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Tirol iJiHt VorJirlliciT*.
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Urkundliche Beiträge
zur
Gescbicbte des dentschen Ordens
in
TIROL.
Von
F. Justiiiian Ladurner.
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Innsbruck,
Drack der Wagnerischen Bocbdruckerei.
1861.
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„Wen über ein Land auch nur das Geringste
interessiri, dem is6 schwer, etwas zu sehreiben,
was ihm nninteressant wftre.^
„Aber nur Facta, bOse, wenn keine gnten, kleine,
wenn keine grossen; die Urtheile machen wir ans
lieber selbst^
Johann v. Maliers Briefe &n seinen Bruder, 18. März 1803.
sedl von dem Wunsche, dass Jeder, welcher «uf irgend
eine Weise sich im Stande fttblt, zur Aufhellung der Geschichte
seines Valerlandes beizutragen, dieses auch bethätigen mOge,
insbesondere, wenn es irgend eine Parlhie derselben betrifft,
welche bisher noch gar nicht oder nur wenig behandelt worden
ottd dennoch für selbe einiges Interesse bietet, hat der Samm-
ler vorliegender Beiträge zur Geschichte des deutschen Ordens
in Tirol es gewagt , selbe dem Wunsche gemäss hiemit der
Oeffentlichkeit zu übergeben.
Unsere Chi^btenvAJH (?^e,hjc^tschjreiber wussten bisher
aber das EntsteheA;!de£:8e<^ts€iiea* Ordensbailei an der Etsoh
und im Gebirge sowi€*dtfK ^rA^Jfn^ Comenden derselben und
deren Schicksale mt/ijäit!yiti^n^^; und selbst diess Wenige
theils nur fragmentarisch, theils nicht selten irrig zu berichten^;
worüber man sich aber nicht zu sehr verwundem darf, wenn
man bedenkt, dass der deutsche Orden seit Jahrhunderten seine
Archive und Urkunden mit Argus-Augen bewachte. — Erst In
leaester Zeit hat Herr Hathias Koch in dem ersten Hefte des
Jahrgangs 1849 des von der kaiserl. Akademie der Wissen-
— 4 —
schatten herausgegebenen Archivs für Kunde der östr« Geschichts-
Quellen „Beiträge zur Geschichte des deutscheji Ordens in Tirol,
geschöpft aus Urkunden des Archivs der Deubchordens-Ballei
zu Bozen^ veröffentlicht ; ich glaube Jedoch, dass dadurch meine
Arbeit nicht ttberflassig gemacht worden; denn bei aller Ach-
tung für Anderer Leistungen, besonders wenn selbe eine noch
gar nicht oder nur wenig bearbeitete Parthie unserer vater-*
ländischen Geschichte betreffen, kann ich nicht umhin zu bemer-
ken, dass diese Mittheilungen ziemlich lückenhaft sind und
ohnehin nur bis zum Jahre 1486 gehen und zudem noch die
Urkunden ganz flüchtig und ungenau benützt wurden. Oder
was soll man sich denken, wenn man den Aufdruck: unam
Tietiam terrae casalivae, d. b. ein Grundstück, worauf ein
Bauernhaus steht, von Hm. Koch S. 15 in einen Fels (Petra)
eines casaiinischen Landgutes umgewandelt liesst? — oder
wenn Hr. Koch S. 22 die Urkunde, wodurch Bertold, der
Patriarch von AquUeja, den Augustinern zu Maria Coronata;
„collätiones vobis factas a venerabilibus Fratribus episcopo
tridentino de monasterio sanctorum Marii et Marthae, et ab
episcopo feltrensi de monasterio sanctorum Petri et Bartholomei^
bestätiget, folgender Weise anführt: „1245. Verona. Bertold
von Aquileja bestätigt* Ideptf Augustf^^-^le^tir: Maria Krönung
• • • • ••• • • • ••• • •
in Trienl die Spenden von .hei}igCjp«Q(^ri&qp, welche demselben
von dem Kloster der heiHgiA*Märiit^«*unJl Martha, und vom
Bischöfe von Feltre aus *<^m*ff)<^^i>dS3r lieiligen Petrus und
• ••• ••••• ••••
Bartholomäus zugeflossen sind.^ — Seite 15 lässt Hr. Koch
den Grafen Johann von Tirol (ersten Gemahl der Gräfin Mar-
garetha Maultasch) das von Jacob dem Trautson den Brüdern
zu Sterling geschenkte lehenbare Gut zu Peweren im Jahre
1319 vom Lehensverbande lösen; — während doch dieser Graf
Johann erst im Jahre 1322 geboren wurde; in der Urkunde
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steht gut leserlich : Heinrich , Graf von Gön ^und Tirol. —
Deriei Unrichtigkeiten finden sieh in seinem Aufsätze noch
mehrere; jedoch werde ich mich weder hier noch in den vor«
hegenden Beiträgen weiter mit Anfahmng and Widerlegung der-
selben befassen, da der geneigte Leser durch Vergleichung
meiner genau nach dem Inhalte der Urkunden gelieferten Aus-
zfige mit den BeitrSgen des Hm. Koch selbe leicht selbst
erkennen kann.
Da mir durch die zuvorkommende Güte des ehemaligen
Verwalters der Land-Coraende Weggenstein zu Bozen, des
Hrn. Ernst, sowie auch des jetzigen, Hm. Nair, C<ienen ich
hiemit zugleich meinen innigen Dank dafür erstatte) die Be-
nützung des Ordens-Archivs daselbst gestattet wurde, sowie
auch anderwärts in andern Archiven bezügliche Urkunden mir
in die Hände kamen, so wollte ich hiemit den Versuch wagen,
nicht so sehr eine vollständige Geschichte des deutschen Ordens
in Tirol, als vielmehr nur erweitertere Betträge zu derselben,
^ in so weit vorliegende Urkunden oder anderweitige verläss-
liche Aktenstücke und Aufzeichnungen Stoff dazu gewährten,
ZD liefern. — Diese Beiträge machen keineswegs auf Vollstän-
digkeit Anspruch uiid dürften wohl für immer etwas lückenhaft
bleiben, da soiwA*\,ie\\^TiaiAfec(k^^äe in Sterzingen gegen
Ende des 15. Jahrhw^efl» sowie, ^ie Plünderung der Comeii-
den zn Bösen und Leiigitiodsi^ntlahre 1525 durch die rebelli-
schen Bauern seKr nefeontere^ktiß Urkunden vernichteten,
während andererseits die unverzeihliche Vernachlässigung der
Urkunden und Schriften der Comende Schlanders seit ihrer
Aofhebung durch die baierische Regierung, und nicht minder
Fahrlässigkeit am Ende des vergangenen und im Anfange dieses
Jahrhunderts gegen das Ordens-Archiv zu Bozen manche schätz-
bare Nachricht über den Orden in Tirol zu Grande gehen Hessen.
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ZEITSCHRIFT
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urkundliche Beiträge
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Kschichte des deotschefl Ordens
in
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Von
F. Justmian Ladurner.
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Druck der Wagnerischen Bucbdruckerei.
1861.
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hiess, der die im Verlaufe des dreizehnten Jahrhunderts ent-
standenen Comtureien, nämlich Bozen, Lengmoos, Schlauders,
Sterzing und Trient unterstanden; der bestttndige Sitz des
Landcomturs, welcher öfter auch die Wttrde eines Comturs zu
Bozen und nicht selten auch zu Lengmoos zugleich verwaltete,
war stets in der Comende Bozen.
Diess neugestiftete peutschordens-Hospital fand bald ver-
schiedene Wohlthftter, die dessen Wohlstand zu heben bemflht
waren; schon 1203 wehrt und verbietet ein gewisser Heinriph
der Bozner auf dem Eisack-Brflckenkopfe stehend, in Gegen-
wart des Bischofs von Freisingen, Alberts, Grafen von Tirol
und mehrerer Edlen seiner Schwester Hechtild (sollte dieses
etwa die nämliche oben erwähnte Frau Hechtild, Gemahlin
des Stifters Hm. Girold's von Bozen gewesen sein ?) ihre Güter
der Kirche des hl. Johannes (somit wohl dem neuentstandenen
Hospitale der deutschen Brflder, welches ja den Titel „zum
hl. Johannes^ führte,) — zu Qbergeben. CBormair, Oesch.
Tirols. Urk. 7TJ
Als vorzügliche Wohlthäter des deutschen Ordens erwiesen
sich die Edlen von Wanga; am 18. Mai 1212 schenkten die
Brüder Adalpret und Beftold von Wanga dem Fr. Conrad zu
Gunsten der St. Johann Baptist und Evangelist Capelle und des
dabei gelegenen Hospitals die St. Martins Capelle dei Pfarre
Gevelan (Göflan) sammt allen dazu gehörigen Rechten, Gütern
u. s. w., und am 15. September desselben Jahres bestätigte
ihr Bruder Friedrich von Wanga, Bischof von Trient, diese
Schenkung und vergabte ihm noch dazu im Namen des Stifts
Trient das demselben zuständige Zehentrecht von allem Heu
auf den Wiesen in der Artlung unterhalb des Schlosses
Griffeostain. C^rk. im FerdinandeumJ
Besonders aber war Kaiser Friedrich II. dem deutschen
Orden gewogen und trug sehr viel zum Emporkommen dessel-
ben in Tirol bei, wie seine Vergabungen an denselben zu
verschiedenen Zeiten beweisen. Durch Urkunde, gegeben zu
Aldenburc 12. Febr. 1214 thut er kund, dass er auf die För-
— f1 —
derong des Hospitals der Ritter des deutschen Ordens zu Jeru-
salem eifrigst bedacht zur Vermehrung der Einkünfte desselben
thatsichlich beitragen wolle; daher schenke er demselben zu
enrigem Eigenthum die Kirche zu Schardes mit aller Zu-
gehör und allen ihren Rechten und die Capelle der hl. Mar-
greth mit allen ihren Besitzungen, und setze auf Beirrung dieser
Vogabong die Strafe von 100 Pfund Goldes, wovon die eine
Hllfle dem königlichen Fiscus, die andere den Beschädigten
zufallen solle. Zeugen dessen : Engelhard Bischof von Nuen-
bürg (Naumburg), Hermann Landgraf von Thüringen, Diedrich
Harkgraf von Meissen, Otto Herzog von Meranien, Albert Graf
von Ebersteitt, Graf Adolf von Schowenburc, Graf Burkard
von Mannesfelde, Albert Burggraf von Aldenburc, Heinrich von
Widach. 0. A. ^) In Betreff der hier geschenkten 8t. Har-
garelhen Capelle, deren Lage nicht näher angegeben ist, glauben
wir, dass darunter die St. Hargarethen Capelle zu Lana zu
verstehen sei; und zwar gestützt auf den Bestätigungsbrief des
Papstes Alexander IV., dat. Viterbo am 20. October 1257,
vermöge welchem derselbe dem Meister und den prüdem des
dentsehen Hauses zu Jerusalem auf ihre Vorstellung, dass
Kaiser Friedrich li. ihnen das Patronalsrecht der St. Marga-
retken Kirche zu Lanna (Lana) , welches ihm damals zugehört,
^) Uormair, Math. Koch u. A. haben dieses Schardes für Schlaa-
ders ausgelegt; allein wir hallen dafür, es sei die Kirche in
Tschars damnter zu verstehen; da die Kirche in Schlanders
erst im Jahre 1235 vom nämlichen Kaiser dem Orden geschenkt
wurde, und die darauf bezügliche Urkunde nicht von Bestä-
tigung einer frühem Schenkung, sondern von einer neuen
Vergabung spricht. — Da aber diese Kirche in Tschars in der
Folge, nicht mehr im Besitze des deutschen Ordens erscheint,
.jM>ndern vielmehr zu Nürnberg im December 1217 vom näm-
lichen Kaiser Friedrich II. dieselbe Kirche von Schardes ,)Cum
dote et mancipiis utriusque sexus'-' dem Kloster Steingaden in
Gegenwart des Bischofs Friedrich von Trient und Bertolds des
EnKtSbUen von ßrixen u. a. m. geschenkt wurde. (Mon.Boic. VJ.
S,ti08.)^ so führt dless zur Vermulhung, dass der d. Orden
selbe obigem Stifte überlassen oder gegen Anderes ver-
laoscht habe.
— 12 —
geschenkt iiabe, vor ergangenem Sprache seiner AbseHang,
ihnen diese Vergabung besUftigl. filrcAte St. Zenoberg.^ •
Leider war des deutschen Ordens Hospitals zu Boxen
Lage an der Eisack->BrOcke nicht die glttcklichste; theils weil
es angefochten ward von den oberhalb desselben auf dem Virgl-
berg hausenden stolzen Rittern von Weineck , theils auch weil
von Seite des nahen Bisacks manchen Gefahren ausgesetzt.
Und wirklich (wie uns wenigstens alte Chroniken berichten)
wurde es schon nach kaum sechszdinjäbrigem Bestände von
den über die Ufer ausgetretenen Fluthen des wttthenden Eisack-
Stromes im Jahre 1218 hart mitgenommen, wenn nicht gar zer-
stört. — Doch dadurch Hessen sich die Ordensbrflder nieht
beirren, sondern suchten das Zerstörte so viel möglich bald
wieder herzustellen und wurden darin durch neue Schenkungen
unterstützt. Am 21. December 1219 zu Ulm schenkt Kaiser
Friedrich II. in Beisein des Bischofs Albert von Trient, des
Bischofs Bertold von Brixen, Ruperts von Halliz, Alberts Grafen
von Tirol, Ulrichs Grafen von Eppan, Hugo's von Tuvirs,
Alberts und Bertolds der Gebrüder von Wanga, Swicgers von
Richenberc, Otto*s, Swicgers und Hiltipold's von Hontealban,
Berchtolds und Engelmars der Taranten, der Brüder Albert
und Marquard von Meaigis (Hais) und Bertungs von Heaigis
dem deutschen Orden die St. Leonhards Kirche in Passeir zu
ewigem Besitz und setzt auf Beirrung in demselben die Pön
von 100 Hark Goldes. 0. A. «j. — Durch Bulle, dat. Viterbo
*) Hr. v. Hormair iu seiner goldenen Chronik von Schwangau in
der Urkundeubeigabe S. 7. fuhrt diese Urkunde mit maochen
willkQrlicfaen Veränderungen und mit: Datum apod Celina IV.
Kalend. Januarü Indictione VII. anno ab incarnatione domini
HCCXIX. an , während es in der mir vorliegenden Urkunde,
an der an einer lichtrot|)en Schnur das gewöhnliche grosse
Majestätssiegel hängt, lautet: Datum apud vlmam. xij. Kai.
ianuarii. Indictione viij. Anno ab incarnatione dni HCCXIX.
— Da nun Hormair selbst bemerkt, dass Kaiser Friedrich bald
nach der römischen mit dem 1. Jänner beginnenden Indiction,
bald aber nach der kaiserlichen, die mit dem 24. September
anfängt, datirte, so dürfte bei dieser Urkunde wohl das Letztere
- 13 -
19. Nov. 1257, besttttigle Papst Alexander IV. dem deutschen
Orden diese Scbenkong des Palronatsrechles der St. Leonhards-
Kirche in Passir, da diese Schenhung von Kaiser Friedrich vor
ausgesprochener Absetzung desselben geschehen sei. 0. A.
Bald darauf erhielten die Dentschordens-Brüder zu Bozen
ene Erweiterung ihres Wirkungskreises. Schon ums Jahr 1211
halte die thfttige Nächstenliebe nach der sehOnen Sitte damaliger
Zeil zu Lengmoos auf dem Rittncl^berge zum Besten der armen
Wanderer ein Hospital zu Ehren der glorreichen Gottesmutter
und des hl. Johann Ev. begrOndet und zu bauen angefangen
und dienende Brttder dorthin versetzt; der fromme und alles
Sole eifrig f&rdemde Bischof von Trient , Fridrich , schenkte
am 9. Jinner 1211 mit Zustimmung des Grafen Adelpret von
Tirol znr Förderung dieses vrohlthätigen Institutes zu seinem
und seiner Nachfolger Sedenheil und insbesondere zur Erquickung
der Armen, weldie über den Riltnerberg reisen, demselben
Hospitale die Pfarre Ritten, nämlich die Kirche St* Lucia
samml allen dazu gehörigen Einkünften, Zehenten und Rechten;
jedoch unbeschadet der Rechte des Priesters Peregrin, so lange
er lebt, so dass von nun an besagtes Hos|Mtal die Mutter
besagter Pfarre sein solle; zugleich setzte er fest: das Spital
sammt seinen Einkünften soll gefreit und keiner andern Kirche
oder Person unterworfen sein, und nur als Zdchen seiner Unter-
wfirfigkelt jahrlich am Sr. Vigili-Tage ein Pfund Weihrauch
an die Domkirche zu Trient entrichten; die Vogte! darüber
der Fall sein und somit die iadictio VID auf das Jahr 1219
hindeuten, wodurch auch die Bedenkt ichkeit , wie Albert von
Rafenstain, der Begleiter des auf seiner Pilgerfahrt ins hl. Land
am 6. November 1218 zu Akkon gestorbenen Bischofs von
Trient, Friedrich von Wanga, schon am 20. December als
dessen Nachfolger auf dem Stuhle des hl. Vigilius beim Kaiser
in Ulm sein konnte, gehoben wird. Hormair selbst bekennt,
dass er diese Urkunde nur aus drei Copialbücbern und nicht
aus der Original-Urkunde entnommen, — und so dürfte v sich
der geschätzte Verfasser der trefnichen ,,Regesta Imperii^, Hr.
Böhmer, nach Verificirung des Orts und Datums dieser Urkunde
leichter mit derselben befreunden können.
.— 14 —
steht dem Bischöfe zu ; jedoch darf er weder das Hospital oder
die Vogtei darüber Jemanden für immer verleihen oder sonst
auf irgend eine Weise verwässern noch auch etwas von den
Einkünften des Hospitals oder der Pfarre zu seinem Nutzen ver-
wenden, sondern selbe sollen zur Ernährung und Nutzen der
Armen verbleiben. Einem jeweiligen Bischöfe von Trient siehe
das Recht zu, einem ordentlich lebenden Priester das Hospital
anzuvertrauen, aber nicht zu geben, und so lange derselbe
ordentlich lebt, darf er ihn nicht entfernen , es sei denn , dass
es die Mitbrüder den HospitaUi verlangen; hingegen efaien
unwürdig lebenden Priester oder Bruder kann der Bischof von
dort entfernen. Uebrigens soll das Hospital sowohl in zeitlicher
als geistlicher Rücksicht dem Bischöfe unterworfen sein. —
Hierauf schenkten gleichzeitig Hr. Wilhelm von Veltums und
sein gleichnamiger Sohn durch die Hände des Grafen Adelpret
von Tirol dem erwähnten Hospitale und den dort dienenden
Brüdern und Congregation 3 Höfe, zu Perinberg, zu Puach-
bach und in Finsterbach auf dem Ritten, ferner einen Hof in
Barbian , brixnerisches Lehen , einen Hof in Wippthal und das
Ertrügniss von 40 Schott Käse vom Berge Favazet. Sollte
der Bischof von Brtxen die Schenkung des Hofes in Barbian
nicht bestätigen wollen, so versprechen die Geschenkgeber dafür
ein Gut von gleichem Werthe aus ihrem Allode dazu herzu-
geben, und was an diesen Geschenken etwa Lehen des Grafen
von Tirol ist, erklärt dieser Letztere ebenfalls als dem Hospitale
geschenkt. — Geschehen in der Cathedrale zu Trient in Gegen-
wart von 9 Domherren und des Grafen Ulrich von Eppan,
Adelpers und Bertolds von Wanga, Bertolds Tarant, Adalprets
des Schultheisen von Balzano (Bozen) und Hrn. Conrads von
Balzano u. a. m. QCod, Wang. N. 94.) — Durch zwei andere
Urkunden dat. 7. Sept. 1214 und 15. Oct. 1214 bestätiget
der nämliche Bischof Friedrich von Trient mit Einwilligung des
Capitels obige Befreiung und erklärt besagtes Hospital frei
von jedem Abhängigkelts- und Dienstbarkeits-Verhältniss, sowie
von jeder Abgabe und Bedienstung; kein Bischof, Ritter oder
— 15 —
sonst Jemand soll es wagen, diesen Ort auf irgend eine Weise
la beschädigen; Niemanden soll das Kloster und der ganze
Orl ttnt^gestellt sein als der Kirche und dem Bischöfe von
Trienl gegen jährliche Entrichtung von 1 Pfund Weihrauch.
Kein Bischof soll das Recht haben, besagten Ort oder dessen
Gfiter lu veränssem oder zu Lehen zu geben. QCod. Wang.
y. 199 u. 124,^ — Wahrscheinlich um selbes in seiner Un-
abhäDgigkeit und in seinen Rechten zu festigen, ersuchte
Bischof Fridrich von Trient den Bischof Conrad von Brixen
auf dem Öffentlichen Placitum, welches derselbe im Jahre 1215
am Fttsse des Rittnerberges feierte, die obenerwähnten Wohl-
thäter des Hospitals, den Ritter Wilhelm von Velturns, brixneri-
schen Hinisterial, und dessen Sohn gleichen Namens zu fragen:
was für Rechte er auf das Hospital auf der Höhe des Rittner-
Gebirges, weiches vor Kurzem am Orte Zukemantel begonnen
worden, hätte and beanspruche? Ersterer erklärte, dass weder
er noch seine Erben irgend einen Rechtsanspruch darauf hätten
noch erheben wollten, falls er auch einen darauf hätte, so ver-
zichte er darauf. — Diese seine Verzichtung erneuerte er am
Grflndonnerstage 1215 zu Brixen vor den Bischöfen von Brixen
und Trient und vielen Andern. — Alles dieses beurkundet am
15. April 1215 der Bischof von Brixen In Gegenwart mehrerer
Domherren, des Propstes Ulrich von Neustift, Conrads des
Propstes in der Au, Fridrichs des Propstes von Oehringen,
Adelprets Grafen von Tirol, der Brüder Albero und Bertold .von
Wanga, Hogo's von Tufers, Eberhards von Garinstain, Otto's
von Farmian, Gotschalk's und Wigand's von Wineck u. a. m.
CCod. Wang. N. 198 J
Wie uns Harx Sittich von Wolkenstein, 14. Buch und
Brandis, Geschichte der Landeshauptleute S. 120 berichten,
wurde am 13. Juni 1225 die neuerbaute Kirche zu Lengmoos
vom Bischöfe Gebhard von Trient eingeweiht. — Damals lebte
daselbst, virie uns wenigstens die alten Chroniken berichten,
ein kinderloser Ritter, der letzte seines Stammes, Wemher oder
Bemard von Lengenmoose; dieser schenkte' ums Jahr 1220
- 16 —
alle seine Güter den deatscken Hause su Bozen und trat selbst
in den Orden, und diess war die Veranlassung, dass das zweite
Ordenshaus in Tirol, nämlich zu Lengmoos gegründet wurde,
und wahrscheinlich (aus Abgang an Urkunden lässt sich freilksh
nicht bestimmen: wann und durch wen, ausser allem Zweifel
durch einen Bischof von Trient) bald darauf wurde das vor
kurzem daselbst errichtete Spital mit dem deutschen Hause,
das ja gleiche Zwecke halte , vereinigt. — Obiger Wemher
findet sich als Spitalmeister von Lengmoos schon in einer Ur-
kunde vom 2. August 1227 , vermöge welcher auf der Wiese
Schrempach in Gegenwart des Grafen von Tirol, Reimberts
Gero, des Ritters Fridrich von Sunnburch, Otto's von Hetz,
Walters Pake, des Ritlers Lupoid , des Ritters Albert von
Lajan und dessen Sohnes Meinhard, Richters zu Cuvedun und
dessen andern Sohns Heinrich stabularius — die Herren Ge-
brüder Rubert, Hartwic, Fridrich und Heinrich von Castelrut
allen ihren Ansprüchen auf den Stangehof zn Yillanders , wel-
chen Hr. Wemher, Hospitalar zu Lengenmoos von dem Propste
zu Wiltau gegen den Riedhof zu Riede im Wibetal einge-
tauscht hatte, entsagen. 0. A. — Ebenso kommt dieser Herr
Werinh^, Hospitalar von Lengenmoos, mit Andern als Zeuge
vor, als am 22. Februar 1234 Frau Jula Zöbelin der Collegiat-
Kirche zuBrixen eine Baustätte schenkt. CSinachlV.B.S.aSjiJ
Dem neuentstandenen Deutschordenshause zu Lengmoos wohU
thätig erwies sich um diese Zeit Graf Albert von Tirol, indem
er 1232 demselben jährlich 12 Fuder Salz aus seiner Saline zu
Thaur vergabte. C^ormair, last, »tat. ArcMv, 1. B. S. 980 J
Neue Vergabungen waren unterdessen dem deutschen
Orden in Tirol zu Theil geworden. In seinem Testamente vom
14. August 1228 zu Trient vermachte Hr. Peter von Halnsco
seinen Palast zu Trient dem deutschen Orden, den Johannitern
und den Tempelrittern, jedem davon ein Drittheil. CCollect.
SperggJ — Die Entstehung des neuen Hauses zu Lengmoos war
wahrscheinlich die Veranlassung, das Mutterhaus zu Bozen zur
Comturei zu erheben; wir finden diese Benennung zueivt im
— 17 —
J. 1236 IQ einem pfipsllichen Sckreibeo« Der Bischof Genifd
foo Trieot (regierte von 1223—1233), wie seine Vorfahren
dem deatschen Orden gewogen, halte ihrem Hause zu Bozen
den Gonele- (jetzt Zonier>Hof auf dem Ritten mit Zustim-
mang seines Capitels geschenkt; durch Erlass dat. Viterbo am
16. Jtaner 1236 sehreibt nun Papst Gregor IX. seinen gelieb-
ten Söhnen dem Camiur (pi-aeeeptori) und den Brfldem
des devtschen Hauses zu Bozen, dass er auf ihr Ansuchen diese
Tom Bisehof Oerard sdtgen gemachte Vergabung bestätige. 0. A.
— Dem Beispiele seines Vorgängers Gerard folgte sein Nach-
folger, Bischof Alderich von Trient, indem er am 16. Mfirz
1234 der Marienkirche und dem Hospitale an der Elsackbrttcke,
welches ein Haus des deutschen Ordens ist, ein Gut bei dem
Kofel Qttterhalb Furmigar, wekhes 3 Pfund Bemer zinst, schenkt;
diese Schenkung ist gerichtet an Hrn. Fridrich, Hospitalar und
IVovJsor besagten Hauses. Zeugen: der Domdeean Ulrich,
Ulrich der Scolaslicus und Domherr, Hr. Eremann von Campo
md Hr. Emestoo von Bauzano (Bozen). 0. A.
Nicht minder gflostig als sein Amtsbruder zu Trient zeigte
steh Bischof Uehirich von Brixen gegen die deutschen Ordens-
bruder, indem er am 8. August 1234 auf Bitte seines Capitels
dem Hospitale der Gottesmutter Maria und des hl. Johannes Bv.
zu Bozen , welches dem deutschen Orden gehört , zur Ehre
Gottes sowie zur Unterstützung des hl. Landes und Erquickung
der Armen einen Hof in Dorian (Terian), welchen bisher
die GdMüder Dietrich und Ulrich von Serentin lehensweise
inne gehabt und nun ihm aufgesendet, vergabt. Zeugen dessen:
Wiatker der Dompropst von Brixen, Heinrich der Domdeean
aad die Domherren Wilhelm und Heinrieh von -Niwenburch,
Berloid von Azinch, Conrad sein Bruder, Hr. Sifrid der Hospi-
täler, Hr. Tridentin, Spitalmeister von Claasen; die Herren:
Wemher von Schenkenberg, Wilhelm und Heinrich, Gebrüder
von Aicha , Robert von Velsecke und Otto albus von Vels-
aeke. O.A. -
WAhreiid so die Besitzungen des deutschen Ordens im
l
— 18 —
Etochlande «llmälig sich mehrten, erhfelt er siifleich Gelegen«
heit, im Yinschgaae ein neues Haus zu gründeii; ieoB ii Anr-
betraebt der wahren Ergebenheit und der anverfäischteo Treue
sowie auch der ansehnlichen und merkwürdigen Dienste, welche
der ehrwürdige Bruder Hermann, Heister des deutschen Ordens
U. L. Fra« zu Jerusalem ihm erwiesen, schenkt Kaiser Frtd-
rieh II. im November 1235 zu Augsburg zur Steuer des heil.
Landes und Speisung der Armen dem deutsehen Ordea die
Kirche zu Schlanders, im Curer Bisthtt« sammt allen ihren
Gerechtigkeiten und Einkommen zum Eigenthum und verbietet
die deutschen Brüder in deren Besitz zu beirren unter Strafe
von 20 Pfund Goldes; zur Hälfte dem kaiserl. Fiscus und zur
Hflifte den deutschen Brüdern ftfllig. ]>ess sind Zeugen: Theo^
derieh, Erzbischof von Trier , Eberhard, Ersbiscbof von Sais^
bürg, Egbert, Bischof von Bamberg, Heinrich, Bischof von
Costnitz, Rudiger, Bischof von Passau und Conrad, Bischof
▼on Freising; ferner Otto Pfolzgraf am Rhein und Fürst in
Baieni, Albert von Sachsen, Bernhart von Kumten, Eteinrich
von Saine , Hartmann von Diliingen, Graf Fridrieh von Truche-
ningen, Golfrid und Conrad von Hohenlohe, Grafen des Reiches^
Wolfart von Cruthaim u. a. m. (Marx SUüeh v. Walket^
stein^ 18. Buch.) — Am 20. November 1257 bestfittglt
Papst Alexander IV. zu Yiterbo dem Comtur und den Brfldera
des Hospitals zu Bozen und Lengmoos auf ihre VorsteUnng
dieses Patronatsrecht der Pfarre, welches ikom Kaiser Frid-
rieh II* , weil ihm gehörig, vor ausgesprochenem Urtheile seiiMr
Absetzung geschenkt. 0. A.
Bei der Bestimmung, welche im Jahre 1239 zu Bozen
gemacht wurde in Beireff der Frage, welche Partheiea zum
Baue und Wiederherstellung der Eisackbrücke beizutragen hüten,
ward unter anderm entschieden: sowohl die Ensbüume ab
Grondbüume, die Dielen, Pomwerch, Bllune, Reisbündel und.
andere Erfordernisse zur Brücke, was immer vom Baue erübrigt,
sollen jenseits der Brücke in jenes Haus der Eisackbrücke,
welches sammt einem dazu gehörigen Garten den Brfideiii des
— 19 —
deatocheD Halues gehM and ««f der andern Stile dea alte«
SiaaekaiiMles lie^, hioterkft werden. C^ormair^ Mst krU.
BeUrUge, S. #^9). — Im Februar 1240 ericanrie Pridrieh,
CkNDlar des deotachen Haoaes bei Boaen von Hra. Sigfrid,
Verweeer des SpMs zo Brixen, eineD demselbeo zagehOngen
aber mfriH^ibaren Wlesengraad fOr 26 Pfund Hemer, wofür
letzteres den fhm von weiland Herrn Rekibert Charsinan
g^esebeakten Zehenl zu Rirenal einlasen will. O« A. — Dass
im Terlanfe der Jahre sohoa manche Jener im Jahre 1202 bei
der (Stiftung des deutsche» Hauses sa Bozen gemachten Be*
sehrtnkwigen weggefallen sek mochten, erhdit deutlieh daraus,
dass wthrenddem dasselbe das ihm anfangs verweigerte Recht,
einen eigenen Friedhof bei seiner Kirche zu haben, erlangt
halte; wie aus einer Urkunde vom Jahre 1243 hervorgebt, ver-
BM>ge welcher «m letzten Juni dieses Jahres im Friedhofe der
Kirche des St Johannes^HospKals jenseits der EisacfcbrOeke
im Benrke Bozen die Brttder Otto Faffus und Gancius von
Fimnian Ihre Gttter unter sich thellen. CBoneUi^ Tom, HL
S. 244J. — Am 27. April 1243 erkaufte Fr. Fridrich, Com-
lar des Hospitals zu Lengmooe, um 170 Pf. Bemer als freies
Sigentbam einen Hof zu Puechbaeh auf dem Ritten von den
Brädem Hugo und Ulrich, S^rtmen Herrn Wilhelms von Yeltama
^nd deren anderm Bruder Hrn. Arnold von Trostberg; das
geschah im Schlosse Stein auf dem Ritten. 0. A.
Unterdessen war der Grund gelegt worden, auf dem sieh
alhniKg ein neues deutsches Haus erhob und später die Com-
inrei Sterzhig hervorging. Ehi in der Urkunde nicht genannter
Pfarrer von Sterzing, wahrscheinlich jener im Jahre 1233
CHomudr^ OmcK Tir. IL S. M2J erwähnte Pfarrer Hart-
mann, hatte mehrere Gilter im Wlbetal und besonders den Hof
zn Thom behufe der Errichtung eines Hospitals geschenkt, und
bald ging sein frommer Wunsch in Erftillnng; bereits Im Jahre
1235 beslStlgte Papst Gregor IX. durch Bulle, gegeben am
Lateran am 13. April dem Meister und den Brüdern des Hospi-
lab zur U. Maria hn VTIbelal 4ie obeaerwühnte Schenkung
2»
— 20 —
and nimmt sie sammt dem Hospilale und den GOtern in seinen
SchuU. 0. A. <— Wir wagen es nicht bestimmt zu entscheiden,
ob dieser Magister und die BrQder dieses Marien-Hospitals sn
Stersingen wirklich dem dentschen oder einem andern Orden
angehört haben: da sie in der Urkunde selbst nicht deutlich
als solche beieichnet sind; jedoch die Urkunde, die wir nun
anzufahren haben^ scheint letztere Annahme au begtinstigen. —
Am 4. December i252 zu Perugia bestätiget Papst Innocenz IV.
dem Rector und den Brttdem des Hospitab zur heiligsten Drei-
bWgkelt und zur Gottesmutter Maria zu Sterzing das* Hospttd
selbst sammt allen seinen Besitzungen und stellt selbes unter
papstliehen Schutz, und setzt fest, dass die eanonischa Ord-
nung, welehe daselbst nach der Regel des hl. Angustin dn-
gefahrt ist, unTerbrOchlich gehalten werde. — Er nimmt in
seinen Schutz ihre Kirche und das Hospital selbst nebst den
davon abhangigen Capellen sammt Zehenten, Besitzungen und
was immer dazu gehört, femer dessen Besitzungen zu Kersbon,
Pardona, Gander und Seyten, sowie alle ihre Besitzungen jenseits
des Thurmes von Murit, ihre Güter am Wege Juventhal und
den Stein Juventhal selbst; ihre Besitzungen im Dorfe Sterzing,
die zu Tuns, die Wiese zu Arcel und die Gater zu Hamach,
sammt Wiesen, Weingütern, Aeckem, Waldungen, Nutzungs->
rechten in Wäldern und in der Ebene, Gewissem, Mahlen,
Wegen und Stegen, Freiheiten und Immunitäten. — Ton ihren
Neubrttchen, die sie entweder mit eigenen Händen bearbeiten
oder auf ihre Kosten bearbeiten lassen , und die bisher keinen
Zehent bezahlt, soll niemand emen solchen fordern darfen,
ebenso auch nicht de nutrimentis animalium eorum. — Cleriker
und Laien , welche Freie oder Freigelassene sind , und der
Welt entsagen wollen, in den Orden aufzunehmen steht ihnen,
ohne dass Jemand dagegen Einsprache erheben dürfe, frei.
