  und  das  Dübclloch  darauf 
schliessen,  dass  auf  den  Platten  oben  noch 
ein  Werkstück,  eine  Einfassung  oder  Bekrönuiig 
oder  etwas  ähnliches  gesessen   hat. 

Nr.  3.  Martyrium  eines  Heiligen,  eine 
38  cm  hohe,  27  cm  breite  Platte  (Abb.  S.  68 
oben)  mit  fünf  Figuren  in  starkem  Relief  völlig 
bedeckt.  Ein  Märtyrer  wird  von  einem  Henkers- 
knecht, der  vom  Teufel  hinter  ihm  ange- 
stachelt wird,  an  den  Haaren  nach  rückwärts 
gezerrt,  wohl  um  enthauptet,  geschunden,  ans 
Kreuz    geschlagen     oder    sonst    gepeinigt    zu 

■)  Siehe  die  Statuen  im  luilieii  Chore  des  Magde- 
burger Domes,  an  der  goldenen  Pforte  in  Freiberg  i/S., 
im  Dom  zu  Münster  u.  s.  w. 


68 

werden.     Der  Kopf  eines  zweiten  Sciiergen  mit  seinem  Genossen  ähnlichen,  scharf  aus- 
geprägten Gesichtszügen,    wie    sie    die  Kunst  der  Zeit  für  die  Charai<teristil<  des  Bösen 

h'ebte,  füllt  den  Raum  zwischen  dem  ersten  Henkersknecht 
und  dem  frommen  Manne,  der  die  Hände  betend  gefaltet 
zum  Himmel  aufblickt.  Von  dort  herab  ist  ein  Bote  in 
Gestalt  eines  Engels  geschwebt,  der  mit  der  Hand  eine 
den  Dulder  der  Gnade  Gottes  empfehlende  Geberde 
macht.  Vielleicht  schloss  sich,  wie  Adolph  Goldschmidt 
vermutet,  der  die  Abbildungen  näher  zu  deuten  gleich- 
falls nicht  imstande  war,  ein  weiteres  Reliefstück  rechts 
an,  auf  dem  der  Henker  und  Christus  oder  die  Hand 
Gottes  zu  sehen  waren,  auf  die  der  Blick  des  Märtyrers 
und  die  Geberde  des  Engels  hinweisen.  Zweifellos  ist 
das  Fragment  ein  Teil  eines  längeren  Bilderfrieses  gewesen, 
zu  dem  auch  die  folgende,  sehr  zerstörte  Platte  gehört  und 
zwar  der  Reihenfolge  nach  wahrscheinlich  vor  die  Platte  Nr.  3. 
Nr.  4.  Legendenszene?,  42  cm  hoch  und  27,5  cm 
breit,  sehr  beschädigt  (Abb.  S.  68  unten).  Man  erkennt 
zwei  einander  zugekehrte  Gestalten,  rechts  vielleicht  wieder  jenen  Märtyrer,  links  einen 
römischen  Kriegsmann  in  einem  mit  einer  Schliesse  auf  der  Brust  geschlossenen  Mantel. 
Er  erhebt  die  Rechte  zu  dem  Kopfe  des  ihm  gegenüberstehenden  Mannes,  die  Linke  hält 
ein  Schwert  in  der  Scheide  geschultert. 

Offenbar  enthielt  der  Fries,  über  dessen  einstige 
Anbringung  Vermutungen  aufzustellen  müssig  wäre, 
Szenen  aus  der  Legende  eines  Heiligen,  und  es  liegt  nahe, 
an  den  heiligen  Bartliolomäus  zu  denken,  dem  die 
Trebnitzer  Kirche  ursprünglich  geweiht  war.') 

Ob  auch  die  Platte  Nr.  5  (Abb.  S.  69),  28  cm  hoch 
und  20  cm  breit,  zu  jenem  Bilderfriese  gehört  hat,  ist 
zweifelhaft.  Man  erkeimt  die  Brustbilder  dreier  Frauen 
im  Zeitkostüm,  von  denen  die  mittlere  ein  Buch  hält,  auf 
dessen  Schrift  sie  mit  der  rechten  Hand  deutet.  Vielleicht 
ist  die  Disputation  einer  Heiligen  dargestellt. 

Gefunden    wurden    die    beschriebenen    Fragmente 
bei   der  Ausbesserung   des   von   O.  zweiten   und   dritten 
Strebepfeilers  an  der  nördlichen  Aussenseite  der  Kirche, 
die  zur  Sicherung  der  Nebenknotenpunkte  des  nördlichen 
Seitenschiffs  in  späterer,  aus  der  bisherigen  Literatur  nicht  festzustellender  Zeit,  wahrscheinlich 


»)  Zeitschrift  f.  Gesch.  u.  Altert.  Schlesiens  XXXVI  S.  451. 


6Q 


im  18.  Jahrhundert  errichtet  wurden.')  Hier  waren  die  Skulpturenreste  als  willkommenes 
festes  Haustein-Baumaterial  verwendet  am  Sockel  mit  der  Bildseite  nach  innen  eingemauert. 
Hieraus  erklärt  sich,  dass  manche  Teile  und  auch  die 
Bemalung  Jahrhunderte  lang  erhalten  geblieben, 
andere  wieder  schon  vor  der  Einmauerung  vom 
Unverständnis  der  Barockzeit  für  derartige  Kunst- 
schöpfungen zerstört  nur  als  traurige  Reste  auf  uns 
gekommen  sind.  Sehr  wahrscheinlich  aber  ist,  dass 
in  den  genannten  Pfeilern,  wie  in  dem  sechsten, 
gleichfalls  späteren,  jetzt  unberührt  gebliebenen,  wie 
in  der  Umgebung  z.  B.  im  Strassenpflaster  ringsum 
noch  viele  derartige  Bruchstücke  vorhanden  sind. 
Zusammengestellt  könnten  sie  ein  Bild  des  prächtigen  plastischen  Schmuckes  des  alten 
Bauwerks  geben,  dessen  architektonischer  Bedeutung  die  an  Ort  und  Stelle  erhaltenen 
Reste,  das  nördliche  und  das  westliche  romanische  Portal,  nur  ungenügend  entsprechen, 
selbst  wenn  wir  davon  absehen,  dass  letzteres  wegen  des  1789  erbauten  Westturmes  in 
seiner  ursprünglichen  Wirkung  kaum  noch  erkennbar  ist. 

Von  demselben  Fundort  stammen  auch  eine  Anzahl  ornamental  verzierter  Werkstücke, 
Kapitellreste,  Simse,  Kämpferplatten  u.  a.,  von  denen  zwei  hier  wiedergegeben  sind.  Die 
Platte  (Abb.  S.  65)  mit  stilisiertem  Laubwerk  gleicht  im  Muster  ungefähr  den  Kapitellen  des 
Nordportals,-)  die  andere  (Abb.  S.  71)  mit  Trauben  im  Blattwerk  gehörte  zu  einer  hier  nicht 
abgebildeten  Nischenbekrönung  oder  Portallaibung. 

Drei  gleichfalls  hier  nicht  abgebildete  Schlusssteine,  die  im  Schuppen  des  Pfarr- 
gehöftes aufbewahrt  wurden,  von  denen  zwei  mit  Laubwerk,  der  dritte  mit  drei  Vögeln 
verziert  ist,  die  unten  mit  den  Schnäbeln,  seillich  mit  den  ausgebreiteten  Flügeln  zusammen- 
stossen,  waren  vielleicht  die  Enden  von  Hängezapfen  der  Krypta,  wie  eine  im  „Bilder- 
werk schlesischer  Kunstdenkmäler"  auf  Taf.  V,  Nr.  8  aus  Trebnitz  abgebildet  ist. 

Nr.  6.  Opferung  Isaaks.  Wohl  auch  aus  der  Krypta  —  der  Glöckner  sagte  „aus 
dem  Keller"  —  stammt  das  letzte  hier  zu  erwähnende  Bruchstück,  ein  pfeilerartiges,  zu 
Dreiviertel  reliefiertes  Stück  Stein  von  härterer  Struktur,  als  die  bisher  genannten,  66  cm  hoch 
und  33  cm  breit  (Abb.  S.  70).  Zur  Verdeutlichung  der  Darstellung,  die  auf  den  ersten  Blick 
kaum  zu  enträtseln  ist,  soll  eine  nach  der  photographischen  Aufnahme  gemachte  Zeich- 
nung beitragen,  die  die  wichtigsten  Teile  durch  Schraffierung  hervorhebt.  Dargestellt  ist 
ein  Widder  mit  eigentümlich  geflammtem  Vliesse,  der,  den  Kopf  mit  zierlich  gelockten 
Stirnhaaren    nach    dem    Rücken    gewandt,    mit    den    gewundenen    Hdincrn    im    Gestrüpp 


')  Auf  dem  Onindriss  der  Kirche  im  [?ildervverk  schlesischer  Kiinstdenkmäler  Tafel  4  Nr.  5  durch  die 
Punktierung  als  spiilcre  Zutat  irekeiin/'cicluiet. 

-')  Bilderwerk  schlesischer  Kunstdenkniäler  Taf.  V,  1  iiiul  Alwin  Schultz,  Zeitschrift  f.  Gesch.  und 
Altert.  Schlesiens  iX,  Taf.  VI. 


70 


liängt,  das  mit  seinen  sciilinggewäclisarti,u;en  Rani<en  und  Dreiblättern  den  Pfeiler  bis 
auf  ein  Drittel  der  Fläche  überspinnt.  Der  Unterteil  des  Kopfes  des  Tieres  von  den 
Augen  an,  ebenso  wie  die  Vorderbeine,  die  auf  diesem  Fragment  noch  sichtbar  sein 
miissten,  sind  abgebrochen.  Über  den  Widder-Hörnern  sieht  man  ein  flatterndes 
Gewand,  in  dem  ein  Stück  des  rechten  Unterschenkels  einer  Gestalt  erkennbar  ist.  Es 
ist  ein  Stück  des  Engels,  der  Abraham  von  der  Opferung  Isaaks  abzulassen  heisst. 
Dass  eine  Opferung  Isaaks,  aus  Stein  gehauen,  einst  in  der  Kirche  bewahrt  wurde, 
wissen  wir  aber  aus  einer  Stelle  im  Notizbuche  des  Abtes  Andreas  von  Leubus.')  Dort 
heisst  es,  dass  am  21.  Juli  1515  während  eines  heftigen  Gewitters  der  Blitz  ins  Trebnitzer 
Kloster  schlug  und  mannigfache  Verwüstungen  anrichtete,  in  cIlii  Dachreiter  über  der 
Vierung  einschlug,  das  Triumphkreuz  am  Eingang  des  Chores  zerstörte,  ebenso  in  diesem 
selbst  einen  Altaraufbau  und  den  Schrein  des  Hochaltars.  „Quedam  denique  figura  de 
veterj  testamento  in  lapidc  subtus  chorum  excisa  abraham  videlicet  cum  ysaac  filio  suo 
quem  immolarj  voluit  ictu  eiusdem   fulminis  corruit  et  ad  internicionem  collapsa  cernitur." 


>)  Breslauer  Staatsarchiv.     D.  219  fol.  148,  bei  A.  Schultz,  Zeitschrift  f.  Ocsch.  u.  Altert.  Schlesiens  IX 
S.  305  falsch  zitiert. 


71 

(Endlich  stürzte  ein  in  Stein  gehauenes  Bild  aus  dem  Alten  Testament  unterhalb  des  Chores, 
nämlich  Abraham  mit  seinem  Sohn  isaak,  den  er  opfern  wollte,  durch  diesen  Blitzstrahl 
getroffen  um  und  man  sieht  es  bis  zur  Vernichtung  zerschlagen.)  Ein  Bruchstück  jenes 
damals  zerstörten  Bildwerkes  haben  wir  in  der  Abbildung  vor  uns.  Möglicherweise  hat 
es  den  Eingang  zur  Krypta  geziert,  so  dass  der  Teil  mit  Abraham  und  Isaak  einen  zweiten 
Pfeiler  bildete,  oder  es  war  in  der  Krypta  selbst  errichtet. 

Entstanden  sind  alle  diese  Skulpturen  im  ersten  Drittel  des  13.  Jahrhunderts,  wie 
man  aus  ihrem  Stile,  den  unzialen  Buchstaben  der  Inschriften  auf  Platte  Nr.  1  und  2,  von 
denen  gerade  das  T  in  dieser  Form  wieder  am  Anfang  des  13.  Jahrhunderts  auftaucht,  und 
endlich  aus  dem  Kostüm  schliessen  kann,  das  freilich  nur  in  der  Mütze  des  einen  Henkers- 
knechtes auf  Platte  Nr.  3  und  bei  den  drei  Frauen  der  Entstehungszeit  der  Bildwerke 
entspricht.  Diese  Datierung  stimmt  überein  mit  den  Nachrichten  über  die  Fertigstellung 
des  Baues  der  Kirche  selbst,  deren  Krypta  1214  vollendet  war,  in  der  sich  1219  mehrere 
Bischöfe  zur  Einweihung  des  Klosters  zusammenfanden  und  deren  Vollendung  noch  in 
der  ersten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  als  abgeschlossen  zu  betrachten  ist.  Die  Erbauer 
waren  die  Zisterzienser  von  Leubus.  Ob  sie  Künstler  von  Leubus  einführten,  lässt 
sich  durch  eine  Stilvergleichung  mit  Leubuser  Arbeiten  nicht  feststellen,  da  in  Leubus 
aus  romanischer  Zeit  nur  eine  im  Bilderwerk  schlesischor  Kunstdenkmäler  Taf.  1 
abgebildete  kleine  Piscina  erhalten  ist.  Nachweislich  ist  zwischen  1208  und  1234  ein 
Laienbruder,  Meister  Jacob,  am  Bau  der  Trebnitzer  Kirche  als  Werkmeister  beschäftigt, 
steht  wohl  also  auch  im  Zusammenhang  mit  den  romanischen  Skulpturen.  Ob  er 
aus  Sachsen  oder  Bayern  stammte,  wie  Schies.  Vorz.  I  105  vermutet  wird,  bleibe 
dahingestellt. 

Jetzt  sind  alle  hier  beschriebenen  Skulpturen  besser  gesäubert,  als  sie  es  zur  Zeit 
der  photographischen  Aufnahme  waren,  im  nördlichen  Nebenraum  der  Turmhalle  unterhalb 
der  Holzstiege  eingemauert. 

Conrad  Biichwald 


i^}ij^Sn 


72 

NEUERWERBUNGEN    DES    MUSEUMS 

I 

EIN  SCHMUCKFUND  AUS  DEM  MITTELALTER 

Arn  28.  August  1002  las  icli  zufallio  im  „Breslauer  Generalanzeiger"  Nr.  238  eine 
Korrespondenz  aus  Oppein,  die  unter  dem  Sciilagworte  „Verschiedenes"  berichtete,  dass 
Arbeiter  beim  Abbruciie  eines  aus  dem  17.  Jaiirhundert  stammenden  Hauses  mehrere 
Gefässe  gefunden  iiätten,  „von  denen  eines  mit  goldenen  Ringen,  Ketten  und  anderen 
Gegenständen,  auch  Edelsteinen  gefüllt  war,  die  einen  hohen  Wert  repräsentieren".  Da 
ich  am  nächsten  Tage  nicht  abkömmlich  war,  beauftragte  ich  Herrn  Dr.  E.  Hintze  mit  der 
Prüfung  dieser  Nachricht.  Sein  Bericht  veranlasste  das  Museum,  sich  die  Erwerbung  des 
Fundes  angelegen  sein  zu  lassen.  Die  Verhandlungen  mit  dem  Besitzer,  dem  Schuh- 
machermeister R.  Basczyk,  waren  nicht  leicht,  da  er  märchenhafte  Vorstellungen  von  dem 
Werte  seines  Schatzes,  besonders  der  Steine  hatte.  Der  ganze  Fall,  dessen  Einzelheiten  ich 
hier  nicht  ausführen  will,  liefert  ein  typisches  Beispiel  dafür,  wie  notwendig  eine  gesetzliche 
Organisation  zur  Bergung  von  Altertumsfunden  für  die  wissenschaftliche  Forschung 
geworden  ist.  Denn  bis  jetzt  bleibt  es  bei  uns  dem  Zufall  überlassen,  ob  eine  wirklich 
berufene,  wissenschaftliche  Stelle  von  einem  Funde,  der  von  höchster  Bedeutung  sein 
kann,  Kenntnis  erhält  oder  ob  er  in  dem  trüben  Strome  des  Antiquitätenhandels  ver- 
schwindet. Es  besteht  für  den  Finder  keine  Anzeigepflicht  an  die  Behörde,  für  diese  keine 
Anzeigepfliclit  an  bestimmte  grössere  Museen  und  für  die  Museen  keine  Möglichkeit,  sich 
bei  einem  eigensimiigen  und  niisstrauischen  Besitzer  auch  nur  die  flüchtige  Besichtigung 
oder  das  genaue  Studium  geschweige  denn  die  käufliche  Erwerbung  eines  Fundes  zu 
erzwingen. 

Den  Hergang  der  Auffindung  erzählt  der  frühere  Besitzer  folgendermassen.  Als  der 
Abbruch  des  Hauses  -  es  ist  Nr.  14  der  Karlsstrasse  -  bis  zum  Keller  gediehen  war 
und  eine  Magd  Schutt  auf  einen  Wagen  lud,  rollten  ihr  plötzlich  zwei  Töpfchen  (siehe 
Abbildung  am  Schlüsse  dieses  Aufsatzes)  und  Schmucksachen  entgegen.  Herr  Basczyk, 
der  sofort  herbeigerufen  wurde,  Hess  wie  er  angibt,  alles  sorgfältig  zusammensuchen, 
auch  die  Bruchstücke.  Bei  der  Auffindung  und  später,  als  die  einzelnen  Stücke  von  vielen 
Unberufenen  in  die  Hände  genommen  wurden,  ist  jedenfalls  manches  beschädigt  worden.  So 
erinnert  sich  Dr.  Hintze  genau,  den  Ring  Nr.  6  vollständig  gesehen  zu  haben.  Beim  An- 
kauf bekamen  wir  viele  Fragmente,  die  bequem  an  die  zugehörigen  Stücke  angepasst 
werden  konnten.  Es  ist  auch  nicht  ausgeschlossen,  dass  einzelne  Stücke  schon  im 
beschädigten  Zustande  in  die  Töpfchen  eingepackt  wurden.  So  ist  von  der  Fassung 
des  Steines  Nr.  10  nichts  erhalten. 

Der  Fund  setzt  sich  zusammen  aus  Schmuck  für  Körper  und  Gewand,  zu  dem 
auch   die   Fassung    eines    Messers    zugerechnet    sein    mag.     Das  Material   ist   vergoldetes 


TAFEL  I 


Schmuckfund  von  Oppeln 


73 


Silber,  wo  in  der  folgenden  Beschreibung  nichts  anderes  erwähnt  wird.     Die  Abbildungen 
bringen  sämtliche  Gegenstände  in  natürlicher  Grösse. 

I.  Ringe.  Acht  sind  erhalten,  ursprünglich  waren  ihrer  aber  wohl  zehn,  denn  das 
Plättchen  Nr.  Q  und  der  Stein  Nr.  10  rühren  wahrscheinlich  von  Ringen  her.  Die  Ringe 
sind  sämtlich  untereinander  verschieden,  und  passen  mit  Ausnahme  von  Nr.  4  eher  auf 
Männer-  als  auf  Frauenfinger.  Sieben  sind  oder  waren  mit  wertlosen  Steinen,  Perlen  oder 
Korallen  geschmückt.  Auch  die  Fassung  ist  kunstlos,  primitiv.  Die  Zusammensetzung 
der  einzelnen  Teile  wird  durch  die  Techniken  des  Lötens  und  Nietens  bestritten.  Die 
Reifen  sind  gehämmert  und  abgefeilt.  Die  Bestimmung  der  Steine  verdanke  ich  Herrn 
Professor  Dr.  C.  Hintze,  Direktor  des  mineralogischen  Instituts  an  der  Universität  Breslau. 

Nr.  1  (Fig.  1).  Dreikantiger,  nicht  geschlossener  Reif, 
darauf  als  Platte  ein  Florentiner  Goldgulden  aufgelötet.  Auf 
der  Oberseite  die  Lilie  von  Florenz  und  +  FLOR-ENTIA, 
auf  der  Unterseite  Johannes  der  Täufer,  neben  seinem  Kopfe 
eine  kleine  Lilie,  und  S.  lOHANNES.  B. 


Fig.  1 


Nr.  2  (Fig.  2).  Vierkantiger,  nicht  geschlossener  Reif  mit 
aufgelöteter  rosettenförmiger  Platte,  die  ehemals  mit  drei 
kleinen  Perlchen  besetzt  war.  Man  erkennt  an  einer  Stelle 
noch  ein  kleines  Perlmutterrestchen.  Die  Perlchen  waren  in 
der  üblichen  Weise  auf  Draht  aufgespiesst,  dessen  Enden 
auf  der  Unterseite  der  Platte  und  oben  auf  der  Perle  fest- 
gedrückt wurden. 

Nr.  3  (Fig.  3).  Dünner,  sich  verjüngender  Reif  mit  auf- 
gelötetem achteckigem  Kasten,  in  dem,  wahrscheinlich  auf  Kitt 
und  Folie,  ein  Saphir  sitzt. 

Nr.  4  (Fig.  4).  Dünner  Goldreif,  unten  mit  zwei  ver- 
schlungenen Händen,  oben  mit  Gabelung,  auf  der  zwei  Plätt- 
chcn  mit  gekerbtem  Rande  aufgelötet  sind.  Jedes  trägt  einen 
aufgenieteten  Kasten,  in  deren  einem  ein  Rubin  sitzt,  der 
andere  enthält  nur  mehr  die  weisse  Kittmassc,  die  zur  Auf- 
hellung und  zum  Festhalten  des  Steines  diente. 


Nr.  5  (Fig.  5).  Leicht  gewölbter  Reif  mit  vertieften 
Rosetten  und  einem  aufgelöteten  Krabbenkreuz,  das  einen 
verloren  gegangenen  Stein  mit  otier  ohne  Kasten  hielt. 


Fig    2 


Fig.  3 


Fig.  4 


FiB.  5 


74 


Fit;,  fi 


Nr.  6  (Fig.  6).  Dieser  merkwürdige  Ring  i<am  in  zer- 
brochenem Zustande  ins  Museum  und  wurde  nach  Angabe  von 
Dr.  Hintze,  der  ihn  noch  vollständig  gesellen  iiatte,  zusammen- 
gesetzt. Der  fragmentierte  vieri<antige  Reif  mit  gravierter  Kreuz- 
stricheiung  gabelt  sich,  die  Enden  der  Gabelung  sind  an  den 
Kasten  angelötet,  der  zwei  übereinanderliegende,  grosse  viereckige 
Bergkristalle  ä  jour  artig  fasst  und  aus  angedrückten,  um  den 
unteren  Rand  umgebogenen  Wänden  besteht.  Der  obere  Stein 
ist  tafelförmig  mit  abgerundeten  Kanten,  der  andere  flach  pyramidal 
geschliffen;  durch  das  Übereinanderlegen  in  Verbindung  mit  dem 
verschiedenen  Schliff  der  beiden  wasserhellen,  farblosen  Steine  hat 
man  jedenfalls  den  Effekt  der  Lichtbrechung  bei  einem  Diamanten 
zu  erzielen  gesucht. 


Nr.  7  (Fig.  7).  Der  dicke,  vierkantige  Reif,  den  abwechselnd 
kleine  Rosetten  wie  bei  Nr.  5  und  rhomboidische  Sternchen  um- 
geben, trägt  einen  hohen  Kasten  mit  vier  aufgelöteten  Greifern,  in 
dem  ein  scliwarzblauer  verwitterter  Glasfluss  in  Cabochonform 
sitzt.  An  der  Kastenunterseite  sind  die  Speichen  eines  ausge- 
schnittenen Rades  angelötet,  das  an  der  Peripherie  mit  aufgespiess- 
ten   Korallen  besetzt  ist.     Das  Rad  ist  an  einer  Stelle  zerrissen. 


Nr.  8  (Fig  8).  Der  glatte  Reif  endigt  in  Tierköpfe,  deren 
tektonische  Bestimmung  gewissermassen  die  ist,  den  Kasten  mit 
den  Rachen  festzuhalten.  Der  Kasten  hat  die  Form  eines  Vierpasses 
und  besteht  aus  drei  Teilen,  der  Seitenwand,  dem  Boden  mit  einem 
vierpassigen  Ausschnitte  in  der  Mitte  und  dem  Deckel,  auf  dem 
ein  weiblicher  mit  einem  Schleiertuche  bedeckter  Kopf  in  einem 
Relief  ausgegraben  ist,  das  sich  in  der  Höhe  des  umgebenden 
Randes  hält.  In  der  Vertiefung  zwischen  Kojif  und  Rand  sitzen 
reichliche  Reste  von  opakem  blauem,  auf  den  Lichtern  (Haar  und 
Schleier)  Spuren  von  durchsichtigem  bernsteingelbem  Email  (Relief- 
i  schmelz,  Email  ä  basse  taille).  Das  Gesicht  war  vielleicht  nicht 
mit  Email  überzogen,  wie  öfters  bei  dieser  Gattung.  Um  das 
Einsinken  des  Deckels  zu  verhindern,  ist  im  Innern  des  Kastens 
eine  hohe  Aufruhe  angebracht,  der  übrige  Raum  ist  leer  (zur  Auf- 
nahme von  Reliquien?). 


75 


Nr.  Q  (Fig.  Q).  I'latte  eines  Ringes?  an  beiden  Seiten  ausgebrochen; 
das  gravierte  Mitteistück  aus  Silber  ist  von  einem  vergoldeten  Rahmen  um- 
geben. Die  Zugehörigi<eit  zu  einem  Ringe  ist  nicht  ganz  sicher,  da  auf  der 
Unterseite  sich  i<eine  Spuren  des  Reifens  finden,  er  müsste  ganz  am  Rande 
seinen  Ansatz  gehabt  haben  wie  bei  Nr.  8. 

Nr.  10  (Fig.  10).    Flach  gerundeter  grüner  Chrysolith  (Olivin). 


Fig.  9 


Fig.  10 


II.  Bleche  zum  Aufnähen  auf  eine  Stoffunterlage.  Sie  sind  sämtlich  aus  der  Form 
gepresst,  auch  die  Stücke,  die  nur  einmal  vorkommen. 

Nr.  1 1  (Fig.  1 1  auf  Taf.  I).  Mantelschliesse  in  Vierpassform,  als  Schliesse  bestimmt 
durch  eine  auf  der  Rückseite  mit  langen  breiten  Enden  aufgelötete  Öse.  Der  Rand  hat 
vier  Löcher  zum  Aufnähen,  ausserdem  war  er  im  Scheitel  jedes  Passes  mit  einem  auf- 
gespiessten  Korallenperichen  besetzt;  das  oberste  ist  noch  erhalten.  Den  Vierpass  füllt  in 
guter  Raumausnützung  das  Relief  einer  Mischgestalt.  Sie  zeigt  den  bekleideten  Ober- 
körper eines  Mannes,  der  in  der  Linken  einen  kleinen  runden  Schild,  in  der  Rechten  ein 
Schwert  hält,  geflügelten  Vogelleib,  Klauenfüsse  und  geringelten  Löwenschweif.  Der 
linke  Pass  bis  zum  Schwertknauf  ist  in  alter  Zeit  nach  einer  Beschädigung  durch  einen 
rückwärts  aufgelöteten  Silberfleck  wieder  befestigt  worden. 

Nr.  12  (Fig.  12  auf  Taf.  I).     Dreieckiges  Blech  mit  dem  schlesischen  Adler. 

Nr.  13  (Fig.  13  auf  Taf.  I).  Sechs  runde  Bleche,  teilweise  fragmentiert  und  grün 
oxydiert,  zwei  mit  den  Rückseiten  zusammengebacken.  Im  Sechspass,  der  von  einem 
geperlten  Rande  umgeben  ist,  eine  Mischgestalt  mit  menschlichem  (bemützten?)  Kopfe  auf 
langem  Halse  und  Vogelleib. 

Nr.  14  (Fig.  14  auf  Taf.  I).  Zehnpassige  Rosette  mit  gegen  die  Mitte  gerichteten 
stilisierten   Lilien. 

Nr.  15  (Fig.  15  auf  Taf.  I).    Sechsblättrige  nach   innen  gewölbte  Rosette. 

Nr.  l()(Fig.  16  auf  Tat".  1),  Sechs  Rosetten,  nur  zwei  ganz  vollständig  erhalten  mit 
der  zugehörigen  Unterlage.  Sie  bestehen  nämlich  aus  einem  oberen  durchbrochenen 
Blech  und  einem  unteren,  in  dem  die  Befestigungslöcher  eingeschlagen  sind.  Beide  Teile 
sind  mit  einander  vernietet  und  verkittet. 

Nr.  17  (Fig.  17  auf  Taf.  I).  Fünf  sternförmige  Rosetten,  bestehend  aus  einer  unteren 
Scheibe  mit  den  Befestigungslöchern,  einem  verschränkt  darauf  liegenden  durchbrochenen 
Rahmen   und  einer  kleinen  Rosette  in  der  Mitte. 


III.   Knöpfe. 

Nr.  IS  (Fig.  IS).    Zwei  Stücke  in  Form  einer  Oranatapfelblüte,  die  Kugel 
aus  zwei  Hälften  zusammengelötet. 


Fit:-   IS 


10" 


76 


Nr.  IQ  (Fi<4.  19).    Sechs  Stück   in  Form  einer  längliclien  durch- 
^o»?Ju  hTtm]^']    hoiirten    Hülse,    die   aus    zwei   vor    der  Zusainnieiilötuiis^    geriefelten 

M|||§pii4**    Hälften  besteht. 

Fi«.  19 


Nr.  20   (Fig.  20).     Acht  Stück,    durchliohrt,    ans    zwei    Hälften 
zusammengelötet. 


Fi«.  20 


Fif.  ?l 


Fig22 


IV.  Bestandteile  eines  Messers. 

Nr.  21  (Fig.  21).  Die  obere  Zwinge  eines  Messergriffes  mit  einem 
dreieckigen  Schlitz  für  das  Messer  und  Nr.  22  (Fig.  22)  die  untere 
Zwinge.  Beide  sehr  stark  oxydiert,  Nr.  22  auch  fragmentiert,  so  dass  die 
Gravierungen  sehr  undeutlich  geworden  sind  und  für  die  Richtigkeit 
der  nebenstehenden  Zeichnungen  keine  volle  Gewähr  geleistet  werden 
kann.  Bei  Nr.21  erkennt  man  einen  Vogel  mit  langem,  abwärts  geneigtem 
Hals,  bei  Nr.  22  scheinen  sich  rechts  zwei  vogelartige  Gestalten  mit 
geöffneten  Flügeln  einander  gegenüber  zu  stehen,  während  links  ein 
Vogel  mit  geschlossenen  Flügeln  steht.  In  der  unteren  Zwinge  ist 
übrigens  die  Gravierung  nach  abwärts  orientiert. 


Ich  halte  es  für  möglich,  dass  die  Entstehungszeit  der  einzelnen  Bestandteile  des 
Oppelner  Fundes  nicht  weiter  als  zwanzig  bis  fünfundzwanzig  Jahre  auseinanderliegt.  Das 
einzige  Bedenken,  das  dieser  Annahme  entgegensteht,  werde  ich  später  anführen.  Sicher 
aber  ist,  dass  die  überwiegende  Mehrzahl  der  Schmuckstücke  der  Zeit  um  1300  angehört. 
Das  ist  dieselbe  Zeit,  wo  die  Grabplastik  das  beste  von  allem  schuf,  was  sie  im  Mittel- 
alter in  Schlesien  gearbeitet  hat,  und  die  Prachtgestalten  von  Fürsten  verewigte,  deren 
Namen  jetzt  noch  im  Volke  fortleben.  Wir  werden  uns  öfters  auf  diese  Denkmäler 
beziehen  müssen.  Darin  besteht  eben  der  Wert  und  der  Reiz  des  Oppelner  Fundes,  dass 
er  durch  Originale  das  Bild  der  äusseren  Erscheinung  jener  Fürsten  und  ihrer  Zeit- 
genossen vervollständigt.  So  bescheiden  diese  Originale  auch  sein  mögen,  sind  sie  weit 
und  breit  im  Gebiete  des  Schmuckes  die  einzigen,  die  Schlesien  aus  jener  Zeit  aufweisen 
kann,  und  haben  auch  anderswo  nur  vereinzelte  Genossen. 

Einen  Terminus  post  quem  für  ein  Stück  gibt  der  Florentiner  Goldgulden,  der 
dem  Ring  Nr.  1  als  Platte  dient.  Die  Bedeutung  der  Florenen  für  die  Münzgeschichte 
ist  bekannt,  bekannt  auch,  dass  sie  in  vielen  Ländern  Europas  nachgeahmt  worden  sind. 
Vgl.  darüber  Daimenberg,  „die  Goldgulden  von  Florentiner  Gepräge"  in  der  Num.  Zeit- 
schrift XII  S.  14öff.,  der  auf  S.  181  f.  die  schlesischen  Nachahmungen  anführt.  Die  wirk- 
lichen Florentiner  sind  mit  im  wesentlichen  gleich  gebliebenen  Gepräge  seit  1252  lange 
Zeit  geschlagen  worden.     Später    setzte    man   neben   den   Kopi   des   hl.  Johannes  kleinere 


77 

Abzeichen  zur  KennzeicIininiL,^  der  Eiitstehiingsperiüden,  um  die  betreffenden  Münzbeamfen 
zur  Rechenschaft  ziehen  zu  können,  falls  sich  einzelne  Stücke  als  gering  an  Gehalt  oder 
Gewicht  erweisen  sollten.  Auf  unserem  Exemplare  ist  das  Münzzeichen  eine  Lilie. 
P.  Joseph,  der  in  seiner  Arbeit  über  den  Bretzenheimer  Münzfund  (Zeitschrift  d.  Vereines 
z  Erforschung  d  Rheinischen  Geschichte  u.  Altertümer  in  Mainz  III.  Bd.  auf  S.  lQ7ff.)die 
Florentiner  Münzabzeichen  nach  den  Angaben  in  dem  alten  grundlegenden  Werke  von 
Orsini  chronologisch  ordnet,  führt  unter  Nr.  77  zum  ersten  Halbjahre  von  1310  und  unter 
Nr.  200  zum  gleichen  Halbjahre  138Q  die  Lilie  an.  Nach  gütiger  Mitteilung  von  Herrn 
Geheimrat  Friedensburg  in  Steglitz  sind  aber  die  Lilien  der  beiden  so  weit  auseinander 
liegenden  Jahre  in  dem  Werke  von  Orsini  einander  gleich,  so  dass  gerade  in  diesem  Falle 
das  zur  Zeitbestimmung  gewählte  Mittel  versagt.  „Oleichwohl,"  schreibt  Friedensburg,  „ist 
kein  Zweifel,  dass  unser  Stück  ins  Jahr  1310  gehört.  Das  beweist  der  Stil  und  die 
breiten  Formen  der  Buchstaben;  1389  war  beides  anders.  Die  Beamten  des  Münzkabinetts 
teilten  meine  Ansicht."  Ich  möchte  nur  noch  hinzufügen,  dass  die  Abbildung  des  Florens 
vom  Jahre  1389  in  den  Monnaies  en  or  Suppl.  zu  einer  stilistischen  Vergleichung  nicht 
ausreicht.     Man  muss  also  dem  Kenner  der  Originale  das  entscheidende  Wort  lassen. 

Älter  als  der  Florenen-Ring,  der  erst  nach  1310  entstanden  sein  kann,  sind  zunächst 
die  Bleche  Nr.  11—14.  Hier  leistet  vor  allem  das  Schildchen  Nr.  12  mit  dem  schlesischen 
Adler  Wegweiserdienste.  Lässt  schon  die  strenge  Dreiecksform  des  Schildes  an  und 
für  sich  nicht  über  die  erste  Hälfte  des  M.Jahrhunderts  heruntergehen,  wo  allmählich  die 
beiden  Langseiten  eine  parallele  Führung  annehmen,  so  leitet  sie  in  Verbindung  mit  der 
heraldischen  Bildung  des  Adlers  in  die  2.  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts.  So  wie  er  hier 
erscheint,  ist  uns  der  schlesische  Adler  eigentlich  nur  in  dieser  Zeit  bekannt.  Der  grosse 
Kopf  ist  in  die  Höhe  gerichtet,  der  Schnabel  geschlossen,  die  Flügelknochen  sind  an  den 
Ecken  schneckenförmig  eingerollt,  die  Schwingen  gleich  den  Fängen  nach  abwärts 
gerichtet,  der  Schwanz,  aus  einem  Bündel  straffer  Federn  gebildet,  entspringt  wie  immer 
bei  dem  schlesischen  Adler  dieser  Epoche  (und  noch  später)  aus  einem  Knopfe  (siehe 
Ströhl,  Heraldischer  Atlas,  Text  zu  Taf.  IX).  Vergleicht  man  die  Adler  auf  grösseren 
datierten  schlesischen  Siegeln  und  Grabdenkmälern  von  der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts 
an  mit  dem  Adler  auf  der  Oppelner  Schliesse,  so  möchte  man  diesen  typologisch  für  den 
ältesten  erklären.  Er  ist  noch  gedrungener,  stilisierter  als  der  im  übrigen  sehr  ähnliche 
und  ebenso  in  einen  Dreiecksschild  komponierte  Adler  auf  einem  Siegel  des  Herzogs 
Heinrichs  V.  von  Breslau  aus  dem  Jahre  1268  (abgeb.  bei  Pfotenhauer,  die  Schlesischen 
Siegel  von  1250—1300  Taf.  II  10).  Die  Adlerbildungen  am  Ende  des  13.  und  Anfange 
des  14.  Jahrhunderts  wie  z.  B.  auf  Siegeln  des  Herzogs  Konrad  II.  von  Sagan  vom  Jahre 
1299  und  1303  (das  erstere  bei  Pfotenhauer  a.  a.  O.  Taf.  IV.  24,  das  letztere  in  der  Siegel- 
sammlung des  Museunis)  und  auf  dem  (jrabsteine  Heinrichs  iV.  von  Breslau  und  Bolkos  1. 
von  Schweidnitz  sind  schon  viel  entwickelter  in  der  Wiedergabe  der  kleinen  Federn,  die  auf 
dem  Oppelner  Bleche  ganz  ornamental  als  kleine  Kreise  behandelt  werden.  Die  heraldische 
Grundform  des  Adlers  mit  dem  emporgoriclitoten  Kopfe,  den  mächtigen  Flügclknochen  und 


78 

dem  Knopfe  über  dem  Schwänze  bleibt  nocli  über  die  erste  Hälfte  des  14.  Jabrhunderts 
bestellen,  bald  aber  verrät  die  Scliildform  die  spätere  Zeit  wie  z.  B.  auf  dem  Grabsteine 
Heinrichs  VI.  (f  1335)  bei  Luchs,  Schlesische  Fürstenbilder  Taf.  11  oder  das  Adlergefieder 
wird  haarartig  fliessend  wie  auf  dem  Grabdenkmale  des  Herzogs  Bolesiaus  von  Liegnitz 
t  1352  bei  Luchs  a.  a.  O.  Taf.  lö'). 

Liegt  auch  die  Entwicklungsgeschichte  des  schlesischen  Adlers  jener  Epoche  klar 
zutage,  so  erheischt  doch  die  Vorsicht,  nicht  jede  einzelne  Erscheinung  nach  ihrem 
formengeschichtlichen  Aussehen  ohne  weiteres  auf  das  Jahr  zu  datieren.  Man  wird  einen 
gewissen  Spielraum  offen  halten  müssen.  Neben  der  jüngeren  Bildung  hat  sich  hier  und 
dort  die  ältere  gewiss  noch  längere  Zeit  behauptet.  Das  Oppelner  Adlerschildclien  kann 
daher  sehr  wohl  erst  am  Ende  des  13.  Jahrhunderts  verfertigt  worden  sein,  aber  über  diese 
Grenze  mehr  als  ein  Jahrzehnt  hinauszugehen,  halte  ich  schlechterdings  für  unmöglich. 

in  die  Zeit  um  1300  weist  auch  eine  Reihe  von  Details  auf  der  Schliesse  Nr.  11.  Das 
hemdartige,  faltig  über  einen  Gürtel  herabfallende  Gewand  mit  dem  tiefen  Ausschnitte,  den 
bauschigen  Ober-  und  engen  Unterärmeln,  mit  dem  der  Oberkörper  der  Mischgestalt 
bekleidet  ist,  repräsentiert  jene  Entwicklungsstufe  der  antiken  Tunika,  in  der  um  die  Wende 
des  Jahrhunderts  das  Kleid  der  Frau  und  das  Friedensgewand  des  Mannes  uns  allenthalben 
entgegentritt,  so  in  der  Biblia  I^auperum  von  St.  Florian,  in  der  Welislawschen  Bilderbibel,  in 
der  Manesseschen  Liederhandschrift,  den  Statuen  Konrads  111.  und  des  thüringischen  Fürsten- 
paares im  Dome  zu  Naumburg  bei  Bode,  Geschichte  der  deutschen  Plastik,  S.  55  und  65  und 
um  ein  Beispiel  aus  Schlesien  anzuführen,  den  Trauergestalten  am  Grabmale  Heinrichs  IV. 
von  Breslau.  Der  Halsausschnitt  ist  mit  einem  breiten  Besätze  garniert,  der  sich  z.  B.  in  den 
Darstellungen  der  Manesseschen  Handschrift  sehr  oft  findet.  Die  Handschuhe,  deren 
Innenseite  auf  den  Stulpen  ein  rundes  Medaillon  schmückt,  das  bei  der  rechten  Hand 
durch  ein  Versehen  des  Goldschmiedes  neben  die  Hand  gesetzt  worden  ist,  gleichen  mit 
den  lang  herunterhängenden  Stulpen   denen,    die   König   Konradin   auf  der  Falkenbeize  in 

')  NiclU  berufen  kann  man  sicli  für  eine  spätere  Datierunij  des  Acllerbleches  anf  die  (jrabplatte 
des  Herzogs  Boleslaiis  Altus  t  '201  (Lntscli,  Scliles.  Kunstdenkmäler  Taf.  221,  4  nnd  1  iiclis,  Sciiles. 
Fiirslenbilder  Taf.  6)  und  i^rzenuslaus  von  Steinau  t  1289  (Lutsch,  Taf.  221,  5  und  Luchs,  Taf.  14).  Lutscii 
schreibt  sie  a.  a.  O.  Sp.  327  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  zu.  Alle  Kriterien  der  Tracht  und  Bewaffnung 
weisen  aber  mit  Bestimmtheit  auf  die  Zeit  um  1300  hin,  in  die  auch  Luchs  die  beiden  Denkmäler  versetzt. 
Die  zeith'che  Verwandtschaft  mit  dem  Denkmale  Heinrichs  IV.  (Lutsch,  Taf.  222,  Luchs  Taf.  10a)  und 
Bolkos  I.  von  Scliweidnitz  (Lutsch,  Taf.  226,  3  und  Luchs  Taf.  28),  für  die  auch  Lutsch  den  Anfang  des 
14.  Jahrhunderts  annimmt,  liegt  doch  zu  nahe. 

Von  den  schlesischen  Städtesieijeln  mit  Adlern  von  ähnlicher  Strenge  wie  auf  dem  Oppelner  Bleche 
gehören  die  meisten  nachweislich  oder  höchst  wahrscheinlich  noch  tiem  13.  Jahrhundert  oder  dem  Anfange 
des  14,  Jahrhunderts  an,  siehe  von  Saurnia,  Wappenbuch  der  scliles.  Städte  Taf.  I  6  Breslau  vom  Jahre 
1262,  VII  79  Münsterberg  aus  der  Zeit  von  1282  —  1292,  VIII  96  Öls  vorhanden  in  Abdruck  von  1310, 
VIII  100  Oppeln  dgl.  von  1298,  IX  118  Sprottau  dgl.  von  1310.  Wenn  Taf.  V  60  Krossen  lu>i  der  Heraus- 
gabe des  Saurmaschen  Werkes  zum  ersten  Male  nicht  früher  als  in  einem  Abdrucke  von  1380  nachweisbar 
war,  Taf.  II  20  Creuzburg  gar  erst  in  einem  Abdrucke  von  1449,  so  beweist  das  natürlich  nichts  gegen  die 
Datierung  der  Stempel,  die  dem  13.  Jahrhundert  angehören  müssen. 


79 

der  Manesseschen  Handschrift  oder  die  Gräfin  Hedwig  von  Ravensberg  (1270  —  1315) 
auf  iiirem  oft,  z.  B.  bei  Schultz,  Leben  der  Minnesänger  |-  S.  4Q4  abgebildeten  Siegel  trägt. 
Das  Haar  ist  auf  der  Stirn  glatt  abgeschnitten  und  umrahmt  das  Gesicht  in  dichten,  aber 
kurzen  Locken,  eine  Nuance  der  allgemein  üblichen  Männertracht,  wofür  es  genügt,  nur 
ein  Beispiel  aus  Schlesien  anzuführen,  die  Grabfigur  Bolkos  I.  von  Schweidnitz  f  1301 
aus  dem  Anfange  des  14.  Jahrhunderts.  Weniger  reichen  für  eine  engere  Datierung 
die  Waffen  aus;  das  lange  Schwert  mit  der  aufgebogenen  Parierstange,  dem  länglich 
runden  Knauf  und  der  breiten  Blutrinne,  die  fast  nie  auf  den  schlesischen  Fürsten- 
siegeln des  13.  und  14.  Jahrhunderts  fehlt,  lässt  einen  Spielraum  von  zwei  Jahrhunderten 
offen  und  der  kleine  von  innen  gesehene  Rundschild,  an  dem  übrigens  die  Anbringung 
der  Handhabe  nicht  ohne  Interesse  sein  dürfte,  findet  sich  vereinzelt  im  ganzen  Mittelalter. 

Mit  den  Blechen  Nr.  11  und  12  gehören  eng  zusammen  13—17  wie  ausser  der 
Gleichheit  der  Arbeit  und  Technik  schon  die  Perlenränder  bei  Nr.  13  und  14  und  16  17 
beweisen.  Es  ist  auch  nicht  überflüssig  an  die  Profilierung  der  Pässe  von  Nr.  13  und 
die  Bildung  der  Rosetten  Nr.  16  zu  erinnern,  die  fast  noch  die  Formenempfindung  des 
romanischen  Stiles  bekunden,  aus  dessen  Motivenschatz  auch  die  Vogelmotive  auf  den 
Messerzwingen  Nr.  21  und  22  herübergenommen  sind.  Die  Randgarnierung  mit  auf- 
gespiessten  Korallenperien  verbindet  mit  der  Mantelschliesse  Nr.  1 1  den  Ring  Nr.  7.  Denn 
man  wird  doch  nicht  damit  rechnen  können,  dass  zwei  in  dieser  Weise  verzierte  Stücke 
sich  zufällig  aus  verschiedenen  Zeiten  zusammengefunden  haben,  wenn  der  an  Stückzahl 
so  viel  reichere  Silberfund  von  Pritzwalk  in  der  Mark  Brandenburg,  den  das  Berliner 
Kunstgewerbemuseum  aufbewahrt,  nur  zwei  Spangen  mit  Randbesatz  von  Korallen  zählt. 
An  diesen  derben  und  abenteuerlich  aussehenden  Ring  schliesst  sich  der  zierliche  Ring 
Nr.  2  an,  bei  dem  kleine  Perlmutterperichen  auf  die  Platte  aufgespiesst  sind  und  der 
breite  Reif  gleichfalls  vierkantig  abgefeilt  ist,  sowie  der  Ring  Nr.  5,  auf  dessen  Reif  dieselben 
vierblättrigen  Rosetten  ausgegraben  sind  wie  bei  Nr.  7. 

Die  Knöpfe  Nr.  18—20  und  die  Ringe  Nr.  3,  4  und  6  bieten  keine  Handhaben  zu 
einer  genaueren  Datierung,  aber  auch  keine  Veranlassung  zur  Trennung  von  den  bis  jetzt 
besprochenen  Bestandteilen  des  Oppelner  Fundes.  Das  Motiv  der  ineinander  gelegten 
Hände  bei  Nr.  4  durchzieht  die  ganze  Geschichte  des  Ringes  von  der  römischen  Zeit  an 
bis  in  die  Renaissance  und  das  technische  Verfahren,  die  Steine  in  Kitt  einzubetten  und 
durch  eine  Folie  aufzuhellen,  wie  bei  Nr.  3  und  4,  wird  schon  in  der  spätantiken  Gold- 
schmiedekunst geübt.  Einen  sehr  altertümlichen,  primitiven  Eindruck  macht  auch  der 
Ring  Nr.  6,  für  den  man  Analogien  erst  wird  suchen  müssen.  Es  ist  durchaus  nicht 
gleichgültig,  ob  all  die  Oppelner  Ringe  gleichzeitig  sind  oder  nicht.  Es  würde  den  Wert 
des  Fundes  bedeutend  erhöhen,  wenn  die  Annaiime  sich  bestätigen  Hesse,  dass  diese 
Ringe  einer  inui  derselben  Person  gehört  haben,  zu  der  mau  vornherein  deshalb  kommt, 
weil  keiner  dem  anderen  gleicht.  Das  gäbe  ein  sehr  lehrreiches  Bild  von  der  bunten 
Mannigfaltigkeit  eines  Scimiuckes,  von  dem  die  mittelalterliche  Dichtung  so  oft  spricht, 
die  gleichzeitigen   Kunstwerke  aller   Art   aber   so   selten   eine  Voi Stellung  geben   und   von 


80 

dem  sicli  überall  mir  vereinzelte  Proben  erhalten  haben.  Der  Annahme,  dass  die  einzelnen 
Bestandteile  des  Oppelner  Fundes  ziemlich  gleichzeitig  sind  und  dass  seine  Zusammen- 
stellung wenige  Jahre  nach  1310,  dem  Terminus  post  quem  für  den  Florenen-Ring  Nr.  1, 
ihren  Abschluss  gefunden  hat,  setzt  freilich  der  Ring  Nr.  8  Schwierigkeiten  entgegen. 
Die  Erfindung  des  durchsichtigen  Emails  auf  Reliefgrund  aus  Silber  wird  gewöhnlich 
dem  italienischen  Kunsthandwerk  vom  Ende  des  13.  Jahrhunderts  zugeschrieben.  Neuer- 
dings hat  Otto  von  Falke  in  den  „Deutschen  Schmelzarbeiten  des  Mittelalters"  S.  119, 
diesen  Anspruch  bestritten  und  die  Vermutung  ausgesprochen,  dass  der  Übergang  vom 
Orubenemail  auf  Kupfer  zum  Tiefschnittemail  auf  Silber  auch  in  Frankreich,  unabhängig 
von  Italien,  erfolgt  sein  könne.  Mag  nun  der  Ring  aus  Italien  oder  Frankreich  oder  dem 
westlichen  Deutschland  nach  Schlesien  gekommen  sein,  so  bleibt  es  jedenfalls  zweifelhaft, 
ob  man  ihn  zu  den  Frühwerken  dieser  Technik  rechnen  darf.  Für  die  hohe  passige 
Kastenform,  in  der  solche  emaillierte  Plättchen  am  Ende  des  14.  Jahrhunderts  und  im 
15.  Jahrhundert  besonders  auf  dem  Fusse  von  Kelchen  vorkommen,  vermag  ich  aus  dem 
Anfang  des  14.  Jahrhunderts  kein  Beispiel  anzuführen  und  ich  weiss  auch  nicht,  ob  das 
flatternde  Tuch  des  weiblichen  Kopfes  mit  dem  Stile  seiner  Zeit  vereinbar  ist. 

Eine  Untersuchung  über  die  Entstehungszeit  des  Oppelner  Fundes  wäre  unvoll- 
ständig, wenn  sie  sich  nicht  auch  mit  der  Gebrauchsbestimmung  der  einzelnen  Stücke 
beschäftigen  würde.  Dabei  betritt  man  allerdings  einen  sehr  unsicheren  Boden,  aber 
immerhin  wird  man  auch  hier  die  bisherigen  Ergebnisse  in  der  Hauptsache  bestätigt 
sehen.  Zunächst  gilt  es  bei  der  Frage  nach  der  Bestimmung  der  Schmuckstücke,  die 
sich  wie  die  Ringe  nicht  von  selbst  erklären,  die  gesellschaftliche  Sphäre  zu  fixieren,  aus 
der  sie  herrühren  können. 

Dazu  bietet  wieder  das  Adlerblech  eine  Handhabe.  Wenn  in  Oppeln  ein  Schmuck- 
stück mit  dem  schlesischen  Adler  gefunden  wird,  so  muss  es  aus  dem  Kreise  der 
Wappenherren  stammen,  der  Herzöge  von  Oppeln,  womit  freilich  noch  nicht  gesagt  ist, 
dass  es  von  einem  Herzoge  selbst  oder  einem  seiner  Familienmitglieder  getragen  worden 
ist.  Das  ist  zwar  wappenrechtlich  das  nächstliegende,  aber  es  sind  auch  nicht  ohne 
weiteres  Personen  ausgeschlossen,  die  im  Abhängigkeitsverhältnisse  zu  den  Herzögen 
standen.  Schon  in  den  ältesten  Zeiten  des  Wappenwesens  trugen  die  ritterlichen  Dienst- 
mannen das  Wappen  ihres  Herren,  wofür  Hauptmann,  Das  Wappenrecht,  Bonn  18Q6 
S.  237  ff.  verschiedene  Beispiele  aus  der  mittelalterlichen  Dichtung  anführt.  Vgl.  auch 
Schultz,  Leben  der  Minnesinger  11-  S.  221,  Anmerk.  5.  Von  diesem  zunächst  nur  in  der 
Bewaffnung  üblichen  Brauche  führte  nur  ein  Schritt  zur  Kennzeichnung  von  Dienern 
durch  die  Wappenfarben  umi  Wappen  ihrer  Herren  auch  auf  dem  Friedenskleide,  die 
dann  später  auf  Livreen,  Uniformen  und  Amtskleidern  allgemein  wurde.  Bei  der  zur 
Entstelumgszeit  des  Oppelner  Fundes  schon  so  fortgeschrittenen  sonstigen  Ausbildung 
des  Wappenrechtes  ist  es  vielleiciit  nur  ein  Zufall,  wenn  für  eine  solche  Kennzeichnung 
die  gleichzeitigen  Bildwerke,  wie  z.  B.  diejenigen  Darstellungen  in  iler  Manesseschen 
Liederhandschrift,   wo    Dienergefolge  vorkommt,   keine   Beispiele   bieten.     Unsicher   ist    die 


81 

Berufung  auf  die  Tumba  Heinrichs  IV.  von  Breslau.  Die  schiesischen  Adler,  mit  welchen 
in  der  Abbildung  bei  Lutsch,  Schles.  Kunstdenkmäler,  Taf.  54,  10  die  Mantelzierate 
(Tassein)  des  eine  Fürstin  stützenden  Dienerpaares  ausgezeichnet  sind,  verdanken  ihr 
Dasein  der  wenig  glücklichen  Restaurierung  des  Denkmals  in  den  60er  Jahren,  die  ja 
allerdings  vorhandene  Spuren  berücksichtigt  haben  kann.  Wenn  man  nun  auch  von  den 
Lebensansprüchen,  dem  Luxus  und  Reichtum  kleiner  Teilfürsten  an  der  äussersten  Grenze 
der  deutschen  Kultur  sehr  bescheidene  Vorstellungen  hat,  wird  man  doch  eher  geneigt 
sein,  so  armselige  und  wohlfeile  Schmuckstücke  wie  das  Adlerschildchen  und  die  ver- 
wandten Bleche  eher  dem  Hofstaate  als  der  herzoglichen  Familie  von  Oppeln  zuzuschreiben, 
wobei  die  Herstellungsart  durch  Pressung  auf  einen  gewissen  Massenbedarf  hindeuten 
würde.  Aber  eine  sichere  Entscheidung  darüber  wird  nur  dann  zu  erreichen  «ein,  wenn 
eine  Vermutung  über  die  Verwendung  der  Bleche  Nr.  13,  die  ich  später  vorbringen  werde 
sich  entweder  bestätigt  oder  durch  eine  andere  besser  begründete  ersetzen  lässt. 

Für  die  Verwendung  des  Adlerbleches  kann  man  mit  zwei  Möglichkeiten  rechnen. 
Eine  dritte  wollen  wir  gleich  von  vornherein  ausschliessen,    nämlich   die,    dass  es  zum 
Schmuck  der  ritterlichen   Pferdedecke,  der  covertiure,  gedient  habe,    wie  die  Schilde  mit 
dem  schiesischen  Adler  auf  mehreren  Siegeln   schlesischer  Fürsten  aus  der  ersten  Hälfte 
des  H.Jahrhunderts.')     Wenn  auch  diese  Schilde  sich  im  Relief  von  der  Decke  abheben, 
also  sichtlich  nicht  als   flache  Stickerei   gedacht   sind,   wie  die  schiesischen  Adler  auf  der 
covertiure  des  Rosses,  das   Herzog  Heinrich  IV.  als  Sieger  im   Turnier  in  der  Manesse- 
schen  Liederhandschrift  reitet,  so  müssen   wir  sie  uns   unbedingt  viel  grösser  vorstellen 
als  das  Oppelner  Schildchen.    Erst  in  einer  Grösse,  die  mindestens  der  des  halben  Hand- 
schildes   entspricht,    erfüllen   die  Wappenschilde  auf  den   Pferdedecken  den  Zweck,    das 
Ross    des    kämpfenden   Ritters  kenntlich   zu   machen.     Metall   war  dafür  auch   kaum  das 
geeignete  Material.     Und   schliesslich,  wenn   selbst  alle  Zufälligkeiten  bei  der  Vergrabung 
von  Wertsachen  in  alter  Zeit  zugegeben   werden,  müsste  man  sich  doch  noch  wundern, 
dass  das  Adlerblech  in  dem  ganzen   Funde  nur  einmal  vorkommt,  während  die  Pferde- 
decken eine  grosse  Anzahl  von  Schilden  trugen.    Sicher  dagegen  ist  die  Verwendung  des 
Adlerschildchens  als  Fürspan  oder  als  Tasseinhälfte.     Fürspan   heisst  das   Schmuckstück, 
das    beim    männlichen    wie  beim  weiblichen  Kostüme  jener  Zeit  auf  dem  Obergewande 
mitten  auf  der  Brust  angebracht  war,  Tassein  die  am  Rande  des  über  die  Schultern  ge- 
hängten, vorn  offenen  Mantels  befestigten  Zierate,  die  durch  ein  Band  oder  eine  Schnur 
mit  einander  verbunden  waren.     Fürspan  und  Tassein   haben  öfters   Schildchenform   und 
sind  mit  dem  Wappen  des  Trägers  geschmückt.     Für   den   Fürspan  sei  als  Beispiel  der 
Grabstein  des   Grafen   Dieters  IV.  von   Katzcnelinbogen,    f   1315,    bei   Hefener- Alteneck, 
Trachten  etc.,  Taf.  157  angeführt.  (Bei  der  Grabfigur  der  einen  Frau  des  Grafen  von  Gleichen, 
t  1264,  ebenda  Taf.  129  und  dem  Standbilde  einer  fürstlichen  Witwe  im  Dom  zu  Naum- 

')  Abfjeh.  bei  Raiil,  Über  die  Bildnissiegel  der  schles.  Fürsten  im  13.  und  14.  Jahrhundert  (Zeitschrift 
f.  Gesch.  u.  Altert.  Schlesiens  XXVI)  Taf.  VI!  u.  VIII. 

II 


82 

bürg  bei  Bode,  Geschiclite  d.  deutschen  Plastik,  Abb.  zu  S.  58  ist  oder  war  das  Schildciien 
wohl  auch  nicht  wappenios.)  Schildförmijie  Tassein  tragen  mehrere  Leidtragende  auf  der 
Schwertseite  der  Tuniba  Heinrichs  IV.  von  Breslau,  fürstliche  Personen  wie  Diener.  (Siehe 
oben  S.  81.)  Grosse  Tassein  mit  dem  schiesischen  Wappentiere  zeigt  das  Kostüm 
Heinrichs  1.,  des  Gemahles  der  hl.  Hedwig,  in  der  Handschrift  des  Nikolaus  von  Lüben 
vom  Jahre  1353  bei  Luchs,  Fürstenbilder  Taf.  7  links. 

Als  Tasselhälften  dienten  wohl  auch  die  Rosette  Nr.  15,  die  ganz  ähnlich  auf  dem 
Grabmale  Bolkos  1.  von  Schweidnitz  und  etwas  reicher  ausgebildet  auf  dem  Heinrichs  iV. 
von  Breslau  vorkonmit,  und  die  Rosette  Nr.  14.  Die  Schliesse  Nr.  11  war  jedenfalls  auch 
auf  einem  Mantel  aufgenäht,  aber  auf  einem  der  vorn  nicht  auseinanderstehenden  Form. 
Die  kleinen  Rosetten  Nr.  16  und  17  bildeten  den  Besatz  von  Gürteln,  die  in  jener  Zeit 
noch  ziemlich  schmal  waren.  Beispiele  dafür  bieten  die  Tafeln  1,  27,  30,  61  etc.  bei 
Kraus,  Die  Miniaturen  der  Manesse'schen  Liederhandschrift.  An  und  für  sich  könnte  man 
sie  sich  ja  auch  als  Schmuck  von  Wehrgehängen  denken,  für  die  solche  zentrale  Muster 
die  beliebtesten  Motive  abgeben  -  ich  verweise  wiederum  auf  die  beiden  vorhin  erwähnten 
Grabdenkmäler  aber  damit  würde  man  ohne  Not  die  Einheitlichkeit  des  Oppelner  Fundes 
zerreissen,  der  sonst  nur  Schmuckstücke  für  die  Friedenstracht  enthält. 

Die  sechsmal  vertretenen  Medaillons  Nr.  13  weiss  ich  im  Kostüme  der  Zeit  nicht 
mit  Sicherheit  unterzubringen.  Für  Gürtel  und  Wehrgehäng  halte  ich  sie  schon  zu 
gross.  Zu  einer  Vermutung  über  ihren  Zweck,  deren  geringe  Wahrscheinlichkeit  ich 
mir  aber  durchaus  nicht  verhehle,  führt  mich  der  schlesische  Herzogshut,  mit  dem  das 
Haupt  Heinrichs  IV.  auf  seinem  Grabdenkmale  bedeckt  ist.  Zu  beiden  Seiten  des 
von  vorn  nach  hinten  gehenden  Bügels  setzt  sich  hier  aus  Medaillons  mit  drachen- 
artigen Tieren  und  einem  Mittelstück  mit  knieenden  Engeln  je  eine  grosse  Rosette 
zusammen.  (Vgl.  auch  die  Beschreibung  bei  Luchs  a.  a.  O.)  Dass  sie  so  eher 
in  Stickerei  hergestellt  war  als  aus  zusammengeschobenen  Metallblechen,  sei  selbst- 
verständlich zugegeben,  aber  es  braucht  keines  Aufwandes  von  l'hantasie,  um  sich  eine 
Herzogskrone  mit  ähnlichem  Schmuck  aus  Metallblechen  vorzustellen,  wobei  auf  die 
Ähnlichkeit  der  Motive  -  phantastische  Tiergestalten  im  Oppelner  Funde  und  auf  dem 
Hute  Heinrichs  IV.-  kein  Gewicht  gelegt  werden  soll.  Da  der  Oppelner  Fund,  wie  wir 
früher  gesehen  haben,  unbedingt  aus  dem  Kreise  der  einheimischen  Herzöge  herrührt, 
läge  somit  die  Möglichkeit  vor,  dass  uns  in  den  Blechen  Nr.  13  Reste  eines  Herzogshutes 
aus  der  Zeit  Boleslaus  !.,  der  1283  1313  regierte,  erhalten  sind,  und  der  ganze  Schmuck 
müsste  dann  ihm  oder  seiner  Gemahlin  gehört  haben,  nicht  einer  Person  seines  Hof- 
staates. Schade,  dass  die  Frage  nach  dem  ursprünglichen  Besitzer  ungelöst  bleibt  und 
besonders,  dass  man  dabei  nicht  mit  Bestimmtheit  die  „allerhöchsten  Herrschaften"  nennen 
darf.  Der  Schmuckfund  gäbe  dann  einen  ausserordentlich  wertvollen  Massstab  dafür  ab, 
was   in   jener  Zeit   und  jener  Gegend   als   fürstliche  Pracht   und  fürstlicher  Reichtum  galt. 

Vollständig  klar  dagegen  ist  der  Zweck  der  Knöpfe  Nr.  18-20.  Ausser  verschiedenen 
Stellen  in  der  mittelteralterlichen  Literatur,  die  Moriz  Heyne  im  3.  Bande  seiner  „Fünf  Bücher 


83 

deutscher  Hausalterthümer"  S.  331  Anm.  20  anführt,  lehren  uns  zahlreiche  Abbildungen  in 
der  Manesseschen  Liederhandschrift  (bei  Kraus  a.  a.  O.  Taf.  10,  14,  16,  26,  2Q,  32  u.  105) 
dass  im  Männer-  wie  Frauen-Kostüm  es  gebräuchlich  war,  die  engen  Unterärmel  und 
einen  Brustschlitz  des  Obergewandes  der  Länge  nach  mit  Knöpfen  zu  schliessen.  Bei 
dem  nur  andeutenden  Charakter  der  Malereien  jener  Handschrift  darf  man  natürlich  nicht, 
weil  dort  alle  Knöpfe  rund  sind,  längliche  wie  Nr.  IQ  aus  dem  Gebrauche  der  Zeit  aus- 
schliessen.  Jedenfalls  liegt  nicht  die  geringste  Nötigung  vor,  diese  Stücke  einer  späteren 
Zeit  zuzuschreiben,  etwa  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts,  von  wo  an  die  Verwendung 
von  Knöpfen  an  dem  kürzeren,  vorn  offenen  Männerrock  noch  reichlicher  wird. 

Je  mannigfaltigere,  sich  ergänzende  Verwendung  bei  annähernd  gleichem  tech- 
nischen, materiellen  und  künstlerischen  Niveau  des  Ganzen  die  einzelnen  Gruppen  des 
Oppelner  Fundes  verraten,  desto  berechtigter  wird  die  Annahme,  dass  sie  nicht  zufällig 
zusammengekommen  sind,  sondern  gewissermassen  die  mehr  oder  minder  vollständige 
Schmuckausrüstung  einer  Person  darstellen.  Ganz  gleichaltrig  war  der  Besitz  nicht,  einzelne 
Stücke,  wie  sicherlich  die  Ringe  Nr.  1  und  8,  sind  im  Laufe  der  Jahre  hinzugekommen. 
Vielleicht  zu  einer  Zeit,  wo  die  Bleche  schon  von  den  Kostümen  abgetrennt  und  zur  Seite 
gelegt  worden  waren.  Eine  lange  Gebrauchsdauer  lässt  sich  ja  diesen  zerbrechlichen, 
fast  nur  für  den  äusseren  Schein  gearbeiteten  Dingen  keinesfalls  zuerkennen.  Vermauert 
oder  vergraben  wurde  der  Schmuck  wohl  noch  im  14.  Jahrhundert.  Die  zwei  Töpfchen, 
die  ihn  bargen,  sind  Erzeugnisse  der  mittelalterlichen  Keramik.  Das  eine,  grössere,  aus 
rötlichem,  körnigem  Ton,  8,5  cm  hoch,  mit  einem  oberen  Durchmesser  von  7,5  cm,  ist 
horizontal  gerieft  und  am  Rande  dreimal  gelappt,  das  kleinere,  7,5  cm  hoch,  mit  frag- 
mentierter enger  Mündung,  hatte  einen  Henkel  und  ist  innen  gelb  glasiert.  Das  Haus  14 
der  Karlsstrasse,  der  früheren  Goslawitzergasse,  liegt  in  der  unmittelbarsten  Nähe  des  Ringes 
von  Oppeln,  der  Grund,  auf  dem  es  stand,  war  sicherlich  schon  seit  der  Zeit  bebaut,  wo 
der  uralte  Ort  als  Stadt  gegründet  wurde.  Schon  im  13.  Jahrhundert  erhielt  Oppeln  das 
deutsche  Stadtrecht  und  seit  dem  Jahre  1273  hatten  die  Herzöge  hier  dauernd  ihre  Residenz. 
(Vgl.  idzikowski,  Geschichte  der  Stadt  Oppeln  S.  54.)  Vielleicht  war  ein  einheimischer 
Meister  an  der  Verfertigung  des  Schmuckes  beteiligt,  der  die  Geschichte  der  schiesischen 
Goldschmiedekunst  eröffnet. 


11» 


84 


EIN  VENETIANISCHES  GLAS   DES   15.  JAHRHUNDERTS 

Widrige  Umstände  privater  Art  haben  mich  verhindert,  meine  Untersuchung  über 
dieses  Glas  gründlich  durchzuarbeiten  und  zu  Ende  zu  führen.  Um  die  Druci<iegung 
des  laiirbuciies  niciit  aufzuhalten  und  die  Tafel  nicht  bis  zum  nächsten  Bande  liegen  zu 
lassen,  begleite  ich  ihre  Veröffentlichung  nur  mit  einigen  Bemerkungen,  die  auf  unvoll- 
ständigem Material  beruhen. 

Unser  Museum  hat  sich  zum  Ankaufe  dieses  Glases,  das  ihm  im  Sommer  1902 
angeboten  wurde,  erst  nach  längerem  Zögern  entschlossen,  da  bei  einem  in  mancher 
Hinsicht  so  fremdartig  anmutenden  Stücke  Vorsicht  geboten  war.  Angeboten  wurde  uns 
der  Pokal,  zusammen  mit  einem  deutschen  Willkomm,  auf  den  wir  nicht  reflektierten,  weil 
die  Darstellung  darauf,  eine  Jagd,  schon  in  unserem  Museum  vertreten  ist,  von  dem 
Berliner  Antiquitätenhändler  Louis  Weissner,  mit  dem  wir  schon  längere  Zeit  in  Ver- 
bindung stehen  und  der  es,  nicht  direkt,  von  einer  in  Berlin  ansässigen  Kaufmannsfamilie 
erworben  hatte.  Er  legte  uns  auch  eine  schriftliche  Erklärung  der  früheren  Besitzer  vor, 
nach  welcher  Pokal  und  Willkomm  im  Jahre  1828  bei  der  Erbschaftsteilung  nach  einem 
Herrn  von  Rothkirch  in  Breslau  in  den  Besitz  ihrer  Familie  übergegangen  seien.  Ein 
Vertrauensmann  unseres  Museums  und  ich  erhielten  bei  Besuchen,  die  wir  den  früheren 
Besitzern  abstatteten,  offenen  Einblick  in  die  Verkaufsgeschichte  und  die  ergänzende  Mit- 
teilung, dass  die  Erbschaftsteilung  einen  Heinrich  von  Rothkirch  betreffe,  dem  „Brisseiwitz 
bei  Breslau"  gehört  habe.  Nach  Ledebur,  Schlesisches  Adelslexikon  II  s.  v.  von  Rothkircli, 
war  Pristelwitz  bei  Trebnitz,  das  fortwährend  mit  Brisseiwitz  verwechselt  wird,  um  1770 
und  1856  im  Besitze  des  weitverzweigten  Geschlechtes  derer  von  Rothkirch.  Wir  bekamen 
auch  eine  Porträtsilhouette  dieses  Heinrich  von  Rothkirch  vom  Ende  des  18.  Jahrhunderts 
mit  alter  Namensfertigung  auf  der  Rückseite.  Genauere  Informationen  über  die  Erbschafts- 
teilung, weiche  die  Berliner  Familie  bei  älteren,  auswärtigen  Verwandten  einzuholen  ver- 
sprach, blieben  aus,  was  man  ihr  schliesslich  nicht  übel  nehmen  konnte,  da  sie  von  dem 
ganzen  Handel,  den  sie  als  übereilt  erkannte,  nachgerade  verstimmt  war.  Fortgesetzte 
Untersuchung  des  Glases  selbst  befestigte  inzwischen  bei  uns  die  Überzeugung  von 
seiner  Echtheit.  Direktor  Brinckmann,  dem  wir  es  schickten,  fasste  sein  Gutachten  dahin 
zusammen,  dass  er  uns  von  dem  Ankaufe  nicht  abrate.  Von  den  Fachgenossen,  die 
seither  das  Original  in  unseren  Sammlungen  sahen,  hat  keiner  ernsthafte  Bedenken  darüber 
geäussert  oder  festgehalten.  Den  bec|uemen  Weg,  den  Ankauf  des  Glases  abzulehnen, 
hatten  wir  deshalb  nicht  gewählt,  weil  es,  seine  Echtheit  imd  seine  Herkunft  aus 
schlesischem  Besitze  vorausgesetzt,  ein  ganz  ausserordentlich  interessantes  Dokument  für 
einen  wichtigen  Abschnitt  der  Geschichte  Schlesiens  bildet. 

Das  Glas  hat  die  bekannte  typische  Form  der  venetianischen  Pokale  aus  der 
2.  Hälfte  des   15.  Jahrhunderts.     Die  Höhe  beträgt  22,5  cm,  der  Durchmesser  der  Mündung 


TAFEL 


Venetianisches  Glas  des  XV.  Jahrhunderts 


85 

und  der  des  Fusses  14  cm.  Die  Masse  ist  mit  kleinen  Bläschen  und  Rissen  durchsetzt 
wie  alle  venetianischen  Gläser  dieser  Zeit,  im  übri<,ren  klar,  ohne  jeden  Stich  ins  Graue 
und  Staubige.  Der  hohe,  hohle  und  gerippte  Ständerfuss  ist  am  unteren  Rande  mit  dem 
üblichen  Wulste  versehen  und  setzt  unter  der  Cuppa,  wie  bei  allen  Exemplaren,  die  ich 
kenne,  mit  einem  massiven  Stück  an.  Den  unteren  Rand  des  Kelches  umgibt  ein  Zacken- 
kranz aus  farblosem  Glase,  der  durch  unten  aufgeschmolzenen  Überfang  eine  abwechselnd 
türkisblaue  und  blutrote  Färbung  mit  weissen  Rändern  erhält,  den  Kelch  selbst  umrahmen 
Friese  aus  Gold  mit  ausgekratzter  Zeichnung,  auf  das  farbige  Rosetten  und  Pünktchen 
gesetzt  sind,  sowie  gereihte  türkisblaue  Zungenmuster  (vgl.  für  die  letzteren  z.  B. 
Collection  Spitzer,  Tom.  III,  Verreries  P\.  IV  16).  Den  Raum  dazwischen  füllen  die  eben  so 
sehr  aus  der  Majolikamalerei  wie  der  venetianischen  Glasdekoration  jener  Zeit  bekannten 
Schuppen,  die  abwechselnd  aus  blutroten,  weissen,  hellblauen  und  türkisblauen  Kreis- 
segmenten bestehen.  In  dieses  Muster  sind  zwei  grosse  Wappenschilder  einandergegen- 
über  gesetzt.  Die  Einrahmung  der  Wappen,  die  Innenzeichnung  des  Löwens  und  die 
Tingierung  der  Balken  des  anderen  Wappens  (Abb.  auf  S.  87)  ist  schwarz.  In  der- 
selben Farbe,  die  sonst  auf  dem  Glase  nicht  vorkommt,  sind  die  Schuppen  rechts  von 
beiden  Wappen,  wie  zur  Angabe  von  Schatten  schräg  gestrichelt.  Die  rote  Farbe  für  das 
Feld  des  Löwenwappens  hat  der  Maler  auf  der  Innenseite  des  Glases  angebracht,  wahr- 
scheinlich um  zu  vermeiden,  dass  sie  mit  der  weissen  Farbe  zusammenlaufe,  eine  technische 
Besonderheit,  für  die  arabische  Moscheelampen  z.  B.  im  Berliner  Kunstgewerbemuseum 
Analogien  und  deutlichen  Ursprungshinweis  bieten.  Ausserdem  zeigt  dieses  Wappen 
eine  Tingierung  mit  Goldstrichen.  Bei  dem  Balkenwappen  unterblieb  die  Bemalung  des 
Feldes.  Die  Emailfarben,  die  an  dem  Glase  zur  Anwendung  kamen,  dunkles  Blutrot 
(dasselbe  wie  auf  Moscheelampen),  türkisblau,  hellblau  und  weiss,  liegen  sämtlich  in  dickem 
Relief  auf  der  Oberfläche,  durchsetzt  mit  kleinen  Luftbläschen,  und  leuchten  in  unberührter 
Frische.     Das  Gold  dagegen  zeigt  überall  starke  Spuren  der  Abnützung. 

Herr  Referendar  Karl  Schlawe,  der  Berater  unseres  Museums  in  heraldischen  Fragen, 
hat  uns  sofort,  nachdem  wir  das  Glas  erhalten  hatten,  bestätigt,  dass  mit  den  beiden 
Wajjpen  nur  die  der  Königreiche  Ungarn  und  Bölimen  gemeint  sein  können.  Der  Löwe 
zeige  ausser  der  übereinstimmenden  Färbung  die  besonders  dem  böhmischen  Löwen 
eigenen  Charakteristika,  den  Doppelschweif  mit  dem  Knoten  und  die  Krone,  und  bei 
dem  anderen  Wapjjen  brauche  man  sich  nur  den  Grund  rot  vorzustellen,  um  das  so- 
genannte altungarische  Wappen  vor  sich  zu  haben.  Herr  Schlawe  wies  auch  mit  einigen 
Bedenken  auf  die  geradezu  archaische  Bildung  des  böhmischen  Löwens  hin,  die  von 
der  gleichzeitigen  deutschen  bedeutend  abweiche,  gab  aber  selbst  zu,  dass  dieser  kon- 
servative Zug  für  die  italienische  Heraldik  charakteristisch  sei.  Darin,  dass  bei  dem 
ungarischen  Wappen  die  Tingierung  der  roten  Balken  unterblieb,  während  die  weissen 
zum  Überfluss  mit  Damaszierung  versehen  sind,  wird  man  nur  die  bei  einem  fremden 
Wappen  leicht  erklärliche  Unkenntnis  des  Malers  und  alles  andere  als  einen  Grund  zum 
Verdachte  finden. 


86 

Die  Wappen  von  Böhmen  und  Ungarn  vereinigt  auf  einem  venetianischen  Glase  des 
15.  Jahrhundertes,  das  aus  Schlesien  stammt  -  was  folgert  daraus?  Zunächst  das  eine, 
dass  es  zu  einer  Zeit  entstanden  ist,  wo  diese  beiden  Länder  politisch  zusammengehörten. 
Dafür  kommen  in  der  2.  Hälfte  des  15.  Jahrhundertes  mehrere  Zeiträume  in  Betracht. 
Eine  faktische  Vereinigung  bestand  in  der  Regierungszeit  des  Ladislaus  V.  Posthumus  von 
1453  -1457  und  in  der  Zeit  von  1490 — 1516,  wo  Wladislaw  11.  Jagello  nach  dem  Tode 
des  Mathias  Corvinus  auch  die  ungarische  Krone  besass.  Aber  die  eine  Epoche  erscheint 
mir  für  das  Glas  zu  früh,  die  andere  vielleicht  zu  spät,  jedenfalls  aber  erklären  beide 
nicht  den  venetianischen  Ursprung  und  die  schlesische  Herkunft  des  Pokales.  Viel  näher 
liegt  es,  ihn  mit  der  glänzenden  Erscheinung  eines  Mannes  in  Verbindung  zu  bringen, 
der  in  der  2.  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  mächtig  in  die  Geschicke  Ungarns,  Böhmens 
und  Schlesiens  eingriff  und  zugleich  mit  Italien  die  lebhaftesten  künstlerischen  Verbindungen 
unterhielt,  mit  Mathias  Corvinus,  König  von  Ungarn. 

