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Full text of "Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg"

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ZEITSCHEIPT 


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Tirol  iJiHt  VorJirlliciT*. 


1 


nosae  deB«elt>eu, 


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Urkundliche  Beiträge 


zur 


Gescbicbte  des  dentschen  Ordens 


in 


TIROL. 


Von 

F.  Justiiiian  Ladurner. 


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••    •*        • 


'->^M^' 


Innsbruck, 

Drack  der  Wagnerischen  Bocbdruckerei. 

1861. 


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•    •        •   • 


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•  ••    •  •• 


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—    3 


„Wen  über  ein  Land  auch  nur  das  Geringste 
interessiri,  dem  is6  schwer,  etwas  zu  sehreiben, 
was  ihm  nninteressant  wftre.^ 

„Aber  nur  Facta,  bOse,  wenn  keine  gnten,  kleine, 
wenn  keine  grossen;  die  Urtheile  machen  wir  ans 
lieber  selbst^ 

Johann  v.  Maliers  Briefe  &n  seinen  Bruder,  18.  März  1803. 


sedl  von  dem  Wunsche,  dass  Jeder,  welcher  «uf  irgend 
eine  Weise  sich  im  Stande  fttblt,  zur  Aufhellung  der  Geschichte 
seines  Valerlandes  beizutragen,  dieses  auch  bethätigen  mOge, 
insbesondere,  wenn  es  irgend  eine  Parlhie  derselben  betrifft, 
welche  bisher  noch  gar  nicht  oder  nur  wenig  behandelt  worden 
ottd  dennoch  für  selbe  einiges  Interesse  bietet,  hat  der  Samm- 
ler vorliegender  Beiträge  zur  Geschichte  des  deutschen  Ordens 
in  Tirol  es  gewagt ,  selbe  dem  Wunsche  gemäss  hiemit  der 
Oeffentlichkeit  zu  übergeben. 

Unsere  Chi^btenvAJH  (?^e,hjc^tschjreiber  wussten  bisher 
aber  das  EntsteheA;!de£:8e<^ts€iiea*  Ordensbailei  an  der  Etsoh 
und  im  Gebirge  sowi€*dtfK  ^rA^Jfn^  Comenden  derselben  und 
deren  Schicksale  mt/ijäit!yiti^n^^;  und  selbst  diess  Wenige 
theils  nur  fragmentarisch,  theils  nicht  selten  irrig  zu  berichten^; 
worüber  man  sich  aber  nicht  zu  sehr  verwundem  darf,  wenn 
man  bedenkt,  dass  der  deutsche  Orden  seit  Jahrhunderten  seine 
Archive  und  Urkunden  mit  Argus-Augen  bewachte.  —  Erst  In 
leaester  Zeit  hat  Herr  Hathias  Koch  in  dem  ersten  Hefte  des 
Jahrgangs  1849  des  von  der  kaiserl.  Akademie  der  Wissen- 


—    4    — 

schatten  herausgegebenen  Archivs  für  Kunde  der  östr«  Geschichts- 
Quellen  „Beiträge  zur  Geschichte  des  deutscheji  Ordens  in  Tirol, 
geschöpft  aus  Urkunden  des  Archivs  der  Deubchordens-Ballei 
zu  Bozen^  veröffentlicht ;  ich  glaube  Jedoch,  dass  dadurch  meine 
Arbeit  nicht  ttberflassig  gemacht  worden;  denn  bei  aller  Ach- 
tung für  Anderer  Leistungen,  besonders  wenn  selbe  eine  noch 
gar  nicht  oder  nur  wenig  bearbeitete  Parthie  unserer  vater-* 
ländischen  Geschichte  betreffen,  kann  ich  nicht  umhin  zu  bemer- 
ken, dass  diese  Mittheilungen  ziemlich  lückenhaft  sind  und 
ohnehin  nur  bis  zum  Jahre  1486  gehen  und  zudem  noch  die 
Urkunden  ganz  flüchtig  und  ungenau  benützt  wurden.  Oder 
was  soll  man  sich  denken,  wenn  man  den  Aufdruck:  unam 
Tietiam  terrae  casalivae,  d.  b.  ein  Grundstück,  worauf  ein 
Bauernhaus  steht,  von  Hm.  Koch  S.  15  in  einen  Fels  (Petra) 
eines  casaiinischen  Landgutes  umgewandelt  liesst?  —  oder 
wenn  Hr.  Koch  S.  22  die  Urkunde,  wodurch  Bertold,  der 
Patriarch  von  AquUeja,  den  Augustinern  zu  Maria  Coronata; 
„collätiones  vobis  factas  a  venerabilibus  Fratribus  episcopo 
tridentino  de  monasterio  sanctorum  Marii  et  Marthae,  et  ab 
episcopo  feltrensi  de  monasterio  sanctorum  Petri  et  Bartholomei^ 
bestätiget,  folgender  Weise  anführt:     „1245.   Verona.   Bertold 

von  Aquileja  bestätigt*  Ideptf  Augustf^^-^le^tir:  Maria  Krönung 
•  •  •  •  •••    •      •  •    ••• •  • 

in  Trienl  die  Spenden  von  .hei}igCjp«Q(^ri&qp,  welche  demselben 

von  dem  Kloster  der  heiHgiA*Märiit^«*unJl  Martha,   und  vom 

Bischöfe  von  Feltre  aus  *<^m*ff)<^^i>dS3r  lieiligen  Petrus  und 
•  •••    •••••  •••• 

Bartholomäus  zugeflossen  sind.^  —  Seite  15  lässt  Hr.  Koch 
den  Grafen  Johann  von  Tirol  (ersten  Gemahl  der  Gräfin  Mar- 
garetha  Maultasch)  das  von  Jacob  dem  Trautson  den  Brüdern 
zu  Sterling  geschenkte  lehenbare  Gut  zu  Peweren  im  Jahre 
1319  vom  Lehensverbande  lösen;  —  während  doch  dieser  Graf 
Johann  erst  im  Jahre  1322  geboren  wurde;   in  der  Urkunde 


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_    5    ~ 

steht  gut  leserlich :  Heinrich ,  Graf  von  Gön  ^und  Tirol.  — 
Deriei  Unrichtigkeiten  finden  sieh  in  seinem  Aufsätze  noch 
mehrere;  jedoch  werde  ich  mich  weder  hier  noch  in  den  vor« 
hegenden  Beiträgen  weiter  mit  Anfahmng  and  Widerlegung  der- 
selben befassen,  da  der  geneigte  Leser  durch  Vergleichung 
meiner  genau  nach  dem  Inhalte  der  Urkunden  gelieferten  Aus- 
zfige  mit  den  BeitrSgen  des  Hm.  Koch  selbe  leicht  selbst 
erkennen  kann. 

Da  mir  durch  die  zuvorkommende  Güte  des  ehemaligen 
Verwalters  der  Land-Coraende  Weggenstein  zu  Bozen,  des 
Hrn.  Ernst,  sowie  auch  des  jetzigen,  Hm.  Nair,  C<ienen  ich 
hiemit  zugleich  meinen  innigen  Dank  dafür  erstatte)  die  Be- 
nützung des  Ordens-Archivs  daselbst  gestattet  wurde,  sowie 
auch  anderwärts  in  andern  Archiven  bezügliche  Urkunden  mir 
in  die  Hände  kamen,  so  wollte  ich  hiemit  den  Versuch  wagen, 
nicht  so  sehr  eine  vollständige  Geschichte  des  deutschen  Ordens 
in  Tirol,  als  vielmehr  nur  erweitertere  Betträge  zu  derselben, 
^  in  so  weit  vorliegende  Urkunden  oder  anderweitige  verläss- 
liche Aktenstücke  und  Aufzeichnungen  Stoff  dazu  gewährten, 
ZD  liefern.  —  Diese  Beiträge  machen  keineswegs  auf  Vollstän- 
digkeit Anspruch  uiid  dürften  wohl  für  immer  etwas  lückenhaft 
bleiben,  da  soiwA*\,ie\\^TiaiAfec(k^^äe  in  Sterzingen  gegen 
Ende  des  15.  Jahrhw^efl»  sowie,  ^ie  Plünderung  der  Comeii- 
den  zn  Bösen  und  Leiigitiodsi^ntlahre  1525  durch  die  rebelli- 
schen Bauern  seKr  nefeontere^ktiß  Urkunden  vernichteten, 
während  andererseits  die  unverzeihliche  Vernachlässigung  der 
Urkunden  und  Schriften  der  Comende  Schlanders  seit  ihrer 
Aofhebung  durch  die  baierische  Regierung,  und  nicht  minder 
Fahrlässigkeit  am  Ende  des  vergangenen  und  im  Anfange  dieses 
Jahrhunderts  gegen  das  Ordens-Archiv  zu  Bozen  manche  schätz- 
bare Nachricht  über  den  Orden  in  Tirol  zu  Grande  gehen  Hessen. 


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ZEITSCHRIFT 


Tirui  »Uli  Var<)ritM'rjr. 


huiBO   (  cu. 


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I 


1) 


INKM 


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urkundliche  Beiträge 


zur 


Kschichte  des  deotschefl  Ordens 


in 


TIROL. 


Von 

F.  Justmian  Ladurner. 


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Innsbruck, 

Druck  der  Wagnerischen  Bucbdruckerei. 

1861. 


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^.  A.        i? 


—    10    — 

hiess,  der  die  im  Verlaufe  des  dreizehnten  Jahrhunderts  ent- 
standenen Comtureien,  nämlich  Bozen,  Lengmoos,  Schlauders, 
Sterzing  und  Trient  unterstanden;  der  bestttndige  Sitz  des 
Landcomturs,  welcher  öfter  auch  die  Wttrde  eines  Comturs  zu 
Bozen  und  nicht  selten  auch  zu  Lengmoos  zugleich  verwaltete, 
war  stets  in  der  Comende  Bozen. 

Diess  neugestiftete  peutschordens-Hospital  fand  bald  ver- 
schiedene Wohlthftter,  die  dessen  Wohlstand  zu  heben  bemflht 
waren;  schon  1203  wehrt  und  verbietet  ein  gewisser  Heinriph 
der  Bozner  auf  dem  Eisack-Brflckenkopfe  stehend,  in  Gegen- 
wart des  Bischofs  von  Freisingen,  Alberts,  Grafen  von  Tirol 
und  mehrerer  Edlen  seiner  Schwester  Hechtild  (sollte  dieses 
etwa  die  nämliche  oben  erwähnte  Frau  Hechtild,  Gemahlin 
des  Stifters  Hm.  Girold's  von  Bozen  gewesen  sein  ?)  ihre  Güter 
der  Kirche  des  hl.  Johannes  (somit  wohl  dem  neuentstandenen 
Hospitale  der  deutschen  Brflder,  welches  ja  den  Titel  „zum 
hl.  Johannes^  führte,)  —  zu  Qbergeben.  CBormair,  Oesch. 
Tirols.  Urk.  7TJ 

Als  vorzügliche  Wohlthäter  des  deutschen  Ordens  erwiesen 
sich  die  Edlen  von  Wanga;  am  18.  Mai  1212  schenkten  die 
Brüder  Adalpret  und  Beftold  von  Wanga  dem  Fr.  Conrad  zu 
Gunsten  der  St.  Johann  Baptist  und  Evangelist  Capelle  und  des 
dabei  gelegenen  Hospitals  die  St.  Martins  Capelle  dei  Pfarre 
Gevelan  (Göflan)  sammt  allen  dazu  gehörigen  Rechten,  Gütern 
u.  s.  w.,  und  am  15.  September  desselben  Jahres  bestätigte 
ihr  Bruder  Friedrich  von  Wanga,  Bischof  von  Trient,  diese 
Schenkung  und  vergabte  ihm  noch  dazu  im  Namen  des  Stifts 
Trient  das  demselben  zuständige  Zehentrecht  von  allem  Heu 
auf  den  Wiesen  in  der  Artlung  unterhalb  des  Schlosses 
Griffeostain.   C^rk.  im  FerdinandeumJ 

Besonders  aber  war  Kaiser  Friedrich  II.  dem  deutschen 
Orden  gewogen  und  trug  sehr  viel  zum  Emporkommen  dessel- 
ben in  Tirol  bei,  wie  seine  Vergabungen  an  denselben  zu 
verschiedenen  Zeiten  beweisen.  Durch  Urkunde,  gegeben  zu 
Aldenburc  12.  Febr.  1214  thut  er  kund,  dass  er  auf  die  För- 


—  f1  — 

derong  des  Hospitals  der  Ritter  des  deutschen  Ordens  zu  Jeru- 
salem eifrigst  bedacht  zur  Vermehrung  der  Einkünfte  desselben 
thatsichlich  beitragen  wolle;  daher  schenke  er  demselben  zu 
enrigem  Eigenthum  die  Kirche  zu  Schardes  mit  aller  Zu- 
gehör  und  allen  ihren  Rechten  und  die  Capelle  der  hl.  Mar- 
greth  mit  allen  ihren  Besitzungen,  und  setze  auf  Beirrung  dieser 
Vogabong  die  Strafe  von  100  Pfund  Goldes,  wovon  die  eine 
Hllfle  dem  königlichen  Fiscus,  die  andere  den  Beschädigten 
zufallen  solle.  Zeugen  dessen :  Engelhard  Bischof  von  Nuen- 
bürg  (Naumburg),  Hermann  Landgraf  von  Thüringen,  Diedrich 
Harkgraf  von  Meissen,  Otto  Herzog  von  Meranien,  Albert  Graf 
von  Ebersteitt,  Graf  Adolf  von  Schowenburc,  Graf  Burkard 
von  Mannesfelde,  Albert  Burggraf  von  Aldenburc,  Heinrich  von 
Widach.  0.  A.  ^)  In  Betreff  der  hier  geschenkten  8t.  Har- 
garelhen  Capelle,  deren  Lage  nicht  näher  angegeben  ist,  glauben 
wir,  dass  darunter  die  St.  Hargarethen  Capelle  zu  Lana  zu 
verstehen  sei;  und  zwar  gestützt  auf  den  Bestätigungsbrief  des 
Papstes  Alexander  IV.,  dat.  Viterbo  am  20.  October  1257, 
vermöge  welchem  derselbe  dem  Meister  und  den  prüdem  des 
dentsehen  Hauses  zu  Jerusalem  auf  ihre  Vorstellung,  dass 
Kaiser  Friedrich  li.  ihnen  das  Patronalsrecht  der  St.  Marga- 
retken  Kirche  zu  Lanna  (Lana) ,  welches  ihm  damals  zugehört, 


^)  Uormair,  Math.  Koch  u.  A.  haben  dieses  Schardes  für  Schlaa- 
ders  ausgelegt;  allein  wir  hallen  dafür,  es  sei  die  Kirche  in 
Tschars  damnter  zu  verstehen;  da  die  Kirche  in  Schlanders 
erst  im  Jahre  1235  vom  nämlichen  Kaiser  dem  Orden  geschenkt 
wurde,  und  die  darauf  bezügliche  Urkunde  nicht  von  Bestä- 
tigung einer  frühem  Schenkung,  sondern  von  einer  neuen 
Vergabung  spricht.  —  Da  aber  diese  Kirche  in  Tschars  in  der 
Folge,  nicht  mehr  im  Besitze  des  deutschen  Ordens  erscheint, 
.jM>ndern  vielmehr  zu  Nürnberg  im  December  1217  vom  näm- 
lichen Kaiser  Friedrich  II.  dieselbe  Kirche  von  Schardes  ,)Cum 
dote  et  mancipiis  utriusque  sexus'-'  dem  Kloster  Steingaden  in 
Gegenwart  des  Bischofs  Friedrich  von  Trient  und  Bertolds  des 
EnKtSbUen  von  ßrixen  u.  a.  m.  geschenkt  wurde.  (Mon.Boic.  VJ. 
S,ti08.)^  so  führt  dless  zur  Vermulhung,  dass  der  d.  Orden 
selbe  obigem  Stifte  überlassen  oder  gegen  Anderes  ver- 
laoscht  habe. 


—    12    — 

geschenkt  iiabe,  vor  ergangenem  Sprache  seiner  AbseHang, 
ihnen  diese  Vergabung  besUftigl.  filrcAte  St.  Zenoberg.^  • 
Leider  war  des  deutschen  Ordens  Hospitals  zu  Boxen 
Lage  an  der  Eisack->BrOcke  nicht  die  glttcklichste;  theils  weil 
es  angefochten  ward  von  den  oberhalb  desselben  auf  dem  Virgl- 
berg  hausenden  stolzen  Rittern  von  Weineck ,  theils  auch  weil 
von  Seite  des  nahen  Bisacks  manchen  Gefahren  ausgesetzt. 
Und  wirklich  (wie  uns  wenigstens  alte  Chroniken  berichten) 
wurde  es  schon  nach  kaum  sechszdinjäbrigem  Bestände  von 
den  über  die  Ufer  ausgetretenen  Fluthen  des  wttthenden  Eisack- 
Stromes  im  Jahre  1218  hart  mitgenommen,  wenn  nicht  gar  zer- 
stört. —  Doch  dadurch  Hessen  sich  die  Ordensbrflder  nieht 
beirren,  sondern  suchten  das  Zerstörte  so  viel  möglich  bald 
wieder  herzustellen  und  wurden  darin  durch  neue  Schenkungen 
unterstützt.  Am  21.  December  1219  zu  Ulm  schenkt  Kaiser 
Friedrich  II.  in  Beisein  des  Bischofs  Albert  von  Trient,  des 
Bischofs  Bertold  von  Brixen,  Ruperts  von  Halliz,  Alberts  Grafen 
von  Tirol,  Ulrichs  Grafen  von  Eppan,  Hugo's  von  Tuvirs, 
Alberts  und  Bertolds  der  Gebrüder  von  Wanga,  Swicgers  von 
Richenberc,  Otto*s,  Swicgers  und  Hiltipold's  von  Hontealban, 
Berchtolds  und  Engelmars  der  Taranten,  der  Brüder  Albert 
und  Marquard  von  Meaigis  (Hais)  und  Bertungs  von  Heaigis 
dem  deutschen  Orden  die  St.  Leonhards  Kirche  in  Passeir  zu 
ewigem  Besitz  und  setzt  auf  Beirrung  in  demselben  die  Pön 
von  100  Hark  Goldes.  0.  A.  «j.  —  Durch  Bulle,  dat.  Viterbo 


*)  Hr.  v.  Hormair  iu  seiner  goldenen  Chronik  von  Schwangau  in 
der  Urkundeubeigabe  S.  7.  fuhrt  diese  Urkunde  mit  maochen 
willkQrlicfaen  Veränderungen  und  mit:  Datum  apod  Celina  IV. 
Kalend.  Januarü  Indictione  VII.  anno  ab  incarnatione  domini 
HCCXIX.  an ,  während  es  in  der  mir  vorliegenden  Urkunde, 
an  der  an  einer  lichtrot|)en  Schnur  das  gewöhnliche  grosse 
Majestätssiegel  hängt,  lautet:  Datum  apud  vlmam.  xij.  Kai. 
ianuarii.  Indictione  viij.  Anno  ab  incarnatione  dni  HCCXIX. 
—  Da  nun  Hormair  selbst  bemerkt,  dass  Kaiser  Friedrich  bald 
nach  der  römischen  mit  dem  1.  Jänner  beginnenden  Indiction, 
bald  aber  nach  der  kaiserlichen,  die  mit  dem  24.  September 
anfängt,  datirte,  so  dürfte  bei  dieser  Urkunde  wohl  das  Letztere 


-    13    - 

19.  Nov.  1257,  besttttigle  Papst  Alexander  IV.  dem  deutschen 
Orden  diese  Scbenkong  des  Palronatsrechles  der  St.  Leonhards- 
Kirche  in  Passir,  da  diese  Schenhung  von  Kaiser  Friedrich  vor 
ausgesprochener  Absetzung  desselben  geschehen  sei.  0.  A. 

Bald  darauf  erhielten  die  Dentschordens-Brüder  zu  Bozen 
ene  Erweiterung  ihres  Wirkungskreises.  Schon  ums  Jahr  1211 
halte  die  thfttige  Nächstenliebe  nach  der  sehOnen  Sitte  damaliger 
Zeil  zu  Lengmoos  auf  dem  Rittncl^berge  zum  Besten  der  armen 
Wanderer  ein  Hospital  zu  Ehren  der  glorreichen  Gottesmutter 
und  des  hl.  Johann  Ev.  begrOndet  und  zu  bauen  angefangen 
und  dienende  Brttder  dorthin  versetzt;  der  fromme  und  alles 
Sole  eifrig  f&rdemde  Bischof  von  Trient ,  Fridrich ,  schenkte 
am  9.  Jinner  1211  mit  Zustimmung  des  Grafen  Adelpret  von 
Tirol  znr  Förderung  dieses  vrohlthätigen  Institutes  zu  seinem 
und  seiner  Nachfolger  Sedenheil  und  insbesondere  zur  Erquickung 
der  Armen,  weldie  über  den  Riltnerberg  reisen,  demselben 
Hospitale  die  Pfarre  Ritten,  nämlich  die  Kirche  St*  Lucia 
samml  allen  dazu  gehörigen  Einkünften,  Zehenten  und  Rechten; 
jedoch  unbeschadet  der  Rechte  des  Priesters  Peregrin,  so  lange 
er  lebt,  so  dass  von  nun  an  besagtes  Hos|Mtal  die  Mutter 
besagter  Pfarre  sein  solle;  zugleich  setzte  er  fest:  das  Spital 
sammt  seinen  Einkünften  soll  gefreit  und  keiner  andern  Kirche 
oder  Person  unterworfen  sein,  und  nur  als  Zdchen  seiner  Unter- 
wfirfigkelt  jahrlich  am  Sr.  Vigili-Tage  ein  Pfund  Weihrauch 
an   die   Domkirche  zu  Trient  entrichten;   die  Vogte!  darüber 


der  Fall  sein  und  somit  die  iadictio  VID  auf  das  Jahr  1219 
hindeuten,  wodurch  auch  die  Bedenkt ichkeit ,  wie  Albert  von 
Rafenstain,  der  Begleiter  des  auf  seiner  Pilgerfahrt  ins  hl.  Land 
am  6.  November  1218  zu  Akkon  gestorbenen  Bischofs  von 
Trient,  Friedrich  von  Wanga,  schon  am  20.  December  als 
dessen  Nachfolger  auf  dem  Stuhle  des  hl.  Vigilius  beim  Kaiser 
in  Ulm  sein  konnte,  gehoben  wird.  Hormair  selbst  bekennt, 
dass  er  diese  Urkunde  nur  aus  drei  Copialbücbern  und  nicht 
aus  der  Original-Urkunde  entnommen,  —  und  so  dürfte  v  sich 
der  geschätzte  Verfasser  der  trefnichen  ,,Regesta  Imperii^,  Hr. 
Böhmer,  nach  Verificirung  des  Orts  und  Datums  dieser  Urkunde 
leichter  mit  derselben  befreunden  können. 


.—     14    — 

steht  dem  Bischöfe  zu ;  jedoch  darf  er  weder  das  Hospital  oder 
die  Vogtei  darüber  Jemanden  für  immer  verleihen  oder  sonst 
auf  irgend  eine  Weise  verwässern  noch  auch  etwas  von  den 
Einkünften  des  Hospitals  oder  der  Pfarre  zu  seinem  Nutzen  ver- 
wenden, sondern  selbe  sollen  zur  Ernährung  und  Nutzen  der 
Armen  verbleiben.  Einem  jeweiligen  Bischöfe  von  Trient  siehe 
das  Recht  zu,  einem  ordentlich  lebenden  Priester  das  Hospital 
anzuvertrauen,  aber  nicht  zu  geben,  und  so  lange  derselbe 
ordentlich  lebt,  darf  er  ihn  nicht  entfernen ,  es  sei  denn ,  dass 
es  die  Mitbrüder  den  HospitaUi  verlangen;  hingegen  efaien 
unwürdig  lebenden  Priester  oder  Bruder  kann  der  Bischof  von 
dort  entfernen.  Uebrigens  soll  das  Hospital  sowohl  in  zeitlicher 
als  geistlicher  Rücksicht  dem  Bischöfe  unterworfen  sein.  — 
Hierauf  schenkten  gleichzeitig  Hr.  Wilhelm  von  Veltums  und 
sein  gleichnamiger  Sohn  durch  die  Hände  des  Grafen  Adelpret 
von  Tirol  dem  erwähnten  Hospitale  und  den  dort  dienenden 
Brüdern  und  Congregation  3  Höfe,  zu  Perinberg,  zu  Puach- 
bach  und  in  Finsterbach  auf  dem  Ritten,  ferner  einen  Hof  in 
Barbian ,  brixnerisches  Lehen ,  einen  Hof  in  Wippthal  und  das 
Ertrügniss  von  40  Schott  Käse  vom  Berge  Favazet.  Sollte 
der  Bischof  von  Brtxen  die  Schenkung  des  Hofes  in  Barbian 
nicht  bestätigen  wollen,  so  versprechen  die  Geschenkgeber  dafür 
ein  Gut  von  gleichem  Werthe  aus  ihrem  Allode  dazu  herzu- 
geben, und  was  an  diesen  Geschenken  etwa  Lehen  des  Grafen 
von  Tirol  ist,  erklärt  dieser  Letztere  ebenfalls  als  dem  Hospitale 
geschenkt.  —  Geschehen  in  der  Cathedrale  zu  Trient  in  Gegen- 
wart von  9  Domherren  und  des  Grafen  Ulrich  von  Eppan, 
Adelpers  und  Bertolds  von  Wanga,  Bertolds  Tarant,  Adalprets 
des  Schultheisen  von  Balzano  (Bozen)  und  Hrn.  Conrads  von 
Balzano  u.  a.  m.  QCod,  Wang.  N.  94.)  —  Durch  zwei  andere 
Urkunden  dat.  7.  Sept.  1214  und  15.  Oct.  1214  bestätiget 
der  nämliche  Bischof  Friedrich  von  Trient  mit  Einwilligung  des 
Capitels  obige  Befreiung  und  erklärt  besagtes  Hospital  frei 
von  jedem  Abhängigkelts-  und  Dienstbarkeits-Verhältniss,  sowie 
von  jeder  Abgabe   und  Bedienstung;   kein  Bischof,  Ritter  oder 


—     15    — 

sonst  Jemand  soll  es  wagen,  diesen  Ort  auf  irgend  eine  Weise 
la  beschädigen;    Niemanden   soll   das  Kloster  und  der  ganze 
Orl   ttnt^gestellt  sein   als   der  Kirche  und   dem  Bischöfe  von 
Trienl  gegen  jährliche  Entrichtung  von   1   Pfund  Weihrauch. 
Kein  Bischof  soll  das  Recht  haben,   besagten  Ort  oder  dessen 
Gfiter  lu  veränssem  oder  zu  Lehen  zu  geben.    QCod.  Wang. 
y.  199  u.  124,^  —  Wahrscheinlich  um  selbes  in  seiner  Un- 
abhäDgigkeit    und    in   seinen   Rechten    zu    festigen,    ersuchte 
Bischof  Fridrich  von  Trient  den   Bischof  Conrad  von  Brixen 
auf  dem  Öffentlichen  Placitum,  welches  derselbe  im  Jahre  1215 
am  Fttsse  des  Rittnerberges  feierte,   die  obenerwähnten  Wohl- 
thäter  des  Hospitals,  den  Ritter  Wilhelm  von  Velturns,  brixneri- 
schen  Hinisterial,  und  dessen  Sohn  gleichen  Namens  zu  fragen: 
was  für  Rechte  er  auf  das  Hospital  auf  der  Höhe  des  Rittner- 
Gebirges,   weiches  vor  Kurzem  am  Orte  Zukemantel  begonnen 
worden,  hätte  and  beanspruche?   Ersterer  erklärte,  dass  weder 
er  noch  seine  Erben  irgend  einen  Rechtsanspruch  darauf  hätten 
noch  erheben  wollten,  falls  er  auch  einen  darauf  hätte,  so  ver- 
zichte er  darauf.  —   Diese  seine  Verzichtung  erneuerte  er  am 
Grflndonnerstage  1215  zu  Brixen  vor  den  Bischöfen  von  Brixen 
und  Trient  und  vielen  Andern.  —  Alles  dieses  beurkundet  am 
15.  April  1215  der  Bischof  von  Brixen  In  Gegenwart  mehrerer 
Domherren,    des  Propstes   Ulrich   von  Neustift,    Conrads   des 
Propstes  in  der  Au,   Fridrichs  des  Propstes  von  Oehringen, 
Adelprets  Grafen  von  Tirol,  der  Brüder  Albero  und  Bertold  .von 
Wanga,  Hogo's  von  Tufers,  Eberhards  von  Garinstain,   Otto's 
von  Farmian,  Gotschalk's  und  Wigand's  von  Wineck  u.  a.  m. 
CCod.  Wang.  N.  198  J 

Wie  uns  Harx  Sittich  von  Wolkenstein,  14.  Buch  und 
Brandis,  Geschichte  der  Landeshauptleute  S.  120  berichten, 
wurde  am  13.  Juni  1225  die  neuerbaute  Kirche  zu  Lengmoos 
vom  Bischöfe  Gebhard  von  Trient  eingeweiht.  —  Damals  lebte 
daselbst,  virie  uns  wenigstens  die  alten  Chroniken  berichten, 
ein  kinderloser  Ritter,  der  letzte  seines  Stammes,  Wemher  oder 
Bemard  von  Lengenmoose;    dieser  schenkte'  ums  Jahr  1220 


-     16    — 

alle  seine  Güter  den  deatscken  Hause  su  Bozen  und  trat  selbst 
in  den  Orden,  und  diess  war  die  Veranlassung,  dass  das  zweite 
Ordenshaus  in  Tirol,   nämlich  zu  Lengmoos  gegründet  wurde, 
und  wahrscheinlich  (aus  Abgang  an  Urkunden  lässt  sich  freilksh 
nicht  bestimmen:   wann  und  durch  wen,   ausser  allem  Zweifel 
durch  einen  Bischof  von  Trient)   bald  darauf  wurde  das   vor 
kurzem  daselbst  errichtete  Spital   mit  dem   deutschen  Hause, 
das  ja  gleiche  Zwecke  halte ,  vereinigt.    —   Obiger   Wemher 
findet  sich  als  Spitalmeister  von  Lengmoos  schon  in  einer  Ur- 
kunde vom  2.  August  1227 ,   vermöge  welcher  auf  der  Wiese 
Schrempach   in  Gegenwart  des   Grafen  von  Tirol,   Reimberts 
Gero,   des  Ritters  Fridrich   von  Sunnburch,   Otto's  von  Hetz, 
Walters  Pake,   des  Ritlers   Lupoid ,    des  Ritters   Albert  von 
Lajan  und  dessen  Sohnes  Meinhard,  Richters  zu  Cuvedun  und 
dessen  andern  Sohns  Heinrich  stabularius  —  die  Herren  Ge- 
brüder Rubert,  Hartwic,  Fridrich  und  Heinrich  von  Castelrut 
allen  ihren  Ansprüchen  auf  den  Stangehof  zn  Yillanders ,  wel- 
chen Hr.  Wemher,  Hospitalar  zu  Lengenmoos  von  dem  Propste 
zu  Wiltau   gegen  den  Riedhof  zu  Riede  im  Wibetal  einge- 
tauscht hatte,  entsagen.  0.  A.   —   Ebenso  kommt  dieser  Herr 
Werinh^,  Hospitalar  von  Lengenmoos,  mit  Andern  als  Zeuge 
vor,  als  am  22.  Februar  1234  Frau  Jula  Zöbelin  der  Collegiat- 
Kirche  zuBrixen  eine  Baustätte  schenkt.  CSinachlV.B.S.aSjiJ 
Dem  neuentstandenen  Deutschordenshause  zu  Lengmoos  wohU 
thätig  erwies  sich  um  diese  Zeit  Graf  Albert  von  Tirol,  indem 
er  1232  demselben  jährlich  12  Fuder  Salz  aus  seiner  Saline  zu 
Thaur  vergabte.   C^ormair,  last,  »tat.  ArcMv,  1.  B.  S.  980  J 
Neue    Vergabungen    waren    unterdessen     dem    deutschen 
Orden  in  Tirol  zu  Theil  geworden.    In  seinem  Testamente  vom 
14.  August  1228  zu  Trient  vermachte  Hr.  Peter  von  Halnsco 
seinen  Palast  zu  Trient  dem  deutschen  Orden,   den  Johannitern 
und   den  Tempelrittern,   jedem  davon  ein  Drittheil.    CCollect. 
SperggJ  —  Die  Entstehung  des  neuen  Hauses  zu  Lengmoos  war 
wahrscheinlich  die  Veranlassung,  das  Mutterhaus  zu  Bozen  zur 
Comturei  zu  erheben;   wir  finden  diese  Benennung  zueivt   im 


—    17    — 

J.  1236  IQ  einem  pfipsllichen  Sckreibeo«  Der  Bischof  Genifd 
foo  Trieot  (regierte  von  1223—1233),  wie  seine  Vorfahren 
dem  deatschen  Orden  gewogen,  halte  ihrem  Hause  zu  Bozen 
den  Gonele-  (jetzt  Zonier>Hof  auf  dem  Ritten  mit  Zustim- 
mang  seines  Capitels  geschenkt;  durch  Erlass  dat.  Viterbo  am 
16.  Jtaner  1236  sehreibt  nun  Papst  Gregor  IX.  seinen  gelieb- 
ten Söhnen dem  Camiur  (pi-aeeeptori)   und   den  Brfldem 

des  devtschen  Hauses  zu  Bozen,  dass  er  auf  ihr  Ansuchen  diese 
Tom  Bisehof  Oerard  sdtgen  gemachte  Vergabung  bestätige.  0.  A. 
—  Dem  Beispiele  seines  Vorgängers  Gerard  folgte  sein  Nach- 
folger, Bischof  Alderich  von  Trient,  indem  er  am  16.  Mfirz 
1234  der  Marienkirche  und  dem  Hospitale  an  der  Elsackbrttcke, 
welches  ein  Haus  des  deutschen  Ordens  ist,  ein  Gut  bei  dem 
Kofel  Qttterhalb  Furmigar,  wekhes  3  Pfund  Bemer  zinst,  schenkt; 
diese  Schenkung  ist  gerichtet  an  Hrn.  Fridrich,  Hospitalar  und 
IVovJsor  besagten  Hauses.  Zeugen:  der  Domdeean  Ulrich, 
Ulrich  der  Scolaslicus  und  Domherr,  Hr.  Eremann  von  Campo 
md  Hr.  Emestoo  von  Bauzano  (Bozen).  0.  A. 

Nicht  minder  gflostig  als  sein  Amtsbruder  zu  Trient  zeigte 
steh  Bischof  Uehirich  von  Brixen  gegen  die  deutschen  Ordens- 
bruder, indem  er  am  8.  August  1234  auf  Bitte  seines  Capitels 
dem  Hospitale  der  Gottesmutter  Maria  und  des  hl.  Johannes  Bv. 
zu  Bozen ,  welches  dem  deutschen  Orden  gehört ,  zur  Ehre 
Gottes  sowie  zur  Unterstützung  des  hl.  Landes  und  Erquickung 
der  Armen  einen  Hof  in  Dorian  (Terian),  welchen  bisher 
die  GdMüder  Dietrich  und  Ulrich  von  Serentin  lehensweise 
inne  gehabt  und  nun  ihm  aufgesendet,  vergabt.  Zeugen  dessen: 
Wiatker  der  Dompropst  von  Brixen,  Heinrich  der  Domdeean 
aad  die  Domherren  Wilhelm  und  Heinrieh  von  -Niwenburch, 
Berloid  von  Azinch,  Conrad  sein  Bruder,  Hr.  Sifrid  der  Hospi- 
täler, Hr.  Tridentin,  Spitalmeister  von  Claasen;  die  Herren: 
Wemher  von  Schenkenberg,  Wilhelm  und  Heinrich,  Gebrüder 
von  Aicha ,  Robert  von  Velsecke  und  Otto  albus  von  Vels- 
aeke.  O.A.  - 

WAhreiid   so   die  Besitzungen  des  deutschen  Ordens   im 


l 


—    18    — 

Etochlande  «llmälig  sich  mehrten,  erhfelt  er  siifleich  Gelegen« 
heit,  im  Yinschgaae  ein  neues  Haus  zu  gründeii;  ieoB  ii  Anr- 
betraebt  der  wahren  Ergebenheit  und  der  anverfäischteo  Treue 
sowie  auch  der  ansehnlichen  und  merkwürdigen  Dienste,  welche 
der  ehrwürdige  Bruder  Hermann,  Heister  des  deutschen  Ordens 
U.  L.  Fra«  zu  Jerusalem  ihm  erwiesen,  schenkt  Kaiser  Frtd- 
rieh  II.  im  November  1235  zu  Augsburg  zur  Steuer  des  heil. 
Landes  und  Speisung  der  Armen  dem  deutsehen  Ordea  die 
Kirche  zu  Schlanders,  im  Curer  Bisthtt«  sammt  allen  ihren 
Gerechtigkeiten  und  Einkommen  zum  Eigenthum  und  verbietet 
die  deutschen  Brüder  in  deren  Besitz  zu  beirren  unter  Strafe 
von  20  Pfund  Goldes;  zur  Hälfte  dem  kaiserl.  Fiscus  und  zur 
Hflifte  den  deutschen  Brüdern  ftfllig.  ]>ess  sind  Zeugen:  Theo^ 
derieh,  Erzbischof  von  Trier ,  Eberhard,  Ersbiscbof  von  Sais^ 
bürg,  Egbert,  Bischof  von  Bamberg,  Heinrich,  Bischof  von 
Costnitz,  Rudiger,  Bischof  von  Passau  und  Conrad,  Bischof 
▼on  Freising;  ferner  Otto  Pfolzgraf  am  Rhein  und  Fürst  in 
Baieni,  Albert  von  Sachsen,  Bernhart  von  Kumten,  Eteinrich 
von  Saine ,  Hartmann  von  Diliingen,  Graf  Fridrieh  von  Truche- 
ningen,  Golfrid  und  Conrad  von  Hohenlohe,  Grafen  des  Reiches^ 
Wolfart  von  Cruthaim  u.  a.  m.  (Marx  SUüeh  v.  Walket^ 
stein^  18.  Buch.)  —  Am  20.  November  1257  bestfittglt 
Papst  Alexander  IV.  zu  Yiterbo  dem  Comtur  und  den  Brfldera 
des  Hospitals  zu  Bozen  und  Lengmoos  auf  ihre  VorsteUnng 
dieses  Patronatsrecht  der  Pfarre,  welches  ikom  Kaiser  Frid- 
rieh II* ,  weil  ihm  gehörig,  vor  ausgesprochenem  Urtheile  seiiMr 
Absetzung  geschenkt.    0.  A. 

Bei  der  Bestimmung,  welche  im  Jahre  1239  zu  Bozen 
gemacht  wurde  in  Beireff  der  Frage,  welche  Partheiea  zum 
Baue  und  Wiederherstellung  der  Eisackbrücke  beizutragen  hüten, 
ward  unter  anderm  entschieden:  sowohl  die  Ensbüume  ab 
Grondbüume,  die  Dielen,  Pomwerch,  Bllune,  Reisbündel  und. 
andere  Erfordernisse  zur  Brücke,  was  immer  vom  Baue  erübrigt, 
sollen  jenseits  der  Brücke  in  jenes  Haus  der  Eisackbrücke, 
welches  sammt  einem  dazu  gehörigen  Garten  den  Brfideiii  des 


—    19    — 

deatocheD  Halues  gehM  and  ««f  der  andern  Stile  dea  alte« 
SiaaekaiiMles  lie^,  hioterkft  werden.  C^ormair^  Mst  krU. 
BeUrUge,  S.  #^9).  —  Im  Februar  1240  ericanrie  Pridrieh, 
CkNDlar  des  deotachen  Haoaes  bei  Boaen  von  Hra.  Sigfrid, 
Verweeer  des  SpMs  zo  Brixen,  eineD  demselbeo  zagehOngen 
aber  mfriH^ibaren  Wlesengraad  fOr  26  Pfund  Hemer,  wofür 
letzteres  den  fhm  von  weiland  Herrn  Rekibert  Charsinan 
g^esebeakten  Zehenl  zu  Rirenal  einlasen  will.  O«  A.  —  Dass 
im  Terlanfe  der  Jahre  sohoa  manche  Jener  im  Jahre  1202  bei 
der  (Stiftung  des  deutsche»  Hauses  sa  Bozen  gemachten  Be* 
sehrtnkwigen  weggefallen  sek  mochten,  erhdit  deutlieh  daraus, 
dass  wthrenddem  dasselbe  das  ihm  anfangs  verweigerte  Recht, 
einen  eigenen  Friedhof  bei  seiner  Kirche  zu  haben,  erlangt 
halte;  wie  aus  einer  Urkunde  vom  Jahre  1243  hervorgebt,  ver- 
BM>ge  welcher  «m  letzten  Juni  dieses  Jahres  im  Friedhofe  der 
Kirche  des  St  Johannes^HospKals  jenseits  der  EisacfcbrOeke 
im  Benrke  Bozen  die  Brttder  Otto  Faffus  und  Gancius  von 
Fimnian  Ihre  Gttter  unter  sich  thellen.  CBoneUi^  Tom,  HL 
S.  244J.  —  Am  27.  April  1243  erkaufte  Fr.  Fridrich,  Com- 
lar  des  Hospitals  zu  Lengmooe,  um  170  Pf.  Bemer  als  freies 
Sigentbam  einen  Hof  zu  Puechbaeh  auf  dem  Ritten  von  den 
Brädem  Hugo  und  Ulrich,  S^rtmen  Herrn  Wilhelms  von  Yeltama 
^nd  deren  anderm  Bruder  Hrn.  Arnold  von  Trostberg;  das 
geschah  im  Schlosse  Stein  auf  dem  Ritten.  0.  A. 

Unterdessen  war  der  Grund  gelegt  worden,  auf  dem  sieh 
alhniKg  ein  neues  deutsches  Haus  erhob  und  später  die  Com- 
inrei  Sterzhig  hervorging.  Ehi  in  der  Urkunde  nicht  genannter 
Pfarrer  von  Sterzing,  wahrscheinlich  jener  im  Jahre  1233 
CHomudr^  OmcK  Tir.  IL  S.  M2J  erwähnte  Pfarrer  Hart- 
mann, hatte  mehrere  Gilter  im  Wlbetal  und  besonders  den  Hof 
zn  Thom  behufe  der  Errichtung  eines  Hospitals  geschenkt,  und 
bald  ging  sein  frommer  Wunsch  in  Erftillnng;  bereits  Im  Jahre 
1235  beslStlgte  Papst  Gregor  IX.  durch  Bulle,  gegeben  am 
Lateran  am  13.  April  dem  Meister  und  den  Brüdern  des  Hospi- 
lab  zur  U.  Maria  hn  VTIbelal   4ie  obeaerwühnte  Schenkung 

2» 


—    20    — 

and  nimmt  sie  sammt  dem  Hospilale  und  den  GOtern  in  seinen 
SchuU.  0.  A.  <—  Wir  wagen  es  nicht  bestimmt  zu  entscheiden, 
ob  dieser  Magister  und  die  BrQder  dieses  Marien-Hospitals  sn 
Stersingen  wirklich  dem  dentschen  oder  einem  andern  Orden 
angehört  haben:  da  sie  in  der  Urkunde  selbst  nicht  deutlich 
als  solche  beieichnet  sind;  jedoch  die  Urkunde,  die  wir  nun 
anzufahren  haben^  scheint  letztere  Annahme  au  begtinstigen.  — 
Am  4.  December  i252  zu  Perugia  bestätiget  Papst  Innocenz  IV. 
dem  Rector  und  den  Brttdem  des  Hospitab  zur  heiligsten  Drei- 
bWgkelt  und  zur  Gottesmutter  Maria  zu  Sterzing  das*  Hospttd 
selbst  sammt  allen  seinen  Besitzungen  und  stellt  selbes  unter 
papstliehen  Schutz,  und  setzt  fest,  dass  die  eanonischa  Ord- 
nung, welehe  daselbst  nach  der  Regel  des  hl.  Angustin  dn- 
gefahrt  ist,  unTerbrOchlich  gehalten  werde.  —  Er  nimmt  in 
seinen  Schutz  ihre  Kirche  und  das  Hospital  selbst  nebst  den 
davon  abhangigen  Capellen  sammt  Zehenten,  Besitzungen  und 
was  immer  dazu  gehört,  femer  dessen  Besitzungen  zu  Kersbon, 
Pardona,  Gander  und  Seyten,  sowie  alle  ihre  Besitzungen  jenseits 
des  Thurmes  von  Murit,  ihre  Güter  am  Wege  Juventhal  und 
den  Stein  Juventhal  selbst;  ihre  Besitzungen  im  Dorfe  Sterzing, 
die  zu  Tuns,  die  Wiese  zu  Arcel  und  die  Gater  zu  Hamach, 
sammt  Wiesen,  Weingütern,  Aeckem,  Waldungen,  Nutzungs-> 
rechten  in  Wäldern  und  in  der  Ebene,  Gewissem,  Mahlen, 
Wegen  und  Stegen,  Freiheiten  und  Immunitäten.  —  Ton  ihren 
Neubrttchen,  die  sie  entweder  mit  eigenen  Händen  bearbeiten 
oder  auf  ihre  Kosten  bearbeiten  lassen ,  und  die  bisher  keinen 
Zehent  bezahlt,  soll  niemand  emen  solchen  fordern  darfen, 
ebenso  auch  nicht  de  nutrimentis  animalium  eorum.  —  Cleriker 
und  Laien ,  welche  Freie  oder  Freigelassene  sind ,  und  der 
Welt  entsagen  wollen,  in  den  Orden  aufzunehmen  steht  ihnen, 
ohne  dass  Jemand  dagegen  Einsprache  erheben  dürfe,  frei. 
Ordensglieder,  welche  einmal  die  Gelübde  abgelegt,  dürfen  ohne 
Erlaubniss  des  Rectors  nicht  mehr  austreten,  ausgenommen  sie 
treten  in  einen  strengem  Orden  über;  Ausgetretene  darf  niemand 
ohne  Vorweis   der   päpstlichen  Erlaubniss  aufnehmen«  —  Im 


r 


—    21    — 

ADe  eioes  auf  dem  ganzen  Lande  lastenden  InKerdietea  dflrfea 
die  Brflder,  wenn  nicht  etwa  sie  seibat  die  Veranlassoag  des 
hlerdicts  gewesen,  bei  Terscblossenen  Tlitiren  und  obne  Glocken- 
gdMe  stillen  Gottesdienst  halten,  Jedoch  mit  Entfernung  der 
Kzoommanieirten  und  im  Banne  BeSndlichen.  —  Die  Weihe  des 
Cnsmä,  des  hl.  Oehles,  der  Altiire  und  Kirche  sowie  ihrer 
Cleriker  sollen  sie  von  dem  Di^k^ao-Bischofe  Yomehmen  lassen, 
wenn  er  anders  katholisch  ist  und  in  Gemeinschaft  mit  dem 
römiacfaeQ  Stuhle  steht.  —  Ohne  Erianbniss  des  DiOcesan-o 
Bischofes  und  der  BrOder  darf  niemand  innerhalb  ihres  Pfarr- 
Districtes  neue  Capellen  oder  Oratorien  erbauen,  jedoch  oube» 
sehadet  der  pftpstlichen  Privilegien.  —  Zugleich  yerbietet  der 
Papst  den  Brzbischi^n,  Bischöfen,  Archidiaconen,  sowie  über- 
hanpt  allen  Personen  geistlichen  und  weltlichen  Standes  an  die 
Brfider  neue  und  uageziemeDde  Forderungen  zu  stellen.  — 
Mit  Ausschluss  solcher,  welche  dem  Interdicte  oder  dem  Banne 
Bolerliegen,  sowie  der  öffentlichen  Wucherer  soll  das  Hospital 
ftr  alle  freiem  Begräbniss  haben,  welche  dort  ihre  Buhestätte 
wfliden  wollten;  {edoch  unbeschadet  des  Rechtes  jener  Kirche, 
aaa  deren  Bezirk  sie  hieher  gebracht  werden.  —  Zeheote  und 
Besllsmigen,  welche  den  Kircfaoi  des  Hospitals  rechtlich  zu- 
sted»,  aber  in  IBbiden  von  Laien  sich  beBoden,  abzulösen  und 
rechtaiissig  aus  deren  Händen  den  Kirchen,  denen  sie  zuge« 
hören,  wieder  zuzuführen,  steht  frei  in  päpstlicher  Vollmacht. 
Stirbt  ein  jeweiliger  Rector  des  Hospitals,  so  soll  Keiner  durch 
ErecUeichang  oder  gewaltsames  Eindrängen  dessen  Amt  erifuw 
gen^  sondern  nur  der,  welchen  der  grössere  und  vernünftigere 
Theil  der  BrOder  erwählt.  —  Zur  Wahrung  des  Friedens  und 
der  Atthe  im  Hospitale  verbietet  der  Papst  strenge  innerhalb  der 
Cbumur  jegliche  Verflbung  von  Diebstahl,  Raub,  Feueranlegen, 
Blotvergiessen ,  Mord,  Gewaltthat  oder  freventliche  Gefangen- 
nehmong  emes  Menschen.  —  Zuletzt  bestätiget  er  den  Brüdern 
alle  Freiheiten  und  Befreiung  von  weltlichen  Abgaben,  welche 
Könige,  Ffifsten  oder  andere  Gläubige  ihnen  verliehen.  Jedoch 
ABes  unbeschadet  dem  päpstlichen  Aasehen  und  dem  canonischen 


—  »  — 

Rechte  des  Di<$C6MtoWseiK)fe8  tad  beiOglkii  der  crwähttte» 
Zehenten  der  Ermttssigiiflg  durch  ein  aUgemeiiiea  Condl.  0.  A. 
Der  gaoze  Inkalt  dieser  Urkunde  und  besonders  der  im  deiilschett 
Orden  nicht  gebräuchliche  Ausdruck:  Rector  scheint  aniudeoieii, 
dass  die  Leitung  dieses  Hosptlals  niohi  dem  deulsdien  Orden, 
sondern  vielmehr  jener  nach  der  Regel  des  hl.  August«  lebenden 
Brttderschaft  anvertraut  war,  weklie  auch  die  Hospittier  su 
St.  Maria  di  Canfiglio  in  Jndicdrien  und  St.  Tbemias  und 
Bartolomäus  im  Nonsberge  verwalteten. 

Mittlerweile  war  ein  Ereigniss  eingetreten,  welches  dessen 
Umwandlung  in  eine  Deutschordens -Cororoende  vorbereitete. 
Es  war  nfimlich  unterdessen  zu  Stersing  ein  iWeÜes  Hospita^ 
zum  hl.  Geisie  entstanden;  denn  am  9.  Juni  l^i  begründete 
der  edle  Mann  Hugo  von  Taufers  nnd  dessen  Gemahlin,  die 
edle  Grfifin  Alhaid  (wahrscheinHeh  eine  Grftfin  ron  Eppan  ^  zu 
Ehren  des  hl.  Geistes  ein  Hospital  neben  der  Harienpftirrkirche 
bd  Sterzing  zur  liebevollen  Aufnahme  mid  Yerpflegnng  der 
Armen.  Zorn  Beginne  desselben  versprechen  sie  fOO  Mark 
Silber  oder  an  deren  statt  10  Mark  SHber  Jährlicher  GttterzSnse 
zn  geben,  und  dafür  stellen  sich  In  die  Hunde  Egno's  d^s 
erwählten  Bischoft  von  Brixen  7  Bflrgen ,  nemlrch  die  Herren : 
Ottacher  von  Tanvers,  Berthoid  Phiffiele  von  ütehhaim,  Cunrad 
von  Pfalzen,  Cnnrad  von  Utenhaim,  Albert  Zant,  HetartcA  von 
SIeuning  und  Peter  von  Velseck  unter  Einlagerungspificht ,  so 
dass,  wenn  die  Stifter  innerhalb  eines  Jahres  voit  fctfaifUgen 
Martini  angefangen  die  benannte  Summe  dem  Propste  nnd  dem 
Decane  von  Brixen  und  dem  Pt'opste  von  Ifeusttft  nicht  erlegen, 
besagte  Bflrgen  gehalten  seien,  in  die  Stadt  Brixen  steh  tu 
begeben  und  von  dort  sich  nicht  zu  entfernen ,  bis  dfe  ganze 
Summe  erlegt  ist.  —  Zur  Forderung  dieses  guten  Werkes  der 


*)  Oihhardi,  JIL  S.  8.  Si^  nennt  sie  eine  GWrfhi  von  Hivsebberg 
und  l&sst  sie  in  zweiter  Ehe  mit  Ludewig,  Graf  von  OetUngen 
verheiratet  sein,  ganz  gegen  den  Inhalt  der  nachfolgenden  Ur- 
kunden; ebenso  hfilt  sie  auch  Hr.  Canonicus  v.  Mairhofen  für 
eine  GrAfln  von  Hirschberg. 


-    28    — 

«hnsfficiien  Liebe  schenkt  auch  der  eriauchte  Graf  Albert  von 
Tirol  aeinen  Hof  za  Aicba  bei  Tirol,  damit  in  dem  nen  gegrün* 
Aelen  Hospitale  die  dort  aofaiinebmeiiden  Annen  nnd  Wanderer 
Ms  genng 'haben,  am  sich  zu  erwürmen  «nd  hinlftngliches 
Stroh,  um  ansiumhea.  Weil  aber  besagter  Hof  seinem  HiDisterialen 
Cnand  Vuchselin  für  50  H.  B.  verpfändet  sei,  so  verspricht 
er  von  Weihnaehten  über  ein  Jahr  selben  zortickzuUtoen ;  dafttr 
stellt  er  als  Borgen  die  Henrea  Arnold  von  Rodank,  die  G^ 
brüder  Heinrich  nnd  Otto  von  Welfeperch,  Hartmann  den  Tarand 
and  Hemrieh  von  Matherei,  ebenfalls  mit  Einlageningsverpllich- 
tong;  jedoch  soll  dem  Grafen  Albert  das  Recht  zustehen,  den 
Hof  zo  Aicha  dem  Hospitale  durch  Anvreisong  von  jährlichen 
10  M.  B.  Zinsen  lAzaldsen.  —  Zur  Ycrvollkomronong  dieser 
StiHaag  schenkt  noch  Egno,  erwählter  Bischof  von  Brixen  mit 
Zostimmang  seines  Capitels  uad  seiner  vonttglichem  Ministerialen 
dem  nengegründeten  Haspilale  die  Marienkirche  zu  Sterzing  uad 
zwar  nit  Befreiung  von  jenem  Zinse,  den  selbe  bisher  den 
Donhenren  von  Brixen  jährlieh  zu  leisten  schuldig  gewesen; 
jedoch  ifluner  einea»^  fewelligen  Didcesaa-Bischofe  seine  Rechte 
darfther  vorbehalten;  allein  keiner  derselben  soll  das  Recht 
habea^  daa  Hospital  durch  eine  Sehenfcong  zu  verttussem,  wohl 
aber  ist  er  befugt ,  einen  nntanglicheo ,  nachlässigen  oder  ver« 
sthwe&derisehen  Provisor  desselben  ab-  und  an  dessen  statt 
enen  tangUehem  dnzosetzen.  Zeugen  dessen  nebst  allen  Oben- 
erwähnten die  Domherren:  Heinrich  praepositus  major,  Ulrich 
von  Lazian,  Bertold  von  Esnike,  der  Arehidiacon  Wilhehn, 
Heinrich  Ton  Niwenberch,  Alb^t  und  Goitschalk  von  Aicha  und 
Cnnmd  von  Giiez;  dann  die  Hinisterfalen :  Wilhehn  von  Aicha, 
Wemher  von  Sehenfcenberch ,  Albert  von  Voitsperch,  Heinrieh 
von  ftixen ,  Ekehard  Gerro ,  Arndd  der  jttngere  von  Rodanch, 
Bertidd  Sehaffe;  femer  von  den  Mmisterialen  des  Grafen  von 
Twal :  Ettgeimar  Tarand,  Bertold  Trntsun,  Gunrad  Trutsun,  Ber- 
dang  von  Hayse,  Chuno  von  Lawlecke,  Otto  von  Ettinsloch^ 
Chono  von  Hathoai  und  noch  ein  Chuno,  Heinrich  von 
Friantsperch.  0.  A« 


—    24    — 

Bischof  Egno  bestimmte  auf  Bitten  der  beiden  edlen  Stifter 
am  23.  Nov.  1241  auch,  dass  die  an  diesem  Hospitale  dienen- 
den Brüder  und  Schwestern  nach  der  Regel  des  hl.  Aagustia 
leben  sollten;  auch  werde  er  ihnen  die  zu. tragende  Kleidang 
bestimmen  und  die  zu  beobachtenden  Satzungen  nach  weiser 
und  religiöser  Mftnner  Rath  in  einem  Satzungsbuche  zusaninen- 
schreiben  lassen.  C^inaeher,  IV.  S.  389  J  —  Die  Stifter  Hugo 
von  Taufers  und  seine  Gemahlin  die  Grftfin  Alheid,  nicht  zu-- 
frieden  mit  der  grossmüthigen  materielen  Gabe,  wollten  siek 
selbst  dem  Herrn  zum  Opfer  bringen,  legten  daher  bald  darauf 
ihre  weltlichen  Kleider  ab  und  traten  in  diese  religiöse  Genossen- 
schaft als  dienender  Bruder  und  Schwester  ein.  0.  A.  —  Doch 
nur  wenige  Jahre  noch  lebte  der  edle  Graf  Hugo  im  Dienste 
der  Armen  Christi;  bald  rief  ihn  der  Herr  heim^  um  den  Lohn 
seiner  guten  Werke  zu  empfangen.  —  Nach  seinem  Ableben 
fdrchtele  die  ihn  tiberlebende  Gattin,  die  Griifin  Alhaid,  — 
wie  sie  selbst  in  der  Urkunde  sich  ausdruckt  —  es  möchte 
nach  ihrem  Hinscheiden  dies  Werk  der  Liebe  durch  die  Macht 
einiger  Grossen  in  weltliche  Hände  kommen  zum  grossen  Scha- 
den der  Armen  und  Pilger ,  und  bat  daher  samrat  ihrem  Sohne 
Uhrich  den  Grafen  Hemhart  von  Görz  und  den  Grafen  GeMiard 
von  Hirschberg  das  von  ihr  gestiftete  Hospital  zw  Förderung 
desselben  und  zum  Nutzen  der  Armen  dem  deutschen  Orden 
übergeben  zu  dürfen,  wozu  diese  auch  zu  Sterzingen  an 
4.  October  1253  gerne  die  Einwilligung  gaben  (jmtAQ.  — 
Zufolge  dieser  ertheilten  Erlaubniss  übo-gab  nun  am  27.  No- 
vember 1254  die  Stifterin  Alhaid  auf  Bitte  des  Grafen  Gebhaid 
von  Hirschberg  ihres  Schutzherm  oder  Oheims  (pat^ni  steht  in 
der  Urkunde,  ohne  dass  man  recht  unterscheideu  könnte,  ob  es 
pntroni  oder  patrui  heissen  soll;  Hr.  Professor  B.  Dudik,  Sitzungs- 
Berichte  16.  B.  S.  316  liesst  patroni)  mit  Zustimmung  ihrer 
Ordensschwestern  Juta,  Alhaid  und  Maria  das  ganze  hl.  Geist- 
Spital  sammt  allen  dazu  gehörigen  Gfitem  und  Rechten  nebst 
ihren  eigenen  Personen  dem  Hause  und  Orden  der  deutschen 
Brüder,   unter  der  Bedingung,  dass   die  bereits  im  Hospitale 


r 


—    25    — 

tebenden  BTflder  rntd  Schwestoti  in  Kleidong,  Nahrung ,  Trank 
nnd  aDen  Andern  daselbst  nach  des  deutschen  Ordens   Regel 
leben  and  bleiben  sollen.    Dies  geschah  im  Beisein  Meinhards, 
Grafen  von  GOrz,  Hrn.  Ulrichs,  Edlen  von  Taufers,  des  Sohaa 
der  Stifterin,    Wilhdms,   Edlen  von  Cavriak,   Wilhelms  von 
Aichach,  Ulrichs  von  Reichenberg,  Rudolfs  Yon  Deweln,  Cun- 
rads  von  Utenhetm.   0.  A.  —  Jedoch  fand  diese  Vergabung 
Widersprach  von  einer  Seite  her,  von  der  man  sie  am  mindesten 
vennathet  hätte,   nimlicb  von  Seite   des  Bischofs  Bruno  von 
Brixen,  wahivchdnlich  wegen  der  mit  dem  hl.  Geistspitale  ver- 
bandeaen  Marienpfarrkirche,  wesswegen  Papst  Alexander  IV , 
als  er  dorch  Bulle  dat.  VIterbo  5.  November  1257  diese  Sehen- 
kong   an  den  deatsohen  Orden  bestätigte,  0.  A.    durch  eine 
gleici»eitig  eriasaene  Bulle  den  Abt  von  St.  Lorenz  bei  Trieat, 
sowie  den  Propst  au  Wiltau   und  den  Domdecan  von  Trient 
beauftragte,  dahin  zu  wirken,  dass  der  Bischof  von  Bnxen,  der 
den  Comtur  nnd  die  BrUder  von  Bozen  und  Lengmoos   in  dem 
ruhigen  Besitze  des  ihnen  geschenkten  Hospitals  zu  Sterzing 
beinre,  ihnen  denselben  gewfthre;   im   Weigerungsfalle  sollten 
»e  Ihn  selbst  dorch  päpstliche  Autorität   dazu  nOthigen,    0.  A. 
Aber  erst  6  Jahre  danwf,  nachdem  auch  noch  Papst  Urban  IV. 
dorch  Bulle  dat.  Civitivecchia  30.  October  1262  diese  Sehen- 
kong  dem  deatschm  Orden,  jedoch  unter  der  ausdrOcklichen  Be- 
dingung, d$as  gemäss  dem  Willen  der  edlen  Geberin  dort  die 
Hospitalität  auch  fortwährend  ausgeflbt  werde,  bestätigt  hatte, 
—  kam  die  Sache  zum  Austrage;  als  die  Stifterin  den  Bischof 
anfa   neoe   um  volle  Belstimmnng  zu  der  von  ihr  gemachten 
Sehenkaag  dringend  bat ,  bestätigte  Bischof  Bruno  endlich  am 
29.  Aogusl  1263  zu  Sehen  die  Schenkung  des  Hospitals  neben 
der  Marienkm^he  zu  Sterzing  an  den  deutschen  Orden  und  fiber- 
gab selbes  dem  Broder  Heinrich  von  Velsenberch,  Comtur  der 
deotsehen  Häuser  zu  Bozen   und  Leogmoos;  er  schenkt  ihm 
aneh  daso  die  erwäimte  zum  Spitzle  unmittelbar  gehörige  Harien- 
Pfairktrehe    mil    dem  Opfer   des  Altars   nebst  der   Seelsorge 
'ammt    aUen    mi  t  Hospital   und   Kirche   verbundenen  Gfltem, 


—    26    — 

Binkflnften,  personelen  ancl  reden  Rechtei  ^  jedoch  oaii»- 
schadet  der  bischöflichen  Rechte.  —  Dtbei  vraren  als  Zeuge« 
zugegen  die  Herren:  Hugo  von  Stein,  8ifirid  Fidchm,  Heinriek 
von  HerwigerhoTen ,  Marquard  von  Berge,  EbKn  vom  Veltwiift, 
Chnono,  genannt  Niger,  Supan  der  Gamerer  nnd  Hiehilki  der 
Schreiber.  0.  A.  —  In  Folge  dessen  bestiitigte  die  StifteriiH 
Schwester  Alhaid  in  Gegenwart  der  Priester  David  und  Adelberl, 
Provisoren  des  Hospitals,  und  Fr.  Heinrichs,  des  Deulscbhaus* 
Comturs  am  3.  September  1263  ihre  Sckenkaag  aufs  neue.  0.  A. 
Hierauf  verzichtete  auch  am  16.  September  1364  der  Sohn  der 
Stifterin  Hr.  Ulrich  von  Taavers  aus  freiem  Antrii^  und  miC 
Zustimmung  seiner  Gemahlin  Euphemia  auf  alle  Jurisdiction  und 
rile  Ansprache  auf  das  Hospital  vom  Hoose  zu  Steningen  und 
dessen  Zogehür,  die  er  von  Bischof  Bruno  von  Brixen  eriialtc» 
oder  von  seinem  Vater  Hugo  seligen  ererbt,  zu  Gunsten  des 
deutschen  Ordens.  Dess  waren  Zeugen  i  der  ehrwOrdige  Taler 
Bruno ,  Bischof  von  Brixen ,  Meinhard  der  erlauchte  Graf  von 
Götz  und  Tirol,  Cunrad  Graf  von  Kirchberg,  Heinrich  and  laoob 
von  St.  Michaelsburg,  Heinrich  von  Welfisberg,  Heinrich,  gei- 
nannt  Heusauge,  Pfarrer  von  Lum  und  dessen  BrQder  Rnbei« 
und  Uolsehaik,  Hr.  Gerold  der  Caplan,  Meister  Gotscfaalk, 
Scolasticus  zu  Innichen  und  Hr«  Hiltlgrim,  RiUer  von  Utenbnim« 
C'Arckh  Zenoberg.)  —  Es  muss  bald  darauf  aaeh  das  sgIiod 
seit  dem  Jahre  1234  zu  Sterzing  bestandene  Hospital  zur  heiL 
Dreifaltigkeit  mit  der  Deutsehordens^^Jomende  daselbst  ¥er* 
dnlgl  worden  sein,  da  ferner  davon  keine  Erwfthnnng,  und  die 
Conende  selbst  dessen  Siegel  annaboi. 

Hatten  sich  so  die  Edlen  von  Täufers  bisher  wohlthilig' 
gegen  die  Brüder  des  deutschen  Ordens  erzeigt  und  ihnen  znr 
Gründung  einer  neuen  Comturei  zu  Sterzing  nach  Mögilehkeit  ver» 
helfen,  so  bewiesen  sie  ihnen  ihre  GewogeniMit  dnrch  neue  Yer.^ 
gabungen,  denn  durch  Urknnde  dat.  Nenhaus  am  20.  Deoenber 
1269  schenkt  Ulrich  von  Täufers  als  wahrer  Erbe  von  Eppan  mil 
Hand  und  Willen  seiner  Gemahlin  Ofmia  dem  Deutschordens«- 
Hospitale  zu  Sterzingen,  welches  seine  Eltern  sdig,  Hugo 


—    27    — 

Tomrers  und  dessen  GemaMhi  AHiaid  gegründet,  die  zum  Schloese 
Eppan  gekörigei»  zwei  Capellen  der  bl.  Maria  Magdaletia  und  des 
hl.  Petrus;  eistere  beim  Schlosse  Eppan  sdbst,  die  andere  bei 
der  Phrrkirebe  isa  St.  Pauls  gelegen,  sammt  allen  ikren  Zn* 
gehdrangen  nnd  Rechten,  wie  er  solche  Ton  seinem  (m(itter<> 
Ifchoa)  Oheim,  dem  Grafen  Ulrich  von  Eppan,  dem  das  Patro-* 
aats-*Reebl  derselben  vermöge  Erbrecht  gehdrt  hatte,  tibeiu 
koromes ;  jedoch  unter  der  Bedingung ,  dass  der  Orden  selbe 
nie  ohne  sehie  oder  seiner  Erben  Zosiimronng  rerftussere.  Dfe 
Schenkung  geschah  nn  Fr.  Dielrieh  von  Wibetehoven,  Ckmtur 
der  Baiiei  %u  Bozen ^  in  Gegenwart  Hirn.  G«^ld*s,  Canoniens 
von  Sunaboreh  md  der  RiNer :  flilligrim  von  Uteahaim,  Ruperts 
Vinche,  ydker's  ven  Ghemnat,  Rnpeit's  Hensange,  Canrad^ 
SehScber,  Heinrichs  Joneiiard.  0.  A.  Merkwürdig  ist  es,  wie 
es  eigentlich  zcr  Sebenkong  dieser  beiden  Gapelten  an  den 
deutschen  Orden  kam )  -^  um-  diese  Zeit  gehörte  Am  Platroifats* 
Reehi  der  ffam  Tanfers  im  Pastertbal  dem  deutschen  Orde« 
— *  sehr  vrahrsdielnHeh  als  Gesebenk  des  edlen  Ulrichs  vm 
Taufevs  —  an^  wflhend  ebenerwühnter  Herr  Gereldas,  Caao* 
niens  von  Stoinburch,  als  von  dem  Herrn  von  Taufers  emanmer 
Caplan  obbenannte  zwei  Capellen  als  Beneficium  genoss;  let^ 
lerer  wOnssfale  die  PlMrre  Taifers  gegen  sein  Beaeftciunt  von 
den  deotsehen  Orden  einsutenschen,  und  die  HauptbetheUigten, 
nenMh  Ulneh  ven  Tmnrers  und  der  Orden,  dem  die  weit  en^ 
legeoe  Plärre  eben  nieht  sehr  gelegen  sein  mochte,  zefften 
sieh  dazu  willig.  Ueber  alles  diess  gibt  vns  eine  Urkunde 
Jnbr  iSte  aus  den  R^gesten  des  Königs  Heinrich  will^ 
Avfsschluss;  als  nsmlieh  dieser  im  Jahr  ISiS^  von 
Coarad,  Grafen  von  Kirchberg,  dem  Gemahl  der  Agnes  von 
Tanters,  die  Veste  Täufers,  die  halbe  Herrschaft  Utenhaim  und 
Eppao  erkaolk  hatte,  CRegetten  PrinUsserJ^  glaubte  er  aneh 
Ansprtche  a«f  das  Patnmatsreeht  der  Kirchen  zu  Täufers ,  in 
Bwen  (Ahrn)  und  Gais  dadurch  erlangt  zu  haben,  nnd  Hess 
desswegen  dnrck  seineff  damaligen  Pfleger  daselbst,  Hrn.  Cun^ 
fad  Alberger  Hnndsobaft  Sfimmeh  ans  deai  Munde  der  «Mesten 


—    28    — 

▼om  Adel,  der  Knechte  and  GemeineD  der  Gegend,  und  diese 
sagten  einstimmig  ans,  einige  von  ihnen,  weil  sie  es  selbst  ans 
ihrer  Jugendzeit  wnssten,  andere,  weil  sie  es  von  ihren  Eltern 
vernommen :  ,,da£  die  Pfarre  ze  Täufers  weylenl  angehört  den 
Teotschen  Herren,  div  verliehen  div  Pharre.  Do  gehört  an  div 
Ghappell  ze  Eppan  dem  Tauferser  vnd  div  HerrschafI,  vnd  div 
selbe  Chappelle  verlech  Hr  Ulrich  von  Täufers  seinem  Cbapplan 
vnd  Schreyber,  der  hiez  Hr  Gerolt,  do  was  pei  iden  zeylen  ein 
Pharrer  gesessen  ze  Täufers,  der  hiez  der  Grieszer  vnd  was 
auch  von  Griez  pürtich  vnd  was  auch  Chorherre  ze  Brizen,  do 
der  slarp,  do  warb  Hr.  Gerolt  Chapplan  ze  Eppan  mit  seines 
Hrns  des  Tauferers  willen  vnd  auch  fltife,  daz  die  Tiutschen 
Herren  mit  Im  wechsleten,  vnd  (selbe)  gaben  im  div  Pharre  auf, 
mit  allen  den  Rechten,  als  Si  div  Pharre  heten  gehabt  vnd  die 
Chappell  ze  Eppan,  auch  mit  allen  den  rechten,  als  si  der 
Tauferser  gehabt  hat.  Div  Chappell  mit  den  Rechten  habeot 
die  Tflutschen  Herren  noch  heut.  Darnach  für  der  Tauferaer 
vnd  die  Täutschen  Herren  mit  Hrn  Gerolt  dem  Chappihn  hintz 
Pyschof  Praunen  (Bruno)  von  Brixen  vnd  paten  in,  das  im 
(Geröll)  der  Altar  verlihea  wart<^  u.  s.  w.  C^iatikalierei^ 
ArehivJ 

In  Folge  obenerwflhnter  Ueberlassung  der  zwei  Gapellen 
zn  Eppan  trat  am  30.  Dccember  1269  im  neuen  Hauee  iet 
Deutsehordens*Brttder  zu  Lengmoos  Dietrich  von  Wlbelchoveo, 
Camiur  der  Baiiei  %u  Bozen,  vor  Egno  (Grafev  von  £fpas), 
Bischof  von  Trient,  und  bat  ihn  um  Bestätigung  der  erwtthnten 
Schenkung  besagter  zwei  Capellen  an  das  deutsche  Haus  za 
Sterzingen.  Der  Bischof  erwiederle  hierauf:  es  hAlten  mehrere 
Herren,  nemlich  die  Herren  von  Hontfort,  Hr.  Ecelin  von  Bgoa, 
er,  der  Bischof,  selbst  und  noch  Andere,  deren  Rechte  er  an 
einen  Dritten  nicht  vergeben  könne,  Ansprttdie  auf  besagte  Ca- 
pellen; wtfrde  er  ihnen  diese  Verleihung  gewihren,  so  thne  er 
es  nur  unbeschadet  der  Rechte  seiner  Knxhe  und  der  Uebrigen. 
Hierauf  baten  der  Comtur  und  die  Brttder,  er  mödite  ihnen 
wenigstens  Jene  Rechte  verleihen,  welche  die  Henen  von  Tawern 


-    29    ~ 

dann  hältoa,  was  ihnen  aaeh  dar  Bisehof  willig  gewährte. 
CBerm.  sämnUl.  Werke^  2.  B.  Urk,  39.  und  P&nUs  Her. 
mu9ir.  1.  B.  Urk.  90,J  Demiofolge  sandte  am  i*  Jflnner 
i270  sEii  Bozen  im  bischöflichen  Palaste  Hr.  Gerold^  Caoonicus 
yon  Sonnburg  and  Caplan  des  edien  Ulrichs  von  Touvers  in 
die  Hände  des  Bischofs  von  Trient  aUe  sdne  Rechte  auf  er* 
wäbate  zwei  Capellen  zu  Gonsten  des  deutschen  Ordens  auf, 
nftaüidi  das  geistliche  Recht,  welches  er  hatte  vermöge  der 
PHisentation  durch  den  Bischof  selbst  und-  das  temporale  von 
Hm*  Ulrich  von  Touvers.  (Repert  arch,  epi^e.  Trid.)  — 
Em  nfissen  jedoch  bald  auch  die  andern  berechtigten  eppani* 
sehen  Erben  ihre  Ansprüche  auf  diese  zwei  Capellen  dem 
deutschen  Orden  abgetreten  haben,  da  Pf  pst  Gregor  IX.  diese 
Vergabung  der  zwei  Capellen,  welche  auch  der  Bischof  von 
Trient  gebilligt  habe,  durch  Bulle  dat.  Civitavecchia  16.  Sept. 
1271  bestätigte.  0.  A.  ^  Zugleich  bestätigte  derselbe  Papal 
am  nemliehen  Tage  dem  Comtur  und  den  Brüdern  der  deutschen 
Hänser  au  Beaan  und  Lengmoos  alle  Freiheiten  und  ^imuni- 
täten,  welche  ihnen  oder  ihren  Hospitälern  frühere  Päfiste  ver- 
liehen, sowie  alle  Freiheiten  und  Ezemptionen  von  deiy  Steueni 
der  Laien,  die  ihnen  oder  ihren  Hospitälern  von  Königen, 
Fflnten  oder  andern  Gläubigen  verliehen  worden.  0.  A. 

Den  bisherigen  Wohlthateii  gegen  das  deutsche  Ordens- 
hans  zn  Sterzingen  fttgte  der  edle  Ulrich  von  Touvers  mit  Zu- 
stiBUttong  seiner  Gemahlin  Ofmia  eine  neue  hinzu,  indem  er 
an  6.  Hai  1270  zu  Sehen  in  Gegenwart  des  Bischofs  Bruno 
von  Brixen,  des  Grafen  Eberhard  von  Chirchberch,  Hrn.  Alberts 
von  Voytsberch,  Cunrads  des  Gaplans  und  Cunrads  Niger  zum 
Beaten  des  Hospitals  zu  Sterzing  zu  ihrem  und  ihrer  Eltern 
Seelenheil  zwei  Weinböfe  zu  Schermes  cTscherms)  und  einen 
Hof  sn  Nalles  sammt  den  dazu  gehörigen  Weiden  und 
Wiesen  schenkte.  0.  A,  —  So  war  demnach  das  deutsche 
&WS  an  Steningen  gut  doturt  und  wurde  demnach  vom  Orden 
war  Comlorei  erhoben;  schon  im  Jahre  1271  finden  wir  einen 
GttBtnr  fletnrieh  zn  Steningen ,  wie  wir  bald  sehen  werden. 


1 


~    30    - 

Um  die  Botstehuog  der  Contirei  Sterziopn  m  ttbersfefat-* 
Iteherem  ZusammenhaRge  darzufiCelleo ,  nrassten  wir  ao  ciaMbe 
andere  den  deutschen  Orden  in  Tirol.  belreffeDde  Begefeeukeilea 
wältrend  dieser  Zeit  einsweilen  ttbergeliep  und  woUeo  non  selbe 
nachholen.  —  Das  rasche  Aufblühen  des  deatochea  Ordens  ia 
Tirol  sollte  nicht  ganz  so  ungetHlbt  bleiben;  es  mochte -vielleichl 
die  Scheelsucht  der  Wdtgeistlichkeit  erregen^  wenigstens  flakan 
sich  der  Comtar  und  die  deutschen  Ordeftsbrtider  der  Hospilttler 
zu  Bozen  und  Lengmoos  genöthigt  sogar  beim  fifip6tUiiie& 
Stuhle  darüber  Klage  zu  fahren,  dass  Engihnar,  der  ErzdiacMMi 
von  Vinstgau,  sowie  Heinrich,  genaanl  Moirap  mid  andere 
Cleriker  und  Laien  der  Diöcesen  Como,  Brisen  und  Chur  ste 
m  ihren  Zehenten^  Besitzungen  und  andern  Dmgen  Yena»- 
gKmpIten,  wesswegen  Papst  Inaocenz  lY.  durch  Schreiben 
dat.  Lyon  28.  Sept.  1250  den  Propst  von  Neustift,  sowie  den 
Domdecan  und  den  Domherrn  Conrad  von  Brixea  beanflcagte, 
beide  Parteien  vor  sich  zu  fordern,  setbe  gegen  einander  za 
verhören  mi  mit  ZarCckweisung  jeder  AppelWon  nnverweilt 
diese  Handel  zu  entscheiden.  Vorgeforderte  Zetigen,  welche 
sich  aus  Gunst,  Hass  oder  Furcht  der  Zeogschafl  entliehen 
wollen,  sollen  sie  durch  geistliche  Strafen  nöthigen,  der  Wahi^ 
heit  Zeugniss  zu  geben.  0.  A.  —  Wenige  Jahre  nachher 
erwuchs  dem  deutschen  Orden  eine  ernste  Verwiekiang  mit  dem 
Bischöfe  von  Cur.  Wie  schon  erwtfhnt,  hatte  Kaiser  VsiA^ 
rieh  H.  im  September  1235  dem  deutschen  Orden  das  Palr»^ 
nats-Recht  der  Pfarre  Schlanders  geschenkt  und  Papsl  Alexan- 
der lY.  selbes  im  Jahre  1257  dem  Comtur  und  den  Brüdern 
des  Hospitals  zu  Bozen  und  Lengmoos  auf  ihre  Bitte  bestätigt. 
Bald  darauf  wurde  diese  Pfarre  darch  die  freiwillge  Resigna- 
tion des  bisherigen  Pfarrers,  des  Propstes  von  Frelsingen,  er«* 
ledigt;  der  Diöcesan-^Bischof ,  Heinrich  von  Montfort,  ohne  an 
achten  der  brieflichen  Gerechtigkeiten  des  deutochen  Orden«, 
dem  vermöge  einer  Bulle  des  Papstes  Gregor  IX*  das  Reckt 
zustand ,  im  Falle  der  Eriedigung  zu  jenen  Kirchen ,  deren 
Patronats^Recht  dem  deutschen  Orden  zusteht,  einem  taugllahen 


—    31    — 

Priester  dee  Ordens  dem  betreffenden  Ditteesan-Biiehofe  ab 
Ffirr-Provisor  vorscklagea  zu  dürfen,  enaniite  **-  obwohl  der 
Coatar  nieht  gesKumt  batle,  demselben  einen  taagllcben  Priester 
des  Ordens  zu  prtfsentiren  -^  nun  eigenmAclitig  den  Friedrich 
von  Hontalben,  Domherrn  zi  Trient,  als  Pfarrer  von  Schlaiiders 
im  Naclilheile  des  Ordens.  Der  Comtur,  welcher  beim  Bischöfe 
mit  seinen  Yorelenungen  kein  Gehör  fand,  appeliirle  nach  Rom; 
Papst  Alexander  IV*  beauftragte  den  Abt  von  St.  Lorenz  za 
Trieot  mit  der  Untersuchung  des  JBtreJtbaadels.  Dieser^  das 
Eeeht  des  deotachen  Ordena  anerkennend,  schtne  den  Moa- 
tnlbaner  ab  nnd  der  dentsche  Qrden  priisentirte  auf  sein  Geheiss 
den  Bruder  Hartwig,  Deutschordens-Priester ,  caaoniseh  dem 
Biaehofe  inm  Cur;  dieser  aber  nahm  eigenmSchtig  denselben 
nieht  an  und  zugleich  appellirte  der  vom  päpstlichen  Bevoll« 
mftehtigten  abgewiesene  Montaibaner ,  welcher  unterdessen  eben 
so  eigenmächtig  im  Besitze  der  Pfarre  blieb,  nach  Rom.  Dort« 
hm  wandten  «ich  nvn  anfs  neue  klagend  der  Comtur  und  die 
denischea  Ordensbrüder  zu  Bozen  und  Lengmoos,  um  Abhilfe 
bittend.  Daher  trug  der  neuerwählte  Papst  Urban  IV.  durch 
Schreiben,  dat.  Vilerbo  am  9.  September  1261  dem  Bischöfe 
von  Augsburg  auf,  kraft  püpstlicher  Vollmacht  den  erwähnten 
FrMrich  von  Hontalban  zu  ermahnen  und  dahin  zu  vermögen^ 
innerhalb  Monatsfrist  den  Deutschordenn-Bradern  besagte  Pfarre 
sanmil  allen  Rechten  zuriickzustellen;  im  Weigerungsfälle  aber 
demaelben  peremtorisch  aufzutragen,  inperhalb  zweier  Monate 
In  eigener  Person  oder  durch  einen  Stellvertreter  mit  seinen 
etwaigen  Rechtsbehitfen  vor  dem  Papste  zur  Verantwortung  za 
erscheinen  und  der  Rechlsentscheidung  gewärtig  zu  sein.  0.  A. 
Wie  dieser  Handel  endete,  ist  aus  Abgang  der  einschlägigen 
Urkanden  nicht  anzugeben.  Jedoch  müssen  der  Bishof  von 
Cur  and  der  Moatalbaner  nachgegeben  haben,  da  wir  später 
die  Pfarre  Schlanders  im  Besitze  des  deutschen  Ordens  finden» 
Kurze  Zeit  darauf  wurden  die  deutschen  Ordensbrdder  auch 
mit  dem  Bischof  Egno  von  Trient  in  verdriessliche  Händel  ver«- 
wkStelt.  Obschon  selbe  von  den  durch  die  päpstlichen  Legaten 


_    32    — 

und  Nuntien  einzutreibenden  Gollecten  und  Steuern  dureh  pi^t- 
liches  Indult  befreit  waren,  so  forderte  doeh  Bischof  Egno  bei 
Gelegenheit,  dass  päpstliche  Nuntien  dem  Clerus  der  Diitcese 
Trient  eine  Steuer  aufgelegt,  auch  die  deutschen  Ordensbrüder 
sur  Beisteuer  auf;  diese,  gestützt  auf  ihr  Privilegium,  weigerten 
sich  selbe  zu  entrichten,  wessw^egen  sie  der  Bischof  excom- 
municirte  und  diess  auch  öffentlich  an  allen  Sonn-  und  Feier- 
tagen zu  verkünden  befahl.  Der  Comtur  und  die  Ordensbrüder 
wandten  sich  desshalb  klagend  an  den  Papst  mit  der  Vor- 
stellung, dass  diess  zu  ihrem  Schimpfe  und  nicht  geringem 
Nachtheil  des  ganzen ^  Ordens  geschehen.  Desswegen  beauf- 
tragte Papst  Urban  IV.  durch  Erlass  dat.  CivitiveccUa  am  31. 
Jünner  1263  den  Bischof  von  Brixen,  dafür  zu  sorgen,  dass 
Bischof  Egno  8  Tage  nach  Empfang  des  päpstlichen  Scbreii» 
bens  die  Excommunication  aufhebe  und,  falls  dieser  es  nicht 
thfite,  so  bevollmächtige  er  ihn,  selbe  aufzuheben  und  den 
Bischof  von  Trient  von  fernerer  Verkündigung  derselben  zurück- 
zuhalten. 0.  A*  Mit  dieser  Verwendung  für  die  deutschen 
Brüder  noch  nicht  zufrieden,  erliess  Papst  Urban  IV.  noch  am 
1.  October  des  nemlichen  Jahres  1263  von  CivitÄvecchia  aus 
an  alle  ßrzbischofe,  Bischöfe,  Aebte,  nriore,  Pröpste,  Archi- 
Diaconen  und  Diaconen  eine  Bulle,  worin  er  ihnen  kund  macht, 
dass,  weil  die  deutschen  Ordensbrüder  keinen  eigenen  Bischof 
oder  Prälaten  haben  und  darum  dem  Papste  unmittelbar  unter- 
worfen seien,  so  soll  keiner  von  ihnen  es  sich  herausnehmen, 
ohne  des  Papstes  Vorwissen  und  Auftrag  gegen  diese  Ordens- 
Brüder  oder  deren  Kirchen  das  Interdict  oder  die  Excommnni-* 
cation  zu  verhängen,  sondern,  falls  besagte  Brüder  sie  oder 
ihre  Untergebenen  ungerechter  Welse  belästigten,  die  Sache  an 
den  römischen  Stuhl  zu  bringen  und  so  ihr  Recht  zu  erlan- 
gen. 0.  A.  --  Jedoch  scheint  dies  auf  Bischof  Egno  wenig 
gewirkt  zu  haben;  denn  er  begann  nun  die  deutschen  Ordens- 
Brüder  trotz  ihrer  Privilegien  mit  Forderungen  von  Zöllen  und 
andern  Abgaben  nach  Willkür  zu  belästigen  und  beleidigend 
zu  behandeln.  Auf  erneuerte  Klage  des  Comturs  und  der  Brüder 


-    3S    - 

n  Hosen  uiid  Lengmoos  «fieM  Ptpst  Drimi  IV.  iiiii  6.  <kt. 
4363  von  Civitaveeekia  ans  an  den  BUcliof  von  IVIeni  ein  Mn^ 
gendes  MahnMiireiben ,  wom  er  die  Brillier  des  deatachen 
Ordena  belobt  wegen  der  Verdienate  ihrer  ReMgioiMI  nnd  Ihres 
firommeB  WamMa,  beaonders  weil  aie  ak^h  eifrig  abrntiben  ia 
der  Uebnng  der  Tagenden  and  Brweitening  der  Grensen  der 
Chrtelenbeit,  und  ermahnt  ihn,  von  dergleichen  BelXatigungea 
deraetben  abaolaaaen  ond  aie  ao  zu  behandeln,  daaa  iwlaehen 
ihnen  beiden  die  erwünaehte  Liebe  walte,  widrigenfaila  h«ttea 
aebon  der  Propst  von  Feitre  und  der  Abt  von  St.  Lorenz  bei 
Trient  Ton  ihm  den  Aaftrag,  ihn  dazn  zo  mahnen  und  im  Falle 
fortgeaelzter  Weigerung  aoeh  dazu  zu  zwingen.  O.  A.  —  Und 
wirklieh  fertigte  der  Papst  am  nämliehen  Tage  ein  Schreiben 
ihsliehen  Inhalts  an  die  zwei  Obenerwähnten  ab,  worin  er  sie 
aait  Betreibung  dieaer  Angelegenheit  beauftragte.    0«  A. 

Wfihrend  aller  dieaer  Htodel  scheinen  die  Deutsehordens- 
Brfider  In  Tirol  eben  nicht  am  beaten  gewirthsehaftet  sn  hAben, 
nnd  ea  mtlssen  Klagen  darflber  in  Rom  ehigelaufen  sein ;  *  denn 
von  Viterbo  ans  schrieb  am  25.  Febr.  1263  Papst  Drban  IV. 
an  den  AfH  von  Sl.  Harienberg:  ea  sei  zu  seiner  Kenntntss 
gebracht  worden,  dass  der  Gomtnr  und  die  Brflder  des  Hospi- 
tals zu  Bozen  und  Lengmoos  und  schon  deren  Vorfahren  Häuser, 
Zehenten  und  andere  Besitzungen  dieser  Hospitdier  zu  deren 
grossem  Schaden  an  Cleriker  und  Laien  theils  gtinzlich  ver- 
tasaerty  theils  auch  auf  lebensISngUch  oder  auf  bestimmte  Zeh 
zu  Lehen  gegeben ;  da  es  nun  der  Sorgfisilt  des  Papstes  obliege, 
den  gtMirdeten  Hospitälern  zu  Hilfe  zu  kommen,  so  trage  er 
ihm  faieniit  auf,  aus  päpstlicher  Bevollmäehtigung  dahin  zu 
wirken  ,  dass  die  auf  solche  unerlaubte  Weise  verschleuderten 
Goter  wieder  rechtmässiger  Weise  an  dieselben  zurückgebracht 
werden  und  bevollmächtigt  ihn  zugleich,  die  sich  dessen  Wei- 
gernden mit  ktrehlichen  Strafen  zu  belegen.  0.  A.  —  Wir 
wollen  nur  em  urkundlich  vorliegendes  Beispiel  der  oben 
gerffgten  theilweisen  Veräusserungen  der  Gflter  der  Hospitäler 
anfahren.     Am   18.  Hai  1357   bei   Bozen   vor  der  Kirche   des 

3 


—    34    — 

hL  Jokaaii  Bv.  fli^tosl  Ff.  Aidiocli,  Comtur  der  deiiteoMn 
Hänsjer  «u  BoBEen  und  Lengmoos  mH  Zoatinmung  seiner  Hit* 
brttder:  de»  Prieaters  Hartwig,  des  Zadriiufl  v€ii  Triaity  Sey-- 
vfids  von  Babenbereh,  Wernhera  von  Biogen  und  GiTvaseo  von 
Bozea  der  Fraa  Masa  Zohelarin  als  Lehensirilgeriir  für.  skh 
und  den  Priester  Utrieh  Lecenar  voaBrixen  die  HKifte  des 
ChnoUbofes  auf  dem  Ritten  und  das  Gut  in  der.  Ebene  zu 
lebenslänglichem  Nutzgenuss  unter  der  Bedingnw,  dass,  vfmn 
^rau  IMasa  vor  Hrn.  Ulrich  stOrbe,  dieser  beide  Lehen  bis  m 
zu  sejaem  Lebensende  allein  gemessen  soll;  stürbe  hin^fea 
Hr.  Ulrich  vor  ihr ,  ^  ^1  der  dritte  Tbeil  des  NutzgeuMSse^ 
vom  Chhoilhofe  dem  Orden  zufallen,  während  die  andern  zwei 
Drittheila  sammt  dem  ganzen  Erträgnisse  des  Uofs  in  der 
Ebene  Frau  llaza  lebenslänglich  beziehen  soll.  Dafür  solloo 
die  Leheasträger  jährlich  6  Gelten  Oei  zinsen^  zwei  davon  Ale 
die  Kranken  im  Spitale  zu  Lengmoos,  zwei  ftir  den  Si«  Johannes- 
Altar  und  zwei  fürs  Dormitorium.  Der  Comtur  verspricht  ihnen, 
sie  in  diesem  Lehensbesitze  zu  schätzen  unter  Strafe  des  doppel- 
ten Werthes  der  Höfe  und  zugleich  ihnen  alle  Unkosten,  welche 
selbe  etwa  bei  Vertheidigung  dieses  ihres  Rechtes  machen 
mttsaten  vor  Gerichte  oder  sonst,  zu  ersetzen  unter  Verpfllndung 
aller  Güter  des  Hospitals  und  verzichtet  für  diesen  Fall  auf  das 
Recht  der  Verjährung  und  auf  ihre  Befreiung  vom  Gerichls- 
zwange,  sowie  auf  jedes  'kirchliche  und  clericalische  Recht, 
wodurch  er  sich  schützen  könnte.   0.  A. 

Dessen  ungeachtet  hatte  der  deutsche  Orden  in  Tirol 
während  dieser  Zeit  neue  Vergabungen  und  Gunstbezeigungen 
erhalten.  Im  Schlosse  bei  f^rol  am  16.  September  1253 
übergeben  Meinliard,  Graf  von  GOrz  und  Gebhard,  Graf  von 
Hirscbberg,  sowie  auch  Uota,  Gräfin  von  Tirol  mit  ihren  Töch- 
tern zum  Heile  ihrer  Seelen  dem  Marien-Hospitale  des  deutschen 
Hauses  zu  Jerusalem  zwei  Schwaighöfe  (Curias  armentarias) 
in  Runschille ,  welche  schon  Graf  Albert  von  Tirol  einst  (im 
Jahr  1218)  demselben  Hause  zu  Damiate  laut  Gabhrief  geschenkt, 
sowie  den  Stutenhof  zu  Vulpian,  den  eben  derselbe  Graf  Albert 


—    35    — 

üon  in  seineflo  Testamente  vermacht  iMlIe.  Aneh  flberlaaac« 
sie  dem  Orden  die  2  Jaaeh  Aeker  iumI  eio  WeiagiU,  weloiie 
Sfiker  ven  HiBdelberch  demselben  zu  seinem  Seeleiiileile  ver-i. 
gabt  and  die  Aeeker,  welche  der  Orden  dem  Canrad  von  Severa 
rtgekaoft^  sammt  10  Mannmahd  von  der  Geaieindd- Waide. 
Zeagea  -  dieser  Uebergid>e :  Hr.  Heinrich  von  Appersperge  «ad 
Heinrich  der  Bui^graf  von  Luonxe,  die  Gebrifder  Bernold  imd 
Canrad  Tarani.  die  Gebrüder  Cunrnd,  Heinrich  nad  Fiidrieh 
von  Wemdiagen,  Gebhard  von  Hirsperch  und  Heinrich  von 
Hostetten.  0.  A.  —  Gebhard,  Graf  von  Hirschberg  and  Harr 
der  Gegend  im  Innthale  schenkt  durch  Urkunde  dat.  ea  Nalhssei 
am  21.  August  1256  den  Deutschordens-Bfüdem  su  Boxen 
aof  wehewige  Zeiten  jfibrjiche  12  Fuder  SaJs  aas  dam  Sals«- 
Amte  zu  Halle  zu  seinem  und  seiner  Gemahlin  BItsabet  Sdslen^ 
heil  uad  bestiiliget  in  der  nftmlichen  Urkunde  auch  die  jahriieiM 
Gabe  anderer  12  Fuder  Salz,  welche  sem  Schwiegervater.sallgen^ 
Graf  Atbrecht  von  Tirol,  dem  deulschen  Braderfaause  au  Leng- 
moos fraher  gewährt  hatte.  CManttser.  des  Grafen  Maxm. 
am  Mohr,)  —  Auch  die  Gebrüder  Meiahard  und  Albert, 
Grafen  von  Tirol  und  Görz,  erwiesen  sich  den  Deutschordeas- 
Bradem  in  Tirol  sehr  gewogen ;  durch  Urkunde  vom  13.  Sept. 
1266  thaten  sie  knnd,  dass  sie  die  Gunstbezengukig  ihrer  Vor« 
bbrea  gegea  die  Hüuser  des  deutschen  Ordens  gaftdigst  erneuem 
wollen,  sie  desswegen  in  ihren  besondern  Schutz  und  Gunst 
nehmen  und  ihnen  die  besondere  Vergünstigung  gewahren,  dass 
alle  ihre  Lebensmittel  zu  ihrer  Nothdurft  von  allen  Zollabgaben 
in  ihren  Gebieten  befreit  sein  sollten.   0.  A. 

Am  24.  October  1260  zu  Bozen  erkaufte  der  Bruder  Hart«« 
wig,  Priester  und  Conitur  der  deutsehen  Hüuser  zu  Bozen  und 
Lengmoos,  um  42  Ff.  B.  vom  hochwürdigeo  Hrn.  Heinrich, 
Abt  des  Klosters  Atel,  den  dem  Kloster  zustehenden  Theil  und 
das  Recht  an /dem  Hofe,  beim  Sürcher  genannt,  unterhalb 
St.  Jastina.  Zeugen  dessen  die  Herren :  Heinhard  von  Bozen, 
Wemher  rypus  voa  Fumiian,  Pendln,  Sohn  Hrn.  Christans 
seligen  u.  a.  m.  0.  A.  —  Dass  damals  aach  schon  VereUichle, 

3* 


—    3«    — 

■aeMem  ihre  Gemahlfnen  gestorben,  tu  4en  Orden  aiifg«nom- 
men  wurden,  beweist  eine  Urkunde  dieser  Zeit ;  am  7.  Jffnner 
1264  so  Boten  bekennt  Fr.  Conrad,  Deutschordens-Brader,  Sohn 
arethind  Wulfings  von  Boten  seh'gen  im  Namen  seiner  Kinder 
35  Pf.  B,  erhalten  xu  haben  von  Goaelin  Pinzager  und  dessen 
GeanaUitt  Eihi,  seiner  Schwester  und  flberUisst  Ihm  dafür  ein 
Stick  Aeker  oder  Phint  zu  Boaen,  Lehen  der  Chorherm  von 
Brixen.  C^iaUhaiierei" Archiv J  —  Am  15.  Februar  1M0 
zu  Trient  wohnt  Bruder  Dietrich,  ConMur  des  deutschen  Hauses 
sammt  seinem  Hitbruder  Bertoid  der  Lossprechung  der  Stadt 
von  der  Excömmunication  dnrch  Bischof  Egno  als  Zeuge  bei. 
CHorm.  Qeseh.  r,  Tir.  Urk.  196.  HipoHti^Mon.  BecLTridJ 
Am  5.  Hai  des  folgenden  Jahres  1270  war  der  nemliche  Bru^* 
der  Meto  oder  Dietrich,  Comtur  zu  Bozen,  Zeuge  beim  Abschlüsse 
eines  WefTensäMstandes  zwischen  dem  Bischöfe  Bruno  von  Brixen, 
dem  Grafen  Heinhard  und  Albert  von  Görz-Tirol  und  Ulridi 
von  Taufers.  C^ormair^  hi9t.  krit.  BeHr.  Urk.  Ißi  und 
dessen  Qesch,  «.  Th\  Urk.  »00  J 

Hatte  Graf  Heinhard  von  Görz  und  Tirol  beim  Antritte 
seiner  Regierung  den  Deutschordens-Brüdem  seine  Gunst  ver^ 
sprochen,  so  bewfthrte  er  selbe  auch  im  Verlaufe  derselben 
auf  mannfigfiiltlge  Weise.  Am  14.  Juli  1271  zu  Sterzingen 
genehmigte  er  einen  Tausch  zwischen  Bruder  Fridrieh^  Com^ 
iur  des  deutschen  Hauses  %u  Ster%inffen  und  dem  Heinrich 
Wolf;  ersterer  (Iberlllsst  letzerem  zwei  Höfe  beim  Thurme  zu 
Hurith,  welche  einst  des  Grafen  Meinhards  Grossvater,  Graf 
Albert  von  Tirol,  zum  hl.  Geist-Spitale  zu  Sterzing  gestiftet, 
wofflr  ihm  letzterer  seinen  eigenen  Hof  in  RItschiiis  tiberiassen 
will ;  sollte  aber  diess  nicht  angehen,  so  soll  letzterer  Ihm  dafdr 
semen  Sedelhof  in  Tälves  abtreten.'  Zeugen  dessen:  Hr.  Eber- 
hard des  Grafen  Heinhards  Caplan  und  Domherr  zu  Trient, 
Otto  der  Priester,  H.  von  Niwenburch,  Canrad  von  Vellenberch, 
Rudeger  von  Haterei,  alle  drei  Ordensbrüder  daselbst,  und  die 
Ritter  Canrad  von  Eben  und  Otto,  genannt  Helblinch.  0.  A.  — 
Brid  darauf,  am  14.  Juni  1272,  zu  Bozen  bewies  Graf  Heinhard 


~  »  ~ 

dea  DeiHsckoidens-firadern  mm  Gewngeaktil  durch  CMit 
besondere  VargOosU^ng,  indMi  er  sie  von  jedem  weWiche« 
Gerichtsstaade  exiairle:  vor  keinem  Ricktcr  oder  sonst  einem 
Menschen  sollten  sie  gehalten  sein  so  Gericht  zii  erscheinen« 
■asgenommen  vor  dem  Grafen  selbsten  oder  vor  einem  geist^» 
liehen  Richter;  sollte  sonst  jemand  sie  dazu  nöthigeo  wollen^ 
so.  wolle  der  Graf  diese  Uubiid  so  ansehen ,  als  hittte  man  sie 
ihm  selbst  uigefttgt.  0.  A.  —  Für  so  manche  Gunst  erwiesen 
skh  hingegen  auch  die  Dentschordeas-Brttder  gegen  Gfafen 
Meinhard  dankbar  und  bei  mancher  Gelegenheit  wUlftfhrig;  ao 
versprach  am  i6.  September  1269  auf  dem  Schlosse  Tvol 
Bmder  Dietrich,  Comtur  zn  Bozen,  dem  Grafen  Meinhard,  wenn 
selber  oder  dessen  Erben  innerhalb  zweier  Jahve  dem  Orden 
75  M.  B.  auf  einmal  ausbezahlen,  so  wolle  er^im  Namen  des 
Ordens  ihm  alle  Gäter  und,  Leute,  welche  Rudger  von  Matray, 
Rftter  des  Grafen,  dem  Orden  bei  seinem  Eintritte  in  denselben 
als  freies  Eigenthum  geschenkt,  zum  Eigenthum  abtreten. 
CJUM.  dt  Pauli,  und  Hor»i.  GMcli,  p.  Tirol,  Urk.  19TJ  — 
Am  3.  Jünner  1273  im  Schlosse  Tirol  ttberlüsst  Bmder  Con« 
rad  von  Tetlinbach  mit  Zustimmung  des  Bruders  Gerhart  von 
Tettinboch  und  der  andern  Ordensbrüder  dem  Grafen  Meinhard 
fär  80  9f.  B.  das  dem  Orden  zuständige  Schloss  Zwingenberg^ 
der  selbes  sofort  dem  Hrn.  Ulrich  von  Tablat  und  dessen  Brit« 
dem  zu  Lehen  aberiässt.  Zeugen  dessen:  Hr.  Conrad  der 
Capian,  Bertoid  Krello,  Erhard  von  Zwingenstein,  der  Graiant, 
Otto  von  Kunigsberg,  Conrad  Pfaffus  von  Schrovenstain,  Goi^ 
rad  von  ümst-  C^oiieet.  SpergsJ  —  Wieder  am  8.  Becember 
1277  zu  Griess  während  der  Unterredung  des  Grafen  Meinhard 
von  Tirol  mii  dem  Bischöfe  Heinrich  von  Trjent  in  Beisein  des 
HoAneisters,  Gebhards  von  Stetineck,  Richters  zu  Gafdun  (Gufi- 
dam)  und  Alberts  Lajan  ttberlässt  Bruder  Wolfram  von  Adel* 
mansfeMo,  Comtur  der  deutschen  ilttuser,  dem  Grafen  käuflich 
für  95  M.  B.  3  Höfe,  nemlich  einen  zu  Pez,  zinst  15  Pf.  B., 
von  Gebhardea  von  Stetineck  erkauft;  einen  zweiten  zu  St.  Chri- 
Hina,  ziaal  40  Pf.  B.  und  den  dritten  zu  Gaveiin  von  Hm» 


—    38    — 

Hartwig    voD    Cwtelnitt,    getarnt    Mauirapp,    der   10   Pf.  B. 
3  solidi  fillet.  CCoileet.  SpergMj 

Obgenannten  Hof  za  Gavelifi  hatte  ihnen  Hr.  Hartwig  von 
Caatlrutt  nm  Gotteswillen  erst  im  FVilhlinge  4es  Jahres  1JE77 
geschenkt.  QBury techner, J  •—  Eben  uns  diese  Zelt  (das  Jahr 
i«t  in  der  Urkunde  nicht  angegeben)  schenkte  auch  Hr  Swiker 
von  Riohenberg  den  Deutschordens-Brüdem  tum  Heile  seiner 
Seele  seinen  Hof  in  Arliuiide.  weicher  jedoch  von  ihm  fir 
20  M.  B.  anderweitig  verpfändet  war,  und  so  lange  er  den- 
selben für  sie  nicht  einlöse,  sollen  sie  während  der  Zeit  dessen 
Erlrägniss  aus  seinem  andern  Hofe  zu  Pyzei  empfangen;  Zeu- 
gen dessen  :  Swiker,  Pfarrer  von  Schultes,  Nicolaus  der  Priester, 
Hartwig  der  Vogt  (von  Matsch),  Hecelo  von  Tschengis,  Ru- 
pertus  von  Malles,  Ulrich  Pasigun.  Sifrid  von  Landes  (Laatsch), 
Gemng  von  Sluderne.  0.  A.  —  Auch,  des  Grafen  Mainhard  I* 
von  GOrz-Tirol  Witwe,  Gräfin  Aihaid  von  Tirol,  gedachte  der 
Deutschordens-Brdder  in  Liebe,  indem  sie  selbe  In  ihrem  am 
20.  October  1278  auf  ihrem  Sterbebette  gemachten  Testamente 
besonders  bedachte.  Dem  Tode  nahe  vermacht  sie  den  Deutsch* 
Ordens-Brüdern  zur  Unterstützung  des  hl.  Landes  die  iO  M.  6. 
Guten,  welche  sie  vertragsmftssig  von  ihrem  Sohne,  dem  Grafen 
Meinhard  beziehen  sollte,  und  andere  verbriefte  10  M.  B.  Gü- 
ten, die  sie  von  ihrem  andern  Sohne ,  Graf  Albert ,  bezogen ; 
der  Schwester  Beafa  vermacht  sie  50  Pf.  B,,  Cunzlin  dem 
Sehtiler  iOO  Käse  und  2  Staar  Roggen ;  dem  Propste  von  Neu- 
sfifl  2  Fuder  Wein,  ihrem  Diener  Cunz  10  Pf.  B.  und  5  Galvei 
Roggen,  den  Schwestern  zu  Innichen  60  Kflse,  den  Schwestern 
zu  Brixen  60  Käse,  den  mindern  Brüdern  20  Kftse,  der  Schwester 
Antonia  100  Käse,  der  Schwester  Aihaid  als  Abzahlung  einer 
Schuld  200  KSse;  der  Frau  Elisa  vermacht  sie  2  Kihe, 
3  Schweine,  Bett  uhd  Mantel,  zudem  schulde  sie  derselben, 
80  Pf .  B. ;  ihrem  Diener  Nioolaus  vermacht  sie  ihr  Pferd,  ihrer 
gewesten  Wftscherin  Mezza  schulde  sie  70  Pf.  B.,  d^  Per^ 
toM  Fugelin  12  Pf.  B.,  ihrem  Diener  Cunrad  5  Pf.  B.;  der 
Schwester  Irmengard  2  Pf.  B. ,   dem  Colre   3  Pf.  B. ,    ihren 


-  »  - 

Bauleuten  in  Wien  8  Pf.  B. ,  der  Gesa  ...  Pf«  B.  Den  Deatsch» 
Ofdens-Brfidern  za  Bozen  Termacht  sie  40  Pf.  B.  tmd  denen 
zu  Lenginoos  4  Ihm  Wein;  dem  Seheidar  9  Pf.  B.  10  SoKdi 
und  dem  HeDcelln,  Sohn  der  Frau  Elisa,  vermaeht  sie  50  Hfese. 
Dabei  vmren  Zeagen:  Hr.  BertoM,  Bruder  des  Grafen  von 
Henncnberg^,  gewesenen'  Bischofs  von  Wdrzburg,  Bruder  Diel^ 
rieh,  Deutscbh«as-Comtnr  und  dessen  Httbrüder  Hartwig  und 
Eberhard  die  Priester,  Bruder  Bertold  und  Hr.  Johann  der 
Priester,  Perciitoid  der  Sehüier,  Otto  der  Diener  des  gewesenen 
Bischefs  von  Wdrzburg,  Pertold  und  Eberhard,  die  Diener  des 
Bruders  Conrad  von  AnneveJde ;  Conrad,  Nielaus,  Christian  und 
Heinrieb,  die  Bedienten  der  Grdfln,  Cnnrad  von  Satrein  und 
Jacob  von  Hohenrain.  0.  A.  *) 

Am  2.  Mfirz  1277  bekennt  Hr.  Fridrich,  Propst  zu  Brixen, 
dass  er  von  Bruder  Wolfram  von  Adeimansvelde,  Comtur  der 
Baliei  zu  Bo%en^  mit  Zustimmung  der  andern  Ordensbrüder 
den  Zehent  und  das  Zehentrecht,  welche  das  deutsche  Haus 
auf  den  Zeysakhof  zu  Ritten  habe,  auf  seine  Lebenszeit  um 
20  H  B.  erkauft  habe;  nach  seiiiem  Ableben  sollen  selbe 
unwiderruflich  an  den  deutschen  Orden  wieder  zurückfallen.  0.  A. 


*)  Diese  Testaments-Urktinde,  wenn  sie  anders  echt  ist,  —  und 
wir  finden  keinen  besondern  Grund ,  deren  Echtheit  anzuzwei- 
fdn,  -"  gibt  uns  Veraaiassung  die  bisherige  Angabe  Burg^ 
lecbners,  Jac.  Andre  v.  Brandis,  Coronini''s,  Gebbardi'^s,  über 
das  Sterbejahr  dieser  Alhaid ,  Tochter  Alberls  von  Tirol  und 
Gemahlin  Mainhards  III.  von  Görz  zu  berichtigen,  indem  alle 
das  Jahr  1275  als  solches  bezeichnen,  wahrend  es  nach  obiger 
Urkunde  das  Jahr  1278  war.  Wir  vermulhen,  dass  ßurg- 
lechneKs  Irrthum  durch  ungenaue  Lesung  der  hart  leserlichen 
Inschrift  des  im  Kloster  Steinach  bei  Heran  befindlichen  Grab* 
Steines  ihrer  gleichnamigen  Urenkelin,  der  Prinzessin  Alhaid^ 
Schwester  Margrets  der  Maultasche,  herbeigeführt  worden,  selbe 
lautet :  Anno  Domini  Milesimo  Drecentesimo  Septuacesimo  Sep- 
duacesimo  Quinto.  Indicione  Tredecima.  Die  Veneris.  Yicesimo 
Qainto.  Mensis  May.  In  Die  St.  Vrbani  Obiit  Regina  Alhaidis 
Tirolensis,  und  man  in  Folge  dessen  letztere  Alhaid  mit  ihrer 
Urabnfrau  Alhaid  verwechselte,  und  Letztere  sogar  zur  Königin 
umscbnf. 


—  ¥i   - 

—  Hier^  «owie  i.  J.  1269  geschieht  nun  die  erst^  Erwahnuiig 
der  DeiteehopdeBS-Ballei  in  Tirols  ^^  ^^  ungefähr  1268  zu  den 
bifltier  bestandenen  Comtureieo  zu  Bozen  und  Lengmoos  auch  die 
dritte  neuentsUmdene  ConUurei  zu  Sterzingeu,  und  selir  wahr- 
scheiulieh  auch  die  vierle,  aemlich  jene  von  Schianders,  obwohl 
aus  Abging  der  Urkunden  die  Zeit  nicht  bestimmt  nachgewiesen 
werden  kann  —  hinzugekommen,  mochte  der  Orden  für  goi 
haben,  das  Gesamaitgebiet  desselben  in  Tii-oi  selbststftndiger 
stellen  zu  kömien,  und  erhob  selbes  zum  Range  einer  eigenei| 
Bailei  mil  dem  Sitze  des  Baliei-Comlurs  zu  Bozen,  der  Wiege  des 
deutschen  Ordens  in  Tirol.  —  Vielleicht  mochte  zu  dieser  Erhe^ 
buttg,  sowie  überhaupt  zum  wachsenden  Ansehen  des  deutschen 
Ordens  in  Tirol  die  Erhebung  Heinrichs  U.  eines  Dentschordeos* 
Herren  und  Kaiser  Rudolfs  Prothonolars  zur  Würde  des  Bischofs 
von  Trient  (regierte  1274 — 1289)  wesentlich  beigetragen  haben; 
fortwührend  findet  man  Hitglieder  des  deutschen  Ordens  in 
Tirol  in  seiner  Nähe  und  mit  mancherlei  Geschäften  von  ihm 
betraut.  —  Am  18.  Jftnner  1275  zu  Bozen  übergibt  Bischof 
Heinrich  von  Trient  seinen  Palast  zu  Bozen  dem  Deutsohordeos^ 
Bruder  Albert  zur  Besorgung  mit  der  Vollmacht  alle  Rechte, 
welche  dem  Bischöfe  in  Bozen  zustehen,  zu  betreiben  und  zu 
empfangen.  QRep,  arch,  eputc.  Tt-idJ  —  Als  Kaiser  Rudolf 
den  Zwist  zwischen  Bischof  Heinrich  von  Trient  und  dem  Gra- 
fen Meinhard  von  Tirol  durch  Schiedspruch  dat.  Augsburg 
18.  Hai  1275  beizulegen  versuchte,  entschied  er  unter  anderm, 
Graf  Heij»hard  soll  die  von  ihm  besetzten  Schlösser  zu  Trient, 
Levigo,  Vulsana  und  Covalo  den  Deulschordens-Brfldern  über- 
geben, und  selbe  sie  bewachen  vom  Erlasse  dieses  Spruches 
bis  künftige  Uichaeli  über  ein  Jahr,  und  dann  nach  Vi^rhültniss 
dem  Bischöfe  oder  dem  Grafen  übergeben.  QHipolUi^  Monum. 
Ecci.  Trid.J  —  Ebenso  ward  beim  Dorfe  von  Bozen  am 
5.  August  1279,  als  der  Streit  aufs  neue  sich  entzündet,  von 
den  beiderseitig  erwühlten  Schiedsrichtern,  worunter  der  Bischof 
von  Feitre  und  Belluno ,  unter  anderm  entschieden  ;  wenn  es 
sich  in  Zukunft  um  Ernennung  von  Hauptleuten  für  den  Mons- 


—    41    — 

nd  Salzberg  hnMiie,  so  «oU  diess  der  EDtooheidiwg  des 
DeatsehordeBs-Comliirs  »istahtn.  Bei  dem  Spmclie  waren 
nebst  Andern  gegenwärtig :  Brvder  Heinrieb,  Dentschbans^-Comtnr 
xi  LengMoos  rad  Bruder  Conrad,  Capian  besagten  Huiaes. 
(mpoNH,  Man.  Eeel.  TridJ  —  Am  5.  Hai  1280  im  Henpi« 
taie  der  Deetsehardens-Brttder  bei  Boo^  in  Beisein  Wolframa, 
dea  Contiirs  besagten  Hauses  und  vieler  Edlen  belehnt  Bisehof 
HeiBricb  von  Trienl  den  Rudolf  von  Pormigar  mit  den  alten 
Familien-Leben  C^epert,  arch.  epise.  Tnif.J,  und  drei  Tage 
darauf,  am  8.  Mai  1280,  als  im  Bette  des  Talfer-Plusses  bei 
Boien  aufs  neue  Adelger,  Biscbof  von  Peltre  und  Belluno  nebet 
andern  Scbiedsriciitern  zwischen  Bischof  Heinrich  und  den  Gn-^ 
fen  Hefaihard  einen  Spruch  Anten ,  wird  am  Ende  gesprochen : 
aber  die  wechselseitig  einander  zugefflgten  Beschüdigungen 
und  Unbilden  sollten  zwei  Schiedsrichter,  eider  vom  Bischof, 
der  andere  vom  Grafen  zu  ernennen,  entscheiden;  als  Obmann 
sollte  Bmder  Wolfram  walten ;  könnten  jene  sich  nicht  einen, 
so  soll  ihm  allein  die  Entscheidnug  zustehen.  (SUiBÜhmUerei^ 
ÄreldvJ 

Wohl  nicht  ohne  Einfluss  von  Seite  des  Bischofs  Heinrich  II. 
von  Trient  sollten  seine  Ordensbrüder  in  Tirol  bald  darauf  zum 
Besitze  eines  neuen  Hauses  und  zwar  in  Wälschtirol  gelangen. 
Zmn  bessern  Versttfndniss  der  Sache  mttssen  wir  in  der  Zeit 
etwas  zurückgehen.  —  Im  Verlaufe  der  dreissiger  Jahre  des 
fSleii  Jahrhunderte  war  ein  Augustiner-Kloster  zu  Trient,  an« 
fangs  zur  hl.  Anna  genannt,  entstanden;  durch  Bulle  dat.  am 
Lateran  am  18.  Juni  1239  bestätigte  Papst  Gregor  IX.  dem 
Prior  und  dem  Convente  des  Klosters  zur  hl»  Anna,  dass  sie 
die  Regel  nach  der  Weise  der  Brüder  von  CampanoUa,  wie 
sie  der  ffischof  von  Trient  daselbst  eingeführt,  halten  sollen.  0.  A. 
Bald  jedoch  verschwand  die  Benennung :  Kloster  zur  hl.  Anna, 
und  es  erhielt  JEÜlgemein  den  Namen :  Kloster  zu  Maria  Krönung, 
laria  coronata.  —  Auf  Bitten  des  Priors  und  Convents  zu 
Naria  Krönung  zu  Trient  besttftigel  auch  durch  Bulle  dat.  Lyon 
am  18.  Pebraar  1244  Papst  Innocenz  IV. ,  dass  in  ihrem  Kloster, 


—  «  — 

weiches  nach  ihrer  Aagabe  eine  neue  Pflantung  sei,  die  Regel 
des  hl.  Augustin  naeh  des  Constilationen  der  Brider  stir  hdUg-* 
sten  Dreiemigkeit  von  Campagnola  in  der  Diöcese  von  Beggk), 
wie  selbe  der^  Bischof  von  TrienC  mit  Zustimmung  seines  Ca« 
pitels  daselbst  eingeführt ,  gehalten  werde.  0.  A.  —  Im  Ver-- 
laufe  des  nemh'chen  Jahres  bekam  diess  Kloster  zwei  bedeu-- 
leide  Schenkungen ;  nämlich  der  Bischof  von  Trient  schenkte 
ihm  das  Augustiner-Kloster  zur  hl.  Maria  Maiiha  zu  St.  Siamio 
(jetzt  St.  Zeno)  im  Nonsberge  sammt  allen  dazu  gehiVrigen 
Gdtern,  welches  ums  Jahr  1235  entstaucleu  und  von  Papst 
Gregor  IX.  durch  Bulle  dat.  Viterbo  am.  26.  April  1236  besH^ 
tigt  worden  war:  der  Bischof  von  Fellre  aber  vergabte  ihm 
das  Kloster  zum  hl.  Petrus  und  Bartholomäus  in  Waldo  be! 
Pergine '*').  In  Folge  dessen  bestätigte  Bertold,  Patriarch  von 
Aquileja,  durch  Urkunde  dat.  Verona  am  25.  Jänner  1245  die 
dem  Kloster  Maria  Krönung  zu  Trient  vom  Bischöfe  von  Trient 
gemachte  Schenkung  des  Klosters  zur  hl.  Maria  Martiia  sowie 
die  des  Bischofs  von  Fellre  mit  dem  Kloster  zum  hl.  Petrus 
und  Bartholomäus  zu  Waldo.  0.  A.  —  Durch  Bulle  dat.  Lyon 
am  li.  März  1245  bestätigte  Papst  Innocenz  IV.  dem  Augu* 
stiner-Kloster  Maria  Krönung  zu  Trient  die  Regel  des  beil. 
Augustin  sowie  alle  demselben  gemachten  Sclienkungen,  darunter 
besonders  die  der  Kirche  zur  hl.  Maria  Martha  im  Dorfe  des 
hl.  Sisinius  ini  Nonsberge  sammt  Zugehör,  sowie  die  der 
Kirche  der  hl.  Petrus  und  Bai1hok>mäus  zu  Waide  sammt  Gir* 


^)  Dieses  Kloster  bestand  schon  im  zwölften  Jahrhuudeile  unter 
der  Leitung  eines  Abtes  und  bewohnt  von  Mönchen  eines  uns 
unbekannten  Ordens.  In  nomine  Domiui  nostri  Jesu  Christi. 
Anno  ejusdem  Nativitatis  millesimo  centesimo  sexagesimo  sexto, 
Indict.  qu^rtadecima  tercia  Madii  in  Cenobio  Nonaehorum  de 
Waldo  apud  Burgum  Persiues  in  cubile  ubi  consuelum  est  con- 
venire  ad  adiinancias  pro  bono  publiio  Heclores  tocius  Com- 
munis in  presencia  D.  Teutwigi  Abbatis  u.  s.  w/  bevollmäch- 
tigten die  Bewohner  jener  Gegenden  mehrere  Abgeordnete  lein 
Schulz-  und  Trutzbündniss  mit  den  Vicentinern  abzuscbl Jessen 
gegen  den  Tyrannen  Gundobnid.  (Montebello,  yotizie  dello 
Valtu^ana,  ürk.  Nr.  HI) 


—    43    — 

teo  und  vier  Sennereieii ,  welche  der  Bisehof  timi  Feltre  dem* 
selben  geschenkt ,  ferner  dessen  Besilsnngen  so  Flavon  und 
Andnio,  und  gewfthrt  ihm  noch  viele  ImronniUlten  und  Privi* 
legien  gleich  jenen  dem  Hospitale  zo  Sterzingen  vom  nemlichen 
Pipsle  am  4.  December  tö52  gewährten.  C<Sf.  90  J  —  Am  11. 
■ai  1246  flberUisst  FieraoMt  von  Tramin  für  U  Solidi  dem 
Hrn.  Januarius,  Prior  von  Maria  Krönung,  zwei  Stücke  Ad^er- 
land  sammt  einem  Eiehenwäldehen  bei  Trient  käuflich.  0.  A. 
Kesen  Prior  Januarius  von  Maria  Krönung  finden  wir  sehr  oft 
im  Gefolge  des  Biscliofs  Egno  und  seines  Nachfolgers  Hein-- 
rieh  II.  von  Trient  in  verschiedenen  Gesehfiften  und  Gelegen- 
heiten. 

Aber  im  Verlaufe  der  Zeit  war  sein  Kloster  aus  verschie* 
denen  Ursachen  sehr  bedeutend  herabgefcommen ;  daher  trat  am 
30.  April  1283  in  der  Kirche  des  hL  Vigilius  zu  Trient  in 
Gegenwart  vieler  geistlichen  und  welrlichen  Zeugen  Bruder 
Januarius,  Prior  dieses  K|osters  zu  Maria  Krönung  mit  Bei- 
Stimmung  seiner  Mitbriider  Fridrich  und  Anton  vor  Bischof 
Heinrich  auf  und  brachte  vor ,  wie  er  schon  öfters  bei  Bischof 
Heinrieh  geklagt  Über  die  Armuth  und  den  Verfall  seines  Klo- 
sters und  um  barmherzige  Fürsorge  dagegen  gebeten;  er  erneuerte 
Jetzt  seine  Klagen:  wegen  der  hfiufigen  Kriege  und  offenbaren 
Gewalttbaten,  womit  die  Stadt  und  Diöcese  Trient  ifiglich  heim- 
gesucht worden,  theils  auch  wegen  seiner  Schwäche  und  Kränk- 
lichkeit vermöge  er  nicht  mehr  Kloster,  Kirche  und  Brüder 
geziemend  zu  leiten  und  aus  allsngrosser  Armuth  weder  sich 
noch  den  BrOdern  die  noihwendige  Kost  und  Kleidung  zu  ver^ 
schaffen,  und  bat  daher  den  Bischof,  er  möge  über  ihn,  seine 
Nitbreder,  ihr  Kloster  und  Güter  nach  seinem  Gutachten  ver- 
fügen. Nach  seinem  und  seiner  Mfthrtider  Brachten  wire  das 
geeignetste  Mittel,  dem  gänzlichen  Verfalle  des  Klosters  zuvor- 
zakommeii,  wenn  sie  selbes  dem  Landcotniur  und  den  Brti^ 
dem  des  deutschen  Ordens  der  BaUei  Bo%en  (praeceptori 
provineiah  et  fratribas  de  provincia  Balye  Bozanensis)  mit  Be- 
vollmächtlgang  des  Bischofs  und  Zustimmung  des  Capitels  fUr 


^^^'  ^        ^f^  ßls  Wögen  imd  um- 

1*^  ^j^,^,  ^  ^  Zugehör  erhalten^  du 

4*«^  ***'*!^^  ^'üJ*^  Eo^^^  verbessert  werden 
ßktki^g^  ^ütffa/  <«^*^.  "  giibräder  möge  dann  der  Bischof 
^'^^^^^'^^  '^  in.  -■  Nach  g^««B«  ««ieses  An- 


i  j^/aenf  ^^    .  ^  j«.  Uitfc/iof  mit  seinen  Capilel  ftttek* 
.^Pr^ra  oatUB  _        ..  ^         ... 

mdi 
p^  sofon         .^jj,j4u.  der  Deutschordens-Ballei  Bozen,   und 


^  J/eJ*"^  Ljg    (/IT    iJlfrWIVI     IIM«    Dt^lUliWI     Vapitf^     UUUlt^ 

^^^^  defi  ^^'^^jgte  bierBui  denselben.    Demzufolge  über- 


ußdge^ 


s^rMiB^     ^o^Qt  JaauMr'ms  dm  Bruder  Conrad  von  Tscheves 


^^^^.  ipr-Ärüder  Conrad ,  Comtur  des  deutschen  Hauses  «i 
die  es  im  N<u>^o  ^^  deu^chen  Hospitals  zu  Jerosatom 
hmen  ii^^o^^^'^  ""^  Kirche  Maria  KrOnung  in  der  Gasse  der 
PUme   St.  tfs"^  ^1^  Trient   sammt  Zugebör   und   allen  dazu 
g^chsmkua  o<'^''  erkauften  Gütern ,   besonders  jener  in  Campo 
Martii;  feraer  auch  das  dazu  geh^ige  Kloster  Maria  Krönung 
im  Noosbefge  sammt  allen  dazu  gehörigen  Rechten,  Besitzungen 
und  Zehenten  in  den  Pfarren  Tassui,  Flavon,  Enno  und  St.  Si«- 
siaio  mit  Ausnahme  der  Pfarre  Flavou,   welche  einst  Bischof 
Egno  auch  dem  Kloster  geschenkt;  diese  behielt  sich  Biscfa0f 
Heinrich  vor.    i,Da  hier  von  dem  Kloster  zu  Waido   bei  Per** 
gine  keine  Erwähnung  geschieht,   so  muss  es  schon  früher 
davon  weggekommen  oder  vielleicht  bei  den  wiederholten  ver- 
heerenden Einfüllen   des  Tyrannen  Ezeljn  ins  Yalsugana  zer- 
stört worden  seui).  —  Hierauf  verordnete  der  Bischof,  dass 
der  Landcomtur,  der  hiezu  auch  seine  Einwilligung  gab,  den 
Prior  bis  zu  seinem  Ende  im  Kloster  belassen   und  mit  allem 
Nöthigen  versehen  und  ihn  dort  in  seinem  Ordenskieide   und 
nach  seiner  Regel  leben   lassen  soll,  ausgenommen  er  wolle 
selbst  mit  päpstlicher  Dispens  in  den  deutschen  Orden  eintreten. 
Ebenso  soll  es  mit  deiisen  obgenannten  zwei  Mitbrüdern,  welche 
noch  nicht  Profess  abgelegt  haben,   gehalten  werden;   wollten 
etwan  selbe  oder  des  Priors  Neffe   Marcus   in  den  deutschen 
Orden  eintreten,  so  muss  selber  sie  aufnehmen»    —   Hierauf 
bestätigte  der  Bischof  die  Schenkung,  worauf  die  Ordensbrüder 
sich  verbindlich  machten,   znm  ewigen  Andenken  an  diese  von 


—    45    — 

der  Kircbe  von  Trient  erhaltene  Schenkung  jShriieh,  so  viel 
ihrer  zu  Trient  sich  befanden,  den  direntlichen  Processionen 
am  Lichtmess-,  Palm-,  Chr?sti-  und  Mai1ahiiiitne]ftihrts--Ta^ 
sieh  ttiznschliessen.  HienniP  setzte  sie  der  Bischof  selbst  in 
den  Besitz  des  Klosters  ein,  indem  er  ihnen  symbolisch  das 
Thor,  die  Thilren  und  die  SchlfTssel  des  Klosters  in  die  Hand 
gab  und  sie  damit  ölTnen  und  schliessen  hiess.  Dieser  Yer«* 
handlung  und  Uebergabe  Zeugen  waren  die  Herren :  Gbtschalk, 
Deean,  Odorich  der  Scholasticns ,  Eselin  von  Campo,  Werner^ 
Pfarrer  von  Tajo,  Ulrich  von  Campo,  fiisfimbert  von  Brentonico, 
Jacob,  Pfarrer  von  Hetz,  GisHmbert  von  Campo  und  Gandas, 
Sohn  Hm.  Tridentins  von  Campo ;  alle  diese  Domherren  von 
Trient,  femer  Fr.  Conrad,  Lecfor  der  mindern  Brüder  bei  Trient, 
und  dessen  Hitbmder  Gironient,  die  Herren  Vigil,  Sibolo,  Con- 
rad, Olrich  von  Sejano,  Peter  Longus  und  Fr.  Lipoid  der  Prie« 
ster,  GIslimbert,  Provisor  des  St.  Hartins^pitals  zu  Trient,^ 
Haynard,  Pfarrer  von  Cakem ,  Nioolaus  Spagnoll,  lichter, 
Robeus  und  Omniben  Magistri  physiconim,  Otto^  Martin  mid 
norian  Girologi;  ferner  die  Herren  Heinrich  von  Liechtenstahi, 
Porchard,  Sohn  weiland  Hm.  THdentms  Rabei,  Fino  von  Caldeg, 
Jechel  und  Bertolot  von  Bozen,  Conrad  von  Beseno,  Gisiimbert 
von  Enno,  Haynard,  Sohn  Tridentins  von  Gando,  Rizard  genannt 
Merlhi,  Sohn  Hrn.  Gabrids  de  Porta  um)  Arnold  von  Gaysso.  0.  A« 

So  hatte  ritin  die  Dentschordens-Ballei  in  Tirol  ein  neues 
Hans  Aberkommen,  welches  wahrscheinlich  alsogleich  zur  Com- 
torei  erhoben  wurde,  weil  wir  bald  darnach  einen  Comtur  da«- 
seihst  erblicken.  —  Merkwürdig  in  dieser  Uebergabsurkunde 
ist  noch,  dass  wir  hier  nach  achtz^ijfthrigem  Bestehen  des 
deutschen  Ordens  In  Tirol  das  erstemal  dem  Titel:  Lanth 
Comtur  der  BalM  Bozen  begegnen,  und  als  ersten  Inhaber 
dieser  Würde  den  Prlester**Bruder  Conrad  von  Tscheves  erblicken, 
sowie  einen  andern  Bruder  Conrad  als  eigenen  Comtur  des 
deotschen  Hauses  zu  Bozen. 

Traurige  Geschicke  trafen  den  Bisehof  Heinrich  das  fol- 
gende Jahr  1284.    In  Folge  der  beständigen   Reibungen  mit 


—    46    — 

Grafen  Meinhani  von  Tirol  sah  er  sieb  genOtkigl,   nach  kalieii 
zu  fluchten,  und  letzterer  brachte  es  dahin,  dass  ihm  der  Bischof 
die  weltliche  Verwaltung  seines  Fürstenthums  gegen  eine  jfthr« 
liehe  Pension    auf  4  Jahre  gflnxlich  abtreten  musste.    CAreh. 
Riv.  Verzeichn.  Ferd.  XIV.  9J  Zur  Besorgwig  seiner  Geld«- 
Angelegenheiten  bestellte  er  seine  Ordensbrüder  in  Tirol ;  durch 
Zuschrift   vom  18.  November  1384  oder  i385  bittet  Heinrich, 
Bischof  von  Trient  von  Bologna  aus  den  Hm,  von  Travqach, 
Decan  zu  Brixen,  er  möge   nach  Kräften  dahin  wiilien,  dass 
die  200  H.  B. ,  welche  Graf  Heinhard  von  Tirol  Ihm  vertrags-i. 
massig  auf  Andrei   auszahlen  soll,  seinen  Procuratoren ^  dem 
Landcomtur  oder  dem  Bruder  Conrad,  Priester  und  Comtur  zu 
Bozen  übergeben  werden.  C^orm.  Gesch.  r.  Tir.  Urk.  9i6.~J 
—  Am  12.  Jänner  1286  zu  Bozen  bekeiml  Heiorich  Pohehin, 
Diener  Hrn.  Gotschaiks  des  Decans  von  Trient  als  Procuralor 
des  Hrn.  Gabriels  de  Porla  von  Trient,  von  Fr.  Conrad  von 
Pradung  vom  deutschen  Hause  zu  Bozen   100  Pf.  B.  als  Ab« 
Zahlung  einer  Schuld,  welche  Bischof  Heinrich  von  Trient  besa^ 
\em  Hrn.  Gabriel  schuldete ,  erhalten<  zu  haben.    CBep.  arch. 
ep.  Trid.)  _  Am  12.  April  1287  zu  Trient  bekennen  Gel« 
schalk^  Decan  von  Trient  und  Gyrardus,  Abt  des  Sl.  Lorenz-^ 
Klosters  neben  dem  Trientner  Schlosse,  als  Commissarien  des 
für  die  Trientner  Diöcese  bestimmten  päpstlichen  2iehenlsammlers 
Christophs  von  Saiceano   von   dem  Bruder  Gotfrid,  Landcomtur 
der  Bailei  Bozen   500  Pf.  B.  in  neuen  Agiaiern-   und   alten 
Veroneser-Groschen ,   welche  der  Bischof  Heinrich   von  Trienl 
für  diess  Jahr   dem  Papste  als  Zehent  von .  den  500  M.  B. 
seines  jährlichen  Einkommens  zahlen  sollte,  ausbezahlt  erhalten 
zu  haben.   —   Der  Landcomtur  Gotfrid  bekannte  obenerwähnte 
500  H.  B.   im  Namen  des  Bischofs  wirklieh  in  zwei  Ralen^ 
nemlich  300  M.  B«  am  Lorenzitag  und  die  übrigen  200  M.  B. 
am  Andrei-Tag  (vom  Grafen  Heinhard)  empfi^igen  zu  haben.  0.  A. 
Aus  obigen  Urkunden  geht  nun  deutlich  hervor,  dass  Bischof 
Heinrich    während  seiner  mehrjährigen    unfreiwilligen^    durch 
Grafen  Heinhards  IL  von  Tirol  gewaltthätige  Massregeln  heitei- 


—    47    — 

leiUirlm  Abwesenheit  ven  seuieiil  Biilbimie  die  Deulaehordens. 
Brffder  su  Proearaloren  seiner  fiiakänfte  erwäUt  habe;  aber  es 
Iftsst  sich  tttch  daraas  die  Summe,  nemlioh  fiOO  M.  B.  jibrlteti, 
genau  beslimmoi)  fOr  welche  Bischof  Heiarich. dem  Grafen  von 
Tirol  die  welliiche  Verwaltdng  seines  Ffinstenlharos  auf  4  Jahre, 
4284—1288,  nothgezwongen  abgetreten  hatte. 

WArend  aber  Graf  Heinhard  von  Tirol  und  Götz  dem 
Dentschordens-Brodor  auf  dem  biseh^ichen  Stuhle  von  Trient 
so  arg  mitspielte,  zeigte  er  dessen  Milferüdern  in  der  Bailei 
Boxen  fortwährend  die  ihnen  frtther  zugesagte  Gunst  und  scheint 
nneb  grosses  Vertrmien  auf  sie  gesetzt  zu  haben;  denn  in 
seinen  beständigen  Fehden  vertraute  er  ihnen  sogar  die  Be* 
wachung  seines  Schlusses  Stein  am  Ritten  an  und  der  Deutsch- 
Ordens-Meister  Burkhard  von  Schwanden  sandte  auf  des  Grafen 
Bitte  den  Bruder  Gotfrid  von  jStanfen  und  viele  Ordensbrüder 
als  Besntznqg  dorthin,  und  Hemhivd  stellte  ihnen  zu  Griess  am 
2ö.  Jlnvember  1288  dankbar  das  rtfhmliche  Zeugniss  aus,  dass 
ne  sieh  in  Bewachung  des  ihnen  anvertrauten  Schlosses  und 
seiner  Sachen  sehr  wachsam  und  klug  bewiesen ,  so  dass  sie 
dafür  allgemein  gerithmt  zu  werden  verdienten;  nun  hiltten  sie 
ihm  selbes  zurückgestellt  und  er  verheisse  ihnen  dafür  zum 
Dnnke  seine  besondere  Gunst  und  Freundschaft.  0.  A.  Und 
wirklich  halte  er  ihnen  schon  kurz  zuvor  einen  Beweis  davon 
gegeben,  indem  er  dem  deutschen  Hause  zu  Sterzingen  durch 
IMuade  dat.  zu  Reilensla'm  am  Ende  Juni  1288  völlige  Zoll- 
freiheit für  seine  Weine  und  Lebensmittel  sowie  für  die  24 
Fuder  Salz,  welche,  sie  aus  dem  Pfannhause  im  Innthal  empfan- 
gen sollen,  ertheille.  (BurffiechnerJ.  Ja  er  ertheilte  auch 
allen  Häusern  der  Bailei  Bozen  Zollfreiheit  für  ihre  Lebens- 
mittel, nemlich  Salz,  Getreide,  Oel,  Wein  und  dergleichen, 
welciie  sie  entweder  aus  ihren  eigenen  Gütern  ziehen  oder  zu 
ihrer  Nothdurft  erkaufen ;  welche  Zollbefreiung  ihnen  auch  sfiäter 
dessen  Sohn,  ües^og  Otto,  mit  Urkunde  dat.  Zenoberg  am 
21.  Mai  1296  bestätigte  und  zwar  mit  der  Bemerkung:  ec 
wolle  in  die  Fussstapfen  seines  verewigten  Vaters  treten,  der 


den  Brtidern  des  deitseim  Ordens  mh  besondtrar  Zmetgonf 
xqgetkan  gewesen.  0.  A.  —  Die  Aiifrichtigkeil  seiner  Ver* 
heissung  bewies  Hensog  Otto  aoch  bald  darauf  dadurch,  daas 
er  den  Deatschordens-*  Brtidern  jenes  besondere  Prifilegüun 
bestätigte,  welches  ihnen  sein  Valer  gewährt  hatte,  vermttge 
welchem  sie  nicht  gehalten  sein  striiten  m  seinem  ganzen  Ge- 
biete weder  vor  einem  Richter  oder  Offkial  noch  vor  nrgend 
einem  andern  Menschen  au  Gericht  lu  erscheinen  in  was  imnMr 
für  einer  Angelegenheit,  ausser  vor  ihm  selbst  oder  einen 
geisilichen  Richter;  soHte  Jemand  wagen,  diens  von  ihnen  au 
fordern,  so  soll  er  wissen,  dass  er  dem  Heraog  aelbst  diese 
Beleidigung  lufUge.  Gegeben  su  Griess  am  25.  November 
1296.  0.  A. 

Der  früher  erwfthnte  Swiker  von  Reichenberg  hatte  eken 
Sohn,  Namens  Urele  hinterlassen;  aus  Armuth  begab  sich  dieser 
im  Jahr  i292  ins  deutsche  Haus  zu  Schlanders;  später  fiel  er 
gleicherweise  (wie  einst  sein  Vater)  das  Ktoster  Mariaberg  im 
Vinstgau  mit  Rauben  an  und  suchte  selbes  sogar  in  BtusA  zu 
stecken,  ward  aber  von  einem  Herrn  von  Matsch  nii  einem 
Pfeile  erschossen.   C^arof  SUlieh  v.  WolkenHein^  i4.  Bück.) 

Nene  Vergabungen  erhielt  der  deutsche  Orden  in  Tirol  um 
diese  Zeit.  —  Zur  Verwaltung  der  dem  deotsohen  Haose  zu 
Sterzing  im  Jahre  1269  geschenkten  St.  Peters  Gapdle  bei 
St.  Pauls  und  der  dazu  gehörigen  Gater  stellte  der  Orden  einen 
Bruder  als  stfindigen  Provisor  und  Aufseher  dahin;  im  Jahr 
1294  verwaltete  diess  Amt  Bruder  Uebelin.  Diesem  vermachte 
Frau  Alhaid,  Tochter  weiland  Peringers  von  Eppan  zur  Capelle 
des  hl.  Petrus  am  10.  Jflnner  1294  ein  Weingut,  anderthalb 
Jauch  Acker  und  em  Stflck  Grund  sammt  darauf  stehenden 
Gebäuden,  und  den  fünften  Theil  einer  Wiese,  was  sie  von 
ihrem  Vater  ererbt  und  femer  noch,  was  ihr  durch  den  Tod 
ihrer  Mutter  zuftdlen  würde ;  jedoch  unter  Vorbehalt  des  lebens* 
länglichen  Nutzgenusses;  einsweilen  aber  versprach  sie  zum 
Zeichen  der  Schenkung  jährlich  benannter  Capelle  ein  Staar 
Getreide  davon  zu  Zinsen.   O.  A.  —  Am  19.  November  12OT 


fthenkt  Hr.  Wilhelm  von  Velturns  tu  Gunsten  des  deutschen 
Hauses  zu  Lengmoos  in  die  Hunde  Brader  Hartmanns,  Land- 
Comtors  der  Bailei  zu  Bozen,  den  Barchehof  zn  Yeltomff  unter 
der  Bedingung,  das^t  er  lebenslünglich  den  Nutzgenuss  davon 
aefaen  dürfe,  wofOr  er  dem  Hause  zu  Lengmoos  zum  Zeichen 
seines  Eigenthamsrechtes  jiihrtich  eine  Gelle  Oel  zu  Zinsen  ver- 
spricht. Dafar  soll  der  Orden  gehalten  sein,  falls  er  im  Bis- 
thnme  Brixen  oder  Trient  nicht  mehr  als  zwei  Tagreisen  von 
einem  Ordensbause  stirbt,  seinen  Leichnam  nach  Lengmoos  zu 
überbringen  und  daselbst  in  seines  Vaters  und  seiner  Ahnen 
Graft  beizusetzen  und  für  ihn  wie  fflr  einen  Ordensbruder  den 
Seelengoftesdtenst  und  einen  Jahrtag  zu  halten.  Zur  Bekräf- 
tigung der  Urkunde  hftngt  daran  sein  Siegel  der  Geber  und 
dessen  Bruder  Hauk  von  Velturns;  Zeugen  dessen:  Bruder 
Johann  von  Chempten,  Fridrich  der  Schulmeister  zu  Brixen, 
Aebel  der  Hdbezieben  u.  a.  m.  0.  A.  —  Am  20.  Jfinner  1299 
schenkte  der  edle  Albero  von  Wanga  dem  Bruder  Hartmann 
von  Hülenstain,  Landcomtnr  der  deutschen  Häuser  im  Gebirge, 
im  Namen  des  deutschen  Hauses  bei  Bozen  das  ihm  zugehörige 
Patronatsrecht  der  Pfarre  Wangen^  (^tA.  Samthem  u.  0.  A.^ 

Hit  dem  Abschlüsse  des  dreizehnten  Jahrhunderts  ist  auch 
das  erste  Sacolnm  des  Bestehens  des  deutschen  Ordens  in  Tirol 
abgesddossen.  —  Zur  Vermeidung  grösserer  Verwirrung  wer- 
den wir  die  Beitrüge  zur  Geschichte  der  Comende  Sterzing,  fflr 
welche  reicfaliebere»i  Materiale  vorlag,  von  jetzt  angefangen  in 
einem  eigenen  Nachtrage  liefern. . 

Herzog  Otto,  Graf  von  Tirol,  urkundet  zu  Griess  am  6. 
Mftrz  1303,  dass  nachdem  er  seinen  hörigen  Hann  Ulrich  Vraz 
freigdassen,  selben  die  Deutschordens-Brflder  der  Baltei  Bozen 
m  den  Orden  aufgenommen  und  dieser  mit  seines  Bruders  Con« 
nd  Vraz  Bewilligung  dem  deutschen  Hause  einen  Hof,  geoannl 
in  Holz,  bei  Merans  im  Gerichte  Hülbach  geschenkt,  den  sie 
TOB  seinen  Voreltern  und  ihm  zu  Lehen  getragen;  zu  Gunsten 
des  Ordens  stdie  er  von  jedem  Lehensherm-Rechte  auf  diesen 
Hof  ab  und  fiberiasse  selben  dem  Orden  als  freies  Eigenthum« 

4 


-    50    «^ 

Zeugen  dessen:  Heinrich  voa  RagOQia,  erwiflinter  CHnrad  Vras 
und  Heinrich  Uasenrieder,  0.  A. 

Am  29.  Juni  1302  schliefst  Bruder  Conrad,  Comtur  d^ 
deutschen  Hauses  zu  Trient,  mit  Adelhaid  und  deren  Gemahl 
Johann  von  PrimOr  einen  Erbpachtvertrag  tther  mehrere  Grond^ 
stüelte  ab.  6.  A.  —  Im  nftmlichen  Jahr  1302  belsennt  Hr.  Jacob 
von  Rotenburg  dem  Grafen  Reimprecht  von  Flavon  1200  Pf.  B. 
zu  schulden;  davon  schuf  der  Graf  die  HiUfte  dem  deutschen 
Hause  zu  Trient.  C^dwt%archk>.  BegUtJ}  —  Am  27«  Octo- 
her  1302  im  deutschen  Hause  zu  Bozen  am.  EisaclL  in  Gegen- 
wart des  Priesterbruders  Conrad  von  Aichach  und  Bruder  Ulrichs 
von  HOnchen  vertauscht  Bruder  Conrad  von  Schiverstftt,  Laie 
und  Landcomtur  der  Bailei  Bozen,  und  Brüder  Heinrich  von 
Eschenbach ,  Laie  aus  der  Comende  Sterzing ,  im  Namen  der- 
selben an  Hainzo  Benditensun  von  Gurlan  den  Madozz-Aclier  zu 
Gurlan  gegen  einen  Acker  zu  Bppan  in  der  Gegend  genanirt :  in 
der  Naudr ;  grenzt  daran  Fridrich  Gonazell ,  Walch  aus  Nons- 
berg.  0.  A;  —  Am  nemlichen  Tage  und  Orte  verleihen  die- 
selben im  Namen  der  Comende  Sterzing  dem  Ulin  Ghoppo 
von  Pignagä  m  der  Pfarre  Eppan  3  Stück  Weingut  in  der  obem 
Gleive  in  der  Pfarre  Eppan  zu  Erbpacht  gegen  jährlichen  Zins 
von  6  Thm  Wein  ins  Haus  ist  deutschen  Brüder  zu  Eppan 
zu  liefern,  2  Fastnachthtthner  und  zu  Ostern  1  Kitz  and  30 
Bier.  0.  A.  —  Am  22.  April  1303  im  deutschen  Hause  bei 
Bozen  in  Gegenwart  des  Bruder  Ulrichs  von  MOnehen,  Christan'a' 
von  Prandiez  bestätiget  Bruder  Conrad  von  Gundelfiagen,  Land- 
Comtur  und  Comtur  der  deutschen  Häuser  za  Bozen,  Lengmoos 
und  Sterzingen,  den  Verkauf  eines  dem  Orden  lehenbaren 
Ackers  in  Gennan  durch  die  Brüder  Peroktold  und  Ganrad 
Tysner  an  einen  gewissen  WHhelm.  C^farr^Arch.  in  TUens.y 
Und  am  2.  Jänner  1304  im  dentschen  Hanse  bei  Bozen  ia 
Gegenwart  der  Ordensbrüder  Heinrichs  von  Alldoff,  des  Priesters 
Jacobs  von  Caneich,  Ulrichs  von  Manchen,  verleiht  Bnider 
Conrad  von  Schiverstät,  Landcomtmr  der  Ballei  Boaen,  dem 
Bruder  Oyemo  Ezze  von  Ytnkeren  zu  Erbrecht  ein  Häuschen. 


-    51    — 

und  WeiDSlflGke  xu  Vintier^n,  genannt  aaf  der  Eben,  gegen  jdir- 
liehen  Zins  Ton  halben  Wein,  zn  Weihnachten  zwei  Schwein- 
schnltern,  zwei  Fastnachtshflhner  und  zu  Ostern  ein  Kitz  Und 
30  Eier.  0.  A. 

Die  Leute  der  Pfarre  Schlanders,  welche  die  St.  Michael»- 
Capelle  auf  dem  FHedbofe  daselbst  hinter  der  Pfarrkirche  erbaut 
hatten,  übergeben  am  9.  April  1304  dem  Landcomtur  der  Bailei 
Bozen,  Conrad  von  Schlverstät  und  dem  Bruder  Conrad  von 
Aychaeh,  Deutscbordensherm  und  Pfarrer  zu  Schlanders,  den 
Obermarainhof  daselbst  gegen  die  Yerbindlichkeit ,  dass  das 
deutsche  Haus  daselbst  wöchentlich  die  Lesotig  dreier  Messen 
in  derselben  besolde.  C-^^^^  ^^  SchlandersJ  —  Hatte 
Hr.  Wilhelm  von  Yeltums  im  Jahre  1297  bei  seiner  Sebeftkung 
seines  Barkhofes  zu  Veltnms  an  den  Orden  sich  den  lebens- 
länglichen Nutzgenuss  vorbehalten,  so  ttbergab  er  selben  nun 
noch  vor  seinem  Tode  am  18.  März  1306  in  die  Hfinde  des 
Landcomturs  Conrad  von  Schiverstftt  für  das  deutsche  Haus  zu 
Lengmoos  zu  seinem  und  seiner  Vorfahren  Seelenheil.  0.  A.  — 
Zn  Lock  am  4.  December  1307  trägt  Bmicbo,  Bischof  von 
Freisingen,  seinem  Capitel  auf,  es  soll  in  dem  Streite  des 
Comtnrs  und  der  Deutschordens-Brflder  zu  Lengmoos  gegen 
die  Bauleute  der  der  Kirche  von  Freisingen  zagehOrigen  Be-> 
Sitzungen  auf  dem  Berge  Perbyon  (Barbian)  in  der  Pfarre 
Tfflanders  einschreiten.    C^ang^  haierische  RegestJ) 

Herzogs  Meinhard,  Grafen  von  Tirol,  Söhne  gaben  foriwäh-* 
reod  Bevfeise,  dass  dessen  Gunst  gegen  den  deutschen  Orden  auf 
sie  sich  vererbt ;  so  gewährten  zu  Griess  am  8.  Februar  1307 
die  Gebrflder  Otto  und  Heinrich,  Herzoge  von  Kärnten  und  Grafen 
von  Tirol  den  Deutschordens-Brttdern  das  Privilegium,  dass  wo 
ifluner  in  ihrem  Gebiete  selbe  insgesammt  oder  dmzeln  oder 
deren  Abgeordnete  vor  ihren  Richtern  erschienen  und  gegen 
Edle  oder  wen  immer  Recht  förderten,  selbe  ihnen  ohne  Ver-^ 
iftgernng  rolle  Gerechtigkeit  gewähren  sollten,  wani«  oder  wie 
sie  oder  ihre  Sachwaller  das  veriangten ,  und  in  diesem  Falle 
fiSr  Adeliche  nicht  die  Ausflucht  gelten  sollte,  dass  sie  nur  vov 

4* 


i 


—    52    — 

dem  Landesgerichte  (judicio  provioeiali)  Rede  za  stehen  gehal 
ten  wären.   0.  A.  —  Eben  so  gewogen  gegen  sie  zeigte  sich 
auch  des  Herzogs  Otto  Gemahh'n   Ofmia  oder  Euphemia,    eine 
geborne  Prinzessin  von  Bresslau;  am  1.  Februar  1307  zu  Leng- 
moos urkundet  selbe,  da  das  Gericht  in  der  Pfarre  Wangen  als 
Eigenthnm  in  ihre  Hände  gekommen,  so  bestätige  sie  mit  Zu« 
Stimmung  ihres  Gemahls ,  des  Herzogs  Otto ,  wegen  ihrer  auf- 
richtigen Gunst,   die  sie   gegen  die  Deotschordens-Brüder  und 
besonders  Jene  zu  Lengmoos  hege,   denselben  das  Patronats- 
recht  der  Pfarre  Wangen,   welches  im  Jahre  1299  der  edle 
Hr.  Albero  von  Wanga   dem  gewesenen  Landcomtur  der  Ballel 
im  Gebirge,  Hartmann  von  Hiflenstain,  geschenkt.  0.  A.   Durch 
eine  andere  Urkunde  dat.  Tirol  am  15.  Juni  1309  nimmt,  die- 
selbe Herzogin  Ofmia  alle  Brüder  des  deutschen  Ordens,  beson- 
ders aber  die  des  deutschen  Haoses  zu  Bozen  in  ihrem  Gebiete 
in  ihren  Schutz,   und  verspricht   selbe   gegen  alle  Unbild   und 
ungerechten  Angriffe    kräftigst  zu   verlheidigen ,   und   gewährt 
ihnen  die  besondere  Gunst,  dass  sie  vor  keinem  Richter  oder 
Official,  oder  wem  immer  i|nd  wegen  was  immer  für  einer  Sache 
zu  Recht  zu  stehen  gehalten  sein  sollten,  es  sei  denn  vor  ihrem 
Gemahle,  dem  Herzoge  Otto,  oder  vor  geistlichem  Gerichte.  0.  A. 
—  Auch  sogar  die  verwandten  Grafen  von  Görz  Yheilten  sich 
in  dieser  Gunst  gegen  den  deutschen  Orden ;   Heinrich ,  Graf 
von  Görz  und  Tirol,   in  Anbetracht,  dass   sem  Vater  Albrecht 
und    auch    sein    Oheim    Herzog    Melnhard    den    Brüdern  -  des 
deutschen«  Ordens  besonders  gewogen  gewesen  und  auch  sein 
Geschwisterkind   Herzog  Otto   noch  diese  Gunst  gegen   selbe' 
hege,   gewährt  ihnen  am   18.  September  1308  zu  Bozen   im 
Kreuzgange  der  Dominicaner,  nachdem  er  dessen  Freiheitsbrief 
gelesen,   dieselbe   Zollfreiheit  auch   in  seinem  Gebiete  für  ihr 
Getreide,  Wein,  Oel,  Salz  und  dergleichen,  was  sie  für  ihre 
Häuser  bedürfen ,  sei  es  nun  Erzeqgniss  ihrer  Güter  oder  an- 
gekauft.   Dess  sind  Zeugen:    die  Ritter   Volker  und   Chello, 
Nicolaus    von    Eberstein,    GaUus    und    Heinrich    von    Welfs- 
perch.  0.  A. 


—    53    — 

Am  13.  Hai  1309  zu  Trient  im  Domchore  machen  die 
Ton  dem  Cardinal^Legalen  dazu  bevollmächkigteD  Herren :  Peter, 
Abt  zum  hl.  Lorenz  bei  Trient,  nnd  Gislinibert  von  Campo, 
Dondecan ,  nnter  Beistand  des  Bruders  Gisalbert  von  Schlesien, 
Dentschordens-Brudecs,  Heinrichs  des  Erzprieslers  von  Calavino, 
und  beinahe  aller  Prtflaten  und  Pfarrer  der  Diöcese  Trient  einen 
Anschlag  aller  und  jeder  B^nefieien  in  der  Diöcese  Trient  und 
deren  Binkflnfte,  am  darnach  den  Beitrag  zur  pftpstlichen  Steuer 
zu  bemessen.  Da  ergab  sich,  dass  die  Einkflnfte  aller  Pfarren, 
Benefieien  und  Ho^pHlQer  in  der  Diöcese  Trient  —  mit  Aus- 
nahme der  deutschen  Häuser  üi  derselben.  —  2706  Hark  Berner 
betrügen,  vrflhrend  die  der  deutschen  Häuser  nur  in  der  Diöcese 
Trient,  mit  Ausschluss  derer  in  den  Diöcesen  Brixen  und  Cbur 
auf  300  Hark  Bemer  angeschlagen  wurden.  QUipolUi^  Mon. 
Eeci.  TridJ 

Langwieriger  Zank  und  Hader,  der  sogar  zu  Unbilden, 
Temnglimpfungen  und  Belästigungen  von  Seite  der  EmwQhner 
von  Bozen  gegen  die  Deutschordens-Brüder  im  Hause  jenseits 
des  Eisacks  geführt,  hatte  seit  einiger  Zeit  obgewaltet  zwischen 
den  letztem  und  den  erstem  wegen  des  Eigenthumsrechtes  eini- 
ger Grundstacke  bei  dem  deutschen  Hause;  endlich  wurde  selber 
aaf  friedliche  Weise  durch  Schiedsspruch  wechselseitig  gewählter 
friedlicher  ThAdinger  beigelegt.  Am  15.  Joli  1309  in  der 
St.  Nioolanskircbe  zu  Bozen  in  Gegenwart  der  ehrenwerthen 
Minner:  Hrn.  Pridrich's,  Bonaventara's ,  Paldewin's  von  Inni- 
cken  und  Gerold's,  alle  Gesellpriester  der  Pfarre  Bozen,  auch 
der  bescheidenen  Ißinner  Cunrad  Mayser,  Christan's  Sohn  des 
Hra.  PrantochV  Jaudes ,  Albert's,  des  Schulmeisters  zu  Bozen, 
Peter's  and- Rudolfs  der  Zöllner  an  der  Zollstange  und  vieler 
Anderer  entscheiden  die  el|renwerthen  Hänner:  Ritter  Heinrich 
der  Lengensteiaer  zu  Bozen ,  Prantoch  Jaudes ,  Reinold,  statio- 
narius  md  Ulrich  der  Haier  von  St.  Afra,  welche  von  Herrn 
Bruder  Liupold  von  Windingen,  Landcomtur  des  deutschen 
Hauses  bei  Bozen  einer-  und  der  Gemeinde  aller  Bfirger  und 
Lrate    des  Bezirks  Bozen    andererseits  zur  Beendigung  aller 


—    B4    — 

Streitifkeiten  wegen  dem  Benta  mehrerer  LlegeotfchaOen  und 
Grundstücke,  die  der  Gemeiode  Bösen  gehörten,  und  beim 
deutschen  Hause  jenseits  des  Eisacks  lagen,  als  freundliche 
Thftdinger  erwählt  worden  waren.  Diese  vier  Httnner  sprachen 
nach  reiflicher  Ueberiegung  und  auch  eingeholtem  Gutachten 
rechtschaifener  und  verstfindiger  Männer,  Gott  den  Allmächtigen 
Tor  Augen  habend,  nachdem  sie  seinen  hl.  Namen  angerufen, 
folgendermassen :  Bruder  Leupdd  und  dessen  Nachfolger  sollen 
die  Gemeinde  Bozen  im  Besitze  jenes  Territoriums,  welches 
unterhalb  des  deutschen  Hauses  von  der  Badstube  desselbea 
längs  einer  Wasserleitung  gegen  den  Eisaek  zu  und  auch  gegen 
die  Strasse,  die  naeh  Haslach  führt,  herauf  liegt,  so  wie  es 
durch  gewisse  Zeichen  abgesteckt  ist  und  oifenbar  der  Ge- 
meinde gehört,  nicht  stören  unter  Strafe  von  50  M.  B.  Hin- 
gegen soll  das  deutsche  Haus  das  ganze  Territorium,  welchen 
mit  einem  Zaune  eingefangen  ist  und  gegen  das  deutsche  Haus 
zugeht  und  worauf  das  deutsche  Haus,  dessen  Badslnbe,  Garten, 
Weingüter  und  Bäume  stehen,  und  so  auch  unterhalb  der  Bad^ 
Stube  läng«  des  flussern  Wassereanais ,  der  gegen  den  Etsack 
hinfliesst,  bis  zu  jenem  grossen  Weidenbaume,  an  dem  eis 
bestimmtes  Zekhen  angebracht  ist,  —  wie  es  durch  den  Zann 
und  die  darin  gepflanzten  Weidenbäume  umschtosnen  ist  uad 
der  Breite  nach  bis  zum  Berge  sich  ausdehnt  bis  zum  andern 
Wassercanal  ab  volles  Eigealhum  besitzen  und  damit  machnB 
kitamen,  wie  mit  andern  freien  Gütern,  welche  sie  von  der 
der  Gemeinde  Bozen  erkauft,  —  ohne  Einspruch  der  Gemelwle 
Bozen.  —  Die  Thädinger  versprechen  auch  dahin  zu  wirken, 
dasn  die  Sindlker  und  Anwälte  der  Gemeinde  Bozen,  nämlieb 
Jacob  Lausso  und  Dietmar  Pensar  erwähntes  Grundstück  dem 
deutschen  Hause  als  völliges  Eigenthum  käuflich  überlassen 
und  versprechen,  sie  darin  zu  schützen,  auch  eine  öffentliche 
Urkunde  darüber  ausfertigen  und  selbe  dtnxh  das  Siegel  des 
Herzogs  Otto  und  seines  Bruders  Heinrich,  Königs  von  Böhmen 
und  der  Gemeinde  Bozen  bekräftigen  zu  lassen.  —  Dafür  soll 
der   erwähnte  Landcomtnr  der  Gemeinde  Bonen  ftr  das  ttktr. 


-  »  — 

iassene  ffigendramsRcbt  des  fraglichen  Gnmdslttcks  40  H.  B. 
als  Kaafsgeld  in  zwei  Terminen  aaUen.  Die  Thfldinger  ver* 
spreehen  anch  dafflr  zu  sorgen,  dass  die  Deulsehordens^Brüder 
nnler  der  Strafe  Ton  50  M»  B.  weder  vom  Herzoge  noch  von 
der  Herzogin  einen  Brief  oder  Bolhen  erlangen ,  dorch  welche 
erwähnte  Kanfsamme  herabgesetzt  oder  der  Gemeinde  ein  Nach- 
Iheil  erwachsen  könnte,  nnd  desswegen  sollen  die  deutschen 
Brflder  fflr  diesen  Fall  auf  alle  geistliche  und  weltliche  Rechte 
nnd  auch  auf  alle  ihre  Frelhettsbriefe  nnd  Privilegien  von 
fipsten  und  Kaisem  verzichten.  —  Ueberdies  behalten  sich  die 
Thidinger  noch  bis  Martini  vor,  Aber  ailenfall»  sich  erhebende 
Zweifel  und  Zweideutigkeiten  zu  entscheiden.  Hierauf  geneh- 
migt der  erwähnte  Landcomtur  mit  Zustimmung  der  Ordens« 
Brflder  und  Priester:  Caloch,  Comlur  zu  Bterzing,  Cunrad, 
Comtnr  zu  Schlanders,  Giselbrecht,  Gomtur  zu  Trient,  Rein«* 
rieh  Klieber,  Comtur  zu  Lengmoos,  Hathäus  von  Whidischgrazä 
des  Priesters,  und  Ulrichs  von  Manchen  nlle  obigen  Entsebei-» 
dangen,  und  verzeiht  alle  Unbilden,  Beleidigungen  und  Be^ 
listigungen,  welche  ihm  und  seinen  Brüdern  von  der  Gemeinde 
Bozen  oder  von  einzelnen  Personen  derselben  zugefügt  wör« 
den.  0.  A«  —  Zehn  Tage  darauf  bekennen  in  dem  Widum 
ier  Harfenpfarrkirche  zu  Bozen  in  Gegenwart  obgenannter 
l>rarschordeiis^Br(ider  nnd  der  Herren :  Eberlin,  Sohn  des  Ritters 
Randold  von  Bozen  seligen,  Albreehts  von  Hnselach,  Wlgelin 
von  Niderhnusen^  Prantoehs  Jaudes  und  seines  Sohnes  Arnold, 
Berfeids  von  St.  Hipolito  im  Nonsberg,  Jacob  Rabeis  von  Fk^^ 
renz,  Albert  Walich  von  Cagnd,  Christen,  Sohn  des  erwflhatenf 
Pnmtock*0 ,  Heinrieh  von  Fram  von  Rillen  und  Dietrichs  eines 
Blutsverwandten  des  Heinrichs  von  Lengenstain,  —  Jaeob  Laiisso 
Ar  sieh  und  seinen  Genossen  Dietmar  Pensar  als  Syndicus  und 
Anwalt  der  Gemeinde  Bozen  mit  Zustimmung  der  Herren  Eber» 
htrd  von  Furmian  nnd  Uschlin,  Sohn  des  Ritters  Hngo  von 
IMerlhor  seligen,  beide  Richter  zn  Bozen,  und  Anton^s,  des 
Steüverlreters  FHdricb's  des  Rielifers  zu  Griess ,  alle  drei  von 
Renog  Otto  nnfgentellt  und  mit  Zustimmung  der  Gesehwomen 


'—    56    —        V 

von  Bozen,  nemUeh  des  Ritters  Heinrich  von  Lengensteio, 
Reinold  stationarius,  Ulrich  Gluemagen,  Albertin  Reiver,  Ulrich 
des  Haiers  von  St.  Afra  des  jungem,  Fridrichs  Vinteler  u.  a.  m. 
im  Namen  der  ganzen  Gemeinde  oben  ausgesprochene  Kaufs* 
Summe  von  50  H.  B.  vom  Landcomtur  Leupold  empfangen  zu 
haben,  quittlren  ihn  hieroit  und  fiberlassen  dem  Orden  oben- 
erwähntes  Territorium  als  unbestrittenes  Eigenthum.  0.  A.  E^ 
hängt  an  dieser  Urkunde  das  einzige  bisher  bekannte  ältere 
Siegel  des  damaligen  Marktes  Bozen. 

Am  11.  Februar  1311  im  Deutschordensbause  bd  Bozen 
in  Gegenwart  Hm.  Heinrichs  genannt  Pfarrer,  Heinrichs  von 
Youcbwang,  Conrads  von  Bozen,  der  Priester-Brttder  desselben 
Hauses,  Heinrichs  des  Priesters  von  Lengmoos,  Bruder  Hehl- 
richs  von  Sterzingen,  Bruder  Hartmanns  und  Bruder  Gerlodis 
des  Keilners  daselbst  u.  a.  m.  verkauft  Reimprecht  Sclef  und 
dessen  Gemahlin  Halhaidis  von  Sterzingen  dem  Herrn  Heinrich, 
Comtur  zu  Lengmoos,  ffir  100  Pf.  B.  den  Sleygehof  auf  dem 
Ritten  zum  freien  Eigenthum.   (yliTi^.  OandeggJ 

Kaum  hatte  Herzog  Heinrich  von  Tirol,  Titularkönig  von 
Böhmen  und  Polen,  nach  dem  Tode  semes  Bruders,  des  Herzogs 
Otto,  die  Regierung  TiroJs  angetreten,  als  auch  er  d^m  deutschen 
Orden  seine  Gunst  bezeugte,  indem  er  durch  Urkunde  dat.  Griess 
am  8.  März  1311  den  Deutschordens-Bradern  nicht  nur  das  von 
seinem  Vater  Heinhard  gegebene  und  von  seinem  Bruder  Otto 
erneute  Privilegium,  dass  selbe  nicht  gehalten  sein  sollten,  vor 
Jemand  zu  Gericht  zu  erscheinen,  als  vor  dem  Landesfflrsten 
oder  einem  geistlichen  Richter  —  bestättigte,  sondern  aus  beson- 
derer Gunst  dasselbe  auch  dahin  erweiterte,  dass  sie  selbst  vor 
ihm  oder  seinen  eigens  dazu  bestellten  Stellvertretern  nirgends 
anderswo  als  nur  zu  Tirol,  im  Schlosse  St*  Zenoberg,  zu 
Meran  oder  zu  Mais  zu  Gerichte  zu  erscheinen  schuldig  sein 
sollten,  selbst  dann  nicht,  wenn  er  in  eigener  Person  zu  Bozen 
beim  Landesgerichte  (in  judicio  provmciali)  den  Vorsitz  fährte. 
—  Sollten  sie  wegen  was  immer  fttr  einer  Sache  vor  ihm  oder 
seinem  eigens  hiezu  bestellten  Stellvertreter  an  jenen  vier  (ktea 


—    57    - 

vor  Gericht  erscheinen  müssen,  so  soDen  weder  Bürger  noch 
tndere  gemeine  Leute,  sondem  nor  Adeliche  oder  seine  Hini- 
Sterinen  das  Drtheil  ffillen.    0.  A. 

Dass  das  deutsche  Haus  xu  Bozen  schon  um  diese  Zeit 
hedealende  Besittongen  in  dem  darch  trefflichen  Weinwschs 
herlAmten  Siebenaich ,  wo  der  Orden  noch  seine  grösste  Be*  ^ 
sitanng  hat,.  —  gehabt  habe,  geht  aus  einer  Urkunde  vom  ' 
Jahre  13i3  hervor,  mdem  am  18.  Februar  dieses  Jahres  vor 
dem  Hause  der  Deutschordens^Brttder  daselbst  Bruder  Leupold 
von  Wemdingen,  Landcomtur  der  Bailei  Bozen,  dem  Heinrich 
Koveler  von  Rumsein  ein  Stück  Berg  in  der  Pfarre  Torlan  * 
dierhalb  Siebenaich,  im  Orte  Siebenecke  genannt,  zu  ewigem 
Erhbaorecht  verleiht,  mit  dem  Gedinge,  dasselbe  innerhalb  iO 
Jahren  mit  Reben  zu  bepflanzen ;  während  dieser  Zeit  hat  selber 
jihriich  nur  zwei  Hennen  zu  Zinsen  nach  Marktrecht;  nach 
deren  Verlauf  aber  jjihriich  die  Hülfte  des  daselbst  erzeugten 
Weines.  0.  A.  —  Am  3*  December  1314  erkairft  Bruder 
Unpold  von  Wemdingen,  Landcomtur  der  BaJlei  in  den  Diöcesen 
Trient,  Brixen  und  Cur,  von  Hm.  Bertold  von  Aur,  Sohn  weiland 
des  Ritters  Christan ,  gewesten  Richters  zum  Stein  iim  Ritten, 
fär  das  deutsche  H^us  zu  Lengmoos  um  40  M.  B.  den  Rize- 
vdder  Hof  zu  Lengmoos  in  der  Pfarre  Unne ,  welcher  Jiihrllch 
20  Pf.  B  ,  zu  Weihnachten  zwei  Schwdnschultem ,  in  der 
Fiblnaeht  zwei  gute  Hühner  und  zu  Ostern  ein  gutes  Kitz  und 
30  Eier  zinst.  Der  Verkäufer  sowohl  als  dessen  Schwager 
(sofforinus)  Otto  yom  Dorfe  Tirol  versprechen  den  Orden  im 
Besitze  des  Erkauften  zn  beschützen.  Dess  sind  Zeugen:  -die 
vier  Dentschordens^Brflder :  Heinrich  von  Hühren  und  Martin  von 
Meisen,  beide  Priester,  und  die  Brüder  Johann  von  Wfirzburg 
und  Heinrich  von  München ;  ferner  die  Gebrüder  Otto .  und 
AebeKn  von  Haselach.  0.  A.  Zwei  Tage  darauf  bestätiget 
vor  den  nemüchen  Zeugen  diesen  Verkauf  Hr.  Ottolin,  Sohn 
des  Verkflttfers  und  bekennt,  dass  die  Verkaufssumme  zu  sei- 
neai  und  seiner  Schwestern  Nutzen  verwendet  worden.  0.  A.  — 
Im  4.  Uß  1316  im  Mairiiofe  St.  Afra  zu  Bozen  in  Gegenwart 


-    68    - 

der  DeutschordeiM-Brttder:  Heiorichs  von  Mähren,  Prieslers 
und  Rudi^er's  von  Altsheim,  Hm.  Ulrichs  des  Ibiers  von 
St.  Afra  und  dessen  Sohnes  Chnnzlin ,  der  Brtider  Adam  und 
Diether  von  Tschaams,  Rablins  von  Severs,  Cmirads  ChOlbel 
von  Severs  erkauft  der  nemliche  Landcomtar  Leopold  von 
Wendmgen  fflr  16  H.  B/  von  Engelwize,  der  Toehter  weifaind 
Heinrichs  von  Tschaums^  ein  Stilk  Weingut  tu  Tschatms  sammt 
daraus  fliessendem  Wein-  und  Getreidezins«   0.  A. 

1317  am  24.  November  im  deutschen  Hause  bei  Bösen 
sendet  Conrad  Zeltinger  in  die  Hflnde  des  Priesters  Mathttas, 
Comturs  des  deutschen  Hauses  bei  Bozen,  einen  Hof  sammt 
Aeckem  und  WeinsUicken  zu  Zaumes  auf  zu  Gunsten  Heinrichs 
von  Zaumes ,  worauf  der  Comtur  mit  Zustimmung  der  Ordens- 
Brüder  Fridriehs  von  Speier  und  Heinrichs  von  Mähren,  der 
Priester  und  des  Heinrichs  von  Bozen  des  Kellners  letzlieni 
damit  belehnt  unter  der  Bedingung,  dass  er  Innerhalb  6  Jahren 
das  ganze  Gut  mit  Reben  bepflanze  vnd  jährlich  davon  halb 
Wein ,  zu  Fastnacht  2  Hühner  und  zu  Ostern  1  Kitz  und  SO 
Eier  zinse ;  unbeschadet  des  Zinses  von  10  Pf.  B. ,  der  jtfhr* 
lieh  dem  Hrn.  Bertold,  Propst  des  Klosters  in  der  Ane  davofl 
gereicht  werden  soll.   0.  A. 

Am  13.  August  1319  im  Schlosse  Lizaaa  machte  der 
reiche  Wilhelm  von  Casteibarco  sein  Testament;  darin  ver- 
Macht  er  sein  zweitbestes  Pferd  den  Brüdern  des  deul^hen 
Hauses  su  Bozen,  nnd  zu  Testamentsvollstreckern  bestimmte 
er  den  JewdUgen  Comtur  des  deutschen  Hauses  zu  Bozen  nebst 
zwei  Dominicanern,  einen  Minoriten  nnd  seinen  Nefen  Hm.  AI«- 
driget  von  Casteibarco;  widersetzten  sich  einige  seiner  Erben 
seiner  Disposition,  so  soll  deren  Theil  den  Übrigen  £rben  zu- 
fallen; wären  aber  alle  Erben  damit  unzufrieden,  so  sdl  dl« 
Hälfte  seiner  ganzen  Verlassenschaft  dem  Bischöfe  von  Trieni 
und  die  andere  Hülfte  den  Brüdern  des  deutschen  Ordens  ztt- 
Mlen  u.  s.  w.  fJ.  A.  v.  Brandis,  Oesch.  der  Landep^ 
haupileuteJ) 

Am   12.  December  1319  zu  Bezen  beim  Friedhofe  der 


—    59    — 

Ihrienpfarrkirche  dem  hl.  delst-Spitale  gegenüber,  in  Gegen* 
wart  der  Herren  i  Otta  TOn  Haseiberg ,  Usohim  von  Niderthor, 
Sohn  des  Ritters  Hugo  seligen  u.  a.  m.  treten  Hr.  Wilhdm 
TOB  Liechtenstein  und  Paul  der  Horetscher  ats  Erben  weiland 
Hm.  Rvlands,  Sohnes  der  Frau  Beatrix  ab  der  Sehale  seligen 
die  Hfilfte  des  Hubenhofs  in  der  Pfarre  Chelier  gelegen  ober- 
halb Griess,  welchen  Hr.  Hilpolt  T<m  Curneit  baut  und  der 
den  deutschen  Herren  wegen  Nichtzahlung  des  Pachtschillings 
recfadich  rerfiEdlen^  in  die  Hfinde  des  Deutscbordens-Bruders 
Fridricfas  von  Speier  ab^  der  diese  Aufsendung  im  Namen  des 
Bmders  Dielrich  von  THer,  Landcoraturs  der  BsHei  Bozen  an- 
■Hkwit  O.  A.  —  Im  Friedhofe  der  Dominicaner  zu  Bozen 
ivohnt  am  9.  December  1320  Bruder  Dietrich  von  Trier,  Land- 
Comtur  der  ^deutschen  Httuser»  mit  den  Rittern  Heinrich  von 
A«fenslein  und  Gotschalk,  Richter  von  Egna,  der  Belehnung 
Heinrichs  von  Niderthor  mit  einem  Garten  in  der  Wanger-- 
Gasse  zu  Bozen  durch  König  Heinrich  bei.  C^^^-  Oande^stO 
Ebctt  diesem  Landcomtur  Dietrich  von  Trier  schenkt  am 
i«  Angast  1323  König  Heinrich  aus  Gunst  gegen  den  Orden 
tberhanpC  und  insbesondere  gegen  erwähnten  Landcomtur  auf 
dessen  Bitte  einen  seiner  HitaigAv,  Heinrich  genannt  Vogel  zu 
Epptn ,  sanunt  allen  demselben  gehörigen  Gütern.  0.  A. 

Im  lahre  1325  Hess  Fr.  Conrad  von  Uzerstal,  Ord.  Cisterz. 
Gepieraincar  und  Stellvertreter  des  Bischofs  Heinrich  von  Trient, 
eine  new  Aubeiehmmg  aller  Zinse  des  Stiftes  Trient  in  der 
gaozen  Diöcese.  anfertigen;  dabei  befand  sich  auch  Bruder 
Dielrieh  von  Trier,  Landcomtur  der  Ballei  Bozen  im  Gebirge 
■ad  dier  Moser  in  der ,  Lombardei ,  io  Italien ,  Apulien  und 
Sicilieo,  so#ie  Bnrder  Herman  de  Bestivalis,  Destschhaos* 
Coüitar  zu  Trient  drc.    (Repert  areh,  ep.  Trid.) 

Im  Schlosse  Tirol  am  22.  Juat  1328  sdienkt  König  Hern- 
rieh  ms  Liebe  zu  Gott  und  Zuneigung  zum  deutsehen  Orden 
seiBeni  getreuen  Heinrich  von  Reichenberg,  weil  sefber  in  den 
deutschen  Orden  eintreten  will,  die  Freiheit.  0.  A.  Dass  selber 
wirklich   ie  den   deotschen  Orden  eingetreten,   beweist  eine 


Urkunde  vom  30.  Juli  1329,  Teriaöge  welcher  im  Thale  Täu- 
fers auf  Schloss  Reichenberg  die  Herren  Urde  und  Swiker 
von  Reichenberg,  Sohne  des  Hm.  Heinrichs,  Ritters  des  iesat- 
sehen  Ordens,  sowie  die  Herren  Swiker  und  Johann,  Söhne 
weiland  Hm.  Lorenzen  von  Reichenberg,  dem  Johann  von  Slu- 
derns  ein  Weingut  zu  Castelbell  fflr  jli)irllchen  Zins  von 
40  Pf.  3.  verleihen.  C^^^  TaranUbergO 

Im  Jahre  1330  bekennen  die  Herren :  Gothard  der  Sebner 
und  Schwfin  der  Rubeiner  als  YormUnder  der  Kinder  Herrn 
Heinrichs  von  Yelturns  seligen,  dass  Hr.  Arnold  von  Vdtums, 
der  Trostberger  genannt,  dem  deutschen  Hause  zu  Lengmoos 
zu  einem  rechten  Seelgerfithe  60  M.  B.  guter  Münz  auf  vier 
seiner  Weinhöfe  vermacht  habe.  0.  A«  —  Am  22.  Jflnner  1333 
in  Gegenwart  Hm.  Berlolds  des  Erzpriesters  im  Vlnstgau  und 
Pfarrers  zu  TschengJs  u.  a.  m.  übergeben  die  Bevollmächtigten 
der  Pfarrgemeinde  Schlanders  nnd  Cortsch  dem  Bruder  Gotfried 
von  Hflnberg,  Landcomtur  der  Bailei  Bozen,  und  dem  Bruder 
Mathftus  von  Kftroten,  Comtnr  und  Pfarrer  zu  Schiander« 
70  M.  B.  gegen  die  Verbindlichkeit,  dass  die  Comende  da- 
selbst nebst  jenen  drei  schon  am  9.  April  1304  gestifteten 
Wochenmessen  in  der  St.  Hichaels-Capelle  auf  dem  Friedhofe 
daselbst  noch  wöchentlich  drei  andere  Messen  und  jeden  Sonn- 
tag die  FrOhmesse  zu  St.  Gervasi  und  Protasi  in  ihrer  Haus- 
Capelle  daselbst  auf  weltewige  Zeiten  besorge.  Dess .  zum 
Unterpfand  setzt  der  Orden  den  ihm  gehörigen  Chemnatbof  zu 
Schlanders.   0.  A. 

Nicht  uninteressant  ist  das  Zinsboch  des  deutschen  Hauses 
zu  Schlanders,  geschrieben  im  Jahre  1334  zu  Weihnachten  zu 
den  Zeiten  Hathftusen  des  Gomturs ;  es  gibt  uns  einen  ziemlich 
deutlichen  Aufschluss  über  die  damaligen  nicht  unansehnlichen 
Einkünfte  dieser  Comende  zu  Schlanders,  Kortsch,  Las,  Pruck, 
Geflan,  Horter,  Tflss,  Camps  auf  dem  Sonneaberg,  zu  Yorchach, 
Walchenthal,  Tyltttsch,  Zirming,  Ober-Vezan,  Pradatsch,  Ron- 
tisch, Runschill,  zu  St.  Horizien  nnd  in  Hartell;  nemlich  975 
Mutt  Roggen,  46 H.  Walzen,  TOM.  Gerste,  88  Htthner,  137 


—    61    — 

Sehott  Kikse,  12  Sehott  Schmalz,  26  Schweinschaltern,  24  Kitse, 

5  Castrtane,   1  Lamm,  1  Schweia,  460  Eier,  4  Gellen  Oel, 

6  Ihm  Wein  ond  von  6  WeinMQckeD  Halbwein ,  in  Geld  142 
Pr.  B.  «id  60  Schillinge,  dazu  noch  44  Pf.  B.  za  Geding 
mid  3  Pf.  B.  im  Sehaltjahre,  ferner  5  Pfund  Wachs  und  2 
Brode  zu  Weihnachten,  2  Wasserhauen  oder  i  Pf.  B.  und 
eine  gewöhnliche  Haue  oder  4  Zwanziger;  zudem  jedes  Schalt- 
jahr aus  dem  Thale  Harteli  jeder  Hof  eine  Gais,  welche  17 
SchiUiDge  werth  sein  soll,  zusammen  14  Gaise,  und  jfthrlich 
40  Schillinge  Schweinzehent.  —  Der  Caplan  zu  Las  gibt  vom 
kleinen  Zehent  zu  Ostern  4  Kitz  und  3  SUIrl  Senb  und  zu 
St.  HarCBsmesse  15  Pf.  B.  zu  Collect  und  3  Pf.  B.  im  Schalt- 
jahre; der  Hessner  von  Alitze  'gibt  12  Hutt  Roggen  upd  3 
Dienst  den  Caplfinen  und  Schillern;  der  Messner  zu  St.  Mau- 
ritien  sdl  geben  dem  Plarrer  oder  seinen  Gesdien  und  einem 
SehOler  mit  2-  Rossen  Morgens  und  Nachts  und  ihnen  ehrlich 
dienen,  und  dafür  fallen  von  seinem  Zinse  von  15  Mutt  Roggen 
3  Malt  weg.  CEhemaUye»  Archiv  im  KeUeranU  zu  Hieran.) 

Am  Freitag  vor  Marifi  Geburt  1336  erlaubt  Bischof  Albrecht 
von  Brixen  dem  Aebtin  von  HStsch  seiner  treuen  Dienste  vegen, 
die  selber  Ihm  und  dem  Stifte  geleistet,  die  Gflter,  welche  er 
von  ihm  und  seinem  Stifte  zu  Lehen  trflgt,  wo  immer  sie 
gelegen,  zu  kirchlichen  Zwecken  verschenken  zu  dürfen.  0.  A. 
— •  Da  diese  Urkunde  im  Besitze  des  deutschen. Oi;dens  ist,  ^o 
nag  wohl  dieser  Aeblin  von  Platsch  obige  Güter  demselben 
gescfamikt  haben. 

Während  dem  war  der  bisherige  Landcomtur  Bruder  Got- 
firid  von  Hittberg  im  Jahre  1334  von  seinem  Amte  ab-  und  in 
die  besefaeidenere  Stelinng  eines  Comturs  zu  Sterzing  eingetre- 
ten; im  Jahre  1336  zu  Eppan  im  Hause  der  deutschen  Brüder 
In  Gegenwart  Hrn.  Gotfrids  von  Hünberg,  Comturs  zu  Sterzing 
bekennt  Cudzl  Frizle  von  demselben  einige  Güter  zu  Erbrecht 
erhalten  zu  haben,  überlSsst  nun  aber  diess  mit  dessen  Geneh- 
mignng  ans  Gddnoth  käuflich  an  Hrn.  Ulrich  Rathgeb,  dem 
HnsfireMüd^    Herrn   Conrads  von  Schennan   und   Freund    der 


—    62    — 

deatsehen  Brüder.  C^rch.  TarantsbergJ  —  An  des  Brader 
Gotfrids  Stelle  war  Bruder  Albreeht,  Herzog  von  Brannschweig, 
im  Jahre  1334  als  Landcorotur^m  Gebirge  an  der  Etsch  und 
in  Lamparien  (Lombardei)  eingetreten;  in  den  Jahren  1339, 
1340  und  1341  Hess  selber  als  solcher  mehrere  filtere  pfips^ 
liehe  Bullen,  den  deutschen  Orden  betreffend ,  von  öifentlidien 
Notaren  abschreiben.   0.  A. 

Am  13.  März  1339  bei  Boxen  im  deutschen  Hause  an  der 
Eisackbräcke  bekennt  Barllmfi  Dietrici  von  Eben  dem  Bruder 
Heinrich,  Kellner  des  deutschen  Hanses,  10  Ihm  Wein  ver- 
sessenen Zins  zu  schulden,  und  verspricht  selben  in  drei  Ter- 
minen zu  leisten;  dafür  stellt  sich  als  Btirge  Chrisian,  Gerichts- 
Bote  zu  Ritten.   0.  A. 

Reichlich  bedachte  noch  sterbend  Ofmia,  die  Witwe  des 
Herzogs  Otto  von  Kärnthen  und  Gräfin  zu  Tirol  die  Deutsch- 
ordens-Brüder,  denen  sie  schon  früher  so  manche  Gunst  erwie- 
sen, indem  sk  in  ihrem  am  26.  Mffrz  1347  im  Schlosse  Ried 
gemachten  Testamente  dem  Deutschherren-Orden  im  Lande  über- 
haupt 100  lll.  B.  und.  dem  Hause  zu  Lengmoos  insbesondere 
noch  10  M.  B.  vermachte.   (_Slatth,'-Arehiff,^ 

Ums  Jahr  1350  oder  1351  war  Bruder  Hans  Nothhafl 
als  Landcomtur  der  Ballei  an  der  Etsch  eingetreten;  er  begann 
eine  strenge  Untersuchung  der  Yerwahung  der  Comenden  und 
dabei  zeigte  sich  manche  faule  Wunde;  in  Folge  dessen 
berichten  er  und  die  Pfleger  der  deutschen  Hfiiil)er  besagter 
Ballei  an  Bruder  Heinrich  Tuzmar,  Hochmeister  des  destecben 
Ordens:  sie  hatten  am  St.  Severinstag  1351  Capitel  gehalten 
und  mit  der  filtesten  und  der  besten  Brüder  der  Ballei  Raih 
den  Bruder  Heinrich  von  Zipplingen,  Comtur  und  Pfarrer  zu 
Sterzingen,  seines  Amtes  entsetzt,  weil  er  sein  Haus  mil  einer 
Schuld  von  62  M.  8  Pf.  B,  beladen;  ebenso  noch  den  Broder 
Bernhard,  Hauscomtur  zu  Bozen,  der  ebenfeNs  sein  Hans  in 
50  M.  B.  Schulden  gesetzt;  dazu  habe  keiner  von  beiden  fr 
seinen>  Hause  die  nothwendigen  Lebensmittel  noch  Kleidung 
zurückgelassen  und  sie  besorgen  sehr,  sie  m<testef  ihr  Brh« 


r 


—  es  — 

und  ihr  Eigenthmn  ?erluiaf«i,  wenn  sie  diess  einbring«»  wollten ; 
bitten  ihn  also  um  Weisung,  was  sie  in  diesem  Falle  %n  thun 
bfttten.  Ferners  berichten  sie  ihm,  die  deutschen  Hfioser  zu 
Lengmoos,  zu  Sehianders  und  zu  Trienk  hätten  sie  ohne  Schul- 
den beftinden.  Dabei  sind  gewesen:  der  Hauscomtar  und  der 
Phnrer  von:  Lengnoos,  der  Comtur  zn  Sehianders  samml  dem 
Pfarrer  daselbst,  der  Gomtnr  zn  Trienl  und  andere  Brdder  der 
Ballek  C^Mih.-^ArehicJ 

Am  St  Yineenten-Tag  1353  bestellt  Ofmia,  Äbtissin  von 
Chiemsee,  den  geisilichen  und  festen  Ritter  Burkhart,  Oentsch- 
Ordens-Gomtsr  zu  Lengmoos  als  Gerhri>ett  des  Sohnes  des 
verslorbenen  Ganders,  ihres  Kloster-Ackermanns  zu  Snffank 
(SilFian.)  C^antm.  Boiea,  IL  B,  Urk.  60  J  —  Am  Hitt-- 
woeh  nach  Dreifaltigkeit  1354  erlaubt  der  Deutschmeister 
Wolfram  von  Nellenbarg  dem  Bruder  Johann  von  Nothad,  Land** 
Comtur  der  Ballei  m  Tirol ,  von  dem  Ordenshaase  Ganghofen 
Goter  zu  kaufen  and  In  dem  Ordenshause  zu  Regensbnrg  damit 
einen  Jahrtag  zn  stiften;  es  wird  darin  auch  dessen  Bruders 
Conrads  des  Nothafts  von  Haylsberg  erwähnt.  0«  A.  —  Dieser 
Hans  Nothaft  trat  als  Landeomtur  im  Frtibjahre  1366  ab  und 
Meb  einfMJi  Comlur  des  Hauses  zu  Bocen;  am  11.  Augast  1357 
bekennen  Fridrich  der  Auer  und  dessen  Gemahlin  Elspet ,  dass 
ihnen  ihr  Schwager  Johann  der  NoAaft,  Comtur  zu  Bozen, 
semen  halben  WOcUi  zu  Regensbnrg^  oberhalb  der  Donaubrficke 
fiberiasnan  habe  mit  der  Bedingung,  so  länge  er  lebe,  von  der 
ans  diesem  Wörih  entölenden  Gttlt  jährlich  16  Va  SehiUmg  zu 
geben.  (^Freibergy  haui$ehe  Reffwlen»)  —  An  semer  Steife 
ab  Landc<MDtur  war  bereits  im  Jahre  1356  Egno ,  Graf  von 
Tibingen  eingetreten;  am  Samstag  nach  Allerheibgen  1356  im 
Srhlasae  Tirol  bestätiget  Ludwig ,  Markgraf  von  Brandenburg, 
Graf  von  Tirol  dem  Grafen  Egnoi  von  Tübingen ,  Landeomtur 
zn  Bozen  und  den  BiMem  dieter  BaUei  alle  ihre  rechten  Briefe 
nai  Gnaden,  so  sie  von  seinen  Vorfahren  überkommen«  0.  A. 
Am  Hontag  nnch  Maria  Geburt  1356  urkundet  Ghunz  in  der 
Bkan^  dans  er  ^em  deutschen  Banse  zu  Lengmoos  znm  Heile 


—    64    — 

seiner  Seele  sein  Weinet  in  der  Eben,  die  Leite  gdieissen, 
welches  morgenthalben  an  des  Pnintsbergers  Gnt  grüntt, 
geschenkt,  unter  der  Bedingung,  dass  selbes  ihm  und  seinen 
Erben  wieder  zu  Erbiehen  gegen  jährlichen  Zins  von  2  Ihm 
Wein  gegeben  werde;  dafür  soll  der  Orden  jährlich  Rir  sein 
und  seiner  Vorftitem  Seelenheil  3  Messen  halten  lassen,  so 
lange  der  Zins  geleistet  wird.  Daran  hfingt  sein  S^el  Johann 
der  Sparrenberger.  0*  A.  —  Am  Erchtag  nach  St.  Veitstag 
1360  zu  Bozen  bdiennt  Hr.  Bertold  von  Gufidaun,  dass  er  dem 
ehrsamen  Hanne  Bruder  Egelolf  von  Lyerhahn,  Comtur  zu  Leng- 
moos, anstatt  des  deutschen  Hauses  zu  Lengmoos  40  H.  B. 
zahlen  soll^  wegen  des  letzten  Yermächlnisses  weiland  Herrn 
Amolts  des  Trosibergers  von  Veltums;  diese  Summe  welle  er 
abzahlen  die  Hftlfte  in  Geld  auf  kttofiigeLorenzI  und  die  andere 
Hälfte  auf  Weihnachten,  und  setzt  dafttr  zum  Pfand  alle  seine 
Güter  auf  dem  Ritten ;  diese  mag  der  Orden  verkaufen  nach 
Pfandrecht,  wenn  er  nicht  zahle.   CßtiUthn^Archiv.') 

Im  Jahre  1361  wurden  auf  Befehl  Philipps  von  Bokeburg, 
des  Hochmeisters  des  Ordens,  12  Ordens-Balleien ,  darunter 
auch  die  an  der  Etsch  durch  Ordenspersonen  visitirt  C^UUth.^ 
Arehifs.)  —  Am  27.  November  1362  sendet  Heinrich  von 
Covalo  in  die  Hände  des  Hrn.  Bruders  Hegenolf  von  Uenm, 
Comturs  und  Rectors  des  deutschen  Hauses  der  hl.  Elisabeth 
zu  Trient  ein  Stück  Weingut  in  der  Gegend  von  Trient,  weiches 
ad  Roverdnm  heisst,  auf.  (Archiv  im  SehioMe  Thutm.) 

Am  Sonntag,  am  Ebeid>ich-Tag  (1.  Jftnner)  4363  in 
äcUosse  Tirol  bestätigt  Meinhard,  Harkgraf  von  Brandenburg, 
Graf  von  Tirol,  in  Ansehung  der  treuen  Dienste^  welche  der 
edle  Graf  Egen  von  Tübingen,  Landcomtur  zu  Bozen  seinem 
Vater  Ludwig  oft  und  dick  erwiesen,  den  Deutschordens-Brti^ 
dem  alle  ihre  Freiheitsbriefe  mit  dien  Puncten  und  Artikeln.  0.  A. 
—  Dieser  Graf  Egen  von  Tübingen,  Landcomtur  zu  Bozen, 
befand  sich  auch  unter  den  neun  tiroltschen  Landherren  und 
Ruthen,  denen  sich  Margret,  Gräfin  von  Tirol,  nach  dem  Tode 
ihres  Sohnes  IHeinhard  HL    am  16.  Jürnier  1363  au  Bozen 


—    65    -^ 

irersiArieb,  ohne  deren  Wissen  and  Willen  Nichts,  was  die 
BttTsehaft  oder  den  Hof  zu  Tirol  angeht ,  mit  Jemanden  tu 
handeln.  C^ratutts^  Oeseh.  der  LandeshauptietUe  S.  90.) 
—  Er  scheint  aber  auch  der  einzige  Uneigennttlzige  anter 
diesen  H>blichra  Rfithen  gewesen  sa  sein,  der  diesen  Ein* 
foss  nicht  za  seinen  oder  des  Ordens  Gunsten  ausbeutete,  wie 
die  Andern,  welche  sieh  Ton  der  Gräflo  Margret  mit  ansehn- 
lidien  Gaben  und  Gnaden  bedenken  Hessen,  da  wir  keine  Ur- 
kunde irgend  einer  Vergabung  aa  ihn  ßnden;  daher  er  auch 
nlcfai  wie  die  Andern  von  Herzog  Radolf  IV.  ▼onOesterreich, 
als  dieser  die  Regierung  des  Landes  nbemommen,  zur  Rechen- 
schaft gezogen  und  gebflsst  wurde"^,  sondern  vielmehr  bei  ihm 
in  Gnaden  stand.  —  Die  an  die  Herzoge  Ton  Oesterreich 
geschehene  Verschreibung  des  Landes  Tirol  durch  die  Grüftn 
Margreth  am  25.  Jaoner  1363  zu  Bozen  unterzeichnete  und 
besiegelte  Egno  von  Tübingen,  Landcomtur  zuerst.  CBrandi», 
Gesch.  der  Lande»haupiieute  S.  99, ) 

Zu  Brixen  am  St.  Dorotheen-Tag  1363  urkundet  Erzherzog 
Rudolph  lY.  von  Oesterreich  icc.  Graf  von  Tirol ,  dass  sein 
lieber  Oheim,  Graf  Egen  von  Tuwing,  Landcomtur  des  deut- 
schen Ordens  an  der  Etsch  zu  ihm'  gekommen  und  ihn  als 
nächsten  Erben  und  Grafen  von  Tirol  gebeten ,  alle  Freiheiten, 
BrieTe,  Handfesten  and  Rechte  des  Hauses  zu  Bozen  und  aller 
Hinser  des  deutschen  Ordens  in  seiner  Bailei,  wie  sie  selbe 
von  den  frühem  Fürsten  von  Tirol,  besonders  von  Ludwig, 
Markgraf  von  Brandenburg,  Markgraf  Meinhard  und  von  der 
Gräfin  Margret  aberkommen,  zu  bestätigen,  was  er  auch  hiemit 
fflr  sich  and  seine  Brüder  thne.  (Orafv.  Artz'eches  Archiv.) 
—  Im  Jahre  darauf  wurden  die  ])etttschordens-.Brflder  der 
Bailei  wieder  von  pfipstllchen  Collectoren  um  Beisteuer  geplagt; 
gestützt  auf  ihre  Privilegien  wendeten  sie  sich  klagend  an  den 
hpsl  ürban  V.,  welcher  von  Avignon  aus  am  11.  November 
1364  an  Adrian,  Cardioalpriesler  aum  hl.  Marcellus  und  pfipst- 
Kchen  Legaten  ein  Schreiben  erlless  de^  Inhalts:  die  Deutsch^ 
Ordeps-Comtare  za  Bozen  und  Lengmoos  hätten  sich  bei  ihm 

5 


—    66    — 

beklagt,  iu»  obwohl  die  OeQfaickofdeiidiflaser  bisher  nie  zu 
den  Sammliugeo  der  päpaäichea  Legaten  beigetragen ,  dennoch 
einige  feiner  Sammler,  besonders  Philipp  von  Laibach,  Pfarrer 
von  Janvttchan  und  Yicar  des  Bischofs  von  Trient,  sie  zu  dietier 
Beisteuer  zwingen  wollten;  er  trage  ihm  demnach  auf,  falls  er 
diese  Angaben  wahr  befinden  würde,  Jenen  Collectoren  ernstlich 
zu  gebieten,  von  jeder  Steuerforderung  an  die  Deutschordens- 
Brflder  abzustehen.  0.  A«  —  Am  21.  April  des  folgenden 
Jahres  1365  zu  Bozen  im  deutschen  Hause  fertigt  der  Offent* 
liehe  Notar  Fridrich  aus  Oesterreich  ad  requisitionem  magoifici 
et  religiosi  viri  Fr.  Egnonis  de  Tawbin,  Praeceptoris  domas 
Theotoaicae  in  Bozano  eine  legale  Abschrift  dieser  Urkunde  in 
Beisein  des  Bischofs  Johann  von  Briien,  Johanns  des  Propsts, 
sowie  Heinrichs  von  Preiberg  und  Ezlins  von  Enn ,  Domherrn 
von  Brixen*  0.  A.  Und  eben  derselbe  eine  andere  eines  Pri«- 
vilegiums  Kaiser  Fridrichs  IL  datirt  Tnrent  im  April  1221 
ad  petitionem  et  requisitionem  D.  Egnonis  Gomitis  de  Tew* 
hingen  provmcialis  domorum  et  locorum  Ord.  S.  Mmiae  tbeo- 
tonicorum  in  CSomitatu  Tirolensi  et  D.  Perchtoldi  Gomitis  de 
Sulz,  Gomendttoris  in  Lengenmoos.  0.  A. —  Beide  dieser 
Deutschordens-Brflder  erscheinen  am  Pflnztag  nach  AUerheiiigen 
1365  zn  Heran,  in  der  nemlichen  Wurde  als  Zeugen»  wi^ 
Herzog  Leopold  dem  Fridrich  von  Greifenstein  f<tr  seine  Aus^ 
gaben  wegen  des  Krieges  gen  Baiern  und  was  auf  den  Krieg 
gen  Fkidua  gegangen  ist,  all  die  weil  der  ehegenannte  Greifen- 
Steiner  das  Gotteshaus  zu  Trient  inne  gehabt,  nemlich  1835  M.  B., 
die  Veste  Pergine  verpfiindeU  C^oUecL  SpergsJ  —  Bald 
darauf  verschwindet  dieser  Egen  von  Tabingen  als  Laadcomtur 
und, wir  finden  an  seiner  Stelle  den  Bruder  jLeutolf  der  Hacke; 
am  Freitag  vor  Palmsonntag  1367  zu  Schlanders  empfflngl 
Leutolf  der  Hagge,  Landoomtur  der  Ballei  an  der  ^tsch  und 
im  Gebirge,  im  Namen  des  deutschen  Hauses  zu  Schlandera 
von  der  Gemeinde  des  Thaies  Kartell  35  M.  B.  und  dafar  ver-* 
spricht  er  mit  Rath  der  Brüder :  Bertold  Graf  von  Sulz,  Comtur 
zu  LengmoQs,    Egiolf  von  Lierheimi    Comtur  zu  Sohlan^rs^ 


—  w  — 

Fridiidi  nu  SteniBgeo,  Waifter  der  Grtbaer,  Jacob  der  Hasdie, 
Johann  der  Ehringer,  Pfarrer  im  ScUanders,  and  Welfhart  der 
KeHemicIsler  daseliwt,  jähritck  in  der  St.  Walbargi^-Kirche  in 
Marteil  dörch  einen  Priester  ana  der  Comende  Schiandera 
i4  Hessen  halten  zo  lassen  und  awar  an  folgenden  Tagen: 
aai  hl.  Christtag,  St.  Johann  Et.,  zu  Liehtmessen,  U.  L.  Frauen 
am  Pllanztage,  zu  Ostern,  Christi  Himmelhhrl,  am  Fronieich«- 
nams*,  St»  Johann  Bapt.-,  Bartlmft-,  Haria  Geburt-,  Michaeli-, 
j^lerheiligei»-,  Allerseelen-*  und  St.  Catharina-Tage ;  —  der 
Tom  deutsehen  Hause  abgesandte  Priester  moss  sich  selbst 
verkosten,  när  den  Opfenrein  schaSI  die  Gemeinde.  An  allen 
erwähnten  Tagen  muss  der  Priester  daselbst  die  Messe  lesen; 
es  sei  denn,  dass  schlechte  Witterung,  grösserer  Beichtconcurs 
oder  ein  grosses  Leichenbegfiagaiss  ihn  daran  hindern ;  in  die* 
Sern  Falle  moss  die  Messe  nachgeholt  werden.  —  Diese  neu« 
gestifteten  Hessen  soflen  den  frtlher  von  der  Gemeinde  gestifte- 
ten und  von  Alters  hergekommenen  keinen  Eintrag  thun.  Das 
deutsche  Haus  verpfändet  für  die  richtige  Einhaitang  der  ein- 
gegangenen  Yeitindllchkeit  den  ihm  gehörigen  halben  Zehent 
in  Harten,  so  dass  wenn  das  dentache  Haus  diese  Messen  nicht 
eifthnUet,  die  Gemeinde  denselben  in  Beschlag  nehmen  kann, 
bis  die  versäumten  Hessen  nachgetragen  werden.  Jedoch  bedingt 
steh  der  Orden  aus,  falls  ihm  je  diese  Hessen-Obligation 
beschwerlich  flllen  sollte,  er  sich  durch  Zurttckbesahlung 
obiger  35  H.  Br  an  die  Kirche  voa  Hartell  davon  lösen 
könn^  CmMJ 

Um  diese  Zelt  muss  Graf  Bertold  von  Solz,  Comtur  zu 
Lengmoos  im  Dienste  des  Herzogs  Leopold,  —  wahrscheinlich 
im  Kriege  gegen  Baiem,  —  sieh  verdient  gemadit  haben ,  da 
ihm  derselbe  im  Jidire  1368  einen  Schuldbrief  um  400  Gulden 
verdientes  Geld  ausstellt.  C^ehaissarefdv  Res^estenJ  —  Der- 
selbe Graf  Bertold  von  Sulz,  Comtur  zu  Lengmoos,  erscheint - 
ZQ  Gharberg  am  Sonntag  nach  Fronleichnam  137i  mit  dem 
edlen  Hm.  Vogt  Ulrich  von  Matsch  und  Erharten  dem  Chäl 
ds  ftfedlieher  Thidimger  gewählt  von  Hans  von  Liebenberg  und 

5« 


—    68    — 

Jacob  von  Vilanders  in  ihrem  Streite  über  die  Hinterltssamhaft 
ihrer  Base  Elsbel  der  Gemsteinerin.   C^tatth.'-ArehivJ 

Am  5.  Jan!  137i  verleiht  Bruder  Leutold  der  Hack,  Land* 
Comtor  der  Gotteshäuser  und  Häuser  des  deutschen  Ordens  in 
den  Diöcesen  Trient,  Brixen  and  Cur  jnit  Zustimmung  Bruder 
Herbrechts  genannt  Rab  von  Wildstain  aus  Baiem,  Comtnr  des 
deutschen  Hauses  zu  Trient,  dem  Odorich  und  Bertolucio  von 
,  Baselga  ein  Weingut,  welches  jetzt  Ackerland  ist,  in  der  Ge- 
gend von  Trient  um  den  Jährlichen  Zins  von  3'  St.  Getreide. 
CArcMv  im  Sehiosse  ThunJ 

1374  bekennen  der  edle  und  mächtige  Hr.  Ulrich,  ^Vogl 
von  Matsch  und  Graf  von  Kirchberg  und  dessen  erstgebomer 
Sohn,  von  Papst  Gregor  XI.  .um  2000  M.  B.,  welche  sie  dem 
Ritter  Thomas  Planta  ausgerichtet  haben,  die  Veste  Chiavenna 
sammt  Zugehör  als  Pfandschaft  erhalten  zu  haben;  das  siegelt 
mit  ihnen  ihr  lieber  Oheim,  der  edle  würdige  Hr.  Graf  Bertold 
von  Sulz,  Comtur  des  deutschen  Hauses  zu  Lengmoos.  CManuse. 
MairhofenJ 

Um  diese  Zeit  ging  wieder  ein  Wechsel  mit  der  St^le 
des  Landcomturs  vor.  Leutolf  der  Hack  verschwindet  als 
solcher;  Burglechner  will  zwar  einen  Bruder  Wolf  von  Kholrat 
als  Landcomtur  um  diese  Zeit  gefunden  haben,  allein  wir  ver- 
muthen,  dass  diess  nur  eine  Verwechslung  mit  Bruder  Wolf 
von  Zullenhart  sei,  der  im  Jahre  1375  urkundlich  als  Land- 
Comtur  auftritt.  Am  Kässr-Sonntag  oder  Sonntag  Invocavit  1375 
belehnt  Bruder  Conrad  von  Mur,  Comtur  zu  Schlanders  mit  Zu- 
stimmung Hrn.  Wolfs  von  Zullenhart,  Landcomturs  und  Bruder 
Wolfharts,  Pfarrers  zu  Schlanders,  den  Hans  ab  Tyletsch  und 
dessen  Weib  Pete  mit  ihrem  ganzen  Antheile  auf  dem  Berge 
im  Walchenthal  zu  ewigem  Erbrecht  gegen  jährlichen  Zins  von 
10  Mutt  Getreide,  Va  Roggen  und  %  Gerste 9  nach  Zinses 
Recht.  O.  A.     . 

Am  St.  Lothars-Tage  1377  bestellt  Haas  Premier,  Pfarrer 
zu  Bozen,  weil  er  in  grossen  Schulden  stecke,  seinen  Vetter 
Heinrich  den  Prenner  und  den  Grafen  Bertold  von  Sulz,  Comtur 


SU  Lengmoos,  als  Verwalter  seiner  Ehikflnfke  aof  die  nfichst- 
folgenden  6  Jahre.  (yIrcAftf  QandeggJ)  —  Bald  darauf  ward 
dieser  Bertold  von  Sulz  wegen  eines  Gewaltstreielies  mit  einem 
landesfDrsUichen  Diener  in  argen  Zwist  verwickelt;  am  1.  Hai 
1379  nrkondet  Heinrich  der  Gfizzler,  Kammermeister  des  Her- 
logs  Leopold  von  Oesterreich,  dass  zwischen  ihm  und  Grafen 
Bertold  von  Salz,  Comtnr  zu  Lengmoos  Krieg,  Irrsal  und  Stoss 
gewesen,  weil  Letzterer  den  Ganz  von  Sanders  gefangen 
genommen;  darttber  seien  sie  jedoch  nan  mit  ehrbarer  Leute 
Rath  lieblich  and  freundlich  mit. einander  vertragen  und  er  ver<* 
spricht  ihm  fei^lich,  dass  femer  weder  von  Seite  der  Herr* 
sehaft^  noch  seiner  oder  seiner  Erben  erwähnter  Sache  wegen 
gegen  den  Comtar  noch  gegen  das  Gotteshaus  -  zu  Lengmoos 
irgend  eine  Forderung  mehr  erhoben  werden  soll.  0.  A. 

'  Um  diese  Zeit  scheint  Wolf  von  Zullenhart  abgedankt  zu 
haben;  er  wurde  vom  Bochmeister  nach  Preussen  berufen.  An 
seiner  statt  trat  Ludwig  Waffler  als  Landcomtur  em;  am  28. 
Juni  1380  bestfitigt  zu  Bozen  Herzog  Leupold  auf  Bitten  des 
Bruders  Ludwig  Waffler,  Landcomturs  an  der  Etsch  alle  Gnaden- 
und  Preiheitsbriefe,  welche  seine  Vorfahren  und  zuletzt  sein 
Bruder  Rudolf  im  Jahre  1363  dem  deutschen.  Orden  in  Tirol 
bestätiget,  und  gebietet  allen  Hauptleuten,  Herren,  Rittern, 
Knechten,  Pflegern ,  Burggrafen  und  Richtern ,  sie  im  Genüsse 
derselben  zu  schätzen.  0.  A.  —  Jedoch  dieser  Ludwig  Waffler 
beklddete  die  Wflrde  eines  Landcomturs  nur  beiläuflg  5  Jahre; 
schon  im  Jahre  1384  und  1385  erscheint  er  als  Comtur  zu 
Dmaig;  statt  seiner  ward  Marquard  Zollner  von  Rottenstain, 
ein  Anverwandter  des  Hochmeisters  Conrad  Zollner  von  Rotten- 
stain emamit;  am  Sonntage  vor  Ultfksten  1385  im  Kloster  der 
Barfdsser  zu  Bozen  erscheint  als  der  erste  unter  den  adelichen 
Zeogen  Hr.  Harquart  Zollner,  Landcomtur  an  der  Etsch  bei 
dem  Landesgerichte  in  der  Verhandlung :  ob  der  nicht  zu  Bozen 
sesshafte,  aber  daselbst  begüterte  und  im  Rathe  sitzende  Franz 
von  Rafeasteln  auch  in  die  Steuer  der  Bürger  von  Bozen  ein- 
nhkn  solle*  C^cMv  der  Stadt  Bozen.) 


—    TO    — 

Im  folgenden  Jahre  1386  hidt  4er  sene  Laadeomltir  ein 
Capitd.  Wir  führen  die  merkwftrdige  Urkunde^  wie  sich  aelbe 
abflchriftlich  im  k.  k.  Statlhalterei-*Arcbiv  sii  Imiabniek  Tor^ 
findet,  wörtlich  an:  ^^Anno  dn i  M.cce.UxzvJ«  Am  Sand  Peter»- 
Tag  ad  Calhedram,  do  hielt  loh  finider  Mar^arl  der  Zollner 
Yon  dem  Rotenstain,  Land-Comptnr  ze  Potaen  mit  meinen  W^ 
gebieligem,  die  auch  hernach  gesehrtben  aeind,  Capilet  In  dem- 
aelhcn  Hauaa  zo  Potien,  vnd  nach  eigealicher  erfhamng,  ae 
stund  die  Torgenant  Balley  in  allen  stncken  ala  hernach  geachri« 
ben  stetk.  Zu  dem  ersten  hat  die  Balei  an  Phenning  Zins 
460  M,  B.  minder  5  Pf.  B. ;  davon  gibt  sie  aUe  Jar  zn  ewi- 
gen Zins  23  H.  3  Pf.  fi.  vnd  zu  Widerkod  (?)  *)  Tarnst 
18  M.  Bw  minder  3  Pf.  B.  —  Die  Balei  hat  auch  an  altoW 
Korn  Zins  mit  Zehenten  vnd  mit  Zhm  43108  Staar,  alles  an 
Pozner  Staar  angesehlagen.  —  Auch  baut  man  an  allen  Statten 
m  der  Balei  mit  2  PSflgen.  —  Die  Balei  hat  aueb  an  Wem 
von  Zms,  ven  Zehenten,  von  Reben,  die  aber  theil  gdich  (die 
aber  Theilung  geliehen,  d.  h.  die  halb  Wein  Zinsen)  vnd  von 
etlichen  (Gfltem)  die  die  Henser  selber  bawen  135  Fader  sa 
gemenieA  Jahren.  Die  Balei  hat  auch  jirlich  an  Salz  36  Saom, 
die  sie  aeiber  holen  masseo.  Anch  hat  die  Balei  jahrttehe 
Gttite  an  Oehl  8  Matt,  an  Käaen  7000,  an  Schukem  vnd 
Fleisch  247,  an  Kitaen  und  Lämmern  660,  an  Hflhnem  630, 
an  Eiern  31201  —  So  auch  an  nöthiger  Schulde,  Schulde  gen 
Schnlde  abgeschlagen  wird,  so  bleibt  man  der  BaHei  seknldig 
1147  fl.  So  ist  auch  die  Balei  auf  disen  Tag  schuldig  an  das 
Haaptgut  der  Wiederkanfe  816  fl.  —  Aach  seind  auf  dieaea 
Tag  vorkanden  222  Fuder  Wein.  —  In  der  Balei  snid  auch 
20  Brader  mit  dem  Kreuze  vnd  10  wdtliehe  Capttne  vnd  li 
Pfrundteer,  vnd  46  Gesinde  (d.  h.  Dienstboten).  Dabei  sind 
gewesen  Bruder  Johann  Graw,  Comeothnr  ae  Petzen  vnd  za 
dem  LangeuMss,  Bruder  Ganther  ^  Comeathar  ze  Stersiagen^ 
Bruder  Hathes,  Complur  ze  Standers;,  Brader  Canrad  Weinberger 


*)  vielldcht:  zu  Widarkof,  Wiadarkavi;  d.  b.  AU^share  Ziasa. 


—    7«    — 

Prieslerbrndef,  Trlssrfer  le  dem  LmgenKM».  —  Aach  bl  xe 
wissen  daz  die  obgesehribeiiea  ewife  Zinss  sieh  gemert  hant 
bd  obgesehribBea  Marqnarts  des  Land-ConneiilhiiTs  zeitten. 
IXTiuj  Pf.  Gelte,  die  bruder  Gontber  ze  Steningen  demselben 
Haus  gekaaifl  batt  ynnd  xxiij  Pf.  Gelts  darumb  sein  wisen 
gel^ien  Toone  dem  Haus  ze  Potzen.  So  Ist  dem  Haus  ze  Trient 
ain  Wiss  iedig  worden,  die  hat  vormals  Jerlieh  vj  Daeaten 
gölten,  vnnd  wir  hoffen  sie  fBrbass  höher  sanerieiheH.  Dess 
10  yrkmith  hengten  wir  die  obgesehribene  bietiger  der  Heuser 
za  Potzen,  zu  dem  Langmoss,  zu  Stertzingen,  zu  Slanders  rnnd 
zu  Trient  Insigel  an  disen  Brief/^  —  Aus  dieser  Urkunde  gehl 
dentlieh  hervor,  dass  die  Bailei  an  der  Etsch  damals  eines 
bedeutenden  WoMslandes  in  malerieler  Hinsicht  sich  erfreute; 
es  dttifle  aber  Hanehem  auffrilen,  dass  in  dieser  Capitel-Ver- 
handlang ,  sowie  in  den  wenigen  and^n  aus  andern  IKeiten ,  in 
so  weit  s\e  vorliegen  ^  wohl  genaue  Naohweise  tiber  -den  ma- 
terielen  Wohlstand  der  Bailei ,  Ober  die  seither  erreichte  Ver*- 
mefarung  der  Einkflnfte,  —  aber  nie  das  mindeste  Wörtchen 
Aber  den  geisttichen  Bestand  der  Ballei  and  der  einzelnen  Hliaser, 
fiber  Beobachtung  der  Ordrasregel,  etwaige  Mfiogel,  über  Pör* 
derung  ie»  Ordenszweckes  u.  s.  w. ,  was  doch  bei  einem  geist*- 
IMien  Orden  die  Hauptsache  ist,  —  vorkömmt,  noch  auph  aber 
den  Bestund  der  HospitaliUitspflege ,  auf  der  doch  drei  Httuser 
in  Tirol ,  nemlich  Bozen,  Lengmoos  und  Sterzingen  jirsprfing- 
Mk  gegründet  waren;  oder  hatte  sich  vielleicht  diese  damals 
schon  auf  jene  oben  erwähnten  dl  PfrQndner  reducirt?  — 

Am  8.  HSrz  1386  zu  Bozen  in  Gegenwart  des  Hrn.  Lorenz 
wm  Königsberg ,  Caplans  im  deutschen  Hause  daselbst ,  und 
Hm.  Peters,  Caplans  der  St.  Peters-Capelle  zu  Eppan  u.  a.  m. 
verieihi  Hr.  Cunrad  Weinberger,  Priester  und  Comtor  des 
deuisehen  Havses  jenäeits  der  Eisackhrücke  ^  mit  Zustim^ 
mang  seines  Ordensbruders  Hrn.  Johanns  von  Brixen,  Comturs 
and  Pfarrers  zu  Sterzing,  dem  Peter  Curtner  von  Haleto  (HöN 
ten)  zwei  Stück  Weinberg  zu  Terlan  in  der  Rigl  der  deutschen 
Henett«   CAnMt  TarmnMirf.;)  _  Somit  ist  das  Bestehen 


—    7«    — 

des  deutschen  Hauses  jenseits  der  Eisackbrficke  noch  um  diese 
Zeil  urkundlich  nachgewiesen,  kömmt  aber  auch  als  auf  diesem 
Platze  bestehend  unseres  Wissens  hier  das  Letztemal  vor. 

Um  diese  Zeit  trat  wieder  ein  Wechsel  in  der  Landcomturs- 
IVürde  ein;  an  die  Stelle  des  Harquart  Zollner  kam  Peter  von 
Ryti  oder  Reut;  am  St.  Agneseu-Tag  1389  vergabt  Cunrad 
Ghole  zu  Unne  auf  dem  Ritten,  gesessen  auf  dem  Cholen-Hof 
in  St.  Luden  Malgareie  mit  Zustimmung  seiner  Gemahlin  Masse 
sowie  seines  Sohnes  Fritz  und  dessen  Gemahlin  Urse  zu  seinem 
und  seines  Sohnes  Seelenheil  in  die  Hftnd^  des  ehrwflrdigen 
geistlichen  Herrn  Bruders  Peter  von  Rity,  Landcomturs  der 
Bailei  im  Gebirge  an  der  Etsch,  für  den  deutschen  Orden  und 
insbesondere  fflr  das  deutsche  Haus  zu  Lengmoos  10  HL  B. 
ewiger  Gilt,  welche  er  vor  Jahren  von  den  Herren  des  deut- 
schen Hauses  eikaufk  hatte  „in  den  zelten,  do  Sy  wekhomert 
waren  an  der  Stuyr,  di  Sy  wecbungenlichen  musten  gebeö 
weilent  vnsem  gnadigen  Herren  Herczog  Luipolden  ze  Oester- 
reich  vnd  Graf  ze  TiroP  *),  nemlich  5  H.  B.,  welche  jährlich 
sinst  Heinz  vom  TOrkle  wegen  des  Zehents,  den  er  fflr  den' 
Orden  sammelt  in  der  Halgarei  zu  St.  Peter  zu  Suffan,  3  IL  B. 
für  Zinss  und  Weisat  aus  dem  Puchach-Hofe  und  2  M.  B.  aus 
dem  Hofe  zu  dem  Tscbenken;  mit  der  Bedingung,  dass  das 
deutsche  Haus  daselbst  für  sein  und  der  Seinen  Seelenheil  fflr 
ewige  Zeiten  wöchentlich  3  Messen  besorge,  nemlich  am  Sonn- 
tag ein  gesungenes  Amt  in  der  St.  Lupienkircfae  zu  Unne,  am 
Montag  eine,  stille  Hesse  in  der  St.  Peters-Capelle  zu  Suffiin, 
und  am  Freitag  eine  stille  Hesse  wieder  in  besagter  St.  Luden- 
Kirche  u.  s.  w.  Das  sigeln  auf  seine  Bitte  die  Herren  Mathfius 
von  Reyfenstain  Ritter,  Ulrich  der  Sebner  von  Reyfenstain  und 
Fridrich  der  Hungerhauser  von  Sterzing.  0.  A«  —  Obgenannter 
Bruder  Peter  von  Reuty,  Landcomtur  an  der  Etsch  mit  Zustiro« 
mung  der  Brüder  und  Gebietiger:    Johann  Gra  aus  Preusen, 


*)  Diess  dürfte  wohl  im  Jabre  1386  gewesen  sein,  wo  Herzog 
Leopold  Geld  benöthigte  zu  seinem  Zuge  gegen  die  Schweizer, 
welcher  mit  der  unglücklichen  Schlaobt  bei  Sempach  endete. 


—    73    — 

ComtDr  und  Pbrrer  tn  Sfening,  Johann  Yon  PFaitentlain  eben- 
falls aus  Preosen ,  Hauseomtar  zu  Boien ,  Conrad  WeiiAerger, 
Comtnr  and  Pfarrer  in  .  Lengmoos ,  Johann  genannt  Maigisiri 
ans  Preusen,  Contvr  zu  Trienl,  alle  Priester  wid  Philipp  Grie<^ 
smger,  Comtnr  za  Schlanders  verhaafk  am  Tiburci-  und  Valeriana 
Tag  1391  dem  yesten  Ritter  Sigmund  von  Starkenberg  das 
dem  Orden  geh&rige  Raus  sammt  ZugehOr  in  der  neuen  Stadt 
an  Bozen,  geheissen  Hm.  Petermanns  von  Schenna  Haus,  wie 
sie  selbes  von  Fr idrichen  von  Wolkenstein  und  dessen  Gemahlin 
Calharaia  ^auft  haben,  um  170  M.  B.  C^Mtk.-AreMv.^; 
hangen  daran  die  merkwürdigen  Sigel  des  Landeomtnrs  und 
der  flbrigen  Comlore,  nur  jenes  von  Stersmgen  ist  abge* 
brochen. 

Bald  darauf  trat  anstatt  des  abgegangenen  Peter  von  Reuti 
als  Landoomtur  Hans  von  Ryedern  ein.  Dieser  erkaufte  am 
Pfingstabead  1392  von  Fridrich  von  Wolkenstein  und  dessen 
GanaUin  Catharina  von  Vilanders  um  4D0  Oucaten  obiges  Haus 
sammt  Baumgarten  in  der  neuen  Stadt  zu  Bozen,  welehes  früher 
dem  Fridridi  von  Greifenstein  gehört  und  von  dem  letztge- 
wesenen  Landeomtnr  an  sie  verkauft  worden,  —  zurflek.  0.  A. 
•—  BUa  ist  nun  sehr  wahrscheinlich  jenes  Haus  und  Grundsttlek, 
anf  dem  bakl  darauf,  —  der  Sage  nach  ums  Jahr  1400,  — 
die  Dentschordeos-Brttder  nach  Zerstörung  ihres  Hauses  jenseita 
des  Eisaeks  durch  die  Fluthen  des  Eisacks  ihren  noch  jetzigen 
Ansitz  Weggenstein  sieh  erbauten.  —  Damit  stimmt  auch  das 
■aanscript  Marx  Sittichs  von  Wolkenstein  überein,  der  im  14. 
Buche  schreibt:  «Es  ist  erstens  die  Landcomenthurei  gestan- 
den enterbalb  der  Eisakbruggen,  wo  jetzt  das  Siechenhaus  ist, 
so  aber  vom  Wasser  hinweggeführt  worden;  jetzt  steht  es 
nnnuMhr  bei  der  Stadt  Bozen  bei  St.  Johanns  und  nennt  man 
es  Weggelstam ;  es  hd>en  die  von  Greyfenstam  diesen  Ort  dem 
deatsehen  Orden  geschenket^  ~  und  bald  darauf,  wo  er  den 
oben  erwähnten  Verkauf  dieses  Hauses  sammt  Baumgarten  durch 
den  Wolkensteiner  an  den  deutschen  Orden  andeutet^  sagt  er, 
dam  Fridncb  von  Wolkenslein  and  dessen  Gemahlin  Catharina 


I 


—    74    - 

▼OB  Vilanders  einigen  Ansprach  auf  selbe  gehabt,  aber  dem 
deutschen  Orden  das  Haas  swmi  dem  Anger,  wo  Jetit  di« 
Kirche  steht,  im  Jahre  i392  verkauft  haben.  —  Am  St.  Georgen- 
Tag  1396  Yertaascht  Fridrich  von  Wolkenstein  nnd  dessen  G^ 
mafaiin  Catharina  an  den  Brodec  -Conrad  Puger  vob  Bischofs-* 
heim,  €omtur  und  Pfarrer  zu  Lengmoos  einen  2ins  von  16 
Staar  Roggen  vom  Oberscblichthof  zu  Rothwand;  dagegen  ver-* 
ziehtet  die  Comende  auf  4  Getten  Oel  jährlichen  Zins  aus  dem 
wolkensteinischen  Pradehof  za  Castlrott.  0.  A.  —  Auf  Bitte 
des  Landcomtnrs  Hansen  von  Ryedem  bestlRigt  Herzog  Leupol4 
zu  Meran  am  Sonntag  nach  Gottsleidmamstag  1390  dem  deut- 
schen Orden  alle  Gnaden  and  Freiheiten,  welche  die  frühem 
Landesfttrsten  demselben  verliehen.  0.  A. 

Papst  Bonifaz  IX.  durch  Bulle  gegeben  zu  Rom  am  16. 
April  1396  vereint  auf  Bitten  des  Landcomtnrs  und  der  Brüder 
des  deutschen  Hanses  za  Bozen  die  Pfarren  Lana  und  Semlein, 
welche  bisher  durch  Weltpriester  versehen  worden,  für  immer 
mit  dem  deutschen  Orden  nnd  verleibt  sie  demselben  und  zwar 
d^  Comende  Bozen  so  ein,  dass,  wenn  dkr  g^enwürtigen 
Inhaber  derselben  stürben  oder  sonst  von  denselben  abtrileii, 
die  Deutschordens-Brüder  selbe  in  Besitz  nehmen  und  mit 
Priestern  ihres  Ordens  besetzen  dürften;  jedoch  so,  iMs  einem 
Jeweiligen  Pfarrverweser  t^ns  den  Einkünften  derselben  so  viel 
ansgeworfen  werde,  dass  er  liinUnglich  zu  leben  habe  und 
seinen  allseitigen  Verpflichtungen  Genüge  leisten  könne.  — 
Zugleich  erklärt  der  Papst  alle  auf  die  erwähnten  Pfarren  oder 
Beneficien  in  deiuielben  etwa  ertheilten  Exspectanzbriefe  für 
nichtig  and  ungiltig.  0.  A.  —  Welche  Bewandtniss  es  mit  der 
Einverleibung  der  in  dieser  mit  der  bleiernen  Bulle  versehenen 
Urkunde  erwflhnten  Pfarre  fn  Semtdn  habe,  ist  uns  bisher  ein 
Räthsel  geblieben,  da  erst  .im  Jahre  1468  Hersog  Sigmund 
das  Patronatsrecht  dieser  Pfarre  dem  deutschen  Orden  schenkte; 
und  in  der  Bestfttigmigs-^Balle  des  Papst  Paul  II.  vom  nem« 
liehen  Jahre  keine  Erwüfanmig  der  früheiea  Einverleibong 
gesehidit,   und   auch   nirgends  eine    veriftssUohe   Andeuluef 


—    75    - 

dwfiber  so  finden  ist,  durch  wen  und  wann  dies^PAnre  damals 
an  den  deutschen  Orden  geschenkt  worden  wflre.  —  Fast  eine 
ühnüche  Bewandlniss  seheint  es  mit  der  Pfanre  Lana  za  haben; 
ancb  da  findet  sich  keine  urkundliche  Spar,  dareh  wen  und 
wann  der  deutsche  Orden  das  Patronatsrecht  derselben  (Iber^^ 
kommen ;  xwar  behauptet  Beda  Weber  In  seinem  Buche :  ^^Heran 
und  seine  Umgebongen^  S.  221,  bereits  1384  habe  die  deut* 
sehe  Ordens-Comende  das  Verleihungsrecht  derselben  besessen; 
allein  er  ist  uns  den  Beweis  dafOr  schuldig  geblieben,  und 
seine  Behauptungen  fassen  nnr  zu  oft  aof  vagen  Sagen  oder 
leerer  Einbildung.  —  Wohl  besass  der  deutsche  Orden  seit 
der  Schenkung  durch  Kaiser  Fridrich  daselbst  die  Margrethen- 
Capelle,  aber  diess  war  nicht  die  Pfarrkirche,  und  somit  müssen 
wir  die  Sache  dahin  gestellt  sein  lassen.  —  Aach  ging  die 
wiikliche  Besitsnahme  der  einverleibten  Pfarre  Lana  nicht  so 
ruhig  ab,  wie  es  der  Orden  wOnschte;  der  damalige  Bischof 
von  IVient,  Georg  von  Liechtenstein,  unter  dem  die  Flirre 
stand ,  scheint  von  dieser  £inver]eibong  nichts  haben  wissen 
zu  Wollen.  Noch  in  demselben  Jahi«,  hi  welchem  der  Papst 
die  Binyerleibungsbulle  erlassen,  wurde  die  Pfarre  Lana  durch 
den  Tod  des  bisherigen  Inhabers  derselben,  Stephans,  Cardinal-^» 
Priesters  zum  hl.  Harcellus ,  der  sie  vermöge  päpstlicher  Be- 
wWigung  und  Dispensation  erhalten,  eriedigt;  der  deutsche  Orden 
siamCe  nach  erhaltener  Nachricht  von  dessen  Ableben,  kraft 
der  RfnveHeibangsbulIe  nicht,  alsobald  den  Deutscherdens-. 
Bruder  Mathdus  von  Esveld  dem  Bischöfe  von  Trient  zu  präsen- 
Üren.  IKeser  aber,  so  wie  Rfindlin  von  Brandis,  and  Jacob 
und  Fridrich  die  Leonberger  setzten  v^ich  gegen  die  Einver^ 
Mbongsbune,  und  ersterer  setzte  dafür  den  Weltpriester  Johann 
von  Bmpach  als  Pfarrer  daselbst  ein ,  der  sich  34  Jahre  hin- 
duich  In  deren  Besitz  erhielt;  der  deutsche  Orden  machte  gegen 
Ihn  de»  Prooess  in  Rom  anhängig,  und  dort  wurde  zu  Gunsten 
des  Deutsehordens-Priesters  im  Jahre  1397  entschieden;  n^r 
die  Gqpenpartel  appelinte  nach  Rom ,  die  Sache  wurde  durch 
den  Audiler  eausMmi^  de  PureHls ,  aufs  Neue  untersucht  und 


~    76    -- 

TOB  demselben  am  li.  Jänner  1398  der  erste  Sckiedspnidi 
bestätigt.  Empach  wagte  eine  zweite  Appeilatioo,  der  infolge 
der  päpstliche  Commissär  Joan  de  Daimon  den  Handel  einer 
neuen  Untersuchung  unterzog  and  aufs  Neue  im  Sinne  des 
ersten  Schiedspruchs  sich  aussprach,  worauf  Papst  Bonifts  IX. 
ihn  ebenfalls  1399  bestätigte^  und  die  VoUstreckong  dessdben 
dem  Todan  Turibius  übertrug.  —  Jedoch  wegen  der  Wacht  der 
Gegner  und  in  Folge  der  Papst-Streitigkeiten  konnte  der 
deutsche  Orden  nicht  durchdringen,  obschon  auch  die  Päpste 
Gregor  XII.  und  Jobann  XXIII.  den  wiiklichen  Inhaber  der 
rfarre,  Johann  von  Empach,  als  unrechtmässigen  Besitt^  ver«- 
urtheilt,  saspendirt  und  mit  Geldbussen  belegt  hatten,  so  konnte 
selber  sich  doch  unter  dem  Schutze  des  Bischofs  von  Trient, 
der  Herren  von  Brandis  und  der  Leonburger  im  Fortbesitie 
der  Pfarre  erhalten.  C^tatth.-ArehivJ  —  So  kam  die  Zeit 
des  Concils  zu  Constaaz;  auch  vor  dieses  brachte  der  Orden 
seine  diessfilUigen  Klagen,  Selbes  Hess  den  Handel  neuerdings 
untersuchen;  da  aber  der  Beklagte^  Empach,  vorder  hien 
bestellten  Ck>mmission  auf  mehrmalige  Yorforderung  nicht  er- 
schien, so  wurden  am  23«  Juni  1417  ob^e  Suspensions-, 
Absetzungs-  und  Excommunications-Sentenzen  vom  ConCil  gegen 
ihn  bestätiget,  er  für  die  Zukunft  zu  allen  Beneficien  «nfthig 
erklärt,  und  der  Bischof  von  Assis  sowie  der  von  Cur  und  der 
Decan  von  Brixen  mit  Vollstreckung  dieses  Spruchs  beauftragt, 
sowie  damit,  die  Kirche  von  Lana  mit  dem  Interdicte  zu  bele- 
gen* 0.  A.  Hängt  daran  die  bleierne  Bulle  des  Concils.  — 
Der  Bischof  von  Cur  erliess  auch  das  betreffende  mandatom 
executoriale  nach  Trient. 

Doch  auch  daran  kehrte  sich  Johann  Empach  nicht,  gestützt 
auf  seine  GOnner  und  blieb  im  Besitze  der  Pferre,  auch  unier 
dem  1424  eingetretenen  Bisdiof  Alexander,  unter  dem  er  6og»r 
zum  Domherrn  von  Trient  ernannt  wurde.  —  Der  deutsche 
Orden  betrieb  den  Handel  auch  unter  Papst  Hartin  V.,  der 
1428  dem  Bischöfe  von  Cor  den  Auftrag  ertheilte,  die  Voll- 
streckung der  Urtheile  zu  übernehmen,  und  die  Gegner  des 


—    77    — 

I 

deotscheo  Ordeos  anhofordeni ,  vor  ihm  tu  erscheinen  nnd 
ihre  ▼ermeinüiehen  Grttnde  Tonabringen.  Da  auch  diess  nicht 
fnichtete,  so  wurde  Johann  von  Empach  durch  ihn  eicom- 
mimieifft  and  jeglichen  Beneficiums  anffihig  erklärt ;  dieser  appel- 
lirle  nochmals,  jedoch  wnrde  es  durch  den  Auditor  S.  Palatii 
Harimig  de  Capell  vennittelst  Entscheidung  vom  24.  Mai  1429 
hei  dem  frtthem  Ausspruch  belassen.  C^Uxtth.^Arekiv.^  ^ 
Wahrscheinlich  durch  seinen  Bischof  bewogen ,  gab  endiich 
Empaeh  nach^  und  beide  Parteien,  des  langen  Processes  müde, 
bequemten  sich  zu  einem  gütlichen  Vergleich;  am  14.  Jlinner 
1430  im  bischdflichen  Palaste  zu  Trient  kamen  Bischof  Alexan- 
der von  Trient  und  Johann  von  Empach,  Domherr  von  Trient 
Ar  sich  und  im  Namen  der  Pfarrkirche  zu  Lana  einer-  und 
CiOtfrid  Niderhauser  Landcomtur  und  Comtur  lies  Hauses  au 
Bozen  für  sich  und  im  Namen  des  Ordens  anderseils  dahin 
fiberein:  beide  Theile  schlagen  den  obschwebenden  Process 
nieder  und  entheben .  ihre  bevollmächtigten  Sachwalter  ihrer 
Vollmaeht;  der  Bischof  von  Trient  mit  Zustimmung  des  Johann 
von  Bropach  erkennt  die  dem  deutschen  Orden  gemachte  Ein- 
verkibnng  der  Pfarre  Lana  an  und  schenkt  dem  jeweiligen 
Comtur  und  dem  deutschen  Orden  bei  eintretendem  Erledignngs- 
Falle  der  Pfarrei  das  Recht,  einen  taugtidien  Priester  des  Ordens 
als  Pfarrvicar  zu  präsentiien«  Ditfür  macht  sich  Gotfrid  Nieder- 
bauser  fOr  sich  und  alle  seine  Nachfolger  im  Amte  verimidileh, 
jährlich  nitione  primariorum  fructimm  Vicarii  perpetui  in  dicta 
parochiali  eeclesia  institaendi  für  die  Fabrica  der  Domkirche 
20  Pf.  B.  Meraner  Münz  um  Martini  zu  zahlen  und  die  gewiriis- 
liehen  Steuern  und  bischöflichen  Rechte  zu  leisten  und  dafflr 
zu  sorgen,  dass  ein  jeweiliger  Pforrvicar  dem  Bischöfe  den 
schaMigen  Gehorsam  leiste  und  zur  DiÖcesan-*Synode  erscheine. 
Zeugen  dabei  waren  Jacob  und  Heinrich  die  Pröpste  von  Griess 
and  Welscbmichael,  und  der  edle  Hr.  Michael  von  Coredo, 
CMon.  Eeel.  THd.  CoiiecCio  BipoiUiO 

Vermöge  die$er  friedlichen  Uebereinkunft ,  da  nun  Johann 
von  Empach  von  der  Pfarre  Lana  abtrat,  präsentirte  unverweiK 


—    T8    - 

der  Laadoomtar  den  Deatsohordens-PriMter  Jaeob  Scbonfedtarg 
AUS  Königsberg  ak  beständigeo  Pfwcrvicar  daselbst  deati^ischofe 
Alexander,  der  selben  aach  am  15.  Jlinner  1430  als  soldies 
besUitigte.  0.  A.  —  In  Folge  dessen  nahm  Jacob,  Propst  von 
Ciriess,  als  bischöflicher  Bevollmächtigter  am  22.  Jftnner  1430 
Bu  Lana  die  feierliche  Investitur  des  neoernannten  Pfarrvicars 
nach  dem  Gebrauche  des  deutschen  Ordens  vor,  indem  er  ihn 
das  Hessbach  und  die  Stola  Qberreichte  und  dann  der  zahlreich 
versammelten  Pfarrgemeinde  denselben  als  ihren  SeelenUrten 
vorführte  und  den  ihm  schuldigen  Gehorsam  ans  Herz  legte* 

—  Als  Zeugen  dabei  erschienen  die  edlen  Hftnner:  Conrad 
Hertenvelder,  Hauptmann  im  Schlosse  Stein  zu  Harlingea,  die 
Brflder  Leo  und  Burkard  Brandisser  vom  Schlosse  Brandis, 
Ciprian  Leonberger  vom  Schlosse  Leonberg,  femer  Caspar 
Steinsdorfer,  Lorenz  Wirsung  und  Daniel  Maroltinger  «rmigeri, 
Nicolaus  Jordan,  herzoglicher  Kellner  von  Tirol  u.  a.  m.  0.  A. 

Am  22.  Mflrz  1430  hielten  dann  der  abgedankte  Pfarrer 
Johann  Empach  und  dessen  Helfer:  Ulrich  Hdglant,  Jirimna 
von  Ulm,  Johann  Frank  und  Lambert  Harb,  alle  vier  Priester 
aus  der  Augsburger ,  Constanzer  und  Bamberger  Diöeese,  — 
wahrscheinlich  dessen  Hilfspriester,  -^^  und  ihre  Parteinehmer 
pro  cautione  zu  Rom  um  Lösung  von  der  Excommunication 
und  den  Strafen ,  welche  der  Bischof  von  Cur  genüss  päpst- 
lichen Auftrags  über  sie  verhängt  hatte,  an,  sowie  auch  um  Auf-- 
hdmng  des  ttber  die  Kirche  zu  Lana  verhängten  Inlerdicts,  0.  A. 

—  Beides  wurde  ihnen  auch  ohne  Zweifel,  da  sich  mm  die 
Sache  geordnet,  gewährt.  Und  so  endete  endlich  der  leidige 
Streit  ttber  die  Einverleibung  dieser  Pfarre.  —  Uns  erflbrigt 
nun,  das  während  dem  in  der  Bailei  Vorgefallene  nachzuholen. 

1397  soll  nach  Kögls  Angabe  C^eitBchr.  des  Verdinan^ 
deumM^  neue  Folge  ig.  S.  S.  MiJ  Wilhelm  von  Zwingen«- 
Stern  dem  deutschen  Hause  zu  Soblanders  die  St.  Horitzkirehe 
in  der  Pfarre  Laas  geschenkt  haben.  ~  BaM  darauf  im  Jahre 
1398  trat  Walrab  von  Scharfenberg  als  neuer  Landcomtur  der 
Bailei  an  der  Etsch  ein,  wie  wir  aus  Urkunden  auf  die  Gomende 


-    79    — 

Slomiif  besflsüch  efseheo.  ^  Am  Sosstef  vor  BvtÜmäi  1402 
veiieihi  Bruder  Walrab  von  Sdiarfenbergr,  LaBdeanUir,  mit 
Müh  und  Züftünmang.  Hrn.  Conrad«  des  Wefidiergers,  Haus- 
Cmmurs  und  Pfiure»  w  Sdilawfe»,  uod  der  GosTenÜmlder 
dasdbsi:  Mathfiiu  vonEsveld  Priesterbruders  und  Philipp  Grit^ 
smger,  Ritterbrnders,  dem  Christan  aa  der  Etach  zu  Erbbauieohl 
eine  Wiese  za  Vöide  im  Bezirke  Goflan^  woran  das  Deotscb^ 
oiden»-Gat  grunzt,  das  Terlahni  ist,  and  ein  Geriiut  unter  den 
Göflaner  Aengem  gegen  jihriichen  Zins  von  1  Pf.  B.  nnd  zwei 
Capfinnar  C^tWJ  —  Am  Montag  vor  dem  Zwölften  CEpiphania) 
au  Weihnaehten  1406  bekennt  auf  dem  RiUen  Bertold  Ziegler, 
daaa  ihn  der  Landoomtur  Balrab  von  Sobarfenberg  nm  34  M.  B. 
kittflieb  flberiaasen  babe  die  dem  deotschen  Hause  zu  Leng«* 
moos  zugehörige  Baureefat  des  Ziegler-«  und  Pemberg->Hofs 
aamml  der  Chollenwiese  daselbst  gegen  jäbriiebe  Gilt  von  4 
Staar  Waizen,  12  St.  Roggen,  4  St«  Gerste,  6  St.  Futter 
und  30  Schilling  zu  Martini,  zu  Thomas  2  Schweinacbultem, 
2  FastmicbtsbeaBeii,  zu  Ostern  1  KiU  und  80  Eier  und  2  Hüh- 
ner im  Schttilt,  und  vom  Pernberghofe  jtiirlich  zu  Martini  24 
Pf.  B.  nach  Herren  Zinsreebt.  Das  sigelt  Hr.  Qnuphrios  von 
Stetlen  ans  Samteia,  d.  Z.  Pfleger  und  Richter  zum  Stein  auf 
dem  Rilten*  0.  A.  -.  1403  am  10,  Hofnnng  nrkundet  Cvnrad 
der  fiMchiaadexsbei^er,  dass  er  den  deutadien  Herren  zu  ScUan- 
ders  jibriieh  2  Ihm  Wem  schuldig  sei  aus.  des  Grillen  Wein- 
gart za  Schlanders,  da  desselben  Vorfahren  selbe  zu  einem 
Saelgerätb  ihnen  geachaffen,  wie  es  ihm  die  deutschen  Herren 
ans  einer  Urkunde  seinen  Urahns  Hm.  Auten  von  Schlanders- 
berf  nachgewiesen.  0.  A.  *—  Am  1.  Hai  1406  erscheint  vor 
Ludwig  am  Ort  von  Oberbozen  aaf  dem.Ritten  zu  Unae  an  der 
gewOhnliehea  dedingsUitte,  als  er  im  Namen  des  Hro.  Onuphrius 
von  Stellen ,  Hnnptmanns  aaf  dem  Stein  am  Ritten  zu  Gericht 
aaas,  der  hoehw.  Hr.  Gotfrid  Niderhauser,  Hauscomtur  za  Leng* 
moos,  nnd  hoi  die  Baurecht  des  Widenbofs  zu  Antlas  auf  dem 
Rillmi  saramt  ZugehOr  zu  den  Rechten,  ob  Jemand  darauf  An<^ 
apiuGh  roaebte  von  Erbschaft,  Rflrgschaft,  Gilte  oder  anderer 


I 


—    80    — 

Sachen  wegen ,  der  soUle  auftreten ,  dem  wolle  er  ein  gntes, 
unversogfenes  Landesrecht  davon  thnn  n.  s.  w.   0.  A. 

Unus  Jahr  1409  scheint  an  Walrabs  von  Scbarfenberg  statt 
Bruder  Johann  Hochschliti  als  Landcomtur  eingetreten  so  sein; 
auf  seine  Bitte  besUitigt  am  Pfinztag  vor  hl.  Krenzerfindang  1409 
Im  Schlosse  Tirol  Herzog  Fridrich,  Graf  von  Tirol,  der  Deutsch- 
ordens-Ballei  an  der  Btsch  die  Zollbefreiung  und  andere  Frei- 
heiten ,  welche  besonders  Herzog  Rudolf  und  Herzog  Albrecht 
als  Privilegien  von  ihren  Vorfahren  bestlltigt  hatten.  0.  A.  — 
Jedoch  muss  dieser  Johann  Hoohschlitz   nicht  lange  das  Amt 
eines  Landcomturs  verwaltet  haben,   da  wir  drei  Jahre  darauf 
den  frdhern  Walrab  von  Scbarfenberg  wieder  in  diesem  Amte 
finden.    Am  15.  Hai  1412  auf  dem  Ritten  Urkunde  Lienhard 
Colman,  dass  Hr.  Walrab  von  Scbarfenberg,  der  Zeit  Land- 
Comtur  zu  Bozen,   ihm   auf  seine  Vorstellung,  dass   der  ihm 
zugehörige  Stangehof  im  Gerichte  Vilanders  mit  Zinsen  über-, 
laden  sei,  2  Pf.  B.  an  dem  jährlichen  Zinse  nachgelassen  unter 
der  Bedingung,  keinen  ferneren  Ablass  zu  begehren  und  die 
noch  treifenden  20  Pf.  B.  Zins  jährlich  um  Hartini  richtig  zu 
leisten.  0.  A.  —  Jedoch  bereits  im  Jahr  1416  finden  wir  die^ 
sen  Bruder  Walrab  von  Seharfenberg  als  zu  Wien  wohnhaft 
CJoh.  Vaiffly   Notizenbiatt  »u  den  östr.  OeschtckU^fueUen, 
Jährst.  1866.  S.  104J   —    Sein  Nachfolger  in  der  Land-* 
Comturswflrde,  Cunrad  SefHer,    wurde  bald   in  unangenehme 
Bertthrung  mit  einem   der  immer  wiederkehrenden  pftpstlicheo 
Collectensammler  verwickelt;  am  5.  Februar  1415  im  Widum 
zu  Bozen  In  Gegenwart  der  edlen  Herren :  N.  Botsch,  Johannes 
Weinecker  und  seines  Sohnes  Georg,    Hrn.  Johanns  Hagerli, 
Capians   zum  hl.  Achatius  in  der  Pfarrkirche,   protestirte  der 
Deutschordens-Bruder  Eberhard  Cbneutinger  von  Heran,.  Gomtnr 
zu  Bozen,  vor  Hrn.  Cunrad  Blassenberger,  Domherr  von  Brixen 
und  Pfarrer  zu  Bozen  als   bestellten  Subexecutor,   aufJgfestelU 
durch  Hrn.  Albert  von  Casale,  Domherrn  von  Haiiand,  welcher 

von von  Piacenza ,  Gardinal-Priester  zum  hl.  Clemens, 

Legaten  Papst  Johannes  XXHI.   fflr  Italien,   Ungarn  und  das 


—    81    — 

PMriarelMt  von  Aquilejft  als  Executor  bestellt  war,  —  als  Be- 
vollAilchtigter  des  Landcomtors  Cimrads  Seffler  in  dessen  Namen 
sowie  far  sich  und  seine  Mitbrttder  in  der  Diöcese  Trient  gegen 
eine  ihnen  und  ihren  Hfluseni  von  demselben  aufgelegte  Bei- 
steuer, und  zwar  erstens  aus  dem  Grande,  weil  ihnen  ein  so 
koner  Tennin  gestellt  worden,  dass  sie  selbes  ihren  Obern, 
ohne  deren  Wissen  und  WiHen  sich  keiner  dazu  verpflichten 
darfe^  nicht  berichten  könnten,  und  fdrs  zweite,  weil  sie  ver- 
möge ihrer  Privilegien,  von  solchen  Beisteuern  befreit  seien. 
Demnach  appellire  er  an  den  päpstlichen  Stuhl ;  und  übergab 
diese  Appellation  hiemit  schri&iich.  C^rcfdv  der  Stadt  Me» 
ranJy  —  Am  5.  October  1416  gelobt  Hr.  Johann  Harian, 
Rector  det  St.  Johannes  Bapt.  Kirche  in  Laas,  mit  Zustimmung 
des  Deutschhaus-^Comturs  zu  Schlanders,  Hansen  Stetpeck  der 
Gemeinde  Lsas  jeden  Sonntag  von.  der  Kanzel  des  strengen 
Ritters  Hilprands  von  Jaufenbitrg  aus  Passeir  zu  erwähnen,  weil 
dieser  zum  Baue  der  St.  Johanns  und  St.  Martins-Kirchen  zu 
Laas  12  H.  B.  gespendet;  dafür  versprechen  demselben  die 
Pröpste  besagter  Kirche  Jährlich  zu  Martini  eine  Gans  und  zu 
Weihnachten  Fische  im  Werthe  von  1  Pf.  B.  zu  liefern.  C^rch. 
der  Stadt  Meran.J  —  Nach  kurz  dauernder  Verwaltung  seines 
Amtes  losle  den  Cunrad  Seffler  als  Landcomtur  Fridrich  von 
Wickerau  ab;  am  17.  Jänner  1417  zu  Wekhenstain  bei  Bozen 
im  deutechen  Hause,  in  Gegenwart  Hm.  Andres  des  Provisors 
ood  Rudolfs  des  Caplans  desselben  Hauses,  quittirt  Hr.  Nicolaus, 
ffarrer  vob  Hohenstain  den  Hm.  Fridrich  Wikkerau,  Landcomtur 
der  Baliei  im  Gebirge  an  der  Etsch,  für  bezahlte  23  vollwich- 
tige Golddaeaten ,  welche  er  frfiher  dem  Bruder  Eberhard  vota 
Keran,  gewesenen  Gomtur  desselben  Hauses  geliehen.  O.A. 
Hier  findet  sich  nun  die  erste  Erwähnung  von  Wekkenstein, 
als  dem  neuen  Sitze  der  Comende  und  i^s  Landcomturs  bei 
Boten,  in  welches  die  deutschen  Brttder  aus  dem  zerstörten 
Hause  jenseits  der  Ei^ckbrtteke  übersiedelt  waren. 

Der  Landcomtur  Fridrich  von  Wickerau  starb  ums  Jahr  1419; 
seine  Stelle  nahm  im  Jahr  1420   Georg  von  Egiingen,   ans 

6 


—    82    — 

Baiern  ein.  (^Burgleehner,^  Am  Ostermittwocb  1480  von 
Leng^oos  ans  schreiben  Bruder  Gotfrid  Nfdefbauser,  Comlur 
zu  Sterling,  Bruder  Johann  Narrenperger ,  Comtur  zu  Leng* 
moos  und  Brnder  Hans  Stetpeck,  Comtnr  zu  Sohlanders,  an 
den  Hochmeister,  Michael  Küchenmeister  von  Sternberg:  er  habe 
ihren  Landcomtur  um  die  ihm  zukommenden  nicht  bezahlten 
Cammerrenten  gemahnt;  der  Landcomtur  habe  sie  schon  frflher 
ond  jetzt  wieder  ermahnl,  ihm  behilflich  zo  sein,  um  ihn  (den 
Hochmeister)  auszurichten.  Nun  wisse  es  der  liebe  Gott,  wie 
sie  in  grosser  Armuth  gewesen  und  noch  seien ,  so  wie  in 
grosser  Noth  wegen  der  Steuern  und  Ueberreiten  gelitten  haben 
und  noch  leiden  von  ihren  Herren ,  Ffirsten  und  Bischöfen  und 
andern  EdKngen ,  auch  durch  Verwüstung  und  Abgang  ihrer 
Zinse  und  der  zu  ihren  Häusern  gehörigen  Güter,  wie  diess  der 
beigelegte  Zettel  beweise.  '  Zudem  miissten  sie ,  was  sie  zum 
Bedarf  der  Häuser  anschaffen  mössten ,  beinahe  um  die  Hälfte 
theurer  bezahlen  als  früher,  z.  B.  am  Gesinde,  Lohn  und  an- 
dern Dingen.  Ueberdiess  lägen  ihre  besten  Erträgnisse  iii  den 
Weinen,  diese  aber  gälten  nicht  halb  so  viel  als  früher.  — 
Zudem  sei  das  Gold  um  Va  höher  gestiegen,  als  es  früher 
gestanden.  —  Dess^nungeacht  wollen  sie,  um  seinem  Willefi 
zu  genügen,  auf  nächstfctfnftige  Pfingsten  300  fl.  dem  Ordens- 
Procurator  am  Hofe  zu  Rom  senden;  sie  könnten  jedoch  selbe 
nur  mit  grossem  Schaden  aufbringen.  —  Da  er  (der  Hoch- 
meister) ihrem  Landcomtur  zugeschrieben,  dessen  Vorfahr 
Hr.  Fridrich  seligen  habe  das  Amt  in  guten  Umständen  zurück- 
gelassen,  so  berichten  sie  ihm^  dass  derselbe  nicht  mehr  als 
96  fl.  in  Baarschaft  hinterlassen,  und  diese  hätten  sie  dem 
Riten  Procurator  wegen  grosser  Nothdurft  zugesandt;  an  Ge- 
räthschaften  aber  habe  derselbe  nichts  Namhaftes  hinteriassen 
ausser  ein  Silbernes  Trinkgefäss,  das  kaum  5  Mark  wäge.  — 
In  dem  beigelegten  Zettel  berichten  sie  dann  über  den  Stand 
der  Comenden  Folgendes:  Als  der  neue  Landcomtur  ins  Land 
gekommen,  wäre  das  Haus  Sterzing  dritthalb  hundert  GuMen 
schuldig  gewesen   und   zwar  in  Folge  der  Steur,    die  sie  dem 


—    83    — 

fffrsten  und  dem  Blsehofe  iMIlen  zeMtn  müssen,  und  wegen 
des  Tnterdicts,  welches  ihm  einen  Sehaden  von  300  fl.  gebracht. 
Aach  gehe  diesem  Hause  an  der  Kirche  md  an  andern  Nutzen 
mid  Zinsen  wohl  ein  Vierther)  ab,  als  es  vor  wenigen  Jahren 
gewesen.  —  Zadem  sei  das  Haus  ganz  bauMNg  an  vielen 
Theilen  and  fast  dachlos,  so  dass  man  zar  WiederhersteBung 
einer  grossen  Summe  benöthige,  und  doeh  selbe  nicht  unter- 
lassen dtrfe.  Endlich  verschlimmerten  sich  die  Gdter  immer 
mehr  darcfi  Verlähnung,  so  dass  die  Berge  herabrutschten  und 
Grand  und  Boden  hinweggeftthrt  worden.  —  Zu  Lengmoos 
hake  das  deutsche  Haus  ebenfalls  grossen  Schaden  gelitten 
wegen  des  Interdicts  and  wegen  Ueberreitens' der  Fürsten  und 
Edlen,  und  leide  noch  täglich  daran;  mehr  als  100  fl.  nehme 
das  Haas  an  Zinsen  und  Renten  weniger  ein  als  früher,  wegen 
Verühnung  und  Bergabrulschen  und  Grund  und  Boden  hrnweg- 
filliren.  Auch  sei  das  Haus  wegen  schlechter  Bedachung  fast 
bivflillig  und  k&nne  nur  mit  bedeutendem  Aufwände  hergestellt 
werden,  was  doch  nothwendig  sei.  — -  Zu  Schianders  sei  das 
deutsche  Raus  bei  Ankunft  des  jetzigen  Landcomturs  150  fl. 
schuldig  gewesen  wegen  Steuer  und  Verheerung  durch  die 
Kriege,  die  der  Herzog  mit  denen  von  Schiandersberg  geführt; 
dem  Hause  gehe  an  seinen  Zinsen  in  Korn  und  Geld  und  an 
der  Kirche  mehr  als  ein  Viertheil  der  frühern  Einnahme  ab. 
Es  verschlimmem  sich  auch  die  Güter  immer  mehr  wegen 
WiMans  der  Berge,  so  dass  die  Bauleute  nicht  mehr  darauf 
Ueiben  woHen  und  davon  ziehen.  —  Das  Hans  zu  Trient  schulde 
60  fl. ,  habe  grossen  Schaden  gelitten  wegen  des  Krieges  und 
sei  so  arm ,  dass  kaum  zwei  Brüder  des  Ordens  sich  daselbst 
erhalten  können.  (Joh.  Vt^t,  \otizenbkiU  a,  a.  O.  S.  i09J 
Unter  so  misslichen  Verhältnissen  wurde  der  Landconifur 
Georg  von  Egiingen  als  Pfleger  nach  Tazio  versetzt  und  an 
seiner  Statt  der  bisherige  Hanscomtur  zu  Sterzingen,  Goltfrid 
Nlderhanser,  als  Landcomtur  eingesetzt;  als  solcher  findet  er 
sich  schon  im  Jahre  1421.  Am  Samstag  vor  Maria  Geburt 
1431    vertauscht  Bruder  Gottfrid  von  Niderhaus,   Landcomtur 

6» 


—    84    — 

der  Bailei  an  dei*  Etacli,  mit  Rath  seiner  MitbrOder:  Eberhard 
Scfawizzers  von  Meran,  ComUirs  zu  Sterzingen,  Leopolds,  Com- 
turs  zu  Lengmoos ,  Hansen  Stetpecken,  Comturs  zu  Sefcland^rs, 
Fridrichs  Eringer,  Comturs  zu  Trient,  sowie  mit  Rath  und 
Zustimmung  dea  ganzen  Conveats,  an  das  Spital  zu  Meran  ein 
Slttck  Weingarten  zu  Obermais  am  Tragwaal,  wofilr  ihm  letz- 
teres 3  Graber  Weingut  in  des  deutschen  Ordois  Bauhof  «u 
Winkel  zum  Eigenthum  (Iberlässt.  Zeugen  dessen  die  edlvesten 
Ulrich  von  Veigenstain  und  Jacob  von  Aur  u.  a.  m.  Q^^^ 
des  SpUals  zu  Meran.J 

Dieser  Gottfrid  von  Niderhaus,  aus  dem  edlen  Geschlechle 
der  Edlen  von  Niderhaus  zu  Bozen  entsprossen,  war  —  unsers 
Wissens  —  der  erste  Tiroler,  der  zur  Warde  emes  Land- 
Comturs  der  Bailei  an  der  Etsch  befordert  wurde,  wfthrend  die 
frühem  alle  aus  Preusen  hieher  versetzt  wurden;  er  war  es 
aber  auch^  der  unter  allen  bisherigen  Landcomtureu  am  lilfig- 
sten  —  über  20  Jahre  —  diess  Amt  verwaltete,  und  zwar 
unter  so  manchen  mlssgiinstigen  Yerbftitnissen  sowohl  des 
deutschen  Ordens  im  allgemeinen  als  seiner  Ballel  insbesondere. 
—  Damals  war  der  deutsche  Orden  in  Folge  der  Kriege  mit 
Polen  in  grosses  Unglück  und  dadurch  in  Noth  geratben ,  so 
dass  der  Hochmeister  Paul  von  Russdorf  den  Entschluss  fassie, 
die  Güter  des  Ordens  in  Oesterreich  zu  verkaufen  oder  zu  ver- 
setzen, um  aus  der  Klemme  zu  kommen.  Der  frühere  Land- 
Comtur  der  Bailei  an  der  Etsch,  Georg  Eglinger,  nunmehr 
Pfleger  zu  Tazio,  wurde  in  dieser  Angelegenheit  im  Jahre  1423 
als  Abgeordneter  an  Herzog  Albrecht  von  Oesterreich  gesandt, 
um  von  demselben  die  Erlaubniss  zu  erwirken;  erhielt  aber 
einen  ungünstigen  Bescheid;  besser  glückte  es  ihm  bei  Herzog 
Ernst  von  Steiermark,  und  auch  bei  Herzog  Fridrich,  Grafeo 
von  Tirol,  QBurglechner^  weiche  ihre  Einwilligung  dazu 
gaben,  Jedoch  unter  der  Bedingung,  dass  es  nur  an  Land- 
gesessene Leute  und  ohne  Hinderung  des  Gottesdienstes  ge- 
schehen dürfe.  —  Auf  Anrathen  des  Landcomturs  in  Oester- 
reich Hess  Eglinger  alle  goldenen  und  silbernen  Gerftthschaflen 


-    85    - 

der  QHeMkircben,  Häaser  und  Brüder  Hafseichnen.  Am  Dienstag 
Bteh  Palmtag  1423  war  er  zu  diesem  Zwecke  zu  Bozen  und 
berichtete  von  da  aus  über  den  bisherigen  Erfolg  seiner  Sen- 
drnig.  Beigelegt  ist  ein  Yerzeichniss  4es  Silbergerfitties  in  der 
Baiiei  im  Gebirge,  nemlich  fürs  erste  das  Kfrchen-Silber: 
i)  zu  Sterzing  3  silberne  Krenze  und  eine  Honstranze,  zusam- 
men auf  6  Mark  angeschlagen ;  2)  zu  Lengmoos  eine  silberne 
Monstrattze  im  Gewichte  von  12  Mark  minder  7  Lotb  1  Quintl; 
diese  hat  Hr.  Seyfnd  geschaffen;  ferner  eine  kleine  vergoldete 
Monstranz,  welche  der  von  Tabingen  und  eine  silberne  Mon- 
stranz ,  welche  Hr.  Leupold  geschaffen ,  wagen  beide  3  Mark ; 
ein  sHbemes  Agnus  Dei  und  eine  vergoldete  Bildniss  der  heil. 
Barbara,  gehört  Hm.  Leupold,  und  ein  kleines  silbernes  Mon- 
strftnzcheo,  gehört  Hrn.  Otto,  diese  wägen  zusammen  2  Mark 
4  Loth ;  ein  silbernes  Rauchfass  wigt  2  Mark  4  Loth,  und  ein 
silbernes  Kreuz,  womit  man  die  Leute  bestreicht,  wigt  10  Loth. 
3)  Zu  Bozen :  die  grosse  vergoldete  Monstranz,  die  Hr.  Walrab 
geschaffen,  wigt  32  Mark;  die  kleinere  auch  vergoldet,  die 
aach  Hr.  Walrab  geschaffen,  wigt  8  Mark  weniger  4  Loth; 
das  vergoldete  Kreuzchen,  das  man  bei  Hm.  Walrab  nach  sei- 
nem Tode  gefanden,  wigt  3  Mark,  ferner  zwei  kleinere  Mon- 
strSnzchen,  vergoldet  wflgen  3  Mark;  das  vergoldete  St.  An- 
tonf-Bild,  welches  dem  Hochscblitz  gehört  hatte,  wigt  1, Mark 
2  Loth;  ein  silbernes  Rauchfass  wigt  2  Mark  4  Loth,  — 

zusammen  48  Mark,  2  Loth.' 
Das  Silbergeschirr  in  den  einzelnen  Häusern:  1)  zu  Ster- 
ziag  4  Becher,  der  grosse  zweifache  Kopf  (Humpen),  1  kleines 
vergoldetes  Köpfl,  1  kleiner  zwiefacher  Kopf,  6  Schalen,  1  Lid 
(Deckel)  auf  dem  vergoldeten  Becher,  der  hölzerne  Kopf  mit 
einem  vergoldete»  Lid ;  alles  zusammen  im  Gewichte  von  19 
Mark  2  Lotb.  2)  Zu  Lengmoos  1  vergoldeter  Kopf,  2  Gabeln, 

1  Löffelskil  und  i  Schaufel  zu  Trise;  wSgen  zusammen  3  Hark 

2  Loth.  3)  Zu  Bozen  ein  grosser ,  zwiefacher  silberner  Kopf 
and  4  silberne  Beefaer;  wägen  zusammen  8  Mark,  3  Loth. 

Aof  dem  Kirehensilber  steht  meistontheils  das  Wappen  des 


—    86    ^ 

Gebietigers,  der  es  geschaffen.  C^^H^f  N^tif^etkHaU  a.  a.  O. 
S.  liOO  —  Ob  es  in  der  Baliei  an  der  Elsch  wirklich  wm 
Verkaufe  oder  Versatz  von  Gatero  oder  Zinsen  oder  des  Süber- 
geräthes  gekommen,   dinrüber  fehlen   urkundliche  Aufschlösse. 

Ein  emffindlicber  Schlag  traf  bald  darauf  die  Deutsch«- 
Ordens-Brüder  in  Tirol;  indem  zwischen  dem  Jahre  1425  bis 
1426  das  Comende^Gebäude  in  Schlanders  ein  Raub  der  Flam*» 
men  wurde;  die  zur  Wiederherstellung  desselben  benOthigten 
Ziegel  wurden  im  Thale  Martell  gefertigt.  (^Urkunden  in 
ScManders.J 

AHein  nicht  bloss  diese  maierielen  Bedrängnisse  trttbten 
die  Amtsverwaitung  des  wachem  Landcomlurs  Gotifrid  Nider- 
hauser,  sondern  auch  so  manche  Verwicklungen  mit  den  Ordi- 
nariaten von  Trieot  und  Cur.  Von  seinen  Vorfahren  hatte  sich 
der'  schon  erwifhnte  langwierige  Frooess  wegen  Einverleibung 
der  Pfarre  Lana  auf  ihn  vererbt;  er  fahrte  selben  mnthig  fort 
und  es. gelang  ihm  endlich  durch  den  schon  erwähnten  gfitliehea 
Vergleich  denselben  am  14.  Janner  1430  zu  Gunsten  seiner 
Bailei  zu  Ende  zu  fahren.  Wahrend  dieses  Processes  hatte  <er 
aber  gleichzeitig  einen  andern  Kampf  in  einer  andern  Beziehung 
gegen  Trient  zu  bestehen,  und  zwar  mit  dem  auf  Betrieb  des 
Herzogs  Fridrich  vom  Domcapitel  im  Jahre  1419  erwfihlten^ 
aber  vom  päpstlichen  Stuhl  nie  als  Bischof  von  Trienl  oncf- 
kannten  Johann  von  Isnina  wegen  von  demselben  dem  deuJsoblur 
Orden  abgeforderter  Steuer.  Die  deutschen  Brfider  suchten  da- 
gegen zu  Rom  um  Abhilfe  au;  in  Folge  dessen  fordert  durch 
Erlass  dat.  Rom  3.  Hai  1433  auf  Klage  Gottfrids  Niderhauser, 
Laadcomturs  an  der  Etsch,  Leupolds  Gescalb,  CemUirs  und 
Pfarrers  zu  Lengmoos  und  Eberhards  Kneringen  (Hneulingeii). 
Comturs  und  Pfarrers  zu  Sterzingen,  —  Jabann  Opitz,  Deere- 
toruni  Dr.,  päpstlicher  Caplan  und  Auditor  der  Processe  des 
päpstlichen  Palastes,  einen  gewissen  Johann,  der  als  «erwählter 
Bischof  von  Trient  und  zwar  mit  Zustimmung  und  Willen  des 
Herzogs  Fridrich  sich  ausgibt,  sowie  einen  gewissen  Wilhehn 
Sablar,   welche  den  geistlichen  General  «Vicar  von  Trieot  sich 


—    87    — 

nennt,  samml  den  von  diesen  beiden  eroannten  Commissilrea 
und  CoUectoren  wegen  einigen  unrechtmässigen  Forderungen 
einer  Steuer ,  wegen  J^uflegen  und  anbefobleneo  Requi«tiooen 
und  Strafverfabreo  und  andern  Beschwerungen,  die  sie  sich 
gegen  die  Deutschordens-Brüder  erlaubt,  zur  Verantwortung 
nach  Rom  vor.   0,«^A. 

Aehniiches  begegnete  den  Deutscbordens- Brüdern  von -dem 
im  Jahre  1423  erwählten  rechtmässigen  Bischöfe  von  Trient, 
Alexander  Herzog,  von  Masovien;  den)i  dieser  legte  mit  Beirath 
seines  Capilels  bald  nach  seiner  Besteigung  des  bischöflichen 
Stuhles  allen  Prälaten,  Clerlkem  und  Beneficiaten  in  der  ganzen 
Diöcene,  jedem  nach  dem  Verhältnisse  des  Erträgnisses  seiner 
Pfründe,  eine  Steuer  oder  subsidium  caritativum  auf,  und  zog 
in  diese  Hassregei  auch  die  Deutscbordeasbritder »  ungeachtet 
ihrer  Exemtion,  hinein,  und  da  selbe  gestützt  auf  ihre  Privilegien 
sieh  d^  ZaUuiig  weigerten,  und  desswegen  von  ihm  zur  Ver- 
antworUmg  vorgefordert  nicht  erschienen,  so  excommunicirte 
er  nie  iMD  20.  August  1427.  Die  Excommunication  verkandete 
am  letzten  August  d.  J.  wirklich  zu  Bozen  Conrad  Fuessen- 
berger,  Priester  ans  der  Regeosburger  Diöcese  und  Gesell- 
Priester  zu  Bozen.  C^  A.  —  Da  diese  Excommunication  bei 
den  Dentschordensbrüdern  nicht  die  gewänschte  Wirkung  her- 
vorbrachte, erfolgte  von  Seite  des  Bisehofs  Alexander  eine  neue 
vcrsehftrfke,  welche  an  allen  Sonn-  und  Festtagen  zu  Bozen, 
wenn  am  meisten  Volk  in  der  Kirche  versammelt  wäre,  bei 
bremienden  Kerzen  und  unter  Giockengeläute  verkündet  werden 
sollte,  wodurch  alten  Christgläubigen  aller  wie  immer  gestalteter 
Verkehr  mit  den  Deutschordens-Brüdem,  es  sei  in  Rede,  Kauf, 
Verkauf,  Speis  und  Trank,  in  Gerichtssachen,  igne^  balneo  unter- 
sagt wird.   Exequirt  am  8.  September  1427.   0.  A. 

Nach  solchem  Vorgehen  des  Bischofs  reichten  die  Deutsch* 
vdeos-Brüder  am  17.  September  1427  eine  Klagschrifl  zu  Rom 
wider  ihn  ein,  dass,  obschon  sie  durch  päpslliche  Bullen 
von  aller  Jurisdiction  der  Erzbischöfe,  Bischöfe  ftc.  befreit  uod 
besondecs'^  von  allen  Steuern  und  Abgaben,  welche  die  Diöcessan« 


—    88    — 

fiischöfe  auflegen,  aiMgenommen  wären,  es  sich  doch  der 
Bischof  von  Trient  herausgenommen  hilUe,  sie  damit  zu  bele- 
gen, und  da  sie  auf  ihre  Privilegien  sich  fussend  selbe  zu 
bezahlen  sich  geweigert,  er  sie  desswegen  excommunicirt  habe; 
bitten  um  Recht  und  Abhilfe,  0.  A. 

Unterdessen  aber^  weil  die  Deutschordeus-Brüder  unge- 
achtet der  verschärften  Excommunication  die  geforderte  Zahlung 
fortwährend  verweigerten,  schleudert.  Bischof  Alexander  am  21. 
September  1427  eine  noch  geschärflere  ExcommunicatioA  gegen 
sie.  0.  A.  Während  dem  aber  waren  Briefe  von  Rom  einge- 
laufen; denn  am  H.  October  1427  treten  Hr.  Gottfirid  Nider-^ 
hauser,  Landcomtur,  Hr.  Leupold,  Pfarrer  von  Lengmoos  und 
Eberhard,  Pfarrer  in  Sterzing  für  sich  und  im  Namen  der  Gom^ 
ture  Niciaus  Stern  zu  Bozen,  Eberhard  Mulegk  zu  Trient  und 
des  von  Lengmoos  vor  Conrad  Plassenberger,  Stadtpfarrer  von 
Bozen  mit  einem  Zwangbriefe  aus  Rom  ausgefertigt  von  Här- 
tung von^  Capell,  Dr.  der  Decrete  und  Auditor  des  apostolischen 
Palastes,  durch  welchen  erwähnter  Pfarrer  aufgefordert  wird, 
innerhalb  12  Tagen  alle  in  dieser  Angelegenheit  von  dem  Bischöfe 
an  ihn  zur  Publication  gegen  die  Deulschordens->Brflder  gerieb- 
teten  Briefe,  Excommunications-Sentenzen  u.  dgl.  auszuliefern. 
—  Der  Landcomtur  protestfrt  auch,  dass  er  keinen  sichern 
Zutritt  zum  Bischöfe  habe,  weil  derselbe  alle  Einkflnfte  des 
deutschen  Hauses  zu  Trient.  in  Beschlag  genommen;  auch  hätte 
er  8\t  in  das  Schloss  Boniconsilii  vor  ihm  zu  erscheinen  vor- 
geladen, einem  zu  diesem  Zwecke  ungewöhnlichen,  unpassenden 
Orte,  wo  sie  befürchten  müssten,  er  würde  sich  ihrer  Personen 
bemächtigen.  —  Der  Pfarrer  verspricht  die  Auslieferung  der 
von  ihm  gefoi;^erten  Documente.  Diess  ging  vor  in  Gegenwart 
des  edlen  Ritters  Johann  Botsch,  der  edlen  Männer:  Heinrich 
von  Weiden,  Schlosshauptmanns  der  Yeste  Gnnfenstain,  Johann 
Niderhauser,  Andre  von  Maretsch,  Wilhelm  von  Liechtenstain 
und  des  Clerikers  Magister  Johann  Rorer,  Rectors  der  Schulen 
zu  Bozen.  0.  B.  —  Diese  Actenstücke  nebst  erneuerter  Bitte 
um  Schutz  gegen  diese  ungerechten  Belästigungen  sendeten  die 


—    89    — 

Deutschordens-BrOder  nach  Rom.    Den  Verlauf  des  Processes 
lernen  wir  aus  einem  Erlass-Schreiben  Papst  Martins  V.   vom 
20.  Jnli  1430  kennen;   der  Papst  übergab  die   Untersuchung 
des  Streithandels  dem  Magister  Härtung  de  Capell,  seinem  Caplan 
und  Auditor  Rotae;  dieser,  nach  genauer  Untersuchung  des  Han- 
dels, entschied  mit  Zustimmung  seiner  Collegen:  «oppositiones, 
moiestationes,  perturbationes,  vexationes  et  impedimenta  praedicta 
fuisse  et  esse  temeraria,    illicita,   iniqua,  injufita,  et  de  facto 
praesumta,    ipsiqoe   Episcopo   super  illis  perpetuum  silentlum 
imponendum  fore  et  imposuit,  dictosque  comendatores  ab  impo- 
sitione  ipsius   Episcopi  absolvendos  fore  et  absolvit.    Nee  non 
praefatnm  Episcopum  in  expensts  coram  eo  in  dicta  causa  legi- 
time fieictis  condemnandum  fore  et  condemnaTit,  illarum  taxatione 
sibi  in  posterum  reservata.^  —  Auf  eingelegte  Appellation  des 
Bischofs  von  Trient   gegen  obiges  Urtheil   übertrug  der  Pbpst 
die  Untersuchung   seinem  andern  Caplan  und  Auditor  Rotae, 
dem  Magister  Johann  de  Melia ,  der  den  Spruch  seines  Coilegen 
Hartungs  bestättgte  und  erklärte:   pro  parte  ipsius  episcopi  ab 
lila  sententia  male  fuisse  appellatum.  —  Doch  der  Bischof  ruhte 
nicht  und  appellirte  aufs  neue;   der  Papst   betraute  hierauf  mit 
der  Untersuchung  seinen  Caplan   und  Auditor  Rotae,  Magister 
Johann   de  Thomariis,   der  mit  Beistimmung  seiner  Collegen 
den  Schiedspruch  des  Johann  de  Mella  beseitigte,   ^—    Endlich 
eriiess   obiger  Härtung  de  Capell^   Dr.   der  Decrete  drc.  von 
Rom  aus  am  24.  März  1430  das  entscheidende  Decret,  wodurch 
rr   nochmals  2u  Gunsten  der  Deutschordens-Brüder  gegen  den 
Bischof  von  Trient  entschied ,   und  ihn,  noch  dazu  verurtheilte, 
den   erstem   wegen   Beraubung   ihres    Hauses  .  in   Trient    120 
Croldgulden   und  wegen  ihrer  gehabten  Unkosten  und  Auslagen 
40  GoMguiden  Schadenersatz  zu  leisten.   0.  A. 

Weil  aber  die  Demschordens-Brttder  in  ihrer  Bittschrift 
den  Zweifel  geäussert,  es  möchte  sich  der  Bischof  dem  Schied- 
spruche  der  Auditoren  der  Rota  nicht  fUgen,  und  Überhaupt  die 
Entscheidung  dem  Bischöfe  Wegen  seiner  Macht  und  auch  den 
andera,  welche  die  Sache  anging,  nicht  mit  Sicherheit  eröffnet 


—    90    — 

werden  können,  und  datier  gebeten  hätten,  in  dieser  Hiosicbi 
geeignete  Anordnung  su  treffen,  so  beauftragte  Papst  Martin  V. 
in  dem  schon  erwähnten  Erlass-Schreiben  vom  20.  Juli  i430 
zwei  Bischöfe,  darunter  den  von  Cur,  sowie  den  Domdecan 
von  Orixen,  den  Urthettsspruch  der  Auditoren  entweder  in  eigener 
Person  oder  durch  einen  Untergestellten,  wo  und  wann  sie  es 
am  thunlichsten  erachten,  zu  veröffentlichen  und  nicht  zu  ge- 
statten, dass  besagte  Comturen  wegen  jener  Steuerfo^derung 
und  der  bischöflichen  Erlasse  belangt  oder  wie  immer  belästiget 
wurden,  und  zugleich  dafUr  zu  sorgen,  dass  ihnen  wegen  der 
l^escliöpften  4rerichtstaxen  der  schuldige  Ersatz  geleistet  werde. 

—  Die  der  Entscheidung  sich  widersetzen,  sollen  sie  durch 
kirchliche  Strafen  zum  Schweigen  nöthigen^  und  weon's  noth 
thue,  selbst  den  weltlichen  Arm  zu  Hilfe  rufen  u.  s.  w.  0.  A. 

—  Da  Bischof  Alexander  sich  noch  immer  weigerte,  die  Exem« 
tion  der  Deutscliordens-Brttder  von  Abgaben,  Beisteuern  und 
Hilfsgeldera  anzuerkennen,  so  kam  es  im  Jahre  i431  auf  An- 
suchen des  Niclaus  Stern,  Comturs  zu  Bozen,  auf  öffentlichem 
Platze  vor  der  Liebfrauen^Pfarrklrche  zur  Aufnsdkme  eines  In- 
struments aber  diesen  Streit  vor  dem  öffentlichen  kaiserlichen 
Notar  und  den  erbetenen  Zeugen.  0.  A.  —  Hit  diesem  Acten- 
stücke  endeq  die  urkundlichen  Berichte  über  diesen  unerquick- 
lichen Streit. 

Am  Dienstag  vor  Lichtmess  1432  trifft  Bruder  Goltfrid 
Niderhauser,  Landcomlur  der  ganzen  Bailei  an  der  Etsch,  mü 
Rath  und  Zustimmung  Hrn.  Hansen,  Comturs  und  Pfarrers  zu 
Schlanders,  sowie  der  Herren:  Thomas,  Priesterbniders  und 
Wolfgang  Schachners,  Ritterbruders  und  mit  Rath  des  ^Iveslen 
Conrads  Sehlandersberger  und  Jacobs  des  Gesellpriesters ,  mit 
den  Abgeordneten  und  Kirchpröpsten  der  Gemeinde  Göflan 
eine  Uebereinkunft  wegen  der  jährlichen  Gottesdienste ,  welche 
die  Deutschordensherren  von  Schlanders  aus  daselbst  besorgen 
sollten,  nemlich:  am  Christtage  soll  die  Christmesse  in  der 
Nacht  zu  Göilan  gesungen,  die  Tagmesse  aber  zu  Vezau  gelesen 
werden.   —   Das   gewöbnlicfae  Amt   soll  zu  Göflan   gesungen 


r 


—    91    —  * 

iverdea  an  den  vier  Ifanpiresten  Marlens ,  am  Neujahrs-  und 
U.  DreflLönigen-Tage  sowie  am  Palmsounlage,  um  die  Palmen 
zo  weiiie»  ,i»nd  d§e  Ai^tüggl  au»%^gen,  do  man  den  letzten 
«He  GoMeichnam  porpeut.^  Wollten  sie  einen  Gesang  dazu 
hakem,  so  soll  die  Gemeinde  einen  Gehilfen  im  Gesänge  be- 
sorgen. Gesungenea  Amt  soll  femer  gehalten  werden :  am 
GriadoBDerstag,  Oster-  Walburgen-Tag ,  au  Pfingsten,  Fron- 
leiehnaiB  and  AUerheiligen-Tage,  an  diesem  Tage  Abends  auch 
cKe  Yigll  und  «m  Allerseelentage  gesungenes  Todtenamt;  am 
Torakende  des  hl.  Martih  gesungene  Vesper ,  am  Tage  selbst 
geanngenes  Ami  gehalten  werden.  —  Auch  soll  an  jedem  Sonn- 
tage dtselbal  Hesse  gelesen  werden  mit  Ausnahme  jedes  dritten 
Mo&al-6oiiBtag8  ^  an  weichem  selbe  zu  Vezan  soH  gefeiert 
werden.  —  Ferner  soiien  selbe  auch  an  allen  Feiertagen  Hesse 
m  G5ian  halten;  am  Klrchweihabend  gesungene  Vesper,  am 
andern  Tage  gesungenes  Amt.  Jeden  Hontag,  Hittwoch  und 
Samatag ,  wenn  Werktag  ist  und  an  allen  Feiertagen  soll  zu 
Cortsch  zum  hl.  Julian  Hesse  gelesen  werden.  —  Findet  an 
solchen  Tageir,  wo  ^ie  keine  obligate  Messe  hätten,  eine  Be- 
grabnijss  oder  CopuJation  daselbst  statt,  so  soll  auf  Verlangen 
eöne  Hesse  gelesen  werden  und  dafttr  die  ufiehste  Obligatmesse 
ausbleiben ;  verlangt  man  aber  eine  gesungene  Messe ,  so  soll 
dafür  bezahlt  werden.'  —  Am  ersten  Adventaonntage ,  zu  heil. 
Dreikönigen,  an  den  vier  U.  L.  Frauentagen  und  an  allen  Sonn- 
tagen in  der  Faste,  am  Walburgistiage  und  zu  Kirchweihe  soll 
auch  eine  Predigt  gehalten,  sonst  an  allen  Sonntagen  die  heil. 
Zeilen  verkttndet  werden.  -^  Wäre  zu  Schlanders  an  den  oben 
bestimmten  Tagen  eine  Begräbniss  oder  Jahrtag,  wobei  man 
den  Priester  dort  nOtbig  hätte,  so  soll  die  treffende  Hesse  am 
folgenden  Tage  ersetzt  werden.  —  Wäre  zo  Göflan  eine  Leiche^ 
die  arm  ist  und  kein  bezahltes  Seelgeräth  hat,  so  soll  auf  Ver- 
laogea  ein  Priester  hinkommen  Hesse  zu  lesen;  dafür  soll  die 
niehste  OMigatmesse  ausbleiben,  nach  guter  alter  Gewohnheit. 
—  Nach  Hilfäslen ,  wenn  die  Osterbeichl  angeht ,  soll  man 
ihnen  stets  eioeu  Priester  da»i  senden,  der  die  Beichten  anhört. 


—  J»  — 

Derselbe  soll  in  der  Woehe  vor  Palnifloantag  auf  drei  oder  vier 
Tage  zu  diesem  Zwecke  besUlndig  su  GMan  sieb  aafhalteD  und 
am  Gründonnerstage  und  am  Osterlage  sie  communiciren ;  aber 
immer  derselbe  Priester.  Will  die  Gemeinde  an  diesen  zwei 
Tagen  ein  gesungenes  Amt  baben,  so  besorgt  sie  einen  'Gehil- 
fen beim  Amte.    QGetneinde^ Archiv  %u  €röflan.J 

Am  rfinztag  vor  Petri  StuUfeier  1432  erkauft  Hr.  Otto 
Ebersdorfer,  Pfarrer  und  Comtur  zu  Lengmoos,  mit  Rath  des 
Bruders  Gottfrid  Niderfaauser,  Landcomturs  und  anderer  bei  ihm 
wohnenden  Brüder  von  Jörg  Scheck  um  35  M.  fi.  den  Raffrllst- 
Hof  in  dem  Kreuze  zu  SL  Andre  zu  Antiasy  O.  A.  ^  ver* 
kauft  aber  selben  bald  darauf  am  Sonntag  Oculi  desselben 
Jahres  um  den  nemKchen  Preis  an  Michael  Zachler  und  Lienhard 
Parschalk;  diessmal .  heisst  er:  der  Raffrflsthof  in  St.  Andretf^ 
Mulffrei  zu  Antiae.  0.  A.  *)    ^   Am  4.  Juli  1434  gewahrt 


^)  Hier  finden  wir  die  nemliche  ."^ache  unter  zwei  verschiedenen 
Benennnngen  angefahrt;  zuerst  als  Sl.  Andreas  Blalgrai  und 

<  dann  als  81.  Andreas  Kreuz;  beides  aber  bedeutet  nichts  an- 
deres, als  eine  bestimmte  Abtlieilung  eines  Gerichtsbezirkes, 
wie  in  Ulfen  das  Werk,  ku  CaUern  und  anderswo  die  Rigl 
(Regula)  und  zu  Sohenna  die  Tegnei  (Decania).  —  üeber  den 
Ursprung  und  die  eigentliche  Bedeutung  dieses  Ausdruckes 
Mulgrei,  auch  Malgrai,  ist  Manches  conjectirt  aber  noch  nie 
zur  vollen  Lösung  gebracht  worden.  Manche  dachten  an  Mallnm, 
Gericht  und  dem  lon^obardischen  garah,  Berufung^  oder  auch 
an  Grei,  Krei,  cry,  welches  im  Deutschen  und  Französischen 
Kuf  bedeutet;  daher  auch  in  Tirol  die  Krei-  oder  Kreiden- 
Feuer;  somit  sollte  Malgrai  soviel  bedeuten  als:  was  zu  einem 
Gerichtsslab  einberufen- wird.  —  Jedoch  durfte  dagegen  bemerk- 
lich gemacht  werden,  dass  ursprünglich  und  sonst  weit  öfter 
daför  Mulgrei  vorkömmt,  und  dass  selbst  Malgrai  nie  MaH-grai, 
sondern  stets  nur  Mal-grai  in  Urkunden  geschrieben  ynrd.  — 
Andere  bingei^en  möchten  Mulgrei  und  Malgrai  von  mulgere, 
melken,  oder  von  dem  in  WAIschtirol  gebräuchlichen  Malga.» 
Alpe  oder  Schwaige  herleiten.  Boerio,  Pizionario  del  dialelto 
veneziano,  sagt:  j^Malga,  voce  lombarda,  ma  conosciuta  anche 
in  Venezia,  ed  e  lo  stesso  che  mandra,^'  —  Wie  man  nun 
immer  diese  sonderbare  Bezeichnung  Mulgrei  und  Malgrai  für 
Gemeindeabtheilung  herleiten  und  deuten  mag,  so  steht  diess 
einmal  fest,  dass  diese  Benennung  fOr  gewöhnlich  nur  in  den 


—    93    —     , 

der  Landcomlor  Gottfrid  Niderhauser  dem  Ludwig  aus  Lorenz- 
thal  in  Ried  auf  dessen  Vorstellung,  dass  er  dem  deutschen 
Haose  xu  L^gmoos  bisher  fdr  erwähntes  Gut  jährlich  40  Pf.  B. 
Bod  ein  Kits  gezinst  habe;  da  nunmehr  aber  die  Lahn  durch 
das  Gnt  gehe,  so  sei  das  Gnt  überzinst,  —  einen  jährlichen 
AMass  von  2  Pf.  fi.  0.  A.  —  Am  13.  Jänner  1436  zu  Riva 
in  seinem  Schlosse  bestätigt  Bischof  Alexander  von  Trient  nach 
dem  Tode  Johanns  von  Pranconia,  letztgeweseVen  Pfarrverwal- 
ters  zu  St.  Leonhart  ni  Passeir,  den  an  dessen  Stelle  vom  Land- 
Contar  Gottfrid  Niderhauser  präsentirten  Jodok  Lantner,  Caplan 
zu  Gorlan.  0.  A. 

Der  Laadcomtur  Gottfrid  Niderhauser  sollte  während  seiner 
AiitsfilhniBg  nie  des  erwünschten  Friedens  sich  erfreuen;  kaum 
waren  jene  leidigen  Streite  mit  Trient  wegen  der  Incorporatton 
dar  Pforre  Lana   und   der  Exemtion  a  subsidiis  caritativis   bei- 


Mittelgebirgen  und  Berggemeinden  an  den  beiderseitigen  Ufern 
des  Eisacks  von  Bozen  bis  Clausen,  sowie  in  den  Thfilern 
Gröden  und  Thiers  vorkömmt ;  nur  ein  paarmal  hingegen  spora- 
disch in  der  Gegend  von  Eppan,  sowie  später  einmal  in  der 
Gegend  von  Reute  und  einmal  bei  Lienz.  —  In  den  Berg- 
Gegenden  am  Eisack  taucht  diese  Benennung  schon  am  Anfange 
des  14.  Jahrhunderts  auf;  während  die  Benennung  der  soge- 
nannten 12  Malgreien  auf  die  in  der  Ebene  von  Bozen  gele- 
genen Gemeindsabtheihmgen  erst  im  Jahre  1476  zuerst  sich 
angewendet  findet.  —  Etwas  Eigenthümliches  ist  es,  dass  jede 
dieser  Mulgreien  oder  Malgraien  stets  nacb  einer  Kirche  oder 
Capelle^  die  im  Bezirkd  dieser  Gerne! nds-AbtheiJung  sich  erhob, 
benannt  ist,  was  wohl  zur  Erklärung  der  Bedeutung  jener 
sonderbaren  Benennung  den  SchUissel  bieten  dürfte;  nemlich 
Mulgrei  oder  Malgrai  bezeichnet  den  Inbegriff  jener  Höfe, 
welche  zunächst'  zu  dieser  oder  jener  Kirche  oder  Capelle 
i^örlen ,  wenn  auch  dort  kein  ständiger  Priester  war.  —  Der 
Ausdruck:  St.  Andreas-  oder  St.  Verena-Kreuz  scheint  nach 
unserer  Meinung  darauf  hinzudeuten,  dass  wahrscheinlich  die 
gewöhnlichen  oder  aussergewöhnlichen  Versammlungen  zu  den 
Eke-Thaidingen  dieser  Gemeinde-Abtbeilungen  bei  einem  an 
ihrer  Kirche  oder  Capelle  angebrachten  Kreuze  stattgefunden; 
ausgenommen  man  wollte  vermuthen,  4las  ursprüngliche  Grei 
oder  Krei  habe  sich  allmälig  im  Munde  des  Volkes  in  Kreuz 
ttnugewandelt.   « 


—    «4    ^ 

gelegt,  so  wurde  die  Ballei  an  der  Btsek  mit  dem  Bischöfe 
Johann  von  Cur  wegen  der  Pfarre  Schlanders  in  sehr  verdriess- 
liehe  Hftndel  verwickelt;  am  23.  April  1433  ernennen  Gottfrid 
von  Miderhaus,  Landcomtur  der  Ballei  im  Gebirge  an  der  Etstk 
und  dessen  Hitbrfider  vier  Procuratoren,  '  nemHch:  Joliaiift 
Wachludung,  Herman  Widler,  Andreas  Talham  und  Heinricli 
AUendom  als  ihre  Bevollmächtigten  beim  Basier-Coneii ,  mit 
erlheilter  Yollmatht,  dort  ihre  Angelegenheiteu  in  ihrem  NanKO 
zu  besorgen,  insbesondere  aber  tragen  sie  ihnen  auf,  die  Bei- 
legung der  Streitigkeiten  zwischen  dem  deutschen  Ordeo  ODd 
dem  Bischöfe  von  Cur  in  Betreff  der  Pfiarre  Sehlanders  in 
betreiben.  0.  A.  Um  was  es  sieh  dabei  handelte,  werden  wir 
bald  sehen;  der  Handel  zog  sich  in  die  Länge  und  ^aogte 
sogar  an  den  Papst  Eugen  IV»,  der  von  Florenz  aus  am 
31.  Jänner  1435  eine  Bulle  folgenden  Inhalts  erliess:  ^»seit 
undenklichen  Zeiten  gehöre  die  Pfarre  Schlanders  dem  deutschen 
Orden  an  und  sei  seit  undenklichen  Zeiten  durch  ein  Mitglied 
des  Ordens  besetzt  worden ;  auch  seien  diese  Ordensbrüder  von 
jeder  Steuer  und  Abgabe  und  von  jeder  gewöhnlichen  Unter- 
würfigkeit (a  subjectione  ordinaria)  unter  den  Diöcesan- Bischof 
befreit,  auch  zur  Bezahlung  der  Annaten  nicht  gehalten.  — 
Nun  habe  der  Landcomtur  an  der  Etsch,  Gottfrid  Niderliauser, 
nach  der  letzten  Erledigung  erwähnier  Pfarre  den  Oeutsebordens- 
Bruder  Johann  Smollis  als  Pfarrer  und  Comtur  dem  Diöcesan- 
Bischofe  Johann  von  Cur  vorgeschlagen,  dieser  ihn  auch  appro- 
birt  und  demselben  die  Seelsorge  übergeben.  Obschon  nun 
mittlerweile  der  Bestätigte  dem  Bischöfe'  nachgewiesen ,  dass 
er  und  die  andern  Brüder  des  Ordens,  die  Landcomlure  und 
Coroture  von  jeder  Steuer  uod  Abgabe  und  von  feder  sub- 
jectio  ordinaria  befreit  und  zur  Zahlung  der  Annaten  nicht 
gehalten  seien,  so  habe  es  sich  doch  besagter  Bischof  heraus- 
genommen, von  demselben  die  Annaten  zu  fordern,  und  sei 
bei  dessen  Weigerung,  selbe  zu  zahlen,  mit  färchterlichen 
Strafen  gegen  denselben  vorgegangen,  habe  ihm  die  thatsäch- 
lieh  iiberlragene  Seelsorge   wieder  abgenommen   und  ihm  ver- 


—    95    — 

boten,  selbe  auszafibeii,  sowie  den  Uniergebenen,  ihm  als  ihrem 
Pfarrverweser  und  Comtur  Folge  zq  leisten.  Ja  was  noch 
schwerer  nnd  unwürdiger  sei ,  es  habe  der  Bischof  besagten 
Bruder  Johann,  der ^  des  Ordens  Freiheiten  und  l^emtionen 
Torschützle,  obschon  er  keine  Jurisdiedon  über  denselben  gehabt, 
aus  eigenmächtigem  Vermessen  und  zum  Schimpfe  besagter 
Ordensbrifder  Gotlfrid  und  Johann  letztem  durch  eine  bewaff- 
nete Schaar  fangen,  in  seinen  Schlössern  und  Gefängnissen  in 
Räumen,  wo  Diebe,  Räuber  nnd  Halenz-Personen  eingesperrt 
gewesen,  in  harter  Gefangenschaft  einsperren  um)  mehrere 
Tage  hindorch  unter  Kälte,  Runger  nnd  Durst  eingekerkert 
gelassen,  und  überhaupt  dem  Orden  einen  Schaden  von  2000  fl. 
zngefiigt.  Darum  nach  vorgenommener  Untersuchung  der  Streit- 
sache verurtheile  er  den  erwähnten  Bischof  von  Cur  und 
bezeichne  seine  Handlungsweise  als  vermessen,  ungerecht  u.  s,  w., 
spreche  die  Deutschordens-Brfider  frei  und  vernrtheile  den  Bischof 
zur  Bezahlung  von  100  Goldgulden  und  der  noch  zu  schätzen- 
den Kosten.  0.  A. 

Bald  darauf,  am  22.  April  1435,  erliess  Lorenz  von  Arezo, 
Dr.  der  Decrele,  Caplan  des  Papst  Eugen  IV.  und  Auditor 
S.  Palatii  an  die  gesammte  Geistlichkeit  ein  Schreiben  des  In- 
halts:  bereits  am  9.  April  1432  habe  ihm  Papst  Eugen  eine 
Klagschrift  des  Gotlfrid  Niderhausers ,  Landcomlurs  der  Ballei 
an  der  Elsch,  übersendet,  wegen  der  sohlechten  Behandlung 
des  Johann  Smoilis  als  ernannten  Ordenspfarrers  zu  Schlanders, 
(folgt  nun  die  schon  oben  angeführte  Beschreibung  derselben) 
—  mit  der  Bitle  um  Abhilfe;  in  Folge  dessen  habe  er  eine 
Entscheidung  gegen  den  Bischof  Johann  von  Cur  erlassen. 
Jedoch  am  7.  Jänner  1435  hätten^  ihm  der  nemliche  Land^ 
Comtar  und  die  andern  Comture  und  Pfarrer  erneuerte  Klage 
gegen  den  Bischof  von  Cur  in  der  nemlichen  Angelegenheit 
vorgebracht,  und  der  Papst  selbe  ihm  übersendet ;  er  aber  habe 
den  Bfsefaof  aufs  neue  verfällt  nnd  fordert  sie '  unter  Straft 
der  Excommunication  auf,  d^s  Urtheil  zu  veröffentlichen.  — 
In  Folge  dessen  tritt  am  27.  Hai  1435  im  Widum  zu  Naturns 


—    96    — 

in  Gegenwart  mehrerer  Zeugen  Heinrich  Sengfcnechl ,  Pfarrer 
und  Comtar  zu  Scbianders  C<i^ii  wahrscheinlich  der  Landcomlur 
anstatt  des  so  unwürdig  behandelten  Johann  Smollis  unterdessen 
dazu  ernannt  hatte),  im  Namen  des  Landcomturs  vor  Hrn.  Albert, 
Magister  artium,  Pfarrer  zu  Naturns  und  Erzpriester  im  Yinst- 
gau  mit  obigen  Briefen  und  verlangte  deren  Veröffentlichung, 
so  dass  selbe  auch  zur  Kenntniss  des  Bischofs  Johann  gelangten. 
Am  31.  Hai  1435  stellte  selber  in  der  St.  Nicolauskirche  zu 
Heran  das  nemliche  Gesuch  an  den  hochw.  Herrn  Niciaus 
Landscron,  Verkünder  zu  Heran,  dass  selber  während  der 
Feier  der  hl.  Hesse  den  Inhalt  dieser  Briefe  verkünde,  und 
damit  nicht  zufrieden,  heftete  er  selbst  den  Erlass  von  Rom 
an  die  Kirchthttre,  und  liess  ihn  während  der  ganzen  Hesse 
daselbst  hängen;  diess  geschah  im  Beisein  Hrn.  Georgs  Chun- 
radi  aus  der  Constanzer  DiOcese,  Caplan  der  hl.  Dorothea-Capelle 
zu  Herningen  (Harling),  Johann  Landsidlers  aus  der  Salz-* 
burger  Diöcese,  Gesellprieslers  zu  Heran  und  mehrerer  Laien. 
—  Und  wirklich  vollzog  Hr.  Niciaus  Landscron  den  Auftrag 
von  der  Kanzel  der  Kirche  aus  am  3.  Juni  1435  im  Beisein 
Hrn.  Johanns  Riess,  Gesellpriesters  zu  Schlanders,  Johanns  des 
Pfarrers  in  Las  und  Tybalds  Püchelmair,  Rectors  der  Schu- 
len zu  Heran.   C^.  MartinUches  Archiv J 

Auf  die  Klage  der  Deulschordens-Brüder,  dass  ihr  Hit- 
Bruder,  dem  sie  die  Promulgation  obiger  päpstlichen  Entschei- 
dung aufgetragen,  vom  Bischöfe  von  Cur  daran  gehindert  wor- 
den, auch  sonst  niemand  wegen  der  Hacht  desselben  Bischofs 
es  zu  thun  sich  getraue ,  beauftragt  Papst  Eugen  von  Bologna 
aus  am  30.  August  1436  mit  diesem  Geschäfte  die  Bischöfe 
von  Adria  und  Basel  und  den  Dompropst  von  Brixen  mit  der 
Weisung,  den  päpstlichen  Urlheilsspruch  an  den  Kirchthürep 
von  Schluderns,  Schlanders,  Nalums  und  Heran  anzuschlagen 
und  zu  verkünden.  0.  A.  —  Am  1.  September  1436  ward 
i»  dieser  Angelegenheit  von  den  päpstlichen  Richtern  entschier 
den :  dass,  wenn  der  Bischof  und  seine  Helfer  innerhalb  zehn 
Tagen  nach  Publicirung  obigen  Spruchs  nicht  Folge  leisteten. 


—    9T    — 

so  soHten  die  Sabdelegaten  gegen  ihn  und  seine  Helfer  die 
Excommonicatioti  aussprechen.  —  Sollte  auch  diess  Mittel  inner- 
halb zehn  Tagen  nicht  den  gewünschten  Erfolg  haben,  so  soll- 
ten selbe  die  Excommunieatiou  an  allen  Sonn-  and  Pesttagen 
in  allen  Kirchen,  KiOstem  und  Capellen  während  des  Gottes- 
dienstes feierlich  verkflnden  unter  dem  Gelliute  der  Glocken, 
mit  angeittndeten  und  zur  Erde  geworfenen  Kerzen,  empor- 
gehobenem verhülltem  Kreuze  und  Weihwasser  sprengen,  um 
den  bösen  Geist,  der  jene  gefangen  hftit,  zu  vertreiben;  dann 
um  Ihre  Bekehrung  beten  mit  Absingung  des  Res ponsoriums : 
Revelabunt  coell  iniquitatem  drc.  und  des  Psalmes  :  Deus  laudem 
meam  ne  tacueris  und  der  Antiphon:  Mea  vita  totaliter.  Nach 
Vollendung  dieser  Ceremonie  sollen  sie  mit  dem  Clerus  und 
dem  Volke  zur  Kirchthüre  ziehen  und  gegen  die  Häuser  der 
Ungehorsamen  Steine  werfen  zum  Zeichen  des  ewigen  Fluches, 
Bit  dem  Golt  den  Köre,  Dathan  und  Abiron  bestraft,  —  zum 
heilsamen  Schrecken,  damit  Bischof  Johann  von  Cur  und  dessen 
Gehilfen  desto  schneller  zum  Gehorsam  zurückkehren  mögen. 
—  Im  Falle  der  nochmaligen  Weigerung  soll  ihnen  ein  drei- 
maliger Termin  von  je  10  Tagen  anberaumt  weiden;  lassen  sie 
auch  diesen  unbenutzt  vorübergehen,  soll  die  verschärfte  Ex- 
communication  eintreten  und  im  Falle  fernerer  Weigerung  der 
weltliche  Arm  eingreifen.  0.  A. 

Gleichzeitig  am  f.  September  i436  schreibt  Johann,  Bischof 
von  Adria,  als  ernannter  Vollstrecker  im  erwähnten  Handel  an 
Kaiser  Sigmund,  an  den  Erzbischof  von  Salzburg  und  mehrere 
Bischöfe  und  an  alle  Geistliche,  sowie  an  Herzog  Fridrich  den 
altern ,  Albert  und  Fridrich  den  Jüngern  von  Oesterreich ,  Graf 
Ulrich  den  jQngem  von  Matsch,  Landeshauptmann  an  der  Etsch, 
auch  an  die  Edlen:  Sigmund  von  NIderthor,  Wolfgang  Fuchs, 
Wilhelm  Erbener  (?),  Johann  Botsch  ,  die  Gebrüder  Michael 
und  Oswald  von  Wolkenstein,  Oswald  Sebner,  Sigmund  Schlan- 
dersbeiiger,  alle  Ritter  —  ferner  an  Johann  Hertenfelder,  Burg- 
graf zu  Tirol,  Conrad  Königsberger,  Hauptmann  zu  Pergine, 
Wilhelm  Liechtensteiner,    Ingenuin   Weinecker,    Conrad    und 

7 


Johann  die  Schiandersberger  und  Andre  Vogt  in  Mals  und  viele 
Andere:  es  Eätten  ihm  der  Landcomtur  GoUfrid  Niderhaoser 
und  Johann  Smollis  obenerwähnte  BuUe  Papst  Eugens  IV.  vom 
3i.  Jänner  i435,  sowie  sein  Emennungspateot  als  Executor 
übergeben ;  theilt  ihnen-  den  Inhalt  beider  mit  und  bittet  sie  um 
gütliche  Beihilfe  zur  Ausführung.  0.  A. 

Endlich  bequemte  sich  Bischof  Johann  von  Cur  zur  Nach- 
giebigkeit ;  denn  am  Aschermittwoch  1437  erklärte*  er  zu  Für- 
stenburg, dass  schon  lange  zwischen  (hm  und  Gottfrid  Nider- 
hauser,  dem  Landcomtur,  und  Heinrich  Sengknecht,  Comtur  und 
Pfarrer  zu  Schlanders,  Streit  wegen  der  bischöflichen  Rechte 
Über  erwähnte  Pfarre  obgewaltet;  zur  Vermeidung  weiterer 
Verdrüsslichkeiten  und  Unkosten  habe  er  folgende  freundschaft- 
liche Uebereinkunft  mit  letzterm  getroffen ;  nemiich :  dass  er  in 
Hinsicht  bischöflicher  Rechte  nicht  mehr  zu  fordern  habe,  als 
jährlich  20  Pf.  B.  als  Cathedraticum,  und  in  einem  Schaltjahre 
30  Pf.  B.  Der  jeweilige  Landcomtur  zu  Bozen  soll  bei  ein- 
tretender Erledigung  der  Pfarre  Schlanders  einen  Pfarrer  vor- 
schlagen, der  Bischof  demselben  die  Seelsorge  übertragen ,  der 
also  Bestätigte  aber  wie  jeder  frühere  Pfarrer  des  Bischofs 
Befehle  vollziehen.  0.  A. 

Am  14.  Februar  1438  erliess  Papst  Eugen  IV.  ein  Schreiben 
an  die  beiden  Pröpste  Jacob  von  Kl.  Griess  und  Johann  von 
Kl.  Welschmichael,  worin  er  selbe  zu  päpstlichen  Commissären 
ernennt ,  dass  beide  vereint  oder  jeder  einzeln  die  Vollziehung 
der  päpstlichen  Briefe,  welche  ^u  Gunsten  der  den  Deutsch- 
Ordens-Häusern  in  Tirol  einverleibten  Pfarren  erflossen  waren, 
betreiben  sollten.  CPuel,  Colierl.)  —  Ueberdiess  gibt  derselbe 
Papst  durch  Eriass,  dat.  Florenz  am  21.  Februar  1438  dem 
Bischof  von  Brixen  Befehl,  darüber  zu  wachen  und  dahin  zu 
wirken,  dass  obiger  zwischen  dem  Bischof  von  Cur  einer-  und 
dem  Landcomtur  Gottfrid  Niderhauser  und  dem  verstorbenen 
'Heinrich  Sengknecht,  Pfarrer  von  Schlanders  andererseits  ein* 
gegangener  und  angenommener  Vertrag,  da  dieser  Vergleich 
ordentlich  vor  sich  gegangen,   von  beiden  Theilen   eingehalten 


—    »9    — 

werde.  0.  A.  —  Wie  aufriehtig  dem  Bisehofe  von  Car  bei 
obiger  Versländigang  Ernst  gewesen,  zeigt  uns  folgendes 
Document ;  Heinrich  Sengknecht  wur  bereits  anfangs  des  Jahres 
1438  gestorben  und  der  Landeomtur  hatte  den  Deutschordens- 
Bmder  Conrad  Junge  an  seiner  Stelle  als  Pfarrer  zu  Schlanders 
emaoot;  nun  schreibt  Papst  Eugen  IV.  am  4.  November  1439 
von  Ferrara  aus  an  den  Bischof  von  Brixen :  Conrad  Junge, 
Dentfickordens-Bruder,  sei  klagend  bei  ihm  eingekummen,  dass 
ihn  der  Landeomtur  liottfrid  Niderhauser  zum  Pfarrer  zu  Schlan- 
ders, deren  Besetzung  mit  einem  tauglichen  Ordensgeistlicben 
der  Bailei  an  der  Etsch  zustehe,  nach  eingetretener  Erledigung 
derselben  innerhalb  der  gesetzmässigen  Zeit  dem  Bischöfe 
Johann  von  Cur  vorgesclilagen ,  dieser  aber  sich  gegen  alles 
Recht  und  Gerechtigkeit  geweigert  habe,  ihn  als  Pfarrer  zu- 
zulassen und  einzusetzen.  —  Er  ersucht  daher  den  Bischof  von 
Brixen,  beide  Pmrtheien  vorzuladen  und  nach  genommener  Ein- 
sicht des  Streithandels  endgültig  zu  entscheiden,  ohne  Zulassung 
einer  Appellatipn  und  unter  Androhung  kirchlicher  Strafen  zu 
befehlen,  seinem  Spruche  nachzuleben.  —  Zeugen,  welche  vor- 
geladen^ aus  Gunst,  Hass  oder  Furcht  sich  der  Zengschaft  ent- 
ziehen wollten,  soll  er  unter  ähnlichen  Strafen  nöthigen,  der 
Wahrheit  Zeugnis3  zu  geben.  0.  A.  —  Der  baM  darauf  im 
Jahr  1440  erfolgte  Tod  des  Bischofs  Johann  von  Cur  mag  die- 
sem unerquicklichen  Streite  ein  Ende  gemacht  und  den  Deutsch- 
Ordens^Bruder  Conrad  Junge  zum  Besitze  der  Pfarre  geführt 
h^n,  da  wir  ihn  in  der  Folge  als  Pfarrer  finden. 

Dem  im  Jahre  1436  zu  Hergeotheim  gehaltenen  Deutscb- 
Ordeas-Capitel  wohnte  der  Landeomtur  Gottfrid  Niderhauser 
wegen  hohen  Alters  nicht  hei,  sondern  sandte  als  bevollmäch- 
tigten Stellvertreter  den  Bruder  Johann  Hosauer,  Comtur  von 
Sterzing  dahin  ab.  0.  A.   »  Vielmehr  scheint  er  ans  Sterben  \ 

gedacht  zu  haben,  denn  im  nemliehen  Jahre  errichtete  er  in 
der  Areade  vor  der  Comendekirche  zu  Bozeti  sein  Grabroahl 
mit  der  Inschrift :  Hie  der  deutschen  ordens  begrfibniss ,  hat 
lassen  machen   der  erwflrdig  geistliche  Heer  Gottfried  Nieder- 

7* 


—     100    — 

bauser,  die  zeit  Landcomentar.  Aono  Domini  HCCCCxxxviij. 
—  Doch  der  Herr  schenkte  ihm  noch  manches  Lebensjahr; 
er  scheint  noch  bis  zum  Jahre  1442  das  Amt  eines  Landcomturs 
verwaltet  und  wahrscheinlich,  weil  schon  hochbejahrt,  selbes 
freiwillig  niedergelegt  zu  haben,  um  das  bescheidenere  Amt 
eines  einfachen  Comturs  zu  Lengmoos  zu  übernehmen;  das  er 
noch  im  Jahre  1452  verwaltete.   0.  A. 

Anstatt  seiner  trat  als  Landcomtar  Ludwig  von  Landsee 
ein ;  noch  am  6.  October  1441  kommt  er  in  einer  Urkunde  als 
Landcomtur  im  Elsass  vor;  bald  darauf  scheint  ihn  der  Hoch- 
meister zum  Landcomtur  der  Baliel  an  der  Etsch  ernannt  zu 
haben ;  diese  hing  nemlich  allein  von  der  Verfügung  des  Hech- 
meisters ab  und  kam  mit  dem  Deutschmeister  in  keine  beson* 
dere  Berührung.  Hit  dem  damaligen  Deutschmeister  Eberhard 
von  Sainshaim,  einem  Gegner  des  von  ihm  veriheidigten  Hoch- 
meisters Paul  Bellizer  ven  Russdorf ,  stand  Landsee  in  Miss- 
helligkeit  und  mag  daher  seine  Uebersetzung  in  die  Ballei  an 
der  Etsch  gewunschen  haben.  Ein  Entschuldigungs-Schreiben 
dat.  Stockach  am  28.  August  1443  des  Hrn.  Harquards  von 
Kunigsegg,  Comturs  in  der  Naynau,  wegen  Zweiung,  welche 
iwiischen  ihm  und  Ludwig  von  Landsee,  gewestem  Landcomtur 
im  Elsass  und  nunmehrigen  Landcomtur  zu  Bozen  obgewallet, 
zeigt  uns  ihn  schon  in  Tirol.  0.  A.  —  Im  Vertrage ^am  Mitt- 
woch, St.  Gallentag  1443  zu  Frankfurt  an  der  Oder  zwischen 
Fridrichen,  Markgraf  von  Brandenburg  und  dem  deutschen 
,  Orden,  welcher  den  Besitz  der  Neumark  völlig  sicherte,  erscheint 
unter  den  Abgeordneten  des  Ordens  Ludwig  von  Lanse,  Land- 
Comtur  zu  Bozen.  0.  A.  —  Er  hatte  sich  früher  in  verschie- 
denen Aemtern  des  Ordens  den  Ruf  eines  thfttigen  erfahrenen 
Hannes  erworben  ,  den  er  auch  in  Tirol  bewährte ,  wie  wir 
sehen  werden. 

Durch  Urkunde  vom  10.  Hai  1444  nehmen  Fr.  Franz, 
Prior  und  die  Definitoren  des  Carthüuser-Ordens  den  Deutsch- 
ordens^Herm  Fr«  Conrad  Junge,  Pfinrrer  zu  Schlanders,  wegen 
seiner  besondern   Gunst  gegen   die  Carthifuser   und  gegen  die 


—    10t    — 

in  Scfanals  insbeiSoiidere  in  ihre  geistliche  Gemeinschaft  nnd 
Theilnahme  an  allen  ihren  Hessen,  Gebeten  und  sonstigen  guten 
Werken  and  gerstlichen  Uebnngen  auf  und  versprechen  ihm 
bei  der  Kunde  von  seinem  Tode  im  ganzen  Orden  Messen  und 
Gebete,  wie  es  ffir  solche  in  Gebetsgemeinschaft  Aufgenommene 
im  Orden  Hblich  ist,  halten  zu  lassen.  0.  A.  —  Am  8.  August 
1444  verleiht  der  ehrwürdige  Herr  Johann  von  Baiem,  Ver- 
weser und  Comtur  des  deutschen  Hauses  zur  hl.  Elisabet  zu 
Trient,  für  i  Pfund  Pfeffer  dem  Tomasin  von  Serso  5  Jauch 
Aeker  hinter  dem  Schlosse  Pergine  und  ein  anderes  Stück 
Acker  zu  Pergine  für  jährlichen  Zins  von  36  Trientner-Kreuzer 
an  das  deutsche  Haus  zu  Trient ,  und  ihrem  Zinstreiber  ein 
Staar  Hirse  zu  Pergine.   (^r.  MartitüHcl^es  Aj'cfäv.J 

Anfangs  des  Jahres  1446  sandten  Ulrich,  Vogt  von 
Matsch  <Src.,  Landeshauptmann  von  Tirol,  und  der  geschworne 
Ratb  von  Meran  als  oberste  Verweser  des  Landes  während  der 
vormondschaftlichen  Regierung,  einen  Ausschuss  der  Stände 
unter  Anftthrung  Ludwigs  von  Landsee,  Landcomturs  an  der 
Btsch,  nach  Oesterreich,  um  vom  römischen  Kaiser  Pridrich  IV. 
endlich  die  Auslieferung  des  jungen  Landesfürsten ,  Herzogs 
Sigmund^  mit  altem  Eifer  zu  betreiben,  und  sie  brachten  den* 
selben  wirkKeh  gegen  Ende  April  mit  sich  zurück.  Kaum  zu 
Innsbruck  angekommen,  ernannte  Herzog  Sigmund  den  Land- 
Comtur  nebst  fiinf  andern  Tirolern  von  Adel  am  28.  April  1446 
zu  seinen  Käthen.  CSinacIter^  VI.  B.  S.  307 J  —  Aber  auch 
sonst  wusste  der  Herzog  den  geschäflsgewandten  Landcomtur 
zu  brauchen ;  er  sandte  ihn  als  seinen  Brautwerber  nach  Frank- 
reich; am  23.  März  1448  zu  Tour  in  Frankreich  sehliesst 
Ludwig  von  Landsee,  Landcomtur  der  Bailei  an  der  Etsch,  als 
Procurator  des.  Herzogs  Sigmund,  den  Eheverlrag  zwischen 
diesem  nnd  der  königlichen  Princessin  Eleonora  von  Schottland. 

—  Am  22.  Augusl  1448  schreibt  Herzog  Sigmund  wegen 
dieser  Angelegenheit  an  seine  Käthe,  Ludwig  von  Landsee, 
Landcomtur^  Percivai  von  Weineck  und  Lienhard  von  Velseck. 

—  Diesem  Ludwig  von  Landsee  wurde  auch  vom  Herzoge  die 


—    102    — 

ehrenvolle  Aufgabe,  dessen  Braut  ^as  Frankreich  dorch  die 
Schweiz  nach  Tirol  za  begleiten;  er  verbrachte  mit  diesem 
Geschäfte  den  ganzen  übrigen  Theil  dieses  J^iires.  (['•Su?/^ 
Chmei:  öHi\  Oesclw:htHfor.sch.  2.  B,  S.  449  —  468.^  *) 
Bauend  auf  die  Gunst  des  Landesfürsten  trat  der  Landeomtur 
Ludwig  von  Landsee  vor  Herzog  Sigmund  und  bat  um  Be- 
stätigung der  Privilegien  seiner  Ballei;  willig  gewährte  selber 
diese  Bitte  und  bestätigte  am  24.  Februar  1450  zu  Innsbruck 
demselben  mehrere  Briefe  Qber  Zollbefreiung  und  andere  Gna- 
den, welche  seine  Vorfahren  dem  deutschen  Orden  verliehen 
uud  sein  Vater  Herzog  Fridrich  bestätigt,  so  dass  der  Orden 
und  die  Häuser  der  Ballei  an  der  Etsch  ewig  dabei  bleiben 
so\\en,-C^c/mowifki,  Eey,  7,  B,  N,  14840 

Im  nemlichen  Jahre  gerieth  er  mit  dem  Stadthanptmanne 
zu  Trient  in  Zwist  wegen  Verletzung  ^ea  Asylrechtes;  ^urch 
Beeret,  dat.  Rom  6.  Mai  1450,  fordert  die  päpstliche  Canzlei 
auf  Klage  Ludwigs  von  Landsee,  Landcomturs  an  der  Efsch, 
und  Conrads  Junge,  Gomturs  zu  Trient,  den  Erasmus  von 
Thunn,  Hauptmann  zu  Trient  als  Beklagten  auf  einen  bestiifim- 
ten  Termin  vor  sich  zur  Entscheidung  des  Streites  zwischen 
ihnen  beiden,  weil  letzterer  sich  erkühnt,  das  dem  Deutsch- 
Ordens-Hospitale  zu  Trient  zustehende  Asylrecht  dadurch  zu  ver- 
letzen, dass  er  zwei  arme  Waisen,  die  um  ihres  Seelenheiles 
willen  dorthin  ihre  Zuflucht  genommen,  auf  gewaltsame  Weise 
aus  demselben  herausholte.  0.  A* 

Am  Sonntag  vor  Blasieo-Tag  iibi  gewährt  Goikfrid  Nider- 
hauser,  Comtur  zu  Lengmoos,  dem  Martin  Frammer  zu  Unne 
auf  dem  Ritten  mit  Zustimmung  Fr.  Hansen  von  Schweinfurt, 


*)  Im  Jahre  1449  wurde  die  dem  deulscheii  Orden  zuständige 
neuerbaute  schöne  Pfarrkirche  zu  Schlanders  sammt  ihrem 
Thurme  vollendet;  am  11.  August  1449  erlheihe  Heinrich, 
Bischof  von  Const^nz  und  Administrator  von  Cur  dem  Bischöfe 
Georg  von  Trient  oder  dessen  geistlichem  Generaivicar  in  Pon- 
tificalibus  die  Vollmacht,  die  neuerhaufe  Pfarrkirche  m  Schlan- 
ders sammt  Friedhof  und  Thurm  und  den  neuen  Altären  feier- 
lich einzuweihen.    CEhenmli^es  Archiv  im  Bentamt^  Meran.) 


—    108    — 

Pfarrers  daselbst,  gemäss  Auftrag  des  Landeomtirs  Ladwig 
Too  Laadsee  einen  Nachlass,  weil  er  mit  Zinsen  überladen  und 
die  Güter  liemiich  abgeödet  seien;  früher  raosste  selber  vom 
Framhof  halb  Wein  xinsen  nebst  3  St.  Waizeu,  41/2  Hutt 
Roggen,  5  St.  Hirse,  6  St  Gerste,  alles  Hofmaas,  1  Hutt 
Fotter,  Bosnermaas,  6  Scbunken,  1  Lamm,  i  Fastnachtshenne; 
1  Kitz,  30  Eier,  1  SchniUstuck  und  11  S.ommerhtthner;  diess 
wurde  nun  ermässigt  auf  5  Ihm  Wein,  3  St.  Waisen,  3%  Mutt 
Roggen,  6  St.  Gerste.  1  Kitz,  30  Eier,  5  Sommerhflhner 
und  den  Weinzehent  zu  Framm;  daran  hflngt  sein  Sigel  der 
edle  Ludwig  von  Sparrenberg,  Pfleger  auf  dem  Stein.  0.  A.  — 
Ebeft  so  bekennt  am  Sonntag  vor  Bartholomäi  1451  Michel 
Weidaeher  von  Antlas,  dass  ihm  der  geistliche  Herr  Gottfrid 
Niderhaiiser,  Comtur  zu  Lengmoos,  vermöge  Auftragt  Herrn 
Ludwigs  von  Landsee,  Landcomturs  der  BaUei  an  der  Etsch^  mit 
Zustimmnng  Bruder  Erhards  Ottendorfer,  Pfarrers  zu  Lengmoos, 
und  Bruder  Hansen  von  Scbweinfort,  gewesenen  Pfarrers  da- 
selbst, eine  jfthrliche  aus  dem  zum  Weidachhofe  gehörigen 
Weingute  Halmstein  zu  entrichtende  Gilte  Weines  erlassen 
habe  gegen  dem,  dass  er  die  verödeten  Weingüter  bessere  und 
auf  seine  Kosten  eine  Türkei  daselbst  erbaue ;  jedoch  mit  Vor- 
behalt des  zu  leistenden  Zinses  und  Zehents  aus  dem  Weidach- 
Hofe  und  des  Zehents  aus  dem  Halmsteingute;  siglls  der  edle 
Ludwig  von  Sparrenberg,  Pfleger  auf  dem  Stein.  0.  A.  — 
An  Sonntag  nach  Bartholomül  1452  trifft  Hans  von  SIetech, 
aus  der  St.  Verena  Halgrei  auf  dem  Ritten  für  sich  und 
Catharina,  Witlwe  weiland  Ulrichs  von  SIetsch  mit  Hrn.  Gott- 
frid Niderhaoser,  Comtur  zu  Lengmoos  eine  Uebereinkunft  wegen 
4  Pf.  B.  jährlicher  Gilt»  welche  dem  deutschen  Hause  daselbst 
aas  den  Nenrüuten  des  ganzen  SIetschhofes  in  St.  Verena  Kreuz 
auf  dem  Ritten  gezinst  werden  sollten  vermög  Urkunde  vom 
4.  Juni  1339,  welche  aber  seit  vielen  Jahren  und  auch  von 
ikaen  nicfat  gezinst  worden ,  bis  sie  jetzt  der  Orden  mit  geist- 
lichem Rechte  und  Bann  dazu  genöthigt;  demnach  verspricht 
jeder  TheU   seine  ihn   treienden  2  Pf.   B.   fortan    richtig  zu 


-    104    - 

leisten;  hängt  daran  das  Sigel  Ludwigs  von  Sparrenberg,  Pfle* 
gers  auf  dem  Stein.  0.  A. 