Ordensglieder, welche einmal die Gelübde abgelegt, dürfen ohne
Erlaubniss des Rectors nicht mehr austreten, ausgenommen sie
treten in einen strengem Orden über; Ausgetretene darf niemand
ohne Vorweis der päpstlichen Erlaubniss aufnehmen« — Im
r
— 21 —
ADe eioes auf dem ganzen Lande lastenden InKerdietea dflrfea
die Brflder, wenn nicht etwa sie seibat die Veranlassoag des
hlerdicts gewesen, bei Terscblossenen Tlitiren und obne Glocken-
gdMe stillen Gottesdienst halten, Jedoch mit Entfernung der
Kzoommanieirten und im Banne BeSndlichen. — Die Weihe des
Cnsmä, des hl. Oehles, der Altiire und Kirche sowie ihrer
Cleriker sollen sie von dem Di^k^ao-Bischofe Yomehmen lassen,
wenn er anders katholisch ist und in Gemeinschaft mit dem
römiacfaeQ Stuhle steht. — Ohne Erianbniss des DiOcesan-o
Bischofes und der BrOder darf niemand innerhalb ihres Pfarr-
Districtes neue Capellen oder Oratorien erbauen, jedoch oube»
sehadet der pftpstlichen Privilegien. — Zugleich yerbietet der
Papst den Brzbischi^n, Bischöfen, Archidiaconen, sowie über-
hanpt allen Personen geistlichen und weltlichen Standes an die
Brfider neue und uageziemeDde Forderungen zu stellen. —
Mit Ausschluss solcher, welche dem Interdicte oder dem Banne
Bolerliegen, sowie der öffentlichen Wucherer soll das Hospital
ftr alle freiem Begräbniss haben, welche dort ihre Buhestätte
wfliden wollten; {edoch unbeschadet des Rechtes jener Kirche,
aaa deren Bezirk sie hieher gebracht werden. — Zeheote und
Besllsmigen, welche den Kircfaoi des Hospitals rechtlich zu-
sted», aber in IBbiden von Laien sich beBoden, abzulösen und
rechtaiissig aus deren Händen den Kirchen, denen sie zuge«
hören, wieder zuzuführen, steht frei in päpstlicher Vollmacht.
Stirbt ein jeweiliger Rector des Hospitals, so soll Keiner durch
ErecUeichang oder gewaltsames Eindrängen dessen Amt erifuw
gen^ sondern nur der, welchen der grössere und vernünftigere
Theil der BrOder erwählt. — Zur Wahrung des Friedens und
der Atthe im Hospitale verbietet der Papst strenge innerhalb der
Cbumur jegliche Verflbung von Diebstahl, Raub, Feueranlegen,
Blotvergiessen , Mord, Gewaltthat oder freventliche Gefangen-
nehmong emes Menschen. — Zuletzt bestätiget er den Brüdern
alle Freiheiten und Befreiung von weltlichen Abgaben, welche
Könige, Ffifsten oder andere Gläubige ihnen verliehen. Jedoch
ABes unbeschadet dem päpstlichen Aasehen und dem canonischen
— » —
Rechte des Di<$C6MtoWseiK)fe8 tad beiOglkii der crwähttte»
Zehenten der Ermttssigiiflg durch ein aUgemeiiiea Condl. 0. A.
Der gaoze Inkalt dieser Urkunde und besonders der im deiilschett
Orden nicht gebräuchliche Ausdruck: Rector scheint aniudeoieii,
dass die Leitung dieses Hosptlals niohi dem deulsdien Orden,
sondern vielmehr jener nach der Regel des hl. August« lebenden
Brttderschaft anvertraut war, weklie auch die Hospittier su
St. Maria di Canfiglio in Jndicdrien und St. Tbemias und
Bartolomäus im Nonsberge verwalteten.
Mittlerweile war ein Ereigniss eingetreten, welches dessen
Umwandlung in eine Deutschordens -Cororoende vorbereitete.
Es war nfimlich unterdessen zu Stersing ein iWeÜes Hospita^
zum hl. Geisie entstanden; denn am 9. Juni l^i begründete
der edle Mann Hugo von Taufers nnd dessen Gemahlin, die
edle Grfifin Alhaid (wahrscheinHeh eine Grftfin ron Eppan ^ zu
Ehren des hl. Geistes ein Hospital neben der Harienpftirrkirche
bd Sterzing zur liebevollen Aufnahme mid Yerpflegnng der
Armen. Zorn Beginne desselben versprechen sie fOO Mark
Silber oder an deren statt 10 Mark SHber Jährlicher GttterzSnse
zn geben, und dafür stellen sich In die Hunde Egno's d^s
erwählten Bischoft von Brixen 7 Bflrgen , nemlrch die Herren :
Ottacher von Tanvers, Berthoid Phiffiele von ütehhaim, Cunrad
von Pfalzen, Cnnrad von Utenhaim, Albert Zant, HetartcA von
SIeuning und Peter von Velseck unter Einlagerungspificht , so
dass, wenn die Stifter innerhalb eines Jahres voit fctfaifUgen
Martini angefangen die benannte Summe dem Propste nnd dem
Decane von Brixen und dem Pt'opste von Ifeusttft nicht erlegen,
besagte Bflrgen gehalten seien, in die Stadt Brixen steh tu
begeben und von dort sich nicht zu entfernen , bis dfe ganze
Summe erlegt ist. — Zur Forderung dieses guten Werkes der
*) Oihhardi, JIL S. 8. Si^ nennt sie eine GWrfhi von Hivsebberg
und l&sst sie in zweiter Ehe mit Ludewig, Graf von OetUngen
verheiratet sein, ganz gegen den Inhalt der nachfolgenden Ur-
kunden; ebenso hfilt sie auch Hr. Canonicus v. Mairhofen für
eine GrAfln von Hirschberg.
- 28 —
«hnsfficiien Liebe schenkt auch der eriauchte Graf Albert von
Tirol aeinen Hof za Aicba bei Tirol, damit in dem nen gegrün*
Aelen Hospitale die dort aofaiinebmeiiden Annen nnd Wanderer
Ms genng 'haben, am sich zu erwürmen «nd hinlftngliches
Stroh, um ansiumhea. Weil aber besagter Hof seinem HiDisterialen
Cnand Vuchselin für 50 H. B. verpfändet sei, so verspricht
er von Weihnaehten über ein Jahr selben zortickzuUtoen ; dafttr
stellt er als Borgen die Henrea Arnold von Rodank, die G^
brüder Heinrich nnd Otto von Welfeperch, Hartmann den Tarand
and Hemrieh von Matherei, ebenfalls mit Einlageningsverpllich-
tong; jedoch soll dem Grafen Albert das Recht zustehen, den
Hof zo Aicha dem Hospitale durch Anvreisong von jährlichen
10 M. B. Zinsen lAzaldsen. — Zur Ycrvollkomronong dieser
StiHaag schenkt noch Egno, erwählter Bischof von Brixen mit
Zostimmang seines Capitels uad seiner vonttglichem Ministerialen
dem nengegründeten Haspilale die Marienkirche zu Sterzing uad
zwar nit Befreiung von jenem Zinse, den selbe bisher den
Donhenren von Brixen jährlieh zu leisten schuldig gewesen;
jedoch ifluner einea»^ fewelligen Didcesaa-Bischofe seine Rechte
darfther vorbehalten; allein keiner derselben soll das Recht
habea^ daa Hospital durch eine Sehenfcong zu verttussem, wohl
aber ist er befugt , einen nntanglicheo , nachlässigen oder ver«
sthwe&derisehen Provisor desselben ab- und an dessen statt
enen tangUehem dnzosetzen. Zeugen dessen nebst allen Oben-
erwähnten die Domherren: Heinrich praepositus major, Ulrich
von Lazian, Bertold von Esnike, der Arehidiacon Wilhehn,
Heinrich Ton Niwenberch, Alb^t und Goitschalk von Aicha und
Cnnmd von Giiez; dann die Hinisterfalen : Wilhehn von Aicha,
Wemher von Sehenfcenberch , Albert von Voitsperch, Heinrieh
von ftixen , Ekehard Gerro , Arndd der jttngere von Rodanch,
Bertidd Sehaffe; femer von den Mmisterialen des Grafen von
Twal : Ettgeimar Tarand, Bertold Trntsun, Gunrad Trutsun, Ber-
dang von Hayse, Chuno von Lawlecke, Otto von Ettinsloch^
Chono von Hathoai und noch ein Chuno, Heinrich von
Friantsperch. 0. A«
— 24 —
Bischof Egno bestimmte auf Bitten der beiden edlen Stifter
am 23. Nov. 1241 auch, dass die an diesem Hospitale dienen-
den Brüder und Schwestern nach der Regel des hl. Aagustia
leben sollten; auch werde er ihnen die zu. tragende Kleidang
bestimmen und die zu beobachtenden Satzungen nach weiser
und religiöser Mftnner Rath in einem Satzungsbuche zusaninen-
schreiben lassen. C^inaeher, IV. S. 389 J — Die Stifter Hugo
von Taufers und seine Gemahlin die Grftfin Alheid, nicht zu--
frieden mit der grossmüthigen materielen Gabe, wollten siek
selbst dem Herrn zum Opfer bringen, legten daher bald darauf
ihre weltlichen Kleider ab und traten in diese religiöse Genossen-
schaft als dienender Bruder und Schwester ein. 0. A. — Doch
nur wenige Jahre noch lebte der edle Graf Hugo im Dienste
der Armen Christi; bald rief ihn der Herr heim^ um den Lohn
seiner guten Werke zu empfangen. — Nach seinem Ableben
fdrchtele die ihn tiberlebende Gattin, die Griifin Alhaid, —
wie sie selbst in der Urkunde sich ausdruckt — es möchte
nach ihrem Hinscheiden dies Werk der Liebe durch die Macht
einiger Grossen in weltliche Hände kommen zum grossen Scha-
den der Armen und Pilger , und bat daher samrat ihrem Sohne
Uhrich den Grafen Hemhart von Görz und den Grafen GeMiard
von Hirschberg das von ihr gestiftete Hospital zw Förderung
desselben und zum Nutzen der Armen dem deutschen Orden
übergeben zu dürfen, wozu diese auch zu Sterzingen an
4. October 1253 gerne die Einwilligung gaben (jmtAQ. —
Zufolge dieser ertheilten Erlaubniss übo-gab nun am 27. No-
vember 1254 die Stifterin Alhaid auf Bitte des Grafen Gebhaid
von Hirschberg ihres Schutzherm oder Oheims (pat^ni steht in
der Urkunde, ohne dass man recht unterscheideu könnte, ob es
pntroni oder patrui heissen soll; Hr. Professor B. Dudik, Sitzungs-
Berichte 16. B. S. 316 liesst patroni) mit Zustimmung ihrer
Ordensschwestern Juta, Alhaid und Maria das ganze hl. Geist-
Spital sammt allen dazu gehörigen Gfitem und Rechten nebst
ihren eigenen Personen dem Hause und Orden der deutschen
Brüder, unter der Bedingung, dass die bereits im Hospitale
r
— 25 —
tebenden BTflder rntd Schwestoti in Kleidong, Nahrung , Trank
nnd aDen Andern daselbst nach des deutschen Ordens Regel
leben and bleiben sollen. Dies geschah im Beisein Meinhards,
Grafen von GOrz, Hrn. Ulrichs, Edlen von Taufers, des Sohaa
der Stifterin, Wilhdms, Edlen von Cavriak, Wilhelms von
Aichach, Ulrichs von Reichenberg, Rudolfs Yon Deweln, Cun-
rads von Utenhetm. 0. A. — Jedoch fand diese Vergabung
Widersprach von einer Seite her, von der man sie am mindesten
vennathet hätte, nimlicb von Seite des Bischofs Bruno von
Brixen, wahivchdnlich wegen der mit dem hl. Geistspitale ver-
bandeaen Marienpfarrkirche, wesswegen Papst Alexander IV ,
als er dorch Bulle dat. VIterbo 5. November 1257 diese Sehen-
kong an den deatsohen Orden bestätigte, 0. A. durch eine
gleici»eitig eriasaene Bulle den Abt von St. Lorenz bei Trieat,
sowie den Propst au Wiltau und den Domdecan von Trient
beauftragte, dahin zu wirken, dass der Bischof von Bnxen, der
den Comtur nnd die BrUder von Bozen und Lengmoos in dem
ruhigen Besitze des ihnen geschenkten Hospitals zu Sterzing
beinre, ihnen denselben gewfthre; im Weigerungsfalle sollten
»e Ihn selbst dorch päpstliche Autorität dazu nOthigen, 0. A.
Aber erst 6 Jahre danwf, nachdem auch noch Papst Urban IV.
dorch Bulle dat. Civitivecchia 30. October 1262 diese Sehen-
kong dem deatschm Orden, jedoch unter der ausdrOcklichen Be-
dingung, d$as gemäss dem Willen der edlen Geberin dort die
Hospitalität auch fortwährend ausgeflbt werde, bestätigt hatte,
— kam die Sache zum Austrage; als die Stifterin den Bischof
anfa neoe um volle Belstimmnng zu der von ihr gemachten
Sehenkaag dringend bat , bestätigte Bischof Bruno endlich am
29. Aogusl 1263 zu Sehen die Schenkung des Hospitals neben
der Marienkm^he zu Sterzing an den deutschen Orden und fiber-
gab selbes dem Broder Heinrich von Velsenberch, Comtur der
deotsehen Häuser zu Bozen und Leogmoos; er schenkt ihm
aneh daso die erwäimte zum Spitzle unmittelbar gehörige Harien-
Pfairktrehe mil dem Opfer des Altars nebst der Seelsorge
'ammt aUen mi t Hospital und Kirche verbundenen Gfltem,
— 26 —
Binkflnften, personelen ancl reden Rechtei ^ jedoch oaii»-
schadet der bischöflichen Rechte. — Dtbei vraren als Zeuge«
zugegen die Herren: Hugo von Stein, 8ifirid Fidchm, Heinriek
von HerwigerhoTen , Marquard von Berge, EbKn vom Veltwiift,
Chnono, genannt Niger, Supan der Gamerer nnd Hiehilki der
Schreiber. 0. A. — In Folge dessen bestiitigte die StifteriiH
Schwester Alhaid in Gegenwart der Priester David und Adelberl,
Provisoren des Hospitals, und Fr. Heinrichs, des Deulscbhaus*
Comturs am 3. September 1263 ihre Sckenkaag aufs neue. 0. A.
Hierauf verzichtete auch am 16. September 1364 der Sohn der
Stifterin Hr. Ulrich von Taavers aus freiem Antrii^ und miC
Zustimmung seiner Gemahlin Euphemia auf alle Jurisdiction und
rile Ansprache auf das Hospital vom Hoose zu Steningen und
dessen Zogehür, die er von Bischof Bruno von Brixen eriialtc»
oder von seinem Vater Hugo seligen ererbt, zu Gunsten des
deutschen Ordens. Dess waren Zeugen i der ehrwOrdige Taler
Bruno , Bischof von Brixen , Meinhard der erlauchte Graf von
Götz und Tirol, Cunrad Graf von Kirchberg, Heinrich and laoob
von St. Michaelsburg, Heinrich von Welfisberg, Heinrich, gei-
nannt Heusauge, Pfarrer von Lum und dessen BrQder Rnbei«
und Uolsehaik, Hr. Gerold der Caplan, Meister Gotscfaalk,
Scolasticus zu Innichen und Hr« Hiltlgrim, RiUer von Utenbnim«
C'Arckh Zenoberg.) — Es muss bald darauf aaeh das sgIiod
seit dem Jahre 1234 zu Sterzing bestandene Hospital zur heiL
Dreifaltigkeit mit der Deutsehordens^^Jomende daselbst ¥er*
dnlgl worden sein, da ferner davon keine Erwfthnnng, und die
Conende selbst dessen Siegel annaboi.
Hatten sich so die Edlen von Täufers bisher wohlthilig'
gegen die Brüder des deutschen Ordens erzeigt und ihnen znr
Gründung einer neuen Comturei zu Sterzing nach Mögilehkeit ver»
helfen, so bewiesen sie ihnen ihre GewogeniMit dnrch neue Yer.^
gabungen, denn durch Urknnde dat. Nenhaus am 20. Deoenber
1269 schenkt Ulrich von Täufers als wahrer Erbe von Eppan mil
Hand und Willen seiner Gemahlin Ofmia dem Deutschordens«-
Hospitale zu Sterzingen, welches seine Eltern sdig, Hugo
— 27 —
Tomrers und dessen GemaMhi AHiaid gegründet, die zum Schloese
Eppan gekörigei» zwei Capellen der bl. Maria Magdaletia und des
hl. Petrus; eistere beim Schlosse Eppan sdbst, die andere bei
der Phrrkirebe isa St. Pauls gelegen, sammt allen ikren Zn*
gehdrangen nnd Rechten, wie er solche Ton seinem (m(itter<>
Ifchoa) Oheim, dem Grafen Ulrich von Eppan, dem das Patro-*
aats-*Reebl derselben vermöge Erbrecht gehdrt hatte, tibeiu
koromes ; jedoch unter der Bedingung , dass der Orden selbe
nie ohne sehie oder seiner Erben Zosiimronng rerftussere. Dfe
Schenkung geschah nn Fr. Dielrieh von Wibetehoven, Ckmtur
der Baiiei %u Bozen ^ in Gegenwart Hirn. G«^ld*s, Canoniens
von Sunaboreh md der RiNer : flilligrim von Uteahaim, Ruperts
Vinche, ydker's ven Ghemnat, Rnpeit's Hensange, Canrad^
SehScber, Heinrichs Joneiiard. 0. A. Merkwürdig ist es, wie
es eigentlich zcr Sebenkong dieser beiden Gapelten an den
deutschen Orden kam ) -^ um- diese Zeit gehörte Am Platroifats*
Reehi der ffam Tanfers im Pastertbal dem deutschen Orde«
— * sehr vrahrsdielnHeh als Gesebenk des edlen Ulrichs vm
Taufevs — an^ wflhend ebenerwühnter Herr Gereldas, Caao*
niens von Stoinburch, als von dem Herrn von Taufers emanmer
Caplan obbenannte zwei Capellen als Beneficium genoss; let^
lerer wOnssfale die PlMrre Taifers gegen sein Beaeftciunt von
den deotsehen Orden einsutenschen, und die HauptbetheUigten,
nenMh Ulneh ven Tmnrers und der Orden, dem die weit en^
legeoe Plärre eben nieht sehr gelegen sein mochte, zefften
sieh dazu willig. Ueber alles diess gibt vns eine Urkunde
Jnbr iSte aus den R^gesten des Königs Heinrich will^
Avfsschluss; als nsmlieh dieser im Jahr ISiS^ von
Coarad, Grafen von Kirchberg, dem Gemahl der Agnes von
Tanters, die Veste Täufers, die halbe Herrschaft Utenhaim und
Eppao erkaolk hatte, CRegetten PrinUsserJ^ glaubte er aneh
Ansprtche a«f das Patnmatsreeht der Kirchen zu Täufers , in
Bwen (Ahrn) und Gais dadurch erlangt zu haben, nnd Hess
desswegen dnrck seineff damaligen Pfleger daselbst, Hrn. Cun^
fad Alberger Hnndsobaft Sfimmeh ans deai Munde der «Mesten
— 28 —
▼om Adel, der Knechte and GemeineD der Gegend, und diese
sagten einstimmig ans, einige von ihnen, weil sie es selbst ans
ihrer Jugendzeit wnssten, andere, weil sie es von ihren Eltern
vernommen : ,,da£ die Pfarre ze Täufers weylenl angehört den
Teotschen Herren, div verliehen div Pharre. Do gehört an div
Ghappell ze Eppan dem Tauferser vnd div HerrschafI, vnd div
selbe Chappelle verlech Hr Ulrich von Täufers seinem Cbapplan
vnd Schreyber, der hiez Hr Gerolt, do was pei iden zeylen ein
Pharrer gesessen ze Täufers, der hiez der Grieszer vnd was
auch von Griez pürtich vnd was auch Chorherre ze Brizen, do
der slarp, do warb Hr. Gerolt Chapplan ze Eppan mit seines
Hrns des Tauferers willen vnd auch fltife, daz die Tiutschen
Herren mit Im wechsleten, vnd (selbe) gaben im div Pharre auf,
mit allen den Rechten, als Si div Pharre heten gehabt vnd die
Chappell ze Eppan, auch mit allen den rechten, als si der
Tauferser gehabt hat. Div Chappell mit den Rechten habeot
die Tflutschen Herren noch heut. Darnach für der Tauferaer
vnd die Täutschen Herren mit Hrn Gerolt dem Chappihn hintz
Pyschof Praunen (Bruno) von Brixen vnd paten in, das im
(Geröll) der Altar verlihea wart<^ u. s. w. C^iatikalierei^
ArehivJ
In Folge obenerwflhnter Ueberlassung der zwei Gapellen
zn Eppan trat am 30. Dccember 1269 im neuen Hauee iet
Deutsehordens*Brttder zu Lengmoos Dietrich von Wlbelchoveo,
Camiur der Baiiei %u Bozen, vor Egno (Grafev von £fpas),
Bischof von Trient, und bat ihn um Bestätigung der erwtthnten
Schenkung besagter zwei Capellen an das deutsche Haus za
Sterzingen. Der Bischof erwiederle hierauf: es hAlten mehrere
Herren, nemlich die Herren von Hontfort, Hr. Ecelin von Bgoa,
er, der Bischof, selbst und noch Andere, deren Rechte er an
einen Dritten nicht vergeben könne, Ansprttdie auf besagte Ca-
pellen; wtfrde er ihnen diese Verleihung gewihren, so thne er
es nur unbeschadet der Rechte seiner Knxhe und der Uebrigen.
Hierauf baten der Comtur und die Brttder, er mödite ihnen
wenigstens Jene Rechte verleihen, welche die Henen von Tawern
- 29 ~
dann hältoa, was ihnen aaeh dar Bisehof willig gewährte.
CBerm. sämnUl. Werke^ 2. B. Urk, 39. und P&nUs Her.
mu9ir. 1. B. Urk. 90,J Demiofolge sandte am i* Jflnner
i270 sEii Bozen im bischöflichen Palaste Hr. Gerold^ Caoonicus
yon Sonnburg and Caplan des edien Ulrichs von Touvers in
die Hände des Bischofs von Trient aUe sdne Rechte auf er*
wäbate zwei Capellen zu Gonsten des deutschen Ordens auf,
nftaüidi das geistliche Recht, welches er hatte vermöge der
PHisentation durch den Bischof selbst und- das temporale von
Hm* Ulrich von Touvers. (Repert arch, epi^e. Trid.) —
Em nfissen jedoch bald auch die andern berechtigten eppani*
sehen Erben ihre Ansprüche auf diese zwei Capellen dem
deutschen Orden abgetreten haben, da Pf pst Gregor IX. diese
Vergabung der zwei Capellen, welche auch der Bischof von
Trient gebilligt habe, durch Bulle dat. Civitavecchia 16. Sept.
1271 bestätigte. 0. A. ^ Zugleich bestätigte derselbe Papal
am nemliehen Tage dem Comtur und den Brüdern der deutschen
Hänser au Beaan und Lengmoos alle Freiheiten und ^imuni-
täten, welche ihnen oder ihren Hospitälern frühere Päfiste ver-
liehen, sowie alle Freiheiten und Ezemptionen von deiy Steueni
der Laien, die ihnen oder ihren Hospitälern von Königen,
Fflnten oder andern Gläubigen verliehen worden. 0. A.
Den bisherigen Wohlthateii gegen das deutsche Ordens-
hans zn Sterzingen fttgte der edle Ulrich von Touvers mit Zu-
stiBUttong seiner Gemahlin Ofmia eine neue hinzu, indem er
an 6. Hai 1270 zu Sehen in Gegenwart des Bischofs Bruno
von Brixen, des Grafen Eberhard von Chirchberch, Hrn. Alberts
von Voytsberch, Cunrads des Gaplans und Cunrads Niger zum
Beaten des Hospitals zu Sterzing zu ihrem und ihrer Eltern
Seelenheil zwei Weinböfe zu Schermes cTscherms) und einen
Hof sn Nalles sammt den dazu gehörigen Weiden und
Wiesen schenkte. 0. A, — So war demnach das deutsche
&WS an Steningen gut doturt und wurde demnach vom Orden
war Comlorei erhoben; schon im Jahre 1271 finden wir einen
GttBtnr fletnrieh zn Steningen , wie wir bald sehen werden.
1
~ 30 -
Um die Botstehuog der Contirei Sterziopn m ttbersfefat-*
Iteherem ZusammenhaRge darzufiCelleo , nrassten wir ao ciaMbe
andere den deutschen Orden in Tirol. belreffeDde Begefeeukeilea
wältrend dieser Zeit einsweilen ttbergeliep und woUeo non selbe
nachholen. — Das rasche Aufblühen des deatochea Ordens ia
Tirol sollte nicht ganz so ungetHlbt bleiben; es mochte -vielleichl
die Scheelsucht der Wdtgeistlichkeit erregen^ wenigstens flakan
sich der Comtar und die deutschen Ordeftsbrtider der Hospilttler
zu Bozen und Lengmoos genöthigt sogar beim fifip6tUiiie&
Stuhle darüber Klage zu fahren, dass Engihnar, der ErzdiacMMi
von Vinstgau, sowie Heinrich, genaanl Moirap mid andere
Cleriker und Laien der Diöcesen Como, Brisen und Chur ste
m ihren Zehenten^ Besitzungen und andern Dmgen Yena»-
gKmpIten, wesswegen Papst Inaocenz lY. durch Schreiben
dat. Lyon 28. Sept. 1250 den Propst von Neustift, sowie den
Domdecan und den Domherrn Conrad von Brixea beanflcagte,
beide Parteien vor sich zu fordern, setbe gegen einander za
verhören mi mit ZarCckweisung jeder AppelWon nnverweilt
diese Handel zu entscheiden. Vorgeforderte Zetigen, welche
sich aus Gunst, Hass oder Furcht der Zeogschafl entliehen
wollen, sollen sie durch geistliche Strafen nöthigen, der Wahi^
heit Zeugniss zu geben. 0. A. — Wenige Jahre nachher
erwuchs dem deutschen Orden eine ernste Verwiekiang mit dem
Bischöfe von Cur. Wie schon erwtfhnt, hatte Kaiser VsiA^
rieh H. im September 1235 dem deutschen Orden das Palr»^
nats-Recht der Pfarre Schlanders geschenkt und Papsl Alexan-
der lY. selbes im Jahre 1257 dem Comtur und den Brüdern
des Hospitals zu Bozen und Lengmoos auf ihre Bitte bestätigt.
Bald darauf wurde diese Pfarre darch die freiwillge Resigna-
tion des bisherigen Pfarrers, des Propstes von Frelsingen, er«*
ledigt; der Diöcesan-^Bischof , Heinrich von Montfort, ohne an
achten der brieflichen Gerechtigkeiten des deutochen Orden«,
dem vermöge einer Bulle des Papstes Gregor IX* das Reckt
zustand , im Falle der Eriedigung zu jenen Kirchen , deren
Patronats^Recht dem deutschen Orden zusteht, einem taugllahen
— 31 —
Priester dee Ordens dem betreffenden Ditteesan-Biiehofe ab
Ffirr-Provisor vorscklagea zu dürfen, enaniite **- obwohl der
Coatar nieht gesKumt batle, demselben einen taagllcben Priester
des Ordens zu prtfsentiren -^ nun eigenmAclitig den Friedrich
von Hontalben, Domherrn zi Trient, als Pfarrer von Schlaiiders
im Naclilheile des Ordens. Der Comtur, welcher beim Bischöfe
mit seinen Yorelenungen kein Gehör fand, appeliirle nach Rom;
Papst Alexander IV* beauftragte den Abt von St. Lorenz za
Trieot mit der Untersuchung des JBtreJtbaadels. Dieser^ das
Eeeht des deotachen Ordena anerkennend, schtne den Moa-
tnlbaner ab nnd der dentsche Qrden priisentirte auf sein Geheiss
den Bruder Hartwig, Deutschordens-Priester , caaoniseh dem
Biaehofe inm Cur; dieser aber nahm eigenmSchtig denselben
nieht an und zugleich appellirte der vom päpstlichen Bevoll«
mftehtigten abgewiesene Montaibaner , welcher unterdessen eben
so eigenmächtig im Besitze der Pfarre blieb, nach Rom. Dort«
hm wandten «ich nvn anfs neue klagend der Comtur und die
denischea Ordensbrüder zu Bozen und Lengmoos, um Abhilfe
bittend. Daher trug der neuerwählte Papst Urban IV. durch
Schreiben, dat. Vilerbo am 9. September 1261 dem Bischöfe
von Augsburg auf, kraft püpstlicher Vollmacht den erwähnten
FrMrich von Hontalban zu ermahnen und dahin zu vermögen^
innerhalb Monatsfrist den Deutschordenn-Bradern besagte Pfarre
sanmil allen Rechten zuriickzustellen; im Weigerungsfälle aber
demaelben peremtorisch aufzutragen, inperhalb zweier Monate
In eigener Person oder durch einen Stellvertreter mit seinen
etwaigen Rechtsbehitfen vor dem Papste zur Verantwortung za
erscheinen und der Rechlsentscheidung gewärtig zu sein. 0. A.
Wie dieser Handel endete, ist aus Abgang der einschlägigen
Urkanden nicht anzugeben. Jedoch müssen der Bishof von
Cur and der Moatalbaner nachgegeben haben, da wir später
die Pfarre Schlanders im Besitze des deutschen Ordens finden»
Kurze Zeit darauf wurden die deutschen Ordensbrdder auch
mit dem Bischof Egno von Trient in verdriessliche Händel ver«-
wkStelt. Obschon selbe von den durch die päpstlichen Legaten
_ 32 —
und Nuntien einzutreibenden Gollecten und Steuern dureh pi^t-
liches Indult befreit waren, so forderte doeh Bischof Egno bei
Gelegenheit, dass päpstliche Nuntien dem Clerus der Diitcese
Trient eine Steuer aufgelegt, auch die deutschen Ordensbrüder
sur Beisteuer auf; diese, gestützt auf ihr Privilegium, weigerten
sich selbe zu entrichten, wessw^egen sie der Bischof excom-
municirte und diess auch öffentlich an allen Sonn- und Feier-
tagen zu verkünden befahl. Der Comtur und die Ordensbrüder
wandten sich desshalb klagend an den Papst mit der Vor-
stellung, dass diess zu ihrem Schimpfe und nicht geringem
Nachtheil des ganzen ^ Ordens geschehen. Desswegen beauf-
tragte Papst Urban IV. durch Erlass dat. CivitiveccUa am 31.
Jünner 1263 den Bischof von Brixen, dafür zu sorgen, dass
Bischof Egno 8 Tage nach Empfang des päpstlichen Scbreii»
bens die Excommunication aufhebe und, falls dieser es nicht
thfite, so bevollmächtige er ihn, selbe aufzuheben und den
Bischof von Trient von fernerer Verkündigung derselben zurück-
zuhalten. 0. A* Mit dieser Verwendung für die deutschen
Brüder noch nicht zufrieden, erliess Papst Urban IV. noch am
1. October des nemlichen Jahres 1263 von CivitÄvecchia aus
an alle ßrzbischofe, Bischöfe, Aebte, nriore, Pröpste, Archi-
Diaconen und Diaconen eine Bulle, worin er ihnen kund macht,
dass, weil die deutschen Ordensbrüder keinen eigenen Bischof
oder Prälaten haben und darum dem Papste unmittelbar unter-
worfen seien, so soll keiner von ihnen es sich herausnehmen,
ohne des Papstes Vorwissen und Auftrag gegen diese Ordens-
Brüder oder deren Kirchen das Interdict oder die Excommnni-*
cation zu verhängen, sondern, falls besagte Brüder sie oder
ihre Untergebenen ungerechter Welse belästigten, die Sache an
den römischen Stuhl zu bringen und so ihr Recht zu erlan-
gen. 0. A. -- Jedoch scheint dies auf Bischof Egno wenig
gewirkt zu haben; denn er begann nun die deutschen Ordens-
Brüder trotz ihrer Privilegien mit Forderungen von Zöllen und
andern Abgaben nach Willkür zu belästigen und beleidigend
zu behandeln. Auf erneuerte Klage des Comturs und der Brüder
- 3S -
n Hosen uiid Lengmoos «fieM Ptpst Drimi IV. iiiii 6. <kt.
4363 von Civitaveeekia ans an den BUcliof von IVIeni ein Mn^
gendes MahnMiireiben , wom er die Brillier des deatachen
Ordena belobt wegen der Verdienate ihrer ReMgioiMI nnd Ihres
firommeB WamMa, beaonders weil aie ak^h eifrig abrntiben ia
der Uebnng der Tagenden and Brweitening der Grensen der
Chrtelenbeit, und ermahnt ihn, von dergleichen BelXatigungea
deraetben abaolaaaen ond aie ao zu behandeln, daaa iwlaehen
ihnen beiden die erwünaehte Liebe walte, widrigenfaila h«ttea
aebon der Propst von Feitre und der Abt von St. Lorenz bei
Trient Ton ihm den Aaftrag, ihn dazn zo mahnen und im Falle
fortgeaelzter Weigerung aoeh dazu zu zwingen. O. A. — Und
wirklieh fertigte der Papst am nämliehen Tage ein Schreiben
ihsliehen Inhalts an die zwei Obenerwähnten ab, worin er sie
aait Betreibung dieaer Angelegenheit beauftragte. 0« A.