Nach  dem  Tode  des  Ladislaus  Posthumus  im  Jahre  1457  war  Ungarn  dem  Mathias 
Corvinus,  Böhmen  und  mit  ihm  Schlesien  dem  Georg  von  Podiebrad  zugefallen.  Ein 
grosser  Teil  von  Schlesien,  voran  die  Stadt  Breslau,  befand  sich  in  steter,  heftigster 
Opposition  gegen  Georg  von  Podiebrad,  den  Czechen  und  Utraquisten.  Die  seit  dem 
Jahre  1464  zwischen  Mathias  Corvinus  und  seinem  Schwiegervater,  dem  König  von 
Böhmen  bestehenden  Misshelligkeiten  führten  dazu,  dass  der  erstere  sich  immer  mehr  in 
die  Rolle  eines  Prätendenten  auf  die  böhmische  Krone  drängen  und  am  3.  Mai  1469  in 
Olmütz  zum  König  von  Böhmen  wählen  Hess.  Im  Jahre  1479  wurden  die  über  den  Tod 
des  Georg  von  Podiebrad  hinaus  geführten  Kämpfe  zwischen  den  beiden  F^arteien  durch 
einen  Vertrag  beendigt,  in  dem  Corvinus  alle  Nebenländer  von  Böhmen  bekam.  Den 
Titel  eines  Königs  von  Böhmen  behielt  er  aber  bis  zu  seinem  Tode  im  Jahre  1490. 

Auf  dem  Pokal  ist  die  höchste,  wenn  auch  nur  zum  Teil  tatsächliche  Machtstellung 
des  Corvinus  auf  die  kürzeste  und  prägnanteste  Art  zum  Ausdruck  gebracht.  Wo  sich 
dazu  Gelegenheit  gibt,  bedient  sich  Corvinus  gern  eines  ausführlichen  Wappens,  in  dem 
neben  den  Wappen  der  Nebenländer  auch  das  seiner  Familie,  der  Rabe  mit  dem  Ring  im 
Schnabel,  nicht  fehlt.  Aber  immer  ist  das  böhmische  und  ungarische  Wappen  die  Haupt- 
sache, wie  z.  B.  auf  dem  Siegel  der  Urkunde,  in  der  im  Jahre  1469  die  Breslauer  von 
dem  neuen  Herrn  sich  ihre  Privilegien  bestätigen  Hessen  (Stadtbibliothek,  Priv.  142,  das 
Siegel  kommt  auch  sonst  noch  öfters  vor).  Hier  ist  ein  grösserer  Schild  mit  den  Balken 
von  Ungarn  und  dem  böhmischen  Löwen  umgeben  von  sechs  kleineren  Schildern  mit 
den  Wappen  der  Nebenländer  und  dem  Familienwappen.  Im  gegebenen  Falle,  aus 
bestimmten  künstlerischen  Rücksichten  wie  z.  B.  bei  unserem  Glase,  wo  dem  Maler  die 
Zweiteilung  wie  bei  den  coppe  nuziali  nahe  lag,  konnten  selbstverständlich  die  Neben- 
wappen ohne  Schaden  fortfallen.  So  begnügen  sich  die  Breslaucr  Heller  aus  der 
Regierungszeit  des  Corvinus  mit  der  Vereinigung  der  beiden  Hauptwappen  in  einem 
Schilde  auf  der  Aversseite  (der  Revers  trägt  den  Johanniskopf)  und  eine  Ausgabe,  die 
Friedensburg  im  Supplement  zur  Schles.  Münzgeschichte  im  Mittelalter  (Codex  Diplomaticus 


87 

Silesiae  XXIII  563  A)  abbildet,  verzichtet  sogar  auf  die  Initialen 
des  königlichen  Namens,  die  bei  den  übrigen  das  Wappen  um- 
geben. Jedenfalls  darf  man  meines  Erachtens  die  Vorliebe  des 
Mathias  Corvinus  für  die  Anbringung  seines  Familienwappens 
nicht  zu  einem  Gesetze  erheben,  das  Gegenstände,  wo  es  fehlt,  ihm 
abspricht,  mag  auch  sonst  die  grösste  Wahrscheinlichkeit  für  ihn 
als  Auftraggeber  sprechen.  Unser  Pokal  hat  sich,  wie  früher 
bemerkt,  im  Anfange  des  19.  Jahrhunderts  im  Besitze  einer  alten 
schlesischen  Familie  befunden.  Wenn  diese  Angabe  wahr  ist, 
woran  zu  zweifeln  kein  Grund  vorliegt,  bildete  er  ein  Erbstück  dieser  Familie  und  es  liegt 
die  Annahme  nahe,  dass  er  von  Mathias  Corvinus  einem  Schlesier  als  Dank  für  geleistete 
treue  Dienste  geschenkt  worden  ist.  Schlesien  war  an  den  Kämpfen  um  die  böhmische 
Krone  mit  am  meisten  beteiligt,  hier  bedeutete  die  Vereinigung  der  beiden  Wappen  ein 
politisches  Bekenntnis.  Der  Nachfolger  des  Corvinus,  Wladislaw  II ,  hat  sich  um  Schlesien 
wenig  gekümmert. 

So  weil  ich  die  uns  erhaltenen  venetianischen  Gläser  des  15.  Jahrhunderts  kenne, 
ist  unseres  das  einzige  mit  nicht  italienischen  Wappen,  wo  der  ganze  Dekor  von  einer 
und  derselben  Hand  herrührt.  Hier  sitzt  auch  das  Wappen  organisch  in  der  gesamten 
Verzierung,  während  man  den  nicht  seltenen  deutschen  Wappen  auf  frühen  venetianischen 
Gläsern  sofort  ansieht,  dass  sie  nachträglich  aufgemalt  sind.  Im  übrigen  steht  die  flotte, 
breite  und  etwas  derbe  Behandlung  der  Malerei,  besonders  der  Wappen  und  der  Schuppen 
im  Kontraste  zu  der  so  sorgfältigen  Miniaturmalerei,  die  wir  sonst  bei  den  venetianischen 
Gläsern  jener  Zeit  gewöhnt  sind.  Wahrscheinlich  hat  der  biedere  Meister  bei  der  Export- 
ware sich  die  Arbeit  leichter  gemacht,  namentlich  wenn  er  davon  einen  grösseren  festen 
zu  liefern  hatte.  Das  erscheint  mir  wahrscheinlicher,  als  die  Hypothese,  dass  das  Glas 
aus  der  Werkstatt  eines  venetianischen  Glaskünstlers  herrührt,  der  von  Mathias  in  sein 
F^eich  berufen  wurde.  Dafür  liefern  die  wenigen  gleichartigen  und  gleichzeitigen  Gläser 
aus  Ungarn,  bei  denen  man  dann  eine  Verwandtschaft  mit  unserem  Pokale  voraussetzen 
müsste,  keinerlei  Anhaltspimkte.  Eines  im  Rathause  von  Bartfeld,  von  dem  mir  durch 
die  Freundlichkeit  des  Herrn  Direktor  von  Radisics  eine  Photographie  vorliegt,  weicht  in 
nichts  von  dem  venetianischen  Typus  ab  und  trägt  in  Bemalung,  die  von  anderer  Hand 
zu  sein  scheint  als  die  Schuppenmusterung,  das  Wappen  von  Bartfeld.  Ein  ähnliches 
Glas  soll  sich  im  Museum  von  Kaschau  befinden.  Auch  den  in  Somogyvär  gefundenen 
Pokal  aus  dem  Besitze  des  Grafen  Emerich  Szechenyi  (abgeb.  in  den  „Historischen  Denk- 
mälern Ungarns  auf  der  Milleniums-Landesausstellung"  II  Taf.  XLI)  wird  niemand  als  ein- 
heimische Arbeit  nach  fremdem  Vorbilde  in  Anspruch  nehmen. 

Karl  Masner 


88 

AUS  DEM  BRESLAUER  DIÖZESANMUSEUM 

I 

EIN  MADONNENHOLZSCHNITT 

Oclioii  mehrfach  haben  sicli  in  Bänden  der  Breslaiier  Bibliotheken  interessante  Unica 
des  Formschnittes  gefunden.')  Wohl  das  künstlerisch  wertvollste  Blatt  dieser  Art  aber 
freuen  wir  uns,  dank  der  gütigen  Genehmigung  Sr.  Eminenz  des  Herrn  Kardinal  Kopp,  in 
nebenstehendem  Lichtdrucke  veröffentlichen  zu  können.  Es  ist  ein  Madonnenholzschnitt, 
eingeklebt  in  die  Innenseite  des  vorderen  Deckels  eines  Kodex  der  Diözesanbibiiothek 
(Signatur  II  51  Fol.),  dessen  hinterer  Deckel  ein  mit  Lackbraun,  Grün  und  Gelb  bemaltes 
Exemplar  des  grossen  Schrotblattes  mit  dem  Kaivarienberg  (Schreiber  2333)  enthält.  Das 
Original  des  Holzschnittes,  379  x  253  mm  gross,  ist  in  auffallend  reicher  und  harmonischer 
Farbenwahl  bemalt:  das  Stirnband  grün  mit  roter  Agraffe,  der  Mantel  grün  mit  rotem 
Futter;  das  in  rot  und  gelb  gehaltene  brokatene  Leibchen  lässt  ein  zurückgeschlagenes 
Hemd  sichtbar  werden,  unter  dem  noch  ein  ganz  dünnes  Flortuch,  von  einer  grossen 
Agraffe  zusammengehalten,  angedeutet  scheint.  Der  die  linke  Schulter  bedeckende  Mantel 
ist  violett  mit  breitem  Saum  (rot,  von  gelben  Perlen  eingefasst,  mit  grünen  Steinen  besetzt). 
Aus  demselben  Brokatstoff,  wie  das  Leibchen,  sind  die  engschliessenden  Ärmel  der 
Madonna,  die  unter  den  Beinchen  des  nackten  Kindes  sichtbar  werden. 

Dieser  bisher  unbekannte  Holzschnitt  findet  sowohl  hinsichtlich  der  stattlichen 
Grösse  wie  der  schönen  und  sorgfältigen  Zeichnung  wenig  Analoga  unter  den  in  der 
Literatur  verzeichneten  xylographischen  Madonnenbildern.  Am  nächsten  kommt  ihm  in 
der  ganzen  Anordnung  das  Blatt  der  Pariser  Nationalbibliothek  mit  dem  Ave  regina  celorum 
als  Randumschrift;-)  doch  wirkt  diese  Darstellung  nur  wie  eine  flüchtige  und  grobe  Nach- 
bildung unseres  künstlerisch  weit  höher  stehenden  Holzschnittes  oder  ihres  gemeinsamen 
Urbildes.  Denn  dem  Stil  nach  dürfte  das  Pariser  Blatt  früher  zu  datieren  sein,  als  das 
hier  veröffentlichte,  dessen  grosse,  freie  Auffassung  und  zum  Teil  schon  ganz  malerische 
Behandlung,  z.  B.  in  dem  florartigen  Brusttuch,  es  geraten  erscheinen  lässt,  seine  Ent- 
stehung nicht  vor  die  letzten  Jahrzehnte  des  XV.  Jahrhunderts  anzusetzen. 

Der  Kodex  selbst,  dessen  Einband  unser  Holzschnitt  ziert,  bietet  einen  gewissen 
Anhalt  für  die  gegebene  Datierung.  Der  Augenschein  lehrt  nämlich,  dass  das  Blatt  —  und 
ebenso    der    nur  wenig  grössere  Schrotschnitt  —   nicht  nachträglich  eingeklebt,  sondern 


')  Vgl.  W.  L.  Schreiber,  Manuel  de  l'amateiir  de  la  Kraviire  siir  bois  1  Nr.  373.  422.  838  (Atlas 
Tf.  20).  III  Nr.  2207  S.  Andere  Blätter  haben  sich  neuerdings  in  der  Kgl.  und  Universitätsbibliothek 
gefunden. 

-)  H.  Bouchot,  Les  deux  cents  Incunables  xylographiques  du  Departement  des  Estampes  n.  63 
Atlas  pl.  32.  Vgl.  Schreiber  n.  1044.  Schreiber  datiert  das  FJIatt  um  1450-  70,  l5ouchot  erklärt  es  für 
flandrisch  und  setzt  es  um  1400—1410.  Auf  die  von  Bouchot  angeregten  weittragenden  Streitfragen  über 
die  älteste  Geschichte  des  Holzschnittes  einzugehen  dürfte  hier  nicht  der  Ort  sein. 


TAFEL    III 


Madonna  mit  Kind.     Farbiger  Holzschnitt  des  13.  Jahrhunderts 


8g 

von  vornherein  als  innerer  Deckelbezug  des  derben  Schweinslederbandes  verwendet 
worden  ist,  dessen  Beschlagmuster  ganz  ähnlich  auch  an  anderen  Kodices  der  ehemaligen 
Dombibliothek  wiederkehrt.  Der  Band  enthält  die  1478  zu  Nürnberg  von  Andreas 
Frisner  und  Johannes  Sensenschmid  gedruckte  Ausgabe  der  Glossa  magistralis  des 
Petrus  Lombardus  zum  Psalter  Davids  (Hain  10203).  Eine  handschriftliche  Eintragung 
unter  der  Vorrede  lautet:  Iste  liber  est  ecclie  wrat.'  donat.  per  Dom.  Valentin.  Oeyerswald 
cum  libro  tractatuum  et  epistolarum  beati  Hieronymi  praesentatus  mihi  per  dum  Hieron. 
Kyrstein  M  (?)  C  manu  propria.  Eine  darüber  stehende  Notiz  von  späterer  Hand:  Hunc 
librum  ab  impio  milite  Oeorgius  Schwartz  18  grossis  redemit  1Ö32  gibt  davon  Kunde, 
wie  der  Band,  als  eines  der  wenigen  erhaltenen  Besitzstücke  der  alten  Dombibliothek, 
aus  der  Zerstörung  und  Verschleuderung  derselben  durch  die  sächsischen  und  schwedi- 
schen Truppen  im  genannten  Jahre  gerettet  worden  ist.  Valentin  Geyerswald  war,  wie 
ich  einer  freundlichen  Mitteilung  des  Herrn  Geistl.  Rats  Dr.  Jungnitz  entnehme,  1472  Rektor 
der  Kreuzschule,  später  Vikar  an  der  Kreuzkirche  zu  Breslau  und  wird  noch  14Q1  als 
Testamentsvollstrecker  des  Pfarrers  Nikolaus  Breczel  in  Neumarkt  genannt.  Die  Jahre 
1478  und  1491  ergeben  sich  also  vorläufig  als  Zeitgrenzen  für  die  Entstehung  des  Bandes, 
von  der  die  des  Holzschnittes  nicht  allzuweit  abliegen  dürfte. 

Max  Semrau 

II 

BEITRÄGE    ZUR    GESCHICHTE    DER    GOLDSCHMIEDE    PAUL    UND 

FABIAN    NITSCH 

Als  Ergänzung  zu  den  Nachrichten,  welche  diese  Zeitschrift  (VII  66,  140,  482 
N.  F.  1  108;  II  128)  über  das  Leben  und  die  Arbeiten  der  Goldschmiede  Paul  und  Fabian 
Nitsch  (Nitsche)  gebracht  hat,  werden  einige  kleine  Notizen  willkommen  sein,  die  das 
Breslauer  Diözesanarchiv  bietet,  sowie  die  Abbildung  und  Beschreibung  eines  Kelches,  den 
das  Diözesanmuscum  besitzt. 

Vorausgeschickt  sei  der  Hinweis  auf  den  bei  Pol  (Jahrbücher  der  Stadt  Breslau, 
IV,  65)  zum  Pfingstmontag  1571  erwähnten  Schwertfeger  und  Schützenkönig  Fabian  Nitsche 
und  die  Vermutung,  dass  er  der  Vater  des  Paul  Nitsch  sei,  der  dann  seinem  Sohne  den 
Namen  des  Grossvaters  gab. 

Vater  und  Sohn  erhalten  ein  gutes  Zeugnis  in  dem  Geleits-  und  Empfehlungsbriefe, 
den  Bischof  Andreas  von  Jerin  am  16.  Juli  15Q6  dem  jungen  Fabian  Nitsch  für  die  beab- 
sichtigte Studienreise  ausstellte.  Der  Bischof  nennt  darin  den  Vater  einen  sehr  geschickten 
Goldschmied,  der  durch  verschiedene  Werke,  besonders  aber  durch  die  Herstellung  des 
Silberaltars  in  der  Kathedrale  glänzende  Beweise  seiner  Kunstfertigkeit  gegeben  und  sich 
in  hohem  Grade  die  Anerkennung  seiner  Zunftgenossen  erworben  habe.  Von  dem  Sohne 
sagt   er,    dass   er  die  Goldschmiedekunst   beim  Vater  gelernt   und   sehr  gute   Fortschritte 


QO 

gemacht  habe,  nun  aber  den  heissen  Wiinscli  hege,  andere  Länder  und  vor  allem  Italien, 
wo  die  Edelmetallkunst  blühe,  kennen  zu  lernen,  um  sich  in  fremden  Werkstätten  zu  ver- 
vollkommnen und  als  Meister  heimzukehren.  Der  Bischof  zweifelte  nicht,  dass  er  durch 
seine  Kunst  und  sein  Verhalten  sich  selbst  empfehlen  würde,  kam  aber  gern  seinen  Bitten 
nach  und  empfahl  ihn  angelegentlichst  allen,  deren  Hilfe  er  auf  seiner  Wanderschaft  in 
Anspruch  nehmen  würde,  bescheinigte  insbesondere,  dass  seine  Heimat  Schlesien  pestfrei 
sei,  um  die  Schwierigkeiten  zu  beseitigen,  die  ihm  der  Verdacht,  Träger  ansteckender 
Krankheiten  zu  sein,  bereiten  könnte.  Die  von  Kurt  Moriz-Eichborn  in  dieser  Zeitschrift 
(N.  F.  I  108)  beschriebenen  Kunstwerke  beweisen,  wie  erfolgreich  Fabian  Nitscli  seine 
Studienreise  für  seine  Weiterbildung  benützt  hat. 

Zu  den  Werken,  die  sein  Vater  geschaffen  hat,  darf  das  silberne  Glückchen  auf 
dem  Sitzungstische  des  Domkapitels  gerechnet  werden.  Zwar  trägt  es  kein  Beschau-  und 
Merkzeichen,  aber  Form  und  Charakter  des  eingravierten  Wappens  erinnern  sofort  an  den 
Wappenschild,  der  an  dem  bald  zu  besprechenden,  mit  dem  Meisterzeichen  des  Paul  Witsch 
versehenen  Kelche  angebracht  ist.  Die  Glocke  selbst  ist  7  cm  hoch,  der  Griff  läuft  in 
ein  zierliches  5  cm  hohes  Figürchen  des  hl.  Johannes  Baptista  aus.  Auf  dem  Mantel 
befindet  sich  das  Wappen  des  ersten  Besitzers  Johann  v.  Sitsch,  der  während  Jerins 
Episkopat  Dompropst  und  von  1600  bis  1608  Bischof  von  Breslau  war.  Die  Vereinigung 
seines  Familienschildes  mit  dem  Bistumswappen  und  die  darüber  stehenden  Buchstaben 
l(oannes)  E(piscopus)  W(ratislaviensis)  deuten  an,  dass  die  Herstellung  des  Olöckchens 
in  seine  bischöfliche  Zeit  fällt.  Nach  seinem  Tode  schenkten  es  die  Erben  dem  Dom- 
kapitel mit  dem  Wunsche,  dass  es  zum  beständigen  Andenken  an  den  Bischof  bei  den 
Kapitelssitzungen  gebraucht  werde.  Als  1632  beim  Herannahen  der  feindlichen  Truppen 
der  Syndikus  die  wertvollsten  Sachen  aus  dem  Kapitelssaale,  soweit  es  in  der  Eile  ge- 
schehen konnte,  in  Sicherheit  brachte,  war  auch  das  Glöckchen  unter  den  geretteten  Gegen- 
ständen.    Es  dient  bis  zur  Gegenwart  seinem  ursprünglichen  Zwecke. 

Der  bereits  erwähnte  und  auf  S.  Ql  abgebildete  Kelch  gehörte  der  Schlosskapelle 
in  Johannisberg,  bis  Se.  Eminenz  Fürstbischof  Kardinal  Kopp  ihn  dem  Diözesanmuseum 
überwies.  Der  silberne,  im  Feuer  vergoldete,  21  cm  hohe  Kelch  zeigt  noch  das  spät- 
mitteralterliche  gotische  Gepräge  mit  Anklängen  an  die  Renaissance.  Dem  ganzen  Aufbau 
liegt  der  Fünfpass  zugrunde,  eine  seltene  Erscheinung  bei  mittelalterlichen  Kelchen,  die 
meist  aus  dem  Sechseck  konstruiert  sind.  Der  Fuss  bildet  eine  fünfbläitrige  Rose  mit 
vorspringenden  Ecken  in  den  Blattwinkeln  und  zeigt  zu  Unterst  einen  profilierten  Rand, 
darüber  einen  senkrecht  aufsteigenden  flachen  Sockel,  aus  dem  der  steil  geschwungene 
fünfkantige  Schaft  emporwächst,  bis  eine  scharf  vortretende  Platte  ihn  gegen  den  Ständer 
abschliesst.  Die  Ornamente  des  Fusses  sind  dem  architektonisclieu  Masswerke  nach- 
gebildet. Der  flach  nach  oben  gew<')lbte  Rand  trägt  den  Vierblattfries;  die  einzelnen  Blätter 
des  Vierblatts  sind  jedoch  mit  dem  f^unzen  nur  vertieft  herausgeholt,  als  sollten  sie  noch 
emailliert  werden,  und  nur  der  Mittelpunkt  des  Vierblatts  ist  ganz  durchgeschlagen.  Der 
vertikale  Absatz  ist  quadratisch,  an  den  Kanten   in   achteckartig  gebrochene  Felder  geteilt, 


Q1 


in  denen  sich  auf  mattem,  ye|nmz- 
tem  Grunde  über  Eci<  gestellte 
glänzende  Quadrate  befinden.  Die 
gegen  den  Ständer  zusammenlaufen- 
den Wände  sind  mit  arcliitektoni- 
scliem  Masswerke  nach  Art  der 
Fisciiblasenniuster  reich  und  ausser- 
ordentlich geschickt  verziert.  Die 
Art  der  Behandlung,  das  tiefe  Her- 
ausholen und  die  dabei  erzielte  volle, 
abgerundete  Linienführungdes  nach- 
geahmten architektonischen  Mass- 
werks ist  ebenso  wirksam  wie 
charakteristisch  und  lässt  erkennen, 
dass  der  Künstler  die  Form  und  das 
Material  beherrschte. 

Die  Seitenflächen  des  fünf- 
eckigen, scharfkantigen  Ständers,  der 
durch  den  Knauf  in  einen  obern 
und  untern  Teil  geschieden  ist,  bil- 
den zehn  Rechtecke,  die  durch  zwei 
sich  kreuzende  Diagonalstäbe  ge- 
teilt werden.  Die  hierdurch  in  jedem 
Felde  entstehenden  vier  Dreiecke 
sind  vollständig  durchbrochen,  wo- 
durch infolge  der  entstandenen  Tie- 
fen eine  äusserst  ansprechende 
Wirkung  erzielt  wird.  Der  als  platt- 
gedrückte Kugel  hergestellte  Knauf  ist  auf  seiner  obern  und  untern  Fläche  mit  einem 
Fünfblatt  versehen,  dessen  einzelne  Blätter,  gleich  jenen  des  Fusses,  mit  verschiedenen 
architektonischen  Masswerkbildungen  ausgefüllt  sind.  Die  Blätter  sind  durch  fünf  starke 
Einkerbungen  oben  und  unten  geteilt.  Aus  den  Einkerbungen  ragen  in  der  Mitte  des 
Knaufes  fünf  quadratische,  über  Eck  gestellte  Zapfen;  die  Aussenflächen  derselben  tragen 
statt  der  sonst  üblichen  Buchstaben  gegossene  geflügelte  Engelsköpfe. 

Die  eiförmige  Kuppa  ruht  in  einer  reich  ornamentierten,  teilweise  durchbrochenen 
korbartigen  Umhüllung,  deren  ornamentale  und  technische  Behandlung  sich  augenfällig 
von  der  des  Ständers,  Knaufes  und  Fusses  unterscheidet,  wenngleich  das  Bestreben  un- 
verkennbar ist,  den  dort  gegebenen  Dekorationsmotiven  sich  möglichst  anzupassen. 
Die  Fünfteilung  ist  auch  hier  beibehalten.  Von  den  Seiten  des  Ständers  steigen,  der 
Eiform  der   Kuppa  folgend,    paarweise    flache,    schmale,    lanzettartige  Blätter  auf,    die   mit 


92 

flachgehaltenem  Masswerke  ausgefüllt  sind.  Darüber  sind  fünf  girlandenartige  Bogen- 
bänder  an  ein  mit  Sternfiguren  gefülltes  Horizontalband  angehängt.  Hieran  ist  als  oberer 
Abschluss  ein  stehender  flacher  Blätterkranz  von  unbestimmter  Form  mit  einer  profilierten 
Wellenlinie  angeschlossen.  Der  freigebliebene  Raum  ist  mit  architektonischem  Masswerke, 
kleinen  Ziselierungen  und  Punktierungen  ausgefüllt. 

Wenn  man  die  Ornamente  der  Kuppa  mit  denen  des  Ständers,  Knaufes  und  Fusses 
vergleicht,  so  springt  nicht  allein  die  verschiedene  Formgebung  gleichartiger  Ornamente, 
sondern  vor  allem  ihre  verschiedene  technische  Behandlung  in  die  Augen  und  es  drängt 
sich  die  Vermutung  auf,  dass  an  dem  Schmucke  der  Kuppa  eine  andere  Hand  tätig  war. 
Der  Schmuck  der  Kuppa  erscheint  als  etwas  später  Hinzugekommenes,  als  ein  Versuch, 
Renaissanceformen  mit  den  vorhandenen  gotischen  zu  verbinden  und  in  Einklang  zu 
bringen.  Hier  ist  alles  Masswerk  laubsägeartig  flach  gehalten,  nicht  von  innen  heraus 
gearbeitet,  wie  dies  bei  den  Ornamenten  der  übrigen  Teile  des  Kelches  zutage  tritt,  die 
in  vollen,  markigen  Zügen  direkt  auf  das  architektonische  spätgotische  Vorbild  hinweisen. 
Man  möchte  deshalb  geneigt  sein,  nur  die  Kuppaverzierung,  die  Engelsköpfc  am 
Knaufe,  sowie  die  an  den  Fuss  angehefteten  Renaissanceschilde  mit  den  Bistumslilien  und 
dem  Wappen  des  Bischofs  v.  Jerin  der  Zeit  des  Bischofs  und  der  Werkstätte  des  Meisters 
Nitsch  zuzuweisen  und  anzunehmen,  dass  ein  vorhandener,  vielleicht  schadhafter  älterer 
Kelch  in  Jerins  Auftrage  von  Nitsch  umgearbeitet  und  in  seine  gegenwärtige  Form  gebracht 
worden  sei,  wenn  nicht  das  Meister-  und  Beschauzeichen  auf  der  Oberseite  und  das 
Feingehaltszeichen  auf  der  Unterseite  des  Fusses  den  ganzen  Kelch  als  ein  Werk  des 
Breslauer  Goldschmieds  Paul  Nitsch  bezeugte. 

Joseph  Jungnitz 


SSSSSS2S2SSSSS2SSSSSS2SSSSSSSS2SS 


DAS    HAUS    ZUR    GOLDENEN    KRONE 


93 


Die  Ooldeiie  Krone  nacli  einer  alten  Zeichnung 

Ueoeniiber  dem  neuzeitlichen  Aufschwiino;  der  Verkehrsverhältnisse  und  des 
Handels,  niclit  zuletzt  aber  gegenüber  der  kapitalistischen  Ausnutzung  von  Boden-  und 
Häuserbesitz  haben  die  Brcslauer  Bürgerhäuser  aus  der  Renaissance-  und  Barockzeit 
ihre  Daseinsberechtigung  zu  verteidigen.  Namentlich  am  Ring,  der  auch  heute  noch  nicht 
nur  der  Mittelpunkt  sondern  auch  das  Herz  der  Stadt  ist,  wird  ein  üebäude  nach  dem 
anderen  durch  moderne  Geschäftshäuser  ersetzt.  Die  alten  Ringgebäude  7,  13,  22,  4Q,  50 
sind  bereits  in  den  letzten  Jahren  beseitigt,  auch  Nr.  31.  ein  jüngeres  Haus,  ist  niedergelegt 


94 


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,  Ka'ds'erAn 


worden.  Nr.  12,  19,  30,  38,  39  sollen  binnen  kurzem  nachfolgen.  Wohl  der  schmerzlicliste 
Verlust  aber  ist  die  „Goldene  Krone",  Nr.  29,  deren  Niederiegung  zu  Anfang  1904  erfolgt 
ist.  Es  war  die  älteste  geschlossene  Bürgerhausanlage  der  Stadt,  die  trotz  iiirer  Lage  am 
verkehrsreichsten  Punkte,  an  der  Kreuzung  der  Schweidnitzer-  und  Ohiauerstrasse,  im 
wesentlichen  unverseiirt  auf  unsere  Tage  gekommen  war. 

Das  Gebäude  bestand,  wie  eine  Betrachtung  des  oben  stehenden  Schnittes  zeigt 
und  die  Seitenfassade  (Abb.  auf  S.  93)  bestätigt,  eigentlich  aus  vier  Häusern,  die  bei  dem  grossen 
Um-  und  Neubau  des  Bauwerks  in  der  Zeit  der  Renaissance  zusammengeschweisst 
wurden.  So  erklärt  sich  auch  die  mit  der  sonstigen  Grundstücksteilung  des  alten  Breslau 
im  Widerspruch  stehende  Grösse  des  Gebäudes  längs  der  Ohiauerstrasse.  Den  Haupt- 
bestand bildete  das  eigentliche  Eckhaus,  das  sich  vier  Stockwerke  hoch  und  zwar  am 
Ring  mit  sechs  Fenstern,  an  der  Ohiauerstrasse  mit  drei  Fenstcrachsen  entwickelte.  Daran 
schloss  sich  ein  dreiachsiger  Bauteil,  der  bei  gleicher  Höhe  fünf  Stockwerke  aufwies. 
Die  Ausbildung  der  kleinen  Fenster  mit  den  sich  durchdringenden  gotischen  Rund- 
stäben beweist,  dass  dieser  Bauteil,  der  sich  nur  unorganisch  dem  vorigen  Gebäude  an- 
fügte, bei  Errichtung  des  Eckhauses  bereits  vorhanden  war  und  unverändert  beibehalten 
worden  ist.  Darauf  folgte  wieder  ein  Oebäudestück  von  drei  besonders  breiten  Achsen, 
das  in  den  Stockwerkshöhen  und  der  Ausbildung  der  Fenster  mit  dem  Hauptflügel  über- 
einstimmte und  mit  diesem  gleichzeitig  errichtet  gewesen  sein  mag.  Nur  das  oberste 
Stockwerk  zeigte  abweichende  sehr  kleine  Fenster.  Das  vierte  und  letzte  Stück  des 
Gebäudes  hatte  zwei  Achsen  Front  bei  fünf  Stockwerken,  die  wiederum  mit  keinem  der 
andern  Bauteile  ganz  übereinstimmten. 

Die  Fenster  hatten  zuletzt  ein  recht  breites  und  gedrücktes  Verhältnis.  Denn  dem 
gesteigerten  Lichtbedürfnis  neuerer  Zeit  zuliebe  hatte  man  die  früher  vorhandenen  senk- 
rechten f^fostenpaare  entfernt,  die  jedes  Fenster  in  drei  schmale  Öffnungen  teilten.  Die 
Ansätze  der  Pfosten  waren  aber  mehrl'acii  stehen  geblieben.  Mit  Ausnahme  der  erwähnten 
gotischen  Fenster  des  zweiten  Bauteils  zeigten  alle  Fenster  die  typische  unten  verkröpfte 
Fascie,  darüber  lagerte  sich  eine  Verdachung,  welche  aus  einer  kräftigen  Sima  unti  darunter 


95 


liegendem  Kyma  mit  derbem 
Eierstab  bestand.  An  einem 
Fenster  der  Siidfront  soll 
sich  nach  Lutsch  die  Jahres- 
zahl 1521  und  darunter  eine 
erliaben  gezeichnete  Haus- 
marke befunden  haben. 
Weiterhin  sollen  Steinmetz- 
zeichen vorhanden  gewesen 
sein,  aus  deren  Überein- 
stimmung mit  einem  gleichen 
Zeichen  am  Türsturz  des 
Kapiteihauses  auf  einen  ge- 
meinsamen Werkmeister  bei- 
der Bauten  geschlossen  wur- 
de. Keines  dieser  Zeichen 
koimte  beim  Abbruche  trotz 
eifrigen  Suchens  von  den 
Rüstungen  aus  gefunden 
werden.  Mag  sein,  dass  sie 
inzwischen  mit  Farbe  zu- 
gedeckt oder  durch  Um- 
bauten beseitigt  waren.  Dass 
jedücii  die  Goldene  Krone 
zeitlich  und  stilistisch  dem 
Kapitelhausturm  nahesteht, 
bleibt  trotzdem  zweifellos. 
Das  Eckgebäude  hatte, 
um  die  Höhenentwicklung 
einzuschränken,  ein  Zwillingsdach  mit  dazwischen  liegender  Rinne  erhalten,  eine  Dach- 
lösung, die  gerade  der  Renaissance  eigen  ist  und  sich  beispielsweise  in  Giatz  mehrfach 
findet.  Ringsum  zog  sich  unter  Ausschluss  eines  ausladenden  Hauptgesimses  ein 
Zinnenkranz,  der  aus  kleinen  durch  Viertel-  und  Halbkreise  gebildeten  Giebelchen  bestand. 
Auf  der  Ringseite  waren  drei,  nach  der  Ohlauerstrasse  neun  solcher  Giebelgebilde  und 
ausserdem  an  den  Ecken  je  ein  halber  Giebel  entwickelt.  Das  Zinnenmotiv,  das  früher 
mehrfach  in  Breslau  nachzuweisen  war,  ist  für  die  ersten  Jahrzehnte  schlesischer 
Renaissance  bezeichnend.  Als  Überbleibsel  aus  der  Gotik  tritt  es  in  Patschkau,  Ottmachau, 
Ziegenhals,  auf  der  Bolkoburg,  dem  Kynast,  der  Kynsburg  und  an  zahlreichen  anderen 
Stellen  auf.  In  allen  diesen  Fällen  aber  handelt  es  sich  um  Wehrzinnen.  Die  Hinüber- 
nahme   dieses    Motivs    auf    ein    Bürgerhaus    musste    diesem    den    Charakter    wehrhaften 


Hof  der  Goldenen  Krone 


96 

Trotzes  verleihen.  Wen  aber  sollte  der  Zinnenkranz  nicht  an  italienische  Kastelle,  an  den 
Do<^enpalast  in  Venedig  und  an  Schöpfungen  wie  die  des  Maurers  Giovanni  Battista  di 
Quadro  aus  Lugano  am  Rathaus  in  Posen  erinnern?  Hier  spiegelt  sich  italienischer  Einfluss. 
Denn  das  charakteristische  Motiv  deutscher  Kunst  ist  der  hohe  Giebel,  der  in  Breslau  bei 
den  Bauten  der  gotischen  Zeit  die  Regel  bildete,  der  gegen  Ende  des  sechzehnten  Jahr- 
hunderts auch  vi'ieder  alleinherrschend  wird  und  selbst  in  der  Barockzeit  imter  mühseliger 
Anpassung  der  Pilasterarchitektur  an  dieses  konstruktive  Gerüst  beibehalten  wird. 

Das  reichste  Stück  der  Ringfassade  ist  das  Hauptportal.  Im  Hinblick  auf  die  ein- 
gehende Behandlung  und  Würdigung,  welche  diesem  Architekturstück  bereits  von 
R.  Becker  in  „Alt-Breslau"  zuteil  geworden  ist,  kann  hier  auf  eine  Besprechung  desselben 
verzichtet  werden.  Nur  sei  historisch  feststellend  erwähnt,  dass  die  Füllungsfläche  (Tym- 
panon)  zwischen  dem  wagerechten  Architrav  und  dem  Segmentbogen  nicht  aus  Sandstein, 
wie  früher  angenommen  wurde,  sondern  aus  verputztem  Ziegelmauerwerk  bestand.  Dafür 
wurde  beim  Abbruch  der  Beweis  erbracht.  Diese  Putzfläclie  kann  also  schwerlich  eine 
Jahreszahl  getragen  haben,  die  Schultz  gelesen  haben  will.  Auch  von  einem  Täfelchen  mit  der 
Jahreszahl  1528,  das  Lübke  gesehen  haben  will,  war  beim  Abbruch  keine  Spur  nachzuweisen. 

Die  Raumentwicklung  des  Gebäudes  war  sehr  einfach.  Das  Eckgebäude  am  Ring 
hatte  eine  Tiefe  von  zwei  Zimmern  ohne  Zwischenflur.  Etwa  in  der  Mitte  des  Erd- 
geschosses, durch  das  Hauptportal  erschlossen,  lag  die  für  alle  älteren  Bürgerhäuser 
kennzeichnende  reiche  Halle  mit  stuckierter  Gewölbedecke.  Das  hintere  Portal  der  Ein- 
gangshalle stammte  mit  dem  Ringtor  aus  gleicher  Zeit.  Es  war  rundbogig  und  von 
einer  schlicht  ornamentierten  Archivolte  umrahmt.  Von  der  Halle  aus  entwickelte  sich  die 
Treppe  nach  dem  Obergeschoss.  Sie  hatte  im  Erdgeschoss  ein  einfaches  Steingeländer  mit 
einem  reicheren,  durch  einen  Pinienzapfen  gekrönten  Antrittspfosten,  dessen  Seiten  Rclief- 
köpfe  zierten. 

Im  ersten  Obergeschosse,  wo  offenbar  die  vornehmsten  Räume  des  Hauses  lagen, 
brachte  der  Abbruch  die  Reste  einer  monumentalen  Innenausbildung  zutage.  In  den 
später  zu  rechteckigen  Querschnitten  ummauerten  Fensterpfeilern  kamen  drei  kräftige 
Sandsteinvollsäulen  zum  Vorschein.  Dieselben  haben  Sockel  und  obere  Abschlüsse,  die 
als  Mittelding  zwischen  Kapitell  und  Konsole  gelten  können.  Eins  dieser  Kapitellgebilde 
ist  aus  dem  korinthischen,  zwei  sind  aus  dem  jonischen  KajMtelltypus  entwickelt. 

Der  Flügel  längs  der  Ohiauerstrasse  hatte  nur  eine  Zimmertiefe  und  war,  wie  oben 
ausgeführt,  ein  unorganisches  Baugefüge,  das  eigentlich  aus  drei  Häusern  bestand.  Ein 
verbindender  Flur  längs  der  Zimmerreihe  fehlte.  Statt  dessen  wurden  bei  dem  Um-  und 
Neubau  der  Renaissancezeit  in  drei  Stockwerken  übereinander  Steingalerien  angefügt,  die 
erst  eine  Zusammenfassung  der  langen  Gebäudeflucht  und  eine  Vermittelung  zwischen 
den  verschiedenen  Stockwerkshöhen  ermöglichten.  Die  Galerien  waren  mit  flach 
gequaderten  Segmentbogen  auf  kräftigen  Kragsteinen  ungemein  malerisch  ausgebildet. 
Solche  offene  Galerien  waren  früher,  als  man  gegen  klimatische  Einflüsse  allgehärteter  war 
recht  häufig;    sie   sind   in  Resten         allerdings  später  mit  Holz  und  Glas  zugebaut         in 


97 


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Portal  der  Goldenen  Krone 


98 

mehreren  Rinj^iiöfen  noch  nachweisbar.  Zu  verweisen  ist  auch  auf  den  Sciiiosshof  in 
Öls,  den  ganz  ähnliche  vorgekragte  Galerien  umsäumen.  Mit  dem  Strassenflügel  gleich- 
laufend zog  sich  längs  der  Nordgrenze  des  Hofes  schliesslich  noch  ein  schmaler  Bauteil 
von  einer  Zimmertiefe,  der  an  der  Ostgrenze  durch  einen  ebenerdig  mit  offenem,  mächtigen 
Bogen  unterwöibten  Verbindungsbau  mit  den  vorderen  Räumen  zusammenhing.  Die 
Umrahmungen  der  Hoffenster  waren  überwiegend  mit  abwechselnd  quadratischen  und 
länglich  rechteckigen  Spiegelquadern  gegliedert.  Einige  Öffnungen  zeigten  noch  spät- 
gotische Gewände  mit  sich  durchdringenden  Stäben  und  vorgekragten  Eckkonsolen. 
Erwähnung  verdienen  auch  die  eigenartigen  nach  oben  trichterartig  erweiterten  Schorn- 
steinköpfe. 

Eine  kleine  Abbildung  von  Nikolaus  Häuhlein  in  Schöbeis  Germanus  Wratislaviae 
decor  macht  es  wahrscheinlich,  dass  die  Fassade  ehedem  mit  Laubgehängen  und  figür- 
lichen Darstellungen  geschmückt  war,  entweder  in  Malerei  oder  in  dem  damals  in  aus- 
gedehntestem Umfange  üblichen  Kratzputz. 

Über  die  oder  den   Meister  der  Goldenen  Krone   ist    nur    soviel    zu    sagen,    dass 

das    Portal    Beziehungen    zu   Görlitz    und   Obersachsen   wahrscheinlich    macht.     Ob    eine 

.Beteiligung  der  damals   in   Breslau   zahlreich    auftretenden,    wegen    ihrer    schnellen   Arbeit 

beliebten  „wälschen"  Maurer  in   Frage    kommt,    muss    dahingestellt    bleiben.     Im  übrigen 

kann  auf  die  von  anderer  Seite  aufgestellten  Vermutungen  Bezug  genommen  werden. 

Etwas  mehr  ist  über  die  früheren  Besitzer  des  Hauses  zu  ermitteln  gelungen. 
1471  wird  an  der  Ecke,  die  das  Gebäude  einnimmt,  ein  wälsches  Weinhaus  erwähnt. 
1487  wird  das  Gebäude  als  Merten  Steinkellers  Haus  bezeichnet.  Ein  Jahrhundert  später, 
1564,  findet  sich  im  Karrngeldregister  unter  Nr.  414  das  Haus  als  Eigentum  des  Johann 
von  Holtz  aufgeführt.  Das  Nebenhaus  Nr.  30,  das  sogenannte  alte  Rathaus,  gehörte 
damals  dessen  Sohn  Melchior  von  Holtz.  Es  fragt  sich,  seit  wann  Hans  von  Holtz  die 
Goldene  Krone  besass. 

An  der  Ohiauerstrasse  bei  der  zweiten  Fensterreihe  von  Osten  aus  befand  sich 
eine  bisher  nicht  gewürdigte  runde  Steintafel  mit  einem  Wappen.  Letzteres  bestand  aus 
einem  gestürzten,  gesichteten  Mond,  darüber  zwei  Sterne.  Blazeks  Wappenbucli  des  ab- 
gestorbenen Adels  der  l'rovinz  Schlesien  bestätigt  dieses  Wappen  als  dasjem'ge  der 
Familie  von  Holtz  und  teilt  noch  folgendes  mit.  Die  genannte  Familie  stammt  aus 
Cöln  a.  Rhein,  wo  Christoph  von  Holtz  als  erstes  Glied  bekannt  ist.  Dessen  Sohn  Johann, 
geboren  1493  zu  Cöln,  wanderte  nach  Breslau  aus.  Er  war  dort  zweimal  verheiratet. 
Zuerst  mit  Katharina,  geborenen  Zahner,  dann  mit  Katharina  von  Heiland  aus  dem  Hause 
Schliesa.  Er  hatte  aus  beiden  Ehen  16  Söhne  und  13  Töchter,  aus  denen  schliesslich 
drei  Geschlechtslinien  hervorgingen.  Bis  Ende  des  sechzehnten  Jahrhunderts  findet  sich 
die  Familie  nur  erwähnt. 

1521  habe  ich  Jhan  von  Holt/  /um  ersten  Male  in  den  Signaturbiichern  gefunden. 
Er  tritt  als  Bürge  für  einen  Harbierer  aus  Memmingen  auf  und  war  damals  schon  Bres- 
lauer Bürger.     Nachher    kommt    er    noch   oft   in    imwichtigcn    Reclitsurkinulen  vor.     1557 


QQ 


bekundet  aber  Jakob  Zahner,  dass  „ihm  der  Erbar  Johann  von  Holtz,  sein  lieber  Schwager, 
all  seinen  Anteil,  so  er  als  ein  Miterbe  auf  dem  Hause  nächst  Jobst  Engelmanns  und 
Christian  Schlittens  in  der  Olischen  Gasse  gehabt,  vollkomlich  voll  zu  Dank  entrichtet 
und  bezahlt  habe".  Johann  von  Holtz  hat  also  durch  seine  erste  Frau  ein  Haus  an  der 
Ohiauerstrasse  anteilig  geerbt  und  die  Miterben  ausgezahlt.  Aus  der  Bezeichnung  der 
Besitzer  der  angrenzenden  Häuser  ergibt  sich  weiter,  dass  dieses  Haus  an  der  „Olischen 
Gasse"  mit  der  Goldenen  Krone  oder  einem  Teile  derselben  identisch  ist.  Holtz  hat  also 
in  diese  Besitzung  hineingeheiratet.  Zweifellos  ist  er  derjenige,  der  an  Stelle  des  alten 
gotischen  Hauses  den  Renaissancebau  der  Goldenen  Krone  errichtete  und  das  Erbe 
seiner  Frau  mit  seinem  zugebrachten  Vermögen  in  glänzenden  Zustand  versetzte.  Die 
früher  vorhandene  „prachtvolle  grosse  Marmorinschrift  mit  der  Jahreszahl  1544:  Quaevis 
terra  patria"  findet  durch  den  zugewanderten  und  in  Breslau  heimisch  gewordenen  Cölner 
eine  sinnvolle  Erklärung  und  Bestätigung.  Übrigens  war  Johann  von  Holtz  offenbar  recht 
wohlhabend.  Denn  er  kaufte  am  2.  November  1547  noch  das  Kretschmerhaus  zum 
Goldenen  Stern  in  der  Schweidnitzerstrasse,  das  heutige  Bitterbierhaus  Nr.  53.  Er  starb 
am   19.  März  155Q. 

Wieder  ein  Jahrhundert  später,  1671,  steht  das  Haus  im  Besitze  des  Benjamin 
Hell  von  Hellenfeld,  eines  Nachkommen  einer  Bunzlauer  Familie.  Er  war  1625  geboren, 
trat  in  kaiserliche  Dienste,  wurde  mit  dem  Prädikat  von  Hellenfeld  1660  geadelt  und  starb 
als  kaiserlicher  Rat  ohne  Nachkommenschaft  in  Breslau.  In  dem  Karrngeldregister  von 
1748  wird  weiterhin  als  Besitzer  der  Goldenen  Krone  der  Graf  Carl  Samuel  von  Colonna 
und  Felss  aufgeführt.  Die  Namen  all  dieser  Besitzer  beweisen,  dass  das  durch  seine 
Grösse,  Schönheit  und  günstige  Lage  ausgezeichnete  Gebäude  von  jeher  den  Rang  eines 
bevorzugten  Patrizierhauses  behauptete.  Bemerkenswert  ist  noch,  dass  die  schlesische 
Provinzial-Ressource  1801   in  diesem  Gebäude  gegründet  wurde. 

Wieviel  Erinnerungen  sind  erloschen,  seitdem  diese  Zierde  Breslaus,  die  neben  dem 
Rathaus  das  Gepräge  des  Ringes  bestimmte,  dahingesunken  ist!  Doch  nicht  ganz  wird 
das  Haus  für  Breslau  verloren  gehen.  Eine  grössere  Anzahl  wichtiger  Architckturstücke, 
darunter  auch  das  Portal,  ist  beim  Abbruch  gerettet  worden  und  soll  beim  Neubau  des 
Königlichen  Staatsarchivs  in  der  Tiergartenstrasse  wieder  verwendet  werden,  in  der 
Wucht  seines  Aufbaues  und  im  Schmucke  der  Zinnen  und  Einzelgliederungen  wird  dieser 
Neubau  das  Andenken  an  die  Goldene  Krone  späteren  Zeiten  bewahren. 

Ludwig  Blirgemeister 


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100 

SCHLOSSPORTAL    UND    GRABDENKMÄLER    DER 
KIRCHE    IN    MONDSCHÜTZ 

Auf  Anregung  des  Herrn  Kammerherrn  Diepold  von  Köckritz  bringen  wir  auf  den 
folgenden  Seiten  als  Ergänzung  zu  dem  „Büderwerk  schlesisclier  Kunstdenkmälcr"  Ab- 
bildungen des  Schlossportals  und  einiger  Grabdenkmäler  der  Kirche  in  Moiidschiitz. 

Herr  von  Köckritz,  der  sich  für  die  Vergangenheit  dieses  seit  1780  seiner  Familie 
gehörigen  schlesischen  Herrensitzes  lebhaft  interessiert,  hat  neben  den  arcliivalischen 
Arbeiten  für  eine  Darstellung  der  Geschichte  seines  Geschlechtes')  auch  alle  erreichbaren 
Nachrichten  über  Mondschütz,  sein  Schloss  und  seine  Kirche  gesammelt  und  zusammen- 
gestellt. Aus  diesen  für  den  engeren  Kreis  der  Familie  bestimmten  schriftlichen  Auf- 
zeichnungen entnehme  ich  mit  gütiger  Erlaubnis  ihres  Verfassers  zunächst  einige  historische-) 
Daten  von  allgemeinem  Interesse. 

Der  Ort  Mondschütz  wird  mit  dem  slavischen  Namen  Moyancziczy  (=-  mein  Sitz) 
in  einer  Urkunde  des  Klosters  Leubus  vom  Jahre  1202  das  erste  Mal  erwähnt.  Wie  der 
Name  anzeigt,  ist  also  Mondschütz  von  jeher  Rittersitz  gewesen,  während  alle  anderen 
umliegenden  Ortschaften  dem  Kloster  gehörten.  Im  Jahre  1308  wird  Merbot  de  Hugewitz 
(Haugwitz)  als  Besitzer  von  Moyentzitz  in  einem  Erblehnsbriefe  genannt,  aus  dem  hervor- 
geht, dass  schon  seine  Eltern  das  Out  besassen.  Es  blieb  im  Besitz  dieser  Familie,  bis 
es  Siegmund  von  Haugwitz  anno  1466  an  Melchior  II,  von  Stosch  verkaufte.  Der  vorletzte 
dieses  Geschlechts,  Melchior  Friedrich  von  Stosch,  der  1727  kinderlos  starb  —  er  ist  der 
Verfasser  der  Stoschschen  Genealogie,')  die  erst  nach  seinem  Tode  gedruckt  wurde  ^ 
hinterliess  das  Gut  Mondschütz  seiner  Witwe,  da  der  einzige  überlebende  seiner  zwölf 
Geschwister,  Leopold  Christian,  der  1734  starb,  nicht  die  Mittel  besass,  es  zu  übernehmen. 
Die  Witwe  Melchior  Friedrichs,  Maria  Catharina,  geb.  von  Schweinitz,  verkaufte  1747 
Mondschütz  an  einen  Herrn  von  Kottwitz  auf  Kontopp.  Von  diesem  kam  es  1780  durch 
Kauf  an  den  Oberforstmeister  von  Schlesien,  Otto  Siegismund  von  Köckritz,  den  Gross- 
vater des  jetzigen  Besitzers. 

Fast  dreihundert  Jahre  also  war  Mondschütz  der  Herrensitz  eines  und  desselben 
alten  Geschlechts,  derer  von  Stosch,  und  seine  Mitglieder  haben  an  seinem  Schloss  und 
dem  nahe  gelegenen  Kirchlein,  ihren  Wohnungen  im  Leben  und  nach  dem  Tode,  gebaut. 

In  den  rauhen  Zeiten  des  Mittelalters  war  das  Schloss  nicht  nur  die  Wohnung  des 
Grundherrn,  es  war  zugleich  auch  die  feste  Burg,  in  der  man  sich  gegen  allzeit  zu 
erwartende    räuberische    und    kriegerische    Angriffe    verteidigen    musstc.      Vorwiegend 


')  Diepold  von  Köckritz,  Geschichte  des  Geschlechts  von  Köckritz,   Breslau  1895. 

-)  Über  vorgeschichtliche  Funde  in  Mondschütz  und  seiner  Umgebuiifi;  siehe  z.  B.  Schles.  Vorz.  11,  113, 
IV,  99,  134,  V,  218,  226,  VI,  69,  467,  Vil,  233.     N.  F.  I.  174. 

')  Genealogia  des  hochgräflich  Freyherrlich  und  Hoch-Adelichen  Geschlechts  derer  von  Stosch, 
Breslau-Leipzig  1736. 


TAFEL  IV 


Portal  des  Sclilosscs  in  Mondscliiitz 


101 

praktische  Gesichtspunkte  haben  seine  Anlage  und  seine  Bauformen  bestimmt.  Mit  dem 
Anbruch  der  „neuen  Zeit",  mit  der  in  ihr  erwachenden  Daseinsfreude  und  der  zu  Glanz 
und  Pracht  hinneigenden,  sorglosen  Lebensführung  der  Vornehmen,  hat  sich  auch  der 
Sinn  für  die  künstlerische  Ausbildung  und  Ausschmückung  des  Schlossbaues  eingestellt. 

Von  der  ursprünglichen  Schlossanlage  sind  nur  wenige  Reste  übrig,  so  Fundamente 
eines  1624  abgetragenen  Streit-Turmes  unweit  des  Eingangs  in  das  jetzige  Schloss.  Er 
stand  innerhalb  eines  noch  vorhandenen  60— 80'  breiten  und  8  — 11'  tiefen  Wallgrabens, 
um  den  sich,  wie  durch  Augenzeugen  festgestellt  ist,  früher  noch  ein  zweiter  Graben 
hinzog.  Auch  steht  gegenwärtig  noch  ausserhalb  des  Wallgrabens,  dem  Schloss  gegen- 
über ein  alter  Wachtturm,  wohl  zum  Schutze  der  Einfahrt,  der  gleichfalls  mit  zu  den  alten 
Befestigungswerken  gehörte. 

In  der  aus  Dichtung  und  Wahrheit  gewobenen  Stoschschen  Familienchronik  wird 
erzählt,  dass  der  ersterwähnte  Turm  schon  bei  dem  Tartareneinfall  im  Jahre  1241  seine 
Dienste  geleistet,  und  dass  bei  seinem  Abbruch  in  einem  vermauerten,  engen  Gewölbe 
Gebeine  und  eine  vom  Rost  überzogene  Mannesrüstung  und  Waffen  gefunden  wurden. 
Sie  wurden  in  der  Rüstkammer  aufbewahrt,  bis  diese  im  schwedischen  Kriege  geplündert 
wurde.  Auch  die  „tartarischen"  Waffen,  die  bei  einer  urkundlich  beglaubigten  Räumung 
des  Schlossgrabens  im  Jahre  16Q1  zutage  kamen,  sind  nicht  mehr  vorhanden. 

Vom  Schlossbau  der  Renaissancezeit,  der  sich  an  der  Stelle  der  ersten  Anlage  erhob, 
ist  gleichfalls  nur  noch  wenig  erhalten.  Der  Bauherr  war  Friedrich  von  Stosch  (1579  bis 
1633).  Er  begann  1616  mit  der  Errichtung  des  Gebäudes,  doch  ging  der  Maurermeister 
aus  Liegnitz,  Balthasar  Reymann,  dem  er  den  Bau  übertragen,  nicht  gewissenhaft  zu 
Werke.  In  demselben  Jahre  nämlich  noch  fiel  ein  ganzer  Giebel  und  im  folgenden  der 
halbe  Teil  des  Hauses  wieder  ein  „samt  allem  Holtzwerk  /  Gesperren  und  übrigen  /  wodurch 
alles  ineinander  zerschmettert /zerschlagen  und  die  Gewölbe  zerstossend  verderbet  worden".') 
Hierauf  vollführte  Antonj  Fodige,-)  „Maurer  in  Sommerfeldt",  im  Jahre  1620  den  Bau,  der 
im  ganzen  24  000  Rtlr.  gekostet  haben  soll. 

Von  diesem  Schlosse  ist  ein  Bild'')  und  das  reich  verzierte  Eingangsportal  aus 
Sandstein,  wenn  auch  unvollständig  und  neu  bemalt,  erhalten.  Eine  hölzerne  Brücke  mit  zwei 
hohen  Pappeln  als  Wächtern  am  Ende  führte  über  den  Wallgraben  zum  Schlosse,  das 
an  der  Front  mit  drei,  an  der  Seite  mit  zwei  hohen  Renaissancegiebeln  geziert  war.  Beim 
letzten  Umbau  des  Schlosses  im  Jahre  1824,  dem  alle  alten  Kunstformen  bis  auf  die  mit 
einem  Tonnengewölbe  und  Stichkappen  verzierte  Halle  und  das  mit  einer  einfachen  Stuck- 
decke überwölbte  Herrenzimmer')  im  Erdgeschoss  zum  Opfer  fielen,  wurden  diese  Giebel 


')  Oenealogia  ....  derer  von  Stosch  S.  116. 

")  Schles.  Vorz.  IV,  104  irrtümlich  Joh.  Foditze  genannt.  Dort  ist  1624  (?)  als  Erbauungszeit  des 
Schlosses  und  auf  S.  340  der  Köckritzschcii  Familiengeschichte  Melchior  von  Stosch  (?)  als  Erbauer  angegeben. 

")  Im  Besitz  des  Herrn  von  Köckritz.  Abgeb.  in  der  Köckritzschen  Familiengeschichte  nach  S.  340. 
Für  die  Architektur  aliein  kommt  noch  in  Betracht  die  Darstellung  auf  dem  allegorisch-heraldischen  Blatte : 
der  „Stammvater"  der  Stoschschen  Genealogie,  pag.  4. 

*)  Abgeb.  Familiengeschichte  S.  374. 


102 

abgebrochen  und  diircli  ein  Doppeldach  ersetzt.')  Das  Portal,  das  an  Stelle  eines  jetzt 
rechts  davon  befindlichen  Fensters  sass,  wurde  herausgenommen  und  genau  in  die  Mitte  der 
Fassade  gesetzt.  Zwei  dazu  gehörige  Reiieffiguren  in  dreiviertel  Lebensgrösse,  die  Massig- 
keit und  die  Gerechtigkeit,  die  wohl  ursprünglich  das  Portal  rechts  und  links  flankierten, 
wie  z.  B.  die  Kriegerfiguren  an  dem  sehr  ähnlichen  Portal  in  Jauer,  Liegnitzerstrasse  3,-) 
wurden  an  zwei  Treppenwangen  auf  der  Rückseite  des  Schlosses  eingemauert.  (Abb. 
S.  108.)  Das  Portal  in  seiner  jetzigen  Form  mit  der  Tür  und  dem  Oberlichtgitter  aus 
unserer  Zeit  ist  auf  Taf.  iV  abgebildet  und  im  „Verzeichnis  der  Kunstdenkmäler  der  Provinz 
Schlesien"  II,  622  beschrieben.  In  der  Bekrönung  ist  das  Wappen  des  Friedrich  von 
Stosch  und  die  seiner  beiden  Ehefrauen,  Helena,  geb.  von  Kreckwitz,  und  Sabina,  geb. 
von  Glaubitz,  angebracht.  Unter  den  Tieren  auf  den  Ranken,  die  spiralförmig  die  Säulcn- 
schäfte  überziehen,  einer  Eule  mit  zwei  kleinen  Vögeln,  einer  Hirschkuh,  einem  Stier, 
Löwen,  Hasen,  Fuchs,  Schwein,  befindet  sich  ein  Kranich,  der  in  dem  einen  erhobenen 
Stelzfuss  eine  Kugel  hält,  und  ein  Dudelsack  spielender  Bär.  Beiden  Darstellungen 
begegnet  man  gerade  in  Schlesien  häufig.  Für  den  schlesischen  Ursprung  des  Schloss- 
Portals  zeugt  auch  die  eine  von  zwei  Inschriften  in  den  Nischen  hinter  den  Säulen.  Die 
eine  über  den  schon  genannten  Baumeister  des  Schlosses  lautet:  „Nach  zweyfeltigem  einfal 
dises  Hauses  so  ein  Maurer  zu  lignitz  vorwarloset  Hat  dieses  Haus  wider  von  Newen 
fundiret  und  aufgebaut  Antonj  Fodige  bürger  und  Maurer  in  Sommerfeld!."  Die  zweite 
auf  der  anderen  Seite  nennt  den  Bildhauer  des  Portals:  „Johan:  Poll  bürger  und  Bilthaur 
in  Gros  gloge  Afio  Chr  1620." 

Über  den  heimischen  Bildhauer  Pohl,  wie  er  wohl  hiess,  haben  Nachforschungen 
im  Staatsarchiv  in  Breslau  und  in  den  Archivbeständen  in  Gross-Glogau  nichts  ergeben. 
Auch  sonst  wird  er  nirgends  genannt.  Zeugnisse  der  mit  einer  überreichen  Fülle  von 
Motiven  spielenden  Verzierungskunst  der  niederländisch-deutschen  Spät-Renaissance,  wie 
dieses  Portal  eines  ist,  finden  sich  vielfach  in  Schlesien  und  zu  hunderten  in  deutschen 
Landen.  Bei  dem  Mangel  an  Eigenart  dürfte  es  deshalb  schwer  fallen  den  Künstler  noch 
an  anderen  Arbeiten  aus  stilistischen  Gründen  nachzuweisen.  Nur  ein  Portal  in  der 
Vaterstadt  des  Künstlers,  früher  Markt  26,  jetzt  am  Gynmasium  eingemauert,  kann  man 
ihm  mit  einiger  Sicherheit  zuschreiben.') 

Von  den  Grabdenkmälern  des  Mondschützer  Gotteshauses  ist  das  prächtigste,  für 
das  trauliche  schlichte  Dorfkirchlein  fast  zu  prächtige,  das  des  Laslaw  (Ladislaus  II)  von 
Stosch  (t  1587)  und  seiner  Ehefrau  Helena,  geb.  von  Berge  (f  161Q).  Es  befindet  sich 
links  vom  Altar  an  der  Rückwand  des  Chorraumes  und  war  früher  unten  durch  ein  jetzt 
in  der  Sakristei  befindliches  Gitter  vom  Jahre  (15)Q1  geschützt.  (Abb.  S.  104.)  Das  „Ver- 
zeichnis der  Kunstdenkmäler  der  l'rovinz  Schlesien"  II,  621  Nr.  5  bringt  eine  Beschreibung 

')  Abj;eb.  hamilienfieschiclitc  S.  37h. 
-')  liildeiwcrk  schlcsischcr  Kuiistciciikmäler.    Taf.  110,  3. 

'■')  Bilderwerk  Taf.  109,  3.  Das  sehr  zerstörte  Portal  in  Gr.-Osteii,  von  dem  ich  wälncnd  des  Druckes 
dieses  Aufsatzes  eine  Photographie  bekam,  scheint  gleichfalls  von  Pohl  herzurühren. 


103 


davon.  Das,  worauf  diese  nicht  eingeht,  soll  hier  nachgeholt  werden.  Mit  freundlicher 
Unterstützung  des  Herrn  Referendar  Schlawe  erfolgt  zunächst  eine  Deutung  der  auf  dem 
Denkmal  angebrachten  Wappen.  Es  sind  folgende,  wobei  die  äusserliche  Scheidung 
zwischen  den  Wappen  des  Mannes  und  seiner  Frau  durch  die  vertikale,  die  innere  Scheidung 
zwischen  väterlichen  und  mütterlichen  Wappen  bei  beiden  Wappengruppen  durch  die 
punktierte  horizontale  Linie  und  die  genealogische  Rangordnung  durch  die  den  Namen 
in  Klammern  beigesetzten  Zahlen  angedeutet  werden: 
V.  Stosch  (1) 


V.  Niebelschütz  (3) 
V.  Kreckwitz  (7)*') 
V.  Glaubitz  (5)*') 


V.  Berge  (1) 
V.  Salza  (3) 
V.  Knobeisdorf  (5) 
V.  Glaubitz  (7) 


V.  Glaubitz  (2) 
V.  Loben  (4) 
V.  Rothenburg  (8)*') 
V.  Knobeisdorf  (6)*') 


V.  Berge  (2) 
V.  Braun  (4) 
V.  Glaubitz  (6) 
V.  Glaubitz  (8) 


Die  Reihenfolge  der  Wappen  weicht  von  der  sonst  üblichen, 
1  1 


2 
3 

4 
5 
6 
7 

8 


2 
3 

4 
5 
6 
7 

S 


in  ganz  Deutschland  verbreiteten  also  wesentlich  ab.  Der  in  genealogischen  Fragen 
weniger  Bewanderte  kann  dadurch  leicht  zu  Irrtümern  verleitet  werden,  die  nur  an  der  Hand 
einer  zuverlässigen  Genealogie  vermieden  werden  können,  wie  wir  sie  in  der  der  Familie 
von  Stosch  besitzen.  Die  richtige  Ahnenreihe  ergibt  sich  demnach  hier  beim  Manne  und 
bei  der  Frau  erst,  wcmi  man  die  Wappen  nach  den  in  Klammern  beigesetzten  Zahlen  ordnet.-) 
Laslaw  und  Helena  von  Stosch,  die  übrigens  der  Kirche  1603  einen  schönen  noch 
heute  in  Gebrauch  befindlichen  Kelch  sowie  Mittel  zum  Ankauf  der  jetzigen  grossen 
Glocke  stiftete,  hatten,  wie  auch  aus  den  Figuren  am  Friese  des  Denkmals  zu  den  Seiten 


')  Die  hinten  mit  *  bezeicliiietcii  Wappen  sind  hei  einer  Restanrieruni;  des  Denkmals  im  Jahre  1S72 
falseli  angebracht  worden,  was  bei  dem  einen  I'aare  durcii  die  auf  dem  Denkmal  selbst  daneben  gesetzten 
Zahlen  2,  1  angedeutet  wird.  Die  richtige  Reihenfolge  ist,  wie  auf  dem  Denkmal  der  Kinder  Laslaws: 
V.  Olanbitz,  v.  Kreekwit/  mid  v.  Knobelsdorf,  v.  Rothenburg. 

-)  Über  heraldische  Ahnenprolien  auf  (irabsteinen  vergl.  /.  H.  Hildebrandt,  Grabsteine  und  Epitaphien 
adliger  Personen  in  und  bei  den  Kirchen  der  Altmark  1  H.  S.  6  f.  und  Waltz,  die  Grabdenkmäler  von 
St.  Peter  in  Salzburg  2.  T.  S.  101. 


104 


Dciiknial  des  Laslaw  und  iIit  Helena  von  Stoscli  in  der  Kirclie  von  Moiul=cliiit/ 


105 


Denkmäler  derer  von  Stoscli  in  der  Kirche  von  Mondschütz 


u 


106 

einer  Darstellung  der  Auferstehung  ersichtlich  ist,  acht  Kinder,  drei  Knaben  und  fünf 
Mädchen.')  Von  ihnen  waren,  wie  die  beigefügten  Kreuze  anzeigen,  sechs  schon  zur  Zeit 
der  Errichtung  des  Denkmals  gestorben,  alle  im  frühesten  Kindesalter.  Fünfen  von  ihnen, 
Christoph,  Magdalena,  Lasla,  Martha,  Hedwig  hat  der  Vater  ein  Jahr  vor  seinem  Tode 
1586  ein  gemeinsames  Denkmal  mit  ihren  Ideal-Portraitfiguren  an  der  Südwand  der  Kirche 
errichten  lassen.     (Abb.  S.  105.)-) 

Der  einzige  überlebende  Sohn  des  Paares,  Friedrich  von  Stosch,  der  als  Knabe  auf 
dem  Denkmal  der  Eltern  dargestellt  ist,  war,  wie  wir  wissen,  der  Erbauer  des  Schlosses. 
Ihm  und  seiner  ersten  Frau  Helena,  geb.  von  Kreckwitz  (f  1616)  ist  gleichfalls  ein  grosser 
Figuren-Grabstein  in  der  Kirche  links  an  der  Abschlusswand  des  Langhauses  zum  Chore 
hin  errichtet  worden.  (Abb.  S.  105.)-')  in  zwei  Nischen  mit  Muschel  Wölbungen  neben- 
einander stehen  die  Verstorbenen  in  Lebensgrösse.  Auf  dem  Gebälk  über  den  Nischen 
zieht  sich  je  ein  Bibelspruch  hin.  Als  Bekrönung  halten  zwei  kniende  Engel  ein  Rund- 
Medaillon  mit  einer  Auferstehung  der  Toten  in  Relief.  Unter  den  Nischen  knien  vor  je 
einem  Vorhange  sechs  Söhne^)  und  drei  Töchter  des  Paares  zu  den  Seiten  der  von  einem 
geflügelten  Engelskopf  überragten  inschrifttafel.  Rechts  und  links  von  den  Nischen  aber 
sind  wieder  untereinander  die  Ahnenwappen  angeordnet.  Sie  setzen  sich  wie  vorher  aus 
denen  des  Vaters  und  der  Mutter  zusammen,  wobei  bei  dem  Manne  die  letzte,  bei  seinen 
Eltern  auf  ihrem  Grabstein  angegebene  Ahnengeneration  wegfällt.  Das  vorhin  angewendete 
und  erklärte  Schema  ergibt  demnach  folgendes: 


V.  Stosch  (1) 
V.  Glaubitz  (3) 
V.  Niebelschütz  (5) 
V.  Loben  (7) 


V.  Berge  (2) 

V.  Berge  (4) 

V.  Saiza  (6) 

V.  Braun  (8) 


V.  Kreckwitz  (1) 

V.  Berge  (3) 

V.  Rothkirch  (5) 

V.  SaIza  (7) 


V.  Zobeltitz  (2) 
V.   Knobeisdorf  (4) 
V.  Zauditz  (6) 
V.  Damin  ?  (8) 


Wer  der  Künstler  dieses  letzten  Grabsteins  war,  dem  das  ältere  Epitaph  des  Laslaw 
offenbar  als  Vorbild  gedient  hat,  wissen  wir  nicht,  da  das  Werk  keine  Bezeichnung  trägt 
und  keine  Nachrichten  über  seine  Anfertigung  vorliegen. 

Wohl  aber  finden  sich  auf  den  beiden  anderen  in  den  Formen  nahe  verwandten 
Denkmälern  bisher  unerklärte  Künstlersignaturen. 


')  So  am  Denkmal.  In  der  Genealogie  S.  113  wird  anstatt  des  fünften  M.-idcliens  ein  toti^eborner 
Knabe  erwähnt. 

^)  Beschreibung  im  Verz.  d.  Kunstd.  d.  Prov.  Sciilesien  11.  621.  Nr.  3. 

")  Beschreibung  a.  a.  O.  Nr.  9.  Das  Denl<uial  ist  gleich  dem  des  Laslaw  von  einem  Proviuzmaler 
1872  restauriert  worden. 

')  In  der  Genealogie  S.  113  f.  sind  nur  5  Knaben  angegeben;  siehe  dort  die  Namen  der  Kinder. 


107 

Auf  dem  ältesten,  dem  Kinderdenkmal,  stehen  die  Buchstaben  B.  G.  O.  und  C.  B.  B  L, 
auf  dem  des  Lasiaw  das  auf  der  Abbildung  deutlich  erkennbare  Monogramm  C.  B.  mit 
einem  Kreuz  dazwischen,  an  dessen  kommaförmig  gestaltetem  Längsbalken  links  ein  kleines  C 
sitzt.  Dasselbe  Monogramm  nun  hat  sich  gefunden  an  einem  grossen,  reich  gestalteten 
Epitaph  für  Hans  von  Schweinitz  (f  1589)  und  seine  Frau  Magdalena  geb.  von  Stosch 
(t  15Q5)  in  der  ev.  Pfarrkirche  in  Seifersdorf,  Kr.  Liegnitz,')  nach  seiner  vor  kurzem  erfolgten 
Säuberung.  Dort  ist  es  erklärt  durch  die  Beischrift  CAS.  BE-RGER  BILDHVER  IN  LIG. 
Nun  weiss  man,  dass  die  Kanzel  der  Peter-Paulkirche  in  Liegnitz  ein  Werk  eines  Caspar 
Berger  ist.-)  Man  kennt  den  Vertrag  mit  dem  Künstler  über  die  Herstellung,  und  die 
Kanzel  selbst  ist  zweimal  bezeichnet  mit  C.  B.  1588  und  mit  CASPAR  BERGER 
WERCKTMEISTER  1588. 

Der  Liegnitzer  Bildhauer  Caspar  Berger  ist  also  der  Künstler  des  Denkmals  für 
Lasiaw  von  Stosch  und  seine  Gemahlin  in  Mondschütz. 

Von  ihm  rührt  ferner  her  ein  Epitaph  der  kath.  Pfarrkirche  in  Beuthen  a,  O.,  das 
sich  auch  erst  nach  der  Restaurierung  in  letzter  Zeit  als  sein  Werk  herausgestellt  hat.^) 
Sicher  zuzuschreiben  ist  ihm  meiner  Meinung  nach  auch  das  mächtige  Epitaph  für 
Hieronymus  Langner  (f  1580)  und  seine  beiden  Frauen  Brigitta  (f  1553)  und  Hedwig 
(tl5Ql)  in  der  Peter-Paulkirche  in  Liegnitz.^)  Vielleicht  verbirgtauch  hier  die  den  reichen 
Wandaufbau  vollständig  bedeckende  Tünche  seine  Künstlersignatur.  Ebenso  ist  Caspar 
Berger  das  dem  Liegnitzer  und  Seifersdorfer  ganz  ähnlich  gestaltete  Epitaph  für  Conrad 
von  Hoberg  (f  15Q4)  und  seine  Frau  Margarete,  geb.  von  Brauchitsch  (f  15Q4)  in  der 
kath.  Pfarrkirche  in  Rohnstock'^)  zuzuweisen.  Das  auch  hier  fehlende  Monogramm  oder 
eine  entsprechende  Bezeichnung  wird  durch  ein  anderes  untrügliches,  äusserliches 
Erkennungszeichen  der  Arbeiten  Bergers  ersetzt,  einen  doppelköpfigen  Adler,  der  in  der 
Reliefverzierung  einer  als  Ornament  verwandten  Girlande  mit  Fruchtbüscheln,  manchmal 
auch  mit  Engelsflügelköpfen  abwechselt.  Da  nun  aber  auch  das  Kinderdenkmal  in 
Mondschütz,  wie  schon  gesagt,  mit  dem  des  Lasiaw  ebendaselbst  die  grösste  Verwandt- 
schaft zeigt,  ist  es  wohl  nicht  zu  kühn  die  Buchstaben  C.  B.  B  L.  auf  dem  Denkmal  als 
Abkürzungen  von  „Caspar  Berger,  Bildhauer,  Liegnitz"  zu  deuten,  wobei  die  vorher 
stehenden  Buchstaben  B.  B.  G.  allerdings  unverständlich  bleiben. 


')  Verzeichnis  der  Kunstdcnkmäier  der  Provinz  Schlesien  III,  280,  wo  irrtümiicii  C  C  als  Mono- 
{,'ranini  antregeben  ist,  was  durch  die  Notiz  in  den  Veröffentlicliungen  zur  Erhaltung  und  Erforschung  der 
Denkmäler  der  Provinz  Schlesien  II,  S.  18  berichtigt  ist.  Für  Übersendung  einer  Photographie  des  Epitaphs 
und  Unterstützung  bei  seiner  Besichtigung  bin  icli  Herrn  Pastor  Melz  in  Seifersdorf  zu  grossem  Danke 
verpflichtet. 

-')  Schles.  Vorz.  II,  145.  Verzeichnis  d.  Kunstd.  d.  Prov.  Schles.  III.  220.  Abb.  Bilderwerk  Taf.  115 
Nr.  3  Text  S.  60. 

•■')  Abb.  im  Bilderwerk  Taf.  US  Nr.  3  Text  S.  1Q9.  Veröffendichungen  der  Prov.-Komm.  f.  Erh. 
und  Erf.  d   Denkni.  d.  Prov.  Schles.  II,  11. 

*)  Abb.  im  Bilderwerk  Taf.  114,  Nr.  3. 

■•)  Abb.  im  Bilderwerk  Taf.  116,  Nr.  1. 

14» 


108 

Laslaw,  der  in  Liei^nitz  ein  Hans  besass,  wo  er  auch  starb,  hat  den  Künstler 
vermutlich  dort  kennen  gelernt,  und  die  Beziehungen  zwischen  den  Werken  in  Mondschiitz 
und  Seifersdorf  sind  durch  die  Familie  von  Stosch  erklärt,  die  zu  der  Arbeit  in  Beuthen  a./O. 
unweit  Oross-Glogaus  vielleicht  durch  den  Glogauer  Bildhauer  F^ohl,  den  Künstler  des 
Mondschützer  Portals.  Aus  der  Verwandscliaft  der  Kanzeln  der  Breslauer  Magdalenen- 
kirche  und  der  Liegnitzer  Peter-F^aulkirche  aber  ist  zu  schliessen,  dass  Berger  ein  Schüler 
des  Breslauer  Stadtbaumeisters  Friedrich  Gross  war,  des  Schöpfers  der  erstgenannten 
Kanzel. 

Im  übrigen  muss  eine  Würdigung  des  Liegnitzer  Bildhauers  Caspar  Berger,  dessen 
hier  zum  erstenmal  im  Zusammenhang  nachgewiesenen  sieben  umfangreichen  Arbeiten 
sich  bei  weiteren  Nachforschungen  gewiss  noch  andere  anreihen  lassen  werden,  einer 
besonderen  Studie  vorbehalten  bleiben.  Es  ist  einer  der  sehr  wenigen  Bildhauer  des 
16.  Jahrhunderts  in  Schlesien,  die  wir  mit  Namen  kennen.  Über  sein  Leben  war  bisher 
nichts  zu  erfahren. 

Conrad  Buchwald 


109 

JOH.  CHRIST.   KUNDMANN    ALS   QUELLE    FÜR   DIE 
KUNSTGESCHICHTE    DES    XVIII.  JAHRHUNDERTS 

Der  Breslauer  Arzt  und  Polyhistor  Kundmann  hat  neben  den  seinen  Namen  tragenden 
Werken  auch  die  eine  Reihe  von  Jahren  erschienene  Sammlung  von  Natur-  und  Medizin- 
geschichten redigiert.  Sein  reges  Interesse,  seine  grosse  Belesenheit  und  die  umfassende 
Korrespondenz,  die  er  führte,  haben  ihn  aufmerksamen  Blickes  die  Kultur  seiner  Zeit 
beobachten  lassen.  Die  Geschichte  der  Medizin  kennt  seine  Verdienste,  die  Prähistoriker 
und  Archäologen  verdanken  ihm  manche  wertvolle  Notiz,  ebenso  die  Numismatiker  und 
Bibliographen. 