Um  diese  Zeit  muss  der  bisherige  Landcomtur  Lndwig 
von  Landsee  gestorben  oder  versetzt  worden  sein,  .denn  wir 
finden  puf  einmal  nur  einen  Statthalter  der  Landcomturei«  Auf 
Vorlegung  früherer  Gnaden-Urkunden  bestätigt  zu  Innsbruck 
am  25.  August  1453  Herzog  Sigmund  dem  Bruder  Hans 
Mosauer,  Comtur  zu  Sterzing  und  Statthalter  der  Landcomturei 
an  der  Etsch  alle  frühern  Zullbefreiungen  und  andere  Gnaden.  0,  A. 
Streit  war  entstanden  zwischen  Dr.  Jobann  Vaiser,  Pfarrer  zu 
Bozen  und  Hrn.  Johami  Hosauer,  Statthalter  der  Landcomturei 
wegen  einem  Zehent  von  3  Pazeiden  Wein  aus  dem  Hofe  Ganz- 
eben ,  indem  letzterer  behauptete,  selber  sei  nicht  aus  dem  ganzen 
Hofe,  sondern  nur  aus  einem  dazu  gehörigen  neu  gerftuteten 
und  zu  Weingut  umgewandelten  Stücke  zu  leisten;  der  Statt- 
haiter  mit  Zustimmung  der  Deutschordens«-Brüder  Nicoiaus  Stern, 
Pfarrers  zu  Lana  und  Johanns  von  Schweinfort,  Pfarrers  der 
Comende  Weckenstein,  sowie  der  Pfarrer  von  Bozen  anderer- 
seits compromitirten  auf  2  geistliche  und  3  weltliche  friedliche 
Schiedsrichter;  diese  sprachen  am  27.  September  1453  zu 
Weckenstein :  Friede  zwischen  beiden  Theilen ;  die  bisher  ver- 
gessenen Zehenten  sollen  absein,  und  in  Zukunft  die  Baliei  aus 
dem  ganzen  Hofe  Ganzeben  die  3  Pazeiden  Zehent  leisten. 
CPfarr'-Ärchir  zu  Bo%en,~J  —  Am  1.  September  1454 
bekennt  Adam  von  Tresseck,  gesessen  auf  dem  Ritten,  von 
Bruder  Erhard  Ottendorfer,  Comtur  und  Pfarrer  zu  Lengmoos, 
7  M.  B.  empfangen  zu  haben  und  macht  sich  dafür  für  sich 
und  seine  Erben  verbindlich,  jährlich  auf  Michaeli  2  Pf.  B.  aus 
seinem  Praunecker-Hof  und  Baut  daselb$t  der  Comende  zu  Zin- 
sen; daran  hängt  sein  Sigel  der  edlveste  Han^  vom  Thurm, 
Pfleger  auf  dem  Stein  zu  Ritten.  0.  A. 

Der  bisherige  Statthalter  der  Landcomturei,  Johann  Mosauer, 
scheint  endlich  vom  Hochmeister  zum  wirklichen  Landcomtur 
ernannt  worden  zu  sein.  W&hrend  seiner  Verwaltung  drohte 
dem  Bestehen  der  Bailei   grosses  UnheiJ,   wie  aus  folgenden 


—    105    — 

«aeh  sonst  interessanten  Urkanden  hervorgeht  und  zwar  wegen 
dem  vom  damaligen  Hochmeister  Ludwig  von  Erlichshausen  am 
Dorotheen-Tage  1455  zu  Marienburg  ausgestellten  Pfandbriefe. 
Bereits  am  Mittwoch  nach  Quasimodo  gentti  1455  zu  Neustadt 
thut  Kaiser  Fridrich  durch  Erlass  kund,  dass  Etliche  von 
Geldschuld  und  Forderungen  wegen,  welche  sie  an  den 
deutschen  Orden  in  Preusen  haben,  solches  an  den  Hftusem 
und  Gütern  desselben  Ordens  in  den  österreichischen  Landen 
und  Ffirstenthamem  suchen  und  dieselben  in  Besitz  nehmen 
wollen,  was  ihm  unbillig  erscheine  und  er  als  Landesfllrst, 
Stifter  und  oberster  Schuizherr  und  Schirmer  des  Ordens  und 
dessen  Hiiuser  und  Güter  solches  zu  gestatten  nicht  gewillt 
sei ;  darum  trage  er  allen  seinen  Hauptleuten  und  Beamten  auf, 
auf  keine  Weise  solches  zu  gestatten.  (VoA.  Vaifft^  Notizen^ 
hiatt,  a.  a,  O.  S.  lOS,^  —  Noch  deutlicher  sprach  sich 
darüber  Papst  Cjüixtus  IIL  durch  einen  Erlass,  dat.  Rom  am 
27.  November  1456  aus :  Bruder  Johann ,  der  Landcomtar  an 
der  Etsch  und  dessen  Mitbrttder  hätten  ihm  in  einer  Bittschrift 
beriehtel,  dass  der  Deutschmeister  in  Preusen,  Ludwig,  der  zum 
Orden  gehörigen  Güter  beraubt  und  von  Geldmangel  gedrückt, 
den  Truppen,  welchen  er  den  Sold  schuldete,  von  ihnen  gezwun- 
gen zur  Abtragung  des.  Soldes,  die  Güter  des  Ordens,  wo 
Immer  selbe  gelegen,  verpfändet  habe,  so  dass  die  Kriegsleule 
diese  Güter  des  Ordens  in  Besitz  nehmen,  besitzen,  verpfänden, 
frd  verkaufen  und  veränssem  dürften.  Da  nun  in  diese  ver- 
derbliche Massregel  auch  die  Ballei  an  der  Etsch  einbegriffen 
scheine,  die  doch  auf  Gottesdienste  und  pfarrliche  Seelsorgs- 
Dienste  von  den  Gläubigen  gegründet  sei,  MUen  selbe  gebeten, 
in  Berücksichtigung  der  Stiflungsintentionen  und  ihrer  Privilegien 
gegen  jene  falsche  Hassregel  Vorsorge  zu  treffen.  Desswegen 
entscheide  er :  dass  jener  Vertrag  auf  die  Ballei  an  der  Etsch 
durchaus  keine  Anwendung  linden  dürfe  und  die  daselbst  wohnen- 
den Deutschordens-Brüder  durchaus  an  denselben  nicht  gehalten 
seien;  hiedurch  aber  beabsichtige  er  kemeswegs,  jenen  verab- 
scheuungswürdigen  Vertrag  etwa  in  Bezug  anderer  Balleien  und 


—    f 06    - 

'deren  Güter  zu  bilHgen.  —  Uehrigens,  da  er  von  YerliMlicIieQ 
Leuten  vernommen ,  dass  die  BaHei  an  der  Etsch  zar  Camner 
des  Hochmeisters  in  Preusen  gehöre,  und  sie  selbst  and  deren 
Güter  nicht  ohne  Erlaubniss  des  pSpslüchen  Stuhles  verftossert 
werden  dürften  vermöge  der  erwähnten  Privilegien,  so  ver« 
ordne  er  hiemit  für  die  Zukunft,  dass  erwähnte  Bailei  ohne 
speciele  päpstliche  Erlaubniss  von  besagter  Cammer  des  Hocib- 
meisters  nie  veräussert  oder  Jemandt^n  verpffündet  werden  dürfe;  * 
sollte  es  dennoch  geschehen,  so  erkläre  er  jeden  solchen  Act 
im  voraus  für  ungiltig  und  kraftlos.  0.  A. 

Bald  darauf  erblicken  wir  einen  wirklich  ernannten  Land* 
Comlur  an  der  Etsch  in  der  Person  des  Deufschordens-Bruders 
Jodok  von  Hohenstein,  vermöge  eines  Schreibens  vom  24.  Sepl. 
4458,  worin  Jodok  von  Hohenstein,  Bischof  voo  Oesel,  Land- 
Comtur  an  der  Etsch  und  Deulschordens-Procurator  von  Rom 
aus  an  den  Hochmeister  schreibt  und  ihn  bittet,  den  lieflfta* 
dischen  Heister  zur  thätigsten  Unterstützung  aufzufordern,  dass 
ihm  das  Bisthum  Oesel  nicht  entgehe,  und  meldet  zugieicfa 
mehrere  Neuigkeiten  aus  Rom.  (Index  Corporis  bist,  diplom. 
Livoniae).  Da  selber  aber  zugleich  Procurator  des  Ordens  su 
Rom  war,  und  desshalb  in  Ordensgeschäften  beständig  sk^h 
dort  aufhielt,  so  wurde  seine  Bailei  an  der  Etsch  mit  hoch*- 
meisterlichem  Consens  durch  einen  Statthalter  verwaltet.  — 
Beweis  dafür  ein  Bescheid  des  Landeshauptmanns^swald  Sebner 
an  Ciprian  von  Leonburg  im  Jahre  1458;  dieser  hatte  gegen 
den  Deutsehordens-Pfarrvicar  zu  Lana  beim  Landeshavptmanse 
geklagt,  dass  ihm  von  jenem  an  seiner  Vogtei  über  die  Pfarr- 
kirche zu  Lana  Eingriff  geschehe,  worauf  derselbe  ihn  dahin 
beschied,  weil  der  Pfarrer  ad  nutum  amovibilis  sei,  so  soll  er 
seine  etwaige  Klage  gegen  den  Statthalter  der  Bailei  in  Rechten 
vornehmen,  wo  es  sich  ziemt.  (Slatlk.-'Arehiv.)  —  Obiger 
Landcomtur  Jodok  von  Hohenstein  wollte  im  folgenden  Jahre 
1459  das  Bisthum  Oesel  wh'klich  antreten,  und  trat  demnach 
die  Landcomturswttrde  ab;  am  18.  Juli  1459  stellte  er  einfach 
als  Bischof  von  Oesel  zu  Mantua  eine  Urkunde  folgenden  Inhalts 


—    <07    — 

aiu:  er  habe  von  dem  Statthalter,  Comturen,  Pfarrern  und  den 
ahffigen  Brttdera  der  Bailei  an  der  fitsch  darch  Bruder  Härtung, 
Pfarrer  lu  Sterling,  180  ungarische  Gatden  erhallen;  falls  der 
Hochmeister  Ludwig  Ton  Erlicbshausen  den  Vorschlag  der  Deutseh* 
Ordenabrfider  der  Bailei  an  der  Etsch,  dass  diese  Baüei  anf  so 
lange,  bis  sSmmtiiche  Schulden,  womit  selbe  jetzt  belastet  iat, 
abgelöst  und  besahlt  sein  würden,  oder  wenigstens  bis  auf 
eine  bestimmte  Zeit  nicht  durch  einen  Landcomtur  sondern  nur 
durch  einra  Statthalter  regiert  werden  möge,  nicht  genehmigen 
sollte,  so  wolle  er  ihnen  obige  iSO  ungarische  Gulden  wieder 
erstatten;  würde  ihnen  aber  der  Hochmeister  auf  so  lange  als 
sie  meinen,  einen  Statthalter  zu  haben  gewflhren,  so  sollen  ihm 
selbe  zu  obigen  180  angarischen  Gulden  oder  Dncaten  noch 
320  hmzu  zahlen,  auf  dass  er  damit  sich  seinen  Unterhalt  ver- 
seballeB,  und  die  Angelegenheiten  des  Ordens  besorgen  und  aus*' 
tragen  kOnne.  (^Ai:c/Ii»r  %u  Köniffsbery.])  —  Laut  dieser  Ur- 
kunde war  also  damals  die  Bailei  an  der  Etsch  mit  Schulden 
belaatet;  allein  diess  war  nicht  gerade  Folge  schlechter  Wirth- 
schafl,  sondern  vielmehr  der  traurigen  Verhältnisse  des  Ordens 
in  Preusen  in  seinem  dreizehnjährigen  Kriege  gegen  den  Stildte« 
Bund  in  Preusen  und  den  mit  ihnen  verbündeten  König  von 
Polen;  der  Orden  sah  sich  in  die  Nothwendigkeit  versetzt, 
mehrere  Güter  des  Ordens  zu  veipAnden  und  die  erhaltenen 
Pfandsummen  zur  Führung  des  Kriege  und  Bezahlung  der 
Söldner  nach  Preusen  zu  senden. 

In  wie  weit  der  Hochmeister  in  den  Antrag  der  Ordens- 
Britder  der  Bailei  an  der  Etsch,  statt  eines  Landcomturs  einst- 
weilen nur  einen  Statttialter  zu  setzen,  eingegangen,  ist  aus 
Urkunden  nicht  ersichtlich;  Burglechaer  führt  zwar  auf  das 
Jahr  1458  einen  gewissen  Johann  von  Venningen  oder  Pfen- 
ningen als  Landcomtur  an;  allein  es  fehlen  alle  urkundlichen 
Beweise  dafür;  höchstens  dürfte  er  nur  Statthalter  gewesen 
sein.  —  Bereits  im  Jahr  1461  linden  wir  einen  andern  Statt- 
kalter  in  der  Person  des  Bruder  Heinrich  von  Freiberg;  denn 
am  6.  Afril  1461  erfolgte  von  ecwahiteo  friedlichen  Thädingern 


—    108    - 

zu  Bozen  ein  Sprach  zwischen  denn  ehrwürdigen  Hm.  Heinrich 
von  Freiberg,  DeiitschordeBS->Statthalter  des  Landcomtur-Amts 
der  Bailei  im  Gebirge  und  an  der  Elsch,  im  Namen  der  Comende 
Weggenstein  9  und  zwischen  Hm.  Jacoben  Valser,  Dr.  der 
Rechte  und  Pfarrer  zu  Boz^n,  wegen  der  Grund«-  und  Herren- 
Rechte  eines  Hauses  und  Gartens  an  der  Zoilstange,  sowie 
eines  HuFes  in  Haslach  gelegen.  C.Pfarr^AVeMt>  %u  Bo%en.') 
Dieser  Heinrich  von  Freiberg,  der  die  Bailei  an  der  Etsch 
wenigstens  24  Jahre  hindurch  verwaltete,  hatte  sich  bereits 
früher  in  verschiedenen  Aufträgen  und  Aemtero  in  Preusen  als 
thtftigen  und  erfahrenen  Ritterbruder  erwiesen,  wurde  bald  darauf 
vom  Hochmeister  zum  wirklichen  Landcomtur  der  Bailei  an  der 
Etsch  ernannt,  und  wusste  als  kluger  Verwalter  durch  ver- 
/schiedene  Mittel  dem  verfallenen  Zustande  der  ihm  anvertrauten 
Bailei  zu  steuern.  Hainz  am  Steig,  genannt  der  Antwurter, 
hatte  die  Hälfte  eines  dem  deutschen  Hause  zu  Lengmoos 
zinsbaren  Gutes,  zum  Htfuslein  genannt,  ohne  Wissen  des 
Ordens  an  sich  ^kauft  und  verweigerte  den  betreffenden  Zins ; 
darüber  belangte  ihn  der  Comtur  daselbst^  Thomas  Glanecker, 
vor  den  Aechten,  Durch  freundliche  Tbftdinger  ward  am 
St.  Pancrazien-Tag  1463  die  Sache  dahin  ausgeglichen:  letz- 
terer behält  das  Gut,  ist  aber  gehalten,  jährlich  davon  18  kr. 
und  eine  halbe  Gelte  Oel  der  Comende  daselbst  zu  Zinsen. 
Daran  hängt  sein  Sigl  der  ediveste  Ritter  Victor  von  Thonn^ 
Pfleger  auf  dem  Stein.  0.  A. 

Am  26.  Deeember  1463  zu  Innsbruck  bevollmächtigt  Herzog 
Sigmund  nebst  den  bereits  nach  Oesterreich  entsendeten  Ulrich 
von  Freundsberg,  Lorenz  Plumnaw  und  Baltasar  von  Liechten- 
stein auch  noch  den  Heinrich  von  Freiberg,  Landcomtur  an  der 
Etsch,  und  Hilpranden  Rasp,  seine  Rechte  auf  die  Verlassen- 
Schaft  des  Erzherzogs  Albrecbt  zu  vertheidigen.  (lAehnotc^ki 
t,  B,  Regest.)  —  Am  5.  Jänner  1464  von  Innsbrack  aus 
schreibt  Herzog  Sigmund  an  seine  Räthe:  Heinrich  von  Frei- 
berg,  Landcomtur  an  der  Etsch,  Ulrich  von  Freuodsberg  u^.  s.  w. 
wie    er    ihnen    wegen    der    Erbschaftssache    nach    Erriierzogs 


—    109    — 

r 

Albrechts  Tode  keine  weitere  Weisung  geben  könne,  da  er  nicht 
wisse,  wie  sich  der  Landtag  geendet.  CIAehnmoM  a,  a.  OJ 
* —  1466  beurkundet  Herxog  Sigmund,  dass  Lienhard  von  Weineck 
sein  Rath  vor  Hm.  Heinrich  von  Freiberg,  Landcomtur  der  Bailei 
an  der  Etsch,  Benedict  Wegmacher,  Pfarrer  zu  Tirol  und  Obristen 
Amtmann,  Christoph  Botsch  u,  m.  ä.  vom  Adel  Rechnung  ge- 
legt Aber  Einnahmen  und  Ausgaben  des  Cammermeister- Amtes. 
CLiehfunoski  a.  a.  OJ 

Der  gleichzeitig  als  Comtur  zu  Lengmoos  waltende  Deutsch- 
Ordens^Bruder  Thomas  Glanecker  mag  ein  kluger  Wlrthschafter 
gewesen  sein,  da  er  aus  den  Einkünften  seiner  Gomende  Meh* 
reres  Ittr  selbe  «izukaufen  sich  im  Stande  ftind.  Am  Hontag 
vor  Sl.  Veitstag  1466  erkaufte  derselbe  von  Michel  Grüssl  in 
der  Wanger-Gasse  zu  Bozen  um  31  Pf,  B.  einen  Gräber  Wein- 
gut im  Griess,  genannt  in  Campiii.  0.  A.  —  Bald  darauf,  am 
25.  Juni  1467  erwarb  selber  mil  Zustimmung  des  Landcomturs 
Heinrich  von  Freiberg  käuflich  für  19  H.  B.  von  Albrecbt  von 
Gfell  einen  jtihrlichen  Zins  von  9  Pf.  B. ,  welche  Ulrich  Hann- 
perger,  Huck  im  Bach,  aus  drei  Weingütern  am  Rivelann-Bach 
zinsl.  O.  A.  —  Und  schon  am  8.  September  des  nemlichen 
Jahres  1467  erkaufte  derselbe  Comtur  wieder  von  den  Kirch- 
Pröpsten  der  Kirchen:  St.  Gertraud  im  Haslach,  St.  Johann 
und  St.  Oiiwald,  der  St.  Hartinskirche  in  Campill  und  St.  Mag- 
dalena auf  PrazOl  für  6  M.  B.  einen  jährlichen  Zins  von 
34  kr.  samnit  Grundeigenthum  von  2  Manngraber  Gut  und  eines 
Thurmes  im  Griess  bei  Bozen.  0.  A. 

Um  diese  Zeit  muss  der  deutsche  Orden  manche  Beein- 
räditigongen,  die  aber  nicht  näher  bestimmt'  werden,  zu  erdul- 
den gehabt  haben;  denn  im  Monate  August  1466  wandte  sich 
der  Landcomtur  Heinrich  von  Freiberg  mancher  Anfechtungen 
wegen  bittlich  nach  Ron),  alle  dem  deutschen  Orden  verifeheneri 
päpstlichen  Privilegien  zu  bestätigen ;  was  auch  durch  die  Bulle 
Papst  Ptouls  IL  dat.  Rom  am  15.  October  1466  geschah;  diese 
Balle  lieas  dann  derselbe  Landcomtur  am  2.  Jänner  1467  durch 
den  Propst  Jobann  von  Griess  transsumiren.  0.  A.  ^-  £inen 


—    110    — 

neuen  Beweis  seines  Vertraaens  gab  Heriog  Sigainnd  diese» 
Landcomtur  bald  darauf  dadurch,  dass  er  ihn  stall  des  Chrisloplis 
von  Firmian  zu  dem  wichtigen  Amte  eines  herzoglichen  HaupU 
manns  der  Stadt  und  des  Stifts  Trient  ernannte,  welche  Würde 
er  mehrere  Jahre  verwaltete.  —  Seit  den  ynruhen  zu  Trleot 
im  Jahre  1462  hielten  die  herzoglichen  Truppen  die  Stadt  und 
das  Stift  Trient  besetzt,  und  Herzog  Sigmund  wollte  dem  neoen 
Bischöfe  Johann  Hinderbaeh,  die  weltliche  Regierung  des  Stifts 
nicht  eher  abtreten,  als  bis  sich  der  Bischof  Anfangs  des  Jahres 
1468  gefallen  Hess,  die  mit  seinem  unmittelbaren  Vorgänger 
geschlossenen  Paktaten  zu  erneuern.  Demzufolge  tragt  er  durch 
Erlass  dat.  Bozen  am  Dienstag  nach  Sonntag  Vocem  juchadi- 
tatis  1468  seinen  Räthen:  Heinrich  von  Preiberg,  Landcomlur 
der  Bailei  an  der  Elsch  und  Hauptmann  von  Trient,  Bakhasar 
von  Liechtenstein,  Burgvogt  von  fieseno  und  Martin  Neidegger, 
Burgvogt  zu  Pergine  auf,  den  Bischof  in  den  Besitz  der  welt- 
lichen Regierung  einzusetzen.  C.E%poHUy  Motium.  eccL  Trident,J 
—  Am  15.  Juli  1468  belehnt  Bischof  Johann  von  Trient  den 
Fridrich  de  Fridericis  mit  dem  Schlosse  Vulsana,  io  Gegenwart 
Hm.  Heinrichs  von  Freiberg,  des  Landoomlurs  der  Bailei  an 
der  Etsch  und  bischöflichen  Hauptmanns  u«  a.  m.  CReperC. 
arch.  epi^e.  TridJ 

Wahrscheinlich  in  diesem  Jahre  1468  war  es,  wo  Herzog 
Sigmund  diesem  Landcomlur  Heinrich  von  Fr^berg  die  durch 
den  im  Jahre  1465  erfolgten  Tod  Oswalds  Sebaer,  des  letzten 
seines  Stammes,  ihm  zugefallenen  Vesten  Reifeasleia  und  Wel* 
fenstein  bei  Sterzing  für  2000  fl.  pfandweise  auf  Wiederlösung 
aberliess.  Im  nemlichen  Jahre  1436  stellte  dieser  Landcomliir 
dem  Herzog  dan  Revers  aus,  dass  ihm  selber  aus  Gnaden  ver- 
gönnt habe,  durch  einen  Fischer  auf  dem  Eisaoke,  der  bei 
Reifenstein  vorbeirinnt,  bescheidentlich  fischen  lassen  zu  dttrftti. 
CSchalxarchiv  Reffesten,)  —  Am  Freitag  nach  Michaeli  1468 
schreibt  die  Gemahlin  des  Herzogs  Sigmund  an  Hm.  Heinrich 
von  Freiberg,  Landcomiur  und  Hauptmann  zu  TricBt  sowie  an 
Balthasar  von  Liechtenstein,  herzoglichen  Rath   und  Pfleger  au 


—  111  — 

Bcseno,  sie  mdcbten  beiofi  Bischöfe  von  Trieiit  die  Beldinung 
wt  den  darck  den  Tod  Pretls  von  Caldea  Jieiingefallenen  und 
von  Herzog  Sigmund  an  die  Gebrader  Simon,  Balthasar  und 
Jaeob  von  Thunn  verkauften  Schloss  Roeka  an  Letalere  betreiben, 
(Archiv  im  Schiosse  Brauer,) 

Bndlich  spHte  der  deutsche  Orden  in  Tirol,  —  ohne  Zweifei 
auf  Betrieb  des  beim  Herzog  Sigmund  in  hohes  Gunst  stehen- 
den Landcomturs,  ~  noch  zwei  Pfarreien  überkommen;  denn 
ans  angebomer  besonderer  Liebe  gegen  den  deutschen  Orden 
sowohl,  als  auch  da  der  Orden  aisf  Aufnahmsatätte  und 
UnterttiUzunffsanjftaU  adelieher  Männer  (tamquam  nobilium 
viforum  reoeptaculnm  et  Sublevamenj  diene,  endlich  auch  wegen 
der  vielfältigen  und  nützlichen  Dienste,  welche  ihm  der  Land- 
Conttur  Heinrich  von  Freiberg,  herzoglicher  Rath,  geleistet, 
schenkt  am  7.  Jänner  1468  Herzog  Sigmund  der  Bailei  ap  der 
Etsch  das  ihm  bisher  zugehörige  Patronatsrecht  der  Pfarrei^ 
in  Samtein  und  zu  Mareit  bei  Sterzing.  0.  A.  —  Der  Land*» 
Comtnr  beeiMe  sich,  in  Rom  dafür  die  Bestätigung  einzuholen 
und  daoiit  die  Bitte  zu  verbinden,  diese  Pfarren  dem  Orden  ein- 
zuverleiben. In  Fcrige  dessen  schrieb  am  7.  September  1468 
Papst  Paul  U.  v<m  Rom  aus  an  den  Bischof  Johann  von  Trient 
sowie  an  den  Decan  und  Scolasticus  daselbst:  Bruder  Heinrich 
von  Freiberg,  Landcomtur,  habe  ihm  schriftlich  vorgestellt, 
dass  sein  deutsches  Hospitalhaus  zu  Bozen,  welches  beinahe 
14  Jahre  hindurch  durch  Kriege  (mit  Polen)  schwer  heim- 
gesucht und  beschädigt,  dadurch  aber  so  sehr  in  seinen  Ein^ 
kiinften  gemindert  und  herabgebracht  worden  sei,  dass  er  in 
demselben  die  Hospitalitfttspflicht  und  den  Gottesdienst,  sowie 
die  Bauliehkeiten  nicht  mehr  einzuhalten  im  Stande  sei,  und 
ihn  daher  gebeten,  damit  er  Obiges  noch  femer  zu  leisten 
vermöge,  die  Pfarreien  zu  Hareit  und  in  Sarntein,  von  denen 
ersiere  nicht  mehr  als  4  Mark  und  Jetziere  nicht  mehr  als  10 
Mark  Silber  eintrage,  und  deren  Patronatsrecht  Herzog  Sigmund 
dem  Orden  geschenkt,  völlig  demselben  einzuverleiben.  —  ßr 
beauftrage  sie  .demnach,    die  Sache  zu  untersuchen  und  falls 


—  1«  — 

sie  obige  Angaben  des  Landcomtars  riditig  ftnden,  obgenaaote 
Pfarreien  dem  Orden  einzuverleiben,  so  dass  der  Orden,  wenn 
die  gegenwärtigen  Inhaber  dieser  Pfarreien  mit  Tod  abgingen 
oder  sonst  davon  abtreten^,  selbe  fernerhin  mit  Pfarrprovisoren 
aus  seiner  Mitte  zu  besetzen  befagt  sein  solle.  0.  A. 

Obigem  pfipstlichen  Aufirage  g^nfiss  Hess  der  Bischof  von 
Trient  an  den  Kirchthttren  von  Trient  und  Brixen  die  schrift- 
liche Aufforderung  anschlagen,  dass,  wer  inuner  anf  erwfihnle 
Pfarreien  ein  Recht  oder  Ansprüche  hätte,  innerhalb  eines 
bestimmten  Termines  vor  ihm  damit  sich  melden  sollte.  — 
Niemand  erschien  als  Meister  Leonard  von  Natz,  Licentiatus  in 
Decretis,  geistlicher  Generalvicar  und  Domherr  zu  Brisen  im 
Namen  des  Collegiatstifles  und  bewiess,  dass  dasselbe  seit 
alten  Zeiten  her  von  der  Pfarre  Hareit  jährlich  2  M.  B.  bezo- 
gen habe,  deren  Rechtmiissigkeit  auch  vom  Comtur  anerkannt 
und  deren  Fortbezahlung  auch  sofort  von  ihm  zugesichert  wurde. 
Da  nun  der  Bischof  alle  Angaben  des  Landcomtnrs  richtig 
befunden,  so  incorporirte  er  vermög  päpstlicher  Vollmacht  am 
28.  Jftnner  1469  die  Pfarreien  Mareit  und  Sarntein  dem  deaU 
sehen  Orden  so,  dass  der  jeweilige  Landcomtur  dieselben  nach 
Belieben  mit  Ordensgeistlichen  oder  Weltpriestem  besetzen 
dttrfe,  die  jedoch  auf  seinen  Willen  wieder  entfernt  werden 
könnten,  jedoch  dem  Diöcesan-Bischofe  seine  bischöflichen 
Rechte  vorbehalten  und  unter  der  Bedingung,  dass  durch  diese 
Einverleibung  die  schuldigen  Gottesdienste  und  die  Seelsorge 
keinen  Schaden  erleiden.  Zeugen  dessen :  Georg  Nothaft,  Dom- 
herr zu  Trient,  Herman  Wille,  Domherr  von  Speter,  Johann 
Hubner,  bischöfl.  Kfichenmeister  und  die  Edlen;  Peter  von 
Spaur,  Richter  zu  Tramin,  Michael  von  Thunn,  Jacob  von 
Pairsberg  und  Sigmund  Eisenreioh.  0.  A.  —  Mit  obiger  Schen- 
kung des  Patronatsrechts  noch  nicht  zufrieden,  ttberliess  noch 
im  Jahre  1468  Herzog  Sigmund  dem  Landcomtur  um  den 
Pfandschilling  von  179  H.  2  Pf.  B.  die  Vogtei  und  Gilt  auf 
dem  Pfarrhof  in  Sarntein,  nemlich  48  St.  Roggen,  32  St. 
Gerste  und  16  St.  Hafer  gegen  Bedingung  des  RücklOsungs- 


—    113    - 

Rechtes;  im  Namen  des  Lsndcomlars  stdlte  hierüber  Thomas 
Gianecker,  Comtur  zu  Lengmoos,  den  Revers  aus.  C^chatZ" 
are/dv  Regest^ 

Am  21.  Februar  1469  in  der  Deutschordens-Comende  zu 
Trienl  scUiessl  der  ehrwürdige  und  müchtige  Ritler  Heinrich 
Ton  Freiberg,  Landcomtur  und  Administrator  der  Deutschordens- 
Comende  zur  hl.  Elisabet  zu  Trient,  Hauptmann  der  Stadt  und 
des  Stifles  Trient,  eine  Paehtemeuerung  über  gewisse  Grund- 
stacke im  Bezirke  Trient  zur  Comende  daselbst  gehörig  mit 
dem  Piehler  Peter  von  Trient  ab.  0.  A.  —  Da  er  wahrschein- 
Keh  durch  seine  Stellung  als  Hauptmann  von  Trient  verhindert 
war,  so  erhielt  sein  rechter  Arm,  Thomas  Gianecker,  Comtur 
zu  Lengmoos,  durch  Rescript  des  Hochmeisters  Heinrich  Reuss 
von  Planen,  dat.  Königsberg  am  Mittwoch  vor  Simon  und  Juda 
1469  Vollmacht,  mit  Zuziehung  eines  von  ihm  selbst  zu  wiih- 
lendeo  Ordenspriesters  aus  der  Bailei  Oesterreich  eine  General- 
Fisitatlon  zu  halten.  0.  A. 

Im  nemlichen  Jahre  1469  stellte  der  Landcomtur  dem 
Herzog  Sigmund  einen  Reversbrtef  aus  um  die  Pflegen  Reifen- 
stein und  Weifenstein,  die  selber  ihm  um. 4000  fl.  auf  lebens- 
lang nnverrechnet  zu  Pfand  gegeben;  nach  seinem  Tode  aber 
kann  sie  der  Herzog  um  2000  fl.  ablösen.  C^chatzarchiv 
Regest)  Doch  schon  am  Montag,  St.  Dorotheen-Tag  des  fol- 
genden Jahres  1470  zu  Bozen  bekennt  Herzog  Sigmund,  dasls 
er  schon  frflher  dem  Bruder  Heinrich  von  Freiberg,  Landcomtur 
der  Bailei  an  der  Etsch^  seinem  Rathe  und  Hauptmanne  zu 
Trient  für  2000  fl.  rh.  seine  .Vesten  Reifenstein  und  Weifenstein, 
die  als  landesftirstliche  Lehen  nach  dem  Tode  Oswalds  des 
Seboers  lediglich  heimgefallen ,  pfandweise  auf  Wiederlösung 
überlassen;  da  nun  aber  derselbe  Landcomtur  ihm  eine  noch 
unbezahlte  Schuldverschreibung  von  400  fl.  von  seinem  Gross- 
vater Hersog  Leopold  seligen  einem  Comtur  zu  Lengmoos  aus- 
gestellt vorgewiesen  und  zurückgestellt,^  so  habe  er  in  Anbe- 
tracht dessen  wie  auch  der  unverdrossenen  Dienste,  welche  Ihm 
erwfihnter  Landcpmtur  als  Rath  mit  Nachreisen  und  sonst  lange 

8 


Zeit  her  geleistet,  dem  deatdchen  Orden,  y,4er  dann  iüMMeh 
fürffenommen  vnd  gentifftet  in  den  eren  vnaer  Heben  frawen 
vnd  insonderheit  %u  aufenthalt  des  gemainen  dewUchen 
Adeis^  diese  zwei  Yesten  sammt  aller  Zugehör,  wie  sie  der 
Sebner  innegehabt,  mit  Leuten,  Gätern,  Gejaiden,  Fisciiwaideii, 
Wun  und  Waide  und  andern  Herrlichketten,  Nutzen,  Renten, 
Gilten  als  v6liigei9  Bigenthum  überlassen;  jedoch  sich  vorbe« 
haltend  das  Holz  in  den  dazu  gehörigen  Schwarzwttideru  zum 
Bedarf  seines  Bergwerkes,  sowie  das  Recht,  im  Nothfalle  beide 
Vesten  besetzen  zu  dürfen,  aber  auf  seine  Kosten ;  sollte  dabei 
der  Orden  Ausgaben  machen  müssen,  so  liiuss  der  Herzog  selbe 
ihnen  vergüten.  Der  Orden  soll  beide  Vesten  in  bairiichem 
Stande  halten ,  selbe  nicht  verpfänden  oder  verkaufen  unter 
Strafe  des  Heimfalls,  und  zugleich  soll  für  diese  Schenkung 
der  Orden  gehalten  sein,  in  allen  dem  Orde«  zugehörigen 
Häusern  und  Pfarrkirchen  der  Grafschaft  Tirol  jährlich  f8r  die 
gesammte  österreichische  Familie  am  Tage  nach  St.  Johannes 
Sunnenwende  einen  Jahrtag  zu  halten^  am  Vorabende  mit  Vigil 
und  am  andern  Tage  mit  dreissig  gesungenen  oder  stillen 
Messen.  0.  A.  *) 

Hans  Staffier  zu  SülTan  Oberlässt  am  Palmsonntage  \4ß\ 
dem  Herrn  Heinrich  von  Freiberg,  Landcomtur,  anstatt  des 
Hauses  zu  Lengmoos  für  das  Prisngut,  welches  bisher  demselben 
4  Pf.  B.  und  eine  Gans  gezinst  hat,  ein  Mannmahd  Wiese  beim 
Zieglmair,  aus  welchem  foilan  die  4  Pf.  B.  gezinst  werden 
sollen ,  sowie  die  Gans  aus  dem  Hause  zu  Klobenstein ;  diess 
sigelt  der  edle  Jörg  von  Khoburg,*Pflegt;r  auf  dem  Stein.  0.  A. 
—  Am  Sonntag  nach  hl.  Kretizaofßndung  1481  bekennt  Hans 
Wfnkter,  Sohn  des  Bartlmü  Marr  zu  Süffan  seligen,  dass  ibiii 
Hr.  Heinrich  von  Freiberg,  Landcomtur  der  Bailei  an  der  Etsch, 
mit  Zustimmung  seiner  MitbrOder:  Hrn.  Wjllielms  von  Spaur, 
Comturs  zu  Lengmoos,  Hrn.  Hansen  Weiglmair^  Coraturs  und 


^)  Dieser  sogenannte  österreichische  Jahrtiig  wurde  in  Folge  königl. 
bairischer Verordnung,  dat.  Bozen  10.  Oclober  1807.  nncherfolo:- 
!er  Einziehung  des  Orclensvermögens  aufgehoben. 


—    «5    — 

Pfiirrers  zu  Sdilanders,  Hrn.  Ciinrads  Härtung,  Pfarrers  zu 
Sierzing,  eiaen  jtfhrliGhen  Zins  von  4  Pf.  B.  aus  dem  Gute 
zum  Schoss  zu  Lerchach  im  Bezirke  Ober-Unn  iu  der  St.  Leon- 
hsirds-Miigrei  von  Seite  des  deutschen  Hauses  überlassen  habe, 
wofür  er  demselben  4  Pf.  B.  Zins  aus  seinem  Radenacfcer  zu 
Unue  neben  der  Solz  in  der  St.  Luceien-Malgrei  überlässt.  0.  A. 
—  Das  letzleroal  erscheint  in  unsem  Urkunden  dieser  Heinrich 
von  Freiberg,  Landcomtur  im  Jahre  1483,  wo  er  zur  erledigten 
Pfarre  Mareit  den  Hans  Ersendein,  Priester  aus  der  Speirer 
Dkteese,  prlteentirte.  0.  A.  —  Gegen  Ende  des  Jahres  1484 
oder  Anfiwgs  des  Jahres*  1485  zahlte  er  die  Schuld  der  Natur* 
Die  Erledigung  der  landcomturiichen  Würde  durch  Frei- 
bergs Tod  gab  Veranlassung  zu  einem  bedauerlichen  Zwist 
zwischen  dem  deutschen  Orden  und  dem  altersschwachen  und 
VOR  Günstlingen  regierten  Erzherzog  Sigmund.  Bisher  halten 
sich  die  Landesfilrsten  von  Tirol  in  die  ionern  Angelegenheiten 
der  Bailei  und  auch  in  die  Wahlen  der  Corature  oder  des 
Landcomturs  nicht  eingemischt ;  nun  aber  nach  des  Laodcomturs 
Heinrich  von  Freiberg  Tode  schrieb  Erzherzog  Sigmund  an  des 
Hochmeister  des  deutschen  Ordens,  Martin  Truchses,  und  ver- 
langte, selber  sollte  den  Ordensbruder  Hans  von  Schellenberg, 
(welcher ,  wie  es  seheint ,  ohne  Erlaubniss  des  Ordens  am 
Hofe  Sigmunds  sich  herumtrieb)  zum  Landcomtur  an  der  Etsch 
emennen;  jedoch  der  Hochmeister  schlug  diess  ab  und  zwar 
aus  dem  Grunde^  weil  der  v.  Sehellenberg,  sich  dem  Orden 
ungehorsam  verhalten  habe ;  beifügend,  er  gebe  dem  Erzherzog 
ungern  diesen  abschlägigen  Bescheid;  allein  würde  er  dem  Be- 
gehren desselben  sich  fügen,  so  müsste  er  fürchten,  dass 
dadurch  der  Orden  in  seinen  Gliedern  zum  Abfall  und  in  üble 
Nachrede  kommen;,  auch  andere  ungehorsame  Glieder  des  Ordens, 
sieh  damit  trösten  und  in  ihrem  Ungehorsam  bestärkt  würden, 
wenn  ein  Ungehorsamer  durch  ihn  befördert  würde.  —  Auf 
diese  Gründe  hin  bestand  der  Erzherzog  nicht  weiter  auf  der 
Ernennung  de^  Schellenberg.  Nun  sandte  der  Hochmeister 
eigens   den   Cowad  von  Liechtenhaim ,   Comtur  zu  Holand,    an 

8» 


—    U6    — 

den  Erzherzog,  und  stellte  es  durch  diesen  ihm  anbelm,  selbst 
einen  Landcomtur  nach  seinem  Wohlgefallen  vorzuschlagen, 
was  er  dankbar  annahm  und  hierauf  den  Jörg  Ramung,  Comtur 
'  zu  Ryn  oder  Reyne  vorschlug,  welchen  auch  der  hochmeister* 
liehe  Abgeordnete  genehmigte;  (so  wenigstens  behauptet  der 
Erzherzog  in  einem  Schreiben.  (^Seattk.^ArcMv.J  -^  Nachdem 
der  Abgeordnete  dem  Hochmeister  hierüber  Bericht  erstattet, 
Hess  dieser  den  Jörg  Ramung  holen,  und  befragte  ihn  in  Gegen- 
wart etlicher  Gebietiger,  ob  er  sich  getraue  ein  treuer  Verwal* 
ter  dieses  Amtes  sein  zu  wollen ;  dieser  aber  entschuldigte  sich 
mit  seinem  Alter  und  Schwäche  und  bat*  ihn  damit  zu  verschonen. 
CStatth.^ Archiv,^  —  In  wiederholten  Zuschriften  an  den  Hoch- 
meister sollicitirte  der  Herzog  demungeachtet  die  Ernennung  des 
Ramung;  allein  gestützt  auf  obige  Erklärung  des  Bruders  Ra* 
mung  erwählte  der  Hochmeister  mit  den  Gebietigern  den  Bruder 
Ludwig  von  Hürnhaim  zum  Landcomtur;  durch  Schreiben  dat. 
Königsberg  am  Donnerstag  vor  Pfingsten  1485  macht  Bruder 
Martin  Truchses,  Deutschordens-Hocfameister,  den  Hauscomtaren, 
Pflegern ,  Rentmeislern ,  Zinsmeistern  ,  Pfarrern ,  Amtleuten  and 
Brüdern  des  Ordens  in  der  Bailei  an  der  Etsch  kund,  dass  er 
nach  dem  Tode  Heinrichs  von  Freiberg,  letztgewesenen  Land- 
Comturs  der  Bailei  mit  Zustimmung  seiner  Gebietiger  den  Bruder 
Ludwig  von  Hiirnhaim,  gewesenen  Ordenspfleger  zu  Neydenburg, 
als  Landcomtur  an  der  Etsch  ernannt  habe,  mit  Befehl,  selbem 
zu  gehorchen.   C^taUh.^Ärchiv.) 

Jedoch  Sigmund  zeigte  sich  mit  dieser  Verfügung  sehr 
unzufrieden ;  er  wollte  den  v.  Hümheim  als  Landcomtur  durchaus 
nicht  anerkennen,  sondern  gestattete  ihm  nur  als  Statthalter  die 
Verwesung  der  Landcomturei  und  erwartete  nichts  desto  weniger 
die  Ankunft  des  Ramung;  und  dieser  kam  wirklich  nach  Inns- 
bruck, aber  wie?  Er  hatte  den  Hochmeister  um  Brlaubniss 
gebeten,  Andachts  halber  nach  Rom  um  Ablass  ziehen  zu  dür- 
fen, und 'machte  sich  dabei  verbindlich^  sich  keine  Bailei  oder 
Ordenshaus  zuzueignen^,  worauf  er  die  Eriaubtiss  erjiielt.  — 
Als  er  aber  auf  seiner  Reise  nach  Innsbruck  kam,  that  er  sich 


—  iil  — 

so  viel  zü  Hofe,  dass  der  Erzherzog  ganz  von  dem  gesetzlich 
ernannten  Landcomtar  abs6h,  den  Ramang  zu  seinem  Ralh  und 
Diener  ernannte  und  durchaus  verlangte,  dieser  soll  Landcomtur 
sein.  CSlaUh.'ArcMv.y  —  Ja  er  sandte  in  dieser  Angelegen* 
heil  am  Montag  nach  Weihnachten  1485  eigens  den  vesten 
Ruprecht  Rindsmaul  an  den  Hochmeister  ab,  um  selbem  zu  bedeu- 
ten: „nachdem  er,  der  Erzherzog,  den  Ramung  nach  Gelegen- 
heit seiner  Lande  und  G^talt  seiner  Sachen  zum  Amte  eines 
Landcomturs  für  tauglich  eniehte,  selber  ihm  auch  vor  allen 
Andern  dazu  geeignet  scheine,  nachdem  er  solches  auch  um 
den  Orden  verdient  soll  haben.  Der  Hochmeister  möchte  also 
demselben*  zur  Besitznahme  der  Landcomturet  Erlaubniss  und 
Befehlbriefe  ausfertigen,  vermöge  seines  frühern  schriftlichen 
Erbietens  und  der  Aeusserungen  des  v.  Liechtenhaim  und  sich 
zu  Gemüthe  führen ,  dass  er  und  seine  Vorfahren  dem  Orden 
und  besonders  den  Häusern  in  Tirol  mit  Gaben  und  auf  andere 
Weise  viele  Förderung  und  Gnaden  erwiese,  und  falls  in  dieser 
Angelegenheit  seinem  Begehren  willfahrt  würde,  er  auch  in 
Zukunft  desto  geneigter  sein  wolle,  dem  Orden  Gnad  und  För- 
derung zu  thun.  Widrigenfalls  müsste  er  dafür  halten,  dass 
der  Hochmeister  ihm  solches  zum  Trotz  und  Verdruss  abschlage, 
er  auch  besagtem  seinem  Rathe  nicht  gönne,  was  demselben 
von  Gott  und  seiner  Gnade  und  Gutthat  wegen  zustehen  möchte. 
—  Bndlich,  fügte  er  hinzu,  wäre  uns  auch  unleidlich  zu  gestat- 
ten ,  Jemand  wider  unsern  Willen  in  unserm  Lande  und  Herr- 
schaften einsetzen  und  regieren  zu  lassen,  was  wir  in  keiner 
Weise  gestalten  woUen,  was  auch  vormals  weder  uns  noch 
unsern  Vor^ihren  geschehen  ist;  wollen  auch  darob  sein,  dass 
solches  nicht  geschehe.  Was  dann  dem  Orden  Nutz  oder  Un- 
fug aus  solchem  erwachsen  und  erstehen  würde ,  mag  der 
Hochmeister  wohl  ermessen.*  QStaUh.  Archiv J  —  Auf  diese 
drohende  Bothschaft  hin  sandte  der  Hochmeister  einen  Gegen- 
Gesandten  an  den  Erzherzog  ab  und  entschuldigte  sich  durch 
diesen :  er  könne  den  empfohlenen  Ramung  nicht  als  Landcomtur 
ansehen,  da  bereits  Ludwig  von  Hürnheim  rechtmässig  dazu 


—    118    — 

erwählt  sei,  und  er  bitle  denselben  amBanehmen ;  zugleich  liess 
er  dem  Erzherzoge  ernstlich  vorstellen:  falls  der  Ramu^g  in 
diesem  Amte  bleiben  soll  wider  Gehorsam  und  Pflicht,  so  wärde 
diess  dem  Ordensrechte  sehr  nachtheilig  sein  und  schlechtes 
Beispiel  geben.  Es  stehe  in  den  Ordens^Satzungen,  dass  kein 
Bruder  auf  Anregen  oder  Beirieb  seiner  Freunde  oder  Anderer 
mit  Aemtern  des  Ordens  betraut  werden  soll ;  unterstünde  sich 
dennoch  einer  eines  solchen  Frevels,  so  soll  ein  solcher  zu 
alten  Würden  und  Aemtern  untauglich  sein.  (^StaUh.^ArcMif.J 
—  Allein  ungeachtet  dieser  triftigen  Gegenvorstellungen  behakrte 
der  Erzherzog  auf  seinem  Sinne;  sehr  wahrscheinlich  aus  seiner 
gereizten  Stimmung  gegen  den  mit  Grund  widerstrebenden 
Hochmeister  erfloss  jener  Befehlbrief  des  Erzherzogs ,  gegeben 
zu  Hall  am  Osterdinstag  i486 ,  wodurch  er  dem  Victor  von 
Thunn,  Landeshauptmann  an  der  Etsch  aufträgt,  sich  ohne  Ver- 
zug ins  deutsche  Haus  nach  Lana  zu  verfügen  und  daselbst  alles 
Silbergeschirr  und  Kleinodien  zu  besichtigen  und  aufzeichnen 
zu  lassen;  da  er  vernommen,  der  deutsche  Hochmeister  habe 
einen  Abgeordneten  gesandt,  der  aUes  Silbergeschirr  aus  den 
Deutschordens-Häusem  nach  Preusen  abführen  soll.  Diess  soll 
nun  der  Landeshauptmann  im  Namen  des  Erzherzogs  verhüten, 
da  er  nicht  gewillt  sei ,  diese  Häuser  auf  solche  Weise  berau- 
ben zu  lassen.  CBramiut^  Getsch,  d.  LandeshaupU.  S,  ^Si.J 
Die  schriftlichen  Verhandlungen  über  diese  Angelegenheit 
zwischen  dem  Erzherzog  und  dem  Hochmeister  zogen  sich  fast 
das  ganze  Jahr  1486  hin;  selbst  Fürsten  und  Churfürsten  ver- 
wendeten sich  auf  Betrieb  des  Hodimeisters  beim  Erzherzog 
zu  Gunsten  des  Ludwig  von  Hürnheim  und  für  Wahrung  der 
Ordensvorschriften;  aber  alles  fruchtete  bei  Sigmund  nichts;  er 
bebarrte  eigensinnig  auf  Anerkennung  seines  Günstlings  Ramung 
als  Landcomtur.  Und  so  musste  denn  der  Orden,  um  grösseres 
Uebel  zu  verhüten,  wider  Willen  diesmal  nachgeben  und  den 
Ramung  zulassen.  Gleich  Anfangs  des  Jahres  1487  fertigt 
Georg ,  Propst  des  Augustiner-Klosters  zu  Griess ,  auf  Bitte 
Hm.  Georgs  Ramung,  Landcomturs  der  Bailei  an  der  Etsch  und 


—    119    — 

des  Hauses  WegceAstein^  eise  aath^otisjßhe  Abschrift  einer  Bulle 
Pa|i6t  Boaifaz  Vlll,  gegeben  am  7.  Mai,  seines  Pontificate  im 
siebenten  (also  1300)  zu  Gunsten  des  deutschen  Ordens  in 
Bezug  der  Besetcung  der  unter  seinem  Prolectorate  stehenden 
Seekorgsposten.  0.  A. 

Eine  bessere  Rolle  als  dieser  eingedrungene  Landcon^tur 
spielte  um  dieße  Zeit  sein  Ordensbroder  Johann  von  Neuinus; 
am  Hittwoch  vor  Lichtmess  1487  urkundet  Hans  von  Newen- 
haus,  Deutschordens-ComtDr  zu  Trient,  dass  ihn  Erzherzog 
Sigmund  mit  200  fl.  Sold  zu  seinem  Diener  angenommen,  und 
verspricht  demselben  von  Haus  aus  mit  Knechten  und  4  Pferden 
zu  dienen  gegen  Jedermann.  Stehe  er  in  wirklichem  Dienst, 
so  soll  ihn  der  Erzherzog  zugleich  auch  mit  Futter  und  Mahl 
versehen  und  ftlr  im  Felde  erlittene  Schäden  entschädigen. 
CSammler  v.  Tiial,  9,  B.  S.  J968J  —  Vermöge  dieser  Dienst- 
verschreibung  kämpfte  er  auch  wacker  gegen  die  Venetisuier  in 
der  siegreichen  Schlacht  zu  Caliano  am  H.  August  1487  an  der 
Seite  des  tapfern  Feldbauptmanns  Fridrich  Kappler.  C^amtnler 
p,  TiKBiy  :S.  B.  S,  26H.J  -^  In  der  ehemaligen  DeuUch- 
Ordens^Kirche  zu  Trient  hing  noch  Anfangs  des  17.  Jahrbun- 
deris  ein  Fähnlein,  darunter  das  Wappen  der  Herren  von  Neu* 
haus  nnd  die  Inschrift :  Anno  1487  bat  der  Edel  vnd  Gestreng 
Ritter,  Hans  von  Newhauss,  Commenthur  des  Teutschen  Ordens 
zu  Triendt  vnter  disen  Fanen  au  St.  Lorenzeu  Tag  am  Gallian 
das  Feld  erhalten.  CMarx  Sittich  v,  Wolkemtein,  14.  BuchJ 

Nach  dem  wichtigen  Landtag  am  Ptinzlag  nach  Maria 
Himmelfahrt  1487  zu  Aall.,  wo  die  Stände  ernstlich  gegen  die 
bisherige  Regierungsweise  des  Erzhersogs  Sigmund  auftraten, 
sandte  die  tirolisehe  Landschaft  vei'schiedene  Abgeordnete  an 
verschiedene  Personen,  unter  andern  den  Hansen  von  Schellen- 
becg,  den  Landcomtur  und  Jobsten  Alpershofer  an  die  Herzoge 
Albrecbt  und  Georg  von  Baiern  mit  dem  Auftrage,  selbe  zu 
ersuchen,  von  ihrem  Vornehmen  und  Kauf  der  Grafschaft  Tirol 
abzustehen  und  ihr  Geld  wieder  zurückzunehmen.  CBrandi», 
Qejfck.  d.  LaadeshaupUeule  S.  309  und  Sammler  v.  Tirolj 


—    120    — 

^.  B.  S.  946 J,  —  Diese  Aufseiehnang  ist  sehr  unversUmdlich ; 
man  kann  nicht  recht  unterscheiden,  ob  der  Hans  von  Schellen- 
berg  und  Landcomtur  ein  und  dieselbe  Perspn  oder  zwei  ver- 
schiedene Personen  sind;  im  erstem  Falle  dürfte  dieser  von 
Schellenberg  wohl  nur  als  Statthalter  des  Landcomturs  zu 
nehmen  sein. 

Um  diese  Zeit  oder  bald  darauf  befreite  der  Tod  die  Bailei 
von  dem  ihr  aufgedrungenen  Landcomtur  JOrg  Ramung^  denn 
bereits  am  St.  Agatha-Tag  (5.  Februar)  1488  durch  Erlass 
dat.  Königsberg  bestätigt  nach  Ableben  Georg  Ramungs  der 
Hochmeister  Bruder  Alartin  Truchses  von  Wetshausen  den  bereits 
schon  früher  erwählten  Ludwig  von  Hürnhaim  in  der  Würde 
eines  Landcomturs  an  der  Etsch.  0.  A.  —  ^m  Montag  vor 
Agatha  1490  zu  Bozen  kauft  Sigmund  GerstI  für  20  M.  B. 
von  Hm.  Ludwig  Hürnhaim ,  Landcomtur  der  Bailei  an  der 
Etsch  einen  auf  seiner  Stallung  lastenden,  dem  deutsehen  Hause 
Weggenstein  zuständigen  jährlichen  Zins  von  10  Pf.  B.  und 
2  Fastnachtshühner  ab.  ("i?.  Martm'schen  ArcMv.J  —  Am  Frei- 
tag vor  JSt.  Barbara-Tag  1490  erscheint  Ludwig  von  Hümhaim, 
Landcomtur  nebst  vielen  andern  von  Adel  als  Beisitzer  beim 
adelichen  Hofrecht  zu  Bozen.  {BrarnHif^  Gesch.  tL  Landen 
HaupUeute  S.  3»»J 

Als  König  Maximilian,  Erzherzog  von  Oesterreich,  dem  der 
Erzherzog  Sigmund  die  Regierung  des  Landes  Tirol  abgetreten, 
als  Landesftirst  eingetreten,  ernannte  er  den  geschäftsgewandtea 
Landcomtur  an  der  Etsch  zu  seinem  Rath;  am  Sonntag  Jubilate 
1491  zu  Nürnberg  urkundet  König  Maximilian ,  da  ihm  sein 
Vetter  Erzherzog  Sigmund  aus  freundlichem  Willen  und  etlichen 
redlichen  Beweggründen  die  Regierung  der  Innern  und  vordem 
österreichischen  Lande  abgetreten,  so  bestätige  er  auf  Bitten 
seines  Rathes  Ludwigs  von  Hürnhaim ,  Landcomturs  der  Bailei 
an  der  Etsch,  dem  deutschen  Orden  in  Tirol  alle  von  den 
frühern  Landesfürsten  demselben  gewährten  Briefe  und  Frei- 
heiten. 0.  A.  —  Auf  seine  Bitte  gewährt  dem  Ludwig  von 
Hürnhaim,  Landcomtur  an  der  Etsch,  Julian,  Bischof  von  Ostia 


—    121    — 

und  pftpsllieher  Pönitentiar  durch  Urkunde  dat.  Rom  am  25. 
Febraar  1494  die  Eriaabniss,  sich  einen  eigenen  Beichtvater 
halten  zu  dürfen.  0.  A. 

Diess  ist  die  letzte  Urkunde-,  in  welcher  Ludwig  von  Hfirn* 
haim  als  Landcomtur  vorkommt  ^  bereits  im  folgenden  Jahre 
1495  erscheint  als  dessen  Nachfolger  Wotfgang  von  Neuhaus, 
früher  Gomtur  zu  Laibach.  Am  Pfinztag  nach  Martini  1495 
verleiht  Bruder  Wol^atig  von  Neuhaas,  Landcomtur  der  Bailei 
an  der  Etsch,  und  derzeit  auch  Comtnr  zu  Lengmöos,  mit  Zu- 
Stimmung  Heinrichs  von  Knöringen,  Comturs  zu  Sterzing,  Hm. 
Ulrichs  von  Httmhairo,  Comturs  zu  Trient,  Walthers  von  Stadion, 
Comturs  zu  Schlanders,  Dr.  Caspars  Pttstinger,  Pfarrers  zu 
Sterzingen,  Christophs  Liegnitzer,  Pfarrers  zu  Lana,  Hansen 
Talhaimer,  Pfarrers  zu  Lengmoos  und  Ulrichs  Dietmansperger, 
Pfarrers  in  Sarntein,  dem  Georg  Sacker  in  der  St.  Lucien- 
Halgrei  za  Unn  auf  dem  Ritten  die  Baurecht  des  Eigen-Ackers 
von  4  Staar  Land  gegen  jährlichen  Zins  von  3  Pf.  B.  0.  A. 
Im  nemitchen  Jahre  1495  am  Pfinztag  vor  Thomas  Ap.  schliesst 
derselbe  Wolfgang  von  Neuhaus  als  Landcomtur  mit  der  Ge- 
meinde am  Brenner  bei  Sterzing  einen  Vertrag  wegen  Errich- 
tung einer  Caplanei  daselbst.  Ö.  A. 

Im  unglücklichen  Kriege  mit  den  Engedeinern  im  Jahre 
i499  war  nebst  Leonhard  von  Yöls  und  Sigmund  von  Welsberg 
auch  Walter  von  Stadion,  Deutschordens-Comtur  zu  Schlanders, 
Hauptmann  der  Tiroler;  er  diente  mit  2  Knechten  und  3  Pfer- 
den; aach  Heinrich  von  Knöringen,  Deutschordens-Comtur  zu 
Sterzingen,  machte  den  Krieg  mit.  Der  Comttir  Stadion  unter- 
handelte und  unterzeichnete  auch  mit  den  zwei  andern  Haupt- 
leuten den  unter  Vermittlung  des  Bischofs  Hugo  von  Constanz 
geschlossenen  Waffenstillstand  zu  Glums  mit  den  Bündnern 
Ende  Jünner  1499,  der,  wenn  er  von  der  Regierung  bestätigt 
wordeiv  wäre,  vielem  Unheile  vorgebeugt  hätte.  —  Beim  zwei- 
ten Einfalle  der  Bändner  und  Eidgenossen  ins  Vinstgau  am 
28.  Juni  lag  der  Comtur  Stadion  mit  etlichen  Knechten  und 
Pferden  zu  Schlanders;   allein  sich  zu  schwach  fühlend  gegen 


—    122    — 

die  Gesamrolmachl  (fo  Feinde  entfloh  er  mit  seinen  Pferden 
schneU  nach  neran.  Beim  Rflcksoge  Hessen  die  Feinde  am 
29.  Juni  Schlanders  mit  seiner  ^schdnen  Pfarrkirche  in  Flammen 
aufgehen ,  wobei  sehr  wahrscheinlich  auch  das  Deulscbordens- 
Comende-Gebttude  em  Ranb  der  Flammen  wurde«  —  £r  führte 
dann  in  Abwesenheit  des  Landeshauptmannes  im  Schlosse  Tirol 
das  Commando.  C^iberl  Jä^er,  der  Ein4fedeiner''Krieff  und 
BrandiSy  Oeitch,  der  Landeifhauptleute.J 

Bereits  im  Jahre  1504  war  der  Landcomtur  Wolfgang  von 
Neuhaus  abgetreten;  an  seine  Stelle  trat  der  bisherige  Comtur 
zu  Sterzingen,  Heinrich  von  Knörmgen.  Durch  Brlass  dat 
Brandenbui^  am  Sonnabend  nachLaetare  1504  bestätigt  Herzog 
Fridrich  von  Sachsen,  Harkgraf  zu  Meisen  und  Hochmeistei: 
von  Preusen,  den  Heinrieh  von  Kni>ringen  als  Landcomtur  an 
der  Etsch.  0.  A.  —  Am  Samstag  jiach  Reminiscere  1505 
sitzt  derselbe  Heinrieh  von  Knöringen^,  Landcomtur,  mit  vielen 
vom  Adel  am  Hofrechte  zu  Bozen  und  entscheidet  mit  ihnen 
unter  dem  Vorsitze  Leonhards  von  V<>ls,  Landeshauptmanns  und 
Burggrafs  auf  Tirol,  den  Streit  zwischen  den  drei  Gerichten 
Caltern,  Tramin  und  Curtatsch  und  denen  von  Munt  und  Pyglon 
wegen  Wun  und  Waide  auch  des  Mahdes  auf  dem  Krebsmoss 
unter  Tramin  (miM.)  —  1506  am  St.  Yeitstag  überlässt  der- 
selbe mit  Hrn.  Georg  von  Spaur,  Comtur  zu  Sterzingen,  4  Wem- 
stücke  in  der  Pfarre  Marling  gelegen  und  zur  Comende  Ster- 
zing  gehörig  zu  ewigen  Kinslehen  gegen  jühfliche  Reichung 
eines  Fuder  Weines,  Meraner  Mass.  0.  A.  —  Am  Sonntag  vor 
Valentini  1508  bekennt  Wolfgang  Sietscher  auf  dem  Ritten  in 
St.  Verena  Kreuz  gesessen,  dass  er  schon  im  Jahre  1506  von 
Hrn.  Heinrich  von  Knüringen,  Landcomtur,  den  ganzen  Pömer* 
Hof  im  Gerichte  Stein  auf  dem  Ritten  sammt  dem  Lägelrain-Gut 
im  Wanger  Gericht  zu  Erblehen  erhalten  habe  und  verspricht 
dafür  dem  deutschen  Hause  zu  Lengmoos  jährlich  16  Pf.  B. 
zu  Zinsen.  O.  A.  —  Dieser  Landcomtur  scheint  auch  von  der 
Landschaft  mit  der  Erhebung  des  vom  Landtage  im  Jänner  1508 
dem  König  Maximilian  zum  Römerzuge  bewilligten  Anschlags  zur 


—   «s  — 

Krinltong  too  5000  Mami  im  Bteehfcinde  belraul  gewe^n  xu 
sekiy  da  er  am  15.  April  1508  xu  Trient  den  Sigmind  Gersll 
TOB  Gersttwrg  ttber  ihm  in  dieser  Hinaieht  bezahlte  8  fl.  rhn. 
qiiitt{rt(iiitAi.3  —  Ebenso  war  er  anch  einer  von  den  vier  kaiaer- 
Kellen  Commiasären,  w^ehe  am  6.  Juni  15U8  im  Kloster  Maria 
Graliarum  bei  Riva  mit  den  Venetianem  einen  Waffenstillstand 
abschlössen.  C^oneilij  Mon.  EecL  Trid.  Tom.  III.  S.  ITI.J 

Dieser  Heinrich  von  KnOringen  scheint  bald  nach  dem  An- 
tritt seiner  iandcomiarlichen  Wdrde  einefi  völligen  Umbau  des 
landcomtorlichen  Sitzes  Weggenstein  begonnen  und  besonders 
den  wooderlich  geformten  Thurm  an  demselben  erbaut  zu  haben, 
wenigstens  trügt  derselbe  dessen  Wappen  in  Stein  gehauen  mit 
der  Inschrift:  „Hainrich  von  Knöringen  des  deutschen  Ordens 
Landhommenthur  an  der  Etsch  a'  1508.^  —  Nach  Marx  Sittichs 
T.  Wotkenslein  Bericht  wurde  der  Umbau  erst  ums  Jahr  1519 
vdMJg  zu  Ende  geführt. 

Bei  dem  auf  dem  Landtage  zu  Bozen  am  Samstag  nach 
Thomas  Ap.  1509  gemachten  Anschlag  wegen  der  vom  Lande 
dem  Könige  Maximilian  auf  9  Monate  bewiifigten  1590  Mann 
worden  nach  dem  Hm.  Heinrich  von  Knöring  als  Landcomtur 
der  BiUei  an  der  Etsch  eine  gewisse  Anzahl  Mann  zu  stellen 
zugedacht.  (Brandig,  Ge^ch.  d.  LandeshauptietUe  S.  406.J 
Hingegen  in  dem  von  König  Maximilian  dem  L^nde  Tirol  1511 
ertheilten  berähmten  LandlibeH  heisst  es:  ^Dagegen  haben  wir 
bemeldten  nnsem  Fttrsteu,  den  Bischöfen  von  Trient  und  Brixen^ 
auch  dem  Landeomentur  der  Bailei  TeUtschordens  an  der  Etsch 
und  im  Gebirg  zogesagt,  dass  wir,  unsere  Erben  und  Nach- 
kommen, (wenn  der  Anschlag  5000  Mann  ist)  sie,  ihre  Erben 
und  Nachkommen  der  Anschlag-,  welche  jetzt  oder  hinfiir  im 
hl.  Reich  auf  sie  gelegt  wttrden ,  entheben  und  sie  derselben 
massigen,  auch  sie  mit  ihrer  Hülf  bei  bemelter  unser  fürst- 
lichen Grafschaft  Tirol  gnediglich,  wie  von  Alter  herkommen, 
wollen  bleiben  lassen.  —  Wäre  aber  aus  Uebermaeht  der  Feinde 
an  dem  Anschlag  der  5000  Mann  nicht  genug,  sondern  würden 
durch  uns,   auch  der  Landschaft  Rathe  und  Uaubtleute  fernere 


—    124    — 

Aafgebole  auf  grössere  Anzahl  erlassen,  so  sollen  alle  Stände 
auf  solches  Aufgebot  und  Ermaoung,  so  viel  ihnen  zugeschriben 
wird,  schicken  und  damit  anziehen.  QBrandis^  €hsch.  der 
Landeshauptleute  S,  41S,J  —  Seit  dem  Jahre  1415  erscheint 
dieser  Landcomtur  Heinrich  von  Knöringen  in  vielen  Urkunden 
als  kaiserlicher  Hajestfit  Rath  und  Statthalter  zu  Innsbruck. 

Er  arbeitete  auch  thätlg  daran ,  das  Gebiet  seiner  Bailei 
auch  ausserhalb  Tirols  zu  erweitern  und  eine  neue  Comturei 
derselben  einzufügen ,  nemlich  die  Abtei  Reichenau  und  hatte 
auch  alle  Aussicht,  seinen  Plan  durchzusetzen ;  er  schildert  diess 
sowie  auch  die  Mittel,  deren  er  sich  dazu  bediente  sehr  weit* 
Ittufig  in  einem  Schreiben,  gegeben  zu  Wekenstein  in  des  Or- 
denshaus  ob  Bozen  am  Freitag  nach  Jubilate  1514,  gerichtet 
an  den  hochw'drdigsten ,  durchlauchtigsten  Fflrsten  und  Herrn 
Albrecht,  des  deutschen  Ordens  Hochmeister,  Markgraf  zu 
Brandenburg  drc.  Wir  geben  von  diesem  merkwürdigen  Acten- 
stflcke  das  Wesentliche  im  Auszuge :  ^Vor  beilüuBg  fünf  Jahren 
(also  1509)  hfltte  ihm  der  Landcomtur  im  Elsass  berichtet,  der 
Abt  aus  der  Reichenau  sei  gestorben  und  es  seien  nur  zwei 
Conventglieder  mehr  übrig,  nemlich  Marx  von  Knöriogen,  sein 
Vetter,  und  N.  v.  Reischach,  und  diese  wären  nicht  geeignet, 
dem  fast  verfallenen  Stifte  aufzuhelfen,  so  suche  es  der  Bischof 
von  Constanz  für  sich  zu  erwerben.  Da  nun  selbes  ein  fürst- 
liches Stift  würe  und  dem  deutschen  Orden  sehr  gelegen,  so 
möchte  er  sich  beim  Kaiser  und  dem  Regimente  verwenden, 
dass  selbes  dem  deutschen  Orden  zugewendet  werde.  —  Er  hätte 
hierauf  demselben  geantwortet,  wie  er  bereits  noch  bei  Leb- 
zeiten des  Abts  auf  dem  Reichstage  zu  Constanz  mit  dem  Hrn. 
von  Serntein  darüber  sich  besprochen  und  ihm  seine  Absicht, 
die  Reichenau  an  sich  zu  bringen,  eröffnet,  und  er  hoffe  diess 
desto  leichter  zu  erreichen,  da  einer  seines  Geschlechtes  im 
Stifte  wäre.  —  Auf  erhaltene  Nachricht  vom  Tode  des  Abts 
wäre  er  alsbald  zur  Regierung  nach  Innsbruck  geritten  und 
habe  ihr  seine  Absicht  sowie  die  herabgekommenen  Verhältnisse 
der  Abtei  eröffnet ;   er  habe  nun  im  Sinne   mit  seinem  Vetter 


—    125    — 

and  dem  v.  Reisebach  su  unterhatidelo ,  und  hoffe,  dass  selbe 
ihm  ihre  4iereehtigheit  ttberlassen  and  dann  zu  Rom  erwirhen,  I 

dass  die  Abtei  dem  deutschen  Orden  einverleibt  werde;  diess 
konnte  aber  nur  erreicht  werden  mit  Bewilligung  und  Hilfe 
kaiserlicher  Majestfit;  auch  habe  er  erwftbnt,  welcher  Nutzen 
dem  Hause  Oesterreich  daraus  erwachsen  wOrde ,  falh  jene 
Bailei  mU  der  Baiiei  an  der  EUch  rereinifft  würde.  — 
JHe  Herren  der  Regierung  hfitten  diess  gebilligt  und  ii>  diesem 
Sinne  auch  ein  Schreiben  an  kais.  Majestät  in  der  Niederland 
erlassen,  welches  er  durch  einen  eigenen  Knecht  dahin  abge-  . 
seadel,  der  die  Antwort  darauf  zurflckbringen  sollte.  Unter- 
desscD  habe  er  mit  seinem  Vetter  und  dem  von  Reischach 
persöolich  wegen  Ueberlassung  der  Abtei  unterhandelt;  diese 
aber  hüllen  ihm  erklärt,,  sie  wollten  selbe  selbst  behalten;  im 
Falle  sie  aber  selbe  nicht  behalten  wollten^  so  wollten  sie  ihn 
vor  jedem  Andern  dazu  kommen  lassen;  worauf  er  bei  den 
Herren  der  Regierung  es  dahin  gebracht,  dass  selbe  Herrn 
Niclansen  von  Firmian,  der  Kaiserin  Hofmeister,  in  die  Reichenau 
aa  die  zur  Abtwahl  versammelten  Aebte  von  Kempten  u.  s.  w* 
abordneten,  um  die  Erwählung  seines  Vetters  Marx  v.  Knörin- 
gen  zu  erwirken,  da  er  hoffte  von  diesem  leichter  als  von  dem 
von  Reisebach  die  Ueberlassung  der  Abtei  erwirken  zu  können. 
—  Da  hfilCe  ihm  unerwartet  der  Bischof  von  Constanz  berichtet, 
der  Papst  habe  Reichenau  dem  Stifte  Constanz  einverleibt,  und 
verlangt,  sein  Vetter  soll  die  Abtei  ihm  abtreten;  dieser  aber 
mit  seiner  Verwandtschaft  habe  sich  dessen  geweigert  und  dartt* 
ber  sei  sein  Vetter  Wolf  Dietrich  (von  Knöringen  ?)  dem  Bischof 
Feind  geworden;  er  aber,  seitdem  er  die  Einverleibung  ver- 
nommen und  den  Streit  gesehen,  habe  sich  der  Sache  nicht 
weiter  angenommen,  jsondem  seine  Vettern  und  den  Bischof 
miteinander  katzbalgen  lassen.  —  Jetzt  sei  aber  der  Bischof 
lar  Einsicht  gekommen,  er  könne  die  Reichenau  nicht  erlangen, 
weil  hais.  Miyestät  der  Stadt  Constanz  versprochen .  selbe  ihm 
nicht  zu  lassen;  auch  sein  Vetter,-  der  erwählte  Abt  sehe  es 
ein,  dass  er  bei  der  Abtei  nicht  sich  halten  könne;   und  daher  «     . 


—    146    — 

habe  nun  selber  mit  seinem  MUbrader  dem  von  Reisehaeh, 
gedenk  ihres  vor  einigen  Jahren  ihm  gegebenen  Yersprechess 
ihm  zu  wissen  gemacht,  sie  wfiren  bweit,  ihm  (dem  Land- 
Comtur)  die  Abtei- abtutreten,  falls  er  ihnen  ein  Leibgeding 
verschreibe,  dass  beide  ihr  ehrliches  Auskemmai  hatten;  auch 
möchte  er  des  Kaisers  Bewillignng  dazu  erwerben.  —  Dem- 
zufolge habe  er  kais.  Majestät  diess  ihr  Anerbieten  erMii^ 
mit  der  Bitte  um  Zustimmung,  mit  Versprechen,  dort  eiAea 
ehrlichen  Gottesdienst  zu  halten ,  auch  dem  Hause  Oesterreidi 
treu  zu  dienen  und  dasselbe  als  Kastenvogt  ansehen  zu  wollen« 
—  Dem  Kaiser  habe  sein  Vorschlag  gefallen  und  selber  ihm 
aufgetragen)  mit  den  beiden  Sliftsberren  in  der  Reichenau  sich 
KU  vertragen ;  mit  .dem  Bischöfe  und  'der  StadI  Constanz  wolle 
er  selbst  darüber  unterhandeln  lassen.  —  In  Folge  dieses  Auf- 
trags, habe  er  mit  obigen  beiden  Herren,  —  welche  unterdessen 
zu  Augsburg  dem  Kaiser  ihre  Noih  geklagt  hatten,  —  unter- 
handelt und  sich  mit  ihnen  dahin  verständigt,  dass  er  seinem 
Vetter  das  Häuschen  zu  Drent  (vielleicht  Trient  ?)  und  jährlich 
100  fl. ,  dem  von  Reischach  aber  die  Propstei  zu  Schynau  und 
jährlich  50  fl.  zu  Leibgeding  geben  soll,  wofür  selbe  ihm  die 
Abtei  sammt  aller  Zugehör,  Kleinoden,  fahrenden  Habe  aach  den 
activen  Schulden  abtreten  sollen,  wogegen  er  sich  verpflichtet, 
des  Stifts  passive  Schulden  zu  übernehmen.  —  Ferner  berichtet 
er :  die  von  Constanz  hätten  bereits  ihre  Einwilligung  gegeben, 
auch  habe  Ulrich  von  Hapsberg  mit  den  Unterthanen  und 
Flecken  der  Abtei  diesseits  des  Rheins  darüber  verhandelt  und 
diese  hätten  sich  geäussert :  wenn  jene,  die  jenseits  des  Rheins 
In  der  Eidgenossen  Land  gesessen  sind,  einwilligen^  -90  würden 
auch  sie  es  daran  nicht  ermangeln  lassen.  —  Er  habe  bereits 
Einleitung  getroffen,  dass  zwei  Abgeordnete  an  den  Bischof 
von  Constanz  gesendet  würden,  denselben  zur  Abtretung  seiner 
Rechte  an  Reichenau  zu  bewegen,  mit  der  Anzeige  des  Ver- 
trags mit  den  beiden  Stiftsherren  daselbst,  und  dass  es  des 
Kaisers  Wunsch  sei,  dass  Reichenau  dem  deutschen  Orden  und 
der  Ballet  an  der  Etsch  einverleibt  werde;    in  seinem  Namen 


,  -^  ifgl  - 

soHfen  sie  dem  Bisehofe  tut  Btüscbtidifwig  lOGO  (I.  ud  von 
ISeüe  des  Kaisers  auf  3  Jahre  Befreiimg  von  der  Reiehssleoer 
dafür  YerspfecheD.  Nur  besorge  er,  dei*  Bischof  werde  damit 
nicht  zufrieden  sein ,  da  ihm  der  Kaiser  früher  für  die  Abtre-> 
Uiag  versprochen  habe,  Ihm  die  nir  Reicheiiau  gehörige  Juris» 
dtction  und  vollstfindigen  Ersatz  seiner  ergangenen  Ausgaben 
zo  verschaffen;  aiieia  die  Unterthanen  der  fleichenau  seihst 
wollten  von  dieser  Ueberlassimg  der  Jurisdiction  nichts  wissen. 

Um  den  Hochmeister  dazu  zn  bewegen,  seine  Zustimmang 
zu  geben ,  bemerkt  er :  des  Kateers  Wille  sei ,  die  RetcheBan 
und  die  Landcomturei  soHen  ungdheilt  bei  einander  bleiben; 
doch  soll  der  Hochmeister  mit  dem  Cafttel  einen  (Comtur?) 
dorthin  zu  setzen  Vullmachl  haben,  sowie  den  Landcomtar  selbst 
zo  wählen,  damit  ihm  an  seiner  Obrigkeit  nichts  entgehe;  er^ 
der  Landcomtur,  halte  dafür,  es  sei  fflr  den  Hochmeister  und 
den  deutschen  Orden  ehrenvoll ,  einen  Pttrslen  des  Reioks  zu» 
Dnterihan  zu  haben ;  obwohl  das  SUft  jetzt  arm  sei,  so  könne 
es  doch  mit  der  Zeit  sich  wieder  heben;  der  deutsche  Orden 
habe  im  deutschen  Gebiete  kein  so  gutes  Besitzthum ,  welches 
so  viele  Freiheiten  und  Regalien  besitze,  als  diess  Stift,  da  der 
grössere  Thefl  der  Grafen  im  Lande  Schwaben  Lehen  von  dem^ 
selben  zu  empfangen  habe,  dazu  komme  ein  trefflicher  Adel  auf 
dessen  Gebiete,  zudem  habe  das  Stift  das  Httnzrecht,  Porste, 
ferner  geistKche  und  weltliche  Jurisdidion  und  Gerichtszwang 
und  fürstliche  Obrigkeit.  Kaiserliche  Majestät  sei  der  Ansicht, 
wenn  die  Vereinigntfg  zu  Stande  komme,  so  solle  er  in  Zukunft 
den  Titel  ftthren :  des  deutschen  Ordens  Oros$e&mCur  in  der 
^ekhentiu  und  Landcomtur  dm-  BaiM  im  Gehhrffe  und  an 
der  Müseh.  —  Er  stelle  nun  Alles  dem  Gutachten  des  Hoch- 
meisters anhefm  u.  s.  w. 

In  einer  Belage  iiemerkt  er,  falls  die  Reichenau  wirkii<di 
der  Baüei  einverleibt  werden  sdllte,  so  werden  sich  die  Kosten 
ziemlieh  hoch  belaufen,  so  dass  er  nicht  im  Stande  wftre,  selbe 
ans  seinem  Vermögen  zu  beseiten;  es  möchte  ihm  daher  der 
Hochmeh^ter  gestutteo,  2000  fl.  auf  die  Baltei  aufzundimen  und 


—    128    — 

zu  verzinsen,  um. damit  die  schreiendsten  Schulden  abzuzahlen. 
Dem  Jörg  von  EIsz^  Comtur  zu  Oalerrod,  habe  er  gemäss  sei^ 
nem  Auftrage  die  100  fl.  gegeben^  eben  so  auch  dem  Pro- 
eurator  100  fl. ,  obwohl  diess  seiner  Bailei  schwer  gefallen, 
da  He  jetzt  mit  schweren  grossen  Schuiden  beladen  seien. 
In  einer  spfttern  Zuschrift  des  Landcomturs  an  den  Hoch- 
meister, dat.  am  kais*  Hof  zu  Gmunda  1514,  erwähnt  selber: 
er  habe  bereits  mit  dem  kaiserlichen  Kammersecretär  wegen 
der  Reichenau  etliche  ArtikI  abgeredt  und  selbe  ihm  übersendet; 
nun  ab^  sei  des  Bischofs  von  Constanz  Gesandter  lange  dem 
Kaiser  nachgereist  und  habe  Hoffnung  geäussert,  kais.  Majestät 
werde  den  Bischof  zum  Besitz  der  Reichenau  zulassen,  wiewohl 
kals.  Majestät  mit  dem  Cardinal  St.  Angeli,  dem  Hofmeister, 
Kanzler  und  andern  Räthen  sich  desshalb  berathschlagt  und  sich 
endlich  entschieden,  die  Reichenau  dem  deutschen  Orden  und 
der  Bailei  an  der  Elsch  einzuverleiben  unter  den  unten  ange- 
fahrten Bedingungen;  preist  noch  einmal  die  Vortheile  dieser 
Erwerbung,  und  verspricht  alle  Kosten  der  Incorporation  zu 
Rom,  die  Abfindung  mit  dem  Bischof  von  Constanz  und  sonst 
selbst  zu  Bestreiten,  mit  der  Bitte  an  den  Hochmeister^  seine 
Zustimmung  zu  gewähren  und  zu  dem  Ende  seinen  Willebrief 
und  andere  nothwendige  Documente  zu  übersenden. 

Der  Entwurf  dieser  Bedingungen  aber  lautete:  1)  der 
Kaiser  soll  dem  deutschen  Orden  und  der  Bailei  an  der  Etsch 
das  Stift  Reichenau  mit  aller  geistlichen  und  welilichen  Obrig<- 
keit,  Privilegien,  Mannschaft,  Eigen,  Lehen,  Nutzen  u.  s.  w. 
auf  ewig  einzuverleiben ,  in  der  Gestalt  2}  da  kais.  Majesläl 
aus  wichtigen  Gründen  die  Lehen  und  Regalien,  welche  bisher 
ein  Abt  von  Reichenau  als  Fürst  des  röm.  Reichs  von  den 
röm.  Kaisem  empfangen,  auf  seinen  Enkel  Erzherzog  Carl  und 
dessen  Nachkommen  verliehen,  so  soll  der  Landcomtur  Heinrich 
von  Knöringen  und  dessen  Nachfolger  im  Amte  und  kein  An- 
derer von  Erzherzog  Carl  und  einem  jeweiligen  Landesherren 
von  Tirol  selbes  zu  Afterlehen  empfangen,  und  dafür  bei  jeder 
Belehnung  200  fl.  an  verschiedene  Aemter  der  Grafschaft  Tirol, 


—    129    — 

nenlieh  dem  Canzler  60  ft. ,  dem  Hofifieisl^  40  fl.,  dem 
Maischalk  30  fl. ,  der  Canzlei  40  II.  nnd  der  Cammer  30  fl. 
laiiren,  and  eioeH  jeden  Erzherzog  von  Oesterreich  aU  ibren 
Lehensherm  und  Castenvogt  anerkennen.  3>  Jeder  Landeomtur 
der  Bailei  an  der  Etsch  soll  den  Titel  führen :  «Von  Gotlea 
Gnaden  N.  Deotschordensmeister  in  der  Reichenau  und  Land« 
Comtor  an  der  Etsch*'  und  jeder  rOm.  Kaiser  und  König  ihnen 
altzett  obigen  Titel  mit  dem  Anfang  «unserm  und  des  Reiches 
Forsten^  gdien.  4)  Jeder  Landcomlur  an  der  EtscJi  soll  in 
Zukunft  in  Bezug  auf  Reichenau  dem  Hause  Oesterreich  unter« 
worfen  sein  und  ihm  damit  dienen;  dagegen  aber  5)  audh  jeder 
Erzherzog  jeglicben  Landeomtur  bei  dem  Stifte  Reiehenau  und 
aller  dessen  Obrigkeit  drc.  schützen.  6)  Reichenau  soll  In  Zu- 
kunft vom  Benedictiner^Orden  ganz  exemt  und  selber  am  Stifte 
kein  Recht  mehr  haben,  vielmehr  em  jeweiliger  Landeomtur 
dasselbe  mit  Deulschordens-  oder  auch  Weltpriestern  versorgen. 
7)  Der  jetzige  Landeomtur  soll  im  Bezirke  der  Reichenau  eine 
Befestigung  zum  Schutze  dei*  Au  auf  seine  Kosten  nach  Ratk 
nad  Hilfe  kais.  Majestfit  anlegen  uud  diese  einem  jeweiligen 
Gfufen  von  Tirol  offen  stehen.  8)  Die  Erzherzoge  von  Oester- 
reteh  dürfen  die  Castenvogtei  Über  Reichenau  nie  jemand  An* 
dem  flberlragen.  9)  Kais.  Majestät  soll  den  Bischof  von 
Conslanz  für  seine  Ansprüche  vollkommen  zufrieden  stellen  und 
der  Landeomtur  ihn  darin  mit  1000  fl.  oder  höchstens  1500  fl. 
aaterstfltzen,  und  auch  der  Stadt  Constanz  für  ihre  Auslagen 
200  fl.  zahlen;  endlich  10)  für  obige  Incorporatioo  soll  der 
Kaiser  vom  Papste  die  Bestätigung  erlangen.  (VoA.  Voigt, 
NoHzefMaU  a.  a.  O.  S.  4i2--4i9J 

Allein  alle  diese  schönen  Hoffaungen  des  Landcomturs 
Heinriclis  von  Knöringen  scheiterten,  wir  konnten  nicht  finden, 
an  welchen  Hindernissen;  er  blieb  einfache  Landeomtur,  und 
es  mochte  ihm  wohl  nur  geringen  Trost  dafür  bringen,  dass 
Kaiser  Maximilian  durch  Urkunde  dat.  Trient  am  16.  März 
1516  dem  Heinrich  von  Knöringen ,  Landeomtur  an  der  Etsch 
und  kaiseriicbem  Rathe  und  dessen  Nachfolgern  im  Amte  wegen 

9 


—    «30    - 

seiner  and  ieiner  Ordensbrflder  ihm  und  dem  Reiche  in  mnmig« 
facher  Weise  am  Hofe  und  sonst  erwiesenen  treuen  Dienste 
das  Reeht^  ihre  BiHefe  und  Mieeire  ron  nun  an  taU 
rothem  Wachse  %u  eigeln  und  aller  Rechte  und  Wfirden  au 
geniessen,  welche  sonst  mit  solchem  Rechte  verbunden  sind, 
verlieh.  O.  A. 

Streit  war  entstanden  xwischen  dem  edlen  Bartlme  ven 
KnOringen,  Deulschordens-Hauscomtnr  zu  Sehianders,  Hrn.  Victor 
von  Montani,  Pfleger  zu  Sehianders  und  der  Gemeinde  daselbst, 
wegen  einer  Rode  Wasser  im  Kestenwal  lu  Sehianders,  die 
dem  sogenannten  Grysinger  Anger  hint^  dem  deutschen  Hause 
zustehen  Sollte,  der  dem  Hrn.  von  Montani  angehörte ,  welche 
Rode  aber  weder  der  Comtur  noch  die  Gemeinde,  wie  ers  ver« 
langte,  zulassen  wollte.  Dartiber  ward  am  Freitag  vor  Hiseri- 
oordias  Domiai  1518  entschieden:  der  v.  Montani  soll  jeden 
Montag  von  3  Uhr  Morgens  bis  12  Uhr  Hittags  das  Wasser 
haben;  von  da  an  bis  auf  Nacht  das  deutsche  Haus  für  seinen 
Acker,  ausgenommen  wenn  die  Malier  auf  dem  Abend  das 
Wasser  zum  mahlen  brauchen;  an  den  übrigen  Tagen  ^hört 
es  der  Gemeinde  nach  der  Rodel.  Der  von  Montani  und  daa 
deutsche  Haus  bestreiten  die  Kosten  des  Wasserwales;  jeder 
zur  Hülfte  das,  ytbs  beide  Anger,  als  sie  zusammen  dem  deat- 
schen  Hause  gehörten,  gesteuert.    C^rk.  im  Ferdinandeum.') 

Am  Pfingsterchtag  1518  Urkunden  Sigmund  Beyrer  und 
Conrad  Moser  als  Anföngcr  folgender  Stiftung,  dass  sie  mil 
Zustimmung  des  ehrwOrdigen,  edlgestrengen  Hrn.  Hetnrichs  von 
Knöringeti,  Deutschordens-Landcomtor  der  Bailei  im  Gebirge 
und  an  der  Etsch  als  Oberfaerm  und  Verleihers  der  Pfarre 
Wangen  eine  ewige  Messe  daselbst  gestiftet ;  nemlicli  jeder 
dureh  einen  jeweiligen  Landcomtnr  dorthin  gesetzte  Pfarrer  soll 
einen  Caplan  halten;  dieser  soll  wöchentlich  eine  Freimesse 
haben,  die  ebiigen  Tage  aber  gehalten  sein,  die  Hesse  zu 
Wangen  zu  lesen;  an  jedem  Freitag  abwechselnd  zu  St.  Leon«^ 
hard  oder  zu  St.  Vigii  ein  Amt  smgen;  fflilt  ein  gebotener 
Feiertag  auf  diesen  Tag,  am  Tage  zuvor  oder  ^darnach.   Da  die 


—    131    — 

Gemeinde   Waogeo'  sich   eoUchlossen,    eine    Todtengruft    tu 
eriwoeii,  so  soU  der  Ciplan  wöchentlich  am  Montag  daselbat 
di  Ami  halten   für  alle  Stifter  und  Stifterionen;   kömmt  aber 
die  Gruft  nicht  so  Stande,  dafür  in  der  St.  Peterakirche ;  femer 
soll  selber  monatlich  abwechselnd  in  der  Kirche  Sl«  Vigil  oder 
Sl.  Johann  aof  dem  Stein  eine  Messe  lesen   und  diess  immer 
am  Sonntag   Torher    verkflndet   werden.      Jflhrtich   sollen    zu 
St.  Peter  3  Aemter  am  St.  Anna-,  St.  Andreas-  und  St.  Se- 
bastian-Tage von   ihm  gehalten  werden.  —  Unterllisst  es   ein 
Pfarrer,  diese  Aemter  oder  Messen  halten  zu  lassen ,  so  solien 
ihm  für  ein  Amt  8  kr. ,  für  jede  Hesse  6  kr.  abgezogen  wer« 
den.    Fahrt  ein  Caplan  sich  nngeziemend  aaf,  so  dass  Richter 
aad  Gemeinde  tber  ihn  klaghaft  sind,   so  soll  iha  der  Pfarrer 
cntfassen;    verspricht  er  aber  Besserung,  so  darf  er  ihn  noch 
aaf  Probe  behalten.    Für  die  Haltung  dieses  Caplans   soll  die 
Gemeinde   dem  Pfarrer  jeden  Qaatember  4  M.  2  Pf,  B.  6  kr. 
goter  Wfihrung  zu  reichen  gehalten  sein,  bis  sie  den  jährlichen 
Betrag  Ton  34  fl.  auf  gute  Güten  angelegt  dem  Pfarrer  übergibt; 
dazu  soll  der  Pfarrer  noch  3  Siaar  Land  Acker  semml  Garten, 
Stall  und  Stadel  beim  Widom  gelegen,  welche  bisher  dem  Beyrcr 
gehört,  als  Eifeathnm  besitzen  und  gemessen;  jedoch  wie  gesagt 
fOr  jedes  veraachlüftrigte  Amt  oder  Hesse  obiges  Geld  Ihm  ab- 
gelegen  md  erst  dann  ausbezahlt  werden,   wenn  er  das  Ver-- 
aiamte  nachh<dt.  —  Verlangt  Jemand  zu  Bestattaus,  Siebenden 
aad  Dreissigsten  und  Jahrtag  2  Aemter  oder  ein  Amt  und  eine 
Mefse,   so   darf  der  Pfarrer   den  Gaplan  dazu   brauchen   und 
damit  seine  Schuldigkeit   für  dieseif  Tag    abgethan   sein.   -^ 
Geln  die  Gemeinde  mit  Kreuz,  so  soll  der  Pfarrer  emen  Priester 
müichiekea  und  demselben  geben  für  den  Kreuzgang  nach  Jene^ 
lien,  wie  es  von  Alters  hergdiommen,  für  jeden  der  3  Kreuz- 
gftige  nach   Lengmoos ,   Uaterinn   und  Afing  6  kr. ,    für  den 
Ireazgang  aaeh  Damholz,   St.  Gertraud  im  Wald  oder  Kreuz- 
fiage,  wobei  man  über  Nacht  ausbleibt,  täglich  18  kr.,   nnd 
an  diesem  Tage,  wo  er  mit  dem  Kreuze  geht,  ist  er  die  Hesse 
sa  St.  Peter  zn  lesen  nicht  schuldig,   sondern  dort,  wohin  er 

9* 


—    132    — 

mit  dem  Kreaze  geht.  Es  soll  auch  der  Pfarrer  ao  atlea 
Samstagen  und  Vorabenden  der  Fest-  und  Zwölfboten-Tage 
Vesper  zu  singen  gehalten  sein.  —  Sollte  je  dem  Pfarrer  die 
Haltung  dieser  H^sen  um  diese  Gilt  zu  beschirerlicb  fallen, 
oder  die  Stiftung  es  nicht  mehr  ertragen,  so  soll  ihm  besagte 
Hesse,  Jedoch  mit  Wissen  und  Willen  eines  Landcomturs,  auf*- 
zugeben  Torbehalten  sein.  Sigelt  Hr.  Heinrich  von  Knöringen, 
Landcomtur  u.  a.  0.  A. 

1519  sass  dieser  Landcomtur  beim  grossen  Ausschuss  des 
tirolischen  Landtags  unter  den  Abgeordneten  der  RitterschafI 
und  des  Adels.  —  Dieser  Heinrich  von  KnOringen  war  auch 
der  eiste  unter  den  drei  Herren  Ton  Adel,  welche  nach  Kaiser 
Maximilians  Tode  im  Jahre  1519  vom  Landtage  als  Abgeord- 
nete an  Wilhelm,  Ludwig  und  Ernst,  Pfalzgrafeo  am  Rheia 
und  Herzoge  in  Baiern  gesandt  wurden  mit  der  Vorstellung: 
dass  Ihre  forstlich  Gnaden  als  nächstgesippte  Freunde  mil  ihren 
Fflrstenthttnern ,  Landen  und  Leuten  auf  kais.  Hajestfil  ver^ 
lassne  Erblande  getreues,  fleissiges  Aufsehen  haben,  und  der« 
massen  bestellen  wollen,  dass  wenn  diese  Lande  angegrilTeD, 
mit  Krieg  überzogen  würden,  fürstlich  Gnaden  dafür  sein  und 
helfen  wollen.  —  Diesen  Auftrag  haben  sie  mit  besonderm  Fleiss 
glücklich  zu  Ende  geführt.  CBrandisy  Oeseh.  d.  handethaupl-^ 
leute,  S.  628.J  —  Bei  dem  wichtigen  Landtage  zu  Inns- 
bruck 1520  befand  sich  wieder  unter  den  Abgesandten  des 
Adels  der  Landcomtur  Heinrich  von  Knöringen ;  er  wurde  auch 
daselbst  in  den  engern  Ausschuss  der  6  Adeligen  gewühlt, 
welche  nebst  den  Ausschüssen  der  3  andern  Stünde  verordnet 
wurden,  was  man  auf  dem  Landtage  von  gemeiner  Landsdhafl 
wegen  zu  vollziehen  beschlossen,  auszuführen;  auch  der  Re- 
gierung in  Fallen,  welche  ihr  zu  schwer  fallen,  Beistand  su 
leisten.    QBrundiSy  Oeseh.  d.  LandeshaupU.  S.  696 J) 

Im  Jahre  1522  erwirkte  er  auf  sein  Ansuchen  von  dem 
Hochmeister  des  deutschen  Ordens  in  Preusen  die  Bestätigung 
der  Privilegien  der  Bailei  an  der  Etsch  und  im  Gebirge,  welche 
schon  dessen  Vorfahren  im  Hochmeisterthume  dieser  Bailei  ertheilt. 


—    133    — 

besonders  jene,  welche  sieh  auf  ihre  Abhängigkeit  besagen, 
dass  nemlieh  selbe,  so  wie  Torher,  auch  jetzt  und  immer  nur 
dem  Hochmeister  und  dessen  forstlicher  Kammer  unterstehen, 
zum  prensischen  Gebiete  gehören  und  ihre  Beiträge  dahin  ent- 
richten solle.  —  Selbe  ist  gegeben  Tom  Hochmeister  Albrecht, 
Markgraf  zu  Brandenburg  drc.  zu  Nürnberg  am  Donnerstag  nach 
Hartini  1522.  —  Auch  erwirkte  er  im  Jahre  1524  Air  den 
Denfschordens-Ritter  BartIme  von  Knöringen  die  schriftliche 
hochmeisterliche  Versicherung,  dat.  14.  August  1524,  dass 
dieser  Ritter  dereinst  sein  Nachfolger  in  der  Würde  eines 
Landcomturs  an  der  Etsch  sein  sollte.  0.  A. 

Als  Erzjietzog  Ferdinand  im  Jahre  1523  als  Gubernator 
von  Tirol  ins  Land  kam,  ernannte  er  den  gescfhilftsgewandten 
Landcomtur  zu  seinem  Rath,  und  durch  Urkunde,  dat.  Innsbruck 
am  22,  Februar  1524,  bestätigt  Ferdinand,  Infant  von  Spanien, 
Erzherzog  von  Oesterreich  ftc. ,  Gubernator  von  Tirol,  auf 
Bitte  Heinrichs  von  Knöringen,  Landcomturs  der  Bailei  an  der 
Etsch,  seines  Rathes,  dem  deutschen  Orden  alk  demselben 
durch  die  firflhem  LandesfOrsten  verliehenen  Privilegien.  Unter- 
zeichnet Rudolph,  Graf  von  Sulz,  Stalthalter,  und  N.  von  Sam* 
thein.  0.  A. 

Im  folgenden  Jahre  wurde  dieser  Landcomtur  mit  der 
Gemeinde  Gargazon  in  einen  Streit  verwickelt;  diese  von  der 
Dentschordens-Pfarre  Lana  abhffngige,  damals  noch  ohne  eigene 
Seelsorge  bestehende  Gemeinde,  erhob  Klagen  wegen  etlicher 
in  der  Gemeindekirche  von  Lana  aus  zu  besorgenden  Höss^n 
und  überhaupt  wegen  pfarrlichen  Rechten,  und  wie  es  scheint 
nicht  ohne  Grund  gegen  die  Nacblässigkeit  des  Deutschordens- 
Pfarrers  In  Lana.  Endlich  brachte  selbe  ihre  Klage  selbst  an 
die  Regierung  zu  Innsbruck  mit  der  Bitte,  hierin  Vorsorge  zu 
treffen ;  diese  entschied :  in  Zukunft  soll  jeder  Landcomtur  zu 
Bozen  durch  den  Pfarrer  in  Lana  wöchentlich  zwei  ^Hessen, 
eine  am  Sonntage,  die  andere  an  einem  ihm  gelegenen  Wochen- 
tage zu  Gargfizon  halten  lassen,  und  letzterer  die  Kranken 
daselbst  mit  dem  hl*  Sakramente  und  sonst  versehen  auf  seine 


—     134    — 

eigene  Zehryng;  aueh  soll  ihnen  der  Priester,  der  ihnen  %m 
SonnUge  Hesse  liest,  das  .Evangelium  in  deutseher  Sprache 
verkänden;  könnte  der  Priester  am  Sonntage  aas  wichtigen 
Ursachen,  z.  B.  wegen  Anschwellen  der  Etseh,  nichl  nach 
Gargazon  kommen,  so  soll  er  während  der  Woche  die  Hesse 
nachholen.  -^  Die  Gargazoner  sollen  jedoch  alle  Jahre  an  den 
vier  hohen  Festtagen:  Weihnachten,  Ostern,  Pfingsten  nnd 
Haria  Himmelfahrt  nach  Lena  in  ihre  Hutterkirche  gehen  nnd 
dort  dem  Gottesdienste  beiwohnen.  —  Stürbe  z«  Gargazon  eine 
oder  mehrere  Personen,  so  steht  es  den  Gargazonern  frei,  ihre 
Verstorbenen  zur  Begrttbniss  nach  Lana  zn  bringen  und  dort 
dem  Pfarrer  seine  altherkömmlichen  pfarrlichen  Rechte  zu  leisten ; 
wollten  sie  aber  selbe  zu  Gargazon  selbst  begraben  und  Ter«- 
iangten  dazu  einen  oder  mehrere  Priester  von  Lana,  so  sollen 
sie  demselben  nach  alter  Gewohnheit  dafür  Kost  und  Lohn  gebea. 
•—  Und  für  obige  pfarrliche  Leistungen  sollen  die  Gargazoner 
dem  Pfarr^  von  Lana  nach  altem  Herkommen  jthrlich  den  Zehen! 
von  Wein  und  Getreide  geben.   0.  A. 

In. diesem  Jahre  i525  —  traurigen  Andenkens!  —  trafen 
aueh  die  Ballei  an  der  Etsch  herbe  Scbtäge.  Der  von  Luther 
und  andern  Gleichgesinnten  in  Deutschland  ausgestreute  böne 
Saame  trug  auch  in  Tirol  seine  Frttchte,  da  sich  in  selbes 
Inlherische  «ind  wiedertfiuferische  Grundsätze  ebenfialts  ein* 
sddichen  und  besonders  unter  den  Bauern  wie  anderwflrts  durch 
die  missverstandene  evangelische  Freiheit  eine  grosse  Anfregwig 
hervorriefen  und  zu  den  traurigsten  Excessen  ffihrten.  —  Die 
Seele  des  Ganzen  in  Tirol  war  der  verschmitzte  Michael  Gfrfss- 
mair,  fttrstbischöflicher  Zollner  zu  Clausen ,  wie  zum  Demagog 
geboren;  m  seiner  Instructton,  die  er  seinen  Anhängern  gal^ 
fand  sich  unter  andern  die  Stelle:  „die  Klöster  und  DeuiMeh- 
Ordenghäfiser  sollen  in  Spüftler  umgewandelt  werden.''  Auch 
zn  Bozen  und  in  der  Umgegend  zilhite  er  leider  zahlreiche  An* 
hftnger,  damnt^  Hans  Campiller,  Jörg  Erlacher  und  Leonhard 
Jöchel  als  Häupter.  —  Am  11.  Hai  1525  kam  das  lange  durch 
GaissnMfar  unter  der  Asche  genährte  Teuer   tmn   WOtbendea 


-    135    — 

Aosfamche;  lu  Bruen,  als  dem  HftMpIsiUe  des  Uebels,  begann 
ein  fnrcblbares  Baiiben  und  Ausplttndern  der  Getsilichkeü.  Von 
Brixen  pflanzle  sich  dtsaelbe  unverweilt  gen  Bozen  fort;  am 
Saaistag  Tdr  Canlate,  als  am  i3.  Hai  1525  In  der  Prflhe,  sogen 
4iit  rebeUischea  Bauern  der  Umgegend  unier  Anführung  obgfv- 
imnter  drei  Haoptrfidelsnihrer  von  Rentoch  nach  Boaen,  berielhen 
dort  in  einem  Wirtbshause  ganz  offen  ihre  PIftne,  und  pifln- 
derten  dann  zuerst  die  üüüset  dreier  Juden ,  der  zwei  Brflder 
Simon  und  Marx  und  Salomons  von  Prag;  der  Schade  an 
geraobtem  Gute  betrug  nach  Schfitsung  2800  fl.  Der  Stadtrath 
von  Boten  sass  uaterdessen  rath-  und  (hailos  zur  Berathung 
bcisamnen.  —  Unterdessen  wurden  die  Bewohner  des  deutschen 
Haosea  durch  gute  Freunde  mehrfach  gewarnt,  dass  es  der 
Bauern  offep  ausgesprochene  Absicht  würe,  nach  vollendeter 
Pianderung  der  Juden  auf  das  deutsche  Haus  loszortlcken ;  zum 
Unglttcie  war  in  der  Frühe  dieses  verhUngnissvollen  Tages 
Hr.  Engelhard  von  Ruest,  Comende-Verwalter,  nach  Terlan 
zur  Bezahiung  der  Knappen  abgereist,  nnd  die  Andern  schienen 
auf  jene  ungeheuerliche  Nachricht  den  Kopf  verloren  m  haben. 
Eni  gegen  Hitlagszelt  durch  wiederholte  Warnungen  bewogen 
verslanden  sie  sich  dazu,  begleitet  von  zweien  der  Warner  die 
Silberkammer  zu  erbrechen  und  in  sechs  Säcken  SHber-  und 
Kircheazeng  in  ein  unweit  davon  gelegenes  Haus  in  Eile  zu 
f ftchten.  —  Miftlerweile  war  die  Plünderung  der  Juden  vollen* 
del;  da  rief  Hans  Campiller:  ^»Wohlan  Ihr  Herren,  da  ist 
nichts  mehr;  dem  dentshen  Hause  zu!'^  was  auch  die  Rotte 
befolgte;  Mathes  im  Baumgart  auf  einem  den  Juden  geraubten 
Pferde  voran,  die  andern  ihm  nach  Beim  deutschen  Hanse  an^ 
gekommen  rief  er ;  ^Mir  nach ,  da  wollen  wir  den  rechten  Affen 
Anden,«  —  und  stürmte  mit  diesen  Worten  ins  Haus.  Nun 
gings  ans  Plündern;  Silberzeug,  Kirchengerftth,  Hauselnrichtang, 
fietreid,  Yictualien,  Wein,  kurz  alles  was  nur  tragbar  war  und 
ihnen  in  die  Uftnde  kam,  wurde  verschleppt,-  darunter  viele  brief- 
liche Gerechtigkeiten,  Urkunden,  Kaufbriefe,  Reverse,  Zinsregister, 
ake  Urbarfen,  «-  anf  welch  letztere  es  besonders  abgesehen  war, 


-    136    — 

—  sowie  alte  Privilegien ;  viele  davon  wurden  nnler  Hohn  zuerst 
zerrissen  und  dann  verbrannt.  Dem  Kufflllig  anwesenden  Pfarrer 
von  Samtein  wurde  zweimal  sein  Kleid  abgezogen,  ans  der 
neuen  Orgel  wurden  die  Pfeifen  herausgeworfen,  das  Uebrige 
zerschlagen ;  der  Wein,  den  man  in-  wilder  Saufhist  nicht  ver* 
zehren  konnte,  im  Keller  aus  den  Fflssem  gelassen.  Als  mm 
nichts  mehr  zu  plündern  fand,  ging  man  an's  Zerstören;  Thüren« 
Fenster,  Oefen  -—  «lies  wurde  zertrflmmert ,-  selbst  die  theils 
aus  Holz,  theils  aus  Stein  kunstreich  gearbeiteten  and  theiU 
weise  vergoldeten  Wappenschilde  früherer  Landoomture  wurden 
zerstört,  sogar  die  zwei  Glöckchen  wurden  aus  dem  Kirchen- 
tfaurme  herabgelassen  und  verkauft.  —  I>a  die  rebellischen 
Bauern  später  auch  den  Versteck  des  geflüchteten  Silberzenges 
erspähten,  so  wurde  auch  dieses  noch  grösstentheils  in  derselbe ii 
Nacht  geraubt. 

Ungeheuer  war  der  Schaden  der  Comende;  bloss  der 
Werth  des  geraubten  Silbergeschirres,  —  worunter  Manches, 
das  der  Landcomtor  erst  vor  wenigen  Tagen  Sicherbeits  halber 
aus  der  Comende  Sterzing  hieher  geflüchtet,  —  betrug  2262  B. 
35  kr.;  des  Kirchenzeugs  939  fl;;  des  Getreides,  Weines, 
der  Victualien,  Hauseinrichtung  und  Kleider  1540  04;  endlich 
der  Schaden  durch  Zerstörung  an  und-  im  Gebäude  900  fl.; 
der  Gesammtschade,  ungerechnet  des  Silberzeugs,  welches  nach 
und  nach  dem  Stadtrathe  zurückzubringen  gelang,  stieg  auf 
6864  fl.  —  Rechnet  man  nun,  dass  man,  nach  unserm  Geld^ 
werthe  zu  rechnen,  das  vier-  oder  fünfftiche  der  obigen  Summe 
annehmen  darf,  so  lässt  sich  daraus  der  Schaden,  den  damals 
die  Landcomende  erlitten,  unschwer  ermessen. 

Doch  damit  war  das  Haas  des  Unglücks  nicht  voll;  deim 
gleichzeitig  wurde  auch  das  Deutschordens-Pfarrhaus  zu  Lan« 
von  aufrührerischen  Rotten  angefallen.  Der  Deutscbordens- 
Pfarrer  daselbst,  Oswald  Hartmann,  beklagte  sich,  dass  ihm 
durch  aufrührerische  Bürger  Ton  Meran  ein  Pferd,  sein  Silber- 
geschirr und  seine  Kleider  geraubt  worden.  Die  im  Thaie 
Fleüns  bekannten  selbst  vor  dem  Stadtrathe  von  Bozen:  sie 


—    137    — 

htiteii  des  Pfarrers  und  der  deolschen  Herren  Güter  für  die 
Gemeinde  in  Beschlag  genommen ;  insbesondere  aber  wurde  das 
deatscbe  Haus  zu  Lmigmoos  schwer  heimgesncht,  indem  es  von 
den  Bauern  der  dortigen  Gegend  geplündert  wurde ;  sie  raubten 
auch  da  wieder  tiele  Urkunden  und  Zinsregister  und  richteten 
auch  an  und  ausser  der  Comende  vielen  Sehaden  an.  Daher 
denn  auch  die  vom  Erzherzoge  Ferdinand  abgeordneten  Kriegs« 
rSthe  und  Commissäre  das  ganze  Gericht  Ritten  zum  Schaden^ 
ersatze  venirtheilten,  in  Folge  dessen  am  22.  Mai  1526  Leon- 
hard  Salrainer  als  bevoUmflchtigter  Procurator  im  Namen  des 
Gerichts  Ritten  dem  Landcomtur  Heinrich  von  Knöringen  inner- 
halb 5  Jahren  ii7b  fi.  ais  Schadenersatz  zu  zahlen  versprach 
unter  Verpfändung  seiner  und  seiner  Mitbürger  liegenden  und 
fahrenden  Habe«  Daran  hängt  sein  Siegel  der  erzherzogliche 
Commissär  Benedict  Hamminger,  Bürger  an  Heran.   0.  A» 

Nicht  so  schnell  ging  es  übrigens  mit  dem  Schadenersatz 
fir  die  Comende  Weggenstein;  der  Landcomtur  mosste  auf 
Betrieb  des  Prozesses ,  der  sich  bis  ins  Jahr  1529  hinzog,  an 
900  fl.  verausgaben.  Am  Samstag  vor  Georgi  1526  verhörte 
Jacob  Fuchs  von  Fuchsberg,  Ritter  und  königlicher  Pfleger  zu 
Aitenbarg  als  von  der  Regierung  verordneter  Commissär  die 
vom  Laadeomtor  vorgeforderten  Zeugen.  Erst  am  2.  März  1529 
erkannten  Wilhelm  von  Liechtenstain,  Pfleger  zn  Cartatsch,  als 
königlicher  Commissär  und  dessen  Beisitzer:  Heinrich  Khuen 
von  Auer,  Mathäas  Thalhacker,  Bürger  des  Ratbs  an  Meran, 
Gebhart  Oberroair  zu  Girian,  Peter  Huest,  Richter  zu  Caltern, 
Lorenz  von  Zill  zu  Caltem  und  Leonhard  Hausmann  zu  Cur- 
tmlg  za,  Recht,  dass  dem  Landcomtur  Heinrich  von  Knöringen, 
taadeaforstlichem  Rath,  die  Thäter  als  Schadenersatz  4929  fl.  rh. 
inaeriialb  dreimal  vlcirzehn  Tagen  vom  Datum  dieses  Urtheils 
zahlen  sollten;  jedoch  mit  Abschlag  des  Werthes  dessen, 
vras  Ihm  etwa  von  den  geraubten  Sachen  noch  zurückgestellt 
werden  würde.  —  Im  Nichtzahlungsfalle  soll  dem  Landcomtur 
die  Regende  und  fahrende  Habe  der  Thäter  durch  die  Obrig- 
keit ra  Gwall  nad  Gewer  gegeben  werden.    -^    Am  Freitag 


—    138    — 

nach  Jacobi  i529  wurden  vom  Commissfire  Wilhelm  von  Liedw 
tenstem  dem  Landcomtur  viele  geraubte  Sachen,  welche  theäa 
bei  den  Franciscasem,  theiis  beim  Kirchpropste  Peter  Huepherr, 
theüs  bei  Jacob  Huepherr,  Landrichter  zu  Bozen,  in  der  Stille 
abgegeben  wurden,  im  Werthe  von  1276  fl.  48  kr.  surflck- 
gegeben;  somit  blieb  noch  eine  Bntschttdigungn-Surome  von 
3652  II.  12  kr.  zu  erstatten.  C^as  Oan%e  aus  dem  O.  A, 
und  dem  Archive  der  Stadt  Bo%en.') 

Uebrigens  geht  aus  den  auf  diese  Plflnderung  bezüglicheB 
Acten  noch  die  interessante  Nachricht  hervor,  dass  dieDeutscb- 
ordens^Comende  Weggenstein  damals  das  Bergwerk  zu  Terlan 
betrieb,  da  unter  den  aus  der  Comende  geraubten  Gegenstflnden 
auch  mehrere  Centner  zu  Bergwerks- Werkzeugen  fOr  Teriaa 
gearbeitetes  Eisen,  als  Stufeisen,  WistschUlgel,  Kratzen,  Keii- 
hauen  u.  dgl.  sich  befanden,  und  gerade  in  der  Frühe  jenes 
Unglöckstages  der  Cometide-Verwalter  zur  Bezahlung  der  Berg«- 
knappen  verreist  war.  —  So  Iflsst  es  sich  denn  erkifiren,  wani», 
wie  der  Sammler  von  Tirol,  L  B.  8.  132  berichtet,  der  deuteche 
Orden  im  16.  Jahrhunderte  zu  Lana  am  Griess  ein  eigenes 
Hattw^k  hatte,  da  er  vermuthllch  dort  die  zu  Terlan  gewon- 
jienen  Erze  (Blei  und  Silber)  aufschmelzen  liess. 

Aus  Jener  Flönderungszelt  schrieben  sich  anch  zwei  ttber 
mehr  als  zwei  Jahrhunderte,  dauernde  Gewohnheiten  für  die 
Comende  Weggenstein  her ;   da  nemlich   bei  Gelegenheit  jeaer 

PlttnderuBg  sich  ein  Metzger  Namens  J(h*g mit  seioen 

Cameraden  um  die  Comende  dadurch  verdient  gemacht,  dass 
er,  wahrscheinlich  vom  Stadtrathe  dazu  ermächtigt,  besondere 
thiftig  wat,  das  dem  deutschen  Hause  geraubte  Silberzeug, 
Kleinodien  und  Anderes  aus  den  Händen  der  Räuber  zu  retten, 
was  ihm  auch  theilweise  gelang,  so  zeigte  sieh  die  Comeade 
den  Metzgern  dadurch  dankbar,  dass  sie  ihnen  erlaubte,  jihriieh 
am  Aschermittwoche  Nachmittegs  in  feierlichem  Zuge  in  die 
Comende  ziehen  zu  dürfen ,  wo  sie  mehrere  Stunden  hindnreh 
reichlnh  mit  Brod,  Klise  und  Wein  bewirthet  wurden  und  auch 
ein  paar  Tänze  daselbsl  machen  durften  ^  wfthrend  ihte  Meister 


—     139    — 

gkiehxetlig  im  hrndesArrstUclieti  Amlliaase  mil  Hfiriogeo,  Brod 
und  Wem  tnictirt  wurden.  Dieter  Gebnueh  hörte  erst  in  neuester 
Zdt  aof.  —  Da  sich  bei  der  nemliehen  Gelegenheit  auch  die 
Wtrthe,  besonden  einer  Namens  Andre  Schöberle,  dadurch  den 
Dank  der  Comende  erworben,  dass  er  in  die  dornende  eHte 
and  die  Bewohner  von  dem  Vorhaben  der  Banem  unterrichtete, 
nd  sehr  thitig  bei  Flöehtung  des  Silberzeuges  war,  sowie 
auch  der  Stadtrath  mit  Einbringung  des  der  Oomende  geraubten 
Gutes  sieh  thätig  erwiesen,  so  gab  der  Landcomtur  Heinrich 
von  Knörlngen  ihnen  zur  Belohnung  das  Recht,  dass  nach  jeder 
feierlichen  Marktberufung  tu  Bozen,  was  viermal  des  Jahres 
stattfand ,  ein  jeweiliger  sich  dabei  einBndender  Bargermeister 
samait  etlichen  Rathsherren,  der  Landrichter,  Stadtsehrelber 
und  dercm  fünf  Begleiter,  auch  alle  selbe  im  feierlichen  Zuge 
dureh  die  Stadt  tu  Pferd  begleitenden  Wirthe  sich  in  die 
Comende  begeben  durften,  woselbst  sie  vom  Landcomtur  oder 
dessen  Stellverlreler  feierlich  empfangen,  die  Herren  mit  Brod, 
Wein  und  Confect,  deren  Begleiter  sammt  den  Wirthen  aber 
mil  Wein,  Brod  und  KSse  bewirthet  wurden«  Diese  Gewohn«- 
heit  dauerte,  bis  die  feierliche  Harkiberufung  selbst  unter  der 
Kaiserin  Maria  Theresia  im  Jahre  1779  aufgehoben  wurde. 
CSß^öFs  CkronikJ 

Da  er  Krtfnklicbketts  halber  im  Jahre  1529  niehl  selbst 
tan  Chross^Capttel  nach  Frankfurt  sich  verfügen  konnte,  Hess 
mA  Heinrich  von  KnOringen  durch  seinen  Abgeordneten,  Georg 
von  Spnar,  Comtur  zu  Lengmoos,  vertreten,  laut  Capitelschlusses 
in  St.  Egidi*Tage  1539.  O.  A.  Hingegen  wohnte  er  am 
26.  JuU  1530  als  Landcomtur  der  Bailei  an  der  Etsch  eu  Augs^ 
bürg  der  Belefammg  des  Administrators  des  Hocbmeisteribums  von 
Preusen,  Walthers  von  Crenberg  bef.  fDr.  Caspar«  Venator 
B^neht  MM  d.  RUierorden^  S.  944^24T.y  —  Auf  Klage 
eben  dieses  Walthers  von  Cronberg,  Administrators  des  Roch'- 
UKisler-Amts  in  Preusen  und  Deutscbordensmeisters  in  deutschen 
und  wüschen  Landen  und  Reiohsftirsten ;  dass  der  Orden  in 
nemen  mwüxägtMgen  Privilegien  beeintHiehtIget  werde,  bestätiget 


—    140    — 

Kaiser  Carl  V.  zu  Augsbnrg  am  17.  Juli  1530  diese  Privilegien 
aufs  Neue  und  gebietet  allen  Obrigkeiten,  sie  im  Genosse  der- 
selben zu  schützen«  0*  A« 

Am  Osterdienstag  1531  verleiht  der  Landcomtur  Heinrich 
von  KoiVringen  mit  Zustimmung  Jörgen  von  Spaur,  Comturs 
SU  Lengmoos,  dem  Leonhard  Waitzinger,  Schmid,  die  Baurecht 
des  Rottingerhofs  daselbst  in  Dftssach  in  der  St.  Peters  Hulgrei 
auf  dem  Ritten  gegen  Jährlichen  Zins  von  10  St.  Koggen,  einer 
Fastnachtshenne,  zv^eier  Schweinschultem,  eines  Kitzes,  30  Eier 
und  zweier  Sommerhflhner.  0.  A.  —  Im  nemlichen  Jahre  1531 
hielt  derselbe  Heinrich  von  Kuttringen  als  Landcomtur  bei  dem 
Erzherzoge  Ferdinand  an,  es  mochten  durch  landesfttrstliche 
Commissüre  die  Zehenten  und  Zinse  des  deutschen  Ordens  in 
Tirol  gerichtlich  erhoben  werden  (wahrscheinlich  In  Folge  der 
Vernichtung  der  Urbarbacher  und  Zinsregister  so  mancher 
Comende  durch  die  rebellischen  Bauern  im  Jahre  1525,  uiidl 
der  Weigerung  so  Mancher,  die  frühem  Giebigfceiten  zu  reichen.) 
Demzufolge  nahmen  gemäss  Decr^  des  Königs  Ferdinand  Sig- 
mund Freiherr  von  Brandis,  hais.  Rath,  Pfleger  zu  Sigmunds* 
cron  und  Amtmann  zu  Bozen  mit  Augustin  Heyerling,  Pfleger 
zum  Siein  auf  dem  Ritten  als  landesfürstliche  Commissäre  diese 
Aufnahme  vor.  0,  A.  —  Am  12.  December  1531  richtet  der-» 
selbe  Landcomtur  an  die  Regierung  ein  Schreiben  des  Inhalts : 
Walther  von  Gronberg,  Administrator  des  Hochmeisterthunaa, 
habe  ihm  einen  Befehl  zugesandt  zur  Handhabung  der  Ordens* 
Freiheiten  und  Privilegien  mit  der  Weisung,  selbe  an  etlichen 
Orten  öiTentiich  anzuschlagen  j  das  wolle  er  ohne  ihr  Vor* 
wissen  nicht  thun,  sie  möchte  ihm  daher  solches  erlauben,  da 
er  mit  einer  ehrsamen  Landschaft  in  Steuern  und  and^n  Dingen 
wie  bisher  Mitleiden  tragen  wolle*  C^taUh.-ÄrelUüJ 

Im  Jahre  1532  richtet  Heinrich  von  Knöringen,  Land- 
Cemtnr  und  landesfflrstlicher  Rath,  an  die  Regierung  eine  Bitt- 
schrift, da  er  von  den  zum  Schadenersatz  verurtheilten  Bauern 
von  Rentsch,  wovon  eine  bestimmte  Summe  zu  bezahlen  Rath 
und  Gemeinde  von  Bösen  und  Griess  Obemommen,  nodi  nicht 


—    141    - 

bezriilt  Bod  er  jetst  in  GeldaiifliegeBheit  sei,  besonders  well  er 
ZOT  Fertigung  des  tirolischen  Kriegsvdkes  gegen  die  Tttrken 
300  fl.  herleihen  soll  nnd  zogleieh  einen  grossen  Bau  benb- 
siehlige,  so  nDchte  selbe  zur  endlichen  Bezahlung  den  Befehl 
eriassen;  weiefaer  auch  wirUich  durch  Eriass  vom  16.  JuK 
1532  an  Bürgenneisler  und  Rath  des  Stadt-  and  Landgerichts 
Griess  and  Bozen  gegeben  wurde.  CStadt^AreMo  %u  Borne»  J 
~  Am  27.  November  1532  bestätiget  Kdnig  Ferdinand  auf 
Bitte  Heinrichs  von  Kodringen,  Landeomtars  der  Bidlei  an  der 
Btseh,  seines  Rathes,  der  Bailei  alte  ihre  Rechte,  Gnaden,  Frei- 
helfen  nnd  gute  Gewohnheiten,  welche  ihr  von  seinen  Vorfahren^ 
FUrsten  von  Oesterreich  und  Grafen  zu  Tirol  verliehen  worden, 
sammt  allen  Puneten,  Artikeln  und  Begreifang,  C^latikalterep^ 
Arekw^) 

Nach  SOjfthriger  Verwaltung  der  Bailei  starb  Heinrich  von 
Knöringen  Anfangs. des  Jahres  1534,  nnd  mit  seinem  Tode 
begann  die  Regierung  mehr  in  das  Temporale  der  Bailei  sich 
ehaum  lachen ,  wovon  wir  in  frühem  Zeiten  keine  nrkuBdliche 
Spur  haben ;  denn  gleich  nach  des  Landcomturs  Ableben  wurde 
dessen  Verlassenschaft  im  deutschen  Hause  zu  Bozen  von  landes- 
fUrstlichen  Commissüren  versecretirt.  (ßtatlhalterei^ArehiifJ} 
—  Hingegen  sandte  der  nunmehrige  Hoch-  und  Deutschmeister  , 
Walther  von  Kronbucg  durch  Eriass,  dat.  Hergentheim  am  MarÜ 
Verkaadigangstage  1534,  den  Eberhard  von  Ehingen,  Comtur 
zu  Hdlbronn,  um  die  Bailei  an  der  Etsch  zu  visitiren  nnd 
doen  Zustand  zu  erfahren  und  beststigte  ad  Interim  den  Bruder 
Bartlmft  von  Knöringen ,  der  schon  im  Jahre  1524  vom  Hoch- 
meister Albrecht  von  Brandenburg  die  Anwartschaft  auf  die 
Suceessibn  erhalten,  als  Landcomtur  der  Ballei.  —  Der  Visitator 
«stattete  dem  Hoch-  und  Deutschmeister .  einen  sehr  gttnstigen 
Berieht  Über  den  Stand  der  Sachen  und  der  Verwaltung  der 
Ballei;  nur  hattie  Georg  von  Speir,  Comtur  zu  Lengmoos,  zu 
berichten:  er  wollte  gerne  so  viel  am  Gottesdienste  in  dem 
Ordenshause  zu  Lengrooos,  wie  von  Alters  hergekommen,  halten, 
er  w^de  aber  bei  diesen  Lflufen  wegen  Mangel  an  Priestern, 


—    f42f    — 

die  er  unmtiglidi  bekommen  kOnne,  ettichermassen  dtraa  Verw' 
hindert;  er  thue,  was  möglich  sei}  er  glaube,  so  viel  ihm 
bewosst  sei,  es  sei  aoch  in  andern  Hiusem  der  Bailei  eben  so. 
QStctttlu^AreMe.^  —  Hierauf  erhielt  der  neue  Landcomtur  den 
Auftrag,  sich  um  einen  landesfürsllichen  Scfairmbrtef  sn  bewo*-« 
ben.  In  Folge  dessen  stdlt  Bartlmfi  Ton  Knöringen  an  die 
Regierung  zu  Innsbruck  das  Ansinnen:  da  ihn  der  Administrator 
des  Hoehmeisteramts  zum  Landcomtur  ernannt  und  königliche 
Hajestat  ihn  in  den  Possess  elnkonunen  lassen  woile,  so  erlbr- 
dere  die  Noth wendigkeit,  einen  General- Befehl  königl.  Hajeslil 
•an  alle  Zins-  und  Zehentleute  des  Ordens  zu  erlassen,  dass  sic$ 
ihm  wie  seinen  Vorfahren  leisten,  was  sie  zu  geben  sdmldig^ 
sind,  sowie  auch  an  alle  Pfleger  und  Richter,  selbe  zu  ihrer 
Schuldigkeit  zu  verhalten.  Er  bittet  zugleich  ihm  die  Verlassen- 
scbafldes  verstorbenen  Landcomturs  zu  Oberantworten,  wogegen 
er  einen  Revers  ausstellen  werde.  CSCatth,-- Archiv.)  Diesen 
Revers  forderte  selbe  auch  vor  Erfflllung  seiner  Bitte;  dieser 
erste  und  urkundlich  bekannte,  am  14.  Juli  1534  zu  Innsbrnck 
ausgestellte  Revers  lautet  im  Wesentlichen  also:  „Ich  BartIme 
von  Knöringen,  Landcomtur  der  Balte!  an  der  Etsch,  ver- 
spreche hiemit  königl.  Majestät  Ferdinand,  Erzherzog  von 
Oesterreich  ^c.  hinAiran  als  ein  Landm'ann  und  Untersass  der 
Grafschaft  Tirol  königl.  Majestät  und  deren  Erben,  tirolisehen 
Landesfürsten  getreu,  gehorsam,  dienstlich  und  gewflrtig  zu  saa 
und  Alles  zu  thun,  was  ein  getreuer  Land  mann  und  UnteFsass 
zu  thun  schuldig  und  seine  Vorfahren,  die  Landcomture  zu  Ann 
schuldig  gewesen  und  gelhan.  Aach  verspricht  er,  des  Orjdeiis 
Güter  und  Einkommen  ohne  des  tirolischen  Landesfttrsten  oder 
dessen  Statthalter  und  Regenten  der  oberösterr.  Lande  Wissen 
mid  Willen  nicht  zu  verändern  oder  aus  dem  Lande' zu  geben^ 
u.  s.  w.  (^Statth.^Ar€Mr.J  —  Nun  erst  wurde  ihm  die  ver- 
secretirte  Verlassenschaft  des  verstorbenen  Landcomturs  eröffnet 
lind  der  landesftlrstliche  Schfrmbrief  am  18.  Juli  1534  aus- 
gestellt: Ferdinand,  röm.  Kdnig  4rc«  entbietet  allen  PrMaten, 
Grafen,   Freien,   Herren,   Rittern,  Knechten  und  allen  Unter- 


—    148    — 

tliaiieD,  itßs  er  den  ehrMneo,  lieben,  andiehtifen  Bartlmft  von 
Kiöringen,  Landcomtur  der  Ballei  ati  der  Btscir,  welche  dem- 
selben  naeh  dem  Tode  des  königlichen  Käthes  Heiiiricbs  von 
Kni^gen,  gewesten  Landeomtars  durch  den  Administrator  des 
Hochmeisteramts  in  Preusen  verliehen  worden,  —  als  Landes» 
fürst  von  Tirol  in  den  Possess  der  Landcomtttrei  guädiglich 
einkomnien  lassen.  Befiehlt  ihnen  also,  denselben  fOr  einen 
Landeomtar  anzusehen  und  trügt  den  Hauscomtnren,  Ordensbrü- 
dern ond  Amtienten  der  Baflei,  sowie*  deren  Dienern,  Zinslenten 
and  Verwandten  auf,  ihm  gebfihrlichen  Gehorsam  und  Dienst» 
barkeit  eu  beweisen  und  mit  Reichung  der  Zehenten,  Zinse, 
Renten,  ۊten  und  andern  Dienstbarkeiten  gewftrtig  zn  sein, 
wie  von  Alters  herkommen«  Zugleich  befiehlt  er  den  Hanpt- 
leaten,  Pflegern,  Richtern  u.  s.  w.,  demselben  auf  sein  An- 
langen von  des  Lande^fürsten  wegen  Hilfe  und  Beistand  ra 
leisten.  QStaUh.^ArchiiD,J  Diess  Verfahren  wurde  nun  in  der 
Folge  immer  beibehalten. 

Fast  zwei  Jahre  spater  im  Grosscapitel  zu  Hergentheim, 
gehalten  in  der  Woche  nach  Bartbolomfti  1536,  dem  er  selbat 
beiwohnle,  etlndt  Bnrttmä  von  Knaringea  die  eigentliche  Be- 
siaiigang  als  Landcomtur  durch  den  Orden.  0.  A.  —  Am 
Donnerstag  nach  hl.  DreikOnigen  1535  von  Hemeek  aus  erltfsst 
Waher  von  Cronberg,  Administrator  des  Hochmeisteramts  in 
Pitnsea  an  alle  Vorges^zte  und  Ritter  des  Ordens  ein  Schrei- 
ben des  Inhalts :  wiewoM  sie  ihm  als  Vorgesetzten  den  Gehör-* 
sam  •geschworen  und  vermög  der  Ordbns^-Statuten  kein  Mitglied 
seinen  eigenen  Willen  habe  und  keiner  ohne  seines  Obern 
Erianbnisa  oder  Befehl  in  einen  Krieg  ziehen  oder  sich  dazu 
gebrandien  lassen  dürfe,  so  sei  doch  diess  von  Hehreren  des 
Ordois  geschehen,  ihm  nnd  dem  Orden  zur  Verachtung,  tlbler 
Nachred  und  Verweis.  —  Vermöge  jüngsten  Capitelschlusses 
IH  Homeck  in  der  Woche  nach  St.  Lucia  1534  verbiete  er 
aafs  Neue  rilen  und  jedem  Ritter  ohne  s6in  Wissen  und  Willen 
in  einen  Krieg,  Fddzng,  Feindschaft,  Reisedienst  und  der*- 
gieiefaen  eigernnüchtig  sich  einzulassen,  und  damit  Kainer  mit 


_    li4    — 

Unwissenheit  «ich  entsehuldtgeu  könne,  so  6o]l  dieser  Befehl 
in  allen  Ballelen  öffentlich  verkündiget  werden.  0.  A.  —  An 
Freitag  naeh  Lichtmess  1536  verleiht  Bartfanft  von  Knörinfen, 
Landcomtur  der  Bailei  an  der  Etsch  im  Namen  der  Coraende 
Lengmoos  dem  Cunrad  Sebmalsl  tu  Antlas  den  Zachler  Hof 
gegen  jahrliehen  Zins  von  2  Schweiuschullem,  1  Kitz,  30  Eier 
und  3  Ihm  weissen  Lfigrein  Wein.  0.  A. 

Nicht  uninteressant  als  Beweiss,  dass  die  Bailei  an  der 
Etsch  noch  immer  den  Beigbau  forlbetrieb,  ist-foigeoder  Ver« 
trag,  den  der  Landoomtur  Bartlmä  von  Knöringen  uod  Engel« 
hard  von  Ruest,  Comtur  zu  Schlanders,  als  Verkaqfer  einer- 
und  Oswald  Gorreth,  Bürger  vofi  Brixea   und 'Sebastian  Eal, 

.Bürger  von  Augsburg  als  Käufer  andererseits  am  25.  Harz  1539 
abschlössen  über  daa^  Graben,  Schmelzen  und  Kauf  des  Metalis 
aas  den  dem  Orden  zugehörigen  Bergwerksiheilen  zu  Nall«, 
Terlan,  im  St. 'Petersbach,  im  Köslenthal  und  Laagör;  nemhch 
die  Erze  und  Schmilben  sollen  allenthalben  von  dem  Berge 
herab  auf  Kosten  und  Zehrung  der  genannten  Herren  in  ihre 
Behausung  zu  Terlan  zu  guter  Zeit  herabgeschaift  und  alda 
das  Stuef  und  Korn  zusammen,  klein  und  dick  auch  zusammea, 
Sehmilben  und  Ruess  auch  zusammen  gelegt  werden«  Diese  Eoe 
sollen  jedes,  wie  obsteht  nach  dem  rechten  geschwornen  Wiener 
Gewicht  gewogen  und  durch  den  Bergrichter  zu  Terlan  oder 
seinen  Geschwornen  aus  jeder  Wag  ^ine  Probe  treulich  gemmw. 
men  und  jedem  Theile  eine  offene  nnd  eine  mit  des  andern 
Theils  Sigel  verpetschirte  Portion  zu  Händen  gestellt  weidea^ 
und  wie  sich  dasselbe  darin  befindet ,  das  soll  den  Kftufem 
nach  dem  Gewichte,  soviel  der  Erze  im  Span  sind,  nemlich 
lilr  jedes  Lolh  Silber  im  Erz  28  kr.  guter  Landeswährung  rh.^ 

'den  Gulden  -zu  60  kr.  berechnet,  abgerechnet  und  bezahlt 
werden.  0.  A. 

Bereits  in  der  ersten  Hftifte  des  Jahres  1541  mag  er 
gestorben  sein,  da  schon  am  30.  Juni  1541  im  Hause  Weggen- 
stein dessen  Nachfolger  im  Amte,  Engelhard  von  Ruest,  mit 
Hm.  Walther  von  Cronberg,  Administrator  des  Hochmeisterthums 


—  ,145    — 

ia  Preaseo  and  Meiater  des  deatschen  Ordens  wegen  der  Hinter- 
Itasenschaft  des  Barllnifi  von  Knöringen  seligen  eine  Udiemn«» 
Iranft  abschless.  0.  A.  Dmidi  Decret,  dat.  Regensburg  an 
18.  Juli  i541  wurde  er  als  Landcomtor  bestttigt.  0.  A.  — 
Ab  24.  November  1541  stellte  er  der  Regierung  cu  Innsbruck 
einen  gieichen  Revers  aus  wie  sein  Vorgänger;  nur  sagt  er: 
als  Landmann  und  Untersass  von  der  Ritterscliaft  der  Grafschaft 
Tirol  and  —  getreu,  gehorsam  und  dienstlich  zu  sein  und  auch 
mit  Steuern  und  Reisen  verbunden  tu  sein.  C^CaUh.'^ArehiifJ 
—  Am  17.  April  1542  besMtigt  Rischof  Christoph  von  Brixen 
den  von  diesem  Landoomlur  xum  Pfarrer  von  Mareit  ernannten 
Dentsdiordens-Priester  Conrad  Pflster.  0.  A.  —  Als  im  Jahre 
1M3  die  tirolische  Landschuft  rOm.  kön.  Mqest«t  ein  Fftndi 
Laoskneckte  sum  freien  Zusug  auf  2  Monate  verwilügle,  wur- 
den ihm  als  Landcomtur  10  Knechte  suerkannt;  jeder  Knecht 
nach  gewöhnlichem  Anschlag  xu  12  fl*  berechnet;  wfihrend 
das  Capitel  von  Brixen  15  Knechte  und  der  Propst  von  Neu- 
still  13  Knechte  zu  besorgen  hatte.  CArcMv  im  SekioMse 
BragerJ) 

1543  wohnte  er  dem  General-^Japttel  bei  und  fertigte  mil 
den  Grosscapitularen  den  Vereinignogsbrief,  dat.  Speir  am  Sonn* 
tag  Jttbilate  1543,  sur  Wahl  eines  Hoch-  und  Deutschmeisters. 
Ebenso  untefsehrieb  er  am  Mittwoch  nach  Jubilate  1543  den 
Veigleicb,  die  deutschmeisterische  Competeaz  und  Unterhaltung 
betreffend,  und  erhielt  am  20.  April.  1543  von  dem  neugewShl- 
ten  Hoch-  und  Deutschmeister  Wolfgang  Schutzbar,  genannt 
HBcUing ,  seine  Bestfitignag  in  der  Würde  eines  Landcomturs. 
0.  A.  —  Am  14.  November  1545  erlaubt  Engelhard  von 
Knest,  Landcomtur,  im  Namen  des  Hauses  Lengmoos  den 
Bridem  Hanis  und  Bemard  Slötscher  den  Deutsch -Ordens« 
Leheo-Hof  zu  Pomern  auf  dem  Ritten  zu  theilem  0.  A.  —  Am 
14.  April  1548  bduinnt  Lienhard  Pichler  zu  Signa  auf  dem  Ritten 
gesessen,  dass  er  von  dem  ganzen  Piehlerhof  daselbst  vermöge 
aker  Briefe  jArlieh  dem  deutschen  Hause  zu  Lengmoos  ^  St. 
Reggeo,  2  St.  Hirse,   1  St.  Langeswaizen  und  2^  St.   Gerste 

10 


—    146    — 

»Dsen  «oUte;  d«  niw  «ber  Gerste,  Iisngeswwseft  und  Hirse  «uf 
diesem  Hofe  sehen  geratheo,  so  habe  ihn  auf  sein  Bittea 
Ritter  Andre  von  BraDdiSf  Cioielw  ^o  Lengnoos,  diesen  Zins 
in  einen  andern  Yon  IQ  S(.  Roggen  unigewandelt ;  daran  hfi^g^ 
sein  Sigl  der  edie  Melebior  von  Schweigkersreut,  Pfleger  zum 
Stein  auf  dem  Bitten.  0.  A. 

Unter  den  Rittern  und  Edlen,  welche  im  Ratbsbause  iu 
Bozen  beim  öffentlichen  Hofrecht  Resiiaispefe  155Q  dem  auf 
YeraniassttDg  des  Ritters  Jaeob  Thipp  gesehlossene«  netk^ 
würdigen  Hissigkeits- Vereine  beitraten,  befanden  .sieh  auch 
Bruder  Thomas  von  Hootani,  Coaitor  ^n  Sehlanders  und  Andre 
von  Brandis,  Comtur  zu  Lengmoos.  C^f^O  Di^^r  Andre  voq 
BramKs,  Comtur  zu  LengoMOs,  war  ein  verdienter  Mann;  er 
leistete  unter  den  Kaisern  Carl  V.  und  Ferdinand  L  als  Oberst 
eines  Regimentes  deutseken  Fussvolks  wiobtige  Dienste,  wohnte 
den  Fekizttgen  gegen  Frankreich  bei,  focht.  1.54$  im  schmal- 
kaldiscben  Kriege  und  bei  Wiedereroberung  der  tjrolisehen  Teste 
Ereaberg  aus  den  Htedeu  der  Sckmalkalden  tapfer  mit,,  trii^ 
zur  Ueberwiodung  des  Herzogs  Fridrich  von  Sachsen  1547  so 
wie  iM8  zur  Einnahme  von  Constanz  >und  in  Ungarn  1551 
bei  Eroberung  von  Siebenbttfgen  »im  glOicUiehen  ^rfc^ge  bei« 
Im  Jahre  1552  schlug  die  Regienuig  zu  Innsbruck  vor,  den 
Andre  von  Brandis,  Comtur  zu  Lengmoos,  königlichen  Ratli, 
znan  Obersten,  über  das  jüngst  von  der  Landsehafk  bewiHi§fte 
Hilfsvolk  anzustellen ;  aÜMo  der  König  Äusserte,  es  seien  seitiieir 
Dinge  vorgefallen,  dass  man  selben  von  dem  Regimente  Knechte^ 
welehei»Siebenbürgen  liegen,  nicht  wegnehmen  könne.  C^taHH,'- 
AreJUv.'J  -—  Für  so  vkle  Verdienste  verschHeb  ihm  im  Jahre 
1553  Kaiser  Ferdinaad  eine  aUergoMigste  Exspeetanz  vee 
3000  fl. ,  die  ihm  aber  nie.  ausbezahlt  wurden.  C^Qtrede  %ur 
Qesch.  d.  LandesfmufUieute.) 

Am  11.  Juli  ibf)2  auf  Befehl  des  Landcomturs  Cageibard 
von  Ruest  unterhandelten  ab  dessen  BevollmUdiligte  Lucmi 
Römer  zu  Harötsch,  Comtur  zu  Sieriing,  und  Christoph  Gcdd«- 
wurm,  Pfleger  zum  Stein  auf  dem  Ritten  und  Amtmami  des 


—    147    — 

dartscten  OMeas  «i  Len^iAoas  mit  Bemhtrd  Hdftigl  m  Bhren*- 
borg  %vegen  dreien  Maferliöfeii  wa  Ehreabarg,  die  FreisiMe» 
geaamit,  welche  dem  dealachen  Orden  gerielito--  and  groad- 
hemeiiafllich  aalerworfen  waren,  wegen  welchen  jedach  der 
Orden  and  die  Kflaigl  in  Bezug  des  (ierichlBiwangfl  and  aaderer 
Plage  wegen  ia  CollisiOB  gerUlieB;  der  Orden  etboi  aick,  eat- 
weder  die  Höfe  ihaea  käafiich  zu  ilherlasaen  oder  die  steeitigen 
Paacie  dorch  Schied$riciiCer  entociieiden  zu  taasen.  M^ollte 
Hr.  Kflaigl  aelbe  Böte  wirklich  vom  Orden  kaufen,  so  brauchle 
er  Bieht  demselben  den  ganzen  Kaa&ehjHhig  zu  eriegea ,  da 
die  Bailei  dcraeil  86  viel  Geldiea  nicitt  bedurfte;  wohl  aber 
mOdite  er  daran  aiae  Siimme  von  1000  bis  IMO  ft.  riaogleieb 
aaanhlen,  da  die  Ballet  derseftea  aam  Aaleben  fttr  kaiaerücher 
Hajealtti  Kriegsrfistuag  sowie  aadem  dringenden  Ordeasbedftrf- 
aissen  benöthlge;  den  Beat  kAante  er  derselben  durch  gut 
gelegene  Gihen  oder  Gftter  nach  beideraeitigem  BinfeMUndaiaae 
abtragen.  0.  A, 

Im  Jabra  i55ö  reichte  der  Stand  der  Rittevaehaft  and  des 
Adels  von  Tirol  beim  tiroliaehen  Landeafflreten,  dem  tdmyichcn 
Kftaig  Ferdinand,  ein  Hemoriale  Cm;  sie  klagen  darin,  daas  so 
viele  Sttftoflgen  g»r  nicht  oder  jMur  uaeideaaroh  versehen 
werde»,  bedami  den  herabgekoinnieaen  Zustand  mancher 
MiOaler  ond  ffigen  daas  bei:  ,^o  solle»  auch  die  dbutsohe« 
■iaser,  wie  bmo  vemimml^  in  grossem  VerfaU  und  durch 
aUeriei  schlechte  Wtrthschaft  zain  Verderben  gesetzt  sein,  tarn 
nicht  geringen  Schaden  deaStamles  der  Ritterschaft  und  Adels ; 
amfeesoodere  wem  man  bedenkt,  da»s  die  deuUchen  HäMer 
tfea  anmen  Adel»  SpUäier  aimi.^  Büea  alsei  köMgl.  li^esttlt 
ab  Laadesfirst  uad  Vogt  der  beiden  Stifte  Trieal  und  Brixea 
wolle  in  obigen  Sachen  gnädigste  Einsicht  thoo.  —  Durch  De« 
ciet  vom  i2.  October  1555  befteUt  demnach  Köaig  Ferdinand 
der  oberösterr.  Regierung  zir  Innsbruch  obtg^  Beschwerde  des 
Aiels  voTzanehmen^  daraber  zu  berathen  und  ihm  Bericht  za 
onalallen.  C^aeth.'-ÄrekinJ 

Vom  Jahre  1557  findet  sich  ein  Vertrag  zwischen  Caspar 

10* 


—    148    — 

und  Christoph  Edlen  von  Montani  irod  deren  Bmder  Hm.  Tbonas 
vonHontani,  Deutschordens-Comtur  so  Schlanders,  wegen  Täter- 
licher und  mütterlicher  Erbschaft;  erstere  xwei  wollten  ihm  den 
dritten  Th^il  der  Erbschaft  desswegen  nicht  zugestehen,  well 
sie  ihm  in  den  deutschen  Orden,  von  dessen  Einkommen  er 
leicht  leben  könne,  mit  grossen  Kosten  verholfen.  Darum  wur- 
den von  Seite  des  Hrn.  Thomas  von  Montani  Engelhard  vimi 
Ruest,  Landcomtor,  Philipp  Graf  von  Liechtenstem ,  Erblasd* 
Hofmeister  im  Elsass,  kaiserl.  Rath,  und  Caspar  von  Sdilan-» 
dersberg ,  von  Seite  der  andern  zwei  Brüder  aber  Ritter  Simon 
Botsch,  Erbtrochsess  in  Tirol  und  Landeshauptmannschafls-^ 
Verwalter,  Sigmund  von  Thonn,  Degen  Fuchs  und  Caspar  Pafr 
vou  Caldif  als  freundliche  Schiedsrichter  gewählt;  diese  spra- 
chen :  obige  zwei  Brüder  von  Montani  sollten  dem  Thomas  von 
Montan!  vom  Silbergeschmeide'  einen  Trinkbecher  und  dazn 
noch  jähriich  200  11.  und  4  Ihrn  Most  Leitacher  Wein  al» 
Leibgeding  geben.    C^rehiv  Tarantsberg.') 

'  Das  Gross-Capitd  zu  Frankfurt  am  Main  im  Jahre  1558 
konnte  der  Landkomtur  Engelhard  von  Rnest  Kränklichkelts 
halber  nicht  besuchen,  sondern  sandte  den  Ulrich  StreyU)  Herrn 
zu  Schwarzenau  und  Comtur  zu  Schianders,  als  seinen  Stell- 
vertreter dahin,  der  auch  in  seinem  Namen  den  Capitelschluss 
unterschrieb.  0.  A.  —  Aus  der  nemlichen  Ursache  suchte  der- 
selbe im  Jahre  1559  um  einen  Coafdjutor  an,  und  erhielt  durch 
hechmeisteriiches  Decret,  dat.  Augsburg  29.  April  1559,  den- 
selben in  der  Person  des  Lucas  Römer  zu  MarOtsch,  Comtwr 
zu  Sterzing.  —  Als  solche  bitten  Beide  um  die  hoch-  und 
deutschmeisterische  Eriaubniss,  auf  die  BaHei  2500  fl.  aufleihea 
tu  dürfen,  wie  aus  dem  Consensbrief ,  dat.  Augsburg  uaf  dem 
Reichstage  1559,  hervorgeht.  0.  A. 

Nur  wenige  Monate  mehr  lebte  Engelhard  von  Ruest; 
bereits  im  Mai  1560  war  er  unter  den  Todten.  Am  25.  Mai 
1560  reichen  Jacob  Khuen  von  Belasi,  Obersthofmeisler  der 
Princessin  Magdalena  Eleonora,  und  Biasi  Khuen,  tirollseher 
Cammerpräsident ,   beim  Kaiser  eine  Bittschrift  ein:    da  vor 


—    149    ^ 

Knrxeni  der  Landeomlur  Bngelbard  von  Riiest  gestorben  und 
Hr.  Lttc«8  Bttmer,  bisheriger  Cemlur  zu  Sterling  und  Coadjutor 
ab  Landeemtar  eintreten  soll,  somit  die  Comtarei  so  Steniog 
erMigl  wfirde,  und  gleidoeitig  aoch  die  Comende  Trient  keinen 
dmntiir  habe,  so  möchte  sich  kals.  Majestfit  fOr  den  gewesten 
tirofiscben  Cammemth  Leonhard  Pair  von  Caidif ,  ihren  Tettefr 
v^wenden,  dass  er  zu  einer  der  erledigten  Comtoreien  erwftUt 
vreide,  in  welchem  Falle  derselbe  geneigt  wflre,  in  den  deat- 
scbcn  Orden  zu  treten,  und  zugleich  erbOtig  wftre,  auf  die  ihm 
von  der  Regierung  angewiesenen  jährlichen  100  fl.  Provision 
sa  verziehten.  (jStolfA^IrcM^J  —  Dergleichen  Betteleien  am 
Anfnabme  nnd  aisbaldige  Begnadigung  mit  einer  Comturs-Stelle 
werden  wbr  in  da*  Folge  noch  manchen  begegnen;  nidit  immer 
aam  Besten  des  Ordens ,  wie  wir  unter  anderm  bei  der  Comende 
SIerxing  an  dem  gleich  nach  seinem  Eintritte  in  den  Orden 
nm  Coflrtur  daselbst  ernannten  Herrn  von  Funker  sehen  werden. 

Der  erv^hnte  Coadjator  Lucas  Römer  wurde  wirkUch  durch 
Beeret,  dat.  Hergenlbeim  am  25.  October  1560,  cum  Land« 
Comtor  ernannt;  wie  nnglttcklich  diese  Wahl  gewesen,  wird 
flidi  in  der  Folge  zdgeu.  Marx  Sittich  von  Wolkenstein  gibt 
ttuB  das  Zeugniss:  „hat  ttbel  gehaust.^^  —  Uebrigens  wurde 
er  bald  nach  seiner  Wahl  zum  Landcomtur  vom  Kaiser  auch 
son  kalseriichen  Rathe  ernannt.  —  Am  16.  März  1561  ver- 
kanft  Lucas  Römer,  Landcomtur  nnd  kaiserlicher  Rath,  9  Pf.  B» 
und  4V3  kr.  Grund-  nnd  Herrenzins  aus  einem  Hause  und  Zu- 
gehör  zu  Prad,  den  sem  Vorfahr  Engelhard  von  Ruest  im  Jahre 
1557  erkauft  hatte,  um  40  fl.  an  Ulrich  Kräger,  Dr.  der  Arznei 
zu  Latsch.  Cßraf  Münuenigche»  ArcMtfJ  —  An  einem  der 
vier  rwden  JhOrme  im  Schlosse  Marötsch  trägt  ein  Marmor^ 
stein  folgende  Inschrift:  „Non  sine  causa.  Lucas  Römer  zu 
MarOtseh,  Teutschordens  Laodcommenthur  der  Bäiey  Etsch  vnd 
im  Gebirg,  Rom.  Kais.  Majestät  Rath,  verordnet  auf  disen 
Tham.   1562. 

Am  14.  März  1562  h^tte  der  Hoch-  und  Deutschmeister 
Wol%ang  SchnlriMT    bei  der  Regierung  zu   Innsbrack   eine 


—    150    — 

Vorstellung  wider  das  Verhiiltiiiss  derselben  lu  der  Ballei  an 
der  Etsch  eingereicht;  besonders  protestirte  er  gegen  die  von 
kaiserlicher  Majestät  in  der  Ballei  an  der  fitsch  aageoidaeie 
Visitation  durch  landesfllrstllche  CoMmissfire.  Darttbef  erloss 
▼on  derselben  am  9.  September  1562  eine  avsfabrliche  Ricli- 
äusserung  des  Inhalts :  die  Ballei  und  die  DeniacbördetM-Hiuser 
in  Tirt)!  seien  mit  allen  Gutem  and  Rechten  der  ]a«desftlrst->. 
liehen  Obrigkeit  unterworfen;  der  Landeomtur  und  die  Gontore 
sefen  immediate  Landsassen  und  Untenhanen,  zu  den  Landtigen 
erschienen  und  hätten  in.  Allem  Hilf  und  Steueni  und  andern 
landesfttrstlichen  Gerichten,  Rechten,  Geboten,  Ordnongco  Ire. 
Gehorsam  geleistet ,  solches  erweisen  die  altern  ReTeisbritffe 
der  frihem  Landcomture  nnd  der  landesfürstliche  Reversbhef. 

Jacob  von  Pairsberg  schreibt  in  seiner  Autobiographie: 
1563  am  18.  April  sind  Lucas  Rtfmer,  Denlsehordens-Laad- 
Comtar  nnd  ich  als  der  Landschaft  Gesandte  an  Erzherzog 
Ferdinand  nach  Prag  gereist ,  um  im  Namen  der  Landschaft 
ihm  mit  15,00011.  zugratuliren;  am  15.  Hai  dort  aagekommen 
und  am  24.  Hai  wieder  Jieimgereist,  ein  jeder  mit  einer  gol- 
denen ifette  und  daran  hangendem  Blldniss  des  Ertbernfs, 
150  Dttcaten  im  Werth  beschenkt.  —  Am  21.  Oetober  1563 
habe  ich  den  Landeomtur  Lucas  Römer  mit  Hr«.  Alphons  von 
Cless,  Comtur  zu  Schlanders,  wegen  eines  Streites  vergllchea. 
—  Im  Juli  1566  führte  der  nemliche  Landeomtur  Lucas  Römer 
mit  dem  Hauptmanne  Franz  Hendl  5000  Hann  tirolischer  BSE^ 
Trappen   nach  Ungarn  gegen  die  Türken.   iSkuicher^  7.  BJ 

Auf  den  vermOg  Anordnung  des  Admmlslrators  des  deut- 
schen Ordens,  Georg  Hund  von  Wenkhelm  im  Jahn  i566 
gehaltenen  zwei  General^Capiteln  wurde  unter  anderm  beschlos- 
sen puncto  5:  die  Ballei  an  der  Etsch  zu  visüiren,  (Dr.  Ve- 
nator,  Berieht  f»wn  d.  O.  Ä.  S86J  Der  Landeomtur  erschien 
dabei  nicht  persönlich,  sondern  Hess  sich  durch  seinen  Abgeord- 
neten Dlrich  Streyny  Herrn  zu  Schwanenau,  Comtur  au  Leng- 
moos  vertreten.  0.  A.  —  Ueber  den  damaligen  keineswegs 


—    151    — 

erfrealiehen  Euslaod  des  deu(«dK«  Onieos  im  AiigemeiDen  gikt 
•BS  ein  Reseripl  Maiger  Maximilians  IL ,  daC.  Augsburg,  18.  Mai 
1566^  AuAiclilass;  denn  durch  dassalbe  gibt  er  aUmi  weltlieben 
und  geJslUch«B  Ftislen,  Grafen,  Rittern  dre.  kand,  er  babe  die 
nnliebige  Kunde  erhalten,  dass  Irotx  gemeinen  geschriebenen • 
Rechts  und  des  deutschen  Ordens  Statuten  und  aUhergebrechler 
Gewrtakeil  etliche  DenUchordens  ••  Landcomttre ,  Statthalter, 
Coadjiloren,  Comture,  Gebietiger  and  andere  Pefsonen  sieh 
imterBtehen,  dem  Pursten  Georg,  Administrator  des  Hocbmeister- 
thnms  In  Prensen,  Meister  des  deutfcben  Ordens  in  deutsehen 
osd  %vtflschen  Landen,  tei  seinen  krafi  der  Statuten  Torgenom- 
nenen  Visitationen^  VerhOrang  der  Rechnnsgen,  Inventirong  der 
Balleien  und  Ordensbftnser  and  dergleichen  ihm  suslehenden 
Handlungen  zu  verhindern,  auch  bei  der  benannten  Ordens- 
personen Einsetzung  und  Lieferung  zu  mn  oder  die  Ihrigen 
dabei  z(i  haben  nicht  gestatten,  sondern  nach  ihrer  WillkOr  zu 
bansen,  seinem  Gehorsam  sich  entziehen;  unter  dem  Scheine 
der  ReligH>n  so  viel  möglich  dem  Orden  sich  entfremden  und 
demongeacht  des  Ordens  Hünser,  Hab  und  Güter  behalten  oder 
gar  sieb  zueignen  und  darauf  beweiben  und  bei  anderer  Obrig- 
kail  Sehatz  suchen,  und  dadurch  den  Orden  schmälern  und  in 
Verfall  bringen;  -^  Um  diesen  liebeln  vorzubeugen,  habe  er 
venAög  ihm  obHagender  Pflicht  den  erwähnten  Georg,  Adflftini- 
slrator  and  Deutschmeister  durch  ein  Mandat  aufgefordert,  so 
oft  des  Ordens  Wohl  es  erfordere  oder  er  es  Ab*  rathsam 
erachte,  Jede  Bailei  und  deren  HUuser  zu  visflireii,  die  Reeb- 
oungen  einzusehen,  zu  inventireo,  verpetschiren  u.  s.  w.  wie 
des  Ordens  Regel  und  Statuten  erheischen,  und  sie  sollen  ihn 
in  diesen  Amtsgeschäften  sehotzen  uad  gegen  die  Wider- 
spiostigett  ontersttttzen.  0.  A. 

Im  Jahre  i568  wurde  Andre  Joseph  Freiherr  von  Spaur 
als  Coartnr  des  Hauses  zor  heiligen  Elisabet  z«  Trient  ein^ 
^bmU.  C^ibL  di  PauUJ  —  Obenerwähnter  Jaeob  von  Pair»- 
berg  sehreibt  In  seiner  Antobiographie :  1568  am  27.  Oc»»- 
kar  hnbto  aalr  Uno  Durehlanehl  Bnherzog  Ferdmand  befohlen^ 


VorsteHung   wl*»  ^    ^  r^pwalibiks  za  wisitlrcii. 


der  Btsch  e-  ^^^J^  *•»«  "  ScWaoders  in 

katseriiclir  .^^Ül^^f^  '"'  '*®"  '^^^  ^  ""*  ^^*  ^^"^ 

VIßitalff  ^jif^S*'' ^^^  Landcsommr  su  Boxen. 

▼OB  <•  ^^J^^  ''  ^^// «n*^^*"*'^'?'  ^^^'^  ^^  Laadccmilur 

äi]5  ^?<ii»i''^^iir««'««*''«®  Zuschrift  des  Eczhenogs 

^  ßt0^*^A9^^^  ^^   Hm.  Caspar  von  SchdaeicJi 

/^^  ''''^^tLi  ^g^^^  >  ^'i^  Schuld  daran  sei,  dass  theils 

f^^^f^er  ««  haxide  y  Iheil«  er  selbst  von  schwerer 

^^  ^t^'^'Z^iitkX  gewesen ;    jedoch    habe   er    auf  den 

ß(f^^[^jker  ^''n  Capitel   nach   Bozen   desshalb   xusanuneii 

jfi*  ^  ^glgUk.-'Aj'chivJ  —  .Gegen  Ende  des  Jahres  1571 

^^'^A^iogß  ^^^   wurde   dieser  Landcomtar  Lucas  Röioer 

^  gpi^nog  Ferdinand    aum  Landeshauptmann  und  Burg- 

fai  so  '^'''^'  ernannt;   demungeacbt   behielt  er  die  Laiid- 

^igi^Wttrde  noch  bei;  jedoch  wurde  ihm   im  Jahre  1572 

^^  Orden  Andre  Joseph  Freiherr  von  Spaur,  Oomtur  zu  (leng- 

^^008  als  Coadjutor  beigegeben.  —  Bei  dem  auf  den  3.  August 

i572  nach  Neckarsulm    ausgeschriebenen   Ordens-Capitel   zur 

Wahl  eines  neuen  Deutschmeisters  erschien  Andre  Joseph  Prei«> 

jberr  von  Spaur  drc,   Coadjutor  der  Bailei  an  der  Etsch  und 

Comtur  zu  JiCngmoos  als  Stellvertreter  des  Landtomturs  Lucas 

Rdmer  von  tfarOtsch.  (TIr.  Venator^  Bericht  pom  d.  Orden 

S.  436  J  —  Endlich  im  Jahre  1573  resignirte  letzterer  gin»- 

lich  auf  die  Landcomturs-Steile   und  sein  bisheriger  Coadjalor 

Freiherr  von  Spaur  wurde  vom  Orden  als  Statthalter  der  Bailei 

an  der  Etsch  ernannt. 

Lucas  Römer  begnügte  sjch  aber  keineswegs  mit  der 
Niederlegung  seiner  Landcomturswttrde ,  sondern  trat  eigen- 
mttcbtig  ganz  aus  dem  deutschen  Orden  aus  und  verheiratete 
sich  endlich  gar  mit  Barbara  Hueberin.  Dieser  Schritt  verur- 
sachte grosses  Aufsehen  und  Aergerniss;  der  deutsehe  Orden 
khgte  in  Rom  und  der  Papst  beauftragte  den  Adam  von  An, 
Doctor  der  Rechte  und  Generalvicar  von  Brixen  mit  der  Unter- 
suchung des  Handels.  Dieser  billigle  die  Heirat  durch  Ausspruch 


—    153    - 

ytum  31. -August  1582  unter  dem  Vorwande  eiaer  schon  früher 
bcstaDdeDen  und  uieht  aufgeMsteo  Ehe  und  sei  daher  das  Ordens^ 
fielttbde  ungiltlg;  aUetn  dieser  Aüssprueh  erfolgte,  —  ^e  dem 
Riehler  der  Weihbischof  Johann  Nas  Torwarf^  —  y^ohne  auf 
die  Einwendungen  der  Terordneten  Beisitser  Acht  zu  geben, 
deren  StimnieB  man  wegen  der  klingenden  Ducaten  nicht  hören 
komitel^  —  Im  Jahre  1582  ging  Lucas  ROmer  ins  Jenseits 
hinflber,  um  dort  von  dem  upbestechlieben  Sichter  sdn  Urtheil 
zit  Temehnen.  —  Im  Jahre  1583  gab  der  Hoch<-  und  Deutseh- 
meister  Heinrich  von  Bobenhausen  dem  Laadcomtar  Andre  Joseph 
Freiherr  von  Spaur  die  General-Vollmacht,  die  Ordensrechte 
gegen  die  VerlasseoschafI  des  ehemaligen  Landcominrs  Lucas 
Rdmer  wegen  der  durch  letztem  etwa  zu  seinem  Vortheil  ver- 
wendeten Ordensgfiter  zu  gebrauchen,  und  die  durch  ihn  ver- 
loren gegangenen  Ordensrechte  und  Güter  von  der  Rümerischen 
YerlassenschafI  zu  reclamiren.  0.  A.  —  Da  nun  sowohl  der 
deutsche  Orden  als  auch  des  Lucas  Römers  Verwandte  und  auch 
die  vermeintliche  Gattin  sammt  ihren  mit  demselben  erzeugten 
5  Kindern  auf  tfeine  YerlassenschafI  Ansprudi  machten,  wurde 
der  Bischof  von  Cur  vom  Papste  delegirt,  um  aufs  Neue  die 
GUtigk^  oder  Ungiltigkeit  jener  Ehe  zu  untersuchen  ;  durch 
Spruch  am  8.  November  1586  erklärte  dieser  den  Entscheid  des 
Hm.  von  Arz  als  ipso  Jure  ungiltig  und  nichtig  und  somit 
anch  die  angegangene  Ehe  und  demzufolge  die  daraus  hervor* 
gegangenen  Kinder  als  Bastarde,  iUegiüm  und  daher  nicht  erb- 
fähig. C^^^^  ^  Schl09se  Brauer,) 

Wiihrend  dieser  fttr  die  Ballei  unangenehmen  Vorgänge  vei^ 
waltete  dieselbe  der  schon  erwähnte  Andre  Joseph  von  Spaur 
als  Statthalter;  erst  im  Jahre  1576  erhielt  er  die  Bestätigung 
als  Landeomtur.  Unterdessen  hatte  die  Landesregierung  wieder 
im  Jahre  1575  eine  Visitirung  derselben  in  Temporalibus  vor- 
nehmen hssen.  Zu  dem  auf  den  12.  Jänner  1577  anberaumten 
Grosseapitel  zu  Neckarsulm  entsandte  der  Landeomtur  Spaur 
ab  Stellvertreter  d«i  Glaadius  von  Roceabruna,  Comtur  zu 
Trient.  0.  A.  —  Auf  diesem  Capitel  wurde  auch  dem  schon 


—    154    — 

erwähnten  Caspar  von  Soböneich,  des  Enhti^ogs  Ferdii 
Rath  und  Stablmeisler  ^  die  Aufbahme  in  den  Ordes  gewährt. 
Am  4*  November  desselben  Jahres  berichtet  nun  der  Land*- 
Coiniur  an  den  Erzherzog  Ferdinttid,  daM  er  deofieiben  am 
heutigen  Tage  eingekleidet  habe;  fürstliehe  Durchlaaehl  habe 
ersucht)  man  möchte  demselben  die  erledigte  Comtorei  von 
Lengmoos  ertheilen;  obwohl  es  nnn  des  Ordens  Braneh  nicht 
sei)  einem  Neneingekleideten  ein  Ordenshaw  aBBttvertraoett) 
und  wenn  es  je  ans  besondern  Gründen  geschehe,  nie  die 
besten  oder  mittlem,  sondern  nur  die  geringsten,  so  habe  er 
dennoch,  um  dem  Enherzog  seine  Achtung  zu  beweisen,  dem- 
selben die  Comturei  Sdilanders  übertragen,  und  werde  selbe 
in  Kflrze  ihm  eingeantwortet  wenten.  *^  Am  28.  Juli  1578 
klagte  aber  der  neue  Comlur  zu  Schlanders,  Sehöneich,  in 
einem  Sehreiben  an  den  Erzherzog :  er  habe  zwar  die  Comende 
Sohlanders  bmits  seit  mehreren  Uonaten  inne,  allein  mau  habe 
ihm  ein  leeres  Hans  abergeben  und  die  Jahres-Einkünfte  seien 
schon  vor  seiner  Ankunft  eingezogen  woi'den.  f iS/^tf^.  Archiv J 
—  Am  2%.  November  1578  schreibt  Heinrich  von  BobenhUBen, 
Administrator  des  Hochmeisterthums*,  an  Erzherzog  Ferdinand, 
da  selber  ihm  den  Caspar  Mathäus ,  Gammerer  des^  Cardioab 
Andreas  von  Oesterreich,  Sohn  des  Caspar  Freiherm  von  Wot- 
kenstein ,  erzherzogL  Raths  und  Oberst- Stablroeisters  in  den 
Orden  aufsunehmen  empfohlen;  obschon  nun  die  Bailei  an  der 
Bisch  jetziger  Zeit  mit  Ordenspersenen  ziemlich  übersetzt,  mid 
selbe  zum  TheH  auch  kümmerlich  ihren  Unterhalt  haben,  auch 
eines  Theils  Hünser  und  Güter  bei  den  vorigen  VerwaUem  in 
Abbau  gerathen^  und  er  selbe  zu  restauriren  und  empor  au 
bringen  dem  jetzigen  Landcomtnr  ernstlich  aufgetragen,  «o 
wolle  er  doch  selben  in  diä  Bailei  aufnehmen  und  mit  der 
Zeit  nach  Wohlverbalten  auch  befbrdem.  (Siatth.'-Archiv.)  «^ 
Hingegen  wurde  auf  Empfdilang  des  Christoph  Fuch»  durch 
den  Erzherzog  am  5.  Mürz  1579  erwiedert:  Die  Ordenshinser 
der  Ballel  an  der  Etsch  seien  derzeit  schon  mit  Ordensbrüdern 
Tersehen,   und  daher  bünnte  der  Landoomtur  denselben  nicht 


—    155    — 

Mfiiehmeo.  C^iuiih.^Äi'^ekiv.')  —  Ebense  entoebuldigt  «rch 
«n  %.  April  1581  der  LaBdeomtur  Spaiir  beim  Enhtnog:  er 
htane  den  TOit  ibm  zur  Au^Dabme  empfohlenen  Patl  Prugnol, 
Broker  Lionels  Prugnol,  HaaptmamMi  Ton  Pennede^  in  den  Orden 
nieht  anf nehmen,  da  er  vorher  etliche  und  besonders  dnen  jang^ 
?.  Spanr  und  kflndich  auf  erzhertogliebe  EmpfeUmig  den  Veapa^ 
sian  Castelleli  von  Nomi  in  den  Orden  auftunehmen  und  einzu- 
kleiden bewilligt  hake  und  somit  mit  ktiaftigen  Comtureit  sehon 
genng  versehen  sei.  (^Statth.'^ArcMv.J 

1579  gerfeth  der  Landoomtur  Spamr  mit  Christoph  Peii- 
ztnger,  Pfleger  auf  dem  Ritten  in  Conliiet  wegen  Aufriehtoiig 
und  Besiglung  der  Kauf-,  Tausch-,  Wechsel*-  und  anderer  der- 
gteieken  Briefe,  welche  sich  auf  Grundgfiter  der  Comende  Leng- 
vioos  bezogen;  dieser  wurde  am  6.  Juli  157*9  dahin  ausge- 
gfiehen,  dass  es  in  dieser  Hinsicht  bei  der  Dispositk)n  der 
neu  reformirten  Landesordnung  sein  Verbleiben  haben  soll. 
Jedoch  im  Jahre  1581  erhob  sich  neuer  Streit  zwischen  Beideil; 
Brsterer  bdiauptete,  dass  aber  die  Grundgflter  Niemand  Briefe 
aufzurichten  habe  als  die  Grundhernschaft;  Letzlerer  aber,  diess 
finde  nur  statt  bei  Verleihungen  und  Reversen;  die  Regierang 
begutachtete  durch  Briass  vom  5.  Jlfnner  1563  das  Erstere. 
CStaeeh.^ArehivJ 

Im  Jahre  1584  wurde  wieder  auf  landesfÜrstUchen  Befahl 
durch  Abgeordnete  der  Regierang  eine  Visitation  der  Bidiei  in 
Temporatibus  vorgenommen.  (ßtatth.^Arehit.^  —  Am  1.  Au- 
guflft  1565  bittet  Christoph  Freiherr  von  WolhenMein  der  Erz- 
herzog Ferdinand,  er  möge  seinen  Sohn  Ulrich,  der  vor  Kurzem 
in  den  deutschen  Orden  in  der  Ballei  an  der  Etsch  eingekleidet 
worden,  dem  neaemannten  Deutschmeister  Erzherzog  Maxi- 
milian zur  Beförderung  empfehjen.  CStatth,''Ar€hitfJ) 

Unterdessen    war  der  Landcomlur  Spaur    mit  den  Edlen  - 
von  Cless  in  Ikmnnehmlichkeiten   wegen  einer  Schuldforderung 
gerathen.  Berdls  im  Jahre  1579  hatte  der  Deutschordens^Ritter 
Alphof»  von  Cless,  Comtur  zu  Lengmoos,  gegen  seinen  Bruder 
Renünami  von  Gless  und  die  Erben  seiner  t^nlorbanen  Bridw 


—    «54    — 

erwähnten  Caspar  von  Schöneich,  des  Bnherc^s  FerdiaaiM} 
Rath  und  Srablmeister ,  die  Aafkiahme  in  den  Orden  gewöhrl. 
Am  4.  November  desselben  Jahres  berichtet  nun  der  Land«- 
Cointur  an  den  Erzherzog  Ferdinand,  dass  er  denselben  an 
heatigen  Tage  eingekleidet  habe;  fllrstliche  Durchlaaeht  habe 
ersucht,  man  möchte  demselben  die  erledigte  Comtvei  von 
Lengmooa  ertheilen ;  obwohl  es  nun  des  Ordens  Braaeb  nicht 
sei,  einem  Neueingekleideten  ein  Ordenshaaa  ananvertraueii, 
und  vrenn  es  je  aas  besondern  Gründen  geschehe,  nie  die 
besten  oder  mittlem ,  sondern  nur  die  geringsten ,  so  habe  -er 
dennoch,  um  dem  Enhenog  seine  Achtung  «i  beweisen,  dem- 
seH>en  die  Comturei  Schlanders  übertragen,  und  werde  selbe 
in  Kürze  ihm  eingeantwortet  werden.  *—  Am  28«  Juli  1578 
klagte  aber  der  neue  Gomtur  lu  Schlanders,  Sehöaeich,  in 
einem  Sehreiben  an  den  Erzherzog :  er  habe  zwar  die  Gomeade 
Schlanders  bereits  seit  mehreren  Honaten  Inae,  allein  man  babe 
ihm  em  leeres  Haus  Übergeben  und  die  Jahres-Einkttnfte  seien 
schon  vor  seiner  Ankunft  eingezogen  wohien.  C^UiUk,  ArcMv.J 
—  Am  26.  November  1578  schreibt  Heinrich  von  Bolienhaaseli, 
Administrator  des  Hochmeisterthums«,  an  Erzherzog  Fndinand, 
da  selber  ihm  den  Caspar  Mathüus,  Gammorer  des  Cardinaki 
Andreas  von  Oesterreich,  Sohn  des  Caspar  Freiherm  von  Wol- 
keostein ,  erzherzogl.  Raths  und  Oberst  StaUmeisters  in  den 
Orden  aufsunehmen  empfohlen;  obschon  nun  die  Bailei  an  der 
Bisch  jetziger  Zeit  mit  Ordenspersonen  ziemlich  fibersetzl,  und 
selbe  zum  Tfaeil  euch  kümmerlich  ihren  Unterhalt  haben,  aoch 
eines  Theiis  Hü»er  und  Güter  bei  den  vorigen  YerwaHem  in 
Abbau  geralhen^  und  er  selbe  zu  restauriren  und  empor  au 
bringen  dem  jetzigen  Landcomtur  ernstlich  aufgetragen,  ao 
wolle  er  doch  selben  in  die  Bailei  aufnehmen  und  mit  der 
Zeit  nach  Wohlverhalten  auch  befördern.  C^tatth^^AreMvO  -^ 
Hingegen  wurde  auf  Empfehlung  des  Christoph  Fuchs  durch 
den  Erzherzog  am  5.  Hürz  1579  erwiedert:  Die  Ordenshftaser 
der  Balte!  an  der  Etscb  seien  derzeit  schon  mit  Ordensbrüdern 
versehen,    un4  daher  kannte  der  Landcomtur  denselben  nicht 


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—    155    — 

«ifoeiimeD.  C^UUth.^AtTkir.')  —  Ebeiim  entsebuldigt  steh 
am  9.  April  1581  der  Lendcotntttr  Spaiir  beim  finsbenog:  er 
könne  den  von  Hiin  zur  Aufnalime  eropfohlenen  Paul  Pirognol, 
Efu4et  Lionels  Prugno),  Haoptmanns  tob  Pennede^  in  den  Orden 
nteht  aofoehmen,  da  er  vorher  etliche  und  besonders  eineii  jangen 
T.  Spanr  and  kürzlich  auf  erzhersogKeke  EmpfeUnng  den  Vesp»- 
sian  Cflstelleli  von  Noml  in  den  Orden  anzunehmen  und  efinxtt- 
kldden  bewilligt  habe  und  somit  mit  künftigen  Comtoren.  schon 
genug  versehen  sei.  (^Statth.'-Arefdv.J 

1579  gerfeth  der  Landcomtar  Spaur  mit  Christoph  Pen- 
zmger,  Pfleger  auf  dem  Ritten  in  Confliet  wegen  Aufrichtung 
nod  Besiglung  der  Kauf-,  Tausch«-,  Wechsel-  und  anderer  der- 
gleichen Briefe,  welche  sich  auf  Gmndgfiter  der  Comende  Leng- 
moos  bezogen;  dieser  wurde  am  6.  Juli  i5?9  dahin  ausge- 
gKehen,  dass  es  in  dieser  Hinsicht  bei  der  Disposition  der 
neu  reformirten  Landesordnung  sein  VerbleH^en  haben  solK 
Jedoch  im  Jahre  1581  erhob  sich  neuer  Streit  zwischen  Beiden; 
Brsterer  behauptete,  dass  über  die  Orundgttler  Niemand  Briefe 
aufeuriehten  habe  als  die  Grundherrschaft ;  Letzterer  aber,  diess 
finde  nur  statt  bei  Verleihungen  und  Reversen;  die  Regierang 
begntaehtete  durch  Erlass  vom  5.  Jänner  1^63  das  Erstere. 
CStatth.^ArcMvJ 

Itn  Jahre  1584  wurde  wieder  auf  landesflirstlichen  Befahl 
durch  Abgeordnete  der  Regierung  eine  Visitation  der  Bailei  tn 
Temporalibtts  vorgenommen.  C^taHh,'-Aröhir^J}  —  Am  1.  Au- 
gnnl  1565  bittet  Christoph  Freiherr  von  Woifcenstein  der  Erz- 
herzog Ferdinand,  er  möge  seinen  Sohn  Ulrich,  der  vor  Kurzem 
m  den  deutschen  Orden  in  der  Ballei  an  der  Etsch  eingekleidet 
worden,  dem  nenemannten  Deutschmeister  Erzherzog  Haxi- 
niliao  zur  Beförderung  empfehlen.  CStatth.'^Arckitf,^ 

Unterdessen    war  der  Landeomtur  Spaur    mit  den  Edlen  - 
vno  Gless  in  Unannehmlichkeiten   wegen  einer  Schuldfordernng 
geratlien.  Bereits  im  Jahre  1579  hatte  der  Deutschordens*>Ritter 
Alpfaons  von  Cless,  Comtar  zu  Lengmoos,  gegen  seinen  Bruder 
Ferdinand  von  Cless  und  die  Erben  Heiner  v^nlorheneii  BrAder 


—    154    — 

erwähnten  Caspar  von  Sohönei^h,  des  Enhtnogs  FerdiaM 
Ralh  und  Stabimebter,  die  Aufnahme  in  den  Orden  gewährt. 
Am  4«  November  defselben  Jahres  berichtet  nun  der  Land?- 
GorriTur  an  den  Erzherzog  Ferdinand,  da»  er  denselben  am 
heutigen  Tage  eingekleidet  habe;  fflrstliche  Durehlaaeht  habe 
ersucht)  man  m(yebte  demselben  die  erledigte  Contorei  von 
Lengmoos  ertheilen;  obwohl  es  nun  des  Ordens  Braaeh  nicht 
sei)  einem  Neneingekietdeten  ein  Otdenshans  anauvertraueii, 
und  vrenn  es  je  aas  besondern  Gründen  geschehe,  nie  die 
besten  oder  mittlem,  sondern  nur  die  geringsten,  so  habe  er 
dennoch,  um  dem  Enherzog  seine  Achtung  an  beweisen,  dem- 
selben die  Comturei  Schlanders  Übertragen,  und  werde  selbe 
in  Kürze  ihm  eingeantwortet  werden.  ~  Am  28.  Juli  1578 
klagte  aber  der  neue  Comtur  zu  Schlanders,  Schönekih,  in 
einem  Sehreiben  an  den  Erzherzog :  er  habe  zwar  die  Comende 
Schlanders  bereits  seit  mehreren  Honaten  inne,  allein  man  habe 
ihm  ein  leeres  Hans  ttbergeben  und  die  Jahres-Einkünfte  seien 
schon  vor  seiner  Ankunft  eingezogen  worden.  QSlMh,  Archiv J 
—  Am  26.  November  1578  schreibt  Heinrich  von  Bolienhaiisea, 
Administrator  des  Hochmeisterthums',  an  Erzherzog  Ferdinand, 
da  selber  ihm  den  Caspar  Mathüus ,  Cammerer  des~  Cardinais 
Andreas  von  Oesterreich,  Sohn  des  Caspar  Freiherm  von  Wol-  ^ 
kenstein ,' erzherzogl.  Raths  und  Oberst  StaUmeisters  in  den  ^ 
Orden  aufaunehmen  empfohlen;  obschon  nun  die  Balle!  an  der 
Btsch  Jetziger  Zeit  mit  Ordenspersenen  ziemlich  übersetzt,  und 
selbe  zum  Theil  auch  kümmerlich  ihren  Unterhalt  haben,  auch 
eines  Theils  Hflnser  und  Güter  bei  den  vorigen  Yerwahem  in 
Abbau  geratben^  und  er  selbe  zu  restauriren  und  empof  au 
bringen  dem  jetzigen  Landcomtur  ernstlieh  aufgetragen,  ao 
wolle  er  doch  selben  in  üb  Bailei  aufnehmen  nnd  mit  der 
Zeit  nach  Wohlverbalten  auch  befördern.  C^tatth.^ArcMvJ  — 
Hingegen  wurde  auf  Empfehlung  des  Christoph  Fucha  durch 
den  Erzherzog  am  5.  Mürz  1579  erwiedert:  Die  Ordenshiaser 
der  Bailei  an  der  Etsch  seien  derzeit  schon  mit  Ordensbrädein 
veiMbcn,   und  daher  könnte  der  Landcomtur  denselben  aieht 


^ 


—    155    — 

Mfoehmeo.  C^UUlh.'-Arcläti.')  —  EbeiMO  enlaebaldigt  sfch 
sm  9.  Aprii  1581  der  LaHdeomtHr  Spaar  beim  Erzhenog:  er 
kdnne  deo  Ton  ibm  zur  Aufnahtne  empfoblenen  Pail  Prugtiol, 
Bruder  lionelfi  PTirgnol,  Hauptmanns  toh  Pennede^  in  den  Orden 
nieht  anfnehmen,  da  er  vorher  etliche  und  besonders  emen  jungen 
T.  Spanr  und  kflrsiich  auf  erzfaersogKehe  EmpfeUvog  den  Veap«^ 
sian  Cflstelleli  von  Nomi  in  den  Orden  anfkonehmen  und  eiiisii- 
kleiden  bewilligt  habe  und  semft  mit  künftigen  Comturen.  sehen 
genug  versehen  sei.  (^Stafth.^ArtMff.') 

1579  gerieih  der  Landeomtur  Spaur  mit  Christoph  Pen- 
xinger,  Pfleger  auf  dem  Ritten  in  Conffiet  wegen  Aufrichtung 
und  Besiglung  der  Kauf-,  Tausch^,  Wechsel-  und  anderer  der- 
gleichen Briefe,  welche  sich  auf  GrundgUter  der  Comende  Leng- 
moos  bezogen;  dieser  wurde  am  6.  Juli  15?9  dahin  ausge- 
gHehen,  dass  es  in  dieser  Hinsicht  bei  der  Dispositfon  der 
neu  reformirten  Landesordnung  sein  Verbleiben  haben  soll» 
Jedoch  im  Jahre  1581  erhob  sich  neuer  Streit  zwischen  Beiden; 
Brsterer  behauptete,  dass  Über  die  Grundgttter  Niemand  Briefe 
aufzurichten  habe  als  die  Grundherrschaft ;  Letzlerer  ober,  diess 
finde  nur  statt  bei  Verleihungen  und  Reversen;  die  Regierung 
begutachtete  durch  Erlass  vom  5.  Jflnner  1563  das  Erstere. 
CStutih.-ArchivJ 

Ifli  Jahre  1584  wurde  wieder  auf  iandesf^rstUchen  Befahl 
durch  Abgeordnete  der  Regierung  eine  Visitation  der  Ballei  in 
Temporelibus  vorgenommen.  (^StaHh,''Arehit>.^  *—  Am  t.  Au- 
gnft  1565  bittet  Christoph  Freiherr  von  WolkenStem  der  Erz- 
herzog Ferdinand,  er  möge  seinen  Sohn  Ulrich,  der  vor  Kurzem 
m  den  deutschen  Orden  in  der  Ballei  an  der  Etsch  eingekleidet 
worden,  dem  neuemannlen  Deutschmeister  Erzherzog  Maxi- 
nitian  zur  Beförderung  empfehjen.  CStaUh,^Ar€hipJ) 

Unterdessen    war  der  Landcomtur  Spaur    mit  den  Edlen  - 
von  Cless  lu  Unannehmlichkeiten   wegen  einer  Schuldfordernng 
feruliien.  Bereits  im  Jahre  1579  hatte  der  Deutschordens^Ritter 
Aiphons  von  Cless,  Comtur  zu  Lengmoos,  gegen  seinen  Bruder 
Perdifiand  von  Cless  und  die  Erben  seiner  v^mlorboneo  Brtdor 


—  im  — 

allermmeq  hallen  zu  wollen  wie  sdAe  Vorfftliren  von  den 
tirolischen  Landesfarslen  bisher  gehalten  worden.  In  Kraft 
solcher  Obligation  werden  die  Landcomtnre  als  Hitglieder  der 
tiroHschen  Ritterschaft  angesehen  und  zu  den  tiroliscben  Land- 
tagen einberufen,  wie  sie  auch  gehorsam  und  willig  dazn 
erscheinen  und  mit  den  andern  Ständen  in  allen  gemeineD 
Landes-Angelegenheiten  hd)en  und  legen.^'  ---  Ueber  die  innem 
Verhältnisse  bemerkt  der  nemliche  Burgleehner :  „Der  Land- 
Comtnr  "hat  fiber  die  vier  andern  Comture  zu  gebieten;  stirbt 
einer  derselben,  so  erbt  ihn  der  Landcomtur;  geht  aber  der 
Landcomtnr  selbst  mit  Tod  ab,  so  fällt  seine  Hinterlassenscliaft 
an  deQ  Grossmeister.  Kleidet  der  Landcomtur  einen  Aspiramen 
des  Ordens  ein,  so  muss  dieser  ihm  ein  stattliches  Präsent 
geben ;  ein  Ritter  wird  nach  Jerusalem  zor  Krippe  nicht  gelassen, 
er  wisse  denn  zuvor  den  Inhalt  des  zweiten  Capitels  des  Evan- 
gelium Mathäi  und  folge  demselben  mit  Darbringung  seiner 
Schätze.  ^  Das  Haus  Weggenstein  hat  nahe  bei  4000  fl.  Ein- 
kommens und  geringe  Ausgaben,  —  der  Eine  «lehrts,  der  An-^ 
dere  minderts;  auch  hat  es  etliche  Pfarreien,  welche  ihmange^ 
hOren,  so  die  Pfarre  Lana,  weiche  gleicbwohl  dieser  Zeit  von 
den  Freiherrn  von  Brandis ,  die  einige  Anspräche  darauf  za 
haben  vermeinen,  in  etwas  aogestritten  wird;  ferner  die  Pfarre 
Samlhal ,  als  Geschenk .  des  Herzogs  Sigmund  und  die  Pfarre 
Wangen,  u.  s.  w.^  —  Gleichzeitig  schreibt  Marx  Sittich  von 
Wolkenstein,  14.  Buch,  von  dem  deutschen  Hanse  zu  Trient: 
Es  ist  diess  dieser  Zeit  das  ärmste  Haus  und  sehr  verderbt 
worden;  jedoch  fangt  man  jetzt  an  dasselbe  zu  bessern;  — 
und  von  der  Comende  Lengmoos :  es  ist  diess  das  beste  und 
reichste  Haus  in  Tirol. 

1604  wurden  mit  andern  Herren  zu  tirolischen  Landräthen 
ernannt:  Georg  Hörl  von  Mühlen,  Landcomtur  und  Ludwig 
Freiherr  von  Holart,  Comtur  zu  Schlanders;  letzterer  zugleich 
zum  Vierlelhauptmann  im  Uoterinnthale.  (Manwfcr.  Maanm. 
f.  Mohr,^  —  1606  am  Sonntag  Oculi  wohnt  Ludwig  Freiherr 
von  Holart,  Comtur  zu  Schlanders,    als  Bevollmächtigter  der 


—    161    — 

Bailei  an  der  Elsch  mit  noch  zwei  andern  Tiroler  Deutsch- 
Ordensrittern :  Carl  Freiherr  von  Wolkenstein  und  Hans  Trapp 
dem  20  Mergentheim  versammelten  Ordens-Capitel  behufs  der 
durch  die  Zeitumstände  nothwendig  gemachten  Revidirung  der 
Ordens-Statuten  bei.  fLüniffy  ReiehsarehiVy  SpieiL  Eeeles.} 
—  In  welch*  einem  Ansehen  flberhaupt  dieser  Deutschordens- 
Ritter  Ludwig  von  Holart  in  Tirol  stand,  erheUt  daraus,  dass 
er  im  Jahre  1607  in  der  Liste  derjenigen  Landstftnde  stand, 
welche  durch  eigens  dazu  aufgeforderte  Herren  als  vorzugsweise 
lor  Besetzung  der  erledigten  Landeshauptmanns-Stelle  geeignet 
bezeichnet  wurden.  (Brandiiy  Qeseh.  d.  Landeghauptleute^ 
Vorrede.)  >-  Am  10.  Juni  1609  verkaufte  dieser  Ludwig 
von  Holart,  Freiherr  zu  Reiiiegg,  Comtur  zu  Rohm  (?)  und 
Schlanders,  kaiserl.  Geheimrath,  Viertelhauptmann  im  Unterinn- 
Ihale  und  Oberamtmann  zu  Bozen  mit  landesfarstlicher  Bewil- 
ligung die  ihm  selbst  gehörige  Gerichtsherrschaft  Reinegg  im 
Samthal  um  50,000  (I.  an  Hrn.  Hans  Cyprian  Freiherm  von 
Thunn  sammt  allen  Rechten  auf  15  Jahre«  (^ArcMip  im  Schlosse 
Broker.) 

Im  Jahre  1610  kam  der  Landcomtur  Hörl  mit  der  der 
Deutschordens-Pfarre  Lana  eingepferrten  Gemeinde  Gargazon  in 
Cooflfct  wegen  Vorbehaltnng  des  nassen  S^hents  und  reichte 
desswegen  am  15.  December  1610  eine  Beschwerdeschrifl  gegen 
selbe  ein;  allein  es  zeigte  sich,  dass  die  Gemeinde  in  ihrem 
Rechte  war.  Am  5.  Jifnner  erklttrt^  sich  die  geklagte  Gemeinde 
an  den  Kellerants-VerwaUer  zu  Heran:  der  jetzige  Deutsch- 
Ordens-Pfarrer  *zu  Lana,  Hagister  Georg  Kriess,  halte  die 
Batscheidnng  vom  18.  Juli  1525  (sieh  S.  13S)  gar  nicht 
ein,  indem  er,  so  lange  er  Phrrer  sei,  gar  keine  Wochen- 
messe in  ihrer  Kirche,  und  im  vergangenen  Jahre  sogar  an 
22  Sonntagen  zu  Gargazon  keinen  Gottesdienst  gehalten  habe. 
Und  obwohl  er  die  Verpflichtung  habe,  die  Kranken  unentgelt- 
lich versehen  zu  lassen,  so  hätte  man  doch  seinen  Priestern 
über  das  Essen  und  Trinken,  welches  man  zu  geben  auch  nicht 
scbttldig,    jedoch    gern    und   freiwillig  gegeben,  nach  ihrem 

11 


—  m  — 

Begehren  auch  noch  nhlen  mAssen.  Desswegeo  bitten  »k 
ihn  als  ihre  Obrigkeit  ersacht,  auf  den  nassen  Zebent  des 
Jahres  I6i0  so  lange  Beschlag  zu  legen,  bis  der  PfinTer  sdw 
ihnen  verbriefte  Schuldigkeit  erfttlle;  sie  hatten  hie  erklärt, 
dass  sie  den  Zehent  gar  nicht  wallen,  sondern  sie  hiKten  skh 
sowohl  gegen  die  Tom  Pfarrer  abgeordneten  Priester  als  aach 
vor  dem  Pfarrer  selbst  im  Verhöre  ausgesprochen :  sie  worden  den 
Zehent  gerne  reichen,  wenn  nur  der  Pfarrer  auch  die  versäumten 
Gottesdienste  nachhole  und  In  Zukunft  die  verbrieften  VerpBicb- 
tungen  gegen  die  Gemeinde  Gargazon  einhalten  wOrde.  0.  A. 
Angenehmer  als  diese  von  den  Gargazonern  gereichte  bittere 
Pille  mochte  dem  Landconitur  Hörl  eine  besondere  Vergün- 
stigung sein,  welche  der  Deutschmeister  Erzherzog  Maximilian 
als  Regent  von  Tirol  anf  sein  Anhalten  ihm  gewfihrte,  indem 
selber  durch  Urkunde,  dat.  Innsbruck  am  27.  Juni  1609,  den 
der  Comende  Weggenstdn  zugehörigen  Kucht « Marrhof  zu 
Siebenaich ,  welcher  zins-  und  grössteniheils  auch  zehentfrei, 
auch  von  Alters  her  im  Umfange  der  Hofstatt  vom  gemeinen 
Gerichtszwang  gefreit  war,  zu  einem  Freisitz  mit  alleu  dazu 
gehörigen  Rechten  erhob  und  auch  die  Erlaubniss  gab,  dass 
ein  jeweiliger  Landeomtur  im  Revier  von  Siebeaeich  des  kleinen 
Waidwerks,  nemÜch  Hasen,  Fflchse  und  Wildvi^el  zu  fangen 
oder  zu  schiessen,  pflegen  dürfe;  eben  so  auch  jäbriicb  bei 
Bozen  an  der  mitern  Etsch  zwei  Stttck  Wild  füllen  bissen  und 
fortwährend  einen  eigenen  Fischer  halten  zu  dürfen,  der  anf 
der  Etsch  den  für  die  Comende  Weggenstein  nothwendigen 
Bedarf  an  Fischen  zu  fangen  befugt  sei.  O.  A. 

Am  25.  December  1612  starb  der  Laadcomtur  HörK  Naeb. 
dessen  Ableben  wurde ^  bis  zum  nüchslen  Gross->Capitet  ven 
Deutschmeister  Erzherzog  Maximilian  der  bisherige  Comtar  «i 
Lengmoos,  Dlrich  Freiherr  von  Wolkensteitt-Rodeneck,  als  Statt- 
lialter  ernannt  und  am  12.  Jfinner  1615  von  demselben  als 
Landeomtur  bestätiget.  —  Während  semer  Verwaltung  führte 
im  Jahre  1617  Wilhölm  Freiherr  von  Khuen,  Deu  tscfaordea»- 
Gomtur  zu  Trient,  ab  Hauptmann  eine  Compagnie  hochdeutschen 


—    188    — 

ftssvirfks  ia  d^M  bieg«  m  Ilaüen  uod  endete  rillerlieli  seia 
Leben  ror  Ceeale.  C^raf  EhuentMehes  ArckioO  -^  Auf 
Aufforderung  der  RegierangerSthe  ztt  hnsbruek  bezeiohnetea 
die  LuideUbide  euf  dem  am  8.  August  1622  deselbet  gehaUenen 
Lmdtage  den  Deutacbordeos-Ritler  Gandens  Freibemi  von  Wol* 
kenstein  als  vorzugsweise  geeignet,  als  Feldoberst  in  Tirol  an 
die  Stelle  des  verstorbenen  Grafen  Nicolau«  von  Lodron  xu 
treten.   (BrandiSy  Oeseh.  d.  Lande$haupU.,  Vorrede*J 

Unter  diesem  Landeomtur  Ulrich  von  WoUcenstein  worde 
die  von  der  Dentschordens^Pfarre  St.  Leönbard  in  Passeir  al>- 
kingige  Curatie  Hoos  errichtet.  Als  Feier  Belle,  Bischof  von 
Iiierapt»l1s,  Weikbisehof  und  Genoralvicar  von,  Trknt,  im  Jahre 
ifi21  nneh  St.  Leonhard  zur  Visitation  kam,  stellten  ihm  die 
Gemeinden  Uoos,  auf  Stuls,  in  Pill. und  Hinlersee  vor,  dass 
der  Weg  au  ihrer  Pfarre  Sl.  Leonhard  so  weit,  dann  im  Winter 
Sebnee  und  Eis.,  und  auch  Lawiaen,  Muhren  nnd  anderes  Un» 
genach  oft  sie  hindero,  an  Sonn-  und  gebotenen  Feiertagen 
den  hl.  Gpttesdienst  in  der  Pfarrkireke  za  besuchen,  wie  mick 
ans  obigen  Ursachen  bisweilen  Kranke  ohne  Beicht  und  Com-- 
monion  ^hin  sterben  müssten.  Nachdem  der  Weihbiscbof  selbst 
den  Augeascheitt  eiugenommen,  ertheille  er  am  17.  Kai  1621 
die  Erlaubaiss,  dass  daselbst  an  der  U.  L.  Frauen-  und  Sanct 
Nicohus-Kifehe  em  Curat  angestellt  werden  dttrfe,  welcher 
diesen  Gemeinden  den  Gottesdienst  halten  und  die  Sacramente 
apenden  sollte.  Da  aber  die  neu  zu  errichtende  Cuiatie  der 
der  Caaitiirei  zu  T^ient  zugehörigen  Dentscheniens-Pftirfe  Sanct 
Lemihard  ugterworfen  und  somit  der  Landcomlur  Ulrich  von 
Wolkenstein  der  eigentliche  Pfarrer  war,  so  wurde  mit  diesem 
und  mit.  den  Erben  des  Carl  Fuchs  als  Gerichtsheerschaft  dtiis- 
wegen  verhwidelt,  und  da  diese  beiden  gegen  die  Errichtung 
der  Caratie  nicht,  nur  keine  Einwendung  raacfaten,  sondern  dazu 
ihre  mOglicfbe  Beihilfe  zu  leisten  sich  willig  und  verbunden 
eiUfirten,  aQ  Wurde  Im  Jahre  1622  folgende  Uebereinkunfl 
getroffen;  .die  besagten  Gemeinden  besorgen  die  Herstellung  und 
Binhallung  des  WUams ;  die  Gerichtsherrscbaft  schUgt  bei  einer 

li* 


—    164    — 

jeweiligen  Vacator  dem  Landcomtar  einen  ümglichen  Priesler 
Tor  und  dieser  {Mlisentirl  ihn  dem  Bischöfe  zur  Approbation; 
ist  diese  erfolgt ,  so  soll  der  Deatschordens-Pfarrer  von  Sanol 
Leonhard  denselben  in  Gegenwart  der  Gerichtsherrschaft  instal^ 
liren,  ihm  seine  verbneften  Verpflichtangen  vorlesen  und  dann 
aas  den  Händen  der  Gerichtsherrschaft  ihm  die  KircheoscUflssel 
einhändigen.  Der  Carat  ist  schuldig,  dem  jeweiligen  Land- 
Comtur  wie  andere  auf  Deutschordens-Pfarren  Gesessene  den 
Gehorsam  zu  leisten.  Folgen  nun  Bestimmungen  ttber  seine 
Verpflichtungen  in  Hinsicht  des  Gottesdienstes  und  der  Spendong 
der  Sacramente.  —  Zum  Bekenntniss  der  Pfarr-Unterthioigkeit 
soll  der  Curat  mit  der  Gemeinde  an  den  drei  Opfer-Kr^ztigett, 
sowie  am  Fronleichnams-  und  St.  Leonhards-Kirchweih-Tage 
mit  der  Ptooession  daselbst  erscheinen  und  beim  Gottesdienste 
helfen.  Im  Uebrigen  ist  der  Curat  dem  Pfarrer  zu  St.  Leonhard 
zu  nichts  verpflichtet;  jedoch  soH  im  Nothfalle  jeder  dem 
andern  die  mögliche  Aushilfe  leisten»  Die  Stola-Gebflhr  und 
Oirfergeld  steht  dem  Curaten  zu,  hingegen  soll  er  sich  in  den 
Zehent  nicht  mischen,  sondern  denselben  dem  jewefligen  Pfarrer 
von  St.  Leonhard  unbehindert  erfolgen  lassen.  —  -Seine  Besol- 
dung mit  250  fl.  erhalt  er  aus  den  Einkauften  der  Kirche.  0.  A« 
—  Die  Curatie  trat  im  Jahr  1623  wirklich  ins  Leben. 

Unter  diesem  Landcomtur  wfire  es  bald  zur  Veräassening 
der  Gomende  Trient  gekommen.  Im  Jahre  1624  war  daselbst 
Comtur  (xeorg  Niclaus  Vintler  von  Platsch ;  sein  Vorfahr  daselbst 
Gaudenz  Freiherr  von  Wolkenstein ,  hatte  deren  Binkflnfle  m 
720  fl.  verpachtet;  die  Ausgaben  betrugen  jahrlich  wegen  der 
Theuerung  1400  fl.  —  Der  Comtur  Vintler  berechnete  im 
Jahre  1624  die  jahrlichen  Einnahmen  auf  772  fl.  26  kr.  0.  A. 
•—  Am  6.  April  1626  schreibt  nun  von  Mergentheim  aus  der 
Administrator,  Johann  Eustach  von  Westemach  an  den  damali* 
gen  Landcomtur  Ulrich  Freiherm  von  Wolkenstein:  es  habe 
ihn  der  Jesuiten-Provincial  in  Ober-Deuts2hland,  Walter  Mond- 
brod,  mündlich  und  schriftlich  ersucht,  seinem  Orden  die 
Deutsch-Ordens-Comende    zu   Trient,    welche   sehr   baoAIlig 


r 

I 


—    166    —  _ 

ihm!  tn  Einkttafleo  so  arm  sei,  das«  sich  ein  Ritterbruder 
daselbst  niebt  wohl  erhalten  könne ,  käuflich  au  dem  Zwecke 
tu  «blassen ,  am  darin  ein.  Jesnlten-Coliegium  za  errichten. 
—  Allein  er  trage  Bedenken  gegen  solchen  Yerkaiif,  indem 
die  Comende  an  einem  därch  das  letzte  allgemeine  Concillum 
berfihnFten  Orte  liege,  von  wo  ans  der  Ruf  ttber  die  Veräasse- 
rang  der  Comende  überall  sich  verbreiten  würde  zum  Schimpfe 
des  Ordens;  zudem  habe  gerade  diess  Haus  die  forziiglichsten 
Docamente  der  geistlichen  Exemtionen,  anderer  Yortheile  und 
auch  der  Gründung  zu  geschweigen.  —  Auch  könnte  wohl  der 
ArsMiA  dieser  Comende  durch  Vacation  und  Zusammensparung 
der  jühilichen  Einkünfte ,  oder .  durch  Hilfe  anderer  Comlureien 
wieder  aufgeholfen  werden,  dass  ein  Ritteii>ruder  selbe  wieder 
mit  Ehren  bewohnen  könne,  wie  es  bisher  in  der  Bailei  Fran« 
ken  and  anderwärts  mit  Erfolg  geübt  worden.  Diess  sei  seine 
Ansieht;  der  Landcemtur  möchte  mit  den  andern  Ordensbrfl* 
dern  die  Sache  refflich  überlegen,  und  dann  ihre  Meinung  ihm 
Bittheilen.   O.  A.  ^ 

Jedoch  der  Landcomtur  Ulrich  Freiherr  von  Wolkenstein 
starb  noch  im  Laufe  dieises  Jahres  am  26.  Jänner  1626  nach 
langwieriger  Krankheit;  anstatt  seiner  ernannte  der  Administrator 
am  16.  Februar  1627  den  bisherigen  Comtur  von  Schlanders, 
Johann  Gaudenz,  Freiherm  von  Wolkenstein-Rodenegg  zum 
Landcomtur,  and  dieser  wurde  auch  im  Grosscapitel  zu  Mer- 
gertheim  am  19.  Hai  1627  als  solcher  bestätigt.  0.  A.  — 
An  diesen  neuen  Landcomtur  richtete  nun  Kaiser  Ferdinand  IL 
am  30.  Juni  1627  von  Wien  aus  folgendes  Schreiben:  er 
habe  mit  Wohlgefallen  vernommen,  dass  sowohl  er  als  der 
Administralor  des  Hochmeisterihums  geneigt  seien,  die  dem 
detttschen  Orden  zugehörige  Kirche,  Haus  und  Platz  zu  Trient 
den  Jesniten,  welche  sonst  daselbst  schwerlich  einen  geeigneten 
Platz  finden  würden,  gegen  eine  andere  Wohnung  und  billige 
Bntschädigong  zu  überlassen.  Da  er  wünsche,  dass  die'JesuKen 
baldmöglichst  zu  Trient  ein  Collegium  bekämen,  so  empfehle 
er  ihm,  die  Sache  nach  Mdglichkeit  za  (brdern,  damit  das 


—    166    — 

Comende-Haus  möglichst  bald  überlassen  und  eingeantworM 
werde.  Dafür  erbiete  er  sich,  das  dem  bisherigen  Comende* 
Hause  ertheilte  Asylrecht  auf  die  neue  Comende-WöhmiBg  la 
übertragen.  0.  A.  ~>  Durch  Schreiben  vom  ii.  Juli  161^7 
soHicilirte  der  Jesuiten-Provincial  aufs  Neue  beim'  Adramislrator 
des  Hochmeisterthums  die  Verhandlung  wegen  Uebeilassung  dea 
Comende-Gebfiudes  su  Trient  an  die  Jesuiten,  welche  durch 
den  inzwischen  eingetretenen  Todfall  des  Landcomturs  im 
Stocken  geraihen.  —  Demzufolge  schrieb  von  Hergentheim  aus 
am  14.  Juli  1627  obiger  Administrator  an  den  neuen  Land« 
Comlur  Johann  Gaudens  Freiherr  von  Wolkenstein-Rodenegg : 
er  möchte  dem  wohlverdienten  Orden  der  Jesuiten  zu  Liebe 
ihrem  Wunsche  ger»e  willfahrt  sehen ;  selber  möchte  daher  des 
Vorschlag  des  Austausches  vom  Jesuiten-Provincial  vernehmen 
und  die  Unlerhandlung  beginnen  und  ihm  dann  darüber  Bericht 
erstatten  behufs  seiner  femern  Resolution.  0.  A.  —  Die  fernem 
Urkunden  über  diese  Verhandlung  fehlen;  jedoch  geht  aus 
einem  Schreiben  vom  Jahre  164S  hervor,  dass  als  der  deutsehe 
Orden  einen  Voranschlag  des  Tractals  machte  —  und  wahr- 
schdniich  überspannte  Forderungen  stellte,  —  die  Jesuiten  selbfit 
von  der  Unterhandlung  zurücktraten ,  und  so  ruhte  denn  diese 
Angelegenheit,  bis  sie  nach  13  Jahren  wieder  vorgenommen 
wurde.  — 

Johann  Caspar  von  Stadion,  Administrator  des  Hochmeister«- 
thums,  sehreibt  am  15.  Februar  1631  an-  den  Lendeomtur 
Johann  Gaudenz  Freiherrn  von  Wolkenstein :  er  habe  dessen 
Sehreiben  vom  24.  November  1630  erbalten,  worin  er  sich  bei 
ihm  entschuldigt,  dass  er  die  auf  Jacobitag  zur  katholiseheii 
Liga  zu  leisten  versprochene  Contribution  von  1000  flL  nicht 
leisten  könne,  bis  die  Infection  an  den  Gränzen  etwas  nacfalasfle, 
auch  der  Verkehr  wieder  etwas  in  Gang  komme  ^  und  um 
Geduld  gebeten;  somit  habe  er  bisher  die  Sachen  anstehen 
lassen.  Zwar  wollte  er  gerne  ihn  und  die  ihm  anvertratite 
Bailei  noch  länger  verschonen ,  da  er  aber  fast  tügJich  ^ur  Ab* 
ffihrung    der    ihm    und   dem    Orden    auferlegten   Contribution 


—    167    ^ 

genakol  werde  und  die  BaUei  Franken  so^ht  Last  wioM^liGh 
erKhwiDgea  könne,  so  köane  er  ihn  unmdgiich  verfichonen  mit 
Anfforderimg  zur  Leistung  der  besagten  Summe,  um  ao  mehr, 
da  die  hfedion  an  den  Gränaen  nachgelassen,  aock  der  Friede 
eingetretea.  Daker  soll  er  alsbald  eine  starke  Sumaoe  nach 
Ifimberg  senden  n  Defaicirung  der  ihm  sugelheilten  Qoota 
and  »um  der  capltobrischen  Verwilligung  ein  Genüge  au 
leislen.  O.A. 

Dieser  Landcomtur  Jobann  Gandenz  Freiherr  von  Wolken- 
stein.Rodenegg  starb  am  2.  Februar  i637;  in  leUterer  Zeit 
halte  er  nach  noch  den  Titel:  rl^m.  kaiserlicher  Majestät  Kriegs<<> 
Oberster  gefDhrt.  —  Auf  ihn  folgte  Georg  Niclaus  Vintler  von 
Ptalsch  SU  Heilsberg;  dieser  erscheint  in  Urkttnden  vom  Jahre 
1626  —  1635  als  Comtur  zu  Sterzing.  Wahrscheinlich  wurde 
€r  nach  dem  Tode  seines  Vorfah^ers  anfangs  nur  als  Statthalter 
and  erst  1641  als  Landcomtur  bestellt;  auf  seinem  in  der 
Comende  zu  Lengmoes  befindlichen  Poctrftte  heisst  es:  wurde 
Landcomtur  der  Bailei  Elsch  1641. 

Unter  diesem  Landcomtur  tauchte  wieder  das  Bemtthen  der 
Jesaiten,  die  Comende  zu  Trient  vom  deutschen  Orden  an  sich 
sa  bringen  auf.  Der  schon  erwähnte  Johann  Caspar  v.  Stadion, 
Administrator  des  Hochmeisterthums ,  schreibt  vom  kaiserlichen 
Basptqttartier  Vacha  aus  am  25.  Juli  1640  an  Georg  Niclaus 
Tmkler,  Statthalter  der  Bailei  an  der  £tsch,  Comtur  zu  Weggen- 
slön :  er  habe  nicht  bloss  vernommen,  dass  die  Ordens-Comende 
io  Trient  ziemlich  dem  Untergänge  zugehe,  was  er  ungern  sehe 
und  nicht  gestatten  könne,  sondern  entnehme  diess  auch  aus 
einer  Bittschrift,  der  Jesuiten.  Et  möchte  nun  die  eigentliche 
Beschalenheil  der  Comende  wissen,  und  verlange  daher  von 
ihm  daröber  Bericht*  Zugleich  prägt  er  ihm  ein,  sich  den 
Dienst  Gottes  und  die  Armen  wohl  befohlen  sein  zu  lassen.  0.  A. 
Gleichzeitig  gab  selber  aber  auch  den  Jesuiten  eine  abschlägige 
Antwoil,  —  In  der  nemlichen  Angelegenheit  schreibt  a!m 
4.  Febmar  1641  von  Meigentheim  aus  derselbe  Administrator 
des  Hoehmefetmrthums  an  Gciorg  Niclaus  Vintler,  Statthalter  der 


.     —    168    ~- 

Ballei  an  der  Etsc^  und  Comtar  zu  Weggeosteiu :  wass  dessen 
am  26.  August  1640  wegen  Verttusserung  der  Comende  Trieat 
ihm  übersendete  Bedenken  betreffe,  so  lasse  er  es,  bei  dem 
dem  Jesuiten-Provincial  am  25.  Juli  1640  gegebenen  Bescheide 
bewenden  und  trage  ihm  auf,  diese  Comende  dem  Orden  xu 
Nutz  und  Ehren  in  gutem  Bau  und  Bestand  zu  erhalten;  soll 
sich  den  Dienst  Gottes  und  die  Armen  empfohlen  sein  lassen. 
0.  A*  —  Auch  der  nach  dem. Tode  Stadions  erwtfhlte  Admini^ 
strator  des  Hochmeisterthums,  Leopold  Wilhelm,  Erzherzog  von 
Oesterrdch,  Bischof  zu  Strassburg,  Halberstadt,  Passau  und 
Olmütz,  kaiserlicher  General  über  die  kaiserliche  Armada  und 
Gubernator  des  Königreichs  Böhmen,  erliess  an  den  nunmdirigen 
wirklichen  Landcomtur  Vintler  von  seinein  Hauptquartier  zu  Neiss 
aus  am  26.  Juli  i642  ein  Schreiben:  er  habe  ihm  schon  noi 
11.  Juni  d.  J.  von  Wien  aus  befohlen,  ihm  umständlichen 
Bericht  wegen  Verwechslung  der  Ordens- Comende  zu  Trient  an 
die  Jesuiten,  —  welche  Graf  Gallas  begehre,  ^  einzusenden^ 
und  da  er  seitdem  vernommen,  dass  diese  Comende  nicht  bloss 
an  Gebäuden  9  sondern  auch  in  andern  Dingen  sehr  berabge- 
kommen,  so  möchte  er  auch  die  Ursachen  davon  wissen,  und 
verlange  von  ihm  nicht  nur  Bericht  darüber,  sondern  aucli 
Vorschläge,  wie  diesem  Zustande  abzuhelfen  sein  möchte.  0.  A.. 
In  Folge  dieses  Auftrags  hielt  der  Laqdcomtur,  der  damals 
zugleich  auch  Gerichtsherr  von  Laudegg  war,  am  22.  Septem- 
ber ,  1642  zu  Weggenstein  ein  Gapitel  mit  Johann  .  Oswald, 
Freiherm  von  Hendl,  Comtur.su  Sterzingen,  Christoph  Trapp, 
Comtur  zu  Schlanders,  Virgil  Vintler,  Comtur  zu  Trient,  und 
Hans  Weidmann,  Deutschordens-Priester  und  Pfarrverwa|ter  zu 
Mareit;  nach  reiflicher  Ueberlegung  fassten  sie  folgenden  Be- 
schluss :  Obschon  der  Orden  keine  Ursache  htftte,  diese  Comende, 
welche  derselbe  wegen  bequemer  Lage  und  grosser  Ausdeh- 
nung sehr  geschätzt,  zu  vertauschen,  so  wäre  man  doch  auf 
starkes  Andringen  der  Jesuiten  geneigt,  ihnen  die  Abwechslung 
zu  gewähren,  aber  unter  folgejaden  Bedingungen:  1)  die  P.  P. 
Jesuiten  sollen  den  freiherrlich  Völsischen  Palast,  der  eben  feH 


r 


—    469    — 

Bei,  oder  eisen  andern  annehadNiren  Palasi  sammt  einem  fireien 
Raam  dabei  zum  Asyl  kaufen  und  dem  Orden  überlasaen. 
2)  Alle  auf  diesem  Gebfiude  elwa  haftenden  Lasten  auf  ihre 
Kosten  ablösen.  3)  Dameben  eine  Capelle  und  Kirehhof  ihn. 
lieh  denen  der  bisherigen  Comende  auf  ihre  Kosten  errichten; 
der  Orden  nhnml  auch  alle  Ornate  der  alten  in  die  neue  Capelle 
mit.  4)  Sollen  die  Jesuiten  es  erwirken,  dass  das  Asylrecht 
und  andere  Immunitäten,  RegaKen  und  Rechte  sowohl  kirdüiche 
ds  poitisehe,  welche  bisher  dem  alten  Comende-Gebände 
inhirirend  waren,  auf  das  neue  übertragen  werden;  endlich 
5)  noch  flberdiess  dem  deutschen  Orden  20,000  fl.  in  baarem 
Gelde  bezahlen.  0.  A.  —  Man  sieht,  die  Forderungen  an  die 
Jesniten  wareir  derart  gestellt,  dass  sie  einer  abschlägigen 
Antwort  gleich  kamen.  —  Am  29.  September  1642  theilte 
der  Landcomtur  Vintler  dem  Administrator  des  Hochmeister- 
thums  diesen  Capitelbeschhiss  mit  nnd  begleitete  ihn  noch  mit 
einigen  Bemerkungen :  bereits  im  Jahre  1627  wären  die  Jesuiten 
abscU^ig  beschieden  worden,  ebenso  auch  vom  verstorbenen 
Administrator  im  Jahre  1640.  Die  Comende  Trient  geniesüe 
enie  sehr  heitere,  bequeme  und  gesunde  Lage,  welche  sonst 
schwer  xu  finden,  und  sei  dazu  in  der  durch  das  letzte  Con- 
ciliom  so  berOhmten  Stadt  gelegen;  zudem  habe  selbe  einen 
Wein*  nnd  Krautgarten  von  bedeutendem  Umfange,  dass  selber 
sdioB  in '  einer  solchen  Stadt  ,^  abgesehra  von  den  Gebftuden, 
viele  tausend  Gulden  werth  wttre  und  Jähriich  einen  bedeuten- 
den Ertrag  abirerfen  könne.  Ferner  gehöre  zur  Comende  eine 
■tthie ,  welche  jährlich  120  Staar  Getreides  zinse  und  zvdem 
der  Comende  das  oothwendige  Getreide  umsonst  mahle.  Zu-* 
den  sei  das  Gebäude  standesmässig  nach  Ordenssitte  mit  Zim- 
meni.  In-  und  Zugebäuden  genugsam  versehen,  habe  einen 
grossen  schönen  Hof  und  bequemen  Asylort;  die  Ordens-Capelle 
sei  mit  räumlichem  Friedhofe  versehen»  von  aussen  zwar  ein 
äUicbes,  jedoch  starkes  und  seines  Alt^v' wegen  werthes  Ge- 
bäude, von  innen  aber  lieblich  und  nach  neuer  Form  berge- 
woniaf   der  Comtur    Wilhd»  Khuen    aber  2000  fl. 


-  m  - 

verwende!  Irabe«  —  Was  das  aiigebtieiie  Abuehmea  des  Hauses 
betreffe,  so  wisse  er  keines,  als  dass  in  Lftoge  der  Zeit  4i^ 
iedachvng  etwas  bauffiUig  geworden  and  zwar  desswegen, 
weil  die  Conende  meistens  durch  Amtteate  beseist  gewesen, 
da  von  den  Einkanften  der  Comende  ein  Riller  geringen  Unter- 
halt ziehe  und  dcsswegen  selbe  nicht  immer  von  einem  solehea 
bewohnt  werde;  das  schadhafle  Dach  kiVonte  jedoch  mit  weni« 
gen  hundert  Gulden  stattlich  reparirt  werden,  was  auch  bereit« 
geschehen  wflre,  wenn  nicht  das  ESnhommen  «ur.AbzahluBjg  der 
alten  Schuldenlast  hfitte  verwendet  werden  müssen»  —  Daher, 
wenn  durch  die  Verwechslung  einem  Ordensritter  nd>st  der 
standesmässigen  Wohnung  nicht  auch  an  wirUk^kem  Einkorn« 
men  ein  ergiebiger  Zuwachs  erzweckt  werden-  könne,  sei  es 
nicht  rfitblich  ein  solehea  altes,  berQhml^  und  gut  gdegeoea 
Rilterhaus  gegen  einen  andern  unzubereiteten  Ort  umzutauschen. 
—  Schliesslich  was  die  von  den  Unkosten  des  jOngslen  regens-p 
burgischen  Reichstags  auf  seine  Bailei  repartirten  355  fl.  54  kr. 
betreffe ,  so  wünschte  er  wohl ,  selbe  alsbald  an  die  Hergentn* 
heimische  Rentkammer  einzusenden,  da  aber  die  Einkflafte  der 
Bailei  meistens  auf  Wein  und  Getreide  fundirt  seien,  und- selbe 
erst  bis  Lichtmessen  zu  Geld  gemacht  werden  könnten,  so  bitte 
er  bis  diesen  Termin  um  Geduld.  0.  A. 

Auf  die  vom  Landcomtur  dem  P.  Joseph  Feurstein,  Reotor 
des  Jesuiten-^Gollegiuros,  mitgellieilten  Bedingungen  des  Capitri- 
Beschlusses  äusserte  sich  letzterer  folgendermassen:  s^er  aei 
ans  Mangel  genügsamer  Information  geBossen  und  die  geslellteo 
Bedingungen  würden  die  ganze  Verhandlung  vereiteln  zum  Nach* 
theil  des  deutschen  Ordens.  —  Die  Comende  sammt  Garleo 
und  Mahle  seien  höchstens  12,000  tL  werth,  hingegen  der 
angebotene  Völsische  Palaat  12,000—13,000  0.;  sollte  nun 
die  Societfit  noch  dazu  die  übrigen  Bedingungen  erfttllen  und 
darüber  noch  20,000  fl.  zahlen ,  so  würde  ihr  das  zaaammea 
bei  36,000  fl,  zu  stehen  komoMu,  wofür  sie  sieh  fast  ein  ganz 
neues  Collegium  erbauen  köoate.  Er  hätte  geglaubt,  der  deutsche 
Orden  sollte  sich  mit  Ud^rlassung  des  Völsischen  Palastes, 


r 


—    171    -^ 

Hersldlang  einer  neuen  Capelle  und  Friedhofs  und  2 — 3000  fl. 
Compensation  begnügen.  Die  SocieMI  biete  folgende  EuUckä- 
digmg  mr  Ueberiassung  der  btsberigen  Gomende  aammt  GarlM 
und  Mdhle:  den  von  den  Herten  Hieronymus  und  BonaTentura 
Qnefla  i€28  eriianflen  Palast  in  der  Gontrada  larga,  welcher 
ihnen  auf  14,986  fl.  an  stehen  komme;  darüber  noch  eine  auf 
ihre  Kosten  zu  erbauende  Capelie,  und  nebstdem  noch  eine 
Donation  von  2000  Thalem;  oder  aber  die  awei  Jobischen 
HiDser,  atif  5000  (1.  gesehltzt;  daza  wolle  sie  von  Rom  und 
den  erzherzogltchen  Patronen  die  Ein?erleibnng  des  den  Jesuiten 
verliehenen  Benefißiums  zu  Sigmundskron ,  weldhes  15,000  II. 
CapitaKen  hat,  in  den  deutsdien  Orden  erwirken,  somit  ausanw 
«en  20,000  fl.  Capital;  3000  fl.  davon  als  Donation  und 
5000  fl.  für  Erbauung  einer  neuen  Capelle ;  oder  endlich  -dem 
deutschen  Orden  nebst  EinrUamang  obgenamiter  zwei  Jobischen 
Hfiuser  noch  8300  fl.  Capital  flberlasaen,  0.  A. 

Am  .21.  Oetober  1642  schreiben  der  Deutschordeos-Canzler 
und  Rithe  zo  Hergentheim  an  den  Landeomlur  Vintler:  sie 
hutten  es  am  liebsten  gesehen,  dass  der  Antrag  der  Jesuiten 
wegen  Vertauschung  der  Gomende  zu  Trient  in  den  Ansdriicken, 
wie  von  seinem  Vorfahrer  setigen,  nerolich :  man  soll  ihn  damit 
nicht  femer  bdielligen!  —  von  ihm  beantwortet  wordeirwäre; 
sie  stellen  jedoch  die  Sache  dem  höhern  Uriheile  unter.  0.  A. 
—  So  sog' sieb  die'  Unterhandlung  noch  bis  zum  Jahre  1646 
fort;  der  Administrator  Erzherzog  Leopold  Wilhelm  war  dem 
Austausche  auch  unter  mildem  Bedingungen  nicht  abgeneigt; 
Ja  er  schrieb  sogar  am  22.  August  1644  von  Wien  aus  an 
den  Landcomtnr  Yintler:  er  habe  die  Balteien  Elsass,  Oesterreich, 
Coblenz,  Pranken,  Blessen  uiid  Westpbalen  nebst  seiner  Regie- 
rung zu  Hergentheim  um  ihr  Gutachten  in  Hinsicht  obigen 
Austausches  angegangen  und  alle,  mit  Ausnahme  der  Regie* 
rang  und  des  Landcomturs  in  Praahen ,  stimmten  für  die  Ab-» 
wechslung  unter  den  Bedingungen  des  Capitelbeschiusses,  aach 
wenn  die  geforderte  Summe  von  20,000  fl.  in  etwas  ermiHssigt 
wirde.    Er  «olke^  mit  den  Jesiillea  verhandeln  und  das  Resultat 


—    171    - 

derselben  seiner  Zeit  zor  Begufachtuag  ihm  xusenden.  0.  A.  — 
Allein  die  von  den  Jesuiten  gemachten  YorscUfige  sagten  dem 
ohnehin  gegen  den  Verkauf  gestimmten  Landcomtor  Vintlet 
gar  nicht  zu ;  er  schrieb  daher  An  29.  November  1644  an  den 
Administrator :  es  sei  am  Besten ,  dkr  Sache  auf  sich  beruhen 
ixL  lassen,  und  am  18.  Hai  1646  schrieb  derselbe  an  seinen 
Agenten  in  Trient :  es  werde  sehr  wahrscheinlich  P.  Gravenegg 
wegen  Auswechslung  der  Comende  za  Trient  mit  ihm  verhan- 
deln wollen;  er  seäe  demselben  nur  beständig  antworten:  der 
Landcomtur  sei  entschlossen,  bei  den  Bedingungen  des  CapiteU 
Beschlusses  stehen  zu  bleiben  und  in  nichts  davon  abzugehen; 
wollten  die  Jesuiten  seihe  nicht  eingehen ,  so  sollten  sie  ihn 
und  den  Deutschordens-Adminislrator  femer  nicht  mehr  wie 
bisher  behelligen;  er  werde  ihnen  keine  Antwort  mehr  geben. 
0.  .A.  —  So  zerschlug  sich  die  Verhandlung  w^gen  Verwechs- 
lung des  Gemeinde- Gebäudes  an  dem  unbeugsamen  Stansimie 
der  Deutsehordens-Ritter,  um  nach  27  Jahren  die  gftnziiehe 
Veränsserung  aller  Besitzungen  der  Comturei  unter  einem  weit 
geringem  Preise  realisiren  ^u  können  I 

Im  Jahre  1655  erlaubte  dbr  Landcomtur 'Vlntler  die  Er- 
bauung einer  Capelle  in  dem  zur  Deulsehordens^Pfarre  Leng^ 
moos  gehörigen  Weiler  Unter-Azwang,  deren  Erbauung  HelcUiMr 
Azwanger  zur  Zeit  der  in  den  Jahren  1635  und  1636  regieren^ 
den  Pest  verlobt  hatte,  sowie  die  Stiftung  dreier  vom  Pfarrer 
zu  Lengmoos  zu  besorgenden  Hessen  daselbst;  geschehen  am 
12.  Jlinner  1655.  0.  A.  —  Uebrigens.  machte  sich  dieser  Land« 
Comtur  Georg  Niciaus  Vintler,  Gerichtsherr  der  Herrschaft 
Laudegg ,  um  die  ihm  anvertraute  Bailei  verdient ,  dass  er  tm 
Jahre  1657  verschiedene  Crrundstttcke  zur  Bailei  ^kaufte,  und 
überhaupt  vei-pftindete  einlöste,  die  Güter  mit  bedeutenden 
Kosten  verbesserte,  namhafte  ältere  Schukfen  der  Landcomende 
tilgte  und  ein  kostbares  schönes  Silberservi^  anschaffte ,  und 
noch  am  i.  December  1661  das  FrOhmess-Benefieium  bei  der 
Deutschordens-Pfarre  Lengmoos  stiftete  mit  Vorbehalt  des  Patro^ 
nats*Rechts  für  den  deutschen  Orden.  —  Gegen  finde  Decembevs 


—    17S    — 

1661  slwb  er  nach  23jihriger  guter  Verwaituig.   --   Auf  ihtt 
fdgte  ab  Lndconliir 

Johann  Jaeob  Graf  von  Tbann,  wirklicher  kaiserlicher 
CanaMrer;  er  war  am  24.  April  1657  eingekleidet  worden 
nad  nachdem  er  vom  Jahre  1657  bis  1662  in  Siebenbürgen 
und  Ungarn  tapfer  gegen  die  Türken  gekämpft,  im  23.  Lebens-  ^ 
Jahre  am  11.  Fri»niar  1662  ehmtweilen  snm  Statthaller  ernannt; 
erat  am  31.  Hai  1662  erfolgte  seine  Bestfttignng  als  Land^ 
Gomtnr  dardi  den  Administrator  Bnhenog  Leopold  Wilhelm. 
O.  A*  —  Gleich  beim  Antritte  seines  Amtes  drohten  ihm  Ver- 
wicklnngen  mit  der  Landesregierung ;  der  Landesfürst  Eraheneg 
Ferdinand  CM  stellte  an  die  Regierung  die  Anfrage:  ob  es 
nicht  wegen  bindesfürstiichen  Interesses  erforderlich  sei,  bei 
der  luTcntirung  der  HinteriassenschafI  des  verstorbenen  Land- 
Comtnrs  Yintler  Jemand  von  der  Landeshanptmannschaft  dasn 
nbsnordnen;  allein  der  Prilsident,  Cander,  die  Regenten  und 
mthe  der  oberOsterreichischen  Regierung  erwiederten  hierauf 
am  15.  Februar  1662:  sie  hfltten  gefunden,  dass  weder  bei 
dieaem  noch  andern  dergieipben  TodfUUen  von  Seite  fürstlicher 
Dttrchbacht  etwas  vdhnnehmen  sei;  sondern  vermOg  püpsfilicher 
ancb  hals.  kdn.  Exemtionen  Alles  und  J^des,  auch  die  Wahl 
des  Landcomtnrs  und  der  Comtnre  den  Administratoren  des 
dentsehen  Ordens- als  ordentlichen  Oberherren  zustehe  und  nur 
nach  geschehener  Wahl  des  Laadcomturs  der  Erwühlte  dem 
Landeefilrslen  als  Schutz-  und  Schirmherm  zur  Eingebung  des 
Possesses  prüseatirt  werden  und  diesem  dann  schwteen  und 
der-  Unterwürfigkeit  halber  einen  Revers  ausstellen  müsse. 
Allerdings  l)ei  Betrachtung  dieses  Reverses  der  Landcomture 
Buchte  es  Schemen,  dass  fürstliehe  DnroUaucht  befugt  sei, 
bei  der  Abhandlung  der  Hinterlassenschaft  eines  Landcomture 
Jemand  anwesend  zu  haben,  um  zu  wissen,  ob  von  den  Ordens- 
Gileni  und  Einkommen  mchts  ausser  Land  ,  verwendet  worden, 
da  eia  Landcomtar  wie  ein  anderer  Landsmann  sich  unterwürfig 
nacht  aad  folglich  bei  Inventirung  seiner  Hinterlassenschaft  die 
liadcsfflrftliche  Jurisdiction  nicht  sollte  bei  Seite  gesetzt  werden. 


—    174    — 

Allein  aus  obifen  flrflbdeD,  und  Wtftil  der  Qrde«  im  c^ai«- 
theillgen  Falle  alsbald  ttber  PrfljudiciraDg  aeiier  Freiheiitea-  \mm 
Grossmeister  Enherzog  Leopold  sich  beklagen  würde «  8ti  es 
tttchi  rftdilich.  —  Da  auf  nochmajige  Zuscbrift  des  Enberaogs 
Ferdinand  Carl  selbe  am  26.  April  d.  Js.  oeuerdiigs  attiworte* 
ten  :  es  sei  nicht  rftlUich;  der  Brzheraog-  möge  mit  dem  Qroflft- 
meister  darttber  uoterhandeln ;  so  beliess  er  es  eitdlieh  daseh 
Rescript  vom  13.  Hai  1662  beim  bisherigen  Herkommen,  aar 
mit  dem,  dass  die  Kegieraiig  dUftJi  den  Landesbaiiptman« 
sorge ,  dass  der  ernannte  Landcomlur  nicht  Possess  ergreife, 
be?or  er  den  Revers  ausgesteili  habe*  QStaUK'^Arekh»,')  — 
l>ooh  dieser  Revers  iiess  auf  sich  warten;  sehr  wahrsebeiiilidi 
durch  den  Hoch-  und  Deutschmeister  selbsl  disn  aufgefordert» 
woNie  der  neue  LandcoiAtur  Thunn  sieh  nickt  dazu  ventefaen, 
diesen  hfstigen  Revers  auskuslellen.  Am  20.  Februar  1663 
klagt  die  oberösterreichiscke  Regierung  bei  dem  neuen  Landes-* 
fttrsten  Brakerxog  Sigmund  Frans,  dass  der  neue  Landcomliir 
bisher  unter  nichtigen  Ausflachten  die  Ausstellung  des  Reverses 
verxOgert.  habe;  sie  raihet  also  dordi  den  Landeshaupiniann 
demselben  einen  achttägigen  Termin  dazu  zu  stellen  omI  im 
fortgesetzten  Weigerungsfälle  auf  die  iandcomturllchen  EinklliiAe 
und  Nutzungen  Beschlag  zu  legen.  Am  28.  Februar,  bestitigte 
der  Erzherzog  diess  Gutachten  mit  Befehl  der  Volfadehm^^ 
CStatth.^ArchioJ  —  Endlich  Anfangs  Harz  1663  lief  der 
geforderte,  bereits  am  12.  Februar  ausgefertigte  aber  venOgerle 
Revers  ein,  und  dadureh  ward  jene  Beschlagnahme  gehoben. 
CStaiiti.'-ArehioJ 

Was  sein  Vorfahr  unter  gttnstigeo  Bedingungen  auf  An- 
langen der  Jesuiten  durchaus  nicht  zugeben  wollte,  nemlich 
den  Umtausch  des  Comende-Gebäudes  zu  Trient ,  das  sah  sich 
der  Laiidcomtur  Thunn  geaOlhigt,  aus  wichtigen  Gründea  von 
freien  Stücken  zu  beantragen.  Ja  noch  mehr,  nemlich  dkt 
gänzliche  Auflassung  jener  Comturei.  —  Im  Jahre  1669  klell 
derselbe  eine  Generalvisitation  der  Raliei  und  in  Folge  derselben 
am  6.  September  1669   in  der  Landcomeode  Weggenstein  ein 


_    176    — 

CbpM  iB  Ocgeawart  d»  Bn.  Bkrauirich  von  Pteyiach  sii 
KatieniiiDgeii,  Comio»  ib  LengmoM,  und  trog  uDter  ABderm 
tw:  ei  wire  der  BaMei  seht  »iMglich^  wenn  die  Comendie 
Trient  mmt  den  dam  gehörigen  Binkllnflen  und  Gereehlig« 
keüen  veiineB^  and  der  KaufsehlUing  aof  dem  Grunde  langes* 
füntfcker  Jnrisdielion  «im  Ankaufe  von  Grand-  und  HerieiH 
CSttlen  Ycrwendel  würde,  and  zwar  $m  folgenden  GrOndea; 
i)  sei  der  Brlrag  dieser  Comende  so  seUeehl,  dass  ein  Comtur 
sich  nidit  erhalten  könne  ^  weaswegea  selbe  fUr  ein  jährliches 
Bestandgeld,  welches  jährlich  nur  630  fl.  abwerfe ,  in  Pacht 
haue  flberlassen  werden  müssen;  2)  sei  man  wegen  dieser 
Comende  and  des  Ordens  Freiheiteo  mit  den  Trientnern  in 
bestilndiger  Differenz,  zu  deren  Beilegung  ein  grosser  Theil 
des  obigen  Pachtgeldes  verwendet  werden  müsse;  3}  hätten 
sich  die  Trientner  erfrecht,  des  Hauses  Freiheiten  zu  verletzen, 
indem  sie  sowohl  zn  seinen  als  seines  Vorfahren  Zeiten  gegen 
das  demselben  zustehende  Asyl-»Recht  dorthin  sich  Flüchtende 
mit  Gewalt  darans  entführt  hiltten;  da  Trient  an  der  Gränze 
von  Italien  gelegen,  wo  ji^hrlich  viele  Mordthaten  vorfallen,  und 
viete  H&rder  das  Asyl-Recht  in  der  Cemende  suchen,  so  sei 
daran  dieselbe  vielfältigen  Ungelegenheiten  und  Unkosten  aus- 
•  gesetzt;  5)  sei  die  Comende  in  solcher  Unsicherheit,  dass 
nnUingst  bei  heHem  Tage  vom  hohen  Stadtthorme ,  unwissend 
aas  welcher  Ursache,  auf  selbe  herabgeschossen  worden,  wobei 
der  Amtmann  und  die  Seinen  in  grosse  Lebensgefahr  gerethen; 
6)  darch  oben  iierflhrte  Verhältnisse  der  Trientner  zur  Comende 
emnthigt,  hatten  viele  der  Comende  zinspflichtige  Pariheien 
ihre  Pflicht  abgeleugnet,  wohl  wissend,  dass  der  Orden  wenig 
Sdmls  finde^  und  dadurch  seien  nicht  wenige  Zinsgilten  dem 
Hanse  verloren  gegangen ;  7}  endlich  sei  das  Comende-Gebäude 
so  baafiillffg,  dass  es  mehr  einer  Ruine  als  ein^  Comende 
gleiche,  oad  zn  deren  Wiederherstellung  etliche  tausend  Gulden 
erforderlich  wären.  —  Aus  diesen  und  andern  Gründen  halle 
er  es  für  thnnlicher,  die  ganze  Comende  Trient  zu  veräussern 
and  den  &lOs  auf  Ankauf  erträglicher  Effecten  zu  verwenden, 


—    I7f    — 

die  dann  der  dem  Orden  sngelittrigen  Pfme  Laaa  iacorporirt 
und  dadurch  selbe  m  einer  Ordens-Conende  erheben  werdtsB 
könnten,  auf  welcher  ein  Ordensritier  wie  in  andern  Comendea 
sich  gut  ztt  erhalten  im  Stande  wfire,  was  der  Bailei  snr  Ehre 
und  Nutzen  gereichte.  —  Das  Capitel  billigte  diesen  Antrag 
und  beschioss  zugleich,  bevor  man  die  Suche  an  den  Hoob- 
und  Deutschmeister  gelangen  lasse,  sdbe  zuvor  dem  Comlar 
von  Sterzing,  Georg  Balthasar  Yintler,  der  wegen  KrUnkliehkell 
dem  Capitel  nicht  beiwohnen  konnte,  zur  Begutaehtang  ndtiiiF* 
theHen.  0.  A. 

In  Folge  dessen  gab  Im  Jahre  1671  der  Hoch-  and 
Deutschmeister  Johann  Jacob  von  Ampringen  mit  Wissen  des 
General-Capitejs  dem  Landcomlur  Thunn  die  Erlaubniss,  die 
Comturei  zu  verfiussem,  mit  der  Bedingung,  die  erlöste  Summe 
zur  Wiederaufrichtung  der  dornende  und 'Pfarre  Lana,  wdche 
vor  Zeiten  eine  Comende  gewesen  sein  soll  *) ,  zu  verwenden, 
damit  so  die  Zahl  der  Comenden  wieder  complet  würde.  0.  A. 
--  Der  Landcomtur  Graf  Thunn  schritt  nach  erhaltener  Er« 
laubniss  ungesäumt  zur  AusfOhrung;  in  dem  Zeiträume  vom 
30.  Juni  1671  bis  9.  Juni  1673  verkaufte  er  durch  seine  Be- 
vollmächtigten alles  zur  Comturei  Trient  Gehörige,  und  zwar 
am  5.  September  1672  das  Comende-Gebfiude  zur  hl.  Elisabel* 
gelegen  bei  St.  Maria  Haggiore  sammt  Kirche,  Garten  und  was 
dabei  gelegen,  insgemein  il  Fralemanno  genannt,  dem  P.  An- 
ton Spinelli,  Thealiner  und  Beichtvnter  des  Ghurfttrsten  von 
Baiern,  als  Gewalthaber  der  Theatiner  oder  Cajetaner  um 
3375  fl.  **);  die  verschiedenen  Grundzinse  an  Verschiedene  für 
10,218  fl.  6  kr.  und  die  Zehenten  fdr  1890  0.  —  Somit  betrug 
der  Gesammt-Erlös  nicht  mehr  als  15,483  fl.  6.  kr.  0.  A.  — 
So  endete  nach  (last  400jahrigem  Bestände  die  Deutschordens- 


^)  Hierin  war  der  Hoch-  und  Deutschmeister  im  Irrthume,  denn 
7A\  Lana  war  nie  eine  Deutschordens-Comende. 
*♦}  Die  Thealiner  erriclilelen  dort  ein  Kloster  ihres  Ordens,  welches 
aber  i.  J.  1727  in  den  Besitz  der  Ursulinerinen  überging. 


Conende  Trieat,  ood  die  Deutseliordeiu^BftHei  an  der  Eteidi 
wurde  dadureh  bloss  aaf  Deatsoh*Tirol  beschränkt 

Wl  dem  erlösten  Gelde  kaufte  der  Ltndeomlar  Graf  Thuna 
TO«  Johann  Emanuel  Graf  von  Ans ,  baiertschen  Kanmerberra 
lind  dessen  GenaMm  Maria  Sosaami  Payrin  von  Caklif  iind 
Aitkhen  am  22.  September  i672  das  ehemalige  Sefarofen- 
^ieinisdie  und  niuimebr  Payrisebe  Urbar,  nemiich  an  Geldaeios 
50  fl.  42  kr.;  8  St.  Waisen,  54  Sl.  Roggen,  1  St.  Gerste, 
22  St.  Eotter,  5  Hahner,  17  Gapfinner,  2  KiUe,  1  grauea 
Hasen,  6  Schweinschultem  und  30  Eier;  dann  3  Ihm  Wein, 
85  Ihm  Host  nnd  4  Ihrn^Laitacher  Host,  zudon  von  5  Gtiiera 
gamseo,  von  i  halben  und  von  1  d^/Dritiheil  Zehent;  davon 
nmssten  aber  wieder  19  fl.  30  kr«  hiiiausgezinst  werden;  Alles 
am  8800  fl.  rh. ,  welche  Summe  er  den  Verfcftufero  alsogleich 
erlegte.  0.  A.  —  Weil  aber  der  Vormund  der  Benedict  von 
MamiBgischen  Kmder  gegen  diesen  Verkauf  Emspracbe  that^ 
weil  er  das  Ablösungsreeht  mehrerer  dieser  CHIIen  prfttendirte^ 
so  kam  unter  Vo^mittlnng  de^  kaiserlichen  Commisaärs  Franc 
Freiherra  von  Enzenberg  am  19.  Mai  1673  ein  Vergleich  zu 
Stande,  vennOge  welchem  am  28.  Juni.  1673  der  Landcomtai 
des  Friedens  halber  für  1900  fl.  einen  Theil  dieser  Gilten  de» 
y.  Hamming  ttberliess.  0.  A.  —  Da  die  anstatt  der  aufger 
gebenao  Comende  beabsiefaiigte  Errichtang  einer  Comende  zu 
Lina  aus  uns  unbekannten  Gründen  nicht  zu  Stande  kam,  so 
Tomnigte  der  Landcomtur  das  Uebrige  des  obigen  Urbars  mit 
der  Laudcomende  Bozen. 

Unter  diesem  Landcomtur  erstand  auch  die  St.  Antonius- 
Kirelie  xu  Klobenstein  bei  Lengmaos;  da  die  in  der  Sommer- 
frische dort  weilenden  Herren  und  die,  Gemeinde ,  besonders 
Hr.  Caspar  Aichholaer,  Pfl^sverwalter  auf  dem  Ritten,  aus 
ehristiichem  Eifer  unter  dem  Schutze  des  hl.  Antonius  eine 
Capeüe  daselbst  zu  erbauen  wilnsehten  und  dazu  nicht  bloss 
von  der  landesfarstlichen  Herrschaft,  einen  Grund,  sondern  auch 
durch  fromme  Beisteuern  so  viele  Mittel  erhalten  hatten,  dass 
daa  fromme  Werk  ausgefOhrt  werden  konnte,   so  wandten  sie 

12 


_    171    _ 

sich  zuerst  an  deo  Landeomtar  Grafen  Tlaao ,  ab  von  Ordeu 
wegen  ordentliciien  Pfarrherrn  so  L^gmoos,  damit  selber  ihieii 
zur  Terwirkiioliiing  ihres  Vorhabens  seine  Einfril%ong  geben 
and  verhilflicb  sein  möchte.  Diesem  iöbliohen  Vorhaben  war 
der  Landeomtur  als  besonderer  Verehrer  des  hl.  Antdains  nicht 
abgeneigt,  jedoch  da  sein  pfarrKches  Amt  erforderte,  dass 
Alles  den  gefstUchen  Constitutionen  gemäss  vorgenommen  md 
der  Pfarrkirche  als  Hutterkirche  dadurch  an  tfaren  Reehlea 
nichts  benommen  würde,  so  traf  er  mil  ihnen  am  6*  Oclober 
1672  eine  Vereinbanmg  des  wesentlichen  Inhalts :  der  Verefai 
besorgt  den  Bau  nnd  die  Einweihung  der  Capeile ;  selbe  unter- 
steht als  Filiale  der  PAirrktrche  su  Lengmoos;  cur  EinhalUug 
der  Capeile  <Src.  werden  darin  vier  Jährikhe  GotteadieBste 
gestiftet,  die  der  Pfarrverwalter  besorgt;  ohne  Erlaubniss  des 
Laadcomtars  darf  in  derselben  kein  Begräbniss  oder  Kirchen-« 
Stuhl  überlassen  werden ,  damit  den  Rechten  der  Pfarrkirche 
nicht  derogirt  werde;  das  daselbst  fallende  Opfer  soll  xam 
Besten  der  Capeile  mit  Zustimmung  des  Pfarrverwalters  ver* 
wendet  werden.  An  Sonn--  und  Feiertagen  während  des  Haupt-* 
Gottesdiensles  in  der  Pfarre  darf  daselbst  nicht  Messe  gelesen 
werden  und  an  den  fünf  Hauptfesten  des  Herrn,  sowie  aas 
Patrocinlum-  und  KIrdiweihfeste  der  Pferre  überhaupt  keine.  — * 
Sollte  Je  daselbst  ein  Beneficiam  errichtet  werden,  so  darf  es 
nur  mit  Zustimmung  eines  jeweiligen  Landoomlurs  gesehebea^ 
und  jeder  neue  Seneßciat  muss  demselben  als  Pfarrer  ptifseatift 
werden.  0.  A. 

Uebrigens  war  dieser  Landcomtar  Graf  Thunn  ein  sehr 
frommer  nnd  wohlthfttiger  Mann;  sjßin  Lebfaearedner  Johann 
Jacob  Glier^  Capitular  der  Bailei,  Dr.  der  U.  Sdirift,  aposto-« 
Kscher  Prothonotar  und  Deuts^hordens-JYaiTer  za  Lepgmoos, 
prdst  an  ihm,  dass  er  5 — 7  Stunden  füglich  mit  Gebet  und 
Betrachtung  zubrachte;  fehlte  es  ihm  unter  Tags  wegen  G^^ 
Schäften  an  Zelt  dazu,  so  musste  die  Nacht  dazu  herhalten.  •— 
Oefters  und  sehr  gerne  hielt  er  sich  in  der  Comende  Schlanders 
auf,    thells   wegen   der   gesunden  Luft,  theils  auch  um  dea 


—    17»    ^ 

störenden  BesocJien,  denen  et  zu  Bottn  «usge^eUt  wBr,  jui 
entgehen.  Zu  Sohhinder«  spendete  er  bei  seinein  lägüchea 
Gange  in  die  Pfarrkirche  3  —  5  fl.  Almosen ;  den  Capn^inem 
und  Franciseanem  wochentlicb  eine  bestimmte  Portion  Fieiscb 
ond  monatlich  eine  bestlainte  Portion  Wein,  ond  den  Armen 
zn  Bozen  wochentHch  und  auch  täglich  reichliches  Almosen. 
Zn  Schhmders  errichtete  er  in  der  St  HIchaels-Ca pelle  die 
Braderschaft  zur  doppelten  Angst  Christi  am  Oelberge  und  auf 
dem  Calvarienberge,  welche  Papst  Innocens  XI.  am  10.  Septem- 
ber 1687  bestätigte.  —  Am  ersten  Sonntag  nach  Ostern  1689 
Int  er  mit  einem  Capfan  und  vier  Bedienten,  alle  in  Pilger-« 
Uettfem,  incogntto  to«  Bozen  ans  zu  Fuss  eine  Pilgerfahrt  nach 
Padna  und  Loretto  an ;  so  oft  er  das  hl.  Haus  daselbst  besuchte, 
▼erweilte  er  daselbst  durch  voDe  3  Standen  kniend.  —  Auf 
den  Ordensbesitsüngen  zn  Siebenaieh  Hess  er  zu  Ehren  des 
hl  Antou'tts  ehie  schüne  Capelle  erbauen ;  am  2«  April  1689 
legte  der  infultrte  Propst  von  Griess,  Jacob  von  Fedrizzi,  fbier« 
lieh  daza  den  Grundstein,  und  am  1.  August  1690  stand  sie 
vollendet  da;  der  Landcemtur  zierte  sie  mit  einem  schönen 
Harmor-^Altare  und  kostbaren  Kircben-Parameaten ,  und  der 
nemtiehe  Propst  weihte  selbe  am  5.  November  d.  X  feierlich 
eni.  O.  A.  —  Dabei  veraachläasigte  er  nicht  das  materiele  Wohl 
der  ikn  anvertraalen  Bailei;  denn  diesem  auf  seine  Kosten 
gefUirten  Baue  fügte  er  auch  jenen  des  Hairhofs-^WohngebäudQS, 
des  Sirchhof-Gebfiades  nebst  andern  Baulichkeiten  aus  eigenen 
Ktteln  bei,  so  wie  er  auch  mehrere  tausend  Gulden  aus  Eigenem 
aof  Veibesserungen  der  Ordensgüter  verwendete.  —  Nachdem 
er  39 V2  Jahr  die  Baliei  guf^ verwaltet  hatte,  starb  er  am 
2.  September  1701  zu  ScUanders  im  62.  Jahre  seines  Altera* 
—  Za  bemerken  ist,  dass  unter  diesem  Landcomtur  im  Jahre 
1700  folgende  und  darunter  sehr  ansehnliche  Pfarren  und  Bene- 
Ocien  zur  Bailei  an  der  Etsch  gehörten ;  nemlich  in  der  DiOcese 
Tffeat  die  Pfarren:  1)  Lana  mit  2  Cooperatoren,  2)  Sankihein 
mit  2  Cooperatoren,  3)  Passeir  mU  i  Cooperater,  4)  Lengmoos 
wut  1  Oaoperator,  3)  Dnterinn  mit  1  Cooperator,  6)  Wangen 

12» 


—    180    — 

ohne  Cooperator,  und  die  Caratien:  Moos,  Gargazon,  TMIan; 
endlich  die  Frühmess-Beneficien  zu  Lengmoos  und  Untenan.  — 
Alle  diese  Beneficien  zahlten  im  Jahre  1700  937  R.  Ballei-Con- 
lingent.  —^Ferner  in  der  Dlöcese  Cur  die  Pfarren:  i)  Schfam- 
ders  m)t  2  Cooperatoren  und  2)  Laas  ohne  Cooperator,  und 
di^  Curatie  Harteil.  —  In  der  Diöcese  Brixen:  1)  die  Pfarre 
Sierzing  mit  3  Cooperatoren  sammt  den  Curatien  Ried  nnd 
Gossensass,  2)  die  Pfarre  Hareit  mit  1  Cooperator.  —  Die 
mehreren  dieser  Pfründen  waren  dem  Orden  förmlich  incorp<n-irl. 
Nach  des  Landcomtnrs  Grafen  von  Thunn  Ableben  wurde 
Georg  Fridrich  Graf  von  Spaur,  Comtur  zu  Sterzing^  chur- 
baierischer  Cfimmerer  und  Obrist  tibear  die  Landmiliz  In  Tirol 
als  Statthalter  der  Ballei  an  der  Etsch  ernannt.  Bereits  noch 
bei  Lebzeiten  seines  Vorfahrers  hatte  derselbe  als  dessen  Ab* 
geordneter  dem  am  12.  Juni  1700  zu  Hergentheim  gehaltenen 
General-Capitel  beigewohnt.  —  Im  Jahre  1703  wurde  er  als 
Statthalter  bestätigt.  —  Während  seiner  Verwaltung  hielt  Im 
Juni  1702  Johann  Heinrich  Hermann  Freiherr  von  Kagehegg^, 
der  in  diesem  Jahre  der  Ballei  an  der  Etsch  einverleibt  und 
zum  Comtur  von  Schlanders  ernannt  worden,  Im  Auftrage  des 
Hoch-  und  Deutschmeisters  Franz  Ludwig,  Herzogs  von  Pfalz- 
Neuburg,  zugleich  Bischof  von  Breslau  und  Worms,  eine  Visi- 
tation der  Ballei,  wobei  er  wieder  die  Erhebung  der  Deatsch- 
Ordens^Pfarre  Lana  zur  Ballei  beantragte,  und  In  seiner  Relation 
Ober  die  Visitation,  dat.  Sterzing  8.  Juni  1702,  auch  diesen 
Vorschlag  vorbrachte;  dieser  wurde  auch  durch  Erlass,  dal. 
Breslau  am  23.  August  1702 ,  vom  Hoch-  und  Deutschnn^ister 
gebilligt,  auf  dass  dieZahlder  Ordensiitter  in  der  Ballei  an 
der  Etsch  gemehrt  würde;,  derselbe  meint,  man  solle  bei 
allenfallsigem  Tode  oder  sonstigem  Abtreten  des  jetzigen  Pfarrers 
von  Lana  dessen  Stelle  einstweilen  unbesetzt  und  die  Seelsorge 
durch  einen  Vice-Curaten  oder  Cooperator  besorgen  lassen, 
und  dann  von  ihm  fernere  einschlägige  Verfügung  einholen. 
0.  A.  —  Laut  Schuldschein  entlehnte  am  16.  Hai  1704  Georg 
Fridrich  Graf  von  Spaur,   Statthalter  der  Ballei  an  der  Etsch 


-    181    — 

«td  Comtar  xu  Weggensb^in  tod  Steningeo,  kai«eriieher  Land«» 
Olirisl  in  Tirol,  mid  Felix  Ferdinand  Graf  von  Arz,  Capilular 
der  Bollei  an  der  Etscb  ood  Comlur  zu  Lengmoos,  eine  Summe 
Geldes  von  Johann  Heinrich  Freiherr  von  Kageoegg,  Admiai* 
stralor  der  Jasziger,  auch  Grosa-  und  Klein-Cumanier  Diatricle 
in  Ungarn,  Raihsgebieliger  der  Bailei  an  der  Etsch,  CoroUir  zu 
FraiAfnrt  and  Schlanders.  0.  A. 

Durch  Erlass,  daL  Bozen  6.  April  1705,  erlaubt  der 
deulscbe  Orden  auf  insläodiges  Bitten  der  Filial^emelnde 
Wallen  in  Pasaeir  daaelbst  eine  Capelle  zu  erbauen  und  eine 
Ga|taiei  dazu  zu  atifleo ,  mit  der  Bedingnifls  jedoch :  1)  daaa 
«ich  die  Gemeinde  verpflichte,  die  Kirche  zu  bauen  und  mit 
aiiem  Ndthtgen  zu  versehen;  2)  dem  Caplan  ziemenden  Unter-* 
hau  zu  verschaffen,  so  dass  er  dem  deutschen  Orden  keine 
Voüvmesaen  wegnehme  oder  wie  immer  pritindicirlich  falle; 
3)  dasa  derselbe  ohne  des  deutschen  Ordens  oder  dessen  Pfiirrens 
zn  St  Leonhard  Erlaubniss  keine  öffentlichen  Andachten  hajte, 
predige,  Beicht  hlke  oder  andere  pfarrliche  Rechte  ausflbe,  und 
drai  Orden  ein  zu  bestimmendes  Recognitions-Quantum  bezahle; 
3)  dass  die  Caplanei  der  Deutschordens-Pfarre  St.  Leonhard 
als  ihrer  Mntterkirche  stets  mit  Recht  und  Gerechtigkeit  unter* 
Wolfen  bleibe;-  5)  dass,  wenn  mit  der  Zelt  eine  fixe,  genü- 
gende StiftUBg  zu  Stflnde  kommen  sollte,  der  Orden  das  Recht 
habe,  die  fisitation  der  Capelle  vorzunehmen,  auch  den  Schlttssel 
warn  Opferstocke  erhalte  und  im  Namen  des  Ordens  der  Kircben« 
Rechnnng  beiwohnen  dttrfe.  QUrkutUde  kn  Widum  %u  Walten J 

Der  nemliche  Statthatte  der  Bailei,  Graf  Spaur,  wurde 
■4t  dem  Fflrstblschof  von  Brixen,  Caspar  Ignaz,  in  einen 
Proeess  ,^  dessen  ungünstiges  Ende  für  den  deutschen  Orden  et 
nicht  mehr  erlebte,  wegen  Besetzung  der  Deutsefaordens-Pfarre 
Hareit  verwickelt ;  ersterer  präsentirte  auf  diese  durch  den  Tod 
des  Pfair-Administrators  Johann  Jacob  Kofler,  emes  Weltpriest^s, 
erledigte  Pfarre  einen  Deutscbordens-Priester,  Peter  Leehlhaler, 
bisherigen  Pfarrer  zu  Härtenden  aber  der  Bischof  von  Brixen 
daich  ein  Rescript  vom  5.  Novomber  1707  nicht  annahm  und 


—    18«    — 

zwar  aus  dem  Grande,  dass^  der  deatsclie  Orden  die  Pfanee 
Mareit  durch  zwet  Jahrhunderte  fast  ausschliesslich  mit  Welt- 
prlesteni  besetzt  hfitte,  und  daher  von  dem  Privüegiuln  der 
incorporation  deinen  Gebrauch  gemacht,  welchea  deoMiach  knft 
der  Bestimmungen,  des  Concih'ums  von  Trieot  als  nicht  vorlian«* 
den  angesehen  werden  konnte.  Da  eine  friedliche  Ausgleichung 
nicht  zu  erwarten  war,  so  wurde  nach  einem  Pro? incialhesehlusse 
der  Bailei  an  der  Etsch  der  PrOoess  bei  der  Rota  Romaoa 
förmlich  eingeleitet.  —  Wir  Jiönnen  dieaem  Proeesse,  Jer 
20  Jahre  dauerte,  in  seinen  verschiedenen  Phasen  wegen  seiner 
Weitschweifigkeit  nicht  folgen;  wer  ihn  weitlftnftger  durch«* 
geführt  lesen  will,  den  verweisen  wir  auf  die  Darstellung  des«» 
selben  und  die  Beweise  fUr  das  Recht  des  deutschen  Ordens 
durch  Dr.  Beda  Dudik,  Archiv  für  Kunde  Osterr.  Gescbickts* 
Quellen,  17.  Band,  8.  119—125,  und  bemerken  nur,  dass 
der  Process  zuerst  durch  eine  Entscheidung  der  Rota  vom 
22.  Juai  17iO  seine  Erledigung  zu  Gunsten  des  Bisekefs  von 
Brixen  fand.  —  Des  Streites  mlide  und  scheuend  die  Proeessr- 
Kosten  betraten  beide  Parteien  im  October  17iO  den  Weg  der 
friedliehen  Ausgleichung,  Hessen  den  Pr^»cess  zu  Rom  ein^ 
stellen  und  trachteten  am  i3.  Juni  1711  eine  Vereinbarung 
abtuschliessen ,  welche  jedoch ,  da  der  Bischof  das  Recht  ver^ 
langte,  all6  fflnf  Curatien,  die  der  Orden  in  der  Brixner  Diöcese 
hatte,  nemlieh  Hareit,  Sterzing,  Gossensass,  Ried  nVd  Brenner 
nur  mit  Weltpriestem  zu  besetzen ,  vom  Orden  nicht  ratifietrt 
wurde;  wesshalb  den  Process  in  Rom  weiter  zu  fahren  bdoh^ 
len  wurde. 

Neue  Verwickiupg  brachte  der  Tod  des  Pfarrvarwesera 
der  Deutschordens*Pfarre  Sterzing  >,  Franz  Harquart ,' .  der  als 
Weltpriester  dieselbe  innegehabt.  Der  Landcomtur  Hagenegg 
prfisentirte  am  27.  September  1716  den  Deutschordens-^PHester 
Johann  Wellenzon ,  und  als  der  Bischof  von  Brixen  densetben 
nicht  annahm,  den  Deutsehordens«-Priester  Ignaz  Lieb  von  Lie* 
benberg ;  doch  auch  diesen  nahm  consequenterweise  der  Bischof 
nicht  an.   —    Verschiedene  Ursaehen  veraOg<;ilea  den  Rechts«» 


—    188    — 

S|neb.  Erst  am  6.  Mai  1720  kiMinle  auf  Caavattan  dea 
Ditheils  der  Rute  vom  27.  Juni  i7i0  aagetrageo  tuid  u» 
Revisiott  das  ganien  Proeeases  bei  d^r  Rata  asgeaocht  werdeo. 
Diese  erfolgle  ^un  10.  Jüoaer  1721  uad  abernals  zq  Gaaatea 
des  Biai^holi  von  Brixen  mit  dem  einfaekea  Spruehe:  Coih 
Stare  d»  bono  jure  Episcapi  el  slandam  ease  ia  deeisis  bctis 
27.  Jonii  1710;  ebenso  wurde  aoch  aaf  eine  am  23.  Jaai 
1721  vom  Orden  eiogereicbte  Gegenscbrift  noch  am  aemlicbea 
Tage  der  Bescblnss:  maneadam  in  deeisis,  poblioirt»  —  Neue 
Verwebe,  den  langwierigen  Streit  durch  ein  friedliches  Com-» 
promiss  zu  Ende  zu  bringen,  fahrten  zu  nichts:  endlich  am 
3.  JuH  1726  dtirte  AldoYrand,  Erzbischof  von  Oieuetoarea  und 
Becan  der  Rota,  den  Nieolaus  Righi,  Procurator  das  deutsehea 
Ordens  v«r  sich  und  publicirte  ihm  folgenden  Ausspruch  der 
Riala :  Decemimus,  deciacamus  firam  remaneate  mandato  de  nanur 
laaeodo  per  nos  relaxato  favore  Ceisissimi  Gpiseepi  (Brlxinensis) 
bi  possessiooe  seu  quasi  mslitueadi  damtaxat  vicarios  sea 
prasbyteros  saeculares  et  perpetoos  per  dictum  iacUtam  Ordinem 
sao  Comroeadatarios  pro  tempore  präsealandos  ad  prüfatam 
eecleaiam  sancti  Pancratii  omnesqoe  alias  ad  dictum  Ordiaefli 
apectantes ;  constitisse  de  bono  Jure  dicti  Ceisissimi  Episeopi 
noa  iastüueadi,  quam  Presbyteros  saeculares  perpetaos  per 
dictum  Ordiuem  seu  Commeadalarios  pro  tempore  ad  dictas 
cicfesiaa  praesentandos ,  imo  nee  potuisse  nee  podse  Ordinem 
pneMom  sen  Commendatorios  aiios  praesentare,  quam  vicarios 
PMabytaroa  sea  Rectores  saeculares  perpetuos,  prent  per  prae- 
aenles  praesealari  volumus  ei  mandamus,  nee  dictum  Cdsis- 
sittum  Bpisoopum  teberi  aHcs  inatituere  drc«  'Cmiki,)  —  Gegen 
diese  RotaUEntscheidung  reichte  der  Procurator  des  deutsehea 
Ordaos  eine  NulKtftls-Beschwerde  ein,  wodurch  neue  Unter^ 
sachungea  herbeigefilhrt  wurden,  die  am  28.  November  1727 
jedoch  damit  endeten,  dass  dem  Bischöfe  von  Brixen  das  Recht, 
aaf  die  Pfiirre  Marait  nur  von  Seite  des  Ordens  präsentirte  Welt- 
Fricstm-  aufzunehmen  beaifttigel,  dem  deutschen  Orden  hfaigegen  aor 
hsimgesteül  wurde,  seine  Privilegien,  die  sechs  andern  Beneßiden 


—    184    - 

10  Tirol  mit  Deutschordens-  oder  Weltpriestern  zu  besetacD, 
weiter  zu  verfolgen  und  geltend  zu  machen,  und  selbst  ntck 
Gutbefinden  wider  die  letzte  Rotal-Entscheidong  den  Recurs  za 
ergreifen.  —  Ungeachl  neuer  Versttche  des  deutschen  Ordens 
wurde  diese  Sentenz  vom  28»  November  4727  von  der  Rota 
bestfltigt  und  im  August  1728  paUicirt.  -^  Der  deutsche  Orden 
musste  nun  162  Scudi  und  90  Bajocchi  Processkosten  zahlen, 
verlor  das  Recht,  Mareit  mit  Ordenspriestem  zu  besetzen,  und 
war  noch  in  Bezug  der  Deutschordens-Pfrttnden  zu  Sterziog, 
Gossensass,  Ried  und  Brenner  auf  einen  friedlichen  Vei^eich 
mit  Brixen  verwiesen. 

Der  Statthalter  der  Landcomturei,  Graf  Spaur,  erlebte  das 
Ende  dieses  Processen  nicht;  bereits  am  13.  October  1700, 
dat.  Weggenstein,  macht  Johann  Heinrich  Freiherr  von  Kagen- 
^%  ^c.  der  ober'-österretcbischen  Regierung  zu  Innsbruck  kund, 
dass  der  bish^lge  Statthfilter  der  Bailei,  Graf  von  Spaür,  die 
liisher  geführte  Administration  der  Bailei  an  der  Etsch  sowohl 
als  auch  der  inne  gehabten  Comenden  Weggenstein  und  Ster« 
fingen  resignirt,  und  in  Folge  dessen  der  Hoch-  and  Deutsch- 
meister durch  Decret  vom  21.  September  1709  ihn  mit  der 
Statthalterschaft  als  auch  mit  beiden  obigen  Comenden  betnnt 
habe.  C^tatth.'Arcl»rJ  —  Als  wirklicher  Landcomtar  der 
Bailei  an  der  Etsch  wurde  er  am  4.  J[uli.  1710  vom  Orden 
bestätigt.  Beim  Antritte  seines  Amtes  wurde  er  wie  seme  Vor- 
gänger in  Hisshelligkeiten  mit  der  Regiemog  vmwickelt;  am 
1.  August  1710  schreibt  letitere  an  den  Landeshauptmannschalts- 
Verwalter:  der  Freiherr  v.  Kagenegg  habe  zwar  am  19.  Juli  d.  J. 
seine  Ernennung  als  Landcomtur  ihr  berichtet,  ohne  jedoch  die 
Legitimation  einzusenden;  da  nun  zu  befürchten  sei,  er  möchte 
die  Regierung  antreten  ohne  den  erforderlichen  Revers  auszu- 
stellen und  die  Possess-Ertheiiung  einzuholen,  so  sei  selber 
nochmals  dafan  zu  erinnern  und  im  WeigerungaMle  ihm  die 
Einkünfte  zu  inhibiren.  —  Wirklich  erlieas  die  Regierung,  weil 
der  neue  Landcomtur  sich  dessen  weigerte,  am  27.  September 
den  Befehl   wegen    Inhibirung   der  Besitzergreifung   mid    zur 


r 


—    185    — 

Seqaesfration  der  EiokUnfle.  -^  Es  wurde  nun  zwar  am 
26.  November  i710  zu  Innsbruck  mit  dem  Landcomlur  eine 
Conferenz  gebalten  wegen  der  Conyisitation  der  Coratureien  und 
meorporirten  Pfarreien,  sowie  auch  wegen  der  Obsignation,  Iih 
ventur  und  Abhandlung  der  Yerlassenschaften ,  als  auch  wegen 
der  Legitimation,  Revers  und  Possess^Ersuchung  eines  an- 
gehenden Landcomturs;  da  sich  aber  seB>er  zu  nichts  verbind- 
lich eingelassen,  so  beliess  es  die  Reglemng  beim  Erlasse 
rom  27.  September  dieses  Jahrs.  Der  Hoch-  und  Deutsch- 
meister muss  desswegen  beim  Kaiser  Joseph  sdbst  versehie* 
dene  Beschwerden  eingereicht  haben,  da  die  Regierung  zu 
Imisbhick  am  30.  Hai  i7il  auf  die  Beschwerde-Puncte  des 
deutschet!  Ordens  an  die  Kaiserin  Mutter,  wdche  nach  dem 
Tode  Kaiser  Josephs  bis  zur  Ankunft  des  Thronerben  Carl  VI. 
die  ZOgel  der  Regierung  lenkte,  folgendes  Gutachten  abgehen 
Hess:  i)  Die  Notification*  (Iber  den  neuerwählten  LandcomHtr 
soll  jedesmal  durch  den  0'eutschmeister  an  die  Regierung 
geschehen  oder  wenigstens  der  Erwählte  dufeh  dentschmeiste- 
risch^  Patente  sich  legitimiren  und  den  landesfurstlichen  Consens 
abwarten;  2)  den  Reversbrief  wortgetreu  ausstellen;  3)  &b  der 
Orden  zur  Anfhahme  von  ehiem  Mitgliede  1500  fl.  veriaoge, 
80  sei  diess  zwar  fflr  den  minder  bemittelten  Tiroler* Adel  sehr 
histig,  jedoch  könne  man  von  der  allgemeinen  Regel  nicht  wohl 
abgehen;  Indessen  sollte  der  Orden  hierin  eine  Discretion  ein- 
treten hissen  und  keine  conditio  sine  qua  non  daraus  gemacht 
werden ,  damit  Keiner,  weil  er  minder  bemittelt,  ausgeschlossen 
werde;  jedoch  sott  das  Begehren^  dass  nur  tirolisehe  Gavaliers 
aufgenommen  werden,  nicht  stattfinden  wegen  Reciprocität  mit 
andern  Balleien;  5)  wegen  Cumulirung  der  Comtureien  soll  man 
dem  deutschen  Orden  selbst  es  dberlassen,  da  ihm  an  Unter« 
bringong  mehrerer  Ordensglieder  selbst  gelegen  sein  mttsse; 
6)  in  Bezug  auf  das  Recht  der-€on¥isitation  stehe  selbes  zwar 
der  Regierung  vi  Advocatiae  et  Territorii  zur  Einsicht,  dass 
die  Ordensgfiter  und  milden  Stiftimgen  nicht  veräussert  wtirden, 
z«,  wie  es  1575  und  1584  wiriüicb,  aber  seither  nicht  mehr 


—    186    — 

g:eübK  worden ;  jedoch  weil  dem  Verueliinen  nack  der  Orden 
jetzt  Vorhabens  sei,  alle  3,  Jabre  die  Visitation  vorzunehmen 
und  das  Ergebniss  jedesmal  den  hiefrigea  Dtcasterien  mitzu-* 
ifaeilen  der  jetzige  Landcomtur  Kagenegg  ^ich  erbotcm^  so  kttnoe 
man  es  dabei  bewenden  lassen ,  Jedoeh  dem  LandesfOrsten  vor-.' 
behalten,  falls,  er  es  ffir  noth wendig  erachten  soUte,  durch 
seine  Rftthe  od^r  Abgeordnete  der  Visitation  beteuwobaeQ^ 
7)  endlich  in  Besag  auf  die  Conobsigaation,  obschoa  selbe  aus 
dem  nemlichen  Rechte  der  Vogtei  und  tehdesfOrstlicfaett  Ober« 
herrijchkeit  nicht  bezweifelt  werden  Hi^nne,  besonders  bei  der 
niedem  Geistlichkeit,  so  glaube  sie  doch,  es  kannte  die  Regie- 
rung von  dieser  Forderung  abstehen  fürs  erste,  weil  selbe  bei 
einigen  Prälaten  und  Gotteshiiusem  nicht  stattfinde,  und  fftrs 
zweite,  obschon  selbe  bei  der  Weltgefstliehkeit  aUeothafben 
stattfinde,  was  man  auf  den  Haximiiianis6hen  Ver^g  begrtnde, 
•ttd  obschon  selbe  im  Jahre  1534  nach  dem  Ableben  des  (<aiid- 
Comturs  Heinrich  von  Knörmgen  stattgefunden,  selbe  jedoch 
seither  nicht  mehr   vorgenommen  worden.  i^Si0ttk.''Ai'chhi>.^ 

Endlich  am  19.  November  1711  Hess  sich  Herr  von 
Kagenegg,  da  er  als  Landcomtur  und  nicht,  wie  er  einberufieQ 
worden,  bloss  als  Administrator  dem  Landtage  beiwohnea 
wollte,  zur  Aussteilung  des  verlangten  Reverses  herbei,  worauf 
ihm  auch  am  21.  November  von  der  Regierung  der  Possess* 
und  Schirmbrief  ausgestellt  wurde.  CStatth-^Arehiv,) 

Ueber  seine  Nachgiebigheit  erhielt  aber  der  Landcontar 
ein  ziemlich  ungnildiges  Schreiben  vom  Hoch-  uiul  Deiduch- 
meister  Franz  Ludwig,  dat.  Breslau  am  12.  Februar  1712: 
er  habe  seinen  Bericht  vom  13.  December  1711  vemoniDen^ 
dass  er  bei  der  Anwesenheit  des  Kaisers  zu  Innsbruck  zu  der 
vorgenommenen  Landeshuldigung  einberufen .  worden  und  bei 
dieser  Gelegenheit  den  bekannten  bisher  angestrittenen  Revers 
gegen  zurück  empfangenen  Sehirmbrief  wirklich  ausgestellt, 
jedoch  bei  der  Huldigimg  selbst  den  Vorrang  Vor  den  Prülaten 
behauptet  habe«  —  Nun  bitte  er  «war  gewünscht,  jdass  ihn 
sein  Rescript  vom  15.  November  1711  und  die  darin  enthaltene 


—    *8»    — 

'Weisuog  über  sm  Veriialteii  in  dieiem  Falle  noch  vor  der 
Zelt  zugekommen  würe,  in  weichem  FflUe  das  Abgeben  dieses 
sehr  prfijodidrlichen  and  trttchtheiJigen  Reverses  allerdings  anter* 
UiebeD  wUre;  weil  aber  dieses  einmal  gescMien ,  so  müsse 
man  die  Saehe  auf  stob  beruhen  lassen.  Er  hatte  aber  nioht 
gegtoubl,  dass  er  sich  zu  etwas,  was  man  so  rntthsam  zu  ver« 
meiden  gestrebt,  von  freien  Sttieken  anbieten,  sondern  viehnehr 
erst  dnrdi  wiederholte'  Anfferdernngen  sieh  dazu  drängen  lassen 
wirde,  nnd  es  sei4as,  was  er  (der  Hoehmeister)  in  Wien 
vorgeschlagen,  noch  nicht  so  aosgemacht,  dass  der  Landcomlur 
sidi  hätte  berufen  lassen  sollen.  O.  A. 

Am  12.  October  1712  verlieh  der  Landcomtur  Kagenegg 
im  Namen  der  Comende  Stening  dem  Joseph  Waibl,  Backer* 
meister  an  St.  Pauls  ein  Haas  and  -  Bückerpfisterei  an  Sanct 
Miohnel  gegen  jfthrlichen  Gmndains  von  B  Faaeiden  Most  zu 
Leben;  in  dieser  Urkunde  fahrt  er  den  Titel:  Landcomtur  der 
Ballei  an  der  Elsch  und  im  Gebirge,  des  Dealschmefsters  gehei- 
mm  Rath,  Ralhsgebiellger  der  Baltei  Franken,  Comtnr  zn 
W^genstein,  Frankfurt,  Sterzingen  und  Schlanders.  (^ArirMr 
Oanäegfg^^  -r  Wir  können  aus  dieser  Urkunde  entnehmen^ 
dass  alle  Comenden  in  Tirol  bis  auf  die  zu  Lengmoos  in  der 
Person  des  Landcomtors  vereinigt  waren,  und  wie  viele  Deutsdi- 
Ordens-RHter  demnach  damals  im  Lande  sein  mochten.  — 
Am  26.  Seplemb»'  1716  richtet  derselbe  Landcomtur  an  den 
Pttrslbischof  von  Trient  folgendes  Klagsehreiben:  auf  vernom- 
menes Ableben  des  Hrn.  Bartlmä  Bunani,  Dentschordens-Bene« 
leinten  mi  Unterion  und  Verwalters  der  Comende  Lengmoos, 
habe  er  den  Denlschordens-Prlester  und  Ffanrvicar  zu  Dnterinn, 
Joseph  Haider  beanftragt,  nach  altherkömmlicher  Ordens-^Obser- 
V8BZ  nnd  des  Ordens  Privilegien  in  seinem  Namen  in  Gegen- 
vrart  zweier  weltlichen  Zeugen  die  Obsignation  von  dessen 
HSnterlassenscbaft  in  dem  Beneficiathause  vorzunehmen,  nnd 
hdie  dem  Pfleger  auf  dem  Ritten  den  18.  Sepleitiber  znr  Ver- 
laasenscbafU^Abhandking  angesetet.  Wahrend  der  Zeit  sei  zu- 
MUg  dor  Deeaa  to»  SchOana  dortbin  gekommen ,   nnd  als  er 


—    188    ^ 

den  Tod  des  erwähnten  Benefieiaten  vernommen,  sei  selb»  mit 
dem  Pfleger  uud  andern  Personen  ins  Beneficiathaus  gegangen 
und  habe  nicht  nur  die  Ordens-Sigrabgerissen ,  sondern  auch 
dafar  sein  eigenes  angelegt  unter  dem  Vorgeben,  es  gehöre  die 
Verlasseaschafts-Inventirang  nicht  dem  deutschen  Orden,  son- 
dern dem  geistlichen  OiFicium  zu  Trient,  von  dem  er  hiexu 
aufgestellt  wäre.  Dagegen  habe  besagter  OrdensdepuUrte  pro- 
testirt  aber  mit  keinem  andern  Erfolge,  als  dass  er  endlich  die 
abgerissenen  Ordeas-Sigl  mit  angeklebt  habe.  —  Er  glaube,  sol^ 
ches  sei  ofaiie  Wissen  und  Willen  des  Farstbischofs  geschehen 
und  selber  werde  In  die  vom  Orden  seit  undenklichen  Zeiten 
hergebrachten  Gewohnheilen.  nicht  eingreifen  wollen,  und  dess* 
wegen  habe  er  es  einstweilen  bei  der  Protestation  seines  Stell- 
vertreters bewenden  lassen.  Da  er  jedoch  dieses  .vacant  gewor- 
dene Beneficium  wieder  zu  besetzen  gedenke  uQd  demzufolge 
vorher  die  Reseralion  und  die  Rfiumnng  des  Beneficiathm^ses 
von  der  Hinterlassenschaft,  somit  deren  Inirentiraiig  abkaU 
geschehen  müsse  und  zwar  um  desto  mehr,  da  in  der  Hinter^» 
lassenscfaaft  des  Verstorbenen  als  Verwalters  von  Lengmoos  ver^ 
schiedene  Acten  und  Schriften  des  Ordeaf  sich  befinden  dürften, 
und  auch  der  Comtur  von  Lengmoos,  Graf  .von  Artz,  in  dieser 
Ifinsidit  verschiedene  .Forderungen  habe.  Er  bitte  demnach  den 
Fürstbischof,  dem  Decan  den  unbefugten  Eingriff  in  des  Ordeas 
Rechte  zu  verweisen  und  zugleich  demselben  aufzutragen,  ent- 
vreder  in  eigener  Person  oder  durch  einen  Untecgesteliten  seine 
angelegten  Sigl  abzunehmen  und  ihm  das  Weitere  vorzunehmen 
überlassen,  wie  innerhalb  wenig«  Jahre  in  fünf  bis > sechs 
ähnlichen  Fällen  theils  durch  den  Orden  allein ,  theils  mit  der 
Gerichtsherrschaft  dergleichen  Erbschafts-Inventirungen  und  zwar 
•  niclit  bloss  bei  Deutsohordens-Geistlichen ,  sondern  auch  sogar 
bei  Weltpriestern ,  welche,  ein  Deutschordens-Beneficium  iane 
gehabt,  nach  deren  Ableben  ohne  Jemand«  Einkrache  vorge- 
nommen worden.  C^farr-Axchiv  in  Bozen.)  —  Wahrschein- 
lich war  es  dieser  Vorfall,  der  zu  hierauf  bezüglichen  Ver- 
handlungen mit  dem  Stifte  Trient  führte^  in  Folge  deren  mit 


—  m  — 

defMelben  tm  i9.  April  172i  ein  Vergieidb  ratione  obsigiia- 
tioDls,  iiiYeiilarisationis,  fnoorponitioiiis  ict.  abgescUosaen  wurde, 
der  ftr  die  Deot8chordeitf<-Pfrliiiden  lo  Len^oos,  Unlerinn, 
Samthal,  Waofeii,  Passeir  and  Lana ,  sowie  Dir  die  im  Jahre 
1642  QBter  dem  Landeomtur  Viatler  errichteten,  zur  Pfarre  Lana 
gehörigen  Caratien  so  Gargazon  ond  Völlan,  die  alle  dem  deut** 
sehen  Orden  pleno  jore  einverleibi  sind,  Giltigheit  hatte.  0.  A. 
Dieser  durch  Patrimoniai^yernriVgen  und  bedeutende  Bailei* 
und  Comturei-EtBkilnfle  seht  reiche  Landeomtur  Freiherr  von 
Kagenegg  Yerwendete^ein  Vermögen  au  manchem  guten  Zwecke; 
im  Jahre  1731  liess  er  in  der  Pfarrklrehe  au  Boaen  den  mar* 
momen  6l.  Johann  Bapt.  Altar  auf  seine  Kosten  erbauen  und 
sehmfickte  denselben  mit  dem  trefflichen  BiMe  dieses  Heiligen, 
einer  Copie  gefertigt  von  Glaiitschnigg  nach  einem  unbekannten, 
wahrscheinlich  venetianischen  Meister,  —  Ein  anderes  Denkmal 
errichtete  er  sich  durch  die  Stiftung  eines  Pfrftndnerhauses  bei 
der  Landcomende  zu  Bozen;  bereits  am  5.  September  1708 
hatte  er  von  dem  Hoch-  und  Deutschmeister  Ladwig  Franz  die 
Erlanbniss  erhalten  über  seine  Erbgttter  zu  testiren,  und  diese 
wurde  auf  seine  Bitte  Yon  demselben  durch  Rescript,  dat.  BH-* 
wangen  10,  Hurt  1718  dahin  erweitert,  dass  er  noch  über  ein 
Caplul  von  20,000  fl.  testiren  dürfe,  doch  unter  der  Bedingung, 
dass  er  innerhalb  der  nächsten  zwei  Jahre  10,000  fl.  in  baarem 
Gelde  iMier  in  Capttalien  zum  einstweiligen  Anfang  eines  mit 
hoch-  und  dentschmeisterischem  Consens  bei  der  ihm  anver- 
trauten  Comende  Weggenstein  zu  errichtenden  Hospitals  erlege; 
und  zweitens  weitere  10,000  fl.  in  Tirol  so  anzulegen,  dass  selbe 
tur  beabsichtigten  Aufrichtung  einer  Deutschordons-Comende  bei 
der  Pihrre  Lana  seiner  Zeit  verwendet  werden  könnten.  (^O.  A. 
und  B.  Ihidik  a.  a.  O.  S.  i98.J  —  Alsogieich  schritt  nun ' 
der  Landeomtur  zur  Ansffthrung  seines  menschenfreundlichen 
^Vorhabens;  er  erbaute  hiezu  in  den  Jahren  1721  und  1722 
aus  seinen  Mitteln  bei  der  Comende  Weggenstein  die  nöthige 
Behausung  und  Aindirte  diese  Anstalt  im  ätihre  1721  durch 
Auszahlung   der   von  ihm  verlangten    10,000  fl.  Capital   und 


—    IW    - 

zwar  Ar  6  arme  länner,  welch«  sUh  nicht  Mfehr  ihren  Uater^ 
halt  za  verdienen  im  Stande  sind,  nod  eine  Hftaserin  zu  ihrer 
Pflege.  Bereits  im  Jahre  1724  ward  dieses  Pfrttndnerhaas 
bewohnt.  Zur  bessern  Dotirang  desselben  vermachte  er  dem- 
selben noch  in  seinem  zu  Hanaheim  am  31.  Augast  i740 
errichteten  Testamente  weitere  3000  ü.  .miler  der  Bedingung, 
dass  die  vorhandenen  Hospitäler  tKgiioh  8  Valeninser  nnd  Ave 
für  ihn  beten  sollen.  —  Ja  er  erttlbete  demselben  nodi  die 
Aussicht  auf  weitere  20,000  H.,  indem  er  in  dem  am  12.  Febru« 
17ß2  zo  Gunsten  seines  Neffen  Johann  Pridrich  von  Kagenegg 
errichteten  Fideicommisse  noch  beistimmte:  Un  Falle  des  güns* 
Kchen  Anssterbeos  der  mtfnnlichett  Familie  von  Kagenegg  solle 
der  vietie  Theil  Jenes  80,000  fl.  betragenden  Fideicommisses 
besagtem  Hospüale  zufallen  zur  Aufnahme  und  Unterhalt  mehrerer 
Pfrandner»  C^.  Duäik  a.  a.  OJ  *) 

Eben  so  thitig  arbeitete  der  Landoomtnr  Kagenegg  an  der 
Verwirklichung  des  von  ihm  selbst  schon  im  Jahre  1702  ange- 
regten und  nun.  vom  Hoch-  nnd  Dealschmeister  aufs  Neue  Ihm 
ans  Herz  gelegten  Planes,  zu  Lana  eine  neue  Comeiide  ztt 
errichten,  uqd  bereits  im  Jahre  1721  muss  er  in  dieser  Hin*f 
Sicht  beim  Kaiser  Carl  VI.  Sohntte  gemacht  haben^  da  deraelbe 
folgendes  Rescript,  dat.  Wien  13.  December  i721,  an  die  Re- 
gierung zu  Innsbruck  richtete :  Es  habe  sein  geheimer  Rath,  der 
Laadcomtur  Kagenegg,  um  die  landesfürstilche  Erlanbniss  nnd 
allerhöchste  Dispens  circa  Pragmaticam  bittlich  angelangt,  statt 
der  im  Jahre  1672  verkauften  Comende  Trient  nun  die  dem 
deutschen  Orden  ehiverleibte  Pfarre  Lana  zu  einer  Comende  an 
erheben  und  zum  Wiederersatz  dler  vor  Jahren  verkauflen  Ordens« 
und  FundationsgOler  von  15,000  bis  20,000  fi.  andei«  der-- 
gleichen  ankaufen  zu  dürfen;  —  obwohl  er  dem  deutschen 
Orden  gerne  gnädigst  gönne,  was   zu   dessen  Aufnahme   und 


M  Diese  wohltbätige  Stiftung  Kagenegg's  hat  akh  aqcb  wahrend 

der  Hlürniiscben  Kriegsepochen  und  R^ierungsveranderungeii 
unter  der  königl.  italienischen  Regierun<j,  obwohl  sehr  kümmer- 
lich, erlialten  und  besieht  dermal  noch. 


—    IW    — 

WoUAhil  gereiehe,  sa  irabe  er  doch  die  von  iiii»en  aod  de» 

eberöflIerreichiseheD  Wesai,   sowie  von  den  in  dieser  An^^ 

legenheit    vemoranenen  Gerichten   Stein  anter  Lebenherg    und 

Niederiana  dagegen  eingelMrachten  Bedenhen  und  Beschwerden 

des  Adels  und  der  Gemeinde  daselbst  so  gross  und  erheblieh 

gefunden ,    dass   er   des   Laadcomtars   Bitten   nicht   willfahren 

kOtae,   auch  dessen  ferneres  Anmelden  eingerathener  Massen 

abweislich  tu  bes<Aeiden  sein  wenfe.   C^Mth.'^ArchipJ  ^ 

i^och  durch  diesen  abschlägigen  Bescheid  ü»$3  sich  der  Land-* 

Coralur  nieht  abschrecken;  er  sockte  ,die  Gemeinde  Lana  fiir 

8CM1  Vorhaben  zn  gewinnen  nnd  es  gelang  ihm  im  Jahre  .1728 

sich  mil  derselben  au  verstindrgen;   in  .Folge  dessen  nobteten 

sowohl   der   Hoch*  and   Deutschmeister    als  der   Landcomlur 

Kagenegg  im  Jahre  i731  aufs  Neue  hierauf  bezttgllche  Bitten 

an  Kaiser  Karl  VI. ,  und  der  Churfttnst  von  Kainz  untestfitite 

selbe  durch  sein  Vorworte    Die  beiden  Erstem  hraehten  nebst 

den  früher  erwftfaMeii  Gründen  an:    der  Landeemtur   sei  bei 

seinem   Eintritte  ins  Amt  im   Jahre  i710  von  sflmmtlichen 

DieaslerieD   selbst  an   den  Ersatz  der  verMsserten  Centarei 

frient  durch  eme  andere  eHenert  worden;  tn  Bezug  der  anzu« 

kaafeiiden  Güter,  -^  zu  welchem  Kasfe  der  Landcomtar   aus 

sdnen  eigenen  Mitteln  eine  namhafte  Summe  beitragen  wolle^ 

—  seien  sie  bereit,  die  darauf  haftenden  laadesftlrstlichen  und 

Parlicttlar-Lasten ,    wie   die  veriasserten  Goter   der   Comende 

Trient  gehabt,   zu  leisten.    Das  kaiserliche  Gesetz  über  die 

manus  niortna  habe  sein  Vorhaben  aufgeschoben   sowie   die 

erhobenen,  Anstände  der  Gemeinden;   nachdem  aber  diese  durch 

den  Veigieich    vom  20«  Hai  1738   mit  der  Gemeinde  Lana 

gehoben  seien ,  so  bitten  sde ,  der  Kaiser  m^e  die  Errichtung 

der   Comende    gestatten.    —    Die  kaiserliehe  Resohition   vom 

31.  Deeember  1731   erfolgte  günstig.    Jedoch  stand  noch  die 

Differenz  des  Landcomtors  mit  den  Grafen  Brandis,  welche  die 

Vogtei  der  Pfarrkirche  zu  Lana  fortwährend  beanspruchten,   im 

Wege,   wess wegen   am  27.  November  1732   der  Landcomtar 

eme  Depnlations^Verhandiuog  beantragte,   die  auch   zwei  Tage 


darauf  zu  Stande  kam.  —  AUein  die  Spcbe  vefsog.  aick.  noc^ 
iminer;  am  1.  Deeember  1736  begehrte  der  Kaiser  von  deq 
tiioliscben  R&iheo  endlichen  Berichl.und  Gutachten  über  obige 
Angelegenheit.  Dieses  muss  für  den  deqtschen  Orden  günstig 
ausgefallen  sem;  denn  durch  allerhöchste  Resolution  vom 
17.  Jänner  1739  wurde  die  Eirichtung  der  neuen  Comeade 
Lana  unter  gewissen  Bedingaissen  bewilligt;  der  Landcoratur 
erlegte  demnach  am  16.  Juni  1739  die.  xnn.  Ankauf  von  Gütern 
oder  Gilten  zugesagten  10,000  fl. }  aliein  demuageacht  kam  es« 
wir  wissen  nicht  wegen  welchen  Hindernissen,  bei  seinen  Leb-» 
Zeiten  nicht  zur.  AusfObruag*  Sein  Nachfolger  Anton  Ingennin 
Recorditt  beirieb  die  Errichtung  zwar  aufs  neue,  iedoch  selbe 
kam  nie  zu  Stande,  und  so  wurden  denn  die  vom  Landcomiar 
Kagenegg  gespendeten  10,000  fl.  zur  Bildui^  des  Grundstockeis 
der  für  besondre  Balleizweeke  entstandenen  Ballei^Casse  ver-; 
wendet.  —  ^ 

Von  diesem  Landcomtur  Kagenegg  kommt  noch  zu  bemer- 
ken, dass  er  am  1.  Juli  1725  der  Maria  Lobis  den  Weidaoiw 
Hof  oberhalb  Klobenstein  s&mmt  einen)  Keuraut  gegen  benannten 
Zins  verlieh,  wobei  er  mit  folge^Mto^  Titeln  vorkommt:  Land-» 
Comtur  der  Bailei  an  der  fitseh,  wirklicher  k.  k.  oberö$tr. 
Geheimratb,  fürstlich  trierischer ^ und  pfülziseher  Geheimrath  und 
Statthalter  im  Herzogthum  Neuenburg,  des  Fürstbischofs  von 
Augsburg  Qbersthofmeist^  und  Premierminister,  Comtur  za 
Weggensteio,  Lengmoos  und  Schlanders.  0«  A.  —  Er  baute 
auch  noch  im  Jahre  1731  den  zweiten  Stock  des  Comende* 
Gebäudes  Weggenstein  aus  und  auch  zu  Lengmoos  erbaute  er 
das  Comende*-Gebüude  in  einem  gefülligen  Baustyle  sammt  dem 
dem  deutschen  Orden  gehörigen  Wirthshause  daselbst«  0«  A.  t- 
Auf  eine  Klage  der  Regierung,  dass.  von  den  in  den  Orden 
Eintretenden  eine  grosse  Summe  gefordert  werde,  antwortete  er 
im  Jahre  1738:  dass  ein  Jeder  in  den  Orden  eintretende  Cavalier 
sieh  vor  dem  Ritterschlage  mit  dem  Capitel  oder  Landoomtur 
auf  ein  Quantum  der  Aanaten-Gelder,  wie  sie  hier  genannt 
werden,  vergleichen  roüsste,    sei   nicht  allein   in  allen  andern, 


—    198    — 

nmkrtt  «tck  io  icf  Mki  m  der  Stach  «iie  oftltt  fltplbgg». 
iMÜ;  «0  z.  B.  btbe  Graf  Thenn-aof  1000  fl.,  Graf  Speor  auf 
iSOO  I. ,  Graf  Ton  Areo  auf  1000  fl.   omi  Hot  vor  Prasach 
wif  300  I.   aidi  varglicbeii;    jedack  beim  Groas-CapileT  in 
MUe  1700  sei,  iiin  eine  GleieMail  m  enieIeD,  die  SamoM 
aar  ISOO  fi.  featgeselsl  worden.    Der  IcHtvenUMbeoe  Deatseh* 
laeiater  aber  habe  avf  meiirfaebe  YoralelliiageD  eiagefehea,  daaa 
4ieae  flamme  sa  laUen  eiolgeo  FamiHen  za  sehwer  falle^  and 
daker  mit  Zuattmaang  der  Groas-^^apitalarea  tot  eioigea  Jahraa 
safte  aaf  500  i.  arroflaaigt,  waa  beim  leUtea  GtoaarCapitel 
iaa  Jahre  1736  beatfiügat  woidea.  CSuath^^ArekhO  —  I« 
Jahre  1741   nahm  er  mit  hoch*  aad  dentcchmeiateriieher  6^ 
aehmlgmig  den  Aatos  Ingeoaia  Graf  tod  Recardia  aod  Neaa^ 
Comtmr  so  Lengmooa,  ao  aeiaem  Coadjauir  aa.   — <   b  aaiacr 
fingabe  an  den  Pap«t  berichtet  im  Jahre    1740  DöBHnicaa 
Anton,   BiaehoF  Ton  Trient:    BaM  bitte  der  DeoladiordeBa«* 
Landeomto  in  die  biaehefiichen  Reehte  eingegrilen,  indem  er 
gewiaae  Priester  bestimmte,   um  die  PranhirciiaD  sa  ifisiiiren, 
wenn  selber  afeht,  da  aadi  die  Gemeinden  selbst  sich  dagegen 
seMen,  TOtt  ihm  gemahat  worden  wäre,  von  seiaem  Voriiahen 
abcnlassen;  wesswegen  selber  endlich  schriftlich  sich  entachnU 
d^ :  er  habe  dadareh  nur  f orsorgen  woiten,  4ma  den  Kkohen 
ttiehts  ri)gdie,   wenn  etwa   der  Bischof  sie  visitiren  würde; 
hdneawegs  aber  habe  er  daran  gedacht,  dessen  Amt  sich  aiw 
tamaanen.  (jRe/'^rtf*  ^^^*  epue.  Tiid.y  —  Dieaer  Landcoaitar 
Freiherr  von  Kagenegg   starb  aa  Freiburg   im  Breisgau   am 
29«  December  1743  im  78.  Jahre  seines  Alters. 

Anf  ihn  folgte  sein  bisheriger  Coadjotor  Anton  Ingenam 
Graf  TOtt  Recordin  nnd  Nenn;  am  24.  April  1718  eingekleidet, 
ward  er  172&  Comtnr  an  Sterling,  später  an  Lengmoos,  1741 
Coadjolor  nnd  1744  Statthalter  der  Bailei ;  die  Besütigung  als 
Landeomtar  durch  den  Hock- '  nnd  Deutschmeister  erfolgte  etat 
an  II.  December  1745.  Bei  seinem  Amisantritte  ergaben  sich 
die  nemltchen  Anstände  mit* der  Regierung  wie  bei  seiaem 
TorMirer;   er  berichtete  erst  am  17.  Hära  174&  den  beiden 

13 


dieriiilerttidiiadiiD  Wcmd  «i  h^sbrick:  ftr  f»t  «im  9m- 
baiter  der  Ballel  an  der  Etoeh  erMpnt  wiordca;  übfigena  woU^ 
er  die  ihm  envertraule ,  an  ihren  dten  beigebraohtea  Reetoi 
ittoierhio  beeinMohtigt  aei«  soilead«  Bailei  deren  ^cbeu  «pd 
Jnstii-Adaiiniatrlniog  «aipfebleii  habee;  «woreaf  letalere  ihm 
erwiederten:  kaia«  Ibjesüt  werde  hieranf,  wcaa  der  Dents^ 
aieiater  ein  beafigUehee  Nolilcalloa9-*Scbreihea  eiaspU^ke^  aai^ 
worlea.  (;Siaiäk.'ArckivJ  —  Am  98.  Ajml  1746  aohreaMa 
die  obeittaferr.  Wesen  an  den  LandeahauptmaaBaGhafta-Verwaller 
Graf:  aaehdem  der  DenUchaieisler  bisher  kein  NottfcAtioai* 
SehreibeD  eiageieBdet ,  noch  der  Statthalter  eine  Antwort  a«f 
ihci  ZuJKhrift  gegeben,  so  aoll  er  setben  noch  einmal  dnaaef- 
fordern^  und  im  Falle  lies^kgter  Statthalter«  da  es  veriaute,  sidber 
sei  sam  wirklichen  Landcomtor  ernanal,  widdieh  B^ita  aehpiea 
Bsd  eataprechende  Handliugen  vomehnnea  woUte^  selbes  ihn 
siebt  gealatten  aad  demselben  im  Weigerungsfälle  fiogar  mit 
Inhibitioö  mid  Sequestrinmg  der  laodcos^tarlscben  EiakttaiN 
drohen.  Am  15.  Juni  schreiben  dieselben  nenerdiikgs:  da  der 
«ritklich  eraannte  Lasdcomtnr  Reeordin  aqf  obige  Aufforderaog 
eise  aosweichende  Antwort  gegeben^  so  werde  selbes  die^ ober- 
Österreichische  Regiemng  gebOrig  ahnden;  Jedo^  wolle  naa 
eiastwailen  noch  den  Erfolg  abwarten«  C^taKh^-^Arekitf*)  — 
Erst  am  30.  Juni  1749  gab  der  Landeomtur  Graf  Recordia  als 
kais.  oberOsterr.  Geheimrath,  des  Deutschmeisters  gsheioier 
Rath  nnd  Gomtar  zu  Weggenstein,  Leagmoos  und  Ster»ag  dia 
verlaagtaa  Revers  ab.  C^iaUh.'AxeUv.y 

In  die  Verwaltangsaeit  dieses  Laadoomlors  ft|U  die  Eerich- 
taag  eines  Cnrat-BeneOciams  in  der  von  der  D^otschordens- 
Pfme  Lengmoos  abhängigen  Gemeinde  Gisman;  aber  nicht 
darch  Zathan  des  Laodcomturs  und  noch  weniger  inreh  $^^ 
Untersttttsuag.  Im  Jahre  1748  kam  Hr.  Georg  Aqtop  von  Ken« 
«OB  Bozen  ziifalUg  anf  der  Jagd,  in  die  Gegend  dieser  ahger» 
iegenea  Beiggemeiade,  sah  aad  hörte  die  geisliicbe  Verlisseo* 
heit  dieser  anaen  Leute  und  baute,  sieh  ihrer  obarmeiMl)  ^^ 
deren  Bitte  and  mit  deren  und  der  Windinner  Bei^lfe  vorMoiif 


^  m  — 

ehe  Cdpeilfr  mit  dem  Versprechen  ^  zur  Sttflung*  eines  eigenen 
Priesters  das  Seinige  beisutragen.  Zum  Gldcke  ktm  im  Monate 
Augost  1749  der  Pantbischof  von  Trfent  auf  seiner  kirchlichen 
yisitationsreise  nach  Lengmoos ;  die  Leote  des  Viertels  Gisman 
Ijessen  Ihm  darch  ihre  Vorstehang  vorstellen,  dass  diese  Ge- 
meinde ttber  einer  ranhen  Alpe  in  einem  wilden  Thale  von  ihrer 
Pffirrkirche  Ober  2  nnd  com  Theil  anch  3  starke  Standen  ent- 
fornt  nnd  ztt  rauher  Winterszeil  oft  ganz  eingeschneit  sei,  und 
somft  kehl  Mensch  auch  an  Sonn-*  und  gebotenen  Feiertagen 
tnr  hl.  Messe  in  ihre  Pfarrkirche  kommen  könne,  ja  auch  bei 
gutem  Wetter  viele  Leufe,  besonders  Dienstboten^  da  man  die 
Hflnser  und  dhs  Vieh  nicht  gamt  allein  lassen  könne,  an  Sonn- 
nnd  Feiertagen  zu  keiner  heil.  Hesse  kommen  ktnnten,  z« 
geschweigen ,  dass  die  Gemeinde  das  ganze  Jahr  hindurch  des 
geistlichen  Trostes  und  des  göttlichen  Wortes  entbehre,  auch 
besonders  bei  plöizlichen  Fftljen  wegen  welter  Entfernung  der 
Priestersefaaft  Ibncher  ohne  Empfang  der  hl.  Sterbsacramente 
dahin  sterben  mffsse;  demnach  sei  es  sehr  wünschenswerth^ 
wenn  daselbst  ein  Gurat-Benedcfum  errichtet  würde.  —  Da 
mehrere  Gutthilter  und  auch  die  Gemeinde  Gisman  selbst  das 
Möglichste  zu  thnn  sich  verbindlich  machten,  so  gab  der  Fdrst^ 
Bischof  alsogleich  am  18.  August  1749  dazu  seine  Einwilligung. 
Demzufolge  schenkten  Joseph  Georg  von  Henz  2000  fl.  Capital, 
sowie  zur  Erbauung  des  Widums  300'  fl. ;  Joseph^  Anton  von 
Aswang  zu  Riglhaim  700  fl.  Capital ;  der  Priester  Anton  Wid- 
mann 900  fl;  Capital ;  verschiedene  Gutsbesitzer  der  Gemeinde 
Jeder  von  25  bis  125  fl.  Capital ,  so  dass  das  ganze  Fundations- 
Cajiital  auf  4469  fl.  mit  204  fl.  27  kr.  Zins  sich  erhob.  Bald 
darauf  schenkte  noch  Frau  Anna  Afra  von  Mairl,  Gemahlin  des 
Stiftes  Georg  Anton  von  Menz,  500  0.  Capital  zur  ErhaltUfig 
des  ewigen  Lichtes  und  zur  Vergrösserung  des  kleinen  Gottes- 
hanses  300  fl.  Am  8.  Mai  1750  wurde  der  Entwurf  der 
Stiftung  aufgesetzt  und  am  15.  Juni  dieses  Jahres  von  allen 
Bethetligten  bestätigt.  —  Sonderbarer  Weise  protestirte  der 
deutsche  Orden  gegen  die  Errichtung  dieses  so  nothwendigen 

13* 


—    196    — 

Curat-BeneBciums,  welches  doch  derDeulscfaordeos^PAinreieog- 
moos  keinen  Eintrag  thal,  indem  in  der  Stiftang^Urkoiflie  au»» 
drOcklich  bedun§ren  war:    der  Beneficiat  zu  Oisman   soll  sa 
Weihnachten,  Ostern  und  Pfingsten,   auch  am  Proholetchnams- 
und  Klrchweih-Tage ,   auch  aa  jedem  ersten  und  dritten  Sonn* 
tage  jeden  Monats,  sowie  auch,  wenn  in  Leogmoos  eine  gemein- 
schaftliche Gemeinde-Andacht  stattfände  und  wobei  die  Gismaner 
ku  Lengmoos  au  el'scheloen  haben,  verpflichtet  seih,  die  heilige 
Hesse  so  frtthe  zu  lesen,  dass  die  Leute  leicht  nach  Lengmoos 
zum  Pfarr-Gottesdienste  kommen  könnten;  jedodi  soll  der  Seue*> 
fielst  nicht  yerpflichlet  sein ,  selbst  dahin  zu  gehen ,  ausser  an 
grossen  Concurs-Tagen  zur  Aushilfe  im  Beichtstühle.  —  Zudem 
war  noch  bestimmt :  er  soll  den  Kranken  fleissig  beistehen  und 
ihnen  die  hl.  Sacramente  reichiiti ,  und  die  Stola-Gebflhr  zwar 
einnehmen^  aber  selbe  dann  dem  Deutschordens-Pfarrvicar  za 
Lengmoos   erlegen.    —    Vielleicht  mochte  -es  dem  deutschea 
Orden  nicht  zusagen,  dass  das  Patronatsrecht  des  neuen  Bene- 
ficiums  nicht  ihm,  -^  der  ja  doch  nichts  dazu  beigetragen,  *^ 
sondern  dein  Hauptstifter,  nemlich  der  Familie  von  Henz  und 
nach  deren  Erlöschen  in  mftnnlicher  Linie  der  Gemeinde  Gisman 
zustehen  sollte.    Der  Bischof  von  Trient  aber,  das  Bedarfnu» 
dieses  Curat-Beneficiums  einsehend ,   liess  den  deutschen  Orden 
protestiren,  approbirte  den  vom  Patronatsherfen  vorgeschlagenen 
Hitstifter  Andre  Widmann  als  ersten  Curat-Beneficiaten  und  setzte 
ihn  ein.  0.  A. 

Williger  zeigte  sich  der  Landcomtur  Graf  Recordin,  der 
damals  den  Titel  führte:  „Landcomtur  an  der  Etsch,  k.  k.  ober- 
österreichischer,  auch  churfdrstlich  cölnlscher  Deutschmeisters 
Geheimrath,  Comlur  zu  Weggenstein,  Lengmoos  und  Stersing,^ 
gegen  den  Wunsch  der  zur  Deutschordens-Pfarre  Lana  gehöri- 
gen Filial-Gemeinde  Burgstall,  dass  in  ihrer  Beneficiat-Kirche 
ein  Tabernakel  aufgestellt  und  darin  das  hochwOrdigste  Gut  auf- 
bewahrt werden  dflrfte;  er  gab  mit  Bewilligung  des  Bischofs 
hiezu  die  Erlaubniss,  jedobh  mit  der  Beschrftnfcung,  dass  der 
jeweilige  Beneficiat  daselbst  selbes  nur  an  eim'gen  hohen  Fest* 
Tagen    oder  bei  allgemeinen  Nöthen   öffentlich  zur  Anbetung 


^    19T    — 

aussetxc»  dflrfe.  Zugfeieh  miuste  die  Geneiade  am  9.  Mars 
1790  ihm  eiaea  Re?era  anastallea^  daaa  dieae  eriaabte  Ein- 
aelsin^  weder  dea  Reehten  der  Dfataehordeaa^PfaiTe  Laoa  noeh 
der  dahia  eiaverieibten  Caratie  Gargaioii  änen  Einlrag  Uhw 
tolle  in  VenJchtang  der  Ciottaadieaata ,  Begräbalaae,  Taufea, 
Bn*  «ad  AaasegnaageD  oad  aodeni  pfarrlicben  VerriektaBgea. 

—  In  Folge  obiger  Eriaabaisa  achenkten  4  Genieiadeglieder 
460  I.  Capital  aar  fiiakaltaag  des  ewigen  Lichtes  her.  0.  A. 

Hiagegea  gerieth  dieser  Landeomtar  in  UnaanehmlichkeiteB 
aril  der  Gemeinde  Cortseh  ond  dem  Bischöfe  von  Gar;  am 
15.  Jan  1756  sehreibt  er  klagend  an  Uenn  Conradin  von 
Gaatelberg,  Doaftkerr  von  Cur  ond  biachalicher  Vicar,  dass  die 
Ton  der  Deatsehordens^Pfarre  Schhmders  abhtagige  Geneiode 
Gortsch  nfeht  bloss  —  ohne  beim  deatschen  Orden  aasttfragen 

—  den  Ban  ihrer  Kirche  nntemommen,  sondiem  aoch  dem  Ver- 
nebaien  nach  jetst  gesonnen  sei,  darin  einen  Tabernakel  sv 
enriehten,  ohne  aoch  diess  dem  Orden  als  Patronos  mitaotheiien. 
Da  Bon  alle  bischMIcben  Coneessiooen  dahin  so  verstehen  seien, 
dass  dies^ben  dem  ordentlichen  Pfarrherm  nicht  prftjndieirlich 
wSren,  so  werde  er  selbst  ehi  solches  Betragen  nicht  billigen 
klKinen,  and  er  wolle  ihn  hiemit  gebeten  habea,  diess  der  6e* 
tteiade  vorzahalten  oad  selbe  dasa  verhalten,  beim  Orden  om 
die  erforderliche  Bewilligiing  ejnaokommen.  0.  A.  —  Darck 
Sebretben  vom  16.  Joli  1756  an  den  Bisehof  von  Cor  seibat 
briagl  ar  die  aemliche  Klage  vor;  es  ^winne  den  Anschehi, 
als  wolfte  sich  die  PMialgemehide  Cortseh  gani  von  derMuttei^ 
kirehe  tremwa ;  er  habe  swar  desswegen  schon  dem  Hein  von 
Gastdborg  geschneben,  von  selbem  aber  keine  Antwort  erhal- 
ten, ja  sogar  vernommen,  derselbe  habe  die  Gemeinde  Cortseh 
abgehalten,  om  BewiMigmig  einsokonmien.  Da  non  nicht  absn- 
sehen  sei,  welche  Plaae  die  Gemeinde  Cortseh  mit  dem  Baae 
der  Kbrehe  ond  Aol^tellnng  des  Tabernakels  hege,  —  hoifenl- 
Keh  wohl  nicht  iigead  welche  pfarrliche  Ponctionen  som  Nach- 
Nmile  der  lliftterkirche  eimafAhren ,  ohne  zovor  ihn  als  recht- 
adsaigeti  Pareehos  habilnaila  mid  wahren  Patron  und  Verl^her 


—    198    ~ 

der  Pfarre,  »i  desan  Prfijud»  ohaehio  keine  biachöfliehe  Con. 
GCBsioB  je  gemeiiil  sein  köiuie,  dari»  um  ErlaalHitos  m  bitteiv 
«—  so  habe  er  -das  eigeDAHehlige  Voigeke«  jener  Geaieiade 
sowie  das  Verbol  des  Hm.  voa  Gaallberg  ihm  vorbripgeii  woUea 
mil  dem  Ersaehen ,  Hoehseiber  mdge  die  (kmewlß  Goflsek 
dahin  Tennögen,  bei  ihm  ab  wirklichen  Pfarrer  noch  iror  £ia<- 
setsung  des  Tdiemakels  gexiemend  um  Brlaabntae.eanakQmea 
und  seinen  Beseheid  zu  erwarten.  0.  A.  -^  Hierauf  erwMerte 
an  28.  Jaii  1756  der  Bisehof  yon  Cur,  Joeeph  Anton,  dem 
Landcoffllur:  er  habe  dessen  Beschwerden  w^^gen  Kinsetinug 
eines  Tabernakeb  in^  der  Filiale  Cortsch  verRommen,  weil  aber 
keine  Absicht  vorhanden,  in  jener  Kirche  pfferriiche  Fnnetienen 
vonnnehmen,  sondern  diess  nur  wegen  der  Andachl  dar  Ge* 
meinde  um  allerheiltgslea  Altars-^Sacramenie  ge«efcehe,  uad 
man  darin  keinen  Nacktheil  fttr  den  deutschen  Orden  erhUcke, 
so  werde  der  Landcomtur  leieht  einsehen,  daaa  ihm  dadaivh 
kein  Eingriff  geschehe,  daher  er  (der  Bischof)  dafür  hajie,  dass 
die  Einsetaung  des  Tabernakels  ohne  anderweitige  Ahndung 
geschehen  ki^nne.  0.  A. 