Wfihrend aller dieaer Htodel scheinen die Deutsehordens-
Brfider In Tirol eben nicht am beaten gewirthsehaftet sn hAben,
nnd ea mtlssen Klagen darflber in Rom ehigelaufen sein ; * denn
von Viterbo ans schrieb am 25. Febr. 1263 Papst Drban IV.
an den AfH von Sl. Harienberg: ea sei zu seiner Kenntntss
gebracht worden, dass der Gomtnr und die Brflder des Hospi-
tals zu Bozen und Lengmoos und schon deren Vorfahren Häuser,
Zehenten und andere Besitzungen dieser Hospitdier zu deren
grossem Schaden an Cleriker und Laien theils gtinzlich ver-
tasaerty theils auch auf lebensISngUch oder auf bestimmte Zeh
zu Lehen gegeben ; da es nun der Sorgfisilt des Papstes obliege,
den gtMirdeten Hospitälern zu Hilfe zu kommen, so trage er
ihm faieniit auf, aus päpstlicher Bevollmäehtigung dahin zu
wirken , dass die auf solche unerlaubte Weise verschleuderten
Goter wieder rechtmässiger Weise an dieselben zurückgebracht
werden und bevollmächtigt ihn zugleich, die sich dessen Wei-
gernden mit ktrehlichen Strafen zu belegen. 0. A. — Wir
wollen nur em urkundlich vorliegendes Beispiel der oben
gerffgten theilweisen Veräusserungen der Gflter der Hospitäler
anfahren. Am 18. Hai 1357 bei Bozen vor der Kirche des
3
— 34 —
hL Jokaaii Bv. fli^tosl Ff. Aidiocli, Comtur der deiiteoMn
Hänsjer «u BoBEen und Lengmoos mH Zoatinmung seiner Hit*
brttder: de» Prieaters Hartwig, des Zadriiufl v€ii Triaity Sey--
vfids von Babenbereh, Wernhera von Biogen und GiTvaseo von
Bozea der Fraa Masa Zohelarin als Lehensirilgeriir für. skh
und den Priester Utrieh Lecenar voaBrixen die HKifte des
ChnoUbofes auf dem Ritten und das Gut in der. Ebene zu
lebenslänglichem Nutzgenuss unter der Bedingnw, dass, vfmn
^rau IMasa vor Hrn. Ulrich stOrbe, dieser beide Lehen bis m
zu sejaem Lebensende allein gemessen soll; stürbe hin^fea
Hr. Ulrich vor ihr , ^ ^1 der dritte Tbeil des NutzgeuMSse^
vom Chhoilhofe dem Orden zufallen, während die andern zwei
Drittheila sammt dem ganzen Erträgnisse des Uofs in der
Ebene Frau llaza lebenslänglich beziehen soll. Dafür solloo
die Leheasträger jährlich 6 Gelten Oei zinsen^ zwei davon Ale
die Kranken im Spitale zu Lengmoos, zwei ftir den Si« Johannes-
Altar und zwei fürs Dormitorium. Der Comtur verspricht ihnen,
sie in diesem Lehensbesitze zu schätzen unter Strafe des doppel-
ten Werthes der Höfe und zugleich ihnen alle Unkosten, welche
selbe etwa bei Vertheidigung dieses ihres Rechtes machen
mttsaten vor Gerichte oder sonst, zu ersetzen unter Verpfllndung
aller Güter des Hospitals und verzichtet für diesen Fall auf das
Recht der Verjährung und auf ihre Befreiung vom Gerichls-
zwange, sowie auf jedes 'kirchliche und clericalische Recht,
wodurch er sich schützen könnte. 0. A.
Dessen ungeachtet hatte der deutsche Orden in Tirol
während dieser Zeit neue Vergabungen und Gunstbezeigungen
erhalten. Im Schlosse bei f^rol am 16. September 1253
übergeben Meinliard, Graf von GOrz und Gebhard, Graf von
Hirscbberg, sowie auch Uota, Gräfin von Tirol mit ihren Töch-
tern zum Heile ihrer Seelen dem Marien-Hospitale des deutschen
Hauses zu Jerusalem zwei Schwaighöfe (Curias armentarias)
in Runschille , welche schon Graf Albert von Tirol einst (im
Jahr 1218) demselben Hause zu Damiate laut Gabhrief geschenkt,
sowie den Stutenhof zu Vulpian, den eben derselbe Graf Albert
— 35 —
üon in seineflo Testamente vermacht iMlIe. Aneh flberlaaac«
sie dem Orden die 2 Jaaeh Aeker iumI eio WeiagiU, weloiie
Sfiker ven HiBdelberch demselben zu seinem Seeleiiileile ver-i.
gabt and die Aeeker, welche der Orden dem Canrad von Severa
rtgekaoft^ sammt 10 Mannmahd von der Geaieindd- Waide.
Zeagea - dieser Uebergid>e : Hr. Heinrich von Appersperge «ad
Heinrich der Bui^graf von Luonxe, die Gebrifder Bernold imd
Canrad Tarani. die Gebrüder Cunrnd, Heinrich nad Fiidrieh
von Wemdiagen, Gebhard von Hirsperch und Heinrich von
Hostetten. 0. A. — Gebhard, Graf von Hirschberg and Harr
der Gegend im Innthale schenkt durch Urkunde dat. ea Nalhssei
am 21. August 1256 den Deutschordens-Bfüdem su Boxen
aof wehewige Zeiten jfibrjiche 12 Fuder SaJs aas dam Sals«-
Amte zu Halle zu seinem und seiner Gemahlin BItsabet Sdslen^
heil uad bestiiliget in der nftmlichen Urkunde auch die jahriieiM
Gabe anderer 12 Fuder Salz, welche sem Schwiegervater.sallgen^
Graf Atbrecht von Tirol, dem deulschen Braderfaause au Leng-
moos fraher gewährt hatte. CManttser. des Grafen Maxm.
am Mohr,) — Auch die Gebrüder Meiahard und Albert,
Grafen von Tirol und Görz, erwiesen sich den Deutschordeas-
Bradem in Tirol sehr gewogen ; durch Urkunde vom 13. Sept.
1266 thaten sie knnd, dass sie die Gunstbezengukig ihrer Vor«
bbrea gegea die Hüuser des deutschen Ordens gaftdigst erneuem
wollen, sie desswegen in ihren besondern Schutz und Gunst
nehmen und ihnen die besondere Vergünstigung gewahren, dass
alle ihre Lebensmittel zu ihrer Nothdurft von allen Zollabgaben
in ihren Gebieten befreit sein sollten. 0. A.
Am 24. October 1260 zu Bozen erkaufte der Bruder Hart««
wig, Priester und Conitur der deutsehen Hüuser zu Bozen und
Lengmoos, um 42 Ff. B. vom hochwürdigeo Hrn. Heinrich,
Abt des Klosters Atel, den dem Kloster zustehenden Theil und
das Recht an /dem Hofe, beim Sürcher genannt, unterhalb
St. Jastina. Zeugen dessen die Herren : Heinhard von Bozen,
Wemher rypus voa Fumiian, Pendln, Sohn Hrn. Christans
seligen u. a. m. 0. A. — Dass damals aach schon VereUichle,
3*
— 3« —
■aeMem ihre Gemahlfnen gestorben, tu 4en Orden aiifg«nom-
men wurden, beweist eine Urkunde dieser Zeit ; am 7. Jffnner
1264 so Boten bekennt Fr. Conrad, Deutschordens-Brader, Sohn
arethind Wulfings von Boten seh'gen im Namen seiner Kinder
35 Pf. B, erhalten xu haben von Goaelin Pinzager und dessen
GeanaUitt Eihi, seiner Schwester und flberUisst Ihm dafür ein
Stick Aeker oder Phint zu Boaen, Lehen der Chorherm von
Brixen. C^iaUhaiierei" Archiv J — Am 15. Februar 1M0
zu Trient wohnt Bruder Dietrich, ConMur des deutschen Hauses
sammt seinem Hitbruder Bertoid der Lossprechung der Stadt
von der Excömmunication dnrch Bischof Egno als Zeuge bei.
CHorm. Qeseh. r, Tir. Urk. 196. HipoHti^Mon. BecLTridJ
Am 5. Hai des folgenden Jahres 1270 war der nemliche Bru^*
der Meto oder Dietrich, Comtur zu Bozen, Zeuge beim Abschlüsse
eines WefTensäMstandes zwischen dem Bischöfe Bruno von Brixen,
dem Grafen Heinhard und Albert von Görz-Tirol und Ulridi
von Taufers. C^ormair^ hi9t. krit. BeHr. Urk. Ißi und
dessen Qesch, «. Th\ Urk. »00 J
Hatte Graf Heinhard von Görz und Tirol beim Antritte
seiner Regierung den Deutschordens-Brüdem seine Gunst ver^
sprochen, so bewfthrte er selbe auch im Verlaufe derselben
auf mannfigfiiltlge Weise. Am 14. Juli 1271 zu Sterzingen
genehmigte er einen Tausch zwischen Bruder Fridrieh^ Com^
iur des deutschen Hauses %u Ster%inffen und dem Heinrich
Wolf; ersterer (Iberlllsst letzerem zwei Höfe beim Thurme zu
Hurith, welche einst des Grafen Meinhards Grossvater, Graf
Albert von Tirol, zum hl. Geist-Spitale zu Sterzing gestiftet,
wofflr ihm letzterer seinen eigenen Hof in RItschiiis tiberiassen
will ; sollte aber diess nicht angehen, so soll letzterer Ihm dafdr
semen Sedelhof in Tälves abtreten.' Zeugen dessen: Hr. Eber-
hard des Grafen Heinhards Caplan und Domherr zu Trient,
Otto der Priester, H. von Niwenburch, Canrad von Vellenberch,
Rudeger von Haterei, alle drei Ordensbrüder daselbst, und die
Ritter Canrad von Eben und Otto, genannt Helblinch. 0. A. —
Brid darauf, am 14. Juni 1272, zu Bozen bewies Graf Heinhard
~ » ~
dea DeiHsckoidens-firadern mm Gewngeaktil durch CMit
besondere VargOosU^ng, indMi er sie von jedem weWiche«
Gerichtsstaade exiairle: vor keinem Ricktcr oder sonst einem
Menschen sollten sie gehalten sein so Gericht zii erscheinen«
■asgenommen vor dem Grafen selbsten oder vor einem geist^»
liehen Richter; sollte sonst jemand sie dazu nöthigeo wollen^
so. wolle der Graf diese Uubiid so ansehen , als hittte man sie
ihm selbst uigefttgt. 0. A. — Für so manche Gunst erwiesen
skh hingegen auch die Dentschordeas-Brttder gegen Gfafen
Meinhard dankbar und bei mancher Gelegenheit wUlftfhrig; ao
versprach am i6. September 1269 auf dem Schlosse Tvol
Bmder Dietrich, Comtur zn Bozen, dem Grafen Meinhard, wenn
selber oder dessen Erben innerhalb zweier Jahve dem Orden
75 M. B. auf einmal ausbezahlen, so wolle er^im Namen des
Ordens ihm alle Gäter und, Leute, welche Rudger von Matray,
Rftter des Grafen, dem Orden bei seinem Eintritte in denselben
als freies Eigenthum geschenkt, zum Eigenthum abtreten.
CJUM. dt Pauli, und Hor»i. GMcli, p. Tirol, Urk. 19TJ —
Am 3. Jünner 1273 im Schlosse Tirol ttberlüsst Bmder Con«
rad von Tetlinbach mit Zustimmung des Bruders Gerhart von
Tettinboch und der andern Ordensbrüder dem Grafen Meinhard
fär 80 9f. B. das dem Orden zuständige Schloss Zwingenberg^
der selbes sofort dem Hrn. Ulrich von Tablat und dessen Brit«
dem zu Lehen aberiässt. Zeugen dessen: Hr. Conrad der
Capian, Bertoid Krello, Erhard von Zwingenstein, der Graiant,
Otto von Kunigsberg, Conrad Pfaffus von Schrovenstain, Goi^
rad von ümst- C^oiieet. SpergsJ — Wieder am 8. Becember
1277 zu Griess während der Unterredung des Grafen Meinhard
von Tirol mii dem Bischöfe Heinrich von Trjent in Beisein des
HoAneisters, Gebhards von Stetineck, Richters zu Gafdun (Gufi-
dam) und Alberts Lajan ttberlässt Bruder Wolfram von Adel*
mansfeMo, Comtur der deutschen ilttuser, dem Grafen käuflich
für 95 M. B. 3 Höfe, nemlich einen zu Pez, zinst 15 Pf. B.,
von Gebhardea von Stetineck erkauft; einen zweiten zu St. Chri-
Hina, ziaal 40 Pf. B. und den dritten zu Gaveiin von Hm»
— 38 —
Hartwig voD Cwtelnitt, getarnt Mauirapp, der 10 Pf. B.
3 solidi fillet. CCoileet. SpergMj
Obgenannten Hof za Gavelifi hatte ihnen Hr. Hartwig von
Caatlrutt nm Gotteswillen erst im FVilhlinge 4es Jahres 1JE77
geschenkt. QBury techner, J •— Eben uns diese Zelt (das Jahr
i«t in der Urkunde nicht angegeben) schenkte auch Hr Swiker
von Riohenberg den Deutschordens-Brüdem tum Heile seiner
Seele seinen Hof in Arliuiide. weicher jedoch von ihm fir
20 M. B. anderweitig verpfändet war, und so lange er den-
selben für sie nicht einlöse, sollen sie während der Zeit dessen
Erlrägniss aus seinem andern Hofe zu Pyzei empfangen; Zeu-
gen dessen : Swiker, Pfarrer von Schultes, Nicolaus der Priester,
Hartwig der Vogt (von Matsch), Hecelo von Tschengis, Ru-
pertus von Malles, Ulrich Pasigun. Sifrid von Landes (Laatsch),
Gemng von Sluderne. 0. A. — Auch, des Grafen Mainhard I*
von GOrz-Tirol Witwe, Gräfin Aihaid von Tirol, gedachte der
Deutschordens-Brdder in Liebe, indem sie selbe In ihrem am
20. October 1278 auf ihrem Sterbebette gemachten Testamente
besonders bedachte. Dem Tode nahe vermacht sie den Deutsch*
Ordens-Brüdern zur Unterstützung des hl. Landes die iO M. 6.
Guten, welche sie vertragsmftssig von ihrem Sohne, dem Grafen
Meinhard beziehen sollte, und andere verbriefte 10 M. B. Gü-
ten, die sie von ihrem andern Sohne , Graf Albert , bezogen ;
der Schwester Beafa vermacht sie 50 Pf. B,, Cunzlin dem
Sehtiler iOO Käse und 2 Staar Roggen ; dem Propste von Neu-
sfifl 2 Fuder Wein, ihrem Diener Cunz 10 Pf. B. und 5 Galvei
Roggen, den Schwestern zu Innichen 60 Kflse, den Schwestern
zu Brixen 60 Käse, den mindern Brüdern 20 Kftse, der Schwester
Antonia 100 Käse, der Schwester Aihaid als Abzahlung einer
Schuld 200 KSse; der Frau Elisa vermacht sie 2 Kihe,
3 Schweine, Bett uhd Mantel, zudem schulde sie derselben,
80 Pf . B. ; ihrem Diener Nioolaus vermacht sie ihr Pferd, ihrer
gewesten Wftscherin Mezza schulde sie 70 Pf. B., d^ Per^
toM Fugelin 12 Pf. B., ihrem Diener Cunrad 5 Pf. B.; der
Schwester Irmengard 2 Pf. B. , dem Colre 3 Pf. B. , ihren
- » -
Bauleuten in Wien 8 Pf. B. , der Gesa ... Pf« B. Den Deatsch»
Ofdens-Brfidern za Bozen Termacht sie 40 Pf. B. tmd denen
zu Lenginoos 4 Ihm Wein; dem Seheidar 9 Pf. B. 10 SoKdi
und dem HeDcelln, Sohn der Frau Elisa, vermaeht sie 50 Hfese.
Dabei vmren Zeagen: Hr. BertoM, Bruder des Grafen von
Henncnberg^, gewesenen' Bischofs von Wdrzburg, Bruder Diel^
rieh, Deutscbh«as-Comtnr und dessen Httbrüder Hartwig und
Eberhard die Priester, Bruder Bertold und Hr. Johann der
Priester, Perciitoid der Sehüier, Otto der Diener des gewesenen
Bischefs von Wdrzburg, Pertold und Eberhard, die Diener des
Bruders Conrad von AnneveJde ; Conrad, Nielaus, Christian und
Heinrieb, die Bedienten der Grdfln, Cnnrad von Satrein und
Jacob von Hohenrain. 0. A. *)
Am 2. Mfirz 1277 bekennt Hr. Fridrich, Propst zu Brixen,
dass er von Bruder Wolfram von Adeimansvelde, Comtur der
Baliei zu Bo%en^ mit Zustimmung der andern Ordensbrüder
den Zehent und das Zehentrecht, welche das deutsche Haus
auf den Zeysakhof zu Ritten habe, auf seine Lebenszeit um
20 H B. erkauft habe; nach seiiiem Ableben sollen selbe
unwiderruflich an den deutschen Orden wieder zurückfallen. 0. A.
*) Diese Testaments-Urktinde, wenn sie anders echt ist, — und
wir finden keinen besondern Grund , deren Echtheit anzuzwei-
fdn, -" gibt uns Veraaiassung die bisherige Angabe Burg^
lecbners, Jac. Andre v. Brandis, Coronini''s, Gebbardi'^s, über
das Sterbejahr dieser Alhaid , Tochter Alberls von Tirol und
Gemahlin Mainhards III. von Görz zu berichtigen, indem alle
das Jahr 1275 als solches bezeichnen, wahrend es nach obiger
Urkunde das Jahr 1278 war. Wir vermulhen, dass ßurg-
lechneKs Irrthum durch ungenaue Lesung der hart leserlichen
Inschrift des im Kloster Steinach bei Heran befindlichen Grab*
Steines ihrer gleichnamigen Urenkelin, der Prinzessin Alhaid^
Schwester Margrets der Maultasche, herbeigeführt worden, selbe
lautet : Anno Domini Milesimo Drecentesimo Septuacesimo Sep-
duacesimo Quinto. Indicione Tredecima. Die Veneris. Yicesimo
Qainto. Mensis May. In Die St. Vrbani Obiit Regina Alhaidis
Tirolensis, und man in Folge dessen letztere Alhaid mit ihrer
Urabnfrau Alhaid verwechselte, und Letztere sogar zur Königin
umscbnf.
— ¥i -
— Hier^ «owie i. J. 1269 geschieht nun die erst^ Erwahnuiig
der DeiteehopdeBS-Ballei in Tirols ^^ ^^ ungefähr 1268 zu den
bifltier bestandenen Comtureieo zu Bozen und Lengmoos auch die
dritte neuentsUmdene ConUurei zu Sterzingeu, und selir wahr-
scheiulieh auch die vierle, aemlich jene von Schianders, obwohl
aus Abging der Urkunden die Zeit nicht bestimmt nachgewiesen
werden kann — hinzugekommen, mochte der Orden für goi
haben, das Gesamaitgebiet desselben in Tii-oi selbststftndiger
stellen zu kömien, und erhob selbes zum Range einer eigenei|
Bailei mil dem Sitze des Baliei-Comlurs zu Bozen, der Wiege des
deutschen Ordens in Tirol. — Vielleicht mochte zu dieser Erhe^
buttg, sowie überhaupt zum wachsenden Ansehen des deutschen
Ordens in Tirol die Erhebung Heinrichs U. eines Dentschordeos*
Herren und Kaiser Rudolfs Prothonolars zur Würde des Bischofs
von Trient (regierte 1274 — 1289) wesentlich beigetragen haben;
fortwührend findet man Hitglieder des deutschen Ordens in
Tirol in seiner Nähe und mit mancherlei Geschäften von ihm
betraut. — Am 18. Jftnner 1275 zu Bozen übergibt Bischof
Heinrich von Trient seinen Palast zu Bozen dem Deutsohordeos^
Bruder Albert zur Besorgung mit der Vollmacht alle Rechte,
welche dem Bischöfe in Bozen zustehen, zu betreiben und zu
empfangen. QRep, arch, eputc. Tt-idJ — Als Kaiser Rudolf
den Zwist zwischen Bischof Heinrich von Trient und dem Gra-
fen Meinhard von Tirol durch Schiedspruch dat. Augsburg
18. Hai 1275 beizulegen versuchte, entschied er unter anderm,
Graf Heij»hard soll die von ihm besetzten Schlösser zu Trient,
Levigo, Vulsana und Covalo den Deulschordens-Brfldern über-
geben, und selbe sie bewachen vom Erlasse dieses Spruches
bis künftige Uichaeli über ein Jahr, und dann nach Vi^rhültniss
dem Bischöfe oder dem Grafen übergeben. QHipolUi^ Monum.
Ecci. Trid.J — Ebenso ward beim Dorfe von Bozen am
5. August 1279, als der Streit aufs neue sich entzündet, von
den beiderseitig erwühlten Schiedsrichtern, worunter der Bischof
von Feitre und Belluno , unter anderm entschieden ; wenn es
sich in Zukunft um Ernennung von Hauptleuten für den Mons-
— 41 —
nd Salzberg hnMiie, so «oU diess der EDtooheidiwg des
DeatsehordeBs-Comliirs »istahtn. Bei dem Spmclie waren
nebst Andern gegenwärtig : Brvder Heinrieb, Dentschbans^-Comtnr
xi LengMoos rad Bruder Conrad, Capian besagten Huiaes.
(mpoNH, Man. Eeel. TridJ — Am 5. Hai 1280 im Henpi«
taie der Deetsehardens-Brttder bei Boo^ in Beisein Wolframa,
dea Contiirs besagten Hauses und vieler Edlen belehnt Bisehof
HeiBricb von Trienl den Rudolf von Pormigar mit den alten
Familien-Leben C^epert, arch. epise. Tnif.J, und drei Tage
darauf, am 8. Mai 1280, als im Bette des Talfer-Plusses bei
Boien aufs neue Adelger, Biscbof von Peltre und Belluno nebet
andern Scbiedsriciitern zwischen Bischof Heinrich und den Gn-^
fen Hefaihard einen Spruch Anten , wird am Ende gesprochen :
aber die wechselseitig einander zugefflgten Beschüdigungen
und Unbilden sollten zwei Schiedsrichter, eider vom Bischof,
der andere vom Grafen zu ernennen, entscheiden; als Obmann
sollte Bmder Wolfram walten ; könnten jene sich nicht einen,
so soll ihm allein die Entscheidnug zustehen. (SUiBÜhmUerei^
ÄreldvJ
Wohl nicht ohne Einfluss von Seite des Bischofs Heinrich II.
von Trient sollten seine Ordensbrüder in Tirol bald darauf zum
Besitze eines neuen Hauses und zwar in Wälschtirol gelangen.
Zmn bessern Versttfndniss der Sache mttssen wir in der Zeit
etwas zurückgehen. — Im Verlaufe der dreissiger Jahre des
fSleii Jahrhunderte war ein Augustiner-Kloster zu Trient, an«
fangs zur hl. Anna genannt, entstanden; durch Bulle dat. am
Lateran am 18. Juni 1239 bestätigte Papst Gregor IX. dem
Prior und dem Convente des Klosters zur hl» Anna, dass sie
die Regel nach der Weise der Brüder von CampanoUa, wie
sie der ffischof von Trient daselbst eingeführt, halten sollen. 0. A.
Bald jedoch verschwand die Benennung : Kloster zur hl. Anna,
und es erhielt JEÜlgemein den Namen : Kloster zu Maria Krönung,
laria coronata. — Auf Bitten des Priors und Convents zu
Naria Krönung zu Trient besttftigel auch durch Bulle dat. Lyon
am 18. Pebraar 1244 Papst Innocenz IV. , dass in ihrem Kloster,
— « —
weiches nach ihrer Aagabe eine neue Pflantung sei, die Regel
des hl. Augustin naeh des Constilationen der Brider stir hdUg-*
sten Dreiemigkeit von Campagnola in der Diöcese von Beggk),
wie selbe der^ Bischof von TrienC mit Zustimmung seines Ca«
pitels daselbst eingeführt , gehalten werde. 0. A. — Im Ver--
laufe des nemh'chen Jahres bekam diess Kloster zwei bedeu--
leide Schenkungen ; nämlich der Bischof von Trient schenkte
ihm das Augustiner-Kloster zur hl. Maria Maiiha zu St. Siamio
(jetzt St. Zeno) im Nonsberge sammt allen dazu gehiVrigen
Gdtern, welches ums Jahr 1235 entstaucleu und von Papst
Gregor IX. durch Bulle dat. Viterbo am. 26. April 1236 besH^
tigt worden war: der Bischof von Fellre aber vergabte ihm
das Kloster zum hl. Petrus und Bartholomäus in Waldo be!
Pergine '*'). In Folge dessen bestätigte Bertold, Patriarch von
Aquileja, durch Urkunde dat. Verona am 25. Jänner 1245 die
dem Kloster Maria Krönung zu Trient vom Bischöfe von Trient
gemachte Schenkung des Klosters zur hl. Maria Martiia sowie
die des Bischofs von Fellre mit dem Kloster zum hl. Petrus
und Bartholomäus zu Waldo. 0. A. — Durch Bulle dat. Lyon
am li. März 1245 bestätigte Papst Innocenz IV. dem Augu*
stiner-Kloster Maria Krönung zu Trient die Regel des beil.
Augustin sowie alle demselben gemachten Sclienkungen, darunter
besonders die der Kirche zur hl. Maria Martha im Dorfe des
hl. Sisinius ini Nonsberge sammt Zugehör, sowie die der
Kirche der hl. Petrus und Bai1hok>mäus zu Waide sammt Gir*
^) Dieses Kloster bestand schon im zwölften Jahrhuudeile unter
der Leitung eines Abtes und bewohnt von Mönchen eines uns
unbekannten Ordens. In nomine Domiui nostri Jesu Christi.
Anno ejusdem Nativitatis millesimo centesimo sexagesimo sexto,
Indict. qu^rtadecima tercia Madii in Cenobio Nonaehorum de
Waldo apud Burgum Persiues in cubile ubi consuelum est con-
venire ad adiinancias pro bono publiio Heclores tocius Com-
munis in presencia D. Teutwigi Abbatis u. s. w/ bevollmäch-
tigten die Bewohner jener Gegenden mehrere Abgeordnete lein
Schulz- und Trutzbündniss mit den Vicentinern abzuscbl Jessen
gegen den Tyrannen Gundobnid. (Montebello, yotizie dello
Valtu^ana, ürk. Nr. HI)
— 43 —
teo und vier Sennereieii , welche der Bisehof timi Feltre dem*
selben geschenkt , ferner dessen Besilsnngen so Flavon und
Andnio, und gewfthrt ihm noch viele ImronniUlten und Privi*
legien gleich jenen dem Hospitale zo Sterzingen vom nemlichen
Pipsle am 4. December tö52 gewährten. C<Sf. 90 J — Am 11.
■ai 1246 flberUisst FieraoMt von Tramin für U Solidi dem
Hrn. Januarius, Prior von Maria Krönung, zwei Stücke Ad^er-
land sammt einem Eiehenwäldehen bei Trient käuflich. 0. A.
Kesen Prior Januarius von Maria Krönung finden wir sehr oft
im Gefolge des Biscliofs Egno und seines Nachfolgers Hein--
rieh II. von Trient in verschiedenen Gesehfiften und Gelegen-
heiten.
Aber im Verlaufe der Zeit war sein Kloster aus verschie*
denen Ursachen sehr bedeutend herabgefcommen ; daher trat am
30. April 1283 in der Kirche des hL Vigilius zu Trient in
Gegenwart vieler geistlichen und welrlichen Zeugen Bruder
Januarius, Prior dieses K|osters zu Maria Krönung mit Bei-
Stimmung seiner Mitbriider Fridrich und Anton vor Bischof
Heinrich auf und brachte vor , wie er schon öfters bei Bischof
Heinrieh geklagt Über die Armuth und den Verfall seines Klo-
sters und um barmherzige Fürsorge dagegen gebeten; er erneuerte
Jetzt seine Klagen: wegen der hfiufigen Kriege und offenbaren
Gewalttbaten, womit die Stadt und Diöcese Trient ifiglich heim-
gesucht worden, theils auch wegen seiner Schwäche und Kränk-
lichkeit vermöge er nicht mehr Kloster, Kirche und Brüder
geziemend zu leiten und aus allsngrosser Armuth weder sich
noch den BrOdern die noihwendige Kost und Kleidung zu ver^
schaffen, und bat daher den Bischof, er möge über ihn, seine
Nitbreder, ihr Kloster und Güter nach seinem Gutachten ver-
fügen. Nach seinem und seiner Mfthrtider Brachten wire das
geeignetste Mittel, dem gänzlichen Verfalle des Klosters zuvor-
zakommeii, wenn sie selbes dem Landcotniur und den Brti^
dem des deutschen Ordens der BaUei Bo%en (praeceptori
provineiah et fratribas de provincia Balye Bozanensis) mit Be-
vollmächtlgang des Bischofs und Zustimmung des Capitels fUr
^^^' ^ ^f^ ßls Wögen imd um-
1*^ ^j^,^, ^ ^ Zugehör erhalten^ du
4*«^ ***'*!^^ ^'üJ*^ Eo^^^ verbessert werden
ßktki^g^ ^ütffa/ <«^*^. " giibräder möge dann der Bischof
^'^^^^^'^^ '^ in. -■ Nach g^««B« ««ieses An-
i j^/aenf ^^ . ^ j«. Uitfc/iof mit seinen Capilel ftttek*
.^Pr^ra oatUB _ .. ^ ...
mdi
p^ sofon .^jj,j4u. der Deutschordens-Ballei Bozen, und
^ J/eJ*"^ Ljg (/IT iJlfrWIVI IIM« Dt^lUliWI Vapitf^ UUUlt^
^^^^ defi ^^'^^jgte bierBui denselben. Demzufolge über-
ußdge^
s^rMiB^ ^o^Qt JaauMr'ms dm Bruder Conrad von Tscheves
^^^^. ipr-Ärüder Conrad , Comtur des deutschen Hauses «i
die es im N<u>^o ^^ deu^chen Hospitals zu Jerosatom
hmen ii^^o^^^'^ ""^ Kirche Maria KrOnung in der Gasse der
PUme St. tfs"^ ^1^ Trient sammt Zugebör und allen dazu
g^chsmkua o<'^'' erkauften Gütern , besonders jener in Campo
Martii; feraer auch das dazu geh^ige Kloster Maria Krönung
im Noosbefge sammt allen dazu gehörigen Rechten, Besitzungen
und Zehenten in den Pfarren Tassui, Flavon, Enno und St. Si«-
siaio mit Ausnahme der Pfarre Flavou, welche einst Bischof
Egno auch dem Kloster geschenkt; diese behielt sich Biscfa0f
Heinrich vor. i,Da hier von dem Kloster zu Waido bei Per**
gine keine Erwähnung geschieht, so muss es schon früher
davon weggekommen oder vielleicht bei den wiederholten ver-
heerenden Einfüllen des Tyrannen Ezeljn ins Yalsugana zer-
stört worden seui). — Hierauf verordnete der Bischof, dass
der Landcomtur, der hiezu auch seine Einwilligung gab, den
Prior bis zu seinem Ende im Kloster belassen und mit allem
Nöthigen versehen und ihn dort in seinem Ordenskieide und
nach seiner Regel leben lassen soll, ausgenommen er wolle
selbst mit päpstlicher Dispens in den deutschen Orden eintreten.
Ebenso soll es mit deiisen obgenannten zwei Mitbrüdern, welche
noch nicht Profess abgelegt haben, gehalten werden; wollten
etwan selbe oder des Priors Neffe Marcus in den deutschen
Orden eintreten, so muss selber sie aufnehmen» — Hierauf
bestätigte der Bischof die Schenkung, worauf die Ordensbrüder
sich verbindlich machten, znm ewigen Andenken an diese von
— 45 —
der Kircbe von Trient erhaltene Schenkung jShriieh, so viel
ihrer zu Trient sich befanden, den direntlichen Processionen
am Lichtmess-, Palm-, Chr?sti- und Mai1ahiiiitne]ftihrts--Ta^
sieh ttiznschliessen. HienniP setzte sie der Bischof selbst in
den Besitz des Klosters ein, indem er ihnen symbolisch das
Thor, die Thilren und die SchlfTssel des Klosters in die Hand
gab und sie damit ölTnen und schliessen hiess. Dieser Yer«*
handlung und Uebergabe Zeugen waren die Herren : Gbtschalk,
Deean, Odorich der Scholasticns , Eselin von Campo, Werner^
Pfarrer von Tajo, Ulrich von Campo, fiisfimbert von Brentonico,
Jacob, Pfarrer von Hetz, GisHmbert von Campo und Gandas,
Sohn Hm. Tridentins von Campo ; alle diese Domherren von
Trient, femer Fr. Conrad, Lecfor der mindern Brüder bei Trient,
und dessen Hitbmder Gironient, die Herren Vigil, Sibolo, Con-
rad, Olrich von Sejano, Peter Longus und Fr. Lipoid der Prie«
ster, GIslimbert, Provisor des St. Hartins^pitals zu Trient,^
Haynard, Pfarrer von Cakem , Nioolaus Spagnoll, lichter,
Robeus und Omniben Magistri physiconim, Otto^ Martin mid
norian Girologi; ferner die Herren Heinrich von Liechtenstahi,
Porchard, Sohn weiland Hm. THdentms Rabei, Fino von Caldeg,
Jechel und Bertolot von Bozen, Conrad von Beseno, Gisiimbert
von Enno, Haynard, Sohn Tridentins von Gando, Rizard genannt
Merlhi, Sohn Hrn. Gabrids de Porta um) Arnold von Gaysso. 0. A«
So hatte ritin die Dentschordens-Ballei in Tirol ein neues
Hans Aberkommen, welches wahrscheinlich alsogleich zur Com-
torei erhoben wurde, weil wir bald darnach einen Comtur da«-
seihst erblicken. — Merkwürdig in dieser Uebergabsurkunde
ist noch, dass wir hier nach achtz^ijfthrigem Bestehen des
deutschen Ordens In Tirol das erstemal dem Titel: Lanth
Comtur der BalM Bozen begegnen, und als ersten Inhaber
dieser Würde den Prlester**Bruder Conrad von Tscheves erblicken,
sowie einen andern Bruder Conrad als eigenen Comtur des
deotschen Hauses zu Bozen.
Traurige Geschicke trafen den Bisehof Heinrich das fol-
gende Jahr 1284. In Folge der beständigen Reibungen mit
— 46 —
Grafen Meinhani von Tirol sah er sieb genOtkigl, nach kalieii
zu fluchten, und letzterer brachte es dahin, dass ihm der Bischof
die weltliche Verwaltung seines Fürstenthums gegen eine jfthr«
liehe Pension auf 4 Jahre gflnxlich abtreten musste. CAreh.