Aber  auch  die  neuere  Kunstgeschichte  hat  Grund,  seiner  dankbar  zu  gedenken. 
Bereits  im  Verwaltungsbericht  des  Vereins  für  das  Museum  schlesischer  Altertümer  1896 
S.  111  hat  Seger  die  auf  Bottengruber  und  Preussler  bezüglichen  Stellen  aus  Kundmanns 
Promtuarium  etc.  1726,  sowie  aus  seinen  „Rariora  Naturae  et  Artis"  1736  exzerpiert,  die  sich 
noch  durch  einige  andere  Stellen  erweitern  lassen.  Pazaurek  hat  in  seinem  Aufsatz  über 
Bottengruber  (Schles.Vorz.N. F.  II  133)  ebenfalls  Kundmann  benutzt.  Bei  einem  systematischen 
Durchsehen  der  Kundmannschen  Werke  fand  ich  noch  eine  Reihe  von  wertvollen  Nach- 
richten, die  ich  hier  wiedergeben  will. 

Über  das  Porzellan  von  St.   Cloud         Tschirnhaus   und   Köhler  in    Dresden  — 

Wiener  Porzellan 
Schon  1717  exzerpiert  Kundmann  ausführlich  den  klassischen  Bericht  des  Pater 
d'Entrecolles  aus  dem  Journal  des  Savants  1716,  der  ja  in  allen  möglichen  Werken  zitiert 
wird.  (Sammlung  von  Natur-  und  Medizingeschichten  1717  S.  242  ff.)  Im  Jahrgang  1723 
derselben  Zeitschrift  S.  428  ff.  kommt  er  noch  einmal  kurz  auf  das  chinesische  Porzellan 
zurück,  und  fährt  dann  fort: 

„Nirjjjends,  so  viel  als  mir  wissend,  ist  das  Ost-Indische  Porcellaiii  in  Europa  liesser  naclij,'ealinit 
worden,  als  wie  zn  St.  Clou,  nahe  bei  l'aris  noch  bis  dato  «^eschieliet;  die  üefälie  sind  sehr  dünne, 
durchsiclitijj;  und  klingend,  schon  weiH,  mit  licht  iiiul  dunkelblau  nett  bernahlet,  und  so  iiarte,  dass  es  wie 
das  Orientalische  Feuer  schläffct  und  (jlas  schneidet;  ausser  dass  es  auch  dem  Entzweysprin<;en  unter- 
worffen  seyu  soll.  Nach  der  Zeit  hat  der  berühmte  Herr  von  Tscliirnhausen  in  Dressden,  dem  damaligen 
llerrn  Haron  Hölticher  eine  Methode  eröffnet,  wie  man  auch  allila  kcinnte  dem  Sinesischen  gleichendes 
Porcellaiii  machen;  welches  dieser  auch  ans  einer  geschwemmten  aschfarbigten  Land  Erde,  wie  selbige 
unliingst  von  einem  guten  Freund  erhalten,  zu  Staude  gebracht,  nur  dass  die  üefässe  weilier  oder  milchigter 
fallen,  auch  etwas  undurchsichtiger  seyn;  doch  sollen  sie  in  der  Härte  selbst  das  veritable  übertreffen,  weil 
dieses  in  dem  Brenn-Ofen  daselbst  geschmoltzen,  welches  deiu  Dressdnischen  nicht  begegnet.  So  ist  auch 
die  Fafon  von  letzterem  viel  besser,  die  Auszierung,  vornelnnh'cli  nn't  Oold  viel  höher,  und  die  erhabenen 
Figuren  viel  sonderbarer,  nur  dass  das  Belegen  mit  Qold-Blätgen  mehr  Parade  macht,  als  Daner  hat;  da 
hingegen  auf  dem  Orientalischen,  worauf  nur  gemahlen  Oold  gestrichen,  beständiger  bleibet.  Im  Anfang  ist 
auch  dieses  ganz  weiss,  wie  in  alten  Zeiten  das  Sinesisehe,  ehe  sie  die  Farbe  erfunden,  gelassen  worden, 
welches  aber  nun  seit  5.  oder  ö.  Jahren  von  Herrn  Köhlern  blau  gemalilet  wird,  nicht  aber  mit  Indigo, 
wie    von    dem   Indianischen   im  Anfang  allegiertc  Autors   melden   (weil  es  unmöglich,   dass  der  Safft  von 


110 

einem  Vegetabili  das  starke  Feuer  aushalten,  und  noch  dazu  eine  blaue  Farbe  geben  könne),  sondern  mit 
der  feinesten  Smalta;  wie  also  auch  P.  d'Entrecolle  in  oben  gegebenen  Nachrichten  eines  harten  Steines 
gedacht,  woraus  das  schönste  Blaue  in  Sina  durch  das  Rösten  ietzo  zur  Porcellain-Mahlerey  gcbraclit  wird, 
welches  unfehlbar  nichts  anderes  als  ein  Kobolt-haltendes  Ertz  seyn  muss.  Noch  ist  von  dem  Dressdnischen 
Porcellain  zu  melden,  dass  ietzo  die  Erde  von  dem  groben  Sande  nicht  so  accurat,  wie  im  Anfang, 
geschwemmt  wird,  welche  Sand-Körngen  denn  dem  Porcellain  glashaffte  oder  helldnrchsiclitigte  Fleckgen 
geben,  die  viel  zum  Zerspringen  desselben  contribuiren.  In  Wien  soll  nun  ietzo  auch  schöner  dergleichen 
Porcellain  aus  einer  Erde  von  Debreczin  in  Ober-Ungarn  verfertigt  werden,  der,  wenn  er  dem  Dressdner 
nicht  vorzuziehen,  doch  gewiss  gleichzuachten  ist.  Aller  dieser  kan  in  Sonderheit  in  Dressden  als  auch 
allhier  künstlich  übermahlet,  und  die  Farben  eingebrennet  werden,  darauf  in  Bresslau  erstlich  Herr  Preussler 
nur  grau  in  grau  oder  schwarze  Oemählde  gemacht,  ietzo  aber  verrichtet  dieses  Herr  Pottengruber  mit 
allen  bunten  Farben,  und  zwar  in  solcher  Perfection,  als  es  sonst  niemals  allhier  geschehen  worden. 

Delfter  Fayencen 

In  Delfft  machet  man  zwar  auch  allerhand  Qefässe,  schon  von  langen  Zeiten  her,  die  dem  äußer- 
lichen Ansehen  nach  dem  veritablen  Porcellain  ziemlich  gleich  sehen,  es  kommt  aber  eigentlicht  dabey  nur 
auf  die  Glasur  an,  denn  inwendig  ist  und  bleibet  es  Thon,  hat  auch  weder  Klang  noch  Durchsichtigkeit. 

Fayencen  von   Berlin  —  aus  Mähren  —  aus  Breslau 

Deme  auch  ähnlich  siebet  derselbe,  so  häuffig  in  Berlin  verfertiget,  und  weit  und  breit  verführet 
wird.  Bey  einigen  Jahren  hat  man  auch  angefangen  zur  Jahrmarckts-Zeit  in  unsere  Stät  vieles  weisse  mit 
bunten  Blumen  und  Thieren  bemahltes  Qefässe  aus  Mähren  meistentheils  von  Skalitz  und  Wischkau 
oder  Wischa,  an  der  Hungarischen  Orentze  liegende,  zu  bringen,  so  ehemals  das  Brüder-Gefässe  ge- 
heissen,  weil  eine  gewisse  schwärmerische  Sekte,  so  alles  untereinander  gemein  haben  gewollt,  es  daselbst 
erstlich  verfertigt.  Und  von  Creutzenach  (wie  oben  Mense  Augusto  in  diesen  Sammlungen  erwähnet), 
wurde  gemeldet,  wie  allda  sich  in  dem  Flecken  Bockenheim  eine  Porcellain-Erde  gefunden,  die  dasige 
Herrschafft  an  Entrepreneurs,  um  eine  Manufactur  anzulegen,  offeriret.  Wie  denn  auch  selbst  von  unserer 
Stadt  an  dem  sogenannten  Lehmtamme  unlängst  ein  Meister  solche  Gefässe  verfertigte,  so  denen 
Delfftischen  oder  Berlinischen  wenig  nachgeben,  aber  dies  Porcellain-Brennerey  ist  zu  keinem  Stande 
konnnen;  dabey  noch  eine  Person  war,  die  so  lange  Tabacks-Pfeiffen  verfertigte,  die  zwar  sehr  hart  und 
glatt  waren  aber  von  unserem  Thon  röthligt  brenneten. 

Copenhagener  Fayencen 

Dieses  voran  zu  setzen  hat  Gelegenheit  gegeben,  da  diesen  Monat  von  Copenhagen  Nachricht  einlieff, 
wie  man  allda  auch  eine  Porcellain-Fabrique  aufgerichtet,  darinnen  mit  gutem  Succes  gearbeitet  würde: 
Welcherley  von  gemeldetem,  vorhergehendem  selbiger  gleich  komme,  werde  folgends  bekanndt  machen, 
zumal  da  Hoffnung  habe,  diesen,  wie  auch  umständliche  Nachricht  von  allen,  zu  erhalten." 

Seine  Ausführungen  beweisen,  dass  er  wirklich  gut  unterrichtet  war.     Die  Angalie, 

dass  Köhler  in  Meissen  seit  5—6  Jahren  l<ol-)altb!aue  Malereien  ausfüiuc,  deckt  sich  insofern 

mit  den  Meissner  Akten,  als  Köhler  nach  Beding  S.  118  im  Jahre  1720  derartige  Proben 

vorlegte. 

Melhorn  in  Meissen 

Im  Jahrgang  1720  der  Sammlung  von  Natur-  und  Medizingeschichten  teilt  Kund- 
mann mit, 

„dass  der  Königl.  Poln.  und  Chur-Sächsische  Inspector  über  die  Schleift-  unil  Polier-Mühle,  I  lerr 
Joh.  Georg  Mehlhorn,  eine  neue  blaue  Farbe  erfunden,  womit  das  Dressdnische  Porcellain,  gleich  dem 
indianischen,  beständig  zu  mahlen  sey.  Welches  allerdings,  da  nunmehro,  der  Dressdner  Porcellain  sich 
genugsam  an  Festigkeit  und  Feine  legitimiret,  eine  ruhmwürdige  Glasur-Invention  für  unser  Teutschland, 
und  besonders  für  Sachsen  ist,  um,  wenn  alles  recht  succedirte,  den  schädlicheti  Verschwendungen  vor  den 


111 

Indianischen  Porcellain  eine  Halte  zu  maclien.  Diese  Invention  accompagniret  eine  andere  von  Glasur, 
wovon  wir  auf  diesen  Monat  von  Leipzig  durch  einen  verständigen  Freund  in  Folgendem  avertiret  worden: 
Hier  ist  ein  Qold-Scheider,  Namens  Stolle,  sonst  ein  curiöser  und  inventiöser  Mann,  der  hat  durch  die  Scheidung 
und  Abtreibung  des  Bleyes  mit  dem  Silber  oder  Gold  auf  der  Capelle  ein  gelb  Bley-Olas  erfunden,  welches 
vortreffliche  Farben  spielet,  womit  er  denn  kleine  zöpfferne  Täffelchen  wie  Holländische  Fließgen  überziehet: 
und  deren  zeigt  er  12.  und  macht  den  Leuten,  so  ohn  wegen  seiner  berühmten  Glasur  besuchen,  weiß,  er 
ziehe  diese  Farben  aus  der  Lufft,  und  giebet  vor,  dieses  könne  er  nur  im  Jan.  jenes  nur  im  Febr.  ein 
anderes  im  Martio,  und  so  durch  alle  Monate  hindurch,  machen:  welches  aber  nach  Redomontaden 
schmeckt." 

Nun,  diese  Nachricht  über  Mehlhorn  deckt  sich  wiederum  genau  mit  den  Meissner 

Akten,  und  zwar  mit  dem  bei  Berling  S.  33  erwähnten  Kommissionsbericht  vom  5.  März  1720. 

Kundmann  seinerseits  hatte  die  Nachricht  einer  Mitteilung  des  Herrn  Sikui  „in  des  Leipz. 

Jahres-Buchs  Contin  IIL  p.  823"  entnommen. 

Wiener  Porzellan 
Sehr  wertvoll  sind  die  im  Bericht  von  1723  enthaltenen  Mitteilungen  über  das  Wiener 
Porzellan,  da  uns  urkundliche  Nachrichten  über  die  Frühzeit  der  Wiener  Manufaktur  fast 
vollkommen  fehlen.  Ausführlicher  berichtet  Kundmann  noch  einmal  von  Fayence  und 
Porzellan  in  den  laut  Vorrede  1736  redigierten  Rariora  Naturae  et  Artis  S.  635  642. 
Er  spricht  dort  von  Masse,  Versuchen  der  Wiener  Manufaktur,  nennt  den  Namen  des 
„Fabrikanten  und  Verlegers"  Claudius  Innocentius  Du  Pacquier  imd  exzerpiert  den  Lotterie- 
zettel der  Wienerischen  Porcellainlotterie  von  1734,  von  der  wir  nur  auf  diese  Weise 
Kenntnis  erhalten  haben  und  den  ich  bereits  in  meinem  Katalog  der  Alt-Wiener  Porzeilan- 
ausstellung  im  Kaiser  Franz  Josef- Museum  in  Troppau  erwähnt  habe  (S.  X)  und  hier 
noch  einmal  wiedergebe. 

„Die  vornehmsten  Gewinnste  von  gantzen  Tafel-Servicen,  betragen  ein  Gewinnst,  1000.  800.  und 
700.  Floren,  so  mit  allerhand  Figuren,  nach  dem  Leben  in  allen  Farben  gemahlet,  darzwischen  mit  ein- 
gebrennter  vieler  Gold-  und  Silber-Auszierung;  Ja  sogar  sind  darunter  eingebrennte  Gemähide,  als  ein 
Crucifix  mit  den  Figuren  Mariae,  Johannis  und  Magdalenae,  so  vor  200.  Floren  aufgesetzet  worden,  auch 
ein  Kühl-Kessel  von  dem  Wertli,  tlieils  Service,  sind  auch  gantz  mit  Golde  bemahlet,  theils  sind  grosse 
Aufsätze,  Töpffe  mit  erhabenen  Feldern  mit  Blumen,  auch  nach  Mosaischer  Art  bemahlet;  Ein  Crucifix  zum 
Aufsetzen  von  nnttlerer  Grösse  150.  Floren,  zwey  Leuchter  mit  4.  Armen  100.  Flor,  eine  auf  einem  Polster 
sitzende  Indianische  Figur,  welche  mit  dem  Kopff  wackelt.  50  Floren  etc." 

Porzellanfabrik  von  Montpellier 

In    demselben  Bericht    von  1736    steht  eine  sehr  interessante  Notiz  über  „die  vor 

mehr  als  hundert  Jahren  errichtete  Porzellain-Fabrik  zu  Montpellier." 

Die  Gefässc  sind  sehr  dünne,  durchsichtig  und  klingend,  schön  weiß  mit  licht-  und  dunkel-blau 
nett  bemahlet,  und  so  harte,  dass  es  wie  das  Orientalische  Feuer  schlaget,  und  Glass  schneidet;  ausser 
dass  es  auch  dem  Entzvvcyspringeii  unterworfen  seyn  soll,  und  zwar  soll  eine  gemeine  Person  die  Erde 
hierzu  von  Chantilly  entdecket  haben,  so  ebener  Massen  denen  Herren  bey  der  Königl.  Akademie  besser, 
als  der  Sächsische  (wie  daher  fast  in  allen  Nachrichten  gemeldet  worden)  oder  der  Dressdnischen  gefallen: 
(vid.  Commerc.  Lit.  Medic.  I.  Theil  pag.  306).  Ja  sie  haben  es  danut  so  weit  gebracht,  dass  vor  einigen 
Jahren  man  den  Dauphin  in  Frankreich  von  dergleichen  Porcellain  eine  ganze  kleine  Carosse  nnt  S  Pferden 
bespannet  und  denen  königlichen  Printzessinnen  die  nettesten  Puppen  und  Sänfften  davon,  und  andere 
Galanterien  prnesentircn  können.    Der  Bericht  daher  in  dem  H.imbnrgischen  unparteyischen  Correspondenten 


112 

An.  1732  Nuin.  174  lautete  vom  16.  Oktohr.  von  Foiitaiiibleaii,  wie  auch  in  anderen  Journalen  also:  Der 
Herr  Olivier  Aufseher  über  die  vor  luelir  als  hundert  Jahren  errichtete  Porcellain-Fabrique  zu  Montpellier 
überreichte  neulich  unterschiedliche  künstliche  Stücke  au  lliro  Majestät  den  Köniy;,  und  deren  K<inii;liche  Familie. 
Unter  andern  empfieng  der  König  ein  kleines  Schloss  3  Fnss  breit,  ein  Service,  bestehend  aus  einer  Art 
von  Körben,  von  ordentlicher  Grösse,  aber  neuer  Mahlwerke,  Früchte  darimien  aufzusetzen.  Für  den 
Dauphin  und  Duc  D'Aiijou  waren  zwey  mit  8  Pferden  bespannte  Kutschen,  deren  Oeschirr  von  blauer 
Seyde  mit  kleinen  Spangen  von  Metall  war:  Dabey  befand  sich  ein  Kutscher  und  Postillion  nebst  zwei 
Bedienten  hinten  auf  den  Kutschen,  welche  mit  Fenstern  versehen  waren,  und  inwendig  eine  Printzessin 
beherbergten:  Ferner  überreichte  er  zwei  Sänffteu,  jede  mit  zwey  Trägern,  eine  Wind-Mühle,  eine  Compauie 
Reuter,  mit  ihren  Führern,  Trompeter,  u.  s.  w.  Eine  Companie  Fuss-Volk  mit  der  Fahne,  u.  s.  w.  Einen 
Reit-Knecht  des  Königs  mit  einem  Schul-Pferde,  einen  Courrier,  der  dem  Könige  einen  Brief  brachte.  Die 
Priutzessinnen  empfingen  3  Trage-Sessel  mit  ihren  Trägern,  und  vielen  andern  artigen  Kleinigkeiten.  Dem 
Könige  gefiel  diese  Arbeit  ungemein  wohl,  er  gab  dahero  dem  Herrn  Olivier  Erlaubniss  nach  Versailles  zu 
gehen,  und  solche  der  jungen  Herrschafft  einzuliefern. 

Davon  die  Regenspurger  Nachrichten  An.  1732  (im  45.  Stück  pag.  715)  noch  umständlicher  handeln. 
It.  der  schlesische  Nonvellen-Courrier.     (An.  1732.  Num.  173.)" 

Olivier,  der  Begründer  der  bedeutenden  Fabrik  zu  Montpellier,  wird  1717  zuerst 
genannt.  1729  erhielt  die  Fabrik  den  Titel  einer  „manufacture  royale".  (Jacquemart,  La 
ceraniiqiie  S.  4Q6  f.) 

Fayencen  von  Prag,  Zerbst,  Hamburg,  Rudolstadt,  Braunschweig, 

Arnstadt,  Erfurt 
Weiterhin  berichtet  er  in  diesem  Articulus  35  von   1736  (37),  nachdem  er  von  den 
Berliner,  Delfter  und  Breslauer  Fayencen  gesprochen: 

„Und  von  Creutzenach  (wie  Mense  Augustus  in  unseren  Sammlungen  erwähnet,)  wurde  gemeldet,  wie 
allda  sich  in  dem  Flecken  Bockenheim  eine  Porcellain-Erde  gefunden,  die  dasige  Herrschafft  an  Enlrepreneurs, 
um  eine  Manufaktur  anzulegen,  offeriret.  Wie  denn  auch  selbst  vor  unserer  Stadt,  an  dem  sogenannten 
Ixhni-Taniuie  unlängst  ein  Meister  solche  Qefässe  verfertiget,  so  denen  Delfftischen  oder  Berlinischen 
wenig  nachgegeben,  aber  diese  Porcellain-Breunerey  ist  zu  keinem  Stande  konien;  dabey  noch  eine  Person 
war,  so  lange  Tabacks-Pfeiffen  verfertigte,  die  zwar  sehr  hart  und  glatt  waren,  aber  von  unserm  Thon 
röthligt  brenneten:  Aller  dergleichen  Qefässe,  so  man  zu  Prag,  Zerbst,  Hamburg,  Rudolstadt,  Brauiischweig, 
Arnstadt,  Erfurth  etc.  ehemals,  und  noch,  verfertiget,  zu  geschweigen.  Nur  noch  zu  gedenken,  dass  man 
angefangen  durchsichtigen  Porcellaiu  nachzumachen,  zu  Dressden  An.  1706,  zu  St  Clou  Au.  1709,  zu  Copen- 
hagen  An.   1723,  zu  Wien  An.  1725,  und  so  in  noch  mehreren  Orten. 

Von  Au.  1728  aber  lautete  der  Bericht  in  denen  Miscell.  Medic.  p.  048.  von  Paris  den  30.  Martii, 
also;  Ein  allliier  in  der  Vorstadt  St.  Antoine  wohnender  Künstler  verfertigte  eine  Art  von  Porcellaiu,  welches 
das  Japanische,  sowol  an  Firnüss  als  Farben,  Vergoldung  und  der  weißen  Farbe  der  Erilen,  deren  er  sich 
darzu  bedienet,  so  genau  imitiret,  dass  sich  die  besten  Könner  fast  betrügen.  Auch  meldete  der  Holsteinische 
Correspondent  An.  1730.  den  lOJaiuiarii  Num.  9.  dass  zu  Copenliagen  in  der  Porcellain-Fabriciue,  10  vor- 
treffliche Kachel-Oefen  von  Porcellaiu  verfertiget,  inid  nach  Friedensburg  gebracht  worden,  alKvo  man  selbige 
in  denen  Königlichen  Oemächern  aufgesetzet." 

Die  meisten  dieser  von  Kundmann  vorhin  erwähnten  Fayencenfabriken,  von  denen  wir 
bis  jetzt  beinahe  keine  Erzeugnisse  nachweisen  können,  finden  wir,  allerdings  ohne  weitere 
Angaben,  auch  in  anderen  Quellen  erwähnt,  und  somit  imterstützen  sich  diese  Nachrichten. 
Hamburg  hat  Brinckmann  als  Erzeugungsstätte  von  Fayencen  seit  der  Mitte  des  17.  Jahrh. 
vermutet,  in  Rudolstadt  wird  1720  und  1725  eine  Fayencefabrik  erriciitet  (Stieda,  Die 
Anfänge  der  F'orzellanfabrikation  auf  dem  Thüringerwalde  S.  12)  imd  der  zu  Kassel  später 


113 

als  Modellmeister  1766  angestellte  Joh.  Og.  Pahland  hatte  vorher  in  Rudolstadt  gearbeitet 
(Drach,  Hessenland  1891,  S.  12Q).  Die  Braunschweiger  Fabrik  wurde  1707  begründet,  die 
Meissener  Akten  enthalten  auch  manches  über  ihre  Frühzeit  (Engelhardt,  Böttcher  583). 
Arnstadt  wird  1721  schon  urkundlich  erwähnt  (Stieda  S.  11)  und  bestand  noch  1775,  denn 
in  diesem  Jahre  signierte  dort  der  bekannte  keramische  Vagant  Fliegel,  der  in  Bayreuth 
und  Mosbach  resp.  Frankenthal  gewesen,  einen  Krug  mit  Blaumalerei  (St.  Georg  mit  dem 
Drachen)  in  der  ehemaligen  Reynoldscollection  (Chaffers,  Keramic  gallery  I  S  9Q  Fig.  165). 
Erfurt  endlich  wird  als  Fayencefabrik  im  Jahre  1716  auch  in  den  Nürnberger  Ratsverlässen 
erwähnt. 

Was  die  bereits  in  Kundmanns  Bericht  von  1723  erwähnte  Berliner  Fabrik  betrifft, 
so  kannten  wir  deren  Existenz  schon  aus  den  Meissner  Akten  (Engelhardt  582);  Brinckmann 
hat  im  Jahresbericht  des  Hamburger  Museums  18Q6  S.  22  archivalische  Nachrichten  aus 
dem  Berliner  Staatsarchiv  gegeben  und  Erzeugnisse  der  Manufaktur  bestimmt  und  Stieda 
endlich  hat  in  den  Keramischen  Monatsheften  1903  S.  90  ff.  weitere  Mitteilungen  gemacht. 
Über  die  von  Kundmann  erwähnten  Fabriken  zu  Prag,  Breslau  (wenigstens  in  dieser  frühen 
Zeit)  und  Zerbst  wissen  wir  noch  nichts  weiteres. 

Diese  gleichzeitigen  Zeitschriften  wie  die  „Sammlung  etc."  und  auch  die  im 
XVIII.  Jahrhundert  so  zahlreichen  Reiseberichte  enthalten  oft  eine  Reihe  von  wertvollen 
Notizen.  Der  bekannte  Keyssler,  dessen  neueste  Reisen  durch  Deutschland  etc.  die  von 
Sponsel  in  seinem  Kändlerwerk  angezogene  Beschreibung  der  projektierten  Porzellan- 
dekoration des  japanischen  Palais  enthält,  berichtet  z.  B.  1730  aus  Bamberg  über  „Bareufh": 

Bayreuther  Fayencen 
„In  St.  Qeorgenstadt  ist  eine  Fabrik  von  braunem  und  weissem  Porzellan,  welches  häufig  in  die 
benachbarten  Provinzen  verkauft  wird.  Insbesondere  hat  man  daselbst  eine  Erfindung,  d.  Silber  u.  Gold 
in  das  braune  Porzellan  so  wohl  einzubrennen,  dass  es  beständig  darinnen  bleibt,  und  bezahlet  man  die 
Garnitur  von  einem  halben  Dutzend  Tassen  u.  Schalen,  bey  welch  sich  eine  kleine  Tlieekanne,  ein  Spül- 
napf, eine  Zuckertasse  und  eine  Theebüchse  befindet,  mit  20  Thalern." 

Diese  kleine  Notiz  erweist  die  Richtigkeit  von  Brinckmanns  Ansicht  (Das  Ham- 
burgische Museum  S.  491)  von  der  Bayreuther  Herkunft  „der  nicht  in  Meissen  oder 
Plane  angefertigten  „rothen  und  braunen  Porzellane"  mit  eingebrannter  Vergoldung  oder 
Versilberung".  Leider  sind  gerade  von  dieser  bedeutenden  Fayencefabrik,  die  auch  Porzellan- 
versuche gemacht  hat,  fast  keine  urkundlichen  Nachrichten  vorhanden.  Bayreuther  Fayencen 
sind  z.  B.  auch,  wie  ich  an  anderem  Orte  ausführlicher  darlegen  will,  die  durch  ein  starkes 
Emailgrün  und  eigenartige  dekorative  Chinoiserien  sich  auszeichnenden  Stücke,  die  man 
früher  in  Rehweiler  lokalisieren  wollte.  Verschiedene  gleichartige  Teller  eines  derartigen 
Services  in  den  Museen  zu  Sevres,  Wien,  Homburg  und  Reichenberg  trugen  die  Marken 
B  luul  L.  Sie  bezeichnen  m.  E.  die  Fabrik  Bayreuth  und  den  Maler  Löwenfinck,  der  nach 
seiner  Flucht  aus  Meissen  1736  nach  Bayreuth  zog  und  von  da  1740  nach  Fulda.  Einige 
dieser  Fayencen  im  Germanischen  Museum  tragen  ausserdem  das  Ansbach -Bayreuther 
Wappen.  In  Fulda  tauchen  auch  die  koloristisch  und  dekorativ  eigenartigen  Chinoiserien 
auf,  allerdings  ohne  das  hervortretende  Grün. 

IS 


114 

Und  so  finden  wir  beim  Durchblättern  der  vielen  Bände  Kundmannscher  Schriften 
eine  Reihe  von  Bemerkungen,  die  mitunter  recht  wertvolle  Aufschlüsse  geben. 

Kundmanns  Interesse  war  ein  allseitiges  und  nichts  entging  ihm.  Er  hatte  viele 
und  aufmerksame  Korrespondenten,  die  ihm  stets  das  Neueste  berichteten,  ausserdem  las 
er  die  meisten  Gazetten,  immer  exzerpierend  und  kommentierend. 

König  Wau-Wau 

Sponsel  zitiert  in  seinem  Kändlerwerk  S.  30  eine  Liste  der  zum  Schmucke  des 
Japanischen  Palais  bestimmten  Tierfiguren,  darunter  sind  12  Könige  von  Waiwou.  Der 
Lieferschein  der  Manufaktur  (Sponsel  a.  a.  O.  S.  56)  nennt  diese  exotischen  Vögel  „Könige 
von  Wawa";  Kundmann  gibt  uns  auch  hierüber  Aufschluss.  In  der  Sammlung  von  Natur- 
uiid  Med.-Gesch.  1722  II  S.  172  meldet  er,  dass  in  Hamburg  beim  französischen  Wachs- 
Tuchmacher  Joachim  Brasche  ein  neuer  indianischer  Vogel  sei,  der  König  Wau-Wauen. 
Auch  etymologisch  ist  diese  Nachricht  interessant,  sie  gibt  uns  Aufschluss  über  die  Her- 
kunft des  Kinderschreckes  „Wauwau". 

Über  die  Sammlungen  des  Joh.  Georg.  Pauli,  der  sich  eine  Reihe  von  Jahren  in 
seinem  Hause  den  Miniatur-Maler  Bottengruber  hielt,  berichtet  Kundmann  ausführlich 
in  seinen  „Scholae  in  Nummis  etc."  1741  S.  422—24.  Ich  mache  Bilderforscher  auf  die 
ziemlich  genauen  Bilderbeschreibungen  daselbst  aufmerksam,  desgl.  auf  die  Beschreibung 
des  Bilder-  und  Naturalienkabinetts  des  Ernst  Benjamin  von  Löwenstedt  (a.  a.  O.  S.  407—8 
und  Promtuarium  S.  54  68).  Aus  letzterer  Sammlung  erwähne  ich  nur  zwei  Stücke: 
„Eine  Landschafft,  wo  ein  Strohm  zwischen  Bergen  flüsset,  nebst  vielen  Dörffern,  Schiffen 
und  mehr  als  hundert  menschlicher  Figuren,  von  Sachtleben,  welches  Stück  König  Carl  I. 
von  Engelland  besessen  so  von  Cromweln  hoch  verkaufft  worden"  und  „Ein  Wein-Römer, 
da  durch  das  Fenster  die  Häuser  scheinen,  künstlich  gemahlet,  auch  aus  König  Carls  I. 
von  Engelland  Gallerie,  eben  von  Cromweln  verkauftet." 

Gläser  -  Terra  sigillata  —  Gliederpuppen 
Über  Gläser  finden  wir  manche  Angaben,  so  über  Kunckel  (Rariora  S.  317  und 
651  ff.)  mit  dem  er  befreundet  war,  und  der  im  Anfang  des  XVlIl.  Jahrhunderts  in  Breslau  weilte. 
In  der  Sammlung  etc.  1725  I  S.  107,  spricht  er  von  dem  seligen  Matth.  Pauli  aus  Dresden,  der 
ein  scharfes  Ätzwasser  erfand,  womit  er  mannigfaltige  Figuren,  rare  Wappen  und  Land- 
schaften ins  Glas  hat  etzen  können."  Über  die  bekannte  Terra  Sigilata  und  ihre  an- 
geblich heilkräftige  Wirkung,  die  zuletzt  Solon  in  seiner  18Q8  erschienenen  Broschüren- 
folge „Pottery  Worship  The  falten  idols",  behandelt  hat,  findet  man  bei  Kundmami  viele 
Nachrichten.  (Rariora  S.  243ff.)  Und  der  Auktionskatalog  seiner  Sammlungen,  der  im 
Jahre  1753  bei  Korn  in  Breslau  erschien,  zählt  auf  S.  224 ff.  IQl  Sigelerden  aus  seinem 
Besitze  auf,  u.  a.  „Ein  nackender  Mann  und  Weib,  aus  Sigelerde  von  Striegau".  Ferner 
gibt  Kundmann  gewissenhafte  Berichte  über  die  Funde  von  spät  mittelalterlichen  Töpfer- 
waren 1720  in  Liegnitz  (Rariora  S.  327  mit  Abb.)  und  1726  in  Jauer  (ebenda  S.  334  ff. 
mit  Abb.).     In  den  Rariora  S.  689  spricht  er  in  einem  Aufsatz  „von  Ästimation  und  Nutzen 


115 


der  Kupffer-Stiche  über  Le  Bion  und  seine  Farbenstiche.  Ebenda  S.  366  erwähnt  er  aus 
seinem  Besitz  „Ein  Glieder-Mann  und  Glieder-Weib,  bronziret,  da  alle  Gelencke  bewe-sam 
und  damit  alle  Posituren  eines  lebenden  Menschen  können  nachgemachet  werden"  "oer 
Aukfonskatalügvon  1753  S.  470  spricht  noch  einmal  von  diesen,  sie  sind  „zwo  bresslauer 
Ellen  lang,  aus  vergoldetem  Holze  geschnitzt."  Ich  erwähne  diese  Gliederficxuren  weil 
vor  kurzem  Dornhöffer  in  der  Festschrift  für  Wickhoff  über  derartige  Figuren  gehandelt  hat. 

Deutsche  Bronze  des  XVII.  Jahrhunderts  -  Mumienfälschungen 
Recht  amüsant  ist  der  Bericht  über  den  Fund  einer  Bronzestatuette,  die  einen  Isis- 
pnester  darstellen  sollte,  und  die  man  in  Schlesien  gemacht  hatte.  Verschiedene  grund-eiehrte 
Manner,  darunter  Qronovius,  schrieben   lange  Aufsätze  über  diesen   Fund  und  die  merk- 
würdige Tatsache,  dass  die  alten  Schlesier  die  ägyptische  Gottheit  anbeteten  etc.    Kundmann 
referiert  sachlich   über  all  diese  Gelehrsamkeit  und  setzt  dann  trocken   hinzu,  der  grosse 
Gronovms    habe    wohl    noch    nie   einen    deutschen    Bergmann    mit    seinem   „Arschleder- 
gesehen,  denn  ein  solcher  sei  diese  Messingfigur,  und  stamme  aus  einer  Leuchterkrone 
Em  andermal  berichtet  er  von  einem  Juden  in  Aiexandrien,  welcher  mit  „Mumien  gehandelt 
gantze  Schichten  solcher  Todten-Cörper  in  seinem  Magazin  gehabt  habe,  welche  an  aller- 
hand Kranckheiten,  ja  auch  wohl  selbst  an  der  Pest  verstorben.     Diese  habe  er  mit  alten 
verlegenen  und  wurmstichigen  Specereyen,  nebst  Myrrhen,  Ross-Aloe,  und  gemeinem  Pech 
ausstopffet  und  also  im  Ofen   schieben  und    trocknen  lassen,    hernach    selbe    wieder  an 
d.  Kaufleute  verhandelt;  und  habe  sich  der  Jude  selbst  darüber  moquieret,  dass  d  Christen 

172ril'532r  '''^'''"  ""  '"'''""  """''  "■  """''^"'  ^"^'  "'""•"  '^'""'""^ 
Nachahmungen  chinesischer  Stoffe  in  Mailand  -  Aufzugtisch 
Unterm  3.  Oktober  1725  lässt  er  sich  aus  Mailand  berichten,  dass  zu%iorenz  Meuci 
das  Geheimnis  erfunden  habe,  „Zeuge  zu  machen,  welche  denen  Chinesischer  <.|eich  voll- 
kommen sind".  (Sammlung  1725  II  480.)  In  der  gleichen  Zeitschrift  1721  I  S  Q9f 
bcric^itet  er  „von  der  neuen  Dressdenischen  Tafel  so  gedeckt  und  mit  Speisen  besetzt  in 
das  Königliche  Zimmer,  aufgezogen,  und  nach  Abspeisung  wieder  herabgelassen,  an  deren 
Statut  aber  eine  andere  substituiret  wird",  eine  Erfindung  des  Königl.  Hof- Modellmeisters 
Andreas  Gärtner.  Bekanntlich  liess  sich  Friedrich  der  Grosse  im  Potsdamer  Schloss 
ebenfalls  einen  solchen  Speisetisch  einrichten.  Zum  Schlüsse  lasse  ich  hier  noch  3  Notizen 
aus  Kundmanns  Werken  folgen,  sowie  5  andere,  die  sich  auf  die  Geschichte  der  Keramik 
.mXyill.  Jahrhundert  beziehen,  und  den,  neu  eröffneten  historischen  Bildersaal  Nürnberg 
1744 ff.  entnommen  sind.  " 

r,„-i..     )'""'''■"'••"'."  Sammlungen.    „Unter  vielen  Uhren  war  allda  (nämlich  bei  dem  Grafen  Geore 
a  us.oph  .  Proskan   m   Breslau,    eine   goldene    Repetir-Uhr   n,i,    Carniol    und    Diamanten    ver  e      ,    vo^ 
A      o„,o  M.lloeg  den  jüngeren  in  NVien  verfertige.,  welche  die  Stunden,   halhe.  viertel,  und  hbe  Werte 
S  unden  geze.ge  ,  und  wenn  man  es  haben  wollen,  geschlagen ;  über  dieses  den  Monats-Tag,  wie  auch  Zune  n^e 

ssig's  rütr   :\     7'7'  •■"'  ,"'  '^^^^-^  '''  '^'^"^•^"  ^^-■■"^-    ^■•^'"  ^'^sser  als  eine  n^i 
massige  ba.k-Uhr,    und    ob    diese    gleich    so    vieles    gezeiget,    ist   doch    nur  ein  Rad  mehr,  als  in  denen 

15* 


116 

ordinairen  Uhren,  darinnen  gewesen:  wovor  der  Künstler  100  Oulden  empfangen,  da  er  diese  bey  Hofe 
in  Wien  aufs  Spiel  gesetzet;  diese  hat  der  Hr.  Graf  gewonnen,  da  ihm  wenige  Stunden  vorher  seine 
goldne  Repetir-Uhr  gestohlen  worden."     (Aus:  Kundmann,  Scholae  in  Nummis  S.  40S.) 

Lacc-Fabriquen.  „Aus  dem  Holsteinischen  schrieb  man  den  16.  Nov.  Welcher  Gestalt  ein  in 
Coppenhagen  angelangter  Knpffer-Stecher  Erlaubnili  gesuchet  hätte,  eine  gewisse  Lacc-Fabrique  aufzurichten. 
Dergleichen  ist  auch  schon  An.  1721.  in  der  Graffschafft  Rödelheim  bey  Franckfurt  angeleget  worden,  allwo 
von  aufrichtiger,  schöner  Japanischer  und  Chinesischer  Lace-Arbeit  Holtz,  Eisen,  Kupffer,  inui  Meßing, 
steinerne  Gefässe  oder  Geschirre  u.  d.  g.  so  schön,  dauerhafft,  und  im  Wetter  beständig  gefertig-t,  luid  mit 
einem  klaren  Überzug  vergoldet  oder  versölbert  werden,  daß  man  dergleichen  so  schön,  auch  so  wohlfeil, 
niemals  gehabt;  wie  damals  von  Franckfurt  geschrieben  wurde."  (Aus:  Sammlung  von  Natur-  und  Medicin- 
Geschichten.    An.  1724  S.  551.) 

Graul  hat  vor  kurzem  m  „Kunst  nud  Künstler"  über  die  Lackfabrik  des  Stobswasser 

in  Braunschweig  berichtet.     Im  Schloss   des   deutschen  Kronprinzen  zu  Öls  befindet  sich 

übrigens  eine  Lackstanduhr,  laut  hischrift  auf  dem  Zifferblatt   in    Kopenhagen   angefertigt. 

(Lutsch  11  554.) 

Gefälscht  Silber.  „Von  I^aris  hieß  es:  Weil  die  Regierung  vernehmen  müssen,  daß  gewisse 
Leute,  so  aber  bis  dato  noch  unbekandt  seyn,  eine  gewisse  nicht  gar  zu  feine  Materie  in  die  Silberstangen 
gebracht,  wodurch  deni  Commercio  grosser  Nachtheil  entstehen  kan,  wie  aus  der  Probe,  so  d.  5.  11.  und 
20.  Febr.  zu  Lion  gemacht  worden,  zu  ersehen:  So  hat  der  König  an  alle  Goldarbeiter  und  andre  der- 
gleichen Künstler  einen  Befehl  ergehen  lassen,  daß  keine  dergleichen  Materie  weder  von  Gold  noch  von 
Silber  ohne  Probe  mehr  verarbeitet  werden  solle,  und  zwar  bey  Strafe  der  Confiscation  3000.  Pf.  an  baarem 
Gelde,  und  der  schärffsten  Verfolgung  nach  den  Rechten.  Von  einem  in  Paris  neu-gemachten  Metall,  so 
dem  Silber  gleichen  soll,  ist  bereits  Mens.  Jan.  1719.  Class.  V.  Art.  7.  Meldung  geschehen."  (Aus:  Sammlung 
von   Natur-  und  Mediciu-Geschichten,  an.  1723  S.  567.) 

I'orzellan.  1737:  ,,ln  gedachtem  Brüssel  erfand  ein  Künstler,  Namens  de  Wansoul  eine  ganz 
neue  Art  von  Porcellan,  welches  er  aus  einer  gewissen  gemeinen  Erde  zubereitete.  Indem  er  sich  ein 
Privilegium  über  dergleichen  Porcellan-Manufactur  ausbat,  überreichte  er  dem  Premier-Minister,  Grafen 
von  Harrach,  eine  Probe  von  seiner  Arbeit.  Es  war  dieses  Porcellan  von  solcher  Dauer  im  Feuer,  daß 
man  Bley  darinnen  schmelzen  konnte;  wenn  man  es  in  Feuer  glüend  gemacht  hatte,  und  that  es  wiederum 
in  kalt  Wasser,  so  bekam  es  seine  vorige  Farbe  wieder.  Es  war  dasselbe  zwar  sehr  fein,  aber  nicht  so 
weis,  als  das  Indianische  und  Meißnische,  worzu  es  sich  aber  der  Künstler  noch  zu  bringen  getraute." 
(Aus:  Des  neu-eröffneten  Historischen  Bilder-Saals  X.Teil  S.  629/30.    Nürnberg  1744.) 

1744.  „Mit  der  Porcellain-Fabrick  zu  Stafford  geht  es,  wie  von  London  am  17.  Novembr.  berichtet 
worden,  glücklich  von  statten,  so,  daß  man  nicht  zweifelt,  man  werde  in  kurzen  Jahren  mehr  denn  15  000 
Menschen  darinnen  gebrauchen  können.  Das  Porcellain,  welches  da  gemachet  wird,  kommt  dem  Chinesischen 
in  allem  gleich.  Diese  Unternehmung  soll  dem  Aldermann  Arnold  und  den  Seinigen,  da  er  dieselbe  zutn 
Nutzen  seines  Vatterlandes  mit  grossen  Kosten  angefangen  hat,  sehr  vortheilhaftig  seyn.  (Aus:  Des  neu- 
eröffneten Historischen  Bilder-Saals  XI.  Teil  S.  525  ) 

1745  ,,uud  zu  Neapolis  hat  man  Porcellain  zu  machen  erfimden,  wovon  der  König  dem  Pabst  die 
erste  Probe  überschicket."     (Aus:  Des  neu-eröffneten  Historischeu  Bilder-Saals  XI.  Teil  S.  425.) 

1748.  „In  Frankreich  hat  sich  ein  Kiinsfler  angegeben,  welcher  das  Drcsdnische  Porccilan  m'cht 
nur  nachmachen  sondern  gar  übertreffen  will."  (Aus:  Des  neu-eniffneten  Historischen  Bilder-Saals 
XI.  Teil  S.  852.) 

Tropiiati  Edmund  Willichn   Braun 


117 

SCHLESISCHE  MINIATURMALER 
DES   NEUNZEHNTEN  JAHRHUNDERTS 

bJis  vor  kurzem  war  die  Gescliichte  der  schlesischen  Miniaturmalerei  ein  unbe- 
schriebenes Blatt.  Da  lenkte  die  Erwerbung  einiger  Arbeiten  des  Miniaturmalers  Amand 
Zausig  die  Aufmerksamkeit  des  Breslauer  Kunstgewerbemuseums  auf  dieses  liebenswürdige 
Kunstgebiet.  Das  einzige  Mittel,  einen  Einblick  in  die  historische  Entwicklung  der 
heimischen  Miniaturmalerei  zu  gewinnen,  fand  die  Museumsdirektion  in  der  Veranstaltung 
einer  Ausstellung  von  Miniaturmalereien  aus  schlesischem  Besitze  oder  schlesischer 
Herkunft.  Rasch  entschlossen  wurden  die  Vorbereitungen  für  die  Aussteilung  getroffen, 
die  im  Herbste  vorigen  Jahres  mit  einem  Schlage  ein  wider  Erwarten  helles  Licht  in  das 
Dunkel  der  Geschichte  der  schlesischen  Miniaturmalerei  warf.')  Die  hervorragendsten 
Schätze  der  mittelalterlichen  liluminierkunst  wurden  in  möglichster  Vollständigkeit  vereinigt 
und  lieferten  den  Beweis  von  einer  zuvor  ungeahnten  Blüte  der  romanischen  und  gotischen 
Buchmalerei  in  Schlesien.  Die  Kollektion  künstlerisch  ausgestatteter  Stammbücher  gewährte 
eine  Menge  willkommener  Aufschlüsse  über  die  Entwicklung  und  Bedeutung  der  schle- 
sischen Stammbuchmalerei  des  sechzehnten  bis  neunzehnten  Jahrhunderts.  Andreas  Hempel 
(t  1627),  Jacob  Dietrich  Kolbe  (f  1727)  und  Johann  Georg  Wagner  (tätig  c.  1730  —  50) 
wurden  als  höchst  beachtenswerte  Breslauer  Stammbuch-Illuminatoren  entdeckt.  Nirgends 
aber  trat  der  wissenschaftliche  Erfolg  der  Ausstellung  deutlicher  zutage  als  in  der  Abteilung 
der  Portraitminiaturen.  Schlecht  steht  es  allerdings  noch  um  die  Erforschung  der  ,en 
miniature'  gemalten  Barock-  und  Rokoko-Bildnisse.  Wir  kennen  wohl  eine  Anzahl  Arbeiten, 
doch  sie  irren  namenlos  umher,  wir  wissen  selten,  wen  sie  darstellen,  geschweige,  wer 
sie  verfertigte,  und  können  oftmals  nur  mit  Bedingtheit  der  angeblich  schlesischen  Herkunft 
Glauben  schenken.  Die  Künstler  pflegten  ihre  kleinen  Bildchen  nicht  zu  bezeichnen  und 
die  mündliche  Tradition  der  Nachkommenschaft  versagt  naturgemäss  für  alles,  was  über 
das  Ende  des  achtzehnten  Jahrhunderts  zurückreicht.  So  bleibt  auch  für  die  Folgezeit 
die  Hoffnung  gering,  dass  wir  noch  viel  Nennenswertes  über  die  Geschichte  der  älteren 
schlesischen  Bildnisminiatur  erfahren  werden. 

Nach  den  Kriegen  Friedrichs  des  Grossen  steht  die  schlesische  Kunst  allenthalben 
unter  dem  Zeichen  eines  sichtlichen  Niederganges.  Jeder  der  Geld  hatte,  kannte  andere 
Ausgaben  als  die  Unterstützung  schöngeistiger  Bestrebungen.  Daher  fanden  auch  die 
Miniaturmaler  in  Breslau  nicht  den  Boden,  wie  ihn  Dresden  und  Wien  boten.  Ihre  Zahl 
wird  somit  in  der  zweiten  Hälfte  des  achtzehnten  Jahrhunderts  nicht  sehr  gross  gewesen 
sein.      Erwähnenswert    in    diesem    Zusammenhange    ist    auch    die    Bemerkung    in    einer 


')  Vgl.  Katalof;  der  Miniatiiren-Aiisstelliing  im  Schlesisclicn  Mtisciim  für  Kunstgewerbe  und  Alter- 
tümer zu  IJrcslau,  8.  Oktolicr  bis  S.  November  1903.  Erwin  Hintze,  Miniaturen-Ausstellung  im  Schlesischen 
Museum  für  Kunstgewerbe  uiul  Altertümer  zu  Breslau  in  der  „Kunstchronik"  vom  31.  Dezember  1903, 
N.  F.  XV  Nr.  10  Spalte  161^170. 


118 

handschriftlich  erhaltenen  Lebensbeschreibung  des  Maiers  Gottlob  Siegesmund  Knoefvell,  in 
der  es  heisst,  dass  bis  etwa  1780  das  Miniaturportrait  in  Schlesien  noch  nicht  sonderlich  in 
Mode  war.  Den  Bedarf  an  kleinen  Familienbildnissen  scheint  beim  Adel  hauptsächlich 
der  Maler  Friedrich  Wilhelm  Senewaldt  gedeckt  zu  haben,  der  nachweislich  hin  und 
wieder  --  vielleicht  auch  viele  Jahre  hindurch  —  zur  Erledigung  seiner  Aufträge  in 
Schlesien  weilte,  in  Naglers  Künstler- Lexikon  heisst  es  von  ihm:  „Senewald,  F.  W., 
Bildnissmaler,  arbeitete  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  in  Berlin.  Er  malte 
viele  Portraite  hoher  Personen,  sowohl  in  Oel,  als  in  Miniatur.  Blühte  um  1785."  Seine 
Bildchen  trifft  man  des  öfteren  in  schlesischem  Besitze.  Sie  sind,  obwohl  alle  namenlos, 
leicht  an  ihrer  eigenartigen  Malweise  kenntlich.  Meist  sind  sie  sehr  farbenarm  in  grauen 
Tönen  ausgeführt;  nur  bisweilen  bringt  eine  rotgefärbte  Lippe,  eine  rosa  Wange,  ein 
farbig  behandeltes  Kleid  oder  eine  bunte  Blume  etwas  Abwechslung  in  das  graue  Einerlei. 
In  ihrer  anspruchslosen  Eintönigkeit  machen  die  Werkchen  fast  immer  den  Eindruck  einer 
improvisierten  Augenblicksskizze,  die  mit  grosser  Sicherheit  hingemalt  ist.  Die  Tracht 
entspricht  derjenigen  der  letzten  dreissig  Jahre  des  achtzehnten  Jahrhunderts.  In  der 
Regel  bevorzugt  der  Künstler  die  Profilansicht  unter  kräftiger  Betonung  der  Augen-  und 
Nasenpartie.  Die  bei  weitem  reichhaltigste  Sammlung  von  Arbeiten  Senewaldts  bewahrt 
die  Reichsgräflich  von  Hochbergsche  Majoratsbibliothek  zu  Fürstenstein  in  einem  Album, 
das  317  Portraitminiaturen  enthält  und  aus  dem  Nachlasse  des  Künstlers  von  den  Grafen 
Hochberg  erworben  wurde.  Bis  auf  zwei  Arbeiten  sind  alle  von  Senewaldts  Hand. 
Zahlreiche  Schlesier  begegnen  uns  hier;  unter  den  übrigen  Bildnissen  verdient  in  erster 
Linie  ein  Portrait  des  Philosophen  Kant  Beachtung,  das  durch  P.  v.  Lind  in  den  Kant- 
studien, Berlin  1899,  veröffentlicht  wurde.  Wie  Herr  Bibliothekar  Endemann  aus  Fürsten- 
stein freundlichst  berichtete,  soll  sich  zufolge  einer  Mitteilung  Sr.  Durchlaucht  des  Fürsten 
von  Pless  in  der  Majoratsbibliothek  früher  noch  ein  zweiter  Band  mit  Senewaldtschen 
Portraits  befunden  haben,  der  aber  in  den  vierziger  Jahren  des  neunzehnten  Jahrhunderts 
entwendet  worden  ist.  Überhaupt  scheint  Senewaldt  zu  den  Grafen  Hochberg  in  engeren 
Beziehungen  gestanden  zu  haben,  denn  ausser  jenen  315  Portraits  befindet  sich  in  der 
Bibliothek  zu  Fürstenstein  noch  ein  grosses  Album  mit  159  in  Wasserfarben  ausgeführten 
Landschaften.  Vielleicht  malte  der  Künstler  die  Aquarelle,  die  sämtlich  deutsche  (schlesische) 
und  österreichische  Gegenden  wiedergeben,  als  Reisebegleiter  eines  Grafen  Hochberg. 
Einzelne  Blätter  sind  bezeichnet  „Wilhelm  Senewaldt",  „W.  Senewaldt"  oder  „F.W.  Senewaldt", 
zahlreiche  dagegen  „F.  W.  S.",  und,  wie  aus  beigefügten  Jahreszahlen  hervorgeht,  fällt 
ihre  Entstehungszeit  zwischen  1784—1800.  Auch  Graf  Hocliberg  auf  Rohiistock  zählt 
unter  seinen  Bildern  mehrere  Arbeiten  Senewaldts.  Se.  Exzellenz  Graf  von  Maltzan  auf 
Schloss  Militsch  besitzt  eine  Elfenbeindose,  in  deren  Deckel  das  Bildnis  der  Gräfin 
von  Hoym,  der  Gemahlin  des  dirigierenden  Ministers  von  Schlesien,  eingelassen  ist,  das 
zweifellos  auf  Senewaldt  zurückgeht.  Staatsanwalt  Reinecke  in  Breslau  lieh  zur  Ausstellung 
zwei  Familienbildnisse,  die  Senewaldt  um  1790  in  Sagan,  wo  er  vielleicht  am  Hofe  des 
Herzogs    beschäftigt    war,    malte.      Ferner    erwarb    das    Breslauer    Kunstgewerbemuseum 


119 


kürzlich  in  Schlesien  ein  weibliches  Bildnis  (Gräfin  Stol- 
berg y)  von  desselben  Künstlers  Hand  (Fig.  1).  Endlich 
versichert  Hofantiquar  Max  Altmann  in  Breslau,  dass 
er  im  Laufe  der  Jahre  oftmals  Arbeiten  Senewaldts  aus 
altschlesischem  Besitze  angekauft  habe,  und  dass  sich 
bei  weiterer  Umschau  die  Zahl  der  Beispiele  für  Sene- 
waldts fruchtbares  Schaffen  in  Schlesien  leicht  ver- 
grössern  liesse. 

Seit  1 785  können  wir  einen  einheimischen  Miniatur- 
portraitisten  nachweisen,  dessen  Tätigkeit  sich  aus- 
schliesslich auf  unsere  Provinz  beschränkte.  Er  konnte 
sich  so  lange  dem  forschenden  Auge  entziehen,  da  fast 
alle  seine  Arbeiten,  abgesehen  von  einigen  Kupferstichen, 
unbezeichnet  sind.  Es  ist  Gottfried  August  Thilo,  Fig.  l.  F.W.  Senewaldt,  Weibliches  Bildnis 
der  mehr  denn  sechzig  Jahre  seine  Kunst  in  Breslau  übte.  Das  biographische  Material  (Ur- 
kunden, Briefe  und  anderweitige  Aufzeichnungen)  wurde  dem  Schreiber  dieser  Zeilen  durch 
die  Nachkommen  des  Künstlers,  insbesondere  durch  Herrn  Kreisbaumeister  Thilo  und  Fräulein 
Marie  Thilo  in  Breslau  freundlichst  übermittelt.  Thilo  wurde  am  7.  März  1766  als  Sohn 
eines  kleinen  Kaufmannes  zu  Löwen  in  Schlesien  geboren.  Da  er  frühzeitig  durch  auto- 
didaktische Leistungen  seine  Begabung  an  den  Tag  legte,  gaben  ihn  die  Eltern  etwa  um 
das  Jahr  1782  zu  dem  Breslauer  Portrait-  und  Historienmaler  Braband,  der  als  Schüler 
Pesnes  erst  in  Berlin  lebte,  später  in  Breslau  eine  Rolle  spielte  und  von  dem  ein  Altar- 
werk in  der  Minoritenkirche  zu  Cosel  O.-S.  —  darstellend  die  heilige  Hedwig,  Maria 
Magdalena  und  Anna  —  hängt.  Lehrer  und  Schüler  verband  bald  ein  inniges  Freund- 
schaftsverhältnis, das  erst  durch  den  Tod  Brabands  (f  Q.Januar  1790  in  Breslau)  gelöst 
wurde.  Als  Thilo  bei  seinem  Lehrer  eine  gediegene  Vorbildung  erhalten  hatte,  ging  er 
etliche  Jahre  an  die  Berliner  Akademie  und  sah  sich  dann  noch  einige  Zeit  in  Italien  um. 
Ende  der  achtziger  Jahre  kehrte  er  nach  Breslau  zurück.  Rasch  stieg  sein  Ruhm  und 
auszeichnende  Anerkennungen  Messen  nicht  lange  auf  sich  warten.  In  dem  jugendlichen 
Alter  von  fünfundzwanzig  Jahren  wurde  Thilo  am  18.  Juni  17Q1  zum  ausserordentlichen 
Mitgliede  der  Königlichen  Akademie  der  Künste  in  Berlin  ernannt. 

Es  entstand  in  der  Folgezeit  eine  Reihe  von  Altarbildern  für  schlesische  Kirchen 
—  eine  heilige  Hedwig  (Kopie,  1797),  ein  heiliges  Abendmahl  (1800),  eine  Himmelfahrt 
Mariae  (1803),  eine  Taufe  Christi  (1804),  sieben  heilige  Familien  (1805,  1807,  1810,  1811, 
1812,  1817,  1818),  drei  Grablegungen  Christi  (1806,  1810,  1818),  ein  Christuskopf  (1812), 
drei  Johannesköpfe  (1812,  1813,  1817),  ein  Elias  in  der  Wüste  (1816)  u.  s.  w.  —  zum  Teil 
typische  Beispiele  für  die  etwas  kraftlose  Helldunkelmalerei  des  achtzehnten  Jahrhunderts. 
Dabei  nahm  es  sich  Thilo  durchaus  nicht  übel,  gelegentlich  Kompositionen  anderer  Meister 
zu  benutzen  oder  zu  kopieren.  Zum  Beispiel  besitzt  Fräulein  Marie  Thilo  in  Breslau  eine 
Abendmahlsszene,  die  sich  bis  in  alle  Einzelheiten  an  den  Stich  von  Thouvenin  nach  einem 


120 

Ölgemälde  von  Benjamin  West  anlehnt.  Auch  Bilder  mythologischen  Inhalts  und  Land- 
schaften lassen  sich  nachweisen.  Des  öfteren  versuchte  sich  Thilo  als  Kupferstecher;  so 
stach  er  die  Portraits  des  Ministers  Grafen  von  hoym  (1799),  Jean  Pauls  (179Q),  des 
Regisseurs  Scholz  (1799),  Kants  (1799),  Napoleons  als  Konsul  (1800),  Herders  (1800),  der 
Gräfin  von  Hoym  (1800),  des  Kammerkalkulators  Zimmermann  (1801),  des  General- 
Chirurgus  Hörn  (1801),  des  Fürsten  zu  Hohenlohe-Bartenstein,  Fürstbischofs  von  Breslau 
(1802),  des  Professors  Fülleborn  (1803),  des  Dr.  Faust  (1804),  Gutenbergs  (1804),  des 
Seniors  zu  St.  Elisabeth  Johann  Friedrich  August  Hagen  (1812)  u.  s.  w.  Die  ebengenannten 
Stiche  sind  alle  in  Punktiermanier  ausgeführt  und  überschreiten  nur  um  ein  Geringes  die 
für  Miniaturen  übliche  Grösse.  Thilos  eigentliches  Feld  war  die  Bildnismalerei.  Sein 
bekanntestes,  ausnahmsweise  signiertes  Portrait  ist  das  des  Ministers  Grafen  von  Hoym 
(von  1803)  in  der  Aula  Leopoldina  der  Breslauer  Universität').  Das  Breslauer  Kunstgewerbe- 
museum besitzt  von  seiner  Hand  zwei  charaktervolle  grosse  Portraits,  das  des  Kaufmannes 
Georg  Benjamin  Wincke  (Kopie  vom  Mai  1815;  Inv.  Nr.  93  :  87)  und  das  des  Kommerzienrates 
Direktor  Sigismund  Leberecht  Schlegel,  das  Thilo  im  September  1809  für  dreissig  Taler  malte 
(Inv.  Nr.  92  :  87).  Die  meisten  Tafelbildnisse  sind  in  kleinerem  Massstabe  gehalten  und  zwar 
als  Brustbilder  in  halber  oder  gar  in  viertel  Lebensgrösse.  Uns  interessieren  hier  nur  die 
Miniaturmalereien,  die  einen  nicht  geringen  Raum  in  Thilos  Lebenswerk  einnehmen.  Ein 
Verzeichnis,  in  das  der  Künstler  mit  genauen  Daten-,  Personen-  und  Preisangaben  seine 
sämtlichen  Erzeugnisse  vom  12.  November  1795  bis  zum  31.  Dezember  1818  eintrug,  hat 
uns  die  Namen  aller  derer  bewahrt,  die  ihm  während  dreiundzwanzig  Jahren  gesessen 
haben.  Das  Büchlein  befindet  sich  zurzeit  bei  Kreisbaumeister  Thilo  in  Breslau.  Da  die 
Erfahrung  lehrt,  dass  derartige  Schriftstücke,  die  sich  in  privater  Hand  befinden,  schnell 
für  alle  Zeiten  verloren  gehen,  soll  im  folgenden  ein  Abdruck  die  Namen  aller  derer 
festlegen,  die  sich  bei  Thilo  zwischen  1795 — 1818  haben  malen  lassen.  Das  Verzeichnis 
hat  bereits  bei  Anfertigung  der  vorliegenden  Arbeit  manch  brauchbaren  Dienst  geleistet, 
und  kann  gewiss  auch  bei  künftigen  Nachprüfungen,  ob  diese  oder  jene  Miniatur 
von  Thilo  gefertigt  ist,  von  Nutzen  sein,  sobald  noch  andere  Umstände,  wie  Malweise, 
Auffassung  u.  s.  w.  für  die  Autorschaft  des  Künstlers  sprechen.  Mit  der  Orthographie 
stand  Thilo  nicht  immer  auf  dem  besten  Fusse.  Die  Namen  und  Standesangaben 
derselben  Personen  erscheinen  bald  so,  bald  so  geschrieben.  An  einigen  Stellen  wurden 
von  mir  offenbare  Fehler  beseitigt,  in  anderen  Fällen  musste  wegen  der  schwierigen 
Nachprüfung  über  die  Rechtschreibung  der  Eigennamen  von  einer  eventuellen  Verbesserung 
Abstand  genommen  werden.  Bei  den  männlichen  Personen  wurde  im  Abdrucke  vor  dem 
Namen  die  Angabe  „Herr"  weggelassen.  Endlich  sei  noch  bemerkt,  dass  die  in  der 
Tabelle  unter  der  Rubrik  „Technik"  gewählten  Abkürzungen  folgendermassen  zu  lesen  sind: 
m  =  Miniatur,  o  =  Ölbild,  —  Ausführung  und  Technik  unbekannt.  Wurde  der  Name 
mit  einem  Sternchen  versehen,  tlann  ist  das  betreffende  Bild  bereits  ermittelt. 

')  Richard  Förster,   Der  Bau  der  Universität  Breslau  uiul  die  Bilder  der  Aula  Ledpoldiiia  (Zeitschrift 
f.  Gesch.  u.  AlleH.  Schlesiens   Bd.  XXXIV  S.  178). 


121 


Datum 


f2 


Dezbr 


1796 
Januar 


Februar 


März 


April 


1795       Kaufmann  Kirsehstein 

Novbr.     Baron  von  Sauerrua 

j  Kaiifniatui  Gack 

Kaufmann  Dering 

Baron  von  Vogf 

Frl.  Neuwertz 

Kind  des  Geheinirats  Reisel  .  .  . 
Kammer-Sekretär  Hahn  .... 
Minister  Graf  von  Hoyni,  Kopie    . 

Geheimrat  Reisel 

Minister  Graf  von  Hoym,  Kopie 
König  Friedrich  Wilhelm  II.,  Kopie 
Kaufmann  Kriischke,  viermal      .    . 

Frl.  Hoyer 

König  Friedrich  Wilhelm  II.,  Kron- 
prinz Friedrich  Wilhelm;  Land- 
jägermeister von  Wedel 

Minister    Graf    von    Hoym,    Land- 
jägermeister von  Wedel,   Kopie 
Frau  von  Lüttwitz,  Kopie  .... 
Frau  von  Reicheil,  zweimal    . 

Frl.  von  Reicheil 

von  Eisenhart 

Landjägernleister  von  Wedel,  Kopie 
Frl.  Drescher 

König  Friedrich  Wilhelm  IL,  lebens- 

gross 

Haushofmeister  Miehlheim     . 

von  Berge 

Frau  Bach 

Baronne  von  Eriach  .... 
Frau  Hennig,  Kopie  .... 

Kriischke,  Kopie    .     . 
Frl.  von  Reicheil,  Kopie      . 
Mai       Frau  Gräfin  von  Dyhrn 

Gräfin  von   Fialkowski   .     , 
Graf  von  der  Goltz,  Profil      . 

von  Berge 

Graf  von  Tenczin 

Frau  Gräfin  von  Wengerski 
Regierungsrat  Schulteis 
Jum'  Baronin  von  Eriach  .     . 

Professor  Bach J5 

Frl.  Reimann 

von  Wegern jg 

Juli         Leutnant  Streit 1  18 

Komtesse  von  Haugwitz    ....    24 

Kaufmann  Maeson 18 

I  Fri.  von  Strachwitz 24 

Frau  Registratur  Hennig    ....      9 
Kammer-Sekretär  Liebich    ....       6 


18  m 

21  = 
10  I  = 
10  . 
21 
24 
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Datum 


Name 


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12 


12 

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15 
18 
24 

4 
15 

18  I- 
39    m 

9 
15 


Septbr. 


Oktbr. 


Novbr. 


Dezbr. 


1797 
Januar 


Februar 


1796    I  Kaufmann  Scholtz 

Juli     i'  Kaufmann  Fürst 

August     Leutnant  von  Richter 

Rendant  Haamann 

Major  von  Kotulinski,  Kopie .     .    . 
Herr  und  Frau  Direktor  Brede  .     . 

Direktor  Brede 

Kaufmann  Scholtz 

Fri.  Qalimi 

Frau  von  Siebert 

Major  von  Heugel 
Frau   Kanzleidirektor  Prätorius 
Kanzleidirektor  Prätorius 
Kanzlei-Inspektor  Schmidt .     .     .     . 

Fri.  Scholtz 

Hofrat  Lengnick 

Kinder  der  Frau  Gräfin  von  Raeder 
Hauptmann  von  Glasenap 

Frl.  Amalia  Sandmann 

=     Lehmann      

Oberstleutnant  von  Puttkammer 

Schweitzer 

von  Haxthausen 

Leutnant  Koch 

Fri.  Phole  (Pöble?) 

Kalkulator  Grienich 

Kaufmann  Kopisch 

Frau  von  Brüssel 

Kaufmann  Hellwig 

Referendar  Frandorff 

Registrator  Hennig 

Kriegsrat  Hornig 

von  Prittwitz 

Fri.  von  Prittwitz 

Kriegsrat  Hornig 

Frau     Kalkulator    Grienich.     Ring- 

niiniatur 

Frl.  von  Beyer 

Kaufmann  Gelschefski 

Dr.  Zierzow 

Forst-Kommissarius  Fielitz 

Frl.  Eichholtz 

Zwei   Kinder   des  Grafen   Maltzan, 

auf  einem  Stück* 

Kind  des  Hauptmanns  von  Lüttwitz 
Leutnant  von  Koschembahr  .  . 
Kind  des  Kaufmanns  Schiller  .  . 
Minister  Graf  von  Hoym.  Kopie  . 
Frau  Baronin  von  Sauerma,  Ring- 
miniatur     

Frau  Baronin  von  Sauerma    .     . 


12  o 
18  — 
21    m 


18 

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18 

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24 

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21 
18 
24 
12 
18 


März 


April 
Juni 


18 

21 

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12 

— 

15 

— 

IS    m 
12    — 


122 


Datum  I  Name 

i 

1797       Katifniaiin  Wt-ntzel* 

Juni       Graf  von  Sclilegenberg 

Kaufmann  Hilliger 

Juli        Frau  Kaufmann  Hilliger,  zweimal  . 
Herr  und   Frau  Kaufmann  Liebich, 

Kopie 

Rat  Schramm 

von  Machui*      ....         .    .     . 

Leutnant  von  Lossow 

August      Leutnant  Koch 

\  Oberst  von  Sauitz 

von  Sanitz,  der  Sohn 

Kammerrat  Hoyoll 

Hofrat  Pincenelli 

Kaufmann  Fürst 

Frau  Kaufmaim  Fürst 

Baronin  von  Stillfried     .     .     . 
Kriegsrat  Frandorff,  Kopie      .     .     . 

Septbr.     Oraf  von  Frankenberg 

Kaufmann  Salici 

Kommerzienrat  Möllendorff,  Kopie 

Justizrat  Küntzel 

Regiments-Chirurgus  Scholtz  .     .     . 

von  Prittwitz 

Landjägermeister  von  Wedel,  Ring- 
miniatur    

Amtsrat  Kester 

Dr.  Laube 

Qeheimrat  Gottner,  Kopie      .     .     . 

Oktbr.     Frl.  von  Mitzschefal,  Ringniiniatur  . 

Herr  und  Frau  Geheimrat  Gautier, 

Ringminiatur,  auf  einem  Stück  . 

Geheimrat  Gautier,  zweimal  .     .     . 

Tahronius 

Minister  Graf  von  Hoym,  Kopie     . 

j  Frau  Tahronius 

Fr.Geh.-R.Qautier,  zweimal,  Kopieen 
Novbr.     Geheimrat  Gautier,  Kopie  .... 

Kaufmann  Leuckart 

von   Riedel,  Kopie 

Leutnant  von  Stümer 

Frau  Direktor  Oautier,  Kopie      .     . 

Frau  Tahronius,  Kopie 

Dezbr.     Justizrat  von  Randow 

Leutnant  von  Wernicke      .     .     .    . 

Goldarbeiter  Toulock 

Prinz  August  von   llohenlohe     .     . 

Frl.  Wiesner 

=    von  Podewils,  Ringniiniatur 

I     -    von  Beyer 

Frau  von  Haxthausen 


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18 

m 

18 

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30 

10 

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18 

18 

18 

18 

18 

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18 

18 

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15 

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18 

- 

18 

24 

18 

18 

Datum 


Name 


1798       Minister  Graf  von  Hoym,  Kopie  15 

Januar  !  Frau  Tahronius,  Kopie 15 

Kaufmann  Loewi 15 

Leutnant  von  Scharowetz  ....  18 

Frl.  von  Beyer 18    o 

Frau  Geheimrat  von  Beyer     ...  18    m 

Frl.  von  Kochschützki  (Kochtitzki?)  IS 

Frau  von  Kochschützki(  Kochtitzki?i  18 

Baron  von  Lyncker 18 

Februar    von  Keltsch 18 

Kaufmann  Kuh 30 

Frau  Salinger 18 

Zwei  Kinder  des  Herrn  Salinger    .  36 

März      Frau  Oberstleutnant  von  Ronsdorff  18 

Frl.  von  Ronsdorff 18 

von  Korckwitz 18 

Frau   Hofrat    Lengnick,    Ringminia- 
tur, Kopie 12 

Frau  Schiffke 12 

Frl.  Pincionelli,  Ringniiniatur  ...  24 

Frl.  von  Prittwitz 24 

April             von  Prittwitz,  Kopie     ...  18 

Mollen Q 

Geheimrat  von  Beyer 18 

Baldowski 18 

Schorstaet 12 

Minch  aus  Pommern 18 

Mai    I  Roland  aus  Russland 18 

Frau  Roland 18 

Kalckstein 18 

Rittmeister  von  Samoghyi  ....  18 

Frau  von  Keltsch 18 

von  Montbach 18     0 

Juni        Landrat  von  Wrochem 18    m 

Kaufmann  Roelke 18 

Hauptmann  von  Lange 24 

König  Friedrich  Wilhelm  1 1 L,  Königin 

Luise  von  Preussen,  Kopieen    .  25 

Wiesner    ....         18 

Komtesse  Schlaberndorf,  zweimal    .  24 

Frl.  von  Görtz 18 

Juli              Meltzer 15     = 

Hoffiskal  Laube 18     - 

von  Koschcnüiahr 18     » 

Frl.  von  I?ehr,  zweimal i  30     o 

von  Koschembalir,  zweimal    .     .    .  30 :   » 

Baron  von  Stillfried 18    m 

Kanonikus  Schmidt 10     = 

Leutnant  von  Dolfs 18     • 

August     Kaufmaim  Weniger  senior      ...  10     • 

Referendar  Ertel 18     « 


123 


Datum  I 

1 

17Q8    I 
August 

Sepfbr. 


\fi 


Oktbr. 


Novbr, 


Dezbr. 


1 70Q 

Januar 


Februar 


Registrator  Ruppan Ig 

Baron  von  Lyncker  senior ....  18 
Ihre  Maj.    König  und  Königin   von 

Preussen,    Kopieen 21 

Frau  von  Röhl jg 

Kaufmann  Dold 16 

Ihre  Maj.   König  und  Königin   von 

Preussen,  Kopieen n 

von  Woyrsch ig 

Frl.  Mondenschein 5 

Leutnant  von  Pfeil ig 

Kaufmann  Schweitzer 22 

König  Friedrich  Wilhelm  III.,  zwei- 
mal, Kopieen                   ■     ...  12 

Graf  von  Starnitzki 22 

Frau  Bergmeister  Mauer    ....  20 

von  Langenau  senior ig  j 

von   Langenau  junior ig 

Oberstleutnant  von  Rudorff    ...  lg 

Propst  Oottwald,  Kopie      ....  15 

Kaufmann   Focke 15 

Kind  des  Kaufm.  Andretzki,  zweimal  30 

Generalleutnant   v.   Forcade,   Kopie  '  15 

Frau   Kanimerrat  Hoyoll               .     .   '  ]g 

Frl.  Kiodoch ]2 

König  Friedrich  Wilhelm  III.,  Kopie  ,  8 

Frau  Herst I  15 

Senator  Geyer jg 


von  Posadowski 
Bauinspektor  Schoski 
!  Frl.  von  Debschitz 
Geiicralfiskal  Berger 
Kaufmann  Websky 

Kaufmann  Lange |  ]g 

Subsenior  Zastrann i  ig 

Frl.  Wald .'  I  ]g 

Frau  Schiller jg 

Kaufmann  Websky,  Kopie  .     .     .     .     12 !  o 
Komtesse  von  Wengerski  .     .     .     .  |  ig 

Kalkulator  Reimann lg  !  m 

Frau   Herst jg 

von   L'nruh,   Kopie 
(^uarticrmeister  Werdermann  . 

von  Ziegler 

Graf  von  Schack 

Jiisti/rat  Hoferichtcr  .... 
Minister  von  Danckeimami 
Graf  von  Schack  senior,  Kopie 

Frau  Elisohn 

Gebauer 

Kaufmann  Franck 


8     o 


Datum 


N  a 


_L 


1799 
Februa 


März 


April 


Mai 


Juni 


Juli 
August 


Septbr. 


Oktbr. 


Kaufmann  Wedel,  zweimal,  Kopieen 

Bau-Inspektor  Geisler 

Steuer-Kontrolleur  Hotfmann 

Scheffler  von  Schmolz 

Geheimrat  von  Osten,  Kopie      .     . 

Kind  des  Kaufmanns  Roelke 

Kupferstecher  Johann  Carl  Richter. 

von  Czettritz,  Kopie 

Graf  von  Dyhrn 

Frau    von    Prittwitz,    Ringminiatur, 
zweimal 

König  Friedrich  Wilhelm  III.,  Kopie 

Registrator  Ruppan,  Kopie     . 

Geheimrat  von  Osten,  Profil,  Kopie 

Haensel  junior 

Hofrat  Prassert,   Ringminiatur     . 

Frl.  Kaickstein,  Ringniiniatur 

Minister  Graf  von  Hoym 

I  Hofmeister  Poillon 

!  König   Friedrich  Wilhelm   III.    und 
die  Königin  Luise 

Kaufmann  Scade 

Minister  Graf  von   Hoym 

Hofmeister  Poillon,  Kopie 

Kaufmann  Scade 

'  Graf  von  Schack  junior 
I  Kaufmann  Neustätter 
[   König  Friedrich  Wilhelm  III.      . 
Königin  Luise  von  Preussen*     . 

Graf  von  Zedlitz 

Kind  des  Kaufmanns  Fürst 

Frau  Hellwig,  Kopie 

Kaufmann  Tiehls 

König  Friedrich  Wilhelm  III.,  Kopie  | 
Königin  Luise  von  Preussen,  Kopie  / 
Registrator  Ruppan,  Kopie      .     . 

Kaufmann  Behr 

FM.  von  Richthoff  (Richtliofen)    . 
Kind  des  Chirurgus  Jaeckel    . 

von  Sacken    

Regiments-Quartiermeister  Jaeger 
König  Friedrich  Wilhelm  III.,  Kopie 
Frau  Kammer- Konduktor  Oebauer, 

Ringminiatur 

Kaufmann  Kordenuiff  aus  Russland 
Kind   des    Forstinspektors   Mirenski 
Kaufmann   Bielewski  aus   Russland 
Kaufmann  Clapoini  aus  Rirssland 
Frau     Hauptmann     von    Pliimicke, 

Ringnu'niatur 

Kaufmann  Bielewski,  Kopie   .    .     . 


12 

18 
18 
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18 

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m 

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IS 

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ni 

30 

• 

24 

, 

10 

, 

124 


Datum 


Name 


1799    I  Graf  von  Schack  senior,  Kopie  .    . 

Oi<tbr.     Graf  von  Sclilaberndorff  auf  Seppau 

Graf  von  Sclilaberndorff,  Kopie  . 

Kriegsrat  Graf  von  Schack  senior  . 

Kriegsrat  Graf  von   Schack  senior, 

Kopie 

Novbr.  ;  Major  von  Könitz 

Kaufmann  George  aus  Rawitsch     . 

Kaufmami  George  senior,  Kopie    . 

j   Kriegsrat   Graf  von   Schack   senior, 

Kopie 

j   Diakonus  Hagen 

i  von  Schimonski 

Rittmeister  v.  Heydebrantl,  dreimal, 

Kopieen 

Dezbr.  i   Kaufmann  Wentzel  junior  .... 

Kaufmann  Günther 

Leutnant  von  Triebel 

Oberst  von   Lentcken 

Frl.  von  Scheliha 

Kaufmann  Weissenbrunn    .     .         . 
Frl.  Kracker  (Ringminiatur?)  .     .     . 

Kaufmann   Fischer 

ISOO       Kaufmami  Michaelis 

Januar     Kind  des  Kassierers  Krüger  .     .     . 

Frau  Weiss 

j  Graf  von  Strachwitz 

I   Prokonsul  Henig 

1  Goldarbeiter  Jaeckel 

Minister  von  Massow,  Kopie      .     . 

Februar    Kaufmann  Zedier 

j  von  Buehnow    

Schauspieler  Czechtitzky     .... 

Faktor  Barth 

Baron  von  Gallen 

März      Landrat  von  Larisch 

Minister  von  Münchow 

Minister  von  Schlaberndorff   .     .     . 
Minister  Graf  von  Hoym    .     .     .     . 

Graf  von  Dyhrn  junior 

I   Frl.  von  Lipinski 

Kaufmann  Kleinwächter  junior   .     . 
April      König  Friedrich  Wilhelm  III.,  Kopie 
Frau  Rat  Radicke,  Ringminiatur 

Kanzelist  Richter 

von  Johnston 

Scheffler 

Kaufmann  Rudolf 

Mai       König  Friedrich  Wilhelm  III.,  Knie- 
stück     

Frau  Minister  Gräfin  von  Hoym    . 


i_  I  a 


5    m 

8     = 

5 

8 


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8 

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8 

8 
24 


50     o 

18  I  m 


Datum  I  N  a  m  e 

1800      von  Busch,  Kopie 

Mai       Minister  Graf  von  Hoym,  Kopie 

Gutsbesitzer  Woy 

Kaufmann  Brückner 

Justiz-Kommissarius  Heymann    .     . 