Wirkiick  kam  es  aar  Emseuoiig  des  Tabernakels,  cbae 
landcomturlicke  BeH'illigung;  am  5.  September  1756  berichtet 
Anton  Joseph  Harkt,  Deutschordens-Novia  und  Pfarr-Cooperator 
an  Sehlanders  an  den  Landcomtur :  das  Kircheagebüude  au  Oortseh 
sei  vellendet  und  am  St.  Barllmfii-Tage  wirklich  Tom  boah* 
würdigen  Vicar  au  Mals  geweiht  und  daa  heili§ste  S^^ranent 
darin  elngeseUl  worden;  er  habe  dabei  nichl  eismngfdt,  das 
landcomturliche  Prdestatioas^Schreiben  mit  b^geftgfer  münd- 
licher Prptastation  der  Gemeinde  su  ttherretchen  und  darauf  fur 
Aniwort  erhalten:  die  Gemeinde  Cortaeb  verlange  dadurch 
keineswegs  die  pfiirrliohen  Rechte  x«  sckwichen  oder  m 
gebrauchen;  die  Kirche  von  Cortsch  sei  swar  eine  Filiale  der 
Pfarre  Schlanders,  jedoch  nicht  derselbeo^  vKm  Rechtswegen  mr 
Visitation  einverleibt,  gegen  diess  protestinrn  sie  feierlich.  Sie 
hätten  auch  hinxu  gefttgi,  man  könnte  min  auch  den  Sterbeadea. 
im  hi)chstett  JVoUifaile,   wenn,  sie  you  der  Pfuiff  nm  Mk^- 


—    fW    — 

(umdU  werien  ktail6B,  iie  U«  WegiekruDg  erAeiten;  sie 
winhtt  akh  Mkoi  ibtr  das  (Sams  hei»  Herrn  LMdoomte^ 
edlittUkh  Tdantwortea.  —  Aoeb  kk«t  er,  imii  Utte  dem 
Pr«ner  tw  SeUeMJe»  keioee  TibemekeMiItteMl,  wie  ee  aHer« 
wMi  «oiiel  gebräeehlieli  eei,  iherihrertet ,  soodem  w  dem 
BeMMslen  von  Certecli,  der  ihn  doeh  aee  den  Hiatai  des 
Phrrcfa  iiille  erlMlen  eollmi.  0.  A.  ~  Hieraef  rieklele  der 
Laadcomtor  am  14.  SeplemiMr  1756  ttber'^dieee  Pmmte  eia 
■eaee  HafsdirBMtoa  a»  den  Bieebof  von  Cor  mü  der  Bitte,  er 
nage  eiae  Tetoidomig  eriaaien,  daee  Ten  erwalinler  Piliatkirehe 
aae  zn  nra|edif  der  De«ladiordens^Frarre  Sdriaade»  weder 
pAntiche  Fonelieaett,  aedi  Veneligaage  oder  eenel  etwas  tos« 
genonuMD,  aoeli  dem  PTarrfiear  sa  Sdilaadera  eia  IMierBaliel«» 
SMflssel  etegeliaadigt  werde.  0.  A.  —  A«f  diess  ertiess  ali 
m  20.  September  176«  der  Bisdior  a^  iha  das 
tiMileBe  Aatworts-Sclmilmii:  daas  darcb  fie  Ei»-; 
des  hoelMrardigen  Gates  sa  CorUeh  den  pfairifeimB 
BathHia  noeli  sonst  ia  ifgead  Biwas  dem  dealsehen  Orde» 
imii  Biolrag  gaeoheima  soll,  habe  er  bereits  in  semer  verigen 
Hichiasaenrag  eridart.  Wie  aber  Tua  Seite  des  Deatoherdeas^ 
Pfeffrverwaltera  ein  TabenudKl«8cUasBel  Toa  der  GenMimb 
Ceilsdr  Icömm  gefordoH  werde»^  yemslm  er  aidkt,  da  ohaehbf 
in  4ar  Saerialei  der  betrelbnden  Kirebe  M»  solcher  beianbebsl« 
tat  aol.,  ond  dadareh  dem  ieatacbeE  Oiden  bem  MacUbel 
.4).  Ai 
In  dnea  ibüleben  eoaliel  gerieA  der  aemBehe  LamU 
ail  der  fleiaeiade  Walten,  Fibaie  der  Dealtocbeidens- 
Pfbne  Sit,  Lemdbard  n  Passeier;  wbr  beben  scben  (SeMe  1»!) 
die  Im  Jabre  17e&  ca  Stande  gebiaebte  BAmmag  einer  CapeUe 
daaelbs»  and  des  Terhabens  der  Srriebtaag  emer  Ceplaaei  ervihal. 
Als  sidi  die  aiaae  Gemeinde,  ehae  dass  der  dentsdw  Ordsa 
drimi  das  Miadesle  beilrag,  nekrt  ebigen  grossen  Ansiagea  im 
Verlaofe  der  2eil  selbsl  aoch  seh»  empfiadlieb  bestenerte,  um 
die  «ewaaeehte  iie  SUrtaag  eniea  eigeaUäaben  4Sedaorgm  äa 
sa  briafsa^  so  war  de,  ifie  WHig,  aidrt  gewiHl,  ddt' 


_  a»  - 

mit  ihrer  Slifluag  m  so  giiudiehe  Abhftagigfc^it  von  deMchea 
Orden  sii  sUtllett  und  beanspriichle  das  Palroitalmelil  fiker  die 
la  erriehtonde  Seeleorge.  Dem  war  nher  der  devtadie  Orden 
gm  enlgegen;  die  Genidbde  wendete  alch  daher  am  23«  Afiil 
i761  an  daa  f.  b.  Oidtnanal  von  Trieyit  tott  ihrer  BUte)  wetin 
sie  naöhwiess  i).  data  sie  ohne  die  «eringale  Beihilfe  dmi 
dentsehen  Ordens  ihre  Kirche  erhanl  nnd  iliic  allem  NMhifttl 
versehen  habe,  dass  sich  die  emaehmn  Höfe  au  «inem  jfthrUchea 
Beitrage  an  Händen  des  Kirehpropstes  verpfliehtet^  sodass  dorn 
Priester  gegen  die  Applieation  der  hL  Messe  an  allen  Sonn 
nnd  Festtagen  jifihrlieh  100  fl.  darnos  xafriien  solken  und  diene 
so  lang»,  bis  dafOr  ein  eigenes  StiftangsrCnpilal  wird  herm- 
gewnchsen  s«n;  dass  sich  dte^iemeinde  forner  verpfliehle^  dem 
Priester  einen  eigenen  Widum  zn  bnoen  (der  liish^ige  pravl- 
sorisehe  Caplan  wohnte  bei  einem  Band')  and  in  gntem  Stande 
sn  erhaben,  demselben  aoch  das  nOthfge  Hole  gespnHcn  mnsosst 
ins  Hans  au  liefern,  aoeh  den  OpTerwein  und  Belenehtimg  anf 
.  sieh  au  nehmen ;  angelegentlichst  um  die  Bewiliigmig  anlMl;, 
in  Anbetracht  dieser  nun  an  Stande  gebrachten  nnd  m  bessern« 
den  Stiftung  nnd  der  grossen  Entfernong  von  der  Pferrkirehe, 
etee  eigene  Seelsorge  sn  erhalten,  zu  deren  fiesetanng  -die 
Cbmeinde,  welche  die  Kirche  gebaut  und  die  Seelsorge  gestiftet, 
nach  Cone.  Trid.  Sess.  14.  c.  12  de  Reform,  dfts  Palroaat»- 
■seht  auf  eine  solche  Weise  geniessen  solle,  dass  Jeder  Hef, 
der  zur  Stiftung  beigetragen,  eine  —  und  bei  gleicher  SHaanea-» 
zahl  der  Phrrer  dio  entscheidende  Slimme  absugebeo  habe* 

Der  deutsche  Orden  glaubte  gegen  diess  Verlangen  der 
Gemeinde  seine  vermeintlichen  Hechle  wahren  sn  mdssen ,  so 
dass  das  f.  b.  Ordinariat  den  PImer  von  Mais,  Peter  Stadler, 
aufforderte,  Aber  die  Nothwendigkeit  jener  SMAung  nnd  deren 
ZaHtosigheit  Bericht  zu  erstatten.  Auf  dessen  Beriebt  erlaobte 
der  FOrstbischof  von  Trient,  Franz  «Sraf  de  Afterti»,  dntirl 
ii.  April  17tt>,  die  firriehtung  der  stilndigen  Cophnei  und  zwar 
mit  dem  der  Gemeiade  vorbehalteaea  Patronäts-»  imd  Prisen^ 
^ationsJteehte  salvis  jnribns  pnrocUal8Ms.  --  Ber  Capian  soft 


—    MM    ~ 

k  Wallen  Bcichl  Uran,  an  aUen  Soui-  oad  Fesllagwi  im 
Adv«nl  tiad  in  dar  faste  and  aonat  an  jedem  sweken  Soaotage 
im  Monate  Ckristaaleiiie  halten;  im  Falie  der  NoUa  die  Kraokan 
Tcraehen;  am  Kirchweih-  und  am  Patroeiaiama^Feato  der  Pfiw- 
Unfibe,  am  Frdmlaichnama  und  an  den  Brademehafta-Fealen 
die  Meane  in  Wallen  so  frühe  lesen,  dam  die  Lenle  leitig  inm 
ffargotteadienste  herabhommen  hOnnen,  woau  aaeh  der  Gaplaa 
atf  Teriaiven  den  Ifarrera  4»ieh  aar  Aushilfe  sa  begeben  hak 
—  fileiehiellig  bewdlmftehligle  der  Biaehof  enritelen  Pfamr 
Ten  Mma  und  den  P«  Heinhard  Gremidich  dw  WaU  des  ernten 
BenekiiAea  beisawohnen  nad  den  Tabemahel  aar  Aufbewah« 
m^  des  heil^jflett  Saeranmntes  eianaweihen.  CUrämuhn  tm 
Withm  %u  Watten.  J 

Knne  Zeil  dsmaf,  neariieh  am  31.  Jali  1762  starb  nach 
i^jihfiger  Verwaitnog  der  Landcomtor  Grat  Reeetdin;  mtf  iha 
lUgto  Johann  Bapt.  RetchaCreiherr  von  Uhn,  Herr  »i  Lmigeni* 
ihein  and  Giieseiteiy.  and  aaf  Mitlel-Biberach;  einalireikn 
teeh  ürless^  dat  Brflsset  am  19.  Deeember  1762  vam  Fir- 
aimi  Carl  Aletander,  Administralar  des  HoobaMisteiiaiams ,  ^ 
Siatanller  enmnnk  Am  14.  Jinner  i750  eingeUeidet,  was 
er  beneila  »m  Jahre  1752  Comtur  an  Sehfaindars,  1760  CoaMr 
an  Sienmgea  nnd  Coa^Htor  das  Landcemlars;  als  eigantKeber 
Landaomlar  erhielt  er  ^sl  am  2a  Deeember  1763  die  Be« 
aMI^iBi«.  0.  A.  —  Er  steUte  dmr  der  Regieraof  den  «biiehen 
Bevem  enst  am  23.  November  1764  ans.  (Stattk^^ArchhO 

Wihrend  seiner  Yerwallaataaeil  mass  der  dentsehe  Orden 
bei  dnr  Kaiserin  Ihria  Theraaia  ein  Memorial  und  aneh  ver* 
sehiedene  Besehwerde^Panete  eingareieht  haben;  denn  am 
2&  JnU  1766  bedahtet  di&  Segierang  an  bnsbmek  an  Jasefik 
Geaiv  Aawanger,  Plegsverwaller  aaf  dem  BtHen:  Beine 
h.  V  Ibjoittt  hiitten  das^  was  der  BevoUmlebygte  des  dem* 
sshmi  ONens  weillAalg  vongealeilt  mid  respeetive  von.  Nenem 
ve^gehiaehl,  aish  vortragen  lassen  und  nussMIig  wahtgcMmamn, 
daaa  deiselbn  hi  seines  Eingabe  bin  and  wieder  sokhe  S«tae 
ft,  wdehn  der  landesharrliehen  HoUeit.  anwider 


—    20t    -. 

laiifeD)  «od  daher  befbUen,  Ihft  selb«  «uicknilalleii  mü  den 
ernetlieiieii  Bedeateo,  skk  dteeea  in  Zakimft  nickt  meiir  i« 
mileifaiigefl.  —  Anbetreffiead  die  Sache  aeibat,  aai  ma^  ü.  JaH 
i766  eatschjeden  worden  auf  Paaei  i)  In  Btckaicht  dar  ia 
llihren  von  dem  jeweiHgen  Hoch-  und  Dantochmeiater  beaeaaenea 
Herracbaflen  daa  WievM  der  unter  den  Titel  der  Bealiligva« 
In  Tenporalibua  bei  Ablegnng  dea  aehnldigen  Bidea  dar  Tfaaa 
itt  eatriektenden  Tax,  aei  aelbe  aitf  2000  I.  anganrtal^  ^ 
»i  k.  k.  MaieaUit  geatolten,  daM  dam  dentaehen  Orden  in  dea 
Regel  die  privaten  Abhandinngen  4er  Verlaaaanaahaflen  aeiaar 
Ordensritter  uad  wirUichen  OrdenageialtidMi  znaldMtt  aaWea, 
HMofeme  aemlich  dar  VeMoriiane  keine  Schnidenlaal,  GeiMH 
Schafts-  oder  anderes  Versprechen  aaf  siek  gehallt,  in  arelähea 
FaMan  die  Abhandhiog  mit  der  kuidesArMHahen  Stele  «ater 
PMcadana  der  lattlem  camatetiva  su  geschahen  habe.  Jedoch 
erklira  k.  k.  Majeatit,  dasa  Jene  Uebariaasnng  dar  privaten 
Abhandhmg  nur  ans  allerhöchster  Gaade  and  kalneairega  Ui 
Folgfe  der  dem  Orden  anderwirts  sasteheaden  Mviiegien 
geschehe ,  indem  sich  selbe  auf  die  BrUande  nieht  erslrecheB. 
Gleichwie  nun  hiedmch  3)  der  PaH,  wena  der  Yemtaibena 
einen  letxten  Wiltea  hinterlSsst,  seine  Briedignng  erhelten,  m 
habe  es  bestfglich  4)  dabei  sein  ordmmgsmttsaigea  VerMeüea^ 
daas,  wenn  ein  Oideasritter  oder  Geistlieher  vor  AUegaag  ds^ 
CMnhdes  teatirt,  es  wie  bei  andern  Gelstliahen,  wetehe  vor  der 
Profess  einen  loteten  Willen  errichtet^  gehalten  wedten  salk' 
Uad  90  gebiriva  ft>  im  Falle,  wenn  cta  cmn  onera  Fideteammissi 
oder  SrtaHtulionis  bebnftetes  YemK»gen  verbanden  iat,  ki  Besag 
dteser  Otter  and  Effecten  die  Abhaodlaag  der  öateir.  fierichts« 
Steuer  Aus  dem  bisher  Aagefthrten  folge  6)  von  adbsi,  wie 
es  mit  der  Anlegang  der  Sperre  so  halten  sei^'7J  haiesdriM 
sete  giaaliches  Beweadeo,  dasa  alle  na  die  Yeriaaaeasdnft 
BfmBB  Ordeos-Rüters  oder  fieistHeken  so  nMohenden  Pordwiffige» 
ohne  Uatersohied,  ob  selbe  dem  Orden  private  oder  nar  cuma* 
lative  eberiassen  werden,  jedenaü  aar  weMtehen  laslaas  gehe* 
ren,  nnd  a»  auch  dar  vmtera  Zag  an  dte  beteallHMte  Merr; 


—  aoe  - 

QhMgfrichU  .Stalte  g«k«  «oU.  —  GfeictarmMieQ  «ei  tti  8>  ia 
Amf  A^r  aaf  OriOop^Fttnmm  beBttdiehea  PlriMler  wie  M 
laden  PaImNita-Fteftfea  a  haheD,  tiiMl  soH  der  Oräm  fem 
Ffmreiem,  wehhe  Ueher  düreh  Weüprieeier  vereehe^  wet^ 
äem,  nimmenmiir  eM  OrdempeieUMken  vereeke».  Wo  «lui* 
geaa  in  Benv  auf  das  Ofiervogteireekl  aaeh  bei  Ordeaapfitfraa 
ahne  UaMiAiei,  ab  soldie  von  Ordta»-  oder  WeNgeialUahaa 
Yenehea  werden,  Ihre  Mi^^lät  die  ergangeoea  genaiaHa  aad 
wiMi  foaal  am  dero  Laadeahohait  llJeM,  aof  das  GoBaoeste 
beabaahtel  wiaaea  wollen.  9)  b  Betreff  der  Civü-Verbaari« 
iHfea,  aowohl  «fteUicber  ab  peraOnKeker  bitten  die  In  k.  k. 
LMdea  balBdUebe»  OfdoM-Ritlmr  und  Gelstlkkan  bat  deat 
baIrtfBadea  weitUobea  Fonim,  wohin  dte  Saeke  aadi  der 
bcUajdeteo  Gkaife  oder  aonat  dar  Lmdeagewokabdt  aaek 
Cabfirt,  Recikd  an  aekmen  nad  riek  dieaafalto  ^ebla  ananoMMMaa ; 
anak  ooll  kleron  allanfalte  die  Appetbitioff  an  die  TorfaaeHle» 
Mmeiekiacke«  Stettea  der  Oidanag  naek  «eken.  10^  Qkae 
daa  dentBcken  Qrdena  EiawiUtgang  and  Cantuw  aoD  keiaaai 
Dant^ebardena^Uler  femorhkk  eine  Tonnnndaakaft  odat  Qau 
paMiawn»  weiekea  ein  Verqireeken  nack  aiak  aiekt,  aafarlegl 
I,  wobei  ea  «eb  flbi^an«  van  aeibat  TersBlebt,  daas  ki 
der  ein«a  Fondna  aaklebendon  Real^Laalen  die  ISgan- 
attmli ainaa Besilaei«  kaneaüatCBBriWed oder  Anaoakme  bewiike, 
ob  aoloker  ein  OrdewMlitter  oder  CMadiaba*  aei.  il)  BaaaHe 
odar  Piongthale  dar  Deataehovdeaa^Ritler  oder  CSeiatMekaa  unlei^ 
stekea  jkfen  üeami  oar  in  so  weil,  ai»  aa  bei  andern  DfanaU 
lantM  dea  Adekin  jadeit  IiMde  abtidb  iat.  12)  Peraonan, 
wcMie  ^nnf  dea.  Coüeade-fiatem  adar  im  den  Ordaiwhinaeni 
wabnem  aaCeialehon  der  Ofta^CMokta^riBlilt  und  dar  denlaeka 
(Man  hat  kein  aadarea  Voneckt,  ak  dar  eiagaaeaacae  Adel. 
iS)  Endbak  wcrile  k.  k.  l^jeatät  aoa  kaaoad^rw  finade  daa 
hktwiaaannp  Veiaattgen  der  DantaakaadeM-IUtter  ond  GeistUeke» 
Tan  dan  Abfebrta^fieMa  beCrakn ;  jadoeb  aoUen  iron  der  Hiater- 
kaaanarhaft  der  I»  lIiiitir4Moaatea  Yai^tafbeaen  Deute ehoidana-^ 
Penonm^.  «tk«  iauaer  aafeke  kanrOhren,  dk  gawakaUaken 


en»Uie^  y  >^'^^^Laiid  gehende  VermOgea 

^"^^  W  /»<I^^«^^'^  ***^'*™'  iiigteidieii  der 

^^^  ^  ^  >  ^  M»^'"«"  ^   »«'hs*  ^««»  «^*«  ««^ 

"  ^  ^!!!!!t^''^  Q^^'^  anderer  Personen  und  «ieht  des 

^^^^JjS^^^^I^      eiabegrfffen  sein^  sondern  «wlem 
'"'^tr«^'''  l>r  to  erwtfhnten  FaUe  dem  Abfaluts-GeMe 

00erJf^'   gogdiängten  Besohweräen  des  dentsehett  OrdeM 

^^wBrd  ^«^  Bescheid:   auf  1)  dtirllte  sieh  der  dentselM 

^^^Jr  fo*^  ^'*  ptfpsUiehen  Heltigkeit  verwillfglen  oder  noch 

^^  0^dett  Zehent-  oder  sogenannten  Tirkensteaer  heiiie»* 

^^eii0ch\Bge^-    2)  In  Beireff,  dass  der  Orden  die  EIrbsleuer 

r^i,  woHe,  erwarte  k.  k.  HajMitt  ein  Aniiot  der  Belainn««- 

ggmine^  woratff  der  weitere  Bntsdieid  Mgen  werde.  9)  Dtiifea 

^e  in  den  Erblanden  ansässigen  oder  in  alterhOeksten  Diensten 

Menden  Demschordens-Rltl«  oder  Priester  sich  so  wenig  «la 

0odere  Unterthanen   geislMchen   oder   weiHiehen  Standee  einer 

Befreiung  von  den  allgenfieinen  Abgaben  anmassen.    4)  Falle 

sin  an  d^n  deutschen  Orden  durch  Kauf  oder  Tausch  gelaegen- 

.  des  Gut  unstreitig  ad  «anns  mortuas,  mithin  «ei  dasu  die  Dfa^ 

pensatwn  a  Pragmatica  erforderlkii   und  daftfr  die  gewdhdiehe 

Taxe  «tt  entrichten.  5)  Erstreckten  sieb  die  angeftthrten  Ordens« 

Prhflegien  von  frtthem  Forsten  theils  nicht  auf  Mb  k.  k.  Brb^ 

lande,   theiis  würen  seldle   bei  seit  iOO  Jahren  unterbliebener 

Bestittgung  lingst  erlosdien,   daher  der  deolsche  Orden  wie 

bisher  die  Consumostener,  Hauten,  Tax^^  und  Umgetd  wie  andere 

ftiieien  zu  entrichten  habe,    ff)  Gescheiie  aus  der   auf  Be-» 

sehwerde  Nr.  4  bereits  angefahrten  Ursache  Reehl  daran,  daas 

dem  deutschen  Orden  in  Tirol  nicht  gesMrttet  werde,   CNNer 

pnr  modum    des  grundherrlicken  Einstandreohtes   an  sieh   zu 

ziehen.    7)  In  Bezug  der  Klage,  dass  der  deMche  Orden  von 

der  Aufnahme  der  Rechnungen  einer  ihm'  gehörigen  Plärre  oder 

Beneiciums  gAnzHch  aasgesehlossen  worden,  habe  selber  keinen 

q»ecielen  FaU  aiigeffihit,  und  es  stehe  ilmi  das*  Recht  zu,  in 


daem  wirküdm  Bcltbem  Falk  bei  der  b^MTfudeii  BelMrdc 
ame  Vontetlwigen  sa  maeäeo.  Dms  aber  bei  der  geaMter 
lehaftlidieB  Rechaoags-AoANiiime  dem  landesAlniaiclMBi  Con* 
nissire  der  Tondf  «ebihre,  gritade  aieh  ift  dea  fleaeralftua. 
Was  die  in  dieaer  Beaehwerde  eiagemiaolile  8toaer-Dilfeieai 
Bttt  dem  Gerichte  Neahaaa  betreffe,  m  aebeo  dem  obecMerr* 
fiaberaima  der  AaTtrag  ertheUt  w«rde»,  soiebe  mit  Voran»* 
aetsong  der  Frage;  ob  der  deatacbe  (Mea  acbaMfg  aei^  yoa 
aeiaeii  BeaUlilea  xu  eoaeurifen?  der  geir^alieben.Ordaoag 
aadi  ,ca  natcitaebeii.  —  Eben  ao  UdgegKlodet  wie  alte  Uaher 
angefthrten  Besehwerdea  aet  aach  die  8)  oad  teilte  i»  Betreff 
der  T«  den  tnroliaebeD  Sleile&  verlaagtea  EiMiehl  des  Slaode« 
der  Sliftniigen  und  BeaefieÜBn  dea  deataehen  Qtieoa ,  weil  ein« 
satehe  Qbereinaidü  unmittetbar  aaa  dem  Obervogtei4Uclae  dea 
LaadeaffiirateD  berflieaae,  ood  m  Tirol  aoi^  eia  jedesmaliger 
kadeoBHnr  bei  Brtbeihing  dea  PcsaeaaeB  siei^  anadtttekUcsh 
itveraireii  messe,  daaa  er  nichts  voa  das  Ordea»  Gütefa  ymi 
deren  ZagehOrüngen  veriaasem  woHe.  —  IMeae  Erledignng  dea 
Maherigen  Differenzen  werde  ihm  biemit  aom  Wiaaen  und 
Baraaebachlen  knnd  gema4dit.    CPfmr^AreMe  %u  ßoKmJ 

Wabrebd  dieser  Zeit  war  der  Landeomtnr  Freiherr  von 
Ulm  mit  der  Gemeinde  Seblanders  wegen  des  Petnmats«-Re«bta 
n  mebrfShrige  Streitigkeiten  geiatben.  Sie  Veranlassnag  dexa 
gab  dib  von  der  Gemehrfe  verlangte  Vecgrikaaerang  der  Orts«^ 
Phrrikircbe,  wosa  aoeb  der  deolatbe  Ofdea  seine  Zostimlmuig 
gab  and  hieaa  aaeh  i500  fl.  beisnlngen  versprach.  Da  man 
aber,  statt  gemtt»  dem  Uebereiakommen  mit  dem  dentschen 
Orden  die  Kirche  bloss  an  verliagem  nnd  den  ftlteni  Tfaeil  VK 
lestaariren  ^  bald  nach  dem  im  Jahre  1758  begonnenen  Baue 
die  ffirehe  ganz  niederriss  and  selbe  erweitert  anlbaate,  so  thai^ 
der  LandecHntnr  Einsprache,  woraus  sieh  ein  roehijfthriger 
Stretthandel  entwickelte,  bei  welchem  die  GemeiHde  auch  noch 
andere  Klagen  und  Forderungen  gegen  den  dentsehen  Orden 
ciaSoeht,  so  das»  selber  sogar  vor  das  Landes-Gubenuum 
gerächt  wnrde.    Am  6.  Mai  1769  tbnt  dasselbe  knnd,  dase 


«8  10  gfltMebcrBflilefosg  der  zinjdieM  ikm  devMkei  IkAm  tb 
Iteoii  und  Inhaber  der  ttmt  Mdndets  einer«»  md  den  Ad«l, 
derOetteindeondPlinwAassdiiin  ando^iseilB  dMdbst  sckon  mÜ 
mehreren  Jahren  ebnvnlleoden  nnten  beseiiAneten  Kitamiieft  die 
von  dem  desswegen  angcor^ten  Commissär  nnter  drt.  23.  Pdnr. 
dieses  Jahren  eingelaufene  Relaiion  mwoU  als  die  erstem  ind 
lelctem  Vergleiehs-Voradiiige ,  sovrie  aneh  die  hierflber  ton 
beiden  Partheien  abgegebenen  Aeosserangen  nnd  die  Ton  Beiden 
nrii  eingesandten  altem  Aeten  vnd'Beaagen  sich  Ten  dato  Hatia 
vermitteluden  Rath  4md  Referenten  nmsCfindlich  habe  v^ninl^ 
lassen,  nnd  g^e  hienrit  nach  reifer  Ueberiegnng  cur  Wiederher» 
stelinng  des  guten  ElnveretHndnisaes  nnd  Hitüanhaltuag  fernerer 
Zwistigfceiten ,  da  beide  Pnrteien  sich  nchrifUieh  erUKit,  sieh 
seinem  Schiedsproche  in  nntereteUen  y  folgende  gtHKcfae  Ver- 
Biiltlnng,  Jedoch  unbeschadet  der  kaia.  kön.  und  der  Ordiaaiials« 
Gereohtsamen :  1)  Wenn  schdn  die  fiemeiadiK  und  ffirvkan- 
Vorstehottg  dem  dentschen  Orden  das  Patronatsreehl  über  die 
Pfarrkirche  Schlanders  anstreiten  woillen ,  so  haben  selba  doch 
den  fortwahrenden  Benis  derselben  selbst  dem  Orden  einb«-' 
kennen  müssen  und  auch  eine  k,  k.  ReprasttilalkNi  ^rem  SiS,  Sep- 
tember i757  aaerkannt,  wie  diese  Recht  aneh  offen  in  dem 
Diplome  des  Kaisers  Fridrich  II  liege;  demnach  dürfe  das 
Patronäts^  und  4bs  fcmit  teubundene  PrUsestations-Reisht  in  der 
Art,  wie  es  bisher  geUbt  worden ,  dem  deutschen  Orden  voa 
besagter  Gemeinds--  und  Kirchen* Vorstehung  nicht  mehr  besiritlea 
werden.  —  Deminfelge  ergebe  es  sieh  2)  von  selbst,  dassder 
Act  ?om  7.  Mai  f758,  ?ermöge  welchem  der  Grundstein  lar 
neuen  Pfarrkirche  gelegt  worden,  den  Rechten  des  deutocheo 
Ordens  nicht  im  mindesten  nachteilig  sein  kAone;  <es  soll  dieser 
Act  sammt  ifer  Aufschrift  und  Wappenseiaung  dem  •deutschea 
Orden  so  unprfijudteiiiich  und  ohiie  nachtheiiige  Folgen  sete, 
als  wenn  sdbe  gar  nteht  geseiiehen  wären ;  wie  auch  der 
deutsche  Orden  berechtiget  sei,  am  Frohabogen  der  neuen 
Pferrktrehe,  wo  das  kaiserlieh  Osterreichische  und  tlroliscbe 
Wappen  angemtit  werden,  auf  der  einen  Seite  das  Wappen  des 


fiW  ligiirMdM  Haeli«-  uni  Pentsttociite» ,  ttif  dar  md/tn 
da»  Wappeit  des  dMlsektn  Ordenf  anfariofea  n  lauen ,  damit 
k  JMuiaft  bei  derlei  YorfaHenheften  das  den  Pihrmialereckle 
aaUebende  Vonraafs-  uad  jedes  andere  febilirende  Reekt 
eaanit  deieen  AnsIlHiag  dem  denlachen  Oiden.  dlaeH  effw 
stehe.  — .  3)  OliweU.  AisadiDss  and  Clenieuids-y<Milehnng  «s 
sieh  heMasgeaemmenifr  verianfen^-hei  einmiender  AMigang 
der  PÜMre  eiaen  Pfanr-Venraher  enennea  sa  können,  imd  dass 
der  Ernannte  keiii.DentsGiluNrdens<«Piiesier,  sondern  ein  Wdt* 
Menter  and  cd^eieli  Pf arrUnd  teij  so  labe  der  Orden  diass 
dareiMitt  nieht  zogegeben,  tia  ja  dadnreh  sein  <Aige8^  Reeht 
grtnslenlkeils  Yeraiebtet  wOrde,  jedeeb  inr  Besengang  der^dn 
laag  gegen  die  Geanande  in  so  wdt  naebgegebni,  dass  er 
temiiroehen,  im  Balle  der  Briedlgang  einem  gebirtigen  Pfarr« 
kmdft,  vetio  ein  solcbes  Im  dealseben  Orden  wire  und  die  erfer- 
deilidhen  Hgensebaflen  bätle,  Tor  einem  gleteben  ebv  answirls 
gebornnn  den  Vonog  zn  geben  und  nach  bergebraehtem  6e- 
toanehe  der  weltbehsn  Kveben^Vorslebong  als  Seelsorger  pHI^ 
eenüren  in  lassen.  —  Das  Gnbemiom  entseUed,  da  das  aotife 
aawobi-  als  das  passife«  Ern^nnaogsreebl  dem  dentseben  Orden 
mit  ivoUem  Beeble  instebe,  so  s»  derselbe  bei  Ao^bnng  dknetf 
Vorreebtee  angebrankt  in  belassep ,  and  soll  In  Beireff  dieses 
Asiikeis  Im  BInklaog  mit  dem  ersten  Pttnete  es  «em  Bewenden 
haben.  —  4)  Wefl  nicht  nnr  dnrch  den  Vertrag  vom  Jahre 
1380,  sondern  aneb  dnrch  die  allhergebrachte  Gewohnheit  die 
prinilive  Anstellnng  des  Meaancrs  dem  Orden  eingerinmt.  wor- 
des^  00  noil  es  dabei  bleiben,  jedoeh  (ter  Ermmnte  hiaüngliebe 
Cnmioa  leisten  und  der  weMiohen  Kirdien-Voifnlebaag  sich 
sIcJlea ,  hingegen  der  Orden  eaetens  peribas  einem  Pfarrbinde 
den  Vorsng  geben.  In  Betreff  des  OrgelanMebers  and  TodteiH 
giibess,  da  diese  wenig  mit  den  KirdtenTerriebtongen  sa  thun 
haben,  sollen  diese  camnialive  mü  Beisttmmung  der  weltliehtB 
Eachen^Yomtehnifg  ernannt  oder  abgesMl  werden.  —  5)  Die 
BeatnUnng  nnd  Gongioa  des  Hm«  Pfamnears  sowie  die  Besol^ 
inng  obbesagtcr  Personen  sott  rem  deatsobeii  Orden  ohne  Absag 


■akliVbir  bMritteB  w^^..  ~  6)  ObWM  im  Y^mm  wmä 
JalTO  1S80  die  Haltung  eines  Vtetitts  für  Vemehfitage  mi 
weil  eetfenüe  IMe  dem  Orden  sor  nBcbl  gemedU  woiden,  an 
ad  solebea    dock  aeil  nndanUichen  Zeilen  aua  der  Ueiinnv 
gekommen;  demnaeh  möge  es  daiieiUdiien,  an  lange  nicltf 
die  Clemeinde  eine  gegrilndete  Beaeliveida  entweder  liarttaL 
daaa  Hmea  die  SieHnng  eines  Pfeld^  für  den  veriaiglan  Firie>^ 
Star  zugemotiMl  wflide,  oder  alier,  daas  ans  Aiigaag  einea.ant» 
efien  Pferdes  ein  Yersiofliniss  geMuiieli  Irnnkar  Pemooan  odkw 
anderer  schuldigen  Amtsranriclitnngeii .  eiageMlen ,  voriNangani 
könne;   indes»  soll  ancli  ^er  Gomlnr  sä  Snblanden  gefcaltan 
sein,  aar  aaiehe  Priesler  inaaslellen,  weloke  ihren  prieskadieheB 
Fundkmen   Genfige  sn  leisten  im  Stande  tünd ,   «jdrigenfalki 
anf  gegrOndele  iQagett  die  nOIhige  Ahindemng  so  tpeffen,  mid 
aneh  nach  Verschiedeidieil  der  Bedflrfnisse  oder  wo  Gefahr  jai 
?ennge  wäre,  den  Pikslem  ein  Reit|iferd.herhei  sn  schaffen. 
—  7)  Was  die  Erhallang  des  ewigen  Lichtes  vor  i&m  aller-» 
hdügsten  Sacramente  betrifft,  so  sei  swar  doroh  den  Vertang 
oder  ArbÜramenlnm  vom  Jahre  i380  diese  dem  Orden  ur  Vae* 
bfndßchkeil  gemacht  worden;  da  jedoch  deraclbe  Vertrag  vom 
Hoch-  nnd  Dentschmeister  nie  approbirl  worden   and  nteht  in 
Aosfahrnng  gekommen  mid  seit  undenkUchen  Zeiten  der  Ge** 
brauch  festgehalten  worden,  dass  in  der  emen  fiHlfte  des  Jaknn 
die  Comende  und   in  der  andern    die  Kirche  das  ewige  Lieht 
besorgt  habe,  so  soll  es  noch  ferner  dabei  seki  VerbMben 
haben.    Weil  Jedoch  der  Landcomtor,   um.der  nan  dniekden 
Kirchenban  yerarmten  Kirche  aafsohelfen ,  smh  heibeigelasae«, 
ftlr  die  nächstfolgenden   10  Jahre  das  ewige  Licht  gnns  xfi 
bestreuen,  so  soll  er  während  «heser  Zeil  das  dasn  beodlhiglo 
Oel  gans  herschaffen.   —   8)  Die  «u  dem  Ordensritter^AlUnr 
erforderliche  trockene  nnd  nasse  Beleochlongf  Paramenle,  Zietde, 
nebst  Jenem,  was  davon  der  Landeoatfnr.im  September  1767 
dahin  in  kostbarem  Werthe  verehrt,  soll  behnis  der  EriMlnng 
der  geschwächten  Kirchenmittd  auch  fär  die  niehstMcaadeü 
40  Jahre  vom  Orden  bestritten  werden,  nach  denen  Verhmf  abei 


I 


—    209    — 

es  bei  fem  bisherigen  althergebraclilen  Herkonnen  bleiben  und 
dtt  Aaerbieteu  des  Landcomlars  von  der  Gemeinde  mU  Dank 
^  SBgcfiomiDen  werden.  —  9)  Obwohl  die  güazHche  Nieder- 
Kimnig  der  Pfarrkirche,  und  ganz  neue  Auffabrung  derselben 
dareh  die  weltliche  Gemelndsr  und  Kircben-Vorslebung  sehr 
ahndenswerth ,  respective  einseitig  und  mit  ausserordentlichen 
Unkosten  sowohl  der  Kirche  als  der  Gemeinde  vorgenommen 
worden  sei,  so  erfordere  doch  die  Billigkeit,  in  Anbetracht, 
dnss  dem  deutschen  Orden  seine^  Gerechtsamen  auf  die  neu 
etbnnte  Kirche  ungesehmftlert  zu  verbleiben  haben,  dass  derselbe 
nebst  dem  zur  früher  abgeredten  Reparation  und  Erweiterung 
der  ahen  Kirche  hergegebenen  Beitrage  von  1500  fl.  auch  noch, 
wie  er  sich  endlich  selbst  dazu  herbeigelassen,  fernere  1600  fl. 
zur  Bestreitung  der  ergangenen  Baukosten  beitrage.  Jedoch 
werde  dabei  ausdrücklich  vorbehalten,  dass  jene  beträchtliche 
Summe,  welche  dem  Haler  unter  dem  Yorwande  eines  Regals 
von  400  fl.  und  dann  dem  einstmals .  bestimmten  aber  dann 
ftttchlig  gewordenen  Orgelmacber  bis  zu  1000  fl.  dem  Ver- 
■ebmen  nach  so  unvorsichtig  ausbezahlt  worden,  von  den  gegen« 
wflrtigen  Kirchen-  und  Gemelnds^Yorstehern  unter  Beistand  des 
deotsdiea  Ordens  zum  Nutzen  der  beschädigten  Kirche  von  den 
Belhdliglen  hereinzubringen  aller  Fletss  mit  vereinten  Kräften 
aB^ewendel  werde.  Endlich  10)  soll  es  wegen  künftighin 
BOthwendigen  Bauten  oder  Reparaturen  an  der  Pfarrkirche  bd 
der  Tormaligen  Uebung  verbleiben,  vermöge  welcher  selbe  von 
der  Kirche,  dem  Orden  als  Zehentherren  und  der  Pfarrgemeinde 
geoEillss  den  geistlichen  Rechten  getragen  worden ;  auch  •  in 
Znkuiifk  unter  den  betreffenden  Contribuenten  durch  wechsel- 
seitiges Einveistftndniss,  im  Falle  missliebiger  Differenz  aber 
doieli  Vermittlung  der  geistlichen  und  weltlichen  Behörden, 
(deren  Zustimmung  bei  wichtigem  Unternehmungen  ohnehin 
erfoFdertich  ist,}  ein  R^fulativ  der  Beitrüge  getroffen  werden; 
wie  dann  auch  der  Orden  zu  der  bevorstehenden  Thurm-  und 
Oocken-Reparation  das  Billige  beizutragen  habe.  —  Uebrigens 
mU  der  deutsche  Orden  vermöge  seiner  Patronats-  und  sonstigen 

14 


—    210    — 

Vorrechte  atid  der  jeweiligen  beträchtlichen  BeitrSge  halber 
altwegs  befugt  sein,  auf  die  Anordnung  and  Vervrendong, 
welche  mit  den  Gebfiuden  und  Kirche  gemacht  werden  müssen, 
auch  in  die  Bau-  und  Kirchen-Rechnungen  und  Yerwaltang  des 
Kirchen-Vermögens  genauere  Einsicht  zu  nehmen.  —  Diesen 
Vertrag  bestfitigte  in  allen  seinen  Puncten  der  Hoch-  und 
Deutschmeister  Carl  von  Lothringen  zu  Brüssel  am  27.  Septem- 
ber 1769.  0,  A. 

Der  Landcomtur  Freiherr  von  Ulm  mehrte  die  Einkllnfke 
der  Landcomende,  indem  er  aus  seinen  Privatmitteln  für  selbe 
am  1.  Februar  1777  das  Bozner  Stadtraths-Urbar  um  tl54fl. 
10  kr.  ankaufte.  0.  A.  Ebenso,  als  am  6.  MSrz  1777  die 
Lidtation  wegen  künftiger  Verpfändung  des  bisher  von  Christoph 
Evarist  Grafen  von  Trojer  für  19,657  fl.  26  kr.  pfandlehens- 
weise  innegehabten  Gerichts  zum  Stein  am  Ritten  stattfand, 
ersteigerte  derselbe  Landcomtur,  der'unterdessen  auch  kaiserlicher 
wirklicher  Geheimrath  geworden,  selbes  für  die  Laiidcomende 
um  den  Pfandschilling  von  25,308  fl.  28  kr.  auf  die  nächsten 
20  Jahre  unaufkündlich  sammt  allen  Rechten  and  Einkünften. 
Falls  nach  Verlauf  der  20  Jahre  weder  von  dem  einen  noch 
dem  andern  Theile  eine  Ab-  oder  Aufkündigung  erfolgt,  so  soll 
dieser  Pfandschafts-Contract  von  einem  auf  das  andere  Jahr 
stillschweigend  erstreckt  werden,  und  jeder  Theil  die  Aufkün- 
digung ein  halbes  Jahr  zuvor  machen  können.  —  Da  der  Land- 
Comtur  Freiherr  von  Ulm  vertnög  bochmeislerlichcr  Gutheissung, 
dal.  Brüssel  am  10.  Februar  1777,  zur  Bestreitung  obigen 
Pfandschillings  10,000  fl.  aus  seiner  Privat-Chatulle  beistenerte, 
80  vermehrte  er  durch  diese  ordensbrüderliche  Handlang  die 
Einkünfte  der  Landcomende  für  sich  und  seine  Nachfolger  aber- 
mals ansehnlich ;  der  Rest  des  Pfiindschillings  wurde  mit  Capi- 
talien  der  Landcomende  gedeckt.  0.  A. 

In  die  Administrations-Periode  des  Landcomtufs  Freiherm 
von  Ulm  fiel  die  von  Kaiser  Joseph  II.  durch  Hof-Decret  vom 
24.  November  1783  verfügte  Aufhebung  der  Bruderschaften 
ond  Einziehung  der  Verm()genheiten  derselben  za  ganz  andern 


_    2«     — 

Zwecken.  Leizlere  erhoben  sich  in  den  dem  deutschen  Orden 
zostindigen  Pfarren  auf  dem  Rittner  Gebirge  auf  29,122  fl. 
29  kr«  Davon  worden  einige  Jahre  sptter  dem  Religionsfonde 
42,296  fl.  52  kr.,  der  Armencasse  des  Gerichts  Ritten  9221  fl. 
52  kr. ;  der  Pfarrkirche  Lengmoos  einschliesslich  des  Werth- 
Anschlages  des  FrOhmess-Hfioschens  und  mit  Inbegrilf  aller 
für  das  Prflhmess-Beneficium  und  die  Pfarrkirche  gestifteten 
Gottesdienste,  Aemter  und  heil.  Messen  sammt  den  Gebflhren 
ftrr  Organist  und  Hessner  nach  sehr  kargem  A^ismasse  7460  fl. 
37V2  kr. ,  und  der  Pfarrkirche  in  Unterinn  143  fl.  7V2  hr. 
CDgeCheilt.  —  Die  Geistlichkeit  der  Deutschordens-Pfiirren  da- 
selbst verlor  durch  diese  eigenmächtige  Verwendung  des  Broder- 
schaften-Vermögens  zu  ganz  fremden  Zwecken  einen  nicht  unbe- 
deutenden Theil  ihrer  bisherigen  Einkünfte: 

Im  Jahre  1788  Hess  dieser  Landcomtur  des  Ordens  Rechte 
in  Bezog  der  St.  Carpophoruskirche  in  Tarsch  gerichdich  erhe«- 
ben ;  am  10.  Mfirz  d.  J.  zu  Caslelbell  vor  dem  Richter  Johann 
Sebastian  de  Federiciis  auf  Verlangen  Hrn.  Johanns  Thadfius 
von  Geoetti,  Verwalters  der  Deutschordens-Comende  zu  Schlan^* 
der» ,  sagen  4  Zeugen ,  worunter  der  filteste  81  Jahre  zahlte, 
m  Steuer  der  Wahrheit  aus:  sie  hätten  von  den  ältesten 
Leoten  in  Tarsch  gehört,  dass  die  St.  Carpophorus-Kirehe 
daselbst  dem  deutschen  Orden  zugehöre;  in  dieser  habe,  seit 
sie  es  gedenken  und  seit  unvordenklichien  Zeiten  ein  jeweiliger 
PfSurer  von  Schlanders  od^  dessen  Cooperator  am  Vorabende 
des  Fatrociniums-  und  Kirchweihfestes  «ine  Vesper  und  am  Fest-» 
Tage  selbst  Predigt  und  Amt,  sowie  am  St.  Afratage  eme  heil. 
Hessie  aof  eigene  Unkosten  abgehalten.  Dabei  musste  der 
J^eilige  Inhaber  des  vom  deutschen  Orden  herrflhrenden  Grund- 
Zeheats  zu  Tarsch  die  Verpflegung  von  5  Personen,  nemUch 
des  geistlichen  Herrn ,  des  Schulmeisters ,  des  Deutschhaus- 
Binmanns  von  Schlanders  und  zweier  Gemeindeglieder  von 
Tinraeb  bestr^ten;  zudem'  sei  er  hoch  verpflichtet,  am  selben 
Tage  ein  Pferd  und  einen  Hand  zu  verpflegen.  Dafar  werden 
ihm  von  demselben  Zehent  vermöge  ursprünglicher  Uebereinkunft 

14« 


ftnf  Proceale  filr  ta  hTaHdenJosUM  aligesdg«i 
Aach  soll  imter  Obigem  das  «ttsrar  Land  fehende  VemOfea 
der  Beamten  und  Diener  des  deutschen  Ordens ,  nigfeidien  der 
De«lsdiorden»-Ritter  nad  Geistiichen ,  selbst  wem  s^ehe  aof 
erhahene  Erlanbniss  za  fionsten  anderer  Personen  und  «ieht  den 
Ordens  testiren,  keineswegs  einbegriffen  sein,  sondern  ersteras 
allieit,  iefzteres  aber  im  erwähnten  Falle  dem  AhTahits-GeMo 
mrterliegen. 

Was  die  angehängten  Beschwerden  des  deatsehen  Ordens 
betreib,  ward  der  Bescheid:  auf  1)  dttrfte  sich  der  dentseh^ 
Orden  der  von  Sr.  piipstlichen  HeHigkeÜ  verwilügten  oder  noch 
tu  verwilligenden  Zehenl-  oder  sogenannten  Ttfrkenstener  behw»* 
Wegs  entschli^n.  2)  In  Betreff,  dass  der  Orden  die  firbstener 
relniren  woHe,  erwarte  k.  k.  HaJeMt  ein  Anbot  der  Relairangs- 
Snmme,  worattf  der  weitere  Entscheid  folgen  wvrdi».  3)  DOtCMa 
dfe  in  den  Erbhmden  ansSssigen  oder  in  aiierhöehsten  Dienaten 
stehenden  Deatschordens*Ri|ler  oder  Priester  sich  so  wenig  als 
andere  Unterthanen  geistücben  oder  weldicben  Standen  einer 
Befreiniig  von  den  allgemehien  Abgaben  anmessen.  4)  Palte 
ein  an  den  deutschen  Orden  dnrdi  Kauf  oder  Tausch  gelangen- 
des Gut  unstreitig  ad  manas  morlnas,  mkbin  ^i  dasn  die  Dis- 
pensation a  Pragmalica  erforderlich  und  dafür  die  gewMnliehe 
Taxe  au  entrichlen.  5)  Ersireckten  sieh  die  angeführten  Ordens«« 
Privilegien  von  frühem  Forsten  tbeils  nicht  auf  aHlB  k.  k.  Erb- 
kittde,  Iheils  wftren  selche  bei  seit  iOO  Jahren  nnteiMiebener 
BesMIigung  lingst  erlosefaen,  daher  der  deutsche  Orden  wie 
bisher  die  Consumosteoer^  Hauten,  Tax^  und  UmgeM  wie  andere 
hirieien  zu  entrichten  hthB.  6)  Geschehe  aus  der  auf  Be- 
schwerde Nr.  4  bereüs  angefahrten  Uraache  Reehl  daran,  dass 
dem  dentsehen  Orden  in  Tirol  nicht  gestattet  werde,  Ofller 
per  modum  des  grundherrlichen  Einstandreohtes  an  sieh  zu  . 
sieben.  7)  In  Besag  der  Klage,  dass  der  deMche  Orden  von 
der  Aufnahme  der  Rechnungen  einer  ihm'  gehörigen  Phrre  oder 
Beneficiums  gfinzlieh  ausgeschlossen  worden,  habe  selber  keinen 
speeiden  Fall  angefflhn,  nad  es  stehe  iln  das  Recht  su,  in 


wifkUoim  BokAtm  F«Ue  bei  der  b^tntmittt  Bek«d« 

atHmt  Vonteilwigen  in  mtebeo.    Oms  aber  bei  dar  geneu* 

sebafUidiea  aodinnigs.ABiaabtte  dem  lendoBfOnaieka  Cion* 

■issfire  der  Tonug  gebibre,  grOide  sieh  ib  den  GeeemHbue. 

Was  die  in  dieser  Bcoobwerde  eiagtmiecble  Stoeer-Diireieiif 

■it  dem  Geridile  Neebaes  betiefe,  sei  acboa  dem  oberMerr« 

fiaberaima   der  Aaffanig  enbeSt  wordea,  seiebe  mit  Varaas^ 

aetaong  der  Frage:  ob  der  dealscbe  Ofdea  scbaldig  aei^  ?oa 

aeteen  Realimien  la  eaaeaifiiea?  der  gewOhalieben  Ordaaag 

aaeh  .za  uBtefaaebeii.  —  Ebea  aa  aogegiiladet  wie  alle  biaber 

angefibrten  Besebwerdea  aei.  aaeh  die  8)  aad  lelite  in  Betreff 

der  TOB  den  tnrottaeben  Stellea  variaagtea  Eiwicbi  dea  Staodea 

der  SHtaagen  and  Beaefledan  dea  deatiehea  Qt^eo»  ^  weil  eine 

saksfce  Qbereiaaiaht  uamiltelbar  aaa  dem  (Hmrvogtei-Rechte  dea 

l^mdeafilraten  beriieue,  aad  m  Tifoi  aagar  eia  jedesmaliger 

{«ttdcomtnr    bei  Brtbeibing   dea  Posaeasas   aicb  aaedittaUieb 

reverairen  maaae,   daaa  er  nicbta  von  das  Ordens  Gtttera  aad 

deren  Zagebörnngen  verflaafem  woHe»  —  Dieae  Erledigaag  der 

Maberigen   Dffferenxea   werde  ibm  hiemit   «am   Wiesen   and 

mraaehacbten  knad  gemaebt.    CPfarr^Arekw  %u  ßammj 

Wflbreiid  dieser  Zeit  war  der  Landeomtar  Preiberr  von 
Ulm  mü  der  Gemeuide  Seblanders  w^iea  des  Patronats^Reabta 
Hl  roehrfftMge  Streitigkeiten  geratben.  Die  Veraalassaag  dasa 
gdi  dS»  TOB  der  Gemeinde  verlangte  YergrOasenmg  der  Orts* 
Pfantirche,  wosa  aocb  der  deataebe  Ordea  seine  Zastimtnaag 
gab  and  bieaa  aneh  1500  fl.  beisntmgen  veis|»r«eh.  Da  man 
aber,  alatt  gemttss  dem  Uebereükommen  mit  dem  dealacbep 
Orden  die  Kirche  Mass  sa  veriiagem  aad  dea  ültem  Tbeil  »t 
restaarfren,  bald  aaeh  dem  im  Jabie  1758  bagoaaenea  Baue 
die  Hrebe  ganz  niederriss  aad  selbe  erweitert  aofbaate,  so  that 
der  Laadeomtar  Biaspracbe,  woraaa  aleh  eia  mehrjfihriger 
Sireitfcandel  eatwiekehe,  bei  welebem  die  Gemeinde  aaeh  noch 
andere  Klagen  und  Forderaagen  gegen  den  deatsebea  Orden 
eMoebr,  so  das»  selber  sogar  yor  das  Laadesr^iuberaium 
gebraehl  warde*    Am  6.  Mai  i7«9  thnt  dasselbe  band,  daaa 


—    314    - 

keioem  Gebrauch  mehr  seien,  mit  hoher  Beiviliigoog  xu  ver- 
kaufen und  den  Erlös  von  mehr  als  500  fl.  in  der  Ballei-Casse 
zu  hinterlegen.    —   6)  Dem  Hrn.  Reichshofraths-Agenten  von 
Zelling,    wegen  seines  unverdrossenen  Dieni^leifers,    besonders 
zur  Erwirkung  der  Normalien  vom  Jahre  1766   und   der  Be- 
stätigung der  Freiheiten   eine  Verehrung  von  100  0.   aus. der 
Baliei-Casse  zu  verwilligen.   —   8)  Trog  der  Landcomtur  vor: 
er  habe  dem  gewesenen  grossen  tirolischen  Landtage  zu  Inns- 
bruck beigewohnt  auf  seine  eigenen  Kosten  und  dort  die  Ge- 
rechtsame des  hohen  deutschen  Ordens  nach  HOgiichkeit  ver- 
theidigt;  sodann  am  Land- und  Huldiguugs-Tage,  als  nach  den 
Stiften  Trient  und  Brixeo  der  Landeshauptmann  aufgerufen  wor- 
den,   wieder  wie  einst  Herr  Landcomtur  von  Kägenegg  beim 
Landtage  im  Jahre  1711   feierlichst  protestirt   und   den  ersten 
Rang  nach  den  zwei   Hocfastiften  verlangt;   ferner  dabei  zum 
grossen  Yortheil  der  Bailei   die  Immatriculirung  der  der  Land- 
Comende  zugehörigen  Burgfrieden  Reifeustein  und  Welfenstein 
beantragt    und    die    beste  Zusicherung    darüber  erhalten;   er 
wäre  auch  bereit,    die    grossen  Taxen   derselben    aus  seinen 
eigenen  Mitteln  zu  bestreiten.  —  Auch  habe  er  wegen  öfterer 
Reisen  nach  Innsbruck  und  nach  Trient  behufe  der  Abschliessuag 
der  Concordate  mit  Trient  und  fünfmaliger  Besuchiuig  der  Cjross- 
Capitel  mehrere  tausend  Gulden  in  Diensten  der  Bailei  versus*- 
gabt,   ohne  bisher  dafUr  eine  Entschtfdigung^zu  erhalten.  — 
Ebenso  habe  er  sowohl  beim  Landtage  als  bei  hoher  Landes- 
Stelle  die  Beschwerde  wegen   der  neuen  .Kirchenordnung  als 
auch  der  Verkürzung  der  Congtua  der  Seelsorger  vorgebracht 
und  sehe  der  gedeihlichen  Abhilfe  entgegen.  —  Diese  Bemühun- 
gen und  Ausgaben  wurden  dem  Landcomtur  vom  Capitel  ver- 
dankt und  er  ersucht,  die  Dlenstes-Unkosten  aufzuaeichnen,  um 
von  den  Behörden  den  Ersatz  zu  erhalten. 

Es  wurden  hierauf  alle  seit  dem  letzten  Ballei-Capitel 
erflossenen  Erlasse  des  Hoch-  und  Deutschmeisters  verlesen; 
davon  betrafen  nur  folgende  die  Bailei  an  der  Etsch :  die  Be- 
stätigung des  am  4.  Februar  1782  gelialteneu  Ci^eis  ^nd  der 


—    215    — 

daraaf  vorgenommeoen  Ballei-YtolUtions- Berichte;  hohe  Be* 
willigang  vom  21.  October  1782,  dass  man  von  den  Comendeo 
10  den  ordinari  Soldateii-Durchmarsch  concurriren  soll ;  Rescript 
vom  17.  November  1783  wegen,  der  neuen  geistlichen  Ein«- 
richtung,  und  aufgehobenen  Exemtion  des  deutschen  Ordens 
i  potesiate  ordinarii;  ein  hohes  Rescript  vom  19.  Mai  1785, 
dass  die  Gastereien  bei  der  Comende  Sterzingen  abgeschafft 
werden  sollen;  gnädiges  Rescript  vom  23.  Februar  1791,  die 
Abhaltung  eines  Ballei-Capitels  und  die  Qualificirung  des  Herrn 
Grafen  von  Reinach  zu  dessen  Beiwohnung  betreffend,  sowie 
vpm  28.  Hai  1791 ,  die  beim  Ballei-Capitel  vorzutragenden 
Puncte  and  vom  14«  Juni  1791 ,  die  Einberufung  des  Land- 
Comturs  zum  Gross-Capitel  am  18.  September  betreffend. 

Nqd  verordnete  der  Landcomtur,  dass,  wie  es  gewöhnlich 
war,  alle  Rechnungen  seit  letztem  Ballei-Capitel,  am  4.  Februar 
1782,  vorgelegt  würden,  auf  dass  hieraus  die  geführte  gute 
Wirtbschaft  entnommen  werden  könnte,  dass  nicht  nur  keine 
Passiva,  sondern  vielmehr  eine  Einkünfte- Vermehrung  vorliege. 
Es  stellte  sich  dabei  heraus,  dass  seit  dem  letzten  Capitel  fol- 
gender jahrlicher  Hehrertrag  erzielt  worden :  von  einer  Weinleite 
30  fl. ;  durch  Umtausch  der  Wcigelischen  Güter  gegen  Wiesen 
103  fl. ;  durch  Richtigstellung  etlicher  lange  unflüssiger  Urbars- 
Zinse  31  fl.  18  kr. ;  durch  neue  Einrichtung  der  Pflege  Reifen^ 
stein  Renten» Verbesserung  450  fl. ;  durch  Ankauf  des  Bozneri-^ 
sehen  Stadt-Urbariums  30  fl.;  durch  Ankauf  der  Herrschaft 
Stein  am  Ritten  1133  fl.  20  kr.;  somit  Summe  der  Verbesse- 
rung 1777  fl.  36  kr.  -r-  Zudem  habe  der  Landcomtur  durch 
Herstellung  von  Wein-  und  andern  Gütern,  eines  Schankhauses 
und  anderer  Gebäulichkeiten  die  Einkünfte  gemehrt.  —  Ferner 
kanten  in  Betracht  die  erfolgte  Erneuerung  der  Concordate  und 
Vergleich  mit  dem  Hochstifte  Trient  wegen  Abhandlungs-  und 
andern  Ordens -Angelegenheiten,  wodurch  alle  Anstünde  und 
Zwistigkeiten  gehoben  worden.  Die  vielen  ausgestandenen  Pro- 
cesse  besobders  wogendes  Türken-Zebents  zu  Terlan  undLana; 
die  Kasten  der  Aufsuchung  der  mangelnden  Wasserquelle  für  den 


—    216    — 

Hof  zu  Siebenaieh  und  der  Zuleitung  der  auFgefundenen.  Hiezu 
kamen  noch  die  auf  mehrere  hundert  Gulden  sich  belaufenden 
Ausgaben  bei  der  Secundiz  des  Bozner  Propsls,  Grafen  Khnen, 
wobei  der  Landcomtur  als  bevollmächtigter  k.  k.  Gesandter  auf^ 
getreten,  und  dessen  ungeacht  seien  die  Einkünfte  ?ermehrt 
und  alle  Kassen  der  Passiven  entlediget  worden.  —  Endlich 
sei  auch  vom  Landcomtur  das  Patronatsrecht  der  Curatie 
Oberinn,  zu  Walten^  der  Frühmesse  zu  Wangen,  sowie  auch 
die  Einverleibung  des  St.  Johannes-Beneflciums  mit  der  land- 
comturischen  Caplanei  mit  grossen  eigenen  Unkosten  zu  Nutzen 
des  Ordens  erworben  worden. 

Die  Ballei-Casse  habe  bei  seinem  Amts-Antritte  nur 
10,043  fl.  42  kr.  enthalten  und  nun  enthalte  sie  14,082  fl. 
453/4  kr,  wozu  er  noch  die  Besoldung  des  Ballei-Secrelariats 
mit  800  fl. ,  des  Amt-Schreibers  nebst  Canzlei-Erfordemissen, 
sowie  die  zuvor  der  Ballei-Casse  obliegenden  landschaftlichen 
Steuern   aus  eigenen  Mitteln  zu  bestreiten  auf  sich  genommen. 

Die  Rechnungen  vom  Hospitale,  dessen  Fond  für  6  Pfründner 
der  Landcomtur  Freiherr  von  Kagenegg  verschafft,  zeigten  bei 
seinem  Amtsantritte  23,375  fl.  16  kr. ,  jeUt  aber  25,750  fl. 
57V2  kr. ,  ungeacht  die  Zinsen  von  5%  auf  40/o  herabgesetzt 
worden  und  die  Victualien  im  Preise  gestiegen ;  er  gab  jfihr- 
lieh  aus  Gnade  demselben  10  Ihm  Wein  umsonst  und  das 
Böthige  Getreide  um  den  Wohlfeilsten  Preis  unt^r  dem  Markttax. 

Die  Rechnungen  der  Comende  Lengmoos  zeigten  die  an 
Kirchen-,  Häuser-  und  Gebftude-Verbesserungen  ^gangenen 
Ausgaben.  ^~  Die  Rechnungen  .der /Gasse  von  Lana,  welche 
der  ehemalige  Landcomtur  Freiherr  von  Kagenegg  behufs  der 
Errichtung  einer  künftigen  Comende  zu  Lana  mit  10,000  fl. 
gegründet,  welche  vom  Hrn.  Landcomtur  unentgeltlich  verwaltet 
wurde  und  bei  seinem  Amtsantritte  nur  auf  19,130  fl.  sich 
belief,  zeigte  einen  Anwachs  auf  27,913  fl.  4V4  kr.,  obschon 
gemäss  hoch-  und  deutschmeisterischer  Verordnung  die  Graf  Wol- 
kensteinischen  Schulden  von  2036  fl.  49kr.^  sowie  auch  dem 


—    217    — 

Ordensritter  Freiherm  von  Beroldingen  jährlich  200,  fl.  Pension 
bis  tin  seinem  Tode  daraus  bezahlt  worden. 

Die  Einsichl  der  Rechnungen  in  Bezug  des  angekauften 
Pfandgerichts  Stein  am  Ritten  zeigte,  dass  es  mit  guter  Wirth* 
Schaft  verwaltet  worden  und  etliche  100  fl.  mehr  abwarf,  als 
das  Ankaufs-Capital  zu  4%  berechnet.  —  Gemäss  k.  k.  Ver- 
ordnung wurden  Richter  und  Gerichts  -  Schreiber  besoldet, 
ersterer  mit  500  fl. ,  letzterer  mit  900  fl.  gegen  Verbindlichkeil 
zwei  Schreiber  zu  halten;  nach  dem  Ableben  des  bisherigen 
Richters  Johann  Martin  Helf  wurde  das  Richteramt  mit  der 
Gerichts-Schreiberei  vereint ,  aber  statt  der  500  fl.  Richter- 
Gehalts  1hm  our  das  Gerichts-Sportulariam  fiberlassen  und  so 
die  Ausgaben  um  beinahe  200  fl.  vermindert.  —  Die  Rech- 
nungen der  Pflege  Reifenstein  zeigten  bei  besserer  Einrichtung 
emen  jahrlichen  .Mehrertrag  von  ^50  fl.  zu  Gunsten  der  Land- 
Coroturei,  ungeacht  der  grossen  Aasgaben  an  Wasser- Vorbauten 
zur  Sicherung  der  Gfiter,  kostspieligen  Baulichkeiten  und  andern 
Reparaturen.  —  Ebenso  zeigte  sich  gute  Hofl^ung,  dass  das 
anerkaufte  Stadt  Boznerische  Urbarium ,  auf  dem  einst  die  alte 
dornende  gestanden,  bei  guter  Verwaltung  der  Landcomturei 
einen  namhaften  Zuwachs  an  Einkünften  gewähren  werde. 

Endlich  trug  der  Landcomtur  noch  vor,  dass  zur  Abhaltung 
der  Coadjutors-Wahl  nach  Ördensgebrauch  bei  der  zu  geringen 
Anzahl  der  Ritter-.CapituIaren,  welche  vermöge  Rescripts,  dätirt 
Brfissel  4.  October  1762,  allein  stimmfähig  wären,  nicht  wohl 
geschritten  werden  könne,  worauf  der  einmflthige  Beschluss 
gefasst  wurde ,  dem  Hochi  und  Deutschmeister  die  zwei  älte- 
sten Rathsgebietiger  der  Bailei  an  der  Etsch  zur  Auswahl  des 
knnflig^en  Coadjutors  vorzuschlagen.  Hierauf  proponirte  der 
Landcomtaf*,  er  hoffe  zwar  die  ihm  anvertraute  Bailei  noch 
fernerhin  pflichtmässig  besorgen  zu  können,  da  er  nunmehr  von 
seiner  Augenentzfindung  sich  erholt,  jedoch  unterwerfe  er  sich 
der  Yerftigung  des  Hoch-  und  Deutschmeisters  mit  der  Bitte, 
Ihm  dfe  Ballel-Administration  dergestalt  zu  belassen,  dass  der 
kflnftige  Coadjutor  zu  den  Rechnungen  und  Revision  der  Casseu 


—    218    — 

bejgezogen  und  bei  wichtigen  Fttlen  und  Angelegeaheiten  der 
Bailei  um  seioen  Beirath  und  gutachtliche  Meinung  befragt  und 
sofort  Yon  gedachten  Yorfallenheiten  voriftufig  benachrichtiget 
werde.  Hierauf  ward  durch  Mehrzahl  der  Summen  beschlossen, 
ein  diesem  Antrage  entsprechendes  Gesuch  an  den  Hoch-  und 
Deutschmeister  zu  stellen.  Darauf  wurde  das  Capitel  mit  Vater 
unser  und  Ave  beschlossen  und>  von  den  anwesenden  Capitn- 
laren  unterzeichnet.  O.A. 

Dem  auf  den  18.  September  17M  einberufenen  Gross-Capild 
zu  Mergentheim  wohnte  der  Landcpmtur  Freiherr  von  Uln, 
wahrscheinlich  wegen  Kränklichkeit  nicht  bei ,  sondern  sandt« 
als  seinen  Stell  Vertreter  den  Rathsgebietiger  und  Comtur  von 
Sterzingen,  Johann  Theodor  Freiherrn  von  Belderbusch,  dahin 
ab,  der  wahrscheinlich  bei  Gelegenheit  dieses  GenerairCapitels 
zu  seinem  Coa^jutor  ernannt  #urde.  —  Der  Landcomtur  Frei- 
herr von  Ulm  konnte  jedoch  sich  dieser  Coadjutorshilfe  nicht 
lange  erfreuen;  bereits,  am  28.  März  1792  starb  er  in  Folge 
eines  Schleimscblages  im  70.  Jahre  seines  Allers«. 

Auf  ihn  folgte  sein  bisheriger  Coadjutor  Johann  Theodor 
Freiherr  von  Belderbusch;  im  Jahre  1756  eingekleidet,  war 
derselbe  1760  Comtur  zu  Schlanders,  1763  Rathsgebietiger 
und  Comtur  zu  Sterzingen'  und  1791  Coadjutor  des  Landcomturs 
geworden;  durch  Erlass,  dat.  Bonn  am  1.  August  1792  wurde 
er  vom  Hoch-  und  Deutschmeister  einstweilen  als  Statthalter 
der  Bailei  ernannt.  Jedoch  bereits  am  19«  September  1792 
ernannte  derselbe  den  bisherigen  Statthalter  besagter  Bailei, 
Johann  Theodor  Freiherrn  von  Belderbuseh,  Comtur  zu  Ster- 
zingen, churpßllzischen  und  herzoglich  bairisohen  Geheimrath 
und  Cämmerer,  Generallieutenant  und  Gouverneur  zu  MadnheisL 
als  wirklichen  Landcomtur  mit  Belobung  meiner  bisherigen 
guten  Dienste  als  Statthalter.  C^tattkalterei-'Arehiv.)  —  Am 
14.  April  1793  zu  Mannheim  stellte  er  unter  obigen  Titeln  als 
Landcomtur  und  Comtur  zu  Weggenstein  und  Lengmoos  an  die 
Regierung  den  Obirchen  Revers  aus«  CStatth*'AreMv.y  — 
Kur  Weniges    ist  von  seiner  siebenjährigen  VerwaUong  der 


—    319    — 

Laadconiliirei  sa  melden.  Am  7*  Mfin  1794  «berlässt  die 
Begienng  der  Landcomtnrei  an  der  Elseh  als  Pfandinhaberin 
der  Gerichtsberrschaft  Stein  am  Ritten  gegen  einen  Pfaad- 
acbiHiags-Nachtrag  von  200  fl.  ohne  weitere  Versteigerung  die 
hohe  Jagdbm^eit  im  Pfandgerichte  Ritten.  0.  A.  —  Am  6.  Mai 
1795  schloss  ^er^Landcomtur  mit  Joseph  Mair  von  Lengmoos 
einen  P^cht-^ntract  für  sümmlliche  Güter  der  Gomende  Leng- 
moos vnd  das  ganxe  damals  noch  nicht  verminderte  Urbar  der- 
selben gegen  juhrliehen  Pachtzins  von  1279  fl.  53  kr.  ab, 
wovon  derselbe  noch  berechtigt  war,  alle  landschaftlichen  nnd 
Wostnogs- Steuern,  sowie  auch  alle  Militär- EinquartierungS"* 
Kosten  nnd  alle  an  den  Ordens-Gebttnden  nOihigen  Reparaturs- 
Aastegen,  welche  1  fl.  ttberstiegen,  bei  der  vierteUflhrigen 
PachtschiHings^Abführung  in  Absug  ixt  bringen.  Hieraus  ergibt 
sich,  dass  das  Jährliche  Ertrflgaiss  der  Gomende  Lengmoos, 
«eH  anf  derselben  uoverhältnSssmfissig  grosse  Patronats-Lasten 
hafteten,  nur  ein  geringes  war;  aus  diesem  Grunde  wurde 
auch  die  Gomende  Lengmoos  schon  in  frtthern  Jahren  nicht 
mehr  mit  einem  daselbst  wohnenden  Comtur  besetat,  sondern 
die  Elnkinfte  derselben  xur  bessern  Ejustenz  eines  jeweiligen 
Lnndcomtnrs  mit  jenen  der  Landcomende  vereinigt.  0.  A. 

Da  die  Geistlichkeit  auf  dem  Rittner-Gebirge  durch  die 
bereits  frfther  erwähnte  anderwfirtige  Verwendung  des  Bruder- 
schaften-Vermögens einen  nicht  unbedeutenden  Theil  ihrer 
frühem  Efflkflnfte  verloren ,  wendete  sich  selbe  im  Jahre  1798 
bei  dem  leidigen  Umstände,  weil  von  dem  Staate,  der  den 
grdasten  Theil  des  eingezogenen  Vermögeos  ganz  fremdartigen 
Zwecken  angewendet,  keine  Entschädigung  für  den  Ausfall  in 
Aussieht  stand,  an  die  Gnade  des  Landcomturs,  weicher  in 
Beheniguflg  dieser  empfindlichen  Einkommens-Schmälerung  aus 
Gnade  jedem  der  Pfarrer  in  Lengmoos,  Unterlnn  und  Wangen 
ans  den  Einkttnften  der  Gomende  L^agiAoos,  zu  welcher  die 
drei  genannten  Pfarrcfn  gehören ,  eine  jährliche  Unterstützung 
von  100  fl.  verlieh,  jedoch  mit  der  ansdrflcklichen  Verwahrung, 
dafi  diese  w  zeitweilig  und  anf  Widerruf  ertheilt  werde,  und 


—    220    - 

daher  auch  fOr  seine  Nachfolger  nicht  die  mindeste  Verpflich-* 
tung  haben  soll.  Jedoch  warde  nngeacht  der  vom  Orden  m 
spätem  Zeiten  an  seinen  frdhern  Einkünften  erlittenen  grossen 
Veriarste  bis  jetzt  von  allen  dessen  Nachfolgern  von  erwfihntem 
Reservat-Puncte  kein  Gebrauch  genracht  und  die  erwähnte 
Unterstützung  bisher  fortwährend  den  betreffenden  Pfarrern 
unabbrüchig  geleistet.  0.  A.  —  Wegen  seiner  KränkHdikdt 
und  bedeutenden  Alters  wurde  ihm  im  Jahre  1796  der  Comior 
von  Sterzingen,  Ignaz- Judas  Thadäus  Graf  von  Brandis,  als 
Coadjutor  beigegeben ;  am  4.  Februar  1799  starb  dieser  Land- 
Comtür  Freiherr  von  Belderbusch  in  seiner  Festung  Mannheim 
in  seinem  75.  Lebensjahre. 

Durch  Decret,  dat.  Ellingen  am  15.  August  1799,  ernannte 
der  Hoch-  und  Deutschmeister  Erzherzog  Maximilian  Franz  den 
bishengen  Coadjutor  Ignaz  Judas  Grafen  von  Brandts  zum  wiik- 
liehen  Landcomtur.  Am  6.  November  1766  im  Alter  von 
26  Jahren  eiß'gekleidet,  war  er  bereits  im  Jieihre  1769  Comtur 
zu  Schlanders  und  1795  Comtur  zu  Sterzingen  und.  Raths- 
Gebietiger,  1796  Coadjutor  des  Landcomturs  und  nftch  dessen 
Ableben  1799  Landcomtur  und  zugleich  Comtur  von  Weggen- 
stein und  Lengmoos,  zudem  war  er  auch  k.  k.  General-Feid- 
Wachtmeister;  seine  Anerkennung  und  in  Possess-Erklärong 
von  Seite  der  Regierung  erfolgte  am  16.  November  1799, 
wofür  er  am  26.  November  d.  J.  den  üblichen  Revers  aus- 
stellte. —  Ihm  ward  das  bittere  Loos  beschieden,  während 
seiner  Verwaltung  die  Bailei  an  der  Etsch  von  dem  traurigsten 
Schicksale,  welches  sie  je  erfahren^  betroffen  zu  sehen. 

Gleichsam  in  einer  Vorahnung  der  nachfolgenden  stürmi- 
schen Zeiteu,  welche  die  Ausführung  heilsamer  Plane  unmdg- 
lich  machen  könnten,  benützte  dieser  Landcomtur  weise  die  Zeit, 
schon  als  Coadjutor  die  we;sentliche  Verschönerung  der  Land- 
Comende-Kirche  einzuleiten,  und  selbe  im  Jahre  1799  glücklich 
zu  vollendet.  Statt  der  drei  hölzernen  Altäre  wurde  ein  einziger 
mit  freistehender  Mensa,  Tabernakel  und  Portalen,  Communion- 
Gitter  und  Kanzel,  alles  von  verschiedenArbigem  Kflrmor  j;efer- 


—    221    — 

tiget,  sowie  anch  ier  Chor,  Orgel  und  BethsttiUe  erneoert. 
Die  fjesaramlkoflteo  dieser  Baaten,  welche  aus  Fondsmittelo 
der  Landeomende  besiritten  worden,  beliefen  sich  laut  vorlie- 
feodeii  ReehnoBgen  auf  5280  fl.  9  kr.,  woruater  650  fl. 
Kosteabetrag  fflr  das  schöne  vom  berühmten  Künstler  Martin 
Kaolier  im  Jahre  1799  an  Mailand  gemalle  AltarUatt,  den 
U.  Ritter  Georg  vorstellend.  0.  A. 

Nicht  lange  jedoch  sollte  es  dem  Landcomtur  Grafen  Brandis 
gegönnt  sein,  aich  an  dem  zur  Ehre  Gottes  vollbrachten  Werke 
SB  erfreuen,  indem  die  verheerenden  Kriegsstfirme  auch  aber 
fifol  sich  logen,  welche  manches  Altehrwördige  in  seinem 
Bestände  erschmterten«  —  Grosse  Kriegs-Re^uisitionen  und 
schwere  Einquartierungs- Lasten  verschlangen  einen  grossen 
ThetI  seiner  landcomturlichen  Einkaufte;  aber  noch  mehr  musste 
ihn  der  rasche  Verlauf  und  Eintritt  betrflbender  Ereignisse  mit 
Bangen  aber  die  unheilschwangere  Zukunft  erfttHen.  Der  Reichs- 
Dapuutions-Scbluss  vom  25.  Februar  1803,  S.  26  bestitigte 
swar  noch  den  Orden  in  schien  Besitzungen,  allein  schon  im 
hmimger  Frieden  vom  25.  December  1805,  Art.  12,  wurde 
derselbe  zum  Vortheil  eines  österreichischen  Prinzen  sacularisirt; 
der  Hoch-  and  Deutschmeister  ein  bloss  weltlidier  Fttrst,  zu 
ernennen  vom  österreichisdieii  Kaiser  und  nicht  mebr  durch 
fteie  Wahl  des  Gross-Capitels;  Kaiser  Franz  ernannte  den 
Bnhersog  Anton  Victor  zum  Hoch-  und  Deutschmeister  und 
am  22«  März  4806  geschah  die  Cebergabe.  (Die  Bailei  an  der 
Elaeh  soll  nach  Hormair*s  Angabe  damals  einen  Ueberschuss 
von  11,000  fl.  jährlich  gehabt  haben>  —  Zu  dem  kam  Tirol 
in.  Jahre  1806  an  das  Königreich  Baiou;  drei  Jahre  später  in 
dem  wieder  aasgebrochenen  Kriege  zwischen  Frankreich  und 
Oeslerretch  erklärte  Napoleon  durch  Decrel  vom  24.  April  1809 
in  den  Staaten  d<es  Rheinbandes  den  deutschen  Orden  fttr  auf- 
gdöst,  welche  Verfügung  auch  der  Wiener  Friedensschlnss 
vom  14.  October  1809  bestätigte. 

Vermöge  eines  zu  Strassburg  am  3*  März  1810  vom  Könige 
▼OB  Baiem  daü  Napoleon  abgeschlossenen  Vertcages  wurde  fast 


—    i22    — 

ganz  Sttdtirol  an  letzlern  abgetreten ,   und  kam  An  das  nea^- 
geschaffene  Königreich  Italien  nnd  damit  nahte  fflf  die  Ballei 
an  der  Btsch  die  verhfingnissvolle  Catastrophe;  wo  selbe  durch 
die  italienische  Regierang  aafgehoben  und  ihr  Yermögen  sammt 
den  Gütern   und    Gefallen    als  Staatsgut  erklärt  wurde.     Am 
4.  October  1810  kamen  der  italienische  Vice-Prafcct  von  Bozen^ 
Baldaseroni    und   der  Demanial-Ddegat  Pesehe   in   BegleHuog 
zweier  Magistratsherrell  von  Bozen  in  die  Landcomende  Weggen- 
stein und  forderten  den  Herrn  Josqih  Ampach,  General-Admini- 
strator der  Deutschordens-Gflter  vor  sich,  lasen  Ihm  das  Decret 
vom  25.  April  1806  und  dann  das  kOnigl.  italienlsclie  Decret 
vom  i8.  September  1810  vor,  und  erklärten  kraft  des  Artikels  1 
des  ersten  Decrets  die  Landcomturel  selbst  sammt  allen  beweg- 
riehen  und  unbeweglichen  dazu  gehörigen  Gutem  ^  in  dem  Be- 
zirke von  Bozen,  Lengmoos,  Terlan,  nebst  verschiedenen  Girund- 
Zinsen  als  der  Demanial-Casse  einverleibt.  Hierauf  legte  Besehe 
auf  Befehl   des  Vice-Prafecten   das  königliche  SIgel    auf  die 
Ganzlei   der  Comende,    aufs   Archiv  und  Bibliothek,    auf   die 
Kammer  des  Factors,  da  dort   verschiedene  aaf>dife  Bin}[flnfte 
der  Comende  bezügliche  Papiere  sich  befanden  und  endlidi  anf 
ein  Zimmer,   wo  einige  kostbare  Gegenstände  und  Paramenta 
der  Kirche  sich  befanden ;  auch  wurde  ein  genaues  Vemeleimiss 
Jener  Gegenstände,    welche   in  der  Kirche  und  im  Comende^ 
Gebäude  noch  einstweilen  zum   täglichen   Gebrauche'  blassen 
wurden  unter  Yerantwordichkeit  des  Administrators,  angefertigt, 
und  diesem  zugleich  eingebunden,   irtnerhalb  dreier  Tage  dem 
Demanial-Delegalen  ein  specificirtes  Verzeichntss   der  beweg-^ 
liehen    und    unbev^lichen    Guter    der   Comende   und    Kifche 
Weggenstein,  sowie  auch  zu  Lengitioos  und  Terlan  einzdlefem, 
0.  A.  —  Der  Landcemtur  Graf  von  Brändls  hatte  demvadi  -den 
Schmerz,   mit  eigenen  Augen  das  fi-ivole  Schalten  und  Walten 
anzusehen,  mit  welchem  bei  der  Aufhebung  mit  dem  Ordens- 
Gute  vorgegangen  wurde,  indem  er  zu  Bozen  in  Zurückgezogen-* 
heit  als  schlichter  Privatmann  lebte. 

Auf  ähnliche  Weise,   wie  die  italienische  Regierung  mit 


—    288    — 

dem  Dentsehordens-Gnte  io  dem  Uhr  sugefalleiieii  sOAtehe« 
TbeHe  Tirols  yerfiihr,  machte  es  die  bairische  Hegierang  jdiI 
jenem  io  dem  ihr  gebliebenen  ndrdlicben  Theile;  sie  lOg  die 
YermOgeiiheiten  der  DeotschordeBS  -  Comenden  Sterting  und 
Schlanders  im  Jahre  i8H  ein^  behielt  aber  von  denselben 
nicbts  als  das  Patronats-Recht  beider  Kirchen,  sowie  die 
Comende-Gebflode  sammt  Garten,  weil  selbe  die  Regierung  cur 
UnttfbriBgiing  des  Landesgerichtes  an  betdeif  Orten  bendthigte; 
die  flbrigeh  Reatilflten  und  Gefalle  der  dornende  Schlanders,  so 
wie  der  Comende  Sterzingen  nebst  Jenen  der  Pflege  Relfenstein, 
welch  letstere  unmittelbar  zu  den  Einkttnften  der  Landcomende 
Bolen  gehört  hatte  und  nach  Ueberlteferung  der  ehemaligen 
Qrdensbeamteo  2000  fl.  abwarf,  sammt  allen  »dem  GefftUen 
der  Landcomende  in  ihrem  Antheiie  von  Tirol  trat  die  kOnigi. 
baierische  Regierung  im  Jahre  1613  dem  Forsten  Alexander 
TOB  IVizis  als  EntschSdigang  fflr  das  demselben  eingesogene 
Post-Regale  ab. 

So  ward  die  ehemalige  Deulschordens-Ballei  an  der  Btsck 
nadi  OOOjahrigem  Bestände  zerrissen  und  anfgetheilt.  Der  eot«. 
setzte  Landcomtur  Graf  Bnmdis  starb  im  72.  Jahre  seines  Alters 
nm  12.  Mfirz  1814  zu  Bozen,  fand  Jedoch  wenigstens  seine 
Rahesiftte  in  seiner  ehemaligen  Landeomende^ Kirche  daselbst. 
Er  halte  aber  nicht  mehr  die  Freude,  das  Wiedererstehen  seiner 
BeHei  in  erleben  ;  denn  die  glttckliche  Wendung  der  kriegerischen 
Geschicke,  welche  die  Siege^  der  alliirten  Mächte  nach  der 
denkwürdigen  YolkerscUacht  bei  Leipzig  über  den  Kaiser  Na* 
poleon  zur  Folge  hatten,  führten  auch  fOr  den  denischen  Orden 
in  Oesterreich  eine  bessere  Wendung  und  die  Wiederherstellung 
der  Bailei  in  Tirol  —  freilich  nicht  mehr  im  alten  Glänze  — 
heibei.  —  Tirol  kam  in  Folge  dieser  Ereignisse  wieder  ganz 
an  Oesterreich  zurtick  und  Kaiser  Franzi,  fasste  unterm 2.  Decem- 
her  1817  den  EntscUuss,  das  Yermttgen  des  deutschen  Ordens 
hl  Tirol ,  so  weit  dasselbe  noch  im  Staats-^chatze  vorhanden 
war,  woniSter  sich  auch  die  Pfandherrschaft  Stein  am  Ritten 
beluid,   weiche  aber  der  Regierung  surflckgestellt  wurde,  an 


—    8S4    — 

seinen  Bruder  Erdienog  Anton,  den  Hoch»  and  Dentsdiineiater, 
welcher  in  dem  (ksterreichischen  Staate  auch  nach  dem  Frieden»- 
fichluase  im  Jahre  1809  in  dieser  Würde  verbliebep,  zurack- 
stellen  zu  lassen,  und  demzufolge  wurde  selbes  am  13.  Npv. 
1819  von  einem  landesfarstlichen  Commissär  an  den  Hofrath 
von  Schön , .  Bevolimflchligten  des  Hoch-  und  Deutschmeisters, 
—  leider  durch  die  eingetretenen  Regierungsveränderungen  in 
sehr  zusammengeschmolzenem  Zustande,  —  eingeantwortet.  Von 
den  Deutschordens-Besitzung^iR  der  Comenden  Sterzingen  und 
Schhinders  war  —  wie  schon  erwähnt  —  nichts  mehr  übrig 
als  di^  Comendehänser  sammt  dem  dabei  gelegenen  Garten  und 
jene  Grundgilten-Geftlle  von  der  Comeude  Sterzing  und  der 
Pflege  (leifen^tein^  welche  in  den  Regierungsbezirkea  der  König- 
reiche Illyrien  und  Italien  sich  befanden;  besser  für  den  deut- 
schen Orden  stand  es  mit  seinen  Besii^angen  und  Geffiliea  der 
Landcomende  Jind  der  Comende  Lengmoos,  welche  von  der 
königlich  italienischen  Regierung  einverleibt  und  von  derselben 
nicht  so  eilig  verüu^sert  worden.  —  Nur  einen  Theil  derselben 
wnsste  Hr.  von  Graff,  Baron  von  Ehrenfeld,  noch  im  Jahre 
1813,  als  Tirol  schon  von  österreichischen  Truppen  besetzt 
war ,  durch  Kauf  sich  zu  verschaffen ,  und  die  Sanction  dieses 
Verkaufes  von  der  italienischen  Regierung  nur  noch  auf  Um^ 
wegen  über  den  Nonsberg  eben  nicht  auf  die  geradeste  Weise, 
sondern  nur  durch  Umtriebe  sich  zu  verschaffen. 

Durch  die  Abtretungen  der  königl.  baieri/schen  Regierung 
an  Fürst  Thum  und  Taxis  hatte  der  deutsche  Orden  verloren : 
im  Vintschgau  750  Staar  Getreide  an^.fioggen  und  Gerste;  ans 
den  Bezirken  von  Lana,  Tisens,  Prissian,  Ulteu,  Rifian  und  Sam- 
thai an  Geld  20  fl.  7  kr«;  an  Waizen  8  St.,  Roggen  58 SL, 
Hafer  16  St.;  Capfiuner  12,  Hühner  8,  Hennen  2,  Kitze  3, 
Eier  70.  —  Durch  das  an  Hm.  von  Graff  von  der  Italienischen 
Regierung  Verkaufte:  an  Geld  31  fl.  47  kr.;  49^^  St.  Waizen, 
1671/4  St.  Roggen,  37V4  SL  Gerste,  81  St.  Hafer,. 5  St.  Blen- 
ten,  6  St.  Hirse,  I1/2  St.  Bohnen;  80 V2  Ihnr  Host  und 
36^3  Ihrn  Praschlet  von  den  vorzüglichsten  und  besten  Lagen 


—    235    — 

ifl  Siebenaieh,  Terlm  vM  Im  Bosner  Leilach ;  fener  7^2  Kitse, 
i  fluen,  2  Ummer,  17  Hühner,  6  Rennen,  125  Eier, 
2  Schweinschttlleni ,  12  Stück  Fleisch,  1  Schttssel  Schmale, 
1  Schnlltslflek.  —  Nebst  diesen  Grundgilten  war  von  der 
itriienischen  Regierung  die  emsige  rar  Landcomende  Weggen- 
stein  gehörige  Realität,  das  sogenannte  Belienhfiusel  an  der 
Wegseheide,  welches  der  Orden  frOherzum  Ausschänke  seines 
Zinsweines  benQlst  hatte,  Terkauft  worden. 

Auch  in  kirchlicher  Besiehung  hatte  die  Baliei  an  der 
Elseh  in  Folge  dieser  Ereignisse  manche  Einbusse  erlitten; 
denn  durch  den  Veriarst  der  Comenden  Schlaoders  und  Ster- 
nig sind  dem  deutschen  Orden  die  Pfarren  Schlanders,  Laas 
nnd  Sterling  mit  den  Curatien  Martell,  Ried  und  Gossensass 
abhanden  gekommen,  und  es  blieben  ihm  nur  mehr  die  Pfarren 
Lana,  Samthein,  Passeir,  Lengmoos,  Unterinn,  Wangen,  dann 
die  Curatien  und  Exposituren :  Moos,  Gargazon,  Ytfllan,  Oberinn, 
and  Lengateln,  nebst  den  Frahmess^Beneflcien  zu  Lengmoos 
oad  Dnterinn,  und  dem  Gnrat-Beneflcium  in  der  Landcomende 
Weggenstein  in  der  DiOcese  Trient,  —  und  das  Patronalsrecht 
der  Ffiurre  Marelt  in  der  DiOcese  Bfixen,  worauf  er  aber  einen 
Weltpriester  als  bestfindigen  Vicar  dem  Bischöfe  prftsefr- 
tireo  mnss. 

Nach  der  am  13.  November  1819  geschehenen  Uebergabe 
wurde  die  Interims-Verwaltung  der  dem  deutschen  Orden  noch 
flbrig  gebliebenen  GOler  und  Güten,  welche  von  dem  k.  k. 
Rentamte  bis  Anfangs  October  1820  besorgt  worden  war,  auf- 
gektol  and  am  4.  October  1820  vom  Hoch-  und  Deutschmt^isler 
eine  eigene  dentschmeisterisehe  Gefftlls-Yerwaltang  der  Ordens- 
Gerechtsame  and  Vermögenheiten  in  dessen  Namen  eingeführt, 
welche  aber  ihre  Arotswirksamkeit  flir  Rechnung  des  Hoch- 
vd  Dentschmelsters  am  31.  December  1831  schloss  y  indem 
dendbe  zu  Gunsten  der  wiederhergestellten  Bailei  an  der  Etsch 
aaf  die  fernem  Tiroler  Ordens-Einkfinfle  grossmflthig  ver- 
zichtete. —  Er  hatte  während  dieser  Zeit  bedeotende  Summen 
aus  seinen  Tiroler  Einkauften  auf  die  während  der  Zwischen- 

15 


—    226    — 

Regierunf  en  sowohl  1«  ßaa  ris  im  GiiltQrBiistande  tdv  henlH 
gekommenen  Ordensgebilude  und  Gtiter  in  derett  WiedeAerw 
steltung,  sowie  namhafte  BeNrifge  aof  die  WiederhersteUmig  des 
Ordensmaierhofes  in  Siebenaicb,  welcher  zur  Zeit  der  Kwisdiei»- 
flegierungen  durch  das  Pacht-System  gfinzlich  aosgesogeo  wd 
herabgekommen  war ,  yerwendet«  —  Nebst  fiesen  bedenleoden 
Auslagen  versah  er  auf  seine  Kosten  die  Deatschordens-Pfarr'- 
kirche  zu  Lengmoos  nebst  Ausbessernng  der  ailen  Kirchen- 
Paramente  mit  einem  ganz  nenen  Ornate,  Messkleidem  und 
Wäsche,  und  beschenkte  selbe  auch  mit  einer  ganz  neuea 
slAernen  und  Yergfrfdeten  Monstranze,  sowie  er  auch  in  der 
Landcomende-Kirche  zu  Bozen  alle  Kirchen-Paramente  in  hraach- 
baren  Stand  herstellen  Hess. 

Durch  Decret  vom  8.  März  1834  erklärte  Kaiser  Fraa» 
den  deutschen  Orden  in  den  österreichischen  Staaten  als  eiB 
selbstständiges  geistiich-milililrisches  Institut,  unter  dem  Bande 
eines  kaiserlichen  unmittelbaren  Lehens,  dessen  beslindiger 
Schutz-  und  Schirmherr  der  Kaiser  ist.  —  Bald  darauf  am 
2.  April  1835  starb  der  bisherige  Hoch-  und  Deutsehmeister 
Erzherzog  Anlon;  nach  dessen  Ableben  wurde  der  OrdeM- 
Yerfassung  gemäss  ein  Directorium,  bestehend  aus  dem  Land- 
Comtur  der  Bailei  Oesterreich,  Grafen  von  Haugwitz^  «ad  den 
Herrn  Rathsgebietiger  der  Ballei  Oesterreich  und  Gomtur  za 
Latfoaöh,  Grafen  von  Attems  eingesetzt,  und  bei  dem  •« 
22.  April  1835  zu  Wien  abgehaltenen  Gross-Gapitel  Se.  ktoig- 
liehe  Hohheit  Erzherzog  Maximilian  von  Oesterreich-Este,  Land- 
Comtur  der  ehemaligen  Ballei  Franken,  einstimmig  zum  Hoch- 
iind  Deutschmeister  erwählt.  —  Dieser  führte  die  Administrattoa 
der  tirolischen  Ordens-Besitzungen  bis  Ende  December  1835 
fort,  welche  vom  1.  Jänner  1836  angefangen  nn  den  nea 
ernannten  Landcomtur  Joseph  Graf  von  Attems  Oberging ,  der 
auch  am  13.  Mai  1836  zu  Bozen  nach  vorhergegaflgene« 
Gottesdienste  vom  Dentschordens-Ganzler ,  hoch-  und  deutsh- 
mdsterischen  Hofrath  und  geh.  Referendar  Joseph  von  Schon 
förmlich  und  feierlich  in  Besilz  eingewiesen  wurde. 


—    9W    - 

ümk  im  Ml  Uonme  Aaaer  1836  id  der  Ordfloikirche 
M  Wieo  eitaltenea  RitterscUage  wurden  die  nachgeoanote« 
Onkwrjtter  der  Ballei  an  der  Elseh  si^etheill  und  dem  erwfihn- 
lea  LaodoQDMnr  antergeordnet,  welche  staU  der  frOher  flblicb 
gewctfoiea  selbstoUtaidigeD  Coeende^Administratioo  uad  der  hie- 
Yon  KU  ihrer  Sahsialenx  geoosceBea  Reveaueo,  weil  diese  deo 
getedefffen  ZeilverhftUaisseii  aicht  mehr  aogeaieasen  befunden 
warde,  auaroehr  mit  fixen  Gelddeputaten  aus  der  Ballei-  und 
fieaeral-Ordeas-Caaae  betheilt  werden: 

l4aidgraf  von  Fttrsleaberg  als  Ralbsgebieiiger  und  Coaitur 
4^  Conende  Lei^moos; 

Graf  yon  Stadion,  als  Rathsgebietiger  und  Coo^  z|i 
Schlanders ; 

Philipp  Aaton  Graf  von  Boos- Waldegg,  als  Comtur  zu 
Steningj 

Dia  zwei  letztem  Ck>mende-Titel  sind  jedoch  nur  als  Titular 
anaaschen,  indem  diese  zwei  Comenden  in  der  Wirklichkeit 
flieht  mehr  existiren.  —  Durch  das  im  Monate  Jftnner  1836 
vaa  dem  Dealschordens-lUlter,  Grosscapitular,  Julius  Graf  von 
Snaenberg  der  Ballei  an  der  Etsch  mit  10,000  fl.  C.U.  gemachte 
ordeaabradarliche  Geschenk  wurde  es  auch  ermöglicht,  dass 
4KNdi  ein  weiterer  Ordensritter  aufgenommen  und  den  übrigen 
beigeocUt  werden  konnte,  weichem  nach  hoch-  und  deutsch- 
jadslerlichem  und  landoomturiichem  Beschlüsse  als  jOngstem 
wdX  keiner  Qrdens-Comeode  versehenen  Ordensritter  die  Zinsen 
•VM  den  obigen  Capital  zum  Genüsse  verliehen  wurden  und 
womit  der  neu  aufgenommene  Ordensritter  Ferdinand  Maria 
4rar  von  Platz  betheilt  ward.  *)  —  Statt  der  seit  Wiederher- 
atdlong   der  Ballei   gestorbenen  Mitglieder:    Ferdinand   Maria 


*)  Von  diesen  vorgenannten,  der  Bullei  an  der  Elsch  zugetheilten  < 
Ordens-Rittern  residirt  jedoch  keiner  in  Tirol,  sondern  der 
iandcomtur  Graf  Attems,  sowohl  seiner  dienstliehen  Stellwiii: 
in  der  Arcieren-Leibgarde,  als  auch  wegen  jen^r  am  kaiserl. 
Hofe  im  Deutschordens-Hause  zu  Wien;  die  andern  Ordens- 
Ritter  befinden  sich  in  verschiedenen  militärischen  Anstellungen 
in  dar  Armee  und  andern  dienstlichen  Functionen. 

15* 


—    228    — 

Graf  von  Platz,  gest.  i5.  Jfinner  1839,  aad  Philipf^  Anton 
Graf  von  Boos- Waldegg,  Titular-Comtor  zu  Sterxing,  gest.  im 
Jänner  1851 ,  wurden  zur  Erhaltung  der  für  die  Bailei  ayatemi- 
sirtea  Zahl  folgende  Ordeoaritter  bestimmt:  1841  LeopoM 
Gundaker  Graf  von  Tflrk ,  1846  Heinrich  Graf  von  Cood^hove 
und  Maria  Theodor  Freiherr  von  Riesenfels. 

Nebstdem  wurden,  um  nach  und  nach  auch  die  noch  dem 
Orden  einverleibt  gebliebenen  Pfarreien  und  Curatien  mitDeutsch- 
Ordens-Priestem  besetzen  zu  kOnnen,  vom  Jahre  1839 — 1849 
acht  Weltpriester  aus  der  Diöcese  Trient,  worunter  der  ver- 
diente hochwflrdige  Peter  Rigler,  Professor  der  Pastoral-Theo- 
logie  zu  Trient  im  Jahre  1842,  und  später  noch  einige  in  den 
deutschen  Orden  aufgenommen. 

Unterdessen  setzte  der  neue  Landcomtur  Graf  von  Aitems 
das  Werk  des  verstorbenen  Hoch-  und  Deutschmeisters,  Erz- 
herzog Anton,  thätig  fort  und  förderte  die  in  Ausfahrung 
begriffene  Verbesserung  der  Deutschordens-Gater,  sowie  besoB'«' 
ders  die  Sicherstellung  der  Güter  zu  Siebenaich  mit  einem  Auf- 
wände von  mehreren  tausend  Gulden  aus  den  Baliei-^Einkftnflett, 
und  erbaute  daselbst  auch  einen  grossen  Keller  mit  einem  Auf- 
wände von  2000  fl»  Zudem  bewilligte  er  zum  bessern  Betrieb 
der  Oeconomie  den  Ankauf  dreier  Streumoose  um  die  bedeu- 
tende Summe  von  9016  fl.  30  kr.  C.H.  —  Im  Landcomeode« 
Gebflude  zu  Bozen  Yiess  er  mit  einem  Kosten  von  2581  fl.  44  kr., 
wozu  er  lOCX)  fl.  aus  seinen  Privatmitteln  beitrug,  den  zweiten 
Stock  umbauen,  indem  ein  Theil  zu  einer  abgesonderten  Woh^ 
nung  eines  jeweiligen  Landcomende-Gaplans  hergerichtet,  der 
übrige  Theil  aber  in  zu  vermiethende  Privatwohnungen  umge- 
staltet wurde,  und  seit  dem  Jahre  1849  dem  k.  k.  Aerar  zur 
Unterbringung  des  Landesgerichtes  vermietliet  ist;  auch  sonst 
verwendete  er  zur  Ausbesserung  der  Landcomende  noch  500  fl. 
aus  seinem  Eigenen.  Auch  das  landcomtorliche  Mobiliar-Inventar, 
welches  in  Folge  der  Aufhebung  bisher  alles  fundus  instruclus 
zu  einer  gastlichen  Bewirthung  bei  gelegenheillichen  Ordens«- 
Feierlichkeiten  entbehrte,  bereicherte  er  aus  seinen  Privatmitteln 


mit  deitf  entsprechenden  Silber-,  Porcellain-,  Glas-  und  Tisch- 

Doch  nicht  bloss  auf  die  Verbesserung  der  weltlichen 
Gebtade,  sondern  vorzüglich  auf  die  YerschOnerang  der  Land- 
Conende-Kirche  war  dieser  Herr  Landcomtur  bedacht;  indem 
er  die  auf  dem  Boden  liegenden  Grabsteine  der  Ordensritter  zu 
^erea  besseren  Erhaltung  an  den  Kirchenwänden  aufslellen,  das 
Langhans  der  Kirche  mit  Ritlner-Sandstein-Quadem  neu  pflastern 
und  das  schadhafte  Marmorpflaster  im  Presbyterium  mit  Marmor- 
Platten  ansbessem,  die  Kirche  selbst  passend  verputzen  und  eine 
geschmackvolle  Sacristei  mit  den  hiezu  nöthigen  Paramenten- 
Btolen  «if  seine  Kosten  herstellen  Viesa^  för  welche  und  andere 
kirchliche  Zwecke  selber  aus  seinen  eigenen  Mitteln  die  bedeu- 
tende Summe  von  2807  fl.  CM.  aufwendete.  Auch  beschenkte 
er  die  Kirche  mit  einem  Trauer-Ornat  und  sonstigen  schönen 
Pkramenten  und  einem  schönen  silbernen,  fein  vergoldeten 
Kreuzpartikei-Geßisse.  —  Und  diess  Alles  geschah,  obschon 
ein  am  26.  Juli  1846  entstandenes  Hochgewitter  alle  Peld- 
Prflchte  der  Ballei-Gfller  zu  Siebenaich  vernichtete,  die  Reb- 
geUnde  in  eine  winterliche  Einöde  verwandelte  und  auf  zwei 
Jahre  im  Ertrage  zurücksetzte;  sowie  die  als  Ausfluss  des 
Jahres  1848  erzwungene  Grundentlastung  der  Landcomende 
mehr  als  ein  Viertheil  ihres  Einkommens  raubte. 

WShrend  nun  so  der  neue  Landcomtur  Graf  Attems  mit 
dem  Eintritt  in  diese  Wflrde  die  Ballei  an  der  Etsch  aus  dem 
zerfallenen  materielen  Zustande,  in  welchen  selbe  durch  die 
traurigen  frflhem  Zeitverhältnisse  geratben  war,  allmälig  nach 
Kräften  In  öconomischer  Hinsicht,  sowie  durch  Besserung  der 
Gfiter,  durch  weltliche  und  kirchliche  Bauten  zu  heben  suchte, 
war  der  eifrige  Hoch-  und  Deutschmeister  Erzherzog  Maximilian 
Joseph  von  Oesterreich*Este  fortwährend  thätig,  den  deotschen 
Orden,  welcher  wie  andere  Institute  den  Einittssen  der  Zeit- 
Verhältnisse  nicht  entgangen  und  seinem  ursprflnglicben  Zwecke 
im  Verlaufe  der  Zeit  ziemlich  entfremdet  <|ivorden  war,  so  weit 
die   veriodertea   Zeitveritftitnisse   es   gestatteten,    wieder   auf 


—    280    — 

denselben  zarttckzufflhren.  demnach  entwarf  Hoebselber  mH 
dem  versammelten  Ordens-Grosscapitel  VerFügungen  fn  ßezii^ 
der  äussern  und  innern  Gestaltung  des  Ordens,  welche  iSe.  Maje- 
stät Ferdinand  I.  dureh  Handschreiben  1837  genehmigte.  --- 
Bin  voin  Hoch-  und  Deutschmeister  im  Jahre  fd39  yeran-» 
staltetes  Gross-Capitel  verfasste  mit  HinUick  auf  die  bisher 
bestandenen  Ordensregeln  und  Statuten  sowie  auf  die  yon  Kaiser 
Franz  am  8.  Harz  1834  erlassenen  Directiven  und  auf  die  in 
Folge  derselben  von  dem  Orden  in  den  österreichischen  Staaten 
kdnfeig  einzunehmende  Stellung,  miUelst  Capitelbeschlusses  vom 
26.  Februar  1839  ein  Statut,  welciies  unter  dem  Titel :  ^^Statoten 
des  deutschen  Ritter-Ordens^  in  4  Abtheilungen  beslflligt  und 
besiegelt  wurde.  Kaiser  Ferdinand  bestätigte  selbe  zu  l^hOn- 
brunn  am  16.  Juli  1839  und  liess  am  20.  Juli  1840  jene  Ver- 
fflgungen ,  welche  auf  Staats-  und  privatrechtliche  VeriiSitnisse 
des  deutschen  Ordens  und  seiner  Mitglieder  sich  beziehen,  durch 
allerhöchstes  Patent  zur  allgemeinen  Kennlniss  bringen. 

Bereits  hatte  unterdessen  Se.  königh  Hohheit  der  Hoch- 
nnd  Deutschmeister  vorsorgend  sein  Augenmerk  auch  auf  die 
Bailei  an  der  Etsch  gerichtet,  um  daselbst,  wo  wenigstens  drei 
H  fiuser  ursprünglich  auf  die  HospitalitSts-Verpflichlung  gegrUn- 
del  worden,  nach  den  Erfordernissen  der  verilnderteh  Zeit-Ver- 
hültnisse  den  deutschen  Orden  seinem  Zwecke  nach  und  nach 
so  viel  möglieh  wieder  zuzuführen.  Durch  Numficenz  desselben 
wurde  im  Jahre  1837  der  der  Testorischen  Familie  in  Roveredo 
zuständige  Besitz  Lanegg  zu  Lana  für  7500  fl.  C.H.  angekauft 
und  durch  mehrere  auf  Kosten  des  hohen  Gründers  geführte 
Neu-  und  Zubauten  auf  den  gegenwärligen  grossarttgen  Stand 
gehoben.  Der  Hoch-  und  Deutschmeister  gründete  nun  dort 
ein  InBtitut  für  DeuUehordetu^Sekwestem  ^  welches  durch 
kinseri.  Decret  vom  21.  November  1840  genehmigt  wurde  und 
als  Mutterhaus  für  ahnliche  Institute  dienen  soll;  —  bereits  im 
Jahre  1841  ist  von  dort  eine  Colonie  nach  Troppau  abgegangen. 
—  Die  DeutschoHens-Schwestem  legen  ihre  Gelübde  auf 
Lebensdnaer  ab  vbd  haben  die  Bealimmung)  Kranke  zn  pflegen 


-    Mt   - 

Mi  dto  weiMicbe  Jiqead  tu  witerrichlea;  $ie  erhallen  ihre 
Vooleheriii  naeh  der  BefUmBimig  des  Hoch-  uod  DeaUch-* 
neitfterfl.  —  Seit  Februar  1845  besorgen  die  Schwestern  daseibat 
Mek  ein  ttdche»«CoBvikt.  ^  Im  Jahre  1859  worden  daselbst 
40  schwerverwundete  österreichische  Krieger  aller  Nationalüätea 
aalet  der  sorgsamen  Piege  der  Deutschordens-Schwestem  auf 
Koslea  des  Ordens  mehrere  Hoaate  hindurch  bis  zu  ihrer  Wie* 
dergenesnng  unterhalten.  —  Zu  dieser  Deutschordens-Besltzuug 
Lan^g  gebörl  der  daran  angrfinzende  Plateidbof  in  Yöllan,  am 
30.  Mars  1838  fttr  5841  fl.  40  kr.  käuflich  erworben  und  im 
Jahre  1843  durch  neu  erbaute  Oeconomle-Gebaude  verbessert. 

Das  zweite  Ordens-Schwestem-Haus  in  Samtein^  als  Filiale 
von  Lanegg  entstand  in  Folge  hoch-  und  deutschmetsterischer  Ent- 
sehliessjwg,  dat.  Ebenzweier  am  30.  Juli  1846,  durch  den  vom 
Dentsebordens^Priester  undDecan  Herrn  Peter  Santa  auf  zusammen 
gekauften  Grundstücken  in  den  Jahren  1846  —  1848  geftthrten 
Neubau  und  Uebergabe  dieser  Realität  an  den  Deutschordens- 
Sehwesten-Fond  durch  Urkunde  vom  7.  Jänner  1852  fflr 
2232  fl.  30  kr.  CM.  Die  Ordens-Sehwestern  besorgen  dort 
eine  Hfidchen-Schule. 

Das  dritte  Haus  zu  St.  Leonhard  in  Passeir,  ebenfalls  Filiale 
von  Lanegg,  wurde  gegründet  in  Folge  hoch-  und  deutsch- 
meisterischer EntSchliessung,  dat.  Ebenzweier  am  31.  März 
1847;  erworben  um  d833  fl.  20  kr.  durch  Kaufsact  7.  Hai 
1847  uod  durch  Umbau  zweckdienlich  hergestellt. 

Das  vierte  Haus  zu  Völlan,  gleichfalls  Filiale  von  Lanegg, 
warde  zufolge  hoch-  und  deutschmeisterischer  Resolution  auf 
dem  durch  Urkunde  vom  6.  April  1852  für  250  fl.  C.H.  käuf- 
lich erworbenen  öden  Hügel  auf  dem  Nagele-Gute  in  den  Jahren 
1852  und  1853  aus  den  Mitteln  des  Ordens-Schwestern-Fondes 
mit  einem  Aufwände  von  wenigstens  5700  fl.  ganz  neu  erbaut. 

Das  fünfte  Ordens-Schwestern-Haus  In  Unterinn,  Filiale 
von  Lanegg,  verdankt  seine  Gründung  der  hoch-  und  deutsch- 
neisterischen  EntSchliessung  vom  Jahre  1857  und  wurde  durch 
die  gfltige  Verwendung  des  Hrn.  Beneficiaten  Michael  Wenter 


-    233    — 

unter  dessen  Leitung  in  den  Jahren  1857  und  i858  auf  einem 
von  der  Pfarrkirclie  zu  Unterinn  fflr  750  fl.  erkaaften  Acker- 
Gmnde  ganz  neu  erbaut,  dann  durch  förmlichen  Act,  datirt 
Unterinn  am  26.  Mftrz  1860  für  den  Deutachordens-Schwesten- 
Fond  eigentlich  übernommen. 

Zum  Schlüsse  ist  noch  eines  für  die  Deutsch-Ordens- 
Ballei  an  der  Etsch  wichtigen  Institutes  zu  erwfthnen,  nemllck 
des  Deutschordens-Priester-Convents  zu  Lana,  welches  derselbe 
^  Hoch-  und  Deutschmeister  auf  Bitten  seines  geistlichen  Rathes, 
des  bereits  früher  erwähnten  Deutschordens -Priesters  Peter 
Ri^'c^  gewesten  Professors  der  Pastoral-Theologie  am  bischöf- 
lichen Seminarium  zu  Trient  im  Jahre  1855  gründete  durch 
Zusammenkauf  des  in  5  Parcellen  zerstOckten,  vom  ehemaligen 
Benedictiner-Kloster  zu  Füssen  in  Baiem  herrührenden,  in  der 
zweiten  Hfilfte  des  19«  Jahrhunderts  stückweise  verüossertei 
Mairhofs-Anwesens  in  Mitterlana  um  13,233  fl.  20  kr.  CM.  — 
Der  aus  einer  Wiese  und  Acker  hergestellte  Garten  wurde  im 
Jahre  1856  mit  einer  neuen  Mauer  eingefriedet  und  das  Neu- 
Gebäude  in  den  Jahren  1856  und  1857  nebst  andern  nöthigen 
Umbauten  mit  einem  Kosten  von  wenigstens  12,000  fl.  CM. 
hergestellt.  Es  hat  den  Zweck,  als  Noviziathaus  für  die  in 
den  Orden  eintretenden  Weltpriester  zu  dienen  und  zugleich 
wurde  daselbst  eine  Bildungs-Anstalt  gegründet,  in  welcher 
Jünglinge,  die  dem  Orden  beitreten,  zum  Priesterstande  heran- 
gebildet werden  sollen ;  wozu  der  Herr  seinen  Segen  geben  wolle! 


—    833    - 


Beitrftge  snr  spedelen  Geschichte  der  Deutsch- 
Chrdens-Cromende  Sterzing  vom  14.  Jahrhundert 


An  27.  Odober  1302  geben  Bruder  Conrad  von  SehWenlM 
LMdconMnr  an  der  Etseh,  nnd  Bruder  Heinrieh  von  Esebenbach, 
Cemliir  lu  Stening,  im  Namen  der  Comende  Sterling  dem  Uiin 
Cbofpo  von  Pignaga  in  der  Pfarre  Eppan  drei  Stfleke  Weingut 
in  der  obem  Glaive  lu  Erbpacht,  gegen  Jftbrliehen  Zins  von 
6  Ihn  Wein  in  das  der  Comende  Sterling  zugehörige  deutsche 
Haus  10  Eppan  zu  liefern,  in  der  Fastnacht  2  gute  Hflhner  und 
lu  Oatem  i  Sttz  und  30  Eier.  Dabei  waren  Conrad  von 
Aichach,  Priesterbruder  und  Ulrich  von  Manchen ,  Laienbruder 
dea  dentsehen  Hauses  zu  Bozen.  O.  A.  —  Am  nemlichen  Tage 
treffen  obige  zwei  deutsche  Herren  im  Namen  der  Comende 
Sierztng  einen  Tauschverlrag  mil  Heinrich  Benditensun  von 
(lorlan;  sie  flberlasseo  leUterm  als  freies  Eigenthum  einen 
Acker  in  Gnrlan,  genannt  Kadozze,  wofttr  er  ihnen  einen  Acker 
in  der  Naur  in  der  Phrre  Eppan  abergibt.  0*  A.  —  Im  Jahre 
1903  bekennt  Bruder  Chaloch,  Comtar  und  Pfarrer  la  Sterling, 
dasa  er  sich  mit  Rath  und  Zostimmong  der  Visitner  (Visita- 
toren?),  des  Landcoratnrs  und  der  Brüder  zu  Bozen  veriiiad* 
lidi  gemaefat,  die  Comende  soll  alle  Donnerstag  auf  dem  Sanct 
lartms-AItar  in  der  Pfarrkirche  bei  der  ThSr  der  Abseite  eine 
Hesse  und  Jflhriich  einen  Jahrtag  mit  4  Priestern  fttr  Perchtold 
dm  Richter  und  dessen  Gemahlh  besorgen;  dafttr  habe  Ihm 


—    28«    — 

Frau  Agnes,  des  Zanten  Tochter,  Gemahlia  besagten  Perchldda 
des  Richters  and  deren  Söhne  Hermann  und  Conrad  ttbergeben 
das  Anräut  zu  Slersingen  und  3  Pf.  B.  Gill  auf  dem  Hofe 
Nidertelves.  (_Copeibuch%u  SterzingJ} —  Am  St.  Margarethen- 
Tag  1305  (Ibergibt  Herr  Ortolf  der  Chamerer  von  Reifenstain 
mit  Zustimmung  seiner  Gemahlin  Alhaid  und  seines  Sohnes  Perch« 
told  %XL  dem  heil.  CaAarina-Ahar  in  der  Deutschordeos-CapeMe 
lum  hl.  Geiste  zu  Sterzing,  den  er  daselbst  erbaut,  einen  Hof 
zu  Niederianns  und  einen  Acker  bei  erwähnter  Capelle;  wofür 
sich  der  Comtur  und  die  Brflder  zu  Sterzing  mit  Genehmigung 
des  Landcomlurs  Fr.  Hartmanns  von  Gondolfingen  verbindlich 
machen,  an  jedem  Dienstag  und  Donnerstag  Gott  zn  dienen 
mit  einer  brennenden  Lampe  vor  erwähntem  Altare  zum  Seelen- 
heüedes  Siifters,  seines  Vaters  Ortoit  und  seiner  HcMer  Chri- 
süna ,  seiner  Gemahlin  Alhaid  und  seiner  Brüder  Nico|«iis  h«4 
Erhart.  Dabei  waren  gegenwärtig:  Fr.  Chaloch  der  Gomt«r, 
Fr.  Dietrich  von  Dieperschurch ,  Fr»  Conrad  von  RolteabuEehi 
Fr«  Seifrid  und  Wilhelm  der  Zanl.  fC^etAti^Ä  zu  SUrxingO 
Unterdessen  war  Bruder  Chaloch,  Comtar  und  Pfiarrer  zu 
Stersingen,  in  langwierigen  Streit  verwickelt  worden  mit  V^ 
damar  dem  Pfarrer  von  Mareit,  wegen  pfarriicher  Riechte,  au 
ihrem  beiderseitigen  grossen  Schaden ;  endiloh  auf  Andring^li 
des  Johann  Sax,  Dom-Decans  zu  Brixen,  der  den  Process  in 
Auftrage  des  Bischofs  Johann  verhörte,  conpronMtifteo  beid^ 
Partheien  auf  Fridrich,  den  Caplan  zum  hl.  Augiistin,  RftiT.  von 
Stingilhaim ,  Domherrn  zu  Brixen  und  Heinrich ,  den  Vicar  zu 
Slilves  eis  friedlichen  Schiedsrichtern.  Diese  entschieden  am 
il.  August  1306:  Zöderleia  soll  wegen  des  Gutes,  dM  er 
bd>aa4,  zu  Weihnacbtea  und  Ostern  sein  OB^rUtsiam  in  die 
PMrrkirche  zu  Sterzing  bringen;  soosi  aber  au  keiner  pfarr^ 
liehen  Verplichtung  dahin  gehalten  sein;  ferner  soll  der  Pfarrer 
von  Steniog  keioem  Pfantinde  von  Mareit  ein  Sacraaneot  wichen 
noch  ein  Kind  taufen ,  er  werde  denn  vom  Pfarrer  zu  Hareit 
ausdrücklich  dazu  ersucht;  ebenso  soll  es  der  Pfarrer  von 
Mareit  in  Bezug  der  Pfair-AngchOrigea  vfo  Sterzing  Wtev; 


UM«  Mter  i^desmaiifer  Stvtlb  tmk  10  Mwk  fienef.  Zevgen 
desMK  Fr.  Heimieh  rm  EBcbedbaeh  vnd  Fr.  Heoh  Yoa  Wien* 
edia,  iMide  Deutfehord^tw-Irttder  daselbfii. 

Vm  diM8  Zeit  (du  Dal«n  ist  nichl  Mfegehdi)  ttNUdH 
BerloM  Tnurtson,  geMMinl  KfareHo  von  Spi^heMtam^  von  Fnm 
Bus,  lief  Witwe  seines  Bmdersolmes  Conrnds  Tmümi  und 
deren  Kinder  den  iliaen  diä  Brbtkeit  sugefallenen  Theit  des 
Hefcs  Wimt  tuf  Ecke  gelegen  y  gegen  einen  andern  in  Moales 
(Hsids)  ein  md  rergnbt  denn  den  gamen  obigen  Hef  de« 
denlscIieD  Hanse  h  Sieraing  ftfr  sein  and  seiner  GeamhUn 
fiertraad  Seeleniiei),  aof  dass  die  dealsclien  Herren  daseÜMl 
jiMeli  «n  Tage  Quatnor  Coronalerani  einen  Jaliriag  sommI 
Vigi»  ond  Messen  far  sie  halten.  0.  A.  —  Im  lahre  1309  wiU 
Hr.  GanoBfens  von  HairliofMi  den  Brader  BerehlokI  finppan  ab 
Conlar  den  deotaehen  Hanses  u  Stersing  gefunden  habeiw 

In  der  Osterwoche  des  Jahres  1313  so  Laibaeh  besMtigt 
Heinieh,  Ktoig  Ton  Mbmen  ftc. ,  Graf  am  Tirol ,  die  Sehen* 
kong  des  Lnehtner  Aekers,  ilnsl  1  Mntt  Boggen  und  Genrten ; 
des  Mosl-Ackers,  des  FleckvirsisUAckers,  der.  Wiese  in  der 
Fntk  md  3  Pf.  B.  Zins  ans  dem  Hofe  von  Ried,  weleke 
Hr.  Caaipolt  der  ZanI  der  Harienkireke  ond  dem  denisehen 
Haase  so  Stening  sm  Heile  seiner  Seele  vermachl  und  seheriit 
sdbe  Gtler,  welche  bisher  Lehen  von  Tirol  gewesen,  der 
Cmnende  sitm  Eigenthnm.  0.  A.  ^  Am  Dienstag  nach  Nicolai 
1814  bestätigte  deraelbe  König  Heinrich  der  Comende  Siening 
^igcli  der  Bereitwilligkeit  ihrer  Dienste  aHe  Rechte  und  Fiel«- 
haken,  weldie  dieselbe  bei  Lebieiten  sehies  Vaters  genosasn; 
htsoude»  dass  selbe  ihre  Wehte  und  Lebensmittel  daselbst  su 
ihmn  Gebnraehe  Terwechseln,  verkaafen  und  vertauschen  dUtfe 
Bsek  bisher  gebilligtem  Gebranefce  und  Reckte.  0.  A.  ^  Hiii- 
gegen  trat  er  den  Dentscbordens^BrOdem  daselbst  mit  Ernst 
«tgegen,  wo  sie  ihre  fiefngnisse  ttberschritten ;  eo  hatten  sie 
ohne  ErfanbBlw  sich  es  hemusgeaoaMnen,  lu  Sterzing  das  gan» 
Mr  khiditreh  om  Geld  Wein  ausxuscbinken  stm  grossen  Ifack- 
Mk  der  Btifer  ton  SkrsiBg.  Auf  der  Lettlem  Klag«  verbot 


—  28<r  — 

er  durch  Befeiil,  dal.  Tirol  tm  Erehtag  nach  Andrii  1816,  des 
DeatscbordeBA-Braderii  daaelhsl  Wein  anBinachiBkeB,  weder  in 
Meinen  Trinklein,  noch  in  grossen  Massbeehem,  noch  PalKidaa* 
weise;  erlaubt  ihnen  jedoch  denselben  Ihm-  und  Foderwmse 
irerscblmsen  xu  ddrfen.   (Ärehie  der  Simdl  Sieminff.) 

Am  MiUwoch  nach  St.  Gertraud  1318  verkauft  Graf  Hein* 
rieh  von  GOrz  den  Fr.  Chaloch,  Comlnr  und  Fr.  BertoMea 
dem  Gefneren  und  den  tibrigen  deutschen  Brfldem  zu  Steniag 
twei  Höfe  zu  Ehrenburg.  Geschehen  zu  Luncz  auf  dem  Halse 
zu  Brack.  Zeugen  dessen :  Ulrich  von  Taufers,  Coli  von  Flaaeh- 
berg,  Heinrich  der  Graland,  Herward  von  Auersberg,  Nidas 
von  Weibberg ,  Conrad  von  Schoneck ,  Heinrich  der  MeOBiia- 
reuter.  C^anuser.  Burgieehner.J  —  Am  Froitag  nach  Sanei 
firegorten-Tag  1319  zu  Meran  in  der  St.  Nicolauskirche  bestfttigl 
derselbe  Heinrich  Graf  von  GOrz  und  Tirol  die  Vergabung  des 
'Schallergutes  zu  Peweren  im  Dorfe,  welches  gOrziadies  Leben 
ist  und  Jacob  der  Trautsun  an  das  deutsche  Haus  zu  Steoing 
geschenkt  hatte,  und  befreit  selbes  von  der  Lehens-^Eign- 
schaft.   0.  A. 

Energisch  betrieb  der  ofterwühnte  Fr.  Chaloch  als  Comtar 

zu  Sterzing  seines  Hauses  Angelegenheiten  gegen  WideespSnstige; 

am  Sonntag  Laetare  1320  zu  Sterzing  bringt  Fridrich  der  Cqtei 

des  heiL  Augustin-Aitars  zu  Brixen   allen  Pfarrern  und  Pfarr- 

I  Vicaren  der  Diöcese  Bnxen  zur  Kenntniss,   dass  er  gemäss 

Auftrag  des  ehrwQrdigen  Hern  Conrads,  Domherrn  und  Tküafs 

I  der  Kirche  von  Brixen ,  zu   Gericht  gesessen    über  die  Streit- 

I  Saehe  zwischen  Bruder  Chaloch,  Comtur  zu  Sterzing  als  Ver- 

I  treter  seiner  Comende,  und  zwischen  Chf  genannt  Prenncr  und 

!  dessen  Sohn  Heinrich;   letztere  seien  auf  den  ihnen  gestellten 

I  Termin   nicht  zu  Recht  erschienen;   er  habe  daher  selbe  auf 

I  Betrieb  des  Comturs  wegen  ihrer  Halsstftrrigkeit  excommanicirt 

und  befohlen,  diess  in  ihrer  Pfarrkirdie  Öffentlich  za  verkünden. 

I  Da  sie  aber  dessen  ungeacht  ia  ihrer  Widersetalicbkeit  ver*- 

harren,  so  trügt  er,   damit  nicht  Andera  durch  diese  rfiudigen 

Schaafe  angesteckt  wflrden  and  um  die  Yeifcehrten  nelbit  dareh 


-    M7    — 


Yencklrftiiif  der  StoTe  nr  Bfliwiinmg  iQ  kriagtii^  diM  sie 
•iob  ier  SehiiflMlgewall  der  Kirche  iiiitenrflrfMi^  allen  Prarrem 
kraft  des  hl.  Gehortanw  aaf,  an  jedeai  Sonn-  uad  Feattage 
vor  aogefflndeten  Kerteo  uad  aater  Glocheagdüate  die  erwähn- 
tes Chr  «d  Heinrich  Prewicr  von  der  Kanid  herab  ala  Ex- 
cenMiaBicirte  an  erklflren  aad  sa  befehlen,  aie  ala  solche  an 
mekkn.  0.  A. 

Ab  19.  Pabraar  1321  au  Boten  verleiht  Brader  Chaloch, 
Gemlar  dea  dealachen  Hanaea  und  HoapiUda  zn  Slenhigen,  fflr 
aieh  nnd  im  Namen  Dietrichs  von  Trier,  Landcomtnrs  der  Bailei 
dea  Hanaea  nnd  Hospitals  sn  Bösen,  einem  gewissen  Hermann 
nnd  deaaen  Gattin  Irmela  ein  ier  Comende  Siersing  ingohArigea 
Gnt  gegen  benanalen  Zins.  0.  A.  —  Derselbe  Comtur,  Bmder 
Chah>eh,  erkauft  am  12.  Hai  1329  von  Hm.  Nicolana  von 
Thambvrch  aus  Wipplhal  Haus ,  Hobtatt  nnd  Hof  su  Nieder- 
riade  sowie  zwei  Aecker  daselbst,  der  Aigen*  und  Voracker 
genannt,  sammt  dem  Hahde  Rinderaoger  zu  Venne  um  30  H.  B. ; 
Jedoch  schenkt  der  Verkflufer  von  diesem  Kaufpreise  dem  deut- 
schen Hanse  daselbst  3  M.  B.,  weil  die  deutschen  Brflder  ihn 
aad  aelne  Nachkommen  in  die  Theilnahnm  aller  guten  Werke, 
die  im  Oideo  verrichtet  werden,  aulj^enommen.  Das  sigit  Herr 
Lndweik  von  Reifenstain.  Q.  A. 

An  die  Stelle  des  Fr.  Chah)ch  war  bald  darauf  Fr.  Her- 
nwnn  als  Comtur  eingetreten.  Am  2.  Februar  1332  verspricht 
Hr.  Gottfnd  von  HSnnenperch,  Landcomtur  der  Bailei  an  der 
Stach  nnd  im  ganzen  Welschland  mit  Zustimmung  des  Prater 
Hermann ,  Comtors  zu  Stersingeu ,  sowie  der  PriesterbrOder 
BartoU,  Heinrich  und  Ulrich,  und  der  Laienbrttder  HHdiger 
and  Johann  fttr  empfiingene  70  M.  B.  und  den  Mllhl-Acker 
der  Fran  Alhait  der  Pemthiu ,  Bürgerin  zn  Siersing  und  alleir 
Bnrgem  daselbst  eine  tfigliche  Messe  auf  dem  St.  Jacoba-Altar 
hl  der  Pfarrkirche  daseibat  zu  besorgen.  Zeugen  dessen :  Herr 
Ludwig  TOtt  Reifenstain,  Hr.  Heinrich  der  Wolf,  Christen  der 
Streun.  ^Copeibueh  %u  Ster%i$tgJ  —  Da  einst  im  Jahre  1300 
Perchlold  Schwab   von  Eppan  von  dem  deatschen  Hanse  zu 


t^nlng  mehrere  fiOter  in  te  OmgegeBl  uren  Epfm  gifiMhlM» 
welche  dao»  denen  fiohwiegenehn  SoUm  out  «Miier  GelpiyWiA 
C^ela  fiod  md  deren  Tachler  Mcije  erblich  überkojwnen;  felke 
«ieh  aber  aar  BdNumng  deradhen  au  ach  wach  fttkltf  aber  ßut 
^  Thitifkeii  ihrea  «eraahia  Heimteh  Fcftili  bwit,  ao  %adi  #ie 
Hm.  Gotlfnd  von  Himiberg,  LaadcomUir  au  Boaen,  aie  Mih 
im  Namen  der  Comende  Stening  mit  demselben  au  befehMva; 
demaufofg-e  verleiht  ihnen  deraelbe  im  Hauae  der  Deatachordena- 
emder  an  der  fiiaakbrflcke  bei  Boaeo  m  3.  Mllra  1333  da 
Haaa  and  €larten  aa  St«  Fanla  mit  aieben  Slttck  WieJngiBer  «ad 
Aeeker,  von  denen  awei  Slttck  Acher  auf  der  Httlfe  au  Crftiw« 
ein  anderea  am  Gatter,  ein  Weinatttck  «nd  ein  halbe«  hfKk 
Acker  aa  der  hohen  Aiche,  ein  Slttck  a«  Valchmun  <VaUia 
commama?)  und  ein  anderea  an  Valcnrt  (ValKa  cttrtia)  gahfea 
aind,  gegen  einen  benannten  Zins.  0.  A. 

Am  St.  Vinceazen-Tage  1335  atiflet  Greif  der  Zant  von 
£izenbaam  und  die  Bürger  von  Steraing  mit  18  H.  B,  eine 
sonntttgliche  Wochenmesae  aaf  dem  hl.  Blota-Allare  daadhal; 
dazu  gibt  seine  Zustimmung  Bruder  Albrecht,  Heraog  von 
Pfaunaweig,  Landcomtur  an  der  Etach  und  zu  Lamparten  (in 
der  LombardeO  mit  ftath  und  Zuatimmung  seiner  Ordeaahitdcr : 
Gottfrid  von  Hennenberg,  Hermann  von  Ueatal,  Bertoid  von 
Aichach,  Wernher  der  Hiuse  und  Hana  von  Mtthldorf.  — 
Zeuge  Ludwig  von  Reifenstasn.  QCopeibfuh  zu  8ter%imgJ)  — 
Eben  dieser  Landcomtur  bewilligte  im  folgenden  Jahre  1336 
am  St.  Vaientins-Tage  Im  Homung  wieder  die  StifUmg  einer 
tttgticben  Messe  auf  dem  St.  Hartina-Altare  „in  Winkl,  ao  bma 
in  die  Kirch  geht  ze  der  vinatern  (?J  Hand^  in  der  PfarriUache, 
wofttr  er  von  Herrn  Ludwig  von  Reifenstain,  Heinrich  4em 
Camrer  und  Johannaen  dem  Iroser?  den  Kemserleinahof  zu 
Mareit  zur  Stift  erhalten;  daa  geschah  mit  Zuatimmung  wid 
Rath  seiner  Ordenabrfldw:  Johann  von  Böhmen,  Gontnr  und 
Pfleger  zu  Steraing,  Fr.  Tylon,  Fr.  Heinrich  von  Rottenhocg, 
Fri  Heinrich  von  Reichenberg,  Fr.  Johann  der  Trifaler  von 
Steraing  und  Bertold  von  Uaidenberg  in  Beiadn   der  Herren: 


—  »§  — 

Lereat  ^m  IVelfeiisiaia ,  JltiiiiWi  to  Wolfc,  Frilrkh  rai 
TMttf,  Prils  Ton  Hangeriiau« ,  VJrich  def  GeicharrM,  ChriMa 
4e8  8lre!ia.  C^opMveh  %u  Si»r%y^,J  —  Dwaeifce  Brader 
Aflbreelit,  ilenog  toii  Pragntchweig  «ad  LaadeooMur  der  Bailei 
«B  der  Btsdi,  arkandel  nil  Rath  Fr.  Mumaa  iron  Bekd«, 
OMHtara  and  Plegera  la  Sleniag,  Fr:  Johanns  des  TriMers, 
Fr.  leinrielif  vwi  Rotieiiburg  aai  23.  Apil  1336  actterdinfs 
^OD  Uni«  Ludwigen  von  Reifenalaia  and  deaaen  Brader  Nicolaiis 
HO  H.  B.  Heraner  HOns  eingenonuaen  sa  iMben  anter  der 
TerMaidItehkeil,  daaa  die  Comende  u  Siening  aaf  weilesrige 
Zeiten  eiae  Mgliehe  Uesa%  aaf  den  beiU  BkMa-Altar  in  der 
Mwienpfarrkirdie  daaelbal  beaorge.  Zengen  dabai  waren:  Herr 
Lorenx  von  Wdfenstaln  (dabei  die  Bemerkang  von  anderer  Haad^ 
ax  fiimllia  de  Volders),  Heinrick  der  Wolf,  Ghrialan  der  Slreun. 
CCapeibwh  %u  SUrzingS) 

Jahann,  Heraog  von  Kärnten  und  Graf  xa  Tirol  beatäOft 
a«  Tirol  am  Freitag  nacb  dem  Zwölften  i340  auf  ihre  Bitte 
den  Bfirgern  von  Sterzing  ihr  van  König  Heinrich  im  iakra 
I9i6  iliaen  gewährtes  Privileglam  gegen  das  deatsche  Haas  xa 
BlenlBg,  wodarch  diesem  der  Kleiaverschleiss  seines  Weines 
verboten  wird  anler  jedesmaliger  Strafe  von  50  Pf.  B,  a«  dea 
laadesMivtliehen  Fiscas  und  des  verkaoflen  Weines  an  die  Bar* 
ger  von  Sterdng  ond  beauftragt  den  Tagen  von  Villaader», 
seinen  J^ohter  xn  Sierxing,  die  Bürger  in  diesem  ihrem  Hechte 
an  sehtitxen  CFrit^iA^^ten^^amm/.  d.  St,  SterfsmgJ  —  Im 
Jahre  13&1  wurde  Bruder  Hemrieh  von  Zipplingen,  Comtur  und 
Piwiier  xu  Sterxing,  well  er  «eine  Comende  mit  einer  Schnid 
voa  <B  M.  8  Pf.  B.  beladen  und  sonst  die  Bedarfnisse  des 
■anaea  nicht  besorgt  hatte,  vom  nenen  Laadcomtar  Hans 
Hothhaft  und  dem  Baliei-Capitel  seines  Amtes  entsetzt.  QStüU* 

Am  1.  Februar  1397  nrkundet  Bruder  Leutolf  der  Hacke, 
imdeontor  im  Gebirge,  dass  er  mit  fiath  Fr.  Bertolds,  Grafea 
voa  Salz  uod  Gomtars  xu  Lengmoos,  Fr.  Fridrichs  von  Limgen- 
berg,  Comturs  und  Pfarrers  xu  Sterxing,   Fr.  Wemhers  des 


—    2*0    - 

Hflasep,  Comtiin  tu  TrimX  md  Fr.  Jaoob«  Yon  Vikadera  ¥0B 
den  Bürgern  zu  Sterziog  110  M.  B.  mit  der  VeiffliditODg  na» 
genommen  habe,  dass  das  deutsche  Haus  daselbst  von  nun  aa 
in  der  SL  Margretenkircbe  daselbst  auf  ewige  Zeiten  eine  tig- 
liehe  Frfihmesse  besorge,  wie  man  sie  zu  Heran  und  Boien 
haltet,  da  bisher  selbe  nach  alten  Rechten  und  Gewohnheiten 
nur  drdmal  In  der  Woche  daselbst  gehalten  worden.  Dess  sind 
Tbüdinger  und  Sprecher  gewesen:  Hr.  Hans  von  Frinndsberch, 
PBeger  auf  Strassberg,  und  Hr.  Ludwig  von  Reifenstain;  Zeu- 
gen: Hr.  Cunrat  der  Trautsun  von  Sprechenslain,  Ulrich  der 
Sebner,  Peter  der  HeckI,  Unterrichter,  Hans  Vasolt  von  Treas, 
Hans  aus  Semtein,  Pfleger  zu  Moos,  Ruedl  Fuchsmagen.  (XJopei^ 
Buch  %u  ßterzkiffj 

Eben  dieser  Ludwig  von  Reifenstain  überlAsst  am  Pfiastag 
nach  Kflss-Sonntag  1368  der  Gemeinde  Sterzing  alle  Rechte 
auf  zwei  Hessen,  die  er  bei  den  deutschen  Herren  daselbst 
gestiftet.  QCopelbuch  von  Sterzing.')  Dafflr  stiftet  er  mit 
einem  Gute,  das  20  Pf.  B.  jährlich  zinst  und  noch  andem 
Gfltern  eine  tfigliche  Hesse  auf  dem  hl.  Geist-Altare  in  der 
hl.  Geist-Capeller  daselbst,  welche  Stiftung  Ludwig  (Leutolf) 
der  Hacke,  Landcomtur  mit  Rath  Fr.  Fridrichs  von  Lengenbeig, 
Comturs  und  Pfarrers  daselbst,  Frater  Egiolfs  von  Lierhain, 
Fr.  Christans  des  Grillen,  Fr.  Hansen  des  Schenkenbergers 
am  25.  August  1368  annimmt«  CCopeUmeh  van  Sterxintf.') 
Und  schon  am  10.  August  1369  stiftet  dei-selbe  Ludwig  voa 
Reifenstain  wieder  einen  Jahrlfig  mit  Vigil  und  Hessen  und  über 
das  Grab  Gehen  aller  Priester  zu  Sterzing  und  einer  Sfiende 
von  20  Pf.  B.  an  die  Armen  für  •  .  .  .  gewesenen  Richter 
in  Teuns,  indem  er  dem  deutschen  Hause  daselbst  einen  Acker 
genannt  Arm,  eine  Wiese,  den  Pfundritsch-Acker ,  ein  Wies- 
Hahd,  einen  Baumgarten  und  das  Gagerser  Gut  auf  Rantmose 
dafflr  vergabt;  welche  Vergabung  saromt  Verpflichtung  Leutolf 
6ist  Hacke  mit  Beirath  seiner  Ordensbrüder:  Fr.  Fridrich  von 
Langenberg,  Comtnr  und  Pfarrer  zu  Sterzing,  Fr.  Hans  des 
Licbtenberger,  Fr.  Otto  des  Schrofenstainer  und  Fr.  Hansen  iȧ 


r 


—    Ml    - 

Bdiealmbergier,  alle  so  Sterling:,  aiminnit.  C^opMuch  v.  &ier^ 
xiti§.y  —  Am  nenüchen  Tage  stiAet  denelbe  Ludwig  tod 
Hdfeaataiii  auch  eiaea  Mirtag  fflr  seine  vefstorbene  GemaUiB 
Sigwn  mil  jihrtidieD  20  Pf.  B.  Zins,  der  ans  dem  Tolden- 
Hof  xa  Semea  flieset.  Diesen  JAnag  soll  die  Comeode  Sl«»*- 
mg  fttr  obigen  Zins  beUen  am  Unser  Fraaen-Tsg  ...  mit 
Tigil,  Uebeisgrabgehen  und  Messen  aller  Priester  in  Sterling, 
«d  dafttr  jedem  Priester  6  kr.  saUen.  C^opeUmeh  van  Sier' 
«%J  —  Doeh  sehen  am  25.  Movember  desselben  Jahres 
ahertrog  der  Stifler  alle  seine  Reehte  an  den  eben  erwähnten 
Jahrtagen  und  Messen,  sowie  an  dem  Jahrtage  fbr  seine  ver- 
storbene Tochter,  die  Sebnerin,  nnd  an  dem  gestifteten  ewigen 
lacht  vor  dem  heiligsten  Altars-^acramente  in  der  heil.  Geisl- 
Xirehe  daselbst  an  die  Barger  und  Gemeinde  der  Stadt  Ster- 
liag,  —  wahrscheinlich  wohl  in  der  Absicht,  dass  selbe  nach 
setnem  Ableben  über  die  Einhaltung  derselben  dem  deutschen 
Orden  gegenflber  Sorge  tragen  sollen.  C^opM,  v.  Sterzing.^ 

Am  St.  Blsbethen-Tag  i369  bi^ennt  Fr.  Leutolf  der  Hacke, 
Laadcomtar,  von  Dlrich  dem  Schepplein  und  dessen  Gemahlin 
Gatharina  ein  Gut,  genannt  lu  Rotwand  bei  Mareit  erhalten  m 
haben,  und  verspricht  dafiltr  von  der  Comende  Sterimg  jährlich 
4  Ifessen  sammt  Vigil  far  sie  besorgen  lU  lassen  0.  A.  — 
Noch  im  Jahre  1370  verleiht  derselbe  Landcomtur  mit  Zu- 
Stimmung  nemer  Ord^DsbrAder  ein  Gut  lu  Sterling  m  Erb* 
Pteht.  O.  A. 

Am  Donnerstag  vor  Andrtti  1370  vergaben  Heinrich  und 
Conrad  tob  Rottenburg,' genannt  die  Hofmeister,  der  Marien«* 
Kirche  und  den  deutschen  Herren  lu  Sterling  ihren  Thurm,  gele- 
gen bei  der  Pfarre  lu  Stwnng,  genannt  der  Freienthnrm, 
mnmt  einem  dabei  gelegenen  Platichen  gegen  Bedingung  eines 
Jahrtags  fftr  sie,  ihre  Eltern  und  Ahnen.  0.  A. 

Am  Freitag  vor  Kas-Sonntag  1374  treffen  in  Steraing 
ftms  der  Sebner  von  Reifenstain  und  dessen  Gemahlin  Anna, 
Tochter  Fridrichs  von  Reifenstain  seligen  unter  sich  das  Ueberem- 
kommen,  dass,  wenn  sie  vor  ihm  stttrbe,  er  ihren  Theil  der 

16 


—  u%  — 

Vesle  und  des  Hauses  Beffettsteia,  -*  welches  Lehen  tob  TM 
tot,  — .  samml  aller  ihrer  Habe  uad  Gul  überkoronea  soll; 
sterbe  aber  er  vor  ihr,  so  soll  der  Theil  der  Veste  ReifeastaiB, 
den  er  von  Diemot,  seiner  Geschwaien,  des  Zaaten  Tochter^  mit 
Erlaubniss  der  Herrschaft  von  Tir«!  erkauft  hatte,  ihr  zofallea, 
sowie  auch  die  420  IL  B.  ihrer  Morgengabe  und  40  M.  B.  aas 
seinem  Vermögen  und  all  seine  fahrende  Habe.  -~  Der  iber- 
lebende  Theil  von  ihnen  soll  gehalten  sein  zu  Sterling  iat  Moose 
.  eine  ewige  Messe  zu  stiften  und  nach  einen  Jahitag  mit  aUea 
Messen  rnid  Bitten.  Daran  hangen  ihr  Sigl  der  edle  und  weise 
Herr  Heinrieh  von  Rottenborg,  Hofmeister  zu  Tirol  und  Haapt^ 
mann  an  der  Etscfa;  ihr  Vetter  Hathes  von  Reifenstain  und  der 
Fran  Anna  Vetter  Hr.  Wilhelm  der  Chuen  von  Belasi ;  Zeugea 
dessen:  Hans  aus  Sentein,  (rottenburgischer)  Schaffner  zu  Mos; 
Pridrich  Hungerhauser  und  Peter  Neufarer.   QCopeibuch  von 

1378  am  Käs-Sonntag  in  der  Faste  scUlesst  Bruder  Wolf 
von  Zillenhart,  Landcomtur  der  Bailei  zu  Bozen  und  dessen 
Ordensbrüder  Fridrich  von  Langenberg,  Conitar  zu  Sterling) 
Fr.  Cunral  Reichenbach  und  Fr.  Mathias  von  Mossburg,  IVie« 
ster«BrOder,  Fr,  Otto  von  Schrofenstain  und  Fr.  Hans  der 
Scheokenberger,  Ritterbrflder,  ehien  Tauseh- Vertrag  mit  Feter 
Meufarer  als  rechten  Erben  des  Hofs  zu  Tonpach  und  Afsasäx 
Gerhab  Hans  dem  Schreiber;  Letztere  ttberlassen  der  Comeade 
Sterzing  ihren  Anger  zwischen  der  Marienkirche  und  dem  deu^ 
sehen  Hause,  sowie  alle  ihre  Rechle  in  dem  Pitaach,  ferner 
ein  Tagmahd  Wiese  in  der  stinkenden  Hüb,  welche  .Stflcke  ins- 
gesammt  zum  Hofe  gen  Tumburg  gehören,  der  tehea  ist  voo| 
Stifte  Brixen,  als  freies  Eigenthum;  dafür  überlassen  ihnen  die 
deutschen  Herren  ihren  eigenen  Anger  auf  der  Urtheil  ober- 
halb der  Frauenkirche  gelegen  sammt  Zugehör;  i^elber  spH 
von  nun  zum  Mairhof  gen  Tumburg  gehörßn.  QCopeikuch  non 
Stersning.^ 

Im  Jahre  1391  erbaute  die  Bürgerschaft  von  Steizing  mit 
Erlaubniss  des  deutschen  Ordens  über  der  Todtengruft  eine 


—    24»    ~ 

Rirehe  nnd  wünschte  Seren  Einweihonf ;  Qm  diftiber  t«  Tcir- 
handeln ,  sandle  sfe  die  im  Gerichte  gesessenen  Lendheires : 
Hrn.  Conrad  den  Trautsun  von  Sprechenstain ,  Mathius  von 
Reifenstahi,  Hansen  den  Selmer  von  Relfenslain  md  dessen 
Bruder  Ulrich  den  Sebner  an  Hm.  Peter  von  Rfint,  damaligen 
Landcominr.  Dieser  erwiederte  Ihnen ,  es  kutane  die  Kirohe 
nicht  geweiht  werden,  wenn  nicht  savor  einige  Messen  dahin 
gestiftet  würden ,  nnd  wies  sie  zur  Terhandhing  dartiber  an 
Hansen  6ra,  Comtar  nnd  Pfcrrer  des  deutschen  Hauses  sn 
Sterzing,  der  sei  der  Kunst  und  Schrift  wohl  gelehrt.  Dieser 
nnn  mit  Beirath  der  Ritterbrüder :  Hans  Hansiager,  Johann  d«r 
Schenh^berger,  Wernher  der  Hluzz  und  Gotschlin  Niderhauser 
Tersprach  Ton  Seite  der  Comende  in  erwilhaler  Kirche  Jihrlidi 
6  Hessen  ztf  besorgen,  wofür  die  Bürger  der  Comende  5  Gel- 
ten Oel  nnd  2  Pf.  B. ,  welche  dieselbe  bisher  an  die  Marien* 
nnd  Hargarethen-Kirche  jährlich  Zinsen  masste,  nacbllessen; 
geschehen  am  Sanct  Michaeli-Tag  1391.  £CopMmek  p&n 
Sier^kiffJ 

Am  4.  JoU  1392  macht  Hans  Stummelbeek ,  Bürger  zu 
Sterzing  kund ,  dass  er  vor  ellfchea  Jahren  ein  eigenes  Lehen 
gekauft  habe  von  Frau  Urse,  Hinslems  ab  dem  Tknim  aa 
Stilfes  Schwestertoohter  und  Gemahlin  PseiiIs  des  Zerhelms^  aaf 
wdches  Lehen  sie  Ihrer  Heimsteuer  und  Miorgengabe  wegen 
versichert  gewesen ,  welches  Leben  an  der  Gassen  hdsst,  im 
Jaufenthale  bei  der  Kirche  gelegen;  aas  diesem  habe  er  nun 
43  Pf.  B.  jühriichen  Zins  dem  deutschen  Hause  zu  Sterzmg 
geschenkt  gegen  Bedingung  eines  Jahrlages  für  sich  nnd  seine 
verstorbene  Gemahlin,  einer  Enkelin  Hm.  Perchtolds  des  6e« 
Sehnren  nnd  Tochter  Jörgen  des  Cholben  aus  Passeir;  von 
diesen  13  Pf.  B.  sollen  jArlich  dem  Pftnrer  zu  Sterziag  8  kr., 
jedem  beim  Jahrtage  Messe  lesenden  Priester  4  kr. ,  und  der 
Rest  dem  Spitale  als  Almosen  entfaDen.  C^apeü,  von  Sier^ 
%fnffj  —  Am  13.  November  1393  verpflichtet  sich  Bruder 
Hans  Gra,  Comtur  und  Pfarrer  zu  Stenring,  mit  Zustimmung 
semer  Mitbrüder:  Seifrfd  der  Trochsess,   JcAami  von  Pransen^ 

16* 


—    244    — 

Comtor  SU  Predbab?  aof  dem  Nons  und  Hans  der  Schenken- 
berger,  zar  Abhaltung  eines  Jahrtages,  welchen  Ludwig  der 
Slassbeck  von  Hall  mit  Zustimmung  seines  Sohnes  Johann 
stiftet;  indem  er  dem  deutsehen  Hause  daselbst  die  Furch 
unter  Failay  und  einen  eigenthamlichen  Acker  dafür  vergabt. 
QCopeibuch  van  Sterzinff.J 

Sei  es,  dass  die  Deutschordens-Brüder  zu  Sterzing  ihrem 
Berufe  als  Hospitals-Brilder  weniger  entsprachen  oder  sich  nur 
cur  Aufnahme  von  kranken  oder  armen  Pilgern  und  Reisendeo; 
nicht  aber  von  Ortskranken  und  Armen  verpflichtet  hielten  oder 
auch  aus  andern  Ursachen,  —  kurz  die  Bürger  daselbst  erbau- 
tOD  sich  ein  eigenes  Spital  cum  hl.  Geiste  an  dem  PlaUe  in 
der  alten  Stadt  und  Obergaben  mit  Gunst  und  Hand  Hrn.  Ulrichs 
des  Sebners  von  Rdfenstain  durch  Gunrat  den  Sträun  und  Frits 
Chessler,  beide  Bürger  imd  Spitaimeister  des  neuen  Baues  des 
hl.  Geist^pitals  13  M.  B.  ewiger  Gilt,  wovon  8  M.  B.  ans 
dem  Lerhof  in  Radtschings,  andere  4  H.  B,  aus  einem  Hofe 
XU  Oberried,  genannt  an  dem  Hof,  und  10  Pf.  B.  aus  dem 
Anger  auf  der  Hochstrass  fliessen,  den  deutschen  Herren  daselbst, 
wofür  sich  diese  am  Hontag  nach  AUerbeiligen  1399  verbind- 
lich machten,  tfiglich  daselbst  eine  hl.  Hesse,  gleich  nach  jener 
in  der  St.  Hargarethen-Kirche  au  besorgen,  —  Jene  4  IL  B« 
Jährlicher  Gilt  hatte  Hr.  Hathias  von  Reifenstam  selig  tum  neuen 
Spitale  gestiftet.   C^opeibueh  van  SUr%ing,J 

In  der  Woche  v<ar  Thomas  Ap.  1399  vermachte  Frau 
Anna,  Witwe  Hm.  Hansen  des  Sebners  von  Reifenstain,  mit 
Zustimmung  Hm.  Ulrichs  des  Sebners  von  Reifenstain,  dessen 
Gemahlin  Anna  und  deren  Sohnes.  Johann  eine  jährliche  Gilte 
von  13  H.  B. ,  worunter  9  Pf.  B.  aus  einem  Gute  xu  Ambrass 
und  18  kr.  aus  einer  Hofstatt  und  Garten  daselbst,  und  zwOlft- 
halb  Pf.  B.  aus  dem  BaldemM-Gut  in  Hatreier-Pfarre  u.  s.  w« 
an  Hm.  Walrab  von  Scharfenberg,  dem  Landcomtur  für  die 
Comende  Sterzing;  wofür  sich  dieser  am  Christi  Himmelfahrt^ 
Tage  1400  mit  Zustimmung  Heinrichs  Glotto,  Pfarrers  zu  Ster* 
zing  und  Fr.  Peringers  von  Aichelberg,  Comturs  daselbst  für 


—    245    — 

diese  Comende  verpfliehteten ,  aaf  weltewige  Zeiten  an  jedem 
Sootttag,  Montag,  Miltwoch  nad  Freitag  in  der  Alieriieiligeii* 
Capelle  oberhalb  der  Todtengmft  bei  U.  L«  Fraoen  nnd  an  den 
,  übrigen  drei  Wochentagen  in  der  Sl.  Zeno-Capelie  auf  dem 
Berge  bei  der  Veate  Rdfenafain  eine  Mease  an  besorgen;  wird 
die  Stiftung  nicht  eingehalten ,  ao  ftllt  die  gestiftete  Gille  an 
den  jeweiligen  Besitzer  von  Reifenstain  zurttcic.  —  Die  Stifleria 
war  unterdessen  bereits  gestorben.  QCopeihueh  van  Ster%kkg.^ 
Weil  jedoch  der  besagte  Landcoratur  sieh  beklagte,  dass  die 
zur  Gllte  angewiesenen  Gflter  selbe  nicht  vollstfindig  erlrOgeo, 
so  setzte  aaf  ehrbarer  Leute  Vermittlung  Hr.  Ulrich  der  Sebaer 
noch  einen  Zins  von  iO  Pf.  B.  aus  dem  Gute  genannt  smi 
Stolz  an  dem  Lebenberg  in  Hatreier  Pfarre  hinzu.  Der  Laad-* 
Comtur  Walrab  von  Scharfenberg  und  Ulrich  der  Sebner  sigeU 
ten  den  Brief  am  Erchtag  nach  Georgi  1401^  0.  A. 

Am  29.  September  1400  bekennt  Thomas  Hezzeffschmid, 
Bürger  zu  Sterzing,  dass  ihm  der  Landcomlur  Walrab  von 
Schaifenberg  ein  gan<  flberschllttetes  Stück  Erdreich  an  der 
Lahn  beim  alten  Spitale  am  Yallerbache  daselbst  zu  Erblehen 
verliehen  gegen  Bedingung  es  herzustellen  und  dafür  jährlich 
zwei  GSnse  der  Comende  Sterzing  zu  Zinsen.  O.  A.  —  1403  am 
15.  Juli  urknndet  Lipp,  ^es  Meinleins  Eidam  von  Tärenten, 
dass  sein  gnädiger  Herr  Walrab  von  Scharfeni^rg ,  der  Land-^ 
Comlur,  und  Hr.  Fridrich  von  Heraus,  Comtur  zu  Sterzing, 
einen  Ablass  am  Zinse  von  seinem  Hofe  zu  Pflchl  auf  Tärenten 
ihm  gegönnt.   (Mantiscr.  Zibock.J 

Anton  Chaüant,  Cardinalpriester  zur  hl.  Cecilia  und  Reclor 
der  päpstlichen  Cammer  schreibt  von  Rom  aus  am  16.  Septem- 
ber 1412  an  den  Official  von  Brixen,  dass  Bruder  Leopold, 
Verwalter  der  Deutscbordens-Pfarre  zu  Sterzing,  welche  vermöge 
des  dem  deutschen  Orden  zustehenden  Patronats-Rechtes  gewöhn- 
lich mit  einem  Qrdenspriester  besetzt  werde,  bei  ihm  mit  der 
Klage  eingekommen,  dass,  obwohl  nie  ein  Deutschordenspfarrer 
zur  Zeil  der  Erledigung  die  Annaten  oder  halben  Einkünfte 
bezahlt  Mite  nnd  er  bereits  über  7  Jahre  ruhig  im  Besitze  der 


—    M«    — 

Ffarre  sei,  dennoch  Ulrich  Butoch,  Donherr  zu  Trienl  und  Ein- 
nehmer der  GeAtUe  der  püpstliehen  Camnier.  unter  Androhung 
gewisser  Strafen  ihn  um  die  Annaten  betrieben  habe;  dadurch 
sich  beschwert  fühlend  habe  selber  an  den  püpstlichen  Stuhl 
appellirt;  demungeacht  hStte  Ulrich  Botsch  ihn  excomniunicirt 
und  Ober  seine  Kirche  das  Interdict  verhfingt  zu  seinem  nicht 
geringen  Schaden  und  Naehtheii.  —  In  Folge  dessen  habe  sich 
erwähnter  Phrrer  an  ihn  gewendet  mit  der  Bitte  um  Abhilfe 
gegen  diese  ungerechte  Strafe;  er  beauftrage  demnach  den 
erwähnten  Official  von  Brixen,  den  Handel  zu  untersuchen  und 
wenn  es  sich  nach  den  Berichte  des  Pfarrers  verhalte,  den 
Spruch  der  Excommunicatton  und  des  Interdicts  aufzubeben, 
und  falls  früher  bei  eiidretender  Pfarr-Erledigung  wirklich  nicbis 
befahlt  worden,  dem  erwähnten  Steuer->Einlanger  Ulrich  Butsch 
aufzutragen,  den  Pfarrer  Leopold  nicht  mehr  wegen  der  Annaten 
zu  belästigen.  0.  A.  —  Nach  angestellter  Untersuchung  stellt 
noch  im  nemlichen  Jahre  1412  Mtcolaus  Swarat,  GeneraUVicar 
von  Brixen,  dem  Deutschordens-Pfarrer  Leopold  von  Sterzingen 
das  Zeugniis  aus,  dass  er  von  Leistungen  an  die  päpstliche 
Cammer  frei  sei.  0.  A. 

Jordan,  Bischof  von  Albano,  Vorstand  der  hl.  POnitentiarie 
zu  Rom  schreibt  am  4.  Juni  1416  von  Constanz  aus  au  den 
Bischof  von  Brixen :  Gottfrid  Niderhauser,  Deutschordens-Comtur 
zu  Stenmg  habe  sich  bei  ihm  schuldig  bekannt,  in  Gesellschaft 
des  Johann  Scheck  einen  Priester  mit  einem  Schwerte  am 
Kopfe,  an  den  Händen  und  andern  Kürpertbeilen  blutrflnstig 
verwundet  zu  haben  und  desswegen  in  die  Bxcommunication 
verhllen  zu  sein;  jetzt  jedoch  sei  erwähnter  Priester  vollkom- 
men geheilt,  ohne  durch  die  Folgen  der  Wunden  m  seinen 
geistlichen  Verrichtungen  gehindert  zu  sein.  —  Der  Comtur  stk 
demnach  bei  dem  päpstlichen  Stuhl  um  Lüsung  von  der  Excom- 
munication  blttlich  eingekommen}  als  päpstlicher  Pönitentiar 
gibt  er  daher  dem  Bischöfe  von  Brixen  die  Vollmacht,  den 
Bittsteller,  sobald  derselbe  dem  beleidigten  Priester  Genngthnuag 
geleistet,  Ober  diese  und  alle  andern  seine  Sauden,  welche  er 


—    MT    — 

ihm  beichlen  werde,  mit  AnsiuAMe  soieher,  worlber  der  püpal- 
lidia  Stohl  la  befrtgeii,  loflzaspreclieii  und  nieh  GesUdt  der 
SehaM  ihm  eine  heilnme  Besäe  aofsuiegen.  Gegeben  zu  Coa* 
«iMf,  9ed0  paHare  tfoeafUe.  0.  A«  ~  Gemiw  obigen  Auf* 
Inges  nrkondet  am  7.  A^ignsl  1416  Nieobus  SwartI,  Domherr 
mMi  GeneraWicer  von  Brizen,  dasa  erwihoier  Comtar,  GottMd 
NiderhaiiBer  ihm  seine  Fehkritle  bekannt  und  naehgewiesen,  daas 
er  den  beschidigten  Priester  hiniftnglicih  entsehfldigl;  desswegeft 
habe  er  demselben  nach  auferlegter  entspreeheader  Basse  im 
Lofspredung  ertheilt.  0.  A. 

Am  St  Valeatinstag  1437  urkundet  Gottfrid  Niderhaaser, 
Landcomtor  der  Bailei  an  der  Etsch,  dass  er  auf  Befehl  tterzogs 
Fridricfa  des  «Item  von  Oesterreich,  Grafen  von  Tirol,  ^^ 
Wiaseo  and  Zustimmung  seiner  Hitbrüder  xn  Sterzing,  Herra 
Eberhards  Knentinger,  Gomtnrs  aad  Pfarrers  zu  Sterziag,  Herrn 
Pridriehs,  Hm.  Hansen  Sax,  d.  Z.  Kellermeisters  daselbst,  und 
Hrn.  Conrads  fVr  14  M.  B.  eine  jfthriiche  Gille  von  7  Pf.  B^ 
aas  entern  Wiesmahd  und  Acker  zu  Umbrans  am  Schlosse  im 
laalhale  an  den  edivesten  Jbrgen  Diepoldskircher^  herzoglichen 
Cammerer  und  Pfleger  zu  Und>rans  verkauft  habe.  —  Besagte 
7  Pf.  B.  Gilt  hfitten  aber  zur  Stiftung  einer  ewigen  Messe  in 
der  AHerheillgen^Capelle  auf  dem  Friedhofe  zu  Sterzing  gehört; 
er  gelobe  demnach,  daas  durch  den  Verkauf  dieser  Gilte  aa 
besagter  Hesse  keia  Abgang  sein  soll ,  da  er  um  den  Kauf- 
Sehflliag  andere  GUten  dazu  erkauft  habe.   C^Mth.'-Areldv.J 

Im  neariichen  Jahre  wurde  die  Comende  Sterziag  mit  den 
Bgigero  daselbst  in  ernsten  Zwist  verwickelt;  die  Veranlassung 
dexa  gibt  aas  eine  mtereasaate  Urkunde  an ,  welche  ims  auch 
zugteieh  einen  willkommenen  Wink  aber  das  Schulwesen  damali- 
ger Zeil  gewahrt.  Albert  de  Ferariis,  juris  otr.  Dr.,  Domherr 
von  Piaeenza  uad  vom  CoacH  zu  Basel  bestellter  Commimiriua 
eaasaruro,  thut  dem  gesummten  Clerus  und  allen  Notaren  der 
Didcese  Brijten  durch  Scbreibea,  dat.  Basel  am  12.  April  1437, 
kaad:  Brader  Gottfrid  Niderhaaaer,  Laadcomtur  und  Bruder 
Eberhard  IKaeatiager,  Comiar  uad  Pfarrer  zu  Sterzing,  und  die 


—    348    —    . 

übrigen  Brflder  besagter  Comende  hätleii  bei  der  keit.  Synode 
eine  Klagschrift  folgenden  Inhalts  eingereieiit :  die  Sdivlen 
besagter  Comende,  in  welchen  die  dieselben  besuchenden  Sdiilef 
in  den  freien  KOnsten,  besonders  in  trivlalibns,  im  Kirchen- 
Gesänge  und  andern  auf  die  kirchliche  und  scolastische  Disciplin 
sich  beuchenden  Dingen  unterrichtet  worden  und  noch  werden, 
kftUen  seit  unfflrdenklichen  Zeiten  bei  besagter  ConMnde  und 
{er  Pfarrkirche  ausserhalb  der  Stadt  Sterzing  bestanden,  und 
seien  stets  durch  Brtider  des  deutschen  Ordens  bis  jetat  geleitet 
worden;  die  Schaler  derselben  htttten  immer  die  PAmrkirdui 
besucht,  seien  processionsweise  in  dieselbe  gesogen  und  hfitten 
dort  bei  den  Messen,  Vespern,  canonischen  Tagceilen  nach 
Erfordemiss  der  Zeiten  und  Feste  mit  höherer  oder  tieferer 
Stimme  sur  Ehre  Gottes  gesungen,  wie  es  durch  beinahe  gans 
Deutschland  Sitte  ist,  nach  Anordnung  des  Comturs  oder  Pfarrers 
daselbst.  Nun  hfltten  der  Richter  Otto  Spidberger,  Stephan 
von  Eppan  und  Paul  Rutzenberger  und  andere  Gesinnunns« 
genossen  aus  den  Borgern  von  Sterzing  es  versucht,  erwfthnte 
uralte  Gewohnheit,  Gebrauch  und  Freiheiten  der  Comende  und 
der  Pfarrkirche  zu  verletzen ,  ja  gar  zu  vernichten  und  besagte 
Schulen  von  der  Comende  und  Pfarre  wegzuziehen  und  bei  einer 
Fiiial-CapeUe  In  der  Stadt  selbst  aufzurichten,  auf  dass  die 
Sehflier  dort  bei  den  Messen,  Vespern  und  canonischen  Tag- 
zeiten singen  sollen ;  bereits  hfitten  selbe  zum  projectirten  meata 
Schttlhause  die  Baumaterialen  herbeigeschafft«  Da  dieses  Voi^ 
haben  aber  den  Rechten  und  Freiheiten  der  Kläger  und  ihrer 
Pfarrkirche  sehr  nachtheilig  wfire,  zur  Minderung  und  endlieh 
völligem  Untergang  des  Gottesdienstes  in  ihrer  Pfarrkirche  bei- 
tragen würde,  —  um  diesen  und  fortwährend  daraus  ent- 
stdienden  Streitigkeiten  vorzubeugen,  und  gleich  im  Anfange 
die  Quelle  vieler  Uebel  zu  verstopfen^  hätten  die  deutschen 
Herren  die  heil.  Synode  ersucht,  Richter  zu  ernennen,  welche 
diese  Streitsache  untersuchen  und  entscheiden  sollten  mit  der 
Vollmacht ,  die  Beklagten  vorzufordem  und  selbe  durch  kirch- 
liche und  andere  Strafen  zu  verhindern,  die  Schulen  der  Comende 


—    249    — 

M  leistOren  oder  anderswohin  ra  fibertragen.  —  Die  heilige 
BTDode  habe  nun  ihn  in  dieser  Angelegenheit  als  Richter 
emannl,  und  er  befiehlt  demnach  dem  gtsammten  Clerua  der 
DiOeese  Brixen,  da»  Jeder,  den  die  dentoehen  Herren  aofTor« 
dem  wtirden,  innerhalb  6  Tagen  erwähnte  Beklagte  ermahnen, 
innerhalb  20  Tagen  sn  Basel  im  Krensgange  der  Minoriten  mr 
Vcriiandinng  zu  erseheinen,  und  selbe  auch  im  Nothfalle  durch 
kmUiehe  Strafen  datu  zwingen  sollte.  0.  A«  —  Leider  fehlen 
die  andern  Urkunden  über  den  Ausgang  dieses  nicht  uninteres- 
sanlcD  Streites. 

1451  am  St.  Blasien-Tage  macht  sich  Bruder  Johann 
Comtnr  zu  Sterzlng,  gegen  Jfihriichen  Erlag  von  45  Pf.  B« 
anheischig,  wöchentlich  abwechselnd  in  der  St  Veitskirche  zu 
Oberlelfes  und  in  der  St.  Nicolauskirche  zu  Untertelfes  auf  dem 
Berge  oberhalb  Sterzing  eine  Messe  von  der  Comende  aus 
besorgen  zu  lassen.  CSinacher,  VI.  B.  S.  673  J  •—  Im  Jahre 
1466  stellte  der  Landcomtur  Heinrich  von  Freiberg  dem  Herzog 
Sigmund  den  Revers  aus,  dass  selber  ihm  aus  Gnaden  ver- 
gtant  habe,  sein  Leben  lang  durch  einen  Fischer  auf  dem 
Kisnek,  der  bei  der  Veste  Reifenstain  vorbeifliesst,  beseheideut« 
Kch  Aschen  lassen  zu  ddrfen.  CSiiUth.^'Arehiv.J  —  Diess 
geschah  ohne  Zweifel  zu  Gunsten  der  Veste  Reifenstain. 

Am  St.  Nichaels-Tage  1478  geben  Hr.  Heinrich  von  Frei- 
berg, Landcomtur  der  Bailei  an  der  Etsch  und  Conrad  Härtung, 
Deotschm^ens-Pfarrer  zu  Sterzing,  ihre  Einwilligung  zur  Stif«- 
tmg  emer  täglichen  Hesse  im  hl.  Geist*Spitale  zu  Sterzing 
dveh  die  St,  Sebastians-Bruderschaft ;  der  Caplan  dieses  Bene- 
fieinnw  soll  durch  den  Bürgermeister,  Rath  und  Spitalmeister 
daselbst  ernannt  und  dem  Deutschordens-Pfafrer  vorgestellt 
werden  und  diesem  versprechen,  nichts  vom  Opfer  sich  zu- 
zoeignen,  keine  Votivmessen  anzunehmen,  am  Samstage  und 
Vorabende  vor  MAem  Festen  in  der  Pfarrkirche  bei  der  Vesper, 
an  den  Festtagen  selbst  beim  Amte  helfen  singen;  zu  Weih- 
aadilen,  Ostern  rnid  Pfingsten  sowie  am  Haria  Himmelfahrtsfeste 
in  der  Pbrrkirche,  sonst  aber  allzeit  im  Spitale  Hesse  zu  lesen. 


—    250    — 

CSinacheTy  VL  B.  S,  ßfiJ}  —  An  demselbeD  Tage  geoeh« 
migen  obiger  Landcomtnr  und  Pfarrer  die  Stiftung  der  Jöchli- 
achen  Caplanei  einer  tttglichen  HtnBt  in  der  Capelle,  wekhe 
die  edlen  Bruder  Leonliard  und  Hana  Jöoliel  nach  Anordiiung 
ihres  Vaters  Hans  Jöehel  am  Jöehelstburm  erbaut.  Der  Aelteate 
der  Familie  soll  das  Enennungarecht  da»i  haben ,  nach  derm 
Aassterben  der  Stadtmagistrat;  die  Hesse  seihst  an  Soon-  und 
hohem  Festtagen  in  der  Pfarrkirche,  sonst  aber  in  erirfthaM 
Schlosscapelle  gelesen  werden,  der  Caplan  aber  gehahen  sein, 
an  Sonn-  und  Fesitagen  beim  Amte  und  Vesper,  in  der  Bfarre 
zu  helfen.  —.  Für  obige  Erlanbniss  weisen  die  Stifter  dem 
deutschen  Orden  Jährliche  20  Pf.  B.  für  die  Pftrrkircfae  an« 
fO.  A.  und  S'inacher  VL  B.  S.  6790 

Noch  eine  dritte  Stiftung  geschah  am  nemlidien  Tage  des 
hl.  Michael  1478  für  die  eine  starke  Stande  Yon  Sterling  ent- 
fernte Gemeinde  Gossensass,  indem  die  ehrwirdige  St.  Jörgea- 
Bruderschaft  der  Bergherren  und  Erz-Knappen  znm  geisliieliea 
Trost  der  Bergwerkleute  zu  Gossensass  eine  tägliche  Hesse  In 
der  St.  Jürgen-Capelle  daselbst  als  Bedflrfaiss  des  Bergweihs 
stiften,  und  darüber  mit  dem  Landcomtnr  Heinrich  von  Freiberg 
und  den  Deutschordens-Brfldern  Conrad  Härtung^  Pfarrer  s<i 
Sterzing  und  Fridrich  Gforich  mit  Zustimmung  des  FOrstbisehofa 
von  Brixen  folgendes  Uebereinkoromen  treffen  :  der  deutsche 
Orden  abernimmt  die  Verpflichtung,  dass  der  Landcomtor  und 
ein  jeweiliger  Pfarrer  zu  Sterzing  einen  wohlbeleumundeten 
tauglichen  Priester  nach  Gossensass  stellen,  welcher  tügüch 
daselbst  die  Frflhmesse  zu  Winter-  und  Sommerzeit  lese.  Dieser 
Caplan  soll  sich  aber  keinerlei  pfarrliche  Rechte  anmassen, 
weder  mit  Votivmessen,  Beichthdren,  Sacrameole  ansspendeo, 
ausgenommen  wenn  der  Berg  einschlage  oder  bei  tödtlieher 
Erkrankung,  wenn  keine  Zeit  mehr  wflre  einen  Pbrrgeistlkhen 
zu  holen.  Auch  soll  ein  Jeweiliger  Pferrer  zu  Sterzing  jedem 
St.  Jörgen^Caplan  erlauben,  die  Kinder  zu  taufen,  wenn  Unge- 
witter  oder  Kränklichkeit  deren  Uebertragnng  nicht  erlauben.  — 
An  Sonntagen,  Apostel*  nnd  andern  hiMiera  FesW  ud  Feitrtogei, 


—    2»J    — 

an  wdehea  der  Pfeinrer  yw  Sienuug  einen  Caplan  zum  Amt- 
Uten  nacb  GosaeossM  zu  schicken  verpflichtet  ist,  soll  der 
Sl.  JOrgen-Cfiplan  unter  dem  Amte  die  Hesse  lesen;  an  andern 
Feiertagen,  an  welchen  kein  Ctplan  von  Sterling  kommt,  soH 
er  «Hr  Aalszeif ,  an  Werktagen  aber  die  Frühmesse  lesen.  — 
A»  Fronldchnams-Tage  soll  der  St.  Jörgen-Caplan  in  der 
Pterkirche  ni  Sterling  die  Hesse  lesen  and  die  Processiop 
begleiten,  am  Sonntag  in  der  Octav  aber  der  Pfarrer  von  Steiv 
»Bg,  wenn  es  mOgIkh  ist  selbst  oder  im  Verhinderungsfälle 
ein  anderer  Priester  die  Fronleichnams' Procession  zu  Gossensass 
halten;  wird  aber  die  Procession  zu  Sterzing  wegen  schlechten 
Wetters  anf  den  Sonntag  verschoben,  so  soll  er  selbe  am  Tage 
der  Octav  zu  Gossensass  halten,  am  Vorabende  mit  Vesper 
siBgOB,  and  daftir  der  Kirchpropst  von  Gossensass  dem  Pfarrer 
18  kr  nnd  dem  celd>rirenden  Priester  die  Zehrong  des  Tages, 
an  welebem  der  Umgang  gebalten  wird,  zahlen.  —  Zur  Ein« 
kaitnng  dieser  Stiftni^  übergeben  Niclas  Genswayder,  erzherzog* 
liober  Bergrichter  zu  Gossensass  und  vier  Brodermeister  der 
81.  Jftrgen-Bmderschaft  zu  Gossensass  and  Heinrich  Knoflaeh« 
Kircbpropst  daselbst,  der  Comende  Sterling  21  H»  B*  jährlicher 
Otiten  ans  benannten  Gtitem,  z.  B.  aus  dem  Paulsbof  zu  Valle- 
mink  3  St.  Futter,  18  Pf.  B.  5  kr. ,  2  Hahner,  20  Eier  und 
1  Oingkreuzer  u.  s.  w. ;  femer  eine  Behausung  zu  Gossensass 
als  Wdinung  des  Caplans,  welche  die  Comende  in  gatem  Bau 
ludten  soll;  zudem  hat  der  Caplan  das  Recht,  wenn  er  Vieh 
haltet«  an  der  gemeinen  Wnn  und  Weide,  und  darf  fdr  seinen 
bnsbedarf  aus  dem  Gemeindewald  Holz  schlagen  lassen.  — r 
Gdien  eine  oder  mehrere  der  bezeichneten  Gillen  durch  Elementar- 
Sahfiden  zu  Grunde,  so  sind  die  Bruderschaft  und  die  Kirch- 
Pröpste  von  St.  Jörgen  gehalten,  selbe  zu  ergänzen,  -—  Aber 
der  Orden  dmrf  diese  Gilten  nicht  veräussern  oder  versetzen, 
sondern  sdbe  sollen  allzeit  bei  der  Comrade  Sterzing  bleiben; 
hält  diese  die  Stiftung  nicht  ein,  so  fallen  jene  an  die  Gemeinde 
Gossensass  znrflck.  —  Diesen  Vertrag  sigeln  obige  drei  Deatsch- 
Oidens-Brflder,  während  den  Stiftbrief  selbst  der  edlveste  Caspar 


—    453    — 

Traotsun  zu  Sprechenstain,  Erbmarschalk  za  Tirol,  Johsl  Alpen- 
hofer,  Pfleger  zu  Slrassberg,  der  Bürgermeister  der  Stadt  Ster<* 
zing  und  Nicias  Genswayder,  Bergrfeliter  zu  Gossensass  sigela. 
CO.  A.  imäSinacher  VI.  B.  8.  €78  J  -~  Aus  dieser  Gaplaoei 
entwickelte  sich  im  Verlaufe  des  16.  Jahrhunderts  die  Curatie; 
bereits  1570  bei  der  Tisitation  findet  sich  ein  gewisser  Nathamd 
Trester  als  Provisor  ecciesiae  in  Götzensass  angestellt,  der  von 
mehreren  Vorgängern  spricht  und  sagt,  vom  Comtur  ia  Ster- 
zing  erhalte  er  wöchentlich  6  Pf.  B.  —  Das  PrftsentationsredU 
dieser  Curalie  tibte  der  deutsche  Orden  ans.  (TkUthaitMr^ 
topographiseh'hiatorUch^stalisiisehe  BesekreUnmg  der  Diö^ 
eese  Brixen  i  B.  S.  689.) 

Obschon  die  Brilder  des  deutschen  Hauses  zu  Sterzhig 
bereits  so  viele  Stiftungen  zu  befriedigen  hatten,  so  versprachen 
sie  doch  noch  am  Sonntage  vor  Maria  Himmelfiihrt  1492  der 
Filial-Gemeinde  Ried  zu  den  schon  frflher  bestandenen  zwei 
Wochenmessen  (am  Freitag  im  ganzen  Jahre  und  am  Dienstag 
in  der  Pastenzeit)  noch  eine  dritte  auf  jeden  Hontag  im  ganzen 
Jahre.  Diese  Messen  wurden  vom  deutschen  Orden  dem  Curaten 
in  Gossensass  überbunden.  (Tinkhtnißer  a.  a.  O.  S.  680.} 
—  Ebenso  flbernahm  die  Comende  Sterling  la«t  Stiftbrief,  dat. 
am  St.  Jacobs-Tage  1495,  auch  noch  die  Verpflichtung,  alle 
Erchtage  des  Jahres  gegen  bestimmte  Besoldung  in  der  Sanct 
Peters-Kirche  zu  TschOfes  eine  hl.  Messe  zu  besorgen.  C^^^"^ 
hauser  a.  a.  0.  <S.  669.} 

Im  Jahre  1495,  als  Hr.  Wolfgang  von  Neuhaus,  Land- 
Comtur  der  Bailei  an  der  Etsch,  mit  andern  OrdensbrOdem  in 
Capitel  sass,  traten  Ulrich  Tscheck  und  Lienhard  am  WaM 
als  Bevollmächtigte  der  Pfhrr  Sterzingisehen  Filialgemeittde  zum 
hl.  Valentin  am  Brenner  vor  ihn  und  trugen  ihm  im  Nanen 
jener  Gemeinde  vor:  da  sie  an  einem  wilden  Orte  gesessen 
und  den  Gottesdienst  mit  Mess-  und  Predigthören  und  Anderen, 
was  ein  jeder  Christmensch  an  Sonn-  und  hl.  Feiertagen  zu  thua 
schuldig  ist,  nicht  wohl  besuchen  könnten,  weil  sie  sowohl  von 
ihrer  Pfarrkirche  zu  Sierzing,   als  auch   von  der  Kirche  «t 


—    253    — 

GoMeQsass  sa  weit  evlfenit  wären,  und  daher  die  Cebredilidiei 
und  die  Kinder  den  CSottesdieoet  nicht  beenchen  Itönnten,  auch 
ikr  Krtftjge  an  den  heiligen  Tagen  der  Besuch  der  (3  Stunden 
enlfemlen)  thnt  viel  Zeit  fordere;  ans  diesen  Gründen  bitte 
die  GemeiBde,  da  sie  eine  dem  hl.  Valentin  geweihte  Capelle 
besitae,  d«  dentsehe  Orden  mOchte  ihr  bewilligen,  eine  bestfln-* 
dige  Messe  an  begründen;  auch  König  Maximilian,  Landesfttrst 
von  Tirol,  stellte  das  Ansuchen,  solches  ihr  zu  gestatten,  und 
gab  aar  Begrflndnag  eine  merkliche  Beisteuer.  Auf  solche 
Tcreinte  Bitten  gaben  der  erwilhnte  Landcomtur  sowie  Heinrich 
von  KnOringen,  Comtor  an  Sterling,  Dr.  Caspar  Fflnsinger, 
Phirer  daselbst,  sammt  den  Capitelsgliedern  ihre  Einwilligung 
anter  folgenden  Bedingungen:  die  Gemeinde  am  Brenner  erwählt 
einen  tauglichen  Priester  und  präsentirt  ihn  dem  Comtur  und 
Pfaner  zu  Stening;  geftllt  er  diesen,  so  können  sie  ihn  als 
Caplan  am  Brenner  ansleilen;  bringt  die  Gemeinde  gegrflndete 
Klagen  gegen  die  Aufftihrung  des  Angestellten  an  den  Orden^ 
so  hat  ihn  dieser  innerhalb  Monalfrlst  zu  entfernen.  —  Der  an- 
gestellte Caplan  hat  das  Recht  und  die  Pflicht,  an  jedem  Sonn- 
tage das  Wasser  zu  weihen,  an  allen  Sonn«  und  hohen  Fest* 
Tagen  das  Weihwasser  za  sprengen  und  um  die  Kirche  zu 
gehen,  uad  während  der  hl.  Hesse  dag  hl.  Eoangelivm  in 
äeuUcher  Sprache  dem  Volke  msezulegen  und  zu  predigen, 
dan  auch  die  hL  Zeiten  zn  verkflnden,  die  offene  Schuld  vor^ 
zabeten  und  fttr  alle  Abgeschiedene  der  Gemeinde  zu  beten; 
wird  diess  fita*  Besondere  verlangt,  so  hat  er  den  gewöhnlichen 
Lohn  dafflr  in  die  Bttchse  der  Gesellpriester  von  Sterzing  za 
kgen.  Er  soll  auch  am  Stephans-Tage  das  Salz,  zu  Licht- 
Hessen  die  Kerzen,  am  Palmtage  die  Palmen  und  auch  am 
Ostcrtage  das  Gewöhnliche  weihen.  —  Zur  österlichen  &it  hat 
er  die  Erlaobniss,  alten  Leuten  und  Kindern,  Frauen  und  Ehe- 
Mten  das  Saorament  zu  spenden;  Jene  aber,  welche  die  Pfarr- 
Kirche  besochen  können,  sollen  daselbst  oder  zu  Gossensass  das 
U.  Sacrament  empfangen  nach  altem  Herkommen.  Er  ist  auch 
verplichtet,  Kinder  zu  taufen,   auch  im  Nothfalle,  wenn  nicht 


^    254    — 

mehr  Zeit  wäre  einen  Priester  avs  der  Pfarre  za  höhn,  Jvng 
and  AU  Beichte  za  hören  und  die  Sacramente  ihnen  za  reichen, 
ebenso  auch  schwangere  Frauen,  and  selbe  aufitasegneB ,  was 
aber  nach  Brauch  dafflr  erlegt  wird,  ftiit  in  die  Gesellpriester'- 
Btfchse.  —  Das  Taufwasser  und  das  hl.  Oel  bat  er  vom  Pfarrer 
zu  Sterzing  zu  holen;  das  Opfer  an  hohen  Pesttagen,  wdciies 
Jeder  Christ ,  der  zu  seinen  Tagen  gekommen ,  auf  den  ANar 
zu  legen  schuldig  Ist  und  Jegliches  andere  Opfer  soll  dem  Orden 
gehören.  Stirbt  jemand  von  der  Gemeinde,  soll  er  ihn  in 
Friedhofe  zu  St.  Valentin  begraben;  das  gebührende  Sedgerlth 
gehört  dem  Orden.  '—  Femer,  da  die  Wege  Ober  den  Brenner 
böse  sind  und  viele  arme  Leute  da  durchziehen,  soll  er  im 
Falle,  dass  ein  Fremder  daselbst  stürbe,  ohne  die  chrisdichen 
Rechte  empfangen  zu  haben ,  vorsichtig  sein  mit  dessen  Be* 
gräbniss  im  Friedhofe,  damit  dem  Orden  kein  Nachth«l  daraus 
erwachse.  —  Der  Jeweilige  Caplan  ist  verpflichtet,  jihrlich  am 
Kfrchweihlage  der  Pfarrkirche  zu  Sterzingen  daselbst  zu  ersehei'^ 
nen  und  die  Hesse  zu  lesen.  Damit  den  pfarriichen  Rechlen^ 
dem  Orden  und  Gesellpriestern  zu  Sterzing  nichts  entzogen 
werde,  sollen  zwei  BOchsen  vorhanden  sein,  eine  fflr  den  Or« 
den,  die  andere  fQr  die  Gesellpriester,  und  selbe  nebst  dem 
Caplan  zwei  dazu  erwfthlte  Gemeindeglieder  verwalten ;  in  erstert 
sollen  die  Gefllle  des  Seelgeräthes  and  in  letztere  die  den 
Gesellpriestem  zuständigen  GefSlie  gelegt  werden.  —  Ausser 
den  oben  erwähnten  geistlichen  Terrichtungen  soll  sich  der 
Caplan  keine  pfarriichen  Rechte  anmassen.  -^  Den  bestellten 
Caplan  soll  die  Gemeinde  vom  Kirchengute  erhalten  oder  mü 
Ihm  darflber  einen  Vertrag  schliessen  unbeschadet  dem  Or- 
den; will  ihm  Jemand  ausser  dem,  was  dem  Orden  und  d^ 
Gesellpriestern  zugehört ,  etwas  schenken ,  so  darf  er  es  an* 
nehmen.  —  Alle  alten  Stiftungen,  welche  bisher  in  der  Sanct 
Valentinskirche  gehalten  worden,  sollen  auch  femer  von  der 
Pfarre  Sterzing  aus  besorgt  werden,  besonders  die  Verpflich- 
tung ,  dass  jährlich  am  Sonntag  Oculi  in  der  Faste  ein  Gesell-' 
Priester  aus  der  Comende  hinaufkomme,  daselbst  am  Sonntag 


—    255    — 

«d  Kontag  Hesse  lese  nad  Beichl  iiöre  bis  am  Honlag  zwei 
Ukr  Nachmittags«  —  Kdmrot  eii  Geseliprieter  von  Steraag 
wegen  Stiftmessen  oder  auf  Verlangen  eines  Gemeindegliedes 
aaf  den  Brenner,  soll  der  Gaplan  mit  seiner  Messe  warten,  bis 
der  v«a  der  Pfarre  ankömmt.  -«  Mit  dem  Opferstock*Geld  soll 
es  wie  bisher  gehalten  werden«  —  Für  diese  VergAnstigung 
and  für  Einhaltnng  der  alten  Stiftungen  soll  dem  Orden  und 
der  Comende  Sterzing  nebst  den  bisherigen  10  Pf.  B.  6  kr. 
MS  dem  Stockgelde  noch  daxu  vom  Kirchpro|iste  daselbst  jähr« 
lieh  i9  Pf.  B.  gereicht  werden.  Endlich,  weil  die  St«  Yalen* 
tia»-Klrche  arm  ist,  bewilligt  der  Orden,  dass  der  Gaplan 
daselbst  filr  den  zu  Innsbmck  gestorbenen  Wahher  Zeller,  der 
ein  Messgewand,  Kelch  und  Messbach  dahin  vermacht,  einen 
lihrtag  halten  dttrfe;  fallt  jedoch  dabei  ein  Opfer,  so  soll  es 
in  die  Ofdeoshtchse  gelegt  werden.  Also  hat  man  sich  Wechsel-» 
seitig  verembart  am  Pfinztag  vor  Thomas  Ap.  1495.  0.  A.  --i 
Ob  nnd  auf  wie  lange  die  Errichtung  dieser  Caplanei  zur  Aus-» 
fahrung  gekommen,  ist  nirgends  zu  finden;  einer  der  Coopera- 
toren  der  Deutschordens-Pfarre  musste  noch  bis  zom  Jahre 
1710  an  jedem  vierten  Sonntage  daselbst  ordentlichen  Gottes^p- 
dienst  halten,  wie  es  schon  seit  unvordenklichen  Zeiten  üblich 
w».  ^^  Erst  seit  1707  wnrde  ein  eigener  Seelsorgs*Priester 
auf  dem  Brenner  angestellt ;  diese  Curatie  verdankt  ihr  Dasein 
dem  thatkräfligen  Einschreiten  des  Fflrstbischofs  von  Brixen, 
Caspar  Ignas.  Mit  Ordinariats-Decret  vom  1.  Februar  1707 
ward  em  Provisor  angestellt,  nnd  endlich  nach  vielen  2Uinfcereien 
nut  dem  deotschen  Orden,  welcher  als  parochus  habitnalis  seine 
vermeintUehen  Bechte  geltend  machen  wollte,  die  Stiftung  am 
27.  Janner  1710  gefertigt.  Die  Dotation,  wurde  ^s  den  Ben- 
tcn  der  Kirche  und  dem  Beitrage  des  Fflrstbischofs ,  welcher 
10001.  dazu  spendete,  gesdiöpft.  C'^^Mckauser  a.  a.  0.  <$.  684.) 
Dass  der  deutsche  Orden  im  15.  Jahrhunderte  nicht  bloss 
za  Terlan  und  Nals  den  Bergbau  betrid>en  habe,  sondern  auch 
in  der  Gegend  von  Sterzing,  erhellt  ans  der  Urkunde,  vermöge 
welcher  im  Jahre  1498  Ktoig  Maximilian  von  Heinrich  voa 


—    256    - 

Knöringen,  Comtur  zu  Steningen,  ain  425  fl.  dessea  Hatte  aa 
Pfitseherbache  oberhalb  dem  Kofi  Sprechensteio ,  gerichtet  mit 
4  Oefen,  5  Paar  Blasbfllgen,  Pettwerk,  dazu  die  Wfiider  Seaeir 
wald,  Famerwald,  Werwald  und  den  Wald  io  Feoa  erkaufte. 
CSchat%'Archiv  Hegest J  —  Im  Jahre  1506  stellt  Hans  lin- 

denau  In  der  Pfarre  Marliog  dem  Hm Knorr,  Comtar 

zu  Sterzing,  den  Revers  aus,  dass  selber  ihm  4  Weinsttteke, 
welche  der  €omende  Slerzing  gehören,  zu  Erbrecht  als  Zimsh 
Lehen  verliehen  habe.  (>.  MarUnise&es  ÄrcMoJ  ^  Am  Sonnr 
tag  nach  Phiiippi  und  Jacobi  i512  stiften  Caspar  Krftnder  nad 
dessen  Gemahlin  Dorothea,  sowie  Friedrich  Sohali  and  dessen 
Gemahlin  Catharina  in  der  dem  deutschen  Orden  unterstehenden 
Bt.  Jacobs-Kirche  zu  Teuns  einen  Jahrtag  auf  den  ersten  Hai 
und  übergeben  dafttr  dem  Hrn.  Heinrieh  von  Knöringen,  Laad^ 
Comtur  an  der  Etsch,  in  Beisein  des  Deutschordeos-Brudei« 
Lucas  Steinperger,  Schaffers  und  Pfarrers  zu  Sterzlng,  für  die 
Comende  daselbst  einen  jährlichen  Zins  von  15  kr.  samnit 
Herrenrecht  einer  Wiese  genannt  die  Peunt  zu  Teuns,  ud 
Fridrich  Schall  12  kr.  Zinses  aus  seinem  Hause  genannt  der 
Thurm  bei  obgenannter  St.  Jacobs-Kirche.  O.  A* 

Im  Verlaufe  der  Zeit  gerieihen  die  Dentschordens-Brttder 
zu  Sterzing  wegen  der  früher  erwähnten  Stiftungen  und  anden 
Sachen  in  manchen  Streit  mit  dem  Stadtmagistrate  daselbst; 
Bischof  Sebastian  von  Brixen  hatte  deren  manchen  beiznlegea. 
So  brachte  noch  kurz  vor  der  Bauern-Empörung  im  Jahre  1525 
die  Stadt  Sterzing  sogar  vor  den  Landtag  die  Klage,  dass  die 
6  gestifteten  täglichen  Hessen  daselbst  von  der  Comende  nicht 
mehr  alle  eingehalten  wttrden.  Am  Freitag  vor  Cätare  1525 
entschieden  darttber  der  Fttrslbischof  Sebastian  uad  der  Landes* 
Hauptmann  Leonhard  von  Vels  als  erkorene  Richter  zwischen 
dem  Stadimagistrate  von  Sterzing  und  dem  Landcomtar  an  der 
Btsch,  Heinrich  von  Knöringen,  doss  ausser  den  Messen  bei 
St.  Margret  und  im  Spitale  täglich  auch  die  6  Messen  In  der 
Pfarrkirche  von  der  Comende  besorgt  werden  sollen;  Ver- 
mittler und  Zeugen  dabei :    Herr  Niciaus  Leopold,  Chorherr  zu 


—    257    — 

Irixeii ,  Hr.  Tiionias  von  Preimdeberg  al«  derichtslierr ,  RtUer 
Hellfrid  von  Megkao,  Hauptmann  aa  Brfxen,  Georg  von  Spaur, 
HaosooBilar  anf  dem  Rillen  n.  a.  m.  QCopeibueh  von  Ster^ 
zing  und  TifUrhauser  a.  a.  O.  S,  669.)  —  Vermöge  diesem 
Entscheid,  und  wenn  man  noch  andere  Goltesdienate,  welche 
Iheils  in  der  Pfarrkirche,  tbeils  in  den  Fih'alen  zu  halten  waren, 
hinsa  rechnet,  so  ergibt  sieb,  dass  neben  dem  Pfarrvicar 
weaigslens  noch  8  Priester  sein  massten,  um  allen  diesen  Ver« 
pitchtuttgen  zu  gendgen.  Diese  erhielten  gemeinschftftlich  mit 
dem  ffarrvicar  im  Ordensbanse  ihre  Wohnung  und  Verpflegung, 
und  vom  Comlur  den  bestimmten  Jahresgehalt. 

Als  im  nemlichen  Jahre  1525  der  schreckliche  Banern- 
Anfmbr  ausgebrochen,  liess  die  Regierung  vermiß  Beschlusses 
des  Landtages  alle  Comenden  und  PftirrhUnser  des  deutschen 
Ordens  und  so  auch  die  Comende  Sterzing  zur  Stcherslellung 
derselben  durch  ernannte  Commissäre  in  Beschlag  nehmen,  m^ 
dem  Auftrage,  einstweilen  die  Renten  und  Geffille  derselben  im 
Namen  des  Erzherzogs  einzunehmen  und  zu  verwalten,  auch  die 
nothwendigen  Ausgaben  au  bestretten.  In  Bezug  auf  Sterzing 
und  das  ScUoss  Rdfenstein  eriiieit  dazu  den  Auftrag  Georg 
Mnr)  am  30.  August  1525,  nebst  der  Weisung,  die  Pfarre 
noch  ferner  durch  den  bisherigen  Pferrer  verwalten  zu  lassen, 
wenn  die  Pferrgeineinde  mit  ihm  zufrieden  wttre,  nnd  in  diesem 
Falle,  selben  in  Pflicht  zu  nehmen.  Doch  dieser,  Hans  Pring^ 
sdiwened,  fand  es  fttr  besser  von  der  Pfzrre  abzutreten. 

Doch  bald  hatte  der  landesfQrstliche  Verwalter  der  Comende 
Ursache  bei  der  Regierung  zu  klagen  über  Zinsverweigerung; 
dem  dieselbe  Ceind  sieh  gendthigt,  an  alle  Hauptleute,  Pfleger  dre. 
ein  Sehreiben  zu  erlassen :  wie  sie  vernehme,  sollen  sich  Etliche 
weigern,  der  Comende  Sterzing  die  Zinsen  zu  reichen,  ja  noch 
dazn  auch  Andere  aufhetzen;  sie  befehle  ihnen  daher  dafür  zu 
sargen,  dass  der  Comende  alle  Giebigkeiten  wie  frttber  geleistel 
werden.  — >  Hingegen  klagte  die  Gemeinde  Sterzing  im  Jahre 
iSüß  bei  der  Regierung:  sie  seien  mit  einem  ordeaHiohen 
Pbrrer  und  GesdlfNrlesIsrn  «cht  versehen,  und  die  gestifteten 

17 


—    258    — 

Gotlesdienste  wflrden  nicht  gehalten.  Dorch  Erlass  vom  16.  i 
1526  liifgt  daher  die  Regierung  dem  Verwalter  Hörl  aif,  fir 
Abhilfe  dieser  Klagen  die  gehörige  Sorgfalt  ansawenden;  nnd 
da  die  Gemeinde  Stersing  versprochen,  ohne  des  Erchenogs  Za- 
stimmung  weder  den  gegenwärtigen  noch  einen  andern  Prediger 
2u  halten  vad  es  anch  leugne,  dass  sie  eigenmächtig  dem  Jeliigen 
Prüdicaaten  aus  den  Binknnften  der  Comende  wöchentlich  8  Pf.  B. 
Besoldung  angewiesen,  so  soll  er  lar  Verhtttang  alles  Unwillens 
demselben  7  Pf.  B.  daraus  anweisen,  aber  achtgeben,  dass 
selber  nicht  gegen  den  hl.  Glauben  oder  gegen  den  Abschied 
des  Landtags  predige. 

Was  ftlr  eine  Persönlichkeit  aber  dieser  von  der  Gemeinde 
Sterling  angestellte  Pridicant  gewesen,  erhellt  ans  dem  Bericht, 
welchen  der  Verwalter  Mörl  bereits  am  27.  April  d.  J.  an  die 
Regierung  ttber  Ihn  abxnsenden  sich  bemflssigt  sah:  er  habe 
dem  Prüdicanten  zu  Sterling,  Hans  Vitcher  (einem  ansge- 
sprungenen  Dominicaner -M<tach)  Nachstehendes  vorgehallen: 
am  Palmsonntage  seien  swei  Tische  voll  Baaem  in  der  Stabe 
des  Peter  Kiirsner  zu  Sterling  versammelt  gewesen  und  hfitten 
nach  dem  Prftdicanten  geschickt;  dieser  habe  Ihnen  dann  vor- 
geschwftUt :  der  Eid  und  was  sie  dem  Landesfirsten  gefehworen 
bitten,  sei  vor  Gott  nicht  giltig  und  sie  sollen  Meh  nichts 
dwans  machen,  wenn  sie  ihn  nicht  hielten.  —  Um  die  Hesse 
sei  es  nichts,  die  Pfaffen  treiben  Zauberei  damit.  Wiederum, 
das  Sacrament,  welches  in  der  Kirche  xur  Nothdnrft  der  Kran- 
ken aufbewahrt  werde,  sei  nichts,  und  er  habe  dabei  ndt  den 
Fingern  geschnallt  mit  gronser  Unehrerbietigkett.  IMe  Triaker 
und  T;inkerimien  seien  seine  Gehilfen  und  missen  alle  CniclBxe, 
die  sie  an  Strassen  und  Wegen  antreffen,  freventlich  nusreisscn 
mid  ihm  zutragen.  —  Die  Könige,  Churfirsten  und  Fürsten  setie 
er  vor  den  Bürgern  und  Bauern  herab,  heisse  selbe  Lappea 
und  Uiad,  ^^zu  kriechisch  Lamelucken.*  —  Die  Griechen  und 
Schweizer  bitten  ihre  Firsten  und  den  Adel  vertrieben,  nnd 
regierten  nun  ihre  Linder  seihst.  ^  Br  gebe  den  Borgern  and 
Baaern  Unach,^ider  den  Adel  «igeliOEsam  zu  sehi;  bereits 


—    859    — 

kilteD  d«  BMern  unter  steh  Mlbst  gesagl:  wa3  ist  uns  u 
UMia,  wie  masieii  wir  es  angreifen?  —  Femer  habe  derselbe 
fe|iredigt,  wenn  dw  Landesfttrst  nichl  rechtfertige  Ursache 
habe  u  hriegen,  so  soH  ihm  das  Land  gar  heine  Hilfe  thim, 
nnd  habe  sie  alle  zum  Ungehorsam  angereist  ~  Zur  Zeit  der 
U.  Wandlong  krflnune  en  seinen  Hund  gegen  das  hl.  Sacrament. 
—  Hierauf  bemerkt  noch  Möri:  wenn  man  nicht  bald  diesem 
seinen  Unwesen  steuere,  so  werde  bald  das  ganse  Land 
ieelwriseh  und  der  ganze  Adel  vertrieben  sein.  —  Er  habe  dem- 
selben im  Namen  fttrstlicher  Durchlaucht  aufgetragen,  imierhalb 
8 — 14  Tagen  das  Land  tu  räumen,  was  derselbe  auch  vor* 
sproehen.  —  Die  Regierung  billigte  seinen  Bericht  und  Befehl ; 
da  aber  der  Pridicant  gehlagt,  es  stehe  ihm  noch  sein  Unter- 
halt aus,  so  solle  er  sich  unyerweilt  darOber  mit  demselben 
ablnden;  auch  der  Bürgermeister  sich  wegen  dessen  Schulden 
erkundigen  und  sorgen,  dass  derselbe  seine  Schulden  besahle« 
CBibHoih.  dt  PauliJ 

Als  im  Jahre  1559  der  Landcomtur  Engelhard  von  Ruesl 
wegen  Alters  einen  Coadjutor  verlangte,  ward  ihm  der  bisherige 
Comtur  au  Sterzlog,  Lucas  Römer,  als  solcher  beigegeben,  nnd 
als  ersterer  im  Jahre  1569  starb,  wurde  der  letztere  zu  dessen 
wirklichem  Nachf<rfger  emaimt.  Als  Comtur  zu  Sterzing  trat 
statt  seiner  ein  gewisser  .  * . .  von  Knörtng  ein ,  und  bereits 
4  Jahre  darauf  Maximilian  von  Fugger,  Herr  zu  Kirchberg  und 
Weissenkom;  die  Zeit  seiner  Verwaltung  war  durch  Missgeschick 
und  durch  eigene  Missverwaltung  für  die  Comende  Sterzing  eme 
hOehst  betrübende;  Marx  Sittich  von  Welkenstein  sagt  ihm  nach, 
dass  er  «bei  gehausst.  Am  Üi.  Mai  1567  brannte  das  Comende- 
Gefclode  nieder,  wobei  auch  das  Dach  der  Pfarrkirche  vom 
Fener  verheert  wurde.  Der  Comtur  Fugger  aber  gab  sich 
keine  Mühe,  das  Comende^Gebfiude  wieder  herzustellen,  und 
bewirkte  endlich  durch  sein  Treiben  seine  förndlehe  Absetzung. 
fö76  am  22.  April,  dat.  München,  schreibt  Herzog  Albreeht 
von  Bai^n  an  Erzherzog  Ferdinand  von  Oesterreidk:  nachdem 
sein  geheimer  AMh  und  Cammerpräsident  Ernst  Jacob  Faggu 

17» 


—    260    — 

fm   Juli   1575  gestorben,   habe  er   dessen  Sohn   MaxiniKan 
Fugger,   Comtur  zo  Sterzing,   als  Administnlor  von  dessen 
VerlassenschafI  aufgeslelit;   nun  wolle  der  Landoomtar  selben 
diese  nicht  mehr  gestalten,   nnd  drohe  ihm  die  EinkOnfte  der 
Gomturei  zu  entziehen,  wie  er  selbem  für  sein  Hiersem  bereits 
150  fl.  entzogen  habe;  bittet  un  Verwendung  in  dieser  Ange- 
legenheit. —  Hierüber  gibt  der  Landcomtur  A.  J.  Freiherr  von 
Spaur  in  seiner  Rackäussening,  dat.  Weggenstein  am  26.  Hai 
1576^  ganz  andere  Anfschlflsse:    der  Administrator  des  Hoeb- 
meisterthums  habe  den  Corotor  Fngger  bereits  mehrere  Male 
ernstlich  zur  Rflckkehr  in  seine  Comende  Stening  aufgefordert, 
besonders  weil  wfihrend  seiner   Verwaltung  der  Gomturei  das 
dentsche  Hans  zu   Sterzing  abgebrannt   und  bisher  snm  SpoQ 
nnerbaut  darnieder  liege;  er  solle  also  zurückkehren  und  durch 
sparsame  Haushaltung  das  Haus  wieder  herstellen,   und  habe 
denselben  bedroht,   falls  er  nicht  zurückkehre,   die  Gomturei 
durch  einen  Andern  zu  besetzen  u.  s.  w. ;  die  erwfthnten  150 
Gulden  seien  wegen  noch  schuldiger  Steuerrestanten  eingezogen 
worden.  C^tatihaUerep'Arekiv,)  —  Und  wirklieh  sah  sich  der 
Administrator  des  Hochmeisterthums  bei   fortgesetztem  Unge- 
horsam des  Gomturs  Fugger  durch  Decret  am  9.  August  1577 
genOthigt,  dessen  Absetzung  und  die  Zurückbehaltuag  seines  Ein- 
kommens auszusprechen.  C^kUthatterei^ Archiv, y  —  In  Folge 
dessen   scheint  sich   der   Abgesetzte  an  Erzherzog  Ferdinand 
gewendet  zu  haben,   denn  am  9.  October  1577  erging  an  die 
Regierung  zu  Innsbruck  der  Befehl :   da  zwischen  dem  Land-* 
Gomtur  Spaur  und  Herrn  Maximilian  Fugger  der  Gomtorei  von 
Sterzing  wegen  und  sonst  Späne  obwalten,  so  soll  sie  beide 
vorfördern  ^  und  wo  möglich  selbe  gütlich  mit  einander  zu  ver- 
tragen suchen;  gehe  das  nicht  an,  ihr  Gutachten  einzusenden, 
wie  diess  geschlichtet  werden  kbtme. ,  C^latihaiterei'ArcldeO 
Nicht  besser  als  in  zeitlicher  Hinsicht  die  Comende  befand 
sich  in  geistlicher  Hinsicht  die  der  Gomende  Sterzing  zuständige 
Fiarre  Sterzibg,  sowie   die  benachbarte  dem  deutschen  Orden 
einverleibte  Pfarre  Mareit;    die  Reformal ionswuren   hatten  sie 


—    261    ^ 

in  einen  eririrmlichen  Zustand  gebracht.  —  Als  die  bischöflichen 
Visitatoren  in  Jahre  1370  auch  nach  Sterzing  kamen,  fanden 
me  dort  Anstand ,  indem  der  schon  erwähnte  Comtur  daselbst, 
■aximiliniFngger,  eine  Exemtion  von  der  bischöflichen  Gerichts- 
hwkeit  Torwendete.  Da  aber  das  landesftirstliche  Patent  wegen 
der  Zulassung  und  Handhabung  der  Visitation  den  Comtur  aus- 
drflcklich  nannte,  so  wagte  es  derselbe  nicht  mehr  sich  zu 
widersetzen.  —  Auf  fthnliche  Weise  erging  es  in  der  Pfarre 
Karett.  CSinaeher,  VI.  B.  S.  7430  —  Wirklich  war  auch 
die  Visitation  kaum  irgendwo  so  nothwendig  als  hier.  Die 
Visitations-ProtocoUe  von  den  Jahien  1570,  1577,  1594  und 
ltiQ2  machen  die  traurigste  Schilderung  fon  dem  traurigen 
Zustande  besonders  der  Pfarre  Sterzing.  Die  Comture  des 
Ordenshauses  pritendirten  das  Recht,  die  pfarrlichen  Angelegen- 
heiten zu  leiten,  hämmerten  sich  aber  wenig  darum.  Sie  rühm- 
ten sich  der  Exemtion  von  der  Gerichtsbarkeit  des  Bischofs  und 
nahmen  dieselbe  auch  fQr  ihre  Geistlichen  in  Anspruch;  aber 
es  lag  ihnen  nicht  am  Herzen  gute  PHester  zu  erhalten.  Die 
Visitatoren  fanden  meistens  nur  Ausländer  und  abtrflnnige  Mönche 
angestellt,  welche  für  geringen  Sold  ihre  Dienste  anboten,  und 
eben  nicht  das  erbaulichste  Leben  führten.  Die  Seelsorge  war 
demnach  völlig  vernachlässigt.  Das  Sacrament  der  letzten  Oelung 
kam  aoaser  Uebung,  und  Mehrere  verweigerten  den  Gebrauch 
der  Sacramente  der  Busse  und  des  Altars.  Das  Verzeichniss 
der  akatholischen  Bücher,  welche  man  bei  der  Visitation  im 
im  Jahre  1570  zu  Sterzing  eingesammelt  hat,  nimmt  mehr  als 
9  Folio-Seiten  em;  darunter  die  meisten  von  Luther,  Melanch- 
lon  und  Spangenberg.  —  Die  Zahl  der  Cooperaloren  war  auf 
drei  herabgesunken,  laut  VisitationsprotocoU  vom  Jahre  1577 
nod  1594.   C'^inkhauser,  a.  a,  0.  S.  €6$.) 

Am  15.  Februar  1595  verleiht  Andre  Joseph  Freiherr  von 
Spaur  und  Valör,  Landcomtur  an  der  Etsch,  im  Namen  Caspar 
Hathtasen,  Freiherrn  von  Wolkenstein-Trostburg,  bereits  seit 
dem  Jahre  1587  Comturs  zu  Sterzing,  als  Grundherrn,  dem 
Jacob  Franzin  zu  St.  Pauls  die  sogenannte  Gloggenleite  daselbst 


—    268    — 

gegen  jflhrK  Zins  von  10  Ibrn  Wein  in  das  dem  deutseken  Htuse 
zu  Sterzing  gehörige  Bruderiians  tu  Eppan  sn  liefern.  0.  A. 
Von  diesem  Comtar  Caspar  Mathias  von  Wolkenstein  schreibt 
dessen  Oheim  Marx  Siltieh  von  Wolkenstem  ums  Jahr  i6<4: 
^ Diese  alte  Capelle  (der  Comende  Sterzing) ,  wdche  vor  AUer 
zergangen ,  hat  der  nnn  regierende  deutsche  Herr  ond  Comtur, 
Caspar  Mathias,  ein  Sohn  meines  Bmders  Freikerm  von  VfoU 
kenstein  and  Trostborg,  von  neuem  wieder  aufgebaut,  teneaert 
und  gar  schön  geziert;  ist  nach  heidnischer  Tempel  Art  fin  die 
Runde  gebaut,  und  sammt  dem  ganzen  deutschen  Haue  erneuert 
und  erbaut,  da  es  unter  seinem  Vorfahrer,  einem  Herrn  Fngger, 
der  (ibel  allda  gehaust,  verbrunnen.  Vor  dem  Fagger  ist  ein 
von  Knöring  Deutschhaus-Comtur  aida  gewesen;  weiter  weiss 
man  nichts  gewisses,  wer  alda  Comtar  gewesen,  ohne  Zweifel 
aus  der  Ursache,  weil  durch  die  Brunst  alles  verbrannt  und 
verderbt  worden;  es  ist  jedoch  diess  deutsche  Haus  an  Gehllade 
und  Einkommen  durch  obbemelten  meinen  Vetler  wieder  restaurirt 
und  verbessert  worden.  —  Es  bat  auch  ein  Comtur  zu  Ster« 
zingen  noch  derzeit  die  Pfarre  inne,  und  muss  dabei  4  Firiester 
erhalten  sammt  dem  Pfarrherm.^  (a.  a.  O.  iB.  BuchJ 

Wohl  mochte  die  Comende  Sterzing  in  baulicher  und 
materieler  Hinsicht  unter  dem  Cumtur  Caspar  Mathias  von  Wol- 
kenstfin  manches  gewonnen  haben,  aber  um  desto  schlimmer 
stand  es  zu  Sterzing  damals  in  geistlicher  Hinsicht;  der  General« 
Vicar  Otto  Agricola  bemerkte  als  Visitator  mit  eigener  Hand 
Folgendes  im  Visitations-Prolocoll  des  Jahres  1602:  Sane  ista 
civitas  pessime  quoad  spiritualia  provisa  est.  Dominos  Commen- 
durarius  (Comtur)  ipse  suspectam  de  Incontinentia  foeminam 
alit;  ad  res  divinas  parum  attendit.  Omnia  sacerdotibus  com-* 
mittit,  quos  singuiis  annis  fere  mulat.  Bonos  habet  paucos, 
monachos  et  apostatas  plerosque.  Hinc  cura  animarum  et  eccie- 
siae  decor  negligitur.  Quilibet  suae  rei,  h.  e.  pecuniis  et  divi- 
tiis  corradendis  incumbit  omnibus  interea  susque  deque  euntibus. 
CTinkhausery  a.  a.  O.  S.  669  J 

Demungeachtet  ging  der  deutsche  Orden  neue  Verbindlich- 


—    368    — 

keilen  gegen  die  Filialgoroeinde  Ried  ein ;  selbe  stiftete  nemlich 
im  Jahre  1629  aus  den  Mitleki  der  Kirche  einen  ordentiichen 
Gottesdienst  mit  Messe  und  Predigt  auf  jeden  xweiten  Mon«^ 
Sonnlag  and  mehrere  Festtage;  diesen  sollte  der  Deutschordens* 
Comtor  durah  einen  Pfarr^Cooperator  von  Steniag  besorgen 
nebsl  den-  schon  früher  gesUfteten  drei  Wochenmessen;  dafür 
sollte  die  Kirche  der  Comende  jährlich  i&O  fl.  besahlen«  Dieser 
SÜfthiief  wurde  von  Ordinariats  wegen  zu  Brixen  am  19.  Septem- 
ber 1629  gefertigt  und  von  dem  Landcomtur  Johann  Gaodenz 
Freiberrn  v.  Wolkenstein  am  17.  September  1630  gutgeheissen. 
C^naeher,  VJIL  B.  S.  49iJ  —  Endlich  im  Jahre  1694 
am  14.  Mai  wurde  daselbst  die  Cnratie  errichtet  und  aus  Mit- 
telo  der  Kirche  dem  Coraten  200  fl.  jahrlich  bestimmt,  womnter 
aneb  die  von  der  Comende  Störung  aus  den  von  derselben 
frflher  bezogenen  150  fl.  hinüber  gelassenen  50  fl.  und  die  11  fl., 
welche  man  bisher  dem  Curaten  von  Gossensass  fttr  dort  zu 
lesende  Messen  gereicht  hatte  ^  —  and  dazu  noch  die  Stola- 
Gebühr.  —  Der  Landcomtur,  Graf  Thunn,  willigte  nicht  nur 
m  die' Stiftung  der  Guratie,  sondern  bewilligte  auch  von  Seite 
der  Pfarre  Sterzing  die  pfarrlichen  Rechte  und  die  Slolagebtthr, 
and  trat  auch  jene  obenerwühnten  50  fl.  dahin  ab;  jedoch 
behielt  der  dentsche  Orden  die  andern  100  fl.  für  den  Gehalt 
des  Pfarrers  zu  Sterzing,  der  aber  dafür  einige  Messen  in  der 
St.  Ufsula-Capelle  im  Jaufenthale  besorgte;  auch  wurde  das 
Prfisenlationsrecht  zur  Curalie  dem  deutschen  Orden  zuerkannt. 
CSiaith.'Arckiv  und  Tmkhauser  a.  a.  O.  S.  680  J 

So  willffthrig  der  dentsche  Orden  in  Sterzug  in  Annahme 
von  Stiftnngen  gewesen,  so  wenig  eifrig  scheint  er  im  Verlaufe 
der  Zeit  mit  Erfüllung  der  damit  verbundenen  Leistungen 
gewesen  zu  sein,  was  wohl  mitunter  die  Folge  der  verminder* 
len  Anzahl  der  Cooperatoren  der  Pfarre,  deren,  wie  wir  schon 
gesehen,  in  den  Jahren  1577  und  1594  nur  mehr  3  waren, 
gewesen  sein  mag.  Diese  Vernachlässigung  vieler  Stiftungs- 
Verbindlichkeiten  hatte  zu  mancherlei  Streitigkeiten  und  länger 
daaeraden  V^rhamUnngen   zwischen  dem  deutschen  Orden  und 


—    264     — 

der  Stadigemeinde  geftliirt.  Der  damaiige  Generalvicar  voa 
Brixen,  Christoph  Seemann,  suchte  selbe  dadurch  bmalegen, 
dass  er  im  Jahre  1630  den  damaligen  Comtur  xu  Stening, 
Georg  Niclas  Yintler ,  zum  Versprechen  faewog :  ein  jeweiliger 
Comtur  zu  Sterling  soll  verpflichtet  sein,  nebst  dem  Pfarr- Ver- 
walter noch  drei  Gesell-Priester  zu  halten«  Diese  sollen  aasser 
den  einzelnen  gestifteten  oder  verlangten  Gottesdiensten  das 
tägliche  Amt  in  der  Pfarrkirche,  die  tägliche  Frühmesse  bq 
St.  Margret  und  an  den  sechs  Werktagen  die  Nachmesse  in 
der  Spitalkirche  besorgen  und  für  die  Stifter  appllciren.  —  Die 
Stadtgemeinde  trat  diesem  Vergleiche  bei;  obschon  aber  der- 
selbe vom  bischöflichen  Ordinariate  damals  nicht  förmlich  gut- 
geheissen  wurde,  so  befahl  doch  das  Consistorium  am  24.  Jänner 
i632,  dass  demselben  einstweilen  bis  auf  weitere  Untersuchung 
nachgekommen  werden  sollte;  aber  erst  nach  der  Ordinariats- 
Bestätigung  vom  13.  November  1656  kam  derselbe  zur  unbe- 
strittenen Ausführung.  QTinkhatiser^  a.  a,  O.  S.  668.J 

Wesentlich  zur  Hebung  des  kirchlichen  Lebens  in  der 
Pfarre  Sterzing  trug  um  diese  Zeit  die  Einführung  der  Capaziner 
daselbst  bei;  schon  mehrere  geistliche  Arbeiten  hatten  selbe 
auf  ihrer  öftem  Durchreise  zu  Sterzing  verrichtet,  wesswegen 
die  Bürgerschaft  wünschte,  dass  für  selbe  wenigstens  ein  Hospi- 
tium  errichtet  würde.  Hehrere  Gutthäter  vereinigten  sich  im 
Jahre  1629  zum  Bau  des  Hospitiums,  und  noch  während  des 
Baues  wollten  die  Capuziner  auf  Ersuchen  des  Pfarrverwalters 
selbst  und  des  Stadtmagistrats  die  Pfarrkanzei  übernehmen. 
Diess  wollte  aber  der  damalige  Landcomtur  Johann  Gaudenz 
Freiherr  von  Wolkenstein,  zugleich  Comtur  von  Stening,  nicht 
zugeben,  und  verbot  daher  um  Weihnachten  1629  den  Capu- 
zinern  das  Predigen.  Mit  grossem  Ungestüme  aber  forderte 
die  Bürgerschaft  am  2.  Jänner  1630  für  die  Capuziner  diese 
Bewilligung  und  wandte  sich  desswegen  auch  an  das  biscbdfl. 
Ordinariat,  an  den  Landesfürsten  und  an  den  Hoch-  und  Deutsch- 
meister Johann  Caspar  von  Stadion.  Dieser  hatte  eben  im 
Jahre  1628  das  Capuziner-Kloster  zu  Mergeatheim  gesliflet  und 


war  fflr  adbe  gans  eiDgenommen;  er  ttusaerte  daher  dareh 
Sdireibeo,  dat.  Mergentheim  am  1.  Augast  1690,  unter  vielen 
lobsprüchen  geges  die  Capasiner  den  Wunsch,  daas  sdben  die 
Pfarrkanzel  überlassen  werde.  —  Da  auch  das  Ordinariat  und 
der  Landesfarsl  fflr  die  Capnziner  sprachen ,  gab  der  Land- 
CoiBtiir  um  so  lieber  nach,  da  auch  diese  sich  ^klftrten,  sie 
y«rlangen  den  Pfarrer  nicht  von  der  Kanzel  auszuschliessen, 
sondern  es  stehe  selbem  frei,  so  oft  er  es  für  gut  befinde, 
selbst  zu  predigen.  Dieses  berichtete  der  Landcomtur  an  den 
Hoch-  und  Deutschmeister  am  7.  September  1630.  C^inaeher, 
die  Einführung  der  Capudner  in  Nordtirol  S.  6i.^ 

Im  Jahre  1696  starb  der  seit  1684  gewesene  Comtur  von 
Sterzing,  Goidobald,  Graf  von  Arco;  anstatt  sdner  wurde 
ernannt  Georg  Pridrich,  Graf  von  iSpaur,  Rath  und  Gebietiger 
der  Bailei  an  der  Etsch,  Comtur  zu  Sterzing,  kaiserlich  tirolischer 
Landmiliz-Obrist ;  er  hatte  früher  in  der  kaiserlichen  Armee  bei 
Neuhäusl,  Eriaa,  Ofen,  V^sstgg^  Hohacz,  Duron  und  Belgrad 
gekämpft.  Derselbe  erscheint  auch  im  Jahre  1701  mit  den 
nemlichen  Titeln,  wozu  auch  noch  der  eines  Cämmerers  des 
Churfürsten  von  Baiern  kam;  nach  dem  am  2.  September  1701 
erfolgten  Ableben  des  bisherigen  Landcomturs  Johann  Jacob 
Graf  von  Thunn  wurde  er  als  Statthalter  der  Landcomturel 
ernannt,  behielt  aber  die  Administration  der  Comturei  Sterzing 
bei,  bis  er  beide  im  Jahre  1709  resignirte,  worauf  Johann 
Heinrich  Baron  von  Kagenegg  die  Würde  eines  Landcomturs  und 
zugleich  die  eines  Comturs  zu  Sterzing  fiberkam.  CSiaUhaltereh' 
Archiv.)  —  Als  bei  einer  Conferenz  mit  ihm  zu  Innsbruck  am 
26.  November  1710  die  Regierung  unter  Anderm  auch  diess 
rügte,  dass  in  Tirol  ein  Deutschordens-Ritter  mehrere  Comen- 
den  inne  habe,  erwiederte  er:  er  habe  bloss  die  Bailei  an  der 
Etsch  und  die  Comende  Schlanders  inne,  von  der  Comende 
Sterzittgen  sei  er  bloss  Verwalter,  von  welcher  er  das  dem 
abgetretenen  Landcomturei-Statthalter,  Grafen  von  Spaur,  zuge- 
standene jährliche  Deputat  von  3000  fl.  bestreiten  müsse;  im 
Falle,   dass  diess  Deputat  aufhören   und  dadurch  die  Comende 


—    266    — 

Steiziog  eriedigt  würde,  werde  er  einen  andern  Denlsciiordew* 
Ritter  als  Comtur  dahin  setzen.  CStaUh.''Ar€kivO  —  Später, 
am  3«  Jfinner  1718  worde  Ferdinand  Graf  von  Artz  als  Gomtsr 
za  Sterzing  investirt;  derselbe  starb  Jedoch  schon  am  25.  Sep- 
tember 1726  zu  Revö  als  Comtur  zu  Sterzing,  k«  k«  Cfinmerer, 
Geheimrath  nnd  General  des  Chorfttrsten  von  Baiem.  —  Anstatt 
seiner  wurde  nach  Sterzing  im  Jahre  1728  Anton  Ingenahi  Graf 
von  Recordin  und  Neun  als  Comtnr  gesetzt,  der  die  Gomtvei 
bis  zu  seiner  Ernennung  als  Landcomtur  im  Jahre  1744  und 
noch  einige  Jahre  darnach  verwaltete,  bis  er  selbe  dem  Joseph 
Ignaz  Grafen  von  KOnigl  übergab,  und  als  dieser  gestorben, 
wurde  am  26.  November  1760  Johann  Bapt.  Freiherr  von  Ulm, 
bisheriger  Comtur  zu  Schlanders,  churRlrstlich  eölaischer  Cta- 
merer  und  Obrist-Lieutenant  des  Regiments  Prinz  von  Nassau 
als  Comtur  von  Sterzing  inveslirt. 

Als  jedoch  dieser  Freiherr  vom  Ulm  schon  3  Jahre  darauf 
zum  Landcomtur  befördert  wurde,  ernannte  er  im  Jahre  1763 
als  seinen  Nachfolger  in  der  Comturswürde  zu  Sterzing  den 
Johann  Theodor  Freiherm  von  Belderbusch,  welcher  dieselbe 
bis  zum  Jahre  1795  verwaltete,  obwohl  er  im  Jahre  1791 
zum  Coadjutor  des  Landcomturs  und  im  darauf  folgenden  all 
Landcomtur  ernannt  wurde.  —  In  seine  Verwahungszeit  der 
Comende  fällt  eine  wesentliche  Verfinderung  in  den  bisherigen 
Verhältnissen  derselben;  bereits  im  Jahre  1792  bat  die  Gemeinde 
um  Absonderung  der  Pfarrgeistlichkeit  von  dem  Comende-Hause. 
Im  folgenden  Jahre  1793  trat  wirklich  eine  Coromlssion  znsam* 
men,  um  diese  Angelegenheit  zu  ordnen;  selbe  beschloss,  es 
sollte  ausserhalb  der  Comende  ein  neuer  Widnm  erbaut  und 
den  Pfarrgeistlicben  aus  den  Einkünften  derselben  eine  ent- 
sprechende Congrua  an  Geld,  Wein,  Getreide  u,  s.  w.  ange- 
wiesen werden;  die  Verhandlungen  darüber  zogen  sich  aber  in 
die  Lange.  Indessen  wurde  der  abgesonderte  Widum  gebaut 
und  endlich  im  Jahre  1795  erfolgte  die  ordentliche  Ausschei- 
dung, doch  so,  dass  der  deutsche  Orden ,  welcher  aus  deo 
Renten    der   Comende    in   Sterzing   der   PfarrgeistUchkeU   ein 


—    M7    — 

bestimmtes  jfibriieiies  EiskommeD  sHsicherte,  noch  fortan  als 
parocbos  iiabhQalis  anerkannt  werden  solUe.  CT»nApA«mer  a.  a.  0. 
S,  64f9  und  CopHbueh  zu  Bterzk^g,')  —  Unter  diesen  Ver- 
hältnissen trat  im  Jahre  1795  Ignaz  Judas  ThadSus  Graf  von 
Brandls  als  Comtur  von  Sterling  ein  und  nach  dessen  im  Jahre 
1799  erfolgten  Erhebung  xnm  Landcomlur  der  erst  im  Jahre 
1799  eingekleidete  Adam  Freiherr  von  Homstein,  k.  k.  Haupt- 
mann und  churbairischer  CUmmerer  am  24.  April  1800,  weicher 
aber  nach  6  Jahren  auf  die  Comende  Schlanders  ttberselst 
wurde.  Statt  seiner  überkam  die  WOrde  eines  Comturs  zu 
Sterzing  am  4.  Hai  1806  der  erst  am  24.  April  1805  einge- 
tretene Johann  Graf  von  Artz  zu  y^isstgf^  —  der  letzte  vor 
der  Aufhebung  der  Bailei  an  der  Etsch  eingekleidete  Deutsch- 
Ordens-Ritter,  —  welcher  aber  bereits  am  24.  October  dieses 
Jahres  nach  dem  Ableben  des  Freiherrn  v«  Homstein  an  dessen 
Stelle  nach  Schlanders  übersetzt  wurde.  —  Bei  den  traurigen 
Verhältnissen  der  Deutschordens-Ballei  unter  der  indessen  ein- 
getretenen bairischen  Regierung  ward  kein  Comtur  mehr  ernannt. 
Venige  Jahre  darnach  hob  letztere  die  ganze  Comturei  auf  und 
zog  deren  Güter  und  Güten,  in  so  weit  selbe  in  ihrem  Gebiete 
lagen,  ein  und  überliess  selbe  endlich  gfinzlich  sammt  der  Pflege 
Reifenstein  dem  Fürsten  Alexander  von  Thum  und  Taxis  als 
Entschädigung  für  das  ihm  entzogene  Postregale;  nur  das 
Patronatsrecht  der  Pfarre  Sterzing  behielt  sie  für  sich ,  sowie 
das  Comende-Gebäude  nebst  Garten  behufs  der  Unterbringung 
des  Landgerichtes.  —  Da  nur  diess  Letzlere  und  etwas  Weniges 
im  Gebrete  des  ehemaligen  Königreichs  Illyrien  von  der  ehe- 
maligen Comende  Sterzing  unveräussert  geblieben,  so  Hess  der 
deutsche  Orden,  als  die  Balle!  an  der  Etsch  unter  der  wieder 
eingetretenen  österreichischen  Regierung  wieder  ins  Leben 
gerufen  wurde,  Sterzing  als  selbstständige  Comende  nicht  mehr 
Ins  Le1)en  treten,  sondern  vereinigte  die  wenigen  Ueberreste 
derselben  mit  der  Landcomende  zu  Bozen;  ernannte  jedoch  zur 
Erinnerung  an  die  ehemals  bestandene  Comende  Sterzing  — 
im  Jahre  1836  den  Philipp  Aaton  Grafen  von  Boos-Waldegg 


-    208    — 

aU  TUuiar^omlur  von  Slereing.  —  Die  ehemalige  Dettlsch* 
Ordens-Pfiirre  Stening  war  bereit«  durch  Hofcaamer-Decret 
vom  6.  Mfirz  1821  als  eine  landesfttrstliche  Patronals-Pfrilnde 
erklilrt  worden. 


Chronologische  Beihenfolge  der  Landcomture  der 
Bailei  an  der  Etsch. 


Aus  den  bisher  gelieferten  Urkunden-Regesten  Ifisst  sich 
nun  die  Reihenfolge  jener  Comture  und  Landcomture,  welche 
die  Deutschordens-Ballei  an  der  Etsch  von  Ihrem  Entstehen  bis 
auf  unsere  Zeiten  leiteten,  wenigstens  grösstentheils ,  in  ihrer 
chronologischen  Aufeinanderfolge  ermitteln.  —  Burglechner, 
Marx  Sittich  von  Wolkenstein,  ein  altes  Yerzeichniss  in  der 
Landcomende  Weggenstein  und  das  Tiroler-Ehrenkränzl  von 
F.  A.  V.  Brandis  lieferten  selbe  bis  auf  ihre  Zeit,  aber  alle, 
besonders  letzterer  mehr  oder  minder  in  Hinsicht  der  Namen 
und  der  Regierungsjahre  fehlerhaft  *). 

Fr«  Conrad,  Hospitalar  zu  Bozen  i.  J.  1202—1212. 

Fr.  Wemher,  Hospitalar  zu  Lengmoos  i.  J.  1227  u.  1234. 

Fr.  Fridrich,  Hospitalar  und  Provisor  des  deutschen  Hauses 

zu  Bozen  i.  J«  1234« 
Fr.  Fridrich,  erscheint  als  ConUur   bald  zu  Lengmoos  bald 

zu  Bozen  in  den  Jahren  1236.  1237.  1240«  1243.;  wir 


"*)  Wir  wollen  jedoch  hiedurch  nicht  behaupten,  dass  nicht  ein 
oder  der  andere  der  von  denselben  angegebenen  Landcomtore 
im  13.  und  14.  Jahrhunderte  die  Bailei  an  der  Etsch  geleitet 
haben  dürfte;  da  wir  aber  keine  urkundlichen  Beweise  für 
selbe  vorfanden,  so  wollten  wir  sie  in  der  Reihenfolge  der 
Landcomture  auch  nichl  aufführen.  • 


—    869    — 

halten  ihn  für  ein  ond  den  nämlichen  mit  dem  i.  J.  1334 
vorkommenden  Fr.  Fridrich  dem  Ifospitalar  und  Frovieor 
zo  Boxen. 

Fr Comtor  sn  Bozen  und  Lengmoos  i.  J.  i250. 

Fr.  Alohoch,  Comtur  zu  Bozen  und  Lengmoos  i.  J.  1257. 

Fr.  Hartwig,  Priester  und  Comtur  zu  Bozen  und  Lengmoos 
i.  J.  1260. 

Fr.  Heinrich  von  Telsenberg,  Comtur  zu  Bozen  und  Leng- 
moos i.  J.  1263. 

Fr.  Dietrich  von  Wibelchofen,  Camiur  der  BaiSei  %u  Bo%en 
i.  J.  1269  u.  1270. 

Fr.  (Conrad  von  Tetlinbach  i.  J.  1273)? 

Fr.  Wolfram  von  Adelmansvelde,  Comtur  der  Bailei  zu  Bozen 
i.  J.  1277—1280. 

Fr.  Cunrad  von  Tscheves,  Landeamtur  der  Bailei  zu  Bozen 
i.  J.  1283. 

Fr.  Gotfrid  i.  J.  1287. 

Fr.  Hartmann  von  Hälenstain  i.  J.  1297  u.  1299. 

Fr.  Cunrad  von  Schiverstät  (auch  von  GundoIBngen)  i.  J. 
1302—1306. 

Fr.  Leupold  von  Wemdingea  i.  J.  1309—1316. 

Fr.  Dietrich  von  Trier  i.  J.  1319—1325. 

Fr.  Gotfrid  von  Hflnberg  i.  J.  1332  u.  1333. 

Fr.  Albrecht,   Herzog  von  Braunsdiweig  i.  J.  1335—1341. 

Fr.  Hans  Nothhaft  i.  J.  1351—1356. 

Fr.  Egen,  Graf  von  Tübingen  i.  J.  1356—1365. 

Fr.  Leutoir  der  Hadte  i.  J.  1367—1371. 

Fr.  Wolf  von  Zttlleohart  i.  J.  1375—1378. 

Fr.  Ludwig  Waffler  i.  J.  1380. 

Fr.  Marquard  Zollner  von  Rottenstain  i.  J.  1385  u.  1386. 

Fr.  Peter  von  Räuti  i.  J.  1389  u.  1391. 

Fr.  Hans  von  Ryedern  i.  J.  1392  u.  1396. 

Fr.  Walrab  von  Seharfenberg  i.  J.  1398—1406. 

Fr.  Johann  Hochschlitz  i.  J.  1409. 

Fr,  Walrab  von  Seharfenberg  wieder  i.  J.  1412. 


—  wo  - 

Fr.  Cmmi  Seier  i.  J.  1415. 

Fr.  Fridrich  von  Wicherau  i.  h  1417^  fastorbcA  1420. 

Fr.  Georg  Eglinger  i.  J«  1420. 

Fr.  Gotfrid  Niderimuser  i.  J.  1421-1442. 

Fr.  Ludwig  von  Laiuisee  i.  J.  1443—1452. 

Fr.  Hans  Monaer,  i.  J.  1453  StaUbalter,  1456  Landcomiar. 

Fr.  Jodok  von  Hohenstain  i.  J.  1458. 

Fr.  Heinrich  von  Freiberg,    1461  Statthalter,   1463—1484 

Landcomtur. 
Fr.  Ludwig  von  Hflmhaim  i.  J.  1485. 
Fr.  Georg  Ramang,  der  Bailei  aofgedrangen,   i.  J.  1486 

und  1487. 
Fr.  Ladwlg  von  Httmhaim  i.  J.  1487—1494. 
Fr.  Wolfgang  von  Neuhauss  i.  J.  1495—1504. 
^r.  Heinrieh  von  Knöringen  i.  J.  1504,  gestorben  1534. 
Fr.  BartIme  von  Knöringen  i.  J.  1534,  gestorben  154i. 
Fr.  Engelhard  von  Ruest  i.  J.  1541,  gestorben  1560. 
Fr.  Lucas  Römer  von  Haretsch  u  J.  1560,  resignirt  1573. 
Fr.  Andre  Joseph  Freiherr  von  Spaor  i.  J.  1573,  gest.  1598. 
Fr.  Georg  Hör]  von  Mahlen  i.  J.  1598,  gestorben  1612. 
Fr.  Ulrich  Freiherr  von  Woikeosteln  i.  J.  1613,  gest.  16^6. 
Fr.  Johann  Gaudenz  Freiherr  von  Wolkenstein  i.  J.  1627, 

gestorben  1637. 
Fr.  Georg  Nicdaus  Vinder  von  Platsch,  Statthalter  1637, 

Landcomtur  1641,  gestorben  166i. 
Fr.  Johann  Jacob  Graf  ton  Thunn  i.  h  1662,  gest.  1701. 
Fr.  Georg  Fridrich  Graf  Von  Spaur ,  bloss  Statthalter  v.  J. 

1701—1709, 
Fr.  Johann    Heinrich   Freiherr   von  Kngenegg   L  J.    1709, 

gestorben  1743. 
Fr.  Anton  Ingenuin  Graf  von  Recordia  und  Neiui,  L  J.  1744, 

gestorben  1762. 
Fr.  Johann  Reichsfreiherr  von  Ulm  i.  J.  1763,  gest.  1792. 
Fr.  Johann  Theodor  Freiherr  von  Beldeibusch  i.  J.  1792, 

gestorben  1799. 


—    274    - 

Fr.  Igiiaz  Jodts  Thadäos  Graf  von  Brandis  i.  J.  1799, 
gestorben  1814.  —  Während  seiner  Verwallong  wurde 
die  Bailei  ao  der  Etsch  von  der  französischen  Regierung 
am  10.  October  1810  aufgehoben;  nach  deren  Wieder- 
herstellung unter  der  österreichischen  Regierung  wurde 
als  Landcomtur  ernannt: 

Joseph  Graf  von  Attems  i.  J.  1835. 


Dniekverbesseningeii  nod  Zus&tze. 


Seite  16 

.     18 


2G 

25 
29 
32 
32 
33 
27 
34 
39 
48 
50 


Zeile  23  slalt  Sinach  IV.  B.  lies:  Sinacher  IV.  B. 

^  17  nach  den  Bischöfen  als  Zeugen:  Otto,  Pfalzgraf  am 
Rhein  und  Herzog  von  Baiern;  die  Herzoge  Albert 
von  Sachsen  und  Bernhard  von  Kärnten;  Hermann 
Markgraf  von  Baden;  die  Grafen:  Hermann  von 
Orlamunde,  Poppo  von  Ilennenberch  Heinrich  von 
Sein  und  Hartmann  von  Dilingen;  Fridrich  von 
Trucheningen ,  Gotfrid  und  Cunrad  von  Hohenlohe 
ComitesRomaniolae,  Wolfhard  von  Crutbem.  (Statt- 
haUerei' Archiv.}   einzuschalten. 

rt  12  statt  Euphemia  lies :  Euphemia  (eine  geborene  von 
Hünenberg.) 

«    22 

r>     15 

«    12 

«    20 

r.      2 

n      6  Statt  Oheim  lies:  Grossvater 

„    28    „      Tyrol     „       Tyral 

9    33  ist  das  erste  Septuacesimo  zu  streichen. 

y,    26  statt  Uebelin  lies:  Aebelin 

n  24  Am  23.  März  1303  im  deutschen  Hause  am  Eisak- 
Flusse  übergeben  6  Abgeordnete  des  Thaies  Martell 
dem  Landcomtur  Cunrad  von  Schiverstat  45  H.  ß. 
und  dazu  einen  jahrlichen  Zins  von  10  Mutt  Roggen ; 
dafür  verspricht  der  Landcomtur,  dass  statt  früher 
nur  jeden  dritten  Sonntag  von  nun  an  an  jedem 


statt  Civilavecchia  lies:  Orvieto 


1 


110    r, 

27 

124    , 

4 

159    „ 

24 

167    „ 

9 

-    272    — 

SonnUfe  eine  beil.  Messe  in  der  SL  Wdbnrgia- 
Capelle  in  Marlell  von  dem  deutschen  Usnse  %a 
Schlanders  aus  besorg  werden  solle.  Lassl  selbes 
an  Erfüllung  dieser  Pflicht  es  ermangeln,  so  ist  die 
Gemeinde  Harteli  befugt  auf  die  Güten  der  dem- 
selben gehörigen  zwei  Höfe  Mitterbof  und  Glaneck 
KU  Walde  in  der  Pfarre  Schlanders  Beschlag  su  leg«n 
u.  s.  w.  Dabei  waren  gegenwärtig:  Fr.  Heinrich 
von  Werde  und  Fr.  Cunrad  von  Aichach  die  lYie- 
ster,  und  die  LaienbrQder  Cunrad  von  Vleimes  ottd 
Ulrich  von  München!  (ürk.  im  Widum  MarieU.) 
Seite  109  Zeile  28  statt  Beeinrachtigungen  lies:  Beeinträchtigungen 
^     1436  „     1468 

r,     1415  „      1515 

„     Regieruzg  ^     Regierung 

Dass  die  Deutschordens-Comende  Trient  noch  in 
der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  Besitzungen 
im  Nonsberge  halte,  erhellt  aus  einem  Rescripte 
der  Regierung  vom  3.  Juli  1634  an  Dominicas 
Vigil  und  Franz  Prosper^  Freiherrn  von  Spanr: 
obschon  auf  Anlangen  des  Landcomturs  Johann 
Gaudenz  Grafen  von  Wolkenstein  mehrere  Befehle 
an  sie  ergangen,  dass  sie  als  Inhaber  des  Gerichts 
Flavon  unter  Strafe  von  200  Thalem  auf  des 
deutschen  Ordens  Behausung  und  GQtem  bei  Sanct 
Maria  Magdalena  ob  Denno  im  Nonsberge  keinen 
Act  der  Gerichtsbarkeit  sich  anmessen  sollten,  so 
hätten  sie  dessen  ungeacht  wieder  am  lelztver- 
flossenen  Maria  Magdalena-Tage  es  sich  herans- 
genommen,  nahe  bei  besagter  Kirche  auf  des 
deutschen  Ordens  Grand  und  Boden  durch  ihre 
Beamten  den  Kirchtag  zu  berufen  und  dadurch  die 
Ordensprivilegien  zu  verletzen.  Desswegen  seien 
sie  in  obige  Strafe  verfallen,  und  die  Regiemng 
schärft  ihnen  aufs  neue  ein,  den  fruhern  Befehlen 
genau  nachzukommen.  C^auh.'Arekiv.J 
181  ,,  34  statt  Pfarrer  in  Martel  lies:  Curat  in  Marlell, 
194    „      21    „     gehörig  „      gehörig 

226    „      33    „     deutsb  „      deutsch 

256    n      21    n     Dentschordens         ^      Deutschordens 


ZEITSCHRIFT 


,}.-s 


Tirol  uud  VonirUjcrg. 


:«Li(»ii 


•     Verwaltiiiigi.Ausai;hue«fe  dessclbei 


U  rille  Fulge. 


y  1  f.  [■■ 


Leben  und  Heldentod 


des 


Grafen  Ludwig  von  Lodron, 


k.  k.  FeldhaHptmanns. 


Zugleich  ein  Bild  aus  den  Kriegszeiten  der  ersten  Hälfte 
des  sechzehnten  Jahrhunderts 


Alois  Moriggl, 

FrObnieMer  xu  ZIrl ,  Mitglied  des  FcrdinaDdeoiiw. 


—^%M^-- 


INNSBRUCK. 
Druck  der  Wagner 'sehen  Bacbdnckerei. 

1863. 


-r 


^f 


THENEWYORK 

PUBLIC  LIBRARY 

A9TOR,  LeNOx'*>WD 
TILDEN    F0UNDATI0N8. 

1897. 


Vorrede. 


ESner  dei*  grössten  Krie^shelden  aas  dem  sech- 
2elinten  Jahrbundert,  der  dem  Land^  Tirol  zur  beson- 
dem  Ehre  und  dem  hochgräflichen  Hatise  der  Lodrone 
zum  grössten  Ruhme  gereicht^  ist  unstreitig  Graf 
Ludwig  von  Lodron. 

Dieser  tapfere  Feldhaupfmann  hat  zwar  bisher 
viele  Sänger^  aber  noch  lieinen  Biographen  gefunden. 
Wie  oft  ist  schon  sein  Heldentod  bei  Essek  besungen 
worden!  Das  ist  aber  auch  Alles ^  was  die  Meisten 
yon  ihm  wissen;  die  übrigen  Thaten  des  wackern 
Kriegers  sind  nie  noch  veröflTentlicht  worden.  Sein 
Heldentod  bei  Essek  war  es  nun^  der  mich  für  den 
Gedanken  begeisterte^  in  der  Geschichte  fleissig  nach- 
zuforschen, ob  selbe  vielleicht  noch  Mehreres  vom 
Grafen  Ludwig  von  Lodron  zu  erzählen  weiss, 
um  gunstigen  Falls  im  Stande  zu  sein,  eine  erschö- 
pfende Biographie  desselben  zusammenzuschreiben. 

Ein  Sprüchwort  sagt:  Wer  sucht,  der  findet; 
dieses  hat  sich  auch  im  vorliegenden  Falle  trejflich 
bewährt.  Ich  stellte  nämlich  über  das  Leben  und 
Wirken  des  edlen  Gt'afen  in  der  Geschichte  Nach- 
forschungen an,  und  habe  auch  wirklich  in  derselben 
zu  meiner  eben  so  grossen  Ueberraschung  als  Freude 
mehr  gefunden,  als  ich  zu  hoffen  gewagt  hätte. 


-    IV    - 

Die  Thfitigkeit  des  Grafen  Ludwig  erstreckte  sich 
von  Trient  bis  Marseille«)  von  Marseille  bis  Rom  und 
von  Rom  bis  Essek ;  wir  werden  sehen,  wie  wacker 
er  sich  in  Südtirol,  im  südlichen  Frankreich,  in  Ober- 
italien, im  Kirchenstaate,  in  Unterösterreich  und  in 
Slavonien  bei  Gelegenheit  der  fortwährenden  Kriege, 
welche  in  der  ersten  Hälfte  des  sechzehnten  Jahr- 
hunderts geführt  wm*den  sind,  gehalten  hat  Graf 
Ludwig  lebte  in  einer  sehr  bewegten  Zeit! 

Im  Verlaufe  der  Lebensgeschichte  unsers  Helden 
werden  wir  aber  auch  ^  auf  eine  Menge  von  Feld- 
hauptleuten  stossen,  die  an  seiner  Seite  thätig  waren 
und  dem  Lande  Tirol  zur  besondem  Ehre  gereichen, 
als  da  sind :  Ritter  Georg  von  Freundsberg  und  dessen 
beide  Söhne  Kaspar  und  Melchior,  dann  die  fünf 
ebenbürtigen  Vettern  des  Grafen  Ludwig,  nämlich: 
Johann  Baptist  von  Lodron,  der  Held  von  Aiessandria, 
Anton  von  Lodron,  k.  k.  „Feldtmarschalk%  Sigismund, 
Hieron^mus  und  Paris  von  Lodron,  k.  k.  Kriegsoberste; 
ferners  die  Hauptleute:  Conradin  Spergser  (Spergsj 
von  Glurns,  der  Held  von  Cremona,  Claus  Seid«- 
sticker  von  Innsbruck,  ein  aller  Haudegen,  zugleich 
Profoss  in  der  Armee,  Ritter  Veit  von  Wähingen, 
Inhaber  der  Pfandherrschaft  Laudeck,  Urban  Linsing 
von  Landeck,  Georg  Sfrele  von  Imst,  Ulrich  von 
Witlenbach,  Hauptmann  von  Sehen,  Hanns  Schmid 
von  Meran  u.  A.  m. 

Das  Amt  eines  Hauptmanns,  eines  Feldobersten, 
eines  Feldherrn  u.  s.  w.  in  den  damaligen  Zeiten 
übernehmen  und  verwalten  —  in  den  Zeiten  der 
Söldner  —  war  wohl  eine  sehr  schwierige  Sache. 
Wie  schwer  war  bei  rohen  Söldlingen  eine  Manns- 
zucht einzuhalten!  Um  so  mehr  gereicht  es  einem 
Grafen  Ludwig  von  Lodron,  einem  Georg  von 


-    V    - 

Freunds bergr  sor  Vhre^  wenn  wir  von  ihnen  lesen^ 
dass  sie  unter  ihren  Leuten  die  strengste  Mannssucht 
emgehalten  hätten.  Wie  oft  sehwebten  die  Haupt- 
leote  in  Gefahr^  von  ihren  eigenen  Leuten  ermordet^ 
blntig  geschlagen  oder  sonst  arg  misshandelt  zu  wer- 
den; Beispiele  dieser  Art  werden  wir  im  Verlaufe 
vorliegender  Biographie  in  Menge  finden;  dieselbe 
soll  demnach  nnter  Einem  auch  ein  treues  Bild  liefern 
aus  den  Kriegszeiten  der  ersten  Hälfte  des  sech- 
zehnten Jahrhunderts. 

Schliesslich  lasse  ich  eine  Angabe  der  vorzüg- 
lichsten Quellen  folgen,  aus  welchen  ich  geschöpft 
habe;  diese  sind: 

1.  Reissner  Adam,  Historie  des  Herrn  Georgen 
und  Herrn  Kaspar  von  Frundsberg.     1569. 

2.  Lodronii  Leonis  vetustatis  ac  virtutis  inclitae 
Bonamenta.    Brixiae  1683. 

3.  Oesterreichs  Helden  und  Heerführer  von  Maxi- 
miKan  an  bis  auf  die  neueste  Zeit^  von  Schweigerd. 

4.  Geschichte  der  Landeshauptleute  in  Tirol,  von 
Jakob  Andrd  Freiherm  von  Brandis. 

5.  Geschichte  Europa's  seit  dem  Ende  des  fünf- 
zehnten Jahrhunderts,  von  Friedrich  v.  Raumer. 

6.  Geschichte  des  Kaiserstaates  Oesterreich,  von 
Johann  Grafen  von  Mailath. 

7.  Die  Genealogie  vom  Herrn  v.  Mayrhofen. 

8.  Beiträge  zur  deutschen  Sittengeschichte  des 
Mittelalters  aus  ächten  Urkunden  des  berühmten  Ar- 
chives  zu  Ambras  in  Tirol,  von  FraAz  Gassler,  Archivar 
(Hauptquelle). 

9.  Doctor  Wilhelm  Robertson's  Geschichte  der 
Regierung  Karls  V. 

10.  Franz  l,  König  von  Frankreich,  von  Gaillard. 


-    VI    - 

li.  Der  Konnetable  Karl  von  BouHbon^  von  Ft^i- 
herrn  von  Schwartzenan. 

12.  Leben  und  Thaten  des  Sebastian  Scherilin  zu 
Bnrtenbach^  durch  ihn  selbst  deutsch  beschrieben. 

13.  Kirchmayr's  Chronik. 

14.  B.  Platinae  Cremoniensis  de  vita  et  moribus 
summorum  Pontificum.     Cremonae  1529. 

15.  Allgemeine  EncyMopädie  der  Wissenschaften 
und  Künste^  von  Ersch  und  Gruber. 

16.  Annali  del  Principato  ecdesiastico  di  Trento 
dal  1022  al  1540  compilati  sui  documenli  da  Fran- 
cesco Feh'ce  degli  Alberti  vescovo  e  Principe,  rein- 
tegrati  e  annotati  da  Tommaso  Gar.     Trento  1860. 

17.  Der  ^Bauerrfrebell  im  Nons-  und  Sulzberg 
Anno  1525^  —  Manuscript  —  gütigst  mitgetheilt 
durch  den  Hochwürdigen  P.  Justinian  Ladurner  0.  S.  F. 


-  vu 


Inhalts-VerzeichnisSt 


Seite 
I.   Abschnitt. 
Das  Geschlecht  der  Lodrone;  Abstammung  und  Geburt  des  Grafen 
Ludwig  vo'n  Lodron;  seine  erste  Wa ff enthat  im  Kriege 
gegen  die  Republik  Venedig 1 

IL  Ab  schnitt. 
Kaiser  Karl  V.  und  Franz  I.,  König  von  Frankreich  y  Kar!  Herzog 
von  ßourbon ;  Bonnivet's  missglückter  Feldzug  nach  Italien : 
Treffen  bei  Romagnano  und  Tod  des  Ritters  ßayard;  Bour- 
bon''s  Zug  über  die  Alpen  nach  Frankreich;  Theilnahme  der 
GraFenLudwig  und  Johann  Baptist  von  Lodron  an 
der  Belagerun?  von  Marseille;  Rückzug  des  kaiserlicheu 
Heeres  nach  Mailand 6 

III.  Abschnitt. 

Franz  L,  König  von  Prankreich,  in  Mailand;  Belagerung  der 
Stadt  Pavia;  GrafLudwig  von  Lodron  und  Johann 
Baptist  von  Lodron  in  Pavia;  Zorückschlagung  der 
angelegten  dreizehn  Stürme;  Noth  iu  der  belagerten 
Stadt;  Ausfälle;  Zug  des  Ritters  Georg  von  Freunds- 
berg  nach  Italien  zur  Entsetzung  von  Pavia;  Papst  Kle- 
mens  VH.  und  dessen  Politik;  papstliche  Legaten  im  fran- 
zösischen und  im  kaiserlidien  Lager,  sowie  auch  in  der 
belagerten  Stadt;  Beschluss  der  kaiserlichen  Heerführer, 
den  König  Franz  anzugreifen;  Preundsbergs  Anrede; 
Aufbruch  des  kaiserlichen  Heeres;  Schlacht  bei  Pavia  am 
24.  Februar  1525 .37 

IV.  Abschnitt. 

Unruhen  in  Tirol:  Peter  Passler  und  Michael  Gaissmayr:  An- 
kauft des  Grafen  Ludwig  in  Trient;  Abreise  desselben 
nach  Italien;  Belagerung  der  Stadt  Trient  durch  die  Re- 
beilen; Vertreibung  derselben  durch  den  Grafen  Ludwig 
von  Lodron;  Thatigkeit  desselben  in  JLevico,  Spor  and 
a«l  4m  li^nsberg 83 


-    VfIT    - 

Seite 

V.  Abschnitt. 

Abschluss  des  Vertrages  von  Madrid  am  14.  Jfinner  1526;  König 
Franz  I.  in  Freiheit;  Wortbruchigkeil  dieses  Monarchen; 
die  Ligue  von  Cognac;  Verhandlungen  zwischen  Riemens  Vü. 
und  Karl  V.;  Ereignisse  in  Mailand  von  der  Schlacht  bei 
Pavia  bis  zum  Ausbruch  des  neuen  Krieges;  Morone  nnd 
Peskara ;  Herzog  Franz  Sforza  im  Schlosse  zu  Mailand  be- 
lagert; Peskara*s  Tod;  Alphons  Markgraf  von  Gnasta,  An- 
tonio de  Leyva,  Johann  Baptist  von  Lodron  und 
Ritter  Kaspar  von  Freundsberg  in  Mailand;  Aufruhr 
der  Bürger;  Fehdebrief  des  Papstes  an  Karl  V.;  des  Kaisers 
Antwort  nnd  Schreiben  an  die  Kardinäle;  der  Landtag  in 
Innsbruck 127 

VI.  Abschnitt. 

Ausbruch  des  Krieges;  Wegnahme  von  Lodi  durch  die  Vene- 
tianer;  Vereinigung  des  verbündeten  Heeres  und  vergeb- 
liche Anstrengung  desselben,  Mailand  zu  nehmen;. Bour- 
bons  Schicksal  in  Spanien  und  Ankunft  in  Mailand;  die 
Deputation  der  unglücklichen  Stadt  bei  Bonrbon;  beiden- 
müthige  Vertheidigung  der  SMi  Cremona  durch  den  Haupt- 
mann Conradin  Spergser  von  Gliirns;  die  n^re- 
moneser  Knechte";  das  verbündete  Heer  zum  dritten  Male 
vor  Mailand ;  Ankunft  französischer  Hülfstruppen  im  Lager 
der  Verbündeten;  kritische  Lage  der  kaiserlichen  Heer- 
fnhrer  und  ihre  Zuflucht  zu  Georg  von  Freundsberg  .    146 

VII.  Abschnitt. 
Frenndsbergs  Werbung  von  Landsknechten  für  den  bean- 
tragten Zug  nach  Italien ;  Aufzahlung  und  Aufstellung  der 
Hauplleute;  Abmarsch  des  Heeres  von  Trient;  Zug  des- 
selben über  die  Gebirge  unter  der  Führung  des  Grafen 
Anton  V.  Lodron  und  durch  das  Herzogthum  Mantua; 
Ankunft  des  Grafen  Ludwig  von  Lodron  im  Borgo- 
forte;  die  dem  kaiserlichen  Heere  gelegte  Schlinge  des 
Markgrafen  von  Mantua;  Abweisung  aller  von  den  Ver- 
bündeten unternommenen  Angriffe;  tödtliche  Verwundung 
des  feindlichen  Anfuhrers  Johann  von  Medicis  durch  Georg 
vonFrenndsberg;  Bericht  dessselben  an  die  Regierung 
zu  Innsbruck;  Uebersetzung  des  Po;  Stillstand  in  den 
Operationen;  Ulrich  Wittenbachs  Schreiben  nach 
Innsbruck;  Bonrbons  Verlegenheit  in  Mailand;  der  Kanzler 
Morone;  Frenndsbergs  Vereinigung  mit  Bourbon        .    157 

VIII.  Abschnitt. 

Marsch  des  kaiserlichen  Heeres  nach  Rom;  Ausbruch  eines 
furchtbaren  Anfrohres  in  demselben;  Abseiidang  des  Grafen 


-    IX    - 

Säte 
Ludwig  ?on  LodroD  an  den  Hersoff  von  Ferrara  am 
Geld;  Freondsberfs  Anrede  an  die  Soldaten;  der 
Held  wird  vom  Schlage  getroffen }  Abmarsch  des  Heereir 
von  St.  Giovann;.  Tod  des  Grafen  Anton  von  Lodrön;' 
Lannoy  bei  Bourbon  in  Santa  Via;  Zug  des  Heeres  Aber 
die  Apenninen;  Ankunft  desselben  vor  Rom;  getroffene' 
Anstalten  zur  Vertheidignng  Roms;  Bonrbons  getrolfeilfe 
Dispositionen  rar  Erstflrmong  der  Stadt  .179 

IX.  Abschnitt. 

Der  Vatikan;  der  Storm  auf  den  ßorgo;  Angriff  der  Spanier;' 
Bourbons  Tod;  Erstttrmun|^  des  Thores  Sancti  Spiritus* 
durch  Ludwig  Grafen  von  Lodron;  Flacht  des 
Papstes  in  die  Engelsburg;  Anlauf  des  tapfern  Conradinf 
von  Glurds  mit  seinen  Cremoneser  Knechten;  Ankunft 
kaiserlicher  Hfilfstruppen  aus  Neapel ;  firstfirmung  der  Vor- 
stadt Trastevere;  Einnahme  der  ganzen  Stadt;  Greuel  der 
Verwüstung  in  Rom 192 

X.  Abschnitt. 

Aufenthalt  des  kaiserlichen  Heeres  in  Rom;  Erwahinng  des 
Prinzen  Philibert  von  Uranien  zum  Oberbefehlshaber;  An- 
kunft des  Kardinals  Pompejus  Colonna  in  Rom;  Verwer- 
fung der  päpstlichen  Vorschläge  durch  die  Landsknechte; 
Entwaflhung  der  Stadt;  Annäherung  des  verbfindeten  Heers; 
schneller  Rückzug  desselben ;  Gaissmayr  als  Hanpimann 
im  verbikndetea  Heere;  Verwundung  des  Prinzen  von 
Oranien ;  Ankunft  des  Vice-Königs  Lannoy  mit  einer  be- 
deutenden Truppemnacht;  Sterblichkeit  in  Rom;  Tod  vieler 
deutschen  Hauptleute,  des  Claus  Seiden  stick  er  von 
Innsbruck;  des  Ritters  Melchior  von  Freundsberg 
u.  A.;  Abschluss  eines  Vertrages  mit  dem  kaiserlichen 
Heere  am  5.  Juni;  Unterzeichnung  dieses  Vertrages  durch 
Ludwig  Grafen  von  Lodron;  Weigerung  der  kaiser-' 
lieben  Soldaten,  denselben  anzunehmen ;  blutige  Schlagerei 
zwischen  Deutschen  und  Spaniern;  Verwundung  des  Con- 
radin von  Glurns;  Uebergabe  der  Engelsburg;  Flucht' 
des  Prinzen  von  Oranien  und  des  Konrad  von  Bemmelberg  '^ 
aus  Rom;  Abseodung  des  Grafen  Ludwig  von  Lodron 
als  Kommissär  zur  Uebernahme  der  fünf  vom  Papste  ver- 
pfändeten Städte 209 

XL  Abschnitt. 

Ausserordentlidie  Tbätigkeit  derLigne  zur  Befreiung  des  Papstes; 
Rudolph  Häl,  der  ehemalige  Locotenent  Freundsbergs,  mit 
deotscben  Landsknechten  im  Dienste  der  Ligue ;  die  Vene- 


^  I 


-    X    - 

Seite 
tianer  die  ersten  im  Felde;  Leyva^s  Schreiben  an  die 
ytHerren  zu  loDsbruck"^;  Schlacht  bei  Carrara;  Zu^  des 
fransösisclien  Marschalls  Laatrec  über  die  AJpen:  Weg- 
nahme der  Stadt  Genua;  tapfere  Vertbeidiguug  von  Bosco 
dqrcb  Ludwig  Grafen  von  Lodron;  Graf  Ludwig 
in  feindlicher  Gefangenschaft;  heldenmnthige  Yertbeidigung 
von  Alessandria  durch  Johann  Baptist  von  Lodron; 
Kapitulation  der  Sladt;  Eroberung  der  Stadt  Pavia  durch 
Lautrec;  sein  beabsichtigter  Zug  nach  Rom;  Einnahme  von 
Abbiate  grasso  durch  Antonio  de  Leyva  und  Kaspar 
von  Freuttdsberg;  Leyva's  zweites  Schreiben  an  die 
Herren  zu  Innsbruck;  Abschluss  eines  Bündnisses  zwischen 
der  Ligue,  dem  Herzoge  von  Ferrara  und  dem  Markgrafen 
von  Mantua;  Lautrec  in  Bologna 226 

XII.  Abschnitt. 
Abzug  des  Heeres  von  Rom;  neuer  Aufruhr;  Bemmelbergs 
Anrede;  Erstürmung  und  Verv^'üstung  der  Stadt  Narni; 
mehr  ein  Aufruhr;  Conradins  und  seiner  Kollegen  Be- 
richt an  das  kaiserliche  Heer;  Erwählung  eines  Ausschusses; 
Aufbruch  des  Heeres  nach  Todi;  Ankunft  des  Markgrafen 
von  Guasta  im  Lager;  Musterung  des  Heeres;  Rückreise 
des  Veit  von  Wä hingen  nach  Tirol;  Rückkehr  des 
Heeres  nach  Rom;  Ankunft  zweier  Abgeordneten  des  Kai- 
sers in  Rom;  Abschluss  eines  Vertrages  zwischen  Papst 
und  Kaiser  I,  dann  zwischen  dem  Papste  und  dem  kaiser- 
lichen Heere;  Annahme  des  Vertrages  von  Seite  der 
Knechte;  neue  Täuschung  und  neuer  Aufruhr;  Conradin 
von  Glurns  und  andere  Uauptleute  blutig  geschlagen; 
Flucht  aller  Hauptleute;  Rettung  der  Bürgen;  Abschluss 
einer  neuen  Konvention;  Freilassung  des  Papstes;  mehr 
eine  Tauschung ;  neue  Verwüstung  der  Stadt  Rom ;  Befrie- 
digung der  Knechte;  Abzug  derselben  nach  Neapel  am 
17.  Februar  1528 2U 

XIII.  Abschnitt. 
Lautrec's  Zug  nach  Neapel;  Ankunft  des  kaiserlicheu  Heeres 
vor  Troja ;  vori;^efalIene  Scharmützel ;  Rückzug  der  Kaiser- 
lichen nach  Neapel;  Aufbruch  der  Frauzoseu  von  Troja; 
Malfi  von  ihnen  erobert;  Lautrec's  Ankunft  vor  Neapel; 
merkwürdige  Belagerung  dieser  Stadt;  Seeschlacht  bei 
Salerno;  Tod  des  Vice-Königs  Hugo  Moncada  und  des 
tapfern  Hauptmanns  Conradin  Spergser  v.  Glurns; 
Ausbruch  der  Pest  im  französischen  Lager;  Lautrec's  Tod ; 
trauriges  Sclücksal  des  Rudolph  Häl  und  seiner  Genossen; 
Philibert  Prinz  von  Oranen  Vice- König  von  I^eapel;  seine     - 


-    XI    - 

Seite 
StreDf  e  gegen  die  MeiDeidigen ;  Belohnung  der  Führer  des 
knserlichen  Heeres;  Andreas  Doria;  Zug  des  Herzogs 
Heinrich  von  Braonschweig  nach  Italien ;  Abreise  des  kran- 
ken Georg  Ton  Freunds b er g  von  Ferrara;  Zusammen- 
kunft desselben  mit  seinem  Sohne  Kaspar;  Vergebliche 
Belagerung  der  Stadt  Lodi;  Heinrichs  Zug  total  missglückt; 
Tod  des  Ritters  Georg  von  Freundsberg  .    262 

XIV.  Abschnitt. 

Letztes  Lebenszeichen  der  sogenannten  ^heiligen  Ligne^;  Frie- 
denssehluss  zwischen  Papst  und  Kaiser  am  29.  Juni  1529; 
Friedensschluss  von  Cambray  zwischen  Kaiser  Karl  und 
König  Franz;  Graf  Ludwig  v.  Lodron  aus  der  Kriegs- 
gefangenschaft entlassen ;  Reise  Kaiser  Karls  nach  Bologna ; 
der  Friede  mit  Venedig  und  Franz  Sforza;  Belagerung  der 
Stadt  Florenz ;  Reise  des  Kaisers  durch  Tirol  nach  Deutsch- 
land; sein  Zusammentreffen  mit  Ferdinand  L  bei  Gries  im 
Wippthale;  Graf  Ludwig  von  Lodron,  Kommandant 
der  deutschen  Landsknechte  im  Belagerungshcere;  Tod  des 
Prinzen  Pbilibert  von  Oranien;  Kapitulation  der 
Stadt  Florenz;  Graf  Ludwig  kehrt  mit  dem  Ueberreste 
der  Landsknechte  nach  Hause  zurück  ....    286 

XV.  Abschnitt. 

Graf  Ludwig  von  Lodron  im  Türkenkriege;  Sultan  So- 
fiman  IL  pnd  sein  Günstling  Ibrahim  Pascha;  Eroberung 
von  Belgrad  durch  Soliman;  Schlacht  bei  Mohacz;  Bela- 
gerung der  Stadt  Wien  Anno  1529  und  der  Stadt  Güns  im 
Jahre  1532 ;  GrafLudwig  im  Kampfe  mit  Kazum  Pascha ; 
Ferdinand  I.  und  seine  Gemahlin  Anna  in  Trient;  Vermäh- 
lung des  Grafen  Ludwig  von  Lodron  mit  Ursula  von 
des  wahrend  der  Anwesenheit  beider  Majestäten  in  Trient    307 

XVI.  Abschnitt. 

Tod  des  Herzogs  Franz  Sforza;  Anspräche  des  Königs  Franz 
wegen  Mailand;  Karls  Erklärung  vor  dem  Papst  wegen 
Mailand;  Ausbruch  eines  neuen  Krieges  zwischen  Karl  und 
Franz;  Karls  fruchtloser  Zug  nach  Frankreich;  Tod  des 
wackern  Antonio  de  Leyva  und  des  tapfem  Ritters 
Kaspar  von  Freundsberg 316 

XVII.   Abschnitt. 

Ludwig  Graf  von  Lodron,  Anführer  der  Tiroler  im  Feld- 
luge   nach    Slavonien;   sein   Durchmarsch   durch  Brixen; 


-    XII    ~ 

Seite 
Hanns  Katsianer,  OberbefeUshaber  das  kaiserlioben  Heeres) 
Aufbrach  und  Harsch  desselben  nach  Valpe ;  AnstallBa  dar 
Türken  zum  Empfang  der  Kaiserlichen;  ihre  AnkunA  bek 
Essek;  Gefechte  bei  Essek;  Manch  des  Heeres  weiKer- 
ge^en  Süden;  ErsUirmung  von  firdöd;  Uebersetauft^  der 
Voka;  Rückzug  nsch  Yalpö;  Lndwig  Grsf  v.  Lodron« 
Führer  der  Avantgarde;  Fluehl  mehrerer  Hauptieate  nndr 
des  Hanns  Katzianer ;  GrafLudwig^  zum  Oberbefehls- 
haber envählt;  seine  Anrede  an  die  Trnppefl ;  Beginn  eines 
Kampfes  aaf  Leben  und  Tod ;  GrafLudwigs  Fall  und 
Tod;  sein  Monument  in  der  Heiligkreuz-Kirche  zu  Trient.    325 


L  Abschnitt. 


Das  Geschlecht  der  Lodrone;  Abstammmig  nnd  (Gebort  des  Grafen 
Ludwig  von  Lodron;  seine  erste  Wsffenthat  im  Kriege  gegen 
die  Republik  Venedig. 


1.  Eines  der  Ältesten  hochadeligen  Geschlechter  Tirols  ist 
unstreitig  jenes  der  Grafen  von  Lodron.  Eine  Torliegende, 
im  Jahre  1683  zu  Brescia  in  Drack  erschienene  Geschichte  des 
in  Rede  stehenden  Geschlechtes  leitet  den  Drspmng  desselben 
von  der  uralten,  römischen  Familie  der  Lateranornm  ab.  Solche 
Lalerani,  welche  die  höchsten  Würden  im  römischen  Staate  be- 
Ueideten,  werden  mehrere  namentlich  aufgeführt.  Auf  dem 
Platie,  wo  jetzt  die  weltberühmte  Basilica  Lateranensis  steht, 
die  Hotlerkirche  Urbis  et  Orbis,  sollen  die  Lateran!  ihren  Palast 
gehabt  haben;  der  Letzte  idieses  Geschlechtes  in  Rom  war 
Seztilins  Lateranns,  von  weldiem  Kaiser  Constantin  die  Güter 
erhalten,  und  dann  auf  dem  Platze,  wo  die  Wohnung  dieser 
Familie  stand,  die  erwähnte  Basilica  erbaut  hatte. 

Als  Kaiser  Nero  das  Haupt  dieser  Familie,  den  Plautins 
Lateranas^  hatte  tödten  lassen,  sollen  zwei  Söhne  des  Ermor- 
deten Namens  Paris  und  Emilius  Rom  verlassen,  und  sich  Im 
Gebiete  des  heutigen  Brescia,  hart  an  der  Grflnze  Tirols,  nieder- 
gelassen haben.  Der  Name  ^Lateran^  wurde  im  Verlaufe  der 
Zeil  in  Lodron  umgewandelt.   Ein  lateinischer  Dichter  hat  schon 

1 


-    2    — 

vor  Jahrhunderten  das  Geschlecht  der  Lodrone  folgender  Massen 
besungen  : 

Sunt,  qui  clara  suae  jactant  insignia  gentis, 
Ut  captent  Titalis  nomina  magna  suis. 

Oui  jussi  Auctores  generis^  primosque  eiere, 

Nil  ab  Avo  aut  Atavo,  quod  memoretur^  habent. 

Ast  Lateranenses,  quis  non  miretur  et  ornel, 
Queis  aeterna  velus  stemata  Roma  dedit! 

Hag  es  aber  mit  der  Abstammung  des  gräflich  Lodron'scheo 
Geschlechtes  von  der  vornehmen  römischen  Familie  der  Late- 
ranorum  was  immer  für  eine  Bewandtniss  haben,  so  viel  steht 
fest,  dass  dieses  hochadelige  Geschlecht  schon  vor  fünf  Jahr- 
hunderten—  nämlich  um  das  Jahr  1300  —  in  voller  Blilthe 
stand,  wie  dieses  eine  Grabschrift,  die  im  Kloster  S.  Francis« 
Fratrum  Conventualium  in  Brescia  zu  lesen  ist,  hinlänglich 
darthut : 

Hac  celebres  probitate  Vhi  conduntur  in  nma 

Lodroni  Gomites,  alto  de  Sanguine  creti. 

MCCC. 

2.  Aus  dem  Gebiete  von  Brescia  Übersiedelte  die  Familie 
nach  Tirol,  wo  sie  sich  hart  an  der  Gränze  in  der  Nähe  des 
Sees  von  Idrio  niederÜess.  Aus  dem  Geschlechte  der  Lodrone 
sind  im  Verlaufe  der  Zeit  viele  Männer  hervorgegangen,  die 
sich  durch  Tapferkeit  im  Kriege  und  durch  andere  edleThaten 
hervorgethan  haben;  alle  hat  aber  ilbertroffen:  (Braf  Lud- 
wig von  Lodron  der  hoch  gefeierte  und  vielbesun- 
gene Held  von  Essek. 

Nachstehender  Stammbaum  soll  uns  die  Abstammung  un- 
sers  Helden  darstellen: 


blühle  uji 


frlaffen  ivurär.  f?rmÄMt 


ranz  l; 


L 


(irafen  von  Lud 


i^ucfie  vernuüA 


ron , 


'  im  Jalur  U82  nUt  m,er 


ikolaus.      Par 


JS 


ffi<-  fiiit       n 

Chilianhus     ti{ 

Caroliv;     4 


•  •      Julian.        i\n 


na. 


nmit/t/i/f  r/t// 


ffeoi 


*n^  tMm 


frnuids6r4 


'^ 


Daniel. 

Monr/t . 


—    3    — 

Der  Vater  unsers  Helden,  Paris  Graf  von  Lodron,  war 
Gubernator  von  Bergamo,  welches  damals  der  Repbulik  Venedig 
gehörte;  als  solcher  aber  von  den  Venetianem  aus  unbekannter 
Ursache  ins  Exil  geschickt,  nahm  er  unter  Kaiser  Maximilian 
Kriegsdienste,  und  erwarb  sich  in  den  vielen  und  blutigen 
Kriegen,  welche  dieser  Monarch  während  seiner  29  Jahre  lan- 
gen Regierung  ^490  bis  1519)  zu  fllhren  hatte,  durch  seine 
an  den  Tag  gelegte  Tapferkeit  unsterblichen  Ruhm  ''^) 

In  die  Fnssstapfen  des  tapfem  Vaters  trat  auch  der  Sohn 
Lndwig,  in  der  Geschichte  des  gräflich  Lodron'schen  Ge- 
schlechtes Praefectus  Militiae  Caesaris  et  Hispaniarum  Regia 
Domesticus  genannt.  Graf  Ludwig  wurde  im  Jahre  1484 
geboren.  Von  seinen  Jugendjahren  wissen  wir  nichts;  in  der 
Geschichte  erscheint  er  das  erste  Mal  im  Jahre  1515.  Be- 
kaoDtlich  führte  Kaiser  Ihximllian  I.  mit  der  Republik  Venedig 
einen  blutigen  Krieg,  der  bereits  9  Jahre  lang  dauerte,  und 
mit  abwechsefaidem  Glücke  geführt  wurde. 

Graf  Ludwig  kämpfte  im  kaiserlichen  Heere  wacker  mit, 
ond  schwang  sich  während  desselben  von  Stufe  zu  Stufe  empor 

Gegen  Ende  dieses  für  beide  Theile  gleich  verderblichen 
Kampfes  hat  uns  die  Geschichte  nachstehende  Waffenthat  unsers 
Helden  aufgezeichnet.  In  einem  Alter  von  30  Jahren  führte 
er  mit  seinem  Freunde  Rogendorf  im  Jahre  1515  der  Stadt 
Brescia,  die  von  den  verbündeten  Venetianem  und  Franzosen 
bedroht  war,  ein  bedeutendes  aus  Deutschen  bestehendes  Hülfs- 
korps  zo,  welches  sich  in  Lodrone  gesammelt  hatte« "*"*) 
Hierauf  kehrte  Graf  Ludwig  wieder  nach  Deutschland  zurück, 


^)  „Adeo  strenue  se  gessit,  ut  imnortalem  sit  consecatus  gloriam/^ 

Lodronii  Leonis  monumenta. 
**)  Der  Verfasser  der  ausgezeichneten  Biographie  des  Herzogs  Karl 
von  Bonrbon,  Konnetables  von  Frankreich,  sagt  bei  dieser  Ge- 
l^enheit : 

„Nach  dem  Sieg  der  Franzosen  über  die  Schweizer  bei  Ha- 
rignano  am  13;  und  14.  September  1515  begehrten  die  mit  den 
Franzosen  alliirten  Venetianer  den  verhdssenen  Bdstand  zur  Wie- 
dererlangung ihres  ganzen  vormaligen  Besitzes  auf  dem  Festlande) 

1* 


—    4    — 

erhielt  vom  Kaiser  eine  betrtfchtliche  Samme  Geldes  und  deo 
Befehl,  selbe  unter  miiitfirischer  Bedeckang  ebenfiiils  nach 
Brescia  zu  liefern;  h^U-en  wir  nun,  mit  welchem  Erfolg  der 
wackere  Krieger  seine  Aufgabe  gelOset  hat. 

Graf  Ludwig  war  mit  dem  erhaltenen  Gelde  und  der  bei- 
gegebenen starken  Bedeckung  bereits  beim  Forte  Roccad'Anfo 
angelangt,  welches  die  Venetianer  im  Jahre  1487  am  See  von 
Idrio  angelegt  hatten;  allein  hier  lauerten  die  beiden  Peldhaupt- 
leute  der  Venetianer,  Johann  Fregosi  und  Konrad  Ursini  mit 
zahlreicher  Mannschaft  auf  den  Grafen,  überfielen  ihn  bei  fin- 
sterer Nacht  und  nahmen  denselben  nach  verzweifelter  Gegen- 
wehr gefangen  —  waren  aber  nicht  so  giOcklich,  sich  damit 
auch  des  Geldes  zu  bemächtigen. 

Graf  Ludwig  hatte  nämlich  die  Geistesgegenwart,  den 
Geldtransport  frühzeitig  genug  zurückzuschaffen  und  in  Sicher- 
heit zu  bringen,  wobei  ihm  die  Dunkelheit  der  Nacht  gut  zu 
statten  kam ;  nachdem  er  hierauf  nach  wenigen  Tagen  auch  aas 
der  feindlichen  Gefangenschaft  zu  entkommen  gewusst  hatte, 
brachte  er  die  anvertrauten  Gelder  über  die  Gebirge,  welche 
er  gut  kannte,  glücklich  an  ihren  Bestimmungsort.  In  diesem 
nächtlichen  Gefechte  sollen  mehrere  Hitglieder  des  grällich 
Lodron'schen  Geschlechtes,  die  sich  dem  Zuge  angeschlossen 
hatten,  zu  Grunde  gegangen,  und  die  beiden  Ortschaften  Lo- 
drone  und  Storo  von  den  Yenetianem,  die  2500  Mann 
stark  einen  Einfall  in  Judicarien  unternahmen,  in  Brand  ge- 
steckt worden  sein. 

Im  März  des  Jahres  1516  eilte  Kaiser  Maximilian  an  der 
Spitze  eines  Heeres  von  16.000  Landsknechten,  14.000  Schwei- 
zern nebst  einer  zahlreichen  Reiterei  selbst  nach  Italien,  schlag 


es  ward  ihnen  zu  diesem  Behufe  der  Bastard  von  Savoyen 
mit  400  Lanzen,  und  Peter  von  Navarra  mit  6000  Gasconiern 
bewilligt,  und  die  Belagerung  vor  Brescia  gelegt.  Schon 
war  die  Stadt  im  Begriffe  Oberzugeben,  als  sich  der  kaiser- 
liche Feldhauptmann  Lodron  mit  einem  bedeutenden 
Zuzug  hineinwarf  und  das  Unternehmen  scheitern  machte.^ 


_    5    — 

die  Tenetianer  and  Franzosen  von  Brescia  hinweg,  dessen 
Belagerung  sie  znm  zweiten  Male  begonnen  hatten,  bezwang 
Lodi  und  wflrde  auch  Mailand  genommen  haben,  wenn  nicht 
die  Eidgenossen  mit  verrfitherischen  PIfinen  gegen  ihn  umge- 
gangen wfiren. 

Am  Schlosse  des  Jahres  i516  kam  endlich  zwischen  Kai- 
ser Haximih'an  und  der  Republik  Venedig  der  ersehnte  Friede 
ZQ  Stande,  welcher  dem  langen  and  blutigen  Kriege  ein  Ende 
machte ;  er  hatte  den  Venetianem  fünf  HHlionen  Dukaten  und 
den  Verlast  von  40.000  Blann  gekostet.  Kaiser  Maximilian 
kam  zwar  in  den  Besitz  von  Roveredo  and  Riva,  erlangte  auch 
einige  andere  Erwerbungen  in  Ampezzo  und  Frfaul,  so  wie  die 
vier  Vicariate  Ala,  Avio^  Mori  and  Brentonico,  musste  aber 
das  eroberte  und  standhaft  behauptete  Verona  an  die  Vene- 
tianer  herausgeben. 

Ein   trauriges  Resultat  des   langen  und  blutigen  Krieges! 


—    6    — 


n.  Abfehnitt. 

Kaüec  Kari  V.  und  Frans  I.,  KOnig  Ton  Frankreich;  Bitter  Georg 
Ton  Freundsberg  und  Karl  Herzog  Ton  Bourbon,  Kon- 
netable  Ton  Frankreich ;  Bonniret*8  mLssglückter  Fddzug  nadi  Ita- 
lien; Treffen  bei  Romsgnano;  Tod  des  Bitters  Bayard;  Bourboos 
Zug  über  die  Alpen  nach  Frankreich;  Theilnahme  der  beiden 
Grafen  Ludwig  und  Johann  Baptist  von  Lodron  an 
der  Belagerung  von  Marseille;  Bückzug  des  kaiserlichen  Heeres 
jfLtkch.  Mailand. 

1.  Am  12.  Jftnner  1519  um  3  Uhr  Morgens  war  Kaiser 
Maximilian  zu  Wels  gestorben,  und  hatte  seinen  19  Lebens- 
jahre zählenden  Enkel  Karl  V.  zum  Nachfolger.  Vier  Jahre 
früher  ~  am  1.  Jänner  1515  —  hatte  Franz  I«  den  Thron 
von  Frankreich  bestiegen.  König  Franz  war  am  12.  Septem- 
ber 1494  geboren,  zählte  somit  bei  der  Thronbesteigung  Karls  Y. 
25  Jahre;  er  war  als  Mitbewerber  um  die  deutsche  Kaiser- 
krone aufgetreten.  Zwischen  beiden  Monarchen  und  Neben- 
buhlern entspann  sich  bald  um  den  Besitz  von  Italien  ein  Kampf 
auf  Leben  und  Tod,  aus  welchem  der  glücklichere  Karl  sieg- 
reich hervorging.  Ludwig  Graf  von  Lodron  und 
sein  Vetter  Johann  Baptist  *^  nahmen  an  diesem 
Kriege  den  lebhaftesten  Antheil.  Vorerst  hat  uns  die  Geschichte 
die  Theilnahme  beider  Helden: 

1.  an  der  Belagerung  der  Stadt  Marseille, 

2.  an  der  Belagerung  von  Pavia,  und 

3.  an  der  blutigen  Schlacht  bei  Pavia  aufbewahrt. 


*)  Singularis  fuit  in armis Comes  Joannes  Baptist«  deLodron, 
Sacrae  Caesareae  Majestatis  Supremus  Dux  et  Consiliarius  intimus. 

Monumenta  Lodronii  Leonis. 


Ehevor  aber  diese  Thatsachen  erzählt  werden,  Aitiasen  wir 
zwei  der  anagezeichnetsten  Krieger  und  Feldherren  jener  Zeiten 
ans  dem  Grunde  etwas  näher  kennen  lernen,  weil  Qraf  Lud- 
wiff  von  Lodron  an  ihrer  Seite  und  unter  ihrem  Kommando 
lüBgere  Zeit  hindnreh  gekämpft  hat.  Der  erstere  dieser  beiden 
ausgezeichneCen  Männer  ist  der  berühmte  ^iLeutefresser^,  wie 
ihn  die  Schweizer  geheissen  haben,  der  ^Soldatei^-Vater^,  wie 
ihn  seine  tapfem  Landsknechte  jubelnd  begrflssten,  „Oester- 
reichs  Bayard^,  wie  ihn  die  Geschichte  nennt  —  ich  meine  den 
edlen  Ritter  Qeorg  von  Freundsberg^  den  Schwager 
des  Grafen  Ludwig  von  Lodron.  *) 


* )  Das  Geschlecht  der  Freundsberge  ( Fruudsberg,  FroDsberg ) 
stammt  aus  Tirol.  Ueber  dem  Marktflecken  Sdiwaz  liegt  der 
Prenndaberg  mit  den  altersgrauen  Mauern,  dem  stattlichen  Thurme 
und  der  noch  erhaltenen  Kapelle  des  Stammschlosses.  £in 
Ulrich  von  Freuodsberg  zeichnete  sich  unter  Erzherzog  Fried- 
rich mit  der  leeren  Tasche  bei  folgender  Gelegenheit  aus.  Im 
Jahre  1410  hatten  die  bayerischen  Herzoge  Stephan,  Ernest  und 
Wilhelm  zu  Gunsten  des  geflüchteten  Heinrichs  von  ßottenburg 
einen  EinFulI  ins  Tirol  unternommen,  und  waren  bereits  bis 
Volders  vorgedrungen,  fanden  aber  hier  die  Brflcke  abgeworfen. 
Da  äinen  der  Inn,  durch  hiuflge  BegengQsse  angeschwellt,  hei« 
nen  Uebergang  gestattete,  so  waren  sie  darauf  bedacht,  durch 
Wegnahme  eines  festen  Schlosses  sich  den  Rücken  zu  sichern. 
Zn  diesem  Zwecke  lagerten  sich  die  Henoge  vor  dem  Schlosse 
Matzen  unweit  Rattenberg  —  ia  der  festen  Meinung,  dasselbe 
im  ersten  Anlauf  zn  nehmen,  halten  aber  die  Rechnung  ohne 
den  Wirth  gemacht.  Im  benannten  Schlosse  befand  sich  näm- 
lich ein  Kommandant,  der  das  Herz  auf  dem  rechten  Flecke 
hatte,  und  dieser  war  —  Ulrich  von  Freunds  b erg.  Die 
Herzoge  lagen  sieben  volle  Wochen  vor  Matzen,  dem  sie 
mit  ihren  Mauerbrechern  und  Wurfmaschinen  arg  zusetzten,  ohne 
jedoch  etwas  auszurichten;  jeder  Stnrm  wurde  siegreich  abge- 
schlagen. Ulrich  von  Frenndsberg  verachaffle  dadurch  seinem 
iandesfürsten  Zeit,  ein  Heer  zu  sammeln  und  in  Verbindung 
mit  seinem  Bruder  Ernest  den  Herzogen  an  den  Leib  zu  gehen, 
die  aber  Frieden  scUossen  und  —  abaogen. 

Sein  Sohn,  der  ebenfalls  Ulrich  hiess  und  mit  Barbara  von 
Rechberg  vermählt  war,  hatte  die  Herrschaft  Mindelheim  im 
Schwaben  von  den  Rechbergem  käuflich  an  sich  gebracht  und 
war  von  Tirol  dahin  übersiedelt;  von  diesem  Ulrich  —  dem 
Vater  des  Ritters  Georg  —  ist  nun  soeben  die  Rede. 


-    8    - 

Ritter  Ulrich  von  Freundsberg,  Herr  tu  Mindelhdm,  Stnuw- 
berg  und  Pelersberg^  erster  Hauptmann  des  schwäbischen  Bun- 
des und  Rath  des  tirolischeh  LandesfQrsten  Sigmund  hatte  mit 
seiner  Gemahlin  Barbara  von  Rechberg  fünf  Söhne  gexeogt: 
Johann  (wurde  Canonicus)  Ulrich  (wurde  Bischof  von  Trient) 
Adam  (wurde  Hauptmann  des  schwäbischen  Bundes)  Thomas 
und  Oeorg  -^  der  in  der  Folge  so  bertthmt  gewordene  Ritter 
Georg  von  Freundsberg.  Dieser*)  wurde  am  24«  Septbr.  1475 
zu  Mindelheim  geboren.  Schon  im  Kriege  vom  Jahre  1492, 
den  Kaiser  Maximilian  mit  Holfe  des  schwäbischen  Bundes 
gegen  den  Herzog  Albrecht  von  Bayern  führte,  that  der  junge, 
feurige  Ritter  Georg  seine  ersten  Dienste  im  Harnisch,  und 
wohnte  unter  seinem  Oheime  Johann  der  blutigen  Schlacht  auf 
dem  Lechfelde,  so  wie  der  Belagerang  der  Stadt  Nürn- 
berg bei.  Als  Papst  Alexander  VI.  und  die  mit  ihm  verbün- 
deten italienischen  Fürsten  den  Kaiser  Maximilian  um  Hülfe 
gegen  Karl  VIII.,  König  von  Frankreich,  gebeten  hatten,  wurde 
Anno  1496  ein  Reichsheer  über  die  Alpen  gesendet,  dem  auch 
Ritter  Georg  nach  dem  Willen  seines  Vaters  mit  einer  Abthei- 
lung des  schwäbischen  Bundes  folgte.  In  diesem  Feldzuge 
wohnte  er  der  für  die  Deutschen  unglücklichen  Schlacht  bei 
Ermathingen  bei,  in  welcher  sein  älterer  Bruder  Adam 
schwer  verwundet  wurde.  Im  sogenannten  Landshuter  Erbfolg- 
kriege (1504)  stand  er  wieder  bei  dem  vom  Kaiser  aufgebo- 
tenen schwäbischen  Bunde  unter  der  Reichsfahne,  und  wurde 
vom  Kaiser  selbst  zum  Ritter  geschlagen.  Diesen  Monarch.en 
begleitete  Ritter  Georg  Anno  1505  auch  nach  Brabant  gegen 
den  Herzog  von  Geldern.  Im  Jahre  1508  zog  Freundsberg  an 
der  Spitze  von  5000  Landsknechten  mit  Kaiser  Maximilian  nach 
Italien  und  half  die  befestigten  Städte  Padua,  Vicenza  und  Ve- 
rona einnehmen.  Als  der  Kaiser  nach  Deutschland  zurückkehrte, 
ernannte  er  den  Ritter  Georg  von  Freundsberg  zum  Obersten 


*)    Man  findet  auch  hftuflg  das  Jahr  1473  als  Geburlsjahr  des  Hel- 
den angegeben. 


—    9    - 

über  ein  Reffhueiil  Lindskneehte,  und  tiberMg  ihm  die  Ver- 
theidigong  von  Verona  gegen  die  Venetianer;  Frau  von 
CastelMt,  Rudolph  Hti  und  Markgraf  Albreeht  yoa  Brandenburg 
standen  ihm  lur  Seite;  alle  von  den  Venetianern  unternommenen 
SWrme  wurden  von  der  Besatnng  abgeaehlagen.  Im  J.  151  i 
half  er  Bologna  eratttrmen  und  den  Herzog  von  Urbino  in  die 
Flacht  schlagen.  Nun  zwang  Ritter  Georg  die  für  unftberwind- 
lieh  gehaltene  Burg  Beitelstein  mit  1800  Landsknechten  zur 
Uebergabe,  und  nahm  mehrere  Klausen  «i  der  Etsoh  mit  Sturm, 
wodurch  eine  sichere  Verbindung  zwischen  Deutsehland  und 
Italien  durch  Tirol  hergestellt  wurde.  Zum  Obersten  des 
Tiroler  Aufgebotes  ernannt,  nahm  er  an  der  Seite  des 
Georg  von  Lichtenstein  die  feste  Burg  Hohen  krähen  an  der 
Spitze  von  8000  Landsknechten,  und  zerstörte  dieses  Nest  von 
Grund  aus.  Im  Jahre  1513  rettete,  er  das  von  den  Venetianern 
bereits  ganz  eingeschk)ssene  kaiserliche  Heer,  und  erschlug  bei 
dieser  Gelegenheit  obendrein  noch  26  venetianische  Hauptleute 
und  bei  5000  Mann  ihres  Fussvolkes.  Das  Jahr  darauf  brach 
er  aus  Vitrena  hervor,  und  nahm  die  Städte  Este  und  Rovigo 
ein.  Nun  wurde  Verona  von  den  Venetianern  belagert;  die 
französischen  Heerführer  Lautrec  und  Trivulzio  hatten  sich  mit 
ihnen  vereinigt.  Oberbefehlshaber  in  der  bdagertoi  Stadt  war 
Marco  Antonio  della  Colonna ;  an  seiner  Seite  kämpfte  Freunds- 
berg an  der  Spitze  von  4000  Landsknechten;  die  Stadt  wurde 
glänzend  vertheidigt.  Als  Wilhelm  von  Rogendorf  und 
Georg  von  Lichtenstein  mit  8000  Mann  kaiserlicher  Truppen 
zum  Entsätze  anrückten,  sahen  sich  die  Feinde  genöthigt,  die 
Belagerung  aufzuheben.  Leider  lieferte  der  Vertrag  von  Noyon 
(13.  August  1516)  das  trefflich  vertheidigte  und  dem  Kaiser 
erhaltene  Verona  den  Venetianern  wieder  in  die  Hände;  Freunds- 
berg verliess  Italien  zwar  ruhmreich,  aber  nicht  ohne  Verdruss, 
indem  er  dem  Kaiser  für  das  viele  in  diesem  unheilvoyen  Lande 
vergossene  deutsche  Blut  keinen  andern  Vortheil  bringen  konnte 
als  —  200.000  Thaler,  die  er  gewissenhaft  einlieferte.  Ate 
Lohn  fOr  die  geleisteten  grossen  Dienste  verlieh  Maximilian  dem 


-    8    - 

RiWer  Ulrich  von  Freondsberg,  ^  y;/eidhauptmann$ 
berg  und  Pelersberg^  erster  H'  ..'" 
des  und  Ralh  des  Örolische^'  ^//^  KaAarma  von  Sdirofea- 
seiner  GemaUin  Barban»;^  iTaspar,  MelcWor  und  BaUhasar, 
Johann  (wurde  CaD^^/^v^/irf*««»«»  Barbara  und  E?a,  gesengt 
Adam  (wurde  9-  "^J^^!^  Frenndsberg  verehelichte  sich  auo 
und  Georp  ;/^''^^^^  Gräfin  von  Itodron^  der 
Georg  W'  J'J^^ftf^^  Ludwig,  welche  ihm  awei  Söhne, 
zu  W  j^'^J^^^p^  ^^  ®'"®  Tochter  Namens  Sigena  gebar, 
df'        ^^'^•u.  dieser  seiner  Eweiten  Gemahlin  verlebte  Riller 


^V  f^/0er  Rückkehr  aus  Italien  glückliche  Stunden  auf 

^^Iflosse  in  Hindelheim;   allein  nach  einer  Ruhe  von 

^^  jtbrea  hiess  es   wieder  die  Waffen  ergreifen  —  und 

^' Rieses  VLei  gegen  einen  deutschen  Fürsten,  nämlich  gegen 

'^ rohen  Herzog  Ulrich  von  Würtemberg.   Dieser  hatte  seinen 

^\0eiBtet  Hanns  von  Hütten  ermordet,  seine  Gemahlin  Sabina, 

-^  /Schwester  des  Herzogs  Wilhelm  von  Bayern,  auf  die  bru- 

I8)0ie  Weise  misshandelt,   und  die  Reichsstadt  Reutlingen  mit 

(Gewalt  gezwungen,  ihm  die  Erbhuldigung  zu  leisten.  Nun  rückte 

ein  Reichsheer  von  20.000  Mann  zu  Fuss  und  3000  Mann  zu 

Pferd  unter   dem  Oberkommando    des  Herzogs  Wilhelm  von 

Bayern  gegen  ihn;  Freundsberg  befehligte  das  österreichische 

und  lirolische  Aufgebot.    Nun  musste  Ulrich  durch  die  Flucht 

sich  retten;  aUe  festen  Plülze  in  seinem  Lande  wurden  vom 

Bimdesheere  erobert,  wobei  Freundsberg  eifrigst  mitgewirkt  hat. 

Nach  Maximilians  Tod  schenkte  der  Kaiser  Kari  Y.  dem 

Helden  dasselbe  Vertrauen,  und  erlheilte  ihm  die  Bestätigung 

der  Feldhauptmann^ehaft  in  Tirol  mit  Brief  und 

Siegel ,  ferners  den  kaiserlichen  Ralhstitel  mit  einem  Jahres- 

gehalle  und  als  iGeschenk  das  Schloss  Rungelstein. 

Im  Jahre  1521  diente  Freundsberg  im  Heere,  das  gegen 
den  kühnen  Abenteurer  Robert  de  la  Mark  ausrückte,  um  diesen 
aus  dem  Fttn^enthume  Luxenburg  zu  vertreiben,  in  das  er  ein- 
gefallen war,  um  es  für  sich  in  Besitz  zu  nehmen.  Die  Fran- 
sosen  unlenstützlen  den  de  la  Hark;  ihr  Heer,  an  dessen  Spit^ 


\ 


\ 

\  -   n   - 

\ 

^g  Frans  in  eigener  Penon  siend,  sählte  bei  40.000  Mann 

\sa  and  8000  %a  Pferd.  Eine  solche  Kraftentwicklung  yon 

ler  Franzosen  iiatlen  die   Kaiserlichea  nicht  erwartet; 

^erg  war  der  Borste,  der  die  Gebhr  in  ihrem  ganien 

.^e  erkannte,   den  schleunigen  Abxng  ni^h  Yalenciennes 

anrieth  und  denselben  auch  durchsetzte.    Bei  dieser  Festang 

ghickilch  angekommen  and  non  sammt  dem  ganxen  Heere  in 

Sicherheit,  Hess  Freandsberg  seine  Landsknechte  niederknien 

und  Gott  danken  fflr  die  Rettung  aus  der  Gefahr. 

König  Frans  stellte  auf  die  Nachricht,  dass  seine  Truppen 
in  Navarra  geschlagen  worden  seien ,  und  auch  in  Italien  den 
KOrzem  gezogen  hatten,  die  Feindseligkeiten  in  den  Nieder- 
landen ein,  und  Freundsberg  beurlaubte  seine  Landsknechte  und 
kekrte  nach  Mindelheim  zurück.  Sein  Aufenthalt  dgielbst  war 
aber  yon  keiner  langen  Dauer.  Mailand  wurde  nämlich  von 
Lantreo  lielagert.  Kaum  war  also  Ritter  Georg  in  Mindelheim^ 
angekommen,  als  er  schon  die  dringendsten  Mahnungen  vom 
Kaiser  erhielt,  mit  allen  Landsknechten,  die  er  nur  immer  auf'* 
zutreiben  im  Stande  wäre,  nach  Hailand  zu  eilen,  um  diese 
Stadt  zu  entsetzen.  Auch  Hieronymus  Adorno,  einer  von  den 
Häuptern  der  kaiseriichen  Parthei  in  Genua,  und  Franz  Sforza, 
der  von  den  Franzosen  verjagte  Herzog  von  Mailand,  waren 
nach  Mindelheim  gekommen,  um  den  Helden  zu  Hülfe  zn  rufen. 
Dem  Eifer  eines  Frenndsbergs  war  es  in  kurzer  Zeit  gelungen, 
bei  6000  Mann  zusammenzubringen,  über  welche  er  am  iZ- 
Jarnier  1522  zu  Glurns  Musterung  hielt.  Von  hier  ans  trat 
^  mitten  im  Winter  über  das  furchtbar  verschneite 
Wormser  Joch  seinen  Zug  nach  Italien  an  —  zuerst  ins 
Valtellina,  um  von  da  auf  dem  kürzesten  Weg  über  Como 
Mailand  zu  erreichen;  da  aber  die  Graubfindtner ,  denen  das 
benannte  Thal  damals  gehörte,  den  Durchzug  durch  ihr  Gebiet 
durchaus  nicht  gestatteten,  so  wendete  sich  Freandsberg  von 
Tirano  links,  übersetzte  neuerdings  das  Gebirg,  durch  welches 
Valtellina  vom  Thale  Camomca  geschieden  wird,  zog  durch  letz- 
teres Timt  nadi  Lovere  am  Iseo^-Ste,   und  dann  durch  das 


—  fö  — 

Gebiet  von  Bergamo  nach  Hafland,  vor  deai  er  am  23.  Febroar 
eiotrar.  In  Folge  dessen  hob  Laatrec  die  Belagerang  dieser 
Stadt  auf,  and  besog  ein  Lager  bei  Honsa,  nadidem  er  vorher 
mehrere  Truppen-Abtheilungen,  die  sein  Bruder  (der  bertthmte 
Marschall  de  Foix),  Bayard  und  Peter  Navarra  i^rbeiftthrten, 
an  sich  gezogen  hatte.  Der  haiserL  Feldherr  Prosper  Colooaa 
und  Freandsberg  waren  den  Bewegungen  des  Feindes  mit  Argus- 
augen gefolgt,  und  hatten  am  24.  April  bei  Bicocca  (einem 
alten  Jagdschlosse,  eine  Stunde  nördlich  von  Ihiland  gelegen)  , 
Leger  geschlagen.  Hier  kam  es  nun  au  einer  blutigen  ScUacht, 
in  welcher  die  Kaiserlichen  über  die  Franzosen  und  über  die  in 
ihrem  Solde  stehenden  Schweizer  einen  gttnsenden  Sieg  erfoch- 
ten; Albrecht  von  Stein,  Kommandant  der  Schweiier,  Arnold 
von  Winkelfied,  22  Hauptleute  und  bei  3000  Schweizer  bedeckten 
das  Schlachtfeld;  von  diesem  Tage  an  haben  die  Schweizer 
den  Ritter  Georg  von  Freundsberg  nie  anders  mehr  geheissen, 
als  den  „Leute  fr  esse  r.^  Nun  wurde  Lodi  erstürmt;  Piizi- 
ghettone  öffnete  den  Kaiserlichen  freiwillig  die  Thore,  und  Cre- 
mona  erhielten  sie  durch  Uebergabe.  Nun  ging  es  auf  die 
reiche  Stadt  Genua  los;  diese  wurde  am  30.  Mai  mit  Sturm 
genommen  und  der  Plünderung  preisgegeben.  Die  dabei  gemachte 
Beute  war  ungeheuer ;  die  erbeuteten  kostbarsten  Tttcher  wurden 
von  den  Landsknechten  nicht  mit  der  Elle ,  sondern  mit  ihren 
langen  Spiessen  ausgemessen.  Damit  war  der  Feldzug  beendigt; 
Franz  Sforza  war  auf  den  ererbten  Thron  von  Mailand  wieder 
eingesetzt,  dem  Antonietto  Adorno  die  Dogenwürde  von  Genua 
verschafft,  den  Franzosen  die  Lombardei  entrissen,  und  die  Ye- 
netianer  waren  dem  französischen  Interesse  entfremdet  worden; 
Frenndsberg  hatte  mit  seinen  Landsknechten,  die  grösstentheils 
aus  Tirolern  bestanden,  kein  geringeres  Verdienst  dabei  gehabt, 
als  die  an  seiner  Seite  kämpfenden  kaiserlichen  Heerführer.  Der 
Held  kehrte  nun  wieder  nach  Hindelheim  zurück,  nachdem  er 
als  seinen  Locotenenten  den  tüchtigen ,  mit  der  Kriegsftthmng 
und  mit  allen  Verhältnissen  m  Italien  sehr  vertrauten  R  ud  o  I  p  h  Hü  1 
ernannt,  und  seinen  Sohn  Kaspar  daselbst  zurückgelassen  hatte. 


—    18    - 

Nachdem  von  diesem  Zeitpmikte  an  die  fernere  Thfi* 
tigkeil  des  Ritters  Georg  von  Freondsberg  im  Kriege  mit  der 
ThStigkeit  noseres Helden  Ludwig  Grafen  von  Lodron 
bereits  lusammenftllt,  so  müssen  wir  hier  den  koixen  Umriss 
der  Biographie  des  Ritters  Georg  scbHessen)  and  onsere  AnF- 
merksamkeit  dem  ansgexeiehnetsten  Peldherm  seiner  Zeit  an- 
wenden, der  Air  nnsem  Zweck  eben  so  wichtig  ist,  wie  Ritter 
Georg  von  Freondsberg  ^  ich  meine  nftmlich  den  Heraog 
Karl  ton  Bourbon,  den  bertthmten  Konnetable 
von  Frankreich« 

Herzog  Karl  von  Bonrbon  stammte  in  gerader  Linie 
vom  heiRgen  Ludwig  ab,  war  der  zweite  Sohn  Gilberts  von 
Boarbon,  der  im  Königreiche  Neapel  starb,  wo  er  anter  Karl 
VnL  Yicekönfg  war.  Herzog  Karl  erblickte  das  Tageslicht 
den  17.  Febraar  ld90,  war  also  am  vier  Jahre  älter  als  KOnig 
Franz  L  Karl  wurde  bis  zu  seinem  achtzehnten  Lebensjahre 
mit  der  grössten  Sorgfalt  in  allen  Kriegswissenschaften  unter- 
richtet. Nach  dem  Tode  Peters  II. ,  des  Herzogs  von  Bourbon, 
machte  Karl,  als  dessen  nächster  Anverwandte,  Anspruch  auf 
die  reiche  Erbschaft  des  Verstorbenen,  der  eine  einzige  Tochter 
binterKess,  Namens  Susanna.  *)  Die  schwierige  Frage,  ob  sein 


Johann  Herzog  von  Bourbon. 


^  I  \ 

Karl  I.  Margaretha.  Gilbert. 

I  vermählt  mit  Philipp  1 

von  Savoyen.  1 

Peter  11..  Louise  KARL, 

vermählt  mit  Anna,  von  Savoyen,  Konnetable  von 

einer  Tochter  Mutter  des  Königs  Frankreich. 

Lndwiirs  XI.  •      Franz  I. 


Lndwiffs  XI. 

SUSANNA. 


—    14    — 

Reeht,  oder  das  ReckI  dieser  einsigen  Tochter  Petero  das  bes- 
sere Recht  sei,  wurde  dadarch  glttckiich  geiOst,  dass  sich 
Beide  am  10.  Mai  1505  heiratheten,  Jedes  dem  Andeni 
das  Seinige  labrachte  und  dem  UeberlebendeD  schenkte.  Kfiiiig 
Ludwig  XII.  bestätigte  diesen  Vertrag.  Herzog  Karl  begleitete 
hierauf  den  König  Ludwig  XIL  auf  seinem  Zuge  gegen  die 
Stadt  Genua,  hatte  im  Jahre  1509  einen  grossen  Antheil  am 
Siege  der  Praniosen  über  die  Yenetianer  beiAgnadello  (einer 
kleinen  Ortschaft  nördlich  von  Crema  gelegen),  ward  durch 
König  Franz  L  zum  Konnetable  von  Frankreich  ernannt,  und 
zeichnete  sich  in  der  blutigen  Schlacht  bei  Harignano  gegen 
die  Schweizer  so  aus,  dass  ihm  der  König  die  Statthalterschaft 
des  eroberten  Uerzogthums  Mailand  anv^traute.  Einen  Mann 
?on  solchen  Anlagen,  you  einer  so  ungemein  grossen  Brauch- 
barkeit für  den  Krieg  und  für  die  Verwaltung,  von  solchem 
Reichthume,  Ernst  und  Stolz,  hätte  der  leichtsinnige,  nur  den 
Vergnügungen  nachjagende  König  Franz  entweder  nie  so  weit 
erheben,  oder  durch  alle  Mittel  bei  freundlicher  Gesinnung  er- 
halten sollen.  Statt  dessen  ward  aber  der  junge,  feurige  und 
ehrgeizige  Herzog  auf  mannigfache  Weise  beleidigt  tind  zurück-, 
gesetzt.  Man  bezahlte  ihm  weder  den  Gehalt,  den  er  als  Prinz 
von  Geblüt  und  Konnetable  zu  beziehen  hatte,  noch  ersetzte 
man  ihm  die  in  Mailand  gemachten  grossen  Auslagen,  was 
Bourbon  bei  seinem  Reichthum  gewiss  gleichgültig  ertragen 
hätte,  wenn  nicht  Verschwendung  an  unwürdige  Günstlinge 
nebenhergegangen  wäre.  Bald  darauf  verlor  er  unter  einem 
eitlen  Verwände  die  Verwaltung  Mailands,  und  der  König  gab 
in  einem  flandrischen  Feldzuge  die  Anführung  der  Avantgarde, 
welche  iach  Herkommen  dem  Konnetable  zustand,  nicht  ihm, 
sondern  dem  Herzog  von  AlenQon,  dem  Schwager  Franzens. 
Schon  bei  diesen  Veranlassungen  soll  Bourbon  öfters  an  die 
Antwort  erinnert  haben,  die  ein  alter  Gasconter  Kari  dem  Sie«- 
benten  gab:  ^^Nicht  drei  Königreiche  können  mich  von  Euch 
,,ab wendig  machen,  wohl  aber  eine  Beschimpfung.^ 

Bourbon  betrachtete  sich  überdies  nicht  wie  einen  gewöhn- 


—    45    — 

ficheii  Utaterthanen;  tr  besaM  ntfmKcii  in  seinen  Landseliaften 
die  alleo  Voneobte  froaser  KronvaaaUen,  berief  die  Stände, 
erhob  Steuern,  bette  Trappen  und  Featongen  nd  eine  ao  glfe- 
sende  Hofhaltung,  daas  Mnlg  Franz  sieb  dadaroh  fast  beleidigt 
fühlte*  So  bemerkte  Franz,  dass  Herzog  Karl  bei  Gelegenheit 
der  Feste,  die  er.deai  König  bei  der  Geburt  adnea  eratgd)omen 
Prinzen  gab,  von  500  Edelieulen  bedient  wurde,  wdche  in 
Sanunet  geUeidel  waren  and  eine  dreifache  goldene  Kelte  um 
den  Hals  trugen.  Ein  K(6mg  von  Frankreich,  meinte  Frani, 
wflrde  Habe  haben,  einen  solchen  Aufwand  zu  bestreiten.  Dies 
reichte  ffir  Louise  von  Savoyen,  die  Hutter  des  Königs  Frans, 
und  flir  ihren  Gflnslling  Bonnivet  hin,  um  dem  König  zuzu- 
ftsiem,  dass  alle  diese  ungeheuem  Anstalten  nur  gemacht  wären, 
um  seiner  zu  spotten  und  Unabhängigkeit  zu  affectireo.  In  der 
Nähe  von  ChateHeranlt^  wo  Herzog  Karl  sich  aufhielt,  musste 
der  genannte  Speichellecker  Bonnivet,  der  ein  gebomer  Unter* 
tkan  des  Herzogs  war,  ein  eben  so  ungeheoeres  als  prachtv<rfies 
Sehkws  erbauen,  nnr  um  zu  zeigen^  dass  man  als  Liebling  eines 
Königs  und  als  Gänstling  seiner  intriganten  Mutto*  einem  Prinsen 
von  GeMttte  ungestraft  Hohn  sprechen  könne.  Diese  Beleidi- 
gang  war  um  so  grösser,  da  dieser  Palast  dem  herzoglichen 
SoUosse  gerade  gegendber  erbaut  wurde ;  der  Konnetable  nahm 
aber  die  Miene  an,  als  bemeriite  er  nichts,  und  als  Franz  in 
seinem  Muthwiüen  ihn  fragte,  was  er  dazu  denke,  antwortete 
BtTZog  Karl  ganz  kalt :  „Ich  glaube,  dass  dieses  Vogelhaus  für 
„einen  solchen  Vogel  viel  zu  gross  und  viel  zu  schön  ist.^  -»- 
„„Das  ist  Neld^^  —  entgegnete  der  König.  Bourbon  versetzte: 
„Was,  ich  aoU  einen  Edelmann  beneiden,  de^en  Ahnen  sieh 
,ygHleUl6h  fflhlten,  die  Schildknappen  der  meinen  zusein?^ 
Der  Konnetable  zog  sich  nach  und  nach  ganz  zurück,  um 
sich  im  Zirkel  seiner  Familie  für  die  Kränkungen  zu  entschä- 
digen, die  er  erlitten  hatte  und  noch  leiden  musste;  aber  auch 
Uer  verfolgte  Ihn  das  Unglück.  Kummer  über  di^  Zurück- 
setzung ihres  Gemahls  und  Betrflbniss  über  den  plötzlichen  Tod 
ihres  erstgebomen  Sohnes  und  über  den  Verlust  der  Zwillinge, 


—    16    — 

die  sie  dn  Jahr  darauf  geboren  hatte,  nagteo  am  Renen 
Gemahlin,  und  brachte  sie  alsobald  an  den  Rand  des  Grabes; 
Sasanna  starb  am  28.  April  1521,  und  mit  ihrem  letzten  Athem- 
zuge  erklärte  sie  den  Herzog,  ihren  Gemahl,  zum  Erben  ihier 
ganzen  Verlassenschaft. 

Mit  seiner  Schwiegermutter  Anna,  einer  Tochter  Ludwigs  XI., 
blieb  Karl  ein  Jahr  lang  im  ruhigen  Besitze  der  Erbschaft;  da 
machte  ihn  Louise,  die  Mutter  des  Kitaigs  Franz,  auf  ihre  An- 
sprüche auf  die  Erbschaft  aufmerksam,  gab  ihm  aber  unter 
Efaiem  zu  verstehen,  dass  eine  Ehe  zwischen  Beiden  alle  Zweifel 
am  besten  Idsen,  alle  Rechte  vereinigen  dflrfle.  Louise,  obgleich 
schon  vierzig  Jahre  alt,  konnte  um  so  eher  hoffen,  dass  der 
Konnetable  ihre  Hand  annehmen  werde,  da  sie  noch  immer 
schön  und  gewiss  schöner,  als  die  krftnkehde  Susanne  war; 
indessen  verabscheute  Herzog  Karl  Louisens  Stolz  und  Leidea- 
schafUichkeit,  und  soll  der  Ablehnung  des  Antrags  auch  Aeusse- 
rangen  aber  ihren  eben  nicht  erbaulichen  Lebenswandel  beigefttgt 
haben.  Von  diesem  Augenblicke  an  beschkss  das  stolze  und 
rachsflchtige  Weib  alle  Mittel  anzuwenden,  um  auf  dem  Rechts- 
wege ihren  Zweck  zu  erreichen  und  ttber  den  verhassten  Herzog 
zu  triuronhiren.  Franz,  der  die  Ehe  seiner  Mutter  mit  Bourbon 
gewünscht  haben  soll,  damit  ihm  für  den  Fall,  dass  selbe  kin- 
derlos bliebe,  die  Güter  anheimfielen«  gestattete  nicht  nur  den 
Rechtsweg  zwischen  Beiden,  sondern  lieas  nunmehr  auch  eigene 
Ansprüche  geltend  machen.  Als  am  11.  August  1522  der 
Prozess  vor  dem  Parlamente  begann,  behauptete  Louise :  es  ent- 
scheide die  Nu  he  des  Grades;  fiourbon  behauptete:  die 
männliche  Linie  habe  den  Vorzug  vor  der  weiblichen;  der 
König  endlich  stdlte  die  Behauptung  auf:  Verschiedenes  komme 
durch  Heim  fall  an  ihn.  Bourbon  bezog  sidi  ferners  auf  den 
vom  Kömg  Ludwig  XII.  bestätigten  Heirathsvertrag  und  die 
Schenkung  seiner  Gemahlin,  wogegen  Lonisens  Vertheidiger  er- 
klürten:  keiner  dürfe  die  Rechte  eines  Dritten  auf  solche  Weise 
verkürzen. 

All  das  Erzählte  trieb  den  Herzog  allmfiUig  in  den  höchsten 


—    17    — 

Zorn;  er  sah  tm  ganzen  Verfahren  nur  das  schändlichste  Un- 
recht, den  höchsten  Undank,  und  trat  —  aller  Bitten  und  Vor- 
stdlnngen  seiner  Freunde  ungeachtet  —  in  Verhandlungen  mit 
Kaiser  KnrI  V.  und  Heinrich  VIII. ,  König  von  England,  denen 
tu  Folge  Frankreich  getheilt  und  Bourbon  die  Provence 
mid  Dauphin^  als  unabhängigen  Staat,  so  wie  Eleonora,  des 
Kaisers  Schwester,  als  Gemahlin  erhalten  sollte.  Als  König 
Frans,  im  Begriffe  stehend  mit  einem  Heere  nach  Italien  zu 
ziehen,  hievon  eine  unsichere  Kunde  erhielt,  eilte  er  zu  Bourbon 
und  befragte  ihn  trocken  aber  die  Sachlage,  fiourbon  antwor- 
tete ausweichend.  „Lasset  den  Rechtsstreit^  —  sprach  hierauf 
Frans  —  „den  ich  nicht  fdglich  unterbrechen  oder  niederschla- 
„gen  kann,  nur  ruhig  weiter  fahren;  ich  verspreche  dasjenige 
„reichlieh  zu  erstatten,  was  m^  Euch  etwa  abspricht.^  Bourbon 
stdlle  sidi  zufrieden  aber  auch  krank,  um  dem  König  nicht  auf 
seinem  Zuge  nach  Italien  folgen  zu  müssen.  „Warum^  —  sagte 
Boorbon  nach  Franzens  Entfernung  su  seinen  Freunden  — 
„warum  Ifisst  er  mich  nicht  im  ruhigen  Besitz,  wenn  er  mir 
„doch  Alles  wieder  geben  will?  Wird  er  sein  Wort  halten 
„können  oder  wollen?  Eine  Burg  aus  eigenem  Rechte  ist 
„mir  lieber,  als  hundert  aus  Gnaden.^ 

Um  diese  Zeit  erhielt  Bourbon  die  Nachricht:  das  Parla- 
ment habe  die  Sequestration  der  streitigen  Gttter  angeordnet. 
Der  Konnetable  sah  in  diesem  Entscheide  eine  Beleidigung  und 
hielt  sieh  wegen  der  mit  Karl  und  Heinrich  eingeleiteten  Ver- 
handlnngen  fttr  gerechtfertigt.  Nochmals  erinnerten  ihn  aufrich- 
tige Freunde,  wie  z.  B.  der  Graf  Vallier^  an  Vateriand,  Unglück 
und  Schande;  er  weinte,  versprach  den  Plan  aubugeben,  that 
es  aber  nicht;  auch  stand  der  Beschluss,  es  zu  thun,  schon 
mchl  mehr  in  seiner  Hand;  schon  sammelten  sich  deutsche  Sol- 
daten an  der  Grftnze  von  Burgund,  Briefe  seiher  Vertrauten 
worden  aofgeÜEingen  und  geheime  Anzeigen  geriethen  in  die 
Binde  seiner  Brzfeindin  -^  der  Königin-Mutter.  Bourbon  flüchtete 
sieb  in  die  Festung  Chantelle  und  traf  Vertheidigungsanstalten. 
Durch  den  Rtekzug  nach   Chanteile  war  des  Herzogs  Abfall 

2 


—    18    — 

entschieden.  ^Der  Treulose  I^  —  Mgte  Köoig  Fnos,  als  er 
davon  unterrichtet  warde  —  ^  meine  Gfite  hatte  ihn  zermalaen 
„sollen ;  so  sterbe  er  denn,  weil  er's.  nicht  anders  will.^  Hier- 
auf erfolgte  ein  Befehl  an  den  Marschall  Chabannes,  ihn  an  der 
Spitze  von  vier  Kompagnien  Geosd'armen  lebendig  oder  todt 
herbeizuführen.  Bourbon  schickte  auf  das  den  Bischof  von 
Autun  mit  einem  Schreiben  an  Franz  ab;  aber  aufgehalten  auf 
seiner  Reise  hatte  sich  jener  kaum  über  die  Absicht  seiner 
Sendung  erkliü't,  als  man  sich  seiner  Papiere  bemfichligte,  und 
ihn  in  einen  Kerker  warf.  Nun  wurden  auch  noch  zwei  Edel- 
leute  Namens  Hatignon  und  Arouges,  denen  der  Konnetable  sich 
anvertraut  hatte  ^  zu  Verrüthem,  Alles  für  entdeckt  und  ver- 
loren haltend,  verliess  der  Herzog  jetzt  seinen  bisherigen  Auf- 
enthalt, die  Festung  Chantelle;  verkleidet,  mit  tauseud  Gefahren 
kämpfend  und  nur  von  Wenigen ,  zuletzt  gar  nur  vom  dadgeo 
Pomperant  begleitet,  floh  jetzt  der  Un^ttddiche  bei  Macht  und 
Nebel  auf  abgelegenen  und  ungebahnten  Wegen  nach  BesaDQon. 
Dort  war  nun  der  Herzog  wohl  in  Sicherheit,  aber  wie?  — 
Nur  das  Leben  und  einige  Kostbarkeiten  hatte  er  gereitet.  Meh- 
reren seiner  Bedienten  war  es  gelungen,  sich  durch  alle  Gefahren 
durchzustehlen.  Diese  brachten  ihm  eine  Summe  von  100.000 
Livres  (nach  einer  andern  Quelle  nur  20.000  Thaler),  welche 
sie  in  ihrer  Kleidung  eingenäht  trugen;  schwache  Ueberreste 
eines  ungeheuren  Vermögens,  wodurch  er  Königen  trotzen 
konnte  I 

Kaum  hatte  König  Franz  erfahren,  dass  Bourtian  allen  seiaeo 
Nachstellungen  entgangen  sei ,  als  die  Thrfinen  der  Herzogin 
von  Lothringen  —  der  Schwester  des  flüchtig  gewordenen  Konne- 
table —  anflngen  auf  ihn  zu  wirken.  Diese  Dame  hatte  nicht 
aufgehört,  für  ihren  Bruder  den  König  mit  Bitten  zu  bastfirmen; 
aber  das  Mi  tl  ei  den  konnte  im  Herten  Franzens  nur  durch 
Furcht  erweckt  werden.  Jetzt  nun,  da  er  sah,  dass  Bourbon 
freien  Spielraum  hatte,  ihm  zu  schaden,  schickte  er  einen  seiner 
Vertrauten,  Namens  Imbaut,  an  ihn  ab,  um  ihn  für  jeden 
Preis  zurückzubringen.   Imbaut  versprach  dem  Herzog  im  Namen 


—  1»  — 

des  Königs :  aagenblickiiche  Zurückgabe  aUer  Besitzungen  des 
Hauses  Bourbon,  Befriedigung  aller  Forderungen  an  den  könig* 
liehen  Schatz,  Auszahlung  aller  Qebalte,  Amnestie  für  alle  Theil- 
nehmer  an  der  Verschwörung  u.  s.  w. 

Der  Konnetable  kannte  jedoch  den  schwachen  und  wort- 
brAcUgen  König  zu  gut,  um  sich  irre  machen  zu  lassen,  und 
in  der  festen  Ueberzeugung,  dass  man  dem  Verbrecher  weder 
tttgesteheo,  noch  halten  werde,  ?Fas  man  dem  Verdienste  so 
hartnäckig  versagt  hatte,  weigerte  er  sich  standhaft,  nach  Prank- 
reich zurtlckzukehren.  Als  Imbaut  sah,  dass  seine  Bemühungen 
Tergeblick  waren ,  forderte  er  den  Degen  des  Konnetable  und 
den  St.  Michaels -Orden  zuräck.  Bonrbon  gab  zur  Antwort: 
^Den  ersten  hat  mir  Franz  selbst  abgenommen,  als  er  mir  auf 
don  Marsche  nach  Valenciennes  die  Führung  der  Vorhut  ab- 
nahm, und  den  letztem  wird  man  unter  meinem  Bette  zu  Chan- 
teile  finden.^ 

Um  keine  Zeit  zu  verlieren  eilte  Bourbon  durch  Deutsch- 
hiad  nach  Italien;  im  Jünner  1524  passlrte  er  auf  dieser  seiner 
Reise  die  Stadt  Brixen.  Der  Herzog  von  Mantua,  Friedrich  von 
GoDzaga,  behandelte  den  Konnetable  bei  seiner  Ankunft  in  Hantua 
wie  in  den  Zeiten  seines  b^sem  Glückes,  indem  er  ihm  — 
ohne  bestimmte  Aussicht  auf  einen  Ersatz  ~  diejenigen  Summen 
vorstreckte,  die  er  brauchte,  um  seinem  Stande  gemäss  vor  den 
kaiserlichen  Generalen  erscheinen  zu  können.  Von  Mantua  ging 
Boarbon  nach  Fiacenza.  Hier  kamen  ihm  die  kaiserlichen  Ge- 
nerale Lannoy,  Pescara  und  Guasta  mit  dem  Herzoge  von  Drbino 
eolgegen,  um  mit  ihm  den  Operationsplan  für  den  nächsten 
Fddzng  zu  besprechen.  Bourbons  Einsichten  und  Kenntnisse 
sebKten  alle  Generale  in  Erstannen;  er  selbst  genoss  zum  ersten 
Haie  das  Vergnügen,  zu  sehen,  dass  er  auch  in  der  Dürftigkeit 
dvch  sein  Talent  gebot;  aber  noch  ungewiss,  welche  Anstellung 
ihm  Kaiser  Karl  V.  geben  werde,  nachdem  sein  Schicksal  eine 
so  tramrige  Wendung  genommen  hatte,  begab  er  sich  nach 
Genua ,  um  dort  die  Befehle  des  Kaisers  abzuwarten.  Karl  V. 
verstand  die  jedem  Regenten  so  nothwendige  Kunst,  jede  Sache 

2» 


-    20    — 

gerade  so  zu  nehmen,  wie  sie  liegt,  nin  Jeden  Umstand  zu  seinem 
Vortheile  zu  bentltzen.  So  unangenehm  ihm  auch  der  Ausgang 
der  Bourbon*schen  Geschichte  war,  so  verbarg  er  doch  seinen 
Verdruss;  und  da  von  dem  mfichtigen  Ffirsten,  welchem  er 
seine  Schwester  zu  versprechen  kein  Bedenket  getragen  hatte, 
nichts  weiteres  übrig  geblieben  war,  als  der  Mann  von  Kopf, 
der  ihm  in  seiner  Fehde  mit  König  Franz  die  besten  Dienste 
leisten  konnte,  so  machte  er  ihn  einstweilen  zu  seinem  General- 
Lieutenant  in  Italien. 

Nebst  Freundsberg  und  Bourbon  verdienen  auch  noch  die 
drei  so  eben  genannten  kaiserlichen  Generale  Lannoy,  Pescara 
und  Guasta  eine  besondere  Erwähnung. 

Franz  Ferdinand  d*  Avalos  (d'  Avala) ,  Markgraf  von  Pes- 
cara,  General  -  Kapitain  des  spanischen  Fussvolkes,  war  einer 
der  ausgezeichnetsten  Feldherren  seiner  Zeil.  Seine  Eltern  waren 
aus  Catalonien  mit  König  Alphons  von  Arragonien  nach  Neapel 
gekommen,  woselbst  Franz  Ferdinand  geboren  wurde.  Pescara 
rühmte  sich  als  Urgrossvaters  des  mächtigen  Rodrigo,  Konne- 
tables  von  Kastilien,  und  als  Vaters  Alonio'45,  K&nig  Ferdinands 
geschätzten  Dieners,  dessen  Treue  keinen  Anstand  nahm,  fttr 
seinen  König  und  Herrn  Gut  und  Blut  zu  opfern.  Der  jugend- 
liche d' Avalos  weihte  anfangs  sein  Schwert  der  Rache  gegen 
die  Franzosen.  In  der  blutigen  Schlacht  bei  Ravenna  (11.  April 
1512)  befand  sich  Franz  Ferdinand  bereits  unter  d^  Todten 
liegend;  hervorgezogen  und  geheilt  musste  er  die  Schmach 
tragen,  im  Triumphzuge  der  Leiche  des  Siegers  (Gaston  de  Foix, 
der  Blitz  Italiens  genannt)  zu  Fuss  zu  folgen;  er  verdankte  sdae 
Befreiung  aus  französischer  Gefangenschaft  fttr  ein  Lösegeld  von 
6000  Thalem  der  Vermittlung  Trivulzio's,  welcher  eine  seiner 
Tanten  geheirathet  hatte.  Schnell  entwickelten  sich  hierauf  seine 
kriegerischen  Talente;  allgegenwärtig  durch  eine  unbegrftazte 
Thätigkeit  erregte  er  besondere  im  kleinen  Kriege  Erataunen. 
Fast  immer  überraschte  er  den  aufmerksamsten  Gegner  und 
machte  ihn  durch  den  Ungestüm  seines  Angriffs  unfähig  sich  zu 
sammeln.  Das  spanische  Fussvolk  hegte  eine  unbegränzle  Liebe 


-.    21    — 

n  ihm.  Yennählt  mit  Vittoria  Colonna,  einer  Niehte  des  be- 
rfibinten  kaiserlichen  Feldherrn  Prosper  Colohna,  dichtete  er  in 
seiner  GefaDgensehaft  ein  Bach  der  Liebe,  und  widmete  es  seiner 
Gemahlin.  Diese  dagegen,  berühmt  in  Itulien  durch  Schönheit 
ond  Geist,  yerhenriichte  den  tapfem  Gemahl  durch  mannigfache 
geschätzte  Poesien,  und  Beiden  ward  das  Glück  za  Theil,  im 
Orlando  des  Dichters  Ariost  ein  Denkmal  fitr  die  Ewigkeit  au 
erhalten.  So  lauten  z.  B.  zwei  Strophen  im  37.  Gesänge  des 
Orlando : 


Se  Laodamia,  se  ta  moglier  di  Bruto, 
S*Arria,  s'Argia,  s'Evadae  e  s'^altre  molte 
Heritar  lande  per  aver  voluto, 
Morti  i  mariti,  esser  con  lor  sepolte; 
Quanto  onore  aVittoria&piü  dovuto, 
Che  di  Lete,  e  del  Rio  che  nove  volte 
Fombre  circonda,  ha  tratto  11  sno  consorte, 
Mal  grado  delle  Parche  e  della  Morte? 


S'^al  fiero  Acliille  iuvidia  della  chiara 
Meonia  tromba  il  Macedonico  ebbe, 
Quanto  invitto  Francesco  di  Pescara. 
Haggiore  a  te,  se  vivesse  or,  ravrebb&, 
Che  si  Costa  mogliere,  e  a  te  si  cara 
Canti  r  eterno  onor,  che  ti  si  debbe ; 
£  per  lei  8\  i\  nome  tuo  rimbombe. 
Che  da  bramar  non  hai  piü  chiare  trombe? 


Franz  Ferdinand  d^Avaios  erhielt  für  seine  ausgezeichneten 
Dienste  vom  Kaiser  die  im  Neapolitanischen  gelegene  Markgraf- 
scbaft  Pescara,  daher  auch  der  Name,  unter  welchem  er  in 
der  Geschichte  vorkommt. 

Karl  von  Lannoy  wurde  in  den  Niederlanden  geboren; 
seine  Eitern  waren  arme  Edelleute.  Bereits  unter  Kaiser  Maxi- 
milian I.  wusste  sich  Lannoy  in  den  niederländischen  und  vene- 
llanischen  Kriegen  geltend  zu  machen  und  wurde  bald  Gouverneur 
von  Toarnay,  welche  Stelle  er  mit  so  grossem  Diensteifer 
bekieidele,  dass  ihm  schon  anno  J516  der  Orden  des  goldenen 


-    22    — 

Vliesses  verliehen  wurde;  etwas  fipfiter  wurde  er  zum  Vicekönig 
von  Neapel  ernannt  und  zum  Herzog  von  Sulmona  erhoben. 
Lannoy  war  bis  zu  meinem  1527  erfolgten  Tode  des  Kaisers 
vertrautester  Freund  und  Günstling. 

Alphons  d' Aval  OS  (später  zum  Markgrafen  von  Guasta 
erhoben)  war  der  Bruderssohn  des  Markgrafen  Pescara,  ein  sehr 
schöner  junger  Mann,  dabei  nicht  nur  allein  ein  tapferer  Krie- 
ger, sondern  auch  ein  grosser  Verehrer  und  Kenner  der  Wissen- 
schaften ;  er  war  geistreich  beredt,  freigebig,  herablassettd  und 
angenehm  im  Umgange.  Merkwürdig  ist,  wie  verschieden  man 
seinen  Namen  von  den  Geschichtschreibem  geschrieben  findet, 
als :  Alphons  Harkgraf  von  Guasta,  del  Guasto,  del  Basto,  del 
Vasto,  du  Guast  etc.     Ich  bleibe  bei  der  ersten  Benennung. 

Nun  wollen  wir  aber  auch  die  vorzüglichsten  Feldherren  des 
französischen  Heeres,  denen  wir  bald  begegnen  werden^  in  einigen 
flüchtigen  Umrissen  kennen  lernen ;  dahin  gehören  in  erster  Linie 
die  Marschälle :  Trivulzio,  Lautrec,  Chabannes  und  Montmorency; 
dann  die  Herren  von  St.  Severino,  Genouillac,  Tremouille  und 
Bayard,  den  berühmten  Ritter  ohne  Furcht  und  Tadel. 

Johann  Jacob  Trivulzio  (Triulzio),  aus  dem  mailän- 
dischen  Adel  und  zur  Partei  der  Guelfen  gehörig,  hatte  sich  wegen 
des  überwiegenden  Einflusses  des  ghibeilinischen  Geschlechtes  von 
San  Severino  bei  Ludwig  Moro  Sforza  nach  Neapel  gewendet  : 
dort  ward  ihm  das  feste  Capua  anvertraut,  er  verrielh  aber  den 
König  Ferdinand,  öffnete  dem  französischen  König ^ Karl  VKL 
die  Thore  dieses  Platzes  und  widmete  seit  dieser  Zeit  mit  grös- 
serer Treue  den  Rest  seiner  Tage  dem  französischen  Dienste. 
Reicher  Grundbesitz  und  ausgedehnte  Verbindungen  gaben  ihm 
so  vielen  Einfluss  in  Mailand,  dass  ohne  seine  Hitwirkung  die 
Eroberung  und  Bcjiauptung  dieses  Herzogthums  misslieh  schien. 

Odetus  von  Lautrec  war  ein  Sohn  des  Johann  von 
Foix,  Vicomte  von  Lautrec.  £r  war  anfänglich  unter  dem 
Namen  Herr  von  Barba9an  bekannt,  später  aber  als  Vicomte 
von  Lautrec  berühmt ;  seine  Verbindung  mit  dem  reichen  Fräu- 
lein von  Orval  gab  ihm  Ansprüche  auf  Navarra !  Lautrec  machte 


-    23    — 

«jeh  fHlliieitig  schon  durch  rtthraliehe  Wafenthalen  einen  gros- 
seB  Namen.  In  der  Schlacht  bei  Ravenna  focht  er  heldenmüthig 
an  der  Seite  seines  Vetters,  des  berQhmten  Gaston  von  Foix, 
der  mit  zwanxig  Wunden  bedeckt  in  dieser  Schlacht  Oel.  Har- 
schail  Lautrec  ist  ftlr  ansem  Zweck  von  besonderer  Wichtigkeit. 

Jacob  von  Chabannes  (Herr  von  la  Palisse)  ver- 
dankte dem  Blate,  das  er  in  vielen  Schlachten  für  die  franzi)- 
sische  Sache  verspritzte,  so  wie  seiner  Kriegserfahrenheit  und 
seinem  Heldenmuthe  den  Marschallsstab.  Nicht  weniger  berühmt 
als  Jacob  von  Chabannes  war  sein  Bruder  Johann  von  Cha^ 
bannes  —  Vandenesse,  insgemein   der  „kleine  Löwe^^  genannt. 

Annas  (Anne)  von  Montmorency  aus  einem  be- 
rühmten freiherrlichen  Geschlechte  entsprossen,  war  ein  Ver- 
wandter des  KonnetaUe's  Bourbon  und  ein  Liebling  des  Königs 
Franz.  Aufmerksam  in  Ausübung  religiöser  Gebräuche  verfehlte 
er  nie  —  zu  Bett  wie  zu  Pferd  —  seinen  Morgensegen  zu 
beten ;  als  er  jedoch  durch  seine  ausgezeichnete  Tapferkeit  hö- 
here Würden  erstiegen  und  selbst  den  Stab  eines  Marschalls 
erlangt  hatte,  hiess  es  im  fttinzösischen  Heere:  Gott  bewahre 
uns  vor  dem  Vater  unser  Montmorency's !  Denn  sein  Gebet 
unterbrach  nicht  selten  der  Ruf:  „Hängt  den  Schurken  an  den 
nüchsten  Baum!  oder:  fort  mit  ihm  durch  die  Piken!  oder: 
Senget  und  brennet  eine  Viertelstunde  in  der  Rundet^ 

Galeaz  von  San  Severino  besorgte  die  Grossstall- 
meisterschaft, aus  einem  berühmten  neapolitanischen  Gesehlechte 
entsprossen;  der  Parthei  des  Hauses  Anjou  angehörend,  war 
er  von  der  obsiegenden  arragonischeo  Linie  aus  seinem  Vater- 
lande vertrieben  worden,  und  hauptsfichlich  war  es  sein  Zu- 
reden, welches  den  französischen  König  Karl  VHI.  bewog,  die 
blutigen  Bündel  zu  beginnen.  In  seiner  Eigenschaft  hatte  er 
dem  König  das  Reichsschwert  vorzutragen. 

Jacob  Gourdon  von  Genouillac  Seneschall  von  Ar- 
magnac  leitete  als  Grossmeister  das  immer  wichtiger  werdende 
Geschtttzwesen.  In  der  Schlacht  hei  Fornuovo  war  er  unter 
den  neun  Tapfem,  die  Karl  VIII.  sich  zum  Schutze  seiner  Per- 


-    24    — 

son  besonders  auserlesen  hatte.  Franz  I.  zog  ihn  sehr  hervor, 
überhäufte  ihn  mit  Jahrgehalten  und  Gütern,  und  verbalf  ihm 
zu  den  edelsten  Verbindungen. 

Louis  de  la  Tremoniile  befand  sich  in  einem  Alter 
von  13  Jahren  als  Edelknabe,  am  Hofe  Ludwigs  XL  Er  ward 
von  dem  sonst  lieblosen  König  stets  wohlwollend  hervorgeho- 
ben, erhielt  nach  dem  Tode  seines  Vaters  die  eingezogen  ge* 
wesenen  Herrschaften  wieder  zurück.  Eingedenk  dieser  ihm 
gewährten  Huld  versprach  der  edle  Jüngling  dem  sterbenden 
Tyrannen,  treu  bei  den  verlassenen  Kindern  zu  stehen,  und  hielt 
bis  in  den  Tod  sein  gegebenes  Wort. 

Als  nach  dem  Tode  Ludwigs  XL  während  der  Minderjäh- 
rigkeit Karls  VHL  die  Prinzen  von  Orleans,  AleuQon  und  An- 
gouleme  sich  gegen  die  Regentin  Anna  empörten,  legte  diese 
das  königliche  Schwert  in  die  Hand  des  jugendlichen  Tremouille*s. 
Dieser  rechtfertigte  aber  auch  das  in  ihn  gesetzte  Vertrauen 
in  der  Schlacht  bei  St.  Aubin  du  Cornier  auf  eine  glänzende 
Weise;  der  Herzog  von  Orleans  fiel  als  Frucht  des  Sieges  in 
seine  Hand.  Schmückung  mit  dem  Orden  des  S.  Michael,  Er- 
nennung zum  ersten  Kämmerer,  Anvertrauung  des  königlichen 
Siegels  —  ward  sein  Lohn.  Zugleich  vermählte  ihn  die  Re- 
gentin mit  der  Schwester  Gilberts  von  Hontpensier,  wodurch 
er  der  Oheim  des  Konnetable's  Karl  von  Bourbon  wurde. 

Bayard,  Peter  du  Terrail,  die  Blume  aller  Ritterschaft, 
war  aus  savoyischem  Dienste  an  den  Hof  Karls  VHL  gekommen, 
trat  in  die  Compagnie  Gensd'armen  des  Herrn  von  Ligny  ein, 
Karls  Liebling,  machte  im  Zuge  dieses  Köiiigs  nach  Neapel 
seine  erste  Kriegsfahrt,  und  gründete  von  da  in  Italien,  Nieder- 
land und  Spanien  den  Ruf  seines  Namens  mit  der  ehrenvollen 
Auszeichnung:  Ritter  ohne  Furcht  und  Tadel.  Ungeachtet  seiner 
Heldenthaten  war  er  zur  Zeit  immer  noch  nur  Lieutenant  der 
hundert  Lanzen  des  Herzogs  von  Lothringen.  Die  innigste,  in 
tausend  Gefahren  erhärtete  Freundschaft  verband  den  edlen 
Ritter  Bayard  mit  dem  kühnen  Ritter  Ludwig  von  Ars  und  dem 
tapfern  Vandenesse. 


—    25    - 

Gedenken  wir  scUiessiieh  auch  noch  eines  andern  Fahrers 
im  französischen  Heere;  es  ist  dies  Richard  de  la  Pole  Earl 
von  Suffolk  ans  dem  Hause  York  weisser  Rose;  er  war  ein 
Neffe  Königs  Eduard  lY. ;  sein  Bruder  Earl  von  Lineoln  lag 
erschlagen  auf  der  Wahislatt  au  Stock,  der  andere,  Edmund 
Earl  von  Soffolk,  starb  den  Tod  durch  Henkershand,  und  ein 
dritter,  Wilhelm  de  la  Pole,  schmachtete  in  langem  Geffing- 
■isse,  wahrend  unser  Richard  selbst  —  flflchtig  und  vertrieben 
—  in  Frankreich  einen  nur  zweifelhaften  Schutz  fand,  indem 
jede  Unterhandlung  dieses  Reiches  mit  England  den  Flüchtigen 
preisgab.  Richard  Herzog  von  Suffolk  vrar  Anführer  der  be- 
rfihmten  „Sehwarzen  Banden^  im  französischen  Heere,  der 
schwarzen  Fahnen  wegen  so  genannt,  die  in  ihrer  Mitte  flatterten. 

Und  nun  zur  Erzählung  der  Kriegsereignisse. 