Riv. Verzeichn. Ferd. XIV. 9J Zur Besorgwig seiner Geld«-
Angelegenheiten bestellte er seine Ordensbrüder in Tirol ; durch
Zuschrift vom 18. November 1384 oder i385 bittet Heinrich,
Bischof von Trient von Bologna aus den Hm, von Travqach,
Decan zu Brixen, er möge nach Kräften dahin wiilien, dass
die 200 H. B. , welche Graf Heinhard von Tirol Ihm vertrags-i.
massig auf Andrei auszahlen soll, seinen Procuratoren ^ dem
Landcomtur oder dem Bruder Conrad, Priester und Comtur zu
Bozen übergeben werden. C^orm. Gesch. r. Tir. Urk. 9i6.~J
— Am 12. Jänner 1286 zu Bozen bekeiml Heiorich Pohehin,
Diener Hrn. Gotschaiks des Decans von Trient als Procuralor
des Hrn. Gabriels de Porla von Trient, von Fr. Conrad von
Pradung vom deutschen Hause zu Bozen 100 Pf. B. als Ab«
Zahlung einer Schuld, welche Bischof Heinrich von Trient besa^
\em Hrn. Gabriel schuldete , erhalten< zu haben. CBep. arch.
ep. Trid.) _ Am 12. April 1287 zu Trient bekennen Gel«
schalk^ Decan von Trient und Gyrardus, Abt des Sl. Lorenz-^
Klosters neben dem Trientner Schlosse, als Commissarien des
für die Trientner Diöcese bestimmten päpstlichen 2iehenlsammlers
Christophs von Saiceano von dem Bruder Gotfrid, Landcomtur
der Bailei Bozen 500 Pf. B. in neuen Agiaiern- und alten
Veroneser-Groschen , welche der Bischof Heinrich von Trienl
für diess Jahr dem Papste als Zehent von . den 500 M. B.
seines jährlichen Einkommens zahlen sollte, ausbezahlt erhalten
zu haben. — Der Landcomtur Gotfrid bekannte obenerwähnte
500 H. B. im Namen des Bischofs wirklieh in zwei Ralen^
nemlich 300 M. B« am Lorenzitag und die übrigen 200 M. B.
am Andrei-Tag (vom Grafen Heinhard) empfi^igen zu haben. 0. A.
Aus obigen Urkunden geht nun deutlich hervor, dass Bischof
Heinrich während seiner mehrjährigen unfreiwilligen^ durch
Grafen Heinhards IL von Tirol gewaltthätige Massregeln heitei-
— 47 —
leiUirlm Abwesenheit ven seuieiil Biilbimie die Deulaehordens.
Brffder su Proearaloren seiner fiiakänfte erwäUt habe; aber es
Iftsst sich tttch daraas die Summe, nemlioh fiOO M. B. jibrlteti,
genau beslimmoi) fOr welche Bischof Heiarich. dem Grafen von
Tirol die welliiche Verwaltdng seines Ffinstenlharos auf 4 Jahre,
4284—1288, nothgezwongen abgetreten hatte.
WArend aber Graf Heinhard von Tirol und Götz dem
Dentschordens-Brodor auf dem biseh^ichen Stuhle von Trient
so arg mitspielte, zeigte er dessen Milferüdern in der Bailei
Boxen fortwährend die ihnen frtther zugesagte Gunst und scheint
nneb grosses Vertrmien auf sie gesetzt zu haben; denn in
seinen beständigen Fehden vertraute er ihnen sogar die Be*
wachung seines Schlusses Stein am Ritten an und der Deutsch-
Ordens-Meister Burkhard von Schwanden sandte auf des Grafen
Bitte den Bruder Gotfrid von jStanfen und viele Ordensbrüder
als Besntznqg dorthin, und Hemhivd stellte ihnen zu Griess am
2ö. Jlnvember 1288 dankbar das rtfhmliche Zeugniss aus, dass
ne sieh in Bewachung des ihnen anvertrauten Schlosses und
seiner Sachen sehr wachsam und klug bewiesen , so dass sie
dafür allgemein gerithmt zu werden verdienten; nun hiltten sie
ihm selbes zurückgestellt und er verheisse ihnen dafür zum
Dnnke seine besondere Gunst und Freundschaft. 0. A. Und
wirklich halte er ihnen schon kurz zuvor einen Beweis davon
gegeben, indem er dem deutschen Hause zu Sterzingen durch
IMuade dat. zu Reilensla'm am Ende Juni 1288 völlige Zoll-
freiheit für seine Weine und Lebensmittel sowie für die 24
Fuder Salz, welche, sie aus dem Pfannhause im Innthal empfan-
gen sollen, ertheille. (BurffiechnerJ. Ja er ertheilte auch
allen Häusern der Bailei Bozen Zollfreiheit für ihre Lebens-
mittel, nemlich Salz, Getreide, Oel, Wein und dergleichen,
welciie sie entweder aus ihren eigenen Gütern ziehen oder zu
ihrer Nothdurft erkaufen ; welche Zollbefreiung ihnen auch sfiäter
dessen Sohn, ües^og Otto, mit Urkunde dat. Zenoberg am
21. Mai 1296 bestätigte und zwar mit der Bemerkung: ec
wolle in die Fussstapfen seines verewigten Vaters treten, der
den Brtidern des deitseim Ordens mh besondtrar Zmetgonf
xqgetkan gewesen. 0. A. — Die Aiifrichtigkeil seiner Ver*
heissung bewies Hensog Otto aoch bald darauf dadurch, daas
er den Deatschordens-* Brtidern jenes besondere Prifilegüun
bestätigte, welches ihnen sein Valer gewährt hatte, vermttge
welchem sie nicht gehalten sein striiten m seinem ganzen Ge-
biete weder vor einem Richter oder Offkial noch vor nrgend
einem andern Menschen au Gericht lu erscheinen in was imnMr
für einer Angelegenheit, ausser vor ihm selbst oder einen
geisilichen Richter; soHte Jemand wagen, diens von ihnen au
fordern, so soll er wissen, dass er dem Heraog aelbst diese
Beleidigung lufUge. Gegeben su Griess am 25. November
1296. 0. A.
Der früher erwfthnte Swiker von Reichenberg hatte eken
Sohn, Namens Urele hinterlassen; aus Armuth begab sich dieser
im Jahr i292 ins deutsche Haus zu Schlanders; später fiel er
gleicherweise (wie einst sein Vater) das Ktoster Mariaberg im
Vinstgau mit Rauben an und suchte selbes sogar in BtusA zu
stecken, ward aber von einem Herrn von Matsch nii einem
Pfeile erschossen. C^arof SUlieh v. WolkenHein^ i4. Bück.)
Nene Vergabungen erhielt der deutsche Orden in Tirol um
diese Zeit. — Zur Verwaltung der dem deotsohen Haose zu
Sterzing im Jahre 1269 geschenkten St. Peters Gapdle bei
St. Pauls und der dazu gehörigen Gater stellte der Orden einen
Bruder als stfindigen Provisor und Aufseher dahin; im Jahr
1294 verwaltete diess Amt Bruder Uebelin. Diesem vermachte
Frau Alhaid, Tochter weiland Peringers von Eppan zur Capelle
des hl. Petrus am 10. Jflnner 1294 ein Weingut, anderthalb
Jauch Acker und em Stflck Grund sammt darauf stehenden
Gebäuden, und den fünften Theil einer Wiese, was sie von
ihrem Vater ererbt und femer noch, was ihr durch den Tod
ihrer Mutter zuftdlen würde ; jedoch unter Vorbehalt des lebens*
länglichen Nutzgenusses; einsweilen aber versprach sie zum
Zeichen der Schenkung jährlich benannter Capelle ein Staar
Getreide davon zu Zinsen. O. A. — Am 19. November 12OT
fthenkt Hr. Wilhelm von Velturns tu Gunsten des deutschen
Hauses zu Lengmoos in die Hunde Brader Hartmanns, Land-
Comtors der Bailei zu Bozen, den Barchehof zn Yeltomff unter
der Bedingung, das^t er lebenslünglich den Nutzgenuss davon
aefaen dürfe, wofOr er dem Hause zu Lengmoos zum Zeichen
seines Eigenthamsrechtes jiihrtich eine Gelle Oel zu Zinsen ver-
spricht. Dafar soll der Orden gehalten sein, falls er im Bis-
thnme Brixen oder Trient nicht mehr als zwei Tagreisen von
einem Ordensbause stirbt, seinen Leichnam nach Lengmoos zu
überbringen und daselbst in seines Vaters und seiner Ahnen
Graft beizusetzen und für ihn wie fflr einen Ordensbruder den
Seelengoftesdtenst und einen Jahrtag zu halten. Zur Bekräf-
tigung der Urkunde hftngt daran sein Siegel der Geber und
dessen Bruder Hauk von Velturns; Zeugen dessen: Bruder
Johann von Chempten, Fridrich der Schulmeister zu Brixen,
Aebel der Hdbezieben u. a. m. 0. A. — Am 20. Jfinner 1299
schenkte der edle Albero von Wanga dem Bruder Hartmann
von Hülenstain, Landcomtnr der deutschen Häuser im Gebirge,
im Namen des deutschen Hauses bei Bozen das ihm zugehörige
Patronatsrecht der Pfarre Wangen^ (^tA. Samthem u. 0. A.^
Hit dem Abschlüsse des dreizehnten Jahrhunderts ist auch
das erste Sacolnm des Bestehens des deutschen Ordens in Tirol
abgesddossen. — Zur Vermeidung grösserer Verwirrung wer-
den wir die Beitrüge zur Geschichte der Comende Sterzing, fflr
welche reicfaliebere»i Materiale vorlag, von jetzt angefangen in
einem eigenen Nachtrage liefern. .
Herzog Otto, Graf von Tirol, urkundet zu Griess am 6.
Mftrz 1303, dass nachdem er seinen hörigen Hann Ulrich Vraz
freigdassen, selben die Deutschordens-Brflder der Baltei Bozen
m den Orden aufgenommen und dieser mit seines Bruders Con«
nd Vraz Bewilligung dem deutschen Hause einen Hof, geoannl
in Holz, bei Merans im Gerichte Hülbach geschenkt, den sie
TOB seinen Voreltern und ihm zu Lehen getragen; zu Gunsten
des Ordens stdie er von jedem Lehensherm-Rechte auf diesen
Hof ab und fiberiasse selben dem Orden als freies Eigenthum«
4
- 50 «^
Zeugen dessen: Heinrich voa RagOQia, erwiflinter CHnrad Vras
und Heinrich Uasenrieder, 0. A.
Am 29. Juni 1302 schliefst Bruder Conrad, Comtur d^
deutschen Hauses zu Trient, mit Adelhaid und deren Gemahl
Johann von PrimOr einen Erbpachtvertrag tther mehrere Grond^
stüelte ab. 6. A. — Im nftmlichen Jahr 1302 belsennt Hr. Jacob
von Rotenburg dem Grafen Reimprecht von Flavon 1200 Pf. B.
zu schulden; davon schuf der Graf die HiUfte dem deutschen
Hause zu Trient. C^dwt%archk>. BegUtJ} — Am 27« Octo-
her 1302 im deutschen Hause zu Bozen am. EisaclL in Gegen-
wart des Priesterbruders Conrad von Aichach und Bruder Ulrichs
von HOnchen vertauscht Bruder Conrad von Schiverstftt, Laie
und Landcomtur der Bailei Bozen, und Brüder Heinrich von
Eschenbach , Laie aus der Comende Sterzing , im Namen der-
selben an Hainzo Benditensun von Gurlan den Madozz-Aclier zu
Gurlan gegen einen Acker zu Bppan in der Gegend genanirt : in
der Naudr ; grenzt daran Fridrich Gonazell , Walch aus Nons-
berg. 0. A; — Am nemlichen Tage und Orte verleihen die-
selben im Namen der Comende Sterzing dem Ulin Ghoppo
von Pignagä m der Pfarre Eppan 3 Stück Weingut in der obem
Gleive in der Pfarre Eppan zu Erbpacht gegen jährlichen Zins
von 6 Thm Wein ins Haus ist deutschen Brüder zu Eppan
zu liefern, 2 Fastnachthtthner und zu Ostern 1 Kitz and 30
Bier. 0. A. — Am 22. April 1303 im deutschen Hause bei
Bozen in Gegenwart des Bruder Ulrichs von MOnehen, Christan'a'
von Prandiez bestätiget Bruder Conrad von Gundelfiagen, Land-
Comtur und Comtur der deutschen Häuser za Bozen, Lengmoos
und Sterzingen, den Verkauf eines dem Orden lehenbaren
Ackers in Gennan durch die Brüder Peroktold und Ganrad
Tysner an einen gewissen WHhelm. C^farr^Arch. in TUens.y
Und am 2. Jänner 1304 im dentschen Hanse bei Bozen ia
Gegenwart der Ordensbrüder Heinrichs von Alldoff, des Priesters
Jacobs von Caneich, Ulrichs von Manchen, verleiht Bnider
Conrad von Schiverstät, Landcomtmr der Ballei Boaen, dem
Bruder Oyemo Ezze von Ytnkeren zu Erbrecht ein Häuschen.
- 51 —
und WeiDSlflGke xu Vintier^n, genannt aaf der Eben, gegen jdir-
liehen Zins Ton halben Wein, zn Weihnachten zwei Schwein-
schnltern, zwei Fastnachtshflhner und zu Ostern ein Kitz Und
30 Eier. 0. A.
Die Leute der Pfarre Schlanders, welche die St. Michael»-
Capelle auf dem FHedbofe daselbst hinter der Pfarrkirche erbaut
hatten, übergeben am 9. April 1304 dem Landcomtur der Bailei
Bozen, Conrad von Schlverstät und dem Bruder Conrad von
Aychaeh, Deutscbordensherm und Pfarrer zu Schlanders, den
Obermarainhof daselbst gegen die Yerbindlichkeit , dass das
deutsche Haus daselbst wöchentlich die Lesotig dreier Messen
in derselben besolde. C-^^^^ ^^ SchlandersJ — Hatte
Hr. Wilhelm von Yeltums im Jahre 1297 bei seiner Sebeftkung
seines Barkhofes zu Veltnms an den Orden sich den lebens-
länglichen Nutzgenuss vorbehalten, so ttbergab er selben nun
noch vor seinem Tode am 18. März 1306 in die Hfinde des
Landcomturs Conrad von Schiverstftt für das deutsche Haus zu
Lengmoos zu seinem und seiner Vorfahren Seelenheil. 0. A. —
Zn Lock am 4. December 1307 trägt Bmicbo, Bischof von
Freisingen, seinem Capitel auf, es soll in dem Streite des
Comtnrs und der Deutschordens-Brflder zu Lengmoos gegen
die Bauleute der der Kirche von Freisingen zagehOrigen Be->
Sitzungen auf dem Berge Perbyon (Barbian) in der Pfarre
Tfflanders einschreiten. C^ang^ haierische RegestJ)
Herzogs Meinhard, Grafen von Tirol, Söhne gaben foriwäh-*
reod Bevfeise, dass dessen Gunst gegen den deutschen Orden auf
sie sich vererbt ; so gewährten zu Griess am 8. Februar 1307
die Gebrflder Otto und Heinrich, Herzoge von Kärnten und Grafen
von Tirol den Deutschordens-Brttdern das Privilegium, dass wo
ifluner in ihrem Gebiete selbe insgesammt oder dmzeln oder
deren Abgeordnete vor ihren Richtern erschienen und gegen
Edle oder wen immer Recht förderten, selbe ihnen ohne Ver-^
iftgernng rolle Gerechtigkeit gewähren sollten, wani« oder wie
sie oder ihre Sachwaller das veriangten , und in diesem Falle
fiSr Adeliche nicht die Ausflucht gelten sollte, dass sie nur vov
4*
i
— 52 —
dem Landesgerichte (judicio provioeiali) Rede za stehen gehal
ten wären. 0. A. — Eben so gewogen gegen sie zeigte sich
auch des Herzogs Otto Gemahh'n Ofmia oder Euphemia, eine
geborne Prinzessin von Bresslau; am 1. Februar 1307 zu Leng-
moos urkundet selbe, da das Gericht in der Pfarre Wangen als
Eigenthnm in ihre Hände gekommen, so bestätige sie mit Zu«
Stimmung ihres Gemahls , des Herzogs Otto , wegen ihrer auf-
richtigen Gunst, die sie gegen die Deotschordens-Brüder und
besonders Jene zu Lengmoos hege, denselben das Patronats-
recht der Pfarre Wangen, welches im Jahre 1299 der edle
Hr. Albero von Wanga dem gewesenen Landcomtur der Ballel
im Gebirge, Hartmann von Hiflenstain, geschenkt. 0. A. Durch
eine andere Urkunde dat. Tirol am 15. Juni 1309 nimmt, die-
selbe Herzogin Ofmia alle Brüder des deutschen Ordens, beson-
ders aber die des deutschen Haoses zu Bozen in ihrem Gebiete
in ihren Schutz, und verspricht selbe gegen alle Unbild und
ungerechten Angriffe kräftigst zu verlheidigen , und gewährt
ihnen die besondere Gunst, dass sie vor keinem Richter oder
Official, oder wem immer i|nd wegen was immer für einer Sache
zu Recht zu stehen gehalten sein sollten, es sei denn vor ihrem
Gemahle, dem Herzoge Otto, oder vor geistlichem Gerichte. 0. A.
— Auch sogar die verwandten Grafen von Görz Yheilten sich
in dieser Gunst gegen den deutschen Orden ; Heinrich , Graf
von Görz und Tirol, in Anbetracht, dass sem Vater Albrecht
und auch sein Oheim Herzog Melnhard den Brüdern - des
deutschen« Ordens besonders gewogen gewesen und auch sein
Geschwisterkind Herzog Otto noch diese Gunst gegen selbe'
hege, gewährt ihnen am 18. September 1308 zu Bozen im
Kreuzgange der Dominicaner, nachdem er dessen Freiheitsbrief
gelesen, dieselbe Zollfreiheit auch in seinem Gebiete für ihr
Getreide, Wein, Oel, Salz und dergleichen, was sie für ihre
Häuser bedürfen , sei es nun Erzeqgniss ihrer Güter oder an-
gekauft. Dess sind Zeugen: die Ritter Volker und Chello,
Nicolaus von Eberstein, GaUus und Heinrich von Welfs-
perch. 0. A.
— 53 —
Am 13. Hai 1309 zu Trient im Domchore machen die
Ton dem Cardinal^Legalen dazu bevollmächkigteD Herren : Peter,
Abt zum hl. Lorenz bei Trient, nnd Gislinibert von Campo,
Dondecan , nnter Beistand des Bruders Gisalbert von Schlesien,
Dentschordens-Brudecs, Heinrichs des Erzprieslers von Calavino,
und beinahe aller Prtflaten und Pfarrer der Diöcese Trient einen
Anschlag aller und jeder B^nefieien in der Diöcese Trient und
deren Binkflnfte, am darnach den Beitrag zur pftpstlichen Steuer
zu bemessen. Da ergab sich, dass die Einkflnfte aller Pfarren,
Benefieien und Ho^pHlQer in der Diöcese Trient — mit Aus-
nahme der deutschen Häuser üi derselben. — 2706 Hark Berner
betrügen, vrflhrend die der deutschen Häuser nur in der Diöcese
Trient, mit Ausschluss derer in den Diöcesen Brixen und Cbur
auf 300 Hark Bemer angeschlagen wurden. QUipolUi^ Mon.
Eeci. TridJ
Langwieriger Zank und Hader, der sogar zu Unbilden,
Temnglimpfungen und Belästigungen von Seite der EmwQhner
von Bozen gegen die Deutschordens-Brüder im Hause jenseits
des Eisacks geführt, hatte seit einiger Zeit obgewaltet zwischen
den letztem und den erstem wegen des Eigenthumsrechtes eini-
ger Grundstacke bei dem deutschen Hause; endlich wurde selber
aaf friedliche Weise durch Schiedsspruch wechselseitig gewählter
friedlicher ThAdinger beigelegt. Am 15. Joli 1309 in der
St. Nioolanskircbe zu Bozen in Gegenwart der ehrenwerthen
Minner: Hrn. Pridrich's, Bonaventara's , Paldewin's von Inni-
cken und Gerold's, alle Gesellpriester der Pfarre Bozen, auch
der bescheidenen Ißinner Cunrad Mayser, Christan's Sohn des
Hra. PrantochV Jaudes , Albert's, des Schulmeisters zu Bozen,
Peter's and- Rudolfs der Zöllner an der Zollstange und vieler
Anderer entscheiden die el|renwerthen Hänner: Ritter Heinrich
der Lengensteiaer zu Bozen , Prantoch Jaudes , Reinold, statio-
narius md Ulrich der Haier von St. Afra, welche von Herrn
Bruder Liupold von Windingen, Landcomtur des deutschen
Hauses bei Bozen einer- und der Gemeinde aller Bfirger und
Lrate des Bezirks Bozen andererseits zur Beendigung aller
— B4 —
Streitifkeiten wegen dem Benta mehrerer LlegeotfchaOen und
Grundstücke, die der Gemeiode Bösen gehörten, und beim
deutschen Hause jenseits des Eisacks lagen, als freundliche
Thftdinger erwählt worden waren. Diese vier Httnner sprachen
nach reiflicher Ueberiegung und auch eingeholtem Gutachten
rechtschaifener und verstfindiger Männer, Gott den Allmächtigen
Tor Augen habend, nachdem sie seinen hl. Namen angerufen,
folgendermassen : Bruder Leupdd und dessen Nachfolger sollen
die Gemeinde Bozen im Besitze jenes Territoriums, welches
unterhalb des deutschen Hauses von der Badstube desselbea
längs einer Wasserleitung gegen den Eisaek zu und auch gegen
die Strasse, die naeh Haslach führt, herauf liegt, so wie es
durch gewisse Zeichen abgesteckt ist und oifenbar der Ge-
meinde gehört, nicht stören unter Strafe von 50 M. B. Hin-
gegen soll das deutsche Haus das ganze Territorium, welchen
mit einem Zaune eingefangen ist und gegen das deutsche Haus
zugeht und worauf das deutsche Haus, dessen Badslnbe, Garten,
Weingüter und Bäume stehen, und so auch unterhalb der Bad^
Stube läng« des flussern Wassereanais , der gegen den Etsack
hinfliesst, bis zu jenem grossen Weidenbaume, an dem eis
bestimmtes Zekhen angebracht ist, — wie es durch den Zann
und die darin gepflanzten Weidenbäume umschtosnen ist uad
der Breite nach bis zum Berge sich ausdehnt bis zum andern
Wassercanal ab volles Eigealhum besitzen und damit machnB
kitamen, wie mit andern freien Gütern, welche sie von der
der Gemeinde Bozen erkauft, — ohne Einspruch der Gemelwle
Bozen. — Die Thädinger versprechen auch dahin zu wirken,
dasn die Sindlker und Anwälte der Gemeinde Bozen, nämlieb
Jacob Lausso und Dietmar Pensar erwähntes Grundstück dem
deutschen Hause als völliges Eigenthum käuflich überlassen
und versprechen, sie darin zu schützen, auch eine öffentliche
Urkunde darüber ausfertigen und selbe dtnxh das Siegel des
Herzogs Otto und seines Bruders Heinrich, Königs von Böhmen
und der Gemeinde Bozen bekräftigen zu lassen. — Dafür soll
der erwähnte Landcomtnr der Gemeinde Bonen ftr das ttktr.
- » —
iassene ffigendramsRcbt des fraglichen Gnmdslttcks 40 H. B.
als Kaafsgeld in zwei Terminen aaUen. Die Thfldinger ver*
spreehen anch dafflr zu sorgen, dass die Deulsehordens^Brüder
nnler der Strafe Ton 50 M» B. weder vom Herzoge noch von
der Herzogin einen Brief oder Bolhen erlangen , dorch welche
erwähnte Kanfsamme herabgesetzt oder der Gemeinde ein Nach-
Iheil erwachsen könnte, nnd desswegen sollen die deutschen
Brflder fflr diesen Fall auf alle geistliche und weltliche Rechte
nnd auch auf alle ihre Frelhettsbriefe nnd Privilegien von
fipsten und Kaisem verzichten. — Ueberdies behalten sich die
Thidinger noch bis Martini vor, Aber ailenfall» sich erhebende
Zweifel und Zweideutigkeiten zu entscheiden. Hierauf geneh-
migt der erwähnte Landcomtur mit Zustimmung der Ordens«
Brflder und Priester: Caloch, Comlur zu Bterzing, Cunrad,
Comtnr zu Schlanders, Giselbrecht, Gomtur zu Trient, Rein«*
rieh Klieber, Comtur zu Lengmoos, Hathäus von Whidischgrazä
des Priesters, und Ulrichs von Manchen nlle obigen Entsebei-»
dangen, und verzeiht alle Unbilden, Beleidigungen und Be^
listigungen, welche ihm und seinen Brüdern von der Gemeinde
Bozen oder von einzelnen Personen derselben zugefügt wör«
den. 0. A« — Zehn Tage darauf bekennen in dem Widum
ier Harfenpfarrkirche zu Bozen in Gegenwart obgenannter
l>rarschordeiis^Br(ider nnd der Herren : Eberlin, Sohn des Ritters
Randold von Bozen seligen, Albreehts von Hnselach, Wlgelin
von Niderhnusen^ Prantoehs Jaudes und seines Sohnes Arnold,
Berfeids von St. Hipolito im Nonsberg, Jacob Rabeis von Fk^^
renz, Albert Walich von Cagnd, Christen, Sohn des erwflhatenf
Pnmtock*0 , Heinrieh von Fram von Rillen und Dietrichs eines
Blutsverwandten des Heinrichs von Lengenstain, — Jaeob Laiisso
Ar sieh und seinen Genossen Dietmar Pensar als Syndicus und
Anwalt der Gemeinde Bozen mit Zustimmung der Herren Eber»
htrd von Furmian nnd Uschlin, Sohn des Ritters Hngo von
IMerlhor seligen, beide Richter zn Bozen, und Anton^s, des
Steüverlreters FHdricb's des Rielifers zu Griess , alle drei von
Renog Otto nnfgentellt und mit Zustimmung der Gesehwomen
'— 56 — V
von Bozen, nemUeh des Ritters Heinrich von Lengensteio,
Reinold stationarius, Ulrich Gluemagen, Albertin Reiver, Ulrich
des Haiers von St. Afra des jungem, Fridrichs Vinteler u. a. m.
im Namen der ganzen Gemeinde oben ausgesprochene Kaufs*
Summe von 50 H. B. vom Landcomtur Leupold empfangen zu
haben, quittlren ihn hieroit und fiberlassen dem Orden oben-
erwähntes Territorium als unbestrittenes Eigenthum. 0. A. E^
hängt an dieser Urkunde das einzige bisher bekannte ältere
Siegel des damaligen Marktes Bozen.
Am 11. Februar 1311 im Deutschordensbause bd Bozen
in Gegenwart Hm. Heinrichs genannt Pfarrer, Heinrichs von
Youcbwang, Conrads von Bozen, der Priester-Brttder desselben
Hauses, Heinrichs des Priesters von Lengmoos, Bruder Hehl-
richs von Sterzingen, Bruder Hartmanns und Bruder Gerlodis
des Keilners daselbst u. a. m. verkauft Reimprecht Sclef und
dessen Gemahlin Halhaidis von Sterzingen dem Herrn Heinrich,
Comtur zu Lengmoos, ffir 100 Pf. B. den Sleygehof auf dem
Ritten zum freien Eigenthum. (yliTi^. OandeggJ
Kaum hatte Herzog Heinrich von Tirol, Titularkönig von
Böhmen und Polen, nach dem Tode semes Bruders, des Herzogs
Otto, die Regierung TiroJs angetreten, als auch er d^m deutschen
Orden seine Gunst bezeugte, indem er durch Urkunde dat. Griess
am 8. März 1311 den Deutschordens-Bradern nicht nur das von
seinem Vater Heinhard gegebene und von seinem Bruder Otto
erneute Privilegium, dass selbe nicht gehalten sein sollten, vor
Jemand zu Gericht zu erscheinen, als vor dem Landesfflrsten
oder einem geistlichen Richter — bestättigte, sondern aus beson-
derer Gunst dasselbe auch dahin erweiterte, dass sie selbst vor
ihm oder seinen eigens dazu bestellten Stellvertretern nirgends
anderswo als nur zu Tirol, im Schlosse St* Zenoberg, zu
Meran oder zu Mais zu Gerichte zu erscheinen schuldig sein
sollten, selbst dann nicht, wenn er in eigener Person zu Bozen
beim Landesgerichte (in judicio provmciali) den Vorsitz fährte.
— Sollten sie wegen was immer fttr einer Sache vor ihm oder
seinem eigens hiezu bestellten Stellvertreter an jenen vier (ktea
— 57 -
vor Gericht erscheinen müssen, so soDen weder Bürger noch
tndere gemeine Leute, sondem nor Adeliche oder seine Hini-
Sterinen das Drtheil ffillen. 0. A.
Dass das deutsche Haus xu Bozen schon um diese Zeit
hedealende Besittongen in dem darch trefflichen Weinwschs
herlAmten Siebenaich , wo der Orden noch seine grösste Be* ^
sitanng hat,. — gehabt habe, geht aus einer Urkunde vom '
Jahre 13i3 hervor, mdem am 18. Februar dieses Jahres vor
dem Hause der Deutschordens^Brttder daselbst Bruder Leupold
von Wemdingen, Landcomtur der Bailei Bozen, dem Heinrich
Koveler von Rumsein ein Stück Berg in der Pfarre Torlan *
dierhalb Siebenaich, im Orte Siebenecke genannt, zu ewigem
Erhbaorecht verleiht, mit dem Gedinge, dasselbe innerhalb iO
Jahren mit Reben zu bepflanzen ; während dieser Zeit hat selber
jihriich nur zwei Hennen zu Zinsen nach Marktrecht; nach
deren Verlauf aber jjihriich die Hülfte des daselbst erzeugten
Weines. 0. A. — Am 3* December 1314 erkairft Bruder
Unpold von Wemdingen, Landcomtur der BaJlei in den Diöcesen
Trient, Brixen und Cur, von Hm. Bertold von Aur, Sohn weiland
des Ritters Christan , gewesten Richters zum Stein iim Ritten,
fär das deutsche H^us zu Lengmoos um 40 M. B. den Rize-
vdder Hof zu Lengmoos in der Pfarre Unne , welcher Jiihrllch
20 Pf. B , zu Weihnachten zwei Schwdnschultem , in der
Fiblnaeht zwei gute Hühner und zu Ostern ein gutes Kitz und
30 Eier zinst. Der Verkäufer sowohl als dessen Schwager
(sofforinus) Otto yom Dorfe Tirol versprechen den Orden im
Besitze des Erkauften zn beschützen. Dess sind Zeugen: -die
vier Dentschordens^Brflder : Heinrich von Hühren und Martin von
Meisen, beide Priester, und die Brüder Johann von Wfirzburg
und Heinrich von München ; ferner die Gebrüder Otto . und
AebeKn von Haselach. 0. A. Zwei Tage darauf bestätiget
vor den nemüchen Zeugen diesen Verkauf Hr. Ottolin, Sohn
des Verkflttfers und bekennt, dass die Verkaufssumme zu sei-
neai und seiner Schwestern Nutzen verwendet worden. 0. A. —
Im 4. Uß 1316 im Mairiiofe St. Afra zu Bozen in Gegenwart
- 68 -
der DeutschordeiM-Brttder: Heiorichs von Mähren, Prieslers
und Rudi^er's von Altsheim, Hm. Ulrichs des Ibiers von
St. Afra und dessen Sohnes Chnnzlin , der Brtider Adam und
Diether von Tschaams, Rablins von Severs, Cmirads ChOlbel
von Severs erkauft der nemliche Landcomtar Leopold von
Wendmgen fflr 16 H. B/ von Engelwize, der Toehter weifaind
Heinrichs von Tschaums^ ein Stilk Weingut tu Tschatms sammt
daraus fliessendem Wein- und Getreidezins« 0. A.
1317 am 24. November im deutschen Hause bei Bösen
sendet Conrad Zeltinger in die Hflnde des Priesters Mathttas,
Comturs des deutschen Hauses bei Bozen, einen Hof sammt
Aeckem und WeinsUicken zu Zaumes auf zu Gunsten Heinrichs
von Zaumes , worauf der Comtur mit Zustimmung der Ordens-
Brüder Fridriehs von Speier und Heinrichs von Mähren, der
Priester und des Heinrichs von Bozen des Kellners letzlieni
damit belehnt unter der Bedingung, dass er Innerhalb 6 Jahren
das ganze Gut mit Reben bepflanze vnd jährlich davon halb
Wein , zu Fastnacht 2 Hühner und zu Ostern 1 Kitz und SO
Eier zinse ; unbeschadet des Zinses von 10 Pf. B. , der jtfhr*
lieh dem Hrn. Bertold, Propst des Klosters in der Ane davofl
gereicht werden soll. 0. A.
Am 13. August 1319 im Schlosse Lizaaa machte der
reiche Wilhelm von Casteibarco sein Testament; darin ver-
Macht er sein zweitbestes Pferd den Brüdern des deul^hen
Hauses su Bozen, nnd zu Testamentsvollstreckern bestimmte
er den JewdUgen Comtur des deutschen Hauses zu Bozen nebst
zwei Dominicanern, einen Minoriten nnd seinen Nefen Hm. AI«-
driget von Casteibarco; widersetzten sich einige seiner Erben
seiner Disposition, so soll deren Theil den Übrigen £rben zu-
fallen; wären aber alle Erben damit unzufrieden, so sdl dl«
Hälfte seiner ganzen Verlassenschaft dem Bischöfe von Trieni
und die andere Hülfte den Brüdern des deutschen Ordens ztt-
Mlen u. s. w. fJ. A. v. Brandis, Oesch. der Landep^
haupileuteJ)
Am 12. December 1319 zu Bezen beim Friedhofe der
— 59 —
Ihrienpfarrkirche dem hl. delst-Spitale gegenüber, in Gegen*
wart der Herren i Otta TOn Haseiberg , Usohim von Niderthor,
Sohn des Ritters Hugo seligen u. a. m. treten Hr. Wilhdm
TOB Liechtenstein und Paul der Horetscher ats Erben weiland
Hm. Rvlands, Sohnes der Frau Beatrix ab der Sehale seligen
die Hfilfte des Hubenhofs in der Pfarre Chelier gelegen ober-
halb Griess, welchen Hr. Hilpolt T<m Curneit baut und der
den deutschen Herren wegen Nichtzahlung des Pachtschillings
recfadich rerfiEdlen^ in die Hfinde des Deutscbordens-Bruders
Fridricfas von Speier ab^ der diese Aufsendung im Namen des
Bmders Dielrich von THer, Landcoraturs der BsHei Bozen an-
■Hkwit O. A. — Im Friedhofe der Dominicaner zu Bozen
ivohnt am 9. December 1320 Bruder Dietrich von Trier, Land-
Comtur der ^deutschen Httuser» mit den Rittern Heinrich von
A«fenslein und Gotschalk, Richter von Egna, der Belehnung
Heinrichs von Niderthor mit einem Garten in der Wanger--
Gasse zu Bozen durch König Heinrich bei. C^^^- Oande^stO
Ebctt diesem Landcomtur Dietrich von Trier schenkt am
i« Angast 1323 König Heinrich aus Gunst gegen den Orden
tberhanpC und insbesondere gegen erwähnten Landcomtur auf
dessen Bitte einen seiner HitaigAv, Heinrich genannt Vogel zu
Epptn , sanunt allen demselben gehörigen Gütern. 0. A.