Kaufmann  Clapoini  aus  Russland  . 
Juni       Stadtdirektor  Brim 

Frau  Kaick 

Minister  Graf  von  Hoym,  Kopie 

Frau  Weiss,  Kopie 

von  Johnston  senior 

König  Friedrich  Wilhelm   II.  .     .     . 

Pastor  Hanser 

Juli     I  Frau  Pastor  Häuser,  Kopie    .     .     . 

Kaufmann  Meyersohn 

Hofapotheker  Schlencker    .... 

Kaufmann  Kraft 

König  Friedrich  Wilhelm  III  ,  Knie- 
stück      

August     Frau  Syndikus  Barcliwitz    .     .     .     .  [ 

Kaufmann  Kraft,  Kopie       .... 

König  Friedrich  Wilhelm  111.,  Knie-  i 
stück 

Syndikus  Mewius | 

Septbr.     Rittmeister  von  Arnim 

Kind  des  Pastors  Hauser       ... 

Kammer-Kalkulator  Zinimermami   . 

Landschaftssyndikus  Täuber   .     .     .  ! 

Platzmajor  Hornesser 

Major  von  Saint-Paul  . 

Kaufmann  Golikoff  aus  Russland    . 

Kaufmann  Wedtschinkow  aus  Rnssl. 

Frau  Major  von  Saint-Paul     ... 

König  Friedrich  Wilhelm  III.,  Kopie 

Frl.  Rudolf 

Baron  von  Sehweiuitz 

Oktbr.     Graf  von  Dohna 

von  Schimonski  junior 

König  Friedrich  Wilhelm   III.  .     .     \ 

Königin  Luise  von   Preussen  .     .     / 

Kaufmann  Pohl 

Oberpostdirektor  Scheffler  .... 
Novbr.     Frl.  Scheffler 

Fabrik-Inspektor  Nacke       .... 

Oberamtmami  John 

Kaufmann  Otto 

Kaufmann  Fischer  aus  Gotfesberg . 
Dezbr.     Frau  Kammerrat  Hoyoll     .... 

Kaufmann  Fritsch,  Ringminiatur 

Oberamtmann  John,  Kopie     .     .     . 

Dr.  Jäckel,  Ringminiatur     .... 


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9 
18 


125 


I 


1801       Leutnant  von  Cetrowsky    .... 
Januar     Zwei   Kinder   des  Oeheinirats  von 

Pilsach 

Februar    Baron  von  Stössel 

I   Holz-Inspektor  Seiffert 

König  Friedrich  Wilhelm  III.,  Kopie 

März      Frl.  Websky 

Kaninier-Konduktor  Oebauer,  Ring- 

niiniatiir 

Kalkulator  Zimmermann     .... 

Rektor  Manso 

April   j  Leutnant  von  Lieres 

'  Qeneralchirurgus  Hörn 

Steuereinnehmer  Ciehrow  .... 

Landrat  von  Skrbenski,  Kopie     .     . 

Mai        Frau  Hauptmann  von  Liptow,  Kopie 

Juni  =      Hauptmann  von  Liptow,  Kopie 

Qeneralchirurgus  Hörn,  Kopie    .     . 

Major  von  Schaetzel 

Kaufmann  Döring 

Juli       Steuer-Einnehmer  Anderssohn    .     . 

Kaufmann  Rausch 

von  Oladiss 

Kaufmann  Weniger 

August      Bergrat  Bernhardi .     .  .... 

Kammer-Kalkulator  Opitz  junior 
Minister  Graf  von  Hoym,  Kopie 

Septbr.     Frl.  von  Keltsch 

Frau  Major  von  Schaetzel .... 
Leutnant  von  Röhl,  Ringminiatur    . 

Kaufmami  Schenck 

Oktbr.     Frl.  von  Steinvenz 

Kaufmann  Schenck,  Kopie      .     .     . 

Frl.  Hauck 

Chirurgus  Grosser 

Chirurgus  Titze 

Kreis-(^hirurgus  Wiegmann,   Kopie 
Kaufmann  Schmiege  senior,   Kopie 

Novbr. '  Fri.  Loebel 

Kuratus  Burgund ^ 

Herr  u.  Frau  Schmidt     .     .     .     .     / 
Kassierer  Krüger 
Kind  des  Kaufmanns  Schiebel    . 
Kaufmann  Schmiege  senior,   Kopie 
Dezbr.     Hütten-Schreiber  Merttni    .     .     . 

Koffetier  Dieckluit 

Oberbergfaktor  Dillthei  .... 
Kind  des  Herrn  Weniger  .  .  . 
Proviant-Kontrolleur  Zinsser  .  . 
Kaufmann  Scade,  Kopie  .  .  . 
Minister  Graf  von  Hoym,  Kopie 


m 


18    m 

36  - 

18  m 

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15  . 

18  — 

8  — 


1802       Kaufmann  Siemon 

Januar     Frau  Pitschke     ....  .     . 

Herr  und  Frau  Kiessling    .     .     . 

Kuratus  Schmidt 

Bauinspektor  Knorr 

Pastor  Johann  Oottlieb  Kusche* 
Frau  Pastor  Anna  Rosina  Kusche 

Februar    Hauptmann  von  Stahr    .     .     . 
Kind  des  Kaufmanns  Michaelis 
Hauptmann  von  Stahr,  Kopie 
Graf  von  Henckel      .     . 


•}| 


März 
April 

Mai 
Juni 

Juli 


August 


Septbr. 


Graf  von  Henckel,  Kop 

von  Lüttwitz      .     .     . 

Frau  Dr.  Menzel    .     . 

Kaufmann  Marcus 

Major  von  Amstetter 

Major  von  Amstetter,  Kopie 

Kuratus  Schmidt,  Kopie 

von  Koschnitzki  aus  Süd-Preussen 

Ratniann  Kessel 

Frau  Ober-Konsistorialrat  Janus 
Kind  des  Gutsbesitzers  Schwarzer 
Baron  von  Richthoff  (Richthofen) 
Kind  des  Herrn  von  Riediger 
Frau  Fürstin  von  Sollikowski 
KaufmaiHi  Landeck  .     . 

Prinz  von  Sollikowski     .     . 
Baron  von  Richthoff,  Kopie 
Frau  Fürstin  von  Sollikowski 
Leutnant  Schubert 
Frl.  Früliboes,  Ringminiatur 

Pastor  Busch 

Major  von  Amstetter,  Kopie 

Tischler  Klog 

Frau  von  Koschnitzki     .     . 
Frau  Gräfin  von  l'ackowski  ( 
Komtesse  von  Miauska  . 
Kaufmann  Willers  junior 
Fürstbischof  von  Hohenlohe,  Kopie 
Kaufmann  Willers  junior,  Kopie 
Justizkommissarius  Busch  . 
Frau  Krackau,  Ringminiatur 

von  Maltitz 

Major  von  Rosen  .... 
Dr.  Hanckow     .... 
Leutnant  von  Tchirsky  .     . 
Frl.  von  Lipinski    .... 
Pastor  Busch,  Kopie .     .     . 

Frl.  Bernhardi 

Kaufmann  Roestel      .     .     . 
Frl.  von  Richthoff,  Ringminiatur 


12  o 

12  m 

20  o 

3  . 

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18.  • 
181   • 


126 


I 


Datum 

1S02 
Septbr. 

Oktbr. 


Novbr. 


Dezbr. 


1803 
Januar 
Februar 


März 


April 


Mai 


Juni 


Juli 
August 


N  a  ni  e 

Leutnant  von  Proinschitzky  .  .  . 
Oberst  von  Rosenschantz  .... 

Leutnant  von  Johnston' 

Frl.  Martini 

von  Axieben 

Kind  des  Hauptmanns  v.  Podewils 

Kämmerer  Christiani 

Pastor  Thilo  senior 

Baron  von  Sauerma 

Pastor  George 

Salz-Kontrolleur  Orunwald      .     .     . 

Frl.  Marcus 

Frau  Hauptmann  von   Honoris   . 

Graf  von  Strachwitz 

Kaufmann  Weiss 

Frau  von  Schickfnss,  Kopie  .  .  . 
Frau  Gräfin  von  Qaschin,  Kopie  . 
Herrmann  Deckart 

Baron  von  Richthoff 

General  von  Satmoretsky,  Kopie     . 
Kind  des  Inspektors  Pitschke,  Ring- 
miniatur     

Professor  Fülleborn* 

Oberamtsrat  Schreiner 

Justizrat  Neugebauer 

Graf  von  Mettich 

Oberamtsrat  v.  Phonica  (  =  Ponickau?) 

Kaufmann  Rauher 

Leutnant  von  Satmoretsky  .... 

Leutnant  Wurms 

Frl.  Daemel 

Frau  von  Kosclmitzki 

Kaufmann  Kuh  senior,  Ringminiatur 
Kauuuer-Sekretär  Hennig,  Profil  . 
Kaufmann  Heymann,  Ringmiuiatur 
FrauKammer-SekretärHennig,  F^rofil 

Frl.  von  Corswiusky 

Leutnant  Held 

Graf  von  Conicka  (?) 

Graf  von  Conicka  (?) 

Rendant  Gilling* 

Leutnant  von  Rabenau 

Frau  von  Müller  ans  Russlaud  .     . 

Kaufmann  Wolff 

Frl.  von  Sauermann 

BarDu  von  Sauermann 

Frau  Baronin  von  Saucrmann  .  . 
Minister  Graf  von  Hoym*.  .  .  . 
Leutnant  von  Heydebrand  senior  . 
Frl.  von  Salisch 


m 


16 

18 
18 
10 
18 
18 
9 
9 
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18 
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9 


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10 

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16'  m 


Datum 

1803 
August 

Septbr. 


Oktbr, 


Novbr. 


Dezbr. 


1804 
Januar 

Februar 


März 


April 


Mai 


N  a  m  e  73 
H 

Leutnant  von  Heydebrand  d.  Mittlere  17 

Rittmeister  von  Lnsi 15    o 

Leutnant  von  Heydebrand  junior    .  17 

Frl.  von  Salisch  junior 16 

Frau  von  Wolff 18    m 

Kaufmann  Fischer 15 

von  Mitzschefal 15  1  o 

Geheinirat  von  Mitzschefal,  Kopie.  12 

Kind  der  Frau  von  Pistoris    .     .     .  20    m 

Landrat  von  Pistoris,  Profil,   Kopie  15 

Frau  Rittmeister  von  Lusi  ....  18 

Graf  von  Myneleschky 18 

Frl.  Jäschke,  Ringminiatur  ....  18 

Frau  Rittmeister  von  Lusi ....  18    o 

Apotheker  Wolff 9    m 

Kaufmann  Pietsch,  Kopie  ....  18 

Frau  Siemon 12 

Leutnant  von  Tenskow 18    m 

Kraft  aus  Süd-Preussen      ....  15 

Amtmann  Kaposta 15 

Frau  Klose 6 

Baron  von  Wilczek  li 

Kaufmann  Teichmauu 15     « 

Frl.  von  Rabenau,  Ringminiatur.     .18 

Graf  von  Maltzan  junior    ....  18     = 

Dr.  Klose 18     >  ■ 

Frau  von  Wolff     ......  15    o 

Frl.  von  Hogar 18    m 

Frau  Rgts. -Quartiermeister  Ruprecht  ,  18    — 

=    Baronin  von  Wilczek      .     .     .  18    ni 
Rgts.-Quartiermeister  Ruprecht, 

Kopie 16    — 

Kaufmann  Albrecht 15    m 

Kamnierherr  von  Wolicki   ....  24 

von  Rothkirch,  RingminiattU'        .     .  24     « 

Kaufmann  Hancke 18 ;   -- 

Exz.  Graf  von  Maltzan,  lebensgross  130   o 

Kammerherr  von  Wolicki,  Kopie    .  12    m 
Frau   Hauptntauu  von   Roehl,  Ring- 

uu'niatur 18     = 

Frau  Kaufmann  Rociko,  Riugnun.  18     < 

Frl.  Strauch 18     = 

Kaufmann  Schmidt 18  |    = 

Frau  von  Schickfnss '  24  ,    - 

Exz.  Graf  von  Maltzan 16     » 

Oberanits-Refereiular  von  Steiubcck  18  j    -- 

Kaufmann  Maeson   ium'or  .     .  18  1    = 

Leutnant  von  Knapp            ....  18     < 

Geh.  Registrator  Pauli 15     - 

Frl.  von  Garnier 18     = 

Kaufmann  Kriselte,  Kopie  ....  18    o 


127 


Datum  Name 


1804  von  Strachwitz 18 

Mai       Frl.  Lange 15 

Kandidat  Böbel 15 

Juni        Frau   Pastor  Hentschel 18 

j  Frau  Assessor  Thiele 15 

j  Frau  von  Prittwitz 18 

I  Exz.  Graf  von  Hoym 60 

Juli        König  Friedrich  Wilhehn  III.,  Knie- 
stück       80 

Frl.  von  Bedau 18 

=    von  Schimetzky 18 

August     Schlosser  Riebe 18 

Exz.  Graf  von  Hoym,  Kopie  ...  15 

Leutnant  Engelbrecht 15 

Maler  Felix  Husse 6 

Amtmann  Becker 18 

Minister  Graf  von  Hoym,  Kopie    .  15 

Septbr.  '   Frl.  Treidler 20 

Leutnant  von  Busse 18 

Kriegsrat  Schröder 12 

Minister  Graf  von  Hoym,  Kopie  15 

Gutsbesitzer  Kepke 18 

Leutnant  von  Fischer 18 

Oktbr.     Baron  von  Larisch 18 

Baron  von  Larisch,  Kopie  ...  12 

Novbr.     Kammerrat  Hoyoll,  zweimal  ...  30 

Frau  Baronin  von  Troschke   ...  18 

Stallmeister  Hüllner 18 

Dezbr.     Frau  Gräfin   von  Hoverdeii,  Kopie  18 

Minister  von  der  Schulenburg,  Kopie  6 

:  Frau  Gräfin  von  Hoverden,   Kopie  18 

1805  Graf  von  Fernemont 18 

Januar     Komtesse  Fernemont 18 

Frau  Derck 12 

Graf  von  Strachwitz 18 

Graf  von  Strachwitz,  Kopie    ...  12 
Februar    König  Friedrich  Wilhelm  III.,  Knio- 

stück 30 

März      Herr  und  Frau  Amtmann  Gehr      .  18 

Graf  von  Myneleschky,  Kopie     .     .  18 

April      (Jberbergfaktor  Zocliow,   Profil  .     .  8 

Frau  Gräfin    von  Hoverden,    Kopie  18 

Exz.  Graf  von  Hoym,  Kopie  ...  6 

Mai    I  Ooldarbeiter  Weinbrich                .     .  9 

Juni       Frl.  von  Orsorowsky 18 

Destillateur  Borrmarui Q 

Frau  Destillateur  Borrniann    ...  9 

Pastor  Opitz 12 

j  Frau  Pastor  Opitz      .    .     .    .     .     .  12 

Kind  des  Pastors  Opitz      ....  12 

Goldarbeiter  Wagner 15 


m 


Datum 

1 

1805    ' 
Juni 

Juli 

August 


Septbr. 


Oktbr. 


Novbr. 


Dezbr. 


1806 
Januar 

Februar 


März 


Name 


von  Thielemann     ....         .    . 

Frau  von  Thielemann 

von  Thielemann,  lebensgross 

Senior  Busch 

Apotheker  Kirchstein 

von  Debschitz   . 

Gräfin  von  der  Marck 

Kind  der  Gräfin  von  der  Marck     . 

Schauspieler  Kuttner 

Leutnant  von  Poser 

Gutsbesitzer  Wegalla,  Kopie  .     .     . 

Kind  der  Frau  von  Richthofen   .    . 

Geh.  Kanzelist  Binner 

Kanzelist  Kindler 

Frau  Baldowsky 

Kaufmann  Suschke 

Frau  Senior  Zastrow 

Frl.  Wallenstein 

f^egts.-Quartierineister  Kistniacher  . 

Frau  Gräfin  von  Szemberg,  Profil, 
Kopie 

König  Friedrich  Wilhelm  III.,  Brust- 
bild   

Leutnant  von  AIcuer  (  Alkier?)  .     . 

Graf  von  Pfeil,  Kopie 

Kind  des  Oberamtsrats  Gerhard 

Zeisig 

Gutsbesitzer  Hilldebrand    .... 

Wiesner  

Graf  von  Schinafsky,   lebensgross 

von  Bienelsky,  lebensgross     .     .     . 

Frau  Hauptmann  von  Jacobi .     .     . 

Instrumentenmacher  Knöpfel  .     .     . 

Fürstbischof  von  Hohenlohe,  Kopie* 

Gutsbesitzer  Zerbony 

Steuereinnehmer  Giese 

Frl.  Zimmermann 

Leutnant  von  Mollicoff  aus  Russland 

Hauptmann  v.  Kossniakoff  aus  Riissl. 

Leutnant  von  liuigaltscheff  ausRussl. 

Kind  d.  Oberamtsrats  Gerhard,  Profil 

Oberstleutn.  von  Frohloff  aus  Russl. 

Major  von  Afanasiew  aus  Russland 

Fri.  von  Rabenow  (Rabenau?)    .     . 

Gutsbesitzer  Schmidt 

Fri.  von  Karschnitzka 

Kaufmann  Winckler 

Frau  Kalkulator  Böttner,  Kopie  .     . 

Herr  und  Frau  Kretschmer    .     .    . 

Frau  Fürstin  von  Lichtenstein,  Kopie 

Leutnant  von  Strampf 


15 

15 

60 

18 

12 

18 

24 

24 

18 

18 

12 

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18 

18 

18 

15 

18 

18 

15 

24 

18 

18 

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60 
60 
20    m 


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18 

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24 

. 

24 

15 

m 

128 


Datum 

1806 
April 


Name 


Mai 


Juni 


Juli 


August 
Septbr. 


Oktbr. 


Novbr. 

1807 
Februar^ 
April   I 

Mai 


Juni 


Bauinspektor  Krug  ..... 
Major  von  Qrusinshoff  aus  Russland 

Hauptmann  Halin 

Frau  von  Mandel 

Graf  V.  Sandretzky  auf  Manze,  Kopie 

Leutnant  von  Posse 

Leutnant  von  Posse,  Kopie    .     .     . 

Leutnant  von  Hüner 

Kriegsrat  Hornig,  Kopie  .... 
Kaufmatni  Zainnierscha  aus  Russland 
Kaufmann  Bellafsky  aus  Russland  . 

Frl.  Oerson 

Kaufmann  Websky  senior,  Kopie   . 

Amtmann  Höger 

Fürstbischof  von  Hobenlobe,  Kopie 

Frl.  Reisel 

Leutnant  von  Erichsen 

Frl.  Reimann  ... 

Frau    Hauptmann    von    Glasenap, 

Kopie 

von  Frankenberg 

Kaufmann   Lampe 

Landrat  von  Ivernois 

Frl.  von  Helmrich 

--  Schopler,  Ringminiatur  .  .  . 
Kinder  des  Herrn  Kretsclimer  .  . 
Fürstbischof  von  Hohenlohe,  Kopie 
Kammerpräsident  von  Bismarck 

Prälat  von  Wostrovi'sky 

Prälat  von  Wostrowsky,  Kopie  .  . 
Kind  des  Pastors  Thilo  junior  .  . 
Kammer-Sekretär  Deckart  .... 
Kammer- Präs.vonBismarck,  Kopie 
Direktor  Baron  von  Glaubitz  .     .     . 

Direktor  Schiller 

Frau  Kammer-Präsident  v.  Bismarck 

Direktor  Scholtz 

Frau  von  Thieleniann 

Kaufmann  Koschny 

Oberamtmann  Teller,  Kopie  .     .     . 

Kind  des  Leutnants  von  Poplofsky 
Ritt?neister  von  Cot|uerelle  .     . 

Rittmeister  von  Coquerelle,  Kopie 
Kind  des  Rittmeisters  von  Coquerelle, 

Kopie 

Frau  Rittmeister v.Coi|uerelle,  Kopie 
Prinz  Hieronymus  Napoleon  .     . 

Stadt-Vogt  Generale 

Frau  Apotheker  Gräulich  .... 
Goldarbeiter  King ....  .     . 


Datum 


1« 

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Name 

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15 

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12 

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16    m 


1807 
Juli 


August 


Septbr. 


Oktbr. 


Novbr. 


Dezbr. 


1S08 
J.Tiiuar 
Februar 


März 


April 


100 
73 

Ringminiaturen  \  73 


Prinz  HieronymusNapoleon,  zweimal 
Kaiser  Napoleon,  zweimal,  Kopieen 
Kaiser  Napoleon 
Prinz  Hieronymus 

Oberst  von   Depouthon 

Geh.  Sekretär  Camnins 

Sekretär  Louis 

Bäcker  Lenz  

Hauptmann  Bredon 

Hauptmann  Boujut 

Frl.  Werner 

Leutnant  Picard 

Graf  von  Maltzan 

Leutnant  Lautier 

Rittmeister  Lautier 

Frau  F^ittmeister  Lautier     .... 

Kind  des  Herrn  Beyer 

Sekretär  Habig 

Destillateur  Georg 

Oberforstinspektor  Merensky  .     .     . 

Frau  Geheimrat  Reisel 

Frau  Assessor  Thiel 

Generalleutnant  von  Wrede    .     .     . 

Frau  Geheimrat  Reisel 

Leutnant  von  Momb,  zweimal    .     . 

Frl.  von  Canitz 

=     von  Sonimerkorn 

Kaufmann  Lange 

Oberst  de  la  Pointe 

Frau  Baldowsky 

General-Inspektor  Laimbert     .     .     . 

Frau  Raidi 

Frau  Rauh,  Kopie 

Kaufmann  Stephanowitsch      .     .     . 

Kaufmann  Tscherwitz 

Oberforstmeister  v.  Köckritz,  Kopie 

Frl.  Schröder 

Leutnant  von  Stegmaiui      .     .     .     . 

Destillateur  Borrmann 

General-Kassierer  Veverelle    .    .     . 
Kaufmann  Stephanowitsch,  Kopie  . 

Frau   Beyer 

Borrmann .     . 

Frau  Gräfin  von  Strachwitz    .     .     . 

Postsekretär  Böhm 

Frau  Klug 

Friedrich  der  Grosse,  Ringminiatur* 

Frl.  Schlipalius 

Knoepfell 

Frau  Gräfin  von  Strachwitz    . 
Baron  von  Printz 


30 

30 

18 

15 

14 

14 

18 

17 

18 

18 

15 

15 

18 

14 

25 

18 

18 

12 

30 

18 

24 

18 

18 

18 

25 

18 

33 

18 

18 

18  1  o 

18    m 

30 

10 

19 

9 
30 
12 
18 

9 
24 
18 
10 
18 
12 

9 
18 
18 


129 


Datum  I  Name  i  « 

j U-_ 

1808  !  Frau  Gräfin  von  Scherschewsky     .  17 

April      Hauptmann  Marion,  v.  64.  Regt.    .  24 

von  Kölichen 28 

Frl.  Werner 20 

Mai       Oraf  von  Strachwitz 24 

I  von  Axieben 20 

Juni    I  Frau  von  Kessel 24 

Leutnant  von  Kalckreutli    ....  24 

Dr.  Korff - 

Hauptmann   Plame 25 

Adjutant- Major  Wieree,  zweimal    .  40 

Juli        Hauptmann  von  Davust      ....  18 

Frl.  Schröder 27 

Hauptmann  von  Darracq    ....  25 

Hauptmann  von  Merlin       ....  25 

August      Hauptmann  von   Harismundi  ...  25 

Hauptmann  von  Bureau     ....  25 

Frau  Gräfin  von  Scherschewsky      .  30 

Hauptmann  von  Daran 25 

Frl.  Schmidt,  zweimal 40 

Septbr.     Frau  Baronin  von  Troschke   ...  24 

Hauptmann  von  Tugnot     ....  25 
Landschaftsdirektor    v.    Schimonski, 

Kopie 20 

Apotheker  Paritius 25 

Leutnant  Graf  von  Strachwitz,  Kopie  25 

Leutnant  von  Buni i  25 

Amtmann  Naerlich 20 

Oberamtmann  Brettschneider       .     .  18 

Oberstleutnant  von  Schimonski  .     .  20 

Oktbr.     Frl.  von  Stillfried,  zweimal      ...  45 

;  Buchhalter  Krusch 40 

Novbr.    Oberst  von  Guiow  i  Ouionneau?)  .  25 

j   Frl.  Herinir 22 

j  Kaufmann  Jaehnscli  junior     ...  30 

Kaufmann  Jaeschke 27 

Dezbr.     Frau  Seewald,  Ringniiniatur  ...  40 

Rgts. -Quartiermeister  Kistenniacher  27 

1809  Kind  des  Herrn  Seewald   ....  27 
Januar     Frau  von  Poslofsky,  Kopie     ...  20 

Rittmeister  von  Ohien 27 

Februar    Direktor  Scholtz,  zweimal,  Kopieen  57 

!  Frl.  von  Sommerkorn 27 

König  Friedrich  Wilhelm  III.,  Kopie  24 

März      Frau  Springer 15 

j  Direktor  Scholtz,  Kopie 30 

Direktor  Scholtz 24 

April      Direktor  Scholtz,  Kopie 45 

I   Kind  des  Herrn  Georg 30 

Kommcrzienrat  Kopisch      ....  25 

Mai       Frau  Kommcrzienrat  Kopisch      .    .  25 


Datum  Name 

1809    I  Kaufmann  Kracker 

Mai       Klass  senior  und  Familie  .... 

von  Osten 

Dr.  Wieniann 

Frl.  von  Schickfuss 

Juni       Frau  Lange,  zweimal,  Kopieen  .     . 

Kommerzienrat  Kopisch      .... 

Frau  Pastor  Kephalides      .... 

Kaufmann  Schreiber 

Kommerzienrat  Kopisch,  Kopie  .     . 
Juli       Frau  Kuh 

Kaufmann  Gottlieb  Schreiber      .     . 

Frl.  Schmidt 

August     Kaufmann  Werdermann      .... 

Kaufmann  Gottlieb  Schreiber,  Kopie 

Kaufmann  Schreiber  senior,   Kopie 

von  Wessel 

Direktor  Schlegel 

Kaufmann  Kriigel 

Septbr.     Königin  Luise  von  Preussen,  Kopie 

Direktor  Schlegel' 

Kaufmann   Lange 

Oktbr.     Kaufmann  Gottlieb  Schreiber      .     . 

Kommissionsrat  Schreiber  . 

Frau  Kriegsrat  von  Oppeln 

Dr.  Gerhard,  Kopie 
Novbr.     Frau  Oberanitmann   Bartsch,   Ring- 
miniatur 

Kommerzienrat  Kopisch,  Kopie  . 

Frau  Oberamtmann  Bartsch 

Kunstdrechsler  Seeling 

Kaufmann  Lange,  Kopie 

Oberanitmann  Lucas 
Dezbr.     Oberanitmann  Bartsch 

Kaufmann  Fritsch  senior 

Kaufmann  Fritsch  senior,  Kopie 
1810 
Januar     Baron  von  Haugwitz,  Kopie  ...     18 
Februar    Frl.  Schmidt 18 

Kaufmann  Katzer,  Kopie    ....     12    o 
März      Kaufmann  Grund 20    m 

Frl.  Knocpfel 19 

Gutsbesitzer  Heinrich,  Profil  .     .  15 

April      Medizinalrat  Rupricht 20    o 

Mai       Frl.  von  Crammer 18    m 

Medizinalrat  Rupricht 18     • 

Medizinalrat  Rupricht 1  18    o 

Kaufmann  Sciller |  30  .    • 

Frau  Seiller 30 '    - 

Juni       Apotheker  Alberti 15    m 

Kaufmann  Schreiber  junior     .    .    .  [  24  !  — 


35 

m 

100 

o 

26 

m 

20 

30 

. 

30 

30 

— 

12 

m 

24 

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24 

50 

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18 

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18 

18 

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18 

— 

18 

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18 

15 

15 

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30 

18 

m 

18 

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18 

18 

10 

24 

m 

24 

— 

18 

0 

15 

m 

12 

20 

18 

o 

36 

18 

m 

17 


130 


Datum 


Name 


H 


Datum 


N  a  ni  e 


1810  '  Metiiziiialrat  Rupridit 

Juni       Frl.  Oeneralick 

Larulscliaftsdirektor  von  Schimonski 

Juli        Kaulmann  Keitli 

Frau  von  Wedel 

Kluge 

Schönflug 

August     Frl.  Assmann 

Mediziualrat  Rupricht 

1   Kaufmann  Müllendorf  senior,  Kopie 

Baron  von  Lüttwitz 

Septbr.     Kaufmann  Petz 

Frl.  Lessing 

=     von  Adelstein 

Leutnant  von  Oörtz 

Oktbr.     Kind  des  Buchhalters  Ertel    .    .     . 
Medizinalrat  Rupricht     .     . 

Klose     

Novbr.     Rektor  Scheibel,  Kopie 

Dezbr.     Frl.  Koppen 

Professor  Mandel 

Kind  des  Kaufmanns  Weiss  .     .     . 
Kind  des  Kaufmanns  Müller  .     .     . 

1811  Apotheker  Olearius 

Januar     Kaufmann  Abrahamschick       .     .     . 

Frau  Gr.äfin  von  Sedhiitzki,  Kopie  . 
Professor  Mandel,  Kopie    .     .     .    . 

Frl.  Antonette 

Februar    Kind  des  Ooldarbeiters  Günther    . 
Medizinalrat  Rupricht,  Kopie       .     . 

Frau  Hofraf  Müller 

Kind  des  Kaufmanns  Müller,  Kopie 
März      Frau  Gräfin  von  Sedlnitzki      .     .     . 

April  -      Müller 

Hofmeister  Klein 

Kind  des  Inspektors  Gabricke     .     . 

Mai        Frl.  Spangenberg,  Kopie     .     .     .     . 

Kaufmann  Müller  senior     .     .     .     . 

Jinii       Frnn   Müller  senior 

Müller,  in  Pastell 

Kaufmann  Spangenberg      .    .     ,     . 

Frau  Spangenberg 

Giesche 

Frl.  Koppen 

Juli     ,  Frau  Baronin  von   Richthofcn      .     . 

'  Thun     

August  '  Frl.  Schumann 

Frau   Baronin  von  Riclithoff   .     ,     . 

von  Mikuscli 

Septbr.     Leutnant  von  Dresky 

Kind  des  Kaufmanns  Heinrich    .     . 


m 


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IS 
12 
18 
18 
18 
18 
15 
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18 
18 
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10 
24 
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21 
12 
22 
18 
12 
24 
24 
15 
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18 
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12 
12 
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21 
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18  - 
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15 
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15 
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20 
20 
15 
15 
18 
15 
1 

18 
24 


8    ni 


1811 
Septbr. 
Oktbr. 


Novbr. 


Dezbr. 

1812 
Januar 


Februar! 


März 
April 
Mai 

Juni 

Jnli 

August 

Septbr. 

Oktbr. 

Novbr. 
Dezbr. 


Koffetier  Haseloff 

Papier-Fabrikant  Dehnet     .... 

Kaufmann  Günzel 

Komtesse  Sophie  von  Burghauss    . 
Kaufmann  Oünzcl,  Kopie   .... 

Kaufmann  Kny 

Kassierer  Nitschke 

Frau  Kassierer  Nitschke     .... 

Frau  Kny 

Kaufmann  Sclioltz 

Frau  Clauss 

Kommerzienrat  Schiller 

Kommerzienrat  Schlegel,  Kopie  .    . 

Frau  Feistel 

Frau  Feistel,  Kopie 

Kind  d.  Oberlandesger.-Rats  Müller 
Kommerzienrat  Schiller,  Kopie    . 

Frau  Olearius 

Gutsbesitzer  Hess 

Schlippaliiis 

Gutsbesitzer  Hess 

Frau  Olearius 

Eisner 

Gutsbesitzer  Clauss 

Kaufmann   Pohl,  Kopie 

von  Heydebrand 

Direktor  Kunlze,  zweimal  .... 

Leutnant  von  Vaerst 

Feldjäger  Gräulich      .     .         ... 

Frl.  Froboess 

Kaufmami  Pohl,  Kopie 

Frau  Steter,  Kopie 

von  Stegniann,  Kopie         .     . 

Kaufmann  Ruffer 

Schander  

Oberbürgermeister  Müller  .... 
Frau   Pastor  George,  Kopie    .     .     . 

Kaufmann   Flint,  Kopie 

Kaufmann   Pohl,  Kopie 

Kaufmann   Flint,  Kopie 

Frau  Schander 

Pastor  Werner,   Kopie 

Kijui  des  Kaufmanns  Krischke   .     . 

Kaufmann  Weiss 

Apotheker  Seybold 

Graf  von  Sedlnitzki,  Kopie     .     .     . 
Frau  von  Sprockow    .  .... 

Kaufmami  von  Wallcnberg     .     .     . 

Frl.  Unverricht 

Gutsbesitzer  Seidel 

Kaufmann   von   Wallcnberg,    Kopie 


15 
18 
15 
18 
6 
15 
15 
15 
15 
12 
15 
15 
18 
20 
12 
24 
12 
12 
12 
12 
12 
15 
18 
12 
18 
18 
48 


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18  m 
6  o 
18    — 


18 
18 
18 
6 
24 
18 
18 
12 
18 
12 
23 
18 
18 
12 


131 


Datum  1 


1813 

Januar 

Februar 

März 


April 


Mai 


Juni 


Juli 


August 


Septbr. 


Oktbr. 


Novbr. 


Justizrat  Ludwig 

Professor  Thilo 

Oberbürg-ermeister  Müller  .     .     . 

Hahn,  (iardejäger 

Frau  von  Wallenberg     .... 

Wigina,  Oardejäger 

von  Wallenberg,  Gardejäger  .     . 

Dietrich,  Gardejäger 

Generalleutnant  von  Scharnhorst 

Frau  Baroin'n  von  Liitzow  .     .     . 

Kanimerrat  Peucker   .     .     . 

Major  von  Liitzow 

Kittmeister  von  Loen      .... 
Leutnant  Baron  von  Schaper .     . 

Kaufniaini  Boden 

von  Wallenberg,  Kopie  .... 
Dietrich,  Gardejäger,  Kopie    .     . 

Kämmerer  Grüner 

Kind  des  Kaufmanns  Hoffmanu 

Frl.  Feustel 

=     Reinhard 

Feustel 

von  Loewenstern,  Oardejäger  . 
Hasse,  bei  den  Freihusaren  .  . 
Frau  General  von  Wiersbitzki 
Leutnant  (Christian  Daub  .  .  . 
Frau  Kämmerer  (irüiier,  Kopie  . 
Kaufmann  Schlarbaum    .... 


10 

12 
18 
15 
23 
15 
18 
18 
24 
18 
12 
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18 
18 
10 
15 
15 
15 
18 
12 
15 
12 
12 
9 
10 
16 
15 


Leutnant  von  Sauhr |  16 


Graf  von  Krockow 

von  Wallenberg,  Gardejäger  . 

Frau  Hoffmann 

Leutnant  von  Seydiin  .  .  .  , 
Kind  des  Inspektors  Peschel  .  . 
Aktuarius  Kiesewerter  .  .  .  . 
Oberst  von  Stemmetz  .  .  .  . 
Leutnant  von  Zimmermann     .     . 

Kaufmann  Mehring 

Frl.  Kessel 

Schiller 

Frau  Olearius 

Kommerzienrat  von  Wallenberg 
Kommissarius  Kiesevverter 
Hauptmann  von  Werder    .     . 


10 

— 

16 

ni 

19 

15 

— 

15 

0 

18 

m 

10 

— 

10 

m 

18 

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10 

18 

15 

18 

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15 

0 

30 

- 

12 

111 

IS 


1S14 
Januar 


Februar 


Leutnant  von  Hess 19 

Kaufmann  Weigel  senior  .     . 
Frl.  von  Wertlermaim     .... 
Kaufmami  Weigel,  Kopie  .     . 

Caffiege 

Frl.  Schuster 


21 
18 
15 

15: 

15 

Frau  Starckloff        15 


Datum  Name 

1813      FrL  von  Helmrich 

Novbr.  I  Frau  Weigel,  Kopie 

Hauptmann  von  Boemoloff  (?)  .  . 
Dezbr.     Frau  Brusclike,  zweimal,  Kopieen  . 

Kaufmann  Franz  Wentzel,  Kopie    . 

Kaufmann  Grund,  Kopie    .    .     .     . 

Leutnant  Henckel,  von  der  Bürger- 
garde    

Berger,  Gardejäger 

Frl.  Tielsch 

Oberstleutnant  Arnold  von  Schutter 

Berger,  Gardejäger 

Kind  des  Kendanten  Giesse   . 
OberstleutnarU  von  Schutter,  Kopie 
Hauptmann  von  Held,  Kopie     .     . 

Baron  von  Teichmann 

von  Tenipellioff 

Frl.  Schiller 

Major  von  Mollicoff 

Brocksch    

März       Landschaftsdirektor   von   Strachwitz 

j   Frau  Wagner 

I  Komniandant,  Major  v.  Jaeschalinsky 
König  Friedrich  Wilhelm   III.      .     . 

Kaiser  Alexander  1 

Landschaftsdirektor  von  Strachwitz 
April      Gräfin  von  Scherschewsky      .     .     . 

Kaufmann  Bottstein 

Kaufmann  Schlarbaum,  Kopie     .     . 

Landschaftsdirektor   von   Strachwitz 

Mai    !  Leutnant  Sadebeck,  Kopie  .... 

I  Herr  und  Frau  Kaufmann  Friesner, 

I        Kopie 

Kaufmann   Hnmann,  Kopie     .     .     . 

Frl.  Lippert 

Ooldarbeiter  Günther 

Oberst  von  Kaickreuth 

Kaufmann  Kaehler,  Kopie  .... 

Frau  Kaehler.  Kopie 

j  Hnmann,  Kopie 

Schneider 

Leutnant  von  Budohinowitz  .  .  . 
Juli        Konig  Friedrich  Wilhelm  III.      .     . 

August     Graf  von  Wengerski • 

Septbr.     Kaufmann  Daniel  Kuh 

Frau  Weiss 

Frl.  Beneke 

König  Friedrich  Wilhelm  III.      .     . 
Oktbr.     Frl.  Grossmann,  Ringminiatur     .     . 
I 


15 
16 
15 

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18 

12 

16 
18 

18    m 


Juni 


18 
18 

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21 

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25 

18 

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0 

15 

15 

15 

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15 

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15 

— 

18 

m 

30 

0 

IS 

15 

m 

30 

24 

m 

132 


Datum 

1S14 
Oktbr. 


Novbr. 


Dezbr. 


1815 
Januar 


Februar 


März 


April 


Mai 


Juni 


Juli 
August 


Frau  Hofrat  Bacli  .... 

Apotheker  Seybold 
Frau  Qriifin  von  Pinto  .  . 
Ooldarbeiter  Knorr  .  .  . 
König  Friedrich  Wilhelm  III 
Fürst  Blücher,  zweimal  .  . 
Frl.  von  Thümen  .... 
=  von  Teichmaiiu  .  .  . 
Leutnant  Oaddum  .     . 

Frau  Selbstherr  junior  .  . 
Kaufmaiui  Steiner  .... 
König  Friedrich  Wilhelm  111. 
Nicolai,  Gardejäger  .  .  . 
Schauspieler  Kettel  .  .  . 
Frl.  von  Woikowski  .  .  . 
Leutnant  von  Amstetter 
Frl.  von  Woikowski  .  .  . 
Goldarbeiter  Günther  .  . 
Ooldarbeiter  Meyer  .  .  . 
Kaufmann  George,  Kopie  . 
Kriegsrat  Krebert,  Kopie  . 
Frau  Goldarbeiter  Günther 

Kaufmann  George 
Goldarbeiter  Meyer    . 
Rentmeister  Ruthard  .     .     . 
Frau  Kalkulator  Dobermann 

Frl.  Oehl 

Kaufmann  Werner      .     .     . 
Gräfin  von  Bialinsky .     .     . 
Oberlandschafts-Sekretär  Mager 
Frau  Prof.  Maeiulel,  Kopie 

Präsident  von   Danckelman 
Leutnant  von  Amstetter,  Kopie 
Kind  des  Fabrikanten  Rüdiger 
Baron  von  Wilczek     ,     .     . 
Kaufmann  Scheuer  Elieson 
Kanfmaim  Wincke,  Kopie* 
Kaufmann  Scheuer  FJieson 
Kaufmann  (iün/el,  Kopie 
Kaufmann  Lange  senior 
Kaufmann  Hemici      .     . 
Frau   Henrici 
Kaufmann  Seydel  .     .     . 
Kaufmann  Seydel  .     .     . 

Frl.  Schniit 

Willmami     .... 
Frau  Pastor  Hermes  .     . 

Frl.  David 

Kind  des  Reg.-Sekretärs  Ebel 


I- 

3Ü 
12 
18 
10 
25 
55 
18 
18 
18 
18 
18 
30 
18 
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18 
15 
15 
18 
15 

9 
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10 

9 
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15 
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19 
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20 
18 
18 
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24 
16 
16 
18 
18 
18 
18 
15 
18 
18 


Datum  Name 

1815  Pastor  Minor  in  Qottesberg  .     .     . 
August     Frau   Inspektor  Corff,  Kopie  .     .     . 

Pastor  Minor,  Kopie 

Frau  von  Oaffron,  Kopie    .... 

Septbr.    Gräfin  von  Poninski 

Frau  F.rtel 

Fünf  Kinder  des  Herrn  Somnie 
Frau  von  Gaffron,  Kopie  .... 
Oktbr.     Regierungsrat  Heinen,  zweimal  .     . 
Kind  des  Kaufmanns  Minor  .     .     . 
Hauptmann  von  Rebenstock  .     .     . 

Novbr.     Landschaftsdirektor  von  Strachwitz 

Frl.  von  Zedlitz 

Kind  des  Diakonus  Geiser     .     .     . 

Frau  Bartsch 

Dezbr.     Reg.-Sekretär  Vette 

Kaufmann  Koppel,  Kopie  .... 

Frl.  Willmann 

Oberbürgermeister  Baron  v.Kospoth 

1816  ,  Kämmerer  Starck 

Januar  j  Fürstin  von  Scliwa  .  . .  i?),  Kopie 
Februar    Frau  Reg.-Rat  Nökiichen    .... 

Kaufniann  Caspar! 

Kämmerer  Starck,  Kopie    .... 

Kriminalrat  Meister 

März      Frau  von  Kleist,  zweimal  .     .     .     . 
Reg.-Rat  Nökiichen,  Kopie 
Baron  von  Rosenschantz     .     .     .    . 

Reg.-Rat  Nöldichen 

Frau  Somme 

Reg.-Rat  Nöldichen,  Kopie      .     .     . 

April      Frl.  Krügelstein 

Kaufmann  Steiner  junior    .     .     .     . 

Ooldarbeiter  Seeberg,  Kopie  .    .     . 

Kind  des  Herrn  Gorg 

Mai       Graf  von  Maltzan  auf  Lissa   .     .     . 

Frau  von  Aschenbach 

Leutnant  von  Gräften,  Kopie      .     . 

Kaufmann  Lewy 

von  AiMock,  Kopie 

Hauptmann  von  Wolfersdorff     .     . 

Leutnant  von   Einbeck 

Juni    i  Oberamtmami  Oeldner 

Kaufmann   Lange  jum'or      .     .     .     . 

Frau  Kommer/ienrat  Oelsner 

Frl.  von  Aulock 

Juli        Kaufmann  v.  Michalowsky,  zweimal 

Kind  des  Herrn  Günther    .     .     .     . 

Leutnant  von  Fliegel 


24 

18 

15 

18 

24 

15 

60 

18 

36 

10 

15 

18 

18 

15 

12 

15 

15 

18 

18 

15 

40 

18 

30 

15 

16 

36 

18 

18 

18 

12 

18 

19 

18 

12 

30 

18 

18 

15 

18 

18 

18 

15 

15 

18 

20 

18 

36 

15 

18 


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133 


Datum  I 

1816    I 
August 
Septbr. 


Oktbr. 

Novbr. 
Dezbr. 


1817 
Januar 

Februar 
März 


April 


Mai 


Juni 


Name 

Kaufmann  Henschel  .... 

Tlianim  senior 

Hauptmann  von  Brandenstein 
Baronin  von  Trosclii<c  .  . 
Apotheker  Schinemann  .  .  . 
KaufniauTi  Thamni  .... 
Apotheker  Schinemann,  Kopie 
Leutnant  von  Oaffron     .     .     . 

Frl.  Etlern 

Lehrer  Mentzel 

Frau  Mentzel 

Kind  des  Lehrers  Mentzel 

Sekretär  Rosinsky 

Frl.  Kirsch 


MI 


Juli 


AufjusI 


König  Friedrich  Wilhelm 

Fürst  Blücher 

Oberst  von  Siegroth,  Kopie    .    . 

Graf  von  Lipsky 

Kaufmann  Kuh  

Kind  des  Rittmeisters  von  Sellin    . 
Frau  Gräfin  von  Dyhrn      .         .     . 

Frl.  Nierdel 

--     von  Aulock                     .     .     .     . 
von  Tchirsky 

Mathieu 

Baron  von  Wilczek 

Frl.  Thilo 

Fürst  zu  Hohenlohe-Ingelfingen 
Oberst  von  Thümen,  Kopie   .     .     . 

Frau  von  Forcade 

Leutnant  Baron  von  Fischer  .     .     . 

Kaufmann  Lübbert 

Apotheker  Hielscher 

Kind  des  Buchhalters  Menzel  .  . 
Apotheker  Hielscher,  Kopie   .     .     . 

Hofrat  Duncker,  Kopie 

Frau  Thamm 

Justiz-Kommissaritis  von  Steinbeck 

Frau   Lübbert 

Baron  von  Seidlitz 

Frau  Lübbert 

Kaufmann  Lübbert  senior  .... 
Oberproviantmeister  Grüner  .  .  . 
Frau  Oberproviantmcister  Grüner  . 

Medizinalrat  Breunersdorff     .     .     . 

Frau  Trevvendt  .  

von  Llechtrit/ 

Medizinahat  Breunersdorff      .     .     . 


20 
20 
18 
21 
18 
18 
18 
18 
18 
18 


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18 

18 

10 

18 

18 

15 

18 

18 

18 

12 

12 

18 

12 

21    m 

18 

18 

18 

18 

18 

18 


Datum  Name 

1817  Medizinalrat  Breunersdorff      .     . 
Septbr.     Frau  Kämmerer  Starck  .... 

Dr.  Martin  Luther 

Dr.  Martin   Luther,  fünfmal      .     . 
Oktbr.     Frau  Tralles,  Kopie 

Buchbinder  Trewendt      .... 
Novbr.     Leutnant  von  Hafeland 

Frau  Tralles,  Kopie 

Fürst  von  Carolath,  Kopie      .     .     . 
Dezbr.     Leutnant  von  Kessel 

Leutnant  von  Schweinitz    .     .     .     . 

König  Friedrich  Wilhelm  ilL,  lebens- 
gross    

1818  Frl.  Biebrach 

Januar     Student  Wölfel 

Februar   von  Thielau,  Kopie 

Oberförster  Loesser 

Oberbergrat  Bernhardi,  Kopie    .    . 
Frau  Hauptmann  von  Knappe    .     . 

Graf  von  Solms,  Kopie 

Frau  Gräfin  von  Solms,  Kopie  .     . 
von  Rosenschantz,  Kopie   .     .     .    . 

März      Frl.  Hennig 

Frau  Oberbergrat  Bernhardi  .     .     . 

Senior  Gerhard 

Kind  des  Kaufmanns  Ertel     .     .     . 

April      Frl.  Mog 

Frau  Senior  Gerhard 

Mai       Graf  von  Sedlnitzki,  Kopie      .     .     . 

Juni       Frl.  Freytag 

Juli  Neumann 

Kaufmann  Krug,  Kopie 

August     Frl.  Ziegler 

Septbr.     Pfarrer  Materne 

Frl.  Brühwein 

Justizrat  Schwarzer 

Oktbr.     Frau  Heintzel,  zweimal 

Alexander 

Stadtkoch  Schaum 

Frl.  Riedel 

Novbr.     Frau  Gräfin  von  Bethusy   .... 

Adolf  Seydel 

Frau  Splittgerber 

Hauptmann  von  Erhard      .... 

Dezbr.  '  Frau  Milde 

Kiiul  des  Inspektors  Menzel  .     .     . 
Kind  des  Sekretärs  Brüer  . 
Leutnant  Krause    .     . 


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18  m 
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18 
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12  - 
24  - 
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134 

Gegen  770  Miniatiirbildnisse  sind  in  dem  Abdrucke  genannt;  doch  ihre  Zahl  würde 
gewiss  nocii  etwas  höher  ausgefallen  sein,  wenn  Thilo  immer  die  nähere  BezeiclnuniL;, 
ob  das  Bildnis  in  Öl  oder  in  Miniatur  ausgeführt  wurde,  hinzugefügt  hätte.  Rechnet 
man  ausserdem  noch  die  Arbeiten  hinzu,  die  vor  1795  und  nach  1818  entstanden,  dann 
muss  man  die  Summe  der  von  Thilo  gemalten  Miniaturen  auf  etwa  1200  schätzen. 
Ein  flüchtiger  Blick  auf  die  beigefügten  Preise  sagt,  dass  Thilo  durchschnittlich  18  24  Taler 
für  ein  Miniaturbildnis  erhielt,  also  für  damalige  Verhältnisse  eine  ganz  ansehnliche 
Bezahlung.  Nur  näher  stehenden  Freunden  lieferte  der  Künstler  schon  für  6-12  Taler 
ihr  Konterfei,  während  reich  Begüterte  oder  Ausländer  24  30  Taler  imd  mehr  anlegen 
mussten. 

Als  Thilo  seine  Tätigkeit  in  Breslau  begann,  stand  die  Kunst  und  die  Mode  unter 
dem  Zeichen  Ludwigs  XVI.  von  Frankreich.  Diesem  Louis  XVI.-Geschmacke  huldigen  auch 
die  frühesten  Miniaturen  des  Meisters.  Freudig  leuchtend  ist  das  Kolorit.  In  vollen 
Tönen  steht  ein  keckes  Rot  neben  einem  kräftigen  Grün  und  ein  sattes  Blau  neben  einem 
ungebrochenen  Karmin.  Elegant,  fein  und  üppig  ist  die  Kleidung.  Ein  zufriedenes 
Lächeln  und  der  Ausdruck  behäbigen  Wohllebens  liegt  in  den  Gesichtern.  Das  sonnige 
Glück  des  18.  Jahrhunderts  strahlt  uns  aus  diesen  reizenden  Bildchen  entgegen  (Fig.  5,7,  9). 
Da  plötzlich  öffnete  die  französische  Revolution  aller  Welt  die  Augen.  Dieser  Wandel 
des  Lebens  brachte  in  Thilos  Portraitauffassung  binnen  kurzem  einen  völligen  Umschwung. 
Die  lachende  Farbenfreude  ändert  sich  Mitte  der  neunziger  Jahre  in  eine  ernste  Skala: 
ein  mattes  Blau,  Grau,  Braun,  Rosa  und  Violett  treten  an  die  Stelle  des  strahlenden 
Farbenjubels.  Auch  die  Menschen  sind  andere  geworden.  Statt  sorgloser  Fröhlichkeit 
und  behaglichen  Geniessens  spricht  aus  ihren  Gesichtern  mehr  des  Lebens  ernstes  Führen 
(Fig.  2,  4,  10).  Als  schliesslich  nach  glücklicher  Abwendung  der  napoleonischen  Fremd- 
herrschaft bessere  Tage  nahten,  gedachte  Thilo  bisweilen  wieder  der  alten  Farben- 
schönheit. Doch  sie  trägt  ein  anderes  Gesicht.  War  sie  ehedem  etwas  Selbstverständ- 
liches, natürlich  Gegebenes,  erscheint  sie  jetzt  erzwungen.  Für  die  Bilder,  die  um 
1814  -20  entstanden  sind,  ist  oftmals  der  Eindruck  einer  gewollten  Buntheit  unabweisbar. 
Besonders  die  Helden  der  Befreiungskriege  liebte  Thilo  in  dieser  Manier  zu  malen;  so 
besitzt  das  Kunstgewerbemuseum  ein  meisterlich  ausgeführtes  Bildnis  Friedrich  Wilhelms  111. 
aus  jener  Zeit,  das  dem  Museum  von  dem  Kreisbaumeister  Thilo  als  Geschenk  überwiesen 
wurde  (Fig.  8).  Der  unermüdliche  Fleiss,  den  die  zahlreichen  Aufträge  erforderten,  zog 
allmählich  eine  starke  Schädigung  des  Augenlichtes  bei  Thilo  nach  sich.  Unter  dem 
hindernden  Einflüsse  einer  geminderten  Sehkraft  entstanden  in  der  vierten  und  letzten 
Schaffensperiode  noch  Werke,  die  an  den  dunkelrotbraunen  Tönen  in  den  Schattenpartieen 
der  Gesichter  keinitlich  sind.  Auch  haben  viele  i'ortraits  jener  Zeit  etwas  Gealtertes  und 
Düsteres,  ein  Zug,  der  wohl  hauptsächlich  auf  die  getrübte  Stinnnung  des  Meisters 
zurückzuführen  ist.  Figur  3  gibt  ein  kleines  Portrait  Friedrichs  des  Grossen  wieder,  das« 
die  ebengenannten  Mängel  aufweist.  Zu  der  Augenschwäche  gesellte  sich  um  1835  noch 
ein  Nervenleiden,    das    den    Künstler  in   der   Folgezeit  sehr  in  seiner  Arbeit  hinderte  und 


135 


FiR.  3 
Friedrich  der  Grosse 


Fig.  2 
Johann  Joseph  Wentzel 


Fig.  4 
Königin  Luise  von  Preussen 


Flg.  S 
Friedricli  Wllliehii 


Fig.   lü 
Pastor  Kusche 


Miniaturen  von  üottfried  Anyiist  Tliilo 


136 

zeitweise  zu  völliger  Rulie  verurteilte.  Thilo  starb  liochbetagt  am  1.  März  1855  in  Breslau, 
nachdem  er  in  den  letzten  Jahren  kaum  noch  etwas  von  Bedeutung  geschaffen  iiatte. 

Die  Abbildungen  2  10  geben  einige  Proben  von  Thilos  Miniaturen  wieder.  Wenn 
man  die  Werke  sieht,  kann  man  die  Beliebtheit  des  Künstlers  wohl  verstehen.  Alle 
sind  mit  technischer  Vollendung  gemalt.  Schlicht,  ohne  Phrase,  ohne  F'ose  sind  die 
Portraits  aufgefasst.  Thilo  malte  die  Menschen,  wie  er  sie  sah,  und  er  sah  gut.  Das 
meisterliche  Bildnis  Johann  Joseph  Wenlzels,  des  Begründers  der  Firma  Wentzel  am 
Breslauer  Ringe,  das  Thilo  im  Juni  1797  um  18  Taler  malte,  wird  stets  zu  den  besten 
Leistungen  der  schlesischen  Miniaturmalerei  zählen  (Fig.  2).  Nicht  minder  anziehend  in 
seiner  anspruchslosen  Natürlichkeit  ist  das  Bildnis  des  gemütlichen  Pastors  Johann  Gottlieb 
Kusche  (Fig.  10).  Und  endlich  sein  Selbstbildnis,  das  der  Künstler  in  älteren  Jahren 
zweimal  malte  (Fig.  6).  Wie  sicher  beobachtend  schaut  sein  Auge  in  die  Welt  hinaus. 
Wieviel  Geist  und  Witz  liegt  in  den  durch  Alter  und  Sorge  gefurchten  Zügen.  Wieviel 
Milde  und  Güte  verrät  das  Antlitz  des  wegen  seiner  Bescheidenheit  und  Herzlichkeit  all- 
gemein beliebt  gewesenen  Mannes.  Das,  was  Thilos  künstlerische  Eigenart  ausmacht, 
wird  am  besten  klar  werden,  wenn  wir  seine  Arbeiten  denen  seines  Zeitgenossen 
Schmeidler  gegenüberstellen. 

Carl  Gottlob  Schmeidler  wurde  am  8.  Dezember  1772  zu  Nimptsch  in  Schlesien 
als  Sohn  armer  Eltern  geboren.')  Seine  erste  Jugendbildung  erhielt  er  bei  dem  damaligen 
Nimptscher  Rektor  und  Nachmittagsprediger,  späteren  Pastor  Polile  zu  Glatz,  der  den 
talentvollen  Knaben  ausser  an  den  öffentlichen  Schulstunden  an  dem  Privatunterrichte 
seiner  Pensionäre  unentgeltlich  teilnehmen  liess.  Später  kam  Schmeidler  auf  das  Elisabeth- 
Gymnasium  in  Breslau;  hier  bestand  er  im  Jahre  1792  das  Abiturientenexamen.  Nachdem 
Wunsche  seiner  frommen  Mutter  sollte  er  Theologie  studieren.  Doch  da  die  nötigen  Geldmittel 
fehlten,  versuchte  er  sein  Glück  in  der  Malerkunst,  zu  der  er  von  jeher  Liebe  und  Neigung 
hatte.  In  Breslau  machte  er  seine  ersten  künstlerischen  Studien.  Wer  sein  Lehrer  war, 
liess  sich  nicht  mehr  ermitteln.  Vielleicht  war  es  Thilo.  Jedenfalls  hat  er  zu  ihm  in 
näheren  Beziehungen  gestanden.  Durch  Austuschen  von  Städteansichten  und  durch 
andere  kleine  Aufträge,  die  ihm  spärlich  zuteil  wurden,  erwarb  sich  Schmeidler  seinen 
Lebensunterhalt  und  sparte  sich  die  nötige  Barschaft  zu  einem  zweimaligen  Studien- 
aufenthalte an  der  Dresdner  Akademie.  Nachdem  die  üblichen  Kurse  im  Zeichnen 
nach  der  Antike  und  dem  lebenden  Modell  durchgemacht  waren,  wandte  sich  Schmeidler 
endgültig  der  Miniaturmalerei  zu.  Nach  Vollendung  der  Dresdner  Studien  liess  er  sich 
in  Breslau  als  Miniaturmaler  nieder.  Sein  Glück  machte  er  in  den  Kriegsjahren  von 
1806—1815.  Zahlreiche  preussische,  österreichische,  russische  und  französische  Offiziere 
der  durchziehenden  Heere  fanden  Geschmack  an  seinen  liebenswürdigen  Arbeiten.  Besonderer 


»)  Vgl.  Neuer  Nekrolog  der  Deutschen,  1S40,  Bd.  XVI,  2  S.  776.  -  Schlesische  Provinzialblätter,  1838, 
Bd.  CVIII  S.  159—161  unter  „verspätet".  Ausserdem  stellte  Geh.  Sanitätsrat  Dr.  Schmeidler  in  Breslau,  ein 
Enkel  des  Künstlers,  das  ihm  bekannte  biographische  Material  über  seinen  Qrossvater  in  liebenswürdigster 
Weise  zur  Verfügung. 


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137 


Stolzerfüllteden  Künst- 
ler, dass  sich  unter  an- 
deren auch  General 
Bennigsen  und  seine 
Gemahlin  von  ihm  ma- 
len Hessen,  was  eigent- 
lich wunderlich  er- 
scheint, wenn  wir  wei- 
ter hören,  dass  selbst 
Mitglieder  der  preussi- 
schen  Königsfamilie 
ihn  mit  Aufträgen  be- 
ehrt haben ;  so  berief  ihn 
Friedrich  Wilhelm  III. 
während  des  Breslauer 
Aufenthaltes  im  Jahre 
1813,  seine  Kinder  zu 
malen.  Als  nach  Be- 
endigung der  Befrei- 
ungskriege wieder  Frie- 
de ins  Land  gezogen 
war,  weilte  Schmeidler 
häufig  als  ein  will- 
kommener Gast  unter 
den  angesehensten  Fa- 
milien desschlesischen 
Adels.  Fürst  zu  Hohen- 
lohe-Öhringen,  Herzog 
von  Ujest  auf  Slawent- 
zitz,  Graf  von  Maltzan 
auf  Militsch,  Kgl.  Kammerherr  von  Köckritz  auf  Mondschütz,  General  von  Mutius  in 
Landeck,  Frau  Baronin  von  Richthofen  in  Breslau,  Frau  von  Wrochem  in  Potsdam 
um  nur  die  Namen  derjenigen  zu  nennen,  deren  Schätze  eine  Zierde  der  Ausstellung 
bildeten  besitzen  unter  ihren  Ahnonbildern  treffliche  Miniaturen  von  Schmeidlers  Hand. 
Technisch  sind  die  Arbeiten  von  auffallender  Weichheit.  Sie  erscheinen  wie  in 
Pastellmanier  ausgeführt.  Alles  ist  auf  Adagio  gestimmt.  Mild  leuchtet  der  blasse  Gesichts- 
ton durch  die  puderzarte  Farbschicht  aus  dem  mattgelben  Elfenbein  hervor.  Etwas  aus- 
gesprochen Vornehmes,  Distinguiertes  liegt  in  den  Bildchen.  Der  künstlerische  Charakter 
entspricht  sichtlich  dem  damaligen  Geschmack  und  erinnert  vielfach  an  den  antikisieren- 
den Schönheitstypus  jener  Zeit.     Im  Bilde  sollte  es  nur  schöne  Frauen  und  jugendfrische 

18 


Fig.  11.     C.  Q.  Schmeidler,  Fiau  Marie  Goppert 


138 


Fig.  12.    C.  G.  SdiiiK-itiler, 
Selbstbildnis 


Männer  geben.  Audi  Schmeidler  huldigt  stets  dieser  Neigung 
zu  idealisieren.  Sein  Streben  sehen  wir  weniger  auf  die 
Prägung  einer  Individualität  als  auf  die  Offenbarung  einer  sym- 
pathischen Anmut  und  Schönheit  gerichtet.  Alle  seine  Menschen 
erscheinen  als  die  Mitglieder  einer  einzigen  grossen  Familie. 
Die  Hohenlolies,  die  Maltzans,  die  Seherr-Tlioss,  die  Köckritz, 
die  Mutius,  die  Richthofens  muten  uns  als  die  Kinder  derselben 
Eltern  an.  Alle  die  reizenden  Frauen  haben  etwas  gewinnend 
Liebenswürdiges  (Fig.  11,  13).  Alle  die  stolzen  Vaterlands- 
Verteidiger  haben  etwas  ritterlich  Kühnes.  Wie  unendlich  reiz- 
voll spricht  uns  durch  seine  vornehme  Feinheit  das  Familien- 
bildnis der  Frau  Friederike  von  Köckritz  mit  ihren  Kindern  an 
(vgl.  die  Heliogravüre  Tafel  V).  Den  Mangel  der  uns  heute 
etwas  bunt  und  unharmonisch  erscheinenden  Farbengebung 
übersehen  wir  gern  und  erfreuen  uns  an  der  Summe  von  jugendlichem  Liebreize  und  herz- 
licher Mutterliebe,  die  der  Künstler  in  das  Bildchen  gelegt  hat.  Wie  selbstbewusst  als  im 
Kampfe  fürs  Vaterland  gestählte  Edelmänner  schauen  Carl  Graf  von  Maltzan  und  Ludwig 
von  Köckritz  in  die  Welt  hinaus  (Fig.  15).  Nur  einen  hat  Schmeidler  völlig  schlicht  und 
anspruchslos  gemalt:  sich  selbst  (Fig.  12).  Leutselig,  freundlich,  bescheiden  und  uneigen- 
nützig, wie  der  Künstler  im  Leben  war,  gibt  ihn  sein  kleines  Selbstbildnis  wieder.  Interessant 
ist  ein  Vergleich  der  Schmeidlerschen  Arbeiten  mit  denen  seines  Zeitgenossen  Thilo.  Beide 
Künstler  sind  die  bedeutendsten  und  begehrtesten  Breslauer  Miniaturmaler  der  Empirezeit. 
Beiden  haben  oftmals  dieselben  Persönlichkeiten  gesessen;  und  doch  lassen  sich  ihre 
Arbeiten  leicht  auseinanderhalten.  Ganz  abgesehen  von  äusserlichen  Unterschieden,  die 
auf  der  Farbenwahl  und  der  technischen  Behandlung  beruhen,  liegt  der  massgebende 
Unterschied  in  der  geistigen  Auffassung  der  Portraits:  Schmeidler  adelt  alle  seine  Menschen, 
Thilo  macht  sie  bürgerlich.  So  kommt  es  denn,  dass  die  gelungensten  Portraits  von 
Schmeidler  adligen  Kreisen  angehören,  während  Thilos 
beste  Bildnisse  Mitglieder  des  schlesischen  Bürgertums 
wiedergeben. 

In  späteren  Jahren,  etwa  seit  1825  versuchte  sich 
Schmeidler  auch  in  der  Landschaftsmalerei,  die  er  früher 
nur  gelegentlich  geübt  hatte.  So  gross  er  bisweilen  die 
Leinwand  gewählt  hat,  erscheint  er  uns  doch  auch  vor 
der  freien  Natur  als  der  Miniaturmaler.  An  dem  unschein- 
barsten Gegenstande,  der  in  weiter  Ferne  liegt,  zeigt  er 
die  gleiche  Freude,  wie  an  den  Partieen  des  Vordergrundes, 
die  im  Sinne  Claude  Lorrains  in   der   Regel   durch   hohe 

F^aumgruppen  kulissenartig  umschlossen   sind.     Alles  ist  p     ,o    r^  r>  c  ,        „ 

Flg.  13.    C.  O.  Schiiicidlcr, 

ihm  gleich  wert,  auf  dem  Bilde  wiedergegelien  zu  werden.      Prinzossin /u  Hdlu-iildlu-liim-lfingen 


139 


üic  Motive  seiner  landschaftlichen  Gemälde  führen 
uns  fast  ausnahmslos  in  die  Grafschaft  Glatz,  die 
Heuscheiier  und  das  schlesische  Hochgebirge.  Hier 
lernen  wir  das  Landeck  der  dreissiger  Jahre  kennen, 
dort  liegt  Agnetendorf  anmutig  im  Talkessel,  oder 
wir  sind  an  die  Ufer  des  Bober  versetzt.  Bisweilen 
hat  es  dem  Künstler  eine  malerische  Ansicht  von 
Alt-Breslau  angetan.  Zum  Beispiel  besitzt  Geh. 
Baurat  a.  D.  Dato  in  Kassel  ein  Bildciien  mit  der 
Sandinsel  und  der  alten  Dombrücke  in  Breslau 
von  der  Holteihöhe  aus  gesehen.  Die  Farben- 
gebung  der  Schmeidierschen  Landsciiaften  ist  meist 
etwas  konventionell.  Ein  ausgesprochenes  Blau- 
vioiett  beherrscht  den  Gesamtton,  aus  dem  in 
bunter  Mannigfaltigkeit  allerlei  Farben  hervorreten. 
Mit  dem  Ansehen  des  Künstlers  wuchs  das 
des  Bürgers  von  Breslau.  Durch  seine  Heirat  mit 
Henriette  Eleonore  Müller  im  Jahre 
1805  wurde  Schmeidler  Grund-  und 
Hausbesitzer,  Mitinhaber  des  Hauses 
Ring  43  und  des  sogenannten  Volks- 
gartens auf  der  Michaelisstrasse. 
Sein  anspruchsloser  Sinn,  der  Ruf  sei- 
ner Uneigennützigkeif,  sein  leutseliges, 
freundliches  Wesen,  die  Verbindun- 
gen, die  er  durch  seinen  Schwieger- 
vater, den  Kaufmann  und  Stadtrat 
Müller,  gewann,  Hessen  ihn  bald  den 
öffentlichen  Verhältnissen  der  Stadt 
näher  treten.  Im  Jahre  1817  wurde 
er  Mitglied  der  Stadtverordneten- 
Versammlung.  Von  IS2S  bis  1831 
war  er  ihr  Vorsteher,  nachdem  er 
schon  zwischen  1817  bis  1823  und 
1826  bis  1827  den  Posten  des  Stell- 
vertreters imiegehabt  hatte.  Achtzehn 
Jahre  hat  er  sein  Amt  zum  Gemein- 
wohle der  Stadt  mit  eigener  Aufopfe- 
rung verwaltet.  Im  Jahre  1832  wurde 
er    noch    zum    Landtagsabgeordneten 


Fii,'-  H.    C.  G.  Schmeidler, 
Jugendlicher  Johannes 


Fig.  15.    C.  Q.  Schmeidler, 
Carl  Graf  von  Maltzan 


IS- 


140 


Fig.  16.   Josepli  kaabe  ? 
Bildnis  eines  Lentnants 


für  Breslau  gewählt.  Die  Wärme  der  Nachrufe,  die  ihm 
nach  seinem  am  2.  September  1838  erfoloten  Tode  von 
allen  Seiten  zuteil  wurden,  beweist  die  allgemeine  Be- 
liebtheit, deren  sich  Schmeidler  als  Künstler  und  Bürger 
erfreute. 

Neben  Thilo  und  Schmeidler  soll  ein  Bildnismaler 
Raabe  oder  Raebe  zu  denjenigen  Künstlern  gezählt 
haben,  deren  Arbeiten  1806  von  den  vornehmsten  preussi- 
schen  Offizieren  und  1807  von  den  französischen  Gene- 
ralen in  Breslau  besonders  gesucht  und  bezahlt  wurden. 
Doch  trotz  der  Ausstellung  Hess  sich  bis  jetzt  nichts 
Sicheres  über  den  Künstler  ermitteln.  Vielleicht  ist  er 
identisch  mit  Joseph  Raabe,  der,  1780  zu  Deutsch- 
Wartenberg  in  Schlesien  geboren,  erst  in  Breslau,  später 
als  Grossherzoglicher  Hofmaler  in  Darmstadt  und  als 
Lehrer  der  Zeichenkunst  an  der  Akademie  in  Bonn  tätig  war,  dann  in  Glogau  lebte  und 
im  Sommer  1829  als  Nachfolger  Bachs  für  das  Lehrfach  des  freien  Handzeichnens  an  die 
Kgl.  Kunst-,  Bau-  und  Handwerksschule  in  Breslau  berufen  wurde,  wo  er  bis  zum 
10.  Januar  1849  tätig  blieb.')  Raabe  beteiligte  sich  seit  1819  ziemlich  regelmässig  an  den 
Breslauer  Kunstausstellungen,  doch  finden  wir  nirgends  in  den  Katalogen  ein  Miniatiu- 
Portrait  von  seiner  Hand  erwähnt.  Dass  er  die  Miniaturmalerei  übte,  erfahren  wir  nur 
aus  dem  Ausstellungskataloge  von  1822,  wo  von  ihm  eine  Miniaturkopie  nach  dem  Kölner 
Dombilde  verzeichnet  ist.  Ob  dennoch  auf  Raabe  eine  Gruppe  vorzüglicher  Miniatur- 
bildnisse zurückgeht,  die  allem  Anscheine  nach  schlesischen  Ursprungs  ist,  und  die  in  der 
Sammlung  des  Breslauer  Kunstgewerbemuseums  durch  das  Bildnis  eines  Leutnants  (Fig.  16) 
vertreten  wird,  lässt  sich,  da  vorläufig  jegliche  Anhaltspunkte  fehlen,  nicht  beweisen. 

Besser  sind  wir  wieder  über  Joseph  Schall  unterrichtet.  Allerdings  die  Literatur 
seiner  Zeit  kennt  ihn  fast  gar  nicht  oder  nur  als  geschickten  Zeichner,  weil  er  weniger 
berufsmässig,  sondern  mehr  aus  Liebhaberei  die  Miniaturmalerei  übte.  Die  biographischen 
Daten  wurden  mir  gütigst  durch  zwei  Nachkommen  des  Künstlers,  durch  Herrn  Major  a.  D. 
Schall  in  Reichenbach  (f  1903)  und  Herrn  Direktor  Th.  Schall  in  Berlin  mitgeteilt.  Joseph 
Friedrich  August  Schall,  am  3.  März  1785  in  Glatz  geboren,  hat  sich  im  wesentlichen 
durch  autodidaktische  Studien  herangebildet.  Wie  mancher  schlesische  Künstler  jener 
Zeit,  so  bemühte  sich  auch  Schall  frühzeitig  um  eine  Anstellung  als  Zeichenlehrer,  um 
sich  neben  seiner  rein  künstlerischen  Tätigkeit  ein  festes  Einkommen  zu  sichern.  Im 
Jahre  1808  wurde  er  als  Zeichenlehrer  am  Breslauer  Kgl.  Friedrichs-Gymnasium,  1810  als 
Lehrer  für  den  Unterricht  im  Situationszeichnen  an  der  ehemaligen   Kgl.  Kriegsschule  und 


'     Vgl.  Füsslis  und  Müllers  Kiinstlerlexica.         Meusels  Archiv  II,  4,  50. 
der  Königl.  Kunst-  nnd  Kunstgewerbeschule  zu  Breslau,  Breslau  1892  S.  51,  95. 


Kühn,    Die    Entwicklung 


141 


Oraf  Hiihenthal-Dcilka 


Fig.  23 
Oräfin  Hohenthal 


142 

1811  am  KathülisclR'ii  Mattliias-üymiiasiiim  angestellt.  Später  übernahm  er  noch  am  fürst- 
bischüflichen  Waisenhause  auf  dem  Dom  und  am  Lehrerseminar  in  der  Neustadt  den 
Zeichenunterricht.  Zur  besseren  Veranschaulichung  seiner  Lehrmethode  verfertigte  er  in 
Kupferstich,  den  er  eigens  dazu  lernte,  eine  Folge  von  zwölf  Vorlegeblättern,  die  1827  in 
einer  zweiten  Ausgabe  noch  um  sechs  Blätter  vermehrt  wurden.  Die  Tafeln  wurden 
damals  vielfach  benutzt,  fanden  den  Beifall  der  vorgesetzten  Behörden,  wurden  anderen 
Gymnasien  in  der  Provinz  empfohlen  und  auch  im  Auslande  verwendet.  Als  Lehrer 
stand  Schall  in  hohem  Ansehen,  und  in  Anerkennung  seiner  Bemühungen  um  die  Hebung 
und  Förderung  des  Zeichenunterrichtes  wurde  ihm  1837  vom  Könige  der  Professortitel 
verliehen.  Als  Schall  1856  wegen  hohen  Alters  von  seiner  Lehrtätigkeit  zurücktrat,  schrieb 
er  zu  seinen  Vorlagen,  um  ihnen  einen  zweckmässigen  Gebrauch  zu  sichern,  einen  „voll- 
ständigen Leitfaden  zum  ersten  allgemeinen  Elementar-Unterriclit  im  freien  Handzeichnen" 
(Breslau,  Trewendt  und  Oranier,  1856;  zweite  Auflage  1862).  Wenige  Jahre  vor  seinem 
Tode  —  Schall  starb  in  Breslau  am  19.  Oktober  1867  —  betätigte  er  sich  noch  einmal 
schriftstellerisch.  Als  Besitzer  einer  ansehnlichen  Kupferstich  -  Sammlung,  die  gegen 
QOO  Blätter  umfasste,  hatte  sich  Schall  eingehend  mit  den  technischen  Fragen  der 
Reinigung  und  Erhaltung  von  Stichen  befasst.  So  wurde  er  denn  vielfach  von  Sammlern 
als  Restaurator  in  Anspruch  genommen.  Um  seine  im  Laufe  von  vielen  Jahrzehnten 
gemachten  Erfahrungen  nicht  alle  mit  ins  Grab  zu  nehmen,  schrieb  er  1863  eine  „ausführ- 
liche Anleitung  zur  Restauration  vergelbter,  fleckiger  und  beschädigter  Kupferstiche  u.  s.  w., 
nebst  einer  kurzen  Beschreibung  der  verschiedenen  Arten  des  Kupferstichs,  sowie  des 
Holzschnittes  und  der  Lithographie"  (Leipzig,  Rudolph  Weigel,  1863). 

In  seinen  zeichnerischen  Leistungen  reicht  Schall  nicht  viel  über  das  Niveau  eines 
tüchtigen  Zeichenlehrers  hinaus.  Das,  womit  er  sich  unter  den  schlesischen  Künstlern 
einen  bleibenden  Ruf  begründet  hat,  und  das,  womit  er  noch  heute  unser  ungeteiltes 
Interesse  auf  sich  lenkt,  sind  lediglich  seine  Miniaturen.  Schon  in  früher  Jugend  soll  er 
sich  durch  gelungene  Versuche  in  der  Miniaturmalerei  hervorgetan  haben.  Ein  Selbstbildnis 
vom  Jahre  1802,  das  der  Künstler  als  ein  Siebzehnjähriger  malte,  zeugt  von  der  Begabung 
des  Verfertigers  (Fig.  19).  Zwei  kleine  Bildchen  Friedrich  Wilhelms  II.  und  des  Generals 
von  Tauentzien  im  Kunstgewerbenmuseum  gehören  in  dieselbe  Zeit  um  1804.  Durch 
einen  Aufenthalt  in  Dresden  von  1807  1808  wurde  Schall  mit  Werken  der  französischen 
Miniaturisten  Augustin  und  Isabey  bekannt.  Wahrscheinlich  wird  Schall  auch  als  Schüler 
bei  einem  der  zahlreichen  Miniaturenkünstler,  die  damals  in  Dresden  lebten,  gearbeitet 
haben.  Aus  der  Dresdner  Zeit  stammen  drei  Miniaturen  und  eine  Silberstiflzeichnung  im 
Breslauer  Kunstgewerbemuseum:  ein  Selbsti^ortrait,  ein  Bildnis  Napoleons  I.  als  Konsul 
nach  Isabey  und  Kopieen  nach  der  Vestalin  und  der  Sibylle  von  Angelica  Kauffmaiui. 
Vergleicht  man  die  frühesten  Arbeiten  mit  den  wenig  älteren  der  Dresdner  Zeit,  so  ist  die 
künstlerische  Entwicklung  ileutlicli  sichtbar.  Während  die  ersten,  autodidaktisch  hingemalten 
F3ildchen  etwas  zaghaft  Tastendes,  provinziell  [befangenes  hatten,  sieht  man  tlen  Dresdner 
Erzeugnissen,    besonders   dem    sauber    ausgeführten   Selbstiiortrait,    das    vor    kurzem   als 


143 

Geschenk  des  grossherzoglich  badischen  Konservators  Direktor  Th.  Schall  in  das  Museum 
gelangte,  den  klärenden  Einfluss  einer  delikaten,  vornehm  eleganten  Hofminiaturkunst  an 
(Fig.  17).  Bereits  um  das  Jahr  1812  hatte  Schall  als  Miniaturzeichner  und  Maier  einen 
wohlklingenden  Namen.  Unter  seinen  minutiösen  Federzeichnungen  finden  sich  bisweilen 
Arbeiten,  die  sich  in  ihrem  äusseren  Aussehen  kaum  von  Kupferstichen  unterscheiden  lassen. 
Der  Gegenstand  der  Miniaturen  ist  mannigfacher  Art.  Portraits  wechseln  mit  religiösen 
und  mythologischen  Genreszenen.  Bald  sind  es  eigene  Kompositionen,  bald  Kopien  nach 
anderen  Meistern.  So  enthält  die  grosse  Sammlung  von  Albert  Jaffe  in  Hamburg  ein 
feines  Bildchen,  Venus  und  Amor  darstellend,  das  auf  das  Vorbild  eines  Künstlers  des 
18.  Jahrhunderts  zurückgeht.  Eine  treffliche  Probe  von  Schalls  Fertigkeit  in  der  Bildnis- 
malerei liefert  mit  seiner  delikaten  Farbenbehandlung  das  etwa  1815  entstandene  Portrait  der 
Fürstin  Luise  zu  Hohenlohe-Ingelfingen,  Prinzessin  von  Württemberg,  im  Besitze  Sr.  Durch- 
laucht des  Herzogs  von  Ujest  auf  Slawentzitz  und  das  Bildnis  der  Frau  von  Frankenberg- 
Ludwigsdorf,  geb.  von  Köckritz,  bei  Frau  von  Wrochem  in  Potsdam  (Fig.  20  und  18). 
Doch  als  sich  Schall  nach  der  Rückkehr  aus  Dresden  im  Laufe  der  Jahre  wieder  in  der 
spiessbürgerlichen  Umgebung  des  provinziellen  Philisteriums  eingenistet  und  ausserdem 
die  bürgerliche  Kultur  des  Biedermeiertums  festen  Boden  gefasst  hatte,  nahm  er  in  seinen 
Arbeiten  einen  derberen  Charakter  an.  Der  Farbe  mangelt  trotz  aller  Feinheit  der  tech- 
nischen Ausführung  hier  und  da  die  alte  Klarheit,  Leuchtkraft  und  Frische.  Besonders 
die  männliche  Hautfarbe  zeigt  bisweilen  einen  etwas  bräunlich -branstigen  Ton.  Ein 
Beispiel  für  diese  spätere  Zeit  gibt  uns  das  kleine  Medaillonportrait  des  Hauptmanns 
Friedrich  Weigand,  das  in  der  Gesichtsfarbe  das  branstige  Rotbraun  enthält  und  in  der 
ganzen  Auffassung  etwas  bürgerlich  derb  wirkt  (Fig.  21). 