3.  Frankreichs  König  hatte  zum  Feldzuge  nach  Italien  die 
grössten  Anstalten  gemacht,  und  zu  diesem  Zwecke  ein  Heer 
von  50.000  Mann  zusammengebracht ;  jedoch  in  Schrecken  ge- 
setzt durch  die  Entdeckung  einer  Yerschwörung,  die  sich  im 
Httzen  seines  eigenen  Reiches  entwickelt  hatte,  wagte  er  es 
nicht,  sich  an  die  Spitze  seines  Heeres  zu  stellen.  Seine  Furcht 
war  so  gross,  dass  er  Bedenken  trug,  irgend  einem  derkönig* 
liehen  Prinzen  das  Oberkommando  anzuvertrauen.  Diesen  Um- 
stand benützte  Franzens  Mutter,  um  ihren  Günstling  Bonni  vet 
zu  empfehten,  von  dem  sie  voraussetzte,  dass  er  die  kaiserliche 
Armee  eben  so  leicht  besiegen  werde,  als  er  über  den  Konne- 
lable  durch  seine  Rlinke  triumpiürt  hatte.  Dem  Oberkomman- 
danteo  Bonnivet  wurde  der  edle  Ritter  Bayard  an  die  Seite 
gegeben. 

Bonnivet  und  Bayard  langten  gegea  das  Ende  des  Herb- 
stes 1523  m  Italien  an;  das  Heer  folgte  ihnen  auf  dem  Fusse; 
Bonnivet  erwartete  nichts  Geringeres,  als  an  der  Spitze  der 
imposanten  Macht,  die  er  ins  Feld  führte,  den  Degen  eines 
Konnetable  zu  erwerben,  welcher  noch  nicht  vergeben  war. 
Seine  ersten  Fortschritte,  die  er  auf  dem  Boden  Italiens  machte, 
waren  vrirUich  über  alle  Erwartung  glücklich;  dabei  war  ihm 


-    26    — 

der  Umstand  sehr  gut  zu  statten  gekommen,  diss  der  bisherige 
kaiserliche  Oberfeldherr  Prosper  Colonna  am  30.  Dezember 
1523  in  Hailand  gestorben  war.  Bonnivet  eroberte  non  in 
kurzer  Zeit  das  ganze  Herzogthum  Hailand  und  trieb  die  Kai- 
serlichen Ober  den  Tessin ;  dieser  war  jedoch  die  Gräoze  seines 
Ruhmes  und  Glückes,  indem  er  deti  unverzeihlichen  Fehler  be- 
ging, Zeit  zu  verlieren  und  den  Feind  zu  Athem  kommen  zu 
Fassen ;  bald  kam  aber  der  Herzog  von  Bourbon  — -  von  Genua 
herbeieilend  —  im  kaiserlichen  Lager  an,  und  mit  seiner  An- 
kunft gewannen  die  Sachen  bald  eine  andere  Gestalt.  Bourbon 
hatte  zwar  als  General-Lieutenant  des  Kaisers  keine  unbeschränkte 
Gewalt  über  die  kaiserlichen  Truppen,  indem  er  das  Oberkom- 
mando mit  Lannoy,  Pescara  und  dem  Herzoge  von  Urbino  thei- 
len  musste;  aber  wie  sehr  auch  dem  intelligenten  Feldherm  die 
Hunde  gebunden  waren ,  so  wusste  er  sich  doch  durch  seine 
Einsichten  und  durch  seinen  Charakter  ein  solches  Uebergewicht 
über  seine  Hitgenerale  zu  verschaflTen,  dass  diese  ihm  auch  un- 
verpflichtet  gerne  gehorchten. 

ßonnivet  hatte  sich  in  der  Nahe  von  Biagrasso  fest  ver- 
schanzt. Trotz  aller  Gegenvorstellungen  entsendete  er  von 
hier  den  Ritter  Bayard  mit  200  Gensd'armen  nach  dem  ent- 
fernten Orte  Rebecco.  Bayard^  fem  von  jeder  Unterstützung, 
besorgte  einen  Uöberfall ,  und  wirklich  eilte  Bourbon  seinem 
Gegner  Bonnivet  die  erste  Lehre  zu  geben  in  der  Kriegskunst; 
er  bestimmte  hierzu  den  thfitigen  Führer  Pescara.  Von  diesem 
vor  Sonnenaufgang  mit  Ungestüm  angegriffen,  sah  sich  der 
überdies  kranke  Ritter  Bayard  nicht  nur  genöthigt,  seinen  Po- 
sten aufzugeben,  sondern  auch  das  ganze  Gepäck  in  Stich  zu 
lassen,  und  den  Rückzug  anzutreten  *-  den  ersten,  den  er  in 
seinem  Leben  machte,  aber  mit  einer  musterhaften  Ordnung 
ausführte.  Zornig  gelangte  Bayard  ins  Lager^  und  drohte  sei- 
nem aufgeblasenen  Oberkommandanten  mit  einer  Klage  gehöri- 
gen Orts  für  den  grossen  Schimpf,  welchem  man  die  französi- 
schen Waffen  unter  seiner  Führung  ausgesetzt.  Dadurch,  so 
wie  durch  die  bittern  Vorwürfe,  die  Bonnivet   ans  dem  Hnade 


—    8T    — 

Bkiyaid'fl  httrea  nniMte,  wurde  der  gute  Oberbefehlshaber  vol- 
lends ausser  Fassmig  gd)raeht. 

Boorbon  und  sefaie  Mitgenerale  Hessen  siehs  nicht  einfallen, 
den  Admiral  (dies  war  Bonnivei's  Titel)  in  seinem  festen  Lager 
anzogreifen ;  aber  sie  gingen  ttber  den  Ticino,  nahmen  ihm  die 
sogenannte  Lomellina  weg  —  die  fraohtbarste  Gegend  weitiim, 
aas  der  er  seine  Subsistenx  beiog — und  zwangen  ihn  dadurch 
das  befestigte  Lager  anfzogeben.  Vom  Hunger  getrieben  ging 
Bonniret  über  den  Ticino  zortiek  und  schlug  ein  neues  Lager 
zwischen  Vigevano  und  Hortara  auf.  Hier  erwartete  er  eine 
Verstfirkong  von  6000  -Schweizern  und  400  Lanzen,  die  mit- 
sammen anlangen  sollten.  Diese  Vereinigung  zu  verhindern, 
näherte  sich  Bonrbon  den  Ufern  der  Sesia.  Müde,  die  400 
Lanzen  noch  ttinger  zu  erwarten,  welche  zu  ihnen  stossen  soll- 
ten, setzten  sich  die  Schweizer  in  Bewegung  und  erreichten  das 
Ufer  der  Sesia.  Schon  öffnete  sich  Bonmvei's  Herx  der  Freude, 
als  die  Schweizer  ganz  unerwartet  erklärten:  sie  wären  aus 
keinem  andern  Grunde  ohne  Kavallerie  und  unter  so  vielen  Ge- 
fahren so  weit  vcHTgedrungen,  als  um  ihre  Landslenie  dem  Hun- 
gertode zu  entreissen,  welchem  sie  Im  französischen  La- 
ger ausgesetzt  wären.  Und  kaum  hatten  die  angekommenen 
Schwdzer  die  Fahnen  ihrer  Nation  auf  dem  jenseitigen  Ufer 
flattern  gesehen,  als  sie  sich  schaarenweise  in  den  Fluss  stttrzten, 
and  mit  den  Ihrigen  im  kaiserlichen  Lager  vereinigten. 

Diese  Entweichung  machte  es  dem  Admiral  unmöglich, 
noch  länger  in  Italien  zu  bleiben.  Seine  Aufgabe  war  nun  diese 
—  von  den  TrtUnmem  seines  Heeres  so  vid  zu  retten,  als  er 
konnte.  Die  übrigen  kaiseriichen  Generale  waren  damit  zufrie* 
den,  dass  er  die  Provinz  Mailand  verUess ;  allein  Bonrbon  konnte 
den  Gedanken  nicht  ertragen,  diese  schöne  Gelegenheit,  sich 
an  seinem  ärgsten  Feinde  zu  rächen,  unbenutzt  vorübergehen 
zu  lassen;  kaum  hatte  er  erfahren,  dass  Bonn! vet  zwischen  Gat- 
tinara  und  Romagnano  eine  Brücke  über  die  Sesia  hatte 
schlagen  lassen ,  um  durch  das  Thal  Aosta  nach  Frankreich 
zurückzukehren,  als  er  seinen  Mitfeldherren  so  lange  zuredete. 


bis  sie  sich  zur  Verfolgung  der  Franzosen- herbeiliesseD.  Nachts 
setzten  sie  sich  mit  ihm  in  Marsch;  mit  Tagesanbruch  waren 
sie  in  der  Nähe  von  Romagnano.  Die  Bagage  des  franzosi- 
schen Heeres  hatte  so  eben  angefangen,  die  Brücke  zu  passiren; 
die  Schlacht  war  unvermeidlich.  Tapferer  als  je  nahm  Admtral 
Bonnivet  seinen  Posten  im  Nachtrabe  an  der  Seite  des  Grafen 
von  St.  Pol,  des  Ritters  Bayard,  des  Generals  Vandenesse  und  an- 
derer Fohrer,  welche  die  allgemeine  Gefahr  mit  ihm  versöhnt 
hatte.  Gleich  im  Beginn  des  Treffens,  das  am  14.  April  1524 
geliefert  wurde,  erhielt  der  Admiral  einen  Schuss  in  den  recirten 
Arm ;  er  kommandirte  dennoch  fort,  bis  seine  Sohwftehe  durch 
den  starken  Blutverlust  so  überhand  nahm,  dass  er  sich  nicht 
Iftnger  mehr  zu  Pferde  halten  konnte.  Bonnivet  legte  nun  das 
Kommando  in  Bayards  Hände  und  setzte  sich  in  eine  Sänfle, 
uro  Bourbons  Verfolgungen  bei  Zeiten  zu  entgehen.  Bayard 
that  sein  Aeusserstes,  dem  Andränge  der  Kaiserliehen  den  kräf- 
tigsten Widerstand  entgegenzusetzen ;  schon  war  der  grlVsste 
Theil  des  französischen  Heeres  über  die  Brücke  gekommen^  als 
er  eben  in  demselben  Augenblicke,  in  dem  er  sie  selbst  pas- 
siren  woHte,  durch  eine  Kugel,  welche  ihm  den  Rückenwirbel 
zerschmetterte,  tödtlich  verwundet  wurde.  Der  edle  froraiM 
Ritter  wollte  sterben,  wie  er  gelebt  hatte.  Das  Gesicht  dem 
Feinde  zugewendet,  dem  er  nie  den  Rücken  gekehrt  hatte,  Itess 
er  sich  Jenseits  der  Brücke  vom  Pferde  heben  und  unter  einem 
Baume  niedersetzen.  Den  Griff  seines  Degens  wie  ein  Kreuz 
vor  sich  haltend  und  semem  Diener  —  dem  Haushofmeister 
Jacob  Jeffrei  —  in  Ermanglung  eines  Priesters  Sein  Sünden- 
bekenntniss  ablegend,  erwartete  der  Held  als  Christ  und  Krieger 
den  Tod,  dem  er  so  oft  und  stets  furchtlos  ins  Antlitz  geschaut 
hatte«  Brausend  kam  Bouii)on  angesprengt  —  in  der  Hoffnung, 
den  verhassten  Bonnivet  zu  finden.  Beim  Anblicke  seines  Freun- 
des aus  früheren  Zweiten,  an  dessen  Seite  der  Herzog  den  ersten 
Feldzug  gegen  die  rebellische  Stadt  Genua  gemacht  hatte,  hielt 
er  an,  und  rief  aus:  „Wie  sehr  bedaare  ich  Euchl^  Der 
sterbende  Held  gab  ihm  aber   zur  Antwort :>>  Nicht  ich  bin 


-    29    — 

la  bedavem,  mein  Prins,  denn  ich  sterbe  ab  ein  rechtschaf- 
fener Mann,  wohl  aber  seid  Ihr  su  bedaaem,  da  Ihr  die  Waffen 
gegen  Earen  König  ergriffen  habt.^ 

So  ersehfittemd  diese  Scene  war,  so  konnte  Bonrbon  nicht 
ISnger  dabei  verweilen  ;•  die  Rache  trieb  ihn  weiter,  bis  er  er- 
fahr,  dass  der  gehasste  Bonnivet  sich  an  der  Spitie  des  Vor» 
trabes  belnde.  Kone  Zeit  darauf  hauchte  Peter  du  Temil 
Bayard  seine  edle  Seele  aus;  er  starb  48  Jahre  alt,  ein  ächter 
Ritter,  vielleicht  der  letite  so  vollkommener  Art.  Selbst  die 
Spanier  beklagten  seinen  Tod,  '^)  und  den  Franzosen  schien 
sein  Verlust  untesetilich;  vom  imposanten  Heere,  mit  dem 
Bonnivet  in  Italien  erschienen  war,  erreichten  nur  einzelne 
Trilmmer  Frankreidi;  Bourbon  hatte  das  Meiste  zur  Yemich- 
tnng  dessdben  beigetragen,  and  sich  so  an  König  Franz  schon 
jetzt  furchtbar  goücht. 

la  Folge  des  Sieges  bei  Romagnano  wurde  Kaiser  Karl 
aoufflschrilnkter  Gebieter  in  Italien.  Am  30.  Oktober  1524  be- 
lehnte der  Kaiser  den  Franz  Sforza  und  seine  eheliche 
rnftnatiehe  Nachkommenschaft  mit  dem  Herzogthum  Mailand; 
sein  Bruder  Maziaiilian  wurde  als  unwflrdig  von  der  Nachfolge 
an^gescUossen. 

Kaum  war  der  Sieg  bei  Romagnano  erfochten,  als  Bour- 
bon den  kühnen  Plan  entwarf^  mit  einem  Heere  in  Frankreich 
einzurflcken,  und  bis  Lyon  vorzudringen.  Fcir  das  Gelingen 
dieses  Plan^  sprachen  folgende  Umstände:  die  französische 
Geasd'armefie,  diese  Stütze  des  Thrones ,   war  im  ganzen  Kö- 


Pescara  Hess  seinen  Körper  einbalsamiren  und  sendete  ihn  sei- 
nen Verwandten.  Die  Ehrerbietung,  die  man  einem  kriegeri- 
schen Verdienste  zu  diesen  Zeiten  erwies,  war  so  gross,  dass 
der  Herzog  von  Savoyen  die  Leiche  des  Helden  in  allen  Städten 
seines  Gebietes  mit  königlichen  Ehrenbezeigungen  empfangen 
liess ;  in  der  Dauphine,  dem  Vaterlande  des  edlen  Ritters,  ging 
der  Leiche  alles  Volk  aus  allen  Ständen  in  feierlicher  Prozession 
entgegen.  Die  Leiche  des  Heiden  wurde  in  der  Minoritenktrche 
unweit  Grenoble  beigesetzt. 


-    30    - 

nigreiche  zerstreut;  *)  die  Schweizer  hatten  akh  in  ihre  Hei- 
math znrOckgezogen ,  weil  König  Franz  sie  nicht  bezahlte. 
Wenn  nun  Bourbon  unter  diesen  Umständen  an  der  Spitze  eines 
Heeres  bis  nach  Lyon  vordrang,  wie  viel  liess  sich  von  den 
Folgen  eines  solchen  Zuges  erwarten!  «Der  Herzog  theilte  die* 
sen  Plan  dem  Kaiser  mit,  welcher  ihn  nicht  nur  billigte,  son- 
dern auch  nach  Kräften  zu  unterstützen  versprach.  Der  König 
von  England  war  eben  so  leicht  dafür  gewonnen.  Kaiser  Kail  V. 
versprach  dem  Herzog,  ihm  fOr  den  Fall,  dass  der  Pfain  wiit- 
lich  gelingen  sollte,  ausser  seinen  bisherigen  Besitzungen,  noch 
noch  die  Provence  und  das  Delphmat  abzutreten,  und  sich  mit 
jenen  Provinzen  zu  begnügen,  welche  seinen  Staaten  am  näch- 
sten lagen.  Der  König  von  England  war  mit  dem  Titel  eines 
Königs  von  Frankreich  zufrieden,  und  versprach  die  Leistung 
einer  Subsidie  von  100.000  Dukaten  monatlich,  so  lange  die 
Fehde  dauern  würde.  Sehen  wir  nun,  mit  welchem  Erfolge 
das  kühn  entworfene  Unternehmen  ausgefthrt  wurde. 

4.  Im  Sommer  des  Jahres  1524  zog  Herzog  Karl  von 
Bourbon  über  die  Alpen  nach  Prankreich  an  der  Spitoe  emes 
Heeres,  welches  von  18.000  bis  22.000  Mann  angegeben  wird. 
Dieses  bestand  aus  6000  Spaniern,  30  Fähnlein  italienischer 
Krieger,  600   leichten  Reitern,  und  7000  deutsehen  Lands- 


Im  Anfange  des  sechzehnten  Jahrhunderts  hielt  kein  Staat  im 
Frieden  Soldaten  —  einige  Besatzungen  und  WafTenmftnner 
(6en8d''armes)  ausgenommen.  Diese,  schwer  bewaffnete  Reiter, 
wurden  als  der  Kern  des  Heeres  betrachtet;  sie  waren  meistens 
von  Adel,  obgleich  bis  zur  Zeit  Karis  IX.  auch  einzelne  Bürger- 
liche darunter  aufgenommen^  und  durch  ihre  Beschäftigung  mit 
den  Waffen  gewissermassen  in  den  Adelstand  erhoben  wurden. 
Früher  führten  sie  nur  Lanzen  und  Degen,  später  auch  Pistolen. 
Seitdem  die  Bfistung  trotz  ihrer  Schwere  nicht  mehr  gegen  Ku- 
geln schützte,  ward  sie  allmählig  erieichtert.  Ludwig  XIL  un- 
terhielt etwa  4500  solche  Waffenmftnner.  Zu  jedem  Waffen- 
mannegebörten  noch  flinf  andere  Personen,  namlichBogenschtttzen, 
Pagen,  Knechte.  Wir  sehen  daraus,  dass  die  sogenannte  Gens- 
d'armerie  einst  eine  ganz  andere  Bestimmung  hatte,  als  in  nn- 
sern  Tagen. 


—    31    — 

kneehlen,  bei  welchen  sich  auch  d^  junge  Kaspar  von 
Frenndsberg,  so  wie  der  in  der  Folge  so  berfihmt  geworJ 
dene  Sebastian  Sdienlin  von  Burtenbach  befanden;  letzterer 
gibt  in  seiner  Selbstbiographie  die  Stärke  des  kaiserlichen  Hee- 
res auf  12.000  Ihnn  an.  Die  Deutschen  wurden  vom  Grafen 
Eitel  Friedrich  von  Zollern  angeführt;  diesem  zur  Seite  standen 
als  Führer  Graf  Ludwig  von  Lodron  und  sein  eben  so 
tapferer  Vetter  Johann  Baptist  von  Lodron.  Das  kai- 
seiliche  Heer  überstieg  ungehindert  die  Alpen  und  langte  glück- 
lich auf  französischem  Boden  an;  zum  Glücke  für  Frankreich 
waren  aber  dem  feurigen  and  unternehmenden  Bourbon  von 
allen  Seiten  die  Htüide  gebunden^  Der  Kaiser,  welcher  Herr 
des  mittellftndjschen  Meeres  zu  werden  wünschte,  forderte  vor 
Allem,  dass  Boorbon  seinen  Zug  vorerst  nicht  nach  Lyon  rieb» 
ten,  sondern  die  Operationen  mit  der  Eroberung  von  Har- 
seille  beginnen  soUte.  Dies  war  an  und  für  sich  schon  hin- 
reichend,  die  ganze  Unternehmung  scheitern  zu  machen. 
Ausserdem  gab  Kaiser  Karl  dem  Herzog  von  Bourbon  noch  den 
Markgrafen  von  Pescara  zum  heimlichen  Aufseher  mit  — 
emen  Mann,  der,  seitdem  Boarbons  Ruhm  den  seinigen  in  It»* 
lien  verdunkelt  hatte,  durch  seine  Eifersucht  mehr  als  jeder 
Andere  geeignet  war,  ihn  im  Zaum  zu  halten,  falls  der  Kon- 
netable  nicht  den  Wünschen  des  Kaisers  gemüss  handeln  sollte, 
oder  Lust  zeigen  dürfte,  wohl  gar  zur  Unterthanenpflicht  zu- 
rückzukehren, und  mit  König  Franz  sich  auszusöhnen. 

Gleich  nach  der  Ankunft  des  kaiserlichen  Heeres  in  Frank- 
reich wurden  mehro'e  kleine  Städte  erobert,  mehr  um  die  Be- 
gierlichkeit  des  Heeres  zu  reizen,  als  um  dem  Feinde  einen 
wesentlichen  Abbruch  zu  thnn.  Wo  Bourbon  sich  zeigte,  floh 
das  französische  Heer;  aufgemuntert  durch  diese  glüeldiehen 
Erfolge,  drang  er  bis  an  die  Rhone  vor,  um  schnell  Lyon  zu 
erreichen.  Diesem  Plane  widersetzte  sich  nun  der  Harkgraf 
von  Pescara  mit  allem  Ernste,  und  drang  der  erhaltenen  Wei- 
sung gemäss  auf  die  Belagerung  von  Marseille.  Vergeblich 
stellte  Bourbon  vor,  dass   eine  Belagerung   dieser  festen  See- 


—    38    - 

stadi  das  Heer  schwachen  und  dem  Feinde  Zeit  geben  wfirde, 
zur  BesinoQRg  zu  kommen;  der  Kaiser  hatte  sie  geboten, 
damit  Punktum.  Um  das  Heer  nicht  muthlos  zu  machen,  nahm 
Bourbon  die  Miene  an,  als  ob  er  ganz  einverstanden  wäre,  ja 
sprach  sogar  von  der  Eroberung  der  benannten  Stadt  als  von 
einer  Kleinigkeit;  indessen  zeigte  der  Erfolg,  dass  der  intelli- 
gente Feldherr  die  Lage  der  Dinge  nmr  allzu  richtig  beur- 
theilt  hatte. 

Das  kaiserliche  Heer  langte  mit  uDSftglicher  Höhe  am  19. 
August  1524  vor  Harseille  an.  -Beim  Uebergang  ttber  den 
Fluss  Yar  wurde  dem  Konnetable  sein  Pferd  erschossen.  .Uie 
allgemeine  Erschöpfung  fand  in  diesem  Zufalle  eine  ungkld(- 
liehe  Vorbedeutung,  und  laut  sprach  man  im  Heere  davon,  dass 
die  Alpen  von  der  Natur  zu  einer  ewigen  Scheidewand  zwischen 
Italien  und  Frankreich  bestimmt  worden  seien,  die  man  von 
beiden  Seiten  nur  zum  Verderben  itberspringen  könne.  Das 
Heer  wurde  unterdessen  vertheilt;  Batterien,  welche  die  Mavem 
von  Marseille  niederwerfen  sollten,  vyrurden  anfgeftthrt.  Je 
mehr  dem  Herzoge  daran  lag,  diese  Eroberung  bald  zu  vollenden, 
desto  rascher  verfuhr  er.  Em  Zusammentreffen  von  mehre- 
ren widrigen  Umstünden  sollte  indessen  seine  Wünsche  ver- 
eiteln. 

Ein  Italiener,  Namens  Renzo  de  Gere,''')  Oberst  der 
päpstlichen  Truppen,  hatte  sich  mit  3000  Mann  seiner  Nisition 
in  die  Stadt  geworfen,  um  diese  gemeinschaftlich  mit  den  Fran- 
zosen Chabot  de  Brion  zu  vertheidigen,  welcher  schon  vor 
der  Ankunft  des  Konnetable  200  Lanzen  dahin  gefährt  hatte. 
Der  Vicomte  Jean  de  Caux  befehligte  das  Geschütz.  Indessen 
mehr  als  diese  Truppenmacht  leistete  der  Heroismus  der  Bdrger. 
Ueber  9000  von  diesen  hatten  sich  in  Kompagnien  eingetheOt, 
und  verrichteten  den  Dienst  mit  einer  Pfinktlichkeit,  welche  sich 


*)  Man  findet  auch  Renzo  da  Geri  so  wie  Rentio  di  Geres  geschrie- 
ben; er  war  aus  der  dem  Kaiserhanse  feindlich  gesinnten  Fa- 
milie der  Orsini  (Ursini). 


-    33    - 

iD  der  Regel  nur  bei  geObteo  Kriegern  6ndet.  Die  Reichen 
brannten  ihre  Landhäiuser  nieder,  und  bewogen  dadurch  die 
Uebrigen  zur  Sphleifung  der  YorsUidte.  In  der  Stadt  Selbsten 
errichtete  man  Terrassen  und  Bastionen,  und  legte  Yerscbanzungen 
an.  Mit  unbeschreiblicher  Hübe  wurde  ein  Theil  des  Geschtitzes 
sogar  auf  die  Kircfatbürme  'hinaufgewunden.  Greise,  Weiber 
und  Kinder  —  die  vornehmsten  nicht  ausgenomooien  —  legten 
Hand  an,  um  zur  Rettung  der  Vaterstadt  das  Ihrige  beizutragen. 
Tag  und  Nacht  wurde  geschanzt,  gearbeitet.  Bourbon  erwartete, 
dass  dieser  Eifer  sich  verflüchtigen  werde,  sobald  ein  Theil  der 
Mauer  in  Trümmer  würde  geschossen  sein.  Eine  ganz  prak* 
tikable  Bresche  ward  bald  zu  Stande  gebracht;  allein  vom  Ver- 
suche, durch  dieselbe  in  die  Stadt  zu  dringen,  musste  man 
abstehen,  weil  die  Vcrtheidigungsanstalten,  welche  die  Einwoh- 
ner dicht  hinter  den  Mauern  gemacht  hatten,  allzu  furchtbar 
waren.  Durch  Minen  wollte  sich  nun  Bourbon  den  Weg  in 
diese  Verschanzungen  bahnen;  aber  dies  misslang  durch  die 
Thatigkeit  der  Weiber,  deren  Gegenminen  den  kaiserlichen 
Mineuren  sehr  gefährlich  wurden.  Ein  einziges  Mittel  war  noch 
übrig,  nämlich:  die  Stadt  durch  Spione  in  Brand  zu  stecken; 
aber  auch  dies  missglückte.  Unterdessen  hatte  sich  ein  fühl- 
barer Mangel  an  Lebensmitteln  im  kaiserlichen  Lager  eingestellt. 
Von  allen  Seiten  erschallten  Klagen  und  Vorwürfe;  nur  Bour^ 
bon  war  der  Gegenstand  derselben,  weil  Pescara  die  Miene  an- 
nahm, als  habe  er  diese  Belagerung  von  jeher  missbilligt,  und 
unedel  genug  war,  sich  dem  tapfem  und  unerschrockenen  Her- 
sog gegenüber  sogar  Spöttereien  zu  erlauben«  Als  eine  Ka- 
nonenkugel eines  Tages  mehrere  Menschen  selbst  im  Zelte 
Pescara's  tödtete,  sagte  dieser  hohnlächelnd  zum  anwesenden 
Konnetable:  ^Sehen  Sie  da  die  Schlüssel  der  Stadt,  welche 
„die  Bürger  von  Marseille  uns  zu  Füssen  legen.* 

Die  Mttthlosigkeit  der  Soldaten  war  indessen  nicht  das 
Schlimmste  in  Bourbons  misslicher  Lage.  Phllibert  Prinz 
von  Oranien,  der  von  Spanien  aus  Hülfe  hätte  bringen 
sollen,  ward  vom  Admiral  der  Stadt  Genua,  Andreas  Doria, 


—        34        -       ^ 

auf  dem  Meere  gefangen.  Der  Vicekönig  von  Neapel  Lannoy 
hatte  den  Auftrag,  den  Herzog  von  Italien  a!TS  mit  6000  Mann 
Infanterie  (nach  andern  Quellen  mit  1000  Kfirassieren)  zu  un- 
terstützen; allein  er  blieb  unter  nichtigen  Vorwänden  in  Asti 
zurück.  Kaiser  Karl  vergass  einen  Einfall  in  die  Gujenne  machen 
zu  lassen,  und  der  König  von  England  zahlte  die  zugesicherten 
Subsidiengelder  nicht.  Jedoch  allen  diesen  Widerwärtigkeiten 
setzte  Bourbon  einen  unerschütterlichen  Muth  entgegen,  und  fest 
entschlossen  Marseille  zu  nehmen,  dachte  er  auf  neue  Mittel. 
Das  Fort  von  Toulon  und  das  Städtchen  Cassis  (zwei  deutsche 
Meilen  von  Marseille  östlich  am  Meere  gelegen)  entkielten 
Kriegsvorräthe ;  der  Konnetable  nahm  beide  Plätze  mit  Sturm, 
und  kehrte  mit  den  erbeuteten  Vorrüthen  nach  Marseille  zurück. 
Die  Mauern  wurden  von  neuem  beschossen,  und  stürzten 
in  kurzer  Zeit  krachend  zusammen;  allein  eine  Yerschanzung, 
durch  Pallisaden  gedeckt,  schreckte  den  entschlossensten  Muth 
von  einem  Sturme  zurück.  Bourbon  forderte  die  deutsche  In- 
fanterie auf,  die  Pallisaden  niederzureissen ;  diese  entschuldigte 
sich  jedoch  mit  ihrer  Bestimmung,  im  offenen  Felde  zu  kämpfen ; 
Italiener  und  Spanier  waren  noch  weniger  bereitwillig.  Dem 
Muthvoilen,  der  zuerst  Sturm  laufen  wolle,  versprach  Bourbon 
500  Dukaten  und  das  Kommando  über  500  Mann;  ein  lautes 
Murren  war  die  Antwort.  Die  Bresche  wurde  erweitert  und 
Bourbon  Hess  sich  herab,  den  Markgrafen  Pescara  zu  bitten, 
ddss  er  die  Spanier  zum  Sturmlanfen  bewegen  möcht«;  Pes- 
cara versprach  es  zu  thun,  wenn  die  Bresche  von  neuem  un- 
tersucht sein  würde.  Sieben  entschlossene  Spanier  übernahmen 
dieses  gefährlidie  Geschfift;  davon  wurden  vier  auf  der  Stelle 
erschossen  und  die  Uebrigen  verwundet;  diese  Letztem  sagten 
aus:  „Dir  Franzosen  zu  Boss  und  zu  Fuss  stünden  in  Ord- 
„nung  hinter  der  Munition;  das  Geschütz  wäre  alles  gegen  den 
„Einfall  gerichtet,  und  die  Grüben  wfiren  voll  Pulver.^  Diese 
Nachricht  schlug  den  Muth  vollends  nieder;  vor  dem  ganzen 
Haufen  rief  Pescara  laut  aus:  „Ihr  sehet,  was  die  Marsil- 
„lienser  vns  für  ein  Mahlseit  angericht;  welcher  nit  gern  wli 


—    35    — 

„leben,  vnd  bald  in  der  Holl  wi)  zu  nacht  essen,  der  mag  den 
Starm  anlauffen,  welche  aber  ihr  eigene  und  des  Keysers  wol- 
„fahrt  begeren,  die  sollen  mir  nachfolgen;  denn  ich  wil 
„abziehen/^  So  sprach  Pescara  zum  Haufen,  und  das  Resultat 
seiner  Anrede  war:  „darauf  ist  jm  alles  Kriegs?olk  zu- 
„gef allen;  Eitel  Friedrich,  Graf  von  Zollem,  Graf  Lud- 
„wig  von  Lodron  und  alle  Teutsche  Hauptlent  hatten  in 
„Sonderheft  ein  gross  gefiillen  an  diesem  Abzug.  ^ 

So  erzählt  uns  Adam  Reissner. 

Die  Nachricht,  dass  König  Franz  I.  mit  40.000  Mann,  die 
er  eiligst  gesammelt  hatte,  im  Anmarsch  begriffen  sei,  Mar- 
seille zu  entsetzen,  gab  endlich  vollends  den  Ausschlag;  die 
Belagerung  der  Stadt,  die  40  Tage  gedauert  hatte,  wurde  am 
29.  September  1524  aufgehoben.  Um  den  Bewohnern  von  Mar- 
seille den  Rückzug  zu  verbergen,  Hess  Bourbon  im  Lager  ein 
grosses  Feuer  anzünden,  dessen  Rauch  der  Stadt  zuströmte; 
auf  diese  Weise  wurde  es  ihm.  möglich,  sein  Geschütz  zu 
retten  —  bis  auf  die  grössern  Stücke,  von  denen  Pescara  zwei 
vergraben,  die  übrigen  aber  sprengen  Hess.  Lflngs  der  Küste 
des  mittelländischen  Heeres  zog  er  sich  nach  Italien  zurück* 
Die  leichte  Reiterei  mit  den  wälschen  Fähnlein  machten  den 
Yortrab,  nun  folgte  das  Geschütz  mit  dem  Trosse,  die  Deut- 
schen bildeten  das  Centrum  und  die  Spanier  den  Nachtrab. 
Wie  sehr  aber  auch  Bourbon  seinen  Harsch  beschleunigte,  so 
wurde  doch  sein  Nachtrab  von  den  französischen  Marschällen 
Chabannes  und  Hontmorency,  noch  weit  mehr  aber  von 
den  proven^alischen  Landleuten  arg  mitgenommen;  letztere  hatten 
sich  in  Engpässen  in  einen  Hinterhalt  gelegt,  und  unbarmherzig 
alle  jene  erschlagen,  welche  sich  von  der  Armee  entfernten. 
Nach  vielen  ausgestandenen  Beschwerden  kam  Bourbon  endlich 
nach  Monaco.  Die  Nähe  des  Winters,  glaubte  er,  würde 
ihm  Zeit  zur  Erholung  geben ;  allein  König  Franz  nicht  zufrie- 
den, seinen  Gegner  aus  der  Provence  vertrieben  zu  haben,  eilte 
möglichst  schnell  über  die  Alpen,  um  ihn  in  der  Lombardei 
gänzlich   zu   vernichten  und  Hailand   wieder  zu  erobern.    Ein 

3« 


-    86    — 

Eilbote  von  Lannoy  brachte  die  Nachricht,  dass  Alles  verloren 
sei,  wenn  Bourbon  nicht  zu  Hülfe  komme.  Der  Konnetable 
verlor  keinen  Augenblick,  um  sich  mit  dem  Vice -König  zu 
vereinigen. 

Pescara,  welcher  den  Yortrab  führte,  kam  an  demselben 
Tage  in  Alba  an,  an  dem  Franz  in  Vercelli  einmarschierte. 

Pescara  vereinigte  sich  den  folgenden  Tag  mit  Lannoy; 
der  Zug  ging  nun  stracks  auf  Mailand.  Diese  Stadt  war  seit 
der  Verwüstung  durch  Kaiser  Friedrich  Barbarossa  nicht  un- 
glücklicher gewesen,  als  gerade  in  diesem  Zeitpunkte.  Eine 
schreckliche  Pest  hatte  den  grössten  Theil  der  Einwohner  hin- 
weggerafft, und  die  Uebriggebliebenen  waren  zu  sehr  mit  ihren 
eigenen  Leiden  bescjiäftigt,  als  dass  sie  sich  viel  um  Freund 
oder  Feind  bekümmert  hätten;  König  Franz  und  Herzog  Franz 
Sforza  galt  ihnen  unter  den  obwaltenden  traurigen  Umständen 
gleich  viel. 

Das  kaiserliche  Heer  war  indessen  vor  Mailand  angekom- 
men. So  gefährlich  es  auch  sein  mochte,  sich  in  einer  von 
der  Pest  verwüsteten  Stadt  einzuschliessen ,  so  erlaubte  doch 
die  Kraftlosigkeit  der  Truppen  keine  andere  Hassregel.  Kaum 
hatten  sie  sich  aber  in  etwas  erholt,  als  der  grösste  Theil  der- 
selben zu  Pavia,  Lodi,  Alessandria  und  Como  in  Garnison  ge- 
legt wurde.  Nach  Pavia  kamen  zwölf  Fähnlein  deutscher 
Truppen  unter  den  Grafen  Eitel  Friedrich  von  Zollem,  Lud- 
wig von  Lodron  und  Johann  Baptist  von  Lodron; 
auch  der  berühmte  Freiherr  Konrad  von  Boineburg  (Bemmel- 
berg)  soll  sich  nach  seinem  Biographen  unter  den  deutschen 
Hauptleuten  in  Pavia  befunden  haben;  darin  befand  sich  auch 
der  tapfere  Sebastian  Schertlin  von  Bertenbach.  Der  Konne- 
table zog  sich  mit  dem  Rest  seiner  Truppen  nach  Soucino  am 
Oglio  zurück,  und  wartete  hier  die  Massregeln  des  französischen 
Königs  ab,  um  nach  diesen  die  eigenen  treffen  zu  können. 


—    37    — 


m.  Abschnitt. 

Fraoz  I.,  König  Ton  Frankreich  in  Mailand:  Belagerung  der  Stadt  Pa- 
ria; Ludvig  Graf  von  Lodron,  und  sein  Vetter  Johann 
Baptist  Ton  Lodron  in  Paria;  Zurückschlagnng  der  unter- 
nommenen dreizehn  Stürme;  Noth  in  der  belagerten  Stadt;  Aus- 
fälle der  tapfem  Besatsnng;  Zug  des  Ritters  Qeorg  t.  Freunds- 
berg  nach  Italien  zur  ^Entschüttung^  ron  Paria;  Papst  Klemens 
VIT.  und  seine  Politik;  päpstliche  Legaten  im  französischen  und 
kaiserlichen  Lager,  so  wie  in  Paria;  Beschluss  der  kaiserlichen 
Heerführer,  den  KOnig  ron  Frankreich  anzugreifen;  Freunds- 
bergs Anrede;  Aufbruch  des  kaiserlichen  Heeres;  Schlacht 
bei  Paria  den  24.  Februar  1525. 

1.  Hätte  Köniff  Franz  das  aus  der  Proven^^  zurückziehende 
kaiserliche  Heer,  das  erschöpft  und  geschwächt  die  Lombardie 
erreichte,  gleich  mit  seiner  Uebermacht  angegriffen,  so  hätte  er 
seines  Sieges  gewiss  sein  können;  seine  Hauptsorge  ging  aber 
dahin,  Mailand  zu  besetzen  und  in  dieser  halbverödeten  Stadt 
seinen  Namen  und  seine  Pracht  jeden  Tag  neu  zur  Schau  zu 
tragen  —  worüber  eine  kostbare  Zeit  verloren  ging.  Als  es 
nnn  hiess,  die  Operationen  wieder  aufzunehmen,  machte  König 
Franz  den  Anfang  mit  der  Belagerung  der  festen 
Stadt  Pavia  —  ein  furchtbarer  HissgriiT!  Franz  that  dies 
hauptsächlich  auf  den  Rath  und  Antrag  seiner  Günstlinge,  be- 
sonders des  berüchtigten  Bonnivet,  den  Bourbon  6  Monate 
vorher  so  schmählich  nach  Hause  geschickt  halte.  Zum  Glücke 
für  die  kaiserlichen  Waffen  hatte  aber  Pavia  einen  Mann  zum 
Kommandanten  erhalten,  der  Kopf  und  Herz  auf  dem  rechten 
Flecke  hatte;  es  war  dies  Antonio  de  Leyva^  Fürst  von 
Termino,  ein  Spanier  von  Geburt,  „das  alte,  störrische,  gicht- 
brüchige und  doch  ewig  unruhige  Soldatenkind^  —  wie  dieser 
tapfere  alte  Haudegen  häofig  genannt  wird  —  ein  Mann,  der 


—    38    - 

sich  durch  Umsicht,  Huth  and  Entschlossenheit  schon  bei  vielen 
Gelegenheiten,  namentlich  aber  in  der  blutigen  Schlacht  bei 
Ravenna  (11.  April  1512)  ausgezeichnet  und  jttngsthin  we- 
sentlich dazu  beigetragen  hatte,  die  Franzosen  aus  dem  Mai- 
Ifindischeft  zu  vertreiben.  Antonio  de  Leyva  hatte  als  Anführer 
spanischer  Truppen  schon  am  21.  April  1503  bei  Seminaria 
im  Neapolitanischen  über  den  französischen  General  Aubigni 
gesiegt,  war  in  den  Waffen  ergraut,  und  ein  grosser  Freund 
der  Tiroler,  wie  dies  ans  jenen  beiden  Schreiben  nach 
Innsbruck  hervorgeht,  welche  uns  die  Geschichte  aufbewahrt 
hat,  und  die  zu  seiner  Zeit  werden  mitgetheilt  werden. 

Seine  glänzendsten  Thaten  vollbrachte  er  bei  vorgerück- 
terem Alter  in  dem  elendesten  körperlichen  Zustande.  Vom  Gichte 
geplagt,  stets  von  körperlichen  Schmerzen  verfolgt,  leitete  er 
vom  Tragsessel  aus  die  Schlachten.  Mit  vollkommener  kör- 
perlicher Kraft,  sagte  man  von  ihm^  hätte  er  den  Teufel  selber 
bekriegt  und  besiegt. 

Werfen  wir  nun  vom  Stadtkommandanten  auch  noch  einen 
Blick  auf  die  Stadt  Selbsten. 

Pavia,  die  Residenz  der  longobardischen  Könige,  liegt  auf 
beiden  Ufern  des  Tessin,  unweit  seines  Zusammenflusses  mit 
dem  Po,  jedoch  in  der  Art,  dass  die  eigentliche  Stadt  das 
linke  Ufer  einnimmt,  die  Vorstadt  St,  Antonio  aber  auf  dem 
rechten  Ufer,  gewissermassen  als  Brückenkopf,  die  Insel  ver- 
theidigt,  welche  ein  kurz  vor  der  Stadt  auslaufender  und  hinter 
ihr  wieder  in  den  Hauptstrom  mündoider  Nebenarm  des  Tessin 
(der  Ticinello  genannt)  bildet.  Das  feste  Schloss  lag  auf  der 
Stadtseite,  ziemlich  in  der  Mitte  der  Verwallung,  welche  mit 
ihren  Endpunkten  den  Tessin  berührt.  Eine  stehende  Brücke 
verbindet  Stadt  und  Vorstadt. 

Die  Besatzung  bildeten  500  Spanier,  200  Kürassiere  und 
IS  Fähnlein  deutscher    Landsknechte.*)    Dem  braven 


*)    Sebastian  von  Schertlin,   der  sich  —  wie  bereits  erwähnt  -^ 
ebenfalls  io  Pavia  befand,  gibt  die  Stärke  der  ganzen  Besatsong 


-    39    — 

StadlkonMnandaiiten ,  Antonio  de  Leyva,  zar  Seite  standen: 
Eitel  Friedrich  Graf  von  Zollem,  die  beiden  Grafen  Ludwig 
und  Johann  Baptist  von  Lodron,  Konrad  von  Boine- 
borg  (Bemmelberg),  dann  Rudolph  Häl  und  der  23  Lebensjahre 
zählende  Kaspar  von  Freunds berg,  der  tapfere  Sohn 
des  Ritters  Georg  von  Freundsberg. 

Am  28.  Oktober  1524  war  die  Einschliessung  der  Festung 
vollendet;  noch  denselben  Tag  unternahm  der  Marschall  Hont- 
morency  einen  Sturm  auf  die  Vorstadt  St.  Antonio,  die  von 
den  Deutschen  unter  Ludwig  Grafen  von  Lodron  und 
Konrad  von  Bemmelberg  vertheidigt  wurde*);  beide  Führer 
schlugen  den  angelegten  Stnrm  siegreich  ab,  und  wiesen  die 
Franzosen  mit  blutigen  Köpfen  zurück. 

Als  der  Konnetable  vernommen  hatte,  Franz  habe  sich  an- 
geschickt, Favia  zu  belagern,  war  er  über  diesen  Hissgriff  des 
Königs  hoch  erfreut,  und  der  Markgraf  Pescara  sprach  zu  sei- 
nen Soldaten:  „Nun  sind  wir  gewonnen,  weil  Frankreichs 
„König  uns  verlässt  und  sich  gegen  die  Dentschen  in  Pavia 
„wendet ;  denn  diese  werden  schon  sich  wehren,  bis  der  König 
„den  Winter  hindurch  müde  wird;  mittlerweile  kann  uns  neue 
„Hälfe  aus  Deutschland  werden  und  wir  werden  dann  diesen 
„Krieg  mit  einem  herrlichen  Sieg  vollenden»^  Und  so  kam  es 
auch,  wie  wir  sehen  werden. 

Pescara  hatte  sich  in  Lodi  aufgestellt,  um  von  da  aus  den 
Belagerten  Hülfe  bringen  zu  können,  während  Lannoy  mit  der 
Kavallerie  über  die  Adda  gegangen  war,  und  ebenfalls  bei  Son- 
ciBO  am  Oglio  eine  Stellung  genommen  hatte.  Die  Belagerung 
der  Stadt  Pavia  durch  den  König  von  Frankreich  dauerte  vier 
Monate  —  vom  28.  Oktober  1524  bis  24.  Februar  1525.  -^ 


in  runder  Summe  auf  4000  Mann  an,  während  der  Biograph  des 
Konnetables  Karl  von  Bourbon  die  Landsknechte  allein  auf  6000 
Mann  angibt,  dem  zu  Folge  jedes  Fähnleio  derselben  bei  500 
Manu  gezählt  haben  müsste,  was  aber  durchaus  nicht  wahr- 
scheinlich ist. 
*)  So  erzählt  uns  der  Biograph  des  Preiberrn  Konrad  von  Boine- 
burg  (Bemmelberg.) 


—    40    — 

Während  dieser  Zeit  Hess  König  Franz  dreizehn  Stürme 
anlegen,  welche  aber  sämmtlich  von  der  braven  Besatzung 
glänzend  abgeschlagen  virnrden;  angefeuert  darch  ihre  tapfen 
Fahrer,  verrichtete  dieselbe  Wander  der  Tapf^keit ;  namentlich 
wird  Graf  Friedrich  von  Zoilem  nnd  Graf  Johann  Baptist 
von  Lodron  angeführt,  die  mit  ihren  Leuten  einen  Haupt" 
«furmzurttckschlugen,  den  Frankreichs  König  beim  Schloss- 
thurm,  der  sammt  den  anstossenden  Mauern  durch  das  fran- 
zösische vom  alten  Genoutllac  befehligte  Geschütz  in  Trümmer 
geschossen  worden  war,  und  eine  gangbare  Bresche  erhalten 
hatte,  hatte  anlegen  lassen.  Auch  auf  Seite  der  Vorstadt  wur- 
den keine  grossen  Fortschritte  gemacht;  vergebens  liess  Mont- 
morency  die  nach  langer  Vertheidigung  überwältigte  Besatzung 
eines  Thurmes  hängen;  diese  Grausamkeit  schüchterte  die 
deutschen  Landsknechte  nicht  ein,  sondern  erbitterte  sie  nur 
um  so  mehr. 

Da  König  Franz  die  Erfahrung  gemacht  hatte,  dass  er  sich 
nicht  mit  Gewalt  der  Waffen  in  den  Besitz  des  Platzes  setzen 
konnte,  verschmähte  er  es  nicht,  Versuche  zu  machen,  mit 
Hülfe  des  Geldes  in  den  erwünschten  Besitz  desselben  zu 
kommen;  die  Sache  wurde  aber  verrathen^  und  der  Komman- 
dant, Antonio  de  Leyva,  liess  zwei  Spanier  viertheilen,  die 
überwiesen  worden  waren,  den  Franzosen  die  Festung  für  er- 
haltenes Geld  in  die  Hände  spielen  zu  wollen.  Jetzt  machte 
Frankreichs  König  den  Versuch,  oberhalb  der  Stadt  den  Tessin 
abzudämmen,  und  sein  Wasser  in  den  kleinem  Arm  desselben, 
in  den  sogenannten  Ticinello  zu  leiten,  welcher  die  Vorstadt 
mit  der  Insel  umschliesst,  auf  der  jene  gebaut  ist.  Glückte 
dieser  Versuch^  so  lag  die  Stadt  von  der  Wasserseite  offen: 
jedoch  das  anschwellende  Wasser  des  Flusses  riss  die  aufge- 
worfenen Dämme  nieder  und  brach  sich  Bahn  in  sein  altes  Bett; 
es  blieb  demnach  dem  König  nichts  anderes  übrig,  als  zum 
langsamen  Sapp-  und  Hinenkrieg  überzugehen,  und  die  Schrecken 
des  Hungers  wirken  zu  lassen.  Was  dem  wackern  Komman- 
danten zum  Tröste  gereichte,  und  demselben  die  Vertheidigung 


—    41    ~ 

des  Platzes  durch  eine  so  lange  Zeit  bedeutend  erleichterte^ 
war  die  lobenswerthe  Haltung  der  Stadtbewohner,  die  Geld  vor- 
streckten, die  Lebensmittel  willig  mit  den  Soldaten  theilten, 
alles  Ungemach  einer  langen  Belagerung  geduldig  ertrugen, 
und  die  Besatzung  mit  Arbeiten  unterstützten ;  hierin  zeichneten 
sich  namentlich  die  Damen  der  Stadt  aus,  die  unter  Anführung 
der  Gräfin  Hippolita  von  Malaspina  Schanzen  aufwarfen,  und 
später  sogar  in  den  Breschen  standen,  die  Soldaten  zur  tapfem 
Gegenwehr  ermunternd;  —  dafür  mussten  aber  die  braven  Be- 
wohner von  Pavia  ein  paar  Jahre  später  für  diese  ihre  an  den 
Tag  gelegte  Loyalität  die  Rache  der  Franzosen  bitter  empfin- 
den, wie  seiner  Zeit  ausführlicher  erzählt  werden  wird.  Als 
die  Geldnoth  in  der  Stadt  den  höchsten  Grad  erreicht  hatte, 
liess  Leyva  das  erhaltene  Kirchensilber  ausmünzen,  um  seine 
Leute  bezahlen  zu  können.  Die  Noth  an  Lebensmitteln  war  so 
gross,  dass  ein  Ei  20  Kreuzer,  eine  Henne  3  Dukaten,  und 
das  Pfund  Schmalz  einen  Dukaten  kostete.  Schertlln  schildert 
uns  die  Noth  der  Besatzung  mit  den  kurzen  Worten:  „wir 
haben  wenig  zu  essen  gehabt,  unser  eigen  pferd,  esel  und 
hnnd  gessen.^  Wer  aber  mitten  in  diesem  Elende  sich  beson- 
ders auszeichnete,  das  war  der  junge  Kaspar  von  Freunds- 
berg, der  die  Betrübten  tröstete,  den  Verzagten  Muth  machte, 
und  sich  überall  thötig  zeigte;  Leyva  ernannte  deshalb  den 
jugendlichen  Landsknecht  zum  Hauptmann  über  ein  Fähnlein 
Fussvolk,  an  dessen  Spitze  der  tapfere  Krieger  bei  den  vielen 
AusfKllen,  die  Leyva  unternehmen  Wess^  sich  besonders  hervor- 
Ihat.  Von  diesen  verdient  der  Ausfall  gegen  die  Graubündner, 
die  sich  5000  bis  6000  Mann  stark  im  französischen  Lager 
befanden,  besonders  erwähnt  zu  werden,  welchen  Ausfall  der 
Kommandant  in  eigener  Person  an  der  Spitze  der  200  Kürassiere 
und  von  6  Fähnlein  Fussvolk  unternahm,  und  bei  dieser  Gelegen- 
heit 13  Fähnlein  Graubündner  aus  dem  Felde  schlug,  ihnen  zwei 
Geschütze,  alle  ihre  Standarten  und  die  ganze  Bagage  abnahm.*) 


^)    In  Bezug  auf  die  von  der  tapfern  Besatzung  gemachten  Ausfalle 


-    42    - 

Ein  etwas  sonderbar  klingendes  Mittel  soll  Pescara,  der  in 
Lodi  stand,  mit  Erfolg  angewendet  haben,  um  Geld  und  gute 
Nachrichten  in  die  vom  Feinde  und  vom  Hunger  gleich  hart 
bedrängte  Stadt  zu  bringen.  Zwei  alte  Spanier  hatten  nämlich 
durch  einen  Todtschlag  das  Leben  verwirkt.  Pescara  schenkte 
ihnen  dasselbe,  gegen  dem,  dass  sie  das  Wagstück  unternehmen 
sollten,  Geld  und  Nachrichten  in  die  Stadt  zu  bringen;  beide 
Maleficanten  versprachen  es,  nähten  das  erhaltene  Gold  in  ihre 
Kleider  ein,  kamen  als  Ueberlfiufer  ins  französische  Lager, 
schlössen  sich  dann  bei  Gelegenheit  eines  Ausfalles  an  die 
kaiserlichen  Soldaten  an,  und  kamen  so  glücklich  in  die  Stadt. 
Vom  mitgebrachten  Gelde  konnte  Leyva  jedem  Landsknechte 
eine  Krone  auszahlen.  Ein  anderes  Mal  wurden  3000  Dukaten 
mit  List  in  die  Stadt  gebracht.  Harketender  führten  nämlich 
obige  Summe ,  anscheinend  in  Weinfässern ,  durch  das  franzö- 
sische Lager  bis  an  die  jenseitigen  Vorposten;  dorthin  richtete 
nun  der  davon  in  Kenntniss  gesetzte  Stadtkommandant  einen 
wüthenden  Ausfall,  und  führte  die  erwünschte  Beute  glücklich 
in  die  Stadt,  Noch  wichtiger  aber  als  das  ganze  erhaltene 
Geld  war  für  die  brave  Besatzung  die  mitgebrachte  Nachricht: 
Ritter  Georg  von  Freundsberg  sei  aus  Deutsch- 
land mit  einem  Heere  im  Anzüge,  um  Paviazu 
entsetzen.  Mit  dieser  tröstlichen  Nachricht  hatte  es  auch 
seine  volle  Richtigkeit. 

Nach  dem  Rückzuge  des  kaiserlichen  Heeres  aus  der  Pro- 
vence hatte  nämlich  der  Vicekönig  von  Neapel,  Karl  von  Lannoy, 
eiligst  seinen  Hofmeister,  Cornelius  von  der  Spangen,  nach 
Deutschland  um  Hilfe  abgeschickt,  namentlich  nach  Innsbruck, 
wo  Ferdinand,  der  Bruder  Kaiser  Karls  V.  eben  Hof  hielt. 
Ferdinand  wendete  sich  an  Georg  von  Freundsberg  mit 
der  Bitte,  einige  Föhnlein  Landsknechte  ehemöglichst  anzuwer- 


sagt  Schertlin:  Wir  haben  vil  aussfäUe  («en  jne)  gethon,  jme 
(Franz  L)  grossen  schaden  zugefiegl,  hei  uinem  ausfall  9  fend- 
lein  vnd  zwei  stuckbüchsen  genommen.  Ich  hab  die  schützen 
geliert  u.  s.  w. 


-    43    — 

beo,  selbe  nach  Italien  la  fllhren  und  das  Oberkommando  über 
diese  Hilfstruppen  za  Obernehmen.  In  unglaublich  schneller 
Zeit  brachte  Ritter  Georg  11  Fähnlein  zusammen,  die  er  nach 
Heran  führte ;  dorthin  brachte  Ritter  Marx  Sittich  von  Embs 
weitere  18  Fahnlein,  und  der  tapfere,  in  der  Folge  durch  seine 
heldenmüthige  Yertheidigung  der  Stadt  Wien  gegen  die  Türken 
anno  1529  so  berühmt  gewordene  Niklas  von  Salm  führte 
200  Kürassiere  herbei  ^  alle  ausgerüstet  von  der  getreuen  und 
opferwilligen  Landschaft  Tirol.  An  der  Spitze  der  Landsknechte 
erblicken  wir  als  Hauptleute  folgende  Ausländer:  Jakob  von 
Wemau,  der  zugleich  Freundsbergs  Locotenent  war,  Franz  von 
Breisach,  Albrecht  von  Freiberg,  Friedrich  von  Embs,  Heinrich 
Flitzinger,  Hanns  von  Bibracb ,  Daniel  von  Word ,  Kaspar  von 
Waldsee,  Ulrich  von  HOrtheiro  und  Egloif  Scheller. 
Folgende  fünf  Hauptleute  waren  Tiroler: 

Urban  Linsing*)  von  Landeck, 

Veit  von  Wähingen**), 

Georg  Strele, 

Hanns  von  Stammt), 

Philipp  von  Landeck  tt). 

Georg  von  Freundsberg  musterte  zu  Heran  seine  Mannschaft, 

mit  der  er   dann  am  27.  Dezember  1524  die  benannte  Stadt 

verliess,  und  seinen  Zug  über  Trient  und  Roveredo  nach  Italien 

antrat.     Ritter  Georg   erreichte   über  Desenzano   und  Soncino 


^)  Ob  er  nicht  richtiger  Urban  Lins  er  helssen  dürfte?    Bekannt* 
lieh  18t  die  ehrenfeste  Familie  der  Linser  in  Landeck  zu  Hause. 

*^)  Veit  von  Wähingen  war  Inhaber  der  Pfandherrscbaft  L  a  u  d  e  c  k 
im  Oberinnlhale,  wurde  später  oberösterreichischer  Regiments- 
rath  and  in  der  Folge  Feldzengmeister. 
f)  Kommt  auch  vor  als  Hanns  von  Stamp,  auch  als  Hanns  von 
Stamps;  dürfte  am  wahrscheinlichsten  wohl  Stambs  gemeint 
sein. 

ü)  Wie  beim  Hanns  von  Stambs,  so  ist  auch  bei  diesem  der  Schreib- 
name fortgelassen,  und  nur  der  Geburtsort  gesetzt,  was  sehr 
häufig  der  PaU  ist,  z.  B.  Ulrich  von  Ulm,  Michael  von  Altkirch 
u.  s.  w.  statt  Ulrich  Reger  von  Ulm,  Michael  Hartmann  von 
Altkirch. 


—    44    -. 

marschirend  die  Stadt  Lodi,  und  nahm  vor  derselben  bei  dem 
daselbst  befindlichen  Kloster  eine  Stellang;  hier  koncentrirte 
sich  nun  das  kaiserliche  Heer,  das  wir  aber  verlassen  mlisseD, 
um  bald  mit  päpstlichen  Legaten  in  dasselbe  zurückzukehren. 

Am  24.  September  1523  war  der  hochbejahrte  Papst  Ha- 
drian  VI.  gestorben.  An  seine  Stelle  ward  nun  erwählt  Kle- 
mens  YII. ,  ein  Anverwandter  (Vatersbruderssohn)  des  Papstes 
Leo  X.,  aus  dem  Hause  Medicis.  Von  der  Erwählung  dieses 
Papstes  sagt  Friedrich  von  Raumer: 

^Kiemens  war  der  mächtigste  unter  den  Kardinälen,  und 
zugleich  so  gemässigt,  dass  er  gar  nicht  nach  der  päpstlichen 
Würde  zn  streben  schien.  Man  hegte  grosse  Hoffnungen  von 
seiner  Geschäftskenntniss ,  und  wollte  für  keinen  Fall  einen 
Fremden  (wie  Hadrian  war) ,  der  etwa  Hadrians  Grundsätze 
gebilliget  oder  angenommen  hätte.^ 

In  Bezug  auf  den  Charakter  und  die  Persönlichkeit  dieses 
Papstes  sagt  derselbe  Schriftsteller: 

„Ungeachtet  aller  Herablassung  und  Anmuth  des  Umganges 
verstand  Klemens  VH.  doch  nicht  die  Gemüther  zu  gewinnen 
und  zu  lenken;  er  besass  mehr  die  Eigenschaften  eines  ge- 
schickten Beamten,  als  eines  grossen  Herrschers.  Da  ihm  ein 
edler,  freier  und  kräftiger  Geist  fehlte,  ging  seine  Vorsicht  in 
Unentschlossenheit ,  sein  Ernst  in  Härte  und  seine  Sparsamkeit 
in  Geiz  über.«' 

So  lautet  das  Urtheil  eines  Protestanten  über  Klemens  VU., 
dem  ich  mich  mit  der  Bemerkung  anschJiesse,  dass  derselbe 
Papst  von  vielen  Geschichtsschreibern  masslos  geschmäht  und 
beschimpft  wird;  wer  aber  hierin  Alle  weit  übertrifft,  das  ist 
Adam  Re issner,  der  bekannte  Biograph  des  Ritters  Georg 
von  Freimdsberg  und  dessen  Sohnes  Kaspar  von  Freundsberg, 
der  es  nicht  unterlassen  kann,  den  in  Rede  stehenden  Papst  bei 
jeder  Gelegenheit  in  den  Koth  zu  ziehen,  und  mit  demselben 
wacker  zu  bewerfen.  Jedoch  abgesehen  von  allen  Fehlern,  die 
diesem  Papste  zum  Vorwürfe  gemacht  werden,  die  uns  aber 
für  den  bevorstehenden  Zweck  nicht  berühren  —  Eine  traurige 


—    45    — 

Thatsache  kann  nicht  in  Abrede  gestellt  werden,  diese  nämlicb, 
dass  Klemens  YII.  sich  verleiten  Hess,  dem  Kaiser  Karl  Y. 
gegenüber,  eine  höchst  verderbliche  Politik  anzu- 
nehmen, die  für  ganz  Italien,  für  Rom,  und  auch  für  seine 
eigene  Person  die  traarigsten  Folgen  in  jeder  Beziehung  nach 
sich  zog.  *) 

Kaum  hatte  nämlich  Klemens  VII.  von  der  Belagerung  von 
Pavfa  gehört,  als  er  aus  Eifersucht  auf  die  wachsende  Macht 
Karls  y. ,  der  in  Unteritalien  das  Königreich  Neapel  und  in 
Oberitalien  das  Henogthum  Hailand  besass,  somit  den  Papst  um 
die  Mitte  gefasst  hatte,  als  seine  Legaten  den  Johann  Mathfius 
Giber ti,  seinen  Datarius  und  Bischof  von  Verona,  dann  den 
Albert  von  Carpen,  Botschafter  des  Königs  Franz  beim  römi* 
sehen  Stuhle,  und  den  Bischof  von  Brindisi,  Hieronymus  Alean- 
der, ins  französische  Lager  nach  Pavia  abschickte,  um  mit 
dem  König  von  Frankreich  und  dann  auch  mit  der  Republik 
von  Venedig  ein  Bündniss  abzoschliessen ,  das  zum  Zwecke 
hatte,  den  Kaiser  Karl  V.  nicht  nur  allein  aus  dem  Herzogthume 
Hailand,  sondern  auch  aus  dem  Königreiche  Neapel  zu  ver- 
treiben! 

Das  beantragte  Bündniss  wurde  auch  im  Thiergarten  vor 


*)  Der  Geschichtschreiber  Platina,  welcher  gleichzeitig  mit  Kle- 
mens VII.  gelebt  und  anno  1539  seiuWerk:  De  vita  et  moribus 
sommornm  Pontificum  herausgegeben  hat,  sagt  über  denselben 
Folgendes  : 

„Huic  erat  nomen  Julius,  quod  etiam  servare  decreverat, 
sed  Cardinalium  quorundam  rogatu  Clementis  accepit^  quo 
nomen  moribus  conveoiret.  Cardinalis  erat  Titulo  S.  Laurentii 
in  Damaso.  Cumque  rernm  potiretor  Leo  X.,  ipsius  palruelis,  . 
qui  otii  gandio  curis  se  qnantum  potuit  expecUvit»  magnam  ne- 
gotiorum partem  solus  sostinnit,  unde  auctoritas  et  opes  illi  in- 
signes  accesserunt.  Qoibus  cum  jam  camulatus  esset  et  plurimum 
valeret,  videreturque  ad  res  gerendas  animi  satis  et  virium  ha- 
bere, magno  cum  applausu  Pontifex  creatur.  Quamvis  autem 
omnes  arfes  administrandae  et  augendae  reipublicae  probe  teuere 
Visus  sit,  neque  defuerit  ei  magnanimitas  et  fortitudo, 
gravissimam  tarnen  cladem  sub  hoc  Pontifice,  proh 
dolor!  accepit  sedes  Romana.^ 


—    46    — 

Pavia  richtig  abgeschlossen.  Hierauf  begaben  sich  die  pfipst- 
lichen  Legaten  aach  in  die  Stadt  Pavia,  um  den  Kommandanten 
zur  Uebergabe  des  Platzes  zo  bereden;  aHein  der  unerschrockene 
Antonio  de  Leyva  wies  ihnen  die  Thttre.  Dem  abgeschlossenen 
Bündnisse  zu  Folge  und  wohl  auch  als  Diversion,  um  das  kai- 
serliche Heer  zu  theilen,  und  seine  Aufmerksamkeit  und  Thfi- 
tigkeit  anderswo  zu  leiten,  schickte  König  Franz  den  Johann 
Stuart,  Herzog  von  Albanien,  an  der  Spitze  eines  6000  Mann 
starken  Truppenkorps  von  Pavia  weg  nach  Unterilalien^  um  das 
Königreich  Neapel  zu  erobern;  König  Franz  verrechnete  sich 
jedoch  arg;  der  Vicekönig  Lannoy,  fflr  Neapel  besorgt  und  vom 
Senate  dieses  Reiches  zu  Hilfe  gerufen,  wollte  zwar  dem  Herzog 
von  Albanien  auf  dem  Fusse  folgen,  um  Neapel  zu  vertbeidigen, 
die  übrigen  Generale  widersetzten  sich  jedoch  mit  Beharrlichkeil 
und  mit  Erfolg  seinem  Vorhaben,  und  so  blieb  das  kaiserlicbe 
Heer  koncentrirt,  während  Frankreichs  König  durch  die  unzweck- 
milsslge  Entsendung  einer  bedeutenden  Truppen-Ablheilong  seine 
Uebermacht  verlor.  Während  nun  die  benannten  päpst- 
lichen Legaten  den  französischen  Monarchen  ermahnten,  in  seinem 
Lager  ruhig  zu  bleiben  und  sich  in  keine  Schlacht  einzulassen, 
da  die  Kaiserlichen  weder  Geld  noch  Lebensmittel  hfitten,  somit 
bald  unter  sich  uneinig  werden  und  davon  laufen  würden,  kam 
eine  Gesandtschaft  des  Papstes  auch  im  kaiserlichen  Lager  an; 
an  der  Spitze  derselben  stand  ein  Deutscher,  der  damalige 
Bischof  von  Capua,  Nikiaus  von  Schamberg^),  derselbe, 
der  sich  als  pfipstlicher  Legat  noch  in  diesem  Jahre  am  Hofe 
des  französi/schen  Königs  befanden,  diesen  mit  dem  Papste  aus- 
gesöhnt hatte,  dann  von  Frankreich  aus  mittelst  der  Post  nach 
Rom  geeilt  war,  um  dem  Papste  die  Nachricht  zu  bringen,  dass 
König  Franz  an  der  Spitze  eines  imposanten  Heeres  im  Begriffe 
stehe,  einen  Zug  nach  Italien  zu  unternehmen^  um  dem  Kaiser 
Karl  V.  Mailand  zu  entreissen  —  eine  Nachdcht,  die  Klemens 
gerne  hörte.    Scharaberg  wagte  es,  den  kaiserlichen  Generalen 


*)  Man  findet  auch  Schomberg  geschrieben. 


—    47    — 

Vorstelliingen  zu  machen,  rnhig  sieh  eu  verhalten,  nicht  anzu- 
greifen, den  Papst  als  Unterhändler  anzuerkennen,  der  Frieden 
machen  und  den  Krieg  beendigen  werde,  um  dann  die  Waffen 
gegen  die  Feinde  des  christlichen  Namens  —  gegen  die  Türken  — 
zu  wenden.^  Zum  Vicekönig  Lannoy  sagte  der  Legat:  er  solle 
sich  eilends  vom  Heere  trennen,  Neapel  zu  retten,  gegen  wel- 
ches Franz  schon  den  Herzog  von  Albanien  abgeschickt  habe. 
Würde  er  nicht  abziehen,  so  wäre  das  Königreich  für  den 
Kaiser  um  so  eher  verloren,  als  dort  auch  die  alten  Anhänger 
des  Hauses  Anjon  bereits  in  Bewegung  gesetzt  worden  seien. 

Ritter  Georg  von  Freundsberg,  an  den  sich  der 
L^at  gleichfalls  gewendet  hatte  mit  dem  wohlgemeinten  Rathe, 
sich  durch  einen.  Angriff  des  französischen  Monarchen  doch  Ja 
keiner  Gefahr  aussetzen  zu  wollen,  da  dieser  zu  übermächtig 
sei,  war  so  ungalant,  den  unberufenen  Rathgeber  mit  seinem 
Degenknopfe  zum  Lager  hinauszujagen.  Lannoy  wäre  in  der 
That  herzlichst  gerne  abgezogen;  allein  Bourbon,  Pescara  und 
Freundsberg  nahmen  ihn  in  die  Mitte  und  beredeten  ihn  zu 
bleiben;  der  ritterliche  Bourbon  entschied  sich  fflr  einen  schnel- 
len Angriff  mit  vereinigten  Kräften,,  während  Pescara 
so  argumentirte :  ^Nie  sei  es  im  Kriege  möglich,  AU  es  zu 
erhalten ;  das  Augenmerk  eines  Feldherrn  müsse  allzeit  auf  das 
mindeste  Uebel  gerichtet  sein;  nun  sei  aber  die  Theilung 
and  eine  Zersplitterung  der  Streitkräfte  allzeit  verderblich,  allzeit 
das  grösste  Uebel,  somit  vor  Allem  zu  vermeiden.  Vor  Pavia 
müsse  Alles  entschieden  und  die  ganze  Sache  ausgetragen 
werden  ;  würden  die  Franzosen  hier  unterliegen,  so  wäre  Neapel 
ohnehin  gerettet,  und  wenn  der  Kaiser  vom  ganzen  Königreiche 
auch  keinen  einzigen  Thurm  mehr  besässe.^ 

Georg  von  Freundsberg  schloss  den  Kriegsrath  mit 
den  Worten:  „Jetzt  kommts  einmal  auf  den  Nothknopf  an;  es 
„nützt  nichts  anders,  als  den  König  im  Thiergarten  anzugrei- 
„fen,  und  die  Sache  Gott  zu  empfehlen.^ 

Weil  aber  aus  Hangel  an  Geld  und  Lebensmitteln  das  kai- 
serliehe KriegSYoIk   bereits  schwierig  war,  sprachen  die  zwei 


-    48    — 

beliebtesten  Führer  im.Heere,  nttmlich  Freuadsberg 
uod  Fescara,  jeder  mit  seinen  Leuten.  Pescara  besänftigte 
mit  Schmeichelworten  und  durch  einen  Wagen  Geldes,  den  er 
für  erbeutet  ausgab,  heimlich  aber  bei  den  Hauptleuten  erborgt 
hatte,  den  Unmuth  der  Spanier,  während  Freundsberg  seine 
Leute  in  einen  Ring  zusammentrommeln  Hess ,  mitten  unter  sie 
trat  und  folgende  Anrede  hielt: 

„Liebe  Brüder  und  Söhne!  Alles  Kriegsvolk,  Wfilscke 
und  Hispanier,  zu  Ross  und  zu  Fuss,  sind  willig,  dem  Kaiser 
sein  Herzogthum  Mailand  gegen  den  Franzos  zu  erhalten.  Ich 
bin  auch  wegen  nichts  Anderm  hergekommen.  So  hoffe  ich 
denn,  Ihr  werdet  bei  mir  halten,  wie  immer,  als  e»  frommen 
Deutschen  ziemt.  —  Wir  haben  wohl  einen  prächtigen  Feind; 
habet  Ihr  aber  nicht  seine  besten  Hauptleute  und  Volk  schon 
mehrmals  geschlagen?  und  jetzt  auch  mit  Gottes  Hilf  gewissen 
Sieg  zu  verhoffen?  Und  sollten. wir  nicht  Alles  thun,  unsere 
lieben  Brüder  in  Favia  zu  erretten?  Welcher  das  thun  will, 
hebe  seine  Hand  auf!^ 

Da  hoben  alle  Hauptleute  und  Landsknechte  fröhlich  die 
Hand  auf  und  schrien: 

„Herr  Jörg  sey  jr  Vatter,  sie  wollen  Leib  und  Leben  zu 
„jm  setzen  l'^ 

Am  24.  Jänner  brach  nun  das  kaiserliche  Heer  von  Lodi 
auf  und  machte  üb^  Harignano  eine  Bewegung  auf  Mailand  zu, 
um  den  französischen  König  glauben  zu  machen,  es  gelte  die 
Wegnahme  dieser  Stadt,  und  ihn  zu  bewegen,  seine  feste  Po- 
sition bei  Pavia  zu  verlassen  und  dem  Herrn  de  la  Tremouille, 
der  in  Mailand  lag ,  zu  Hilfe  zu  eilen ;  allein  Franz  veränderte 
nur  sein  Lager  und  ängstigte  Pavia  desto  mehr.  Von  Marignano 
schwenkte  das  kaiserliche  Heer  links  ab,  und  näherte  sich  dem 
Lambro  morto,  an  dem  8  Tage  lang  still  gelegen  wurde.  Wäh- 
rend dieser  Zeit  erstürmte  Pescara  das  nahe  Städtchen  St.  An- 
gelo,  das  Pyrhus  von  Gonzaga  mit  4  französischen  Fähnlein 
Fussvolk  und  200  Reitern  besetzt  hielt;  die  Besatzung  wurde 
gegen  das  abgegebene  Ehrenwort,  in  diesem  Kriege  gegen  den 


—    49    — 

Kaiser  nicht  ferners  zu  dienen,  entlassen.  Auf  die  eingelaofene 
Nachricht  von  der  Annäherung  des  kaiserlichen  Heeres  ver- 
wahrte König  Franz  seinen  Lagerplatz,  der  vom  Thiergarten  bis 
ao  den  Po  hin  sich  erstreckte,  mit  einem  tiefen  Graben  und 
aufgeworfenen  Erdwalle;  auch  erweiterte  er  das  Lager  ausser- 
halb des  Thiergartens  dergestalt,  dass  die  Kaiserlichen  erst  nach 
Dorchbrechung  des  befestigten  Lagerplatzes  bis  zur  Stadt  vor- 
dringen konnten.  Zur  Erleichterung  der  Kommunikation  wurde 
die  Mauer  des  Thiergarlens  auf  dreien  Seiten  durchbrochen; 
eine  Brücke,  die  oberhalb  der  Stadt  über  den  Tessin  geschlagen 
war,  stellte  die  Verbindung  mit  dem  jenseitigen  Ufer  her.  Sehr 
gut  hätte  man  gethan,  auch  noch  unterhalb  der  Stadt  eine  zweite 
Brücke  zu  schlagen,  da  es  für  ein  Heer  immerhin  sehr  misslich 
ist ,  nur  auf  eine  einzige  Rttckzugsstrasse  beschränkt  zu  sein, 
besonders  wenn  dieselbe  eine  Brücke  ist.  Auf  dem  linken 
Flügel  stand  Franzens  Schwager,  der  Herzog  von  Alen^n  mit 
seinen  Truppen,  auf  dem  rechten  Flügel  aber  der  Harschall 
Chabannes,  während  der  König  das  Centrum  in  eigener  Person 
komniiandirte  und  Marschall  Montmorency  die  Vorstadt  St.  An- 
tonio mit  8000  Mann  eingeschlossen  hatte.  In  dieser  Position 
erwartete  Frankreichs  Monarch  das  kaiserliche  Heer.  Dieses 
rückte  am  5.  Februar  über  St.  Columbano  bis  auf  1000 
Schritte  in  die  Nflhe  des  französischen  Lagers  vor,  und  ver- 
harrte in  dieser  Position  bis  zum  20.  Februar;  die  Kälte  war 
gross,  das  Wetter  schlecht,  die  Noth  an  Lebensmitteln  im  kai- 
serlichen Lager  sehr  empfindlich,  da  die  Franzosen  weitum  das 
Land  aasgesogen  hatten;  täglich  fielen  grössere  und  kleinere 
Gefechte  vor.  Freundsberg  und  Pescara  waren  Tag  und  Nacht 
darauf  bedacht,  dem  Feinde  Abbruch  zu  thun;  besonders  war 
Pescara  in  dieser  Hinsicht  unermüdet;  er  lief  hin,  er  lief  her, 
besichtigte  die  feindlichen  Verschanzungen ,  bestieg  sogar  mit 
offenbarer  Lebensgefahr  die  eine  und  die  andere,  um  zu  erfah- 
ren, wie  das  feindliche  Lager  aussah  und  wo  die  verschiedenen 
Nationen  Ihre  Lagerplätze  hatten.  Ein  besonderes  Augenmerk 
hatte  Pescara  auf  die  Deutschen  gerichtet,  die  er  eines  Tages 

4 


—    50    — 

flberrumpehe,  aus  ihrem  Lager  vertrieb  und  bis  unter  die  Augen 
des  Königs  verfolgte. 

Ein  paar  Tage  darauf  hätte  eine  Herde  Schlachtvieh  bald 
Veranlassung  zu  einer  Hauptschlacht  gegeben.  Der  Sachverhalt 
ist  dieser :  Die  Franzosen  hatten  nämlich  ausserhalb  ihres  Lagers 
dasselbe  auf  die  Weide  getrieben;  dieses  ersehen  die  Spanier 
und  machen  sich  auf,  um  dem  Feinde,  das  Vieh  abzujagen.  Aaf 
das  erheben  jene  Franzosen,  die  der  Herde  als  Bedeckung 
dienten,  ein  Zettergeschrei  und  rufen  um  Hilfe ;  eine  bedeutende 
Abiheilung  französischen  Fussvolkes  bringt  die  erwünschte  Hilfe; 
nun  kommen  die  Spanier  ins  Gedräng ;  diesen  eilt  nun  wiederum 
Alphons  von  Guasta  zu  Hilfe;  da  rückt  Pescara  mit  Fussvolk 
an,  aber  auch  die  Franzosen  erhalten  fortwährend  Verstärkungen, 
und  zwar  zuerst  durch  die  Italiener,  dann  durch  die  Gasconier, 
hierauf  durch  die  Kürassiere  und  endlich  durch  die  leichte  Rei- 
terei,-welche  Johann  von  Hedicis  herbeiführte;  zuletzt  kommt 
auch  der  König  dahergeritten  mit  grossem  Gefolge,  während  von 
der  entgegengesetzten  Seite  auch  Pescara  und  Lannoy  anrücke« ; 
und  nun  wird  der  lieben  Ochsen  wegen  zusammengescUageo 
und  gerauft,  bis  beide  Heere  —  schachmatt  waren  und  gänzlich 
erschöpft  sich  in  ihr  Lager  zurückzogen.  Wäre  irgend  ein 
Führer  des  einen  oder  des  andern  Heeres  im  Stande  gewesen, 
eine  Ordnung  in  die  Leute  zu  bringen,  so  hätte  das  Gefecht 
für  die  Gegenpartei  höchst  verderblich  werden  können ;  so  wurde 
aber  in  einem  furchtbaren  Durcheinander  planlos  gestochen, 
geschlagep,  geschossen,  bis  eine  gänzliche  Erschöpfung  beide 
Heere  trennte.  Im  kaiserlichen  Heere  verlor  bei  dieser  Affaire 
Alphons  von  Carvajal,  ein  vornehmer  Spanier,  das  Leben,  und 
ein  anderer  Spanier  aus  dem  berühmten  Geschlechte  der  Gu5$- 
manne  eine  Hand. 

Als  Freundsberg  zur  Ueberzeugung  gelangt  war,  dass  man 
den  Franzosen  aus  Ursache  ihrer  vortrefOich  gewählten  Stellung 
und  ihrer  bedeutenden  Artillerie  wegen  bei  Tag  nichts  anhaben 
kön^e,  so  liess  er  am  8.  Februar  durch  seinen  Locotenenten, 
d^n  Hagiptmann  Jakob  von  Wemau,  mit  7  Fähnlein  einen  nacht- 


—    61    — 

liehen  llebeifEill  machen ;  dieses  Hai  war  es  auf  die  Schweizer 
unter  ihrem  Kommandanten  Cusani  abgesehen.  Um  in  der  Dun- 
kelheit einander  zu  kennen,  musste  die  ganze  MannschafI  der 
7  Fftholein  über  ihre  Rüstung  weisse  Hemden  anziehen.  Vier 
Hauptleute  der  Reisigen  erhielten  den  Befehl,  auf  vier  verschie- 
denen Seiten  des  französischen  Lagers  mit  ihren  Leuten  einen 
Höllenlärm  zu  machen ;  die  Franzosen  wussten  nun  nicht,  wohin 
sie  sich  wenden  sollten.  Während  nun  Wernau  den  anbefoh- 
lenen Ueberfall  mit  dem  besten  Erfolg  ausführte  und  viele 
Schweizer  erlegte,  stand  Freundsberg  mit  seinen  übrigen  Leuten 
kampfbereit  in  der  Reserve. 

Der  Regen,  der  nun  in  Strömen  vom  Himmel  fiel,  führte 
eine  unwillkürliche  Waffenruhe  herbei,  die  vom  8.  bis  il,  Fe- 
bruar anhielt.  Aber  selbst  während  dieser  Zeit  liessen  Peseara 
und  Freundsberg  den  Franzosen  Tag  und  Nacht  keine  Ruhe; 
M  hielten  dieselben  durch  Scheinangriffe  und  durch  fortwäh- 
rendes Allarmiren  ihres  Lagers  so  in  Athem,  dass  sie  unter  den 
Waffen  schlaftrunken  zusammenfielen. 

Am  17.  unternahm  die  Besatzung  von  Pavia  mit  3  Fähn- 
lein einen  Ausfall;  unfern  der  Gertosa  (Karthause)  lagen  im 
Thiergarten  auf  der  Strasse,  die  nach  Mailand  führt,  5  Fähn- 
lein Infanterie,  die  unter  dem  Befehle  des  Johann  von  Hedicis 
standen;  diesen  galt  der  Ausfall;  die  benannten  5  Fähnlein 
wurden  überrumpelt  und  in  die  Flucht  geschlagen.  Als  nun 
Johann  von  Hedicis  seinem  Fnssvolke  zu  Hilfe  kam,  erhielt  er 
einen  Schuss  im  rechten  Schenkel.  Der  Verwundete  wurde  vom 
König  Franz  öfters  besucht  und  mit  Bewilligung  des  Harkgrafen 
Peseara  über  den  Po  nach  Piacenza  gebracht,  um  in  dieser 
Stadt  seine  Wunde  mit  mehr  Ruhe  heilen  lassen  zu  können. 
Zwanzig  Honate  später  werden  wir  diesem  vornehmen  Wild- 
fange bei  Governolo  wieder  begegnen,  wo  ihm  Georg  von 
Freundsberg  in  eigener  Person  durch  einen  gutgezielten  Schuss 
ans  einem  Falconette  denselben  Schenkel  ganz  zerschmetterte, 
und  dadurch   den  Vetter  des  Papstes  in  die  Ewigkeit  schickte. 

fn  der  Nacht  vom   19.  auf  den  20.  Februar  unternahm 

4* 


—    52    — 

Pescara  mit  seinem  Yelter  Alphons  von  Guasta  an  der  Spitze  von 
3000  Spaniern  einen  nächtlichen  UeberfaÜ , '  den  er  in  eigener 
Person  kommandirte  und  gegen  die  Schweizer  richtete.  Diese 
wurden  überfallen^  aus  ihrem  Lager  verjagt  und  in  das  fran- 
zösische Lager  getrieben.  Die  Kaiserlichen  tödteten  bei  500 
Schweizer,  vernagelten  3  grosse  Geschfltze,  nahmen  den  Ar- 
tillerie-Obersten Gaderosi  gefangen,  besahen  sich  das  franzö- 
sische Lager  so  viel  nur  möglich  war,  und  kehrten  fröhlich 
und  guter  Dinge  wieder  in  ihr  Lager  zurück.  Der  kaiserliche 
Hauptmann  Suggar  nahm  einen  französischen  Rittmeister  der 
leichten  Reiterei  gefangen  und  erbeutete  mehrere  Pferde ;  wären 
die  Kaiserlichen  mit  dem  ganzen  Volke  zu  Fuss  und  zu  Pferd 
in  dieser  Nacht  nachgerückt,  sie  würden  ohne  Zweifel  einen 
grossen  Sieg  errungen  haben;  so  gross  war  der  Schrecken 
unter  den  Franzosen,  den  dieser  nächtliche  Ueberfail  in  ihrem 
Lager  hervorgebracht  hatte.  Nun  verliessen  die  Graubündtner 
das  französische  Lager,  da  sie  nach  Hause  berufen  wurden,  um 
das  eigene  Land  gegen  Jakob  von  Hedicis  zu  vertheidigen,  der 
die  Umgebung  vom  Comersee  und  bereits  auch  Chiavenna  sich 
mit  Waffengewalt  unterworfen  hatte ;  mit  ihnen  zogen  auch  noch 
etliche  andere  Schweizer-Fähnlein  heim,  die  nicht  länger  mehr 
bleiben  wollten.  Um  die  Lücke  auszufüllen,  welche  der  Abzug 
dieser  Hilf:>truppe ,  welche  —  wie  bereits  erwähnt  wurde  — 
5000  bis  6000  Mann  stark  waren,  in  seinem  Heere  verursacht 
hatte,  berief  König  Franz  den  Herzog  von  Saluzzo  mit  4000 
Mann  Italienern  von  Genua  und  Savona  nach  Pavia ;  allein  dieses 
Korps  wurde  von  den  Truppen  des  Herzogs  Franz  Sforza,  der 
damals  noch  auf  der  Seite  des  Kaisers  stand,  total  geschlagen; 
die  Hauptleute  wurden  gefangen  und  die  erbeuteten  Standarten 
nach  Alessandria  gebracht.  Nun  zog  Frankreichs  König  den 
Kommandanten  von  Mailand,  den  Herrn  de  la  Tremouille,  mit 
der  Besatzung  dieser  Stadt  an  sich. 

Am  20.  Februar  rückten  die  Kaiserlichen  mit  ihrem  Lager 
dem  französischen  bis  auf  einen  Bfichsenschuss  nahe,  und  war- 
fen vor  ihren  Batterien,   aus  denen  die  Franzosen  fortwährend 


-    53    - 

beschossen  wurden,  einen  neuen  Graben  mit  einem  breiten 
Walle  auf,  hinler  welchem  kaiserliche  Scharfschatxen  den  Fran- 
zosen grossen  Abbruch  tbalen;  aof  beiden  Seiten  wnrde  nnn 
Tag  and  Nacht  geschanzt  und  gebaut,  mit  doppeltem  Eifer  aber 
aof  franziVstscher  Seite ;  der  König  von  Frankreich  wollte  nfim- 
lieh  in  seinem  befestigten  Lager  das  Resultat  seiner  Entsendung 
des  Herzogs  von  Albanien  nach  Neapel,  so  wie  die  Hilfeleistung 
des  Papstes  und  der  Republik  Venedig  abwarten.  Dieses  an- 
genommene System  des  Verzuges  wollte  aber  vielen  Generalen 
des  französischen  Heeres  durchaus  nicht  eingehen ,  namentlich 
dem  Herrn  de  ia  Tremouille  und  Galeatus  von  Sl.  Severin,  dem 
Oberhofmeister  des  Königs.  Der  greise  Marschall  la  Palisse 
gab  sein  Gutachten  dahin  ab:  der  König  solle  Frankreichs 
Wohl  nicht  der  Gefahr  einer  Schlacht  aussetzen,  somit  das 
Lager  vor  Pavia  verlassen  und  sich  gegen  Binasko  zurück- 
ziehen ~  eine  Ortschaft  bei  fttnf  Stunden  nördlich  von  Pavia 
gelegen;  nach  seiner  Meinung  werde  die  ausgehungerte  Be- 
satzung und  das  nothleidende  kaiserliche  Heer  nach  Franzens 
Abzug  Geld  haben  wollen,  in  Folge  des  Geldmangels  aber  einen 
Aufruhr  erregen  —  wie  gewöhnlich  —  dann  abziehen  und  sich 
zerstreuen.  Dieser  Meinung  war  auch  Klemens  VIL ,  der  durch 
den  französischen  Botschafter,  Albert  von  Garpen,  den  König 
von  der  Lieferung  einer  Schlacht  allen  Ernstes  abmahnen  liess; 
dahin  stimmte  auch  Renatus  von  Savoyen,  des  Königs  Vetter, 
so  wie  die  Heerführer  Chabannes,  Genouillac,  d'Ars,  Theodor 
Trinlzio  und  Foix.  Wer  aber  mit  Leib  und  Seele  gegen  diesen 
Antrag  stimmte,  das  war  des  Königs  Günstling,  der  Admiral 
Wilhelm  von  Bonnivet;  dieser  war  ganz  gegen  den  be- 
antragten Abzug  von  Pavia  und  für  die  Annahme  einer  Schlacht, 
und  ihm  folgte  auch  der  König,  es  ehrenvoller  erachtend  zu 
bleiben  und  sich  zu  schlagen,  als  abzuziehen.  Hatte  Ja  der 
Monarch  prahlerisch  gesagt  und  geschrieben  ,  dass  er  Pavia 
nehmen  oder  unter  den  Mauern  der  Stadt  sterben  werde! 
Montmorency,  St.  Marsault  und  Brion  rissen  vollends  den  König 
mit  jugendlichem  Ungestüm  fort.     Wie,  Frankreichs  mächtiger 


-    54    - 

Honaroh  —  so  hiess  es  —  sollte  an  der  Spitae  des  Adels 
eines  ganzen  Königreiches  vor  einem  Verräther  fliehen?  Mar- 
schall Chabannes  wollte  Einwendungen  machen  —  ward  aber 
gleich  zum  Schweigen  gebracht,  indem  Bonnivet  ihm  vorwarf, 
bei  seinem  abgegebenen  Rathe  mehr  sein  hohes  Alter  als  sein 
grosses  Herz  befragt  zu  haben. 

Tremouiile  bestand  darauf,  keineswegs  den  Augriff  des 
Feindes  im  Lager  abzuwarten,  sondern,  wenn  doch  geschlagen 
werden  müsse,  dem  Feinde  im  Sinne  altfranzösischer  Kampfes- 
weise muthig  entgegen  zu  rücken;  dazu  fehlte  jedoch  dem 
König  und  seinem  Günstling  Bonnivet  der  Huth.  So  herrschte 
im  französischen  Lager  hinsichtlich  der  Ansichten  unter  den 
verschiedenen  Führern  eine  grosse  Zerfahrenheit. 

Dagegen  fassten  die  kaiserlichen  Generale  einstimmig 
den  Beschlnss:  den  König  in  seinem  ,^este^  anzugreifen,  zu 
diesem  Zwecke  den  Thiergarten  aufzubrechen,  durch  denselben 
vorzudringen,  und  in  seiner  Mitte,  beim  Jagdschlosse  Hira- 
bell,  sich  zu  vereinigen.  Die  Ausführung  dieses  Planes  Hess 
den  beiden  Führern  des  kaiserlichen  Heeres,  Freundsberg  und 
Fescara,  Tag  und  Nacht  keine  Ruhe,  so  dass  selbe  darüber 
weder  essen  noch  schlafen  konnten.  Es  glückte  dem  Ritter 
Georg  von  Freundsberg  90  Zentner  Pulver  in  die  bela-* 
gerte  Stadt  hineinzubringen,  so  wie  etwas  Mundvorrath.  Eben 
so  gelang  es  seinem  Sohne  Kaspar  einen  Edelmann,  einen 
Herrn  von  Walderstein,  in  das  kaiserliche  Lager  abzu- 
schicken mit  der  Weisung,  sich  dort  zu  erkundigen,  wann  der 
Angriff  auf's  französische  Lager  stattfände.  In  Folge  dessen 
wurde  im  kaiserlichen  Lager  Kriegsrath  gehalten  und  in  dem- 
selben einmüthig  der  Beschlnss  gefasst:  der  Angriff  auf 
das  französische  Lager  solle  am  24,  Februar^ 
als  am  Geburtstage  des  Kaisers^  stattfinden^ 
und  die  Vereinigung  der  verschiedenen  in  den  Thiergarten  von 
mehreren  Seiten  her  eindringenden  Truppen-Abtheilungen  halte 
beim  Jagdschlosse  Mirabell  zu  geschehen.  Diesen  Besehluss 
des  Kriegsrathes   dem  Kommandanten  von  Pavia,  Antonio  de 


—    55    — 

Leyva,  schnellstens  zu  hinterbringen,  wurde  ein  kaiserlicher 
Hauptmann,  A  rf  us  mit  Namai,  in  die  Stadt  abgeschickt.  Arius, 
ein  schlauer  Mann,  gelangte  mitten  durch  das  fransOsfsche  Lager 
auf  folgende  Weise  giflckifch  in  die  Festung;  an  der  Spitze 
einiger  Reifer,  welche  weisse  Kreuze  *-  wie  die  Franzosen  — 
angeheftet  trugen,  zu  den  französischen  Vorposten  spornstreichs 
hinreitend,  gab  der  benannte  Hauptmann  vor,  zu  den  Truppen 
des  Johann  von  Med  (eis  zu  gehören,  und  um  die  Parole  ange- 
gangen, entschuldigte  er  sich  damit,  schon  zwei  Tage  abwesend 
gewesen  zu  sein,  somit  die  Losung  nicht  wissen  zu  können ;  so 
betrog  er  die  Wachen  und  erreichte  glflcklich^  die  Stadt.  Hier 
setzte  er  den  Kommandanten  von  Allem  in  Kenntniss  —  mit 
dem  Beisatze ,  das  Signal  für  den  beantragten  Angriff  auf  den 
24.  Februar  wären  3  Kanonenschüsse ;  auf  diese  hfttte  derselbe 
mit  seiner  Besatzung  einen  Ausfall  in  der  Richtung  ^egen  das 
benannte  Jagdschloss  zu  unternehmen ,  und  sich  mit  dem  kai* 
seriichen  Heere  auf  diesem  Funkte  in  Verbindung  zu  setzen. 
Einige  Stunden  später  nach  dem  Abgange  des  Hauptmanns  Anns 
erMickle  man  vom  kaiserlichen  Lager  aus  auf  einem  Thurme 
der  Stadt  Pavia  ein  Feuer  auflodern;  dies  war  das  verabredete 
Zeichen,  dass  Arius  glücklich  in  die  Festung  gelangt  und  sich 
seines  erhaltenen  Auftrages  entlediget  habe.  Somit  waren  kai- 
serlicher Seits  für  die  bevorstehende  Schlacht  alle  möglichen 
Vorkehrungen  getroffen ;  vernehmen  wir  nun  den  Verlauf  dieses 
blutigen  und  in  seinen  Folgen  so  wichtigen  Treffens. 

4.  Die  ewig  denkwürdige  Schlacht  bei  Pavia  wurde  gelie- 
fert —  wie  im  Kriegsräthe  beschlossen  worden  war  —  am  24. 
Februar  1525,  also  gerade  am  fttnfundzwanzigsten  Geburtstage 
Karls  V. ,  war  somit  das  schönste  Angebinde,  das  dem  Jagend- 
lichen Monarcheil  von  seinem  tapfem  Heere  in  Italien  zu  diesem 
Tage  dargebracht  werden  konnte.  Die  Stfirke  des  kaiserlichen 
Heeres  wird  von  i6.000  bis  22.000  Mann  angegeben;  noch 
weit  mehr  weichen  die  tieschichtschreiber  von  einander  ab  in 
der  Angabe  der  Sttfrhe  des  französischen  Heeres^  die  von 
26.000  bis  60.000  Mann  angegeben  wird.    Friedrich  v.  Raumer 


—    56    — 

sagt  hierüber:  ^Den  5.  Jäoner  1528  langten  12.000  wohlgerä- 
stete  Deutsche  im  kaiseriichen  Lager, an.  Diese  bildeten  nebst 
6Q00  Spaniern,  etwa  3000  Italienern  und  800  Reitern  das  ganze 
kaiserliche  Heer  (21.800  Mann),  wogegen  die  Franzosen  26.000 
Fussgänger  und  1300 Reiter  zühlten.  Indessen  behaupten  Einige: 
durch  eigenmächtiges  Davongehen,  durch  Nachlflssigkeit,  und 
durch  die  Untreue  der  Verpflegsbeamten  habe  sich  selbst  diese 
Zahl  so  vermindert,  dass  die  Kaiserlichen  nicht  um  3000  bis 
6000  Mann  schwächer,  sondern  in  Wahrheit  stärker  gewesen 
wären.  So  benutzte  Jeder  die  Unachtsamkeit  und  die  Lässig- 
keit des  Königs,  um  ihn  zu  betrügen.^''')  ^ 

Die  Annahme,  dass  beide  Heere  in  Bezug  auf  Stärke  ein- 
ander ziemlich  das  Gleichgewicht  gehalten  haben,  dürfte  der 
Wahrheit  —  meines  Erachtens  —  am  nächsten  kommen. 

So  war  endlich  der  für  König  Franz  und  für  sein  ganzes 
Heer  so  verbängnissvolle  24.  F^ruar  angebrochen.  Der  kai- 
serliche Hauptmann  Salsedon  (Salzedo)  von  Geburt  ein  Spa- 
nier hatte  den  Auftrag  erhalten,  mit  einem  Fähnlein  Schanz- 
gräber, die  unter  seinem  Kommando  standen,  während  der 
Nacht  vom  23.  auf  den  24.  Februar  eine  gute  Strecke  Hauer 
des  Thiergartens  auf  seiner  östlichen  Seite  niederzureisseu,  wäh- 
rend drei  andere  Hauptlente  die  Weisung  hatten,  vor  dem  Parke 
einen  gewaltigen  Lärm  zu  machen,  der  das  Durchbrechen  der 
Hauer  übertäuben,  und  dabei  die  Feinde  zugleich  irre  führen 
sollte.  Obgleich  das  Gemäuer  des  Parkes  sich  viel  fester  zeigte, 
als  man  erwartet  hatte,  so  war  doch  mit  Anbruch  des  Tages 
eine  Strecke  von  60  Schritten  niedergeworfen,  und  zwar  mit 
einem  solchen  Erfolge,  dass  die  Franzosen  die  Niederreissung 
der  Hauer  nicht  einmal  gewahr  wurden,  somit  derselben  auch 
nicht  das  geringste  Hindemiss  in  den  Weg  legten. 


*)    Tout  le  monde  proQtait  d  'inapplication  du  roi  ,,pour  le  t  r  o  m  p  e  r-^ 

Geillard  IL  369. 
König  Franz  konnte  nm  so  leichter  betrogen  werden^  als  er 
auch  selbst  im  Lager  vor  Pavia  mehr  dem  Vergnügen  lebte, 
als  dem  ernsten  Kriegshandwerke. 


—    57    — 

Schon  Hin  2  Uhr  Naclils  war  das  kaiserliche  Herr  im 
Lag«*  auf  den  Beioen,  hatte  sich  in  Schlachtordnung  aufgestellt, 
nnd  stand  eine  Stunde  spfiter  kampfbereit  vor  dem  Thiergarten. 
Ab  der  Tag  schon  zu  grauen  begann,  war  die  in  Arbeit  ge- 
nommene Hauerstrecke  bereits  niedergeworfen;  nun  ertönten 
drei  Schüsse  aus  grossen  Stocken  —  das  verabredete  Zeichen 
fbr  die  Besatzung  in  Pavia  —  und  die  blutige  Arbeit   begann. 

Um  den  Leser  in  Stand  zu  setzen,  sich  von  der  Schlacht 
Selbsten  einen  etwas  klaren  Begriff  zu  machen,  ist  die  Einhal- 
tung einer  gewissen  Ordnung  in  der  Beschreibung  derselben 
nnumgUnglicb  noHiwendig.    Betrachten  wir  demnach  zuerst  den 

Anmarsch  des  kaiserlichen  Heeres. 

Den  Vortrab  desselben  bildeten  drei  sogenannte  „Renn- 
faholein^  und  3000  auserlesene  spanische  Schützen;  Führer 
der  Avantgarde  war  der  jugendliche  Held  Alphons  Markgraf 
von  Guasta,  Vetter  des  Pescara.  Dieser  gab  jenem  die  Ordre, 
in  der  kürzesten  Linie  bis  zum  Jagdschlosse  im  Parke  (Mirabell) 
schnellfiten  vorzudringen  und  verband  mit  dem  gegebenen  Be- 
fehle unter  Einem  auch  einige  Worte  der  Aufmunterung  zur 
Tapferkeit  und  Furchtlosigkeit.  „Vetter  1  —  rief  ihm  Pescara 
ZD  —  fürchte  die  Feinde  nicht,  die  wir  immer  überwunden 
hab^;  bist  du  aber  zu  schwach  --  davor  sei  aber  Gott  —  so 
sollfil  du  dirKch  sterben,  damit  wir  den  Sieg  erlangen.^  Dem 
Feldherm  entgegnete  Markgraf  von  Guasta  fröhlichen  Muthes: 
„Ich  will  mich  heute  nicht  sparen,  und  gedenke  mit  der  Hülfe 
Gottes  Ehre  einzulegen,  ich  bleibe  nun  lebendig  oder  todt.^ 
Sprach's  und  gab  guter  Dinge  seinen  Leuten  das  Zeichen  zum 
Aufbruche. 

Dem  Markgrafen  Alphons  von  Guasta  folgte  auf  dem  Fusse 
die  erste  Kolonne  der  Kaiserlichen,  von  Pescara  in  eigener 
Person  angeführt;  diese  war  gebildet  aus  2000  deutschen 
Landsknechten  unter  dem  Kommando  der  beiden  Hauptleute 
Ulrich  von  Hörkheim  und  Egioff  Scheller  aus  dem  Regimenle 
des  Marx  SHtieh  und  1000  Spaniern,  den  sogenannten  Basken, 


—    56    ^ 

sagt  hierüber :  «Den  5.  Jü-  j^ "  Diejenige«  Krieger  in 

stete  Deutsche  im  > "  ^j;;;ische  trugen,   hatten  über 

6000  Spaniern.  ^^^J^^  «^«'"  wenigstens  ein  grosses 

aiserlicne  ^'■*t^l^ ,^aefk  müssen;   der  getroffenen  Dis- 

®^  >5'/''*T/v^^//if//ch  von  dieser  Kolonne  die  feind- 
cupcii  ^  '1!^!fyiien  »''erden  sollen ;  um  also  in  der  Finster- 

^^         /^^^     eHi^"^^^^^  •>   ^^^   ^^^^   ^^^^   ^^  ^®"  Feinden 

^^'n»^^  ^  vorzukommen,   da   Hemd  und   Papier  in  der 

^0  fif^  .g  Harnische   erscheinen   sollten ,   war  dieser   Be- 

püf^^^'wgn  ivorden ,    der  aber  in  so   fern  seinem    eigent- 

ftli^  ^^k  und  die  dadurch  beabsichtigte  Wirkung  verfehlte, 

heim  ^^fi^^""   ^®*   Kampfes   der  Tag  bereits    angebrochen 

and  der  winteriiche  Nebel  sich  zerstreut  hatte;    die  Nie- 

jfweff^^S  ^er  Mauer  am   Thiergarten,    welche  den    Stössen 

der  y^idder  und  den  Instrumenten  der  Schanzgrüber  hartnilekig 

(rötete,  halte  den  Anfang  der  Schlacht  bedeutend  verzögert. 

Die  zweite  Kolonne  bestand  aus  Reiterei  und  dem  Ge- 
schatze;  an  ihrer  Spitze  marschirten  Bourbon  und  Lannoy. 

Nun  kam  die  dritte  Kolonne  des  Heeres  aus  Landsknechten 
bestehend  und  angeführt  vom  Ritter  Georg  von  Freundsberg 
und  Marx  Sittich  von  Embs.  Viele  Herren  von  gutem  Adel  in 
Deutschland  standen  in  ihren  Reihen  wie  z.  B.  Alexander  Graf  von 
Ortenburg,  Lassla  Graf  von  Hag,  Johann  Graf  von  Vferneberg, 
Niklas  Herr  von  Fieckenstein  und  mehrere  Andere;  diese  Ko^ 
lonne  galt  als  Reverse. 

Die  Arrieregarde  bildeten  sieben  wülsche  Fähnlein.  Auf 
der  eben  beschriebenen  Weise  war  das  kaiserliche  Heer  auf- 
gestellt —  zum  Einmarsch  In  den  Thiergarten ;  folgen  wir  ihm 
nun  auf  dem  Fusse.  Als  Alphons  Harkgraf  von  Guasta  mit 
seiner  Avantgarde  über  die  Bresche  hinüber  war  und  den  Park 
erreicht  hatte,  Hess  er  seine  Leute  schnellstens  ein  GarrA 
schliessen ;  an  der  Spitze  desselben  marschirten  die  drei  Renn" 
fühnlein.  Unentdeckt  drang  er  mitten  durch  den  Park,  u»be- 
hindert  übersetzte  er  die  Yernacula  —  ein  sehmales  aber  tiefes 
durch  den  Thiergarten  dahin  sich  scMängeindea  Wasser;  im 


n^ 


-    59    — 

SlormMkritt  ging  er  nun  auf  daa  JagdsdiloM  Hirabell  los, 
(las  ihm  als  nächstes  Objeot  seines  Harsches  bezeichnet  worden 
war.  UeberfaUen  floh  der  franaösische  KoHMoandant  Justinian 
von  Genua,  welcher  die  flusserste  Wache  hatte,  und  das 
SchkKss  ward  genommen.  Schon  stand  Guasta  hart  unter  den 
■aoem  von  Pavia,  als  der  vom  ptolzlichen  Schrecken  bereits 
schon  halbbesiegte  Herxog  von  Alen^n,  der  hier  sein  Lager 
halte,  sich  ermannte,  dem  vordringenden  Markgrafen  eme 
Truppen* Abtheilung  unter  Philipp  Chabot  de  Brion  —  dem 
tapfern  Vertheidiger  von  Marseille  ruhmvollen  Andenkens  — 
enlgegenwarf  und  mit  dieser  dem  benannten  kaiserlichen  Heer- 
führer zum  Stehen  brachte. 

Unterdessen  hatte  der  zurückgeworfene  Vorposten-Kom- 
mandant Justinian  von  Genua,  den  König  Franz  vom  Anmärsche 
des  kaiserlichen  Heeres  eiligst  in  Kenntniss  gesetzt.  Franz 
benahm  sieh  auf  die  erhaltene  Nachricht  ganz  unerschrocken, 
und  liess  seine  Hornisten  „mächtig  zum  Krieg  aufblasen.^  Als 
er  die  Wahrnehmung  machte,  dass  die  Kaiserlichen  keinen 
allgemeinen  Angrifl^  auf  sein  Lager  machten,  sondern  vielmehr 
vor  dasselbe  vorbeizogen  und  auf  das  Jagdschloss  losgmgen, 
das  früher  sein  Hauptquartier  bildete,  derzeit  aber  die  Mar- 
ketender beherbergte,  warf  er  einen  Theil  seiner  Gensdarmerie 
in  den  Thiergarten,  und  liess  die  7  wälschen  Fähnlein  zunächst 
angreifen ;  Kommandant  der  entsendeten  französischen  Angriffs- 
kolonne war  der  Prinz  Friedrich  von  Buzzolo.  Diesem  gelang 
es  die  gedachten  7  Fähnlein  zu  werfen  und  zu  zerstreuen; 
die  Flächtlinge  sammelten  sich  jedoch  bald  wieder  in  einem 
aaJien  Wäldchen. 

Während  Buzzolo  gegen  den  Nachtrab  der  Kaiserlichen, 
ich  meitte  die  gedachten  7  Fähnlein,  glücklich  operirte,  war 
der  ansgezeichnete  Grossmeister  des  französischen  Geschütz- 
Wesens  Jacob  Gourdon  de  GenouiUac  nicht  unthätig  geblieben; 
in  schnellen  Trabe  liess  er  die  Stücke  vorführen;  das  gut 
geiielte  imd  vorta'efffich  genährte  Feuer  der  französischen  Ar- 
tiHerie   wirkte  so  verheerend  auf  die  vorbeiziehenden  Kolonnen 


—    60    — 

der  beiden  HeerfHbrer  Lauioy  und  Fremidsberg,  dass  die 
Retlerei  des  erstem  vor  dem  mörderischen  Feuer  des  firan* 
zösischen  Geschtltzes  Schatz  suchen  musste  hinter  den  Mauern 
einiger  nahen  Gebflode,  während  die  viereckigen  Hänfen  Freunds» 
bergs  gezwungen  waren,  sich  in  einer  Bodenvertiefung  best^ 
mögh'chst  zu  verbergen,  um  die  feindlichen  Kugeln  über  sich 
weggehen  zu  lassen.  In  diesem  wichtigen  Momente  vereinigten 
sich  Buzzolo  und  Brion,  warfen  sich  im  schnellsten  Anlauf 
auf  die  kaiserlichen  Geschütze ,  die  auf  dem  sumpfigen  Boden 
nur  mit  harter  Mflhe  fortgebracht  werden  konnten,  nahmen  sie, 
und  machten  sie  unbrauchbar,  nachdem  die  aus  leichter  Reiterei 
bestehende  Bedeckung  zersprengt  worden  war.  Dieser  Augen* 
blick  war  für  das  kaiserliche  Heer  der  misslichste  des  ganzen 
Tages.  Auf  einem  im  Bereiche  der  feindlichen  Waffen  unter- 
nommenen Plankenmarsche  angegriffen,  nach  dem  ersten  giflck- 
liehen  Erfolg  plötzlich  in  seiner  Spitze  aufgehalten,  das  Centrum 
von  einem  heftigen  Geschatzfeuer,  das  leider  unerwiedert  bleiben 
musste,  da  man  die  eigenen  Geschfitze  verloren  hatte,  in  Un- 
ordnung gebracht,  die  Nachhut  zersprengt  —  schien  es  gleich 
unmöglich,  nach  Favia  durchzudringen,  oder  aus  der  Marsch- 
ordnung in  eine  Schlachtordnung  ttbergehend  das  Feld  zu  be- 
haupten, oder  endlich  durch  die  schmale  Maueröffnong  wieder 
aus  dem  Parke  herauszukommen.  Das  kaiseriiche  Heer  befand 
sich  unter  den  obwaltenden  Umstünden  wirklieh  in  einer  höchst 
kritischen  Lage.  Diese  entging  auch  dem  Könige  keineswegs. 
Die  verzweiflungsvolle  Situation  der  Kaiseriichen  einsehend,  so 
wie  diesen  gegenüber  mit  richtigem  Blicke  den  eigenen  vor- 
theilhaften  Stand  wahrnehmend,  war  König  Franz  fröhlich  und 
guter  Dinge,  und  gab  sich  im  Vertranen  auf  die  bereits  errun- 
genen Yortheife  der  angenehmen  Hoffnung  hin,  dber  das  feind- 
liehe Heer  einen  glänzenden^ Sieg  zu  erfechten.  Jedoch  in  der 
Eilfertigkeit  sich  des  Sieges  gewiss  zu  versichern,  b^ng 
Franz  den  ersten  und  grössten  Fehler  von  den  vielen 
Fehlern,  deren  er  sich  an  diesen  Tage  zu  Schulden  kommen 
Hess;    Frankreichs  Monarch   warf  sich  nämlich  mit  der  ganzen 


^   w   — 

Gensdarmerie  in  den  Park' zwischen  den  Fond  und  96in  eigenes 
Geschatz  hinein,  das  nun  ganz  natdrlich  auf  einmal  schweigen 
nnssle,  um  nicht  Tod  und  Verderlien  m  die  Glieder  des 
eigenen  Heeres  zu  sprühen.  Nun  athmeten  die  Kaiserlichen 
wieder  auf,  und  ermannten  sich.  Schnell  hatten  sich  die 
Landsknechte  vom  Boden  aufgerafft  ^  so  wie  das  franzosische 
Geschütz .  verstummte ,  schnell  auch  die  Reiterei  in  Ordnung 
gestellt;  aber  auch  dem  Herzoge  von  Alen^on  war  es  während 
dieser  Zeit  gelungen,  die  Verbindung  seines  Flügels  mit  dem 
König  im  Centrum  herzustellen,  und  der  alte,  ehrenfeste 
Harschall  Chabannes  rückte  ebenfalls  in  die  Schlachtlinie  ein, 
den  rechten  Flügel  bildend.  Beide  Heere  standen  nun  in 
zweien  Linien  einander  schlagfertig  gegenüber;  erst  jetzt  be- 
ginnt die  eigentliche  Schlacht.  Die  von  beiden  Theilen  aus 
dem  Stegreife  gemachte  Schlachtordnung  war  folgendermassen 
beschaffen : 

I.  Kaiserliche  Armee. 

Rechter  Flügel:  Pescara  mit  2000  Landsknechten  unter 
HOrkheim  und  Scheller ,  dann  1000  spanische  Schützen  unter 
Johann  von  Urbina; 

Centrum:  Der  Vice-König  Lannoy  und  Bourbon.  Unter 
ihnen  führte  Graf  Nikla^  Salm  die  deutschen  Reiter,  Hugo 
Cardonius  (Fescara's  Lieutenant)  die  spanischen  und  Ferdinand 
Castrioto  die  Wälschen. 

Linker  Flügel:  Castaldo,  Harkgraf  von  Piadena  mit 
seinen  neapolitanischen  Reitern. 

Freundsberg  stand  mit  seinen  Landsknechten  zwischen 
dem  linken  Flügel  und  dem  Centrum,  und  vermittelte  durch 
seine  Aufstellung  die  Verbindung  zwischen  Beide.  Harkgraf 
Alphons  von  Guasta  befand  sich  vom  kaiserlichen  Heere  durch 
die  Aofstellnng  des  Herzogs  von  Alen^n  abgeschnitten  im 
Rücken  des  französischen  linken  Flügels;  auf  ihn  marschirte 
der  französische  Harschall  Hontmorency  los,  den  der  Donner 
des  Geschützes  vom  rechten   Ufer   des  Tessin  aufs  linke  ge- 


sogen  halte,  am  den  Seinigen  in  Hlilfe  za  kommen.  Aus  dem 
Gesagten  ist  ersichtlich,  dass  die  kaiserliche  Armee  ans  der 
Harschordnung  in  die  Schiachtordnung  flbergiag,  indem  sie  nur 
halblinks  machen  durfte. 

U.  Fraiizisisehe  Amee. 

Rechter  Flügel:  Reiterei  unter  dem  Mars chall  Cha- 
bannes. 

Cent r um:  Die  Gensdarmerie  unter  dem  unmittelbaren 
Befehle  des  Königs. 

Die  nothwendige  Verbindung  zwischen  Flügel  und  Cenlrum 
vermittelten  die  sogenannten  ^Schwarzen  Banden<<  unter  Richard 
Herzog  von  Suffolk. 

Linker  Flügel:    Herzog  von  Alen^^n  mit  Reiterei. 

Bei  10000  Schweizer  von  Johann  Diessbach  angeführt, 
bildeten  das  Hittelglied  zwischen  diesem  Flügel  und  dem 
Centrum.  Die  Schweizer  formirten  aber  zwei  ungleiche  Haufen, 
wovon  der  kleinere  an  den  König,  der  grössere  aber  an  den 
Herzog  von  Alen^on  sich  anlehnte. 

Das  französische  Fussvolk  unter  Carl  von  Amboise  erhielt 
Befehl  als  Reserve  das  Lager  besetzt  zu  halten,  wahrend 
das  italienische  Fussvolk  Front  gegen  die  Stadt  machen  musste, 
um  den  Rücken  des  Heeres  zu  decken  und  die  Besatzung  von 
Pavia  in  Zaum  zu  halten,  die  sich  der  getroffenen  Verabredung 
gemäss  so  eben  anschickte,  vom  Schlosse  aus  einen  Ausfall 
zu  machen. 

Kennen  wir  die  Aufstellung  beider  Heere,  so  wollen  ^ir 
nun  übergehen  auf  die  Beschreibung  des  Kampfes  selbsten. 

Kampf  auf  dem  reehteo  fraHzosiscIien  Flä^eL 

Hier  stand  —  wie  wir  wissen  -—  Marschall  Chabannös 
mit  einem  Theile  der  Reiterei,  welche  „dorch  die  Schwanen 
Banden^^  mit  dem  Centnun  verbunden  war.  Auf  diesen  Flügel 
richtete  sich  nun  kaiserlicher   Seits  der  entscheidende  Sross, 


-    63    — 

wAhrend  fransösiaciier  Seits  der  Hauptangriff  dnrob  die  Gens- 
darmerie  auf  das  Ceutrum  der  Kaiserlichen  gerichtet  wurde. 
Während  deaanach  in  beiderseitigen  Centruin  ein  wildes  Rei- 
tergefeeht  vorwiirts  wogte  und  zurttck,  stiess  Freundsberg  mit 
den  Landsknechten  auf  die  „Schwarzen  Banden;^  diese  hiessen 
auch  die  „Unflberwindlichen,«^  ^  ein  Beiname,  der  an  diesem 
Schlachttage  durch  deutsche  Tapferkeit  zu  Schanden  geworden 
ist.  Die  Unüberwindlichen  wollten  an  diesem  Tage  bei  König 
Franz  Ehre  einlegen,  und  rüsteten  sich  deshalb  zu  einer  ver- 
zweifelten Gegenwehr;  aLer  auch  die  Landsknechte  brannten 
vor  Begierde,  ihre  Kräfte  heute  an  den  ;^Untiberwindlichen^ 
za  messen;  der  Umstand,  dass  unter  ihnen  so  viele  Deutsche 
waren,  und  zwar  mehrere  vom  guten  Adel,  wie  z.  B.  Graf 
Wolf  von  Lupfen,  Carl  Graf  von  Ortenburg,  Hanns  von  Brandeck, 
u.  a.  m.  Stelgerte  noch  die  Wulh  von  Freundsbergs  Leuten. 
Dieser  fiel  nach  altem  Brauche  vor  dem  Angriff  zuerst  mit  allen 
seinen  Kriegern  auf  die  Knie  nieder  zum  Gebet.  ,^Kinder! 
zn^st  die  Augen  gegen  den  Himmel,  dann  auf  den  Feind ^  — 
war  sein  gewöhnlicher  Zuruf,  ehe  er  angriff.  Nachdem  sich 
AUe  erhoben  hatten  ging  die  ganze  Front  lautlos  auf  die 
„Schwarzen  Banden^  los.  Aus  diesen  trat  plötzlich  der  Haupt- 
mann Hanns  Langenmantel,  von  Augsburg  gebürtig,  hervor  und 
forderte  mit  hoch  erhobenem  Arme  und  weithin  vernehmbarer 
Stimme  den  Ritter  Georg  zum  Zweikampf  heraus.  Freunde 
und  Feinde  machten  nun  halt !  und  standen  wie  am  Boden  au- 
gewurzelt. Freundsberg  nahm  deo  Zweikampf  lachend  an, 
schalt  zuerst  den  übermflthigen  Prahler  einen  Verräther  des  Vater- 
landes, ging  dann  beherzt  auf  ihn  los,  und  streckte  denselben 
nach  kurzem  Kampfe  todt  auf  den  Boden  hin.  Ein  Lands- 
knecht eilte  hinzu,  hieb  dem  GefaUenea  die  Hand  ab,  und 
warf  diese  sammt  den  kostbaren  Ringen,  womit  alle  Finger 
bedeckt  waren,  als  Siegeszeichen  hoch  in  die  Lüfte.  Auf  das 
erhoben  alle  Landsknechte  ein  gewaltiges  Geschrei  und  gingen 
im  ^Sturmschritte  auf  die  Unüberwindlichen^  los.  Der  An- 
griff auf  dieselben  geschah  von  dreien  Seiten  —  in  der  Front 


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von  Preoodsberg,  in  der  rechten  Flanke  von  Sittich  und  in  der 
iinken  von  einem  dritten  nicht  genannten  Führer ;  auch  Bourbon 
soll  nach  seinem  Biographen  bei  diesem  Angriff  gewesen  sein; 
vielleicht  war  er  der  dritte  Fflhrer.  Und  nun  wurde  unter  den 
„Unüberwindlichen^  ein  furchtbares  Blutbad  angerichtet.  Wie 
das  Pescara  ersieht,  der  mit  dem  Harnisch  eines  gemeinen 
Reisigen  angethan  hoch  zu  Pferde  mit  dem  Blicke  eines  Adlers 
das  Schlachtfeld  überschaute,  kommt  er  angesprengt  und  richtet 
an  Freundsberg,  der  aus  dem  ersten  Gliede  mit  seiner  athletischen 
Gestalt  wie  ein  Thurm  hervorragend  unter  den  „Schwanen 
Banden^  furchtbar  aufräumte,  Worte  der  Ermuthigung,  nicht 
nachzulassen,  wacker  nachzudrücken  u.  s.  w.,  deren  Freunds- 
berg aber  wahrlich  nicht  bedurfte,  indem  der  Held  mit  seinen 
Leuten  unter  den  „Schwarzen  Banden^  so  wüthete,  dass  an 
diesem  blutigen  Tage  sogar  ihr  Name  untergegangen  ist;  ihr 
Anführer,  der  Herzog  von  Suffolk  fiel  unter  den  Streichen  der 
Landsknechte.  Vom  hohen  Adel  blieben  auf  dem  Platze:  der 
Graf  von  Lambesk,  ein  junger  Mann,  welcher  mit  seinem  köst- 
lichen Harnische  und  wallendem  Federbusche  Aufsehen  erregte, 
und  Dietrich  von  Schomberg,  der  Bruder  des  Blschofes  von 
Capua,  Nikiaus  von  Schomberg. 

Nebst  diesen  wurden  getödtet:  Graf  Wolf  von  Lupfen, 
Hanns  von  Brandeck  und  Carl  Graf  von  Ortenburg,  dessen 
Bruder  Alexander  bei  den  Landsknechten  war. 

Nach  Vernichtung  der  „Schwarzen  Banden,^  schwenkten 
die  siegestrunkenen  Landsknechte  links  ab,  und  gingen  auf 
den  linken  französischen  Flügel  los,  der  durch  die  Niederlage 
der  „Unüberwindlichen^^  sein  Verbindungsglied  verloren  hatte, 
und  dadurch  vom  Centrum  getrennt  war.  Die  Franzosen  halten 
hier  auf  dem  linken  Flügel  überall  den  Herzog  von  Bourbon 
gesucht,  um  sich  an  dem  Ueberlfiufer  und  Verrüther  des  Vater- 
landes blutig  zu  rüchen;  der  Herzog  war  aber  so  klug,  sich 
in  gemeiner  Reitertracht  zu  verhüllen,  während  Pomperant  seine 
Stelle  vertrat. 

Dem  tapfem  Chabannes  gegenüber  hatte  Castaldo,   Mark- 


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graf  von  Piadena,  einen  harten  Stand;  zweimal  war  seine 
Reiterei  vom  französischen  Uarschalle  durchbrochen  worden, 
and  zweimal  sammelte  Castaido  seine  Leute  wieder,  und  führte 
sie  ins  Gefecht  zurflck.  In  diesem  Getümmel  fand  der  muthige 
Qermont  d'  Amboise  einen  rühmlichen  Tod.  Plötzlich  sieht 
sich  Chabannes  in  seiner  linken  Flanke  von  den  Landsknechten 
gepackt.  Der  Marschall,  von  der  Menge  seiner  Feinde  nun- 
mehr erdrückt,  sah  seine  Reiter  sich  zerstreuen.  In  der  ver- 
geblichen Bemühung,  die  Versprengten  zu  sammeln,  ward  sein 
Pferd  erstochen.  Chabannes  war  nun  eben  im  Begriffe,  zu 
Fnsse  kämpfend  sich  durchzuschlagen,  als  er  dem  Gastaldo 
Selbsten  in  die  Hftnde  fiel,  und  sich  diesem  ergeben  musste« 
Diesen  Beiden  begegnete  nun  der  spanische  Hauptmann  Bo- 
zarto.  Marschall  Chabannes  (Herr  von  la  Palisse)  war  der 
schönste  Greis  seiner  Zeit.  —  ein  ehrfurchtgebietender  Krieger 
in  seiner  ganzen  Haltung.  Sein  edles  Ae^ssere,  die  Pracht 
seines  Waffenrockes  Hessen  schliessen,  dass  der  Gefangene 
von  hohem  Range  sein  müsse,  somit  ein  hübsches  Lösegeld 
in  Aussicht  stelle.  Von  diesem  verlangte  nun  Bnzarto  einen 
Antheil^  da  nun  aber  Castaido  dieses  Begehren  mit  Unwillen 
zurückwies,  setzte  der  rohe  Hauptmann  dem  edlen  Greise  eine 
Büchse  aufs  Herz  und  —  erschoss  ihn.  Der  Grausame!  So 
folgte  der  tapfere  Marschall  seinem  Bruder  Johann  Chabannes 
(Vandenesse)  der  m  der  Schlacht  bei  Romagnano  (14.  April  f  524) 
an  der  Seite  des  Ritters  Bayard  den  Heldentod  gefunden  hat, 
bald  ins  Grab  nach. 

So  war  der  ganze  rechte  Flügel  der  Franzosen  in  kurzer 
Zeit  aufgerieben. 

Kampf  auf  dem  linken  franzüslsehen  FlAgei. 

Den  üussersten  linken  Flügel  bildete  —  wie  wir  wissen  — 
der  Herzog  von  Alen^n  mit  einem  Theile  der  Reiterei,  wäh- 
rend zwei  ungleiche  Haufen  Schweizer  in  einer  Stärke  von 
10000  Mann  seine  Verbindung  mit  dem  König  unterhielten. 

5 


—    68    — 

Wahrend  der  Adel  Frankreichs  auf  dem  rechten  Flügel 
und  im  Centrum  mit  ausgezeichneter  Tapferkeit  kämpfte  und 
fflr  seinen  Monarchen  verblutete,  blieb  der  Herzog  von  Alen^OD, 
Schwager  des  Königs,  erster  Prinz  vom  Geblüte,  völlig  un- 
thätig*  Pescara  beschäftigte  ihn  gar  leicht  durch  das  Feuer 
seiner  spanischen  Schützen.  Wie  aber  der  Herzog  die  Ver- 
nichtung 'des  rechten  Flügels  in  Erfahrung  bringt,  und  die 
Verwirrung  im  Centrum  erschaut,  lässt  er  eiligst  zum 
Rückzug  blasen,  und  retirirt  über  Hals  und  Kopf  der  ein- 
zigen Brücke  zu,  die  über  den  Tessin  geschlagen  war.  Wie 
eine  Quelle  berichtet,  soll  er  auf  diesem  voreiligen  Rückzöge 
sogar  einen  Haufen  Schweizer  mit  seinen  Leuten  überritten 
und  ganz  in  Unordnung  gebracht  haben.  Vergebens  stellte 
der  brave  Lieutenant  des  linken  Flügels ,  Herr  la  Roche  du 
Maine  dem  Herzoge  vor,  was  Pflicht  und  Ehre  geboten  — 
AteuQon  verliess  in  aller  Hast  das  Schlachtfeld,  retirirte  über 
die  benannte  Brücke,  die  er  dann  auch  noch  hinter  sich  ab- 
warf. Dem  wackern  Lecotenenten,  Herrn  la  Roche  du  Maine, 
blieb  nun  nichts  übrig,  als  —  für  seine  Person  von  den  Flücht- 
lingen sich  loszumachen ;  er  warf  sich  hierauf  mit  dem  Baron 
von  Trans  ins  Gefecht  und  ward  tapfer  kämpfend  gefangen. 
Leider  riss  der  feige  Herzog  auf  seiner  voreiligen  Flucht  auch 
den  grösseren  Haufen  Schweizer  mit  sich  fort;  als  diese 
nämlich  durch  die  Flucht  des  Herzogs  ihre  linke  Flanke  ganz 
blosgestellt  sahen,  wankten  auch  sie.  Ein  edler  französischer 
Ritter,  der  tapfere  Fleuranges,  ein  Liebling  des  Königs  Franc 
(da  Beide  mitsammen  erzogen  worden  waren)  kämpfte  ritterlich 
an  ihrer  Seite  mit  etlichen  Reitern ,  die  noch  Stand  hielten, 
versprach  sogar  mit  seinen  Leuten  abzusitzen  und  In  erster 
Reihe  mit  ihnen  zu  Fuss  zu  kämpfen;  aber  es  half  Alles 
nichst;  feige  ergriffen  die  sonst  so  tapfern  Schweizer  die  Flucht. 
Vergebens  packte  ihr  Anführer,  Johann  Diesbacb,  seine  Leute 
bei  der  Ehre  und  schall  sie;  da  er  die  Fliehenden  nicht  zum 
Stehen  bringen  konnte,  eine  solche  Schande  aber  auch  nicht 
überleben  wollte,   so  stürzte  sich  der  wackere  Mann  in   das 


—    67    —' 

Gewühl  der  Schlacht  und  fand  darin  den  Tod ,  den  er  sachte ; 
der  edle  Flearanges  schlug  sich  zum  König  durch« 

Wir  verloren  indessen  den  tapfern  Harkgrafen  von  Guasta 
aus  den  Augen,  und  verliessen  ihn,  getraint  von  den  Seinigen 
im  Rücken  des  französischen  linken  Flügels.  Eben  schickte 
er  sich  an,  diesen  anzugreifen  und  im  Rücken  zu  packen  -^ 
was  vielleicht  viel  zur  Flacht  des  Hersogs  von  Alen<^n  and 
des  grösseren  Haufens  Schweizer  beigetragen  haben  mag  — 
als  ihm  der  Harschall  Hontmorency  an  der  Spitze  von  2000 
Schweizern  und  1000  Franzosen  entgegentrat.  Als  aber  nach 
einem  langen  persönlichen  Kampfe  zwischen  dem  Harkgrafen 
and  dem  benannten  Harschalle  letzterer  unterlag  und  sich  jenem 
ergeben  niusste,  zerstob  auch  diese  Abtheilung  und  suchte  ihr 
Heil  in  der  Flucht.  Alphons  von  Guasta  verfolgte  nun  seinen 
Yortheil,  schwenkte  rechts  ab,  warf  sich  auf  das  schlecht  ge- 
deckte französische  Geschütz  (mit  dem  man  so  Entscheidendes 
hatte  auswirken  können !)  —  erschlug  die  ^BQchsenmelster^  bei 
ihren  Stücken  und  drang  dann  unwiderstehlich,  Alles  vor 
sich  niederwerfend  bis  zum  kleinern  Klumpen  Schweizer  vor, 
die  sich  an  den  König  angelehnt  hatten.  Uneingedenk  der  alten 
Tapferkeit,  die  sie  früher  in  so  vielen  blutigen  Schlachten 
namentlich  in  der  Schlacht  bei  Harignano  (13.  Sept.  1515)  so 
glsinzend  bewährt  hatten,  ergriffen  auch  diese  schttndlich  die 
Flucht,  von  der  Relssner  so  treflend  sagt:  „Das  Herz  war 
ihnen  genommen,  sie  hatten  den  Hasen  im  Busen.^  Wehe  aber 
dem  Soldaten  ohne  Herz  wohl  aber  mit  einem  Hasen  auf  jener 
Stelle,  die  das  Herz  einnehmen  sollte  1 

Kampf  im  Geiiirum. 

Das  Gefecht  im  Centrum  dauerte  mit  wechselndem  Glücke 
fori,  während  dasselbe  auf  beiden  französischen  Flügeln  einen 
so  unglücklichen  Ausgang  nahm.  Der  König  focht  an»schrocken 
und  sprach  den  Führern  als  ein  strenger  Kriegsmann  zu,  sie 
auffordernd  ihre  Schuldigkeit  zu  thun  und  sich  wacker  zo 
halten.    Ein  Waffenrock  von  Silberstoff,  der  glänzende  Heim 

5* 


~    68    — 

mit  den  köstlichsten  Federn  geschmückt,  die  ihm  bis  auf  die 
Schultern  herabwallten,  dann  die  herrliche  Rüstung  —  später 
die  schönste  Zierde  der  Ambraser  Sammlung  —  machten  den 
Monarchen  Frankreichs  weithin  kennbar,  und  als  solcher  war 
er  Freunden  und  Feinden  ein  mächtiger  Antrieb  zu  tapfem 
Thaten.  König  Franz  stand  in  Person  an  der  Spitze  mehrerer 
Angriffe^  und  hielt  sich  in  denselben  wirklich  ritterlich.  Wo 
er  unter  den  Kaiserlichen  irgend  einen  He^esförsten  zu  er- 
blicken glaubte,  den  sprengte  er  an.  So  erschlug  er  mit  eigener 
Hand  den  Ferdinand  Kastrioto,  Marquis  von  St.  Ange,  den 
Enkel  des  wdtbertthmten  Helden  Skanderbeg  und  letzten 
Sprossen  des  königlichen  Stammes  von  Albanien,  worauf  sich 
seine  italienischen  Reiter,  deren  Führer  er  war,  ohne  Nflhe 
zerstreuten.  Auch  den  Hugo  Cardonius,  den  Locotenenten  des 
Markgrafen  Pescara,  erlegte  er  eigenhändig  und  zersprengte 
seine  beiden  spanischen  Ffihnlein,  die  er  unter  sich  hatte.  Der 
Vice-König  Lannoy  soll  bei  einer  solchen  Gestalt  der  Dinge 
laut  ausgerufen  haben:  „Nun  ist  Alles  verloren  1^  Zwar  hielt 
sich  Graf  Niklas  Salm  wacker  mit  seiner  Reiterei,  erlitt  aber 
grosse  Verluste;  zwei  bayrische  Reitergeschwader  wurden 
beinahe  ganz  aufgerieben,  der  Locotenent  des  Grafen  fiel  im 
Kampfe  und  der  Graf  selber  wurde  zurtickgedrfickt ,  in  Folge 
dessen  auch  die  Kürassiere  des  Yice-Königs  und  des  Herzogs 
von  Bourbon  zu  wanken  begannen;  leider  hatten  die  Kaiser- 
lichen im  Centrum  keine  leichten  Pferde  zur  Hand.  Von  der 
leichten  Reiterei  besassen  dieselben  ohnehin  nur  drei  „Haufen;^ 
von  diesen  hatte  Guasta  drei  Ffthnlein  bei  sieh,  der  zweite 
Haufe  war  gleich  anfangs  beim  Geschütz,  das  derselbe 
zu  eskortiren  hatte,  von  den  französischen  Anführern  Buzzolo 
und  Brion  in  die  Flucht  getrieben  worden,  und  der  dritte 
befand  sich  rückwärts  im  Lager  zur  Bewachung  des  Trosses. 
In  dieser  grossen  Bedrängniss  erhielt  Lannoy  zur  rechten  Zeit 
eine  höchst  erwünschte  Hülfe;  Pescara  sendete  ihm  nämlich 
vom  rechten  Flügel  800  seiner  kampferprobten  Schützen,  die 
sogenannten  Basken,   die  schon  dem  Herzog  von  AlenQon  sich 


furchtbar  gemacht  halten,  and  vom  tapfem  Johann  dVUrbina 
angeführt  wurden.  Der  vom  Harkgrafen  Pescara  erhaltenen 
Anleitung  gemäss  sprangen  die  Basken  aas  der  kaiserlichen 
Kavallerie;  hervor  feuerten  schnell  auf  die  fest  geschlossenen 
Reihen  der  franz(Vsischen  Gensdarmerie  ihre  Gewehre  ab,  und 
logen  sieh  eben  so  schnell  wieder  hinter  die  kaiserlichen  Reiter 
zarfick,  um  zu  Jaden  und  dasselbe  Manöver  neuerdings  zu 
beginnen. 

^Das  war  eine  neuwe  Kriegskunst  —  sagt  Reissner  — 
schrecklich  zu  hören,  dass  so  mannliche  Kttrisser  and  tapffre 
Hauptlent  durch  wenig  zerstreuwte  Fassknecht  von  den  Hand- 
roren  za  Grundt  gingen^  —  Abwehr  und  Angriff  der  Kaiser- 
lichen im  Centrnm  auf  beschriebene  Weise  unternommen  hatten 
zur  Folge,  dass  die  französischen  Schwadronen  bald  in  Un- 
Ordnung  geriethen.  König  Franz  glaubte  dem  Uebel,  das  er 
bemerkte,  dadurch  abzuhelfen,  dass  er  den  Befehl  erthellte,  die 
Gensdarmerie  sollte  sich  ausdehnen;  allein  darch  diese  Mass- 
regel  verschlimmerte  er  nur  noch  mehr  das  Uebel,  indem  er 
dadurch  den  Basken  Gelegenjieit  verschaffte,  sogar  in  die  ge* 
dehnte  Linie  der  französischen  Reiterei  einzudringen,  and  als 
treffliche  Schfltzen  ihre  Leute,  die  sie  aufs  Korn  nehmen  wollten, 
auszuwählen;  dadurch  verior  das  französische  Heer  in  kurzer 
Zdt  seine  besten  Generale.  So  wurde  z.  B.  gleich  nn 
ersten  Angriff,  den  die  Basken  unternahmen,  der  alte  Tre- 
mouille  unter  dem  Auge  verwundet,  und  sein  Streitross 
tödtlich  verletzt.  Jean  de  la  Breche^  als  Page  im  Hause  des 
benannten  Generals  auf  erzogen  und  nun  dessen  Stallmeister, 
wechselte  schnell  mit  seinem  Herrn  das  Pferd.  Kaum  ist  dies 
geschehen,  als  der  verwundete  Tremouille  den  König  in  Gefahr 
sieht;  schnell  eilt  er  auf  den  Honarchen  zu,  um  ihn  zu  schützen, 
als  er  —  von  zweien  Kugeln  (in  Kopf  und  Brust  getroffen) 
vor  den  Augen  des  Königs  todt  zur  Erde  niedergestreckt  wird. 
Galeaz  von  St.  Severin  fällt  ebenfalls  mit  Wanden  bedeckt  vor 
den  Augen  seines  Honarchen.  Als  Ritter  Wilhelm  da  Bellai- 
Langey  ihn  fallen  sah,  sprang  er  vom  Pferde,  um  dem  tödtUch 


^    70    — 

getroffenen  Hülfe  sa  leisten.  Dieser  jedoch  —  bereits  ein 
Siebenzlger  —  rief  dem  Ritter  zu:  ^Lass  mich  ruhig  sterben, 
und  eile  den  König  xu  retten.^ 

Unterdessen  waren  beide  französische  Flügel  vernichtet, 
das  Lager  durch  Anton  de  Leyva  erstürmt,  die  Brücke  abge« 
gebrochen  —  nnr  der  König  focht  noch  im  Centnim  mit  den 
traurigen  Ueberresten  seiner  Gensdarmerie.  Dem  französischen 
Centrum  —  diesem  einzigen  noch  übrigen  Tummelplatze  -- 
wendeten  sich  jetzt  die  kaiserlichen  Heersäulen  von  allen  Seiten 
zu.  Das  Trauerspiel,  dessen  letztem  Akte  wir  nun  beiwohnen, 
enthüllt  unserm  Blicke  den  Todeskampf  der  französischen  Rit- 
terschaft; diese  kftmpft  ihn  unerschrocken  aus.  Zum  Banner 
des  Königs  brach  sich  jetzt  Bahn,  wer  an  einem  andern  Orte 
dem  Tode  entgangen  war,  oder  einer  schimpflichen  Flucht  sich 
hatte  entziehen  können.  Verschwunden  war  zwar  die  Sieges- 
freudigkeit, aber  fest  der  Entschluss,  mit  Ehren  zu  fallen. 
Durch  Verluste  gelichtet  sammeln  sich  nun  im  Centrum  die 
französischen  Geschwader  um  den  König,  schliessen  best- 
möglichst ihre  Reihen  und  stürzen  mit  dem  Muthe  der  Ver- 
zweiflung auf  die  Kaiserlichen.  Das  Handgemenge  wird  endlich 
so  dicht,  dass  das  verderbliche  Feuer  der  Basken  verstummen 
muss.  Pescara  ^  nun  im  Centrum  in  voller  Thtftigkeit  — 
empfängt  im  Gewtthle  mit  einem  Spiesse  durch  den  offenen 
Helm  eine  Wunde  im  Gesichle,  sein  Pferd  bricht  todt  unter 
ihm  zusammen,  der  linke  Fuss  wird  ihm  mit  einer  HeHebarde 
durchstochen,  er  geräth  unter  die  Hufe  Ber  Rosse,  somit  in 
giösster  Gefahr,  zu  Grunde  xu  gehen  •—  hätte  ihn  nicht  einer 
aus  seinen  Leuten  mit  Hülfe  der  nächsten  Hauptleute  heraus- 
gehauen; mit  grösster  Hartnäckigkeit  behauptete  der  verwun- 
dete jpeldherr  seinen  Posten  —  da  nahen  Guasta,  CastaMo, 
und  die  furchtbaren  au  diesem  Tage  stets  den  Ausschlag  ge- 
benden Landsknechte  und  mit  ihnen  Freundsberg  und  BonrboD. 
«Der  Anblick  des  Herzogs  von  Bourbon  hob  den  Huth  des 
Harkgrafen  von  Pescara;  dieser  vergass  die  alte  Eifersucht  -— 
leider  eine  Schattenseite  in  seinem  vielbewegten  Leben  —  fä^ 


—    71    — 

skk  willig  den  Anordoungen  den  Henogs  ond  griff  mit  ihm 
vereiDt  neuerdiiigs  ao.  Dieser  allgemeine  Angriff  durchbrach 
die  Geosdarmerie  an  sechs  venchiedenen  Orten,  und  Hess  ihr 
keine  Höglichkeit,  sich  wieder  so  sammeln.  Die  Veremxelnten 
fochlea  nun  noch  weiter,  wie  sie  konnten  und  mochten»  Auch 
König  Frans  kSmpfie  noch  ond  kftmpfte  einer  der  letzten  an  diesem 
wirklidieo  Schlachttage.  Gelichtet  waren  die  alten,  versuchten 
Krieger  seines  Gefolges,  im  Getfimmel  getrennt,  gefangen,  ver- 
wundet oder  todt  seine  Getreuen,  todt  die  meisten  Grosswttr- 
dentriger  der  Krone  —  ihm  blieb  somit  zur  weitem  Verthei-* 
djgung  nur  das  eigene  Schwert;  KOnig  Franz  wollte  mit  seinen 
Getreuen  fallen  und  sterben.  Nach  langem  Einzelnkampf  ver- 
wundete er  emen  Ekielmann  aus  Burgund  -^  Namens  Andetot  — 
im  Gesichte,  und  erlegte  fünf  bis  sechs  seiner  zudringlichsten 
Gegner. .  Nihlas  Graf  Salm  hielt  sich  mit  seinen  Reitern  hart 
am  König  und  verwundete  ihn  an  der  rechten  Hand,  wogegen 
König  Franz  dem  Grafen  durch  den  Schenkel  stach ,  was  den 
letztem  nicht  hinderte,  den  Hengst  des  Monarchen  in  der  Nähe 
einer  Brücke  ttber  die  Venacula  niedersustossen.  An  Hand 
und  Fuss  verletzt,  erschöpft  vom  Blutverlust  in  Folge  einer 
Wunde  an  der  Stiro,  zerquetscht  vom  Sturze  des  Pferdes  — 
erhob  sich  Franz  dennoch  rasch  vom  Boden  auf,  focht  zu  Fuss 
und  streckte  abermals  zwei  oder  drei  der  Dreistesten  nieder. 
In  diesem  Augenblicke  fielen  Diego  d'  Avila,  Commendatore 
von  Alcantara  und  Juan  d'  Urbieta  den  König  mit  aller  Gewalt 
an;  eine  Menge  Stimmen  riefen  ihm  zu,  sich  zu  ergeben; 
allein  Franz  schien  eher  mit  dem  Degen  in  der  Hand  fallen 
an  wollen,  als  sich  der  Rohheit  gemeiner  Krieger  preiszugeben ; 
da  kommt  Fomperant  herangesprengt,  erkennt  den  König,  ob- 
gleich dessen  Gesicht  mit  Blut  bedeckt  war,  entfernt  den 
Haufen,  wirft  sich  seinem  ehemaligen  Gebieter  zu  Fflssen,  ihn 
bittend,  sich  dem  Herzog  von  Bourbon  zu  ergeben.  Als  Franz 
diesen  Namen  ausgesprochen  hört,  ruft  er  zitternd  vor  Zorn: 
«Ich  kenne  keinen  Herzog  von  Bourbon,  als  mich  Selbsten; 
ich  gebe  mich  auch  Niemanden  gefangen,  als  nur  dem  römi- 


^    72    - 

sehen  Kaiser.^  Auf  das  springt  ein  Spanier  hinzu  und  packt 
den  König  beim  Heim  und  beim  Kleide,  um  ihn  zu  Boden  za 
reissen ;  jedoch  Franz  stosst  den  Verwegenen  mit  seinem  Schwerte 
dergestalt  zurück,  dass  dem  Krieger  ein  Stttck  Aermei  des 
Honarchen  und  der  Federbusch  des  Helmes  in  der  Hand  blieben. 
In  diesem  Augenblicke  erschien  Lannoy,  der  Vice-König,  be- 
fahl der  herandrftngenden  Reiterei  zurückzuweichen,  Hess  äch 
dann  auf  ein  Knie  nieder,  und  hatte  sofort  die  unverdiente 
Ehre,  den  Degen  des  Honarchen  entgegen  zu  nehmen,  dem  er 
dafür  seinen  eigenen  mit  dem  Bemerken  darreichte :  es  gezieme 
sich  nicht,  dass  ein  so  grosser  KOnig  in  Gegenwart  eines  kai- 
serlichen Unterthanen  unbewaffnet  sei.  Auch  Pescara  und 
Guasta  bezeigten  dem  hohen  Gefangenen  die  höchste  Achtung. 
Nun  stürzt  Bourbon  herbei,  den  vom  französischen  Blute  noch 
triefenden  Degen  in  der  Hand  haltend  —  worüber  Franz  sich 
so  entsetzte,  dass  Pescara  dem  Herzoge  entgegeneilte  und  ihn 
bat,  er  mögaiden  Degen  einslecken,  und  sich  gemässigt  gegen 
den  gefangenen  Honarchen  benehmen. 

Bourbon  versprach  es ,  liess  sich  vor  dem  König  auf  ein 
Knie  nieder ,  suchte  Jedoch  vergeblich  —  dessen  Hand  zu  er- 
greifen und  sprach :  ^^Wenn  Euere  Hajestfit  meinem  Ratbe  in 
manchen  Dingen  gefolgt  würen,  würden  Sie  sich  nicht  in  der 
jetzigen  Noth  beGnden,  und  das  Blut  des  französischen  Adels 
würde  nicht  diese  Felder  düngen.^ 

Der  König  konnte  bei  diesen  Worten  seine  grosse  Gemüthsbe- 
wegung  nicht  verbergen ;  mit  gegen  Himmel  erhobenen  Augen  und 
einem  tiefen  Seufzer  sagte  er:  „Geduld,  da  das  Glück  fehlt.^ 
Als  Pescara  gewahr  wurde,  wie  unangenehm  dem  Honarcben 
die  Gegenwart  Bourbon's  war,  bewirkte  er  dessen  Entfernung  *). 

Als  sich  die  Gefangennehmung  des  französischen   Königs 


*)  Was  die  so  eben  erzfihlte  Gefangennebmung  des  üranzösiscbao 
Monarchen  anbelangt,  weichen  die  Geschichtscbreiber,  die  diese 
Thatsache  bebandeln,  in  Bezug  auf  die  Erzählung  der  Umstände, 
unter  welchen  die  Gefangennehmung  sfatt  fand,  von  einander 
ab.    So  lauten  die  Details  nach  andern  Quellen : 


—    73    — 

mit  reissender  SchndUgkeit  im  kaiserlichen  Heere  verbreitet 
hatte,  ertönte  von  allen  Seiten  her  durch  Ranch  und  Dampf 
selbst  das  Waifengektirr  ttbertflubend  der  Freudenruf :  ^Victora, 
Victoria!^  Da  flohen  die  Wenigen,  die  noch  fochten —  Pran« 
zosen  wie  Schweizer.  Von  den  Letztern  erhielt  nur  eine  ge- 
ringe Zahl  Pardon;  viele  stürzten  »ich  in  den  Tessin,  und 
ertranken,  da  der  fliehende  Herzog  von  Alen<^n  —  wie  wir 
bereits  gehurt  haben  —  die  einzige  über  diesen  Fluss  geschla- 
gene Brflcke  hinter  sich  hatte  abwerfen  lassen. 

Zur  Erzielung  dieses  glänzenden  Sieges  über  das  fran- 
zösische Heer  hat  aber  auch  die  wackere  Besatzung  von  Pavia 
das  Ihrige  redlich  beigetragen.  Kaum  waren  nämlich  die  drei 
Stgnalschflsse  im  kaiserlichen  Lager  abgefeuert  worden,  als 
Antonio  de  Leyva  und  seine  Unterkommandanten  Johann 
Baptist  und  Ludwig  Grafen  von  Lodron,  Kaspar  von 
Freundsbeig,  Schertlin,  Bemmelberg  u.  s.  w.  vom  Schlosse  aus 
und  durch  das  sogenannte  „neue  Thor^  einen  wüthenden  Aus- 


Endlich  umringte  ihn  Graf  Niklas  Salm  mit  seinen  Körassieren, 
erstach  den  Hengst  des  Königs  und  verwundete  ihn  in  der  rechten 
Hand.  Dagegen  durchstach  Franz  den  Schenkel  des  Grafen,  und 
wollte  eben  zum  zweiten  Male  gegen  denselben  ausfallen,  als 
den  König  ein  Spanier  beim  Helmbusch  ergriff  und  vollends  zu 
Boden riss;  die  wallenden  Federndes  Helmbusches  und  ein  Aermel 
vom  Kleide  des  Monarchen  blieben  dem  Spanier  in  der  Hand. 
Da  kam  der  Hofmeister  des  Herzogs  von  ßourbon  Carl  de  la  Motte 
angesprengt  und  mit  ihm  auch  Pomperant;  diese  erkannten  den 
König,  der  ganz  blutig  und  entstellt  unter  seinem  erstochenen 
Hengste  zu  Boden  lag,  und  baten  ihn,  sich  dem  Konnetable, 
Herzogen  von  Bourbon  zu  ergeben,  der  in  der  Nähe  wäre.  Ent- 
rüstet antwortete  Frauz :  „Ich  kenne  keinen  Herzog  von  Bourbon, 
als  mich  Selbsten^  und  ergebe  mich  nur  dem  römischen  Kaiser.^^ 
Allmählig  verblutend  befahl  Franz  den  Vice-König  von  Neapel 
herbeizurufen.  Dieser  kam,  trieb  die  Reisigen  auseinander,  die 
sich  um  die  Kleider  und  Waffen  des  Königs  rissen,  reichte  dem* 
selben  die  Hand  und  half  ihm,  sich  vom  Boden  aufzurichten. 
Franz  gelobte  dem  Yice*König»  als  dem  Stellvertreter  des  Kaisers, 
ehrliches  Gefängniss,  und  gab  ihm  den  rechten  Handschuh  zum 
Zeichen  seines  zu  haltenden  Versprechens.  Kniend  empfing  nun 
Lannoy  den  Degen  des  Monarchen  u.  s.  w« 


-    74    — 

fall  machten,  die  feindlichen  Verschanzingen  erstiegen,  das 
Lager  erstttrmten,  die  Hut  desselben  in  die  Flacht  schlagen, 
sich  mit  den  Kaiserlichen  vereinigten,  and  an  der  Seile  ihrer 
Waffenbrüder  tapfer  kämpfend  den  Sieg  erringen  halfen. 

Namentlich  werden  Graf  Johann  Baptist  von  Lodron 
und  Ritter  Kaspar  von  Freundsberg  angeführt  mit  der  ruhm- 
vollen Bemerkung,  dass  sie  sich  beim  erwähnten  Ausfalle  der 
Besatzung  von  Pavia  besonders  ausgezeichnet  haben*). 

Das  Wesentlichste  zur  Erlangung  (fieses  Sieges  hat  aber 
unstreitig  RHter  Georg  von  Freundsberg  beigetragen;  er  hielt 
aber  seine  Leute  noch  in  Reihe  und  Glied,  als  schon  Alles 
floh  und  kein  einziger  Gegner  mehr  Stand  hielt.  So  gross 
war  sein  Ansehen,  dass  die  deutschen  Landsknechte  (denen 
doch  so  lange  schon  kein  Sold  war  bezahlt  worden)  nicht  zu 
murren  wagten,  dass  er  sie  vom  Plündern  abhielt,  und  auf 
diese  Weise  fast  die  ganze  Beute  den  Spaniern  zu  Theil  wurde. 
Als  seine  Leute  ihm  zujauchzten  und  die  kaiserlichen  Heeres- 
führer es  laut  aussprachen:  ihm  und  dem  Harkgrafen  Pescara 
sei  vor  Allen  der  Sieg  zuzuschreiben  —  stand  Riter  Georg 
innig  bewegt  da.  Mit  Freudenthrdnen  in  den  Augen  und  die 
Hände  zum  Himmel  erhoben  sprach  der  Held:  „Dir,  dir  sei 
die  Ehre  —  nicht  mirl''  — 

So  verschieden  die  Stärke  des  fninz^toischen  Heeres  vor 


*)  Im  Zeugnisse ,  das  Antonio  de  Leyva  dem  Ritter  Kaspar  von 
Freundsberg  ausgestellt  hat,  spricht  sich  jener  in  Bezug  auf 
das  wackere  Verhalten  des  benannten  Ritters  wibrend  der 
Schlacht  von  Pavia  folgendermassen  aus: 

Caspar  ipse  cum  ejus  cohorte  facta  nobiscum  eruptioae^ 
Valium  et  aggeres  praelergressus  copias  hostium  (quas  adversus 
obsessos,  ut  eos  urbe  arcerent,  collocaverant)  aggressus,  pedes 
inter  primos  fortiter  pugnons,  strenui  militis  et  optimi  ducis 
munos  agens,  tantum  virtute  sua  et  militum  suorum  nobiscum 
effecit,  ut  non  immerito  singularis  vicloriae,  qua  rex  ipse  caplus 
et  ejus  exercitns  debellatus  fuit,  magno ro  laudem  ipsi  ad- 
scribamus,  et  propterea  is,  qui  tunc  unicae  cohortis  prae- 
fectus  erat,  propter  ejus  egregia  facinora,  totius  fere  Germaaici 
peditatus  in  Insobria  militantis  Dux  constitutns  fuit 


—    75    — 

der  Schlacht  angegeben  wird,  so  abweichend  sind  auch  die 
Angaben  über  den  erlittenen  Verinst  desselben,  der  nach  einigen 
Schriflstellern  10000,  nach  andern  gar  20000  Mann  betragen 
haben  soll;  ja  man  findet  vielfaltig  die  Behauptung  aufgestellt, 
dass  Yon  den  40000  bis  50000  Streitern,  die  König  Franz  im 
Herbste  des  Jahres  1524  Ober  die  Alpen  nach  Italien  geführt, 
und  noch  von  Zeit  zu  Zeit  verstärkt  habe ,  nach  der  Schlacht 
bei  Pavia  kaum  noch  4000  flbrig  geblieben  wären  1 

Fast  alle  jene  alten  französischen  Heerführer,  welche  noch 
die  Zeiten  Ludwigs  XI.,  Karls  YUI.  und  Ludwigs  XII.  gesehen, 
und  die  so  ernstlich  von  der  Schlacht  abgemahnt  hatten,  deckten 
mit  ihren  Leibern  die  Wahlstatt,  als:  Tremouille,  Chabannes, 
Aabigni,  d'  Ars,  Peter  de  Pont-Dali  cBayards  Schwestersohn 
und  Stallmeister  des  Königs)  der  Herzog  von  Suffoik,  Johann 
Diessbach  u.  a.  m.  Todt  lag  auch  auf  der  Wahlslatt  Galeaz 
von  St.  Severin  der  seinem  Herrn  das  Reichsschwert  vortrug. 
Dieses  wurde  erbeutet  und  dem  Ritter  Georg  von  Freundsberg 
einstimmig  zuerkannt,  der  dasselbe  nach  Mindelheim  brachte,  wo 
es  noch  den  Fremden  gezeigt  werden  soll  '^).    Prinz  Ren^,  der 


*)  Das  Reichsschwert,  das  Ritter  Georg  von  Freundsberg  zum  An- 
denken erhielt,  bietet  mir  eine  willkommene  Gelegenheit,  auch 
der  übrigen  Trophäen  zu  erwähoen,  die  dem  gefangenen  König 
von  Frankreich  abgenommen  und  den  Anführern  des  kaiserlichen 
Heeres  zu  Theil  wurden. 

Der  Degen,  den  König  Franz  dem  Vice-König  von  Neapel, 
Lannoy,  überreicht  hatte,  wurde  von  dem  mit  der  Siegespost 
nach  Spanien  eilenden  Commenthur,  Herrn  von  Pennalosa,  dem 
Kaiser  Karl  überbra.cht.  Der  spanische  Oberst  a  Larcon  erhielt 
Franzens  Gürtel  dp  Ich. 

Der  lange  Panzerstecher  mit  schwarzem  Griff  und  Hand- 
korb wurde  dem  Hekien  Niklas  Grafen  v.  Salm  zu  Theil.  Diese 
Trophäe  kam  nach  dem  Erlöschen  der  Linie  Salm-Neoburg  an 
die  mährische  Linie  Salm-Reifferscheid.  Nach  der  Schlacht  bei 
Ansterlitz  erbat  sich  Mortier  vom  Grafen  Salm  die  Begünsti- 
gung diese  Trophäe  zu  sehen.  Man  glaubt,  es  sei  darauf  abge- 
sehen gewesen,  dieselbe  nicht  mehr  zurückzugeben ;  allein  Mor- 
tiers  Biederkeit  vereitelte  den  unedlen  Anschlag.  Als  der  Altgraf 
Hugo  von   Sahn-Reifferscheid  anno  1816  zum  Franzensmnseum 


—    76    — 

sogenannte  Bastard  von  Savoyen ,  ein  Haibbrader  der  Königin 
Mutter,  ward  zwar  noch  lebend  unter  den  Todten  anfgefanden 
und  nach  Pavia  in  das  Hans  der  GrftBn  Escalador  gebracht, 
starb  aber  bald  darauf  an  den  erhaltenen  Wunden. 

Dieselben  gastlichen  Räume  der  genannten  Grftfin  nahmen 
auch  den  schwer  verwundeten  Harschall  Thomas  a  Foix  auf, 
der  ein  Broder  des  Marschalls  Lautrec  war.  Nachdem  Mar- 
schall Foix  dem  Könige  lange  zum  Schilde  und  zur  Abwehr 
gedient  hatte,  fühlte  er  sich  plötzlich  zum  Tode  getroffen; 
Arm  und  Schulter  waren  ihm  mit  einem  furchtbaren  Streiche 
zugleich  zerschmettert  worden.  Dem  rasenden  Ajax  ver- 
gleichbar ritt  er  umher;  ihn  beseelte  nun  noch  Ein  (jc- 
danke  —  der  Gedanke  nämlich  ah  Bonnivet  seine  Rache  zo 
kühlen,  dem  er  das  allgemeine  Unglück  zuschrieb.  Foix  suchte 
den  Admiral  allenthalben  auf,  um  denselben  mit  dem  Anne, 
der  ihm  noch  geblieben  war,  zu  durchbohren,  und  dann  be- 
friedigt zu  sterben.    Vom  Blutverlust  erschöpft  stürzt  er  endlich 


in  Brunn  den  ersten  Austoss  und  den  grossmüthigsten  Beitrag 
gab,  weihle  er  auch  jenen  Panzerstecher  Franzens,  und  des 
Helden  Niklas  von  Salm  eigene  Rüstung  dem  gedachten  Institute, 
dessen  vorzüglichste  Zierde  sie  sind. 

Unbekannt  ist  es,  in  welche  Hände  der  Harnisch,  den  Frans 
am  Tage  der  Schlacht  von  Pavia  getragen  hat,  ursprünglich  ge- 
kommen ist;  gewiss  ist  es,  dass  der  kunstliebende  Ferdi- 
nand II.,  Landesfurst  von  Tirol  von  i563  bis  1594,  diesen 
Harnisch,  so  wie  die  Harnische  des  Herzogs  Karl  von  Bourboo 
und  des  französischen  Marschalls  Annas  von  Montmorency,  fiir 
seine  Ambraser-Sammlung  zu  gewinnen  wnsste.  In  dieser 
blieben  sie  bis  zum  Jahro  1S05,  in  welchem  die  Franzosen 
unter  Marschall  Ney  Tirol  besetzten. 

Unterm  14.  Febrnar  1806  schrieb  Napoleon  I.  an  Marschall 
Berthier : 

„Ich  empfehle  Ihnen  abermals  und  höchst  dringend,  die 
Rüstung  Franz  I.,  die  in  irgend  einem  Schlosse  Tirols  ist. 
lassen  sie  selbe  nach  Mflnchen  kommen  und  bringen  Sie  mir 
dieselbe  nach  Paris;  ich  will  sie  in  einer  Sitznng  und  mit 
GeprSng  empfangen.^ 

Franzens  Harnisch  wanderte  demnach  mit  acht  andern  fran- 
zösischen Harnischen  nach  Paris;  dort  bilden  selbe  beut  zu 
Tage  noch  eine  der  schönsten  Zierden  des  Mus^e  d'  Artillerie. 


—    77    — 

vom  Pferde,   wird  geftiDgen  und  nach  Pavia  gebracht,  wo  er 
seiner  schweren  Wunde  erlag. 

Admiral  Bonnivet  war  nach  langem  vergeblichen  Bemühen, 
die  Schweizer  und  die  flüchtigen  Reiter  wieder  zum  Stehen 
zu  bringen,  durch  den  letzten  Stoss  der  Landsknechte  aus  dem 
Getümmel  geworfen  worden.  Als  er  den  Tag  verloren  sah, 
fiel  es  ihm  schwer  aufs  Herz,  was  er  vor  der  Schlacht  ange- 
rathen,  und  was  er  einst  wider  Bourbon  gethan.  Er  konnte 
fliehen,  doch  sein  Geist  war  dazu  zu  stolz,  die  Verzweiflung 
zu  flberwidtigend.  Den  Helm  vom  Haupte  gerissen  und  den 
Panzer  weggeworfen  stürzt  er  mit  blossem  Haupte  und  offener 
Brust  unter  die  Feinde  und  —  fiillt.  Bourbon  erblickte  die 
blutige^  entstellte  Hülle  des  Mannes,  der  einst  die  Bewunderung 
des  Hofes,  der  Liebling  der  Königin-Mutter,  der  Günstling  des 
Königs  gewesen  war.  „Unglückseliger  —  soll  der  Herzog  beim 
Anblicke  seiner  Leiche  ausgerufen  haben  —  du  trägst  die 
Schuld  Frankreichs  und  meines  Verderbens  !<^ 

Der  Baron  von  Trans  befand  sich  auf  dem  linken  Flügel 
unter  dem  Kommando  des  Herzogs  von  Alen^n.  Sein  einziger 
Sohn  focht  im  Centrum;  der  junge  Baron  hatte  muthig  gekämpft, 
endlich  aber  erschöpft  und  im  Gedränge  des  Kampfes  gegen  den 
linken  Flügel  geführt,  der  In  diesem  Momente  noch  Stand  hielt, 
glaubte  er  sich  zu  seinem  Vater  begeben  zu  dürfen.  Dieser  aber, 
mit  funkelnden  Augen  seinen  Sohn  gleichsam  durchbohrend,  setzt 
die  Frage:  „Wo  ist  der  König ?^  Der  Sohn  antwortet  verlegen: 
„ich  weiss  es  nicht. ^  Der  Vater  entgegnet  barsch:  „So  geh 
und  erfahre  es;  schimpflich  ist's,  dies  nicht  zu  wissen.^  Der 
junge  Baron  von  Trans  kehrt  ins  Gentrum  zurück,  wirft  Alles 
vor  sich  nieder )  dringt  bis  zum  König  vor,  kfimpft  wie  ein 
gereizter  Löwe,  und  —  fällt  unter  den  Augen  seines  Monarchen. 

Französischer  Seits  starben  noch  den  Tod  eines  Helden: 
der  tapfere  Imbercourt;  er  ward  auf  dem  Schlachtfelde  be- 
graben, und  erhielt  ein  Denkmal  mit  der  ehrenvollen  Aufschrift : 

„Ubi  bonos  partus,  ibi  tumulus  erectus.^ 
„Wo  ihm  die  Ehre  geworden,  wurde  ihm  das  Grabmal  errichtet.^ 


—    78    ^ 

Ferners :  der  Graf  von  Tonnece,  ein  Neffe  des  berühmten 
TremouiUe,  dann  der  Marquis  von  Laredan,  Hector  von  Boar- 
bon  u.  a.  m. 

Ein  eigenes  Schicksal  hatte  der  Graf  von  St.  Pol  einer 
Nebenlinie  des  Hauses  Bourbon  angehörig,  zugleich  mit  König 
Franz  erzogen,  somit  von  diesem  besonders  geliebt  und  als 
sein  beständiger  Begleiter  ausgezeichnet.  Der  gute  Graf  lag 
schwer  verwundet  unter  einem  Haufen  Todter;  da  naht  ein 
Spanier,  ersieht  die  kostbaren  Ringe  an  den  Fingern,  und  will 
sie  dem  Gefallenen  abziehen,  und  sich  annexiren;  da  er  die 
Ringe  aber  nicht  von  den  Fingern  bringt,  schickt  sich  der  beule- 
lustige Baske  an,  die  Finger  abzuschneiden;  diese  schmerz- 
hafte Operation  brachte  den  Grafen  wieder  zum  Leben;  er 
wird  aus  den  Todten  hervorgezogen,  und  gfOcklich  geheilt. 
Nach  erfolgter  Genesung  bestach  er  seinen  Wächter,  mit  dem 
er  dann  nach  Frankreich  entfloh,  um  bald  darauf  ein  Heer 
gegen  die  Kaiserlichen  ins  Feld  zu  fahren.  In  ähnlicher  Weise 
entkam  auch  der  gefangene  Prinz  von  Buzzolo.  Aach  dem 
jungen  Könige  von  Navarra,  Johann  d'  Albert,  der  als  Gefan- 
gener in  Pescaras  Hände  gefallen  war,  gelang  es  zu  entwischen. 
Der  hohe  Gefangene  bot  80C00  Gulden  Lösegeld,  aber  — 
vergeblich. 

Schwerlich  konnte  nämlich  Kaiser  Karl  V.  Denjenigen  frei 
geben,  von  dem  er  den  besten  Theil  seiner  Länder  besass. 
Der  hingebenden  Treue  seines  Pagen  —  Franz  von  Rochefort  — 
gelang  es,  seinen  Herrn  zu  retten,  indem  er,  der  brave  Diener, 
mit  Glttck  es  unternahm,  die  Rolle  seines  (angeblich)  bett- 
lägerigen Herrn  zu  spielen,  und  diesem  dadurch  Gelegenheit 
verschaffte,   glücklich  nach  Frankreich  zu  entkommen. 

Während  aber  die  alten  französischen  Heeresftthrer  und 
Marschälle  an  diesem  blutigen  Tage  sammt  und  sämmtlich  aof 
dem  Bette  der  Ehre  starben,  scheinen  dagegen  die  jungem  es 
vorgezogen  zu  haben,  sich  gefangen  zu  geben  nnd  so  am 
Leben  zu  bleiben;  dahin  gehören:  Hontmorency^  dessen  In  der 
Schlacht  bei  Pavia  erbeutete  Rüstung  später  ebenfalls  die  Am- 


-    79    — 

bnser  SammloDg  bereichern  half  -—  dann  die  Herren  von  St. 
Marsault,  Hontchena,  Brioa,  Fleuranges,  Wilhelm  tod  Bellay* 
Langei,  Annebaut,  Franz  von  Boutieres,  der  Herzog  von  Nevre», 
Herr  von  Roi ,  de  Lorges ,  der  Prinz  von  Talmont  a.  a.  m. 
Deberhaopi  zählte  das  kaiserliche  Heer  anter  den  hohen  fran- 
zösischen Gefangenen  16  Herzoge,  Fürsten  und  Grafen  und 
50  andere  hochadelige  Herren,  die  ihrem  gefangenen  König 
einen  ordentlichen  Hofstaat  bilden  konnten. 

Auch  der  Botschafter  des  Papstes  Hieronymus  Aleander, 
Bischof  von  Brindisi  wurde  gefangen,  aber  vom  Vice-König 
gleich  wieder  in  Freiheit  gesetzt.  Die  schriftliche  Urhande 
des  zwischen  Klemens  VII.  und  Franz  I.  abgeschlossenen 
Bitndnisses  wurde. bei  ihm  vorgefunden,  und  dem  Kaiser  iiber- 
schickt.  Ritter  Georg  von  Freundsberg  war  in  den  Besitz 
zweier  in  lateinischer  Sprache  abgefasster  und  mit  mehreren  Sie- 
geln versehener  Schreiben  gelangt,  welche  sich  im  Gezelte  des 
Königs  Franz  vorfanden  und  in  welchen  Briefschaften  die 
„Practica^  enthalten  waren,  die  zu  verschiedenen  Zeiten  gegen 
die  Erwählung  Karls  V.  zum  römischen  Kaiser  beim  König 
von  Frankreich  «geübt^  worden  waren.  Beide  erwähnte  Schrei- 
ben wurden  mit  einigen  andern  erbeuteten  Briefschaften  vom 
Ritter  Georg  dem  Erzherzog  Ferdinand  nach  Innsbruck  Aber- 
schickt^  der  mit  einem  huldvollen  Schreiben  an  den  Helden 
nnterm  1.  Juni  1525  den  richtigen  Empfang  derselben  be- 
stätigte. 

Die  Kaiseriichen,  die  nur  bei  400  Mann  verioren  haben  wollen, 
erbeuteten  32  grosse  Geschütze  und  das  ganze  feindliche  Lager; 
mit  Ausnahme  des  Ferdinand  Castrioto  befand  sich  kein  ein- 
ziger namhafter  Führer  unter  ihren  Todten.  Die  Feldherren 
zogen  hierauf  in  corpore  mit  dem  gefangenen  Monarchen  gegen 
Pavia;  als  man  jedoch  in  der  Nähe  der  Stadt  kam,  gab  König 
Franz  den  Wunsch  zu  erkennen:  man  möge  ihn  nicht  in  die 
benannte  Stadt  bringen,  die  er  so  lange  belagert  und  so  furcht- 
bar geängstiget  habe.  König  Franz  ward  denmach  in  die  nahe 
Karthanse  (Certosa)   geführt.     Das  Erste,  was  in  derselben 


—    80    — 

dem  Gefangenen   in  die  Augen  fiel ,   und  worauf  er  audi  den 

Vice-König  aufmerksam   machte,    war  der  Bibelspruch   eines 

Seitenaltares,  der  da  lautete:  „Bonum  mihi,  quin  humiliasti 

me,   ut  discam  justificationes  luas.^ 

Psalm.  118.  71, 

König  Franz  wusch  sich  hierauf ,  wobei  ihm  der  Herzog 
▼on  Bourbon  den  ^^Zwettel^  hielt.  ,,Madame,  Alles  ist  ver- 
loren, nur  die  Ehre  nicht^  —  lautete  der  kurze  Brief,  welchen 
der  hohe  Gefangene  dem  mit  der  Siegespost  zum  Kaiser  nach 
Spanien  eilenden  Comtur  Herrn  von  Pennalosa  an  seine  Mutter 
mitgab.  Beim  Abei|dessen  erfallte  der  Herzog  von  Bourbon 
die  jedenfalls  peinliche  Pflicht,  vor  dem  König  zu  erscheinen, 
und  diesem  der  Sitte  gemäss  die  Serviette  zu  überreichen. 
Franz  empfing  den  Herzog  mit  Wfirde ,  Hess  ihn  cum  Hand- 
kuss  zu,  und  sprach  zu  ihm:  „Wir  haben  uns  Beide  grosse 
Fehler  vorzuwerfen;  die  meinigen  sind  bestraft,  und  ich  wünsche, 
dass  es  die  ihrigen  nie  werden  mögen '/^  — 

Als  Pescara,  der  die  Grösse  auch  im  Unglücke  gern  und 
aufrichtig  ehtte,  vor  dem  König  im  schwarzen  Kleide  erschien, 
da  umarmte  ihn  der  hohe  Gefangene,  überhäufte  den  tapfem 
Feldherm  mit  Lob ,  und  schrieb  seinen  Anordnungen  den  Sieg 
zu,  worin  Frankreichs  Monarch  von  seinem  Standpunkte  aus, 
und  in  Bezug  auf  das  Reitergefeeht  im  Centrum,  auch  Recht 
hatte,  da  das  besagte  Gefecht  durch  das  mörderische  Feuer 
der  uns  bekannten  Basken  hauptsächlich  zur  Entscheidung  ge- 
bracht worden  war. 

Unter  den  französischen  Gefangenen  befand  sich  auch  ein 
Herr  von  Montepaz.  Der  Spanier,  welcher  sich  dieses  jungen 
Edelmannes  bemächtiget  hatte,  nahm  seinen  Gefangenen  mit, 
als  er  die  Wache  beim  König  bekam.  Da  nun  an  demselben 
Abend  ein  Kammerdiener  fehlte,  so  leistete  Montepaz  die 
nöthigen  Dienste;  Franz  gewann  den  jungen  Edelmann  unge- 
mein lieb,  kaufte  ihn  los,  und  mit  der  Zeit  wurde  Montepaz 
—  Marschall  von  Frankreich! 

Erwähnen  wir  noch  des  Herzogs  von  Alenf^n.    In  Lyon 


—    81    — 

mil  Yeraclitug  empfangeo  leigte  Ihm  seiiie  junge  GemiUiB 
Ihrgarethe,  die  Schwester  des  gehngeneB  Kdaigs,  mehr  wie 
je  ihre  GeringsehfiUmig ,  und  so  slarb  er  noch  im  nllmlichee 
Jahre  —  aus  Gram* 

Die  erschlageneo  franittsischen  Harschftle,  Grafen  imd 
Edelleute  wurden  von  wehUagenden  Dienern  aafgesaehl,  nach 
Pavia  in  eine  Kirche  gebracht,  und  dort  nebeneinander  und 
übereinander  aufgeseUditetf  bis  fttr  sie  die  nöthigen  SArge  an* 
gefertiget  werden  honnten,  um  die  GeCedlenen  in  denselben  nach 
Frankrei^  xu  schicken,  und  in  den  betreffenden  Familien- 
griiflen  beisetsen  hissen  xu  können.  Welche  grässliche  Todten- 
schaa  z.  B  fflr  einen  Herxog  von  Boorbon!  Alte  Kampfge- 
nossen, die  Lehrmeister  seiner  Jugend,  Freunde,  Bktsver« 
waadte  —  von  Wunden  grüsslich  entstellt  —  starrten  ihn  an 
aus  Torwurfsvollen  Augen  I  —  Aus  Besorgniss,  die  unbexaUten 
kaiserlichen  Truppen  möchten  den  gefangenen  KOnig  xu  Händen 
nehmen  und  sich  mit  dem  Lüsegelde  besahlt  machen,  liess 
der  verschmitzte  Lannoy  den  hohen  Gefangenen  schon  am  fol- 
genden Tage  von  der  Karthause  fort  und  nach  dem  festen 
Pixzighettone  bringen,  und  vom  spanischen  Fussvolke,  dem  er 
alldn  traute,  unter  dem  Kommando  des  dienstbeflissenen  Ober- 
sten Ferdinand  a  Larcon  (Alarcon),  dem  die  eben  so  ver- 
tasslichen  Hauptleute  Salxedo  und  Beides  y  San  Martin  an  die 
Seite  gegeben  waren,  scharf  bewachen.  Von  Pixxighettone 
kam  dann  König  Franz  bekanntlich  nach  lladrid. 

Vierzehn  Tage  nach  der  Schlacht  bei  Favia  war  kein 
einziger  Franzose  mehr  in  Italien;  auch  von  der  nach  Neapel 
tbgeschickten  Abtheilung  unter  Johann  Stuart,  Herzog  von 
Albanien,  blieben  nur  wenige  mehr  übrig,  welche  der  Admiral 
von  Genua,  Andreas  Doria,  in  Civita  vechia  abholte,  und  nach 
Frankreich  brachte.  Pescara  blieb  mit  dem  jungen  Ritter 
Kaspar  von  Freundsberg  in  Mailand.  Ritter  Kaspar  wurde  in 
Folge  seiner  während  der  Belagerung  und  der  Schlacht  von 
Pavia  an  den  Tag  gelegten  Bravuren  Oberst  ttber  das  ganze 
deutsche  Fussvolk,  das  in  Italien  zorflckblieb.    Der  Vater  Ritter 

6 


—    80 

dem  GefJEingenen   in  die  A'-  y 

Yic^KMg  aufmerksar  ->//  <*«"»  ^^«l^^  *"  ^^^ 

Seitenaliares,  der  '  ^^Anechle  wie  «.  B.  Sehertiin, 

»ne,   ut  dlscaoi  ^^^^^'^  ^^^  "'^  freuden  um  Pfin^ten 

^^jf'^^^'ffitA^v^  mit  mir   geprachl,   und    bin 

Yifyaio        /^ H^    ,S^t^  ^  ^vs\9i  vor  dem  schloss  das 

von  Bor       ^^-^'^^^'•?^  worden.'^' 

loreo  jT^g^     6ef^  von  Fremidsberg   Mailand    verliesa, 

der  M^'^llff^  \0  HAnden  des  Heriogs  Fnun  Sforza  ein  vom 

^  ^^i^^jstirtes,  höchst  ehrenvolles  Zeogniss,  das  di» 

^  0^   aitbieH :  Rüter  Georg  und  seine  Erben  hatten  aus 

ii^^^  iks  Rertogthums  Mailand  als  Erkenntliehkeil 

^    Iß  der  Sehiacbt  bei  Pavia  erworbenen  grossen  Ver- 

^^  cj/jKhrlieh  1600  Gulden  rheinisch  zu  hinziehen. 

peB  Grafen    Ludwig  von  Lodron   finden    wir   zwei 

j^ld  später  —  im  April  1525  —  wiederum  in  voller  ThS- 

ij^lreitf  und  dieses  Mal  leider  im  eigenen   Vaterlande  —  in 

Tirol!  -«  das  seiaen  krüfUgen  Arm  bedurfte  zum  Schutze 

der   Medfertigen    Bewohner    gegen    efaie   Rotte    verblendeter 

Aafrflhrer. 


—    85    - 


IV.  Abschnitt 

J>er  ^aiiefnrebell^  anno  1525  in  fiüdtirol;  Flucht  du  Fürstbischofes 
Bernhard  yon  Cles  nach  Bira;  eingelaufene  Nachrichten  in  Bira 
und  hinausgegebene  Befehle  des  Fürstbischofes;  Rückkehr  des- 
selben  nach  TiienS;  Aufstand  der  Banem  im  Nons-  und  8nlsbezg; 
ErOfiiiBng  des  Landtages  in  Innsbruck;  die  Beschwerden- Artikel 
der  Malcontenten;  Fürstbischof  Bernhard  von  den  Landtagsver- 
haadhingen  durch  seine  Deputirten  fortw&hrend  in  Kenntniss  ge- 
setst;  Bnenming  Ten  Kriegskommissaien  für  S&dtirol;  Heran- 
ziehung des  Grafen  Ludwig  Ton  Lodron,  zur  Züchtigung  der 
Rebellen;  Belagerung  Ton  Trient  durch  dieselben;  D&mpfung  des 
Anfiruhrs:  Zug  des  Grafen  von  Lodron  nach  dem  Nonsberg; 
Mine  ThAtigkeit  auf  demaelben;  Bestrafnag  der  Bebellen;  BelofaF- 
nnng  der  Treugeblf  ebenen. 

1.  Wehrend  die  beiden  Monareken  und.  Nebenbuhler  Kaiter 
Karl  V.  und  Kdnig  Prani  I.  In  Italien  sich  anf  Leben  und 
Tod  bekänpflen,  waren  in  Deotscbland  durch  die  Reformation 
wichtige  Verandemngen  vor  sieh  gegangen,  welche  auf  Tirol 
eine  Inmrige  Rückwirkung  hatten ,  und  die  uns  der  Zeitge* 
noaae  Doetor  Angerer  von  Angemburg  mit  folgenden  Worten 
beaehreibi: 

„Die  Banern  wollten  weder  Zinae  noch  Steuern  mehr 
geben,  wiewohl  ich  anch  anseigen  mnaa,  daaa  denn  noch  ein 
«nd  nd&er  frommer  Mann  in  den  Gerichten  gefonden,  welchem 
addier  Hochmnth  leid  war;  aber  der  bösen  waren  dermalen 
10  viele,  dass  sich  die  Frommen  nicht  haben  regen  dürfen; 
deno  es  war  keine  Furcht,  Zucht,  liebe  Gottes,  noch  Gehor- 
sam mehr;  auf  Gassen  und  Strassen,  in  Städten  und  Dörfern 
sind  die  Leute  gleich  dem  Vieh  ums  Leben  gebracht  worden, 
dasa  es  im  Lande  einer  redilen  Mördergrube  gMchgeaehen. 
Man  hat  der  Brschlngenen  bd  iwei  tausend  neun  hundert 

6» 


««ofg  eOte  Meh  Dentschta'  Andeni  «ufried» 

«e  «etoteo  Hinptleut«  f  *  B«"«"  *"•- 

i«v«.  sWh«*rellrt:  ^dweriuileu' 

heimkommen,   htb  f  '  ^^ 

vM  dem  Vice-RA  '  ™ 

«ntemd  tum  Ri* 

Ekem  »'  "»^ 

«hieltera»  Zwarwu.. 

2ft  Min  '  ^  geschafft;    allein  durc«. 

BMtimn^  winmal  angesteckten  Landleute  in  ?er- 

.       f  ^d  so  in  Harnisch,  dass  selbe  unter  Anfäll- 

ig «achtigteo  Peter  Passler,   der  aus  Täufers  im 

AT  ^le  gebürtig  war,  die  ausgewiesenen   Prädikanten  mit 

estttm    wieder    znrflckforderten.      Der    Rftddsffihrer   Peter 
fassler  ist  zwar  zu  Brixen  in  Haft  gebracht,   sodann  als  Re- 
belle  und  als   »Absager  unsers  Glaubens  <^  zum  Tod  verurtheilt 
worden;  wirklich  wurde  derselbe  am  10.  Mai  b^eits  auch  zum 
Tode  ausgeführt.   Da  erhob  sich  —  wie  uns  der  erwähnte  Zeitge- 
nosse und  Augenzeuge  Dodor  Angerer  berichtet  —  eine  grosse 
schreckliche   Empörung  vom  gemeinen  Landvolke,    indem  die 
Bauern  mid  Insassen  mit  grossem  Geschrei  und  Anlauf  auf  dem 
Hofpiatze  mit  Hacken,  Drembl  u.  dgl.,  diesen  Debellbftter  au  eite- 
digen  den  Angriff  machten,  also  dass  die  Schergen,  Richter  und 
Henker  davon  laufen  mussten.     Ein  Bauer  mit  Namen  BaHUmfi 
Schneider  von  St.  Andrfi  war  bei  diesem   Angriff  der  Enle, 
also,  dass  obbenannter  Passler  mit  andern  Bauern  und  %veiters 
mit    mehrera   mitgelaufenen    Anhängern  zu  der  Stadt   Brixen 
hinausrufflpelten,    welcher  Hergaag    meistens  durch  die 
Rodenecker  geschehen  ist;   deren  Hauptrftdelsfüihrer  auch  in 
etwas  zu  gedenken  waren  es  nach   dem  Tode  des  Keferen 
und  Pfefferers  *)  der  Kostner  von  Tötschling,  Lienhart  Schnapper 


*)  Balibasar  Keferer  und  Paul  Pfefferer,  zwei  der  reichsten  und 
angesehensten  Bauern  von  Nenstift  waren  mit  Gabriel  Krapf 
von    Rodeneck   kurz   vorher   ihrer  yerbrecherisclie«    Umtrielie 


#7    - 
^aft  vift^cl      de*  4oMa«  lol^  m  den  Btoobof 

^    ^^V-»  ^o  Pfeer^r*  ^'^  w  sducfcen,  h«ke  ar 

•*^^^ac^  ^««y  |k\  ^^  '•"•^  stremstww 

^»^^  ^^¥ä  *^  J'^rfMlreih«»;   für  4sr« 

\^^  ^  ^  Vi  Storo«    Aus  d«m 

.^  '^  ]^  i(enichenKig^  iuu 

^  fiofii  stünden; 

..vUen     sici.  \*  dw  Duron» 

,eii  SoW  eines  Knappe.  \b«*iekiin» 

(^\S8iü«yT    war  weiland  Scii*                            ^  iw?»«w 


»a«^^^^'  ^^eoi**^  ^^'^  V^'^1  *P**«'  SekreWr  des  . 

**^^ebrofen^^^^  „„j  zuletzt  Zolleiunehmer  in  Klau. 

^^^f^ht^e  ^'^^  "***  ^®^  ^^^^  tüchtigen,  beredten,  abet 

^acb  dem  Chronisten   Kirchmayr  „argen,    bösen,  anfrflhrigen 

and  lis*»^"  Menschen«  ging  es  nun  am  H.,  12»,  13.  und  14. 

Hni   aof  allen   Seiten,   an  allen  Enden  und  Orten  des  Landes 

1^.    ein  Schieier  sei  auf  alle  die  Gräuelthaten  geworfen,   die 

nan  i»  verschiedenen  Klöstern  und  Stiften  des  Landes,   denen 

der  Storni  hauptsächlich  galt  verübt  wurden. 

Was  nun  namentlich  das  Gebiet  des  Ftfrslentbums  Tri ent 
anbelangt  Cui>^  i^it  diesem  haben  wir  es  vonugsweise  zu  thnn) 
hegannen  die  Gehrungen  in  demselben  im  April  des  Jahres 
1525;  denn  in  diesem  Monate  war  Graf  Ludwig  von 
Lodron,  nachdem  König  Franz  am  24.  Februar  in  der  Schlacht 
bd  Pavia  gefangen  genommen  und  sein  Heer  aus  Italien  ver- 
trieben worden  war,  nach  Trient  geeilt,  und  hatte  von  freien 
Slflckai  dem  Fürstbischöfe  Bernhard  von  Cles  seine  Dienste 
angeboten,  die  der  benannte  Kirchenftirst  unter  den  obwaltenden 
Vrastflnden  sehr  benöthigte  und  aus  diesem  Grunde  unsem 
Hdden  mit  grösstem  Wohlwollen  aufnahm. 


wegen  lebendig  von  Fuss  auf  gerädert  worden;  aus  gleicher 
Ursache  hatten  in  Brixen  allein  innerhalb  dreier  Wochen  bei 
i7.  Personen  die  Todesstrafe  erlitten. 


~    88    - 

Vemehmeii  wtr  ma  die  sparaameo  Daten,  weleha  ant 
die  Gescidchte  in  Bezug  wt  den  „Bauernrekell^^  in  Sttd- 
tirol,  das  fOr  eine  Dauer  von  acht  Konateo  den  SciiaiiplaUi 
der  Thfitigkeit  dea  Grafen  Ludwig  bildel,  aufgezeiehnet  iuit. 

Den  Anfang  der  inneiliefaen  Unruhen   von    Seile   der 
Landleute  im  Fttrstentiittme  Trient  enideekte  man  au  Levico. 
Dies  erfaellel  am  einem   uaa   erittlteeen  Sdureiben^     das  ein 
gewisser  Herr  Bnratto«  Vicar  von  tevtco,  an  den  Heirn  Gira- 
xiadeo  von  CasteUcamy»  gerichtet  hat;   aber  erat  im  Honte 
Mai  wurde  man  die  allgemeine  Erhebung  inne,  die  den  Fürst- 
bischof  nötfafgte,    sich  nach  Riva  znrücksuuehen,    and  den 
reichslea  Adel  zwange  mit  seinen  Kostbariceiten  in  vers^edenea 
Städten    Italiens   einen  -Zufluchtsort   zu   suchen.     Andrif   von 
BoDgo  schrieb  dem  Bischöfe  aus  dem  Schlosse  Denno,    dass 
die  Sachen  einen  llblen  Verlauf  nehuMo,  und  dass  er  mit  Grand 
befürchten  müsse,  nicht  in  Stande  zu  sein;  das  Sehloas  selbst 
zu  vertheidigen ,   falls   das  Landvolk  die  Wegnahme  deesdben 
versuchen  sollte.    Er  selzt  noch  bei,  da^s  er  im  Sinne  habe, 
seine  Frau  nach  Verona  zu  schickea,  für  seine  Person  aber 
nach  Trient  zu  gehen.    Schliesslich   bittet  er  den  Bischof  in 
dieser  bedrüngten  Lage  um  .Rath.    Einen  andern  Bericht  erhielt 
dcar  Kirchenfi^t  kurz  darauf  von  einem  gewissen  Peter  Langt 
aus  Termeoo;  dieser  besehrieb  die  Grüuelthaten,   welche  sich 
die  Bauer«  in  jener  Umgebung   halten  zu  Schulden   koomea 
lassen,  beaonders  aber  im  Kloster  von  Nuovacella,  das  voa 
ihnen  rein  ausgeplündert  wurde.     In  diesem  Kloster  ranbten 
die  Landleute  alle  Mobilien,  die  heiligen  GeHsse  vnd  Gerittk«- 
achafien,  profanirten  Statuen  uud  heilige  Bil^r,  und  lieaseoJieibst 
an  den  Bewohnern    des   Coovenles   ihre  WuA  aus.     Hiero- 
nymus  Bretius.  Stellimaurns   berichtet  uns  als  Augenzeuge, 
dass  sich  diese  Bösewichte  an  einigen  Deutsohordens-Bitlera 
und  Chorherren  des  heiligen  Augustin  auf  eine  Art  vergriffen 
hüiten,  welche  näher  zu  bezeichnen  der  Anstand  verbietet;  die 
erlittenen  Hisshandlungen  und  Verstümmlupgen  kosteten  leider 
den  armen  Ordensrittern  nnd  Choriiecren  das  Leben.    Von  Tione 


^    87    - 

aiw  idikbe  eia  gewiaier  BarlholoMas  Lntpni  an  dea  Blaobof 
ein^  Beriebt  des  lohaito :  auffordert  tobi  Ticare,  dea  Orlsa 
die  Soidaleo  von  Jodicarieo  nach  Trient  z«  schickea,  habe  er 
die  Syndiker  zusammeo  kommeo  laueD,  und  ihoe«  atrengstana 
aufgetragen,  die  geforderte  HanBacbafl  aufsatreiben ;  tut  dar^ 
maieo  schicke  man  schaellsteo  25  Maon  von  Storo«  Ana  dea» 
Schlosse  von  Steoico  erhielt  der  Bischof  die  YeraicheriHig,  dasa 
die  Landleute  jenseits  des  Durone  in  der  Treve  feat  stäodaa; 
nao  mässe  aber  befürchten,  wegen  jener  diesseits  des  Doroae 
in  Anbetracht  ihrer  Saiimaeligkdt  bezüglich  der  AbacUekimg 
der  geforderten  Soldaten  nach  Trient  Diese  Nachricht  bekam 
der  Bischof  darch  einen  Brief  des  Kommandanten  Aiigustia 
Corradi^  der  den  Kirchenfürsten  uater  Einem  am  einen  kleine» 
Pulver-Yorrath  für  das  Schloss  bat.  Ein  anderes  Sduraibea 
erhielt  Bernhard  aus  Verona;  in  diesem  bot  ihm  ein  gewisser 
Herr  von  Guariento  auf  die  erhaltene  Nachricht  vom  Bayern*« 
Aufstände  im  Bisthume  Trient  eine  bequeme  und  mit  alkm 
Nethwendigen  versehene  Wohnung  in  jener  Stadt  an. 

Unterm  17.  Hai  erstattete  Johann  Elttnger  dem  Bischöfe 
Btrfcbt  über  den  Zustand  der  Stadt  Trient.  Ettinger  sagt,  dasa 
man  daselbst  nichts  Anderes  höre,  als  WaffengeUirr;  jedoab 
habe  bisher  Niemand  irgend  eilte  Beleidigung  eibhren.  Uebii* 
gena  drückt  der  Berichtci-statter  in  aeinem  Sahreiben  die  Hoff- 
nung aus,  dass  der  ausgebrochene  Brand  bald  erlOaden.  dürflla 
—  hauptsächlich  durch  die  aoageaeichnete  Wacbsamkatt  und 
Thatigkeil  des  Franz  von  Castellalt,  einea  der  hervorragendsten 
Fahrer,  der  dem  Volke  Huth  eiospreehe  and  daaaelbe  zur  Ver-r 
IheidigUBg  ermuntere;  audi  gibt  er  die  Versicb^Wig,  daaa  aleb 
Niemand  über  den  Bischof  beklage,  nur  missfaHe  de^  deatachfin 
Bürgorn  die  Berufung  von  Soldaten  aus  Jadiearien;  djeae  könnai 
(nach  ihrer  Befürchtung)  eher  aehüdltah  ala  nützlich  sein.  An 
deaiaelben  Tage  richtele  auab  der  dermalige  P)»de3t4  von 
Trient,  Johaaa  Caatelvetro  an  den  Bischof  ei»  Sahreibea,  in 
wdcham  Gastetv«tro  die  Kittbeiiiiag:  macht  weil  der  Biacbaf 
aelbal  Trienl  verlassen  habe,  habe  auch  e^r  aieb  naah  Roveyeda 


-    88    - 

geflüchtet,  am  sich  der  Wath  des  Landrolkes  zu  enttiehen^ 
habe  aber  den  Herrn  Scutelli  als  seinen  Stellvertreter  ernannt; 
das  Kapitel-Haas,  angefüllt  mit  allerlei  Waaren,  sei  geleert 
and  Alles  anter  die  Armen  vertheilt  worden  n.  s.  w.  Das 
nämliche  Datum  trfigt  ein  Schreiben  des  Bischofes,  das  dieser 
von  Riva  aas  an  die  Bürgermeister  der  Stadt  Trient  richtete, 
und  in  dem  der  KirchenfQrst  diesen  die  Beweggründe  aus- 
einander setzt,  -die  ihn  bestimmt  hfltten,  Trient  zu  veriassen; 
unter  diesen  erscheint  als  Hauptbeweggrand  die  gemachte 
Wahrnehmung,  dass  der  wilde  Aufruhr  des  Landvolkes  vor- 
züglich gegen  die  Geistlichkeit  gerichtet  sei;  Bernhard  fordert 
den  Hagistrat  auf,  getreu  zu  verbleiben,  und  kraftvoll  aufzu- 
treten in  Vertheidigung  des  Fürsten,  der  Stadt  und  des  Va- 
terlandes. 

Tags  darauf,  den  18.  Hai,  schrieb  der  Fürstbisehof  dem 
Christoph  von  Thunn  so  wie  auch  dem  Franz  von  Gastellalt, 
ond  trug  ihnen  auf,  mit  den  Aufiständischen  keinen  Vertrag 
einzugehen,  der  für  ihn  (den  Bischof)  oder  für  seine  Nach- 
folger schmählich  oder  nachtheilig  werden  könnte,  und  dies 
um  so  weniger,  als  die  Sachen  noch  nicht  so  verzweifelt 
stünden,  dass  sie  ihn  zwingen  müssten,  einen  solchen  Ver- 
gleich einzugehen.  —  Der  Stadtmagistrat  von  Trient  hatte  De- 
putirte  nach  Bozen  geschickt,  deren  bald  darauf  einige  andere 
auf  dem  Fusse  folgten. 

Wie  nun  die  Boziier  merkten,  da^  die  Landleute  gegen 
die  Stadt  feindselig  gesinnt  waren,  schickten  sie  selbst  Abge- 
ordnete aus  ihrer  Hitte  nach  Trient,  die  mit  Beglaubigungs- 
schreiben versehen  waren,  um  in  Erfahrung  zu  brmgen,  ob 
sie  den  Vorschlägen  Glauben  beimessen  sollten,  die  ihnen  von 
den  erstem  Abgeordneten  gemacht  worden  waren.  Dieses  be- 
richtete nun  der  Stadtmagistrat  am  nämlichen  Tage  an  den 
Bischof  mit  beigefügtem  Bemerken:  man  habe  den  Abgeord- 
neten von  Bozen  zur  Antwort  gegeben,  die  Bürgermeister  und 
VIerteimeister  der  Stadt  seien  gesonnen,  trau  zu  sein  dem 
Kaiser,  dem  Erzherzoge  und  ihrem  Bischöfe,   und  vereint  tu 


-    89    - 

bleibeo  mit  der  GniCscIiaft  Tirol  in  allen  erlaubten  und  löb- 
lichen Dingen.  Schliesslich  versicherte  der  Stadtmagistrat  den 
Bischof  seiner  Unterwürfigkeit;  dasselbe  wiederholte  der  Ha- 
gistrat auch  noch  in  einem  andern  Schreiben  vom  nfimitchen 
Datum;  in  diesem  versprechen  die  Bürgermeister  dem  Bischöfe 
treu  zu  bleiben,  auch  ungeachtet .  seiner  Abreise  von  Trient 
und  bitten  den  Kirchenfttrsten,  gutes  Mnthes  zu  sein  im  Ver- 
trauen auf  den  Schutz  des  heiligen  Yigilius ,  und  unter  Einem 
auch  dabin  zu  wirken,  dass  der  Erzherzog,  über  den  er  so 
vid  vermöge,  zur  Erhaltung  des  Vaterlandes  das  Seinige  bei- 
tragen wolle;  schliesslich  loben  sie  die  Hauptleute  Georg 
von  Preundsberg*)  und  Franz  von  Castellalt,  welchen 
letztem  Bernhard  zu  seinem  Stellvertreter  ernannt  hatte,  als  er 
den  Entschluss  gefasst,  sich  nach  Riva  zurückzuziehen. 

Auch  Graf  Anton  von  Lodron  schickte  dem  Fürst- 
bischöfe zwei  eigenhändige  Schreiben.  Im  erstem  entschul- 
digte sich  der  Graf',  dass  er  aus  Ursache  der  ausgebrochenen 
Unnihen  es  nicht  gewagt  habe,  ihn  in  Riva  zu  besuchen;  auch 
setzt  er  bei,  dass  sich  die  Grafen  Ludwig  von  Lodron  und 
Paris  von  Lodron  in  Trient  befunden,' und  er  für  seine 
Person  sich  ganz  damit  beschäftige,  die  zur  Vertheldigung 
seines  Schlosses  nöthigen  Gegenstände  herbeizuschaffen;  er 
schliesst  sein  ersteres  Schreiben  mit  der  Bemerkung,  die  In- 
surgenten hätten  die  Uebergabe  des  Schlosses  von  Stenieo  ver« 
langt,  bei  Roca  d'  Anfo  erwarte  man  200  Soldaten  u.  s.  w. 

Im  zweiten  Briefe  betheaert  Graf  Anton  von  Lodron 
dem  Bischöfe  seine  Treue  und  Ergebenheit  ~  mit  dem  Bei* 
Satze,   dass  er  noch  immer  vollauf  damit  beschäftigt  sei,  sich 


*)  Georg  von  Frenodsberg  seheint  zu  jenen  Feldhauptleutan  und 
Kommissären  gehört  zu  haben,  welche  bereits  am  13.  Mai  vom 
Erzherzog  Ferdinand  aurgestellt  und  nach  Sttdtirol  abgeschickt 
worden  waren  ^  der  Hdd  kann  sich  aber  nicht  lange  daselbst 
aufgehalten  haben  ^  da  wir  ihn  Anfangs  Juli  schon  wiederum 
im  AI  Ig  an  erblicken,  wo  er  an  der  Spitze  von  3000  Knechten 
(die  er  aus  Italien  herangefiUirt  hatte)  and  in  Verbindung  mit 
dem  Trucfasess  von  Waldburg  den  Aufstand  der  Bauern  dämpfte. 


—    B2    — 

fieorg  eilte  nach  Deutschland  zurück;  dahin  folgten  ihm  aneh 
4ie  neiaten  Haoptiettte  der  Landsknechte  wie  %.  B.  SehertKn, 
der  von  sich  sdireibt :  ^Also  bin  ich  mit  frenden  um  Pfingsten 
heimkommen,  hab  1500  Gulden  mit  mir  geprachl,  und  bin 
von  dem  Vice-^Ri  aus  Neapel  zn  Pavia  vor  dem  schloss  das 
erstemal  amn  Ritter  gesehlagen  worden.^ 

Ehevor  aber  Oeorg  von  Frenndsberg  Mailand  verliess, 
erhielt  er  aus  den  Hfinden  des  Herzogs  Franz  Sforza  ein  vom 
29«  Man  1525  datirtes,  höchst  ehrenvolles  Zeugniss,  das  die 
Bestimmung  enthiell:  Ritter  Georg  und  seine  Erben  hatten  aus 
den  Revenfleo  des  Rerzogthums  Hailand  als  Erkeontliehkeit 
fttr  die  in  der  Schlacht  bei  Pavia  erworbenen  grossen  Ver* 
dienste  alljährlich  1600  Gulden  rheinisch  zu  beziehen. 

Den  Grafen  Ludwig  von  Lodron  finden  wir  zwei 
Monate  später  --  im  April  1525  —  wiederum  in  voller  Thfi- 
ligkelt,  and  dieses  Mal  leider  im  eigenen  Vaterlande  —  in 
Tirol  I  —  das  seinen  kräftigen  Arm  bedurfte  zum  Sehatze 
der  MedfertigeQ  Bewohner  gegen  ehie  Rotte  verblendeter 
Aafrflhrer. 


—    8S    - 


IV.  Abschnitt 

I>er  ^nenreboU^  anno  1526  in  SOdtirol;  Flucht  daa  Ffirstbiiehofet 
Bernhard  von  Cles  nach  Rira;  eingelaufene  Nachrichten  in  BiTa 
und  hinansgegebene  BefeUe  des  FOrsl^isohofes ;  Rückkehr  des- 
■elben  nach  Tiient;  Aufstand  der  Bsaeia  im  Nooi*  tind  Siüsbezg; 
£r0ffiiuig  des  Landtages  in  Innsbruck;  die  Beschwerden- Artikel 
der  Malcontenten;  Fürstbischof  Bernhard  ron  den  Landtagsyer- 
bandhttgen  durch  seine  Deputirten  fortvfthrend  in  Kenntnis«  ge- 
•etat;  firaemiaiig  toh  Kriegtkommisslven  ffir  SOdtiroi;  Heran- 
ziehung des  Grafen  Ludwig  von  Lodron,  snr  Züchtigung  der 
Rebellen;  Belagerung  von  Trient  durch  dieselben;  D&mpfung  des 
Anfindurs:  Zug  des  Grafen  von  Lodron  nach  dem  Nonsberg; 
•eine  ThAtigkeit  auf  demaelben;  B^straftiog  der  Bi^Mieo;  Beleih 
nung  der  Treugebliebenen. 

i.  Wahrend  die  beiden  Monar^en  und.  Nebenbuhler  Kaiser 
Hnrl  V.  und  König  Franz  i.  in  Italien  sich  auf  Leben  und 
Tod  bdiSoipflen,  waren  in  DeotscUand  durch  die  Reformation 
wiehtige  Yerandemngen  vor  sich  gegangen,  welche  auf  Tirol 
eine  Irairige  Rttckwirknng  hatten,  und  die  uns  der  Zeitge* 
none  Doetor  Angerer  von  Angersburg  mit  folgenden  Worten 
beielireibl: 

»Die  Baoern  wollten  weder  Ziase  noch  Steuern  mehr 
geben,  wiewohl  ich  auch  anseigen  moss,  dass  denn  noch  ein 
lud  anderer  frommer  Mann  in  den  Gerichten  gefunden,  welchem 
solcher  Hochmolh  leid  war;  aber  der  bOsen  waren  dermalen 
so  viele,  dass  sich  die  Frommen  nicht  haben  regen  dOrfen; 
tkm  es  war  keine  Furchl,  Zucht,  Uebe  Gottes,  noch  Gehor- 
sam mehr;  auf  Gassen  und  Strassen,  in  Städten  und  Dörfern 
sind  die  Leute  gleich  dem  Vieh  ums  Leben  gebracht  worden, 
dass  es  im  Lande  einer  rechten  Mördergrube  gleichgesehen. 
Man  Iwl  der  Brschlageneo  bei  xwei  tausend  nenn  hundert 

6» 


—    92    - 

BhKsiiofe  den  schuldigen  Gehonam  la  leisten,  da  dem  Kirehen- 
fOnten  nichts  so  sehr  am  Henen  liege,  als  ihnen  sa  helfeo. 
Ganz  verstimmt  durch  den  erhaltenen  Bescheid  verbanden  sich 
nun  die  benannten  Deputirten  mit  den  Landleuten  der  Grafschaft 
Tirol,  um  in  Verbindong  mit  diesen  eme  allgemeine  Er- 
hebung zu  Stande  zu  bringen. 

Die  Bttrgermeister  der  Stadt  berichteten  mittelst  eines 
Schreibens,  das  selbe  unterm. 22.  Hai  an  den  Fürstbischof 
erliessen,  von  seineu  Stellvertretern  seien  folgende  Vorschläge 
gemacht  worden;, 

i.  Dass  man  die  vier  Viertelmeister  Leonhard  Stiegelmayr, 
Lorenz  Sizzo  und  die  beiden  Apotheker  Vincenz  und  Bartho- 
lomäus erwählen  sollte,  auf  dass  diese  mit  ihnen  (den  Bfirger- 
melstem)  die  laufenden  Geschäfte  bis  zur  Entscheidung  des 
Provinzial'Landtages  abthnn  sollten; 

2.  dass  die  Doktoren  die  Wache  an  den  Thoren  entweder 
selbst  versehen,  oder  durch  Andere  versehen  lassen  sollten; 

3.  dass  die  Bürgermeister  bis  zur  Beendigung  des  Pro- 
vinsial-Landtages  nicht  befugt  sein  sollten,  von  Auswärtigen 
jene  Abgaben  zu  erheben,  die  der  Landschaft  gehOreten; 

4.  dass  sich  die  auswärtigen  Syndiker  wechselseitig  ver- 
binden sollten  mit  jenen  der  Stadt. 

Die  Bürgermeister  fttgten  ihrem  Berichte  auch  die  auf  Jede 
Proposition  ertheilte  Antwort  bd.  llit  dem  ersten  Vorschlage 
erklärten  sie  sich  nur  fflr  den  Fall  einverstanden,  wenn  die 
betrelfeaden  Vorgesetzten  mit  dem  gestellten  Antrage  ebenCalls 
einverstanden  wären;  dem  zweiten  widersetzten  sie  sidi  nicht, 
wie  sie  sagten,  wenn  es  nur  geschehen  könne  ohne  Nachtheil 
irgend  eines  Bfligers;  bezüglich  des  dritten  gaben  sie  die  Er- 
kläning  ab,  dass  sie  sich  gerne  darnach  richten  wollten  — 
erklärte  sich  auch  mit  dem  vierten  einverstanden  unbeschadet 
Ihrer  Gründe  in  Bezug  auf  die  Punkte  der  HiflsheUigkeit  zwi« 
sehen  Stadt  und  auswärtigen  Gemeinden,  deren  Entscheiduag 
man  vom  Provinzial-Landtag  erwartete. 

Der  Bischof,   der  unterm  24.  Hai  die  erhaltene  Zuschrift 


—    98    — 

beaDiwoitele,  vendiob  sein  Drthdl  «ber  illese  flegemtiiide  ut 
eine  gelegene  Zeit.  Den  23.  Mai.  aetiten  die  Bfirgarmciater  den 
KirchenfBrslen  in  Kenntniss,  dass  der  Anfetand  im  Abnelunen 
begrilTen  sei  Cworin  sie  sicli  aber  Ifioschten,  wie  wir  spfiler 
kOren  werden)  nnd  baten  ihn,  dahin  zo  wvken,  dass  die  anf 
der  Flacht  begrüTenen  Domherren  die  kostbaren  Reliquien,  dann 
die  goldenen  und  silbernen  Gefässe,  so  wie  aneh  die  Ofenl- 
Kchen  Urkunden  n.  s.  w.  inrachstellen  sollten,  anf  dass  selbe 
nicht  Terloren  gehen.  Den  25.  Hai  sehrieb  Bemhaid  den 
BOfgermeistem :  er  habe  gehört,  dass  in  Meran  ein  Landtag 
statt  fknde,  auf  welehem  die  Punkte  festgestellt  werden  sollten, 
die  in  den  nächsten  Landtagen  in  Stening  oder  Brizen  be« 
rathen  werden  sollten;  die  Bttrgermeister  möchten  sich  ent» 
schuldigen,  keine  Depntirte  dahin  schicken  zu  können,  da  dieser 
Landtag  nicht  vom  Erzhenog  angesagt  worden  sei.  Falls  sie 
aber  demselben  nicht  ausweichen  könnten,  möchten  sie  zwei 
oder  drei  geeignete  Individuen  dahin  schicken,  filr  weldie 
er  eine  Art  fastmctlon  beischloss.  Euen  andern  RaA  ertheilte 
d^  Kirchenftirst  den  Bflrgenneistem  Tags  darauf;  sie  soHten 
nämlich  den  Domherren  von  Trient,  die  mit  den  hl.  Reliquien 
von  Verona  in  Riva  angekommen  wären,  ein  sicheres  Gdeit 
schicken;  er  belobt  schUesslich  den  Eifer  der  erwähnten  Dom« 
herren,  der  den  Verdacht  des  Stadtmagistrales  nicht  verdiene. 

Unt^m  27.  Hai  schrieben  die  Bttrgermeister  dem  Bi- 
schöfe: sie  hätten  sich  grosse  Htthe  gegeben,  auf  dass  Bona- 
ventura Fanzini,  Hieronymus  dalb  Rossa  und  Doctor  Hierony* 
mus  von  Teno  auf  den  Landtag  nach  Heran  geschickt  wfirden; 
jedoch  die  bischöflichen  Stellvertreter  hätten  die  Wahl  des 
Bftck^'meisters  Leonhard  Stiegelmayer  bestätigt,  ond  sie  selbst 
hätten  sich  darein  geben  mflssen.  Hierauf  baten  sie  den  Bischof 
nach  Trient  zurflckkehren  zu  wollen,  da  seine  An- 
wesenheit daselbst  in  den  gegenwärtigen  trtibseligen  Zeiten 
von  grösstem  Nutzen  sein  wttrde.  Unterm  30.  Hai  theüten 
die  Borgenneister  dem  Bischöfe  die  Instruclion  mit,  welche 
den  Abgeordnelen  Ar  den  Heraner-Landtag  mitgegeben  worden 


—    M    - 

war;  tofleiefc  selzten  sie  den  KirchenAmten  aaeh  in  Kennt- 
nias  tiier  die  Znfriedenlieit,  die  Uinea  der  Elzheneg  wegen 
ihrer  dem  Fttrsten  bewaiirten  Treue  bezeigt  Imbe.  Vom  aweitea 
Jnni  daüH  haben  wir  zwei  Briefe  des  Erzherzogs  Ferdinand; 
der  entere  ist  an  den  Bischof  gerichtet,  dem  er  seineo  voUett 
Beistand  zusichert  «^  mit  beigefttgtem  Bemerken,  die  Auf- 
atindischen  mttsse  man  mit  Hilde  nnd  nicht  mit  Strenge 
znr  Rohe  an  bringen  suchen;  in  Betreff  der  Soldaten,  die 
Bernhard  zu  Verthddigung  seines  Residenzschlosses  tu  Trient 
vom  Erzherzog  verlangt  hatte,  bot  ihm  dieser  «*-  ungeadiict 
seiner  eigenen  bedrängten  Lage  —  dennoch  200  bis  300  Mann 
an.  Der  zweite  Brief  des  Erzherzogs  ist  an  die  Bürgermeister 
von  Trient  gerichtet;  in  diesem  belobt  er  die  Treue,  die  sie 
ihrem  Bischöfe  bewahrt  htttten,  gibt  ihnen  den  wohlgemeinten 
Rath,  in  dieser  zu  verharren,  und  verspricht  ihnen  seinen  Bei-^ 
stand.  Zwei  Tage  später  richtete  Erzherzog  Ferdinand  neuerdingf 
ein  Schreiben  an  den  Kirchenfttrsten^  und  ertheflte  diesem  den 
Rath,  nach  Trient  zurückzukehren,  wozu  er  von  dea 
Bttrgermeistem  mehrmals  schon  eingeladen  worden  sei;  um  so 
Bwhr  möge  er  dahin  zurückkehren,  als  auch  der  Hauptmann 
Fiana  von  Castellalt,  der  mit  Mannschaft  hinreichend  versehen 
sei,  die  Rückkehr  für  nützlich  und  sehickiicb  halte. 

Ais  nun  zu  diesem  wohlgemeiotoi  Rathe  des  Erzhenogs 
auch  noch  die  Einladung  von  Seite  der  vorzüglichsten  Bürg^ 
Trients  und  von  Seite  des  Publikums  (als  dessen  Vertreter  wir 
den  Alexander  Guelf  erblicken)  hinzugekommen  war,  so  ent<» 
nehloss  sich  der  Kirchenfürst  zur  Rückkehr  in 
seine  Residenz;  eine  grosse  Menge  der  achtbarsten  Bürger 
verfttgte  sich  zu  diesem  Zwecke  nach  dem  Casteli  ToUino, 
um  den  Fürstbischof  dnzuholen,  und  ihm  das  Ehrengeleit  nach 
Trient  zu  geben;  und  so  befand  sich  Bischof  Bernhard  wieder 
in  seinem  Residenasehlosse  ,Baon  Conslglio'  au  Trient;  ver« 
lassen  wir  ihn  alldort,  um  unsere  Aufmerksamkeit  voraogawtise 
dem  ),Ba«ernrelieU^  auf  dem  Nons-  und  Sulzberg  s»* 
anwenden. 


-    9i    — 

2.  Der  Aufttand  aöf  dem  Nonsberg  begaon  am  Montag 
nach  dem  Sonntag  Cantate,  welcher  anno  1525  auf  den  15. 
Mai  fiel.  An  diesem  Tage  kam  m  atler  PiHhe  ein  Hanfe  auf- 
slflndiseher  Bauern  aas  dem  obern  Etschthale,  besonders  von 
Lana ,  Nais  mid  Tlsens ,  aufgemuntert  durch  das  tolle  IVeiben 
ihrer  Gesinnungsgenossen  zu  Brixen  (am  11.  und  12.  Mai) 
dann  zu  Bozen  (am  12.  Mai)  und  zu  Meran  (am  14.  Mai) 
nach  Senale  (Unsere  liebe  Fran  im  Walde),  überfiel  den 
dortigen  Widum,  plünderte  ihn  aus  —  mit  der  laut  ausge- 
sprochenen Absicht,  von  Senale  nach  Castelfondo  zu  ziehen, 
und  zuerst  den  dortigen  Pfarrhof,  dann  das  Schloss  selbst  zu 
pittndern.  Ein  gutgesinnter  Senaler  eilte  unterdessen  sogleich 
nach  Castelfondo,  alt  Bewohner  von  dieser  schändlichen  Absicht 
and  dem  Anzüge  eines  grossen  Haufens  dieser  rebellischen 
Rotte  zu  benachrichtigen.  Damals  war  Bernardin  von  Thunn  Pfand- 
inhaber des  Schlosses  und  der  Herrschaft  Castelfondo;  von  der 
Nachricht  überrascht  berief  dieser  in  der  ersten  Rathlosigkeit 
seine  Gerichtsvasallcn  zu  sich,  und  erklärte  ihnen :  das  ScUoss 
Castelfondo  gehöre  dem  Kaiser  nnd  sei  ihm  nur  pfandweise 
überlassen;  auf  Verlangen  des  Kaisers  sei  er  bereit,  ihm  das^ 
selbe  wieder  zu  übergeben.  Die  Vasallen  verlangten  nun  vom 
Herrn  von  Thunn,  er  soll  ihnen  dieses  Versprechen  schrfftllch 
abgeben  nnd  bei  Edelmanns  Treue  beschwören  —  was  Ber- 
nardin auch  that.  Da  nun  aber  seine  Gerichtsvasallen  auch 
Seiner  kaiserlichen  MijesUft  Unterthanen  waren,  nnd  dersdben 
Treue  geschworen,  nnd  er  nicht  wnsste,  wer  diejenigen  wären, 
welche  ihn  ausplündern  wollten,  so  übergab  er  semen  Vasallen 
das  Schloss  sammt  Hab  und  Gut  mit  der  Weisung,  dasseHie 
im  Namen  Seiner  Majestät  nnd  Seiner  Durchlaucht  des  En^- 
herzogs-Landesfflrsten  zu  beschützen  nnd  zu  vertheidigen,  jedoch 
nnbeschadet  seiner  Rechte,  bis  man  erfahre,  wie  es  mit  den 
Andern  vom  Adel  sich  verhalte;  dasselbe  Schicksal  solle  anch 
das  seinige  sein.  Dem  guten  Bernardin  von  Thunn  bekam  aber 
diese  Handlungsweise  sehr  schlecht;  denn  gegen  sein  ehrliches 
Anerbieten  fügten  ihm  sehie  eigenen  Unterthanen  nnd  Gerichts- 


.:^ 


—    M    - 


war;    ragidefc  seteten  «ie  den  1[b^ /^nbade»  «,  j«  "«*teii 
Bitt  tber  die  Znfriededieit,  *»    x/^tbarkeit«  lud  Geld, 
iiiier  dem  Fttnten  bewahrter     -^tete  ««*  da.ii  der  AHfrohr 
Ami  datirt  haben  wir  r  .J^f^  Nons-  nnd  Snlzberg;  be- 
der  enten  ist  an  dr  '^'^^^  *«  *'«'*•  «"'  **«"  "»^»"  ^'* 


Bcfotand  jMiiAei'  /Jj^^  Äewohner  der  Ortschaften  Vigo,  Tor, 
atitaciischeii  r  j/^^^rt^  ^'^^5  ^""^  Suliberge  die  Bewohner  ron 
lor  Rabe  x^^jT^^^'****'  Pelizano,  Comasen  und  der  Pfarre 
Bemfar  ^^''/^  ^'^  ^^®'  ^^'  ''^^^  '*'"'  ^*^  ^^  Mechel  nebst 
voB  ^'  ^  ffarreien  von  Denno  und  Cles.    Diese  ergriffen 

wt  1^   i^  ^^  Obrigkeiten,  zogen  mit  entfalteten  Fahnen 

^ ^^^ommelschlag  herum,  um  Leute  zu  werben,  er- 
^    //«iiptlettte  für  ihre  Versammlungen,    und  Hessen  die 
'^^eraffte  Mannschaft  unter  Adlern  schwören.    Nun  ging 
^'^^  die  «deligen  Vasallen  sowohl  des  Landesfttrsten  als 
A^  des  Fürstbischofes   von   Trient  her;   die   Aubtändischen 
^fielen  den  Adel,    plünderten  ihre  Schlösser,  nahmen  das 
jTorgefundene  als  gute  Beute  mit  sich  fort,    und  bemächtigten 
sidk  auch  ihrer  Lehen ,  ja  erfrechten  sich  sogar  die  landes* 
fürstlichen    und   fürstbischöflichen    Beamten    abzusetzen»   sich 
eigenmächtig  Richter  zu  wüblea,   und   alle  Gewalt  an  sich  zu 
ziehen ;  endlich  gingen  sie  soweit,  alle  jene  Leute^  welche  mit 
ihrem  tollen  Treiben  nicht  einverstanden  waren,   zu  verbannen 
—  unter  dem  Vorwande,  selbe  seien  gegen  sie  rebellisch.    Um 
aber  ihrem   Treiben   mehr   Nachdruck  zu   geben,   traten  sie 
mit  auswärtigen  aufständischen  Gemeinden  gegen  ihre  recht- 
^massigen  Obrigkeiten  in  verrätherische  Bündnisse,  und  bf^lfrftf- 
tigten  diese  mit  Eidschwttren.    So  sendeten  sie  gleich  am  andern 
Tage  nach  begonnenem  Aufruhr  Abgeordnete  nach  Bozen  an. ihre 
Gesinnungsgenossen  —  mit  der  Heidung,  sie  hätten  dem  Beiy 
nardin  von  Thunn  zu  Gasielfondo  gegen  18000  Gulden  an  Geld 
und  Kleinodien  abgenommen^  und  verlangten  Rath,  was  ferner 
zu  thun  wäre?   erhielten  aber  den  ganz  trockenen  Bescheid: 
ein  ehrsamer   Rath  des  Landgerichts   Gries  und  Bozei  wäre 
nicht  Willens  weder  die  fürstliche  Durchlaucht  und  gegen  die 


\ 
\ 

\ 
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-    9t    - 

tie  Ehre  und  EfdespBtefat,   oder  geg^n  irgend  eine  geadelte 

*:he  Person  etwas  Ungebttkrliebes  su  untemehnien,  sondern 

ielmehr  guter  Zuversicht,   was  bisiier  gegen  die  Jaden 

tliche  Personen  in   und   um  Bozen   begangen   worden, 

gut  gemacht  werden.     Uebrigens   hielten  Rath  und  Ge- 

«iieinde  für  gut,   wenn   die  Nonsberger  dieses   auch   bei  sich 

zu  thtto  bedacht  wflren,  solche  und  Ähnliche  Empörungen  ab« 

zustellen. 

Sehr  nacfatheiiig  für  das  ganze  rebellische  Unternehmen 
der  Nons-  und  Sulzberger  war,  dass  unter  ihnen  kein  festge- 
setiter  Plan,  und  kein  einmüthiges  Zusammenwirken  unter  Einem 
gemeinschaftlichen  Anführer,  sondern  nur  ein  planloses  und 
verwirrtes  Rasen  und  Herumziehen  statt  fand,  femers,  dass  sie 
an  den  Bewohnern  der  benachbarten  Thäler  von  Judicarien 
anstatt  Bundesgenossen  und  Helfer,  vielmehr  entschiedene  Freunde 
und  treue  Anhänger  des  Bischofes  von  Trieut,  so  wie  ent- 
schiedene Gegner  ihres  tollen  Treibens  fanden« 

Uebrigens  hatte  den  Adel  des  Nons-  und  Sulzberges  unter 
diesen  wirren  Verhältnissen  dieselbe  Rathlosigkeit  befallen,  wie 
anderswo;  so  ahmten  auch  die  Herren  Balthasar  und  Jakob 
von  Clea  in  ihrer  Rathlosigkeit  das  schwache  Benehmen  des 
Bernardin  von  Thunn  nach,  und  ttbergaben  ihr  Schloss  den  Ge- 
meiadeieuten ;  denn  am  10.  Hai  machen  die  Syndiker  der 
Tböler  des  Nons-  und  Sulzberges  zur  Dämpfung  des  Auf- 
ruhres bekannt:  genannte  Herreu  hätten  ihnen  die  Schlttssel 
ihres  Schlosses  sammt  allen  dazu  gehörigen  Sachen  und  Leuten 
übergeben,  die  sie  im  Kamen  der  Gemeindeleute  in  ihre  Hände 
genommen  bis  zur  Entscheidung  der  Angelegenheit*,  den  be- 
sagten Herren  sei  jedoch  die  Vollmacht  vorbehalten,  ihre  Pri- 
vat-Angelegenheiten  zu  besorgen,  aber  auch  den  Gemeinde- 
leuten sei  es  vorbehalten,  dass  sie  zu  den  nöthigen  Ausgaben 
und  Arbeiten  bei  solcher  provisorischen  Besetzung  nicht  ver- 
halten seien;  diese  sollen  die  Adeligen  der  Thäler  bestreiten. 
Obige  Syndiker  wählten  hierauf  zur  Verwaltung  solcher  Güter 
sechs  Männer,  denen  dieses  Geschäft  übertragen  wurde. 

7 


~    98    -^ 

Es  mag  jedoch  den  Nons-  nnd  Salsbergein  bei  diesem 
ihrem  Yorgeheti  gegen  den  Adei  ihrer  Thdier  nicht  ganz  woM 
XU  Halbe  gewesen  sein;  denn  sie  sendeten  einen  Abgeord- 
neten Namens  Barthlmft  von  Tien,  an  den  Rath  und  die  Gemeinde 
des  Landgerichts  von  Griess  and  Bozen  ab.  Der  genannte 
Abgeordnete  erschien  am  10.  UM  fflr  sich  nnd  für  die  andern 
5  Hitglieder  des  Ausschusses  der  Thäler  Nons  und  Sulz  vor 
dem  Rath  und  bat  um  Aufklärung,  was  man  in  Bozen  gegen 
den  gemeinen  Adel  für  Verhaltnngsmassregeln  festgesetzt  habe, 
auf  dass  sie  wüsslen,  wie  auch  sie  gegen  den  Adel  In  ihren 
Thälem  sich  zu  benehmen  hätten ;  denn  den  Hännern  des  Aus. 
Schusses  wären  alle  Angelegenheiten  von  den  Gemeinden  der  be- 
sagten zwei  Thäler  zu  besorgen  ttberiassen  worden;  es  ward 
ihnen  aber  derselbe  trockene  und  zweideutige  Bescheid  ^  wie 
kurz  vorher  den  Abgeordneten  des  Nonsberges  —  ertheilt. 

Dass  auch  auf  dem  Nons-  Und  Snizberg  —  wie  überali  — 
dieselben  verwerflichen  Mittel  angewendet  wurden,  um  das  ge- 
meine Volk  zur  Plünderung  des  Adels  und  der  Geistlichkeit 
aufzustacheln  —  indem  die  geheimen  Leiter  des  ganeen  Auf- 
ruhres durch  Aussendlinge  das  Gerücht  verbreiteten ,  die  Ge- 
meinden sollten  selbst  ihren  Adel  und  ihre  Geistlichkeit  aus- 
ptthidem,  sonst  würden  es  die  Etschländer  oder  fremde  Ge- 
meinden thun  —  geht  auch  aus  der  Anfrage  des  Bernardin 
von  Thunn  hervor,  die  dieser  an  demselben  Tage  (i9.  Hai) 
beim  Rath  und  Ausschuss  des  Landgerichts  Griess  nnd  Bozen 
durch  seinen  Diener  Hanns  GIdggl  thun  liess ;  man  möchte  ihm 
nämlieh  ehrlich  berichten,  ob  denn  wirklich  die  von  Bozen  be« 
fohlen  hätten,  gegen  ihn  oder  gegen  Andere  auf  dem  Non»- 
berg  zu  ziehen  —  mit  der  Drohung,  falls  die  Nonsberger  nicht 
selbst  ihn  und  Andere  plündern  wolUen,  so  würden  sie  (die 
Bozner  nämlich)  selbst  kommen  und  plündern.  Hierauf  ward 
im  Rathe  entschieden:  man  solle  dem  Abgeordneten  des  Herrn 
von  Thunn  den  Bescheid  vorlesen,  welcher  den  Nonsbergem 
gegeben  worden  sei. 

Unterdessen  gingen  die  Aufruhrer  im  Nons-  und  Sulzberg 


-    99    - 

ihren  eingescMflgenen  Weg  fort.  Am  20.  Mal  berichtet  von 
Tione  ans  der  Yicar  daselbst,  Sebastian  Antonini,  dem  Fflrst- 
bischofe:  die  zwei  von  Jadicarien  an  die  Nonsberger  abgeord- 
neten Hfinner  seien  von  dort  mit  der  Nachricht  zurückgekehrt, 
die  Rebeilen  hätten  das  Schloss  Cies  belagert;  auf  das  Sturm«- 
schlagen  seien  aber  zu  Gunsten  des  Herrn  Balthasar  von  Cles 
viele  Leute  auch  aus  dem  Salzberg  herbeigeeilt,  hätten  den 
Aufruhr  gestillt  und  die  Aufrührer  dahin  vermocht,  ihr  Ver- 
gehen zu  bereuen,  und  diesfalls  um  Verzeihung  zu  bitltm. 

Die  Insurgenten  des  Nons-  und  Sulzberges  wendeten  sich 
auch  an  die  Bewohner  von  Judicarien  mit  der  Anfrage:  wie 
die  Sachen  dort  ständen?  wahrscheinlich  in  der  Absicht,  um 
auch  dieselben  in  ihr  tolles  Treiben  hineinzuziehen;  allein  die 
gedachten  Bewohner  liessen  sich  auf  nichts  ein,  schickten  viel- 
mehr zwei  Abgeordnete  nach  Trient  an  Herrn  Andr«  de  Sen- 
tellis,    um  sich  Raths  zu  erholen. 

Dieser  antwortete  den  Abgeordneten:  die  Stadt  verharre 
In  ihrer  bisherigen  Ergebenheit  gegen  den  Bischof  —  und  gab 
ihnen  den  wohlgemeinten  Rath,  gleichfalls  in  ihrer  Treue  gegeii 
denselben  auszuharren.  Dasselbe  sagte  ihnen  auch  Franz  von 
Castellalt. 

Die  Sulzberger  fuhren  unterdessen  in  ihrem  verbrecherischen 
Treiben  fort,  und  plünderten  am  22.  Mai  das  Spital  und  Priorat 
zu  Campigliö  aus.  Hierüber  gibt  Luterinus  unlerm  23.  Mal 
vom  Schlosse  Stenico  aus  dem  Fürstbischöfe  Nachricht. 

3.  Nun  wollen  wir  sehen,  welche  H  ittel  der  Landesfürst 
Erzherzog  Ferdinand,  angewendet  hat,  um  den  Aufruhr  in  den 
Fürstenthümem  von  Brixen  und  Trient  zu  dämpfen.  Das  Erste,  was 
Ferdinand  that,  war,  dass  er  dem  Fürstbischöfe  von  Brixen  Spe- 
rantius  H.  und  iem  Fürstbischöfe  von  Trient,  Bernhard  von  Cles, 
einstweilen  die  weltliche  Verwaltung  ihres  Gebietes  mit  ihrer  Ein- 
willigung abnahm,  und  dieselbe  anfangs  durch  den  Freiherrn 
Georg  von  Firmian  und  etwas  später  durch  Anton  von 
Brandts  besorgen  lless.  Ferdinand  handelte  hier  als  Schulzherr 
beider  bischöfüchen  Kirchen.     Da  aber  dieses  Mittel  —  so 

7» 


—    100    — 

gut  es  auch  gemeint  war  —  sich  als  anzareichend  zeigte,  den 
ausgebrochenen  Sturm  zu  stillen,  so  ergriff  der  jugendliche 
Landesfürst  ein  anderes,  nach  seiner  Meinung  wirksameres  Mittel, 
die  Ruhe  im  Lande  wieder  herzustellen,  und  dieses  war  ein 
Landtag,  den  er  ausschrieb,  und  auf  den  11.  Juni  nach 
Innsbruck  berief. 

Auf  diesem  Landtage  —  unstreitig  einem  der  wichtigsten 
aller  je  im  Lande  gehaltenen  —  Hessen  die  Tumultuanten  an  der 
Etsch  und  am  Eisack  durch  den  berüchtigten  Michael  Gaissmaiyr 
dem  Erzherzog  eine  ganze  Litanei  von  Beschwerdepunkten 
übergeben,  welche  grösstentheils  dahin  gingen,  dass  man 
ausser  dem  LandesfUrsten  sonst  keinen  andern  Herro  etwas 
zahlen  wolle;  feruers  sollen  alle  Zinse  an  Klöstern  und  Wi- 
dums  abgethan  sein;  den  Kornzehent  soll  die  Gemeinde  etn- 
nehmen,  um  davon  den  Pfarrer  zu  erhalten,  welchen  sie  selbst 
zu  wählen  und  auch  abzusetzen  Gewalt  haben  soll.  Alle  Klo- 
sterpfarreien sollen  von  Weltgeistlichen  beselzt  werden;  jede 
geistliche  Regierung  soll  ein  Ende  haben;  Edle  und  Unedle, 
Geistliche  und  Weltliche  sollen  dem  gemeinsamen  Richter  zur 
Rede  stehen;  alle  Freistätten,  auch  alle  Adelsvorrechte  hätten 
aufzuhören;  alle  Weideneien,  alles  Wild,  Vögel  und  Fische 
sollen  frei  sein;  wälsche  Weine  dürfen  nicht  mehr  ins  Land 
eingeführt  werden;  die  fremden  Wucherer,  als  da  sind  die 
Fugger,  Hochstätter,  Welser  u.  a.,  so  wie  auch  alle  fremden 
Kaufleute  und  Hausirer  seien  abgethan  u.  s.  w. 

Wessen  Geisteskind  Gaissmayer  gewesen  sein  muss,  ist 
aus  der  in  Rede  stehenden,  dem  Erzherzog  —  LandesfUrsten 
überreichten  Beschwerdeschrift  leicht  ersichtlich. 

Auf  dem  Landtage  waren  nebst  den  Depütirten  des  Fürst- 
bischofes von  Trient,  Nikolaus  von  Trautmannsdorf  und  Andrfi 
Reggio  auch  Abgeordnete  aus  Südtirol  in  grosser  Anzahl  er- 
schienen ->  namentlich  vom  Nons-  und  Sulzberg;  leider  waren 
aber  von  den  benannten  Thälem  gerade  die  ärgsten  Schreier 
nach  Innsbruck  gekommen,  die  sich  selbst  als  Deputirte  auf- 
gedrängt hatten.     Die  Beschwerde-Artikel,  die  sie  mitbrachten, 


-    101    — 

waren  durcbaus  nicht  von  den  Gemeinden  gemeiaschaftiich  be- 
rathen  und  verfasst,  sondern  nor  von  den  tfalcontenten  einseitig 
aufgesetzt  and  den  Abgeordneten  —  wenn  wir  sie  so  nennen 
wollen  —  mitgegeben  worden,  um  selbe  dem  Landtag  voreu- 
legen.  Fürstbischof  Bernhard  wurde  von  den  Vorgüngen  aaf 
dem  Landtage  von  Zeit  zu  Zeit  durch  seme  beiden  Depnlirten 
genau  in  Kenntniss  gesetzt.  Am  11.  Juni  fand  die  Eröffnung 
des  Landtages  statt,  und  schon  Tags  darauf  —  den  12.  Juni 
—  berichteten  die  Deputirten  Nikofaius  von  Traulmannsdorf  und 
Andrft  Reggio  ihrem  Fürstbischöfe:  sie  hätten  gehört,  dass  die 
Abgeordneten  aus  dem  Bauernstande  sich  weigerten,  die  Prtf- 
laten  zum  Landtag  zuzulassen,  fügten  jedoch  bei,  dass  der 
Erzherzog  die  Ausschliessung  der  Geistlichkeit  durchaus  nicht 
zugegeben  habe. 

Schliesslich  rathen  sie  dem  Bischöfe,  gute  und  veriftss- 
liehe  Kundschafter  zu  halten,  und  von  Trient  sich  nicht  mehr 
wegzubegeben,  wenngleich  viele  seine  Rückkehr  missbilKgten. 
Ans  dem  angeführten  Schreiben  der  bischöflichen  Deputirten 
bt  zugleich  ersichtlich,  dass  die  Rückkehr  des  KirchenfOrsten 
von  Riva  nach  Trient  jedenfalls  vor  dem  12.  Juni  er- 
folgt sein  muss.  Wie  wir  bereits  wissen,  hatte  Erzherzog 
Ferdinand  dem  Fürstbischöfe  in  einem  Schreiben  vom  4.  Juni 
die  Rückkehr  nach  Trient  dringend  angerathen,  und  am  12.  Juni 
rathen  die  bischöflichen  Deputirten  ihrem  Herrn,  von  Trient  sich 
nicht  mehr  wegzobegeben  —  wir  also  mit  Grand  annehmen 
können,  dass  die  Rückkehr  Bernhards  zwischen  dem  6.  und 
10.  Juni  erfolgt  sein  müsse. 

In  einem  andern  Schreiben  vom  13.  Juni  berichten  Ni- 
kolans  von  Trautmannsdorf  und  Andrü  Reggio:  es  wfire  auf 
dem  Landtage  der  Beschluss  gefasst  worden,  zwei  Strafdekrele 
zu  erlassen,  das  eine  im  Namen  des  Landesfürsten  und  das 
andere  im  Namen  der  Städte  und  Gemeinden  mittelst  welcher 
man  während  des  Landtages  alle  aufrührerischen  Bewegungen 
verboten  habe,  indem  man  unter  Einem  die  Prälaten  und 
die    Adeligen   in   den    Stüdten    sowohl   als    auch  auf  dem 


—    102    ^ 

Lande  ermunlerl  hftUe,  mit  gulein  Beispiel  voranzusehea. 
Nichtsdestoweniger  habe  sich  unter  deo  Adeiifen  die  der  bi- 
schöflichen Kirche  von  Trient  eintrügliche  Lehen  zu  ver- 
danken hfitten  und  dte  vom  Bischöfe  besonders  geliebi  nnd 
begansligt  würden,  Georg  von  Firmian,  dadvrcb  her- 
vorgethan,  dass  er  es  gewesen  sei,  der  die  Ausschlies- 
sung der  Geistlichkeit  vom  Landtage  in  Vorschlag  gebracht 
habe,  und  es  sogar  gewagt  hfttte,  diesfalls  an  den  Erz- 
herzog im  Namen  des  übrigen  Adels  ein  förmliches  An- 
suchen zu  stellen*)  —  was  aber  vom  Erzherzoge  ganz  ent- 
schieden abgewiesen  worden  sei ;  dessenungeachtet  müsse  man 
die  Ausschliessung  befürchten  in  Anbetracht  der  Umtriebe, 
welche  in  dieser  Beziehung  derselbe  Georg  von  Firmian  und 
andere  adelige  Lehentröger  der  bischöflichen  Kirche  von  Trient 
sich  hfttten  zu  Schulden  kommen  lassen.  Auch  habe  der  kai- 
serliche Redner  das  Hissfallen  seines  Herrn  an  dergleiehoi 
Neuerungen  laut  zu  erkennen  gegeben  —  mit  dem  Versprechen, 
falls  die  aufrfihreriscJien  Bewegungen  nicht  aufhöreten,  werde 
der  Kaiser  ein  wirksames  Mittel  dagegen  anzu- 
wenden wissen. 

h  einem  vom  14.  Juni  datiilen  Briefe  benaclirichtigt  der 
Erzherzog  den  Bischof  von  Trient  über  den  Beginn  des  Land^ 
tages  und  über  die  Entmuthigung  der  Landleute,  die  nun  nach- 
giebiger und  biegsamer  geworden  seien  aus  Ursache  der  grossen 
Niederlagen,  die  ihnen  in  mehrem  Orten  Deutschlands  bei- 
gebracht worden  wftren.  Schliesslich  beschreibt  er  ihren  grosseti 
Hass  gegen  die  Geistlichkeit,  welche  er  aber  fortwährend  ver- 
tfaeidigen  werde. 

An  demselben  Tage  setzten  die  bischöflichen  Deputirten 
ihren  Kirchenfürsten  in  Kenntniss  über  ihre  beim  Erzherzofr 
gehabte  Aadienz,  in  welcher  sie  demselben  das  Vorhaben  der 


*)  Und  dem  nämlichen  Georg  von  Firmian  war  früiier  die  welt- 
liche Verwaltung  der  beiden  FArstenthfimer  Brixen  und  Trienl 
VC«  Erzhei'zoige  üWtrugen  worden! 


—    103    ~ 

Slädte  und  Gemeioden  aaseioander  setzten,  die  Prälaien  vom 
Landtage  ausziuschliessen,  und  den  Bischof  benaehrichtigten,  dass 
Thomas  Tabarelli  dem  Landesfürsten  eine  Schrift  übergeben 
habe,  welche  die  Beschwerdepunkte  des  Volkes  von  Trient 
enthalte,  and  dass  Bernardia  von  Thunn  diese  Beschwerdepunkte 
der  Bewohner  des  Nonsberges  eingesehen  habe;  diese  wären 
folgende : 

1.  mfifisleo  sie  einem  nicht  voi)  ihnen  erwählten  Haupt- 
nianne  Gehorsam  .leisten ,  der  ein  Bruder  des  Biscbofes  sei, 
von  dem  sie  keine  Gerechtigkeit  erwai'ten  konnten;  es  mOcble 
ihaen  somit  das  Recht  eingeräumt  werden ,  sich  selbsteo  einen 
Hauptmann  zu  wählen; 

2.  seien  sie  gehindert  In  der  Behandlung  der  eigenen  An*- 
gelegenheiten  namentlich   in  Bezug  auf  die  Brücke  von  Storo; 

3.  sei  der  Bischof  in  seinen  Strafbestimmungen  (Straf- 
ausmasse) viel  zu  streng; 

4.  habe  derselbe  bezüglich  der  Belehnung  bei  den  Be- 
wohnern von  Tajo  eine  Abänderung  getroffen,  und  die  übliche 
Taxe  bis  auf  52  Guhlen  rheinisch  erhöhet.  Einige  andere 
Beschwerden,  welche  noch  aufgezählt  waren,  müssen  gerade- 
hin als  lächerlich  bezeichnet  werden  wie  z.  B.  Bernardin  von 
Thunn  habe  für  den  Schaden,  den  ihm  Schweine  zugefOgt 
hätten,  von  den  Eigenthümeru  derselben  einen  halben  Gulden 
rheinisch  verlangt;  Simon  von  Thunn  habe  ungerechter  Weise 
40  Gulden  erpresst  u.  s.  w.  Wenn  man  nun  die  Beschwerde- 
Artikel  der  Nons-  und  Sulzberger  mit  jenen  der  Maicontenten 
an  der  Etsch  und  am  Eisack  vergleicht,  &o  sieht  man  auf  dem 
ersten  Blick,  dass  sich  jene  mehr  um  den  lieben  Geldbeotei 
herumbewegten,  während  die  Beschwerden,  von  Gaissmayr  und 
Konsorten  vorgebracht,  politischer  und  religiöser  Natur  waren. 
Unterm  18,  Juni  berichten  Trantmannsdorf  und  Reggio:  die 
Abgeordnelen  der  Nonsberger  und  jener  von  Levico  zeigeten  sich 
beim  Landtage  als  die  treulosesten  gegen  ihren  Fürstbischof; 
die  Deputif  teo  aus  dem  Thale  Fleims  wären  dagegen  weit  besser 
und  discreter. 


-    104    — 

Tags  darauf  setzten  die  benannten  Deputirte  den  Bischof 
in  Kenntniss,  dass  nun  auch  die  Prtflaten  beim  Landtage  zu- 
gegen wären,  und  dass  der  Landeshauptmann  den  bayrischen 
Rednern  und  dem  schwäbischen  Bande  seinen  Dank  fnr  die 
gute  Gesinnung  ihrer  Fürsten  abgestattet  habe;  auch  habe  der 
Herzog  von  Bourbon  und  der  Markgraf  von  Pescara  erklärt, 
für  den  Fall,  dass  die  dem  Kaiser  so  nachtheiiigen  Aufstände 
wiederkehren  sollten,  wären  sie  in  die  unbeliebige  Nothwen- 
digkeit  versetzt,  Sorge  zu  tragen,  dass  der  Friede  hergestellt 
werde;  die  Bischöfe  von  Bamberg  und  von  WUrzburg  so  wie 
auch  mehrere  andere  Herren,  die  von  ihren  Sitzen  vertrieben 
worden  wären,  seien  vom  Hauptmanne  des  schwäbischen  Ban- 
des wieder  auf  ihre  Sitze  zurückgeführt,  und  die  aufstän- 
dischen Gemeinden  und  Bezirke  zu  grossen  Geldstrafen  ver- 
urtheilt  worden;  auch  seien  viele  Rebellen  enthauptet  und 
einige  ihrer  Augen  beraubt  worden. 

Unterdessen  kamen  Briefe  in  Innsbruck  an,  welche  den 
unzufriedenen  Schreiern  aus  Sfidtirol  sehr  unliebsam  gewesen 
sein  müssen;  denn  ein  Bericht  der  Deputirten  vom  20.  Juni 
besagt:  die  von  Heran  und  Bozen  erhaltenen  Schreiben  seien 
in  Innsbruck  sehr  erwünscht  gekommen;  man  werde  dieselbe 
Im  Ausschusse  vorlesen  lassen  und  Sorge  tragen,  dass  diese 
Schurken,  die  sich  gegen  ihren  Bischof  und  Herrn  nicht 
schlechter  betragen  könnten,  in  öffentlicher  Landtagssitzung  zu 
Schanden  gemacht  werden. 

In  einem  zweiten  Schreiben  von  demselben  Datum  melden 
die  oft  genannten  Deputirten,  dass  sie  die  Angelegenheiten  des 
Bisthums  Trient  dem  Erzherzoge  nachdrücklichst  anempfohlen 
hätten,  und  dass  dieser  geantwortet  habe:  die  Angelegenheiten 
des  souverainen  Fürstbischofes  von  Trient  liegen  ihm  sehr  am 
Herzen,  nnd  er  bedaure  nur  die  verlangte  Geldsumme  nicht 
schicken  zu  können,  da  er  sie  nicht  habe.  Trautmannsdorf 
und  Reggio  fügen  noch  bei,  sie  wären  vom  Bruder  des  von 
den  Bauern  ermordeten  Grafen  von  Helfensteiii 
gebeten   worden  ihn  in   Kenntniss  setzen   zu  wollen   über  den 


—    105    — 

Zeilpunkt,  in  welchem  er  dem  LandesFürsten  seine  Empfehlungs- 
schreiben fügiicff  überreichen  könnte ;  schliesslich  beloben  sie 
den  Thomas  Tabarelli  aus  Terlago,  der  sich  zu  Gunsten  des  Bi- 
schofes  ausserordentlich  bemühte,  die  Bauern  zum  schuldigen 
Gehorsam  zurück  zu  bringen. 

An  demselben  Tage  (20.  Juni)  iiberschickte  der  belobte 
Thomas  Tabarelli  dem  Fürstbischöfe  einen  Bericht  über  den 
glfleklicbeD  Erfolg  seiner  BemQhungai.  Er  erzühlt  in  dem- 
selben, dass  die  Abgeordneten  des  Nonsberges  die  sich  früher 
dahin  erklärt  hätten,  lieber  Hab  und  Gut  zu  verlieren,  als  sich 
dem  Bischöfe  zu  unterwerfen,  ihren  Sinn  geändert  hallen,  und 
nun  baten,  man  möchte  ihre  Beschwerden  heben,  und  dass  auch 
die  Depulirten  von  Levico  sich  erklärt  hätten,  nichts  thun  zu 
wollen  ohne  das  Gutachten  ihres  Hauptmanns  Nikolaus  von 
Trautmannsdorf. 

Wir  wissen,  dass  der  Landtag  am  li.  Juni  eröffnet  wor- 
den war;  nun  kamen  die  Beschwerden  der  Halcontenten  im  süd- 
lichen Tirol  gleich  am  J5.  zur  Verhandlung,  und  noch  an  dem- 
selben Tage  wurden  die  geeigneten  Beschlüsse  gefasst  und  an 
die  Nons-  und  Sulzberger  ausgefertigt.  Diese  Beschlüsse 
scheinen  auf  einen  grossen  Theil  der  Bevölkerung  der  be- 
nannten Thäler  den  erwünschten  Eindruck  gemacht  zu  haben; 
denn  durch  ein  Schreiben  vom  21.  Juni  berichten  37  Syudiker 
des  Nons-  und  Sulzberges  im  Namen  ihrer  Gemeinden  an  den 
Erzherzog:  sie  seien  den  Befehlen  Seiner  Durchlaucht  gehor- 
samst nachgekommen,  obschon  einige  in  ihren  Thälem  sich 
erfrecht  hätten,  Versammlungen  zu  halten  und  fälschlich  im 
Namen  des  Nons-  und  Sulzberges  vorgebracht  hätten,  sie 
wollten  den  Bischof  von  Trient  nicht  mehr  als  ihren  Fürsten 
anerkennen;  sie  sendeten  daher  die  beiden  Notare  Anton 
Galta  von  Sejo  und  Anton  Ziller  von  Corredo  nach  Innsbruck 
um  m  ihrem  Namen  jene  faldxhe  Angabe  zurück  zu  nehmen^ 
die  sie  nie  ausgesprochen  hätten.  Als  nun  die  genannten 
Notare  in  Innsbruck  angekommen  waren,  ging  in  der  Land- 
tagsversammlung ein  Auftritt  vor,  den  uns  der  Sekretär  Käsin- 


~-    106    — 

ger  in  einem  Bericht  an  den  Münchner-Hof  auf  folgende  Weise 
beschreibt  : 

„Aoheut  (24.  Jaoi)  hat  gich  unter  eUichen  von  der  Land- 
schaft ein  Widerwillen  erhebt.  Etliche  des  Bischofs  von 
Trient  Unterthanen  0  nämlich  ans  dem  Snis  und  ab  dem  Nons 
haben  ihr«  Gesandte)!  hieher  geschickt  2)  und  der  Landschaft 
anzeigen  lassen ,  dass  diejenigen ,  so  vormals  hie  gewesen  ^) 
und  sich  angezeigt,  dass  sie  aus  ihnen  hieher  verordnet  seien 
—  sich  ohne  ihren  4)  Willen  und  Wissen  dasselbe  zu  thun 
unterstanden  haben,  und  da^s  von  ihnen  weder  Befehl  noch 
Gewalt  gehabt  und  haben  begehrt,  dass  jene  ^)  in  einer  Land- 
schaft nicht  zu  zulassen,  noch  ihrem  Begehren  statt  zu  thun. 
und  dass  sie  ^)  als  die  rechten  Geschickten  und  Verondneten 
in  die  Landschaft  zu  zulassen,  denn  sie  Gber  ihren  Herrn  den 
Bischof  nichts  sonders  zu  klagen  haben,  und  wohl  nfll  Ihm 
zufrieden  seien,  und  dass  also  Gewalt  und  Briefe  der  Land- 
schaft Obergeben.  Darauf  sind  die  Andern  ^)  mit  etwas  Un- 
gestdmmigkeit  an  sie  gekommen  und  haben  gesagt:  wie  sie 
von  ihren  Obern  und  Gemeinden  geschickt  und  geordnet  seien, 
und  wissen  genugsam  Scheine  und  Gewalt  fOrzubringen.  In 
solchem  Streit  ist  beschlossen  worden,  dass  der  Ausschuss 
von  der  Landschaft  jeder  Parthei  Gewalt  B)  einsehen ,  und  wie 
sie  dieselben  finden,  alsdann  der  Landschaft  anzeigen  sollen.  — 
Also  weiss  ich  nicht,  wie  es  femer  zwischen  ihnen  ergehen 
wird;  denn  das  ist  wahr,  dass  ungefährlich   aus   allen  Ge- 


')  Es  sind  dies  die  37  Gemeinden,  deren  8yudiker  uulerra  21.  Juni 

Bericht  erstalteten. 
»)  Nämlk'h  die  beiden  Nalure  Anton  von  Sejo  und  Anton  von  Cor- 

redo  (Antonio  Gatta  und  Antonio  Ziller). 
')  Die  zuerst  «Is   Abgeordnete  aus  Sudtirol   in  Innsbruck  eilige- 

IrolTenem  Schreier. 
0  Der  37  Gemeinden. 
*)  Die  Schreier  nämlich. 
•)  Die  beiden  Notare  Galt«  und  Ziller. 
')  Die  Schreier  und  Malconteuten. 
*)  Das  ist  die  Vollmachtsbriefe. 


—    107    — 

richleo  die  grösslen  Schreier,  die  lieber  Unglück 
als  Glück  sehen,  auf  deo  Landtag  geschickt  sind.'' 
Fast  gleichlaolend  ist  der  Berieht,  den  die  bayrischen 
Rithe,  welche  QOter  dem  beseiehnenden  Titel  ^werbende  Both- 
sehaft^  nach  Innsbruck  gekommen  waren,  unterm  25.  Juni 
an  den  Herzog  Wilhelm  abschickten.  Der  wichtigste  Tag 
wllhrend  iw  ganzen  Landtagsperiode  war  unstreitig  der  26.  J  u  n  i , 
an  welchem  der  ritterliche  Erzherzog  die  am  22.  Juni  zur 
Bestätigung  und  Genehmigung  vorgelegten,  berüchtigten  „He- 
raner  Artikel,^  106  an  der  Zahl,  entschieden  zurück- 
wies und  verwarft).  Nachdem  dieses  von  Seite  des 
jugendlichen  Erzherzoges  mit  einem  Huthe  geschehen  war, 
der  die  ganze  Landtagsrersammlung  gewaltig  frappirte,  beson- 
ders aber  die  Malcoutenten  auf  derselben  ganz  verblüffte,  schrieb 
Ferdinand  unterm  28.  Juni  an  den  Fürstbischof  von  Trient: 
dieser  soll  die  Bestrafung  der  rebellischen  Bauern  bis  zur 
Vollendung  des  Landtages  verschieben,  und  einstweilen  ihre 
Frechheit  gedulden;  er  (der  Erzherzog!  bestehe  fest  auf 
die  Hauptartikel,  welche  seine  eigene  Auctoritüt  und  Herrschaft, 
so  wie  die  des  Fflrstenthums  Trient  und  der  Kirche  betreffen, 
welche  festzustellen  und  zu  wahren  er  nach  Krflften  bemüht 
sein   werde.     Dann  werde   er  auf  die   besondem  Bedürfnisse 

*  j  Als  Probe,   wessen  Inhaltes  <lieie  verrureneu  Artikel  gewesen 
sind,   mögen  einige  hier  angeiülirt  Averden. 

Die  oranze  GrHfschafl  Tirol  mit  allen  ihren  Bislhümern,  Klö- 
stern, Schlössern  und  Gerichten  soll  dem  Erzherzog  als  Lan- 
desförsten  zugehörig  sein,  und  sonst  Niemanden  Andern  ^ 
fiiran  soll  aber  die  Gesellschaft  Tirol  frei  sein.  Im  Lande 
soll  nur  Ein  Kloster  sein  fzwei  oder  drei,  darüber  nicht)  aber 
kein  Frauenkloster  und  kein  Bisthum  mehr,  indem  man 
weder  der  Bisch ö  Fe ,  noch  der  Chorherren  oder  Frauen- 
klöster bedürfe;  in  jedem  Gerichte  sei  nur  ein  Pfarrer  zu 
halten;  den  Pfarrern  sollen  aber  nicht  so  viele  Zinse,  sondern 
nur  eine  »emlidie  Nothdtirft  zosfelassen  werden,  sie  sollen  aueh 
nichts  unter  sich  und  keinerlei  Regierung  haben,  sondern  Alles 
soll  dem  Fürsten  zustehen.  Die  Beltelklöster  sollen  alle  ab- 
getilgt werden;  die  Mönche  aus  vier  oder  fUnf  abgethanenen 
Klöstern  sollen  in  Eins  zusammengesperrt  werden  a.  s.  w. 


—    108    — 

bedacht  sein,  die  eillweder  darch  die  gemeitischsftliehe  Ueber- 
einstimmung  der  Stünde  ^.beigelegl^  werden  könnten,  oder  es 
werde  zum  offenbaren  Aufruhr  kommen. 

Leider  hat  sich  diese  Voraussicht  des  guten  Landesforsten 
auf  eine  traurige  Weise  vollkommen  bewftbrt,  wie  wir  bald 
sehen  werden. 

Dass  sich  die  Bürgermeister  von  Trient  während  der  gaa- 
xen  Zeit  des  Aufstandes  gegen  ihren  Bischof  und  Fürsten  sehr 
loyal  benahmen,  geht  duch  aus  folgender  Thatsache  hervor:  die- 
selben schickten  nämlich  am  2.  Juli  Abgeordnete  auf  den  Nons* 
berg;  diesen  gaben  sie  Instruktionen  mit,  vom  1.  Juli  datirt, 
in  welchem  den  Bewohnern  des  Nonsberges  die  Pflicht  nach- 
gewiesen wurde,  den  Befehlen  des  Brzbenogs  Gehorsam  ni 
leisten,  widrigenfalls  sie  sich  mit  den  Bewohnern  der  Graf- 
schaft Tirol  verbinden  müssten,  um  sie  mit  Gewalt  daiu 
zu  verhalten. 

Unterm  2.  Juli  setzte  Herr  Burato,  Vicar  von  Levico,  den 
Bischof  in  Kenntniss :  Tags  zuvor  wfire  ein  verifisslicher  Bothe 
eingetroffen  —  mit  der  Nachricht,  dass  der  Erzherzog  wolle, 
die  Bewohner  von  Levico  sollen  ihrem  Herrn  und  Fürsten  ge-  ' 
horchen,  dass  aber  jene  —  aus  Verzweiflung  oder  aas  Erbit- 
terung —  das  Vorhaben  hätten,  ihn  *)  zu  Grunde  zu  richten; 
er  bitte  also  den  Bischof  dafür  zu  sorgen,  dass  er  sich  im 
Schlosse  vertheidigen  könne  für  den  Fall,  dass  ein  Anschlag 
auf  sein  Leben  oder  Eigenthum  versucht  werden  sollte.  Er 
schlies^t  seinen  Bericht  mit  der  Andeutung,  dass  Anton  Rossi, 
das  Haupt  der  Rebellen,  in  Caldonazzo  gewesen  sei,  so  wie 
auch  In  Borgo,  um  mit  seinen  Verbündeten  sich  zu  berathen. 
Tags  darauf  berichtete  derselbe  dem  Tommaso,  dem  bischöf- 
lichen Hausmeister,  dass  der  genannte  Rossl  sich  mit  dem 
Vice-Hauptmann  besprochen,  und  unter  andern  Dingen  auch 
versichert  habe,  er  könne  frei  gehen  oder  kommen  mit  seinen 
Anhüngem.      Burato    setzte    zum   Schlüsse    seines    Schreibens 


*)  Den  Herrn  Vicar  nämlich. 


—     10»    — 

\  bei:   Roflsi  habe  sdui  bewalhete  Kameraden  mit  Händen 
ch  gehabt;  aueh  sei  im  Streite  der  Pferdehirt  verwundet 
;    auch  seien  die  Landleute  Willens   einen   Landlag  in 
halten,  sobald  sie  sich  der  Adeligen  bemächtigt  hätten. 
^et>er   die    Vorfallenheiten    und    Ereignisse    vom   2.  bis 
^1.  Juli  haben  wir  keine  weitem  Nachrichten;  aber  mit  einem 
Sehreiben  vom  21.  Juli   macht  der  Erzherzog-Landesfttrst  dem 
Farstbischofe  von  Trient  die  Anieige,  er  habe  nun  den  Land-» 
tag  geschlossen  und  eine  solche  Vorsorge  getroffen,  dass 
die  Leute  nicht  mehr  rebelliren  könnten  und  dass  der  Bischof 
in  Stand  gesetst   sei,    ruhig  seine  Unterthanen  su   regieren. 
Unbekannt  ist  es,  worin  diese  vom  Erzbersog  hier   angedeutete 
Vorsorge  bestanden  sein   mag;   vielleicht   meinte  er  damit 
das  Aufigebot  von  10  bis  20000  Mann,    das  er  schon   frfiher 
erlassen  hatte;   denn   unterm   26.   Juli   ertheilten   die   Bürger- 
meister von  Trient  den  auswärtigen  Gemeinden  den  Befehl,  Ihr 
Contingent   von   zwei   Drittel    Soldaten    zur    Completlrung  der 
5000  Fussgänger  fertig  zu  machen  —  in  Gemässheit  des  Be- 
fehles von  Seite  des  Erzherzogs. 

Nach  Beendigung  des  denkwürdigen  Landtages  vom  Jahre 
1525  ist  zwischen  den  Bauern  an  der  Etsch  und  den  Be- 
wohnern der  Stadt  Trient 

„ein  grosser  Widerwillen  entstanden'' 
hauptsächlich  wegen  der  Weine,  die  aus  dem  FOrstenthume 
Trient  ausgeführt  und  im  Etschlande  zum  Nachlheil  der  dor- 
tigen Weinbauern  abgesetzt  wurden.  Dadurch  erhob  sich  ein 
heftiger  Streit,  welchen  der  Erzherzog  auf  dem  Processwege 
ausgetragen  wissen  wollte.  Aber  weit  entfernt,  dass  auf  diesem 
Wege  der  ausgebrodiene  Streit  friedlich  beigelegt  wurde,  sind 
auf  beiden  Seiten  die  Gemtither  vielmehr  deiigestalt  erbittert 
worden,  dass  der  Adel,  die  Städte  und  Gerichte  an  der  Elsck, 
im  Burggrafenamte  und  zum  Theii  auch  am  Eisack  auf  Gaiss<- 
mayers  Anstiften  zusammengeschworen,  die  Stadt  Trient  sammt 
dem  daselbst  befindtichen  Schlosse 


^zu  belagern,  zu  beschädigen  und  zu  verheeren. 


«    UO    - 

N&fcbdem  auf  diese  Weise  die  Dinge  an  der  Efseh  und 
namenHieh  im  Triedenlinischen  von  Tag  zu  Tag  eine  drohendere 
Gestalt  annahmen,  so  beeilte  sich  Erzherzog  Ferdinand  zur 
Verhiilang 

^vernern  unrats,  Nachtheiis  und  Schadens^ 
in  Vereinigung  mit  dem  Bischöfe  von  Trient  unterm  i2.  August 
die  Herren  Karl  von  Trapp,  Franz  von  Castellalt,  Anton  Qaetta 
urtd  Andreas  Reggio^)  als  ausserordentliche  KommtssSre  auf- 
zustellen —  mit  der  Vollmacht,  den  Aafruhr  zu  stillen  und 
den  Eid  der  Treue  von  den  Unterlhdnen  des  Fflrstbischofes 
von  Trient  —  namentlich  auf  dem  Nons-  und  Sulzberg  —  ab- 
zufordern. Von  der  Wirksamkeft  der  aufgestellten  Kommissare 
hat  uns  die  Geschichte  folgendes  aufgezeichnet:  Am  18.  Au- 
gust befanden  sich  dieselben  bereits  in  Cles;  mit  ihnen  war 
auch  der  ;9Stell Vertreter  von  Bozen^  angekommen;  wahrschein- 
lich ist  mit  dieser  Bezeichnung  der  Landeshauptmannschafts- 
Verwalter  gemeint.  Viele  Leute  aus  den  benachbarten  Seel- 
sorgsstationen  Hechel,  Tassulfo,  Toenno,  so  wie  auch  von  Cles 
Selbsten  waren  auf  dem  Platze  versammelt.  Nachdem  ihneu 
zuerst  vom  y^Gerichts-Assessor*  des  erwähnten  Stellvertreters 
die 'Beglaubigungsschreiben  vorgelesen  worden  waren,  vernah- 
men sie  die  Anträge  der  Kommissäre;  worin  diese  bestanden 
sein  müssen,  geht  aus  der  Antwort  hervor,  welche  die  An- 
wesenden  gaben;   diese   betraf  drei  Punkte  und  lautete  dahin: 

i.  den  Eid  der  Treue  holten  sie  schon  einmal  geschwo- 
ren und  brauchelen  ihn  daher  nicht  noch  einmal  zu  leisten, 
weil  sie  denselben  nicht  gebrochen  hätten; 

2.  die  Punkte  wegen  Aufruhr  und  Rebeilion  gingen  sie 
nicht  an,   weil  sie  treu  geblieben  wären; 

3.  die  Trientner  Statuten  woileteh  sie  hallen. 


*)  Nelist  den  so  eben  aufgc^fiiliilen  Herron  finden  wir  entweder 
u!8  Kommissäre  oder  als  FeldliaupUeule  in  Südtirol  Ibati?: 
Tlionifls  von  Freiuidshcrir,  Gerard  von  Arco,  Ulcidi  von  Wil- 
lenharh,  Sigmund  von  Brandis ,  Vvmu.  von  Breisacli ,  Miiii«'«'' 
von  Neuhfuiss,   Leonhard  Jun^. 


-    iU    — 

Aar  das  gütliche  Zareden  des  Herrn  Assessors,  dass  die 
Erneuerung  des  Eides  einmal  streng  gefordert  werde,  schwo- 
ren die  Anwesenden  mit  erhobenen  Fingern;  von  den  Bewoh- 
nern der  Ortschaft  Cles  schwor  »her  Niemand;  selbe  sagten, 
dass  sie  sich  zum  Bischöfe  verfügen  wollten.  Nachmittags 
wollten  die  Kommissäre  nach  der  Pfarrei  Volsana  reiten,  um 
mit  den  Leaten  dieser  Seelsorge,  die  beim  ganzen  Handel  we- 
niger betheiligt  waren,  zu  unterhandeln,  am  darauf  folgenden 
Montag  aber  sich  zu  den  treulosen  und  boshaften  Einwohnern 
von  Mal^  verfügen,  am  Dienstag  dagegen  nach  Rev6  abgehen, 
wohin  die  Leute  von  vier  Pfarreien  beschieden  waren;  allein 
die  Bewohner  der  Ortschaft  Livo  weigerten  sich  aus  dem 
Grande  nach  Revo  zu  gehen,  weil  die  Leute  daselbst  boshaft 
wären,  und  mit  Gewalt  Andere  von  ihrem  guten  Vorhaben 
abzubringen  versucht  hätten  ]  es  ward  daher  von  den  Kommis- 
sären beschlossen ,  dass  sie  mit  jenen  der  Pfarre  von  St.  Lo- 
renz (es  ist  wahrscheinlich  die  Ortschaft  Fondo  darunter  ver- 
standen) erscheinen  sollten.  Selbst  während  der  Anwesenheit 
der  Kommissäre  ward  in  vielen  Gemeinden  des  Sulzberges  der 
Beschluss  gefasst,  vom  Felde  keinen  Zehent  mehr  zu  geben, 
wie  dies  bei  den  Bewohnern  des  Dorfes  Rumo  der  Fall  war; 
die  von  Brez  mähten  zwar  ihrer  Schuldigkeit  gemäss  die 
Wiese  des  Bernardin  von  Thnnn  ab,  nahmen  aber  dann  das 
Heu  weg  und  gebrauchten  es  für  sich;  die' Einwohner  von 
Romallo  dagegen  liessen  zum  Spott  dessen  Wiesen  durch  ihre 
Kahe  abweiden. 

Noch  traurigere  Berichte,  als  die  eben  angefahrten  und 
vom  Andrä  Reggio  unterm  i9.  August  an  den  Parstblsrhof 
abgeschickten,  liefen  vom  20.  August  in  Trienl  ein.  Diesen 
zu  Folge  versuchten  die  Aufständischen  eine  allgemeine  Volks- 
versammlung zu  Stande  zu  bringen  und  sendeten  zu  diesem 
Zwecke  unter  dem  erdichteten  Namen  der  Kommissäre  Kom- 
missionen an  alle  Gemeinden  mit  dem  Auftrage:  sämmlliche 
Bewohner  sollten  am  20.  August  bewaffnet  in  Male  er- 
scheinen.    Schon    am  19.  halten   die   Insurgenten    eine   f'ahne 


-     U2    — 

eotfaltet,  waren  nach  Cloz  gecogeo,  —  Willens,  mit  derselben 
dann  am  20.  nach  Maid  zu  marschiren.  In  der  Nacht  vom 
19.  auf  den  20.  August  fanden  allenthalben  bewaffnete  Volks« 
Versammlungen  statt,  in  welchem  der  Bescbluss  gefassl-  wurde, 
alle  zu  ermorden,  welche  sich  ins  iSulzthal  begeben,  die 
Kommissäre  sowohl  als  auch  alle  übrigen  Leute.  Aus  diesem 
Grunde  sahen  sich  die  Herren  Kommissäre  in  die  traurige 
Nothwendigkeit  versetzt,  ihre  Thätigkeit  einzustellen,  den  Nons- 
berg  zu  verlasse^  und  auf  verschiedenen  Wegen  dorthin  zu- 
rück zu  kehren,    woher  sie  gekommen  waren. 

Zwei  Tage  früher,  nftmlich  am  18.  August,  hatte  der 
Graf  von  Ortenburg  dem  Bischöfe  von  Trient  die  Ermächtigung 
ertheilt,  jene  Soldaten,  die  nach  Italien  auf  dem  Harsche  waren, 
zur  Züchtigung  der  Bewohner  von  Komi  zu  verwenden, 
und  zwar  in  Gemässheit  des  vom  Erzherzog  erhaltenen  Auf- 
trages, der  in  einem  Schreiben  an  den  Fürstbischof  den  Wunsch 
ausdrückte,  über  die  Wahrheit  der  Niederbrennung  des  herr- 
schaftlichen Schlosses  in  Nomi,  so  wie  auch  über  den  Erfolg 
der  unternommenen  Züchtigung  der  Mordbrenner  Aufschluss  zu 
erhalten.  Hier  muss  eine  traurige  Begebenheit  zur  VersCändniss 
dieses  an  den  Fürstbischof  erlassenen  erzherzoglichen  Schreibens 
nachgetragen  und  eingeschaltet  werden.  Unter  den  erstem, 
welche  sich  gegen  ihre  gesetzlichen  Obrigkeiten  empörten, 
waren  die  Bauern  von  Nomi.  Diese  belagerten  förmlich  ihren 
Gutsherrn,  Pietro  Busi,  in  seinem  Ansitze  zu  Nomi,  nahmen 
ihn  gefangen,  sperrten  dann  den  Gefangenen  in  einen  hölzernen 
Taubenschlag,  und. verbrannten  den  hölzernen  Käfig 
sammt  dem  armen  Gefangenen,  der  darin  sich  befand; 
den  Schluss  dieser  Gräuelthat  bildete  die  Plünderung  der  guts- 
herrlichen Wohnung.  Damit  nicht  zufrieden,  verbinden  sich 
die  Insurgenten  und 

^beschliessen  ainhellig,  sie  wellen  die  Statt  Trient  belegem 
y^vnd  nach  eroi)erung  derselben  eine  Enge  deinerische  Re- 
,.gierung  anstellen.^ 

Die    erzählten    Thatsachen    müssen,  sich    schon    Anfangs 


-    «8    - 

Juni  snfetrageD  htdiieo;  denn  am  13.  Jiini  hatte  der  Ert- 
heraog  dem  Fürstbischöfe  von  Trient  geschrieben,  und  ihn  auf« 
gefordert,  einen  geeigneten  Hauptmann  in  die  Gerichtsbarkeit 
von  Nomi  zu  schicken,  der  die  Rechte  der  Kinder  des  ermor- 
deteo  Peter  Bust  wahren  und  vertheidigen  sollte,  bis  selbe  ein 
reifes  Alter  erreicht  hätten»  Falls  er  aber  seine  Einwilligung 
daiQ  nicht  geben  könne,  mOchte  er  ihm  sein  Gutachten  mit- 
theilen; denn  er  beabsichtige,  alle  mögliche  Vorsorge  ku  treffen, 
dass  die  benannten  Kinder  schadlos  gehalten  und  beschütst 
werden  gegen  Jedermann,  der  den  armen  Pupillen  allenfalls 
einen  Schaden  an  ihren  Gütern  oder  Rechten  zufügen  wollte. 
Derselbe  Graf  von  Ortenburg  entschuldigte  in  einem  Schreiben 
von  29.  August  den  Erzherzog  bei  dem  Bischöfe,  wenn  der- 
selbe als  Landesfttrst  aus  Ursache  der  gegenwärtigen  bedräng* 
ten  Lage  und  aus  Hangel  an  Geld  nicht  mit  jener  Strenge 
vorgehe  gegen  die  Bewohner  von  Nomi  und  gegen  die  Re- 
beilen, mit  der  er  selbst  gerne  vorgehen  möchte,  indem  er  es 
för  klug  halte,  seine  Entschliessung  noch  eme  Zeit  lang  zu 
verschieben,  und  zwar  um  so  mehr,  als  der  Ungehorsam  der 
Länder  gegen  seine  eigene  Person  so  gross  sei,  da ss  er 
sich  nicht  Herr  über  einen  Gulden  nennen  könne. 

Der  Aufruhr  nahm  in  Sttdtirol  einen  um  so  furchtbareren 
Charakter  an,  als  auch  der  berüchtigte  Gaissmayr  mittler- 
weile dort  erschienen  war,  und  seine  verruchten  Httnde  mit 
im  Spiele  hatte*  Dieser  Schelm  war  seiner  vielen  und  offen- 
kondigen  Verbrechen  wegen  von  der  Regierung  nach  Innsbruck 
citirl  worden;  richtig  erschien  der  Verwegene  und  Hess  sich 
ins  Verhör  nehmen;  die  Regierung  glaubte  indessen  es  nicht 
wagen  zu  dürfen,  unter  den  obwaltenden  Umständen  diesen 
Verbrecher  und  offenbaren  Rebellen  an  den  Galgen  zu  hängen, 
den  er  zehnmal  verdient  hatte,  begnügte  sich  also  einfach  damit, 
ihm  das  Versprechen  abzunehmen  ( 1 ) : 

„dass  er  ohne  vernem  beschaidt  nit  weichen  solle^; 
Gaissmayr  hat  jedoch 

„seines  gelübt  and  soesagens  vergeasen^ 

8 


—    «4    - 

tst  bei  Nacht  and  Nebel  auf  and  davon  gelaufea,  naeh  den 
wAlflchen  Confinen  geeilt  und  hat  dort  die  Baoera  allenthalbea 
dermassen  aufgewiegelt, 

^dass  die  vnterthanen  in  der  Herrschafl  Ivan  Iren  UaabtmaiNi 
^  Georg  Pichler  freventlich  entleibt  vnd  darnach  das  Scbloss 
^mit  Gewall  eingenommen  haben  ^).^ 

Die  rebellischen  Bauern  von  Strjgno,  die  dem  unglfick- 
liehen  Schlosshanptmann  von  Ivano,  Georg  Pichler,  ein  so 
tragisches  Ende  bereitet  hatten ,  vereinigten  sich  hierauf  mit 
den  Unterthanen  des  Gutsbesitxers  Sigmund  von  Welsberg  —  in 
der  Absicht,  auch  diesem  ein  ähnliches  Schicksal  r.«  bereiten; 
WeJsberg  wurde  von  den  Rebellen  auch  wirklich  in  dem 
Augenbliche  überfallen,  als  er  von  der  Jagd  zurückkehrte,  war 
aber  so  glücklich,  durch  die  Schnelligkeit  seines  Pferdes  we- 
nigstens  sein  Leben  zu  retten,  dafür  wurde  aber  sein  Palast 
total  geplündert. 

Nun  war  der  milde  Enherzog,  der  bisher  die  feste  lieber- 
Zeugung  hatte,  den  Weg  der  Güte  und  Ueberredung  mit  den 
Malcontenten  einhalten  zu  sollen,  durch  die  anfgezüklten  Vor- 
gttnge  in  die  traurige  Nothwendigkeit  versetzt,  kräftigere  Mittel 
anwenden  zu  müssen,  um  einen  Aufetand  zu  dämpfen,  der  von 
Tag  zu  Tag  furchtbarere  Dimensionen  annahm. 

Demnach  wurden —  wie  eine  Geschichtsquelle  sagt  —  äk 
FeMhaupdeute  Ludwig  Graf  von  Lodron  und  Gerard  Graf 
von  Arco  „in  grosser  eyl^  herangezogen;  zu  welchem  Zwecke 
ist  aus  einem  uns  erhaltenem  Schreiben  vom  23.  August  er- 
sichtlicb.  In  diesem  entbolen  nämlich  die  Räthe  des  Erzherzogs, 
der  Statthalter,  das  Guberniom  von  Tirol,  dann  die  Deputirten 
des  Adels,    der  Städte   und   Gerichte  **J  an  alle   Unterthanen 


*)  Schloss  und  Gericht  Ivan  liegen  im  Val-Sngan;  das  Scbloss 
selbst  steht  auf  einem  schönen  Hügel  bei  Strigao,  und  galidrl 
derzeit  den  Grafen  von  Wolkenstein-Trostburg,  die  es  anno 
1750  von  der  Kaiserin  Maria  Theresia  als  Leben  erhalten  haben. 
**)  Da  der  Landtag  bereits  am  21.  Juli  geschlossen  worden  war, 
kann  nicht  angegeben  ward^ ,  walcUe  Depolirte  hier  gemeiot 


-  tl»  - 

des  Nons^  and  Sulzberges,  die  bisher  gegen  den  Erzbenog 
und  ihren  Fürstbischof  sich  trea  und  gehorsam  bewiesen,  ihren 
Grass  und  machten  ihnen  zu  wissen:  man  [beabsichtige  im 
Ann  rage  des  Erzherzogs  die  Unthaten  der  treubrüchigen  und 
rebefliscben  Unterthaneii  des  Fürstbischofes  von  Trient  ge- 
ziemend zu  bestrafen;  als  treue  und  gehorsame  Unterthanen 
sollen  sie  darüber  nicht  in  Furcht  gerathen,  indem  sie  (die  erzher- 
zoglichen Rüthe)  den  abgeordneten  Feldhanptleuten  und  dem 
KriegsTolke  den  gemessenen  Auftrag  ertheilt  hätten,  auf  ihren 
bisher  bewiesenen  Gehorsam  di^  gehörige  Rücksicht  zu  nehmen, 
und  die  treuen  Unterthanen  auf  diesem  Kriegszuge  vor 
Schaden  zu  bewahren. 

Fast  zu  gleicher  Zeit,  nämlich  unterm  27.  August,  schrieb 
Erzherzog  Ferdinand  von  Tübingen  aus,  wo  er  sich  damals 
aufhielt,  an  den  Fürstbischof  von  Trient,  bezeigte  ihm  sein  Beileid 
über  den  fortgesetzten  Aufruhr  seiner  Unterthanen  im  Nonsberg, 
und  berichtet:  er  habe  sehien  Ruthen  in  Innsbruck  den  Auf- 
trag ertheilt,  den  Hauptmann  Bemardin  von  Thunn  mit  äOO 
■ann  abzuschicken,  um  jene  Aufrührer  zu  unterwerfen  und  zu 
züchtigen. 

Schon  Tags  darauf,  den  28.  Augnst,  hatten  die  mit  den 
Aufruhrern  im  Nons-  und  Snizberg  stehenden  Rebellen  von 
Val-Sugana  *),  dann  der  Ortschaften  von  PaM,  Pin6,  Civez- 
zano  Heano  u.  s.  w.  einen  entscheidenden  Schritt  ge- 
than.  In  einer  Anzahl  Aon  4000  Mann  fanden  sie  sich  nfim- 
lieh  auf  der  Ebene  des  Weilers  Cir^  zusammen,  und  lagerten 
sich  bei  Pergine.  Am  29.  übertrugen  sie  ihr  Lager  nach 
Cognola  oberhalb  Laste;  von  diesem  Punkte  aus  beschossen 
sie  das  Schloss  von  Trient,  in  dem  sich  der  Fürstbischof  be- 
bnd.  Mit  den  Aufrührern  der  bereits  genannten  Ortschaften 
aef  dem  linken  Etsch-Ufer  —  verbanden  sich  am  30.  August 
die  Landleute  von  Nomi,  Pomarolo,  Nogaredo,  Isera,  Baselga, 

sind;    vielleicht    waren    mehrere    als  Ausschuss  in  Innsbruck 
zurückgeblieben. 
*)  Mit  •hrovvoller  AnsBahm«  der  Tesiaer« 

8» 


-  ne  - 

Suprainonte,  Cadioe,  Cavedine,  Terlago  und  vom  Yal  Lagarioa, 
die  bis  Scala  im  Angesichte  von  Trient  vordrangen ;  nun  worde 
die  Stadt  von  den  Rebeilen  rasch  unucingelt  nnd  förmlich  be- 
lagert. In  Folge  des  früher  getroffenen  Uebereinkommens  er* 
v^arteten  die  Belagerer  eine  bedeutende  Hülfsmannschafk  von 
den  rebellischen  Ortschaften  des  Nons-  und  Sulzberges.  Wirk- 
lich machten  sich  am  3i.  August  die  Bewohner  von  Tajo,  und 
jene  der  benachbarten  Pfarreien  —  bei  3000  an  der  Zahl  — 
auf  den  Weg  nach  Trient^  kamen  an  die  Rochetta,  besetxteo 
das  zerfallene  Schloss^  (ibernachteten  daselbst  und  beriefen 
Tags  darauf  noch  mehrere  bewaffnete  Gesinnungsgenossen,  um 
durch  diese  verstärkt  den  Zug  nach  Trient  fortzusetzen,  und 
ihren  Kameraden  die  erwünschte  Verstärkung  zu  bringen.  >- 
Da  verbreitete  sich  am  i.  September  unter  ihnen  plötzlich  das 
(falsche)  Gerücht,  welches  Balthasar  von  Cles,  der  Bruder  des 
Fürstbischofes,  kluger  Weise  zu  verbreiten  gewusst  halte:  der 
kaiserliche  Feldhauptmann  Conradin  Spergser  von  Glurns 
sei  mit  einer  bedeutenden  Anzahl  Fussvolkes  vom  Val  Tellina 
her  im  Anzüge  -^  in  der  Absicht  dnd  mit  dem  Auftrage,  über 
das  Gebirg  einen  Einfall  zu  unternehmen ,  den  Sulz-  und 
Nonsberg  zu  erobern,  und  beide  Thftler  mit  Feuer  und  Schwert 
zu  verheeren.  Durch  dieses  falsche  Gerücht  irre  geführt 
dachten  die  Nons-  und  Sulzberger  nicht  weiter  an  die  Fort- 
setzung ihres  Zuges  nach  Trient,  sondern  nur  an  die  Rettung 
ihrer  ThSler,  zogen  daher  am  1.  September  um  10  Uhr  Morgens 
eilends  von  der  Rochetta  ab  und  marschirten  gegen  den  Tonal, 
wo  sie  sich  zu  Vermiglio  festsetzten  —  Willens,  den  Ueber- 
gang  über  den  genannten  Gebirgspass  dem  Spergser  zu  ver- 
wehren. Alle  diese  Vorgänge  berichtete  ein  Anonymus  unterm 
1.  September  vom  Schlosse  Cles  aus  dem  Fürstbischöfe,  und 
gibt  diesen  den  Rath,  400  Fussknechte  auf  den  Nonsberg 
abzusenden,  um  Schrecken  einzujagen,  und  die  Aufrührer  so 
lange  wenigstens  niederzuhalten,  bis  der  gefürchtete  Spergser 
mit  seinen  Leuten  ankäme.  Zugleich  theilt  er  dem  Fürst- 
bischöfe die  Nachricht  mil:    die  RebelleB  hätten  Abgeordnete 


-  in  — 

ihgeflcbickt,  die  dringend  verlangen,  man  soll  dem  Hauptmann 
Conradin  die  Ordre  susehicken,  aber  Vemiglio  nicht  hfaaoa 
M  rücken,  indem  sie  im  Sinne  hätten,  eine  Uebereinkonft  zn 
Stande  zu  bringen,  die  abgegebene  Antwort  hatte  aber  dahkr 
gelautet,  man  kdnne  den  Auftrag  nicht  iberschreilen^  den  der 
Enherzog  einmal  gegeben  habe. 

Non  wollen  wir  vernehmen,  wie  es  den  Rebellen  vor 
Trient  ergangen  ist.  Wie  wir  bereits  wissen,  waren  die 
aabtittdischen  Landleate  der  Ortschaften  auf  dem  linken  Etsch* 
D/er  und  vom  Val-Sugana  schon  am  29.  August  im  Ange*« 
sichte  der  Stadt  erschienen ,  und  hatten  die  Belagerung  von 
Trient  mit  der  Bescbiessung  des  Schlosses  begonnen.  Am  30. 
waren  die  Rebellen  auf  dem  rechten  Etsch«Ufer  bis  Scala 
vorgerückt.  Die  Insurgenten  auf  dem  linken  Ufer  hatten 
die  Prechheit^,  am  31.  August  sich  den  Stadtmauern  so  sehr 
zo  nahen,  dass  sie  die  auf  ihren  Posten  stehenden  Soldaten 
si^r  aufforderten ,  die  Stadt  zu  abergeben ;  diese  Keckbell 
kam  den  Rebellen  aber  theuer  zu  stehen.  Die  Soldaten  ent- 
gegneten, sie  wollten  darüber  Rticksprache  mit  den  Bttrgem 
und  Kommisslb^n  nehmen  —  luden  aber  eiligst  und  möglichst 
scharf  die  auf  den  Stadtmauern  aufgepflanzten  Kanonen.  Nach 
eiser  geraumen  Weile  forderten  die  Soldaten  den  Rebellen* 
kaufen  auf,  näher  zu  kommen  und  das  Resultat  der  mit  den 
Bflrgem  und  Kommissären  gepflogenen  Unterredung  zu  ver- 
nehmen. Als  nun  die  Insurgenten  sorglos  sich  in  Hasse  den 
Sladtmaaem  genähert  hatten,  brannten  die  Soldaten  mit  den 
Worten: 

„Dies  ist  die  Antwort  der  Kommissäre  und  Bttrger^ 
die  Kanonen  los,  welche  eine  grosse  Anzahl  der  Bauern  zu 
Boden  schmetterte.  Und  nun  unternahm  die  Besatzung  in  die- 
sen Momente  der  allgemeinen  Verwirrung  rasch  einen  Ausfall 
aaf  die  Rebellen;  diese  zogen  sidi  zwar  zurück,  aber  erst 
«nach  einem  langen  und  hartnäckigen  Widerstand,^  wie  der 
Beriohterslatfer  sagt.  Tags  darauf  am  1.  September  m^i^ 
4k  SMtbewokner  von  den  9>Hfllfstnippen  untentättt^ 


—    «8    — 

einen  Ansliill  aof  die  InmrgeoleB  des  rechten  Ufers,  tOdteten 
bei  dieser  Gelegenheit  drei  Landlevte,  nahmen  15  gefangen, 
nnd  trieben  die  übrigen  in  die  Fitickl.  Damit  war  aber  die 
flache  keineswegs  abgethan;  denn  die  Rebellen  auf  dem  linken 
Ufer  hatten  noch  Math  genug  sich  neuerdings  am  1.  September 
auf  der  Ebene  von  Cir^  zu  sammeln,  wo  vorerst  der  Besdilass 
gefasst  wurde,  die  Ortschaft  Pergine  zu  plündern.  Als  die 
Bewohner  des  Ortes  dies  Vorhaben  der  Insurgenten  inne  wnrden, 
riefen  sie  die  Knappen  lu  Hälfe,  und  stellten  sich  gegen  die 
Rebellen  herzhaft  zur  Wehre.  Diese  mannhafte,  ganz  uner- 
wartete Haitang  der  Bewohner  von  Pergine  machte  die  Hai- 
contenten  stutzig;  sie  verlangten  nun  nur  einige  Lebensmittel 
and  bewegten  sich  auf  beiden  Seiten  der  Etsch  zum  zweiten 
Male  gegen  Trient,  wo  sie  ihr  Lager  theils  bei  Cadine,  theils 
bai  Cognola  aufschlugen.  Da  kamen  aus  den  obem  Gegenden 
der  Etsch  30.  Bewaffnete  daher,  die  sich  zuerst  gegen  die 
bischöfliche  Kirche  von  Trient  verbunden  hatten,  die  aber  von 
den  erzherzoglichen  Kommissären  auf  eine  bessere  Gesinnung 
gebracht  worden  waren;  diese  ermahnten  nun  die  Aafstän-» 
dischen  von  ihrem  tollen  Unternehmen  abzustehen,  und  dem 
Biaehofe,  wie  auch  dem  Bnherzoge  den  Eid  der  Treue  zu 
leisten.  Dazu  kam  nun  auch  noch  das  unerwartete  Aus- 
bleiben der  Hülfe,  welche  sie  von  den  Bewohnern  des 
Suis-  und  Nonsberges  verhoffi  halten;  dass  diese  in  einer 
Slirkfi  von  3000  Mann  am  31.  August  bereits  gegen  THent 
aifdi  hl  Bewegung  gesetzt  hatten ,  und  auf  ihrem  Manche  be- 
reits bis  an  die  Rochetta  gekommen  waren,  von  da  aber  eiligst 
zurückkehrten  und  gegen  den  Tonal  sogen  -^  veranlasst  dazu 
durch  das  falsche  Gerücht,  ab  nihere  sich  Konradln  Spergser, 
wissen  wir  bereits. 

Auf  das  hinaof  lenrtieule  sieb  der  BebeHenhaafe  mit  der- 
selben SchndUgkeit,  mit  der  er  sieh  gesammek  hatte.  Schon 
am  2.  September  bglen  die  Landlente  die  Wafen  nieder.  An 
dienen  Tage  spkickten  die  beUan  Kommiatüre  Ludwig  Graf 
T«a  L^droB  pul  flowd  v^a  Arco  den  hnurgente»  m»  dea 


-  m  — 

Ganeimieii  Ivvoo,.  Telve^  Levieo,  Caklaoauo,  Pergine,  Pin^, 
GivettMio  luid  Vigolo  vatUuro  einen  GeieiUbrief ,  der  aber  onr 
fer  einen  Tag  GilUtgkeit  hatte,  auf  dass  jede  der  aafgesfihlten 
Gemeinden  drei  Uänuer  an  die  Kommissäre  abordnen  konnte  — * 
«Dteir  nachstehenden  Bedingungen: 

1.  Hätten  sie  die  Befehle  des  Provinzial-Landtages  onbe« 
dingt  anzunehmen; 

2.  sollten  sie  sich  jener  Strafe  willig  untervrerfen,  welche 
ihnen  der  Bischof  und  Erzhersog  in  Anbetracht  ihres  Vergehena 
anferiegen  würde ; 

3.  sollten  nie  sich  nach  Hause  begeben,  die  Waffen 
aiederl^en ,  den  Kommissären  ilas  Schloss  Ivan  zurttckstdlen 
mit  allem  dem,  was  sie  daselbst  geraubt  hätten,  und  dann  mit 
der  Stadt  Trient  ein  Abkommen  treffen  bezttglich  des  Schadens, 
den  sie  derselben '  durch  die  angerichteten  Yerwttstungen  aof 
den  Feldern  und  in  den  Weinbergen  zugefügt  hätten.  Die 
Bewohner  der  aufgezählten  Ortschaften  scheinen  aber  votm  an«* 
gebotenen  Geieitsbrief  keinen  Gebrauch  gemacht  zu  haben. 

Am  4.  und  6.  September  wurde  von  den  Landleuten  der 
Umgebung  von  Trient  auf  der  ehemaligen  piazza  vaccina,  der- 
jnailgen  piazza  fiera ,  so  wie  auf  der  Wiese  neben  der  Abtei 
von  St.  Lorenz  dem  Ftirstbisohofe  der  Eid  der  Treue  geleistet. 
Wahrend  dieses  Vorganges  in  Trient  erhielt  der  Bischof  zwei 
Sehfeibea  vom  Snlsberg.  Das  erstere  war  vom  3.  September 
datirt  und  vom  Comilltts  Zani,  Hieronymus  Conci  und  Leonard 
Yisinlauier  unterfertigt,  die  sich  mit  17.  Männern  im  Schlosse 
Ossana  befanden,  und  von  da  aus  dem  Kirchenfürsten  be- 
riehtctoi:  sie.  hätten  mittelst  Faie^gewehre  und  mit  Steine« 
mehrare  Angriffe  der  Rebellen  gegen  das  Schloss  znrückge* 
a^ifagen;  der  Widum  .der  Ortschaft  Ossana  sei  von  denselben 
in  Brand  gesteckt  worden.  Schliesslich  baten  die  Yerthei- 
digar  des  genannten  Schlosses  um  eine  Unterstützung  an  Mann* 
aehaft  und  nm  die  Absenduag  eines  tüchtigen  Schlosshauptmanns, 
der  im  Name»  des  Bischofes.  und  Erzherzogs  im  Schlosse 
U4  A,  w* 


—    120    - 

Das  zweite  Schreiben  vom  4.  September  kam  aus  den 
Hftnden  des  Balthasar  von  Cles,  der  seinen  Bruder  berichtete, 
dass  das  Schloss  von  Ossana  ans  UngesehicUichkeit  seiner 
Verthefdiger  und  aus  Nachlässigkeit  seiner  Herren  des  Re* 
bellen  bereits  schon  in  die  Hände  gefallen  sei ;  die  Besalzang 
hätte  dasselbe  gegen  ein  ganzes  Heer  vertheidigen  können,  wenn 
sie  nur  ernstlich  gewollt  hätte.  Nach  Eroberung  des  Schlosses 
wären  die  Rebellen  nach  Caldes  zurückgekehrt  —  das  Gtt^flcht 
ausstreuend,  als  wollten  sie  auch  das  dort  befindliche  Schloss 
belagern;  allein  die  adeligen  Besitzer  desselben  hätten  geant- 
wortet, sie  wären  bereit,  jeden  Versuch  eines  Angriffes  blutig 
zurückzuweisen;  die  Aufrührer  hätten  dann  zwei  Männer  ab- 
geordnet, um  einen  Vergleich  zu  Stande  zu  bringen,  hätten 
auch  einen  Geleitsbrief  verlangt,  um  aus  ihrer  Hitte  einige 
Männer  an  den  Bischof  schicken  zu  können,  und  unter  Einem 
versprochen,  die  Insurgenten  von  Caldes,  Terzolas  und  Samo- 
clevo  zurückzurufen. 

Was  namentiich  die  Aufrührer  im  Val  Lagarina  anbelangt, 
hatten  sich  diese  nach  der  vor  Trient  erhaltenen  Schlappe  eiligst 
in  die  von  ihnen  in  Besitz  genommenen  Schlösser  und  Burgen 
zurückgezogen,  wurden  aber  am  8.  September  vom  Grafen 
Gerard  von  Arco  und  Franz  von  Castellalt  überfallen  und  zur 
Unterwerfung  gezwungen.  Um  nun  den  Rebellen  keine  Zeit 
zu  lassen ,  zur  Besinnung  .zu  kommen ,  entwickelten  die  Kom- 
missäre nun  eine  ungemeine  Thätigkeit  in  Unterdrückung  des 
Anfstandes,  die  vom  besten  Erfolge  begleitet  war.  Während 
also  Franz  von  Castelldt  einige  Tage  im  Val  Lagarina  zurück- 
Mieb,  und  hier  den  Aufstand  ganz  erstk^kte,  zogen  die  beiden 
Grafen  Ludwig  von  Lodron  und  Gerard  von  Arco  an  der 
Spitze  eines  Korps  von  2000  Mann  am  42.  September  nach 
Val  Sugana,  und  zwangen  auch  da  die  Uebeneste  des  Re- 
bellenhaufens  vollends  zur  Unterwerfung. 

Mehrere  aus  den  Fnsuigenlen,  bei  26  an  der  Zahl,  weiche 
am  meisten  gravirt  waren,  und  sich  nicht  durch  die  Flucht 
hatten    retten    können  ^   wurden  mit  gebundenen  Banden  nach 


—    <21     —    ♦ 

THent  geliraeht,  wo  dann  am  42.  Cktober  ein  furchtbares  Ge- 
richt Aber  sie  gehalten  wnrde. 

Da  die  Anführer  der  erzhen^oglichen  Trappen  dorch  die 
BewäHlgung  des  Aofstandes  in  der  Umgebung  von  Trienl,  im 
Val  Sngana  and* im  Val  Laganna  freiere  Hand  bekommen 
hatten,  so  beschlossen  sie  alle  Ihre  disponiblen  KriegSfOiker 
gegen  die  rebellischen  Nons^  und  Sulzberger  zu  verwenden, 
da  diese  noch  immer  unter  den  Waffen  standen ,  und  mit  der 
ganzen  Wucht  ihrer  Kraft  auch  In  diesen  Gegenden  den  Auf- 
ruhr niederzudrücken.  In  Folge  dieses  Beschlusses  wurde  ein 
Angriffsplan  entwerfen  und  dieser  auch  genau  ausgeftthrt;  dem 
gut  combintrten  Plane  gemäss  zogen  Ludwig  Graf  von 
Lodron,  Franz  von  Casteilalt  und  Ulrich  von  Wittenbach 
am  14.  September  mit  ihren  Truppen  durch  Bnco  di  velo  tiber 
Terlago  bis  zum  Schlosse  Spor  maggiore  und  von  da  weiter 
am  rechten  Ufer  der  Noce  hinauf,  uro  'die  Leute  jener  Ge- 
genden in  Furcht  zu  setzen,  wahrend  Thomas  von  Freundsberg, 
Graf  von  Arco,  Sigmund  von  Brandis  und  Franz  von  Breisaeh, 
Hauptmann  von  Roveredo,  mit  1500  Mann  Fussvolk  bei  Schiff» 
brück  (alla  Nave)  die  Bisch  Hbersetzten  und  Aber  Wälschmeti 
gegen  die  Rochetta  und  das  linke  Ufer  der  Noce  anrückten. 
Wahrscheinlich  wurden  auch  andere  Truppen  aber  die  Hendel 
über  den  Gampen  und  vielleicht  auch  vom  VaMin  her  über 
den  Tonal  einzubrechen  beordert.  Hontebello,  dem  diese  Daten 
entnommen  sind,  fand  in  einer  Aufzeichnung,  dass  die  Gesamml- 
zahl  der  in  Bewegung  gesetzten  Kriegsmacht  auf  9000  Mann 
sieh  belief. 

Als  die  Rons-  und  Sulzberger  die  Absicht  der  Anrückenden 
und  deren  Forderungen  erkannten ,  sehickten  sie  sogleich  eine 
bedeutende  Anzahl  der  Ihrigen  ab,  um  die  Rochetta  zu  besetzen, 
diesen  Pass  zu  scbliessen,  und  so  den  Kriegssohaaren  den 
Eintritt  ins  Thal  zu  verwehren;  die  Rebellen  würden  ihnta 
Zwedk  auch  wirklich  erreicht  haben^  wären  sie  nur  unter  sieh 
efarig  gewesen,  in  welehem  Faße  es  den  Soldaten  schwerlieh 
gehingen  sein  dürfte,  diesen  berftchligten  Engpass  zu  erobern; 


allda  die  Aofrtthrer  wareo  so  ihrism  UnglOeke  luieios,  indem 
der  eine  Theil  zur  Pfficht  Euitlckkehren  und  sich  ergetm 
wollte ,  der  andere  aber  hartoäckig  daraar  bestand,  sieh  auf 
Leben  und  Tod  zu  wehren.  Wsbrend  so  die  kostbare  Zeit 
mit  Streiten  verloren  ging,  nahmen  die  erzherzoglichen  Krieger 
die  Rochetta  weg,  und  rückten  im  Starmschritte  yor.  Die 
Rebellen  stellten  sich  wohl  noch  hie  und  da  dem  vordriiigendea 
Kriegsvolke  muthig  entgegen,  und  wehrten  sich  wacker;  allein 
ihre  Sache  war  schon  eine  verlorne.  Am  18.  September  flach* 
teten  sich  bereits  alle  Bewohner  von  Tajo ,  das  der  Hauptsiti 
und  Mittelpunkt  des  Aufruhres  gewesen  in  sein  scheint.  Am 
Bflchsten  Tage  —  19,  September  erschienen  die  Bewohner 
Jener  Dörfer,  welche  bisher  den  Kommissuren  keinen  Gehorsam 
geleistel  hatten,  vor  denselben  in  T^jo,  .flehten  sie  um  Gnade 
an ,  und  versprftchea  am  kommenden  Donnerstag  in  Romallo 
sich  zu  stellen  und  den  geforderten  Eid  der  Treue  zu  leisten. 
Auch  auf  dem  rechten  Ufer  der  Noce  unterwarf  sich  Alles. 
Die  Anstifter  und  Rftdelsfflhrer  des  ganzen  Aufruhres  hatten 
sich  bei  Zeiten  aus  dem  Staube  gemacht  und  waren  in  aas- 
wfirtige  Lftnder  geflohen,  als  sie  den  Umschwung  der  Dinge 
und  den  traurigen  Ausgang  ihres  verbrecherischen  Unternehmens 
sahen;  mehrere  wurden  Jedoch  ertappt  und  nach  Trieni  abge^ 
führt,  um  dort  abgeurtheilt  und  gerichtet  zu  werden.  Hit  dem 
81.  September  erschien  der  Tag,  an  dem  alle  am  Avfrahr 
betheiiigten  Gemeinden  vom  rechten  Ufer  der  Noce,  so  wie 
emige  vom  Knhen  Ufer,  im  Auftrage  der  Kommissfire  zu  Revö 
erscheinen  mussten,  um  den  Eid  der  Treue  zu  emeneni  mid 
ihr  Endnrtheil  zu  vernehmen.  Auf  einer  gegen  Osten  gde* 
genen  grossen  Wiese  ausserhalb  des  Dorfes  Revö  versa»«- 
malten  sich  zum  grössten  Theil  4ie  Bewohner  der  Gemeiodea 
Vigo,  Smänino,  Dambel,  TaJo,  Gloz,  Revö  und  Livo,  femm 
die  der  Pfarreien  Hal^,  Valsana,  Hechel,  Cles,  und,  Deno,  so 
wie  der  Dörfer  Pejo,  Gogolo^  CelediZio,  PeUizsano,  Comasine 
und  der  GraftchafI  GBSletfon4o;  da  traten,  vom  Kiiegsvoike 
mngeben,    die  vom.  Snihenmg   ernannten   Ksnamiisflre ;    Graf 


-    128    —    ♦ 

§erafd  von  Areo,  Tbomai  von  Freondsberg,  Frans  von  Breisach, 
SipuMcl  von  Brandis»  Michael  von  Neuhünss  nnd  Doktor  LtoiH 
hart  long  fflr  sich  und  im  Namen  ihrer  Kollegen '  des  Grafen 
hudwip  von  Lddron  und  des  Franz  von  Castellalt, 
welche  Beide  mit  der  gleichen  Exekution  m '  der  Grafschaft 
Spanr  beschflfrigt  waren,  vor  den  Versammelten  auf,  und 
hidlen  ihnen  ihre  Vergehen  vor.  Alle  Anwesenden  mussten 
nun  die  Waffen  ablegen ,  und  neuerdings  ihren  -  respektiven 
Fürsten  den  Eid  der  Treue  schwören,  worauf  sie  dann  auf 
einen  gejjfebenen  Wink  vom  bewaffneten  KriegsvOlke  umzingelt 
wurden,  um  die  Häupter  des  Aufruhres  abzufassen,  falls  sich 
einige  unter'  den  Anwesenden  befSnden ;  hei  diesem  Vorgänge 
flelen  einige- Widersetzlichkeiten  vor,  in  folge  dessen  mehrere 
Soldaten  verwundet'  bürden.  An  demselben  Tage  (2f.  Sep-» 
tember)  nahmen  htiäftig  Graf  von  Lodron  und  Frann 
von  Castellalt  die  nämliche  Exekution  mit  den*  Leuten  der 
Grafschaft  Spaur  zu  Spaur  minore  vor,  bei  welcher  auch  die 
flbrigen  Gerichte  im  untern  Nonsberg  erschemen  mussten;  die 
Erschienenen  mussten  ebenfalls  den  Eid  der  Treue  schworen^ 
worauf  dann  die  Kommissäre  acht  Individuen  ^abfassen  Hessen, 
und  aber  die  Andern,  die  vorgefordert  nicht  erschienen,  die 
Verbannung  aussprachen;  zugleich  behielten  sie  einige  aus  den 
Anwesenden  zur  Bürgschaft  ffir  richtige  Emzahlung  der  ge« 
schöpften  Strafgelder  als  Geissein  zurück;  allein  In  der  folgen -^ 
den'  Nacht  gerieth  das  Haus,  in  welchem  die  Gefangenen  ver<^ 
wahrt  wurden,  in  Brandy  welcher  wahrscheinlich  von  den  Bauern 
in  d\sr  Absicht'  verahlltsst  wurde,  um  in  der  Verwirrung  die 
Gefangenen  zu  befreien;  leider  kamen  zwei  Soldaten  in  den 
flammen  ums  Ld^en ;  die  Gefangenen  wurden  jedoch  gerettet, 
und  glücklich  nach  Trient  gebracht.  Mit  efnem  der  Haupte 
rideiifttbret  machten  die  Komnrissäre  einen  kurzen  Proxess  und 
Hessen  ihn  am  ersten  besten  Baum  aufknüpfen. 

-Den  efngelmg«iien  und  nach  Trient  gebrachten  Hädels- 
Aihrerb  und  Anstifrem  des  Aufruhres  wurde  nun  der  Prozess 
gemacht,  und  ihqen  sehoii  m  12.  Oktober  daa  gefäVto  Urtheil 


—    IM    - 

mitgetbeHt;  nachdem  ihre  Verbreehen  vorher  nodi  öffenlKch 
waren  bekannt  gemacht  worden,  wurde  das  Strafurtheil  an  den 
Delinquenten  mit  einer  furchtbaren  Strenge  volizogen.  Am  12* 
Oktober  und  an  den  folgenden  Tagen  wurden  nämlich  vier 
Radelflftihrer  gehängt,  zehn  enthauptet,  dreien  die  Zunge  her- 
ausgeschnitten,  einem  beide  Augen  ausgestochen,  und  sechs 
die  Daumen  und  Zeigefinger  abgehauen,  waT  sie  den  mit  diesen 
Fingern  geschwomen  Eid  gebrochen  hatten;  mehrem  Andern, 
minder  gravirteii,  wurde  der  Galgen  auf  die  Stirn  gebrannt, 
sie  hierauf  gestäupt,  und  des  Landes  verwiesen.  Ein  Schrift- 
steller beschreibt  uns  die  gegen  die  Rädelsführer  verhängten 
und  an  ihnen  vollstreckten  Strafen  auf  folgende  Weise : 
^»Etlichen  hat  man  die  Nasen,  etlichen  die  Ohm  abgeschniten, 
„Andere  seint  gefierteit,  etliche  gespist  und  verbrennt  worden. 
„Dann  hat  man  auch  etlichen  das  Herz  herausgeschniten,  vmb 
„das  Maul  geschlagen  und  hernach  Ihm  Leib  zerstuckbt,  gar 
„viln  hat  man  Ihr  vermegen  eingezogen,  mit  raeten  anssge- 
„strichen,  vnd  sie  hernach  auss  dem  Land  vertrieben;  kheiner 
„wurde  entlassen  ohne  Prantzeichen ,  so  Im  an  das  Gestitm 
„gebrennt  worden.^ 

„Unter  Andern  war  ein  Steinmetz-Meister  Philip  genannt; 
weil  dieser  den  Bauern  versprochen  hatte,  wann  Er  dass 
Schloss  Trient  Innerhalb  drei  Tagen  nit  zu  boden  reissen  vnd 
zerschlaipfen  werde,  dass  er  Ime  seine  Augen  aussteehen  lassen 
wolle ;  der  Yrsachen  wirdt  er  von  dem  Nachrichter  fflr  obbe- 
meltes  Schloss  gefiert,  vnd  als  er  dasselbe  gienngsam  ange- 
sehen, hat  er  (der  Nachrichter)  Ime  baide  Augen  ausgestochen.^ 

Wie  ist  es  denn  aber  den  HaupträdelsfQhrern,  dem  Bassler 
und  Gaissmayr  eigangen,  die  an  .der  Spitze  der  Rebellen 
vor  Trient  sich  befanden? 

Die  Antwort  auf  diese  Frage  ertheilt  uns  derselbe  Schrift- 
steller mit  folgenden  Worten: 

„Als  soUichen  Ernst*)  die  noch  VerUibaen  am Pieringer 

*)  Damit  ist  die  Schlappe  gemeint,  welche  die  Rebellen  am  31. 
Angust  nnd  1.  September  vor  Trient  eriitten,  - 


—    125    — 

Boden  gesehen,  seint  ellioh  Hundert  derselben  samnt  dem 
Ba ssler  und  Gaissmayr  mit  grosser  Gewalt  durch  das 
Pnsterthal,  von  danen  in  Bnneberg  rnd  für  die  Abtei  nach 
Puechenstein  bis  auf  das  Venedigesche  gezogen ,  vnd  haben 
sich  daselbst  niedergelassen.^ 

Was  das  weitere  Schicksal  dieser  beiden  Strolche  anbe- 
langt, wurde  Bassler  bald  darauf  von  einem  seiner  Gesellen 
Namens  Lukas  Wiser  im  Friaurschen  erschossen,  und  der 
Kopf,  auf  dem  200  Gulden  geschlagen  waren,  von  demselben^ 
Lakas  Wiser  nach  Innsbruck  gebracht,  wo  ihm  die  ausge- 
sprochene Pr&mie  ausbezahlt  wurde;  Gaissmayr  hingegen  e- 
hielt  von  der  Repoblick  Venedig  eine  jahrliche  Pension  und 
im  Kriege,  der  bald  darauf  gegen  Karl  V.  ausbrach,  eine 
Hauptmannstelle  im  Heere;  wir  werden  diesem  Unheilsstifter 
noch  mehrmals  begegnen. 

Gewilziget  durch  die  traurigen  Erfahrungen  und  durch  die 
empfindlichen  Geldstrafen  kehrten  die  Nons-  und  Sulzberger 
zur  Ruhe  und  zu  ihren  friedlichen  Beschäftigungen  wieder 
zurttck,  um  so  mehr,  als  eine  geraume  Zeit  hindurch  ein  Theil 
des  eingerückten  Kriegsvolkes  zurückblieb;  so  war  z.  B.  eine 
starke  Abtheilung  Fnssvolk  in  Tajo  stationirt  -^  unter  dem  Be- 
fehle des  Grafen  Gerard  von  Arco,  welcher  am  19.  Oktober 
an  den  Bischof  von  Trient  schrieb :  Da  die  Sachen  auf  dem 
Nonsberg  gut  ständen,  so  machte  er  dem  Fussvolke  des  Tho- 
mas von  Freundsberg  den  Sold  auszahlen  lassen,  damit  nicht 
etwa  mit  diesen  Fussgängern  sich  Schlimmeres  ergebe,  als 
selbst  mit  den  rebellischen  Bauern;  auch  gibt  er  unter  Einem 
dem  Bischof  den  wohlgemeinten  Rath,  wenn  die  Sachen  auf 
dem  Nonsberg  vollkommen  beigelegt  seien,  und  somit  diese 
Soldknechte  aberflttssig  würden,  mOge  er  dieselben  ja  nicht 
in  Trient  einziehen  lassen. 

Ein  schlechtes  Comptiment  für  diese  Söldner  I 

Schliesslich  wollen  wir  auch  noch  jene  braven  Gemeinden 
kennen  lernen,  welche  an  den  erzählten  Aufstand  gar  keinen 
Antheil  genommen  haben ,   so  wie  auch  jene  wackem  Männer, 


-    «8   - 

welche  ihres  ausgezeichoetea  Verhaltens  wegen  während  des 
Aafstandes  vom  Fürstbischöfe  später  belohnt  worden  sind. 

An  den  Aufruhr  haben  keinen  Antheil  genominen  die  Ge- 
meinden Yezzano,  Padergnone,  Riva,  Tenno,  Termeno,  dann  die 
Gemeinden  von  Judicarien  und  vom  Fieimser-Thale. 

Eine  verdiente  Belohnujig  erhielten  folgende  Männer :  Bal- 
thasar von  Cles-,  der  Bruder  des  Fürstbischofes  erhielt  die 
Lehen  des  Simon  Rolandini  von  Ambulo,  der  wegen  seiner 
Theilnahme  am  Aufstande  enthauptet  worden  war.  Gaudent 
Hadruz,  Hauptmann  von  Tenno  und  bischöflicher  Hausbrf- 
meister  erhielt  gewisse  Einkaufte  des  Vigilius  Tiomale,  ins- 
gemein Gentili  genannt^  aus  Laguna  di  Cavedine  gebürtig,  der 
ebenfalls  enthauptet  worden  war.  Antonio  Sandri,  Notar  in 
Nano,  Antonio  Gatta,  Notar  in  Corredo,  Antonio  Ziller,  Notar 
in  Sejo,  Vettere  Bandinelli,  aus  Sfruz,  Stefan  Bertoldi,  Notar 
in  Casez,  dann  Hector,  Balthasar  und  Melchior  VIsmtainer  aus 
Mal6,  Simon,  Antonio,  Odorich  und  Bartolomeo  Guarienti  von 
Ballo,  Antonio  und  Odorich  Pinamonte  von  Tueno,  Johann 
Tomeo,  Notar  von  Denno,  Nicolaus  und  Thomas  Inama  aus 
Fondo,  Jacob  Mani  und  Johana  Bonadimane  von  Casez  er- 
hielten für  ihre  geleisteten  ausgezeichneten  Dienste  zur  Däm- 
pfung des  Aufruhres  den  Adelstitel. 

Die  Ortschaft  Vezzano  wurde  wegen  ihrer  bewiesenen 
Treue  und  Anhänglichkeit  an  seinen  rechtmässigen  Fürsten  zum 
Marktflecken  erhoben. 

So  war  das  Jahr  1526  daher  gekommen;  in  diesem  ver- 
schwindet Graf  Ludwig  von  Lodron  die  ersten  acht  Monate 
wieder  aus  der  Geschichte,  dafür  kommen  aber  von  diesen 
Jahre  viele  andere  Merkwürdigkeiten  und  Begebenheiten,  die 
mit  dem  Leben  unsers  Helden  in  Verbindung  stehen,  nach- 
zuholen —  was  eben  in  den  beiden  nächsten  Abschnitten  ge- 
schehen soll. 


-.    <«7    - 


V.  Abschnitt. 

Abcehlnas  den  Yertrftges  Ton  Madrid  am  14.  JSnner  1526;  KOnig 
Frans  I.  in  Freiheit  g9Wtzt;  Wortbrüehigkeit  dieses  llonlutQhen; 
die  sogenannte  ^hl.  Ligae^  sn  Cognac  am  22.  Mai  1526  ge- 
schlossen; diesfallsige  Yerhandlnngen  zwischen  Riemens  VIT.  und 
Karl  y.;  Ereignisse  sn  Mailand;  Morone  und  Pescara;  Herzog*^ 
Franz  Sfozu  im  SchlosM  za  Mailand  belzfert;  Peseara's  Tod; 
Alphons  Ton  Guasta ,  Antonio  de  Leyra ,  Johann  Baptist 
Graf  Ton  Lodron  und  Kaspar  von  Freundsberg  in  Mai- 
land; dreimaliger  Anfhihr  dieser  Stadt;  Fehdebrief  des  Papstes 
nn  Karl  Y.;  des  Kaisers  Antwort  an  Klement  und  Scbretben  an 
die  Kardinale;  der  Landtag  in  Innsbruck. 

1.  Wie  wir  bereils  geMrt  kaben,  war  König  Franz  von 
Pinigliettooe  nach  Spanien  gebracht  worden;  sein  weitere« 
Schicksal  in  diesem  Lande  wird  flbergangen,  weil  nicht  hieher 
gehörend,  and  nur  bemerkt,  dass  nm  14.  Jünner  1526  end- 
lich folgteder  Vertrag  zwischen  Karl  V.  and  Franz  I.  zn 
Stande  kam: 

Franz  tritt  nach  seiner  Preilassang  Burgnnd  ab,  and 
steill  seine  beiden  Söhne,  den  Dauphin  und  Herzog  von  Or- 
leans, als  Geissehi  —  oder  statt  des  letztern  zwölf  Personen 
vom  höchsten  Adel,  die  Karl  bezeichnen  kann. 

Ferners  entsagt  Franz  allen  Ansprachen  auf 
Italien  d.  i.  auf  Genua,  Haihnd  und  Neapel,  so  wie  auch 
auf  die  Niederlande;  er  entschädigt  binnen  6  Wochen  nach 
erlangter  Freiheit  den  Herzog  Ton  Bourhon  und  alle  seine 
Hilsolmldigen  und  Anhänger,  lässt  alle  Kriegsgefangenen  los, 
and  nntersttttzt  niemals  den  verlriebeMu  König  von  Navarra, 
Hemricb  d*  Albert,   oder  den  Urich  von  Wflr<eRberg  und  Ro- 


—    128    — 

bert  von  der  Mark.  Des  Kaisers  Schwester ,  Eleonora,  ver- 
witwete Königin  von  Portugal,  welche  Franz  heurathet,  bekommt 
eine  reiche  Ausstattung,  darf  aber  keine  Ansprüche  auf  die 
spanische  Monarchie  machen^  Der  König  unterstützt  den  Kaiser 
mit  seiner  Flotte  im  Kriege  gegen  die  Türken;  er  lässt  diesen 
Vertrag  durch  die  Reichsstfinde  bestätigen,  und  verspricht  auf 
Eid  und  Ehre,  sich  wieder  in  Spanien  als  Gefangener  zu 
stellen,  wenn  die  Bedingungen  nicht  in  der  gesetzten  Frist 
erfüllt  sind.  Die  Worte  lauten  in  dieser  Beziehung:  „er  ver- 
spreche und  beschwöre  aufrichtig,  im  guten  Glauben,  mit  den 
Worten  eines  Königs  auf  seine  Ehre,  durch  den  Eid,  zu 
dessen  Bestärkung  er  körperlich  das  heilige  Evangelium  be- 
rührt  habe.« 

Nach  Unterzeichnung  des  in  Rede  stehenden  Vertrages 
waren  die  ausser  liehen  Zeichen  der  Liebe  und  des  Ver- 
trauens zwischen  beiden  Monarchen  sehr  gross;  sie  erschienen 
häufig  öffentlich  mit  einander,  und  hatten  in  geheim  lange  Un- 
terredungen; sie  machten  mit  einander  Reisen  in  einer  Sänfte 
und  belustigten  sich  mit  allerlei  Zeitvertreib;  aber  mitten  unter 
allen  diesen  Zeichen  des  Friedens  und  der  Freundschaft  war 
die  Seele  des  Kaisers  doch  voller  Argwohn.  Obgleich  die 
Ceremonien  der  Vermählung  kurz  nach  dem  Schlüsse  des  Ver- 
trages feierlich  vollzogen  wurden,  so  wollte  Karl  das'  Beilager 
dennoch  nicht  eher  gestatten,  als  bis  die  Bestätigung  aus  Frank- 
reich angekommen  wäre.  Franz  selbst  sah  sich  noch  nicht  völlig 
frei;  er  hatte  beständig  noch  eine  Leibgarde  um  sich,  and  jeder 
aufmerksame  Beobachter  konnte  leicht  schliessen,  dass  eioe 
Einigkeit,  bei  der  man  gleich  Anfangs  so  viele  Merkmale  von 
Misstrauen  und  Argwohn  entdeckte,  nicht  recht  herzlich,  uod 
von  keiner  langen  Dauer  sein  könne. 

Ungefiihr  ein  Monat  nach  Unterzeichnung  des  Vertrages 
langte  die  Begnehmigung  der  Regentin,  als  welche  Franz  seine 
Mutter  Louise  von  Savoyen  bestellt  hatte,  aus  Frankreieh  an. 
Louise  gab  ihrem  Sohne  Nachricht:  sie  hätte  statt  der  im 
Vertrage   bestimmten  zwölf  Penonen    vom   Adel    lieber   des 


-    129    — 

zweiten  Prinsen,  deo  kleinen  Herzog  von  Orleans,  an  die 
Gränze  gesendet,  weil  das  Reich  durch  die  Abwesenheit  eines 
Kindes  nicht  leiden,  aber  völlig  ohne  Vertheidigung  sein 
würde,  wenn  diejenigen  seiner  klügsten  Staatsmänner  und 
erfahrensten  Generale,  welche  Karl  auserlesen  hätte,  abge- 
schickt würden. 

Endlich  nahm  Franz  Abschied  von  Karl;  da  das  Miss* 
trauen  des  Letztern  über  die  Aufrichtigkeit  des  Königs  in  dem 
Grade  zunahm,  je  näher  die  Zeit  kam,  sie  auf  die  Probe  zu 
steilen,  so  bemühte  sich  Karl  den  KOnig  von  Frankreich  durch 
neue  Versprechungen,  die  er  sich  geben  liess,  noch  fester  zu 
binden,  und  Franz  bedachte  sich  auch  nicht  länger,  diese  ab- 
zogeben. Er  verliess  dann  Madrid  mit  einer  Freude,  die  in 
solchen  Umständen  natürlich  ist,  und  trat  die  ersehnte  Reise 
nach  Frankreich  an.  KOnig  Franz  wurde  begleitet  von  einer 
Garde  zu  Pferd,  die  der  wachsame  Don  Ferdinand  a  Larcon 
anführte;  je  näher  jener  an  die  Gränze  seines  Reiches  kam, 
desto  sorgsamer  wurde  er  von  diesem  geführt.  Als  Franz  das 
Flfisschen  Andaya  erreichte,  welches  Spanien  von  Frankreich 
trennt,  zeigte  sich  Harschall  Lautrec  auf  dem  jenseitigen  Ufer 
mit  einer  Bedeckung,  die  eben  so  stark  war,  als  die  Alarco- 
nische.  Mitten  auf  dem  Flusse  lag  eine  Barke  vor  Anker; 
das  Gefolge  stellte  sich  auf  beiden  Ufern  in  Ordnung.  Zu 
gleicher  Zeit  fuhr  Lannoy  mit  acht  Edelleuten  vom  spnnischen, 
und  Lautrec  mit  einer  gleichen  Anzahl  vom  französischen  Ufer ; 
jener  hatte  den  KOnig  von  Frankreich,  dieser  den  Dauphin  und 
den  Herzog  von  Orleans  mit  im  Boote;  sie  trafen  im  freien 
Schiffe  mitten  im  Flosse  zusammen.  Die^  Auswechslung  ge- 
schah in  einem  Augenblick;  Franz  sprang  nach  einer  kurzen 
Umarmung  seiner  beiden  Kinder  in  Lautrec's  Schiff,  und  stieg 
anf  franzosischem  Ufer  ans  Land.  Sogleich  warf  er  sich  auf 
ein  türkisches  Pferd,  schwang  seinen  Hut,  und  rief  mit  freu- 
diger Stimme:  „Nun  bin  ich  KOnig,^ritt  in  vollem  Galopp 
nach  St.  Jean  de  Lutz  und  von  da  nach  Bayonne«  Diese  Be- 
gebenheit,  welche  die  französische  Nation  eben  so  ungeduldig 

9 


—    190    - 

gewttnscht  hatte,  als  ihr  König,  geschah  am  2t.  Mfin  1526  *1 
somit  i  Jahr  und  27  Tage  nach  der  Schlacht  bei  Pavia. 

Wenige  Tage  nachher  verlangten  die  Gesandten  des  Kaisers 
im  Namen  ihres  Herrn  Audienz  beim  König;  in  dieser  baten 
sie  den  Honarchen,  nunmehr  die  nöthigen  Befehle  auszufertigen, 
und  den  abgeschlossenen  Vertrag  vollkommen  zu  vollziehen. 
Franz  gab  kalt  und  trocken  zur  Antwort:  er  sei  seines  TheiJs 
zwar  entschlossen,  Alles  pflnktlich  zu  erfüllen,  was  er  ver- 
sprochen habe;  allein  der  Vertrag  enthalte  so  viele  Artikel,  die 
nicht  nur  ihn  angingen,  sondern  die  ganze  französische  Mo- 
narchie betrftfen,  dass  er  keinen  weitern  Schritt  than  könne, 
ohne  vorher  mit  den  Ständen  des  Reiches  darüber  zu  berath- 
schlagen,  und  eine  Zeit  würde  nothwendig  verstreichen  müssen, 
ehe  sich  dfese  zur  Genehmigung  der  harten  Bedingungen  eot- 
schtiessen  würden. 

Diese  Antwort  wurde  als  eine  deutliche  ErkUrung  ange- 
sehen, dass  Frankreichs  König  fest  entschlossen  sei,  der  Er« 
fltllung  des  Vertrages  auszuweichen.  Karl  davon  in  Kennlniss 
gesetzt  behielt  nun  seine  Schwester  Eleonora  in  Spanien  zu- 
rück;  allein  der  leichtfertige  und  gewissenlose  Frans  b^Küm- 
merte  sich  darum  so  wenig,  dass  er  dem  Kaiser  zum  Hohne 
die  Anna*Pisseleu,  die  nachmalige  Herzogin  von  Btampes,  za 
seiner  Haitresse  annahm 

Karl  V.,  in  Ausführung  seiner  einmal  gefassten  Entschlüsse 
von  Natur  standhaft  und  unbeweglich,  war  bald  mit  sich  Selbsten 
im  Reinen.  In  irgend  einem  Artikel  des  feierlich  geschlos- 
senen Vertrages  nachzugeben  schien  in  seinen  Augen  so  viel, 
als  ein  offenes  Gestündniss  von  Unbedachtsamkeit  oder  als  ein 
Zeichen  von  Furchtsamkeit ;  er  hatte  also  fest  beschlossen,  auf 
eine  genaue  Erfüllung  desselben  zu  dringen,  es  möge  nun 
daraus  entstehen^  was  da  wolle;  besonders  war  er  aber  fest 
gewillt,  Alles  standhaft  zurückzuweisen,  was  man  ihm  als 
Ersatz  für  die  Herausgabe  von  Burgund  anbieten  würde. 

'*')  Robertson  gibt  den  19.  März  als  den  Tag  an,  an  welchem  Freu 
in  Freiheit  gesetzt  wurde. 


-    ISl    — 

Dieser  Emschiiessong  gemäss  behhl  er  dem  Vice-König 
Lionoy  und  dem  Herrn  •  Larcoii  an  den  franxösischen  Mof  in 
gehen,  und  den  König  förmlich  aufzufordern,  entweder  den 
Vertrag  mit  der  gehörigen  Ehrlichkeit  zu  erfüllen,  oder  sich 
seinem  Eide  gemüss  wieder  als  Gefangener  in  Madrid  zu  stellen. 
Franz  ertheilte  den'  beiden  Abgeordneten  keine  nnmittelbare 
Antwort,  sondern  Hess  die  Bevollmächtigten  der  Landstände 
V4m  Borgund  in  ihrer  Gegenwart  zur  Audienz.  Diese  stellten 
demäthig  vor,  „er  (Franz  nämlich)  habe  die  Gränzen,  die  ein 
König  von  Frankreich  besässe ,  ttberschrltten,  als*  er  sich  an«* 
heischig  gemacht,  ihr  Vaterland  weg  zu  geben,  und  er  wäre 
seihst  durch  seinen  Krönungseid  verbunden,  alle  KammergOter 
der  Krone  nnzertrennt  und  vollkommen  zu  erhalten.^ 

Franz  dankte  ihnen  für  die  Treue  gegen  seine  Krone, 
und  bat,  sie  möchten  sich  iei  Verbindlichkeit  errinnem,  unter 
welcher  er  stehe,  sein  Versprechen  dem  Kaiser  zu  halten.  Nun 
nahmen  die  Bevollmächtigten  einen  hohem  Ton  an,  und  er- 
klärten, sie  würden  keinen  Befehlen  gehorchen,  die  sie  für 
gesetzwidrig  hielten  und  würde  er  sie  den  Feinden  Frankreichs 
ttberlassen,  so  wären  sie  entschlossen,  sich  aufs  äusserste  zu 
wehren  mit  dem  festen  Vorsatz,  lieber  zu  Grunde  zu  gehen, 
als  sich  einer  fremden  Herrschaft  zu  unterwerfen.  Hierauf 
wendete  sich  Franz  zu  den  kaiserlichen  Gesandten,  stellte  ihnen 
die  Unmöglichkeit  vor,  sein  Versprechen  zu  halten,  und  bot 
dem  Kaiser  anstatt  des  Herzogthums  Burgund  zwei  Millionen 
Kronen  an.  Lannoy  und  a  Larcon,  die  es  gleich  eingesehen 
hatten,  dass  der  Auftritt,  dem  sie  so  eben  beiwohnten,  ein 
zwischen  Franz  und  seinen  Unteithanen  verabredeter  sei 
um  sie  zu  hintergehen,  oder  ihnen  den  Mund  zu  stopfen,  gaben 
ihm  den  unveränderten  Entschluss  ihres  Herrn  zu  verstehen, 
auch  kein  Jota  vom  abgeschlossenen  Vergleich  aufzugeben. 

Auf  das  hinauf  warf  Franz  frisch  die  Maske  fort  mit  der 

Erklärung:  der  Vertrag  sei  erzwungen,  Niemand  aber  ver« 

pflichtet,  etwas  zu  halten ,  was  man  ihm  in  der  Gefangenschaft 

abpresse.    Der  Papst  theile  dieselbe  Ansicht   und    habe    ihn 

9» 


—    132    — 

deshalb  von  dem  gelewlelen  Eide  bereits  losgebuBden;  Ja  es 
sei  ein  solcher  Eid  eigenlltch  niemals  geleistei 
worden. 