Im lahre 1325 Hess Fr. Conrad von Uzerstal, Ord. Cisterz.
Gepieraincar und Stellvertreter des Bischofs Heinrich von Trient,
eine new Aubeiehmmg aller Zinse des Stiftes Trient in der
gaozen Diöcese. anfertigen; dabei befand sich auch Bruder
Dielrieh von Trier, Landcomtur der Ballei Bozen im Gebirge
■ad dier Moser in der , Lombardei , io Italien , Apulien und
Sicilieo, so#ie Bnrder Herman de Bestivalis, Destschhaos*
Coüitar zu Trient drc. (Repert areh, ep. Trid.)
Im Schlosse Tirol am 22. Juat 1328 sdienkt König Hern-
rieh ms Liebe zu Gott und Zuneigung zum deutsehen Orden
seiBeni getreuen Heinrich von Reichenberg, weil sefber in den
deutschen Orden eintreten will, die Freiheit. 0. A. Dass selber
wirklich ie den deotschen Orden eingetreten, beweist eine
Urkunde vom 30. Juli 1329, Teriaöge welcher im Thale Täu-
fers auf Schloss Reichenberg die Herren Urde und Swiker
von Reichenberg, Sohne des Hm. Heinrichs, Ritters des iesat-
sehen Ordens, sowie die Herren Swiker und Johann, Söhne
weiland Hm. Lorenzen von Reichenberg, dem Johann von Slu-
derns ein Weingut zu Castelbell fflr jli)irllchen Zins von
40 Pf. 3. verleihen. C^^^ TaranUbergO
Im Jahre 1330 bekennen die Herren : Gothard der Sebner
und Schwfin der Rubeiner als YormUnder der Kinder Herrn
Heinrichs von Yelturns seligen, dass Hr. Arnold von Vdtums,
der Trostberger genannt, dem deutschen Hause zu Lengmoos
zu einem rechten Seelgerfithe 60 M. B. guter Münz auf vier
seiner Weinhöfe vermacht habe. 0. A« — Am 22. Jflnner 1333
in Gegenwart Hm. Berlolds des Erzpriesters im Vlnstgau und
Pfarrers zu TschengJs u. a. m. übergeben die Bevollmächtigten
der Pfarrgemeinde Schlanders nnd Cortsch dem Bruder Gotfried
von Hflnberg, Landcomtur der Bailei Bozen, und dem Bruder
Mathftus von Kftroten, Comtnr und Pfarrer zu Schiander«
70 M. B. gegen die Verbindlichkeit, dass die Comende da-
selbst nebst jenen drei schon am 9. April 1304 gestifteten
Wochenmessen in der St. Hichaels-Capelle auf dem Friedhofe
daselbst noch wöchentlich drei andere Messen und jeden Sonn-
tag die FrOhmesse zu St. Gervasi und Protasi in ihrer Haus-
Capelle daselbst auf weltewige Zeiten besorge. Dess . zum
Unterpfand setzt der Orden den ihm gehörigen Chemnatbof zu
Schlanders. 0. A.
Nicht uninteressant ist das Zinsboch des deutschen Hauses
zu Schlanders, geschrieben im Jahre 1334 zu Weihnachten zu
den Zeiten Hathftusen des Gomturs ; es gibt uns einen ziemlich
deutlichen Aufschluss über die damaligen nicht unansehnlichen
Einkünfte dieser Comende zu Schlanders, Kortsch, Las, Pruck,
Geflan, Horter, Tflss, Camps auf dem Sonneaberg, zu Yorchach,
Walchenthal, Tyltttsch, Zirming, Ober-Vezan, Pradatsch, Ron-
tisch, Runschill, zu St. Horizien nnd in Hartell; nemlich 975
Mutt Roggen, 46 H. Walzen, TOM. Gerste, 88 Htthner, 137
— 61 —
Sehott Kikse, 12 Sehott Schmalz, 26 Schweinschaltern, 24 Kitse,
5 Castrtane, 1 Lamm, 1 Schweia, 460 Eier, 4 Gellen Oel,
6 Ihm Wein ond von 6 WeinMQckeD Halbwein , in Geld 142
Pr. B. «id 60 Schillinge, dazu noch 44 Pf. B. za Geding
mid 3 Pf. B. im Sehaltjahre, ferner 5 Pfund Wachs und 2
Brode zu Weihnachten, 2 Wasserhauen oder i Pf. B. und
eine gewöhnliche Haue oder 4 Zwanziger; zudem jedes Schalt-
jahr aus dem Thale Harteli jeder Hof eine Gais, welche 17
SchiUiDge werth sein soll, zusammen 14 Gaise, und jfthrlich
40 Schillinge Schweinzehent. — Der Caplan zu Las gibt vom
kleinen Zehent zu Ostern 4 Kitz und 3 SUIrl Senb und zu
St. HarCBsmesse 15 Pf. B. zu Collect und 3 Pf. B. im Schalt-
jahre; der Hessner von Alitze 'gibt 12 Hutt Roggen upd 3
Dienst den Caplfinen und Schillern; der Messner zu St. Mau-
ritien sdl geben dem Plarrer oder seinen Gesdien und einem
SehOler mit 2- Rossen Morgens und Nachts und ihnen ehrlich
dienen, und dafür fallen von seinem Zinse von 15 Mutt Roggen
3 Malt weg. CEhemaUye» Archiv im KeUeranU zu Hieran.)
Am Freitag vor Marifi Geburt 1336 erlaubt Bischof Albrecht
von Brixen dem Aebtin von HStsch seiner treuen Dienste vegen,
die selber Ihm und dem Stifte geleistet, die Gflter, welche er
von ihm und seinem Stifte zu Lehen trflgt, wo immer sie
gelegen, zu kirchlichen Zwecken verschenken zu dürfen. 0. A.
— • Da diese Urkunde im Besitze des deutschen. Oi;dens ist, ^o
nag wohl dieser Aeblin von Platsch obige Güter demselben
gescfamikt haben.
Während dem war der bisherige Landcomtur Bruder Got-
firid von Hittberg im Jahre 1334 von seinem Amte ab- und in
die besefaeidenere Stelinng eines Comturs zu Sterzing eingetre-
ten; im Jahre 1336 zu Eppan im Hause der deutschen Brüder
In Gegenwart Hrn. Gotfrids von Hünberg, Comturs zu Sterzing
bekennt Cudzl Frizle von demselben einige Güter zu Erbrecht
erhalten zu haben, überlSsst nun aber diess mit dessen Geneh-
mignng ans Gddnoth käuflich an Hrn. Ulrich Rathgeb, dem
HnsfireMüd^ Herrn Conrads von Schennan und Freund der
— 62 —
deatsehen Brüder. C^rch. TarantsbergJ — An des Brader
Gotfrids Stelle war Bruder Albreeht, Herzog von Brannschweig,
im Jahre 1334 als Landcorotur^m Gebirge an der Etsch und
in Lamparien (Lombardei) eingetreten; in den Jahren 1339,
1340 und 1341 Hess selber als solcher mehrere filtere pfips^
liehe Bullen, den deutschen Orden betreffend , von öifentlidien
Notaren abschreiben. 0. A.
Am 13. März 1339 bei Boxen im deutschen Hause an der
Eisackbräcke bekennt Barllmfi Dietrici von Eben dem Bruder
Heinrich, Kellner des deutschen Hanses, 10 Ihm Wein ver-
sessenen Zins zu schulden, und verspricht selben in drei Ter-
minen zu leisten; dafür stellt sich als Btirge Chrisian, Gerichts-
Bote zu Ritten. 0. A.
Reichlich bedachte noch sterbend Ofmia, die Witwe des
Herzogs Otto von Kärnthen und Gräfin zu Tirol die Deutsch-
ordens-Brüder, denen sie schon früher so manche Gunst erwie-
sen, indem sk in ihrem am 26. Mffrz 1347 im Schlosse Ried
gemachten Testamente dem Deutschherren-Orden im Lande über-
haupt 100 lll. B. und. dem Hause zu Lengmoos insbesondere
noch 10 M. B. vermachte. (_Slatth,'-Arehiff,^
Ums Jahr 1350 oder 1351 war Bruder Hans Nothhafl
als Landcomtur der Ballei an der Etsch eingetreten; er begann
eine strenge Untersuchung der Yerwahung der Comenden und
dabei zeigte sich manche faule Wunde; in Folge dessen
berichten er und die Pfleger der deutschen Hfiiil)er besagter
Ballei an Bruder Heinrich Tuzmar, Hochmeister des destecben
Ordens: sie hatten am St. Severinstag 1351 Capitel gehalten
und mit der filtesten und der besten Brüder der Ballei Raih
den Bruder Heinrich von Zipplingen, Comtur und Pfarrer zu
Sterzingen, seines Amtes entsetzt, weil er sein Haus mil einer
Schuld von 62 M. 8 Pf. B, beladen; ebenso noch den Broder
Bernhard, Hauscomtur zu Bozen, der ebenfeNs sein Hans in
50 M. B. Schulden gesetzt; dazu habe keiner von beiden fr
seinen> Hause die nothwendigen Lebensmittel noch Kleidung
zurückgelassen und sie besorgen sehr, sie m<testef ihr Brh«
r
— es —
und ihr Eigenthmn ?erluiaf«i, wenn sie diess einbring«» wollten ;
bitten ihn also um Weisung, was sie in diesem Falle %n thun
bfttten. Ferners berichten sie ihm, die deutschen Hfioser zu
Lengmoos, zu Sehianders und zu Trienk hätten sie ohne Schul-
den beftinden. Dabei sind gewesen: der Hauscomtar und der
Phnrer von: Lengnoos, der Comtur zn Sehianders samml dem
Pfarrer daselbst, der Gomtnr zn Trienl und andere Brdder der
Ballek C^Mih.-^ArehicJ
Am St Yineenten-Tag 1353 bestellt Ofmia, Äbtissin von
Chiemsee, den geisilichen und festen Ritter Burkhart, Oentsch-
Ordens-Gomtsr zu Lengmoos als Gerhri>ett des Sohnes des
verslorbenen Ganders, ihres Kloster-Ackermanns zu Snffank
(SilFian.) C^antm. Boiea, IL B, Urk. 60 J — Am Hitt--
woeh nach Dreifaltigkeit 1354 erlaubt der Deutschmeister
Wolfram von Nellenbarg dem Bruder Johann von Nothad, Land**
Comtur der Ballei m Tirol , von dem Ordenshaase Ganghofen
Goter zu kaufen and In dem Ordenshause zu Regensbnrg damit
einen Jahrtag zn stiften; es wird darin auch dessen Bruders
Conrads des Nothafts von Haylsberg erwähnt. 0« A. — Dieser
Hans Nothaft trat als Landeomtur im Frtibjahre 1366 ab und
Meb einfMJi Comlur des Hauses zu Bocen; am 11. Augast 1357
bekennen Fridrich der Auer und dessen Gemahlin Elspet , dass
ihnen ihr Schwager Johann der NoAaft, Comtur zu Bozen,
semen halben WOcUi zu Regensbnrg^ oberhalb der Donaubrficke
fiberiasnan habe mit der Bedingung, so länge er lebe, von der
ans diesem Wörih entölenden Gttlt jährlich 16 Va SehiUmg zu
geben. (^Freibergy haui$ehe Reffwlen») — An semer Steife
ab Landc<MDtur war bereits im Jahre 1356 Egno , Graf von
Tibingen eingetreten; am Samstag nach Allerheibgen 1356 im
Srhlasae Tirol bestätiget Ludwig , Markgraf von Brandenburg,
Graf von Tirol dem Grafen Egnoi von Tübingen , Landeomtur
zn Bozen und den BiMem dieter BaUei alle ihre rechten Briefe
nai Gnaden, so sie von seinen Vorfahren überkommen« 0. A.
Am Hontag nnch Maria Geburt 1356 urkundet Ghunz in der
Bkan^ dans er ^em deutschen Banse zu Lengmoos znm Heile
— 64 —
seiner Seele sein Weinet in der Eben, die Leite gdieissen,
welches morgenthalben an des Pnintsbergers Gnt grüntt,
geschenkt, unter der Bedingung, dass selbes ihm und seinen
Erben wieder zu Erbiehen gegen jährlichen Zins von 2 Ihm
Wein gegeben werde; dafür soll der Orden jährlich Rir sein
und seiner Vorftitem Seelenheil 3 Messen halten lassen, so
lange der Zins geleistet wird. Daran hfingt sein S^el Johann
der Sparrenberger. 0* A. — Am Erchtag nach St. Veitstag
1360 zu Bozen bdiennt Hr. Bertold von Gufidaun, dass er dem
ehrsamen Hanne Bruder Egelolf von Lyerhahn, Comtur zu Leng-
moos, anstatt des deutschen Hauses zu Lengmoos 40 H. B.
zahlen soll^ wegen des letzten Yermächlnisses weiland Herrn
Amolts des Trosibergers von Veltums; diese Summe welle er
abzahlen die Hftlfte in Geld auf kttofiigeLorenzI und die andere
Hälfte auf Weihnachten, und setzt dafttr zum Pfand alle seine
Güter auf dem Ritten ; diese mag der Orden verkaufen nach
Pfandrecht, wenn er nicht zahle. CßtiUthn^Archiv.')
Im Jahre 1361 wurden auf Befehl Philipps von Bokeburg,
des Hochmeisters des Ordens, 12 Ordens-Balleien , darunter
auch die an der Etsch durch Ordenspersonen visitirt C^UUth.^
Arehifs.) — Am 27. November 1362 sendet Heinrich von
Covalo in die Hände des Hrn. Bruders Hegenolf von Uenm,
Comturs und Rectors des deutschen Hauses der hl. Elisabeth
zu Trient ein Stück Weingut in der Gegend von Trient, weiches
ad Roverdnm heisst, auf. (Archiv im SehioMe Thutm.)
Am Sonntag, am Ebeid>ich-Tag (1. Jftnner) 4363 in
äcUosse Tirol bestätigt Meinhard, Harkgraf von Brandenburg,
Graf von Tirol, in Ansehung der treuen Dienste^ welche der
edle Graf Egen von Tübingen, Landcomtur zu Bozen seinem
Vater Ludwig oft und dick erwiesen, den Deutschordens-Brti^
dem alle ihre Freiheitsbriefe mit dien Puncten und Artikeln. 0. A.
— Dieser Graf Egen von Tübingen, Landcomtur zu Bozen,
befand sich auch unter den neun tiroltschen Landherren und
Ruthen, denen sich Margret, Gräfin von Tirol, nach dem Tode
ihres Sohnes IHeinhard HL am 16. Jürnier 1363 au Bozen
— 65 -^
irersiArieb, ohne deren Wissen and Willen Nichts, was die
BttTsehaft oder den Hof zu Tirol angeht , mit Jemanden tu
handeln. C^ratutts^ Oeseh. der LandeshauptietUe S. 90.)
— Er scheint aber auch der einzige Uneigennttlzige anter
diesen H>blichra Rfithen gewesen sa sein, der diesen Ein*
foss nicht za seinen oder des Ordens Gunsten ausbeutete, wie
die Andern, welche sieh Ton der Gräflo Margret mit ansehn-
lidien Gaben und Gnaden bedenken Hessen, da wir keine Ur-
kunde irgend einer Vergabung aa ihn ßnden; daher er auch
nlcfai wie die Andern von Herzog Radolf IV. ▼onOesterreich,
als dieser die Regierung des Landes nbemommen, zur Rechen-
schaft gezogen und gebflsst wurde"^, sondern vielmehr bei ihm
in Gnaden stand. — Die an die Herzoge Ton Oesterreich
geschehene Verschreibung des Landes Tirol durch die Grüftn
Margreth am 25. Jaoner 1363 zu Bozen unterzeichnete und
besiegelte Egno von Tübingen, Landcomtur zuerst. CBrandi»,
Gesch. der Lande»haupiieute S. 99, )
Zu Brixen am St. Dorotheen-Tag 1363 urkundet Erzherzog
Rudolph lY. von Oesterreich icc. Graf von Tirol , dass sein
lieber Oheim, Graf Egen von Tuwing, Landcomtur des deut-
schen Ordens an der Etsch zu ihm' gekommen und ihn als
nächsten Erben und Grafen von Tirol gebeten , alle Freiheiten,
BrieTe, Handfesten and Rechte des Hauses zu Bozen und aller
Hinser des deutschen Ordens in seiner Bailei, wie sie selbe
von den frühem Fürsten von Tirol, besonders von Ludwig,
Markgraf von Brandenburg, Markgraf Meinhard und von der
Gräfin Margret aberkommen, zu bestätigen, was er auch hiemit
fflr sich and seine Brüder thne. (Orafv. Artz'eches Archiv.)
— Im Jahre darauf wurden die ])etttschordens-.Brflder der
Bailei wieder von pfipstllchen Collectoren um Beisteuer geplagt;
gestützt auf ihre Privilegien wendeten sie sich klagend an den
hpsl ürban V., welcher von Avignon aus am 11. November
1364 an Adrian, Cardioalpriesler aum hl. Marcellus und pfipst-
Kchen Legaten ein Schreiben erlless de^ Inhalts: die Deutsch^
Ordeps-Comtare za Bozen und Lengmoos hätten sich bei ihm
5
— 66 —
beklagt, iu» obwohl die OeQfaickofdeiidiflaser bisher nie zu
den Sammliugeo der päpaäichea Legaten beigetragen , dennoch
einige feiner Sammler, besonders Philipp von Laibach, Pfarrer
von Janvttchan und Yicar des Bischofs von Trient, sie zu dietier
Beisteuer zwingen wollten; er trage ihm demnach auf, falls er
diese Angaben wahr befinden würde, Jenen Collectoren ernstlich
zu gebieten, von jeder Steuerforderung an die Deutschordens-
Brflder abzustehen. 0. A« — Am 21. April des folgenden
Jahres 1365 zu Bozen im deutschen Hause fertigt der Offent*
liehe Notar Fridrich aus Oesterreich ad requisitionem magoifici
et religiosi viri Fr. Egnonis de Tawbin, Praeceptoris domas
Theotoaicae in Bozano eine legale Abschrift dieser Urkunde in
Beisein des Bischofs Johann von Briien, Johanns des Propsts,
sowie Heinrichs von Preiberg und Ezlins von Enn , Domherrn
von Brixen* 0. A. Und eben derselbe eine andere eines Pri«-
vilegiums Kaiser Fridrichs IL datirt Tnrent im April 1221
ad petitionem et requisitionem D. Egnonis Gomitis de Tew*
hingen provmcialis domorum et locorum Ord. S. Mmiae tbeo-
tonicorum in CSomitatu Tirolensi et D. Perchtoldi Gomitis de
Sulz, Gomendttoris in Lengenmoos. 0. A. — Beide dieser
Deutschordens-Brflder erscheinen am Pflnztag nach AUerheiiigen
1365 zn Heran, in der nemlichen Wurde als Zeugen» wi^
Herzog Leopold dem Fridrich von Greifenstein f<tr seine Aus^
gaben wegen des Krieges gen Baiern und was auf den Krieg
gen Fkidua gegangen ist, all die weil der ehegenannte Greifen-
Steiner das Gotteshaus zu Trient inne gehabt, nemlich 1835 M. B.,
die Veste Pergine verpfiindeU C^oUecL SpergsJ — Bald
darauf verschwindet dieser Egen von Tabingen als Laadcomtur
und, wir finden an seiner Stelle den Bruder jLeutolf der Hacke;
am Freitag vor Palmsonntag 1367 zu Schlanders empfflngl
Leutolf der Hagge, Landoomtur der Ballei an der ^tsch und
im Gebirge, im Namen des deutschen Hauses zu Schlandera
von der Gemeinde des Thaies Kartell 35 M. B. und dafar ver-*
spricht er mit Rath der Brüder : Bertold Graf von Sulz, Comtur
zu LengmoQs, Egiolf von Lierheimi Comtur zu Sohlan^rs^
— w —
Fridiidi nu SteniBgeo, Waifter der Grtbaer, Jacob der Hasdie,
Johann der Ehringer, Pfarrer im ScUanders, and Welfhart der
KeHemicIsler daseliwt, jähritck in der St. Walbargi^-Kirche in
Marteil dörch einen Priester ana der Comende Schiandera
i4 Hessen halten zo lassen und awar an folgenden Tagen:
aai hl. Christtag, St. Johann Et., zu Liehtmessen, U. L. Frauen
am Pllanztage, zu Ostern, Christi Himmelhhrl, am Fronieich«-
nams*, St» Johann Bapt.-, Bartlmft-, Haria Geburt-, Michaeli-,
j^lerheiligei»-, Allerseelen-* und St. Catharina-Tage ; — der
Tom deutsehen Hause abgesandte Priester moss sich selbst
verkosten, när den Opfenrein schaSI die Gemeinde. An allen
erwähnten Tagen muss der Priester daselbst die Messe lesen;
es sei denn, dass schlechte Witterung, grösserer Beichtconcurs
oder ein grosses Leichenbegfiagaiss ihn daran hindern ; in die*
Sern Falle moss die Messe nachgeholt werden. — Diese neu«
gestifteten Hessen soflen den frtlher von der Gemeinde gestifte-
ten und von Alters hergekommenen keinen Eintrag thun. Das
deutsche Haus verpfändet für die richtige Einhaitang der ein-
gegangenen Yeitindllchkeit den ihm gehörigen halben Zehent
in Harten, so dass wenn das dentache Haus diese Messen nicht
eifthnUet, die Gemeinde denselben in Beschlag nehmen kann,
bis die versäumten Hessen nachgetragen werden. Jedoch bedingt
steh der Orden aus, falls ihm je diese Hessen-Obligation
beschwerlich flllen sollte, er sich durch Zurttckbesahlung
obiger 35 H. Br an die Kirche voa Hartell davon lösen
könn^ CmMJ
Um diese Zelt muss Graf Bertold von Solz, Comtur zu
Lengmoos im Dienste des Herzogs Leopold, — wahrscheinlich
im Kriege gegen Baiem, — sieh verdient gemadit haben , da
ihm derselbe im Jidire 1368 einen Schuldbrief um 400 Gulden
verdientes Geld ausstellt. C^ehaissarefdv Res^estenJ — Der-
selbe Graf Bertold von Sulz, Comtur zu Lengmoos, erscheint -
ZQ Gharberg am Sonntag nach Fronleichnam 137i mit dem
edlen Hm. Vogt Ulrich von Matsch und Erharten dem Chäl
ds ftfedlieher Thidimger gewählt von Hans von Liebenberg und
5«
— 68 —
Jacob von Vilanders in ihrem Streite über die Hinterltssamhaft
ihrer Base Elsbel der Gemsteinerin. C^tatth.'-ArehivJ
Am 5. Jan! 137i verleiht Bruder Leutold der Hack, Land*
Comtor der Gotteshäuser und Häuser des deutschen Ordens in
den Diöcesen Trient, Brixen and Cur jnit Zustimmung Bruder
Herbrechts genannt Rab von Wildstain aus Baiem, Comtnr des
deutschen Hauses zu Trient, dem Odorich und Bertolucio von
, Baselga ein Weingut, welches jetzt Ackerland ist, in der Ge-
gend von Trient um den Jährlichen Zins von 3' St. Getreide.
CArcMv im Sehiosse ThunJ
1374 bekennen der edle und mächtige Hr. Ulrich, ^Vogl
von Matsch und Graf von Kirchberg und dessen erstgebomer
Sohn, von Papst Gregor XI. .um 2000 M. B., welche sie dem
Ritter Thomas Planta ausgerichtet haben, die Veste Chiavenna
sammt Zugehör als Pfandschaft erhalten zu haben; das siegelt
mit ihnen ihr lieber Oheim, der edle würdige Hr. Graf Bertold
von Sulz, Comtur des deutschen Hauses zu Lengmoos. CManuse.
MairhofenJ
Um diese Zeit ging wieder ein Wechsel mit der St^le
des Landcomturs vor. Leutolf der Hack verschwindet als
solcher; Burglechner will zwar einen Bruder Wolf von Kholrat
als Landcomtur um diese Zeit gefunden haben, allein wir ver-
muthen, dass diess nur eine Verwechslung mit Bruder Wolf
von Zullenhart sei, der im Jahre 1375 urkundlich als Land-
Comtur auftritt. Am Kässr-Sonntag oder Sonntag Invocavit 1375
belehnt Bruder Conrad von Mur, Comtur zu Schlanders mit Zu-
stimmung Hrn. Wolfs von Zullenhart, Landcomturs und Bruder
Wolfharts, Pfarrers zu Schlanders, den Hans ab Tyletsch und
dessen Weib Pete mit ihrem ganzen Antheile auf dem Berge
im Walchenthal zu ewigem Erbrecht gegen jährlichen Zins von
10 Mutt Getreide, Va Roggen und % Gerste 9 nach Zinses
Recht. O. A. .
Am St. Lothars-Tage 1377 bestellt Haas Premier, Pfarrer
zu Bozen, weil er in grossen Schulden stecke, seinen Vetter
Heinrich den Prenner und den Grafen Bertold von Sulz, Comtur
SU Lengmoos, als Verwalter seiner Ehikflnfke aof die nfichst-
folgenden 6 Jahre. (yIrcAftf QandeggJ) — Bald darauf ward
dieser Bertold von Sulz wegen eines Gewaltstreielies mit einem
landesfDrsUichen Diener in argen Zwist verwickelt; am 1. Hai
1379 nrkondet Heinrich der Gfizzler, Kammermeister des Her-
logs Leopold von Oesterreich, dass zwischen ihm und Grafen
Bertold von Salz, Comtnr zu Lengmoos Krieg, Irrsal und Stoss
gewesen, weil Letzterer den Ganz von Sanders gefangen
genommen; darttber seien sie jedoch nan mit ehrbarer Leute
Rath lieblich and freundlich mit. einander vertragen und er ver<*
spricht ihm fei^lich, dass femer weder von Seite der Herr*
sehaft^ noch seiner oder seiner Erben erwähnter Sache wegen
gegen den Comtar noch gegen das Gotteshaus - zu Lengmoos
irgend eine Forderung mehr erhoben werden soll. 0. A.
' Um diese Zeit scheint Wolf von Zullenhart abgedankt zu
haben; er wurde vom Bochmeister nach Preussen berufen. An
seiner statt trat Ludwig Waffler als Landcomtur em; am 28.
Juni 1380 bestfitigt zu Bozen Herzog Leupold auf Bitten des
Bruders Ludwig Waffler, Landcomturs an der Etsch alle Gnaden-
und Preiheitsbriefe, welche seine Vorfahren und zuletzt sein
Bruder Rudolf im Jahre 1363 dem deutschen. Orden in Tirol
bestätiget, und gebietet allen Hauptleuten, Herren, Rittern,
Knechten, Pflegern , Burggrafen und Richtern , sie im Genüsse
derselben zu schätzen. 0. A. — Jedoch dieser Ludwig Waffler
beklddete die Wflrde eines Landcomturs nur beiläuflg 5 Jahre;
schon im Jahre 1384 und 1385 erscheint er als Comtur zu
Dmaig; statt seiner ward Marquard Zollner von Rottenstain,
ein Anverwandter des Hochmeisters Conrad Zollner von Rotten-
stain emamit; am Sonntage vor Ultfksten 1385 im Kloster der
Barfdsser zu Bozen erscheint als der erste unter den adelichen
Zeogen Hr. Harquart Zollner, Landcomtur an der Etsch bei
dem Landesgerichte in der Verhandlung : ob der nicht zu Bozen
sesshafte, aber daselbst begüterte und im Rathe sitzende Franz
von Rafeasteln auch in die Steuer der Bürger von Bozen ein-
nhkn solle* C^cMv der Stadt Bozen.)
— TO —
Im folgenden Jahre 1386 hidt 4er sene Laadeomltir ein
Capitd. Wir führen die merkwftrdige Urkunde^ wie sich aelbe
abflchriftlich im k. k. Statlhalterei-*Arcbiv sii Imiabniek Tor^
findet, wörtlich an: ^^Anno dn i M.cce.UxzvJ« Am Sand Peter»-
Tag ad Calhedram, do hielt loh finider Mar^arl der Zollner
Yon dem Rotenstain, Land-Comptnr ze Potaen mit meinen W^
gebieligem, die auch hernach gesehrtben aeind, Capilet In dem-
aelhcn Hauaa zo Potien, vnd nach eigealicher erfhamng, ae
stund die Torgenant Balley in allen stncken ala hernach geachri«
ben stetk. Zu dem ersten hat die Balei an Phenning Zins
460 M, B. minder 5 Pf. B. ; davon gibt sie aUe Jar zn ewi-
gen Zins 23 H. 3 Pf. fi. vnd zu Widerkod (?) *) Tarnst
18 M. Bw minder 3 Pf. B. — Die Balei hat auch an altoW
Korn Zins mit Zehenten vnd mit Zhm 43108 Staar, alles an
Pozner Staar angesehlagen. — Auch baut man an allen Statten
m der Balei mit 2 PSflgen. — Die Balei hat aueb an Wem
von Zms, ven Zehenten, von Reben, die aber theil gdich (die
aber Theilung geliehen, d. h. die halb Wein Zinsen) vnd von
etlichen (Gfltem) die die Henser selber bawen 135 Fader sa
gemenieA Jahren. Die Balei hat auch jirlich an Salz 36 Saom,
die sie aeiber holen masseo. Anch hat die Balei jahrttehe
Gttite an Oehl 8 Matt, an Käaen 7000, an Schukem vnd
Fleisch 247, an Kitaen und Lämmern 660, an Hflhnem 630,
an Eiern 31201 — So auch an nöthiger Schulde, Schulde gen
Schnlde abgeschlagen wird, so bleibt man der BaHei seknldig
1147 fl. So ist auch die Balei auf disen Tag schuldig an das
Haaptgut der Wiederkanfe 816 fl. — Aach seind auf dieaea
Tag vorkanden 222 Fuder Wein. — In der Balei snid auch
20 Brader mit dem Kreuze vnd 10 wdtliehe Capttne vnd li
Pfrundteer, vnd 46 Gesinde (d. h. Dienstboten). Dabei sind
gewesen Bruder Johann Graw, Comeothnr ae Petzen vnd za
dem LangeuMss, Bruder Ganther ^ Comeathar ze Stersiagen^
Bruder Hathes, Complur ze Standers;, Brader Canrad Weinberger
*) vielldcht: zu Widarkof, Wiadarkavi; d. b. AU^share Ziasa.
— 7« —
Prieslerbrndef, Trlssrfer le dem LmgenKM». — Aach bl xe
wissen daz die obgesehribeiiea ewife Zinss sieh gemert hant
bd obgesehribBea Marqnarts des Land-ConneiilhiiTs zeitten.
IXTiuj Pf. Gelte, die bruder Gontber ze Steningen demselben
Haus gekaaifl batt ynnd xxiij Pf. Gelts darumb sein wisen
gel^ien Toone dem Haus ze Potzen. So Ist dem Haus ze Trient
ain Wiss iedig worden, die hat vormals Jerlieh vj Daeaten
gölten, vnnd wir hoffen sie fBrbass höher sanerieiheH. Dess
10 yrkmith hengten wir die obgesehribene bietiger der Heuser
za Potzen, zu dem Langmoss, zu Stertzingen, zu Slanders rnnd
zu Trient Insigel an disen Brief/^ — Aus dieser Urkunde gehl
dentlieh hervor, dass die Bailei an der Etsch damals eines
bedeutenden WoMslandes in malerieler Hinsicht sich erfreute;
es dttifle aber Hanehem auffrilen, dass in dieser Capitel-Ver-
handlang , sowie in den wenigen and^n aus andern IKeiten , in
so weit s\e vorliegen ^ wohl genaue Naohweise tiber -den ma-
terielen Wohlstand der Bailei , Ober die seither erreichte Ver*-
mefarung der Einkflnfte, — aber nie das mindeste Wörtchen
Aber den geisttichen Bestand der Ballei and der einzelnen Hliaser,
fiber Beobachtung der Ordrasregel, etwaige Mfiogel, über Pör*
derung ie» Ordenszweckes u. s. w. , was doch bei einem geist*-
IMien Orden die Hauptsache ist, — vorkömmt, noch auph aber
den Bestund der HospitaliUitspflege , auf der doch drei Httuser
in Tirol , nemlich Bozen, Lengmoos und Sterzingen jirsprfing-
Mk gegründet waren; oder hatte sich vielleicht diese damals
schon auf jene oben erwähnten dl PfrQndner reducirt? —
Am 8. HSrz 1386 zu Bozen in Gegenwart des Hrn. Lorenz
wm Königsberg , Caplans im deutschen Hause daselbst , und
Hm. Peters, Caplans der St. Peters-Capelle zu Eppan u. a. m.
verieihi Hr. Cunrad Weinberger, Priester und Comtor des
deuisehen Havses jenäeits der Eisackhrücke ^ mit Zustim^
mang seines Ordensbruders Hrn. Johanns von Brixen, Comturs
and Pfarrers zu Sterzing, dem Peter Curtner von Haleto (HöN
ten) zwei Stück Weinberg zu Terlan in der Rigl der deutschen
Henett« CAnMt TarmnMirf.;) _ Somit ist das Bestehen
— 7« —
des deutschen Hauses jenseits der Eisackbrficke noch um diese
Zeil urkundlich nachgewiesen, kömmt aber auch als auf diesem
Platze bestehend unseres Wissens hier das Letztemal vor.
Um diese Zeit trat wieder ein Wechsel in der Landcomturs-
IVürde ein; an die Stelle des Harquart Zollner kam Peter von
Ryti oder Reut; am St. Agneseu-Tag 1389 vergabt Cunrad
Ghole zu Unne auf dem Ritten, gesessen auf dem Cholen-Hof
in St. Luden Malgareie mit Zustimmung seiner Gemahlin Masse
sowie seines Sohnes Fritz und dessen Gemahlin Urse zu seinem
und seines Sohnes Seelenheil in die Hftnd^ des ehrwflrdigen
geistlichen Herrn Bruders Peter von Rity, Landcomturs der
Bailei im Gebirge an der Etsch, für den deutschen Orden und
insbesondere fflr das deutsche Haus zu Lengmoos 10 HL B.
ewiger Gilt, welche er vor Jahren von den Herren des deut-
schen Hauses eikaufk hatte „in den zelten, do Sy wekhomert
waren an der Stuyr, di Sy wecbungenlichen musten gebeö
weilent vnsem gnadigen Herren Herczog Luipolden ze Oester-
reich vnd Graf ze TiroP *), nemlich 5 H. B., welche jährlich
sinst Heinz vom TOrkle wegen des Zehents, den er fflr den'
Orden sammelt in der Halgarei zu St. Peter zu Suffan, 3 IL B.
für Zinss und Weisat aus dem Puchach-Hofe und 2 M. B. aus
dem Hofe zu dem Tscbenken; mit der Bedingung, dass das
deutsche Haus daselbst für sein und der Seinen Seelenheil fflr
ewige Zeiten wöchentlich 3 Messen besorge, nemlich am Sonn-
tag ein gesungenes Amt in der St. Lupienkircfae zu Unne, am
Montag eine, stille Hesse in der St. Peters-Capelle zu Suffiin,
und am Freitag eine stille Hesse wieder in besagter St. Luden-
Kirche u. s. w. Das sigeln auf seine Bitte die Herren Mathfius
von Reyfenstain Ritter, Ulrich der Sebner von Reyfenstain und
Fridrich der Hungerhauser von Sterzing. 0. A« — Obgenannter
Bruder Peter von Reuty, Landcomtur an der Etsch mit Zustiro«
mung der Brüder und Gebietiger: Johann Gra aus Preusen,
*) Diess dürfte wohl im Jabre 1386 gewesen sein, wo Herzog
Leopold Geld benöthigte zu seinem Zuge gegen die Schweizer,
welcher mit der unglücklichen Schlaobt bei Sempach endete.