Mehr  als  eine  Spielerei  und  Geduldsprobe  denn  als  eine  künstlerische  Leistung 
mutet  uns  heute  eine  Folge  von  gezeichneten  Landschaftspanoramen  an,  die  Schall  während 
der  Sommerferien  zwischen  1822-1834  in  der  Grafschaft  Glatz  mit  Feder  und  Bleistift 
skizzierte.  Jede  Bergspitze,  jede  Bodenerhebung,  jedes  Haus  ist  auf  das  genaueste  in 
Form  und  Lage  wiedergegeben,  und  bei  bewaldeten  Bergzügen  erblicken  wir  bei  naher 
Betrachtung  jeden  Nadel-  oder  Laubbaum  mit  gesonderter  Umrisslinic  gezeichnet.  Zehn 
der  in  einfacher  Kontur  gehaltenen  Zeichnungen  wurden  später  in  Oktavgrösse  lithogra- 
phisch unter  dem  Titel  vervielfältigt:  „Aussichten  über  den  grössten  und  schönsten  Teil 
der  Grafschaft  Glatz"  (Breslau,  Trewendt  und  Granier,  1856).  Aussichten  vom  spitzen 
Berge  bei  Wölfeisgrund,  vom  Heidelberge,  von  den  Seitendorfer  Bergen  und  eine  Ansicht 
des  Eulengebirges  vom  Steinberge  bei  Nieder-Langenau  sind  vor  der  Natur  mit  pein- 
lichster Sorgfalt  aufgenommen. 

Der  Kreis  der  schlesischen  Miniaturmaler  der  Empirezeit  würde  unvollständig  bleiben, 
wenn  wir  nicht  noch  der  beiden  Prinzessinnen  Sophie  und  Emilie  zu  Hohenlohe- 
Ingelfingen  gedächten,  die  als  vornehme  Dilettantinnen  fern  von  dem  Treiben  der  Alltags- 
welt ihre  Kunst  übten.  Ihre  Arbeiten  wurden  durch  die  Miniaturen -Ausstellung  zum 
ersten  Male  weiteren  Kreisen  bekannt.     Wie  entzückend,  wie  einfach,  wie  vornehm  malte 


144 


Fig.  24.    Sophie,  Prinzessin  zu  Holienlolie-lngelfingen, 
Kinderbildnis 


Prinzessin  Sophie  das 
Kinderbildnis  mit  Auyuste 
und  Adolf  zu  Hohenlohe- 
Ingelfingen.  Wie  frisch 
und  mimter  treibt  das 
Pärchen  in  lauschiger 
Landschaft  sein  Spiel, 
damit  beschäftigt,  eine 
Vase  mit  Blumengirlanden 
zu  umkränzen.  Wie  har- 
monisch und  dezent  ste- 
hen die  Farben,  das 
Weiss  der  Kleidchen,  das 
Schwarz  der  Vase  und 
das  lichte  Blaugrün  der 
Landschaft  zu  einander 
(Fig.  24).  Oder  wie  na- 
türlich, ungezwungen  und 
unbeirrt  durch  akade- 
mische Kompositionsge- 
setze wirkt  das  Gruppenbildnis  mit  Adelheid,  Emilie  und  Auguste  zu  Hohenlohe-Ingelfingen, 
das  Prinzessin  Emilie  um  1805  malte.  Diese  reizenden  Bildchen  sind  von  so  hoher 
Vollendung,  dass  vor  ihnen  der  Gedanke  an  Dilettantentum  niemand  in  den  Sinn  kommen 
wird.  Den  Adel  ihrer  eigenen  Abstammung  haben  die  beiden  IVinzessinnen  in  ihre  liebens- 
würdigen Arbeiten  übertragen,  in  denen  sie  ausschliesslich  Familienmitglieder  für  die  Ahnen- 
galerien ihrer  Angehörigen  verewigten. 

Ganz  anders  ist  die  Welt  und  Kultur,  die  sich  in  den  um  zwei  bis  drei  Jahr- 
zehnte jüngeren  Arbeiten  Zausigs  spiegelt,  der  in  seinen  Miniaturbildnissen  als  der 
sachlich  strenge  Interpret  des  schlesischen  Biedermeiers  erscheint.  Über  die  Lebensdaten 
des  Künstlers  Hess  sich  nur  sehr  wenig  mit  einiger  Sicherheit  ermitteln.  Die  Literatur 
schweigt  über  Zausig  vollständig;  die  angeführten  Daten  wurden  lediglich  durch  alte 
Ausstellungs-Kataloge  und  signierte  Arbeiten  Zausigs  gewonnen.  Amand  G.  Zausig  wurde 
wahrscheinlich  um  1800  in  Preussisch  oder  Österreichisch  Schlesien  geboren  Seine  ersten 
künstlerischen  Studien  machte  er  in  Breslau  bei  Schall,  König  und  Siegert.  Unter  An- 
wendung verschiedener  Techniken  übte  er  sich  gleichzeitig  im  Portraitieren  und  Land- 
schaftern, im  Malen  von  Genreszenen  und  Stillleben.  Die  Kataloge  der  Breslauer  Kunst- 
ausstellungen von  1822  24  verzeichnen  ein  Portrait  Ifflands,  Blumenstückc,  einen  Amor 
und  eine  Landschaft  in  Wasserfarben,  zwei  Landschaften  in  Ölfarben  und  drei  Miniaturen: 
ein  Selbstbildnis,  einen  schlafenden  Amor  mit  einem  Satyr  (Kopie  nach  König)  und  Maria 
mit  dem  Jesuskinde  im  Temi:)el  (Kopie  nach  Jos.  Bergler  in  l^rag).     1824  ging  Zausig  nach 


TAFEL  VI 


I  grnfW^" '^i*- 


Fig. 


F.g. 


Fig.  3 


Miniaturen  von  Amand  Zausig 


145 


Dresden,  lernte  die  trefflichen  Miniaturen 
der  dortigen  Galerie  und  einiger  Privat- 
sammler kennen  und  trat  zu  den  dort 
ansässigen  Miniaturmalern  in  nähere 
Beziehungen,  in  Dresden  bildete  sich 
Zausig  zum  eigentlichen  Miniaturmaler 
heran.  Zwei  von  seinen  hier  gemalten 
Miniaturen,  ein  Portrait  Napoleons  i. 
nach  Jean  Baptiste  Jacques  Augustin 
und  eine  Halbfigur  des  Heilandes  nach 
Carlo  Dolci  stellte  er  1828  in  Breslau  aus. 
Obwohl  ihm  Italien  wenig  oder 
nichts  mehr  sagen  konnte,  zahlte  Zausig 
doch  jener  krankhaften  Sehnsucht  nach 
dem  Süden,  die  fast  allen  Künstlern  der 
Zeit  eigen  war,  seinen  Tribut.  Er  ging 
im  Herbst  1827  nach  Rom  und  malte 
Campagna  -  Landschaften ,  Panoramen 
und  Ansichten  der  ewigen  Stadt,  alles 
Dinge,  die  er  bereits  aus  den  Studien- 
mappen seines  Breslauer  Lehrers  Siegert 
kennen   gelernt   hatte.      Im  Jahre   182Q 

kehrte  Zausig  nach  der  Heimat  zurück  und  verlegte  sich  vorzugsweise  auf  das  Miniatur- 
portrait.  Nach  Art  eines  Wandermalers  zog  er  umher  und  malte  auf  herrschaftlichen 
Gütern  Familien-  und  Ahnenbilder.  Sechs  solcher  Portraits,  die  zwischen  1837  und  1839 
in  der  Nähe  von  Breslau  auf  dem  Gute  Bischwitz,  das  damals  eine  Familie  Majunke  be- 
wirtschaftete, entstanden  sind,  bewahrt  jetzt  das  Breslauer  Kunstgewerbemuseum  (vgl.  die 
Lichtdrucktafel  VI).  Es  sind  hervorragende  Leistungen,  die  eine  hohe  Meisterschaft  Zausigs 
als  Miniaturportraitisl  offenbaren.  Mit  subtilster  Feinheit  sind  sie  ausgeführt.  Jedes 
Härchen,  jede  Augenwimper,  jedes  stoffliche  Detail  der  Kleidung,  jedes  Schmuckstück, 
jede  steinbesetzte  Brosche,  Busennadel  und  Uhrkette,  alles  sieht  man  bei  näherer  Be- 
trachtung bis  aufs  kleinste  wiedergegeben,  während  für  den  Fernblick  alles  einheitlich 
klar  wirkt  und  sich  die  einzelnen  Farben  harmonisch  dem  bräunlichen  Blaugrau  des 
Hintergrundes  einordnen.  Und  doch  liegt  in  Zausigs  Werken  ein  gewisses  Etwas,  ein 
gewisser  Mangel  an  Eleganz,  der  sie  leicht  als  Arbeiten  eines  Provinzialkünstlers  der 
Biedermeierzeit  von  Wiener,  Dresdner  oder  gar  französischen  Miniaturen  unterscheiden 
lässt.  Vollkommen  Herr  der  Technik  konnte  Zausig  das  Wesen  seiner  Menschen 
wiedergeben,  wie  es  ihnen  eigentümlich  war  und  wie  er  es  selbst  durch  sein  geistiges 
Auge  sah.  In  diesem  feinen  provinziellen  und  zeitgenössischen  Beigeschmäcke  liegt  ein 
grosser  Teil    des    künstlerischen  Wertes    von  Zausigs  Portraits,    indem    sie    wohl  etwas 

19 


Fig.  25.    Amatul  Zaiisig,  Weibliches  Bikinis 


146 

trocken,  aber  natürlich  und  charaktervoll  anmuten  iintl  nichts  anderes  sein  wollen,  als  sie 
in  Wahrheit  sein  können.  Kaum  ein  zweiter  schlesischer  Bildnismaler  hat  es  in  gleich 
hohem  Masse  verstanden,  den  Charakter  des  vornehmen  schlesischen  Biedermeiers  im 
Bilde  so  treu  und  lebenswahr  wiederzugeben,  wie  es  Zausig  gelungen  ist. 

Aquarellierte  oder  mit  Bleistift  gezeichnete  Landschaftstudien,  die  sich  noch  häufig 
in  schlesischem  [Privatbesitze  befinden,' beweisen,  mit  welcher  Virtuosität  Zausig  seine 
Fertigkeit  als  Miniaturportraitist  auf  das  Gebiet  der  Landschaft  übertrug.  In  sauberster 
Ausführung  zeichnete  er  auf  Papier,  Pergament  oder  Elfenbein  weite  Landschaftspanoramen 
mit  Bergen,  Hügelketten,  Waldungen,  Dörfern,  Wiesen  und  Feldern.  Wie  bei  den  Portraits 
ist  auch  hier  alles  bis  in  die  Einzelheiten  wiedergegeben;  dabei  ist  der  Oesamteindruck 
geschlossen,  einheitlich,  harmonisch.  Die  Blätter  wirken  nicht  wie  kuriose  Spielereien, 
sie  enthalten  oftmals  eine  Grosszügigkeit  und  Naturwahrheit,  durch  die  sich  Zausig  bis- 
weilen sichtlich  über  die  übliche  Landschaftsauffassung  seiner  schlesischen  Zeitgenossen 
erhebt.  Doch  das  Glück  scheint  ihm  nie  besonders  hold  gewesen  zu  sein.  Von  seinen 
Zeitgenossen  war  er  wenig  beachtet,  nirgends  finden  wir  seiner  gedacht,  nur  in  Wien 
soll  er  einmal  für  die  Arbeiten,  die  heute  das  Breslauer  Kunstgewerbemuseum  besitzt, 
eine  Auszeichnung  erhalten  haben.  Als  die  Photographie  die  Miniaturmalerei  immer  mehr 
verdrängte,  war  Zausig  schliesslich  gezwungen,  sich  nach  anderer  Beschäftigung  umzu- 
sehen. Er  musste  von  der  Höhe  seines  Künstlertums  herabsteigen,  um  handwerksmässig 
als  Überdekorateur  von  Porzellangegenständen  für  Bäder-Andenken  sein  Brot  zu  verdienen. 
Einsam  und  verlassen  soll  ihn  das  tragische  Schicksal  schiesslich  in  einem  Armenhause 
haben  sterben  lassen.  Wann  und  wo  ist  niciit  mit  Sicherheit  bekannt.  Seine  letzten 
datierten  Arbeiten  fallen  etwa  in  das  Jahr  1846,  um  dieselbe  Zeit  wird  er  auch  zum  letzten 
Male  in  den  Akten  des  Breslauer  Künstler-Vereins  genannt.  Auf  einem  signierten  Aquarell 
Zausigs  vom  14.  April  1843  (Bes.  Dr.  Erwin  Hintze)  trug  später  der  Architekturmaler 
A.  Wöifl  den  Vermerk  ein:  „Breslau  den  22.  8.  62  abends  ^j.J  Uhr."  Es  ist  niciit  aus- 
geschlossen, dass  es  das  Todesdatum  Zausigs  bedeutet. 

Steht  es  oft  schon  dürftig  genug  um  zuverlässige  Nachrichten  über  die  Breslauer 
Miniaturmaler  jener  Zeit,  so  fehlen  uns  über  die  Künstler,  die  in  den  Provinzialstädten 
arbeiteten,  fast  jegliche  Anhaltspunkte.  Nur  Ferdinand  Völck,  Baron  Karl  von  Rahden 
und  Thomas  sind  uns  durch  die  Ausstellung  näher  getreten.  Von  Ferdinand  Völck 
wissen  wir,  dass  er  1772  als  Sohn  des  Malers  Joh.  Georg  Bartholomaeus  Völck  zu  Würzburg 
geboren  wurde,  dass  er  erst  bei  seinem  Vater,  dann  auf  der  Dresdner  Akademie  studierte, 
am  Anfang  des  neunzehnten  Jahrhunderts  nach  Ratibor  übersiedelte  und  dort  bis  zu 
seinem  Tode  im  Jahre  1829  als  Biidnismaler  tätig  war.')  Ein  männliches  Bildnis  mit  der 
Bezeichnung  „F.  Völck  pinxit"  gelangte  kürzlich  als  Geschenk  des  Herrn  Joseph  Epstein 
aus  Berlin  in  das  Museum  (Fig.  26).  Es  beweist  zur  genüge,  dass  wir  es  mit  einem 
Künstler  zu  tun  haben,  dessen   sich  Schlesien  nicht  zu  schämen  braucht.     Ausdruck  und 


»)  Müllers  Künstlerlexikon,  Bd.  111  S.  805.  —  Füsslis  Allgcni.  Künstlerlexikon  S.  4017. 


147 


Fig.  26,    Ferdinand  Völck, 
Männliches  Bildnis 


Leben  liegt  in  den  Zügen  des  ältlichen  Mannes. 
Sauber  und  fein  ist  die  technische  Behandlung  und  in 
angenehmem  Wohlklange  stehen  die  reinen  Farben, 
das  lichte  Elfenbein  des  blutleeren  Antlitzes,  das  tiefe 
Blau  des  Rockes,  das  milde  Weiss  des  Jabots  und  das 
Graubraun  des  Hintergrundes  zu  einander. 

Baron  Karl  von  Rahden,  am  Ende  des  aciit- 
zehnten  Jahrhunderts  in  Schlesien  geboren,  erlernte  in 
Breslau  die  Miniaturmalerei  und  lebte  später  in  be- 
scheidener Zurückgezogenheit  von  seinem  kleinen  Ver- 
mögen in  Strehlen,  wo  er  um  das  Jahr  1857  gestorben 
ist.  Er  beteiligte  sich  zwischen  1824  1835  hin  und 
wieder  mit  Miniaturen  und  anderen  kleinen  Malereien 
an  den  Breslauer  Kunstausstellungen,  in  seiner  äusse- 
ren Erscheinung  war  er  ein  echter  Vertreter  der  Bieder- 
meierzeit. Gemütlich  und  freundlich  gab  er  sich  im  per- 
sönlichen Verkehr  und  wenig  Gedankentiefe  lag  in  seinen  philiströsen  Lebensanschauungen. 
Diejenigen,  die  ihn  noch  selbst  kennen  gelernt  haben,  wissen  viel  lustige  Dinge  von  seiner 
krankhaften  Ordnungsliebe  und  Pedanterie  zu  erzählen.  Allerlei  Basteleien  füllten  bei 
Herrn  von  Rahden  den  grössten  Teil  des  Tages  aus.  Auch  seine  Arbeiten  verleugnen 
nicht  die  freundliche  Gemütlichkeit  ihres  Urhebers.  Die  Bildnisse  sind  von  sorgfältiger 
Ausführung,  doch  wenig  genial.  Kleinlich  und  trocken  zeigen  sie  nicht  viel  persön- 
lichen Stil.  Auf  einige  Zeichenfehler  kommt  es  auch  nicht  an.  Alte  freundliche  Frauen 
und  Männer  liessen  sich  gern  bei  dem  liebenswürdigen  Herrn  Baron  in  Strehlen  malen. 
Ein  Glück  ist,  dass  von  Rahden  die  meisten  seiner  Werkchen  sorgfältig  mit  vollem  Namen 
versah,  sonst  würde  man  heute  beim  besten  Willen  nicht  mehr  imstande  sein,  Arbeiten 
Karl  von  Rahdens  bei  ihrer  unpersönlichen  Art  allein  auf  dem  Wege  der  Stilvergleichung 
ausfindig  zu  machen. 

Von  dem  Goldarbeiter  und  Miniaturmaler  Thomas,  der  in  der  ersten  Hälfte  des 
neunzehnten  Jaiirhunderts  in  Schweidnitz  lebte,  besitzt  das  Kunstgewerbemuseum  ein 
Bildnis  des  Schweidnitzer  Ratsherrn  Johann  Ehrenfried  Hiller  aus  dem  Jahre  1841.  Mit 
seiner  pedantischen  Korrektheit  in  Ausdruck  und  Technik  spiegelt  es  das  gewissenhafte 
Schaffen  eines  Mannes  wieder,  der  seine  künstlerischen  Anregungen  und  Anschauungen 
allein  aus  der  Gedankenwelt  und  dem  Gesichtskreise  der  Provinzialstadt  zu  schöpfen 
gewohnt  war.  Ein  besonderer  Reiz  des  Bildchens  liegt  in  der  geistigen  Einheit,  die  den 
Maler  und  den  Dargestellten  harmonisch  mit  einander  verband:  hier  der  Ratsherr  in  seiner 
ungezwungenen  aber  doch  würdig  ernsten  Haltung,  ein  schlichter  Kleinstädter,  für  den 
es  ein  gar  bedeutungsvoller  Augenblick  war,  als  er  sich  im  Bilde  für  seine  Nachkommen 
verewigen  Hess,  dort  der  Maler,  der  als  ein  Kind  der  gleichen  geistigen  Atmosphäre 
sachlich  solide  mit  grösster  Peinlichkeit  und  gewissenhaftem  Ernste  seine  Aufgabe  erledigte. 

19' 


148 

Von  einijjen  schlesisclien  Miniaturmalern  haben  wir  vorläufig  nur  durch  die  Kataloge 
der  Breslauer  Kunstausstellungen  Kunde,  und  wir  müssen  es  dem  glücklichen  Zufall  über- 
lassen, ob  in  Zukunft  weitere  Nachforschungen  etwas  von  ihren  Werken  ans  Licht  fördern 
werden.  Bei  einigen  Namen  wird  es  sich  gewiss  nur  um  Dilettanten  handeln,  deren  Ver- 
gessensein für  die  Geschichte  keinen  Verlust  bedeutet;  in  anderen  Fällen  geht  aus  den 
Katalogen  deutlich  hervor,  dass  sich  die  betreffenden  Künstler  nur  gelegentlich  als  Miniatur- 
maler betätigten.  Frau  von  Maubeuge,  geborene  von  Oilgenheim,  stellte  1822  ein 
Miniaturgemälde  aus.  Studiosus  Heer,  ein  Schüler  des  Malers  König,  gab  1823  den  „Kopf 
eines  Alten"  und  1825  einen  „Amor,  den  Bogen  spannend"  en  miniature  zur  Ausstellung. 
Bildnismaler  Karl  Schwindt  aus  Breslau  lieferte  an  Miniaturen  im  Jahre  1823  einen  „Schutz- 
engel, weicher  einem  Knaben  die  heilige  Schrift  auslegt"  (Kopie  nach  Roselli),  einen  weib- 
lichen Kopf  in  italienischer  Tracht,  1827  eine  „Kleopatra"  und  ein  „weibliches  Bildnis  in 
altem  Kostüm".  Von  Karl  Friedrich  Trautmann  -  geboren  den  1.  April  1804  in  Breslau, 
1826  Schüler  der  Berliner  Akademie,  dann  wieder  in  Breslau  und  später  in  Waidenburg 
ansässig,  wo  er  am  2.  Januar  1875  starb  —  finden  wir  in  dem  Kataloge  von  1823  zwei 
Miniaturen  verzeichnet.  Ernst  Wiedemann  aus  Breslau,  erst  Schüler  des  Hofrates  Bach, 
dann  der  Dresdner  Akademie,  stellte  1824  ein  Miniaturbildnis  aus,  während  er  1823  und 
1826  mit  Kopien  nach  alten  Meistern  an  die  Öffentlichkeit  trat.  Von  Maler  Jahn  werden 
1825  und  1835  Miniaturbildnisse  Goethes  (1825  für  6  Taler)  genannt.  Frau  Trautmann 
lieferte  1825  eine  „Hebe"  in  Miniatur.  Anonym  stellte  im  Jahre  1827  eine  Frau  von  .  .  . 
sechs  Miniaturen  aus,  einen  Engel,  eine  Madonna  nach  einem  grösseren  Ölgemälde,  Heloise 
nach  einem  Kupferstich  und  drei  Bildnisse  nach  der  Natur  gemalt  „von  der  sprechendsten 
Ähnlichkeit".  Der  Portrait-  und  Genremaler  Rudolph  Lange—  erst  Schüler  des  Malers 
König  in  Breslau,  seit  182Q  in  Berlin,  dann  nach  Vollendung  der  Studienzeit  in  seiner 
Heimatstadt  Gross-Glogau  tätig  —  beteiligte  sich  1829  mit  einer  Madonna  (Miniaturkopie 
nach  einem  Gemälde  von  Altomonte,  das  sich  im  Besitze  der  Stadt  Breslau  befindet), 
1831  und  1835  mit  Miniaturbildnissen  an  den  Breslauer  Kunstausstellungen.  Rittmeister 
von  Erichsen  in  Gnadenfrei  malte  182Q  sein  kleines  Söhnchen  Oskar  Raphael  in  Miniatur. 
Maler  F.  Fahl  in  Liegnitz  schickte  1829  ausser  zwei  Ölbildern  ein  Miniaturbildnis  nach 
Breslau.  Karl  Axmann  aus  Breslau,  der  sich  lange  Zeit  in  Schlesien  eines  gewissen  Rufes 
als  geschickter  Kopist  alter  Gemälde  erfreute,  gab  im  Jahre  1835  drei  Miniaturportraits 
zur  Ausstellung.  Weiter  tauchte  1835  und  1837  ein  Leutnant  von  Elstcrmaun  in  Fkeslau 
mit  drei  Bildnissen  en  miniature  auf. 

Am  Anfang  des  neunzehnten  Jahrhunderts  war  die  Miniaturmalerei  derart  in  Mode, 
dass  auch  mancher  Künstler,  dem  von  Haus  aus  die  kleine  Feinmalerei  ferner  lag,  hierin 
seinen  Mann  zu  stellen  suchte.  Der  Porlraitmaler  Franz  Friedrich  Keil  geboren  den 
2.  Juli  1813  zu  Liebau  i.  Schles.,  gestorben  den  17.  Januar  1875  in  Breslau  fand  in  seiner 
Jugend  Vergnügen  daran.  Freunde  und  Anverwandte  in  kleinen  Bildchen  als  Silhouette 
oder  in  bunten  Wasserfarben  zu  portraitieren.  Von  dem  Kupferstecher  und  Pastellmaler 
Wilhelm  Henschel  —geboren   1781,  gestorben  den  27.  Juni  1865  in  Breslau        enthielt 


149 


Fig.  27.    Amalie  Pfitzner, 
Weibliches  Bildnis 


die  Ausstellung  zwei  Arbeiten:  das  Bildnis  des  Nicias  August 
Wiliielm  Grafen  v.  Burghauss  auf  Laasan,  gemalt  1803,  und 
das    der    Sängerin    Catalani    aus    der    Privatsammlung    Dr. 
Heimann  in  Breslau.     Auch  von  Fräulein  Amalie  Pfitzner 
—  geboren    in    Breslau   um    1808  als   Tochter  des   Königl. 
Ober-Akzise-    und    Zollrates   Samuel   Gottlieh    Pfitzner,    ge- 
storben in  Breslau  um  1843       sind  einige  Miniaturen  nach- 
weisbar.   Die  Künstlerin  war  etwa  von  1822  - 1824  Schülerin 
des  Breslauer  Portraitmalers  Rother,  hielt  sich  Studien  halber 
kurze  Zeit  in  Dresden  auf  und  beschickte  die  Ausstellungen 
hauptsächlich  mit  Kopieen  nach  älteren  Meistern.    Das  Bres- 
lauer Kunstgewerbemuseum  besitzt  ein  weibliches  Miniatur- 
bildnis, das  nach  alter  Familientradition  als  eine  Arbeit  der 
Künstlerin    gilt    (Fig.    27).      Endlich    befassten    sich    Carl 
Herrmann  (geboren  1791   in  Oppeln,  gestorben  1845  in  Breslau)  Adalbert   Longinus 
Höcker  d.  ä.  (geboren  1761  in  Albendorf,  gestorben  1841),  Eduard  Höcker  d.  j.,  Philipp 
Hoyoll    u.  s.  w.  gelegentlich    mit    der    Miniaturmalerei.      Ernster    ist   Johann  Heinrich 
Christoph  König  zu  nehmen.     In  schlesischem  Besitze  trifft  man  öfters  Miniaturbildnisse 
von  preussischen  Herrschern  und  verdienten  Offizieren  der  Friederizianischen  und  Napoleo- 
nischen Kriege,  die  sich  durch  ihre  technisch  eigenartige  Ausführung  leicht  als  Arbeiten 
ein  und  desselben  Künstlers  dokumentieren. 
Die  Ausstellung  enthielt  sieben  solcher  Bei- 
spiele.    Eines  davon,  ein   Bildnis  Friedrichs 
des  Grossen  im  Besitze  von  Major  a.  D.  von 
Görtz    in    Breslau,    trug  deutlich  lesbar  die 
Bezeichnung  „König".     Damit  wurde  endlich 
auch   auf    diese    Seite    der    vielumfassenden 
Tätigkeit  des  Künstlers  ein  aufklärendes  Licht 
geworfen.     König  ist  zwar  von  Geburt  kein 
Schlesier,  doch  fünfundsechzig  Jahre  seines 
Lebens  verbrachte  er  in  Breslau;  somit  kön- 
nen wir  ihn  mit  vollem  Rechte  als  einen  der 
Unsrigen  in   Anspruch   nehmen.     Er  wurde 
am  11.  November  1777  in  Braunschweig  ge- 
boren.    In   der  bekannten   Dosenfabrik   von 
Stobwasser  erhielt  er  seine  erste  handwerk- 
liche Ausbildung.     Durch    einige    Miniatur- 
bildnisse, die  er  dort  selbständig  auf  Dosen- 
deckel  malte,   legte  er   seine   Begabung   an 

^       X         c     .       .•■  ,.  .  ,  fig.28.    J.  H.  Chr.  König, 

den  Tag.  Fortan  höheren  Zielen  nachstrebend,  Friedrich  Wilhelm  II. 


150 


begab  er  sich  zu  weiteren  Studien  nacii  Berlin.  Von  liier  siedelte  er  etwa  um  das  Jahr 
1803  endgültig  nach  Breslau  über,  wo  er  als  ein  fast  Neunzigjähriger  am  27.  Oktober 
1867  starb.  Durciiblättert  man  die  Kataloge  der  hiesigen  Kunstausstellungen  von  1818 
bis  1867,  dann  staunt  man  über  die  Vielseitigkeit  Königs.  Als  Zeichner,  Maier,  Litho- 
graph, Radierer,  Konservator,  Restaurator  und  Lehrer  hat  er  sein  Talent  bewiesen.  Fast 
alle  jungen  schlesischen  Künstler  jener  Zeit,  die  zum  Teil  später  in  der  Fremde  berühmt 
geworden  sind,  haben  bei  ihm  gelernt.  Sein  Einfluss,  den  er  auf  die  künstlerischen 
Bestrebungen  unserer  Provinz  ausübte,  muss  nach  allem,  was  wir  darüber  wissen,  ein 
ganz  bedeutender  gewesen  sein.  Er  war  vor  dem  Auftreten  von  Ernst  Resch,  also  rinid 
von  1805—1840  die  Sibylle,  bei  der  sich  Breslauer  und  Schlesier  in  allen  Angelegenheiten 
der  bildenden  Kunst  Rat  einholten.  Näher  auf  die  Bedeutung  Königs  als  Praktiker  und 
Theoretiker  einzugehen,  ist  an  dieser  Stelle  nicht  der  Platz,  das  wäre  die  Aufgabe  einer 
selbständigen  Biographie.  Hier  nur  einige  Worte  über  seine  Miniaturen.  Ihre  genaue 
Entstehungszeit  ist  schwer  zu  fixieren,  ihr  Inhalt  wendet  sich  fast  ausschliesslich  der 
Vergangenheit  zu.  Die  Helden  der  Friederizianischen  Zeit  spielen  in  ihnen  die  erste 
Rolle.  Obenan  steht  naturgemäss  das  Bildnis  Friedrichs  des  Grossen,  das  der  Künstler 
in  allen  nur  erdenklichen  Variationen  gemalt  hat.  Neben  ihm  erscheinen  Friedrich 
Wilhelm  1.,  II.,  111.,  Offiziere,  Minister  und  Staatsmänner,  die  den  Hohenzollern  im  acht- 
zehnten Jahrhundert  bei  dem  Ausbau  des  preussischen  Königtums  ihre  Dienste  geleistet 
haben.  Die  Technik  ist  stets  dieselbe.  In  einer  ausgesprochenen  Punktiermanier  sind  die 
Farben  aneinander  gereiht.  Die  Hände  und  Gesichtszüge  sind  meist  von  markanter 
Zeichnung.  Die  Augen  haben  etwas  Stechendes,  das  sich  bei  flüchtiger  gemalten  Bildchen 
bisweilen  zu  einer  unerfreulichen  Wirkung  steigert  (Fig.  28). 

Viel  näher  als  dem  Tafelbildmaler   liegt  naturgemäss    für    den   Porzellandekorateur 
die  Versuchung,  gelegentlich  einmal  auf  das  Gebiet  des  Miniaturmalers  überzugreifen.    So 

sah  man  auf  der  Ausstellung  mehrere  Arbeiten  von 
Christian  Friedrich  Knoefvell,  der  1751  in  Rawitsch 
als  jüngster  Sohn  des  Malers  Karl  Siegismund  Knoefvell 
geboren  wurde  und  1827  als  Email-  und  f^orzellanmaler 
in  Waidenburg  starb.  Unter  einigen  Portraits  und  Oenre- 
szenen,  in  bunten  Lackfarben  auf  Elfenbein  und  Por- 
zellan gemalt,  fiel  besonders  das  lebensvolle  Bildnis 
des  Breslauer  Stück-  und  Kanonengiessers  Georg  Ben- 
jamin Krieger  (1764  1834)  auf,  das  rückseitig  die  Be- 
zeichnung „C.  F.  Knoefvelle  1797"  trägt  (Fig.  29).  Als 
l'orzellanmaler  begegnet  uns  Knoefvell  häufiger.  Tassen 
und  Teller  mit  Malereien  verschiedenartigsten  Inhalts  aus 
der  Empirezeit  tragen  seine  Signatur.  Auf  der  Breslauer 
p.    29    c  F  K      f    II  Kunstgewerbe-Ausstellung   von   1878    befand   sich   ein 

Georg  Fienjaniin  Krieger  von  Ktioefvell  1799  gemaltes  Kaffeeservice  aus  Porzellan 


151 

Zum  Schliiss  wollen  wir  noch  des  Zeichners  und  Lithographen  Louis  Ferdinand 
Koska  gedenken,  obwohl  sein  Schaffen  streng  genommen  nicht  mehr  in  den  Rahmen 
des  vorliegenden  Aufsatzes  gehört.  Nicht  als  Maler  sondern  als  Miniaturzeichner  hat 
sich  Koska  einen  Namen  gemacht.  Am  26.  Oktober  1808  in  Brieg  als  Sohn  eines  Schuh- 
machers geboren,  besuchte  er  erst  die  Volksschule  und  von  1823  26  das  Gymnasium. 
Dann  trat  er  bei  dem  Breslauer  Maler  und  Lithographen  Grüson  in  die  Lehre.  Später 
arbeitete  er  einige  Zeit  bei  J.  H.  Chr.  König.  Im  September  1845  erhielt  er  auf  Verwenden 
des  Historienmalers  Rosenfelder  die  Stelle  eines  Zeichenlehrers  an  dem  Realgymnasium 
zum  heiligen  Geist  und  wirkte  daselbst  bis  zu  seinem  Tode  am  25.  Mai  1862.')  Grund- 
legend für  Koskas  ganzes  späteres  Schaffen  blieben  die  Lehrjahre  bei  J.  D.  Grüson.  Mit 
Hilfe  des  Verständnisses,  das  er  sich  hier  für  die  lithographische  Reproduktionstechnik 
erwarb,  war  er  imstande,  alle  die  Bücher-Illustrationen  mit  sicherer  Hand  zu  entwerfen, 
die  er  später  für  den  Verlag  von  Eduard  Trewendt  lieferte.  Ausgaben  von  Steins 
„Prairieblume",  von  Hoffmanns  „Waldläufer"  und  „Ansiedler  von  Van-Diemens-Land", 
von  Merx'  „Schloss  und  Hütte,"  von  Strachwitz'  „Lieder  eines  Erwachenden"  und  vor 
allem  des  Sudeten-  und  des  Schlesischen  Albums,  die  in  den  vierziger  und  fünfziger 
Jahren  des  neunzehnten  Jahrhunderts  bei  Trewendt  in  Breslau  erschienen,  verdanken 
hauptsächlich  dem  Zeichner  Koska  ihren  bildlichen  Schmuck.-)  Ausserdem  erhielt  viel- 
fach von  ihm  der  Breslauer  Graveur  und  Kupferstecher  Carl  Hintze  Entwürfe  und  Vor- 
lagen für  seine  Metallarbeiten,  Siegel  und  Wappenstempel.  Endlich  nahm  der  Glasmaler 
Seiler  in  Breslau  Koskas  künstlerische  Beihilfe  öfters  in  Anspruch  und  liess  von  ihm 
Kartons  zu  Glasgemälden  anfertigen.  Während  unsere  neuzeitigen  Maler  und  Zeichner 
zumeist  mit  ein  paar  genialen  Strichen  ihre  Skizzen  hinwerfen,  liebte  es  Koska,  seine  Ent- 
würfe, mochten  sie  nun  für  minutiöse  Vignetten  und  Stempel  oder  für  grosse  Glasgemälde 
bestimmt  sein,  in  den  kleinsten  Dimensionen  auf  das  Papier  zu  bringen.  Er  besass  hierin 
eine  solche  Geschicklichkeit  und  Sicherheit,  dass  es  ihm  nicht  mehr  Mühe  und  Aufwand 
kostete  als  einem  anderen  geübten  Künstler  der  flüchtige  Entwurf  in  grösserem  Massstabe. 
So  galt  Koska  seiner  Zeit  unstreitig  als  der  geschickteste  Feder-  und  Bleistiftzeichner  Schlesiens. 
Bei  ihm  gibt  es  kein  tastendes  Suchen.  Mit  grösster  Sicherheit  sitzt  jeder  Strich  und  jeder 
Punkt  an  seinem  Fleck,  so  dass  auch  das  feinste  und  kleinste  Bildchen  in  klarer  Deutlichkeit 
und  Reinheit  zu  uns  spricht.  Wenn  man  seine  nur  wenige  Millimeter  grossen  Blättchen 
betrachtet,  bedarf  es  oft  sehr  genauen  Hinsehens,  um  die  winzigen  Federzeichnungen 
von  Kupferstichen    und    anderen    mechanischen    Reproduktionen    zu    unterscheiden.     Der 


')  Vgl.  Chronologisches  Verzeichnis  der  Direktoren  und  Lehrer  des  Realg)mnasiunis  zum  heiligen 
Geist  von  Prof.  Ludwig  Stieff,  Breslau  189g  S.  16. 

')  Sudeten-Album.  48  Ansichten  der  schlesischen  Bäder  und  ihrer  Umgebungen  von  F.  Koska. 
1846—1862.  —  Schlesisches  Album.  49  Blatt  nach  der  Natur  aufgenommen  von  F.  Koska.  1854—1862.  — 
ulius  Hoffmann,  Der  Waldläufer.  Mit  12  Bildern  von  F.  Koska.  1853;  9.  Auflage  1878.  -  M.  Graf  Strach- 
Jwitz,  Lieder  eines  Erwachenden.  Mit  Holzschnitten  nach  Zeichnungen  von  F.  Koska.  1854.  — Julius  Hoff- 
mann, Der  Einsiedler  von  Van-Diemens-Land.  Mit  4  Bildern  von  F.  Koska.  1855.  —  E.  Mer.x,  Schloss  und 
Hütte.    Mit  4  Bildern  von  F.  Koska.     1850.        Wilhelm  Stein,  Prairieblume  unter  den  Indianern.     1855. 


152 

Endbestimmuno-  der  Entwürfe  entspiecliend,  behandelt  ihr  hiiialt  die  mannigfachsten  Themata. 
Hier  sind  es  Portraits  der  Biedermeier-  iiiui  Krinolinenzeit  von  trefflichster  Prägung  des 
Charakters  und  der  hidividualität  des  Dargestellten,  dort  sind  es  Genrebildchen  und  Szenen 
aus  der  biblischen  Oeschiclite,  hier  wieder  Tierstudien,  schlesischc  Landschaften,  dort  schliess- 
lich ornamentale  Vignetten  und  Randleisten.  Allerdings,  so  sehr  wir  auch  die  zeichnerische 
Virtuosität  Koskas  bewundern  müssen,  können  wir  uns  dem  Eindrucke  nicht  verschliessen, 
dass  bisweilen  die  selbstschöpfcrische  Erfindungsgabe  hinter  der  technischen  Handfertig- 
keit zurückbleibt.  Die  nach  ticm  Leben  gezeichnctt'ii  I^ortraits  werden  in  ihrer  künst- 
lerischen Vollendung  jeden  Wechsel  des  Geschmackes  überdauern.  Doch  in  den  religiösen 
Kompositionen  treten  oftmals  deutliche  An-  und  Entlehnungen  zutage  und  in  dem  Stil 
der  Ornamentik  teilt  Koska  mit  vielen  seiner  Zeitgenossen  die  Vorliebe  für  unfreie 
Reminiszenzen  an  die  Zeit  der  Gotik  und  der  Renaissance.  Ein  höheres  Verständnis  für 
di^n  Rl-\i  der  Farbe  hat  Koska  nie  erlangt.  Als  Schüler  eines  Lithographen  sah  er  die 
Welt  durch  das  Auge  des  Graphikers  und  vertiefte  sich  nur  in  ihre  zeichnerischen  Be- 
standteile. Als  Maler  ist  Koska  bunt,  hart  und  unharmonisch.  Die  Farben  wirken  wie 
mit  dem  Pinsel  gezeichnet.  Er  selbst  dünkte  sich  auch  nie  ein  Maler,  nur  die  mangelnde 
Einsicht  der  Nebenmenschen  zwang  ihn,  bisweilen  auf  ein  Gebiet  überzugreifen,  das  ihm 
nicht  lag  und  nicht  sonderlich  zusagte. 

Die  vorliegende  Abhandlung  bedeutet  einen  ersten  Versuch  und  kein  Ende.  Wohl 
Hess  die  Miniaturen -Ausstellung  im  vergangenen  Herbste  eine  stattliche  Reihe  von  be- 
deutenden Künstlern  der  schlesischen  Heimat  wieder  vor  unseren  Augen  auferstehen,  von 
deren  Dasein  man  vorher  kaum  noch  eine  Ahnung  hatte,  doch  die  Erfahrung  lehrt,  wo 
die  Forschung  einmal  ihren  ersten  Spatenstich  mit  Erfolg  getan  hat,  da  gräbt  sie  langsam, 
aber  sicher  im  Laufe  der  Jahre  weiter  und  holt  immer  neue  ungeahnte  Funde  aus  den 
schlummernden  Tiefen  der  Vergessenheit  herauf.  So  wird  sich  gewiss  auch  der  Kreis 
der  schlesischen  Miniaturmaler  mit  der  Zeit  noch  vergrössern  und  ihr  Bild  sich  festigen. 
Es  werden  sich  an  diesen  ersten  Anfang  Ergänzungen,  Vermehrungen  und  Berichtigungen 
anreihen,  bis  die  Geschichte  der  schlesischen  Miniaturmalerei  endlich  so  klar  und  greifbar 
vor  uns  steht,  wie  sie  es  verdient. 

Zum  Schluss  lassen  wir  ein  Verzeichnis  der  Arbeiten  obiger  Miniaturmaler  folgen, 
die  durch  die  Ausstellung  bekannt  geworden  sind. 

Friedrich  Wilhelm  Senewaldt 

AlhiMii  mit  315  Portiaitniiiiiaturcii ;  gemalt  /wischen  1784  1802.  (Reichsj^raflicli  v<iii  1  lochbeigsclie  Majorats- 
bibliothek zu  Fiirstenstein.) 

Album  mit  159  LatKlschaftcu  in  Wasserfarben;  jjemalt  zwischen  1784  1800.  Teilweise  mit  dem  Namen, 
häufig  mit  dem  Monogramm  des  Künstlers  versehen.  (Keichsgräflich  von  Hochbergsche  Majorats- 
bibliothek zu  Fürstenstein.) 

Gräfin  von  Hoym,  geb.  Gräfin  von  Dyhrn,  Gemahlin  des  Staatsnn'nistcrs  Grafen  von  Hoym.  In  dem 
Deckel  einer  Elfenbeindose.     (Exzellenz  Andreas  Graf  von  Maltzan  auf  Schloss  Militsch.) 

Gräfin  Stolberg(?)  Vgl.  Fig.  1.  (Schlesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau;  luv. 
Nr.  1  :  04.) 


153 

Georg  Sigistimiid  Neu  iiiaiui;    geb.  1733,  Kcst.  1796  in  Dittersbach  bei  Sagan.     Um  1790.    'Staatsanwalt 

Rudolph  Reinecke,  Breslau.) 
Barbara  Helene  Neumann,  geb.  Lehmann;  geb.  1740  in  Wichelsdorf  bei  Sprottau,  gest.  1824.    Gemahlin 

des  Vorigen.    (Staatsanwalt  Rudolph  Reinecke,  Breslau.; 

Gottfried  August  Thilo 

Bildnis  eines  Offiziers.     Ringminiatur;   um   1785.    (Schlesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer, 

Breslau;  Inv.  Nr.  204:03.) 
Männliches    Bildnis.     Ringminiatur;    um    17S9.     (Schlesisches  Museum    für  Kunstgewerbe    und    Altertümer, 

Breslau;  Inv.  Nr.  175:03.) 
General   von  Tauentzien;    um  1790.     Fig.  9.      (Schlesisches  Museum   für  Kunstgewerbe  und  Altertümer, 

Breslau;  luv.  Nr.  201  :  03.j 
Friedrich  Wilhelm  II.   von  I'rcussen;   um  1790.     Fig.  5.     (Schlesisches  Museum   für  Kunstgewerbe  und 

Altertümer,  Breslau;    luv.  Nr.  202:03.) 
Männliches  Bildnis;    um   1790,     Fig.  7.     iSchlesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer,   Breslau; 

Inv.  Nr.  203  :  03.) 
Männliches  Bildnis;  um  1790.     (Kreisbaumeister  Thilo,  Breslau.) 
Mäimliches  Bikinis;  Kopie,  Ölfarbe  auf  Metall;  um  1790.    (Familie  Thilo,  Breslau.) 
Frau  Solbrig;  um  1793.    (Schlesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau;  Geschenk  des 

Fräulein  Marie  Thilo,  Breslau;  Inv.  Nr.  218  :  03.) 
Mortimer  Graf  von   Maltzan  und  Gräfin   FauTii  Maltzan,  spätere    Prinzessin   Biron  von  Curland; 

gemalt  im  März  1797  für  30  Taler.    (Exzellenz  Andreas  Graf  von  Maltzan  auf  Schloss  Militsch., 
Joli:iun  Joseph  Wentzel,  Kaufmann,  Begründer  der  Firma  Moritz  Wentzel  am  Ring  in  Breslau;  geb.  1758, 

gest.  1831.    Gemalt  im  Juni  1797  für  18  Taler.     Fig.  2.     (Frau  Moritz  Wentzel,  Breslau). 
Königin  Luise  von  Preussen;    von  1799.      Fig.  4.    (Familie  Thilo,  Breslau.; 
Carl  Frau/  Joliaiin   von  Machui  auf  Ocklitz  und  Grüben  in  Schlesien;  geb.  1765.    Gemalt  im  Juli  1797 

für  18  Taler.    (Rentier  Arthur  von  Machui,  Breslau. 1 
Johann   Gotllieb  Kusche,  Pastor;  gemalt  im  Januar  1802.     Fig.  10.     iFräulein  Marie  Thilo,  Breslau.) 
Frau   Anna   Rosina   Kusche,    Gemahlin    des  Vorigen;    gemalt  im   Januar  1802.      (Fräulein  Marie  Thilo, 

Breslau.; 
Johann   Friedrich   Wilhelm   Oilling,  Magazin-Rendant    und   Kriegskommissar  zu   Breslau;    geb.    1759, 

gest.  1837.    Gemalt  im  Juni  1803  für  15  Taler.    (Königl.  Landmesser  M.  Hellmich,  Ologau.) 
Bildnis  eines  Mädchens;    um  1802,   unvollendet.    (Schlesisches  Museum   für  Kunstgewerbe  und   Altertümer, 

Breslau;  Inv.  Nr.  205:03.; 
Fülleborn,  Professor  am  Elisabeth-Gymnasium  in  Breslau;  gemalt  im  Februar  1803.    (Schlesisches  Museum 

für  Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau;  Inv.  Nr.  7359.) 
Frau  Thilo,  geb.  Schander,  die  Gattin  des  Künstlers;  um  1803.    (Familie  Thilo,  Breslau.) 
Joseph  Fürst  zu  Hohenlohe-Bartenstein,  Fürstbischof  von  Breslau.     Gemalt  im  Dezember  1805  für 

12  Taler;  Kopie.    (Domregistrator  Appaly,  Breslau.' 
Johann   Friedrich   August   Hagen,    Senior   zu  St.  Elisabet.      Von    Thilo    auf   seinen   Kupferstich    vom 

Jahre  1812  en  miniature  eigenhändig  gemalt.    (Dr.  Erwin  Hinlze,  Breslau.) 
Friedrich  der  Grosse.     Ringminiatur;  gemalt  im  März  1808  für  18  Taler.    i Frau  Moritz  Wentzel,  Breslau.) 
Friedrich   Wilhelm   III.;    um  1814.     Fig.  8.     iSchlesisches  Museum   für   Kunstgewerbe   und   Altertümer 

Breslau;  Geschenk  des  Herrn  Kreisbaumeisters  Thilo,  Breslau;  Inv.  Nr.  221  :  03.) 
Friedrich  Wilhelm  III.     Ringminiatur;  um   1814.    (Dr.  Erwin  Hintze,  Breslau.) 
Alexander  I.  Kaiser  von  Russland;  um  1814.     (Familie  Thilo,  Breslau.) 
Französischer  General   in   Uniform;    um    1814.     iSchlesisches  Museum    für   Kunstgewerbe    und    Altertümer, 

Breslau;  Inv.  Nr.  239:03.) 
Genrebild:  ein  verstorbenes  Kind  des  Künstlers  wird  von  Engeln  gen  Himmel  gebracht;   um   1320.    (.Kreis- 

bauiueister  Thilo,  Breslau.) 


154 

Selbstbildnis  des  Künstlers  (Öl  auf  Leinwand. i;  um  1835.  Fig.  6.  (Schlesisches  Museum  für  Kunst- 
gewerbe und  Altertümer,  Breslau;  Geschenk  des  Herrn  Kaufmami  Isidor  Mamlok,  Breslau;  luv. 
Nr.  194  :  03.) 

Selbstbildnis  des  Künstlers  \0\  auf  Leinwand);  Wiederholung  des  Vorigen.  (Kreisbaunieister  Thilo, 
Breslau.) 

Friedrich  der  Grosse;   um  1840.     Fig.  3.     (Familie  Thilo,  Breslau.) 

Friedrich  Wilhelm  III.;  um  1840.    (Konsul  Siegmund  Friedmann,  Breslau.) 

Fürst  von  Blücher;   um  1840.    (Konsul  Siegmund  Friedmann,  Breslau.) 

Carl  Gottlob  Schmeidler 

Selbstbildnis  des  Künstlers;  um  1805.     Fig.  12.    (Frau  Pastor  Elise  Schmeidler,  Charlottenburg- Berlin.) 
Rosine  Henriette  Eleonore  Schuieidler,  geb.  Müller,  die  Gattin  des  Künstlers,    i Leutnant  Schmeidler, 

Danzig.) 
Mäimliches  Bildnis.    Jugendarbeit.    (Leutnant  Schmeidler,  Danzig.) 
Prinzessin  zu   Hohenlohe-lngelfingen;    von   1805.       Fig.  13.      (Schlesisches   Museum   für   Kunstgewerbe   und 

Altertümer,  Breslau;  Inv.  Nr.  240  :  03.) 
Emilie   Prinzessin  zu   Hohenlohe-lngelfingen;    von  1805.     Bez.:  Schmeidler.    (Fürst  zu  Hnhenlohe- 

Oehringen,  Herzog  von  Ujest  auf  Slawentzitz.) 
Adele  Prinzessin  zu   Hohenlohe-lngelfingen;  von  1805.     Bez.:  Schmeidler.    (Fürst  zu   Hohenlohe- 

Oehringen,  Herzog  von  Ujest  auf  Slawentzitz.) 
Adele  Fürstin  zu  Hohenlohe-Kirchberg,  geb.  Hohenlohe.   (Frau  Wanda  von  Dallwitz,  Berlin.) 
Gräfin  Erbach,  geb.  Prinzessin  Hohenlohe.    (Frau  Wanda  von  Dallwitz,  Berlin.) 
Carl  Graf   von  Maltzan    in  der  Uniform  des  Schlesischen  Kürassier-Regiments  Nr.  1;    um  1815.     Bez.: 

Schmeidler.    Fig.  15.     (Exzellenz  Andreas  Graf  von  Maltzan  auf  Schloss  Militsch.) 
Mortimer  Graf  von  Maltzan.  Bez.:  Schmeidler.  (Exzellenz  Andreas  Graf  von  Maltzan  auf  Schloss  Militsch.) 
Auguste  Gräfin    von    Maltzan,    geh.  Gräfin    von    der  Goltz,   aus    dem   Hause  Clausdorf;    geb.   1798, 

gest.  1837.     Bez.:  Schmeidler  p.    (Exzellenz  Andreas  Graf  von  Maltzan  auf  Schloss  Militsch.) 
Ludwig  von  Köckritz,  Herr  auf  Mondschütz,  in  der  Uniform  des  Brandenbnrgischen  Husaren-Regiments 

Nr.  3.     Um  1815.     Bez.:  Schmeidler.    (Fräulein  von  Köckritz  auf  Mondschütz  bei  Wohlan.) 
Friederike  von  Köckritz,  geb.  von  Rothkirch-Panthen,   mit  ihren   drei  ältesten  Kindern  Cuno,  Therese 

und  Natalie.    Bez.:  Schmeidler  pinx         1821.   Vgl.  die  Heliogravüre  Taf.  V.    (Fräulein  von  Köckritz  auf 

Mondschütz  bei  Wohlan.) 
Freiherr  von  Köckritz  auf  Sürchen.     (Frau  C.  von  Wrochem,  geb.  von  Ktickritz,  Potsdam.) 
Frau  von  Köckritz,  geb.  von  Rothkirch,  Gemahlin  des  Vorigen.   Bez.:  Schmeidler.    (Frau  C.  von  Wrochem, 

geb.  von  Köckritz,  Potsdam.) 
Louis  von  Mutius,  Kommandierender  General  iles  VI.  Armeekorps.   Bez.:  Schmeidler.  (.General  von  Mutius, 

Landeck.  I 
Frau  von  Mutius,  geb.  von  Röder,  Gemahlin  des  Vorigen.    Bez.:  Schmeidler.  (General  von  Mutius,  Landeck.) 
Freiherr  von  Seherr-Thoss.     Bez.:  Schmeidler.     (Frau  Baronin  von  Richthofen,  Breslau.) 
Freifrau  von  Seherr-Thoss,  geb.  Moriz-Eichborn,  Gemahlin  des  Vorigen.    Bez.:  Schmeidler.  i'Frnu  Baronin 

von  Richthofen,  Breslau. j 
Bildnis  eines  Polen.     Bez.:  Schmeidler.     (Geh.  Sanitätsrat  Dr.  Schmeidler,  Breslau.) 
Bildnis  einer  polnischen  Gräfin.     Bez.:  Schmeidler.    (Schlesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  nnil  Altertümer, 

Breslau;    Inv.  Nr.  169:03.) 
Frau  Marie  Göppert,  geb.  Hemer  f  1830;  erste  Gemahlin  des  Geheimrats  Prof.  Göppert  in  Breslau.     Bez.: 

Schmeidler.     Fig.  11.     (Fräulein  Emmy  Göppert,  Breslau.) 
Frau  Marie   Göppert,    Wiederholung    des    vorigen    Bildes    in    ovalem    Format.     Bez.:   Schmeidler.     lOeh. 

Justizrat  Luhe,  Breslau.) 
Männliches  Bildnis.     Bez.:  Schmeidler.     (Leutnant  Schmeidler,  Danzig.) 
Carl  Werner,  Schwager  des  ehemaligen  Polizeipräsidenten  von  Breslau,  Heinke.     Bez.:  Schmeidler.     Frau 

Wanda  von  Dallwitz,  Berlin. ; 


155 

Dame  in  blauem  Kleide.    (Frau  Professor  Schotte,  Berlin.) 
Damenbildnis.      Geh.  Sanitätsrat  Dr.  Schmeidler,  Breslau.: 
Damenbildnis,  unvollendet.     .Fräulein  Katharina  Selige,  Brandenburg  a.  Havel.) 
Damenbildnis,  unvollendet.     (Rechtsanwalt  Schmeidler,  Liegnitz.; 
Männliches  Bildnis,  unvollendet.     (Rechtsanwalt  Schmeidler.  Liegnitz.i 
Jugendlicher  Johanneskopf.     Fig.  14.    (Fräulein  Katharina  Selige,  Brandenburg  a  Havel ) 
Sandmsel  m,t  der  alten  Dombrücke  in  Breslau,  von  der  Holteihöhe  gesehen.    (Geh.  Baurat  a.  D.  Dato,  Cassel.) 
Wallfahrtskapelle  bei  Wartha  in  Schlesien;  Ölbild.     Bez.:  Schmeidler.      Leutnant  Schmeidler,  Danzig  , 
Agnetendorf  im  Riesengebirge;    Ölbild   von  1838.     Bez.:  Schmeidler.     (Fräulein  Katharina  Seligo,   Branden- 
bürg  a.  Havel.  I 

Landschaftsstudien  aus  dem  schlesischen  Gebirge,  Zeichnungen  von  1820-1838.  .Geh  Sanitätsrat 
Dr  Schmeidler,  Breslau;  Dr.  Erwin  Hintze,  Breslau;  Frau  Pastor  Weiss,  Bremen;  Fräulein  Clara 
Schmeidler,  Schmiedeberg  i.  Riesengeb.) 

Joseph  Raabe  (?) 

Bikinis  eines  Leutnants.    Fig.  16.    (Sehlesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau;  Geschenk 

der  Frau  Geh.  Oberfinanzrat  von  Gellhorn,  Liegnitz;  Inv.  Nr.  744  :  93., 
Bildnis  eines  Offiziers.    (Hofantiquar  Max  Altmann,  Breslau.) 

Joseph  Friedrich  August  Schall 

Selbstbildnis  des  Künstlers  im  Alter  von  siebzehn  Jahren;  von  1802.  Fig.  19.  (Sehlesisches  Museum 
für  Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau;  Geschenk  des  Herrn  Major  a.  D.  Schall,  Reichenbach- 
Inv.  Nr.  62  :  83.j 

Friedrich  Wilhelm  IL;  um  1804.  (Sehlesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer  Breslau- 
Inv.  Nr.  132:81.1 

General  von  Tauentzicn;  um  1804.  (Sehlesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau- 
Geschenk  des  Herrn  Major  a.  D.  Schall,  Reichenbach;  Inv.  Nr.  60:83.) 

Selbstbildnis  des  Künstlers  im  Alter  von  22  Jahren;  von  1807.  Fig.  17.  .Sehlesisches  Museum  für 
Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau;  Geschenk  des  Orossherz.  badischen  Konser%-ators  Herrn 
Direktor  Th.  Schall,  Baden-Baden;  Inv.  Nr.  85:03.) 

Vestalin;  Kopie  nach  Angelica  Kanffmann  von  1807.  .Sehlesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und 
Altertumer,  Breslau;  Geschenk  des  Herrn  Major  a.  D.  Schall,  Reichenbach;  Inv.  Nr.  59-83) 

Sibylle;  Silberstiftzeichnung.  Kopie  nach  Angelica  Kauffmann  von  1807.  .Sehlesisches  Museum  für  Kunst- 
gewerbe und  Altertümer,  Breslau;  Geschenk  des  Herrn  Major  a.  D.  Schall,  Reichenbach-  Inv 
Nr.  58  :  83.) 

Napoleon  1.  als  Konsul.     Kopie  nach    Isabey  von  18Ü8.     Bez.:  Schall.    (Sehlesisches  Museum    für  Kunst- 

gewerbe    und    Altertümer,    Breslau;    Geschenk    des    Herrn    Maj<,r   a.    D.    Schall,    Reichenbach-    Inv 

Nr.  57:83.) 
Venus  und  Amor.    (Sammlung  Albert  Jaffe,  Hamburg.! 
Luise,   Fürstin  zu   Hohen  lohe-Oehringen,  geb.  Prinzessin   von  Württemberg.     Bez.:   J.  Schall    pinx 

Flg.  20.     (Fürst  zu  Hohenlohe-Oehringen,  Herzog  von  Ujest  auf  Slawentzifz.  i 
Ecce  homo,   Miniaturtuschzeichnung;  um  1815.    (Direktor  Th.  Schall,  Baden-Baden.i 
Herzog  und   Herzogin  von  Württemberg.    Zwei  Originalpausen  zu  Miniaturen;    um  1815       Direktor 

Th.  Schall,  Baden-Baden.) 

Frau  von  Frankenberg-Ludwigsdorf.  geb.  von  Köckritz.  Schwester  des  Freiherrn  von  Köckritz  auf  Sürchen- 
um   1823.     Flg.  18.     (Frau  C.  von  Wrochem,  geb.  von   Kockrit/.  Potsdam 

Graf  Hohen. hal-DöIkan.    Silberstiftzeichnung;   um  1825.     Fig.  22.     (Hans  Ulrich  Graf  von  Schaffgotsch 
auf  Koppitz.; 

Gräfin  Hohenthal,    geb.  von   Krosigk.    Silberstiftzeichnung;    um  1825.     Fig.  23.     vHans  Ulrich  Graf  von 

Schaffgotsch  auf  Koppitz.) 
Männliches  Bildnis;    um   1830.     Bez.:    Schall  pinxit.     (Konsul  Siegmund  Friedmann,  Breslau.) 


20* 


156 

Haiiptniann  Weigatul ;  um  1835.    Fig.  21.    (Schiesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  iiiui  Altertiiiiicr,  l?reslaii ; 

Cieschciik  des  Herrn  Major  a.  D.  Schall,  Reichenbacli;    Inv.  Nr.  61  :83.) 
Landschaften,    meist    aus    der   Grafschaft   (ilatz,    in    Miniatur-Federzeichnung;    1822  —  1834.      (Scliiesisches 

Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau;  luv.  Nr.  3202  a,  b;  Kaufmann  Leo  Seelig,  Breslau.) 

Sophie,  Prinzessin  zu   Hoheniohe-lngelfingen 

I'rinzessin  Auguste  und  Prinz  Adolph  zu  Hoheniohe-lngelfingen  eine  Vase  bekränzend;  uiu  1800. 

Fig.  24.     (Fürst  zu  Holienlohe-Oehringen,  Herzog  von  Ujest  auf  Slawentzitz.) 
August,   Erbprinz  zu   Hohenlohe-Oehringeu;    von   1807.    (Fürst  zu   Hohenlohe-Oehringen,   Herzog 

von  Ujest  auf  Slawentzitz.) 

Emilie,  Prinzessin  zu  Hoheniohe-lngelfingen 

Adelheid,  Auguste,  Emilie,  Prinzessinnen  zu  Holienlohe  -  I  ngelfingen;  um  1805.  Bez.:  Enu'lie  pinx. 
(Fürst  zu  Hohenlohe-Oehringen,  Herzog  von  Ujest  auf  Slawentzitz.) 

Amand  G.  Zausig 

Männliches    Bildnis;      imi    1830.      (Schlesisches    Museum    für    Kunstgewerbe    und    Altertümer,    Breslau; 

Inv.  Nr.  222:03.) 
Kammergerichts-Assessor  Dr.  Majunke  auf  Bischwitz  bei  Breslau;  von   1839.     Bez.:  A.Z.    Taf.  VI,  Fig.  1. 

(Schlesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau;    Inv.  Nr.  225  :  02.) 
Herr  Majunke   auf  I3ischwitz  bei  Breslau,  Bruder  des  Vorigen;    von   183Q.    Bez.:    Zausig.    Taf.  VI,  Fig.  2. 

(Schlesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau;    Inv.  Nr.  226 :  02.) 
Frau  Horsetzka,  geb.  Majunke,  Schwester  der  beiden  Vorigen;    von   1839.    Bez.:    A.  O.  Z.    Taf.  VI,   Fig.  3. 

(Schlesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  luul  Altertümer,  Breslau;    Inv.  Nr.  227  :  02.) 
Fräulein   Horsetzka.    Bez.:   Zausig  39.    (Schlesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertiimer,  Breslau; 

Inv.  Nr.  228:02.1 
Damenbildnis;     um  1840.     Fig.  25.    (Schlesisches    Museum    für    Kunstgewerbe    und    Altertümer,    Breslau; 

Inv.  Nr.  229:02.) 
Dainenbildnis;     um    1840.     Bez.:    A.  Zausig.     (Schlesisches    Museum    für    Kunstgewerbe    und    Altertümer, 

Breslau;    Inv.  Nr.  230  :  02.) 
Damenbildnis.    (Fräulein  von  Montbach,  Breslau.) 
Assessor  Forche.    (Fräulein  von  Montbach,  Breslau.) 

Männliches  Bildnis;  um  1840.  Schlecht  erhalten.  (Frau  Oberförster  Thiele,  Breslau.) 
Weibliches  Bildnis;  um  1840.  Schlecht  erhalten.  (Frau  Oberförster  Thiele,  Breslau.) 
Weibliches  Bildnis;    um  1840.     (Frau  Oberförster  Thiele,  Breslau. i 

Kaufmann  Friedrich  August  Krause;    um  1840.     (Buchhändler  Gustav  Peuckert,  Breslau.) 
Landschaft,  aquarellierte  Miniaturzeichnung.     Bez.:    16.  Octob.  41.    (Dr.  Erwin  Hintze,  Breslau.) 
Ansichten    von  Rom,   13  Zeichnungen.     Bez.:    Zausig,   Rom  4.  October      4.  November  1827.    (Schlesisches 

Museum   für  Kunstgewerbe   und   Altertümer,   Breslau;    Geschenk  des   Herrn   Kaufmann    Leo  Seelig, 

Breslau;    Inv.  Nr.  3201   a-n.) 

Ferdinand  Völck 
Märuiliches    Bildnis.     Bez.:    F.  Völck  pinxit.     Fig.  26.     iSchlcsisches   Museum    fiii    Kunstgewerbe    und    Alter- 
tümer, Breslau;    Geschenk  des  Herrn  Joseph  Epstein,  Berlin;    Inv.  Nr.  217:03.) 
Christian  Fliegner,  Landschaftskassen-Rendant  in  Ratibor,  gest.  1836.    Bez.:  Völck.    (Hütteiuiispektor  a.  D. 

Adolf  Fliegner,  Breslau.) 
Karoline  Fliegner,   Gemahlin  des  Vorigen.    (Hütteninspektor  a.  D.  Adolf  Fliegner,  Breslau.) 

Baron  Karl  von  Rahden 

Damenbildnis.    Bez.:  v.  Rahden  1824.    (Leutnant  Emmerich  von  Beöczy  auf  Klein -Schmograu,  Kr.  Wohlau.) 
Bildnis  einer  alten  Frau.     Bez.:    v.  Rahden.    (Konsul  Siegmund   Friedmann,  Breslau. i 

Portraitzeichnungen   und  Studien,  meist  bezeichnet.    (Frau  Apotheker  Spisky,  Breslau;  Frau  Anitsgerichtsrat 
Adamczyk,  Breslau.) 


157 

Dameiibiklnis.  Aiiiiarcll.  Bez.;  v.  Raluieii  1828.  (Schiesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer, 
Breslau;  Inv.  Nr.  102  :  04.) 

Thomas 

Johann  Eh  reiifricd  Hiilcr,  Ratsherr  in  Schweidiiitz,  <,'eb.  1782,  gest.  1851.  Oemalt  am  15.  November  1841. 
(Schiesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau;    Inv.  Nr.  223 :  03.) 

Franz  Friedrich  Keil 

Johann  Oottlieb  Keil,  Goldarbeitcr  in  Schweidnitz,  Orossvater  des  Künstlers.  Brustbild  in  Silhouette; 
um  1828.    (Dr.  Erwin  Hintze,  Breslau.) 

Johann  Friedrich  Keil,  geb.  1781,  gest.  1838,  üoldarbeiter  in  Schweidnitz,  Vater  des  Künstlers.  Brust- 
bild in  Silhouette;    um  1828.     (Dr.  Erwin  Hintze,  Breslau.) 

Männliches  Bildnis.    (Dr.  Erwin  Hintze,  Breslau.) 

Wilhelm  Henschel 

Nicias  August  Wilhelm  Graf  Burghauss  auf  Laasan;  geb.  14.  März  1750.     Von  1803.    i.Oraf  Pückler- 

Burghauss  auf  Ober-Weisstritz.) 
Sängerin  Catalani.    (Dr.  jnr.  Paul  Heiniann,  [Breslau.) 

Amalie  Pfitzner 

Weibliches  Bildnis.   Fig.  27.   (Schiesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau;  Inv. Nr.220  :  03.) 
Weibliches  Bildnis;  Wiederholung  des  Vorigen.    (Althändler  Joseph  Stephan,  Breslau.) 
Männliches  Bildnis.     (Althändler  Joseph  Stephan,  Breslau.) 

Johann   Heinrich  Christoph  König 

Friedrich  Wilhelm  I.     Um  1810.    (Fürst  zu   Hoheiilohe-Oehringen,    Herzog  von  Ujest  auf  Slawentzitz.) 
Friedrich  der  Grosse.    (Fürst  zu  Hohenlohe-Oehringen,  Herzog  von  Ujest  auf  Slawentzitz.) 
Friedrich  der  Grosse.     Bez.:    König.    (Major  a.  D.  von  Oörtz,  Breslau.) 

Friedrich  der  Grosse.   (Schiesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau;  Inv,  Nr.  241  :  03.) 
Friedrich  Wilhelm   II.     Fig.  28.    (Fürst  zu  Hohenlohe-Oehringen,  Herzog  von  Ujest  auf  Slawentzitz.) 
Friedrich  Wilhelm  II.    (Sammlung  Max  Pringsheim,  zurzeit  im  Schlesischen  Museum  für  Kunstgewerbe 

und  Altertümer,  Breslau.) 
Bildnis    eines    preussischen   Offiziers.     (Schiesisches  Museum    für   Kunstgewerbe  und  Altertümer,  Breslau; 

Inv.  Nr.  200:03.) 

Christian   Friedrich  Knoefvell 

Georg  Benjamin  Krieger,  Stück-  und  Kanonengiesser  in  Breslau,  geb.  den  13.  Sept.  1764,  gest.  den 
2.  Nov.  1834.  Rückseitig  bezeichnet:  C.  F.  Knoefvelle  1797.  Fig.  29.  (Hauptmann  a.  D.  Krieger, 
Beschine  Kreis  Wohlan.) 

Kiinigin  Luise.     Bez.:  Knoefvell  1800.     (Hauptmann  a.  D.  Krieger,  Beschine  Kreis  Wohlau.) 

Mämiliches  Bildnis.  Rückseitig  bez.:  Knoefvell  1803.  (Schiesisches  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Alter- 
tümer, Breslau;    Geschenk  des  Herrn  Joseph  Epstein,  Berlin;    Inv.  Nr.  216:03.) 

Mythologische  Darstellung,  zweimal  dasselbe  Motiv.     (Hauptmann  a.  D.  Krieger,  Beschine  bei  Wohlan.» 

Genreszene,     dlauptmami  a.  D.  Krieger,  Beschine  bei  Wohlau.) 

Louis  Ferdinand  Koska 

Mimatur- Federzeichnungen  verschiedenartigen  Inhalts  von  1845     1860.    (Professor  Dr.  Carl  Hintze,  Breslau.) 
MiMi:itnr-Portraitzeichnungen   von  1830     1860.      Frau  Koska,  Breslau;  Dr.  Erwin  Hintze,  Breslau.) 
Zeichnungen  zu   dem   im  Verlage  von   Eduard  Trewendt  in  Breslau   erschienenen  Sudeten-Album.    (.Ernst 
Trewendt,  Berlin.) 

Erwin  Hintze 


158 

EIN  WIENER  PORZELLANSERVICE    MIT  GEBURT 
UND  TRIUMPH    DES   CUPIDO 

Das  Sclilesische  Museum  für  Kunstgewerbe  und  Altertümer  besitzt  seit  dem  Jahre 
18Q9  ein  Wiener  Frühstücksservice,  von  dem  sich,  ein  seltener  Fall  in  der  alten  Porzellan- 
malerei, der  Name  des  Malers  und  die  Quelle,  aus  der  er  die  Bilder  entnahm,  bestimmen 
lässt.  Auf  vier  Kannen,  einer  Zuckerdose,  einer  Teebüchse,  einer  Spülkumme  und  zwcilf 
Tassen,  von  denen  die  meisten  die  Scharffeuermarke  des  Jahres  1801  tragen,  sind  aus 
grünem  Fond  im  ganzen  sechsundzwanzig  Felder  ausgespart,  in  denen  auf  schwarz- 
braunem Hintergrund  die  Geburt  und  der  Triumph  Cupidos  in  bunten  Farben  dargestellt 
sind.  Wie  der  dunkelbraune  Ton  sichtlich  an  den  schwarzen  Hintergrund  pompejanischer 
Bilder  erinnern  soll,  ist  auch  das  äussere  Gewand  der  Darstellungen  von  dorther  beeinflusst. 
Den  Gegenstand  möchte  man  zunächst  nur  als  eine  Sammlung  von  Taten  und  Schelmen- 
streichen des  lieben  losen  Knäbchens  Amor  ansehen.  Es  verbirgt  sich  aber  darin  eine 
geordnete  Folge,  eine  ganze  Dichtung  in  Bildern. 

Die  Bilderserie,  die  so  echt  wienerisch  „herzig  und  lieb"  anmutet,  ist  auf  fremdem 
Boden  entstanden.  In  der  Sammlerzeitschrift  „The  Connoisseur"  1901  wird  auf  S.  202 
ungenügend  klein  ein  Berliner  Service  mit  den  gleichen  Szenen  abgebildet,  das  aus  dem 
Besitze  der  Landgräfin  Elisabeth  von  Hessen-Homburg,  Tochter  Georgs  III.  von  England, 
stammen  soll.  Eben  dieser  I^rinzessin  würden  auch  die  Zeichnungen  und  Malereien  des 
Services  zugeschrieben.  In  den  „Selections  from  the  letters  and  correspondence  of  Sir 
James  Bland  Burgess"  erwähne  dieser,  dass  er  durch  einige  Zeichnungen  der  Prinzessin 
Elisabeth  zu  einem  Gedicht  „Triumph  of  Love"  angeregt  worden  sei,  von  welchem  er 
seiner  Schwester  schreibt:  „The  idea  is  so  entirely  original  that  1  am  confidcnt  nothing 
like  it  is  to  be  found  in  any  language."  In  einem  Nachtrage  auf  S.  278  desselben  Bandes 
berichtet  ein  „very  old  collector  of  engravings",  dass  er  eine  ganze  Anzahl  von  Stichen 
besitze,  nach  denen  die  Bilder  des  Berliner  Services  gemalt  seien.  Nach  seiner  Meinung 
sei  dieses  im  Jahre  1822  für  die  Countess  of  Blessington  verfertigt  worden.  Mit  dieser 
Datierung  schiesst  der  alte  Kupferstichsammler  arg  neben  das  Ziel.  Weder  er  noch  der 
Verfasser  der  ersten  Notiz  wissen,  dass  es  eine  vollständige  Publikation  der  ganzen  Bilder- 
serie gibt;  mich  hat  auf  deren  Existenz  Frau  von  Kulmiz  auf  Saarau  aufmerksam  gemacht, 
die  auch  die  grosse  Güte  hatte,  mir  das  im  Besitze  einer  Verwandten  befindliche  Exemplar 
davon  zur  Einsicht  zu  verschaffen.  Es  ist  ein  Kupferstichwerk  in  Gross-Oktav  mit  dem 
Titel:    To  the  Queen  This  Book  Representing  The   Birth   and   Triumph   of   Cupid   in 

Her   Majesty's   Collection,    from    I'apers    cut    by   Lady   Dashwood    Is dedicated 

by  .  .  .  .  P.  W.  Tomkins,  Historical  Engraver  to  Her  Majesty.  London,  Published  as 
the  Act  Directs.  Jan.  17.  17Q5  by  Tomkins,  49  New  Bond  Street.  Unter  den  Arbeiten 
des  Peter  William  Tomkins,  der  1763  bis  ungefähr  1836  lebte,  wird  dieses  Werk  bei  Nagler, 
Künstlerlexikon  als   Nr.  53  mit  dem  Zusätze  nach   Zeichnungen   der  Prinzessin  Elisabeth'' 


159 


fTJZ  f 'f '"".'"^^I''"-  '™  ""ahn,.     Woher  Nagicr  die  Anlorschaf,  der  Prinzessin 
Eh    heth  kenn,   we,ss  ,eh  nich,,  rieh.ig  is,  aber  seine  Angabe  Jedenialis,  da  sie  du  eh  d 
No.  z    m  Conno,ssenr  au,  S.  202  bestätig,  wird.     Wahrseheinlioh  nenn,  die  spätere  Auflage 
de     >ubl,ka„„„  von,  Jahre  ,798,  die  Nagier  vorlag,  ausdrücklich  die  PrinzessTn  EBsaS 

Lady   Dashwood   hüll,.     Lad,   Dashwood   ist    sicher   ein   Pseudonym,  man   ntOssr  so  I 

TZTmtZ      nT^T  T:";  *  ""  ''"''  "™  -"»-wurde  „„d  ersf  : 
7.  Apnl  1S18  den  Landgrafen   FnedncI,  VI.  vo,n  Hessen-Homburg  heiratete    in  ersier  Ehe 
.u   der  Ze,t,  als  das  Kupferstichwerk   herausgegeben  wurde,  1  einen,   Lo       Da  hwo  d 
vermahlt  war  oder  dass  sie  den  Titel  einer  Lady  Dashwood  führte.     Das  kg,   S,aa  sarhIv 
,n   Ha,,n„ver    ,ei„    ,nir   aber   auf   eine  Anfrage    freundlichst    mit,    dass   sichni  ht  ha 
ernnlteln   lassen,   „as   diese  Annah.ne   s,ü,ze„   kOunte,   und  dass  auch   die  neuel   Dar 
Stellung  von  dem  Leben   der  ,>rinzessin   Elisabeth    in   dem  Werke  von  V.  Fi.zger   d   The 
oyal  dukes  and  princesses   of  the  family  o,  George  1,1,  London  1882,   nichls   vo     er 
früheren  Ehe  Oder  jenem  Ti,e,  wisse.     Zudem   nennen  die  Modeberich  e  aus  LonJon     n 
.Journal  des  Luxus  und  der  Moden«,  dessen  Jahrgänge  aus  der  Zei,  von  zirka  ,7,3       80 

D  e  ::;,n;  ;™d       d'"p'>''  '"""°'  '""  "-^'»''-"^  ^-Werkes  der  fürst« 
UilCanhn  zu  hnden,  die  Prinzessin  Elisabch  nur  mit  diesem  Namen 

''"'    *'"   Kupferstidiwerk  des  P  W.  Tomkins    nach   Zeichnungen    der  i'rinzessin 

El,  abeth,  wahrscheinlich  einer  Auflage,  in  der  wohl  auch  schon  die  französischen  B  dl 

crklarunge,,    vorkommen,   die  sämiliche   Shicke   des    Wiener  Services    au,    der  Un,e  se^ 

gen,   smd  au,  dieses  s.,n„,iche  Dars,clh,ngen   gCreu   bis  in   die  kleinsien  DCails üb  r! 

tragen    c^,c  kleineren  auf  die  Obertassen,  die  grösseren  au,  die  anderen  Bestandteile      Es 

Formate   für  di     stucke  im,  zwei  Bildern,  die  Kannen  e,c.,   ha,  leiiweise  auch   schon  die 

Vo  läge.     Da  aber  für  die  Übertragung  manche  Verschiebungen   in  der  Anordnun..  statt- 

"  e„  muss ten  und  das  mir  vorliegende  Exemplar  der  Vorlage  sicherlich  von  A,Z,        „ 

mos  ver  e,e,  ist,  was  sehr  leicht  geschehen  konnte,  da  die  Blä„er  nicht  paginiert  Ld 

IS    es  nich,  ,eich,,  den  Gedankengang  der  für  ihre  Zei,  so  charaklerisüsche,    SichlunJin' 

si  ,:'':tir      r'-    ""  '"'"'"-  "  '»Igendermassen:    Cupidos  Oebur,  d.h.  ^.an 

^e  ,  Ihn  n  Wol  en  sitzen  er  schreite,  allein  -  er  findet  den  Bogen  -  er  prüft  den 
Hl  er  traun,  von  der  Welt  er  such,  sie  er  betritt  sie  -  er  finde,  ein  Herz 
seu,  Sc  luss  verfehl,  es  er  will  eine  Sehne  an  seinem  Bogen  befestigen  -  er  glältet 
seine  P  eile  -  er  zerbrich,  in  Unaeh,san,keit  seine  Waffen  er  weint  über  ihren  ^ 
--  Tauben  bringen  ihm  neue  Dank  dafür  er  komm,  an  den  Felsen  der  SchwieriHeit 
wo  Hm,  unerreichbar  oben  ein  Herz  lieg.  er  kehr,  um  in  Verzwei,l„ng  -  or  nndei 
den    Anker   der    Hoffnung  mit    dessen    Hilfe    kommt    er    heran   an    den   Felsen    der 

e,ne„,  Altäre  dar        er  veretnigt  sie  (siehe  Ab,,.  S.  160)  -  Vorbereitung  zum  Triumph   - 
Tr,umph         er   „ihr,  die  Ta,il«.|,   i,i   ,,..„  Tempel   seiner  Mutter  zurück  -     er  kehrt  heim 


160 

in  den  Tempel  der  Venus,  nachdem  er  seine  Mission  auf  Erden  erfüllt  und  seine  Waffen 
an  einer  Säule  vor  dem  Tempel  aufgehängt  hat. 