Um  den  letztem  Passus  richtig  zu  versleben,  ist  es  noth- 
wendig,  nachstehende  Thatsache  in  Erinnerung  zu  bringen^ 
König  Franz  liess  nflmlich  einige  Stunden  vor  der  wirklichen 
Unterzeichnung  des  fatalen  Vertrages  so  viele  seiner  Minister 
zu  sich  kommen,  als  eben  in  Madrid  anwesend  waren.  Nach- 
dem er  diese  einen  feierlichen  Eid  der  Verschwiegenheit  hatte 
schwören  lassen,  erzfthlte  er  ihnen  viel  und  mehr,  was  der 
Kaiser  Alles  angewendet  habe,  um  ihn  ins  Netz  zu  locken 
und  einzuschttchtem.  Aus  diesem  Grunde  legte  er  in  die  Hftode 
von  Notaren  eine  feierliche  Verwahrung  nieder  —  des  Inhalts: 
seine  Emwilligung  in  den  Vertrag  sollte  als  eine  mit  Gewalt 
abgezwungene  Urkunde  angesehen  werden,  und  aus  diesen 
Grunde  null  und  nichtig  sein. 

Durch  dieses  unredliche,  eines  Monarchen  unwürdige 
Kunststück  suchte  Frankreichs  König  bei  Unterzeichnung  des 
Vertrages  seine  Ehre  und  sein  Gewissen  zu  befriedigen, 
imd  zu  gleicher  Zeit  sich  den  gewfliischten  Vorwand  zu  ver- 
schaffen, unter  welchem  er  ihn  brechen  könnte.  Da  haben 
wir  die  vielgepriesene  RittecUchkeit  dieses  Monarchen ! 

Bei  einer  solchen  Gesinnungsweise  des  französischen  Königs 
dürfen  wir  uns  nicht  wundern,  dass  derselbe  schon  nach  zweien 
Monaten  dem  Bündnisse  beitrat,  welches  am  22.  Mai  1526  zu 
Cognac  abgeschlossen  wurde  zwischen  Klemens  VIL,  Fianz  I., 
König  von  Frankreich,  Venedig  und  Franz  Sforza,  Herzog  vod 
Mailand.  Auch  der  König  von  England  (im  Bundesbriefe  Rex 
Serenissimus  ac  potentissimus^  fidei  ac  sedis  Apostel  icae  acer- 
rimus  defensor  hoflrt)  Heinrich  VIU.,  in  gewissen  Beziehungen 
ein  Achter  Kollega  des  ritterlichen  Franz  trat  demselben  bei 
Dieser  Bund  ist  berüchtigt  unter  dem  Namen  die  „heilige 
Ligue.* 

Diese  „Ligue<^  wurde  von  den  Mitgliedern  derselben  aus 
dem  Grunde  die  „heilige^  genannt,    weil   einerseits  der  Papst 


—    133    — 

an  ihrer  Spitxe  stand,  und  weil  andererseits  ihr  Zweck  ein 
löblicher  aud  heiliger  hfitte  sein  sollen.  Die  Ldbiichkett  und 
Heiligkeit  dieses  Zweckes  bestand  aber  darin:  den  Kaiser 
Karl  V.  ans  ganz  Italien  zn  vertreiben. 

Das  Bdndniss  von  Cognac  hatte  einen  vierjährigen  Krieg 
zur  Folge ,  bedeckte  ganz  Italien  mit  Blut  und  Leichen ,  und 
machte  es  zur.  halben  Wüste.  Der  weitläuBge  und  weitschwei- 
fige Bund^brief  (der  vorliegt)  ist  in  lateinischer  Sprache  ge- 
schrieben, umfasst  nicht  weniger  als  12  Folioseiten  und  besteht 
aus  25  Artikeln,  von  denen  fOr  unsem  Zweck  folgende  die 
wichtigsten  sind. 

Artikel  i.  Dieser  spricht  sich,  gleichi^am  als  Einleitung, 
Aber  den  Zweck  des  abgeschlossenen  Bündnisses  nach  einer  alten 
UeberselzuDg  auf  nachstehende  Weise  aus:  „Und  ist  dieser 
Friedensbnnd  (!)  der  den  Bundesfürsten  vnd  gemeiner 
Christenheit  zu  guetem  kommen  wolle,  mit  angerufter  Gottheit 
dieser  fürnemlich  zu  Ehren  und  Glori,  vnd  zu  gemeiner  Chri- 
stenheit F  r  i  e  d  und  Heil  vnd  zu  keines  Menschen  Nach- 
theil (den  solche  Gedanken  den  Bundesfürsten  fem  sind)  allein 
zu  gemeinem  Nutz  vnd  Rue  beschlossen  worden.^ 

Artikel  2.  Die  hohen  Kontrahenten  versprechen,  sich 
wechselseitig  zu  schützen  und  zu  schirmen.  Dieser  Schutz 
und  Schirm  wird  namentlich  dem  Papste  feierlich  zugesichert 
sowohl  in  Betreff  seiner  Person,  als  auch  seiner  Länder  *). 

Artikel  3.  Wird  bewilliget,  dass  in  den  Bund  auch 
aufgenommen  werden  dürfe  Kaiser  Karl  V.,  aber  nur  dann, 
wenn  er: 

a)  die  Söhne  des  allerchristlichsten  (!)  Königs  frei  lässt 
(solttta  terminis  competentibus  honesta  ac  rationabili  culpa) 

b)  dem  Franz  Sforza  das  Herzogthum  Hailand  zurück  gibt; 


*)  Wir  werden  in  Folge  oft  Gelegenheit  haben  zu  sehen,  wie  sehr 
sich  Papst  Riemens  auf  diesen  Artikel  verlassen  hat, 
aber  dem  ganzen  Böndnisse  zum  Trotz  doch  ganz  verlassen 
wurde. 


—    134    - 

c)  die  ttbrigen  Staaten  In  Italien  wieder  In  denselben  Stand 
herstellt,  in  dem  sie  Tor  dem  Fetzten  Krieg  gewesen  sind; 

d)  auf  seiner  Reise  nach  Italien  nie  mehr  Gefolge  mit- 
bringt, als  es  dem  Papste  und  den  Venetlaner  gut  dttnkt;  and 

e)  innerhalb  dreier  Monate  den  König  von  England  besahlt, 
was  er  diesem  schuldig  ist. 

Artikel  4.  Auf  Unkosten  sämmtlicher  Kontrahenten  soll 
in  Italien  eine  Armee  von  30000  Mann  Fussvolk,  2500  Kfl- 
rassieren  (equitom  cataphractomm)  und  3000  Mann  leichter 
Reiter  zu  d  e  m  Zwecke  aufgestellt  werden ,  um  die  Verbün- 
deten zu  schützen,  jene  aber  zu  bekriegen,  die  keinen  Frieden 
eingehen  wollen.  Zur  obigen  Armee  hat  zu  stellen 
der  Papst:  8000  Fussknechte,  800  Kürassiere  und  700  leichte 

Reiter; 
der  König  von  Frankreich:  1000  Idchte  Reiter,  500  Ktlrassiere 
ond  monatlich  40000  Kronen  zur  Besoldung  des  Kriegs- 
volkes; 
Venedig:  8000  Fussknechte,  800  Kürassiere  und  1000  leichte 

Reiter; 
Franz  Sforza:   4000  Fussknechte,    400  Kürassiere  und  300 
leichte  Reiter. 

Artikel  5.  Frankreichs  König  macht  sich  verbindlich 
jenseits  der  Alpen  ein  bedeutendes  Observationskorps  auf- 
zustellen, und  damit  für  den  Fall,  dass  der  Krieg  in  Italien 
beginnt,  eine  Diversion  zu  machen. 

Artikel  6.  Sollen  auch  Schweizer  angeworben  werden, 
wozu  der  König  von  Frankreich  um  seine  guten  Dienste  an- 
gegangen wird. 

Artikel  7.  Soll  Kaiser  Karl  zuerst  gütlich  ermahnt 
werden,  dem  König  von  Frankreich  seine  Kinder  zurückzo- 
geben; wenn  dies  nichts  fruchtet  soll  er  dazu  mit  Waffen- 
gewalt gezwungen  werden.  Zur  Erreichung  dieses 
Zweckes  versprechen  ihm  seine  Alliirten  als  Hfllfstruppen  10000 
Mann  Fussvolk,  1000  Kürassiere  und  1500  leichte  Reiter  zu 
stellen  und  zu  unterhalten. 


-  1»  — 

Artikel  9.  Wird  besehlosseo,  aach  eioe  Flotte  voo 
wenigstens  28  Kriegsschiffen  mit  den  nöthigen  Transportschiffen 
xnsammen  zu  bringen,  wozu  Frankreich  12,  Venedig  13  und 
die  übrigen  3.  Kriegsschiffe  der  Papst  zu  stellen  hat. 

Artikel  17.  Sollte  sich  Kaiser  Kar!  nicht  herbeilassen 
wollen,  die  Im  3.  Artikel  gestellten  Bedingungen  einzugehen, 
so  soll  er  aus  dem  Neapolitanischen  vertrieben  -werden, 
und  dieses  Königreich  dem  Papste  zufallen,  welcher  dagegen 
die  Verbindlichkeit  Obernimmt  fttr  diesen  Fall  dem  König  von 
Frankreich  in  annuum  censum  75,000  Kronen  zu  erlegen. 

Artikel  19.  Wird  beschlossen,  das  durchlauchtigste 
Haus  der  Hediceer  in  Florenz  in  besondem  Schutz  und 
Schirm  zu  nehmen  und  aufrecht  zu  erhalten. 

Artikel  20.  Der  König  von  England  soll  Protektor  des 
Bündnisses  sein,  und  als  solcher  im  Königreiche  Neapel  einen 
Besilzthum  erhalten  mit  einem  jährlichen  Ertrfigniss  von  30000 
Dukaten;  der  Erzbischof  von  York,  Kardinal  Wolsey  (ci^iis 
prudentiae,  labori  ac  vigilantiae  multum  debet  universa  Chrl- 
stiana  Respublica!)  soll  in  Italien  gleichfalls  eine  Herrschaft 
erhalten  mit  einem  Ertrflgniss  von  10000  Dukaten  jfthrlich. 

Artikel  21.  Keinem  aus  den  Verbündeten  ist  es  gestattet, 
mit  irgend  einem  andern  Fürsten  ein  Bündniss  zu  schliessen; 
die  bereits  geschlossenen  sind  als  nicht  bestehend  zu  be- 
trachten. 

Artikel  25.  Wird  schliesslich  festgesetzt,  dass  es  kei- 
nem Alliirten  gestattet  sein  soll,  irgend  einen  Feidhauptmann 
in  Dienst  zu  nehmen,  der  schon  bei  einem  andern  Kontrahenten 
Dienste  genommen  bat.  Eine  Ausnahme  wird  gemacht  mit  dem 
Admiral  Andreas  Dorea,  den  der  Papst  dem  König  von  Frank- 
reich ttberlässt. 

Wer  vorurtheilsfrel  sümmtliche  Artikel  durchgehet,  na- 
mentlich den  Inhalt  des  3.,  7.  und  17.  Artikels  erwägt, 
wird  sich  nothgedrungen  fühlen,  den  Zweck  des  ganzen  Bundes 
als  eine  kolossale  Lüge  zu  bezeichnen,  so  wie  er  Eingangs 
beseichnet  worden  ist,   aia  «Friedensbund,  zu  gemeiner 


—    186    - 

Christenheit  Fried  and  Heil  und  zo  keines  Menschen 
Nachlheil.'' 

Wenn  häufig  ttber  die  Härte  der  Bedingungen  gescholten 
wird,  welche  Karl  V.  als  Sieger  dem  besiegten  König 
Franz  auflegte,  um  wieviel  härter  muss  ein  Unheil  ttb^r  diesen 
angeblich  ,,helligen^  Bund  ausfallen,  der  nach  Wiilkühr  mit 
den  wohlerworbenen  Ländern  des  Kaisers  schaltete  und  diesen 
überdies  —  man  weiss  nicht  ob  mehr  lächerlich  oder  frech  — 
noch  zur  Theilnahme  an  denselben  aufforderte!  In  der 
That  hätte  das  Wort  „heiligt  keinem  grössern  Missbrauch  aus- 
gesetzt werden  können. 

Kaiser  Karl  entgegnete  den  Abgeordneten,  die  ihm  die 
Bedingungen  der  Ligue  vorlegten,  kurz  und  bündig:  Franz 
thue  sehr  Unrecht,  sein  Wort  und  seinen  Eid  zu  brechen.  Er 
werde  die  Geissein  behalten,  den  Franz  Sforza  als  treulosen 
Lehensmaiin  bestrafen,  Mannschaft  in  Italien  halten,  wie  es 
ihm  nöthig  erscheine,  und  den  König  von  England  bezahlen, 
aber  mit  dem  Gelde  des  Königs   von  Frankreich! 

Dessenungeachtet  musste  dem  Kaiser  diese  Wendung  der 
Dinge  höchst  unangenehm  sein;  denn  selbst  durch  den  glück- 
lichsten Krieg  konnte  er  nicht  viel  gewinnen,  und  überdies 
waren  seine  Heere  sehr  zusammengeschmolzen,  seine  Kassen 
völlig  erschöpft*  Desshalb  versuchte  Kari,  ob  der  Bund  nicht 
durch  Unterhandlungen  zu  trennen  sd,  und  wendete  sieh  an 
den  Papst,  da  König  Franz  und  Herzog  Sforza  auf  nichts  ein- 
gingen. 

Den  18  Juni  1826  überreichte  Hugo  Moncada  dem  Papste 
folgende  Vorschläge :  Karl  wolle  Mailand  an  Franz  Sforza  über- 
lassen, die  Streitpunkte  mit  den  Venetianern  beseitigen  und 
seine  Soldaten  aus  der  Lombardei  hinwegziehen,  sofern  der 
Papst  und  die  übrigen  italienischen  Fürsten  diesen  nur  einen 
Theil  der  schuldigen  Löhnung  bezahlen  wollten.  KlemensVIl. 
misstraute  aber  dem  Kaiser  und  lehnte  —  einverständlich  mit 
den  Gesandten  seiner  Verbündeten  —  obige  Anträge  unter  dem 
Vorwande  ab:    er  könne  ohne  Rückfrage  mit  Frankreiek  und 


-    137    — 

Kngland  nichts  abschlieflsen.  Hieraaf  erkttrte  Moncada  am 
20.  Juni:  der  Kaiser  übertrage  dem  Papste  die  Entsclieidang 
aller  seiner  Streitigkeiten.  Der  nachmalige  Kardinal  Sandolet, 
so  wie  einige  Besonnene  baten  und  ermahnten  den  Papst,  den 
Krieg  auf  alle  mögliche  Weise  zu  vermeiden,  und  den  Frieden 
zu  erbalten.  Vergebens  I  Klemens  VIT.  traute  den  Verspre- 
chungen des  Königs  von  Frankreich,  der  sich  indessen  damals 
weit  mehr  um  seine  Vergnügungen  und  Liebesabenteuer,  als 
um  den  Italienischen  Krieg  bekttmmerte.  So  wie  nun  der  be- 
rechtigte Partheigfinger  Albert  von  Carpen  aus  Frankreich  in 
Rom  angekommen  war,  ttberschickte  der  Papst  unterm  23.  Juni 
dem  Kaiser  V.  einen  förmlichen  „Absagebrief.^  Den  Stoff 
zu  diesem  Schriftstflcke  bildeten  die  in  Hailand  vorgefallenen 
Begebenheiten,  welche  wir  hier  nun  nachholen  müssen. 

3.  Nach  der  Schlacht  bei  Pavia  lagerte  sich  das  kaiserliche 
Heer  in  und  um  Piacenza  und  Parma,  w&hrend  eine  Abtheilung 
davon  unter  dem  Kommando  des  Grafen  Johann  Baptist 
von  Lodron,  des  Johann  de  Leyva  (eines  Bruders  des 
Antonio  de  Leyva)  und  des  Ritters  Kaspars  von  Freunds- 
berg, der  10  Ffihnlein  deutsches  Pussvolk  unter  sich  hatte,  die 
Grafschaft  Saluzzo  einnahm.  Graf  Johann  Baptist  von 
Lodron  bemächtigte  sich  der  beiden  festen  Plätze  Honealieri 
und  Carmagnola  mit  Sturm  Schon  gleich  jetzt  wurde  der  An- 
fang damit  gemacht,  ein  Bündniss  gegen  Kari  zu  Stande  zu 
bringen,  so  wie  selbes  am  22.  Hai  1826  zu  Cognac  wirklich 
abgeschlossen  worden  ist.  Französischer  Seits  war  dabei  be- 
sonders thfttig  derselbe  Franz  Graf  von  Saint  Pol,  der  bei  Pavia 
mitar  den  Todten  lag^  und  durch  die  versuchte  Amputation  dar 
Piager,  um  die  Ringe  zu  bekommen,  wieder  zum  Leben  kam} 
emers  Claudius  Guise  Herr  von  Vaudemont.  Unterhandelt  wurde 
zoerst  mit  Klemens  und  der  Republik  Venedig.  Der  Plan  ging 
dahin,  Italien  frei  zu  machen,  und  dem  mit  Kari  unzufriedenen 
Franz  Sforza  Hailand  zu  erhalten.  Da  aber  Alle  erkannten, 
das  Gelingen  des  ganzen  Manes  lediglich  vom  Markgrafen 
Ferdinand  von  Pescara  abhänge,  der  das  Oberkommando  über 


-    138    — 

sümmtliche  kaiserliche  Truppen  io  Italien  wftbrend  der  Zeit  in 
Hunden  hatte  ^  als  sich  Bourbon  in  Spanien  befend,  so  wurde 
beschlossen,  diesen  um  jeden  Preis  zu  gewinnen. 

Dieses  kitzliche  Geschäft  übernahm  der  Rath  und  Kanzler 
des  Herzogs  Franz  Sforza,  Hieronymus  Horone.  Wirk- 
lich war  Pescara  sammt  dem  ganzen  Heere  darüber  höchst 
aufgebracht,  dass  der  Vice -König  Lannoy  den  gefangenen 
König  Franz  nach  Spanien  geführt  hatte.  Diesen  Hissmuth 
des  Feldherm  musste  der  schlaue  Horone  wissen,  und  dar- 
auf bauend  wagte  er  es ,  dem  Harkgrafen  Vorstellungen  zu 
machen  des  Inhalts :  beim  Kaiser  sei  weder  eine  Anerken- 
nung des  Verdienstes,  noch  ein  Dank  oder  Lohn;  wenn  er 
darauf  eingehe,  Italien  frei  zu  machen,  so  wolle 
man  ihm  das  Königreich  Neapel  übergeben,  das 
Karl  mit  Unrecht  in  Händen  habe;  er  solle  also  die  spani- 
schen Truppen  an  sich  ziehen,  mit  ihrer  Hülfe  den  Antonio 
de  Leyva  sammt  den  deutschen  Truppen  aus  Hailand  ver- 
jagen, dann  nach  Neapel  ziehen,  dieses  Reich  einnehmen  and 
als  König  in  Besitz  nehmen.  Pescara,  der  damals  in  Genua 
lag,  gab  sich  den  Anschein,  als  gebe  er  auf  diesen  Vor- 
schlag ein,  schickte  aber  heimlich  den  Johann  Baptist  von 
Casstellalt  zum  Kaiser  und  Hess  diesem  Alles  entdecken.  Auf 
Befehl  des  Kaisers  verfügte  sich  Pescara  nach  Novara,  und 
beschied  den  Kanzler  ebenfalls  dahin;  dahin  war  auch  Antonio 
de  Leyva  gekommen.  Es  wird  erzählt,  Pescara  habe  den  An- 
tonio de  Leyva  hinter  eine  Tapete  verborgen,  dann  den  Kanzler 
rufen  lassen,  und  mit  ihm  von  der  in  Rede  stehenden  Ange- 
legenheit Rücksprache  genommen.  Horone,  nichts  Arges  ahnend, 
wiederholte  seine  Anträge  an  Pescara  —  worauf  dann  Leyva 
hervortrat,  den  Kanzler  abfasste,  nach  Hailand  brachte,  und  io 
den  Kerker  warf.  Auf  die  Folter  gespannt  gestand  Horone  den 
ganzen  Plan,  so  wie  auch  die  Hitwissenschaft  des  Her- 
zogs Franz  Sforza.  So  wie  die  Sache  entdeckt  war, 
flüchtete  sich  dieser  eiligst  in  das  feste  Schloss  Jovia  zu  Hai- 
land,  in  dem  er  eine  Besatzung  von  800  Hann  hatten   dieses 


—    189    - 

wurde  naxi  auf  der  Stelle  von  den  Kaiserlichen  umzingelt,  und 
der  Herzog  darin  belagert.  Die  Bürger  Ton  Mailand  mussten 
auf  Pescara's  Befehl  dem  Kaiser  Treue  schwören;  jede  Stadt 
des  ganzen  Herzogthums  bekam  zwei  Fähnlein  Fussvolk  als 
Besatzung. 

Bald  darauf  —  am  30.  November  1525  starb  Pescara 
im  schönsten  Mannesalter;  er  zählte  erst  36  Lebensjahre.  Die 
in  den  letzten  Jahren  ausgehaltenen  vielen  und  grossen  Stra-»- 
patzen,  seine  ausserordentliche  Thiitigkeit,  die  ihm  im  Dienste 
seines  Herrn  Tag  und  Nacht- keine  Ruhe  liess^  seine  In  der 
Schlacht  bei  Pavia  erhaltenen  Wunden,  und  dann  wohl  auch 
■issmuth  über  schlechte  Anerkennung  und  Belohnung  seiner 
geleisteten  Dienste  —  trugen  viel  zu  seinem  frühzeitigen  Tode 
bei;  er  starb  an  der  „Auszehrung.^  Als  der  tapfere  Feldherr 
sich  dem  Tode  nahe  fühlte,  übertrug  er  seinem  Vetter  Alphons 
von  Guasta  —  sie  waren  Geschwisterkinder  —  das  Oberkom- 
mando üb6r  sämmtliche  spanische  Truppen  in  Italien,  gab  ihm 
unter  Einem  auch  Weis'  und  Lehre,  wie  er  sich  im  Kriege, 
dessen  baldigen  Ausbruch  er  vorhersah ,  seinen  zahlreichen 
Feinden  gegenüber  benehmen  sollte,  und  setzte  ihn  schliesslich 
zum  Erben  seines  Vermögens  ein,  das  aber  nicht  gross  war. 

Don  Ferdinand  Harkgraf  von  Pescara  war  ein  grosser 
Feldherr,  ein  Mann  von  ungemeiner  Klugheit  und  Charakter- 
stärke. Er  war  nicht  nur  allein  sehr  tapfer,  sondern  auch 
höchst  uneigennützig,  indem  er  im  Kriege  weder  Reichthum 
suchte  noch  erlangte,  im  Gegentheil  seine  Güter  versetzte,  am 
Geld  zu  erlangen  zur  Befriedigung  seiner  Leute.  Pescara  pflegte 
zu  sagen:  „Niemand  gebe  einen  guten  Hauptmann  ab,  der  im 
Kriege  reich  werden  wolle;  wohl  hätten  aber  diejenigen,  die 
nicht  ihren,  sondern  den  allgemeinen  Nutzen  betrachteten,  all- 
weg  Glück  und  Sieg,  Lob  und  Ehre  erlangt.^  An  Pescara, 
der  nicht  nur  Krieger,  sondern  auch  Dichter  war,  verlor 
Karl  V.  einen  seiner  besten  Heerführer*). 

*)  Ein  Ausspruch,  den^  Pescara  häufig  im  Munde  zu  führen  pflegte, 
lautete : 

„Nemo  potesi  Marti  et  Christo  servire.^ 


—    140    — 

Nach  dem  Tode  des  Markgrafen  Pescara  finden  wir  fol- 
gende Führer  der  kaiserlichen  Truppen  zu  Hailand: 

1.  Alphons  Harkgraf  von  Guasta,  Kommandant  des  spani- 
schen Fttssvolkes. 

2.  Antonio  de  Leyva,   Kommandant  über  die  Kavallerie; 
S.Johann    Baptist   Graf  von   Lodron,   Komman- 
dant des  italienischen  Fussvolkes;  dann 

4.  Ritter  Kaspar  v.on  Freundsberg  und  Haxmilian 
von  Ebenstein, .  Kommandanten  der  deutschen  Landsknechte. 

Graf  Ludvrig  von  io.dron  war  beim  Tode  Pes- 
cara^s  mit  seinem  Waffengenossen,  dem  Grafen  Gerhard  von 
Arco,  eben  auf  dem  Nonsberg,  damit  beschäftigt,  die  Banerp- 
Unruhen  zu  stillen,  wie  bereits  erwähnt  worden  ist. 

Wie  nun  die  benannten  kaiserlichen  Heerführer  den  Krieg 
vor  der  Thttre  sahen,  zur  Besoldung  und  Verpflegung  der 
Truppen  aber  kein  Geld  hatten,  sich  aber  auch  keines  Geldes 
aus  Spanien  vertrusten  konnten;  so  sahen  sie  sich  in  die  eiserne 
Nothwendigkeit  versetzt ,  den  Einwohnern  von  Hailand  grosse 
Steuern  aufzulegen«  Diese  hatten  aber  von  dem  baldigen  Zu- 
standekommen einer  Ligue  gegen  den  Kaiser  bereits  Nachricht 
erhalten,  und  wareif  aufgemuntert  worden,  den  Kaiserlichen 
weder  Geld  noch  Lebensmittel  zu  verabfolgen  —  mit  dem  Be- 
deuten, der  Bund  werde  ihnen  schon  Hülfe  bringen  Auf  das 
hinauf  machten  der  Senat  und  die  Bürgerschaft  von  Hailand 
den  kaiseriichen  Heerführern  eine  nachdrückliche  Vorstellung 
des  Inhalts :  Städte  und  Dörfer  äts  ganzen  Uerzogthums  seien 
durch  den  langen  Krieg  verwüstet,  die  Stadt  Hailand  selbst 
ganz  erschöpft;  wolle  man  aber  die  Bürgerschaft  über  ihr 
Vermögen  zahlen  machen,  und  die  Sache  übertreiben,  so  sehe 
sich  dieselbe  in  die  Nothwendigkeit  versetzt,  andere  Herren 
Nachbarn  um  Hülfe  anzurufen,  u.  s.  w.  Nun  wurden  drei  Tage 
nach  einander  von  den  Bürgern  Bittgänge  angestellt,  um  von 
Gott  die  Gnade  zu  erflehen,  sie  von  den  Kaiserlichen^  dieser 
allgemeinen  Landplage,  zu  befreien.  Diese  drettätigen 
Andachten   wurden   mit   einem   Aufruhr  beschlossen. 


—    i41    — 

der  am  24.  April  152'6  gerade  zur  Zeit  ausbrach,  als  die  kai- 
serlichen Fahrer  zu  einem  Kriegsrathe  sich  vesammelt  hatten; 
der  Aufruhr  gall  dem  deutschen  Fussvolke,  das  in  der  Stadt 
lag,  wfthrend  die  Spanier  ausserhalb  derselben  sich  befanden. 
Die  herbeigeeilten  Obersten  waren  so  glücklich,  mit  Hülfe 
einiger  aus  den  vornehmsten  und  besonnensten  Bürgern  den. 
Aufruhr  ohne  Blutvergiessen  zu  stillen.  Derselbe  brach  aber 
Tags  darauf  mit  doppelter  Heftigkeit  aus;  beide  Theije  stellten 
sich  in  Schlachtordnung  einander  gegenüber  und  wurden  bald 
handgemein.  Nun  Hess  auch  der  Herzog  Franz  Sforza  sein 
Geschütz  auf  die  Kaiserlichen  abfeuern,  und  die  Besatzung  einen 
Ausfall  machen,  um  den  Bürgern  Hülfe  zu  bringen.  Zu  gleicher . 
Zeil  stürzte  auch  das  Landvolk  von  allen  Seiten  bewaffnet  in 
die  Stadt,  schrie  ans  vollem  Halse;  jifaf^^  Papal  Duca,  Duca! 
und  fiel  über  die  Kaiserlichen  her.  Nachdem  bei  200  Ein-* 
wohner  erschlagen  worden  waren,  zogen  sich  die  Aufrührer 
zurück  und  gaben  Ruhe;  diese  dauerte  aber  nur  kurze  Zeit; 
schon  nach  etlichen  Tagen  brach  der  dritte  Aufruhr  in  helle 
Flammen  aus,  der  24  Stunden  lang  anhielt.  Während  dieser 
Zeit  sah  man  nichts,  als:  hauen,  stechen,  würgen,  brennen; 
Pardon  wurde  keiner  gegeben ;  ganze  Gassen  standen  in  Flam- 
men; die  Stadtbewohner  waren  grimmig,  wüthend.  Nachdem 
sich  endlich  der  Aufruhr  gelegt  hatte,  verliessen  viele  Ein-- 
wohner  die  Stadt,  und  verstärkten  die  Bundesgenossen.  Nun 
wurde  aber  auch  die  Belagerung  des  Schlosses  mit  allem 
Ernste  betrieben,  um  den  Herzog  ehemöglichst  zur  Uebergabe 
zu  zwingen;  Ritter  Kaspar  von  Freundsberg  leitete  an 
der  Spitze  seiner  wackem  Landsknechte,  die  dazu  vorzugsweise 
verwendet  wurden,  mit  grösster  Geschicklichkeit  und  Thfttig- 
keit  dieses  Unternehmen. 

Nach  diesem  Abstecher  kommen  wir  wiederum  auf  den 
bereits  berührten  „Absagebrief^  des  Papstes  an  den  Kaiser 
Kar]  zurück. 

4.  Den  Stoff  und  Inhalt  zum  erwähnten  Schriftstücke  gaben  - 
and  bildeten  die  so  eben  erzfihlten   traurigen  Vorfftlle  in  Hai- 


_  1«  - 

land,  besonders  das  Schicksal  des  im  Schlosse  Jovia  belagerten 
Herzogs  Franz  Sforza.  In  Bezug  auf  den  offenbar  abtrünnig 
gewordenen  Franz  Sforza  sagt  Klemens  VII.  in  seinem  er- 
wähnten Briefe  zam  Kaiser: 

„Du  hast  Deinen  falschen  Räthen  mehr  Glauben  geschenkt, 
als  billig  war,  und  hast  die  Schärfe  der  Gerechtigkeit  und  Bil- 
ligkeit vorgezogen;  denn  Wir  konnten  nicht  erkennen,  dass  es 
Gerechtigkeit  möge  genannt  werden,  wenn  die  Strafe  der  Er- 
kenntniss  und  dem  Urtheil  vorangeht;  der  fromme  Fflrst, 
der  sich  gegen  Dich  allzeit  alles  Lieben  und  Guten 
beflissen  hat,  wird  jetzt  —  unerkannt  seiner  Sache  -—  schon 
sieben  Monate  lang  von  den  Deinen  belagert.  Aus  diesen 
vielfältigen  und  hochwichtigen  Ursachen  sind  wir  genöthigt 
worden,  Dir  nicht  länger  mehr  zu  trauen,  und  gänzlich  an  Dir 
zu  verzweifeln,  auch  Unsere  Freundschaft,  die  Du  so  oft 
ausgeschlagen,  mit  vielen  andern  mächtigen  Fürsten  zu  ver- 
binden.^ 

Dieses  Schreiben  v.  23.  Juni  datirt  wurde  am  26.  Juni  durch 

den  päpstlichen  Legaten  Balthasar  Castilian  an  den  Kaiser  ab- 
geschickt. Indessen  mag  Klemens  schon  nach  zweien  Tagen 
seine  Uebereilung  eingesehen  haben;  denn  er  schickte  seinem 
Legaten  ein  viel  milder  abgefasstes  Schreiben  nach  —  mit 
dem  Befehle,  das  erstere  zurückzubehalten,  und  dafür  das 
zweite  abzugeben.  Indessen  kamen  beide  Briefe  in  die  Hände 
des  Kaisers. 

Karl  y.  beantwortet«  unterm  18.  September  1526  von 
Granada.  aus  das  erste  päpstliche  Schreiben  mit  gleicher 
Schärfe.     Darin  sagt  der  Kaiser  unter  Andern: 

„Deine  Anschläge  sind  alle  dahin  gerichtet,  mich  aus 
Italien  zu  bringen.  Ich  kann  Dich  mit  den  Briefen  des  Mark- 
grafen Ferdinand  von  Pescara  überweisen,  den  Du  in 
Dein  Bündniss  hast  ziehen  wollen,  und  dem  Du  das 
Königreich  Neapel  verheissen  hast.  Dass  Franz  Sforza  im 
Schlosse  belagert  wird,  daran  ist  Ursache,  dass  er  sich  mit 
Dir  in  ein  Bündniss  eingelassen  und  dadurch  gegen  die  Haje- 


—    143    — 

sUfl  des  Kaisers  sieh  vergangen  hat;  die  Sehlösser  von  Ibl* 
land  and  Cremona  hat  er  nicht  Obergeben  wollen,  und  sich 
anch  nicht  Tcrantworten  mögen.  Du  meinst,  ich  soll  ihm  Alles 
schenken;  das  steht  mir  aber  nicht  zu,  auf  dass  ich  nicht 
Andern  Veranlassung  gebe,  von  ihrer  Obrigkeit  ebenfalls  ab- 
lulallen.  So  nun  dem  also  ist ,  und  ich  Dich  in  keinem 
Punkte  verletzt  habe ,  so  bitte'  ich  Dich  dringend.  Du  wollest 
vom  Kriege  abstehen,  und  das  will  auch  ich  tbun;  weil 
wir  als  zwei  grosse  Lichter  von  Gott  verordnet  sind,  so  wollen 
wir  uns  befleissen,  dass  die  Welt  durch  uns  erleuchtet  werde, 
und  dass  durch  unsere  Zwietracht  keine  Pinstemiss  entstehe.* 

Kaise  Karl  überschickte  auch  dem  Kollegium  der  Kar- 
dinfile  ein  Schreiben ,  in  weichem  er  sich  bitter  darüber  be- 
klagt, dass  Klemens  mit  den  Franzosen  isich  verbqnden  und 
ihm  einen  Fehdebrief  zugeschickt  habe,  also  im  Begriffe  stehe, 
einen  neuen  Krieg  anzufangen;  Niemand  sei  dem  römischen  Stuhle 
mehr  geneigt,  als  er  *);  als  Beweis  davon  möge  die  Thatsache 
gelten,  dass  er  Parma  und  Piaeenza,  die  dem  Reiche  gehöreten, 
der  Kirche  wiederum  gegeben  habe  —  was  er  nicht  zu  thun 
schuldig  gewesen  wflre.  Ebenso  hätten  die  deutschen  Fürsten 
und  Sttfnde  auf  dem  Reichstage  zu  Worms  grosse  Klagen  über 
den  römischen  Stuhl  geführt  und  Abstellung  der  Beschwerden 
gefordert;  er  habe  ihnen  aber  nicht  beigestimmt,  sie  vielmehr 
hingehalten  und  auf  ein  Concilium  vertröstet;  er  bitte  sie  also, 
den  Papst  mehr  zum  Frieden,  als  zum  Kriege  ermahnen 
zu  wollen. 

Beide  kaiserlichen  Briefe  erreichten  ihren  Zweck  durch- 
aus nicht*)  der  Krieg  begann  also  von  Neuem.  Eheyor  aber 
der  Verlauf  desselben  erzählt  wird,  müssen  wir  zuvor  noch 
einen  Blick  auf  Tirol  werfen. 

5.  Kaum  hatte  der  LandesfUrst  von  Tirol,   Ferdinand  I., 


*)  Der  Zeitgenosse  Karls,  Pialina,  best&tigt  diese  Behauptung  des 
Kaisers  mit  den  Worten: 

„Cujus  ingenio  nihil  inveniri  potest  Clementius,   aut  religioni 
Cbristianae  magis  addictnm.^ 


—    144    — 

durch  seiaen  Bruder  Karl  •  vom  Absagebrief  des  Papstes  and 
vom  nahen  Ausbruche  des  Krieges  sichere  Kunde  erhalten,  als 
er  auf  den  7.  September  1526  einen  Landtag  nach  Innsbruck 
ausschreiben  Hess  y  bei  dem  er  in  eigener  Person  den  Vorsitz 
führte,  und  unter  Andern  die  Forderung  stellte:  die  Landschaft 
solle  6000  Knechte  anwerben,  und  auf  ein  ganzes  Jahr  un- 
terhalten. Der  Ländtag  bewillige  die  Aufstellung  von  3000 
llann  und  die  Besoldung  derselben  durch  volle  4  Monate,  so 
wie  den  Zuzug  —  falls  dieser  nothwendig  werden  sollte  — 
von  lOOOO  bis  20000  Uann.  Die  Unkosten  far  die  Unter- 
haltung und  Besoldung  der  bewilligten  5000  Knechte  durch 
vier  Monate  waren  auf  80Q00  Gulden  angeschlagen.  Zur  Ein- 
treibung und  Verwaltung  dieser  Summe  wurden  im  Lande  nach- 
stehende Viertelhauptleute  ernannt: 

An  der  Etsch:  Jakob  Pux. 

Am  Eisack:  Arbogast  von  Anneberg. 

Am  Eisack:  Wilhelm  von  Lichtenstein. 

Im  Viertl  unter  Trient :  K^rl  Trapp. 

Im  Obei-innthal :  Veit  von  Wfthingen. 
.    Im  Unterinnthal:  Martin  von  Thunn, 

Für  die  Herrschaften  Rattenberg,  Kufstein  und  Kitzbüchel  : 
Christof  Fux. 

Pusterthal:  Kaspar  KOnigl. 

Stift  Brizen:  der  Hauptmann  daselbst. 

Stift  Trient:  Christoph  von  Thuqn. 

Nonsberg:  Christoph  von  Trautmannsdorf. 

Unter  Einem  wurde  auf  diesem  Landtage  auch  die  Auf- 
stellung eines  Kriegsrathes  beschlossen,  und  in  diesem 
nachstehende  Herren  erwflhit. 

Von  der  Regierung:  zwei  Rtfthe. 

Von  Trient!  die  zwei  dort  aufgestellten  Kommissfire. 

Ferners  der  Landeshauptmann  Leonhard  von  Vols. 

danii  die  Herren  Sigmund  von  Thunn,  Sigmund  von 
Brandis,  Thomas  ZetI,  Afner  von  Hall,  Aichhart  Haussmann, 
Cardigny  und  Wolfgang  Engensteiner. 


—    143    — 

Die  Aufgabe  der  Mitglieder  des  Kriegsrathes  war:  sich 
zu  allen  vorkommenden  Kriegshandlungen  brauchen  zu  lassen. 
Das  „guelbedunhhen^  dieses  Landtages  ging  auch  dahin:  man 
soUe  allen  denjenigen,  welche  sich  ausser  Landes  begeben  hlitten, 
und  dem  Gaissmayr  anhängig  gewesen  wären,  einen  Termin 
von  Einem  Jahre  gewfthren,  binnen  welcher  Frist  selbe  sich 
als  gehorsame  Unterlhanen  zu  stellen  hätten,  für  welchen  Fall 
die  ttber.  sie  verhängten  Körperstrafen  in  Geldstrafen  verwan- 
delt werden  sollten. 

Schliesslich  noch  die  Meldung,  dass  Erzherzog  Ferdinand 
drei  Herren  als:  Georg  von  Freundsberg,  Christoph 
Fax  und  Johann  Zaten  in  das  deutsche  Reich  hinausschickte 
mit  der  Aufgabe:  „Geld  auf  Clainoler  aufzubringen.^  Der 
versammelte  Landtag  wurde  bei  dieser  Gelegenheit  vom  Erz- 
herzoge angegangen ,  für  den  Fall ,  dass  die  Kaufleute  ohne 
besondere  Bürgschaft  kein  Geld  herleihen  wollten,  so  möchten 
die  Stünde  sich  „als  Not  Pirgen  vmb  50000  Gulden  ver- 
schreiben.^ Dieser  Antrag  des  Lande^ftfrsten  wurde  mit  dem 
Beisatze  angenommen,  dass  die  jährlichen  Zinse  des  erhaltenen 
Darlehens  aus  dem  Gefälle  des  Phnnhauses  erlegt  werden 
sollten. 

So  stand  also  Tirol  für  den  bevorstehenden  Krieg  ge** 
rilstel  da. 


10 


—  t4r  — 


VI.  Abschnitt. 

Ausbruch  des  Kriegeg;  Wegnahme  Ton  Lodi  durch  die  Venetiamr; 
Vereinigang  des  rerbündeten  Heeres;  Tergebliche  Anstrengung 
desselben  Maihind  za  nehmen:  Bourbons  Ankunft  in  Mailand; 
lein  Schicksal  In  Spanien;  die  I>eputation  der  nnglückttchen  Siadt 
bei  Bourbon;  heldenmüthige  Tertheidigung  der  Stadt  Cremon» 
durch  den  tapfem  Hauptmann  Conradin  Spergser  von 
Ol  um  8;  die  ^Cremoneser  Knechte;^  das  rerbündete  Herr  tarn 
dritten  Male  Tor  Mailand:  Ankunft  französischer  HOlfetrappen  in 
Lager  der  rerbündeten;  kritische  Lage  der  kaiserlichen  Heer- 
führer; ihre  Zuflucht  zu  Georg  von  Frenndsherg. 

1.  Am  22L  Mai  1526  war  das  Büodniss  zu  Cognac 
gwischen  Klemens  YII.,  Fraqv  [.,  Venedig^  Florenz  u.  s.  w. 
gf^chlossen  worden,  und  schon  im  Juni  darauf  rückten  die 
VerbaudeCen  ins  Feld.  Die  ersten  and  eifrigsten  aus  ibnao 
waren  die  Yenetianer;  diese  stellten  ein  beträchtliches  Heer 
auf  die  Beine,  bei. dem  sieb  1000  Mann  Kürassiere  und  1000 
leichte  Reiter  befanden;  Oberbefehlshaber  dieser  Truppe*  war 
Franz  Herzog  von  Urblno.  Dieser  erhielt  den  Auftrag, 
vor  Allem  den  im  Schlosse  zu  Mailand  schon  seit  sieben  Mo- 
naten eingeschlossenen  Herzog  Franz  Sforza  zu  entsetzen.  Zu 
diesem  Zwecke  rückte  derselbe  schnellstens  an  die  Adda,  und 
lagerte  sich  vor  Lodi;  der  Herzog  beschloss,  zuerst  sich 
dieser  Stadt  zu  bemächtigen,  um  beim  weitern  Vorrücken  auf 
Mailand  seine  linke  Flanke  und  den  Rücken  gesichert  zu 
wissen.  In  Lodi  lagen  als  Besatzung  nur  drei  Fähnlein  Spa- 
nier und  700  Italiener  unter  den  Führern  Fabrilius  Maramald, 
einem  gebürtigen  Neapolitaner,  Sigmund  Malatesta  und  Ludwig 
Vistarin.  Dieser  Ludwig  Yistarin  -*  ein  heimlicher  Anhänger 
des   Sforza  --  machte   den   Schelm,    und  spielte   den   Vene- 


r 


—    147    ^ 

die  Stadt  auf  Mgende  Weis«  in  die  Hände:  zueml 
liese  er  dem  HsRog  von  Urbino  und  dem  Legaten  der  Re^ 
publik  Venedig,  Pietro  Pesaari,  mit  denen  er  aehon  früher  ia 
Unlerhandlangen  getreten  war,  zu  wisaen  machen,  sie  möchten 
aich  mit  einer  bedentenden  Truppenzahl  bei  Nachts  einem 
Tharme  nahen,  den  er  ihnen  bezeichnete.  In  der  bestimmten 
jüacl^  bestieg  der  Verrätber  von  einigen  seiner  Geseiien  be- 
gleitet den  bezeichneten  Tkarm,  erstach  in  aller  Stille  die  sechs 
Mann,  weiehe  denselben  besetzt  hielten,  und  ermöglichte  den 
lauernden  Venetianern  die  Ersteigung  und  Besetzung  desselben, 
ehe  Hiramald  und  Malatesta  etwas  davon  merkten. 

Als  es  nun  Tag  geworden  war  —  24,  Juni  1526  —  nflherte 
sieh  ein  Anfllbrer  der  Venetianer  mit  den  in  Bereitschaft  ge- 
haltenen Stnnnleiteni  der  Stadtmauer,  erstieg  sie  ohne  Anstand, 
und  nahm  die  Stadt  in  Besitz;  die  Kaiserlichen  relirirten  gegen 
Mailand;  in  Folge  dessen  wurde  Pavia  mit  1500  Landsknechten 
beseUt. 

2.  Mittlerweile  hatte  Klemens  5000  Mann  Fussvolk,  und 
auch  etwas  Kavallerie  unter  Anffihrung  des  Grafen  Guido  von 
Rangone,  einem  tüchtigen  OfFiztere,  nach  Piacenza  abge« 
sohiekt;  dahin  brachte  auch  der  Vetter  des  Papstes  und  ober- 
ster Feldhanpimann  der  römischen  Kirche,  Johann  von  Me-* 
dicis,  ^er  von  seiner  bei  Pavia  erhaltenen  Wunde  bereits 
gcaesen  war,  8000  Mann  zu  Fnss  «nd  ein  starkes  Kontingent 
zu  Pferd  Auch  die  Stadt  Florenz  sendete  eine  starke  Ab-* 
theilong  Fussvolk  und  Reiterei  unter  Anfuhrung  des  Vitelius 
Tiphema  zum  Heere  der  Verbttndeten  ab;  des  Papstes  Stell«* 
Vertreter  beim  Heere  und  oberster  Kriegsrath  desselben  war 
der  berühmte  Geschichtschreiber  Francesco  Guicciardini 
von  Florenz. 

Das  verbündete  Heer  rückte  nun  in  einer  beiläufigen  Stflrke 
von  30000  Marni  vor  Mailand;  seine  Ueberlegenheit  machte 
es  den  KaiserKehen  furchtbar,  da  diese  In  der  benannten  Stadt 
nur  5000  Spanier  und  3000  Deutsehe  hatten.  Johann  von 
Medicis  lagerte  sich  bei  der  südlich   liegenden  Porta  Romcna, 

10» 


-    148    - 

wagte  sogbr  einen  Angriff  auf  die  Stddl,  welche  keine  Mauern 
hatte,  somit  ganz  offen  war,  wurde  aber  -^  surtickgeschiagai. 
Täglich  wurden  nun  Aosfölle  unternomflnen ,  täglich  Gefechte 
geliefert,  wobei  jedoch  die  Verbündeten  stets  den  Kiraem 
zogen,  endlieh  gai*  auf  Helegnano  sich  zurtickzogeo ,  und 
dort  verschanzten. 

Während  dieser  Zeit  hatten  die  kaiserKcheo  Truppen  in 
Hailand  einen  äusserst  harten  Stand,  einen  Stand  zum  Ver- 
zweifeln. Sie  mussten  nämlich  die  feindlich  gesinnten  Stadt- 
bewohner im  Zaum  halten,  dabei  die  Belagerung  des  Schlosses 
fortsetzen,  und  die  unternommenen  AusMIe  des  Sforza  zurück- 
schlagen, endlich  auch  noch  zu  gleicher  Zeit  einen  übermäch- 
tigen Feind  abwehren,  der  alle  Anstrengungen  machte,  in  die 
Stadt  einzudringen,  und  den  Sforza  zu  „eiitschtttten.^ 

Dieser  befand  sich  derzeit  auch  wirklich  in  einer  solchen 
Noth,  dass  man  im  Schlosse  nur  etwas  Brod  und  Mehl  mit 
Kleie  vermengt  zu  essen  hatte.  Aus  diesem  Grunde  Hess  er 
um  Hilternacht  durch  200  Mann  einen  Aussfall  machen;  diese 
schlugen  sich  glücklicherweise  vom  Dunkel  der  Nacht  be- 
günstigt durch  die  Kaiserlichen,  und  erreichten  das  Lager  der 
Verbündeten,  denen  sie  die  Nachricht  brachten:  der  Herzog 
müsse  sich  vom  Hunger  gezwungen  ehestens  ergeben,  wenn 
er  nicht  entsetzt  würde.  Der  Herzog  von  Urbino  wollte  jedoch 
vorerst  das  Eintreffen  von  14000  Schweizern  abwarten^  und 
erst  dann  einen  neuen  Angriff  auf  Mailand  unternehmen. 

Ehevor  der  beantragte  Angriff  wirklich  statt  fand^  war 
der  Oberbefehlshaber  sämmtlicher  kaiserlicher  Truppen  für  den 
gegenwärtigen  Krieg,  der  Herzog  Karl  von  Bourbon, 
in  Mailand  eingetroffen. 

Und  wie  war  es  dem  Konnetable  iu  Spanien  ergangen? 
Vernehmen  wir  es  in  Kürze. 

3.  Als  der  gefangene  König  Franz  nach  Spanien  gebracht 
worden  war,  eilte  auch  Bourbon  dahin,  schiffte  in  Genua  ein, 
und  kam  in  kurzer  Zelt  nach  Toledo,  wo  Kaiser  Karl  V. 
damals  eben  residirte.    Von  allen  Granden   begleitet  ging  der 


Kaiser  dem  Herzoi^  entgegen,  um  ihn  am  SladUhore  zo  em- 
pfangen. Biae  zürtltehe  Umarmang  drückte  die  Verbindlichkeit 
aas,  die  Karl  gegen  Bourbon  hatte.  Der  Herzog  rousste  sich 
rar  linken  setzen,  als  Karl  V.  ihn  in  den  Palast  einftthrte, 
.welcher  fttr  den  Sieger  bei  Pavia  bestimmt  war.  Minder  ge^ 
sehmeidig  waren  Karls  Höflinge,  die  sich  durch  die  Grösse 
dnes  Mannes  bekidigl  fühlten,  welcher  seine  Unabhängigkeit 
bisher  so  gltleklich  behauptet  hatte;  sie  benutzten  jede  Gele- 
genheit, am  Bourbon  zu  kränken.  So  bat  z.  B.  6er  Kaiser 
den  Markgrafen  von  Villena :  er  möge  dem  Herzog  eine  Woh- 
nung in  seinem  Paläste  einrinmen  -^  was  dieser  zwar  bewil^ 
ligte,  aber  mit  dem  Beisatze :  nach  Bourbons  Entfernung  werde 
er  das  Gebäode  niederbrennen  lassen,  weil  es  zur  Wohnung 
fär  einen  Mann  ron  Ehre  nicht  mehr  tauge.  Eine  gegenseitige 
Erbittenwg  war  demnach  unausbleiblich,  indem  Bourbon  der 
Annassung  der  Granden  den  ganzen  Stolz  eines  Mannes  ent- 
gegensetzte, der  sie  tief  unter  sieh  erblickte. 

Während  der  Herzog  in  Spanien  verweilte,  und  sIcherKeh 
nicht  auf  Rosen  gebettet  war,  brach  in  Folge  des  zu  Cognac 
abgesohksaenen  Bundes  der  Krieg  wieder  an»,  zu  dessen  Ptth- 
mng  Karl  V.  den  Kopf  und  den  Arm  eben  eines  Bourbon 
bedorfte;  dieser  wurde  also  als  Statthalter  von  Mailand 
und  ala  Oberbefehlshaber  sämrotlicher  kaiserlicher  Truppen  nach 
Italien  geschickt  Mit  dreien  Galeeren  kam  der  Konnetable  in 
Genua  an ;  umsonst  hatte  Andreas  Doria  mit  acht  Galeeren  den 
Versuch  gemacht,  das  Einlaufen  des  kleinen  kaiserlichen  Ge- 
aehwaders  in  den  Hafen  von  Genua  zu  verhindern.  Boorbon 
hatte  800  Mann  und  Wechsel  auf  100000  Goldkronen  zur 
Besaklung  der  Truppen  bei  sich;  mit  diesem  erreichte  er  das 
ungittekllche  Mailand,  wo  er  von  den  Kaiserlichen  als  ihr 
Ftihrer  und  Feldherr,  von  den  Stadtbewohnern  aber  als  ihi" 
Helfer  und  Erretter  mit  gleicher  Ungeduld  und  Sehnsneht 
erwartet  wurde.  Bourbon  fand  bei  seinem  Einzüge  in  die 
so  bMheude  Stadt  nur  noch  das  schwache  SchattenblM 


—     IH)    — 

Er  besog  seinen  Palast,  und  iitlte  noch  aicbl  vov  des 
Be«ehwerden  seiner  Reise  ausgeruht»  als  die  vomeiuBsteo  Bttrger 
in  Trauergewand  —  wie  eben  so  viele  Schalten  -^  vor  ihm 
erschienen.  Die  Augen  niedergeschlagen,  die  Venweifliuig  im 
Herzen  und  die  Scham  auf  der  Stirn  warfen  sie  sich  za  äetoan 
Füssen,  und  baten  in  den  rahrendsten  Ausdriichen  um  Befrei«*, 
nng  oder  um  den  Tod.  Einer  von  ihnen  trat  als  Redner  avf, 
und  schilderte  die  unaussprechlichen  Leiden,  welchen  die  Stadt 
schon  seil  Monaten  preisgegeben  wäre.  „Friedrich  Barbarossa 
—  so  endete  er  —  überfiel  diese  Stadt  mit  Griteel  vmi  Ver- 
wflstnng;  er  befleckte  seine  Hunde  mit  Rlut  und  zerlrUnmeile 
die  Grund vesten  unserer  Hfiuser ;  aber  diese  Witth  dauerte  nur 
einige  Tage*  Statt  dessen  wttrde  sich  das  aUgememe  Elend  mit 
jedem  Augenblick  vermehren,  wenn  unsere  Feinde  Erfindungs* 
hraft  genug  besftssen,  neue  Leiden  zu  erdenken.  Unntre  letzte 
Hoffnung  stützt  sich  auf  Sie,  grossmüthiger  Farstl  Wir  bitten 
nur  um  Nenschlichkeft.  Sieht  es  nicht  in  Ihrer  Macht,  ons  n 
retten,  so  lassen  Sie  uns  lieber  in  einem  allgemeinen  Gemetzel 
fallen,  als  auf  dieser  langsamen  Folter  zu  Tode  gequilt  werden. 
Gerne  wollen  wir  Ihren  Kriegern  verseibeo,  wenn  sie  «os  durch 
den  Tod  aus  diesem  furchtbaren  Znsland  retten.^ 

Die  ganze  Versammlung  brach  bei  diesen  Worten  in 
neuen  Jammer  aus,  und  warf  aioh  neserdings  zn  des  Fürsten 
Füssen  und  bat  um  Retinng,  wfin»  es  «ach  durch  den  —  Tod. 
BourboA  whiersiand  dieser  erschttUemden  Scene  niehl;  seine 
Thrftnen  vermischten  sich  mit  den  Thränen  dti  Unglfioidichefl. 
Er  bat  sie,  Hulh  zu  fassen.  Nicht  ad*  die  Rechnung  des 
Kaisers  homme  das  Ungiflck  —  sagte  er  —  sendem  es  Alle 
einem  veriasaenen  Heere  zur  Last,  das  die  Noth  z«r  Verfibang 
lOn  Gewaltthäligkeiten ,  und  der  ausgebronbene  Atfrahr  mt 
Oraanamkeit  verleilet  hfitten.  Er  habe  betrtehtfidie  Summen 
iriMgebraehl ;  bereitwillig  wolle  er  sie  zur  Befriediguiig  4ler  Truppen 
verwenden,  wenn  die  Stadt  ihm  mit«  einem  Beiträge  von  30000 
Duhatoi  zu  Hftir«  kemmeiv  nntirde«  ,^lefa  «wietss. -^  fi%te  ito 
hinzu  —  dass    Ihr    durch   ähnliche  Verheissungen    nmHr 'tte 


—    151    — 

nal  hidtergaiif^n  wotd«i]  seid;  aber  der  Himmel  sei  mein 
Besfe^  das«  idi  es  ehrlich  meiBe;  und  breche  Ich  mein  Wort, 
so  mag  in  der  ersten  Schiachl  die  ersle  Kugei 
mein  Herz  darchdridgeo*^ 

Der  Wunsch,  sich  ihrer  Drünger  au  entledigen ^  gab  den 
IMiftndeni  Bereitwilligkeit  genag  au  dem  verlanglen  Opfer; 
wehmttthig  legten  sie  nach  einigen  Tagen  die  geforderte 
Summe  zu  Bourbons  Füssen  nieder.  Dieser  verwendete  sie  so- 
gleich data,  die  Soldaten  zu  befriedigen,  und  neue  Grfluel- 
thaten  zu  verhüten;  allein  auch  mit  dem  besten  Willen  war 
er  nicht  im  Stpade  durchzudringen  und  seinen  edlen  Zweck  zu 
erreichen. 

4.  Bourbon  benutzte  den  Rückzug  der  Verbündeten^nach 
MelegnanOf  um  die  Vorattidte  von  Mailand  zu  befestigen^  und 
den  belagerten  Sforza  zuf  Uebergabe  des  Schlosses  tu  zwingen. 
Herzog  Franz  übergab  aber  den  Platz  nicht  eher,  als  bis  der 
ginsliche  Mangel  an  Lebensmitteln  ihn  dazu  zwang.  Bourbon 
erJaubte  dem  abgesetzten  Herzog  sich  nach  Co mo  zu  begeben, 
und  sicherte  ihm  eine  jäbrliihe  Pensipn  von  30000  Dukaten 
zu,  his  der  Kaiser  sein  Schicksal  entschieden  haben  werde; 
allein  kaum  war  Herzog  Franz  von  Hailand  weg,  als  er  sich 
—  statt  nach  Como  zu  gehen  —  den  Verbündeten  in  die 
Arme  warf,  und  mit  Trommel  und  Pfeife  ins  feindliehe  Lager 
fiberging  —  ein  schlechter  Dank  für  die  Grossmuth,  die  Bourbon 
an  ihn  geübt. hatte! 

Yersttrkl  durch  die  mittlerweUe  im  Lager  der  AHHrten 
eihgetroiTenen  Holfstmppen  ans  der  Schweiz  in  einer  Stärke 
von  6000  Mann  rückte  der  Herzog  von  Urbino  zum  zweiten 
Mal  nach  Mailand  vor,  wurde  aber  aenerdiags  ven  dieser  Stadt 
zurückgetrieben.  Der  Herzog  begnügte  sich  nun  damit,  die 
Stadt  Mailand  zu  blockiren;  zu  diesem  Zwecke  verwendete  er 
4ie  TnpfeR  des  Johann  von  Medicis,  so  wie  auch  die 
Schweizer;  den  Malatesta  Baleam  von  Perugio  schickte  er  mit 
8000  italienischen  Fufisknechlen  nach  Cremoaa,  um  diese 
Stadt  4ad  fMwriMMl  zu  eMeüsen^    KomiMidaiiit  der  Sudt 


-     152    — 

Cremona  war  ein  braver  Tiroler,  welcher  Hera  and  Kopf  mf 
dem  rechten  Flecke  halte,  ich  meine  den  wackern  Camr&äin 
Spergser  von  Ghirnsy  den  wir  beretto  als  eineB  der  ausfe- 
zeichnetsten  Hauptleute  setner  Zeil  kennen  *).  Dieser  hatte 
10(X)  Deutsche  und  500  Spanier  unter  seinem  Kommando, 
welche  die  Besatzung  der  Stadt  bildeten;  das  Schloss  m  der- 
selben   hatten    noch  die  Truppen  des  Herzogs   Franz  Sforza 


*)  Der  richtige  Name  des  HauptmiuiDS  Conradin  scheint  Spergs 
gewesen  zu  sein :  natii  dem  damaligen  Gebrauche  hiess  er  kura- 
weg  „der  Spergser,*  unter  welchem  Nomen  er  dann  in  der 
Geschichte  vorkommt,  und  zwar  das  erste  Mal  im  Jahre  1519  — 
bei  nachstehenden  drolligen  Auftritte. 

Zum  Schulze  der  Thiere,  namentlich  aber  des  Wildbrets, 
bestanden  in  den  damaligen  Zeiten  die  allerstrengsten 
Gesetze.  Um  nun  ihre  Unnatur  durch  eine  beissende  Ssfyre 
darzustellen  wurde  im  ohig^en  Jahre  —  1519  —  in  der  Stadt 
Glurns  folgendes  Stücklein  zum  Besten  gegeben: 

In  der  Gemeinde  Stilfs  richteten  die  pScheermause"  eine 
solche  Verwüstung  in  den  Wiesen  und  Aeckern  an,  dass  der 
Gemeinde  eine  gänzliche  Verarmung  drohte.  Da^  eiofacbste 
Mittel  dagegen  wäre  nun  freilich  eine  Vertilgung  der  Mäuse 
gewesen;  allein  die  ,, lieben  Thierlein^^  standen  unter  dem 
Schutze  der  Gesetze,  darum  konnte  gegen  dieselben  nur 
nach  richterlichem  Spruche  eingeschritten  werden.  EUn  solcher 
Gerichtshof  trat  nun  wirklich  in  Glurns  zusammen ;  den  Vorsitz 
dabei  führte  Conrad  Spergs  —  Conradin  „der  Spergser." 
Die  Abgeordneten  der  durch  die  ,,8cheerminse^^  verarmten 
Gemeinde  brachten  mit  aller  Beredsamkeit  ihre  entsetzliche  Lage 
vor;  aber  auch  die  Advokaten  für  die  Mause  führten  muthig 
die  Vertheidigung  ihrer  dienten.  Nachdem  nun  der  Prozcss 
einen  ganzen  Tag  lang  nach  allen  Regdn  des  römtschen  Rechfes 
verhandelt  worden  war,  fällte  der  Gerichtshof  folgendes  Urtheil : 

„Die  Mause  haben  zwar  ihrer  etwas  zu  ungebührlichen  Auf- 
Hibrung  wegen  die  Gemeinde-Güter  in  Stilfs  zu  verlassen,  jedoch 
wird  die  Gemeinde  verpflichtet.,  den  ausziehenden  ^^Thierleifl^^ 
eine  wohnliche  Wiese  zur  freien  Verfügung  anzuweisen;  da 
aber  eine  solche  nach  der  Erklärung  der  Gemeinde  nur  jenseits 
der  Btsch  zu  Ariden  sei,  so  wurde  diese  zwar  angenommen  - 
aber  nur  unter  der  Bedingung:  dass  die  Geneinde  den  aas* 
ziehenden  Mäusen  eine  Brücke  üher  die  Etsch  baue;  jenen  aber« 
die  noch  klein,  oder  die  in  interessanten  Umständen  sich  be- 
finden, soll,  bis  ihr  Wandern  aus  Gesundh^itsrätksicbten  rälb- 
JNcb  fu-scli^,  der  ^rnere  AttfraMwUt  in  CMfi  »Mtaiel  Meilen/' 


—    158    — 

inne.  Daraiui  ergibt  sich  der  ungemeine  schwere  Stand,  den 
Hauptfliann  Conradin  hatte ;  er  musste  die  Einwohner  im  Zaum 
halten,  die  Besatzung  des  Schlosses  unschüdlich  machen  und 
einen  fitoffach  (iberlegenen  Feind  abwehren. 

Drei  Tage  lang  donnerten  die  Geschütze  der  Verbündeten 
fort  and  fort  auf  die  Stadtmauern  und  warfen  diese  in  Trümmer. 
Da  unternahm  Conradin  am  vierten  Tage  zur  Nachtszeit  an  der 
Spitze  seiner  braven  Leute  einen  wütUgen  Ausfall,  erschlug  bei 
600  Feiode,  erbeutete  13  Fähnlein,  und  schleppte  sämmtliehe 
Schanzkorbe  mit  sich  fort  in  die  Stadt  hinein. 

Dieser  kühne  und  mit  dem  besten  Erfolge  gekrönte  Aus- 
fall hatte  im  Heere  der  Verbündeten  einen  solchen  Schrecken 
verbreitet,  dass  die  Leute  mit  Schlägen  angetrieben  werden 
mussten,  einen  Sturm  auf  die  nieder  geworfenen  Mauern  zo 
unternehmen.  Dessen  schämten  sich  die  beiden  Führer  Mala* 
testa  und  Julius,  stellten  sich  in  eigener  Person  an  die  Spitze 
der  Stttrmenden,  um  ihre  Leute  durch  das  gegebene  Beispiel 
zu  ermuthigen,  und  unternahmen  den  Sturm  —  in  der  Hoffnung^ 
die  Besatzung  des  Schlosses  werde  sie  durch  einen  Anshll  in 
ihrem  Unternehmen  unterstützen;  indessen  wurden  die  Ver- 
bündeten mit  blutigen  Köpfen  zurückgewiesen,  und  der  ange- 
legte Storm  von  Conrad  in  und  seiner  braven  Matinsekaft 
siegreich  abgesehlagen;  Julius  selbst  wurde  erschossen  und 
blieb  todt  auf  der  Wahistatt.  In  Folge  dessen  sah  sich  der 
Oberbefehlshaber  der  AIHirten,  Franz  Herzog  von  Urbhio,  ver- 
anlasst mit  dem- ganzen  Kriegsheere  vor  Cremona  zu 
ziehen,  um  diesen  Platz  zu  nehmen.  Voll  Uomuth  über  die 
erhaltene  Schlappe  der  Seinen  that  dieser  den  Ausspruch:  »Es 
wären  nit  Menschen,  sondern  rechte  Te.uffel 
drinnen;  einen  solchen  Respekt  hatte  Conradin  mit  «einen 
braven  Leuten  dem  Feinde  elnzuflössea  verstanden!  Der  Her- 
zog von  UrUno  Hess  jetzt  etin  ^Erdwerk^  aufwerfen  von 
solcher  HObe,  dass  selbes  sogar  die  Stadt  überragte;  zugleich 
wurde  auch  die  Stadtmauer  auf  einer  noch  grossem  Strecke 
m  Trtmacr  g^sehoMen,;  und  ao  die  BfMdie  bedeutend  er«» 


~    154    — 

weitei'l;  jedoch  auch  die  Besatzung  war  nicht  müsiSTg,  sondern 
unterminirte  heimlich  den  aufgeworfenen  Erdwall ,  und  sprengte 
denselben  in  die  Lflfte;  bereits  waren  dreizehn  Stürme  ab- 
geschlagen, aber  tausend  todte  Feinde  bedeckten  die  Bresche 
oder  lagen  im  Graben  Endlich  unternahm  der  Herzog  von 
Urbino  noch  eiiien  Hauptsturm,  der  den  ganzen  Tag  —  es 
war  am  Feste  Maria  Himmelfahrt,  also  den  15.  August  —  mit 
aller  Heftigkeit  anhielt;  leider  war  der  Besatzung  bereits  die 
Munition  ausgegangen,  ein  Umstand,  der  den  tapfern  Komman- 
danten Conradin  in  die  traurige  Nothwendigkeit  versetzte,  mit 
den  Aillirten  zu  unterhandeln;  das  ßesaltat  der  eingeleitetea 
Unterhandlungen  war:  erscheine  innerhalb  zehn  Tag«n  kein 
kaiserliches  Heer  zum  Entsätze  der  Stadt,  so  soll  diese  den 
Verbündeten  übergeben  werden,  die  Besatzung  aber  freien  Ab- 
zug mit  Sack   und  Pack  erhalten. 

Als  nun  nach  Ablauf  der  festgesetzten  Zeit  kein  kaiser«' 
liebes  Heer  vor  Cremona  sich  zeigte,  «bergab  die  tapfere  Be- 
satBung  den  standhaft  behaupteten  Plalz,  und  zog  mit  (liegen- 
den Fahnen  gegen  Trient  ab,  wo  wir  den  wachere  Lands- 
lenten,  seit  ihrer  heldenmätbigen  Vertheidigung  von  Cremona 
insgemein  „rflc  Cremoneser  Knechte^  genannt,  nnter  ihrem 
tapfem  Führer,  Canradin  von  CHui^ns^  -bald  wieder  begegnen 
werden.  Andreas  Gritti,  Herzog  von  Venedig-  war  onedel 
genug,  an  den  Herzog  von  Urbino  die  Forderung  zu  stellen, 
die  in  Cremona  gelegenen  Landsknechte  nach  Venedig  auf 
die  Galeeren  zu  schfcken;  allein  der  Her^g  von  Ur- 
Wno  dachle  edler,  wies  den  Antrag  Gritti's  zurück  und  Hesi 
die  „Cremoneser  Knechte^  rnhig  nnd  nnangefocblen  ihre  Wege 
ziehen. ' 

Nach  der  Einnahme  von  Cremona,  welche  Stadt  der  ver-* 
triebene,  abtrünnig  gewordene  Sforza  erhielt  und' sich  deshalb 
nun  Herzog  von  Cremona  nannte ,  rückte  das  Heer  der  Ver- 
bOndülen  vor  das  feste  an  der  Adda  gelegene  Piaaighellone; 
vergeMioh  waren  über  nUeihre  BMiilMttgfen,  diesen  Platz  so 
nehMn;  nil:  Sobmde  udd  mit  dem  Veriasla  Ten  dMriSB  Ha^pl" 


ieoten  «oMte  das  aRrirte  Heer  —  abziehen;  xtim  dritttetl 
Male  gingen  nun  die  Verbündeten  aof  Mailand  los;  sie  ^olHen 
dime  Stadt  um  jeden  Preis  in  ihre  Hände  bringen,  und  unter- 
Bahmea  deshalb  mehrere  Stürme  aaf  die  von  Boarbon  befestigten 
Vorstädte,  wurden  aber  immel*  zurückgeschlagen  und  verloren 
in  diesen  Gefechten  fünfzehn  Hauptleute. 

Der  erlittene  Verlast  wurde  aber  reichlich  ersetzt  durch 
die  Ankunft  neuer  Hillfstrnppen  aus  Frankreich ;  unter  der  An- 
fQhrvng  des  Michael  Anton,  Markgrafen  von  Saluzzo 
iangten  bei  4000  Franzosen  zu  Fuss  und  400  Kärassiere  mit 
200  leichte  Reitern  vor  Mailand  an,  und  verstärkten  das  ver- 
bttmiete  Heer.  Boorbon,  Statthalter  von  Mailand,  und  sämmt- 
Rebe  Kriegsiybersten  der  kaiserlichen  Armee  befanden  sich  jetzt 
in  einer  höchst  kritischen  Lage.  Während  das  Heer  der  Ver- 
bündeten dem  kaiserlichen  Heere,  welches  bdehslens  10000  Mann 
tüUte,  dreifach  überlegen  war,  und  von  Tag  zu  Tag  neue 
Verstflrknngeii'  aii  sich  sog,  verminderten  sich  die  kaiserlichen 
Trappen  durch  die  täglichen  Gefechte  und  dttreli  die  herr- 
schenden Krankheiten  in  der  eingeschlossenen  Stadt  von  Tag 
zu  Tag  —  ohne  Aussicht,  die  entstandenen  Lücken  auszufüllen 
und  die  abgehende  Mannschaft  zu  ergänzen.  An  wen  nun  sich 
in  dieser  dringenden  Noth  wenden?  An  Kaiser  Karl?  Dieser 
war  viel  zu  weit  entfernt,  und  derzeit  eben  vollauf  beschäftigt, 
den  Vice- König  Karl  Lannoy  mit  600  Spaniern  und  30  Last- 
schiffen, die  mit  Geschütz,  Munition  und  andern  Kriegsbedürf- 
nissen beladen  wurden,  nach  Neapel  abzusenden,  um  dieses 
Reich  gegen  einen  etwaigen  Einfall  der  Verbündeten  zu  schützen. 
Oder  sollten  sie  sich  an  Ferdinand  I.  wenden,  den  Bruder  des 
Kaisers  ?  Dieser  war  ganz  in  Anspruch  genommen,  seine  Länder 
gegen  die  Türken  zu  schützen;  denn  der  gewaltige  Soli- 
man  H.  hatte  so  eben  (am  29.  August  1526)  das  ungarische 
Heer  hei  Mohäcz  gänzlich  vernichtet,  war  bereits  bis  Ofen 
vorgedrungen  und  drohte  —  in  den  Besitz  von  Ofen  gelangt  — 
aach  die  Erblanden  Ferdinauds  zu  überschwemmen. 

Was  nun  weder  ein  Kaiser  leisten  konnte,  in  dessen  Reich 


—    <56    — 

die  Sonne  nicht  unterging ,  noch  ein  mächtiger  UHiig  ^  dies 
leistete  —  ein  einfacher  Privatmann,  und  dieser  war 
Niemand  Anderer  als  —  Ritter  Georg  von  Freundsberg, 
an  welchen  sich  nun  Bourbon^  Antonio  de  Leyva,  Jobann 
ßaptist  von  Lodron  und  auch  sein  eigener  Sohn  Kaspar 
mit  der  dringenden  Bitte  wendeten,  eilends  ein  Heer  anzu- 
werben, damit  nach  Italien  zu  ziehen,  um  das  Herzogtham 
Mailand  gegen  die  Verbündeten  zu  vertheidigen,  und  selbes  dem 
Kaiser  zu  erhalten.  In  gleicher  Absicht  und  zu  gleichem 
Zwecke  schrieb  auch  Kaiser  Karl  an  seinen  Bruder  Fer- 
dinand, dem  er  200.000  Dukaten  Subsidten  schidite,  und 
bat  ihn:  ,^den  Ritter  Georgen  von  Freundsberg,  den  SighafTten 
Kriegssmann  in  Sehwaben  zu  bewegen,  mit  einem  Kriegsvolk 
in  Italia  zu  ziehen,  vnd  dass  derselb  in  dieser  sadi  all  sein 
Vermdgen  wolle  thun,  das  sollt  jm  reichlich  vergoiten  werden/ 
Welchen  Erfolg  sänmtliehe  in  Mindelheim  eingelaufeae 
Schreiben  beim  Ritter  „Georgen^  gehabt  haben:,  wollen  wir 
nun  im  nächsten  Absätze  sehen. 


—    167    — 


Vn.  Abgchnitt. 

Frenndibergs  Werbung  Ton  Landsknechten  für  den  beantragten  Zug 
nach  Italien;  Aafefthlung  und  Aufstellung  der  Hauptleute;  Ab- 
maneh  des  Heeres  von  Trient;  Zug  desselben  Aber  die  Oebfrge 
unter  Anführang  dw  Grafen  An  ton  von  Lodron  nnd  imwth 
das  Herzogthnm  Mantua;  Ankunft  des  Grafen  Ludwig  vou 
Lodron  In  Borgoforte;  die  dem  kaiserlichen  Heere  gelegte 
SchUage  des  Hersogs  Ton  Mantua;  Abweisung  aller  Ton  den  Ter* 
bOndeten  unternommenen  Angriffe;  todtliche  Verwundung  de$ 
feindlichen  Anführers  Johann  ron  Medicis  durch  Georg  von 
Fr^undtbBrg;  Bericht  desselben  an  die  Regierung  zu  Inns- 
bntk,;  Üeberselsung  des  Po;  Stillstand  in  den  Operationen; 
Ulrich  Wittenbafht  Schreiben  nach  Innsbruck;  Bonrbons 
Terlegenheit  in  Mailand ;  der  Kanzler  Morone ;  Freundsberg 
Vereinigung  mit  Bourbon. 

1.  Nachdem  Georg  von  Freundsberg  durch  sein« 
aosgeieichoeten  Kriegskenntnisse,  durch  seinen  krüfligen  Arm 
und  durch  den  Zauber  seines  gefürchteten  Namens  wesentlich 
dazu  beigetragen  hatte,  die  Bauern-Unruhen  in  Tirol,  im  Algifu 
und  als  Locotenent  des  Herzogs  Ludwig  von  Bayern  auch 
im  Herzogthume  Salzburg  zu  unterdrücken,  kehrte  der  Held 
nach  Mindelheim  zurück,  um  hier  von  seinen  Strapatzen  aus- 
zuruhen. Jedoch  dem  tapfern  Kriegsmanne  war  nur  eine  sehr 
kurze  Ruh^  beschieden ;  denn  bald  nach  seiner  Ankunft  in  Min- 
delheim trafen  die  dringenden  Schreiben  seines  Sohnes  Kaspar, 
des  Antonio  de  Leyva  und  des  Herzogs  von  Bourbon  aus  Hai- 
land, und  des  Erzherzog  Ferdinand  aus  Innsbruck  ein. 

Der  Aufforderung  des  Kaisers  und  des  Landesforsten  von 
Tirol,  so  wie  den  Bitten  seiner  theuren  Waffengenossen  um 
Hülfe  konnle  der  patriotische  Mann  nicht  widerstehen; 
er  beschioss  also  seinen   dritten  Zug  nach  Italien  zu  unter- 


—    158    - 

nehmen.  Kaum  war  dieser  Entschluss  des  allbeliebten  Feld- 
haaptmannes  bekannt  geworden,  als  Landsknechte  von  allen 
Seiten  her  ihm  zuströmten.  Freundsbergs  Name,  Aussicht  auf 
eine  reiche  Beute,  und  ein  Thaler  Handgeld  waren  hinreichmid 
zahlreiche  Krieger  anzuwerben,  und  sie  trotz  der  NShe  des 
Winters  in  ein  Land  zu  fahren,  welches  der  Krieg  und  die 
Pest  gleich  furchtbar  verheerten.  Um  Geld  zu  erhalten  sah 
sicn  Freundsberg  genöthigt,  sein  Silbergeschirr  und  sogar  den 
Schmuck  seiner  Gemahlin  Anna,  Gräfin  von  Lodron,  der 
Schwester  unsers  Grafen  Ludwig  zu  versetzen.  OamU  noch 
nickt  zufrieden,  veipfKndete  er  auch  seine  Herrschaft  Hindel- 
heim,  machte  Schulden  auf  seine  Schlösser,  die  er  in  Tirol 
besass,  verkaufte  sogar  einen  guten  Thetl  seiner  Bergrechte 
bei  Gossensass.  Darauf  bekam  er  in  Allem  und  Allem  40000 
Gulden  (nach  einer  andern  Quelle  gar  nur  38000  Gulden). 
Mit  dieser  Summe  warb  der  Held  35  Ftthnkia  Fussvolk  an; 
mehrere  seiner  SiegesgefKhrten  und  Waffengenossen,  die  an 
seiner  Seite  und  unter  seinem  Kommando  die  beiden  frtthern 
Züge  nach  Italien  in  den  Jahren  1522  und  1525  mitgemacht 
hatten,  boten  ihm  den  mit  Schweiss  und  Blut  sauer  verdienten 
Sparpfennig  an. 

2.  Den  26.  Oktober  1526  —  an  einem  Freitage  —  schickte 
sich  Ritter  Georg  an,  von  Mindelheim  nach  Tirol  abzureisen, 
was  er  auch  dem  Herzoge  von  Bourbon  schrieb;  sein  Sohn 
Melchior  begleitete  ihn  *>  Den  Hauptleuten,  von  denen  Jeder 
ein  Fähnlein  (900  Mann)  kommandirte,  ertheilte  er  den  Befehl, 
sich  auf  nachstehenden  dreien  Sammelplätzen  aufzustellen. 


*")  Die  Beschreibung  des  dritten  Zuges  imsers  tapfern  Ritten 
nach  Italien  ist  entnommen  aus  einer  Relation  desselben  an  die 
..Wohigeboni  Edl  gestreng  Günstig  lieben  Herrn  vnnd  glitt 
Frenndt^  der  Regierung  zu  Innsbruck. 

Reissner  und  die  in  Rede  stehende  Relation  —  wehrschelnUch 
aus  der  Feder  desselben  Reissner  -  ergänzen  einander  voll- 
kommen. Das  Originale  der  Relation  befindet  sich  im  Archive 
der  Ambraser-Sammlung. 


—    *B»    — 

i.  Ia  Hjeran  iaüteo  ilcb  Mgmit  Haoptiteta  sanuiMln: 

Christoph   Graf  in  Lupfen, 

Christoph  Graf  zu  Eberattin, 

Philipp  Stumpf*), 

Wendelin  von  Weyers, 

Michael  Hartmtiia  von  Aitkirch, 

Michael  Merkle  von  Memmingen, 

Hanns  Werdenberger, 

Barthlmä  Mohr  von  Wangen, 

Rudolph  Embser, 

WHbelm  Neldhardt  von  Ulm, 

Hanns  Ekle  von  Costnitz 
2.  In  Bozen  hatten  sich  aufzustellen: 

Konrad  von  Bemmelberg  (Boineburg)  insgemein  der  »kleine 
Hess*  genannt**). 

Diepold  Hai  von  Heynburg, 

Kaspar  Reger  von  Ulm,   seiner  laugen  Statur  H^egei  ins- 
gemein der  „lang  Kaspar*  genannt. 


^)  Von  diesem  Himptmanne  sagt  der  Biograpbe  des  bertthmten 
Grafen  Niklas  Salm  folgendes:  ,.Die  Bauern  hatten  den  Erz- 
bischof von  Salzburg,  Mathaus  Lan^f.  in  der  Festung  ,^Hohen- 
salzburg*  eingesperrt  und  belagert;  ihr  Anführer,  Michael 
Gruber,  halte  den  steyriscben  Landeshauptmann,  Sigmund  von 
Dictrichstein  durcli  Yerrälherei  der  Biu-ger  und  Knappen  von 
Schladming  im  Jahre  1525  überfallen,  geschlagen,  gefangen 
und  ihn  mit  32  Rittern  enthaupten  lassen.  Da  sandte  Ferdinand 
den  Grafen  Salm,  um  diesen  Yerratb  mit  eiserner  Ruihe  zu 
züchtigen.  Unglaublich  schnell,  bei  Tag  und  Nacht  eilend,  durch 
die  verborgensten  Schluchten  dringend  stand  Salm  und  sein 
rascher  Hauptmann  Philipp  Stumpf  auf  einmal  überall, 
^vo  der  siegreiche  Haufe  es  am  wenigsten  vermuthete,  beru- 
higte Steyermark,  entsetzte  Radstadt,  erstürmte  Schladming  und 
übergab  es  den  Flammen,  so,  dass  es  seit  dieser  Zeit  aus  der 
Reihe  der  Städte  weggestrichen  und  unter  die  Marktflecken  ver- 
setzt wurde," 

Philipp  Stumpf  nahm  hier»uf  bei  Georg  von  Freundsberg 
Dienste. 
*^)  Sein  Landsmann  und  J4if  endgeaosse  Heinrich  Treusch  von  Buttlar 
hiess  wegen  seiner  körperlichen  Grösse  „der  grosse  Hess.^ 


—    160    — 

Frant  VOB  Heijiufdii  nil  dem  Beioamm  9, von  TboMis^  13. 
Albrecht  von  Freiberg, 
Urban  Linsing  von  Land  eck, 
Rudolph  von  Ehingen, 
Hanns  Schenk, 

Sebastian  von  ScherUin  zu  Burleiibaeli  2), 
Hanns  von  Bibrach, 
Anton  Wexler  3). 
3.  In  Trient  stellten  sich  auf: 
Ludwig  Graf  eon  Lodron^ 
Alexander  Graf  von  Clasena  ^), 
Franz  von  Breisach, 
Claus  Seidensticker  d), 
Ritter  Veit  von  Wfikingen  6) 
Ulrich  Wittenbach,  Hauptmann  von  Sehen, 
Ludwig  von  Grienenstein, 
Jakob  von  Vels  (Völs), 
Hanns  von  Stamps, 

Conradin  Spergser  von  Glurns, 
Hanns  Scbmid  von  Neran  T'j. 


A)  Kommt  oft  floch  vor  als  Franz  von  Hembsteyn. 

*)  Vulgo-Bastian  v.  Schertlio.  ein  allbekannter,  oflgenannler  Haupt- 
mann aas  jenen  bewegten  Zeiten,  derselbe,  der  20  Jahre  später 
(1546)  im  Dienste  des  scbmalkaldischen  Bundes  an  der  Spitze 
von  31  Fahnlein  die  Festung  Ehrenberg  nahm^  und  Tirol  mit 
einem  Einfall  ernstlich  bedrohte,  aber  wieder  gegen  Donauwörth 
zuröckwich,  als  er  die  Kraftentwickliing  des  Landes  sah. 

*)  Dieser  hatte  das  stärkste  Fahnlein  unter  seinem  Kommando, 
das  450  Manu  zählte. 

*)  Heisst  bei  Reissner  ,.Graf  von  Clauenna^  soll  wohl  heissen 
^Chiavenna."^ 

*)  Hauptmann  von  Innsbruck,  ein  alter  und  tapferer  Haudegen 
zugleich  erster  Frofoss  im  Heere. 

*)  Wir  kennen  diesen  Hauptmann  bereits  als  Inhaber  der  Pfand- 
berrschaft  Laudeck. 

'j  Dieser  machte  jedoch  den  Zug  aus  unbekannter  Ursaclie  nicht 
mit,  w esshalb  sein  Fähnlein  einem  der  vorbenanuten  Hmiplleute, 
zugetbeilt  wurde. 


—    161    — 

Nebst  dieseo  in  der  Relation  aofgesählten  Hauptleaten  kom- 
men bei  Reissner  noch  folgende  sieben  vor: 

Melchior  Ritler  von  Freandsberg,  der  Sohn  des  Feld- 
hauptmanns, 

Heinrich  von  Flitzingen, 

Stephan  Wein  und  Brod  (!), 

BarthlmÄ  Bonrinder  von  Wangen  *), 

Blanrer  von  Constanz, 

Daniel  von  Word, 

Nikolaos  von  Fleckenstein. 

In  Somma  erscheinen  zn  den  angeworbenen  35  Fflhnlein 
40  Häoptleute;  bemerkt  rouss  werden,  dass  die  fttnf  Letztge- 
nanslen  erst  spffter  als  solche  aufgeführt  werden,  nachdem  von 
Erstem  mehrere  bereits  gefallen  waren  wie  z.  B.  der  ^lang 
Ktspar^^  u.  a.  m. 

Kriegszahlmeister  beim  Heere  war  Kaspar  Schwegler, 
and  kaiserlicher  General -Kommissar  Harinus  Abbas  de 
Naggera  aus  Spanien. 

Die  nach  Trient  beorderten  Hauptleute  sollten  die  soge- 
nannten „Cremoneser  Knechte,^  die  wir  schon  früher  kennen 
gelernt  haben,   an  sich  ziehen. 

Als  das  Heer  auf  allen  dreien  bezeichneten  PIfitzen  — 
Heran,  Bozen  und  Trient  —  vollständig  beisammen  war,  zählte 
dasselbe  nach  der  Relation  10650  Mann  in  35  Fähnlein  — 
nach  Reissner  aber  bei  12000  Mann  in  38  Fähnlein ,  von 
denen  acht  aus  Tirol  waren.  Einem  vorliegenden  Kosten- 
voransrchlage  zu  Folge  benöthigte  dasselbe  für  15  Tage  34832 
Gulden  an  Sold;  Ritter  Georg  von  Freundsberg,  der  mit  allen 
seinen  Versetzungen  nur  38  bis  40000  Gulden  zusammen 
brachte,  hatte  somit  nur  so.  viel  Geld  in  Händen,  um  seine 
Leute  einen  halben  Monat  lang  besolden  zu  können  —  abge- 


*)  In  einem    Briefe  des  Ritters  Melchior  von  Freundsberg  wird 
dieser  Hauptmann  Barthlmä  Bernrieder  genannt. 

11 


—  tea  — 

sehen  davon,  dass  die  erhaltene  Summe  bereits  dareh  das  yer- 
abreichte  Handgeld  und  durch  Anschaffung  der  allernolhwen- 
digslen  Kriegsbedttrfnisse  schon  verausgabt  war,  ehevor  noch 
das  Heer  sich  in  Bewegung  gesetzt  hatte. 

3.  Am  1.  November  1526  brach  Georg  von  Freundsberg 
von  Sterzing  auf,  und  kam  am  2.  nach  Bozen.  Hier  musterte 
er  die  aufgestellten  Truppen,  und  beschloss  mit  den  Kriegs- 
Kommissären  und  den  anwesenden  Haupdeuten  in  „des  Drech- 
seis Hauss^  den  Zug  nach  Italien.  Tags  darauf  erzfihlte  er 
dem  Franz  Castellalt,  seinem  Waffengenossen  in  der  mörde- 
rischen Schlacht  bei  Bicocca,  und  mehreren  andern  Hauptleuten, 
es  wftre  ihm  m  der  vergangenen  Nacht  sein  vor  etDcben 
Jahren  gestorbener  Bruder  Adam  im  Schlafe  ^^ftirkommen^  und 
hätte  zu  ihm  gesagt:  ,)Bruder  Georg!  du  unternimmst  einen 
schweren  Zug,  und  wirst  schwerlich  über  die  Pässe  und  Fährten 
kommen;  du  wirst  den  Haufen  fähren,  dass  kaum  iOOO  Mam 
werden  überbleiben  ^}.i< 

Ungeachtet  dieses  schweren  Traumes  (der  bereits  buch- 
stäblich in  Erfüllung  ging,  wie  wir  sehen  werden)  setzte  Ritter 
Georg  ganz  wohlgemuth  seine  Reise  fort,  und  kam  am  2.  No- 
vember in  der  Nacht  nach  Branzoll.  In  Trient  sah  sich  Freunds- 
berg schon  genöthigt  von  den  tirolischeo  „Husterkommissarien^. 
Karl  Ritter  von  Trapp  und  Franz  Ritter  von  Breisach  2000 
Gulden  entlehnen  zu  müssen,  um  nicht  mit  blossen  Händen 
wegrucken  zu  müssen,  „die  er  so  hoclidankbarlich  mit  über- 
laufenen Augen  empfangen  hat.^ 

Der  Fürstbischof  v.  Trient,  Kardinal  Bernhard  v.  Cles,  in 
dessen  Wohnung  Ritter  Georg  sein  Absteigquartier  genommen 
hatte,  suchte  den  Helden  vom  beschlossenen  Zuge  abzuhalten, 
unter  dem  Vorgeben:  der  Feind  wäre  zu  mächtig,  er  dagegen 
viel  zu  schwach.    Freundsberg  gebrauchte  sein  altes  Sprich- 


*)Adam  von  Freundsberg  erhielt  als  Feldhauptmano  des 
schwäbischen  Bundes  im  Kriege  gegen  die  Schweizer  anno  1499 
einen  Schuss  in  den  Schenkel;  die  Kugel  trug  er  18  Jahre  lang 
mit  sich  herum  -  bis  zu  seinem  anno  1517  erfolgten  Tode. 


-    188    — 

wort:  9 Viel  Feind ,  viel  Bhi^  ond  Hess  sich  in  seinem  Vor*- 
Ittbea  aiohl  irre  Beehen. 

An  12.  Novemlier  Mittags  gescliib  der  Aarknicli  fOn 
Trient»  Gnf  Gerard  von  Arco  gab  seinem  WafTenbruder,  dem 
FeMliauptmanne ,  das  Geleite  ina  Lodrone.  Freimdsberg  halle 
durch  seiae  schlaue  Anstaiteo,  die  er  wfthreod  seiner  Anwesen- 
heil in  Trient  traf,  den  Feind  (die  Venelianer)  glaaben  machen, 
er  werde  sich  längs  der  Etsch  mitten  durch  ihre  auf  allen 
Beigen,  an  allen  Gewflssern  ond  in  allen  Schlochlen  aufge- 
sldllen  Posten  Bahn  brechen;  aber  weil  davon  entfernt  wen^ 
dele  er  sich  auf  den  Rath  des  Anlon  Grafen  von  Lodron 
piöUlich  rechts,  ohne  dass  selbsl  seine  Hauplleate  recht  wusslen, 
wohin  der  Marsch  gehen  werde. 

Am  13.  erreichte  man  Storo  und  Lodrone;  hier  llesa 
Freundsberg  Halt  machen ,  um  seine  Leute ,  von  denen  noch 
viele  surttck  waren,  tu  sammeln ;  zugleich  wurden  SchanzkOrbe 
angefertigl ,  gleichsam  als  wolle  man  die  Klause  d'  Anfo  *) 
nehmen  und  Ifings  dem  See  von  Idrio  vordringen.  Am  16. 
wurde  wieder  aufgebrochen,  nachdem  vorher  kund  gemacht 
worden  war:  Jedermann  habe  sich  auf  3  Tage  mit  Proviant 
zu  versehen.  Statt  durch  die  vorhergenannte  Klause  ging  nun 
der  Zug  links  Aber  die  hohen  Berge,  welche  zwischen  beiden 
Seen  Lage  d'  Idro  und  Lago  di  Gar  da  liegen  —  ^ain  hoch 
gffittlich  lang  geHrg.^  Anton  Graf  von  Lodron  '^*> 
machte  den  Wegweiser  und  fahrte  das  Heer  auf  einem  engen 


♦)  Rocca  d'  Anfo,  von  Freundsberg:  die  „Dampfer  Klause''  genannt. 

♦*)  Dieser  Anton  Graf  von  Lodron  —  Geschwisterkind  zam  Grafen 
Ludwig  und  Bruder  des  Johann  Baptist  von  Lodron  —  war  nacb 
Adam  Reissner  k.  k.  ,,Feldtmarschalk.^ 

Die  Geschichte  hat  uns  übrigens  von  ihm  nur  die  ein- 
zige Waffenthat  aufbewahrt,  dass  er  anno  1513  im  Feld- 
zoge  gegen  die  Franzosen  die  Ortschaft  Pontevico,  welche 
zum  Gebiete  von  Brescia  gehörte,  und  auf  dem  linken  Ufer  des 
Oglio  liegt,  strenge  belagert  und  zur  Uebergabe  gezwungen 
habe.  So  berichtet  uns  Andreas  Mocemcus  in  der  Geschichte 
von  Venedig. 


—    iU    — 

nnd  schmalen  Steig  drei  Heilen  weil  über  einen  Berg  hinanf; 
die  Soldaten  mussten  —  einer  hinter  dem  andern  —  den  Gemsen 
fthniich  hinansteigen ;  bei  dieser  Gelegenheit  ^vil  personen  und 
Ross  der  schmalen  vebsigen  weg  halber  verfallen  sein  *)^. 

lieber  diese  unternommene  „Bergparthie^  beklagt  sich 
Freundsberg  in  seinem  Berichte  an  die  Herren  zu  Innsbruck 
mit  den  Worten:  ^wie  hart  meiner  sweren  person  halber  Ist 
^on  nitt  Eubeschreiben ;  die  Ringfertigen  haben  sich  der  bitoeo 
^Gebirg  nit  wenig  beklagt.<^  Bekanntlich  war  Freundsbeig 
sehr  beleibt;  seiner  Schwerfälligkeit  wegen  musste  er  sich  an 
einem  vortretenden  Landsknecht  halten,  ein  Naehmann  musste 
ihn  schieben,  wfihrend  zwei  Andere  ihre  Spiesse  gleich  einem 
Geländer  ihm  zur  Seite  hielten. 

Noch  wfihrend  der  Nacht  erreichte  das  Heer  den  ersten 
feindlichen  Ort  —  Aa  auch  Aha  genannt  —  aus  welchem  die 
Venetianer  mit  Gewalt  der  Waffen  vertrieben  wurden.  Am  17. 
verweilte  das  Kriegsvolk  in  der  benannten  Ortschaft,  um  12 
Fähnlein,  welche  noch  zurück  waren,  aufzunehmen«  Tags 
darauf  drang  Freundsberg  bis  Sabbio  vor;  auf  diesem  Zuge 
warf  er  die  Fdnde  aus  fünf  Positionen,  die  sie  stark  besetzt 
hielten.  Am  19.  erreichte  man  längs  dem  Flttsschen  Chiese 
die  Ortschaft  Gavardo.  Nach  einer  Mittheilung  des  Ritters 
Christoph  von  Thunn,  Hauptmanns  von  Trient,  sollen  die  Land«H 
knechte  an  diesem  Tage  den  Venetianern  in  der  Umgebung 
von  Gavardo  bei  8000  Stdck  Vieh  abgejagt  und  flberdiess  noch 
800  Fuder  ^^)  guten  „Farnatzer  Wein<^  abgenommen  und 
letztern  noch  denselben  Abend  allen  gesoffen  haben. 

Am  20.  erreichte  das  Heer  in  dreien  Kolonnen  Lonalo  — 
von  den  Feinden  fortwährend  verfolgt  und  angegriffeo,  die  aber 


*)  So  berichtet  die  Relation;  ßeissner  dagegen  sagt,  Preundsberg 
habe  keine  „Reysigen^  mitgenommen;  nur  Cassius  Beuscher  ein 
Bürger  von  Augsborg  habe  mit  fünf  leichten  Pferden  auf  eigene 
Kosten  den  Zug  mitgemacht. 
*♦)  Die  Angabe:  800  Stück  \ieh  und  80  Fuder  Wein  -  dürfte  der 
Wahrheit  näher  sein. 


—    165    — 

immer  zoriickgetrieben  wardea.  Wfthrend  der  Nacht  noeh  be- 
selste  man  Castiglione.  Tags  darauf  marschirte  das  Heer  nach 
Yolta  weiter;  herzlichst  gerne  hätte  sich  Freundsberg  von 
Looato  ans  geschwind  nach  Mailand  gewendet,  am  sich  mit 
den  kaiserlichen  Truppen  auf  der  liflrzesten  Linie  zu  vereinigen; 
jedoch  angesichts  eines  übermächtigen  Feindes  und  der  stark 
besetzten  Städte  durfte  er  den  bei  15  Heilen  weiten  Zug  dahin 
nicht  unternehmen;  hoffend  also  auf  einem  Umwege  seinen 
Zweck  ztt  erreichen,  wendete  er  sich  links  und  betrat  sofort 
das  Gebiet  des^  Markgrafen  von  Mantna  Friedrich  Gon- 
zaga.  Dieser  hatte  einen  deutschen  Hauptmann  in  seinen 
Diensten,  Namens  Jolrus,  einen  Niederländer  von  Geburt.  Der 
Markgraf  schickte  nun  den  benannten  Hauptmann,  der  die 
Leibgarde  kommandirte,  dem  anrückenden  Freundsberg  bis 
Yolta  entgegen  —  mit  der  Weisung,  das  kaiserliche  Heer 
zu  empfangen,  durchs  Land  zu  führen  und  für  die  YerpBegung 
desselben  zu  sorgen.  Von  Yolta  ging  der  Marsch  nach  Goito; 
Mer  zeigten  sich  wiederum  Feinde,  wagten  aber  keinen  An- 
griff. Am  23.  erreichte  Freundsberg  mit  seinen  Leuten  die 
Ortschaft  B  o  r  g  o  f o  r  t  e  am  Po ;  hier  stiessen  Graf  Ludwig 
von  Lodron,  dann  Nicolo  Yarol  und  Sigmnnd  von  Gonzaga 
mit  500  Mann  wälscher  Schützen  und  etlichen  Reisigen  zu 
Freundsberg.  Höchst  wahrscheinlich  hatte  Graf  Ludwig, 
weil  mit  den  Gebirgsgegenden  am  besten  bekannt,  mit  dieser 
Kolonne  den  Marsch  des  deutschen  Heeres  gegen  die  nach- 
drängenden Yenetianer  decken  müssen.  In  Borgoforte  wäre 
Freundsbei^  bald  in  eine  arge  Schlinge  eingegangen,  welche 
ihm  die  Feinde  des  Kaisers  (zu  denen  leider  auch  der  Markgraf 
von  Mantua  heimlich  gehörte)  schlau  zu  legen  versuchten,  nachdem 
sich  ihre  Gewalt  am  Helden  früher  aHzeit  gebrochen  halte. 
Der  Herzog  *}  hatte   nämlich   den   Ritter  Georg  durch  seinen 


*}  Friedrich  Gonzaga  war  damals  eigentlich  Markgraf  und  wurde 
vom  Kaiser  Karl  erst  im  Jahre  1530  zum  Herzog  gemacht;  er 
kommt  demnach  in  der  Geschichte  bald  als  Markgraf  bald  als 
Herzog  vor. 


—    166    — 

Abgeordoeten ,  den  Hanplmann  iuliiis ,  hoch  and  Aever  ver- 
sichern lassen:  der  Papst  und  dessen  Heer  hätten  mitderwdle 
beim  Kaiser  darch  Moncada  and  Lannoy  Versöhnong  und  Ver* 
gßbang  erlangt;  er  rechne  es  sich  inr  Pflicht^  ihm  nicht  aar 
den  Durchzug  durch  sein  Land  zu  öffnen,  sondern  ihm  den- 
selben auch  durch  die  reidilichste  Sabsistenz  zu  erleichtern, 
und  ihm  40  bis  50  Schiffe  zu  verschaffen ,  um  darauf  den  Po 
übersetzen  zu  können  u.  s.  w. 

So  unerschöpflich  Freundsberg  selbst  in  jeder  Art  Kriegs- 
list war,  so  fremd  war  seiner  geraden  Seele  jeder  Trog  dieser 
Art;  den  Veiaicheruagen  des  Herzogs  trauend  war  er  geraden 
Weges  nach  Borgoforte  marschirt.  Da  wartete  seiner  and 
seines  durch  Entbehrungen  aller  Art  hart  geprOften  Heeres 
eine  reiche  Mahlzeit  an  Fleisch,  Fischen,  Früchten  und  herr- 
lichen Weinen;  was  aber  abging,  das  waren  die  zugeaicherlen 
—  Schiffe. 

Nirgends  erblickte  Freundsberg  ein  Fahrzeug,  wohl  aber 
hörte  er,  dass  der  Herzog  von  Urbino  und  Johann  von  Hedieis 
mit  vielem  Volke  zu  Fuss  und  zu  Pferd  von  Mailand  her  im 
Anzüge  seien,  um  ihn  —  einzuschliessen  und  aufzu- 
reiben. Freundsberg  sah  sich  in  der  Falle;  grimmig  wie  ein 
gereizter  Löwe  sendete  er  allsogleich  den  Hauptmann  von  Inns- 
bruck Claus  Seidensticker  mit  einem  Ffihnlein  Lands- 
knechte ab,  um  die  Brücke  bei  Govemolo,  welcher  Ort  am 
Binflusse  des  Hincio  in  den  Po  gelegen  und  bei  5  Standen 
veo  Borgoforte  entfernt  ist,  schnelbtens  zu  besetzen.  GMflcklich 
kam  der  abgeordnete  Hauptmann  mit  seinen  Leuten  noch  zur 
rechten  Zeit  in  Govemolo  an;  eine  halbe  Stunde  spttter  —  and 
er  hütte  die  Brücke  daselbst  abgetragen  gefunden!  Eilends 
brach  Freundsberg  am  24.  November  früh  in  dreien  Kolonnen 
von  Borgoforte  auf,  und  marschirte  nach  Govemolo;  aber 
auch  der  Herzog  von  Urbino  und  Johann  von  Medicis  waren 
gleich  zur  Hand,  und  griffen  die  Deutschen  mit  8000  —  9000 
Mann  zu  Fuss,  500  bis  600  Kürassieren  und  1000  leichten 
Reitern    wttthend   an.     Das  Gefecht  dauerte  f^at  4eii  ganzen 


-    1«7    - 

T^;  lehtmal  liess  Freuodsbeiig:  Halt  und  Rechlsom  machen 
—  ia  der  Absicht,  die  Feiade  zam  Schlagen  zu  briageo;  allein 
ao  oh  er  aeine  Leute  eine  Wendung  machen  liess,  so  oft 
logea  sich  die  Waischen  snrfick,  waren  aber  gleich  wieder 
hinter  den  Deatschen,  um  sie  von  Neuem  anzugreifen.  Die 
feindlichen  Kttrassiere  machten  wiederholte  Versuche,  in  die 
Landsknechte  einzubauen,  diese  schlugen  Jedoch  jeden  feind- 
Gehe»  Angriir  siegreich  ab. 

Leider  fehlte  dem  kaiserlichen  Heere  —  die  Reiterei. 
Vit  400  bis  500  deutschen  Reitern,  meinte  Freundsberg,  wäre 
an  diesem  Tage  „grosses  der  kaiserlichen  Majestät  zu  gueten 
aussgerichtet  worden.«^  Das  an  diesem  Tage  verschossene  Pulver 
schätzte  Freundsberg  auf  23^25  Zentner»  Von  den  Deutschen 
wurden  120  getödtet  und  verwundet;  unter  den  Todten  befand 
sich  der  Hauptmann  Kaspar  Reger  von  Ulm,  der  sogenannte 
,ilang  Kaspar.^ 

Die  Wälschen  strengten  sich  aus  allen  Kräften  an,  Gover- 
Bolo  vor  dem  deutschen  Heere  zu  erreichen;  da  ihnen  dies 
nicht  glflckte^  so  fielen  sie  schliesslich  mit  ihrer  leichten  Rei- 
terei Über  den  Tross  der  Landsknechte  her,  erbeuteten  mehrere 
Pferde  und  Frauen,  erstachen  audi  etliche  Knechte  und  Buben. 
Von  diesem  Abzug  aus  Borgoforte  und  Marsche  nach  Gover- 
nolo  schreibt  Freundsberg:  „Ihr  mtigt  glauben,  das  ich  mein 
lebenlang,  wiewohl  Ich  vil  darbe!  gewesen,  heff tigern  Ab- 
zug nit  gesehn  hab.^ 

Wie  Freundsberg  so  ist  auch  Sebastian  Schertlin  auf 
diesen  „Abzug<^  bitterböse,  indem  er  davon  sagt:  „wir  hätten 
von  morgen  bis  mittemacht  hendel  mit  ainander,  erlegten  bee- 
derseits  ainander  vil  guter  leut,  war  aln  harter  schwerer 
absug,  als  in  kain  mensch  erdacht.^ 

Die  Feinde    verloren  bei  500  Pferde  und  hatten  viele 

Todte   und    Verwundete.     Sonntag   den  25.   November   blieb 

Freundsberg  im    Lager  bei    Governolo;    die   Schätzen  fassten 

Pulver  und  filei  ab;   die  Verwundeten  liess  Freuadsberg  nach 

Ferrara  bringen,  wo  sie  geheilt  und  verpflegt  wurden. 


—    468    -. 

4.  Redlicher  als  der  Markgraf  von  Hantoa  dachte  und 
handelte  der  seit  Kurzem  wieder  zu  des  Kaisers  Parthei  aber- 
getretene  Alphons  Herzog  von  Ferrara;  dieser  schickte 
dem  Ritter  von  Freundsberg  auf  dem  Po  Proviant,  einiges  Geld, 
um  den  Truppen  eine  Abschlagszahlung  damit  machen  su  können, 
so  wie  auch  8  Falconetten  mit  aller  Zugehör*);  Geschtttz 
und  Munition  waren  auf  den  Scliiffen,  die  Beides  brachten,  mit 
Säcken  und  ^Blahen^  tiber  und  Ober  zugedeckt.  Sonntag  Abends 
zur  Zeit,  als  die  erwähnten  8  Falconetten  eben  im  kaiserlichen 
Lager  eingetroffen  waren,  unternahm  der  ungestüme  Johann 
von  Medicis  mit  seiner  leichten  Reiterei  und  4000  Hacken- 
schützen einen  Angriff  auf  die  Kaiserlichen,  und  sprengte  Ifir- 
mend  unter  die  Landsknechte,  welche  ganz  erfreut  über  die 
Abschlagszahlung,  die  sie  so  eben  erhalten  hatten,  an  der 
Brücke  zu  Governolo  mehr  an  Schwanke  dachten  als  an  die 
ihnen  aufgetragene  Schanzarbeit.  Dies  ersieht  Freundsberg, 
lässt  sogleich  zwei  der  eben  eingetroffenen  Geschütze  vor- 
führen, richtet  und  schiesst  sie  selbst  ab,  und  —  Johann  von 
Medicis  stürzt  auf  den  zweiten  Schuss  unter  seinem  Streitrosse 
zu  Boden;  das  Pferd  war  todt,  und  dem  Feldherm  der  rechte 
Schenkel  unter  dem  Knie  ganz  zerschmettert.  Tödtlich  ver- 
wundet wurde  er  nach  Mantua  gebracht,  wo  er  am  29.  No- 
vember am  kalten  Brande  in  einem  Alter  von  29  Jahren  starb. 

Von  diesem  Wildfange  sagt  Reissner,  Jean  Medicis 
sei  ein  frecher  und  grimmiger  Mensch  gewesen,  der  auf 
seinem  Todbette  die  Beichtväter  mit  dem  Schwerte  von  sich 
getrieben  habe. 

Um  Mitternacht  verliess  Freundsberg  Governolo,  setzte  mit 
seinem  Heere  über  den  Hincio,  warf  dann  die  Brücke  hinter 
sich  ab,  und  rückte  dem  Po  entlang  nach  dem  zwei  deutsche 
Meilen  weiter  östlich  gelegenen  Ostiglia.     Die   Italiener,  die 


*)  Herzog  Alphons  war  iiech  ^Adam  Reissner  ein  grosser  Künstler 
und  Büchsengiesser;^  so  goss  er  unter  Andern  auch  zwei  grosse 
Geschütze,  denen  er  den  Namen  gab  „GrandiabP  (der  grosse 
Teurel)  und  „ferrämotus^  Qder  Erdbidmer). 


sich  voD  Johann  Medicis  aosserordentliche  Dinge  versprochen 
hatten,  waren  über  den  Fall  dieses  Anführers  so  besllirzt,  dass 
sie  das  abziehende  kaiserliche  Heer  gar  nicht  beunruhigten ,  ja 
bei  Ostiglia  ganz  verliessen ;  die  päpstlichen  Truppen  besetzten 
die  StSdte  Parma  und  Piacenza,  die  venetianischen  zogen  eben- 
falls ab  und  beunruhigten  die  Deulschen  nicht  weiter;  ihr  An- 
filbrer,  der  Herzog  von  Urbino,  schlug  sein  Hauptquartier  in 
■antua  auf. 

Von  Ostiglia  aus  erstattete  Freundsberg  unter  dem  28.  No- 
vembtf  seinen  ersten  Bericht  an  die  Herren  der  Regierung  zu 
Innsbruck  (Regiment  und  Kammer),  beschreibt  umstfindlich 
seinen  Zug  bis  Ostiglia,  beklagt  sich  aber  bitter  mit  den  Wor- 
ten: ,,Wo  man  mir  ain  Zug  weiss  zuegesagt  hat,  find.  Ich  mit 
grosser  mhtte  schwarz.^  Nun  berichtet  der  Held,  dass  er  eine 
Botschaft  an  den  Herzog  von  Ferrara  abgeschickt  habe,  um 
dessen  Gesinnung  nfiher  zu  erforschen;  In  8  bis  10  Stunden 
erwarte  er  eine  Antwort,  die  er  miltheiien  wolle.  Falle  die 
Antwort  ungünstig  aus,  setzt  Freundsberg  bei,  „so  mues 
Ich  ynnd  die  eerlichen  lewt  die  Spiess  zuehilf 
nemen,  vnnd  meinen  Zug  auf  den  Bapst  zue  fttr 
mich  nemen. ^  Der  Feldbauptmann  schllesst  seinen  Bericht 
mit  dem  Bemerken,  dass  er  an  den  Herzog  Karl  von  Bourbon 
schon  acht  Briefe  geschrieben,  aber  auf  alle  acht  Briefe  noch 
keine  einzige  Antwort  erhalten  habe,  und  dass  er  sich  genöthiget 
sehe,  falls  der  Herzog  von  Ferrara  keine  Hülfe  verschaffe,  „mit 
Schetzung  der  Stelt  und  Fleekhen^  das  nOthige  Geld  zur  Er- 
haltung seiner  Leute  aufzubringen. 

Am  28.  November  tibersetzte  Freundsberg  von  Ostiglia  aus 
den  Po  in  Einem  Tage,  und  schlug  auf  dem  rechten  Ufer  dieses 
Flusses  —  in  der  Ortschaft  Revere  —  das  Lager  auf;  hier 
wurde  zwei  Tage  stille  gelegen  und  auf  ausdrücklichen  Befehl 
des  Oberbefehlshabers  Niemanden  ein  Leid  zugefügt.  Im  Lager 
zu  Revere  trafen  Abgeordnete  vom  Herzog  von  Ferrara  ein, 
weiche  die  Weisung  hatten ,  das  kaiserliche  Heer  auf  seinem 
Zuge  durch*s  Land   zu   begleiten,    und   für  die  oöthige  Ver- 


-    170    — 

pflegung  desselben  Sorge  zu  tragen.  Unter  Einem  erhielt 
Preundsberg  vom  benannten  Herzog,  ,,als  von  ainem  goteo 
kayserlichen  man^,  14000  Golden,  2  Feldschlangen  und  noch 
2  Falconetten.  Am  1.  Dezember  ging  der  Zug  bis  zur  Ort- 
schaft Qnistello. 

Hier  in  diesem  Orle  sttess  der  Prinz  Philibert  von 
Uranien  zu  Freundsberg.  Prinz  Philibert  hfitte  aus  Bnrgnnd 
einen  Zug  „Reysiger^  von  1000  Mann  herbeifahren  sollen,  traf 
aber  am  18.  November  allein  ohne  Mannschaft  in  Trient  ein; 
als  er  aber  den  Ritter  Georg  daselbst  nicht  mehr  antraf,  wech- 
selte er  die  Kleidung,  fuhr  aber  den  Gardasee  hinab  und  er» 
reichte  am  1.  Dezember  den  Feldhauptmann,  bei  dem  er  non 
blieb,  Freud  und  Leid  mit  ihm  theilend. 

Nun  ging  der  Marsch  tiber  die  Sechia  nach  Reggiolo  und 
von  da  am  3.  Dezember  nach  Goastalla.  Tags  darauf  verliess 
das  kaiserliche  Heer  Guastalla,  somit  das  Gebiet  des  Herzogs 
von  Hantua,  in  welchem  dasselbe  14  Tage  lang  marschirt  war, 
und  gelangte  nach  Casaipo,  den  ersten  Ort  im  päpstlichen  Ge- 
biete, und  von  da  am  5.  nach  Monte  Chiarugole,  wo  sich  ein 
festes  Schloss  befand,  das  sammt  der  Ortschaft  einer  Grflttn 
angehörte,  welche  herauskam  mit  der  Bitte,  Schloss  and  Ort* 
schafi  nicht  betreten  zu  wollen  aus  dem  Grunde ,  weil  sieh 
alles  Landvolk  aus  der  Umgebung  hineingeflttchtet  habe,  folg- 
lich Alles  tiberfüllt  sei.  Freundsberg  schlug  also  vor  dem 
Orte  sein  Lager  auf  und  Hess  am  6.  Dezember  einen  Rasttag 
machen.  An  diesem  Tage  tiberschickte  die  Grfifin  in  aller 
Frtthe  dem  Feldhauptmanne  alle  Schlflssel  zum  Schlosse  „mit 
erzaigung  alls  eine  gehorsame  kayserliche^. 

Von  Monte  Chiarugole  bis  Fiorenzuola  brauchte  das  Heer 
7  Tage;  während  dieser  Zeit  musste  es  die  angeschwollenea 
FItlsse  Praganza,  Taro  u.  s.  w.  durchwaten,  da  alle  Brflcken 
über  dieselben  abgeworfen  waren;  bei  dieser  Gelegenheit  er- 
tranken viele  Soldaten.  Von  der  letztgenannten  Ortschaft  stf« 
sendete  Freundsberg  den  Hauptmann  Franz  von  Heimstein  Kun 
Herzog  Karl  von  Bourbon  gegen  HaOand,  um  dem  OberbefeUs- 


—    171    ~ 

kaber  aller  kaiseriiehen  Trappen  in  Italien  Rapport  abstatten  sa 
lassen  und  dessen  weitere  Befehle  entgegen  zn  nehmen.  In 
Fiorenzttola  *)  beabsichtigte  Freundsberg  nur  vier  Tage  zu 
bleiben,  sah  sich  aber  veranlasst,  einen  Aufenthalt  von  14  Tagen 
daselbst  zu  nehmen.  Der  Markgraf  von  Saluzzo ,  Kommandant 
der  französischen  Httifsfaruppen ,  (Ibersetzte  nfimlich  den  Po  und 
vereinigte  sich  mit  mehreren  päpstlichen  Obersten,  die  in  Pia- 
oenza  lagen«  Ans  dieser  Stadt,  sowie  gleichzeitig  auch  aus 
Parma,  wurden  Streifzflge  gegen  Fiorenzuola  unternommen  und 
bei  dieser  Gelegenheit  viele  kaiserliche  Soldaten  zusammenge- 
hanen  oder  gefangen,  die  auPs  Fouragiren  ausgegangen  waren. 
Zugleich  hatte  der  Statthalter  von  Parma  dem  Ritter  Georg  yon 
Freundsberg  durch  einen  Trompeter  den  schriftlichen  Befehl  zu- 
geschickt: „sich  aus  des  Papstes  Landen  zu  entfernen;  weil 
Freundsberg  allen  Städten  und  Dörfern  den  Befehl  ertheile, 
Proviant  zu  liefern,  habe  er  dadurch  den  Vertrag  yerletzt,  wel- 
chen Don  Hugo  von  Honcada  im  Namen  des  Kaisers  mit  dem 
Papste  abgeschlossen  habe.^  Ritter  Georg  Hess  dem  Statthalter 
zvfickentbieten :  er  möge  kommen,  ihn  aus  dem  Lande  zu  Jagen 
—  nod  blieb  desshalb  am  bemeldeten  Orte  stehen,  um  den 
Statthalter  gehörig  zu  empfangen;  dieser  wagte  aber  keinen 
Angriff. 

Am  29.  Dezember  wurde  Fiorenzuola  verlassen  und  der 
Marsch  nach  Carpanet  (Carponet)  angetreten.  Hier  stiess  auf 
Befehl  des  Herzogs  von  Ferrara  der  Graf  Ruprecht  von  Cajazzo 
mit  600  wohlgerttsteten  leichten  Pferden  zum  kaiserlichen 
Heere ;  **)  da  aber  die  Reiter  des  Grafen  spät  Abends  anrück- 
ten, so  glaubten  die  Kaiserlichen  in  der  Dunkelheit,  Feinde 
seien    im   Anzüge   und   stellten   sich   in  Schlachtordnung  auf. 


*)  Ein  beträchtlicher  Flecken  mit  3000  Einwohnern ,  im  Herzog- 
thume  Parma  gelegen  und  zwar  an  der  Hauptstrasse,  welche 
von  der  Hauptstadt  Parma  nach  Piacenza  fDbrt. 
**)  Naclv  Reissner  hiess  dieser  Graf  Rupert  Caiatz  (Cajazzo),  war 
'  ein  Neapolitaner  und  vom  Herzog  Bourbon  aus  Mailand  (nicht 
vom  Herzog  von  Ferara)  abgeschickt,  um  den  Wegweiser  durchs 
Land  zu  machen.    Ich  folgte  der  Relation. 


—    172    — 

Nun  riefen  die  anrückenden  Reiter,  als  sie  dies  bemerkten, 
den  Kaiserlichen  zu:  ,,lmperio!^  schickten  auch  einen  Mann 
aus  ihrer  Hitte  zu  denselben  hinüber,  und  das  Hissverständaiss 
war  gehoben. 

Tags  darauf  erhielt  Graf  Cajazzo  von  Freundsberg  den 
Befehl,  mit  seinen  Reitern,  dreien  Fähnlein  Fussvolk  und  zweien 
Feldschlangen  ein  Schloss  zu  nehmen,  Namens  Zimafaba,  das 
sich  nicht  ergeben  wollte;  dasselbe  wurde  auch  im  „Stegreif^ 
erobert,  geplündert  und  dann  den  Flammen  übergeben.  Nach- 
dem der  Harsch  am  31.  Dezember  über  die  Nura  und  am 
1.  Jttnner  1527  über  die  Trebbia  gegangen  war,  wurde  am 
Neujahrstage  die  Ortschaft  Ripaita  erreicht  und  in  dieser  Halt 
gemacht.  Hier  wollte  Frenndsberg  die  Ankunft  des  Herzogs 
Bourbon  abwarten.  Diess  berichtete  Ritter  Georg  unterm  6.  Järnier 
an  die  Herren  zu  Innsbruck  mit  dem  Bemerken:  es  gehe  die 
Sage,  man  werde  über  Bologna  und  Florenz  nach  Rom 
ziehen;  ein  endgültiger  Entschluss  werde  aber  erst  beim 
Eintreffen  Bourbons  gefasst  werden;  die  Knechte  biitten  sich 
schon  im  dritten  Monate  mit  drei  Gulden  erhaltenem  Solde  „gam 
willig  gelitten  und  warteten  noch.^ 

Wahrend  der  Zeit,  als  die  Kaiserlidien  in  der  Nühe  von 
Piacenza  ihr  Lager  hatten,  fielen  fortwährend  Scharmützel  zwi- 
schen den  päpstlichen  Truppen,  welche  benannte  Stadt  besetzt 
hielten,  und  Freundsbergs  Leuten  vor;  bei  diesen  that  sich 
besonders  der  junge  und  feurige  Prinz  von  Oranien  her- 
vor, der  eines  Tages  am  Kopfe  verwundet  wurde,  dafür  aber 
bald  darauf  60  päpstliche  Hackenschülzen  zusammenhieb,  die 
mit  einem  Kundschafter  an  der  Spitze  bei  nächtlicher  Weile 
einen  kaiserlichen  Grafen  aufheben  wollten. 

Zu  derselben  Zeit,  als  Freundsberg  bei  Piacenza  lag,  er- 
hielten die  päpstlichen  Truppen  eine  Verstärkung  von  10,000 
Schweizern ,  die  aber  nicht  nach  Piacenza  zogen ,  wohin  sie 
Marschbefehl  hatten,  sondern  aus  Furcht  vor  dem  „Leutefresser^ 
nach  Parma  links  auswichen. 

In  seinem  Standquartier  bei  Piacenza  plagte  den  tapfem 


r 


_    173    — 

Bitter  ein  Uha,  der  fortwflhrend  in  seiner  Wohnoog  sieh  auf- 
hielt nnd  als  Unglücksvogel  betrachtet  wnrde. 

5.  Hier  muss  nun  die  Bemerkung  eingeschaltet  werden, 
dass  seit  dem  28.  November,  an  welchem  Frenndsberg  den 
Po  übersetzte,  die  wichtigem  Unternehmungen  auf  längere  Zeit 
—  beinahe  drei  Monate  lang  —  völlig  in's  Stocken  gerathen 
sind.  Der  erzherzogliche  Gesandte  in  Venedig,  Doktor  An- 
gerer*), dessen  Patriotismus  sich  durch  eine  feurige  Schreibart 
auszeichnet,  f&hret  hieiHber  schon  unterm  20.  Dezember  in 
einer  Denkschrift  an  die  Regierung  zu  Innsbruck  laute  Klagen. 
Die  Handlung  in  Italien  —  schreibt  dieser  scharfsinnige  Di- 
plomat —  gefalle  ihm  nicht;  man  habe  eine  ansehnliche  Kriegs- 
macht in  diesem  Lande  und  den  Sieg  in  der  Hand,  wisse  aber 
diesen  nicht  zu  gebrauchen;  so  sei  es  auch  geschehen  zur 
Zeit,  als  König  Franz  sich  in  Gefangenschaft  befunden  habe; 
schon  längst  hätte  man  von  den  Feinden  den  Sold  für  zwei 
Monate  erobern  sollen ;  so  könne  und  so  inrerde  es  nicht  gehen ; 
von  Freundsberg  höre  er  gar  nichts  mehr;  die  Gesandtschaft 
des  Woywoden  von  Siebenbürgen  ^-  Johann  Zöpolya  —  feire 
auch  nicht,  sondern  bestehe  darauf,  sich  einerseits  mit  der 
Liga,  andererseits  aber  mit  den  Türken  zu  verbinden  n.  s.  w. 
Angerer  schliesst  mit  den  Worten:  „In  Summa  diso  Herrschaft 
(Venedig  nämlich)  pringt  yren  Kreytzer  auf  zehn  Fyerer,  da 


*)  Doktor  Gregorius  Angerer,  geboren  zu  Wien,  war  schon  vor 
dem  Jahre  1533  Domherr  in  Brixen,  wo  er  aoch  nach  dem  Jahre 
1530  die  Wurde  des  Dompropsten  mit  jener  des  Domdechants 
vereinte,  wie  denn  auch  noch  seine  Abbildung  im  Saale  des  De- 
kanats zu  sehen  sein  soll ;  ein  treffliches  Portrait,  das  auf  dem 
ersten  Anbhck  den  geistreichen  Mann  beurkundet,  befindet  sich 
auch  im  Ferdinandeura  zu  Innsbruck  in  der  werthvollen  Tscha- 
gerschen  Bildersammlung. 

Kaiser  Maximilian  und  Ferdinand  I.  bedienten  sich  des  Rathes 
dieses  klugen  Mannes  in  den  schwierigsten  Gegenstanden,  nnd 
vertrauten  ihm  die  wichtigsten  Sendungen  an. 

Seine  Verdiensie  wurden  im  Jahre  1532  mit  der  Infel  des 
Bislhums  Wiener-Neustadt  belohnt.  Er  starb  am  2,  April  1548 
in  einem  Alter  von  71  Jahren. 


—    174    — 

Aer  ynsere  kaom  dray  g^ldl  —  ynofl  noch  will  maa  aa  iH 
badankeo»^ 

Daas  aber  dem  wackem  Freundsberg,  der  seit  drei  Wo- 
chen im  Lager  za  Gazam  (in  der  Nahe  von  Piaceoza)  der  Ver- 
einigung mit  Bourbon  sebnsuchtsyoU  entgegenharrte,  Ober  die 
?om  Doktor  Angerer  berührte  Untbfttigkeit  selbst  miasvergnagt 
war,  erhellt  aus  seinem  Schreiben  Tom  27.  Jtaner  1527,  in 
welchem  er  nach  Innsbruck  berichtet:  er  sei  noch  nie  aom 
Herzog  von  Bourbon  gekommen;  was  ihm  schriftlieh  mitge- 
theilt  oder  mOndlich  „zuembothen''  worden  wfire,  von  dem  finde 
er  jedes  Mal  das  Widerspiel,  und  so  sehr  er  früher  habe  eilea 
mflssen,  so  lange  werde  er  jetzt  hingehalten;  zwei  Monate 
lang  liege  er  nun  schon  in  des  Papstes  Landen  —  ohne  etwas 
ausgerichtet  zu  haben;  er  müsse  sich  über  die  grossen  Un- 
kosten, so  daraufgehen,  höchlichst  beschweren,  um  so  mehr, 
als  er  verhindert  werde,  viel  auszurichten,  was  leicht  ausia- 
richten  wäre,  das  er  aber  nicht  der  Feder  anvertraaea  kOnne. 
Er  vermuthe  entweder  eine  grosse  Verrütherei  oder  den  Ab- 
schluss  eines  Friedens  mit  dem  Papste  u«  s.  w. 

6;  Am  28.  Jünner  1527  war  Ulrich  Wittenbach, 
Hauptmann  von  Sehen,  aus  Freundsberga  Lager  in 
Bozen  angekommen.  In  einem  Schreiben  nach  Innsbruck 
berichtet  Wittenbach  unterm  4.  Februar:  Ritter  Georg  liege 
derzeit  zu  „Gauardt^;  seine  Mannschaft  wäre  in  dreien  Haufea 
in  dreien  Dörfern  der  Umgebung  zerstreut  —  7  wälsche  Meileo 
von  „Plesentzen^  (Piacenza)  entfernt;  des  schlechten  Wetters 
halber  habe  er  seine  Operationen  noch  nicht  beginnen  können; 
ausser  den  zwölf  vom  Herzoge  von  Ferrara  erhaltenen  Feld- 
schlangen und  Falconetten  habe  er  sonst  kein  anderes  Geschütz; 
Herzog  Karl  von  Bourbon  wfire  noch  nicht  mit  Freundsberg 
vereint;  zwar  hfilten  sie  getrachtet,  beim  Castell  S.  Giovanni 
(eine  Ortschaft,  2V2  deutsche  Heilen  westlich  von  Piacenza 
gelegen)  zusammen  zu  treffen,  aber  Ritter  Georg  wolle  nicht 
von  seinen  Leuten,  indem  er  geschworen  habe,  nicht  von  ihoen 
zu  weichen^  bis   sie  bezahlt  seien;  jedem  Knechte  sei  man 


—    175    ~ 

BCBB  CWd«!  fehnldig  gewesen,  jetio  aber  noch  mehr;  Frennds- 
berg  wäre  immer  fröhlich  und  vertraue  auf  Goll,  dass  dieser 
ihm  helfen  werde;  die  Knechte,  weiche  wahrlich  genug  leiden 
mftaaten^  seien  mit  ihm  zufrieden;  er  reite  unter  ihnen  herum 
wie  ein  Held  und  sei  albeit  der  Torderste  beim  Haufen,  welcher 
den  Vortrab  su  machen  habe.  Uebrigens  sei  ihm  von  Deutsch- 
land bis  zur  gegenw9rtigen  Stunde  weder  ein  Schreiben,  noch 
eine  mündliche  Botschaft  zugekommen,  worüber  er  sich  sehr 
Terwandert  habe.^ 

7*  Werfen  wir  nun  einen  Blick  auf  den  Statthalter  und 
Oberbefehlshaber  aller  kaiserlichen  Truppen  in  Italien,  auf  den 
Herzog  Karl  von  Bourbon,  der  sich  fortwührend  zu  Hailand 
befand  und  wieder  freier  zu  athmen  angefiingen  hatte,  nachdem 
die  Verbündeten  von  der  benannten  Stadt  abgezogen  waren,  um 
sksh  mit  ganzer  Macht  auf  Freundsberg  zu  werfen.  Mit  Unge- 
duld hatte  Bourbon  seinen  Waffenbruder,  den  edlen  Ritter  Georg, 
erwartet;  aber  in  dem  Augenblick,  wo  er  sich  mit  ihm  ver- 
einigen wollte,  fanden  sich  grosse  Schwierigkeiten,  auf  welche 
er  entweder  nicht  gerechnet  hatle,  oder  die  er  leicht  zu  besiegen 
hoffte.  Obgleich  bereichert  durch  eine  unermessliche  Beute, 
bestanden  die  kaiserlichen  Tru|^n  dennoch  auf  Auszahlung  des 
rückstfindigen  Soldes,  wenn  sie  Mailand  verlassen  sollten. 
Bourbon  verschwendete  seine  ganze  Beredtsamkeit,  die  Truppen 
zu  beschwichtigen  —  jedoch  ganz  vergebens;  nichts  blieb 
übrig,  als  bei  dem  Herzog  von  Ferrara,  der  von  allen  Seiten 
her  in  Anspruch  genommen  wurde,  ein  Anlehen  zu  machen, 
das  er  auch  erhielt;  da  aber  dieses  bei  weitem  nicht  hinreichte, 
so  wurde  das  höchste  Mass  der  Grausamkeit  in  Anwendung 
gebracht;  den  MaiUndern  wurden  nämlich  die  letzten  Ueber- 
Meibsel  ihrer  Habseligkeiten  genommen,  und  damit  noch  nicht 
zufrieden,  plünderten  die  rohen  SOldlinge  auch  noch  die  Kirchen 
der  unglücklichen  Stadt  I 

Um  sich  Geld  zu  verschaffen,  griff  Bourbon  auch  noch  zu 
einem  andern  Mittel.  Der  Kanzler,  Hieronymus  Horone, 
schnmcbtete  noch  immer  im   Kerker;  sein  Todesurtheil   war 


—    176    ~ 

bereits  gesprochen,  aber  die  VoHziehttng  desselben  ran  einer 
Zeit  zur  andern  verschoben  worden.  Bourbon  versprach  non 
dem  Verortheilten  die  Begnadtgnng,  wenn  er  20,000  Thaler 
erlegen  wolle.  Morone  versnchte  von  dieser  Summe  einen  Theil 
wegzuhandeln;  allein  die  Errichtung  eines  Schaffots  vor  dem 
Fenster  seines  Kerkers  und  die  Ankündigung  des  Tages  semer 
Hinrichtung  war  die  Antwort  des  Herzogs  von  Bourbon.  Horone 
liebte  das  Leben  und  suchte  .die  ausgesprochene  Summe  aufzu- 
treiben, brachte  sie  aber  nicht  ganz  zusammen;  die  Hochach- 
tung Jedoch,  die  seine  vielen  Freunde  gegen  Ihn  hatten,  war 
gross  genug,  um  das  Quantum,  das  noch  fehlte,  von  ihnen  zi 
erhalten;  so  wurden  die  20,000  Thaler  erlegt  und  Morone  er- 
hielt seine  Freiheit;  seit  dieser  Zeit  blieb  er  bei  Bourbon  und 
wurde  sein  bester  Rathgeber. 

Nun  schickte  sich  der  Konnetable  an,  Mailand  zu  verlassen 
und  die  Vereinigung  mit  Freundsberg  zu  bewerkstelligen;  die 
Yertheidigung  der  benannten  Stadt  vertraute  er  dem  ehemaligen 
Kommandanten  von  Pavia,  dem  heldenmflthigen  Antonio  de 
Ley  va  und  dem  Sohne  des  Ritters  Georg,  dem  tapfem  Kaspar 
von  Freundsberg,  an;  der  Letztere  hatte  zehn  Fähnlein 
Landsknechte  unter  seinem  Kommando.'^)    Dem  Herzoge  von 


*)  Erwähnt  muss  hier  werden  das  ehrenvolle  Zeugniss,  das  Herzog 
Karl  von  Bourbon  vor  seiner  Abreise  aus  Mailand  unterm 
10.  Dezember  1526  dem  Kaspar  von  Freuodsberg  aus- 
gestellt hat.    In  diesem  sa^t  der  Konnetable: 

,,Wir  wissen  wohl  nicht  ^  ob  der  Kaiser  dem  Ritter  Kaspar 
V.  Freundsberg  mehr  schuldet  wegen  seiner  ausgestandenen 
Strapatzen  und  wegen  seiner  ausgezeichneten  Tapferkeit,  oder 
wegen  seiner  besondern  Klugheit  und  Geschicklichkeit  in  Föh« 
rung  des  seinem  Kommando  anvertrauten  Fussvolkes.  Obgiäcta 
derselbe  dem  vornehmen  und  hochberöhmten  Ritter  Georg  voo 
Freundsberg,  seinem  Vater  (der  aber  auch  unser  allverehrtester 
Valer  ist),  in  Bezug  auf  Tapferkeit,  Tugend  und  Kriegswissen- 
schaft ganz  ähnlich  ist ,  so  ist  er  doch  Seiner  Majestät  und  aocli 
uns  um  so  lieber  geworden,  weil  eben  die  Verdienste  des  Vaters 
durch  den  Sohn  erhöht  und  von  Tag  zu  Tag  gegen  Seine  Maje- 
stät gemehrt  und  vervielflltigt  werden.^ 

Unter  Einem  erhielt  Kaspar  von  Freundsberg  mit  ( 


Bourbon  standea  in  diesem  Augenblieke  bei  20,000  Hann  eni- 
scbloflseDer  Krieger  ani  Gebote ,  die  er  von  alleo  Seiten  her  an 
sieh  geiogen  and  am  Mailand  concentrirt  hatle.  Verschieden 
dnroh  Sprache,  Sitten,  Religion  und  Alles,  was  Menschen  an 
Maischen  bindet,  erforderten  sie  eine  Behandlang,  wie  sie  von 
alleD  Generalen  seiner  Zeit  nur  Aef  berühmte  Konnetable  von 
Frankreich  geben  konnte.  Er  gestand  ihnen  in  einer  Rede, 
welche  esr  an  sie  hielt,  dass  er  ausser  Stande  sei,  ihnen  einen 
regelmässigen  Sold  zu  geben,  dass  er  sie  aber  dafür  in  eine 
Gegend  führen  wolle,  wo  ale  fttr  alle  Gefahren,  welche  sie 
an  seiner  Seite  bestehen  würden,  hinlänglich  sollten  entschädigt 
werden.  Voll  Vertraaen  zu  ihrem  Anführer  versprachen  diese 
rohen  Seelen  ihm  zu  folgen  und  sollte  er  sie  auch  in  die 
Hölle  führen I 

Nan  marschirte  Bourbon  am  11.  Februar  auf  ^^Pontinuro^. 
Freundsberg  sog  ihm  an  der  Spitze  einer  kleinen  Abtheilung 
entgegen.  Wie  nun  der  Letztere  in  einem  Hause  abgestiegen 
war,  um  darin  den  Oberbefehlshaber  zu  erwarten,  wurde  er  von 
den  Feinden,  die  davon  Wind  bekommen  hatten,  plötzlich  über- 
fallen; zam  Glücke  näherte  sich  eben  Bourbon  mit  seinen 
Reitern,  trieb  die  Feinde  in  die  Flucht  und  befreite  den  Helden. 
Nachdem  beide  Heere  sich  glücklich  vereinigt  hatten,  und  nun 
eine  kompakte  Hasse  von  30,000  Kriegern  bildeten^  wurde  auf 
freiem  Felde  grosser  Kriegsrath  gehalten,  dem  alle  Obersten 
and  Hauptleute  beiwohnten;  in  diesem  wurde  der  Zug  nach 
Rom  entschieden  und  festgesetzt  Ehevor  aber 
das  kaiserliche  Heer  diesen  antrat,  schickte  Freundsberg  unter 
den  Hauptleuten  Alexander  Grafen  von  Clasena  (Chiavennaj, 
Signor  Castro,  Jakob  von  Völs  und  Gebhard  von  Speychingen 
vier  Fähnlein  deutsches   Fussvolk  nach  Mailand,  um  seinen 


Urkunde  für  seine  geleisteten  Dienste  die  ansehnlichen  Güter  des 
geachteten  Grafen  Philipp  von  Torniel;  als  aber  dieser  etwas 
später  vom  Kaiser  wieder  in  Gnaden  aufgenommen  worden  war, 
wurde  Kaspar  von  Freundsberg  auf  eine  andere  Weise  ent- 
schädigt. 

12 


—  1»  — 

Sohn  Kaspar  »i  verstärken ,  der  nun  14  Ffthnlein  befehligte« 
Prinz  Philibert  von  Oranien,  Bourbons  Vetter,  und  Alphons 
Harkgraf  von  Gnasta  worden  za  Obersten  ernannt  and  ihnen 
das  Kommando  über  5000  Spania  ta  Foss  and  acht  Ffihnldn 
leichter  Reiterei  fibergeben.  Karl  de  la  Motte,  Boarbons  Hof- 
meister, von  der  Schlacht  bei  Pavia  aas  bekannt,  wurde  General- 
qoartiermeister  des  Heeres  (Goberoator  et  Dox  ezercitos). 
Wfthrend  aber  noch  beide  Heere  vereint  bei  Piacenia  lagen, 
fiel  Graf  C^jazzo ,  der  ttber  13  Fähnlein  italienisches  Passvolk 
and  130  Mann  leichter  Kavallerie  gestellt  war,  aaf  die  Nach- 
richt des  beschlossenen  Zages  nach  Rom  vom  Kaiser  ab,  trat 
am  18.  Febraar  mit  1200  Infanteristen  and  seinen  130  Kaval- 
leristen zar  Partei  des  Papstes  über,  der  ihm  glänzende  Yer- 
sprechangen  gemacht  hatte,  and  eilte  mit  seinen  abtrünnigen 
Leaten  nach  Bologna,  am  diese  Stadt  za  besetzen  and  dem 
Papste  za  erhalten.  Klemens  VII.  Hess  anter  Einem  aach  dem 
Herzog  Alphons  von  Ferrara  an  die  Stelle  des  gefallenen  Jeao 
Medicis  das  Oberkomsrnndo  über  das  verbfindete  Heer  anbieten, 
and  versprach  ihm  fflr  den  Fall,  dass  er  diese  Stelle  annehmen 
sollte,  die  beiden  Städte  Hodena  and  Reggio  zu  fiberiassen, 
and  dem  Sohne  des  Herzogs,  Namens  Hercules,  seine  Base 
Katharina,  eine  Tochter  des  Lorenz  von  Medicis,  zur  Ehe  zu 
geben;  der  Herzog  lehnte  jedoch  das  Anerbieten  ab  mit  der 
Entschuldigung :  er  könne  sich  anter  den  obwaltenden  Umstän- 
den nicht  gegen  den  Kaiser  erklären. 


—    i7»    ~ 


Vm.  Abschnitt. 

Aufbrach  des  kaiserlichen  Heeres  nach  Born;  Ausbrach  eines  furcht- 
baren Aufruhres  in  demselben;  Absendnng  des  Grafen  Lndwig 
Ton  Lodron  an  den  Henog  Ton  Ferrara  am  Geld;  Freands- 
bergs  Anrede  an  die  Soldaten;  der  Held  wird  vom  Schlage  ge- 
troffen; Abmarsch  des  Heeres  von  St  Giovanni;  Tod  des  kaiser- 
lichen ^Feldtmarschalk'^  Anton  Grafen  von  Lodron;  Lannoy 
bei  Bonrbon  in  Santa  Yia;  Zug  des  Heeres  Über  die  Apenninen; 
Ankunft  desselben  vor  Bom ;  getroffene  Anstalten  znr  Yertheidigang 
Borns;  Boorbons  getroffene  Dispositionen  zur  Erstürmung  der  Stadt. 

1.  Endlich  am  22.  Februar  1527  brach  das  kaiserliche 
Heer  auf  und  trat  den  berüchtigten  Zug  nach  Rom  an. 
Oberste  und  Landsknechte  sprachen  es  laut  aus:  sie  zögen 
desshalb  nach  Rom,  um  ihren  Sold  vom  Urheber  des  Krieges, 
als  der  ihnen  der  Papst  galt,  zu  holen;  sie  wolieten  dort  aber 
auch  so  „hausen^,  dass  ihm  alle  Lust  zu  weitem  Handeln  auf 
ewig  vergehen  sollte.  Schöne  Vorsätze!  Georg  von  Freunds- 
berg bildete  aus  dem  deutschen  Fnssvolke  drei  Kolonnen;  eben 
so  viele  vrurden  auch  aus  den  Spaniern  gemacht;  beide  Natio*- 
nen  mussten  abwechselnd  den  Vortrab  und  Nachtrab  des  Heeres 
bilden.  Prinz  Sigmund  von  Gonzaga  war  Anführer  von  i500 
italienischen  Kriegern;  weitere  tausend  Mann  mussten  voraus- 
marschiren  mit  Pickeln  und  Schaufeln  versehen,  um  die  Wege 
herzurichten.  Der  Harsch  ging  auf  der  Römerstrasse  Aber 
Borgo  St.  Donin  und  Reggio  nach  „Bonport^,  von  wo  ans 
BourboD  sich  mit  dem  Kanzler  Horone  nach  Finale  zum  Herzog 
von  Ferrara  begab,  um  mit  diesem  wegen  des  vorhabenden 
Zuges  das  Weitere  zu  verabreden.  Nun  ging's  Ober  das  FlOs»- 
chen  Pftnaro  nach  St.  Giovanni  (eine  Ortschaft  bei  3  deutsche 
■eOeo  ober  Bologna),  wo  man  am  8.  Harz  anlangte.    Von 

12* 


—    180    — 

hier  aus  schickte  Bourbon  einen  Trompeter  nach  Bologna,  ver- 
langte Lebensmittel  mit  dem  Vorgeben,  nach  Neapel  marschiren 
zu  müssen )  allein  statt  der  verlangten  Lebensmittel  lieferte  der 
Harkgraf  von  Saluzzo  den  Kaiserlichen  ein  Treffen  bereits  anter 
den  Mauern  von  Bologna,  bei  welcher  Gelegenheit  der  abge- 
fallene Graf  Cajazzo  in  die  Flacht  geschlagen  and  bis  an  die 
Stadtthore  verfolgt  wurde« 

Während  das  kaiserliche  Heer  vor  Bologna  verweilte,  kam 
vom  Herzog  von  Ferrara  so  viel  Geld  an ,  dass  man  jedem 
Soldaten  wenigstens  eine  Krone  aaszahlen  konnte.  Hier  stiess 
auch  Prinz  Ferdinand  von  Gonzaga,  der  Bruder  des  Herzogs 
von  Hantua,  mit  einigen  Pferden  zum  kaiserlichen  Heere,  machte 
den  ganzen  Zug  mit  und  hielt  sich  sehr  ritterlich. 

Der  Papst,  durch  die  erhaltene  Nachricht  vom  Anmärsche 
der  gefürchleten  Deutschen  in  Schrecken  gesetzt,  fasste  schnell 
einen  Entschluss,  und  traf  mit  dem  kaiserlichen  Vice-König 
Launoy  ein  Uebereinkommen ,  kraft  dessen  Klemens  YH.  sein 
Heer  entlassen,  die  aus  Rom  vertriebenen  Colonna's  in  ihre 
Rechte  wieder  einsetzen,  60,000  Dukaten  erlegen  und  überdiess 
noch  jedem  kaiserlichen  Soldaten  einen  Honatsold  bezahlen 
sollte.  Ein  gewisser  Cäsar  Feramuska,  von  Geburt  ein  Neapo- 
litaner, brachte  als  Abgeordneter  des  Yice-Könlgs  die  erste 
Nachricht  vom  Abschlüsse  dieses  Vergleiches  ins  Lager  Boor- 
bons  und  Freundsbergs.  Beide  genannte  Anführer  waren  darüber 
todtlich  getroffen;  denn  das  Geld,  womit  sich  der  Papst  tos- 
kaufen wollte,  reichte  nicht  hin,  die  Truppen  nur  zum  fünf- 
ten Theil  zu  befriedigen.  Die  Feinde  des  Kaisers  und  die 
Emissäre  der  Ligue  —  deren  es  mitten  Im  kaiserlichen  Lager 
eine  grosse  Meng«  gab  —  waren  nun  eifrigst  bemüht,  diese 
Nachricht  mit. den  gehässigsten  Zusätzen  und  VergrösseruDgeD 
schnell  unter  den  Trappen  zu  verbreiten ,  und  diess  mit  eioem 
solchen  Erfolg,  dass  der  Aufruhr  unter  den  Spanlern  schon  mit 
der  allergrössten  Wuth  ausbrach,  während  Bourbon  und  Freonds- 
berg  noch  mit  Feramuska  unterhanddten;  der  Tumult  erreichte 
den  höchsten  Grad,  als  sich  der  Markgraf  Alphons  von  Goasta 


-    181    — 

mit  den  neapolitanischen  Soldaten  in  Folge  jenes  Vertrages  vom 
kaiseriiehen  Heere  trennte.  Diesen  Auftrag  ertheiite  ihm  ein 
Schreiben  des  Yice-Königs,  der  die  Drohung  beifügte,  ihm  auf 
der  Stelle  alle  Horrschaften  im  Neapolitanischen  einiusiehen, 
falls  er  nicht  gehorchen  sollte;  Markgraf  Alphons  gehorchte 
und  Yerliess  mit  seinen  Leuten  das  kaiserliche  Lager.  Darflber 
wflthend  geworden,  feuerten  nun  die  Spanier  ihr  Geschtifz  auf 
das  Hauptquartier  ab,  plflnderten  Bonrbons  ganze  Habe  und 
erschlugen  einen  seiner  Hauptleute ;  Bonrbons  Waffenrock  wurde 
des  anderen  Tages  im  Stadtgraben  gefunden;  er  selbst  floh  zu 
Frenndsbeig,  den  er  Vater  zu  nennen  pflegte  (Freundsberg 
zählte  damals  54,  Bourbon  38  Lebensjahre),  und  verbarg  sich 
im  Stalle  unter  dem  Stroh.  Von  den  Spaniern  wurden  auch 
die  Deutschen  aufgewiegelt,  dass  diese  schrien  und  drohten, 
ohne  Geld  keinen  Schritt  weiter  zu  machen« 

2.  Nun  begegnen  wir  wiederum  unserm  Grafen  Ludwig 
▼  on  Lodron,  der  uns  für  längere  Zeit  YöUig  aus  dem  Ge- 
sichte verschwunden  ist.  Graf  Ludwig  wurde  nämlich  m 
diesem  äusserst  kritischen  Momente  von  Bourbon  und  Freunds- 
b^g  noch  in  derselben  Nacht  als  Abgeordneter  eilends  an  den 
Herzog  von  Ferrara  abgeschickt  —  mit  der  dringenden  Bitte, 
wieder  Geld  vorstrecken  zu  wollen,  um  an  die  Truppen  eine 
grikssere  Abschlagszahlung  machen  zu  kOnnen  und  so  den  Auf- 
rohr zu  stillen.  Beide  Heerführer  wollten  dem  Herzog  für  das 
vorgestreckte  Geld  mehrere  lombardische  Städte  im  Namen  des 
Kaisers  verptSeinden ,  femers  die  eingehobenen  Kontributionen, 
sowie  auch  alle  andern  Gelder  zur  Rflckzahlung  verwenden ;  ja 
Freundsberg  erbot  sich  sogar,  seinen  Sohn  Melchior  und  den 
Grafen  Anton  von  Lodron  dem  Herzog  als  Geissei  zu  über- 
lassen; allein  dieser  gab  dem  Grafen  Ludwig  zur  Antwort: 
er  könne  sich  nicht  ganz  entblössen^  und  sowie  sie  abzögen, 
würden  des  Kaisers  Feinde  Ihn  bald  wieder  mit  Krieg  über- 
ziehen. Die  Mission  des  edlen  Grafen  hatte  also  nicht  den  er- 
wünschten Erfolg,  und  Lodron  sah  sich  genöthigt,  mit  leeren 
Händen  in  das  kaiserliche  Lager  zurückzukehren. 


—    188   — 

Dem  tapfern  Freandsberg  blieb  unter  dieseo  UnurtündeD  keine 
andere  Zuflacht,  als  die  —  in  sich  selbst.  Er  liess  also  seine 
Lente  xusammentromnieln  und  trat  mit  seinem  Sohne  Melchior^ 
mit  dem  Prinzen  Philibert  von  Uranien,  dem  Grafen  Ludwig 
von  Lodron,  Sebastian  Schertlin  von  Burtenbaeh,  Konradin 
Spergser  von  Glums,  Claus  Seidensticker  und  noch  einigen  an- 
dern Vertrauten  in  ihren  Kreis;  es  war  diese  Stunde  für  den 
Helden  eine  der  bittersten  seines  Lebens.  Immer  noch  einen 
guten  Ausgang  verhoffend,  hielt  Preundsberg  ab  die  versam- 
melten Krieger  eine  ergreifende  Rede. 

„Ihr  lieben  Söhne  und  Brflderl  —  sprach  der  Ifeld  — 
Auf  Eure  Klagen  habe  ich  und  haben  Eure  Hauptleute  gehandelt 
mit  dem  Heraoge  von  Bourbon,  kaiserlichem  Statthalter,  darauf 
haben  wir  auch  bei  dem  Herzoge  von  Ferrara  aufs  Höchste  um 
ein  Anlehen  nachgesucht,  aber  —  vergeblich.  Weil  ich  nun 
Euer  aller  ehrliches  Gemttth  bisher  allzeit  in  Lieb  and  Leid 
willig  und  treu  befunden,  verhoffe  ich,  Ihr  werdet  Euch  jeUt 
von  dieser  ungestttmen  Empörung  ablassen,  und  uns  alle  vor 
Schimpf  und  Schande  behüten.  Ihr  wisset,  dass  Ihr  vor  wenig 
Tagen  mit  mir  einhellig  beschlossen.  Keiner  vom  Andern  zu 
weichen  und  mit  einander  zu  leben  und  zu  sterben,  bis  wir 
bezahlt  und  zufriedengestellt  werden.  Diess  wollet  bedenken! 
—  Habt  Ihr  schon  so  lange  gelitten,  o  so  geduldet  doch  noch 
eine  kurze  Zeit  und  lasset  Euch  nicht  von  böswilligen  Auf- 
wieglern verhetzen  und  in  Euer  Unglück  führen.  Sind  wir  dock 
auf  dem  Wege,  den  Urheber  dieses  Krieges,  den  ärgsten  Femd 
des  Kaisers  zu  suchen,  und  in  Rom  unsere  Besoldung,  Ehre 
und  Out  zu  erlangen.  Man  kann  sonst  dieser  Zeit  kein  Geld 
erheben;  der  Kaiser  ist  zu  weit»  Ueberdiess  wollen  wir,  der 
Herzog  von  Bourbon,  der  Prinz  von  Oranien  und  ich  samnt 
allen  Hauptleuten  uns  verpflichten  und  verbinden,  dass  in 
Honatfrist  Eure  ganze  ausstftndige  Besoldung  berichtigt  und  be- 
zahlt sein  soU.  Htttlerweilen  ich  und  alle  Hauptleute  brüderlich 
den  letzten  Heller  mit  Euch  theilen  wollen.  Dagegen  bedenket 
aber  auch,  Ihr  lieben  Söhne  und  Brüder,  wie  es  uns  eigehea 


-    183    - 

wird,  wenn  wir  ims  spalten,  wein  wir  niiebiig  sein  nnd  niclit 
bei  dnander  bleibeo  würden.  Wir  sind  allenthalben  nut  star- 
ken Feinden  umgeben,  denen  wir  in  die  Hftnde  fallen  würden; 
Keiner  wärde  davon  kommen.  Wenn  wir  aber  briderlich  bei 
dnander  bestehen,  so  haben  wir  gewissen  Sieg  von  Gott  so 
veriioffen.^ 

Diess  Alles  hatte  Freandsberg  mit  einem  solchen  Nachdruck 
und  Ernst  gesprochen,  dass  er  »einen  Stein  hfttte  bewegen 
mOgen^;  allein  die  Harzen  der  ?erwilderten  Krieger  schienen 
harter  als  Steine  zu  sein;  der  wilde  Hanfe  hatte  den  Helden 
kaum  ausreden  lassen,  als  er  schon  neuerdings  anfing  su  stam- 
pfen and  «u  brüllen:  ,>6Qld,  Geld  —  Geld  herl^  —  und  dabei 
die  Spiesse  senkte,  als  ob  er  Freundsberg  und  alle  Hauptteate 
ermorden  wollte.  Das  war  an  viel!  Freundsberg  hob  die 
Hände  anf,  wollte  noch  einmal  red^;  grosse  Thrünen  diüngten 
sich  Aber  seine  Wangen,  die  Lippen  bewegten  sich  heftig  lit» 
temd;  er  machte  noch  ein  Zeichen  väterlicher  Bitte,  versuchte 
fu  sprechen,  konnte  aber  kernen  Laut  mehr  hervod)ringen;  vom 
Schlage  gerührt  sank  er  zurück.  Graf  Ludwig  und  die  nächst* 
stehenden  Hauptleute  erfkssten  den  Sinkenden,  setzten  ihn  auf 
eine  Tronmiel  und  sprachen  zum  Kriegsvolk:  «Liebe  Brüder, 
ziehet  alle  d)  in  eure  Quartiere,  seid  ruhig  und  still,  und  so 
wollen  wir  sehen,  was  weiter  zu  thun  ist.^ 

Mit  Freuttdsbergs  Fall  verhallte  das  wilde  Rufen  und  Toben, 
die  gesenkten  Spiesse  richteten  sieh  langsam  und  scheu  wieder 
anf,  die  kurz  zuvor  so  trotzigen  Haufen  öffneten  ruhig  den  Ring 
nnd  aUAdk  sprachlos  und  zitternd  nach  allen  Seiten  aus  ein- 
ander, als  stünde  das  Brandmal  eines  verübten  Vatermordes 
mit  unauslöschlichen  Zügen  auf  ihrer  Stime«  Die  Diener  hoben 
nun  den  Helden  auf  einen  Maulesd,  dessen  er  sich  gewöhnlich 
bediente,  und  führten  ihn  in  sein  Quarti^  zurück.  Die  deut* 
sehen  Hauptleute  waren  traurig  nnd  ganz  bestürzt;  vide  von 
ihnen  vergossen  Thränen  und  bejammerten  ihre  Lage;  diese  vrar 
wirklich  verzweiflungsvoU ;  Geld  war  keines  vorhanden,  grosser 
Mangel  an  Proviant  hatte  sich  eingestellt,  und  sie  befanden  sich 


—    184    — 

imLtDde  des  Feindes,  der  mit  einem  starken  Heere  in  Bologna 
lag.  Da  sprach  der  alte,  in  den  WalTen  ergraute  ,,k1ilmmoth{ge^ 
Hauptmann  der  Stadt  Innsbrnck,  Clans  Seiden- 
sticker,  in  seinem  Unmuthe:  „Hilftmir  Gott  noch  an»  diesem 
Kriege^  so  will  ich  mein  Leben  lang  in  keinen  mehr 
ziehen,  weil  man  mit  solcher  geschwinder  Practica  handelt. 
Die  grossen  Herren  spielen  unterm  Hfltlein,  machen  Fried  und 
Unfried,  wenn  sie  wollen,  und  uns,  die  wir  dem  Kaiser  treu- 
lich gedient  haben,  will  man  auf  die  Fleischbank  opfern;  sie 
sdien  nur  auf  ihren  Yortheil  nnd  lassen  uns  zu  Grunde 
gehen.«*) 

Ritter  Georg  von  Freundsberg  ^  gewohnt  alle  Tage  offene 
Tafel  zu  halten,  sass  zwar  noch  denselben  Tag  mit  seinen 
Hauptleuten  zu  Tische;  indessen  war  ihm  die  Sprache  ganz 
verfallen,  dass  er  kein  Wort  vorbringen  konnte.  Nach  dem 
Mahle  trat  er  zum  Kaminfeuer;  da  überfiel  ihn  plötzlich  ein 
gewaltiges  Fieber,  dass  man  ihn  zu  Bett  bringen  musste;  diess 
geschah  am  16.  Harz;  erst  am  vierten  Tage  (am  20.  Mfirz) 
kehrten  Besinnung  nnd  Sprache  wieder  zurflck;  er  schlug  die 
Augen  auf  und  erkannte  seine  Hauptleute.  Nun  ermahnte  er 
den  Herzog  von  Bourbon,  der  traurig  bei  seinem  Bette  stand,  den 
unternommenen  Zug  nach  Rom  fortzusetzen ,  und  ernannte  den 
,)kleinen  Hess«,  den  Konrad  von  Bemmelberg,  der  40  Jahre 
alt  und  ein  ausgezeichneter  Kriegsmann  war,  zu  seinem  Logo- 
tenenten;  hierauf  wurde  der  Kranke  nach  Ferrara  gdiracht, 
wo  wir  ihn  aber  verlassen  müssen,  um  seinem  Schwager,  dem 
Grafen  Ludwig  von  Lodron,  auf  dem  Zuge  nadi  Rom  za 
folgen. 

Wahrend  die  Hauptleute  im  kaiserlichen  Heere  sich  alle 
erdenkliche  Mühe  gaben,  den  Aufruhr  zu  stillen,  eilte  Moroae 
zum  Herzoge  von  Ferrara  und  erhielt  von  diesem  endlich  doch 
so  viel  Geld,   dass   die  Spanier  zur  Noth  befriedigt  werden 

*)  Der  Krieg,  in  den  der  gute  Seidensticicer  so  eben  zog,  war  für 
den  alten  Haudegen  leider  der  letzte,  indem  er  im  Sommer 
des  folgenden  Jahres  zu  Rom  an  der  Pest  starb. 


—    185    — 

kosnlen ;  die  Deatscheo  dagegeo  verianurten  kein  -6dd,  sondern 
nur,  dass  Boorbon  sie  fortßlhren  mö^  ans  dieser  Gegend,  sie 
wollten  gern  ihr  Bestes  than  und  ihm  willig  folgen. 

3.  Am  31.  Min  ?erliess  das  kaiserliche  Heer  sein  Lager 
bei  St.  Giovanni,  welche  Ortschaft  niedergebrannt  wurde,  kam 
an  den  Pinss  Reno,  enwang  den  Uebergang  über  denselben 
und  lagerte  sieh  unter  den  Hauern  von  Bologna,  wo  das 
Eintreffen  des  Geschfltaes  abgewi|rtet  wurde;  in  der  benannten 
Stadt  lagen  bei  14,000  Mann  päpstlicher  Truppen.  Von  Bo- 
logna aus  wäre  der  ntfchste  Weg  nach  Rom  über  Florens 
gegangen;  allein  da  diese  Strasse  von  den  Päpstlichen  sehr 
stark  besetzt  war,  so  machte  Bonrbon  einen  Umweg  und  schlag 
die  Strasse  nach  Faenza  und  Porii.ein.  Die  kaiserlichen  Sol- 
daten, die  grosse  Noth  leiden  mussten,  durchstreiften  weit  und 
breit  auf  ihrem  Zuge  die  Gegenden ,  um  Proviant  aufzutrdben, 
und  verbrannten  bei  dieser  Gelegenheit  Häuser,  Schlösser  und 
Dörfer;  zwar  verbot  der  Oberbefehlshaber  alles  Sengen  und 
Brennen;  allein  es  fruchtete  wenig.  Der  Herzog  von  Ferrara 
half  wieder  aus  der  Noth  und  schickte  Zwieback,  der  rotten- 
weis vertbeilt  wurde.  Am  5.  April  passirte  das  Heer  die  Stadt 
Imola;  die  Päpstlichen  machten  einen  Ausfall  aus  der  Stadt, 
wurden  aber  vom  Prinzen  von  Oranien  zurückgeschlagen.  Bourbon 
liess  das  Städtchen  Cutignola  (Codognola)  beschiessen;  die 
Folge  davon  war,  dass  die  Bflrger  auf  50  Wägen  ^Proviant 
brachte.  Hier  bei  Culignola  starb  Graf  Anton  v.  Lodron, 
kaiserlicher  ^Feldtmarschalk*,  an  einem  Halsgeschwüre. 

Da  man  das  grobe  Geschütz,  das  man  von  Mailand  mit- 
genommen hatte,  nicht  über  die  Gebirge  zu  bringen  hoffte,  so 
wurde  dasselbe  —  aus  vier  grossen  Karthaunen  bestehend  — 
dem  Herzoge  von  Ferrara  zugeschickt.  —  Unterdessen  hatten 
sich  die  Truppen  der  Ligue  vereinigt;  wir  kennen  bereits  die 
Führer  derselben:  Franz  Herzog  von  Urbioo,  Michael  Anton 
Markgraf  von  Saluzzo  und  Guido  Graf  Rangone.  Die  Verbün- 
deten waren  nun  den  Kaiserlichen  fortwährend  auf  dem  Halse, 
und    thaten    ihnen  allen  möglichen  Abbruch.     Ein  Städtchen, 


.  I 


—    188    — 

Namens  ^Meldola^,  setzte  mth  zur  Wehr;  Bonrben  liess  die 
Vertheidiger  mit  Falconetten  von  der  Mauer  vertreibeD  md  an 
die  Thore  Feaer  anlegen ;  wfthrend  nun  die  Bttrger  auf  der  eiaea 
Seite  hrnausflohen,  stflrmten  die  Kaiseriiehen  auf  der  entgegen- 
gesetzten Seite  in  die  Stadt,  wo  sie  besonders  eineo  guten  und 
starken  Wein  antrafen,  dem  sie  so  zusetzten,  dass  alle  berausclit 
wurden,  Händel  unter  einander  anfingen,  und  so  zusammen- 
schlugen, dass  bei  zweihundert  Mann  verwundet  wurden.  Ein 
Haufe  Spanier  trennte  sich  vom  Heere,  unternahm  mit  fliegen^ 
dem  Fähnlein  und  den  Hauptmann  an  der  Spitze  einen  Streifzuif 
ins  Gebirg,  um  Lebensmittel  aufzutreiben,  wurde  aber  auf  dem 
Heimwege  bei  Faenza  vom  Markgrafen  Saluzzo  ttberCalleDy  zu- 
sammengehanen  und  ihr  Hauptmann  an  den  Galgen  gehftngt. 
Die  Päpstlichen  unternahmen  auch  aus  Faenza  und  Forli  starke 
Ausfälle,  wurden  aber  vom  Prinzen  Ferdinand  Gonzaga  zurttok- 
geworfen.  Bei  Forli  Hess  das  kaiserliche  Heer  alle  entbehr- 
lichen Wägen,  Pferde  und  Esel  stehen,  und  trat  dem  FlOsschea 
Bidente  entlang  bei  heftigem  Regenwettw  den  Weg  ins  Gebiig 
an,  um  die  Apenninen  zu  übersetzen  und  wieder  die  Haupt- 
strasse nach  Rom  zu  gewinnen.  Um  Lebensnodttel  zu  erhalten, 
legte  der  Prinz  von  Oranien  am  Kastell  Gustercula  in  eigener 
Person  einen  Sturm  an,  nahm  es  und  abergab  es  den  Flammen; 
ein  gleiches  Schicksal  erlitt  das  Städtchen  Civitella. 

Der  italienische  Hauptmann  Nicolo  Varolo  erstürmte  mit 
seinen  Leuten  die  Ortschaft  Corsona,  fiel  aber  im  Sturme,  wess- 
halb  auch  diese  Stadt  den  Flammen  übergeben  wurde.  Bei 
dem  Fleckeii  Santa  Via  ging  der  Zug  über  eineB  hohen  Berg; 
wiederum  mussten  viele  Wägen  mit  ihrer  Bespannung  zurück- 
gelassen und  das  Geschütz  —  ans  12  Falconetten  bestehend, 
die  dem  Herzog  von  Fenrara  gehörten  —  mit  Stridien  ge« 
schleift  und  hinübergezogen  werden.  Hier  in  der  Ortschaft 
Santa  Via  erhielt  der  Herzog  Karl  von  Bourbon  einen  ganz  an- 
vermatheten,  aber  auch  einen  ganz  unbeliebigen  und  ungelegenen 
Besuch,  und  zwar  —  vom  kaiserlichen  Vice-König  von  Neapel, 
Karl  Lannoy.  —  Was  wollte  dieser? 


-    187    — 

4.  Papst  Klemeos  hatte  nichts  tmvarsocht  gelassen,  den 
Zag  der  Kaiserlichen  nach  Rom  zo  hintertreiben.  Als  er  nan 
Yemahm,  dass  Cesar  Feramnska  im  kaiserlichen  Lager  bei  St. 
Giovanni  nichts  aosgerichlet  habe,  drang  er  in  Lannoy,  eilends 
nach  Florenz  abzugehen,  mit  Herrn  de  la  Hotte,  dem  General- 
qnartfermeister  des  kaiserlidien  Heeres  (der  aus  unbekannten 
Gründen  eben  nach  Florenz  gekommen  war),  zu  unterhandeln 
und  die  Sache  dahin  zu  bringen,  dass  Bourbon  den  Frieden 
annehme  und  seinen  unternommenen  Zug  sistire.  Fflr  den  Fall, 
dass  sich  der  kaiserliche  Feldherr  herbeilassen  sollte,  innerhalb 
fSnf  Tagen  den  Rückzug  anzutreten,  verpflichtete  sieb  der 
hpst,  den  ersten  Tag  gleich  60,000  Dukaten  zu  erlegen; 
weitere  60,000  sollten  im  Monate  Mai  ausbezahlt  werden*  In 
seinem  eigenhändigen  Schrdben  darüber  an  Bourbon  wollte 
Lannoy  den  ersten  60,000  Stück  Dukaten  seinerseits  noch  weitere 
2000  hinzufügen ,  und  50,000  sollte  der  Kaiser  herschiessen. 
Da  dieses  Schreiben  des  Yice-Königs  bei  Bourbon  seinen  Zweck 
verfehlte,  kam  derselbe  in  Begleitung  eines  päpstlichen  Ge* 
sandten  in  eigener  Person  nach  Santa  Via  ins  kaiserliche  Lager 
und  drang  da  in  Bourbon,  den  abgeschlossenen  Traktat  mit 
dem  Papste  zu  honoriren;  darüber  entstand  nun  eine  solche 
Aufregung  im  Lager,  dass  Lannoy  mit  aller  Mühe  entrann,  der 
päpstliche  Gesandte  aber  dermassen  misshandelt  wurde,  dass  er 
halbtodt  nach  Rom  gebracht  wurde. 

5.  Nun  wurde  wieder  aufgebrochen  und  der  Zug  über  ein 
hohes  Gebirg  angetreten,'  das  „Monte  Camero^  genannt  wird; 
die  Geschütze  mussten  auch  hier  wieder  mit  Stricken  hinüber- 
gezogen werden,  wobei  Bourbon  selbst  Hand  anlegte;  zugleich 
musste  eine  grosse  Quantität  Pulver  vernichtet  werden.  Als 
das  kaiserliche  Heer  mit  unsäglichen  Beschwerden  die  Apen- 
ninen  übersetzt  hatte,  stieg  es  ins  Thal  hinab,  in  welchem  die 
Tiber  entspringt,  zog  diesem  Flusse  entlang  bis  zum  Städtchen 
St.  Stephane,  das  mit  etlichen  Fähnlein  Kriegsvolk  besetzt  war 
und  desshalb  links  liegen  gelassen  wurde,  um  rechts  über  einen 
Berg  ins  Thal  „Caprese^  zu  gelangen  und  von  da  die  Stadt 


—    188    — 

Areezo  zu  erreichen.  Dieser  Marsch  mnsste  wfthrend  der 
Osterfeiertage  gemacht  werden;  auf  demselben  badeten  anzeitige 
MandeJn,  die  sammt  den  Schalen  verzehrt  worden,  die  Nahrong 
der  Soldaten.  Bei  der  Stadt  Arezzo  machte  man  Halt,  um  die 
Ankunft  des  Geschützes,  sowie  auch  des  Volkes  abzuwarten, 
das  von  mdireren  Seiten  her  im  Anzüge  war;  hier  stiess  das 
Heer  auf  eine  Abtheilnng  päpstlicher  Truppen,  die  anter  An« 
ftthrung  des  Yitellius  Tiphema  in  einer  Stärke  von  3000  Mann 
den  Kaiserlichen  in  den  Weg  traten,  von  diesen  aber  geworfen 
und  gezwungen  wurden,  durch  eilige  Flucht  nach  Arezio  ihr 
Heil  zu  suchen.  In  dieser  Stadt  brachte  Bourbon  in  Erfth- 
rung,  dass  der  Markgraf  von  Saluzzo  und  der  Herzog  von  Urbino 
mit  sftmmtlichen  Truppen  in  Florenz  angekommen  seien;  sich 
stellend,  als  ob  er  Florenz  flberfalien  wolle,  zog  er  dem  Arno 
entlang  eine  Strecke  abwärts  gegen  die  benannte  Stadt.  Auf 
dem  Ibrsche  dahin  erstflrmten  die  Spanier  das  Schloss  Randello, 
verloren  dabei  einen  Hauptmann  und  hftngten  die  Vertheidiger 
des  eroberten  Kastelles  aber  die  Hauern  hinaus.  Der  Marsch 
abwärts  gegen  Florenz  dauerte  nur  bis  zum  Städtchen  Laterina. 
Hier  wendete  Bourbon  sich  links  gegen  Sie  na.  Diese  Stadt 
hatte  eine  alte  Feindschaft  gegen  Florenz  und  gegen  die  da- 
selbst herrschenden  Mediceer,  welche  mit  einer  Macht  von 
16,000  Mann  and  16  Geschützen  früher  ausgezogen  waren,  um 
Siena  zu  erobern  und  ihrer  Herrschaft  zu  unterwerfen,  von  den 
Bflrgem  der  Stadt  Siena  aber  zurückgeschlagen  worden  waren. 
Aus  altem  Groll  erbot  sich  nun  Siena  zu  jeder  Unterstfltznng 
an  Waffen,  Lebensmitteln  und  Mannschaft,  wenn  Bourbon  zur 
Belagerung  der  verhassten  Stadt  Florenz  schreiten  wollte;  aber 
nngereizt  von  einer  Eroberung,  welche  die  Ausführung  seines 
Hauptentwurfes  nur  verzögern  könnte,  war  Bourbon  schon 
wieder  —  verschwunden,  als  Alles  noch  vor  ihm  zitterte.  Vor 
seinem  Austritte  aus  Toscana  Hess  er  dem  Papste  melden :  nur 
die  Hartnäckigkeit  seiner  Truppen  bewege  ihn,  an  ihrer  Spitze 
zu  bleiben;  vergeblich  habe  er  seine  ganze  Beredtsamkeit  an- 
gewendet ,  um  sie  zu  freundlichen  Gesinnungen  gegen  ihn  za 


—    189    — 

bewegen;  Jetzt  begleite  er  selbe  Uda8,  um  sie  im  Zamn  xa 
haltea;  übrigens  bitte  er  das  Oberbaopt  der  Kirche,  seine 
Schatie  nicht  za  schonen,  am  das  Ungewitter  abzuleiten,  wel- 
ches sich  aber  seine  Staaten  hinzöge. 

Empört  durch  diese  Erkiftrung  versftamte  der  Papst  keinen 
Augenblick,  den  Bannstrahl  aufBourbon  und  aufsein 
Heer  zu  schleudern.  Nun  eilte  der  kaiserliche  Oberbe- 
fehlshaber auf  den  Flfigeb  des  Windes  nach  Rom;  der  Harsch 
ging  über  den  Hontepulciano,  Aquapendente ,  Bolsena,  Honte- 
fiascone  und  Viterbo  dahin;  am  28.  April  befand  er  sich  noch 
in  der  Nahe  von  Siena  und  am  5.  Hai  stand  er  schon 
vor  Rom  —  wahrend  der  Papst  und  die  Römer  ihn  noch  in 
Toscana  glaubten;  bei  vierzig  italieilische  Heilen  (zehn  deutsche) 
soll  das  Heer  an  Einem  Tage  zurückgelegt  haben! 

6.  Gross  war  die  Bestürzi^ig  Aller,  als  sie  von  den  Hauern 
der  Stadt  die  Fahnen  des  gefürchteten  Heeres  wehen  sahen. 
Rom  war  in  diesem  Homente  ausser  Stand,  sich  kräftig  zu 
vertheidigen.  Die  Yertheidigung  der  Stadt  wurde  dem  Renzo 
de  Cerre  übertragen,  demselben  tapfem  Vertheidiger  und 
umsichtigen  Kommandanten  von  Harseille,  der  den  Herzog 
von  Bourbon  gezwungen  hatte,  die  Belagerung  der  benannten 
Stadt  aofzugeben.  Von  einigen  französischen  Offizieren  unter- 
stützt, verlor  Renzo  keinen  Augenblick,  in  dem  Borge  —  einem 
der  westlichen  auf  dem  rechten  Ufer  der  Tiber  gelegenen 
Stadtviertel,  das  dem  ersten  Angriff  ausgesetzt  war  —  Yer- 
schanznngen  anzulegen  und  alle  Einwohner  Roms  zu  bewaffnen. 
Priester,  Hönche,  Bischöfe  und  Kardinale  kamen  ihm  zu  Hülfe; 
mit  Krucifizen  in  den  Hunden  durchliefen  die  Genannten  alle 
Gassen  und  Strassen,  und  entflammten  das  Volk  zur  verzwei- 
felten Gegenwehr.  Dem  Papste  war  es  noch  gelungen^  von 
seinem  Kriegsvolke  (den  sogenannten  schwarzen  Fähnlein),  das 
er  kurz  vorher  dem  mit  Lannoy  abgeschlossenen  Vertrage  ge- 
mäss beurlaubt  und  entlassen  hatte,  bei  6000  Hann  in  die  Stadt 
zu  bringen.  Ein  unterm  4.  Hai  erlassener  Aufruf  des  Papstes 
ermunterte  zur  standhaften  Geg^uwehre  contra  Lutheranos  (wie 


—  wo  — 

die  Deulsehen)  el  Haranos  (wie  die  Spanier)  betitelt  wvrdeo. 
Auf  seinem  Befehl  worden  eiligst  auch  alle  Häuser  und  Gebäude 
ausser  der  Stadt  in  der  Nähe  der  Mauern  niedergebrannt,  da» 
diese  dem  anrückenden  Heere  kcänen  Aufenthalt  und  keine 
Deckung  bieten  konnten. 

Bonrbon  fand  bei  seiner  Ankunft  Tor  Rom  die  Wälle  mit 
Bewaffneten  besetzt;  ein  Wall  von  Picken  starrte  ihre  entgegen 
und  deutete  auf  einen  hartnäckigen  Widerstand.  Die  Kaiser- 
lichen lagerten  sich  auf  dem  Gampo  santo;  die  Bewohner  der 
umliegenden  Ortschaften  hatten  zwar  das  Heer  mit  Lebeos- 
mitteln  versehen  müssen ;  diese  Vorräthe  waren  aber  nur  gering. 
Von  der  einen  Seite  drohte  somit  den  Kaiserlichen  mitten  im 
Feindeslande  eine  baldige  Hungersnoth,  von  der  andern  Seite 
das  alliirte  Heer,  das  von  Florenz  her  im  Anzüge  war.  Id 
seinem  Lager  vernahm  indessen  Bourbon  das  Waffengeklirr  in 
der  Stadt  und  darunter  das  Geschrei  und  den  Jammer  der  Greise, 
Weiber  und  Kinder.  Vielleicht  Hess  sich  die  in  der  Stadt 
herrschende  Bestürzung  zum  Vortheile  seines  Heeres  benutzen; 
auf  der  Stelle  machte  er  einen  Versuch,  schickte  einen  Trom- 
peter an  die  Pforte  des  Vatikans  hin  und  verlangte  Lebensmittel, 
OeiFnung  der  Stadt  und  freien  Durchzug  durch  dieselbe  nach 
Neapel.  Die  Antwort  lautete  —  abschlägig.  Dasselbe 
Begehren  wurde  zum  zweiten  Haie  wiederholt  und  wiedemm 
abschlägig  beschieden.  Auf  das  hinauf  versammelte  der  Ober- 
befehlshaber am  5.  Hai  Abends  die  Obersten  und  Hauptieute 
der  drei  Nationen  in  der  Kirche  des  Klosters  zum  K  Onufrius*) 
und  machte  in  ihrer  Anwesenheit  die  Dispositionen  zur  Er- 
stürmung der  Stadt  fQr  den  kommenden  Tag.  Vor  der 
Hand  sollte  nur  der  westliche  auf  dem  rechten  Ufer  der  Tiber 
gelegene  Theil  der  Stadt  —  d^  Vatikan  —  mit  Sturm  ge- 
nommen werden,  und  zwar  von  allen  dreien  Nationen  —  Deut- 
schen, Spaniern  und  Italienem  —  zu  gleicher  Zeit.  Den  Vortiab 


*)  Kloster  und  Kirche  S.  Onofrio  befindet  sich  auf  dem  Janicutus 
—  derzeit  innerhalb  der  Stadtauraer. 


-    191    — 

der  Stunnkolonneii  sollten  fflnf  deutsche  Fähnlem  bilden;  es  war 
dieses  der  sogenannte  verlorene  „Hanfe^,  von  den  Franzosen 
„les  infants  perdas^^  genannt.  In  zweiter  Linie  sollten  weitere 
zehn  Fflhnlein  anrücken,  und  diesen  dann  zar  Unterstützung  das 
übrige  Volk  za  Fuss  und  zu  Pferd  in  kompakter  Hasse; 
Melchior  von  Freundsberg  bildete  mit  fünf  Fflhnlein  die 
Reserve  und  hatte  den  Auftrag,  jeden  Ausfall  der  Römer  und 
einen  etwaigen  Angriff  der  Verbündeten  im  Rücken  mit  aller 
Kraft  surfickzuweisen. 

Bourbon  ermunterte  die  versammelten  Obersten  und  Haupt- 
leute zur  Tapferkeit  und  Ausdauer;  er  vertröstete  sie  eines 
gewissen  aber  herben  Sieges«  Unter  Einem  machte  er  auch 
bekannt,  dass  er  sich  in  eigener  Person  an  die  Spitze  der 
Deutschen  stellen  und  mit  diesen  den  ersten  Angriff  unter- 
nehmen werde;  dagegen  protestirten  aber ' sflmmtliche 
deutschen  Hauptleute  mit  dem  Bemerken:  als  Oberbefehlshaber 
des  ganzen  Heeres  dürfe  er  seine  Person  nicht  bloss  geben, 
und  der  grössten  Gefahr  aussetzen.  Ehre  den  wackem  Haupt« 
leutea  der  Deutschen,  die  den  richtigen  Takt  besassen,  das 
ehrenvolle  Anerbieten  des  Feidherm  aus  dem  angeführten 
triftigen  Grunde  zurückzuweisen !  Wären  ihnen  hierin  nur  auch 
die  Spanler  gefolgt,  was  aber  leider  nicht  geschah;  diese 
fühlten  sich  geschmeichelt,  als  Bourbon  erklärte,  nun  an  ihrer 
Spitze  den  ersten  Anlauf  zu  unternehmen,  erhoben  dagegen 
keine  Einsprache  und  Hessen  den  Feidherm  gewähren,  wie  er 
wollte;  so  ging  dieser  unaufgehalten  seinem  traurigen  Schicksale 
entgegen. 

Die  Obersten  und  Hauptleute  trennten  sicb^  um  die  nöthlgen 
Vorkehrungen  zum  Sturm  für  den  kommenden  Tag  zu  treffen. 


—  1»  — 


IX.  Abschnitt. 

Der  Yatikan;  Anlegung  des  Stnrmes  anf  den  Borge;  Angriff  der 
Spanier;  Bonrbons  Tod;  Erstürmung  der  Porte  S.  Spiritos  durch 
Ludwig  Grafen  Ton  Lodron;  Flacht  des  Papstes  in  die 
Engelsburg;  Anlauf  des  tapfem  Konradin  Ton  Glnrns  mit 
seinen  „Cremoneser  Knechten'^;  Ankunft  kaiserlicher  HOlfstruppen 
ans  Neapel;  Erstürmung  der  Vorstadt  Trastevere;  Einnahme  der 
alten  Stadt;  Grftuel  der  Verwüstung  in  Born. 

1*  Der  Berg  Vaticanus,  aaf  dem  rechten  Ufer  der  Tiber 
gelegen,  gehörte  vor  Zeiten  nicht  zur  eigentlichen  Stadt,  wurde 
erst  in  der  Folge  in  dieselbe  gezogen.  Auf  diesem  terge 
warde  die  weltberühmte  Peterskirche,  sowie  der  nicht  weniger 
berühmte  Palast  der  Pfipste,  der  Vatikan,  mit  ungeheuren  Un- 
kosten erbaut;*)  auch  steht  daselbst  das  grosse  Spital  zam 
heiligen  Geiste.  Papst  Leo  IV.,  der  vom  Jahre  847  bis  855 
regierte,  umgab  den  Ort  zuerst  mit  Hauern  und  zog  ihn  in  die 
Stadt;  daher  dieses  Stadtviertel  auch  lang  Leonina  genannt 
wurde,  in  der  Folge  aber  den  Namen  Borge  erhielt.  In  diesen 
Stadttheil  führten  sechs  Thore,  die  vom  Papste  Alexander  VI. 
(1492-1503)  sammt  den  Stadtmauern  renovirt  und  noch  fester 
gemacht  wurdea  Für  unsem  Zweck  sind  von  den  sechs  be- 
stehenden Thoren  die  drei  ersten  wichtig:  Porta  S.  Spiritus, 
Porta  Torrionis  und  Porta  Pertusa.^*) 

2.  Um  12  Uhr  Hittemachts  zogen  zwei  Trommelsdilfiger 


*)  Die  Baukosten   der  Peterskirche  allein   beliefen  sich  auf  117 

Millionen  Gulden  in  Reicbs-Wähmng. 
**)  So  werden  die  drei  südlich  gelegenen  Thore,  die  vor  drei  Jahr- 
hunderten in  den  Borge  führten,  von  Adam  Reisser  geoannt; 
den  beiden  letzteren  entsprechen  heut  zu  Tag  die  Porta  Fabricia 
und  Porta  Cavalleggieri. 


-    193    — 

durchs  ganze  kaiserliche  Lager;  auf  dieses  Zeichen  begaben 
sich  alle  Fähnlein  auf  die  ihnen  angewiesenen  Plfitae.  Die  Porta 
Torrion  lag  im  Mittelpunkte  der  ausgestecklen  Angriffslinie; 
den  Raum  links  von  der  Porta  Torrionis  bis  zur  Porta  Pertusa 
hinter  der  Peterskirche  sollten  die  Spanier  unter  der  persön- 
lichen Leitung  des  FeJdherrn  stürmen,  dagegen  den  Wall  von 
der  Porta  Torrionis  rechts  hatten  die  Deutschen  unter  Anftthrung 
des  Locotenenten  Konrads  von  Bemmelberg  su  nehmen;  der 
Angriffspunkt  tut  die  italienischen  Fflhnlein  und  fflr  die  Reisigen 
war  die  Porta  Pertusa   und   ihr  Führer  der  Prinz  von  Oranien. 

Mittlerweile  war  der  Tag  herangebrochen,  und  Bourbon 
führte  das  Heer  zum  Sturme  heran;  ein  Nebel,  der  noch  auf 
der  Gegend  lag,  verbarg  den  Römern  die  anrückenden  Truppen ; 
die  Stadtbewohner  aber  und  die  pfipstlichen  Krieger  standen 
kampfgerüstet  auf  den  Hauern  und  Wüllen,  bereit,  die  Kaiser- 
lichen gehörig  zu  empfangen*  Beide  Nationen  —  Deutsche 
und  Spanier  —  unternahmen  zu  gleicher  Zeit  den  Sturm  auf 
den  jeder  Nation  angewiesenen  Angriffspunkt;  wie  sich  aber 
die  Deutschen  von  der  Porta  Torrionis  aus  rechts  dem  Walle 
näherten,  geriethen  sie  beim  Nebel,  der  sie  bedeckte,  in  die 
Schusslinie  der  Spanier,  sahen  sich  also  genöthigt,  eiligst 
mehr  rechts  sich  zu  ziehen  und  einen  andern  Angriffspunkt 
zu  wählen;  aber  auch  hier  von  den  tödtlichen  Geschossen  der 
Spanier  noch  erreicht,  wendeten  sie  sich  weiter  hinauf  zur  Porta 
S.  Spuritus,  um  diese  zu  nehmen. 

Unterdessen  hatte  Bourbon  an  der  Spitze  der  Spanier  die 
Mauern  von  der  Porta  Torrionis  links  bis  zur  Porta  Pertusa 
unterlaufen,  und  die  Sturmleitern  anzulegen  befohlen  —  wenn 
man  die  elenden  in  aller  Eile  zusammengenagelten  Bretter  eines 
nahen  Ziegelstadels  und  die  mit  Wieden  zusammengebundenen 
flartengitter,  aus  denen  selbe  zum  Theil  bestanden,  so  nennen 
wül.  Der  erste  Angriff  der  Spanier  wurde  von  den  Römern 
^  abgeschlagen;  und  wie  die  Spanier,  dadurch  etwas 
kottstemirt.  Anstand  nahmen,  gleich  zum  zweiten  Male  frisch 
anzulaufen,   riss  Bourbon   einem    nahestehenden  Soldaten   die 

13 


-    194    - 

Leiter  aus  der  Hand,  lehnte  sie  an  die  Mauer  und  stieg,  eine 
Pike  in  der  Rechten  haltend,  behend  hinauf.  Schon  halte  er 
die  Höhe  erreicht,  schon  war  er  im  Begriffe,  sich  tiber  die 
Hauer  zu  schwingen,  als  der  „kflhnmuthige^  Feldherr  —  von 
einem  Schusse,  in  der  nächsten  Nähe  abgefeuert,  in  der  Seite 
getroffen  in  den  Graben  zurückstürzte !  Zu  gleicher  Zeit  stürz- 
ten zwei  spanische  Fähnriche,  die,  angefeuert  durch  das  Beispiel 
des  Oberbefehlshabers,  die  Mauern  ebenfalls  schon  ersliegeit 
hatten,  tödtlfch  verwundet  in  den  Graben;  der  Anführer  des 
spanischen  Haufens,  Johannes  de  Urbina,  sowie  der  spanische 
Hauptmann  Vagus  wurden  beide  im  Gesichte  verwundet.  Dem 
gefallenen  Feldherm  war  nur  ein  schwacher  Lebenshauch  ge- 
blieben, und  diesen  benützte  er  dazu,  einen  nahestehenden 
Hauptmann,  Jonas  mit  Namen  (nach  einer  andern  Quelle  hiess 
er  Passeto  und  nach  einer  dritten  Gogna,  von  Geburt  ein  Gas- 
conier),  zu  bitten,  ihn  mit  einem  Mantel  bedecken  zu  wollen, 
auf  dass  sein  Tod  verborgen  bleibe;  es  geschah,  und  die 
Spanier,  welche  den  Feldherm  schon  innerhalb  der  Haoem 
glaubten,  stürmten  unwiderstehlich  nach  und  nahmen  fast  tu 
gleicher  Zeit  die  Mauern,  als  diese  auch  von  den  Deutschen 
bei  der  Porta  S.  Spiritus  erstiegen  wurden. 

Kaum  waren  nämlich  die  Deutschen  ausser  der  Schnsslinie 
des  spanischen  Volkes,  als  sie  auf  die  benannte  Porta  los- 
stürzten —  voran  der  „verlorne  Haufe^,  aus  fünf  Fähnlein 
bestehend  und  kommandirt  von  den  Hauptleuten  Diepold  Häl, 
Albrecht  von  Freiberg,  Barthlmä  Mohr,  Anton  Wechsler  und 
Barthlmä  Bonrieder.  Gleich  beim  ersten  Anlauf  fielen  die  drei 
Hauptleute  Mohr,  Wechsler  und  Bonrieder,  sowie  der  Fähnrich 
des  zuletzt  Genannten  und  ein  junger  Herr  von  Fleckenstein 
mit  dreissig  Landsknechten.  Nun  Hess  Bemmelberg  die  zweite 
Kolonne  nachrücken;  diese  bestand  aus  zehn  Fähnlein  und  wurde 
angeführt  vom  Grafen  Ludwig  von  Lodron;  in  der  zweiten 
Kolonne  kämpften  mit  ihren  Leuten  die  Hauptleute:  Philipp 
Stumpf,  Nikolaus  von  Fleckenstoin,  Christoph  Graf  von  Eber- 
stein, Veit  von  Wähingen,  Sebastian  von  Schertlin,  Urban  Linsing 


—    195    — 

und  vier  Ungenannte;  die  übrigen  Fähnlein  unter  Bemmelbergs 
persönlicher  Leitung  bildeten  die  dritte  Kolonne.  Die  Deutschen 
hatten  auf  ihrem  Angriffspunkte  einen  harten  Stand ;  sie  wurden 
nicht  nur  vom  Borgo  aus  in  der  Fronte,  sondern  auch  von  der 
alten  Stadt  her  Aber  die  Tiber  in  ihrer  rechten  Flanke  heftig 
beschossen;  dessen  ungeachtet  drangen  sie  beherzt  vorwärts; 
der  alte  Innsbrucker  Hauptmann  Claus  Seidenst icker  mit 
seinem  flbergrossen  Schlachtschwerle  war  der  erste,  welcher 
die  Hauer  erstieg  ;*)  diese  wurde  nun  schnell  besetzt.  Michael 
Hartmann  von  AUkirch  hatte  die  Geistesgegenwart,  das  eroberte 
auf  dem  Walle  stehende  Geschütz  gleich  umzuwenden  und  gegen 
die  Engelsbarg  abzufeuern;  wäre  dies  nicht  geschehen,  so 
würden  die  Sptinier,  die  links  von  der  Porta  Torrionis  schon 
auf  der  erstiegenen  Hauer  standen,  von  den  andrängenden 
Römern  wieder  hinabgeworfen  worden  sein;  letztere  Messen 
aber  im  Andränge  nach  und  wichen  zurück,  als  sie  bemerkten, 
dass  die  Porta  S.  Spiritus  genommen  und  das  eroberte  Geschütz 
bereits  auf  die  Engelsburg  zu  spielen  begann. 

Mittlerwelle  hatten  auch  die  italienischen  Truppen  auf  dem 
linken  Flügel,  welche  sammt  den  Reisigen  auf  die  Porta  Pertusa 
dirigirt  waren,  unter  Führung  des  Prinzen  von  Oranien  ihre 
Aufgabe  vollknmmen  gelöst  und  die  genannte  Porta  genommen, 
nachdem  beide  Thorflügel  eingeschlagen  und  die  eisernen  Schnss- 
gitter  herausgerissen  worden  waren.  Nun  wälzte  sich  das  kai- 
serliche Heer,  einem  verheerenden  Strome  ähnlich,  von  dreien 
Seiten,  wie  aus  dreien  durchbrochenen  Schleusen  — ,  In  das 
unglückliche  Stadtviertel   und   begann  ein   furchtbares  Blutbad. 

Der  Sturm  auf  den  Borgo  hatte  31/2  bis  4  Stunden  lang 
gedauert. 

3.  Klemens  VII.  befand  sich  in  demselben  Momente  In 
der  Peterskirche  —  eben  im  Begriffe,    die  h.  Messe  zu  lesen, 


♦)  Claus  Seidensticker  war,  wie  wir  bereits  wissen,  Profoss  in  der 
Armee  und  trug  als  Abzeichen  seiner  Würde  ein  besonders 
grosses  Schwert;  sein  Kollege  war  ein  gewisser  Kapeier,  der 
auch  In  Rom  starb,  wie  Seidensticker. 


—    196    — 

als  die  Kaiserlichen  bereits  schon  in  die  benannte  Kirdie  ein- 
drangen. Nur  mit  harter  Mühe  gelang  es  dem  Papste,  in  die 
Engelsbarg  zu  entkommen.  Der  bekannte  Geschichtschreiber 
Paul  Jovius,  Bischof  von  Nucera,  war  der  nächste  nach  dem 
Papste,  dem  er  seinen  Hantel  umwarf,  den  eigenen  Hut  auf- 
setzte, auf  dass  er  „nicht  erkannt  würde,  and  den  Schleppt 
des  Kleides  nachtrug,  damit  Klemens  im  Fliehen  nicht  gehindert 
würde.  Die  200  Mann  starke  Schweizer-Garde  wurde  theils 
am  Eingange  in  die  Peterskirche,  theils  in  derselben  und  bereits 
unter  den  Augen  des  Papstes  zusammengehauen;  nur  40  Mann 
davon  gelang  es,  die  Engelsburg  zu  erreichen;  der  Hauptmann 
dieser  Garde,  Namens  Rösch,  aus  Zürich  gebürtig,  wurde  unt^ 
seiner  Gattin,  die  sich  auf  ihren  Gatten  gewocfen  hatte,  um 
diesen  mit  ihrem  eigenen  Körper  zu  decken  und  zu  retten,  von 
den  Spanlern  erstochen  und  dem  treuen  Weibe  dabei  die  Finger 
abgehauen.  Dem  Stadtkommandanten  Renzo  de  Gero,  i3  Kar- 
dinälen, dem  französischen  Botschafter  in  Rom,  Albert  von 
Carpen  und  seiner  Gemahlin,  sowie  einigen  Bischöfen  und 
Prälaten  gelang  es  ebenfalls,  glücklich  die  Engeisburg  zu 
erreichen;  schlechter  erging  es  dem  Pönitentiarius  Kardinal 
Laurentius  Puccius,  der  vor  dem  Thore  der  Engelsbarg  grosse 
Gefahr  lief,  erdrückt  und  zertreten  zu  werden,  was  leider  einer 
grossen  Menge  von  Weibern,  Kindern  und  Greisen  begegnete. 
Nun  wurde  das  Thor  geschlossen,  und  das  Volk,  dem  es  nicht 
geglückt  war,  einzudringen,  dem  Schwerte  der  anstürmenden 
Krieger  preisgegeben.  Viele  päpstliche  Soldaten,  «owie  auch 
viele  Bewohner  des  Borgo  waren  so  glücklich,  über  die  Engels- 
brücke die  alte  Stadt  zu  erreichen  und  in  diese  eingelassen  zu 
werden. 

4.  Man  denke  sich  nun  den  Jammer,  den  Tumult  und  die 
furchtbare  Verwirrung  in  dem  eroberten  Stadtviertel  I  Die  ohnehin 
herrschende  Unordnung  erreichte  aber  den  höchsten  Grad,  als 
eine  Kugel  aus  der  Engelsburg,  aus  welcher  fortwährend  mit 
Karthaunen  und  Feldschlangen  herausgefeuert  wurde,  im  Zeog- 
hause  einschlug,  zündete  und  das  daselbst  befindliche  Pulver  in 


~    197    — 

die  Luft  sprengte;  Trümmer,  Steine,  Balken  flogen  nach  allen 
Richtungen,  erschlugen  Freunde  und  Feinde  und  richteten  eine 
gräaliche  Yerwflstung  an ;  alle  Gassen  und  Strassen  des  Borgo 
waren  mit  Leichen  und  Verwundeten  bedeckt;  bei  6000  Römer 
sollen  erschlagen  worden  sein,  während  die  Kaiserlichen  ihren 
Verlast  auf  300  Mann  angeben.  Konrad  von  Bemmelberg  sam- 
melte die  Krieger  auf  dem  grossen  Platze  vor  dem  päpstlichen 
Palaste  und  liess  ausrufen:  bei  Todesstrafe  soll  sich  Niemand 
unterstehen,  Reihe  und  Glied  zu  verlassen  oder  zu  plündern. 
Der  Sieg  war  nämlich  noch  nicht  vollständig  und  noch  ein 
gutes  Stück  Arbeit  zu  thun;  die  zweite  Vorstadt,  Trastevere, 
auf  dem  Janiculo  gelegen,  sowie  die  ganze  alte  Stadt  befand 
sich  noch  in  den  Händen  der  Römer.  Die  Führer  und  Haupt- 
leute des  kaiserlichen  Heeres  traten  zusammen,  hielten  Rath 
und  fassten  den  Beschluss,  schnell  zur  Eroberung  der  benannten 
Vorstadt,  sowie  auch  der  alten  Stadt  zu  schreiten.  Zuerst 
wurde  der  Sturm  an  die  Vorstadt  angelegt;  die  beiden  Thore, 
Porta  Sancti  Pancralii  et  Porta  Septimii,  welche  in  dieselbe 
fQhren,  wurden  als  Angriffspunkte  bezeichnet.*)  Konrad  von 
Bemmelberg  bildete  wieder  einen  „verlornen  Haufen^  aus  acht 
Fähnlein  tapferen  „Cremoneser  Knechten^  bestehend,  welche 
grOsstentheils  Tiroler  waren,  und  kommandirt  vom  beiden- 
mfithigen  Kommandanten  von  Cremona,  Konradin  Spergser 
von  Glurns;  als  Volontär  gesellte  sich  diesem  Führer  auch 
noch  der  Hauptmann  Ludwig  von  Grienenstein  bei.  Die  be- 
nannten „Cremoneser  Knechte^  hatten  sich  schon  bei  Erstürmung 
der  Porta  S.  Spiritus  in  der  dritten  Sturmkolonne  besonders 
hervorgethan,  und  rechtfertigten  auch  hier  wieder  bei  der  Ein- 
nahme der  zweiten  Vorstadt  auf  eine  glänzende  Weise  das  Ver- 
trauen, das  der  Locotenent  —  nach  dem  Tode  Bourbons  nun 
faktisch  Oberbefehlshaber  ad  Interim  -*  in  sie  setzte.  Schnell 
wurde  alles  grobe  Geschütz,   das   sich  im  Zeughause  und  auf 

*)  Porta  di  S.  Pancrazio  besteht  heut  zu  Tage  noch,  nicht  aber  die 
Porta  Septimii  unter  diesem  Namen;  richtiger  hiess  sie  Porta 
Septimiani,  unter  welchem  Namen  sie  im  alten  Rom  vorkommt. 


—    198    - 

dem  eroberten  Walle  des  Borgo  vorfand,  aufgeftthrt  und  geg» 
die  zweite  Vorstadt  gerichtet.  Merkwürdig!  Gerade  während 
dieser  Vorbereitungen  zum  zweiten  Sturme  trafen  30  Fähnlein 
kaiserliches  Volk  zu  Fuss  und  zu  Pferd,  von  Neapel  kommend, 
vor  Rom  ein;  Führer  dieses  Haufens  waren:  Prinz  Ludwig  von 
Gonzaga,  Fabritius  Maramaid,  Johann  Dorbin  und  Sarra  de 
Colonna;  die  Ankömmlinge  nahmen  alsogleich  Antheil  an  der 
Erstürmung  der  Vorstadt  und  der  eigentlichen  Stadt.  Es  war 
so  eben  Mittag  vorbei  und  die  Vorbereitung  zum  Sturme  ge- 
troffen ;  der  „verlorne  Haufe''  unter  dem  tapfem  Konradin  rückte 
beherzt  gegen  beide  benannte  Thore;  die  Landsknechte  trugen 
grosse  Holzblocke,  rannten  damit  im  Sturmschritte  gegen  die 
Thorflügel  und  stiessen  diese  ein,  während  ein  Theil  der  nach* 
rückenden  Stürmer  mit  ihren  „Haudröhren"*  die  Vertheidiger 
von  der  Stadtmauer  vertrieb  und  ein  anderer  Theil  die  Sturm- 
leitern anlegte  und  die  Hauer  erstieg;  das  Letztere  geschah 
beim  Thore  Sancti  Pancratii,  während  das  Thor  Septimii  auf 
die  beschriebene  Weise  eingestossen  wurde.  Nun  ei^oss  sich 
der  ganze  Haufe  auch  in  diesen  Stadtlheil;  durch  das  Thor  S. 
Pancratii  zog  auch  die  Kavallerie  ein,  den  Prinzen  Ferdinand 
von  Gonzaga.  an  der  Spitze ;  so  befand  sich  nun  auch  die  Vor- 
stadt Trastevere  in  der  Gewalt  der  Kaiserlichen. 

Nun  muss  ein  Zwischenfall  namentlich  angeführt  werden. 
Nach  der  Eroberung  des  Borgo  und  während  der  Zeit,  dass 
die  Vorbereitungen  zum  Sturme  auf  die  Vorstadt  Trastevere 
getroffen  wurden,  kam  ein  Kaiserlicher,  Namens  Bernhard 
Patavin,  in  die  Engebburg  —  ob  nun  vom  Heere  abgesendet 
oder  nur  gelegenheitlich  mit  jenen ,  die  sich  dahin  geflüchtet 
hatten,  ist  nicht  angegeben.  Dieser  Herr  setzte  nun  den  Papst 
in  Kenntniss  vom  Tode  des  Herzogs  von  Bourbon  und  ertheilte 
demselben  den  wohlgemeinten  Rath :  schnell  m't  den  Kaiser- 
lichen, die  über  den  Fall  ihres  Feldherrn  sehr  bestürzt  seien, 
in  Unterhandlungen  zu  treten ,  ihre  Forderungen  zu  befriedigen 
und  so  sich  und  die  Stadt  zu  retten  und  von  letzterer  gränzen- 
loses    Unglück    abzuwenden;   allein  Klemens   ging   auf  diesen 


—    199    — 

Vorschlag  nicht  ein  und  versäumte  es,  noch  zur  rechten  Zeit 
Unterhfindler  abxaschicken,  das  Heer  zu  befriedigen  und  so  die 
Vorstadt  Trastevere  und  die  alte  Stadt  der  Erstürmung,  Plün- 
derung und  Verwüstung  zu  entziehen ;  der  gute  Papst  gab  sich 
leider  der  eitlen  Hoffnung  hin,  das  kaiserliche  Heer  werde 
ohne  Anführer  nichts  weiteres  mehr  unternehmen,  und  der 
Herzog  von  Urbino  werde  ihn  an  der  Spitze  der  verbündeten 
Truppen  aus  seiner  Lage  bald  erlösen ;  er  verrechnete  sich  aber 
gar  arg  in  jeder  Beziehung,  sowohl  hinsichtlich  der  kaiserlichen 
Armee,  als  auch  in  Bezug  auf  den  Herzog  von  Urbino. 

VITas  das  kaiserliche  Heer  betrifft,  so  schritt  dieses  kurze 
Zelt  darauf  auch  ohne  einen  Feldherm  zur  Eroberung  der  Vor^ 
Stadt  Trastevere  —  wie  bereits  erzahlt  worden  ist  —  und  auch 
denselben  Nachmittag  zur  Erstürmung  der  eigentlichen  Stadt 
Rom,  die  auf  dem  linken  Ufer  der  Tiber  gelegen  ist.  Die 
Stadt  wurde  von  dreien  Seiten  her  In  Angriff  genommen,  über 
die  Siztusbrücke,  Mariabrttcke^)  und  Ponte  molle.  Als  die 
Stadtbewohner  die  Sturmkoionne  auf  der  Sixtusbrücke  erblick- 
teuy  welche  ganz  verbarrikadirt  war,  drangen  sie  mit  Bitten  so 
lange  in  den  deutschen  Markgrafen  Albrecht  von  Brandenburg, 
der  sich  lange  Zeit  her  schon  in  Rom  aufhielt,  bis  dieser  sich 
herbeiliess,  den  kampfbereiten  Kriegern  Aber  die  Brücke  ent- 
gegen zu  gehen  ^  um  selbe  durch  den  Anbot  einer  grosseh 
Summe  Geldes  dahin  zu  vermögen,  vom  Sturme  abzustehen; 
allein  die  erbitterten  und  beutelustigen  Soldaten  nahmen  den 
Grafen  gefangen  und  drangen  im  Sturme  über  die  Brücke. 
Dasselbe  geschah  auch  bei  den  beiden  andern  Brücken;  ein 
Zufall  erleichterte  auch  den  Kaiserlichen  um  ein  Bedeutendes 
die  Einnahme  der  eigentlichen  Stadt.  Als  nämlich  eine  Sturm- 
kolonne sich  durch  den  Garten  des  Kardinals  von  Sena  der 
Stadtmauer  näherte  und  die  Sturmleitern  anlegen  wollte,  wurde 
hinter  einem  Haufen  von  Erde,  Dünger  und  Brettern  ein  ver- 
borgenes Pförtchen  entdeckt,   welches  in  die  Stadt  führte  und 


*)  Diese  Brücke  heisst  heut  zu  Tag  Ponte  di  S.  Bartolommeo. 


—    200    — 

von  den  Vertheidigern  ganz  unbeachtet  geblieben  war;  durch 
dieses  stürmte  die  Kolonne  in  die  Stadt,  während  die  übrigen 
Truppen  auch  über  die  benannten  Brücken  in  dieselbe  ein- 
brachen; um  halb  sechs  Uhr  Abends  war  das  kaiserliche  Heer 
Meister  von  ganz  Rom. 

Bei  dem  Sturme  auf  die  eigentiiche  Stadt  haben  sich  be- 
sonders ausgezeichnet :  Ludwig  Prinz  von  Gonzaga,  der  so  eben 
von  Neapel  angekommen  einer  unter  den  Ersten  in  die  Stadt 
drang ;  ferners  der  Kriegszahlmeister  Kaspar  Schwegler ,  dann 
die  Hauptleute  Wendelin  von  Weyers,  Michael  Merkte,  Claus 
Seidensticker,  Rudolph  von  Ehingen,  Franz  von  Heimstein, 
Hanns  von  Bibrach,  Hanns  Eckle,  Wilhelm  Neidhart,  Anton 
von  Feldkirch,*)  Hanns  von  Stamps,  Blaurer,  Hanns  Wer- 
denberger  und  Hanns  Schenk.  Unter  den  Ausgezeichneten,  die 
zu  Hauptleuten  avancirten,  werden  genannt:  Ludwig  Graf  von 
Oettingen,  junior,  Martin  von  Kulmbach,  Relschacher,  Georg 
von  Salzburg,  Bernhard  von  Heyerloch,  Veit  Holzblock,  Hanns 
Wendel,  Bernhauser,  Ulrich  Hüller,  Weisskopf  und  Knöringer. 

5.  Nach  Eroberung  der  ganzen  Stadt  sammelten  sich  die 
Truppen  auf  zweien  Hauptpifttzen,  und  zwar  die  Deutschen  auf 
dem  Rossmarkte  (Campoflor)**)  und  die  Spanier  auf  dem 
gemeinen  Platze  (Campo  Agon)  ***) ;  hier  stellten  sie  sich  in 
Schlachtordnung  auf  und  blieben  in  Reihe  und  Glied  bis  Mitter- 
nacht stehen,  da  sie  mit  allem  Grunde  einen  Ueberfall  be- 
fürchten mussten;  denn  noch  denselben  Tag  hatte  Graf  Guido 
Rangone  mit  der  ganzen  Reiterei  und  mit  800  „Hackenschfitzen^ 
auf  eine  Stunde  sich  der  Stadt  genähert  —  Willens  bei  der 
Nacht  in  dieselbe  einzurücken  und  die  Besalzung  zu  verstärken; 
als  er  aber  hörte,  dass  Rom  bereits  den  Kaiserlichen  in  die 
Hände  gefallen  sei,  zog  er  mit  seinen  Truppen  wieder  zurück. 
Wie  sich   nun   kein  Feind   zeigte   und  in   der  eroberten  Siadt 


*)  Leider   wird  der  Schreibname   dieses   Hauptmanns    nicht  an- 
gegeben. 
**)  Piazza  di  Monte  Cavallo  in  der  Nähe  des  Quirinals. 
***)  Piazza  del  Popolo. 


—    201    — 

eine  Todkenstille  herrschte,  da  sieh  die  Bewohner  id  ihre  Häuser 
verkrochen  hatten,  waren  die  raubgierigen  Spanier  die  Ersten, 
welche  bald  nach  Mittemacht  anfingen,  aus  Reihe  und  Glied  zu 
treten,  in  die  Häuser  einzubrechen  und  zu  plündern.  ,,Darnach 
auch  die  Teutsehen;  haben  aber  nicht  blutgierig  gewütet, 
sondern  der  Menschen  so  vil  mflglich  Yerschont,  nach  Essen 
und  Trinken  gestellt,  darnach  auch  nach  Gut  und  Geld«^ 

Und  nun  begann  der  Gräuel  der  Verwüstung, 
so  wie  sie  Rom  seit  Jahrhunderten  nicht  mehr  ge« 
sehen  und  erfahren  hatte. 

Das  erbitterte,  ausgehungerte  und  raubgierige  Kriegsvolk 
stürzte  in  alle  Häuser,  zertrümmerte  Thttren  und  Thore,  die 
ihm  den  Eingang  verwehrten,  erbrach  Kisten  und  Kästen,  in 
denen  die  beutelustigen  Krieger  etwas  zu  finden  hofften;  diese 
nahmen  Männer  und  Weiber  gefangen  und  zwangen  sie,  sich 
um  ein  grosses  Lösegeld  loszukaufen;  viele  davon  wurden 
gefoltert,  dass  sie  die  verborgenen  Schätze  anzeigen  und  die 
versteckten  Kleinodien  entdecken  sollten,  manche,  die  nicht 
einbekannten,  sogar  ermordet.  „Kein  Schatz  noch  Geld  zu 
Rom  hat  mögen  verborgen  bleiben;  alles  musste  den  hungerigen 
Kriegssleuten  in  die  Hände  kommen.^  So  äussert  sich  Reissner, 
während  Schertlin  den  Gräuel  der  angerichteten  Verwüstung  mit 
den  Worten  beschreibt :  „Den  6.  Tag  May  haben  wir  Rom  mit 
dem  Sturm  gewannen,  6000  mann  darin  tod  geschlagen,  die 
gantze  statt  geplündert,  in  allen  kirchen  und  ob  der  erd  ge« 
nommen,  was  wir  gefunden,  ainen  guten  tail  der  statt  abge- 
prant  und  seltsam  hausgehalten,  alle  copistereien,  register, 
briefe  und  cortisaney  zerrissen  und  zerschlagen.^ 

In  den  Palast  des  Kardinals  Pompejus  Colonna  hatten  sich 
die  Reichsten  vom  Adel^  die  vornehmsten  und  edelsten  Männer 
und  Frauen  —  bei  3000  an  der  Zahl  —  mit  ihren  Schätzen 
und  Kleinodien  hingefiüchtet ,  in  der  festen  Meinung,  sich  all- 
dorten  in  einer  Freistätte  zu  befinden,  somit  sicher  zu  sein, 
weil  nämlich  der  genannte  Kardinal  und  die  ganze  mächtige 
Familie  der  Colonna's  gut  kaiserlich  geskint  waren,     (n  dem- 


—    202    — 

selbeo  Paläste  (Palatium  ad  SancKos  Apostolos  genaont)  befand 
sich  auch  die  Harkgräfin  von  Hantua,  deren  Sohn  am  Freilage 
vor  der  Einnahme  Roms  zum  Kardinal  gemacht  worden  war; 
sie  war  eine  Schwester  des  Herzogs  Alphons  von  Ferrara.  Da 
der  benannte  Palast  wohl  verschlossen  und  fest  verriegelt  war, 
so  liessen  sich  Prinz  Alexander  von  Gonzaga,  Graf  Nuvolari 
und  ein  edler  Spanier,  Namens  Alphons  de  Cordova,  mit  der 
ersten  Nachtstunde  im  Harnisch  an  einem  Seile  in  den  ersten 
Stock  hinaufziehen  —  zum  Schutze  des  Hauses  und  seiner 
Bewohner;  allein  Sauvegarde  hin,  Sauvegarde  her,  Oolonna's 
hin,  Oolonna's  her,  auf  das  Alles  schaute  der  blutgierige  Söld- 
ling nicht,  und  die  Harkgrftfin  musste  eine  „merkliche  Summe 
Geldes^,  welche  von  allen  Anwesenden  zusammengelegt  worden 
war,  den  Kriegern  einhändigen,  um  sich  vor  Erstürmung, 
Plünderung  und  Hisshandiung  zu  bewahren.  Damit  nicht  zu- 
frieden ,  wurden  die  Bewohner  des  Palastes  zum  zweiten  Male 
um  80,000  Kronen  ,^geschätzt^,  welche  Felicia  a  Robore,  eine 
vornehme  Ursinerin,  erlegte.  Der  Gesandte^ von  Portugal  wurde 
rein  ausgeplündert;  von  Allem,  was  er  besass  und  hatte,  blieb 
Ihm  nichts  als  das  —  Hemd.  Auch  der  in  Rom  noch  anwe- 
sende Agent  des  Kaisers  wurde  ausgeplündert,  gefangen 
und  gezwungen,  fQr  2000  Scudi  seine  Freiheit  zu  erkaufen. 
Auf  dem  Kapitol  wurde  der  venetianische  Legat,  Dominicas 
Venerius,  um  10,000  Gulden  „geschätzt^.  Dasselbe  widerfuhr 
auch  den  sieben  Kardinälen,  die  sich  in  der  Stadt  befanden; 
einigen  Bischöfen  und  Prälaten  wurden  die  Hände  auf  den 
Rücken  gebunden  und  sie  dann  so  lange  durch  die  Gassen  and 
Strassen  der  Stadt  geführt,  bis  die  Summe,  für  welche  sie 
„geschätzt^  worden  waren ,  entweder  von  ihnen  oder  von 
Andern,  die  sich  ihrer  erbarmten,  erlegt  wurde.  Kirchen  und 
Klöster  wurden  geplündert,*)  Monstranzen,  Kelche  und  Ornate 


*)  Unter  den  dreihundert  Kirchen  Roms,  denen  dies  traurige 
Schicksal  zu  Theil  wurde,  befand  sich  auch  die  uralte,  pracht- 
volle Kirche  Santa  Maria  ad  Praesepe,  gemeinhin  die  liberia- 
nische Basilika  genannt.    Den  Namen  „ad  Praesepe^  führte  sie 


—    203     - 

geraubt,  ja  selbst  die  Grftber  aafgerissen  und  die  darin  befind- 
lichen Sachen  ?on  Werth  entwendet;  dieses  widerfuhr  unter 
Andern  auch  dem  Grabe  des  Papstes  Julius  IL,  der  vor  drei- 
zehn Jahren  gestorben  war;  seine  Ruhestätte  wurde  mit  Gewalt 
erbrochen  und  dem  Leichnam  ein  goldener  Ring  vom  Finger 
gerissen.  ^Aber  solche  stück  haben  die  Hispanier,  Itali  und 
Brutil  gethan,  vnd  insonderheit  die  Hispanier  grossen  Freffel 
and  Mutwillen  getrieben  mit  Weibern  und  Töchtern  vor  den 
Augen  der  Eltern  und  Hfinnerl  Die  Deutschen  haben  sich  an 
essen  und  trinken  begnügen  lassen  vnd  die  Leut  vmb  Venig 
Geld  geschützt,  vnd  war  das  Kriegssvolk  mutwillig,  weil  sie 
keinen  Obersten  hatten.^ 

Sicherlich  würden  viele  Frevel  und  Schandthaten ,  viele 
Gewaltthätigkeiten  und  Grausamkeiten  unterblieben  sein ,  wäre 
der  Feldherr  Bourbon  am  Leben  gewesen. 

Am  schlechtesten  erging  es  der  päpsilichen  Bibliothek 
im  Vatikan  und  der  päpstlichen  Registratur.  Die  kost- 
barsten und  seltsamsten  Bücher  wurden  zerrissen  und  dann  die 
Blätter  derselben,  sowie  die  päpstlichen  Bullen  und  vorgefun- 
denen Akten  als  Streu  für  die  Pferde  verwendet!    Die  Peters- 


darum,  weil  in  ihr  die  hochheiligen  Reliquien  der  Geburt  Jesu 
aufbewahrt  werden,  als  da  sind:  Felsstttcke  von  der  Hölile,  in 
welcher  der  göttliche  Erlöser  geboren  wurde ,  Ueberreste  der 
Linnen  und  Windeln,  in  welche  er  gewickelt  worden  ist,  die 
Krippe,  in  welche  er  zuerst  gelegt  wurde  u.  s.  w.  Diese  herr- 
liche Basilika  wurde  buchst&blich  rein  ausgeplündert,  somit  auch 
der  Ort,  in  weichem  man  die  aufgezählten  heiligen  Reliquien 
der  Kindheit  Jesu  aufbewahrte  und  verehrte,  seines  kostbaren 
Schmuckes  ganz  beraubt;  aber  wie  durch  ein  Wunder  geschah 
es,  dass  an  den  heiligen  Reliquien  Selbsten  keine  frevelnde  Hand 
gelegt,  sondern  dass  selbe  mitten  im  Gräuel  der  allgemeinen 
Verwüstung  unversehrt  erhalten  und  glucklich  gerettet  wurden. 
Die  heiligen  Andenken  der  Kindheit  Jesu  lagen  nun  seit  dieser 
Zeit  in  einer  hölzernen  Urne,  die  einfach  vergoldet  war  und 
sonst  keine  Verzierung  iiatte ,  bis  zum  Jahre  1606,  in  welchem 
sie  durch  die  Freigebigkeit  der  Königin  von  Spanien,  Marga- 
relha  von  Oesterreich,  wieder  die  friihere  prachtvolle 
Ausschmückung  erhielten. 


—    204    - 

kirche  und  viele  andere  Kirchen  Roms,  sowie  die  vorzüglichsten 
Paläste  waren  in  Pferdestfille  verwandelt.  Der  Geschäfts- 
träger des  Herzogs  von  Ferrara,  den  dieser  beim  kaiserlichen 
Heere  unterhielt,  berichtet  aus  Rom  unterm  14*  Hai  an  seinen 
Herrn :  „Der  Vatikan ,  dieser  apostolische  Palast ,  ist  in  einen 
Pferdestall  umgestaltet,  weil  in  den  schönsten  päpstlichen  Zim- 
mern Reitpferde  gehalten  werden;  jeder  trachtet,  solche  so  nahe 
als  möglich  bei  sich  zu  haben,  damit  sie  ihm  nicht  gestohlen 
werden.  Ich  bezog  zwei  Zimmer  des  Kardinals  Cibo,  und 
habe  noch  ein  Sommerkabinet  mit  einem  Kämmerchen  ftir  meine 
Reitpferde.  Der  Prinz  von  Oranien  bewohnt  die  Zimmer 
des  Papstes  und  hält  seine  Pferde  gleich  daneben. 
Prinz  Ferdinand  von  Gonzaga,  der  Abt  de  Naggera,  Herr 
Horone  und  die  Familie  des  nun  in  Gott  ruhenden  Herzogs 
Bourbon,  und  noch  viele  Edelleute  und  Soldaten  wohnen  in 
diesem  Palaste  und  haben  ihre  Pferde  daselbst  u.  s.  w.^ 

Auch  die  berühmte  Statue  des  Laocoon  wurde  beschädigt. 
In  das  Haus  des  Kardinals  Engefort,  der  mit  Hadrian  VI.  aus 
den  Niederlanden  gekommen  war  und  ein  erklärter  Anhänger 
des  Kaisers  war,  fiflchteten  sich  Kardinäle,  Bischöfe  und  vor- 
nehme Römer  mit  ihren  Habseligkeiten  —  gleichfalls  der  festen 
Meinung,  da  mit  ihren  Schätzen  sicher  zu  sein;  allein  es  erging 
ihnen  nicht  besser  als  den  Bewohnern  des  Palastes  Pompeji 
Colonna.  Die  Spanier  drangen  in  die  Wohnung  Engeforts  und 
erklärten,  gegen  Erlegung  von  30,000  Dukaten  den  Palast  als 
Freistätte  respektiren  zu  wollen;  wie  sie  aber  merkten,  dflss 
der  benannte  Kardinal  mit  Melchior  von  Freundsberg 
Rücksprache  nahm,  besorgten  sie,  Melchior  könnte  mit  seinen 
Landsknechten  das  Haus  besetzen  und  ihnen  das  Nachsehen 
lassen;  aus  diesem  Grunde  drangen  sie  bei  der  Nacht  in  das- 
selbe, fanden  grosse  Schätze  und  raubten  gar  Alles,  was  sie 
fanden.  Als  nun  Tags  darauf  deutsche  Landsknechte  in  den 
Palast  hineingelegt  wurden,  fanden  diese  nichts  mehr  als  — 
leeie  Kisten,  Kästen  und  Truhen.  Dies  erbitterte  die  Deutschen 
und  brachte  sie  gevraltig  über  die  Spanier  auf,  die  sich  schon 


—    205    — 

in  den  Besitz  grosser  SchäUe  and  Reichthflmer  gesetzt  hatten, 
wfthrend  jene  noch  in  Reibe  and  Glied  standen;  die  deutschen 
Krieger  stellten  sich  in  Schlachtordnung  anf  and  waren  auf 
dem  Punkte,  den  Spaniern  ihren  flbergrossen  Raob  mit  Waffen« 
gewalt  abzunehmen;  nur  mit  grosser  Hahe  und  Anstrengung 
gelang  es  den  Ilauptleuten,  es  zu  verhindern,  dass  nicht  beide 
Nationen  handgemein  wurden. 

Hit  dem  Gewinne  einer  reichen  Beute  ging  leider  das 
,,rauhe  Spielen^  Hand  in  Hand;  die  gemeinsten  Landsknechte 
spielten  um  einen  EinsaU  von  300,  600,  Ja  selbst  1000  Gulden; 
bei  den  meisten  Soldaten  wurde  jedoch  das  Sprichwort  wahr: 
9 Wie  gewonnen,  so  zerronnen.*  Wer  aber  bei  der  ganzen 
Sache  am  meisten  und  am  sichersten  gewann,  das  waren  — 
die  Jaden,  deren  es  eine  grosse  Anzahl  in  Rom  gab.  Zwar 
entgingen  auch  sie  nicht  der  allgemeinen  Plünderung  und 
„Schätzung^;  allein  etwas  später  kauften  sie  den  Kriegern  die 
kostbarsten  Sachen  und  Stoffe  um  einen  Spottpreis  ab  und  ge- 
langten dadurch  zu  grossem  Reichthum.  Während  aber  viele 
Krieger  eine  grosse  Beute  machten,*)  gingen  andere  dagegen 
völlig  leer  aus,  wie  es  bei  solchen  Gelegenheiten  gewöhnlich 
und  gern  zu  geschehen  pflegt;  so  schrieb  ein  gewisser  Georg 
Gandifinger  seinen  Kameraden  nach  Hindelheim:  „So  ich  zu 
euch  kom,  will  ich  mein  bewt,  die  nit  ains  fflerrers  wert 
ist,  mit  euch  tailen.^ 

Der  kranke  Georg  von  Freundsberg,  der  sich  derzeit 
noch  immer  in  Ferrara  befand,  erhielt  eine  grosse  Schale  von 
gutem  Golde  im  Werthe  von  400  Dukaten,  die  ihm  sämmtlicbe 
deutsche  Hauptleute   als  „Beutpfennig*  zum  Präsente  machten. 


*)  Wie  z.  B.  Sebastian  Scbertlin  von  Burtenbach  —  geboren  Anno 
1496  zu  Schorndorf  in  Württemberg  und  gestorben  auf  seinem 
bei  Augsburg  erkauften  Gute  Burtenbach  im  Jahre  1577.  Die 
Landgater  dieses  berühmten  Feldherrn,  der  sich  lediglich  nur 
am  Geld  schlug  und  der  Beute  wegen ,  wurden  von  seinem 
Enkel  um  600,000  Gulden  verkauft.  Die  vornehmste  Quelle 
dieses  Tür  die  damalige  Zeit  ungeheuren  Vermögens  war  die 
Beute,  welche  Schertlin  bei  der  P I und e rang  Roms  machte. 


^    206    — 

Man  hält  allgemein  dafür,  dass  das  geraabte  Gal  an  Gold, 
Silber,  Edelsteinen  and  andern  Pretiosen  die  Summe  von  zehn 
Millionen  Goldgalden  erreicht  haben  dürfte,  dass  aber  die 
erpressten  Gelder  von  Privaten  über  zehn  Hillionen  Gniden 
betragen  hi(tten.  Man  denke  sich  nun  noch  hinzu  den  enormen 
Schaden  an  zerschlagenen  Hobilien,  an  zerstörten  Gebfinden; 
denn  es  blieb  nicht  beim  blossen  Rauben  und  PlOndem,  es 
wurden  auch  Kirchen,  KKteter  und  mehrere  Paläste  bis  auf  den 
Grund  niedergebrannt;  ja  auf  dem  Kapitol  sprengten  die  erbit- 
terten Krieger  einen  Thurm,  in  welchen  sich  sehr  viele  Römer 
hineingeflüchtet  hatten,  mit  Pulver  in  die  Luft,  nachdem  er 
vorher  unterminirt  worden  war. 

Was  die  Dauer  der  Plünderung  anbelangt,  schreibt  der 
bereits  genannte  Geschäftsführer  des  Herzogs  von  Ferrara: 
„Gestern  —  den  13.  Mai  —  waren  es  acht  Tage,  dass  die 
Plünderung  begann  und  noch  dauert  sie  fort;  noch  fort- 
während werden  Gefangene  eingezogen*  Man  findet  einige,  die 
drei  und  vier  Mal  sich  loskaufen  mussten.^ 

Leider  gab  es  unter  den  Landsknechten,  die  aus  allen 
Gauen  Deutschlands  dem  Ritter  Georg  von  Freundsberg  und 
Konrad  von  Bemmelberg  zugeströmt  waren,  auch  sehr  viele, 
welche  von  der  Irrlehre  Luthers  angesteckt  waren.  Der 
Mothwille,  den  sich  besonders  diese  Leute  unter  der  Anleitung 
eines  gewissen  Wilhelm  Sandizell  vor  der  Engelsbai^ 
erlaubten  —  somit  unter  den  Augen  des  Papstes  —  geht  über 
alle  Beschreibung.  So  setzten  sie  z.  B.  Kardinalshüte  auf, 
zogen  die  rothen  Talare  derselben  an,  ritten  in  denselben  auf 
Eseln  durch  die  Stadt  nach  der  Engelsburg.  Der  erwähnte 
Sandizell  erschien  in  ihrer  Mitte  als  Papst  —  mit  einer  drei- 
fachen Krone  auf  dem  Haupte  und  mit  den  Insignien  der  päpst- 
lichen Würde  geschmückt.  Hier  äfften  nun  die  rohen  Krieger 
unter  allerlei  Verbeugungen  die  Ceremonien  des  Fusskusses 
nach ,  schnitten  die  lächeriichsten  Grimassen  und  machten  dk 
abscheulichsten  Schwanke.  Zuletzt  gab  der  vermummte  Papst 
mit  einem  Glas  Wein  den  Segen,  trank  es  aus,   während  die 


—    207    — 

Debrigen  auf  den  Knien  lagen,  dem  Papste  zntranken  ond  aus- 
riefen: ,)Wer  den  Luther  zum  Papst  haben  wolle,  soll  seine 
Hand  aufheben,^  worauf  Alle  die  Hände  hoch  in  die  Lufte 
emporstreckten  und  aus  vollem  Halse  schrien:  »Ja,  Luther 
soll  unser  Papst  werden.^ 

Zwei  spanische  Hauptleute  erhielten  den  Befehl,  die  Zu- 
gfinge zur  Engelsburg  abzusperren  und  Niemanden  weder  in 
dieselbe  hinein,  noch  aus  derselben  heraus  zu  lassen;  diese 
rohen  Krieger  vollzogen  nun  den  erhaltenen  Auftrag  mit  einer 
solchen  unmenschlichen  Strenge,  dass  sie  ein  altes  Weib, 
welches  einiges  Gemüse  in  den  Graben  der  benannten  Burg 
hintrug  und  damit  dem  belagerten  Papste  eine  Verehrung 
machen  wollte,  im  Graben  unter  den  Augen  desselben  auf- 
hfingen  Hessen,  und  Kinder,  welche  einige  Kräuter  zum 
Hinaufziehen  Über  die  Hauer  an  Stricken  befestigten,  zu  er- 
schiessen  befahlen.  Da  auf  diese  Weise  gar  keine  Lebens- 
mittel in  die  Burg  hineinkamen  und  sich  sehr  viel  Volk  in 
dieselbe  geflüchtet  hatte,  so  entstand  bald  eine  solche  Noth, 
dass  selbst  die  Kardinäle  ihren  Hunger  mit  Eselsfleisch 
stillen  mussten. 

Die  Engelsburg  war  äusserst  fest;  im  ersten  Zwinger 
vniren  40  Geschütze  aufgepflanzt ,  darunter  auch  eine  18  Fuss 
lange  Doppelschlange.  Im  zweiten  Zwinger  befand  sich  eben- 
falls viel  Geschütz;  im  Kastelle  selbsten  lagen  90  Schweizer 
und  bei  400  italienische  Kriegsleute.  Diese  feuerten  nun  aus 
allen  Geschossen  fortwährend  heraus,  wodurch  nicht  nur  allein 
mehr  kaiserliche  Soldaten  getödtet  und  verwundet  wurden,  als 
selbst  beim  Sturm  auf  alle  drei  Stadtlheile,  sondern  auch  sehr 
viele  Einwohner  umkamen.  Hoch  ober  dem  Engel  in  der  be- 
nannten Burg  Hess  Kiemens  den  Kaiserlichen  zum  Trotze  eine 
rothe  Fahne  aufstecken  und  weiter  unten  noch  andere  Kriegs- 
fahnen flattern;  dies  vermehrte  noch  die  Wuth  der  ohnehin 
erbitterten  Krieger.  Hit  Bedauern  wird  es  ausgesprochen,  dass 
auch  hier  der  bekannte  Vers  seine  volle  Anwendung  findet: 
llliacos  intra  muros  peccatur  et  extra. 


—    208    — 

Am  acfatCD  Tage  machte  die  Besatzuog  sogar  einen  Ans- 
fall,  wurde  aber  zurückgetrieben;  auch  da  gab  es  wiederum 
Todte  und  Verwundete  auf  beiden  Seiten.  Ueberbaupt  wird 
bemerkt,  dass  bei  i2,000  Leichen  von  Personen,  welche  die 
erste  Woche  auf  beiden  Seiten  umkamen,  die  Hfluser  und 
Palfiste,  die  Gassen  und  Strassen  der  Stadt  anfüllten  und  über 
sechs  Tage  unbegraben  lagen,  was  bei  der  tfiglich  immer  mehr 
zunehmenden  Hitze  im  Monate  Hai  einen  unertrftglichen  Geruch 
erzeugte  und  bald  darauf  die  Pest  selbst  zur  Folge  hatte; 
welche  Verheerungen  diese  anrichtete,  werden  wir  etwas  später 
hören. 


209    — 


X.  Abschnitt. 

AafenUiAlt  des  kuseTlichen  Heeres  in  Bom;  Erwählaog  des  Prinxen 
Philibert  ron  Oranien  zuiii  Oberbefehlshaber;  Ankunft  des  Kar- 
dinals Pompejus  Colonna;  Verwerfung  der  p&pstlichen  Vorschlage 
durch  die  Landsknechte;  Entwaffnung  der  Stadt;  Ann&hening  des 
Terbündeten  Heeres;  Rückzog  desselben;  Oaissmayr  als  Haupt- 
mann im  Heere  der  Verbündeten;  Verwundung  des  Prinzen  von 
Oranien;  Ankunft  des  Vice-KOnigs  Lannoy  mit  einer  bedeutenden 
Truppenmacht;  Sterblichkeit  in  Rom;  Tod  vieler  deutschen  Haupt- 
leutCt  des  Claus  Seidensticker,  Melchior  Ton  Freunds- 
berg u.  A. ;  Abschluss  eines  Vertrages  mit  dem  kaiserlichen 
Heere;  Unterzeichnung  dieses  Vertrages  durch  Lttdwig  Grafen 
von  Lodron;  Weigerung  der  kaiserlichen  Soldaten,  denselben  an- 
zunehmen; blutige  Schlägerei  zwischen  Deutschen  und  Spaniern; 
Verwundung  des  Conradin  Ton  Glurns;  üebergabe  der  Engels- 
burg; Flucht  des  Prinzen  Ton  Oranien  und  des  Konrad  von  Bem- 
melberg  aus  Rom;  Absendung  des  Grafen  Ludwig  von  Lodron 
als  Konunissär  zur  Uebemahme  der  fünf  Tom  Papste  yerpfftndeten 
StAdte. 

i.  Noch  immer  hatte  das  Heer  keinen  definitiven  Ober- 
befehlshaber —  ein  Umstand ,  der  schwer  in  die  Wagschale 
füllt,  dass  so  viele  Grituel  verübt  wurden.  Endlich  kamen  die 
Obersien  und  Hauptieute  der  drei  Nationen  darin  überein,  den 
jungen  Prinzen  Philibert  von  Oranien,  den  Vetter  des 
gefallenen  Herzogs  von  Bourbon  bis  auf  weitern  Bescheid  des 
Kaisers  als  ihren  Oberkommandanten  anzuerkennen  und  ihm 
willigen  Gehorsam  zu  leisten,  wogegen  sich  der  Prinz  den 
Haupileuten  und  gemeinen  Soldaten  gegenüber  verpflichtete, 
keinen  Fletss  zu  sparen,  dass  Alle  den  ganzen  noch  rflckstän- 
digen  Sold  erhielten.  Das  erste  Geschftft  des  neuen  Ober- 
befehlshabers war  —  den  Leichnam  Bourbons  einbalsamiren 
und  in  der  päpstlichen  Kapelle  ausstellen  zu  lassen;  traurig 
eilte  jeder  Krieger   hin,    dem   tapfem   und   im  ganzen  Heere 

14 


—    210    — 

beliebten  Feldherrn,  der  bei  seinem  Tode  erst  38  Jahre  zilhlte, 
die  letzte  Ehre  zu  erweisen.  '*') 

2.  Am  achten  Tage  nach  Erstürmung  der  Stadt  kam  der 
Kardinal  Pompejus  Colonna  mit  seinen  beiden  Vettern  Ascanios 
und  Yespasianus  Colonna,  den  mächtigen  Herzogen  von  Alba 
und  Traject,  mit  200  Reitern  und  einem  Fähnlein  Fussvolk 
nach  Rom.  Als  er  den  Gräuel  der  Verwüstung  sah,  die  Menge 
der  Leichen  aller  Orten  erblickte  und  den  Jammer  der  Weiber 
und  Kinder  hörte,  konnte  er  sich  der  Thränen  nicht  erwehren. 
Schnell  öffnete  er  nun  seinen  Palast  allen  Hülfsbedürftigen,  half 
wo  und  wie  er  kbnnte.  Ausgeplünderte  Kardinäle,  Bischöfe 
und  Prälaten  wurden  gekleidet  und  gespeiset,  Gefangene  erlöset, 
und  die  obersten  Gemächer  seines  geräumigen  Palastes  mit 
obdachlosen  Frauen  und  Jungfrauen  angefüllt,  die  sämmtlich  in 
Schutz  und  Verpflegung  genommen  wurden.  Da  er  wegen 
seiner  kaiserlichen  Gesinnung  bei  den  Führern  des  Heeres  in 
grossem  Ansehen  stand,  so  konnte  er  durch  seine  Aoktorität 
viel  Böses  verhindern;  Frauen  und  Jungfrauen  wurden  von  nao 
an  verschont,  keine  gefangenen  Bürger  mehr  gefoltert,  die 
Kirchen  nicht  weiter  beraubt  u.  s.  w.  Nebst  sehr  vielen  andern 
ausgeübten  edlen  Handlungen  üble  der  benannte  Kardinal  auch 
noch  eine  schöne  That,  die  ihm  besonders  zur  Ehre  gereicht, 
Indem  er  nämlich  eine  Frau  sammt  ihrer  Tochter  aus  dem 
adeligen  Geschlechte  de  santa  Croce,  das  seinen  Vater  HititH 
nymus  Colonna  ermordet  hatte,  mit  Geld  loskaufte  und  In 
sein  Haus  aufnahm;  allein  ans  Rache  gegen  den  Bapst,  der 
kurz  zuvor    seine  vielen  Besitzungen  hatte  verwüilten  lassen, 


'^)  Als  das  kaiserliche  Heer  am   16.  Juli  Rom  vertiess,   nahm  es 

den  Leichnam  des  geliebten  Feldherrn  mit  sich  und  brachte  ihn 

nach  Gaeta,  wo  er  in  der  Kapelle  dieser  Festung  beigesetzt 

wurde.    Kaiser  Karl  V.   Hess  ihm  ein   prachtiges  Denkmal  mit 

folgender  Inschrift  setzen: 

Auclo  imperio.  Gallo  viclo,  superata  Italia,  Pontifice  obsesso, 

Roma  capta ,  Cerolus  Borbonius  in  victoria  caesus  bic  jacet. 

Dieses  Denkmal  wurde  von  den  Franzosen  im  Revoliitions- 

kriege  zerstört. 


-    211    - 

Hess  PottfMJus  ein  Dorf,  das  dem  Papste  Hnmittelbar  gehörte 
und  nur  bei  2000  SehriUe  von  der  Stadt  entfernt  war,  in 
Flammen  aufgehen,  so  dass  Klemens  von  der  Engelsbnrg  aus 
recht  gut  den  Brand  sehen  konnte  —  bei  dessen  Anblick  der 
Papst  tief  aufgeseufzt  haben  soll.  Afflictis  aon  est  addenda 
afflicdo.  Diese  That  verdunkelt  gewaltig  das  viele  Gute,  das 
der  benannte  Kardinal  —  der  wie  ein  Engel  vom  Himmel 
gesandt  betrachtet  wurde  —  in  der  unglttcklichen  Stadt  sonst 
gewirkt  hat. 

3.  Als  Klemens  Vil.  auf  den  baldigen  Entsalz  der  Engels- 
barg  und  auf  seine  Befreiung  aus  dieser  traurigen  Lage  durch 
das  verbündete  Heer  vergeblich  gewartet  hatte,  so  entwarf  er 
am  9.  Hai  einen  Vertrag  und  iiberschickle  diesen  dem  kaiser- 
lieheo  Heere  zur  Annahme.*)  Von  den  Obersien  und  Haupt- 
leuten wfire  die  überschickte  Konvention  anstandslos  angenommen 
worden,  von  den  gemeinen  Soldaten  aber  wurde  dieselbe  durch- 
aus —  verworfen;  sie  genflgte  ihnen  nicht.  Als  der  Papst 
die  Verwerfung  seiner  Vorschläge  vernahm,  stellte  er  gün- 
stigere Bedingungen  und  verpflichtete  sich:  die  Engelsburg 
sammt  seiner  Person  und  den  Kardinälen  y.Jn  des  Keyssers 
Hand  and  Gewalt  zu  ergeben,^  ferners  dem  kaiserlichen  Heere 
fänf  Stfidte  —  Piacenza ,  Parma ,  Uodena ,  Civita  vechia  und 
Oslia  —  za  verpflUiden,  200,000  Kronen  sogleich  zu  erlegen, 
jedem  Knechte  den  Sold  für  zwei  Monate  einstweilen  auszube- 
zahlen ,  spftler  aber  alle  Rückstände  zu  berichtigen  —  gegen 
die  BedUigiug,  dass  das  Heer  abziehe  and  Ro>m  ver- 
lasse. Auf  diese  aus  der  Engelsburg  erhaltenen  Vorschläge 
hinauf  liess  der  nunmehrige  Oberbefehlshaber ,  Prinz  Phlllbert 
von  Oranien,  das  Kriegsvolk  auf  dem  Campoflor  zusammen- 
kommen; hier  theilte  er  demselben  die  neuen  Vorschläge  des 
Papstes  mit,  gab  den  wohlgemeinten  Rath,  auf  dieselben  ein- 
zugehen, und  versprach^  Jedem  Soldaten  den  doppelten  Monate 

♦)  Der  Entwurf  des  in  Rede  stehenden  Vertrages  vom  9.  Mai,  in 
italienischer  Sprache  verfasst,  liegt  vor;  er  ist  von  den  meisten 
Scbriflstellern  nicht  gekannt. 

14* 


—    212    — 

sold  gleich  auszazahlen   und  die  Rückstfinde  ein  Monat  später 
zu  berichtigen,  stellte  sich  Selbsten  dem  Heere  als  Bürgen 
und  Schuldner  dar,  ja  er  erkMrte:   er   wolle  sanumt  den 
spanischen  Hauptleuten  bis  zur  Erfdllung  seines  gemachten  Ver- 
sprechens  der  Gefangene   des  Heeres  sein  —   nur  soll 
selbes  von  Rom  abziehen,  diese  Hörderhöhle  yoli  Jammer 
und  Gestank  unbedenklich  verlassen  und  mit  ihm  nach  Florenz 
ziehen.     Die   Spanier   Hessen   sich   bereden   und   zeigten   sich 
geneigt,  den   in  Rede   stehenden  Vorschlag  des  Prinzen  anzu- 
nehmen,  die  Deutschen   gingen  aber  darauf  ^   nicht   ein, 
sondern  standen  zusammen   und  wählten   aus   ihrer  Mitle  eioeo 
Ausschoss,   der  in  ihrem  Namen  handeln   und  ihre  Interessen 
vertreten  sollte.    Der  erwähnte  Ausschuss  gab  nun  nach  kurzer 
Berathung  dem  Prinzen   das   Erklären:   „Ehevor   das   Volk 
nicht  die  volle  Bezahlung  erhalten  habe,  werde  es 
von  Rom  nicht  abziehen.^   Wie  nun  der  Prinz  zur  Uebw- 
zeugung  kam,   dass  sich  der  Aufenthalt  des  Heeres   zu  Rom 
bedeutend  verlängern  dflrfte,  Hess  er  öffentlich  anschlagen  und 
ausrufen :  man  solle  aufhören  plOndern,  den  Borgern  den  Frieden 
geben,  sie  in  ihre  Wohnungen  kommen  lassen,  die  Kornkästen 
anzeigen,  die  Mahlen  verschonen,  da  man  doch  länger  in  Rom 
bleiben  wolle,  den  Kaufieulen   ihre  Schuldbiicher  zurückgeben 
u   s.  w<    Auch  ward  den  Landsknechten  zur  strengen  Piicht 
gemacht,  zu  ihren  Fähnlein  zu  ziehen  und  Ordnung  zu  halten. 
Für  den  letzten  Zweck,  um  nämlich  in  der  Stadt  für  die  Daoer 
des  Aufenthaltes  Ruhe  und  Ordnung  einzufahren,  wurde  in  der 
Person  des  Karls  de  la  Motte  ein  Platzkommandant  aufgestellt. 
Um  aber  den  Papst  zu  zwingen,  auf  Alles  einzugehen,  was  das 
Heer  verlangte,  wurden  vor  der  Engelsburg  gewaltige  Schanzen 
und  Gräben  aufgeworfen ;  Klemens  antwortete  mit  einem  heftigen 
Ausfall,   der  am  15.  Mai  unternommen  aber  zurückgeschlagen 
wurde.    Wie  nun  dieses  Mittel,   sich  Luft  zu  machen,  fehl- 
schlug,  drang  Klemens  neuerdings  in  den  Prinzen,  die  gemachten 
Vorschläge  anzunehmen.    Dieser  Hess  auch  wirklich  am  17.  Hai 
seine  Krieger  auf  dem  Campoflor  zusammenkommen,  richtete 


~    213    — 

aber  nichts  aas;  das  Heer  verlangte  nun  geradezu:  Der  Papst 
solle  sich  ergeben,  als  Gefangener  des  Kaisers  beim  ^Haufen^ 
bleiben,  durch  seine  Unterschrift  sich  verbindlich  machen,  vom 
Heere  nicht  lu  weichen,  bis  er  seine  Versprechungen  gehallen 
und  alle  rdckstündigen  Besoldungen  bezahlt  hätte.  Unter  Einem 
solle  der  Prinz  dem  Heere  schwören,  von  demselben  nicht  zu 
weichen,  bis  Alles  in  Monatfrist  bezahlt  und  berichtigt  wäre. 
Wenn  er  auf  diese  Bedingungen  eingehen  wolle,  so  werden 
sie  den  Sold  fdr  zwei  Monate  annehmen  und  —  abziehen, 
nur  um  aus  dieser  stinkenden  Mördergrube  zu  kommen.  Der 
Prinz  bedeutete  dem  Heere,  diese  Forderungen  erst  in  Ueber* 
legung  ziehen  zu  müssen.  Tags  darauf,  den  18.  Hai,  ver- 
sammelte er  neuerdings  auf  dem  Campoflor  seine  Leute  und 
trat  in  ihren  Ring;  hier  machte  er  das  Anerbieten,  „dass  er 
sich  für  seine  Person  zu  ihnen  verpBichten  wolle, ^  sie  sollten 
auch  dasselbe  thun,  sagte  aber  nichts  von  einer  Bezahlung  oder 
„vre  der  Papst  bleiben  wflrd;^  aus  diesem  Grunde  ging  Alles 
unverrichteter  Sache  auseinander. 

4.  Hittierweile  hatte  Prinz  Philibert  von  Oranien  eine  Ent- 
deckung gemacht,  die  ihn  veranlasste,  zur  Entwaffnung  der 
Stadt  zu  schreiten ;  allen  Burgern  wurde  zur  Pflicht  gemacht, 
die  Spiesse,  Harnische,  Hellebarden,  Handröhren,  kurz  alle 
Waffen  auf  dem  Campoflor  abzuliefern;  die  Ursache  dieser 
Vorsichtsmassregel  war  —  die  Annäherung  des  verbün- 
deten Heeres.  Schenken  wir  nun  diesem  unsere  Aufmerk- 
samkeit. Die  Alliirten  standen  während  der  Vorfillle  in  Rom 
mit  der  Hauptmacht,  die  bei  30,000  Hann  betragen  haben 
möchte,  in  Florenz.  Auf  die  eingegangene  Nachricht  von  der 
Erstürmung  Roms  wurde  im  verbündeten  Lager  die  Verabredung 
getroffen ,  der  Harkgraf  von  Saluzzo ,  Kommandant  der  Fran- 
zosen, sollte  mit  seinen  Truppen  den  Vortrab  bilden  und  den 
Weg  nach  Rom  einschlagen ;  der  Herzog  von  Urbino  versprach 
schnell  zu  folgen;  dieser  schlug  jedoch,  weil  er  dem  Papste 
gram  war,  von  der  Stadt  Cortona  aus  den  weitem  Weg  über 
Perugia  ein,  machte  in  letzterer  Stadt  drei  Tage  lang  Halt, 


—    214    — 

und  kam  erst  am  16.  Mai  nach  Orvieto,  das  noch  bei  vierxehn 
deutsche  Heilen  von  Rom  entfernt  ist.  Am  20.  Mai  waren  die 
verbündeten  Truppen  bei  Isola  —  zwei  deutsche  Meilen  von 
Rom  —  konzentrirt. 

Als  nan  Papst  Klemens  das  verbündete  Heer  su  seinem 
Entsalze  im  Angesichte  der  Stadt  erblickte,  zog  er  andere 
Saiten  auf;  die  rothe  Fahne  wurde  neuerdings  hoch  ober  dem 
Engel  aufgepflanzt  und  sämmtliche  Geschütze  der  Engelsburg 
fingen  wieder  an,  unausgesetzt  auf  die  Kaiserlichen  zu  spielen ; 
Klemens  glaubte  fest,  die  Stunde  der  Erlösung  aus  seiner 
traurigen  Lage  habe  nun  geschlagen«  In  Rom  hatte  sich  das 
Gerücht  verbreitet,  der  Herzog  von  Urbino  flihre  im  Schilde, 
die  Kaiserlichen  ganz  unvermuthet  zu  überfallen;  diese  standen 
jedoch  Tag  und  Nacht  kampfbereit  auf  dem  Petersplatze  und 
bei  den  Thoren,  brennend  vor  Begierde,  mit  den  Verbündeten 
handgemein  zu  werden,  Mb  diese  einen  Ueberfall  wagen  oder 
eine  Schlacht  anbieten  sollte»;  wirklich  rückten  diese  am  22. 
in  einer  bedeutenden  Stfirke  an,  wurden  aber  mit  einem  bedeu- 
tenden Verlust  zurückgetrieben;  besonders  kam  Graf  Cajazso 
sehr  ins  Gedräng,  dass  er  nur  mit  Mühe  entkam.  Unter  den 
Truppen  der  Verbündeten  soll  sich  auch  der  berüchtigte  Gaiss- 
mayr  als  Kommandant  eines  Ffihnleins  Venetianer  befunden 
haben.  — 

Prinz  Philibert  von  Uranien  Hess  nun  zehn  Fähnlein  italie- 
nischer Kiieger ,  die  von  Neapel  gekommen  waren ,  in  den 
Verschanznngen  vor  der  Engelsburg  zurück,  zog  am  24.  Mai 
mit  dem  Heere  aus  der  Stadt  und  schlug  auf  dem  Campo  saato 
ein  Lager  auf  —  Willens  über  die  Schiffbrücken  zu  rücken, 
die  geschlagen  worden  waren,  und  den  Verbündeten  eine  Schlacht 
zu  liefern.  Am  25.  und  28.  fielen  mehrere  Gefechte  vor,  die 
aber  nichts  enlschieden.  Wie  nun  der  Herzog  von  Urbino  die 
Erfahrung  gemacht  hatte,  dass  er  es  mit  einem  kampfgerüstelen 
Heere  zu  thun  habe,  wollte  er  weder  einen  Angriff  mehr  wageo^ 
um  den  Papst  zu  befreien,  noch  einen  Angriff  abwarten,  den  der 
Prinz  zu  machen  beabsichtigte,  sondern  zog  sieb   auf  bol«? 


—    215    — 

voa  da  nach  Moolerosi  und  suletat  gar  nach  Umbrien  zurück  — 
so  driogead  ihn  auch  der  Papst  hatte  bitten  lassen,  \i\  der  Nfthe 
von  Rom  Utoger  zu  verbleiben  und  kein  Mittel  unversucht  zu 
lassen,  um  ihn  aus  den  Hunden  der  Kaiserlichen  zu  befreien; 
vielleicht  auch  dass  die  grosse  Noth  und  der  Hangel  an  Lebens* 
nittela,  an  denen  es  im  verbündeten  Lager  fehlte,  das  ihrige 
beigetragen  haben ,  den  Herzog  zum  Rückzug  zu  bewegen.  *) 
Die  Nacht  vor  dem  Abzug  des  Herzogs  sind  zwei  Führer  vom 
Heere  der  Aliiirten,  Peter  Rossi  und  Alexander  Vitellius,  mit 
200  Kflransieren  zu  den  Kaiserlichen  übergetreten.  Auch  Haupt* 
mann  Gaissmayr  habe  mit  noch  Andern  zur  kaiserlichen 
Parthei  übergehen  wollen,   würe  aber  zurückgewiesen  worden. 

5.  Als  nnn  Klemens  VIL  jede  Hoffnung  eines  Entsatzes 
aufgeben  muaste,  machte  er  Miene,  sich  zu  ergeben,  iiess  auch 
zu  diesem  Zwecke  den  Prinzen  von  Uranien  zu  sich  in  die 
Engelsburg  entbieten;  wie  nun  dieser  dem  Kastell  sich  nähert, 
kifft  ihn  eine  Kugel,  die  ihn  im  Gesichte  verwundet;  ob  nun 
die  Kugel  zufällig  oder  absichtlich  auf  den  Prinzen  abgeschossen 
worden,  kann  nicht  angegeben  werden. ^^)  Dieser  Umstand 
hatte  zur  Folge,  dass  das  Misstrauen  des  kaiserlichen  Heeres 
gegen  den  Papst  den  höchsten  Grad  erreichte,  und  nun  alle 
m(^lichen  Anstalten  getroffen  wurden,  die  Engelsburg  zu  er- 
obern. Alle  Bürger  und  Arbeitsleute  worden  aufgeboten  und 
verhaken,  zur  Untergrabung  der  festen  Mauer  des  Kastells  Hand 
anzaiegen;  durch  drei  volle  Tage  wurde  mit  dieser  Arbeit  fort- 


*)  Doktor  Anger  er  schreibt,  in  Italien  habe  zu  dieser  Zeit  eine 
solche  Hnngersnoth  geherrscht ,  dass  arme  Leute  Gras  assen. 
und  dass  man  viele  verhunj^erte  Bauern  auf  dem  Felde  noch  mit 
dem  Grase  im  Munde  gefunden  habe. 

*^)  Etwas  komisch  meldet  Kaspar  Schwegler  in  einem  Sehreiben  an 
den  kranken  Ritter  Georg  von  Frenndsberg  unterm  11.  Juni 
diese  Verwundung  des  Prinzen  mit^den  Worten: 

^Der  Prinz  von  Vrania  ist  in  der  Schanz  vor  der  Engreis- 
bürg  durch  das  angesicht  hindten  aus  durchgeschossen  worden, 
ist  aber  schier  vviederumb  genesen,  schadet  ihm  nit  weiter^ 
dann  das  glat  angesiebt  verderbt  ist«^ 


—    216    — 

gefahren.  WftKr^nd  dieser  Zeit  wurde  der  Sladtkoimnandant, 
Karl  de  la  Motle,  und  der  deutsche  Hauptmann  Franz  von 
Heimslein,  mit  dem  Beinamen  „von  Thomis'',  als  Gesandte  nach 
Spanien  geschickt,  um  dem  Kaiser  über  alle  Vorfalienheiten 
Bericht  zu  erstatten  und  seine  Befehle  einzuholen;  Karl  de  Ja 
Motte,  der  schon  bejahrt  war,  ertrug  jedoch  die  Strapatzen  der 
langen  Seereise  nicht  und  starb  auf  dem  Meere;  Heimstein 
kam  glücklich  nach  Spanien,  entledigte  sich  dort  seines  Auf- 
trages, kehrte  zu  Land  wieder  nach  Italien  zurück  und  besuchte 
den  kranken  Georg  von  Freundsberg,  der  noch  immer  in  Fer- 
rara  sich  befand. 

Am  28.  Mai  kam  Karl  von  Lannoy,  kaiserlicher  Yice-König 
von  Neapel,  nach  Rom;  mit  ihm  kam  auch  sein  Kanzler  und 
Sekretär,  Johann  Bartholomeo  Gattinara,  sowie  Hugo  de  Mou- 
cada,  Ferdinand  a  Larcon,  Alphons  Markgraf  von  Guasta,  welche 
an  der  Spitze  von  12,000  Deutschen,  4000  Italienern  und 
8000  Spaniern  in  Rom  einzogen ,  so  dass  jetzt  der  Kaiser  ein 
gewaltiges  Kriegshoer  in  Rom  konzentrirt  hatte.  Bei  der  herr- 
schenden Noih  an  Lebensmitteln,  bei  der  drückenden  Hitze  und 
den  verpesteten  Düuslen,  welche  die  Stadt  erfüllten,  blieben  die 
traurigen  Folgen  nicht  lange  aus ;  ansteckende  Krankheiten  rafften 
in  Zeit  von  zweien  Monaten  bei  2000  Deutsche  und  über  2000 
Spanier  hinweg.  Schertlin  sagt:  „wir  habend  Rom  nit  zwen 
monat  iune  ghabt,  seind  uns  bis  in  die  5000  knecht  und  kriegs- 
volk  an  der  peslilentz  gestorben,  von  wegen  der  tpdten  cörper 
so  nit  vergraben  worden  waren.  ^  Der  Kriegszahl meister  Kaspar 
Schwegler  gibt  in  seinem  Schreiben  an  Georg  von  Freundsberg 
d.  d.  Rom  11.  Juni  ausser  den  oben  angeführten  Ursachen  der 
grossen  Sterblichkeit  noch  eine  andere  an,  indem  er  schreibt: 
„Es  sterben  vil  Knecht  hie  an  der  pestilenz,  trinken  auch 
hefftig,  werden  vnsynnig  und  sterben  gleich;  es  hat  star- 
ken wein  hie.'* 

Unter  den  deutschen  Hauptleuten ,  die  ein  Opfer  der  Pest 
wurden,  befanden  sich  folgende:  Christoph  Graf  von  Kbersteiii, 
Christoph  Schlick,  Rudolph   von  Ehingen,  Michael   Hartmann 


—    217    — 

von  Altkirch,  Urban  Linsing  von  Landeck,  Heinrich  von 
Fützingen,  Jackle  von  Aurach,  Stephan  von  Payr  von  Coslnitz, 
Reischl,  Polderle  und  leider  auch  der  wackere  Clatis  Seiden" 
»tieker^  der  brave  Innsbrucker  Hauptmann,  dem  es  nicht  mehr 
gegönnt  war,  sein  Vaterland  Tirol  wieder  zu  sehen,  in  dem- 
selben (wie  er  sich's  vorgenommen  hatte)  seine  Tage  in  Ruhe 
zu  beschliessen  und  „die  hohen  Herren  unterdessen  unterm 
Hütlein  spielen  zu  lassen^^  wie  und  so  lang  sie  wollten.  Wer 
aber  aus  allen  den  vielen  wackern  Hauptleuten,  die  zu  Rom  an 
der  Pest  starben,  am  meisten  bedauert  und  betrauert  wurde, 
das  war  —  Hauptmann  Melchior  von  Freundsberg,  der 
tapfere  Sohn  des  tapfern  Vaters  Georg  von  Freundsberg,  der 
am  12.  Jänner  1528  in  der  Blflthe  seines  Allers,  erst  20  Jahre 
alt,  seine  Heldenseele  aushauchte.  Ritter  Georg,  der  vier 
Monate  später  (am  28.  Hai  1528)  seinem  Sohne  im  Tode 
folgte,  musste  leider  diesen  Schmerz  auch  noch  erleben. 

In  einem  Briefe  an  Georg  von  Freundsberg  berichtet 
Kaspar  Seh  wegler  unterm  27.  Mai  1527  aus  Rom:  ;^Ewer  Sun 
Melchior  ist  gesund  vnd  hat  ain  guete  peyt.^'  Melchior  selbst 
sendete  an  seinen  Vater  am  ersten  Sonntag  nach  Pfingsten  ein 
Schreiben  ab ,  das  den  Sturm  auf  Rom  bespricht ,  den  Verlust 
„viler  ehrlicher  gesellen^  meldet  und  folgendermassen  schliesst: 
„Weyter  Wayss  ich  euch  diser  zeit  nichtz  zeschreiben,  dann 
daz  each  Graff  Ludwig  von  Lodron,  der  Hess,  Philip 
Stumpf  vnnd  all  annder  Herrn  Hauptleut  vnnd  gut  Ehrlich  ge- 
sellen vil  gtttz  entbieten;  Wollet  auch  allem  Ewrem  Hoffgesindt 
von  mir  alles  gutz  sagen;  damit  seyt  got  beuolchen,  der 
heliff  vns  mit  frewden  zusammen.^ 

Allein  diese  Freude  sollte  dem  Vater  nicht  zu  Theil  wer- 
den;  Melchior  starb  am  12.  Jänner  1528  und  zwar  an  einem 
Fussleiden,  indem  er  der  FlQsse  wegen  die  Schenkel  öfters 
musste  aufschneiden  lassen;  er  hatte  ifl  seiner  Jugend  etliche 
Jahre  &tudirt  und  zu  Wittenberg  in  Sachsen  die  hohe  Schule 
besucht,  diese  aber  sogleich  verlassen,  als  sein  Vater  den  Zug 
nach    Italien   antrat,    um   denselben    mitzumachen.'  Der  junge 


—    218    - 

Krieger  erhielt  seine  Ruhestätte  fm  deiitochen  Spitale  zu  Rom, 
und  auf  derselben  nachstehende  Grabsebrift: 

Helcbiori  a  Frandsberg,  Bquitis  splendidfssimi,  caesareiqiie 
germanici  peditatus  hello  Halico  praefecti  filio,  qui  dum  hmie- 
stissimos  ordines  duceret,  in  urbe  immatura  morte  interoeptas 
est,  Caspar  Svegler  alumnos ,  quaestor  exercitus ,  militam  Tri- 
bunus  beatae  roemorlae  posult.  Vixit  annos  XX.  obiit  XU 
Januarii  HDXXYIIL 

6.  Als  die  allgemeine  Sterblichkeit  auch  in  der  Engels- 
burg überhand  nahm,  und  die  Notb  im  Kastelle  eine  solche 
Höhe  erreicht  hatte,  dass  der  Papst  selbst  drei  Tage  lang  keinen 
Bissen  in  seinen  Mund  gebracht  haben  soll,  liess  er  am  t.  Jaai 
durch  seinen  Obersthofmeister,  den  Bischof  von  Capo«,  Nikolaus 
von  Schamberg,  den  Kardinal  Poropejus  Coionna  z«  sich  in  die 
Engelsburg  entbieten,  um  sich  mit  diesem  zu  unterreden;  unter 
Einem  erhielt  Nikolaus  von  Schamberg  vom  Papste  die  Macht 
und  GcM'alt,  mit  den  Obersten  und  Ftthrem  des  kaiserlichen 
Heeres  einen  Vertrag  abzuschliessen ;  dieser  kam  auch  ttnterm 
6.  JurU  wirklich  zu  Stande;  er  umfasst  neun  Artikel  und  lautet 
seinem  wesentlichen  Inhalte  nach  folgendermassen : 

i.  Der  Papst  stellt  seine  Person,  sowie  alle  Kardtnile, 
Bischöfe,  Prälaten,  Kriegsleute,  Bürger  n,  s.  w.,  die  sich  bei 
ihm  in  der  Engelsburg  beBnden,  unter  "den  Schoti  der  kaiser- 
lichen Hauptleute;  dieselben  sollten  Seine  Heäigkeit  und  alle 
Uebrtgen,  die  sich  dazu  entschliesseii^  unter  sicherer  BededLsag 
nach  Neapel  bringen  lassen;  wfirden  aber  einige  Karduftle, 
Bärger  etc.  lieber  m  Rom  bleiben  oder  anderswohin  ziehea 
wollen,  so  sollen  sie  dahin  ziehen  därfen  und  dazu  das  nOthige 
Geleit  erhalten. 

2.  Die  Engelsbnrg  soll  am  6.  Juni  sammt  Geschäts, 
Munition  etc.  den  dazu  bestimmten  Hauptleuten  des  kaiserlichen 
Heeres  ttberantwortet,  «lies  Privaleigenthum  aber  respektirt  und 
unangetastet  bleiben. 

3.  Zur  Befriedigung  des  Heeres  macht  sich  der  Papst 
verbindlich,  400,000  Kronen  zu  erlegen,  und  zwar  100,000 


-    219    — 

geschwind  und  50,000  In  20  Tagen,  die  dem  Abte  Naggeri 
Hl  Neapel,  Siena  oder  tienaa  eingehändigt  werden  sollen.  Die 
noch  fehlenden  250,000  sollen  durch  eine  Landsteuer  ein- 
bringlich  gemacht  und  innerhalb  zweier  Monaten  den  Truppen 
ausbeiahlt  werden.  Znr  Sichersteliung  dieser  Summe  übergibt 
der  Papst  dem  Heere  vier  Bischöfe  und  drei  Laien  als  Bürgen.  *} 

4.  Damit  das  Heer  von  Rom  absiehe  und  andere 
Städte  im  päpstlichen  Gebiete  unbelästigt  lasse,  lasst  sich  der 
Papsl  herbei,  den  kaiserlichen  Hauptlenten  nachstehende  „fBnf 
Städte  mit  allen  ihren  Testen  und  Zugehörungen^  zu  überant- 
worten, als:  Ostia,  Civita  vechia,  Modena,  Parma  und 
Piacenza. 

5.  Die  Colonna*s  sollen  in  alle  ihre  Würden  und  Güter 
wieder  eingesetzt  werden. 

6.  Alle  Strafen,  die  über  dieselben  verhängt,  alle  Excom- 
munikationen ,  die  gegen  dieselben  ausgesprochen  wurden,  sind 
aufzuheben. 

7.  Soll  der  Prinz  von  Oranien  in  Person  zugegen  sein, 
wenn  die  päpstlichen  Truppen  und  diejenigen,  welche  sich  in 
der  Engelsburg  befinden ,  diesen  Platz  verlassen ,  um  zu  ver- 
hüten, dass  Niemand  misshandelt  werde.  Die  Ausziehenden 
sollen  durch  drei  Fähnlein  Deutsche,  fünf  Fähnlein  Spanier  und 
100  leichte  Pferde,  je  nachdem  es  nöthig  ist,  gegen  25  Heilen 
sicher  eskortirt  werden,  zugleich  aber  die  Erlaubniss  haben, 
wieder  nach  Rom  zurückkehren  oder  nach  Belieben  auch  in 
dieser  Sladt  jetzt  schon  v^bleiben  zu  dürfen. 

8.  Nach  Besetzung  der  Engelsburg  sollten  die  obern  Ge- 


*)  Diese  sieben  Geissein  und  Bürgen  waren : 

Joannes  Marius  Montanus,  Erzbischof  von  Sipoot^ 
Onofrins  Bartolinus,  Erzbischof  von  Pisa ; 
Antonius  Bucci,  Bischof  von  Pistoja } 
Joannes  Mathaeiis  Giberti,  Bischof  von  Verona ; 
dann  die  Herren: 
Jakob  Salviali; 
Lorenz  Ridolphi  and 
Simon  de  Recca  Solis. 


—    220    — 

inächer  derselben  von  den  Kaiserlichen  nicht  betreten  werden 
—  höchstens  von  einem  Hauptmanne  mit  vier  oder  fünf  Per- 
sonen, wenn  dieses  wegen  Erhaltung  der  Burg  nothwendig 
werden  sollte. 

9.  Verpflichtet  sich  der  Papst,  den  Stadtkommandanten 
von  Ostia  und  Civita  vechia  die  Abschliessung  dieses  Vertrages 
gleich  mitzutheilen  —  mit  beigefügter  Weisung,  die  benannten 
Städte  zu  räumen  und  selbe  den  kaiserlichen  Abgeordnelen  %n 
übergeben.  Unter  Einem  soll  Admiral  Andreas  Doria  den  Befehl 
erhalten,  mit  seinen  Schiffen  den  Hafen  von  Civita  vechia  zu 
verlassen  und  selben  den  Kaiserlichen  zu  übergeben. 

Vorstehender  Vertrag  wurde  päpsllicher  Seits  von  neuo 
Kardinälen  und  vier  Bischöfen  unterfertigt.  Von  Seite  des  kai« 
serlichen  Heeres  haben  ihn  unterschrieben: 

Philibertus  de  Chialon,  Princeps, 

Ferdinandus  de  Gonzaga, 

Couradus  de  Bemelberg,  Colonellus  d^Alemanni, 

Joannes  de  Urbina, 

Comes  Ludovicus  de  Lodron, 

Joannes  Bartholomaeus  Gattinaria, 

Harinus  Abbas  de  Naggera, 

Hieronymus  Horonus, 

Loys  Gonzaga 
und  noch  zehn  andere  hervorragende  Führer  der  Truppen. 

Für  uns  ist  die  Unterfertigang  des  in  Rede  stehenden 
Vertrages  aus  dem  Grunde  von  besonderer  Wichtigkeit,  weil 
daraus  hervorgeht,  dass  Graf  Ludwig  nach  dem  Oberbefehls- 
haber, dem  Prinzen  von  Oranien  (Princeps  de  Chialon),  die 
vierte  höchste  Stelle  im  kaiserlichen  Heere  einnahm,  und  in 
Bezug  auf  seine  Würde,  die  er  in  demselben  bekleidete,  selbst 
dem  Kanzler  des  Königreichs  Neapel,  Gattinaria,  und  dem  kai- 
serlichen Generalkommissär,  dem  Abte  Harinus  de  Naggera, 
vorging.  Prinz  Ferdinand  von  Gonzaga  unterschrieb  als  Führer 
der  italienischen,  Bemmelberg  als  Führer  der  deutschen  und 
Johannes  de  Urbina  als  Führer  der  spanischen  Truppen;  nach 


—    221    — 

•dem  Feldhenm  und  den  Ftihrern  der  drei  xasamraenwiriLenden 
Nationen  erblicken  wir  unsem  Grafen  Ladwig  in  erster 
Reihe.  — 

Nun  wollen  wir  sehen,  wie  das  kaiserliche  Heer  den  Ab* 
schluss  dieses  Vertrages  aafgenommen  hat.  Unter  dem  5.  Juni 
war  derselbe  beiderseits  unterzeichnet  worden,  und  gleich  Tags 
darauf  Hess  der  Prini  von  Oranien  bei  den  aufgeworfenen 
Schanzen  auf  dem  Platze  vor  der  Engelsburg  die  drei  Nationen 
zusammenkommen  und  theilte  ihnen  die  Punkte  des  abgeschlos- 
senen Vertrages  mit.  Schon  das  war  nicht  recht,  dass  der 
Vertrag  in  lateinischer  Sprache  verfasst  war;  alle  An- 
wesenden schüttelten  bedenklich  die  Köpfe  und  witterten  Ver- 
ralh.  Als  nun  aber  die  Deutschen  auch  noch  hörten,  dass  sie 
von  der  Stunde  an  kraft  des  Vertrages  die  Stadt  verlassen 
sollten^  ohne  vorher  die  volle  Bezahlung  erhalten  zu  haben, 
weigerten  sie  sich  geradezu,  von  Rom  abzuziehen  —  ausge- 
nommen, wenn  der  Feldherr  selbst  die  Bezahlung  auf  sich 
nehmen  und  als  Schuldner  des  Heeres  sich  bekennen  wolle. 

Der  Prinz  liess  sich  zu  dem  herbei^  und  nahm  in  Folge 
dessen  die  Bischöfe,  die  als  Bürgen  dienen  mussten,  in  seine 
Verwahrung.  Dazu  verpflichtete  sich  der  kaiserliche  Vice-König 
von  Neapel,  Lannoy,  den  Papst  sammt  den  Kardinälen  nicht 
aus  seiner  Hand  zu  lassen,  bis  die  Soldaten  vollständig  bezahlt 
seien;  ja  er  versprach  aueh,  von  Neapel  20,000  Kronen  zu 
schicken,  und  die  Spanier  wurden  insbesonders  noch  auf 
50,000  Kronen  vertröstet ,  die  ihnen  binnen  Monatfrist  oder  in 
sechs  Wochen  zu  Theil  werden  sollten;  allein  statt  sich  damit 
zu  begnügen  und  Ruhe  zu  geben,  waren  es  gerade  die  Spanier, 
welche  einen  gewaltigen  Aufruhr  erregten,  anfingen  zu  plündern, 
Hauptleute  überfielen  und  misshandelten  und  andere  Gewalt- 
thütigkeiten  verübten 

Da  nun  der  Vice-König  vor  dem  erbitterten  spanischen 
Haufen  seines  Lebens  nicht  mehr  sicher  war,  so  flüchtete  er 
sich  noch  dieselbe  Nacht  mit  dem  Markgrafen  Alphous  von 
Guasla   heimlich   aus  Rom  weg,   und.  eilte  nach  Neapel;   die 


4000  SlalieMr,  «o  kurs  ravor  voi  Neapel  .koimend  in  Rom 
eingeMgeo  waren.,  folgtei  dem  Vice-K&oige  auf  dem  Fasse. 

Darüber  erhoben  die  Spanier  ein  gewaltiges  Geschrei  and 
brachten  heraus,  als  wfirc  Lannoy  mit  dem  Papste  einverstanden 
gewesen  und  hfitte  getrachtet,  diesen  heimlich  ans  Rom  in  ent- 
ftthceu.  Um  dem  Spektakel  die  Krone  aafxusetzea,  kamen  end- 
lieh auch  noch  die  Deutschen  und  Spanier  einander 
gewaltig  in  die  Haare.  Die  Veranlassung  daiu  gaben  zwei 
Soldaten,  ein  deutscher  und  ein  spanischer,  welche  Anfangs 
auf  dem  Campoflor  friedlich  mitsammen  ein  Spiel  machten, 
plötzlich  aber  zu  streiten  kamen.  An  dem  Streit  zwischen  Beiden 
nahm  bald  eine  grosse  Menge  Krieger  beider  Nationen  Idihattei 
Antheil,  und  es  kam  zu  einer  grossartigen  Schlägerei,  in  Folge 
welcher  auf  beiden  Seiten  gegen  vierzig  Personen  erschossen, 
erstochen  oder  schwer  verwundet  wurden;  bei  der  Nacht  plün- 
derte eine  Parthei  die  andere;  nur  mit  ttusserster  Anstrengung 
gelang  es  den  Obersten  beider  Nationen,  Friede  und  Ordnaog 
wieder  herzustellen.  Bei  dieser  Gelegenheit  erhielt  der  deniscbe 
Uanptmann.  Wendel  in  von  Weyers  einen  Schuss  durch  den 
Schenkel,  dann  Hauptmann  Conradin  Spergser  von  Oiums 
einen  Stich,  und  ein  deutscher  Wachtmeister,  „Jfickle  von 
B  ibr  ach^,  einen  Schuss  durch  den  Leib,  an  welchem  er  Tags 
darauf  starb.  —  Um  derlei  Schlägereien  zwischen  den  Kriegern 
beider  Nationalitäten  ferne  zu  halten,  wurde  die  Anordnang 
getroffen,  dass  abwechselnd  täglich  drei  deutsche  und  drei 
spanische  Hauptleute  mit  starker  Begleitung  in  der  Stadt  die 
Runde  zu  machen  hatten. 

7.  Am  7.  Juni  Öffneten  sich  die  Thore  der  Engelsbaif ; 
die  wenigen  Schweizer  der  päpstlichen  Garde,  die  dem  Blot- 
bade  vom  6»  Mai  entronnen  und  glücklich  in  das  benannte 
Kastell  gelangt  waren,  zogen  unter  ihrem  Hauptmanne  Golde 
von  Zürich  mit  Sack  und  Pack  ab  und  erhielten  in  der  Stadt 
ein  eigenes  Quartier.  An  die  Stelle  der  abgetretenen  Schweizer- 
Garde,  welche  kassirt  wurde,  trat  eine  Schaar  von  200  Lands- 
knechten unter  dem  Hauptmanne  Sebastian  Schertlio;  m 


—    328    — 

dieser  Sehaar  ^fthke  man  ans  allen  Ffihnlain  des  Heeres  ih 
schönsten  und  stärksten  Krieger  ma  und  verlegte  sie  in  die 
Engelsbaig  —  mit  der  Bestimmung,  die  päpstliche  Garde  tn 
bilden  und  den  Papst  an  bewachen.  Als  eigentliche  Besatsung 
kam  aber  in  das  benannte  Kastell :  ein  Fahnlein  Landsknechte 
unter  dem  Tiroler  Hauptmann  Veit  von  Wähingen  und  ein 
Fähnlein  Spanier  unter  dem  Obersten  Ferdinand  a  Larcon ;  diese 
besetzten  am  8.  Juni  das  Kastell,  nahmen  die  rothe  Fahne 
herab,  die  fortwahrend  noch  auf  der  höchsten  Zinne  der  Burg 
flatterte,  und  pflanzten  dafür  das  kaiserliche  Panier  auf;  die 
400  Italiener,  die  bisher  mit  dem  kleinen  Ueberreste  der 
Schweizer  in  der  Engelsburg  lagen,  zogen  mit  Albert  von 
Carpen  und  Renzo  de  Gere  ab,  und  wurden  von  den  Kaiser- 
liehen bis  an  ihren  Bestimmungsort  eskortirt;  Papst  Klemens 
und  die  Kardinale  zogen  es  aber  vor,  in  der  Engelsburg  zu 
verbleiben;  daher  der  YHI.  Artikel  im  abgeschlossenen  Ver- 
trage :  die  obem  Gemächer  der  Burg  sollten  von  den  Kriegern 
nicht  betreten  werden  dürfen  —  höchstens  von  einem  Haupt- 
manne mit  einigen  wenigen  Personen ,  und  dieses  nur  im 
Nothfalle.*) 

Leider  flössen  die  vertragsmlissigen  Summen  nicht,  wie  es 
festgesetzt  worden  war;  denn  statt  100,000  Kronen  erhielt  der 
Kriegszahlmeister  des  kaiserlichen  Heeres  nur  30,000  —  sammt 
mehreren  Geschirren  von  Silber,  aus  welchen  der  Papst  eine 
neue  viereckige  Münze  prflgen  liess,  welche  aber  weder  ^Schrott 
noch  Korn^  hatte,  viel  zu  gering  war  und  bald  ausser  Kurs 
gesellt  werden  mussle.  Unter  andern  kostbaren  Gegenständen, 
welche  In  die  Münze  wandern  musslen,  befand  sich  auch  eine 
schöne  Medaille  von  Gold,  1000  Dukaten  jsehwer,  welche  von 
den  lUltern  der  Insel  Rhodus  vor  Jahren  dem  Papste  zum  Prflsent 


*)  y\fk  der  fingelsburg  haben  wir  gefunden  den  bapst  Clementem 
SMnmt  12  Cardinälen,  in  einem  engen  saal,  den  haben  wir  ge- 
fangen, mussle  die  nrticnl,  so  ihme  der  secretari  vorlaSy  unter- 
schreiben; war  ein  grosser  Jammer  unter  ihnen,  weinten  sehr, 
wurden  wir  alle  reich.^  Scbertlin. 


—    224    — 

gemacht  worden  war,  als  sie  denselben   um  Hülfe  gegen  die 
Tflrken  angingen.    Endlich  am  11.  Juni  fing  man  an,  den  deut- 
schen Hauptleuten  die  Löhnung  für  ihre  Leute  auszuzahlen  ;  jeder 
Mann  erhielt  einen  Sold  von  zweien  Monaten.    Weil  aber  lange 
nicht  so   viel  Geld   vorhanden   war,   um   alle  Hauplleute  zu 
gleicher  Zeit  befriedigen   zu  können,   mussten   diese   „aus- 
spielen^, wer  der  erste,  wer  der  zweite,  wer  der  dritte  u.  s.  w. 
den  gebührenden  Sold  abzufassen   habe.     Um  80,000  Kronen 
zu  erhalten,  welche  fehlten,  mussten  die  Silbergeschirre  massen- 
weise in  die  Münze  wandern;   leider  ging  aber  das  Prägen  so 
langsam,  sei  es  nun  absichtlich  oder  unabsichtlich,   dass  man 
mit   dem   in   einem   Monale   geprägten   Gelde    nicht   mehr  als 
zwanzig   Haiiptleute   befriedigen   konnte;    vierzehn    Fahnlein 
erhielten  keinen  Pfennig;  das  unbefriedigte  und  eben  desshalb 
unzufriedene  Krie^^svolk  weiidete  sich  nun  stracks  an  den  Feld- 
herm  —  den  Prinzen  von  Oranlen  —  welcher  Bdrgschaft  ge- 
leistet hatte,   und   forderte  mit  solchem  Ungestüm  die  endliche 
Berichtigung  des  rückständigen  Soldes,  dass  dieser,  weil  ohne 
Geld,  sich  in  die  traurige  Noth wendigkeit  vei setzt  sah,  an  der 
Spitze  von  150  Pferden  bei  Nacht  und  Nebel  eiligst  aus  Rom 
zu  fliehen  und  bis  Siena  zu  retiriren;  auch  der  Locolenent, 
Konrad  von  Bemnielberg,  wurde  von  den  erbitterten  deutschen 
Söldnern   überfallen  und  gezwungen,  sein  Heil   in   der  Flacht 
zu  suchen.     „Und   nun  war  niemand,   der  sich   dess  Hauff« n 
httt  angenommen;  es  regierte  der  Pöfel  seines  gefallens,  vnd 
namen  jnen  für,   dass  sie  von  der  vnwarheit  wegen,  die  man 
jnen  fürhielt,  alle  grosse  Hansen  wollten  zu  tod  schlagen,  die 
Statt  Rom  von   neuwen  plündern ,   vnd   den  Bapst ,    well  er  so 
betrieglich  handelte,   auch  sie  mit  ertichten   worten   aufzöge, 
selbst  zu  jren  bänden  nemmen.^    Als.Klemens  sah,  dass 
dem  „Pöfel ^   mit   der  Ausführung  der   letzten   Drohung  Ernst 
war,  bot  er  Alles  auf,  um  auch  noch  die  14  Fähnlein  befrie- 
digen zu  können,  die  noch  nichts  erhalten  hatten;   die  Haupt- 
leule  und  Doppelsöldner  wurden  mit  der  Bezahlung  auf  8  Tage 
vertröstet;  so  war  die  Ruhe  auf  kurze  Zeit  wieder  hergeste//*. 


—    225    — 

Und  Oraf  Ludwig  von  Lodron^ 

Dieser  war  karz  zavor  vom  Prinsen  von  Oranien  abgesendet 
worden,  um  mit  einem  gewissen  Julian  die  fünf  vom  Papste  als 
Pfand  angewiesenen  Stfidte:  Ostia,  Civita  vechia,  Hodena, 
Parma  und  Piacenza  in  Empfang  zu  nehmen. 

Verlassen  wir  nun  das  Heer  zu  Rom,  um  beiden  Kom- 
missären zu  folgen  und  zu  sehen,  wie  es  ihnen  mit  der  Aus- 
führung des  erhaltenen  Auftrages  ergangen  ist. 

Als  Graf  Ludwig  mit  seinem  Koilega  Julian  zuerst  nach 
Civita  veehia  kam ,  hielt  der  Admiral  von  Genua ,  Andreas 
Doria,  die  benannte  Stadt  sammt  dem  Hafen  besetzt  und  liess 
den  beiden  Abgeordneten  bedeuten :  er  werde  die  Stadt  und  den 
Hafen  erst  dann  übergeben,  wenn  alle  seine  Forderungen  be- 
richtigt wären,  die  er  an  den  Papst  zu  machen  habe.  Mit 
leeren  Hflnden  begaben  sich  Graf  Ludwig  und  Julian  von  da 
nach  Modena,  fanden  aber  auch  diese  Stadt  bereits  vom  Herzog 
von  Ferrara  seit  Anfangs  Juni  mit  7000  Mann  besetzt;  Herzog 
Alphoos  zeigte  noch  weniger  Lust,  den  in  Besitz  genommenen 
Platz  herauszugeben.  Jetzt  ging  die  Reise  der  Herren  Kom- 
missäre nach  Parma  und  von  da  nach  Piacenza;  allein  in  diese 
Städte  wurden  sie  gor  nicht  einmal  hineingelassen. 

Nun  kehrte  Graf  Ludwig  unter  diesen  Umständen  nicht 
mehr  nach  Rom  zurück,  sondern  verfügte  sich  zu  den  kaiser'- 
lichen  Truppen ,  die  im  Mailändischen  standen ,  um  bei  diesen 
verwendet  zu  werden ;  der  Krieg  der  mit  neuer  Heftigkeit  fort- 
gesetzt wurde,  bot  unserm  Helden  bald  wieder  Gelegenheit,  den 
Femdea  des  Kaisers  seinen  kräftigen  Arm  fühlen  zu  lassen. 


15 


_    226    — 


ZI.  Abschnitt. 

Thfttigkeit  der  Ligue  zur  Befreiung  des  Papstes;  Rudolpli  Hfti,  der 
ehemalige  Locotenent  Freundsbergs  mit  deutschen  Lftndskneeb^ 
im  Dienste  der  Ligne;  die  Yenetianer,  die  ersten  im  Felde,  Leyra't 
Schreiben  an  die  ^Herren^  zu  Innsbruck;  Schlacht  bei  Carrara; 
Zag  des  franxßsischen  Marschalls  Lautrec  über  die  Alpen;  Weg- 
nahme der  Stadt  Genua;  tapfere  Vertheidigung  Ton  Bosco  dnreb 
Ludwig  Grafen  von  Lodron;  Graf  Ludwig  in  feindlicher 
Gefangenschaft;  heldenmüthige  Vertheidigung  Ton  Alessandria 
dorch  Johann  Baptist  Grafen  ron  Lodron;  KapitulatiaB 
der  Stadt;  Eroberung  TonPavia  durch  Lautrec;  sein  beabsichtigter 
Zug  nach  Rom;  Einnahme  Ton  Abbiate  grasso  durch  Leyra  und 
Freundsberg;  Antonio  de  L6yya*s  zweites  Schreiben  nach  Inns- 
bruck; Abschluss  eines  Bündnisses  swisehen  der  Ligue,  den 
Herzog  Ton  Ferrara  und  dem  Harkgrafen  von  Hantoa;  hnttec 
in  Bologna. 

1.  Mit  uiuerm  Helden  wieder  in  Oberitalien  angelangt, 
wollen  wir  die  Erzüblung  der  Kriegsbegebenheiten  in  diesem 
Landeaiheile  neuerdings  anfnehmen.  Wie  wit-  wissen  war 
der  wackere  Antonio  de  Leyva  vom  kaiserlichen  Statthalter) 
dem  Herzoge  von  Bourbon,  als  Kommandant  der  Stadt  Mailaad 
surUckgelassen  worden;  ihm  aar  Seite  stand  Kaspar  von 
Freundsberg  mit  seinen  deutschen  Landskoeohten  in  vier- 
zehn  Fahnlein. 

Nach  dem  Abzüge  des  verbündeten  Heeres  von  Mailand, 
das  sich  zuerst  an  Georg  von  Freundsberg  anhSogte  uod 
später  dem  kaiserlichen  Heere  auf  seinem  Zuge  nach  Rom 
folgte,  athinete  Antonio  de  Leyva  sieben  Monate  lang  wieder 
freier.  Jedoch  das  traurige  Schicksal  der  mit  Sturm  genooi« 
mene  Weltstadt  und  des  in  der  Engelsburg  belagerten  Papstes, 
noch  mehr  aber  die  Furcht  vor  der  lieber  macht  des  Kaisers 


-    827    — 

in  Italien  hatl^  diesem  Monarehen  neue  Feinde  erweckt  and  tlle 
allen  su  grösserer  Tätigkeit  angespornt.  Zo  diesem  Zwecke 
waren  anch  päpstliche  Legaten  nnd  Agenten  aller  Orten  thätig, 
so  der  Kardinal  Salviatns  jnnior  in  Prankreich,  Hubertus  Gambarä 
In  England  und  Ennins  Phllonardns  in  der  Schweiz.  Frankreich, 
Enghmd,  Venedig  und  Florenz  erneuerten  das  BUndniss  von 
Cognac  und  beschlossen:  alle  Kräfte  aurznbieten  und  4n  Be- 
wegung cn  setzen,  am  den  Papst  frei  zu  machen,  Karl  V.  aus 
Italien  zu  vertreiben  und  diesem  Monarchen  möglichst  viele 
Terlegenheiten  zu  bereiten.  Zu  diesem  Ziel  und  Ende  ver- 
sammelte der  König  von  Frankreich  am  Fusse  der  Alpen  ein 
Heer  von  16,000  Mann  zu  Fuss  und  zu  Pferd,  und  übergab 
das  Kommando  über  dasselbe  dem  Marschall  Odetus  von 
Lautrec. 

Heinrich  VUI. ,  König  von  England,  schickte  dem  König 
Franz  Snbsidien^  dem  Kaiser  Karl  aber  die  Drohung:  er  werde 
In  Brabant  einfallen,  falls  er  den  Papst  und  die  beiden  Söhne 
des  Köpigs  von  Frankreich  nicht  frei  lassen  sollte.  Die  Schweizer 
Hessen  sich  gleichfalls  bewegen,  an  dem  Krieg  Theil  zu  nehmen; 
der  daselbst  beglaubigte  Legat  Ennius  Philonardus  erinnerte  die 
Eidgenossen,  dass  ihnen  Papst  Julius  II.  zwei  grosse  Banner 
sowie  auch  Hut  und  Schwert  verehrt  und  den  Titel  ^Beschfrmer 
der  Kirche^  verlieben  habe ;  er  erinnerte  sie  auch  an  die  Treue, 
die  sie  dem  Papste  Julius  erzeigt  hfltten  —  mit  der  Ermahnung, 
dieselbe  nun  anch  dem  gefangenen  Oberhaupte  der  Kirche, 
Klemens  YIL,  zu  beweisen;  die  Thäligkeit  des  Legaten  wurde 
mit  dem  erwünschten  Erfolge  gekrönt,  indem  bei  12,000  Mann 
sich  zum  Zuge  über  die  Alpen  rüsteten;  sie  wurden  nach 
Mailand  instradirt  —  mit  der  Weisung,  diese  Stadt  zu  über- 
fallen. Um  aber  diesen  Platz  desto  leichter  und  desto  ge- 
wisser den  Kaiserlichen  zu  entreissen,  wurde  der  Hauptmann, 
welchen  Bourbon  zum  Kommandanten  des  daselbst  befindlichen 
Schlosses  ernannt  hatte,  ins  Netz  gezogen;  allein  die  ganze 
Sache  wurde  vrrrathen;  Antonio  de  Leyva  machte  nun  seinen 
Bruder    Johann    de    Leyva    zum    Schlosskommandanten,    und 

15* 


-    228    - 

Kaspar  von  Freundsberg  legte  eine  Besatzung  von  deut- 
schen Landsknechten  hinein. 

Leider  iiess  auch  Rudolph  Hfil,  der  ehemalige  Locoleneat 
Freundsbergs,  der  aus  unbekannter  Ursache  vom  Kaiser  abge- 
fallen und  in  die  Dienste  der  Ligue  ttbergetreteo  war,  sich 
dazu  brauchen,  in  Demschland  fttr  die  Ligue  Landsknechte 
zu  werben,  die  er  auch  in  grosser  Anzahl  erhielt,  in  Baieni 
musterte  uod  dann  dem  Lautrec  zuführte.  Wie  schiecht  ei 
diesem  ehrvergessenen  Manne  und  seinen  undeutscjien  Gesellea 
ergangen  ist,  werden  wir  in  der  Folge  sehen.  Ingleiohen  war 
auch  der  alte  Herzjg  von  Braunscfaweig  von  den  Franzosen 
angegangen  worden,  Landsknechte  anzuwerben  und  damit  eiaeo 
EinCeiU  in  Bnrgund  zu  unternehmen.  Ja,  wenn  mau  sicheni 
Nachrichten  Glauben  schenken  will ,  soll  König  Franz  es  nicht 
unter  seiner  Wttrde  gehalten  haben,  sogar  mit  dem  Woywoden 
von  Siebenbürgen,  Johann  Z^polya,  Unlerhandlungea  anzuknOpfea 
und  dieslalls  einen  Bischof  an  ihn  abzuschicken;*)  Kaiser 
Karl  sollte  demnach  auf  allen  Seiten  beschäftigt,  ihm  möglichst 
viele   Verlegenheiten  bereitet   werden,  damit  die  VerbGndetea 

*)  Als  ein  weiterer  Beweis,  wie  weit  sich  der  ritterliche  und  aller- 
christlichste  König  von  Frankreich,  Fraoz  I.,  in  seinem  Hasse 
gegen  Karl  Y.  vergessen  konnte,  möge  nachstehende  Thatsache 
dienen. 

Der  Grossvezier  Ibrehim  erzfihlte  eines  Tages  den  Gesandten 
Ferdinands  L  am  Hofe  zu  Konstantinopel ,  Lamberg  und  Juri- 
sitschy  König  Franz  habe  wahrend  seiner  Gefangenschaft  ifl 
Spanien  an  Soliman  Briefe  geschrieben,  welche  einem  Boten  in 
die  Schuhe  geniht  und  durch  die  Provinzen  Ferdinands  über- 
bracht worden  wären  —  mit  Klagen  über  sein  Unglück  und  mit 
der  Bitte:  der  Sultan  möge  als  sein  Herr  und  Bruder,  ond 
wie  es  einem  so  grossen  Kaiser  gegen  jeden  in  ähnlicher  Be- 
drftngniss  beAndlichen  König  gebühre,  ihn  nicht  verlassen ,  nnd 
dass  er  seihst  kommen  würde,  um  die  Füsse  des  Sultans 
als  seines  getreuen  Herrn  und  Freundes  zuküssenj 
wenn  ihn  nicht  Leibesschwachheit,  die  Wunde  am  Schenkel  und 
andere  Umstände  hinderten! 

So  erzählt  Johann  Graf  von  Maüäth  in  seiner  Geschichte  des 
Kaiserstaates. 


—    229    — 

ihren  Zweck  am  so  sicherer  erreichen  könnten;   ob  er  auch 
erreicht  wurde,  wollen  wir  non  sehen. 

2.  Die  ersten,  die  wieder  im  Felde  erschienen,  das  waren 
die  Yenetianer.  Diese  schickten  anter  dem  Kommando  des 
Herzogs-' von  Drbino,  der  sich  aas  Umbrien  ganz  nach  Ober* 
Italien  xtorllckgezogen  hatte,  bei  15,000  Mann  za  Fass  and  zu 
Pferde  nach  Melegnano  —  mit  der  Weisung,  den  kaiser- 
lichen Trappen  in  Mailand  die  Zufahren  von  Lebensmitteln  ab* 
zoschneiden  und  dort  das  Eintreffen  der  Schweizer  und  Fran- 
zosen anter  Laatrec  abzuwarten. 

Als  Antonio  de  Leyva  und  Kaspar  von  Freundsberg  diese 
Bewegungen  des  Feindes  in  Erfahrung  gebracht  hatten,  Hessen 
sie  etliche  Fähnlein  Volkes  in  Hailand,  und  zogen  an  der  Spitze 
der  Qbrigen  Trappen,  die  ihnen  noch  zu  Gebote  standen,  den 
Yenetianem  unter  die  Augen  —  Willens,  ihnen  eine  Schlacht 
anzubieten.  Statt  diese  anzunehmen,  verschanzte  sich  der  Herzog 
von  Urbhio  bei  Helegnano  und  war .  durchaus  nfcht  aus  der- 
selben heraoszahringen,  so  grosse  Htthe  sich  auch  die  kaiser- 
Hchen  Fährer  gaben,  den  Herzog  aus  seiner  vortheilhaften 
Stellung  herauszulocken  und  ihn  zu  einer  Sohlacht  za  zwingen. 
So  lagen  nun  beide  Partheien  fttnf  Wochen  lang  vor  ein- 
ander, ohne  dass  der  eine  Tbeil  dem  andern  htttte  etwas  an- 
haben können;  zwar  fielen  täglich  kleinere  Gefechte  vor,  die 
aber  nichts  entschieden.  Endlich  am  29.  Juli  zogen  Leyva  und 
Freundsberg  bei  hellem  Tage  und  im  Angesichte  des  Feindes 
ab;  die  Yenetianer,  obgleich  den  Kaiserlichen  an  Stftrke  dreimal 
flberlegen,  wagten  es  nicht,  die  Abziehenden  zu  verfolgen. 

3.  Leyva  und  mit  ihm  auch  die  übrigen  Ftihrer  des 
kaiserlichen  Heeres  wendeten  sich  wahrend  ihres  Aufenthaltes 
im  Lager  bei  Melagnano  an  die  Regierung  zu  Innsbruck 
und  an  den  Kardinal  Bernhard  von  Cles,  Farstbisehof  von  Trient 
und  Ferdinands  obersten  Kanzler,  mit  der  dringenden  Bitte: 
Mittel  nnd  iWege  zu  suchen,  dem  Kaiser  Land  und  Leute  zu 
erhalten,  aus  Tirol  eine  Diversion  ins  Yenelianische  zu  unter- 
nehmen  and  dadurch  die  Re|iubiik  zu  zwingen,  zum  Schutze 


—    990    — 

des  eigeneu  Landes  da«  Henoglhufli  Hailand  za  vcriasaea. 
Unter  Einem  wendeten  sie  sich  auch  schrifllich  an  den  kranken 
Georg  von  Freuudsberg  in  Ferrara ,  ihn  ersucliend :  er  wolle 
sieh  bdm  kaiserlichen  Heere  in  Rom  verwenden,  dass  dieses 
ihnen  au  Hülfe  komme.  Düs  Schreiben  des  AatpQio  de  Leyva 
an  die  ^Herren  an  Innsbruck^  ist  uns  erhalteB;  es  ist 
datirt:  Nel  felicissimo  Exercito  caes:  in  Helegnaao  a  W  XVI 
di  Iulk>  HDXXVII  und  lautet: 

^ Wir  wissen ,  dass  die  Herren  Kenntniss  erhalten  haben 
vom  Fortschritte  dieses  Krieges,  und  wie  schon  bereits  ein 
Monat  verflossen  ist,  dass  wir  ins  Feld  gerflckt  sind  mit  we- 
nigen deutschen  und  spas'iscben  Truppen  und  auch  mit  einer 
kleinen  Anzahl  Italiener,  um  dem  Heere  der  RqmUik  Venedig 
und  des  Herzogs  Franz  Sforza  Widerstand  zu  ieiaten,  welches 
Heer  unzweifelhaft  zum  Verderben  dieses  Staates  Sr.  M^jestit 
angertfckt  ist.  Und  wenn  gleich  die  Venetlaner  nH  dea  Truppen 
des  Herzogs  vereint  der  Zahl  nach  dreimal  stfirker  sind  als 
die  Unsrigen,  so  haben  wir  dennoch  im  Vertrauen  auf  die 
Tapferkeit  und  gute  Disciplln  der  Hauptleute  und  Soldaten  Sr. 
Majestät  auch  nicht  den  geringsten  Zweifel  getragen,  ihaen 
unter  die  Augen  zu  treten;  möchte  es  nur  Gott  gefallen,  es  so 
zu  richten,  dass  die  Feinde  den  Wunsch  hftttea,  eines  Tages 
nut  den  Unsrigen  handgemein  zu  werden,  wir  hoffen  zu  Gott, 
einen  unbezweifelten  Sieg  davon  <  zu  tragen.  Wir  haben  es 
auch  unserer  Seils  nicht  ermangeln  lassen,  alle  mi^gliobe  Ust 
anzuwenden,  um  die  Feinde  zur  Lieferung  einer  Schlacht  iv 
verleiten ;  allein  sie  haben  sich  in  einem  so  festen  und  mit  so 
hohen  Wftllen  versehenen  Orte  verschanzt,  dass  es  eine. reine 
Unmttglichkeit  ist,  sie  mit  Gewalt  daraus  zu  vertreiben.  Weon 
demnach  die  Herren  je  Seiner  Hajestfit  einen  grossen  Dienst  zu 
erweisen  wünschen,  so  will  es  uns  scheinen,  dass  jetzt  die 
Zeit  ist,  denselben  uns  zu  erweisen;  denn  jede  Anzahl  von 
Truppen,  auch  eine  kleine,  welche  die  Herren  gegen  die  Yeae- 
tiaaer  abrttcken  lassen  woUten,  würde  dieselben  ZYnagen^  dieses 
ihr  Unternehmen  auiwigebeny.  ntidi  wir  wüiden  mit  dnm  kaiscr- 


-    Ml    - 

liehen  Heeie  allzeit  derart  ihre  Fhinken  bedrohen,  dass  wir  sie 
nicht  nur  ans  dem  Mailiindisehen  in  vertreiben  Hoffnung,  hätten, 
sondern  da^s  wiir  uns  auch  in  kurzer  Zeit  ihres  eigenen  Landes 
grillen  Theila  bentfchtigen  könnten.  Wir  kalten  es  für  ansere 
Pfticht,  die  Herren  darauf  aufmerksam  zu  machen,  nnd  diese  ^* 
well  kluger  als  wir  und  voll  Verlangen,  dem  Kaiser  einen 
wichtigen  Dienst  zu  erweisen  —  werden  in  gegenwärtiger  Noth 
gewiss  Hülfe  bringen,  und  um  so  eher,  als  der  gegenwärtige 
Zeitpunkt  der  geeigneiste  ist,  ehevor  nämlich  die  Schweizer 
und  Franzosen  sich  gegen  das  Herzogthum  vereinen  (wie  wir 
firchten),  und  zwar  ehevor  unser  Heer  zu  Rom  uns  zu  Hilfe 
kommen  kann.  Und  wenn  alle  andern  Rücksichten  verschwin* 
den  soUten,  so  müsste  doch  schon  ein  einziger  Umstand  zur 
schnellen  Hülfe  auffordern  —  Herr  Kaspar  von  Freunds- 
berg, Euer  Landsmann,  auch  alle  diese  trefflichen 
Hauptlente  und  rechtschaffenen  Soldaten,  Euer 
Geblüt^  welche  zum  Ruhme  Eures  Vaterlandes  so 
lango  iahre  hindurch  wider  so  gewaltige  Feinde  tapfer  ge- 
fochten, diim  Kaiser  mit  Gottes  Gnade  den  Sieg  erkämpft.  Euch 
aber  neben  Befestigung  Eures  Wohlstandes  einen  ewigen  Nach* 
rnhm  erwoi^n  haben  1^ 

„Werdet  Ihr  demnach  zugeben,  meine  Herren^  dass  Eure 
Brüder,  Veitern,  Verwandte  und  Freunde  der  Gefahr  ausgesetzt 
bleiben?  Werdet  Ihr  zugeben,  dass  ihr  Blut  in  Strömen  Oiesse? 
Werdet  Ihr  gestatten,  dass  so  viel  erworbener  Ruhm  sich 
elendlich  verdunkle?*  — 

„Wir  lassen  uns  keinen  solchen  Gedanken  eingeben;  wir 
trauen  vielmehr  Euren  vortrefflichen  Eigenschaften  zu,  dass  Ihr 
in  Beherzigung  der  Gefahr,  die  uns  umringt,  alle,  auch  die 
äussersten  Kräfte  zu  unserer  Befreiung  anstrengen  und  die  Euch 
gewöhnliche  Eilfertigkeit  in  Bewegung  setzen  werdet,  die  zwar 
in  allen  Geschäften,  besonders  aber  in  der  Kriegskunst,  den 
wahren  Werlh  bestimmt.^ 

Diesem  in  italieMDher  Sprache  gesekiebeneD  Aktenatüeke 


—    232    — 

siod   am  Schlüsse  von  Leyva's   eigener   Hand   die  Worte  bei«- 
geftigt:  AI  servycio  y  comando  de  Vuesas  senoryas 

Anl.  de  Leyra. 
4.  Am  29.  Juli  hatten  sich  Leyva  und  Freundsberg  von 
Helegnano  nach  Hailand  zaritckgexogen,  und  schon  Tags  darauf 
—  den  30.  Juli  —  lief  im  kaiserlichen  Hauptquartier  folgende 
Nachricht  ein :  Jakob  von  Hedicis,  Kommandant  des  auf  dem 
westlichen  Ufer  des  Komersee  gelegenen  Schlosses  Husso,  der 
im  Dienste  der  Ligoc  stand  und  von  dieser  eine  grosse  Be- 
soldung bezog,  habe  an  der  Spitie  von  24  Fähnlein  Schweixem 
und  4000  Italienern,  unter  denen  sich  auch  viele  Landleute 
befanden,  eine  deutsche  Heile  nördlich  von  Honza  Lager  ge« 
schlügen  —  Willens^  der  erhaltenen  Weisung  zu  Folge  nach 
Hailand  vorzudringen.  Auf  diese  Nachricht  brachen  die  kaiser^ 
liehen  Führer  mit  allen  Troppen  zu  Fuss  und  zu  Pferd  bei 
einbrechender  Nacht  in  aller  Stille  von  Hailand  auf,  and  zogen 
den  Feinden  entgegen.  Um  diesen  aber  in  der  Dunkelheit  desto 
furchtbarer  zu  erscheinen  und  sich  selbst  zu  erkennen,  mossten 
sftmmtliche  abziehenden  Krieger  ein  Hemd  über  ihre  Kleider 
anziehen.  Auf  einem  Umwege  von  nahe  zehn  Stunden  suchten 
die  Kaiserlichen  den  Feinden  in  die  Nfihe  zii  kommen;  eine 
halbe  Heile  vom  Orte  Carrara*),  bei  welchem  die  Schweizer 
lagen,  sammelten  sich  die  Kaiserlichen.  Als  der  Tag  zu  grauen 
begann,  berennte  Hauptmann  Suggar  an  der  Spitze  eines  Zuges 
kaiserlicher  Kürassiere  den  Flecken  Carrara  und  alarmirte  den 
Feind.  Antonio  de  Leyvn  rückte  mit  den  leichten  Reiteni  und 
den  Schützen  nach  und  unternahm  einen  Sturm  auf  den  Ort; 
die  Schweizer  hatten  sich  aber  bald  geordnet  und  setzten  sich 
herzhaft  zur  Wehr;  drei  Hnl  wurden  die  anstflrmenden  Spanier 
und  Italiener  von  ihnen  zurückgeworfen.  Jetzt  rückte  Kaspar 
von  Freundsberg  mit  seinen  Deutschen  in  Schlachtord- 
nung an ,  erstürmte  den  Flecken  und  schlug  die  Feinde  in  die 
Flucht;   von   diesen   wurden   bei   2000  gelödtet,    gegen  500 

'*)  Heut  ZA  Tage  heisst  diese  kleine. Ortschaft  „Garaier^. 


—    233    — 

gefangen  und  nebstdem  fünf  Pfihnlein  erobert.  Der  Kommandant 
von  Musso  und  Anführer  des  feindlichen  Haufens ,  Jakob  von 
Hedicis,  insgemein  der  „Medlghin^  genannt,  hatte  sich  schon 
vor  dem  Treffen  davon  gemacht  und  zu  Pferde  sein  Heil  in 
der  Flacht  gesucht,  wesshalb  er  von  den  abziehenden  Schvvei* 
lem  a}s  Yerrüther  hrat  gescholten  wnrde. 

Nach  diesem  schnell  und  mit  geringen  Opfern  errungenen 
Siege  brachen  die  Kaiserlichen  noch  denselben  Tag  nach  Hai- 
land auf,  in  dem  sie  nur  eine  Besatzung  von  zweihundert 
Mann  zurückgelassen  hatten;  die  braven  kaiserlichen  Truppen 
waren  demnach  von  Hfelegnano  nach  Mailand,  von  Mailand  nach 
Carrara  und  von  diesem  Flecken  wieder  nach  Mailand  zurück- 
marschirt,  hatten  also  unausgesetzt  einen  Weg  von  40  italie- 
nischen Heilen  binnen  36  Stunden  in  der  grOssten  Hitze  zurück- 
gelegt und  innerhalb  dieser  Zeit  den  Feinden  noch  eine  blutige 
Schlacht  geliefert  —  ein  rühmliches  Zeuguiss  von  der  uner- 
müdeten  Thdtigkeit  der  Truppen  und  ihrer  Anführej*. 

Während  der  Abwesenheit  des  kaiserlichen  Heeres  hätte 
der  Herzog  von  Urbino  die  Stadt  Mailand  gar  leicht  durch 
einen  Handstreich  nehmen  können ;  allein  dieser  zog  es  vor, 
sich  in  seinem  Lager  bei  Melegnano  immer  stärker  zu  ver- 
schanzen —  was  bei  den  Truppen  des  Herzogs  Franz  Sforza, 
die  so  gern  nach  Hailand  gezogen  wären,  um  diese  Stadt  ihrem 
Herzog  zu  erobern,  einen  solchen  Hissmuth  erzeugte,  dass  sie 
das  Liger  der  Ligne  gar  verliessen. 

Die  Schweizer  waren  nun  wohl  geschlagen ,  der  Hereog 
von  Urbino  war  unthätig  uiid  durch  den  Abzug  der  Truppen 
des  Sforza  geschwächt  —  somit  drohte  von  diesen  beiden  Seiten 
her  dem  kleinen  aber  rührigen  kaiserlichen  Heere  in  Hailand 
keine  absonderliche  Gefahr;  allein  nur  um  so  drohender  ge- 
staltete sich  diese  von  Westen  her;  Lautrec  war  an  der 
Spitze  von  {6,000  Mann  zu  Fuss  und  800  Kürassieren  im 
Anzüge;  folgen  wir  nun  seinen  Bewegungen,  auf  denen  wir 
wiederum  unserm  Helden,    Grafen  Ludwig  von  Lodron  und 


^    234    — 

seinem    ebenbürtigen   Veiter  Grafen   Johann   Baptist  von 
Lodron  begegnen  werden. 

5.  Harschall  Laatrec  halle  am  30.  Juni  vom  König  Praai 
Abschied  genommen  und  seinen  Zug  über  die  Alpen  durch  dai 
Thal  von  Aosta  angetreten;  derselbe  war  luerst  nach  Vereelli 
gerichtet ,  wohin  auch  die  Sdiweizer  marschirlen ,  welche  die 
Alpen  (iber  den  St.  Bernhard  tibersetzten.  Mit  diesen  vereinigt 
ging  Lautrec  nun  vor  Allem  auf  Genua  los,  um  sich  in  den 
Besitz  dieser  reichen  und  eben  darum  wichtigen  Stadt  zu  setzen. 
Antonius  Adurnus,  der  früher  vertriebene,  aber  später  nach 
Eroberung  dieser  Stadt  (1522)  durch  Georg  von  Freundsberg 
wieder  eingesetzte  Herzog ,  leistete  an  der  Spitze  des  kaiser- 
lichen Kriegsvolkes,  das  sich  darin  befand,  nur  einen  geringen 
Widerstand  und  übergab  Stadt  und  Schloss  dem  Feinde.  Nach 
Eroberung  der  Stadt  Genua  marschirte  Lautrec  stracks  nach 
Alessandria;  dahin  hatte  aber  de  Leyva  schon  früher  vier 
Fähnlein  deutsches  Fussvolk,  bei  800  Mann,  unter  dem  Kom- 
mando des  Grafen  Johann  Baptist  von  Lodron  und  des 
Maximilian  von  Ebenstein  abgeschickt.  Der  französische  Mar- 
schall erreichte  auf  seinem  Zuge  von  Genua  nach  Alessandria 
die  Ortschaft  Bosco  —  zwischen  Asti  und  Aiessandria  ge- 
legen. ***)  In  diesem  Platze  hatte  sicli  Graf  Ludwig  von 
Lodron  mit  zweien  Fähnlein  Laiidskaechte  eiligst  hinemge- 
worfen.  Lautrec  belagerte  und  stürmte  Bosto;  Graf  Ludwig 
leistete  heldenmfithigen  Widerstand,  musste  sich  aber  nach  einer 
verzweifelten  Gegenwehr  an  Lantree  ergeben.  Den  Lands- 
knechten und  ihrem  tapfem  Kommandanten  war  in  der  abge- 
schlossenen Kapitulation  sicheres  Geleit  zugesagt  worden;  diese 
Zusage  wurde  aber  nicht  gehalten;  man  plünderte  die  wackem 
Krieger  dreimal,  zog  «ie  bis  aufs  Hemd  aus,  und  fahrte  sie 


*)  Bosco  (Boschnm)  ist  der  Geburtsort  des  heiligen  Papstes  Pins  V., 
mit  einer  von  ihm  gegründeten  grossen  Dominikaner-Abtei,  die 
Napoleon  I.  in  ein  Invalidenhaus  (C«mpo  di  Marengo)  umge- 
staltete, von  der  sardinisvhen  Regierung  aber  wieder  hergestellt 
wurde. 


—  ass  — 

dann  gefangen  nach  Turin.*)  Die  Ortsciiart  Boseo  wurde  bis 
auf  den  Grund  niedergebrannt,  nachdem  die  Bürger,  welche 
niebl;  die  Flucht  ergriffen  hatten ,  zuror  ,»gesehfitzt^  worden 
waren.  Von  Boaco  wendete  sich  Lautrec  nach  Alessandria, 
welches  Graf  Johann  Baptist  von  Lodron  besetzt  hielt; 
leider  befanden  sich  unter  den  800  Mann,  welche  die  Besatznng 
bildeten,  auch  200  onverttssKche  Italiener,  welche  den  „Hasen 
im  Busen  hatten^.  Der  französische  Harschall  Hess  die  Stadt 
an  Tier  Orten  beschiesseo,  und  Pielro  Navarra  die  Stadtmauern 
an  sechs  Orten  untergraben,  Lodron  aber  eben  so  schnell  hinter 
den  niedergeworfenen  Hauern  tiefe  Gräben  mit  hohen  Wällen 
aufführen,  dass  sich  die  Franzosen  keinen  Sturm  zu  unternehmen 
getrauten.  Nun  Hess  Lautrec  noch  zehn  grosse  Stücke  Be* 
lagerungsgeschütz  sammt  Uunition  vom  venetianischen  Heere 
nach  Alessandria  bringen  und  damit  die  Sladt  noch  von  mehreren 
Seiten  aus  beschiessen.  Die  Kaiserlichen  machten  nun  einen 
Ausfall,  zerstörten  die  feindlichen  Schanzarbeiten  und  Batterien, 
erschlugen  auch  viele  Franzosen  und  machten  mehrere  Ge- 
fangene. Da  aber  die  Stadtbewohner  nicht  gut  kaiserlich  gesinnt 
waren  and  von  der  ohnehin  sehwachen  Besatzung  —  800 
Mann !  —  noch  die  200  Italiener  zu  den  Franzosen  übergingen, 
sah  Graf  Johann  Baptist  sich  in  die  unabweisliche  Noth- 
wendigfceit  versetzt,  einen  Trompeter  ins  französische  Lager  zu 
schicken,  und  wegen  Üebergabe  der  Stadt  mit  dem  französischen 
FeMherrn  in  Unterhandlung  zu  treten.  Es  kam  nun-  eiüe  Ka- 
pitulation zu  Stande,   der  zu  Folge  die   kaiserliche  Besatzung 

*}  .^Arcem  Boschi  magna  fide  ac  diligenlia  diurnis  noctnrnisque 
iaboribns  peractis  defendit,  et  licet  poslmodam  dilionem  fecerit. 
nulla  tarnen  praeTermisit,  qoae  a  viro  militari  et  19  nee  vigilan- 
tiasino  praestari  poterant^  —  sagt  der  Leo  Lodronicus,  dem  ich 
in  Bezug  auf  die  Vertbeidigung  von  Bosco  durch  den  Grafen 
Ludwig  von  Lodron  gefoTgt  bin,  abweichend  von  Reissner. 
der  einen  gewissen  Walderstein  als  Kommandanten  von  Bosco 
nennt,  dagegen  den  Grafen  Ludwig  nach  Vertheidignng  einer 
Stadt,  die  nicht  näher  bezeichnet  wird,  von  den  Yenetianern 
gefangen  nehmen  imd  sammt  seinen  Mitgefangenen  ausplün- 
dern lässt« 


—    236    — 

freien  Abzug  nach  Trient  erhielt,  aber  dorch  sechs 
Monate  hindurch  nicht  gegen  die  Ligue  Kriegsdienste«  leisten 
durfte.  Der  wackere  Kommandant,  Johann  Baptist  Graf 
von  Lodron  zog  nun  mit  den  Ueberresten  seiner  braven 
Mannschaft  über  Cremona  nach  Trient.^)  Lautrec  wollte  die 
Stadt  mit  seinem  Volke  besetzen ;  dagegen  protesHrte  aber  der 
Herzog  Franz  Sforza,  in  Folge  dessen  Alessandria  ihm  aber- 
geben  wurde. 

6.  Der  Verlust  Alessandria's  entmuthigte  die  kaiserlichen 
Heeresftthrer  keineswegs;  diese  wdrden  im  Gegentheil  ohne 
Bedenken  den  Franzosen  wie  den  Schweizern  entgegen  gezogen 
sein,  hätten  sie  nur  ihre  Truppen  koncenlriren  können  und  keine 
Plötze  besetzen  dflrfen ;  statt  aber  ihre  Truppen  beisammen 
halten  zu  können,  mussten  sie  vielmehr  noch  einen  Hauptmann, 


*)  Von  diesem  Zeitpunkt  an  verschwindet  Graf  Johann  Baptist 
von  Lodron  aus  der  Geschichte  bis  zum  Jahre  —  1555,  in 
welchem  der  tapfere  Krieger  den  Heldentod  starb,  den 
uns  der  Geschichtsschreiber  Julianus  Goselinus  (in  vita  et  gestis 
Ferrantis  Gonzaghae)  auf  folgende  Weise  erzahlt : 

^In  einem  der  spatem  Kriege  zwischen  den  beiden  Monar- 
chen Kaiser  Karl  V.  und  König  Franz  I.  wurde  dem  Grafon 
Johann  Baptist  von  Lodron  im  Jahre  1555  die  Verthei- 
digung  des  festen  Platzes  C  a  s  a  I  e  anvertraut.  -  Der  französische 
General  B  r  i  s  a  c  rückte  vor  denselben,  um  ihn  zu  erobern^  Dar 
tapfere  und  umsichtsvolle  Kommandant  hatte  alle  Massregeln 
getroffen,  die  Franzosen  mit  blutigen  Köpfen  zurückzuweisen, 
falls  sie  einen  Sturm  wagen  sollten.  Leider  gab  es  auch  hier 
wieder  in  der  Feshing  eine  französische  Parthei,  welche  den 
Franzosen  verrälberiscber  Weise  ein  Thor  öffnete.  Als  nun  diese 
ganz  unvermuthet  in  die  Stadt  eindrangen,  und  eben  dadurch 
unter  der  Besatzung  eine  grosse  Verwirrung  entstand,  warf  sich 
Graf  Johann  Baptist  allein  mit  seinen  Leuten  dem  darcb 
Verrath  in  die  Stadt  eingelassenen  Feinde  entgegen,  um  ihn 
zurückzuwerfen;  umsonst  waren  aber  alle  Anstrengungen  des 
edlen  Grafen ,  der  sich  als  Soldat  wie  als  Kommandant  gleich 
wacker  hielt;  von  einer  Kugel  tödtlich  getroffen,  fi^l 
er  mitten  im  Kampfgewühle  und  starb  somit  wie  er  ge- 
lebt, als  -  Held." 

Ihm  gibt  der  Leo  Lodronicus  das  Lob:  „Miiitaris  aoimus 
haud  in  alio  confidentior  ac  fortunatior  erat.^ 


—    237    — 

NabMs  Ladwig  Barbian^  mit  ellidien  Fähnieiii  Foflsvolk  aaeh 
Pavii^absenden,  am  diese  wichtige  Stadt  und  Festung  zu  ver* 
Ibeidigen,  wodurch  das  ohnehin  kleine  Heer  noch  mehr  ge- 
schwächt wurde.  Lautrec,  der  die  Schwache  der  kaiserlichen 
Armee  in  Mailand  gut  kannte,  abersetzte  nun  eilends  den  Po, 
vereinigte  sich  mit  den  Venetianem  ujid  stellte  sich ,  als  ob  er 
non  D*it  allen  seinen  Streitkräften  vor  Mailand  rücken  wolle. 
Wie  dieses  der  Kommandant  von  Pavia,  Ludwig  Barbian,  in 
Erfahrung  bringt,  schickt  er  auf  der  Stelle  400  Mann  nach 
Hailand  zurück.  Auf  das  wendet  sich  Lautrec  plötzlich  von 
Mailand  weg  und  ziehet  gegen  Pavia,  das  nun  von  allen 
Seiten  eingeschlossen  und  heftig  beschossen  wird.  Als  der 
Kommandant  der  Stadt  die  Unmöglichkeit  erkannte,  mit  seiner 
äusserst  schwachen  Besatzung  den^  Feinde  mit  Erfolg  einen 
längern  Widerstand  entgegenzusetzen,  schickte  Barbian  einen 
Trompeter  ins  französische  Lager,  um  den  Platz  den  Franzosen 
zu  übeiigeben;  diese  drangen  aber  üler  die  offenen  Breschen 
in  die  Stadt^  nahmen  den  Kommandanten  gefangen  und  schickten 
ihn  mit  dem  Ueberreste  der  Besatzung  nach  Genua.  Nun  Hessen 
die  Franzosen  ihre  ganze  Wuth  an  das  arme  Pa via  aus,  vor 
welchem  sie  eine  so  schmähliche  Niederlage  am  24.  Februar 
1525  erlitten  hatten;  diese. war  den  Franzosen  nur  zu  tief  in 
der  Erinnerung  geblieben,  und  so  musste  die  unglückliche  Stadt 
es  nun  furchtbar  entgelten.  Alle  Häuser,  Kirchen  und  Klöster 
wurden  rein  ausgeplündert,  die  armen  Bewohner  drei-  und 
viermal  „geschätzt'^  und  misshandelt.  Der  Gräuel  der  Ver- 
wflstung  dauerte  volle  acht  Tage! 

7.  Nach  der  Einnahme  von  Pavia  kam  der  Legat  von 
Bologna,  Kardinal  Innocenz  Cibo,  ins  französische  Lager,  um 
Lautrec  zu  bewegen,  nun  nach  Rom  zu  eilen  und  den  Papst 
zu  befreien.  Herzog  Franz  Sforza,  der  lieber  die  Einnahme 
der  Stadt  Mailand  und  seine  Wiedereinsetzung  in  das  verlorene 
Herzogthum  gesehen  hätte,  hörte  das  Verlangen  des  päpstlichen 
Legaten  nur  sehr  ungerne;  indessen  erklärten  sich  Franzosen 
und  Engländer  für  den  Zug  nach  Rom  —  mit  dem  Be- 


-    «88    - 

deuten ,  um  BestlMitiig  fa  Italien  ginge  Ja  vor  Ailem  dakki, 
den  belagerten  Papst  zu  eiitsetsen,  oder  richtiger  geaai;^,  dea 
Händen  der  Kaiseriicheo  zu  entreiasen.  Somit  wurde  im  Lager 
der  Yerbttadeten  der  Beaclilass  gefaast:  die  Venetianer  und  die 
Truppen  des  Herzogs  Franz  Sforza  sollten  Hailand  blockirea, 
die  Franzosen  aber  nach  Rom  vordringen,  den  Papst  |,ent- 
schtttten^,  dann  aber  schnell  wieder  ins  Mailtfndische  znrfick- 
kehren  und  mithelfen,  die  Kaiserlichen  ganz  aufzureiben. 

Sforza  zog  sich  nun  auf  Lodi  zurück;  Lautrec  besetzte 
Pavia  mit  600  Mann  herzoglicher  Truppen ,  gab  den  Sohwef* 
zem ,  die  an  einem  Zug  nach  Rom  keine  Lust  zeigten ,-  den 
gewünschten  Abschied,  brach  mit  den  Deutschen,  die  Rudolpk 
Hfll  ihm  zugeführt  hatte,  eiligst  auf  und  trat  Ober  Piacenza  den 
beschlossenen  Zug  nach  Rom  an;  am  18.  Oktober  setzte  Lautree 
über  den  Po. 

Nach  Lautrec's  Abzug  entsendeten  Leyva  und  Kaspar 
von  Freundsberg,  die  sich  nun  wieder  freier  bewegen 
konnten,  am  20.  Oktober  bei  2000  Spanier,  2000  Italiener  mit 
zweien  Fähnlein  deutscher  Landsknechte  und  einigen  Stacken 
Belagerangsgeschütz  nach  Abbiate  grasso*)  —  mit  dem  Befehl, 
diesen  Platz  zu  beschiessen.  Tags  darauf  rückten  Leyva  und 
Freundsberg  mit  allen  entbehrlichen  Truppen  nach,  schlössen 
Abbiate  grasso  von  allen  Seiten  ein,  warfen  die  Hanern  des 
Platzes  nieder  und  zwangen  das  Kriegsvolk  des  Herzogs  Sforza, 
welches  darin  war,  am  22.  Oktober  zur  Uebergabe.  Den 
fremden  Kriegsleuten  von  der  Besatzung  wurde  gestattel,  mit 
ihrer  Habe  aber  mit  Zurücklassung  ihrer  Fähnlein  abzuzidien 
und  in  die  Heimath  zurttckzukehren.  Auf  diese  Waffenthat 
hinauf  wusste  sich  der  Herzog  von  Urbino  in  der  Nähe  von 
Mailand  nicht  mehr  recht  sicher;  er  zog  sich  also  sAdiich  auf 
Landriano  zurück,^*)  wo  er  sieh  wieder  stark  verschanzte; 
kurz  vorher  waren  einige  tausend  Mann  französischer  Truppen, 

■")  Abbiate  grasso  liegt  drei  deutsche  Meilen  westlicli  von  Mailand. 
*^)  Diese  Ortschaft    liegt   bei   zwei    deutsche  Meilen   südlich  von 
Mailand. 


—    239    — 

denen  der  Zag  nach  Rom  nichl  einleaohten  mochte,  «i  fhm 
Obergegangen. 

8.  Am  22.  Oktober  war  Abbiate  grasso  den  Kaiserlichen 
in  die  Hffnde  gefallen ,  und  Antonio  de  Leyva  noch  denselben 
Tag  nach  Hailand  zardckgekehrl.  Tags  darauf  ging  ein  neuer- 
liches Schreiben  des  tapfem  Anführers  an  die  ^Herren^  nach 
Innsbruck  ab  —  folgenden  Inhalts: 

„Ich  habe  Ihnen  durch  meine  vorhergehenden  Briefe*) 
über  die  Ereignisse  Nachricht  ertheilt  und  Ihnen  die  Einnahme 
von  Alessandria  und  in  der  Folge  jene  von  Pavia  gemeldet, 
welcher  Einnahme  zwei  Ursachen  zu  Grunde  liegen,  die  eine 
nftmlich,  weil  die  Feinde  eine  sehr  zahlreiche  Artillerie  hatten,*'*') 
die  andere,  weil  die  Italiener,  welche  die  Stadt  Alessandria 
hätten  bewachen  sollen,  sie  nicht  vertheidigen  wollten.***)  Es 
schien  den  Feinden,  schon  vieles  gethan  zu  haben;  sie  fingen 
an,  sich  zu  brüsten,  indem  sie  sagten,  Mailand  überfallen  zu 
haben.  Weil  Herr  von  Lautrec  erkannte,  dass  sie  Zeit  und 
Ehre  verloren  h'ben  würden,  und  weil  er  sah,  dass  sich  ihr 
Lager  auflösete,  so  übersetzte  er  unter  dem  Vorwande,  nach 
Rom  gehen  zu  wollen,  den  Po  mit  allen  seinen  Leuten,  und 
die  Yenetianer  zogen  mit  dem  Reste  des  Lagers  über  Lodi 
zurück,  und  so  blieb  das  Heer  des  Lautrec  so  schwach,  dass, 
wir  mit  den  Hülfstruppen,  die  Sie  nur  immer  uns  geben  wollten, 
Alles  wieder  erlangen  würden,  und  dass  ich  Sie  versichere, 
dass  das  Lager  der  Franzosen  in  Allem  und  im  Ganzen  nicht 
die  6000  Mann  erreiche,  weil  die  Deutschen  durch  die  Unsrigen 
von  der  Stadt  Boscof)  aus  gewonnen   sich  uns  anschlössen, 

*)  Die  in  Rede  stehenden  Briefe  sind  verloren  gegangen 

und  nicht  an  ihren  Bestimmungsort  -  Innsbruck  —  gelang:!. 