— 73 —
ComtDr und Pbrrer tn Sfening, Johann Yon PFaitentlain eben-
falls aus Preosen , Hauseomtar zu Boien , Conrad WeiiAerger,
Comtnr and Pfarrer in . Lengmoos , Johann genannt Maigisiri
ans Preusen, Contvr zu Trienl, alle Priester wid Philipp Grie<^
smger, Comtnr za Schlanders verhaafk am Tiburci- und Valeriana
Tag 1391 dem yesten Ritter Sigmund von Starkenberg das
dem Orden geh&rige Raus sammt ZugehOr in der neuen Stadt
an Bozen, geheissen Hm. Petermanns von Schenna Haus, wie
sie selbes von Fr idrichen von Wolkenstein und dessen Gemahlin
Calharaia ^auft haben, um 170 M. B. C^Mtk.-AreMv.^;
hangen daran die merkwürdigen Sigel des Landeomtnrs und
der flbrigen Comlore, nur jenes von Stersmgen ist abge*
brochen.
Bald darauf trat anstatt des abgegangenen Peter von Reuti
als Landoomtur Hans von Ryedern ein. Dieser erkaufte am
Pfingstabead 1392 von Fridrich von Wolkenstein und dessen
GanaUin Catharina von Vilanders um 4D0 Oucaten obiges Haus
sammt Baumgarten in der neuen Stadt zu Bozen, welehes früher
dem Fridridi von Greifenstein gehört und von dem letztge-
wesenen Landeomtnr an sie verkauft worden, — zurflek. 0. A.
•— BUa ist nun sehr wahrscheinlich jenes Haus und Grundsttlek,
anf dem bakl darauf, — der Sage nach ums Jahr 1400, —
die Dentschordeos-Brttder nach Zerstörung ihres Hauses jenseita
des Eisaeks durch die Fluthen des Eisacks ihren noch jetzigen
Ansitz Weggenstein sieh erbauten. — Damit stimmt auch das
■aanscript Marx Sittichs von Wolkenstein überein, der im 14.
Buche schreibt: «Es ist erstens die Landcomenthurei gestan-
den enterbalb der Eisakbruggen, wo jetzt das Siechenhaus ist,
so aber vom Wasser hinweggeführt worden; jetzt steht es
nnnuMhr bei der Stadt Bozen bei St. Johanns und nennt man
es Weggelstam ; es hd>en die von Greyfenstam diesen Ort dem
deatsehen Orden geschenket^ ~ und bald darauf, wo er den
oben erwähnten Verkauf dieses Hauses sammt Baumgarten durch
den Wolkensteiner an den deutschen Orden andeutet^ sagt er,
dam Fridncb von Wolkenslein and dessen Gemahlin Catharina
I
— 74 -
▼OB Vilanders einigen Ansprach auf selbe gehabt, aber dem
deutschen Orden das Haas swmi dem Anger, wo Jetit di«
Kirche steht, im Jahre i392 verkauft haben. — Am St. Georgen-
Tag 1396 Yertaascht Fridrich von Wolkenstein nnd dessen G^
mafaiin Catharina an den Brodec -Conrad Puger vob Bischofs-*
heim, €omtur und Pfarrer zu Lengmoos einen 2ins von 16
Staar Roggen vom Oberscblichthof zu Rothwand; dagegen ver-*
ziehtet die Comende auf 4 Getten Oel jährlichen Zins aus dem
wolkensteinischen Pradehof za Castlrott. 0. A. — Auf Bitte
des Landcomtnrs Hansen von Ryedem bestlRigt Herzog Leupol4
zu Meran am Sonntag nach Gottsleidmamstag 1390 dem deut-
schen Orden alle Gnaden and Freiheiten, welche die frühem
Landesfttrsten demselben verliehen. 0. A.
Papst Bonifaz IX. durch Bulle gegeben zu Rom am 16.
April 1396 vereint auf Bitten des Landcomtnrs und der Brüder
des deutschen Hanses za Bozen die Pfarren Lana und Semlein,
welche bisher durch Weltpriester versehen worden, für immer
mit dem deutschen Orden nnd verleibt sie demselben und zwar
d^ Comende Bozen so ein, dass, wenn dkr g^enwürtigen
Inhaber derselben stürben oder sonst von denselben abtrileii,
die Deutschordens-Brüder selbe in Besitz nehmen und mit
Priestern ihres Ordens besetzen dürften; jedoch so, iMs einem
Jeweiligen Pfarrverweser t^ns den Einkünften derselben so viel
ansgeworfen werde, dass er liinUnglich zu leben habe und
seinen allseitigen Verpflichtungen Genüge leisten könne. —
Zugleich erklärt der Papst alle auf die erwähnten Pfarren oder
Beneficien in deiuielben etwa ertheilten Exspectanzbriefe für
nichtig and ungiltig. 0. A. — Welche Bewandtniss es mit der
Einverleibung der in dieser mit der bleiernen Bulle versehenen
Urkunde erwflhnten Pfarre fn Semtdn habe, ist uns bisher ein
Räthsel geblieben, da erst .im Jahre 1468 Hersog Sigmund
das Patronatsrecht dieser Pfarre dem deutschen Orden schenkte;
und in der Bestfttigmigs-^Balle des Papst Paul II. vom nem«
liehen Jahre keine Erwüfanmig der früheiea Einverleibong
gesehidit, und auch nirgends eine veriftssUohe Andeuluef
— 75 -
dwfiber so finden ist, durch wen und wann dies^PAnre damals
an den deutschen Orden geschenkt worden wflre. — Fast eine
ühnüche Bewandlniss seheint es mit der Pfanre Lana za haben;
ancb da findet sich keine urkundliche Spar, dareh wen und
wann der deutsche Orden das Patronatsrecht derselben (Iber^^
kommen ; xwar behauptet Beda Weber In seinem Buche : ^^Heran
und seine Umgebongen^ S. 221, bereits 1384 habe die deut*
sehe Ordens-Comende das Verleihungsrecht derselben besessen;
allein er ist uns den Beweis dafOr schuldig geblieben, und
seine Behauptungen fassen nnr zu oft aof vagen Sagen oder
leerer Einbildung. — Wohl besass der deutsche Orden seit
der Schenkung durch Kaiser Fridrich daselbst die Margrethen-
Capelle, aber diess war nicht die Pfarrkirche, und somit müssen
wir die Sache dahin gestellt sein lassen. — Aach ging die
wiikliche Besitsnahme der einverleibten Pfarre Lana nicht so
ruhig ab, wie es der Orden wOnschte; der damalige Bischof
von IVient, Georg von Liechtenstein, unter dem die Flirre
stand , scheint von dieser £inver]eibong nichts haben wissen
zu Wollen. Noch in demselben Jahi«, hi welchem der Papst
die Binyerleibungsbulle erlassen, wurde die Pfarre Lana durch
den Tod des bisherigen Inhabers derselben, Stephans, Cardinal-^»
Priesters zum hl. Harcellus , der sie vermöge päpstlicher Be-
wWigung und Dispensation erhalten, eriedigt; der deutsche Orden
siamCe nach erhaltener Nachricht von dessen Ableben, kraft
der RfnveHeibangsbulIe nicht, alsobald den Deutscherdens-.
Bruder Mathdus von Esveld dem Bischöfe von Trient zu präsen-
Üren. IKeser aber, so wie Rfindlin von Brandis, and Jacob
und Fridrich die Leonberger setzten v^ich gegen die Einver^
Mbongsbune, und ersterer setzte dafür den Weltpriester Johann
von Bmpach als Pfarrer daselbst ein , der sich 34 Jahre hin-
duich In deren Besitz erhielt; der deutsche Orden machte gegen
Ihn de» Prooess in Rom anhängig, und dort wurde zu Gunsten
des Deutsehordens-Priesters im Jahre 1397 entschieden; n^r
die Gqpenpartel appelinte nach Rom , die Sache wurde durch
den Audiler eausMmi^ de PureHls , aufs Neue untersucht und
~ 76 --
TOB demselben am li. Jänner 1398 der erste Sckiedspnidi
bestätigt. Empach wagte eine zweite Appeilatioo, der infolge
der päpstliche Commissär Joan de Daimon den Handel einer
neuen Untersuchung unterzog and aufs Neue im Sinne des
ersten Schiedspruchs sich aussprach, worauf Papst Bonifts IX.
ihn ebenfalls 1399 bestätigte^ und die VoUstreckong dessdben
dem Todan Turibius übertrug. — Jedoch wegen der Wacht der
Gegner und in Folge der Papst-Streitigkeiten konnte der
deutsche Orden nicht durchdringen, obschon auch die Päpste
Gregor XII. und Jobann XXIII. den wiiklichen Inhaber der
rfarre, Johann von Empach, als unrechtmässigen Besitt^ ver«-
urtheilt, saspendirt und mit Geldbussen belegt hatten, so konnte
selber sich doch unter dem Schutze des Bischofs von Trient,
der Herren von Brandis und der Leonburger im Fortbesitie
der Pfarre erhalten. C^tatth.-ArehivJ — So kam die Zeit
des Concils zu Constaaz; auch vor dieses brachte der Orden
seine diessfilUigen Klagen, Selbes Hess den Handel neuerdings
untersuchen; da aber der Beklagte^ Empach, vorder hien
bestellten Ck>mmission auf mehrmalige Yorforderung nicht er-
schien, so wurden am 23« Juni 1417 ob^e Suspensions-,
Absetzungs- und Excommunications-Sentenzen vom ConCil gegen
ihn bestätiget, er für die Zukunft zu allen Beneficien «nfthig
erklärt, und der Bischof von Assis sowie der von Cur und der
Decan von Brixen mit Vollstreckung dieses Spruchs beauftragt,
sowie damit, die Kirche von Lana mit dem Interdicte zu bele-
gen* 0. A. Hängt daran die bleierne Bulle des Concils. —
Der Bischof von Cur erliess auch das betreffende mandatom
executoriale nach Trient.
Doch auch daran kehrte sich Johann Empach nicht, gestützt
auf seine GOnner und blieb im Besitze der Pferre, auch unier
dem 1424 eingetretenen Bisdiof Alexander, unter dem er 6og»r
zum Domherrn von Trient ernannt wurde. — Der deutsche
Orden betrieb den Handel auch unter Papst Hartin V., der
1428 dem Bischöfe von Cor den Auftrag ertheilte, die Voll-
streckung der Urtheile zu übernehmen, und die Gegner des
— 77 —
I
deotscheo Ordeos anhofordeni , vor ihm tu erscheinen nnd
ihre ▼ermeinüiehen Grttnde Tonabringen. Da auch diess nicht
fnichtete, so wurde Johann von Empach durch ihn eicom-
mimieifft and jeglichen Beneficiums anffihig erklärt ; dieser appel-
lirle nochmals, jedoch wnrde es durch den Auditor S. Palatii
Harimig de Capell vennittelst Entscheidung vom 24. Mai 1429
hei dem frtthem Ausspruch belassen. C^Uxtth.^Arekiv.^ ^
Wahrscheinlich durch seinen Bischof bewogen , gab endiich
Empaeh nach^ und beide Parteien, des langen Processes müde,
bequemten sich zu einem gütlichen Vergleich; am 14. Jlinner
1430 im bischdflichen Palaste zu Trient kamen Bischof Alexan-
der von Trient und Johann von Empach, Domherr von Trient
Ar sich und im Namen der Pfarrkirche zu Lana einer- und
CiOtfrid Niderhauser Landcomtur und Comtur lies Hauses au
Bozen für sich und im Namen des Ordens anderseils dahin
fiberein: beide Theile schlagen den obschwebenden Process
nieder und entheben . ihre bevollmächtigten Sachwalter ihrer
Vollmaeht; der Bischof von Trient mit Zustimmung des Johann
von Bropach erkennt die dem deutschen Orden gemachte Ein-
verkibnng der Pfarre Lana an und schenkt dem jeweiligen
Comtur und dem deutschen Orden bei eintretendem Erledignngs-
Falle der Pfarrei das Recht, einen taugtidien Priester des Ordens
als Pfarrvicar zu präsentiien« Ditfür macht sich Gotfrid Nieder-
bauser fOr sich und alle seine Nachfolger im Amte verimidileh,
jährlich nitione primariorum fructimm Vicarii perpetui in dicta
parochiali eeclesia institaendi für die Fabrica der Domkirche
20 Pf. B. Meraner Münz um Martini zu zahlen und die gewiriis-
liehen Steuern und bischöflichen Rechte zu leisten und dafflr
zu sorgen, dass ein jeweiliger Pforrvicar dem Bischöfe den
schaMigen Gehorsam leiste und zur DiÖcesan-*Synode erscheine.
Zeugen dabei waren Jacob und Heinrich die Pröpste von Griess
and Welscbmichael, und der edle Hr. Michael von Coredo,
CMon. Eeel. THd. CoiiecCio BipoiUiO
Vermöge die$er friedlichen Uebereinkunft , da nun Johann
von Empach von der Pfarre Lana abtrat, präsentirte unverweiK
— T8 -
der Laadoomtar den Deatsohordens-PriMter Jaeob Scbonfedtarg
AUS Königsberg ak beständigeo Pfwcrvicar daselbst deati^ischofe
Alexander, der selben aach am 15. Jlinner 1430 als soldies
besUitigte. 0. A. — In Folge dessen nahm Jacob, Propst von
Ciriess, als bischöflicher Bevollmächtigter am 22. Jftnner 1430
Bu Lana die feierliche Investitur des neoernannten Pfarrvicars
nach dem Gebrauche des deutschen Ordens vor, indem er ihn
das Hessbach und die Stola Qberreichte und dann der zahlreich
versammelten Pfarrgemeinde denselben als ihren SeelenUrten
vorführte und den ihm schuldigen Gehorsam ans Herz legte*
— Als Zeugen dabei erschienen die edlen Hftnner: Conrad
Hertenvelder, Hauptmann im Schlosse Stein zu Harlingea, die
Brflder Leo und Burkard Brandisser vom Schlosse Brandis,
Ciprian Leonberger vom Schlosse Leonberg, femer Caspar
Steinsdorfer, Lorenz Wirsung und Daniel Maroltinger «rmigeri,
Nicolaus Jordan, herzoglicher Kellner von Tirol u. a. m. 0. A.
Am 22. Mflrz 1430 hielten dann der abgedankte Pfarrer
Johann Empach und dessen Helfer: Ulrich Hdglant, Jirimna
von Ulm, Johann Frank und Lambert Harb, alle vier Priester
aus der Augsburger , Constanzer und Bamberger Diöeese, —
wahrscheinlich dessen Hilfspriester, -^^ und ihre Parteinehmer
pro cautione zu Rom um Lösung von der Excommunication
und den Strafen , welche der Bischof von Cur genüss päpst-
lichen Auftrags über sie verhängt hatte, an, sowie auch um Auf--
hdmng des ttber die Kirche zu Lana verhängten Inlerdicts, 0. A.
— Beides wurde ihnen auch ohne Zweifel, da sich mm die
Sache geordnet, gewährt. Und so endete endlich der leidige
Streit ttber die Einverleibung dieser Pfarre. — Uns erflbrigt
nun, das während dem in der Bailei Vorgefallene nachzuholen.
1397 soll nach Kögls Angabe C^eitBchr. des Verdinan^
deumM^ neue Folge ig. S. S. MiJ Wilhelm von Zwingen«-
Stern dem deutschen Hause zu Soblanders die St. Horitzkirehe
in der Pfarre Laas geschenkt haben. ~ BaM darauf im Jahre
1398 trat Walrab von Scharfenberg als neuer Landcomtur der
Bailei an der Etsch ein, wie wir aus Urkunden auf die Gomende
- 79 —
Slomiif besflsüch efseheo. ^ Am Sosstef vor BvtÜmäi 1402
veiieihi Bruder Walrab von Sdiarfenbergr, LaBdeanUir, mit
Müh und Züftünmang. Hrn. Conrad« des Wefidiergers, Haus-
Cmmurs und Pfiure» w Sdilawfe», uod der GosTenÜmlder
dasdbsi: Mathfiiu vonEsveld Priesterbruders und Philipp Grit^
smger, Ritterbrnders, dem Christan aa der Etach zu Erbbauieohl
eine Wiese za Vöide im Bezirke Goflan^ woran das Deotscb^
oiden»-Gat grunzt, das Terlahni ist, and ein Geriiut unter den
Göflaner Aengem gegen jihriichen Zins von 1 Pf. B. nnd zwei
Capfinnar C^tWJ — Am Montag vor dem Zwölften CEpiphania)
au Weihnaehten 1406 bekennt auf dem RiUen Bertold Ziegler,
daaa ihn der Landoomtur Balrab von Sobarfenberg nm 34 M. B.
kittflieb flberiaasen babe die dem deotschen Hause zu Leng«*
moos zugehörige Baureefat des Ziegler-« und Pemberg->Hofs
aamml der Chollenwiese daselbst gegen jäbriiebe Gilt von 4
Staar Waizen, 12 St. Roggen, 4 St« Gerste, 6 St. Futter
und 30 Schilling zu Martini, zu Thomas 2 Schweinacbultem,
2 FastmicbtsbeaBeii, zu Ostern 1 KiU und 80 Eier und 2 Hüh-
ner im Schttilt, und vom Pernberghofe jtiirlich zu Martini 24
Pf. B. nach Herren Zinsreebt. Das sigelt Hr. Qnuphrios von
Stetlen ans Samteia, d. Z. Pfleger und Richter zum Stein auf
dem Rilten* 0. A. -. 1403 am 10, Hofnnng nrkundet Cvnrad
der fiMchiaadexsbei^er, dass er den deutadien Herren zu ScUan-
ders jibriieh 2 Ihm Wem schuldig sei aus. des Grillen Wein-
gart za Schlanders, da desselben Vorfahren selbe zu einem
Saelgerätb ihnen geachaffen, wie es ihm die deutschen Herren
ans einer Urkunde seinen Urahns Hm. Auten von Schlanders-
berf nachgewiesen. 0. A. *— Am 1. Hai 1406 erscheint vor
Ludwig am Ort von Oberbozen aaf dem.Ritten zu Unae an der
gewOhnliehea dedingsUitte, als er im Namen des Hro. Onuphrius
von Stellen , Hnnptmanns aaf dem Stein am Ritten zu Gericht
aaas, der hoehw. Hr. Gotfrid Niderhauser, Hauscomtur za Leng*
moos, nnd hoi die Baurecht des Widenbofs zu Antlas auf dem
Rillmi saramt ZugehOr zu den Rechten, ob Jemand darauf An<^
apiuGh roaebte von Erbschaft, Rflrgschaft, Gilte oder anderer
I
— 80 —
Sachen wegen , der soUle auftreten , dem wolle er ein gntes,
unversogfenes Landesrecht davon thnn n. s. w. 0. A.
Unus Jahr 1409 scheint an Walrabs von Scbarfenberg statt
Bruder Johann Hochschliti als Landcomtur eingetreten so sein;
auf seine Bitte besUitigt am Pfinztag vor hl. Krenzerfindang 1409
Im Schlosse Tirol Herzog Fridrich, Graf von Tirol, der Deutsch-
ordens-Ballei an der Btsch die Zollbefreiung und andere Frei-
heiten , welche besonders Herzog Rudolf und Herzog Albrecht
als Privilegien von ihren Vorfahren bestlltigt hatten. 0. A. —
Jedoch muss dieser Johann Hoohschlitz nicht lange das Amt
eines Landcomturs verwaltet haben, da wir drei Jahre darauf
den frdhern Walrab von Scbarfenberg wieder in diesem Amte
finden. Am 15. Hai 1412 auf dem Ritten Urkunde Lienhard
Colman, dass Hr. Walrab von Scbarfenberg, der Zeit Land-
Comtur zu Bozen, ihm auf seine Vorstellung, dass der ihm
zugehörige Stangehof im Gerichte Vilanders mit Zinsen über-,
laden sei, 2 Pf. B. an dem jährlichen Zinse nachgelassen unter
der Bedingung, keinen ferneren Ablass zu begehren und die
noch treifenden 20 Pf. B. Zins jährlich um Hartini richtig zu
leisten. 0. A. — Jedoch bereits im Jahr 1416 finden wir die^
sen Bruder Walrab von Seharfenberg als zu Wien wohnhaft
CJoh. Vaiffly Notizenbiatt »u den östr. OeschtckU^fueUen,
Jährst. 1866. S. 104J — Sein Nachfolger in der Land-*
Comturswflrde, Cunrad SefHer, wurde bald in unangenehme
Bertthrung mit einem der immer wiederkehrenden pftpstlicheo
Collectensammler verwickelt; am 5. Februar 1415 im Widum
zu Bozen In Gegenwart der edlen Herren : N. Botsch, Johannes
Weinecker und seines Sohnes Georg, Hrn. Johanns Hagerli,
Capians zum hl. Achatius in der Pfarrkirche, protestirte der
Deutschordens-Bruder Eberhard Cbneutinger von Heran,. Gomtnr
zu Bozen, vor Hrn. Cunrad Blassenberger, Domherr von Brixen
und Pfarrer zu Bozen als bestellten Subexecutor, aufJgfestelU
durch Hrn. Albert von Casale, Domherrn von Haiiand, welcher
von von Piacenza , Gardinal-Priester zum hl. Clemens,
Legaten Papst Johannes XXHI. fflr Italien, Ungarn und das
— 81 —
PMriarelMt von Aquilejft als Executor bestellt war, — als Be-
vollAilchtigter des Landcomtors Cimrads Seffler in dessen Namen
sowie far sich und seine Mitbrttder in der Diöcese Trient gegen
eine ihnen und ihren Hfluseni von demselben aufgelegte Bei-
steuer, und zwar erstens aus dem Grande, weil ihnen ein so
koner Tennin gestellt worden, dass sie selbes ihren Obern,
ohne deren Wissen und WiHen sich keiner dazu verpflichten
darfe^ nicht berichten könnten, und fdrs zweite, weil sie ver-
möge ihrer Privilegien, von solchen Beisteuern befreit seien.
Demnach appellire er an den päpstlichen Stuhl ; und übergab
diese Appellation hiemit schri&iich. C^rcfdv der Stadt Me»
ranJy — Am 5. October 1416 gelobt Hr. Johann Harian,
Rector det St. Johannes Bapt. Kirche in Laas, mit Zustimmung
des Deutschhaus-^Comturs zu Schlanders, Hansen Stetpeck der
Gemeinde Lsas jeden Sonntag von. der Kanzel des strengen
Ritters Hilprands von Jaufenbitrg aus Passeir zu erwähnen, weil
dieser zum Baue der St. Johanns und St. Martins-Kirchen zu
Laas 12 H. B. gespendet; dafür versprechen demselben die
Pröpste besagter Kirche Jährlich zu Martini eine Gans und zu
Weihnachten Fische im Werthe von 1 Pf. B. zu liefern. C^rch.
der Stadt Meran.J — Nach kurz dauernder Verwaltung seines
Amtes losle den Cunrad Seffler als Landcomtur Fridrich von
Wickerau ab; am 17. Jänner 1417 zu Wekhenstain bei Bozen
im deutechen Hause, in Gegenwart Hm. Andres des Provisors
ood Rudolfs des Caplans desselben Hauses, quittirt Hr. Nicolaus,
ffarrer vob Hohenstain den Hm. Fridrich Wikkerau, Landcomtur
der Baliei im Gebirge an der Etsch, für bezahlte 23 vollwich-
tige Golddaeaten , welche er frfiher dem Bruder Eberhard vota
Keran, gewesenen Gomtur desselben Hauses geliehen. O.A.
Hier findet sich nun die erste Erwähnung von Wekkenstein,
als dem neuen Sitze der Comende und i^s Landcomturs bei
Boten, in welches die deutschen Brttder aus dem zerstörten
Hause jenseits der Ei^ckbrtteke übersiedelt waren.
Der Landcomtur Fridrich von Wickerau starb ums Jahr 1419;
seine Stelle nahm im Jahr 1420 Georg von Egiingen, ans
6
— 82 —
Baiern ein. (^Burgleehner,^ Am Ostermittwocb 1480 von
Leng^oos ans schreiben Bruder Gotfrid Nfdefbauser, Comlur
zu Sterling, Bruder Johann Narrenperger , Comtur zu Leng*
moos und Brnder Hans Stetpeck, Comtnr zu Sohlanders, an
den Hochmeister, Michael Küchenmeister von Sternberg: er habe
ihren Landcomtur um die ihm zukommenden nicht bezahlten
Cammerrenten gemahnt; der Landcomtur habe sie schon frflher
ond jetzt wieder ermahnl, ihm behilflich zo sein, um ihn (den
Hochmeister) auszurichten. Nun wisse es der liebe Gott, wie
sie in grosser Armuth gewesen und noch seien , so wie in
grosser Noth wegen der Steuern und Ueberreiten gelitten haben
und noch leiden von ihren Herren , Ffirsten und Bischöfen und
andern EdKngen , auch durch Verwüstung und Abgang ihrer
Zinse und der zu ihren Häusern gehörigen Güter, wie diess der
beigelegte Zettel beweise. ' Zudem miissten sie , was sie zum
Bedarf der Häuser anschaffen mössten , beinahe um die Hälfte
theurer bezahlen als früher, z. B. am Gesinde, Lohn und an-
dern Dingen. Ueberdiess lägen ihre besten Erträgnisse iii den
Weinen, diese aber gälten nicht halb so viel als früher. —
Zudem sei das Gold um Va höher gestiegen, als es früher
gestanden. — Dess^nungeacht wollen sie, um seinem Willefi
zu genügen, auf nächstfctfnftige Pfingsten 300 fl. dem Ordens-
Procurator am Hofe zu Rom senden; sie könnten jedoch selbe
nur mit grossem Schaden aufbringen. — Da er (der Hoch-
meister) ihrem Landcomtur zugeschrieben, dessen Vorfahr
Hr. Fridrich seligen habe das Amt in guten Umständen zurück-
gelassen, so berichten sie ihm^ dass derselbe nicht mehr als
96 fl. in Baarschaft hinterlassen, und diese hätten sie dem
Riten Procurator wegen grosser Nothdurft zugesandt; an Ge-
räthschaften aber habe derselbe nichts Namhaftes hinteriassen
ausser ein Silbernes Trinkgefäss, das kaum 5 Mark wäge. —
In dem beigelegten Zettel berichten sie dann über den Stand
der Comenden Folgendes: Als der neue Landcomtur ins Land
gekommen, wäre das Haus Sterzing dritthalb hundert GuMen
schuldig gewesen und zwar in Folge der Steur, die sie dem
— 83 —
fffrsten und dem Blsehofe iMIlen zeMtn müssen, und wegen
des Tnterdicts, welches ihm einen Sehaden von 300 fl. gebracht.
Aach gehe diesem Hause an der Kirche md an andern Nutzen
mid Zinsen wohl ein Vierther) ab, als es vor wenigen Jahren
gewesen. — Zadem sei das Haus ganz bauMNg an vielen
Theilen and fast dachlos, so dass man zar WiederhersteBung
einer grossen Summe benöthige, und doeh selbe nicht unter-
lassen dtrfe. Endlich verschlimmerten sich die Gdter immer
mehr darcfi Verlähnung, so dass die Berge herabrutschten und
Grand und Boden hinweggeftthrt worden. — Zu Lengmoos
hake das deutsche Haus ebenfalls grossen Schaden gelitten
wegen des Interdicts and wegen Ueberreitens' der Fürsten und
Edlen, und leide noch täglich daran; mehr als 100 fl. nehme
das Haas an Zinsen und Renten weniger ein als früher, wegen
Verühnung und Bergabrulschen und Grund und Boden hrnweg-
filliren. Auch sei das Haus wegen schlechter Bedachung fast
bivflillig und k&nne nur mit bedeutendem Aufwände hergestellt
werden, was doch nothwendig sei. — - Zu Schianders sei das
deutsche Raus bei Ankunft des jetzigen Landcomturs 150 fl.
schuldig gewesen wegen Steuer und Verheerung durch die
Kriege, die der Herzog mit denen von Schiandersberg geführt;
dem Hause gehe an seinen Zinsen in Korn und Geld und an
der Kirche mehr als ein Viertheil der frühern Einnahme ab.
Es verschlimmem sich auch die Güter immer mehr wegen
WiMans der Berge, so dass die Bauleute nicht mehr darauf
Ueiben woHen und davon ziehen. — Das Hans zu Trient schulde
60 fl. , habe grossen Schaden gelitten wegen des Krieges und
sei so arm , dass kaum zwei Brüder des Ordens sich daselbst
erhalten können. (Joh. Vt^t, \otizenbkiU a, a. O. S. i09J
Unter so misslichen Verhältnissen wurde der Landconifur
Georg von Egiingen als Pfleger nach Tazio versetzt und an
seiner Statt der bisherige Hanscomtur zu Sterzingen, Goltfrid
Nlderhanser, als Landcomtur eingesetzt; als solcher findet er
sich schon im Jahre 1421. Am Samstag vor Maria Geburt
1431 vertauscht Bruder Gottfrid von Niderhaus, Landcomtur
6»
— 84 —
der Bailei an dei* Etacli, mit Rath seiner MitbrOder: Eberhard
Scfawizzers von Meran, ComUirs zu Sterzingen, Leopolds, Com-
turs zu Lengmoos , Hansen Stetpecken, Comturs zu Sefcland^rs,
Fridrichs Eringer, Comturs zu Trient, sowie mit Rath und
Zustimmung dea ganzen Conveats, an das Spital zu Meran ein
Slttck Weingarten zu Obermais am Tragwaal, wofilr ihm letz-
teres 3 Graber Weingut in des deutschen Ordois Bauhof «u
Winkel zum Eigenthum (Iberlässt. Zeugen dessen die edlvesten
Ulrich von Veigenstain und Jacob von Aur u. a. m. Q^^^
des SpUals zu Meran.J
Dieser Gottfrid von Niderhaus, aus dem edlen Geschlechle
der Edlen von Niderhaus zu Bozen entsprossen, war — unsers
Wissens — der erste Tiroler, der zur Warde emes Land-
Comturs der Bailei an der Etsch befordert wurde, wfthrend die
frühem alle aus Preusen hieher versetzt wurden; er war es
aber auch^ der unter allen bisherigen Landcomtureu am lilfig-
sten — über 20 Jahre — diess Amt verwaltete, und zwar
unter so manchen mlssgiinstigen Yerbftitnissen sowohl des
deutschen Ordens im allgemeinen als seiner Ballel insbesondere.
— Damals war der deutsche Orden in Folge der Kriege mit
Polen in grosses Unglück und dadurch in Noth geratben , so
dass der Hochmeister Paul von Russdorf den Entschluss fassie,
die Güter des Ordens in Oesterreich zu verkaufen oder zu ver-
setzen, um aus der Klemme zu kommen. Der frühere Land-
Comtur der Bailei an der Etsch, Georg Eglinger, nunmehr
Pfleger zu Tazio, wurde in dieser Angelegenheit im Jahre 1423
als Abgeordneter an Herzog Albrecht von Oesterreich gesandt,
um von demselben die Erlaubniss zu erwirken; erhielt aber
einen ungünstigen Bescheid; besser glückte es ihm bei Herzog
Ernst von Steiermark, und auch bei Herzog Fridrich, Grafeo
von Tirol, QBurglechner^ weiche ihre Einwilligung dazu
gaben, Jedoch unter der Bedingung, dass es nur an Land-
gesessene Leute und ohne Hinderung des Gottesdienstes ge-
schehen dürfe. — Auf Anrathen des Landcomturs in Oester-
reich Hess Eglinger alle goldenen und silbernen Gerftthschaflen
- 85 -
der QHeMkircben, Häaser und Brüder Hafseichnen. Am Dienstag
Bteh Palmtag 1423 war er zu diesem Zwecke zu Bozen und
berichtete von da aus über den bisherigen Erfolg seiner Sen-
drnig. Beigelegt ist ein Yerzeichniss 4es Silbergerfitties in der
Baiiei im Gebirge, nemlich fürs erste das Kfrchen-Silber:
i) zu Sterzing 3 silberne Krenze und eine Honstranze, zusam-
men auf 6 Mark angeschlagen ; 2) zu Lengmoos eine silberne
Monstrattze im Gewichte von 12 Mark minder 7 Lotb 1 Quintl;
diese hat Hr. Seyfnd geschaffen; ferner eine kleine vergoldete
Monstranz, welche der von Tabingen und eine silberne Mon-
stranz , welche Hr. Leupold geschaffen , wagen beide 3 Mark ;
ein sHbemes Agnus Dei und eine vergoldete Bildniss der heil.
Barbara, gehört Hm. Leupold, und ein kleines silbernes Mon-
strftnzcheo, gehört Hrn. Otto, diese wägen zusammen 2 Mark
4 Loth ; ein silbernes Rauchfass wigt 2 Mark 4 Loth, und ein
silbernes Kreuz, womit man die Leute bestreicht, wigt 10 Loth.
3) Zu Bozen : die grosse vergoldete Monstranz, die Hr. Walrab
geschaffen, wigt 32 Mark; die kleinere auch vergoldet, die
aach Hr. Walrab geschaffen, wigt 8 Mark weniger 4 Loth;
das vergoldete Kreuzchen, das man bei Hm. Walrab nach sei-
nem Tode gefanden, wigt 3 Mark, ferner zwei kleinere Mon-
strSnzchen, vergoldet wflgen 3 Mark; das vergoldete St. An-
tonf-Bild, welches dem Hochscblitz gehört hatte, wigt 1, Mark
2 Loth; ein silbernes Rauchfass wigt 2 Mark 4 Loth, —
zusammen 48 Mark, 2 Loth.'