Der  Maler  des  Wiener  Services  heisst  Sebastian  Fiala.  Gerade  als  ich  zum  Studium 
der  Wiener  Porzellan-Ausstellung  in  Wien  weilte,  brachte  der  Stiefsohn  Fialas  Herr  Anton 
Putz,  k.  k.  Beamter  des  Ruhestandes,  dem  Ausstellungsleiter  Regierungsrat  Folnesics 
verschiedene  Erbstücke  zur  Ansicht,  darunter  ein  zersprungenes  Probeplättchen  mit  Dar- 
stellung aus  dem  Amorservice  in  einem  ornamental  bemalten  gleichzeitigen  Papprähmchen,auf 
dem  der  Name  Sebastian  Fiala  steht.  Herr  Putz,  der  die  Freundlichkeit  hatte,  dieses  Plättchen 
unserem  Museum  zu  überlassen,  erzählte  als  Familientradition,  dass  sein  Stiefvater  ein 
Amorservice  gemalt  habe.  Fialas  Namen  kommt  im  Kataloge  der  Wiener  Porzellan-Aus- 
stellung unter  Nr.  2269  noch  einmal  auf  einer  Anbieteplatte  des  Jahres  1817  vor.  Einzel- 
darstellungen aus  dem  Service  brachte  diese  Ausstellung  unter  Nr.  10Q6  und  1080  und 
die  Troppauer  Ausstellung  des  Jahres  1Q03  unter  Nr.  360.  Unter  den  Entwürfen  aus  der 
Wiener  Porzellanfabrik,  welche  jetzt  das  k.  k.  Österreichische  Museum  aufbewahrt,  findet 
sich  auch  ein  farbiges  Blatt  mit  einem  Bilde  des  Services  auf  gelbem  Grund.  Man  hat 
wahrscheinlich  viel  experimentiert,  ehe  man  den  antikisierenden  dunkelbraunen  Ton  des 
Hintergrundes  wählte,  der  wie  die  grüne  Farbe  des  Fonds  verhältnismässig  selten  in  der 
Palette  der  Sorgenthalschen  Periode  vorkommt. 

Karl  Masner 


161 

SCHLESISCHE    ALTERTÜMER    IN    DER    FREMDE 

Dresden,  Kunstgewerbemuseum 

Teller,  Kännchen  und  Zuckerdose  aus  Meissener  Porzellan,  gemalt  von  Karl  Ferdinand 
von  Wolfsburg  iri  Breslau  1748,  s.  Schles.  Vorz.  N.  F.  II  174.  Das  bisher  unbekannte 
Wappen  dieses  Services  hat  sich  als  das  der  erloschenen  schlesischen  Familie 
Benada  herausgestellt.  Es  findet  sich  auch  aufgemalt  auf  einer  Lade  der  Breslauer 
Herings-  und  Säizerinnung  von  1588  im  Breslauer  Kunstgewerbemuseum  (Kat.- 
Nr.  4914).  Dort  steht  Johann  Georg  Benada  darüber;  die  Wappen  der  anderen 
Breslauer  Niederlags -Ältesten  ringsum  stammen  aus  den  30er  oder  40er  Jahren 
des  18.  Jahrhunderts.  Um  dieselbe  Zeit  hat  aber  nach  der  „Schlesischen  Instanzien- 
notiz"  auch  ein  Johann  Gottlieb  Benada,  gleichfalls  Grosskaufmann  und  Gutsbesitzer, 
in  Breslau  gelebt.  Beide  waren  vielleicht  Söhne  des  von  Blazek  (Der  abgestorbene 
Adel  der  Provinz  Schlesien  II,  5.7)  erwähnten  Johann  Christian  Benada,  der  1706 
in  den  böhmischen  Ritterstand  erhoben  wurde.  Einer  von  beiden  war  also  wahr- 
scheinlich einst  Besitzer  jener  Stücke,  die  vermutlich  zu  einem  grösseren  Service 
gehört  haben. 

Conrad  Buchwald 

Moskau,  Staatsmuseum 

Tischservice  aus  Silber:  a)  12  Schüsseln,  z.  T.  mit  vergoldeten  Rändern;  in  der  Mitte 
Kranz,  darin  ein  Wappen  mit  3  Kreuzen,  umstellt  von  den  Buchstaben  K  B  H; 
b)  Saizfass  auf  vergoldeten  Kugelfüssen;  c)  4  vierkantige  Fläschchen  mit  Schraub- 
deckeln. Breslauer  Beschauzeichen  W  und  (bei  c)  Johanneskopf,  Meisterzeichen 
GH  (Gottfried  Hoyner  ca.  1685—1709). 

Nautilus,  aus  Silber,  in  Gestalt  eines  Strausses,  Beschauzeichen:  W,  Meisterzeichen:  JH 
(Jochen  Hiller,  Meister  von  1573     1613). 

Nautilus,  aus  Silber,  Beschauzeichen:  W,  Meisterzeichen:  Ligiert  HS,  in  einem  Herz 
(Hans  Strich,  Meister  seit  ca.  1585). 

Josef  Epstein 

(nach  gefälliger  Mitteilung  von  Graf  Schwerin -Walsleben  in  Berlin) 

St.  Petersburg,  Kaiserliche  Eremitage 

Krug    von    Wallrosszahn,    in    Silber    montiert    mit    figürlichem    Henkel,    Beschauzeichen: 

Johanneskopf,  Meisterzeichen:  CM  (Christian  Menzel). 
Becher,    Silbervergoldet,  mit  sogen.   Diamantbuckeln   und  Inschrift,    Beschauzeichen:  W, 

Meislerzeichen:  FS  (Friedrich  Schönau).     Datiert  1616. 

Josef  Epstein 

(nach  gefälliger  Mitteilung  des  Herrn  Oberkonservators  Baron  Lieven  in  St.  Petersburg) 


162 


Becher  aus  Schloss  Rosenborg  in  Kopenhagen 


Kopenhagen, 

Schloss 

Rosenborg 

Becher  aus  Serpen- 
tin, montiert  in  ver- 
goldetem Silber.  Um- 
laufend zwei  Friese 
mit  Dralitemail.  Den 
Becher  tragen  drei 
kleine  Figürchen,  von 
denen  jedes  einen 
Schild  mit  dem  schle- 
sischen  Adler  hält. 
Wappen  und  Email 
beweisen  den  schlesi- 
schen  Ursprung  die- 
ser schönen  Gold- 
schmiedearbeit vom 
Ende  des  15.  Jahr- 
hunderts. Wir  bilden 
sie  ohne  i\c\}  bedeu- 
tend jüngeren  Deckel 
ab,  auf  dessen  Unter- 
seite sich  das  herzog- 
lich mecklenburgische 
Wappen  befindet.  Da- 
nach dürfte  der  Becher 
durch  Sophie  von 
Mecklenburg,  die  mit 
König  Friedrich  II. 
(1559  1588)  vermählt 
war,  nach  Dänemark 
gekommen  sein.  Im 
Jahre  1867  wurde  er 
von  der  alten  Kunst- 
kammer nach  Rosen- 
borg übertragen.  Er 
steht  dort  in  lIlu] 
sogen.  Turmgemach 
oder     Kabinett      lier 


163 


Königin.      Für    die    photoRraphische    Aufnahme    sind    wir    Herrn    Direktor    Mollerup    zu 
besonderem  Danke  verpflichtet. 

Karl  Masner 

Kopenhagen,  Sammlung  Frohne 

Becher  aus  Silber,  nach  oben  sich  erweiternd  mit  Fuss  und  gebuckeltem  Deckel 
Gravierte  Barockornamente.  Breslauer  Beschauzeichen,  Jahresbuchstabe  C  und  ICK 
(Joh.  Caspar  Keyl).     Anfang  des  18.  Jahrh. 

Löffel  mit  einfachem  Griff.  Breslauer  Beschauzeichen  W  und  Meisterzeichen  Gl 
(Georg  Janncr).     16.  Jahrh. 

E.  W.  Braun 
Wien,  k.  k.  Museum  für  Kunst  und  Industrie 
Krug  aus  Fayence  mit  geflammter  violetter  Glasur,  in  Zinn  montiert.    Auf  dem  Bauche  in 
Relief,  aus  Formen  aufgedrückt  Christus  am  Kreuze  zwischen  Maria  und  Johannes 
(darüber  Schriftband:     iVSTVS   EX   FIDE  VIVIT)  und  Engel,   welche  das  Brieger 
Wappen    halten.     Das  Wappen  ohne  die  Engel   wiederholt  sich   auf  dem   Halse 
16.     17.  Jahrh.     Durch   diesen    Krug   werden    Fayencen   mit   ähnlicher  Glasur   und 
Rehefauflage,    wie    z.  B.    ein    in   Breslau    auf    dem    Neumarkt    beim    Umbau    des 
Hauses   Nr.  9    gefundener  Krug  unseres  Museums  (Inv.-Nr.  197.  85)  als   schlesisch 
erwiesen. 

Karl  Masner 

Wörlitz  (Anhalt),  Gotisches  Haus 

Ein   Paar  Radschloss-Pistolen.     L  54  und  57  cm,   Laufl.  33,8  und  34,7  cm,   Kai.  13,8 
und  13  mm.     Lauf:  glatt,  blank,  vorn  rund,  hinten  achtkantig;  gestauchte  Mündun- 
gehauene  Blattverzierung.     Schloss:    vollständige   Raddecke,  Druckknopf  (für  de"n 
Pfannenschieber),  Hebelsicherung  mit  Feder,  Gürteihaken.     Schaft:  ganz  mit  Hirsch- 
hornranken eingelegt,  platte  Afterkugel,  runder  Abzugsbügel,  3  Hirschhornröhrchen 
und   -Nase,  die  bei  dem   einen   Exemplar  fehlt,  neuerer   Ladestock,  Gürtelhaken 
Marke:    Herz  mit  senkrechtem  Pfeil  zwischen  S     H.     An  der  Afterkugel  Wappen 
von   Liegnitz-Brieg.      Darüber  G.  M.  G.  W.  W.  F.,    darunter    G.  H    Z    L    V    B 
d.   h.    Georg    Herzog   Zu   Liegnitz  Vnd    Brieg.      Von   den  drei   Herzögen    dieses' 
Namens   kann   nach   Stil   und  Technik   nur  Georg  11.   von    Brieg  (1547-1586)   in 
Frage    kommen.     Volle  Sicherheit   gibt   die   obere   Inschrift,   die    den    Wahlspruch 
dieses    Fürsten:     Mir    Genüget  Was  Gott  Füget,  andeutet  (vgl.  die    Medaille  bei 
Friedensburg  und  Seger  Nr.  1376).     Der  Verfertiger  hat  versehentlich  ein  zweites 
W  statt  des  G   hingesetzt   und   dies  nachträglich   durch  ein   darüber  gesetztes  G 
korrigiert. 

Otto  Kümmel 


164 

BÜCHERBESPRECHUNGEN 

KURT  MORIZ-EICHBORN:  DAS  SOLL  UND  HABEN  VON  EICHBORN  (^  Co 
IN  175  JAHREN.  EIN  SCHLESiSCHER  BEITRAG  ZUR  VATERLÄNDISCHEN  WIRT- 
SCHAFTSGESCHICHTE.    BRESLAU,  W.  G.  KORN.     1903.     4".     371   S.  7  T. 

Gesclirieben    ist    dieses   iiinerlicii    wie  äiisserlicii    <i,leich    vorneiime   Weri<    für    ein 
Gescliäffsjiibiiäum,    die  175  jährige  Wiederkehr  des   Gründungstages   der  Breslauer  Firma 
Eichborn  u.  Co.,  die  den   150jährigen  Geburtstag  nicht  gefeiert  hatte.     Zugleich   erschien 
es    als    eine  Festgabe  zum    hundertjährigen  Jubiläum    der  „Schlesischen  Gesellschaft    für 
vaterländische  Kultur",  der  Rudolf  von  Gottschall,  ein  geborner  Breslauer,  am  Eingang  des 
Buches  einen   schwungvollen  Dichter-Gruss  gewidmet  hat.     Diese  beiden  äusseren  Ver- 
anlassungen  haben    für  den   Verfasser,  das  jüngste  Glied   des  Hauses,    die  Art    der  Ver- 
arbeitung des  aus   mühsamen  Quellenstudien   geschöpften   Stoffes   bestimmt.      Die   pietät- 
volle,   aber  streng    wahrhaftige   Darstellung  der  Geschichte   der    Firma    und  des   Lebens 
ihrer  Inhaber  ist  verknüpft  mit  einer  anschaulichen  Schilderung  des  heimischen  Wirtschafts- 
lebens  im   allgemeinen,    der   Entwicklung  des   Handels-    und   Gewerbfleisses   der  Provinz 
Schlesien  und  ihrer  Hauptstadt  in  beinahe  zwei  Jahrhunderten.     Die  abwechslungs-  und 
personenreiche   Geschichte    des    alten,    an    den    verschiedensten    Epochen    der    neueren 
Handels-   und   Gewerbegeschichte   beteiligten    Kaufmannsgeschlechts,    seine    den    mannig- 
fachsten Zweigen  des  Warenhandels  und   der  Industrie  zugewandte  Tätigkeit  drängte   ja 
auf  eine  derartige  Auffassung  der  Aufgabe  hin.     Dadurch  ist  aber  der  Interessentenkreis 
für    das   Buch    auch    ein   viel    grösserer  geworden,    als    er    bei   Familiengeschichten    und 
Jubiläumsschriften  gewöhnlichen  Schlages  zu   sein  pflegt.     Das  Werk,  das  im  Titel    mit 
Stolz,    aber  ohne  Überhebung  an  Gustav  Freytags  klassischen   Roman    anklingt,    hat    ein 
Anrecht  auf    eine  eingehende  Würdigung    der  geleisteten  wissenschaftlichen   Arbeit.      Sie 
muss    in  erster  Reihe    rein  historischen    Zeitschriften    überlassen   bleiben.      Doch   schien 
wenigstens  ein  kurzer  Hinweis  auch  an  dieser  Stelle  angebracht.     Ist  es  doch  von  nicht 
zu    unterschätzendem    Werte    für    die    Kultur    eines   Landes,    wenn    es  auch    im    Gross- 
kaufmannsstande auf  ununterbrochene  Ahnenreihen   tätiger  und   kundiger  Männer  blicken 
kann,  wie  sie  uns  in  diesem  Buche  z.  T.  auch  in  Bildern  vorgeführt  werden,  von  Johami 
Ludwig  Eichborn  an,  dem  Spross  einer  seit  dem   16.  Jahrhundert  zu   Landau  in  der  Pfalz 
ansässigen  Familie,  der  1728  in  Breslau  sich  niederliess,  bis  zu  den  heutigen  Leitern  des 
Geschäfts,  die  seine  guten  Traditionen   zu  wahren   bemüht   sind  und   die   sich   sagen,   „in 
dem   Neuerwerben    unseres   Erbes,   um   es   zu   besitzen,    liegt   unsere  schönste  Kraft    uiul 
höchste  l'flicht  zugleich".     Und  schliesslich  wird  auch  ein  Geschichtsschreiber  schlesischer 
Kunst  und  schlesischen  Kunsthandwerks  früherer  Zeiten  nicht  blind  vorübergehen  dürfen 
an  den  Wandlungen  des  Wirtschaftslebens  Breslaus  und  des  Schlesierlandes,  wie  sie  sich 
hier  in  den  Schicksalen  eines  alten  Handelshauses  wiederspiegeln. 

Conrad   Bucliwald 


165 

CONSTANTIN  VON  SCH  WEINICHEN:  ZUR  GESCHICHTE  DES  GESCHLECHTS 
DERER  VON  SCHWEINICHEN.  BRESLAU,  W.  O.  KORN.  1904.  4".  230  S.  24  T. 
UND  1  KARTE. 

Das  mit  grosser  Sorgfalt  und  Freigebigkeit  reich  ausgestattete  Buch  trägt  Material 
zu  einer  Familiengeschichte  zusammen,  zur  Geschichte  eines  uralten  schlesischen  Adels- 
geschlechtes, dessen  bekanntester  Spross  der  derbe  und  lustige  Ritter  Hans  von  Schweinichen 
ist.  Vier  Beiträge  sind  vereint:  Ursprung  des  Geschlechts,  die  Burg  Schweinhaus,  die 
älteste  Geschichte  des  Geschlechts,  Regesten.  Weitere  Veröffentlichungen  werden  in 
Aussicht  gestellt.  Die  Regesten,  vom  Archivar  Dr.  Konrad  Wutke  bearbeitet,  bringen  für 
das  Geschlecht  wichtige  Urkunden  und  Urkundenauszüge  aus  vier  Jahrhunderten,  von 
1108  bis  1500.  Eine  von  Dr.  Otfried  Schwarzer  zusammengestellte  Karte  zeigt  über- 
sichtlich den  Besitz  der  Familie  in  Schlesien  und  seinen  Nachbargebieten,  soweit  er  heute 
von  vor  15U0  bis  ins  19.  Jahrhundert  nachzuweisen  ist.  So  entsteht  ein  historisch  treues, 
zeitliches  und  räumliches  Bild  der  Entwicklung  des  Geschlechts,  ein  Bild,  das  freilich  nur 
einer,  der  die  vielen  lockeren  Glieder  zur  Kette  zu  verbinden  imstande  ist,  mit  Be- 
friedigung und  Gewinn  betrachten  wird.  Aber  es  ist  damit  doch  in  einer  nach  mancher 
F^ichtung  hin  anregenden  und  deshalb  sehr  dankenswerten  Weise  der  sichere  Baugrund 
geschaffen,  auf  dem  sich  einmal  eine  Darstellung  des  Lebensganges  und  Wirkens,  der 
politischen  und  kulturellen  Bedeutung  des  in  Schlesien  seit  beinahe  800  Jahren  ansässigen 
Geschlechts  im  f^ahmen   der  Geschicke  der  Heimat  aufbauen   lassen   wird  „den  Vor- 

fahren zu   Dank  und  Ehre,  den  Nachkommen  zu  Nutz  und  Lehre." 

Denn  zerfallen  und  den  Händen  der  Enkel  entglitten  wie  die  Stammburg  derer 
von  Schweinichen  ist  auch  ihre  Familicnüberlieferung.  Ihre  Trümmer  umspinnt  üppiges 
Gerank  der  Sage.  Vom  tapferen  Recken  Biwoy  erzählt  sie,  der  waffenlos  ein  gewaltiges 
Wildschwein  und  damit  auch  das  Herz  der  Prinzessin  Kascha,  der  Schwester  der  märchen- 
haften Böhmenkönigin  Libussa  bezwang  und  so  zum  Stammvater  des  Geschlechts  wurde, 
das  ein  Schwein  im  Schilde  führt  und  nach  ihm  genannt  wird.  Aber  nicht  nur  die 
Wurzel  des  Stammbaumes,  auch  seine  Zweige  und  Ableger  sind  noch  nicht  gänzlich 
freigelegt.  Hier  bleibt  der  Forschung  noch  Arbeit.  Ziemlich  vollständig  dagegen  ist 
jetzt  schon  ein  Kapitel  der  Familiengeschichte,  das  über  die  Stammburg  Schweinhaus  im 
Kreise  Bolkenhain.  Als  Burg  Svini  war  sie  1108  schon  vorhanden.  Bis  1713  blieb  sie 
im  Besitze  des  Geschlechts.  Abgesehen  von  einem  älteren  Kern  stammt  der  heutige  Bau 
aus  dem  17.  Jahrhundert.  Nur  noch  in  Resten  ist  er  erhalten,  denn  nach  seiner  Verwüstung 
durch  die  Russen  im  Jahre  1760  war  das  nicht  länger  bewohnte  Schloss  dem  Verfall 
preisgegeben.  Dieser  machte  im  19.  Jahrhundert  so  erschreckende  Fortschritte,  dass  der 
Staat  sich  ins  Mittel  legte,  wenigstens  den  ältesten  Teil  der  Burg  durch  ein  Notdach  vor 
völliger  Vernichtung  zu  bewahren.  Hoch  ist  deshalb  das  Verdienst  des  Verfassers  des 
Buches  einzuschätzen,  dass  er  mit  grcisstem  Fleiss  alles  gesammelt  hat,  was  er  über  den 
bis  in  die  Anfänge  der  schlesischen  Geschichte  hineinreichenden  Bau  in  Bild  und  Wort 
verstreut  überliefert  fand  und  dass  er  in  zahlreichen  vortrefflichen  Abbildung-en  Lage  und 


166 

Umgebung  der  Burg,  den  landschaftlichen  und  künstlerischen  Eindruck  des  Schlosses  und 
seiner  einzelnen  Teile,  sowie  das  Äussere  und  Innere  der  noch  aus  dem  13.  Jahrhundert 
stammenden   Schlosskirche  für  die  Zukunft  erhalten  hat. 

Wie  der  Historiker  und  Geograph,  der  Genealoge  und  Heraldiker,  wird  auch  der 
Kunsthistoriker  infolgedessen  das  Buch  mit  Nutzen  zur  Hand  nelimen,  das  die  Kenntnis 
der  Vergangenheit  unseres  Landes  nach  so  vielen  Seiten  hin  liereicliert. 

Conrad  Biichwald 

E.  ZELLNER:  DAS  HERALDISCHE  ORNAMENT  IN  DER  BAUKUNST.  BERLIN 
1903.     VERLAG  VON  WILHELM  ERNST  UND  SOHN.     8".     104  S.     115  Abb. 

Der  Verfasser,  der  sich  schon  im  Jahre  1898  in  der  Zeitschrift  Herold  (29.  Jahr- 
gang Seite  105  ff.)  mit  der  Heraldik  am  Rathause  zu  Breslau  beschäftigt  hat,  wählt  aucii 
in  diesem  Büchlein  einen  Teil  der  zahlreichen,  zur  Veranschaulichung  seiner  Lehren 
dienenden  Abbildungen  aus  den  Iieraldischen  Denkmälern  Schlesiens,  insbesondere  des, 
Breslauer  Rathauses.  Wir  finden  hier  u.  a.  vom  Breslauer  Rathause  abgebildet  und  be- 
sprochen die  heraldische  Verzierung  des  Südosterkers,  die  Wappenskulpturen  von  den 
Fenstern  der  Südseite,  die  bekannte  Türbogenfüilung  über  dem  östlichen  Eingange  mit 
der  heraldisch  so  interessanten  Darstellung  des  böhmischen  Löwen  als  Schildwächters, 
eine  der  Türen  aus  dem  Inneren,  deren  Eisenblechbeschlag  abwechselnd  den  böhmischen 
Löwen,  den  schlesischen  Adler  und  die  Büste  Johannes  des  Evangelisten  zeigt,  ferner 
einen  der  Affen  aus  dem  Zimmer  des  Oberbürgermeisters  mit  dem  um  den  Hals  gehängten 
Evangelistenschilde  und  schliesslich  von  Gegenständen  ausserhalb  des  Rathauses  zwei 
Adlerschilde  von  den  Grabdenkmälern  Herzog  Heinrichs  IV.  von  Breslau  und  Johanns 
von  Münsterberg -Öls.  Auch  sonst  wird  im  Texte  Schlesiens,  insbesondere  Breslaus, 
noch  mehrfach  gedacht. 

Ist  so  das  Schriftchen  für  uns  schon  aus  lokalpatriotischen  Gründen  interessant,  so 
kann  insbesondere  den  Kunstgewerbetreibenden  seine  Lektüre  nicht  warm  genug  empfohlen 
werden,  weil  es  für  sie  manchen  in  der  Praxis  beherzigenswerten  Fingerzeig  gibt.  In 
dieser  Hinsicht  sei  nur  kurz  auf  die  Abschnitte  über  die  Konstruktion  der  Schilde,  die 
Verwendung  der  Mauerkrone,  das  Entwerfen  von  Städte-,  Bürger-  und  Korporations- 
(Zunft-,  Studentenverbindungs-)  Wappen,  die  ornamentale  Behandlung  des  Reichsadlers 
u.  a.  m.  hingewiesen,  die  sämtlich  Fragen  berühren,  denen  man  im  Kunsthandwerk  auf 
Schritt  und  Tritt  begegnet  und  die  nicht  immer  mit  der  nötigen  Sachkenntnis  gelöst  werden. 

Unzutreffend  ist  die  —  aus  dem  eingangs  angeführten  Aufsatze  übernommene  — 
Bemerkung  (S.  58),  dass  das  gegenwärtige  Wappen  der  Stadt  Breslau  von  Kaiser 
Ferdinand  1.  von  Österreich  (!--  statt:  König  Ferdinand  I.  von  Böhmen)  verliehen  und 
von  Kaiser  Karl  V.  bestätigt  worden  sei;  die  richtige  Darstellung  hätte  aus  Roehls  Schrift 
über  die  Siegel  und  Wappen  der  Stadt  Breslau  entnommen  werden  können. 

Karl   Schlawe 


BERICHT  ÜBER   DAS  IV.  ETATSJAHR 

(1.  April   1902     31.  März  1903) 


16Q 

ARBEITEN   IN  DEN  SAMMLUNGEN 

Im  Etatsjahre  1Q02/03  wurde  der  Raum  XXII  im  II.  Stockwerke  für  die  Textilsammlung  des 
Museums  eingerichtet.  Bis  daiiin  war  ilie  Sauimluntf  dort  nur  provisorisch  untergebracht  und  dem 
Publikum  nicht  zuKänt;lich  {gewesen.  Bei  grösseren  Ausstelhingeii,  wie  der  I.  und  II.  Ausstellung 
sclilesischen  Kunstgewerbes  wurde  der  Raum  einbezogen,  und  die  Sehränke  niussten  ins  Depot  wandern. 
Um  diesem  Zustande,  bei  dem  die  Sammlungen  litten  und  immer  wieder  in  Unordnung  kamen,  ein 
Ende  zu  machen,  wurde  der  Raum  endgültig  für  die  Textilien  und  Bucheinbände  eingerichtet.  Wir 
begnügten  uns  dabei  mit  den  alten  Schränken,  die  nur  einheitlich  gestrichen  wurden  und  liessen  eine 
grössere  Anzahl  von  Wechselrahmen  herstellen.  Um  die  ausgestellten  Stoffe  in  der  Zeit,  wo  das  Museum 
geschlossen  ist,  vor  dem  Tageslichte  zu  schützen,  wurde  eine  Verdunkelungsanlage  eingerichtet.  Solche 
Anlagen  werden  allmählich  in  allen  Räumen  mit  lichtempfindlichem  Inhalte  eingeführt,  da  die  vorhandenen 
Vorhänge  viel  zu  wenig  Schutz  bieten. 

VERMEHRUNO    DER  SAMMLUNGEN 

1.     URGESCHICHTLICHE  SAMMLUNG 

Von  wichtigeren  Geschenken  seien  hervorgehoben:  eine  fünfhenklige  neolithische  Amphora  aus 
Strachau,  Kr.  Nimptsch,  von  Herrn  Dr.  Postler  in  Rankau;  eine  neolithische  Kragenflasche  aus  Badewitz, 
Kr.  Leobschütz,  von  Herrn  Seniinarlehrer  Hoffmann  in  Oberglogau;  eine  schön  verzierte  Streitaxt  aus 
Bronze  von  Herrn  Qelbgiessermeister  Franz  Kuppe  in  Breslau  (vgl.  S.  53);  eine  tönerne  Qussform  zu 
zwei  I'feilspitzen  und  mehrere  Gefässe  von  einem  Oräberfelde  der  älteren  Hallstattzeit  bei  Sulau,  Kr. 
Militsch,  vom  Museumsverein;  eine  grössere  Anzahl  seltener  Hallstattgefässe,  Bronzen  und  Steinwerk- 
zeuge aus  Peterkaschütz,  Kr.  Militsch,  vom  Museumsverein;  eine  Kollektion  von  meist  reich  verzierten 
Oefässen,  Klappern,  Bronze-Schnuicksachen  und  Eisengeräten  der  jüngeren  Hallstattzeit  aus  Lahse,  Kr. 
Wohlau,  vom  Herrn  Hauptlehrer  Quabius  daselbst;  ein  Grabfund  der  älteren  La  Tenezeit  aus  Oberhof, 
Kr.  Breslau,  von  Herrn  Rittergutsbesitzer  Karl  von  Wallcnberg  auf  Schmolz  (vgl.  S.  54);  ein  römischer 
Bronzekessel  aus  Pohlwitz,  Kr.  Liegnitz,  von  Herrn  Rechtsanwalt  Kühn  in  Jauer;  eine  Bronzewage  nnt 
vergoldeten  Schalen  aus  Dürschwitz,  Kr.  Liegnitz,  von  Herrn  Baumeister  Elsner  in  Jauer  (vgl.  S.  57). 

Ausserdem  erhielt  die  Sammlung  Geschenke  von  Schwester  Bertha  in  Jordansmühl  und  von 
den  Herren  Kaufmann  Franz  Beerel  in  Breslau;  Windmüller  Berger  in  Weigwitz;  Dr.  med.  et  phil. 
Buschan  in  Stettin;  Lehrer  Christen  in  Mönchmotschelnitz;  Fabrikbesitzer  Frey  in  Sfeinau;  Stellen- 
besitzer August  Gerlich  in  Malkwitz;  Rittmeister  a.  D.  von  Goldfuss  auf  Gross-Tinz,  Kr.  Nimptsch; 
Geh.  Rat  Prof.  Dr.  Grempler  in  Breslau;  Waldfried  Gürich  in  Breslau;  Seminarist  Hanak  inSleinau; 
Landmesser  Hellmich  in  Glogau;  Fabrikbesitzer  Hoffmeister  in  Ologau;  Postschaffner  Kade  in 
Breslau;  August  Kirchner  in  Heidersdorf;  Hauptlehrer  Kirschke  in  Lessendorf;  Kammerherr 
V.  Köckritz  auf  Mondschütz;  Ortsvorsteher  Labitzki  in  Weigwitz;  Bezirksbevollmächtigter  Langenlian 
in  Liegnitz;  Kreisbaumeister  Lau  in  Ratibor;  Pastor  Siegfried  Müller  in  Zülzendorf;  Rentamtssekretär 
Neugebauer  in  Klein-Öls;  prakt.  Arzt  Dr.  Postler  in  Rankau;  Schippke  in  Zobten;  Direktor 
Scholtz  in  Tiriz,  Kr.  Breslau;  Rittergutsbesitzer  Steuer  auf  Malkwitz;  Prof.  Dr.  Thilenius  in  Breslau; 
Partikulier  LMlrich  in  Steinau,  ferner  von  der  Königl.  [Regierung  in  Breslau,  vom  Magistrat  der 
Stadt  Zobten  und  von  der  Stadt.  Gartendirektion  in  Breslau. 

Durch  Kauf  erworben  wurden:  44  Steinwerkzeuge  von  verschiedenen  schlesischen  Fundorten;  eine 
kupferne  Axt  aus  Jordansmühl  (vgl.  S.  51);  II  grosse  Bronzenadeln  aus  Jordansmühl;  2  Bronze-Hohlkelte, 
zu  einem  schon  früher  erworbenen  Depotfunde  gehörig,  aus  Protsch,  Kr.  Militsch;  eine  Auswahl  von  Ton- 
gefässen  und  Bronzen  der  Hallstattzeit  aus  Wohlau;  ein  reicher  Gralifund  der  Hallstattzeit  aus  Breitenau, 
Kr.  Neumarkt  und  die  S.  40  ff.  besprochene  Bronzeciste  von  Klein-Zöllnig. 

22 


170 

Der  grösste  Zuwachs  wurde  durcli  die  vnm  Museumsverein  uuternoiunieuen  Ausgrabungen 
gewonnen.  Inventarisiert  und  aufgestellt  wurden  unter  anderem:  119  vollständige  Grabfunde  aus  Gross- 
Tsclianscli,  Kr.  Breslau;  45  aus  Heidersdorf,  Kr.  Niniptsch;  25  aus  Nährscliütz,  Kr.  Steinau;  13  aus  Carlsruh, 
Kr.  Steinau;  7  aus  Adatiunvitz,  Kr.  Gross-Strehlitz;  5  aus  Rayschen,  Kr.  Wohlan;  2  aus  Prittag,  Kr.  Oriin- 
berg  diese  alle  der  Hallstattzeit  angehörig  — ;  ferner  3  Grabfunde  der  römischen  Zeit  aus  Katholisch 
Hammer,  Kr.  Militsch  und  3  Grabfunde  der  slavischen  Zeit  aus  Malkwitz,  Kr.  Breslau. 

Im  ganzen  betrug  die  Vermehrung  1615  Nummern. 

Ein  typisches  Skelettgrab  aus  der  Zeit  der  slavischen  Reihengräber  wurde  nnt  Hilfe  von  Herrn 
Prof.  Dr.  Thilenius  aufgestellt. 

2.    MÜNZKABINETT 

L)ie  schlesische  Sammlung  wurde  um  6  Goldmünzen,  14  Silbermünzen  und  47  Medaillen  vermehrt; 
von  den  iVledaillen  waren  24  ans  Silber  und  23  aus  unedlen  Metallen.  Von  grösseren  Seltenheiten  sind 
hervorzuheben: 

Oberlehnsherr.  Ferdinand  I.  Taler  o.  J.  (1540).  Dieses  Stück  wurde  bisher  nach  Krain  gelegt. 
Die  Übereinstinnnung  mit  dem  Halbtaler  o.  J.  (Friedensburg  u.  Seger  Nr.  14),  dessen  Legende  nn't  dem 
Titel  von  Schlesien  endet,  beweist  aber,  tlass  auch  der  ganze  nach  Schlesien  gehört  und  dass  das  Wappen- 
schildchen luiter  dem  Adler  m'cht  den  kraiiiischen,  sondern  den  schlesisclien  Adler  darstellt.  —  Ferdinand  II. 
Taler  lö25.  Brustbild,  ähnlich  wie  auf  dem  Taler  von  1624.  Ihiediert.  -  Karl  VI.  10  facher  Dukat  1730.  - 
Münsterberg-Öls.  Karl  I.  3  facher  Diikat  1527.  Vermählung  Josephs  I.  nnt  Wilhelmine  Amalie 
von  Brannschweig.  16<50.  Silberne  Medaille  von  Joh.  Reinhard  Engelhard,  Stempelschneider  in  Breslau. 
Friedensburg  u.  Seger  Nr.  4158.  —  Schlacht  bei  Torgau  1760.  Silberne  Medaille  von  Daniel  Loos. 
Friedensburg  u.  Seger  Nr.  4431. 

Ausserdem  wurde  der  grösste  Teil  (4615  Stück)  des  Wilschkowitzer  Hellerfundes  erworben  fast 
durchweg  Schlesier,  darunter  viele  neue  oder  im  Stempel  abweichende  Stücke.     Vgl.  S.  50  f. 

Geschenke  erhielt  das  Kabinett  von  den  Herren  Oberrossarzt  Bens  in  Breslau;  Arnold  und 
Ernst  Borsig  in  Berlin;  Geh.  Rat  Friedensburg  in  Steglitz;  Tierarzt  Ibscher  in  Guhrau;  Dr.  Kopisch 
in  Weizenrodau;  Kaufmann  Georg  Krause  in  Hirschberg;  Obermeister  Kuppe  in  Breslau;  Julius 
Neumann  in  Breslau;  vom  Magistrat  zu  Breslau  und  vom  Evangel.  Gemeindekirchenrat  in 
Schweidnitz. 

Für  die  nicht-schlesische  Sannnlung  stiftete  Herr  Bankdirektor  Fromberg  in  Breslau  ein  Gold- 
stück zu  10  Talern  des  Königs  Georg  IV.  von  Hannover  1828.  Die  Universität  überwies  eine  F5ronze- 
medaille  auf  die  Technische  Hochschule  in  Berlin  von  1S09. 

3.    KULTURGESCHICHTLICHE  SAMMLUNG 

L)ie  hübsche  Sitte,  die  Häuser  nach  einem  über  dem  Haiistor  angebrachten  Wahrzeichen  zu 
benennen,  hat  sich  in  Breslau  länger  als  anderwärts  erhalten.  Jetzt  freilich,  wo  die  alten  Häuser  der 
inneren  Stadt  nn't  erschreckender  Raschheit  modernen  Neubauten  weichen  müssen,  verschwindet  sie  innner 
mehr.  Eine  Reihe  solcher  Hanszeichen  hat  im  Museum  ein  Asyl  gefiMulen.  Eines  der  ältesten  ist  das  in 
diesem  Jahre  hinzugekommene  kupferne  Schilil  lies  Hauses  zum  Kienast,  Albrechtsstrasse  30.  Es  zeigt  auf 
einem  vergoldeten  Ast  die  Jahreszahl  MDLXVII  und  darunter  die  Inschrift:  „Das  Haus  stet  in  Gottes 
Hanut  /IHM  Kiuast  ist  es  genainit."  Vielleicht  war  auch  ein  aus  dem  Hause  Albrechtsstrasse  14  stammender, 
fast  lebensgrosser  Bär  aus  Sandstein,  der  auf  den  Hinterkeulen  sitzend  Dndelsack  spielt,  ein  Hanszeichen. 
(Abb.  S.  182.)  Die  Grösse  der  Auffassung  und  der  an  die  Tierplastik  des  Rathauses  erinnernde  inwüchsige 
Humor  verweisen  das  Werk  an  die  Wende  des  Mittelalters.  Die  Wratislaviensien-Sannnhmg  wurde 
ausserdem  durch  Geschenke  der  Herren  Oskar  Feuerstein  und  Julius  Neumann  in  Breslau  vermehrt. 

Von  Znnftaltertümern  überwies  die  Stadt  Trebnitz  ein  messingenes  Schild  des  Gemeinde- 
zechmeisters  von  1600;  Flerr  Biirstenmachermeister  Liebich  schenkte  ein  Paar  lederne  bemalte  Sarg- 
schikier  der  Breslauer  Bürsten-  uiul  Siebmacherinnung   vi>u    1633.      Gekauft    wurden   ein    Paar   Sargschilder 


171 


der  Neisser  Schützengilde    von   1697,    die  in   farbiger  Stickerei  auf  blauem  Samtgrunde  den  hl    Eusfachius 
und  den  hl.  Martm  zeigen,  und  ein  eiserner  Siegelstempel  der  Bäckerzeche  in  Juliusburg  von  1678. 

Depositariseh  übergeben  wurde  der  Innungsbesitz  der  Bürstenmacher-Gesellen,  derHandschuhmachcr- 
Oeselien,  der  Handschuhmacher-Meister  und  der  Kupferschmiede-Geselien-Brüderschaft  in  Breslau  Er 
besteht  aus  zahlreichen  zinnernen  Trinkgeräten,  Tabakstellern,  kupfernen  Zahlbrettern  und  Sparbüchsen 
Zechladen,  S.egelstempeln  u.  dgl.,  die  z.  T.  bis  ins  16.  Jahrhundert  zurückreichen.  Das  ansehnlichste  Stück 
.st  em  grosser  zinnerner  Willkomm  der  „Kupferknaben"  von  1746,  der  mit  25  silbernen  Schildchen  und 
5  Medaillen  behängt  ist. 

Die  trachtengeschichtliche  Sammlung  erhielt  Geschenke  von  Frau  Regierungsrat  Baumeister 
.n  Obernigk  (gesticktes  Wickelband);    Herrn   Julius   Härtel    in    Breslau    (Öllampe    um    1800)-    Gastwirt 
Jansch  in  Breslau  (Toilette-Besteck);  Fräulein  Jenny  Kleinert  in  Breslau  (Sonnenschirm  um  18O0)-  Frau 
Auguste  Koch  in  Breslau  (gestickter  Glückwunsch  von  1788);    Frau  Nehrich  in  Freiburc-  (seidener  Muff 
um  1750);  Frau  Partikuliere  Nimbs  in  Breslau  (4  gestickte  Täschchen  und  Einsteekkamm  um  1830)-    Herr 
Optiker  Sitte  m  Breslau  (Holzfigürchen  eines  schlesischen  Bauern);  Fräulein  Weise  in  Breslau  (2  Einsteck- 
kamme,  Haarhalter,    Elle),    und    von   den   Hinterbliebenen   des    Herrn    Fabrikbesitzers    S.  Kauffmann    in 
Breslau    (Emsteckkamm    und  Nadeletuis).    -  Von  schlesischen    Bauernaltertümern    wurde  ein   hübsch 
bemaltes  Kleiderspind  von   1801   aus  Wüslewaltersdorf   erworben.     Herr  Regierungsreferendar  Dr    Lobe  in 
Breslau  schenkte   eni    Paar  Schranktüren    mit   Blumenmalerei    von    1796  aus   Ober-Berbisdorf    Kr    Schönau 
Herr  Amtsgerichtsrat  Freund  in  Breslau  einen  sogen.  Löser  aus  Knochen,  wie  solche  von  den  Fuhrleuten 
zum  Auflösen  des  Riemenzeuges  der  Pferde  benutzt  wurden. 

Unter  den  neu  erworbenen  Musikinstrumenten  ist  das  Hauptstück  ein  doppelchöriges 
Klavichord  aus  dem  Anfang  des  IS.  Jahrhunderts,  dessen  Untertasten  mit  Schildkrot  belegt  und  durch 
Bronzeenilagen  fein  verziert  sind,  und  dessen  Mahagonikasten  innen  mit  Elfenbein-Intarsien  und  bunter 
Blumenmalerei  geschmückt  ist.  Das  zierliche  Instrument  stammt  aus  dem  Nachlass  des  lanc^jährigen 
Direktors  der  Breslauer  Singakademie,  Prof.  Schaffen  -  Eine  Gitarre  in  Form  einer  antiken  Lvra  wie 
sie  in  der  Empirezeit  beliebt  war,  trägt  die  Bezeichnung:  J.  O.  Thielemann.  Akademischer  Künstler 
Berlin  180.,  Nr.  2.  Ferner  wurden  noch  eine  Terz -Gitarre  und  eine  Anzahl  Blasinstrumente  aus  der 
ersten  Haltte  des  19.  Jahrhunderts  angekauft.  Ein  Alt-Cornet  mit  der  Bezeichnung:  „3.e  Abthl  Köniel 
6t  Artl.  Brgd.  1849."  schenkte  Fräulein   Hanke  in  Breslau.  " 

Die  Sammlung  wissenschaftlicher  Geräte  und  Instrumente  wurde  um  ein  wertvolles  Stück 
bereichert,  das  Herr  Regierungsrat  Seh  ii  Itz-Evler  in  Breslau  im  Namen  der  Erben  des  am  21  März  1901 
verstorbenen  Hauptmanns  Thebesius  überwies.  Es  ist  dies  eine  Hausapotheke  in  Form  eines  zwei- 
türigen Kabinetts,  dessen  17  Schubladen  ganz  mit  Arzneimitteln  und  Drogerien  angefüllt  sind.  Bei  jedem 
Mittel  hegt  noch  das  alte  Etikett.  Die  Türen  sind  mit  allerlei  Getier  und  Pflanzen  bunt  bemalt  die 
Schuhladen  mit  zierlichen  Bronzegriffen  versehen.  Die  alte  schlesische  Familie  Thebesius  zählte  im 
18.  Jahrhundert  unter  ihren  Mitgliedern  drei  Ärzte.  Von  einem  derselben,  und  zwar  wahrscheinlich  von 
dem  Kreisphysikus  Adam  Christian  Thebesius  in  Hirschberg,  geb.  1636,  gest.  1732,  stammt  die  Apotheke 
-  Ausserdem  erhielt  die  Sammlung  Geschenke  von  Herrn  J  ulius  Lehnert  in  Breslau  (Vergrössenings- 
glas)  und  Herrn  Anton  Tholl  in  Breslau  (Hornbrille). 

In  die  Waffensammlung  gelangten  als  Geschenk  des  Herrn  Oberleutnants  Moeller  in  Brieg  zwei 
wertvolle  mittelalterliche  Schwerter,  die  in  Landsberg  Kr.  Rosenberg  gefunden  worden  waren  Das  eine  ist 
zweischneidig  und  hat  querovalcn  scheibenförmigen  Knauf,  Griff  zu  anderthalb  Faust,  flach  vierkantiVe  an 
den  Enden  zusammengerollte  Parierstangen  und  breite,  nach  der  Spitze  stark  verjüngte,  mit  kurzer,  fiacher 
Blu  nnne  versehene  Klinge,  deren  Spitze  abgebrochen  ist.  Das  andre  ist  ein  einschneidiges,  sehr  langes 
Hiebschwert,  ebenfalls  zu  anderthalb  Faust.  Es  hat  einen  hohen,  vierkantigen,  nach  der  Schneidenseite  zu 
oben  schnabelf.irmig  verbreiterten  Knauf,  der  beiderseits  mit  zwei  eingeschlagenen,  vergoldeten  Rosetten 
verziert  ist  Griffzunge  mit  parallelen  Kanten  und  8  Nietlöchern,  in  deren  unterstem  eine  weit  vorstehende 
Stellschraube  steckt.  Die  kurze  Parierstange  ist  wiegemesserförmig  geschweift  und  an  den  abwärts  geschwun- 
genen Enden  durch  eingeschlagene  Vertiefungen  rosettenartig  verziert.  Die  gleichmässig  breite  Klinge  hat 
längs  des  Rückens  eine  Blutrinne.    Der  untere  Teil  ist  abgebrochen.    Dieser  merkwürdige  Schwerttypus   der 


22» 


172 

in  unserer  Sammlung  schon  niuhrfachvertreten  ist,  dürfte  polnisciien  Ursprungs  und  auf  orientalisciien  Einfiuss 
zuriickzufüliren  sein.    Wofern  er  gleiclialterig  mit  dem  anderen  Schwerte  ist,  gehört  er  der  zweiten  Hälfte  des 

14.  oder  dem  Anfange  des    15.  Jahrhunderts   an.    —    Ein   in   Lankau    Kr.  Namslau   gefundenes   Sciiwert    des 

15.  Jahrhunderts  wurde  von  Herrn  Freiherrn  von  Stosch,  ein  im  Rhein  gefundenes  derselben  Zeit  von 
Herrn  Gell.  Rat  Orempier  gesclienkt.  —  Kleinere  Gegenstände,  Kriegsandenken  u.  dgl.  sclienkten  Frau 
Regierungsrat  Hauuieister  in  Obernigk  und  die  Herren  Redakteur  Jose wicz,  Disponent  Konig,  f'rof. 
Dr.  IVlarkgraf  und  Martin  iVlaschler  in  Breslau;  Gutsbesitzer  Mierisch  in  Beschine,  ['artikulier  Ullrich 
in  Steinau  imd  die  Königl.  Staatsanwaltschaft  in  Kreuzbnrg. 

4.    DIE  SAMMLUNG   DES  ALTEN  KUNSTGEWERBES 

Im  4.  Etatsjahre  standen  im  Vordergrunde  der  Neuerwerbungen  einige  hervorragende  Breslauer 
Ooldschmiedearbeiten  des  16.  bis  18.  Jahrhunderts.  Die  Weinkannen  des  Hans  Volgnadt  und  der  beiden 
Heine,  Vater  und  Sohn,  stehen  in  der  Qualität  wenig  hinter  den  Nürnberger  und  Augsburger  Arbeiten 
dieser  Art  zurück.  Die  Tauf-Schüssel  und  Kanne  des  Ferd.  Chr.  Krebs  zeigt  an  einem  grösseren  Stücke  den 
Charakter  der  Breslauer  Ooldschmiedearbeiten  in  der  Zeit  des  späteren  Rokoko  Wenn  noch  eine  Reihe  von 
Jahren  so  fruchtbar  an  Erwerbungen  Breslauer  Goldschmiedearbeiten  sein  wird,  wird  diese  jetzt  schon  sehr 
reiche  Abteilung  eine  Spezialität  unserer  Sammlungen  bilden.  Schon  jetzt  sind  wenige  Museen  in  der  Lage, 
die  an  ihrem  Orte  heimische  alte  Goldschmiedekunst  so  reich  luid  vollständig  zu  illustrieren,  wie  das 
Breslauer  Kunstgewerbemuseum.  —  Weiter  war  das  Augenmerk  der  Direktion  auf  den  Ausbau  der  Glas- 
sammlung gerichtet.  Bei  einer  sorgfältigen  Revision  und  Neuaufstellung  der  gravierten  Gläser  waren  alle 
nicht  schlesischen  Arbeiten  zu  einer  Gruppe  vereinigt  worden,  wobei  sich  herausstellte,  dass  die  böhmischen. 
Nürnberger,  sächsischen  und  Potsdamer  Gläser  weder  der  Zahl  noch  der  Bedeutung  nach  zu  einer  genügenden 
Vertretung  von  wichtigen  Gattungen,  die  der  schlesischen  Glasindustrie  viele  Anregung  geboten  hatten, 
ausreichten.  Nun  ist  diese  empfindliche  Lücke  durch  eine  Reihe  bemerkenswerter  Stücke  ausgefüllt.  Auch 
von  der  venetianischen  Glaskunst  des  15.  Jahrhunderts,  die  bisher  vollständig  fehlte,  geben  jetzt  zwei  kost- 
bare Pokale  eine  Vorstellung. 

Architekturteile: 

Wappen,  Sandstein.  Als  Wappenhalter  ein  bekleideter  Maiui  und  eine  nackte  Frau  in  einem  spätgotischen 
Gewölbebau.  Das  Wappen  konnte  bisher  trotz  aller  Bemühungen  noch  nicht  bestiuunt  werden. 
In  dem  geteilten  Schilde  oben  eine  aus  der  Teilung  wachsende  nackte  Frau  mit  aufgelösten  Haaren 
und  Kopfbinde,  in  der  Linken  eine  Hirschstange  haltend,  unten  geschacht  in  4  Reihen  zu  6  Plätzen. 
Auf  dem  ungekrönten  Helm  dieselbe  wachsende  Frau  wiederholt.  Datiert  1524.  Aus  dem  Hause 
Ring  Nr.  35  (Hotel  Rautenkranz)  in  Liegnitz. 

Fenstersohlbank,  Sandstein.  15.  Jahrh.  Aus  dem  ehemaligen  Dominikanerkloster  in  Breslau.  (Geschenk 
des  Frauen  b  i  I  d  u  n  g s  v  e  r  eins.) 

Möbel  und  Holzschnitzereien: 

Kleiderschrank,    Eichenholz,   zweitürig,   die   beiden   vorderen    Karüen   abgeschrägt.     Auf    der  Vorderseite 

Intarsien  und  aufgelegte  Flachschnitzerei.     18.  Jahrh.     Aus  Tecklinow  bei  Strenze,  Posen. 

Christus   mit  der  Weltkugel,    Eichenholz,   naturfarben,    unbemalt.     17.  Jahrhundert.     Aus  der  Vinccnz- 

kirche  in  Breslau. 

Antike  Keramik: 

Deckelbüchse,  hcllgelblicher  Ton,  mit  zwei  umlaufenden  Tierfriesen  in  schwarzer  und  tiefvioletter  Benuilung 

mit  ausgekratzter  Innenzeichnung.     Korinthischer  Stil.    6.  Jahrh.  v.  Chr.     Aus  Griechenland. 

Kanne,  überzogen   mit  schwarzem,  metallisch  glänzendem    Firnis.     4.     '3.  Jahrh.     Unteritalisch. 

Aryballos  mit  roten  Figuren,  vorn  ein  tanzender  Satyr.     Uuteritalisch. 

Aryballos,  ähnlich  dem  vorigen,  nu't  roten  Figuren,  vorn  eine  Frau  am   AUare  opfernd.     Ihiteritalisch. 

Majolika: 

Schüssel  auf  niedrigem  Fuss.  Im  Ftnid  eine  Landschaft  mit  mythologischer  Darstellung.  (Thetis  und  Peleus?) 
Gemalt  in  lebhaften,  gelben,  blauen  und  grünen  Farben  mit  Rubinlüster.     16.  Jahrh.     Urbino. 


173 

Schüssel  mit  gewölbtem  Boden.     Fond   und  Rand   bemalt   mit  kleisterblauem   Blatt-  und   Rankenwerk  auf 

hellblaugrauem  Orunde.     16.  Jahrh.     Venedig. 
Teller,  flach,  bemalt  mit  Schäferszene  in  hellgelben  und  blauen  Farben.     17.  Jahrh.     Castelli 

Steinzeug: 

Krügel,  braun  mit  plastisch  aufgelegtem  schwarzbraunem  Rankenwerk.     17.  Jahrh. 

Kuffe    mit   Zinndeckel    und    ZInnmontierung.     Glasur    glänzend     rotbraun    mit    marmorierten  Medaillons. 

Datiert  1717.    Schlesien? 
Kerbschnittkrug  mit  Zinndeckel  und  gelben  Reliefdarsteihmgen.     18.  Jahrh.    Sachsen. 

Fayence: 

Ofenkachel  mit  musizierenden  Engeln  in  bunt  glasiertem  Relief.     Signiert;  Oesens  1561.     Köln. 

Ofenkachel,  Eckstück  mit  zwei  Köpfen  in  buntglasiertem  Relief.     16.  Jahrh.     Deutschland. 

Dose  in  Form  eines  Korbes,  auf  dessen  Deckel  plastische  Fische  liegen.   Signiert  in  rot  P.    17.  Jahrh.    Delft. 

Butterdose  in  Form  eines  länglichen  Kürbis,  der  auf  einem  Blatt  liegt,  rosenrot  bemalt.  Signiert  P.  6. 
18.  Jahrh.     Proskau. 

Snppenscliöpfer  in  Rokokoformen,  weiss  glasiert.    Signiert  P.     18.  Jahrh.     Proskau. 

Mädchen  in  langem  gelbem  Kleide,  einen  Apfel  haltend,  auf  dem  Haupte  ein  Blätterkranz.  Wohl  der 
Herbst  aus  einer  Folge  der  vier  Jahreszeiten.     Signiert  P.     18.  Jahrh.     Proskau. 

Bergleute,  musizierend,  zwei  Stück,  ein  Trommler  und  ein  Flötenbläser,  bunt  bemalt.  Signiert  P. 
18.  Jahrh.     Proskau. 

Wanderer  auf  der  Rast,  bunt  bemalt.    Signiert  4. .  P.     18.  Jahrh.     Proskau. 

Menage,  Körbchen  mit  zwei  Flaschen  für  Essig  und  Ol.     Eingepresste  Marke  „Proskau".     Um  18(X). 

Teller  bedruckt  mit  landschaftlicher  Darstellung.  Signiert  O.  18.  Jahrh.  Olinitz.  (Geschenk  des  Herrn 
Dr.  Erwin  Hintze.) 

Die  Fruchtbarkeit.  Farbig  bemalte  Figur.  Signiert  O.  18.  Jahrh.  Olinitz.  (Geschenk  des  Herrn  Hof- 
antiquar Max  Altmann.) 

Krug  mit  Zinndeckel  und  Zinnschuh.  Glasur  aussen  blaugrün  inid  rotbraun  geflamntt,  innen  gelb.  Auf 
dem  Deckel  eingraviert  SSQA  1736.    Wahrscheinlich  Schlesien. 

Weihwassergefäss  von  einem  in  der  volkstümlichen  Keramik  Schlesiens  häufigen  Typus,  violett  und 
grün  marmoriert.  Auf  der  Rückwand  die  Madonna  mit  dem  Kinde  in  Halbfigur,  bunt  bemalt. 
Auf  dem  Grunde  drei  gekreuzte  Fische.     Datiert  1768. 

Wannengefässe  mit  Henkeln,  zwei  Stück.  Farbig  marmorierte  Glasur  und  flacher  Reliefdekor  im  Stile 
Ludwigs  XVI.  Nach  Angabe  des  Verkäufers  von  einem  gewissen  Hoffmann  in  einer  Töpferei 
auf  der  Neugasse  in  Seidenberg  gefertigt  und  in  der  Familie  Hoffmann  vererbt.  18.  Jahrh.  Schlesien. 

Scherben funde  von  verschiedenen  einheimischen  und  auswärtigen  keramischen  Fabriken  der  letzten  Jahr- 
hunderte gesammelt  als  Anschwemmungen  der  Oder  im  Garten  des  Hauses  Neue  Junkernstrasse  33. 
(Geschenk  des  Herrn   Direktor  Professor  Hermann  Kühn.) 

Krug,  von  interessanter  Bildung,  mit  grüner  Glasur,  leider  fragmentiert  ~  grosse,  aus  einer  Form  gepresste, 
unglasierte  Applique  unbestimtnter  Verwendung  in  Form  des  aus  der  schlesischen  Keramik  wohl 
bekannten  Putto,  der  bei  einem  Stundenglase  lagert  (vgl.  Schles.  Vorz.  N.  F.  I  122  ff.)  —  Fries- 
kachel, unglasiert,  mit  Reliefdarstellung  zweier  nackter  einander  gegenüber  kriechenden  Kinder.  Um 
ihre  Nacken  ist  ein  Tuch  gebunden,  an  dem  eins  das  andere  zu  sich  heranzuziehen  sucht,  ein, 
wie  Direktor  Braun  mitteilt,  auch  in  Japan  übliches  Kinderspiel  —  Zwanzig  Brennklötzchen. 
Sämtliche  Stücke  stammen  von  einem  Funde,  der  bei  Fimdamentierungsarbeiten  am  Schlosse  Rot- 
schloss,  Kr.  Nimptsch,  gemacht  wurde  und  von  einer  dort  im  16.  jahrh.  betriebenen  Töpferei 
herrührt.     (Geschenk  des  Herrn  Oberamtmann  Rohde  auf  Rothschloss.) 

Kanne  in  Urnenform,  mit  kräftig  brauner,  teilweise  weisser  und  grüner  Glasur.  Ende  des  18.  Jahrh. 
Englisch? 


174 

Porzellan: 

Berlin:  Tasse,  becherförmig,  mit  schöner  Vergoldimg.  Vorn  im  Rehef  das  Bildnis  Luthers  (Geschenk 
des  Fräulein  Minna  Joachimsthai).  -  Tasse,  becherförmig,  Henkel  in  Form  einer  Schlange. 
Grund  hellbraun,  aussen  bemalt  mit  landschaftlichen  Darstellungen  von  Landeck,  innen  vergoldet. 
Um  1825.    Vier  Putten  als  mythologische  Figuren,  weiss  glasiert. 

Ludwigsburg:  Deckelterrine  auf  vier  Löwenfiissen.  Bemalt  blau,  eisenrot  und  gold  in  Imari-Muster- 
linitation.  Als  Deckelknopf  ein  weisses  gelagertes  Pferd.  -  Bacchantin  auf  Felssockel  sitzend, 
nach  vorn  gebeugt,  in  der  Linken  eine  Urne,  darüber  in  der  Rechten  eine  Traube  haltend.  Vor 
ihr  lagert  ein  Tiger.     Bunt  bemalt. 

Meissen:  Kaffeekanne  und  Milchkännchen,  weiss  glasiert,  mit  fein  gezackter  vergoldeter  Silber- 
fassung, die  den  Liegnitzer  Beschaustempel  und  das  Meisterzeichen  H  B  (in  Ligatur)  trägt.  Um 
1725.  Das  Museum  besitzt  bereits  zwei  Bunzlauer  Kannen  in  ähnlicher  Liegnitzer  Montierung.  — 
Fischer  neben  einem  Baumstamm  stehend,  an  den  eine  Reuse  angelehnt  ist.  Bunt  bemalt. 
Nach  einem  niederländischen  Motiv.  Friilizeit.  -  Eierwärmer  in  Form  eines  sitzenden  Hahnes, 
weiss  glasiert.     Marcolini-Zeit. 

Ny  mphenburg:  Schäferszene,  weiss  glasiert.  Wiederholung  der  Gruppe  bei  Hirtli,  Deutscli- 
Tanagra  Nr.  223. 

Wedgwood:  Bhnnentopf  von  konischer  Form.  Innen  weiss,  aussen  blau,  schachbrettartig  gemustert  mit 
senkrecht  aufsteigenden  weissen  Lorbeergirlanden  und  grünen  Blättclien  in  Hochrelief.  Dazu  ein 
Untersatz  mit  weissem  Lorbeerkranz  in  Hochrelief.  Eingepresst  Wedgwood.  Um  1785.  Aus 
Sammlung  Rathbone  in  London. 

Glas: 

Fläschchen,  goldgelb,  sackförmig,  am  Mnndiuigsrand  zwei  Henkel,  die  sich  als  wellenförmiges  Band 
über  das  Gefäss  fortsetzen.    Antik.     Rlieim'sch. 

Pokal   mit  Emailmalerei  und  Vergoldung.     15.  Jalirh.     Venedig.     Vgl.  S.  84,  aligeb.  Taf.  11. 

Deckelpokal  der  typisch  venetianischen  Form  des  15.  Jahrh.  Auf  hohem  geripptem  Fusse,  die  Kuppa 
nach  oben  ausladend,  unten  durch  einen  gekniffenen  und  vergoldeten  Rand  abgeschlossen, 
geteilt  durch  starke,  nach  unten  verlaufende  Rippen,  die  leicht  vergoldet  und  von  Emailpünktchen 
umgeben  sind;  oben  und  unten  ein  Fries  von  Emailpünktchen.  Wertvoll  ist  dieser  Pokal  dadurch, 
dass  er  noch  den  hochgewölbten  tmd  gerippten  Deckel  besitzt.  15.  Jahrh.  Venedig.  Aus  Sammlung 
Thewalt  in  Köln. 

Schale  auf  lüedrigem  Fusse    mit    einem   Radialsystem    von    weissen    band-    und    netzartigen  Petinetlinien 

16.  Jahrh.     Venedig. 

Pokal  auf  hohem  Balusterfnss,  an  der  Unterseite  mit  Radialrippen;  in  diesem,  sowie  in  drei  Ringen,  die 
um  den  Mantel  laufen,  und  im  Nodus  weisse  Fäden.  Wahrscheinlich  eine  Kölner  Nachahmung 
eines  venetianischen  Musters.     17.  Jahrh. 

Deckelpokal  auf  einem  hohen,  ans  gerippten  Kugeln  imd  flachen  Scheiben  aufgebautem  Ständer.  Die 
im  Verhältnis  dazu  kleine  eiförmige  Kuppa  ausserordentlich  fein  graviert  mit  der  Darstellung 
einer  Bauernhochzeit  im  Freien.  Auf  dem  Deckel  ein  Reif  von  eingravierten  Nelken,  Rosen, 
Sternblümchen  und  lanzettförmigen  Blättern.     17.  Jahrh.     Nürnberg, 

Deckelpokal    der    gleichen    Form    mit    ausgezeichnet    gravierter    Darstellung    einer    Hetzjagd    auf    Rehe. 

17.  Jahrh.     Nürnberg. 

Deckelpokal  nu't  konischer  Kuppa   auf  dickknaufigem    Fialuster.     Mit  dem  Wappen   und  Monogramm  des 

Markgrafen    Georg   Wilhelm    von    Brandenburg -Bayreut    (1712     26).      18.   Jahrh.      Unbestimmte 

deutsche  Fabrik. 
Deckelpokal,  graviert  mit  Trophäen,  Darstellung  eines  Schiessplatzes  und  Inschrift  ,,Vivat  die  ober  Wicksche 

Schützencompagnie."     (Oberwyek   ist   eiTie   Vorstadt    von   Stettin.)     Auf  dem    Fusse   Wapi)en    des 

Breslauer  Geschlechtes  Fürst  von  Kupferberg.     Um  1730.     Zeehlin. 
Deckelpokal,  graviert  in  Tiefschnitt  mit   Bacchuszug.     Prachtstück  der  Potsdamer  Glashütte. 


175 

Deckelpokal,  auf  Kelclitiiantel  untl  Deckel  klar  polierte  Ranken  in  matt  geschliffenem  Grunde  und  ein 
Oval  mit  Blumen,  Sonne  und  Händepaar,  das  ein  Herz  mit  einer  3  hält,  umgeben  von  der  Umschrift 
„frei  im   Hertzen,  aufrichtii;  im  Oemiith".     18.  Jahrh.     Potsdam. 

Deckelpokal,  graviert  mit  dem  Doppelporträt  König  Friedrich  Wilhelms  I.  und  seiner  Gemahlin  in  einem 
Medaillon,  umschlossen  von  einer  Kette  kleiner  Kugelschliffmedaillons  nnt  den  Initialen  ihrer  Kinder 
Um  1730.     Potsdam. 

Deckelpokal  mit  Vergoldung  und  gravierter  figürlicher  Darstellung,  Inschrift  „Toujours  ä  vous"  und  Wappen 
der  märkischen  Familie  von  Sydovv.     18.  Jahrh.     Potsdam. 

Pokal,  graviert  nnt  zarten  Zvi'eigen,  die  einen  brennenden  Altar  mit  dem  Doppeladler  nmschliessen. 
Darüber  steht  das  Auge  Gottes  und  die  Inschrift  ,,Gott  und  dem  Kayser  bitt  ich  dar,  mein  hertz 
auf  diesem  danckaltar".     1.  Hälfte  des  18.  Jahrh.     Böhmisch? 

Deckelpokal,  dickwandig  und  trichterförmig.  Graviert  mit  grossen  naturalistischen  Tulpen,  Insekten  und 
einer  Schnecke.     17.  Jahrh.     Böhmisch. 

Becherglas,  dickwandig,  graviert  mit  der  Darstellung  der  Schöpfung.     Anfang  d.  IS.  Jahrh.    Schlesien. 

Deckelpokal  mit  kulturhistorisch  interessanter  Darstellung  einer  Beinamputation  und  der  auf  die  ärztliche 
Kunst  bezüglichen  Inschrift:  „Gott  segne  unsern  Fleis  zu  guttem  Ruhm  und  Preis".  Datiert  1727. 
Schlesien. 

Deckelpokal,  zylindrisch,  graviert  mit  den  Emblemen  der  Zinngiesser  auf  der  einen  Seite,  auf  der  andern 
ein  mächtiger  Blunienstrauss  in  Vase.  Datiert  1602.  Eigenartiges  Glas.  Von  der  Zinngiesser- 
Innung  in  Schweidnitz. 

Deckelpokal  für  eine  Bäcker-Innung.  Graviert  mit  zwei  Löwen,  die  eine  Bretzel  halten.  Auf.  des 
18.  Jahrh.    Schlesien. 

Becherglas  auf  Sockelfuss,  graviert  mit  den  Halbfiguren   der  zwölf  Apostel.     18.  Jahrh.    Schlesien. 

Deckelpokal  mit  vierpassförmiger  Kuppa  auf  starkem,  facettiertem  Fuss.  Fein  graviert  mit  Laub-  und 
Bandelwerk  und  bildlichen  Darstellungen.  Der  Deckel  als  Dose  mit  Schraubverschluss  gebildet. 
Um  1730.     Schlesien. 

Deckelpokal  mit  vierpassförmiger  Kuppa  auf  schlankem  Fuss.  Fein  graviert  mit  Laub-  und  Bandelwerk. 
Um  1730.    Schlesien. 

Deckelpokal  auf  Balusterfuss,  mit  interessanter  Kombination  von  liefschniit  in  7wei  verschiedenen 
Höhen,  Wappen  der  schlesischen  Familie  von  Bcuchel,  grossen  Blumen  und  Laub-  und  Bandel- 
werk.    LJm   1730.     (Geschenk  des  Herrn   Handelsrichters  Max  Wiskott.) 

Becherglas,  achtkantig.  Graviert  nut  Laub-  und  Bandelwerk,  dem  Wappen  der  Familie  von  Reibnitz 
und  der  Inschrift  „Die  ohrientalische  Schwägerschafft".     18.  Jahrh.     Schlesien. 

Dcckelpokal  auf  niedrigem  Fuss,  Kuppa  innen  rund,  aussen  vierzehnkantig  geschliffen.  Reich  graviert 
mit  Laub-  und  Bandelwerk  und   Inschrift.     18.  Jahrh.     Schlesien. 

Nan tilusbecher,  reich  graviert  mit  Jagd-  uml   Hirtenszene.     18.  Jahrh.     Schlesien. 

Fläschchen,  graviert  nnt  dem  Wappen  der  Familie  Kaiser.     18.  Jahrh.    Schlesien. 

Deckelpokal,  graviert  mit  der  Inschrift  „Aucun  temps  ne  le  change".     18.  Jahrh.     Schlesien. 

Deckelpokal,  graviert  mit  einer  Ansicht  des  Klosters  Grüssau.     18.  Jahrh.    Schlesien. 

Pokal  aus  der  Bäcker-Innung  in  Jauer.  Graviert  mit  einer  Ansicht  von  Jauer  und  der  Inschrift:  „Die 
Becker  trincken  gern  und  haben  gern  getrunken.  Was  muss  die  Ursag  sein,  die  Hitz  und  Feier- 
stunden."    Datiert  1703.     Schlesien. 

Deckelpokal  in  der  üblichen  Form  der  schlesischen  Rokokogläser.  Die  konisch  sich  nach  oben 
erweiternde  Kuppa  wächst  aus  einem  Palmettenkelch  heraus.  Ein  kurzer  zylindrischer  Stiel  ver- 
bindet den  facettierten  Nodus  und  die  Fussplatte.  Rand  der  Kuppa,  oberer  Teil  des  Deckel- 
knaufes und  ein  ausgebogter  Kreis  auf  dem  Deckel  vergoldet.  Die  Kuppa  reich  graviert  mit 
chinesischen  Akrobatenszenen  in  Rokoko-Kartuschen.     Um  1700.    Schlesien. 

Becherglas  aus  der  Bäcker-Innung  in  Friedeberg  a.  Qu.  Graviert  mit  Rankenwerk  und  Spruch.  Datiert 
1774.     Schlesien. 


176 

Vexirbeclier  auf   hohem    Fuss,  der  Deckel  hängt  mit  dem  Oefässkörper  zusammen,  im   Boden  ein   Loch, 

das  durch  eine  lose  Glasperle  geschlossen  wird.     17.— 18.  Jalirh. 
Vexirbeclier  mit  Saughenkel   und  Kamm    von  gekniffenem  Glas    auf  dem  Hcnkelbügel.      17.-18.  Jalirh. 

(Geschenk  des  Herrn  Geheinirats  Dr.  Orempler.) 
Becherglas  mit  farbiger  Emailmalerei.    Schnhmacherwerkzeuge  und   die  Inschrift:    „Wier  galten  erlichen 

Schuhmacher  haben    gahr  einen    schweren    öden,    Gott    zu   dienen    zum  essen    zum    trunken    zur 

arbeith  sein  wier  gebohren".     Bezeichnet  1713  E  F. 
Deckelbecher  aus  Milchglas  mit  bemallem  und  vergoldetem  Tiefschnittornament.     18.  Jahrh.     (Geschenk 

des  Herrn  Hofantiquars  iWax  Altmann.) 
Deckelpokal  mit  der  Silhouette    des   Petrus  Abbas  Grussoviensis    in    einem   Goldmedaillon.      Um    17')0. 

Schlesien. 
Pokal  aus  dicker  goldbrauner  Masse.     Mit  der  Darstellung  der  Parzen  und  diesbezüglicher  Inschrift.    Um 

1820.    Schlesien.     (Geschenk  der  Frau  Geheinirat  Toni  Weisser.) 
Becherglas,  gelb  mit  blauem  Überfang.     19.  Jalirh.     Schlesien. 
Kuffe   von  bauchiger  Form.      In    einem    Oval    die   Inschrift:    „Hoch    lebe    die  Gesellschaft".      19.   Jahrh. 

Schlesien. 
Freundschaftsglas  mit  Inschrift.     19.  Jahrh.    Schlesien. 
Pokal,  dickwandig   auf   niedrigem    Fuss.     Graviert  mit   den    sieben   Bitten    des  Vater  unser.      Um   1830. 

Schlesien. 
Scheibe,  farbig  bemalt  mit  der  Darstellung  der  Charitas.     Datiert  1675.    Schlesien. 
Scheibe,  bemalt  mit  bunter  Blunienranke.     17.  Jahrh.     Schlesien. 
Scheibe,    rund    mit    Bleifassung.      Bemalt    mit    einem     Kruzifixus    in    undurchsichtigem    Email     und    der 

Inschrift   „O  Mensch   alles  böses  tlnie  meiden,  betrachte   wohl    Christy    Leiden".     Christoff   Hille, 

Anno  1703. 
Scheibe,  Gegenstück  zur  vorigen.     Mit    der   Darstellung    der    Verkündigung.     Christoff    Hille,  Anno   1703. 

Goldschmiedearbeiten : 

Schmuckfund  von  Oppeln.     Vgl.  S.  72  ff.  und  Tafel  1. 

Löffel  aus  Silber  mit  ovaler  Laffe  und  Masken  an  dem   Ende  des  Stieles.     16.  Jahrh.     Stammt  aus  Trebnitz. 

Deckelkanne  aus  Silber  mit  Vergoldung.  Arabeskenranken,  in  denen  Vögel  mit  geöffneten  Flügeln 
sitzen.  Breslauer  Beschau-  und  Meisterzeichen  A  H  (ineinandergestellt)  Augustin  Heine.  Ende 
des  16.  Jahrhunderts.    Aus  einer  süddeutschen  Privatsammlung. 

Aus  den  für  das  Schlesische  Künstlerlexikon  angefertigten  archivalischen  Auszügen  hat 
sich  feststellen  lassen,  dass  es  drei  Breslauer  Goldschmiede  des  Namens  Augustin  Heine  gab: 
Qrossvater,  Vater  und  Sohn.  Der  Augustin  Heine  II  (-Heyne-Hain-Hayne-Hene),  von  dem 
vorstehend  beschriebene  Kanne  herrührt,  wurde  im  Jahre  1543  geboren  als  Sohn  des  Gold- 
schmieds Augustin  Heine  I,')  der  im  Jahre  1542  Bürger  und  Meister  in  Breslau  geworden 
war.^)  Heine  II  heiratete  als  Goldschmiedegeselle  Katharina,  die  Tochter  des  verstorbenen 
Zuckermachers  Hans  Kollniann  am  3.  Dezember  1571.^)  Am  22.  Februar  1572  wurde  er 
Breslauer  Bürger  und  etwas  später  Meister  bei  der  Goldschmiedezeclie.^)  Er  starb  am  8.  No- 
vember 1601  im  Alter  von  58  Jahren  als  gewesener  Goldschmied  inid  Altester  der  Gold- 
schmiedezeche.''')  Sein  Sohn  Augustin  Heine  111  heiratet  am  5.  November  1602  Margarethe,  die 
Tochter  des  Balthasar  Thieme,  Kirchschaffers  bei  St.  Maria  Magalena  (Traiibiich  von  Maria 
Magdalena),  nachdem  er  vorher  in  demselben  Jahre  Bürger  und  Meister  in  Breslau  geworden 
war.  Er  wohnte  auf  der  Oderstrasse  und  starb  daselbst  an  Auszehrung  am  5.  Oktober  1631. 
(Siehe  auch  Schles.  Vorz.  Vll  485.) 

')  Totenbuch  von  Maria  Magdalena,  Traubuch  von  Maria  Magdalena. 

=)  Bürgerrolle  vom  25.  Februar  1542.     Stadtarchiv  lls.  H.  40.  5.    fol.  72b. 

")  Traubucli  von  Maria  Magdalena. 

■•)  Bürgerrolle  vom  22.  Februar  1572.     Stadtarchiv  lls    H.  40.  5.    fol.   160b. 

■■')  Totenbuch  von  Maria  Magdalena. 


177 

Weinkanne  aus  Silber  mit  Vergoldung.  Diese  ans  der  Pfarrkirciie  von  Haynau  stammende  schöne  Kanne 
gehört  dem  in  Sciilesien  beliebten  Typus  der  facettierten  Kannen  an,  über  welchen  in  dieser 
Zeitschrift  N.  F.  II  S.  108  gehandelt  wurde.  Dort  ist  sie  auf  S.  110  unter  Nr.  1  erwähnt.  Auf 
den  sechs  Facetten  sind  die  Bildnisse  beliebter  Helden  der  mittelalterlichen  Ikonographie  graviert: 
Josue  Dux,  David  Rex,  Machabus  (sie!),  Hector  Trojanus,  Artus  Rex  und  Carolus  Magnus. 
Datiert  1619.  Mit  dem  Breslauer  Beschau-  und  Meisterzeichen  A  Fl  (nicht  ligiert)  =  Augustin 
Heine,  Sohn  des  Heine  II,  von  dem  die  vorhergehende  Kanne  herrührt. 

Weinkanne  aus  Silber  mit  Vergoldung.  Drei  ovale  Medaillons  mit  Pfau,  Strauss  und  Hahn  in 
Arabeskenvverk.  Mit  dem  Breslauer  Beschau-  und  dem  Meisterzeichen  H  V  (ligiert)  — -  Hans 
Voignadt,  der  um  1Ö05  in  Breslau  Bürger  und  Meister  wurde  und  1634  starb.  Nach  Schles.  Vorz. 
VII  484  gehörte  Hans  Voignadt  zu  den  angesehendsten  Breslauer  Goldschmieden  und  beschäftigte 
elf  Gesellen,  darunter  sechs  aus  Augsburg  und  Nürnberg.     Aus  Sammlung  Thewalt  in  Köln. 

Taufschüssel  und  Kanne  aus  Silber,  in  reichen  Rokokoformen.  Mit  dem  Breslauer  Beschau-  und 
Meisterzeichen  FCK  ~  Ferdinand  Christian  Krebs,  der  am  5.  Mai  1769  Breslauer  Bürger  und 
in  demselben  Jahre  Meister  wurde.    Wahrscheinlich  sein  Meisterstück. 

Leuchter  aus  Silber,  in  Rokokoformen.  Mit  dem  Breslauer  Beschau-  und  Meisterzeichen  AP  ^;  Augustin 
Peisker   (f^eitzker),    der  am  31.  Oktober  1732  Bürger   und   in  dem  gleichen   Jahre  Meister  wurde. 

Halskette  mit  Anhänger  aus  Dukatengold.  Die  Kette  besteht  aus  siebzehn  ovalen  Buckelschildchen, 
der  Anhänger  aus  einer  zweihenkeligen  Vase  mit  Blumen.  Bauernschmuck.  Ende  des  18.  Jahrh. 
Schlesien. 