^*)  Wir  wissen,  dass  Lautrec  zehn  Stücke  grobes  Geschütz  sogar 

aus  dem  Lager  der  Venetlaner  kommen  Hess. 
***)  Es  waren  dies  jene  200  Mann,    welche  zu  den   Franzoseu 
übergingen. 
+)  Wir  kennen  die  heldenmuthige  Verlheidigung  dieses  Platzes 
durch  den  Grafen  Ludwig. 


—    240    — 

oad   die  Schweizer  in   der  Stärke  v<hi   13  Ffthnleiii    bereite 
unmulhig  und  unzufrieden   in  ihre  Heimath  zurflckgekehrt  sind« 

„Wir  erwarten  nichts  anderes  als  die  Ankunft  der  Hfllfs- 
trappen  Eurer  Herrlichkeiten,  durch  welche  wir  —  so  es  GoU 
gefällt  —  sogleich  Herren  über  Alles  sein  würden.  Hier  geht 
es,  Gott  sei  Dank^  gut,  und  mit  den  wenigen  Leuten,  die  ich 
hier  habe,  haben  wir  gestern  Abbiate  grasso  wieder  eingenom- 
men, und  wir  sind  Gebieter  über  die  ganze  Lumelina.  Das 
Schloss  von  Novara  besitzen  wir  noch  im  Namen  Sr.  Majestfit, 
und  auch  die  Stadt  wird  bald  unser  sein.  Desswegen  bitte  ich 
Eure  Herrlichkeiten,  die  mir  schon  oft  Hülfe  geleistet 
haben,  dass  Sie  mich  auch  jetzt  nicht  verlassen;  denn  über- 
dies werden  Sie  einen  grossen  Gefallen  dem  Kaiser  erweisen 
und  darüber  noch  diese  grossen  Herren  unterstützen,  als  die 
Hauplleute  und  Edelleute  und  die  wackem  Soldaten,  Ihre  Bluts- 
verwandten, und  uns  alle,  die  wir  Diener  Sr.  Kaiserlichen  Ma- 
jestät sind.  Wir  wissen  wohl,  dass  die  Feinde  in  Ihren  Landen 
veröffentlicht  haben  werden,  grosse  Proben  der  Tapferkeit  in 
der  Lombardie  abgelegt  zu  haben,  was  vielleicht  die  Gemüther 
Eurer  Herrlichkeiten  verwirrt  und  das  Kommen  verzögert  haben 
wird.  Desswegen  sage  ich  Ihnen  in  der  That,  dass  es  den 
Kaiserlichen  sehr  gut  geht,  und  ich  verspreche  Ihnen  den  ge- 
wissen Sieg,  so  dass  Sie  nicht  verzögern  sollen,  die  Hülfs- 
truppen  zu  senden,  da  im  Kriege  die  Schnelligkeit  über 
Alles  geht;  in  jedem  Fall  wird  aller  Ruhm  und  alle  Ehre  Ihoen 
gehören.  Von  ganzem  Herzen  empfehle  ich  mich  und  stehe  zu 
Diensten  Eurer  Herrlichkeiten. 

Hailand  den  23.  Oktober  1527. 

Ant.  de  Leyva  m.  p.^ 

Die  eilige  Aufstellung  einer  ansehnlichen  Truppenraacht 
von  i  2,000  Mann  zu  Fuss,  800  zu  Pferd  in  Südtirol  and  die 
gewünschte  Unternehmung  einer  Diversion  ins  Venetianische  war 
die  unmittelbare  Folge  dieses  Schreibens;  von  der  unternom- 
menen Diversion  wird  später  die  Rede  sein,  und  das  erzielte 
Resultat  derselben  zu  seiner  Zeit  mitgetheilt  werden. 


—    241    — 

9.  Laotrec  war  indessen  aaf  Zadringen  des  Kardinals 
Gbo  nach  Uebereeteiuig  des  Po  auf  der  ROnierstrasse  über 
Piacenia  and  Parma  nach  Reggio  vorgerflekt,  wo  er  einstweilen 
Halt  machte,  um  zu  sehen,  welchen  Ausgang  die  mit  dem 
Herxoge  von  Ferrara  and  mit  dem  Markgrafen  von  Mantua  ein- 
geleiteten Unterhandlungen  nehmen  würden;  dem  französischen 
Peldherrn  mussle  nämlich  ungemein  viel  daran  liegen,  diese 
beiden  Fürsten  für  die  Ligne  ganz  zu  gewinnen,  und  sich  so 
auf  seinem  Zuge  nach  Rom  den  Rücken  zu  sichern.  Zu  diesem 
Zwecke  waren  in  JPerrara  zusammen  gekommen : 

1.  Kardinal  Cibo  und  Nikolaus  Rudolph!  —  die  Anver- 
wandten des  Papstes; 

2.  Joachim  Foix,  der  französische  Botschafter  und  Lautree's 
Kriegsrath ; 

3.  Gregor  de  Casali,  der  Botschafter  des  Königs  von 
England ; 

4.  Kaspar  Contarenus,  Abgesandter  der  Republik  Venedig; 

5.  Graf  Maximilian  Stampa,  der  Bevollmächtigle  des  Her- 
zogs Franz  Sforza,  und  endlich 

6.  Antonio  Francesco  de  Elbizis,  der  Abgeordnete  von 
Florenz. 

Sümmtliche  so  eben  aufgezählte  Botschafter,  Abgesandte 
ond  Bevollmächtigte  hatten  die  Aufgabe,  den  Herzog  von  Fer- 
rara und  den  Markgrafen  von  Mantua  für  die  Ligue  um  jeden 
Preis  2u  gewinnen.  Viele  Hunde  sind  des  Hasen  Tod;  so 
aach  hier.  Herzog  Alphous,  einerseits  mit  dem  neuen  Titel 
„Handhaber'  des  christlichen  Glaubens^  hofiert,  andererseits  von 
den  Verbündeten  mit  einem  Anfall  seiner  Staaten  bedroht,  nahm 
das  anfgedrangene  Bündniss  an,  das  am  15.  November  zo 
Ferrara  abgeschlossen  wurde.  Diesem  zu  Folge  musste  sich 
Herzog  Alphons  verpflichten:  monatlich  6000  Goldkronen  zur 
Bestreitung  der  gemeinschaftlichen  Kriegskosten  beizutragen, 
zum  Dienste  des  römischen  Stuhles  und  zur  Befreiung  des 
Papstes  hundert  Kürassiere  zu  stellen  und  zu  unterhalten,  alle 
Feinde  der  Ligue  als  die  seinen  zu   betrachten,  diesen  weder 

16 


—    242    — 

einen  Durchzug  durch  sein  Land  zu  gestatten,  nodi  ihnen  Pro- 
viant oder  Munition  zukommen  zu  lassen ,  alle  aufgefangenea 
feindlichen  Depeschen  in  das  Lager  der  Verbttadelen  zu  schicken 
u.  s.  w.  Dagegen  machte  sich  aber  auch  der  Papst  verbindlich, 
unterstützt  von  den  übrigen  Mitgliedern  der  Ligue  das  Haus 
von  Ferrara  in  Ewigkeit  zu  beschützen  und  zu  beschirmen  und 
zwar  mit  geistlichen  und  zeitlichen  Waffen,  auch  abgesehen 
davon,  dass  der  Herzog  etliche  Stfidte  des  Kirchenstaates  ,,un- 
billig^  besitze  und  innehabe*  Ferners  soll  Klemens  dem  Herzog 
als  Lehen  verleihen  Ferrara,  Modena  und  das  ganze  Herzoge 
thum  —  ohne  Entgeld  und  mit  Nachlassung  aller  Strafen,  die 
der  Herzog  „inn  vnd  ausserhalb  Recht^  verschuldet  habe,  ihm 
auch  die  Befugniss  ertheilen ,  in  den  Thälern  von  Comachio 
sowohl ,  als  auch  an  andern  Orten  Salz  zu  erzeugen ,  seineo 
Sohn  Hipolytus,  erwählten  Bischof  von  Mailand,  zum  Kardinal 
machen  und  ihm  das  Bisthum  von  Modena  verleihen.  FemerB 
soll  Herzog  Alphons  erhalten :  Von  Franz  Sforza  Catignola  mit 
seiner  Zugehör  und  Landschaft,  vom  Kardinal  Cibo  den  Palast 
in  Venedig,  la  casa  del  Marchese  genannt,  von  Florenz  eben- 
falls einen  daselbst  befindlichen  Palast,  vom  König  von  Frack- 
reich  seine  Base  Renata  als  Gemahlin  für  seinen  erstgeborenen 
Sohn  Hercules.  Als  Schlussartikel  wurde  dem  Vertrage  bei- 
gesetzt: jene  Parthei,  welche  den  Vertrag  nicht  halte,  solle 
5000  Kronen  als  '^Peen^  zu  bezahlen  schuldig  sein. 

Nach  dem  Abschlüsse  dieses  Bündnisses  mit  dem  Herzoge 
Alpbons  Hessen  die  Botschafter  und  Abgeordneten  der  kontra- 
hirenden  Mftchte  durch  einen  Trompeter  auf  allen  Öffentlichen 
Plfitzen  in  der  Stadt  Ferrara  kund  machen :  der  Herzog  bekenne 
sich  jetzt  als  einen  öffentlichen  und  erklürten  Feind  aller  der- 
jenigen, welche  gegen  die  heilige  Ligue  seien ;  —  damit  glaubten 
sie  diesem  Fürsten  eine  Rückkehr  zur  Parlhei  des  Kaisers  ein- 
für allemal  unmöglich  zu  machen  und  ihm  alle  Ausreden  zo 
benehmen,  womit  er  allenfalls  seinen  Uebortritt  zur  Ligue  beim 
Kaiser  hätte  entschuldigen  oder  beschönigen  können. 

Wie  Herzog  Alphons  wurde   auch  Markgraf  Friedrich  /dr 


—    343    — 

die  Ligue  gewonnen.  Nachdem  nun  diese  wichtige  Angelegen- 
heit glücklich  zu  Ende  geführt  worden  war,  rückte  Harschall 
Laatrec  von  Reggio  nach  Bologna  ab  —  Willens,  von  da 
ans  über  Florenz  anaafgehalten  auf  Rom  loszugehen  und  den 
Papst  auf  freien  Fuss  zu  setzen;  als  er  aber  in  Bologna  an- 
gekommen war,  traf  dort  die  Nachricht  ein:  der  Papst  wäre 
bereits  in  Freiheit;  da  nun  aus  diesem  Grunde  ein  Zug 
nach  Rom  nicht  mehr  nothwendig  und  der  Winter  vor  der  Thür 
war,  so  schlug  Lautrec  sein  Winterquartier  in  Bologna  auf. 
In  diesem  wollen  wir  den  französischen  Feldberrn  verlassen, 
und  uns  wieder  nach  Rom  begeben  und  sehen,  wie  Papst 
Klemens  VII.  seine  Freilieit  erlangte,  und  wie  es  dem  daselbst 
beßndlicheh  kaiserlichen  Heere  weiters  ergangen  ist. 


16» 


244    — 


XII.  Abschnitt. 

Abzug  des  Heeres  aus  Rom;  neuer  Aufruhr;  Bemmelbergs  Anrede; 
Erstürmung  und  Verwüstung  der  Stadt  Narni;  mehr  ein  Aufruhr; 
Conradins  und  seiner  Kollegen  Bericht  an  das  Heer;  Enrfth- 
lung  eines  Ausschusses;  Aufbruch  des  Heeres  nachTodi;  Ankunft 
des  Markgrafen  Alphons  von  Ouasta  im  Lager;  Musterung  des 
Heeres;  Rückkehr  des  Veit  von  Wfthingen  nach  Tirol; 
Rückkehr  des  Heeres  nach  Rom;  Ankunft  zweier  Abgeordneten 
des  Kaisers  in  Rom;  Abschluss  eines  Vertrages  zwischen  Papst 
und  Kaiser,  dann  zwischen  dem  Papst  und  dem  kaiserlichen  Heere; 
neue  TAuschung  des  Heeres  und  in  Folge  dessen  neaer  Aufruhr; 
Conradin  ron  Glurns  und  mehrere  andere  Hauptleute  blutig 
geschlagen;  Flucht  sAm^tlicher  Hauptlente ;  Rettung  der  Bürgen; 
Abschluss  einer  neuen  Konyention;  Freilassung  des  Papstes;  neue 
Täuschung  des  Heeres;  furchtbare  Verwüstung  der  Stadt;  Befrie- 
digung der  Knechte;  Abzug  derselben  nach  Neapel  am  17.  Fe- 
braar  1528. 

1.  Wir  haben  das  kaiserliche  Heer  zu  Rom  im  vollen 
Aufruhr  gegen  seine  Führer  verlassen;  Philibert  Prinz  Yon 
Oranien  und  Konrad  von  Bemmelberg  mussten  sich  durch  die 
Flucht  retten ;  der  Erstere  blieb  bis  Mitte  Dezember  in  Galeria, 
der  Letztere  war  wieder  zu  den  Truppen  zurückgekehrt,  als 
sich  ihre  Wuth  ein  wenig  gelegt  hatte.  Da  nun  die  Sterblich- 
keit unter  dem  Heere  immer  mehr  zunahm,  wurde  der  Beschluss 
gefasst,  Rom  einstweilen  zu  verlassen  und  nach  einer  gesundem 
Gegend  aufzubrechen.  Nachdem  vorher  noch  drei  deutsche 
Hauptleute,  nämlich  Conrad  in  von  Glurns,  Diepold  Hftl  und 
Michael  Herkle  den  Auftrag  erhalten  hatten,  in  Verbindung  mit 
dem  spanischen  Obersten  Ferdinand  a  Larcon  den  Papst,  die 
Kardinäle  und  die  gestellten  Bürgen  scharf  zu  bewachen,  bis 
Alles  bezahlt  wäre,  brach  das  Heer  am  10.  Juli  von  Rom  auf 
und  zog  der  Tiber  nach  aufwärts  gegen  Umbrien.    Als  das 


—    245    — 

Heer  nach  Orta  kam,  einer  Stadt  acht  deutsehe  Heilen  nörd- 
lich von  Rom  an  der  Tiber  flogen,  wohin  dasselbe  beschieden 
worden  war,  um  dort  seine  Bezahlung  zu  eilialten,  erlangte  es 
weder  Einlass  in  die  Stadt,  noch  Lebensmittel  um  Geld  und 
gute  Worte.  Die  Soldaten  wurden  darüber  aufgebracht  und 
beschwerten  sich  bitter,  dass  man  sie  pur  am  Narrenseile 
herumftihre;  die  Hauptleute,  die  mit  Schlitzen  in  die  Versamm- 
lung gekommen  waren,  liefen  grosse  Gefahr,  von  den  erbitterten 
Kriegern  erschlagen  zu  werden;  dreimal  wurde  Bemmelberg  in 
seinem  Gezelte  aufgesucht;  dieser  hatte  aber  bei  Zeiten  vom 
Ausbruche  des  Sturmes  Wind  bekommen  und  sich  geflflchtet; 
als  er  mm  dritten  Male  im  Gezelte  nicht  gefunden  wurde,  zer- 
schlugen die  Soldaten  dort  Alles,  was  ihnen  unter  die  Hfinde 
kam,  liessen  also  ihren  Zorn  am  Geräthe  aus,  nachdem  sie  ihn 
am  Fflbrer  nicht  auslassen  konnten.  Vier  ganze  Tage  lang 
bekam  das  Heer  fast  nichts  zu  essen.  Der  Hunger  machte  das 
Kriegsvolk  wieder  ruhiger;  kaum  halte  dies  Bemmelberg  in 
Erfahrung  gebracht,  so  suchte  er  beim  „Haufen**  um  ein  sicheres 
Geleit  an,  erhielt  es  auch  und  kam  mit  diesem  wieder  im  Lager 
an.  Hier  Hess  er  die  Truppen  in  einen  eigenen  Kreis  zusam- 
menrdcken  und  erklärte  ihnen  mit  fester  Stimme :  er  sei  bereit, 
gegen  jede  Klage  sich  zu  rechtfertigen;  da  aber  bereits  zum 
vierten  Male  wfthrend  seines  Kommando's  sein  Leben  auf  dem 
Spiele  gestanden,  so  lege  er  sein  Amt  hiemit  nieder;  —  einen 
Andern,  dem  sie  grosseres.  Zutrauen  schenken  könnten,  möchten 
sie  statt  seiner  wählen,  doch  unbeschadet  der  Rechte  Georgs 
von  Prenndsberg,  an  dessen  Stelle  er  getreten. 

Diese  Rede  verfehlte  ihre  Wirkung  nicht;  man  kam  zur 
Besmnung,  entschuldigte  sich  mit  dem  fatalen  Hunger  und 
bat  ihn  schliesslich,  fernershin  Anfflhrer  zu  bleiben,  fQr  Be- 
zahlung Sorge  zn  tragen  und  das  Versprechen  von  Treue  und 
Gehorsam  entgegennehmen  zu  wollen ;  und  so  war  dieser  Sturm 
wieder  gestillt. 

2.  Von  Orta  zog  das  Heer  nach  Narni,  das  nur  gegen 
drei  Stunden  von  ersterer  Stadt  entfernt  ist.    In  Narni,  einer 


—    246    — 

uralteo,  festen^  mit  starken  Mauern  umgebenen,  anf  einer  Anhöhe 
an  der  Nera  gelegenen  Stadt,  hofften  die  Kaiserlichen  zuver- 
sichtlich Nahrung  und  Wohnung  zu  erhalten.  Zu  diesem  Zwecke 
schickten  sie  den  Quartiermeister  des  Heeres,  Sigmund  Hesslich, 
mit  den  päpstlichen  Kommissfiren  in  die  Stadt  und  Hessen  die 
EinvKohner  ersuchen ,  ihnen  zu  vergönnen ,  das  Lager  etliche 
Tage  lang  da  aufzuschlagen,  bis  sie  ihre  Bezahlung  erhallen 
hätten ;  gerne  wollten  sie  Alles  bezahlen  und  Niemand  ein  Leid 
zufügen.  Statt  einer  Antwort  gaben  die  Stadtbewohner  dem 
Quartiermeister  ein  vergiftetes  Confekt,  an  dem  er  Tags 
darauf  starb ,  pflanzten  Kriegsfahnen  auf  den  Hauern  auf  und 
rtlsteten  sich  —  durchs  hineingefiüchtete  Landvolk  verstärkt  — 
zum  kräftigsten  Widerstand.  Ein  solches  Vorgeben  glaubten 
die  Kaiserlichen  nicht  ungerächt  lassen  zu  müssen.  Sebastian 
von  Schertlin  und  Anton  von  Feldkirch  erhielten  vom 
Locotenenten  den  Auftrag,  am  i7.  Juli  an  der  Spitze  von 
2000  Mann  einen  Sturm  auf  die  Stadt  anzulegen.  Wie  hungerige 
Wölfe  über  eine  nahe  Beule  —  6elen  die  erbitterten  Krieger 
über  das  unglückliche  Narni  her;  nichts  war  im  Stande,  dem 
ungestümen  Anlauf  der  kaiserlichen  Soldaten  zu  widerstehen; 
obgleich  drei  Fähnlein  Fussvolk  in  der  Stadt  lagen  und  wacker 
herausfeuerten,  obgleich  die  Bewohner  tapfer  sich  wehrten,  ja 
sogar  die  Weiber  mit  siedendem  Wasser  die  Anstürmenden 
empfingen  —  aller  Widerstand  war  vergeblich  und  diente  nur 
dazu,  die  Wuth  der  Soldaten  aufs  höchste  zu  entflammen; 
-innerhalb  zweier  Stunden  war  Narni  erstürmt,  waren  taaseod 
Mann  in  der  Stadt  erschlagen.  Nun  brach  über  das  unglück- 
liche Narni  derselbe  Gräuel  der  Verwüstung  herein,  den  Rom 
bereits  in  aller  Fülle  erfahren  hatte;  die  Stadt  wurde  geplün- 
dert und  zum  Theil  niedergebrannt.  Als  nun  das  Heer  die 
Vorräthe,  welche  es  in  Narni  vorfand,  aufgezehrt  hatte  und 
noch  keine  Berichligung  des  rückständigen  Soldes  erfolgt  war, 
brach  der  Aufruhr  neuerdings  in  helle  Flammen  aus;  BemmeU 
berg  musste  sein  zum  fünften  Male  bedrohtes  Leben  durch 
schnelle  Flucht  retten. 


—    247    — 

3.  Hiillerweile  lief  von  den  drei  deutschen,  in  Rom 
zurückgelassenen  und  mit  der  Bewachung  der  Engebburg  und 
deren  Bewohner  betrauten  Hanptleuten  Conradin  v.  Glurns, 
DIepold  m  und  Michael  Herkle  im  kaiserlichen  Lager  die 
Nachricht  ein :  der  spanische  Oberst  Ferdinand  a  Larcon  wäre 
bestochen,  Klemens  Yll.  habe  seine  guten  Kundschafter,  er 
wisse  ganz  gut,  wie  es  in  Hailand  stehe,  dass  die  Yenetianer 
ein  starkes  Heer  neuerdings  ins  Feld  gestellt  und  die  Franzosen 
die  Alpen  fiberstiegen  hätten  in  der  Absicht,  nach  Rom  zu 
ziehen  u.  s.  w.;  sie  hätten  also  dem  benannten  Obersten  den 
Vorschlag  gemacht,  den  Papst  nach  dem  festen  Ga<$ta  zu 
bringen ;  a  Larcon  sei  aber  auf  den  Vorschlag  nicht  einge- 
gangen ;  Klemens  selbst  wolle  die  Engelsburg  nicht  verlassen 
—  auf  die  baldige  Ankunft  der  Verbttndeten  rechnend  und  die 
Freilassung  durch  den  Kaiser  verhoffend  ^  an  den  er  seinen 
Legaten,  den  Kardinal  Famese,  abgeschickt  habe;  sie,  die 
Deutschen,  welche  den  untern  Theil  der  Engelsburg  besetzt 
hielten,  wären  den  Spaniern  gegenüber,  welche  den  obern  Tbeil 
des  Kastells  inne  hätten,  viel  zu  schwach  u.  s.  w. 

Auf  diese  Nachrichten  hinauf  erwählte  das  Heer,  das  noch 
bei  Nami  stand,  einen  Ausschuss  von  zwanzig  vertrauten 
Mämiem  wie  weiland  zu  Rom,  „welche  alle  Sachen  handeln 
sotten,  damit  der  Hauff  nicht  zertrennt  bei  einander  bleib  vnd 
bezahlt  wiird«^  Der  Ausschuss  säumte  keinen  Augenblick,  an 
dea  Vice-König  von  Neapel  Bericht  zu  erstatten,  wie  traurig 
die'  Sachen  ständen,  und  ihn  zu  ersuchen,  ins  Mittel  zu  treten. 
Lannoy  liess  sich  auf  das  herbei,  die  Angelegenheit  des  Heeres 
in  die  Hand  zu  nehmen,  nahm  sich  aber  aus,  mit  dem  Papste 
Selbsten  in  Unterhandlungen  zu  treten  und  ihm  den  Vorschlag 
zu  machen ,  das  nöthige  Geld  mittelst  einer  Steuer  herbeizu« 
schaffen ;  gehe  nun  Klemens  auf  diesen  Vorschlag  ein,  so  werde 
er  (der  Viee-Künig)  schon  so  viel  Geld  auftreiben,  um  das 
Heer  zu  befriedigen  —  aber  nach  und  nach,  nicht  auf 
einmal. 

Auf   dtesen  eingelaufenen  Bescheid  verlangte  das  Heer, 


—    248    - 

der  Vice-König  solle  selbst  komiDeii,  sich  an  die  Spilse  sIelIeD 
und  dasselbe  anfahren. 

4.  Indessen  machte  sich  der  „Haufen*^,  der  weder  Geld, 
noch  Proviant,  noch  einen  Oberbefehlshaber  hatte,  am  31.  JaK 
von  Narni  auf,  um  ein  anderes  Lager  und  Lebensmittel  aufzu- 
suchen, zog  der  Tiber  entlang  weiter  nördlich,  um  in  die  Gegend 
der  Stadt  Todi  zu  gelangen;  allein  kaum  war  das  Heer  zwei 
Meilen  über  Narni  hinaus ,  lief  die  Nachricht  ein ,  der  Herzog 
von  Urbino  habe  bereits  schon  Todi  besetzt.  Voll  Hissmuth 
Hessen  sich  die  kaiserlichen  Truppen  bei  „Aquasporto^  nieder, 
und  zwar  unter  Bäumen  auf  freiem  Felde;  hier  starben  nun 
täglich  viele  Soldaten  vor  Hitze,  da  man  sich  gerade  im  heissea 
Monat  August  befand ; '  zwar  wurden  von  Spoleto  her  Lebens- 
mittel zugeführt,  aber  es  mangelte  an  Geld,  selbe  zu  bezahlen, 
und  so  blieben  sie  bald  aus.  Wo  waren  denn  aber  die  Hil- 
lionen, welche  die  Krieger  durch  Plünderung  und  durch  ihre 
„Schätzung^  der  Reichen  in  Rom  an  sich  gebracht  hatten? 
Wie  gewonnen  —  so  zerronnen! 

Nun  erreichte  das  Missvergnügen  der  verhungernden  und 
verschmachtenden  Soldaten  den  höchsten  Grad;  sie  beschlossen, 
alle  ihre  Hauptleute  kurzweg  todt  zu  schlagen;  fortwährend 
ertönte  der  Ruf:  „Schlagt  sie  todt,  es  ist  nichts  mit  ihnen 
zu  machen,  nichts  mit  ihnen  ausgerichtet;  sie  wissen  den  Sieg 
nicht  zu  gebrauchen;  wären  wir  mit  unsern  Feinden  nach 
Kriegsgebrauch  verfahren,  schon  lange  würden  wir  bis  auf  den 
letzten  Heller  bezahlt  sein,  hätten  dabei  nicht  so  viele  Leute 
verloren,  dem  Kaiser  einen  grössern  Nutzen  verschafft,  dem 
Lande  keinen  so  grossen  Schaden  zugefügt^  u.  s.  w.  Auf 
das  schwuren  Deutsche  und  Spanier  zusammen,  wie  Brüder 
einander  zu  helfen,  bis  Alles  bezahlt  wäre;  beide  Nationen 
wollten  auch  gleich  aufbrechen  und  nach  Rom  zurückktshren; 
nur  mit  Mühe  gelang  es  den  Hauptlcuten ,  sie  vor  der  Hand 
von  diesem  Vorhaben  abzubringen;  das  Heer  lagerte  sich  bei 
Narni  und  Temi. 

5.  Während   dieser  Wirren  kam  Harkgraf  Alphons  von 


Guasta  im  Lager  an  und  brachte  den  Beaeheid :  der  Vioa^KOnig 
könne  die  Ftthrang  des  Heeres  nicht  «hernehmen ,  er  ver- 
spreche ihnen  aber  seine  nachdrflcUiche  Verwendung  beim 
Papste,  einen  iwelmonatlichen  Sold,  wenn  sie  nach  ipoleto 
ziehen  wdrden,  dann  die  Besahlnng  der  rflckskündigen  100,000 
Kronen,  die  sie  vor  ihrem  Einmarsch  in  Rom  zu  fordern  gehabt 
hätten ,  in  dreien  Monaten ,  und  die  endliche  Berichtigung  des 
ganzen  Rflckstandes  nach  Verlauf  weiterer  dreier  Monate.  Die 
Truppen  dagegen  verlangten  auf  der  Stelle  die  Auszahlung  eines 
zweimonatlichen  Soldes  und  die  Berichtigung  des  ganzen  Rflck^ 
Standes  innerhalb  dreier  Monate  —  was  aber  Alphons  von 
Gnasta  nicht  zusagte  und  nach  Neapel  zurückkehrte  mit  dem 
Versprechen,  in  acht  Tagen  eine  Antwort  zu  bringen. 

6.  Auf  Verlangen  der  Landsknechte  nahm  der  PeldzahU 
meister  Kaspar  Schwegler  am  i.  September  eine  Musterung  vor; 
es  zeigte  sich  bei  dieser,  dass  nur  7000  Deutsche  mehr  am 
Leben  waren;  bei  2500  Mann,  darunter  zwölf  Hauptleute, 
20  Fähnriche  und  viele  Doppelsöldner  waren  innerhalb  zehn 
Monaten  eine  Beute  des  Todes  geworden;  die  Uebrigen  waren 
nach  Hause  gegangen  oder  wurden  sonst  vermisst.  Nun  wartete 
man  zu  Terni  auf  die  Ankunft  des  Markgrafen  von  Guasla 
zwanzig  Tage  lang;  allein  er  kam  nicht;  da  wurde  der  Be- 
sehluss  gefasst,  seine  Ankunft  noch  durch  vier  Tage  abwarten 
zu  wollen,  nach  deren  Verlauf  aber,  wenn  weder  Geld  noch 
sonst  ein  guter  Bescheid  innerhalb  dieser  Zeit  anlangen  sollte, 
unwiderruflich  wieder  nach  Rom  zurückzukehren, 
»vnd  beim  Hauptschuldner  vnd  Vnterpfanden  die  Bezalung  selbss 
zu  holen.'' 

7.  Während  dieser  Zeit  kam  der  Tiroler  Hauptmann  Veit 
von  Wähingen,  der  bekanntlich  in  der  Engelsburg  lag,  als 
Kommandant  der  neu  errichteten  päpstlichen  Garde,  im  kaiser- 
lichen Lager  an;  er  war  fieberkrank  und  hatte  vom  Herzog  von 
Urbino  sicheres  Geleit  zur  Rückkehr  in  seine  Heimath  erlangt, 
kam  von  Narni  nach  Ferrara ,  besuchte  da  den  kranken  Georg 
von   Freundsberg,    erzählte   diesem   die   „böse   Practica^   der 


—    250    — 

Italiener,  und  trat  dann  seihe  Weiterreise  nach  Tirol  an,  soll 
aber  auf  dieser  ungeachtet  des  erhaltenen  sichern  Geleites 
von  den  Yenetianern  total  ausgeplündert  worden  sein.  Die 
Landsknechte  waren  mit  seinem  Abzüge  nicht  sufrieden  und 
wurden  durch  denselben  im  Glauben  bestärkt,  die  Haaplleute 
„nähmen  Gaben  und  Schankungen  und  thfiten  dabei  durch  die 
Finger  sehen«  ^ 

8.  Nachdem  der  ausgesteckte  Termin  von  vier  Tagen  fOr 
die  erwartete  Zurtickkunft  des  Harkgrafen  Alphons  von  Guasla 
verstrichen  war,  brach  das  Heer  von  Nami  auf  und  kehrte  ohne 
alle  Ordnung  und  ohne  alles  Geschütz  wieder  nach  Rom 
zurück,  wo  es  am  25.  September  eintraf;  nun  waren  die 
letzten  Dinge  ärger  als  die  ersten.  Innerhalb  fünf  Tagen  wurde 
auf  dem  „Gampoflor^  dreimal  „Gemeyn  gehalten^  and  dabei 
wiederholt  der  Beschluss  gefasst:  entweder  es  mttsse  die  Be- 
zahlung erfolgen  oder  die  „Knechte^  würden  den  Papst  sarnnt 
den  Kardinälen  und  Bärgen  zu  Händen  nehmen  und  damit  ab- 
ziehen auch  ohne  Bezahlung.  Das  Letztere  wollte  aber  der 
spanische  Oberst  Ferdinand  a  Larcon  mit  seinen  Hauptleuteo 
durchaus  nicht  zugeben;  dafür  versprach  a  Larcon  und  der 
Kanzler  Morone  den  Kriegern  innerhalb  acht  Tagen  einen  drilt- 
halb  Honatsold  und  nach  zweien  Monaten  die  Berichtigung  aller 
rückständigen  Löhnungen;  zu  grösserer  Sicherheit  und  Be- 
ruhigung wurden  die  uns  bereits  bekannten  sieben  Bürgen, 
nämlich  die  Erzbischöfe  von  Sipont  und  Pisa,  dann  die  beideo 
Bischöfe  von  Pistoja  und  Verona  mit  dreien  vornehmen  Laien 
—  den  Knechten  Selbsten  übergeben,  welche  dieselben  in  den 
Palast  des  Kardinals  Pompejus  Colonna  brachten  und  dort  durch 
ein  Fähnlein  Fussvolk  bewachen  Hessen.  Zehn  Tage  lang  wurden 
die  Geissein  gut  gehalten,  als  aber  nie  ein  Geld  floss  und  die 
Truppen  sich  neuerdings  gefoppt  sahen,  wurden  die  armen 
Bürgen  in  Eisen  und  Bande  geschlagen.  Die  Soldaten  waren 
jetzt  des  unwürdigen  Spieles,  das  mit  ihnen  getrieben  wurde, 
so  müde,  dass  sie  allen  Ernstes  daran  dachten,  in  den  Dienst 
der  Ligue  zu  treten;  es  wurde  diese  Gefahr  nur  mit  Habe 


—    251     - 

abgewendet.  Als  nun  auch  am  28.  September  der  Yiee-König 
▼on  Neapel  an  der  Pest  gestorben  war,  wären  die  Spanier 
gerne  und  auch  die  Deutschen  mit  diesen  von  Rom  nach  Hai- 
land aufgebrochen  —  dem  dortigen  Heere  zu  Hfilfe,  wenn 
ihnen  Don  Ferdinand  a  Larcon  und  Horone  ihre  letzte  Zusage 
gehalten  haltten, 

9.  Als  Kaiser  Karl  V.  in  Spanien  hörte,  wie  übel  es  ihm 
so  viele  Monarchen  und  Fürsten  nähmen,  dass  seine  Truppen 
das  Oberhaupt  der  Kirche  so  lange  gefangen  hielten^),  und 
dass  aus  diesem  Grunde  ihm  ein  neuer  und  heftigerer  Krieg 
bevorstände,  ja  dass  Harschall  Lautrec  schon  auf  dem  Harsche 
wäre,  ihm  das  Königreich  Neapel  wegzunehmen,  so  schickte  er 
am  3.  August  den  General  der  Franziskaner,  Pater  Franziskus 
de  Angelis,  nach  Rom  mit  dem  Befehle  an  die  Führer  der 
Truppen:  den  Papst  alsogleich  in  Freiheit  zu  setzen.  Vier 
Tage  später  sendete  Karl  einen  gewissen  Peter  de  Yeira  ab, 
der  dem  Prinzen  von  Oranien  (dieser  befand  sich  aber  nicht 
beim  Heere  in  Rom,  sondern  immer  noch  in  seinem  Zufluchts- 
orte Galeria),  dann  dem  HugoMoncada,  der  statt  Lannoy 
Vice-Vönig  geworden  war,  endlich  auch  dem  Obersten  Don 
Ferdinand  a  Larcon  Schreiben  zu  überbringen  hatte  des  Inhalts : 
man  solle  den  Papst  freilassen  und  sehen,  Geld  aufzutreiben, 
um  die  Truppen  zu  befriedigen,  dann  dieselben  von  Rom  weg- 
fllhreA  und  Sorge  tragen,  diss  ihnen  kein  Schaden  zugefügt 
werde  u.  s.  w. 

Als  nun  diese  beiden  Abgeordneten  des  Kaisers  von  Neapel, 
wohin  sie  sich  zuerst  begeben  hatten ,  nach  Rom  gekommen 
waren,  traten  sie  mit  dem  Papste  alsogleich  in  Unterhandlungen. 
Was  der  Kaiser  vom  Papste  verlangte,  lässt  sich  auf  folgende 
zwei  Hauptpunkte  zurückführen:  Erstens  sollte  Klemens  das 
kaiserliche  Heer  ganz  bezahlen,  und  zweitens  soll  er  von 
der  Ligue  zurücktreten. 


*)  ..Quae  tarnen  omnia  gesta  sunt  Caesare  nesciente  et  talia  minime 
voleate.**  Piatina. 


--    252    — 

Klemens  sachte  Ausflüchte  und  giug  auf  beide  Puukte 
nicht  unbedingt  ein.  Als  Peter  de  Veira  und  Serenoni,  der 
Kanzler  des  Vice*Könlgs  Honcada ,  welche  Beide  auf  eine  un- 
bedingte, unumwundene  Annahme  beider  Punkte  drangen,  an 
der  Aufrichtigkeit  der  Gesinnung  des  Papstes  zweifeln  zu  müssen 
glaubten,  so  zogen  sie  sich  von  den  eingeleiteten  Unterhand- 
lungen ganz  zurück  und  begaben  sich  nach  Neapel.  Klemens 
wusste  indessen  den  P.  Franziskus  de  Angelis,  den  Kanzler 
Horone,  der  beim  kaiserlichen  Heer  in  grossem  Ansehen  stand, 
und  besonders  auch  den  Kardinal  Pompejus  Coionna  in  sein 
Interesse  zu  ziehen,  und  so  kam  hauptsflchlich  durch  die  Ver- 
mittlung des  Letztern  unterm  26.  November  1527  ein  Vertrag 
sowohl  mit  dem  Abgeordneten  des  Kaisers  als  auch  mit  deo 
Führern  des  kaiserlichen  Heeres  zu  Stande,  in  Folge  desseo 
Klemens  YII.  die  volle  Freiheit  erlangte.  Der  zwischen 
Papst  und  Kaiser  abgeschlossene  Vertrag  umfasst  7  Artikel; 
ihr  Inhalt  ist  im  Wesentlichen  folgender: 

i.  Papst  und  Kardinäle  versprechen,  sich  alle  mögliche 
Mühe  zu  geben ,  ehemOglichst  Frieden  zwischen  den  christlicheo 
Fürsten  und  auch  ein  Concilium  zu  Stande  zu  bringen. 

2.  Uebergibt  der  Papst  als  Unterpfand  für  die  geoaoe 
Erfüllung  der  eingegangenen  Verpflichtungen  dem  Kaiser  die 
Stüdte  Ostia  und  Civita  vechia  sammt  den  betreffenden  Schlössern 
und  Hflfen,  ferners  die  Städte  Castellana  und  Forli  sammt  den 
Schlössern,  dann  als  Geissein  seine  beiden  Vettern  Hipolytas 
und  Alexander  von  Hedicis,  den  Bischof  von  Verona,  den  Jakob 
von  Salviatis,  sowie  die  Herren  Galeotus  und  Maletesla  vod 
Medicis.  Da  aber  der  Bischof  von  Verona  und  Jakob  de  Sal- 
viatis bereits  als  Geissein  sich  in  den  Händen  der  Landsknechte 
befinden,  so  sollen  sie  sich  als  solche  neuerdings  stellen,  sowie 
selbe  nach  erfolgter  Bezahlung  des  Heeres  die  Freiheit  erlangt 
haben. 

3.  Da  gegenwärtig  auch  Hipolytus  und  Alexander  von 
Medicis  abwesend  sind^  so  haben  sich  statt  derselben  eiosl^ 
weilen  zwei  Kardinäle  als  Geissein  gebrauchen  zu  lassen. 


—    253    — 

4.  Uebernimml  der  Papst  die  Besoldang  der  Befehlshaber 
imd  der  Besataaog  in  deo  Slidten  Ostia,  CiTita  vechia  and 
Por]i;  dagegen  ttbergibt  der  Kaiser  dem  Papste  die  En geis- 
barg mit  aller  „Zagehör^. 

5.  Hat  das  kaiserliche  Heer  von  der  Stand  an  die  Stadt 
Rom  zu  verlassen. 

6.  9 Soll  hinffiro  zwischen  Papst  und  Kaiser  seyn  „ein 
guter,  auffrichtiger,  satter,  standthaflfler  vnd  vnverbrachlicher, 
ewiger  Fried,  Eynigkeit  vnd  Freundtschaft,  wie  sich  zwischen 
einen  Vater  vnd  Sohn  gebürt.<^ 

7.  Soll  der  abgeschlossene  Vertrag  von  den  Kardinalen 
gleich  —  vom  Kaiser  aber  innerhalb  vier  Monaten  bestfitigt 
werden. 

„Geben  m  der  Burg  dess  heyligen  Engels  in  Rom  in  seiner 
Heiligkeit  Kammer  auff  den  26.  tag  Nouembris  1527.^ 

Wenn  wir  diese  abgeschlossene  Konvention  entgegen  halten 
dem  kathegorischen  Verlangen  des  Kaisers:  Bezahlung  des 
Heeres  und  Zur  tick  tretung  von  der  Ligue  —  so  sieht  man 
auf  der  Stelle,  dass  der  Kaiser  durch  den  Abschloss  des  vor- 
liegenden Vertrages  eigentlich  nichts  erlangt  hat;  kein  Wunder 
also,  dass  Herr  Peter  de  Veira  denselben  als  schimpflich  für 
den  Kaiser  erklärte,  davon  nichts  wissen  wollte  und  miss- 
raathig  nach  Neapel  zurttckkehrte,  um  dort  bald  darauf  —  er- 
schossen zu  werden. 

Unter  demselben  Datum  wurde  auch  ein  Uebereinkommen 
mit  den  Führern  des  kaiserlichen  Heeres  abgeschlossen;  der 
Inhalt  desselben  lässt  sich  ganz  knrz  auf  folgende  zwei  Punkte 
zurückfahren : 

1.  Soll  das  ganze  kaiserliche  Heer  „mit  schneller  eyl  so- 
bald es  jmmer  müglich^  nicht  nur  allein  von  Rom,  sondern 
aus  dem  ganzen  Kirchenstaate  entfernt  werden;  dagegen  macht 
sich  der  Papst  verbindlich,  eine  allgemeine  Verzeihung  alles 
bisher  Geschehenen  eintreten  zu  lassen  und  dem  Heere  in  be- 
stimmten Fristen  in  Summa  Summarum  368,10672  Kronen 
aussabezahlen. 


_    254    — 

2.  Soll  der  sehnte  Theil  aller  Kircbengüter  in  Neapel 
verkauft  werden,  und  die  eine  Hälfte  des  erhaltenen  Geldes 
dem  Kaiser  gehören ,  die  andere  aber  dem  Papste ,  um  damit 
das  Heer  desto  leichter  und  schneller  befriedigen  zu  können. 

10,  Nun  wollen  wir  aber  sehen,  wie  das  Heer  den  Ver- 
trag aufgenommen  hat  und  wie  dieser  gehalten  wurde. 
Fürs  Erste  haben  die  Hauptleute  den  in  lateinischer  Sprache 
abgefassteu  Vertrag  nicht  verstanden,  Hessen  sich  aber  doch 
bereden,  ihn  den  „Knechten^  lur  Annahme  zu  empfehlen  — 
diese  vertröstend:  in  fünf  Tagea  werde  Jeder  (über  das  erhal- 
tene Geld^  um  einen  fünfmonatlichen  Sold  voll  zu  machen) 
noch  972  Kronen  erhalten;  die  Doppelsöldner  sollten  den  ihnen 
gebührenden  Betrag  in  vierzehn  Tagen  erhalten ;  Bürge  für  die 
richtige.  Ausbezahlung  der  zugesicherten  Summen  sei  Kardinal 
Pompejus  Colonna;  sowie  sie  aber  das  Geld  empfangen  hätten, 
mttssten  sie  sogleich  Rom  verlassen  und  nach  Viterbo 
ziehen,  könnten  aber  die  Bürgen  mit  sich  führen.  Nach  ihren 
Abzug  soll  der  Papst  frei  sein  und  dann  monatlich  50,000 
Kronen  so  lauge  erlegen,  bis  er  seine  zugesicherten  368,108^2 
Kronen  abgetragen  habe;  den  übrigen  Rückstand,  den  das  Heer 
zu  fordern  hfitte,  würden  die  Herren  bezahlen,  welche  „an  des 
Kaisers  statt  handelten.^  Die  Knechte  wurden  endlich  aocb 
damit  vertröstet,  bei  den  Florentinern  Geld  erheben  zu  können. 
Die  Hoffnung,  binnen  fünf  Tagen  972  Kronen  zu  erhallen,  übte 
auf  die  Krieger  eine  solche  Macht,  dass  sie  auf  den  Vorschlag 
der  Hauptleute  eingingen,  den  Abschluss  des  in  Rede  stehendeo 
Vertrages  genehmigten  und  nach  Viterbo  abzuziehen 
sich  bereit  erklärten. 

Hit  freudiger  Sehnsucht  sahen  die  so  oft  getäuschtefl 
„Knechte^  den  in  Aussicht  gestellten  Kronen  entgegen;  es 
kommt  und  verfliesst  der  fünfte,  sechste  und  siebente  Tag,  und 
es  kommt  und  fliesst  —  kein  Geld.  Jetzt  war  aber  aoch  die 
Geduld  der  Getäuschten  ganz  erschöpft.  Die  Hauptleute  waren 
am  siebenten  Tage  bei  Sebastian  Schertlin  von  Burtenbach  zu 
Gast,   als   die  ergrimmten  Krieger  sein  Quartier  mit  Stnrffl 


—  as5  — 

Behmen,  die  Haopdeale  blutig  schlagen  und  mit 
blutigen  Köpfen  ^in  die  Gemeyn  auff  Kampoflor 
bringen;^  unter  den  Verwundeten  und  HerbeigescUeppken 
befanden  sich  namentlieh  auch  der  tapfere  Conradin  von 
Glnrns  und  Sebastian  SchertUn.  Die  wttthenden  Krieger 
senkten  die  Spiesse  und  drohten  ihre  Fahrer  su  erstechen,  ^dass 
sie  kein  ernst  fttrwendeten,  vnd  beym  Bapst  nicht  band  anlegten, 
Tttd  jnen  die  Mlluler  mit  eytel  ertichten  werten  auffsperren 
Hessen.^ 

Der  braye  Conrad  in  ergriff  das  Wort,  entschuldigte  sich 
und  beklagte  sieh  schwer,  die  Frage  an  die  Knechte  stellend: 
ob'  sie  ihm  jetit  einen  solchen  Lohn  gäben  fflr  seine  getreue 
Hut,  dass  er  den  gansen  Sommer  hindurch  in  der  ,)Stinkenden 
Mördergrube^  zu  Rom  den  Papst  mit  grösstem  Fleisse  bewacht 
und  dabei  sein  eigenes  Geld  verzehrt  habe?  In  diesem  Sinne 
sprach  auch  Sebastian  von  Schertlin.*)  Dem  Locotenenten 
Bemmelberg  und  einigen  andern  Hauptleuten  war  es  gelungen, 
aus  dem  Quartler  Schertlins  zu  entrinnen;  Bemmelberg,  der 
lange  gesucht  aber  glücklicher  Weise  nicht  gefunden  wurde^ 
liess  sich  auf  diesen  Vorfall  hinauf  lungere  Zeit  hindurch 
■kht  mehr  sehen,  indem  er  eine  Krankheit  vorschfitzte.  Um 
so  sdilechter  erging  es  dieses  Mal  dem  sonst  so  wohl  gelittenen 
imd  bei  den  Landsknechten  in  grösstem  Ansehen  stehenden 
Feldzahlmeister  Kaspar  Schwegler,  dem  mit  einem  Hacken 
zum  Kopf  geschlagen  wurde;  kein  Hauptmann  kam  aus  dem 
,iRinge^,  ohne  eine  ^^Schlappe^  erhalten  zu  haben.  Ihres 
Lebens  nicht  mehr  sicher,  flQchteten  sich  alle  Führer 
und  Hauptleute  des  Heeres  aus  Rom  und  suchten  ihren 
Zufluchtsort  in  Rocca  di  Papa.'*'*)    Die  Flucht  der  Hauptleute 

*)  y)Da  Schertlin  ain  gasluog  gehalten,  haben  die  knecht  das  haus 
gestürmt ,  etlich  hauptleut  verwundt  und  beschaedigt,  mit  blu- 
tigen köpfen  in  die  gemein  Campoflor  gefiert,  die  spies  nieder- 
glassen^  die  hauptleut  erstechen  wollen,  dagegen  sich  Schertlin 
und  Conrad  von  Glirns  dapfer  entschuldigt.'' 
*^)  Dieser  Ort  liegt  bei  drei  deutsche  Meilen  südlich  von  Rom  an 
der  Stelle  der  alten  Latiuerstadt  Fabia,  und  ist  derzeit  ein  langes 


—    256    — 

brachte  die  ohnehiii  ergrimmten  Krieger  in  eine  solche  Wuth, 
dass  sie  die  Bürgen  gefesselt  in  den  Ring  brachten  und  mit 
dem  Galgen  bedrohten,  wofern  sie  nicht  bezahlen  wfirden;  nor 
mit  Mühe  gelang  es,  ihnen  das  Leben  zu  retten  und  sie  wieder 
in  den  Palast  des  Kardinals  Pompejus  zarflchzubringen ,  wo  sie 
von  einem  Fähnlein  Fussvolk  abwechselnd  bewacht  wurden. 
Pompejus  war  nun  auf  die  Rettung  der  unglttcklichen  BOrgea 
bedacht;  vorerst  verliess  er  zu  diesem  Zwecke  seinen  Palast 
und  zog  zum  Harkgrafen  Alphons  von  Guasta,  um  jeden  Ver- 
dacht von  sich  abzuwälzen.  Nun  wurde  den  deutschen  Lands- 
knechten, die  unter  den  Hauptleuten  Diepold  Harnisch  und  Dlridi 
Müller  —  letzterer  hatte  den  Zunamen  „  Weisskopf ^  —  im 
Palaste  des  Kardinals  so  eben  die  Wache  bezogen  hatten,  eine 
prächtige  Mahlzeit  gegeben,  bei  welcher  die  Wächter  dem 
starken,  im  Ueberfiuss  gereichten  Weine  tapfer  zusetzten,  ood 
in  Folge  dessen  in  einen  tiefen  Schlaf  versanken,  was  ebeo 
beabsichtigt  worden  war.  Wahrend  dieses  Schlafes  wordeo 
vom  Dache  aus  durch  den  Kamin  die  Schlüssel  in  das  Zimmer 
hinabgelassen,  in  welchem  die  Geissein  verwahr!  wurden;  mit 
Hülfe  der  herabgelassenen  Schlüssel  wurden  nun  zuerst  die 
Schlösser  geöffnet  und  die  Ketten  entfernt;  hierauf  wurde  jeder 
einzelne  Bürge  mittelst  eines  Seiles  durch  den  Kamin  aufs  Dach 
hinauf  gezogen ,  von  diesem  auf  die  Strasse  hinabgelassen  vad 
in  ein  nahes  Haus  gebracht,  von  wo  sich  sammtiiche  Bürgen 
zu  Fusse  nach  Umbrien  zum  Herzog  von  Urbino  flüchteten. 
Voile  52  Tage  lang  waren  die  Geissein  in  Eisen  und  Banden 
gelegen;  am  1.  Dezember  1527  erlangten  die  Unglücklichen  — 
Bischöfe  und  ehrwürdige  Mfinnert  —  endlich  die  erwünschte 
Freiheit.  Man  denke  sich  den  Aerger,  den  das  Kriegsvolk 
hatte,  als  es  die  Flucht  der  Bürgen  in  Erfahrung  brachte !  Die 
„Knechte^  wollten  die  beiden  Hauptleute,  welche  die  Wache 
im  Palasle  hatten,  durchaus  am  Leben  gestraft  wissen.  Non 
trat  der  Kardinal  Pompejus  ins  Mittel,   nahm  mit  Bewilligung 

Dorf  mit  2000  Einwohnern.    Damals  war  es  ein  fester  PIrIk, 
der  dem  Kardinal  Pompejus  Coionna  gehörte. 


_    257    — 

und  Genehmigung  des  Papstes  bei  einigen  reichen  Kauflealen 
Geld  auf,  so  viel  er  nur  bekommen  konnte,  liess  am  2.  De- 
lember  die  Krieger  susammentreten ,  beaahlte  die  «ugesicberten 
9t/2  Kronen  mit  der  Vertr(totung :  ttber  fünf  Tage  sollten  sie 
vollkonunen  zufrieden  gestellt  werden ;  unterdessen  mochten  sie 
in  Rom  bleiben.  Klemens  sicherte  auch  seinerseits  volle  Be-* 
lahlung  zu  und  zwar  mit  dem  Bedeuten :  wenn  diese  nicht  ge- 
haken  werde,  so  solle  der  Vice-KOnig  von  Neapel  Gewalt 
haben,  seine  Goter,  die  Güter  seiner  Verwandten,  sowie  auch 
jene  der  Kardinäle  in  Beschlag  zu  nehmen  und  einzuziehen. 
Zur  Sicherheit  erhielten  die  deutschen  Knechte  drei  andere 
Bürgen  (statt  der  in  Freiheit  gesetzten)  fflr  67,000  Kronen, 
die  Spanier  ebenfalls  zwei  Bflrgen  (welche  aber  der  Kardinal 
Poiupejus  zu  Händen  nahm  und  nach  Subjaco  bringen  liess) 
fttr  35,000  Dukaten,  und  die  Doppelsöldner  weitere  sechs 
Geissein  —  mit  der  Vollmacht,  sie  nach  Ga^la  bringen  zu 
können.  Diesen  Vori^chlag  Hess  sich  das  Kriegsvolk  gefallen; 
in  einer  ^Gemeyn^  wurde  von  demselben  einhellig  der  Beschluss 
gefasst:  dem  Kaiser  auch  ferners  zu  dienen,  die  Hauptleute 
von  Rocca  di  Papa  zurückzurufen,  in  acht  Tagen  Rom  zu  ver- 
lassen (falls  ihnen  innerhalb  der  ausgesteckten  Zeit  die  znge«* 
sicherte  Bezahlung  zu  Theil  werden  sollte)  und  nach  Mailand 
oder  nach  Erfordern'ss  auch  anderswohin  zu  ziehen  Aber  die 
Dinge  kamen  ganz  anders;  noch  hatte  die  unglückliche  Welt- 
stadt den  Leidenskelch  nicht  bis  auf  die  Hefe  geleert. 

11.  Nachdem  nun  die  in  Rede  stehende  nenerliehe  Kon- 
vention von  Seite  des  Papstes  unterschrieben  und  gesiegelt,  vom 
Kriegsvolke  aber  gebilligt  und  angenommen  worden  war,  liess 
Klemens  noch  denselben  Tag  alle  Glocken  in  der  Stadt  läuten 
und  mit  600  römischen  Hackenschützen  unter  dem  Kommando 
des  Pietro  Petrucci  die  Engelsburg  besetzen.  Tags  darauf  — 
den  6.  Dezember  1527  -*  sollte  der  Papst  beantragter  Hassen 
im  feierlichen  Zuge  die  Engelsburg  verlassen,  In  welcher  er 
durch  volle  sieben  Monate  gefiingen  gehalten  worden  war  und 
vom    kaiserlichen   Heere    nach  Orvieto   begleitet   werden.    Zu 

17 


—    258    — 

diesem  Zwecke  hatte  ihm  auch  der  Kardmal  Pompejus  Gdonna 
eiir  prftchtiges  türkisches  Pferd  mit  mehreren  schönen  Haul- 
Ihieren  lum  Pribsent  gemacht.  Am  6.  0etember  in  aller  Prflhe 
halten  sich  bereits  jene  Hauplieute,  welche  mit  ihren  unter- 
geordneten Fidinlein  dem  Papste  das  Ehrengeleit  nach  Orvieto 
hiltlen  geben  sollen,  in  voller  Parade  vor  der  Engelsburg  auf- 
gestellt; wer  aber  nicht  kam,  das  war  Klemens;  dieser 
hatte  es  vorgezogen,  um  drei  Uhr  frilh  heimlich  und  verkiddet 
die  Engelsburg  zu  verlassen  und  den  Weg  nach  dem  westlich 
gelegenen  Garten  des  Vaticans  einzuschlagen;  durch  denselben 
schreitend  kam  er  zu  einem  verborgenen  Pförtchen,  zu  dem  er 
bereits  den  Schlüssel  vom  Gfirtner  erhalten  hatt<t,  und  durch 
dasselbe  ins  Freie,  wo  ein  spanisches  Pferd  In  Bereitschaft 
stand,  das  er  bestieg  und  dann  unter  Begleitung  des  Prinzen 
Ludwig  von  Gonzaga  und  einer  starken  Schaar  Schützen  nach 
Viterbo  entkam;  hier  Hess  er  das  Kriegsvolk  zurück  und  riu, 
vom  einzigen  Prinzen  Ludwig  begleitet,  nach  Orvieto,  einer 
alten  festen  Stadt,  wo  er  sich  in  Sicherheit  wusste. 

Nach  dem  Abzüge  des  Papstes  begab  sich  der  Kardinal 
Pompejus  Colonna  nach  Neapel,  um  dort  das  nOthige  Geld  zur 
Bezahlung  des  Heeres  aufzubringen  und  mit  dem  Vice-KOnig 
Rngo  Moncada  sich  zu  beralhschlagen,  wie  man  dasselbe  gegen 
Lautrec  verwenden  wolle,  der  bekanntlich  in  Bologna  stand 
und  während  des  Winters  sich  zum  Zuge  gegen  Neapei 
rüstete.  Auch  Phiiibert  Prinz  von  Oranien  liess  beim-  „Haufen^ 
um  sicheres  Geleit  ansuchen,  wieder  nach  Rom  kommen  zu 
dürfen,  das  er  auch  erhielt;  wie  wir  wissen,  hatte  sich  der 
Prinz  seit  seiner  Flucht  aus  Rom  fortwährend  in  Gateria  auf- 
gehalten, einer  nicht  nüher  bekannten  Ortschaft. 

18.  Indessen  fing  das  Kriegsvolk  wieder  an  stürmisch 
zu  werden;  denn  der  Dezember  war  bereits  verstrichen  und 
das  Heer  —  noch  nich  bezahlt.  Phiiibert  von  Oranien 
und  andere  Hauptleute  wären  gerne  mit  demselben  nach  Neapel 
gezogen,  um  dieses  Reich  dem  Kaiser  zu  erhalten;  allein  die 
Knechte  wollten  von  keinem  Abzüge  etwas  wissen,  ausser  sie 


—    2S«    — 

wttreu  bei  Kreuzer  und'  Pfennig  bezahll.  Nun  kum  Geld  am» 
Neapel  an;  allein  dies  reichte  lange  nicht  hin,  den  ^jHanfen^ 
an  befriedigen.  Man  bot  jedem  ,,Kneehte^  9  Kronen  und  jedem 
Doppelsöldner  13  Kronen  als  Abschlagszahlung  an,  nur  sollten 
sie  nach  Neapel  ziehen ;  allein  der  ganze  Haufen  erklärte :  keinen 
Schritt  aus  Rom  zu  weichen ,  ehevor  nicht  alle  RflcksUlnde 
bezahlt  seien. 

Als  aber  keine  Berichtigung  der  ROckstünde  erfolgte,  blieb 
das  ganze  Kriegsvolk  den  Winter  hindurch  in  Rom. 
Durch  diesen  fortgesetzten  Aufenthalt  des  Heeres  erreichte 
das  Elend  in  Rom  den  Kulminationspunkt.  War  die 
unglückliche  Stadt  den  Sommer  hindurch  geplündert  worden,  so 
wurde  sie  nun  im  Verlaufe  dieses  Winters  völlig  verwüstet. 
Um  Feuerungsmateriale  zu  erhalten,  wurden  Dachsttihle  abge- 
rissen und  zu  Scheiter  aufgehackt,  Thttren  ausgehoben,  Böden 
aufgerissen  ,  Fensterstöcke  ausgebrochen ,  Kästen  zertrümmert 
etc.  und  das  so  gewonnene  Holz  verbrannt.  Viele  hundert 
Häuser,  darunter  prächtige  Paläste,  wurden  auf  diese  Weise' 
ganz  verwüstet.  Damit  nicht  zufrieden,  sind  auch  erst 
noch  alle  Zünfte  neuerdings  und  aufs  höchste  „geschätzt^ 
worden;  was  der  Soldat  brauchte,  nahm  er  dem  Bürger  mit 
Gewalt  weg,  ohne  dafür  einen  Kreuzer  zu  bezahlen.  Die  un- 
gHlckliehen  Römer  klagten  über  den  Schaden ,  den  sie  diesen 
Winter  hindurch  erlitten,  noch  weit  mehr  als  über  den  erstem, 
bei  Erstürmung  der  Stadt  eililtenen.  *) 

Das  Kriegsvolk  wurde  während  dieser  Zeit  von  einem 
Tage  zum  andern  mit  der  Vertröstung  hingehalten :  der  Mark- 
graf Alphons  von  Guasta  werde  stündlich  von  Neapel  erwartet; 
dieser  werde  schon  Geld  bringen.  Des  ewigen  Harrens  und 
Wartens  müde,  liefen  die  „Knechte^  am  14.  Jänner  1528 
wieder  zusammen  und  hielten  eine  „Gemeyn^,  in  welcher  der 


*)  „Im  September  eodem  anno  (1527)  seind  wir  wieder  in  Rom* 
gezogen,  die  statt  noch  bass  geplündert,  uod  erst  grosse 
schätz  uuter  der  erden  gefuuden,  und  seind  noch  6  monat 
allda  gelegen.^  Schertlin. 

17* 


Beschlnss  gehsaX  wurde:  man  wolle  noeh  vier  Tage  sawaitea; 
sollten  sie  aber  bis  dahin  nicht  zufrieden  gestellt  sein,  so  wflr- 
den  sie  dorthin  gehen,  wohin  sie  Gott  führete;  dessen  sollten 
sich  die  kaiserlichen  ^Feldtrfiht^  und  die  Herren  ^Commissari^ 
versehen.  Weiters  verlangten  die  Knechte  von  den  Hanptleulen 
Abschiedsbriefe  mit  der  hineingeschriebenen  Bemerkung: 
sie  hätten  bisher  dem  Kaiser  ,,treu,  wohl  und  ehrlich^  gedient, 
dafür  aber  keine  Bezahlung,  wohl  aber  einen  schlechten 
Dank  erhalten.  Die  Abschiedsbriefe  wurden  den  Knechten 
abgeschlagen  mit  dem  Bedeuten:  man  verhoffe  die  Ankunft  des 
Markgrafen  und  des  Kardinals  Pompejus  noch  vor  Ablauf  der 
anberaumten  vier  Tage ;  diese  würden  60,000  Gulden  mitbriogen 
und  diese  Summe  dann  gleich  vertheilen  Der  Prinz  von  Oranien 
erbot  sich  auf  der  Stelle,  nach  Neapel  zu  reiten,  um  sich  per- 
sönlich SU  aberzeugen,  ob  Geld  vorhanden  würe  oder  nicht, 
verlangte  aber,  dass  ihn  drei  Hauptleute  und  acht  Gemeine  dahin 
begleiten  sollten.  Unterdessen  sollte  man  die  32,000  Kronen 
angreifen,  die  der  Papst  eriegt  habe,  und  davon  jedem  Knechte 
zwei  Kronen  einstweilen  geben. 

Dieser  Vorschlag  des  Prinzen  wurde  in  zweien  abgehal- 
tenen „Gemeyn^  verworfen,  in  der  dritten  aber  angenommen 
—  mit  der  Bedingung,  dass  der  Prinz  binnen  zehn  Tagen 
Antwort  gebe ;  bis  dahin  wollten  sie  noch  gedulden.  Auf  das 
eilte  Prinz  Philibert  in  Begleitung  des  Locotenenten  Bemmel- 
berg,  dann  dreier  Hauptleute  und  acht  Knechte  nach  Neapel, 
und  brachte  richtig  so  viel  Geld  nach  Rom,  dass 
man  dem  ganzen  Heere  einen  zweimonatlichen  Sold  aaszahlen 
konnte. 

Jetzt  war  Alles  wieder  vergessen,  und  dt*r 
ganze  Haufe  freudig  bereit,  nach  Neapel  zuziehen, 
um  neuen  und  noch  weit  grossem  Gefahren  entgegen  zn  gehen, 
um  neuerdings  mit  Elend  und  Noth,  mit  Hunger  und  Pest  zu 
kftmpfen 

Vor  dem  Abzüge  aus  Rom  wurde  das  Heer  einer  Muste- 
rung unterworfen,  welche  zeigte,  dass  noch  übrig  waren : 


—    261    — 

Deutsche  Landskncchle  ....  5000  Mann. 

Spanisches  Fussvolk       ....  2500      ^ 

Leichte  Reiter 500      . 


Zusammen    9000  Mann. 

Diese  im  Februar  1528  zu  Rom  abgehaltene  Musterung 
zeigt  gegeniibergehalten  der  vor  fünf  Monaten  bei  Nami  abge- 
haltenen einen  neuen  Abgang  von  2000  deutschen  Lands- 
knechten ! 

Endlich  am  17.  Februar  1528  verliess  das  zusammenge- 
schmolzene kaiserliche  Heer  die  Stadt  Rom  und  trat  seinen 
Marsch  nach  Neapel  an;  der  Aufenthalt  der  Kaiserlichen 
in  Rom  hatte  über  zehn  Monate  gedauert  (vom  6  Mai  1527 
bis  17.  Februar  1528),  davon  war  aber  das  Heer  über  zwei 
Monate  abwesend. 

Während  nun  dasselbe  nach  Neapel  marschirt,  müssen  wir 
seinen  neuen  Gegner,  den  Marschall  Lautrec,  aufsuchen, 
den  wir  zu  Bologna  im  Winterquartier  verlassen  haben. 


Xm.  Abschnitt. 

Lftutrec*8  Zug  nach  Neapel;  Ankunft  des  kaiserlichen  Heeres  vor  Troja; 
vorgefallene  Gefechte;  Rückzug  der  Kaiserlichen  nach  Neapel; 
Aufbruch  der  Franzosen  Ton  Troja;  Melfi  von  ihnen  erstfirmt; 
Lantrec*s  Ankunft  ror  Neapel;  merkwürdige  Belagemng  dieser 
Stadt;  Seeschlacht  bei  Salemo;  Tod  des  Yice-KOnigs  Don  Hugo 
Moncada  und  des  Hauptmanns  Coradin  Spergser  t.  Gl  ums; 
Hungersnoth  in  Neapel;  Ausbruch  der  Pest  im  französischen  Lager; 
Lautre*s  Tod;  trauriges  Schicksal  des  Rudolph  H&l  und  seiner 
Waffengef&hrten ;  Philibert,  Prinz  Ton  Oranien,  zum  Vioe-KOnlg 
ernannt;  seine  Strenge  gegen  die  Meineidigen;  Belohnung  der 
Führer  des  kaiserlichen  Heeres;  Andreas  Doria;  Zug  des  Herzogs 
Heinrieh  von  Braunschweig  nach  Italien;  Abreise  des  kranken 
Ritters  Georg  von  Freundsberg  von  Ferrara;  Zusammenkunft 
desselben  mit  seinem  Sohne  Kaspar  und  mit  Antonio  de  Leyra; 
Belagerung  Ton  Lodi;  Auflösung  des  kaiserlichen  Heeres;  Heim- 
reise und  Tod  des  Ritters  Georg  von  Freundsberg. 

1.  Der  franz^ysische  Marschall  Lautrec  war  wfthrend  seines 
AaTenthaltes  in  Bologna  nicht  unthfitig  geblieben;  mit  der  Re* 
publik  Venedig  und  der  mächtigen  Stadt  Florenz  schloss  er 
Freundschaft,  zog  aus  Frankreich  noch  mehr  Kriegsvolk  an 
sich  und  unternahm  In  Begleitung  des  englischen  Gesandten 
sogar  einen  Abstecher  nach  Orvieto,  wo  sich  Papst  Klemens 
seit  6.  Dezember  aufhielt,  um  ihn  zu  bewegen,  sieh  öffentlich 
und  unumwunden  fOr  die  Ligue  zu  erklären.  Klemens  ant- 
wortete ausweichend,  gab  aber  nicht  undeutlich  zu  erkennen, 
dass  er  Lautrec's  Zug  nach  Neapel  nicht  ungerne  sehen  wfirde. 

Als  nun  der  französische  Feldherr  seine  Truppen  bei  Bo- 
logna konzentrirt  hatte,  trat  er  seinen  verhängnissvollen  Marsch 
nach  Neapel  an ;  dieser  ging  über  Ancona.  In  St.  Severino  — 
einer  Ortschaft,  an  der  Potenza  gelegen  —  musterte  er  30,000 


—    3Ö8    — 

Mann  (oach  Robertson  35,000  Mann).  Nun  wurden  die  Länder 
Abrutien  und  Apulien  nach  einander  eingenommen.  Unler  den 
Truppen  des  Marschalls  befanden  sich  auch  mehrere  Fähnlein 
Deutscher,  welche  der  ehrvergessene  Rudolph  Häl  komman«- 
dirte.  Klaudius  Graf  von  Vaudemont,  der  Bruder  des  Herzogs 
Anton  Ton  Lothringen,  hatte  dem  Marschall  ebenfalls  lehn 
f ähnlein  angeworbener  deutscher  Landsknechte  zugeführt,  und 
dafür  von  Seite  der  Ligue  die  Hoffnung  erhalten,  König  von 
Neapel  zu  werden. 

Graf  von  Vaudemont  wurde  in  Begleitung  des  Herzogs 
von  Longa  Villa  (Longueville)  vom  Marschall  Lautrec  an  Kle^ 
mens  abgeschickt,  um  einen  neuerlichen  Versuch  zu  machen, 
ihn  wieder  für  die  Ligue  zu  gewinnen ;  Klemens  machte  jedoch 
seinen  Beitritt  von  der  Rückgabe  der  Stadt  Ravenna  abhängig, 
welche  die  Venezianer  inne  hatten,  von  einer  Zurückgabe  dieses 
wichtigen  Platzes  an  den  Papst  aber  nichts  wissen  wollten. 

Am  10.  Februar  i  528  überschritt  Lautrec  das  Fiüsschen 
Tronto,  durch  welches  das  Gebiet  des  Papstes  vom  Königreich 
Neapet  geschieden  wird ;  sein  Zug  ging  nun  längs  der  östlichen 
Küste  des  mittelländischen  Meeres  hinab;  die  eroberten  See- 
städte Tram,  Mola,  Brindisi  u.  s.  w.  ttbergab  er  den  Vene- 
tianern,  das  flbrige  Land  aber  nahm  er  im  Namen  des  Königs 
von  Frankreioh  in  Besitz.  Die  Seestadt  Manfredonia  hatte  2000 
und  Bari  300  Mann  kaiserlicher  Truppen  als  Besatzung;  beide 
PUMze  behaupteten  sich  standhaft  gegen  die  Franzosen ,  sowie 
auch  das  Städtchen  Nola,  das  gut  verproviantirt  war  und  nur 
&0  Mann  Besatzung  hatte,  die  aber  unter  einem  herzhaften 
Kommandanten  standen,  und  von  diesem  angefeuert  Wunder  der 
Tapferkeit  ausübten.  Die  Städte  Otranto,  GallipoJi  und  Taranto 
erwehrten  sich  ebenfalls  des  Feindes  und  verblieben  dem  Kaiser. 
Der  französische  Feldherr  war  auf  seinem  siegreichen  Zuge  bis 
in  die  Nähe  der  Stadt  Troja  gekommen,  stiess  aber  hier  auf 
das  kaiserliche  Heer. 

2.  Dieses  war,  wie  wir  bereits  wissen,  am  17.  Februar 
,  i^98  von  Rom  aufgebrochen,  und  auf  die  eingegangene  Nach- 


—    264    — 

licht:  Lautrec  habe  am  10.  Februar  die  Gränze  von  Neapel 
tiberschritten  —  in  Eilmärschen  nach  dem  bedrohten  Königreich 
abmarschirt.  Wir  müssen  nun  dem  Heere,  obgh'ich  sich  Graf 
Ludwig  von  Lodron  nicht  bei  demselben  befindet, 
dennoch  mit  Interesse  folgen,  weil  nämlich  mehrere  Fähnlein 
Tirol  er  unter  dem  Kommando  des  Helden  von  Cremona, 
Konradin  Spergser  von  Olurns^  diesen  Zug  mit- 
gemacht haben  Am  i7.  Februar  erreichten  die  kaiserlichen 
Truppen  den  Ort  C  o  1  o  n  n  a ,  wo  das  Nachtlager  gehalten  wurde. 
Am  18.  brach  das  Heer  von  Colonna  auf  und  kam  über  Pa- 
lestrina  marschirend  bis  zur  Stadt  An agni,  in  der  man  über- 
nachtete. Von  letztgenannter  Stadt  ging  der  Marsch  am  19. 
nach  Veroli  (welches  das  letzte  Ort  im  Römischen  ist),  und 
von  Veroli  nach  Sora,  das  sich  bereits  im  Neapolitanischen 
befindet.  Nachdem  das  Heer  den  Garigliano  übersetzt  hatte, 
kam  es  über  St.  Germano  und  Cervaro  nach  St.  Angele; 
hier  endet  Campanien  und  es  beginnt  die  Landschaft  Terra  dl 
Laboro.  Der  Harsch  ging  über  Fiedimonte  gegen  Capua; 
von  dieser  Stadt  erhielten  die  Truppen  viele  Früchte  und  Plro- 
viant  im  Ueberflnss  Die  Hauptstadt  Neapel  rechts  liegen  las- 
send und  bei  Benevent  vorbeimarschirend^  ging  das  Heer  stracks 
auf  Troja  los,  das  am  10.  März  erreicht  wurde.  Die  Stadt 
Troja,  wohin  auch  Lautrec  seinen  Harsch  gerichtet  hatte,  liegt 
in  ApuKen,  in  der  heutigen  Provinz  Capitanata. 

Da  die  kaiserlichen  Trappen  ohne  Geschütz  waren,  hatte 
ihnen  der  Vice-König  das  Versprechen  gegeben,  selbes  schleu- 
nigst von  Neapel  aus  nachführen  zu  lassen.  Als  Lautrec  durch 
seine  Kundschafter  die  Ankunfl  der  Kaiserlichen  vor  Troja  ohne 
aHes  Geschütz  in  Ei  fahrung  gebracht  hatte,  Hess  er  in  Neapel 
die  Nachricht  aussprengen :  er  habe  das  kaiserliche  Heer  ge- 
schlagen —  was  zur  Folge  halte,  dass  man  das  bereits  nach 
Troja  abgesendete  Geschütz  wieder  nach  Neapel  zurückbrachte, 
um  es  den  Franzosen  nicht  in  die  Hände  fallen  zu  lassen. 
Nachdem  dieses  Manöver  dem  französischen  Feldherm  nach 
Wunsch  gelungen  war,  verliess  er  seinen  bisherigen  Lagerplatz, 


—    265    — 

bildete  aus  seinem  Heere  drei  starke  Kolonnen  und  rttckte  mit 
demselben  vor  bis  auf  eine  deutsche  Meile  vor  Troja;  beide 
Heere  standen  nun  einander  schlagfertig  gegentiber.  Lautrec 
hatte  sich  in  den  Besiti  einer  Anhöhe  gesetzt,  selbe  mit  seinen 
24  „Stfick  Bflchsen^  gekrönt  und  von  diesem  dominirenden 
Punkte  aus  die  Kaiserlichen  fortwührend  beschiessen  lassen  — 
Willens,  über  dieselben  herzufallen,  falls  sie  Miene  machen 
sollten,  sich  zurückzuziehen;  diese  konnten  ~  weil  ohne  Ge- 
schfltz  —  das  feindliche  Feuer  zwar  nicht  erwiedern,  hielten 
es  jedoch  standhaft  aus  und  blieben  fortwährend  in  Schlacht- 
ordnung stehen ,  bereit ,  den  Kampf  mit  den  Franzosen  aufzu- 
nehmen, wenn  diese  einen  Angriff  wagen  sollten;  er  fand  aber 
nicht  statt,  jedoch  fielen  tflglich  grössere  oder  kleinere  Schar- 
mützel vor.  Bei  Gelegenheit  eines  solchen  Gefechtes  fiel  Martins 
Coionna,  ein  junger  und  feuriger  Krieger,  den  Franzosen  in  die 
Hftnde;  der  Kardinal  kaufte  seinen  Yelter  mit  dem  Bemerken 
los:  er  soll  sich  nur  wacker  halten,  den  Franzosen  tüchtig 
zusetzen  und  die  Gefangenschaft  nicht  scheuen ;  Geld  sei  genug 
vorhanden,  ihn  zum  zweiten,  dritten  und  vierten  Mal  loszu- 
kaufen. 

3.  Nachdem  nun  beide  Heere  acht  Tage  vor  einander 
gelegen  waren,  hielten  die  kaiserlichen  Anführer,  Philibert^ 
Prinz  von  Oranien,  Alphons  von  Guasta,  Johann  de  Urbina, 
Kommandant  des  spanischen  Haufens,  und  Bemmelberg,  Führer 
der  deutschen  Landsknechte,  einen  Kriegsrath,  in  welchem  der 
Abzug  von  Troja  und  Rückzug  nach  Neapel  beschlossen 
wurde.  Dem  gebssten  Beschlüsse  zu  Folge  verliess  das  kai^ 
serliche  Heer  in  der  Nacht  vom  20.  auf  den  21.  Mürz  ganz 
stHle  sein  Lager  und  zog  sich  über  Ariano  auf  Neapel  zurück. 

Graf  Guido  Rangone,  Graf  Klaudius  von  Vaudemont  und 
Valerie  Ursini  waren  entschlossen,  den  Kaiserlichen,  als  sie 
ihren  Abzug  bemerkt  hatten,  schnell  nachzurücken  und  ihnen 
den  möglichsten  Abbruch  zu  thun ;  diesem  Vorhaben  widersetzte 
sich  jedoch  Peter  Navarra  mit  dem  Vorgeben  :  man  müsse  zuerst 
die  Stadt  Melfi   und  noch  einige  andere  Plätze  erobern,  um 


—    266    - 

sich   durch  die  Einnahme  derselben  die  nölhigen  Lebensmiltel 
für  den  beanlinglen  Zug  auf  Neapel  zu  sichern;  somit  konnte 
das    kaiserliche  Heer    ungehindert  und    unangefochten  seinen 
Rflckzug   fortsetzen,   auf  welchem   dasselbe  die  Stadt  Ariano 
plünderte  —  aus  Ursache,   weil  die  Einwohner  ihre  Sympa- 
thien tvr  die  Franzosen  unverholen   an  den  Tag  gelegt  hatten. 
Der  Oberbefehlshaber,  Prinz  von  Oranien,  formirte  3  Kolonnen; 
die  erste  bestand  aus  den  Deutschen  unter  Anführung  des  Loco- 
tonenten  Bemmeiberg  und  bildete  den  Vorlrab;  die  zweite  Ko- 
lonne, aus  Kavallerie  bestehend  und  das  Centrum  bildend,  wurde 
vom  Harkgrafen  Friedrich  Gonzaga  angeführt,  der  seine  Reiter 
links  und  rechts  streifen  Hess,   um   beide  Flanken  des  Heeres 
zu   sichern;   die  Spanier  unter  dem   Harkgrafen  Alphons  voo 
Guasta  bildeten  den  Nachtrab;  in  dieser  Ordnung  erreichte  das 
Heer,  über  Benevent  ziehend,  am  „Osterabend^  die  Vorstadt  von 
Neapel,  In  welcher  Halt  gemacht  und  Lager  geschlagen  wurde 
in  der  Absicht,  daselbst  die  Ankunft  der  Franzosen  abzuwarten 
und  ihnen  eine  Schlacht  lu  liefern ;  dafür  stimmte  Alphons  von 
Guasta,  wflhrend  die  übrigen  Heerführer,   namentlich  aber  der 
Vice-König  selbst,  die  Ansicht  vertraten:  es  wäre  klüger,  das 
Heer  in  die  Stadt  zurückinztehen  und  hinter  den  schützenden 
Hauern  derselben  die  Feinde  abzuwarten,  als  deo  Entacheid 
der  Sache  dem   ungewissen  Aasgang   einer  Schiacht  zu  über- 
lassen ;  sofort  wurde  das  ganze  Heer  in  die  Stadt  zurQckgeiogeni 
deren  Besatzung  bisher  aus  8  schwachen  Fähnlein  deutscher 
Landsknechte ,  die  lange  in  Spanien   gelegen  waren ,  und  aus 
12  Fühnlein  italienischer  Truppen  bestanden  hatte. 

4.  Bald  nach  dem  Abzüge  der  Kaiserlichen  brach  auch 
der  Oberbefehlshaber  der  Franzosen  mit  seinem  Heere  von 
Troja  auf  und  trat  den  Harsch  nach  Neapel  an.  Auf  dem  Zuge 
dahin  erstürmte  F^ter  Navarra  die  Stadt  Helfi  und  erscbJog 
in  deraelben  bei  3000  Einwohner  (nach  einer  andern  Quelle 
soll  die  Zahl  der  Erschlagenen  ohne  Unterschied  des  Ge- 
schlechtes und  Alters  gar  7  bis  8000  erreicht  haben),  kein 
Wunder,  dass  die  Franiosen  durch  solche  Grausamkeiten  sieh 


-    867    — 

iiald  den  aHgeüeioMi  Hass  suiogen.  Bei  VertheiluBg  der  in 
Melfi  gemacbteo  Beute  kamen  sie  selbst  einander  in  die  Haare 
nnd  swar  dergeatalt,  daaa  bei  dieser  Gelegenheit  eine  bedeu- 
tende Anzahl  ihrer  eigenen  Leute  erschlagen  worden  sein  soll. 

5.  Endlieh  am  17.  April  kam  Lautrec  vor  Neapel  an  und 
schloss  die  Stadt  mit  seinem  Heere  von  der  Landseite  ein;  der 
Feldherr  schlug  mit  den  Franzosen  auf  einer  Anhohe  vor  der 
Stadt  —  monte  reale  genannt  —  das  Lager  auf,  Peter  Navarra 
'  besetzte  eine  andere  steile  Anhöhe  mit  seinen  schwarzen  Fähn- 
lein —  bekannt  unter  dem  Namen:  sepiem  millla  Diabios  (die 
sieben  tausend  Teufel) ;  und  nun  begann  eine  der  hartnäckigsten 
und  merkwürdigsten  Belagerungen,  welche  die  Geschichte  kennt. 
Die  Franzosen  waren  den  Kaiserlichen  fast  dreifach  überlegen ; 
zudem  hatten  letztere  auch  noch  die  Rinwohner  wider  sich,  die 
mehr  französisch  als  kaiserlich  gesinnt  waren;  endlich  kam 
auch  noch  eine  Flotte  unter  dem  Admiral  Andreas  Doria  und 
schloss  die  Stedt  auch  von  der  Seeseite  ein.  Indessen  war  diT 
furchtbarste  Feind  fflr  die  Besatzung  —  der  Hunger;  aber  da 
sah  man  wieder,  was  deutsche  Zähigkeit  vermag. 

Die  Besatzung  bestand  grossen  Theils  aus  Deutschen,  die 
sieh  an  den  Ausspruch  ihres  unäberwindlichen  Führers,  des 
Ritters  Georg  von  Freundsberg,  erinnert  haben  dürften:  „Je 
mehr  Feind',  desto  mehr  Ehr*.^  Und  was  noch  bei  der  ganzen 
Belagerung  das  Auffallendste  ist,  das  bleibt  der  Umstand,  dass 
man  von  keinem  Aufruhr  etwas  liest,  auch  bei  allem 
Elend,   dem  die  Besatzung  durch  19  Wochen  ausgesetzt  war. 

Peter  Navarra  Wcss  geschwind  das  Geschütz  auf  jene  Au- 
shöbe hinaufbringen ,  welche  er  inne  hatte ;  von  diesem  Punkte 
aus  konnte  er  die  vorzüglichsten  Plätze  der  Stadt  besehiessen 
mid  den  Kaiserlichen  grossen  Schaden  zufügen.  Einer  der 
Erstrn ,  die  vom  feindlichen  Geschosse  getroffen  wurden  und 
todt  blieben,  das  war  —  Petrus  de  Veira,  jener  Abgeord- 
nete des  Kaisers,  der  das  Dekret  Karls  wegen  Freilassung  des 
Papstes  nach  Rom  überbringen  musste.  Die  Besatzung  unter- 
lOahlii  iHlglinh  A^Jsfäile,  die  ;9ewöhnlich  mit  gutem  £rfolge  gekrönt 


—    288    — 

wurden  und  dem  Feinde  grossen  Abbruch  diäten.^)  Härter 
gestaltete  sich  der  Stand  der  Belagerten,  als  auch  der  Admiral 
Andreas  Doria  die  Stadt  mit  seiner  Flotte  von  der  Seeseite 
her  einschloss;  diese  bestand  aas  einigen  französischen  und  i7 
venetianischen  Galeeren ;  die  letztern  kommandirte  Petrus  Landos. 
AnAnglich  war  der  Admiral  mit  seiner  schwachen  Flotte  nach 
dem  Hafen  von  Salerno  gesteuert,  um  dort  die  Ankunft  der 
venetianischen  Schiffe  abzuwarten  und  dann  In  Vereinigung  mit 
diesen  in  den  Hafen  von  Neapel  einzulaufen.  Kaum  befand  sich 
aber  Admiral  Doria  im  Hafen  von  Salerno,  als  der  Yice-KOnig 
Hugo  Honcada  den  Entschluss  fasste,  dem  feindlichen  Admiral 
ein  Treffen  zu  liefern,  ehevor  die  venetianischen  Schiffe  ange- 
kommen wftren;  der  Yice-KOnig  verliess  demnach  mit  seinen 
Siebs  Schiffen,  die  ihm  zu  Gebote  standen,  den  Hafen  von 
Neapel,  steuerte  heimlich  nach  Salerno,  überfiel  dort  den  Ad- 
miral ,  schlug  ihn  in  die  Flucht  und  nahm  ihm  vier  Galeeren 
ab.  Als  nun  aber  das  spanische  Schiffsvolk  anfing  zu  plttnden 
und  der  überraschte  Doria  dies  bemerkte,  Hess  er  auf  der  Stelle 
seine  Schiffe  wenden,  steuerte  mit  vollen  Segeln  auf  die  kaiser- 
lichen los  and  griff  sie  an.  Das  erste  Schiff,  auf  das  er  stiess, 
war  das  Admiralschiff  des  Vice-Königs.  Dieses  erhielt  gleich 
eine  volle  Ladung  von  der  ganzen  Breitseite  des  feindlichen 
Admiralschiffes.  Auf  dem  kaiserlichen  Admiralschiffe  wurde  der 
Mastbaum  abgeschossen,  stürzte  und  erschlug  im  Sturze 
den  Vice-König;  nun  wurde  dieses  mit  noch  vier  andern 
kaiserlichen  Fahrzeugen  genommen;  eine  einzige  kaiserliche 
Galeere  entkam  nach  Neapel ,  und  auf  dieser  befand  sich  der 
Held  non  Cremona,  Conradin  Sperffser  von 
Olurns,  der  sich  mit  seinen  Leuten  verzweifelt  gewehrt  und 
durchgeschlagen  hatte,  bald  darauf  aber  zu  Neapel  leider  an 
der  Pest  starb.*») 

'^)  nWir  fielen  oft  heraus,  und  Ihäten  dem  Feind  grossen  scbaden."^ 

Schertiin. 
**)  £in  Nachkomme  dieses  „kühnmulhigen^  Feldhauptmanns,  der  dem 
Vaterlande  zur  besondern  Ehre  gereicht,  ist  der  berfihmte,  in 


—    2Ö9    — 

Die  Kaiserlichen  erlitten  in  dieser  Seeschlacht  grosse  Ver- 
loste. Derselbe  Cesar  Feramuska,  der  im  Lager  zu  Sl.  Gio« 
vanni  bei  Bologna  am  16.  Mflrz  1527  als  Lanno/s  Abgeord- 
neier den  Aufruhr  veranlasste,  bei  welchem  Georg  v.  Freundsberg 
vom  Schlage  getroffen  wurde,  flel  ins  Meer  und  ertrank. 

Camillus  de  Colonna,  auch  ein  Vetler  des  Kardinals,  gerielh 
mit  dem  Markgrafen  Alphons  von  Guasta  in  feindliche  Gefan- 
genschaft. Die  Schlacht  dauerte  über  fflnf  Stunden,  war  blutig 
und  hartnäckig.  Viele  deutsche  Landsknechte,  die  sich  zur 
Bemannung  der  kaiserlichen  Galeeren  hatten  brauchen  lassen. 
Seien  mit  ihren  Hauptleuten  den  Franzosen  in  die  Hände  und 
wurden  von  diesen  an  die  Galeeren  geschmiedet  und  als  Ruder- 
knechte verwendet.*) 

6.  Nach  der  Seeschlacht  bei  Salerno  segelte  Doria  nach 
Neapel,  lief  in  den  Hafen  ein  und  blockirte  die  Stadt  zur  See. 
Eine  noth wendige  Folge  davon  war  das  Ausbleiben  aller  Lebens- 
mittel, die  bisher  zur  See  in  die  Stadt  gebracht  worden  waren, 
und  eine  weitere  Folge  —  der  Hunger,  der  bald  sich  ein- 
stellte und  eine  solche  Höhe  erreichte,  dass  ein  Ei  5  Kreuzer, 
ein  junges  Huhn  eine  Goldkrone,  ein  Kapaun  drei  Goldkronen 
schon  im  ersten  Monat  der  Belageiung  kostete;  im  zweiten 
Monate  gab  es  in  der  Stadt  weder  Wein  noch  Fleisch  mehr. 
Aus  Sicilien  hatte  man  Korn  in  die  Stadt  gebracht,  das  aber 
auf  der  Ueberfahrt  verdorben  und  „sclimeckend^  geworden  war; 
daraus  waren  Brode  bereitet  worden,  die  einwendig  teigig,  aus- 
wendig aber  in  ihrer  Rinde  so  hart  waren,  dass  man  selbe  mit 


Glurns  geborne  Joseph  Freiherr  von  Sperges,  gewe- 
sener k.  k.  Hofralh ,  von  der  Kaiserin  Maria  Theresia  mit  dem 
Stephans -Orden  geschmückt.  Der  Nalionalkalender  für  Tirol 
und  Vorarlberg  vom  Jahre  1821  enthält  eine  gedrängle  Bio- 
graphie dieses  ausgezeichneten ,  auch  um  die  Geschichte  von 
Tirol  so  verdienten  Mannes. 
^)  Ich  bemerke  hier,  dass  andere  (Quellen  diese  in  Rede  stehende 
Seeschlacht  nicht  den  Andreas  Doria  Selbsten,  sondern  seinen 
JNeffen  P  h  i  I  i  p  p  i  n  o  liefern  lassen. 


^    270    — 

Aexten  serschlagen  mussfe;  tod  diesem  Brode  erhielt  jeder 
Kneeht  einen  Laib,  der  zwei  Pfund  schwer  war,  er  erhielt  aber 
ausser  diesem  nichts;  halb  aasgebackenes  anschmackhaftes  Brod 
und  stinkendes  Wasser  bildete  demnach  während  der  fOiifDio- 
natlichen  Belagerung  die  Nahrung  der  Besatzung.*)  In  einem 
Kloster  entdeckte  man  eine  Quelle  mit  süssem  Wasser;  dieses 
wurde  nun  sorgfaltig  geschöpft,  mit  Gersten-Kleien  und  etwas 
Grische  abgesotten,  dann  mit  Sauerteig  vermischt  und  so  fOr 
Durst  und  Hunger  genommen. 

Eines  Tages  machten  die  Belagerten  einen  wüthendea 
Ausfall  auf  jene  sechs  Fähnlein  deutscher  Landsknechte,  welche 
unter  dem  Kommando  des  Grafen  Wolf  von  Lupfen  im  fran- 
zösischen Heere  sich  befanden ;  diese  wurden  susamaiengehaueo, 
ihre  Standarten  erbeutet  und  im  Triumphe  nach  der  Stadt  ge- 
bracht. Hit  jedem  Tage  mehrten  sich  die  gemachten  Ausfalle, 
die  nun  auch  aus  Noth  unternommen  wurden,  um  Lebensmittel 
zu  erbeuten;  die  Kaiserlichen  erschlügen  bei  dieser  Gelegenheit 
viele  Franzosen,  nahmen  denselben  die  Zufuhren  weg  und  jagten 
ihnen  nach  und  nach  eine  solche  Furcht  ein,  dass  sie  sich  bald 
nicht  mehr  von  ihren  Anhöhen  herabvvagten,  sowie  die  Kaiser- 
lichen unten  in  der  Ebene  herumstreiften;  daher  stellte  sich 
Hunger  und  Noth  bald  auch  im  französischen  Lager  ein. 

Am  15.  Juli  brach  endlich  \n  dentselben  gar  die  Pest 
aus  und  richtete  unter  den  Franzosen  eine  furchtbare  Nieder- 
lage an;  ein  warmer  Südwind  hatte  dieselbe  bald  nach  allen 
Seiten  hin  verbreitet.  Die  ersten  Führer  flüchteten  sich  aas 
dem  verpesteten  Lager,  in  welchem  der  Tod  eine  reichliche 
Aemte  hielt,  theiis  nach  Capua,  theils  nach  Nola  oder  Aversa« 
Renzo  de  Gero  und  mehrere  andere  Führer  gaben  dem  Ober* 

*)  y^Wir  hallen  bös  wasser  —  sflgl  Scherliiu  -  bös  brod,  war 
stinkend  körn  ans  Sicilien  herkommen,  wenig  wein,  kein  neiscli? 
vil  krankes  kriegsvolk.^' 

Michts  desto  weniger  waren  die  Deutschen  guten  Bluthes  und 
vertrieben  sich  die  Zeit  mit  Spielen.  Scherllin  gesteht  von 
sich  ein,  dass  er  in  einigen  Stunden  fOnf  tausend  Dukaten 
im  Spiele  verloren  habe ! 


-    271    — 

bffehbhaber  des  französischen  Heeres  den  wohlgememten  Rath, 
die  Belagerung  eiligst  anfsoheben,  die  verpestete  Gegend  zu 
verlassen  und  den  noeh  übrigen  Rest  des  Heeres  in  eine  ge* 
.sunde  Gegend  zu  führen;  allein  Lautree,  jeden  Augenblick  die 
Uebergabe  der  Stadt  erwartend,  glaubte  ausharren  zu  müssen. 
Von  der  Stadt  Aquila  her  wollte  er  4000  Mann  an  sich  ziehen; 
aber  es  erschien  —  keine  Seele.  Früher  schon  halte  der  Har- 
schall den  König  Franz  dringend  um  eine  Unterstützung  an 
Geld  und  Truppen  angegangen;  aliein  der  leichtsinnige,  wol- 
lüstige Franz  hatte  für  Lautrec  weder  Geld  noch  Truppen. 

„Möchte  doch  König  Franz  statt  nur  auf  die  Freuden  der 
Jagd  zu  denken,  Sorge  tragen,  dass  diese  Unternehmung 
nicht  ganz  misslinge.  Alle  frühem  Unglücksfälle  haben  ihn 
nicht  belehrt,  und  diese  Plane  werden  in  Folge  der  näm- 
lichen Nachlässigkeit  und  Geringschätzung  des  Feindes,  gleich- 
wie alle  früheren,  misslingen.^  Und  so  kam  es  such,  wie 
es  ein  Zeitgenosse  Franzens  in  den  angeführten  Worten  vor- 
aosgesH^t  und  bejammert  hat.  Lautrec,  ohne  alle  Unterstützung 
gelassen,  von  Missmulh  und  Yerdruss  darüber  verzehrt,  wurde 
endlich  von  der  Pest  selbst  ergriffen;  er  Hess  sich  zwei 
Hai  zur  Ader,  aber  es  verhalf  Alles  nichts;  am  11.  August 
(nach  einer  andern  Quelle  am  i5.  August)  war  dieser  tüchtige 
Feldherr  —  eine  Leiche. 

Der  Markgraf  Michael  Saiuzzo ,  welcher  mit  dem  Grafen 
Guido  Rangone  standhaft  bei  dem  Oberbefehlshaber  ausgehalten 
hatte,  schickte  nach  Lautrec's  Tod  einen  Trompeter  nach  Neapel 
und  Hess  den  Prinzen  Philibert  von  Uranien  um  Balsam  bitten, 
die  Leiche  damit  einzubaisamiren  und  dann  nach  Frankreich 
schicken  zu  können;  da  aber  Prinz  Philibert  keinen  Balsam 
auftreiben  konnte,  begrub  man  den  Marschall  ganz  kurz  in 
einem  nahen  Dorfe  unter  einem  Sandhaufen.  Von  da  brachte 
ein  geldgieriger  Spanier,  der  dies  in  Erfahrung  gebracht  hatte, 
die  Leiche  nach  Neapel  und  vergrub  sie  in  einem  Keller 
seines  Quarliercs  —  der  Hoffnung  sich  hingebend,  dass  selbe 
für  iheures  Geld  werde  abgekauft  werden;  da  aber  sich  kein 


-    272    - 

Mensch  mehr  in  Frankreich  um  den  todten  Lautrec  be- 
kümmerte, so  blieb  die  Leiche  des  armen  Marschalls  im  Keller 
vergraben! 

7.  Nach  Lautrec's  Tod  stieg  den  Belagerten  auch  bei 
allem  Elend  der  Muth  in  dem  Grade,  als  er  bei  den  Franiosen 
abnahm.  Als  endlich  der  Admiral  Doria  zur  Parthei  des  Kaisers 
übertrat  —  wie  später  wird  erzählt  werden  —  den  Hafen  öffnete 
und  die  Kaiserlichen  mit  Lebensmitteln  versah,  erreichte  der 
Muth  der  Kaiserlichen  den  höchsten  Grad.  Nun  unternahmen 
sie  in  einer  Stärke  von  nur  1500  Mann  bei  hellem  Tage  einen 
Ausfall  und  zwar  mit  vielen  Leitern  auf  den  Schultern,  als 
wollten  sie  die  Anhöhen  stürmen ;  zwischen  beiden  französischen 
Lagern  stellten  sie  sich  in  Schlachtordnung  auf,  ohne  dass  die 
Franzosen  es  wagten,  ihre  Verschanzungen  zu  verlassen  und  sie 
anzugreifen.  Endlich  gegen  Mitternacht  legten  die  Deulschea 
auf  das  Lager  des  Peter  Navarra  einen  Sturm  an,  eroberteo 
dasselbe  und  jagten  die  Ueberresle  „der  sieben  tausend  TeufeH 
jn  die  Flucht;  Peter  Navarra  selbst  wurde  gefangen,  nach  Neapel 
gebracht ,  im  Kastell  eingei^perrt  und  in  demselben  einige  Zeit 
darauf  todt  gefunden,  sei  es  nun,  dass  er  sich  das  Leben 
nahm  oder  dass  er  wirklich  mit  Bettkissen  erstickt  worden  ist, 
wie  behauptet  wird,  um  dem  Meineidigen  die  Schande  der 
öffentlichen  Enthauptung  zu  ersparen,  die  er  zu  gewärtigen  hatte. 

Dieser  Peter  Navarra  war  nämlich  das  Kind  armer  Leute; 
er  brachte  es  aber  durch  seine  ausserordentlichen  Talente  vom 
Lakaien  bis  zum  Grossadmiral  von  Spanien,  war  der 
erste  Seemann  und  Ingenieur  seiner  Zeit,  eroberte  Cephalonia, 
Gran  und  Tripolis.  Als  er  in  der  berühmten  Schlacht  bei 
Ravenna  gefangen  wurde  und  die  Spanler  ihn  zu  lange  nicht 
auslösten,  wurde  er  unmuthig  und  trat  in  Frankreichs 
Dienste  —  gegen  sein  eigenes  Vaterland.  Nach  der  Erstür- 
mung von  Genua  (1522)  durch  Georg  von  Freundsberg  befand 
sich  auch  Navarra  unter  den  Gefangenen ,  wurde  aber  wieder 
frei  gegeben  gegen  das  feierliche  Versprechen ,  nie  wieder 
feindlich  gegen  seinen  Kaiser   und  Herrn  Karl  V.  aufzutreten; 


—    278    — 

Ulm  tarn  «welteo  Male  ^  io  Frankreichs  Dienste  üeheiid  «-^ 
fdangen ,  wQrde  er  dem  Tode  durch  Henliershand  schwerlieh 
entgangen  sein. 

Aoeh  der  Graf  Klaadius  von  Yaudemont  starb  vor  Neapel 
an  der  Pest,  fand  aiso   dort  gau  unerwartet  den  Tod  statt 
einer  verhofflen  —  KOnigskrone;   seine  Leiche  wurde  im. 
Kloster  aar  h.  Klara,  wetehes  seifie  Vorfahren,  die  Grafen  von 
Andegavia  gestiftet  hatten,  aar  Erde  bestattet. 

Nach  dem  Tode  des  Grafen  von  Yaudemont,  des  Königs 
in  spe,  sogen  die  Fransosen,  welche  von  der  Pest  verschont 
wiNrden  waren,  in  einer  Stfirke  von  8000  Mann  (nach  Schertlin) 
am  29.  August  von  Neapel  in  dreien  Kolonnen  ab ;  jede  dieser 
Abtheiiungen  nahm  nur  drei  Falkonetten  mit  sich;  alles  übrige 
Geschllts  wurde  curttckgelassen.  Den  Vortrab  führte  der  Mark- 
graf von  Saluzao,  das  Centrom  Graf  Guido  von  Rangone,  und 
die  Arrieregarde  Pomperant,  der  ehemalige  Hofmeister  Bour^ 
bons,  welcher  nach  dem  Tode  seines  Herrn  wieder  sur  fra»- 
xOsisclien  Parthei  übergetreten  war;  er  kommandirte  beim  Ab* 
söge  die  Reiterei. 

Als  nun  die  kaiserlichen  Heerfttlirer  den  Abxog  der  Fran* 
lösen  g-ewahr  geworden  waren,  jagten  sie  ihnen  nach ;  bei  der 
Stadt  Aversa,*)  die  wenige  Stunden  nördlich  von  Neapel 
liegt,  worden  sie  schon  eingeholt ,  angegriffen  und  —  aufs 
Hanpt  gesehlagen.  Der  Markgraf  von  Saluzxo,  dem  nach 
Lantrec'is  Tod  das  Oberkommando  zugefeilcn  war,  wurde  vei^ 
wvndet,  gefangen  und  nach  Neapel  gebracht.  Pomperant  fand 
bei  Erstürmung  der  Stadt  Aversa  durch  die  Kaiserlichen  seinen 
Tod«  Der  Prinz  von  Oranien  schickte  den  Hauptmann  Hanns 
von  Brandeck  mit  600  Landsknechten  gegen  Nola  ab,  um  diese 
Stadt  den  Franaosen  zu  entreissen,  vras  auch  geschah,  während 
1000  Fransosen   zu  Fuss  und   200   zu  Pferd,  die  auf  Nola 


^)  Diese  bei  13,000  Einwohner  zahlende  Ortschaft  war  schon  im 
AUerthnme  wegen  ihrer  Mimenspiele  (ludi  atellani)  berühmt. 
Robert  Guiscard  baute  sie  nach  ihrer  Zerstoning  durch  die  Van- 
dalen  wieder  auf  und  breitete  von  hier  aus  seine  Macht  aus. 

18 


-    274    - 

'dirigirt  wareo,  Tom  FerdinaMl  €}oisaga  ttberfallen  «od  «ratraat 
wurden.  Auch  das  wichtige  Capiia  ergab  aich  und  eriudt  dei 
wackem  ObersteD  Fabritius  Haramald  zum  Kommaadaoteih 

Nach  und  nach  fiel  das  ganze  Laad  wieder  in  die  Hände 
der  Kaiserlichefi.  Es  wird  allgemein  behauptet,  dass  von  alleo 
lenen  Kriegern,  die  mit  Lautreo  aber  die  Alpen  gekonimea 
und  nach  Neapel  gezogen  sind,  kein  Einziger  mehr  sein  Vater- 
land zu  sehen  bekommen  habe.  Schertlin  schreibt:  ,,InSiiauDa' 
was  nicht  zu  tod  geschlagen,  starb  sonsten ;  ich  gltnb,  es  seynd 
von  dem  grossen  haoffen  nicht  1700  Haan  überblieben.^ 

8.  Ein  besonders  trauriges  Schicksal  wurde  jenen  an* 
deutschen  Landsknechten  zu  Theil,  die  sich  von  Rudolpli 
Hftl  hatten  verleiten  lassen,  in  französische  Dienste  au  trelei 
und  gegen  ihre  eigenen  Landsleute  die  Waffen  zu  flßhren;  alk 
jene  aus  ihnen,  welche  von  der  Pest  waren  verschont  gehliehcn, 
wurden  überfallen,  gezwungen  auf  Gnade  und  Ungnade  sich 
zu  ergeben,  dann  aller  ihrer  Sachen  beraubt,  bis  an  die  Gcfinie 
des  Königreichs  eskortirt,  dort  unter  Sputt  und  Gbhu  enäassen, 
nachdem  sie  der  Barmherzigkeit  Gottes  und  der  Gnade  der 
Bauern  empföhlen  worden  waren,  von  welchen  sie  aber  sfimmt- 
lieh  aitf  ihrem  Heimwege  erschlagen  wurden. 

Drei  Schweizer,  die  aus  der  Engelsburg  ausziehend  za  dflo 
Kaiserlichen,  von  diesen  aber  wieder  zu  den  Franzosen  überr 
gegangen,  jetzt  aber  gefangen  wonlen  waren,  wurden  auf  den 
grossen  Platze  z«  Neapel  aufgeknüpft. 

9«  Da  der  Vice-Könrg  von  Neapel,  Don  HugO:  Moncada, 
in  der  Seeschlacht  gegen  die  Franzosen  gefallen  war,  so  warde 
an  seiner  Stelle  nach  Vertreibung  der.  Franzosen,  der  Oberbcr 
fehkliaber  des  kaiserlichen  Heeres,  Philibert  Prinz  voi 
Oranien,  vom  Kaiser  zum  Vice^KOnig  ernannt.  lu  dieser 
seiner  Eigenschaft  zeichnete  er  sich  durch  eine  ausserordent- 
liche Strenge  aus,  die  er  gegen  alle  Jene  übte,  welche  dem 
Kaiser  meineidig  geworden  waren  und  zur  Parthei  der  Franzosen 
übergelrelen  waren.  Den  beiden  Fürsten  de  Venafra  und  de 
Tecfflino,  dem  Pando  Herzoge  von  Paviui  Antonio  de  Avensa 


-    276    - 

and  Boch  vier  aadern  hohen  Herren  ron  Neapel  wurde  der 
Prozess  gemacht;  des  Abfalles  vom  Kaiser  überführt,  wurdeo 
sie  sammtlich  auf  dem  Platze  vor  dem  Kastell  öffentlich  ent- 
hauptet, ),darob  die  Neapolitaner  Zäher  vergossen.^ 

Wie  in  Neapel,  so  wurden  auch  an  einigen  andern  Orten, 
namentlich  auf  Antrieb  des  Kanzlers  H.  Morone,  mehrere  Hein- 
eidige  aus  den  Grossen  des  Reiches  hingerichtet.  Die 
Gflter  der  Hingerichteten  wurden  zum  Besten  des  Fiskus  und 
des  Heeres  eingezogen.  Der  neue  Vice-König  hat  aber  auch 
nicht  vergessen,  die  treuen  Führer  des  kaiserlichen  Heeres 
würdig  zu  belohnen.  Die  Stadt  Honte  Sacron  erhielt  der 
Markgraf  Alphons  von  Gnasta ,  die  Stadt  Ariane  der  Harkgraf 
Ferdinand  Gonzaga,  das  Thal  Cecilian  der  tapfere  Ferdinand  a 
Larcon,  das  Salentiner  Thal  jener  griechische  Hauptmann,  wel- 
cher den  Peter  Navarra  gefangen  genommen  halte;  die  Haupte 
leute  des  Heeres  erhielten  die  Stadt  Aquila  sammt  den  um- 
liegenden Schlössern;  er  selbst  behielt  für  sich  die  Stadt  AscaV 
in  Apulien.  Schliesslich  wurde  auch  Andreas  Doria  qiit 
dem  Fflrstenthume  Uelfi  belohnt.  Was  es  mit  der  Belohnuag 
des  benannten  Admirals  für  eine  Bewandtniss  habe,  wollen  wir 
nun  hören. 

Während  dieser  tüchtige  Seemann  im  Interesse  Frankreich^ 
die  Stadt  Neapel  blockirte,  wurde  er  vom  König  Franz  rück- 
sichtslos und  aufs  schnödeste  behandelt.  Doria  hatte  in  der 
Seeschlacht  bei  Salerno  mehrere  Führer  und  Hauptleute  des 
kaiserlichen  Heeres  gefangen,  darunter  den  Harkgrafen  Alphoais 
von  Guasta.  Lautrec  stellte  nun  an  den  Admiral  eine  kathe- 
gorische  Forderung,  die  Gefangen^  ihm  auszuliefern;  als  sich 
aber  Doria  dessen  weigerte,  berichtete  der  Harschall  dies  an 
König  Franz,  der  dem  Seehelden  die  Weisung  zugehen  Hess, 
die  Gefiangenen  ohne  weiters  herauszugeben.  Dieser  Befehl 
that  dem  grossen  Hanne,  der  wie  ein  gewöhnlicher  Unterthao 
von  Franz  behandelt  wurde,  ausserordentlich  wehe;  derselbe 
würde  jedoch  seine  persönliche  Zurücksetzung  vielleicht  noch 
▼erschmerzt  haben ;  als  er  aber  sah,  dass  der  französische  Hof 

18« 


—    276    — 

darauf  ausging,  seine  Vaterstadt  Genua  vorsfitzKeh  zu  Grunde 
zu  richten,  um  dagegen  die  Stadt  Savona  zu  erheben,  machte 
er  dagegen  laute  und  dringende  Vorstellungen.  Anstatt  aber 
diese  zu  berücksichtigen,  wie  es  Recht  und  Klugheit  yerlangten, 
trug  der  französische  Kanzler  Duprat  die  Sache  im  Rathe  so 
vor,  wie  er  glaubte,  dass  der  Marschall  Hontmorency  (der  die 
Einnahme  vom  Hafen  zu  Savona  bezog)  es  wfinsche,  schalt  den 
Seehelden  einen  hochraüthigen  und  unverschämten  Mann,  und 
wirkte  einen  Befehl  aus,  ihn  gefangen  zu  nehmen!  Der 
leichtsinnige  König  trat  leichtsinnig  dem  Antrage  seines  Kanzlers 
bei,  und  trug  die  Vollziehung  dt^s  gegebenen  Befehles  dem 
Barbesieux  auf,  den  er  —  statt  des  zu  verhaftenden  Doria  — 
zum  Admiral  auf  dem  mitti^Iländischen  Heere  ernannt  hatte. 

Doria  erhielt  jedoch  von  dem  Vorgefallenen  glaubwürdige 
Nachrichten,  trat  auf  Anrathen  des  gefangenen  Markgrafen 
Alphons  von  Guasta  mit  zwölf  Galeeren  auf  die  Seite  des  Kaisers 
Ober,  schloss  mit  diesem  einen  für  seine  Vaterstadt  sehr  vor- 
theilhaften  Vertrag,  hob  in  Folge  ilesselben  die  Blockade  vod 
Neapel  auf,  öffnete  den  Kaiserlichen  die  Zufuhr  von  Lebens- 
mitteln und  unterstützte  sie  auf  alle  mögliche  Weise;  dadurch 
trug  Doria  zur  Erhaltung  der  benannten  Stadt  gegen  die  Fran- 
zosen wesentlich  bei.  Die  geleisteten  guten  Dienste  des  grossen 
Mannes  anerkennend,  belohnte  Kaiser  Karl  denselben  nun  — 
wie  bereits  erwfihnt  —  mit  dem  Fürstenthume  Helfi. 

Vernehmen  wir  das  Weitere  in  Bezug  auf  unsern  Seehelden. 
Jetzt  ging  das  Sinnen  und  Trachten  desselben  dahin,  seine 
Vaterstadt  Genua  vom  französischen  Joche  gänzlich  zu  be- 
freien und  ihr  die  alte  Freiheit  wieder  zu  verschaffen.  Bald 
stellte  sich  ihm  eine  sehr  günstige  Gelegenheit  dar,  dieses 
ruhmwürdige  Vorhaben  auszuführen.  Das  von  der  Pest  eben- 
falls heimgesuchte  Genua  war  fast  von  allen  Einwohnern  ver- 
lassen, die  französische  Besatzung  weder  ordentlich  bezahlt, 
noch  mit  neu  angeworbener  Mannschaft  ergänzt,  mithin  sehr 
schwach;  Doria's  Kundschafter  fanden,  dass  die  in  der  Stadl 
noch  übrigen  Bürger  ihn  als  ihren  Befreier  aufnehmen  und  alle 


^  _    277    — 

seine  Massregeln  hrilftigst  untersiatzen  wflrden.  Unter  einem 
so  lioffnungsvollen  Anscheine  segelte  er  nach  der  Koste  von 
Genua;  die  wenigen  dort  slalionirten  franxösischen  Galeeren 
zogen  sich  zurück,  so  bald  sie  den  berühmten  Seehelden  mit 
seinen  im  Kampfe  erprobten  Schüfen  hatten  kommen  sehen. 
Eine  kleine  Abtheilung  seiner  Bemannung  übermmpeüe  nftcht^ 
lieber  Weile  ein  Thor;  nun  warf  sich  der  französische  Stadt- 
kommandant Theodor  Trivulzio  mit  seiner  schwachen  Besatzung 
in  die  Ciladelle,  und  so  gewann  Doria  ohne  Blntvergiessen  die 
Stadt.  Der  Mangel  an  Lebensmitlein  zwang  den  Kommandanten 
bald  zu  einer  Kapitulation,  der  zu  Folge  die  Cltadelle  fiber- 
geben und  dann  vom  Volke  geschleift  wurde. 

Nunmehr  stand  es  in  Doria's  Macht,  ob  er  sich  selbsten 
zum  Souverain  seines  Vaterlandes,  das  er  glücklich  frei  gemacht 
hatte,  aufwerfen  wolle  oder  nicht.  Der  ^ühm  seiner  ehema* 
ligen  Thaten,  der  glückliche  Ausschlag  des  gegeowfirtigen  Ver- 
suches, die  Ergebenheit  seiner  Freunde,  die  Dankbarkeit  seiner 
Landsleute,  der  Beistand  des  Kaisers  —  Alles  traf  hier  zusam- 
men, ihm  eine  landesherrliche  Gewalt  zu  versprechen  und  lud 
ihn  ein,  dieselbe  anzunehmen;  jedoch  mit  einer  seltenen  Gross- 
muth  opferte  er  alle  Gedanken  einer  Selbstvergrösserung  dem 
Vergnügen  auf  —  sein  Vaterland  frei  zu  sehen.  Nachdem  er 
das  ganze  Volk  vor  seinem  Palaste  hatte  zusammenkommen 
lassen,  versicherte  er  seine  Hitbürger,  dass  die  Glückseligkeit, 
sie  noch  einmal  in  dem  Besitze  der  Freiheit  zu  sehen,  für  ihn 
die  vollkommenste  Belohnung  aller  seiner  Dienste  sei;  ver- 
gnügter und  zufriedener  mit  dem  Namen  eines  freien  Bürgers, 
als  mit  dem  Titel  eines  Souverain's,  forderte  er  keine  Vorzüge, 
keine  grossere  Macht  als  diejenige,  welche  seine  Mitbürger 
besüssen ;  diesen  allein  überliess  er  das  Recht,  die  Regierungs- 
form festzusetzen,  welche  sie  nunmehr  unter  sich  einführen 
wollten.  Das  Volk  hörte  ihn  mit  Thrünen  der  Bewunderung 
und  Freude  an.  Zwölf  angesehene  Männer  wurden  erwühlt, 
eine  neue  Regierungsform  für  den  Staat  zu  entwerfen. 

Der  Einfluss  der  grossen  Tugenden  des  Helden  und  sein 


—    278    — 

Beispiel  theilte  sich  seinen  Landsleaten  mit.  Doria,  geliebt, 
hochgeachtet  und  von  seinen  Mitbürgern  verehrt,  erlebte  ein 
hohes  Alter;  sein  Andenken  ist  noch  jetzt  bei  den  Gennesem 
gesegnet;  in  ihren  öffentlichen  Denkmälern  und  in  den  Werken 
der  Geschichtschreiber  heisst  er  mit  der  vorzüglich  ehrenvollen 
Benennung!  Vater  des  Vaterlandes  und  Wiederher- 
steller seiner  Freiheit. 

10.  Als  die  Venetianer  die  Aufreibung  des  französischen 
Heeres  in  Erfahrung  gebracht  hatten,  beriefen  sie  den  Herzog 
von  Urbino,  der  fortwährend  in  Umbrien  lag,  nach  Haose, 
zogen  auch  jene  Truppen,  die  'noch  im  Mailändischen  lagen, 
zurttck  und  besetzten  damit  ihre  Städte. 

Nachdem  wir  wieder  in  Oberitalien  sind,  wollen  wir  uns 
nach  Antonio  de  Leyva  umsehen,  der  unterdessen  an  die  Stelle 
des  gehllenen  Herzogs  von  Bourbon  Statthalter  von  Mai- 
land geworden  war,  und  nach  dem  jugendlichen  Helden 
Kaspar  von  Freundsberg,  den  wir  füglich  den  rechten 
Arm  des  wackem  Leyva  nennen  können. 

Wir  wissen  bereits ,  dass  sich  Leyva  aus  dem  Lager  von 
Melegnano  unterm  16.  Juli  1527  in  einem  dringenden  Schreiben 
an  die  Regierung  zu  Innsbruck  mit  der  Bitte  gewendet  habe: 
mit  einem  Heere  von  Tirol  aus  ins  Venetiani^che  eine  Diversion 
zu  machen  und  die  Republik  zu  zwingen,  ihre  eigenen  Truppen 
aus  dem  Mailändischen  zurückzuziehen  und  zur  Vertheidigung 
des  eigenen  Herdes  zu  verwenden.  Die  nämliche  Bitte  enthielt 
auch  das  zweite  Schreiben,  welches  Leyva  unterm  23.  Oktober 
von  Hailand  aus  nach  Innsbruck  abschickte.  Diese  Briefe  des 
wackern  Leyva  bewirkten,  dass  iu  Südtiroi  eine  Truppenmacht 
von  12,000  Mann  Fussvolk,  200  leichten  Reitern  und  600  Kü- 
rassieren aufgestellt  wurde.  Das  Kommando  darüber  erhielt 
Heinrich  der  Jüngere,  Herzog  v.  Braunschweig;  an 
seiner  Seite  stand  der  uns  schon  bekannte  Marx  Sittich  von 
Embs.  Herzog  Heinrich ,  der  den  Georg  von  Freundsberg  als 
Heerführer  in  keiner  Nähe  ersetzte,  rückte  mit  seinen  Truppen 
von  Trient  aus  der  Etsch  entlang  Ins  Venetianische  ein,  kam 


—    9TO    — 

«hne  Widerstand  bis  Laaise  am  Gardasee^  erattirmte  and  Ter-- 
bramite  diese  Ortschaft  ond  nahm  auch  Rivaita,  Peschiera  osd 
LonaAo  den  Veietiaiiern  weg,  die  sich  anf  die  Vertheidigvng 
ier  mit  ifareii  Trappen  besetzten  grossen  Städte  beschrankten; 
Ah  der  kranke  Georg  von  Frenndsberg,  welcher  ttber 
ehi  Jahr  sich  tu  Ferrara  aufgehalten  hatte,  und  vom  Herzoge 
aufs  liebreichste  behandelt  worden  war,  die  Nähe  des  kaiser- 
Ikben  Heeres  w  Erfiihrnng  brachte,  verliess  er  am  ii.  Hai 
1528  bei  Nacht  in  aller  Stille  die  Stadt  Ferrara,  begleitet  von 
einigen  Dienern  und  vom  treuen  An  Jr^a«  de  Bur^o,  dem 
kaiserlichen  Botschafter  am  Hofe  des  Herzogs,'*')  Hess  sieh  in 


'^)  Von  diesem  Andreas  Burgo  verdient  ein  Brief  hier  ange- 
führt  zu  werden,  den  er  unterm  6.  Juni  1527  von  Ferrara  nach 
Innsbruck  schrieb ;  er  lautet  wörtlich : 

„Hodie,  qnum  non  possem  adhuc  ire  ob  debilitatem  pedum^ 
feci  me  portari  ad  hospitium  Demini  Georgii  Fronsperg,  qui 
multum  illud  cupiebat,  nt  fieret  consultatio  super  casu  suo  ad 
avertendum  pericufum  imminens  ob  aliqua  accidentia  frequentia, 
quaevenerunt  bis  diebus,  et  in  fine  conclusum  est,  nt  cras  mane 
fiat  canterium  in  capite  in  occipite  tanquam  necessarium  reme- 
dium  ac  non  ampliüä  difPerendum  et  sperant  futurum  valde  pro- 
ffcuum  simul  cum  aliis  remediis,  quae  sunt  ordinata,  ad  quae 
omnia  Dominus  Georgius  forti  animo  se  disponit  et  est  boni 
animi.  Tractavi  etiam,  quod  proximis  diebus  persnaseram,  de 
Testamenio  suo  ordinando  e t  de  confessfone  fienda,  quod 
haec  erunt  bona  remedia  ad  celeriorem  salutem;  si  tarnen  Dens 
aliter  volet,  erit  in  tempore  provisum  saluti  animae  et  ho- 
nori  suo;  bono  animo  omnia  accepit  et  certe  omnia 
bona  speramus.^ 

Während  also  das  kaiserliche  Heer  Rom  plünderte  und  ver- 
wüstete oder  (wie  Doktor  Adgerer  sich  ausdrückt)  über 
Rom  den  Militärsegen  sprach,  verhandelte  Andreas  de 
Burgo  mit  Freundsberg  wegen  Verfassung  eines  Teslaroentcs 
und  wegen  Ablegung  einer  Beicht,  und  der  wackere 
Andreas  de  Burgo  gibt  seinem  kranken  Freunde  das  ehrenvolle 
Zeugniss:  bono  animo  omnia  accepit. 

Herr  Gnssler,  Archivar  der  Ambraser  Sammlung,  berichtet: 
Ritter  Georg  von  Freundsberg  habe  auch  noch  kurz  vor  seinem 
Tode  eine  fromme  Stiftung  in  die  Pfarrkirche  zu  Sterzing 
gemacht. 

Diese  Thatsachen  werden  aus  dem  Grunde  hier  angeführt, 
nm  den  Beweis  zn  liefern ,  dass  Ritter  Georg,  dessen  Recht- 


—    280    - 

einer  Sänfte  an  den  Po  bringen,  bestieg  ein  Schiff,  fahr  asf 
demselben  nach  Ostiglia,  wurde  von  da  nach  Hantoa  gebracht 
und  alidort  Tom  Herzoge  aufs  freundlichste  aufgenommen  und 
forstlich  traktirt.  Von  Hantua  ging  der  Weg  nach  Peschiera, 
allwo  Henog  Heinrich  acht  Tage  lang  still  lag.  Von  hier  log 
der  Herzog  mit  den  Truppen  und  vom  Ritter  Georg  begleitet 


gifiubigkeit  80  vielfiltig  in  Zweifel  gesogen  wird,  sidi 
während  seiner  letzten  Krankheit  als  glänbigeuKatholiken 
gezeigt  hat.  Der  Hauptgrund,  aus  welchem  die  Rechtgläubigkeit 
des  Helden  so  häufig  in  Zweifel  gezogen  worden  ist  and  auch 
noch  gezogien  wird,  dürfte  wohl  in  jenem  Anfiritte  zu  suchen 
sein,  der  auf  dem  Reichstage  zu  Worms  zwischen  Luther  und 
Freundsberg  stattfand.  Auf  dem  erwähnten  Reichstage  klopfte 
nämlich  —  so  wird  erzählt  —  Ritter  Georg  dem  Luther  auf  die 
Schulter  und  sprach: 

„Mönchlein,  Mönchlein I  Du  gehst  jetzt  einen  Gang,  derglä- 
chen  ich  in  der  all  erernstesten  Schlachtordnung  nicht  gemacht 
habe.  Bist  du  aber  auf  rechter  Meinung  und  deiner  Sache  ge- 
wiss, so  fahre  in  Gottes  Namen  fort  und  sei  getrost;  Gott  wird 
dich  nicht  verlassen.^ 

Was  es  nun  mit  der  angeführten  Erzählung  für  eine  Bewandt* 
niss  hat,  lasse  ich  dahingettellt  sein;  eine  erfreuliche  That- 
sache  ist  es  aber,  was  Freundsbergs  getreuester  Freund  und 
Rathgeber  während  dessen  einjähriger  Krankheit  in  seinem  Briefe 
naeh  Innsbruck  schreibt: 

,,Tractavi  etiam de  confessione  fienda 

et  bono  animo  omnia  accepit.^ 

Die  bdden  Gründe,  aus  weldien  Andreas  de  Bnrgo  in 
Freondsberg  drang  „de  confessione  f i e  n  d a^,  gibt  der  er- 
wähnte Gesandte  mit  den  kurzen  Worten  an : 

„et  sie  erit  provisum  1)  saluti  animae  et  2)  honori  suo.^ 

Der  letztere  Grund  ist  wohl  zu  beachten,  da  Andreas  de  Burgo 
mit  den  Worten:  ^honori  suo^  andeutet,  dass  Freundsber^ 
es  sogar  seiner  Ehre  schuldig  war,  seine  Rechtgläubig- 
keit, welche  durch  den  erwähnten  Auftritt  tn  Worms  oder 
durch  andere  Handlungen  des  Helden  stark  gelitten  haben  mochte, 
durch  den  Empfang  des  Busssakramentes  in  seiner  Krank- 
heit ausser  allen  Zweifel  zu  stellen  —  was  auch  geschehen  ist, 
denn:  „bono  animo  omnia  accepit.^ 

Wir  können  somit  wohlberechtigt  mit  Andreas  Burgo  von 
unserm  Helden  sagen: 

^t  ^erte  onmia  bona  speramus,^ 


—    28i     - 

•of  Leyva's  Verlangen  über  Desensano,  Brescia  und  Chiari  nach 
Bergamo. 

Graf  Cajauo,  jetzt  im  Dienste  der  Republik  Venedig, 
machte  aus  Brescia,  in  dem  er  lag,  einen  Aasfall,  wurde  aber 
mit  Verlast  wieder  in  die  Stadt  zurückgetrieben.  In  der  Nähe 
von  Bergamo  trafen  Herzog  Heinrich  und  Georg  v.  Freonds- 
berg  mit  Kaspar  von  Freundsberg  and  Antonio  de  Leyva 
BQsammen ;  der  Letztere  musste  heftiger  Gichtschmerzen  wegen, 
an  denen  er  fortwährend  litt,  in  einer  Sänfte  getragen  werden. 
Nan  wurde  Kriegsrath  gehalten  und  in  diesem  die  Frage  auf- 
geworfen: was  nun  mit  dem  vereinigten  Heere  unternommen 
werden  solle?  Der  Statthalter  de  Leyva  machte  einen  Vor- 
sehlag des  Inhalts:  man  solle  zuerst  die  Stadt  Lodi  dem 
Herzoge  Franz  Sforza  entreissen ,  dann  ihm  Pavia  und  Ales- 
sandria wegnehmen,  welche  Stftdte  er  noch  inne  hatte.  Mit 
diesem  Vorschlage  einverstanden,  zog  man  vor  Lodi,  fand 
aber  das  Nest  bereits  leer,  der  Vogel  war  ausgeflogen;  Sforza 
hatte  sich  nämlich  bei  2^iten  aus  der  benannten  Stadt  geflüchtet 
und  war  nach  Brescia  zu  den  Venetianem  entkommen;  sein 
Stiefbruder  Paul  lag  mit  zwölf  Fähnlein  Fassvolk  in  Lodi.  In 
dreien  Tagen  wurde  auf  dreien  Seiten  der  Stadt  Bresche  ge- 
schossen und  am  vierten  Tage  ein  Sturm  angelegt.  Die  Spanier 
liefen  zuerst  an,  wurden  aber  —  zurückgetrieben;  nicht  viel 
glflcUicher  waren  die  Deutschen,  von  denen  viele  umkamen; 
selbst  die  ^Trabanten^  des  Ritters  Georg  befanden  sich  unter 
den  Anstürmenden;  Kaspar  von  Freundsberg  erhielt  zwei 
Scbnsswunden ;  auch  Herzog  Heinrich  wurde  von  einer  Kugel 
am  Helme  getroffen. 

Dieser  ermunterte  seine  Leute  mit  dem  etwas  sonderbaren 
Zuspräche :  sie  sollten  nur  wacker  anlaufen  und  sich  nicht 
schonen,  denn  die  Mutter  der  Landsknechte  sei  noch 
nicht  gestorben.^  Dieser  Zuspruch  wollte  aber  nicht  ver- 
helfen ;  nachdem  nämlich  der  erste  Sturm  abgeschlagen,  wollte 
Niemand  einen  zweiten  anlaufen^  indem  sich  Jeder  gedacht 
haben  wird:    was  hilft  es,  wenn  die  Mutter  der  Landsknechte 


^    2SSt    — 

noch  lebt,  wenn  aber  ich  ins  Gras  beis^n  masa.  —  lim 
beschloss  man ,  den  Kommandanten  durch  Hunger  zur  Ueber- 
gabe  zu  zwingen  und  blockirte  Lodi ;  allein  bald  zeigte  sich 
die  Pest  im  kaiserlichen  Heere  und  nun  stob  dasselbe  !n  kurzer 
Zeit  nach  allen  Richtungen  auseinander;  nur  bei  2000  Hann 
blieben  bei  Leyva  zurück. 

Herzog  Heinrich  kam  mit  15  Pferden  und  einigen  Personen 
nach  Mailand  und  kehrte  über  Monza  —  längs  dem  Komersee 
zurückziehend  und  in  die  Kleidung  eines  gemeinen  Reiters  ges- 
kullt —  über  Graubtindten  nach  Deutschland  zurück;  Geschütz, 
Munition ,  Rüstung  u.  s.  w.  blieben  zurück.  So  war  also  der 
Zug  des  Herzogs  Heinrich  total  missglückt  und  damit  nichts 
anderes  ausgerichtet,  als  —  dass  Ritter  Georg  ?.  Freunds- 
berg,  der  bisher  aus  Furcht  vor  einer  Ausplünderung  und 
Misshandlung  Von  Seite  der  Venetianer  es  nicht  gewagt  hatte, 
seine  Heimreise  anzutreten,  aus  seinem  unfreiwilligen  Aufent- 
halte in  der  Stadt  Ferrara  endlich  erlöset  wurde.  Gleichfalls 
den  Weg  über  Graubtindten  einschlagend,  gelangte  der  edle 
Ritter  am  12.  August  glücklich  nach  Mindelheim. 

Da  die  Ligue  vor  der  Hand  ganz  gelähmt  und  Herzog 
Sforza  zu  schwach  war,  als  dass  er  etwas  Ernstliches  gegen 
die  Kaiserlichen  hätte  unternehmen  können,  so  folgte  auch 
Kaspar  von  Freundsberg  seinem  Vater  auf  dem  Fusse 
nach,  nachdem  er  den  Kaspar  von  Waldsee  bei  den  Lands- 
knechten, die  sich  noch  im  Mailändischen  befanden,  als  seinen 
Locotenenten  zurückgelassen  hatte.  Der  tapfere  Sohn  kam  ge- 
rade zur  rechten  Zeit  in  Mindelheim  an,  um  seinem  hochver- 
dienten Vater,  der  acht  Tage  nach  seiner  Ankunft  in  Mindel- 
heim das  Zeitliche  segnete ,  die  Augen  zudrücken  zu  können. 
Was  den  Tod  des  Helden  erleichtern  musste,  das  war  das 
herrliche  Zeugniss,  welches  der  Statthalter  von  Mailand, 
Antonio  de  Leyva,  unterm  21.  Juni  1528  seinem  tapfern  Sohne 
ausgestellt  hatte;  in  diesem  —  es  ist  in  lateinischer  Sprache 
geschrieben  —  sind  alle  die  vielen  und  schönen  Waffenthaten 
der  Reihe  nach  aufgezählt ,  welche  der  jugendliche  Pddhaupt- 


-^    283    - 

mann  während  seines  Aufenthaltes  in  Italien  an  der  Seite  seines 
würdigen  Heisters^  des  wackem  Antonio  de  Leyva,  aasge- 
führt hatte.  * 

Kaspar  von  Freundsberg  erhielt  indessen  nicht  nur  das 
ehrenvollste  und  rühmlichste  Zeugniss,  sondern  auch  eine  ent- 
sprechende Belohnung  für  seine  geleisteten  treuen  Dienste,  indem 
ihm  in  Italien  mehrere  Städte,  Schlösser  und  Dörfer  sammt 
ihren  Revenuen  eigenthümlich  übergeben  wurden;  darunter  be- 
fanden sich  die  beiden  ansehnlichen  Städte  Monza  und  Pont- 
remoli.*)  Der  bekümmerte  kranke  Held  hatte  somit  vor 
seinem  Tode  noch  den  Trost,  sich  wenigstens  in  seinem  Sohne 
belohnt  und  die  Stammgüter  seines  Hauses  von  der  darauf  ge- 
machten schweren,  aber  ehrenvollen  Schuldenlast  befreit 
zu  sehen.  Wie  wehmüthig  beklagt  sich  hierüber  der  edle 
Ritter  in  einem  Schreiben,  das  er  im  März  1528  von  Ferrara 
aus  an  Köuig  Ferdinand  abschickte !  In  diesem  heisst  es  unter 
andern : 

„Ferners  betrübt  mich  mein  eigenes  Haus  und  Geschäft, 
das  ich  ganz  in  die  Schanze  geschlagen  habe;  dergleichen 
meiner  lieben  Ehegattin  Klagen  und  Unruhe,  so  sie  von  den 
Gläubigern,  welchen  ich  meine  Treue,  meinen  Glauben  und 
meine  Kleinodien  versetzt  habe,  um  das  Kriegsvolk  in  den 
Lauf  zu  bringen  und  nach  Italien  lu  führen,  täglich  leiden 
muss,  welche  Sachen  mir  zu  meinem  Schaden  fast  wehe  thun; 
denn  ich  und  die  Meinen  haben  bisher  mit  aller  Mühe  und 
Arbeit  an  keinem  Orte  erlangen  können,  dass  solch  ein  ge- 
treues Darlehen  möchte  rückerstattet  werden.  —  Wahrlich,  das 
hat  mich  erst  recht  bekümmert,  dieweil  ich  sehe,  dass  viele, 
die  van  Hause  aus  arm  waren,  zu  grossem  Reichthum,  zu 
grosser  Gewalt  und  Herrschaft  gekommen  sind,  ich  aber  im 
Gegentheil  wegen  meines  väterlichen  ererbten  Gutes  jetzt  Nach- 


*)  Diese  ansehnliche  „Schankong^,  welche  der  damalige  Statthalter 
Antonio  deLe^va  dem  Ritter  Kaspar  gemacht  hat,  erhielt  unterm 
14.  Februar  152^^  auch  die'  kaiserliche  Bestätigung. 


_    284    - 

theil  und  Anfechtang  von  den  Glüabigern  tragen  soll.  Solche 
Gedanken  kümmern  mich  und  erinnern  mich  meines  Elends, 
das  ich  für  meine  unterthftnigen  treuen  Dienste,  fflr  die  Dar* 
Streckung  meines  Leibes  und  Gutes  allhier  in  Leibesgefiihrlich- 
keit  und  in  eines  fremden  Herrn  Gnade  und  Unterhalt  gekom- 
men bin,  und  so  lange  bleiben  muss,  hoffe  jedoch,  Eure 
Majestät  werden  mein. Herzeleid  gnädiglich  bedenken,  auch  den 
Nachtheil ,  der  daraus  entstehen  könnte ,  zu  Herzen  nehmen. 
Wie  dem  aber  sei,  so  habe  ich  all  weg  meinen  Trost  und 
meine  Hoffnung  in  Eure  Majestät  gesetzt,  und  Derselben  mein 
Anliegen  und  Noth  geklagt  und  demüthiglich  gebeten,  dass 
Eure  Majestät  durch  sich  selbst  oder  doch  beim  Kaiser  mögen 
verhülflich  seyn,  damit  mir  meine  „Beschwamuss^  abgenommen 
werde.*'  — 

Diese  wurde  dem  braven  Hanne,  wie  wir  gesehen  haben, 
auch  wirklich  abgenommen ;  und  so  entschlief  der  Held  getrost 
am  W.  August  i528,  nur  fünf  Tage  nach  seinem  alten  Gegner, 
dem  Marschall  Lautrec,  und  fast  zu  gleicher  Zeit^  als  das 
französische  Heer  vom  Prinzen  von  Oranien  bei  A versa  auf- 
gerieben wurde. 

Georg  von  Freundsberg  ist  unser  Bayard  gewesen,  das 
edelste  Abbild  des  romantischen,  ritterlichen  Geistes,  der  eben 
in  seinen  Tagen  erlosch,  weil  fast  nichts  mehr  davon  übrig 
war,  als  der  Dünkel  auf  rohe  Kraft  und  auf  das  vermeintliche 
Recht,  das  zum  Schutze  der  Unschuld  und  Schwäche  gegebene 
Schwert  gegen  jeden  Schwächern  zu  erheben.  Ritter  Geoig 
ist  der  Gründer  der  deutschen  Infanterie ;  sein  gekrönter  Freund, 
Kaiser  Maximilian,  und  er  waren  die  grössten  Heister  in 
allen  Waffengattungen ,  waren  die  festesten  Kürassiere ,  die 
schnellsten  Reiter,  die  standhaftesten  Landsknechte,  die  ver- 
suchtesten Bflchsenmeister ,  sie  waren  Meister  in  allen  Hand- 
griffen und  Vortheilen. 

Freundsberg  war  von  der  Natur  ganz  zum  Landsknecht 
geschaffen:  eine  hohe  Gestalt  mit  breiter  Brust  stand  er,  den 
langen  Spiess  im  Arm,  in  erster  Reihe  und  schwang,  wenn  er 


voranschritt  inm  Uatigen  Handwerk,  tief  «ufalhmend  und  in 
weit  ausgeholten  Kreisen  das  breite  Schlachtschwert.  Sein  Ann 
war  von  so  riesiger  Kraft,  dass  er  mit  dem  mittlem  Finger 
einen  Mann  rttcUings  zn  Bcäen  stossen  konnte.  Unter  hoher 
Stime  und  buschigen  Augenbrannen  leuchtete  ein  Auge,  das  in^ 
der  Jugend  den  Geist  ungezUgelter  Kampflust,  im  Alter  aber 
den  ruhigen  und  klaren  Geist,  der  jede  Bewegung  des  Gegners 
beherrscht,  abspiegelte. 

Bei  dem  Tode  des  Ritters  Georg  von  Freundsberg  befand 
sich  sein  Schwager,  Graf  Ludwig  von  Lodron,  noch  fort- 
wHbrend  in  feindlicher  Gefangenschaft,  daher  wir  von  ihm  in 
diesem  Abschnitte  nichts  haben  enfthlen  können. 


-  m  -^ 


XrV.  Abschnitt. 

Letztes  Lebenszeichen  der  sogenannten  ^heiligen  Ligne";  Friedens- 
sehloM  zwischen  Papst  nnd  Kaiser  am  29.  Jali  1589;  Friedens- 
fichlnsfi  zwischen  Kaiser  Karl  und  KOnig  Franz;  Graf  Ludwig 
Ton  Lodron  ans  der  Gefangenschaft  entlassen;  Karls  Reise  nach 
Bologna;  der  Friede  mit  allen  italienischen  Staaten  —  Florenz 
ausgenommen;  Belagenmg  dieser  Stadt;  Tod  des  Prinzen  tob 
Oranien;  die  Kaiserbrdnung;  Karls  Reise  durch  Tirol  nach 
Deutschland;  sein  Zusammentreffen  mit  Ferdinand  I.  bei  Gries; 
Ludwig  Graf  ron  Lodron  Kommandant  der  Landsknechte  im 
Belagerungsheere;  Kapitulation  der  Stadt  Florenz ;  Graf  Ludwig 
kehrt  mit  dem  üeberreste  der  Landsknechte  nach  Hause  zurück; 
seine  Tortreffliche  Mannszucht. 

1.  Man  hfikte  doch  glauben  sollen,  KOnig  Franz  werde 
endlich  nach  so  vielen  in  Italien  erlittenen  Niederlagen  alle 
weitem  Unternehmangen  aufgeben  und  alle  fernem  Absichten 
auf  dieses  Land,  in  dem  die  Blüthe  des  franiOsischen  Adels 
begraben  lag^  gerne  haben  fahren  lassen ;  dem  war  aber  nicht 
so.  Kaum  hatte-  Frankreichs  Monarch  gehört,  der  Herzog 
Heinrich  von  Braunschweig  sei  an  der  Spitze  eines  neuen 
Heeres  nach  Italien  gezogen,  als  auch  er  neuerdings  ein  kleines 
Heer,  aus  400  Kürassieren,  500  leichten  Reitern,  2000  Schwei- 
zern und  2000  deutschen  Landsknechten  bestehend,  unter  dem 
Kommando  des  Grafen  von  Saint  Pol  im  Jahre  1529  die  Alpen 
(ibersteigen  und  durch  das  Thal  Aosta  in  Italien  einrücken  \kss. 
Die  Yenetianer  hatten  das  Versprechen  gegeben,  zu  diesem 
„Haufen^  ihrer  Seits  auch  10,000  Fussknechte  slossen  zu 
lassen.  Als  der  neue  französische  Feldherr  mit  seinen  Truppen 
Aosta  erreichte,  lag  das  kaiserliche  Heer  so  eben  vor  Lodi,  mit 
der  Belagerung  dieser  Stadt  beschftftigt;  den  Ausgang  dieses 
Unternehmens  abwartend,  machte  St.  Pol  vor  Aosta  Halt,  rOckte 


-  aw  ^ 

aber  weiter ,  ab  er  da^  Hiasluayen  iiod  die  vOlKge  Auflösung 
des  kaiserliciiea  Heeres  in  Folge  der  eiagetreUoMn  Pest  in 
Erfahniog  gebracht  katte.  Der  Statthalter  von  HaiiaDd,  Antimie 
de  Leyva,  rückte  ihm  aber  mathig  eatgegeo,  obgleich  er  aar 
sehr  weaige  Truppen  verweadeo  konnte  (die  er  überdies  noch 
in  seiner  Geldverlegenheit  aus  einer  in  Hailaad  erhobenen 
drückenden  MaU-  und  Brodsteuer  su  besolden  gezwangen  war) 
und  er  selbst  von  den  heftigsten  Gichlschmerzen  fortwährend 
geplagt  wurde,  griff*  den  französischen  Ealdherm  mulhig  an, 
sehlug  ihn  aufs  Haupt,  nahm  ihn  gefangen  sammt  dem  grOsstee 
Theile  seiner  Hauptleute,  er<^berte  das  feindliche  Lager,  er* 
beatete  das  stUnmtliche  Geschütz  und  vereitelte  durch  seine 
Tapferkeil  und  Umsicht  mit  Eine»  Schlage  das  ganze  Unter- 
nehmen; In  kurfeer  Zeit  waren  alle  Franzosen  aus  dem  Mal- 
lündischen  vertrieben.  So  war  ganz  Italien  für  diese  wiederum 
vertoren,  der  ganze  Eroberungsplan  Franzens  vereiteU  und  Kaiser 
Karl  y.  im  eigentlichsten  Sinne  des  Wortes  „Herr  im  Land e.^ 
2.  Nun  sehnten  sich  aber  auch  alle  Fürsten  heislichst 
nach  dem  Frieden,  so  wenig  sie  diese  innere  Sehnsucht  ein- 
ander gegenüber  merken  lassen  wollten.  Papst  Kleinens,  der 
sehr  viel  von  den  Feinden,  noch  mehr  aber  von  den  eigenen 
Dnterthaaen  und  Vasallen,  z.  B.  von  den  mftchtigen  Colonna*s, 
halle  leiden  müssen,  soll  den  Ausspruch  gethan  haben:  er 
wolle  lieber  Kaplan,  ja  Stallknecht  des  Kaisers  werden^  als  die 
Beleidifongen  rebellischer  Unterthanen  und  Vasallen  länger  er* 
dulden.  Aber  auch  dem  Kaiser  fehlte  es  nicht  an  gewichtigen 
Gründen,  den  Abschluss  eines  Friedens  herzlichst  zu  wünschen 
and  anck  kräfUgst  anzustreben  j  dahin  gehören :  das  Vordringen 
Soliman's  H.  ins  Herz  von  Ungarn  (und  zuletzt  gar  bis  Wien 
83.  September  1529),  die  Fortschritte  der  Reformation  in 
Denischiaad,  der  Mangel  an  Geld,  die  Unzufriedenheit  der 
Spanier  mit  dem  Kriege  u.  s.  w.  Da  nun  auf  diese  Weise 
Papst  und  Kaiser  in  Bezug  auf  den  Wunsch,  Frieden  zu 
scUiessen,  einander  entgegen  kamen,  so  wurde  dieser  bald  zu 
Stande  gehrncht    Gesehlosseii  wurde  der  Friede  zu  Barcelona 


—    288    — 

am  29.  Juni  1529.  Kaiser  Ksri  gab  ia  demseliieii  dem  Papate 
alle  im  Kirchenstaate  besetzten  Orte,  ab:  Rarenna,  Hodena, 
Reggio  u.  8.  w.  zorflck,  verlobte  seine  natttrliche  Tochter  Mar- 
garelha  mil  Alexander  von  Medicis,  dem  Vetter  des  Papstes, 
versprach  die  Mediceer  in  die  alten  Besitzungen, 
Rechte  und  Würden  zu  Florenz  wieder  einsusetieo, 
und  sicherte  seiner  Tochter  eine  jahrliche  Aussteuer  von  20,000 
Dukaten  zu. 

Dagegen  erlaubte  Papst  Kiemens  dem  Kaiser  in  seiaeB 
Staaten  eine  geistliche  Steuer  —  den  vierten  Pfennig  von  ailea 
geistlichen  Einkünften  —  zu  erheben,  belehnte  ihn  mit  Neapel, 
ohne  sich  einen  andern  Tribut  vonubehalten ,  als  die  jährliche 
Ablieferung  einer  weissen  Stute  zum  Zeichen  der  päpstlichen 
Souverainetat,  sprach  die  Plünderer  Roms  vom  Banne  los  u.  s.  w. 
Für  unsem  Zweck  ist  der  wichtigste  Artikel  dieses  Friedens- 
Schlusses  das  abgegebene  Versprechen  des  Kaisers:  die  Me- 
diceer in  die  alten  Besitzungen,  Rechte  und  Wor- 
den zu  Florenz  wieder  einzusetzen;  denn  die  wiri[liche 
Ansftthrung  dieser  Bestimmung  und  zwar  mit  Gewalt  der 
Waffen  führt  uns  bald  wieder  auf  unsem  Helden,  den  Grafen 
Ludwig  von  Lodron,  zurück. 

3.  Acht  Tage  nach  dem  Frredensschlqsse  zu  Barcelona 
«^  also  am  7.  Juli  1529  —  kamen  zwei  Fürstinnen,  nüBlidi 
Louise  von  Savoyen ,  Franzens  Mutter ,  und  Hargaretha .  von 
Oesterreich,  Karls  Tante,  zu  Gambray  in  der  löblichen  Ab* 
sieht  zusammen,  zwischen  Karl  und  Franz  einen  Frieden  za 
Stande  zu  bringen.  Beide  benannte  Fürstinnen  belogen  in 
Cambray  zwei  an  einander  stossende  Hüuser,  in  weichen  ein 
Durchgang  gemacht  worden  war.  Durch  diesen  kamen  die- 
selben unbemerkt  und  ohne  Geremonien  zusammen  und  hiellen 
täglich  Berathungen,  zu  weichen  Niemand  zugelassen  wurde. 
Da  Beide  eine  grosse  Erfahrung  in  den  Staatsgeschüflen  hatten, 
die  Geheimnisse  und  Wünsche  ihrer  beiderseitigen  HOfe  ge- 
nauestens kannten  und  eine  Dame  auf  die  andere  voHkommen 
vertraute,  so  machten  sie  in  kurzer  Zeit  grosse  Fortschritte  z« 


ehMiD  endlieben  Vergleich.  Die  Ciesaadteii  aller  Verbündeten 
erwarteten  in  Angstlicher  Ungewiasheit  die  Entacheidong  ihrea 
Scbicbaals,  dessen  Bestimmung  in  den  Hunden  beider  Füratin- 
nen  war. 

Der  ersehnte  Friedensschluss  kam  am  5.  August  1529 
wirklieb  xu  Stande ;  die  nach  Cambray  gelangte  Nacbrichl  von 
den  au  Barcelona  zwischen  Papst  und  Kaiser  abgeschlossenen 
Frieden  hatte  wesentlich  beigetragea,  den  Abschluss  des  Frie- 
dens ¥on  Cambray  zu  beschleunigen.  Dabei  wurde  der  Friedens- 
schluss von  Madrid  zu  Grunde  gelegt,  nur  suchte  man  die 
Härte  desselben  möglichst  zu  mildern.  Die  vorzüglichsteip 
Artikel  des  Friedens  von  Cambray  sind: 

Der  Kaiser  soll  vorerst  nicht  auf  die  Abtretung  voii  Bnr- 
gvnd  dringen,  aber  gleichwohl  seine  Rechte  und  Ansprflcbe 
auf  dieses  Herzogthum  in  ihrer  ganzen  Kraft  behalten;  Frans 
soll  als  Lösegeld  seiner  Söhne  zwei  Hillionen  Kronen  zahlen, 
und  ehe  dieselben  losgelassen  werden,  alle  Stftdte,  die  er  noch 
im  Maillindischen  besitzt,  herausgeben^  der  Souverainetfit  aber 
Flandern  und  Artois  entsagen ,  auf  alle  Ansprüche  auf  Neapel, 
Mailand  und  Genua  Verzicht  leisten  und  sogleich  die  zwischen 
ihm  und  des  Kaisers  Schwester  Eleonora  geschlossene  Heirath 
vollziehen.  Diesem  Friedensschlüsse  wurde  auch  noch  ein  Ar- 
tikel beigefügt,  durch  welchen  Franz  verbunden  war,  die  Ge- 
bortsrechte  und  das  Andenken  des  Konnetabie  und  Herzogs  Karl 
von  Bottrbon  herzustellen,  seinen  Erben  den  Besitz  aller  seiner 
Güter,  die  er  eingezogen  hatte,  wieder  zu  verleihen,  dann  den 
französischen  Edelleuten,  die  dem  Herzog  gefolgt  waren,  eine 
Entschüdigung  zu  geben. 

Die  gewiss  harten  Bedingungen,  denen  sich  Franz  in  diesem 
Friedensschlüsse  unterwerfen  musste^  waren  für  ihn  noch  lange 
nicht  der  niederschlagendste  Umstand ;  dieser  bestand  darin,  dass 
er  das  Vertrauen  von  Europa  verlor,  weil  er  nftmlich 
im  benannten  Frieden  alle  seine  Bundesgenossen  schmählich 
verlassen  und  der  Willkühr  des  Kaisers  überantwortet  hatte. 
Entweder  war  Franz  nicht  geneigt,  Stück  für  Stück  alles  das-- 

19 


—    i90   — 

Jenige,  was  cur  Berichtigung  und  Sicherung  ihrer  Vortheile 
nothwendig  war ,  zergliedern  zu  lassen ,  oder  ihm  war  bange 
▼or  dem  Gedanken,  alles,  was  er  zu  ihrem  Besten  fordern 
würde,  seinerseits  mit  härtern  Bedingungen  bflssen  zu  müssen; 
also  gab  er  ihr  ganzes  Interesse  auf  einmal  auf  und  Oberliess 
die  Yenetianer,  die  Florentiner  etc.  der  Gnade  des  Kaisers, 
ohne  für  sie  im  mindesten  etwas  zu  thun.  Diese  schrien  laot 
über  ein  so  niedriges  Verfahren,  dessen  sich  auch  Franz  selbst 
dergestalt  schämte,  dass  er  sich  lange  nicht  entschliessen  konnte, 
ihren  Gesandten  Audienz  zu  ertheilen,  und  dies  aus  keiner  andern 
Ursache,  als  weil  er  sich  fürchtete,  aus  ihrem  Munde  Vorwürfe 
hören  zu  müssen,  die  er  mit  allem  Rechte  verdiente.  Dagegen 
war  Karl  seinerseits  sehr  aufmerksam  auf  die  Vortheile  aller 
derjenigen,  die  es  mit  ihm  <rehaUen  hatten;  so  wurden  die 
Rechte  einiger  seiner  niederländischen  Unterthanen ,  welche 
Güter  oder  Ansprüche  in  Frankreich  hatten ,  in  Sicherheit  ge- 
bracht und  gewahrt,  so  auch  die  Erben  und  Anhänger  des 
unglücklichen  Herzogs  von  Bourbon  nicht  vergessen;  doreb 
dieses  Verfahren ,  das  an  und  für  sich  schon  höchst  löMicb 
genannt  werden  muss  und  durch  den  Vergleich  mit  Franzens 
Benehmen  in  ein  noch  glänzenderes  Licht  gesetzt  wurde,  ge- 
wann Karl  eben  so  viele  Hochachtung,  als  ihm  das  Glück  seiner 
Waffen  Ruhm  erworben  hatte. 

Eine  nothwendige  Folge  des  Friedens  von  Cambray  war, 
—  dass  alle  Kriegsgefangenen,  somit  auch  Graf  Ludwig  von 
Lodron,  wieder  ihre  Freiheit  erlangten:  Graf  Ludwig  wurde 
nach  seiner  Freilassung  gleich  wieder  im  Heere  verwendet, 
welches  Kaiser  Karl  gegen  Florenz  in  Bewegung  setzte. 

4.  Nachdem  am  29.  Juni  der  Friedensschluss  zu  Bar- 
celona zwischen  Kaiser  und  Papst  glücklich  zu  Stande  ge« 
kommen  war,  so  schiffte  sich  Karl  Ende  Juli  mit  einer  zritU 
reichen  Flotte,  welche  ein  beträchtliches  Ai^nee-Korps  am  Bord 
hatte,  und  im  Gefolge  einer  glänzenden  Umgebung  im  Hafen 
von  Barcelona  nach  Genua  ein ,  das  er  nach  einer  sttlrmisclien 
Fahrt  von  fünfzehn  Tagen  am  12.  August  erreichte. 


-^    291    — 

Als  der  f^apst  die  Ankunft  des  Honorchen  in  Getitilr  <{^- 
Mren  halte,  sehickte  et  zwei  KteirdliHlle  und  seine  beiden  Vettern 
Alexander  und  Hipolilos  Yon  Hedicis  ab,  um  ibn  nach  Balof  na 
einzuladen ;  Klemens  selbst  zo^  mit  allen  KardinSlen  und  rtelen 
tischdfen  ebenfalls  dahin.  Während  der  Kaiser  auf  der  Rdae 
Aaeh  Bologna  sich  befand ,  waren  Graf  Felix  von  Werdenberg^ 
ind  Kaspar  von  Preundsberg  auf  Karls  Verlangen  mit 
1000  Ifann  zu  Pferd  und  10,000  zu  Puss  in  Italien  angekom- 
nen;  beide  Fflhrer  rückten  Ober  Pescbiera  nach  Brescia.  Kaiser 
Karl  war  Willens,  die  Venelianer  derb  zu  züchtigen  und  aftilr 
dem  Herzog  Franz  Sforza  die  wenigen  Stfidte  zu  entreissea,  die 
er  noch  inne  hatte;  sofort  erhielt  Antonio  de  Leyva  den  Auf«^ 
trag,  Pavia  zu  stflrmen,  dessen  Kommandant  aber  keinen 
Slorm  abwartete ,  sondern  sich  ergab ,  sobald  er  die  Kraflent- 
Wicklung  des  kaiserlichen  Heeres  erblickte. 

Als  der  Kaiser  in  die  Nfihe  von  Bologna  kam,  zo|fen  ihm 
25  Kardinäle  entgegen;  auf  diesen  folgten  4000  Mann  an 
Pferd.  Karl  zog  an. der  Spitze  eines  Heeres  von  20,000  Haiin 
zu  Fuss  und  zu  Pferd  in  die  Stadt  ein,  erzeigte  dem  Papste, 
der  ihn  unter  dem  Thore  der  Domkirche  erwartete,  durch  den 
Passkuss  die  gebührende  Ehrfurcht  und  nahm  seine  Woh- 
aang  unter  Einem  Dache  mit  Klemens. 

Die  Italiener,  die  so  viel  von  seinen  Soldaten  ausgestanden 
hatten,  die  so  lange  gewohnt  gewesen  waren,  in  ihrer  EinbHduiig' 
von  Karl  ein  GemSide  zu  entwerfen,  das  den  barbariaebeii 
Honarchen  der  Gothen  und  Hunnen  ähnlich  war,  welche  ihr 
Vaterland  mit  gleichen  Plagen  heimgesucht  haben,  verwunderten 
sfcb,  wie  sie  einen  Fürsten  sahen,  dessen  äasserlickes  Anseheii 
sehr  annehmlich,  der  in  seinem  ganzen  Betragen  leutselig  uad 
bOfllieh,  in  seinen  Sitten  untadelhafl,  besonders  aber  aufmerksam 
aaf  ulle  Pflichten  der  Religion  war.  Sie  erstaunten  noch  mehr, 
als  er  alle  Angelegenheiten  der  Fürsten  und  Staaten,  die  nun- 
mehr ton  ihm  allein  abhhigen,  mit  einer  weit  grössern  HfiMig«' 
keit  and  Billigkeit  entschied,  als  sie  jemals  erwartet  hätten. 
So  schloss  er  mit  den  Venetianem  einen  Frieden,  in  wetehem 

19* 


—    2»    — 

diese  versprachen:'  ihre  Truppen  aus  dem  Mailfindiscben  zurflck- 
luzieben,  eine  bestimmte  Summe  Geldes  zu  eriegen^  die  Stidte 
Bavenna  und  Cervia  dem  Papste,  und  alle  in  Neapel  von  ibnea 
besetsten  Seestädte  dem  Kaiser  zurflckuigeben.  Auch  der  mein- 
eidige und  abtrünnige  Lehensmann,  Herzog  Frans  Sforza,  fand 
auf  die  Färbitte  des  Papstes  beim  Kaiser  Verzeihung  und  Gnade; 
Karl  flbergab  ihm  neuerdings  das  Herzogihum  Mailand  — •  mit 
der  Bedingung :  von  den  Revenuen  jährlich  20,000  Dukaten 
dem  Kaiser  und  1000  Dukaten  dem  Ritter  Kaspar  von 
Freundsberg  einzuhändigen. 

Unter  dem  23.  Dezember  i529  hat  Papst  Klemens  zu 
Bologna  mit  dem  Kaiser  Karl  einen  neuen  Bund  geschlossen 
und  Frieden  gemacht  mit  allen  Staaten  und  Städten,  mit  denen 
er  bisher  noch  nicht  zu  Stande  gekommen  war.  Das  Resultat 
der  diesfalls  gepflogenen  Unterhandlungen  wurde  am  1.  Jänner 
1530  in  Bologna  unter  einem  aligemeinen  Frohlocken  des  Volkes 
Öffentlich  bekannt  gemacht,  und  der  Kaiser,  dessen  Hässigong 
und  Grossmuth  man  dieses  GlOck  eines  so  lange  ersehnten 
Friedens  allein  zuschrieb,  wurde  mit  Ruhm  und  LobsprAchea 
Oberhfiuft. 

Nun  ruhten  die  Waffen  in  Italien  in  allen  Staaten  und 
Städten  —  mit  trauriger  Ausnahme  der  einzigen  Stadt  Floren%^ 
welche  der  Kaiser  in  Folge  der  eingegangenen  Verpflichtungen 
mit  Gewalt  der  Waffen  zur  Aufnahme  der  Mediceer  zwingen 
Busste.  Der  Verlauf  der  Sache,  die  unsers  Helden  wegen  aus- 
fflbriioher  erzählt  werden  soll.,  ist  folgender. 

5.  Papst  Klemens  hatte  frllher  den  Kardinal  von  Corlon« 
zum  Statthalter  von  Florenz  gemacht,  und  diesem  seine  beidoi 
noch  jungen  Vettern  Hipolitns  und  Alexander  de  Hedicis  in  die 
Obhut  übergeben.  Als  nun  am  6.  Hai  1527  Rom  erstfinnt 
und  der  Papst  in  die  Kngelsburg  eingeschlossen  worden  war, 
fingen  die  Florentiner  an  unruhig  zu  werden.  Ab  dieses  der 
genannte  Kardinal  bemerkte,  verliess  er  mit  beiden  Prinzen  die 
Stadt  und  zog  sich  mit  ihnen  am  16.  Hai  auf  Lueca  und 
bienuf  nach  Pisa  zurück.    Die  Bewohner  von  Florenz  ergriffe 


—    293    - 

nun  begierig  ihre  alten  Preiheiteo  and  wühlten  den  Nikolaus 
CapoDi  zu  ihrem  Anführer.  Hit  diesem  an  der  Spitze  erregten 
die  Borger  einen  förmlichen  AuFruhr,  stttrmten  den  Regierungs- 
palast, sagten  sich  ganz  von  den  Hediceem  los,  nannten  die 
Herrschaft  derselben  Tyrannei  und  Hessen  öffentlich  ausrufen: 
die  beiden  jungen  Fürsten  Alexander  und  Hipolitus  wären  ihre 
erklärtesten  Feinde,  hätten  Ihnen  ihre  Güter  geraubt,  sich  mit 
dem  Kaiser  verbinden  wollen  u.  s.  w.  Indessen  gelang  es  dem 
Markgrafen  von  Hantua,  Friedrich  von  Gonzaga,  die  Einwohner 
auf  kurze  Zeit  zur  Ruhe  zu  bringen  ]  bald  schlössen  sie  aber 
mit  dem  König  von  Frankreich  ein  Uebereinkommen ,  in 
welchem  dieser  den  Florentinern  versprach,  sie  bei  ihren  Frei- 
heiten und  gegen  den  Papst  zu  schfltzcfn,  dieselben  hin- 
gegen sich  verpflichteten,  kein  BUndniss  mit  dem  Kaiser  und 
dessen  Heere  in  Italien  zu  schliessen,  vielmehr  5000  Mann 
Pussvolk  gegen  den  Kaiser  ins  Feld  zu  stellen.  Diese 
5000  Mann  wurden  von  der  Stadt  unter  dem  Kommando  des 
Horatius  Baieon  auch  richtig  gestellt. 

6.  Nachdem  nun  Kaiser  Karl  in  dem  zu  Barcelona  mit 
dem  Papste  geschlossenen  Frieden  das  feierliche  Versprechen 
abgegeben  hatte,  die  Hediceer  wieder  in  Florenz  her- 
zustellen, die  Florentiner  aber  von  einer  Herstellung  des 
Hauses  de  Hedicis  und  einer  Aufnahme  der  jungen  Forsten 
nichts  wissen  wollten;  so  schickte  Karl,  dem  Ernst  war,  sem 
Versprechen  redlich  zu  halten^  den  Grafen  Felix  von  Werden- 
berg mit  seinem  Heere,  das  im  Mailändischen  stand,  und  mit 
einem  bedeutenden  Train  Belagerungsgeschtttz  vor  die  benannte 
Stadt,  um  mit  Gewalt  der  Waffen  zu  erzwingen,  was  mit  Gflte 
nicht  zu  erreichen  war. 

Auch  der  kaiserliche  Vice-König  von  Neapel,  Philibert 
Prinz  von  Oranien,  erhielt  vom  Kaiser  den  gemessenen  Befehl, 
mit  dem  Heere,  das  in  Neapel  nicht  mehr  nothwendig  war, 
nach  Florenz  zu  ziehen  und  daselbst  das  Oberkommando  über 
dfe  Belagerungsarmee,  bei  welcher  sich  auch  GrafLudwig 
von  Lodron  befand,  sogleich  zu  übernehmen.    Prinz  Philibert 


,    —    394    - 

Teriiew  mit  Bemmelberg  an  der  S^itse  eines  Heeres  von  15,000 
Mann  die  Stadt  Neapel,  in  welcher  der  Kardinal  Pompejns 
Colonna  und  Ferdinand  a  Larcon  zurückblieben ,  um  in  Ron 
(13.  Juli  1529)  vom  Papste  Subsidien,  Geschütz  und  Haan- 
schafk  zu  erhalten. 

Auf  dem  Harsche  dahin  zog  Prinz  Philibert  die  in  ScbUis- 
sem  und  kleinern  Städten  zerstreut  liegenden  Garnisonen  an 
sieh,  wodurch  sein  Heer  eine  Stärke  von  20,000  Mann  zu  Foss 
und  10,000  Mann  zu  Pferd  erreichte.  Nachdem  nun  auch  noch 
Klemens  YII.  unter  dem  Kommando  des  Herzogs  von  Urbino 
6000  Fussgfinger  und  2000  Reiter  gestellt  hatte,  erreichte  das 
kalierliche  Heer,  das  gegen  Florenz  in  Bewegung  gesetzt 
wurde,  eine  Stärke  von  38,000  bis  40,000  Mann.  In  Floren 
lagen  bei  12,000  Mann  zu  Fuss  mit  einiger  Kavallerie,  deren 
Stärke  aber  nirgends  angegeben  wird;  Halatesta  Baieon,  ein 
Florentiner,  war  Oberbefehlshaber  der  aufgestellten  Truppen. 

Während  nun  Graf  Felix  von  Werdenberg  und  der  Hark- 
graf Alphons  von  Guasta  mit  ihren  Jruppen  nach  Florenz  zogea, 
musste  Kaspar  von  Freundsberg  im  Auftrage  des  Kaisers 
mit  einem  Regimente  Fussvolk  in  Bologna  bleiben,  da  diese 
Stadt  Zeuge  einer  erhabenen  Feierlichkeit  werden  sollte,  ich 
meine  nfimlich  Ale  Krönung  Karls  V.  zum  Römischen 
Kaiser,  die  am  24.  Februar  1530  _  also  gerade  am  dreis- 
sigsten  Geburtstage  des  benannten  Honarchen  —  mit  ausser- 
ordentlicher Pracht  in  Bologna  begangen  wurde. 

Von  Tirol  aus  zogen  Bernard  ?on  Cles,  Fttrstbischof  von 
Trient  und  Wilhelm  II.  von  WoIkenstein^Trostborg 
m^  einem  ansehnlichen  Gefolge  dabin,  um  den  mächtigen  Be- 
herrscher, in  dessen  Reiche  die  Sonne  nicht  unterging,  im 
NameB  des  Tiroler  Volkes  nach  dem  Wunsche  Ferdinands  zo 
begrflssen  und  zu  begläckwitnschen. 

In  mehreren  Berichten  gab  der  genannte  Wilhelm  von 
Wolkenstein  seiner  Frau  in  Trostburg  ein  Bild  von  den  Herk- 
wflrdigkeiten  der  KaiserkrOnung,  die  wirklich  in  seltener  Praeht 
atfittfuipd.     Als  ujUfplioh  der  anberaumte  KfOnungstag  —  der 


— *    895    — 

34  Februar  —  aDgebrochea  war,  befsb  »iek  Papst  Kiemens 
in  der  Frdhe  zur  Kirche  des  h.  Apostels  Petrus,  begleitet  ?on 
15  Kardinälep,  2  Blschitfeu,  8  Aebten  uod  seinem  gaoxen  Hof- 
staate. Kurz  darauf  erscbieo  in  benannter  Kirche  Karl  im 
kaiserlichen  Purpurmantel ,  dessen  beiden  Ende  Franz  Sforza, 
Herzog  von  Hailand,  und  Karl,  Herzog  von  Savoyen,  hidten. 
Der  Markgraf  von  Asturien  trug  den  Zepter,  der  Herzog  von 
AsGoli  das  Beicbsschwert ,  der  Markgraf  von  Montferrat  die 
Krone,  und  Prinx  Alexander  von  Hedicis  den  Reichsapfi^l.  Der 
Kaiser  Huberte  sich  dem  Throne  des  Papstes,  von  dem  er  zuerst 
mit  den  hsignien  der  Domherren  von  Sanct  Peter  und  Sanct 
Johann  im  Lateran  geschmückt  wurde.  Nun  zog  der  Papst  die 
Pontifikal-Kleiduug  an;  während  dieses  geschab,  hatten  die 
Domherren  der  beiden  genannten. Hauptkirchen  Roms,  die  rnft 
dem  Päpste  nach  Bologna  gekommen  waren,  dem  Kaiser  die 
heiligen  Gewände  eines  Diakons  angezogen. 

Hierauf  nfiherte  sich  der  Papst  dem  Altäre  und  begann 
das  feierliehe  Hochamt;  bei  der  Hflndewasehuag  goss  Karl  das 
Wasser  auf  die  Finger  des  Papstes  und  empfing  kniend  zwischen 
zweien  Kardinälen ,  von  denen  der  eine  ein  Kardinal-Bischof, 
der  andere  ein  Kardinal-Priester  war,  aus  den  Händen  des 
Oberhauptes  der  Kirche  die  heilige  Kommunion. 

Nach  Vollendung  des  h.  Hessopfers  und  nach  gegebenem 
Segen  setzte  sich  der  Papst  in  voJIem  Ornate  vor  dem  Altare; 
der  Kaiser  wurde  aber  zu  seinem  Thron  zurttckgeftthrt ;  dort 
zogen  ihm  die  erwähnten  Domherren  von  Sanct  Peter  und  Sanct 
Johann  im  Lateran  die  h.  Gewände  eines  Diakons  aus.  Nun 
Bfiherten  sich  die  ChurfOrsten  und  legten  ihm  den  kaiserlichen 
Mantel  an,  mit  welchem  er  sich  vor  dem  Papste  niederkniete. 
Dieser  setzte  sich,  reichte  dem  Kaiser  zuerst  den  goldenen, 
mit  den  kostbarsten  Edelsteinen  geschmückten  Zepter,  und  sprach 
dabei:  „Theuerster  Sohn  in  Christo  und  unser  Kaiser!  nimm 
diesen  Zepter  und  gebrauche  ihn,  um  die  Völker  des  Reiches 
zu  regieren,  zu  deren  Beherrschung  dich  Gott,  Wir  und  die 
Churfürsten  für  würdig  erachtet  haben.^ 


—    296    -^ 

Hierauf  näherte  sieh  der  Hersog  von  Ascoli  and  reichle 
kniend  dem  Papste  das  entblöste  Reichsschwert,  das  KleoMBS 
ergriff  und  dem  Kaiser  mit  den  Worten  übergab :  ^Nimm  hin 
dieses  Schwert  und  gebrauche  es  zur  Vertheidigung  der  Kirche 
und  gegen  die  Feinde  des  Glaubens.^  Nun  folgte  die  lieber- 
gäbe  des  goldenen  Reichsapfels ,  der  auf  allen  Seiten  mit  den 
kostbarsten  Edelsteinen  geschmückt  war  und  vom  Prinien  Ale- 
xander von  Medicis  getragen  wurde.  Der  Papst  sprach  dabei 
die  Worte :  ^Diese  Kugel ,  die  wir  dir  übergeben ,  stellt  den 
Erdkreis  vor,  den  du  mit  jeder  Tugend,  mit  Gewissenhaftigkeit 
und  Standhafligkeit  regieren  sollst.^  Nach  diesem  trat  vor 
Gonzaga,  Herzog  von  Hontferrat,  liess  sich  vor  dem  Papste 
auf  die  Knie  nieder  und  überreichte  diesem  die  goldene,  von 
Diamanten  und  andern  Edelsteinen  schimmernde  Krone,  deren 
Werth  auf  100,000  Goldgulden  angeschlagen  wurde.  Der 
Kaiser  empfing  mit  geneigtem  Haupte  die  Krone  aus  den  Händen 
des  Papstes,  der  dabei  die  Worte  sprach :  „Karl,  unbesiegtester 
Kaiser  1  empfange  dieses  Diadem,  das  wir  dir  aufsetzen,  als  ein 
Zeichen  der  Auktoritüt,  die  wir  dir  ertheilen,  aaf  dass  alle 
Volker,  die  deiner  Botmfissigkeit  unterworfen  sind,  dich  ver- 
ehren, dir  dienen  und  gehorchen.^ 

Nach  dem  Empfang  der  Krone  küsste  der  Kaiser  dem 
Papst  den  Puss ;  dieser  umarmte  dann  den  Kaiser  und  gab  ihm 
den  Friedenskuss ,  worauf  die  beiden  Kardinfile ,  welche  beim 
feierlichen  Hochamte  den  Diakon  und  Subdiakon  gemacht  hatten, 
die  Rechte  des  Kaisers  kUssten,  dieser  aber  dafür  Beide  in 
seine  Arme  schloss.  Papst  und  Kaiser  Hessen  sich  hienof 
neben  einander  auf  einen  und  denselben  Thron  nieder,  jedoch 
so,  dass  der  Sitz  des  Kaisers  einen  halben  Schuh  niederer 
stand  als  der  Sitz  des  Papstes.  Als  Beide  ihre  Sitze  eia- 
genommen  hatten,  wendete  sich  der  erste  Kardinal-DiakoR  an 
das  Volk  und  rief  mit  erhabener  Stimme:  „Es  lebe  KtrI  der 
Fünfte,  der  unbesiegteste,  der  machtigste  Kaiser  und  Verthei- 
diger  des  Glaubens  l<^  Das  Volk  entgegnete  zu  wiederhoHea 
Malen:  „Es  lebe  der  Kaiser !<< 


—    387    - 

Hieraaf  gab  das  ganie  in  höelMter  Parade  ausgertckte 
Militär  eine  General-Deeharge,  iiundert  Kanonenschttsae  wurden 
abgefeaert,  aber  eine  halbe  Stunde  wurden  alle  Glocken  der 
gaaien  Stadt  geläutet,  wibrend  Musik  mit  allen  rniVglichen  In- 
strumenten auf  allen  Gassen  und  Strassen  ertönte.  Nun  fand 
eine  Bereitere!  (equStatio)  statt,  die  zur  Erhöhung  der  Feier- 
liehkeit  angeordnet  worden  war;  Papst  und  Kaiser  ritten  lur 
selben  auf  zweien  spanischen  Pferden  von  ganz  gleicher  Farbe, 
die  aufs  prächtigste  geschmflckt  waren. 

Nachdem  diese  Feierlichkeit  zu  Ende  war,  war  grosse 
Tafel,  wobei  der  Kaiser,  der  allein  speiste,  stehend  und  enl- 
blösten  Hauptes  auf  den  Papst  einen  Toast  ausbrachte.  Nun 
erhob. sich  der  Neffe  des  Papstes,  der  Kardmal  Hipolitus  von 
Medicis,  dankte  dem  Kaiser  und  trank  auf  das  Wohl  des  ge- 
krönten Monarchen;  damit  war  die  Krönungsfeierlichkeit  zu 
Ende.  Diese  wäre  aber  bald  in  tiefe  Trauer  verwandelt  worden. 
Als  nämlich  Kaiser  Karl  zwei  Tage  darauf  durch  eine  Gallerie 
seiner  Wohnung  sich  zur  Kirche  begeben  wollte,  Bei  ein 
schwerer  Balken  des  Oberbodens  gerade  vor  den  Füssen  des 
Kaisers  herab,  der  mehrere  Personen  seiner  Umgebung  schwer 
verwundete  und  den  Monarchen  bald  erschlagen  hätte  —  was 
als  eine  schlechte  Vorbedeutung  angesehen  und  ausgelegt 
wurde. 

Während  dieser  Vorgänge  in  Bologna  baten  die  Bewohner 
der  Stadt  Florenz  den  Prinzen  von  Oranien,  er  möchte  sie 
verschonen,  erhielten  aber  vom  Oberbefehlshaber  des  Belage- 
ruQgsheeres  (bei  deni  sich  bekanntlich  auch  Ludwig  Graf 
von  Lodron  befand)  zur  Antwort:  so  sehr  ihm  auch  dieser 
Krieg  von  Herzen  zuwider  sei,  mdsse  er  doch  die  Belagerung 
fortsetzen  und  nicht  eher  davon  ablassen,  als  bis  sie  sich  den 
Mediceem  unbedingt  unterworfen  hätten.  Die  Florentiner  schick- 
ten auf  das  eine  Gesandtschaft  an  den  Kaiser ;  dieser  liess  aber 
den  Abgeordneten  bedeuten ,  dass  sie  erst  dann  eine  Audienz 
erhalten  könnten,  wenn  Florenz  sich  unterworfen  haben  werde 
—  was  aber  nicht  geschah ;  und  so  wurde  nun  mit  grösserem 


Nachdruck  der  helagertea  Stadt  zogesetzl,  die  sieb  aber  ans 
allen  Krftften  wehrte. 

Am  22.  März  1530  veriiess  endlich  Kaiser  Karl  mit  gros- 
sem Gefolge  die  Stadt  Bologna,  um  durch  Tirol  nach 
Deutschland  zum  Reichstag  in  Augsburg  zu  reisen.  Dieser  war 
anfanglich  auf  den  8.  April  anberaumt  gewesen ,  ist  aber  anf 
ausdrückliches  Verlangen  des  Kaisers  auf  den  20.  Juni  ver- 
schoben worden.  Folgen  wir  dem  Honarchea  auf  dieser  seiner 
Reise  durch  unser  Vaterland. 

Von  Bologna  hatte  sich  Karl  zuerst  nach  Hantua  begeben, 
wo  ihn  der  damalige  Harkgraf  Friedrich  drei  Tage  lang  herr- 
lich bewirthete;  zur  Erkenntlichkeit  erhob  Karl  die  Harkgraf- 
schaft Hantua  zum  Herzogthume.  Von  Hantua  aus  ging 
die  Reise  des  Kaisers  durch  die  Länder  der  Republik  Vened% 
—  Tirol  zu.  Wilhelm  von  Wolkenstein  und  seine  Tiroler  be- 
fanden sich  im  Gefolge  des  Honarchen. 

In  Trient  wurde  der  Honarch  vom  Fürstbischöfe  Bemard 
von  Cles,  der  während  seiner  Anwesenheit  in  Bologna  vom 
Papste  Kleraens  zum  Kardinal  ernannt  worden  war,  durch 
volle  acht  Tage  im  Schlosse  del  Buon  Consiglio  glänzend  be- 
wirthet.  Der  Fflrstbischof  und  nunmehrige  Kardinal  scbloss 
sich  hierauf  mit  sechs  zig  Kavalieren  dem  Zuge  des  Kaisers 
an,  um  denselben  nach  Augsburg  zu  begleiten. 

Am  30.  April  (es  war  an  einem  Samstag)  zog  Karl  Nach- 
mittagis  beim  Schlosse  Trost  bürg  vorbei.  Beim  Vorflberzoge 
begi-ttsste  die  mannhafte  Schlossherrin  Anna,  Wilhelms  GemaUio, 
eine  geborne  von  Botsch,  mit  fünfzig  PoUerscbtissen  deu  Kaiser 
und  ihren  Gatten  zugleich.  Um  die  Vesperzeit  traf  Karl  io 
Brixen  ein,  wo  er  den  Sonntag  hindurch  stille  lag  und  am 
Hontag  darauf  um  zwei  Uhr  Nachmittags  seine  Weiterreise 
antrat*,  in  Sterzing  wurde  tiber  Nacht  gelegen.  Am  3.  Mai 
setzte  man  die  Reise  nach  Innsbruck  fort.  Zu  gleicher  Zeit, 
als  Karl  Sterzing  veriiess,  war  sein  Bruder  Ferdinand  —  von 
Linz  kommend  —  in  Innsbruck  eingetroffen;  Ferdinand  hatte 
nach  seiner  Ankunft  in  der  Landeshauptstadt  nichts  eiligeres  so 


_    S99    — 

thoD,  als  dn  Pferd  n.besteigeB  and  seinem  geiiebtett  Bniibr 
eitgegen  lu  reiteiL  In  einer  öden  BergscUocht  am  Fasse  des 
Brenners  —  swischen  Loeg  und  Gnes  —  trafen  beide  Monarchen 
am  3.  Mai  l^achmitlafs  zusammen.  *)  Karl,  der  in  Pferde  war, 
erkannte  zuerst  seinen  Bruder;  er  sprang  also  vom  Pferd  und 
«mannte  Ferdinanden,  der  gleichMs  vom  Pferde.gestiegen 
war,  aufs  iierziichste;  nach  einer  kurzen  Unterredung  setzten 
beide  Fftrsten  ihre  Aeise  bis  Hatrei  fort,  wo  sie.  das  Nacht- 
jäger hielten  und  dann  am  4.  Hai  nach  Innsbruck  gelangten. 
Unbeschreiblich  war  der  Jubel  des  ganzen  Volkes  über  die 
Ankauft  des  mächtigen  Kaisers,  der  am  4  Mai  unter  einem 
seidenen  Traghimmel  in  die  Stadt  einzog;  fast  Jedermann  wollte 
die  Bildnisse  oder  Wappen  dieser  zwei  hohen  Hfiupter  haben. 
Als  Karl  in  den  grossen  Saal  der  kaiserlichen  Burg  ein- 
trat, wurden  ihm  seine  jungen  Neffen  und  Nichten  Maximilian, 
Ferdinand,  Elisabeth  und  Anna  entgegengefahrt,  die  er  alle  mit 
einer  solchen  Zärtlichkeit  kttsste  und  in  die  Arme  schloss,  dass 
den  Umstehenden  Thränen  in  die  Augen  traten.  Seine  Freude 
wurde  noch  erhöbt  durch  die  Ankunft  seiner  Schwester  Maria, 
der  hinterlassenen  Witwe  des   unglücklichen  bei  Hohacz  gefat- 

*)  Zum  Andenken  an  das  glückliche  ZusammentreiTen  beider  Bruder^ 
die  einander  acht  Jahre  lang  nicht  mehr  gesehen  hatten,  Hess 
Ferdinands  Kanzler,  Kardbai  Bernhard  von  Cles,  Fürstbischof 
von  Trient ,  auf  dem  Platze  der  Zusammenkunft  eine  von  Metall 
mit  halberhabenen  Figuren  künstlich  bearbeitete  TaTel  aufrichten, 
welche  aber  in  späterer  Zeit  sammt  der  eisernen  Vergitterung 
entwendet  wurde. 

Der  Standort  des  aufgestellt  gewesenen  Monumentes  wird  heut 
zu  Tag  noch 

•.beim  Kaiserbild^ 
genannt.    Die  Innscbrift  der  Tafel  lautete: 

Imperatori  Caesari  Carolo  V.  F.  F.  Aug.  ex  Hispaniis,  Italia- 
que  susceptis  coronis  imperialibus  advenienti ,  et  Ferdinando 
Hungtriae,  Bohemiaeqne  Regi  e  Panoniis  decnrrenti  optimis 
Principibns  ad  perpetuam  poblicae  laetitiae  memorism,  quod 
fratres  ante  annos  VIII  digressi^  summis  inter  mortales  honoribus, 
regnis,  triumphis  aucti  hoc  in  loco  saivi  sospitesque  convenerunt. 

Anno  salutis  MDXXX  Fried.  Franc,  de  monte  niveo  Stentci 
proefeet.  mandato  regio  f.  c. 


—    90»   — 

lenen  Königs  von  Ungarn,  Ludwig.  Obwohl  der  AnUick  ihres 
Traoerkleides  Anfangs  die  angenehme  Empfindung  in  etwas 
niederschlug,  so  überwog  doch  den  Schmerz  die  Freude  des 
Wiedersehens  nach  einer  beinahe  sechszehnjfthrigen  Trennung. 

In  Innsbrucii  besuchten  den  Kaiser :  Friedrich  Ffakgraf  so 
Rhein  nud  Kardinal  Mathfius  Lang,  Enbischof  von  Sabburg, 
um  ihn  im  Namen  des  gesammten  Reiches  zu  begrüssen,  dann 
Churfflrst  Joachim  von  Brandenburg,  die  Herzoge  Wilhelm  und 
Ludwig  von  Bayern  und  Georg  von  Sachsen  nebst  mehreren 
andern  Fürsten,  wozu  noch  die  Gesandten  der  proteslantischeo 
Fürsten  kamen.  Da  die  Stadt  Innsbruck  mit  dem  kaiseriioheo 
Volke  und  so  vielen  Fremden  ganz  angefüllt  war,  mnsste  der 
auf  den  i5.  Hai  ausgeschriebene  Landtag  nach  Hall  verlegt 
werden.  Auf  diesem  klagten  die  Stünde  recht  bitter,  dass  nicht 
nur  d reis s ig  Jahre  lang  ^o  viele  kaiserliche  Trappen  io 
den  Kriegen  gegen  den  Papst,  gegen  Venedig  und  Frankrach 
durch  Tirol  gezogen  wären  und  sich  im  Lande  herumgetummelt 
hätten,  sondern  auch  dass  so  viele  tausend  Landeskinder  eben 
so  lange  gegen  die  Schweizer,  Venetianer  und  Franzosen  in 
und  ausser  Tirol  Kriegsdienste  geleistet  hätten ,  dafilir  aber  gar 
nichts  bezahlt  worden  sei;  nichtsdestoweniger  wurden  3000 
Mann  auf  drei  Monate  zu  stellen  und  zu  unterhalten  versprochen 
und  dem  Kaiser  36,000  Gulden  bewilliget. 

Am  6.  Juni  reisten  Karl  und  Ferdmand  nach  einem  Anf- 
enthalte  von  32  Tagen,  während  welcher  Zeit  der  Kaiser  seinen 
vertrauten  obersten  Kanzler,  den  Kardinal  Gattinara,  der  ihn 
ungeachtet  seiner  Kränklichkeit  bis  Innsbruck  begleitete,  ver- 
loren hatte,  über  Kufstein  und  München  nach  Augsbnrg  snm 
Reichstag  ab. 

Vor  Schwaz  wurden  beide  Majestäten  angenehm  -über- 
rascht; es  waren  ihnen  nämlich  sämmtliche  Knappen  dieser 
Ortschaft,  bei  5000  an  der  Zahl  (nicht  eher  14,000,  wie  mtn 
auch  lesen  kann)  bereits  eine  Stunde  weit  entgegengezogen  — 
ausgerüstet  nach  Brauch  und  Manier  der  Landsknechte  mit 
langen    Spiessen,    Hdleparden,    grossen    Schlachtschwertem, 


-    301    — 

HaadrOhroii  und  «tiemlicheHi  Feidgescbtitz^.  Die  Knappen 
selbst  hatten  sieh  in  zweien  «Haufen^  aafgeslellt,  welche  circa 
300  Schritte  von  einander  standen.  Jeder  einzelne  Haufe  bil* 
dete  wiederum  mehrere  Glieder,  von  denen  ein  jedes  71  Mann 
sählte.  In  der  Nahe  der  Knappen  stand  ein  anderer  ^Hanfen^ 
von  1600  Buben,  die  ebenfalls  bewaffnet  waren. 

Als  nun  beide  Monarchen  herangekommen  waren,  und 
Knappen  und  Buben  in  Augenschein  genommen  hatten,  wurde- 
von  diesen  ein  Scheingefecht  aufgeffihrt.  Nach  Beendigung 
desselben  hielten  Karl  und  Ferdinand  ihren  feierlichen  Einsag 
in  Schwaz.  Die  „Bergherren^  verehrten  den  Mi^estaten  gleich 
bei  ihrer  Ankunft  eine  grosse  silberne  Medaille  im  Werthe  von 
1700  Gulden,  auf  welcher  in  der  Mitte  der  kaiserliche  Adler 
Qiid  aussen  herum  das  Wappen  aller  Lander  Karls  Y.  und  auf 
der  andern  Seite  sämmtliche  Titel  dieses  machtigen  Monarchen 
eingegraben  waren;  nach  einer  andern  Quelle  soll  auf  der 
Kehrseite  der  österreichische  Stammbaum  eingegraben  gewe- 
sen sein. 

Am  7.  Juni  wurden  die  Bergwerke  in  Augenschein  ge- 
nommen und  gleich  denselben  Tag  noch  die  Reise  nach  Kuf- 
stein zu  Wasser  fortgesetzt.  Am  15.  Juni  hielt  Kaiser  Karl 
seinen  feieriichen  Einzug  in  Augsburg. 

Nach  dieser  Episode  wollen  wir  wiederum  zur  Belagerung 
von  Florenz  zurückkehren. 

7.  Die  Belagerung  der  benannten  Stadt  hatte  wihrend 
dieser  2ieit  ihren  ungestörten  Fortgang  genommen,  jedoch  nach 
der  Abreise  des  Kaisers  am  22.  Hftrz,  dem  der  Papst  am 
31.  März  auf  dem  Fasse  gefolgt  war,  um  nach  Rom  zurfick- 
zukehren,  wollte  Graf  Felix  von  Werdenberg  nicht  länger  mehr 
bei  der  Belagerungsarmee  verbleiben;  er  liess  demnach  den 
Kaspar  von  Freundsberg  von  Bologna  nach  Florenz  kom- 
men, übergab  ihm  das  Kommando  ttber  die  deutschen  Truppen 
und  ging  ebenfalls  zum  Reichstag  nach  Augsburg  ab,  wo  er 
bald  darauf  —  starb.  Da  auch  dem  Ritter  Kaspar  v.  Freunds- 
berg  der  ganze,   lediglich  im  Interesse  des  Papstes  geführte 


-  alö«  - 

Krieg  durchaus  nicht  efngehen  wollte,  so  tibertrog  er  den 
Oberbefehl  über  den  10,000  Mann  starken  deutschen  Heeres- 
theil  seinem  Oheime,  dem  Grafen  Ludwig  Ton  Lodron, 
▼erliess  das  Lager  und  nahm  gleichfalls  seinen  Weg  Ober 
Innsbruck  nach  Augsburg.  Auch  der  Markgraf  Alphons  von 
Guasta  zog  ab. 

Das  kaiserliche  Heer,  dessen  Verpflegung  und  Besoldung 
der  Pdpst  hatte  fibemehmen  mfissen  (was  ihm  eine  wöchent- 
liche Auslage  von  150,000  Gulden  verursacht  haben  soll),  lag 
schon  bei  eilf  Monate  vor  Florenz,  in  welchem  sieh  bekannt- 
lich bei  12,000  Mann  beim  Beginn  der  Belagerung  befanden, 
die  aber  in  den  fortwährenden  Gefechten  sehr  zusammenge- 
schmolzen waren.  Um  nun  die  Besatzung  zu  Terstärken,  wurde 
Francesco  Ferrncci  von  den  Florentinern  nach  Pisa  abgeschickt, 
um  das  daselbst  befindliche  Kriegsvolk  anzuwerben  und  nach 
Florenz  zu  fahren.  Als  dies  der  Oberbefehlshaber,  Prinz  Phi- 
tibert  von  Oranien ,  in  Erfahrung  gebracht  hatte ,  flbertrug  er 
die  Leitung  der  Belagerung  dem  Ferdinand  von  Gonzaga  and 
dem  Grafen  Ludwig  von  Lodron,  nahm  einen  Haufen 
Reiterei  und  Fussvolk  und  eilte  an  der  Spitze  desselben  zur 
Nachtszeit  dem  Perrucci  gegen  Pisa  nach.  Unterwegs  kam  er 
zum  Städtchen  Cas'cina  am  Arno;  als  dieses  die  Thore  nicht 
öffnen  wollte,  wie  es  Prinz  Philibert  verlangt  hatte,  und  Prinz 
Philibert  sich  nun  anschickte,  das  kleine  Nest  mit  Waffengewalt 
zu  nehmen,  so  verzog  sich  seine  Unternehmung;  über  eine 
unbedeutende  Nebensache  wurde  die  Hauptsache  ausser  Acht 
gelassen  und  das  Kostbarste  verloren  —  die  Zeit.  Ferrucci 
hatte  diese  gut  benutzt,  schnell  4000  Hackenschatzen  ange- 
worben und  sich  damit  auf  den  Weg  nach  Florenz  gemacht; 
bald  stiess  er  aber  auf  die  Truppen  des  Prinzen ;  nun  entspann 
sich  zwischen  beiden  Theilen  ein  hitziges,  ein  blutiges  Gefecht. 

Prinz  Philibert  machte  an  der  Spitze  seiner  Kflrassiere 
einen  heftigen  Angriff  auf  seitoe  Gegner,  fiel  aber  gleich  beim 
ersten  Anprall,  von  zweien  Kugeln  getroffen  —  todt  vom 
Pferde.    Die  Kaiseriichen   errangen  zwar  in  diesem  blutigen 


—    303    — 

Gefechte  den  Sieg,  erlitten  aber  bedeutende  Verlasfe  and  ver- 
loren —  de^  ,,ktlhnniathigen^  Prinzen ,  für  sie  der  grOssle 
Verlust !  Die  Feinde  zogen  demselben  die  prächtige  Kleidung 
ab,  sowie  den  vergoldeten  Harnisch,  und  liessen  die  Leiche 
unbeachtet  liegen;  ein  Franzose  suchte  jedoch  dieselbe  auf, 
fand  sie  und  legte  sie  quer  aufs  Pferd,  so  d9ss  der  Kopf  und 
die  Fllsse  Iraks  und  rechts  herabhingen  —  ein  trauriger  An- 
blick !  —  und  brachte  den  Gefallenen  so  nach  Pisa,  wo  er  in 
einer  Kapelle  ausgesetzt  und  sodann  zur  Erde  bestattet  wurde; 
die  erhaltenen  zwei  tödtlichen  Kugeb  hatten  dem  Feldberm, 
der  noch  nicht  30  Jahre  zählte,  den  Rtickgrad  zerschmettert 
und  waren  im  Herzen  stecken  geblieben. 

Aber  auch  Ferrucci  war  den  Kaiserlichen  in  die  Hände 
gefallen;  Fabritius  Haramald,  Kommandant  der  italienischen 
Truppen  im  Beiagerungsheere ,  liess  den  Gefangenen  —  hin- 
richten^ 

8.  Die  Florentiner,  nun  schon  eilF  Monate  lang  belagert^ 
von  aller  Welt  verlassen  und  vom  Hunger  geängstigt  eben  so 
wie  vom  Belagerungsheere ,  schickten  zwei  Abgeordnete  zu 
Ferdinand  von  Gonzaga ,  der  nach  dem  Tode  des  Prinzen  von 
Oranien  und  nach  dem  Abzüge  des  Harkgrafen  Alphons  von 
Gnasta  Oberbefehlshaber  geworden  war}  dieser  Hess  nun  den 
Bewohnern  von  Florenz  bedeuten :  der  Kaiser  wolle  durchaus 
nicht  die  Stadt  zu  Grunde  richten;  diese  möchte  sich  nur  er- 
geben. Endlich  am  12.  August  1530  kam  zwischen  beiden 
Tbeiien  ein  Vertrag  zu  Stando;  diesem  zu  Folge  mussten  die 
Florentiner  80,000  Goldstücke  erlegen,  und  zwar  40,000  gleich, 
und  den  Rest  In  sechs  Monaten,  sowie  mehrere  Bürger  als 
Geissein  stellen.  Sie  hatten  auch  eine  Besatzung  in  die  Stadt 
aofitunehmen  und  mussten  sich  verpflichten,  die  von  Karl  und 
Klemens  zu  bestimmende  Verfassung  anzunehmen.  Ueber  diese 
sprach  sich  eine  kaiserliche  Urkunde  vom  28.  Oktober  1530 
näher  aus,  „obgleich  die  Florentiner  —  heisst  es  in  derselben 
—  eine  sehr  harte  Strafe  verdient  hätten,  wolle  Karl  ihnen  doch 
Verzeihung  bewilligen,   ihre  Rechte   bestätigen   und  die  alte 


-    30«    — 

Wahl  der  Beamten  and  Behörden  genehmigen.  An  die  Spitxe 
des  Ganzen  solle  aber  Prinz  Alexander  von  Medicis  als  Herzog 
treten,  und  diese  Würde  auf  seine  mftnnlichen  Erben  naeh  den 
Rechte  der  Erstgeburt  übergehen.^ 

So  war  das  Haus  der  Mediceer  in  Florenz  wieder  eioge- 
setzt,  somit  der  sehnlichste  Wunsch  des  Papstes  erfüllt;  der 
neue  Herzog  Alexander,  ein  leichtsinniger  junger  Mann,  geaoM 
aber  seine  Wflrde  nicht  lange,  indem  er  Anno  1538  von  seinem 
eigenen  Verwandten,  Lorenzo  von  Hedicis,*  ermordet  wurde. 
Hipolitus,  Alexanders  Bruder,  wurde  Kardinal,  machte  aber 
dieser  hohen  Wflrde  wenig  Ehre. 

9.  Nachdem  nun  auch  Florenz  zur  Ruhe  gebracht  worden 
war,  erhielten  die  alten  deutschen  Landsknechte  ihre  Beuhloog 
und  unter  Einem  auch  den  Abschied.  Von  allen  circa 
12,000  Kriegern,  die  mit  Georg  von  Freundsberg  vor  vier 
Jahren  den  Zug  nach  Italien  angetreten  hatten ,  waren  noch 
fünfzehn  Hundert  am  Leben.  Diese  verliessen  nun  oiit 
dem  Grafen  Ludwig  von  Lodron  Italien,  in  welchem  Aber 
zehn  Tausend  ihrer  Waffengenossen  und  Landsleule  inner- 
halb dieser  vier  Jahre  den  Tod  gefunden  hatten,  und  kehrteo 
nach  Deutschland  zurttck,  wohin  der  oflgenannte  Haudegen 
Sebastian  Schertlin  von  Burtenbach  bereits  ein  Jahr  früher  zu* 
rUckgekehrt  war. 

„Also  kam  ich  —  schreibt  er  — -  mit  Glflck  anno  1529 
den  8.  May,  mit  fröden  gen  Schorndorff  zu  weih  und  kindero, 
und  hfitt  in  demselben  lu-ieg  überkommen  15^000  Gulden  ood 
gut  klaider  und  klainod ;  dem  allmächtigen  sei  lob ,  ich  h«bf 
wol  eramet  (.erworben).^  Was  es  aber  mit  diesem  „Eramen^ 
fOr  eine  Bewandtniss  hat,  wissen  wir. 

Die  Geschichte  sagt,  dass  aus  allen  Fülirem,  die  zur  Ex- 
pedition gegen  Florenz  verwendet  wurden,  Graf  Lodirig 
von  Lodron  durch  eine  vortrefflich  eingehaltene  Hanas- 
zucht  sich  ganz  besonders  ausgezeichnet  habe  —  eine  Tagend, 
die  demselben  auch  anderswo  nachgerflhmt  wird,  wie  wir^spiit^ 
hören  wecden. 


—    305    — 

Nun  findert  sich  aber  der  Schauplatz  der  Thätigkeit  unsers' 
Heldeo;  ehe  wir  aber  diesen  betreten,'  soll  noch  vom  unseligen 
IVeiben  und  traurigen  Ende  des  berflchtigten  Rebellen  Michael 
Gaissmayr  dasjenige  erzählt  werden,  was  uns  die  Geschichte 
davon  aufbewahrt  hat. 

10.  Wir  haben  diesen  Unheilstifter  das  letxte  Mal  im 
Mai  i527  als  Hauptmann  Im  venetianischen  Heere  vor  Rom 
gesehen.  Nun  wurde  unter  dem  15.  September  1527  dem  da- 
maligen Landeshauptmanne  Leonbard  von  Völs  durch  die  ober- 
österreichische Regierung  ein  Schreiben  eingehändigt  und  dem- 
selben darin  folgende  Hittheilung  gemacht:  man  habe  nämlich 
einen  verdächtigen  Mann,  Namens  Michael  Ratenlang,  der  mit 
dem  Rädelsführer  Gaissmayr  aus  dem  Stifte  Salzburg  wegge- 
zogen und  von  diesem  zum  „Schultheis^  gemacht  worden  sei, 
im  Brixenthale  aufgefangen.  Michael  Ratenlang  habe  seiner 
^«Praktiken  halber^  peinlich  befragt,  nachstehendes  Geständniss 
abgelegt:  Erstlich  wäre  Gaissmayr  täglich  in  grosser  „Uebung^, 
einen  neuen  Aufruhr  zu  erregen,  habe  auch  zeitlich  im  Winter 
mit  der  Republik  Venedig  um  „vnterschlaipf  und  Pass  ge- ' 
handelt^,  und  die  Anzeige  gemacht,  weil  alles  Kriegsvolk  aus 
Tirol  nach  Italien  zöge,  wolle  er  ein  arges  Spiel  im  Lande 
anrichten  —  für  den  Fall,  dass  ihm  die  Republik  verhülQich 
sein  sollte;  diese  habe  aber  zur  Antwort  gegeben,  sie  hätte 
keinen  Krieg  gegen  die  österreichischen  Erbiänder,  sondern 
gegen  den  Kaiser  um  das  Herzogthum  Mailand,  auch  habe  die 
Republik  bei  Lebensstrafe  verboten ,  einen  Einfall  in  die  Erb- 
lande  zu  unternehmen.  Ferners  habe  Ratenlang  ausgesagt: 
Gaissmayr  gedenke,  sobald  der  Abzug  der  Truppen  geschehen, 
jedenfalls  einen  neuen  Aufruhr  anzuzetteln  und  den  Anfang 
damit  in  Tirol  zu  machen,  dadurch  könne  er  sich  des  Pinz- 
ganes  „vergewissern^. 

Im  erwähnten  Schreiben  der  österreichischen  Regierung  an 
den  Landeshauptmann  wird  schliesslich  auch  gemeldet,  ein  an- 
sässiger Mann  und  zwei  ledige  Knechte  wären  aas  dem  Lager 
der  Venetianer  gekommen  und  hätten  auf  die  Frage :   was  ihr 

20 


—    3D»    - 

Füraehmen  sei?  zur  Antwort  gegeben:  Gaissnuiyr  habe  sie 
täglich  vertröstet ,  dass  er  einen  neuen  Aufruhr  an  der.  Etsch 
erregen,  dann  auf  den  Nonsberg  ziehen  und  daselbst  eiq  paar 
Schlösser  an  sich  bringen  und  mit  Hülfe  der.  Bauern  den  er- 
regten Aufstand  weiter  verbreiten  werde. 

Seiner  Umtriebe  wegen  von  der  Republik  Venedig  nach 
dem  Friedensschlüsse  mit  dem  Kaiser  nicht  mehr  gelitten,  zog 
Gaissroayr  in  die  Schweiz.  Unter  dem  20.  August  1530  wurde 
nun  dem  Landeshauptmanne  von  Tirol  von  der  oberösterrei- 
chischen Regierung  der  Auftrag  eriheüt,  gute  und  verlAsslicbe 
Kundschafter  sowohl  innerhalb  des  Landes  als  ausserhalb  des- 
selben  zu  bestellen,  welche  auf  die  „Praktiken^  des  Gaissmayr 
ein  gutes  Augenmerk  haben  sollten.  Bei  dieser  Gelegeaheit 
wurde  dem  Landeshauptmanne  durch  die  Regierung  nachstehende 
Hittheilung  gemacht :  Gaissmayr  habe  sich  gegen  einen  Hano, 
der  demselben  als  Kundschafter  gegen  Zürich  nachgeschickt 
worden,  vernehmen  lassen ,  er  gedenke  au  der  Spitze  eioes 
Haufens  von  18,000  Mann  wftlschen  und  deutschen  Volkes  von 
Graubünden  aus  einen  Einfall  ins  Tirol  zu  unternehmen,  und 
dem  Landesfflrsten  genug  zu  schaffen  zu  gei)en. 

Da  Gaissmayr  in  der  Schweiz  mit  seinem  Plane,  Tirol  za 
insurgiren,  keinen  Anklang  fand,  so  eilte  er  ^vieder  nach  Italien 
zurflck^  um  von  hier  aus  zu  demselben  Zwecke  thütig  zu  sein; 
allein  hier  wurde  seinem  fernem  Treiben  Einhalt  gethanj  der 
Unheilstifter  wurde  nämlich  in  der  Stadt  Padua  im  Jahre  i530 
durch  zwei  Spanier  ergriffen,  enthauptet  und  der  Kopf  des 
RMelsführers  dem  LandesfUrsten  nach  Innsbruck  fiberschickt. 


^    JW  - 


XV.  Abschiutt 

6r*f  Lndvig  Ton  Lodron  im  Türkenkriege ;  Sultan  Solimaa  II. 
nnd  sein  Günstling  Ibrahim  Pascha;  Erobenmg  ron  Belgrad  dorch 
Soliman;  Schlacht  bei  Mohacz;  Belagerung  ron  ^ien  and  Güni 
durch  Soliman;  Graf  Ludwig  im  Kampfe  mit  Kassimbeg;  Prie« 
densschlnss ;  Ferdinand  I.  und  seine  Gemahlin  Anna  in  Trient  anno 
1636;  Yerm&hlnng  des  Grafen  Ludwig  mit  Ursula  von  Cles. 

1.  Im  Jahre  1520  bestieg  den  Thron  der  Osmaneo 
Soliman  II.,  der  Grosse,  der  Prächtige,  der  Gesetzgeber, 
von  den  Seinen  auch  der  Herr  seines  Jahrhunderts  genannt. 
Die  Gesandten  Ferdinands  L,  nfimlich  die  Graftn  Nögarola  und 
Lamberg,  beschreiben  uns  diesen  gewaltigen  Mann  als  enthalt« 
sam,  edelsinnig  und  grossmtithig ,  sein  Aeusseres  als  Ehrfareht 
erweckend ,  mehr  anziehend  als  absehreckend  ;  Alles ,  was  der 
Geist  eines  Regenten  nur  immer  Grosses  und  Gewaltiges  in - 
Plfioen  und  Gedanken  umfassen  muss,  um  sein  lieben  und  durck 
sein  Leben  zugleich  auch  seine  Zeit  aus  der  Bahn  der  Ge- 
wöhnlichkeit hinauszuheben,  war  in  Soliman  vereinigt.  Darum 
erfflllte  €r  nicht  nur  seinen  Namen  mit  einem  Ruhm  nnd  Glanz, 
wie  noch  kein  Sultan  vor  ihm,  sondern  er  machte  auch  seine 
Zeit  zu  der  merkwttrdigsten  in  der  Geschichte  des  osmanischen 
Reiches ;  denn  nie  glänzte  dieses  Reich  in  einer  solchen  Grösse, 
wie  unter  Soliman^s  46  Jahre  dauernder  Regierung. 

Dem  gewaltigen  Sultan  zur  Seite  stand  aber  aach  ein 
Mann,  eines  solchen  Herrschers  wfirdig;  es  war  dies  der  Gflnst- 
ling  Ibrahim  Pascha,  hochherzig,  staatsklug,  gewandt,  be^ 
sonnen,  leutselig  und  ein  Kenner  des  Verdienstes.  Ibrahim 
Pascha  besass  Soiiman's   unbegrfinztes  Vertraaen,   war  Ans« 

20» 


-    908    — 

Spender  aller  seiner  Gnaden ,  sowie  Verkfinder  and  Yollsieher 
alier  seiner  Befehle. 

Soliman  schickte  gleich  nach  seiner  Thronbesteigung  einen 
Gesandten  nach  Ofen,  an  den  Hof  des  geist-  und  körper- 
schwachen Königs  Ton  Ungarn,  Ludwig  IL,  um  diesen  an  den 
der  hohen  Pforte  zn  entrichtenden  Tribut  zu  erinnern.  Dieser 
Gesandte  erschien  zur  Zeit,  als  der  15  Jahre  zahlende  König 
seine  Vermählung  mit  Maria  von  Oesterreich,  Schwester  Karls  V. 
und  Ferdinands  I. ,  feierlichst  beging.  Die  Forderung  des 
Sultans  kam  ungelegen  und  ^—  beleidigte.  Statt  an  ihre  Er- 
railung  zu  denken,  ward  Solimans  Abgeordneter  schwer  miss- 
handelt und  in  einen  Kerker  geworfen,  ja  —  wie  vielfach  be- 
hauptet wird  —  gar  ermordet. 

Diesen  Frevel  zu  rSchen,  trat  der  Sultan  zum  ersten  Haie 
an  die  Spitze  einer  gewaltigen  Heeresmacht.  Fast  widerstands- 
los fielen  beinahe  alle  festen  Schlösser  an  der  Save  in  Soli- 
mans Gewalt,  und  schon  im  Juü  1521  stand  er  vor  Belgrads 
Hauern  und  begann  die  Belagerung  dieser  hochwichtigen  Festung. 
Zwanzig  Stürme  wurden  von  der  tapfern  Besatzung  siegreich 
abgeschlagen;  allein  nach  einer  kurzen  Belagerung  von  vierzehn 
Tagen ,  binnen  welcher  Zeit  aber  fortwährend  von  den  Türken 
gestürmt  wurde,  fiel  dieses  Bollwerk  der  Christenheit  in 
die  Hände  der  Osmanen,  in  denen  es  sich  noch  befindet. 

2.  Fünf  Jahre  später  --  1526  —  brach  Soliman  am 
23.  April  mit  einem  Heere  von  300,000  Mann  zum  zweiten 
Male  von  Konstantinopel  auf.  Ohne  Widerstand  ging  er  über 
die  Donau  und  nahm  die  Stadt  Peter  ward  ein  im  ersten 
Anlauf.  Bei  so  dringender  Gefahr  Hess  König  Ludwig  nach 
alter  Sitte  einen  blutigen  Säbel  durch  alle  Städte  und  Dörfer 
Ungarns  tragen  und  damit  die  ganze  waiTenfähige  Mannschaft 
unter  Todesstrafe  gegen  die  Ungläubigen  aufbieten.  Am  29.  Au- 
gust 1526  (also  an  demselben  Tage,  an  welchem  fünf  Jahre 
früher  das  feste  Belgrad  in  die  Hände  Solimans  gefallen  war) 
kam  es  bei  Mohacz  zur  Schlacht.  Ach!  wir  kennen  ihren 
unglücklichen  Ausgang;  über  22,000  Ungarn,  darunter  sieben 


-    309    - 

Bis cMfe,  28  Ihgnaleo  and  500  Rilter  bedeekten  das  Sehlacbl- 
feld;  König  Ludwig,  von  der  Menge  fortgerissen,  eilte  gegen 
Fflnfkirchen.  Bei  der  Ortschaft  Ezelje  wollte  er  sich  ttber 
einen  sampfigen  Grund  retten,  das  Pferd  sank  aber  ein,  wollte 
sich  emporarbeiten ,  fiel  aber  ermattet  auf  den  König ,  welchen 
die  Schwere  seiner  Rdstong  unter  dem  Wasser  hielt ,  so  dass 
er  elendiglich  zu  Grunde  gehen  musste.  Die  Türken  drangen 
hierauf  siegreich  bis  Ofen  vor,  das  ebenfalls  in  ihre  Binde  fiel. 
Heimkehrend  richteten  sie  nach  allen  Seiten  hin  die  furchtbar- 
sten Verwüstungen  an  und  schleppten  bei  300,000  Christen  in 
die  Sklaverei  fort. 

3.  Wiederum  drei  Jahre  später  — .1529  —  brach  Soli- 
man  den  2.  Mai  sum  dritten  Male  an  der  Spitze  eines  Heeres 
von  300,000  Mann,  dem  ein  Vortrab  von  30,000  Kriegern 
voranzog,  von  Konstantinopel  auf,  und  stand  am  20.  September 
vor  Wien,  das  nun  24  Tage  lang  aus  400  Peuerschlünden 
unausgesetzt  beschossen  wurde.  Wir  kennen  den  Ausgang 
dieser  ewig  denkwürdigen  Belagerung.  Am  14.  Oktober  wurde 
der  Hauptsturro  glücklich  abgeschlagen,  und  am  18.  Oktober 
hob  Sollmans  allgewaltiger  Günstling,  Ibrahim  Pascha,  nachdem 
alle  Hofl^nung  geschwunden  war,  sieh  der  Stadt  durch  Terrath 
zu  bemächtigen,  die  Belagc*rnng  auf  und  zog  über  Brück  an 
der  Leytha  nach  Ungarn  ab. 

Halten  ^ir  hier  inne,  um  einen  Blick  auf  die  Grabschrift 
unsers  Helden  zu  werfen ,  von  welcher  am  Schlüsse  der  Bio- 
graphie die  Rede  sein  wird;  in  dieser  heisst  es  vom  Grafen 
Ludwig:  „qui  post  plura  Domui  Augustae  praestita  servitia 
Viennam  obsidione,  fidem  catholicam  metu,  Carolum  V 
Caesareni  periculis  liberavit.^  Dieser.  Aufschrift  zu  Folge  hätte 
Graf  Ludwig  bei  der  Vertheidigung  der  Stadt  Wien  oder 
zum  Entsatz  derselben  mitgewirkt;  ich  glaube  aber  diese  An- 
nahme in  Abrede  stellen  zu  müssen  —  und  dies  aus  folgendem 
Grunde.  Am  20.  September  1529  begann  die  Belagerung  von 
Wien  und  neun  Tage  später,  also  am  19.  September  1529, 
begann  die  Belageruog  von  Florenz,  welcher  Graf  Ludwig 


—    «0    — 

urkuodlich  beiwohnte;  derselbe   konnte  also  wohl  niebl  tn 
gleicber  Zeit  b^i  Florenz  und  bei  Wien  thätig  sein* 

Uebrigens  finden  wir  von  den  Bittern  and  Edlen,  welclie 
sich  aus  tirolischen  Geschlechtern  während  der  Belagerung 
der  benannten  Stadt  und  beim  Entsätze  derselben  ausgezeicbnet 
haben,  folgende  Namen :  Auer,  Brandts  (Sigmund),  Payrs- 
berg,  Stadler  nnd  Wolkenstein. 

Von  Sigmund  Brandis  sagt  die  Geschichte  namentlich, 
dass  er  bei  einem  Ausfalle  den  TOrken  einen  „merklichen 
Schaden^  zugefügt  habe. 

4.  Item  drei  Jahre  später  —  Anno  1532  —  brach  Soli- 
man  zum  vierten  Male  an  der  Spitze  eines  Heeres  von 
200,000  Mann  Fossvolk,  20,000  geregelten  Reitern  und  16,000 
sogenannten  Rennern  und  Brennern  nebst  300  PeldstOcken  von 
Konstantinopel  auf.  Am  14.  Juni  stand  er  mit  seinem  Heeie 
bereits  bei  Belgrad,  wo  er  noch  eine  Verstärkung  von  15,000 
Tartaren  an  sich  zog.  Hit  dieser  Macht  ging  der  Saltan  über 
die  Donau;  ein  Iheil  seiner  wilden  Horden  wälzte  sich  in 
Syrmien  und  Slavonien  von  Stadt  zu  Stadt,  um  gänzlich  so 
verheeren,  was  vom  Kriege  bisher  noch  unberührt  geblieben 
war;  der  andere  Theil  zog  mit  dem  Grossherrn  an  der  Spitie 
nach  Essek  und  von  da  nach  Mohacz.  Hier  empfing  er  die 
Gesandten  Ferdinands,  die  Grafen  Nogarola  und  Lsunberg,  die 
aber  zurückbehalten  wurden,  damit  sie,  wie  Soliman  sagte,  als 
Augenzeugen  seiner  Thaten,  ihrem  Gebieter  desto  glaubwür- 
digere Kunde  überbringen  könnten. 

Am  25.  Juli  zog  Soliman  von  Mohacz  nach  StuhlweisserH 
bürg  und  wendete  sich  von  hier  —  aus  unbekannter  Ursache 
—  über  SarvÄr  gegen  das  Städtchen  Gttns.  Hier  entliess  er 
die  bisher  zurückbehaltenen  Gesandten,  reichlich  beschenkt^  an 
KOnig  Ferdinand  und  Kaiser  Karl  mit  einem  Schreiben,  worin 
Soliman  beiden  erwähnten  Monarchen  meldete:  «er  sei  zw 
Rache  des  an  seinem  Schulzgenossen  und  Freunde  Johann  Zi- 
polya  verübten  Unrechts  gekommen ,  werde  in  das  Herz  ihftv 
Lftpdqr  fejqjdJich  eindringen   und  mit  Gottes  yad  des  Ftf^fl^^ 


-    311    — 

Rttlfe  jeden  Widerstand  aberwältfgen ;  wären  Beide  Von  König- 
lichetoi  Ehrgertihl  beseelt,  so'soHten  sie  im  offenen  Felde  sich 
ihm  entgegensteneii.  In  einer  einzigen  Schlacht  lasse  sich  ^t- 
scheiden,  ob  die  Herrschaft  Ober  die  Welt  ihnen  gehöre  od^r 
ihm.^  Beide  Sendschreiben  waren  in  arabischer  Spra<^he  mit 
goldenen  und  blauen  Btichstaben  geschrieben,  in  Gold  gesiegelt 
and  in  purpurnen  Beuteln  eingeschlossen.  ' 

5.  Hittierweile  hatten  auch  Karl  und  Ferdinand  eine 
grosse  Thütigkeit  entwickelt  und  bei  Wien  eine  Heeresmacht 
von  80,000  Mann  gesammelt.  Das  allzeit  getreue  und  opfer- 
willige Alpenland  Tirol  hatte  dazu  3000  Mann  gestellt,  und 
dieselben  nebst  einem  viermonatlichen  Sold  auf  dem  Wasser 
nach  Wien  'geschickt.  Sigmund  von  Brandis,  derselbe, 
welcher  der  Belagerung  von  Wien  beigewohnt  und  bei  einem 
unternommenen  Ausfalle  den  Türken  einen  „merklichen  Scha- 
den^ zugefügt  hatte,  war  Oberst  über  dieses  Hfilfskorps;  unter 
ihm  kommandirten  als  Hauptleute:  Wilhelm  von  Wolkenstein- 
IVosiburg,  Ludwig  von  Grienstein.  Oswald  Hess,  Arbogast  von 
Anneberg,  Hanns  Khaliinger  und  Melchior  Fieger.  Graf  Lu<f- 
wig  von  Lodron,  der  von  Schertlin  „Oberster  über  des 
königs  häufen^  genannt  wird,  und  Markgraf  Joachim  von  Bran- 
dehborg  näherten  sich  mit  Hülfstruppen  der  Stadt  Wien  über 
Steyermark;  Ritter  Kaspar  von  Freundsberg  war  mtt 
seinen  Leuten  schon  früher  dahin  abgegangen.  Schertlin  von 
Bürtenbach,  von  den  Städten  Kempten^  Augsburg  und  Donau- 
wörth zum  Hauptmann  erwählt,  zog  am  Jakobitag  an  der  Spiti^e 
von  500  Landsknechten  und  50  Reitern  von  Augsburg  aus  und 
trat  seinen  Marsch  nach  Wien  an.  Graf  Wolf  von  Montfort, 
Oberst  des  schwäbischen  Kreises,  machte  unsern  Haudegen  zu 
seinem  Locoteneuten,  Ffalzgraf  Friedrich  ernannte  ihn  zum  Löco- 
tenenten  über  das  ganze  Fussvolk  der  Reichsarmee,  die 
Schertlin  auf  65,000  Mann  zu  Fuss  und  1i,000  Mann  zu  Pferd, 
in  Summa  auf  76,000  Streiter  angibt. 

Am  5.  August  1532  übernachtete  der  Kardinal  Hipolitus 
d«  Hedicls,  der  Vetter  des  Papstes,  in  Brixen;  dieser  pracht^ 


-  .312    - 

liebendQ  Kirehenfürst  fflhrte  300  Pferde  mit  sidi,  and  sog  «i 
der  Spitze  von  10,000  Mann,  welche  Klemens  VII.  dem  Kaiser 
so  Hülfe  schickte,  zur  Reichsarmee  nach  Wien«  Kirchmayr 
ruft  bei  dieser  Gelegenheit  aus:  „0  da  gabs  viel  samtne 
Röcklein  !^  Am  9.  August  marschirte  durch  Brlxen  der  Stalt- 
halter von  Hailaud,  Antonio  de  Leyva.  Der  genannte 
Chronist  macht  uns  von  diesem  Feldherrn  folgende  sonderbare 
Schilderung:  „Er  ist  wo!  krump  gewesen.  Olsen  Mann  hat 
man  durch  das  Land  getragen ;  er  ist  auf  Menschen  geritten, 
hat  wol  fein  Leut  pey  jm  gehabt  und  etwo  200  Pferd.  Er 
mag  wol  ein  treffendiicher  mit  synnen  seyn,  aber  kraft  hat  er 
nit  für  ain  Maus.  So  hat  er  auch  nit  gern  Geld  ausgeben;  es 
ist  ein  abendtheurisch  geschwind  Mann.^ 

Am  11.  August  finden  wir  den  lapfem  Markgrafen  Alphons 
von  Guasta  mit  8000  Spaniern  in  Bozen,  wo  er  zwei  Tage 
stille  lag.  Am  14.  marschirten  diese  8000  Mann  durch  Brixen; 
ihnen  folgten  auf  dem  Fasse  14,000  Ilaliener.  Im  Gänsen 
marschirten  in  diesem  Jahre  (1532)  85  Fähnlein  italleoisdier 
und  spanischer  Truppen  durch  Tirol ,  bestiegen  dann  in  Hall 
und  Kufstein  Schifle  und  fuhren  zu  Wasser  nach  Wien.  In 
Brixen  allein  verzehrte  diese  Mannschaft  3000  Star  Mehl,  100 
Ochsen  und  300  Hammel  —  beurkundete  somit  einen  geseg* 
neten  Appetit. 

6.  Am  31.  Juli  hatte  sich  Ibrahim  Pascha  vor  Gttns 
gelagert.  Daselbst  befanden  sich  nur  700  waffenftfhige  Mfinner; 
diese  wurden  aber  von  einem  Helden  befehligt,  der  seinen 
Heldengeist  der  ganzen  Besatzung  einzuflitosen  wusste  und  alle 
seine  700  untergeordnete  Leute  in  eben  so  viele  Helden  um-- 
wandelte;  mit  Hochachtung  schreibe  ich  seinen  Namen  nieder: 
Niklas  Juris itsch.  Nun  begann  eine  der  merkwürdigsten 
Belagerungen,  welche  die  Geschichte  kennt.  Um  aber  su 
gleicher  Zeit  die  angränzenden  Länder  zu  verheeren,  schickte 
Soliman  von  Gttns  aus  den  ßeglerbeg  Kazum  Pascha  cKassira- 
Bei)  mit  Reiterei  und  den  Osman  Aga  mit  Janitscharen  auf 
einen  Streifzug  gegen  Ober-*Oesterreich  aus.    Beide  genannte 


-    313    — 

Heermhrer  der  Türken  xfihlten  16,000  bis  18,000  Mann  aoler 
ihren  Fahnen. 

Verlassen  wir  den  Saltan  vor  Gflns,  um  diesem  Streifkorps 
SH  folgen,  aber  aach  um  unserm  Heiden  wiederom  su  begegnep- 

Unter  den  gräulichsten  Verwüstungen  wftizten  sich  die 
Horden  unter  Kaznm  Pascha  (Kassim  Bei)  und  Osman  Aga 
Ton  Güns  aus  durch  Gestenreich  längs  der  Gebirge  bis  an  die 
Enns  in  der  Nflhe  der  Stadt  Steyer 

Indessen  wurde  Solimao  gezwungen ,  die  Belagerung  von 
Güns  aufzuheben,  nachdem  diese  26  Tage  gedauert  hatte,  wäh- 
rend welcher  Zeit  Jurisitsch  13  Stürme  mit  seinem  Häuflein 
gifinzend  abschlug ;  der  Sultan  wendete  sich  von  da  nach  Grätz, 
am  diese  Stadt  zu  erobern.  Als  Kazum  Pascha  diese  Nach- 
richt erhalten  hatte,  trat  er  mit  seiner  Raubschaar  eiligst  den 
Rückzug  an,  nachdem  er  noch  die  Stadt  Weyer  geplündert, 
verbrannt  und  tausende  von  Menschen  beiderlei  Geschlechts  ge- 
fangen in  die  Sklaverei  fortgeschleppt  hatte.  Er  gedachte,  über 
den  Wiener- Waid  ziehend,  in  der  Gegend  von  Baden  heraos- 
zobrecben  und  von  da  über  Wiener  Neustadt  den  Weg  nach 
Steyermark  einzuschlagen,  um  sich  mit  dem  Heere  des  Sultans 
bei  Grütz  zu  vereinigen. 

Von  den  Bewegungen  dea  Feindes  genau  unterrichtet,  hatte 
sich  jedoch  Pfalzgraf  Friedrich,  der  OberVefehlshaber  der 
Reichsarmee,  im  Gebirge  gelagert  und  daselbst  mit  12,000 
Mann  Fussvolk  und  2000  Reitern  trefflich  aufgestellt.  Die 
Thalwege  wurden  sämmtlich  durch  starke  Verhaue  und  Felsen- 
stttcke  unwegsam  gemacht  und  nur  Einer  offen  gelassen,  dieser 
aber  um  so  starker  mit  Truppen  besetzt.  Nach  einem  mehr- 
tägigen Herumirren  (Auswege  suchend)  ward  nun  eine  Abthei- 
lung  vom  Korps  des  Kazum  Pascha,  bei  8000  Mann  stark, 
zwischen  Pottenstein  und  Altenmarkt,  und  eine  andere  bei 
Leopoldsdorf  am  19.  September  angegriffen  und  —  aufs  Haupt 
geschlagen;  Sebastian  Schertlin^  der  an  der  Spitze  von  fünf- 
hundert Schützen  bei  Tagesanbruch  auf  die  Türken  einen  wü- 
thenden  Angriff  unternahm,  entschied  die  Niederlage  des  Feindes. 


-    3M    - 

Kaum  die  Hälfte  der  Türken  entrann  dem  Racbescfawerl  der 
Kaiserlichen ;  Kazum .  Pascha  selbst  fiel  in  der  Schlacht ,  so 
wacker  er  auch  mit  seinem  eisernen  Streithamroer  kämpfte. 
Was  dem  Schwerte  entrann,  suchte  seib  Heil  in  der  Flacht; 
allein  in  demselben  Augenblicke  war  Graf  Ludwig  v.Lodron 
mit  seinem  ganzen  Kriegsvolke,  dann  sein  Locotenent  Bemmel- 
berg  mit  vier  Ffihnlein  vom  Reichsheere  und  Joachim,  juniotr, 
Harkgraf  von  Brandenburg  mit  500  Kürassieren  im  Anzüge 
begriffen.  Die  Flüchtlinge  fielen  nun  eben  den  benannten  Füh- 
rern in  die  Hunde.  Wie  gereizte  Löwen  fielen  die  erbitterten 
Kaiserlichen  über  den  übrig  gebliebenen  Rest  der  Raubhorde 
her;  es  war  kein  Widersland  von  Seite  der  Türken  mehr  mög- 
lich ;  erbarmungslos  wurde  Alles  niedergehauen ,  was  sich  tor 
Wehr  setzte;  die  Niederlage  des  Feindes  war  eine  voll- 
kommene. *) 

Bald  darauf  wurde  auch  jener  feindliche  Haufe,  der  unter 
Osman  Aga  stand,  durch  die  kaiserlichen  Feldhauptiente  Johann 
Katzianer,  Paul  Bakits^  Bnlthasar  Banffy,  Valentin  Török  und 
Georg  Auersperg  gänzlich  aufgerieben.  Der  ritterliche  Paal 
Pakits  glänzte  Allen  muthig  voran;  seine  Lanze  Mite  den 
türkischen  Anführer  Osman  Aga.  *^) 

Von  der  ganzen  Streitmacht  des  Kazum  Pascha  und  Osman 

^)  Die  Monuments  Lodronii  Leonis  erzählen  uns  diese  glänzende 
Waffenthat  des  Grafen  Ludwig  mit  folgenden  -  äusserst 
unklaren  —  Worten: 

Anno  1532  cum  snb  Federico  Comite  Palatino,  Germanarun 
copiarnm  Praefecto,  una  cum  aliis  ducibus  ferretur  in  Turcas, 
Ungariam  depraedantes  tarn  forti  animofuit,  ut  admoduAi 
mirari  oportuerit.  Etenim  propria  cohorte  ex  5000  mili- 
tibus,  qui  Casoni  duci  ex  10,000  et  ultra  superfnerant,  major 
pars  vi  atque  militum  impressione  perturbata  pecorum  modo,  tota 
reltcta  praeda,  una  cum  ipso  duce  Casone  (Kazum  Pascha?) 
caesa  fuit,  et  nisi  tormenta  emitti  pröhibuisset,  ne  milites,  q«i 
terga  fugientium  caedendo  e  Palatini  castris  subsecuti  fuerant. 
cum  essent  hostibus  permixti,  temere  sternerentur,  nullus  ex 
eorum  manibus  sese  explieare  potuisset. 
**)  Paul  Bakits  war  ein  Mann,  dessen  Sinn  und  Tapferkeit  von 
seinen  Kriegern  durdi  den  ehrenvollen  Beinamen:  „Vater  der 
Reilerei"  bezeichnet  wurde. 


—    915    — 

Aga  eDtkamen  nur  bei  sechs  hundert  Flüchtlinge  nach  Essek, 
um  die  Nachricht  von  der  Niederlage  der  Ihrigen  dem  Sultan 
zu  bringen.  An  der  Vernichtung  dieser  Riuberhorden  hatte 
aber  auch  Graf  Ludwig,  Oberst  und  Anfflhrer  des  ganzen 
Fussvolkes  des  Königs  Ferdinand,  den  rühmlichsten  Antheil. 

Im  Jahre  1533  kam  zwischen  Soliman  und  den  beiden 
Monarchen  Kaiser  Karl  und  König  Ferdinand  der  Friede  lu 
Stande,  in  Folge  dessen  es  unserm  Helden  gestattet  war,  wieder 
nach  Tirol  zurackzukehren. 

7.  Nun  müssen  wir  eines  höchst  freudigen  und  ehren- 
vollen Ereignisses  im  Leben  des  edlen  Grafen  erwähnen.  Im 
Frühlinge  des  Jahres  1536  kam  nämlich  Ferdinand  L  und 
seine  erlauchte  Gemahlin  Anna  nach  Trient,  wo  eben  auch 
Graf  Ludwig  sich  aufhielt.  Dieser  wurde  nun  mit  mehreren 
andern  Herren  aus  den  vornehmsten  Häusern  vom  damaligen 
Fürstbischöfe  von  Trient,  dem  uns  bekannten  Kardinal  Bernhard 
von  Cles,  den  allerhöchsten  Herrschaften  zur  Begrüssung  ent- 
gege:».  geschickt.  Da  die  beiden  Majestäten  die  Tapfer4eiY,  die 
Tugenden  und  Verdienste  uusers  Helden  ungemein  sdiätaten,'*) 
so  gaben  sie  Befehl,,  dass  die  Vermählung  des  Grafen  Lud- 
wig mit  Ursula  von  Cle^,  der  Tochter  eines  Nepoten  des  Kar- 
dinals, früher  statt  zu  finden  hätte,  als  es  eigentlich  beantragt 
war,  also  noch  während  der  mehrtägigen  Anwesenheit  der 
höclislen  Herrschaften  in  Trient  gefeiert  werden  sollte  — >  was 
auch  geschah.  Das  häusliche  Glück  des  guten  Grafen  war  aber 
von  kurzer  Dauer;  denn  schon  das  Jahr  darauf  (1537)  musste 
Graf  Ludwig  wieder  zu  den  Waffen  greifen,  und  jenen  ver- 
bingniflsvollett  Zog  nach  Slavonien  gegen  die  Türken  mit- 
madbeD,  aus  welchem  er  nicht  mehr  zurückkehrte. 

Eiievor  aber  dieser  verhängnissvolle  Zug  uroständlieh  er- 
«Ihlt  werden  soll,  müssen  wir  noch  einen  Blick  auf  den  blutigen 
Krieg  werfen,  der  zwischen  Kaiser  Karl  V.  und  König  Franz  I. 
neuerdings  entbrannte. 


*)  „Illius  valorem,  virtutes  ac  merita  maximi  racientes.*^ 


-  sie  - 


XVI.  Abschnitt. 

Tod  des  Herzogs  Franz  Sforza;  Ansprüche  des  KSnigs  ron  Frankreidi 
wegen  Mailand;  Karls  Y.  ErklSrong  ror  dem  Papste  in  Bezug  auf 
Mailand;  Ausbruch  eines  neuen  Krieges  zwischen  Karl  und  Frans; 
Karls  fruchtloser  Zug  nach  Frankreich;  Tod  des  wackem  Antonio 
deLeyya  und  des  tapfem  Ritters  Kaspar  ron  Freundsberg. 

1.  Am  24.  Okiober  1535  starb  Herzog  Frans  Sfoni 
kinderlos,  nachdem  er  zum  Erben  des  Herzogthums  den  Kaiser 
Karl  y.  eingesetzt  hatte  —  was  für  diesen  als  eine  neue  Be- 
stätigung seine;-  Rechte  gelten  konnte,  wenn  er  anders  emtr 
solchen  beditrft  hfitte.  Franz  dagegen  meinte :  seine  Ansprflche 
auf  Mailand  lebeten  durch  jenen  Todfall  wieder  auf,  weil  er 
ihnen  nur  zum  Besten  Sforza's  entsagt  habe.  Dass  diese  letite 
Behauptung  dem  Buchstaben  und  dem  Sinne  der  FriedensscUflsse 
von  Madrid  uiid  Cambray  widersprach,  und  Sforza  nur  dorch 
die  Gnade  Karls  V.  wieder  in  den  Besitz  des  verlornen  Her- 
zogthums  gekommen  war,  kümmerte  den  König  von  Frankreich 
wenig;  und  was  lässt  sich  auf  der  Welt  nicht  Alles  ansprechen, 
beweisen  und  rechtfertigen,  sobald  man  heimlichen  Einreden 
und  Widersprüchen  mehr  Gewicht  beilegt,  als  Öffentlichen  Ver- 
sprechungen und  Friedensschlüssen,  sein  Gewissen  dadurch  be- 
ruhiget oder  doch  abstumpft,  billige  Anerbietungen  zuröckweist 
wid  willkflhrliche  Vorwände  fflr  hinreichende  Kriegsgrfinde  hiU? 

2.  Im  November  1535  kam  Kaiser  Kari  von  seinem  sieg- 
reichen Feldzuge,  den  er  nach  Tunis  unternommen  hatte,  in 
Italien  an.  Zu  Neapel  erfuhr  er  d(*n  Tod  Sforza's;  Köoiip 
Franz  versuchte  in  demselben  Augenblicke  —  obgleich  er  das 
mailttndische  Gebiet  schon  mehrere  Haie  verletzt  und  den  Henog 


—    M7    — 

▼OD  SavoyeO)  deo  Schwager  des  Kaisers,  mil  Krieg  Übenogen 
hatte  — .  iiozeitig  den  Weg  der  Unterhandluagen;  entweder  hätte 
er  diesen  Oberhaupt  vertraoen  oder  den  in  des  Kaisers  Abwe- 
senheit begonnenen  Krieg  mit  allem  Nachdruck  fortsetzen  sollen ; 
jelit  aber  blieb  die  beleidigte  Gewalt  2es  Kaisers  ohne  alle 
Genugthunng  und  im  Felde  ward  auch  nur  wenig  gewonnen. 
Kwl,  welcher  in  diesem  Augenblicke  keineswegs  m  einem 
Kriege  gerüstet  war  und  den  Frieden  überhaupt  gerne  erhalten 
hfitte,  erklärte  sich  auf  Franzens  Vorschläge  ungemein  billig; 
anstatt  aber  rasch  zuzugreifen,  eintretende  Bedenken  zu  heben 
und  kleine  Hindemisse  aus  dem  Wege  zu  räumen,  steigerte 
Franz  seme  Forderungen  ^  in  der  HoiTnung,  noch  mehr  zu 
eriialten,  fcranlasste  selbst  ZOgerungen,  und  ertheilte  seinen 
Gesandten  keine  unbedingte  Vollmacht  zum  Abschlüsse.  Des 
Kaisers  Antrag  —  dem  dritten  Sohne  Franzens  das  Herzogthum 
Ihiland  (jedoch  getrennt  von  Frankreich)  zu  überlassen,  sofern 
er  eine  seiner  Nichten  heiratbe ,  war  günstiger ,  M  ihn  je  ein 
ländersichtiger  Herrscher  gemacht  haben  dürfte;  aber  Franz 
verlangte  ohne  allen  Rechtsgrund  das  Land  für  seinen  zweiten 
Sohn,  und  dergestalt,  dass  er  (der  König)  selbst  im  Besitze 
bleibe,  bis  er  demselben  freiwillig  entsage.  Gleichzeitig  dauerte 
die  feindselige  Behandlung  des  Herzogs  von  Savoyen  fort. 

3.  Unterdessen  war  der  Kaiser  (am  5.  April  1536)  in 
Rom  angekommen  und  seiner  Hilde  und  Herablassung  wegen 
mit  der  grössten  Begeisterung  aufgenommen  worden;  er  hatte 
die  durch  Franzens  Schuld  verlängerte  Zeit  der  Unterhandlung 
mit  grösster  Thätigkeit  benützt  und  stand  ihm  nicht  mehr  un- 
gerüstet  gegenüber  wie  vor  fünf  Monaten;  es  verdross  ihn 
doppelt,  dass  die  französischen  Gesandten,  vielleicht  in  der 
Hoffnung  zu  schrecken,  von  Krieg  und  Sieg  prahlten  und  ge- 
äussert haben  sollten:  er  habe  sein  Versprechen,  Mailand  an 
Franz  abzutreten,  schnöde  gebrochen.  Deshalb  erklärte  sich 
Karl  am  17.  April  in  einer  feierlichen  Sitzung  vor  dem  Papste 
Paul  in.  und  den  versammelten  Kardinälen  in  einer  umständ- 
lichen Rede  vbev  sein  Verbältniss  zu  König  Franz. 


—    3!«^  — 

Naohdem  er  an  alle  frtheni  Orflnde  so  vielfadieii  Ba- 
sehwerioi  erinnert  and  bemerkt  hatte,  wie  Frans  anch  jeti* 
Draache  ad,  daas  man  zu  keinem  billigen  Entschlüsse  gd[oni- 
men^  fOgte  er  hiazn:  nie  sei  es  ihm  eingelhllcn,  Mailand,  den 
Sehlttssel  seiner  italienischen  Staaten,  zur  Erhebung  seiner  Peiade 
wegsngeben  oder  die  Vertreibung  seines  Schwagers,  des  Henofs 
von  SavoyeD,  au  dulden.  Wenn  er  aber  dennoch  aus  Liebe  so 
den  Kindern  seiner  Schwester  Rechten  und  Ländern  freiwillig 
enisage,  so  sei  es  höchst  sonderbar,  ihm  nicht  einmal  die  Wahl 
unter  seinen  Neffen  zu  tiberlassen.  Er  habe  den  dritten  Soha 
Franaens  (den  Herzog  von  Angouleme)  als  den  von  der  Throa- 
folge  entferntem  vorgezogen ;  er  woHe  den  zweiten  Sohn  (Hein* 
rieh),  welcher  als  Gemahl  der  Katbarina  von  Medicis*)  aof 
Florenz.  Ansprüche  machen  könnte,  nicht  in  Italien  ansiedeln, 
am  wenigsten  aber  Frenzen  selbst  im  Besitze  Mailands  sehen, 
wie  dieser^  allen  Verhandlungen  eine  neue  Wendung  gebend, 
jetzt  verlange.  Der  König  von  Frankreich  habe  keinen  seiner 
Vorschlage  angenommen,  mithin  sei  anch  er  nicht  daran  ge- 
bunden, erst  wenn  jener  nochmals  allen  Ansprüchen  entsage 
und  bestimmt  erkläre,  seine  Trappen  aus  Savoyen  herausziehen 
und  den  angerichteten  Schaden  ersetzen  zu  wollen ,  könne  der 
Kaiser  unbeschadet  seiner  Ehre  einen  Vertrag  abschliessen. 
Höchstens  habe  er  etwa  in  Worten  gegen  Franz  sich  ver- 
fehlt, dieser  hingegen  wieder  ihn  durch  feindliche  Thaten. 
Unter  dreien  Vorschlägen  lasse  er  ihm  indessen  die  Wahl: 

i.  Mailand  unter  den  angedeuteten  Bedingungen  fOr  den 
Herzog  von  Angouleme  anzunehmen  und  Savoyen  zu  räu- 
men, oder 

2.  einen  Zweikampf  unter  der  Bedingung  emzugeben, 
dass  der  Unterliegende  fOr  Haltung  einer  Kirchenversanmihing, 


*)  Diese  war  eine  Schwester  Alexanders^  des  regierenden  Forsten 
in  Florenz,  eine  Nichte  des  Papstes  Klemens  VH.,  die  im  Ok- 
tober 1533  zu  Marseille  in  Gegenwart  des  Papstes  und  des 
Köni^  von  Frankreich  mit  Heinrich,  dem  Herzog  von  Orleans 
(Franzens  zweitem  Sohne)  vermählt  worden  war. 


-    819    - 

BeriegQiig  der  Tflrken  wirke  wäi  entweder  Bargood  eder  Mei^ 
l^ni  rijuine,  oder 

3.  so  sehr  er  auch  den  Frieden  wünsche  und  diesett 
rtuhlich  finde,  durch  den  Krieg  alle  Streitfragen  zu  entscheiden. 

Der  Papst,  durch  die  ErkUning  in  grosse  Verlegenheit 
gjebracht,  äusserte  in  Beaug  auf  den  Zweikampf:  er  hoffe, 
nie  werde  des  Kaisers  für  die  Welt  so  aothwendiges  Leben 
e^r  solchen  Gefahr  ausgesetzt  werden;  in  Bezug  auf  die 
tthirigen  Streitpunkte  wolle  er  parlheilos  bleiben ,  doch  wider 
den  im  Unrecht  Verharrenden  mit  Kirchenstrafen  vorschreiten. . 
Den  französischen  Gesandten  gegenüber  gab  er  indessen  diesen 
letzten  Worten  eine  beruhigende  Wendung,  und  Frans  liess^ 
nachdem  er  nicht  die  Rede  des  Kaisers,  wohl  aber  ihren  Inhalt 
erfuhr,  dieselbe  m(^lichst  widerlegen«  Die  Vorschlage  Karls, 
welche  ämtlich  den  Franzosen  tibergeben  wurden,  führten  au 
keiner  Eiingpuig. 

Ueber  Florenz,  Pisa  und  Lucca  langte  Kaiser  Karl  am 
22.  Juni  in  Asti  an,  und  der  von  Franz  leichtsinnig  begonnene 
und  lässig  fortgeführte  Krieg  nahm  jetzt  eine  ernstere  Wendung. 

4»  Die  Heere  ungerechnet,  welche  in  die  Champagne  und 
Pikardie  eiaGeien,  hatte  Karl  in  Norditalien  50,000  bis  60,000 
Mann  und  100  Kanonen  beisammen.  Kaspar  von  Freunds- 
berg, Sebastian  Schertlin,  Konrad  von  Bemmelberg,  Peter 
Berg  und  Franz  von  Heimstein  mit  dem  Beinamen  „von  Thomis^ 
waren  die  Anführer  des  deutschen  Fussvolkes,  das  in  fünfzig 
Fähnlein  (das  Fähnlein  in  aussergewöhniicher  Stärke  von  500 
Mann)  bei  25,000  streitbare   Krieger  zählte.*)    Konrad   von 

*>  Ausser  den  bereits  Genannten  befanden  sich  nach  Klrchmayrs 
.  Chronik  beim  deutschen  Heere  auch  noch  folgende  Führer  : 
Herzog  Heinrich  von  Braunschweig, 
Herzog  Ludwig  von  Bayern, 
Herzog  Philipp,  Pfalzgraf, 
ein  Graf  von  Schaumburg, 
ein  Herr  von  Geroldseck,  Landvogt  im  Bisass, 
ein  Herr  von  Staufen, 
Dietrich  Spat  und 
Wolf  Dietrich  von  KnOringen. 


-    320    ^ 

Bemmelberg  war  aach  ooter  den  Begleitern  des  Kaisers,  ab 
dieser  am  5.  April  seinen  Einzog  in  Rom  hielt.  Tags  darauf 
(6.  Mai)  stellte  Kaiser  Karl  diesem  tapfem  Feldherm  eine 
Urkondte  ans,  worin  er  bevollmftchtigt  wurde,  ein  Regiment 
Landsknechte  su  3000  Mann  auf  vier  Monate  anzuwerben. 

Der  Name  ^Bcmmelberg'^  hatte  in  Deutschland  einen  so 
guten  Klang,  dass  Konrad  schon  in  vier  Wochen  3000  Mann 
beisammen  hatte  und  diese  dem  kaiserlichen  Heere  zuführen 
konnte.  In  diesem  befanden  sich  ausser  den  25,000  Deutschan 
bei  10,000  Italiener,  8000  Spanier  und  dazu  noch  viele  leichte 
Reiter,  deren  Anzahl  nirgends  angegeben  wird.  Die  leichte 
Reiterei  stand  unter  dem  Kommando  des  Prinzen  Ferdinand  tob 
Gonzaga  und  des  Maximilian  von  Ispelstein;  die  Karassiere 
wurden  von  Ferdinand ,  Herzogen  von  Alba ,  angeführt.  Das 
ganze  Heer  stand  unter  dem  unmittelbaren  Oberbefehle  des 
Kaisers;  ihm  zur  Seite  kommandirten  der  Stalthalter  von  Hai- 
land,  Antonio  de  Leyva  und  der  Markgraf  Alphons  voo 
Guasta. 

Da  der  Markgraf  Michael  von  Saluzzo  zur  Parthei  des 
Kaisers  Übergetreten  war,  so  verjagte  Karl  die  Franzosen  leicht 
aus  Piemont  und  erreichte  bald  die  Grflnze  des  französischen 
Reiches.  Bei  ernster  Prüfung  der  Frage:  welche  Massregeln 
jetzt  zu  ergreifen  wären ,  erklärte  der  Markgraf  von  Guasta : 
ein  Einfall  in  Frankreich  habe  die  grOssten  Schwierigkeiten  nnd 
werde  selbst  im  glücklichsten  Falle  keinen  dauernden  V or- 
theil herbeiführen;  man  solle  vielmehr  Turin  und  Piemoot 
einnehmen  und  den  Franzosen  alle  Eingfinge  nach  Italien  ver- 
sperren. Dagegen  behauptete  Antonio  de  Leyva:  man  solle 
die  Raubthiere  in  ihren  Höhlen  aufsuchen;  innerhalb 
seines  eigenen  Landes  müsse  Franz  den  Krieg  auf  eigene  Un- 
kosten führen;  er  werde  also,  wenn  es  an  Geld  und  Beute 
fehle,  seine  MannschaA  nicht  zusammenzubebalten  im  Stande 
sein,  oder  wenn  er  neue  Steuern  und  Abgaben  auflege,  Unzu- 
friedenheit und  Empörung  erzeugen. 

Obgleich  Karl  sich  zur  Ansicht  Leyvt's  hinneigte,  schien 


—    821    ~ 

es  ihm  doch  gerathen,  die  Slimiimig  seines  Heeres  zu  erfor- 
schen, weshalb  er  demselben  in  ein(*r  Rede  die  Lage  der  Dinge 
«QselnaBder  setzte  und  zuletzt  sagte:  ,,Wer  fflr  den  Einmarsch 
in  Frankreich  ist,  erhebe  Kriegsgeschrei.  ^  Da  zeigte  sich  der 
grdsste,  der  allgemeinste  Beifall.  Am  25.  Jali  1536  (am  Tage 
des  spanischen  Schatzheiligen  Sl.  Jakob,  am  Jahrestag  der 
Broberong  von  Tonis)  betrat  das  kaiserliche  Heer  den  franzö- 
sischen Boden,  welches  Zusammentreffen  bedeatsamer  Umstfinde 
Karl  benfltzte,  um  Alle  nochmals  durch  eine  zweckmässige  An- 
rede zu  befeuern.  Mit  einer  solchen  Heeresmacht  und  unter 
so  günstigen  Umständen  schien  auch  das  Grtysste  erreichbar. 
Ungestört  zogen  die  Kaiserlichen  vorwärts  und  König  Franz 
hatte  Grund,  das  Übereilte  Herbeifahren  eines  so  schweren 
Kri^es  zu  bereuen.  In  Deutschland  fand  er  keine  Unteretdtzang, 
und  als  ruchbar  wurde,  dass  Soliman  H.  laut  eines  mit  König 
Franz  abgeschlossenen  Vertrages  ein  Heer  von  100,000  Mann 
IQ  Italien  ausschiffen  sollte,  wuchs  der  Hass  gegen  Prankreichs 
Honarchen  und  der  Eifer  der  Italiener,  ihr  Vaterland  gegen  die 
Tflrken  zu  vertheidigen.  Ringsum  waren  Feinde,  Gefehren  auf 
allen  Seiten,  Alles  war  zu  verlieren,  wenig  zu  gewinnen,  und 
von  höchster  Wichtigkeit  war  es  insbesonders ,  durch  falsche 
Ma^sregeln  nicht  die  letzten  Rettungsroittel  zu  zerstören.  Viele 
Franzosen  wollten  kühn  eine  Schlacht  wagen  und  die  Feinde 
vertreiben  oder  das  Leben  verlieren;  allein  frühere  Erfahrungen 
und  die  Zahl  der  Kaiserlichen  schreckte  so  ab,  dass  die 
Ansicht  des  Konnetable  Hontmorency  die  Oberhand  behielt: 
„Man  solle  das  Land  verwüsten,  alle  Lebensmittel 
fortschaffen  oder  vernichten,  die  Einwohner  ent- 
fernen und  die  ganze  streitbare  Mannschaft  in  be- 
festigten Lagern  versammeln,  welche  der  Feind 
weder  erobern  noch  umgehen  könne.^ 

Dieser  Plan  wurde  vom  König  Franz  auch  wirklich  ge- 
nehmigt und  die  Ausführung  desselben  dem  Erfinder  über- 
tragen. Hontmorency  war  aber  auch  der  Mann,  den  die  Natur 
zur   Ausführung  eines   solchen  Auftrages   gemacht  zu   haben 

21 


scbien;  er  war  strenge,  «nbeweglieh ,  unerflchfitteriidi ,  Ohne 
Nilldden,  ahne  Erbarmen. 

Der  unter  den  W^aiEen  ergraute  Feldherr  wfthlie  ein  festes 
Lager  unter  den  Hauern  von  Avignoa  da,  wo  sich  die 
Ditranee  in  die  Rhone  epgiesst.  Letzterer  Floss  versah  seine 
Truppen  überBilssig  mit  Lebensmitlein  aus  den  innem  Provinzen 
des  Reiches,  und  die  Durance  deckte  sein  Lager  auf  jener  Seite^ 
wo  der  Feind  vermuthlich  einsubrechen  gedachte.  Hontmoreney 
arbeitete  unermiftdet,  die  Verscbanzungen  seines  Lagers  unüber- 
windlich zu  machen,  und  versammelte  fn  demselben  eine  be- 
trächtliche Armee.  Unterdessen  lag  der  König  mit  einem  andern 
Korps  bei  Valence.  Marseille  und  Arles  waren  die  einrigen 
SlAdte,  die  vertheidiget  werden  sollten,  die  erster«,  am  die 
See  offen  zu  erhalten,  und  die  ietztero  als  eine  Brustwehr  ßlr 
die  Provinz  LaBguedoc.  In  beide  Plätze  warf  der  KonnetaMe 
^ne  zahlreiche  Garnison  von  seinen  besten  Truppen  hinein,  und 
gab  diesen  solche  Kommandanten,  auf  deren  Treue  und  IVipfer- 
heit  er  sich  verlassen  koimte.  Die  Einwohner  der  aadem  Siidle 
mid  des  platten  Landes  wurden  dem  gefasslen  Plane  zu  Folge 
gezwungen,  ihre  Wohnungen  zu  verlassen  und  in  die  Ciebirge 
BU  Kehen,  dder  in  das  Innere  von  Frankreich  sich  Mrflekza- 
zlehen.  Die  Festungswerke  solcher  PIfitze,  die  den  KuserUehen 
zn  einer  Zuflucht  oder  als  Basis  zu  Operatiooen  hätten  dieaea 
können,  wurden  geschleift,  Lebensmittel  und  Futter  wurden 
hinweggefahrt  oder  vernichtet,  alle  Hflhien  und  fticköfen  nie- 
dergerissen, alle  Brunnen  verstopfit  oder  «idM'aHchbar  gemacht 
n.  s.  w«  Diese  Verwüstung  erstreckte  sich  von  den  Alpen  bis 
Marseille  und  von  der  Seeküste  bis  an  die  Gränze  des  Dt* Iphiaats. 

Hittlerweile  war  Kaiser  Karl  bis  in  die  Mitte  der  Provence 
«orgerUcht.,  aber  bei  den  Gräuel  der  Verwttfituag  und  beim 
gänzlichen  Mangel  an  Lebensmüteln  in  grosser  Verlegenheit; 
er  setzte  indessen  seine  Hoffnung  auf  die  Flotte ,  dass  diese 
Lehl!>nsmittel  bringen  werde ;  allein  die  Flotte  wurde  lange  von 
widrigen  Winden  und  andern  Zufällen,  denen  Scefaiarten  ailieit 
nnt^rworfen  sind,  aufgehalten  und  konnte  sich  der  französischen 


Kftote  niclü  sa  baMf  Rtkero,  wie  der  Kaiser  g^wftfiMM 'haito ; 

als  sie  aber  endlieh  ankam,  versehaffle  sie  dem  kaisertlcheii 

Heere  eines   niir  ktfrgiielieii  Unterhalt.    Im  Lande  selbst  ftmd 

sich  nichts,   was  zur  Versorgung  der  Truppen  hfitte  dienen 

können,  und  aus  dem  Gebiete  des  Hersogs  von  Savoyen,  das 

bereits   frflhtT  von   sweien   grossen   Armeen   war  ausgesogM 

worden,  Hess  sich  wenige  Hälfe  erwarten.    Kaiser  Karl  war 

nicht  weniger  verlegen,  wie  er  seine  Truppen  verwenden,  als 

wie  er  ihnen  Lebensmittel   verschaffen  sollte.     War  er  gleich 

Meister  der  ganzen  Provinz,   so  konnte  er  sich   dennoch  nicht 

rahmen,  dass  er  sie  in   seiner  Botbmässigkeit-  habe,   weil  er 

nichts  als  wehrlose  und  offene  Stftdte  ohne  Einwohner  darin 

besass.     Karl  wagte  es  nicht,   den  französischen  Harschall  in 

seinem  befestigten  Lager  bei  Avignen  anzugreifen ;  um  ihn  aber 

herauszulocken^  Hess  er  die  Stadt  Arles  beremien;  allein  Hont- 

roorency,  der  w>rckern  Besatzung  vertrauend,  regte  sich  nicht. 

Da  aNe  Versuche,   Arles  zu  nehmen,  vergeblich  waren,  traf 

Karl  seinen  Marsch  nach  Marseille   an;  am  25.  August   ^536 

taugte  er   mit  seinem  erschöpften  Heere  vor  diesem  Platze  an 

und   begann  sogleich  die  Belagerung  desselben;   allein   diese 

machte  keine  Fortschritte,  wohl  aber  richteten  Krankheiten,  die 

im  Heere  ausbrachen,  grosse  Verheerungen  an,  und  nöthigten 

den  Kaiser  am  10.  Septeiaber  schon  die  Belagerung  aufzuheben 

und   den  Rückzug  anzutreten.     Auf  demselben  starb  —   fünf 

Tage  nachher,  am  15.  September  —  der  wackere  Antonio 

de  Leyva^  Karb  bester  Feldherr,  zum  Theil  aus  Gram,  dass 

sein  gegebener  Rath  einen   so  schlechten   Erfolg  hatte.    Der 

Rückzug  des   kaiserlichen  Heeres  bot  ein  schauderhaftes  Bild; 

auf  aUen  Wegen  und  Strassen,  auf  welchen  dasselbe  einherzog, 

lagen   Kranke,   Sterbende,  Todte,   Pferde,   Wögen,   Waffen, 

Munition   und  Gepäck  in  ^uenhafter  Mischung;  bei   30,000 

Krieger  verloren   in  diesem  erfolglosen   Feldzuge  ihr  Leben; 

wenn  Montmorency  jetzt  so  kühn  vorgedrungen  wäre,   als  er 

vorher  verständig  gezögert  hatte,  so  würden  wohl  nur  Wenige 

vom  imposanten  Heere ,   mit  dem  Karl  ins  Feld  gertekl  war, 

21» 


—    324    — 

eoikommeD  sein;  der  alte  Krieger  hielt  aber  fesl  am  Grondsatie, 
den  er  oft  wiederholte:  es  sei  klüger  einem  Löwen  aosza* 
weichen^  als  ihn  xur  Verzweiflung  zubringen;  einem  fliehenden 
Feinde  müsse  man  goldene  Br&cken  bauen.  Selbst  krank,  er- 
rekhte  der  Kaiser  Genua,  von  wo  aus  er  Ende  NoTember 
nach  Spaqien  segelte ,  nachdem  er  vorher  den  oftgenannten 
Markgrafen  Alphons  von  Guasta  zum  Statthalter  von 
Mailand  ernannt  hatte.*) 

5.  Der  wackere  Ritter  Kaspar  von  Freundsberg 
war  schon  auf  dem  Zuge  nach  Frankreich  in  ein  hitziges  Fieber 
gefaileo,  das  ihn  zur  Umkehr  zwang  and  seinem  Leben  wenige 
Tage  nach  seiner  Ankunft  zu  Mindelheim  ein  Ende  machte;  er 
stari)  im  September  1536  im  kräftigsten  Mannesalter,  indem  er 
ersl  36  Lebensjahre  zahlte,  und  wurde  an  der  Seite  seines 
tapfem  Vaters  begraben.  **) 

Mit  seiner  Eiiegattiii  Margaretha  Freifrau  von  Firmian  hatte 
Kaspar  drei  Söhne  gezeugt  Namens :  Georg,  Ulrich  und  Kaspar; 
die  beiden  letztern  starben  noch  sehr  jung;  Georg  hingegen 
wurde  später  königlich  spanischer  Oberst  und  starb  als  solcher 

*)  Schertlin  beschreibt  uns  den  eben  erwähnten  traurigen  Rfickzug 
des  Kaisers  mit  folgenden  Worten: 

^Ist  schier  der  halb  hauffen  hun^ers  gestorben,  wir  habend 
allain  ob  12,000  deutscher  knecht  binden  gelassen ,  vil  pferd, 
harnaseh  und  wör ;  ist  ain  ja merl icher  Zug  hungerhalb  gewest.'^ 

Schertlin  selbst  brachte  von  allen  seinen  Leuten   nur  einen 
einzigen  Knecht  nach  Hause!! 
^*)  Die  Grabschriften  9  die  den  beiden  Helden  in  der  Kirche  eu 
Mindelheim  gesetzt  worden  sind,  lauteten: 
I. 
Memoriae  defunctorum  sacrum. 

Georgio  Frundsbergio  Imperatomm  decretis  ezercitus  Germa- 
nici  Dnct,  qui  per  Tyrolim  defectionem  colonorum  compressit, 
per  Liguriam  et  regionem  (ranspadanam  Ilaliae  urbes,  populos 
rebeiles  perdomuit,  ad  paludes  Venetas  et  torrim  usque  Mer- 
geram Victor  «ocessit^  ferro  et  igni  urbem  temiit,  socias  civi- 
tates  oppugnatas,  exercitumque  ad  loca  iuiqua  delapsum  ex' 
hoste  confertissimo  obsidione  liberavit,  vicies  plus  minus  signis 
collatis  pngnavit,  forttlndine,  felicitate,  animo  consilioque  rebus 
ittciiintis  praesentissimo,  se  invictom  praestitü  post  ingentia  opera 


—    325    — 

—  der  Leute  seines  Nauieus  —  iin  Jahre  1586.  Seine  Ge- 
mahlin war  Frau  Barbara,  Gräfin  von  Monlfort,  die  hinteriassene 
"Witwe  des  Christoph  za  Fürstenberg. 

Diesem  Georg  v.  Freundsberg  widmete  Adam  Reissner, 
der  als  vertrauter  Sekretär  den  alten  Helden  Georg  von 
Freundsberg  auf  allen  seinen  Zügen  begleitet  hatte,  die  im 
Jahre  1569  verfasste  Lebensbeschreibung  der  beiden  Helden 
Georg  und  Kaspar  von  Freundsberg. 

6.  Die  meisten  Waffengenossen  des  Grafen  Ludwig  von 
Lodron  waren  nun  bereits  todt;  aber  aueh  er  sollte  seinen 
Waffenbrüdern  bald  folgen,  wie  nun  eben  erzählt  werden  wird. 

perfuncto  vita,  avo  optimo  Georgius  nepos  monumentum  more 
majorom  pie  et  religiöse  posuit. 

Viiril  annos  LHH  menses  X ,  dies  XXVII.   obiit  diem   anno 
christiano  MDXXVIII,  mense  augusto  XX. 
II. 

Caspar  a  Frundsberg  a  majoribos  suis  longa  aerie  suaque 
virtute  militari,  aureis  equestribus  insignibns  clarns,  mnlla  tole- 
rans,  multaque  propnlsans,  gravia  praelia  ad  Mediolanum  et 
Papiam  urbes,  a  Gallo  obsidione  pressas,  quarum  in  praesidio 
magistralus  castrenses  gessit,  iterum  a  Carolo  V  Imperatore 
movente  arma  in  Galluro  regem,  evocatus  in  militiam,  verum  in 
itinere  febri  correptus,  et  reductus  domum,  in  castra  non  venit, 
mortuttsque  hie  quiescit.  obiit  anno  aetatis  suae  XXXVI ,  pridie 
Calend.  Sept.  Anno  Christ  MDXXXVI. 

Vor  einigen  Jahren  haben  die  Bewohner  von  Miudelheim  dem 
Heiden  Georg  von  Freondsberg,  deren  Schfttzenfahne  sein  Bild- 
niss  ziert,  an  den  Mauern  des  Schlosses  zu  Mindelheim,  welches 
von  den  Soldaten  des  schwedischen  Generals  Königsmark  im 
dreissigjahrigen  Kriege  so  furchtbar  mit  Brand  und  Plünderung 
heimgesucht  wurde,  dass  es  seitdem  nur  die  Rolfl  eines  ara- 
riseben  Getreidespeichers  zu  spielen  hat,  einen  Denkstein  gesetzt, 
auf  welchem  die  Orte  seiner  Hauptthaten  eingegraben  sind.  Eben 
so  wurde  von  ihnen  auch  ein  Monument  auf  der  Stelle  der  alten 
Kirche  gesetzt,  die  im  neunten  Jahrhundert  erbaut  (Anno  1816 
.  aber  abgebrochen  wurde  I),  in  welcher  die  Herzoge  von  Teck, 
die  Ritter  von  Rechherg  und  Freundsbei^  ihre  Ruhestätte  ge-* 
fanden  hatten. 


—    8W    - 


XVn.  Absclmitt. 

Lndvig  Graf  von  Lodron,  Anführer  der  Tiroler  im  Feld- 
<agd  nach  SlaTonien;  sein  Durchmarsch  durch  Brixen;  Haans 
Katsianer,  Oberbefehlshaber  des  kaiserlichen  Heeres;  Aufbrach  atid 
Marsch  desselben  nachYalpö;  Anstalten  der  Türken  zum  Empfang 
der  Kaiserlichen;  Ankunft  derselben  bei  Essek;  Marsch  des  Heeres 
weiter  gegen  Süden;  Erstttimnng  Ton  ErdSd  und  Herman;  üeber- 
setznng  der  Yuka;  Rückzog  nach  Yalpö;  Lndvig  Graf  toü 
Lodron,  Führer  der  Avantgarde;  Unzufriedenheit  und  schreck- 
liche Noth  im  kaiserlichen  Heere ;  Flacht  des  OberbeifiehlBhabers 
Katzianer;  Graf  Ludwig,  zum  Oberbefehlshaber  erwählt;  seine 
Anrede;  Kampf  auf  Leben  und  Tod;  Graf  Ludwigs  Fall  und 
Tod)  «ein  MöBnment. 

i»  Schon  über  zehn  Jahre  hatte  ein  blotiger  Krieg  in 
Ungarn  gewtlthet,  welches  Land  im  Innern  heillos  zerrissen, 
furchtbar  verheert  und  verwüstet,  ein  schauerliches  Büd  des 
Elendfl  darstellte.  Tausende  seiner  Bewohner  hatte  4a«  Schwert 
erwürgt,  Tausende,  an  den  Bettelstab  gebracht,  zogen  nun  als 
Räuber  im  Lande  herum,  und  abermals  Tausende  schmachteten 
als  Sklaven  im  jammervollsten  Znstande.  Mehrmals  schon  hatte 
der  gewaltige  Soliman  Ungarn  überschwemmt,  wie  wir  bereits 
gehört  hato» ;  er  wollte  es  nun  auch  im  Jahre  1536  nochmals 
wagen,  wollte  mft  einem  furchtbaren  Heere  sich  vor  Wien 
zeigen,  diese  Stadt  erobern ,  im  folgenden  Sommer  bis  Italien 
vordringen  und  dort  mit  Franzi.,  König  von  Frankreich, 
eine  persönliche  Zusammenkunft  halten.  Zu  diesem 
Zwecke  sollte  ihm  der  Slatlhalter  von  Semendria  zunächst  durch 
Slavonien  und  Kroatien  bis  ans  adriatische  Heer  die  Bahn  öffnen. 
Schon  hiess  es:  Soliman  sei  aus  Konstantinopel  ausgezogen 
und  in  Adrianopel  angelangt,  wo  er  kräftigst  sich  zum  Kriege 


—    887    - 

rilste.  fis.^lt  Jeixt  Alk«  aufxttbieten,  um  die  be^lmöglich^ten 
Vertheidigiingsaiurtaheii  zu  treffen.  Die  Stände  von  Bohnen, 
Wäaen  und  Schlesien  wurden  angegangen,  Trupfen  su  stellen'; 
die  oagarischen  treugesinnten  Landestheile  be?nlligteD  eine 
Kriegssteuer,  nnd  ein  allgemeines  Aufgebot  lu  den  Waffen  ward 
erlassen.  Den  Snltan  beschäftigte  jedoch  fm  Verlaafe  des 
Sonnners  theils  der  Krieg  mit  Venedig,  theils  die  Belagerung 
der  Insel  Corfu,  und  auch  mit  Persien  waren  wieder  HHsshelHg- 
keiten  ansgebrochen ;  Soliman  musste  daher  seine  Absichl  nuf 
Ungarn  bis  zu  einer  gelegenem  Zeit  Terschieben.  Diesen  ArdT- 
sohub  benttizte  der  damalige  Feldhauptmann  Ferdinands  L, 
ieonhard  von  VoIb,  Landeshauptmann  an  der  Etsch  und 
Burggraf  zu  Tirol,  mit  vielem  Glücke.  Ausgerüstet  mit  einer 
ansehnlichen  Kriegsmacht  bemächtigte  er  sich  zuerst  des  festen 
Pankles  Theben  an  der  Donao,  dann  der  Städte  Pressburg, 
Raab,  Komom  und  Tyrnan.  Skipolya,  der  an  der  Spitite  von 
10^000  Mann  gegen  Völs  heranzog,  wagte  den  Kainpf,  erlM 
nber  eine  bedeutende  Niederlage. 

Durch  diese  glflcklichen  Erfolge  ernuithigt,  war  Ferdinand 
nun  auch  daranf  bedacht,  die  in  Slavoniea  von  den  Türken 
eroberten  festen  Schlösser  wieder  zu  gewinnen.  Za  diesem 
Zwecke  hatte  sich  zu  Kopreinitz  *—  auf  ilem  rechten  Ufer 
der  Drau  —  ein  Heer  von  24,000  Mann  im  Sommer  des  Jahres 
1537  gesammelt;  es  bestand  aus  16,000  Mann  Fussvolk  und 
8000  Reitern ,  und  war  zusammengesetzt  aus  Krieger»  alfer 
Provinzen,  über  welche  Ferdinand  I.  herrschte.  Die  Reiterei 
— -  grösstentheils  Husaren  —  führte  Ludwig  Pekry;  unter  ihm 
standen  Paul  Bakits,  den  wir  bereits  als  „Vater  der  Reiterei"^ 
kennen,  dann  Balthasar  Banffy  und  der  begnadigte  Raubherr 
ladislaus  More  Das  Fussvolk  aus  Tirol  fütirte  Ludwig 
Graf  von  Lodron  an.  Aus  Kirchmayfs  Chronik  ist  er- 
sichtlich ,  dass  „der  fromme  Graf-'  mit  einer  Abtheilung  von 
^00  Kriegern  am  12.  Mai  1537  die  Stadt  Brixen  passirte, 
überall  gute  Manuäzuchl  haltend  —  ein  Lob,  das  dem  Heldtii, 
wie  sich  der  Leser  erinnert  wird,  schon  früher  einmal  gegeben 


_    328    ^ 

wurde.  *)  Die  Böhmen  befehligte  Graf  Albrecht  Schlick ,  die 
Oesterreicher  Graf  Julius  Hardegg,  die  Steyermdrker  Johann 
Ungnad,  die  Kftmthner  Erasmus  Mager  (Hoger)  und  die  Krainer 
Johann  Freiherr  von  Katzianer,  dem  zugleich  auch  der 
Oberbefehl  über  das  ganze  Heer  tibertragen  wurde.  Der  hrie* 
gerische  Sinn  dieses  Hannes,  seine  Kühnheit  und  Tapferkeit 
hatten  ihn  dem  Monarchen  Ferdinand  L  als  obersten  Feldhaupt* 
mann  vor  allen  andern  empfohlen,  obgleich  er  Vielen  wegen 
seiner  Leidenschaftlichkeit  und  Unruhe  des  Geistes,  sowie  wegen 
Mangel  an  Sicherheit  und  Beharrlichkeit  in  seinen  Entschlüssen 
weniger  zur  Fahrung  des  Oberbefehles,  besonders  über  eine 
aus  so  verschiedenen  Völkerschaften  zusammengesetzte  Streit- 
macht geeignet  schien.  Haii  hielt  ihn  weit  fähiger,  eine  Reiter- 
truppe zum  Einbauen  anzuführen,  als  das  Ganze  eines  geord- 
neten Feldzuges  zu  leiten  und  grosse  Schlachten  zu  lenken. 
Als  Reiter-General  hatte  er  allerdings  glänzende  Beweise  seines 
oft  an  Verwegenheit  gränzenden  Huthes  gegeben,  als  Ober- 
anftthrer  einer  nicht  unbedeutenden  Streitmacht  hatte  er  noch 
keine  Probe  abgelegt. 

Mit  diesem  Heere  vereinigte  sich  auch  noch  der  Bischof 
von  Agram,  Simon  Erdödy,  der  die  Besorgung  der  Zufuhr 
übernahm,  wozu  ihm  noch  vier  der  ersten  Landes-Obersten 
und  des  Königs  Proviantmeister,  Herr  von  Lilienberg,  als  Ge- 


*)  Hier  mnss  ich  den  freundlichen  Leser  mit  der  Bemerkung  unter- 
brechen, dass  in  eben  demselben  Jahre  (1537),  in  welchem 
Graf  Ludwig  den  verhangoissvollen  Feldzug  nach  Slavonieo  mit- 
machte, auch  noch  zwei  andere  Grafen  von  Lodron,  nämlich 
Hieronymus  und  Paris  als  k.  k.  Kriegsobersten  Karls  V. 
sich  in  Piemont  ausgezeichnet  haben. 

„Ceroli  V  stipendia  in  Pedemontio  merentes  streune  ac  tav 
egregie  se  gesserunt,  ut  sammam  apud  omnes  sibi  laudem  et 
gloriam  comparaverint.^ 

Fast  zu  gleicher  Zeit  erwähnt  die  Geschichte  auch  eines  andern 
Grafen  von  Lodron,  nämlich  des  Grafen  Sigismnnd,  der  sich 
am  Hofe  Ferdinands  1.  aufhielt  und  von  diesem  Monarchen  seiner 
besondern  Klugheit  wegen  hochgeschätzt  wurde.  Graf  Sigis- 
mnnd war  um  das  Jahr  1557  noch  am  Leben. 


—    329    — 

hfilfeo  beigogeben  wardeo.  Das  Heer  fahrte  8  grosse  KaooDen 
und  40  kleinere  Feldstficke  mit. 

3.  Sobald  Hobamed  Pascha,  der  Statthalter  von  Semendria, 
die  KiHide  von  der  Zosammenziehang  des  Heeres  bei  Kopreinitz 
erhalten  hatte,  berief  er  in  Eile  den  Statthalter  von  Bosnien 
und  mehrere  Bey's  zu  sich,  nm  mit  ihnen  wegen  der  zu  er- 
greifenden Massregeln  eine  Berathung  zu  pflegen.  Es  ward 
beschlossen,  die  Kaiserlichen  weit  ins  Land  vorrücken  zu  lassen, 
aber  zugleich  auch  alle  Macht  aufzubieten,  ihnen  dann  kriiftigst 
entgegen  zu  treten.  Auch  im  österreichischen  Hauptquartiere 
zu  Kopreinitz  ward  Kriegsrath  gebalten;  allein  über  den  Zwist 
und  den  Rangstreit  der  einzelnen  Führer  kam  man  der  Haupt- 
sache nach  fast  zu  keinem  Entschlüsse.  Malum  omen!  Leider 
ging  bei  diesen  unnützen  und  verderblichen  Zflnkereien  der 
günstigste  Augenblick  verloren,  die  Türken  mit  allem  Nach- 
drucke anzugreifen.  Endlich  verglich  man  sich  im  Hauptquartiere 
dahin,  dass  jeden  Tag  eine  andere  Abtheilung  vorausziehen  sollte 
und  dass  man  sich  im  Falle  eines  feindlichen  Angriffes  gegen- 
seitig unterstützen  wolle! 

Nach  Abhaltung  dieses  merkwürdigen  Kriegsrathes  setzte 
sich  das  vereinigte  Kriegsheer  die  erstem  Tage  des  Monats 
November  (!)  in  Bewegung;  der  Tag  des  Aufbruches  kann 
nicht  bestimmt  angegeben  werden.  Die  Steyermfirker ,  denen 
100  böhmische  Reiter  beigegeben  wurden,  bildeten  den  Yortrab. 
Es  ward  beschlossen,  das  ganze  Heer  soll  vorläufig  bis 
Werowitz  rücken,  und  dort,  wo  sich  die  Wege  theilen, 
werde  Über  den  einzuschlagenden  Harsch  ein  weiterer  Kriegs- 
rath entscheiden.  Daraus  ist  ersichtlich,  wie  planlos  beim 
ganzen  Feldzuge  zu  Werke  gegangen  wurde. 

Werowitz  (Verovecz)  liegt  gegen  sechs  deutsche  Meilen 
südlich  von  Kopreinitz;  um  nun  diesen  Weg  zurückzulegen, 
was  in  zweien  Tagen  leicht  hätte  geschehen  können,  brauchte 
das  Heer  zehn  volle  Tage!  In  Folge  der  Aussage,  welche 
einige  in  der  Nähe  von  WeroVitz  gefangene  Türken  machten, 
dass  Mahomed  Pascha  noch  zu  schwach  und  auf  keinen  Angriff 


—    830    — 

gefasst  sei,  beschloss  man  weiter  vorwifrls  za  rö(Aen,  Jedoch 
nicht  in  südlicher  Richtang,  sondern  eine  mehr  Östliche  einzi- 
schlagen.  Hier  machte  sich  jedoch  zum  ersten  H^le  ein  neuer 
Feind  bemerkbar,  der  Allen  äusserst  bedenUieh  zu  werden 
anfing;  es  war  dieses  der  Hangel  an  gehöriger  Verpflegung  des 
Heeres.  Zwar  war  Proviant  lunreicbend  verhanden,  aber  es 
fehlte  an  Fuhren  und  an  der  nölhigen  ßespamiung  zur  BeAiw 
derung  desselben  an  die  verschiedenen  Trq)penkOiper*  Der 
Bichof  von  Agram  mochte  ein  guter  Bischof  gewesen  sein,  war 
aber  ein  schlechter  General- Intendant.  Man  berieth  sieh  nui 
wieder  ttber  diese  Zustände  und  kam  zum  Entschlüsse:  der 
Oberfeldhauptmann  Hanns  Katzianer  und  die  übrigen  Fährer 
sollten  vorausziehen,  zu  Va1p6  werde  man  schon  grosse  Vor-» 
räthe  finden  und  bis  dahin  in  den  Dörfern  hinreichend  Piroviaot 
und  Futter  antrefien,  zugleich  ward  auch  der  Bischof  ange- 
wiesen ,  mit  Eifer  und  Thätigkeit  fär  die  nOthige  Zufokr  voa 
Lebensmitteln  zu  sorgen. 

Das  Heer  rückte  also  am  rechten  Ufer  der  Drau  aaf  Valpo 
los,  das  in  gerader  Linie  21  deutsche  Heilen  von  Werowits 
entfernt  ist.  Auf  dem  Harsche  nadi  der  benanntet)  Ortschaft 
brach  aber  ein  schreckliches  Unwetter  los.  Hehrere  Tage  fiel 
der  Regen,  in  Strömen  vom  Himmel,  so  dass  die  Pferde  manch« 
mal  bis  an  den  Bauch  im  Wasser  standen;  eine  Henge  Viek 
ging  zu  Grunde;  unter  den  Truppen  rissen  Krankheiten  eid, 
und  beim  Abgange  aller  Pflege  starben  täglich  Hunderte  dahin. 
An  Ruhe,  Schlaf  oder  Erholung  war  nicht  zu  denken ,  und  bei 
den  grundlosen  Wegen  kam  auch  wenig  Proviant  herbei.  Viele 
blieben  unterwegs  krank,  ermüdet  und  kraftlos  liegen,  so  dass 
das  Heer  von  Tag  zu  Tag  immer  mehr  geschwächt  wurde. 

4.  Während  dieser  Vorgänge  hatte  sich  der  Pascha  von 
Bosnien  mit  Hahomed  Pascha  vereinigt.  Beide  kamen  äberein, 
das  christliche  Heer  vorerst  durch  Hunger  zu  schwächen  oad 
dann  durch  *  Waffengewalt  zu  erdrücken.  Demgemäss  hatte 
Hahomed  Pascha  in  allen  Gegenden,  die  dem  türkischen  Heere 
offen  standen ,  die  meisten  Vorräthe  seliNit  um  bühere  Preise 


--    331    — 

aogekasft.  Tttikisehe  Sckiffe  hatleo  die  Dra« ,  und  leicht  be- 
rittene Spahis  alle  Landwege  unsicher  gemacht,  so  zwar,  dass 
den  Heere  der  Christen  fast  keine  Lebensmittel  mehr  zagefttbrt 
werden  korniten.  Nach  siebentägiger,  mühevoller  Anstrengong 
ward  endlich  die  Brücke  über  den  durch  starken  Regen  ange- 
schwollenen Flosa  Karasicza,  der  Ton  Westen  her  in  die  Dran 
fällt,  geschlagen,  ond  das  Heer  kam  bei  Yalpö  an.  Das 
Fussvolk  bestand  nur  noch  aus  8000  Kann,  während  die  Reiterei 
durch  neu  angelangte  Verstärkungen  sich  jetzt  auf  10,000  Mann 
belief.  —  ^ 

In  Valpö  erfuhr  man  von  türkischen  Gefangenen ,  welche 
der  mit  1000  Reitern  vorausgeschickte  Paul  Bakits  bei  der 
Einnahme  des  Schlosses  Sopya  aufgegriiTen  hatte,  dass  der 
Feind,  15,000  Mann  stark,  eine  feste  Stellung  bei  Essek  ge- 
nommen habe  und  dort  den  Anzug  des  christliehen  Heeres 
erwarte.  Hanns  Katzianer  glaubte  also,  es  werde  dort  zum 
Kampfe  kommen;  indessen  waren  aber  seine  Hauptleute  im 
Kriegsrathe  zu  Valpo  über  die  nächst  zu  ergreifenden  Hassregeln 
keineswegs  einig.  Einige  stimmten  für  die  Belagerung  eines 
bei  Essek  gelegenen  festen  Kastells,  um  einen  festen  Punkt  zu 
gewinnen,  Andere  hingegen  für  den  allsogleichen  Angriff,  bevor 
man  noch  den  vorhandenen  Proviant  verzehre  und  der  Feind 
sich  verstärke.  So  hoffte  man  das  wenig  befestigte  Essek 
leicht  za  gewinnen ,  den  Feind  in  die  Flucht  zu  schlagen  und 
den  ermatteten  Truppen  in  der  spätherbstlichen  Zeit  eine  bessere 
Unterkunft  zu  bereiten.  Jedoch  das  Kriegsglüek  war  -vom 
christlichen  Heere  ein  fttr  alle  Hai  gewichen;  die  Zwietracht 
ihrer  Führer  verscheuchte  es,  und  schwere  Unfälle  standen  in 
Folge  dessen  noch  bevor. 

Unter  Androhung  der  schwersten  Strafe  für  den  Fall,  dass 
Jemand  von  der  Fahne  weichen  sollte,  ohne  Befehl  vorrücken 
oder  in  einen  Kampf  sich  einlassen  würde ,  brach  das  christ- 
liche Heer  mit  entrolltem,  hochgeschwungenem  Panier  des  St. 
Georg  in  Schlachtordnung  auf.  Als  dasselbe  etwa  eine  Heile 
voD  Ea^ek  «ntfemt  aaf  tinem  ansgedehnltn  Wiesengrunde  ge* 


-    332    - 

lagert  war,  rechts  durcb  waldige  Anhöhen,  links  darch  die 
Drau  gedeckt,  gewahrte  es  zuerst  einige  feindliche  Reiter- 
Abtheilungen,  welche  aus  Essek  heranstttrmten,  in  der  Erwar- 
tung, die  Ermatteten  In  einen  Kampf  zu  verwickeln;  die  An- 
stürmenden wurden  aber  durch  ein  gut  geleitetes  Geschtttzfeuer 
bald  geworfen  und  zurückgetrieben.  Tags  darauf  begannen  die 
feindlichen  Reiter  wiederum  dasselbe  Spiel  und  verstLchlea  be* 
sonders  mit  der  ungarischen  Reiterei  anzubinden. 

Die  Hauptmacht  der  Türken  hatte  sich  inzwischen  hioter 
die  Stadt  zurückgezogen  und  zu  ihrem  Schutze  60  bis  70  Stück 
schweres  Geschütz  so  aufgestellt,  dass  man  das  weiter  vor- 
dringende Heer  der  Christen  damit  beschiessen  konnte.  Ein 
vom  Oberbefehlshaber  Hanns  Katzianer  augenblicklich  zusammen- 
gerufener Kriegsrath  verordnete  die  Einstellung  jedes  unnützen 
Scharmutzirens  mit  dem  Feinde,  und  beschloss  auf  eine  zum 
Angriff  bequeme,  in  der  Nähe  der  Stadt  liegende  Ebene  zu 
ziehen,  weil  man  von  Überläufern  erfahren  hatte,  dass  die 
Sfadt  auf  jener  Seite  nur  schwach  befestigt  sei ,  und  dass 
Hohamed  Pascha  den  Angriff  nicht  lange  aushalten  werde;  dami 
auch  wohl  aus  dem  Grunde,  weil  das  Heer  von  dort  aus  leichter 
mit  Proviant  versehen  werden  könne.  Hit  grossen  Beschwer- 
den und  nicht  ohne  Verlust  ward  der  Weg  zurückgelegt.  Eine 
halbe  Meile  unter  Essek  schlug  nun  das  Heer  ein  Lager  auf, 
und  rückte  am  andern  Morgen  in  Schlachtordnung  der  Stadt 
nfther,  um  dem  Feinde  die  SchUcht  anzubieten;  dieser  hatte 
sieh- jedoch  in  die  Stadt  und  in  sein  festes  Lager  zurückgezogen. 
Katzianer  Wess  Stadt  und  Lager  beschiessen,  um  den  Feind 
herauszulocken;  dieser  war  aber  zu  keinem  Gefechte  zu  be- 
wegen und  erwiederte  Katzianers  Angriffe  ebenfalls  mit  heftigem 
Geschützfeuer.  Das  christliche  Heer  musste  sich  also  onver- 
richteter  Sache  am  nächsten  Morgen  in  sein  erstes  Nachtlager 
zurückziehen. 

5.  Katzianer  versammelte  neuerdings  alle  seine  Hauptleute 
zu  einer  Kriegaberathung,  ihnen  die  Frage  voriegend,  was  noa 
zu  thun  sei  ?   Das  Kriegsvolk  litt  Hunger,  die  erwartete  Zofofcr 


.    -    383    - 

TOD  Lebenflmitleln  wurde  voo  türkischen  Reitern  abgeschnittefl 
and  kam  nicht,  ein  grosser  Theil  des  Heeres  war  anter  den 
grossen  Mflhen  und  Entbehrangen  erkrankt^  entkrftftel  und 
muthlos  geworden,  eine  bedeutende  Menge  Pferde  aufgerieben, 
ond  die  wenigen  vorhandenen  Pferde  waren  wegen  Mangel  an 
Potter  ausser  Stand,  die  Wfigen  und  Geschfltze  fortzubringen. 
Das  ganze  Heer  befand  sich  also  in  der  bedenklichsten  Lage. 
Katiianer  sprach  sich  fflr  den  Kampf  aus,  wozu  man  den  Feind 
swingen  mflsse.  Wenn  er  auch  in  diesem  Punkte  viele  Gegner 
fand,  so  stimmten  doch  alle  darin  flberein,  dass  man  die  ge- 
fahrvolle Stellung  baldmöglichst  aufgeben  und  das  Heer  wieder 
sorOckfflhren  müsse,  um  es  der  Verpflegung  nfiher  zu  bringen. 
Es  handelte  sich  nun  darum,  welchen  Weg  man  einschlagen 
mfisse.  Katzianer  schlug  die  Heerstrasse  nach  Valp6  vor,  auf 
der  man  gekommen  war.  Die  ungarischen  Obersten  hingegen 
sprachen  sich  fttr  den  südlichen  Weg  nach  Herman  und 
und  6a ra  aus,  wo  Proviant  und  Futter  genug  anzutreffen  sei. 
Von  dort  könne  man  die  Richtung  nach  Posega  oder  nach 
Valpö  nehmen;  unterwegs  könne  man  sich  der  dortigen 
Schlösser  bemfichtigen,  wo  man  MundvorraA  in  Ueberfluss  finden 
werde. 

Diesem  Vorschlag  traten  nach  weiterer  Berathung  auch 
die  Obrigen  Hauptleute  bei.  Der  Ma^ch  ward  sofort  am 
frflhesten  Morgen  des  andern  Tags  nach  Sfiden  angetreten  — 
nicht  ohne  Belästigung  von  Seite  des  Feindes,  der  das  ab- 
ziehende Heer  rastlos  umschwflrmte  und  es  bald  im  Rücken, 
bald  in  den  Flanken  ifingriff.  Man  hatte  indessen  diesen  be- 
schwerlichen Zug  bis  in  die  Nacht  hinein  fortgesetzt  und 
gelangte  durch  ein  ziemlich  bebautes  Land  bis  auf  eine  halbe 
Meile  von  Herman. 

Das  erste  Unternehmen  galt  nun  auf  Balthasar  Banffy*s 
Vorschlag  dem  gut  vertheidigten  tOrkischen  Schlosse  Erdöd, 
das  ungeachtet  aller  Gegenwehr  genommen  wurde;  allein  der 
Erfolg  dieser  Unternehmung  war  kein  entsprechender;  denn 
man  fand  statt  der  gehofften  grossen  Vorrttthe  nur  Lebens- 


miUel,  die  kaum  aof  xwei  ITage  fOr  das  .Heer  ansreicIiUn«*) 
Auch  das  Kaslell  Her  man  fiel  in  Kalziaoere  Gewalt;  jedoch 
über  die  in  demselben  vermutheten  Viklualien  haUe  man  sieh 
abermals  bitter  getäuscht. 

Während  dessen  brachten  die  Landleute  aus  der  Umgebong 
unter  Katzianers  Geleit  gegen  50  Wögen  mit  Proviant  herbei. 
Die  ausgehungerten  Truppen  hatten  diese  Zufuhr  nicht  sobald 
wahrgenommen,  als  sie  trotz  des  Geleites  und  gegen  alles 
Verbot  mit  wilder  Gier  darüber  herfielen ,  alles ,  was  sie  er- 
reichen konnten,  gewaltsam  wegnahmen,'  die  Landleote,  welche 
eine  Bezahlung  forderten,  misshandelten,  mehrere  sogar  todt- 
scfalugen.  Katzianer,  über  diese  Gräuel  seines  zügellosen  Volkes 
ergrimmt,  stach  mehrere  Widerspenstige  mit  eigener  Hand  nieder, 
Andere  Hess  er  für  ihre  Verbrechen  mit  dem  Strange  bestrafea« 

Nachdem  hierauf  das  Schloss  Herman  mit  der  nOthigei 
Besatzung  versehen  worden  war,  setzte  das  Heer  seinen  Harsch 
nach  Gara  fort,  kam  aber  bald  an  den  Fluss  Vuka,  dessea 
Brücke  durch  die  angeschwollenen  Gewässer  zertrümmert  and 
weggerissen  war.  Niemand  kannte  die  Gegend ;  Kundschafte« 
konnte  man  keine  einziehen,  weil  Niemand  im  Heere  der  Landes- 
sprache kundig  war.  Es  musste  nun  eiligst  eine  Brücke  gebaut 
werden;  Tag  und  Nacht  wurde  daran  gearbeitet;  selbst  Katzianer 
war  dabei  rastlos  thätig,  um  das  Werk  zu  förd^.  Endlich 
ward  sie  fertig;  zuerst  kam  das  kleine  Geschütz  and  die  Ha« 
nition   mit  einer  Abtheilung  Truppen   hinüber,  dieser  folgten 


*)  Ganz  anders  erzählt  Graf  Johann  von  Mailath  die  Wegnahme 
von  Erdöd  ^  er  schreibt: 

„Da  trat  Balthasar  ßanfTy  mit  dem  Vorschlag  auf,  scbndf 
Erdöd  zu  erobern;  dort  seien  der  Türken  Weiber,  Kinder  und 
Schälze,  folglich  auch  Mundvorrath.  Erdöd  liegt  am  2usamneD- 
fluss  der  Drau  und  Donau  —  kaum  zwei  Meilen  von  Essek  ent- 
fernl ;  jetzt  ist  es  ein  unbedeutendes  Dorf.  Katzianer  nickte 
hin;  nur  20  Türken  vertheidigteu  das  kleine  Schloss:  diese 
lüdlelen  heinnhe  ein  halbes  Hundert  Christen,  bevor  sie  sich 
ergaben.  Ein  paar  Weiber  und  Kinder,  zwei  Fässer  Weizen- 
mehl und  eben  so  viel  Hirse  war  Alles,  was  die  Christen  er- 
beufpten.*' 


alle  Wffgen  aodi  die  tibrigen  Trippen;  das  grobe  Ge»hflti 
maclite  den  SeUofs;  atlein  bei«  Ueberfahren  desselben  brach 
die  leicht  gebaute  Brfieke  unter  der  Last  der  achten  Kanone 
zusammen  und  riss  die  sie  begleitende  Mannschaft  mit  fori  in 
die  Wellen.  War  auch  der  grüsste  Theil  des  Geschttties  und 
der  Wagen-Transport  glücklich  über  den  Fluss  gelangt,  so 
zeigte  doch  hier  sich  nun  die  UnniiVglichkelt,  dieselben  fortzu- 
bringen; es  fehlte  die  oöthige  Bespannung.  Die  Hauptleute, 
froher  ooeins,  nun  unzufrieden  und  nur  auf  eigene  Rettung 
bedacht,  thaten  und  bewilligten  nichts,  wie  dringend  auch 
Katzianer  sie  zur  Stellung  der  nöthigen  Pferde  ersuchte;  ihm 
blieb  in  dieser  peinliehen  Lage  nichts  Anderes  übrig ,  als  dem 
Zeugmeister  den  Befehl  zu  ertheiien,  alles  lastige  Gepäck  und 
alle  entbehrlichen  Wtfgen  zu  verbrennen,  einen  Theil  der  Hu- 
nüion  zu  vergraben ,  und  die  dadurch  gewonnenen  Pferde  an 
das  Geschütz  zu  spannen.  Der  Befehl  vrard  pünktlich  vollzogen, 
aber  zur  Portbrmgnng  des  Gescbfiizes  fehlten  noch  immer  bei 
50  Pferde ;  mehrere  Kanonen  hätte  man  demnach  müssen  stehen 
lassen.  Nun  ward  beschlossen,  diese  sprengen  zu  lassen,  damit 
sie  dem  nachsetzenden  Feind  keinen  Nutzen  gewflhreten.  Man 
setzte  daranf  den  Harsch  nach  Gara  fort. 

Als  man  am  folgenden  Tag  diesem  Orte  näher  kam,  fand 
OMin  eine  Anhöhe  vom  Feinde  besetzt,  von  wo  er  das  Heer 
nnaufhörlidi  mit  15  Feldstücken  beschoss,  bis  endlich  Katzianer, 
der  den  Vortrab  fahrte,  die  Höhe  erstürmte  und  den  Feind 
zurückwarf,  so  dass  das  übrige  Heer  ohne  Gefahr  vorbeikam. 
Nach  abgehaltenem  Kriegsralhe  schlag  Hanns  Katzianer  das 
Lager  in  einer  sehr  vortheilhaften  Stellung  in  der  Nähe  eines 
Gewässers  auf,  von  wo  man  den  in  kurier  Entfernung  liegenden 
Feind  durch  das  noch  übrige  Geaehütz  bald  zurücktrieb. 

Da  kam  ein  Bote  von  Va1p6  mit  der  Nachricht,  dass  sich 
daselbst  weder  Proviant  befinde,  um  ihn  nach  Gara  zu  schaffen^ 
noch  Geld,  um  Lebensmittel  anzukaufen.  Diese  Heidung  schlug 
alle  Hoffnung  darnieder.  Hanns  Ungnad,  Führer  der  Steyer- 
mftrker,  und  Franz  Bathyan,  ein  ungarischer  Hauptmann,  traten 


_    336    — 

in  Katzianers  Zelt  and  eridärten  ihm  geradezn:  Ihr  Volk  sei 
iii  wildester  Aufregung,  wtitiie  und  tobe  wegen  Mangel  an 
Lebensmitteln  und  lasse  sich  durch  nichts  mehr  zufrieden  stellen. 
Katzianer  befand  sich  nun  in  der  furchtbarsten  Lage.  Als  er 
die  beiden  Führer  um  Rath  fragte,   gab  Bathyan  zur  Antwort: 

,,Ich  rathe  Euch,  lasst  Wagen  und  Geschütz  zum  Teufel 
gehen,  auf  Proviant  ist  keine  Hoffnung  mehr,  Ihr  könnet  auch 
Geschütz  und  Wfigen  schon  der  engen  Wege,  des  Hangels  an 
Pferden  und  der  herrschenden  Hnngersnoth  wegen  nicht  weiter 
fortbringen;  zudem  ist  das  gesammte  Kriegsvolk  ermattet  und* 
die  Flucht  der  Husaren  schon  so  gross,  dass  ihrer  kaum  noch 
die  Hälfte  da  ist.  So  eben  hat  Ladisiaus  Höre  anzeigen  lassen, 
dass  er  mit  seinen  Rdtem  abziehen  und  heimkehren  wolle; 
geschiebt  dieses,  so  wird  die  Flucht  unter  den  Husaren  allge- 
mein werden.  Was  wollen  wir  dann  noch  allein  hier  thua, 
und  warom  so  viele  Leute  umsonst  opfern?^ 

Was  Bathyan  sprach,  hatte  sich  bald  bewfthrt;  Ladislaos 
Höre,  der  begnadigte  Raabherr,  entwich  mit  semen  Leuten 
durchs  Gebirg  nach  seiner  Burg  St.  Elisabeth.  Bei  so  trost- 
losen Verhältnissen  und  auf  die  Nachricht  des  Paul  Bakits, 
dass  die  in  der  Nahe  liegenden  Türken  so  eben  frische  Truppen 
zu  Fuss  und  zu  Pferd  als  Verstärkung  an  sich  zögen,  slimmte 
man  nothgedrnngen  dem  Vorschlage  der  beiden  Führer;  Haans 
Ungnad  und  Albrecht  Schlick,  bei,  der  dahin  lautete:  „In 
Ansehung  der  augenscheinlichen  Noth  Geschütz  und  Wägen 
zurückzulassen  und  sich  eiligst  über  Valpö  zurückzuziehen.' 
Man  beschloss  ferners:  Jedermann  zu  Pferd  soll  sich  zwei 
Stunden  vor  Sonnenaufgang  zum  Aufbruch  bereit  halten;  Graf 
Ludwig  vonLodron  soll  noch  eher  mit  seinen  Leuten  und 
sechs  Falkonetten  vorausziehen,  dann  die  Brücke  besetzen,  die 
eine  Stunde  vom  Lager  entfernt  war,  und  auf  beiden  Seiten 
des  Weges  sich  aufstellen,  bis  die  Uebrigen  heranzögen  und 
die  Brücke  überschritten  hätten,  dann  mit  dem  erwähnten  Feld- 
geschütz nachziehen.  Hanns  Ungnad  mit  seinen  Steyrern  and 
Ludwig  Pekry  mit  den  Husaren  sollten  den  Nachtrab  führen. 


^    337    -^ 

Jeder  HttnpIfflaiiD  «eilte  dea  Adeligen  in  sclaein  Hanfes  dea 
Plan  heimlich  mittheilen,  damit  Jeder  sich  darnach  richten  und 
dai,  was  er  an  Hab  und  Gut  aitf  den  Wfigen  habe,  in  aioh 
nnb  Pferd  nehmen  könne.  Die  ganse  Anordnung  des  Abingee 
pnblicirte  Katzianer  im  Kriegarathe  durch  einen  ölTeatliehen 
httlen  fiefehl.  Darauf  gab  er  die  Loaang  und  ertheilte  dem 
Zeugneister  die  nöthigen  Befehle  wegen  Sprengung  dea  Ge-* 
achttties  (mit  Ausnahme  der  aecha  Falkonette,  welche  Graf 
Ludwig  vonLodron  mit  sich  führen  sollte)  und  dann  auch 
wegen  Aufbrennen  des  Pnhrers. 

Leider  war  das  Beispiel  dea  Ladislana  Höre,  der  sieh 
bekanntlich  mit  seinen  Husaren  heimlich  davon  gemacht  hatte, 
nieht  ohne  Wirkung  geblieben.  Hanns  Ungnad  und  der  Bisehof 
▼on  Agram  verliessen  in  derselben  Nacht  noch  das  Lager; 
hierauf  verschwand  der  Oberbefehlshaber  der  Reiterei,  Ludwig 
Pekry,  und  ehe  die  Sonne  aufging,  war  auch  der  oberste 
Feldhauptmann,  Hanns  Katzianer,  verschwnndenl  — 

Die  Tiroler  unter  Lodron,  die  Böhmen  unter  AIhrecht 
Grafen  von  Schlick,  die  Oesterreicher  unter  Julius  Grafen  von 
Hardegg  und  die  Kfimthner  unter  ihrem  tapfem  Führer  Eras^ 
mus  Hager  waren  geblieben;  es  war  meistens  Fussvolk.  h 
dieser  ftusserst  kritischen  Lage  ttbemahm  Qraf  Ludfoig  den 
Oberbefehl,  da  die  noch  anwesenden  Führer  mit  dem  ganaea 
Volke  in  den  Helden  drangen,  sieh  an  die  Spitse  des  Heeres 
zu  stdlen.  Nun  galt  es  den  Kampf  der  Verzweiflang  zu  kän»«- 
pfen  und  todesmutfaig  sich  dem  Feinde  entgegen  zu  werfen, 
der  schon  in  Hassen  heranzog,  die  Verlassenen  zu  überhllen 
und  vollends  aufzureiben.  Der  edle  Graf,  mutbig  und  behend 
auf  sein  Streitross  sich  schwingend,  hielt  noch  an  seine  Krieger, 
die  er  eben  im  Begriffe  stand  in  einen  Kampf  auf  Leben  und 
Tod  zu  fuhren,  eine  feurige  Anrede,  die  uns  die  Geschichte 
aufbewahrt  hat: 

„Soldaten  I  Nun  heisst  es  alle  Krttfte  zusammen  nehmen 
—  rief  der  Held  —  nun  die  ganze  Tapferkeit  in  Anwendung 
bringen.    Wohin  die  Sachen  gekommen  sind,  sehet  ihr  seibat. 

22 


—    838    — 

Die  ganie  Gegend  ist  ringsheram  besetit;  beseUt  Ton  den 
Feinden  sind  alle  Wege;  der  Hanger  ist  im  Lager  einge- 
sehlossen,  Proviant  aber  anageschlctösen.  Freiheit  ist  jetzt  nur 
mehr  im  Schwerte;  mit  dem  Sohwerte  heisst  es  handeh.  Nw 
jener  Weg  zur  Rettang  steht  noch  offen,  den  sich  Jeder  mit 
der  Faust  bahnt.  Gerettet  werden  wir  nur  dann  sein,  wenn 
wir  Sieger  sind.  Fürchten  wir  etwa  der  Gefahr  za  begegnen? 
Die  grösste  Gefahr  liegt  eben  in  der  -^  Furcht.  Vor  Hanger 
müssen  wir  sterben,  wenn  wir  das  Sdiwert  der  Türken  mehr 
fürchten  als  es  Christen  geziemt.  Was  kann  diesen  Bariwrea 
wohl  erwünschlicher  sein,  als  dass  sie  ohne  Kampf  and  Ver- 
last noch  bei  aller  ihrer  Feigheit  and  Unthütigkeit  triumphiren? 
was  erwünschlicher  ihnen,  als  dass  wir  zu  Grande  gehen,  ohne 
du  Schwert  zu  zücken  und  eine  Wunde  zu  erhalten?  Wer 
sollte  es  nicht  vorziehen,  sein  Glück  zu  versuchen,  als  den 
Ruhm  semer  Thaten  durch  einen  schmählichen  Untergm^  n 
schünden?  Wir  denken  vielleicht  aus  Furcht  auf  •—  Ergebaag, 
um  das  Leben  durch  eine  erbettelte  Sklaverei  zu  retten.  Aber 
was  denke  ich  da  ?  Ich  schaudere,  Soldaten  I  Die  Seele  bebt 
sorück  vor  diesem  aufsteigenden  Gedanken.  Wollen  wir  die 
Tireue  der  Unglfiubigen  anrufen?  Wahnsinn  ist  es  in  der 
That,  ja  Wahnsinn,  die  Treue  der  Unglfiubigen  anflehen,  die 
Güte  dieser  Barbaren  in  Anspruch  nehmen.  Wir  haben  es 
nicht  mit  einem  solchen  Volke  zu  thun,  welches,  wenn  es 
siegreich  ist,  seine  Hunde  vom  Morde  zurückhält,  an  den  es 
gewöhnt  ist.  Diese  Nation  kennt  kein  Kriegsrecht,  und  keanete 
sie  dasselbe,  sie  würde  es  auch  nicht  halten.  Dieses  rohe  und 
ohnmächtige  Volk  freuet  sich  nur,  so  oft  ihm  eine  Gelegenheit 
aoffl  Horde  gegeben  ist;  es  gibt  sein  Wort  nar,  um  es  zu 
brechen.  Bündnisse,  die  es  beschworen  hat,  hält  es  nicht; 
Recht  und  Unrecht  wirft  es  unter  einander,  um  seinen  Blutdurst 
zu  sättigen,  um  an  dem  Anblick  der  Sterbenden  sich  za  weiden. 
Und  was  dann,  wäre  auch  eine  unschädliche  und  unblutige 
Gefangenschaft  zu  hoffen?  Ist  Sterben  armselig,  so  ist  Sklaven- 
dienste  thun  noch  weit  armseliger.    Pfai  der  Schande!    Wir 


-    8M    — 

folito  als  Soldaten^  bewaAnt,  ond  —  «ras  die  Haof^taadie  M 
—  aieggewohnt,  anaare  Krftfke  uod  uns  selbst  so  solir  ver- 
gesaen ,  dasa  wir  ansere  Hände  anbewaAiel  den  Feinden  ent- 
gegen strecken?  Dass  wir  unter  das  Joch  unsem  Nacken 
bengen,  damit  die  ttbermathigen  Barbaren  ihren  Fnss  danuf 
aetsen  können?  Wo  ist  sodann  die  Zierde  des  Kriegerstandea? 
Wo  sind  dann  unsere  Trophäen?  Wo  so  viele  Standarten? 
Wo  die  dem  Feinde  abgenommene  Beute?  Wo  dei^  geschworne 
Eid?  Wo  der  Kaiser?  Wo  die  Religion?  Doch  was  er- 
wihne  ich  dies?  Jener  Verdacht  filllt  nicht  auf  diese  Gemflther, 
nicht  aof  Jene  Mftnner,  besonders  da  wir  uns  noch  nicht  aaf 
jeaem  Punkte  der  Verzweiflung  befinden,  dass  es  den  Anschein 
hat,  als  mllssten  wir  des  Kriegsglflckes  wegen  in  grttsster 
Sorge  sein.  Wir  werden  ja  nur  von  einem  Feinde  geängstigt, 
der  auch  besiegt  werden  kann  und  der  schon  so  oft  vor  uns 
geflohen  ist.  Seine  Stellung  ist  allerdings  die  bessere,  ich 
gestehe  es  ein.  Durch  die  Menge  hat  er  das  Uebergewicht ; 
sei  es  auch.  Würdig  seid  ihr,  dass  ihr  in  geringer  Anzahl 
aacb  mit  einem  abermSchtigen  Fdnde  den  Kampf  aufnehmet, 
würdig,  den  Ruhm  des  Sieges  zu  verdoppeln,  wenn  ihr  nämlich 
sowohl  die  feindliche  Stellung  als  den  Feind  selbst  überwindet. 
Auch  das  kann  uns  herzhafter  machen,  dass  wir  nun,  ohne 
Oberbefehlshaber,  zum  Kampfe  freiere  Hand  haben.  Ich  glaabe, 
die  Feigheit  dieses  furchtsamen  Anführers  wäre  im  Stande  ge- 
wesen, die  Schwerter  sowohl,  als  auch  die  Gemüther  des 
ganzen  Heeres  stumpf  zu  machen.  Geschehen  wäre  es  gewesen 
um  eure  Rettung,  am  euren  Ruhm,  hätte  er  nicht  so  schnell 
das  Oberkommando  weggeworfen.  Die  Schmach  wurde  zur 
Wohlthat.  Durch  seine  Flucht  hat  er  uns  die  Gelegenheit  ge- 
geben, zu  siegen.  Flüchtig  hat  er  die  Feigheit,  den  Schrecken, 
die  Furcht  — •  sein  gewöhnliches  Gefolge  —  mit  sich  genom- 
men; euch  ist  die  Tapferkeit  zurückgelassen  worden;  sie  wird 
uns  den  Sieg  verschaffen.  Jener  war  nicht  fähig  eines  solchen 
Gutes ;  er  ist  fort,  geflohen,  verschwunden !  Soldaten !  Dieses 
ist  nur  darum  geschehen,  auf  dass  der  Sieg  ganz  euch  gehöre. 

22* 


—    8«    — 

Jener  wird  sich  naa  keinen  fremden  Roim  aneigiien  klW»n, 
keinen  Titel  davontragen,  den  ihr  durch  eure  Anatcengung  eneh 
verdient  habt.  Ich  wünsche  euch  Glück,  dass  ihr  solche  Sei- 
daten  seid,  die  nicht  einmal  eines  Anführers  bedürfen.  Hin- 
länglich  habe  ich's  erfohren,  dass  Jeder  von  eack  AnCühnr 
sein  könnte. 

,, Wohlan,  handelt  jetzt  eingedenk  eures  Ruhmes,  eingedenk 
des  christlichen  Namens.  Gott,  dessen  Sache  nnd  Ehre  wir 
vertheidigen,  wird  den  Herzhaften  vom  Himmel  Hülfe  schicken. 
An  mir,  den  ihr  an  Katzianers  Stelle  zum  Feldherra  verlangt 
habet,  werdet  ihr  nicht  sowohl  einen  Anführer  als  vielmehr 
einen  Kriegskameraden  und  Vorkämpfer  haben.  Diese  Schmach 
sei  ferne  von  mir,  dass  ich  in  die  Fussslapfen  des  feigen  Ober-«» 
befehlshabers  treten  sollte.  Den  Titel  eines  Peldherm,  den 
Jener  so  entehrt  hat,  yersohmähe  ich;  die  Strapalzen  eines 
Fddherm ,  denen  jener  nicht  gewachsen  war ,  weise  loh  aber 
nicht  zurück.  Ich  werde  mich  in  den  dichtesten  Hänfen  der 
Feinde  stürzen.  Ich  werde  der  Erste  sein,  Blut  fliessen  za 
machen  oder  mein  Blut  zu  v^iessen ;  mag  aber  immerhin  die 
Sache  susfallen  wie  sie  wiU ,  der  Sieg  oder  Untergang  wird 
mich  von  der  Schmaph  der  Sklaverei  befreien.^ 

Als  der  Held  geendet  hatte ,  soll  ihm  ein  gemeiner  deiii- 
scher  Kriegsmann  zugerufen  haben :  „Lodron !  Du  hast  leicht 
reden;  Du  sitzest  zu  Pferde  und  kannst  mit  sechs  Füssen 
schneller  fliehen  als  wir  mit  zweien.^ 

Auf  das  schwang  sich  Graf  Ludwig,  der  den  Sina 
dieser  Rede  nur  zu  gut  verstand,  schnell  aus  dem  Sattel,  und 
rief  mit  lauter  und  fester  Stimme :  ^  Brüder  1  ich  fechte  mit  euch 
zu  Fuss.^  Nun  hieb  er  mit  vier  gewaltigen  Streichen  seinem 
edlen  Streitrusse  die  Füsse  ab  und  ttberliess  die  übrigen  Pferde, 
die  er  noch  hatte,  einigen  verwundete  Kriegskameraden«,  aof 
dass  diese  mittelst  jener  sich  retten  könnten.*)    Der  Held  stellte 

*)  Dass  Graf  Ludwig  seinem  Slreitrosse  die  Füsse  abgehauea  habe, 
erzählen  die  G^schichtschreiber  Paulus  Jovins  (Tom.  II.  P*  ^^ 
4.  36),  dann  Gaspar  Bugaius  in  seiner  Universalgesehichle^  so»'ie 


—  se- 
riell dimi  an  die  Spitie  der  Udnen  Sehaar,  die,  in  einen  Keil 
aaeanMiengedrftngl)  lom  angleiclien,  hoffnungslosen  Kampf  in 
dem  Augenblick  ans  dem  Lager  hervorbrach,  als  der  Feind 
bereits  tod  allen  Seiten  ansttirmte;  schnell  ward  das  tapfere 
Hinlem  ganz  nmsingett  und  von  der  türkischen  Reiterei  wflthend 
aogegriffoi.  Graf  Schlick ,  der  Ehre  seines  Namens  und  Ge- 
schlecktes nneingedenk,  war  der  Erste,  der  aus  dem  Gefechte 
entwich  und  sich  durch  die  Flucht  rettete.  Die  Böhmen  und 
Oesterreicher,  sowie  alle  Uebrigen ,  kSmpften  gegen  die  feind- 
liche Uebermacht  nur  kune  Zeit;  sie  wurden  grOsstentheils 
losammengehauen,  darunter  auch  viele  vom  Adel«  Ihre  Haupt- 
lente:  Kunriger,  Georg  Taifel,  Gebhard  Belczer,  Leonhard 
Lamberg  und  einige  Andere  geriethen  in  feindliche  Gefangen- 
schaft. Graf  Niklas  von  Thurn  rettete  sich ,  obwohl  schwer 
verwundet,  mit  genauer  Noth  durch  die  Flucht.  Erasmus 
Mager^  der  tapfere  Hauptmann  der  Ktfmthner,  der  durch 
seinen  gUhizenden  Helm  und  wallenden  Federbusch  den  Blick 
der  Feinde  auf  sich  sog,  sank  nach  dem  tapfersten  Widerstand 
unter  die  Todten.  Koch  stand  Graf  Ludwig  von 
Lodron  mit  seiner  Heldenschaar ,  die  aus  dreien  Fähnlein 
'Tirolern  bestand.  Durch  den  Ungestüm  der  feindlichen  Reiterei 
wurde  der  Held  auf  ein  sumpfiges  Terrain  hingedrängt.  Unfähig 
auf  dem  schlflpferigen  Terrain  fortzukämpfen  und  überdies  tödt- 
lich  verwundet,  fiel  Graf  Ludwig  in  die  Gefangenschaft  der 
Türken  und  wurde  hierauf  von  seinen  Wächtern  getödtet,  da 
es  den  Anschein  hatte,  als  könne  er  der  erhaltenen  schweren 
Wunden  wegen  den  Transport  nicht  aushalten,  somit  nicht  mehr 
lebendig  mit  den  übrigen  Gefangenen  nach  Konstantinopel  ge- 
bracht werden.  So  erzählt  uns  den  Tod  des  Helden  die  Ge- 
schichte des  Lodron'schen  Hauses. 


Joaones  Sagredus  in  seiner  Geschichte  des  ottomaiinischen  Reiches 
-  machen  aber  keine  Melduo^^  davon ,  dass  Graf  Ludwig  auch 
den  Landsknecht  erstochen  habe,  der  es  gewagt  halte,  obige 
verwegene  Worte  zu  sprechen,  darüber  schweigen  ebenfalls  die 
Monumenta  Lodronii  Leonis. 


—    342    — 

Nach  andern  QoeUeo  hätte  Harad  Beg,  die  Tapferkeit  aaA 
im  Feinde  ehrend ,  dem  edlen  Grafen  fitr  den  Fall ,  daas  er 
sich  ergebe,  die  Schonung  des  Lebens  anbieten  lassen.  Daraaf 
vertrauend  habe  sich  Graf  Ludwig  an  Murad  Beg  nach  einer 
heldenrofithigen-  Gegenwehr  ergeben,  der  anch  seiner  schonte; 
jedoch  nicht  so  edel  habe  Hohamed  Pascha  gedacht,  der  Statt- 
haller  von  Semendria,  der  den  schwer  verwnndefen  Grafen 
durch  seine  Wfichter  tödten  liess  unter  dem  Vorwande,  dass  er 
ohnehin  an  den  erhaltenen  Wunden  hfttte  sterben  mflssenl 

Der  Kopf  des  Helden,  sowie  des  Erasmus  Mager  und  des 
braven  Paul  Bakits,  der  kurz  zuvor  in  einem  Gefechte  bei 
Diakovar  gefallen  war,  wurden  als  Siegeszeichen  in  silbenen 
Becken  nach  Konstantinopel  an  den  Sultan  gesandt  Das  gaue 
Geschütz,  das  noch  vorhanden  war,  sowie  das  ganze  christlidie 
Lager  ßel  den  Türken  in  die  Hfinde.  Unter  dm  von  dea 
Türken  hier  eroberten  Kanonen  war  eine,  die  sieh  vor  den 
übrigen  durch  ihre  Grösse  auszeichnete  und  noch  ein  halbes 
Jahrhundert  hindurch  in  den  spütern  Kriegen  eine  wichtige  Rolle 
spielte.  Diese  Kanone,  die  Katzianerin  genannt,  sowie  die 
übrigen  eroberten  und  mit  golddurchwebten  Tüchern  and  Fahnen 
geschmückten  Geschütze  mussten  die  christlichen  Gebagenen' 
—  darunter  so  viele  Tiroler  1  —  wie  Pferde  bis  nach  Kon- 
stantinopel  vor  die  Augen  des  Sultans  schleppen  und  in  solcher 
Weise  den  Triumph  der  Türken  verherrlichen. 

Auf  die  erzählte  Weise  endete  der  edle,  fromme  nad 
tapfere  Graf  Ludwig  von  Lodron  im  Kampie  gegen  den 
Erbfeind  des  christlichen  Namens  sein  ^atenreiches  Leben. 

5.  Am  12.  Bbrz  1538  schrieb  der  Rath  der  Stadt  Ragusa 
an  Ferdinand  I. ,  Graf  Ludwig  von  Lodron  sei  im  Kampfe  fitr 
den  Glauben  gegen  die  Türken  zum  Gefangenen  gemacht 
worden.  Der  Kaiser  und  König  —  Ferdinand  —  versicherte: 
es  seien  alle  möglichen  Nachforschungen  gemacht  worden,  um 
den  Grafen  lebendig  anzutreffen  und  auszulösen,  auf  dass  der 
christliche  Staat  nicht  eines  Hannes  von  solchen  Ver- 
diensten beraubt  bleibe.    Den  16.  April  erwiederte  Fer- 


—    343    — 

ÜMBd  TOD  Prag  aos  dem  Rathe  der  Stadt  Ragnsa,  dass  dieser 
ihm  eiiiai  lieben  Dienst  erweisen  würde,  wenn  er  neue  Nach- 
fonohnngen  anstellete,  nm  den  Grafen  Ludwig  aufzufinden 
und  zu  befreien;  gleichzeitig  Utss  er  dieses  auch  dem  Kardinal 
und  Fllrstbischofe  ?on  Trient,  Bemard  von  Cles,  zu  wissen 
flMicben. 

Dass  alle  um  den  Helden  angestellten  Naebforscbungen 
Tergeblich  sein  nussten,  darf  wohl  nicht  erst  erwähnt  werden. 

6.  Graf  Ludwig  von  Lodron  ist  ein  vielbesungener 
Held;  sein  schöner  Tod  hat  den  Dichtem  sehr  oft  schon  einen 
vnllkommenen  Stoff  geboten,  sich  in  ihrer  edlen  Kunst  zu  ver- 
suchen. Als  licentia  poetica  mag  es  aber  angesehen  werden, 
wenn  dieselben  den  tapfem  Grafen  im  Kampfe  mit  dem  Sultan 
sdbsten  hllen  lassen. 

7.  Wie  uns  der  Tiroler  Almanach  vom  Jahre  1804  erzählt, 
soll  Karl  Ferdinand  Graf  von  Lodron  und  Domprobst  von  Trient 
im  Jahre  17i9  seinem  erlauchten  Ahnherrn  in  der  Heiligkreuz- 
Kirche  zu  Trient  ein  Monument  haben  setzen  lassen  —  mit 
folgender  Inschrift: 

D.  0.  H. 

Ludovico  S.  R.  l.  Comiti  de  Lodron -Laterano  etc.  Flo- 
rentiae  et  Parmae  Consignatori ,  Caesarei  exercitus  supremo 
Dttci.  Qui  post  plura  Domui  Augustae  praestita  servitia  Viennam 
ob&idione,  *)  fidem  Catholicam  metu,  Garotum  V  Caesarem  peri- 
culla  liberavit. 

Ut  militem  fortius  in  Tarcas  ac  Solimanum  inveheret,  pro- 
prio equo  ungulis  abscissis,  victoriae,  quam  tenuit,  non  fugae 
consuluit.  Quare  fama  et  factis  onustus  prope  Essechlum  mor- 
tuus,  Nominis  immortalitatem  sibi  comparavit. 

Agnato  tam  praeclaro  de  patria,  de  Austriae  Domo,  de 
Religione  benemerito  Carolas  Ferdinandus  S.  R  I.  Comes 
Lodroni  et  Castri  Romani,  Lateranus  Patricias  Romanus,  Dominus 


*)  Dass  Graf  Ludwig  bei  der  Belagerung  von  Wien  nicht  war, 
weil  zu  gleicher  Zeit  mit  der  Belagerung  von  Florenz 
beschifligt,  ist  früher  schon  bemerkt  worden. 


~    314    ~ 

Castri  S.  Joannis  etc.  Praepositas  et  Canonicas  Trideati  et  tnum 
Sanctorum^  Legato  perpetao  CoMtilnto  ad  diem  19.  Aog.  in 
S.  Gratis,  sea  triam  Regum  Basil.  P.  P.  Ord.  M.  Goiit.  S. 
Fraoc.  S.  S.  Stign.  Ao.  1224  erecta,  ad  S.  LadoTici  Episcopi 
altare  sab  Carolo  VI  feliciter  regnante  Anno  1719  gratns  poanit. 
Wie  ans  aber  derselbe  Almanach  berichtet,  wfire  das  In 
•Rede  stehende  Monument  im  Jahre  1804  weder  in  der  Heih'g- 
krenzkirche,  noch  in  einer  andern  Kirche  der  Stadt  Trient  mehr 
sa  finden  gewesen;  wohin  dasselbe  gekommen,  ist  anbekannt. 
Damit  nehmen  wir  Abschied  von  unserm  Helden. 

Sit  ipsi  terra  levis! 


l/OOfi^M) 


Beiträge 


zur 


GEOGNOSIE  TIROLS 


von 


ADOLF   PICHLER. 


MIT  EINER  TAFEL  PROFILE. 


CDritle  FoiffeJ 


Hie  Kalkgebirge  nördlich  von  Innsbruck  hatten,  als  meioem 
Aorenthatte  zunächst  liegend,  mich  bereits  vielFach  beschäftiget. 
Die  Resultate  dieser  Forschungen  wurden  im  achten  Hefte  der 
Zeitschrift  des  Ferdinandeums  1859  niedergelegt.  Bei  der 
grossen  Verwicklung  der  Gebirgsstruktur  war  manches  unauf- 
geklftrt  geblieben  and  forderte  daher  zu  neuer  Untersuchung 
anf,  welcher  das  jüngst  erschienene  Werk  Gümbers  ^^Geogno*- 
stische  Beschreibung  des  bayerischen  Alpengebirges  und  seines 
Vorlandes^  frische  Anregung  gab,  in  wie  fern  die  dort  berich- 
teten Thatsachen  und  Folgerungen  auch  für  unser  Gebiet  volle 
Geltung  hätten  oder  eine  Einschränkung  erleiden  würden.  Das 
Unternehmen  war  diesesmal  durch  Eiementarereignisse  mannig-* 
fach  gefördert  worden,  die  furchtbaren  Wasserstürze  des  vorigen 
Winters  hatten  die  Gräben  ausgewaschen  und  andere  vertieft, 
so  dass  das  anstehende  Gestein  der  Untersuchung  zugänglicher 
wurde«  In  den  Ferien  wurde  das  Stanerjocti.  nebst  den  Ge- 
birgen, welche  zwischen  diesem  und  den  Haller  Alpen  liegen, 
in  Angriff  genommen.  Jenes  scheint  auf  den  ersten  Blick  fast 
ganz  aus  oberem  Alpenkalk  zu  bestehen,  die  Einschnitte,  welche 
man  zu  Uebergängen  benutzt,  zeigen  die  gewöhnlichen  Verhältnisse 
und  wenig  Interessantes,  man  Hess  es  daher  auf  diesem  Gebiete 
bei  den  Uebersichtsaufnahmen  bewenden ,  ohne  jede  Schlucht, 
jeden  Tobel  zu  dorchforschen.  Allein  gerade  hier  bot  sich  des 
Neuen  in  Hülle  und  Fülle,  so  dass  Stotter's  Wort  auch  da  seine 
Bestätigung  eriangte :  „die  Alpen  sind  tückisch,  man  darf  ihnen 
nie  trauen.^  Zur  Vervollständigung  der  Ergebnisse  wurde  auch 
ein  Abstecher  in  das  Kaisergebirge  unternommen. 

1« 


—    4    -  • 

Was  die  Terminologie  zur  Bezeiclinaiig  der  Gesteine  be- 
trifft, so  bleiben  wir  bei  jener,  welche  wir  bereits  in  frftheren 
Schriften  angewendet  haben,  am  die  Continaität  tu  erhalten, 
fügen  jedoch  wie  dort  aach  hier  die  Benennungen  der  k.  k. 
geologischen  Reichsanstalt  sowie  Jene  Gflmbels  im  obigen  Werke 
bei,  bis  einmal  über  diesen  Gegenstand  endgiltig  entschieden  ist. 

Zunächst  geben  wir  die  Grftnzen  unseres  Terrains  an, 
welches  von  der  Hartinswand  bis  zum  südlichen  Ufer  des 
Achensees  reicht.  Nach  Südosten  wird  es  in  seiner  ganzen 
Ausdehnung  von  den  Gewässern  des  Inn  bespült,  nach  Norden 
begränzt  es  die  Strasse  nach  Jenbach  ins  Achenthai  den  Kas- 
bach  entlang,  daran  schliesst  sich  das  südliche  Gestade  des 
Achensees,  die  Partisau,  das  Gernthal,  der  Uebergang  des 
Plumseijoches  und  der  Plumsbach,  Nach  Nordwesten  folgt  die 
Gränze  der  Thalsohle  des  Blaubaches,  erklimmt  dort  den  Grat 
des  Gebirges  beim  Grubenkor  und  setzt  über  das  Rossjoch,  die 
Brandelspitz,  den  Spechkor,  die  Lafatscherspitz,  das  Stemperjocb, 
den  Wildanger,  das  Rumperjoch,  die  Gleirspitz,  Seegrubenspitz, 
Frauhütt  und  den  grossen  Solstein  fort,  von  wo  sie  den  Hechen- 
berg  überspringend  an  den  Inn  gelangt.  Dieses  Gebiet  ze^fUllt 
durch  tiefe  Schluchten  in  mehrere  Abschnitte,  an  welche  wir 
uns  hehufs  leichterer  Orientirung  halten  wollen.  Die  Höhen 
sind  in  österreichischen  Fuss  angegeben. 

1)  Von  der  Martinswand  bis  zum  Hallerbach,  im  Westen 
ragt  der  grosse  Solstein  (9393'),  im  Osten  der  Zunderberg 
(63020  empor. 

2)  Vom  Hallerbach  bis  zum  Vomperbach,  dieser  Abschnitt 
enthält  die  Spekkorspitee  (8378')  und  die  Waideraln. 

3)  Vom  Vomper-  bis  zum  Stallen-  und  Binsbach.  Hier  er- 
hebt sich  das  Vompeijoeh  (7710')  und  die  LampsenspiU  (61240* 

4)  Das  Massiv  des  Stanerjoches  (6718')i  welches  sehr  schöi 
abgegrflnzt  und  selbstsidndig  zwischen  dem  Inn-*,  Stallen-,  Falz- 
thurn-,  Gernthale,  dem  Achensee  und  Kasbach  emporsteigt. 

5)  Der  Grat  des  Sonnjoches  (7758')  zwischen  Blaubach 
und  Falzthurn  vom  Hochglück  zum  Plumser-  und  Bletzacher- 
bach  auslaufend. 


5    ^ 


A. 
Untere  Trias« 

I. 
Bunter  Sandatein. 

(Werfener-Schiefer  der  österreichischen  Geognosteo.) 

Die  Thonglimmerschierer,  Glimmerschiefer  und  Gneise, 
welche  die  Centralalpen  bilden,  setzen  in  miserm  Gebiete  nir- 
gends auf  das  linke  Ufer  des  Inn  Aber,  hier  erscheint  vielmehr 
als  tiefstes  Glied  des  Gebirges  der  bunte  Sandstein,  wenn  auch 
dvch  mancherlei  Störungen  des  Gebirgsbaues  oft  hoch  empor- 
geschoben.   Betrachten  wir  ihn  in  dem  Terrainabschnitte. 

/.  Yon  der  Martinätoand  bis  zum  Vamperbach. 

Hier  begegne  wir  ihm  in  der  Richtung  von  West  nach 
Osten  zneest  hinter  dem  Kerschbuchhofe  in  einer  kleinen 
SfihlQcht,  wo  er  in  sich  durch  jflngere  Bildongen  getreani 
xweimal  abereinander  hervorbricht.  Er  iässt  sich  am  Tage  nioht 
verfolgen,  doch  streicht  er  nach  Osten  zum  HOltingergrabeii, 
wo  die  zwei  Streifen  ganz  gut  zu  beobachten  sind. 