Das Silbergeschirr in den einzelnen Häusern: 1) zu Ster-
ziag 4 Becher, der grosse zweifache Kopf (Humpen), 1 kleines
vergoldetes Köpfl, 1 kleiner zwiefacher Kopf, 6 Schalen, 1 Lid
(Deckel) auf dem vergoldeten Becher, der hölzerne Kopf mit
einem vergoldete» Lid ; alles zusammen im Gewichte von 19
Mark 2 Lotb. 2) Zu Lengmoos 1 vergoldeter Kopf, 2 Gabeln,
1 Löffelskil und i Schaufel zu Trise; wSgen zusammen 3 Hark
2 Loth. 3) Zu Bozen ein grosser , zwiefacher silberner Kopf
and 4 silberne Beefaer; wägen zusammen 8 Mark, 3 Loth.
Aof dem Kirehensilber steht meistontheils das Wappen des
— 86 ^
Gebietigers, der es geschaffen. C^^H^f N^tif^etkHaU a. a. O.
S. liOO — Ob es in der Baliei an der Elsch wirklich wm
Verkaufe oder Versatz von Gatero oder Zinsen oder des Süber-
geräthes gekommen, dinrüber fehlen urkundliche Aufschlösse.
Ein emffindlicber Schlag traf bald darauf die Deutsch«-
Ordens-Brüder in Tirol; indem zwischen dem Jahre 1425 bis
1426 das Comende^Gebäude in Schlanders ein Raub der Flam*»
men wurde; die zur Wiederherstellung desselben benOthigten
Ziegel wurden im Thale Martell gefertigt. (^Urkunden in
ScManders.J
AHein nicht bloss diese maierielen Bedrängnisse trttbten
die Amtsverwaitung des wachem Landcomlurs Gotifrid Nider-
hauser, sondern auch so manche Verwicklungen mit den Ordi-
nariaten von Trieot und Cur. Von seinen Vorfahren hatte sich
der' schon erwifhnte langwierige Frooess wegen Einverleibung
der Pfarre Lana auf ihn vererbt; er fahrte selben mnthig fort
und es. gelang ihm endlich durch den schon erwähnten gfitliehea
Vergleich denselben am 14. Janner 1430 zu Gunsten seiner
Bailei zu Ende zu fahren. Wahrend dieses Processes hatte <er
aber gleichzeitig einen andern Kampf in einer andern Beziehung
gegen Trient zu bestehen, und zwar mit dem auf Betrieb des
Herzogs Fridrich vom Domcapitel im Jahre 1419 erwfihlten^
aber vom päpstlichen Stuhl nie als Bischof von Trienl oncf-
kannten Johann von Isnina wegen von demselben dem deuJsoblur
Orden abgeforderter Steuer. Die deutschen Brfider suchten da-
gegen zu Rom um Abhilfe au; in Folge dessen fordert durch
Erlass dat. Rom 3. Hai 1433 auf Klage Gottfrids Niderhauser,
Laadcomturs an der Etsch, Leupolds Gescalb, CemUirs und
Pfarrers zu Lengmoos und Eberhards Kneringen (Hneulingeii).
Comturs und Pfarrers zu Sterzingen, — Jabann Opitz, Deere-
toruni Dr., päpstlicher Caplan und Auditor der Processe des
päpstlichen Palastes, einen gewissen Johann, der als «erwählter
Bischof von Trient und zwar mit Zustimmung und Willen des
Herzogs Fridrich sich ausgibt, sowie einen gewissen Wilhehn
Sablar, welche den geistlichen General «Vicar von Trieot sich
— 87 —
nennt, samml den von diesen beiden eroannten Commissilrea
und CoUectoren wegen einigen unrechtmässigen Forderungen
einer Steuer , wegen J^uflegen und anbefobleneo Requi«tiooen
und Strafverfabreo und andern Beschwerungen, die sie sich
gegen die Deutschordens-Brüder erlaubt, zur Verantwortung
nach Rom vor. 0,«^A.
Aehniiches begegnete den Deutscbordens- Brüdern von -dem
im Jahre 1423 erwählten rechtmässigen Bischöfe von Trient,
Alexander Herzog, von Masovien; den)i dieser legte mit Beirath
seines Capilels bald nach seiner Besteigung des bischöflichen
Stuhles allen Prälaten, Clerlkem und Beneficiaten in der ganzen
Diöcene, jedem nach dem Verhältnisse des Erträgnisses seiner
Pfründe, eine Steuer oder subsidium caritativum auf, und zog
in diese Hassregei auch die Deutscbordeasbritder » ungeachtet
ihrer Exemtion, hinein, und da selbe gestützt auf ihre Privilegien
sieh d^ ZaUuiig weigerten, und desswegen von ihm zur Ver-
antworUmg vorgefordert nicht erschienen, so excommunicirte
er nie iMD 20. August 1427. Die Excommunication verkandete
am letzten August d. J. wirklich zu Bozen Conrad Fuessen-
berger, Priester ans der Regeosburger Diöcese und Gesell-
Priester zu Bozen. C^ A. — Da diese Excommunication bei
den Dentschordensbrüdern nicht die gewänschte Wirkung her-
vorbrachte, erfolgte von Seite des Bisehofs Alexander eine neue
vcrsehftrfke, welche an allen Sonn- und Festtagen zu Bozen,
wenn am meisten Volk in der Kirche versammelt wäre, bei
bremienden Kerzen und unter Giockengeläute verkündet werden
sollte, wodurch alten Christgläubigen aller wie immer gestalteter
Verkehr mit den Deutschordens-Brüdem, es sei in Rede, Kauf,
Verkauf, Speis und Trank, in Gerichtssachen, igne^ balneo unter-
sagt wird. Exequirt am 8. September 1427. 0. A.
Nach solchem Vorgehen des Bischofs reichten die Deutsch*
vdeos-Brüder am 17. September 1427 eine Klagschrifl zu Rom
wider ihn ein, dass, obschon sie durch päpslliche Bullen
von aller Jurisdiction der Erzbischöfe, Bischöfe ftc. befreit uod
besondecs'^ von allen Steuern und Abgaben, welche die Diöcessan«
— 88 —
fiischöfe auflegen, aiMgenommen wären, es sich doch der
Bischof von Trient herausgenommen hilUe, sie damit zu bele-
gen, und da sie auf ihre Privilegien sich fussend selbe zu
bezahlen sich geweigert, er sie desswegen excommunicirt habe;
bitten um Recht und Abhilfe, 0. A.
Unterdessen aber^ weil die Deutschordeus-Brüder unge-
achtet der verschärften Excommunication die geforderte Zahlung
fortwährend verweigerten, schleudert. Bischof Alexander am 21.
September 1427 eine noch geschärflere ExcommunicatioA gegen
sie. 0. A. Während dem aber waren Briefe von Rom einge-
laufen; denn am H. October 1427 treten Hr. Gottfirid Nider-^
hauser, Landcomtur, Hr. Leupold, Pfarrer von Lengmoos und
Eberhard, Pfarrer in Sterzing für sich und im Namen der Gom^
ture Niciaus Stern zu Bozen, Eberhard Mulegk zu Trient und
des von Lengmoos vor Conrad Plassenberger, Stadtpfarrer von
Bozen mit einem Zwangbriefe aus Rom ausgefertigt von Här-
tung von^ Capell, Dr. der Decrete und Auditor des apostolischen
Palastes, durch welchen erwähnter Pfarrer aufgefordert wird,
innerhalb 12 Tagen alle in dieser Angelegenheit von dem Bischöfe
an ihn zur Publication gegen die Deulschordens->Brflder gerieb-
teten Briefe, Excommunications-Sentenzen u. dgl. auszuliefern.
— Der Landcomtur protestfrt auch, dass er keinen sichern
Zutritt zum Bischöfe habe, weil derselbe alle Einkflnfte des
deutschen Hauses zu Trient. in Beschlag genommen; auch hätte
er 8\t in das Schloss Boniconsilii vor ihm zu erscheinen vor-
geladen, einem zu diesem Zwecke ungewöhnlichen, unpassenden
Orte, wo sie befürchten müssten, er würde sich ihrer Personen
bemächtigen. — Der Pfarrer verspricht die Auslieferung der
von ihm gefoi;^erten Documente. Diess ging vor in Gegenwart
des edlen Ritters Johann Botsch, der edlen Männer: Heinrich
von Weiden, Schlosshauptmanns der Yeste Gnnfenstain, Johann
Niderhauser, Andre von Maretsch, Wilhelm von Liechtenstain
und des Clerikers Magister Johann Rorer, Rectors der Schulen
zu Bozen. 0. B. — Diese Actenstücke nebst erneuerter Bitte
um Schutz gegen diese ungerechten Belästigungen sendeten die
— 89 —
Deutschordens-BrOder nach Rom. Den Verlauf des Processes
lernen wir aus einem Erlass-Schreiben Papst Martins V. vom
20. Jnli 1430 kennen; der Papst übergab die Untersuchung
des Streithandels dem Magister Härtung de Capell, seinem Caplan
und Auditor Rotae; dieser, nach genauer Untersuchung des Han-
dels, entschied mit Zustimmung seiner Collegen: «oppositiones,
moiestationes, perturbationes, vexationes et impedimenta praedicta
fuisse et esse temeraria, illicita, iniqua, injufita, et de facto
praesumta, ipsiqoe Episcopo super illis perpetuum silentlum
imponendum fore et imposuit, dictosque comendatores ab impo-
sitione ipsius Episcopi absolvendos fore et absolvit. Nee non
praefatnm Episcopum in expensts coram eo in dicta causa legi-
time fieictis condemnandum fore et condemnaTit, illarum taxatione
sibi in posterum reservata.^ — Auf eingelegte Appellation des
Bischofs von Trient gegen obiges Urtheil übertrug der Pbpst
die Untersuchung seinem andern Caplan und Auditor Rotae,
dem Magister Johann de Melia , der den Spruch seines Coilegen
Hartungs bestättgte und erklärte: pro parte ipsius episcopi ab
lila sententia male fuisse appellatum. — Doch der Bischof ruhte
nicht und appellirte aufs neue; der Papst betraute hierauf mit
der Untersuchung seinen Caplan und Auditor Rotae, Magister
Johann de Thomariis, der mit Beistimmung seiner Collegen
den Schiedspruch des Johann de Mella beseitigte, ^— Endlich
eriiess obiger Härtung de Capell^ Dr. der Decrete drc. von
Rom aus am 24. März 1430 das entscheidende Decret, wodurch
rr nochmals 2u Gunsten der Deutschordens-Brüder gegen den
Bischof von Trient entschied , und ihn, noch dazu verurtheilte,
den erstem wegen Beraubung ihres Hauses . in Trient 120
Croldgulden und wegen ihrer gehabten Unkosten und Auslagen
40 GoMguiden Schadenersatz zu leisten. 0. A.
Weil aber die Demschordens-Brttder in ihrer Bittschrift
den Zweifel geäussert, es möchte sich der Bischof dem Schied-
spruche der Auditoren der Rota nicht fUgen, und Überhaupt die
Entscheidung dem Bischöfe Wegen seiner Macht und auch den
andera, welche die Sache anging, nicht mit Sicherheit eröffnet
— 90 —
werden können, und datier gebeten hätten, in dieser Hiosicbi
geeignete Anordnung su treffen, so beauftragte Papst Martin V.
in dem schon erwähnten Erlass-Schreiben vom 20. Juli i430
zwei Bischöfe, darunter den von Cur, sowie den Domdecan
von Orixen, den Urthettsspruch der Auditoren entweder in eigener
Person oder durch einen Untergestellten, wo und wann sie es
am thunlichsten erachten, zu veröffentlichen und nicht zu ge-
statten, dass besagte Comturen wegen jener Steuerfo^derung
und der bischöflichen Erlasse belangt oder wie immer belästiget
wurden, und zugleich dafUr zu sorgen, dass ihnen wegen der
l^escliöpften 4rerichtstaxen der schuldige Ersatz geleistet werde.
— Die der Entscheidung sich widersetzen, sollen sie durch
kirchliche Strafen zum Schweigen nöthigen^ und weon's noth
thue, selbst den weltlichen Arm zu Hilfe rufen u. s. w. 0. A.
— Da Bischof Alexander sich noch immer weigerte, die Exem«
tion der Deutscliordens-Brttder von Abgaben, Beisteuern und
Hilfsgeldera anzuerkennen, so kam es im Jahre i431 auf An-
suchen des Niclaus Stern, Comturs zu Bozen, auf öffentlichem
Platze vor der Liebfrauen^Pfarrklrche zur Aufnsdkme eines In-
struments aber diesen Streit vor dem öffentlichen kaiserlichen
Notar und den erbetenen Zeugen. 0. A. — Hit diesem Acten-
stücke endeq die urkundlichen Berichte über diesen unerquick-
lichen Streit.
Am Dienstag vor Lichtmess 1432 trifft Bruder Goltfrid
Niderhauser, Landcomlur der ganzen Bailei an der Etsch, mü
Rath und Zustimmung Hrn. Hansen, Comturs und Pfarrers zu
Schlanders, sowie der Herren: Thomas, Priesterbniders und
Wolfgang Schachners, Ritterbruders und mit Rath des ^Iveslen
Conrads Sehlandersberger und Jacobs des Gesellpriesters , mit
den Abgeordneten und Kirchpröpsten der Gemeinde Göflan
eine Uebereinkunft wegen der jährlichen Gottesdienste , welche
die Deutschordensherren von Schlanders aus daselbst besorgen
sollten, nemlich: am Christtage soll die Christmesse in der
Nacht zu Göilan gesungen, die Tagmesse aber zu Vezau gelesen
werden. — Das gewöbnlicfae Amt soll zu Göflan gesungen
r
— 91 — *
iverdea an den vier Ifanpiresten Marlens , am Neujahrs- und
U. DreflLönigen-Tage sowie am Palmsounlage, um die Palmen
zo weiiie» ,i»nd d§e Ai^tüggl au»%^gen, do man den letzten
«He GoMeichnam porpeut.^ Wollten sie einen Gesang dazu
hakem, so soll die Gemeinde einen Gehilfen im Gesänge be-
sorgen. Gesungenea Amt soll femer gehalten werden : am
GriadoBDerstag, Oster- Walburgen-Tag , au Pfingsten, Fron-
leiehnaiB and AUerheiligen-Tage, an diesem Tage Abends auch
cKe Yigll und «m Allerseelentage gesungenes Todtenamt; am
Torakende des hl. Martih gesungene Vesper , am Tage selbst
geanngenes Ami gehalten werden. — Auch soll an jedem Sonn-
tage dtselbal Hesse gelesen werden mit Ausnahme jedes dritten
Mo&al-6oiiBtag8 ^ an weichem selbe zu Vezan soH gefeiert
werden. — Ferner soiien selbe auch an allen Feiertagen Hesse
m G5ian halten; am Klrchweihabend gesungene Vesper, am
andern Tage gesungenes Amt. Jeden Hontag, Hittwoch und
Samatag , wenn Werktag ist und an allen Feiertagen soll zu
Cortsch zum hl. Julian Hesse gelesen werden. — Findet an
solchen Tageir, wo ^ie keine obligate Messe hätten, eine Be-
grabnijss oder CopuJation daselbst statt, so soll auf Verlangen
eöne Hesse gelesen werden und dafttr die ufiehste Obligatmesse
ausbleiben ; verlangt man aber eine gesungene Messe , so soll
dafür bezahlt werden.' — Am ersten Adventaonntage , zu heil.
Dreikönigen, an den vier U. L. Frauentagen und an allen Sonn-
tagen in der Faste, am Walburgistiage und zu Kirchweihe soll
auch eine Predigt gehalten, sonst an allen Sonntagen die heil.
Zeilen verkttndet werden. -^ Wäre zu Schlanders an den oben
bestimmten Tagen eine Begräbniss oder Jahrtag, wobei man
den Priester dort nOtbig hätte, so soll die treffende Hesse am
folgenden Tage ersetzt werden. — Wäre zo Göflan eine Leiche^
die arm ist und kein bezahltes Seelgeräth hat, so soll auf Ver-
laogea ein Priester hinkommen Hesse zu lesen; dafür soll die
niehste OMigatmesse ausbleiben, nach guter alter Gewohnheit.
— Nach Hilfäslen , wenn die Osterbeichl angeht , soll man
ihnen stets eioeu Priester da»i senden, der die Beichten anhört.
— J» —
Derselbe soll in der Woehe vor Palnifloantag auf drei oder vier
Tage zu diesem Zwecke besUlndig su GMan sieb aafhalteD und
am Gründonnerstage und am Osterlage sie communiciren ; aber
immer derselbe Priester. Will die Gemeinde an diesen zwei
Tagen ein gesungenes Amt baben, so besorgt sie einen 'Gehil-
fen beim Amte. QGetneinde^ Archiv %u €röflan.J
Am rfinztag vor Petri StuUfeier 1432 erkauft Hr. Otto
Ebersdorfer, Pfarrer und Comtur zu Lengmoos, mit Rath des
Bruders Gottfrid Niderfaauser, Landcomturs und anderer bei ihm
wohnenden Brüder von Jörg Scheck um 35 M. fi. den Raffrllst-
Hof in dem Kreuze zu SL Andre zu Antiasy O. A. ^ ver*
kauft aber selben bald darauf am Sonntag Oculi desselben
Jahres um den nemKchen Preis an Michael Zachler und Lienhard
Parschalk; diessmal . heisst er: der Raffrflsthof in St. Andretf^
Mulffrei zu Antiae. 0. A. *) ^ Am 4. Juli 1434 gewahrt
^) Hier finden wir die nemliche ."^ache unter zwei verschiedenen
Benennnngen angefahrt; zuerst als Sl. Andreas Blalgrai und
< dann als 81. Andreas Kreuz; beides aber bedeutet nichts an-
deres, als eine bestimmte Abtlieilung eines Gerichtsbezirkes,
wie in Ulfen das Werk, ku CaUern und anderswo die Rigl
(Regula) und zu Sohenna die Tegnei (Decania). — üeber den
Ursprung und die eigentliche Bedeutung dieses Ausdruckes
Mulgrei, auch Malgrai, ist Manches conjectirt aber noch nie
zur vollen Lösung gebracht worden. Manche dachten an Mallnm,
Gericht und dem lon^obardischen garah, Berufung^ oder auch
an Grei, Krei, cry, welches im Deutschen und Französischen
Kuf bedeutet; daher auch in Tirol die Krei- oder Kreiden-
Feuer; somit sollte Malgrai soviel bedeuten als: was zu einem
Gerichtsslab einberufen- wird. — Jedoch durfte dagegen bemerk-
lich gemacht werden, dass ursprünglich und sonst weit öfter
daför Mulgrei vorkömmt, und dass selbst Malgrai nie MaH-grai,
sondern stets nur Mal-grai in Urkunden geschrieben ynrd. —
Andere bingei^en möchten Mulgrei und Malgrai von mulgere,
melken, oder von dem in WAIschtirol gebräuchlichen Malga.»
Alpe oder Schwaige herleiten. Boerio, Pizionario del dialelto
veneziano, sagt: j^Malga, voce lombarda, ma conosciuta anche
in Venezia, ed e lo stesso che mandra,^' — Wie man nun
immer diese sonderbare Bezeichnung Mulgrei und Malgrai für
Gemeindeabtheilung herleiten und deuten mag, so steht diess
einmal fest, dass diese Benennung fOr gewöhnlich nur in den
— 93 — ,
der Landcomlor Gottfrid Niderhauser dem Ludwig aus Lorenz-
thal in Ried auf dessen Vorstellung, dass er dem deutschen
Haose xu L^gmoos bisher fdr erwähntes Gut jährlich 40 Pf. B.
Bod ein Kits gezinst habe; da nunmehr aber die Lahn durch
das Gnt gehe, so sei das Gnt überzinst, — einen jährlichen
AMass von 2 Pf. fi. 0. A. — Am 13. Jänner 1436 zu Riva
in seinem Schlosse bestätigt Bischof Alexander von Trient nach
dem Tode Johanns von Pranconia, letztgeweseVen Pfarrverwal-
ters zu St. Leonhart ni Passeir, den an dessen Stelle vom Land-
Contar Gottfrid Niderhauser präsentirten Jodok Lantner, Caplan
zu Gorlan. 0. A.
Der Laadcomtur Gottfrid Niderhauser sollte während seiner
AiitsfilhniBg nie des erwünschten Friedens sich erfreuen; kaum
waren jene leidigen Streite mit Trient wegen der Incorporatton
dar Pforre Lana und der Exemtion a subsidiis caritativis bei-
Mittelgebirgen und Berggemeinden an den beiderseitigen Ufern
des Eisacks von Bozen bis Clausen, sowie in den Thfilern
Gröden und Thiers vorkömmt ; nur ein paarmal hingegen spora-
disch in der Gegend von Eppan, sowie später einmal in der
Gegend von Reute und einmal bei Lienz. — In den Berg-
Gegenden am Eisack taucht diese Benennung schon am Anfange
des 14. Jahrhunderts auf; während die Benennung der soge-
nannten 12 Malgreien auf die in der Ebene von Bozen gele-
genen Gemeindsabtheihmgen erst im Jahre 1476 zuerst sich
angewendet findet. — Etwas Eigenthümliches ist es, dass jede
dieser Mulgreien oder Malgraien stets nacb einer Kirche oder
Capelle^ die im Bezirkd dieser Gerne! nds-AbtheiJung sich erhob,
benannt ist, was wohl zur Erklärung der Bedeutung jener
sonderbaren Benennung den SchUissel bieten dürfte; nemlich
Mulgrei oder Malgrai bezeichnet den Inbegriff jener Höfe,
welche zunächst' zu dieser oder jener Kirche oder Capelle
i^örlen , wenn auch dort kein ständiger Priester war. — Der
Ausdruck: St. Andreas- oder St. Verena-Kreuz scheint nach
unserer Meinung darauf hinzudeuten, dass wahrscheinlich die
gewöhnlichen oder aussergewöhnlichen Versammlungen zu den
Eke-Thaidingen dieser Gemeinde-Abtbeilungen bei einem an
ihrer Kirche oder Capelle angebrachten Kreuze stattgefunden;
ausgenommen man wollte vermuthen, 4las ursprüngliche Grei
oder Krei habe sich allmälig im Munde des Volkes in Kreuz
ttnugewandelt. «
— «4 ^
gelegt, so wurde die Ballei an der Btsek mit dem Bischöfe
Johann von Cur wegen der Pfarre Schlanders in sehr verdriess-
liehe Hftndel verwickelt; am 23. April 1433 ernennen Gottfrid
von Miderhaus, Landcomtur der Ballei im Gebirge an der Etstk
und dessen Hitbrfider vier Procuratoren, ' nemHch: Joliaiift
Wachludung, Herman Widler, Andreas Talham und Heinricli
AUendom als ihre Bevollmächtigten beim Basier-Coneii , mit
erlheilter Yollmatht, dort ihre Angelegenheiteu in ihrem NanKO
zu besorgen, insbesondere aber tragen sie ihnen auf, die Bei-
legung der Streitigkeiten zwischen dem deutschen Ordeo ODd
dem Bischöfe von Cur in Betreff der Pfiarre Sehlanders in
betreiben. 0. A. Um was es sieh dabei handelte, werden wir
bald sehen; der Handel zog sich in die Länge und ^aogte
sogar an den Papst Eugen IV», der von Florenz aus am
31. Jänner 1435 eine Bulle folgenden Inhalts erliess: ^»seit
undenklichen Zeiten gehöre die Pfarre Schlanders dem deutschen
Orden an und sei seit undenklichen Zeiten durch ein Mitglied
des Ordens besetzt worden ; auch seien diese Ordensbrüder von
jeder Steuer und Abgabe und von jeder gewöhnlichen Unter-
würfigkeit (a subjectione ordinaria) unter den Diöcesan- Bischof
befreit, auch zur Bezahlung der Annaten nicht gehalten. —
Nun habe der Landcomtur an der Etsch, Gottfrid Niderliauser,
nach der letzten Erledigung erwähnier Pfarre den Oeutsebordens-
Bruder Johann Smollis als Pfarrer und Comtur dem Diöcesan-
Bischofe Johann von Cur vorgeschlagen, dieser ihn auch appro-
birt und demselben die Seelsorge übergeben. Obschon nun
mittlerweile der Bestätigte dem Bischöfe' nachgewiesen , dass
er und die andern Brüder des Ordens, die Landcomlure und
Coroture von jeder Steuer uod Abgabe und von feder sub-
jectio ordinaria befreit und zur Zahlung der Annaten nicht
gehalten seien, so habe es sich doch besagter Bischof heraus-
genommen, von demselben die Annaten zu fordern, und sei
bei dessen Weigerung, selbe zu zahlen, mit färchterlichen
Strafen gegen denselben vorgegangen, habe ihm die thatsäch-
lieh iiberlragene Seelsorge wieder abgenommen und ihm ver-
— 95 —
boten, selbe auszafibeii, sowie den Uniergebenen, ihm als ihrem
Pfarrverweser und Comtur Folge zq leisten. Ja was noch
schwerer nnd unwürdiger sei , es habe der Bischof besagten
Bruder Johann, der ^ des Ordens Freiheiten und l^emtionen
Torschützle, obschon er keine Jurisdiedon über denselben gehabt,
aus eigenmächtigem Vermessen und zum Schimpfe besagter
Ordensbrifder Gotlfrid und Johann letztem durch eine bewaff-
nete Schaar fangen, in seinen Schlössern und Gefängnissen in
Räumen, wo Diebe, Räuber nnd Halenz-Personen eingesperrt
gewesen, in harter Gefangenschaft einsperren um) mehrere
Tage hindorch unter Kälte, Runger nnd Durst eingekerkert
gelassen, und überhaupt dem Orden einen Schaden von 2000 fl.
zngefiigt. Darum nach vorgenommener Untersuchung der Streit-
sache verurtheile er den erwähnten Bischof von Cur und
bezeichne seine Handlungsweise als vermessen, ungerecht u. s, w.,
spreche die Deutschordens-Brfider frei und vernrtheile den Bischof
zur Bezahlung von 100 Goldgulden und der noch zu schätzen-
den Kosten. 0. A.
Bald darauf, am 22. April 1435, erliess Lorenz von Arezo,
Dr. der Decrele, Caplan des Papst Eugen IV. und Auditor
S. Palatii an die gesammte Geistlichkeit ein Schreiben des In-
halts: bereits am 9. April 1432 habe ihm Papst Eugen eine
Klagschrift des Gotlfrid Niderhausers , Landcomlurs der Ballei
an der Elsch, übersendet, wegen der sohlechten Behandlung
des Johann Smoilis als ernannten Ordenspfarrers zu Schlanders,
(folgt nun die schon oben angeführte Beschreibung derselben)
— mit der Bitle um Abhilfe; in Folge dessen habe er eine
Entscheidung gegen den Bischof Johann von Cur erlassen.
Jedoch am 7. Jänner 1435 hätten^ ihm der nemliche Land^
Comtar und die andern Comture und Pfarrer erneuerte Klage
gegen den Bischof von Cur in der nemlichen Angelegenheit
vorgebracht, und der Papst selbe ihm übersendet ; er aber habe
den Bfsefaof aufs neue verfällt nnd fordert sie ' unter Straft
der Excommunication auf, d^s Urtheil zu veröffentlichen. —
In Folge dessen tritt am 27. Hai 1435 im Widum zu Naturns
— 96 —
in Gegenwart mehrerer Zeugen Heinrich Sengfcnechl , Pfarrer
und Comtar zu Scbianders C<i^ii wahrscheinlich der Landcomlur
anstatt des so unwürdig behandelten Johann Smollis unterdessen
dazu ernannt hatte), im Namen des Landcomturs vor Hrn. Albert,
Magister artium, Pfarrer zu Naturns und Erzpriester im Yinst-
gau mit obigen Briefen und verlangte deren Veröffentlichung,
so dass selbe auch zur Kenntniss des Bischofs Johann gelangten.
Am 31. Hai 1435 stellte selber in der St. Nicolauskirche zu
Heran das nemliche Gesuch an den hochw. Herrn Niciaus
Landscron, Verkünder zu Heran, dass selber während der
Feier der hl. Hesse den Inhalt dieser Briefe verkünde, und
damit nicht zufrieden, heftete er selbst den Erlass von Rom
an die Kirchthttre, und liess ihn während der ganzen Hesse
daselbst hängen; diess geschah im Beisein Hrn. Georgs Chun-
radi aus der Constanzer DiOcese, Caplan der hl. Dorothea-Capelle
zu Herningen (Harling), Johann Landsidlers aus der Salz-*
burger Diöcese, Gesellprieslers zu Heran und mehrerer Laien.
— Und wirklich vollzog Hr. Niciaus Landscron den Auftrag
von der Kanzel der Kirche aus am 3. Juni 1435 im Beisein
Hrn. Johanns Riess, Gesellpriesters zu Schlanders, Johanns des
Pfarrers in Las und Tybalds Püchelmair, Rectors der Schu-
len zu Heran. C^. MartinUches Archiv J
Auf die Klage der Deulschordens-Brüder, dass ihr Hit-
Bruder, dem sie die Promulgation obiger päpstlichen Entschei-
dung aufgetragen, vom Bischöfe von Cur daran gehindert wor-
den, auch sonst niemand wegen der Hacht desselben Bischofs
es zu thun sich getraue , beauftragt Papst Eugen von Bologna
aus am 30. August 1436 mit diesem Geschäfte die Bischöfe
von Adria und Basel und den Dompropst von Brixen mit der
Weisung, den päpstlichen Urlheilsspruch an den Kirchthürep
von Schluderns, Schlanders, Nalums und Heran anzuschlagen
und zu verkünden. 0. A. — Am 1. September 1436 ward
i» dieser Angelegenheit von den päpstlichen Richtern entschier
den : dass, wenn der Bischof und seine Helfer innerhalb zehn
Tagen nach Publicirung obigen Spruchs nicht Folge leisteten.
— 9T —
so soHten die Sabdelegaten gegen ihn und seine Helfer die
Excommonicatioti aussprechen. — Sollte auch diess Mittel inner-
halb zehn Tagen nicht den gewünschten Erfolg haben, so soll-
ten selbe die Excommunieatiou an allen Sonn- and Pesttagen
in allen Kirchen, KiOstem und Capellen während des Gottes-
dienstes feierlich verkflnden unter dem Gelliute der Glocken,
mit angeittndeten und zur Erde geworfenen Kerzen, empor-
gehobenem verhülltem Kreuze und Weihwasser sprengen, um
den bösen Geist, der jene gefangen hftit, zu vertreiben; dann
um Ihre Bekehrung beten mit Absingung des Res ponsoriums :
Revelabunt coell iniquitatem drc. und des Psalmes : Deus laudem
meam ne tacueris und der Antiphon: Mea vita totaliter. Nach
Vollendung dieser Ceremonie sollen sie mit dem Clerus und
dem Volke zur Kirchthüre ziehen und gegen die Häuser der
Ungehorsamen Steine werfen zum Zeichen des ewigen Fluches,
Bit dem Golt den Köre, Dathan und Abiron bestraft, — zum
heilsamen Schrecken, damit Bischof Johann von Cur und dessen
Gehilfen desto schneller zum Gehorsam zurückkehren mögen.
— Im Falle der nochmaligen Weigerung soll ihnen ein drei-
maliger Termin von je 10 Tagen anberaumt weiden; lassen sie
auch diesen unbenutzt vorübergehen, soll die verschärfte Ex-
communication eintreten und im Falle fernerer Weigerung der
weltliche Arm eingreifen. 0. A.
Gleichzeitig am f. September i436 schreibt Johann, Bischof
von Adria, als ernannter Vollstrecker im erwähnten Handel an
Kaiser Sigmund, an den Erzbischof von Salzburg und mehrere
Bischöfe und an alle Geistliche, sowie an Herzog Fridrich den
altern , Albert und Fridrich den Jüngern von Oesterreich , Graf
Ulrich den jQngem von Matsch, Landeshauptmann an der Etsch,
auch an die Edlen: Sigmund von NIderthor, Wolfgang Fuchs,
Wilhelm Erbener (?), Johann Botsch , die Gebrüder Michael
und Oswald von Wolkenstein, Oswald Sebner, Sigmund Schlan-
dersbeiiger, alle Ritter — ferner an Johann Hertenfelder, Burg-
graf zu Tirol, Conrad Königsberger, Hauptmann zu Pergine,
Wilhelm Liechtensteiner, Ingenuin Weinecker, Conrad und
7
Johann die Schiandersberger und Andre Vogt in Mals und viele
Andere: es Eätten ihm der Landcomtur GoUfrid Niderhaoser
und Johann Smollis obenerwähnte BuUe Papst Eugens IV. vom
3i. Jänner i435, sowie sein Emennungspateot als Executor
übergeben ; theilt ihnen- den Inhalt beider mit und bittet sie um
gütliche Beihilfe zur Ausführung. 0. A.
Endlich bequemte sich Bischof Johann von Cur zur Nach-
giebigkeit ; denn am Aschermittwoch 1437 erklärte* er zu Für-
stenburg, dass schon lange zwischen (hm und Gottfrid Nider-
hauser, dem Landcomtur, und Heinrich Sengknecht, Comtur und
Pfarrer zu Schlanders, Streit wegen der bischöflichen Rechte
Über erwähnte Pfarre obgewaltet; zur Vermeidung weiterer
Verdrüsslichkeiten und Unkosten habe er folgende freundschaft-
liche Uebereinkunft mit letzterm getroffen ; nemiich : dass er in
Hinsicht bischöflicher Rechte nicht mehr zu fordern habe, als
jährlich 20 Pf. B. als Cathedraticum, und in einem Schaltjahre
30 Pf. B. Der jeweilige Landcomtur zu Bozen soll bei ein-
tretender Erledigung der Pfarre Schlanders einen Pfarrer vor-
schlagen, der Bischof demselben die Seelsorge übertragen , der
also Bestätigte aber wie jeder frühere Pfarrer des Bischofs
Befehle vollziehen. 0. A.