Einsteckkamm  aus  Silber  mit  einem  grünen  und  vier  roten  Glassteinen.  Bauernschmuck.  Anfang  des 
19.  Jahrh.    Schlesien. 

Kupfer,  Bronze,  Zinn: 

Salzkuffe  aus  Kupfer  mit  Girlanden  von  Blumen  und  Früchten,  Schild  mit  G.  v.  S.  und  Krone  in  Treib- 
arbeit.    18.  Jahrh. 

Wandleuchter  aus  Messing,  dreiarinig;  zwei  Stück.  Aus  der  evang.  Kirche  zu  Ohiau.  Um  ISOO.  (Ge- 
schenk des  Herrn  Hofantiquars  Max  Altmaun.) 

Ampel  aus  Messing,  mit  durchbrochenem  Pflanzennuister  und  drei  plastischen  Figuren  als  Ketfenhalter. 
Signiert  Georg  Heller  1675.     Aus  Waidenburg. 

Schüssel  ans  Zinn  mit  Blumen-  und  Blattdekor  in  sog.  Flächelarbeit.  Hirschberger  Beschauzeichen. 
Datiert  1684. 

Kännchen  aus  Zinn,  birnförniig  mit  scliwanenhalsförniigem  Ausguss  und  bastumvvundenem  Henkel.  Am 
Körper  Blumendekor  in  Flächelarbeit.  Mit  dem  Breslauer  Beschau-  und  Meisterzeichen  J.A.  S.  = 
Johann  Albertus  Schnitze,  der  1735  Bürger  und  Meister  in  Breslau  wurde. 

Deckelterrine  und  Untersatzteller  aus  Zinn;  vvellenförnng  gerippt,  auf  dem  Deckel  ein  Adler  mit  gehobenen 
Flügeln.  Von  schönster  einfacher  Rokokoform.  Mit  dem  Liegnitzer  Beschau-  und  Meisterzeichen 
B.  P.     Um  1750. 

Teller  aus  Zimi  mit  dem  Zunftwappen  des  Müllergewerkes.  M\[  dem  Reichenbacher  Beschau-  und  dem 
Meisterzeichen  C.  G.  K.     I^atiert  1786. 

Textiles: 

Teppich,  sog.  Derbent.     Kaukasus.     (Geschenk  des  Herrn  Geheimrats  Dr.  Grenipler.) 

Spitzen,  genäht,  sog.  Dresdener  Spitze.     Drei  Stück.     (Geschenk  des   Herrn  Geheimrats   Dr.  Grenipler.) 

Mustertücher,  zwei  Stück,  mit  farbigen  Kreuzstichstickercien.  18.  Jahrh.  Schlesien.  (Geschenk  des 
Fräulein  Schmidt.) 

Brautschleier  aus  Dünnstoff,  bestickt  mit  Blumen  in  weisser  Seide.  Um  1800.  (Geschenk  des  Fräulein 
Emmy  von  Boeh  m.) 

Shwal  aus  Seidentüll  nnt  Blumen  uiul  Blättern.  Datiert  1832.  (Geschenk  der  Frau  Anitsgerichtsrat 
Koessler.) 

Kopftuch  aus  grober  Leinwand  mit  roter  Wollstickerei.  19.  Jahrh.  Balkanländer.  (Geschenk  des  Herrn 
Geheimrats  Dr.  GroinpkM) 

23 


178 

Frauengürtel  mit  einem  Täschchen  aus  schwarzem  Tuch,  benäht  mit  Goldfäden.  U).  Jahrh.  Balkanländer. 
(Geschenk  des  Herrn  Qeheimrats  Dr.  Crem pl er.) 

Bucheinbände: 
Einband  aus  braunem  Rindleder  nnt  reichem   Laub-  und  Bandelwerk  in  Goldpressung.     1686.     Rom. 
Einband  aus  rötlichem  Schafleder  mit  reicher  Goldpressiuig.     1732.     Rom. 
Einband  aus  rötlichem  Rindleder  mit  reicher  Goldpressung.     1737.     Rom. 
Einband  aus  rötlichem  Rindleder  mit  reicher  Ooldpressung   und   dem  Kcinigl.  Wappen.     Um   1700.     Paris. 

China  und  Japan: 

Schwertstichblätter,  Sammlung  von  8  Stücken.     16.— 19.  Jahrh. 

Räuchergefäss  aus  Bronze  in  Form  einer  Hirschkuh  mit  dem  Gotte  des  Reichtums,  10.  Jahrh.  (Geschenk 
der  Hinterbliebenen  des  Herrn  Salomon  Kauffmann.) 

Miniaturen : 
Silhouette  auf  Goldgrund  mit  dem  Bildniss  des   Heinrich  von  Rothkirch.    Um  1800.    Schlesien.   Vgl.  S.  84. 
Portraitminiaturen  von  Amand.  G.  Zausig.     6  Stück.     Vgl.  S.  144  ff.  und  Taf.  VI.  Fig.  1    -3. 

5.    DIE  SAMMLUNG    DES  MODERNEN    KUNSTGEWERBES 

Goldschmiedekunst: 

Deckelpokal  aus  Silber,  vergoldet;  der  Fuss  in  Form  eines  Baumstammes,  das  Astwerk  hält  das  Gefäss. 
Entworfen  von  Siegfrid  Härtel,  ausgeführt  von  Tillmann  Schnn'tz.     IQOl.     Breslau. 

Medaillen  und  Plaketten: 

Qu  SS- Plaketten  aus  Bronze,  2  Stück,  mit  Darstellungen  von  Hunden;  von  Victor  Peter  in  Paris. 

Medaille  aus  Bronze,  zur  Eriinierung  an  die  Hundertjahrfeier  der  König!.  Technischen  Hochschule.  Ent- 
worfen von  August  Vogel,  ausgeführt  von  Otto  Oertel.  1890.  Berlin.  (Geschenk  des  Herrn 
Ministers  der  geistlichen  u.  s.  w.  Angelegenheiten.) 

Medaille  aus  Bronze,  auf  die  „Internationale  Ausstellung  für  Feuerschutz  und  Feuerrettungswesen."  Ent- 
worfen von  dem  Bildhauer  Jeremias  Christensen,  ausgeführt  von  Otto  Oertel.  1002.  Berlin. 
(Geschenk  des  Herrn  Ministers  für  geistliche  u.  s.  w.  Angelegenheiten.) 

Plakette  aus  Bronze,  auf  Borsigwerk,  mit  drei  Profilportraits  von  Arnold,  Ernst  und  Konrad  Borsig.  Von 
Bruno  Kruse.     1902.     (Geschenk  der  Dargestellten.) 

Plakette  aus  Bronze,  auf  die  Beteiligung  von  Österreich  an  der  Pariser  Weltausstellung  1900.  Von 
Stephan  Schwartz  in  Wien. 

Plakette  aus  Bronze,  zur  Erinnerung  an  die  Hundertjahrfeier  des  Ungarischen  National-Museums.  1902. 
Budapest.     (Geschenk  des  Ungarischen  National-Museums,  Budapest.) 

Keramik: 

Ente,  die  Federn  fettend,  aus  Porzellan.     Manufactur  Bing  und  Gröndahl  in  Kopenhagen. 

Junger  Hund,  sitzend,  aus  Porzellan.     Königl.  Manufaktur  in   Kopenhagen. 

Vase  aus  Porzellan,  mit  eisblumenarfiger  blauer  Kristallglasur.     Manufaktiu'  Rörstrand.    1902. 

Kindermaske  aus  Steinzeug,  grau  glasiert.     Müller  8<  Comp,    Ivry  Port.    19()2. 

Eule  aus  Steinzeug.     Mendez  da  Costa,  Holland.    1902. 

Figur  aus  Steinzeug,   mit   lebhaft   metallisierender  Glasur,   entworfen  von  (iiuil    in    Beriin,   ausgeführi  von 

Kurt  Randhahn  in  Bunzlau.    1901. 
Vasen  aus  Steinzeug,  von  der  keramischen  Fachschule  ii;  Teplitz.    2  Stück.     1902. 

Textiles: 

Fussteppich  mit  Krähcnbeerenmuster.  Det  norske  Billedvaeveri  in  Kristiania.  1902. 
Vorhang  mit  Chrysauthennunmuster.  Det  norske  Billedvaeveri  in  Christiauia.  1902. 
Stoffmuster  mit  Kreisen  und  Spirallinien,  nach  einem  Entwurf  von  Joseph  Olbridi. 
Stoffmuster  nn't  Mohnranken.     Englisch,  nuidern. 

Für   die   Vermehrung    der    Sammlungen    wurden    rund    22  000    Mark     (davon    300    Mark     für    die 
urgeschichtliche)  ausgegeben. 


179 


VERMEHRUNO    DER    BIBLIOTHEK 


Von  wichtigeren  Bücher- Ankäufen  sind  zu  erwähnen:  Turin  1902  —  Bau-  und  Kunst- 
denkmäier  Thuerfngens  —  van  der  Keilen,  Michel  le  Blon  —  Lützow,  Die  vervielfältigende  Kunst 
der  Gegenwart  I  —  III  —  Oeffroy,  Les  Industries  artistiques,  Paris  1900  —  Molinier,  Le  mobilier  royal 
frangais   —   Poliak,    Klassisch-antike  Ooldschmiedearbeiten   —  Straub    und   Keller,    Hortus   Deliciarum. 

Für  die  Studienblättersam  mhing  wurden  erworben:  eine  Anzahl  Rauchbilder  von  Erich  Erler, 
eine  Sammlung  von  Pflanzenabdrücken,  mittelst  Ölfarbe  und  Bürste  hergestellt  von  dem  schlesischen  Land- 
schaftsmaler Adolf  Dressler  (1833—1881),  Exlibris  von  Hirzel-Berlin  und  Reifferscheid-München, 
ein  Plakatentwurf  von  M.  Berger,  ein  Bild  der  Universität  und  eins  von  der  Weissgerberohle  von 
H.  Völkerling,  eine  Reihe  von  Zeichnungen  schlesischer  Kunstdenkmäler  von  Theodor  Blätterbauer- 
Liegnitz,  ein  ornamentaler  Entwurf  ,, Wellenpferde"  von  Gerhard  Munthe-Lysaker. 

Ausgegeben  wurden  für  die  Bibliothek:    4952,37  Mark. 

Geschenke  gingen  ein  von:  Altertumsverein,  Weisse  Gebr.  Bauer  —  Beltz,  Schwerin  — 
Kaufmann  Julius  Brann  — Buchgewerbe-Museum,  Leipzig — Dr.  Buchvvald  Ingenieur  Cervinka, 
(Ung.)  Hradisch  —  Diözesan-Museum,  Breslau  —  Direktor  Dorr,  Elbing  -  Erich  Erler  —  Paul 
Ettinger,  Moskau  —  Prof.  Freudenthal  —  Gewerbe-Museum,  Bremen  —  Geh.  Rat  Prof. 
Dr.  Orempler  -     Konsul  Guttmann,  Berlin —  Hamburgisches  Museum  für  Kunst  und  Gewerbe 

—  Handwerkskammer,  Breslau  ~  Dr.  Heierli,  Zürich  -  Herzogl.  Museum,  Braunschweig  — 
M.  Hey  mann,  München  —  Hauptmann  Höhne,  Berlin   ~  P.  Jansen  —    Geistlicher  Rat  Dr.  Jungnitz 

—  S.  Kauffmann  -Königliche  Museen,  Berlin  Kunstdruckerei  Künstlerbund,  Karlsruhe  — 
Kunstgewerbe-Museum,  Berlin  Kunstgewerbe-Museum,  Frankfurt  a.  M.  —  Kunstgewerbe- 
Museum,  Leipzig  ~  Kunstgewerbe-Verein  —  Direktor  Leisching,  Brunn  —  Direktor  Professor 
Dr.  Masner  —  A.  Mieck,  Prenzlau  -  Bürgermeister  Muehl  Museums-Verein  —  National- 
Museum,  Budapest  —  Rechtsanwalt  Weisser  —  Frau  Geh.  Rat  Weisser  —  Provinzial-Ausschuss 
der  Provinz  Schlesien  —  Römisch-Germanisches  Central-Museum,  Mainz  —    Referendar  Schlawe 

—  Direktor  Schlie,  Schwerin  —  Inspektor  Schlutius,  Schariey  O/S.  —  Direktor  Dr.  Seger  —  Museum 
Skansen,  Stockholm  Statistisches  Amt,  Breslau  -  Steglitzer  Werkstatt,  Steglitz—  Verein  für 
Geschichte  und  Altertum  Schlesiens     -   Pastor  Wackernagel    —  Wallace-Collection,   London 

—  E.  Wasmuth,  Berlin  Frau  Gertrud  Weikert  Referendar  Wcntzel,  Kupp  -  Buchhändler 
Wohlfarth   —  Zeitschrift  für  Bücherfreunde. 

AUSSTELLUNOEN 

L/as  Jahr  war  reich  an  grösseren  und  kleineren  Ausstellungen.  Die  bedeutendste  darunter  war  die 
Seh I es i sehe  Kunst-  und  Kunstgewerbe- Ausstellung  in  Liegnitz,  welche  das  Museum  in  Verbindung 
nut  dem  Kunstverein  in  Liegnitz,  dem  Lokalverein  Breslau  der  allgemeinen  deutschen  Kunstgenossenschaft  und 
dem  Kunstgewerbeverein  in  der  Zeit  vom  30.  September  bis  1.  Wovember  veranstaltete.  Diese  Ausstellung 
sollte  die  erste  in  einer  Reihe  ähnlicher  Veranstaltungen  sein,  welche  den  Zweck  verfolgen,  die  Provinz  mit 
der  schlesischen  Kunst  und  dem  schlesischen  Kunstgewerbe  unserer  Tage  bekannt  zu  machen.  Denn  leider 
gravitiert  die  Provinz  in  Dingen  der  Kunst  viel  zu  wenig  nach  ihrer  Hauptstadt.  Liegnitz  war  für  einen 
ersten  Versuch  schon  deshalb  ein  geeigneter  Boden,  weil  es  in  dem  ehemaligen  Bethause  der  freireligiösen 
Gemeinde  ein  eigenes  Ausstelhingsgebäude  besitzt.  Sehr  zu  statten  kam  es  uns  auch,  dass  wir  an  dem 
dortigen  Kunstverein  eine  Stütze  hatten.  Wamentlich  die  Herren  Stadtverordneter  Wunder  und  Bankier  Seile 
haben  sich  in  höchst  dankenswerter  Weise  um  das  Zustandekommen  der  Ausstellung  verdient  gemacht  und 
uns  unverdrosscTi  geholfen.  Wärmster  Dank  gebührt  auch  dem  Herrn  Regierungspräsidenten  von  Liegnitz 
von  Seherr-Thoss  und  Herrn  Oberbürgermeister  Oertel  für  das  wohlwollende  Interesse,  das  sie  dem  Unter- 
nehmen durch  Befürwortung  von  Subventionen  bei  der  kgl.  Regierung  und  der  Stadt  Liegnitz  entgegen- 
brachten. Weitere  Geldunterstützungen  wurden  von  der  Liegnitzer  Handwerkskammer  und  dem  Kunst- 
gewerbeverein für  Breslau  und  die  Provinz  Schlesien  bewilligt.    Der  Magistrat  der  Stadt  Breslau  gestattete  der 

23* 


180 

Muscumsdirektion,  einen  Teil  des  Etats  für  Aiisstelhiiigeii  und  Dienstreisen  für  die  Liegnitzer  Veranstaltung 
zu  verwenden.  Durch  diese  Subventionen,  bei  denen  auch  ein  erhebhcher  Znschuss  des  Liefjnitzer  Kiuist- 
vereins  nicht  vergessen  sein  möge,  wurde  das  Unternehmen,  das  anfänglich  ein  Wagnis  schien,  auf  eine 
sichere  Basis  gestellt  imd  vor  allem  die  Möglichkeit  geschaffen,  das  nüchterne  und  frostige  ehemalige  Bet- 
haus in  einen  branchbaren  und  behaglichen  Ausstellungsraum  umzuwandeln,  wobei  uns  Herr  Malermeister 
Rumsch,  der  Vorsitzende  des  Kunstgewerbevereins,  mit  Rat  und  Tat  zur  Seite  stand.  Als  Hängekommission 
waren  die  Herren  Professor  Werner  -  Schwarzburg,  Maler  Spiro  und  Maler  Späth  tätig.  Die  Ans- 
stelhmgsarbeiten  an  Ort  und  Stelle  besorgte  Direktorialassistent  Dr.  Buchwald.  Der  künstlerische  Erfolg 
der  Liegnitzer  Ausstellung  wurde  dadurch  gesichert,  dass  die  meisten  schlesischcn  Künstler,  Maler  und 
Bildhauer,  auch  solche,  die  nicht  mehr  in  der  Heimat  tätig  sind,  unserer  Einladung  Folge  leisteten.  Die 
Vereinigung  von  Kunst  und  Kunstgewerbe  bot  ein  vortreffliches  Ensemble,  wie  wir  es  in  Breslau  selbst, 
wo  beide  getrennt  ausstellen  müssen,  noch  nicht  zu  Gesicht  bekommen  haben.  Zu  besonderer  Freude 
gereichte  es  uns  auch,  dass  wir  bei  dieser  Gelegenheit  bisher  noch  unbekannte,  tüchtige  kunstgewerbliche 
Kräfte  aus  dem  Regierungsbezirke  Liegnitz  kennen  lernten.  Der  Besuch  der  Ausstellung,  zu  dem  in  allen 
grösseren  Städten  der  Provinz  ein  künstlerisches  Plakat  nach  Entwurf  von  Professor  Wislicenus  einlud, 
übertraf  alle  Erwartungen  und  lohnte  die  geleisteten  Mühen   und  Opfer. 

In  den  Monaten  November  inid  Dezember  beherbergte  das  Museum  eine  Anzahl  von  Ausstellungen. 
In  den  Räumen  des  II.  Stockwerkes  war  eine  Ausstellung  nordischen  Kunstgewerbes  untergebracht, 
die  wir  zum  Teil  von  dem  Kaiser  Wilhelm-Museum  in  Krefeld  übernommen  hatten.  Däneiuark,  Norwegen 
und  Finnland  waren  durch  umfangreiche  Kollektionen  von  Porzellanen,  Fayencen,  Webereien,  Metallarbeiten, 
Bucheinbänden,  einige  Möbel  und  durch  die  genialen  Entwürfe  von  Munthe  vertreten.  Lebhaftes  Interesse 
beim  Publikum  und  ilen  Kunstgewerbetreibenden  erweckten  zwei  anstossende  Interieurs,  welche  die  unter 
Leitung  des  Regiernngsbaumeisters  Pölzig  stehende  Fachklasse  für  Architektur  an  der  hiesigen  kgl.  Kiinst- 
und  Kunstgewerbeschule  ausstellte.  Den  Lichthof  füllte  eine  Bildhauerausstellung,  die  das  Museum 
veranstaltete,  um  ein  Bild  von  dem  Gesamtschaffen  der  sieben  Künstler  zu  geben,  die  von  der  kgl.  Regierung 
zu  Konkurrenzentwürfen  für  eine  monumentale  Anlage  auf  dem  Königsplatze  (Bismarckbrunnen)  aufgefordert 
worden  waren.  Die  Modelle  für  diesen  Wettbewerb,  aus  dem  unser  Landsiuann  Ernst  Seger  als  Sieger 
hervorging,  standen  zu  derselben  Zeit  im  Museum  der  bildenden  Künste.  Zur  Ausstellung  in  unserem 
Museum  steuerten  die  beteiligten  Künstler  Behrens,  Bräuer,  Freese,  Qeyger,  Haverkamp,  Hösel  und  Seger 
ausgeführte  Arbeiten,  Modelle  und  Photographien  bei.  Aus  der  Liildhauerausstellung  ist  für  Breslau  ein 
bleibender  Gewinn  erwachsen.  Auf  Anregung  des  Stadtrats  Milch  traten  kunstfreundliche  Mitbürger 
zusammen,  um  den  originellen  und  liebenswürdigen  Bärenbrunnen  von  E.  M.  Geyger  für  die  Stadt  zu 
erwerben.     Er  steht  seit  einiger  Zeit  an  der  Südseite  des  Rathauses. 

Ausserdem  wurden  ausgestellt: 
Bucheinbände  aus  der  Buchbindereifachschule  von  Paul  Adam  in   Düsseldorf 
Gussstahlplaketten  durch  J.  Littaner  in  München 
Entwürfe  für  Decken-  und  Wanddekorationen  aus  deiu  Preisausschreiben  der  Firma  Aug.  Engelhardt 

u.  Haebrich  in  Elberfeld 
Konkurrenz-Entwürle  für  ein  Plakat  des  Vereins  zur  Hebung  des  Fremdenverkehrs  in  Breslau 
Konkurrenz-Entwürle  für  einen  Becher  der  Zwinger-Schützen-Brüderschaft 
Modelle  für  ein  Gustav  Freytag-Denkmal  in  Breslau  von  Bildhauer  Ernst  Seger  in  Berlin 
Reliefbild    Kaiser  Wilhelms  I.   für  den  Oswitzer    Kaiser  Wilhelm-Turm   von   Bildhauer   Kiesewa  Her 

in  Breslau 
Entwürfe  für  ein  Speiseservice  aus  dem  Preisausschreiben  des  Museums 
Diplom,  ausgeführt  von  Graveur  Scheu  in  Breslau 
Moderne  Erzeugnisse  der  Meissener  Por/ellanniannfaklur,  ausgestellt  von  der  Firma  Moritz  Wentzel 

in  Breslau 
Reliefintarsien  von  Tischlermeister  Kim  bei  in  Breslau 

Moderne  Möbel  und  Portierenstoffe  durch  die  I  irrna   Leipziger   u.  KTissler  in  Breslau 
Schmucksachen  und  Stickereien  von  Anna  Steuer  in  Stuttgart 


181 

Kissen  luui  Fenstcrvorsctzer  von  Frau  Rechtsanwalt  lue  in  Breslau 

Bleiverglasiiiifjeii  von  Karl  Bichan  in  Breslau 

Radierungen  der  Radierschule  des  Herrn  Professor  Morgenstern  der  Königl.  Kunstschule  in  Breslau 

Stickereien  von  Margarete  Trautwein  in  Breslau 

Entwürfe   von  Julius  Nitsche  in   Breslau   und  Stickereien,  ausgeführt  nach   solchen  Entwürfen  im 

Atelier  der  Frau  Rosenberg  in  lireslaii 
Tapeten  von  der  Firma  Nicolai   n.  Schweitzer  in  Breslau 
Reformkleider  von  Margarete  Trautwein  und   Ina   IMüdiic  mann  in  Breslau 


VORTRAGE 

().  Januar  IWi:    I^irektorial-Assistent  Dr.  Brüning,  Berlin:     Die  Schmiedekunst 

Direktorial-Assistciit  Dr.  Lner,  Berlin:     Technik  der  Bronzeplastik 

Walter  Elkan,  Berlin:  Japanische  Metallarbeitcn 

Direktor  Leisching,   Brunn:     Die   Entwicklung   des  Schmuckes  in  alter  und  neuer  Zeit 

Oeheimrat  Professor  Dr.  Förster:     Die  Künstler  der  [Renaissance  und  die  philostratischen 

(leuiälde 

Oeheimrat  Dr.  Treu,  Dresden:    Constantin  Meunier 

Hans  E.  V.  Berlepsch-Valcndas,  Maria  Aich  bei  München:  Die  Turiner  Weltausstellung 


13. 

20. 

3. 

Febrnai 

10. 

17, 

3. 

März 

BESUCH    DER    SAMMLUNGEN    UND     DER 
BIBLIOTHEK 

A.    BESUCH   DER  SAMMLUNGEN 


Monat 


Anzahl  der 
Besuchstage 


Orösste  Besucher- 
zahl an  einem  Tage 


Ceringsle 
Besucherzahl 


Gesamtzahl 
der  Besucher 


April   1902 

26 

623 

52 

5  164 

Mai 

26 

1863 

64 

7  469 

Juni 

25 

503 

57 

4  597 

Juli 

27 

585 

70 

5  600 

August 

27 

730 

62 

5  380 

September 

25 

956 

63 

5  207 

Oktobei 

27 

801 

67 

6  483 

November 

25 

1  571 

70 

8  933 

Dezember 

25 

637 

62 

5  836 

Januar  1003    

26 

690 

39 

3  786 

Februar 

24 

684 

86 

4  887 

März 

26 

624 

(VJ 

5-231 

30Q 

zusammen 

68  373 

Die  grösste  Besucherzahl  mit  1863  Personen  hatte  das  Museum  am  19.  Mai,  dem  zweiten  Pfingst- 
feiertage,  die  geringste  am  20.  Januar  mit  39  Personen  zu  verzeichnen. 

Korporative  Besuche: 

28.  Mai  Städtische  Mädchenschule  Nr.  50  2.  Juni  Bürgerverein  Schweidnitz  —  23.  Juli  der  Zeichen- 
kursus der  Lehrer  Schlesiens  -  24.  August  der  Verein  der  Oartenkünstler  —  2.  September  die  Primaner 
von  Strehlen     -  7.  Oktober  der  Oörresverein     -  4.  9.  11.  und  15.  Dezember  der  Huniboldtverein. 


182 


B.    BESUCH    DER    BIBLIOTHEK 


im  April 

.     426 

Juli  .     .     . 

272 

Oktober    . 

511 

Januar . 

402 

iVlai .     . 

.     355 

August 

263 

November 

427 

Februar 

461 

Juni.     . 

.     219 

September 

329 

Dezember 

325 

März 

367 

zusammen  4357   Personen 


PREISAUSSCHREIBEN 

Aus  Mitteln,  welche  der  Zentral -Gevverbeverein  zur  Verfügung  stellte,  wurden  Entwürfe  für  ein 
bürgerliches  Speiseservice  aus  Porzellan  ausgeschrieben.  Die  Heteiligung  an  dieser  Konkurrenz,  die 
auf  Schlesien  beschränkt  war,  gestaltete  sich  sehr  lebhaft.  Den  1.  Preis  von  2ü0  Mk.  erhielt  Hugo  Scheinert, 
den  2.  Preis  von  100  Mk.  Erich  Erler,  den  3.  Preis  von  50  Mk.  Paul  Hampel,  sämtlich  in  Breslau.  Mit  Freuden 
dürfen  wir  feststellen,  dass  diese  Künstler  durch  das  Preisausschreiben  veranlasst  wurden,  sich  nicht  bloss 
vorübergehend  mit  Entwürfen  für  Porzcllanservice  zu  beschäftigen.  Die  Fabrik  von  Ohme  in  Niedersalzbrunn 
hat  seither  schon  zahlreiche  von  ihnen  entworfene  Service  ausgeführt. 


DIE    MUSEUMS- DEPUTATION    UND    DAS    BUREAU 

L)ie  Verwaltungs- Deputation  des  Museums  hatte  in  diesem  Jahre  einen  schweren  Verlust  zu 
beklagen.  Am  2.  August  1902  starb  der  Direktor  der  Königl.  Kunst-  und  Kunstgewerbescliule  Professor 
Hermann  Kühn.  Sein  Beruf  hatte  ihn  in  innigste  Fühlung  mit  dem  früheren  Museum  schlesischer 
Altertümer,  dann  nnt  unserem  Museum  gebracht.  Unsere  Beziehungen  waren  herzlich  und  freimdschaftlich. 
Jedes  Unternehmen  des  Museums  fand  bei  Direktor  Kühn  Unterstützung  und  Förderung.  Es  soll  ihm 
unvergessen  bleiben,  dass  er  die  Notwendigkeit  eines  vertrauensvollen  Zusammenwirkens  von  Kunstschule 
und  Museum  anerkannte. 

An  Stelle  des  Rechtsanwalts  Wehlau ,  der  im  Jahre  vorher  gestorben  war,  wurde  Stadtverordneter 
Kaufmann  Frieden thal,  an  Stelle  des  Direktors  Kühn  der  Geh.  Kommerzienrat  Philipp  Moriz-Eich  born 
in  die  Museums-Deputation  gewählt. 

Direktorial -Assistent  Dr.  Fritz  Wolff  schied  am  30.  September  aus  dem  Museum  aus,  um  an 
das  Buchgewerbemuseum  in  Leipzig  überzugehen.    An  seine  Stelle  rückte  Volontär  Dr.  Erwin  Hintzc  vor. 


Bär  aus  Sandstein  (S.  170) 


BERICHT  ÜBER  DAS  V.  ETATSJAHR 

(I.  April  1003     31.  März  1904) 


185 

ARBEITEN     IN    DEN    SAMMLUNGEN 

Im  Berichtsjahre  konnte  das  Museum  darangehen,  für  die  Louis  XVI-,  Empire-  und  Biedermeiermöbel, 
die  es  im  Laufe  der  letzten  Jahre  erworben  hatte,  im  Saale  XXI,  anschliessend  an  die  stil-historische 
Ordnung  im  I.  Stockwerke  zwei  Interieurs  einzurichten.  Der  Louis  XVI-Raum  macht  noch  einen  etwas 
unfertigen  Eindruck,  lun  so  geschlossener  repräsentiert  sich  dagegen  das  Zimmer  mit  den  meistens  aus 
Schlesien  stammenden  Empire-  und  Biedermeiermöbeln.  In  diesem  Räume  ist  auch  die  Abteilung  der 
Miniatur-Porträts,  die  ja  zum  grössten  Teil  der  Empire-  und  Biedermeierzeit  angehört,  und  das  gleichzeitige 
Berliner  und  das  Wiener  Porzellan  in  alten  Servanten  untergebracht.  Die  Kunst  des  Orients  (Persien,  Japan 
und  China),  die  früher  den  Saal  XXI  eingenommen  hatte,  musste  nach  Saal  XI  wandern  und  teilt  ihn  nun 
mit  der  Antike.  Der  Platzmangel,  der  sich  immer  fühlbarer  macht,  nötigt  leider  zu  fortwährenden  Ver- 
schiebungen in  den  Sammlungen,  unter  denen  die  Übersichtlichkeit  leidet.  Diese  ewigen,  oft  tief- 
eingreifenden Veränderungen,  zu  denen  uns  die  Entwicklung  des  Museums,  vor  allem  die  Erschliessung 
neuer  Abteilungen,  nötigt,  sind  auch  der  Grund,  warum  die  Direktion  den  berechtigten  Wunsch  des 
Publikums  nach  einem  gedruckten  Führer  durch  die  Museumssammlungen  noch  nicht  erfüllen  konnte. 
Wir  möchten  nicht  den  Ärger  der  Besucher  durch  Darbietung  eines  Führers  erregen,  der  im  Momente 
des  Erscheinens  schon  veraltet  sein  müsste. 

Verschiedene  Säle  und  Korridore  unseres  Museumsgebäudes  haben  im  Berichtsjahre  einen  schönen 
Schmuck  durch  Bilder  aus  altem  städtischen  Besitze  erhalten.  Als  die  Stadt  sich  entschloss,  den  im 
Museum  der  bildenden  Künste  nicht  ausgestellten,  sondern  im  Depot  liegenden  Teil  ihrer  grossen  Bilder- 
sammlung dadurch  nutzbar  zu  machen,  dass  er  zur  Ausschmückung  städtischer  Amtsräume  verwendet 
werden  solle,  wurde  dem  Museum  gestattet,  vorher  die  ihm  für  seine  Zwecke  geeigneten  Bilder  aus- 
zuwählen. Wir  wählten  vor  allem  die  Portraitgalerie,  die  der  Breslauer  Humanist  Thomas  Rhcdiger  im 
16.  Jahrhundert  angelegt  hatte,  dann  Portraits  von  Schlesien!  und  für  Schlesien  wichtiger  Personen, 
weiter  kostümgeschichtlich  oder  für  die  Waffenkunde  bemerkenswerte  Bilder.  Die  Rhedigersche  Portrait- 
galerie wurde  als  umlaufender  Wandfries  im  Ooldschmiedesaale  aufgehängt,  im  selben  Räume,  in  dem 
schon  eine  andere,  von  Rhediger  zusammengebrachte  Portraitsammlung  ausgestellt  ist,  die  Suite  der 
Wachsbossierungen  von  berühmten  Persönlichkeiten  des  französischen  Hofes.  Im  Olassaale  erinnern 
die  Portraits  Karls  VI.,  Friedrichs  des  Grossen,  des  Ratspräsidenten  von  Haunold,  des  ,\\inisters 
Schlabrendorff  etc.  an  die  Geschichte  Schlesiens  in  der  Zeit,  wo  seine  Glasindustrie  blühte.  Das  sind 
Anfänge,  um  die  Sammlungen  lebendig  zu  machen,  um  den  Zusammenhang  von  Dingen  und  Menschen 
einer  bestimmten  Zeit  recht  deutlich  zu  zeigen,  und  ein  weiterer  Schritt  zur  Ausgestaltung  unseres  Museums 
zu  einem  Landesmuseum  für  Schlesien.  Hätten  wir  die  entsprechenden  Räume,  so  könnte  unser  Museum 
jetzt  schon  für  einzelne  Epochen  geschlossene  Kulturbilder  als  Hintergrund  für  die  kunstgewerblichen 
Sammlungen  aus  Schlesien  geben. 

RESTAURIERUNGSARBEITEN 

Im  Jahre  1879  hatte  das  Museum  schlesischer  Altertümer  von  der  Barbarakirche  den  sog.  Barliara- 
altar  vom  Jahre  1447  als  Depositum  übernommen.  Schon  damals  befand  sich  dieses  Hauptwerk  der 
schlesischen  Tafelmalerei  des  15.  Jahrhunderts  in  einem  wenig  erfreulichen  Zustande,  der  im  Laufe  der 
Zeit  sich  rasch  verschlimmerte.  So  ging  mitten  durch  das  Haupthild  und  die  Figur  der  hl.  Barbara 
ein  grosser  Riss.  Im  Jahre  1902  erklärte  ein  Sachverständigen-Gutachten,  dass  es  höchste  Zeit  zur  Rettung 
des  Altares  sei.  Da  die  Stadt  die  Restaurierungskosten  im  Betrage  von  2500  Mark  nur  dann  bezahlen 
konnte  und  wollte,  wenn  der  Altar  in  ihr  Eigentum  überginge,  wurde  dieser  von  der  Barbara-Gemeinde  mit 
Genehmigung  tier  kirchlichen  und  staatlichen  Behörden  um  einen  massigen  Preis  an  die  Stadt  abgetreten. 
Die  Wiederherstelluugsarbeiten  wurden  Professor  Hauser  in  Berlin  übertragen,  der  sie  im  Jahre  1903 
beendigte,  Wemi  es  auch  nicht  möglich  war,  alle  Veränderungen,  welche  die  Zeit  in  den  Farben  her\'or- 
gerufen  hat,  wieder  rückgängig  zu  machen,  so  prangt  doch  das  Werk  jetzt  wieder  in  herrlicher  Schönheit 
und  ist  aus  einem  Schmerzenskinde  des  Museums  eine  seiner  grössten  Zierden  geworden. 

24 


186 

VERMEHRUNG    DER    SAMMLUNGEN 

1.    URGESCHICHTLICHE  SAMMLUNG 

A,wei  wertvolle  Depotfunde  der  jüngeren  Bronzezeit  wurden  dem  Museum  in  diesem  Jaiire 
zugewendet.  Der  eine,  aus  Rohow,  Kreis  Ratibor,  ist  schon  vor  25Jaliren  gemacht  und  nach  einem  Bericht 
des  Oberstleutnants  a.  D.  Stöckel  von  A,  Voss  in  den  Berliner  Verhandlungen  (1881  S.  106,  Taf.  III) 
besprochen  worden.  Er  besteht  aus  7  glatten  und  5  verzierten  Handgelenkringen,  28  torquierten  Oberarm- 
ringen, einer  gehenkelten  Schale  und  der  verzierten  Achsenkapsel  eines  Wagenrades  alles  aus  Bronze. 
Der  Besitzer  des  Fundes,  Fürst  Karl  Max  von  Lichnowsky,  hat  die  Güte  gehabt,  diesen  Fund  erst 
depositarisch,  dann  bei  Gelegenheit  eines  Besuches  im  Museuni  endgültig  zu  überweisen.  Der  andere 
Bronzeschat/  wurde  im  Februar  1904  in  Karmine,  Kr.  Militsch  zutage  gefördert.  In  einem  Tongefässe 
lagen  12  Hohlkelte,  Q  Sicheln,  9  Handgelenkringe,  5  Oberarmringe,  eine  dreigliedrige  Pferdezaumkette, 
2  Seitenstangen  von  einem  Pferdegebiss,  eine  lange  Röhre  von  einem  Pferdeschnuick,  eine  Gewandnadel, 
eine  Brillenfibel  und  5  Stück  Rohbronze.  Was  dem  Funde  noch  ein  erhöhtes  Interesse  verleiht,  ist  die 
Tatsache,  dass  auf  derselben  Feldmark  früher  schon  zwei  ähnliche  grosse  Depotfunde  und  ein  ausgedehntes 
Gräberfeld  entdeckt  worden  sind.  Gleich  den  früheren  Funden  wurde  auch  der  neue  von  dem  Grund- 
eigentümer, Herrn  von  Sa  lisch  auf  Postel  in  hochherziger  Weise   dem    Museum   zum  Geschenk   gemacht. 

Geschenke  gingen  ausserdem  ein  von  den  Herren  Rittergutsbesitzer  von  Diebitsch  auf  Cunzen- 
dorf,  Kr.  Sprottau:  Grabfund  der  Hallstattzeit  aus  Cunzendorf;  Güterdirektor  Greulich  in  Kreike:  Grabfunde 
der  Bronzezeit  aus  Weigwitz,  Kr.  Breslau;  Pastor  Heyse  in  Paschkerwitz:  Wohnstättenfunde,  frühmittel- 
alterlich, aus  Zedlitz,  Kr.  Trebnitz;  Lehrer  Heil  mann  in  Neuhatnmer,  Kr.  Lüben:  grosse  Steinaxt  aus 
Kotzenau;  Inspektor  Henker  in  Koiskau,  Kr.  Liegnitz;  Steinaxt  aus  Koiskau;  Kantor  Hoffbauer  in 
Klein-Leubusch:  Grabfund  der  römischen  Kaiserzeit  aus  Malkwitz,  Kr.  Breslau;  Freistellenbesitzer  Jarras 
in  Grünhübel,  Kr.  Breslau:  3  grosse  in  einem  Grabe  gefundene  Urnen  mit  den  verbrannten  Gebeinen  von 
mindestens  b  Individuen,  Bronzezeit  ?,  aus  Grünhübel;  Pastor  Jedzek  in  Striegau;  frühmittelalterliche 
Scherben  mit  ankerförmiger  Bodenmarke  aus  Striegau;  August  Kirchner  in  Heidersdorf:  Wohnstätten- 
funde, frühmittelalterlich,  aus  Wilschkowitz,  Kr.  Nimptsch,  Skelettreste  aus  Reihengräbern,  Heidersdorf, 
Kr.  Nimptsch;  Kaufmann  Fritz  Kluge  in  Breslau:  Steinaxt  aus  Breslau;  Amtsvorsteher  Koch  in  Quaritz: 
Steinaxt  aus  Quaritz;  Postagent  Laeder  in  Peisterwitz:  Funde  vom  Ritscheberg;  Dr.  Postler  in  Rankau; 
neolithische  Scherben  aus  Strachau,  Kr.  Nimptsch  und  Grabfund  der  Bronzezeit  aus  Michelsdorf,  Kreis 
Schweidnitz;  Förster  Ratsch  in  Dürrhartau,  Kr.  Nimptsch:  Steinaxt  aus  Dürrhartau;  Gymnasialdirektor 
Dr.  Reinhardt  in  Wohlan:  eiserner  Halsring  der  Hallstattzeit  aus  Wohlan;  Direktor  Scholtz  in  Tinz, 
Kr.  Breslau:  Funde  aus  Reihengräbern  auf  dem  Kreuzberge  bei  Tinz;  Karl  Scholz  in  Hundsfeld:  Steinaxt 
aus  Hundsfeld;  Lehrer  Stenzel  in  Zantkau,  Kr.  Trebnitz:  Grabfund  der  Hallstattzeit  aus  Zantkau; 
Scholtiseibesitzer  Walter  in  Seifersdorf,  Kr.  Liegnitz:  3  Grabfunde  der  Hallstattzeit  aus  Seifersdorf; 
Dr.  phil.  Will  in  Guben:  Grabfund  der  Hallstattzcit  mit  6  Bronze-Pfeilspitzen,  tönerne  Votivaxt,  Skelett  aus 
einem  Reihengrabfeld,  Hünern,  Kr.  Trebnitz  (vgl.  Niederlaus.  Mitteil.  Bd.  VII);  ferner  von  der  Garten- 
direktion in  Breslau:  Grabfunde  der  Hallstattzeit  von  der  Schwedenschanze  bei  Breslau;  vom  K.  K.  Natur- 
historischen Hofniuseum  in  Wien:  Nachbildungen  von.  zwei   Fundstücken  aus  Österr.-Schlcsien. 

Durch  Kauf  (teilweise  als  Geschenk  des  Museumsvereins)  wurden  n.  a.  erworben:  20  Steinäxte 
von  verschiedeneu  Fundorten,  eine  Feuerstein-Speerspitze  aus  Mlietsch,  Kr.  Nimptsch;  eine  Sannnlung  meist 
neolithischer  Fundstücke  aus  Kreuzendorf,  Kr.  Leobschütz;  ein  38  cm  langes  sehr  schönes  Bronzemesser 
aus  Cantersdorf,  Kr.  Brieg;  endlich  eine  Auswahl  von  Nachbildungen  typischer  Stein-  und  Knochengeräte 
aus  den  verschiedenen  Perioden  der  älteren  Steinzeit  in  Frankreich. 

Von  den  durch  Ausgrabungen  des  Museunis  Vereins  gewonnenen  Funden  wurden  nach 
erfolgter  Konservierung  und  Restaurierung  folgende  inventarisiert  und  aufgestellt: 

Steinzeit.  Jordansmühl,  Kr.  Nimptsch:  30  Skelettgräber,  18  Wohngruben,  viele  Finzelfunde; 
Marschwitz,  Kr.  Ohiau:    22  Skelettgräber  (vgl.  S.  27  ff.). 


187 


Bronzezeit.  Domslau,  Kr.  Breslau:  Skelettgrab; 
Weigwitz,  Kr.  Breslau:  3  Brandgräber;  Jordansmülil,  Kreis 
Nimpfsch,  Niedenführsches  Feld  4,  Schichkesches  Feld 
2  Brandgräber;    Petersdorf,  Kr.  Nimptsch:  4  Brandgräber. 

Hallstattzeit.  Jordansmühl,  Kreis  Nimptsch, 
Niedenführsches  Feld  2,  Klosesches  Feld  8  Gräber; 
Oiirrhartau,  Kr.  Nimptsch:  3  Gräber;  Karmine,  Kreis 
Militsch:  163  Gräber;  Kathol.  Hammer,  Kf-  Militsch: 
2  Gräber;  Olieschwitz,  Kr.  Militsch:  16  Gräber;  Ougel- 
witz,    Kr.    Militsch:    6   Gräber;     Steffitz,    Kr.    Militsch: 

4  Gräber;  Beschine,  Kr.  Wohlau:  38  Gräber;  Gross- 
Osten,  Kr.  Guhrau:  3  Gräber,  Einzelfunde;  Ransen, 
Kr.  Steinau:  3  Gräber;  Beichau,  Kr.  Glogau:  12  Gräber; 
Kreidelwitz,  Kr.  Giogau:  3  Gräber;  Kuttlau,  Kreis  Glogau: 
12  Gräber;    Neukirch,  Kr.  Liegnitz:    1   Grab. 

Vorrömische  Eisenzeit.    Samitz,   Kr.  Glogau: 

5  Brandgräber;  Wittgendorf,  Kr  Sprottau:  2  Brandgräber. 

Römische  Zeit.  Marschwitz,  Kr.  Ohlau:  Braiid- 
grab  lutd  Wohngrube  (vgl.  S.  39);  Dankwilz,  Kr.  Nimptsch  : 
Wohnstättenfunde;  Krehlau,  Kr.  Wohlau:  Wohnstätten- 
funde; Lerchenberg,  Kr.  Glogau:  4  Brandgräber  und 
Einzelfunde. 

Slavische  Zeit.  Rudelsdorf,  Kreis  Nimptsch: 
20  Skelettgräber;  Marschwitz,  Kr.  Ohlau:  2  Wohngruben 
(vgl.  S.  39). 

Im  ganzen  betrug  der  Zuwachs  der  urgeschicht- 
lichen Sammlung  1585  Nummern. 

An  wissenschaftlicher  Bedeutung  obenan  stehen 
unter  diesen  Funden  die  des  steinzeitlichen  Wohn-  und 
Begräbnisplatzes  von  Jordansmühl.  Ein  besonders  reich 
ausgestattetes  Skelettgrab  wurde  von  Herrn  Prof.  Dr. 
Thilenius  mit  ebensoviel  Mühe  wie  Geschick  in  der 
ursprünglichen  Lage  wiederhergestellt  und  bildet  nunmehr 
eine  der  grössten  Merkwürdigkeiten  der  prähistorischen 
Sammlung.     Vgl.  die  nebenstehende  Abbildung. 

Als  wissenschaftlicher  Hilfsarbeiter  war  bei  den 
Inventarisierungsarbeiten  zeitweilig  Herr  stud.  rer.  nat. 
Szimanski   tätig. 

Eine    beträchtliche  Anzahl   von   Fundstücken   wurde 
Berlin  abgegeben. 


Steinzeitliches  Grab  aus  Jordansmühl 
an    das   Konigl.  Museum    für  Völkerkunde    in 


2.    MÜNZKABINETT 

üer   Zuwachs    der  schlesischen  Sammlung    betmg  3  Goldmünzen,    14  Silbermünzen,    1    Messing- 
marke, 21   silberne  und   11   andere  Medaillen.     Bemerkenswert  sind: 

Fürstentum   Neisse.     Balthasar  von  Promnitz.    Dukat  1546.     Friedensburg  u.  Seger    Nr.  2533. 
Jägerndorf.    Georg  Friedrich.    Taler  1577.     Friedensburg  u.  Seger    Nr.  3256. 
Ampringen,  Joh.  Caspar  v.    '  j  Sterbetaler  1684.     Friedensburg  u.  Seger    Nr.  3661. 
Kauerliase,    Matthes,    Stempelschneider  in   Breslau.      Talerförmige    Medaille    von    1623    mit 

inibekanntem  Wappen.    Vgl.  Friedensburg  u.  Seger    Nr.  3742/43. 
Friede  zu  Hamburg  1762.    Silberne  Medaille  von  Georgi.     Friedensburg  u.  Seger   Nr.  4443. 

24» 


188 

Ausserdem  wiircie  der  Münzfiind  von  Klei  n- Seh  lause  erworben,  dessen  Heselireibnng  in 
diesem  Bande  S.  62  f.  entlialten  ist. 

Für  die  aiisser-sehlesische  Sammlung  stiftete  Frau  Jenny  Sclilesinger  in  Oieiwitz  eine  Kollektion 
deutscher  Reichsmünzen  in  Gold  und  Silber  sowie  einen  Doppelgulden  auf  die  silberne  Hochzeit  des 
österreichischen  Kaiserpaares  von  1902. 

Geschenke  erhielt  das  Kabinett  ferner  von  Herrn  Kaufmann  Dehmel  in  Neusalz;  Frau  Jenny 
Schlesinger  in  Qleiwitz;  von  der  Handelskammer  in  Ureslau;  vom  Evang.  Oenieinde-Kirchenrat 
in  Leobschütz,  und  von  der  Schles.  Aktiengesellschaft  für  Bergbau  und  Zinkhütten  betrieb 
in  Lipine. 

Besonders  erfreulich  ist  es,  dass  in  dieseiu  Jahre  wieder  einmal  zwei  schlesische  Medaillen  von 
künstlerischem  Wert  erschienen  sind.  Es  sind  dies  die  von  der  Breslauer  Handelskammer  ihrem  bisherigen 
Präsidenten  Herrn  Geh.  Kommerzienrat  Leo  iVlolinari,  und  die  von  den  Mitgliedern  des  Breslauer 
Magistrats  Herrn  Oberbürgermeister  Dr.  Georg  Bender  und  seiner  Gemahlin  zur  silbernen  Hochzeit 
dargebrachten  Medaillen.  Beide  sind  nach  Modellen  von  Bildhauer  Ernst  Seger  in  Ouss  hergestellt. 
Die  Bender-Medaille  ist  auf  S.  202  und  210  abgebildet. 


3.    KULTURGESCHICHTLICHE    SAMMLUNG 

L)ie  bedeutendste  Erwerbung  dieses  Jahres  ist  das  im  Jahre  1734  begonnene  Stammbuch  des 
Breslauer  Warenmaklers  David  Jänisch.  Es  ist  aus  einem  holländischen  Antiquariat,  in  das  es  mit 
der  Bibliothek  eines  englischen  Bücherfreundes  gekommen  war,  für  den  Preis  von  3000  Mark  seiner  Heimat 
zurückgewonnen  worden.  Dieser  hohe  Preis  wird  durch  den  einzigartigen  ortsgeschichtlichen  und  künst- 
lerischen Wert  des  Buches  gerechtfertigt.  Sein  einstiger  Besitzer  hat  den  guten  Einfall  gehabt,  sich  von 
jedem  seiner  Freunde  ein  von  Künstlerhand  ausgeführtes  Pergamentbildchen  stiften  zu  lassen,  dessen  Gegen- 
stand entweder  eine  allegorische  Darstellung  oder  eine  Breslauer  Ansicht  oder  eine  das  Tun  und  Treiben 
seiner  Zeit  und  seines  Kreises  veranscliaulicliende  Oenreszene  war.  Die  auf  diese  Weise  entstandenen 
35  noch  völlig  farbenfrischen  Miniaturen  —  4  kamen  erst  später  hinzu  —  sind  eine  wahre  Fundgrube  für 
die  Kulturgeschichte  unserer  Stadt.  Sie  lehren  uns  ausserdem  einen  liebenswürdigen,  bisher  beinahe  un- 
bekannten Breslauer  Maler  kennen,  denn  es  hat  sich  feststellen  lassen,  dass  sie  sämtlich  von  einem  Johann 
George  Wagner  herrühren,  der  bei  seinen  Zeitgenossen  gemeiniglich  „der  Maler  in  den  sieben  Kurfürsten" 
hiess.  Eine  vorläufige  Besprechung  des  Stannubuchs  brachte  die  Schlesische  Zeitung  vom  6.  Septciuber 
und  7.  Oktober  1903  (Nr.  625  und  703). 

Einen  grossen  Umfang  nahmen  die  Erwerbungen  von  schlesischen  Bauerntrachten  ein.  Das  Museum 
besass  bereits  eine  ansehnliche  Sammlung  jener  kleidsamen,  aus  buntfarbigen  Seiden-  und  Brokatstoffen  ge- 
fertigten, mit  Bändern  und  Spitzen  besetzten  Hauben,  die  von  den  schlesischen  Bäuerinnen  bis  vor  einem 
Menschenalter  allgemein  getragen  wurden.  Sie  weisen  eine  ausserordentliche  Mannigfaltigkeit  in  Farbe, 
Schnitt  und  Muster  auf,  was  sich  daraus  erklärt,  dass  sie  nicht  bloss  nach  Alter,  Stand  und  Gelegenheit 
bestimmte  Abweichungen  zeigen  mussten,  sondern  auch  fast  in  jedem  Dorfe  verschieden  waren.  Eine  in 
diesem  Jahre  angekaufte  Sammlung  von  30  Hauben,  die  Herr  Georg  Krause  in  Hirschberg  aus  den 
Kreisen  Schönau,  Löwenberg  und  Hirschberg  zusammengebracht  hatte,  zeichnet  sich  durch  aussergewöhuliche 
Schmuckheit  und  Altertümlichkeit,  vor  allem  aber  durch  genaue  Herkunftbestimmung  der  einzelnen  Exemplare 
aus.  Dazu  kam  noch  eine  grosse  Sammlung  von  einzelnen  Bändern  und  Tressen  und  mehrere  seidene 
biuit  gemusterte  Brusttücher. 

Von  Bauernhausrat  wurden  drei  durch  Trefflichkeit  der  Benialung  und  gute  Erhaltung  hervor- 
ragende Kleiderschränke  erworben,  einer  aus  Flachenseiffen,  Kr.  Löwenberg,  von  1714,  zwei  aus  Tannhausen, 
Kr.  Waidenburg,  von  1779  und  1819;  ferner  eine  Truhe  aus  Wüstegiersdorf,  Kr.  Waidenburg  und  verschiedene 
Kleinigkeiten.  Endlich  konnte  ein  längst  gehegter  Wunsch  erfüllt  werden:  die  Erlangung  einer  vollständigen 
Bauernstube  mit  Täfelung  und  Decke.  In  Schlesien  zählen  solche  Zimmereinrichtungen  jetzt  schon 
zu  den  grössten  Seltenheiten  und  es  ist  vorauszusehen,  dass  in  wenigen  Jahren   überhaupt  keine   mehr  zu 


189 


fiiulcM  sein  werden.  Als  sich  daher  Gelegenheit  bot,  in  Krunnnhübel  im  Riesengebirge 
ein  Eck/imnier  dieser  Art  zu  erwerben,  zögerte  die  Direktion  nicht,  zuzugreifen  obwohl 
bei  den  jetzigen  Raumverhältnissen  des  Museums  keine  Möglichkeit  war,  es  in  absehbarer 
Zeit  aufzustellen.  Das  Krummhübler  Zimmer  stammt  aus  der  2.  Hälfte  des  IS  Jahrhunderts 
Die  Wände  sind  mit  Holz  verkleidet  und  ebenso  wie  die  Schiebeläden  der  Fenster  mul 
die  Vorderseiten  der  ringsiinilaiifenden  Bänke  mit  Landschaften  im  f<okokogeschmack 
bemalt,  iiemalung  zeigen  auch  die  eingebauten  Schränke  und  Bordbretter  sowie  die 
Balkendecke.  Doch  hat  die  ständiue  Benutzung  des  Raumes  die  Farben  vielfach  ver- 
wischt, so  dass  eine  Restaurierung  unabweisbar  ist. 

Für  die  InstrumentensammUing  wurden  zwei  interessante  Uhren  angekauft 
Die  eine  ist  eine  grosse  zylindrische  Reiseuhr  vom  Ende  des  16.  Jahrhunderts  mit  ring- 
förmigem Zifferblatt  aus  Zinn  und  Gehäuse  aus  vergoldetem  Messing.  Dieses  ist  aui 
allen  Seiten  durch  Gravierung  und  sternförmige  Durchbrechungen  aufs  reichste  verziert 
Auf  der  Seitenfläche  sind  Medaillons  mit  allegorischen  Figuren,  Masken  u  dgl  auf  dei 
Unterseite  ist  ein  Brautpaar  in  spanischer  Tracht  dargestellt.  Im  Innern  findet  sich  die 
Meistermarke:  G.G.W.  Dazu  gehört  ein  hölzernes,  mit  braunem  Leder  überzogenes 
und  mit  zieriichen  Messingbeschlägen  versehenes  Futteral.  Der  Orossvater  der  Vor- 
besitzerin, ein  Landwirt  im  Schweidnitzer  Kreise,  hat  diese  Uhr  im  Sitzkasten  einer 
Kalesche  gefunden,  die  er  einst  bei  der  Versteigerung  eines  adeligen  Besitzes  erstanden 
hatte.  -  Die  andre  ist  eine  sogen.  Stock-  oder  Rolluhr,  die  ohne  aufgezogen  zu  werden 
nur  durch  ihr  eigenes  Gewicht  getrieben  wurde,  indem  man  sie  mit  vertikal  bleibendem 
Zeiger  von  einer  schiefen  Ebene  herabrollen  liess.  Diese  künstliche  Art  von  Uhren  war 
besonders  um  die  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  beliebt.'.  Unser  Exemplar  ist  aus  ver- 
goldetem Messing  mit  silbernem  Zifferblatt  und  feiner  Gravierung  geschmückt  Als 
Verfertiger  nennt  sich  „Andreas  Kraus  Schweidnitz  156." 

Unter   den   Zugängen   der  Waffensammlung   ist  das   Hauptstück  ein   bis  auf 
die  fehlende  Spitze  vorzüglich   erhaltenes  Schwert,  das  vor  Jahren  in  Marschwitz,  Kreis 
Ohlau  gefunden   und   bei  Gelegenheit  der  dortigen  Ausgrabung    (vgl.  S.  39)  von  Herrn 
Rittmeister   a.  D.   von    Eicke   dem    Museum    geschenkt    worden    ist.      Der   pilzförmige 
Knauf  von  oblongem  Querschnitt,    der  kurze  Griff,    der  zum   Umspannen    des   Knaufes 
notigt,  die  kur.c,  dicke  l'arierstange,  die  breite,  wenig  verjüngte  Klinge  mit  der  auffallend 
breiten  Blutrinne,  alle  diese  Merkmale  verweisen  das  Schwert   noch  ins  11.  Jahrhundert 
Es  ist  das  älteste  mittelalteriiche  Schwert,  das  nnsre  Sammlung  bisher  besitzt         Ferner 
wurden  erworben  ein  Jagdbesteck  mit  verziertem  Lederfutteral  von  1753;  ein  Steinschloss- 
Karabmer  bez.  „Christian   r^.isch  in  Breslau";  ein  Paar  französische  Steinschloss-I'istolen 
aus  napoleonischer  Zeit;    ein  preussischer  Tschako  aus  den  Befreinngskrieaen  (Geschenk 
von    Frauleiii    Auguste  Altmann    in    Breslau);    ein   Satz   von   32   Zinnsoldaten     die   als 
treue    Nachbildungen    verschiedener    preussischer   Truppengattungen    aus    der   Zeit   von 
1816    26    iimformgeschichtlichen   Wert    haben    (Geschenk    von    Frau   Pufke  und   Herrn 
Referendar  Schlawe  in  Breslau). 

Als  Geschenkgeber  für  die  kulturgeschichtliche  Abteilung  sind  ausserdem  zu 
nennen:  die  Herren  Kaiseri.  Staatsrat  Exz.  von  Essen,  Adolf  Freyhan  Dr  Erwin 
Hintze,  Dr  Kern,  Lehrer  Noch.  Julius  Neumann,  Dr.Seger,  Referendar  Schlawe 
und  Frau  Geh.  Medizinalrat  Wolff  in  Breslau;  Kaufmann  Eberle  in  Strehlen  ■  Mühlen- 
besitzer Kuhni  in  Ulleisdo,.,  Kreis  Striegau;  Dr.  Meutzel  in  Durango  (Colorado)- 
Dr.  Albert  Schottky  in  Neis.se  (t);  der  Magistrat  zu  Breslau  mul  der  Verein  für 
das  Museum   sclilesischer  Altertümer. 


V 


Schwert 
aus  Marschwitz 


■)  liii    historischen   Museum    der   Stadt   Olmütz    befindet   sich    eine    solche  Uhr   von    164S     in    de 
Kon.gl.  Mathematisch-physikalischen  Sammlung  zu  Dresden  eine  von  1665. 


100 

4.    DIE  SAMMLUNG   DES  ALTEN   KUNSTGEWERBES 

0)'Steniatisch  wurden  in  diesem  Jahre  besonders  schlesische  Miniaturporträts  gesammelt,  wozu  die 
Ausstellung  von  Miniaturmalereien  aus  schlesischem  Besitze  oder  schlesischer  Herkunft  manche  Gelegenheit 
bot.  Fortgesetzt  wurde  auch  die  Erwerbung  schlesischer  Zinnarbeiten,  mit  der  im  Jahre  vorher  begonnen  worden 
war.  Es  zeigt  sich  dabei,  dass  im  16. — 18.  Jahrhundert  sehr  viele  Städte  Schlesiens  blühende  Zinuindustrien 
hatten.  Eine  weitere  Gruppe,  deren  Komplettierung  wir  uns  angelegen  sein  Hessen,  ist  die  der  Empire- 
und  Biedermeiermöbel,  bei  denen  wir  uns  auch  vorwiegend  auf  die  einheimischen  Nuancen  beschränkten. 
Zu  den  Breslauer  Goldschmiedearbeiten  kamen  wieder  einige  bemerkenswerte  Stücke  hinzu. 

Archifekturteile: 

Wap]5en  der  Hell  von  Hellenfeldt,  wahrscheinlich  des  Benjamin  Hell  (geb.  10.  I?.  1625),  der  am  17.  Januar  1660 
mit  dem  Prädikate  „von  Hellenfeldt"  in  den  Adelsstand  erhoben  wurde  und  als  Kaiserl.  Rat  am 
14.  Mai  1697  in  Breslau  starb.  Aus  Sandstein.  Gefunden  zwischen  der  Hüben-  und  Lelimgruben- 
strasse  in  Breslau.     (Geschenk  der  Vorkosthändlerin  Frau  Ho  ff  mann.) 

Malerei: 

Der  Barbara-Altar  vom  Jahre  1447.    Siehe  S.  185. 

Bilder  aus  altem  städtischen  Besitze,  darunter  die  Porträtgalerie  des  Thomas  Rhediger.  Siehe  S.  185. 
(Überwiesen  vom  Magistrat.) 

Möbel  und   Holzschnitzereien: 

Kleiderschrank,     Nussbauniholz,    sog.    Danziger.      Zweitürig,    stark    profiliert.      Ausgezeichnetes    Stück 

17.  Jahrh.     Norddeutschland. 
Schrank  aus  Eichenholz,  zweitürig,  innen  mit  Schubladen,  aussen  eingelegt.    Um  1730.    Stammt  aus  Jauer. 
Kommode,  schachbrettartig  eingelegt  in  Zedernholz,  auf  hohen  Beinen,  mit  zwei  Schubladen.     Rokokostil. 

Schlesien. 
Toilettentisch  aus  Mahagoniholz  in  Form  eines  Schreibsekretärs.     Stil   Ludwigs  XVI.     Schlesien. 
Kommode,    Mahagoniholz  mit  reichen   Bronzebeschlägen  und  grauer  Marmorplatte.     Die  oberste  der  vier 

Schubladen  ragt  hervor  und  wird  von  zwei  Säulen  getragen.    Anfang  des  19.  Jahrh.    Deutschland. 
Klapptischchen    mit   runder   Platte,    Mahagoniholz   mit   Fadeneinlagen    aus  weissem  Ahorn.     Anfang   des 

19.  Jahrh.     Schlesien. 
Nähtisch,    Mahagoniholz   mit  Intarsien    und   Fadeneinlagen  aus  weissem   Ahorn.     Der  Fuss  in   Form  einer 

Lyra.     Um   1825.     Breslau. 
Ausziehtisch,  rund,  Mahagoniholz  mit  Fadeneinlagen  aus  weissem  Ahorn.    Um  1830.  Schlesien.   (Geschenk 

des  Musen  ms- Vereins.) 

Lehnstuhl,    helles,    künstlich    dunkel    gefärbtes    Holz.     In    geschwungenen    Formen    der    Biedermeierzeit. 

Schlesien. 

Antike  Keramik: 

Grabf  igü  rchen,  sog.  Ushabti,  aus  gebranntem  Ton,  zum  Teil  glasiert.    48.  Stück.     Die  Figürchen  wurden 

als   Beigaben    in  Mumiengräbern    gefimden.     XIX.— XXIII.   Dynastie.     Ägypten.      (Geschenk   des 

Herrn  Geheimrats  Dr.  Orempler.) 
Deinos,    halbkugelförmig,    aussen   und   innen   mit   schwarzem    Lack   überzogen,    am    Halse    und    oben   am 

Rande    Streifen    mit   Tierdarstellungen    und   Ruderschiffen  in  Schwarzmalerei    auf  rotem   Grunde. 

6.  Jahrh.  v.  Chr.     Attisch. 

Steinzeug: 
Krug    mit    Zinndeckel,    von    hoher    bauchiger  Form    mit   kurzem   Halse    und    wal/enfonnigcr   Ausgussdille. 

Glasur  bräunlich  grau,  bemalt  mit  Blume  uiul  Vogelpaar  in  dunkelblauer  Kobaltglasur,    Zinndeckel 

datiert  1769.     Nassau.     (Geschenk  des  Museums-Vereins.) 

Fayence: 

Ofen,  weiss  glasiert,  auf  den  einzelnen  Kacheln  und  Gesimsteilen  in  Relief  blau  getönte  Rokoko-Kartuschen. 
Lim  1750.    Stammt  aus  einer  Wassermühle  zu  Hartenbcrg  im  Riesengebirge,  in  der  einige  Zimmer 


191 

als  Absteigequartier  für  die  Grafen  von  Schaffgotsch   eingerichtet  waren;   darauf  deutet  u.  a.  das 

als  Ofenaufsatz    dienende   Lamm   als  Wappentier  der  Schaffgotsch.     (Geschenk  Sr.  Exzellenz  des 

Herrn  Staatsrats  von  Essen.) 
Deckelvase  mit  farbigem,  plastisch  aufgelegtem  Blumen-  und  Blätterschmuck  und  fünf  Gruppen  Rokoko- 

Chinoiserien  in  Malerei.    Signiert  P.     18.  Jahrh.     Proskau. 
Dose  in  Form  eines  sitzenden  Rebhuhns.     Bunt  bemalt.    Signiert  P.  18.  Jahrh.     Proskau. 
Dose   in  Form  eines  Rebhuhns  auf  einer  Blattschüssel  mit  plastischem  Blumendekor.   Bunt  bemalt.    Signiert 

D.  P.  18.  Jahrh.     Proskau. 
Terrine  in  Form  einer  Ente  auf  einem  Teller  mit  plastischem  Blumen-  und  Fruchtschmuck.     Bunt  bemalt. 

Signiert  D.  P.     Um  1775.     Proskau.     (Geschenk  des  Herrn  Max  Pringsheim.) 
Frühling  und  Herbst.    Bunt  bemalte  grosse  Figuren.     Signiert  P.    18.  Jahrh.     Proskau. 
Sog.  Fingervase  aus  hellgelber  Steinzeugmasse.    Signiert  „Proskau".     Um  1800.     (Geschenk  des  Herrn 

Stadtrats  P.  Oiesel.) 
Salzgefäss  in  Form   einer  sitzenden   weiblichen  Figur,  die  ihre  Schürze  als  Napf  ausgebreitet  hält.     Bunt 

bemalt.    18.  Jahrh.    Nicht  signiert,  jedoch,  ebenso  wie  das  folgende  Stück  mit  ziemlicher  Sicherheit 

der  Fabrik  von  Holitsch  zuzuweisen. 
Dose  in   Form   einer  sitzenden   Bauersfrau,  die  ein  Wickelkind   im  Arme  hält.     Bunt  bemalt.     18.  Jahrh. 

Holitsch.     (Geschenk  des  Herrn  Dr.  jur.  Paul   Heimann.) 

Deckeldose  in  Form   eines  Mopses,  der  auf  einem  Kissen   ruht.     Bunt  bemalt.    Signiert  G.  F.  (Glinitzer 

Fabrik),  bisher  unbekannte  Marke  in  blau  unter  Glasur.     18.  Jahrh.     Glinitz. 
Krügel  mit  blauen  Streublumen  auf  weissglasiertem  Grunde.    18.  Jahrh.    (Geschenk  des  Herrn  C.  Sperling.) 

Schüssel  mit  Gartenlandschaft  und  Pfau  in  Blaumalerei  auf  weissglasiertem  Grunde.  18.  Jahrh.  (Geschenk 
des  Herrn  C.  Sperling.) 

Porzellan: 

Überdekorateure:  Teller  mit  quadratischem  Bilde  im  Spiegel,  darstellend  Bacchische  Szene  in  eisen- 
rotem (^amaieu.  Am  Rande  bunte  Blumen.  Chinesisches  Porzellan.  Rückseitig  signiert:  Wratis: 
to  1728  Mens.  Marti  A.  Bottengruber  f.  Gehört  zu  der  Folge,  von  der  unser  Museum  bereits  drei 
Teller  besitzt.  Vgl.  Schles.  Vorz.  N.  F.  II.  S.  143  f.  —  Tasse  und  Untertasse,  ein  Paar.  Chinesisches 
Porzellan  mit  Marke,  farbig  bemalt  mit  Bandelwerk,  Früchten  und  kleinen  Veduten,  wahrscheinlich 
von  Bottengruber.  Teller,  im  Spiegel  grosses  Bild,  darstellend  den  Zug  der  Oalatea,  in  Gold- 
umrahmung mit  kalligraphischen  Schnörkeln,  am  Rande  vier  bunte  Blumen.  Meissener  Porzellan. 
Unbekannter  Maler.  Um  1730.  —  Spülnapf  und  zwei  Tassen  mit  Untertassen,  Meissener 
Por/ellan  mit  bunter  Malerei,  auf  dem  Spülnapf  Neptun,  auf  den  Tassen  Qenreszenen.  Um  1730.  — 
Tabakspfeifenköpfchen,  bemalt  mit  Laub-  und  Bandelwerk  und  einer  Landschaft  mit  drei 
Putten,     Um   1730. 

Berlin:  Jäger  in  Rokokotracht,  farbig  bemalt.  Signiert  W  =  Wilhelm  Caspar  Wegeli.  Um  1753.  —  Deckel 
terrinc  und  Untersatz  mit  vergoldeten  Reliefs  an  den  Rändern.  Je  zwei  Felder  der  Terrine,  des 
Deckels  und  Tellers  tragen  Eisenrotmalereien  mythologischen  Inhalts.  Prachtstück.  Um  1765.  — 
Pfeifenkopf  mit  langem  Kopf  und  dünnem  Halse,  farbig  bemalt  mit  einem  (unbestimmten) 
Wappen.  Um  1820.  (Geschenk  des  Herrn  Dr.  Erwin  Hintze.)  —  Tasse  und  Untertasse 
mit  zwei  Ansichten  von  Reichenbach  in  Schlesien.  Datiert  30.  September  182S.  (Geschenk  des 
Herrn  Regierungsrats  Wagner.) 

Frankenthal:  Putto,  wenig  bemalt,  nackt,  sitzt  in  schwebender  Haltung  auf  einem  Sockel  in  Rokoko- 
formen.    Um  1770. 

Fulda:  Kaffeeservice  bestehend  aus  6  Tassen  mit  Untertassen,  zwei  Kännchen,  einer  Butterdose  und 
einer  Zuckerschale.  Farbig  bemalt  mit  grossen  Blumen.  18.  Jahrh.  (Depositum  Sr.  Eminenz  des 
Herrn  Kardinals  Fürstbischofs  Dr.  Kopp.) 


1Q2 

Wien:  Zuckerdose  mit  niiideiii  Henl<el,  niif  drei  Löwenfüssen,  mit  einer  Meerlandscliaft  und  (irientalisclien 
Figuren  in  Scinvarzlotmalerei.  Um  1730.  —  Tasse  mit  Untertasse,  Tasse  zylindrisch  nnt 
eckigem  Henkel.  Bemalt  in  Sepia  mit  Putten,  die  Untertasse  mitVenus,  die  Amor  seiner  Waffen 
beraubt.     Der  Grund  rosa  violett.     Um  1800. 

Glas: 

Flasche  mit  zwei  Henkeln,  sehr  schön  in  Form  und  Irisierung.     Antik. 

Fläschchen   mit   einem   Henkel,    azurblau.     Der  Henkel   und   je   ein   schmales  Band  am  Boden  und  Halse 

aus  opaker,  elfenbeinweisser  Glasmasse.     Römisch.     Gefunden  in   Köln. 
Willkomm,  zylindrisch.     In  farbiger  Emailmalerei   ein  von  heraldischen  Löwen  gehaltener  Schild  mit  dem 

Wappen   der  Kürschner-Zunft  und    Inschrift.     Datiert  1678.     Stammt  von  der  Kiirschner-Iminng  zu 

Reichenbach  in  Schlesien. 
Spinn wirtel  aus  gelbgrünem  Glase  mit   Punkten   und  Sternchen  in  farbiger  Emailmalerei.     Datiert  1687. 

Gefunden  in  Heidersdorf,  Kr.  Nimptsch.     (Geschenk  des  Herrn  Direktors  Dr.  Seger.) 
Spinn  wirtel  aus  grünlichem  Glase,  bemalt  mit  Punkten,  Sternchen  mid  Kreisen  in  farbiger  Emailmalerei. 

17.  Jahrh.    Gefunden  im  Kreise  Militsch.     (Geschenk  des  Museums-Vereins.) 

Gläser,  2  Stück,  auf  gedrehtem  Stiel.    Mit  Landschaften  in  Schwarzlotmalerei,  sog.  Schapernianier.    Um  1700, 

(Vermächtnis  des  Herrn  Dr.  Albert  Schoftky,  Neisse.) 
Spülnapf  und  Becher  aus  Rubinglas.     18.  Jahrh.     (Geschenk  des  Herrn  Dr.  phil.  Kern.) 
Deckelpokal  mit  reichem  Blattwerk  und  dem  Wappen  des  Kaspar  von  Soder  und  seiner  Gemahlin  Rosalia 

von  Banowski  in  Zwischenvergoldung.     Um  1740.    Schlesien. 
Becherglas,    in   Zwischenglastechnik,    am    Mantel   ein   bisher  noch    nicht   bestinnntes   geistliches   Wappen. 

oben  am  Rande  die  Inschrift  „Reverendissimo  D.  D.  Johanni  Bapt:  II.  Abb.:  Patri  gratiosissimo  — 

'A.  Filio    indig.   Ferdinande    Karl."      Innen    am    Boden   Johannes    der   Täufer.     Am   Mantel   vom 

Wappenmedailion  ausgehend  Girlanden  in  Diamantritzung.  Signiert:  Mildner  fec  a  Guttenbrunn  17QQ. 
Deckelpokal,    graviert   mit   Darstellung  einer  Jagdszene   und  Inschrift.     Die  Form   des  Schaftes  weist  auf 

Sachsen  hin.     Lim  1750. 
Becherglas,    dickwandig,    graviert   in   Tiefschnitt   mit   Weinkeller-Szene,    Blumen,    Früchten    und   Inschrift. 

Um  1700.     Schlesien. 
Deckelpokal,  graviert  mit  dem  Breslauer  Stadtwappen  und   Laub-  und  Bandelwerk.    Um  1725.    Schlesien. 
Deckelpokal,   mit  sehr  fein  gravierter  Darstellung  einer  Reitschule  nach  dem  Stiche  von  Rugendas.     Das 

Museum   besitzt   bereits   einen   niedrigen  Deckelpokal    mit   dieser  Darstellung.     Die  Zeichmmg  des 

Ornamentes  weist  beide  derselben  Fabrik  zu.     Um  1740.    Schlesien. 
Pokal   mit  vielkantigem   Kelch,    graviert  mit  einer  Ansicht  der  Schlacht  bei   Soor  am  30.  September  1745. 

Schlesien.    (Geschenk  des  Herrn  Dr.  phil.  Kern.) 
F'okal,  graviert  mit  Ansichten  von  Breslau,  Landeshut,  Hirschberg,  Warmbrunn,  Schneekoppe  und  Kynast. 

18.  Jahrh.     Schlesien.    (Geschenk  des  Herrn  Dr.  phil.  Kern.) 

Deckelpokal    mit  Ansichten   der   Landecker   Bäder  und  Wappen   des  Abtes  Constantinus  von   LIeimichau. 

1777.     Schlesien. 
Deckelpokal    in    der    üblichen    Form    der   schlesischen    Rokokogläser,     graviert   mit   einem   jungen    Paare. 

Um   1760.     Schlesien. 
Pokal    in    der    üblichen    Form    der    schlesischen    Rokokogläser,     graviert    mit    vier    allegorischen    Figuren, 

darstellend   die   goldene,    silberne,   eherne  und  eiserne  Zeil,    reichem  Rokailleornament  und  einem 

kleinen  Wappen.     Um  1760.     Schlesien.     (Geschenk  des  Museums-Vereins.) 
Deckelpokal,  graviert  mit  Kriegstrophäen,  Kartuschenwerk,  dem  Medaillonbildnis  Friedrichs  d.  Grossen  und 

der  Inschrift:   ,,Es  lebe  durch  des  Himmels  gnade      ein  Kiinig,  der  uns  schützen  kau      so  schlägt 

Er   mit   der  Wach-Parade  |  noch   allzeit   80000  Mann."     Bezüglich   auf   die   Schlacht   bei  Rossbach 

am  5.  November  1757.     Schlesien. 
Pokal,   graviert  mit  einem   Phantasie- Wappen,    einem   Herz,    Blumen   und    Inschrift.      Ende   des    18.  Jahrh. 

Schlesien.     (Geschenk  des  Herrn   Dr.  phil.  Kern.) 
Becherglas  mit   Fuss,  dickwandig,  graviert  in  Tiefschnitt  mit  einer  Jagdszene.     Um  1830.     Schlesien 


193 

F5ecli erglas  mit  annagelbeni  Dekor  und  Gravierung.     Um  1830.     Schlesien. 

Beclierglas,    aussen  weiss  überfangen   und   reihenweise  kreis-  und  sternförmig  ausgeschiiffen.     Um  1840. 

Reinerz  (?). 

Goldschmiedearbeiten : 
Deckelkanne    aus    Silber    mit   Vergoldung,    tonnenförnn'g,    vertikal    in    acht    Buckel    geteilt,    auf    die   vier 

figürliche  Darstellungen   und  vier  Wappen  graviert  sind.     Aus  den  Wappen  ergiebt  sich,  dass  die 

Kanne    zur  Vermählung  des    Freiherrn   Johannes   Friedrich  von   Nimptsch    mit   der  Gräfin  Maria 

von  Hoberg  auf  Fürstenstein  und  Rohnstock  im  Jahre  1648  verfertigt  worden  ist.   Breslauer  Beschau- 

und  Mcisterzeiclien   H   H  (in   Ligatur)         Hans  Hartig. 
Straussenei    in   sehr  feiner  vergoldeter  Silberfassung.     Mit  Breslauer  Beschau-    und   Meisterzeichen    des 

Caspar  Pfister.     Ende  des  16.  Jahrh.     (Depositum  der  St.  Dorotheen-Kirche,  Breslau.) 
Becher    aus    Silber,     graviert    n)it    derben    Blumen.      Mit    dem    Breslauer    Beschau-    und    Meisterzeichen 

H  J  oder  J  H.    Ende  des   17.  Jahrh. 
Deckelkaiine  aus  Silber.     Der  zylindrische  Mantel  graviert  mit  den  Brustbildern  der  12  Apostel  in  Rund- 

ntedaillons  zwischen   Laub-  und  Baudelwerk.    Auf  dem  Deckel  die  Brustbilder  der  vier  Evangelisten 

in    gleicher    Ausführung    und    ein    Wappenschild    mit    den    Initialen   A  M.       Mit    dem    Breslauer 

Beschau-   und   Meisterzeichen  J  C  K  —  Johann  Caspar   Keyl,    der    am   27.  August  1732   Brcslauer 

Bürger  und  um  dieselbe  Zeit  Meister  wurde. 
Decke Ipokal  aus  Silber,  auf  der  Mantelfläche  des  Gefässes  und  dem  Deckel  Band  und  Muschelornament 

in  Treibarbeit.     Mit  dem   Breslauer  Beschau-  und  Meisterzeichen  C  F        Caspar  Francke,  der  im 

Jahre  1711   Bürger  und  Meister  in  Breslau  wurde. 
Qewürzdose  aus  Silber  mit  Blumen,  Früchten  und  Ranken  in  Treibarbeit.     Das  Beschauzeichen  zeigt  drei 

Türme,  der  Meisterstenipel    B  P.     Erste  Hälfte  des  18.  Jahrh.     (Geschenk  des  Fräulein  Simmel.) 
Löffelchen    aus    Silber   mit  Vergoldung.     Laffe  eiförmig,    teilweise    durchlöchert,    rückseitig    Flecht-   und 

Blattwerk,  Stiel  in  Blattwerk  ausgehend.     In  einem  Lederetui.     18.  Jahrh. 
Kaffeelöffel  aus  Silber,  2  Stück.     Um  1805. 