Der  untere  entzieht  sieh  dem  Blicke  sehr  bald,  indem  ihn 
Dilttvialschotter  und  Tertiaereongtomerat  verbirgt,  der  obere 
streieht  ober  dem  Plateau  der  Hungerburg  gegen  Osten  zur 
HahlaaerUamm,  übersetzt  diese  und  senkt  sieh  dann  unter  die 
Tefraasa,  welche  den  Rechen-  und  Burenhof  trägt. 

Man  darf  daher  den  Zug  bunten  Sandstein,  der  von  der 
Vindalm  östlich  beginnend  über  die  Thaureralm  fortzieht  and  an 
Mordnbtiang  des  Zanderberges  austritt,  ohne  das  Salzge- 
birge, welches  nicht  zu  diesem  Zuge  gehört,  za 
eiTeichen,  nicht  als  Fortsetzung  des  einen  oder  des  anderen  der 
oben  erwähnten  zwei  Ztige  betrachten.  Ebenso  wenig  gehört  die 
Koppe  banlen  Sandsteines  hierher,  die  unterhalb  der  Vintlafan 


—    6    - 

durch  den  Dolonit  bricht.  Man  hat  es  hier  nicht  mit  Einer 
Spalte,  sondern  mit  einem  Netzwerke  tod  Spalten, 
welche  gegeneinander  schief  stehen,  so  thun.  Das  Salzgdirge 
dringt  durch  die  nördlichste«  Im  tibrigen  verweisen  wir  bezüg- 
lich des  bunten  Sandsteines  dieses  Terrainabschnittes  auf  die 
Abhandlung  zur  ,,Geognosie  der  nordöstlichen  Kalkalpen  Tirols 
im  Jahrbuche  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt,  7.  Jahrgang 
ISSe«'  Seite  721  und  722,  sowie  auf  unsere  „Beiträge  zur 
Geognosie  Tirols  1859^  Seite  141—144. 

Ueber  das  Salzgebirge  zu  Hall,  dem  Salzstocke  aaf  der 
Walderalm  und  am  Plumserjoch,  welche  letzeren  ich  bereits 
Tor  mehreren  Jahren  entdeckte,  verweise  ich  auf  die  Abfaan- 
lung  „zur  Geognosie  der  nordöstlichen  Kalkalpen  Tirols,  Jahr- 
buch der  geologischen  Reichsanstalt  1856^  Band  VII^  und  aof 
meine  ^Beiträge  zur  Geognosie  Tirols  1859«^  S.  170  u.  s.  w. 
Hier,  sowie  S.  148  desselben  Buches,  ist  eine  irrige  Angabe 
von  Prinzinger's  sonst  sehr  schätzbaren  „geologischen  Notizen 
ans  der  Umgebung  des  Salzbeiigwerkes  zu  Hall'  berichtigt. 

Das  Vorkommen  des  bunten  Sandsteines  am  Vomperloche 
Ist  im  gleichen  Werke  erwähnt,  wir  bemerken  nachträglich  nur 
noch,  dass  derselbe  hier  eine  Zwischenlage  von  Rauehwacke 
enthalt.    Pro61  V. 

2,   Das  Stanef'^  und  Sonnjoch. 

Der  eigentliche  bunte  Sandstein  findet  sich  nur  auf  eioer 
Stelle  des  Stanerjoehes  und  zwar  beim  sogenannten  Sauhopf  am 
südwestlichen  Abhang  gegen  das  Innthal,  wo  die  untere  TVias  in 
einer  Falte  der  obem  eingeklemmt  und  aber  diese  flach  weg- 
geschoben scheint.  Prof.  VI.  Die  Höhe  beträgt  bei  6000',  wol 
der  höchste  Punkt,  wo  man  in  dm  nördlichen  Alpen  dem  bunten 
Sandstein  begegnet.  Um  so  ausgedehnter  tritt  vor  dem  nördlichen 
Abstürze  des  Stanerjoehes  das  Haselgebirge  auf.  Der  Salzstock 
von  Hall  darf  sich  in  dieser  Beziehung  wol  nicht  von  ferne  damit 
vergleichen.  Ausser  dem  bekannten  Vorkommen  am  Piamser- 
joehe  brechen  die  grtinlichgrauen  vreichen  Sandstetamehiefer  aaf 


—    7    — 

der  Nordseite  des  Fatsthoiiithales  h  dem  Sattel  twisplien  dar 
Lachwaldspitie  (7297')  und  dem  Somyoch  bei  einer  Höhe  von 
500(y  hervor.  Prof.  YIU.  Ungeflihr  in  gleicher  Höhe  erblickt  man 
sie  auf  dem  gegenaberliegendea  fBehi^.  Geht  man  durch  das 
Falsthurnthal  aiiswfirls,  so  findel  man  als  Grondlage  des  Tristea- 
kopfes  nnd  der  HOgel,  in  welche  er  nördlich  aoslioft,  die 
grflnlichgraoen  Sandsteioschiefer  und  die  Sabtbone:  gran,  violett^ 
rotb  geflammt  mit  verschiedenen  Arten  von  Gyps  gans  so,  wie 
ich  es  vom  Phmseijoch  beschrieben.  Hier  triflfi  man  auch 
Pseadomorphosen  nach  Steinsalz  nnd  swar  Abdrticke  aas  dolo- 
miUschem  Kergel.  Das  schöne  Profil  kann  auch  den  letzten 
Zweifel  über  die  Stellang  der  SaUthone  beim  bnnten  Sandstein 
serstrenen.  Gehen  wir  in  die  Thalschlacht  am  östlichen  Abhänge 
des  Tristenkopfes  and  klettern  su  hinterst  am  Hirscfasteigel  hinauf^ 
so  treffen  wir  dort  am  Grate  bei  der  Alm  wieder  das  Hasel- 
gebirge: glimmerreiche  Sandsteinschiefer  mit  Eisenkies  and  Eisen- 
glanz, grfinlichgratte,  violette  und  rothe  Salsthone  mit  donkei- 
granem  and  schwarzem  Schieferthone.  Eisenglanz  findet  sich 
flbrigens  aoch  oft  in  grösseren  Schoppen  im  bunten  Sandstein, 
welchen  der  Erbstollen  bei  Schwaz  durchbricht. 

Kehren  wir  durch  das  Thal  zurück,  so  bemerken  wir  zur 
rechten  Seite  mehre  Schluchten,  welche  sich  vom  Birenkopf 
herabsenken.  Betritt  man  eine  solche,  so  begegnet,  man  bald 
im  Schotter  Stfickchen  des  Sandsteinschiefers,  die  immer  zahU 
reicher  werden.  Sie  stflrzten  von  einer  Felsenwand,  in  deren 
NAe  früher  Gyps  geholt  wurde.  ^ 

Am  Bfirenkopfe^  dem  letzten  nördlichen  Auslttufer  des 
Stane^oches  gegen  den  Achensee^  legen  sich  sanfte  Hfigel«- 
hohen  vor,  von  denen  man  bisher  glaubte,  sie  seien  aus  Dilu- 
vialschotter  zusammengesetzt ,  kriecht  man  Jedoch  in  einer  der 
Rnsen,  wo  man,  nebenbei  bemerkt,  den  ziemlich  seltenen 
Evonymus  latifolius  findet,  empor,  so  begegnet  man  überall 
den  Sandsteinschiefem  des  Haselgebirges  und  darüber  dem 
MnsclMlkalk.  Zweifelsohne  ist  es  bis  in  grosse  Tiefen  ausge- 
laagt^  dafür  spricht  schon  die  Berührung  mit  dem  Achensee. 


Weiter  «effich  legt  rfeb  ein  Fels  tob  MitteMeioiiilt  tot,  ein 
Yeriiältniss,  das  sich  wol  nur  ans  einer  Versohüebng  eiUArea 
Msst.  Prof.  VII.  Solche  Ausbisse  tod  Hasdgebirge  lassen 
sich  aof  dem  beteichnefen  Ikirain  sw^relsohne  noch  mehrere 
antreffen,  Air  die  ungeheuren  Veränderungen,  welche  die  Struk- 
tur des  Gebirges  erlitten,  sprechen  wol  an  besten  die  NiTeao» 
unterschiede,  in  denen  das  unterste  Glied  der  Trias  aufMtt :  am 
Saukopr,  bei  41000  Fuss  und  kaum  3/4  Stunden  nördlicher  3000 
Fuss  am  Spiegel  des  Achensees,  unter  den  das  Haselgebirge 
'etaffllt.  Das  Falzthum-  und  Blauthal  sind  Spalten,  weldie  die 
Formationen  In  ihrer  xum  Theil  grossarttgen  Verwerfung  and 
Verschiebung  fast  senkrecht  durchkreuzen,  Prot  VIII,  und  in 
unbekannten  Tiefen  foHsetzend  von  Gebirgsseholter  erflült  war- 
"den.  Von  Versteinerungen  find  sich  ausser  einigen  Kohlen- 
schmitzen  im  Hottingergraben  und  in  den  Sandsteinschfiefem  d« 
Salzes  von  Hall,  ein  Vorkommen,  Aber  welches  ieh  «nier  Hit- 
theilung  der  Analyse  Ton  HIasiwetz  bereits  in  den  Sohrifkea 
der  geologischen  Reichsanstalt  berichtete,  sowie  avsser  ehiigea 
spärlichen  ganz  undeutlichen  Pflanzenspuren  im  gleidien  Gestein, 
nirgends  etwas. 


IL 
TTnteter  Alpenkalk. 

(Mascbelkalk ;  Guttensteinerkalk  der  österr.  Geognosten.) 

In  dem  bezeichnelen  Terram  habe  ich  bisher  tberall,  wo 
die  BntblOssung  des  Bodens  eine  Untersuchung  gestorttele, 
dem  bunten  Sandsteine  Rauehwacke  auflagernd  gefunden.  Welche 
meistens  völlig  den  Charakter  einer  Breocie  aus  gröberen  oder 
feineren  Stückchen  von  Schieferthon ,  Kalk,  Dolomit  TefhWet 
durch  ein  gelUlches  etwas  ihoniges  Clement  trug.  Das  Gestaa 
wurde  schon  so  oft  und  ausfflhrlich  beschrieben,  dass  wir  ans 
ein  näheres  Eingehen  ersparen  können;  Im  Panleiteigraben  ober 
Buch  unweit  Schwna  kann  man  den  Udkergang  destfelben  in  daa 


elgeottehen  Alpenkalk  gtQz  gut  btobaekleii.  IMMgais  ivife 
es  danditiiB  irrig  m  glaoben,  die  Raaehwtcke  beieiGline  ab 
solche  eine  beatimmle  Etage,  wir  begegnen  ihr,  wenn  nach 
«ehr  beschrinkl,  im  oberen  Alpenkalk  (Halslilterkalk) ,  im 
Müteldolomil  (Dachsteindolomit,  Haoptdotomit) ;  im  unteren  Al- 
penkalke erscheint  sie,  abgesehen  Ton  dem  regdmissigen  Vor- 
kommen tiber  dem  bunten  Sandstein,  locai  an  yersehiedenen 
Punkten.  Im  Falsthamthale  sieht  man,  wie  allmttig  Schichten 
des  dunkeln  weissaderigen  Kalkes  regelmassig  Curtstreiehea ,  In 
Rauchwacke  flbergehen,  undeutlich  werden  und  wie  sich  dann 
wieder  allmillg  die  urpraagiiehe  Qualität  des  Gesteines  her<- 
stellt.  Man  hat  darin,  wie  es  scheint  ganz  richtig,  Analogien 
mil  der  noch  unter  unseren  Augen  fortgehenden  Bildung  des 
TuSes  erkannl.  Wir  sehen  hier  von  den  localen  Vorkomm- 
nissen gans  ab  und  besiehen  uns  nur  auf  das  Gremgebtlde  iwi- 
scben  buntem  Sandstein  und  eigentlichem  Muschelkalk. 

/ 

i.    Der  Abschnitt  zwischen  Martinstoand  und 
Vomperbach 

Zeigt  uns  die  Rauchwacke  suerst  im  Graben  bei  Kersch- 
bach  und  awar  kehrt  sie  dreimal  wieder.  Das  Profil  I  stellt 
die  Aufeinanderfolge  der  Gesteine  im  AllgeaMmen  dar,  wir  ge- 
ben sie  hier  im  Detail  von  unten  nach  oben,  nehst  einer  bei- 
Ünflgen  Schfltaung  der  Mächtigkeit,  insoweit  eine  solche  mög- 
lich war. 

1.  Bunter  Sandstein  W. 

2.  Rauchwacke  iO'. 

3*  Massiger  lichtgrauer  weissaderiger  Kalk  W. 

4.  Rauchgrauer  Dolomit  30'. 

5.  Rauchwacke  3'. 

6.  Websaderiger  briiunlieher  Dolomit  suweilen  an  der  Ober- 
fläche der  Sehichten,  welche  steil  iS  fallen,  uneben, 
knollig,  von  Thon  flbersogen  70^ 

7.  Schwarze,  zerbröselnde  Schiefertbone  2'. 


—    10  — 

8.  Gfiner,  w«lmid«rig«r  Kalk  \y<i'. 

9.  Raachwaeke,  brftunlidi  schwan,  breccieoartig  mit  SpKU 
lern  iranten  Sandsleinea  20'. 

10.  BunterSandatein,  fest,  wolgeachichlel,  simi  Theil  weiss  iO'. 
ii.  Raachwacke  6'. 

12.  Ra^chgraaer  Dolomil  6^ 

13.  Raachwacke  3^. 

14.  Schwane  Schieferthone  6'. 

15.  Dotoinit,  dem  Hitteidolomit  sehr  Ähnlich;  es  isl  der  Zag, 
welcher  von  Absam  nnonterbrochen  bis  hieher  streidit, 
bei  der  Vinllealm  .von  einem  Felsen  bunten  SandsleiaeB 
durchbrochen  wird,  auch  im  Hottingergraben  sich  mit 
dem  bunten  Sandstein  nahe  berührt  und  früher  für  Nil- 
teldolomit gehalten  wurde.  Die  Hftchtigkeit  mag  durch- 
schnittlich TO-^SO'  betragen. 

16.  Eine  dünne  Lage  von  Brocken  des  Dolomites,  sum  Theil 
durch  ein  rothes  eisenschflssiges  thoniges  Cement  über- 
zogen, bereits  am  Eingang  der  Klamm  von  Kranabitten. 

Da  sich  darüber 

17.  der  obere  Alpenkalk  su  den  riesigen  Gipfeln  des  Sol- 
steins und  Brandjoches  erhebt,  glaubte  ich  früher,  dass 
es  die  Stelle  der  Garditaschichtea  einnehme,  bis  die 
wahre  Bedentoag  jener  Dolomite  (15)  von  mir  entdeckt 
wnrde. 

Die  Carditaschichten  treten  in  naturgemüsser  Aufeinander- 
folge der  Formationen  erst  jenseits  des  Joches  bei  Zirlerchriatea 
im  Gleirschthale  auf.    Prof.  I. 

Einige  hundert  Schritte  westlich  an  der  Thaureralm  springt 
ein  runder  steiler  Felsenkopf  vor.  Die  Mulde  »mftchst  dahinter 
wird  durch  folgendes  Profil  durchkreuzt: 

1.  Bdnter  Sandstein. 

2.  Eine  sehr  dünne  Lage  raochwackenartiges  gelbes  san- 
diges Gestein,  gerade  bo  wie  man  es  im  Hottingergraben 
an  der  Gränze  des  bunten  Sandsteines  and  zum  Theil  mit 
ihm  wechselnd  trifft. 


-  n  — 

3.  DoIomitiBdie  Kalke,  gno,  weisaaderig,  an  das  SchidK- 
flflcheo  uneben,  sie  enthalten  Hiraekoni-  bis  Erbeengroaa 
Raoschroth  eingesprengt.    Am  Eingange  der  Kranabitter- 
Kiamm  findet  man  ein  ähnliches  Gestein,  dort  bildet  je- 
doch   das   Rauschroth  auch   dfinne  Häutchen    auf  den 
Kluftflftchen. 
Im  Uebrigen  verweise  ich  beattglich  der  Raochwacke  auf 
diesem  Gebiete  und  des  xunfichst  folgenden  Kalkes  auf  S.  145 
and  i70  in  den   „ßeilrflgen  sur  Geognosie  Tirols  1859/^    Im 
Vomperbach  gestatteten  Erdabratschungen  eine  genauere  Unter- 
suchung, wir  sind  daher  in  der  Lage,  ein  detaillirteres  Profil  zu 
geben,  wobei  wir  bei  der  Aufzfihlung  der  Glieder  ausführlicher 
sein  können,  als  in  der  Zeichnung.    Prof.  V. 

Betritt  man  eine  Viertelstunde  (Vstlich  von  Terfens  das  Vom- 
perloch,  so  hat  man  anfangs  sn  beiden  Seiten  des  Baches  die 
hohen  ausgewaschenen  grotesken  Wttnde  des  Diluvialconglo- 
merates.  Alsbald  begegnet  uns  am  rechten  Ufer  ein  kleines 
Felsenköpfchen,  in  welchem  früher  ein  Steinbruch  angelegt  war. 
Es  besteht  aus 

1.  Kalk,  licht- oder  dunkelgrau,  auf  dem  Querbmche  wellig 
gebfindert,  was  von  feinen  Zwischenlagen  Thones  her- 
rtthrt  Die  Schichten  sind  ziemlich  undeutlich,  an  der 
Oberfläche. etwas  uneben,  von  Thon  Aberzogen,  dttnne 
Zwischenlagen  glänzend  schwarzen  Schieferthones  sind 
selten.  Versteinerungen  fehlen  gftnzlich,  die  Schichten 
streichen  etwa  \n  h  6  und  fallen  am  Sddabhange  des 
Köpfchens  sehr  steil  Nord,  am  Nordabhange,  wo  das 
Streichen  sich  nach  h  6  wendet,  sehr  steil  S.  Gehen 
wir  Aber  die  kleine  Brücke,  wo  die  Fortsetzung  des  Pro^ 
files  besser  entblösst  ist.    Hier  schliesst  sich  an: 

2.  dunkelgrauer  weissaderiger  düonschichtiger  Dolomit,  er 
enthalt  Knauer  rauchgrauen  Homsteines,  die  Oberfläche 
ist  auch  bisweilen  von  röthlichem  Thone  Aberzogen.  Die 
Schichten  streichen  h  6  und  fallen  40  S.  Darauf  folgt 
eine  Bank 


—  f«  — 

3.  naMigen  greium,  nngesoiiiditeten  Doknnites,  der  ttberall 
SQ  Gnifi  BerfiUt.    Dmd 

4.  gtniaeT  dflnngeschiciiteter  weissaderiger  Kalk,  dann 

5.  eine  sehr  sandige  ockergelbe  Ranchwacke)  einschliessend 
einen  liemlicb  müditigen  Keil  gifiniend  schwarzen,  blättrig 
zerfallenden  Schieferthones.  Im  Höttiogergraben  steht 
die  Ranehwacke  mit  dem  Schieferihone  ebenfalls  in  naher 
Beztekung,  sie  enthftit  bisweilen  StOckohen  von  ihm  ein 
geschlossen. 

6.  Bunter  Sandstein,  weiss,  gran,  grifniioh  rSthlich  in  festen 
Schichten. 

7.  Eine  sehmale  Lage  Ranehwacke. 

8.  Bunter  Sandstein  in  h  6,  40  S. 

9.  Raucbwacke. 

10.  Weissaderiger  sehr  knrzklflftiger  schwarzer  oder  schwars- 
gratter  Dolomit.  Eingelagert  sind  zwei  Streifen  dunkel- 
schwarzen fast  kohlenartigen  Schieferthones. 

11.  Sehr  massiger  knrzkittftiger  donkelgrauer  Dolomit,  die 
Oberfläche  der  Stücke  hie  and  da  mit  einem  blutrothen, 
thonigem  dflnnen  Oeberzag.    Hierauf  unmittelbar 

12.  Oberer  Alpenkalk^  wdss,  bisweilen  noch  schwarze 
Flocken,  welche  in  das  weisse  Gestein  zerfliessen,  ein- 
gesprengt. Er  ist  wenig  mächtig.  Höchst  wahrschein- 
lich folgen  nun  in  sehr  geringer  Mächtigkeit  die 

13.  Carditaschichten;  zu  dieser  Voraussetzung  glauben  wir 
uns  berechtigt,  weil  der  Schotter  bisweilen  Stücke  der 
hieher  gehörigen  Gesteine  enthält.  Von  Jetzt  an  ist  die 
ganze  Schlucht,  welche  der  Bach  von  Norden  nach  Sflden 
durchfliesst,  eingeschnitten  in  zweifellosen 

14.  Mitteldolomit. 

Verfolgt  man  die  Schlacht  bis  zum  Abstürze  des 
Vomperjoches,  wo  sie  sich  nach  Westen  wendet,  so 
erreicht  man  die 

15.  Plattenkalke,  welche  in  h  4 — 6  fast  senkrecht  streichen, 
bald  Jedoch  sehr  steil  nach  Nordwest  fallen. 


-IS- 
IS. GerTilllaschlchlen. 
47.  Fleekenmergel. 
18.   Ober^  Jora  h  6,  60  N. 
49.   Fleekemnergei, 

20.  fienrilliaschichten. 

21.  Plaitenkalke,  hier  nur  wenig  entwickelt. 

22.  Mitteldolomit. 

23.  Carditaschichten:  höchstwahrscheinlich,  das  Terrain  ge- 
stattet keine  Untersachang. 

24.  Oberer  Alpenkalk,  sehr  mächtig  und  schön  entwickelt, 
den  Grat  des  Vomperjoches  xusammensetzend,  an  dessen 
Absturz  gegen  das  Stallentbal  wieder  die 

25.  dunkeln  Kalke  hervortreten. 

Wir  haben  hier  also  eine  Mulde,  gebildet  durch  den  Selten» 
druck  der  Centralalpen,  welchen  sie  bei  ihrer  Hebung  austtbten. 
Ob  der  bunte  Sandstein  des  Vomperlocbes  mit  dem  vom  Rechen- 
bofe,  Höttingergraben  und  Kerschbuchhofe  zasammenhftngt,  lisst 
sich  nicht  entscheiden,  da  die  Diluvialterrassen  alles  überdecken. 
Doch  möchte  man  es  vermuthen. 

In  der  Schlucht  hinter  Stans  bemerken  wir  zuerst  von 
Siden  nach  Norden  Mitteldolomit,  dann  Rauch wacke,  dann 
dunkeln  Alpenkalk,  noch  weiter  einwärts  in  h  7y  60^70  S. 
Knollenkalk,  der  in  dem  Steinbruche  westlich  von  Tratzberg 
zahllose  Stiele  von  Bncrinus  liliiformts  enthält.  Darüber  liegt 
ohne  nachveeisbares  Zwischenglied  der  weisse  obere  Alpenkalk, 
ein  wilder  Schrofen  desselben  trägt  das  berühmte  Benediktiner- 
stift St.  Georgenberg.  Schon  Richthofen  hat  in  seiner  treif» 
liehen  Abhandlung^:  „die  Kalkalpen  von  Vorarlberg  und  Nord- 
tirol, zweite  Abtheiluüg,  Jahrbuch  der  k.  k.  georgischen  Zeit- 
schrift, XII.  Band,  S.  87  u.  s.  w.^  bemerkt,  dass  hier  eine 
Ueberschlebung  stattgefunden,  die  sich  durch  das  Stallenthal 
fortsetzt. 

Hinter  der  Stallenalp  liegen  vom  rechten  Felsenhang  zabl- 
relehe  Blöcke  einer  grossluckigen  Rauchwacke  abgeslttnt; 
G4tBd>el   betradHet .  sie  sds  zu  seinem  Hauptdolomit  (Mittel- 


-    14    — 

dolomit)  gehörig,  ihr  Aussehen  scheint  mir  mdir  mit  der 
Rauchwacfce  von  St.  Magdalena  im  Fallthale  «i  stinmieo,  wor- 
nach  Siegern  unteren  Alpenkalls  zusoweisen  wUre. 

Wie  am  Eingange  des  Thaies  begegnen  sieh  Mch  hier  hi 
Folge  jener  Verschiebung  Hitteldolomit  ond  untere  AIpenkalL 

2.    Das  Gebiet  des  Staner^  und  Sonnjoches, 

Das  Vorkommen  der  breccienartigen  Raachwacke  als 
Cirtinagebilde  zwischen  buntem  Sandstein  und  unterem  Alpen- 
kalk (Muschelkalk)  unterliegt  auch  hier  keinen  Abwdchungeo 
von  den  bereits  anderwfirls  beobachteten  Verhältnissen.  So 
treffen  wir  sie  am  Saukopf,  am  Tristenkopf  unweit  Pertisan, 
am  Hirschsteigel ,  wo  eben  die  GesteinsealblOssung  eine  Beob- 
achtung erlaubt.  Es  ist  daher  wol  der  sichere  Schkss  ge- 
blattet, dass  es  auch  dort,  wo  Diluvialschotter  Und  Rasended^e 
unmittelbare  Untersuchung  hindern,  nicht  anders  sei.  —  Die 
Rauchwacke,  welche  vom  Stanejjoch  in  die  Senkung  gegen  dea 
Bfirenkopf  zieht,  rechne  ich,  obwol  sie  der  bunte  Sandstein  nir- 
gends durchbricht,  wegen  der  Verhältnisse  des  in  der  Fort- 
seUnng  unmittelbar  Jenseits  des  Joches  liegenden  Saukopfes 
ebenfalls  hierher. 

Wir  wenden  uns  nun  zum  eigentlichen  unteren  Alpen- 
kalke (unterem  Muschelkalke  und  zum  Theil  Guttensteioer- 
kalke).  Die  Gesteinsbeschaffenheit  ist  überall  dieselbe:  Kalke, 
meist  mehr  oder  weniger  dolomitisch,  bisweilen  mit  unter- 
geordneten Lagen  von  Schieferthon ,  wie  im  Höttingergrabea 
oder  bei  Vomp,  wo  er  sich  schon  zur  Rauchwacke  gesellt. 
Einer  näheren  Beschreibung  des  Gesteines  können  wir  uns  fflg- 
lieh  entheben,  ich  mtisste  nur  das  von  Hauer,  Ridithofen  ia 
den  „Kalkalpen^,  Gflmbel  und  mir  selbst  in  den  „BeiMgen  lor 
Geognosie^  längst  Gesagte  hier  wiederholen.  Dass  man  sie,  — 
so  wie  die  Werfener  Schiefer  und  Sandsteine  als  Aeqoivalenl 
des  bunten  Sandsteines,  —  ab  Aequivalent  des  Muschelkalkes 
betrachten  dttrfe,  darflb«  sind  wol  alle  Alpengeognosten  einig. 


—  »  - 

Was  das  VorkonHiea  ieneümt  auf  dem  vod  mir  mitenaeltleii 
Gebiete  anbelaiigl,  00  feUeo  sie  Birgends,  wo  der  banle  Sand- 
alein  ansteht,  wcwi  anch  ihre  MSehtigkeit  nicht  flberall  gleiah 
ist.  Besonders  schön  sind  sie  im  Hahlanergraben.  Sie  beg^ei- 
tan  überall  das  Netswerk  Yon  Spalten,  durch  welches  swischen 
Serschbach  nnd  Hall  der  bunte  Sandslein  und  Salathon  zu  Tage 
tritt,  ebenso  begegnen  sie  uns  am  Slaner-  und  Sonnjoch.  Ein 
ganz  Tereinzeintes  und  untergeordnetes  Auftreten  überrascht  uns 
in  einer  Runse  der  westlichen  Verlängerung  des  Yomperthales, 
wo  sie  plölslich  ein  tiefer  Sprung  des  oberen  Alpenkalkes  auf 
eine  kurze  Strecke  enthüllt.  Ton  Versteinerungen  war  nirgends 
nach  nur  eine  Spur  zu  finden. 

Nach  unten  gegen  den  bunten  Sandstein  ist  die  Grttnse 
des  unteren  Alpenkalkes  leicht  zu  ziehen,  schwerer  nach  oben, 
dann  es  folgen  Gesteinsarten  von  nur  wem'g  abweichender 
Ulhologischen  Beschaffenheit. 

Wo  die  Virgloriakalke  auftreten,  geben  sie  allerdings  eine 
gute  Harke ,  allein  nicht  immer  erscheinen  sie  in  ihrer  eigen- 
tbümlichen  Gestalt  und  es  treten  Gebilde  auf,  die  sich  mehr 
dem  ihnen  unterliegenden  Guttensteinerkalke  nfihern.  Es  sind 
meist  reinere,  dichte,  schwarze,  graue,  lichtgraue,  weiss, geä- 
derte Kalke,   welche  sich  oft  wie  eine  Hauer  erheben. 

Deber  die  Stellung  der  Virgloriakalke  stehen  Gümbel  und 
Bichthofen  im  Widerspruch.  Letzterer  rechnet  sie  ans  Grün- 
den, die  er  den  Alpenverhältnissen  entnimmt,  zur  oberen  Trias, 
wie  man  in  seiner  Abhandlung  „die  Kalkalpen  von  Vorarlberg 
■od  Nordtirol,  Band  X  des  Jahrbuches  der  k.  k.  geologischen 
Reichsanstalt  i859  und  Band  XII 1861—1862«  nachlesen  kann, 
dieser  zur  unteren  und  betrachtet  sie  als  oberen  Huschelkalk 
der  Alpen.  Er  sagt  in  der  geognostischen  Beschreibung  des 
baymschen  Alpengebirges^  S.  193  unten:  „Der  EinscUnss  von 
Terebratttla  vulgaris,  Waldhetmia  angnsta,  Encrinus.liliiformis 
u.  s.  w.  Arten,  von  denen  noch  keine  über  den  eigentlichen 
Hosefaelkalk  hinaufgehend  gefunden  wurde^  rechtfertigt  die  Zn- 
»ehnng  Su  letaleren  vollständig.««  Seite  220  jedoch  hebt  er  die 


-  w  - 

f eriUlltaiwmässige  ArnroA  an  Yersteiiieniiigett  m  deo  PkilBadi- 
fidiichtea  herror  und  fahrt  fott :  ^Etiras  anders  g«staltet  aieh 
die  Frage  über  die  Gleiehstellong  der  f  artnadttehichlen  and  des 
eigeniHcben  S.  Cassian  der  SOdalpen ,  wenn  wir  die  versteine« 
magsreiGhe  Hergellage  ans  dem  Scharilzkehltinle  bei  Berchtei« 
gaden,  die  onmitleHiar  mit  dem  Moschdkalk  aasamami  von» 
kommen,  hieher  xiebeo.  Unter  den  Versteinerangeii  erwähnt  er 
Encrifltts  Uiiiformis,  den  er  sogleich,  durch  den  Druck  als 
ficfate  Cassianerspezies  heiTorhdbt.  Das  £k  Cassian  jedoch  and 
die  Partnachsdiiditen  gdiören  nach  seinem  eigenen  Zengniss 
snm  unteren  Keuper,  als  dessen  oberes  Glied  er  die  bvkerliei- 
genden  Schichten  der  Cardita  crenata  betrachtet  S.  272  zllhit 
er  aber  unter  den  Versteinerungen  der  Carditaschichten  Encri- 
nns  lilüformis  und  Terebratela  valgarls  auf.  Durch  den  fetten 
Druck  beseichnet  Gttmbel  ausdrflcfclicb,  dass  diese  beiden  Arten 
sowol  im  S.  Cassian  als  in  den  Carditaschichten  vorkommen, 
somit  im  Keuper  und  nicht  bloss  im  ^»eigentlichen  Huschelkalk.^^ 
Man  muss  daher  diese  zwei  Arten  von  Versteinerungen,  wemi 
es  sich  um  die  Einreihung  des  Virgloriakalkes  handelt,  nasser 
Acht  lassen.  Was  den  unmittelbaren  Uebergang  der  plattigen 
Virgloriakalke  in  die  unten  liegenden  nichl  plattigen  aber  int 
ganz  gleich  gearteten  schwanen  Kalke  betrifft  und  den  daraas 
abgeleiteten  engeren  Anschluss  von  diesen  an  jene,  als  an  die 
Sehiefeffsehirbten  der  Partnachschichten,  so  ist  vielleicht  darauf 
weniger  Gewicht  zu  legen,  wenn  man  bedenkt,  wie  schwer  es  In 
den  Alpen  manchmal  überhaupt  ist,  GesteinsgrUnien  scharf  anzug^ 
ben,  wozu  noch  kommt,  dass,  wie  sich  im  Verfolg  der  Darstellong 
ergeben  wvd,  zwischen  den  dunkelgrauto  weissaderigen  Kalken 
unterhalb  des  oberen  Alpenkalkes  Zwischenlageu  mit  Schief^r- 
Ihonen  und  Sandsteinen  ähnlich  denen  der  Partnach-  und  Car- 
ditaschichten vorkommen ,  wodurch  eher  ein  Anschluss  an  den 
Kenper  vemittelt  wird.  Erwfige  ich  die  Gründe,  wdche  nea- 
Kch  in  der  Zeitschrift  der  geologischen  Gesellschaft  bcsttglieh 
der  Stellung  der  analogen  OpatowHzer  Kalke  vorgebracht  warden« 
so  iwheittl  mir  diese  Streitfrage  vordeibaad  noch  keinesweis 


_    17    - 

eptedtft  and  gerade  das  Gebiet  zwischen  anterem  und  oberem 
Alpenkalk  dürfte  noch  mannigfaltige  Diskussion  unter  den  Geo- 
logen erregen  und  zu  erneuerten  Forschungen  anreizen.  Hier 
genfigl  es  auf  den  Gegenstand  hingewiesen  zu  haben;  wir 
glauben  am  besten  zu  thun,  wenn  wir  hier  anstatt  entscheiden 
zu  wollen,  mit  steter  Rficksicht  auf  die  UHtllrlichen  Verhältnisse 
einiges  Materiale  zur  Schlichtung  des  Streites  liefern. 

Vorläufig  scheint  es  uns  ganz  gerechtfertigt,  wenn  wir  die 
Gesteine  vom  Virgloriakalk  bis  zum  obem  Alpenkalk  als  eigene 
Gruppe  zusammenfassen,  ohne  jedoch  die  Hoffnung  aofzugebea, 
dass  es  hier  möglich  sein  wird ,  eine  scharfe  Trennung  dureh- 
aiifahren  und  den  Virgloriakalk  bestimmt  als  selbständiges  Glied 
auszuscheiden,  möge  er  dann  zum  Huschelkalk  oder  Keuper 
zahlen.  Wir  bezeichnen  die  ganze  Gruppe  vorläufig  mit  dem 
Namen:  mittlerer  Alpenkalk. 

B. 
Obere   Trias« 

m. 
Mittlerer  Alpenkalk. 

(Dazu  der  Knollenkalk  von  Kudernatsch,  Virgloriakalk  von  Richt- 
hofen^  plattiger  Kalk  von  Gümbel.) 

Der  Schichteneomplex ,  den  wir  mit  diesem  Namen  be- 
aeichnen,  erreicht  in  seiner  Gesammtheit  oft  eine  grosse  Mäch- 
tigkeit und  zeigt  dann  zahlreiche  Gesteinsvarietäten  wie  hinter 
den  Thanrerschlosse,  bisweilen  schrumpft  er  zusammen  wie  bei 
Keisehbuch. 

Ich  habe  denselben  wie  Richthofen  den  Virgloriakalk  frtther 
unbedingt  zur  oberen  Trias  gestellt  und  beim  oberen  Alpenkalke 
eingereibt,  daher  bezieht  sich  alles,  was  in  meinen  „Beiträgen 
zur  Geognosie  Tirols  1859^  unter  der  Rubrik  des  oberen  Al- 
penkalkes Aber  schwarze  und  graue  Kalke  gesagt  ist,  hieben 
S.  i4&  u.  s.  w.  Der  Leser  kann  sich  diese  Angaben  leicht 
iveeht  legen  und  darnach  auf  die  Profile  modifiziren. 

2 


_  tß  - 

Beginnen  wir  mit  dem  Kn<ritenkalke.  Yorlreiniehe  petro- 
graphische  Beschreibung  desselben  gaben  bereiti  Kudematscli 
im  Jahrbach  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt  1852  II  mid 
Richthofen  in  der  ersten  Abtbeilung  seiner  Abhandlung  «die 
Kalkalpen  Tirols  und  Vorarlbergs  im  Jahrbudie  der  geolo- 
gischen Reichsanstalt  1859  X.^ 

Wir  haben  nur  beizufOgen,  dass  diese  Kalke  nicht  immer 
so  ausgezeichnet  entwickelt  sind,  z.  B.  im  Höttingergraben,  man 
kann  sie  jedoch  an  den  Hornsteinknauem  und  der  unebenen 
thonigen  Oberfläche  erkennen,  hier  noch  (iberdiess  an  der 
Streichungsrichtung,  welche  auf  die  typischen  Kalke  von  Kersch- 
buch  hinweist.  Diese  sind  bereits  geschildert  in  den  ^Beitrflgen 
zur  Geognosie  Tirols  1859  S.  149.  <" 

Diese  Knollen-  oder  Virgloriakalke  trifft  man  auch  an  an- 
deren Punkten  nicht  selten;  die  Felsen ,  welche  das  Thaurer- 
schloss  tragen,  bestehen  daraus.  Sie  enthalten  hier  etwas 
undeutliche  Bivalvenreste,  wahrscheinlich  von  einer  Monotis 
oder  Halobia.  Sehr  schön  entwickelt  sind  sie  an  der  Strasse 
bei  Tratzb(Tg  und  am  rechten  Ufer  des  lim  bei  Buch.  Letzteres 
Vorkommen  ist  ausfflhrlich  beschrieben  in  den  „Beiträgen  zor 
Geognosie  Tirols  zweite  Folge  1861.^ 

Debrigens  erscheinen  ganz  ähnliche  Gesteine  auch  aaf 
höherem  Niveau,  Bei  Absam  trifft  man  solche  in  einer  w^ii 
höheren  Lage;  in  Bezug  auf  ihre  petrographischen  Bigenschafkea 
sind  sie  vorzüglich  entwickelt,  bleiben  jedoch  bei  gerioger 
Mächtigkeit  nach  Osten  und  Westen  bald  aus.  Ebenso  finden 
sie  sich  im  Stallenthale  in  den  höchsten  Lagen  gegen  den 
weissen  oberen  Alpenkalk.  Das  Vorkommen  am  Salzberg  wurde 
bereits  erwähnt.  ^»Beiträge  zur  Geognosie  Tirols  1859  S.  148.« 
Hier,  im  Höttingergraben ,  im  Stallenthale  und  wahrscheinlidi 
noch  an  vielen  anderen  Punkten  ausserhalb  unseres  Gebietes 
finden  sich  Zwischenlagen  und  Gänge  eines  thonig  quarzigen 
Gesteines  von  ölgrflner  Farbe^  welches  in  lache,  scharfkantige 
Stücke  zerfällt.    Zwischenlagen  von  grauen  und  scbwärzb'chen 


—    40    - 

Seiiieferlhoiien  triffi  man  steileBweise  ebenfalls.  Es  scheial  sieb 
somit  dieselbe  Gesteinsart  mehrmals  übereinander  entwickelt  zn 
haben,  ebenso  wie  Riesenoolithe  and  Sandsteine  nd  Scbiefer- 
thone  im  Aussehen  untereinander  zum  Verwechseln  ähnlich  sich 
unter  und  ober  dem  weissen  Alpenkalke  finden.  Hier  entschei- 
den natürlich  die  enthaltenen  Petrefakten  und  die  Lagerungs?er- 
bältnisse  über  die  geognostische  Stellung. 

Die  Bedingungen  zur  Bildung  ähnlicher  Gesteine  haben 
sich  auch  in  höheren  Etagen  wiederholt.  Wir  citiren  „GfloH 
bels  geognostische  Beschreibung  des  bayerischen  Alpengebirges 
und  seines  Vorlandes  S.  223.^^  Er  beschreibt  dort  als  eigen- 
thümliche  Modification  des  Hallstfitter-Kalkes  (Oberen  Alpen- 
kalkes) den  ^Draxlehner  rothen  Plattenkalk,  welcher  im  Berch« 
lesgadischen  eine  ziemlich  verbreitete  Gesteinsschicht  von  sehr 
bemerkenswerther  Beschaffenheit  bildet.  Dünne  wolgeschichtete 
Kalkplatten  von  intensiv  rother,  seltener  von  bunter,  weiss- 
lieber,  gelblicher,  grünlicher  Färbung  besitzen  knollig  unebene 
Schichtenflfichen,  auf  welchen  Erhöhungen  und  Verlicfungen  mit 
einander  wechseln.  Diese  Unebenheiten  werden  durch  Hörn- 
ausscheidungen  veranlasst«  Die  oft  prächtig  bunt  gefärbten 
Homsteinknollen  liegen  zerstreut  in  der  Kalkmasse  und  yer« 
vollständigen  durch  ihr  Vorkommen  die  Aehnlichkeit,  um  nicht 
za  sagen  die  petrographische  Gleichheit  mit  manchen  Schichten 
des  rothen  Adnether-Liasmarmors,  von  welchen  sie  sich  jedoch 
durch  unzweideutige  Lagerung  und  Petrefaktenführung  sehr  wol 
unterscheiden.  Hier  haben  wir  ein  schlagendes  Beispiel  von 
petrographisch  ähnlichen  und  geognostisch  weit  aus  einander- 
siehenden  Alpengestemen.^ 

Adnether  Marmor  von  obiger  Beschaffenheit  trifft  man  un- 
weit der  Mauritzenalm  auf  dem  Sonnwendjoch.  Zu  dem  Draz- 
lehner kalke  gehören  wol  die  Schichten,  welche  im  unteren 
Niveau  des  oberen  Alpenkalkes  vom  Salzberg  über  den  Achsd-« 
köpf,  durch  die  Kranabitterklamm  zur  Hartinswand  streichen, 
wo  sie  die  Strasse  erreichen  und  undeutliche  Prelefaktenreate 
derselben  Art,   wie   die  Virgkuriakalke  bei  Thauer   enthalten. 

2» 


-    20    - 

Sie  wiirden  von  mir  schoo  in  den  ,)Bdträgen  zar  Geognosie 
Tirols  1859  S.  148<^  besclirieben. 

Am  Achselliopf  ist  die  Unebenheit  der  SchichtenBlclien 
sehr  gross ,  sie  greifen  oft  mit  aufgefressenen  Zacken  ineinan- 
der. Ihre  Oberflfiche  ist  meistens  von  rothem  Thone  überzogen. 
Enthalten  sie  auch  Kieselerde,  so  bestehen  doch  die  Knollen 
meistens  ans  lichtem  rOthlichgraaen  Mergelkalk,  seltener  aus 
reinem  Kalke.  Vielleicht  ergeben  sich  noch  Anhaltspunkte,  den 
Draxlehnerkaik  als  eigene  Abtheilung  des  oberen  Alpenkalkes 
ZQ  bestimmen. 

Eine  andere  Gesteinsvarietät,  die  wir  vorlän6g  zum  mitt- 
leren Alpenkalke  rechnen,  ist  der  S.  11  in  dem  Profil  ans  den 
Yomperloch  sub  1  beschriebene  Kalk. 

Führt  man  von  Kranawitten  nach  Zirl,  so  sieht  man  beim 
ersten  Steinbruche  ziemlich  mächtige  Schiebten  eines  dichten  dun- 
kelgranen,  ja  fast  schwarzen  Kalkes,  durchsetzt  von  einzelnen 
Adern  weissen  Kalkspathes  mit  den  Stielen  von  Encrinus*  Das 
dunkle  Gestein  enthält  Öfters  Zwischenlagen  eines  grauen  oder 
gelblichen  Mergels,  wodurch  auf  dem  Querbruch  gebogene  Streifen 
nnd  Wellen  entstehen.  In  jenem  dunklen  Kalke  kommen  aber  auch 
lichtere  graue  Zwischenlagen  vor,  insbesondere  im  liegenden. 
Das  hangende  bilden  weniger  deutlich  geschichtete,  fast  massige 
Felsen  eines  lichtgrauen  weissaderigen  Kalkes,  welche  ziemlich 
hoch  an  der  Martinswand  emporreichen,  und  wie  ich  mich 
genau  überzeugt,  ohne  Zwischenlage  von  Partnachschichten, 
unmittelbar  den  oberen  Alpenkalk  tragen. 

Von  ganz  gleicher  Struktur,  wenn  auch  stellenweise  dunk- 
ler gefärbt  und  mehr  geädert,  trifft  man  diese  Kalke  auch  noch 
an  vielen  anderen  Punkten.  Hit  ihnen  wechseln  Schieferthone, 
aus  denen  sich  bisweilen  Bänke  klotzigen  Mergels  und  glunmer- 
reiche  grünlichgraue  Sandsteine  entwickeln,  zum  Theil  mit  un- 
bestimmbaren Pflanzenspuren,  zum  Theil  mit  sehr  zahlreichen 
Thierresten,  von  denen  mir  bis  jetzt  zuverlässig  zu  bestimmen 
nur  einige  Arten  gelang.  Es  sind: 
Pentacrinus  propinquus, 
Östren  montis  caprilis, 


—    21    — 

Corbis  Mellingi, 

Cardita  crenata, 

Myophoria  Kefersteini. 
Sleinkerne  von  anderen  sind  identisch  mit  solchen,  wie 
ich  sie  anderswo  in  ächten  Carditaschichten  fand.  Man  kann 
dieses  unter  anderen  in  der  Mühlauerklamm  beobachten,  dieses 
bestimmte  mich,  die  dunklen  Kalke  xum  oberen  Alpenkalk  zu 
zählen  und  andererseits  fühlte  ich  mich  zur  Ansicht  berechtigt, 
dass  die  Carditaschichlen  nicht  bloss  als  Dach  des  oberen  AI* 
pei\)i;a]kes ,  sondern  auch  mit  ihm  wechsellagemd  vorkommen. 
«Beiträge  zur  Geognosie  Tirols  1859  S.  149  unten  und  S.  155  b. 
Carditaschichten.^ 

In  wie  fern  diese  Ansicht  zu  modifiziren  sei,  daräber  be- 
lehrten mich  die  Erfolge  meiner  vorjährigen  Untersuchungen. 
S.  153  habe  ich  ein  Vorkommen  bei  Raltenberg  beschrieben, 
das  auch  Gümbel  nachträglich,  wenn  auch  als  Muschelkalk,  inr 
Innthale  erwähnt.  „Geognostische  Beschreibung  des  bayerischen 
Alpengebirges  und  seines  Vorlandes  S.  200.^  Er  sagt:  ,,Im 
Innthale  steht  der  charakteristische  Huschelkalk  an  zahlreichen 
Punkten  an.  Die  Eisenbahnarbeiten  haben  den  plattigen  auf  der 
Schichtfläche  knolligen  dolomitischen  Kalk  mit  Zwischenlagern 
von  klotzigem  Steinmergel  und  schwarzem  Schieferthone ,  den 
glänzende  Rutschflächen  durchziehen,  in  und  um  Rattenberg 
prachtvoll  entblösst.^  Ich  kann  dieser  Beschreibung  nur  bei- 
fttgen,  dass  an  der  nämlichen  Stelle  auch  noch  ein  Zwischen« 
lager  von  schwarzblauem  festen  Hergel  durchzieht,  der  an  der 
Luft  verbleicht  und  bei  eintretender  Verwitterung  so  wie  auf  den 
Abidsungsflächen  die  Struktur  der  Oolithe  ganz  in  der  Weise 
zeigt,  wie  die  bekannten  Carditaschichten,  eine  Abtheilung  des 
Keupers.  Aber  auch  diese  schwarzen  Mergel  von  Rattenberg 
enthalten  die  Cardita  crenata,  welche  sehr  gut  zu  bestimmen 
ist.  Stücke  davon  habe  ich  seinerzeit  dem  Museum  fibergeben. 
Die  Blöcke  schwarzen  Mergels  wurden  zu  Rattenberg  für»  Bau- 
zwecke vewendet,  in  einem  draben  unweit  des  Tunnels  liegen 
nur  noch  einzelne  Trümmer,    lieber  das  Verhältniss  dieser 


Carditaschichten  und  Ooh'the,  welche  man  mit  den  höher 
liegenden  eigenth'chen  Carditaschichten  nicht  zu  verwechseln 
braucht,  zu  dem  Hangenden  und  Liegenden  kann  nicht  der 
mindeste  Zweifel  walten.  Sie  sind  vollkommen  concordanl  ein- 
gelagert, an  eine  Verwerfnng,  Yerschiebung  oder  irgend  eine 
andere  mechanische  Störung^  welche  sie  von  der  ursprünglichen 
auf  eine  secundäre  Stelle  gebracht  hätte,  ist  gar  nicht  zu  den- 
ken ,  um  so  weniger ,  da  viele  andere  Profile  in  bedeutender 
Entfernung  von  Rattenberg  denselben  Sachverhalt  zeigen. 

Wo  die  Knollenfcalke  nicht  deutlich  entwickelt  sind,  ist  es 
sehr  schwer  die  Gränze  des  mittleren  gegen  den  unteren  Alpen- 
kalk genau  zu  ziehen.  Man  muss  sie  hier  wol  in  jenen  dünn- 
geschichteten, reineren,  schwarzen  und  grauen  Kalken  suchen, 
welche  sich  Aber  den  unteren  Alpenkalk  in  einer  Mauer  —  nach 
Richthofens  Bemerkung  z.  B.  bei  Elmau  im  Kaisergebirge  — 
erheben,  suchen.  Sehr  entwickelt  sind  diese  Kalke,  oft  mit 
mergeligen  Zwischenlagen  am  Stauer-  und  Sonnjoch.  Auch  in 
diesen  Kalken  tritt  die  Rauchwacke  local  auf. 

Auf  der  Lampsen  enthalten  sie  manchmal  Kohlenschmitzeo, 
die  Flächen  der  Schichten  greifen  mit  feinen  Zacken  ineinander, 
diese  sind  mit  schwarzem  kohligen  Thone  überzogen,  so  dass 
auf  dem  Querbruche  hübsche  Zeichnungen  entstehen ,  die  bis- 
weilen den  Loben  einer  Ammonitenschale  ähnlich  sind.  Von  Ver- 
steinerungen bergen  sie  eine  sehr  undeutliche  kleine  Schnecke. 
Uebrigens  ist  es  gerade  auf  der  Lampsen  sehr  schwer,  die  Ge- 
steine zu  klassiflziren.  Die  Pyramide  des  Joches  besteht  tfos 
oberem  Alpenkalk,  der  auch  hier  unmiltelbar  den  schwarzen 
Kalken  aufliegt,  diese  sind  jedoch  über  die  sehr  ähnlichen 
Gervilliaschicbten  und  den  Hitteldolomit ,  der  rechts  und  links 
in  der  Tiefe  wild  durcheinander  geworfen  ist,   weggeschoben. 

Längst  bekannt,  wenn  auch  vielleicht  nicht  genug  gewür- 
digt, sind  gewisse  dünnschichtige  mergelige  Kalke  (wulstige 
Kalke),  welche  man  wol  als  besonders  bezeichnend  ffir  den 
unteren  Alpenkalk  betrachtete.  ^Die  Masse  des  Gesteines  ist 
grau,  gelblich-  oder  grünlichgrau,  meist  sehr  thonlg,  einge- 


befiel  liegen  darin  etwa  federkieldicke,  bisweilen  flachgedrückte 
SUJffifnchen,  von  denen  sich  unter  ziemlich  spitzen  Winkeln  fast 
gleichdicke  Aeste  abzweigen,  welche  sich  mit  den  benachbarten 
kreuzen  und  durcheinanderschlingen.  Diese  Gebilde,  welche 
man  wol  kaum  als  zufällige  Concretionen ,  sondern  als  Ver- 
steineningen  betrachten  mnss,  obwol  sich  ihre  Natur  vorläufig 
schwerlich  näher  bestimmen  lässt,  bestehen  ans  schwärzlichem 
Malke,  Auf  dem  von  mir  untersachten  Terraiit  habe  ich  diese 
Schichten  stets  im  Hangenden  des  eigentlichen  weissaderfgen 
unteren  Alpenkalkes  beobachtet.  So  im  Mflhlauergraben.  „Bei^ 
träge  zur  Geognosie  Tirols  1859  S.  149^  rechnete  ich  dieses 
Gestein  nach  der  herkömmliehen  Ansicht  noch  zum  unteren 
Alpenkalke,  wenn  auch  bereits  schon  die  höchste  Vorsicht  an- 
empfehlend. Hau  findet  sie  an  der  Gränze  gegen  den  oberen 
Alpenkalk  auf  einer  Höhe  von  nahezu  6000'  ober  der  Höttin- 
geralm.  Auch  im  Stallenthale  trifft  man  sie  im  gleichen  Niveau, 
ebenso  im  Kaisergebirge,  wo  sie  mit  Schichten  deatlichen  Knol- 
lenkalkes nicht  bloss  das  Pussgestell  der  steilen  Wände  des 
Gebirges  zusammensetzen,  sondern  weit  an  diesen  hinaufreicheil, 
so  dass  nur  die  Gräte  des  Joches  aus  oberem  Alpenkalk  bestehen. 
Als  eines  der  wichtigsten  Glieder  immittlerenAlpenkalk 
ist  ein  Dolomit  zu  betrachten,  weicher  beim  Hammerschlage 
Funken  gibt  und  gfossentheils  dem  Mitteldolomit  (Daehsteiii- 
dolomit  der  österreichischen  Geologen,  Haoptdolomit  Gflmbekf) 
so  ähnlich  ist,  dass  ihn  im  Höttingergraben  selbst  die  grössten 
Autoritäten  der  Alpengeognosie  dafür  ansprachen.  Er  schien 
sich  von  dem  Vorberge  bei  Absam  ununterbrochen  in  einem 
schmalen  Bande  bis  zur  Klamm  von  Kranawitten  zu  ziehen. 
Vorigen  Sommer  gelang  es  mir  endlich ,  ich  darf  wol  sagen 
mit  unsäglicher  Mflhe  und  unterstützt  dnrch  die  Auswaschungen 
der  Giessbäche,  den  schwierigen  Knäuel  zu  entwirren.  Vom 
Zunderberg  streift  allerdings  eine  Zunge  Mitteldolomit  herüber, 
sie  keilt  jodoch  westlich  der  Thaureralm  aus.  Unter  ihr  liegt 
normal  der  obere  Alpenkalk  von  geringer  Mächtigkeit,  die  Port- 
setzung desselben  von    der  Thaureralm  bis   zu  dem  westlich 


-    24    - 

gelegenen  Steinköpfd  yerschinälert  sich  bis  auf  wenige  Foss 
und  ging  unter  dem  Dilavialschotter  und  der  Rasendiclie  ver- 
loren, so  dass  es  schien,  der  obere  Alpenkalk  bleibe  hier  aus 
und  der  eigentliche  Hitteldolomit  ober  ihm  verbinde  sich  dann 
mit  dem  Dolomit  unter  ihm,  der  aber  kein  —  Hitteldolomit  — 
ist,  trotz  der  oft  auf  langen  Strecken  grossen  Aehnlichkeit. 
Prof.  IV.  Weiter  westlich  bei  der  Arzleralm,  Piof.  III,  liegt 
dieser  Dolomit  ober  grauen  weissaderigen  Kalken,  durch  welche 
zwei  Streifen  Schieferthon  und  Hergel  mit  Ostrea  montis  ca- 
prilis  und  Corbis  Mellingi  ziehen.  Unmittelbar  über  diesen 
grauen  Kalken,  welche  ich  wegen  der  Petrefakten  zum  oberen 
Alpenkalk  stellte,  weil  im  Hangenden  desselben  die  Cardita- 
schichten die  nämlichen  Arten  führen,  liegt  unser  Dolomit,  aber 
demselben  der  weisse  obere  Alpenkalk. 

Ich  hatte  also  vollkommen  recht,  wenn  ich  in  der  Ab- 
handlung ^Zur  Geognosie  der  nordöstlichen  Kalkalpen  Tirols  im 
Jahrbuche  der  geologischen  Reichsanstalt  B.  VII  185&^  diesen 
Dolomit  fllr  älter  erklärte  als  den  oberen  Alpenkalk,  unrecht 
jedoch,  dass  ich  mit  ihm  den  eigentlichen  Mitteldolomit  ver- 
einigte, der  allerdings  auch  in  vielen  Gegenden  unter  dem 
oberen  Alpenkalk  liegt,  aber  in  Folge  von  Ueberstürzung.  Der 
letztere  Sachverhalt  zwang  mich  schliesslich,  dem  Scheine  fol- 
gend jene  erste  Ansicht  aufzugeben ,  jetzt  ist  jedoch  die  Ver- 
wirrung und  der  Grund  derselben  völlig  aufgeklärt.  Ganz  die-- 
selben  Verhältnisse  zeigt  das  Kaisergebirge. 

Um  die  Stellung  dieser  verschiedenen  Gesteinsarten  deut- 
lich zu  machen  und  zugleich  die  Belege  dafür  zu  liefern,  wollen 
wir  eine  lange  Reihe  von  Profilen,  theilweise  von  übersichtlichen 
Zeichnungen  begleitet,  geben. 

In  dem  S.  9  erwähnten  Profile  zählen  wir  Nr.  6  hieher,  weil 
dieser  Dolomit  in  die  Verlängerung  der  Virgloriakalke  fölit, 
ebenso  Nr.  15,  zum  Theil  mag  vielleicht  auch  Nr.  3  hieher 
gehören.  Der  Höttingerghiben  bietet  uns  Schritt  für  Schritt 
von  Süden  nach  Norden ,  also  von  unten  nach  oben,  folgendes 
Pro«; 


—   «5    — 

1.  TertiiireoQglomerat. 

2.  Grauer  weissaderiger  Kalk  in  Bflaken  von  mehr  ab 
Schnhdicke,  senkrecht  zerklüftet. 

3.  Mergelschiefer  und  bräunlichgraue  Schieferthone,  in  letz- 
teren sieht  man  hie  nnd  da  Nester  spätigen  Kalkes,  mei- 
stens weiss,  bisweilen  auch  schön  rosenroth  gefiirbt. 
Von  den  Schieferthonen  findet  man  auch  kleine  BrOck- 
chen  in  der  nun  folgenden 

4.  Breccienartige  Rauchwacke, 

5.  Bunter  Sandstein.  Ueber  diesen  vergleiche  man  „Bd- 
träge  zur  Geognosie  Tirols  1859  S.  142  und  143.^ 

6.  Rauchwacke  mit  schwarzem  Schieferthone,  der  zur  Sage 
Anlass  gab,  es  sei  hier  ein  Kohlenlager.  Dieser  Schie- 
ferlhon  steht  zur  Rauchwacke  in  einem  ähnlichen  Ver- 
hältniss,  wie  das  bereits  im  Vomperloch  geschilderte, 
man  darf  ihn  daher  nicht  als  Partnachschiefer  ansprechen. 

7.  Rauehgrauer  Dolomit,  weniger  deutlich  geschichtet  als 
unterer  Alpenkalk  (Muschelkalk)  zu  bezeichnen. 

8.  Yirgloriakalk  mit  Zwischenlagen  des  bereits  erwähnten 
ölgrünen  Schiefers. 

9.  Schieferthone  von  schwarzgrauer  Farbe. 

10.  Dunk^graue  weissaderige  Kalke,  mehr  massig. 

11.  Eine  d^lnne  Lage  Rauchwacke,  Schieferthone,  Sandstein- 
schiefer und  Sandsteine,  glimmerreich,  grünlichgrau, 
ähnlich  denen  der  Carditaschichten. 

12.  Kalke  wie  Nr.  10,  mehr  und  mehr  dolomitisch. 
Weiter  östlich   kann  man  die  Gesteine  von  8  bis  12  in 

grosser  Mannigfaltigkeit  beobachten,  man  sieht  hier  an  einer 
Felsenwand  recht  gut,  dass  die  Schieferthone  kein  bestimmtes 
Niveau  einnehmen,  sondern  nur  in  Lagen  vorkommen,  welche 
oft  nur  eine  Länge  von  wenigen  Schritten  besitzen.  Hier  be- 
merkt man  auch  in  den  Schieferthonen  Knötchen  von  Eisenkies. 
Einige  locale  Störungen  abgerechnet  streichen  diese  Gesteine 
gegen  h  7  und  fallen  mehr  oder  minder  steil  nach  Norden«   Die 


--    26   - 

Partnachschichten  darf  man  hier,  wo  der  eigeDtliehe  weisse 
obere  Alpeokalk  fehlt,  nicht  suchen* 

13.  Einige  dünne  Schichten  Kalkbreccie  mit  brflanlichem  Ce- 
ment,  im  ganzen  etwa  V4'  mächtig. 

14.  Dolomit,  massiv  in  eckige  Stücke  zerfallend.  Im  Ganzen 
ist  das  Gestein  wie  gesagt  S.  23  dem  Mitteldolomit  sehr 
ähnlich,  ist  jemand  jedoch  bereits  aufmerksam  geworden, 
so  bemerkt  man  stellenweise  scbwarzgraue  weissaderige 
Lagen ,  nach  unten  scheint  ein  Uebergang  in  den  Kalk 
Nr.  12  zu  erfolgen.  Das  Gestein  gibt  am  Stahle  Funken. 
An  den  Dolomit  legt  sich  —  vielleicht  noch  mit  einer 
jedenfalls  sehr  schwachen  Zwischenlage  Rauchwacke, 
was  die  Rasendecke  unmittelbar  zu  beobachten  hindert  — 
wieder 

15.  Bunter  Sandstein.  Stücke  desselben  enthalten  Kohlen- 
schmitzen.  Weiter  aufwärts  wird  dieser  Sandstein,  der 
sehr  flach  nach  Norden  ffillt,  schieferig  und  zerbrOsdt 
endlich  in  einen  rosenrothen  Quarzsand,  das  liegende  der 

16.  Breccienartigen  Rauchwacke.  Von  hier  aufwärts  liegt 
eine  mächtige  Decke  TertiSrconglomerates  mit  jenen  in 
den  „Beiträgen  zur  Geognosie  Tirols  1859  S.  166«  be- 
schriebenen Gesteinen  und  Pflanzenabdrflcken.  Letztere 
wurden  in  neuerer  Zeit  auch  mehr  östlich  ober  Weiher- 
burg entdeckt. 

Will  man  das  Profil  in  seiner  natürlichen  Ergänzung 
beobachten,  so  gehe  man  weiter  westlich,  hier  trifft  man 
in  einer  Rnnse  ober  der  Rauchwacke 

17.  Unteren  Alpenkalk. 

18.  Plattige  Kalke  und  Schieferthone. 

19.  Massige  graue  weissaderige  Kalke. 

20.  Dolomit  wie  16. 

21.  Schieferthone  und  Rauchwacke. 
22..  Wnblige  Kalke,  tlwa  4ff  mächtig. 


—    37    — 

23.  DlbiBschiehtigen  nnchgroiieD  Dolomit,  die  Schickten  sind 
mannighch  Terkrümnt,  weiter  westlich  mit  Knaoern  voo 
Braoneisenen ,  wol  auch  Zersetxaog  von  Schwefelkies 
entstanden. 

24.  Wulstige  Kalke,  hier  mit  kleinen  Gasteropoden ,  weiter 
westlieh  gegen  die  Seegrabe  In  einem  Blocke  zahlreicher 
an  der  Gelenkflfiche  wol  charakterisirte  Stielglieder  von 
Encrinns  liliiformfs.  Hier  erreicht  das  Gestein  eine  Höhe 
von  naheiu  tOOC.  Fast  zu  dieser  Höhe  steigt  auch  das 
Tertifirconglomerat,  ans  dem  hier  einige  FelsenkOpfe 
bestehen. 

25.  Breccie  aus  eckigen  Stückchen  oberen  Alpenkalkes  be^ 
stehend,  welche  durch  ein  kalkiges  ziegelrothes  Cement 
verkittet  sind.  Stellenweise  herrscht  das  Cement  vor  nnd 
ist  dann  zellig  entwickelt.  Dieses  Gestein  hat  etwa, 
wfthrend  Nr.  23  bei  flachem  Nordfallen  30  Fuss  mächtig 
Ist ,  eine  Mächtigkeit  von  4(y ,  besitzt  jedoch  nur  eine 
sehr  geringe  Ausdehnung  nach  Ost  und  West  und  ist 
daher  jedenfalls  nur  eine  locale,  untergeordnete  Bildung. 

26.  Oberer  Alpenkalk,  welcher  die  Gipfel  des  Brandjoches, 
wo  er  sehr  schöne  Korallen,  darunter  Chaetetes  annulatus, 
Chemnitzia  Rosthomi  und  andere  undeutliche  Mollusken- 
reste enthilt,  und  die  Frauhött  zusammensetzt.  Hehr 
westlich  in  der  Falte  gegen  den  Achselkopf  beoachtet 
man  die  bereits  S.  20  geschilderten  Knollenkalke.  Jenseits 
im  Gleirschthale : 

27.  Carditasehichten. 

28.  Mitteldolomit.  Bei  Schamitz  erhebt  sich  über  diesem 
das  steile  wilde  Karbendelgebirge  am  Eingange  des  Kai^ 
bendelthales. 

29.  Carditaschichten,  darüber 

30.  Oberer  Alpenkalk. 

Wir  haben  hier  also  eine  ungeheure  Mulde.  Nach  Süden 
vom  Höttingergraben  zum  Inn  hinab  lüsst  sich  das  Profil  nicht 
beobachten,  es  liegt  die  breite  Terrasse  des  TertittrcoBglonierates 


—    28    — 

und  das  Gehfioge  des  Dnovialschotters  vor.  Erst  bei  Bttchseii- 
hausen  werden  wieder  grane  weissaderige  dolomitische  Kalke 
zuniTheil  massig,  zum  Theil  wolgeschicbtet ,  dazwischen  san- 
dig-mergelige Schichten  sichtbar.  Geht  man  am  linken  Ufer 
des  Inn  auf  der  Landstrasse  abwflrts,  so  erreicht  man  bald 
kleine  Felsen,  welche  unter  dem  Strome  fortsetzen.  Am  Wasser 
ist  der  Dolomit  wolgeschicbtet,  die  Schichten  etwa  3 — 4  Zoll 
mftchtig,  sie  streichen  h  T—8  und  fallen  20—30  JV.  — 
Das  Gestein  ist  braungrau,  bisweilen  sandig  oder  zellig  wie 
Ranchwacke.  Darüber  liegt  ein  vielfach  geklüfteter  massiger, 
von  Rutschflachen  durchsetzter  Dolomit  und  dolomitischer  Kalk, 
dunkelgrau  mit  weissen  Adern.  Stellenweise  ist  er  ganz  brec- 
cienartig,  die  eckigen  Stücke  des  Dolomites  sind  durch  ein 
dttones,  brüunlichgraues,  thonigknolliges  Cement  verkittet,  wel- 
ches auch  die  Kluflflächen  überzieht.  In  diesem  Gestein  ist  eio 
Bruch  angelegt,  das  Hateriale  wird  zu  hydraulischem  Kalk  ge- 
brannt. Diese  Gesteine  reichen  bis  über  Welherburg  empor, 
wo  sie  als  höchste  Stufe  der  Terrasse  jenes  Tertiürconglomerat 
tragen,  welches  bei  uns  so  vielfilltig  für  Bauten  gebrochen  wird. 
Im  Niveau  von  Weiherburg  zieht  durch  Jene  ein  Streifen 
schwarzer  Schieferthon  und  Mergel  mit  undeutlichen  Petre- 
faktenresten,  die  dolomitische  Breccie  darüber  enthält  bie  und 
da  SUkke  von  Ranchwacke  und  kleine  Lagen  und  Nester  eines 
bolusartigen  feinen  gelben  Thones.  Aufwärts  wird  die  Breccie 
wieder  etwas  fester,  das  Gestein  massiger,  und  wir  begegnen 
150  Fuss  über  dem  ersten  einem  zweiten  Zuge  von  Schiefer- 
thon, Sandstein  und  Mergel,  ganz  fihnlich  dem  der  Cardita- 
schichten. Der  klotzige  Mergel  enthalt  zahlreiche  Petrefakten- 
durehschnitte,  von  denen  ich  bisher  Cardita  crenata  zu  erkennen 
glaubte,  jedoch  nur  Ostrea  montis  caprilis  zweifellos  bestimmeo 
konnte.  Dann  folgt  wieder  Dolomit,  die  Vertiefungen  zwischen 
den  Zacken  desselben  sind  bereits  von  bläulichem  Sand  ausge- 
füllt, über  welchem  die  Bfinke  des  Tertiürcooglomerates  liegen. 
Zwischen  Weiherburg  und  Büchsenhausen  ist  im  Gehänge 
ein  Graben  eingerissen,  der  die  Gesteine  entblösst.   Neben  der 


-^    2»   — 

Strasse  am  Inn  s^hen  Jene  schwangraaen  weisaaderigen  Kalke 
nad  Dolomitbrecciea ,  wie  an  dem  Bruche  mehr  östlich.  Dar- 
über bei  der  Bretterbatte  des  Gflrtners  an  einem  -kleinen  Abstorx 
bemerkt  man  dflnngeschichtete  dunkelgraue,  weissaderige  dolo- 
mitische Kalke^  anf  den  Schichtflächen  und  Platschen  mit  glän- 
zend schwarzem  thonigen  Ueberzuge,  unmittelbar  darauf  liegt 
der  weisse  obere  Alpenkalk  massig  und  so  wol  charakterisirt 
wie  irgendwo.  Es  findet  kein  Uebergang  des  einen  in  das 
andere  Gestein  statt,  doch  kann  man  Handstiicke  schlagen,  deren 
obere  Hflifte  weiss,  deren  untere  schwarz  ist,  so  dass  man  zu- 
gleich zwei  Glieder  der  Trias  beisammen  hat.  Die  Partnach- 
schichten fehlen  also.  Der  weisse  Kalk  bleibt  alsbald  aus, 
hundert  Schritte  östlich  hat  man  keine  Spur  mehr  davon. 

Die  dunkeln  Kalke,  Breccien  und  Dolomite  streichen  am 
Gehänge  ober  Hühlau,  wo  sie  von  Tertiärconglomerat,  Diluvial- 
schotter und  stellenweise  von  TuiT  überlagert  sind,  zur  Müh- 
lauerklamm.  In  den  Kalken  und  Dolomiten  sind  Versteinerungen 
ausserordentlich  selten,  ein  unbestimmbares  Korallenstückchen 
von  Büchsenhausen  und  ein  solches  von  Hühlau  verdient  kaum 
Erwähnung. 

Die  Hühlauerklamm  lässt  alle  die  oben  beschriebenen  Ge- 
steinsvarietäten ganz  gut  erkennen.  Die  Schilderung,  welche 
ich  in  den  „Beiträgen  zur  Geognosie  Tirols  1859  S.  i50— 152<' 
gegeben,  habe  ich  nachträglich  weni'g  beizusetzen,  obwol  ich 
die  Schlucht  im  letzten  Sommer  mehrmals  durchforschte.  Der 
Leser  wird  von  selbst  begreifen,  dass  ich  die  erwähnten  grauen 
Dolomite  und  Kalke  vorläufig  nicht  mehr  beim  oberen  Alpen- 
kalke unterbringe,  ebenso  ist  der  Dolomit  im  Steinbruche  zu 
Arzel  kein  Hitteldolomit ;  die  demselben  südlich  vorliegende 
Rauchwacke  gehört  bereits  zur  unteren  THas,  auf  sie  dürfte 
unmittelbar  bunter  Sandstein  folgen ,  der  vielleicht  unter  dem 
Gerolle  des  Diluvium,  welches  das  Innthal  verebnete,  weit  fort- 
setzt —  bis  zu  den  Thonglimmerschiefern  der  Berge  von  Amras 
und  IViltau. 


-  »  - 

Wir  gebeD  hier  nun  die  Aufelnaaderfolge  der  Gesteine  von 
Süden  nach  Norden  mit  einigen  nachträgiichen  Ergfinxongen^ 
wie  sie  die  erneute  Untersachung  nOthig  macht. 

1.  Tertiärconglomerat. 

2.  Grauer  weissaderiger  massiger  dolomitischer  Kalk. 

3«  Ein  Zug  Schieferthone ,  aus  denen  sich  glimmerreiche 
Sandsteine  entwickehi. 

4.  Dolomitiscfae  Breccie. 

5.  Schieferthone. 

6.  Dunkelgrauer,  kieseliger,  splitteriger,  fast  massiger  Do- 
lomit. 

7.  Schieferthone  mit  mächtigen  Lagen  von  grauen  an  der 
Oberflilche  gelben  Mergeln. 

8.  Wie  6. 

9.  Wie  7.  Die  Hergel  enthalten  zahllose  Petrefakten,  dar- 
unter in  Menge  Östren  montis  caprilis,  seltener  Penta- 
crinus  propinquus. 

10.  Dolomitische  Breccie,  stellenweise  rauchwackenarlig. 

11.  Schieferthone  und  Sandsteine,  in  letzteren  undeutliche 
Pflanzenreste,  Cardita  crenata  und  Hyophoria  Kefersteini 

12.  Dolomitische  Breccie. 

13.  Wie  11 ,  doch  weniger  entwickelt  ohne  Petrefakten. 

14.  Dolomitische  Breccie. 

15.  Wolgeschichteter  dolomitischer  schwarzer  Kalk,  die  Plat- 
ten klingen  unter  dem  Hammer  (Beiträge  S.  151),  auch 
Zwischenlagen  von  Schieferthonen  fehlen  nicht. 

16.  Grauer  geschichteter  Kalk,  mit  unebener  Oberfläche  der 
Schichten  nud  Hornsteinknauem;  es  ist  Virgloriakalk. 

Die  der  normalen  Entwicklung  gemäss  nun  folgenden  Ge- 
steine der  unteren  Trias :  Alpenkalk  und  Rauchwacke  sind  durch 
das  Tertiärconglomerat  verdeckt.  Ober  dem  Plateau  bemerkt 
man  zunächst: 

17.  Bunten  Sandstein. 

18.  Rauchwacke  etwa  20^ 


-   9t    - 

19.  Umeren  AIperiuA  4ff. 

20.  Wabtige  Kalke. 

21.  Graae  weisnderige  Kalke« 

22.  Dolomit,  wolgeschichtet. 

23.  Oberen  Alpeokalk. 

Beginnt  dieser  ober  Hötting  bei  einer  Hohe  von  6000^,  so 
senkt  er  sich  hier  bis  4000'. 

Bezüglich  dieses  Umstandes  hat  man  längst  schon  die 
Bemerkung  gemacht,  dass  man  in  allen  Schichtengruppen  der 
Alpen  die  in  nftchster  Nachbarschaft  noch  krflftig  entwickelten 
Hassen  plötzlich  zu  unansehnlichen,  Ja  schwachen  Schichten 
herabsinken  sieht. 

Begeben  wir  uns  auf  die  Terrasse  an  der  Ostseite  der 
Mflhlauerklamm,  und  steigen  wir  beim  Rechenhof  bergan.  Hier 
steht  ober  dem  Tertiärconglomerat  zuerst  an 

1.  Bunter  Sandstein.  (Beitrage  zur  Geognosie  Tirols  1859 
S.  143  unten.)  Er  streicht  h  6—7  und  Mit  70^80  N. 

2.  Rauchwacke,  sehr  wenig  entwickelt. 

3.  Unterer  Alpenkalk. 

4.  Schieferthone  und  Hergel,  auf  frischem  Bruch«  grau,  an 
der  Oberfläche  gelb  anwittemd  mit  gelben  Thongallen. 

5.  Graue  weissaderige  Kalke. 

6.  Schieferthone,  Mergel  mit  Petrefaktenspuren,  Sandsteine 
mit  undeutlichen  Pflanzenresten,  ähnlich  den  Cardita- 
schichten. 

7.  Wie  5,  etwa  10'  mächtig. 

8.  Wie  6.  Von  den  Petrefakten  Hessen  sieh  leicht  be- 
stimmen Corbis  Hellingi  und  Östren  montis  caprilis. 

9.  Wie  5  und  7,  theils  wolgeschichtet,  theils  in  Bänken. 
iO.  Dolomit,  sehr  zerklüftet,  ähnlich  dem  Hitteldolomit. 

11.  Oberer  Alpenkalk,    den  Grat   des  Joches  zusammen- 
setzend. 
Stieben  wir  ein  Profil  von  Rum  über  die  Vintialm  auf  das 
Joch,  so  durchschneidet  dieses  nicht  bloss  den  bereits  unter  die 
DiluYialterrasse  getauchten  bunten  Sandstein   nehst  der  zuge- 


-  »  — 

hörigen  Raochwackcy  wie  er  yom  Reeheokof  herüber  streicht, 
sondern  trifft  auch  von  dem  Netzwerk  der  Aufbmehsspalten 
eine  höher  liegende,  welche  zun  Salzberg  hinzieht.  Wir  haben 
von  Süden  nach  Norden  : 

1.  Bunter  Sandstein. 

2.  Rauchwacke;  diese  beiden  vom  Dilnvium  verdeckt. 

3.  Unterer  Älpenkalk. 

4.  Graue  welssaderige  Kalke  im  Wechsel  mit  Schieferthonen, 
Mergeln  etc. 

5.  Dolomit,  Ähnlich  dem  Hitteldolomite,  stellenweise  mit 
breccienartiger  Rauchwacke. 

6.  Oberer  Alpenkalk  von  verhältnissmSssIger  Mächtigkeit. 
Das  Gestein  ist  massig,  gegen  die  höhere  —  respective 
untere  —  Gränze  von  Nestern  einer  lichtgelben  Rauchwacke 
durchschwärmt.  Ein  solches  untergeordnetes  Auftreten 
von  Rauchwacke  habe  ich  ausserdem  in  zweifellosem 
oberen  Alpenkalk  nur  noch  am  Stanerjoch  beobachtet. 

7.  Rauchwacke  breccienartig  unmittelbar  an  den  weissen 
Kalk  stossend.  Rauchwacke  an  der  Grfinze  des  oberen 
Alpenkalkes  habe  ich  auch  sonst  mehrfach  beobachtet. 

8.  Wolgeschichteter  schwärzlicher  Dolomit  mit  Zwischen- 
lagen  von  Schief^thonen  und  schwarzen  oft  kieselreichen 
Mergeln.  Die  Müchtigkeit  verhältnissmässig  sehr  gering. 
Umfasst  wol  den  unteren  und  mittleren  Alpenkalk  zu- 
sammen. 

9.  Rauchwacke,  grossluckig  breccienartig. 

10.  Bunter  Sandstein,  theils  mehr  schieferig^  theils  fest.  Die 
rothen  Flecken  sind  bei  der  Vintlalm  weithin  ins  Thal 
sichtbar. 

11.  Rauchwacke. 

12.  Unterer  Alpenkaik.  Das  Profil  ist  nun  eine  Ideine  Strecke 
durch  Schotter  verhfillt,  er  verbirgt  wol  nur  die  Vir- 
gloriakalke und  darüber  die  weissaderigen  Kalke  und 
Sehieferthone,  etwas  höber  findet  man  zunfichst: 


-    33    — 

13.  Graue,  weissiaderige  Kalke,  deren  Schichtang  nach  oben 
inmer  deatiteher  und  schdiier  wird.  Gegen  den  oberen 
Alpenkalk  sind  die  Schichten  dünn  —  die  bekannten 
wulstigen  Kalke.  Diese  schliessen,  in  A  d  streichend, 
unter  62  NW.  fallend  unmittelbar  an  den 

14.  Oberen  Alpenkalk,  der  den  Grat  des  Rumerjoches  bildet. 

Das  Profil  weiter  östlich  bei  Garzan  beginnt  mit  bräun- 
lichem Dolomit,  dann  kommen  die  grauen  Kalke,  wechselnd 
mit  Schieferthonen,  denen  grünlichgraue  Sandsteine  mit  Spuren 
von  Pflanzenresten,  kleinen  linsengrossen  Knötchen  an  den 
Schichtflächen  und  Knauer  von  Eisenkies  so  wie  Mergel  ein- 
gelagert sind.  Die  Sandsteine  haben  schwärzliche  Adern^  schlägt 
man  sie  durch,  so  sind  die  Bruchflächen  bisweilen  stahlblau 
angelaufen.  Von  Petrefakten  enthalten  sie  Steinkerne  von  Myo- 
phoria  Kefersteint,  der  von  spätigem  Kalk  erfüllte  Stiel  eines  En- 
crinus  oder  Pentacrinus  gestattete  keine  nähere  Bestimmung, 
das  Bruchstück  eines  Ammoniten  dürfte  vielleicht  auf  Aon  zu 
deuten  sein,  ein  Gasteropode  auf  eine  Chemnizia.  In  den 
Mergeln  fond  sich  nebst  undeutlichen  Muschelresten  ein 
Schneckchen. 

Aus  den  Pflanzenspuren  lässt  sich  durchaus  kein  Schluss  weder 
auf  eine  Gattung  noch  Art  ziehen,  es  sind  zerrissene  Trümmchen. 
Doch  erwähneich,  dass  die  eigentlichen  Cardilaschichten  bei 
Lafatsch  und  Tiefenkaslen  ähnliche  Splitter  einschliessen.  Mer- 
gel^ Sandsteine,  Scbieferthone  und  graue  weissaderige  Kalke 
sind  im  steten  Wechsel  hier  mächtig  entwickelt.  Dann  folgt 
der  bekannte  Dolomit  und  hier  —  es  Ist  der  einzige  Punkt  un- 
seres Gebietes  —  könnte  man  vielleicht  in  den  obersten  dünnen, 
wbl  entwickelten,  etwas  mergeligen  Schichten  des  bräunlichen 
Gesteines,  in  welchem  ich  einen  deutlichen  Huscheldurchschnitt 
nnd  an  einer  Stelle  eine  klelnoolithische  Struktur  entdeckte,  die 
eigentlichen  Partnachschichten  vermuthen,  weil  unmittelbar  darauf 
der  wenig  mächtige  obere  Alpenkalk  des  Steinköpfeis  westlich 
der  Thaureralm  mit  den  Gliedern  der  tieferen  Trias  folgt. 

3 


—    8«    - 

BMoaden  lehrreich  ist  das  ProBJ  durch  die  Thaarerklanm. 
Prof.  IV.    Hier  i«t  von  der  Trias  wieder  ei«  Glied  Meht  anter 
dem  DOuviuM  gebettet.    Dieses  birgt: 
i.  BoBten  Sandstein. 

2.  Rauchwacke, 

3.  Unteren  Alpenkalk. 

Zuerst  tauchen  daraus  empor  die  prachtvoll  entwickel- 
ten, schon  erwähnten 

4.  Virgloriakalke, 

5.  Schieferthone,  dazwischen  Mergellagen. 

6.  Grauer  weissaderlger  Kalk,  mehr  massig. 

7.  Schieferthone. 

8.  Zerwtirgter  grauer  Dolomit,  ebenso  wie 

9.  Breccienartige  Ranchwacke,  nur  wenige  Fuss  mfichtig. 
400—50(y  Ostlich  ist  die  Ranchwacke  weit  mehr  ent- 
wickelt, gegen  Westen  bleibt  sie  aus. 

10.  Schieferthon. 

11.  Wie  6. 

12  Schieferthon  mit  Sandstein  und  Hergel;  letztere  enthalten 
zahlreiche  Petrefaktenreste,  darunter  Ostrea  montis  ca- 
prilis  gut  bestimmbar. 

13.  Wie  6.    Mächtig  entwickelt. 

14.  Dolomit. 

15.  Wie  6. 

16.  Schieferthone  und  Mergel  h  T--8,  steil  .S. 

17.  Grauer  Kalk  mit  KieselknoUeo,  äMich  den  Virgloria- 
schichten. 

18.  Mergd  und  Sohiefertkone. 

19.  Dotomit,  ähnlich  den  Hitteldolomtt,  allmfilig  flbergehend 
in  dolomitisehen 

20.  Dankelgraaen  weissaderigen  Kalk. 

21 .  Oberer  Alpenkalk  30  und  21  sind  stellenweise  durch  eine 
KluftOiehe  ohne  irgend  ein  dazwischen  lageindes  Gesleia 
von  mergeliger  oder  sandiger  Beschaffenheit  getrenat; 
btsweiten  greifen  20  nnd  21  an  der  Grinie  mit  Zacke« 


—    36    — 

ineinander,  selbst  Flocken  von  20  sieiit  man  hier  noch 
Mn  2l.  Von  Partnachschichten  ist,  wie  ich  mich  gründ- 
lichst überzeugen  konnte,  indem  ich  die  Gränze  ein  gutes 
Stfick  an  der  entblOssten  Felsenwand  verfolgte,  keine 
Spur. 

22.  Mitteidolomit. 

23.  Oberer  Alpenkalk,  ein  wenig  mächtiger  Streifen  mit  einem 
steilen  Abstürze,  ober  dem  die  Tbaureralm  liegt.  Er 
zieht  von  Salzberg  herüber.  Man  frflgt  hier  nach  den 
Carditaschichten^  welche,  da  wir  eine  Mulde  haben,  den 
Ißtteldolomit  oben  und  unten  einsflumen  sollten.  Sie 
sind  hier  nicht  vorhanden,  indem  sie  von  Osten  nach 
Westen  streichend  und  allmälig  sich  verschmälernd  kaum 
200  Schritte  von  unserem  Profil  östlich  auskeilen.  Ich 
habe  sie  etwas  weiter  östlich  noch  gut  entwickelt  unter 
dem  Mitteidolomit  angetroffen,  wenn  sie  auch  wenig 
mUchtig  waren.  Die  grauen  an  der  Oberflüche  gelben 
unebenen  Mergel  enthielten  Östren  montis  caprilis,  we- 
niger, deutlich  andere  charakteristische  Petrefaktenreste. 
z.  B.  Avicula.  Der  obere  Alpenkalk  hat  hier  etwa  die 
Müehtigkeit  von  30'.  Auch  an  der  der  Lage  nach  obe- 
ren Gränze  des  Mitteldolomites,  respektive  aber  der  unteren^ 
trifft  man  in  Sandsteinen  und  Mergeln  von  sehr  geringer 
Mächtigkeit  die  letzten  Spuren  der  auskeilenden  Cardita- 
schichten. Vom  Mitteldolomite  an  beginnt  ein  nördliches 
Fallen.    Dem  Kalke  23  folgt 

24.  Grauer  weissaderiger  Kalk. 

25.  Unterer  Alpenkalk. 

26.  Rauchwacke.  Die  Entwicklung  von  24,  25,  26  ist  hier 
sehr  gering,  sie  beträgt  für  jedes  Glied  nur  wenige  Fuss. 
Auch 

27.  Der  bunte  Sandstein  ist  auf  ein  schmales  Band  znsam- 
mengedrtfngt.  Aufwärts  sind  wieder  die  Glieder  des 
Profiles  mächtiger  entwickelt. 

28.  Raachwacke. 

3* 


—    36    — 

29.  Unterer  Alpenkalk. 

30.  Virgloriakalk. 

31.  Grauer  weissaderiger  Kalk,  Dolomit,  stellenweise  Rauch- 
wacke  etc. 

32.  Wulstige  Kalke,  dünngeschichtet. 

33.  Oberer  Alpenkalk,  den  Kamm  des  Joches  bildend. 

Das  ProGl  weiter  westlich  von  der  Kinzacher  Mühle  über 
den  Yorberg  und  die  Scharte  des  Thürijöchels  zum  Salzberg 
zeigt  ähnliche  Verhältnisse.  Hier  sind  Jedoch  auch  die  Vir- 
gloriakalke schon  untergetaucht,  weiter  östlich  beim  Eingange 
in  das  Hallthal  erhebt  sich  zu  unterst  nur  noch  der  obere  Al- 
penkalk, über  der  Terrasse  von  Gnadenwald  der  Hitteldoloroit. 
Das  Streichen  der  Schichten  schneidet  also  das  Streichen  des 
Gebirges  unter  einen  spitzen  Winkel. 

Wir  haben  also  in  unserem  Profile  von  unten  nach  oben 

1.  Die  Gesteinsvarietflten  des  mittleren  Alpenkalkes,   wobei 
der  Dolomit  besonders  hervortritt. 

2.  Oberer  Alpenkalk,  etwa  30'  mächtig. 

3.  Carditaschichten  15'. 

4.  Mitteidolomit,   von  unten  nach  oben  immer  steiler  Nord 
fallend. 

5.  Spuren  der  Carditaschiehten. 

6.  Oberer  Alpenkalk  etwa  18'. 

7.  Wulstige  Kalke  15'. 
b.  Rauchwacke  30'. 

9.  Unterer  Alpenkalk  18'. 

10.  Rauchwacke  3'. 

11.  Bunter  Sandstein  10'. 

12.  Rauchwacke  2'. 

13.  Unterer  Alpenkaik. 

Die  Glieder  5—13  keilen  an  dem  gegen  die  Schlucht  des 
Salzberges  gerichteten  Abstürze  scharf  aus,  weiter  östlich  steigt 
der  Salzstock  empor  und  scheint  hier  unmittelbar  an  die  senk- 
rechten Schichten  des  Mitteldolomites  gepresst.    Das  Profil  geht 


^    37    — 

nördlich  von  Thürljoch  an  den  östlichen  Abstun  in  der  Art 
weiter,  wie  sie  das  vorige  Profil  zeigt. 

Bezüglich  der  Verhältnisse  in  dieser  Lokalität  verweise  ich 
auf  die  ^^Beitrtfge  zur  Geognosie  Tirols  1859  S.  170.tf 

Was  das  Profil  XI.  ^Beiträge  zur  Geognosie  Tirols  1859 
S.  175<^  über  das  Issjöchl  anbelangt,  so  habe  ich  es  neuerdings 
untersucht,  ohne  dass  ich  mich  veranlasst  finden  könnte,  der 
Beschreibung  viel  beizusetzen  oder  etwas  zu  ändern.  Ob  die 
zunächst  im  Profil  XI.  B.  S.  175  auf  den  gelblichweissen  Kalk 
folgenden  Schichten,  obgleich  sie  petrographisch  ein  sehr 
schönes  Bild  der  Carditaschichten  geben  könnten,  wirklich  zu 
diesen  gehören,  lasse  ich  unentschieden.  Sie  enthalten  neben 
Cardita  crenata  die  S.  160  in  den  ^^Beiträgen^  erwähnten 
Ammoniten.  Ein  merkwürdiges  Bild  gewährt  die  untere  Fläche 
einer  Schicht  sehr  glimmerreichen  Sandsteinschiefers.  Sie  ist 
ganz  bedeckt  von  einem  Hautrelief  fingerdicker  gerader 
Wülste,  von  denen  andere  unter  einem  spitzigen  Winkel 
abzweigen.  Bestimmung  ist  keine  möglich,  wahrscheinlich  "sind 
es  Spongien. 

Uehrigens  kommen  die  eigentlichen  Carditaschichten^  den 
Hitteldolomit  schlingenfttrmig  umfassend  und  vom  oberen  Alpen- 
kalk trennend,  am  Issjöchl  vor,  wie  es  die  Karte  zu  den  „Bei- 
trägen von  1859^<  angibt.  Wie  überall  sind  auch  hier  die  Ver- 
hältnisse der  Gesteine  sehr  verworren. 

Es  könnten  daher  auch  die  Untersuchungen  am  Staner- 
und  Sonnjoche  nur  wenig  zur  Sicherung  der  gewonnenen  Thal- 
sachen beitragen,  wenn  wir  für  diese  bereits  die  Grundlagen 
nicht  gelegt  hätten,  lieber  den  Salzstock  auf  der  Walderalm, 
die  vereinzeinte  Parthie  des  unteren  Alpenkalkes  im  Vomper- 
k>che,  wo  ebenfalls  keine  Partnachschichten  sind,  über  die  Ver- 
hältnisse des  Stallenthales  haben  wir  bereits,  so  weit  es  nöthig, 
gesprochen.  Das  Profil  parallel  dem  Grate  des  Staneijoches 
durchschneidet  die  Falte  am  Saakopfe,  in  welche  steh  der 
bunte  Sandstein  legt.    Prof.  VI. 


—    38    - 

Wir   erkalten   von   SQdosteo    naeh   Nordwesleo    folgeade 
Reihe : 

1.  Oberer  Alpenkalk. 

2.  Wulstige  Kalke. 

3.  Unterer  Alpenkalk. 

4.  Rauchwacke. 

5.  Bunter  Sandstein. 

6.  Rauchwacke. 

7.  Unterer  Alpenkalk. 

8.  Wulstige  Kalke,  sehr  schön  entwickelt. 

9.  Oberer  Alpenkalk. 

10.  Wulstige  Kalke. 

11.  Graue  weissaderige  Kalke  wechselnd  mit  Schieferthoneo, 
Sandsteinen  mit  Petrefaktenresten,  darunter  Ostrea  montis 
caprilis  etc. 

12.  Dolomit  in  zwei  kleinen  wilden  Kuppen  emporragend. 

13.  Rauchwacke.  Sie  grünst,  was  besonders  am  Abstan 
vom  Kaiserjoch  gegen  den  Hirschsteig  sehr  gnt  an  be* 
obachten  ist,  unmittelbar  an  den 

14.  Oberen  Alpenkalk,  weicher  das  Kaiserjoch  zusammeasetit. 
Das  schöne  ProBi  vom  Tristenkopf,  wo  das  Haselgebk^ 

die  Basis  bildet^  haben  wir  bereits  besprochen.    Weiler  sadlich 
im  Sattel  des  Hirschsteigel  sind  die  Verhältnisse  schon  wieder 
unklar  und  verworren.    Dort  bricht  das  Saligebirge  auf  den 
Sattel  hervor.    Von  unten  nach  oben  zeigt  sich  Folgendes: 
1.  Dolomitische  Breccie,  idinlioh  wie  bei  Weikerburg  and 

am  Inn  S.  29. 
2«  Granblaue,  an  der  Oberflfiche  gelbliche  Mergel,  mit 
Knötchen  von  Graueisenkies  und  zahlreichen  Petrefakten, 
darunter  Ostrea  montis  caprilis  «nd  das  Zihnchen  eines 
Sauriers.  Der  Mergel  enthalt  auch  elliptische  Knauer 
und  Conoretionen  von  reinerem  Kalke.  Auch  Ooiitii 
findet  sieh.  Die  Schichten  sind  tot  söhlig. 
3.  Graue  weissaderige  Kalke. 


-    8»    — 

4.  Rauch wacke^  breccienaillg,  ^araua  hrieiH  alelien weise 
hervor: 

5.  Salsihon  S.  7. 

6.  Rauchwacke. 

7.  Wie  3. 

8.  Wie  2  YOB  den  Felreinkten  beaoi4ers  achttn  Ceitis 
Meilngi.    Streiebeii  A  4.     Falleo  NW. 

9.  Dalomitbreccie. 

10«  Wie  3*    Stelleaweiae  Rauchwacke. 

li.  Oberer  Alpeokalk. 
Daa  Profil  von  Stana  Über  dea  Weisaenbach  aum  Achenaee 
Prof.  VII  seigt  wenig  Neiiea.  Vom  oberen  Alpeokalk  beginnend 
zeigt  es  in  der  Schlucht  den  unteren  Alpenkalk  und  veradhiedene 
GeateiiiavarielitteDi  die  wir  zum  mittlerei  zidileo.  Die  Gränze 
gegen  den  Alpenkalk  bildet  beideraeiu  entweder  Rauchwacke 
oder  unmittelbar  grauer  weissaderiger  Kalk*  Schieferlhone  und 
Sandsteine  kommen  auch  hier  vor.  Jenseits  wwm  Btfrenkopf 
trifft  «an  auch  die  bereits  mehrfach  erwAnten  Dotomite. 

Das  Profil   des  Sonoeiyoches  van  BMsaohertbal  bis  zur 
Lampsen  ist  folgendes  Prof.  VIII: 

1.  Mitteldolomit  h  9—9  SW. 

2.  NeMom. 

3.  Jura. 

4.  Fleckenmergel. 

5.  Adnetherkalk. 

6.  Gervilliaschichten. 

7.  Mitteldolomit.    Hier  erfolgte  eine  Uebecaohiebung, 

8.  Knollenkalk  mit  Encrinus  liliiformis  und  wulstige  Kalke. 

9.  Oberer  Alpenkalk,  beim  Schneekopf  fallen  die  Schichten 
nach  SW.,  bei  der  Lachwaldspitza  Nordost.  I»  Sattel 
zwiacken  der  Lachwddspitie  und  dem  Senijoch  liegt: 

10.  DIlBflgescIiiehteter  Kalk,  mm  Thefl  wulstif  und  mit 
Knollen. 

11.  Dolamit. 

12.  Uakaer  Alpenkalk. 


—    40    — 

13.  Rauofawacke  und  Schieferthon. 

14.  Salzthon. 

15.  Wie  13. 

16.  Wie  12. 

17.  Wie  11. 

18.  Wie  10.  Die  Schichten  streichen  in  h  9,  fallen  SO  NO. 
Verfolgt  man  sie  vom  Falzthumthal  bis  zur  Scharte,  so 
beobachtet  man  unten  an  der  Gränze  gegen  den  oberen 
Alpenkalk  Rauchwacke,  weiter  oben  die  Kalke  Nr.  10; 
überhaupt  kann  man  hier  mehrfach  ein  untergeordnetes 
Vorkommen  von  Rauchwacke  beobachten  und  sich  tiber- 
zeugen, dass  sie  hier  nur  eine  stellenweise  locale  Bil- 
dung sei. 

19.  Oberer  Alpenkalk,  die  prachtvolle  Pyramide  des  Sonn- 
Joches  zusammensetzend. 

20.  Wulstige  Kalke; 

21.  Schieferthon  und  Hergel. 

22.  Rauchwacke  und  unterer  Alpenkalk.  Hier  ist  wahr- 
scheinlich wieder  eine  Verwerfung. 

23.  Mitteldolomit. 

24.  Gervilliaschfchten. 

Greifen  wir  noch  über  unser  Gebiet  hinaus  und  werfen 
einen  Blick  auf  das  Kaisergebirge,  welches  einen  ganz  nor- 
malen Aufbau  besitzt.  Dort  zeigt  der  Einschnitt  nOrdlich  von 
Süden  nach  Norden  folgendes  Profil: 

1.  Bunter  Sandstein. 

2.  Rauchwacke. 

3.  Unterer  Alpenkalk. 

4.  Graue  weissaderige  Kalke. 

5.  Schieferthon,  deren  Eisenkies  einen  fruchtlosen  Schttrf- 
versueh  veranlasste.  Den  Schieferthonen  sind  eingelagert 
Oolithe,  Sandsleine,  Mergel  sehr  petrefaktenreich,  ohne 
dass  sich  jedoch  ein  bestimmbares  Stück  gezeigt  hStte. 
Es  ist  das  Bild  der  flehten  Carditaschichleo^  obgleich 
wir  es  hier  mit  diesen  nicht  su  thuii  haben. 


-    41    — 

6  Graue  weissaderige  Kalke. 

7.  Dolomit^  Ähnlich  dem  MiUeldolomit,  kunklüflig. 

8«  Rauchwacke. 

9.  Dolomüisehe  Breccie. 

10.  Dolomit,  allmählich  abergehend  in 

11.  Dolomitisehen  weissaderigen  Kalk. 
i2.  Grauer  weissaderlger  Kalk. 

13.  Dimkelgrauer  wulstiger  Kalk.  Auf  diesem,  der  ziemlich 
hoch  an  den  Wänden  emporreicht,  folgt  ohne  eine  an- 
dere Gesteinsart  unmittelbar 

14.  Oberer  Alpenkalk,  welcher  den  wildzerrissenen  Gebirgs- 
kamm  des  Kaisers  zusammensetzt.  Auf  der  Seite  von 
Knfsteln  ziehen  unter  den  Wänden  hin 

15.  Carditaschichten.  Diesen  lagert  in  breiter  Ausdehnung 
bis  zum  Inn  vor 

16.  Mitteidolomit. 

Die  Partnachschichten  kommen  auch  hier  nicht  vor;  weiter 
westlich  6nden  sie  sich  nach  der  Angabe  Richthofens  ober  der 
Kaiseralm  bei  Ellmau. 

Zu  welchem  Schlüsse  berechtigen  uns  nun  diese  Profile? 

Wie  schon  erwähnt,  lassen  wir  die  Streitfrage  bezüglich  der 
Stellung  der  eigentlichen  Virgloriakalke  ausser  Acht.  Ober  den- 
selben, welche  Gümbel  als  oberen  Huschelkalk  betrachtet,  Richt- 
hofen  als  unterstes  Glied  des  Alpenkeupers,  befindet  sich  jedoch  ein 
stellenweise  mächtiger  Complex  verschiedener  Ge- 
steinsarten bis  zur  Gränze  des  oberen  Alpenkalkes' 
Wir  wissen,  dass  an  manchen  Orten  die  Partnachschichten,  durch 
ihre  Pflanzen  Versteinerungen  wol  charak(erisfrt,  den  Keuper  nach 
Gfimbels  Ansicht  unten  beginnen.  Alle  diese  Gesteine:  graue, 
weissaderige  Kalke,  Schieferthone,  Mergel,  Sandsteine,  Dolomite, 
Knollenkalke  als  gleichwerthig  den  Partnachschichten  zu  schätzen, 
hiesse  in  Bezug  auf  letztere  pars  pro  toto.  Wir  glauben  eher,  dass 
diese  ein  manchen  Gegenden  local  zukommendes  Glied  unseres 
Gesteincomplexes ,  als  dass  dieser  ein  Aequivalent  jener  sei. 
Wollte  man  unseren  Scbichtencomplex  noch  dem  oberen  Mu« 


—    42    — 

schelkalk  einreihen,  so  müsste  man  sagen,  dass  die  In  ihm 
vorkommenden  Species  noch  in  den  Muschelkalk  hmabreidien, 
respective  in  diesem  beginnen.  Immerhin!  Doch  scheint  es 
uns  angemessener,  den  ganzen  Complex,  der  vieU 
leicht  später  noch  Unterabtheilungen  erffihrl, 
als  eigentliches  Aequivalent  des  eigentlichen 
S.   Cassian   der   Südalpen   zu   betrachten. 

Ihm  gehören  vielleicht  die  Partnaehschichten  als  local  auf- 
tretendes oberstes  Glied  an.  Dann  wflrde  man  diesen  Complex 
als  erstes  Stockwerk  des  unteren  Alpenkeupers ,  den  oberen 
Alpenkalk  als  zweites  und  die  eigentlichen  Carditaschichten 
als  drittes  anzusehen  haben.  Sie  sind  durch  die  Petrefakten  auf 
das  engste  miteinander  verknüpft.  Die  Unterschiede  des  oberen 
Alpenkalkes  vom  Hangenden  und  Liegenden  sind  vorzüglich  her- 
beigeführt durch  die  verschiedene  Beschaffenheit  des  Wassers, 
welches  die  Niederschläge  lieferte  und  dadurch  die  Lebens- 
formen bedingte.  Dieses  scheint  die  ungemeine  Verschieden- 
heit des  Cresteines  anzudeuten:  dort  schneeweisse  Kalke,  hier 
schwarzgraue  Kalke,  Schieferlhon  und  Mergel. 

IV. 
Oberer  Alpenkalk. 

(HaUstätter  Kalk  der  österreichischen  Geognosten;   Wettersteinkalk, 
Unterer  Keuperkalk  und  Dolomit  Gömbels.) 

Bezüglich  desselben  wurde  bereits  mehreres  in  unseren 
Aufsatze  gesagt,  wir  haben  über  ikn  nichts  Neues  milcutheilea. 
sondern  nur  eine  tirfinzberichtigung  anzubringen.  In  Gflmbds 
Karte  als  Beilage  zu  seiner  „geognostf sehen  Beschreihnng  des 
bayrischen  Alpengebirges  und  seiner  Vorlande^  ist  die  südliche 
Grunze  des  oberen  Alpenkalkes  des  Unutz  in  Aehenthal  un- 
genau. Der  obere  Alpenkalk  erstreckt  sieh  südlich  der  Kothalm 
bis  znm  Schmatzklausenbach,  der  ihm  zur  Grünie  dient.  Be- 
sügtich  derStdlmig  der  Schwaserkalke,  welohe  ich  indes 


—    43    — 

„Beitrii|«i  tw  Creognosie  Tirols  1%9^  zwn  oberen  Alpsflkalk, 
und  dtnti  in  den  «BeiMgen  s«r  Geognosie  Tirols  1861^,  ge**- 
slfitst  oof  die  Profile  bei  Sehwax,  zu«  Thosglimmerschiefer 
Htdkt,  wfihrend  Gümbel  erstere  Ansicht  hat,  gelang  es  mir 
heuer  nichts  näheres  sn  ermitteln,  nur  schien  es  mir  bei  der 
Begehung  der  Wildschönau,  als  ob  an  der  Erzfahrung  mehrere 
Formationen  Theil  hätten,  deren  Gränze  wegen  der  erlittenen 
Metamorphose  nicht  leicht  zu  zeichnen  sind.  Der  Gegenstand 
ist  daher  noch  vorlänßg  eine  offene  Frage. 


V. 

Carditaschichten. 

(Raibler  Schichten,  österreichische  Geognosten.     Unterer  Moschel- 
keuper  der  Alpen,  Gümbel.) 

Wir  haben  über  dieselben  ausser  dem  bereits  gesagten 
nichts  Neues  beizubringen;  ihre  Bedeutung  isl  auf  unserem 
Gebiete  sehr  untergeordnet.  Dass  wir  früher  die  ^anz  ähn- 
lichen Schichten  mit  den  identischen  Petrefakten,  wie  sie  durch 
den  mittleren  Alpenkalk  ziehen,  hieher  rechneten,  ward  bereits 
erwähnt.  Im  Uebrigen  verweisen  wir  auf  die  „Beiträge  zur 
Geognosie  Tirols  1859  S.  155,«' 

VI. 
IGtteldolomit 

(Dachsteindolomit^  österreichische  Geologen.   Hauptdolomit,  Gümbel.) 

Das  Gestein  wird  von  den  österreichischen  Geologen  zum 
Lias  gerechnet;  nach  den  Arbeiten  von  Oppel  wird  diese  Stel- 
lung zweifelhaft;  GUmbel  rechnet  es  nicht  ohne  Grund  cnm 
Keuper.  Beknnal  sind  die  Stinkdoiomite  von  Seefeld;  ein 
ähnKcfaee  Gestein  findet  sich  ober  der  breiten  Lahn  am  West- 
ufer  des  Aehenmes.  Es  streicht  h  4—^,  fällt  49  NW.  und 
enthält  ehi  Flötz  braanen  Mergels  mit  dännen  Lagen  sekwaner 


—    44    - 

aaf  dem  Brach  glänzender  Kohle,  die  steh  an  der  Loft  aaf- 
bHiUerL  Ein  in  neuester  Zeit  antemommener  Ban  auf  Stera- 
fcohle  gab  keinen  Erfolg  (Beitrüge  zur  Geognosie  Tirols  1859 
S.  161.)  Die  dem  Hitteldolomit  ähnlichen  Dolomite  des  mitt- 
leren Alpenkalkes  wurden  in  dieser  Abhandlung  bereits  ausge- 
schieden. 


VII. 

Plattenkalke. 

(GQmbel.) 

Sie  stehen  östlich  von  Fiecht  in  grosser  Mächtigkeit  an, 
sind  wolgeschichtet,  streichen  in  k  7^  fallen  SO  S.  Ihr  petro- 
graphisches  Aussehen  gleicht  völlig  dem  der  grauen  weissade- 
rigen  Kalke  des  mittleren  Alpenkalkes,  sie  sind  jedoch  durch 
ihre  Stellung  zweifellos  charakterisirt.  Unmittelbar  darüber 
folgen  gegen  Westen  die 


VIII. 
Oervilliaschichten, 

(Kössenschichten  der  österreichischen  Geognosten.    Oberer 
Muschelkeuper,  Gümbel.) 

Die  Gervilliaschichten  oder  ^Schichten  der  Avicnla  con- 
torta^,  wie  sie  Winkler  in  seiner  Monographie  bezeichnet, 
streichen  ununterbrochen  von  S.  Magdalena  im  Haller  Salzberg 
zur  Walderalm  in  die  Vomperschlueht  und  von  da  am  Gehänge 
der  Fiechterberge  in  das  Stallenthal,  wo  sie  in  Folge  der  Ver- 
werfung und  Ueberschiebung  abbrechen,  jedoch  unweit  davon 
auf  der  Lampsen  wieder  sichtbar  werden.  Das  Profil  über  das 
Vomperloch  (Profil  V)  zeigt  einen  doppelten  Streifen,  was  eine 
Hnlde  voraussetzt.  Das  Gestein  ist  oft  genug  geschildeii. 
(Beiträge  zur  Geognosie  Tirols  1859  S.  162.)    An  Versteloe- 


—    45    — 

ruDgen  findet  sich  ober  Fiecht,  wo  die  Schichten  h  7  streichen 
und  70^80  N.  fallen,  nicht  selten  Avicula  contorta;  die 
dicken  Stielglieder  eines  Encrinas  gestatten  keine  Bestimmung, 
die  Fischschuppen  gehören  zu  Gyrolepis.  Im  Vomperthale, 
wo  man  ein  Streichen  in  h  4  bei  sehr  steilem  NW.  Fallen 
beobachtet,  fand  ich: 

Cardium  austriacum  Hauer. 

Ostrea  obliqua  Hünst. 

Spirigera  oxycolpos  Emm. 

Fischschuppen,  lu  Gyrolepis. 
Abgesondert  von  diesem  Vorkommen  ist  das  beim  letzten 
Schnee  im  Gerenthal  (JProL  VIII),  wo  die  Schichten  zum  Plum- 
seijoch  streichen.    Hier  fand  sich  Lima  praecursor  Qu. 


C. 
Ijiasi)     flura« 

I. 
unterer  Lias. 

(Adnether  Schichten,  österreichische  Geognosten.) 

Die  Gesteine,  welche  hieher  gehören,  kommen  in  geringer 
HSchtigkeit  beim  „letzten  Schnee«^  Im  Gerenthaie  und  ober 
Fiecht  vor.  Ich  stellte  sie  früher  mit  den  österreichischen 
Geognosten  zum  oberen  Lias.  (Beitrüge  zur  Geognosie  Tirols 
S.  165.) 

II. 
Oberer  Idas. 

Die  sogenannten  Fleckenmergel  sind  am  Fallbach,  im 
Vomperloch  und  bei  Fiecht  nur  wenig  entwickelt.  Hangan- 
schiefer (Gdmbel  geognostische  Beschreibung  des  bayrischen 
Alpengebifges  S.  437)  findet  man  hinter  der  Walderalm  gegen 
das  Vomperloch. 


IIL 
Oberer  Jonu 

Bezüglich  des  Vorkommens  am  Fallbach  und  der  Walder- 
alm verweisen  wir  auf  die  „Beiträge  zur  Geognosie  Tirols  1859 
S.  166.^  Sie  verfolgen  von  hier  aus  die  bereits  bei  den  Ger- 
villiaschichten  beschriebene  Richtung  zur  Lampsen.  Im  Yom- 
perloch  sieht  man  die  hieher  gehörigen  bunten  Ffornsleinsehiefer 
gut  entwickelt,  im  Stallenthal  die  bunten  Juraschichten.  Aehn- 
lich  ist  das  Vorkommen  am  letzten  Schnee. 

D. 
Die  Kreideformatloii« 

I. 
Neocom. 

Die  grauen  Hergel  desselben  tauchen  an  einer  kleinen 
Stelle  ober  Fiecht  auf,  wo  ich  einen  undeutlichen  flachen  Am- 
moniten  antraf;  beim  „letzten  Schnee^  bilden  sie  mit  grauen 
Kalken  eine  Kuppe,  ohne  irgend  etwas  eigenthflmliches  zu 
zeigen. 

II. 

OoBaogebilde. 

(Untere  Abtheilung  der  oberen  Kreideschichten,  den  Tnronien 
vergleichbar,  GQmbel.) 

Hieher  gehören  die  grauen  Sandsteine  beim  Kirchenjoch 
unweit   Eben.      Sie   enthalten   ziemlich   zahlreiche  Versteine- 
rungen, darunter  nach  Gtimbels  Bestimmung: 
Trigonia  scabra  B. 
Voluta  Brornii  Zk. 
Aatarte  acuta  R. 
Zahlreiehe  andere,  vieUeichl  zum  Thefl  neve,   nadkatlicle 
Arten.  — 


-  «f  - 


Tertlftrforniatlon. 

Hiocän. 

Wir  verweisen  becOglich  demelbeD  auf  die  ^Beiträge  sar 
Geognosie  Tirols  1850  S.  166^  und  erwähnen  hier  nur  noch, 
dass  wir  im  vorigen  Sommer  das  hieher  gehörige  Conglomeral 
bis  zu  einer  Höhe  von  ßOW  nördlich  von  Hötting  trafen. 


F. 
Diluvium* 

Bezüglich  desselben  verweisen  wir  gleichfalls  auf  die 
„Beiträge  zur  Geognosie  Tirols  1859  S.  169.^  Wir  tragen 
hier  nur  noch  einiges  nach.  In  der  aus  Diluvialschichten  be- 
stehenden Wand,  welche  steil  gegen  die  Kettenbrücke  von 
Hühlau  abstürzt,  bemerkt  man  zwei  Streifen  Diluvialtorf,  oder 
wenn  man  es  schon  so  nennen  will  Braunkohle.  Sie  sind 
durch  einen  Zwischenraum  von  IV2'  getrennt  und  keilen  gegen 
Westen  bald  aus.  Gegen  Osten  nehmen  sie  an  Mächtigkeit 
bedeutend  zu.  Während  bei  der  Kettenbrücke  jedes  Flötz 
höchstens  3  Zoll  mächtig  ist,  treten  sie  am  Badhaus,  wie 
man  sich  jüngst  beim  Graben  des  Grundes  überzeugte,  bereits 
in  einer  Dicke  von  mehreren  Schuhen  auf.  Der  Torf  ist  un- 
rein, sandig,  in  der  schwärzlich  braunen  Hasse  entdeckt  man 
Stengel  und  Blätter  eines  schilfHhnlichen  Gewächses.  Man  hat 
eine  grössere  Quantität  dieses  Torfes  zur  Benützung  ausgegraben, 
er  verbreitete  jedoch  beim  Brennen  einen  solchen  Gestank,  dass 
man  davon  abstand. 


-    48    ~ 

Zum  Schlüsse  greifen  wir  noch  ttber  unser  Gebiet  nach 
Süden.  In  den  Steinbrüchen  von  Amras,  wo  der  Thongllmmer^ 
schiefer  häufig  als  Baumateriale  gewonnen  wird,  fand  man  in 
demselben  grössere  Nester  Kupferkies.  Bei  den  Vorarbeiten 
für  die  Brennerbahn  entdeckte  man  am  Schlossberge  bei  Hatrei 
in  den  längst  bekannten  Serpentinen  Eisenoxydhydrat  und  Ma- 
lachit. Beides  kann  aus  der  Zersetzung  von  Kupferkies  ent- 
standen sein,  welcher  ursprünglich  im  Serpentin  oder  Ophi- 
calcit  eingesprengt  war. 


Was  die  Karten  betrifft,  welche  bisher  das  von  uns  be- 
handelte Gebiet  berührten,  so  bedürfen  sie  verschiedene  Abftn- 
derungen,  die  Strecke  vom  Voroperloch  bis  zum  Achensee  ist 
auf  gar  keiner  zu  brauchen.  Ich  hoffe,  heuer  das  Terrain  von 
der  Riss  bis  Karbendel  untersuchen  zu  können  und  werde  dann 
ein  Kärtchen  des  ganzen  Gebietes  nachtragen. 


I 


V .   !  ^- 


ZEITSCHRIFT 


FERDINANDEÜMS 

fflr 

Tirol  und  Vorarlberg. 


Herausgegeben 


dem  Verwaltimgs  -  Ausschusse  desselbeiL 


Dritte  Folge. 


Zwölftes    Heft. 


IVHSBBÜCK, 

Druck  der  WAGNEB'schen  Unirenitftts-Buchdniekexei. 

1865. 


I. 

Geschichtliche  Abthellong. 


!• 


J(^ 


Urkundliche  Geschichte  (Ict  Edlen  von 
Tauvers. 

Von 

P.  Jnstiniaii  Ladnnief*, 

Ehrenmitglied  des  Ferdinandeamg. 


Nördlich  von  Broneck  öffnet  sich  hinter  den  sanft  stei- 
genden Geiänden  von  Aufhofen  und  Gissbach  das  schöne  und 
weitgedehnte  Thal  Tauvers,  das  grösste  Seitenthal  des  Unter- 
pusterthales;  die  breite  Sohle  zieht  sich  mehr  als  2  Stunden 
lang  zwischen  steilen  Bergen  ganz  eben  fort,  und  theilt  sich 
dann  nach  Westen,  Osten  und  Norden  in  die  3  Seitenthftler: 
Mühlwald,  Rain  und  Ahm.  InSS/^  Stunden  Weges  von  Bruneck 
gelangt  man  in  das  Dorf  Tauvers,  den  Hauptort  des  ganzen 
Thaies,  welches  von  der  Ahmer -Ache  durchströmt  wird.  — 
Eine  halbe  Stunde  nördlich  hinter  diesem  Dorfe  am  linken 
Ufer  der  Ache  beherrscht  den  schmalen  Eingang  und  die  Clause 
gegen  das  Ahrnthal  eine  weltläufige  Burg,  ein  riesiges  Ge- 
bäude des  Mittelalters,  jetzt  sehr  in  Verfall,  emporragend  auf 
einem  jähen  in  malerischen  Parthien  sich  präsentirenden  Felsen^ 
hägel;  —  es  ist  Schloss  Tauvers.  —  Seine  starken  Ringmauem 
beugen  sich  in  verschiedenen  Winkeln  je  nach  dem  Bedürfnisse 
der  vortheilhaften  Vertheidigung  nicht  nur  um  das  Schloss, 
sondern  auch  längs  dem  östlichen  Abhänge  bis  in  die  alte 
Strasse  herab  und  schliessen  sich  der  gegenüber  stehenden 
steilen  Felsenwand  an«  Wo  dieser  Mauerfiflgel  quer  über  die 
Strasse  läuft,  war  er  von  einem  Thore  durchbrochen,  welches 
das  Ahrnthal  gegen  jeden  Eintritt  versperren  konnte.  —  Eine 
aufmerksame  Betrachtung  zeigt,  dass  dieses  Schloss  eine  der 
wohlberechnetesten  Burgen  des  Mittelalters  war,  stark  genug. 


-    6    — 

um  in  Verbindang  mit  den  dienstpSiditigen  Bargen  zweiten 
Ranges  das  ohnehin  von  Natur  aus  verschanzte  Thal  jedem 
kecken  Eindringlinge  xu  verscUiessen. 

Hier  nun  war  die  Wiege  und  der  stolze  Ansitz  der  mäch- 
tigen Herren  von  Tauvers,  welche  durch  wenigstens  zwei  volle 
Jahrhunderte  daselbst  hausten,  —  und  pach  ihrem  Erlöschen  der 
verschiedenen  Gerichtsherren,  welche  im  Verlaufe  der  Zeit  diese 
Herrschaft  tiberkamai.  —  Dia  Geschiebte  erztfilt  uns  nicht,  wer 
diess  Schloss  erbaut;  jedenMIs  reicht  es  tief  ins  Mittelalter 
hinab;  die  Edlen  von  Tauvers  hausten  daselbst  wenigstens  dnrcii 
volle  zwei  Jahrhunderte  bis  zu  ihrem  Erlöschen  im  Jahre  1336. 

Bevor  wir  Jedoch  die  genealogische  Geschichte  dieser  merk- 
würdigen Familie,  In  so  weit  die  noch  dem  Untergange  ent- 
gangenen Urkunden  Stoff  dazu  bieten,  zu  erörtern  beginnen, 
darfke  eine  Erwähnung  der  frühem  Verhältnisse  des  Thtles 
Tanvers  erwünscht  sein.  —  In  dem  Stift  brixnerischen  Saal- 
buehe  kömmt  unter  den  auf  300  sich  belaufenden  Schenkungen 
zur  Zeit  des  Bischofs  Altwin  von  Brixen,  —  regierte  von  1049 
bis  1091,  —  eine  für  unsere  Erörterung  besonders  merkwür- 
dige vor:  „Sit  notum,  quin  quidam  ingenuus,  Ratkis  nuneo- 
patiis^  dilectione  reverentiaque  Senioris  sui  Brixinensis  videlicel 
Praesulls  Altwini  Inductus  pro  se  pro  animabusqne  parenMin 
saorum  tale  pradium^  quäle  haereditario  Jure  (in)  pago  Tuveres, 
Gomitatu  Engilberti  Comitis,  (cum)  areis,  aediSciis,  agris,  sÜrU, 
paseuis,  pisoationibus,  venationibus  possedit,  super  altareS.S. 
Cassiani  et  Ingenuini  In  manus  praefati  Episcopi  saique  Adfo- 
oati  Gundacher  personati,  usn  sibi  tarnen  ad  vitam  retento,  tn- 
didit,  Testes  etc.  Actum  Brizlaae.    (Sinnacher  2.  B.  S.  627.) 

Vermöge  dieser  Urkunde  befand  sich  also  damals  Tuvots 
oder  Tauvers  als  Gau  In  der  Grafschaft  Pusterthal,  welche  bald 
darauf  dem  Stifte  Brixen  geschenkt  wurde,  damals  aber  noch 
durch  den  Grafen  Engelbert,  (Inhab^  der  Grafschaft  Libumia 
oder  Lurn,  und  Ahnherr  der  Grafen  von  Görz)  verwaltet  wurde.  — 
Dass  damals  Tauvers  keinen  anabhüngigen  Adel  hatte,  Ifisst  sieh 
so  siemllch  aus  vorliegender  Urkunde  abnehmen;  dass  es  auch 


bald  naehhin  bei  der  am  4.  September  1091  geacheheneo 
Schenkcmg  als  ein  Theil  der  Grafschaft  Pusterthal  sei  angesehen 
worden,  ist  sehr  wahrscheinlich. 

Bald  darauf  schenkt  der  edelgeborne  Hartnith  auf  den  Altar 
der  hhl.  Ingenuin  und  Cassian  dem  Bischöfe  Altwin  zu  Gefallen 
eine  Mahle  im  Bezirke  Tuvares  im  territorio  Tuvares),  welche 
bisher  ein  gewisser  Avusto  inne  gehabt.  Geschehen  zu  Brixen. 
(Sinnacher  2.  B«  S.  514.)  —  Indem  hier  von  einem  Bezirke 
Cterritoriuro)  Tanvers  Meldung  geschieht^  dürfte  man  daraus 
nicht  die  mnthmassliche  Folgerung  ziehen,  Tauvers  habe  um 
diese  Zeit  von  der  übrigen  Grafschaft  abgesondert  ein  eigenes 
Territorium  zu  bilden  angefangen;  —  oder  gar  dieser  edlge- 
bome  Hartnith  oder  obenerwähnter  Ingenuus  Ratkis  möchte  der 
Stammvater  der  Edlen  von  Tauvers  gewesen  sein?  —  obwohl 
wir  bekennen  müssen^  dass  diese  Namen  in  der  ganzen  Ge- 
schlechtsfolge dieser  Familie  nicht  mehr  wiederkehrep. 

Nur  wenige  Jahrzehende  gingen  noch  seit  den  obenerwähnten 
zwei  Schenkungen  vorüber,  und  wir  können  die  ersten  urkund- 
lich nachweisbaren  Stammhalter  der  Edlen  von  Tauvers  erwähnt 
Gnden.  —  Diess  alte  und  einst  mächtige  Dynasten -Geschlecht 
besass  gleich  Anfangs  die  Schlösser  Tauvers  und  Utenheim, 
später  auch  das  nachher  erbaute  Schloss  Neuhaus  sammt  den 
dazu  gehörigen  Gerichten  ursprünglich  als  freies  Eigenthumj 
später  als  freiwillig  genommenes  brixnerisches  Lehen.  —  Es 
hatte  selbes  auch  seit  seinem  urkundlichen  Auftauchen  in  der 
Geschichte  mehrere  eigene  edle  Dienstmannen  (milites,  Ritter), 
welche  ihm  unterthan  waren  und  beträchtliche  Lehen  von  ihnen 
empfingen;  wir  erinnern  bloss  an  die  schon  in  den  vom  Jahre 
1178—1196  in  Schenkungen  an  Kl.  Neustift  vorkommenden 
edlen  Herrn  von  Uttenheim»  an  die  von  St.  Martin,  Mäusaugeui 
u.  s.  w.  (vide  Sinnacher  3.  Bd.  S.  659  und  660.)  —  Diese 
erscheinen  vielfältig^  —  besonders  im  zwölften  Jahrhunderte  — 
ohne  specielen  Zunamen,  bloss  als  miles  oder  milites  de  Tu- 
vers,  die  man  aber  desshalb  doch  nicht  mit  den  eigentlichen 
Edlen  von  Tauvers  vermengen  darf,  sondern  in  die  Genealogie 


-    8    — 

der  von  Utenheim,  Lattacb,  Wirsnng,  Zant,  Kanmaten,  St« 
HaurizieD  u.  s.  w.  versetzen  muss.  —  Dieser  Umstand  jedoch 
zugleich  mit  dem,  dass  in  der  Stammreihe  der  Edlen  von  Tau- 
vers  einzig  nur  die  Taufnamen:  Hugo,  Ulrich  und  Heinrich  — 
erscheinen^  macht  ihre  Genealogie  etwas  unklar  und  es  hflit 
ziemlich  schwer,  chronologisch  ihre  Aufeinanderfolge  ganz  genau 
zu  erforschen  und  ausemander  zu  setzen,  besonders  zwischen 
Hugo  I.  und  Hugo  IL«,  so  wie  bei  Ulrich  I.  und  U.  und  bei 
Ulrich  ni.  und  lY. 

Der  Genealoge  Zibock  und  ihm  gifiubig  nachbetend  die 
beiden  Brandis,  Coronini  und  Gebhardi' sprechen  zwar  ganz 
zuversichtlich  ^-  jedoch  ohne  irgend  einen  urkundlichen  Nach- 
weis, —  von  Grafen  von  Tauvers;  allein  alle  bisher  auf  sie 
bezüglichen  aufgefundenen  Urkunden  sprechen  nur  von  „Edleo 
von  Tauvers".  —  Wohl  führte  Hugo  VI.  von  Tauvers,  — 
gleich  den  Grafen  damaliger  Zeit,  —  das  grosse  Reitersiegel,  — 
was  ihm  wohl  von  dem  röm.  Könige  Rudolph  von  Habsburg 
in  Anerkennung  seiner  Verdienste  gegönnt  worden  sein  mochte^  — 
allein  nie  in  den  uns  vorgekommenen  Originalurkunden  weder 
er  noch  irgend  einer  seiner  Gesippten  „GraP^  genannt  wird, 
oder  in  den  von  ihnen  ausgestellten  Briefen  sich  ,^Grafen"  zv 
nennen  sich  anmassten,  und  wenn  auch  mit  dem  grossen  Reiter- 
siegel, doch  nie  mit  rothem  Wachse  siegelten.  —  Ihr  Wappen 
war  ein  rother  Schild  mit  drei  silbernen  Querbalken  durchzogen, 
welche  mit  einer  Reihe  blauer  Rauten  belegt  waren;  jedoch 
war  in  Hinsicht  der  Rauten  keine  bestimmte  Ordnung,  da  in 
ihren  Insiegln  sich  deren  bald  mehr  bald  minder  finden.  Auf 
dem  Schilde  zeigt  sich  ein  Helm  und  auf  diesem  ein  rether 
^Hut  oder  Beutelstand,  auf  dem  sich  Pfauenfedern,  wie  ein  rad- 
förmig  ausgebreiteter  Pbuenschwanz  sich  erheben.  —  Durch 
Heirathen  verschwägert  mit  den  edelsten,  ja  gräBichen  Geschlech- 
tem der  damaligen  Zeit  zählten  die  Edeln  von  Tauvers  durch 
Geburt,  Verwandtschaft^  Besitzthum  und  EinBuss  zu  den  ersten 
Familien  unsers  Landes  im  Gebirge. 

Der  Ursprung  dieses  Geschlechtes  verliert  sich,  wie  fast 


—    9    — 

aller  edleii  Familien  Tirola,  Tor  der  Mitte  des  zwölften  Jahr- 
hunderts ganz  imDonkel  der  Vorzeit.  Hogo  I.  von  Tuvers 
oder  Touvers  (so  liest  man  in  alten  Urkonden)  tritt  als  der 
erste  orkandlich  erweisbare  Stammhalter  dieses  Geschlechtes 
hervor  in  der  ersten  Hftlfte  des  zwölften  Jahrhunderts  und  zwar, 
wie  es  scheint,  als  schon  ziemlich  bejahrter  Mann,  da  er  bereits 
einen  zeugnissfilhigen  Sohn  gleichen  Namens  hatte.  Als  im 
Jahre  1130  der  Erzbischof  Conrad  von  Salzburg  im  Kloster 
Thiersee  die  Regulär  -  Canoniker  einführte,  und  diesem  Stifte 
nebst  andern  Gtttem  einen  halben  Hof  im  Zillerthal  auf  dem 
Berge  über  Stumm  übergab,  wurden  als  Zeugen  dieser  Schenkung 
unterzeichnet :  Heinrich,  Herzog  von  Kflmthen,  Oudelrich  dessen 
Bruder,  Hugo  Sohn  des  Hugo  von  Tuveres.  (Hon.  boic.  2.  Bd. 
S.  297).  —  Im  Jahre  1140  schenkte  Regimbert^  Bischof  von 
Brixen,  den  von  ihm  zu  Wilten  neu  eingeführten  Cisterziensern 
die  Hofmarch  gleichen  Namens;  damit  diese  seine  Schenkung 
um  so  kräftiger  sein  möchte,  wurden  folgende  Zeugen  bei  den 
Ohren  herbeigezogen :  Arnold  Graf  und  Vogt  von  Horith,  Hugo 
und  sein  Sohn  Hugo  von  Tuvers,  Wilhelm  von  Utenheim,  Hein- 
rich ,  Lantfrid ,  Magens.  (Sinnacher  3.  Bd.  S.  225).  —  Ums 
Jahr  1142  fibergab  der  brixnerische  Stifts-Hinisterial  Udalschalk 
(von  Stilfes),  als  er  im  BegriiTe  war,  nach  Camposteil  zu  wall- 
fahrten, den  Chorherm  einen  halben  Hof  zu  Rucines  und  einen 
halben  Hof  zu  Vilanders ;  als  Zeugen  dabei  erschienen  von  den 
Bdelleuten:  Hugo  (von  Tuvers)  und  Willihalm  (von  Veltums) 
und  mehrere  Ministerialen.  (Sinnacher  8.  Bd.  S.  262). 

Am  3.  November  1144  bestätigte  Erzbischof  Conrad  von 
Salzburg  die  Besitzungen  und  Zehentrechte  des  Nonnenstiftes 
zur  hl  Erentrud  (Nonnberg)  zu  Salzburg,  ^lles,  was  selbes 
zur  Mädchen-Erziehung  besitzt  oder  besitzen  wird.  Als  Zeugen 
dabei  umstanden  ihn :  Heinrich,  Herzog  von  Kftmthen  und  dessen 
Bruder  Ulrich,  Hugo  von  Tuvers.  (Esterl  Chronik  von  Nonn- 
berg.  S.  204).  Ebenso  erscheint  Hugo  von  Tuvers  und  dessen 
Sohn  Hugo  nebst  vielen  Andern  als  Zeuge  bei  Ausfertigung  der 
Urkunde  über  die  Errichtung  und  Grftnzbestimmung  der  Pfarre 


—    10    — 

Ombras  im  Jahre  1145  (Sinnacher,  3.  B.  S.  360),  wdehe  Ur- 
kunde aber  in  ihrer  jelsigen  Gestalt  siemiich  verdächtig  ist.  — 
Wahrscheinlich  mag  unser  Hugo  I.  bald  darauf  gestorben  sein, 
da  von  nun  sein  Name  aus  den  Urkunden  verschwindet;  seine 
Gemahlin  wird  nirgends  genannt,  so  wie  wir  aus  Urkunden 
keinen  andern  Sohn  von  ihm,  als  den  bereits  genannten  Hugo  IL 
auffinden  können. 

1156  —  1164,  Hugo  IL  (von  Tuvers)  und  Willehalm 
(von  Veitums)  erscheinen  von  Seite  des  Bischofs  von  Brixen 
unter  den  Edelleuten  als  Zeugen  bei  einem  Tausche  zwischen 
dem  Bischöfe  Hartmann  von  Brixen  und  Bischof  Adalbert  von 
Trient.  (Sinnacher,  3.  B.  S.  306).  —  Am  27.  Jänner  1173 
übergaben  Ulrich  der  Erzpriester  von  Brixen  und  Engelram, 
Sohn  Cadolhochs  von  Sets  den  Chorherm  von  Fölling  durch 
die  Hand  des  Markgrafen  Bertold  von  Andechs  das  Gut  Schlatt; 
Zeugen  dessen  Hugo  der  Edle  von  Tauvers;  von  den  Ministe- 
rialen des  Markgrafen :  Ulrich  von  Rotenburg  u.  a.  m.  (Hon. 
boic.  19.  B.  S.  20).  —  Ein  Hugo  von  Tauvers,  —  wahr- 
scheinlich Hugo  IL,  zog  mit  Kaiser  Friedrich  Barbarossa  nach 
Italien,  denn  am  31.  Hai  1177  zu  Volana  im  Erzbisohthume 
Ravenna  gewährte  der  grosse  Barbarossa  dem  bairischen  Kloster 
Biburg  eine  ausführliche  Bestätigung  der  ihm  gemachten  Sehen* 
kungen^  der  Befreiung  von  jeder  Steuer  im  Bischthume  Brixen, 
der  Zollbefreiung  in  dem  von  Trient;  nebst  vielen  geistlichen 
und  weltlichen  Fürsten  waren  dabei  auch  Zeugen :  Bertold,  Graf 
von  Tirol,  Heinrich,  Graf  von  Bppan;  Albero  von  Bargos  and 
Hugo  von  Touvers.  (Hon.  boic.  29.  B  S.  427).  _  Bald  darauf 
wahrscheinlich  starb  Hugo  IL ;  aus  einer  uns  unbekannten  Ge- 
mahlin hinterliess  er  zwei  Söhne  Heinrich  1.  und  Hugo  III. 

Heinrich  I.  von  Tauvers,  von  dem  wir  sonst  keine 
urkundlichen  Daten  aufzufinden  im  Stande  waren,  setzte  den 
Stamm  fort  durch  seine  Ehe  mit  Mathilde  von  Hohenburg  — 
(nicht  von  Aichach,  wie  Hr.  Canonicus  Mairhofen  und  ihm 
folgend  Sinnacher  angeben)  — ,  aus  welcher  angeblich  drei 
Söhne  hervorgingen:   Hugo  IV,  Ulrich  I.  und  die  Genealogen 


-  It  - 

geben  ihm  noch  einen  dritten  Sohn  Reinrieh  III.,  von  dem  aber 
nichts  ZQ  finden  ist ;  Heinrich  I.  ihr  Vater  rooss  bereits  im  Jahre 
li84  gestorben  gewesen  sein,  da  in  diesem  Jahre  (1184) 
Hugo  in.  von  Tuvers  zum  Seelenheile  seines  Braders  Heinrich 
dem  Kloster  Nenstift  ein  6at  auf  dem  Berge  Aspach  schenkte. 
(Hairhofen  Genealogie)  —  Wir  flbergehen  einstweilen  diese 
3  Söhne  Heinrichs  l.  v.  Tauvers,  um  nicht  Alles  zu  verwirren, 
und  wenden  uns  seinem  Bruder  Hugo  lll.  zu,  da  seine  Linie 
nur  kurz  dauerte  und  bereits  mit  seinen  zwei  Kindern  erlosch. 
Verehlicht  mit  Euphemia  von  Villalta  —  (einem.  Schlosse  bei 
Udine  im  Friaul)  aus  einem  edlen  und  angesehenen  Geschlechte 
im  Gebiete  von  Aquileja,  scheint  er  sich  daselbst  ansässig  ge- 
macht zu  haben  und  durch  sie  ums  Jahr  i  173  in  Besitz  vieler 
Göter  gekommen  zu  sein,  und  grösstentheils  sich  daselbst  auf- 
gehalten zu  haben.  —  Da  fiist  gleichzeitig  sein  gleichnamiger 
Neffe  Hugo  lY.  auftritt,  so  ist  es  sehr  schwer,  beide  in  den 
Urkunden  zu  unterscheiden.  —  Wie  bereits  erwähnt,  vergabte 
Hugo  IIL  von  Tauvers  für  das  Seelenheil  seines  verstorbenen 
Bruders  Heinrich  im  Jahre  1184  an  das  Kloster  Neustift  ein 
Gut  auf  dem  Berge  Aspach«  (Arch.  Neustift).  —  Drei  Jahre 
darauf  erscheint  er  als  Zeuge  Heinrichs,  Grafen  von  Tirol^  in 
einer  Urkunde  des  Klosters  Wessenbrunn,  nemlich  als  i.  J. 
1187  zu  Sibenaiche  Frau  Gertrud  von  Liechtenstein,  Ministe- 
rialin  des  Grafen  Heinrich  von  Tirol,  einen  Hof  zu  Oberlana 
durch  die  Hflnde  desselben  Grafen  dem  besagten  Kloster  schenkt, 
da  umsteht  den  Grafen  nebst  andern  als  Zeuge  der  edle  Hugo 
von  Tauvers.  (Hon.  boic.  7.  B.  S.  366).  —  Ebenso  ist  Hugo 
von  Tauvers  i.  J.  1197  gegenwärtig,  als  Heinrich,  Graf  von 
Windischmalrel ,  fflr  sein  Seelenheil  und  um  20  H.  B.  dem 
Stifte  Brixen  eine  gewisse  Adelhaid  und  deren  gleichnamige 
Tochter  mit  2  Kindern  des  Hm.  Uschalk  von  Lavant  übergibt. 
CCoronini,  Tentam.  genealog.  Com.  Goriz.  pag.  301).  Im  Jahre 
1206  zu  Strazburg  (in  Kärnten)  verkündet  Walter,  Bischof  von 
Ourk,  dass  Graf  Engelbert  von  Görz  der  Gnrker  Kirche  Ein- 
künfte von  20  Hark  gegeben  habe.    Bei  der  Uebergabe  aber 


-    12    - 

darch  den  Grafen  Engelbert  waren  gegenwärtig:  Hr. Bernhard, 
Herzog  von  Kämthen,  Graf  Heinrich  von  Lechsgemande ,  Hr. 
Fridrich  von  Kavriak,  Heinrich  von  Villalta,  Hago  von  Tonvers* 
(Ankershofen,  Urk.  Regest,  von  Kfirnthen.)  —  Unser  Hugo  HL 
muss  auch  in  der  Gegend  von  Lienz  bedeutende  Besitzangen 
gehabt  haben,  und  war  bereits  im  Jahre  1216  unter  den  Todten; 
er  hinterliess  bei  seinem  Ableben  aus  seiner  Ehe  mit  der  be- 
reits erwähnten  edlen  Euphemia  von  Villalta  einen  Sohn,  Hein- 
rich II.,  welcher  sich  dem  Priesterstande  widmete  und  spöter 
Archidiacon  der  Kirche  von  Aquileja  wurde,  und  eine  Tochter, 
Beatrix,  welche  ihre  Hand  Otto  dem  Burggrafen  von  Lienz 
reichte ;  eine  von  Paprion  aufgefundepe  Urkunde  gibt  uns  diese 
interressanten  Aufschlüsse. 

Am  Osterdienstag  1216  schenkt  zu  Aquileja  die  ehrwür- 
dige Matrone  Euphemia,  Tochter  weiland  Heinrichs  von  Villalta, 
mit  Zustimmung  ihres  Sohnes  Heinrich,  Archidiacons  von 
Aquileja,  dem  Otto,  Burggrafen  von  Luenz  anstatt  dessen  Ge- 
mahlin Beatrix,  ihrer  Tochter,  eine  Wohnung  sammt  dem  Thurme 
an  der  Brücke  zu  Luenz,  eine  Hühle  daselbst,  drei  Höfe  zo 
Tristach,  einen  zu  Leisach  und  einen  zu  Amblach  und  Alles 
das,  was  sie  von  ihrem  Gemahle  Hugo  von  Tuvers  seligen  als 
Witthum  zu  Luenz  und  in  der  Umgegend  bisher  in  ruhigem 
Besitz  gehabt  hatte;  welche  Uebergabe  mit  Beistimmung  und 
Beihilfe  ihres  Sohnes  Heinrich  des  Erzdiacons  der  Kirche  von 
Aquileja  vorging.  (SInnacher,  4.  B.  S.  190).  —  Dieser  Hein- 
rich II.  von  Tauvers,  bereits  i.  J.  i216  Erzdiacon  der  Kirche 
von  Aquileja^  stieg  im  Verlaufe  der  Zeit  noch  höher,  indem 
ihn,  wahrscheinlich  i.  J.  1224,  die  Kirche  vonBrixen  zu  ihrem 
Bischöfe  wählte.  Die  Art  und  Weise^  das  eigentliche  Jahr  und 
der  Tag  seiner  Erwählung  findet  sich  nirgends  aufgezeichnet. 
Die  erste  Meldung  geschieht  von  ihm  in  dem  Diplome,  wel- 
ches ihm  Heinrich  der  römische  König,  den  sein  Vater 
K.  Fridrich  II.  zum  Verweser  des  deutschen  Reiches  bestimmt 
hatte,  am  24.  April  1225  ertheilte.  (Horm.  Gesch.  v.  Tirol 
2.  B.  S.  278)^   worin  aber  der  Druckfehler  am  24.  Mai  mit 


—    13    — 

am  24.  April  zu  verbessern  ist.  —  Gleich  am  23.  Augosi  die- 
ses Jahres  1225  schloss  er  mil  Hugo  IV.,  dem  Sohne  seines 
Oheims  Heinrichs  I.  von  Tauvers,  jenen  wichtigen  Vertrag, 
vermöge  welchem  derselbe  ihm  als  Fürstbischöfe  was  bisher 
freies  Eigenthum  der  Familie  von  Tauvers  gewesen  als  Lehen 
aufsandte,  und  als  Belohnung  dafür  dasselbe  n^bst  manchem 
andern  vohi  Stifte  wieder  zu  Lehen  erhielt.  —  Wir  werden 
diesen  für  die  Familie  der  Edlen  von  Tauvers  wichtigen  Ver- 
trag bei  Hugo  IV.  weitläufiger  erwähnen.  —  Drei  Jahre 
blieb  Heinrich  von  Tauvers  bloss  Erwählter  von  Brixen,  und 
erhielt  erst  am  Palmsonntage  1228  zu  Venedig  von  dem 
Erzbischofe  Eberhard  von  Salzburg  die  bischöfliche  Weihe.  — 
Wir  würden  die  für  unsere  Familien  -  Monographie  gesteckte 
Gränze  weit  überschreiten  müssen,  wollten  wir  alle  wichtigen 
Begebenheiten  während  der  Regierung  unsers  Fürstbischofs  von 
Brizen,  Heinrichs  von  Tauvers  von  1225  —  1239  weitläufiger 
erörtern;  wer  nähere  Kenntniss  davon  zu  haben  wünscht,  den 
müssen  wir  auf  Sinnachers  Beiträge  zur  Gesch.  der  bischöfl. 
Kirche  von  Sähen  und  Brixen  4.  Band«  S.  196 — 318  verwei- 
sen, und  können  nur  der  wichtigsten  Ereignisse  derselben  in 
Kurzem  erwähnen. 

Ln  Jahre  1227  legte  er  den  Zwist  zwischen  dem  Grafen 
Albert  von  Tirol ,  und  seinem  Stifte  und  ihren  beiderseitigen 
Ministerialen  wegen  der  ehelichen  Verbindungen  ihrer  Dienst- 
leute bei;  gewährte  i.  J.  1228  dem  Kloster  Neustift  die  be- 
sondere Gunst,  dass  er  demselben  die  Würde  des  Arehidiaco- 
nats  im  Pusterthale  auf  weltewige  Zeiten  übertrug,  und  im 
darauf  folgenden  Jahre  1229  zur  Wahrung  des  Landfriedens 
und  der  öffentlichen  Sicherheit  im  Vereine  mit  dem  Grafen 
Albert  von  Tirol  eine  strenge  Verordnung  erliess;  i.  J.  1230 
einen  Streit  zwischen  dem  brixnerischen  Domcapitel  und  den 
Edlen  von  Voitsberg  wegen  etlicher  Gttter  beilegte,  und  auch 
einen  Vertrag,  den  seine  Domherrn  mit  semem  Anverwandten 
Hugo  von  Tuvers  errichtet  hatten,  bestätigte,  so  wie  auch  eine 
Schenkung  des  Grafen  Albert  von  Tirol  an  das  Kloster  Neustift 


—    14    — 

bewilligte.  —  1232  seUoss  er  mil  dea  Henoge  Otto  von 
Heran  den  wichtigen  Vertrag  wegen  der  Stiftvogtei  und  Lehen, 
und  hatte  im  folgenden  Jahre  1233  die  Freude^  seine  Base 
Sophia  von  Tauvers  ab  erwfthlte  Äbtissin  von  Sonnenburg  am 
29.  October  einzusegnen*  —  Am  8.  Hai  1235  freite  er  den 
Baugrund^  auf  dem  das  neuerbaute  Kirchlein  und  Wohnung  der 
bflssenden  Schwestern  des  hl.  Franziscus  errichtet  war,  von 
allen  Abgaben  und  Lasten.  —  Auf  eingelaufene  Klagen  Ober 
Schäden  und  Unterdrttdiungen,  welche  nicht  die  gewttnschte 
Abhilfe  fanden,  forderte  Kaiser  Fridricb  11.  den  Bischof  Hein- 
rich zur  Verantwortung;  dieser  stellte  zur  Entscjiuldigung  die 
ZudringUchkeit  der  Bösgesiimten ,  seme  leibliche  Schwachheit 
und  die  Endoräftung  seines  Gteisenalters  vor.  -^  Der  Kaiser 
nahm  ihm  im  August  1236  die  weltliche  Verwaltung  des  Stiftes 
ganz  ab  mit  Bdassung  der  geistlichen  und  einiger  EInkflnfte, 
und  bestellte  einen  kaiserlichen  Richter  zu  Brixen;  —  dass  aber 
hier  nicht  jene  angebliche  Schwäche  als  Hauptgrund  fttr  diese 
gewaltthfitige  Verfitgung  des  Kaisers,  sondern  vielmehr  tiefer 
liegende  Grfinde  vorgewaltet^  Ifisst  sich  unschwer  aus  einer 
ähnlichen  Procedur,  welche  der  Kaiser  am  12.  August  1236 
auch  gegen  den  Bischof  Aldrich  von  Trient  sich  erlaubte,  ab- 
nehmen. —  Nur  3  Jahre  «berlebte  unser  Bischof  Heinrich  diese 
Verdemflthignng;  er  starb  im  Jahre  1239  an  einem  unbekannten 
Tage  und  Honate;  die  Sage  weist  ihm  die  Glarisserkirche  zu 
Brixen  als  Ruhestätte  an. 

Ucber  die  fernem  Schicksale  von  Heinrichs  II.  von  Tau- 
vers, Bischofs  von  Brixen,  Schwester  Beatrix^  sagen  uns  ausser 
dem  bereits  Erwähnten,  dass  selbe  i.  J.  1216  Otto's  des  Burg- 
grafen von  Luens  GemahUn  gewesen,  die  Urkunden  nichts  weiter^ 
und  da  mit  diesen  seinen  beiden  Kindern  Hugo*s  IH.  von  Tau- 
yeta  Linie  ausstarb,  so  kehren  wir  zu  fleinrlchs  L  von  Tauvers 
Wittwe  und  dessen  Söhne  zurück.  —  Nach  dem  Tode  ihres 
Gemahls  Heinrichs  I.  von  Tauvers  verehllchte  sich  dessen 
Wittwe  Frau  Uathilde  von  Hohenburg  mit  dem  edlen  Arnold 
von  Bodank,  and  gdiar  auch  diesem  mehrere  Kinder,  darunter 


—    19    — 

2wei  Söhne  Aitold  IV.  und  Fridrich  III.  von  Rodank.  *--  Am 
ii.  September  I2i4  tritt  yot  Conrad,  dem  Bischof  von  Brixen 
iPran  Mathilde,  Tochter  Richard*8  von  Hohenburg,  aammt  ihren 
mit  Heinrich  von  Täters  und  Arnold  von  Rodank  erzeugten 
Söhnen  ihre  Rechte  auf  einige  Besitzungen  beim  Schlosse 
Hohenlierg,  in  Pucfaberg,  Egerda^  Altingen,  Sneit,  Mumelingen, 
bei  Reimriel,  Hagebach,  Chifrinsone  und  Altengebreche  dem 
Abte  von  Tegense e  Air  100  Mark  Silber  ab.  (Bairische  Vie* 
gesten  2.  B.  M.  27.)  ~  Ums  Jahr  1218  machte  dieselbe  Fran 
Hechtild,  ¥iitter  Hm.  Hugo's  IV.  von  Tauvers  nnd  der  Herrn 
von  Rodank  ihr  Testament,  und  vermachte  in  demselben  dem 
Kloster  Nensttft  zum  Heile  ihrer  Seele  den  Bauhof  auf  dem 
Berge  Ahornach  mit  Zustimmung  ihres  Gemahls  und  ihrer 
Sohne;  nur  ihr  Sohn  Hugo  IV.  von  Tauvers  zeigte  sich  nicht 
damit  einverstanden.  —  Frau  Hechtild  scheint  bald  darauf  ge- 
storben zu  sein;  Jedoch  wurde  nach  ihrem  Ableben  der  Streif 
wegen  dieses  Vermächtnisses  i.  J.  1220  durch  Vermittlung  des 
ehrwfltdigen  Bischofs  Bertold  von  Brixen  dAhin  beigelegt,  dass 
Hvgo  von  Tauvers  zwar  den  strittigen  Hof  Zeit  seines  Lebens 
iane  haben,  dafür  aber  jährlich  am  Fe^te  Maria  Magdalena  dem 
Kloster  Neostift  ein  vollständiges  Mahl,  wie  solches  dra  Dom- 
herrn von  Brixen  gereicht  zu  werden  pflegt,  spenden  soll. 
Unterlässt  er  diess,  so  soll  er  den  Besitz  des  Mairhofs  also- 
gleich veriieren;  nach  seinem  Ableben  aber,  er  mag  Erben 
hinteriassen  oder  nicht,  ohnehin  derselbe  ohne  Widerspruch  dem 
Kloster  zufallen.  Des  sind  Zeugen  de  familia  Hugonis:  Albert 
der  Ritter,  die  fiebrttder  Winter  und  Magens,  Heinrick  Zuge- 
mann,  Otager,  Chunrad  von  Chemenat.  (Sinnacher  4.  B.S.  181.) 
Von  den  Söhnen  Melchtildens  von  Hobenburg  mit  Heinrich  I. 
von  Tauvers  erzeugt^  sind  uns  Ulrich  I.,  besonders  aber  Hugo  IV. 
merkwttrdig;  von  ihrem  angeblichen  Bruder  Heinrich  wissen 
whr  nichts  als  den  Namen  ^  auch  ist  keine  Nachkommenschaft 
von  ihm  bekannt;  vielleicht  dass  er  gar  nicht  existirte,  und  die 
Genealogen  ihn  mit  Heinrich  U.,  nachherlgem  Bischof  von 
Brixen,  dessen  Abstammung  sie  nicht  kannten^  verwechselten. 


—    16    — 

Ulrich  I.  von  Tauvers,  Hago's  lY.  Brader,  scheiat 
sich  dem  Stiiileben  ergeben  zu  haben,   da  er  nur  ein  paarmal 
in  Urkunden  erscheint.     Seine  Besitaungen  scheinen  ncfa  nach 
Oberpusterthal  hinauf  erstreckt  oder  vielleicht  in  der  Gegend 
von  Lienz  befanden  zu  haben ;  vermöge  Urkunde  dat.  i.  J.  i234 
kömmt  Ulrich  der  Edle  von  Tauvers  und  das  Capitel  za  Innl- 
chen  gütlich  mit  einander  dahin  ttberein,  dass  bei  ihren  eigenea 
Leuten,  die  sich  zu  einander  verheiraten,   sowohl  die  Kinder, 
JSöhne  wie  Töchter^  als  auch  ihre  bewe^ichen  und  unbeweg- 
lichen Güter,  welche  dergleichen  Kindern  erblich  zufallen,  gleich 
getheilt  werden,  und  sowohl  dem  besagten  Edlen  von  Tauvers 
UMch  und  dessen  Kindern,  als  auch  dem  Capitel  von  lanichen 
der  betreffende  Theil  zukommen  soll.    !&ettgen  Hr.   Chnnrad^ 
Canonicus  von  Innichen  und  Pfiarrer   von    Niederdorf,   Herr 
Arnold,  Caplan  des  Edlen  von  Tauvers^  Ritter  Rupert,  genannt 
Vincho,  Rupert  Mäusauge,  Bertold,  Sohn  Churings  Vessenarins 
seligen,  Gotschalk,  gewesener  Official  in  Tauvers  und  Rudolph 
von  Ehrenburg.  (Hormair  Gesch.  v.  Tirol  2.  Th.  S.  312.)    Er 
scheint  bald  darauf  gestorben  zu  sein  3  aus  seiner  Ehe  mit  Adel* 
bald  von   Wanga  zwei  Töchter:    Euphemia  und  Sophia 
hinterlassend;  erstere  ersdieint  ums  Jahr  1238  als  Gefflahlia 
Hugo*s  I.  von  Velthums,   Stein  am  Ritten  und  zu  Trostbeig; 
Sophia  hingegen  wühlte  den  geistlichen  Stande  trat  ins  Kloster 
Sonnenburg  und  wurde  endlich  Äbtissin  daselbst  and  als  solche 
von  ihrem  nahen  Vetter  Heinrich  von  Tauvers^   Bischof  von 
Brixen,  am  29.  October  1233  eingesegnet.    Krüftig  wies  sie 
dabei  die  Forderungen  der  Stiftsbeamten  Arnolds  von  Rodank, 
obersten    Cämmerers,    Fridrichs    von   Schöneck,    Maricbalb, 
Niclausen  von  Castelrutt  Tnigsass  und  Eberhards  von  Sehen 
des  Mundschenks  um  gewisse  Honorarien  wegen  der  Einsegnong 
als  ungewöhnlich    zurück,  und  der  Bischof  bestütigte  diess. 
(Statthalterei-Archiv.)    Während  der  Anwesenheit,  des  Kaisers 
Fridrichs  IL   in  Tirol  erhielt  sie  von  ihm   zwei  kaiserliche 
Briefe,  in  deren  erstem  er  ihr  Kloster  sammt  allen  Gütern  des- 
selben in  semen  kaiserlichen  Schutz  nimml,  und  im  zweiten  das 


—    17    — 

UrtheJl  seines  Sohnes  Heinrich  dat.  am  22.  April  1226  wider 
Otto  von  St.  Martin,  wodurch  dieser  wegen  erwiesener  Noth- 
sucht  in  die  Acht  erUSrt  worden,  bestätigte.  Beide  luiseriiche 
Briefe  sind  gegeben  zu  Clausen  im  September  1237.  (SInnacher 
4.  B.  S.  304).  —  Um  die -nämliche  Zeit  verlieh  dieselbe 
Äbtissin  Sophia  dem  Herrn  Albert  Yon  Risdion  und  dessen 
Erben  das  Baoemgut  Albon  und  die  Aue  Caselle  am  erblichen 
Baurecht.  Zugleich  wurde  auch  der  Zwist  ^  welcher  swischen 
der  Äbtissin  und  besagtem  Albert  wegen  der  Güter  Hm.  Bnrchards 
von  Techingen  obwaltete,  vor  dem  Richter  des  Kaisers  dahin 
beigelegt,  dass  ihm  die  Güter  zu  Stephansdorf  zum  eigentlichen 
Genosse,  dem  Kloster  aber  die  Lehensherriichkeit  darüber  zn- 
erhamit  wurde.  Zeugen  dabei  waren:  Graf  Hermann,  Herr 
Hugo  von  Touvers,  Herr  Arnold  von  Rodench  etc.  (Sinnacher 
loc.  cit.  S.  305.)  —  Ebenso  rief  sie  den  Schutz  des  Erzbischofs 
Eberiiard  von  Salzburg  wider  die  vielfältigen  Anfechtungen, 
welche  das  Kloster  und  dessen  Capläne  auszustehen  hatten,  an, 
welcher  in  Folge  dessen  ein  kräftiges  Hahnungsschrdben  an 
alle  Pfarrer  und  Vicepfarrer  im  Archidiaconat  vom  Pusterthal 
eriiess,  und  dem  Erzpriester  ernstlich  auftrug,  die  Uebertreter 
seines  Befehles  zu  strafen.  (Sinnacher  loc.  cit«  S.  306.)  — 
Unsere  Sophia  von  Tauvers  soll  als  Äbtissin  ums  Jahr  1254 
im  Februar  gestorben  sein. 

Da  also  Ulrich  I.  von  Tauvers  nur  Töchter  hinteriassen 
hatte,  so  starb  auch  mit  ihnen  dieser  von  ihm  gestiftete  Seiten* 
zweig  seines  Geschlechtes  aus,  und  wir  kehren  demnach  zu 
seinem  andern,  wahrscheinlich  ältesten  Bruder  Hugo  IV.  von 
Taavers,  der  auch  der  berühmteste  unter  allen  drei  Brüdern 
wurde^  zurück.  Er  begegnet  uns  bereits  im  Jahre  1214;  wahr- 
scheinlich im  Gefolge  seines  Bischofs  Conrad  von  Brizen  oder 
des  Grafen  Albert  von  Tirol  war  er  auf  dem  Reichstage^  wel- 
chen der  Junge  rOm.  König  Fridrich  11.  im  Februar  und  März 
i214  zu  Augsburg  feierte.  Als  am  19.  Februar  d.  J.  König 
Fridrich  n.  bei  diesem  Reichstage  einige  Fragen  entschied, 
welche  Bischof  Fridrich  von  Trient  über  das  Ldiensrecht  vor* 

2 


—    19   — 

gelegt  hatte,  da  waren  dabei  Zeigen  ndiist  andern  BischOKm 
Conrad,  Bisckof  Ton  Brixen,  femer  Ludwig,  Hen»g  von  Baiem, 
Albert  Graf  von  Tirol,  Conrad  Graf  von  Zoilem,  Albero  von 
Wanga,  Hugo  von  Tuvers.  (Zeitschr.  d.  Ferdinandeums  3.  B. 
S.  102,  Dorm.  Gesdi.  v.  Tirol  2.  B.  S.  206).  —  Vom  Reichs- 
tage Burttokgekehrt  flbergab  i.  J.  1214  zu  Brixen  Graf  Albert 
von  Tirol  dem  Bischöfe  Conrad  von  Brixen  bedingnissweise 
einen  gewissen  Wilhelm  und  dessen  Sohne  Fridrich  und  Conrad; 
dabei  erscheint  als  Zeuge  unter  Andern  Hugo  von  Toveis. 
(Sinnacher  2.  B.  S.  58»)  Am  16.  April  1215  war  Hugo  von 
Tauvers  Zeuge  ^  als  beide  Wilhelm  von  Veltnrns,  Vater  nnd 
Sohn^  vor  d^m  Bischöfe  Conrad  von  Brixen  erklärten,  dass  sie 
kerne  Ansprüche  auf  das  neue  Hospital  au  Lengmoos  hüten. 
CSInnacher  2.  B.  S.  70.)  —  Im  Jahre  1217  zu  Tirol  vergab! 
Albert  Graf  von  Tirol  nach  Victring  als  ewiges  Besitzthnm  sein 
Gut  bei  Glacendorf  (das  heutige  Blasendorf  bei  Klagenfurt),  — 
und  fflr  den  Fall,  dass  er  ohne  leibliche  Erben  dahinstOrbe, 
vermachte  er  noch  dem  Kloster  sein  Gut  bei  Timenitz  unter 
Bedingung.  Des  waren  Zeugen:  Bemard  Herzog  von  KUrathen, 
Hugo  von  Tuvris  u.  s.  w.  (Archiv  der  k«  k.  Acad.  22  B. 
S.  348.)  Als  im  Jahre  1218  zu  Brixen  der  neuerw8hlte 
Bischof  von  Brixen  Bertold  dem  Collegiatstifte  daselbst  seine 
Rechte  auf  die  Kirche  von  Algund  schenkte,  «rsohlenen  dabei 
als  erbetene  Zeugen :  Albert  Graf  von  Tirol^  des  Hochstifts  Vogt 
und  Hugo,  Edler  von  Tuvers  etc.  (Sinnacher  2.  B.  S.  130.) 

Wahrscheinlich  in  Begleitung  semes  Bisefaofc  Bertold  von 
Brixen  zog  unser  Hngo  von  Touvers  nach  Dhn,  und  war  da* 
selbst  am  24.  Dezember  1218  nebst  den  Grafen  Albert  von 
Tirol  und  Ulrich  von  Ulten  Zeuge,  als  K.  Fridrich  H.  dem 
deutschen  Orden  die  St.  Leonfaards-Kirche  in  Passelr  schenkte. 
(Meine  Beitrage  nr  Gesch.  des  d.  Ordens  S.  12.)  ~  Hago's  IV.  von 
I  Tauvers  Zwist  mit  dem  Kloster  Neustift  wegra  des  von  seiner 
Motter  Meehtild  von  Hobed)erg  demselben  i.  J.  1218  ver- 
machAenBauhob  auf  Ahomaoh,  und  wie  dendbe  endlich!.  J.  1220 
gtttlich  beigelegt  worden^  ist  bereits«  Seite  i&  erwflhnt  worden. 


^1- 


—    19    — 

Wieder  erselieiiit  Hugo  von  Tauvers  als  Zeuge  i.  J.  1221,  wie 
^der  Propst  Winther  von  Brixen  zur  Begründung  des  Collegiat- 
Slifles  daselbst  2  Höfe  zu  Aichach  und  einen  Weinberg  sammt 
Zttgehör  schenkte.  (Sinnacher  4.  B.  S.  82.) 

Im  Jahre  1224  war  als  biederer  Versöhner  zwischen  dem 
Maii^grafen  von  Istrien  und  Herzog  Bemard  von  Kämthen 
auch  Herzog  Leupold  von  Oesterreich  zu  Friesach  erschienen. 
Die  Wichtigkeit  der  Handlung  hatte  ungemein  viele  geistliche 
und  weltlkhe  Ffirsten^  Grafen,  Edelherm,  Ritter  und  Freie 
dahin  gezogen;  darunter  auch  Albert,  Graf  von  Tirol,  Hein- 
hard,  Graf  von  GOrz,  Hugo  von  Tauvers  u.  A.  m.;  besonders 
da  die  Brttder  Dietmar  und  Dlrich  der  Sflnger  von  Liechten- 
stein prunkvolle  Kampfspiele  und  Turnierstechen  veranstaltet 
und  deswegen  allerwärts  Einladungen  dazu  hatten  ergehen  lassen; 
14  Tage  dauerten  dieselben.  Auch  Hugo  von  Tauvers  brach 
manchen  Speer  mit  dem  berflhmten  Minnesfinger.  (Huchar.  Gesch, 
d.  Steiermark  5,  B.  S.  100,  aus  Ulr.  v.  Liechtenstein  Gedichten, 
herausgegeben  von  Lachmann,  Berlin  1841.)  Welches  Ansehen 
er  genoss,  welche  Macht  er  besass,  und  welche  Pracht  er  da- 
bei entwickelte,  beweisen  die  angefahrten  dem  Gedichte  Liech- 
tensteins entnommenen  Verse,  indem,  während  Graf  Albert  von 
Tirol  mit  40  Rittern  auftrat,  unser  Hugo  von  Tauvers  mit  23 
Rittern  erschien  *). 


*)  Aventiure  von  dem  Tnmay  ze  Frisach  1224. 
1.  Mai.    Dar  kom  von  Tyrol  grave  Albrecht) 
dar  kom  von  Görze  graf  Meinhartf 
der  guot  vor  eren  nie  verspart 


-von  Tufers  Huc  der  wolgemuot  ....  Seite  65. 
2  Mai.     ich  swaic  und  wände  von  im  dan, 
Da  mich  bestuont  ein  biderb  man. 
Der  was  von  Tufers  Huc  genant: 
er  fuort  ein  Sper  in  seiner  hant. 
er  und  daz  sper  was  wflnneclich 
gezimirt,  er  was  muotes  rieh. 
Diu  tiost  wart  ritterlich  geriten 
und  valen  bedenhalp  vermiten> 


—    20    — 

Bald  darauf  warde,  wie  bereits  erwähnt,  Hago's  IT.  tob 
Taavers  nächster  Vetter,  Heinrich  von  Tauvers  zum  Bischöfe 
von  Brixen  erwählt,  und  diess  bewog  unsem  Hugo  zu  emem 
Schritt,  wodurch  er  freiwillig  aus  bisher  Freien  sich  und  seine 
Nachkommen  zu  Lehensmftnnem  des  Stifts  Btixen  machte;  denn 
am  21.  August  1225  schenkt  Hr.  Hugo  von  Touvers  seine  ihm 
als  Eigenthum  zugehörigen  Schlösser  Touvers  und  Uotenheira 
mit  40  Mark  Bemer  Gülten  zu  Bojen  und  Steine,  Achernach 
und  Rinne  dem  Bischöfe  und  dem  Stifte  Brixen,  und  erhielt 
Alles  wieder  von  demselben  als  Lehen  zurück,  so  dass  selbes^ 
falls  er  Söhne*  oder  Töchterlos  stürbe^  dem  Stifte  als  freies 
Eigenthum  heimfallen  soll.  Femer  schenkte  Hugo  dem  Bisdiofe 
und  dem  Stifte  Alles,  was  des  Stifts  Vasallen  oder  seine  eige- 
nen Leute  von  ihm  als  Lehen  Inne  haben  und  sein  Eigen  ist, 
und  auch  das  erhielt  er  als  Lehen  zurück^  und  zudem  gewähr- 
ten ihm  der  Bischof  und  das  Stift,  —  als  Belohnung  für  jene 


er  traf  mich  an  daz  collir  min, 

und  ich  in  an  dem  heim  sin. 

Die  sprizeln  harte  hohe  flugen^ 

Dia  Hute  zno  durch  schoawen  zagen. 

er  und  ich  wol  zehen  sper 

verstachen,  indes  kom  dort  her 

von  Kaeringe  her  Hadmar  u.  s.  w.    Seite  73  und  74. 
10.  Mai.     In  dem  tail  was  grave  Albrecht 

von  Tyrol,  des  lop  ie  was  siebt. 

ez  het  der  edel  grave  her 

da  vierzic  ritter  und  niht  mer. 

von  Tafers  Hac  der  schänden  fri 

het  zwainzic  ritter  vnde  dri, 

die  wol  nach  eren  würben  da: 

Daz  tatens  ofte  ouch  anders  wa.       Seite  80. 
13.  Mai.     Her  Huc  von  Tufers  do  began 

sprengen  nnde  her  Herman 

von  Kranperc  ritterliche  dar: 
I  die  heten  bede  wan  ein  schar. 

|,  ir  puneiz  also  schön  ergie, 

daz  beide  dise  vnde  die 

wichen  an  der  selben  zit 

vil  nach  akerbreites  wit.       Seite  85. 


—    21    — 

Aabendung,  —  38  H.  B.  jährlicher  Golt,  nemlich  den  Hof  zo 
Coteoheim  sammt  dem  Zehent  in  der  Pfarre  Touvers  und  zu 
Cesem  drei  Schwaighöfe  ond  zu  St.  Georgen  den  kleinern  Hof, 
SU  Siegen  eine  Hube  und  zu  Montan  einen  Hof,  zu  Riesbäch 
zwei  Schwaighöfe  (armenta)  und  in  Prägens  (Prags)  vier 
Schwaighöfe  (armenta)  und  die  Besitzungen  der  Frau  Maria, 
welche  der  Bischof  vom  Hm.  Hugo  samipt  Grundstöcken  und 
Leuten  gekauft,  und  zwar  unter  folgenden  Bedingungen :  stirbt 
Hr.  Hugo  und  hinterlässt  einen  rechtmässigen  Sohn,  so  erbt 
dieser^  was  der  Vater  dem  Stifte  zu  Lehen  aufgetragen  und 
auch  folgende  Stflcke,  welche  selber  vom  Stifte  zu  Lehen  erhal- 
ten, nflmlich  den  Hof  zu  Uotenheim ,  den  Zehent  in  der  Pfarre 
Tauvers  und  die  drei  armenta  zu  Cesem,  hingegen  die  übrigen 
der  erwähnten  Brizner  Lehen  fallen  nach  der  Geburt  eines 
Sohnes  oder  dem  Tod  des  Vaters  dem  Stifte  wieder  heim. 
Ueberlebt  aber  der  Vater  den  Sohn,  so  soll  er  Alles  sein  Le- 
benlang besitzen.  Hinterlfisst  er  mehrere  Söhne,  so  soll  es 
wie  bei  dem  einen  Sohn  gehalten  werden.  —  Hinterlässt  er 
hingegen  nur  eine  rechtmässige  Tochter,  so  soll  selbe  nur  obi- 
ges als  Lehen  aufgesendetes  Eigen  erben,  hingegen  die  andern 
vom  Stifte  verliehenen  Lehen  heimfallen.  Nach  der  Geburt 
einer  Tochter  also,  sollen  dem  Hrn.  Hugo  nur  jene  Lehen 
bleiben,  die  ihm  der  Bischof  in  der  Pfarre  Tauvers  geliehen^ 
das  Uebrige  aber  dem  Stifte  zurückfallen  und  nach  seinem  Tode 
die  Tochter  Ersteres  erben,  wie  oben  gesagt  worden.  Ueber- 
lebt aber  Hr.  Hugo  seine  Tochter,  so  soll  er  Alles  bis  an  sein 
Lebensende  inne  haben.  Hinterlässt  er  mehrere  Töchter  als 
Erben,  so  soll  es  wie  bei  einer  Tochter  gehalten  werden. 

Die  Hauptleute  der  Tauverischen  Schlösser  schworen,  sie 
wollten,  falls  Hr.  Hugo  kinderlos,  oder  falls  er  Kinder  hinter- 
liesse,  diese  kinderlos  starben,  erwähnte  Schlösser  einem  je- 
weiligen Bischöfe  übergeben,  und  so  sollten  auch  alle  jewei- 
ligen Hauptleute  besagter  Schlösser  schwören.  —  Eben  so 
schworen  des  Hm.  Hugo*s  Ritter  und  deren  Söhne  vor  dem 
Bischöfe,   nach  Kräften  dahin  zu  wirken,     dass   dies  erfüllt 


werde.  —  Ferner  versprach  Hr,  Hugo  eidlich^  wenn  eio  Ans- 
Iftnder  oder  Inländer,  ausgenommen  er  sei  ein  Hinisterial  des 
Stifts  Brixen,  das  Stifsgebiet  angreift^  selbes  vertheidigeo  zu 
helfen;  gegen  einen  Ministerialen  des  Stifts  will  er  aber  sich 
nicht  verbindlich  machen,  ausgenommen  er  müsse  vermöge 
eines  rechtmässigen  Spruchs  gegen  Ihn  ziehen.  —  Hingeg^ 
verspricht  der  Bischof  dem  Hrn.  Hugo  bei  einem  Eide,  d^- 
selben  als  einen  Hinisterial  des  Stifts  gegen  Jedermann  tm 
vertheidigen  und  zu  schützen.  —  An  diesem  gegenseitigen  Ver* 
trag  sind  die  Nachfolger  des  Bischob  und  die  Erben  des^  Hm« 
Hugo,  wie  sie  selbst,  gehalM.  —  Ebenso  beschworen  die 
Domherrn:  Winther  der  Propst,  Heinrich  der  Decan,  Gotschalk, 
Conrad,  Ulrich,  Albero,  Altmaon  und  Conrad  den  Vertrag  und 
mit  ihnen  die  Stiftsministerialen:  die  Gebrüder  Fridridi  und 
Arnold  von  ffodank,  Wilhelm  vonVeitums,  Reimbert  vonVels, 
Hubert  von  Castkutt,  Wemher  von  Sohenkenberg ,  Reimbert 
Garro,  Albert  vonJUschon,  Heinrich  von  Aichach,  Härtung  vom 
Berge,  Gotschalk,  Bertold  und  Rubert  von  Velsecke,  Albert  von 
Voitsberg,  Ottokar  von  Niunbnrg,  Heinrich  von  Münster  und 
dessen  Bruder  Walter  von  Bocce,  Ulrich  und  eine  Menge  an- 
derer nur  mit  dem  Taufnamen  Aufgeführter  denselben ,  so  wie 
vermöge  eines  der  Urkunde  beigelegten  und  mit  Hm.  Hugo's 
Siegel  versehenen  Zettels  nach  Hm.  Hngo's  Schwur  auch  fol- 
gende Ritter:  Cunrad  Räubere,  Ottokar,  Heinrich,  Albert, 
Podem,  Ulrich  Vinke,  Wernher,  Swento,  Chunrad  vonCheme- 
naten ,  Ulrich  Hubar ,  Siboto  von  Heren.  —  König  Hemrieh, 
Graf  von  Tirol  bestätigte  am  17«  Juni  1315  zu  Griess  obigen 
Vertrag.  (Chmel,  öster.  Geschichtsforscher.  2  B.  S«  350,  und 
Sinnacher  4.  B.  S.  197).  —  Uebrigens  möchte  man  nach  dem 
Inhalte  dieser  Urkunde  fast  auf  die  Vermuthung  geführt  wer- 
den, dass  Hugo  IV.  von  Tauvers  damals  noch  keine  Kinder, 
weder  Söhne  noch  Töchter  gehabt  habe. 

Im  Jahre  1228  war  unser  Hugo  nebst  dem  Bischof 
Heinrich  bei  der  hängenden  Brücke  gegenwärtig,  als  Graf  Albert 
von  Tirol  jenes  eigenth4mliche  Landgut  eu  Griess,   Ciansea 


-   83    - 

gegentiber,  dem  Kloster  Neostifl  tübT  Geridttuwaog  und  dea 
damit  TerbandeneD  Lastea  wie  auch  von  den  Gemeindelasten 
befreit  erlilfirt.  (Simiacher.  4  B.  S.  213),  Horm.  Gesch.  yon 
Tirol,  2  B.  S.  276)  -^  Im  daraof  folgenden  Jahre  1229  ward 
znr  Herstellung  der  gefährdeten  Sicherheit  im  Lande  vom  Bischof 
Henrich  mit  Wissen  und  Rath  seines  Domcapitels,  des  Grafen 
Albert  Yon  Tirol  als  Stifkvogtes  und  aller  Ministerialen  eine 
Sicherheitsbestimmnnganf  3  Jahre  festgestellt,  und  dabei  schworen 
der  Bischof  und  der  Graf  in  die  Hflnde  des  Domdecans ,  Alles 
sicher  und  richtig  zu  halten,  was  in  dieser  Hinsicht  der  Dom- 
probst, der  Decan  und  der  Graf,  dann  Hr.  Hugo  von  Taavers, 
Hr.  Fridrich  von  SchOneck,  Hr.  Arnold  von  Rodank,  Hr.  Wil- 
helm von  Veitums,  Hr.  Heinrich  von  Castlmtt  und  Hr.  Wem- 
herr  erfinden  und  aussprechen  würden.  C^innacher  4.  B.  S.  219, 
Horroair,  Beitr.  a.  Gesch.  d.  Mittelalters,  H.  S.  178.)  Das  Jahr 
darauf  errichtete  der  edle  Mann  Hugo  von  Tauvers  einen  Ver- 
trag mit  den  Domherrn  von  Brizen;  vermöge  desselben  Aber- 
liessen  letztere  dem  Hugo  drei  Höfe,  in  Chlame,  in  Durecke 
und  im  Dorfe  Tauvers  gegen  einen  Zins  von  10  Pf.  B.  am 
Allerheiligen  Feste  zu  erlegen.  Nebstem  gab  Hr.  Hugo  den 
Domherrn  noch  einen  Hof  auf  Chlame,  wovon  er  znr  nämlichen 
Zeit  2  Pf.  B.  erlegen  soll.  Sowohl  die  Höfe  als  auch  die 
Zinsleistung  sollen  auf  Hngo's  Nachkommen  ttbergehen,  nach 
deren  Aussterben  aber  dem  Domcapitel  wieder  zufallen.  Ver- 
säumt Hr.  Hugo  oder  dessen  Erben  den  Zins  ein  Jahr  zu  er- 
legen, so  soll  er  im  zweiten  Jahre  den  zweifachen,  im  dritten 
den  vierfachen  Betrag  erlegen,  und  wird  auch  dieser  nicht  er- 
legt, so  geht  der  ganze  Anspruch  verloren  und  alle  vier  Höfe 
fallen  den  Domherrn  zu.  —  Der  Bischof  Heinrich  bestätigte 
diesen  Vertrag  im  Jahre  1230.  (Sinnacher  4.  B.  S.  226.  — 
Hormair  Gesch.  v.  Tirol.  2.  B.  S.  292.) 

Im  folgenden  Jahre  1231  finden  wir  Hugo  von  Tanvers 
nebst  mehreren  andern  Edlen  als  Zeuge,  wie  Meinhard,  Graf 
von  Görz  dem  Kloster  Neuslift  jene  Abgabe  von  20  Stück 
Schafmi  und  Ziegen  nacUässt,   welche  seine  Beamten  jährlich 


—    24    — 

um  Georgi  ans  den  Klostergtttern  um  Lienz  herum  erhoben. 
Geschehen  zu  Brixen  i.  J.  1231.  (SioDacher  4.  B.  S.  232. 
Hormair  Gesch.  v.  Tirol  2.  B.  S.  299.)  Als  es  sich  i.  J.  1232 
auf  Bitte  und  Befehl  des  Kaisers  Fridrich  um  die  Zurückstel- 
lung der  Stift  brixnerischen  Lehen  an  Herzog  Otto  von  Maran 
handelte;  da  befand  sich  Hugo  von  Tauvers  mit  dem  Domprobsl 
Winter,  dem  Decan  Heinrich,  Fridrich  von  Schöneck,  Wilhelm 
dem  filtern  von  Velthurns,  Arnold  von  Rodanfc,  Wemher  von 
Schenkenberg  und  Wilhelm  von  Aichach,  unter  den  Schieds- 
richtern, die  darfiber  sprechen  sollten.  (Sinnacher.  4.  B. 
S.  238.) 

Im  Jahre  1233  feierte  Herzog  Otto  von  Heran  die  vollen- 
dete Erbauung  Innsbrucks  und  lud  dazu  die  Edelsten  des 
Landes  dahin  ein;  unter  den  Erschienenen  befand  sich  auch 
Hugo  von  Tauvers.  (Hormair  sfimmtl.  W.'3  B.  S.  227.)  — 
Am  14.  Jfinner  1236  zu  Bozen  in  Gegenwart  seines  Bittens 
Bertold  von  Tauvers  bestätigte  Hugo  von  Tauvers  den  Verkauf 
von  drei  Weinstäcken,  welchen  (seine  Ministerialen)  Hr.  Volker, 
Sohn  weiland  Volkers  von  Chemenaten  fttr  sich  und  seinen 
Neffen  Cunrad  von  Chemenaten  als  freies  Eigen  an  Hm.  Bertolot, 
Sohn  weiland  Hrn.  Bertolot's  von  Bozen  um  33  Pf.  B.  gethan. 
(Urkunde  im  Ferdinandeum.) 

Wir  wissen  nicht  wann  und  warum  unser  Hugo  von  Tauvers 
mit  den  Domherrn  von  Brixen  in  Zwist  gerieth,  in  Folge  dessen 
er  und  die  Seinen  denselben  manchen  Schaden  zufügten.  Zue 
Einsicht  seines  Unrechts  gekommen  schenkte  er  am  25.  Juni 
1237  denselben  zum  Ersätze  der  Schäden,  welche  er  oder  dir 
Seinen  in  seinem  Namen  bisher  ihnen  zugefügt,  einen  Schwaighof 
in  Eurn  (Ahm)  an  dem  Orte  Clusen  mit  aller  Zugehör  und 
zugleich  mit  der  Ausnahme  von  aller  Gerichtsbarkeit  in  Hinsicht 
der  Schirmvogtei  und  jeder  andern  Forderung  von.  Seite  seiner 
und  seiner  Erben.  Das  geschah  in  Gegenwart  mehrerer  Dom- 
herrn unter  Zeugschaft  der  Ritter  Heinrich  von  Aichach  und 
Bertholds  von  Veldsperch,  Hm.  Ulrichs  Vinko  und  Hm.  Ulrichs 
des  Hubers,   Ulrichs    von  Utenheim  etc.    Hr.  Hugo  und  das 


—    25    — 

Domkapitel  aiegelii  die  Drtoinde.  (Sinoacher  4  B.  S.  302.)  *-- 
Hr.  Hugo  legte  somit  das  Gestfindnias  seines  Unrechtes  ab; 
suchte  aber  bei  Zeiten  seinen  Fehler  wieder  gut  zn  machen; 
wahrscheinlich  that  er  dies,  um  desto  ruhigem  Gewissens  im 
Herbste  mit  Kaiser  Fridrich  U.  den  Zug  nach  Italien  mitmachen 
zu  k<mnen;  dass  er  diesen  wirklich  mitmachte,  das  sagt  uns 
folgende  Urkunde  ans  dem  Saalbnche  zu  Nenstift:  a«  J237.  Hilti- 
gnndis  de  Tuvers  incipiens  hie  conversari  mutato  habitu  con- 
tullt  tertlam  partem  curiie  in  Luchdach  et  cum  D.  Hugo  senior 
Intravit  expeditionem  yersus  Mediolanum  (a.  i237)  Ottoger  miles 
ejus,  qui  legitimam  habebat  sororem  dictae  Hiltigundis,  per 
manus  Dommi  sui  et  uzoris  suae  aliam  partem  ejusdem  curiae 
tradidit.  Tertia  pars  ejusdem  curiae  fuit  uxoris  Ruoberti  Huns- 
auge  (Mättsauge)  sororis  pnedictarum.  Testis  Ruddphus  ple- 
banus  in  Tuvers. 

Ums  Jahr  1240  am  2.  März  zu  Villach  verzichtet  Hugo 
von  Tanvers  in  Gegenwart  des  Grafen  Heinhard  von  Görz  und 
Hermanns  Grafen  von  Ortenburg  auf  die  Vogtei  Aber  mehrere 
eigene  Leute  im  Cilerthal,  die  von  Gerlesberg  u.  s.  w.  zu 
Gunsten  des  Bischofs  Eberhard  von  Salzburg.  CHormair, 
Archiv  1827).  —  Unterdessen  war  der  krftftige  Egno,  Graf 
von  Eppan  i.  Jahre  1239  als  Nachfolger  des  Bischofs  Heinrich 
auf  den  bischöflichen  Stuhl  von  Brixen  erhoben  worden.  Bald 
hatte  Egno  Gelegenheit,  seinen  standhaften  Huth  gleich  nach 
dem  Antritte  seines  Bischthams  zu  erproben.  Der  bedrohte  ihn 
am  furchtbarsten,  der  ihn  hätte  beschirmen  sollen,  Graf  Albert 
von  Tirol,  sein  Vogt,  an  welchem  der  grOsste  Theil  der  Hini-> 
sterialen  und  Lehensritter  des  Hochstiftes  hing.  —  Egno  suchte 
vor  allem  die  unter  sich  getheilten  Ministerialen  zu  vereinigen 
und  sich  dann  mit  ihnen,  so  wie  mit  andern  benachbarten 
Rittern  zu  verbinden.  Zwietracht  war  entstanden  zwischep  Hrn. 
Hugo  von  Tauvers  und  dessen  Stiefbruder  Arnold  von  Rodank ; 
Bischof  Egno  legte  selbe  freundschaftlich  dahin  bei,  dass  beide 
ihm  eidlich  versprachen,  sie  wollten  vom  kflnftigen  Michaeli  an 
ein  Jahr  hindurch  jeden  entstehenden  Zwist  dem  Schiedsrichter- 


~  «»  - 

liehen  Ausspruche  des  Bischofs,  Wilhelms  yon  Aichach  nnd 
Aiberts  von  Voitsberg  überlassen  und  demselben  genau  nach- 
kommen. Lässt  sich  der  Zwist  zwischen  Ihnen  beiden  oder 
ihren  Leuten  auf  diese  Weise  nicht  beilegen ,  so  sollen  obige 
Thadinger  das  rechtmässige  Urtheil  darüber  sprechen.  Wollen 
sie  sich  weder  an  die  gOtliche  Thädigung  noch  an  den  Rechts- 
spruch halten,  so  zahlt  der  sich  Weigernde  100  M.  B.  Strafe, 
weswegen  sie  ihr  Eigenthnm  und  ihre  Stiftsgflter  verpfänden. 
Ist  der  Bischof  ausser  Landes  und  es  entsteht  zwischen  ihnen 
oder  ihren  Leuten  während  der  Zeit  ein  Streit,  und  kann  die- 
ser durch  ihre  Freunde  nicht  beigelegt  werden ,  so  sollen  sie 
seinen  Spruch  darüber  bis  15  Tage  nach  seiner  Rttekkehr  er- 
warten unter  Strafe  yon  100  M.  B.  Das  geschah  zu  Enthoh 
am  12.  Juni  1240.  Zeugen  dessen  nebst  mehreren  Geistliehea 
die  Ritter  Graf  Ulrich  von  Ulten,  Haward,  Reimbert  Gerro, 
Wemher  von  Schenkenberg,  Ulrich  von  Rasen ^  Heinrich  von 
Anras,  Beiiold  undOtager  von  Niwenburg,  Heinrich  von  Boimont, 
Liabard  von  Caltem,  Gotschalk  von  Tescheningen ,  Hugo  von 
Velturns.  (Sinnacher  4  B.  S.  328,  und  Hormair  sämmtl.  Werke 
2  B.  S  LXXI,  wo  aber  1242  statt  1240,  denn  auf  diess  pssst 
die  Indict.  XHI,  so  wie  auch  der  Inhalt. 

Der  Welthändel  mfide  dachte  unser  Hugo  IV.  an  Höheres ; 
zuerst  mit  Maria,  der  Tochter  des  Vogts  Egno  von  Matsch, 
aus  der  er  wahrscheinlich  keine  Kinder  hatte,  verehlicht,  heira- 
thete  er  nach  deren  Tode  die  Gräfin  Adelhaid,  —  (GebhardI 
nennt  sie  eine  Gräfin  von  Hirschberg,  so  auch  Hr.  Canonicus 
von  Malrhofen  und  Sinnacher,  aber  alle  oTine  urkundliche  Be- 
weise dafär  anzuführen;  wir  aber  halten  sie  fär  eine  Grafin 
von  Eppan,  denn  Bischof  Egno  Graf  von  Eppan  nennt  ihren 
Sohn  Ulrich  IL  in  einer  Urkunde  ausdrücklich^^seinen  Affinis, 
und  wie  hätte  sich  dieser  sonst  J  als  wahren  Erben  von  Eppan 
öfters  und  in  der  Urkunde  vom  J.  1269  ausdrücklich  Hm.  Ulrich 
von  Eppan  seinen  Grossvater  (avus)  benennen  können?).  Hit 
dieser  hatte  er  zwei  kräftige  Söhne]:  Hugo  V.  und  Ulrich  II., 
erzengt,  und  so  ward  die  Fortpflanzung  seines  edlen  Geschlechtes 


-   17   - 

fesichert.  —  Wohl  auf  Betrieb  semer  frommen  GemahKn  stif- 
tete em  9.  Jttni  1241  der  edle  Maon  Hugo  Yon  Tuvers  und 
deflsen  Genahlln  Adelheid,  die  edle  6rü6n  xn  Ehren  des  hl. 
Geistes  ein  Hospital  neben  der  Marienpfarrkirehe  bei  Sterzing 
anr  liebevollen  Aufnahme  and  Verpflegung  der  Armen.  Zur 
Grilndang  desselben  versprechen  sie  100  Mark  Silber  oder  an 
deren  Statt  10  M.  Silber  jfthriicher  Gttterzinse  zu  geben,  und 
dafdr  stellen  sich  in  die  Hflnde  des  Bischofjs  Egno  sieben  Blir. 
gen,  nämlich  die  Herren  Ottacher  von  Tauvers ^  Conrad  von 
Utenhaim,  Bertold  Phiffele  von  Utenbaim,  Conrad  von  Pfalzen, 
Albert  Zant,  Heinrich  von  Sleining  und  Peter  von  Velseck  unter 
Einlagemngspflicht  zu  Brixen,  so  dass,  wenn  die  Stifter  inner- 
halb eines  Jahres  vom  ktinftigen  Hartini  angefiingen  die  benannte 
Sunme  dem  Propste  und  dem  Decane  von  Brixen  und  dem 
Propste  von  Neustift  nicht  eriegen,  besagte  Bürgen  gehalten 
seien,  in  die  Stadt  Brixen  einzufahren  und  von  dort  sich  nicht 
SU  entfernen,  bis  die  ganze  Summe  erlegt  ist.  —  Zur  For- 
derung dieses  guten  Werkes  der  Liebe  schenkt  auch  der  er- 
lauchte Graf  Albert  von  Tirol  seinen  Hof  zu  Aicha  bei  Tirol 
dazu,  und  zur  Vervollkommnung  der  Stiftung  auch  Bischof  Egno 
von  Brixen  mit  Zustimmung  seines  Capitels  die  Marienkirche  zu 
Sterzing  und  zwar  mit  Befreiung  von  jenem  Ziuse,  den  selbe 
bisher  den  Domherrn  von  Brixen  jähriich  zu  leisten  schuldig 
gewesen,  (Heine  Beiträge  zur  GescK.  des  deutschen  Ordens 
S.  22  und  Sinnacher  4  B.  S.  342.)  —  Auf  Bitte  der  beiden 
edlen  Stifter  bestimmte  Bischof  Egno  am  23.  November  1241, 
dass  die  an  diesem  Hospitale  dienenden  Brüder  und  Schwestern 
nach  der  Regel  des  hl.  Augustinus  leben  sollten;  auch  werde 
er  ihnen  die  zu  4ragende  Kleidung  bestimmen  und  die  zu  be- 
obachtenden Satzungen  nach  weiser  und  religiöser  Hänner  Ralh 
in  einem  Satzungsbnche  zusammenschreiben  lassen.  (Sinnacher 
4  B.  S.  389.) 

Die  edlen  Stifter  Hugo  IV.  von  Tauvers  und  dessen  Ge- 
mahlin die  Gräfin  Adelheid  nicht  zufrieden  mit  der  grossen 
materieten   Gabe,    wollten    sich   selbst   zum  Opfer  bringen, 


-    M    - 

flberliessen  all  ihr  BesitEtham  ihren  iwei  maimbaren  Söhnen 
Hago  y.  und  Ulrich  II.,  legten  ihre  weltlichen  Kleider  a])  and 
traten  in  diese  religiöse  Genossenschaft  als  dienender  Bruder 
und  Schwester.  (Deutsch»Ordens-Archiv).  —  Doch  nur  wenige 
Jahre  scheint  der  edle  Hugo  lY.  im  Dienste  der  Armen  Christi 
noch  gelebt  zu  haben;  denn  während  aus  der  Urkunde  vom 
3.  November  1244  hervorEugehen  scheint,  dass  er  noch  am 
Leben  war,  scheint,  er  bald  darauf  gestorben  zu  sein,  da  keine 
Urkunde  mehr  seiner  erwähnt.  Ihn  flberlebte  seine  edle  Ge* 
mahlin,  die  Gräfin  Addhaid,  um  viele  Jahre;  denn  i.  J.  1253 
bat  selbe  befürchtend ,  dass  nach  ihrem  Hinscheiden  das  Ho- 
spital, dies  Werk  der  Liebe  durch  die  Macht  einiger  Grossen 
in  weltliche  Hände  kommen  möchte  zu  grossem  Schaden  der 
Armen  und  Pilger,  sammt  ihrem  Sohne  Ulrich,  den  Grafen 
Meinhard  von  Görz  und  den  Grafen  Gebhard  von  Hirschberg, 
das  von  ihr  gestiftete  Hospital  zur  Förderung  desselben  und 
zum  Nutzen  der  Armen  dem  deutschen  Orden  übergeben  zu 
dürfen,  wozu  diese  auch  zu  Sterzingen  am  4.  Oktober  1253 
gerne  ihre  Einwilligung  gaben.  In  Folge  dessen  übergab  non 
am  27.  November  1254  die  Stifterin,  Gräfin  Adelhaid,  auf  Bilte 
des  Grafen  Gebhard  von  Hirschberg  ihres  Schutzherrn  mit  Zu- 
stimmung ihrer  Ordensschwestern  Juta,  Alhaid  und  Maria  das 
ganze  hl.  Geisthospital  sammt  allen  dazu  gehörigen  Gütern  und 
Rechten  nebst  ihren  eigenen  Personen  dem  Orden  der  deutschen 
Brüder  unter  der  Bedingung,  dass  die  bereits  im  Hospitale 
lebenden  Brüder  und  Schwestern  in  Kleidung,  Speise  und  Trank 
und  allem  Andern  daselbst  erhalten  werden  und  nach  des  deutschen 
Ordens  Regel  leben  und  bleiben  sollen.  Diess  geschah  in 
Beisein  Heinhards,  Grafen  von  Görz,  Hm.  Ulrichs,  Edlen  von 
Tauvers,  des  Sohnes  der  Stifterin,  Wilhelms  Edlen  von  Cavriak, 
Wilhelms  Edlen  von  Aichach,  Ulrichs  von  Reichenberg,  Rudolphs 
von  Dewein,  Cunrads  von  Utenheim.  (Heine  Beitf.  z.  Gesch. 
d.  deutsch.  Ord.  S.  24).  —  Da  jedoch  diese  Uebergabe  des 
Hospitals  an  den  deutschen  Orden  von  Seite  des  Diöcesan- 
Bischofs,  wahrscheinlich  wegen  der  damit  verbundenen  Marien- 


Pfarrkirche  znStening,  Widersprach  fand,  so  betrieb  die  Stif- 
terin  (ortwährend  die  Zastimraung  beim  päpstlichen  Stuhle,  in 
Folge  dessen  iwei  päpstliche  Erlasse,  einer  von  P.  Alexander  IV. 
dat.  Yiterbo  5.  Nov.  1257,  der  andere  von  P.  Urban  LV.  dat. 
Orvieto  30.  Oktober  1262  gttnstig  erflossen;  als  nan  in  Folge 
letzterer  die  Stifterin,  Gräfin  Adelhald,  den  Bischof  Bruno  aufs 
neue  um  volle  Zustinunong  zu  der  von  ihr  gemachten  Schen- 
kung dringend  bat,  so  gab  endlich  der  Bischof  selbe  am 
29.  August  1263  zu  Sehen;  und  demzufolge  bestätigte  auch 
die  Stifterin,  Schwester  Alhaid  in  Gegenwart  der  Priester  David 
und  Adelbert,  Provisoren  des  Hospitals,  Fr.  Heinrichs  des 
Deutschhaus  Comturs  am  3.  September  ihre  Schenkung  aufs 
Neue.  (Heine  Beilr.  z.  Gesch.  d.  d.  Ord.  S.  25).  —  Da  von 
nun  an  ihrer  keine  Heidung  mehr  geschieht,  so  mag  die  demli* 
thige  Dienerin  Gräfin  Alhaid  bald  darauf  heimgegangen  sein, 
um  dort  den  Lohn  ihrer  guten  Werke  zu  empfangen. 

Durch  den  Eintritt  ihrer  beiden  Eltern  als  dienender  Bruder 
und  Schwester  im  Hospitale  zu  Sterzing  waren  deren  beide 
Söhne  Hugo  Y  und  Dlrich  II.  von  Tauvers,  —  von 
Töchtern  machen  die  Urkunden  keine  Erwähnung,  —  selbst- 
ständig und  Besitzer  der  väterlichen  Besitzungen  und  der  An- 
wartschaft auf  das  schöne  eppanische  Erbe  geworden.  Bereits 
im  Jahre  1244  erblicken  wir  sie  als  Herren  der  Herrschaft 
Tauvers ;  denn  am  3.  November  diess  Jahrs  zu  Brixen  in  Gegen- 
wart Hrn.  Hugo's  des  jUngern  von  Tauvers  und  Wilhelms  von 
Aichach,  Hrn.  Hugo's  von  Velturns,  Hrn.  Ulrichs  Vinke  und 
Conrads  von  Uotenhaim,  (diese  beide  Hrn.  Hugo's  von  Tauvers 
Ritter)  schliesst  Bischof  Egno  von  Brixen  mit  den  mächtigen 
Brüdern  Fridrich  und  Beral  von  Wanga  ein  Schutz-  und  Trutz- 
bttndniss  gegen  Jedermann  mit  Ausnahme  des  Reichs,  des 
Kaisers  Fridrich  H.  und  der  Brfider  Hugo  und  Ulrich  von 
Tuvers,  unter  einer  Pön  von  1000  Hark  Silber.  Für  den 
Bischof  stehen  als  eidliche  Bürgen:  Hr.  Hugo  von  Tuvers  und 
dessen  Bruder  Ulrich,  Wilhelm  von  Aichach  und  Hugo  von 
Velturns.     CHormair    sämmtl.  W.   2.  Urk.  27).   —  Da  nun 


—  ao  — 

hier  Hago  V.  ansdracküch  der  jtliigere  r<m  Taovers  gemimt 
wird,  so  gehl  daraas  deatUek  hervor,  dass  sein  Vater,  Hugo  lY. 
noch  am  Leben  aber  nicht  mehr  regierender  Herr  war,  da  mir 
seine  iwd  Söhne  ausgenommen  werden;  er  also  bereits  im 
Hospitale  als  dienender  Binder  eingetreten  sein  mochte.  —  Die 
bcMen  jugendlichen  und  stoiaen  Brfider  von  Tativers  mochte  es 
wohl  verdriessen,  dass  ihr  Vater  beide  FamDienschlösser  Tauvers 
und  Utenheim  nebst  mehreren  Gttiten  dem  Stifte  Brisen  xii 
Lehen  anfgesendet;  um  nun  doch  einen  freien  unabhftngigeD 
Schlosssitz  zu  besitzen,  begannen  selbe  auf  ihrem  freien  Eigen  , 
in  der  Pfarre  Gaiss  auf  einem  westlich  davon  gelegenen  halb- 
begrünten  Hogel  den  Bau  eines  neuen  Schlosses,  und  nannten 
das  vollendete  „Schloss  Neuhaas^<^).  Unterhalb  desseifoeD 
%  Standen  davon  entfernt  entstanden  nach  und  nadi  8  HSuser 
und  bildeten  den  Weiler  und  Burgfrieden  Neuhaus.  —  Jedoch 
gerade  dieser  Bau  scheint  Anlass  zu  einer  ernsten  Fehde  zwi- 
schen den  nächsten  Anverwandten,  den  beiden  Edlen  von 
Tauvers  und  Arnold  von  Rodank  und  dessen  Sühnen,  warum, 
sagt  uns  die  Urkunde  nicht ,  gegeben  zu  haben ,  die  so  ernst 
wurde,  dass  Bischof  Egno  sich  bemflssigt  sah,  sich  ins  Mittel 
zu  legen ;  denn  1248  machte  Bischof  Egno  von  Brixen  einen 
Vertrag  zwischen  seinem  Affinis   (durch  Heirath  Verwandten) 


*)  Wenn  Dr.  Staffier  in  seiner  histor.-^tatistischenBeschreibiug 
von  Tirol  2.  Th.  S.  257  behauptet:  Schloss  Neuhaus  habe  schon 
1225  den  Hrn.  von  Tauvers  gehört,  so  ist  diess  unrichtig,  da  in  der 
betreffenden  bereits  erwähnten  Urkunde  ^  wohl  von  den  Schlössern 
Tauvers  und  Utenhaim  die  Rede  ist,  aber  Neubaus  gar  nicht  erwähnt 
wird.  —  Eben  so  ungenaa  ist  die  darauf  folgende  Notiz:  „Ritter 
Ulrich  von  Tauvers  kam  1239— 124S  mit  dem  Bischof  Egno  von 
Brixen  fiberein>  diese  Burg  (Neuhaus)  zur  Vermeidung  des  Streilea 
zwischen  dem  Grafen  von  Tirol  und  jenem  von  Görz  wegen  der 
Oeffnung  zu  brechen  und  nimmer  zu  erbauen.'^  —  Unsere  oben  aus 
dem  Schatzarchiv  entnommene  Notiz  vom  J.  1248  spricht  ganz  anders 
und  macht  weder  von  dem  Grafen  von  Tirol  noch  von  dem  von 
Q(^  die  mindeste  Erwfihaung. 


-    M    - 

Ufaich  ¥011  Tiuvers  und  ewischen  Arnold  von  Rodank  und  dessen 
Söhnen  ArnoM  und  Pridrieh  wegen  ihrer  Fehde,   welche  zwi- 
sehe«   dem  erwähnten  Ulrieh   von  Tauvers  und  dessen  Bruder 
Hugo  eines*  und  erwähnten  von  Rodank  nnderntheils  obgewaltet, 
demzufolge  das  neue  Schloss  oder  Neuenhaus  abge- 
brocheo  und  nicht  wieder  erbaut  werden  sollte.  (Schatz-Archiv- 
Regesten.)    Somit  war  offenbar  die  Erbauung  dieses  Schlosses 
die  Hauplarsache  dieser  Fehde,  die,  wie  es  scheint,  auch  zu- 
gleieb  zu  Mssheliigkeiten  zwischen  den  Herrn  von  Tanvers  und 
den  Bfschof  selbst  und   dann   zu  offener  Feindfeligkeit  führte, 
md  wobei  durch  die  Gebrüder  von  Tauvers  und  deren  Anhän- 
gern d^ra  Bischöfe  und  dessen  Stifte  bedeutender  Schaden  zu- 
gefügt wurde.     Der  ältere  Bruder,  Hugo  V.,   fiel   entweder  in 
dieser  Fehde  oder  starb  während  derselben   und  vielleicht  mag 
gerade  dieser  Umstand  seinen  Bruder  Ulrich   milder  und   zum 
Frieden  gestimmt  haben;    denn   am  29.  März  1248  kam  ein 
wechselseitiger  Friedensvertrag  zu  Brixen   zu  Stande.    Bischof 
Egno  erklärt  sich  nämlich:  er  wolle  alle  jene  Schäden,  welche 
ihm  und  seinem  Stifte  Hugo  (Y.)  von  Tauvers  seligen 
und  dessen  Bruder  Ulrich  mit  ihren  Helfern  zugefügt,  auf  dessen 
Bitte  gegen  dem  nachsehen,  dass  Ulrich  von  Tauvers  verspreche, 
von  jetzt  an  bis  Pfingsten   und   von  da  an  10  Jahre  hindurch 
des  Bisehofs  Bundesgenosse  wider  jedermann ,    ausgenommen 
da»  römische  Reich  und  die  Hm«  von  Wanga,  zu  sein.    Jedoch 
verlangte  der  Bischof  ausdrücklich ,  jene  Schäden ,  welche  den 
Domherrn,   den  Klöstern   und   Kirchen  in  der  Fehde  zugefügt 
worden,  sollen  darin  nicht  einbegriffen  sein,   sondern  vielmehr 
Ulnch  von  Tauvers  entweder  gemäss  gütlichem  Abkommen  oder 
laut  Rechtsspruch  selbe '  vergüten.   —  Beide  Theile  schlössen 
nun   ein  Schutz-  und  Trutzbündniss ,    gegenseitig  verpönt  mit 
500  H..B.  auf  ihre  Güter,  und  beschworen  auf  Seite  Ulrichs 
von  Tauvers  durch  ihn  selbst  und  seine  Ritter :  Otager  .  .  . 

Conrad   von  Utenhaim ,    Bertold ,    grim  und 

zweien  seiner  Hörigen,    nämlich  Heinrich  Kargo  und  Volkger. 
—  Zudem  ward  ausgemacht,    falls  ein  Streit  zwischen  dem 


1 


-  »  - 

Bischöfe  and  Ulrichen  von  TaaTon  oder  ihren' 
stünde,  solle  selber  innerhalb  14  Tagen,  and  falls  der  eine 
oder  der  andere  ausser  Landes  wäre,  innerhalb  14  Tagen  nach 
dessen  Rttckkehr  beigelegl  werden  durch  sechs  friedliche  selbst- 
gewfifalte  Schiedsrichter,  nämlich  von  Seite  des  Bischöfe  darch 
Cunrad  von  Rischon,  Albert  von  Rischon  und  Hduirich  von 
Aichach,  und  von  Seite  Hm.  Ulrichs  von  Tanvers  durch  Wflbetai 
von  Aichach,  Conrad  von  Utenhaim  und  Bertold  Pfaife  (viel- 
leicht Phiffele  von  Utenhaim).  MOgen  sich  diese  im  Sprache 
nicht  zu  einen,  so  soll  gelten,  was  Hr.  Arnold  von  Rodank 
und  dessen  Söhne  Arnold  und  Fridrich  aussprechen;  welcher 
Theil  dann  dem  Spruche  zuwider  handeln  wflrde,  gegen  den 
sollen  Hr.  Arnold  und  dessen  Söhne  dem  beobachtenden  Thoie 
beistehen.  (Horm.  sämmt.  W.  2  B.  S.  29).  In  dieser  Ur- 
kunde wird  nun  Ulrichs  H.  von  Tauvers  Bruder  Hugo  V.  deul- 
lich  als  bereits  gestorben  erwähnt ,  und  da  von  seinen  Kindern 
weder  hier  noch  sonst  irgendwo  eine  Erwähnung  geschieht,  ao 
muss  er  kinderlos  und  wahrscheinlich  auch  unverehlicht  im 
blühendsten  Alter  dahin  geschieden  sein. 

Bemerkt  zu  werden  verdient  hier  noch,  dass  Hr.  Ulrich 
von  Tauvers,  Schloss  Neuhaus  nicht ,  wie  es  vermöge  obigen 
Vertrages  geschehen  sollte,  zerstörte,  sondern  selbes  blieb,  wie 
viele  Urkunden  ausweisen,  stehen,  und  wahrscheinlich  dies 
nebst  andern  Ursachen  war  die  Quelle  der  noch  fortdauernden 
später  zu  erwähnenden  Reibungen  zwischen  Ulrich  von  Tauvers 
und  seinen  Gesippten,  denen  von  Rodank.  — *  Als  gute  Freunde 
begleiteten  Ulrich  der  Edle  von  Tauvers  und  Hr.  Arnold  von 
Rodank  den  Bischof  Egno  mit  andern  Edlen  nach  Sterling  und 
umstanden  denselben  als  Zeugen^  da  am  14.  Mai  1248  die 
Grafen  Georg  und  Fridrich  von  Eppan  dem  Bischöfe  Egno 
eidlich  sich  verpflichteten,  ihm  die  Schlösser  Königsberg  and 
Vassio  zu  übergeben,  und  zugleich  Verzicht  auf  die  ErbschafI 
des  Grafen  Ulrich  von  Ulten  leisteten.  (Horm.  Gesch.  v.  Tirol 
2  B.  S.  341.)  Ebenso  erscheint  unser  Ulrich,  Edler  von 
Tauvers  mit  Fridrich,   Grafen  von  Eppan  und  vielen 


-    88    - 

Edlen  im  Ciiore  so  IriiMto  ab  Zeage,  wie  BenAard  von  Malfef 
mit  sfinen  Brüdem  Heioricb  and  Waltminn  tnd  deren  Sdiwesler 
Innengard,  die  ftich  voii  der  Hörigkeit  Hrn.  Vkitha  tod  Werre 
tosgekanfl  halten,  dem  Dienste  der  iQrche  ton  Brixen  sieli 
opierlea.  (Sinnaoher  4  B«  8.  3640  ^  Am  Montag  naeh  Hdria 
Himnieirabrt  1250  maekle  das  Kloster  NensliA  einen  Yerth« 
mit  de*  Brttdem  Rnebert,  Albero  nnd  Ulaobalk  genannt  die 
MetMadgea  (Hintalerialen  der  Bdlen  ton  Tanrers}  wegen  des 
Hofii  so  FMMit;  das  Stift  gab  dem  Rnebert  80  Pf.  B.  und 
dieser  yerzichtete  dafür  nicht  nor  auf  seine  Ansprüche  an  die- 
sem Hofe^  sondern  übernahm  es  auch,  seine  Brüder  dazu  zu 
bewegen.  Als  Bürgen  stellte  er  seinen  Herrn  Ulrich  den  Edlen 
▼OD  Tamrers,  der  auch  die  Urkunde  siegelte.  (Sinnacher  4  B. 
S.  534  ex  arch.  Neocellensl.) 

Als  Lehensmann  folgte  Ulrich  von  Tauvers  im  folgenden  Jahre 
dem  Rufe  seines  Lekensherm,  des  neuen  Bischofs  von  Brixen  Bruno, 
ris  dieser  seine  Mannen  aufmahnte  zum  Zuge  gegen  das  Schloss 
Sonnborg  bei  Innsbruck,  und  begleitete  denselben  auf  dessen 
Zage  vor  dasselbe;  Beweiss  dessen,  als  Bischof  Bruno  im 
Jahre  1251  sor  Zeit,  da  er  das  Schloss  Sunnburg  belagerte, 
dem  Conrad  ton  Schrovenstein  und  dessen  Töchtern  alle  stif- 
tischen Lehen  bestfiligte,  dabei  ihn  unter  andern  Ulrich,  Edler 
von  Tuvers  ds  Zeuge  umstand.  (Sinnacher  4  B.  S.  436. 
ex  Rossbiehier.) 

Ob  Ulrich  von  Tauvers  Jene  verheerende  Fehde,  welche 
Graf  Albert  von  Tirol  und  dessen  Schwiegersohn  Graf  Hein- 
hard  von  Görs  im  Jahre  1252  gegen  den  Erzbischof  Philipp 
von  Salzburg  begannen,  als  Kampfgenosse  mitgemacht,  oder 
aber,  was  wahrscheinlicher,  erst  nach  der  Niederlage  und  Ge- 
flittgemiehmung  des  Grafen  Albert  mit  dem  Bischöfe  Brutto  von 
Bilxen  und  Andern  Edlen  des  Landes  als  Friedensvermittler 
anfgefrelen,  ist  urkundlich  nicht  zo  entscheiden;  genug,  am 
12.  Dezember  1252  zu  Gmünd  geloben  Bruno,  Bischof  von 
Brixen,  Albert,  Graf  von  Tirol,  Eberhard,  Graf  von  Kirchberg^ 
die  Gebrüder  Fridrich  ond  Berti  von  Wanga  und  Ulrich  von 

8 


—    34    — 

Tauvers  dem  erwäUteo  Enbischofe  Philipp  von  Saltburg  fiber 
Luenz  sich  nicht  hinauszubegeben,  bevor  sie  ihm  nicht  fflr  (ß\B 
Lösegeld  für  Graf  Albert)  zu  bezahlende  300  Hark  Silber  «ne 
annehmbare  Caution  geleistet  oder  daffir  die  Schlösser  Stein 
und  Joun  zu  Pfand  übergeben  hfltten.  Jedoch  erhielten  die 
Gebrüder  von  Wanga  und  Hr.  Ulrich  von  Tauvers  von  ihm  die 
Erlaubniss  auch  über  Luenz  hinaufzuziehen,  wenn  sie  ihm  nur 
gelobten,  auf  geschehener  Aufforderung  vermöge  jenes  Verspre- 
chens nach  Gmünd  wieder  zurückzukehren.  (Hormair,  Archiv 
1827,  S.  560.) 

Nach  dem  i.  J.  1253  erfolgten  Tode  seines  Freundes,  des 
Grafen  Albert  von  Tirol,  waren  dessen  Besitzungen  an  seine 
Schwiegersöhne  Heinhard  von  Görz  und  Gebhard  Graf  von 
Hirschberg  übergegangen;  am  4.  Oktober  1253  zu  Sterzingen 
Urkunden  diese  beide,  dass  der  edle  Mann  Ulrici;  von  Tuvers  und 
dessen  Mutter  Frau  Alhaid  von  ihnen  die  Erlaubniss  erhalten, 
das  von  ihnen  und  ihren  Vorfahren  gegründete  Hospital  zu 
Sterzing  den  Brüdern  des  deutschen  Ordens  übergeben  zu  dür- 
fen, (mihi.)  Aus  dieser  Urkunde  geht  deutlich  hervor,  dass 
Ulrichs  IL  Vater,  Hugo  FV.,  so  wie  auch  dessen  Bruder 
Hugo  V.  bereits  gestorben  waren,  da  ihrer  hier  keine  Erwäh- 
nung geschieht.  —  Im  Jahre  1254  wohnte  unser  Ulrich  von 
Tauvers  mit  dem  Bischöfe  Cunrad  von  Freisiogen,  den  Brüdern 
Fridrich  und  Beral  von  Wanga  u.  a«  dem  auf  emer  Wiese 
bei  Heran  am  10.  November  vorgegangenen  wichtigen  Akte 
der  Theilung  der  von  dem  Grafen  Albert  von  Tirol  binterias- 
senen  Lande  und  Güter  zwischen  Heinhard  III.,  Grafen  von 
Görz  und  Gebhard,  Grafen  von  Hirschberg  als  Zeuge  bei. 
(Hormair,  Gesch.  v.  Tirol  2.  B.  S.  350).  —  Und  nun  ver- 
schwindet er  volle  5  Jahre  aus  den  Urkunden;  wir  wissen 
nicht,   ob  er  vielleicht  in  auswürtigen  Diensten  abwesend  war. 

Indessen  war  aber  ein  für  seine  Familie  wichtiges  Er- 
eigniss  eingetreten;  Graf  Ulrich  von  Eppan-Ulten  war  im  J.  1248 
gestorben;  dessen  Vettern,  die  Junker  Fridrich  und  Geoig, 
Grafen  von  Eppan,  welche  er  mit  seinem  Vetter  Grafen  figno, 


—    35    — 

damals  Bischof  ton  Brixen,  im  Jähre  1241  za  Erben  aller 
seiner  Güter,  Schlösser  etc.  eingesetzt  hatte,  waren  demselben 
wenige  Jahre  nachher  ins  Grab  kinderloss  gefolgt;  Ulrich  II. 
Ton  Taavers  als  Sohn  der  Grä6n  Adelhaid,  wahrscheinlich  einer 
Schwester  der  obigen  zwei  Grafen  Fridrich  nnd  Georg  von 
Eppan,  beanspruchte  nun  ihre  ganze  Hinterlassenschaft,  in  so 
weit  selbe  Familien  Eigenthum  war,  und  nannte  sich  von 
nun  an  „den  wahren  Erben  von  Eppan.^  Allein  er  fand  hierin 
Einspruch  von  Seite  anderer  Verwandten,  besonders  aber  von 
Seite  Hm.  Ezelin's  von  Egna  und  dessen  Söhnen,  so  wie  von 
den  Herrn  von  Hontfort,  von  Bischof  Egno  als  Grafen  von 
Eppan  und  Andern,  mit  denen  er  darüber  in  beständigen  Hader 
lag,  vorzüglich  mit  den  Herrn  von  Egna;  jedoch  gelang  es 
ihm  wenigstens  in  den  Besitz  des  Schlosses  Eppan  und  einiger 
k  Güter  derselben  besonders  in  der  Gegend  von  Eppan  sich  zu  setzen. 
Am  19.  Februar  1259  wohnte  Ulrich  von  Tauvers  mit 
dem  Grafen  Bertold  von  Eschenloch  und  andern  Edlen  zu  Trient 
dem  feierlichen  Akte  bei,  als  Bischof  Egno  von  Trient  not- 
gedrungen den  Grafen  Hein&ard  und  Albert  von  Görz^-Tirol  die 
Investitur  mit  den  alten  und  neuen  trientnerischen  Lehen  er- 
theilte«  (Rormair,  Gesch.  v.  Tirol.  2.  B.  S.  374.)  —  Ebenso 
erscheint  Ulrich  von  Tauvers  am  19.  Jänner  1263  nebst  andern 
Edlen  im  Harkte  Hatrei  als  Zeuge,  wie  die  Brüder  Meinhard 
und  Albert  Grafen  von  Görz-Tirol  dem  Kloster  Benediktbeuem 
die  Schenkungen  weiland  Otto's  Herzogen  von  Heran  bestätigte. 
(Honum.  boica  8  B.  S.  36.)  Wahrscheinlich  war  er  mit  diesen 
Grafen  dem  Pfalzgrafen  Ludwig  von  Baiem,  der  als  friedlicher 
Schiedrichter  in  dem  nach  dem  Tode  Elisabets  Gräfin  von  Tirol, 
Gemahlin  Gebhards  von  Hirschberg  zwischen  diesem  und  den 
Grafen  von  Görz-Tirol  wegen  des  lirolischen  Erbes  neuerdings 
ansgebrochenen  Streites  nach  Sterzing  kam,  entgegengeritten; 
und  so  wohnte  er  auch  dem  von  besagten  Ffalzgrafen  am 
1.  Februar  1263  zu  Sterzing  gefüllten  schiedsrichterlichen 
Spruche  über  die  Theilung  der  bei  der  Theilung  im  Jahre  1254 
obiger  Elisabeth,  Gräfin  von  Tirol,  und  deren  Gemahl,  Gebhard 

3* 


von  Hirsciiberg',  zugefalleneD  Lande,  ScUöMer  udd  fiüter  ab 
Zeuge  bei.    (Hormair,  Gesch.  ?.  Tirol  2  B.  8.  381.) 

Sehr  wahrscheinlich  bei  dieser  Gelegeaheil  beauftragte 
Pfaligraf  Ludwig  unsero  Hugo  von  Tauvers,  den  er  hier 
näher  kennen  lernte,  mit  einem  wichtigen  Geschäfte;  BooeUi 
Notizie,  Vd.  U.  pag.  607  fahrt  ohne  Tages-  und  JahnaU- 
angabe  folgende  Notiz  an :  Bisdiof  Egno  verfieh  seinem  treuen 
Ulrich  von  Tauvers  alle  jene  Lehen ,  welche  die  verstorbenen 
edlen  Männer  Siboto  und  Conrad,  Grafen  von  Hadmarsberg  so* 
wohl  im  Lande  im  Gebirge  als  ausserhalb  desselben  von  der 
Kirche  von  Trient  zu  Lehen  getragen.  —  Dless  mag  nun  im 
Jahre  1263  geschehen  sein,  und  Dlrich  von  Tanvers  selbe  nur 
als  Afterlehen  im  Namen  des  Pfalzgrafen  von  Baiem  getragen 
haben;  denn  es  heisst  in  einer  Urkunde,  dat.  Trient  am 
21.  April  1263:  Egno,  Bischof  von  Trient  belehnt  den  Herzog  • 
Ludwig  von  Baiern  mit  den  Lehen,  welche  durch  den  Tod 
Sibot*s  Grafen  von  Hadmarsberg  heimgefallen,  mit  den  dasi  ge- 
hörigen Schlössern,  Dörfern,  Gebieten  etc.  secundum  morem 
reeti  et  honorabilis  feudi.  (Lang,  bair.  Regesten  3.  B.  S.  202.) 

Unterdessen  hatte  sich  wieder  im  Bischthum  Brisen  eine 
bedeutende  Fehde  erhoben;  indem  Wilhelm  von  Aichach  sidi 
verrätheriseh  des  dem  Stifte  Brixen  gehörigen  Schlosses  Castlrutt 
im  Jahre  1262  bemächtigt  hatte  und  sich  darin  hielt.  Wegen 
der  Festigkeit  des  Schlosses  und  der  verzweifelten  Gegenwehr 
der  Vertheidiger  wollte  es  dem  Bischof  Bruno  nicht  gelinget, 
selbes  einzunehmen ;  dieser  hielt  es  daher  fUrs  Beste,  das  Schioas 
dem  Grafen  Heinhard  von  Görz-Tirol  während  der  Belagerung 
am  31.  Mai  1262  gegen  Erlag  von  300  M.  B.  zu  Lehen  anta- 
tragen«  Sei  es  nun,  das«  der  Graf  den  Antrag  nicht  annahm 
oder  wie  immer;  es  gelang  endlich  dem  Bischöfe  selbst,  den 
Rctellea  Wilhelm  von  Aichach  sammt  dessen  gleiduiani^en 
Neffe«  in  sefaie  Hknde  zu  bekommen;  am  2&  August  1264 
mussten  selbe  bei  ihrer  Entlassung  aus  der  Oefangensehafl  dea 
Grafen  Heinhard  und  Albert  von  Tirol  eine  Entsagungsarkunde 
auf  alle  von  denselben  kerrährendea  Leben  und  Pfaadschaflen 


—    8T    — 

aassteUen,  woftlr  selbe  «e  ihres  Scbolzes  versiclierten ;  dabei 
erschien  nebst  Bertoid  Grafen  Yon  Eschenloch  auch  Ulrich  yod 
Tauvers  als  Zeuge.  (Fontes  rer.  aastr.  1  B.  S«  61  >*  —  Hart, 
aber  verdient,  wegen  ihres  grossen  Frevels  waren  die  Bedin- 
gungen, welche  sie  am  Tage  darauf,  27.  August,  gegen  den 
Bischof  eingehen  mussten;  darunter  auch  die:  alle  Lehen  und 
Pfandschaften ,  welche  sie  von  den  drafen  von  Tirol  und  Hm. 
Ulrich  von  Tauvers,  inne  haben,  scriltan  sie  übergeben;  sie 
sollten  auch  dem  Bischöfe,  dem  Grafen  von  Tirol  und  Hrn. 
Ulrich  von  Tauvers  und  deren  Dienern  und  Freunden  Urt^de 
schwiht»,  und  stellten  dem  Bischöfe  und  dem  Ulrieh  von  Tauvers 
Geiseln,  weiche  letzterer  zu  seinen  Händen  nimmt,  und  selbe, 
im  Falle  die  Aichacher  die  Bedingungen  nicht  halten,  gefangen 
dem  Bischöfe  ausliefert.  (Sinnacher  4  B.  S.  554  und  Hormair 
sämmt.  W.  2  B.  Urk.  28,  der  aber  selbe  irrig  auf  1248  datirt.) 
Bereits  seit  vielen  Jahren  war  Ulrich  H.  von  Tauvers  mit 
der  edlen  Eufemia  (von  Hllnenberg;  —  von  Mairhofen 
und  Sinnacher  machen  aus  ihr  eine  Gräfin  und  zwar  eine  Grftfin 
von  Eppan,)  verehlicht;  am  28.  September  1264  urkundet  Ulrich 
von  Tauvers  ^  dass  er  aus  eigenem  Antriebe  und  mit  Zustim- 
mung seiner  Gemahlin  Eufemia  alle  Gerichtsbarkeit  (jnrisdic- 
tionem)  und  alle  Ansprüche,  welche  er  von  Bischof  Bruno  von 
Brixen  oder  seinem  Vater  Hugo  seligen  Andenkens  auf  das 
Harienhospital  zu  Sterzingen  im  Hoose  und  dessen  Zugehör  über- 
kommen, den  Brüdern  des  deutschen  Ordens  übergebe.  Zeugen 
dessen:  Bruno,  Bischof  von  Brixen,  Heinhard,  Graf  von  Görz 
und  Tirol,  Cunrad,  Graf  von  Kirchberg,  die  Ritter  Heinrich  und 
Jakob  von  St.  Michaelsburg,  Heinrich  von  Weifsberg,  Heinrich 
genannt  Mensauge,  Pfarrer  in  Lum  und  dessen  Brüder  Rubert 
und  Uischalk,  Scolasticus  zu  Innichen,  Hr.  HUtigrim  Ritter  von 
Uotenhaim.  (Archiv  St.  Zenoberg.)  Es  hängt  daran  das  grosse 
Siegel  Ulrichs  von  Tauvers,  darstellend  einen  Schild  von  drei 
Sparren  quer  durchzogen,  und  in  diesen  die  Wecken;  auf  dem 
Schilde  erhebt  sich  ein  Heim  mit  einem  ausgebrdteten  Pfeuen- 
sehwanze  verziert,  —  Wahrscheinlich  schenkte  er  auch  bei  die* 


—    38    — 

ser  Gelegenheit  den  deutschen  Ordens  Brüdern  das  ihm  zn- 
istehende  Patronatsrecht  der  Pfarre  Tauvers. 

In  welchem  Ansehen  Ulrich  von  Tauvers  selbst  bei  den 
Grossen  des  Landes  stand,  zeigt  folgende  Urkunde«  Es  hatte 
sich  eine  Fehde  zwischen  dem  Grafen  von  Tirol  und  dem  an- 
gesehenen Ezelin  von  Enn  erhoben ;  Letzterer  von  dem  Ersteren 
belagert  sah  sich  gezwungen,  sich  zu  ergeben.  Am  13.  Sept. 
1266  im  Lager  der  Grafen  von  Tirol  vor  dem  Schlosse  Enn 
gelobt  Ezelin  von  Enn  unter  der  Pön  von  400  Hark  Silber, 
wofür  er- Bürgen  namhaft  macht,  den  Grafen  Meinhard  und 
Albert  von  Götz  und  Tirol,  die  nächsten  zwei  Jahre  weder  an 
Ländereien  noch  Burgen  Schaden  zuzufügen,  weder  ihnen  noch 
ihren  Ministerialen.  Das  Urtheil  über  allenfalls  zugefügten 
Schaden  sollen  der  Bischof  Bruno  von  Brixen  und  Hr.  Ulridi 
von  Tauvers,  zu  schöpfen  haben.  Auch  versprach  Hr.  Ezelin 
den  Grafen  beiständig  zu  sein  gegen  Jedermann  ausgenommen 
gegen  Bischof  Egno  von  Trient,  dessen  Verwandte  und  Hm. 
(Ulrich)  von  Tauvers.     (Fontes  rcr.  austriac.  1  B.  S.  77). 

Wenige  Zeit  darauf  wurde  Ulrich  von  Tauvers  wieder  mit 
den  Hrn.  von  Rodank  in  eine  Fehde  verwickelt;  Bischof  Bruno 
vermittelte  eine  Verständigung.  Am  Freitag  nach  Nicolai  1266 
zu  Bruneck  bekennt  Ulrich  von  Tauvers  mit  in  die  Hände  des 
Bischofs  Bruno  geschworenem  Eide  über  den  Streit  und  die 
Fehde  zwischen  ihm  und  den  Herrn  von  Rodank,  dass  er  sich 
mit  Hrn.  Fridrich  von  Rodank  unter  solcher  Bedingung  und 
Gelöbniss  verständigt  habe,  dass  er  denselben  und  dessen  Edle 
und  Unedle  an  Sachen  und  Personen  versichert  und  in  Nichts 
belästigen  wolle ,  ausgenommen,  was  seinen  Herrn  den  Bischof 
von  Brixen  und  seine  Herrn,  die  erlauchten  Grafen  Meinhard  und 
Albert  von  Görz  und  Tirol  angehe.  Dazu  habe  er  noch  die 
Bedingniss  eingegangen ,  an  weldiem  Tage  er  dem  erwähnten 
von  Rodank ,  —  was  Gott  verhüten  möge ,  —  abzusagen  für 
nothwendig  erachten  würde,  besagter  von  Rodank  und  all  die 
Seinen  vom  Tage  der  Kündigung  an  noch  vier  Wochen  hin- 
durch von  ihm  und  den  Seinen  an  Sachen,  Person  und  Ehren 


—    39    — 

unbehelligt  bleiben  sollen.  —  Auch  habe  er  demselben  zuge- 
sagt, ihm  nicht  absusagen,  wenn  selber  in  auswärtigen  und 
fernen  Lfindem  wäre,  bis  er  in  seine  Heimath  zurttckgekehrt. 
Zu  grosserer  Sicherheit  hängt  er  und  Bischof  Bruno  ihr  Siegel 
daran.  Zeugen  dessen:  Bischof  Bruno,  der  Dompropst  Hart- 
mann, Cunrad  der  Decan,  Hr.  Bertold  von  Grünenbach,  Hr. 
Reimbert  Yinche,  Hr.  Htltigrim  von  Uotenhaim,  Hr.  Albero  von 
Nuoders,  Heinrich  von  der  March  und  Hr  Gregor,  alle  Ritter. 
(Slatth  -Archiv.) 

Ungeachtet  dieser  Verständigung  scheinen  bald  wieder  neue 
Zerwflrfnisse  dieses  Pridrich  von  Rodank  mit  Hm.  Ulrich  von 
Tanvers  und  selbst  mit  dem  Bischöfe  Bruno  sich  erhoben  su 
haben;  die  Ursache  der  Reibungen,  besonders  mit  Letzterm, 
scheint  vorzüglich  darin  gelegen  gewesen  zu  sein^  dass  er 
auf  seiner  Herrschaft  Gewerbsleute,  Handwerker  oder  Kaufleute, 
Cives,  unterhielt;  wahrscheinlich  wollte  Bischof  Bruno  zu  Gun- 
sten seiner  Stadt  Brixen  selbes  Ihm  nicht  dulden,  weil  der- 
gleichen Leute  nur  in  Städten  und  llärkten  wohnen  durften; 
Fridrich  von  Rodank  gedachte  daher,  auf  seiner  Herrschaft  einen 
Marktflecken  und  zu  dessen  Schutz  gegen  die  Bischöfe  und 
vidleicht  auch  gegen  die  Herrn  von  Tauvers  auch  ein  Schloss 
zu  erbauen.  Um  nun  seinen  Plan  durchsetzen  zu  können,  that 
er  einen  Schritt,  der  ihn  aus  einen  Freien  zu  einen  Vasall  der 
Grafen  von  Gönt-Tirol  machte,  indem  er  am  9.  Jänner  1269 
im  Schlosse  Neuhaus  (bei  Terlan)  sein  Schloss  und  den  ganzen 
Berg  Rodank  und  die  Clause  in  Haslach  den  Brüdern  Heinhard 
und  Albert,  Grafen  von  Görz  und  Tirol  als  Bigenthum  übergab ; 
dafür  sollten  die  Grafen  auf  dem  Berge  ein  Schloss  bauen  und 
ihm  darüber  die  lebenslängliche  Bnrghut  mit  10  M.  S.  jährlichen 
Gehalt  geben  und  in  der  Ebene  mit  ihm  einen  Marktflecken  er- 
bauen, wovon  die  Hälfte  ihm  zustehen  soll,  damit  er  diesen  mit 
seinen  Bürgern  besetzen  könne  u.  s.  w.  N^bst  anderm  machen 
sich  daftir  die  Grafen  gegen  ihn  verbindlich,  den  Bischof  Bruno 
von  Brixen  durch  jedes  Mittel  dahin  zu  bringen,  ihm  seine 
Rechte,  Zukömmlichkeiten  und  Besitzungen,  die  ihm  sein  Gross- 


-    40   - 

vat^  und  Vater  {linterbisseD ,  zarflekioslelleii.  Bbeiwo  Mllea 
3ie  aqch  schuldig  sein,  ihm  bei  Hm.  Ulrich  dem  Edlen  von 
Tauveri^  über  Alka,  was  er  gegen  denselben  vorzubringen  habe, 
Rechl  zu  versd^aVen  und  falls  dieser  das  Recht  verweigere, 
denselben  auf  alle  mögliche  Weise  dazu  zu  zwingen  u.  s.  w. 
Diese  letztern  Punkte  klären  uns  auf,  was  den  bisher  freieD 
Fridrich  von  Rodank  bewogen,  ein  Vasall  der  Grafen  von  Görz- 
Tirol  zu  werden  ^nd  dem  Stifte  Brixen  und  dem  Ulrich  von 
Tauvers  einen  solchen  Streich  zu  spielen.  Er  fand  sich  nftOH 
lich  gedrückt  von  dem  Rischofe  von  Rrixen  und  von  Ulrich 
von  Tauyers  und  hatte  selbst  nicht  Krtffte  genug,  om  sich 
wjder  beide  aein  vermeinliches  Recht  zu  verschaffen,  er  mnaste 
sjph  ako  unt^  den  Schutz  eiqes  Michtigem  begeben ,  den  er 
aber  nur  durch  Yerzichtieistung  auf  seine  Unabhfingigkeit  er- 
kaufen konnte,  CRüggl,  Sammler  von  Tirol  4  B.  S.  51  und 
Sinnacher  4  R.  8.  &46).  —  Wohl  in  Folge  dieses  für  den 
'  Bisehof  von  Rris^en  sowohl  als  auch  für  Ulrich  von  Taave» 
bedenkliche  and  etwas  geffthrlichen  Uebereinkommens  Fridrichs 
von  Rodank  mit  den  Grafen  von  Qörz-Tirol  mochte  es  ge- 
schehen, dass,  ^  wie  die  Urkunde  sieh  ausdrückt,  —  zwischen 
dem  Bischof  Bruno  und  Ulrichen  von  Tauvers  einer-  and  den 
Grafen  von  Görz  und  Tirol  andererseits  ein  gewisses  Misslrauen^ 
der  Keim  von  gegenseitigem  Hasse  entstand.  Diesen  abzu« 
schneidern  wurde  mit  beiderseitiger  Uebereinstinimung  zu  Bosea 
am  5.  Mai  1270  folgender  Vereins-  und  Friedensvertrag  er- 
richtet :  der  Bischof  Bruno  schwor  einen  leiblichen  Eid  so  wie 
die  Herrn  Eberhard,  Graf  von  Kirchberg  und  Ulrich  von  Tau- 
vers und  mit  ihnen  Heinrich  von  Voitsberg,  sie  wollten  den 
besagten  Grafen,  deren  Leuten,  Gönnern  und  Hdfern  vom  Tage 
des  Vertrages  an  bis  nüchstkünftiges  Fest  der  Geburt  des  hl. 
Johann  ßapt.  und  von  da  an  noch  zwei  Jahre  hindurch  keinen 
Schaden  oder  Schimpf  an  Gütern  oder  Fensonen  zufügen  oder 
durch  die  Ihrigen  zufülgen  lassen«  Eben  dasselbe  schworen 
ihrerseits  Graf  Meinhani  für  sich  und  seinen  Bruder  Albert, 
dann  die  Heiwn  Fridrich  von  Rodank,  Berohtnng  von  Mais, 


-    41    - 

Brimrd  van  Zwincensteia,  Reinimehl  veo  Toitsberg,  Heinrich 
igr  Lajaner,  Wilhelm  von  Aichach  and  Bertold  Tarant  Dann 
wvfden  noch  vnrachiedene  Bestinunongen  beigeselzl,  wie  etwa 
ent3U4ieni]e  Irrungen  aosgeglichen  werden  aollten.  Zeugen  dabei : 
Heinricbp  Propal  von  Neiutift^  Fr.  Fridrich,  Comtor  des  den^ 
sehen  Hauses  zu  Boaen  mit  mehreren  Adelichen.  (Collect. 
B«sch  und  Hormair,  Gesch.  v.  Tirol  2  B.  S.  436  und  444). 
Jedoch  nicht  lange  daaerte  dieser  Friede;  schon  im  fol- 
genden Jahr0  1371  waf  ein  neuer  Vertrag  zwischen  Bischof 
Bruno  and  dem  Grafen  Meinhard  nothwendig,  welcher  am  10. 
Jali  d.  J.  im  Kloster  Neustift  errichtet  wurde  und  der  vom 
OaUim  an  drei  Jahre  hindurch  bis  Michaeli  1274  dauern  sollte 
UQter  der  Pdn  von  600  Mark  Silber.  —  Damit  diesem  Vertrage 
nichts  im  Wege  stünde,  ward  auch  jener  Eidschwnr,  womit 
sich  dff  Bisehof  gegen  den  edlen  Mann  Ulrich  von  Tonvers 
verbindlich  gemacht,  als  aafgelOst  erklärt  (Hormair,  Gesch. 
y.  Tiiol  2.  B.  S.  443.)  —  Da  dieser  Vertrag  in  Neustift  ge- 
aehioasen  wurde,  so  glaubte  Propst  Heinrich  die  beste  Ge- 
legenheit zu  haben,  seinen  hohen  Gästen  die  grossen  Schäden 
voranstellen,  welche  sein  Stift  bei  den  wiederholten  Ausbrüchen 
der  Feindseligkeiten  von  beiden  kriegführenden  Partheien  schon 
öfter  habe  ausstehen  müssen  und  noch  zu'  befürchten  habe. 
Da  gaben  nun  Bischof  Bruno^  die  Brüder  Meinhard  und  Albrecht, 
Grafen  von  Görz- Tirol  und  Ulrich,  Edler  von  Tauvers  am 
11.  Juli  1271  zu  Neustift  das  Versprechen  ab,  ,sie  wollten, 
wenn  noch  einmal  so  eine  Fehde  ausbrechen  sollte,  das  Kloster 
und  alle  dessen  Leute  und  Güter,  besonders  jene,  welche  hinter 
Thoren  und  Hauern  verschlossen  wären  ^  ganz  unbeschädigt 
lassen.  Der  frevelhafte  Uebertreter  dieses  Versprechens  sollte 
sieh  die  Strafe  des  Kirchenbannes  zuziehen  und  so  lange  in 
demselben  verstrickt  bleiben,  bis  er  dem  Stifte  vollständige 
Geougthunng  leisten  würde.  In  jedem  Orte,  welchen  ein  sol- 
cher Frevler  betreten  wird,  soll  jeder  öffentliche  Gottesdienst 
eingestellt  bleiben ,  so  lange  derselbe  dort  weilt.  Der  Propst 
soll  zvar  die  Vollmacht  haben ,  von  dieser  Kirchenstrafe  los 


—    42    — 

zu  binden,  aber  erst  nach  geleisteter  Genngthuung.  Wenn  sich 
andere  Ministerialen  an  diesen  Freiheiten  des  Klosters  vergreifen, 
so  sollen  sie  aller  von  dem  Bischöfe  oder  dem  Grafen  erhal- 
tenen Lehen  verlarstig  und  lioch  daza  mit  dem  Banne  belegt 
werden.  (Sinnacher  4.  B.  S.  472—476,  ex  arch.  Neocell.  und 
Horm.  Gesch.  v.  Tirol  2.  B.  S.  326  und  445.) 

War  demnach  Ulrich  von  Tauvers  mit  dem  Grafen  von  Tirol 
in  Reibungen  gerathen,  so  hinderte  ihn  diess  doch  nicht,  mit 
demselben  friedlich  zusammen  zu  kommen;  so  umstand  Uliich 
der  Edle  von  Tauvers  mit  andern  Edlen  die  Grafen  Heinhard 
und  Albert  von  Görz-Tirol^  als  selbe  zu  Lienz  am  17.  Marx 
1269  das  Stift  Admont  mit  den  Burggrafen  von  Lienz  Fridrich 
und  Heinrich  verglichen,  welche  gegen  Zahlung  von  60  Pf.  8. 
allen  Ansprüchen  auf  die  admontische  Alpe  in  Grosskirchheim, 
die  grosse  Fleizze  genannt ,  auf  immer  entsagten.  ( Mnchar, 
Gesch.  d.  Steiermark,  5.  B.  S.  332.) 

Auch  andere,  friefliichere  Geschäfte  vollführte  unser  Ulrich 
von  Tauvers  in  der  Zwischenzeit.  Hatte  er  sich  schon  früher 
den  deutschen  Herrn  zu  Sterzing  wohlthfitig  erwiesen^  so  be- 
thäligte  er  diess  aufs  neue^  indem  er  durch  Urkunde  dat.  Neu- 
haus am 20.  Dezember  1269  als  wahrer  Erbe  von-  Eppan 
mit  Hand  und  Willen  seiner  Gemahlin  Ofmia  dem  Deutsch- 
ordensspitale  zu  Sterzing  die  zum  Schlosse  Eppan  gehörigen 
zwei  Gapelien  der  hl.  Maria  Magdalena  und  des  hl.  Petrus, 
erstere  beim  Schlosse  Eppan  selbst,  die  andere  bei  der  Pfarr- 
kirche zu  St.  Pauls  gelegen,  sammt  allen  ihren  Zugehörungen 
und  Rechten,  wie  er  solche  von  seinem  (mütterlichen) 
Grossvater^  dem  Grafen  Ulrich  von  Eppan,  dem  das 
Patronatsrecht  derselben  vermöge  Erbrecht  gehört  hatte,  über- 
kommen, —  schenkte;  jedoch  unter  der  Bedingung,  dass  der 
Orden  selbe  nie  ohne  seine  oder  seiner  Erben  Zustimmung  ver- 
äussere. Zeuge  dessen  der  Canonicus  .Gerold  von  Sunnbürch 
und  seine  Ritter:  Hiltigrim  von  Utenhaim,  Rupert Yinche,  Vol- 
ker von  Chemnat,  Rupert  Meusauge,  Conrad  Schilcher,  Heinrich 
Jouchard.  —   Die  Veranlassung  zu  dieser  Schenkung  gab  sein 


-    43    - 

Caplan  an  besagten  Capelleo,  der  erwfthnte  Canonloos  Gerold 
von  Siinnbarg;  denn  gerade  um  diese  Zeil  war  der  Domherr 
Conrad  der  Grieser,  Pfarrer  zu  Taovers  gestorben,  und  Herr 
Geroll  wttnschte  dessen  Nachfolger  zu  werden.  Weil  nun  aber  die 
Pfarre  Tauvers  damals,  sehr  wahrscheinlich  als  Geschenk  Ulrichs 
von  Tauvers  dem  deutschen  Orden  gehörte,  so  wusste  er  seinen 
Herrn  zu  bereden^  dem  Orden  obige  zwei  Capellen  sammt  Zu- 
gehör  gegen  Ueberlassung  der  Pfarre  Tauvers  zu  überlassen, 
worein  auch  der  Orden  willigte.  —  Als  nun  aber  Bruder 
Dietrich  von  Wibelchofen,  Comtur  der  Bailei  zu  Bozen  am 
30.  December  1269  vor  Bischof  Egno  von  Trient  trat  und  um 
Bestätigung  der  Schenkung  besagter  Capellen  an  den  Orden  bat, 
erwiederte  ihm  der  Bischof:  es  hätten  mehrere  Herren^  näm- 
lich die  von  Mootfort,  Hr.  Ezelin  von  Egna,  er,  der  Bischof, 
selbst,  und  noch  Andere  (als  Erben  von  Eppan),  deren  Rechte 
er  an  einen  Dritten  nicht  vergeben  könne,  Ansprüche  auf  erwähnte 
Capellen;  würde  er  ihnen  diese  Schenkung  gewähren,  so  thue 
er  es  nur  unbeschadet  der  Rechte  seiner  Kirche  und  der  Uebri- 
gen.  Als  nun  der  Comtur  und  die  Brüder  baten,  er  möchte 
ihnen  wenigstens  jene  Rechte  verleihen,  welche  die  Herren  von 
Tanvers  daran  hätten,  so  gewährte  ihnen  diess  der  Bischof. 
(Fontes  rer.  austr.  I.  B.  Urh.  *90.)  Demzufolge  sandte  am 
i.  Jänner  1270  zu  Bozen  im  bischöflichen  Palaste  der  Canonicus 
Gerold  von  Sunnburg  und  Caplan  des  edlen  Dlrichs  von  Touvers 
in  die  Hände  des  Bischofs  von  Trient  alle  seine  Rechte  auf 
erwähnte  zwei  Capellen  zu  Gunsten  des  deutschen  Ordens  auf, 
nämlich  das  geistliche  Recht,  welches  er  hatte  vermöge  der 
Präsentation  durch  den  Bischof  und  das  Temporale  von  Herrn 
Ulrich  von  Touvers.  (Rcpert.  arch.  episc.  Trid.)  —  Den  bis- 
herigen Wohlthaten  gegen  das  deutsche  Ordenshaus  zu  Sterzingen 
fügte  Ulrich  von  Tauvers  mit  Zustimmung  seiner  Gemahlin 
Ofmia  bald  darauf  eine  neue  hinzu,  indem  er  am  6.  Hai  1270 
zn  Sehen  in  Gegenwart  des  Bischofs  Bruno  von  Brixen,  des 
Grafen  Eberhard  von  Kirchberg,  Hrn.  Alberts  von  Voitsberg 
zum  Besten  des  Hospitals  zu  Sterzing  zu  ihrem  und  ihrer  Eltern 


—    44    — 

Seelenheil  zwei  Weinhöfe  zi  Tscherms  and  einen  m  NiBes 
sammt  den  dazu  gehörigen  Waiden  und  Wiesen  schenkte.  (Meine 
Beiträge  zur  Gesch.  d.  d.  Ord.  S.  29.) 

Im  Verlaufe  dies^  Zeit  waren  indessen  Ereignisse  vor* 
gefallen,  welche  wichtigen  Binfluss  auf  die  Familie  der  Edlen 
von  Tauvers  Obten.  Im  Jahre  i246  war  der  leiste  der  haben- 
bergischen  Herrscher  Oesterrelchs,  Fridrich  der  Streitbare^  ge« 
fallen ;  durch  Wahl  der  österreichischen  Stftnde  ward  der  jagend« 
liehe  Ottokar  von  Böhmen  ihr  Herzog  geworden,  der  i.  J.  1261 
theils  durch  List,  theils  durch  Gewalt  auch  in  den  Besitz  der 
Steiermark  kam,  und  nach  dem  am  27.  October  1269  erfolgten 
Tode  des  kinderlosen  Herzogs  Ulrich  von  Kfimten  vennög  emer 
von  demselben  am  4.  December  1268  besiegelten  Urkunde  anch 
dessen  Länder  in  Besitz  nahm,  und  so  gränzte  nun  des  Böhmen- 
königs Ottokar  Herrschaft  an  die  Lande  der  Grafen  von  Gön 
und  Tirol.  Wie  nun  unser  Ulrich  von  Tauvers  mit  ihm  bekannt 
geworden,  wissen  wir  nicht ;  genug,  im  Jahre  1273  finden  wir 
ihn,  wenn  anders  Huchars  Angabe^  Gesch.  d«  Steiermark  2.  B. 
S.  355  richtig  ist,  — ^ais  Ottokars  Hauptmann  in  Kärnten;  denn 
am  30.  October  1273  zu  Fridalsdche  schenkt  Meinhard  von 
Hörberg  mit  Zustimmung  seiner  Gemahlin  Irmengardis  alle  seine 
Galten  zu  Pafe  bei  Lavamttnde  den  Nonnen  zu  Mährenberg  in 
Beisein  der  Zeugen:  Ulrich  von  Tauvers,  Hauptmann 
in  Kärnthen^  Ulrich  von  Heunburg^  Herrand  von  Wildon 
u.  a.  m.  (loc.  citato.)  —  Jedoch  scheint  er  im  folgenden  Jahre 
1274  diese  Würde  nicht  mehr  bekleidet,  wohl  aber  in  jenen 
Gegenden  sich  aufgehalten  zu  haben.  Damals  war  der  Patriarch 
Raimund  von  Aquileja  in  einer  Fehde  mit  dem  Grafen  Albert 
von  Görz-Tirol  verwickelt,  wobei  Letzterm  unser  Ulrich  von 
Tauvers  Beistand  geleistet  zu  haben  scheint;  endlich  als  im 
August  1274  der  Patriarch  nach  Friaul  kam^  fand  ein  Com- 
promiss  zwischen  beiden  statt;  am  18.  August  eompromittlrten 
zu  Cividale  der  Patriarch  auf  seinen  Neffen  Gotfrid  de  la  Torre, 
Podestä  von  Padua,  Graf  Albert  von  Görz-Tirol  hingegen  anf 
Hm.  Ulrich  von  Touvers;  Obmann  sollte  Hr.  Goard  Sohn  Hrn. 


—    4B    — 

BiacliiD'fi  von  Camiio  seiB,  imd  alle  drei  Aber  die  zwischen 
ihnen  schwebenden  Streitfragen  innerhalb  10  Tagen  entachei- 
deo.  —  Der  Patriarch  gab  sofort  am  nämlichen  Tage  noch  nach 
dem  Rathe  dea  Hm.  Gotfrids  de  la  Torre  und  Hm.  Ulrichs 
von  Tauvers  dem  gegenwärtigen  Grafen  Albert  auf,  er  soll  ihm 
bis  morgen  anter  einem  Eide  schriftlich  alle  Namen  derjenigen, 
welche  bei  ihm  oder  in  seinem  Dienste  gewesen  bei  der  Ge« 
fangennahme  Hm.  Gregor's  des  Patriarchen  und  bei  den  demselben 
aagefttgten  Schäden,  angeben.  (Bianchi  docum.  histor,  Forijnlien* 
sis,  Archiv  der  h.  L  Acad.  22.  B.  8.  392).  —  Im  folgenden 
Jahre  1275  erblicken  wir  unsem  Ulrich  von  Tauvers  mit  Bertold 
and  Heinrich  Grafen  von  Eschenioch,  Albero  von  Wanga  n.  A.  m. 
am  14.  März  bei  der  Ausfertigung  des  eigentlichen  Stiftbriefes 
des  Klosters  Stams  als  Zeugen.  (Arch.  Consist.  Brixin. ;  Hor* 
mair^  Gesch.  v.  Tirol,  2.  B.  S.  486.) 

Unterdessen  waren  wieder  wichtige  Ereignisse  elogetreten, 
welche  auch  den  Hm,  von  Tauvers  neue  Wirkungskreise  eröff- 
neten. Nach  dem  Tode  des  fremdländischen  Herrschers  Richard 
von  Cornwallis  am  2.  April  1272  ward  nach  16  monatlicher 
Erledigung  des  deutschen  Kaiserthrones  am  29.  September  1273 
Rudolph  Graf  von  Habsburg  zum  römischen  Kaiser  erwählt 
worden.  -*-  König  Ottokar  von  Böhmen  protestirte  gegen  die 
Rechtmässigkeit  der  Wahl,  und  beharrte  auf  seiner  Weigerang, 
Rudolph  als  Oberhaupt  des  Reichs  anzuerkennen«  Er  erschien 
nteht  auf  dem  Reichstage  zu  Nflraberg  im  November  1274, 
sondern  warb  Bundesgenossen;  ebenso  erschien  er  nicht  auf 
der  zweiten  Reichsversammlung  am  2.  Februar  1275.  Da  be- 
stimmte K.  Rudolph  dem  Trottigen  den  Reichstag  in  Augsburg 
als  die  letzte  Frist  zur  Unterwerfung.  —  Ottokar  hatte  zwar 
die  Beleknung  aber  Oesterrelch,  Steiermark  nnd  die  baben- 
bergischen  Reichslehen  von  König  Richard  1262  erhalten;  aber 
es  fehlte  derselben  die  Bestätigung  der  Curfttrsten^  nnd  war 
somit  nach  den  alten  Reichsgesetzen  ungiltig.  Bei  Erwerbung 
Kärntens  und  Krains  u.  a.  hatte  er  sich  gar  nicht  um  die  Ein« 
wiHtgung  des  Reichs  bekümmert.  Die  Reichsversammluag  eriiess 


—    46    — 

nun  an  ihn  die  Aufforderang,  obige  Länder  akogleicfa  dem 
Reiche  zurttckxustellen ;  für  seine  ErUänder  aber  dem  Könige 
Rudolph  zu  huldigen  und  die  Belehnung  zu  empfangen,  und  ab 
er  diess  verweigerte,  ward  gegen  ihn  die  Reichsacht  verhfingt; 
jedoch  ihm  noch  eine  Frist  von  Jahr  und  Tag  zu  seiner  recht- 
lichen Vertheidigung  anberaumt.  Als  auch  diese  Frist  im  Honale 
Hai  1276  unbenutzt  verstrichen,  ward  Ottokarn  der  Krieg  er- 
klärt. —  Während  K.  Rudolph  mit  Heeresmacht  durch  Baiem 
gegen  Wien  zog ,  rttckte  Graf  Heinhard  von  GOrz  -  Tirol  und 
mit  ihm  Ulrich  von  Tauvers,  —  wahrscheinlich  als  Ftthrer  einor 
Schaar,  —  durch  Krain,  Kärnten  und  Steiermark  vor  gegen  Wien 
zum  Reichsheer.  Auf  dieser  Seite  von  Rudolphs  Heer  und 
den  anrückenden  Ungarn  bedroht^  erschrack  Oltokar  bei  der 
Kunde  von  einem  Aufstande  in  Böhmen  selbst.  Er  suchte  daher 
um  Frieden  an,  der  ihm  auch  am  21.  November  d.  J.  gewährt 
ward,  unter  Bedingung^  alle  usurpirten  Lande  abzutreten.  — 
Nach  geschlossenem  Frieden  fand  es  K.  Rudolph  wegen  des 
allgemeinen  Landfriedens  sowohl  als  vieler  andern  Verhältnisse 
wegen  für  nothwendig,  längere  Zeit  in  Oesterreich  und  zu  Wien 
sich  aufzuhalten.  Fast  beständig  umgaben  ihn  nebst  mehreren 
Bischöfen  die  Herzoge  von  Sachsen^  Baiern,  die  Grafen  von 
Habsburg,  Heinhard,  Graf  von  Tirol  etc. ^  so  wie  Ulrich  von 
Tauvers.  (Huchar  5.  B.  S,  386.)  K.  Rudolph,  als  er  den  Hann 
kennen  gelernt,  setzte  auf  ihn  wegen  seiner  Einsicht  und  Erfah- 
rung grosses  Vertrauen.  1277  ist  zu  Wien  nebst  mehreren 
Bischöfen  und  Fürsten  Hr.  Ulrich  von  Tauvers  als  Zeuge  bei 
der  Belehnung  der  Söhne  des  K.  Rudolph  durch  Conrad,  Bischof 
von  Freisingen  mit  den  seinem  Hochstifte  heimgefaiienen  Lehen. 
CLichnowski  Gesch.  d.  Hauses  Habsbnrg  1.  B.  S.  CLXVI.) 

Nun  müssen  wir  auf  Ulrichs  U,  von  Tauvers  Familien- 
Verhältnisse  einen  Rückblick  werfen.  Seine  bereits  erwähnte 
Gemahlin  die  edle Eufemla  oder  Ofmia  von  Hünenburg 
hatte  ihm  zwei  Söhne  Ulrich  HL  und  Hugo  VI. ^  so  wie 
zwei  Töchter  Elisabet  und  Agnes  geboren;  Ulrich  HL 
scheint  mehr  dem  Stiilleben  sich  ergeben  und  die  väterlichen 


—    47    — 

Güter  verwaltet  zu  haben.  Nicht  so  seio  talentvoller  und  tha^ 
kräftiger  Bruder  Hugo  VI.  *\  der  bereits  in  den  lombardischen 
Kriegen  seine  Spornen  verdient  hatte ;  sehr  wahrscheinlich  war 
er  schon  im  ersten  Feldzuge  sammt  seinem  Vater  in  dem  Harste 
des  Grafen  Heinhard  von  Görz- Tirol  nach  Oesterreich  dem 
K.  Rudolph  SU  Hilfe  gezogen  und  hatte  sich  bald  durch  seine 
Kriegserfahrung  und  Gewandtheit  bei  K.  Rudolph  so  sehr  in 
Gunst  zu  setzen  gewusst,  dass  dieser  ihm  einen  sehr  wichtigen 
Posten  anvertraute ;  indem  er  ihn  zum  Befehlshaber  der  Wiener 
Stadt  und  Burgen  machte.  Als  solcher  leistete  Hugo  von 
Tauvers  dem  rOm.  Künige  einen  wichtigen  Dienst  und  zwar  in 
einem  sehr  kritischen  Zeitpunkte,  indem  er  Anfangs  Juni  1278 
eine  gefährliche  Verschwörung  gegen  K.  Rudolph  entdeckte, 
an  deren  Spitze  der  Bürgermeister  von  Wien,  Rüdiger  Paltram, 
mit  seinen  sechs  Söhnen  und  einem  seiner  Brüder  stand.  — 
Das  Chron.  Salisburg.  bei  Pez,  Script.  I.  B.  S.  376  sagt: 
Durch  Paltrams  Vermittlung  sei  Graf  Iban  (von  Gflns  oder 
Güssing)  in  Oesterreich  und  Steier  eingefallen.  Vielleicht  kam 
dadurch  die  Verrütherei  Paltrams  durch  Hugo  von  Tauvers  zu 
Tage,  da  letzterer  vielfältig  in  Berührung  mit  Graf  Iban  war. 
CLichnowski  loc.  cit.  i.  B.  S.  452  nota  45).  ^  Durch  diesen 
Dienst  musste  unser  Hugo  natürlich  noch  mehr  in  der  Gunst 
Rudolphs  steigen.  —  Wir  sagten  aber,  in  einem  für  K,  Rudolph 
sehr  kritischen  Zeitpunkte ;  denn  König  Ottokar  gekränkt  durch 
die  Einbusse  so  schöner  Länder  und  gestachelt  von  den  Vor- 
würfen seiner,  stolzen  Gemahlin  vertraute  nochmals  sein  wie 
seiner  Länder  Schicksal  den  blutigen  Würfeln  des  Krieges. 
Bereits  im  Jahre  1277  hielt  er  zu  Troppau  dne  Zusammenkunft 
mit  vielen  Fürsten  ans  Polen  und  Schlesien  und  schloss  mit 


*)  Hrn.  Hormair.  sämmtl.  Werke  2.  B.  S.  167,  beliebt  es,  die- 
sen Hugo  oder  Hauch  zu  einen  Sprossen  der  den  Eppanern  lehens- 
pflichtigen  Bitter  von  Taufers  im  Mfinsterthall  umzuschaffen,  —  und 
schildert  ihn  als  hochberühmt,  einen  verschmitzten  Hofmann,  Günst- 
ling der  Könige  Rudolph  und  Albrecht,  der  österreichischen  Land- 
herm  Geisel. 


—  »  — 

denidben  ein  Schute-  und  TnitibllDdiiitt ;  tndi  die  NicIiM^ 
fflUuDg  80  maneher  FriedensbediDgUDgai  und  M«e  gdMimai 
Benfibangen^  deatach«  Fdrate«  v<m  ihrem  Ktaife  Rudolph  t^ 
weodig  IQ  machen^  verriethen  femdaelige  PMae«  Zwar  Mehte 
Ottohar  dirch  UnterhandlamgeD  und  Yertrtfge  Rvdelph«  rtni»^ 
sohläfern;  alleio  den  gleisMerischen  Worten  widerspmdhef 
laut  die  Thatea.  Eadlich  warf  Ottohar  die  Larre  ab^  indem  <f 
am  31.  October  1377  an  K.  Rodolph  eineo  Brief  toll  4fff 
bittersten  Vorwnrfe  schrieb;  Rudolph  hieildie»  Irotsige Sehrei- 
ben  als  eine  Aufhttndigaog  des  Friedens  md  liese  aisbaM 
Truppen  ins  nördliche  Oesterreich,  welches  Ottohar  noch  ionner 
widerrechtlich  besetzt  hielt,  einrtlehen  und  die  böhmischen  Be- 
satioDgen  daraus  vertreiben*  Ottohar  rUstete  nqn  mit  höchster 
Anstrengung  und  zettelte  auch  jene  yerrätherische  Verbrndapg 
mit  dem  Bürgermeister  Paltram  von  Wien  an,  welche  Hugo 
von  Tauvers  noch  bei  Zeiten  glttchlich  entdedite  und  verdtebe. 
König  Rudolph  war  noch  Antogs  Augast  nicht  vollfcem^ 
men  gerflstet,  als  er  ein  befestigtes  Lager  auf  dem  Harohfeide 
bezog  und  des  Heranrflchens  Ottohars  in  Eilmärschen  gewMig 
sein  musste.  Ungarns  versprochene  Rilfii  fehlte  noch  immer. 
Da  sandte  er  zum  drittenmale  an  König  Ladislaos  von  Ungarn; 
diessmal  Hugo  von  Tauvers,  ihn  zu  beschwören,  so  eilends  ab 
möglich,  wenn  auch  nur  mit  dem  leichten^  Jedenfalls  aber  ant 
dem  grossem  Theil  semes  Bieres  herbeisnellen.  (Reimchrorfh 
CXL.;  de  Reo,  Annales  LI.  pag.  29.)  Hugo  von  Tauvers  traf 
das  ungarische  Heer  hei  Pressburg  und  sandte  alsbald  tröst- 
liche Kunde,  und  trieb  zugleich  das  ungarisdie  Hilfsheer  zur 
Eile,  welehes  dann  bei  Prassburg  die  Donau  OberscfaritI  imd 
auf  dem  Hamhfelde  mit  dem  Heere  Rudolphs,  bei  dem  sieh 
auch  Heinhard^  Graf  von  Tirol  mit  300  Hannen,  so  wie  dessen 
Bruder  Graf  Albert  von  Görz  mit  150  sich  eingefunden,  ver- 
einigte. —  Hit  gesummter  Hacht  rflchte  nou  am '25.  Angnst 
K.  Rudolph  bis  Weidbach  vor  und  bot  am  26.  August  1278 
dem  König  Ottokar  die  Schlacht  an;  während  Ottokars  Heer 
m  6  Haufen  und  einer  Nachhut  getheilt  war,  ordnete  K.Rjndoiph 


—    49    — 

das  ieioe  in  4  Haifan  und  einer  Nachliut;  dies   geschah 
nach  dem  Rathe  Hugo's   von  Täufers,  der  in  den 
Kriegen  der  Lombarden  erfahren  war.  (Homeks  Reim- 
chronik. CXLV.  *),  Ebendorf  738<-749.)  —  Den  dritten  Hau- 
fen, worin  dieSteirer,  Kfimthner,  Tiroler,  Krainer,  Salzburger, 
Schwaben  und  die  Hannen  der  Stammgüter  und  die  vom  Elsass 
sich  befanden,  fahrte  König  Rudolph  selbst.  —  Die  entschei- 
dende Schlacht  wurde  geliefert ;  einen  zwhr  blutigen  aber  ent- 
scheidenden Sieg  errang  K.  Rudolph ;  K.  Ottokar  verlor  Schlacht 
und  Leben.  —  Ob  der  alte  Haudegen,  Ulribh  II.  von  Tauvers, 
gleich  seinem  tapfem  Sohne  in  der  siegreichen  Schlacht  mit- 
gekfimpfl,  Ist  zwar  sehr  wahrscheinlich ;  jedoch  urkundlich  nicht 
nachweisbar.  —  Durch  die  Dienste,  welche  Ulrich  II.  von  Tau- 
vers  und  dessen  Sohn  Hugo  VI,  dem  König  Rudolph  geleistet, 
stiegen  sie  immermehr  in  der  Gunst  desselben  und  seines  Sohnes 
Albert,  und  Hugo  VI.  wurde  spater  auf  den  angesehenen  Posten 
eines   Hauptmanns    der  wichtigen  Veste  Haimburg  befördert, 
während  sein  Vater  Ulrich  als  deren  vertrauter  Rath  beiden  zur 
Seite  stand  während  der  Jahre,  als  König  Rudolph  Alles  ordnend 
und  regelnd,  was  der  Abhilfe  bedurfte,  fast  immer  in  Oester- 
reich  verweilte,  aus'  welchem  scheidend  er  seinen  ältesten  Sohn 
Albrecht  als  Reichsverweser  zurtickliess,    und  demselben  vor- 
sflglich  die  schwäbischen  Edelherm :  Hermann  von  Landenberg, 
Eberhard  von  Wallsee ;  von  den  österreichischen  Edeln  Stephan 
von   Meisau,   Ulrich   von   Kapellen,     Fridrich   Truchsess    von 
Lengenbach,  Albert  von  Puechheim  und  den  in  Rath  und  That 
kräftigen  und  an  Albrechts  Hofe  allmächtigen  Th*oler  Hugo  von 


*)  „Graff  Hug  von  Täufers  riett  Chunig  RudoIfFen ,  daz  er  in 
vier  tail  tailt  den  hauifen  ;^  —  wenn  aber  Gebbardi  3.  B.  S.  572 
hinzusetzt  „denn  er  half  als  Feldoberster  der  Ungarn  durch  seine 
nnnreicbe  Anordnung  des  Heeres  dem  König  Rudolf  den  entschei- 
denden Sieg  am  26.  August  1278  über  König  Ottokar  erfechten,  so 
laden  wir  für  die  Angabe:  Hugo  v.  Tauvers  sei ^ Feldoberster  der 
Ungarn  gewesen,  nirgends  einen  Anhaltspunkt. 

4 


—    90    — 

Tanvers  als  Räthe  zar  Seite  gab.  (Hachar  loc.  cit.  6.  B.  S.  40. 
aus  Hornek  S.  207.) 

Am  14.  September  la  Wien  nennt  Albrecht,  Graf  Ton 
Habsbnrg,  Verweser  in  Oesterreich,  den  Ulrieh  von  Tauvers  sei- 
nen Ratb  und  bevollmächtigte  denselben  nebst  einigen  andern 
zu  thaidigen  mit  Herzog  Heinrich  von  Baiern.  (Monom,  boica, 
29.  B.  S.  537.)  —  Im  folgenden  Jahre  1282  am  9.  November 
zu  Wien  schlössen  Albrecht,  Graf  von  Habsbnrg,  General viear 
in  Oesterreich  und  Steier  und  Erzbischof  Fridrich  II.  von  Salz- 
burg einen  Vergleich ;  dabei  war  unter  Andern  auch  Fridriek  ? 
von  Tauvers.  (Muchar  loc.  cit.  5.  B.  S.  552.)  —  Hier  dflrfle 
wohl  ein  Schreibfehler  eingeschlichen  und  statt  Fridrich  -—  Ulrich 
zu  setzen  sein^  da  es  in  der  Familie  der  Edlen  von  Tauvers 
nie  einen  Friedrich  gab.  —  Am  nämlichen  Tage  und  im  nem- 
liehen  Jahre  zu  Wien,  als  der  Erzbischof  von  Salzburg  nach  Ab- 
leben Heinrichs  von  Ehrenfels  den  Grafen  Albrecht  von  Habs- 
burg,  Landgrafen  im  Elsass,  Erstgebornen  K.  Rudolphs  mit  den 
Vesten  zu  Ober  -  und  Unterstrechau  im  Ensthale  belehnte, 
erscheint  Ulrich  von  Tauvers  als  Zeuge.  (Hittheilungen  des 
bist.  Vereins  von  Steiermark  1861  S.  216.)  Vielleicht  geschah 
es  bei  dieser  Gelegenheit,  dass  der  Erzbischof  Fridrich  unsem 
Ulrich  von  Tauvers  mit  der  Burghuth  des  salzburgischen  Schlosses 
Lengberg  betraute.  —  Ulrich  II.  von  Tauvers  hatte  auch  seine 
Tochter  Elsbet  nach  Oesterreich  kommen  lassen ;  mit  ihr  machte 
er  i.  J.  1282  daselbst  einen  Kauf;  denn  1282  zu  Braziabs 
urkundet  Tuta,  Tochter  des  Druchsessen  von  Velspereh  und 
Gemahlin  Gerhards  von  Obersezze,  dass  sie  Alles^  was  ihr 
erwähnter  Gemahl  um  das  Gut  von  Gobulspurch  und  das  Haus 
und  Hinnebach  und  was  dazu  gehört  mit  dem  Kirchenbesazze 
gelobt  und  gethan  hat  dem  Herrn  Ulrich  von  Tuvers  und  dessen 
Tochter  Elsbet,  ihr  Wort  und  Wille  sei.  (Chmel^  öslr.  Ge- 
schichtsforscher 2.  B.  S.  260 ) 

Auf  dem  Reichstage  zu  Augsburg  am  27.  December  1282 
ersuchte  K.  Rudolph  die  Churfürsten,  seinen  beiden  Sfthnea 
Albrecht  und  Rudolph  die  Hersog-  undFarstenthfliner:  Ocsler^ 


~   M    - 

reich,  Steiermark,  Kflrnlbeii,  Krain,  die  windische  Mark  und 
Portemu  verleihen  zu  dürfen;  was  auch  mit  Zustimmang  der 
Churfttrsten  geschah.  Jedoch  auf  Bitten  der  österr.  Stände  gab 
K.  Rudolph  am  1.  Juni  1283  zu  Rheinfelden  eine  habsburgishc 
Hausordnung,  vermöge  welcher  er  bestimmte,  dass  die  Österr. 
Lande  seinem  Sohne  Albrecht  und  dessen  männlichen  Erben 
allein  gehören  sollten.  Als  Zeugen  dieser  Anordnung  wurden 
berufen:  Bischof  Gotfried  von  Passau,  Heister  Heinrich  von 
Klingenberg,  die  Edelherrn  Fridrich,  Burggraf  von  Nürnberg, 
Ulrich  von  Tauvers,  Otto  von  Liechtenstein  u.  A.  m.  (Huchar, 
loc.  cit.  5.  B.  S.  450.)  ~  Am  11.  Jdli  1283  leisteten  die  Stände 
der  Osterreichischen  Länder  auf  diese  Hausordnung  den  Eid  der 
Treue  und  stellten  darüber  zu  Wien  am  nämlichen  Tage  eine 
Urkunde  ans  in  Gegenwart  des  Bischofs  Gotfried  von  Passau, 
Hm.  Ulrichs  von  Tauvers,  Meisters  Conrad^  Schreibers  von 
Oesterreich  und  Meisters  Lenzo,  Prothouotars  des  Herzogs  Al- 
brecht. (Muchar,  loc.  cit.  5.  B.  S.  451.)  —  Am  11.  Februar 
1284  befand-  sich  Herzog  Albrecht  mit  Ulrich  von  Tauvers, 
Otto  von  Liechtenstein,  Ulrich  von  Kapellen  u.  A.  m.  zu  Brück 
an  der  Nur.  Abt  Heinrich  von  Admont  erhielt  da  den  landes- 
färstlichen  Bestätigungsbrief  über  einen  von  den  Hrn.  von  Wildon 
erkauften  Hof  in  der  Einöde.  (Muchar  loc.  cit.  6.  B.  S.  10.) 
Im  folgenden  Jahre  1285  erblicken  wir  Ulrich  H.  von 
Täufers  einmal  auch  in  Tirol  ^  indem  er  am  17.  December 
d.  J.  zu  Rattenberg  dem  Erzbischofe  Heinrich  von  Trient  alle 
Jene  Lehen  aufsendet,  welche  weiland  die  edlen  Männer  Siboto 
ond  Conrad,  Grafen  von  Hadmarsberg  vom  Stifte  Trient  sowohl 
in  als  auser  dem  Gebirge  zu  Lehen  getragen  und  womit  des 
Bischofs  Heinrich  Vorfahr,  Bischof  Egno  seligen  ihn  belehnt 
hatte,  —  mit  der  Bitte,  selbe  dem  Herzoge  Ludwig  von  Baiern, 
seinem  Herrn,  und  dessen  Erben  zu  verieihen.  (Cod.  Wangian. 
peg.  418.  und  Bonelli^  Notizie  Vol.  II,  pag.  607.)  —  Jedoch 
im  Jahre  darauf  finden  wir  ihn  schon  wieder  in  den  österrei- 
elifschen  Landen;  denn  am  21.  October  1286  ist  nebst  meh- 
leren  Bischöfen,  dem  Herzog  Hetehard  von  Kärnihen  und  vielen 

4« 


—    5»    — 

Edlen  auch  Ulrich  von  Taavers  zu  Judenburg  Zeage  beim 
Spruchbriefe  des  Erzbischofs  Rudolph  von  Salzburg  Ober  die 
Ansprüche  des  Herzogs  Albrecbl  gegen  Otlo  und  Conrad  von 
Goldeck  über  die  Burg  Stateneck  und  das  Gut  Slfibnik.  (Uch^ 
nowski  loc.  cit«  1.  B.  S.  CLXX.  Urk.  12.  —  Muchar  loc.  cit. 
6.  B.  8.  39  setzt  diese  Urkunde  auf  11.  Mai  1286.) 

Am  17.  Hai  1287  waren  auf  dem  Admontiscben  Schlosse 
zu  Weng  bei  Zeiring  versammelt  Abt  Heinrich  von  Admont, 
Hartnid  von  Wildon  Marschall  in  Steir ,  Ulrich  von  Taavers, 
Otto  von  Liechtenstein  u.  A.  m.;  hier  stellte  der  steirische 
Marschall  einen  Entsagungsbrief  auf  alle  bisher  unrechtmässig 
behaupteten  Ansprüche  und  angemassten  Rechte  auf  Admontische 
Güter  und  Leute  aus.  —  (Admont.  Urb.  D.  4.)  —  Ebenso 
finden  wir  ihn  1288  am  Samstag  nach  Perchtentag  zu  Wien, 
als  Leutold  von  Kuenringen,  Schenk  in  Oesterreich,  den  Brü- 
dern Ulrich,  Fridrlch  und  Heinrich  von  Stubenberg  die  Burg 
und  Herrschaft  Gutenberg  etc.  um  1200  Hark  löthigen  Silbers 
verkaufte;  den  Brief  siegelten:  Graf  Ulrich  von  Heonburg, 
Graf  Ulrich  von  Pfannberg,  Heinrich  von  Schaumberg,  Ulrich 
von  Tauvers,  Fridrich  von  Pettau,  u.  A.  m.  (Muchar,  loc.  cit. 
6.  B.  S.  53.) 

Unterdessen  waren  in  Oesterreich  wichtige  Ereignisse 
vorgegangen,  welche  auf  die  Edlen  von  Tauvers  von  entschei- 
denden Einfluss  waren.  Der  junge  schwelgerische  König  La- 
dislaus  hatte  Ungarn  in  seinen  Innern  Verhältnissen  bis  zu  den 
Grüueln  der  Anarchie  herabgebracht.  Die  Grossen  trieben  in 
gesetzlosem  Wüthen  Fehden,  Raub,  Mord  und  Brand  nichl  nor 
im  Lande  selbst,  sondern  auch  in  den  angränzenden  Provinzen. 
Besonders  machte  sich  Graf  Jwan  vonGüns  oder  Gissingen 
furchtbar;  K.  Ladislaus  hatle  im  J.  1284  dessen  an  der  Grunze 
Oesterreichs  gelegenes  Schloss  Pernstein  vergeblich  belagert; 
auf  dessen  Bitte  sandte  ihm  Herzog  Albrecht  eine  Hilfstruppe 
uAter  dem  Befehle  des  Landmarschalls  Herman  von  Landenberg zn; 
dieser  gerieth  jedoch  in  einen  Hinterhalt  und  mosste  sich 
ergeben.    Für  den  Augenblick  nicht  in  der  Lage,  den  Grafen 


—    53    - 

gehörig  zu  zOchtigen^  gestattete  Herzog  Albrecbt  dem  Hugo 
von  Tanvers^  Hauptmann  von  Haimburg  in  dieser  Yeste  mit 
dem  Grafen  des  Friedens  halber  zusammen  zu  kommen,  welcher 
auch  zu  Stande  kam  und  sogar  ein  Schutz-  und  Trutzbdndniss 
abgeschlossen  wurde.  (Lichnowski  1.  B.  S.  367.)  —  Jedoch 
im  Jahre  i286  begannen  die  Feindseligkeiten  des  Grafen  Jwan 
von  Neuem  an  Oesterreichs  und  Sieiermarks  Grenzen;  der  von 
Hersog  Aibrecht  mit  Truppen  gegen  ihn  gesandte  Landeshaupt- 
mann in  Steier,  Abt  Heinrich  von  Admont^  ward  vom  Grafen 
Jwan  geschlagen,  musste  die  Flucht  ergreifen  und  iiberliess 
die  Portführung  der  Fehde  dem  getibtern  Feldhauptmann  Aloth 
v.  Feistritz.  —  Im  Sommer  des  folgenden  Jahres  1287  erschien 
der  unermttdete  Abt  Heinrich  aufs  neue  mit  einem  reisigen 
Heere  im  Felde;  aber  weder  er  noch  Aloth  von  Feistritz 
richteten  gegen  den  räuberischen  Grafen  Iwan  etwas  aus;  ja 
letzterer  ward  von  den  leicht  berittenen  Ungarn  sogar  geschlagen. 
In  tiefem  Sehmerz  aber  diese  I^iederlage  soll,  nach  Anonim. 
Leobiens.  Pez.  I.  862,  Herzog  Albrecht  aufs  Neue  durch  Hugo 
von  Tauvers  mit  Iwan  haben  Frieden  schliessen  lassen. 

Milde  der  kurzen  Frtedensruhe  machte  Iwan  von  Gdns 
bereits  im  Jahre  1288  neue  Streifzdge  in  die  an  Ungarn  gren- 
zenden Landestheile  Oesterreichs  und  Steiermarks.  Da  beschloss 
Herzog  Albrecht  den  räuberischen  Gränzgrafen  nicht  allein  zu 
züchtigen,  sondern  wo  möglich  dessen  Kraft  auf  immer  zu 
lähmen.  Albrechts  Heer  war  im  Frühjahre  1289  durch  Hilfs- 
truppen der  Bischöfe  von  Bamberg,  Seckau,  Freising  und  Passau 
auf  15000  Mann  veratärkt  worden;  Ende  April  rückte  der 
Herzog  ins  Eisenburger  Comitat  ein  und  belagerte  das  von 
zwei  Vettern  Iwans  vertheidigte  Martinsdorf.  Dieser  versuchte 
den  Entsatz,  wurde  aber  geschlagen;  Hartinsdorf ^  Altenburg 
und  viele  andere  Orte  fielen  dem  Sieger  in  die  Hände.  — 
Da  die  durch  den  im  September  1289  mit  Salzburg  geschlos-- 
senen  Frieden  dort  entbehrlich  gewordenen  Truppen  das  Heer 
vermehrten,  so  wurde  nun  das  mit  allen  Mitteln  der  Kriegskunst 
vertheidigte  Gflns,  Iwans  Hauptveste,  belagert.    Als  aber  die 


-   H  -- 

Belagerung  sich  in  die  LtEoge  log^  so  soll  Hugo  von  Tnavers, 
sonst  der  vorderste  aller  Räthe  und  in  Herzog  Albrechts  onge- 
messenem  Vertrauen,  zur  Aufhebung  der  Belagerung  gerathen 
haben^  —  weil  in  geheimen  Einverständnisse  mit  dem  Rftuber 
Iwan.  Als  aber  Abt  Heinrich  von  Admont  darüber  befragt 
wurde,  verstand  Herzog  Albrecht  gar  wohl  den  verblttnten 
Sinn  der  Antwort  und  die  Uiadeutung  auf  Hugo*s  Untreue,  *) 
der  daher  auf  Albrechts  Befehl  sogleich  das  Land  rfiumen 
musste.    cHomeck  313.,  auch  Hagen,  S.  1101—1104.) 

Wirklich  verschwindet  von  nnn  an  Hugo  VI.  von  Taavers 
aus  den  Landen  Oeslerreichs  und  dessen  Urkunden,  so  wie 
auch  dessen  Vater  Ulrich  IL,  nachdem  dieser  noch  Anfangs 
des  Jahres  1289  dort  sein  früher  Erworbenes,  verkauft  hatte, 
denn  am  St*  Vincenzen-Tag,  22.  Jänner,  1289  zu  Chrens 
urkundet  Hr.  Ulrich  von  Tauvers  und  dessen  Tochter  Etebet^ 
dass  sie  alles  Gut  und  Eigen,  so  sie  von  Gerharten  von  Ober* 
säzze  erkauft  halten,  nämlich  die  Hälfte  des  Hauses  Gobatesbuig 
sammt  aller  Zugehör,  mit  Ausnahme  des  Kirchensatzes  und 
was  zur  Kirche  gehört,  dem  Hrn.  Härtnid  von  Stadekke  um 
130  Mark  löthlgen  Silbers;  hingegen  den  Dominicanem  von 
'Minnebach  die  Kirche  zu  Gobatesburg  mit  der  Vogtei  und 
allem  Rechte,  und  zu  Minnebach  das  Holz  (Wald)^  die  Baum- 
gärten  und  die  Pfenninggttlte  und  Alles,  was  zu  Hinnebach 
gehurt,   für   70  Mark  Silber  Wiener  Gelotes  verkauft  haben; 


*)  ,)Solt  ich  den  mit  Rat  treiben, 

die  leng  hie  beleihen, 

daz  wer  den  Herrn  von  Mir  swer, 

Graf?  Hawg  der  Tawferser 

ist  so  Sinne  reich 

vnd  mannig  Her  von  Oesterreich, 

Daz  Ihr  Mein  wol  rat 

habt  zu  diaem  Rat."  -  sprach  der  Abt:  (Horneck,  260.) 
—  Dies  nun  ist  die  einzige  Stelle,  wo  einmal  ein  Edler  von  Taa- 
vers ^Graf^  genannt  wird ;  allein  man  darf  wohl  wenig  Gewicht  daraaf 
legen,  da  man  doch  weiss,  dass  Dichler  und  Maler  sich  manche 
Freiheiten  herausnehmen, 


-  »  - 

itB  sind  Zeugen:  Meister  Golfrid,  des  Herzogs  Kanzler,  Hr. 
Leutold  von  Chaenringen ,  Schenk  von  Oeslerreich  und  mehrere 
andere  grosse  Herren.  (Chmel,  österreichischer  Geschichts* 
forscher  2.  B.  S.  566.)  —  Das  an  dieser  Urkunde  hangende 
Siegel  Ulrichs  von  Tauvers  ist  ein  Reitersregel,  wie  es  auch 
sein  Sohn  Hugo  VI.  führte ;  K.  Rudolph,  in  dessen  hober  Gunst 
sie  standen,  mochte  wohl  ein  solches  zu  führen  ihnen  bewilligt 
haben,  da  ihre  Vorfahren,  obwohl  ein  grosses  Siegel,  aber  nur 
mit  den  Familienwappen  und  dem  Stechhelm  fahrten.  —  Noch 
am  20.  Mftrz  i289  erscheint  Ulrich  IL  von  Tauvers  in  Oester- 
reich,  denn  an  obigen  Tage  vergabt  Leulold  von  Chuenring, 
Schenk  von  Oesterreich  mit  Zustimmung  seiner  Gemahlin  Agnes 
von  Velspereh  dem  Kloster  zu  Minnebach  Tür  sein  Seelenheil 
imd  zum  Ersatz  des  Schadens,  den  das  Kloster  durch  ihn 
erlitten,  seinen  Hof  auf  dem  Sitzenhart  n.  s.  w.  „Dazv  setz 
ich  hie  ze  ainer  grozzen  sicherhait  die  gezewge  .  .  .  vnd 
sint  die  min  herre  herzog  Albrecht  von  Oesterrich,  min  her 
Virich  von  Touvers,  her  Hilrtnit  vnd  her  Lewtold  von  Stadeckke.^ 
CChmel.  loc.  cit.  2.  B.  S.  567.)  —  Diess  ist  nun  die  letzte 
Nachricht  von  Ulrichs  IL  von  Tauvers  Weilen  in  Oesterreich 
so  wie  überhaupt  von  seinem  Leben;  er  scheint  um  diese 
Zeit  gestorben  zu  sein,  und  wenn  Gebhardi  3  B.  S.  572  be- 
richtet, Hugo  von  Tauvers  habe  sich  nach  seiner  Verweisung 
aus  Oesterreich  nach  Tirol  begeben,  sei  aber  auf  der  Reise 
auf  eine  unbekannte  Art  um  sein  Leben  gekommen,  so  möch- 
ten wir  dieses  vielmehr  auf  seinen  Vater,  Ulrich  II.  beziehen, 
da  der  verwiesene  Hugo  VI.  von  Tauvers  noch  20  Jahre  hin- 
durch als  lebend  urkundlich  nachgewiesen  werden  kann*  — 
Was  dann  des  letztem  verrfttherische  Verbindung  mit  dem 
ungarischen  Grafen  Iwan  von  Güns  betrifft,  so  müssen  wir 
dieselbe  dahingestellt  sein  lassen;  geben  aber  dabei  zu  beden- 
ken, dass  der  Hass  der  österreichischen  und  steirischen  Edlen 
gegen  König  Rudolphs  und  Herzog  Albrechts  schwäbische  und 
tirolische  Günstlinge  doch  urkundlich  erwiesen,  und  dass  dem 
zwar  talentvollen  und  thütigen,  aber  auch  ehrgeizigen  und  rün- 


—    56    — 

kesüchligen  Abte  Heinrich  von  Admont,  der  eben  auch  in  den 
Mitteln  zu  seinen  Zwecken  nicht  gar  wühlerisch  war,  swei 
Minn^r  und  noch  dazu  Anslfinder,  die  bei  König  Rudolph  und 
Herzog  Albrecht  in  hoher  Ganst  und  Ansehen  standen,  immer 
im  Wege  stehen  mussten,  und  selber  in  der  wirklieben  oder 
nur  anseheinenden  Verbindung  Hugo's  von  Tauvers  mit  dem 
Grafen  den  erwtlnschten  Anhaltspunct  fand,  um  selben  zu  ver- 
düohtigien,  und  beide  aus  Herzog  Albrechts  Gunst  zu  verdrän- 
gen und  aus  dem  Lande  zu  entfernen.  —  Was  dann  Gebhardi*s 
3.  B.  S.  572  zugleich  gegen  Hugo  vorgebrachte  Beschuldigung : 
^selber  hätte  durch  allerlei  Erpressungen  dem  landesfürstlichen 
Schatze  eine  beträchtKehe  Summe  entzogen/  betrUTt,  so  scheint 
selbe  auf  keine  urkundlichen  Nachweisungen  sich  zu  stutzen, 
und  steht  mit  Hugo's  beständiger  Geldauf liegenheit  und  mit 
den  Angaben  seiner  Mutter  Ofmia  in  ihrem  noch  anzufahrenden 
Testamente  im  Widerspruche. 

Dass  Hugo*s  VI.  von  Tauvers  Vater  Ulrich  If.  auf  der 
Rückkehr  aus  Oesterreieh  oder  bald  darnach  gestorben  sein 
mfisse,  geht  aus  einem  Burghuth-Revers  hervor,  indem  i.  J. 
1291  Hugo  VI.  von  Tauv^s  und  dessen  Mutter  Ofinia  dem 
neuen  Erzbischofe  Conrad  von  Salzburg  (regierte  von  1291--* 
1312)  treue  Burghuth  des  Schlosses  in  Lengberg,  das  ihrem 
verstorbenen  Vater  und  respective  Gemahl  (Ulrich  II.)  als 
Burggrafen  des  Stifts  Salzburg  anvertraut  und  verpachtet  wor- 
den, geloben.  (Hormair,  sämmtt.  W.  1.  B.  S.  231  aus  der 
Juvavia  S.  272).  Auffallend  ist  es,  dass  hier  von  Ulrichs  IL 
Sohn,  Ulrich  III.,  keine  Meldung  geschieht,  und  wir  schöpfen 
daraus  die  gegründete  Vermuthung,  dass  selber  damals  eben- 
falls schon  gestorben  gewesen.  Dieser  Ulrich  III.  kömmt 
überhaupt  nur  ein  einzigesmal  in  unsem  Urkunden  vor,  und 
zwar  am  6,  Jänner  1287  im  Schlosse  Tirol  erscheint  Ulrich 
von  Tauvers  als  der  erste  unter  den  adelicben  Zeugen  bei  der 
Ausgleichung  Heinhards,  Herzogs  von  Kärnthen  und  Grafen  von 
Tirol  mit  den  edlen  Herren  Mathäus  und  Albero  von  Wanga. 
(Fontes  rer.  austriac.  1.  B.  S.  220  und  221.)  Ulrich  HI.  vrar 


-    57    - 

xweuMil   vereklieht,    In   enter  Ehe    mit Gräfin  von 

Ortenburg  and  nach  deren  frflhseiligen  kinderlosen  Tode  mil 
Ag^ea,  Schwester  Gerhards  Ton  Camino  *)  des  Freundes  seines 
Vaters  Ulrichs  iL,  ans  der  er  nor  einen  Sohn,  Ulrich  IV. 
hinterliess.  Sehr  wahrscheinlich  war  es  dieser  Ulrich  IV.  von 
Tanvers,  der  —  zn  seinen  mannbaren  Jahren  gekommen,  — 
am  Sonntage  vor  Liechtmesse  1293  %u  Meran,  seinem  hohen 
Herrn,  Hereoge  Heinhard  „Trene  und  Dienst  gelobt,  jedocb 
unter  der  Bedingung,  dass,  falls  er  etwa  der  Untreue  angeklagt 
wUrde,  diess  ihm  nicht  lum  Verbrechen  angerechnet  werde, 
auser  er  konnte  mit  der  Rechlfertigong  nicht  aufkommen. 
Zeegen  dessen :  Albert,  Graf  von  GOrs,  Magens  von  Uotenheim. 
—  Ulrichs  von  Tauvers  Siegel  zeigt  einen  Reiter  mit  geiticktem 
Schwerte.  —  (CoHectanea  Spergs.)  —  Von  diesem  Ulrich 
IV.  werden  wir  später  hören,  und  kehren  zur  Fortsetzung  der 
Geschichte  Hugo's  VI.  zurück. 

Hugo  VI.  von  Tauvers  scheint  sich  nach  seiner  Rttckkehr 
nach  Tirol  grOsstentheils  im  Schloisse  Neuhaus  aafgehalten  zu 
haben.  Noch  immer  dauerte  der  Streit  wegen  der  Eppanischen 
Erbschaft  zwischen  den  Edlen  von  Tauvers  und  den  Herrn 
von  Egna  oder  Enn;  als  am  9.  September  1294  Wilhelm, 
der  Edle  von  Enn  iseinen  Drittheil  Anspruchs  an  der  Hinterlas- 
senschaft seines.  Vaters  Ezelin  an  den  edlen  Arnold  von  Volles 
um  1025  M.  B.  verkaufte,  so  macht  letzterer  unter  anderm 
die  Bedingniss :  quod  ipse  venditor  vel  ejus  haeredes  nullom 
unquam  venditionis,  traditionis,  donationis  seu  eujuslibet  ces- 
sionis  vd  compositioois  ineant  vel  perficiant  contractum  cum 
nobili  vin>  D.  Hugone  de  Tauvers  vel  cum  Ipsius  haeredibns 
de  quaestione  castri,  jnrisdictione  et  haereditate  Epiani ,   quae 


'^)  Camino^  das  Stammschloss  der  Herrn  von  Camino  ligt  bei 
Opiterbo;  dies  mächtige  Geschlecht  besass  auch  einst  Treviso,  die 
Grafscbaft  Ceneda  und  andere  Herrschaften  mehr.  —  Heinrich  II. 
Graf  von  Görz  batle  1297  Beatrix  eine  Tochter  obigen  Gerhards  zur 
Ehe ;  deren  Bruder  Rizard  von  Camino  starb  1335  als  der  letzte 
seines  Geschlechtes. 


—    58    — 

vertitttr  inter  eos,  nisi  prius  idem  Dobilis  deTaa?er8Yel  i; 
baeredes  renuntienl  in  manibiiB  ipsias  emtoris  et  svoriin  hae^ 
redum,  si  quid  jaris  habeat  ?el  babere  Tidentor  in  bonis  el 
possessionibos  omnibos  S.  Laarenlii  (an  Fendo)  in  monte  A«a« 
Biae  sitaatis  etc.  (Statthalterei-Archiy.) 

Am  >9acb(oden^  Tag  St.  Stepbans  des  Marlirers  1296  tb«- 
ea  Hr.  Magens  und  dessen  Binder  Bertold  von  Uotenbeini,  was 
tie  von  ibrer  Matter,  Frau  Ottiiia  ererbt;  dem  Bertold  fiel  sa 
der  Hof  za  der  alten  Stegen  sammt  Zogebör  and  dem  Magens 
ein  Lehen  auf  Aspach,  ein  Lehen  auf  Leunenbach  au  Bfcke, 
ein  Leben  zu  Windiel,  ein  Hans  zu  St.  Moriaen  mit  den 
Aeckern  auf  der  Felduog  von  Tauvers  und  alle  Zehende,  wel« 
ehe  besagte  BrOder  gehabt  aof  dem  Berge  Abemacb. '  Das 
siegelt  der  edle  Houch  von  Touvers;  Zeugen  dessen:  Hr. 
Gerolt,  Pfarrer  zu  Tauvers,  Hr.  Rudolph  der  Priester,  Hr. 
Volker  und  Gotschalt  Ganze  von  Tauvers.  (Siatth.-Arcb.)  — 
Am  25.  November  1296  bekennt  Hr.  Hugo  von  TauTers  auf 
dem  Schlosse  Neuhaas  ,  dass  ihm  sein  getreuer  Diener  Heinrich 
Wirsuag  40  Mark  Pfenninge  gegeben,  wofür  er  demselben  den 
Hof  zu  Griezze  und  den  halben  Hof  zu  Cbematen  bei  der 
Kirche  mit  allen  Gülten  und  Rechten  verliehen  unter  Vorbehalt 
des  Rücklösungsreohtes  innerhalb  der  auf  kommende  Weih- 
nachten folgenden  sechs  Wochen;  geschieht  die  RfiekJösimg 
nicht  innerhalb  dieses  Termines,  so  sollen  selbe  Stücke  dem 
Wirsong  und  dessen  Erben  zu  ewigen  Lehen  verbleiben;  Zei- 
gen dessen:  Hr.  Gerolt  von  Tauvers,  Hr.  Magens,  Hr.  Volker 
und  Hr.  Gotschalk  seine  Vettern  u.  A.  m.  —  Es  hüngt  daran 
Hogo's  von  Tauvers  Reüerslegel  in  weissbraunem  Wachse; 
der  Rdter  Irilgt  in  seiner  geschwungenen  linken  Hand  einen 
Speer. 

Am  19.  December  1296  finden  wir  uosem  Hugo  von 
Tauvers  mit  Hm.  Heinrich  von  Rotenburg,  dem  Hofmeister^ 
Hm.  Heinrich  von  Aufenstein  u.  A.  m.  im  Kloster  in  der  Au 
bei  Bozen  als  Zeugen,  als  der  neue  Bischof  von  Brixen  Lan- 
dulf den  drei  Herzogen  von  Kftrathen  den  Revers  aasstdlt,  dass 


-89    — 

sie  ihm  das  weltliche  Gebiet  des  Stifts  Brixeo  ittkergebeo,  b. 
9.  w.  CHormair,  Gesch.  v.  Tirol.  2.  B.  S.  594.) 

Noch  gegen  Ende  des  Jahrs  1296  oder  Anfangs  1297 
mu$B  Hogo  von  Tauvers,  begleitet  von  seiner  Schwester  (BU*- 
sabet)  im  Auftrage  der  Henoge  von  Kirnthen  eine  weitere 
Reise  antemoiunen  haben,  worauf  die  Kechnnngstegangen  ver- 
schiedener Beamteten  deutlich  hinweisen,  so  i297^  sezto 
exeunte  Aprili  in  Tirol  Zelnarlus  judex  in  Cufdaun  fecit  rati- 
onem,  ....  ilem  dedit  familiae  D.  (Hugonis)  de  Tuvers  venieotf 
de  Tridento  pro  expensis  factis  in  Clusna  Sabiona  libr.  11.;  — 
1297^  3.  Attgusti  in  Castro  S.  Petri  fecit  rationem  H  .  .  .  .  praepo- 
sittts  de  Inspmck, ....  item  dedit  ad  expeosas  ducis  Ludovict, 
comitis  junioris  de  Gorizia,  episeopi  Curiensis,  iliius  de  Tauvers 
et  sororis  ejus  et  comitis  HaMspurch  et  Camerarii  et  aKorun 
veioaen.  Harcas  29,  libr.  8,  grossos  6.  porcum  unum.  — 
1297,  3.  Angusti  in  Castro  S.  Petri  fecit  rationem  R  .  . .  • 
caoiparius  de  Inspruck,  de  Marcis  218,  libr.  2;  ex  hts  dedit 
Otto  ad  expensas  Comitnm  Gorisie  et  Habspurch^  Tuversarii  et 
sororis  sne  veron.  libr.  30,  solid.  15,  bemas  porcium  41/2) 
scapulas  22,  caseos  239,  vini  carradas  5,  urnas  6  et  pacidas  9. 
u.  s.  w.  (Freiberg,  Neue  Beiträge,  1.  Heft.  S.  178.)  — 
Am  16.  December  1297  war  Hugo  von  Tauvers  mit  dem 
Vieedom  Heinrich  von  Gernstein  n.  A.  m.  im  Schlosse  ku 
Brixen  Zeuge,  wie  Bischof  Landuif  von  Brixen  einer^  und  sein 
Dofflcapitel  andererseits  zur  Entscheidung  ihrer  wechaelsettigen 
Forderungen  auf  drei  Schiedsrichter  compromittiren.  (Sinnacher 
5.  B.  S.  35.) 

Ernsthafteres  Geschäft  hatte  Hugo  VI.  von  Tanvers  in 
folgenden  Jahre  1298.  —  Am  23.  Hai  d.  J.  hatte  der  grössle 
Theil  der  Churftirsten  den  Adolph  von  Nassen  des  Reichs  ent* 
setzt  und  an  seiner  Steile  den  Hem»g  Albreebt  von  Oesterreieh 
zum  römischen  König  gewtfhit;  das  Schwert  musste  zwischen 
Beiden  entscheiden.  Albrechts  Schwager,  Herzog  Heinrich 
von  Kflmihen,  Graf  von  Tirol  führte  ihm  ein  Hilfscorps  zu, 
in  wdchem  auch  Hugo  von  Tauvera^   wahmcheinUch  als  An* 


—  eo  — 

ftihrer  sidi  befand  and  am  2.  Jani  d.  1.  in  der  siegreiehe 
Schlacht  bei  Göllheini  mitkämpfte,  In  welcher  Adolph  Reich 
aod  Leben  verlor.  —  Hogo  blieb  bei  Herzog  Heinrich  bis  za 
deasen  Bückkehr,  daher  auch,  als  am  21.  December  i298  n 
NOmberg  der  nunmehrige  König  Albrecht  seine  Sohne  mit  den 
österreichischen  Lftndern  belehnte,  erscheinen  dabei  als  Zengen, 
unter  den  Fürsten:  Heinrich  Herzog  von  Kftmten  und  unter 
den  Edlen  Hugo  von  Tuvers.  (Böhmer,  Regesta  fmperil  2.  B. 
S.  205.)  —  Wohl  m  Folge  seines  Zuges  mochte  Hugo  von 
Tauvers  in  neue  Geldverlegenheit  gerathen  sein,  was  ihn  ver- 
anlasste auch  die  andere  Hftifte  des  bereits  erwähnten  Hofes 
zu  Chematen  zu  verpfänden;  auf  Sdiloss  Neuhaus  bekennt  am 
5.  Juni  1300  Hugo  von  Tauvers,  dass  er  Hm.  Heinrich  Wflr^ 
sung  för  17  M.  B.,  die  selber  ihm  geliehen,  den  halben  Hof 
zu  Chematen  bei  der  Kirche  zu  Pfand  gesetzt  habe;  falls  er 
selben  nicht  innerhalb  zweier  Jphre  mit  17  M.  B.  zuritcklöse, 
soll  der  Wdrsung  denselben  zu  rechtem  Lehen  behalten.  Er 
verspficht  demselben  auch,  dazu  seines  Bruders  seiigen  Soh- 
nes Hand  und  Willen  zu  erlangen,  und  siegelt  mit  dem  Reiter- 
Siegel.  Zeugen  dessen :  Hr.  Gerold ,  Pfarrer  von  Tauvers^ 
Hr.  Volker  von  Kemnaten,  Hr.  Magens  von  Uotenheira  und 
dessen  Bruder  Hr.  Bertold,  Hr.  Golschalk  von  St.  Haurtzen, 
Hr.  Fritz  von  Eodrian,  Jacob  der  Prey,  Hagensie  von  Uoten- 
heim.  (v.  Hairhofen^  Genealogie.)  --  Aus  dieser  Uriinode 
ergibt  sich  deutlich,  dass  Hugo's  VI«  Bruder,  Ulrich  III.  lange 
schon  gestorben,  da  bereils  dessen  Sohn,  Ulrich  IV.  als  Hit- 
besitzer der  Familien-Gater  erscheint.  —  Wegen  unbefugten 
Bau  eines  Thurms  in  der  brixnerischen  Hofmark  zu  Aufhofen 
war  Heinrich  Füllein  in  des  Bischöfe  Landulf  Ungnade  and 
GeAngniss  gekommen;  auf  des  Domcapitels,  seines  Herrn 
Hago*s  von  Tauvers  u.  A.  Rath  gab  selber  am  Erchtag  nach 
Michaeli  1300  zu  Brixen  diesen  Thurm  auf,  und  verzichtete 
auf  das  ihm  zustehende  Leibgeding  auf  den  Hof  zu  Aelplingen 
unter  Pön  von  500  H«  B.  Für  diese  stand  als  Bfirge  sein 
Herr  Hugo  von  Tauvers  um  20  H.  B.  u.  s.  w.  auf  10  Jahre^ 


-    «M    — 

und  siegelte  aaeh   ab  Tonflglieher    Yemütller  die  Uriittnde. 
(Sinnacher  5.  B.  S.  50.) 

Im  folgeadeo  Jahre  that  der  schoa  bejahrte  Hago  von 
Taavere  eineo  wichtigen  Schritt;  denn  am  9.  Hai  1901  urkan- 
det  er,  dass  er  seinen  Herrn  Otto,  Ludwig  und  Heinrich, 
Herzogen  von  Kimthen  und  Grafen  von  Tirol  und  GOrz  gelobt 
habe,  ihnen  und  ihren  Erben  getreulich  zu  dienen,  ewiglich 
mit  seinen  Yesten^  Leuten  und  Gfitern,  und  falls  er  Kinder 
(vielleicht  soll  es  helssen:  Söhne)  bekomme,  so  sollten  aueh 
diese  ihnen  und  ihren  Kindern  dienen;  das  NSmliche  habe 
auch  seine  Mutter  und  seine  beiden  Schwestern  Elsbel  und 
Agnes^  die  noch  unberathen  sind,  und  mit  ihnen  seine  Mannen.: 
Ibgens  (von  Uotenhaim)^  Volker  (von  Kemnaten),  Heinrich 
Wttrsung,  Berchtold  (von  Uotenhaim),  Gotschaik  (von  St. 
Maurizien)  und  Fridrich  (von  Endrian),  die  sieben  Ritter  und 
Jackt  von  der  Mflhl  gelobt.  —  Falls  er  aber  keine  Kinder 
bekime,  und  auch  seine  vorgenannten  Erben  nicht  mdir  vrären, 
so  soll  sein  nfichster  Erbe  solches  Ihun;  dafür  hatten  seine 
Herrn,  die  Herzoge  von  Kärnthen  ihn,  seine  Erben,  seine 
Leute  und  Gflter  in  ihren  Schutz  genommen  und  ihm  verspro- 
chen zu  helfen  wider  manniglich.  Das  geschah  auf  dem 
Schlosse  Tauvers.  (Collectanea  Frimisser  aus  dem  Stalth.- 
Archive.)  Ans  dieser  Urkunde  geht  deutlich  hervor^  dass 
^Hngo  VI.  von  Tauvers  zwei  Schtvestern :  Elisabeth  und  Agnes 
hatte  und  beide  damals  noch  unverheirathet  waren,  nnd  zu- 
gleich auch,  dass  er  damals  noch  keine  Kinder,  wenigstens 
kerne  Söhne  gehabt,  ja  vieUeicbt  gar  noch  nicht  verehlicht 
vrar,  da  von  seiner  Gemahlin  gar  keine  Meldung  geschieht. 
—  Dm  sich  den  Herzogen  noch  mehr  verbindlich  zu  machen, 
stellte  er  am  nämlichen  Dalum  ihnen  noch  eine  Urkunde  ans^ 
womit  er  den  Herzogen  gelobt  ihnen  ewiglich  treu  zu  dienen, 
und  In  der  Herrschaft  Haslach  (Mahlbaeh)  um  40  M.  B. 
Gflter  oder  Gfllten  käuflich  an  sich  zu  bringen,  und  selbe  von 
den  Herzogen  zu  Lehen  zu  nehmen  auf  Söhne  nnd  Töchter. 
(Bairische  Regest.  5.  B.)    Wenn  nicht   etwa   in  Angabe  der 


—  «  - 

Jdimh)  ein  Irrllniii  eingeschlichen  ond  1309  stall  1901  ge- 
setzt worden,  so  muss.Hugo  von  Taavers  diesen  Dienstreven 
i.  J.  1303  im  nemlichett  Wortlaafe  fflr  sich  und  seine  zwei 
Schwestern  aufs  Nene  ausgestellt  haben.  (Schatz-Arch.  Regest.) 
Oder  soBte  diess  etwa  bei  der  Gebort  seiner  Erbin,  der  Tochter 
Agnes  statt  gefanden  haben?  —  Im  folgenden  Jahre  Baden 
wir  ihn  einmal  wieder  in  der  Steiermark;  denn  am  28.  April 
1304  war  Herzog  Rudolph  zu  Jadenburg  mit  seinem  Hofcanz- 
ler  Berlold,  Hugo  Ton  TauTers,  Hermann  Harschall  von 
Landenberg  u.  a.  m.;  dort  verkaufle  der  Landschreiber  Albert 
von  Zeiring  seine  landesfflrstlichen  Lehen,  7  Hüben  in  Zwiet- 
pik  dem  Rioher,  Richter  za  Harburg^  am  32  Mark  Silbers  and 
Herzog  Rudolph  als  Lehensoberherr  bestfltigte  diese  Verkanf- 
kandlnng.    (Muchar.  loc.  cit«  6.  B.  S.  150.) 

Wahrscheinlich  um  diese  Zeit  hatte  sich  endlich  seine 
Schwester  Blisabet  an  einen  ungenannten  Herrn  von  Schönen- 
bereh  verheirathet ;  am  Pauli  Bekebrtage  1305  zu  Neubans 
arknndel  Houg  von  Tauvers,  dass  er  seiner  Schwester  Elsbet 
von  Schttnenberch  das  Gut  zu  Plaichen ,  eines  in  Gesyez  auf 
Kuckenberg,  eines  in  Aeuren  und  ein  anderes,  das  von  WiU 
hdm  Oerlens  gebaut  wird,  und  den  Zehenlen  von  dem  Poden 
zu  Uolenhaim,  den  Hof  zu  Hose,  den  niedern  Hof  zu  Phaltizen^ 
den  Hof  zn  Ragen  und  die  Hube  zu  Dietenhaim  eingeantwortet 
habe,  wofür  sie  ihm  das  Gut  zu  Windenbach,  das  er  ihr  an. 
ihr  Erbe  gegeben,  aus  Liebe  und  auf  seine  Bitte  als  Ab  Wechsel 
überlassen  habe.  Gienge  ihr  etwas  an  diesen  Gütern  ab  oder 
Würde  sie  deren  entwehrt,  so  verspricht  er  oder  seine  Erben 
ihr  selbe  zu  ersetzen.  Wollte  sie  selbe  verkaufen,  so  soll  sie 
selbe  ihm  znerst  anbieten^  eine  H.  B.  Gült  für  10  H.  B.; 
wollte  er  selbe  »nerhalb  zweier  Honate  nach  gemachten  Anbote 
nicht  kaufen,  so  kann  sie  damit  thun,  was  sie  will.  Zeugen 
dessen:  Hr.  Ekbart  der  Priester,  der  ehrbare  Hann  Hr.  Cnn- 
rad von  Haldenberg  und  Bartimü  von  Gays«  •*«-  Hfingl  daran 
das  grosse  Reiteraiegd  Hugo's  von  Tauvers  in  weissem  Wachse. 
(Stattb-Aseh.) 


Unmittelbar  nach  dieser  Yerständlgang  mit  seiner  Schwe- 
ster zog  Hago  von  Tauvers  im  Dienste  des  Hersogs  Heinrich 
mil  diesem  nach  Böhmen,  wo  letzterer  am  13.  Februar  1305 
mit  des  böhmischen  Königs  Wenzel  U.  «Itesten  Tochter  Anna 
zu  Prag  sich  vermählte.  Jedoch  blieb  Hngo  von  Tauvers 
nicht  bis  zu  dessen  gezwungenen  Abzog  aus  Böhmen  im  Octo- 
ber  1306  bei  ihm;  denn  er  war  bereits  im  Mfirz  1306  nach 
Tirol  zorückgehehrt. 

Bisher  hatte  Hugo  VI.  von  Tauvers  mit  seinem  Neffen 
Ulrich  lY«  die  Familiengtiter ,  welche  sie  von  seinem  Vater 
Ulrich  II.»  Ulrichs  IV.  Grossvater,  so  wie  von  dessen  Gemahlin^ 
der  noch  lebenden  Ofmia  von  Hünnenberg  erblich  aberkom- 
men, ungetheilt  besessen;  wahrscheinlich  veriangte  nun  der 
immer  etwas  unruhige  Ulrich  IV.  die  Theilung.  Unter  Ver- 
mittlung der  Herzoge  von  Kftmtben  und  ihrer  beiderseitigen 
hohen  Verwandten  kam  es  endlich  am  2.  Mfirz  1306  im  her- 
zoglichen Schlosse  zu  Griess  bei  Bozen  zur  friedlichen  Thei- 
lung in  Gegenwart  ihres  Herrn  des  Herzogs  Otto  von  Kttmthen^ 
des  erlauchten  Fürsten  Herzogs  Heinrieh  von  Bresslau,  der 
Grafen  Meinhart  und  Albert  von  Hortenberch 
(Ortenburg),  Oheimen  des  Ulrich  von  Tauvers, 
Hemrichs  von  Rotenburg  des  Hofmeisters^  Hrn.  Heinrichs  von 
Aufenstein,  Otto's  von  Matrei,  Jacobs  von  Liebenberg,  Hein- 
richs Wflrsung  und  Ludwigs  des  Zerhelm;  den  Hugo  von 
Tauvers  tiaf  die  Burg  Tauvers  und  100  M.  B.  zum  Voraus 
von  seiner  Mutter  Morgengabe,  die  selbe  ihm  vermacht;  den 
Ulrich  hingegen  die  Burg  zu  Neuhaus,  auch  das  halbe  Dorf 
Gais  und  das  nttcfaste  Urbar  an  der  Veste  Neuhaus;  (die 
Schlösser  Uotenhaim  und  Eppan,  von  denen  in  der  Theilung 
keine  Rede  ist^  scheinen  sie  ungetheilt  gelassen  und  gemein- 
schaftlich besessen  zu  haben.)  —  Hugo  soll  alle  Vesten,  die 
getheilt  und  nicht  getheilt  sind,  die  nächsten  7  Jahre  inne- 
haben, nach  deren  Verlauf  sollen  sie  ihre  Vesten  und  die  Wein- 
gater  za  Bppan  thrilen  an  gleichen  Theilen;  die  Kosten  der 
Bnrghuth  der  Vesten  sollen  Beide  zu  gleichen  Theilen  tragen. 


—    «4    — 

»  Oberhalb  Neabaas  soll  keiner  von  ihnen  eine  Vesle  erbaoeo ; 
jedoch  zu  Gais  darf  jeder,  wenn*8  ihm  gefallt,  einen  Tborni 
baaen.  —  Bezüglich  der  Gerichtsbarkeit  darf  jeder  richten  uod 
Richter  halten  ttber  seine  Güter  und  Leute;  hingegen  Aber  die 
Edelleute  und  todeswttrdige  Verbrechen  richtet  der  älteste.  — 
Beide  miteinander  zahlen  die  schuldigen  400  M.  B. ,  nämlich 
200  M.  B.,  ,,die  wir  geben  zu  unserm  Mumelein^  des  Hof- 
maisters  Sühne  *)  und  200  U.  B.  dem  Velber  (dem  voa 
Velben),  —  Ulrich  von  Tauvers  setzt  seinem  Oheim  Hugo  zu 
Bargen:  den  edlen  Grafen  Heinrich  von  GOrz  und  seinen 
(matterlichen)  Oheim  Hm.  Gerhart  von  Camino  und  dessen 
Sohn  Hrn.  Rizard.  Hugo  siegelt  wieder  mit  dem  Reitersiegel, 
(von  Hairhofen,  aus  dem  Statth.-Archive.)  ^  Dass  die  edlen 
von  Tauvers  damals  noch  die  berahmte  Yeste  Eppan  besessen, 
geht  aus  folgender  Urkunde  deutlich  hervor :  am  24.  November 
1308  auf  dem  Platze  zu  Bozen  in  Gegenwart  Hrn.  Conrads 
Meiser  verleiht  Hr.  Johann,  Castelian  auf  dem  Schlosse  Eppan 
aufgestellt  durch  den  edlen  Mann,  Hm.  Hogo  von  Tauvers,  in 
dessen  Namen  dem  Uelin  Halber  aus  der  Gaul  einen  Mairhof 
zu  Nals  fttr  jährlichen  Zins  von  6  Ihm  Most,  Nalser  Mass. 
(Urk.  im  Ferdinandeum.) 

Wenn  nicht  etwa  eine  irrige  Deutung  des  Namens  sieh 
eingeschlichen,  so  scheint  es,  dass  Hugo  VI.  von  Tauvers 
noch  in  hohem  Alter  das  Amt  eines  Hauptmanns  in  dem  den 
Herzogen  von  Kärathen  zugehörigen  Santhal  angenommen  habe; 
denn  in  den  Mittheilungen  ^  des  histor.  Vereins  v.  Steiermark 
1861  S.  101  sagt  Dr.  Tangl :  „Die  Freien  von  Suneck«' :  noch 
1306  erscheint  in  einer  einheimischen,  von  Leopold  von  6o* 
.  nowitz  ausgestellten  Urkunde  als  erster  Zeuge:  Hr.  Haug  von 
Teufen,   Hauptmann  in  dem   Seintal^    und  erklärt  diesen  als 


*)  Die  Sache  ist  etwas  unklar;  sollte  etwa  Ulrichs  IV.,  Aus- 
stellers der  Urkunde,  Muhme  Agnes,  die  zweite  Schwester  Hogo's 
VI.,  an  Heinrichs  von  Aotenburg  des  Hofmeisters  Sohn  vereUicfal 
worden  sein? 


—    8B    — 

Hugo,  Grafen  (?)  von  Tauffea,  Taofers  aos  Tirol.  ^  Aus 
Mailgel  an  Urkunden  müssen  wir  die  Sache  dahingestdit  sein 
lassen.  —  Am  12.  Jtinner  1309  zu  Sterzingen  stellen  Herzog 
Otto  von  Kärnthen  und  Heinrich,  Graf  von  GOrz  dem  Bischöfe 
Johann  von  Brixen  ein  Zeugniss  aus  in  Gegenwart  der  edlen 
Herrn,  ihrer  Getreuen:  Hugo  von  Tauvers,  Ulrichs,  Vogt  von 
Hatsch,  Heinrichs  von  Loubers,  des  Marschalls,  des  Hofmei- 
sters Heinrich  von  Rotenburg.  (Sinnacher,  5.  B.  S.  76.). — 
Nur  ein  paar  Monate  waren  ihm  dann  noch  gegönnt;  denn 
um  Ostern  des  Jahrs  1309  schlug  ihm  die  letzte  Stunde 
und  er  fand  seinem  eigenen  Verlangen  gemttss  bei  den  Cla- 
rissen  zu  Brixen,  denen  er  ein  reiches  Legat  vermachte,  seine 
Ruhestätte.  —  Merkwürdig  ist  uns  theils  eben  wegen  dieses 
merkwürdigen  Legats,  theils  auch  wegen  einiger  Angaben  über 
sein  Leben,  die  Verhandlung  über  diese  seine  Begrübnissstfttte. 
Am  2.  August  1309  thut  Bischof  Johann  von  Brixen  kund: 
Allen  sei  zu  wissen  gethan,  dass,  da  der  edle  Mann  Hugo  von 
Tonvers  bei  den  Schwestern  zu  Brixen  begraben  worden,  und 
vielleicht  von  Einigen  Zweifel  darüber  erhoben  werden  könnte, 
ob  derselbe  auch  noch  in  seinen  letzten  Tagen  seine  Ruhestätte 
bei  den  Schwestern  verlangt  habe,  so  habe  er,  der  Bischof, 
auf  Ansuchen  besagter  Schwestern,  um  solchen  Zweifel  zu 
beseitigen  und  damit  ihnen  deswegen  in  Zukunft  nicht  ein 
Proeess  entstehen  möchte,  eine  Untersuchung  darüber  anstellen 
wollen.  In  Anbetracht  jedoch,  dass  in  der  Regel ,  wenn  kein 
Proeess  über  eine  Sache  eingeleitet  worden,  eine  Zeugen-Ein- 
vernehmung nicht  gelte ;  wenn  aber  einige  der  Zeugen  kränklich 
oder  bejahrt  seien  oder  deren  langwierige  Abwesenheit  zu  be- 
fitrchten  stehe,  wie  es  gerade  hier  —  nach  Angabe  der 
Schwestern,  —  der  Fall  sei,  dennoch  die  Zeugen-Vernehmung 
gelte,  wenn  nur,  was  in  dieser  Hinsicht  das  Recht  vorschreibt, 
beobachtet  werde,  so  habe  er  diese  Zeugen- Vernehmung  vor- 
genommen. In  seiner  Gegenwart  so  wie  in  Beisein  Hrn.  G. 
Decans  von  Brixen,  Fr.  Walcbums,  Priors  zu  Stams  und  Hm. 
Zacharias  Domherrn  von  Brixen  habe  Frau  Elisabel  von  Schö- 

6 


\ 


—    66    — 

nenberg,  Schwester  besagten  Hrn.  Hago*s  von  Taavers  bei 
ihrem  Eide  auf  die  Frage:  was  ihr  in  Hinsicht  der  Wahl  des 
Begräbnisses  ihres  Bruders  bekannt  sei?  ausgesagt:  als  dieser 
ihr  Bruder  auf  dem  Schlosse  Neuhaus  auf  dem  Krankenbette 
gelegen,  gesunden  Sinnes  aber  bedeutend  krank,  habe  er  am 
Mondtage  vor  Palmsonntag  dieses  Jahres  1309  seine  Begrübniss 
bei  den  Ciarissen  von  Brixen  erwählt  und  denselben  auch 
300  M.  B.  zur  Erhaltung  von  sechs  Ordensbrüdern,  die  dort  Gott 
dienen  sollen,  vermacht;  jedoch  mit  dem  Vorbehalte,  falls  in 
Zukunft  in  Tauvers  ein  Kloster  zur  Ehre  der  hl.  Clara  erbaut 
würde,  vms  er  sehr  wünsche^  so  sollen  jene  300  H.  B.  die- 
sem zugewendet  und  auch  sein  Leib  dort  beigesetzt  werden. 
Ferner  sagte  sie  aus,  dass  ihr  Bruder  schon  lange  vorher,  als 
er  im  Begriffe  stand,  in  jenen  Krieg  zu  ziehen,  in  welchem 
König  Adolph  umkam,  für  sich  und  auch  für  seine  Mutter  die 
Ruhestätte  bei  den  Ciarissen  zu  Brixen  bestimmt  habe.  — 
Auch  Hugo's  Witwe  (Hargaretha  von  Truchendingen)  sagte 
in  diesem  Bezüge  eidlich  aus;  als  ihr  Gemahl  im  Dienste 
König  Heinrichs  nach  Böhmen  zu  ziehen  im  Begriffe  gewesen, 
habe  er  zu  Tauvers  in  ihrer  Gegenwart  bestimmt,  seine  Grab- 
stätte soll  bei  den  Ciarissen  sein;  —  um  das  Jahr  und  Tag 
befragt,  antwortete  sie:  sie  könne  sich  nicht  recht  erinnern, 
es  sei  vor  der  Zeit  gewesen,  als  König  Heinrich  mit  der 
Königin  nach  Tirol  gekommen;  —  ferner:  sie  hätte  obige 
seine  Willensmeinung  öfter  von  ihm  vernommen.  —  Eben  das 
Nämliche  bezeugte  auch  unter  einem  Eide  Hugo*s  Mutter 
Ofnixa  (Euphemla  von  Hünnenberg).  (Archiv  der  Ciarissen  In 
Brixen.) 

Somit  überlebten  Hugo  VI.  von  Tauvers  seine  Mutter 
Ofmia,  seine  Schwester  Elsbet  und  seine  Ge- 
mahlin BPargret,  aus  der  er  nur  eine  minderjährige  Tochter 
Agnes  hinterliess.  —  Alle  diese  Frauen  waren  sehr  wohlthätig 
gegen  Kirchen  und  Klöster;  so  war  schon  i.  J.  1303  Frau  Ofmia 
and  deren  Sohn  Hugo  VI.  den  Nöthen  des  Klosters  Sonnenbarg 
zu  Hilfe  gekommen,   als  Frau  Berchta  von  Schöaeck,  Äbtissin 


~    «7    — 

dieses  Slifts,  mit  ihrem  Kloster  tief  in  Schulden  gerathen; 
denn  die  Freigebigkeit  der  edlen  Familie  von  Tauvers  half 
ihnen  diesmal  aus  der  Verlegenheit,  indem  Frau  Ofmia,« 
Wittwe  Ulrichs  U.  von  Tanvers  und  ihr  Sohn  Hugo  VI.  dem 
Stifte  die  bedeutende  Summe  von  350  H.  B.  gegen  Verpfän- 
dung des  Urbars  von  Mflhlwald,  Lappach,  Weisenbach  und 
Hicheireiss  vorstreckten;  dadurch  erholte  sich  das  Kloster 
derart,  dass  es  nach  und  nach  die  Schuld  abzahlen  konnte, 
und  i.  J.  1310  bereits  ganz  getilgt  hatte^  so  dass  am  P6nztag 
vor  Biaria  Geburt  1310  Ofmia  von  Tuvers  und  Margret  von 
Truchendingen  anstatt  ihrer  Tochter  Agnes  (weil  Erbin  ihres 
Vaters  Hugo)  der  Äbtissin  Berchta  auf  dem  Schlosse  Tuvers 
die  Quittung  ausstellten  und  das  Verpfflndete  mit  Leut  und 
Gut  wieder  zurückstellten.  Zeugen  dabei  waren:  vnser  liebes 
Anichle,  Ulrich  der  Edle  von  Tuvers,  Hr.  Gerolt  der  Pfarrer 
von  Tuvers,  Hr.  Gotschaik  und  Hr.  Fridrich  die  Ritter  von 
Tuvers.     (von  Hairhofen  aus  dem  Archiv  Sonnenburg). 

Nach  dem  Ableben  Hugo's  VI.  scheint  sein  Neffe  Ulrich  IV. 
die  Vormundschaft  Aber  Hugo's  einzige  Tochter  Agnes  bean- 
sprucht zu  haben  und  auch  mit  übertriebenen  Ansprüchen 
wegen  der  bisher  noch  nngetheilt  besessenen  SchKVsser  und 
Güter  hervorgetreten  zu  sein,  wie  aus  den  folgenden  Urkunden 
hervorgeht.  Um  sich  gegen  beides  zu  sichern,  stellten  die 
Grossmutter  und  Mutter  obige  Agnes  unter  dem  Schutze  des 
neuen  Landesfürsten,  Königs  Heinrich,  denn  am  12.  Mürz  1311 
zu  Griess  reversiren  sich  Frau  Ofmia  von  Tauvers  und  Frau 
Margret  von  Truchendingen,  dass  sie  ihre  respective  Enkelin 
und  Tochter,  Fräulein  Agnes  von  Tauvers,  nach  Rath  des 
Königs  Heinrich  vermählen  wollen ,  so  dass  ihr  künftiger  Ge- 
mahl des  Königs  Diener  werde,  oder  falls  selber  sich  ans 
dem  Lande  zöge^  dem  Könige  ihr  zugebrachtes  Gut  zu  kaufen 
^be.  (Schatz- Archiv  Regesten.)  Dafür  urkundet  am  näm- 
lichen Tage  zu  Griess  König  Heinrich ,  dass  er  die  edlen  Frauen 
Ofmia  von  TouverS)  so  wie  Margret  von  Truchendingen  und 
deren   Tochter  Agnes    von   Touvers   und  deren    Güter  unter 

5* 


-    68    — 

seinen  Schnti  genommen,  und  da  erwfthnte  Frauen  Ofmia  md 
Margret  ihm  gelobt^  dass  sie  mit  erwfthnter  Jungfrau  Agnes 
und  den  ihr  zugeiiörlgeD  Yesten  und  Gütern  ohne  seinen  Rath 
und  Zustimmung  nicht  verfflgen  wollten^  so  habe  er  ihnen 
aueh  gelobt,  die  Jungfrau  Agnes  nirgends  hinzugeben  oder 
zu  verheiralen,  als  wie  es  ihre  Ehre  und  Wtlrde  fordern. 
(Archiv  St.  Zenoberg.)  —  Nicht  so  ganz  und^ontltzig  handelte 
hier  König  Heinrich,  denn  schon  aus  obiger  Urkunde  und  ans 
dem  noch  zu  Erwähnenden  leuchtet  deutlich  die  Absicht  her» 
vor,  die  wichtige  Herrschaft  Tanvers  an  sich  zu  bringen  und 
so  wieder,  nach  dem  Beispiele  seines  Vaters,  Herzog  Heinhard  II., 
ein  angesehenes  Dynasten  -  Geschlecht  zu  entfernen.  — 
Ohne  Zweifel  mit  Zustimmung  K.  Heinrichs  opferten  dnrch 
Urkunde  dat.  zu  Tauvers  131  i^  Fran  Margret,  WiUwe 
Hugo^s  von  Tauvers  und  deren  Tochter  Agnes  mit  Zustimmung 
ihrer  respective  Schwieger-  und  Grossmutter  Ofmia ^  Wittwe 
weiland  Ulrichs  des  altern  von  Tauvers  auf  den  (wahrsehein* 
lieh  auf  ihre  Kosten)  neuerrichteten  Altar  der  hK  Cadiarhia  in 
der  Pfarrkirche  zu  Gais  den  kleinen  Hof  zo  Gais,  genannt  ioi 
Yekle.    (v.  Hairhofen  aus  dem  Archive  zu  Gais.) 

Aber  noch  andere  wichtige  Geschäfte  hatten  die  hinterlas- 
senen  Frauen  von  Tauvers ;  es  galt,  einen  schädlichen  Zwiespalt, 
der  sieh  zwischen  den  Herra  von  Tauvens  und  den  brixneri- 
sehen  Unterthanen  zu  Brunecfc  und  in  derselben  Gegend  ^  — 
es  ist  eigentlich  nicht  gesagt,  warum?  —  noch  zur  Zeit,  als 
Hugo  VI.  von  Tauvers  noch  lebte,  erhoben  und  zu  Thfitlteh- 
keiten  gefdhrt  hatte,  endlich  beizulegen.  Darum  Urkunden  am 
13.  Juni  1311  zu  Aufliefen  Ulrich,  Ofmla^  Elsbet  und  Margret 
von  Tauvers,  dass  der  Krieg,  der  sich  zwischen  Hrn.  Hugo 
von  Tauvers  seligen  einer-  und  dem  bischöflicben  Burggrafen 
zu  Bruneck  Hrn.  Reimprecht  den  Sflbner  seligen,  den  Bflrgera 
zu  Bruneck  und  andern  brixnerischen  Gotteshansleuten  ande- 
rerseits sich  erhoben  und  die  beiderseits  zugefügten  Schäden 
mit  des  Bisehofs  Johann  von  Brixen  und  ihrer  Zustimmung 
Jacoben  dem  Trautson   und  Randolten  von  Vilanders  als  vom 


Btfchof,  uwl  JaoolMD  von  St.  Michaelsbiirg,  dem  Ludriohter 
und  Aeblin  von  St.  Lambrechlsberg  als  von  ihnen  gewfihlten 
Schiedleoten  zur  Entscheidang  Überlassen  worden.  Diese  hät- 
ten unter  gemeinsamer  Berathung  entschieden :  der  Bischof  fOr 
sich  und  die  Seinen,  wo  immer  angesessen,  sollen  der  Tau- 
verser  und  der  Ihrigen  wegen  des  Kriegs  gut  Freund  sein, 
so  wie  andererseits  die  Tauverser  dem  Bischöfe  und  den  Seinen 
und  vollstJiAdige  Versöhnung  zwischen  ihnen  statt  finden;  fer- 
ner die  Frauen  von  Tauvers  sollen  dem  Bischöfe  bis  künftige 
Michaeli  50  H.  ß.  auszahlen,  und  dem  Stuck  35  Pf.  B. 
Herren  Gült  für  die  35  H.  B«,  wofür  er  Bürgen  hat,  anweisen 
diessseits  der  Gaiser  Brücke  und  der  Coste,  des  Salar-  und 
des  Beyererbaches,  jedoch  dass  sie  selbe  mit  35  H.  B.  ablösen 
dürfen.  Jeder  Theil,  sowohl  der  Bischof  als  die  Frauen  von 
Taavers  entschädigen  die  Ihrigen  um  den  erlittenen  Schaden, 
Diese  Sühne  sollen  beide  Theiie  halten  unter  Strafe  von 
50  H.  B.  —  Zeugen  dabei :  Hr.  Herman  Bing,  Hr.  Hagnes  von 
üotenhairo,  Fridrich  von  Andrian,  Heinrich  Würsung,  alle 
Ritter )  Ulrich  von  Hatrei,  Burggraf  zu  Bruneok,  Fritz  und 
Dietmar  von  St.  Lambrechtsburg  u.  s.  w.  Das  siegeln  sie 
und  Wernher  von  Tablat,  als  der  Schiedleut  Obmann.  (Sin- 
Dächer,  5.  B.  S.  89.)  —  Da  diese  Urkunde  am  Sonnlag  vor 
St.  Veitstag,  43.  Juni,  gefertigt  wurde,  so  liess  der  Bischof, 
um  seine  Ansprüche  auf  Tauvers  desto  besser  zu  wahren,  vier 
Tage  darnach,  am  17.  Juni,  jene  Urkunde  vom  Jahre  1225, 
wodurch  Hugo  IV.  von  Tauvers  seine  Schlösser  Tauvers  und 
Uotenhaim  dem  Stifte  Brixen  zu  Lehen  aufgesendet  und  als 
seiche  wieder  nebst  Anderm  empfangen  hatte,  vidimiren  und 
als  ücht  erklären,  wozu  sich  auch  König  Heinrich  zu  Griess 
am  17.  Juni  1311  ganz  willig  herbeiliess.  (Chmel^  österr. 
Gescbiehtsf.  2.  B.  S«  351.)  Hiezu  mochte  ihn  einerseits 
bewegen,  dass  jene  für  das  Stift  Brixen  bedenkliche  Verschrei- 
bung  der  Frauen  von  Tauvers  am  12.  März  1311  zu  seiner 
Kenntniss  gekommen,  andererseits  auch  der  Streit,  welcher 
zwischen   Ulrich    IV.    von  Tauvers  und   den  erwähnten    drei 


—    70    - 

Frauen  am  obige  Schlösser  und  andere  Tanver^sehe  Besitsoii- 
gen  obwaltete.  Endlich  am  Freitag  vor  Egidi  131 1  (28.  August) 
zu  Brixen  wählten  beide  streitende  Partheien  zu  friedlichen 
Schiedsprechern  in  dieser  Streitsache  den  König  Heinrich, 
Grafen  von  Tirol  und  Heinrich  Grafen  von  Görz;  dabei  ward 
vereinbart,  bis  zum  Schiedspruche  sollte  König  Heinrich  Schloss 
Tauvers  sammt  dem  Urbar,  welche  erwähnte  Frauen  bisher 
innegehabt,  zu  seinen  Händen  nehmen.  Zeugen  dessen:  der 
edle  Graf  Albert  von  Görz ,  Hr.  Gebhart  der  Velber,  Hr.  Chol 
von  Vlaxperch^  Hr.  Fridrich  von  Gesiez,  Hr.  Nicolaus  von 
Welsberg,  Hr.  Gebhart  und  H.  von  Starkenberg,  Hr.  Eckhart 
und  Hr.  Heinrich  von  Gerrenstain.  (v.  Mairhofen  aus  dem 
Statthalt.-Archiv).  —  Allein  K.  Heinrich  einmal  in  dem,  wenn 
auch  nur  anvertrauten  Besitz  des  Schlosses  Tauvers  ^  scheint 
sich  mit  dem  entscheidenden  Spruch  eben  nicht  beeilt  zu  ha- 
ben, da  er  ihn  erst  im  Jahre  1313  that,  wie  wir  sehen 
werden. 

Indessen  ergaben  sich  wichtige  Veränderungen  in  der 
Familie  von  Tauvers,  Die  Grossmutter,  Frau  Ofmia,  schon 
hochbejahrt,  nahte  sich  ihrem  Lebensende;  darum  fertigte  sie 
am  Samstag  vor  St.  Thomastag  1312  ihr  Testament:  „Ich 
Ofmei,  Mutter  Hrn.  Haugs  von  Tauvers,  geborne  von  Hannen- 
burch,  thue  kund,  dass  ich  Ober  die  20  M,  B.  Gülte,  die  mir 
Aber  das ,  was  ich  schon  meinen  Kindern  bereits  geschaffen^ 
erübrigt^  folgender  Weise  nach  meinem  Tod  verfüge;  nämlich 
20  M.  B.  dem  Bischöfe  von  Brixen,  dass  er  damit  seiner 
Kirche  neue  Gälten  kaufe  oder  verpfändete  zurücklöse;  50  M. 
B.  innerhalb  10  Jahren  zahlbar  dem  Stifte  Sonnenburg  zum 
nemlichen  Zwecke  wie  der  Kirche  von  Brixen ,  auf  dass  sie 
mir  und  meinem  Gemahle  ewiglich  einen  Jahrtag  halten  mit 
Messen  und  Gebet,  und  am  Jahrtag  sollen  jeder  Schwester 
50  Schillinge  vom  obigen  Urbar  gegeben  werden.  Femer  vermache 
ich  5  M.  B.  der  Frauenpfarrkirche  zu  Tanvers,  1  H.  B.  dem 
Kloster  zu  Lienz  und  ebensoviel  dem  zu  Innichen;  3  M.  B. 
den  Klarissen  zu  Brixen^   den  Franciscanem  daselbst  1  M.  B. 


--    71    - 

dem  Bruder  Franz  daselbst  1  M.  B.  und  den  Chorherrn  za 
Brixeo,  der  Neustift,  den  mindern  Brüdern  und  den  Predigern 
zu  Bozen,  jeden  2  H.  B. ,  i  H.  B.  den  Klosterfrauen  zu 
Steinach,  und  2  H.  B.  dem  Kloster  Stams;  diese  kleinern 
Posten  unter  10  H.  B.  sollen  innerhalb  zweier  Jahre,  alle 
94  M.  B.  aber  innerhalb  der  nächsten  10  Jahre  von  obiger 
Gült  entrichtet  werden;  der  Ueberscbuss  davon  gehört  den 
Ciarissen  an  Heran  und  nach  den  10  Jahren  ffillt  die  ganze 
Gült  von  20  M.  B.  diesen  zu,  auf  dass  sie  damit  zwei  Prie- 
ster unterhalten,  die  für  mich,  meinen  Gemahl  und  meine 
Vorfahren  ewiglich  beten  sollen;  jedoch  mit  dem  Vorbehalt, 
falls  eines  meiner  Kinder  oder  Enkel  so  selig  wftre^  ein  Klo- 
ster im  Pusterthale  zu  bauen ,  so  sollen  diese  20  M.  B.  Gülten 
nach  Verlauf  der  zehn  Jahre  diesem  zuMlen.  *)  —  Ich  will 
im  Clarissen-Kloster  an  Heran  begraben  werden,  „wan  daz 
meiner  Tochter  Elspeten  stift  ist  mit  sammt  mei- 
neiner  Herrschaft  von  chernden.^  -^  Alles  in  meinem 


*)  Da  non  hier  Frau  Ofmia  von  Tauvers,  wie  früher  ihr  Sohn 
Hugo  VI.  in  seinem  Testamente  v.  J.  1309  ihren  sehnlichen  Wunsch 
ausdrücken^  dass  ein  Glied  ihrer  Familie  im  Thale  Tauvers  ein  Gla* 
risser-Kloster  erbauen  mochte  und  sie  beide  für  diesen  Fall  bedeu- 
tende Legate  hiezu  bestimmten  j|  so  erhebt  sich  die  Frage:  ob  auch 
dieser  ihr  Wunsch  in  Erfüllung  gegangen?  -  Eine  Stunde  östlich 
von  St.  Moritz  im  Thale  Tauvers  am  Eingange  las  einsame  Reinthal 
erblickt  man  aaf  einem  schmalen  Bergvorsprunge  die  sparsamen  Ruinen 
eines  alten  Bauwerkes,  insgemein  die  „Burg  Kofel  am  Tobel^  ge- 
nannt; dorthin  versetzt  die  Sage  des  Tbalvolkes  ein  Frauenkloster; 
wo  einst  die  Burg  Kofel  gestanden,  soll  dieses  errichtet  worden 
sein.  Der  kleine  Convent  aber  soll,  nachdem  das  Kloster  einmal 
ausgeraubt,  dann  bald  darauf  das  Klostergebaude  selbst  ein  Raub 
der  Flammen  geworden,  in  das  Scbwesterkloster  von  Brixen  über- 
siedelt sein.  —  So  die  Sage;  da  jedoch  für  all  diess  urkundliche 
Beweise  fehlen,  mnss  man  die  Sache  dahin  gestellt  sein  lassen.  — 
Vielleicht  hängt  die  Sage  mit  dem  in  die  Oeffentlichkeit  gedrungenen 
Wunsche  der  beiden  Edlen  von  Tauvers  und  deren  Vermächtnissen 
zur  Verwirklichung  desselben  zusammen;  —  vielleicht  dass  wirklich 
auch  einige  Versuche  zur  Errichtung  eines  Clarissen-Klosters  daselbst 
gemacht  worden ;  jedoch  das  Werk  bei  dem  bald  darauf  erfolgten 
ganzlichen  Aussterben  der  Familie  schon  im  Beginne  wieder  zerfal- 
len ist. 


—    T8    - 

Hause,  meine  Bücher,  Hausgerfithe,  liegende  und  fahrende  Habe, 
verniache  ich  meiner  Tochter  Ebbet,  wenn  selbe  mich  über- 
lebt, auf  dass  selbe  damit  thue,  was  ich  ihr  darüber  geschaffen. 
—  Ich  betheuere,  dass  all  mein  Hausgeräthe  auf  Tauvers  und 
Alles,  was  ich  in  Gewer  habe  von  fahreader  Habe,  mir  mein 
seliger  Gemahl  Ulrich  von  Tauvers  vermacht  hat,  dass  weder 
meine  Kinder  noch  Enkel  noch  meine  Schnur  darauf  irgend 
einen  Anspruch  haben  sollten,  ausgenommen,  was  ich  von 
freien  Stücken  ihnen  davon  schenken  wollte.  —  Ich  bitte  mei~ 
nen  Herrn  den  Bischof  Johann  von  Brixen,  dass  er  dieses 
Vermächtnisses  Schirmer  und  Vollstrecker  sei  nach  Rath  und 
Weisung  meiner  Tochter  Elsbet  von  Schönenberg.  —  Zudem 
betheuere  ich,  dass  ich  Alles,  was  ich  geschaffen,  mit  allem 
Rechte  geschaffen  und  mein  Sohn  Hugo  seligen  mir  Vollmacht 
gegeben  es  zu  schaffen,  wem  und  wie  ich  will.  —  Die  zwei 
Güter  Hauben  und  Adelür  habe  ich  verpfändet  um  16  M.  B., 
die  ich  benOthigte  zur  Bezahlung  des  Rubeiners,  dem  selbe 
mein  Sohn  Hugo  schuldete.  Beim  Tode  meines  Sohnes  war 
gar  kein  Silberzeug,  weder  von  dem  meinen  noch  von  dem 
meines  Mannes,  übrig  geblieben^  das  meine  hat  mein  Sohn 
alles  versetzt  oder  an  Zahlungsstatt  hingegeben,  (mihi).  — 
Bald  nach  Abfassung  ihres  Testamentes  scheint  Frau  Ofmia 
von  Tauvers  heimgegangen  zu  sein,  wenigstens  war  sie  laut 
einer  Urkunde  vom  1.  Februar  1313  bereits  unter  den  Todten. 
Unterdessen  hatte  König  Heinrich  selbst  für  Frau  Ofmia's 
von  Tauvers  Enkelin  Agnes,  Tochter  Hugo's  VI.,  gemäss  seines 
Versprechens  um  einen  angesehenen  Bräutigam  umgesehen  in  der 
Person  Conrads,  eines  Sohnes  des  Grafen  Conrads  von  Kirch- 
berg, und  mit  diesem  die  Verlobung  bereits  eingeleitet;  am 
12.  Februar  1313  zu  Fürstenberg  gelobt  Conrad,  Graf  von 
Kirchberg  für  sich,  seinen  Sohn  Conrad  und  dessen  Verlobte, 
Agnes  von  Tauvers,  dem  Spruche  König  Heinrichs  von  Böhmen, 
Grafen  zu  Tirol  in  Bezug  auf  das  Schloss  Tauvers  zu  halten. 
(Bairische  Regesten  5.  B.)  —  Vielleicht,  wie  ans  dem  Verlaufe 
der  ganzen  Angelegenheit  hervorzugehen  scheint,    machten  die 


-    73    — 

GrafeD  Ton  Kirchberg  dem  K.  Hehiriefa  dabei  auch  das  heim- 
liche Versprechen,  nach  vollzogener  Heirath,  ihm  Schloss 
Taavers  gegen  Entgelt  zu  äberlassen.  —  Endlich  am  Freitag 
vor  St.  Mathestag  (24.  Februar)  1313  erfolgte  zu  St.  Veit 
in  Kfirnthen  der  entscheidende  Spruch;  der  Jungfrau  Agnes, 
weiland  Haugens  von  Tauvers  Tochter,  ward  das  Haus  Tauvers 
und  das  Erbe  ihres  Vaters  (worunter  wohl  die  Hälfte  der 
Vesten  Ulenhaim  und  Eppan  sammt  Zugehör  zu  verstehen  sein 
wird,  wie  aus  der  Urkunde  vom  J.  1315  hervorgeht)^  zuge- 
sprochen, (v.  Mairhofen,  Genealogie.)  Und  am  ib.  Juni  1313 
zu  St.  Veit  in  Kämthen  spricht  König  Heinrich  als  Schieds- 
richter den  Grafen  von  Kirchberg,  Vater  und  Sohn,  welch 
letzterer  mit  Agnes  von  Tauvers  verlobt  ist,  das  dieser  von 
Ulrich  von  Tauvers  angestrittene  Schloss  Tauvers  zu;  stellt  es 
aber  dem  auf  dem  Spruchtage  nicht  erschienenen  Ulrich  von 
Tauvers  frei,  innerhalb  Jahresfrist,  in  Minne  oder  mit  Recht 
deshalb  an  ihn  Forderungen  zu  stellen.  (Bairiscbe  Regesten, 
5  B.)  Hingegen  geloben  am  nfimlichen  Tage  und  Orte  Graf 
Conrad  von  Kirchberg  der  ältere  für  sich  und  seinen  gleich- 
namigen Sohn  dem  KOnig  Heinrich,  der  letzterm  zur  Ehe  mit 
Agnes  von  Tauvers  verhelfen  und  sie  und  ihre  Guter  zu  schir- 
men versprochen,  gegen  Jedermann,  der  Vater  mit  Ausnahme 
des  Kaisers,  der  Sohn  ohne  Ausnahme,  zu  dienen.  (Bair.  Regest. 
5.  B.)  —  Ob  Ulrich  IV.  von  dem  ihm  gegönnten  Appellations- 
termin Gebrauch  gemacht  oder  nicht,  ist  aus  Urkunden  nicht 
ersichtlich;  wir  glauben,  dass  er  bei  der  vorausichtlichen  Er- 
folglosigkeit des  Betriebes  seiner  vermeintlichen  Ansprttche 
davon  abgestanden,  oder  wenn  er  sie  auch  betrieben^  aufs 
Neue  verflillt  worden.  —  Wfihrend  der  Zeit  wurde  die  wirk- 
liche Verehlichung  der  Agnes  von  Tauvers  mit  Conrad,  Grafen 
von  Kirchberg  den  jQngem  wirklich  vollzogen  und  somit  auch 
deren  väterliches  Erbe  an  diesen  gebunden.  Nun  war  somit 
das  günstige  Verhältnfss  herbeigeführt,  welches  K.  Heinrich 
zur  Verwirklichung  seines  Planes  so  sehr  gefördert,  und  wirk« 
Uch  verkatfle   am 1315  ^zu  Griess  Frau  Agnes  von 


—    74    - 

Taovers,  wahrscheinlich  angetrieben  von  ihren  darch  K.  Hein* 
rieh  gewonnenen  Gemahl  Graf  Conrad,  dem  Könige  Heinrich 
das  Stammschloss  Tauvers  so  wie  die  halbe  Yeste  Utenhaim 
und  die  halbe  Veste  Hocheppan  sammt  Zugehör  um  3000  H. 
B.  —  nach  jelzigen  Geldwerthe  bei  60,000  fl.  —  Als  Pfand* 
für  die  Bezahlung  dieser  Summe  ward  ihr  überantwortet  Schloss 
und  Gericht  Emberg,  das  Gericht  im  Wald  und  in  der  Aschaa. 
(Primissers  Regesten.)  —  Jedoch  wurden  ihr  diese  3000  M. 
B.  durch  K.  Heinrich  bereits  im  Verlaufe  des  Jahres  1316 
abbezahlt,  indem  er  zur  Aufbringung  dieser  Summe  eine  eigene 
Steuer  auf  seine  Gerichte  legte ,  (Primissers  Regesten  in  der 
Bibl.  di  Pauli  N.  613)  und  somit  ihr  auch  obige  Pfandschaft 
wieder  abgelösst.  — 

Zwei  berühmte  und  wichtige  Vesten  des  Landes  waren 
somit  wieder  an  den  LandesfUrsten  gekommen^  Tauvers  das 
Stammschloss  der  edlen  und  mächtigen  Herren  von  Tauvers 
und  Hocheppan,  der  Stammsitz  der  einst  so  mächtigen  und 
einflussreichen  Grafen  von  Eppan  wenigstens  zur  Hfilfte,  wäh- 
rend die  andere  Hälfte  bald  darauf  auch  durch  Ulrich  IV.  von 
Tauvers  an  ihn  kam.  —  Wohl  mochte  das  Stift  Brixen  gestützl 
auf  jene  Aufsendungs-  und  Belehnungsurkunde  vom  Jahre  1225 
seine  Ansprüche  auf  die  Schlösser  Tauvers  und  Utenheim  als 
ihm  zuständige  Lehen  erheben,  jedoch  K.  Heinrich  beachtete 
dieselben  nicht,  obwohl  er  nur  4  Jahre  zuvor  jene  Lehnungs- 
urkunde  ganz  gemfithlich  als  recht  anerkannt  und  bestältigt 
hatte  I 

Wir  kehren  nun  zur  Darstellung  der  Lebensverhältnisse 
von  Hugo's  VL  zwei  Schwestern  Elsb et  und  Agnes  zurück, 
und  werden  dann  die  weitern  Schicksale  seiner  Tochter  Agnes, 
der  bereits  erwähten  Gemahlin  Conrads  Grafen  von  Kirchberg 
erörtern.  —  Wir  haben  bereits  aus  dem  Gelobebriefe  Hugo's 
VI.  von  Tauvers  vom  9.  Hai  1301  ersehen,  dass  auch  seine 
zwei  Schwestern  Elsbet  und  Agnes  mit  ihm  gelobten,  und  dass 
selbe  damals  noch  unberathen,  d.  h.  unverehlicht ,  waren;  — 
Was  aus  Elsbet's  Schwester  Agnes  geworden,   darüber  fehlen 


—    75    — 

alle  Nachrichten ;  sei  es  Dan,  dass  sie  in  ein  Kloster  eingetreten 
und  hier  der  Welt  unbekannt  frühzeitig  ihr  Leben  beschlossen, 
oder  aber,  wenn  jene  (Seite  64)  angefahrte  Stelle  des  Thei- 
lungstractats  vom  2.  MSrz  1306  dahin  gedeutet  werden  könnte, 
dass  selbe  einem  Sohne  Heinrichs  von  Rotenburg  verheiratet 
worden,  so  mdsste  sie  doch  bald  darauf  gestorben  sein^  da 
ihrer  ferner  keine  Erwähnung  geschieht  und  auch  ihre  Mutter 
Ofmia  in  ihrem  bereits  angeführten  weitläufigen  Testamente 
vom  Jahre  1312  ihrer  nicht  mit  einem  Worte  erwähnt.  -* 
Was  über  sie  Röggl  im  Sammler  von  Tirol  4.  B.  S.  53, 
und  Sinnacher,  4.  B.  S.  194  berichten,  ist  irrig,  weil  sie  die 
Erlebnisse  ihrer  gleichnamigen  Huhmey  Agnes  von  Tauvers, 
Tochter  Hugo*s  VI.  auf  sie  fibertrugen.  — 

Um  so  mehr  wissen  wir  von  ihrer  Schwester  Elsbeth; 
bereits  im  Jahre  1282  erblickten  wir  sie  mit  ihrem  Vater 
Ulrich  II.  in  Oesterreich ,  und  wie  sie  mit  demselben  am 
29.  Jänner  1289  zu  Chremsdas  daselbst  Erkaufte  wiederverkaufte; 
wir  begegneten  ihr  im  Jahre  1296  oder  1297  in  Begleitung 
ihres  Bruders  Hugo  auf  seinem  Zuge  durch  Tirol ,  sahen  sie 
aber  noch  i.  J.  1301  unverehlicht,  aber  bereits  i.  J.  1305  als 
Gemahlin  eines  Herrn  von  Schönenberg.  Sei  es  nun,  dass  der 
Tod  frühzeitig  das  vor  Kurzem  geknüpfte  Band  der  Ehe  mit 
ihm  lösste  oder  aber  Hissverhältnisse  sie  von  ihm  getrennt; 
urkundlich  erwiesen  ist  es,  dass  sie  bald  nach  ihrer  Yerehli- 
chung  nach  Brixen  sich  zurückzog  und  dort  in  einem  unmit- 
telbar an  das  Clarissenkloster  anstossenden  ihr  gehörigen  Hause 
m  stiller  Zurückgezogenheit  und  in  trautem  fast  schwesterlichen 
Umgange  und  Verbände  mit  den  Ciarissen  lebte  und  ihnen 
manche  Gabe  spendete;  besonders  aber  wendete  sie  später 
ihre  Liebe  und  Freigebigkeit  dem  neu  entstandenen  Kloster 
der  Glarissen  an  Heran  zu  derart,  dass  sie  mit  der  Herzogin 
Euphemia  als  eigentliche  Stifterin  desselben  zu  betrachten  ist 
und  auch  so  genannt  wurde,  wie  wir  aus  dem  bereits  erwähn- 
ten Testamente  ihrer  Hutter  Ofmia,  deren  Liebling  sie  war, 
und  die  ihr  so  Vieles  zuwendete,    gesehen  haben.    Vieles  von 


—    7«    ^ 

ihrem  Erbgute  verwendete  sie  zum  Baue  dieses  iDoslers  und 
zur  festern  Begründuug  seiner  Subsistenz.  —  So  schenkte  in 
der  St.  Catharina^Capelle  an  Heran  am  16.  April  1312  die 
edle  Frau  Elisabeth  von  SchOnberg  dem  CJarissenkloster  da- 
selbst: 1)  alle  ihr  bisher  gehörigen  Zehenten  im  Taaverser- 
felde  sammt  einer  dazu  gehörigen  Scheune  bei  der  Pfarrkirche, 
2)  einen  Hof  genannt  am  Ort  auf  Achernach  und  einen  Bauhof 
zu  Utenheim,  Alles  Lehen  vom  Stifte  Brixen;  3)  einen  Hof 
in  Hülein;  welche  Stücke  zusammen  jährlich  20  H.  B.  ertragen 
und  ihr  von  ihrer  Mutter  Ofmei  geschenkt  worden.  4)  Alle* 
ihre  Besitzungen  zu  St*  Georgen  bei  Bruneck^  nämlich  8V2 
Hüben ^  welche  durch  sieben  Bauleute  bearbeitet  werden^  eine 
Hube  im  Dorfe  Dietenhaim,  den  Hof  Saxel  bei  Brixen^  zwei 
Weingüter  zu  Tschetsch,  genannt  Fidemetz  und  CoUe,  liehen 
des  Stifts  Brixen.  Ferner  den  Hof  Kalchgrub  an  der  Mfirre, 
den  drei  Bauleute  bearbeiten,  und  einen  andern  zu  Braiteben^ 
beide  in  der  Pfarre  Velturns,  dem  Hugo  von  Yeltums  von  ihr 
abgekauft,  dann  alle  übrigen  ihr  eigenthttmlichen  Weingüter, 
Aecker  und  Wiesen  in  der  Pfarre  Velturns;  ferner  ihr  Wein- 
gut bei  Brixen,  endlich  alle  ihre  Güter  in  der  Pfarre  Eppan, 
nämlich  den  Hof  zum  Schöberlein  in  Puntsel  and  einen  andern 
zu  Schreckpüchl,  einen  halben  Hof  an  der  Egard,  einen  halben 
Bauhof  zu  Sirmian  und  einen  andern  halben  zu  Putzao.  (Ur* 
künde  im  Ferdinandeum.)  ^  Ebenso  freite  sie  mit  ihrer 
Freundin,  der  Herzogin  Euphemia  dasselbe  Kloster  von  den 
pfarrlichen  Rechten  des  Pfarrers  von  Tirol -Heran,  indem  beide 
am  Erchtag  vor  Margreten  1312  demselben  dafür  jährliche 
16  M.  B.  Herrengült  übergeben,  mit  170  M.  B.  ablössbar. 
(Urkunde  im  Archive  St.  Zenoberg.)  —  So  wie  Elsbet  voa 
Schönenberg  mit  der  Herzogin  Ofmia  durch  innige  FreundschafI 
verbunden  war,  so  genoss  sie  auch  die  Liebe  der  Gemahlin 
K.  Heinrichs,  der  böhmischen  Königin  Anna,  die  noch  sterbend 
zu  Laibach  im  September  1313  ihrer  gedachte  und  ihr . 
100  M.  B.  vermachte,    (n^ihi.) 


_    77    — 

Anfangs  hielt  sie  sich  bald  bei  den  Ciarissen  zu  Brixen, 
bald  bei  jenen  zu  Heran  aof;  so  k.  B.  war  am  7«  Jänner 
1311  Ulrich  der  Diener  der  Frau  Elsbet  von  Schönenberg  ku 
Heran  Zeuge,  wie  Heinrieb  der  Harschall  von  Laubers  den 
Clarisseii  zu  Heran  die  Catharina  -  Kirche  daselbst  nebst 
Anderni  schenkte.  cUrk.  im  Ferdinandeum);  hingegen  tiber^ 
Hess  sie  am  Sonntag  nach  Haria  Verktlndigung  1315  in  ihrem 
Hause  tu  Brixen  Alhaiden,  der  Gemahlin  Jaeclin's  von  Lncke- 
dach  für  die  10  H.  B, ,  welche  ihre  selige  Hutter  Ofmia  der- 
selben fttr  ihre  Dienste  vermacht  hatte,  das  halbe  Chlapfgut 
und  3  Pf.  B.  Zins  aus  dem  Schwafghofe  zu  Nieder- Auer; 
daran  hUngt  sie  und  ihr  Vetter  Ulrich  v.  Tauvers  ihr  Siegel, 
(v«  Pfaundlerische  Urkunden.)  —  Am  1.  April  1315  -zu  Bri- 
xen Urkunden  die  Gebrüder  Winther,  Cunrad  der  Kaiser  und 
Ulrich,  alle  drei  Söhne  Hrn.  Berchtolds  von  Autenhaim  seligen^ 
dass  sie  mit  Zustimmung  ihres  gnädigen  Herrn  Ulrichs  von 
Tauvers  ihre  zwei  halben  Höfe  sammt  aller  Zugehör ,  der  eine 
Piglätsch^  der  andere  zu  Frauenhaus  zum  Renter  genannt  und 
diesseits  Pänk  gelegen,  um  80  H.  B.  der  ehrbaren  Frau  Els- 
bet von  Sehönenberg  als  freies  eigenes  Gut  verkauft  haben. 
—  Ferner;  da  sie  mit  besagter  Frau  Elsbeth  von  Schönenberg 
wegen  einer  Gülle  von  10  Ihm  Wein  aus  den  erwähnten  Gü- 
tern in  Streit^  gewesen ,  so  hätten  sie  zur  Beendigung  dieses 
Streites  ihr  10  H.  B.  an  den  ausbedungenen  80  U.  B.  nach- 
gelassen. Daran  hängen  ihr  Siegel  Hr.  Ulrich  von  Tauvers 
und  Hr.  Cunrad  der  Zerhelm  ihr  Oheim.  Geschehen  in  der 
vorbenannten  Elsbet  der  Schönbergerin  Haus  zu  Brixen.  (Statth.- 
Archiv).  —  Ebenso  urkundet  Elisabet  von  Schönenberg  am  St. 
Veitsabend  1316  zu  Brixen  in  ihrem  Hause  im  Kloster  der 
Schwestern ,  dass  ihre  Frau  Hutter  Ofmia  seligen  zu  einem 
Seelgeräthe  20  H.  B.  Gttits  dem  Kloster  Sonnenburg  vermacht 
habe,  (von  Hairhofen).  —  Hingegen  finden  wir  sie  am  16.  Hai 
1316  auf  dem  Schlosse  Tirol  bei  König  Heinrich,  um  mit 
demselben  in  einer  wichtigen  Angelegenheit  zu  verhandeln.  Als 
nämlich  derselbe  i.  J.   1315  von  Elisabets  Niege,   Agnes  von 


—    78    — 

Tauvers,  Schloss  Tauvers,  halb  Utenheim  und  Eppan  erkauft 
hatte,  scheint  selber  auch  alle  einst  dahin  gehörigen  Güter, 
Leute  und  Einkünfte,  somit  auch  die  der  Elisabet  von  Schön- 
berg als  Vermächtniss,  Heiratgut  u.  s.  w.  zugefallenen  Stücke 
und  Gülten  beansprucht  und  auch  an  sich  gezogen  zu  haben. 
Dagegen  erhob  sich  Elsbet  mit  Kraft,  und  der  König  stellte 
ihr  nun  am  obigen  Tage  20  M.  B.  Gülte  daselbst,  den  Zehent 
auf  dem  Felde  zu  Tauvers,  den  Mairhof  zu  Hüle,  den  Maierhof 
zu  Utenhaim  und  auf  Ahernach  genannt  am  Ort,  und  20  M.  B. 
Gült  zu  Ahernach,  die  ihre  Mutter  zu  einem  Jahrtage  gewidmet, 
den  Hof  zu  Nals,  den  Hof  zu  Pigletsch^  den  Schwaighof  in 
dem  Müiwald  zurük;  dafür  aber  erliess  ihm  Frau  Elsbet  die 
100  H.  B. ,  welche  der  König  ihr  als  Yermächtniss  seiner 
seligen  Gemahlin ,  der  Königin  Anna ,  noch  schuldete ,  und 
versprach  ihm  zugleich,  falls  sie  je  obige  Güter  verkaufen 
wollte,  selbe  ihm  zuerst  anzubieten,  so  wie  auch  ihm  und 
seinen  Erben  die  Ablösung  obiger  40  M.  B.  Gült  zu  gestatten.  — 
Hingegen  sollen  dem  Bischöfe  von  Brixen  und  dessen  Stift  alle 
Rechte  an  obigen  Gütern ,  in  so  weit  selbe  von  denselben  zu 
Lehen  herrühren,  vorbehalten,  auch  alle  Gedinge,  welche  Frau 
Elsbet  darüber  gethan  hat^  in  ihrer  Kraft  bleiben.  —  Audi 
gab  ihm  Frau  Elsbet  auf  sein  Ersuchen  die  zwei  Mühlen  an 
Heran,  die  er  ihr  für  100  M.  B.  verpfändet  hatte  und  die  ihr 
allerdings  verfallen  waren,  zurück;  dafür  überliess  er  ihr 
12  H.  B.  jahrlicher  Gült  zu  St.  Jörgen  bei  Gais,  jedoch  unter 
Vorbehalt  des  Rücklösungsrechtes  mit  100  M.  B.  —  Falls  er 
je  die  Herrschaft  Tauvers  verkaufen  wollte,  sollen  ihr  zuvor 
obige  Güter  und  Rechte  verbrieft  und  versichert  werden,  imihi). 
Bald  darauf  nahm  Frau  Elsbet  selbst  den  Schleier,  indem 
sie  ins  Clarissenkloster  zu  Meran  eintrat,  und  wurde  nach  dem 
am  17.  September  1320  erfolgten  Tode  der  bisherigen  Äbtissin 
Agnes  von  Liechtenstein  von  den  dankbaren  Nonnen  selbst  zur 
Äbtissin  gewühlt.  ->  Am  1.  Hai  1323  zu  St.  Zenoberg  thut 
König  Heinrich  kund,  er  habe  der  Frau,  Schwester  Elsbet  von 
Schönenberg,    Äbtissin  des  Ciarissen -Klosters  an  Heran  alle 


—    79    — 

Güter,  welche  sie  von  ihrem  Vater  nnd  Vorfahren  ererbt,  zn 
Tattvers  und  anderswo  gelegen,^ die  er  an  sich  gezogen  gehabt, 
früher  schon  wieder  in  Nutz  and  Gewer  überlassen  unter  Be- 
dingung^ wenn  sie  selbe  je  verkaufen  wollte,  sie  zuerst  ihm 
anzubieten;  diess  habe  sie  nun  gethan^  weil  sie  selbe  zum 
Nutzen  ihres  Klosters  veräussem  wolle;  jedoch  vermöge  er 
wegen  andern  Auslagen  diese  Güter  nicht  zu  kaufen.  Darum 
gebe  er  ihr  Vollmacht,  selbe  zum  Frommen  des  Klosters  an 
wen  immer  zu  verüussem,  oder  wenn  sie  stürbe,  ihren  Nach- 
folgerinen im  Amte  zu  hinterlassen.  (Archiv  St.  Zenoberg.) 
Nachdem  sie  ihre  Würde  treulich  zum  Wohle  des  von  Ihr 
mitbegründeten  und  innig  geliebten  Klosters  5  Jahre  lang 
verwaltet,  ging  sie  am  3.  October  1325  heim^  um  den  Lohn  ihres 
gottgeweihten  Lebens  zu  empfangen.  (Necrologium  Claris- 
sarum). 

Wahrscheinlich  noch  bei  Lebzelten  ihrer  Hufame  Elsbet 
von  SchOnberg  war  Ihre  Nie^e  Agnes  von  Tauvers,  ver- 
ebiichte  Gräfin  von  Kirchberg,  nachdem  der  Tod  das 
Band  der  £he  gelösst,  dem  Beispiele  Elsbets  gefolgt  und 
hatte  im  nümlichen  Clarissenkloster  zn  Meran  den  Schleier  ge- 
nommen. —  Am  hl.  Dreikönigen  -  Tage  1335  schenkt  im 
Schlosse  Ried,  bei  Bozen,  Herzogin  Ofmia  ihrer  lieben  geist- 
lichen Tochter,  Schwester  Agnes  von  Tauvers,  Tochter 
Hau  gen  von  Tauvers  im  Clarissenkloster  an  Meran  als 
freies  Eigenthuito  den  Hof  Germannsecke  in  Semtein ,  den  sie 
von  Frau  Diemuten  von  Werberg,  Tochter  weiland  Huleins 
von  Northeim  erkauft,  der  jährlich  zu  Dienst  1  Kitz,  1  Lamm, 
30  Eier,  eine  Schüssel  Schmalz,  6  Schweinschultern  und  25 
Pf.  B.  zinst,  zi;  völligen  Eigenthunt,  mit  voller  Gewalt,  mit 
selbem  nach  ihrem  Belieben  zu  disponiren«  (Urk.  im  Widum 
Meran).  —  Im  folgenden  Jahre  1336  wurde  sie  nach  dem 
Rücktritte  der  Äbtissin  Sophia  von  Reifenstdin  an  deren  Stelle 
erwählt  und  leitete  das  Kloster  mit  Eifer  bis  zum  Jahre  1341.  — 
Am  Freitag  vor  St.  Veitstag  1336  zu  St.  Zenoberg  thut  der 
neue  Landesfürst,   Johann  von  Mähren,   Gemahl  Hargrethen's 


—    80    — 

Grä6n  von  Tirol  kiud,  da  vor  Jekren  sein  SchwiegernMer, 
König  Heinrich  von  Frau  Agnes  von  Tauvera,  jelxlgen  AbtisaiD 
des  St.  Clara-Klosters  an  Heran,  als  einer  rechten  Erb- 
tochter des  edlen  Hugo  von  Tauvers  alle  Gflter^ 
Erbschaft^  Mannschaft  und  LehenschafI  und  Alles,  vpas  sie  mit 
Recht  geerbt,  erkauft  habe  und  dies  nun  von  seinem  Schwie- 
gervater mit  Recht  an  ihn  gefallen,  er  das  Kloster^  die  daselbst 
wohnenden  Schwestern  St.  Clara-Ordens  und  alle  ihre  Güter, 
wo  immer  gelegen,  in  seinen  besondem  Schatz  nehme  and  be- 
sonders dasselbe  Kloster  vermöge  Schenkung  oder  Yermüchtniss 
der  Frau  Elsbet  von  Schönenberg,  gewessten  Äbtissin  dessel^ 
ben,  besitze.  Insbesondere  habe  er  ihnen  versprochen,  sie 
nach  dem  Tode  Hrn.  Ulrichs  von  Tauvers  bei  den  Gfiten, 
deren  derselbe  Hr.  Ulrich  ihr  und  an  ihrer  statt  Lehentrfiger 
ist,  mögen  dann  die  ihm  (als  Grafen  von  Tirol)  zugehOren 
oder  nicht,  ohne  Eintrag  zu  schützen.  •—  Erweise  es  sich 
aber,  dass  Jemand  besseres  Recht  zar  Lehensehafit  habe,  als 
er^  so  wolle  er,  wenn  es  mit  seiner  Würde  verträglich  wire, 
in  ihrem  Namen  die  Belehnung  damit  selbst  verlangen  und  ihr 
Lehentrfiger  sein;  wttre  es  aber  unter  seiner  Würde,  persöii- 
lieh  die  Belehnung  zu  ersuchen,  so  wolle  er  wenigstens  nadi 
Krftften  dahin  wirken,  dass  sie  darin  nicht  beeinträchtigt  wür- 
den. (Archiv  in  St.  Zenoberg).  —  Im  eingehenden  Mnner 
1339  überiüsst  Agnes  von  Tauvers  als  Äbtissin  gemäss  schieds- 
richterlichen Spruche  des  Bischofs  Nicolaus  von  Trient  und 
Hrn.  Volkmars  von  Burgstal  an  Mathftus  Bischof  von  Brixen 
den  Zehenten  zu  Tauvers ,  welchen  ihre  Muhme  Elsbet  von 
Tauvers  dem  Clarissen-Kloster  einst  geschenkt  hatte,  (mihi).  — 
Ums  Jahr  1341  trat  sie  von  der  Äbtissin- Würde  ab«  um  in 
untergeordnetem  Verhältnisse  im  Kloster  in  Demuth  dem  Herrn 
zu  dienen,  ward  aber  nach  dem  am  1.  October  1344  einge- 
tretenen Ableben  ihrer  Nachfolgerin,  der  Äbtissin  Sophia  vot 
Reifenstein,  durch  das  Vertrauen  ihrer  Hitschweslern  zum 
zweitenmal  zur  Äbtissin  erwfthlt,  welches  Amt  sie  noch  6  Jahre 
mit  Segen  fortführte»    und    selbes    im  Jahre   1350  abermis 


-    81    - 

Biederiegte  ond  am  21.  Jaai  1351  als  der  leiste  Sprosse  ikrea 
edlen  und  ao  angesehenen  Geschlechtes  aus  dieser  Weit  schied. 
(Necroleg.  Clarissarum). 

Nun  erübriget  uns  noch  von  Agnesen  von  Tanvers  6e- 
schwisterlcind  Dlrich  IV.,  Sohn  Ulrichs  III.  von  Tauvers  als 
dem  letzten  münnlichen  Sprossen  dieses  uralten  Hauses  au 
sprechen.  —  Wir  haben  densdben  bereits  am  Sonntage  vor 
Liechlmessen  1293  su  Heran  dem  Herzoge  Heinhard  II.  Treue 
und  Dienst  gelobend  erblickt,  und  wie  ihn  sein  Oheim  Hugo  VI. 
deutlich  als  Mitbesitzer  der  Familiengüter  erklarte,  als  er  bei 
Verpfandung  eines  halben  Hofs  am  St.  Bonifaciustag  1300 
ausdrttcklich  erklärte»  er  wolle  dazu  auch  seines  Neffen 
Ulrichs  IV.  Zustimmung  gewinnen.  — Bei  der  zwischen  ihnen  beiden 
bereits  erwühnten  provisorischen  Theilung  der  gemeinschaftii- 
chen  Schlösser,  Güter ^  Gülten  u.  s.  w.  am  2.  Mflrz  1306 
geschlossen  voriftufig  auf  7  Jahre  6el  ihm  als  Sitz  die  Burg 
Neuhaus  und  das  nflchste  Urbar  an  derselben  Veste  ganz  und 
das  halbe  Dorf  Gais  zu  u.  s.  w.  Nach  Verlauf  von  7  Jahren 
sollte  eine  neue  Theilung  stattfinden.  Bei  dieser  Theilung 
waren  unter  Andern  seine  (mütterlichen)  Oheime  die  Grafen 
Heinhard  und  Albert  von  Ortenburg,  und  er  selbst  setzte  sei- 
nem vflterlichen  Oheim  Hugo  VI.  von  Tauvers  als  Bürgen  für 
Einhaltung  dieses  Vertrages  seinen  Cvnütterlichen)  Oheim  Hrn. 
Gerhart  von  Camino  und  dessen  Sohn  Rizard.  —  Ob  Ulrich 
IV.  an  den  Fehden  dieses  seines  rauflustigen  Oheims  Gerhart 
von  Camino  in  Verbindung  mit  dem  unruhigen  Grafen  Heinrich 
von  Görz  gegen  den  Patriarchen  Ottobon  von  Aquileja  Theil 
genommen  oder  nicht,  darüber  geben  die  uns  zu  Gebote  ste- 
henden Quellen  keinen  Aufschluss.  —  Obiger  Familien-Vertrag 
erreichte  jedoch  vor  dem  bestimmten  Termin  sein  Ende  durch 
den  i.  J.  1309  ehigetretenen  TodMl  seines  Oheims  Hugo  VI., 
und  In  Folge  dessen  scheint  Ulrich  IV.  gegen  dessen  Tochter 
und  Erbin  Agnes  mit  übertriebenen  Forderungen  aufgetreten  zu 
sein,  indem  er,  wie  aus  dem  Ganzen  hervorgeht,  als  einziger 
münnUcher  Sprosse  des  Geschlechts,   vorzüglich  das  Stamm- 

6 


—    M    — 

soUosfl  der  Familie,  di6  Yeste  Tauvefs^  für  sich  beaaspraokle 
und  seine  Baase  Agnes  aus  dessen  Besibi  verdrängen  woUte; 
die  sich  aber  dagegen  unter  den  Schutz  des  Landesfarslen 
stellte,  bis  sich  endlich  beide  streitende  Partheien  zn  Brixen 
am  Freitag  vor  St.  Egiditag  1311  dahin  vereinigten,  dass  sie 
auf  den  Schiedspruch  K.  Heinrichs,  Grafen  von  Tirol  und 
Grafen  Heinrichs  von  Görz  compromittirten.  ^—  Wie  dieser 
erst  am  FreiUg  vor  St.  Mathestag  1313  zu  St.  Veit  gefüllte 
Spruch  gegen  ihn  lautete,  indem  Schloss  Tauvers  und  das 
Erbe  ihres  Vaters  Hugo  seiner  Baase  zugesprochen  worden, 
und  ihm  nur  der  Alleinbesitz  des  Schlosses  Neuhaus  und  der 
getheilte  Hitbesitz  der  Schlösser  Utenheim  und  Hookeppan 
sainmt  Zugehör  zuerkannt  ward,  haben  wir  bereits  frfiher 
S.  73  geseken.  Ulrich  IV.,  der  wohl  den  für  ihn  uogttnstigeo 
Ausfall  des  Spruches  wittern  mochte,  erschien  gar  nicht  bei 
demselben;  daher  ward  ihm  eine  Frist  von  Jahr  und  Tag 
gestellt^  innerhalb  welcher  er  seine  Einwendungen^  wenn  er 
deren  dagegen  zu  haben  glaubte,  in  Minne  oder  Recht,  dag^ 
gen  vorbringen  sollte.  —  Ulrich  scheint  von  dieser  Frist  keinen 
Gebrauch  gemacht  zu  haben,  und  so  mnsste  er  zu  seiaem 
Aerger  sehen,  wie  das  Stammschloss  seiner  Familie  sammt 
dem  reichen  Urbar  desselben,  so  wie  der  Mitbesitz  von  Schloss 
Utenheim  und  Eppan  sammt  Zugehör  zuerst  durch  Heirath 
seiner  Baase  Agnes  mit  dem  Grafen  Ck>nrad  von  Kirckberg 
m  diesen  und  dann  L  J.  1315  durch  Verkauf  an  den  Landes- 
fUrsten  ttbergii^.  —  Jedoch  später  scheint  er  mit  seinen  Baa- 
sen^ der  Elsbetk  von  SohOnenberg  und  obiger  Agnes  Gräfin 
von  Kirchberg  wieder  in  ein  freundlicheres  Verhältaiss  getreten 
zu  sein,  da  wir  ihn  Öfters  bei  deren  Verhandlungen  gegenwär- 
tig uid  ihre  Urkunden  siegeln  sehen. 

In  der  Zwisdienzett  hatte  er  sich  mit  einer  sehr  angese- 
henen Familie,  nämlich  mit  der  der  Grafen  von  Görz  verschwä- 
gert; wir  sehen  ihn  bereits  im  Jakre  13  il  mit  der  edka 
Gräfln  Catharina,  Tochter  Alberts  III.^  Grafen  von  Gäirz  und 
desaen  zweiter  GemaUin  Ofmei  Utelkilt,  Vöglift  von  Matsek 


—  w  — 

dirck  dts  Baod  der  Ehe  veibaDdeo;  am  Pfinstag,  eiflaweBd 
Haidtag- 1311  orkandet  Ulrich  Yon  Tauvers»  daaa  er  mit  RaA 
der  edlen  und  hohen  Herrn:  Grafen  Heinrichs  und  seines 
Herrn  und  Schwahers  Grafen  Albrechts  von  Gön  und  Tirol 
and  anderer  Herrn  und  Freunde  dem  Ciarissen- Convent  an 
Meran.  verkauft  habe  3  Höfe,  nämlich  den  halben  Hof  zu 
Nalles,  ein  Viertl  Gut  zu  Sirmian  und  ein  halbes  Gut  zu 
Stoben  (Stauben)  sammt  Zugehör  um  125  M.  B.  und  5  Schil- 
linge. Zeugen  dabei:  Arnold  von  Schöneck ^  Ulrich  der 
Matreier^  Jacob  von  St.  Hichaelsburg,  Ebil  von  St.  Lambrechts- 
berg,  die  Landherrn;  ferner  Hr«  Fridrich  von  Aendrian,  Hr. 
Magens  von  Utenhaim,  die  Ritter,  sowie  Jensil  der.Zant. 
Daran  hangen  ihr  Siegel  obige  zwei  Grafen,  Ulrich  v.  Tauvers^ 
Cmrad  von  Aufenstein  und  Wernher  von,  Tablat  (Urk.  im 
Feidinandeum).  —  Ebenso  urkuodet  im  Jahre  1312  Albert, 
Graf  von  Görz,  dass  er  wegen  der  guten  Dienste,  welche  ihm 
Nicolaus  von  Welsberg  geleistet,  anstatt  seiner  Tochter  Gatha- 
rina^  seine  Zustimmung  zur  Yerftusserung  von  fünf  Gütern  an 
besagten  v.  Welsberg  und  dessen  Bruder  durch  seinen  Schwie- 
gersohn Ulrich  von  Tauvers  gebe.  (Coronini,  Tentamen 
Genealog.  Comitnm  Goritiae^  aus  Zibock).  —  Auch  andere 
Verkaufe  muss  Ulrich  von  Tauvers  um  diese  Zeit  gemacht 
haben,  denn  1313  macht  Heinrich  von  Rotenburg,  der  junge 
Hofmeister  dem  Kloster  St.  Georgenberg  eine  Stiftung  mit 
4  Fuder  Weingelts  zu  Eppan,  die  er  von  seinem  Herrn  Ulrich 
von  Tauvers  erkauft  hatte.  (Sammler  von  Tirol,  4.  B.  S.  279). 
Vielleicht  steht  dieser  Verkauf  in  Verbindung  mit  jeden 
200  M.  B.  Schuld  an  den  Sohn  des  Hofmeisters,  der  ImThellungs- 
vertrage  vom  Jahre  1306  erwähnt  wird^  und  dass  Hr.  Ulrich 
von  Tauvers  an  Zahlungsstatt  ihm  diese  4  Fuder  Welngillt 
aberlassen. 

1314  gibt  Ulrich  von  Tauvers  dem  Wernher  von  Tablat 
efaie  Habe,  genannt  Cresteler,  zu  Zermes  am  Valsanerbaebe 
m  Heminger  Pfarre  zu  Lehen.  (Schau -Arch.  Regest.)  — 
Am  25.  Harz  1315  siegelt  Ulrich  von  Tauvers  zu  Brixen  einen 

6» 


—    84    — 

Ueberiassbrief  seiner  Mahme  Elisabel  von  Schdnenberg  an 
Adelhaid,  Gemahlin  Jflklins  von  LuUach,  und  am  1.  April  1315 
la  Brixen  gibt  den  Brüdern  Winter,  Cunrad  dem  Kaioer 
und  Ulrichen,  Söhnen  Hm.  Bertoids  von  Aatenhaim  seligen,  ihr 
gnädiger  Herr,  Ulrich  von  Tauvers^  Erlaufonias  ihre  zwei  halben 
Hofe:  zu  Piglätsch  und  Franenhaos  um  80  M.  B.  an  Fraa 
Elsbet  von  Sehönenberg  zu  verkaufen,  und  siegelt  die  Ur- 
kunde. —  Am  Freitag  vor  St.  Georgentag  des  nämlichen 
Jahres  zu  Gais  urkundet  unser  Ulrich  von  Tauvers,  dass  er 
mit  Willen  seiner  Mutter  Frau  Agnes  dem  Kloster  Neustift  den 
Mftlrhof  zu  Nieder- Ölungen  mit  den  liCuten^  so  darauf  sitzen, 
verkaufe.  Zeugen  dessen:  Heinrich  Wirsung  sein  Ritter,  Hr. 
Jacob  von  St.  Michelsburg,  Heinrich  der  Moulrapp,  Cunrad 
Plankl,  Ulrich,  Sohn  Um.  Perchtolds  von  Uotenhaim,  Perchtold 
Gamprion  und  Perchtold  der  Schreiber  des  Tauversers.  Darum 
beide  gesiegelt,  Hr.  Ulrich  mit  dem  gewöhnlichen  Siegel;  das 
Siegel  der  Mutter  hat  die  unversehrte  Umschrift;  S.  Agnetis, 
filia  qu.  Bianchini  de  Camino;  in  der  Hiite  steht  auf  einem 
HOgel  ein  Tburm,  auf  beiden  Seiten  eine  Lilie,  (v.  Hairhofen, 
Genealogie.)  1315  verkauft  Ulrich  von  Tauvers  jene  Güter, 
welche  Auto  von  Matrei  selig  von  ihm  zu  Lehen  gehabt,  als 
rechtes  Eigenthum  an  dessen  Wittwe  Gerwig,  Tochter  Hm. 
Ulrichs  von  Liebenberg  und  deren  Tochter  Catharina.  Zeugen 
Peter  Trautsun,  Heinrich  von  Starkenberg,  Swiker  von  Lieben- 
berg, Conrad  Htilser  und  Hr.  Hang,  Sohn  Hrn.  Füchsleins, 
(mihi.)  —  Am  12.  des  ausgehenden  Maies  1315  zu  Gais 
verkauft  Ulrich  von  Tauvers  dem  Jacob  von  St.  Michelsburg 
zu  rechtem  Eigenthum  das  Hopfgarten -Gut  zu  Messense  um 
12  M.  B.  Zeugen  dessen:  Hr.  Eckehart  der  Geselle  von 
Gais,  Hr.  Heinrich  Wirsung,  Cunrad  der  Amrnnger  und  dessen 
Bruder  Nicolaus,  Jensei  der  Zant,  Eberhart  der  Tnmpech, 
Fridrich  von  Rasptthel,  Ulrich,  Sohn  Hrn.  Bertoids  von  Uoten- 
haim. (Statth.-Archiv).  —  Im  Jahre  1318  ist  Ulrich  von 
Tauvers  mit  Andern  Zeuge,  als  sein  Schwager,  Graf  Hemrich 
von  Görs  zwei  Höfe  zu  Ehrenbnrg  an  das  deutsche  Hans  zu 


Slening  ^erkaaft  (Bargiechner) ,  00  wie  i320  am  Samstag 
Tor  der  Schwestern  Kirchweihe  za  Lueoz,  als  eben  derselbe 
Graf  Heinrich  von  Görz  den  ihre  von  Berlold  von  Rotenstein 
aufgesaodten  Zehent  gelegen  an  der  Eblingen  bei  der  Gayle 
Niclausen  dem  Bufater,  seinem  Richter  zu  Lessach,  so  Erblehen 
ertheilt.  Dabei  waren  Ulrich  von  Tauvers,  Cunrad  der  Burggraf 
Von  Luenz,  Engele  von  Valehenslein ,  Fridrich  von  Gesiez, 
Heinrich  von  Lawant.     (Statth.*Archiv). 

Am  3.  October  1325  war  seine  Muhme  Elsbet  von  Tan- 
vers,  verwittwete  von  Schönenberg,  als  Äbtissin  der  Clarissen 
an  Meran  gestorben;  da  selbe  in  ihrem  frOhern  Ehestände 
kinderlos  geblieben,  machte  Dlrich  von  Tauvers  Ansprache 
aaf  deren  Hinterlassenschaft  und  gerieth  dadurch  in  Streit  mit 
der  neuen  Äbtissin  des  Klosters  und  dessen  Schutzherrin  der 
Herzogin  Ofmia.  Endlich  compromittirten  beide  Partheien  auf 
6  adeliche  Schiednlftnner  und  Heinrich  von  Rotenburg  als 
deren  Obmann.  Am  6.  Juni  1326  erfolgte  deren  Spruch: 
Ulrich  von  Tanvers  soll  aus  allen  von  seiner  Muhme  Elisabet 
von  Schönenberg  hinterlassenen  Gfitem  eine  jährliche  Gülte 
von  25  M*  B.  beziehen  und  dafür  auf  alle  Ansprüche  an  den 
von  ihr  hinteriassenen  Gütern  und  Cleinodien  ganz  verzichtei^. 
Sind  diese  Güter  Lehen,  so  soll  er  anstatt  des  Klosters  Lehen- 
triger  sein.  (Statth.-Archiv).  —  Im  nämlichen  Jahre  1326^ 
als  Fridrich  von  St.  Maurizien  eine  Urkunde  ausstellte,  sie- 
gelten statt  seiner  „Ulrich  von  Tauvers  sein  Herre  und  Conrat 
von  Arberg  auch  sein  Herre  ;^  dieser  letztere  nämlich  als 
Pfleger  und  Pfandinhaber  des  von  König  Heinrich  erkauften  An- 
theils  an  der  Herrschaft  Tauvers. 

Am  St  Johannes  Ap.  Tage  1329  auf  dem  Neuenhanse 
belehnt  Ulrich  von  Tanvers  den  Ritter  Jacob  von  Luttach  nnd 
dessen  Gemahlin  Afheit  mit  dem  Hofe  Oberwalchen,  welchen 
ihm  Fran  Diemut,  Wittwe  Cunrads  des  Amrangers  für  13  M. 
B*  zu  deren  Gunsten  aufgesendet,  (v.  Pfaundier'sche  Urk.)  -— 
Das  Jahr  darauf  erkrankte  König  Heinrich  schwer  und  von 
Todesangst  getrieben  gelobte  er  am  Freitag  vor  Pfingsten  1S30 


—  w  — 

allen  Schaden ,  den  er  elwa  den  Kirchen  nd  Stiftai  zogefigt, 
zu  ersetzen;  als  Bürgen  dafür  stellte  er  nenn  addiche  Hinner, 
darunter  steht  als  erstgenannter  Ulrich  von  Tauvers.  (Sammler 
von  Tirol,  5.  B.  S.  249.)  —  Am  St.  Mathens -Abend  1330 
sn  Rodaneck  vermittelte  unser  Ulrich  von  Tauvers  mit  noch  vier 
tirolischen  Edlen  eine  einstweilige  Verständigling  zwischen  dem 
wiedergenesenen  König  Heinrich  und  dessen  Gemahlin  der  edlen 
Beatrix  von  Savoyen  einer-  und  Arnold,  Bruder  des  von  KOnig 
Heinrich  gefangenen  Conrad  von  Schöned[  anderer  Seits  in 
Bezug  des  dem  letzterm  zugehörigen  Theils  an  der  Yeste 
Schöneck  und  dem  dazu  gehörigen  Gerichte,  Leoten,  Gütern, 
Vogtei  u.  s.  w.  Fttr  Einhaltung  dieser  Uebereinkunft  von 
Seite  K.  Heinrichs  schwören  die  ehrsamen  edeln  Leute:  Hr. 
Ulrich  von  Tauvers,  Hr.  Yolkmar,  Burggraf  auf  Tirol,  die 
Brfider  Jörg  und  Engelmar  von  Villanders  und  Jacob  von  Sc. 
Michaelsburg.  (Statth.-Archiv.)  —  Am  29.  Jänner  1333  sie- 
gelt Ulrich  von  Tauvers  die  Urkunde,  wodurch  Cotirad  von 
Schöneek  den  König  Heinrich  und  den  Jacob  von  St.  Michaels- 
barg  aller  HoiTnung  ond  Bürgschaft  fttr  100  H.  B.  ledigl. 
(Bairische  Regesten.)  Bald  darauf  am  Petn  Stuhlfeirtag  1333 
belehnt  der  nämliche  Ulrich  von  Tauvers  den  Hm.  Jacob  von 
Lnckdach  und  dessen  Gemahlin  Alheit  mit  dem  Zebenle  aus 
drei  Gütern  in  Praitung  und  drei  andern  in  Ahm,  weichen  ihm 
zu  deren  Gunsten  Heinrich  im  Holz  und  dessen  Geschwisterte 
avfgesendet.    (v.  Pfaundlerische  Urkunden.) 

Noch  am  Mittwoch  vor  Palmtag,  20.  März,  1336  begeg- 
net uns  Ulrich  von  Tauvers  urkundlich,  indem  er  am  obigen 
Tage  auf  Schloss  Tirol  dem  Könige  Johann  von  Böhmen  und 
dessen  Söhnen  Xüarl  von  Mähren  und  Johann,  Herzog  von 
Kämthen,  so  wie  dessen  Gemahlin  Margret  gelobt  mit  den 
Vesten  Neuhaus  und  Utenheim  zu  dienen.  (Bairische  Regesten.) 
Von  Schloss  Eppan  ist  hier  keine  Rede  mehr;  vielleicht  dass 
selbes  schon  früher  Ulrich  von  Tauvers  gegen  den  Yotlbesits 
von  Utenhaim  an  den  Landesfürsten  vertwischt  balle.  —  Dieser 
Dienstrevers  ist  aber  auch  die  letzte  uns  von  Ulrioh  von  TIra- 


—   W    — 

Ters  bekannt  gewordene  Urkande;  er  mnss  noch  in  diesem 
Jahre  1336  gestorben  sein,  da  in  der  vom  Burggrafen  Volk- 
mar  v.  Burgslal  am  25.  Harz  1337  dem  Herzog  Johann  vom 
22.  April  1335  bis  25.  März  1337  gelegten  Rechnung  anter 
andern  der  Posten  vorkömmt:  item  Dominus  dedit  ad  sepahu- 
ram  Domini  de  Tuvers  pro  offertorio  16  libras.  (Statth.«- 
Archiv.)  —  Wie  uns  keine  Urkande  seinen  Sterbetag  aafbe^ 
wahrt  hat,  so  hat  uns  die  neidische  Zeit  jede  Kande  entsogen, 
wo  dieser  letzte  männliche  Sprosse  dieses  einst  so 
angesehenen  Geschlechtes  seine  leute  Ruhestätte  gefanden; 
denn  obschon,  wie  wir  gesehen,  mit  der  edlen  Catharlna, 
Tochter  des  Grafen  Albert  III.  von  Görz  verehlicht,  hinterliess  er 
keine  eheliche  Nachkommenschaft,  und  beschloss  daher  mit  seinen 
Tode  die  Reihe  der  mächtigen  Edeln  von  Tanvers  in  männli- 
cher Linie;  nur  die  weibliche  Linie  überlebte  ihn  um  einige 
Jahre  in  seiner  Baase  Agnes  von  Tauvers,  Äbtissin  der  Cia- 
rissen an  Meran,  welche  als  die  letzte  ihres  Geschlech-» 
les  am  21.  Juni  1351  ins  Grab  sank. 

Ulrichen  von  Taufers  überlebte  seine  Gemahlin,  Gräfin 
Catharina  von  GOrz;  am  Donnerstag  nach  Lucia  1337  ver- 
pfänden die  Gebrüder  Albert,  Meinhard  und  Heinrich,  Grafen 
von  Görz  ihrer  Schwester,  der  Frau  Catharina,  Wittwe  des  vor 
kurzem  verstorbenen  Ulrichs  von  Tauvers  etliche  Stocke,  wel- 
che selbe  (für  sie)  am  528  Mark  Aglaier  abgelöst  hatte. 
(Coronini  loc.  cit.  pag*  187.)  Wahrscheinlich  that  sie  dies 
mit  dem  Gelde,  welches  nebst  anderm  ihr  kinderloser  Gemahl 
sterbend  ihr  vermacht  hatte;  so  fiel  ihr  auch  das  der  Familie 
Tauvers  eigenthümlich  zugehörige  Schloss  Neuhaus  sammt  Zu- 
gehör,  sei  es,  dass  sie  um  ihr  Heirathgut,  Horgengabe^ 
Widerlage  und  Wittwengehalt  darauf  verschrieben  war,  oder 
ihr  von  ihrem  Gemahje  testamentarisch  selbes  vermacht  wor- 
den, za  und  blieb  bei  der  gräflich  görzischen  Familie  bis  zn 
ihrem  Erlöschen  i.  J.  1500.  —  Schloss  Utenhaim  samrot  Allem, 
was  dazu  gehörte,  zog^  obschon  es  eigentlich  stift-brixnerischet 
Lehen  war,  der  Landesfttrst  von  Tirol  an  sich. 


-    8B    ~ 

Erwähnte  Gräfin  Catharina  vod  Görs,  Ulrichs  von  Tauve» 
Wittwe,  kömmt  noch  i.  J.  1342  urkandlich  vor;  am  t2.  Hai 
1342  vereinigen  sich  die  Grafen  Meinhard  und  Heinrich  von 
Görz  mit  ihrem  Bruder^  Grafen  Albrecht  von  Görs,  um  alle 
Forderungen,  die  er  gegen  sie  gehabt  besUglich  der  Heimsteuer 
und  Horgengabe  ihrer  seiigen  Mutter,  Grftfin  Eisbeten  and 
bezttglich  seiner  Forderungen  an  das  Erbe  aller  drei  Brüder 
von  ihren  Schwestern  und  bezQglich  all^  gegenseitigen  An- 
sprtlche  dahin,  dass  sie  ihm  dafür  1700  Mark  Aglaier  Pfen- 
ninge zahlen,  und  dass  Leute  und  Güter,  Vesten  und  Urbare 
alle  drei  gleich  thdlen  sollen,  ausgenommen,  dass  Graf  Albert 
und  dessen  Erben  Alles,  was  ihre  Schwester,  Frau  Cathrei 
von  Tauvers  hat,  voraus  haben  soll,  wogegen  Meinhard  und 
Heinrich  einst  alle  Besitzungen  ihrer  Motter,  Gräfin  Ofmei, 
erhalten  sollen.  (Dr.  Alfons  Huber,  Gesch*  d.  Yereinigungr 
Tirols  mit  Gestenreich  S.  157,  aus  dem  k.  k.  g.  Areh.} 
Und  noch  am  St.  Hartinstag  i342  verleiht  Catharina,  Gräfin 
von  Görz,  Fritzen  dem  Otakher  von  St.  Jörgen  und  dessen 
Erben  ^  Söhnen  und  Töchtern  ein  Gut  zu  Erbzinslehen  ffir 
jährlichen  Zins  von  25  Pf.  B.  Heraner  Hönze.  (Trostbui^^er 
Archiv.) 

Was  ist  nun  von  diesem  einst  so  hochberühmten  Ge- 
schlechte noch  übrig  geblieben?  Nichts  als  einige  dflrftige 
Nachrichten  über  sie  und  Ruinen;  denn  Scbloss  Neuhaus  Ist 
grössteniheils  verfallen  und  gehört  jetzt  ->■  einem  Bauern.  — 
Die  Reste  des  zweiten  Tauverischen  Schlosses  Utenheim  haben 
sich  Bauleute  zur  armseligen  Wohnung  eingerichtet.  —  Und  auch 
ihr  Stanmisitz  und  Wiege  die  Yeste  Tauvers  ^  bildet  nur  eine  der 
schönsten  und  interressantesten  —  Schloss-Ruinen  des  Landes  I 
.  Nur  an  der  südlichen  Seite  sind  noch  einige  Gemächer  bewohnbar; 
aber  muten  unter  dem  tiefen  Verfalle  hat  sich  die  alte  finstere 
Schlosscapelle,  den  Apostelfttrsten  Petrus  und  Paulus  gewidmet, 
«'halten,  in  der  wöchentlich  einmal  stiftungsmässig  ein  Priester 
der  Pfarre  Messe  liesst  —  wohl  für  die  ewige  Ruhe  des 
längst  erloschenen  Geschlechtes  der  Edlen  von  Tauven« 


;^ 


^    90    — 


Die  deutschen  Kolonien  im  Gebirge 
zwischen  Trient^  Bassano  und  Verona. 


Von 

Friedricli  t.  Attlmayr. 


Die  Trientner  Zeitung  brachte  im  Dezember  1862  einen 
interessanten  Aufsatz  von  Dr.  Bernardelli)  eigentlich  einen  Aus- 
zug aus  dem  Werke  von  Albert  Schott  aber  die  deutschen 
Kolonien  in  Piemont,  in  der  Nähe  des  Monte  Rosa,  die  seil 
unfürdenUichen  Zeiten  dort  angesiedelt,  trotz  ihrer  Unbedea- 
tendheit  und  Isolirung  als  eigentliche  Sprachinseln  bis  auf  den 
beutigen  Tag  ihren  nationalen  Charakter  und  Sprache  meisl 
noch  mit  deutschen  Priestern  und  deutschen  Schulen  bewahrt 
haben. 

In  diesem  Aufsatze  wird  zwar  auch  der  deutschen  Kolo- 
nien in  den  sogenannten  7  vicentinischen ,  13  veronesischen 
und  einigen  Gemeinden  von  Welschtirol  gedacht,  allein  nur  um 
zu  sagen,  dass  der  nun  verstorbene  gelehrte  Sprachforscher 
und  Kustos  der  Bibliothek  zu  München,  Joh.  Andrä  Schmeller, 
diese  Gegenden  schon  in  den  dreissiger  Jahren  besucht  und 
eine  werthvoUe  Abhandlung  darüber  in  den  Akten  der  k.  bai- 
rischen  Akademie  der  Wissenschaften  veröffentlicht  habe,  die 
sofort  Herrn  Albert  Schott  veranlasste,  auch  die  deutsdien 
Kolonien  in  Piemont  zu  besuchen. 

Da  ich  nun,  bereits  ld)haft  angeregt  durch  einen  im  Herbste 
1862  nntemommenen  Ausflug  nach  Folgaria,  so  glttcklick  ^ 


\ 


—  «f  — 

mir  diese^  so  Tiel  bekannt,  im  grosseren  Pnblikom  nur  wenig 
verbreitete  Abhuidlung  Schmellers  zn  verschaffen,  in  welclier 
namentlich  in  Bezng  aaf  die  Sprache  mehrere  neue  und  höchst 
gewichtige  Daten  rorkommen,  woM  geeignet,  auch  über  die 
ttoeh  immer  bestrittene  Herkunft  dieser  Fremdlinge  einiges 
Licht  zu  verbreiten,  so  dürfte  es  namentlich  für  deren  deutsche 
Nachbarn  nicht  ohne  Interesse  sein,  sich  wieder  einmal  mit 
diesem  Gegenstande  zu  befassen. 

Ich  kam,  wie  gesagt,  im  Herbste  1862,  ohne  damals  irgend  an 
Sprachstudien  zu  denken,  nach  Folgaria,  wo  ich,  und  zwar  in  der 
Fraktion  Serrada,  eine  Ältere  Weibsperson  in  der  Kirche  mit  Rei- 
nigung der  Bänke  beschflftigt  fand,  deren  freundliches  Benehmen 
mich  veranlasste,  sie  deutsch  anzureden,  worauf  sie  mir  v^r- 
schftmt  zur  Antwort  gab:  „i  pin  net  guit^,  d.  h.  nach  dem 
welschen  Ausdruck :  non  son'  buona,  ich  bin's  nicht  im  Stande. 
Dieses  net,  dieses  guit  klang  meinem  Ohre  so  bekannt,  dass 
meine  Neugierde  dadurch  rege  wurde,  und  die  Fortsetzung  des 
Gespräches,  wovon  ich  das  meiste  t>hne  Muhe  verstand,  mahnte 
mich  unwillktthrlich  an  die  Hundart  des  Pusterthaies,  wesshalb 
ich  den  Weg  entlang  auch  mit  andern  Personen  Gespräche 
anzuknüpfen  suchte,  allein  den  ganzen  Abend,  auch  in  villa 
dl  Folgaria,  der  Pfarrgemetnde,  wo  ich  übernachtete,  Niemanden 
mehr  fand,  der  deutsch  gesprochen  hätte. 

Am  andern  Morgen,  in  S.  Sebastiane,  der  höchst  gele* 
genen  Fraktion  von  Folgaria,  hörten  wir  aber  die  Leute,  die 
eben  zur  Kirche  gingen,  zum  Theile  deutsch  untereinander 
reden  und  ein  junges  Weib  einem  Hirtenmädchen  von  der 
Strasse  zurufen:  „wo  geest  de  denn,  corpo  de  terra?*  —  ja 
spfiter  im  KuratiaI-\  'dum,  im  Gespräche  mit  den  beiden  ein* 
gebomen  Priestern  Di..  Antonio  und  Simone  Colpi  und  einem 
zufällig  anwesenden  Bauern  des  Ortes  kamen  Worte  zu  Tag, 
wie  muiter,  pruider,  proat,  boaz  (Weizen),  Kilb,  hoatar 
(heiter),  Oastarn,  voazt  (Ostern,  fett),  Oa,  Hoazet,  in  letztem 
beiden  das  o  jedoch  fast  wie  u  lautend,  endlich  gar  „gaweden* 
promis^ne  mit  ^gabeest*  Ar  „gewesen*,  so  dass  ich  nicht 


-  «  - 

wuflste,  ob  ich  mieh  mehr  an's  Etochland  oder  an*8  PasteriWl 
gemahot  ftfhlte,  da  mit  Ausnahme  des  dem  Pasterthale  dgenen 
ui  fOr  u  diese  Sprachweise  in  beiden  Thftlern.  namentlich  die 
charakteristische  Modifikation  des  Hilfszeitwortes  „sdn^  in 
^geweden^  ebensowohl  an  einigen  Orten  im  Pnsterthal,  wenn 
ich  nicht  irre  zu  Gsiess,  —  als  im  Etschknde,  ganz  bestimmt 
in  Passeier  und  den  Berggemeinden  bei  Heran,  Voran  ind 
Hafling  zu  Hause  ist. 

Es  wunderte  mich  nicht  wenig,  von  dieser  wie  mir  schien 
so  auffallenden  Aehnlichkeit  des  Dialektes  bish^  nie  was  Nli- 
heres  gehört  zu  haben,  sowie  dass  wir  uns  im  Slapero,  wie 
der  stark  mit  welschen  Ausdrücken  gemischte  Dialekt  gewöhn- 
Itch  genannt  wird,  ohne  viele  Mühe  zu  verstftndigen  vermoch- 
ten, wobei  mir  freilich  die  genaue  Kenntniss  der  Mundart 
vom  Etscblaad  und  Pusterthal,  sowie  der  Volkssprache  von 
Welschtirol  sehr  zu  Statten  kam. 

Auf  meine  Nachfrage,  ob  es  denn  gar  keine  in  deutschem 
Dialekt  gedruckte  Bttcher  gebe,  wurde  mir  erwiedert,  dass  vor 
etwa  50  Jahren  derlei  Schulbttcher  allerdings  noch  vorhanden 
waren,  allein  nach  der  damals  auf  Andringen  der  Geistlichkeit 
erfolgten  Auflassung  der  deutschen  Schulen  völlig  verschwun- 
den seien,  auch  in  S.  Sebastiano  die  italienische  Sprache  in 
Kirche  und  Schule  eingeführt  wurde,  und  wie  sie  mit  Idihafler 
Innigkeit  bedauerten,  die  von  den  Voreltern  er^te  Sprache 
auch  in  deren  letzter  Zuflucht  zu  S.  Sebastiano,  obwohl  da 
noch  in  den  meisten  Familien  üblich ,  nicht  lange  mdir  ans- 
dauern  werde.  Ueberhaupt  machten  mir,  wie  diese  beiden 
würdigen  Priester,  alle  Leute,  mit  denen  ich  in  Berührung 
kam,  den  Eindruck  herzlich  offener  Gemfithlichkeit,  waren  ohne 
Ausnahme,  auch  mit  Einschluss  der  Kinder,  recht  ordentlich 
gekleidet,  kräftige  Gestalten,  meist  auch  hohen  Wuchses,  dabei 
mit  ruhigem  und  zugleich  ziemlich  intelligentem  Ausdruck,  wie 
denn  auch  die  Studenlen  von  Folgaria  auf  den  benachbarten 
Gymnasien  den  besten  Ruf  geniessen ,  die  Gebäude  in  gutem 
Stande,  in  den  reinlichen  IQrehen  sdir  erbauliche  Haltung,  und, 


—    «8    — 

was  mir  besonders  anffiel,  trotz  der  Armuth  des  Thaies  ia 
xwei  Tagen  kein  Bettler  zu  sehen. 

Ehe  wir  zu  den  Beobachtungen  von  Schmeller  übergehen, 
halte  ich  es  vor  Allem  fttr  nöthig,  einen  Udierblick  der  Aus- 
dehnung und  Lage  dieser  Kolonien  zu  geben. 

Die  Gemeinde  Folgaria,  in  älteren  Urkunden  von  dem 
ausgedehnten  Ackerlande  des  Hauptortes  Vilgrait  (viel  Gereute) 
genannt,  zahlt  mit  ihren  Fraktionen  circa  4000  Seelen,  und 
erstreckt  sich  von  der  GebirgshOhe  zwischen  Etsch  und  Breota 
bei  S.  Sebastiane  längs  dem  bei  CaUiano  mündenden  soge- 
nannten Rospach  bis  in  die  Ebene  des  Etschlandes  hinab;  sie 
bildet  ungeffthr  die  Mitte  des  Halbzirkels  oder  Hufeisens,  das 
diese  deutschen  Kolonien  im  Hochgebirge  südlich  von  Folgaria 
über  Terragnuolo,  Valarsa  und  die  13  Comuni  veronesi  bis  in 
die  Nühe  von  Verona,  östlich  längs  der  Brenta  über  Lavarone 
und  die  7  Comuni  vicentini  bis  auf  die  Höhen  bei  Bassano  in 
fortlaufendem,  durch  kein  fremdes  Einschiebsel 
gestörtem  Zusammenhang  beschreiben,  —  und  nur  der 
Keil,  der  von  Süden  her  bei  Vicenza  durch  einen  Theil  des 
Flussgebietes  des  Astico  eindringt  und  die  niedrigeren  Aus- 
läufer des  Gebirges  umfasst,  ist  von  Italienern  bewohnt. 

Von  Folgaria  steigt  man  nämlich  südlich  über  die  Fraktion 
Serrada  in's  Thal  von  Terragnuolo  hinab ,  gelangt  von  diesem 
über  die  Gemeinde  Trambileno  (tra  ambi  i  Leni)  in  jenes  von 
Valarsa,  und  beide  Thäler  münden  an  den  Ufern  des  vereinten 
Leno  hart  bei  Roveredo,  —  geschichtlich  berühmt  durch  den 
kühnen  Alpen-Uebergang  dea  Prinzen  Eugen  von  1701,  wovon 
leider  auch  nicht  das  kleinste  Gedenkzeichen  den  spätem  Ge- 
schlechtern Kunde  gibt. 

Die  Bevölkerung  beider  Thäler  von  mehr  als  6000  Seelen, 
nach  deutscher  Sitte  in  einer  Unzahl  von  zerstreuten  Weilern 
und  Gehöften  wohnend ,  ist  wie  jene  von  Folgaria  unbestritten . 
deutschen  Ursprungs;  auch  wird  in  den  mehr  abgelegenen 
Höfen  von  Terragnuolo  gegenwärttg  noch  deutsch  gesprochen 
und  swar  ein  Dialdit,  der  jenem  von  Folgaria  sehr  ähnlich 


-  w  — 

Uin^ ,  während  in  dem  langgestreckten ,  seil  i822  von  4er 
neuen  Strasse  nach  Schio  und  Vicenza  durchzogenen  Valarsa 
die  Kenntniss  des  Deutschen  nunmehr  günziich  verschwunden 
ist;  doch  weiss  man  auch  da  von  filteren  Leuten,  die  noch 
deutsch  gesprochen  haben,  und  auf  Grund  allgemeiner  unswei* 
felhafler  Tradition,  sowie  der  vielen  Pamäien-  und  Ortsnamen, 
wie  Steineri,  Pinteri,  Waisi,  Foxi,  Anghebeni,  Raussi  etc.,  ist 
die  Erinnerung  und  das  Bewusstsein  des  deutschen  Ursprungs 
lebhaft  vorhanden ,  und  es  mag  unter  andern  als  Beleg  hiefBr 
dienen,  dass  cHe  bdden  Vorsteher  sowohl  von  Valarsa  als 
Terragnuolo  für  ihre  ausgeieichnete  Haltung  im  Jahre  1848 
mit  dem  goldenen  Yerdienstkreuze  geschmückt  wurden  und 
auch  jetzt  noch  im  Besitze  des  allgemeinen  Vertrauens  diese 
Stelle  bekleiden. 

Im  Hintergründe  von  Valarsa,  jenseits  der  Höhe  des  Ge- 
birges, Cherle  genannt,  die  zugleich  die  Griinie  gegen  das 
venetianisehe  bildet,  gelangt  man,  immer  in  sfldlicher  Richling 
in  das  Hochthal  des  Progno  zunächst  nach  Campofontana,  der 
höchstgelegenen  Ortschaft  der  13  Comuni  veronesi,  die  nach 
SchmdlM*  theils  zur  Prfitur  Badia  Calovena ,  jetzt  Tregnago^ 
theils  zu  jener  von  Verona  gehören,  und  schon  1833  eine 
Bevölkerung  von  9000  Seelen  zählten. 

In  östlicher  Richtung  dagegen  stösst  die  erstgenannte 
Gemeinde  Folgaria  unmittelbar  an  die  Pfarre  und  Gemeinde 
Lavarone,  mit  Luserna  Casotto  und  Pednmonte,  die,  zum  Ge- 
richte Levico  in  Valsugana  gehörig,  zusammen  ttber  2000 
Seelen,  nördlich  an  Calceranica  und  Caldonazzo  am  gleich- 
namigen See,  dem  Ursprung  der  Brenta,  sfldlich  an  das  rasch 
abfallende  Thal  des  Astico  (Hedoacus  minor)  gränzen  und 
ebenfolls  in  zerstreuten  Weilern  noch  jetzt  Ueberbleibsel  der 
deutschen  Sprache  aufzuweisen  haben.  Noch  weiter  gegen 
Osten  stossen  nun  diese  Gemeinden  Aber  das  kakle,  unbewohnte 
Gränzgebirge  in  der  Entfernung  von  kaum  drei  Stunden  an  den 
Hauptstock  der  deutschen  Kolonien,  die  7  vicentiniscken  Ge* 
flMinden,  mit  denen  nach  der  Cronaca  von  Folgaria  von  Don 


Bottea  vom  Jahre  1800  in  frfihereii  Mnrhunderlen  ein  weil 
lebhafterer  Verkehr  als  gegenwärtig  bestanden  haben  mass,  da 
in  den  Gemeinde-Akten  von  Folgaria  die  Beweise  ziemlich 
hflofiger  Einwanderung  von  Familien  aus  jener  Gegend  vor- 
kommen. Die  7  vicentinischen  Gemeinden  führten  nach  der 
alten  Eintheilung  die  Namen  Sleghe  (Asiago),  Susaan,  Genebe^ 
Vüsche,  Ghel,  Roban  und  Rotz,  und  zählten  auf  einem  Flfichen«- 
raum  von  15  Quadratmeilen  schon  1814  eine  Bevölkerung  von 
30,000  Seelen,  die  heutzutage  theils  der  Prfttur  Asiägo,  theils 
jener  von  Marostica  unterstdien  und  sich  selbst  am  h'ebstea 
Cimbem,  ihre  Sprache  die  cimbrische  nennen,  obwohl  dieselbe, 
wie  wir  sehen  werden,  reia  deutschen  Ursprungs  und  jenen 
der  benachbarten  Kolonien  in  Welschtirol  und  den  13  verone* 
sisehen  Gemeinden  ganz  nahe  verwandt  ist. 

Ein  Blick  auf  die  Karte  wird  nach  diesen  Andeutungen 
genügen,  um  zu  sehen,  wie  der  ganze  Höhenzug  von  Verona 
aber  die  13  Coronni,  Valarsa,  Terragnuolo,  Folgaria,  Lavarone 
und  die  7  Comuni  bis  Bassano  ohne  Unterbrechung  von 
Stummen  deutschen  Ursprungs  bevölkert  ist;  allein  nicht  nur 
im  Gebirge  und  auf  den  Höhen ,  auch  in  der  Thalebene  von 
Valsugana  an  den  Ufern  der  Brenta  sind  sehr  gewichtige  und 
verbreitete  Spuren  deutschen  Elementes  vorhanden. 

Unmittelbar  an  Lavarone  und  S.  Sebastiano  grunzt  nämlich 
Centn  und  tiefer,  in  der  Richtung  nach  Trient,  Vattaro,  in  der 
Riditung  nach  Pergine  Calceranica  am  See  von  Caldonazzo, 
hiuter  Ortschaften,  in  denen  zwar  die  deutsche  Sprache  nun 
verschwunden  ist,  allein  frtther  unzweifelhaft  im  Gebrauche 
war,  und  Kink  sagt  in  seiner  Geschichte  Tirols  namentlich  von 
Calceranica,  dass  dort  noch  im  16.  Jahrhundert  deutsch  ge- 
predigt wurde ,  während  in  Castagnedo ,  der  ehemals  9, Voll- 
ehesten^  genannten  Gegend  am  westliehen  Ufer  des  See's  von 
Calceranica,  bis  in  die  Nähe  von  Pergine  zahlreiche  Hof-  und 
T^lliennamen,  wie  Fait,  Postel,  Eccher^  Puller,  Popper,  Val- 
canover,  Lurz  etc.,  von  einer  verschwundenen  deutschen  An- 
siedluig  Kunde  gdien.    Gleich  (Aerhalb  Pergine  aber,  flrüher 


Peraen,  Faaen  gemuiDl,  befiftdei  sich  die  zum  Theil  nock 
deutsche  Gemeinde  Vigaola,  und  hart  daran  bei  Falenna,  auch 
deutseben  Ursprungs,  mündet  das  Thal  der  Fersina,  auch  Pid4. 
Val  de'  Mocheni  genannt ,  wo  in  den  Gemeinden  Frassilongo, 
Fierozzo,  Palü  mit  einer  Bevölkerung  von  2000  Seelen  «ueb 
gegenwärtig  noch  deutsch  gesprochen  wird.  Diese  scbeinea 
zwar  mit  Rücksicht  auf  ein  schon  im  12.  Jahrhundert  in  diesem 
Thale  entstandenes  Bergwerk  von  deutschen  Knappen  hersu-^ 
rühren,  führen  den  Namen  Modieni  von  dem  häufigen  Gebraache 
des  Wortes  mochen,  machen,  und  sollen  in  ihrer  Sprache  von 
den  Nachbarn  in  Vignola ,  sowie  jenen  von  Lavarone  merfciieh 
abweichen;  allein  auch  tiefer  in  Valsugana,  zwar  nicht  mehr 
in  der  Ebene ,  dodi  auf  den  nahen  Bergen ,  Selva ,  Roncegno, 
Torcegno  ober  Levico,  Borgo  und  Telve  sind  unzweifelhafke 
Spuren  deutscher  Sprache  vorhanden.  Ebenso  sind  nordwest- 
lich von  Yal  de*  Mocheni  die  Pinaitri  im  Thale  oder  viefanehr 
zerstreuten  Berggegend  von  Pin^  im  Bezirk  der  Prütur  Civez- 
zano  ganz  nahe  bei  Trient,  circa  5000  Seelen,  unbestritten 
deutschen  Ursprungs,  wenn  auch  Hariaoi  in  seiner  Geschichte 
von  Trient  sie  für  Gothen,  wie  die  Bewohner  von  Valarsa  für 
Hunnen  hfllt;  sie  stehen  gegen  Norden  in  zerstreuten  Weilern 
Über  einem  niedern  Bergrücken  in  unmittelbarer  Verbindung 
mit  dem  Flnssgebiete  des  Avisio  und  wie  Don  Gba.  Wd>er, 
Pfarrer  von  Albiano,  in  seinem  Saggio  sulForigine  de'pqM>Ii 
trentini  von  1861  erzühlt,  führte  einst  eine  eigene  Strasse  üb» 
diesen  Bergrücken  mit  einem  Hospiz  für  Pilger  zu  AUnano 
direkt  von  Pergine  in's  nahe  Etschthal  bei  Lavis.  Hier  treten 
wir  also  schon  in's  Gebiet  der  ehemaligen  Patrimonialgerichte 
Zimmers,  Grumeis  und  Königsberg,  heutzutage  Gembra  und 
Lavis,  die  nicht  mehr  zum  Fttrstenthume  Trient,  noch  zum 
Kreisamte  an  den  welschen  Confinen  in  Roveredo,  sondern 
bereits  als  ein  Theil  des  Viertels  Unteretsch  zum  deutschen 
Kreisamte  Bozen  gehörten,  und  zwar  spttter  mit  Rfldisicht  anf 
die  Nfthe  und  die  nun  überall  welsche  Sprache  dem  Kreisamte 
an  den  welschen  Confinen,   nach  der  Hand  jenem  von  IMeot 


—  m  — 

sofelheUt  worden,  allein  in  landsdiMftlichen  Angeleg6iilieileo 
stets  beim  Viertel  Unteretsch  verblieben,  und  wie  das  anstos* 
sende  Gericht  Deutschmetz  jenseits  der  Etsch  bis  1848  regel-- 
mfissig  die  jährlichen  Viertelskonfei;enzen  zu  Neumarkt  be- 
schickten. An  der  Bracke  zu  Lavis  war  die  Grflnzscheide 
gegen  das  Ftirstenthuro  Trient,  und  zu  S.  Michael  ober  Lavis 
unter  dem  alten  Schlosse  Königsberg  gebot  der  Probst  des 
dortigen  Herrenklosters,  ein  stabiles  Mitglied  der  tirolischen 
Landschaft,  hart  an  der  auch  heute  noch  deutschen  Gemeinde 
Salum  und  vis-ä-vis  vom  Gerichte  Deutschmetz,  dessen  Yer- 
welschung  erwiesenermassen  in  der  ^Schule  wie  in  gerichtlichen 
Akten  erst  am  Schlüsse  des  vorigen  Jahrhunderts  vollendet 
wnrde. 

Im  obern  Avisiothale,  den  Gerichten  Fleims  und  Fassa, 
gibt  es  dermalen  nur  noch  zwei  deutschredende  Gemeinden, 
das  ungefähr  in  der  Mitte  zwischen  Cembra  und  Cavalese 
ziemlich  abgelegene  Altrei  (Anterivo)  und  Trnden  (Trodena) 
am  Abhänge  ies  Gebirges  gegen  Neumarkt.  Auch  ist  das  im 
Hintergrunde  liegende  Fassa,  Elvas,  ehemals  ein  Besitzthnm 
des  Fürstbischofs  von  Brixen,  wie  das  benachbarte  Gröden  und 
Enneberg  mit  Buchenstein  im  Pusterthal  entschieden  roma- 
nischen Ursprungs,  was  von  selbst  darauf  hinweist,  dass,  wie 
im  Puster-  und  Eisackthale,  das  romanische  Element  auch  im 
Etschlande  in  diese  abgelegenen  Seitenthäler  zurückgedrängt 
wurde,  weshalb  daselbst,  obwohl  weit  zurück  hinter  Salum 
und  Lavis,  deutsche  Spuren  weit  seltener  und  mehr  in  der 
Nähe  des  Hauptthaies  vorkommen. 

Dagegen  ist  es  Thatsache,  dass,  wie  von  Osten  her  in 
der  Thalebene  von  Yalsugana  das  deutsche  Element  bis  Trient 
allmälig  vom  italienischen  verdrängt  wurde,  diese  s.tetig  fort- 
schreitende Bewegung  sich  ebenso*  im  Hauptthalc  von  der 
Klause  von  Verona  herauf  auch  heute  noch  unter  unsern  Augen, 
auch  über  Salum  hinaus  bis  in  die  Gegend  von  Bozen  und 
Meran  vollzieht,  und,  wie  das  Gericht  Deutschmetz  im  Beginne ' 
dieses  Jahrhunderts,  auch  das  übrige  Viertel  Unteretsch  an  der 

7 


—  w  — 

HaopMrasse,  Aar  natOrlich  noeh  fiHher  dafon  verschlmgieB 
worden  ist.  Selbst  Trient  nird  noch  im  16.  Jahrhundert  in 
der  Vorrede  som  Trientner - Concil  als  halbdeutsche  Stadt,  als 
Sanunelplats  der  Welschen  und  Dentechen  ,,sentina  Italonim  et 
Germanorum^  geschildert;  das  deutsche  Element  klopfte  aach 
?on  aussen  an  seine  Thore«  sowohl  von  Seite  von  Yalsogana 
als  von  Lavis,  und,  wenn  man  bedenkt^  dass  auch  tiefer  hinab 
die  deutsche  Gemeinde  von  Folgaria ,  so  wie  jene  von  Terrag- 
nuolo  und  Yalarsa  sich  ganz  bis  in  die  Ebene  des'  Etschthales 
bei  Calliano  und  Roveredo  ausdehnten  und  zumal  letztere  Stadt 
erst  im  13.  Jahrhundert  als  ein  Anhängsel  von  Lizzana  ent- 
standen ist,  und  sich  in  Abgang  anderer  grösserer  Seitenthiler 
nothwendig  zu  gutem  Theil  aas  diesen  bevölkerte,  so  kann 
auch  hier  an  der  frühem  gewichtigen  Beimischung  deutschen 
Blutes  nicht  gezweifelt  werden,  wenn  auch  jetzt  kaum  mehr 
was  Anderes  daran  mahnt  als  die  Gleichheit  so  vieler  Familen- 
Namen  mit  jenen  der  benachbarten  Thaler ,  obwohl  viele  auch 
welschen  Klanges,  da  die  Familiennamen  erst  im  14.,  15. 
Jahrhundert  allgemein  in  Uebung  kamen,  wie  insbesondere 
Don  Bottea  in  seiner  cronaca  von  Folgaria  unter  Angabe  meh- 
rerer zu  Ansehen  gelangter  Geschlechter  erwähnt. 

Der  eben  dargestellte  ununterbrochene  Zusammenhang  der 
deutschen  Kolonien  im  Hochgebirge  zwischen  Trient,  Bassano 
und  Verona,  deren  Ausdehnung  und  unmittelbare  Verbindung 
Aber  das  obere  Valsugana  mit  dem  deutschen  Etschlande  so 
wie  mit  den  deutschen  Elementen  von  Trient  und  Roveredo 
sind  gewiss  sehr  wichtige  Momente,  die  in  den  Nachforschungen 
über  den  Ursprung  dieser  deutschen  Kolonien  wenigst  in  den 
mir  zu  Gesicht  gekommenen  Abhandlungen  wohl  zu  wenig 
hervorgehoben  erscheinen.  Im  Herbste  1833  kam  nun ,  wie 
gesagt,  Kustos  Schmeller  von  Hünchen  zum  Zwecke  der  Durch- 
forschung dieser  deutschen  Kolonieu  und  hauptsächlich  zur 
Untersuchung  des  wahren  Charakters  der  Sprache  der  soge- 
nannten Cimbern  nach  Trient,  begab  sich  zuerst  aber  Vigolo 
Vattoro   nach   Pergine,    wo   er   Gelegenheit  hatte,    sich   mit 


-  «>  — 

mehrern  Leuten  aus  Vil  de*  Mocheni  eu  bespredien  omf  unter 
andern  tn  Novaledo  Einsicht  erhielt  von  der  Parabel  des  yer- 
lomen  Sohnes  im  deutschen  Dialekte  von  Ronoegno,  wie  sie 
im  Jahre  1810  dem  General  Baraguai  d'  Hilliers  aof  dessen 
Verlangen  eingesendet  wurde. 

Nach  kurzem  Aufenthalte  in  Lavarone  (Lafraun)  und  ohne 
Folgaria,  Terraguolo  oder  Yalarse  zu  besuchen,  eilte  Schmeller 
seinem  Hauptziele,  den  sette  Comuni  zu,  wo  er  zuerst  in  Rotzo, 
dann  Asiago  und  Umgebung  mehrere  Tage  verweilte,  stets 
beschäftigt  im  Gesprftche  mit  Eingebomen,  mit  Durchgehung 
von  Urkunden  und  in  cimbrischer  Sprache  gedruckten  Schul- 
büchern und  andern  Werken. 

Er  sagt^  dass  er  bei  der  ersten  Begegnung  mit  Eingeboraen 
nicht  geringe  Mühe  hatte,  dieselben  zu  verstehen,  wie  denn 
auch  die  Bewohner  von  Lavarone  und  Folgaria  bemerken,  dass 
ihfe  cimbrischen  Nabhbarn  so  schnell  reden  und  eine  eigene 
stossende  Aussprache  haben;  allein  diese  Schwierigkeit  war 
ffir  ein  feines  und  geäbtes  Ohr  bald  überwunden  und  Schmeller 
erzählt^  dass  er  schon  am  zweiten  Tage  zu  Rotzo  fast  zu 
Thrftnen  gerührt  wurde  durch  die  Klagen  (Gaklagach)  eines 
Hsdchens  an  der  Leiche  ihres  Bruders,  mahnend  an  die  Todten- 
gebräuche  der  alten  Germanen,  wovon  er  sich  folgendes  notirte: 
Bear  nimmarmear  bette  gakött  (gesagt)  de  bocha  passart,  ehe 
heute  möht'  ich  di  seghen  unter  d'  erda ,  —  o  Huater !  bittan 
(wie)  horrender  stunt  ist  diser,  —  o  maine  liibe  prüdere,  alle 
peede. 

Ein  bedeutender  Unterschied  liegt  nicht  blos  im  häufigen 
Vorkommen  italienischer  Worte,  sondern  auch  italienischer  gra- 
matischer  Formen,  namentlich  der  Gerundien,  z.  B.:  sainten^ 
machenten,  essendo,  facendo,  —  so  wie  beim  Lesen  von 
Schriften  in  dem  Umstände,  dass  die  Laute  so  aufgefasst  sind, 
wie  sie  sich  einem  italienischen  Ohre  darstellen  und  mit  wel- 
schen Schriftzeichen  geschrieben,  daher  das  seh,  x,  pf^  w  fast 
immer  mangeln,  und   auf  störende  Weise   durch  s,  sc.  f,  b 

oder  p  vertreten  sind. 

7* 


—  wo  — 

Ohne  in  die^gramatlschen  Besonderheiten  einsagdien,  inii 
denen  Schmeller  die  einzelnen  Laute  und  Redetheiie  behandelt^ 
werden  einige  Beispiele  genügen,  im  allgemeinen  ein  Bild  der 
^rache  su  geben. 

Zuniichst  einige  Zeilen  aus  dem  Katechismus: 

Moaster:  Saitar  lart  Cristan? 
Scular:     Ja,  ich  pinz,  gbenade  Gottez. 
M.:       Baz  ist  an  Cristan? 
S.:       Ar  ist,  dear  da  ist  getofet,  un  clobet  und  pro- 

fessart,  boz  de   hatüz  (hat  uns)  galianiet  Jesa 

Cristo. 
N. :       Baz  ist,   da  machetHz  dorkennen   vor  Cristan? 
S. :        Paz,  de  machettiz  dorkennen  vor  Cristan,  ist  dez 

halghe  Kreuze^  ba  bar  machen,  seghentenOz. 
H.:      Seghentach  sail; 

S. :        In  nomine  patris  et  filii  et  spiritas  sancti. 
M. :       Benne  noatets  seghen  sich? 
S. :        Af  smorgezen ,    af  me  stenan  auf ,   af  sabacen, 

af  me  genan  slafen,   un   heveten  an,  nn  riveten 

(von    arrivare,     vollenden)    alle    di    grozersten 

arbot,  ba  bar  machen« 

De  sacramenten  salnt  sibene:  Toofe  cresma,  der  hoch- 
birtighe  sacramento,  de  puezze,  daz  hailighe  Oel,  der  erden 
der  matrimonio. 

Eine  Inschrift  bei  den  Glocken  von  Asiago  sagt: 
Der  vierer  tac  vun  Pracbot^  (wahrscheinlich  Brachmonat) 
tausenc,  achthundert  zbeu  un  zboanze,  in  ben  saint  d*  earsle 
botta  gheleutet  de  secse  chlochen  von  Sleghe,  gaborft  kan 
Bearn  vume  Herrn  Peter  Corradini,  —  zugleich  ein  Beweis, 
dass  der  Name  Bearn  für  Verona  bei  den  Cimbern  auch  jetzt 
noch  Oblich  ist. 

Um  zu  zeigen,  wie  leicht  dieser  -Dialekt  auch  unserm 
heutigen  Hochdeutch  sich  anschmiegt,  folgt  eine  von  Schmeller 
vorgefundene  Uebersetzung  aus  einem   deutschen  SchuULese- 


-  m  — 


büchieiB  aus  dei^  20ger  Jahren,  wozo  er 'bemerkt,  dass  es  gar 
nicht  scbwer  halten  wflrde,  jeden  fähigen  Schüler  dahioEU- 
bringen,  deutsche  Bücher  zu  lesen. 

Erstes  galiarnach  von  Gott  vor  di  liiben  kloan.  Hain 
kint!  Baz  dein  oghe  sighet^  dez  ist  von  Gott.  Gott  macht, 
daz  de  snnna  so  lachte  und  barm  schaint.  Gott  macht,  daz 
der  mano  (Mond)  so  schön  glanzeghet.  Ist  net  koan  steam, 
beme  ear  ghit  koane  liichte.  Gott  macht  ekere  un  halt  anso 
schön  grfln.  Perk  un  tal  saint  von  Gott.  Ear  hat  gadekt  den 
Perk  mit  reutlen  und  beldar.  Ear  macht,  daz  der  pach  anso 
vrische  un  hoater  dort  dez  tal  rinnet.  Gott  macht  den  tac  un 
de  nacht.  Du,  main  kint!  machst  dez  net,  daz  de  sunna 
schaint.  Dain  arm  garekt  net  auf  in  man.  Du  boast  net, 
bibel  steam  da  saint.  Perk  un  tal,  accar  un  halt,  tak  un 
nacht  saint  net  dain  arbot.  De  belt,  anzo  groaz  un  bäit  un 
schön,  si  ist  ganz  nur  sain  arbot. 

Als  Beispiel  cimbrischer  YersiGcation  kann  die  Uebersetzung 
einer  Anacreontica  aus  dem  Italienischen  dienen: 


Guarda,  che  bfanca  luna 
guarda,  che  notte  azzurra, 
un'  aura  non  susurra, 
non  tremola  un  stel. 
Lussignoletto  solo 
va  dalla  siepe  all*  omo, 
e  sospirando  intemo 
chiama  la  sua  fedel*. 
Ella,  che  il  sente  appena 
gik  vien  di  fronda  in  fronda 
e  par,  che  gli  risponda  : 
non  piangere,  son  qui. 
Che  dolci  affetti,  Irene! 
che  gemiti  son  questi, 
Ah!  mai  non  tu  sapesti, 
rispondermi  cod. 


I 


Luuc,  bittan  b^izar  mano, 
Luuc,  bitan  nacht,  schön  IHchti, 
an  kloaz  bintle  net  ista, 
an  heimle  zittart  net. 
Dez  natigalle  alloan 
ghet  vume  zäun  af  pöömle, 
un  seuftenten  inz  hOömle, 
iar  liibe  an  rflüf  hat  ghet : 
Si  nur,  ba  hoarten  rflflfen, 
von  raisle  un  raisle  springhel 
un  priart,  dez  boart  si  singhet : 
Ghenl  net,  ich  pin  hia  so. 
Baz  sütize  hole,  Irene! 
baz  hezzeghen  saint  dicen. 
Ah,  nia  du  hast  gahat  z' bicen, 
zua  prechten  miar  anso. 


Schliesslich  nag' als  besonders  charakteristisch  and  zngleich 
Jedermann  verständlich  die  cimbrische  Parabel  vom  verlornen 
Sohne  folgen: 

In  den  zait  hat  köt  Gott  dar  herre  in  Scriben  an  Fariseen 
disa  parabola: 

An  certar  Man  hat  gahat  zbeen  sflne.  Dar  jOngarste  bat 
köt  an  tac  me  sain  vatare :  Vatar !  ghitmar  z*  toal ,  ba  mar 
kimmt,  von  alleme.  (In  der  Vatar  hat  ausgetoalt  allei.  Hin- 
sehe taghe  darnach ,  adar  hat  gasemelt  anf  allez ,  bax  istme 
toccart,  ist  partiart  von  haase,  ghenten  zua  anama  baiten  lante, 
ba  ar  hat  allez  scinpart,  lebenten  motten  haarren. 

Un  darnach^  adar  hat  allez  scinpart  an  garivet,  Ist  anzar- 
kent  an  groaze  teure  in  di  lentar,  an  ear  hat  angehevet  zo 
hongaran.  Partiart  van  ba  ar  Ist  gabeest,  hattarsich  rOsolvart 
zo  ghenan  zo  stenan  kanema  patrane«  Un  hatten  gaschiket 
aas  in  an  accar,  hüttten  sbaindar.  Un  ear  hat  gabelt  nemaa 
sich  in  banger  met  ghianden,  ba  habent  ghezt  de  sbaindar  an 
ist  net  gabeest  koaz,  ba  Vme  hat  ghet.  Amalesten  ear  hat 
pensart  drauf  ad  baz  ar  hat  gatant,  an  hat  kot:  bibel  dar 
hiarta  seint  net  ins  haus  yume  main  vatara,  lebent  aso  bool,  — 
an  ich  hia  sterbe  vume  hongare! 

Ich  boaz,  baz  ich  taa;  ich  stea  auf,  an  ghea  käme  niain 
vatare  an  kildeme:  Vatar,  ich  han  gasündet  vran  Gottemeheren 
an  vran  euch;  ich  pin  net  mear  degno  zo  rflttfen  mich  dain 
sun  y  ma  nim  mich  in  hause  abia  oan  vun  dain  hiarten.  Ar  ist 
sait  partiart  au  ist  gant  zuame  hause  vun  sain  vatare.  Gazun- 
dart,  adar  ist  gabeest  net  sobel  bait  vun  hause,  dar  vatar 
halten  gesecht,  un  da  Jungo  ist*  me  gamövart  z'pluut,  un  dez 
sain  herze  vun  compassiun  vor  in,  un  ist  da  lungo  galoofet 
inkeghene;  gazundart,  ader  ist  gabeest,  hattarsich  gaborfet 
affan  hals,  hatten  gavanghet  un  hat*  me  ghet  tausenk  kUsse. 
Un  dar  sun  hat  köf  me  Vatare :  Ah,  maindar  Vater !  hattar'  me 
köt,  ich  han  gasflntet  vran  me  hUmele  un  vran  euch,  niel, 
ich  pin  net  degno  zo  sainen  mear  gardft  eur  sun. 


—    lOS    — 

Ma  dar  ? atar,  gakeart  za  in  birtati :  gahflnt,  —  hattar  ia 
kötf'^nemet  daz  acbönoaste  gabant,  ba  ist  im  baiise,  an  keart, 
in  zo  rüstan ;  legbet'me  aan  an  gavingarde  (Rin^  affian  vingar 
un  de  bo8€n  alte  vtlflze,  an  denne  tötel  an  voaze  Kelple,  un 
macbet  a  schöne  maize,  —  an  ezzebar  nn  trinkebar  an  goo- 
darbarttx;  an  brame  dizar  main  sun  ist  gabeest  toat  an  hemest 
(bente)  ist  är  gekeart  lentek  (lebendig,  lebendig),  ist  gabeest  * 
Terloart,  an  beute  haniehen  gavant.  Der  eltorste  sun  Ist  ga- 
beest auz  in  d'eecare  un  kearten  zua  hause;  sainten  nachen, 
hatar  gaboart  faifen  un  singben,  un  hat  gartttifet  oane  Tun 
hiarten  un  hatten  gavoarschet :  baz  saint  dise  dink  in  dez  main 
haus?  Un  ear  bat'  me  köt:  dar  dain  praudar  ist  kernet  un  dar 
dain  vatar  bat  gamacht  töten  an  voazes  kalp  zu  machen 
segbra,  bibel  ear  ist  net  content  zo  haben  ricuperart  in  sun 
gasunt  un  lentek. 

Dar  eltorste  praudar  ist  gant  zoamek,  nn  hat  net  gabelt 
ghenan  in  hause.  Dar  sain  vatar  sait  ist  gant  auz,  un  hat 
angehevet  zo  Yoerschenen.  Un  ear  hat  respondart  an  hat  köt 
me  sain  vatare:  saint  sobel  jardar,  at  ich  pin  mel  diar,  nn 
hörten  (immer)  hanidar  ich  gavolghet  un  nia  hast  du  ghet 
miar  an  kitzle  zo  goderan  metten  main  ksellen,  —  an  darnach, 
az  disar  dain  andar  sun,  ba  hat  allez  sciupart  metten  huurren, 
ist  kent  un  du  delungo  hasto  gamacht  töten  an  voazes  kalp. 
Un  ear  hat'  me  köt:  Sun,  du  bist  saldo  mit  miar,  un  allez, 
baz  hau  ich,  ist  anca  dain;  ban  net  denne  gamöcht  tflnan  net 
mindai  zo  net  ezzen  un  goderan,  —  un  brume  disar  dain 
pruudar  ist  gabeest  toat  un  ist  gakeart  zo  bflartan,  ist  gabeest 
verloart  un  hauen  gavunt. 

Nah  solchen  Beispielen  aus  gedruckten  Werken,  die  noch 
heute  in  Händen  des  Volkes  sind,  ist  es  wohl  Jedem,  der 
deutsch  versteht,  von  selbst  klar,  dass  diese  sogenannten  Cim- 
b^m  von  rein  deutschem  Stamme  sind ,  und  Scbmeller  sagt 
aosdrücklicb ,  dass  von  filtern  cimbrischen,  friessischen  gothi- 
schen  und  andern  niederdeutschen  Dialekten  so  gut  als  keine 
Spur  vorhanden  und  weder  in  den  grammatisehen  Formen  noch 


—    104    — 

im  Wörlervorrath  sich  etwas  finde,  was  nicht  der  jetxigen  od» 
frihern  Sprache  von  Oberdeatschland,  d.  i. :  vom  benachbarteB 
Tirol,  Balem,  Oesterreich  gemäss  wfire. 

Zu  weiterem  Belege  der  nahen  Uebereinstimmang,  suraal 
mit  den  Dialekten  von  Dentschtirol  diesseits  des  Brenners  nd- 
gen  noch  einige  Beispiele  aus  dem  gegebenen  Wörtervorralh 
folgen : 

Hauptwörter:  Oastem,  Ostern,  Oa,  Ei,  Hoaxot,  Hoehzeit, 
Foat  auch  Heraad,  Hemedar,  das  etschlfindische  Wort  Pfoat» 
Hemde,  Stoan,  Stein,  Noat,  Noth,  Toat,  Tod,  proat,  Brod, 
boaxe,  Weizen,  Goas,  Ziege,  Eoo,  Ahnherr,  unser  Nön,  Anego, 
Enkel,  oder  Anichl,  Sea^  See,  Snea,  Schnee,  Oaz,  Furunkel, 
unser  Ais,  Hörar,  ein  Tropf,  kagele,  unser  Gagl,  kleine  Person,. 
Albar,  Pappelbaum,  Grument,  das  zweite  Heu,  unser  Gramet^ 
Oeffel,  Apfel,  beimar,  Traube,  Schmeker,  fistse^  Baut,  Reute, 
Nagei,  Neghel,  Maus^  Meuse,  kua,  ktl,  poan,  ponn^A^*  Beine, 
diminntiva  wie  Heusle,  pittmle,  Vögbele,  PrOötle,  composita, 
wie  Oarnschmalz,  klukarhenne,  Spinrat,  Ogfaeplik  elc.  etc.  , 

Beiwörter:  ghehilbe,  trüb,  unser  kilb,  hoatar,  heiter,  groaz, 
gross,  voaz,  fett,  hoaz,  heiss,  plabe,  blau^  lab^  lau,  ploacb^ 
bleich,  plöchar^  kloan,  klönar,  roat,  röötar,  gut^  bool,  pezzar, 
beste^  vil,  merer,  merste  etc. 

Zahlwörter:  oans,  zboa,  drai,  vlar^  fünve,  secse,  vuzk^ 
filnltig  etc. 

Zeitwörter:  prechten,  sprechen,  unser  prachten,  so  and^ 
tttnen,  wehthun,  entern^  nachäffen,  paiten,  zuwarten,  loacheo, 
zu  Fall  bringen,  betrügen,  dorparmen,  erbarmen,  dorkennen, 
schaughen,  seghen,  prinnan,  brennen,  pringan,  gapracht,  gheben, 
ileh  ghib,  ar  ghit  gait^  kemen,  ich  kim^  kam,  steln^  ich  Stil, 
gastolt,  ghean,  ich  ghea,  gink,  belan,   ich  bil,  gabelt  etc.  etc. 

Dann  auch  andere  Redetheile,  wie  das  breite  bear,  dear, 
car  für  wer,  der^  er^  mar  oder  bar  für  wir,  dar,  mar,  dir^ 
mir,  san  für  sein,  pa,  af,  za,  bei  auf,  zu,  de,  se,  die,  sie, 
auch  seu  für  sie,  sedar,  söttan,  solcher^  omesttz,  zbei^  unser, 
omesisi  sbii,  umnon^i,  wo^u,  --  wie  man  siebt,  nicht  nur 


—    105    — 

die  Aussprache^  sondern  Mulig  nach  ganz  bezeichnende  Idio- 
tismen des  benaehlNurten  Etsehlands^  von  denen  manche^  z.  B. 
dieses  zboi,  loaohen,  andtflnen,  antern,  prachten,  Foat^  Oaz, 
Gramet  etc.  selbst  in  manchen  andern  Theilen  Tirols  kaum 
bekannt  sein  durften,  wie  auch  gewisse  Redewendungen,  z.  B« 
der  fiebraucb  von  weder,  bedar,  für  „als,^  wie  die  Cimbem 
sagen:  die  sela  ist  pezzar,  bedar  der  korp  (Leib),  gerade  wie 
im  Etschland.  Was  insbesondere  die  Aussprache  anbelangt, 
ist  überhaupt  aus  den  von  Schmelier  gelieferten  Daten  eine  bemer- 
kenswerthe  Versehiedenheit  von  den  Tiroler- Dialekten  nur  in 
dem  Punkte  zu  entndimen ,  dass  das  gedehnte  u  und  i  zwar 
wohl  in  den  XIII.  Gomuni  bei  Verona  ganz  wie  im  Etshiande 
als  ue,  ua  and  ia,  Hnaler,  pruadar,  stiaga,  dagegen  in  den 
VII.  Comuni  nicht  so  breit,  sondern  mehr  wie  uu,  ii,  muuler, 
praudar,  stHga  ausgesprochen  wird,  wie  auch  das  a  in  den 
VII.  Comuni  mehr  offen  lauten  soll,  als  dies  in  den  XIII. 
Comuni  und  im  Etschlande  der  Fall  ist. 

Auch  macht  Schmelier  auf  den  wesentlichen  Unterschied 
anfmerksam,  der  hinsichtlich  der  Aussprache  des  n  in  den 
Vn.  Comuni  selbst  und  zwar  in  der  Gemeinde  Foza  vorkömmt, 
wo  dasselbe  als  ui,  maitter,  pruider^  also  eben  so  wie  in 
Folgaria,  Lavarone  und  im  Pasterthale  lautet,  —  Unterschiede, 
die  allerdings  nicht  ohne  Belang  sind,  allem  doch  nicht  weiter 
gehen,  als  die  Verschiedenheiten  der  Dialekte,  wie  wir  sie 
auch  in  Dentsehtirol  von  einem  Thale  zum  andern  finden,  ohne 
deshalb  den  gemeinsamen  tirolischen  oder  bojoarischen  Typus 
zu  verleugnen. 

Später  fiel  mir  in  den  Angaben  Schmellers  nebst  diesem 
charakteristischen  ui  in  der  Gemeinde  Posa  doch  auch  sonst 
manches  auf,  was  in  der  in  vieler  Hinsicht  sonst  ziemlich 
übereinstimmenden  Redeweise  des  Etschlandes  und  Pasterthals 
speciell  an  die  Btgenthdmiichkeiten  des  letztern  mahnt,  —  so 
das  Wörtchen  ka^  kan,  gegen,  nach  —  allgemein  flblich  bei 
den  Cimbem,  das  im  Pasterthale  als  >9ga^  ga  hoame,  ga  Mitte- 
wald,  ga  Virgen  wiederkehrt,  so  der  hfiafige  Gebrauch  des  a 


—    106    — 

fttr  e,  weit  mehr  betonl  im  Pustertbale  als  im  Etschlaad,  wie  die 
Cimbern  sagen:  gaspnnnan,  gasottan^  gaprattan,  Hoasler, 
Scbaiar^  das  Einschieben  des  mflssigen  d,  i.  B.  schön,  schöo- 
dar,  maindar,  daindar,  TaK,  Teldar,  Telderar^  Soaldar^  Seile  etc. 
das  Zasammentiehen  der  Endsilben  enen  und  nen,  statt  gäU 
denen,  gOldan,  statt  boanen,  weinen,  boan,  bilst  de  boan? 
und  dgl. 

Im  Garnen  ergibt  sich  ans  der  Vergleichang  eine  nach 
jedenfalls  viele  Jahrhunderte  anhaltender  totalen  Absonderaag 
gewiss  merkwürdige  Aehnlichkeit  und  nahe  VerwandschafI  mit 
der  noch  heute  Ablieben  Volkssprache  des  denischen  Sfldtiiols, 
und  Schmeller  erwähnt  in  dieser  Hinsicht  eines  Artikels  im 
Sammler  von  Tirol  von  1807^  wo  vorkomme,  dass  die  Sprache 
der  Cimbern  von  jener  der  Deutschtiroler  nicht  sehr  verschieden 
sei,  begnügt  sich  jedoch  seinerseits  die  Verwandschaft  mit  den 
sdddeutschen  Dialekten  überhaupt  und  den  Mangel  von  Anklangen 
aus  dem  Norddeutschen,  wie  bemerkt^  su  konstatiren,  ohne  in 
einen  Vergleich  mit  den  speciellen  Eigenthdmiichkeiten  der 
Volkssprache  des  benachbarten  Etschlands  und  Pusterthals  ein- 
zugehen, die  ihm  beim  damaligen  Hangel  von  Werken  Ober 
die  besondern  Hundarten  Tirols  wohl  auch  nicht  gant  geläufig 
gewesen  sein  därften. 

In  Betreff  sonstiger  Zustände  der  Cimbern  ist  Sehmelier, 
der  sich  freilich  nur  wenige  Tage  aufhielt,  und  sein  Augenmerk 
fast  ausschliessend  auf  die  Sprache  gerichtet  hatte,  siemlich 
karg  in  seinen  Hittheilungen.  Er  sagt  wenig  mehr  als  dass 
die  Bevölkerung  arm^  der  Boden  unfruchtbar  sei^  demunge- 
achtet  aber  schon  zur  Zeit  der  Römer  bewohnt  gewesen  sein 
mOsse,  wie  sich  aus  der  Auffindung  von  AlterthOmem  selbst 
im  abgelegenen  Rotxo  ergibt,  während  von  monumentalen  Er- 
innerungen der  deutschen  Bevölkerung  oder  derlei  Ausgrabungen, 
Müazen,  Waffen  etc.  etc.  dort  eben  so  wcinig  als  in  unsem 
tirolischen  Kolonien  was  vorzukommen  scheint  Er  erzählt 
dann  nebst  der  schon  erwähnten  Todtenklage  mit  darauf  fol- 
gendem Hahle  auch  von   einer  Trauung,   der   er  beiwohate. 


—    107    - 

wobei  viel  mil  Pistolen  geschosseD  wurde,  dass  die  eben  nicht 
hflbsch  XU  nennenden  Weibspersonen  in  der  Kirche  statt  des 
gewöhnlichen  Hutes  einen  Schleier  über  den  Kppf  breiten,  den 
sie  ,,Rens^  nennen,  flbrigens  die  Männer  wegen  ihrer  Tüchtig- 
keit im  Kriegsdienste  su  Lande  unter  der  Republik  Venedig 
mannigfache  Privilegien  genossen,  gewöhnlich,  auch  bei  der 
Arbeit  bewaffnet  giengen,  wie  denn  in  der  schon  erwähnten 
Beschreibung  der  YII.  Comuni  im  Sammler  von  Tirol  von  1807 
ein  Augenzeuge  ersfihlt,  dass  an  Feiertagen  die  von  aussen  an 
die  Mauer  der  Kirche  angelehnten  Gewehre  dieser  das  Ansehen 
einer  Hauptwache  gaben,  was  aber  mit  Einführung  des  Waffen- 
tragungspatentes  unter  der  französischen  Regierung  ein  Ende 
genommen  hat,  wie  in  Valarsa,  wo  nach  sicherer  Tradition  das 
WaffSentragen  auf  gleiche  Weise  gebräuchlich  war.  Von  einer 
besottdem  Tracht  des  Landvolkes  Ist  bei  Schmeller  keine  Rede, 
wie  auch  die  Kleidung  in  den  tirolischen  Kolonien  heutzutage 
nichts  Auffälliges  hat,  obwohl  nach  der  Erzählung  des  Vor- 
stehers von  Valarsa,  Joseph  Noriller  in  der  Vorzeit  daselbst 
allerdmgs  eine  eigene  Tracht  tibiich  war,  und  zwar  eine  schar- 
lachrothe  knrze  Jacke  mit  gleicher  Weste,  aufstehenden  weissen 
Haiskragen  und  Krausse  an  der  Brust^  niederer  schwarzer  Hut 
mit  breiten  Felgen,  und  kurze  lederne  Hosen,  dann  eine  aus- 
genähte Leibbinde  von  Leder,  in  welcher  das  Messer  und  Pi- 
stolen steckten,  oder  auch  eine  Binde  von  Seidenzeug,  ja, 
schmucke  Bursche  sollen  noch  im  vorigen  Jahrhundert  an  Fei- 
ertagen dieses  Kostttm  getragen  haben,  das  der  Beschreibung 
nach  lebhaft  an  die  heutige  Tracht  des  Samthaies  bei  Bozen 
erinnert. 

Von  der  Höhe  von  Rubbio  bewunderte  Schmeller  die 
prachtvolle  Aussicht  Aber  Bassano,  Marostica,  Asolo^  Treviso, 
Cittadella,  Padua^  Vicenza,  und  stieg  dann  am  südwestlichen 
Abhang  über  Conco  und  S.  Giacomo  di  Luslana  hinab  nach 
Schio  und  Recoaro,  gegenwärtig  durchaus  von  Italienern  bevölkert, 
wo  aber  ebenfalls  mehrere  deutsche  Namen  von  Orten  und 
Bergen,  wie  Tretio,  Forraalaita,  Spitzek,  Fraiek,  Prak  noch 


—    108    - 

jetzt  an  verschwundene  deutsche  Elemente  mahnen,  der  Ort 
selbst,  wo  die  Heilquelle  von  Recoaro  entspringt,  die  Benen- 
nung Val  de!  Prekel  führt,  und  ihm  versichert  wurde,  dass  in 
der  Vorzeit  auch  der  dortige  Pfarrer  der  cimbriscben,  d.  i.  der 
deutschen  Sprache  mächtig  sein  musste  und  le  Valli  und 
Posina  den  cimbrischen  Zusammenhang  mit  Schio  und  weiter 
hinauf  Lastebasse  an  der  Grfinze  von  Lavaron  und  Rotso 
gebildet  hatten. 

Ein  Aufsatz  in  der  Wienerzeitung  vom  31.  Jänner  d.  J., 
Beilage  5,  sagt  ganz  im  Einklänge  hiemit,  zwar  nur  im  Vorflber- 
gehn,  gelegentlich  einer  Sammlung  von  Liedern  im  Yolksdialecte 
aus  der  Gegend  von  Vicenza,  dass  auch  auf  diesen  tiefern 
Abhängen  des  Gebirges  sich  selbst  jetzt  noch  manche  Spuren 
deutschen  Elementes  zeigen,  die  grosse  Zahl  blauäugiger, 
blondlockiger  Kinder  mit  Namen  wie  Almerich,  Bronhilde, 
Gotthard,  Wittekind,  Ortsnamen  wie  Arzing  für  Arzignano, 
Slait  fflr  Schio  ^  aus  dem  lateinischen  Soledum  offenbar  frflher 
als  der  welsche  Name  gebildet,  die  strammen  Gestalten,  die 
feste  Haltung  der  eigenberechtigten  Bauern  etc.  etc.  —  und 
sonderbar  ist  es  wohl  auch,  dass  nach  Schmellers  Angabe 
selbst  das  stolze  Vicenza,  wie  der  Historiker  Battista  Pagliarino, 
gestorben  1472  in  seinen  croniche  di  Vicenza  versichert,  schon 
in  Dichtem  des  12.  Jahrhunderts  als  „Cymbria^  besungen 
wurde ,  und  so  auch  noch  der  poeta  laureatus  Tin^oschi 
von  Vicenza  es  nicht  verschmähte,  sich  cimbriacus  zu  nennen. 
Auch  im  Archive  für  Kunde  österreichischer  Geschichtsquellen 
von  1849  finden  wir  in  der  Topogralie  der  VIL  and  XIII. 
Gemeinden  von  Joseph  Bergmann  unterhalb  Schio  die  Orte 
Malo  und  Monte  di  Halo  angeführt,  weil  noch  um  das  Jahr 
1404  zu  Halo  neben  dem  welschen  auch  ein  deutscher  Priester 
war,  am  die  Seeisorge  der  Leute  auf  Honte  di  Halo  zu  ver- 
richten. Auch  fährt  Bergmann  an,  dass  nebst  den  genannten 
sieben  Gemeinden  rechts  an  der  Brenta  herab  noch  viele  andere 
Orte  zu  denselben  gezählt  werden,  als  Valstagna  mit  Coloselh) 
nndOllero,  der  Grabstätte  der  Ezzelini,  Campolongo,  Campese, 


—    10»    ^ 

Valrovina,  Valle  S.  Floriano,  Vallonara,  Crosaro,  Conce^  und 
S.  Lucia,  —  und  dass  ferner  auch  an  vielen  andern  Orten 
von  der  Brenta  am  Fasse  des  Bergwalles  bis  über  Schio  und 
Halo  hin  die  Bewohner  noch  heutzulage  in  ihrer  Gesichtsbildung 
und  in  ihrer  ganzen  Haltung  deutsche  Abstamniung  verrathen. 
So  wenig  erschöpfend  diese  Daten  sein  mögen  ^  dürften  sie 
doch  genügen,  um  mit  Rücksicht  auf  die  auch  jenseits  des 
Hochgebirges  im  Norden  nachgewiesene  Ausdehnung  des  deut- 
schen Elementes  über  das  obere  Valsugana  bis  Lavis  und  Cembra 
die  Bemerkung  nahe  zu  legen,  dass  man  bei  der  Untersuchung 
über  den  Ursprung  dieser  deutschen  Kolonien  eben  nicht  noth- 
wendig  von  der  Voraussetzung  auszugehen  braucht,  dass  es 
irgend  eine  verjagle  Horde  gewesen  sein  müsse,  der  da  im 
rauhesten  Hochgebirge  eine  kümmerliche  Zuflucht  gestallet  wurde, 
sondern  dass  zumal  in  den  Zeiten  der  Herrschaft  germanischer 
Eroberer  von  denen  die  Baiern-Herzoge  bis  995  über  die  Hark 
von  Verona  und  Aquileja  geboten,  deulsche  Stämme  daselbst 
gar  wohl  eine  weitere  Ausbreitung  auch  in  den  fruchtbaren 
tiefem  Ausläufern  des  Gebirges  gehabt  haben  mögen,  und  die- 
selben oder  vielmehr  die  deutsche  Sprache  erst  im  Laufe  der 
Jahrhunderte  rechts  und  links  vom  Thale  des  Astico  in's  eigent- 
liche Hochgebirge  zurückgedrängt  wurde,  gerade  wie  sie  heute 
auch  tn  diesem  sich  in  die  abgelegensten  Plätze  zurückzuziehen 
genöthiget  ist. 

Von  Recoaro  führt  westlich  der  Weg  zu  den  XHI.  Comuni 
veronesi  über  zwei  schroffe  ßergkämm^ ,  der  eine  Ristele, 
der  andere  Kempele  genannt,  in's  Steinthal  des  wilden  Progno, 
das  grau^  baumlos  und  dürr  noch  unwirthlicher  als  jenes  der 
VIT.  Comnni  aussieht.  Gleic*i  im  höchstliegenden  Orte  Cam- 
pofontana,  wie  Tags  darauf  im  tiefern  Ghiazza  (Gliezen)  wo 
noch  deutsch  gebeichtet  wurde,  fand  Schmeller  wieder  einen 
unverkennbar  rein  deutschen  von  jenem  der  VH.  Comuni  nur 
wenig  abweichenden  Dialekt,  wie  sich  aus  einigen  von  ihm 
angeführten  Beispielen  von  selbst  ergibt. 

So  ersuchte  er  den  Pfarrer  von  Gliezen,  der,  einem  Priester 


—    HO    — 

nicht  sehr  ähnlich  eben  aus  der  Hfihle  kam,  ihm  in  sein  Vor- 
merkbuch za  schreiben,  dass  er  bei  ihm  im  Hause  gewesen 
sei,  und  er  schrieb  sofort:  I  pi  gabeest  inz  aus  vum  Priester 
vun  Gliezen,  un  ist  der  erste,  un  keume  (keiner  mehr)  Pfafe, 
Kounse,  (Eigenname).  Dort  hörte  er  auch  selbst  ein  Nacht- 
gebet oder  Schlummerlied  far  Kinder,  das  an  ein  ganz  fthnliches 
altdeutsches  Lied  mahnen  soll,  und  von  ihm  so  aufgefasst 
wurde : 

Haint  gen  —  I  nidar  suaze 
bit  (mit)  drai  enghiler  a  de  fuaze, 
Oaz  dekkabi  (decke  mich)  un  oaz  dorbekkabi, 
un  oaz  huatabi  von  allien  boasen  tromen, 
derwai  der  liabe,  liachte  tac  kint. 
Ein  Spruch,    ironisch   auf  die  Armuth   des  Thaies  ange- 
wendet, lautet: 

Khraut,  Gras,  Rübe, 

dez  ist  mai  leban, 

Hilach,  boaze,  proat, 

dez  ist  mai  toat. 
Die  nahe  Uebereinstimmung  der  Sprache  mit  jener  der 
VII.  Comuni  ist  hienach  evident,  wie  denn  auch  die  Bewohner 
der  Xm.  Comuni  sowohl  als  jene  der  ben^hbarten  tirolisehen 
Kolonien  von  den  Italienern  Cimbern  genannt  werden,  weshalb 
auch  Schmeller,  ohnedies  in  der  Zeit  sehr  beschränkt,  sich 
nicht  länger  aufhielt.  Nach  der,  der  Topografie  von  Kusios 
Bergmann  beiliegenden  Karte  befinden  sich  diese  XIII.  Gemein- 
den eigentlich  in  vier  verschiedenen  Thftlern,  nemlich  Val  dl 
Progno,  tiefer  d'  Illasi^  Val  Pontena,  Val  Squaranto  Val  Hez- 
zane,  und  von  den  einzelnen  Gemeinden  gehören  Erbezzo,  Bosco, 
Frizzolone  oder  Chiesa  nuova,  Val  dl  Porro  und  Cerro  zur 
Prälur  Verona,  die  andern  dagegen  zur  Prfttur  Tregnago,  nfim- 
lieh  Rovere  di  Velo,  Porcara,  Salino  mit  einem  aufgehobenen 
Karmeliten-Kloster  zum  h.  Valentin,  dessen  Verehrung,  wie  in 
Tirol ,  wo  er  470  bei  Heran  verstorben ,  so  auch  hier  sehr 
verbreitet  sein  sojl,  dann  Velo  Azarino,  Campo-Silvaro,    Badia 


T-  m  - 

Calovena,  Selva  di  Progno,  endlich  S.  Bortolomeo  iedesco  mit 
Gampofotttana  und  Ghiazza,  letztere  beide  die  einzigen  Orte, 
in  denen  auch  jetzt  noch  deutsch  gesprochen  wird.  Bergmann 
fOgt  noch  bei,  dass  diese  XIII.  Gemeinden  ihre  eigenen  Statute 
und  Privilegien,  einen  kleinen  und  grossen  Ralh  hatten,  zu 
Velo  ihre  Berathnngen  hielten,  zu  Badia  Calovena  aber  der 
Sitz  des  Gerichtes  oder  Vicariats  war,  und  dass  sie  anno  1846  — 
11417  Seelen  zfthiten. 

Ich  hatte  karzlich  Gelegenheit,  mit  einem  Bauern  vo 
Campofontana  zu  sprechen,  und  obwohl  er  versicherte,  nie 
beim  Militfir  oder  unter  Deutschen  gewesen  zu  sein,  verstän- 
digte ich  mich  mit  ihm  beinah  noch  leichter  als^mit  den  Leuten 
in  S.  Sebastiano  und  insbesondere  trat  in  der  Aussprache  die 
Aehnlichkeit  mit  dem  Etschlfinder- Dialekte  noch  auffallender 
hervor.  Auch  er  redete  sehr  schnell  nach  Art  der  Welschen, 
zeigte  mir  seine  beiden  Söhne,  blondhaarige  Bursche  mit  der 
missbilligenden  unmulhigen  Bemerkung,  dass  die  Kerls  kaum  mehr 
ein  deutsches  Wort  verstehen,  und  versicherte  auf  meine  Frage 
ansdrflcklich ,  dass  seine  Sprache  fast  gleich  sei  mit  jener  der 
sette  Comoni  und  dass  sie  einander  ganz  gut  verstehen.  Den 
bisher  gelieferten  Daten  zufolge  ist  daher  die  Zusammengehö- 
rigkeit dieser  deutschen  Kolonien'  sowohl  nach  ihrer  Lage  als 
ihren  Dialekten ,  und  weiters  der  merkwürdige  Umstand  dar- 
gethan,  dass  man  in  vergangenen  Zeiten  von  deutschtirolischem 
Boden  über  Lavis,  Pergine  und  Lavarone  in  verschiedenen  Rich- 
tungen bis  hart  an  die  Thore  von  Bassano^  Vicenza  und  Verona 
ununterbrochen  unter  Bewohnern  deutscher  Zunge  wanderte,  — 
und  es  erübrigt  uns  nur,  über  deren  noch  immer  dunkle  und 
bestrittene  Herkunft  einige  Worte  hinzuzufügen. 

Wirklich  ergötzlich  ist  es,  in  Schmeller  nachzulesen,  zu 
welch'  abenteuerlichen  Hypothesen  über  den  Ursprung  dieser 
Fremdlinge  die  Gelehrten  sich  seit  Jahrhunderten  verstiegen 
haben,  von  denen  freilich  die  meisten  das  Deutsche  gar  nicht 
oder  nur  oberflächlich  gekannt  haben  mögen,  wie  die  Einen 
versprengte  Cimberft,    Andere    verjagte    Gothen,    die    Dritten 


-  m  - 

Hannen,  wieder  ^Andere  sogar  Dänen  darin  erblicken  woHteir. 
Erst  im  Beginne  dieses  Jahrhundertes  überxeagten  sich  einselne 
deutsche  Touristen,  dass  ihre  Sprache  vofl  jener  der  tirolischea 
und  bojoarisch^n  Dialecte  nur  wenig  verschieden  sei,  und  onter 
den  italienischen  Schriftstellern  war  Gaetano  Haccä  der  erste, 
der  in  seiner  storia  delle  sette  Comuni  e  FÜle  annesse,  Caldogoo 
1816  die  Cimbern  bestimmt  für  rein  deutsche  Stämme  erklärte 
und  zwar  aus  dem  einfachen,  gewiss  auch  fflr  Nichtkenner 
der  deutschen  Sprache  einleuchtenden  Grunde,  dass  nach  einen 
noch  vorhandenen,  bis  1350  hinaufreichenden  Vereeichniss  der 
Pfarrgeistlichen  von  Asiago  die  meisten  derselben  bis  zur  Zeit 
der  Reformation  im  16.  Jahrhundert  aus  Deutschland  gd^ommea 
sind,  und  zwar  nicht  blos  aus  den  nähern  DiOzesen  Brixea, 
Salzburg,  Augsburg^  sondern  selbst  von  Mainz,  Trier,  Breslan, 
Meissen,  die^  wenn  ihre  Pfarrkinder  die  Sprache  der  Cimbern, 
Hunnen,  Gothen  oder  Dänen  gereUet  hätten,  sicher  nichts  davon 
verstanden  haben  würden. 

Man  verfiel  nun  auf  den  Gedanken,  dass  diese  Bevölkerung 
von  deutschen  Bergknappen  aus  der  Gegend  von  Trient,  Belluno 
und  Vicenza  herrühre,  wie  Hormayr  und  nach  ihm  auch  StafBer 
als  wahrscheinlich  annimmt,  eine  Meinung,  wozu  namentlich 
der  Umstand  Anlass  gegeben  zu  haben  scheint,  dass  schon  im 
13.  Jahrhundert  Bergleute  aus  Kuttenberg  nach  Pergine  ver- 
schrieben wurden,  deren  Nachkommen  allem  Anscheine  nach 
unsere  Mocheni  sind ,  die  die  Gemeinde  Fierozzo ,  Frassilongo 
und  Palü  am  Sitze  des  Bergwerks  bevölkerten,  and  sich  auch 
in  der  Sprache  von  den  übrigen  tirolischen  Kolonien  aaler- 
scheiden ,  —  allein  daraus  ist  doch  wrhl,  kein  Sehlnss  aofs 
Ganze  zu  ziehen;  anderwärts,  in  den  YII.  und  XHI.  Comuni, 
wie  auch  in  Valarsa^  Polgaria  Lavarone  weis  man  nichts  von 
Bergwerken  und  ähnlichen  Traditionen,  und  der  ununterbrochene 
Zusammenhang  aller  dieser  Kolonien  trotz  der  natürlichen 
Scheidewände  an  den  Tiroler -Gränzen,  ihre  grosse  räumliche 
Ausdehnung  zwischen  Trient,  Bassano  und  Verona,  die  nahe 
Uebereinstimmung  ihrer  auch  heutzutage  nur  so  wenig  abwei« 


-    113    - 

chendeo  Dialekte ,  besonders  aber  der  Umstand,  dass  in  Mitte 
dieser  Kolonien  nirgends  eine  Spur  eines  fremden,  nicht  deut- 
schen Elementes  vorkommt,  und  diese  Gegenden,  hart  an  die 
reichen  Ebenen  Italiens  und  das  fruchtbare  Etschland  stossend 
doch  auch  früher  bevölkert  gewesen  sein  müssen,  —  weisen 
au  deutlich  auf  eine  wahre  Volkswanderung  hin,  als  dass  man 
dieser  aus  der  Luft  gegriffenen  Hypothese  irgend  einen  Werth 
beilegen  könnte. 

Das  Gleiche  gilt,  und  zwar  aus  denselben  Gründen  von 
der  Annahme,  dass  die  Deutschen  in  diese  Berge  zuerst  zur 
Holzarbeit  geschickt  worden  seien,  wozu  man  darin  einen 
Anhaltspunkt  zu  6ndea  glaubte,  dass  die  Bewohner  der  sette 
Comuni  sich  |,Cimberleute^  nennen,  was  zu  dem  Hissverständniss, 
geführt  haben  möge,  sie  für  Cimbem  zu  halten,  während  es 
„Zimmerleute^  heissen  soll,  und  auch  der  alte  Name  von  Asiago- 
SIeghe  (Holzschlüge)  darauf  hindeute.  Diese  Ansicht,  die,  wie 
man  sieht ,  von  Haus  aus  auf  sehr  schwachen  Füssen  steht, 
schien  tirolischerseits  einige  Stütze  in  der  AufBndung  einer 
Urkunde  von  1216  zu  finden,  in  welcher  der  Bischof  Friedrich 
von  Wanga  zu  Trient  den  Herren  Ulrich  und  Heinrich  von 
Bozen  gestattet,  wenigstens  20  Familien  zur  Aosiedlung  nach 
Folgaria  kommen  zu  lassen,  allein  Don  Bottea  klärt  in  der 
cronaca  di  Folgaria  die  Sache  dalün  auf  ^  dass  diese  Familien 
ausdrücklich  für  die  noch  heute  grossentheils  öde  und  unbebaute 
Gegend  von  Costa  Cortura,  d*  i.  von  S.  Sebastiane  bis  Genta 
am  Abhänge  gegen  Yalsugana  bestimmt  waren,  während  der 
Hauptort  Villa  di  Folgaria  diesseits  der  Höhe  in  der  mehr 
ebenen  und  fruchtbaren  Gegend  nach  dem  Etschthale  zu  liegt. 
Diese  Ansiedlung  in  Costa  Cortura  ist  daher  auch  nach  der 
Meinung  von  Don  Bottea  nur  als  ein  Nachschub  zu  betrachten, 
um  eine  höhere  minder  einladende  Gegend  zu  beurbaren,  da 
die  deutsche  Ansiedlung  in  Folgaria  jedenfalls  schon  firüher 
bestanden  hat,  nach  dem  im  Gemeind- Archiv  vorhandenen  Ur- 
kunden, deren  erste  bis  1222  zurückgeht,  die  Gemeinde  Folgaria 
gegen  Ende  des  13.  Jahrhunderts  schon  100  Feuerstätten  zählte^ 

8 


-    «4    — 

md^  wenn  frOhere  Urkonden  mangeln,  sich  dies  damit  erklirt, 
bass  liberhaupt  in  Tirol  sicher  nur  wenige  Berggemeiiidea 
Dokumente  altern  Datums  aufzuweisen  haben. 

Grössere  Wahrscheinlichkeit  hat  allerdings  die  vom  Grafen 
Benedetto  Giovanelli  aufgestellte,  mit  höchst  interessanten  Citaten 
und  triftigen  Gründen  verfochtene  Ansicht  fOr  sich,  dass  diese 
angeblichen  Cimbem   Schwaben ,    eigentlich   Alemannen   seien, 
die  in  Folge  der  durch   den  fränkischen  König  Chlodwig  nach 
Anrufung  des  neuen  Christen-Gottes  in  der  berühmten  Schlacht 
an  Ztllpich  erlittenen  Niederlage  zu  Ende  des  5.  Jahrhonderts 
beim  König  der  Ostgothen  Theodorich^  dem  Dietrich  von  Bern 
Zuflucht  suchten   und   von   ihm  aufgenommen   wurden.      Dass 
diese  Aufnahme  Statt  hatte,   ist  ohneweiters  als  historisch  er- 
wiesen anzunehmen,  allein  ob  diese  Alemannen  wirklieh  unsere 
Cimbem  seien,  dürfte  denn  doch  zu  bezweifeln  sein,  wenn  man 
bedenkt,  dass  ihre  Sprache  so  gar  nicht  mit  der  feinern  alma- 
nischen  oder  schwäbischen  Hundart  übereinstimmt  und  im  weiten 
Reiche  Theodorichs,  das  von  dieser  Seite  nebst  RbütienNorikum  und 
einen  Theil  von  Pannonien  umfasste,    es  doch  kaum  glaublich 
erscheint,   dass   er  diese  damals  auch  noch   ganz  heidnischen 
Flüchtlinge  in  die  Mitte  seiner  christlichen  Unterthanen  bis  in 
die  unmittelbare  Nfthe   der  Residenz   zu  Verona   hereingeiogea 
und   ihnen   nicht  lieber  einen  Platz   an   den  äussern,    gewiss 
minder   bevölkerten   Grunzen   seines  Reiches  angewiesen  habe, 
wie  denn  Andere  diese  von  Chlodwig  versprengten  Alemannen 
wohl    mit    mehr  Wahrscheinlichkeit    in    den  Bewohnern   von 
Vorarlberg   mit  dem  angrfinzenden  Schwaben  und  den  Ausser- 
sten  Theilen  des  nordwestlichen   Tirols    zu   erkennen   glauben, 
und  dass  sie  dort,  nicht  zu  Verona  als  Grünzbüter  des  Reiches 
gedient  haben,  wie  die  Geschichtsschreiber  ihnen  nachrühmen. 
Ueberhaupt  beruht   auch  diese  Hypothese  auf  der  durch  den 
Namen   „Cimbem^   Jahrhunderte  hindurch  genährten  und  fes^ 
gewurzelten  Voraussetzung ,   dass  diese  nun  isolirten  deulschea 
Kolonien  nur  von  einer  flüchtigen,  irgendwo  versprengten  Horde 
herrühren  können,  was  aber  nach  unsrer  obiger  Darstellung, 


—    115    — 

fkr  Badigewiesenen  iitmHtelbarM  Verbiadoo^  ttber  Vaissgana 
niii  den  deotsehtiroliachen  Stämmen  des  sprachverwandten  Etseh- 
landfl  und  der  höchst  wahrscheinlichen  frfihern  Ansdehnang 
auch  in  südlicher  Richtung  gegen  Schio,  Reeoaro  und  Yicenia 
keineswegs  richtig  zu  sein  scheint. 

Schmeller  erwähnt  noch  der  Meinung  von  Bettinelli,  dass 
die  Einwanderung  spätestens  im  10  Jahrhundert  erfolgt  sein 
nriisse,  und  der  Angabe  des  cimbrisehen  Schriftstellers  Agostino 
dal  Pozso  (Brunner)  nber  ein  zu  Verona  vorhanden  gewesenes, 
allein  in  Verlust  gerathenes  Dokument  aus  dem  8.  Jahrhundert, 
in  welchem  bereits  von  den  Theodisci  in  denJITeroneser-Bergen 
die  Rede  war,  —  schllesst  aber  damit,  dass  positive  Daten 
aber  die  Herkunft  der  Cirobern  überhaupt  ganz  und  gar  nicht 
vorhanden  sind. 

Nur  Eine  Urkunde^  sagt  Schmeller,  ist  noch  vorfindig,  die 
Urkunde  der  Sprache,  und  in  dieser  liest  er  den  merkwürdigen 
Salz,  —  dass  die  heutige  Sprache  unsrer  Kolonien  ganz  den 
Zustand  der  deutschen  Gesammtsprache  aus  dem  XII.  und  XIII. 
Jahrhundert  wiederspiegelt  und  auf  keinen  Fall  höher  hinauf- 
reicht. 

Es  ist  dies  das  Drtheil  eines  Fachgelehrten  ersten  Ranges, 
der  bekanntlich  alP  seine  Kräfte  der  Erforschung  und  Verglei- 
chung  der  altdeutschen  Sprache  und  ihrer  Dialekte  gewidmet 
hat,  und  die  volle  Bestimmtheit  des  Ausspruches  im  Munde 
eines  sonst  so  bescheidenen  und  vorsichtigen  Mannes  ist  gewiss 
im  höchsten  Grade  überzeugend.  Eben  so  berechtigt  und  ein- 
leuchtend ist  aber  auch  die  weitere  Folgerung,  die  er  daraus 
zieht,  dass  bis  zu  diesem  Zeitpunkt,  d.  i.  dem  XIII.  oder  doch 
XII.  Jahrhundert  unsere  Kolonien  in  unmittelbarem  Zusammen- 
hang und  Verkehr  mit  dem  deutschen  Gesammtkörper  gestanden 
haben  müssen,  da  natürlich  in  der  Isolirung  die  Sprache  sich 
nicht  in  solcher  Uebereinstimmung  mit  der  Gesammtsprache 
fortgebildet  haben  könnte,  und  somit  einen  wesentlich  verschie- 
denen Charakter  tragen  müsste. 

8* 


-  «*  - 

Die  einzig  mögliche  Einwendung  gegen  diese  Folgerung 
besNInde  in  der  Annahme,  dass  die  Einwanderang  selbst  erst 
in  jener  Epoche  erfolgt,  die  Kolonien  erst  damals  entstanden 
seien;  aliein  dies  ist  nicht  nur  im  Widerspruche  mit  allen 
Traditionen,  sondern  aus  den  bereits  angeführten  Gründen  über- 
haupt völlig  undenkbar,  wie  es  undenkbar,  unmöglich  ist,  dass 
im  Falle  einer  erst  im  XII. ,  XIII.  Jahrhundert  erfolgten  Ein- 
wanderung unter  gfinzlicher  Verdrängung  der  frühern  Bewohner 
bei  der  Nähe  so  bedeutender  schon  damals  vorgeschrittener 
und  geregelter  Städte  wie  Venedig,  Padua,  Vicenza,  Verona 
von  einer  so  auffallenden  und  folgenreichen  Thatsache  weder 
in  Archiven  noch  Chroniken  auch  nur  die  leiseste  Spar  au 
finden  sein  sollte. 

Der  Aussprifch  Schmellers  wird  auch  aufs  entschiedenste 
unterstützt  durch  die  oben  gelieferte  Nachweisung  der  Thatsache 
der  einstigen  unmittelbaren  Verbindung  unserer  Kolonien  mit 
den  deutschen  Elementen  des  Etschthales  so  wie  durch  den 
Beweis  der  nahen  Verwandschaft  ihrer  Sprache  mit  dem  noch 
heute  im  deutschen  Etschlatid  üblichen  Dialekt. 

Wenn  nun  die  unmittelbare  Verbindung  mit  dem  deutschen 
Gesammtkörper  in  der  Vorzeit  wirklich  bestanden  hat,  wenn 
diese  Verbindung  erst  im  XII.,  XIII.  Jahrhundert,  also  gerade 
in  der  Bildungs- Epoche  der  leichtern,  wohlklingenden,  zar 
Weiterverbreitung  so  geeigneten  italienischen  Sprache  durch 
deren  Vordringen  in  den  Hauptthtflern  der  Etsch  und  Brenta 
unterbrochen  wurde,  wenn  die  Sprache  all'  dieser  zusammen^ 
hängenden  Kolonien  trotz  einzelner  Verschiedenheiten  entschieden 
auf  den  bojoarischen  Volksstamm ,  wie  überhaupt  im  grössten 
Theile  von  Deutschrirol  hinweist,  und  sich  insbesondre  nach 
mehr  als  500jähriger  Absonderung  auch  heute  noch  so  nahe 
an  die  speciellen  Dialekte  des  benachbarten  Etschlands  und 
Pusterthals  anschliesst,  —  so  drängt  sich  wohl  von  selbst  der 
Gedanke  auf,  dass  die  bojoarischen  Einwanderer  zur  Zeit  als 
sie  von  Norden  her  bis  Salurn  und  Lavis  vorrückten  und  die 
romanischen  Einwohner  theils  nach  Eoneberg,  Gröden  und  Fassa, 


-     «7    - 

theils  aber  das  reclile  Etschufer  unter  Deutschmeto  xorfickdriliig- 
len,  -^  wie  man  gewdholich  annimmt,  um  die  Hälfte  des  6. 
Jahrhunderts,  als  diese  Gegenden  durch  die  iSjttbrigen  mit  dem 
Verluste  von  Hillionen  Menschenleben  so  unglücklich  geführten 
Kriege  der  Ostgothen  wider  Belisar  und  Narses  ohnediess  völlig 
entblösst  und  entvölkert  waren,  — .  dass,  sagen  wir,  die  bo* 
joarischen  Einwanderer  wohl  auch  noch  einen  Schritt  weiter 
über  Salum  und  Lavis  hinaus  gemacht  und  die  südlichen  Aus- 
läufer des  Gebirges  an  der  Ostseite  der  Etsch  besetzt  haben 
dürften,  die  unter  dem  mildern  Himmelsstriche  Italiens,  zumal 
mit  Rücksicht  auf  die  grössere  Sicherheit  auch  ihrem  Naturell, 
Neigungen  und  Gewohnheiten  besser  zusagen  mochten  als  das 
heisse  Klima  der  Ebenen. 

Mich  dünkt,  dass  diese  Hypothese  wenigst  nicht  minder 
Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat  als  alle  andern,  von  denen  wir 
früher  gehört  haben,  allein  sei  dem,  wie  immer,  sei  es,  dass 
die  Einwanderung  wirklich  auf  diese  Art  durch  den  gemischten 
Volksstamm  der  Bojoarier  erfolgte,  sei  es,  dass  die  angeblichen 
Cimbem  doch  die  von  Chlodwig  versprengten  Alemannen  sind, 
sei  es,  dass  die  Einwanderung  möglicher  Weise  auch  bei 
irgend  einem  andern,  nicht  bekannten  Anlass  Statt  hatte,  — 
so  viel  steht  jedenfalls  fest,  dass  diese  deutschen  Kolonien 
nicht  immer  Kolonien  waren,  dass  sie  einst  in  unmittelbarem 
Zusammenhang  mit  dem  deutschen  Gesammtkörper  gestanden 
sind  und  die  heutige  Bevölkerung  an  der  ganzen  Ostseite  des 
Etschthales  bis  Bassano  und  hinab  bis  in  die  Nfihe  von  Verona 
mit  Ausnahme  der  Ueberbleibsel  der.  frühem  Bewohner  im  obern 
Avisio-  und  untern  Brenta-Thale  von  deutschem  Blute  stammt 
und  die  welsche  Sprache  erst  im  Laufe  der  letzten  Jahrhunderte 
sich  angeeignet  hat.  *)  ^ 


*)  Anmerkung:  Es  fällt  auf,  dass  diese  deutsche  Einwanderung 
sich  unterhalb  der  Noee- Mündung  bei  S.  Michael  auf  das  rechte 
Etsebnfer  nicht  erstreckt  zu  haben  scheint,  da  ausser  an  der  Gränae 
von  Ulten    zu   Lauregno  und    Proveis   heutzutage   nirgends 


—    «8    — 

Dieser  AiAisatz  war  bereits  fertig  geschrieben,  als  mir  in 
Folge  der  Nachfrage  über  die  frühem  Sprachverhftlinisse  in 
der  Gegend   von  Pergine  eine  Abhandlung  im  Hanuscript  von 


UeberUeibsel  deutscher  Sprache  vorhanden  sind,  was  aber  ein  frü- 
heres Bestehen  deutscher  Ansiedlungen  nicht  ausschliesra  und  wohl 
auch  von  den  spätem  Einfallen  der  Longobarden  und  Franken 
herröhren  könnte,  ursprfinglich  auch  deutschen  Stammen,  von  denen 
Eumal  Letatere  gegen  Ende  des  6.  Jahrhunderts  zweimal  Aber  den 
Tonal  hereinbrachen,  viele  Kastelle  eroberten,  überall  das  offene 
Land  besetzten  und,  wie  Pinamonti  in  seiner  ^Naunia"  nachweist, 
insbesondre  im  Nonsberg  dauerhafte  Spuren  zurOckgelassen  haben. 
So  scheint  z.  B.  die  Bevölkerung  des  Thaies  Rabbi  in  Salzbeig 
bei  der  Frequenz  der  blonden  Haare,  blauen  Augen,  der  frischen, 
weiss  und  rothen  Gesichtsfarbe  und  hohem  kräftigen  Wuchs  auch 
des  weiblichen  Geschlechts,  und  der  zerstreuten  Lage  der  häufig 
hölzernen  Wohnungen  ganz  ein  deutscher  Schlag  zu  sein,  ja  nach 
den  Aeusserungen  eines  sehr  verstandigen  Bauern  von  Piazzola  besteht 
eine  Tradition  im  Thale,  dass  die  ersten  Ansiedler  fiber  das  Gebirge 
von  der  Schweiz  hergekommen  seien;  allein  von  deutscher  Sprache 
ist  kaum  eine  Spur  mehr  zu  entdecken ,  ausser  etwa  in  einzelnen 
Namen,  wobei  der  deutsche  Kern  sich  manchmal  seltsam  genog 
unter  der  welschen  Hülle  versteckte  z.  B.  der  Name  des  Besitzers 
der  Qeilquelle^  Ruatti  von  roth,  im  Dialekte  roath,  wo  dann  das  „o,^ 
wie  im  Slapero  von  S.  Sebastiane  leicht  in*s  ,,u'^  übergeht,  vne  wir 
oben  bemerkten  Oa,  Hoazet,  Ua,  Huazet,  also  statt  roath,  math,  und 
mit  der  welschen  Endung  in  i  haben  wir  raathi,  Ruatti,  das  welsche 
Rossi.  So  fielen  mir  auch  in  den  heurigen  Landtags-Yerhandlongen 
unter  den  verschiedenen  Gesuchen  von  Gemeinden  die  Namen  Locca, 
Enguiso  und  Lenzumo  in  dem  Seitenthale  bei  Bezecca  in  Yal  di  Ledro 
auf,  von  denen  die  beiden  letztern  in  der  Karte  von  Anich  Eagnis 
und  Engium  geschrieben  sind,  —  und  nähere  Erkundigungen  gaben 
mit  Rücksicht  auf  die  Orlslage  die  unzweifelhafte  Gewissheit,  dass, 
obwohl  sonst  jede  Spur  und  Erinnerung  der  deutschen  Sprache 
unter  den  Bewohnern  verschwunden  ist,  dies  doch  rein  deotsche 
Namen  sind,  da  bei  Locca,  Lacke,  sich  auch  jetzt  noch  eine  sumpfige 
Lache  befindet,  die  Bezeichnung  Engwies  topographisch  ganz  auf 
die  Ortschaft  Enguiso  zutrifft,  Lenzumo  oder  Engnim  aber  nicbts 
anders  als  „Lenkum,^  weil  das  letzte  Ort  im  Thale  ist,  und  diese 
Gemeinden  darüberhin.cine' sehr  reiche  Alpe  besitzen^  die  den  Namen 
Vies,  die  Wiese  führt. 

Derlei  verwischte  Spuren  des  deutschen  Elements  durften  daher 
bei  näherer  Nachforschung  wohl  auch  an  manchen  andern  Orten  der 
nwbteo  Stsfhsei^  au  finden  sein, 


—    H9    ~ 

]>oa  FüBcesco  Tecioi,  dem  bertthmteo  Verfasser  des  Uberto, 
Pfarrer  und  Dekan  su  Pergine  über  die  deutschen  Alpenbewofaner 
in  Welschtirol  und  dem  angrenzenden  venetianischen  Gebiete 
zu  Händen  kam,  der,  ein  gebomer  Welschtiroler,  gleich  aus- 
gezeichnet als  Schriftsteller,  wie  als  Priester  durch  langjiihrige 
Amtsführung  in  jener  Gegend  gewiss  vorzugsweise  in  der  Lage 
war,  sich  ein  richtiges  Urtheil  zu  bilden  und  dessen  Angaben 
daher  gewiss  in  jeder  Hinsicht  die  vollste  Beachtung  verdienen« 
Noch  spAter  erfuhr  ich,  dass  diese  Abhandlung  im  Jahre  1860 
zugleich  mit  einem  Aufsatz  des  Ratbes  Franz  Stephan  Barto- 
lomei  ttber  Charakter  und  Sitten  der  Perginesen  bei  Gelegenheit 
der  Installirung  des  neuen  Dekans,  Don  Botlea,  Verfassers  der 
obgedachten  Chronik  von  Folgaria  von  der  Gemeinde  Pergine 
in  Form  einer  Brochdre,  mit  Weglassung  der  im  Hanuscripte 
citirten  und  demselben  beiliegenden  Urkunden  in  Druck  gegeben 
wurde^  wovon  jedoch  meines  Wissens  in  den  öffentlichen  Blftttem 
nie  die  Rede  war.  Uebrigens  wurde  die  schon  im  Jahre  1821 
verfasste  Abhandlung  des  Don  Tecini  nach  einer  Anmerkung  im 
Hanuscripte  schon  damals  an  Professor  von  Hersi  zu  Innsbruck 
eingeschickt  und,  ins  Deutsche  tibersetzt,  im  Tirolerboten  ver- 
öffentlicht, scheint  aber  auch  von  deutscher  Seite  Ifingst  in 
Vergessenheit  gerathen  zu  sein,  und  ich  erlaube  mir  daher, 
einige  Stellen  als  von  so  gewichtiger  Autorität  herrflhrend  und 
genau  unsern  Gegenstand  betreffend,  hier  anzuführen. 

Don  Tecini  bespricht  zunächst  die  Gründe,  die  gegen  die 
Annahme  streiten,  dess  die  Bewohner  der  Xu.  und  XIII.  Comuni 
so  wie  der  tirolischen  Thäler  von  Valarsa,  Terragnuolo,  Folgaria 
und  LavaronNon  den  Cimbem  herstammen,  woran  gegenwärtig 
wohl  Niemand  *  mehr  denkt ,  und  führt  dann  die  Ortschaften, 
wo  anno  1821  noch  ganz  oder  doch  zum  Theile  deutsch  ge- 
sprochen wurde,  unter  Angabe  der  damaligen  Seeleniahl 
folgendermassen  auf 
Kreis  Roveredo:  Seelenzahl: 

Folgaria,   Pfarre       .    •    .    .    > 
S.  Sebostiano,  Koralie    .    .    •    ) 


—    120 


Kreis  Roveredo: 


Kreis  Trienl: 


Seite  Cononi: 


Nosellari,  Kuratie 
Serrada,        y^  • 

Guardia^        ,1 
Hezzomonte   „ 
TerragDoolo,  Pfarre     . 
Trambileno^  Kuratie 
Valarsa,  Pfarre 

Lavarone,  Pfarre 

Chiesa  noova,  Kuratie. 

Braocafora  (Pedemonte), 

Luserna,  Kuratie 

Casotto         „ 

Roncegno,  roonte 

Palü^  Kuratie 

S.  Feiice  in  Fierozzo    . 

S.  Francesco  in^Fierozzo 

Frassiiongo 

Roveda 

Vignola 

1)  Asiago 

2)  Enego 

3)  Lusiana 

4)  Fozza 

5)  Gallio 

6)  Roana 

7)  Rotzo 

e  nelle  contrade  annesse: 

Valstagna 
Campolongo 
Val  Sanfloriano 
Valruina 


Pfarre 


Seeienzahl: 
\    3000 

\ 

.     1433 

716 

.     2290 

i      950 

!      584 

40 
442 
307 
234 
280 
259 
445 

4042 
2694 
2807 
1486 
2084 
2539 
1333 

2441 

.1310 

1265 

676 


—     121    — 

Sette  Comani:  Seelenzahl: 

Crosara  1433 

Conco  1375 

Tresche  Conco  360 

Lastebasse  613 

nach  den  Angaben  des  damaligen  Prätors  von 
Asiago,  Mendini. 

Tredici  Comuni ;  in  welchen  die  deutsche  Sprache  nur  noch 
in  folgenden  Ortschaften  vorhanden  ist: 

S.  Bartolomeo  ledesco       ....       654 
Ghiazza  ....     1500 

Campofontana  ....    2000 

Die  ganze  Bevölkerung  der  dreizehn  veronesischen  Gemein- 
den wird  in  einer  Anmerkung  nach  der  Volkszählung  von 
1821  auf  8754  Seelen  angegeben,  doch  sind  die  Namen  der 
übrigen  Ortschaften  nicht  angeführt. 

Don  Tecini  sagt  weiter  wörtlich,  wie  folgt:*  ,,Aber  nicht 
Mos  die  genannten,  veronesischen,  vicentinischen  und  tirolisehen 
Oflschaften  bedienten  sich  vor  Alters,  wie  noch  heote  der 
deatschen  Sprache,  sondern  es  ist  auch  wahrscheinlieh ,  dass 
das  ganze  obere  Valsugana  mit  Find,  einem  Theile  von  Fleims, 
md  die  Ortschaften  in  der  Nähe  von  Trient  am  linken  Etsch- 
nfer  deutsch  gewesen  seien ,  da  die  alten  Namen  der  Frider, 
der  Gewässer,  der  Gebirge  der  Ortschaften  und  Familien  gro- 
ssentbeils  deotsch  sind,  and  einer  der  Berge,  ganz  nahe  an  der 
Stadt  zwischen  Osten  und  Norden  gelegen,  auch  heute  der 
Calisberg  genannt  wird.  Dass  bis  zum  13.  Jahriinadert  im 
Harkte  Pergine,  damals  vom  nahen  Wildbaehe^  der  Fersina, 
-'  Ferzen  oder  Fersen  genannt^  nnd  in  -allen  umliegenden 
Ortschaften  die  gemeine  Volkssprache  die  deutsche  war,  wie 
sie  es  auch  heute  noch  in  den  sechs  oben  erwähnten  Kuratien, 
Vignola,  Roveda,  Frassilongo,  S.  Feiice  und  S.  Francesco  di 
Fierozzo  und  Palü  ist,  das  beweisen  die  durchaus  deutschen 
Namen  der  Felder,   der  Ortschaften  nnd  fast  jedes  einzelnen 


^  f2a  — 

Hofes,  wie  sie  io  den  lateinischen  Dokumenten  ies  14.  Jahr- 
hunderts vorkommen,  nebst  welchen  sich  aber  aus  jener  Epoche 
auch  Urkunden  in  deutscher  Sprache  finden,  was  Alles  auf 
gleiche  Weise  auch  von  der  Pfarre  Calceranica,  zwischen 
Pergine  und  Lavarone  gilt.^ 

Als  Probe  der  cimbrischen  Schriftsprache  liegt  der  Ab- 
handlung das  Schreiben  eines  Bauern  von  Roban  in  den  sette 
Comuni  an  seinen  Sohn  bei,  das  wir  zum  Belege  der  Ueber- 
einstimmung  mit  den  Beispielen  Schmellers  und  zugleich  als 
ein  Zeichen  der  innigen  acht  deutschen  Gemttthlichkeit  dieser 
Leute  im  hfiuslichen  Verkehr  hier  wiedergeben: 

Lieberste  zun! 

Ich  mache  dich  wissen,  daz  gestern  an  zwo  Orn  nach 
mettertag  ich  bin  rivart  in  der  Statt  Yicenza.  Ich  bin  gant 
ad  tavema  der  N. ,  da  ich  anig  gavunt  main  gevatter ,  der 
schuster,  und  in  beker  von  Sleghe. 

Heite  ist  die  Harkot.  In  diesen  Markot  han  ick  bor- 
chaft  (verkauft)  d*  unser  tuch.  Vor  firzig  eile  ich  han 
gewannet  trizig  kraizer,  zobel  d'  eile,  und  vor  aexig  elka 
der  mezaanette  tuch  ich  han  gewännet  demö  Cnur)  finf-u 
zwanzig.  Hit  disen  gelten  und  mit  geluse  (ErlOs)  unser 
crediten  bain  Schrotter  (Schneider)  ich  hon  gechafi  zwei 
ku,  act  oben  (Schafe)  nn  sex  goas;  in  alle  dise  ich  han 
galt  (zait?)  undert  und  fuizech  gülden.  Hit  disen  Viegen 
snappen  cerhalten  wir)  milch  un  smalz  un  kaese  vor  ander 
haus,  un  wollen  (Wolle)  an  rasten  sich  (um  uns  zo  kleiden) 
wir  alle.  Un  brame  (warum,  weil)  der  wain  ist  taer,  ich 
han  niehl  gekaft,   in   disem  Jare  wir  mdsen  wasser  trinken. 

Grosse  mer  die  mutter,  dain  waib,  die  dain  zwea 
Schwester  un  des  dain  bruder.  Gieb  an  kuss  an  dein  klone 
zun  o  puble.  Ich  fermer  mich  hier  noch  venfe  tage,  na 
den  flnstege  der  komende  woche  ich  kere  a  ka  Roban.  In« 
tanto  stee  gesund  an  well  mer  wol.  - 


-    128    - 

Oioe  andere  merkwürdige  Drkonde,  die  Don  Tecioi  anführt, 
d.  d.  Pergine  12i2,  lautet,  wie  folgt:  Vo  woegen  de  Zank, 
in  welechen  krlstel  vo  Falesin  ob  de  groateo  platx  vo  Bargen 
Fersen  ist  vo  Jakob  vo  Driscbei  holtet  worden:  weilen  de 
selve  sain  boat  (Qoot)  in  groaten  sea  hat  preket,  nnt  halven 
des  ditier  ist  zo  Obrekait  kbgt :  han  ich  Lindrik,  Pfarrer  nnd 
Noder  ze  Person  usdingt ,  da!  Jakob  begen  süllo  dem  kristel 
fars  ploeb  gelt  fnnf  koaser  liver,  halve  der  Pfarrei  koerk  in 
swy  monat,  item  de  Unkoesteo,  Arsney  ant  toowerke  zahlen, 
nnt  gegen  da  sflile  kristel  de  klag  soeven  fuder.  OäB  unts 
ander  habens  mir  verspreket  dat  ze  thuen,  unt  furenthin  goete 
fraint  ze  sein. 

Gescheehen  in  de  Burgen  Persen  zo  mir  in  Jahr  vo  unser 
lieben  Herr,  der  erloeser,  tausent,  zwye  hundert  zechen  nnt 
noo  zwyen  in  Monat  vo  hocbizet,  den  vierten  too.  Kunischafft 
sin  zween^  Peter  nnt  Hans  vo  Falesin. 

Ans  diesem  und  andern  Beispielen  unter  Berufung  auf 
eine  von  Simone  Pietro  Bortolomei  zu  Pergine  schon  1760 
jrerffasste,  im  Hanuscript  vorhandene  vergleichende  Wörter- 
snmmlnng  unserer  Alpen- Kolonieen  nach  deren  verschiedenen 
Dialekten  schliesst  der  Verfasser,  gerade,  wie  wir  uns  nach- 
zuweisen bemühten,  dass  dies  ein  Deutsch  sei,  das  sich  im 
Grunde  von  jenem  der  Bergbewohner  von  Deutschtirol  nur 
wenig  unterscheide,  dass  auch  die  verschiedenen  Dialekte  im 
Ticentiniscben,  Veronesischen  und  Tirol  nur  wenig  voneinander 
abweichen,  vielmehr  auf  einen  gemeinsamen  Stamm  hinweisen, 
wobei  er  noch  insbesondre  bemerkt,  dass  die  Bewohner  der 
sette  Comuni  und  wohl  auch  Jene  von  Lavaron  die  Eigenthflm- 
lichkeit  haben ,  den  Ton  der  letzten  Silbe  bei  jedem  Satze  um 
vier  Noten  zu  erhöhen,  als  ob  sie  immer  fragen  würden,  und 
die  Sprache  in  der  Gegend  von  Pergine  sich,  wie  natürlich, 
jener  von  Dentscbtirol  am  meisten  zn  nähern  scheine. 

Don  Tecini  beschreibt  diese  Alpenbewohner  im  Allgemeinen 
als  Leute  von  hohem  Wuchs,  kräftigem  Kürperbau,  abgehärtet, 
wohlfeCMlf   von  blondem  oder  bramem  Haar,   und  sagt, in 


—    124    - 

Betreff  des  Chanhten ,  dass  die  Bewohner  der  sette  Cbmimi 
durch  die  aligemeioe  Gewohnheil  des  Waffentragens  uater  der 
venetianischen  Republik,  sogar  bei  der  Feldarbeit,  —  eine  mehr 
martialische  Haltang  angenommen,  nnd  es  dort  auch  nicht  an 
Amazonen  gefehlt  habe,  die  ein  Stilet  oder  kune  Pistole  im 
Bnsentuche  trugen^  dass  zwar  auch  die  dortige  Bevölkerung 
gut,  gerecht,  freundlich  genannt  zu  werden  verdiene,  allein 
wehe  dem,  der  es  wagen  sollte,  sie  zu  beleidigen,  —  wfihrend 
ihre  Nachbarn  in  Welschtirol  sich  mehr  friedfertig  und  gul- 
mOthig  zeigen,  äusserst  frugal,  aber  doch  sehr  gastfreundlich 
sind^  es  als  eine  heilige  Pflicht  betrachten,  keinen  Armen  ohne 
eine  Gabe  abzuweisen,  dabei  religiös,  dem  gegebenen  Worte 
getreu,  durchaus  nicht  streitsüchtig,  und,  was  sich  auch  heut- 
zutage noch  auffallend  bewährt,  der  Strafjustiz  verhfiltnissaiässig 
sehr  wenig  zu  thun  geben. 

Auch  machte  Don  Tecini  schon  damals  auf  den  so  bedeut- 
samen ununterbrochenen  Zusammenhtag  dieser  Kolonieen  auf- 
merksam, wie  sie  von  Verona  und  Bassano  her  von  Berg  zu  Berg, 
von  Thal  zu  Thal  sich  aneinander  reihen  und  verfolgen  lassen 
bis  zum  Anschlüsse  an  die  Ortschaften  von  Deutschtirol  ^  and 
bemerkt  noch  insbesondre^  wie  das  Hereindringen  des  italieni- 
schen Elementes  von  aussen  sich  auch  daran  zu  erkennen  gebe, 
dass  im  untern  Valsugana  Anklänge  des  benachbarten  veofr- 
tianischen  Dialektes,  in  Fleims  Jene  der  östlichen  welschen 
Gebirgsbewohner  gegen  Cadore,  —  und  man  könnte  wohl 
hinzufttgen,  im  untern  Etschthale  die  Spuren  des  veronesisehcn 
vorherrschen. 

Wir  Buden  demnach  unsre  oben  entwickelten  Anscbauangen 
so  zu  sagen  in  allen  Punkten  durch  ein  sehr  gewichtiges, 
gewiss  ganz  unpartheiisches  Zeugnias  unterstfltzt,  und,  wenn 
Don  Tecini  am  Schlüsse  der  Abhandlung  seine  Ansicht  aus- 
drücklich dahm  znsammenfasst,  er  glaube,  man  habe  allen 
Grund  anzunehmen,  das&  die  in  den  Thfilem  und  Bergen  Sfld- 
tirols  an  der  linken  Seite  der  Etsch  noch  beflndlichen  Deutschen 
die  UeberUeibsel  der  altem  Bevölkerung  dieser  G^göiden,  also 


—    It5    ~ 

Dicht  Fremdlige,  —  and  freoidea  Ursprungs  hingegen  diige- 
nigen  seien,  die  die  italienische  Sprache  dahin  yerpflanxten, 
so  wollen  wir  hiexn  nur  bemerken,  dass  es  eben  fiicht  Fremde 
gewesen  sein  mOssen^  die  die  welsche  Sprache  hieher  ver- 
pflanzten, sondern,  wie  es  in  Deatschmetz  und  Bichbols  vor 
60  Jahren  der  Fall  war,  wie  es  sich  noch  spAter  in  Folgaria 
und  Valaraa  ereignete,  wie  es  in  Salarn  und  an  andern  Orten 
unter  nnsem  Augen  geschieht,  die  absorbirende  Potens  der 
geMiigen  und  leichtern  italienischen  Sprache,  die  man  so  auf- 
fallend bei  Kindern  beobachtet,  wenn  sie  mit  beiden  Sprachen 
in  Berührung  kommen,  —  sich  von  selbst  durch  die  Einwirkung 
der  Nachbarschaft  geltend  machte,  und  am  Ende  nur  die  Deutschen 
selbst  es  sind,  die  die  welsche  Sprache  unter  sich  verpflanst 
und  damit  zwar  ihre  Sprache,  aber  nicht  ihre  Herkunft  gewech- 
selt haben. 

,  Es  ist  von  deutscher  Seite  schon  öFter  die  Frage  angeregt 
worden,  wie  dem  Weitergreifen  eines  zumal  in  unsern  Tagen 
ton  so  bedenklichen  Folgen  begleiteten  Hisstandes  abzuhelfen 
wftre,  und  das  wirksamste  Mittel  würde  zweifelsohne  darin 
bestehen^  die  noch  deutschen  Gemeinden  mit  deutschen  Priestern 
und  Schulen  zu  versehen.  Wie  jedoch  die  Dinge  stehen, 
glaube  ich,  dass  die  Itaiienisirung  in  diesen  Kolonien,  und 
zwar  nicht  blos  bei  uns,  sondern  auch  in  den  sette  Comuni, 
zumal  seit  dem  Bau  einer  geregelten  Strasse  bis  Asiago 
bereits  zu  weit  vorgeschritten  sei ,  um  dem  ersterbenden 
deutschen  Idiom  durch  künstliche  Belebungsversuche  wieder 
aufhelfen  zu  können,  und  derlei  Haasregeln  wirklich  auch  nicht 
dem  Interesse  der  wenigen  zersplitterten,  noch  deutschen  An- 
siedlungen  entsprechen  würden,  die  überall,  auch  auf  den  Bergen, 
z.  B.  in  S.  Sebastiane  von  welschredenden,  wenn  auch  dem 
Blute  nach  deutschen  Nachbarn  umgeben  sind,  mit  denen  sie 
nun  einmal  leben  und  verkehren  müssen,  und  dass  insbesondre 
doppelte  oder  gemischte  Schulen  nicht  blos  die  Krttfte  dieser 
armen  Berggemeinden  übersteigen,  sondern  auch  nur  ein  Sprach- 


—    126    - 

gemenge,  ein  Kauderwelsch  xor  Folge  haben  MUrden,  das 
überhaupt  keinem  Schuh  wecke  entspricht. 

Wenn  aber  in  Welschtirol  der  ausschliessende  Gebrauch 
der  welschen  Sprache  in  Kirche  und  Schule  auch  an  jenen 
Orten  als  billig  und  aweckmässig  erachtet  wird,  wo  die  Bevöl- 
kerung erwiesen  von  deutschem  Blute  stammt  und  noch  heute 
auf  deutschem  Bundesgebiete  lebt,  so  sollte  fttglich  das  gleiche 
System  der  Einen  deutschen  Sprache  im  öffentlichen  Unterrieht 
sowohl  in  Kirche  als  Schule  auch  unter  der  von  jeher  deutschen 
Bevölkerung  auf  unmittelbar  deutschen  Boden  von  Saturn  hinauf 
befolgt  werden ,  was  auch  in  manchen  Gemeinden ,  wo  der 
Andrang  des  fremden  Elementes  stark  genug  ist,  s.  B.  Mar- 
greid,  Kurtatsch  etc.  der  Erfahrung  gemfiss  xur  Aufrechthaltung 
der  Sprache  genügt,  allein  leider  nicht  überall  so,  wie  es  sein 
sollte,  beobachtet  wird. 

Durch  das  leidige  ^lu  spflt^  ist  man  nun  zwar  in  die 
traurige  Nothwendigkeit  versetzt,  die  Sprache  der  isolirten  noch 
deutschen  Ceberbleibsel  unsrer  Kolonien  gewissermassen  preis- 
zugeben, allein  daraus  folgt  doch  nicht,  dass  damit  sich  jede 
Erinnerung  an  die  deutsche  Abstammung  verwischen  müsse, 
und  die  Cronaca  von  Folgaria,  1860  herausgegeben  auf  Kosten 
der  Gemeinde,  so  wie  die  ebenfalls  1860  durch  die  Vorstehung 
der  Harktgemeinde  Pergine  veranlasste  Drucklegung  der  Ab- 
handlung von  Don  Tecini  liefern  den  Beweis,  dass,  wenn  auch 
Einzelne  schwach  und  kleinlich  genug  sein  mögen,  um  ihr 
deutsches  Blut  zu  verläugnen ,  doch  die  grosse  Hasse  der 
heutigen  obgleich  welschredenden  Bewohner  zu  Berg  und  Thal 
sich  dessen  nicht  schämt^  vielmehr  mit  Befriedigung  und  Selbst- 
gefühl auf  ihre  Vergangenheit  zurückblickt,  ein  Gefühl,  das 
auch  in  der  weit  zerstreuten  grossen  Gemeinde  Valarsa  trotz 
der  nähern  Berührung  mit  den  welschen  Nachbarn  und  des 
schon  seit  lange  erfolgten  gänzlichen  Erlöschens  der  deutschen 
Sprache  noch  lebhaft  vorhanden  ist  und  zur  freudigen  Hoffnung 
berechtigt^  dass  sie  auch  fortan  die  schfitzenswerthen  Eigen- 
schaften ihres  Stammes  getreulich  bewahren  und  das  glflniende 


^    127    - 

Zeugniss  verdienen  werden,  das  ein  so  wfirdiger  Mann  and 
kompetenter  Richter,  wie  Dekan  Tecini  und  aach  dessen  Nach- 
folger in  Pergine,  Don  Bottea  der  Ausdauer,  dem  biedern  und 
sittlichen  Charakter  ihrer  Vflter  ausgestellt  haben.  Sonderbar 
und  bedauerlich  bleibt  es  freilich,  dass  während  i\k  zerstreuten 
Sprachinseln  in  der  Nflhe  des  Honte  Rosa  unter  der  welschen 
Regierung  von  Piemont  mit  deutschen  Schulen  und  Priestern 
fortwährend  ihre  deutsche  Nationalitllt  bewahren,  diese  in  den 
ausgedehnten,  zusammenhängenden  Kolonien  an  der  Ostseite 
der  Etsch  unter  dem  Scepter  Oesterreichs,  zum  Theile  auf  dem 
Gebiete  des  deutschen  Bundes  so  unbeachtet  verkümmern  musste, 
—  und  eben  so  sonderbar  aber  am  Ende  nicht  unverdiente 
Vergeltung  Ist  es,  wenn  trotz  dem  die  deutsche  Regierung 
von  manchen  dieser  nun  welschredenden  Deutschen,  —  der 
Unterdrückung  ihrer  Nationalität  beschuldigt  wird,  indem  sie 
in  merito  nicht  Unrecht  haben,  nur,  dass  die  verkürzte  Nätio* 
nalität  die  deutsche  und  nicht  die  welsche  ist. 

Roveredo,  im  Mai  1863. 


n. 

iVatorwissenscbaftliche  Abtheilong. 


BieOet^thalern^^ff^ 


?r*M 


1864. 


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Wigiier'tclLP  Litlio^ra-plue  in  Jim/hrrcCrc . 


dc/c/cc/  locaics 


Beiträge  zur  Geognosie  Tirols. 

Voiv 

Adolf  Plchler. 

(Vierte  Folge.) 

Zur  Oetzthaler  Masse. 

Im  Jahre  1859  verÖffentHchte  ich  in  der  Zeitschrift  des 
Ferdinaodeums  für  Tirol  und  Vorarlberg  aus  dem  Nachlasse 
von  Michael  Stotter  eine  Abhandlung:,  „die  Oetzthaler  Hasse^. 
Er  hatte  diese  Abhandlung  grossentheils  nach  den  Aufzeich- 
nungen der  Commissäre  des  geognostisch  -  montanistischen 
Vereines  bearbeitet.  Männer  von  Fach,  welche  diese  Abhand- 
lung mit  Aufmerksamkeit  gelesen  haben,  werden  dankbar  die 
Hasse  wichtiger  Beobachtungen  anerkennen,  welche  der  fleissige 
Stotter  niedergelegt ;  ohne  jemand  nahe  zu  treten ,  darf  man 
sagen,  dass  erst  mit  ihm  eine  gründlichere  Kenntniss  der 
Oetzthaler  Masse  beginne. 

Mir  war  es  vergönnt,  seine  Arbeiten  fortzusetzen.  Die  Wis- 
senschaft ist  über  den  Standpunkt,  den  er  eingenommen,  in  mehr- 
facher Beziehung  hinausgeschritten;  es  bleibt  also  manches  zu 
ändern  und  zu  verbessern,  insbesondere  in  Bezug  auf  die  Flötzfor- 
mationen,  dere%  Kenntniss  in  den  östlichen  Alpen  vor  dem  Beginn 
der  Arbeiten  der  geologischen  Reichsanstalt  eine  sehr  mangel- 
hafte war.  Was  den  Glimmerschiefer  und  den  ihm  eingeord- 
neten Gneis  und  Hornblendeschiefer,  sowie  den  Thonglimmer-^ 
schiefer  betrifft,  so  sind  die  Schwierigkeiten,  welche  sich  einer 
Untersuchung,  die  mehr  als  kartographische  Resultate  bieten 
soll,  Entgegenstellen,  so  gross,  dass  man  den  Gewinn  im  Ver- 
hdtniss  zur  aufgewendeten  Mtthe  als  einen  sehr  bescheideneB 


^ 


_    4    - 

betrachten  iniiss.  Fflr  die  Tiroler  Alpen  verweise  ieli  auf 
meine  ^Beiträge  zur  Geognosie  Tirols  mit  einer  Karte  «ad 
dreissig  Profilen.''    Innsbruck,  bei  Wagner,  1859. 

Im  heurigen  Herbste  beging  ich  einen  grossen  Theil  der 
Oetzthaler  Hasse  und'  kann  daher  manche  Nachtrüge  liefern, 
freilich  mit  der  bescheidenen  Bemerkung,  dass  ich  weit  ent- 
fernt bin,  das  Thema  jetzt  für  abgeschlossen  zu  halten. 


Verfügen  wir  uns  nach  Haimingen  an  den  Eingang  des 
Oetzthales;  demselben  liegen  von  hier  bis  Koppen  an  beidoi 
Seiten  der  Oetz  Hügel  vor  von  mehreren  hundert  Fuss  Höhe. 
Sie  bestehen  aus  Trümmern  und  Blöcken  von  Kalk,  Rauch- 
wacke,  Schieferthon  und  ähnlichen  Gesteinen  aus  den  ver- 
schiedenen Stufen  der  Trias.  Die  Blöcke  sipd  oft  so  gewaltig, 
ganzen  Felsen  gleich,  dass  nur  eine  sorgfiltige  Untersuchung 
nach  allen  Seiten  uns  darüber  aufklären  kann ,  man  habe  es 
hier  nicht  mit  anstehendem  Gestein,  sondern  mit  ungeheuren 
Schuttwallen,  durch  welche  sich  die  Gewässer  nur  mühsam 
den  Weg  brechen,  zu  thun.  Sie  tragen  nur  magere  Föhren 
und  versagen  sich  jeder  Kultur.  An  einer  Stelle  auf  dem  linken 
Ufer  tritt  der  Glimmerschiefer  hervor,  tbeilweise  zu  Höckern 
abgerundet.  Darnach  sind  die  Angaben  Stotters  (S.  40:  „Wir 
stiegen  von  Haimingen  nach  Brunau^  etc.)  zu  berichtigen. 

Anstehenden  dunklen  Kalk  triflTt  man  am  rechten  Ufer  des 
Inn  erst  etwa  eine  Viertelstunde  westlich  ton  Koppen.  Gegen- 
über von  Koppen  erhebt  sich  ein  Kalkhüfel ,  der  steil  in  den 
Inn  abstürzt,  —  der  weissaderige  schwtrze  splitterige  Kalk 
darf  wohl  dem  unteren  Alpenkalk  (Muschelkalk)  beigezählt 
werden. 

Der  Glimmerschiefer  in  der  steilen  Kirne  südlich  von  Kop- 
pen am  Bache  ober  den  Mühlen  behauptet  durchschnittlich 
ein  ostwestliches  Streichen  und  fällt  mehr  oder  minder  steil 
Süd«    Er  ist  ans  braunem  Glimmer  und  Lagen  mit  Ausschei- 


—    5    ^ 

dimeen  weisslieh  grinen  Qaarses  zorammengesetzt,  eiDgesIrenl 
sifid  eittzelne  Körndien  von  Granal  und  Prismen  von  StanroBth, 
ein  Vorkommen,  dem  man  nicht  selten  in  der  OetzthaJer  Masse 
begegnet. 

Stolter  beschreibt  S.  33  o.  s.  w.  die  Vennetgmppe.  Wir 
fügen  znr  ErlSuterung  ein  Profil  bei,  müssen  jedoch  über  unser 
Gebiet  auf  das  linke  Ufer  des  Inn  übergreifen.  Wir  beginnen 
im  Pitzthal  mit  dem 

1)  Glimmerschiefer  bei  W^enns. 

2)  ein  schieferiges  schm^utziggraues  Gestein,  eingestreut 
sind  silbergraue  Fetzen  von  Glimmer.  Die  fftrbende 
Masse  dürften  sehr  feine  Chloritblflltchen  sein.  Dieses 
Gestein  trifft  man  in  der  Schlucht  der  Pitza,  nördlich 
von  Wenns.  Man  begegnet  demselben  hie  und  da  auch 
in  andern  Gegenden  in  der  Mähe  des  Thonglimmer- 
schiefers.  So  zum  Beispiele  im  Kaunserthale  vor  Kai- 
tenbrunn.  Bisweilen  kommt  es  lagenweise  im  Glimmer- 
schiefer vor;  wir  zweifeln  nicht,  dass  es  demselben 
beizuzählen  sei. 

3)  Thonglimmerschiefer ,  und  zwar  quarziger,  mit  allen 
charakteristischen  Merkmalen  dieses  Gesteines,  wie  es 
bei  Wiltau  zu  studieren  ist.  Der  Thonglimmerschiefer 
reicht  zu  beiden  Seiten  der  Pitza  bis  gegen  Arzl,  dort 
wechselt  er  die  Farbe  und  folgt  ein 

4)  röthlicher  Schiefer  ohne  grosse  Mächtigkeit;  er  dürfte 
bereits  beizuzählen  sein  dem 

5)  bunten  Sandstein.  Dieser  zeigt  hier  eine  grosse  Mannig- 
faltigkeit der  Bildungen,  ohne  dass  diese  an  eine  be- 
stimmte Reihenfolge  gebunden  wären.  Bald  ist  er  grau- 
roth,  sandig,  schieferig,  die  Schichten  sehr  verdrückt; 
dann  treten  wieder  grobe  Conglomerate  auf  mit  ge- 
wundenen Lagen  eines  schieferigen  Kalkes,  der  an  der 
Oberfläche  gelbbraun  anwittert,  innen  jedoch  weiss  ist ; 
dieser  wechselt  wieder  mit  braunrothem  Sandstein,  der 
in  ein  grobes  Quarzconglomerat  übergeht,  wo  das  Ce- 


/  -    6    - 

meBt  oft  gegwk  die  Qnanbrocken  suricktritl.  D*- 
xwischen  erstrecken  sich  graue  kalkige,  roth  and  violM 
geflamyite  Quarzschiefer,  eine  Mannigfaltigkeit  der  Ge- 
steine, wie  sie  auch  die  Schweizer  Geognosten  bisweilen 
erwähnen.  Der  bunte  Sandstein  bleibt  stellenweise  ans, 
so  liegt  westlich  bei  Zams  am  Guluck  der  schwars- 
schieferige  Kalk  unmittelbar  auf  dem  Thonglinuner- 
schiefer. 

6)  Die  Rauchwacke,  welche  Jetzt  eintreten  sollte,  ist  kanm 
entwickelt;  ihre  Stelle  sdieint  ein  wenig  mftditiges, 
graues  Quarzgestein  einzunehmen.    Auf  dieses  folgt 

7)  Lichtgrauer,  splitteriger  Kalk,  der  am  Stahl  Fonken 
gibt.  Seine  Stellung  weist  ihn  zum  untei;en  Alpenkalk 
(Huschelkalk),  obwohl  er  diesem,  wie  er  an  andern 
Orten  vorkommt,  weniger  ahnlich  Ist. 

8)  Schwarzer  und  grauer  Schieferthon. 

9)  Wohlgeschichtete,  schwarze,  weissaderige  Kalke,  im 
Bruche  splitterig,  am  Stahle  Funken  gebend.  Man  darf 
sie  wohl  noch  zum  unteren  Alpenkalke  (Huschelkalk) 
rechnen.  Auf  diese  folgen  im  reichsten  Wechsel  allerlei 
Gesteine;  bei  dem  Hangel  an  Petrefakten  ist  die  GrAnze 
gegen  den  mittleren  Alpenkalk  (unterster  Keuper,  zu 
welchem  Gttmbels  Partnachschichten  gehören)  vorlftitfig 
nicht  genau  gewesen. 

10)  Hittlerer  Alpenkalk. 
Wollten  wir  die  hieher  gehörigen  Gesteinsarten ,  wie  sie 
an  der  Brücke  von  Brennbüchl  und  am  Haken  Ufer  des  Inn 
anstehen,  schildern,  so  müssen  wir  einfach  wiederholen,  was 
wir  bereits  gesagt,  als  wir  einige  Profile  in  der  Gegend  von 
Innsbruck  bis  Hall  untersuchten.  Dort  (Beitrage  zur  Geo- 
gnosle  Tirols  Nr.  III)  findet  man  alles  ausführlich  und  es 
passt  ganz  genau  für  die  Lokalität  am  Tschiergant. 

Auch  die  Dolomite,  welche  früher  Anlass  zur  Verwecfas- 
1M9  nüf  d^tn  HitteMolomit  (Hauptdolomtt  Gümbels)  gaben, 


—    7    - 

ftriien  bei  der  Simse  an  mit  Zwisciieiilafen  efnes  nehr  bilo- 
minösen  Gesteines. 

Ad  der  Brflcke  von  BrennbttcU  hat  man  mergelige  Dolo-- 
mite,  Schiererthon ,  glimmerreiche  sandige  Schiefer,  grünlich» 
graoe,  braon  anwittemde  Sandsteine  mit  Knötchen  auf  den  Ab- 
losungsfltfchen;  hie  and  da  sind  Körner  von  Graueisenkies  ein- 
gewadisen.  Wenn  man  das  Streichen  der  Schichten  verfolgen 
wollte,  triffe  man  wahrscheinlich  auf  dieselben  Petrefakten  wie 
bei  Garzan  und  in  der  Mahlauer  Klamm.  Gerade  wie  dort  and 
aus  denselben  Ursachen  wittert  auch  Bittersah  aus.  (Beitrfige 
xur  Geognosie  Tirols  ID;) 

Auch  Rauchwacke  kommt  stellenweise  vor.  Voa  einem 
Fortstreichen  oder  von  Zügen  derselben  kann  man  übrigens 
kaum  reden,  sie  erscheint  eher  in  Stöcken ;  es  ist  also  nur  ein 
lokales  Auftreten. 

Die  Gesteine  des  mittleren  Alpenkalkes  lehnen  ^sich  an  den 

8)  Oberen  Alpenkalk,  der  gegenüber  von  Haimingen  den 
Inn  erreicht,  aber  auf  dem  rechten  Ufer  nicht  mehr 
sichtbar  wird. 

Der  obere  Alpenkalk  bildet  den  Grat  des  Tschiergant  und 
hier  brechen  wir  unser  Profil  ab. 

Alle  diese  Gesteine  von  1—8  streichen  so  siemlich  osl» 
westlich  und  fallen  gegen  Süd.  Kleine  örtliche  Abweichungen 
kommen  allerdings  vor.  So  an  der  Brücke  über  die  Pitxa 
hinter  Arzl.  Dort  füllt  der  bunte  Sandstein ,  dessen  Schiefer 
hier  sehr  verworren  und  verbogen  sind,  «^  einer  Stelle  steU 
gegen  Norden.  So  der  mittlere  Alpenkalk  vor  der  Brücke  von 
Brennbüchl  am  linken  Ufer  des  Inn  und  an  der  Strasse  drobe» 
bei  Kauns«  Hi^  kann  man  Schichten  des  dolomitischen  Mer- 
gels beobachten,  wdcbe  anf  der  Höhe  gegen  Nord  fallen,  etwas 
ab«irts  fast  senkrecht  stehen  und  sich  dann  gegen  Süd  wenden. 

Wk  erwühnen  diese  kleinen  Abweiehangea,  man  darf 
ihnen  keine  Bedeutung  beilegen;  auf  gewölbartige  Faltungen 
kann  man  sie  ni^  zurückführen;  das  ganse  Profil  von  1 — 8 
ist  ein  durchaus  normales.  i 


—    8    — 

Die  LokaliUft  am  BrennbttcU  erwfihnt  auch  Gflmbel  in 
seiner  „Geognostische  Bescreibung  des  bayerischen  Alpeng^ 
birges  nnd  seines  Vorlandes^",  Seite  201,  Tafel  VI,  44. 

In  der  untern  Trias  von  Arzl  möchte  ich  jedoch  kaiiDi 
eine  Fortsetzung  des  Zages  der  untern  Trias  von  der  Martins- 
wand, wo  übrigens  der  bunte  Sandstein  nicht  sichtbar  ist,  nnd 
.die  dunkeln  Kalke  zum  Theil  gewiss,  zum  Theil  mit  Wahr- 
scheinlichkeit dem  mittleren  Alpenkalk  beizuzilhlen  sind,  nicht 
suchen. 

Der  Weg  über  den  Piller  geht  auf  den  Schichten  des 
Glimmerschiefers,  der  vom  langgedehnten  Grat  des  Venetberges 
abfallend  dessen  nach  Sad  geneigtes  Gehflng  bildet.  Hat  man 
die  Hohe  des  Pillers  erreicht  und  wendet  sich  abwärts,  so 
kommt  man  auf  ein  Gestein,  welches  stellenweise  den  Charakter 
des  Thottglimmerschiefers  zeigt,  bald  aber  wieder  im  Zweifel 
Iflsst,  ob  es  nicht  vielleicht  dem  Glimmerschiefer  einzureihen 
sei.  Die  genaue  Grflnze  kann  nur  eine  schrittweise  Begehung 
ermitteln,  und  ist  auch  dieses  geschehen,  so  Ifisst  sich  doch 
kein  Schluss  auf  das  Allgemeine  ziehen;  sie  hat  also  nur  fflr 
eine  Detallkarte  Werth. 

Mehr  interessiren  uns  einige  Kalkmassen.  Eine  davon 
beginnt  unter  Puschlin.  Der  Kalk  zeigt  ein  ostwestliches 
Streichen,  das  Fallen  ist  schwer  zu  ermitteln,  die  Schichten 
sind  stell  und  mannigfach  verbogen.  An  einigen  Stellen  schont 
e»  nördlich  zu  sein. 

Die  Kalke  sind  grau  oder  weisslich,  kiesellg,  von  splitte- 
rigem Bruche,  bisweilen  breccienartig,  darunter  sandige  rauch- 
wackenartige  Gesteine.  Wir  zweifeln  nicht,  dass  alle  diese 
Gesteine  zur  Trias  gehören;  die  einzelnen  Stufen  können  wir 
freilich  nicht  abgrfinzen,  da  uns  Versteinerungen  fehlen. 

Gerade  gegenüber  von  Buschlin  sieht  man  am  GehSnge 
des  Berget  wieder  einen  Kalkkopf  emporragen;  es  sind  die- 
selben Gesteinsarten.  Sie  lagern  hier  unmittelbar  auf  einem 
flehten  bleigrauen  Glimmerschiefer  mit  Granaten  auf,  den  man 
durchaus   nicht    mit  Thonglimmerschiefer  verwechseln    kann.  • 


—    9    — 

Setzt  man  den  Weg  gegen  Faggen  fort,  so  gelangt  man  pldtz- 
licb  auf  die  fast  senkrechten  dannbifttterigen  Schichten  von 
bunten  Schiefem,  wie  man  sie  bei  Pfons  und  Hatrei  und  droben 
auf  dem  Pfonserberg,  sowie  auf  den  Tarnthaler  Köpfen  in  der 
Nfthe  des  Serpenlins  beobachten  kann.  Sie  sind  grau,  roth, 
grfln,  geflammt :  wir  verweisen  auf  unsere  „Beitrüge  zur  Geo- 
gnosie  Tirols,  1859.^  Deh  Serpentin  fanden  wir  nun  allerdings  bei 
Faggen  nirgends,  vielleicht  gelingt  es  später,  ihn  zu  entdecken. 
Diese  Schiefer  gehören  nach  unserer  Ansicht  ebenso  wie  die 
rothen  Schiefer  bei  Arzl  (Nro.  4  S.  5),  mit  denen  sie  stellen- 
weise zum  Verwechseln  ähnlich  sind,  zur  untersten,  Trias. 
Diese  Gesteine  haben  schon  vielfältig  die  Aufmerksamkeit  der 
Alpengeologen  erregt;  vielleicht  gelingt  es  noch,  hier  einen 
der  Hebel  anzusetzen,  der  manches  Geheimniss  löst. 

Am  Eingang  des  Kaunserthales  stehen  Thonglimmerschiefer, 
bezüglich  deren  wir  auf  Stotters  Abhandlung  Seite  26  ver?- 
weisen.  Man  hat  nun  zu  beiden  Seiten  des  Inn  diese  Gesteine 
bis  zur  Finstermünz,  wo  sie  aus  dem  Engadin  hereinstreichen. 
Sie  füllen  das  Thal  zu  beiden  Seiten  des  Flusses,  gegen  den 
sie  meist  steil  abstürzen:  dem  Glimmerschiefer  sind  sie  mul- 
denförmig  eingelagert.  Ihr  Charakter  ist  entschieden  der  eines 
Kalkthonglimmerschiefers;  im  Engadin  will  man  in  demselben 
Belemniten  gefunden  haben.  Betrachtet  man  die  Stellung  der 
quarzigen  Thonglimmerschiefer,  welche  bei  Arzl  gegenüber  von 
Brennbüchl  beschrieben  worden,  so  sind  diese,  wie  das  Profil 
ausweist,  entschieden  älter  als  der  bunte  Sandstein;  jünger  als 
ächte  Glimmerschiefer.  Wenn  .irgendwo ,  hat  man  in  diesen 
quarzigen  Thonglimmerschiefern  die  primären  Flötzformationen 
zu  suchen.  Die  kalkigen  grauen  und  grünen  Thonglimmer- 
schiefer der  Finstermünz  sind  mit  ihnen  schwerlich  in  eine  Linie 
zu  stellen.  Wir  haben  diese  Dinge  schon  bei  andern  Anlässeh 
Besprochen ,  weiss  doch  jeder ,  dass  in  den  Alpen  4er  petro- 
graphische  Charakter  der  Gesteine  nicht  immer  und  überall 
ausreicht,  um  ihre  Stellung  zu  bestimmen. 


—    fO    -- 

lieber  die  Kette  von  Danxebelle  und  Langtmifera 
wir  die  Leser  wieder  auf  die  Abbandluiig  Stotters  io  den  »Bei* 
trilgen  zur  Geo^oaie  Tirols<^,  1859,  Seite  18. 

Wir  geben  das  Profil  das  Harraelthales. 

So  heisst  die  Runse,  welche  am  linken  Ufer  des  Lang^ 
tanfererbaches  steil  gegen  den  Jackel  emporfitthrt  und  die  Aaf« 
einanderfolge  der  Gesteine  in  einer  schönen  Entblössang  be* 
obachten  lässt. 

Die  Reihe  derselben  ist  folgende: 

1)  Glimmerschiefer.  Er  besteht  aus  silberweissem  Glimmer 
und  grauem  Quarz,  an  der  Oberfläche  ist  er  oft  braon 
oxydirt. 

2)  Unmittelbar  darüber  liegt  ein  wohlgeschichtetes  Quarzit^ 
gestein,  welches  die  Richtung  von  Ost  nach  Westen 
einhält,  und  in  verschiedenen  Winkeln  nach  Süden  fällt. 

Dieses  Quarzitgestein  ist  grünlich,  durch  die  Aufnahme 
rundlicher  Quarzkömer  geht  es  oft  in  ein  Conglomerat  über; 
es  ist  wohl  nicht  der  mindeste  Zweifel,  dass  wir  hier  den 
bunten  Sandstein  vor  uns  haben. 

Allerdings  metamorph !  Das  ist  aber  eben  das  Eigen- 
thümliche  der  Flötzformationen  in  den  Centralalpen :  dass  sie 
alle  mehr  oder  minder  eine  Umgestaltung  erlitten  haben, ^ als 
sollte  sich  ihr  Aussehen  dem  Aussehen  der  Schiefer,  denen  sie 
auflagern,  accomodiren.  Gerade  dieser  Umstand  berechtigt  uns 
noch  mehr,  in  den  quarzigen  Thonglimmerschiefem  zwischen  dem 
Glimmerschiefer  und  der  Trias  die  Grauwacke  zu  suchen. 

Auf  den  derben  Quarzit  and  das  Conglomerat  folgen  grane 
Schiefer.  Si^t  man  von  den  rundlichen  Quarzkömem,  die 
sie  umschliessen,  ab,  so  könnte  man  sie  mit  quarzigem  Thon- 
gUmmerschiefer  verwechseln.  Oft  werden  sie  sehr  grosskömig. 
Dun  folge«  wieder  Schiefer  mit  weissen  Glimmerblfittchen. 

Der  ganze  Complex  mag  etwa  70^  rattchtig  sein. 

Es  passt  auf  ihn  zum  Theil,  was  Sinder  m  seiner  Geologie 
der  Schweiz,  erster  Band  Seite  413,  sagt. 


-  «  ~ 

2)  Dttnoschichtiger  dolomitischer  Kalk,  von  weissen  Adern 
darchschwdrmt,  wenig  mächtig. 

3)  Dolomitische  Breccie,  ebenfalls  wenig  mfichtig,  gemahnt 
an  einige  Vorkommen,  z.  B.  bei  Weiherburg.  .  (,,Bei- 
trfige  zur  Geognosie  Tirols.    HI.  Folge. <^) 

4)  Weisslicher  Sandstein,  sehr  wenig  mächtig. 

5)  Dolomitische  Breccie  wte  3,  etwa  40'. 

6)  Rauchwacke  mit  Bittersalz-Efflorescenzen. 

7)  Eine  Dolomitbreccie.  Die  eckigen  Stückchen  Dolomit  sind 
mit  grauem  oder  schneeweissem  körnigem  Gyps  verkittet, 
bisweilen  kommen  auch  Lagen  weissen  Alabasters  vor. 

8)  Dunkle  Kalke,  an  der  Oberfläche  weiss  bleichend;  sie 
enthalten  deutliche  Stielglieder  von  Encrinus  und  wech- 
sellagern mit  Schieferthonen ,  welche  ebenfalls  bereits 
eine  Metamorphose  ergrlif.  Diese  zeigen  auf  der  Ablö- 
sungsfläche Fettglanz  und  gleichen  bisweilen  fast  man- 
chen Thonglimmerschiefern.  Diese  Gesteine,  sowie  die 
grauen  Schiefer  mit  den  rundlichen  Quarzkömem  mögen 
die  Zeichner  der  geognostisch  -  montanistischen  Karte 
von  Tirol  veranlasst  haben,  auf  dieser  einen  Streif 
Thonglimmerschiefer  einzuflicken,  der  thatsächlich  nir- 
gends vorhanden  ist. 

Wir  glauben  mit  diesen  Kalken  und  Schiefem  den 
untersten  Keuper,  unserem  j^mittleren  Alpenkajk^,  be- 
ginnen zu  dürfen,  während  wir  2 — 7  noch  zur  unteren. 
Trias  rechnen. 

9)  Lichter  poröser  Kalk,  zum  Theil  mit  röthliohen  Zwi- 
schenlagen \ind  silberweissem  Glimmer,  so  dass  sie 
manchem  Cipollen  nicht  unähnlich  sehen.  Anch  granen 
Kalken  begegnet  man;  an  der  Oberfläche  sind  nicht 
selten  Corallen  ausgewittert,  genau  dieselben,  die  wir 
im  oberen  Alpenkalk  oder  Hallstätterkalk  der  Nord- 
alpen erkennen.  Es  ist  daher  über  die  Stellung  dieser 
Kalke  kein  Zweifel;  sie  bilden  den  Gipfel  des  Jackei. 


-  1«  - 

In  weit  grösserer  Aasdefanung  stehen  die  Gesteine  der 
Trias  auf  dem  linken  Ufer  der  Etsch  an,  wo  sie  die  Kronen 
und  den  Grat  der  Berge  zusammensetzen,  über  weiche  die 
Grunze  zwischen  Engadin  und  Tirol  veriftuft.  Die  Studer*sche 
Karte  gibt  sie  als  triasische  Dolomite  an.  Zur  Ergänzung  des 
Bildes  bestieg  ich  den  Pitzlat  (8800').  Das  Fussgestelle  dieses 
schonen  pflanzenreichen  Berges  besteht  aus  dem  Glimmer- 
schiefer der  Scheidecke  von  Reschen.  Die  Schichten  des  Kalkes 
verflachen  in  mächtiger  Neigung  gegen  die  Malserheide;  dem 
Engadin  sind  die  Schichtenköpfe  in  grellem  Absturz  zuge- 
wendet. Von  hier  sollte  man  also  emporsteigen,  um  die  Folge 
der  Formationen  gut  zu  beobachten. 

Auch  hier  begegnet  man  einer  grossen  Mannigfaltigkeit 
von  Gesteinen. 

Zu  Unterst  liegen  „kirschrothe,  rauhe,  sandige  Thon- 
sehiefer,  die  bei  abnehmendem  Thongehalt  zu  dunhelrothen, 
meist  grobkörnigen  Sandsteinen  werden.^  Studer,  Geologie 
der  Schweiz,  Seite  414.  Die  Schiefer  erinnern  an  die  bereits 
mehrfach  erwähnten  bunten  Schiefer;  von  Sandsteinen  habe  ich 
Stücke  gefunden,  welche  kaum  von  dem  bunten  Sandstein  der 
Nordalpen  zu  unterscheiden  wären. 

Auch  rauchwackenartige  Gesteine  fand  ich  zerstreut,  ebenso 
ein  Stack  jenes  grünlichgrauen  Sandsteines,  wie  er  in  den 
Carditaschichten  oder  dem  Gebiet  des  mittleren  Alpenkalkes 
mit  Schieferthonen  und  Mergeln  wechsellagert.  Der  Pitzlat  ist 
aus  einem  wohlgeschichteten  dunkelgrauen,  weissaderigem  Kalk 
zusammengesetzt,  der  an  der  Oberfläche  schneeweiss  abbleicht 

Man  wird  an  Muschelkalk  oder  mittleren  Alpenkalk  den- 
ken; ich  meine,  dass  aber  auch  der  Hallstätterkalk  hier  ver^ 
treten  sei;  einige  Korallen  und  ein  Gasteropode,  an  dessen 
Durchschnitt  ich  eine  Chemnizia  zu  erkennen  glaubte,  scheinen 
darauf  hinzudeuten. 

All  diese  Gesteine  ziehen  gegen  Süden;  auch  die  Ortieil- 
spitze  besteht  aus  Kalk;  spätere  Untersuchungen  werden  er- 
geben, ob  dieser  hier  einzurechnen  ist. 


-    13    — 

Zur  Trias  gehört  mil  voller  Wahrscheinlichkeit  auch  der . 
graue  dolomitische  Kalk,  dessen  Sehichtenköpfe  sich  an  der 
Nordseite  des  Jaufens  dem  Jaufenthal  steil  zuwenden. 

Wir  finden  also  durch  das  ganze  Gebiet  der  Oetzthaler- 
Masse  Gesteine  der  Flötzformationen.  Ohne  über  die  Bedeu- 
tung des  quarzigen  Thonglimmerschiefers  zu  entscheiden, 
begegnen  wir  bei  Steinach  (Beitrüge  zur  Geognosie  Tirols 
1859,.Seite  219)  Gesteinen,  welche  man  der  Anthrazitforroation, 
so  wie  sie  auf  der  Stangalpe  ansteht,  beizfthlen  darf.  Am 
hfiufigsten  begegnet  man  jedoch  der  Trias,  welche  in  Koppen, 
deren  Schichten  wenig  gestört  sind,  dem  Schiefergebirge  auf- 
lagert, so  dass  man  hier  auf  eine  continentale  Hebung  schliessen 
möchte,  welche  durch  ihren  Seitendruck  die  Randketten  der 
Nord-  und  Sttdalpen  aufthürmte,  worauf  ich  bereits  in  den 
„Beiträgen  zur  Geognosie  Tirols  1859^  verwies. 

Einen  Theil  dieser  Gesteine  habe  ich  b/ereits  früher  be-^ 
schrieben.  („Beiträge  zur  Geognosie  Tirols^,  1859,  Seite  224.) 
Das  beiliegende  Kärtchen  mag  eine  Uel^ersicht  derselben  geben. 
Gleiches  gilt  von  der  kleinen  Parthie  Serpentin  bei  Matrei, 
welche  in  neuester  Zeit  durch  den  Bau  der  Eisenbahn  mehr 
zugänglich  wird.  Die  Eruptivgesteine  von  Kefels  bei  Um- 
hausen  sind  im  Jahrbuch  der  k.  k,  geologischen  Reichsanstalt 
1863  beschrieben. 


Bezüglich  der  Thonglimmerschiefer  und  Glimmerschiefer 
nebst  den  ihnen  untergeordneten  Gneisen  und  Hornblendeschie* 
fem  haben  wir  nur  wenig  nachzutragen.  Wir  verweisen  in 
dieser  Beziehung  auf  die  geognostisch  -  montanistische  Karte 
von  Tirol  und  das  Kärtchen,  welches  wir  zur  Uebersicht  an- 
fügen. Jene  übersieht  das  Vorkommen  des  Thonglimmer- 
schiefers am  linken  Ufer  des  Matscherbaches  einwärts  von 
Matsch  bis  gegen  das  Remsthal.  Der  Thonglimmerschiefer  ist 
wohl  charakterisirt  und  enthält  Granaten  eingestreut. 

Thonglimmerschiefer  begegnet  man  auch  am  Eingi^ng  des 


-    14    - 

ScUandernannthales ,  wohl  die  Portsetzung  der  Parthie  von 
Matsch  aber  das  Tanaserjoch.  Wahrscheinlich  gehören  ancii 
die  Schiefer  mit  den  Kalklagern  südlich  vom  Schloss  Matsch, 
unter  dem  em  Gneisstreifen  durchzieht,  zum  Thonglimmer- 
schiefer.  Sie  sind  grau,  der  Glimmer  ist  allerdings  in  Blatt- 
chen  ausgeschieden,  doch  Ifisst  sich  die  Grdnze  gegen  den 
eigentlichen  Glimmerschiefer  mit  grössten  Schärfe  angeben, 
lieber  dieses  Gebiet  wolle  man  den  Abschnitt  von  Stotter*s 
Abhandlung:  „Die  Gruppen  der  Ulser«,  Hoch  weiss-,  Mastaun- 
und  Rems-Spitze^,  Seite  92,  nachlesen.  Im  Schlandernaunthale 
enthalt  der  Glimmerschiefer  Massen  von  Quarz  mit  ziemlich 
grossen  schwarzen  Turmalinkrystallen  und  silberweissen  Glün- 
mertafeln. 

Wie  sehr  die  Gesteinsyarietäten  auf  einer  kurzen  Strecke 
wechseln  können,  mag  e)n  Profil  von  Schloss  Juvalt  bis  Stäben 
—  etwa  700  Schritt  —  zeigen.  Die  Schichten  streichen  Ost- 
West  und  fallen  Nord. 

Hier  folgen  in  schmalen  Streifen: 

1)  Glimmerschiefer. 

2)  Gneis, 

3)  Hornblendeschiefer, 

4)  Glinunerschiefer, 

5)  Gneis,  * 

6)  Hornblendeschiefer, 

7)  Glimmerschiefer. 

Alle  diese  Gesteine  sin^  sehr  wohl  charakterisirt;  die 
schmalen  Streifen  auf  einer  Karte  auszuscheiden ,  dfirfte  hsi 
unmöglich  sein. 

Auf  dem  Wege  dnrch  das  Schnalserthal  hoffte  ich  jene  Thon- 
glimmerschiefer  zu  durchqueren,  welche  mau  im  Gaisbergthal  hin- 
ter Gurgl  und  unter  Timmeis  bei  Schönau  sieht.  Sie  erreichen 
jedoch  das  Schnalserthal  nicht.  Ob  sie  sich  auskeilen  oder  den 
völligen  Charakter  des  Glimmerschiefers  annehmen,  Ifisst  sich 
vorderhand  kaum  ermitteln.  Diese  Gesteine  mit  ihren  zahllosen 
Varietfiten  stehen  dem  Glimmerschiefer  ohnehin  um  eine  Stufe 


~  »  - 

näher  ab  der  Thonglimmerachiefer  von  WilUra,  4eo  man  wohl 
als  typisch  betrachten  darf.  Sie  streichen  ans  dem  Putsch 
herüber;  ich  habe  sie  dort  in  den  ^Beiträgen  zur  Geognosie 
TiroIs<<,  1859,  Seite  191,  192,  193,  beschrieben.  Es  genügt 
auf  sie  aufmerksam  zu  machen;  will  man  sie  besonders  her- 
vorheben, so  mag  man  sie  als  „Pfitscherschiefer^  bezeichnen; 
sie  auf  der  Karte  vom  Thonglimmerschiefer '  auszuscheiden, 
scheint  kaum  räthlich.  Ihnen  sind  die  herrlichen  weissen  Mar- 
more vom  Schneeberg,  Ratschinges  und  der  Hochweiss-Spilze 
eingelagert«  Auch  durch  Erzftthrung  sind  sie  manchmal  aus- 
gezeichnet. Der  IBneralog  l(ezieht  aus  ihnen  die  grossen 
Granaten  des  Oetzthales,  Putsch-  und  Zillerthales,  Sirahlstein, 
Hornblende,  Magnetit  und  andere  Schätze.  In  ihnen  ist  das 
hintere  Passeier  von  Schönau  bis  Moos  eingeschnitten.  Be- 
sonders prachtvoll  und  mannigfaltig  sind  sie  unterhalb  Raben- 
stein. Die  Ablosungsflächen  der  grossen  Blöcke  glflnzen  wie 
Silber  oder  polirte  Stahltafeln  an  der  Sonne.  Ein  ihm  völlig 
ähnlich^  Gestein  trifft  man  am  Aufstieg  zum  Jaufen  unweit 
Walten,  die  Rasendecke  hinderte  mich  jedoch  daran,  die  Ver- 
hältnisse genauer  zu  ermitteln. 

Ein  Vorkommen  von  Kalk  muss  ich  noch  aus  der  Gegend 
von  Lengenfeld  erwähnen,  wo  es  der  Curat  Adolf  TrientI, 
welcher  bereits  manche  interessante  und  fflr  das  arme  Thal 
ökonomisch  wichtige  Entdeckung  machte,  auffiind.  Man  trifft  es 
im  kleinen  Thale  von  Gries  am  linken  Ufer  des  Fischbaches^ 
wenn  man  am  Alzenbach  etwa  bis  5000'  steil  emporklettert. 
Die  Schichten  des  Glimmerschiefers  streichen  hier  nordwestlich 
mit  sehr  starkem  nordöstlichem  Fallen.  Ich  habe  sie  in  einer 
Breite  von  etwa  300  Schritt  untersucht  und  der  Reihe  nach 
gefunden: 

1)  Glimmerschiefer, 

2)  Hornblendeschiefer, 

3)  Glimmerschiefer,  ein  schmaler  Keil, 

4)  Kalk,  weiss  oder  mit  grauen  Zwischenlagen,  sehr  grob^ 
körnig,  die  Oberfläche  rauhkömig  auswitternd. 


-  tt  - 

5)  Hornblendeschiefer^ 

6)  Kalk, 

7)  Hornblendeschiefer, 

8)  Glimmerschiefer,' 

9)  Homblendeschiefer, 
10)  Glimmerschiefer. 

Der  Kalk,  der  hier  in  Lagen,  die  nach  unten  und  obra 
fortziehen  oder  bald  auskeilen,  vorkommt,  scheint  eine  Zone 
im  Glimmerschiefer  zu  bilden.  Er  dflrfte  wohl  auch  noch  an 
andern  Punkten  der  Oetzthaler  Hasse  in  dem  Glimmerschiefer 
wenn  auch  in  sehr  untergeordneten  Parthien  eingelagert  sein. 
Trientl  erwähnte  noch  einige  Lokalitäten. 


Wir  wagen  aus  dem  hier  Mitgetheilten  keinen  Schlnss  auf 
die  Entstehung  der  Oetzthaler  Masse  zu  ziehen.  Sie  ist  geo- 
graphisch und  orographisch  sehr  gut  begränzt.  Ihre  Gesteine 
setzen  aber  über  den  Einschnitt  der  Malserhaide ,  der  Etsch, 
Passer,  Eisak  und  Sill  nach  Osten,  Süden  und  Westen  fort, 
so  dass  sie  geognostisch  in  steter  Rücksicht  auf  die  benacb* 
harten  Gebiete  betrachtet  werden  soll.  Sie  scheint  geognostisch 
einen  weit  weniger  selbständig  ausgesprochenen  Charakter  zo 
haben  als  die  berühmten  Gebirgsmassen  der  Schweiz.  Auch  die 
Fficherstruktur  tritt  weniger  hervor.  Am  Nordende  durchquo^n 
die  Thfller  allerdings  einen  solchen  Fächer,  er  liegt  aber  dem 
Rande  weit  näher  als  der  Wasserscheide  der  Centralmasse. 
Die  Schichten  am  linken  Ufer  des  Inn  fallen  gegen  Süd,  richten 
sich  jedoch  bald  auf  und  fallen  schon  bei  Prutz,  Jerzens,  vor 
Umbausen  und  bei  Prazmar  gegen  Nord.  Südlich  von  dieser 
Linie  ist  die  Fächerstruktur  nicht  mehr  deutlich  ausgesprochen. 

Wir  fügen  unserem  Aufsatz  ein  Kärtchen  bei.  Detail 
wird  Niemand  darauf  suchen;  es  soll  nur  zur  Uebersicht  die- 
nen und  Manches,  was  auf  der  geognostisch-montanistischen 
Karte  falsch  aufgefasst  oder  übersehen  wurde,  berichtigen  und 
ergänzen.    Höhenmessungen  liegen  ans  dem  Oetzthai  zahlreich 


-    18    — 

Rosa  rubrifolia  VilK    Bei  Bnschliii  unweit  Protx. 

Rosa  poiiiifera  Herrn.    Matschertha). 

Saxifraga  bryoides  L.    Pitzlat. 

Erigeron  unifloras  L.    Pitzlat. 

Filago    germanica   L.     Pitzthat.    .  Kaltenbrann.     Nauders. 

Graun. 
Artemisia   Absinthium    L.   durch  ganz   Oelzthal  bis  Zwi- 

selstein. 
Achillea  atrala  L.     Pitzlat. 
Aronicnm  glaciale  Reichenb.     Pitzlat. 
Senecio  abrotanifolius  L.     Pitzlat. 

—  carniolicus  Willd.     Pitzlat. 

—  Doronicum  L.    Pitzlat. 

Cirsium  acaule        All.  Pitzlat.     Matscherthal. 

Cirsium  eriophorum  Scop.    Bei  Buschlin,  Reschen,  Graun. 

Saussurea  alpina  De  C.    Pitzlat. 

Hypochoeris  uniflora  Vill.     Pitzlat. 

Campanula  thyrsoidea  L.     Pitzlat. 

Vaccinium  uliginosum  L.    Pitzlat. 

Veronica  spicata  L.    Matschertbal. 

Pedicularis  rostrata  Jacq.    Pitzlat. 

Androsace  glacialis  Hop.    Pitzlat. 

Prlmula  glutinosa  Wulf.    Pitzlat. 

Plantago  maritima  L.     Reschen,  Matscherthal. 

Oxyria  digyna  Cambd.     Pitzlat. 

Salix  serpiliifolia  Scop.     Pitzlat. 

Salix  herbacea  L.    Pitzlat.  , 

Nigritella  augustifolia  Rieh.     Pitzlat. 

—  suaveoleus  Kock.    Pitzlat  auf  Mfihdem  nicht  gar 
selten. 

Nigritella  Bastardform  zwischen  N.  augustifolia  n.  Gym- 
nadenia  odoratissima.  Das  Exemplar  wurde  von  mir  Herrn 
Prof.  Kerner  übergeben,  der  es  demnächst  besehreiben  wird. 
Auf  dem  Pitzlat. 

LiKuro  bulbiferum  L.     Matschertbal. 

Allium  sphaerocephalun  L.    Matschertbal. 

Luzula  lutea  L.     De  C.  Pitzlat. 
—      spadicea  L.    De  C.  Pitzlat. 


-  <*  - 

IIL 

Flora  der  Umgebung  von  Stei 

VOD 

Joachim  von  Schmack,  * 

Magister  der  Pharmacia. 

I.  Klasse. 

Dicotyledoneae. 
I.   Thalamiflorae. 

i-  Ord.  Bananculaceae  Juss.  Clematis  L 
C.  vitalba  L.,  allgemein  verbreitet  an  Zfianeo 
schlagen. 

Atragene   L.    Alpenrebe.     A.  alpina    L.    auf 
Voralpen  bis  in  die  niedern  Thäler  herab. 

Thalictrum  L.   Wiesenraute.    T.    simple;!^   L 
auf  bewaldeten    Stellen.    T.    aquilegifolium    ] 
digten  Stellen  der  Yoralpen. 
Anemone  L.  Windröschen . 
A.  alpina  L. 

jf  y^  ß  sulfurea  (Alpe  Zerag  am  Ueb 
Putsch.)  A.  hepatica  L.,  an  Felsen,  Wie; 
gemein.  A.  montana  Hopp.,  auf  sonnigen 
Tuins.  A  nemorosa  L.,  auf  Wiesen  nicht  hau 
nalis  L.,   am  Fuss  des  Jauffen  innerhalb  des 

Ranunculus  L,   Hahnenfuss     R.   acris  L., 
Wiesen.    R.   bnibosus  L. ,   auf  Hfigeln  untei 
f 


-    20    — 

in  Aaen.  R.  Lingua  L.,  am  Wassergraben^  der  an  der 
Strasse  rechts  nach  Sprechenstein  führt.  R.  mootaaus 
Wild,  auf  Alpenwiesen  in  Pflersch,  am  Wechsel.  R.  pan- 
totrix  De  C  ^  an  suropfitgen  Orten,  Bächen  bei  Sprechen- 
stein.  R.  sceleratus  L. ,  eben  da.  R.  repens  L. ,  an 
Hauern  der  Stadt. 

Caltha  L.Dotterblume     C.  palustris  L.,  gemein  an  Bftchen. 

Troll  ins  L.  Trollblume.  T.  europaeus  L.,  auf  sonnigen 
Hügeln,  um  Tuins.  Aconitum  L.  Eisenhut,  Sturmhat. 
A.  Cammarnm  Jacq. ,  am  Fuss  des  Rustenberges  unweit 
des  Steges,  dann  bei  Reifensrein.  A.  Lycoctonum,  sel- 
tener in  Gebirgswaldungen.  Actaea  L.  Cristofskraut.  A. 
spicata  L.,  an  einem  Hohlweg  der  von  Ried  nach  Straus- 
berg führt. 

2.  Ord.  Berberideae  Vent.  Berberis.  Sauerdorn,  ß. 
vulgaris  L»,  gemein. 

4.  Ord.  Papayeraceae  De  C.  Papaver  L.  Hohn.  P. 
pyrenaicum  De  C. ,  auf  Kalkgebirgen.  Rhoeas  L.  in  Ge- 
treidfelder.    P.  somniferum  L.,  cultiTirt. 

Chelidonium  L.  Schöllkraut.  Ch.  majus  L.,  gemein  an 
Zäunen  in  Gärten,  an  Häusern. 

5.  Ord.  Fnmariaceae  De  C.  Fumaria  Erdrauch. 
F.  officinalis  L.,  an  Wegen,  auf  Schutt. 

Corydalis  De  C.  i\  soiida  Sm.  Auf  Hügeln  unter 
Gesträuch. 

6.  Ord.  Cmeiferae  Juss.  1.  Unt. -Ord.  Siliquosae. 
Na^turtium  L.  Brunnenkresse.  'N.  officinale  R.  Br.,  allent- 
halben in  Bächen^  Wassergräben.  K  palustre  De  C.  In 
Bächen.  Arabis  L.  Gänsekraut.  A.  aipina  L.,  auf  Alpen 
und  Voralpen  an  Felsen,  in  der  Nähe  von  Bächen.  A. 
bellidifolia  Jacq.,  am  Wechsel-Uebergang  nach  Gigeiberg. 

Cardami ne  L.  Schaumkraut.  C.  amara  L,  in  Bächen 
gemeTn.  C.  pratensis  auf  feuchten  Wiesen.  C.  .resedifblia 
L.,  auf  Aiffia  bis  in  die  Thäler  herab. 


-    21    - 

Sisymbrium  L.  Rauke.  S.  Aitiaria  Scop.^  an  Felsen 
anter  Gebüsch  nächst  Gossensafis.  S.  officinale  L.,  ge- 
mein an  Wegen ,  Hauern ,  Schalt.  S.  Thalianam  Gd  , 
auf  steinichten  Hügeln^  Aeckern. 

Eryssimum  L.  Hederich.  E.  Cheiranthns  Pers. ,  an 
Felsen  des  Sprechenstein. 

Brassica  L.  Kohl,  oleracea  L.  kaltivirt.  B.  Rapa  L. 
kultivirt.     B.  campestris,  auf  Aecker,  Schutt^  Wiesen. 

Sinapis  L.  Senf.  S.  arvensis  L. ,  an  Strassen,  Aekem 
sehen. 

2.  Unt.-Ord.  Ladisepten.  Alyssnm  Steinkraut.  A.  caly- 
cinum  L ,  am  Rande  der  Getreideäcker  auf  Hauern. 

Draba  L.  Hungerblflmchen.  D.  aizoides  L.  Pfitscherjoch. 
D.  WahJenbergii  Hart.  Schiefergebirge. 

Camelina  Crantz  Leindotter.  C.  sativa.  C. ,  in  Getreid- 
äcker. 

Thlaspi  Tascbikraut.  Th.  arvense  L.,  gemein  aufAecker. 
Th.  bursa  pasloris  L  ,  gemein  an  Hauern,  Wegen,  Häusern. 
Th.  rotundifoliuro  Gaud.  auf  Steingeröll  der  Alpen. 

Biscutella,  L.  Brillenschötchen.  B.  laevigata  L,  auf 
Hfigeln  um  Sterling. 

Lepidium  L.  Kresse.    L.  sativum  L.,  in  Gärten. 

Neslia  Dero  Neslia.  N.  pamcalata  Dero.,  sparsam  auf 
Aeckeiu 

Raphanus  L.  Rettig.  R.  satirus  L.,  in  Gärten«  R.  Ra- 
phanistram  L.,  auf  Wiesen,  Schutt,  Wegen.  ' 

8.  Ord.  Cistineae  Dunal.  Helianthemum  Toumf.  Sonnen- 
röschen.   H.  vulgare  Gärtn.,  gemein  auf  sonnigen  Httgeln. 

9.  Ord.  Tiolarieae  De  C.  Viola  L.  Veilchen.  Viola 
arenaria  De  C. ,  atif  mehr  sandigen  wenig  bewachsenen 
Orten.  V.  biflora  L. ,  in  Auen^  feuchten  Waldstellen. 
V.  hirta  L.,  auf  Hügeln  unter  Gesträuch.  V.  odorata  L.^ 
mit  letzterer.  V.  tricolor  L,  var.  arvendis,  gemein  auf 
Wiesen. 


-    *2    - 

10.  Ord  Besedaeeae  De  C.  Reseda  L.  Resede.  R.  lutea 
l.,  an  Wegen,  Wiesen. 

11.  Ord.  Droseraceae  De  C.  Paraassia  L.  Sinnblatt.  P. 
palustris  L. ,  auf  feuchten  Wiesen  der  Ebenen  wie  der 
Alpen. 

12.  Ord.    Polygaleae  Juss.     Polygala  L.  Kreuzblume. 

P.  aemara  L.,  auf  Hügel,  Wiesen  gemein.  P.  vulgaris 
L,,  wie  letztere.  P.  Chamaebuxus  L.,  in  Gebirgswal- 
dungeo\ 

13.  Ord.  Sileneae  De  C.  Tunica  Scop.  Felsnelke.  T.  saxi- 
fraga  Scvp.,  auf  Mauern,  sandigen  Orten. 

Dianthus  L.  Nelke.  D.  Cbarthusianorum  L. ,  auf  HOgeln 
bei  Reifenstein.  D.  sylvestris  Wulf.^  auf  Felsen  bei  Spre- 
chenstein, wie  auch  andern  Orten. 

Saponaria  L.  Seifenkraut.  S.  ozymoides  L^.,  an  sandigen 
abhängigen  Orten  bei  Trens.  Silene  L.  Leimkraut.  S. 
ipflata  Sm.,  auf  Wiesen.  S.  nutans  L.,  auf  Bergwiesen. 
S..  rupestris  L.,  an  Felsen  im  Jaufenthale. 

Lychnis  L.  Lichtnelke.  L.  Floscuculi  L.»  auf  Wiesen. 
L.  diurna  Sibth.,  auf  Wiegen.  L.  vespertina,  Sibth.,  am 
Feldweg  von  dem  Kloster  gegen  den  weissen  Haus. 

14.  Ord.  Alsineae  De  0.  Sagina  L  Mastkraut.  S.  proeum- 
bens  L.,    an  sandigen  Orten   bei  Wiesen  nAohst  Sterxfng. 

Mochringia  L.  Möhringen.    M.  muscosa  L,   in  Wildem 

des  Jaufenthals. 
Acenarica   L*  Sandkraut.      A.   biflora  L. ,    auf   Alpen   iii 

Riedtfaun  5  -  6000^     A.   serpyllifolia    L  y    an   sandigen 

Stellen. 

Stellaria  L,   Sternkraut.     St.   cerastoidqs  L.^   auf  Alpen 
.    dm  Scbiefergebirge.     St.   graminea   L. ,  auf  Bergwiesen. 

St.  m^dia  Vill. ,   gemein  an  Wegen,   Mauern,   Aeckem. 

St.  nliginosa  Hur.,  an  feuchten  Steilen  des  Jaufenthals. 
CeraiStium  Hornkraut.    G.  arvense  L.,  gemein  bis  in  die 

Alpen.    C.  latifolium  L.,  auf  Alpen  von  Rjßdqww 


-    23    ^ 

^        15.    Ord.  Lineae  De  C.    Linum  luilaliMimum  L. ,  kuItWirl. 
L.  cathartic»  L.,  auf  Wiesen. 

16.  Ord.  Malyaceae  Brow.  Halva  L.  Halve.  M.  crtopa  L., 
in  Gärteo  auch  ausserhalb  derselben.    M.  vulgaris  L,  an 

'  Wegen,  Häusern. 

Althaea  L.  Eibisch.    A.  ofTicinalisL,  in  Gärten.    A.  rosea 
*  L.,  in  Gärten. 

17.  Ord.  Tiliaceae^  Tilia  L.  Linde.  T.  parvifolia  Ehr., 
zerstreut  um  Sterzing,   dann  beim  Gasthaus  zu  Freienfeld. 

18.  Ord.    Hypericlneae  De  C.      Hypericum   L.   Jcdiannis- 
f                  kraut.     H.    perfoeatum    L.,   an    lichten    Waldstellen.     H. 

quadrangulum  L.,   auf  Wiesen   am  Rosskopf.    H.   tetrap- 
i  terum  Fries,  auf  feuchte  Wiesen,  an  Bächen  nicht  selten. 

i  22.   Ord.  Geraniaeeae  De   C.   Geranium  L.  Storchschnabel. 

G.  Phaeum  L.,    in  Obstgärten^     gemein  im  Pflersch.     G. 

pratense  L. ,    am   Rande  des   Hohlwegs   der  vom  Kloster 
I  nach  Tuins   führt.     G.    palustre  L.^    auf  nassen  Wiesen 

j  unterhalb  der  Pfarrkirche.    G.  robertianum  L.,  an  Hauern, 

Wegen  gemein.     G,   sylvaticum  L. ,    in   Waldungen  von 
I  Brennerbad  auf  den  Wechsel. 

^  Erodium  L.  Rheierschnabel.    E.   ricutari  L. ,    an  Hanem, 

I  Wegen. 

23.  Ord.  Balsamlneae  A.  Rieh.  Impatiens  L.  Springkraut 
I.  noli  tangere  L.,  in  Auen,  an  Waidbächen. 

24.  Ord.  Oxalideae  A.  Rieh.  Oxalis  L.  Sauerklee,  0. 
acetosella  L. ,  an  Zäunen  häufig  am  Hohlweg  der  von 
Ried  nach  Strassberg  fflhrt.  0.  stricta  L.,  in  Gärten  als 
Unkraut. 

25.  Ord.  Bataeeae  Juss.  Ruta  L.  Raute.  R.  gravealens  L, 
in  Gärten. 

IL  Galyclflorae. 

27.  Ord.  Bhamneae  R.  Brow.  Rhamnus  cathartica  L., 
geroein.  Rh.  pumila  L. ,  an  einem  Felsen  nächst  Gos« 
sensass.    Rh.  frangula  L.  in  Laubwälder. 


—    24    — 

1 

29.  Ord.  Papilionaeeae  L.  Ooonis  L.  Hauchechel  O. 
spinosu  L.,  an  trockven  unfrnchtbaren  Feldern,  Heiden  am 
Wiesen. 

Anthyllis  L.  Wundklee.  A.  vulneraria  L,  auf  Wiesen, 
bis  in  die  Alpen. 

JHedicago  L.  Schneckenklee.  M.  sativa  L. ,  In  Felden 
bberhalb  des  Weges  der  von  der  Pfarre  zum  Zollhaus 
fahrt  als  Luzemerklee  bekannt.  M.  felcata  L.,  an  Hauern. 
H.  lupulina  L.,  an  mager  bewachsenen  Stellen.  Helilotus 
Tumef.  Honigklee.  H.  alba  Desovus,  in  Auen  an  san- 
digen Orten.  M.  caerulae  Lam  meist  in  Gärten ,  auch 
ausserhalb  derselben.  M.  oflTicinalis  Wild.,  selten  an 
Wegen,  Ufern. 

Trifolium  L.  Klee.  T.  agrarium  L.,  unweit  der  Brflcke 
bei  Thunburg  wie  auch  auf  Feldern,  Hügeln.  T.  alpinum 
L.,  am  Rosskopf.  T.  arvense  L.,  an  sandigen  Stellen, 
Aecker  bei  Ga^teig.  T.  Badium  Schreb.,  auf  Alpen,  auf 
feuchten  Triften.  T.  fragiferum  L.,  auf  feuchten  Wiesen 
unterhalb  Trens.  T.  hybridum  L.,  auf  Wiesen  gemein. 
T.  medium  L.,  auf  Gebirgswiesen  zwischen  Gesträuch. 
T.  montanum  L.  Gebirgswiesen  bis  in  die  niedem  Thftler 
herab,  T.  pratense  L.,  gemein  auf  Felder.  T.  repens  L., 
auf  feuchten  Wiesen  unterhalb  Trens.  T.  caespitos  R., 
Pfitscherjoch. 

Lotus  L.  Schotenklee.  L.  corniculatus  L,  allenthalben  auf 
Wiesen. 

Tetrugonolobus  Scop.  Spargelerbse.  T.  sitiquosus  Roth., 
auf  feuchten  Wiesen  vor  Sprechenstein* 

Phaca  L.  Berglinse.  Ph.  astragalina  De  C,  oberhalb  der 
Zerag-Alpe  gegen  dem  Pfitscher-Joch.  Ph.  australis  L, 
neben  obiger.    Ph.  frigida  L..,  neben  obiger. 

Onytropis  De  C.  Spitzkinl.  0.  montana  De  C  ,  auf 
Alpen  bei  Riednaun.  0.  campertris  De  C*  var.  aordida 
am  PStscheijoch. 


—    25    — 

AstragalDs  L.   Tragant.     A.  glycyphyl 

zifeh  auf  Bergwiesen. 
Coronilla  L.  Kroowiske.     C«  varia  L, 

nigen  Hügeln. 
Hedyaarum  L.  Siisskife.     H.  obscorui 

gegen   dem  Pfitscheijoch.     H.   onobrycb 

wiesen. 

Vicia  L.  Wicke.  V.  Cracca  L.^  gemei] 
Hecken.  V.  angostifolia  L.,  nnter  Geti 
L.,  an  Zflunen,  Stauden.  V.  Faba  L. 
meist  kultivirt. 

Ervum  L.  Linse.  E.  hirsutum  L.,  am  E 
felder,  auch  nnter  Gestrtf uch. 

Latbyrus  L.  Platterbse.  L  pratensis  L. 
dern  an  Zäunen. 

Orobns  L«  Walderbse.  0.  tuberosus  L. 
zwischen  Bust  und  Gasteig. 

31 .  Ord.  Amygdaleae  Juss.  Prunus  L.  P 
.  P.  spinosa  L.,  gemein  an  Zäunen  Htige 

P.  domestica  L.       \ 

P.  armeniaca  L.      \    in  Obstgärten  un 

P.  Cerasus  L.         ; 

P.  avium  L»,   in   Obstgärten   aber  au 

P.  Padus  L.,  zerstreut,  in  Auen  an  Bä 

32.  Ord.  Bosaceae  Juss.  Spiraea  L.  S] 
pendula  L .,  auf  feuchten  Wiesen  bei  Rei 
S.  aruncus  L. ,  auf  einem  Hügel  unv 
S.  Ulmaria  L.^  in  Auen  an  feuchten  Orti 

Dryas  L.  Dryada.     D.  octopetala  L.^  a 

die  niedem  Thäler  herab. 
G  e  u  m  L.  Benedictenkraut.    G.    montar 

und    Voralpen  um  Sterzing.    G.   repU 

Putsch.    6.  rivale  L,  gemein  an  Bäol 

an  ZttueD. 


--    26    - 

Kubas  L.  Brombeerstrauch.  R.  Idaeus  L.,  in  Aaeo,  Wäl- 
dern. R.  fruticosus  L.^  an  Wegen,  WaldsiuMea.  R. 
sanaiilis  L,  an  Bachafern  seltener. 

Polen  tilla  L.  Fingerkraut.  P.  anserina  L.,  gemein  an 
Wegen.  P.  argentae  L. ,  am  Hohlweg  der  vom  Ktoster 
naeh  Tuins  führt.  P.  aurea  L.,  am  Kflhberg  bei  Slerzing, 
—  am  Waldsaum.  P.  reptans  L.,  an  Wegen.  P.  mpe- 
slris  L. ,  am  Weg  der  vom  Kloster  nach  Tuiss  tühri, 
sowie  oberhalb  desselben.  P.  Tormeiitilla  Sibth.,  gemein 
auf  WaM wiesen,  an  Wegen.  P.  vema  L.^  an  soonigeii 
trockenen  Orten  gemein. 

Pragaria  L.   Erdbeere«    F.    vesca  L« ,   sowohl  in  Gürten 

als  auch  unter  Stauden  an  Waldsüumen. 
Sibbaldia  L.  Sibbaldie.   S.  procumbens  L.,  am  Wechsel- 

Uebergang  nach  Gigeiberg. 
Agrimonia  L.  Odermenig.    A.  Eupaloria  L,,  auf  buschigen 

Hügeln  —  wie  ausser  dem  Zollhaus  gegen  Gasteig. 
Rosa  L«  Rose.     R.   alpina,   an   abhängigen   Gebirgswiesen 

am  Jaufen  gegen  Schmidern.     R.  canina  L  ,   gemein   um 

Sterling.     R.   canina   var    collina   Jacq.    unterhalb  Tuins. 

R.  centifolia  L  ,  in  Gärten.     R«  gallica  L.,  wie  letzte. 

33.  Ord.  Sangoisorbeae«  Alchemilla  pubescens  H.  B., 
Alpen  um  Riednaun.  A.  vulgaris  L. ,  am  Rande  der 
Wiesen,  Wege. 

34.  Ord.  Pomaceae  L.  Crataegus  L.  Hagedom.  C. 
Oxyacantha  L,  an  Zäunen  in  Wäldern. 

Pyrus  L.  Birn-  und  Apfelbaum.  P.  communis  L.,  in  Obst- 
gärten.   P.  Malus  L.,  wie  letzta 

Sorbus  L.  Eberesche.  S.  aucuparia  L»,  an^  der  Strasse 
nach  Sprechenstein. 

36.  Ord.  Oiiagrarieae.  Epilobium  WeidenrOscheB«  E. 
augostifolium  L.,  in  Waldsdilägen^  am  Ufer  nächst  der 
Brücke  die  nach  Gasteig  führt«    E.  Floiicheri  Höchst.^ 


—    27    — 

am  Bacbgries  bei  Mareith ,  ebenso  auf  Sie 
dem  Weg  nach  Ratschlnges«  B.  origanifol 
Gebirgswiesen,  feuchten  Stellen.  E.  roseam 

38.  Ord.  Hippnrldeae  Link*  Hipparis  L 
H.  vulgaris  L.,  in  Wassergräben  bei  Spree 

3».  Ord.  Cftllitrichliieae  Link.  Call! trief 
slem  Callitriche  stagnalis  Scoq.,  an  einen 
gegen  Thunburg. 

41.  Ord.  Ljrthrarieae  Joss.  LythrumL.  V 
kraut,    L.   Salicaria  L.,    gemein   an  ßäch< 

42.  Ord.  Tamarlscineae  Dero.  Hyricari 
manica  Deso  in  Auen,  feuchten  sandigen  ( 

43.  Ord.  Philadelpheae  Phlladelphus 
P.  coronarius  L.^  in  Gärten. 

45.   Ord*  Cacnrbitaceae  Jus.   Cucurbita 
Pepo  L.,   theils  auf  Aecker  zum   ökonoro 
gepflanzt  aber  auch  ausserhalb  derselben 
kommend.     Cucumis  L.  Gurke.    C.  sati^ 

48.  Ord.  Selerantlieae  Link.  Scleranthus  I 
S.  annuus  L.,  an  sandigen  Orten^  Aeckei 

49.  Ord.  Crassnlaceae  De  C.  Sedum  L.  S« 
L.,  an  Hauern^  Steinen  S.  album  L.^  a 
eher.  S.  annuum  L.  Jaufenthal.  S.  i 
sonnigen  steinigen  Orten,  wie  am  Weg 
nach  Tuins  fahrt.  S.  repens  L.  y  auf  F 
von  Pflersch,  Pfitsch.  S.  Telephium  L«,  g( 
Zäunen.  Sempervivum  L.  Hauswurz. 
L ,  an  Felsen  Sprechenstein.  S.  Wulf 
Jochübergang  von  Hauls  nach  Vels. 

51.    Bibesiaceae  Endl.  Ribes  L.  Stachl-  u 
R.  Grossularia  L.,  an  Hecken,  Zäunen^  \ 

&2    Offd.  Saxifirageae  Veat.   Sa^rifrag 
S.  AizooD  Jacq.  Jaufenthal, 


S.  aizoides  L,  C         .     .       ^  ,*     .     . 

^    an  feuchten  Orten^  am  Rande  der 

"        "  i  Gebirgsbäche. 

var   crocea       f  ^ 

S.  aspera  L,  am  Rosskopf.  S.  bryoides^  Alpeu  v.  Ried- 
naoin.  S.  caesia  L.  Palmiog.  S.  Clusii  gonan,  an  feuch- 
ten bemoosten  Waldsfiumen,  wid  auch  in  der  Nfihe  der 
Gebirgsbäche.  S.  muscoides  Wulf,  am  Jochtlbergaag  von 
Riednaun  nach  Pflersch.  S.  var«  moschata  L.,  wie  die 
letzte.  S.  mutata  L. ,  auf  Felsen  der  Falnllinger  Alpen. 
S.  oppositifolia  L.,  Jochübergang  von  der  Zeragalpe  nach 
Kematen.  S.  rotundifolia  L  ^  an  feuchten  Orten  der  Vor- 
alpen, am  Waldsaum  beim  Aufsteig  vom  Brennerbad  auf 
den  Wechsel.  S  stejlaris  X.^  in  der  Nähe  der  Gebirgs- 
.    bäche.- 

53.  Ord.  UmbeUiferae  Juss.  Cicuta  L.  Wasserschierling 
C.  virosa  L«,  am  Wassergraben  der  sich  rechts  nach  Spre- 
chenstein hinabzieht  —  so  wie  bei  Reifenstein. 

A  p  i  u  m  L  Selerin.  A.  graveolens,  an  Wegen ,  —  Gräben 
selten. 

Petroselinum  L.  Petersilie.  P.  sativum  Hoffm. ,  kulti- 
virt  in  den  meisten  Gärten. 

Aegopodium  L.  Geissf uss  A  Podagraria  L . ^  gemein 
an  Hecken,  Zäunen. 

Carnm  L.  Kümmel.  G.  Carvi  L.,  gemein  auf  Wiesen^  an 
Wegen. 

Pimpf n eil a  L.  Bibemell.  P.  magna  L. ,  auf  Wiesen,  an 
Wegen.  P.  saxrfraga  L.,  längs  der  Mauer  ausserhalb  dem 
Kloster  zur  Kapelle. 

Aethusa  L.  Gleisse.  A.  Cynapium  L.  bei  Tuins  in  der 
Nähe  der  Häuser,  auch  in  Gärten. 

LIbanotis  Crantz  Heilwnrz.  L.  montana  All.,  an  Felsen 
bei  Reifenstein. 

Menm  Toumf.  Bären wurs.    H.  Mntellina  Girte,  Alpentriften 


—    89    — 

I 

Leviflticttin  Koeh.  Liebstöekel.  L.  offlcinile  Koch.,  in 
Gürten  der  Stadt  wie  der  Landleute. 

Angel  ica  L.  Angelica.  A.  sylTestris  L ,  aaf  feuchten 
Wiesen,  in  Auen,  Bachnfem. 

Pencdanum  L.  Haarstrang.  P.  Oreoselinum  Hönch.,  an 
Felsen,  trockenen  Hügeln  gegen  Dorf  Wiesen. 

Imperatoria  L«  Helsterwun  1.  Ostruthium  L,  am  Ross- 
kopf. 

Her  acte  um  L.  Heilkraut  Bftrenklau.  H.  asperum  Wild., 
auf  SteingeröU  der  Falminger  Alpen.  H.  Sphondylium  L., 
gemein  auf  Wiesen. 

Lasserpitium  L.  Laserkraut.    L.  latifolium  L.   Pallmings. 

Daucus  L.  Möhre.    D.  Carota  L.,  auf  Wiesen. 
Torills  Ad.  Borstdolde.    T.  anthriscus  Gmel,  an  Zäunen. 

Hauern. 
Anthryscus  Hoffm.   Kerbel.     A.   sylvestris   Hoffm.,   auf 

Wiesen,  an  Hecken  der  Ebenen  und  Voralpen. 
Chaerophylium  L.    Kälberkropf.     Ch.   aureum   L. ,   am 

Weg  vom  Kloster  nach  Tuins.    Ch.  hirsutum  L.,  an  Bächen, 

feuchten    Wiesen    der    Voralpen.     Conium   L.    Schierling. 

C.  maculatum  L  ,  zwischen  den  Häusern  um  Tuins. 

5r.   Ord.   Caprifoliaceae  Don   Adoxa  L.  Bisamkraut,   am 
Hohlweg,    der   von   der  Landstrasse  aus   nach  Ried   und^ 
von  dort  nach  Strassberg  führt. 
Sambncus  L.  Hollunder.    S.  nigra  L.,  gemein  an  Häusern, 
Zäunen.    S.  racemosa  L.,  zu  Gasteig  am  Wasser. 

Viburnum  L«  Schneeball.  V.  Lantana  L. ,  innerhalb  des 
Dorfes  Wisen  am  Bachufer.  V.  Opulus  L. ,  zwischen 
Laubholz-Gesträuch  bei  Thunburg. 

Lonizera  L.  Lonicene«  Xylosteum  L.,  in  Nähe  dks  Schlos- 
ses Strassberg. 

58.   Ord.    Stellatae    L.     Sherardia    L.    Sherardie.     Sh. 
arvensis  L.,  auf  Aecker. 


-  so  - 

Call  um  L.  Labkraut.  6.  Aparine  L. ,  au  Hecken.  6. 
boreale  L«,  oberhalb  Schmuders.  G.  Hollugo  L.,  allent- 
halben an  Zäunen,  Mauern,  (i.  paluslre  L.,  an  suaipfigen 
Orten.  G.  sylvaticum  L.,  am  Rusterberg.  G.  verum  L., 
auf  Httgel,  trocknen  Wiesen. 

59.  Ord.  Yalerianeae  De  G.  Valeriana  L.  Baldrian.  V 
dioica  L.,  am  Rande  der  WiesenbSche.  V.  Offieinalia  L., 
am  Eisakufer  gegen  Sprechenstein.  V.  montana  L. ,  am 
Gigeiberg.     V.  tripleris  L.,  gemein. 

Valerianella  Poli.  Feldsalat.  V.  ohtoria  Pollich,  auf 
Wiesen,  Obstgärten. 

60.  Ord.  Dipsaceae  De  C.  Knauti  a  Coult  Knauie.  K. 
arvensis  Coult,  auf  Felder.  K.  sylvatica  Dub.,  am  Rande 
der  Wälder.  Succisa  H.  u.  Hoch  Teufels  Abbis.  &  pra- 
tensis H.,  auf  feuchten  Wiesen  bei  Tuins.  Scabiosa  L. 
Scabiose.     S.  gramuntia  L.,  an  Felsen  bei  Spreehenstein. 

61.  Ord.  Compositae  Adars. 

1 .  Corymblf erae    Vaili.     Eupatorium  L.    Wasserdoat. 
Eupatorium  cannabimem  L.,  in  Auen. 

Adenostyles  Cassie,  Drüsergriffel.     A.  alpina   Pol.    und 

Fing. 
Homogyne   Cass.  Alplettich.    H.  alpina.  C.,  in  Gebirgs- 

waldungen. 

Tussilago  L.  Huflattig.  T.  farfara  L.,  gemein  an  Bächen, 
Flussufern. 

Petasites  Gärte.    Pestilenz  würz.    P.   albus  L. ,    auf  einer 

abhängigen  Waldwiese  am  Kühberg. 
Aster  (Sternblume.-  A.  alpinus  L.,  auf  Alpen,  auch  in  der 

Ebene,  wie  am  Felsen  bei  Sprechenstein    A.  Amelius  L., 

oberhalb  dem  Schloss  Moos. 
Bellidiastrum  Cass.  Bergmasslieb.    B.  MIchelii  C.^  inner 


-    81    — 

dem  Dorf  Wiesen  am  Bache.    Bellfs   L    GüiseblOmclien. 
B.  perennis  L.,  auf  trocknen  Wiesen. 

Erigeron  L.  Berafskraut.  E.  acris  L. ,  auf  Mauern.  E. 
dröbachensis  M.,  an  einer  feuchten  Stelle  der  Waldung 
ober  Ried.  E.  alpinus  L.,  auf  Alpen.  E.  aniflorus  L.^ 
am  Stilfserjoch  bei  Sterzing. 

Solidago  L.  Goldruthe,  S.  Virga  aurea  L,  auf  buschigen 
Hügeln. 

Inula  L.  Alant.  I.  Britanica  L.,  am  Ufer  des  Mareither 
Baches  nächst  der  Thunburg-Brücke. 

Bidens  L.  Zweizahn.  B.  cemua  L.,  an  sumpfigen  Stellen, 
Bftchen.     B.  tripartia  L.^  wie  letzte. 

Filago  L.    Schimmelkraut.     F.   arvensis  L. ,   an    trocknen 

sandigen  Orten. 
Taoacetum  L.  Reinfarn.     T.   vulgare  L. 

Gnaphalium  L.  Ruhrkraut.  G.  Leontopod.  Scop.,  Alpen 
um  Pfitsch.  G.  supinum  H.,  auf  mehreren  Alpen.  G.  syl- 
vaticum  L.,  in  Gebirgswäldern  bis  in  die  Ebene  herab. 
6.  uliginosum  L.  Jaufenthal,  an  feuchten  Orten,  auch  bei 
Gasteig.     G.  dioicum  L,  auf  sonnigen  Hügeln. 

Artemisia  L.  Beifuss,  Wermuth.  A.  Absynthium  L,  an 
sonnigen  Orten,  an  Mauern.  A.  campestris  L.^  am  Weg 
der  nach  Fleims  führt.  A.  Hutellina  Vill.,  Hochalpen  des 
Jaufenthals  gegen  Stilfserjoch  /u.  A.  vulgaris  L.  ^  an 
Wegen,  Mauern.  AchilleaL.  Schafgarbe.  A.  atrata  L, 
Alpen  um  Pfitsch.  A.  Clavennae  L.,  wie  letzte.  A.  mo- 
sehata  Wulf.  ^  am  Wechsel  oberhalb  einer  Alphütte.  A. 
tomentosa  L.,  auf  Felsen  am  Sprechenstein.  Anthemis 
L.  Hunds-Kamille.    A.  arvensis  L,  an  Wegen,  Aeckern. 

Matricaria  L.  Kamille.  M.  Chamomilla  L.,  in  Gärten, 
auch  in  Getreidäckem.  M.  Parthenium  L. ,  gewöhnlich  in 
Gärten,  aber  auch  ausser  denselben. 


—    88    — 

Chrysanthemum  L  Wucherblume.  (*)  Ch.  alpinom  L., 
am  Wechsel ,  wie  auch  auf  andern  Alpen.  Ch.  Leacan- 
themum  L ,  gemein  auf  Felder. 

Aronicum  Koch.  SchwindelkrauL  A.  glaziale  Rb^  Nord- 
seite des  Rosskopfs.  A.  Clusii  Koch.  '  Amica  L.  Wol- 
verlei,  Arnika.     A.  montana  L.,  auf  Bergwiesen. 

Senecio  L  Kreuzkraut.  S.  abrotaeifolius  L.,  Falming^er 
Alpen.  S.  camiolicus  Willd.  S.  cordatus  Koch,  am 
Wechsel  in  der  Nfihe  der  Alphfitlen.  S.  Doronicum  L. 
Falmings.     S.  viscosus  L.,  an  Wegen,  Mauern. 

2.  Cynarocephalae  Valll.  Cirsium  Toumf.  Kratzdistl. 
C.  arvense  Shop.,  in  Auen  an  sandigen  Orten.  C.  Eri- 
sithales  Scop«,  auf  dem  Gebirgskamm  der  Falming-Alpen 
gegen  Pflersch.  C.  lanceolatum  Scop. ,  an  Wegen.  C. 
heteropbyllum  All.,  Alpenhfltten  am  Rosskopf.  C.  olera- 
ceum  Scop.,  auf  Felder  an  Bächen  gemein.  C.  palustre 
Scop,  auf  sumpfigen  Orten,  am-  Bfichen.  C.  spinosissi- 
mnm  Scop.,  Falmings. 

Silybum  Gftrtn.  Mariendistel     S.  Marianum  G.,  in  Gärten 

Carduus  L.  Distel.  C.  nutans  L.  C.  defloratus  L.,  an 
felsigen  Orten  der  Alpen  und  Voralpen. 

Onopordum  i.  Eselsdistel.  0.  Acanthium,  an  einem 
Weg  oberhalb  des  Schlosses  Moos. 

Carl  Ina  L.  Eberwurz,  t.  acaulus  L. ,  auf  Httgeln  Jiod 
Heidepifttzen.  C.  vulgaris  L. ,  wie  letzte.  Carthamus 
L.  Saflor.  C.  tinctorius  L. ,  Scbmuders  in  einem  kleinen 
Garten  200C  Centaurea  L.  Flockenblume.  C.  bene- 
dicta  L.,  in  einigen  Landgfirten,  auch  im  Klostargarten. 
C.  cyanus  L. ,  gemein  unter  Getreid  C.  maculosa  Lam, 
an  Felsen  bei  Sprechenstein.  C.  nigresceas  Wiild.  C. 
scabiosa  L.,  auf  Wiesen. 


(*)    Die   Var:    mit  an  der  Basis  schön    rosenroth  geßrbten 
Strohblumen, 


-    38    — 

3.  Clehoriftceae  Jiu^.    Lapsana  L.  RaiokohL    L  com- 

manis,  an  waldigen  Orten,  auf  Schutt. 
Cichorium  L.    Cichorie.    C.  Intybus  L.,   an  der  Strasse 

nach  Trens. 
Leontodon  L.  Löwenzahn.    L.  auctumnalis  L,  an  Wegen. 

L.    hastilis   L.   yar   glabra,   auf  Wiesen.     L.   pyrenaicus, 

gemein  auf  Alpen. 

Tragopogon  L«  Bocksbart.    T.  pratensis  L.,  aufwiesen. 

Hypochaeris  L.  Ferkulkraut.  H.  helvetica  Wulf.,  Alpen 
um  Pfusch.  ' 

Taraxacum  Juss.  Pfaffenröhrlein.  T.  officinale  Wigg., 
gemein  an  Wegen,  Wiesen. 

Prenanthes  L.  Hasenlattich.  P.  muralis  L,  auf  Schutt,  in 
Wäldern.    P.  purpurea  L.,  am  Rusterberg. 

Sonchus  L.  Gänsedistel.  S«  arvensis  L. ,  unter  Getreid. 
S.  oleraceus  L.,  an  Häusern,  Schutt. 

Crepis  L.  Pippau,  Grundfeste.  C.  aurea  Cass.,  auf  Alpen- 
triften. C.  biennis  L.,  aufwiesen.  C«  grandiflora  Tausch, 
auf  Hügel  unter  Tuins. 

Hieracinm  L.  Habichtkraut.    H.  alpinum  L.^  am  Rosskopf. 

H.  auricula  L.,   Wiesen   bei  Schmuders.     H.  Pilosella  L., 

gemein  an  Wegen.     H.  praealtum  Hoch.,   bei  Reifenstein. 

'       H.   staticefoliuin  Yili.,    an   sandigen    Stellen,   Flussufern. 

63;  Ord.   Campanulaceae    Juss.    Phyteuma    L.    Rapunzel. 

Phyteuma   hemisphaericum  L. ,   Alp^n  des  Rosskogl.     P. 

orbiculare  L.^  auf  Wiesen.    P.  Hichelii  Bert.,  auf  Httgeln 

.    unter  Gesträuch.     P.    Halleri    All.    Hochgebirge  wie    zu 

Riednaun,  PGtsch. 

Campanula  L. ,  Glockenblume.  Campanula  barbata  L, 
auf  Alpen  bis  in  die  niedern  Thäler  herab.  C.  glomerata 
L,  an  Wegen,  Hügeln.  C.  patula  L.,  auf  Wiesen.  C. 
persicifolia  L.,  am  Rande  der  Wälder  bei  Tuins.  C.  pu- 
silla  Hänke,  an  Mauern  am  Eisakufer  gegen  Sprechenstein. 
G.'  Scheuchzeri  Vill.,  Bergwiesen  im  Jaufenthal.     C.  spi- 

3 


—    34    — 

Cfeta  L*,  in  einer  Waldung  bei  Rast.    C.  TracfaeKum  L , 
unter  Gesträuche. 

64.  Ord.  Yaccineae  De  C.  Vaccinium  L«  Heidelbeere.  Yac- 
cinium  Hyrtillus  L.,  Gebirgswaider.  Y.  Yitis  idaea  L., 
auf  Waldwiesen  Heidewfilder. 

65.  Ord.  Ericineae  Deso.  Calluna  Salisb«  Besenheide.  Cal- 
luna  vulgaris  Sal.^  am  Saume  der  Nadelholzwälder. 

Erica  L.  Heide.    Erica   carnea  L.,  am  Waldweg  der  sich 

von  Wiesen  nach  Sprechenstein  hinzieht. 
Azftlea  L.,  Azalen,  Gamsheiderich.   Azälea  procnmbens  l., 

auf  den  höhern  Alpen  an  Felsen,  kiesigen  Stellen. 
Rhododendron  L.  Alpenrose.  Rhodod.  ferrugineum  L., 

Alpen  um  Pfitsch,  am  Jaufen.    Rh.   intermedium  T.  Fal- 

ming,  in  der  Nähe  der  Alphiltten. 

66.  Ord.  Pyrolaceae  Liedl.  Pyrola  0.  Wintergrün.  Py- 
rola  rotundifolia  L.,  am  Waldsaum  des  Weges  der  vom 
Brennerbad  auf  den  Wechsel  führt.  P.  secunda  L.,  allge- 
mein in  Gebirgswaldungen.  P.  uniflora  L. ,  mit  ersterer 
vorkommend. 

67.  Ord.  Monotropeae  Nutt.  Honotropa  L.,  Ohnblatt. 
H.  hypopitys  L.,  selten  in  Nadelholzwäldern. 

Ol.  Gorolliflorae. 

69.   Ord.  Oleaeeae  Liedl.  Ligustrum  L.  Hartriegel.  Ligustrum 
vulgare  L.,  an  Zäunen  in  Laubholzgesträuch. 
Fraxinus   L.   Esche.     Fraxinus    excelsior  L.,  allgemein 
verbreitet. 

71.  Ord.  Asclepiadeae  R.  Br.  Cynanchum,  R.  Br.  Hunds- 
würger. C.  vincetoxicum,  unter  Gesträuch;  wie  am  Hohl- 
weg der  vom  weissen  Haus  nach  Tuins  führt. 

72.  Ord.  Apoclneae  R.  Brw.  Vinca  L.  Sinngrün.  Y.  minor. 
L„  unter  Gebüsch  auf  Hügeln. 


—    35    — 

73.  Ord  Gentianeae  Juss.  Menyanthes  L.  Zottenblume« 
M.  trifoliata  L.,  auf  Sumpfwiesen  unterhalb  Sprechenstein. 

Gentiana  L.  Enzian.  G.  excisa  L. ,  auf  Bergwiesen  am 
Kühberg.  6.  asclepiadea  L. ,  am  Saume  der  Gebirgs- 
wälder.  G.  bavarica  L.,  am  Jochübergang  vom  Wechsel 
nach  Giggiberg.  G.  obtusifolia  Willd. ,  auf  Bergwiesen. 
G.  punctata  L.  Falminger  Alpen.  G.  verna  L. ,  gemein 
um  Sterzing. 

Erythraea  Rieb.  Tausendguldenkraut.  Erythraea  pulchella 
Fries,  an  einem  Zaun  neben  dem  Weg  unterhaH)  des 
Zollhauses  gegen  Gasteig. 

75.  Ord.  ConyolTulaceae  Juss.,  Gonvolvulus  L.  Weide. 
C.  arvensis  L.,  gemein  an  Wegen,  Aeckern. 

76.  Ord.  Boragineae  Deso  Echinospermum  Schw. 
Igelnttsschen.  Echinosp.  Lappula  Schw.,  an  sandigen 
Orten,  an  Wegen. 

Cynoglossum   L.   Hundszunge     Cynoglossum   ofßcinale 

L,y  unweit  des  Ueberganges  über  die  Brücke  nach  Fieims* 
Borago  L.  Boretsch.     Borago    ofGcinalis  L. ,  in  Gärten, 

aber  auch  ausserhalb  derselben  verwildert. 
Anchusa  L.  Ochsenzunge.     Anchusa  ofGcinalis  L.,  gemein 

auf  Felder  gegen  Tuins. 
Lycopsis  L.  Krumhals.    Lycopsis  arvensis  L.,  an  Wegen, 

Aeckern  um  Sterzing. 
Symphytum   L«  Beinwell.    Symphitum  officinale  L. ,  au 

Wiesenbächen  gemein. 
Echium  L.   Natterwurz.    Echium  vulgare  Lie,  an  Wegen, 

Wiesen. 
Fulmonarla    L.  Lungenkraut.    Fulmonaria  officinalis  L., 

in  Waldungen  bei  Egg.    P.   angustifolia  Lie,  gemein  auf 

Hügel  um  Sterzing. 
Lithospermum  L.  Steinsame.   Lithosp.  arvense  L.,  gemein 

auf  Aecker.     L.   officinale  L. ,   in  Waldungen  oberhalb 

Wiesen. 

3» 


-    36    — 

Hyosotis  L.  VergissmeinnichL  Hyosotis  sylVatica  Hoff., 
gemein  sowohl  auf  Wiesen  als  in  Wäldern.  M.  ß  alpestris, 
auf  allen  Alpen.    M.  palustris  With  ,  an  Bächen. 

77.  Ord.  Solaneae  Juss.  Solanum  L.  Nachtschatten. 
S.  nigrum  L.^  an  Häusern.  S.  dulcamara  L.,  an  Zäunen, 
in  Auen.     S.  tuberosum  L.,  kultiviKt. 

Hyoscyamus  L.  Bilsenkraut.  Hyoscyamus  niger  L.,  an 
den  Häusern  bei  Tuins,  bei  den  Zimmererhütten  nächst 
der  Stadt. 

Da.tura  L.,  Stechapfel.  Dature  Stramonium  L.,  an  unkul- 
tivirten  Orten  nächst  der  Stadt. 

78.  Ord.  Yerbasceae  Burk.  Verbascum  L  Wollkraul. 
Verbascum  Lychnitis  L.,  unterhalb  Flaims  nächst  Sterzing. 
y.  nigrum  L.,  am  Weg  nach  Hareith.  V.  Th'apsus  Koch., 
auf  bewachsenen  HügelA. 

Scrophularia  L.  ßraunwurz.  S.  xodosa  L.^  an  Wegen, 
Gräben  um  Sterzing. 

79.  Ord.  Antirrhilieae  Juss.  Linaria  Tourn.  Leinkraut. 
Linaria  alpina  Hill.^  auf  Alpen  Riednauns,  Pflersch,  Pfitsch. 
L.  minor  Desf.,  auf  Aecker  oberhalb  Schmuters.  L.  vul- 
garis Hill.,  gemein  an  Wegen,  auf  Mauern. 

Veronica  L.  Ehrenpreis.  Veronica  alpina  L.,  am  Wechspl. 
V.  anagallis  L. ,  in  Wassergräben.  V.  aphylla  L.,  am 
Wechsel.  V.  arvensis  L.,  in  Getreidäcker.  V.  Becca- 
bnnga  L.,  gemein  in  Wiesenbächen.  Y.  bellidioides  Wulf., 
am  Wechseljoch.  V.  Chamaedrys  L.,  unter  GebQsch  auf 
Hügeln,  y.  hederifolia,  gemein  an  Hauern,  Wegen. 
y.  officinalis  L.,  an  trocknen  Waldstellen  bis  in  die  Alpen. 
y.  prostrata  L ,  an  trocknen  Orten  oberhalb  Schloss  Moos. 
y.  sanatilis  L. ,  am  Wechseijoch.  y.  scutellata  L.,  ao 
sumpfigen  Stellen  bei  Reifenstein,  y.  serpyllifolia  L.,  an 
Wegen,  y.  spicata  L.,  auf  trocknen  Hügeln,  um  Sterzing. 
y.  urticaefolia  L.,  auf  Waldwiesen  ober  Gasteig. 
81.   Ord.  AUnanthaceae  DeC.    HelampyrumL.  Kuh- 


—    37    ~- 

weizen.  Melamp.  pralense  L.,  in  Wälder  bei  Rust,  Gasteig. 
M.  sylvatic,  in  Wälder. 

Rhinanthus  L.  Hahhenkamm.  Rhinanthus  alpinus  Baumg., 
Alpen  ober  Zerag.,  Rh.  minor  Ehrh.,  gemein  auf  Wiesen 
bis  in  die  Alpen.  Rh.  major.  Edr.,  am  Weg  vom  Klo- 
ster gegen  Tuins. 

Pedicularis  L.  Läusekraut.  P.  foliosu  L.,  Alpen  um 
Pfitsch.  P.  incarnata  Jacq.^  ebenda,  ober  der  Zeragalpe. 
P.  palustris  L.,  gemein  an  sumpfigen  Orten.  P.  Jacquinii 
Koch,  Gebirge  um  Riednaun.  P.  rostrata,  auf  Alpen  um 
Pfitsch.  P.  recutita  L.,  ober  der  Zeragalpe.  P.  tuberosa 
L.,  am  Wechsel.  P.  versicolor  Wabib.,  am  Pßtscheijoch, 
Uebergang  nach  Kematen.  P.  verticillata  L.,  Ebendort,  wie 
auch  auf  andern  Gebirgen. 

Bartsia  L.  Bartsie.     B«  alpina,    Schleierberg  bei  Riednaun. 

Euphrasia  L.  Augentrost.  E.  minima  Schi.,  allenthalben 
auf  den  höhern  Alpen ,  Stilfseijooh.  E.  Odontites  L., 
gemein  auf  nassen  Wiesen,  an  Wegen.  E.  officinalis  L, 
überall  verbreitet. 

82.    Ord.  Labiatae  Juss.    Mentha  L.  Mflnze.    M.  arvensis 

L.,  auf  feuchten   Orten   an   Gräben.     H.   crispa  L.,  am 

Wege  der  zur  Pfarrkirche  führt  an  einem  Plankenzaan. 
verwildert.    M.  gentilis  L.^   an  einer  Gartenmauer  in  der 

Stadk    H.  sylvestris  L.,  gemein  an  Gräben,  Bächen. 

Lycopus  L.  Wolfsfuss.  Lycopus  europaeus  L.^  anfeuchten 
Orten  bei  Reifenstein. 

S  a  1 V  i  a  Salbei.     Salvia  glutinosa  L. ,   auf  Steingeröll  unter 
Gesträuch   nächst   dem  Weg  nach  Rathings*    S.  pratensis  - ' 
L.,  gemein  auf  allen  Wiesen.    S.  verticillata  L.,  auf  Hü- 
geln ausser  dem  Zollhaus  gegen  Gasteig. 

Thymus  L.  Thymian.  Th.  alpinus  L.,  auf  Steingeröll 
nächst  dem  Weg  nach  Ratschings.  Th.  Serpyllum  L., 
gemein  an  Wegen,  Hügeln.  Th.  vulgaris  L,  in  dea 
meisten  Gärten  häufig  zu  treffen. 


—    38    - 

Ca  1  am  int  ha  Mönch  Bergniünze«    C.   acinos  Clairv«,   auf 

Felsen  bei  Sprechenstein.    C.  ofGcinalis  H.,  an  steinichten 

sonnigen  Orten,  wie  am  rechten  Ufer  des  POtscherbaches 

innerhalb  Wiesen. 
Clinopod^ium  L.  Wirbeldost.    C.  vulgare  L,  gemein  auf 

Hflgeln,  an  Hecken. 
Melissa  L.  Melisse.   H.  officinalis  L.,  gewöhnlich  in  Gftrten 

kultivirt. 
Hyssopus  L  Ysop.    H.  officinalis  L.,   in  den  Gfirten  der 

Landleute. 
Nepeta   L.   Katzenmtlnze.    N.  Cafaria  L.^    am   Weg   der 

von  der*  Pfarrkirche  zum  Zollhaus  führt. 
Glechoma  L.  Gundelrebe.    G.  hederacea  L«,  gemein   an 

Zäunen,  Hecken. 
Lamium  L.  Taubnessel.    L.  amplexicaule  L.,  auf  Aeckem. 

L.  album  L„  an  Zäunen,  Mauern  Hecken. 
Galeopsis  L.  Hohlzahn.    G«  Tetrahit,  geroein  auf  Aeckem 

an  Zäunen.    G.  versicolor  Gurt,    selten  auf  den   Ebenen, 

in  grösserer  Menge  auf  dem  Rosskopf  getroffen. 
Galeobdölon  Huds.  Gilbnessel.     G.  luteum  Huds.,   spar- 
sam unter  Gesträuch   am  linken  Ufer  des  Pfitscherbaches 

inner  dem  Dorf  Wiesen. 
Stachys  L.  Rossnessel.    S.  palustris  L.,  an  Wiesenbächen. 

S.  recta  L.,  auf  Felsen^   an  sonnigen  Abhängen.    S.  syl- 

vatica  L.,  am  Fusse  des  Rusterbergs. 
Betonica  L.  Betonie,  an  Waldsäumen.     B.  officinalis^  auf 

trockenen  Hügeln. 
Bai  Iota  L.  Schwar/.nessel.    B.   nigra  L. ,   am  Weg   der 

vom  Pfarrhof  nach  Tuins  fahrt. 
Prunella   L.   Brunelle.    P.  grandiflora  Jacq.,   auf  Hügel 

um  Ried.    P.  vulgaris  L.,  an  Wegen,   an  Waidblössen. 
Ajuga   L    Günsel.     A.   reptans  L.,  gemein   auf  Aeckem, 

Wegen.    A.   genevensis  L. ,   aufwiesen  bei  Strassberg, 

A.  pyramidalis  L.,  am  Wechseljoch. 


—    39    — 

Teucrium  L.  Gamaoder.  T.  Xhamaedrys  L.^  an  Feben 
bei  Sprechenslein.  T»  montanum  L,,  ebendort,  wie  auch 
auf  trockenen  HügeJn  um  Trens. 

83.  Ord.  Terbenaeeae  Juss.  Verbena  L.,  Eisenkraat.  Y. 
ofBcinalis  L.,  ai|i  Hohlweg  der  nadi  Fleims  fohrt 

84.  Ord.  Lentibularieae  Rieh.  Pinguicula  L.  Fettkraut. 
P.  vulgaris  L.,  Um  Hügel  ober  der  Brunnenleitung. 

Dtricularia  L.  Wasserschlauch.  U.  vulgaris  L.,  am 
Wassergraben  längs  der  Strasse  nach  Sprechenstein. 

85.  Ord.  Prlmnlaceae  Vent.  Lysimachia  L.  Lysimaöhie, 
selten,  auf  feuchten  Wiesen. 

Anagallis  L.  Gauchheil.    A.  arvensis  L.,  in  Getreidftckern 

gegen  Tuins. 
Androsace  obtusifolia  L.  Mannsschild,   am  Wechseljoch. 
Primula  L.  Primel.    P.    auricula  L. ,  Alpen  um   Pfitsch. 
P.  elatior  L. ,  auf  Wiesen  nächst  dem  Wege  nach  Hareith. 

P.  farinosa  L.,  gemein  auf  feuchten  Wiesen  um  Sterling. 

P.  officinalis  ^  auf  Hügel  zwischen  Tuins  und  Telfes  unter 

Gesträuch.    P.   minima  L,    auf  allen  hohem  Alpen   um 

Sterzing.     P.  glutinosa  L.,  am  Hflnerspiel-Joch. 
Soldanella   L.   Drottelblume.     S.   alpina  L.,   Alpen  um 

Sterzing.     S.  pusilla  Baumg.,  Jochttbergang  vom  Wechsel 

nach  Giggiberg. 

86.  Ord.  Globulariea^  De  C.  Globularia  L.  Kugelblume. 
G.  cordifolia  L  ,  auf  trockenen  Hügeln  um  Trens. 

87.  Ord.  Plumbagllieae  Jnss.  Statice  L.  Grasnelke. 
S.  alpina  Hopp.,  oberhalb  der  Zerrag-Alpe. 

88.  Ord.  Plantaglneae  Juss.  Plantago  L.  Wegerich.  P. 
media  L.,  auf  Wiesen  gemein.  P.  major  L. ,  an  Wegen^ 
Häusern. 


—    40    — 

IV.  HonocUamideae. 

90.    Ord.  Chenopodeae  Vent.     Chenopodium  L.  Gänse- 

fius.   C.  album  L,  gemein  auf  Schutt,  uakuUivirten  Orten. 

C.  hoDUs  Henricus  L.,   an  Wegen,  Zäunen,  Häusern.     C. 

hybridum  L.,  rückwärts  der  Hargarethenkirche   wie  euch 

^     als  Unkraut  in  Gärten.   C«  vulvaria  L.,  an  einem  Planken- 

zaan  bei  den  Zimmerhütten. 
Blitum   L.   Erdbeerspinat.     B.    glaucum    Koch,   räckwärts 
der  Hargarethenkirche.     B.  rubrum  Rchb. ,   am  Spitalplatz 
an  einer  Gartenmauer. 

92.  Ord.  Polygoneae  Juss.  Rumex  L.  Ampfer.  R.  ace- 
tosella  L,  am  Rande  einer  Wiese  bei  Fleims.  R.  acetosa 
L.,  gemein  auf  Wiesen,  an  Bächen.  R.  alpinus  L,  in 
der  Nähe  der  AlphQtten  durch  die  ganze  Gebirgskette. 
R.  aquaticus  L.,  an  Sümpfen  bei  Reifenstein.  R.  crispus 
L.,  in  Gräben  und  feuchten  Plätzen.  R.  obtusifolius  L.^ 
auf  Wiesen,  an  Gräben.  R.  scutatus  L«,  an  einigen  Orten 
des  Eisakufers,  sowie  am  Rande  der  Gebirgsbäche. 

Polygonum  L.  Knöterich.  P*  Convolvulus  L,  unter  Ge- 
treid.  P.  Hydropiper  L. ,  an  feuchten  Plätzen,  Wasser- 
gräben gegen  Rustersteig.  P.  Persicaria  L..  an  Gräben 
unterhalb  der  Pfarrkirche.  P.  avirulare  L.,  an  Wegen 
gemein.  P.  viviparum  L ,  auf  Alpen  bis  in  die  niedern 
Thäler  herab. 

93.  Ord.  Thymoleae  Juss.  Daphne  L.  Seidelbast.  D. 
Mezereum  L.,  Alpe  Falmings,  in  der  Ebene  fehlend. 

95.  Ord.  Santalaceae  RBr.  Thesium  L.  Leinblatt.  T.  alpi- 
num  L. ,  auf  Bergwiesen  oberhalb  Schmuders.  T.  inler- 
medium  Schrad  auf  steinichten  wenig  bewachsenen  Hügeln. 

97.  Ord.  Aristolochleae  Juss.  Asarum  L.  Haselwurz. 
A.  europaeum  L.,   an  Waldsäumen  und  Zäunen  bei  Egg. 

99.  Ord.  Enphorbiaceae  Juss.  EuphorbiaL.  Wolfsmilch. 
E.  Cyparisfiias  L.,  auf  Hügeln,  an  Rainen.  E.  helioscopia 
L.,  auf  Aeckem. 


-    41    — 

Hercurialis  L«,  Bingelkraut.    M.  perennis 
des  linken  Ufers  am  Pfitscherbach  innerhalb 

100.  Ord.   Vrticeae  Jass.    Urtica  dioica  L* 
an  Zäunen.  U.  rerens  L,  meist  auf  bebaut 
an  Häusern. 

Humulus  L.  Hopfen.    H.  Lupulus  L,  an  He( 

101.  Ord.   Jnglandeae  De  C.    Juglans   L. 
J.  regia  L. ,   bei  der  Kreuzkapeile^   sowie 
Klosters,  jedoch  selten  Früchte  tragend. 

102.  Ord.  Copnlifereae  Rieh.  C  o  r y  1  u  s  L.  Ha 
C.  Avellana  L.,  in  Gebüschen  in  Yorhölzei 

103.  Ord.  Salicineae  Rieh.  Salix  L.  Weide 
an  Bächen  nächst  der  Pfarrkirche.  S.  arl: 
Rosskopf.  S.  caprea  L,  In  Auen.  S. 
allenthalben  verbreitet  am  Eisakufer.  S. 
am  Weg  nach  dem  Dorf  Wiesen.  S.  reti 
Rosskopf.     S.  retusa  L,  Alpen  um  Riedn 

Populus  L.  Pappel.    P.   pyramidalis  Rez.^ 
gepflanzt.  ^  P.  tremula  L.,  am  linken  Ufer 
bacbes  innerhalb  Wiesen. 

104.  Ord.  Betnlineae  Rieh.  Betula  L.  Birke 
algemein  verbreitet. 

Alnus  L.  Erle.     A.  incana  De  C,  in  Auen. 

105.  Ord.  Conlferae  Juss.  Juniperus  L, 
J.  nana  Willd.,  am  Wechsljoch.  J.  comi 
mein  verbreitet. 

P  i  n  u  s  L.  Kiefer,  Fichte,  Lärche.  P.  Picea    '. 
P.    Larix    L.,   allgemein    verbreitet.    P.   i 
letzterer  der  Hauptbestand  der  Wälder.    F 
seltener  vorkommend. 


-    42    — 

IL  Klasse. 

Monocotyledoneae. 

107.   Ord.   Alismaceae    Juss«    Alisma  L.   Froschlöffi.      A. 

Plantago  L.,  gemein  in  Wassergräben. 
109.    Ord.  Jlincagineae  Rieh.     Triglochin   L.   Dreizach. 

T.  palustre  L.,  auf  nassen  Wiesen,    Gräben  nächst  der 

Pfarrkirche. 

112.  Ord  Lenmaeeae  Link.  Lemna  minor  L.,  in  stehenden 
Wässern  um  Sterzing. 

113.  Ord.  Typhaceae  Juss:  Sparganium  L.  Igelskolbe. 
Sparganium   simplex   Hudr. ,    in   Bächen   bei    Reifenstein. 

115.  Ord.  Orchideae  Juss.  Orchis  Knabenkraut.  O. 
conopsea  L.^  auf  einer  Waldwiese  ober  Gasteig.  O. 
incarnata  L.,  auf  einer  Wiese  nächst  Sprechenstein.  0, 
maculata  L.,  allenthalben  auf  Waldwiesen.  0.  ustalata 
L.,  Bergwiesen. 

Coeloglossum  Hart.  Hohlzunge.  C.  viride  H.,  auf  Alpen  - 
triften,  am  Rosskopf,  um  Pfilsch. 

Piatanthera  JRich.  Kukuksblume.  P.  bifolia  Rieh. ,  aaf 
Gebirgswiesen. 

Nigritella  R.  Schwärzung.  N.  augustifolia  Rich.^  Alpen 
um  Pfitsch. 

Herminium  RBr.  Einknolle.  H.  monorchis  K. ,  auf  Ge- 
birgswiesen wie  auch  der  Ebenen. 

Epipactis  K.  Sumpfwurz.  E.  latifolia  All.,  in  Waldungen 
bei  Rust. 

116.  Ord.  Irideae  Juss.  Crocus  L.  Safran.  C.  vemus 
All.,  auf  Wiesen  der  Ebenen  b'S  in  die  Alpen. 

118.   Ord.  Asparageae  Juss.    Paris  L.  Einbeere.    P.  qua- 

drifolia  L.,  unter  Gesträuch  am  linken  Ufer  des  Pfitscfaer- 

baches. 

Convallaria  L.  Weistwurz.    C.  verticiliata  L.,  auf  Htlgel 

zwischen  Tuins  und  Telfes  wie  aach  innerhalb  Wiesen. 


-    43    _• 

C.  polygonatam  ^   unter  Gesträuchen.    C.  majalis  L.,   in 
der  Au  am  Pfitscherbach  innerhalb  Wiesen. 

120.  Ord.  Liliaceae  De  C.  Lilium  L.  Lilie.  L  Hnrtagon 
L,  auf  Anhöhen  zwischen  Rust  und  Gasteig. 

'   Gagea  Salisb.  Gelbstem.    G.  lutea  Schult.,  sehr  selten  am 
Eisakufer  gegen  Lurx. 
.Allium  L.  Lauch.    A.' carinatum  L.^  am  Hohlweg  der  vom 
Kloster  nach  Tuins  führt.     A.   fallax  Don.,   auf  Hauern, 
felsigen  Hügeln. 

121.  Ord.  ColcUaceae  De  C.  Colchicum  L.  Zeitlose. 
C.  auctumnale  L.,  gemein  auf  Wiesen. 

Yeratrum  L.  Germer,  Hemmerwurz.    V.  album  L.,  Alpen 

um  Pflersch. 
To fiel  da   Huds.    Kelchgras.    T.   calyculata   Wahib. ,    auf 

feuchten  Gebirgswiesen.     T.  glacialis  Gaud.^  Pfitsch. 

122.  Ord.  Juneaceae  Barth  Juncus  L.  Sense.  J.  bufonius 
L.,  Jaufenthal,  dann  an  sumpßgen  Stellen  nächst  dem 
Weg  nach  Gasteig.  J.  filiformis  L. ,  auf  einer  feuchten 
Wiese  im  Jaufenthale.  J.  effusus  L.,  feuchte  Waldstelle 
bei  Tuins.  J.  Hostii  Tausch.,  Wechseljoch.  J.  trlGdus 
L.,  ebendort,  sowie  auf  Alpen  um  Riednaun«  J.  triglumis 
L.,  an  feuchten  Orten  der  höhern  Alpen. 

Luzula  De  C.  Hainsimse.    L.  pilosa  W.,  gemein  auf  Hügel- 

123.  Ord.  Cyparaceae  Juss.  Heleocharis  RBr.  Teich- 
binse.    H.  palustris  RBr.,  in  Sümpfen^  Gräben. 

Scirpus  L.  Binse.  S.  caespitorus  L. ,  an  feuchten  Orten 
bei  Tuins.  S.  sylvaticus  L.,  an  Wassergräben  bei  Rei- 
fenstein. 

Eriophorum  L.  Wollgras.  E.  augustifolium ,  feuchte 
Wiesen  um  Sterzing.  E.  latifolium^  wie  obige.  E.  vagi- 
natum,  wie  obige.   E.  capitatum  Hort,  Alpen  um  Pflertsch. 

Carex  L.  Segge.  C.  Davalliana  Smilh,  feuchte  Wiesen 
nächst  dem  Weg  nach  Hareith.  C.  muricata  L. ,  an 
Zäunen.  C.  paniculata  Good,  in  Gräben.  C.  vulgaris 
Fries,  feuchte  Wiesen  im  Jaufenthal.    C.  praecox  Jacq.^ 


~    44    - 

auf  Hügel,  Wiesen.  C.  panicea  L.,  feuchte  Wald  wiesen 
oberhalb  Gasteig.  C.  glanca  Scop. ,  an  Bächen.  C- 
alba  Scop.,  in  Auen  und  am  Rande  der  Vorhölzer.  C 
capillaris  L.,  auf  einer  feuchten  ßergwiese  ober  Gasteig. 
Oederi  Rchb. ,  an  feuchten  Orten  nächst  dem  Schloss 
Strassberg.  C.  ampullacea  Good.,  auf  nassen  Wiesen 
nächst  Gasteig.  « 

1 24.    Ord . ' Gramineae  Juss .     Andropogou  L.   Bartgras. 

A.   Ischaemum    L. ,    auf  trockenen    Hügeln   bei    Trens. 
Anthoxonthum  L.  Ruchgras.    A.  odoratum  L,  aufwie- 
sen, am  Rande  der  Bäche. 
Alopecurus  L.  Fuchsschwanz.  A.  fulvus  Sm.,  an  feuchten 

sandigen  Orten  in  Auen. 
Phleum  L.  Lieschgras.     P.  Boehmeri  Wil.^  auf  abhängigen 

Triften  der  Voralpen.    F.   alpinum  L. ,    Alpen   um  Ried* 

naun,  Pfitsch,  wie  auch  auf  andern  Alpen. 
Agrostis  L.  Straussgras.    A.  alpina  Scop.,  ain  Wechsel. 

A.  stolonifera  ß  L:,    auf  Hügeln  ober  Gasteig.    A.  spica 

venti  L.,  gemein  in  Getreidfelder. 
Calamagrostis  Rohrgras.    C.  epigeios  Roth,  an  sandigen 

.  Orten  der  Auen,  Fiussufern. 
Phragmites  Irin.   Schilf.    P.    communis  L. ,    gemein  in 

Auen^  sumpfigen  Gräben. 
Sesleria  Ard.  Seslerin.    S.  Caerulea  Ard.,  an  einem  Felsen 

nftohst  des  hohen  Weges  vor  Gossensass. 
Aira  L.  Schmiele.   A.  caespitosa  L.,  aufwiesen  am  Rande 

der   Bäche.     A.   flexuosa  L.,    an    waldichten   Orten   bei 

Rust. 
Holci^s  L.  Honiggras.    H.  lanatus  L.,  auf  Wiesen  gemein. 
Arrhenatherum  Beano  Habergras.    A.  elatius  H.  et  N.^ 

an  Fiussufern^  auf  Hügeln. 
Avena  L.  Hafer.     A.  flavescens  L,  auf  Wiesen. 

k.        yi        y    variegata,    auf  Wiesen 

oberhalb  Schmuders.    A.  sativa  L.,  kultlvirt,   aber  auch 


—    45    — 

ausserhalb  der  Aecker  auf  Schutt.    A.  pobercens  L.,  am 

Weg  zwischen  dem  Kloster  und  Tuins. 
Helica  L.,   Perlgras.    M.   ciliata  L.,   an  Hauern,    Felsen 

gegen  Fleims.    M.  nutans  L.,  in  der  Au  am  linken  Ufer 

des  Pfitscherbachs. 
Poa    Lie.   Rispengras.     P.    alpina    L. ,    gemein   auf  Alpen. 

P.   pratensis  L.,   auf  Wiesen ,    an  Wegen.     P.  pratensis 

V.  augustifolia ,   mehr   an   mager  bewachsenen  Orten  der 

Anhöhen. 
Glyzeria  RBr.  Hanagras,  Schwade.     6.  fluitans  RBr. ,   in 

Wassergräben  unter  der  Kreuzkirche 
Holinia  Sehr    Steifhalm.     H.   caerulea   H. ,    an   feuchten 

Stellen  nächst  dem  Weg  zur  Tuinsner  Waldung. 
Dactylis    L.    Knäulgras.     D.    glomerata    L. ,   gemein  auf 

Wiesen. 
Festuca  L.    Schwingel.    F.   elatior  L ,   aufwiesen,   an 

Wegen.     F.  ovina  L.,  auf  Mauern,  an  Wegen. 
Brachypodium  Pal.  d.  ß.  Zwecke.    B.   pinnatum  Boeno, 

am  Hohlweg  zwischen  dem  Kloster  und  Tuins. 
Brom  US   L.    Trespe.     B.    arvensio  L.^    auf  einem    Acker 

innerhalb  Gasteig.     B.  erectus  Hort.,   am  Weg  der  nach 

Fleims  führt. 
Triticum  L.  Weizen  und  Quecke.    T.  vulgaris  Vill.,  knl- 

tivirt.     T.  caninum  Sehr.,    am  Bach  unterhalb  der  Stadt. 

T.  repens  L.,  an  Wegen. 
Seeale  L.  Roggen.     S.  cercale  L.,  kultivirt. 
Hordeum  L.  Gerste.    H.   vulgare  L.^   kultivirt,   meist  auf 

dem  Gebirgsland. 
Lolium  L.   Lolch.     L.   perenne  L. ,    gemein   an   Häusern, 

Wegen. 


^    46    — 

in.    Klasse. 

Acotyledoneae. 
Acotyledonische  GefässpflaDzen. 

125.  Ord.  Eqnisetaceae  De  C.  Equisetum  L.  Schach- 
telhalm. £.  arvense  L.,  an  sandigen  Orten,  Aeckera. 
E.   limosum  L. ,    in  Wassergräben   gegen   Sprechenstein. 

127.  Ord.  Lyeopodiaceae  DeC.  Lycopodium  L.  Bär- 
lapp. L.  clavatum  L.,  in  Waldungen  ober  Ried.  L. 
Selago  L.,  auf  Alpen  von  Riednaun,  Pfitsch. 

Sela  gineil  a  Spr.  Selaginelle.  S.  helvetica  Spr.,  an  schat- 
tigen Grasplätzen  gemein.  S.  spinulosa  Br.,  an  sumpfi- 
gen Plätzen  der  Bergwiesen. 

128.  Ord.  Filices  L.  Botrychium  Sw.  Mondraute,  auf 
trockenen  Alpentriften.  B.  lunaria  L.,  am  Rosskopf, 
Zeragalpe. 

Polypodium  L.  Tüpfelfarn.  P.  vulgare  L.,  gemein  an 
Felsen,  in  Wäldern.  P.  robertianum  Hoff.,  an  Felsen- 
klüften in  Laubwälder. 

Polystichum  R  Wurmfarn.  P.  Filix  mas  Roth.,  io  Wäl- 
dern gemein. 

Cystopteris  Bern.,  Blasenfam.  G.fragilis  R.,  an  Hauern, 
Felsen« 

Asplenium  L.  Hilzfam.  A.  Filix  foemina  B.,  an  Wald- 
säumen. A.  ruta  muraria  L.,  an  Mauern,  Felsen.  A. 
Trichomanes  L«.  an  Felsen  waldiger  Orten. 

Pteris  L,y  Saumfarn.  P.  aquilina  L.,  an  trockenen  grasigen 
Plätzen  bei  Tuins. 

Allosurus  Berh.  Rollfarn.  A.  crispus  B.,  Hochgebirg  bei 
Riednaun. 


-    47    - 


Verzeiclmiss  *) 


der  in  den  Umgebungen  von  Innsbruck,  Lisens  und  Tarrenz 

aufgefundenen  Leber-  und  Laubmoose,  nebst  einigen,  die 

mir  aus  Slidtirol  sind  mitgetheilt  worden. 

A.   Lebermoose. 

Familia  L 
Peltopterideae. 

Ordo  I.  Marchantieae, 


L  Griroaldia  Raddi. 

6.  hemisphaerica  Lindenb. 

HI.  Conocephalus  Dumort. 

C.  nemorosus  Hübnr. 

C.  quadratufl  Hübnr. 


IV.    Marchantia  Mich. 
H.   polymorpha  L. 

a.  domestica  Wahlenb. 

b.  fontana  Wahlenb. 


Ordo  IK  TargioDieae. 

VI.   Targionia  Mich.  |    T.  hypophylla  L. 

Ordo  lll.  Aiithoceroteae. 

VIII.  Anthoceros  Micheli.  |  A.  levis  L. 

Famüia  IL 
Homallophyllae. 


jRiccieae. 
XI.  Riccia  Mich. 
R.  fluitans  L. 


R.  glaaca  L« 
R.  natans  L. 


Familia  III. 
Hepaticini. 


■)  Geordnet  nach  Dr.  Häbeners    Beschreibung  der  deutschen 
Leber-  und  Laubmoose. 


48    — 


Urdo  i.  Jan^ 

^ermannieae. 

XIIL  Blasia  Mich. 

J.  lonceolata  L. 

B.  pusilla  Mich. 

J.  laevigata  Schrad. 

XIV.  Cordaea  Nees  ab  Esenb. 

J.  minuta  Dicks. 

C.  Floloviana  N.  ab  Es. 

J.  montana  Mart. 

XY.  Gymnomitrion  Hübnr. 

J.  Mülleri  N.  ab  Es. 

G.  Blythii  Hübnr. 

J.  nemorosa  L. 

G.  epiphyllon  Hübnr. 

ß,  purparascens  Hook. 

G.  piugue  Hübnr. 

y,  rivularis  Hübnr. 

XVI.  Echinoraitrion  Hübnr. 

J.  paliescens  Ehrh. 

E.  furcatum  Hübnr. 

J.  palmata  Hedw. 

E.  pubescens  Hübnr« 

J.  pinguis  L. 

XVII.  Jungermannia  L. 

J.  platyphylla  L. 

J.  albicans  L. 

Thuja  Hook. 

ß,  rupeslris  Hübnr. 

J.  polyanthos  L. 

J.  asplenioides  L. 

J.  pubescens  Schrad. 

ß.  longipes  Hübnr. 

J;  quinquedentata  Huds. 

J.  attenuata  Schreb. 

J.  reptans  L. 

J.   Baaeri  Marl. 

J.  resupinata  L. 

J.  Blasia  L. 

J.  rigidula  Hübnr. 

J.  bidentata  L. 

J.  Sauteriana  Hübnr. 

J.  bicuspidata  L. 

J.  saxicola  Schrad. 

J.  byssacea  Roth. 

J.  scalaris  Schrad. 

J.  ciiiaris  L.  . 

J.  Schraderi  Mart. 

ß.  bradypus  Hübnr. 

J.  sphagni  Dicks.     - 

a,  pulcherrima  L 

J.  setacea  Weber. 

Lersii  Roth. 

ß.  sertulorioidesHübnr. 

J.  complanata  L. 

y.  Schullzii  Hübnr. 

J.  concinnata  Ligbtf. 

J.  seliformis  Ehrh. 

J.  connivens  Dicks. 

J.  sculala  Web.  et  Mohr. 

J.  crenulata  Sm. 

J.  sphaerocarpa  Hook. 

J.  curla  Mart. 

J.  Tamarisci  L. 

J.  deflexa  Mart. 

J.  Taylori  Hook 

J.  curvifolia  Dicks. 

J.  taxifolia  Wahlenb. 

J.  dilatata  L. 

J.  tersa  N.  ab  Es. 

ß.  microphylla  Wallr. 

J.  tomentella  Ehrh. 

J.  emarginata  Ehrh. 

J.  Trichomanis  scopoli« 

J.  epiphylla  L. 

J.  tricreuata  Wahlenb. 

a.  fertilis. 

J.  trllobata  L. 

b.  speciosa. 

J.  uliginosa  Swartz. 

J.  Flörkii  Web.  et  Mohr. 

J.  umbrosa  Schrad. 

J.  Funckii  Web.  et  Mohr. 

J.  undulata  L. 

J.  furcata  L. 

ß,  rivularis  Hübnr. 

J.  hyah'na  Lyell. 

/.  purpurascens  Hühnr. 

J.  incisa  Schrad. 

J.  ventricosa  Dtcks. 

J.  jalacea  Lightf« 

• 

Ordo  II.  Andreae. 


XYIII.  A.  nivalis?  Hook. 

A«  rapestris  Hedw. 

B.  Laubmoose. 

Ciasais  L 

Astomi  (Mündungslose). 

I.  Phascum  Schreb.  (Ohne- 

y. piliferum  Schultz. 

mund).     . 

P.  cuspidatum  Schreb.  . 

P.  bryoides  Dicfcs. 

Clasa 

is  IL 

Gymnostomi  (I 

sTacktmündige). 

IV.  SphagnuniDillenius  (Torf- 

G. curvirostnim  Hedw. 

moos). 

G.  intermedium  Turner. 

Sph.  acutifolium  Ehrh. 

G.  Lapponicum  Sw. 

/.  rubicundum  Hübnr. 

G.  Hongeotii  Bruch. 

Sph.  compactum  Brid. 

G.  ovatum  Hedw. 

Sph.  cymbifolium  Dillen. 

G.  pallidisetum  N.  ab  Es. 

Sph.  cuspidatum  Ehrh. 

G.  pyriforme  Hedw. 

Sph.  squarrosum  Pers. 

G.  rupestre  Schwäg. 

y.  Schistidium  Brid.  (Spalt- 

VII.  Anoectangium  Hedw. 

blttthen). 

(Sperrmund). 

Seh.  Giliatam  Hedw. 

St.  compactum  Sw. 

VI  Gymnoslom.  Hedw.  (Kahl- 

IX. Hymenostomum R.Brown. 

mund). 

(Haatmund)« 

G.  calcareum  Hornsch. 

H.  microstomum  Hedw. 

Classi 

s  III. 

Peristomi  (Zahnmündige). 

Ordo  I.  Acrocarpi* 

(Gipfelfrüchder). 


X.  Tetraphis  Hedw.  (Vier- 
zahn). 
T.  pellucida  Hedw. 
XI.  Splachnum  L.  (Schirm- 
moos). 
Spi.  ampullaceum  L. 
Spl.  Frölichianum  Hedw. 
Spl.  sphaericum  L. 

ß.  gracile  Web.  et  Mohr. 


XIV.  Tayloria  Hook  (Zitter- 
haar). 
T.  splachnoides  Hook. 
XV.  Encalypta  Schreb. 
(Glockenhut). 
E.  ciliata  Hedw, 
E.  rhabdocarpa  Schw. 
E«  strepto^arpa  Hedw. 
E»  vulgaris  Hedw. 
4 


—  so  - 


XviL  Anacalypta  Roehl. 
(Siebzahn). 
A.  rubella  Hüb. 
A.  N.  Nach  Dr.  Sauter  eine 
neue  Species,  wie  es  scheint, 
von    mir  entdeckt   in    Lisens 
am  24.    Sept.  -  i840.      Siehe 
in    Herb.    Mus.    et   Wilt     et 
Gymnas. 

XYIII.  Weissia  Hedw.  (PerU 
moos). 
W.  acuta  Hedw. 
W.  controversa  Hedw. 
W.  crispula  Hedw. 
W.  denticulata  Schwäg. 
W.  Martiana  Hornsch. 
W.  pusilla  Fnnck. 
W.  Starkeana  Hedw. 
W.  verticillata  Schwftg. 
W.  viridula  Hedw. 
XXin.  GrimmiaEhrh.(Zwerg- 
,       moos). 
G.  affinis  Hornsch. 
6.  Alpestris  Schleich. 
G.  alpicola  Sw. 
G.  apocarpa  Hedw. 
G.  atrata  Mielich. 
G.  commutata  Hbnr. 
G.  conferta  Funck. 
G.  cribrosa  Hedw. 
G.  crinita  Brid. 
G.  elatior  Brid. 
G.  incurva  Schw. 
G.  leucophaea  Grev. 
G.  ovata  Web.  et  Mohr. 
G.  pulvinata  Hedw. 
XXI Y.  Racoroitrium  Brid, 
(Zackenhaube). 
R.  canescens  Brid. 
R.  fasciculare  Brid. 
R.  lanuginosum  Brid. 
R.  microcarpon  Brid. 
ß,  Sudeticüm  Funck. 
XXV.  Cinclidotus     Pal.    de 
Beauv.  (Gitterzahn). 
C.  fontinaii£Pal.deBeauv« 


XXYI.  Fissidens  Hedw.  (Far- 
renmoos)^ 

F.  adianloides  Hedw. 

F.  bryoides  Hedw. 

F.  osmundioides  Hedw. 
XXYU.  Dicranum  Hedw.  (Ga- 
belzahn). 

D.  crispum  Hedw. 

D.  eloogatum  Schwflg. 

D.  gracilescens  Web.  et 
Hohr. 

D.  glaucum  Hedw. 

D.  longifolium  Ehrh. 

D.  montanum  Hedw. 

D.  polycarpon  Ehrh. 

D.  rugosum  Brid. 

D.  scoparium  Hedw. 

D.  Starkii  Web.  et  Mohr. 

D.  strumiferom  Ehrh. 

D    squarrosum  Schrad. 

D.  subulatum  Hedw. 

D.  varium  Hedw. 

1>.  virens  Hedw. 

XXVIII.  Ceratodon  Brid. 
(Hornzahn). 

C.  purpureus  Brid. 

y.  brevicaulis  Hfibnr. 
c.  alpestris  Hfibnr. 

XXIX.  Didymodon  Hedw. 
(Zwillingszahn}, 

D.  capillaceus  Schrad. 
ß.  compactus  Hfibnr. 

D.  flexicaulis  Schwäg. 
D.  glaucescens  Web.  et 

Mohr. 
D.  obscurus  Kaulf. 
D.  rigidulus  Hedw. 
XXX.  Trichostomum    Hedw. 
(Haarmund). 
T.  piliferum  Smitt. 
XXXI.  Barbula  Hedw.  (Bart- 
moos). 
B.  aloides  Hübnr. 
B.  brevirostris  Hübnr. 
NB.  In  Ahrn  entdeckte  ich 
1840  den  17.  September  eine 


—    51    - 


hierher  gfehörigre  Species,  wel- 
che Dach  Dr.  Sentner  neu  zu 
sein  scheint.  Die  Exemplare 
befinden  sich  im  Herb.  Mus. 
et  Wilt.  et  Gymna^. 

B.  fallax  fledw. 

B.  inclinata  Schwäg. 

B.  membranifolia  Schultz. 

B.  muralis  Timm. 

B.  rigida  Brid. 

B.  tortuosa  Web.  et  Mohr. 

B.  unguiculata  Hedw. 

XXXII.  Syntrichia  Bride!. 

(Netzmund). 
S.  ruralis  Brid. 
S.  subulata  Web.  etHohr. 

XXXIII.  Orthotrichum    Hedw. 

(Goldhaar). 
0.  affine  Schrad. 
0.  anomal  um  Hedw. 
0.  crispum  Hedw. 
0.  Gupulatum  Hofl^m. 
0.  Hutchinsiae  Sm. 
0.  obtusifolium  Schrad. 
0.  speciosum  N.  ab  Es. 
0.  striatum  Hedw. 
XXXY.  Aulacomnion  Schwäg. 
(Furchenbüchse). 
A.  palustre  Schwäg. 
XXXVIII.  MniumLinn.(Stern- 


H.  cuspidatum  Hedw. 
M.  hornum  L. 
M.  punctatum  Hedw. 
M.  rostratum  Schw. 
M.  roseum  Hedw. 
M.  spinosum  Schwäg. 
H.  serratum  Schwäg. 
H.  unduJatum  Hedw. 
XXXIX.  Webera   Hedw. 
'      (Webera). 
W.  cruda  Bruch. 

ß,  minor  Schwaeg. 
W.  elongata  Schwäg. 
W.  nutans  Hedw. 
XL,  Bryum    Dillen.    (Kno- 
tenmoos). 


B.  argenteam  L 
B.  caespiticium  L. 
B.  capillare  L. 
B.  crudum  Schreb. 
B.  Funckii  Schwäg. 
B.  julaceum  Schwäg. 
B.  Ludwigii  Spreng. 
B.  nutans  Schreb. 
B.  pallens  Schwäg. 
B.  pseudotriquetmm  Hedw. 
B.  pysiforme  L. 
XLI.  Pohlia  Hedw.  (Pohlia). 
P.  cuculata  Bruch. 
P.  elongata  Hedw. 
XLII.  Heesia  Hedw.  (Meesia). 
M.  alpina  Funck« 
H.  uliginosa  Hedw. 
XLIIi.  PtychostomumHomsch. 
(Faltenmund). 
Pty.  compactum  Homsch. 
XLIV.  Funaria  Schreb.  (Dreh- 
moos). ^ 
F.  faygrometrica  Schreb. 
XLV.  Philonotis  Brid.  (Bmn- 
nenmoos). 
Ph.  fontana  Brid. 
ß.  faicata  Brid. 
y.  alpina  Brid. 
Ph.  Harcnica  Brid. 
XL  VI.  Bartramia  Hedw. 
(Bartrams-Hoos). 
B.  crispa  Swartz. 
B.  Halleriana  Hedw. 
B.  ithyphyila  Brid. 

B.  Oederi  Swartz. 
XLVH.  Timmia  Hedw   (Tim- 

mie). 
T.  austriaca  Hedw. 
T.  megapölitana  Hdw« 
XLVIII.  Catharinea  'Ehrh. 

(Schildmoos). 

C.  undulata  Web.  et 
Mohr. 

XLIV.  Polytrichum  Linn. 
(Filzinfltze). 
P.  aloides  Hedw. 

4» 


—    52    — 


P.  alpestre  Hoppe. 
P.  alpinom  L. 
P.  commune  L. 

ß.  campestre  Wallr. 
/  y.  uliginosum  Wallr. 
P.  formosum  Hedw. 
P.  hercynicom  Hedw. 
P.  juniperiDum  Willdw. 


ß.  affine  Roehl. 
P.  nanam  Hedw. 
P.  piliferum  Schreb. 
P.  septentrionale  Swarts. 
P.  urnigeram  L. 
L.  Buxbaumia  Linn.  (Bnx- 

baomie). 
B.  foliosa  L. 


Ordo  II.  Pleurocarpi. 

(Seitenfrüchder). 

Seta  lateral!. 

Hypnoideae. 

Seriee  L  Peristomio  simplici  (^Haploperietemi). 

LIL  Leacodon  Schwftg.  L.  scioroides  Schwäg. 

(Weisszahn). 

Series  IL  Peristomio  duplici  (^DiploperistomiJ. 


UV. 

L. 

L. 

LV. 

A. 
A. 
A. 

Lvn. 

N. 
LVIII. 
L. 
L. 
L. 
L. 
L. 
l. 
LX. 


LXI. 


Leptohymenium 
Seh  wäg.  (Zartzahn), 
filiforme  Hübnf. 
gracile  Hübnr. 
Anomodon  Hook. 
(Trtlgzahn). 
cladorrhizans  Hübnr. 
curtipendalus  Hook, 
viticulosus  Hook. 
Neckera   Hedw. 

(Neckera). 
crispa  Hedw. 
Leskea  Hedw.(Leskea). 
complanata  Hedw. 
incorvata  Hedw. 
polyantha  Hedw. 
sericea  Hedw. 
subtills  Hedw. 
trichomanoides  Hedw. 
Cliraaciom   Web.  et 

Mohr.  (Leiterzahn), 
deutroides  Web.   et 

Mohr. 
Isotheciam  Brid« 

(UroeniDOOs). 


I.  eatenolalam  Hdbnr. 
I.  myosuroides  Brid. 
I.  myurum  Brid. 
I.  rufescens  Hübnr. 
LXII.  Hypnum   Linn.   (Ast- 
moos). 
,H.  abietinum  L. 

ß.  paludosum  Wah- 
lenb. 
H.  aduncum  L. 

d.  longipes  Brid. 
H.  albicans  Neck. 
H.  alpestre  Sw. 
H.  alpinum  Turner. 
H.  Blandowii   Web.    et 

Mohr. 
H.  brevirostre  Ehrh. 
H.  commutatum  Hedw. 
H.  confertum  Dicks. 
H.  cordifolium  Hedw. 
H.  crista  castrensis  L. 
H.  cupressiforme  L. 
€.  filiforme  Brid. 
^.  crispatissimomBrid, 
$.  plumosmn  Hart. 


—    53    — 


t]  hamolosaiD  Brid. 

H. 

reflexnm  Stark. 

H. 

ciupidalum  L. 

H. 

revolvens  Schw. 

H. 

faicatum  L. 

H. 

riparium  L. 

H. 

fastigiatam  Brid. 

H. 

riparioides  Hedw. 

H. 

flnitans  L. 

H. 

rugosum  Ehrh. 

ß.  gracile  Hflbnr. 

H. 

ruscifolium  Neck. 

/.  adancioides  Brid. 

H. 

ratabalum  L. 

H. 

filiciaum  L. 

y.  aureo  —  vircns 

y.  filiforme  Hflbnr. 

Brid. 

<S.  gracilescens  Brid. 

H. 

salebrosDRi  Hoffm. 

€.  lanatnm  Brid. 

H. 

Schreberi  Willdw. 

rj.  fallax  Hook. 
Juviatile  Swarz. 

H. 

scorpioides  L. 

H. 

H. 

splendens  Hedw. 

H. 

Halleri  L. 

H. 

serpens  L. 

H. 

intricalum  Uedv. 

ß.  spinilosam  Sm. 

H. 

incarvatum  Scbrad. 

y.  byssoides  Brid. 

H. 

loDgirosIrum  Ehrh. 

H. 

sqoarrosum  L. 

H. 

lutescens  Huds. 

H. 

Starkii  Web.  et  Hohr. 

H. 

lycopodoides  SchwSg. 

H. 

8tel]atttm  Schreb. 

H. 

molle  Picks. 

H. 

straminettm  Dicks. 

H. 

mioram  Hedw. 

H. 

sylvaticum  L. 

H. 

iDoliuseum  Hedw. 

. 

ß.  denticalatum  Turn 

H. 

murale  Neck. 

H. 

subsphaericarpoD 

H. 

nilens  Schreb 

Schw. 

H. 

palustre  Hoffm. 

H. 

tamariscinuin  Hedw. 

H. 

piliferum  Schreb. 

H. 

triquetram  L. 

H. 

plicatum  Scbimp. 

H. 

uncinatam  L. 

H. 

populeum  Hedw. 

H. 

velutinuiD  L. 

H. 

polymorpbum  Hedw. 

ß.  sericea  Httbnr. 
FontinalisLinn.  (Hüll- 

H. 

praelongum  L. 

Lxni. 

H. 

plumosum  L. 

moos). 

H. 

purum  L. 

F. 

antipyretica  L. 

H. 

radicale  Hedw. 

F. 

squamosa  L. 

H. 

recognitum  Hedw. 

XX 


-    54    — 


Verzeiclmiss  *> 


der  in  den  Umgebungen  von  Innsbruck,  Liiens  und  Tarrenz 

aufgefundenen  Liohenen  (Flechten),  nebst  einigen,  die  mir 

aus  Stldtirol  sind  mitgetheilt  worden« 


Ordo  I.  Gymnocarpi  Schrad. 

Trib.  L  Parmeliaceae. 


CQCulata  L. 
glauca  L. 
islandica  L. 
b«  platina  Ach. 

c.  crispa  Dill, 
janiperina  L. 
nivalis  L. 
pinastri  Schreb. 
saepincola  Ehrh. 
tristis  Web. 
Parmelieae  Esehw. 
Peltigera  Wild, 
aphthosa  L. 
canina  L. 

crocea  L. 
horizonlalis  L. 
malacea  Ach. 
polydactyla  Neck, 
b.  scutata  Wulf, 
resupinata  L. 

d.  helvetica  Ach. 
rufescens  Neck, 
saccata  L« 
venosa  L. 
Sticta  Ach* 
sylvatica  L. 


^)  Geordnet  nach  Flies  Flechteiibescfareibimg. 


A.  Usneaceae  Eschw. 

C. 

I.  Usnea  Ach. 

C. 

U.  barbata  Fr. 

C. 

a.  florida  L. 

b.  hirta  L 

d.  dasypoga  Dill. 

C. 

II.    Bvernia  Ach.  Fr. 

C. 

E.  divaricata  L. 

C. 

E   farfuracea  L 

C. 

b.  ericetorum  Ach. 

c. 

E.  jobata  Fr. 

B. 

a.  bicolor  Ehrh. 

VI. 

b.  chalybeiformis  L. 

P. 

e.  implexa  L. 

P. 

d.  setacea  Ehrh. 

P. 

E.  ochroleuca  Fr. 

P. 

a.  rigida  Vill. 

P. 

c.  sarmentosa  L. 

P. 

b.  arenaria  Fr. 

E.  vulpioa  L. 

P. 

III.   himalina  Ach.  Fr. 

R.  calicaris  Fr. 

P. 

a.  fraxinea  L. 

P. 

R.  pollina^ia  Ach. 
V.  Cetraria  Ach.  Fr. 

P. 
VII. 

'  C.  aculeata  Ehrh. 

St. 

—    55 


St.  pulmomcea  L. 
YIII.  Parmelia  Ach. 
P.  alearites  Hoffro. 
F.  ambigua  Walf. 
.    P   aurantiaca  Fingerh. 

ß.  flavofusca  Hoffro. 

y.  clava  Dicks. 
P.  badia  Fers. 
P.  braonea  Sw. 
F.  calcarea  L. 

ß.  giaacopia  Fi. 
F.  caperata  L. 
F    centrifoga  L. 

caesia  Hoffm. 

b.  tenella  Mich. 

chlorophana  Wahl. 

cbrysoleuca  Sm 

ciliaris  L 

cinerea  L. 
F.  coDspersa  Ehrh. 
F.  corrugata  Ach 
F.  crassa  Huds. 

b.  raelaloma  Ach. 
F.  elegans  Luk. 
F,  fahlunensis  L 
F.  haematomma  Ehrh. 
F.  lentigera  Web. 
F.  inelanaspis  Wahl. 
F.  marorum  Hoffm. 

b.  lobulata  Fl. 

f.  citrina  Hoffm 

ß.  miniata  Fr. 
F.  obacura  Ehrh. 
F.  ocrinaeta  Ach 
F.  olivacea  L. 


F. 

P 
F 
F 
F. 


F.  oreina  Fr. 
P.  parietina  L. 

b.  aoreola  Ach. 

c.  ectanea  Ach. 
b.  pygmaea  L. 

F.  pallescens  L. 
F.  perlata  L. 
P,  physodes  L. 

ß.  encausta  Dec. 

/.  intestijiiforinJs  L 
F.  pulverulenta  Schreb. 
F.  saxatilis  L. 
F.  saxicola  Pollich. 

d«  diffracu  Ach. 

e.  versicolor  Sched. 
F.  scruposa  L. 

ß,  bryophila  Ach. 
F.  speciosa  Wulf. 
F.  sordida  Wallr. 

a.  glaucoma  Dill. 
F.  stellaris  L. 

b.  hlspida  Dill. 
P.  subfusca  L. 

a.  discolor  Fr. 

y.  albella  Fr. 
F.  stygia  L. 

'  ß.  lanata  Heyer. 
F.  tartarea  L. 
F.  tiliacea  Ehrh. 
F.  varia  Brhrh. 

e.  saepincola. 
F.  ventosa  L. 

F.  vitellina  Ehrh. 
X.  Gyalecta  Ach. 

G.  cupularis  Ach. 


Tvib.  IL  Lecidinae. 


XI.  Stereocaulon    (Schreb.) 

Ach. 
St.  alpinum  Laur. 

botryosum  Ach. 
St.  denudatam?  Fl. 
St.  coDdensatum  Hoffm. 
St.  coralloides  Fr 
St.  incriMtatam  Fl. 


St.  nanum  Fr. 
St.  pafchale  (L.)  Fr. 
St.  täflntosum  Fr. 
Xn.  Cladonia  Hoffm. 
C.  alcicornis  Ligthsf. 
C.  bellidiflora  Ach. 
C.  botrytes  Hag. 
C.brachiata  Ach* 


—    56    - 


C.  coraucopioides  1. 
C.  cornuta  L. 
C.  deformis  L. 
C.  degenerans  Fl. 
C.  digitata  L. 
C.  fimbriala  L. 

b.  tubaeformis  Vaill. 

e.  radiata  Tournf. 
C.  furcata  (Schreb.)   Smrf. 

b.  cristata  Hoffm. 

c.  racemosa  Schrad. 
C.  gracilis  L. 

a.  verticillata  Vaill. 

b.  hybrida  Schaer. 

c.  elongala  Scheuchz. 
C.  macilenUi  Ehrh. 

a.  fiJiformis  Dill. 
c.  clavata  Hoffm. 
C.  pyxidata  L. 

a.  chlorophaea  Fl. 

b.  exilis  Hoffm. 
C«  rangiferina  L. 

b.  silvatica  Fl. 

c.  alpestris  Dill. 
C.  squamosa  Hoffm. 

a.  ventricosa  Mich. 

b.  attoDuata  Hoffm. 
uncialis  L. 
vermicularis  Sw. 

XIH.  Baeomyces  Pers. 

B.  roseus  Pers. 
XIV.  Biatora  Fr. 

B.  byssoides  L. 

B.  decipiens  Ehrh. 

B.  glebulosa  E.  B. 

B.  iestacea  Hoffm. 


C. 
C. 


L. 


B.  globifera  Ach. 
B.  icmadophila  Ehrh. 
B.  rivulosa  Ach. 
B.  vemalis  L. 
XV.  Lecidea  Ach. 
L.  albocaerulesceos  Wulf. 

a,  acrostacea  Fr. 
ß,  immersa  Fr. 
armeniaca  Kam. 

L.  atroalba  L. 

c.  subconcentrica  Flotw. 
L.  atrobrunnea  Ram. 
L.  badia  Fu. 
L«  Candida  Web. 
L.  contigua  Hoffm. 

a«  disciformis  Fr. 

b.  convexa  Dill. 
ß.  platycarpa  L. 

L.  conglomerata  Ach. 
L.  epigaea  Pers. 
L.  geographica  L. 

a.  atrovirens  Wulf.- 

b.  contigua  Dill. 

c.  alpicola  Schaer. 
d    pulverulenta  Fr. 

e.  conglomerata  Wabib. 
L.  Horio  Ram. 

ß.  coracina  Schaer.  - 
L.  marginata  Schaer. 
L.  parasima  Ach« 
L,  polycarpa  Smrt« 
L.  protusa  Fr. 
L.  sabuletorum  FL 
L.  vesicolaris  Hoffm. 

d.  glebulosa  Wahl. 
L   Wahlenbergii  Ach. 


Trib,  III,  Ghraphideae. 


XVIII.  Umbilicaria  H«ffm. 
U.  atroprninosa  Miaer. 
a«  anthracina  Wulf. 

b.  tessulata  Ach. 

c.  reticulata  Ach. 

d.  corragata  Ach. 
U.  erosa  Web. 


U.  hyperborea  Ach. 
U.  polyrrhizos?  L. 
U.  polyphylla  L. 

b.  deusta. 
U.  proboscidea  L. 

b.  tornata  Ach. 

c,  arctica  Ach* 


—    57    — 


?.  cyllndrica  L. 
rigida  Hoffm. 
D.  pustalata  L. 
U«  veliea  L. 

a.  depreasa  Schaer. 

ß.  hirauta  Ach. 


}f.  apadochroa   Eih«  et 
murtna  Ach. 
XVIIL  OpegraphaHamb.  Pen. 
0.  rupeatria  Pen, 
0.  acripta  L. 
0.  varia  Pera. 


Trib.  IV.  Calicineae  Fr. 


XX.  Calicinam  Pera. 
C.  leDticolare  Fr.  macr« 
C.  roacidum  Fl. 


C.  tigillare  Ach. 
C.  tiinpanellum  Ach. 


XXI.  Sphaerophoron  Pera. 
Sph.  compreaaum  Pera. 


Ordo  II.  Angiocarpi. 

TribJ  I.  Sphaerophareae  Fr. 
Sph.  fragile  L. 


Trib.  IL  Endocarpeae  Fr. 


XIII.  EndocarpoD  Hedw. 
E   fluviatile  Web. 
E.  mioiatom  L. 

b.  complicatoiD  Sw. 

c.  leptophyilum  Ach. 
E.  pnsilloBi  Hedw. 


b.  mfeacena  Ach. 
XXIY.  Sagedia  Fr. 

S.  cinerea  Pera. 
XXVI.  Pertoaaria  DC. 

P.  comrounia  DC. 

P.  sorediata  Fr. 


Trib.  III.  Verruearieae  Fr. 


XXIX.  Vermcaria  Pera. 
V.  epigaea  Ach. 
V.  mnacomm  Fr« 


y.  mpeatria  Ach. 
a.  calciaeda  Dec. 


w  - 


Apendix. 


Collema  Hille. 
C.  fascicttlare  L« 
C.  mlnutissimum  FI. 
C.  multifidam  Scop, 

f.  jacobaeaefoliam  Schrank. 
C.  muscicola  Sw. 
C.  myochorum  Ehrh. 

a.  satnrninttin  Dieka. 
C.  rapestre  L. 


Sehliuibemerkiuig.  Es  dörfle  hier  nicht  ohne  Interesse  sein, 
aus  meinen  botanisoben  Annalen  die  BergspiUen  and  Glelscher 
anzugeben,  die  ich  bei  meinen  Exkursionen  erstiegen  habe,  lun 
wenigstens  einigermassen  den  Liebhaber  der  Botanik  mit  den  Höhen 
bekannt  za  machen,  auf  welchen  mh  der  Be|<4ithHiyi  der.l^ryplo- 
gamen  -  Flora  entfaltel. 


—    59    — 


N    a    m  'e. 


Zeit^ 
wann  erstie- 
gen 


Höhe. 


Glungezer,  Berg  südlich  von  Hall 
Patscherkofl  bei  Innsbruck     .    « 

Kleinglunggezer 

Kreuzjoch  im  Wippthal     .    «     . 
Seriesspitze  in  Stubei   .... 

Nockspitze  (Seile)  südlich  von  Inns- 
bruck      

Mühlauer-Graben,  gegen  das  Gleirsch- 
Thal 

Lisnerfemer  in  Seilrain     «     .     . 

Längenthalerferner  bei  Lisens  in 
Seirain  • 

Falkenbacherferner,  beim  Längen- 
thalerferner auf  der  Seite  von 
Oezthal  durchschritten  bei  der 
Ersteigung  der  grünen  Tazzen 

Zirmkogel  bei  Lisens 

Karrijochspitze  nordöstlich  vom^Lis- 

nerferner 

Heiterwand  nördlich  von  Tarrenz    . 

Tschürgant  bei  Imst 


am 
5.  Sept. 

im. 

5.  Juli 

1842. 
19.  Aug. 

1845. 
11.  Sept. 

1843. 

7.  Sept. 
1845. 

21.  Juli 

1842. 
9.  Aug. 

1841. 

8.  Aug.  . 
1840. 

7.  Juli 
1837. 

9.  Juli 
1839. 


i9.  JttU 

1841. 
11.  Juli 

1841. 
23.  Sept. 

1841. 
15.  Sept. 

1845. 


8481'. 
7133'. 

8814'. 
7846'.' 
7610'. 


7952'. 


7275', 


NB.  1.  Die  Höhen  sind  angegeben  ans  der  Zusammenstellung 
der  Höhenbestimmungen  von  Tirol  und  Vorarlberg  von  Josef  Trinker. 

MB.  2.  Die  Höhe  der  Karrijochspitze  dürfte  bei  9000'  haben» 
und  die  grünen  Tazzen  ebenfiills  bei  9000'. 


Anton  Perktold,  C.  W« 


Inhalt 

Gesohichfliche  Abtheilung. 

Seite 
Ladnner  P«  Jvstllliail.     Urkmidliehe  Geichichte   der   Edlen 

Ton  Tanren    .        .        .        .  ^  ....      5 

Attlliulyr  Fiiedridi  Ton.    Die  dentacben  Kolonien  in  Gebirge 

zwiicben  Trient,  Bassano  nnd  Verona  ....    90 

n. 

Naturwissenschaftliche  AbtheUung. 

Plehler  Adolf.    Beitrage   snr  Geognotie  Tirol«.    (Vierte  Folge)      S 
Plehler  Adolf.    Kleine  Beiträge  sor  Botanik  Tirols  ...     17 
Sohmnek  Joaehlm  yon.    Flora  der  ümgebvng  Ton  Stening     .    19 
Perktold  Anton.    Verseicbnits   der   in    den  Umgebuigen  tob 
Innsbniek,    Lisene  nnd  Tarrens  anfgeftmdenen  Leber* 
nnd    Latibmooie,     nebst  einigen,     die    ans    Südtirol 

sind  mitgeiheilt  worden .47 

—    ,•    —    Verzeiebniss  der  in  den  Umgebungen  von  Innsbruck» 
.    Lisens  und  Tarrens  aufgefundenen  Licbenen  (Flechten), 
nebst    einigen,      die    aus    Südtirol    sind    mitgeüieik 
▼Orden «...    63 


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