Kaffeelöffel  aus  Silber,  auf  dem  Stiel  in  Relief  der  Siegeswagen  vom  Brandenburger  Tor  mit  der  Jahres- 
zahl 1814,     Berlin.     Meisterstempel  J  F  S. 
Mantelschliesse  aus  Silber  mit  Vergoldung.    Gefunden  in  Klein  Sehlause  bei  Münsterberg  in  Schlesien. 

15.  Jahrh.     Vgl.  S.  62  ff. 
Fingerring  aus  Dukatengold,  in  Renaissanceform.    Der  Ring  stammt  aus  der  Gruft  des  Baltzer  von  Stiebitz 

(t  im  März  1624)  in  Wültschkau  bei  Maltsch  in  Schlesien.     Um   1600. 
Trauring  aus  Dukatengold,  glatt.     Gefunden  in  Wültschkau  bei  Maltsch  in  Schlesien.     17.  Jahrh. 
Kreuz,  als  Halsschmuck  zu  tragen,  mit  elf  Rauten  in  Silberfassung.     Anfang  des  IQ.  Jahrh. 
Ohrringe,  ein  Paar,  aus  rötlich  vergoldetem  Silber,  besetzt  mit  je  6  Rauten.     Anfang  des  19.  Jahrh. 
Siegelring  aus  Gold  double  mit  grossem  Rauchquarz,  auf  dem  ein  Wappenschild  mit  den  Buchstaben  A.  S. 

und  Krone  eingraviert  ist.     Um  1850.     (Vermächtnis  des  Herrn  Dr.  A.  Schottky,  Neisse.) 

Kupfer,  Bronze,  Zinn: 

Schöpflöffel,   Bron/e,   nn't  halbkugelförmigem  Schöpfer   und   hakenförmig  gebogenem  Griff,   der   in   einen 

Entenkopf  ausläuft.     Antik,  griechisch. 
Henkel,  4  Stück  mit  Masken  und   l'almetten    -  Griff  in   Form  eines  Eberkopfes  —  Möbelbeschiag  mit 

Schwanenkopf,  sämtlich  aus  Bronze.     Antik. 
Mörser,  Bronze,  imt  Inschrift:  Bin  gössen  in  Lignitz.     Anno  1703. 

Uhrständer,  Bronze,  zur  Aufnahme  einer  Taschenuhr  mit  jungem  Paar  in  Rokoko-Tracht,  l'm  1750.  Schlesien. 
Möbelbescliläge,  Bronze,  2  Stück  gepresste  Reliefs  mit  klassischen   Darstellungen.    Lhii  1800.    (Geschenk 

des  Musen  ms- Vereins.) 
Teller,   Zinn,   mit   bildlichen   Darstellungen    in    Relief.     Regensburger  Beschauzeicheii   und  Jahreszahl   1564. 
Deckelkanne,   Ziim,   zylindrisch,  graviert   mit  der  Darstellung  des  Kalvarienberges.     Mit  dem  Jauer'schen 

Beschau-  und  Meisterzeichen    C  R.     16.  Jahrh.    Gefunden   in  Kauffung,   Kr.  Schönau.     (Geschenk 

des  Herrn  Major  a.   D.  von  Bergmann  auf  Kauffung.) 

25 


194 

Oeckelkaiine,  Zinn,  mit  neunkantig  facettiertem  Körper,  graviert  mit  biblischen  Szenen.  Interessantes 
Beispiel  für  das  Nachleben  der  facettierten  f>otischen  Kannen.  Am  Deckel  graviert  H.  K.  1623. 
Mit  dem  Olatzer  Beschau-  und  Meisterzeichen  B  D. 

Teller,    Zinn,  mit  reicher  Gravierung.     Mit  dem  Oiatzer  Beschau-   und   Meisterzeichen  G  H.      Um  1650. 

Deckeikanne,  Zinn,  mit  zylindrischem  Körper.     Meisterzeichen  D  R  K.     17.  Jahrh.     Schlesien  (?). 

Willkomm,  Zinn,  behangen  mit  silbernen  Gedenkschildchen.  Mit  dem  Strehlener  Beschauzeichen.  Datiert 
1707.     Stammt  von  der  Strehlener  Zinnuerer- Innung. 

Eisen : 

Vorlegestechschloss.     10.  Jalnli.     (Geschenk  des  Herrn  Wirkl.  Geh.  Kriegsrats  Lampe.) 

Miniaturen: 

Friedrich  der  Grosse,  Jugendbildnis.     (Geschenk  des  Herrn  Oberinspektors  a.D.  Birnbaum.) 
Porträts,    10  Stück,  gemalt   von   Gottfried   August  Thilo   in    Breslau.      Vgl.  S.    110   ff.  u.   153   f.      (Je    eins 

davon  Geschenk  des  Herrn   Kreisbaumeisters  Thilo,  des  Fräulein  Marie  Thilo  und  des  Herrn 

Kaufmann  Isidor  Mamlok.) 
Porträts,  zwei  Stück,  gemalt  von  Karl  Gottlob  Sclnneidler  in  Breslau.     Vgl.  S.  13b  ff.  u.  154. 
Joseph    Friedrich   August  Schall,    Selbstbildnis.     Vgl.  S.  140  ff.  abgeb.  S.  141    Fig.  17.     (Geschenk   des 

Herrn  Direktors  Th.  Schall,  Berlin.) 
Porträt  eines  jungen  Mannes  gemalt  von  A.  Zausig  in  Breslau.     Vgl.  S.  144  ff.  u.  156. 
Porträt  eines  Offiziers  gemalt  von  Joh.  Heinr.  Christoph  König  in  Breslau.     Vgl.  S.  149  f.  ti.  157. 
Porträt  eines  jungen  Mannes  gemalt  von  Christian  Friedrich   Knoefvell  in   Breslau  1803.  Vgl.  S.  150  u.  157. 

(Geschenk  des  Herrn  Josef   Epstein  in  Berlin.) 
I'orträt   eines   älteren    Mannes   gemalt  von  Ferdinand  Völck   in  Ratibor.     Vgl.  S.  146  f.  Fig.  26.     (Geschenk 

des  Herrn  Josef  Epstein  in  Berlin.) 
I'orträt  einer  Dame  gemalt  von  Amalie  Pfitzner  in  Breslau.     Vgl.  S.  149  Fig.  27. 
Porträt  des  Johann  Ehrenfried  Hiller  gemalt  von  Thomas  in  Sclnveidnitz  1S41.     Vgl.  S.  147  ti.  157. 
Porträt  des  Dr.  Mattliäi  aus  Öls.     Um  1820.    Schlesien. 
Porträt  eines  jungen  Mannes.    Signiert  Radeniacher  p.  1S31. 
Porträt    einer   Dame    in    der  Tracht  der  Biedermeierzeit.     Signiert    Hart...  1834.     (Geschenk    des    Herrn 

Oberinspektors  a.  D.  Birnbaum.) 
Albrecht  Weber,  Professor  für  Sanskrit  in  Berlin,  als  Stiulent.   Silhouette  von  1843.   (Geschenk  des  Herrn 

Oberinspektors  a.  D.  Birnbaum.) 
Josef  Fürst  zu  Hohenlohe-Bartenstein,    Fürstbischof   von  Breslau.     Relief  in  Wachs.     Um   1800. 

Textiles: 

Spitzen  in   Filetarbeit.     19.  Jahrh.     (Geschenk  der  Frau   Dr.  Härtung.) 

Brokatstoff,  grüner  Damast  mit  goldenem  und  silbernem  Blatt-  und  Blütenwerk.     18.  Jahrh. 

Seidenstoff,    karminrot    mit    palmettenartig    angeordnetem    Blumenmuster    von    goldgelber  Farbe.      Spät- 

Empire. 
Gedeck,  bestehend  aus  Tischtuch  und   12  Servietten  in  Leinendamastweberei.    1737.    Danzig  (?).    (Geschenk 

des  Herrn  Dr.  phil.  Kern.) 
I5rustlatz,  Goldfadenweberei  mit  aufgenähten  gestickten   Blumen.     Angeblich  von   1683.     Aus  deni  Besitze 

einer  Bäuerin  in  Langheinersdorf. 
fJranttücher,  2  Stück,    mit   Blumen   in  Gold   und   farbiger  Seidenfadenstickerei.     Ans  dem   Besitze    einer 

Bäuerin  in  Langheinersdorf. 
Stickerei  auf  gelber  Seide,   grosse  lose  Blumen,  Blumenstauden   und   Früchte  in  Nadelmalerei.     Teil  eines 

I^)ckes.     Anfang  des  18.  Jahrh.     Schlesien. 
Brusttuch,  Tüll  mit  Blumen  und   Blattwerk  in  reicher  Goldstickerei.     18.  Jahrh.     Schlesien. 
Decke,  Gaze,  hellgrün  und  rosa  gestreift.     Anfang  des  19.  Jahrh.     Schlesien. 
Brusttuch,  Leinwand  mit  Silberstickerei.     Um   1830.     Schlesien. 


195 

Bucheinbände: 

Einband  aus  rotbraunem   Leder  mit  reicher  Pressung  in  Gold  unil   Blau.     16.  Jahrh.     Türkei. 

5.     DIE   SAMMLUNG    DES   MODERNEN    KUNSTGEWERBES 

Goldschmiedekunst: 

Anhänger  aus  Silber  mit  blauen  und  f^'riinen  Olassteinen.  Entworfen  von  Richard  Schöder,  ausgeführt 
von  Tillmann  Schmitz  in  Breslau.     1903.     (Überwiesen  vom  Magistrat.) 

Heilige  Caecilie,  Figur  aus  Bronze,  in  antikem  Gewände  mit  weitfallenden  Ärmeln,  in  der  erhobenen 
Rechten  eine  antike  Lampe.  Von  Ignatius  Taschner.  (Geschenk  des  Herrn  Melchior  Bloch  in 
Breslau.) 

Medaillen: 

Medaille,  Silber,  auf  die  Deutsche  Städteausstellung  in  Dresden  1903.     Von  Paul  Sturm  in  Dresden. 

Medaille,  Silber,  Mariage.    Signiert  O.  Roty  1S95.     Paris. 

Plakette,  Silber,  Prisons  de  Fresnes-Ies-Rungis.    Signiert  O.  Roty.     Paris. 

Plakette,  Silber,  Salut  au  Soleil.    Signiert  G.  Dupre.     Paris. 

F'lakette,  Silber,  La  peinture.     Von  Charpentier  in  Paris. 

Plakette,  Silber,  auf  den    IX.  Geologen- Kongress   in  Wien   1903.     Von  Tautenhayn   in  Wien.      (Geschenk 

des  Herrn  Dr.  Erwin   Hintze.) 
Plakette,    f^ronze,    mit   weiblichem    Idealkopf.     Entworfen    und    modelliert    von    Ernst  Moritz   Oeyger   in 

Cliarlottenburg,  gegossen  von  Liard  in  Paris.    Signiert  E.M.G.     1894. 

Keramik: 

Krüge,    Steinzeug,    3  Stück,    innen   weiss,    aussen   braun,    mit  farbiger   Einlage   glasiert.      Kgl.  keramische 

Fachschule,  Bunzlau  1902. 
Vase,  Sleinzeug,  innen  weiss,  aussen  braun  glasiert,  am  Hals  mit  dunkelblauer,  teilweise  auskristallisierter 

Überlaufglasur.      Kgl.  keramische   Fachschule,   Bunzlau   1903.     (Geschenk  der  Handelskammer 

Breslau.) 

Textiles: 

Kissen,  blau,  mit  Stickerei.  Entworfen  von  Prof.  Max  Wislicenus,  ausgeführt  von  Frau  Else  Wislicenus 
in   Breslau.     1902. 

Bucheinbände: 
Einband  aus  rotbraunem   Leder  uut  Wellenlinien  in   Handvergoldung.     Anker  Kyster,  Kopenhagen  1902. 
Einband,  grau  Maroquin  ecrase  mit  Handvorgoldung.     Paul   Kersfen,  Breslau. 
Einband  aus  dunkelgrünem   Leder  nut  Handvergoldung.     Paul  Kersten,  Breslau. 

Für  die  Vermehrung  der  Sammlungen  wurden  rund  16300  Mark  ausgegeben. 

VERMEHRUNO    DER  BIBLIOTHEK 

Wichtigere  Bücher- Ankäufe  im  Berichtsjahre  waren:  Migeon,  E.xposition  des  arts  musulmans 
—  Konody,  The  art  of  Walter  Crane  -  Jacobi,  Japanische  Schwertzierarten  —  Lambert  und  Stahl, 
Architektur  von  1750  —  1850    -  Falke  und  Frauberger,  Deutsche  Schnielzarbeiten  des  Mittelalters. 

Die  Studienblättersam  mlung  wurde  vermehrt  durch  eine  Reihe  japanischer  Holzschnitte 
von  Masanobu,  Harunobu,  Koriusai,  Bunclio,  Toyokuni,  Shunsen,  eine  Radierung  von  Probst,  „Die 
Mauritiuskirche  in  Breslau",  Exlibris  von  H  irzel-I5erlin,  Holzschnitte  von  E.  M.  Geyger-Berlin,  eine 
Sammlung  von  kunstgewerblichen  Entwürfen,  besonders  für  Töpfereien,  von  Fritz  Erler-München,  Auf- 
nahmen schlesischer  Kiuistdenkniäler  von  Theodor  Blätterbauer-Liegnitz,  zwei  Künstler-Photographien 
von  Karl  Weiss- Dresden  und  Mathilde  Weil-F^hiladelphia. 

Die  Ausgaben  für  die  Biblothek  betrugen:  4316,55  Mk. 

25» 


196 

Geschenke   gingen   ein   von:    Dr.  Alter,    Lcubiis     -  Direktor  Angst,   Zürich  —  Dr.  E,  Bahrf cldt, 
Berlin  M.  L.  Becker,    BerHn    —   Kaufmann  Julius   Brann     -   Breitkopf   und    Haertel,    Leipzig  — 

Dr.  Buch wald,  —  Dr.  R.  Forrer,  Strassburg  ^  Stadt  Frankfurt  a/JVl.  —  Fr.  Oeiierallcutnant  vonOeissler, 
Leopoldshain  —  Photograph  H.  Qoetz  —  Geh.  Rat  Prof.  Dr.  Greinpler  —  Frau  llainauer,  Berlin  — 
Dr.  Heierli,  Zürich  —  Prof  Dr.  Hiller  von  Gaertringen,  Berlin  —  Dr.  Hintze  —  Otto  Hupp, 
Schlcisshcini    —    Geistlicher    Rat    Dr.  )ungnitz  Kaiser   Franz  Josef-.Museuui,   Troppau         Kaiser 

Wilhel  ui-Museuiu,    Krefeld         Königlicher  Kaiunierherr  von    Köckritz,  Mondsclültz  Komitee    der 

Photographischen    Ausstellung,    Mainz    —    Dr.   KHz,    Steiiu'tz    in    Mähren  Ku  nstgewerbe-Museuiu, 

Berlin  Kunstgewerbe-Museum,  Flensburg  —  Kunstgewerbe-Verein  in  Breslau  —  Dr.  Lustig  - 
Prof.  Marchesetti,  Triest  —  Direktor  Prof.  Dr.  Masner  --  Meisenbach,  Riffartli  u.  Comp.,  Berlin  — 
Prof.  Dr.  Mertins  —  Stadtrat  Milch  —  Prof.  Montelius,  Stockholm  Geh.  Konuuerzieurat  Moriz- 
Eichborn    —    Museum    in    Budweis    —    Museum    in  Mainz  Mnseums-Verein  Bauinspektor 

Nathansohii  —  H.  Ohme,  Nieder-Salzbnuin  —  Fürst  Putjatiue,  Petersburg  -  Redaktion  der 
Schlesischen  Zeitung  —  Redaktion  der  Zeitschrift  für  Bücherfreunde  —  Röniisch-Oer- 
manisches  Zentral-Mu  seuni,  Mainz  —  Dr.  Schmeltz,  Berlin  ~-  Prof.  Dr.  W.  Schulte,  Glatz  — 
Major  a.  D.  von  Seh  wein  ichen,  Pawelwitz  —  K.  L.  Seelig  —  Direktor  Dr.  Seger  —  C.  Sperling  — 
Stadtbibliotliek,  Breslau  —  Fabrikbesitzer  Thamm,  Petersdorf  —  Prof.  Dr.  Thilenius  —  Verein  für 
Geschichte  der  bildenden  Künste  —  Verein  für  Geschichte  und  Altertum  Schlesiens  — 
Verein  zur  Hebung  des  Fremdenverkehrs,  Breslau  —  Verlag  der  Glasindustrie,  Berlin  — 
R.  Voigtländer,    Leipzig   —   Woerls  Verlag,   Leipzig    —   Buchhändler  Wohlfnrth. 

Fortlaufende  Zuwendungen    für  die    Bibliothek   machten    der  Verein    für    das  Museum    Schlesischer 
Altertümer  unil  der  Kunstgewerbeverein  für  Breslau  und  die  Provinz  Schlesien. 


AUSSTELLUNGEN 

Das  Berichtsjahr  brachte  uns  drei  grössere  Ausstellungen. 

1.  Die  Internationale  Ausstellung  für  künstlerische  Bildnisphotographie  im  Monate  Juni. 
Das  Museum  übernahm  diese  Ausstellung,  die  einen  höchst  interessanten,  wenn  auch  nicht  vollständigen 
Überblick  über  den  Stand  der  künstlerischen  Porträt-Photographie  in  Deutschland,  Österreich,  England  und 
Amerika  gewährte,  früher  getroffenen  Vereinbarungen  gemäss  von  der  Wiesbadener  Gesellschaft  für 
bildende  Kunst.  Wir  schufen  dazu  eine  eigene  Abteiliuig  von  künstlerischen  Porträt- Photographieen 
aus  Breslau  und  Schlesien,  welche  folgende  Firmen  und  Amateure  beschickten:  Ed.  van  Delden  (Inh. 
Heinrich  Götz)  --  Ediu.  Gritschker  —  Marie  Müller  Hugo  Pringsheim  -  Ernst  Schatz  — 
Hugo  Scheinert  —  E.  Walsleben  (Inh.  H.  Scliweyda),  sämtlich  in  Breslau,  und  Ma,\  Glauer,  Oppeln 
und  Paul  Kunze,   Schweidnitz. 

2.  Die  Ausstellung  von  Miniaturmalereien  aus  schlesiscliem  Besitze  oder  schlesischer 
Herkunft  in  der  Zeit  vom  8.  Oktober  bis  8.  November.  Die  Erwerbung  einiger  ausgezeichneter 
Miniaturporträts  des  Breslauer  Malers  Amand  Zausig  (siehe  S.  144  ff.)  hatte  die  Aufmerksamkeit  des  Museums 
darauf  gelenkt,  dass  wie  so  manche  Gebiete  der  Kunstübung  in  Schlesien  auch  das  der  Miniaturmalerei 
wissenschaftlich  noch  vollständig  unerforscht  sei.  Kaum  dass  man  die  Namen  eim'ger  Miniaturmaler  der 
Biedermeierzeit  kannte.  Durch  iliese  Gleichgültigkeit  der  Forschung  ist  natürlich  die  Uuterschiitznng  der 
alten  einheimischen  Produktion  beim  Publikum  genährt  worden.  Das  geeignetste  Mittel,  das  allgemeine 
Interesse  auf  die  liebenswürdige  Kunstübung  der  Miniaturmalerei  überhaupt  und  ihre  Schöpfungen  in 
Schlesien  zu  richten  und  zugleich  Material  für  ihre  Geschichte  in  unserer  Provinz  zu  samrueln,  schien  die 
Veranstaltung  einer  Ausstellung.  Der  über  Erwarten  reiche  wissenschaftliche  Erfolg  des  LInternehmens  — 
als  erste  Ausbeute  bringt  diese  Zeitschrift  den  Aufsatz  von  Hintze  über  die  Breslaner  Miniaturmaler  des 
19.  Jahrhunderts  und  der  Anklang,  den  es  in  der  Öffentlichkeit  fand,  ernuitigen  uns,  solche  retrospektive 
Ausstellungen  auch  für  die  Zukunft  ins  Auge  zu  fassen.  Für  das  Jahr  |i)()5  ist  eine  grosse  schlesische 
Goldschmiedekunst-Ausstellung  geplant.     Die  Miniaturen-Ausstellung,  die  in  drei  Sälen    des  II.  Stockwerkes 


197 


Aus  der  Miniaturen- Aiisstelliiii<j 


unterf,'ebraclit  war,  umfasste  a.  Mittelalterliche  liucliillustrationen,  b.  Porträt- Miniaturen,  c.  Oenre-  und 
LaMclscliafts-Miniatureu,  d.  Staninüiiiclier  luid  Wappenbriefe.  Grosser  Wert  wurde  auf  gefälli>;es  Arrangement 
der  Ausstellung  gelegt,  um  bei  der  Masse  des  gleichartigen  Materials  keine  Monotonie  aufkommen  zu  lassen. 
Der  Mittelsaal  war  mit  alten  Möbeln  als  ein  Empire-Raum  eingerichtet,  in  dem  die  Porträt -Miniaturen  in 
Kästen  an  der  Wand  hingen  oder  in  Schränken  aufgestellt  waren.  Mit  her/^lichsteni  Danke  müssen  wir 
anerkennen,  dass  uns  die  Veranstaltung  der  schönen  Ausstellung  nur  durch  das  freundliche  Entgegenkommen 
zahlreicher  öffentlicher  Sammlungen  und  Privatbesitzer  ermöglicht  wurde.  Ihre  Namen  nennt  der  ausführliche, 
von  dem  Direktorial -Assistenten  Dr.  Hintze  verfasste  Katalog. 

3.  Die  III.  Ausstellung  schlesischen  Kunsthandwerkes,  die  am  1.  December  eröffnet  wurde 
und  bis  O.Januar  1904  dauerte.  Diese  regelmässig  alle  zwei  Jahre  wiederkehrenden  Ausstellungen  bürgern 
sich  immer  mehr  und  mehr  in  der  Gunst  unseres  Publikums  ein.  Besonderes  Interesse  verliehen  der  dies- 
jährigen die  Interieurs,  die  auf  Grund  des  Preis- Ausschreibens  des  Kaiser- Friedrichs- Fonds  (siehe  S.  198) 
für  ein  bürgeriiches  Wohn-  und  Empfangszimmer  zur  Ausstellung  zugelassen  worden  waren.  Der  Vorstoss 
des  Preisausschreibens  gegen  die  „gute  Stube",  an  der  unsere  bürgerlichen  Kreise  noch  immer  zähe  fest- 
halten, fand  lebhaftes  Für  inid  Wider,  das  sich  auch  in  der  Tagespresse  äusserte.  Neues  brachte  die  .'Vus- 
stcllung  besonders  auch  auf  dem  Gebiete  der  Porzellanfabrikation  mit  der  reichhaltigen  Kollektion  der  Firma 
Ohme  in  Niedersalzbrunn,  die  sich  energisch  imd  mit  Glück  fortschrittlichen  Bestrebungen  zuwendet,  und  in 
einer  uMifangreichen  Sammlung  von  künstlerischen  Bucheinbänden.    Den  Lichthof  nahm  eine  Sonderausstellung 


198 

von  Arbeiten  des  Professor  Ignatins  Tnsclmer  ein,  der  im  Sommer  des  Jalires  1003  von  A\ünclien 
an  die  hiesige  Kunst-  und  Kunstgewerbescliule  als  Lehrer  berufen  worden  ist.  Sehr  erfreulich  waren  diesmal 
die  Verkaufsresultate;  auch  drei  der  ausgestellten  Zimmereinrichtungen  (von  Paul  Ernst,  Martin  Kimbel  und 
Rudolf  Milde  in  Festenberg)  wurden  verkauft.  Die  Ausstellung  war  auch  in  den  Abendstunden  von  6—9  Uhr 
dem  aligemeinen  Besuche  zugänglich. 

Ausserdem  kamen  noch  zur  Ausstellung  1903,04: 

Plakat- Entwürfe  von  Edler  und  Krische  in  Hannover 

Architektonische  Entwürfe  von  Architekt  Baschant,  Lehrer  an  der  kgl.  Baugewerkschule  zu  Breslau 

Japanische  Färberschablonen  durcii  Albert  Kobliiisky  in  Breslau 

Originalfederzeichnungen  von  Hans  Schulze  in  Berlin 

Kommode  mit  Schiebeführungen  von  Tischlermeister  Wcitzer  in  Breslau 

Grabkreuz  von  Bildhauer  Schwarzbach,  Lehrer  der  kgl.  Kunst-  und  Kimstgewerbeschule  in  Breslau 

Kunststickereien  von  Frl.  Friedländer  und  Frl.  Fliegner  in  Breslau 

Wandteppiche  nach  Scherrebeeker  Art  von  Maler  Ernst  Vollbehr  in  München 

Arbeiten  der  Malschule  des  Herrn  Lothar  von  Kunowski  in  München 

Bleiverglasungen  von  Olasermeister  Ehrbeck  in  Breslau 

Kleister- Marmorpapiere  und  Bucheinbände  von  H.  Och  mann  in  Leipzig 

Reformkleider- Wettbewerb  des  Vereins  für  Verbesserung  der  Franenkleidung  in  Breslau 

Skulpturen  von  Bildhauer  Koschel  in  Breslau 

Wäscheausstattimg  von  J.  Loewy  in  Breslau 

Orup]3e  der  Concordia  von  Bildhauer  Jos.  Baumeister  in  Breslau. 

VORTRÄGE 

L    Einzel  vortrage 
19.  Januar  1904:    Dr.  ing,  Muthesius,  Berlin:  Das  englische  Haus 
26.  =        Lothar  von  Kunowski,  München:  F^hythnuis  in  Kunst  und  Natur 

2.  Februar    =       Direktor  Dr.  Oraul,  Leipzig:  Die  Entwicklung  des  Biedermeierstiles 

8.        =  Oeheimrat  Dr.  Förster:  Delphi 

23.        =  -        Direktor  Dr.  Volbehr,  Magdeburg:  Deutsche  Hauskunst 

II.    Vortragszyklen 

A.  Zyklus  des  Direktorial-Assistenten  Dr.  Conrad  Bnchwald:  ,,Der  Bucheinband,  seine  Technik  inid 
Oeschichte."     5  Vorträge  am  27.  Februar  und   1.,  5,,  8.  und   12.  März. 

Dieser  Zyklus  war  verbunden  mit  der  praktischen  Vorführimg  des  Eiiibindens  und  für  alle 
Bücherliebhaber,  sowie  hauptsächlich  für  Künstler  bestimmt,  die  sich  nnt  Entwürfen  für  Bucheinbände 
beschäftigen.     Die  Teilnehmerzahl  war  auf  30  Personen  beschränkt.     Einschreibegebülu    1    Mk. 

B.  Zyklus  des  Referendars  Karl  Schlawe:  ,,Die  Grundzüge  der  Heraldik,  mit  besonderer  Berücksichtigung 
der  Heraldik  im  Kunstgewerbe."  3  Vorträge  am  15.,  19.  und  22.  März.  Teilnehmeranzahl  unbeschränkt. 
Einschreibegebühr  1  Mk. 

KAISER   FRIEDRICH-STIFTUNGSFONDS 

ZUR    FÖRDERUNO     DES    SCHLESISCHEN    KUNSTGEWERBES 

N\ii  der  von  Herrn  Oberbürgermeister  Dr.  Fiender  angeregten  Gründung  dieses  Fonds  haben  das 
Komitee  für  Errichtung  eines  Kaiser  Friedrich-Denkmals  in  Breslau,  an  dessen  Spitze  Seine  Durchlaucht  der 
Herzog  von  Rafibor  stand,  und  die  Stadt  Breslau  ein  ausserordentlich  wichtiges  und  dankenswertes  Mittel 
zur   Förderung  des   Kimstgewerbes   in  Schlesien   und   der   praktischen    Aufgaben   des   Museums   geschaffen. 


IQQ 

Das  Museiini  ist  iniii  in  die  glückliche  Lage  gesetzt,  systematisch  auf  die  verschiedenen  Zweige  des  Kunst- 
gewerbes unserer  Provinz  einzuwirken  und  die  in  ihnen  tätigen  Kräfte  zu  unterstützen.  Die  vom  Magistrat 
festgesetzten  Bestimmungen  für  die  Stiftung  lauten  folgendermassen: 

§  1. 

Der  Kaiser  Friedrich-Stiftungsfonds  zur  Förderung  des  Schlesischen  Kunstgewerbes  ist  gebildet  aus 

einem    Kapital   von  38  180,53  Mark,    den  das   Komitee  für   Errichtung  eines  Kaiser  Friedrich-Denkmals  in 

Breslau   am   9.  August    1902   der  Stadt    überwiesen   hat,    als    Rest   der   nach    Deckung  der   Denkmalskosten 

verfügbar   gebliebenen   Sammelgelder  von   im   ganzen    rund    199  000   Mark    und    aus    einem    von   der  Stadt 

28.  März 
Breslau    laut  Oenieindebescliluss  vom     .    ...     1902  hinzugefügten  Kapital  von  40000  Mark. 

Nach  den  mit  dem  gcnaimten  Komitee  getroffenen  Vereinbarimgen  und  nach  dem  oben  erwähnten 
(iemelndebeschlusse  ist  die  Verwaltung  des  Fonds  nut  der  des  Schlesischen  Museums  für  Kunstgewerbe 
und  Altertümer  verbunden  und  nach  den  folgenden  Vorschriften  zu  führen. 

§  2. 
Die  Stiftung  hat  den  Zweck,  praktisch  arbeitende  schlesische  Kunsthandwerker  und  für  das  Kunst- 
liandwerk  tätige  Künstler  in  ihrem  Berufe  zu  fördern. 

§  3. 

Der  Stiftungsfonds  wird,  wie  das  genannte  Museum,  Eigentum  der  Stadt  Breslau  und  ist  also  vom 
Magistrat  der  Stadt  Breslau  zu  verwalten  und  rechtlich  zu  vertreten.  Über  Verwendungen  aus  dem  Stiftungs- 
fonds beschliesst  auf  Antrag  des  Museumsdirektors  die  für  das  genannte  Museum  bestellte  Verwaltungs- 
deputation. 

§  4. 

Die  Kapitalien  der  Stiftung  sind  vom  Magistrat,  gesondert  von  anderen  städtischen  Fonds,  nach  den 
für  die  Verwaltung  der  städtischen  Stiftungen  geltenden  Grundsätzen  zu  verwalten.  Einnahmen  und  Aus- 
gaben des  Stiftungsfonds  sind  im  Etat  und  in  der  Rechnung  des  genannten  Museums  nachzuweisen. 
Kapitalien  siiuf  mündelsicher  anzulegen.  Für  den  Stiftungszweck  dürfen  nur  die  Zinsen  des  Stiftungsfonds 
verausgabt  werden.     Überschüsse  einer  Jahresverwaltung  können  kapitalisiert  werden. 

§  5. 
Änderungen  dieser  Bestimmungen  bedürfen  der  Genehmigung  des   Provinzialausschusses   und  des 
Oberpräsidenten  von  Schlesien  und,  falls  der  Zweck  der  Stiftung  geändert  werden  soll,  der  landesherrlichen 
Genehmigung. 

Aus  Mitteln  dieses  Fonds,  der  im  Etatsjahre  190304  in  Wirksamkeit  trat,  erliess  die  Direktion  zu- 
nächst ein  Preisausschreiben  für  ein  bürgerliches  Wohnzimmer,  das  zugleich  als  Empfangs- 
zimmer dient.  Das  Preisausschreiben  ging  von  der  Wahrnehnumg  aus,  dass  vielfach  immer  noch  falsche 
Anschauungen  über  die  Aufgaben  der  Interieurkunst  herrschen.  Man  glaubt,  dass  das  Mobiliar  möglichst 
reich  geschmückt  sein  müsse,  wodurch  jene  Marktware  gross  gezogen  wird,  bei  der  unsolide  und  empfindungs- 
lose Arbeit  die  vom  Publikum  geforderte  Billigkeit  ermöglichen  müssen.  Es  sollte  deshalb  dem  Publikum 
einmal  eindringlich  gezeigt  werden,  dass  es  auch  zu  dem  Preise,  den  der  Mittelstand  bei  der  Anschaffung 
von  Einrichtungen  anlegt,  gute,  geschmackvolle  und  gesunde  Möbel  bekommen  kann.  Auch  sollte  das 
Preisausschreiben  dazu  beitragen,  dass  sich  in  den  Kreisen  des  Mittelstandes  an  Stelle  des  sehr  oft  fiber- 
flüssigen Salons  der  Typus  des  Wohnzimmers  einbürgert,  das  zugleich  als  Empfangsraum  dient.  Der 
Verkaufspreis  für  sämtliche  Möbel  war  nnt  1500  Mark  festgesetzt.  Berechtigt  zur  Beteiligung  am  Wett- 
bewerbe waren  alle  in  Breslau  oder  in  der  Provinz  Schlesien  ansässigen  Möbelfabrikanten,  Tischler  und 
entwertende  Künstler.  Auf  Grund  der  von  ihnen  vorgelegten  Entwürfe  wurden  folgende  Firmen  zum  Wett- 
bewerbe zugelassen:  Paul  Ernst,  Gustav  Gunimig,  Heinrich  Hauswalt,  Franz  Holsteiner,  Martin  Kimbel, 
Julius  Koblinsky  u.  Co.,  Josef  Schmid,  sämtlich  in  Breslau,  und  Rudolf  Milde  in  Festenberg.  Die  Jur)-, 
welche  über  die  Zulassung  zu  entscheiden  und  die  Preise  zu  verteilen  hatte,  bestand  aus  den  Herren  Stadtrat 
Milch  um\  Geheimen  Baurat  Plüddemann,  den  Direktoren  Masner  und  Seger,  Direktor  der  Kgl.  Kunst-  und 
KiMistgL-wcrbeschule  Pölzig,  Direktor  der  Handwerkerschule  Heyer,  Dekorationsmaler  Rumsch  und  Architekt 


200 

Henry.  Den  I.  Preis  im  Betrage  von  1000  Mark  erliielt  Franz  Hoisteiner,  den  II.  Preis  von  600  Mark  die 
Firma  Hanswalt  (Inli.  Jäger),  den  III.  Preis  von  400  Mark  Martin  Kinibcl.  Sämtliche  Einrichtungen  waren 
in  die  111.  Ausstellung  schlesischen  Kunstliandwerkes  eingereiht. 

Aus  Mitteln  desselben  Fonds  wurden  ferner  von  der  Direktion  einfache  künstlerische  Buch- 
einbände nach  Kiinstlerentwürfen  schlesischen  Buchbindern,  die  sich  zur  Ausführung  bereit  erklärt  hatten, 
und  zwar  den  Firmen  Gleisberg,  Louis  Krause  (Inhaber  Butzbach),  Weinert,  Wiistricli  imd  Kersten  in 
Breslau  uuil  Kiiothe  in  Görlitz  in  Auftrag  gegeben.  Diese  Bucheinbände  sollen  ständig  im  Museum  aus- 
gestellt bleiben,  als  eine  fortwähreiui  zu  vermehrende  Mustersammlung  für  das  Publikum,  nach  der  es  sich 
bei  den  betreffenden  Lieferanten  Bestellungen  ausführen  lassen  kann.  Die  Aktion  hat  den  Erfolg  gehabt, 
dass  eine  Anzahl  von  entwerfenden  Künstlern  mul  Künstlerinnen  sich  nn't  ilem  praktischen  Studium  der 
verschiedenen  Techniken  des  künstlerischen  Bucheiubantles  befasste  und  dann  zum  Teil  sehr  hübsche  und 
gut  brauchbare  Vorlagen  lieferte,  während  wir  anfänglich  mit  einer  Flut  überaus  reicher,  aber  unausführbarer 
Entwürfe  überschwemmt  wurden. 

HERAUSGABE    VON    FLUGSCHRIFTEN 

Degonnen  wurde  nnt  der  Herausgabe  von  Flugschriften,  die  allgemeine  Fragen  des  Kunstlebens 
mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Verhältnisse  in  unserer  Provinz  behandeln  sollen.  Als  Heft  I  erschien 
im  Verlage  von  Trewendt  und  Qranier  in  Breslau  ,, Häusliche  Kunstpflege"  von  Professor  Dr.  Masner. 


BESUCH    DER    SAMMLUNGEN    UND    DER 
BIBLIOTHEK 

A.    BESUCH    DER   SAMMLUNGEN 


Monat 

Anzahl  der 

Orösste  Besucher- 

Geringste 

Gesamtzahl 

BesuclistaijL- 

zahl  an  einem  Tage 

Besucherzahl 

der  Besucher 

April   1903 

25 

1  523 

55 

4  755 

Mai 

25 

411 

57 

3  449 

Juni 

26 

748 

65 

6  898 

Juli 

27 

4Q6 

45 

4  057 

August 

26 

524 

63 

4  173 

September 

26 

613 

62 

4111 

Oktober 

26 

781 

68 

6  206 

November 

26 

907 

32 

5  761 

Dezember 

30 

2  298 

159 

14  683 

Januar  1004    

27 

794 

51 

4  774 

Februar 

24 

678 

47 

3  655 

März 

27 

1  762 

43 

6^84 

315 

zusammen 

69  006 

Die  grösste  Besucherzahl  hatte  das  Museum  am  13.  Dezember  mit  2298,  die  kleinste  am  26.  Nt)veniber 
mit  32  Personen. 

Korporative  Besuche: 

26.  Mai  eine  Klasse  der  Kathariuenschiile  No.  27  -  4.  August  eine  Schule  aus  Löwenberg  -  1.,  2.,  3., 
4.,  5.,  7  u.  8.  November  der  llumboldtverein  -  6.  November  der  Knustgeweibeverein  —  9.  November  der 
Museumsverein  —  10.  November  die  Vereinigung  schlesischer  Bücherfreunde  3.  März  eine  Klasse  Schule 
Nr.  25  ~  22.  März  zwei  Klassen  der  Katharinenscliule  Nr.  27. 


201 


B.    BESUCH   DER  BIBLIOTHEK 


im  April     . 

.     380 

Juli  .     .     . 

119 

Oktober    . 

436 

Januar .     , 

.    318 

Mni  .     . 

.     307 

August 

217 

November 

365 

Februar 

.    386 

Juni ,     . 

.     236 

September 

371 

Dezember 

293 

März    . 

.     428 

zusammen  3856  Personen 

Die   Bibliothek   war   vom    I.  Juni    bis    15.  September    in   den  Abendstunden,    vom   13.  bis  27.  Juli 
wegen  Ausbesserungsarbeiten  im  Lesesaal  vollständig  geschlossen. 


STIFTUNO    VON    OELDBETRÄOEN 

Auch  in  diesem  Jahre  sind  dem  JVluseum  namhafte  Geldbeträge  zur  Vermehrung  der  Sammlung 
zugeflossen.  Es  stifteten  Seine  Durchlaucht  der  Herzog  von  Ujest  den  Betrag  von  3000  Mk.,  Fräulein 
Marie  von  Kram sta,  Muhrau,  3000  Mk.,  Herr  Eugen  Kulm iz,  Saarau,  2000  Mk.,  Graf  Tiele-Winck  1er, 
Moschen,  1000  Mk.,  Frau  Eva  von  Loebbecke,  Brieg,  300  Mk,,  Frau  Jenny  Schlesinger,  Gleiwitz, 
20  Mk,  (Jahresbeitrag),  Ungenannt  15  Mk,  Diese  Beträge  haben  erst  im  folgenden  Etatsjahre  Verwendung 
gefunden.  Den  hochherzigen  Spendern  sei  auch  an  dieser  Stelle  der  wärmste  Dank  des  Museums  aus- 
gesprochen. 


DIE  MUSEUMS-DEPUTATiON   UND   DAS  BUREAU 

Am  8,  Juni  1903  starb  Buchdruckereibesitzer  Eugen  Lilienfeld,  der  erst  seit  dem  Jahre  1899  der 
Museums-Deputation  angehörte.  Der  bescheidene  und  stille,  aber  kenntnisreiche  und  erfahrene  .Wann  hat 
der  Direktion  oft  durch  klugen  Rat  genützt.     An  seine  Stelle  wurde  Stadtverordneter  Kret seh m er  gewählt. 

Im  Berichtsjahre  wurde  von  der  Stadtverordneten  -  Versammlung  eine  Erweiterung  der  Museums- 
Deputation  gonehnugt.  Es  war  schon  lange  ein  Wunsch  der  Direktion,  dass  Kunstfreunde,  Künstler  und 
Sammler  durch  Wahl  in  die  Museums -Deputation  zu  unmittelbarstem  Interesse  und  zur  Mitarbeiterschaft 
an  der  Tätigkeit  des  Museums  herangezogen  werden  könnten.  Die  bisherige  Art  der  Zusammensetzung 
der  Deputation  bot  dazu  wenig  Möglichkeit.  Gemäss  dem  Beschlüsse  der  Stadtverordneten-Versammlung 
wurde  in  §  4  der  Verwaltungsordnung  des  Museums  nach  Nr.  9  folgender  Zusatz  eingeschaltet: 

„(Demnach  bilden  die  Deputation:)" 

10.  Die  von  der  Museums-Deputation  gewählten  Mitglieder,  deren  Höchstzahl  auf  3  begrenzt  wird. 
Die  Zuwahl  erfolgt  für  einen  Zeitraum  von  drei  Jahren,  nach  dessen  Ablauf  Wiederwahl  zulässig  ist. 
Durch  übereinstimmenden  Beschluss  der  städtischen  Behörden  ist  die  Ausschliessung  der  zugewählten 
Mitglieder  aus  der  Museums-Deputation  auch  während  der  Amtsdauer  zulässig." 

Auf  Grund  dieser  neuen  Bestimmung  wurden  von  der  Deputation  der  Direktor  der  Kgl.  Kunst-  und 
Kunstgewerbeschule  Hans  Pölzig  und  der  Rentier  Max  Pringsheim  kooptiert.  Herr  Pringsheim  hat 
leider  nur  an  einer  einzigen  Sitzung  der  Deputation  teilgenommen.  Am  30,  Januar  1904  wurde  er  im 
kräftigsten  Maimesalter  durch  einen  frühzeitigen  Tod  hinweggerafft.  Das  Museum  verliert  an  ihm  einen 
wirklichen  Gönner,  Selbst  ein  Sammler  grösseren  Stiles  und  feiner  Kunstkenner,  hatte  er  lebhaftes  Interesse 
an  dem  Wachsen  unserer  Sammlungen.  Sie  verdanken  ihm  manche  unmittelbare  und  mittelbare  Bereicherung. 
Mit  seinem  Enthusiasmus  für  die  Kunst  wäre  er  bei  längerer  Lebensdauer  uns  noch  viel  mehr  geworden, 
als  er  schon  war. 


26 


Medaille 

zur  silbernen  Hochzeit  des  Oberbürgermeisters  Dr.  Bender 

von  Ernst  Seger 

(Siehe  Seite  188) 


VEREIN   FÜR  DAS  MUSEUM  SCHLESISCHER 


ALTERTÜMER 


205 

TÄTIGKEITSBERICHT    FÜR    DAS  JAHR   1902/3 

Die  ordentliche  Generalversammlung  tagte  am  28.  April  1902.  Nach  Erstattung  des  Verwaltungs- 
berichtes wurde  dem  Vorstande  Entlastung  erteilt,  der  neue  Etat  genehmigt  und  der  bisherige  Vorstand 
durch  Zuruf  wiedergewählt. 

An  die  Generalversaninilung  schloss  sich  eine  wissenschaftliche  Sitzung  an,  in  der  von  den  Herren 
Dr.  Postler  aus  Rankau,  Dr.  Rhode  aus  Puschkowa  und  Dr.  Seger  neue  vorgeschichtliche  Funde  vor- 
gelegt und  besprochen  wurden. 

Der  Sommerausflug  des  Vereins  fand  am  22.  Juni  nach  dem  Zobten  statt.  Es  beteiligten  sich  daran 
über  60  Herren  und  Damen.  Man  begann  mit  einem  Besuch  der  Pfarrkirche  in  Strehlitz,  die  durch  ihre  kürzlich 
entdeckten  und  durch  Maler  Oetken  wieder  hergestellten  gotischen  Wandmalereien  ein  hohes  Interesse  bietet. 
Ihre  Erläuterung  übernahmen  die  Herren  Prof.  Dr.  Sem rau  und  Pfarrer  Prof.  Pe seh ke.  Zu  Wagen  begab 
man  sich  hierauf  über  Qualkau  bis  an  den  Fuss  des  Zobtens  bei  Gorkau,  wo  unter  Führung  von  Herrn 
Dr.  Lustig  die  von  ihm  seit  längerer  Zeit  eingehend  untersuchten  Wohngruben  (Mardellen)  betrachtet 
und  die  verschiedenen  Möglichkeiten  ihrer  Erklärung  erörtert  wurden.  Dann  ging  es  nach  Schloss  Gorkau, 
zu  dessen  Besichtigung  mit  den  Resten  des  ehemaligen  Klosterbaues  der  Besitzer,  Herr  von  Kulmiz, 
freiuidlichst  eingeladen  hatte.  In  Bittners  Gasthaus  in  Rosalienthal  wurde  das  Mittagsmahl  eingenommen. 
Gegen  3  Uhr  brach  man  zur  Wanderung  durch  das  Finkenthal  auf,  wo  wieder  von  Herrn  Dr.  Lustig 
aufgedeckte  vorgeschichtliche  Wohnplätze  zur  Betrachtung  lockten,  und  stieg  über  Kellerbrunn  zur  Stein- 
gruppe der  „Jungfrau  mit  dem  Fisch"  und  des  Bären  empor.  Direktor  Dr.  Seger  erläuterte  hier  den 
Stand  der  Streitfrage  über  Ursprung  und  Bedeutung  dieser  und  anderer  Steinfiguren  auf  dem  Zobten.  Auf 
dem  Gipfel  des  Berges  wurden  die  neuerdings  blossgelegten  Grundmauern  der  einstigen  Burg  mit  Interesse 
besichtigt.  Den  Beschluss  des  genussreichen  Tages  machte  ein  gemeinsames  Abendbrot  im  Gasthaus  zur 
Sonne  in  Zobten. 

Einen  zweiten  Ausflug  veranstaltete  der  Verein  am  12.  Oktober  zum  Besuch  der  Liegnitzer  Kunst- 
und  Ktuistgewerbe-Ausstellung.  Bei  dieser  Gelegenheit  wurde  auch  die  Fürstengruft  unter  Führung  des 
Herrtl  Kgl.  Baurat  Pfeiffer  besichtigt,  unter  dessen  Leitung  der  ehrwürdige  Bau  in  seinem  alten  Glänze 
erstanden  ist.  Auch  dieser  Ausflug  nahm  unter  reger  Beteiligung  der  Breslauer  und  auswärtigen  Mitglieder 
einen  allseitig  befriedigenden  Verlauf,  wofür  insbesondere  den  Liegnitzer  Herren  Dank  geschuldet  wird. 

Bei  der  Hauptversammlung  der  Gesellschaft  für  Anthropologie  und  Urgeschichte  der  Oberlausitz  in 
Oöriitz  und  Bautzen  (19.  bis  21.  Mai)  war  der  Verein  durch  den  Vorsitzenden  und  zwei  Vorstandsnu'fglieder 
vertreten.  Dem  Germanischen  Nationalnuiseum  in  Nürnberg  überbrachte  zu  seiner  fünfzigjährigen  Jubel- 
feier (14.  bis  16.  Juni)  Herr  Geh.  Rat  Dr.  Grempler  eine  Glückwunschadresse.  Derselbe  nahm  auch  an  der 
Versammlung  der  Deutschen  anthropologischen  Gesellschaft  in  Dortmund  (5.  bis  S.  August)  und  der  sich 
anschliessenden  wissenschaftlichen  Exkursion  nach  Holland  teil. 

Der  befreundeten  Gesellschaft  für  Heimatkunde  der  Provinz  Brandenburg  in  Berlin 
wurde  zu  ihrem  zehnjährigen  Bestehen  ein  Glückwunschschreiben  übersandt. 

Am  27.  Oktober  beging  Herr  Geh.  Rat  Grempler  sein  SOjähriges  Doktorjubiläum.  Die  Feier 
gestaltete  sich  zu  einer  erhebenden  Ovation  für  den  Jubilar.  Von  den  zahlreichen  Ehrungen,  die  ihm  aus 
diesem  Anlass  zu  teil  wurden,  sei  nur  die  Verieihung  des  Titels  eines  königl.  Professors  her\'orgehoben. 
Der  Vorstand  ernannte  ihn  zu  seinem  Ehrenpräsidenten  und  überreichte  ihm  als  Festgabe  ein  gedrucktes 
Verzeichnis  seiner  prähistorischen  Schriften,  das  die  stattliche  Zahl  von  32  Nuniinern  aufweist.  Ein  vom 
Verein  veranstaltetes  Festessen  in  der  Weinhandlung  von  Chr.  Hansen  legte  durch  die  den  Saal  vollständig 
ausfüllende  Menge  der  Gäste,  unter  denen  die  wissenschaftlichen  Kreise  unserer  Stadt  fast  vollzählig  ver- 
treten waren,  durch  die  geistvollen  Ansprachen  vieler  hervorragender  Männer  und  die  ausgezeichnete 
Stimmung  aller  Beteiligten  von  neuem  Zeugnis  für  die  Verehrung  ab,  deren  sich  unser  Herr  Vorsitzender 
bei  alt  imd  jung  erfreut. 

Dieselbe  Feier  beging  am  19.  März  1903  Herr  Geheimer  Komnierzienrat  Dr.  Egniont  Websky. 
Der  durch  sein  gemeinnütziges  Wirken  in  weiten  Kreisen  unseres  Vaterlandes  bekannte  Jubilar  hat  sich 
auch  um  den  Verein  und  das  Museum  hohe  Verdienste  erworben.    Unter  schwierigen  Verhältnissen  übernahm 


206 

er  1S95  das  Amt  des  stellvertretenden  Vorsitzenden  nnd  behielt  dieses,  bis  die  wesentlich  aus  seiner 
Initiative  heraus  erfolgte  Neugriindung  des  Museums  glücklich  gelungen  war.  In  seiner  Eigenschaft  als 
Vorsitzender  des  Schlesischen  Zentralgewerbevereins  sorgte  er  dafür,  dass  ein  von  diesem  gesammelter 
Fonds  von  100000  Mark  der  jungen  Schöpfung  als  Morgengabe  gewidmet  wurde.  Von  seinen  zahlreichen 
Geschenken  sei  nur  der  wertvollen,  aus  drei  Perioden  stannnenden  Polnisch-Peterwitzer  Funde  gedacht. 
Zu  seinem  Doktorjuhiläum  wurden  ihm  durch  eine  Deputation  die  OUickwünsche  des  Vereines  dargebracht. 
Während  des  Wintersemesters  wurden  acht  Sitzungen  abgehalten.     Es  sprachen: 

am  10.  November  1.  Dr.  Seger  über  Bernsteinfunde  in  schlesischen  Gräbern,  2.  Herr  O.  Strieboll 
über  den  Hellerfund  von  Wilschkowitz; 

am  24.  November  1.  Dr.  Lustig  über  die  Zobtenbnrg,  2.  Dr.  E.  Hintze  über  die  Wandmalereien 
in  der  Kirche  zu  Mollwitz; 

am  8.  F)czember  Prof.  Dr.  Masner  über  neue  Erwerbungen  des  Museums; 

am   12.  Januar  Prof.  Dr.  Thilenius  über  die  Ornamentik  primitiver  Völker; 

am  26.  Januar  Prof.  Dr.  Mertins  über  steinzeitliche  Werkzeuge  und  Waffe?)  in  Schlesien; 

am  2.  März  Landbauinspektor  imd  Provinzial-Konscrvator  Dr.  Bürgern  ei  ster  1.  über  die 
„Goldene  Krone"  am  Ringe  in  Breslau,  2.  über  die  Hochbergische  Kapelle  bei  der  Vincenz- 
kirche  in  Breslau ; 

am  16.  März  Bibliothekar  Dr.  Buchwald  über  das  Bilderwerk  Schlesischer  Kunstdenkmäler; 

am  30.  März  Dr.  Seger  über  den  Schutz  vorgeschichtlicher  Denkmäler. 
Bei  dem  von  der  Museumsdirektion  veranstalteten  Vortragscyklus  hatte  der  Verein  wieder  auf  eine 
Anzahl  Plätze  abonniert,  die  er  seinen  Mitgliedern  unentgeltlich  zur  Verfügung  stellte. 

Unter  den  vom  Verein  veranstalteten  Ausgrabungen  nimmt  die  Untersuchung  des  neolithischen 
Wohn-  und  Begräbnisplatzes  an  der  Grenze  von  Jordansmühl  nnd  Wilschkowitz  nach  Umfang  und 
Bedeutung  die  erste  Stelle  ein.  Ein  ausführlicher  Bericht  darüber  wird  an  anderer  Stelle  erfolgen.  Hier  sei 
nur  nochmals  allen,  die  sich  um  das  Gelingen  des  Werkes  verdient  gemacht  haben,  insbesondere  den 
Herren  G.  LI  11  rieh,  Prof.  Thilenius,  Dr.  Postler  nnd  A.  Kirchner  der  wärmste  Dank  ausgesprochen. 
Ferner  fanden  L'ntersuchungen  von  Fundstellen  statt  am  20.  April  nnd  14.  Mai  in  Weigwitz 
Kr.  Breslau  (Leitung  Dr.  Seger);  am  26.  und  27.  April  in  Gorkau  am  Zobten  (Dr.  Lustig,  Dr.  Seger);  am 
11.  Mai  in  Oberhof  Kr.  Breslau  (Geh.  Rat  Grempler,  Dr.  Seger  und  Prof.  Thilenius);  am  29.  Mai  in 
Malkwitz  Kr.  Breslau  (Dr.  Seger,  l'rof.  Thilenius);  vom  0.  bis  14.  Mai  und  vom  2.  bis  S.  Juni  in 
Beschine  Kr.  Wohlan  (G.  LJIlrich);  ani  2.  Jum'  in  Jordansmühl  Kr.  Nimptsch  (Dr.  Seger);  vom  April 
bis  Mai  in  Gnrschen-Schlichtingsheim,  Seitsch  und  Gross-Osten  Kr.  Guhrau,  Kuttlau  Kr.  Glogati 
(M.  Hellmich);  vom  Mai  bis  Juni  auf  dem  Zobtenberge  (Dr.  Lustig);  vom  28.  bis  30.  Juli  in  Grünberg 
und  Kuttlau  (M.  Helhnich);  vom  August  bis  September  in  Jordansmühl  (Urnenfriedliof),  Dürrhartau, 
Dankwitz  und  Kanigen  Kr.  Nimptsch,  in  Nieder-Gimmel,  Krehlau  und  Rayschen  Kr.  Wohlan 
(G.  Ullrich);  vom  Oktober  bis  November  in  Prittag  Kr.  Grünberg  (M.  Hellmich);  am  18.  Januar  in  Grün- 
hübel  Kr.  Breslau  (Dr.  Seger);    am  26.  Februar  in  Jacobsdorf  Kr.  Schweidnitz  (Dr.  Seger). 

Ausgrabungsberichte,  z.  T.  unter  Beifügung  wertvoller  Fundslücke,  wurden  eingesandt  von  den 
Herren  Lehrer  em.  Fiedler  in  ILaynau,  Kgl.  Oberförster  Glaesemer  in  Riemberg,  Kammerrat  Hase 
in  Trachenberg.  Kgl.  Landmesser  Hellmich  in  Ologau,  Seminarlehrer  Hoffmann  in  Oberglogau,  Fabrik- 
besitzer A.  Hoffmeister  in  Glogau,  August  Kirchner  in  Heidersdorf,  Dr.  Georg  Köhler  in  Grünberg, 
r^echtsanwalt  Kühn  in  Jauer,  Postagent  Laeder  in  Peisteruitz,  Lehrer  em.  Lüdicke  in  Sirnsdorf, 
Dr.  Postler  in  Rankau,  Direktor  Dr.  Rhode  in  Puschkowa,  Dr.  Stolper  in  Schweidnitz,  Forstsekretär 
Tautz  in  Klodnitz  OS.,  G.  Ullrich  in  Steinau,  Dr.  pliil.  Will  in  Simsdorf,  von  der  Slädtischeu  Pronicnatlen- 
Deputation  in  Breslau  und  von  der  Köm'gl.  Oberförstcrei  in  Zobten. 

Die  Konservierung  und  Bearbeitung  des  anthropologischen  Materials  ans  schlesischen  Gräbern  wurde 
durch  Professor  I^r.  Thilenius  rüstig  gefördert.  Mit  der  photographischen  Aufnahme  der  schlesischen 
Funde  wurde  fortgefahren.  Auch  wurden  mehrfach  Aufnahmen  von  Burgwällen  und  von  mittelalterlichen 
Kunstwerken  in  der  Provinz  veranstaltet.  Endlich  wurden  aus  Vereinsnüttcln  eine  Anzahl  vorgeschichtlicher 
Funde  und  eine  vollständige  Folge  der  Bonner  Jahrbücher  und  der  Materiaux  |iour  l'histoire  primitive  et 
naturelle  de  l'homme  käuflich  erworben. 


207 

Von   der  Zeitschrift  des  Vereins,   zugleich  Jahrbuch   des  Schlesischen  Museums  für  Kunstgewerbe 
und  Altertümer,  erschien   ,n,  September  der  zweite  Band  der  Neuen  Folge.    Für  das  wachsende  Ansehen 
dessen  sich  unsere  Zeitschrift  in  wissenschafthchen  Kreisen  erfreut   zeuirt  die  Tats.cL    dT 
Anzahl  auswärtiger  Bibhotheken  deren  Abonnenten  geworde.rrd  '     '"  ""'  ^°""' 

Schriftenaustausch   wurde   eingeleitet    mit  dem   Grossherzoghcher,   Museum    in   Schwerin    und    der 
Munchener  Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte 

Emen  schmerzlichen  Verlust  erfuhr  der  Verein  durch  den  am  2.  August  erfolgten  Tod  seines  lan^ 
jahngen  Vorstandsmitgliedes,  Prof.  Hermann  Kühn,  Direktors  der  Königl.  Kunst-  un^  KuLtgew  b  s  hu'e 
lu  Breslau.  Der  Verstorbene  war  durch  sein  feinfühliges  Urteil  in  allen  künstlerischen  un  ktSnel  sc  .en 
Fragen  uiu  durch  seine  hervorragende  Kennerschaft  auf  dem  Gebiete  der  Textilkunst  sowohl  ^  f  le  „ 
w,  der  jetzigen  Verwaltung  des  Museums  ein  hochgeschätzter  Berater.  Dem  Vorstande  war  er  ei  te" 
Mitarbeiter  und  hebenswürdiger  Kollege. 

Am    5.  September   starb    Rudolph  Virchow,    Ehrenmitglied    des  Vereins,    einer  der  Führer  und 
Hauptbegrunder  der  deutschen  Urgeschich.sforschung.     Den  ostdeutschen  Verhäl.n  ssen    hat   er   s  ets   se  n 
besonderes  Interesse   zugewandt   und    in    früheren  Jahren    oft  in  Schlesien  und  Posen  Ausgrabung   ,  vor 
genommen      Einer     er  wichtigsten  Urnei.friedhöfe  vom  schlesischen  Typus,  der  von  Zabofo    o    i'     u  te 
semer  persönlichen  Leitung  erschlossen  worden.  ^aoorowo,    ist   unter 

^'"^O.Oktoberstarbin  Rudelsdorf  Kr.Nimpfsch,derPflegerdesVereins,GasthofsbesAug  Schneider 
Er  war  ein  begeisterter  Freund  der  Altertumskunde  und  ein  verständnisvoller  und  geschict^r  Sam,li  dem  das 
Museum  manchen  wichtigen  Fund  verdankt.    Die  von  ihm  hinteriassene  Sammh.:.  prähistori  r  AlterU  m 
gedachte  er  dem  Museum   zu  überweisen,  ein  Wunsch,  der  von  den  Erben  hoffentlich  beachtet  ve^ntr 

Von  Mitgliedern  wurden  uns  ausserdem  durch  den  Tod  entrissen:   Herr  Kaufn,ann  Robert  Ehr      h 
Prof.  A.  von  Arnim,  Geh.  Medizinalrat  Prof.  Dr.  Richard  Förster    Goistl   R.f  h  «ooert  tlirlich, 

i «-*"- h™.*,, HCl»,, „i ..s,e,a.Djirr.„s  s.r~crr.":;,it- 

Zam.c.k,,  Fra„  M.m  Ka«ffma„„.   Re,la„ratt,„  H„m.  Q.„,sle„    OberslleMn.nf  .  n  ^       V       ' 

Uen  Vorstand  haben  in  diesem  Etatsjahre  gebildet- 
Herr  I>rof    Dr.  med.  et  phil.  Grempler,  Geheimer  Sanitätsrat,  Vorsitzender- 
„     I  rof.  Dr.  Roehl,  Direktor  der  Viktoriaschule,  stellvertretender  Vorsitzender- 
>,     Gustav  Strieboll,  Kaufmann,  Schatzmeister; 
„      Dr.  Seger,  Mnseunisdirektor,  Sekretär; 

„      Prof.  Kühn,  Direktor  der  Königl.  Kunst-  und  Kunstgewerbeschuie- 
„     Prof.  Dr.  Mertins,  Oberiehrer; 
„     Muehl,  Stadtrat; 

„     V.  Kocki.tz,  Rittmeister«.  D.  und  Kgl.  Kammerherr.  Majoratsbes.  auf  Mondschütz  Kr  Wohlan 


208 

TÄTIGKEITSBERICHT    FÜR    DAS  JAHR   1903/4 

Am  30.  März  1903  fand  die  ordentliche  üeneralversammlung  statt,  in  der  die  Tagesordninig 
satzungsgemäss  erledigt  wurde.  Im  Anschliiss  daran  sprach  Direktor  Dr.  Seger  über  den  Schutz  der 
vorgeschichtlichen  Denkmäler  und  Herr  Dr.  Postler  ans  Kankau  über  einen  ürnenfnnd  ans  Michelsdorf 
Kr.  Schweidnitz. 

Die  Wanderversammiung  wurde  am  2S.  Jnni  in  Brieg  abgehalten  und  nahm,  begiinstigl  von  dem 
traditionellen  Wettergliick  des  Vereins,  einen  höchst  erfreulichen  Verlauf.  Die  zahlreichen  Teilnehmer  wurden 
am  Bahnhof  von  den  Herren  Bürgermeister  Riba,  Stadtrat  Schmidt  und  Kgl.  Baurat  Lamy  sowie  von 
den  dortigen  JVtitgliedern  empfangen  und  durch  die  Piastenstrasse  nach  dem  an  der  Promenade  gelegenen 
Hohenzollerncafe  geleitet,  wo  unter  den  Klängen  eines  Militär-Konzertes  das  Frühstück  eingenommen  wurde. 
Dann  ging  es  über  die  schöne  Promenade  nach  dem  Ringe,  wo  das  Rathaus  imd  die  alten  Bürgerhäuser 
besichtigt  wurden,  und  liierauf  zur  evang.  Pfarrkirche  St.  Nikolai,  die  in  ihrer  stattlichen  Architektur  und 
ihrem  reichen  Inhalt  an  Kunstdenkmälern  mit  den  Breslauer  Kirchen  wetteifert.  Einen  Extragenuss  bereitete 
hier  den  Besuchern  Herr  Kantor  Hielscher  durch  einen  meisterhaften  Orgelvortrag.  Den  Schluss  des 
Rundganges  bildete  die  Besichtigung  des  Piastenschlosses,  von  dessen  einstiger  Herrlichkeit  freilich  nur  das 
Portal  noch  eine  Vorstellung  gibt,  und  der  angrenzenden  Hedwigskapelle  mit  der  leider  auch  sehr  verwahr- 
losten Fnrstengruft. 

Um  1  Uhr  begann  in  der  Aula  des  Gynniasiums  unter  grosser  Beteiligung  der  gebildeten  Kreise 
Briegs  die  wissenschaftliche  Sitzung.  Nach  einer  Ansprache  des  Vorsitzenden,  Geh.  Rats  Dr.  Orempler 
hielt  Dr.  Seger  einen  Vortrag  über  Altertumsfunde  aus  der  Gegend  von  Brieg  und  Prof.  Dr.  Semrau 
über  die  Kunstdenkmäler  der  Stadt  Brieg.  Um  2'/.j  Uhr  fand  in  der  Loge  ein  gemeinsames  Essen  zu  etwa 
100  Gedecken  statt.  Nach  Tisch  folgte  ein  Teil  der  Gäste  der  freundlichen  Einladung  des  Kgl.  Garten- 
direktors Haupt  zum  Besuch  seiner  eine  Sehenswürdigkeit  ersten  Ranges  bildenden  Treibhäuser,  während 
andere  der  Ruder-Regatta  auf  der  Oder  zusahen.  Schliesslich  fanden  sich  alle  wieder  im  Hohenzollerncafe 
zusammen,  von  wo  aus  die  Heimreise  angetreten  wurde. 

Zu  Pfingsten  (30.  Mai  bis  1.  Juni)  veranstaltete  die  befreundete  Wiener  Anthropologische  Gesellschaft 
einen  Ausflug  nach  Troppau,  der  mit  einer  Besichtigung  der  prähistorischen  Fundstellen  in  Kreuzendorf  und 
des  Burgberges  bei  Jägerndorf  verbunden  war.  Der  Einladung  zur  Teilnahme  leisteten  als  Vertreter  unseres 
Vereins  Dr.  Seger  und  Prof.  Dr.  Thilenius  Folge.  —  Die  beiden  Genannten  unterstützten  auch  den  Vor- 
sitzenden Geh.  Rat  Dr.  Grempler  bei  der  Vertretung  des  Vereins  auf  der  Versammlung  der  Deutschen 
anthropologischen  Gesellschaft  in  Worms  (10.— 13.  August).  Der  Berichterstatter  nahm  hierbei  Gelegenheit, 
für  den  gesetzlichen  Schutz  der  vorgeschichtlichen  Denkmäler  einzutreten.  Erfreulicherweise  steht  eine  baldige 
Regelung  dieser  wichtigen  Frage  bevor. 

Der  Schlesischen  Gesellschaft  für  vaterländische  Kultur  wurde  zu  ihrer  Säkularfeier  am  17.  Dezember 
eine  Adresse  überreicht.  Aus  Anlass  dieser  Feier  hatten  wir  die  Freude,  unser  korrespondierendes  Mitglied 
Herrn  Prof.  Dr.  Oskar  Montelius  aus  Stockhohn,  der  die  Glückwünsche  der  Königl.  Akademie  für  schöne 
Wissenschaften,  Geschichte  und  Altertümer  überbrachte,  auch  unter  uns  zu  begrüssen,  wenn  auch  mit  Rück- 
sicht auf  das  überreiche  Programm  von  einer  ihm  zu  Ehren  geplanten  besonderen  Veranstaltung  Abstand 
genommen  werden  mnsste.  —  Der  archäologischen  Sektion  des  Museums  des  Königreichs  Böhmen  in  Prag 
wurde  zu  ihrem  sechzigjährigen  Jubiläum  am  23.  Jamiar  ein  Gratulationsschreiben  übersandt. 
Im  Winterhalbjahr  fanden  5  Sitzungen  statt.     Vortrüge  hielten: 

am  9.   November  Dr.  Erwin   Hintze    über    die    Miniaturenausstellung    des    Museums   (mit   Licht- 
bildern); 
23.  November 

1.  Prof.   Dr.  Merlins    über  typische    Funde    aus    der    älteren   Steinzeit   in    Frankreich    (mit 
Lichtbildern); 

2.  Dr.  Seger  über  den  Sonneuwagen  von    rrundhi>lm    (mit  Lichtbildern); 

3.  Dr.  G.  1  ustig  über  die  Bedeutung  der  vorgeschichtlichen  Gruben  am  /obtcnberge; 


20Q 

7.  Dezember  Prof.  Dr.  Tliilenius  über  die  ältesten   Reste  des  Menschen  und  die   Frage  der 
Menscliwerdiing  (mit  Liciitbildern); 

20.  Februar  Privatdozent    Dr.  R.  Leonliard  über  Paphlagonische  Felsendenkmäler  (mit  Licht- 

bildern); 

21.  März  Prof.  Dr.  Markgraf  über  die  topographische  Entwicklung  Breslaus. 

Zur  Ausführung  eines  gross  angelegten  Planes,  der  Herausgabe  eines  Schlesischen  Künstler- 
lexikons mit  Einschluss  aller  Arten  von  Kunsthandwerkern,  wurden  die  ersten  Schritte  getan.  Das 
Bedürfnis  eines  solchen  Werkes  liegt  für  jeden,  der  sich  mit  der  schlesischen  Kunstgeschichte  beschäftigt 
hat,  auf  der  Hand.  Die  Leitung  des  L'nternehniens  übernahm  die  Direktion  des  Schlesischen  Museums  für 
Kunstgewerbe  und  Allertünicr.  Begonnen  wurde  damit,  aus  den  Bürgerverzeichnissen  des  Breslauer 
Stadtarchivs  und  den  älteren  Kirchenbüchern  die  einschlägigen  Personalnotizen  auszuziehen.  Diese 
archivalische   Arbeit   wurde    Herrn    Dr.  Hey  er   übertragen. 

Von  grösseren  wissenschaftlichen  Unternehmungen  ist  die  genaue  kartographische  Aufnahme  und 
Vermessung  der  vielbesprochenen  Dreigräben  in  Niederschlesien  hervorzuheben.  Es  ist  dies  die  einzige, 
in  ihrem  Zusammenhange  noch  wohl  erkennbare  Grenzbefestigung,  die  sich  aus  dem  frühen  Mittelalter 
erhalten  hat.  So  viel  darüber  auch  geschrieben  worden  ist,  so  fehlte  es  doch  bisher  an  einer  wissen- 
schaftlichen Ansprüchen  genügenden  Darstellung.  Herr  Kgl.  Landmesser  M.  Hellmich  in  Ologau  hat  sich 
dieser  mühseligen  Aufgabe  unter  grossen  persönlichen  Opfern  unterzogen  und  die  Arbeit  im  Laufe  des  Ver- 
waltungsjalires  grösstenteils  zum  Abschluss  gebracht.  Ebenso  hat  Herr  Hellmich  im  Auftrage  des  Vereins 
mit  der  Aufnahme  der  niederschlesischen  Burgwälle  begonnen,  eine  Arbeit,  die  nach  imd  nach  auch  auf  die 
übrigen  Teile  Schlesiens  ausgedehnt  werden  soll  und  die  Grundlage  für  ein  Verzeichnis  der  durch  Gesetz 
zu  schützenden  vor-  und  frühgeschichtlichen  Denkmäler  bilden  wird. 

Mit  der  Untersuchung  der  stein-  und  hronzezeitlichen  Dorfanlage  auf  dem  Bischwitzer  Berge  bei 
Jordansmühl  wurde  nach  der  Kübenernte  im  November  fortgefahren.  Doch  setzte  das  anhaltend  schlechte 
Wetter  den  Arbeiten  bald  ein  Ziel,  so  dass  ihre  Weiterführung  auf  den  Spätsommer  des  folgenden  Jahres 
verschoben  werden  musste. 

Die  Untersuchung  der  sogenannten  Trichtergruben  (Mardellen)  am  Zobtenberge  wurde  von 
Dr.  O.  Lustig  mit  deni  Nachweis  abgeschlossen,  dass  sie  ihre  Entstehung  dem  Aufsuchen  von  flachen 
Steinen  zur  Mühlsteinfabrikation  verdanken.  Die  Entstehungszeit  ist  nach  den  Scherbenfunden  ins  11.— 12. 
Jahrhundert  zu  setzen.  Das  auch  für  ausserschlesische  Verhältnisse  wichtige  Ergebnis  seiner  Arbeit  ist 
von   Dr.  Lustig  im  Globus  (Bd.  LXXXV  Nr.  6  S.  85-  89)  veröffentlicht  worden. 

Es  fanden  ferner  im  Auftrage  des  Vereins  Ausgrabungen  und  Untersuchungen  von  Fundstellen  statt 
am  I.April  und  den  folgenden  Tagen  auf  dem  Lerchenberger  Scliiessplatz  bei  Ologau:  römische  Brand- 
gräber und  Gräberfeld  der  Hallstattzeit  (Leitung  M.  Hellmich,  Hauptmann  Schirmer  und  Dr.  Seger);  am 
24.  April  und  am  6.  Mai  in  Marschwitz  Kr.  Ohlau  (vgl.  S.  27  ff.);  am  4.  Mai  in  Domslau  Kr.  Breslau: 
Skelettgrab  der  frühen  Bronzezeit  (Dr.  Seger);  am  18.— 23.  Mai  in  Tarxdorf  Kr.  Steinau:  Vorgeschichtliche 
Eisenschmelzstätte  (O.  Ullrich,  Dr.  Seger);  am  20  AAai  in  Weigwitz  Kr.  Breslau:  Brandgräber  der  jüngeren 
Bronzezeit  (Dr.  Seger);  am  30.  Mai  in  Ottitz  Kr.  Ratibor:  neolithische  W'ohngruben  (Dr.  Seger  und  Professor 
Tliilenius);  am  5.  Juni  am  Ritscheberg  Kr.  Brieg:  mittelalterliche  Wohnanlagen  (Laeder);  am  12.— 15.  Juni 
und  am  18.— 10.  Oktober  in  Kudelsdorf  Kr.  Nimptsch:  slavische  Reihengräber  (A.  Kirchner,  Dr.  Seger, 
G.  Ullrich);  am  25.  27.  Juni  und  am  23.  März  in  Tauer  Kr.  Steinau:  Gräberfeld  der  Hallstattzeit  (G.  Ullrich); 
am  4.  Juli  in  Fricdewalde  Kr.  Grottkau:  Skelettgräber,  wahrscheinlich  recent  (Prof.  Thilenius);  am  5.  Juli 
in  Lossen  Kr.  Brieg:  alte  Wallanlage  (Dr.  Seger);  am  0,-  II.  Juli  in  Gursclien  Kr.  Fraustadt:  La  Tcne- 
gräber  (M.  Hellinicli,  G.  Ullrich);  am  5.-  8.  August  in  Kreidelwitz  Kr.  Glogau:  Gräberfeld  der  Hallstattzeit 
(G.Ullrich);  im  August  in  Cunzendorf  Kr.  Sprottau:  Gräberfeld  der  Hallstattzeit  und  (an  andrer  Stelle) 
Steinkistengräber  (M.  Hellmich);  in  Wittgendorf  Kr.  Sprottau:  Gräberfeld  mit  Gesichtsurnen  (A\.  Hellmich); 
am  6.  13.  September  in  Hennersdorf  Kr.  Namslau:  Gräberfeld  der  Früh-La  Tenezeit  (G.  L'llrich);  am 
22.— 23.  September  in  Klein  Zöllnig  Kr.  Öls:  Depotfund  der  Hallstattzeit  (Dr.  Seger,  G.Ullrich);  am  28.— 29. 
September  in  Samitz  Kr.  Glogau:  Gräberfeld  mit  Gesichtsurnen  (Dr.  Seger,  M.  Hellmich,  G.  Ullrich);  im 
Oktober  in  Polnisch  Kessel  und  Prittag  Kr.  Grünberg:  Gräberfelder  der  Hallstattzeit  (\\.  Hellmich) 
und  in  Wilschkowit/  Kr.  Nimptsch:  slavische  Wohnstätte  (A.  Kirchner);  im  November  in  Jordansmühl 


210 

Kr.  Niniptsch:  Gräberfeld  der  Bronzezeit,  in  Dankwitz  Kr.  Niniptscii;  rüinisclie  Wolinstiitten  und  slavische 
Reihengräber,  und  in  Johnsdorf  Kr.  Nimptsch:  neoh'thische  Wohnstättc  (O.  Uilricii);  im  Febriiar  und  März 
in  Carlsruh,  Oelschcn  und  Zecheivvitz  Kr.  Steinau:  Fundstellen  der  Rronze- und  Hallstatlzeit  (O.  Ullrich). 

Ausserdem  übersandten  Ausurabungsbericlite  die  Herren  Dr.  Alter  in  Leubus;  Lehrer  Gebhardt 
in  Cantersdorf  b.  Löwen;  Lehrer  Kiok  in  Sponsberg  b.  Schebitz;  August  Kirchner  in  Heidersdorf;  Kreis- 
baumeister Lau  in  Ratibor,  Landmesser  Mahraun  in  Breslau;  Rittergutsbesitzer  von  Saliscli  auf  Postel; 
G.  Ullrich  in  Steinau  und  die  Städtische  Promenadenverwaltung  in  Breslau. 

Zwei  unserer  tätigsten  Mitarbeiter  wurden  uns  leider  durch  den  Tod  entrissen.  Am  23.  Juh  starb  in 
Ober-Salzbrunn  der  Lehrer  em.  Oswald  Fiedler  aus  Haynan.  Er  hat  sich  namentlich  zu  Anfang  der 
neunziger  Jahre  durch  Erschliessung  der  reichen  Fundstätten  in  der  Umgebung  von  Haynau  und  die  uneigen- 
nützige Ablieferung  aller  Funde  an  das  Museum  Anspruch  auf  unsere  Dankbarkeit  erworben.  Am 
13.  Oktober  starb  zu  Oppeln  im  71.  Lebensjahre  der  Kgl.  Rechnungsrat  und  Hauptmann  a.  D.  Wilhelm 
Klose,  ein  eifriger  Forscher  und  Sammler,  der  sich  auch  schriftstellerisch  auf  den  verschiedensten  Gebieten 
der  Altertumskunde  betätigt  hat.  Seine  sehr  wertvolle  Sammlung  vorgeschichtlicher  Funde  hatte  er  uns  in 
der  Hauptsache  schon  zu  seinen  Lebzeiten  zugewendet.  (Vgl.  Schles.  Vorz.  VII  475.)  Was  davon  noch  vor- 
handen war,  wurde  von  den  Erben,  einem  Wunsche  des  Verstorbenen  entsprechend,  ebenfalls  unserem 
Museum  überwiesen. 

Von  Mitgliedern  verstarben  ausserdem  Oberstabsarzt  Dr.  Kiesewalter,  Buclidruckereibesitzer 
Lilienfeld,  Prof.  Dr.  Ludwig  Halm,  Major  a.  D.  Lothar  von  Rosenberg-Lipinsky,  Bürgermeister 
Jänicke,  Geh.  Sanitätsrat  Dr.  Caro,  Kaufmann  Otto  Schiedewitz  imd  Rentier  Max  Pringsheim, 
sämtlich  in  Breslau,  Hauptmaiui  a.  D.  von  Wiese  in  Glatz,  Rittmeister  a.  D.  von  Schickfuss  auf  Baum- 
garten, Fabrikbesitzer  W.  Garve  in  Nensalz  a./O.  und  llofphotograph  Völkel  in  Landeck. 

Die  Veränderungen  im  Mitgliederbestande  waren  folgende:  Zu  Beginn  des  Verwaltnngsjahres 
zählte  der  Verein  S48  ordentliche  Mitglieder.  Davon  schieden  42  aus,  während  39  neu  eintraten,  so  dass 
am  Schluss  des  Jahres  845  vorhanden  waren. 

Ein  Verzeichnis  der  Mitglieder  ist  diesem  Berichte  beigefügt. 

in  der  Zusammensetzung  des  Vorstandes  traten  keine  Veränderungen  ein 


Rückseite  der  Medaille  auf  S.  202 


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