Am 14. Februar 1438 erliess Papst Eugen IV. ein Schreiben
an die beiden Pröpste Jacob von Kl. Griess und Johann von
Kl. Welschmichael, worin er selbe zu päpstlichen Commissären
ernennt , dass beide vereint oder jeder einzeln die Vollziehung
der päpstlichen Briefe, welche ^u Gunsten der den Deutsch-
Ordens-Häusern in Tirol einverleibten Pfarren erflossen waren,
betreiben sollten. CPuel, Colierl.) — Ueberdiess gibt derselbe
Papst durch Eriass, dat. Florenz am 21. Februar 1438 dem
Bischof von Brixen Befehl, darüber zu wachen und dahin zu
wirken, dass obiger zwischen dem Bischof von Cur einer- und
dem Landcomtur Gottfrid Niderhauser und dem verstorbenen
'Heinrich Sengknecht, Pfarrer von Schlanders andererseits ein*
gegangener und angenommener Vertrag, da dieser Vergleich
ordentlich vor sich gegangen, von beiden Theilen eingehalten
— »9 —
werde. 0. A. — Wie aufriehtig dem Bisehofe von Car bei
obiger Versländigang Ernst gewesen, zeigt uns folgendes
Document ; Heinrich Sengknecht wur bereits anfangs des Jahres
1438 gestorben und der Landeomtur hatte den Deutschordens-
Bmder Conrad Junge an seiner Stelle als Pfarrer zu Schlanders
emaoot; nun schreibt Papst Eugen IV. am 4. November 1439
von Ferrara aus an den Bischof von Brixen : Conrad Junge,
Dentfickordens-Bruder, sei klagend bei ihm eingekummen, dass
ihn der Landeomtur liottfrid Niderhauser zum Pfarrer zu Schlan-
ders, deren Besetzung mit einem tauglichen Ordensgeistlicben
der Bailei an der Etsch zustehe, nach eingetretener Erledigung
derselben innerhalb der gesetzmässigen Zeit dem Bischöfe
Johann von Cur vorgesclilagen , dieser aber sich gegen alles
Recht und Gerechtigkeit geweigert habe, ihn als Pfarrer zu-
zulassen und einzusetzen. — Er ersucht daher den Bischof von
Brixen, beide Pmrtheien vorzuladen und nach genommener Ein-
sicht des Streithandels endgültig zu entscheiden, ohne Zulassung
einer Appellatipn und unter Androhung kirchlicher Strafen zu
befehlen, seinem Spruche nachzuleben. — Zeugen, welche vor-
geladen^ aus Gunst, Hass oder Furcht sich der Zengschaft ent-
ziehen wollten, soll er unter ähnlichen Strafen nöthigen, der
Wahrheit Zeugnis3 zu geben. 0. A. — Der baM darauf im
Jahr 1440 erfolgte Tod des Bischofs Johann von Cur mag die-
sem unerquicklichen Streite ein Ende gemacht und den Deutsch-
Ordens^Bruder Conrad Junge zum Besitze der Pfarre geführt
h^n, da wir ihn in der Folge als Pfarrer finden.
Dem im Jahre 1436 zu Hergeotheim gehaltenen Deutscb-
Ordeas-Capitel wohnte der Landeomtur Gottfrid Niderhauser
wegen hohen Alters nicht hei, sondern sandte als bevollmäch-
tigten Stellvertreter den Bruder Johann Hosauer, Comtur von
Sterzing dahin ab. 0. A. » Vielmehr scheint er ans Sterben \
gedacht zu haben, denn im nemliehen Jahre errichtete er in
der Areade vor der Comendekirche zu Bozeti sein Grabroahl
mit der Inschrift : Hie der deutschen ordens begrfibniss , hat
lassen machen der erwflrdig geistliche Heer Gottfried Nieder-
7*
— 100 —
bauser, die zeit Landcomentar. Aono Domini HCCCCxxxviij.
— Doch der Herr schenkte ihm noch manches Lebensjahr;
er scheint noch bis zum Jahre 1442 das Amt eines Landcomturs
verwaltet und wahrscheinlich, weil schon hochbejahrt, selbes
freiwillig niedergelegt zu haben, um das bescheidenere Amt
eines einfachen Comturs zu Lengmoos zu übernehmen; das er
noch im Jahre 1452 verwaltete. 0. A.
Anstatt seiner trat als Landcomtar Ludwig von Landsee
ein ; noch am 6. October 1441 kommt er in einer Urkunde als
Landcomtur im Elsass vor; bald darauf scheint ihn der Hoch-
meister zum Landcomtur der Baliel an der Etsch ernannt zu
haben ; diese hing nemlich allein von der Verfügung des Hech-
meisters ab und kam mit dem Deutschmeister in keine beson*
dere Berührung. Hit dem damaligen Deutschmeister Eberhard
von Sainshaim, einem Gegner des von ihm veriheidigten Hoch-
meisters Paul Bellizer ven Russdorf , stand Landsee in Miss-
helligkeit und mag daher seine Uebersetzung in die Ballei an
der Etsch gewunschen haben. Ein Entschuldigungs-Schreiben
dat. Stockach am 28. August 1443 des Hrn. Harquards von
Kunigsegg, Comturs in der Naynau, wegen Zweiung, welche
iwiischen ihm und Ludwig von Landsee, gewestem Landcomtur
im Elsass und nunmehrigen Landcomtur zu Bozen obgewallet,
zeigt uns ihn schon in Tirol. 0. A. — Im Vertrage ^am Mitt-
woch, St. Gallentag 1443 zu Frankfurt an der Oder zwischen
Fridrichen, Markgraf von Brandenburg und dem deutschen
, Orden, welcher den Besitz der Neumark völlig sicherte, erscheint
unter den Abgeordneten des Ordens Ludwig von Lanse, Land-
Comtur zu Bozen. 0. A. — Er hatte sich früher in verschie-
denen Aemtern des Ordens den Ruf eines thfttigen erfahrenen
Hannes erworben , den er auch in Tirol bewährte , wie wir
sehen werden.
Durch Urkunde vom 10. Hai 1444 nehmen Fr. Franz,
Prior und die Definitoren des Carthüuser-Ordens den Deutsch-
ordens^Herm Fr« Conrad Junge, Pfinrrer zu Schlanders, wegen
seiner besondern Gunst gegen die Carthifuser und gegen die
— 10t —
in Scfanals insbeiSoiidere in ihre geistliche Gemeinschaft nnd
Theilnahme an allen ihren Hessen, Gebeten und sonstigen guten
Werken and gerstlichen Uebnngen auf und versprechen ihm
bei der Kunde von seinem Tode im ganzen Orden Messen und
Gebete, wie es ffir solche in Gebetsgemeinschaft Aufgenommene
im Orden Hblich ist, halten zu lassen. 0. A. — Am 8. August
1444 verleiht der ehrwürdige Herr Johann von Baiem, Ver-
weser und Comtur des deutschen Hauses zur hl. Elisabet zu
Trient, für i Pfund Pfeffer dem Tomasin von Serso 5 Jauch
Aeker hinter dem Schlosse Pergine und ein anderes Stück
Acker zu Pergine für jährlichen Zins von 36 Trientner-Kreuzer
an das deutsche Haus zu Trient , und ihrem Zinstreiber ein
Staar Hirse zu Pergine. (^r. MartitüHcl^es Aj'cfäv.J
Anfangs des Jahres 1446 sandten Ulrich, Vogt von
Matsch <Src., Landeshauptmann von Tirol, und der geschworne
Ratb von Meran als oberste Verweser des Landes während der
vormondschaftlichen Regierung, einen Ausschuss der Stände
unter Anftthrung Ludwigs von Landsee, Landcomturs an der
Btsch, nach Oesterreich, um vom römischen Kaiser Pridrich IV.
endlich die Auslieferung des jungen Landesfürsten , Herzogs
Sigmund^ mit altem Eifer zu betreiben, und sie brachten den*
selben wirkKeh gegen Ende April mit sich zurück. Kaum zu
Innsbruck angekommen, ernannte Herzog Sigmund den Land-
Comtur nebst fiinf andern Tirolern von Adel am 28. April 1446
zu seinen Käthen. CSinacIter^ VI. B. S. 307 J — Aber auch
sonst wusste der Herzog den geschäflsgewandten Landcomtur
zu brauchen ; er sandte ihn als seinen Brautwerber nach Frank-
reich; am 23. März 1448 zu Tour in Frankreich sehliesst
Ludwig von Landsee, Landcomtur der Bailei an der Etsch, als
Procurator des. Herzogs Sigmund, den Eheverlrag zwischen
diesem nnd der königlichen Princessin Eleonora von Schottland.
— Am 22. Augusl 1448 schreibt Herzog Sigmund wegen
dieser Angelegenheit an seine Käthe, Ludwig von Landsee,
Landcomtur^ Percivai von Weineck und Lienhard von Velseck.
— Diesem Ludwig von Landsee wurde auch vom Herzoge die
— 102 —
ehrenvolle Aufgabe, dessen Braut ^as Frankreich dorch die
Schweiz nach Tirol za begleiten; er verbrachte mit diesem
Geschäfte den ganzen übrigen Theil dieses J^iires. (['•Su?/^
Chmei: öHi\ Oesclw:htHfor.sch. 2. B, S. 449 — 468.^ *)
Bauend auf die Gunst des Landesfürsten trat der Landeomtur
Ludwig von Landsee vor Herzog Sigmund und bat um Be-
stätigung der Privilegien seiner Ballei; willig gewährte selber
diese Bitte und bestätigte am 24. Februar 1450 zu Innsbruck
demselben mehrere Briefe Qber Zollbefreiung und andere Gna-
den, welche seine Vorfahren dem deutschen Orden verliehen
uud sein Vater Herzog Fridrich bestätigt, so dass der Orden
und die Häuser der Ballei an der Etsch ewig dabei bleiben
so\\en,-C^c/mowifki, Eey, 7, B, N, 14840
Im nemlichen Jahre gerieth er mit dem Stadthanptmanne
zu Trient in Zwist wegen Verletzung ^ea Asylrechtes; ^urch
Beeret, dat. Rom 6. Mai 1450, fordert die päpstliche Canzlei
auf Klage Ludwigs von Landsee, Landcomturs an der Efsch,
und Conrads Junge, Gomturs zu Trient, den Erasmus von
Thunn, Hauptmann zu Trient als Beklagten auf einen bestiifim-
ten Termin vor sich zur Entscheidung des Streites zwischen
ihnen beiden, weil letzterer sich erkühnt, das dem Deutsch-
Ordens-Hospitale zu Trient zustehende Asylrecht dadurch zu ver-
letzen, dass er zwei arme Waisen, die um ihres Seelenheiles
willen dorthin ihre Zuflucht genommen, auf gewaltsame Weise
aus demselben herausholte. 0. A*
Am Sonntag vor Blasieo-Tag iibi gewährt Goikfrid Nider-
hauser, Comtur zu Lengmoos, dem Martin Frammer zu Unne
auf dem Ritten mit Zustimmung Fr. Hansen von Schweinfurt,
*) Im Jahre 1449 wurde die dem deulscheii Orden zuständige
neuerbaute schöne Pfarrkirche zu Schlanders sammt ihrem
Thurme vollendet; am 11. August 1449 erlheihe Heinrich,
Bischof von Const^nz und Administrator von Cur dem Bischöfe
Georg von Trient oder dessen geistlichem Generaivicar in Pon-
tificalibus die Vollmacht, die neuerhaufe Pfarrkirche m Schlan-
ders sammt Friedhof und Thurm und den neuen Altären feier-
lich einzuweihen. CEhenmli^es Archiv im Bentamt^ Meran.)
— 108 —
Pfarrers daselbst, gemäss Auftrag des Landeomtirs Ladwig
Too Laadsee einen Nachlass, weil er mit Zinsen überladen und
die Güter liemiich abgeödet seien; früher raosste selber vom
Framhof halb Wein xinsen nebst 3 St. Waizeu, 41/2 Hutt
Roggen, 5 St. Hirse, 6 St Gerste, alles Hofmaas, 1 Hutt
Fotter, Bosnermaas, 6 Scbunken, 1 Lamm, i Fastnachtshenne;
1 Kitz, 30 Eier, 1 SchniUstuck und 11 S.ommerhtthner; diess
wurde nun ermässigt auf 5 Ihm Wein, 3 St. Waisen, 3% Mutt
Roggen, 6 St. Gerste. 1 Kitz, 30 Eier, 5 Sommerhflhner
und den Weinzehent zu Framm; daran hflngt sein Sigel der
edle Ludwig von Sparrenberg, Pfleger auf dem Stein. 0. A. —
Ebeft so bekennt am Sonntag vor Bartholomäi 1451 Michel
Weidaeher von Antlas, dass ihm der geistliche Herr Gottfrid
Niderhaiiser, Comtur zu Lengmoos, vermöge Auftragt Herrn
Ludwigs von Landsee, Landcomturs der BaUei an der Etsch^ mit
Zustimmnng Bruder Erhards Ottendorfer, Pfarrers zu Lengmoos,
und Bruder Hansen von Scbweinfort, gewesenen Pfarrers da-
selbst, eine jfthrliche aus dem zum Weidachhofe gehörigen
Weingute Halmstein zu entrichtende Gilte Weines erlassen
habe gegen dem, dass er die verödeten Weingüter bessere und
auf seine Kosten eine Türkei daselbst erbaue ; jedoch mit Vor-
behalt des zu leistenden Zinses und Zehents aus dem Weidach-
Hofe und des Zehents aus dem Halmsteingute; siglls der edle
Ludwig von Sparrenberg, Pfleger auf dem Stein. 0. A. —
An Sonntag nach Bartholomül 1452 trifft Hans von SIetech,
aus der St. Verena Halgrei auf dem Ritten für sich und
Catharina, Witlwe weiland Ulrichs von SIetsch mit Hrn. Gott-
frid Niderhaoser, Comtur zu Lengmoos eine Uebereinkunft wegen
4 Pf. B. jährlicher Gilt» welche dem deutschen Hause daselbst
aas den Nenrüuten des ganzen SIetschhofes in St. Verena Kreuz
auf dem Ritten gezinst werden sollten vermög Urkunde vom
4. Juni 1339, welche aber seit vielen Jahren und auch von
ikaen nicfat gezinst worden , bis sie jetzt der Orden mit geist-
lichem Rechte und Bann dazu genöthigt; demnach verspricht
jeder TheU seine ihn treienden 2 Pf. B. fortan richtig zu
- 104 -
leisten; hängt daran das Sigel Ludwigs von Sparrenberg, Pfle*
gers auf dem Stein. 0. A.
Um diese Zeit muss der bisherige Landcomtur Lndwig
von Landsee gestorben oder versetzt worden sein, .denn wir
finden puf einmal nur einen Statthalter der Landcomturei« Auf
Vorlegung früherer Gnaden-Urkunden bestätigt zu Innsbruck
am 25. August 1453 Herzog Sigmund dem Bruder Hans
Mosauer, Comtur zu Sterzing und Statthalter der Landcomturei
an der Etsch alle frühern Zullbefreiungen und andere Gnaden. 0, A.
Streit war entstanden zwischen Dr. Jobann Vaiser, Pfarrer zu
Bozen und Hrn. Johami Hosauer, Statthalter der Landcomturei
wegen einem Zehent von 3 Pazeiden Wein aus dem Hofe Ganz-
eben , indem letzterer behauptete, selber sei nicht aus dem ganzen
Hofe, sondern nur aus einem dazu gehörigen neu gerftuteten
und zu Weingut umgewandelten Stücke zu leisten; der Statt-
haiter mit Zustimmung der Deutschordens«-Brüder Nicoiaus Stern,
Pfarrers zu Lana und Johanns von Schweinfort, Pfarrers der
Comende Weckenstein, sowie der Pfarrer von Bozen anderer-
seits compromitirten auf 2 geistliche und 3 weltliche friedliche
Schiedsrichter; diese sprachen am 27. September 1453 zu
Weckenstein : Friede zwischen beiden Theilen ; die bisher ver-
gessenen Zehenten sollen absein, und in Zukunft die Baliei aus
dem ganzen Hofe Ganzeben die 3 Pazeiden Zehent leisten.
CPfarr'-Ärchir zu Bo%en,~J — Am 1. September 1454
bekennt Adam von Tresseck, gesessen auf dem Ritten, von
Bruder Erhard Ottendorfer, Comtur und Pfarrer zu Lengmoos,
7 M. B. empfangen zu haben und macht sich dafür für sich
und seine Erben verbindlich, jährlich auf Michaeli 2 Pf. B. aus
seinem Praunecker-Hof und Baut daselb$t der Comende zu Zin-
sen; daran hängt sein Sigel der edlveste Han^ vom Thurm,
Pfleger auf dem Stein zu Ritten. 0. A.
Der bisherige Statthalter der Landcomturei, Johann Mosauer,
scheint endlich vom Hochmeister zum wirklichen Landcomtur
ernannt worden zu sein. W&hrend seiner Verwaltung drohte
dem Bestehen der Bailei grosses UnheiJ, wie aus folgenden
— 105 —
«aeh sonst interessanten Urkanden hervorgeht und zwar wegen
dem vom damaligen Hochmeister Ludwig von Erlichshausen am
Dorotheen-Tage 1455 zu Marienburg ausgestellten Pfandbriefe.
Bereits am Mittwoch nach Quasimodo gentti 1455 zu Neustadt
thut Kaiser Fridrich durch Erlass kund, dass Etliche von
Geldschuld und Forderungen wegen, welche sie an den
deutschen Orden in Preusen haben, solches an den Hftusem
und Gütern desselben Ordens in den österreichischen Landen
und Ffirstenthamem suchen und dieselben in Besitz nehmen
wollen, was ihm unbillig erscheine und er als Landesfllrst,
Stifter und oberster Schuizherr und Schirmer des Ordens und
dessen Hiiuser und Güter solches zu gestatten nicht gewillt
sei ; darum trage er allen seinen Hauptleuten und Beamten auf,
auf keine Weise solches zu gestatten. (VoA. Vaifft^ Notizen^
hiatt, a. a, O. S. lOS,^ — Noch deutlicher sprach sich
darüber Papst Cjüixtus IIL durch einen Erlass, dat. Rom am
27. November 1456 aus : Bruder Johann , der Landcomtar an
der Etsch und dessen Mitbrttder hätten ihm in einer Bittschrift
beriehtel, dass der Deutschmeister in Preusen, Ludwig, der zum
Orden gehörigen Güter beraubt und von Geldmangel gedrückt,
den Truppen, welchen er den Sold schuldete, von ihnen gezwun-
gen zur Abtragung des. Soldes, die Güter des Ordens, wo
Immer selbe gelegen, verpfändet habe, so dass die Kriegsleule
diese Güter des Ordens in Besitz nehmen, besitzen, verpfänden,
frd verkaufen und veränssem dürften. Da nun in diese ver-
derbliche Massregel auch die Ballei an der Etsch einbegriffen
scheine, die doch auf Gottesdienste und pfarrliche Seelsorgs-
Dienste von den Gläubigen gegründet sei, MUen selbe gebeten,
in Berücksichtigung der Stiflungsintentionen und ihrer Privilegien
gegen jene falsche Hassregel Vorsorge zu treffen. Desswegen
entscheide er : dass jener Vertrag auf die Ballei an der Etsch
durchaus keine Anwendung linden dürfe und die daselbst wohnen-
den Deutschordens-Brüder durchaus an denselben nicht gehalten
seien; hiedurch aber beabsichtige er kemeswegs, jenen verab-
scheuungswürdigen Vertrag etwa in Bezug anderer Balleien und
— f 06 -
'deren Güter zu bilHgen. — Uehrigens, da er von YerliMlicIieQ
Leuten vernommen , dass die BaHei an der Etsch zar Camner
des Hochmeisters in Preusen gehöre, und sie selbst and deren
Güter nicht ohne Erlaubniss des pSpslüchen Stuhles verftossert
werden dürften vermöge der erwähnten Privilegien, so ver«
ordne er hiemit für die Zukunft, dass erwähnte Bailei ohne
speciele päpstliche Erlaubniss von besagter Cammer des Hocib-
meisters nie veräussert oder Jemandt^n verpffündet werden dürfe; *
sollte es dennoch geschehen, so erkläre er jeden solchen Act
im voraus für ungiltig und kraftlos. 0. A.
Bald darauf erblicken wir einen wirklich ernannten Land*
Comlur an der Etsch in der Person des Deufschordens-Bruders
Jodok von Hohenstein, vermöge eines Schreibens vom 24. Sepl.
4458, worin Jodok von Hohenstein, Bischof voo Oesel, Land-
Comtur an der Etsch und Deulschordens-Procurator von Rom
aus an den Hochmeister schreibt und ihn bittet, den lieflfta*
dischen Heister zur thätigsten Unterstützung aufzufordern, dass
ihm das Bisthum Oesel nicht entgehe, und meldet zugieicfa
mehrere Neuigkeiten aus Rom. (Index Corporis bist, diplom.
Livoniae). Da selber aber zugleich Procurator des Ordens su
Rom war, und desshalb in Ordensgeschäften beständig sk^h
dort aufhielt, so wurde seine Bailei an der Etsch mit hoch*-
meisterlichem Consens durch einen Statthalter verwaltet. —
Beweis dafür ein Bescheid des Landeshauptmanns^swald Sebner
an Ciprian von Leonburg im Jahre 1458; dieser hatte gegen
den Deutsehordens-Pfarrvicar zu Lana beim Landeshavptmanse
geklagt, dass ihm von jenem an seiner Vogtei über die Pfarr-
kirche zu Lana Eingriff geschehe, worauf derselbe ihn dahin
beschied, weil der Pfarrer ad nutum amovibilis sei, so soll er
seine etwaige Klage gegen den Statthalter der Bailei in Rechten
vornehmen, wo es sich ziemt. (Slatlk.-'Arehiv.) — Obiger
Landcomtur Jodok von Hohenstein wollte im folgenden Jahre
1459 das Bisthum Oesel wh'klich antreten, und trat demnach
die Landcomturswttrde ab; am 18. Juli 1459 stellte er einfach
als Bischof von Oesel zu Mantua eine Urkunde folgenden Inhalts
— <07 —
aiu: er habe von dem Statthalter, Comturen, Pfarrern und den
ahffigen Brttdera der Bailei an der fitsch darch Bruder Härtung,
Pfarrer lu Sterling, 180 ungarische Gatden erhallen; falls der
Hochmeister Ludwig Ton Erlicbshausen den Vorschlag der Deutseh*
Ordenabrfider der Bailei an der Etsch, dass diese Baüei anf so
lange, bis sSmmtiiche Schulden, womit selbe jetzt belastet iat,
abgelöst und besahlt sein würden, oder wenigstens bis auf
eine bestimmte Zeit nicht durch einen Landcomtur sondern nur
durch einra Statthalter regiert werden möge, nicht genehmigen
sollte, so wolle er ihnen obige iSO ungarische Gulden wieder
erstatten; würde ihnen aber der Hochmeister auf so lange als
sie meinen, einen Statthalter zu haben gewflhren, so sollen ihm
selbe zu obigen 180 angarischen Gulden oder Dncaten noch
320 hmzu zahlen, auf dass er damit sich seinen Unterhalt ver-
seballeB, und die Angelegenheiten des Ordens besorgen und aus*'
tragen kOnne. (^Ai:c/Ii»r %u Köniffsbery.]) — Laut dieser Ur-
kunde war also damals die Bailei an der Etsch mit Schulden
belaatet; allein diess war nicht gerade Folge schlechter Wirth-
schafl, sondern vielmehr der traurigen Verhältnisse des Ordens
in Preusen in seinem dreizehnjährigen Kriege gegen den Stildte«
Bund in Preusen und den mit ihnen verbündeten König von
Polen; der Orden sah sich in die Nothwendigkeit versetzt,
mehrere Güter des Ordens zu veipAnden und die erhaltenen
Pfandsummen zur Führung des Kriege und Bezahlung der
Söldner nach Preusen zu senden.
In wie weit der Hochmeister in den Antrag der Ordens-
Britder der Bailei an der Etsch, statt eines Landcomturs einst-
weilen nur einen Statttialter zu setzen, eingegangen, ist aus
Urkunden nicht ersichtlich; Burglechaer führt zwar auf das
Jahr 1458 einen gewissen Johann von Venningen oder Pfen-
ningen als Landcomtur an; allein es fehlen alle urkundlichen
Beweise dafür; höchstens dürfte er nur Statthalter gewesen
sein. — Bereits im Jahr 1461 linden wir einen andern Statt-
kalter in der Person des Bruder Heinrich von Freiberg; denn
am 6. Afril 1461 erfolgte von ecwahiteo friedlichen Thädingern
— 108 -
zu Bozen ein Sprach zwischen denn ehrwürdigen Hm. Heinrich
von Freiberg, DeiitschordeBS->Statthalter des Landcomtur-Amts
der Bailei im Gebirge und an der Elsch, im Namen der Comende
Weggenstein 9 und zwischen Hm. Jacoben Valser, Dr. der
Rechte und Pfarrer zu Boz^n, wegen der Grund«- und Herren-
Rechte eines Hauses und Gartens an der Zoilstange, sowie
eines HuFes in Haslach gelegen. C.Pfarr^AVeMt> %u Bo%en.')
Dieser Heinrich von Freiberg, der die Bailei an der Etsch
wenigstens 24 Jahre hindurch verwaltete, hatte sich bereits
früher in verschiedenen Aufträgen und Aemtero in Preusen als
thtftigen und erfahrenen Ritterbruder erwiesen, wurde bald darauf
vom Hochmeister zum wirklichen Landcomtur der Bailei an der
Etsch ernannt, und wusste als kluger Verwalter durch ver-
/schiedene Mittel dem verfallenen Zustande der ihm anvertrauten
Bailei zu steuern. Hainz am Steig, genannt der Antwurter,
hatte die Hälfte eines dem deutschen Hause zu Lengmoos
zinsbaren Gutes, zum Htfuslein genannt, ohne Wissen des
Ordens an sich ^kauft und verweigerte den betreffenden Zins ;
darüber belangte ihn der Comtur daselbst^ Thomas Glanecker,
vor den Aechten, Durch freundliche Tbftdinger ward am
St. Pancrazien-Tag 1463 die Sache dahin ausgeglichen: letz-
terer behält das Gut, ist aber gehalten, jährlich davon 18 kr.
und eine halbe Gelte Oel der Comende daselbst zu Zinsen.
Daran hängt sein Sigl der ediveste Ritter Victor von Thonn^
Pfleger auf dem Stein. 0. A.
Am 26. Deeember 1463 zu Innsbruck bevollmächtigt Herzog
Sigmund nebst den bereits nach Oesterreich entsendeten Ulrich
von Freundsberg, Lorenz Plumnaw und Baltasar von Liechten-
stein auch noch den Heinrich von Freiberg, Landcomtur an der
Etsch, und Hilpranden Rasp, seine Rechte auf die Verlassen-
Schaft des Erzherzogs Albrecbt zu vertheidigen. (lAehnotc^ki
t, B, Regest.) — Am 5. Jänner 1464 von Innsbrack aus
schreibt Herzog Sigmund an seine Räthe: Heinrich von Frei-
berg, Landcomtur an der Etsch, Ulrich von Freuodsberg u^. s. w.
wie er ihnen wegen der Erbschaftssache nach Erriierzogs
— 109 —
r
Albrechts Tode keine weitere Weisung geben könne, da er nicht
wisse, wie sich der Landtag geendet. CIAehnmoM a, a. OJ
* — 1466 beurkundet Herxog Sigmund, dass Lienhard von Weineck
sein Rath vor Hm. Heinrich von Freiberg, Landcomtur der Bailei
an der Etsch, Benedict Wegmacher, Pfarrer zu Tirol und Obristen
Amtmann, Christoph Botsch u, m. ä. vom Adel Rechnung ge-
legt Aber Einnahmen und Ausgaben des Cammermeister- Amtes.
CLiehfunoski a. a. OJ
Der gleichzeitig als Comtur zu Lengmoos waltende Deutsch-
Ordens^Bruder Thomas Glanecker mag ein kluger Wlrthschafter
gewesen sein, da er aus den Einkünften seiner Gomende Meh*
reres Ittr selbe «izukaufen sich im Stande ftind. Am Hontag
vor Sl. Veitstag 1466 erkaufte derselbe von Michel Grüssl in
der Wanger-Gasse zu Bozen um 31 Pf, B. einen Gräber Wein-
gut im Griess, genannt in Campiii. 0. A. — Bald darauf, am
25. Juni 1467 erwarb selber mil Zustimmung des Landcomturs
Heinrich von Freiberg käuflich für 19 H. B. von Albrecbt von
Gfell einen jtihrlichen Zins von 9 Pf. B. , welche Ulrich Hann-
perger, Huck im Bach, aus drei Weingütern am Rivelann-Bach
zinsl. O. A. — Und schon am 8. September des nemlichen
Jahres 1467 erkaufte derselbe Comtur wieder von den Kirch-
Pröpsten der Kirchen: St. Gertraud im Haslach, St. Johann
und St. Oiiwald, der St. Hartinskirche in Campill und St. Mag-
dalena auf PrazOl für 6 M. B. einen jährlichen Zins von
34 kr. samnit Grundeigenthum von 2 Manngraber Gut und eines
Thurmes im Griess bei Bozen. 0. A.
Um diese Zeit muss der deutsche Orden manche Beein-
räditigongen, die aber nicht näher bestimmt' werden, zu erdul-
den gehabt haben; denn im Monate August 1466 wandte sich
der Landcomtur Heinrich von Freiberg mancher Anfechtungen
wegen bittlich nach Ron), alle dem deutschen Orden verifeheneri
päpstlichen Privilegien zu bestätigen ; was auch durch die Bulle
Papst Ptouls IL dat. Rom am 15. October 1466 geschah; diese
Balle lieas dann derselbe Landcomtur am 2. Jänner 1467 durch
den Propst Jobann von Griess transsumiren. 0. A. ^- £inen
— 110 —
neuen Beweis seines Vertraaens gab Heriog Sigainnd diese»
Landcomtur bald darauf dadurch, dass er ihn stall des Chrisloplis
von Firmian zu dem wichtigen Amte eines herzoglichen HaupU
manns der Stadt und des Stifts Trient ernannte, welche Würde
er mehrere Jahre verwaltete. — Seit den ynruhen zu Trleot
im Jahre 1462 hielten die herzoglichen Truppen die Stadt und
das Stift Trient besetzt, und Herzog Sigmund wollte dem neoen
Bischöfe Johann Hinderbaeh, die weltliche Regierung des Stifts
nicht eher abtreten, als bis sich der Bischof Anfangs des Jahres
1468 gefallen Hess, die mit seinem unmittelbaren Vorgänger
geschlossenen Paktaten zu erneuern. Demzufolge tragt er durch
Erlass dat. Bozen am Dienstag nach Sonntag Vocem juchadi-
tatis 1468 seinen Räthen: Heinrich von Preiberg, Landcomlur
der Bailei an der Elsch und Hauptmann von Trient, Bakhasar
von Liechtenstein, Burgvogt von fieseno und Martin Neidegger,
Burgvogt zu Pergine auf, den Bischof in den Besitz der welt-
lichen Regierung einzusetzen. C.E%poHUy Motium. eccL Trident,J
— Am 15. Juli 1468 belehnt Bischof Johann von Trient den
Fridrich de Fridericis mit dem Schlosse Vulsana, io Gegenwart
Hm. Heinrichs von Freiberg, des Landoomlurs der Bailei an
der Etsch und bischöflichen Hauptmanns u« a. m. CReperC.
arch. epi^e. TridJ
Wahrscheinlich in diesem Jahre 1468 war es, wo Herzog
Sigmund diesem Landcomlur Heinrich von Fr^berg die durch
den im Jahre 1465 erfolgten Tod Oswalds Sebaer, des letzten
seines Stammes, ihm zugefallenen Vesten Reifeasleia und Wel*
fenstein bei Sterzing für 2000 fl. pfandweise auf Wiederlösung
aberliess. Im nemlichen Jahre 1436 stellte dieser Landcomliir
dem Herzog dan Revers aus, dass ihm selber aus Gnaden ver-
gönnt habe, durch einen Fischer auf dem Eisaoke, der bei
Reifenstein vorbeirinnt, bescheidentlich fischen lassen zu dttrftti.
CSchalxarchiv Reffesten,) — Am Freitag nach Michaeli 1468
schreibt die Gemahlin des Herzogs Sigmund an Hm. Heinrich
von Freiberg, Landcomiur und Hauptmann zu TricBt sowie an
Balthasar von Liechtenstein, herzoglichen Rath und Pfleger au
— 111 —
Bcseno, sie mdcbten beiofi Bischöfe von Trieiit die Beldinung
wt den darck den Tod Pretls von Caldea Jieiingefallenen und
von Herzog Sigmund an die Gebrader Simon, Balthasar und
Jaeob von Thunn verkauften Schloss Roeka an Letalere betreiben,
(Archiv im Schiosse Brauer,)
Bndlich spHte der deutsche Orden in Tirol, — ohne Zweifei
auf Betrieb des beim Herzog Sigmund in hohes Gunst stehen-
den Landcomturs, ~ noch zwei Pfarreien überkommen; denn
ans angebomer besonderer Liebe gegen den deutschen Orden
sowohl, als auch da der Orden aisf Aufnahmsatätte und
UnterttiUzunffsanjftaU adelieher Männer (tamquam nobilium
viforum reoeptaculnm et Sublevamenj diene, endlich auch wegen
der vielfältigen und nützlichen Dienste, welche ihm der Land-
Conttur Heinrich von Freiberg, herzoglicher Rath, geleistet,
schenkt am 7. Jänner 1468 Herzog Sigmund der Bailei ap der
Etsch das ihm bisher zugehörige Patronatsrecht der Pfarrei^
in Samtein und zu Mareit bei Sterzing. 0. A. — Der Land*»
Comtnr beeiMe sich, in Rom dafür die Bestätigung einzuholen
und daoiit die Bitte zu verbinden, diese Pfarren dem Orden ein-
zuverleiben. In Fcrige dessen schrieb am 7. September 1468
Papst Paul U. v<m Rom aus an den Bischof Johann von Trient
sowie an den Decan und Scolasticus daselbst: Bruder Heinrich
von Freiberg, Landcomtur, habe ihm schriftlich vorgestellt,
dass sein deutsches Hospitalhaus zu Bozen, welches beinahe
14 Jahre hindurch durch Kriege (mit Polen) schwer heim-
gesucht und beschädigt, dadurch aber so sehr in seinen Ein^
kiinften gemindert und herabgebracht worden sei, dass er in
demselben die Hospitalitfttspflicht und den Gottesdienst, sowie
die Bauliehkeiten nicht mehr einzuhalten im Stande sei, und
ihn daher gebeten, damit er Obiges noch femer zu leisten
vermöge, die Pfarreien zu Hareit und in Sarntein, von denen
ersiere nicht mehr als 4 Mark und Jetziere nicht mehr als 10
Mark Silber eintrage, und deren Patronatsrecht Herzog Sigmund
dem Orden geschenkt, völlig demselben einzuverleiben. — ßr
beauftrage sie .demnach, die Sache zu untersuchen und falls
— 1« —
sie obige Angaben des Landcomtars riditig ftnden, obgenaaote
Pfarreien dem Orden einzuverleiben, so dass der Orden, wenn
die gegenwärtigen Inhaber dieser Pfarreien mit Tod abgingen
oder sonst davon abtreten^, selbe fernerhin mit Pfarrprovisoren
aus seiner Mitte zu besetzen befagt sein solle. 0. A.
Obigem pfipstlichen Aufirage g^nfiss Hess der Bischof von
Trient an den Kirchthttren von Trient und Brixen die schrift-
liche Aufforderung anschlagen, dass, wer inuner anf erwfihnle
Pfarreien ein Recht oder Ansprüche hätte, innerhalb eines
bestimmten Termines vor ihm damit sich melden sollte. —
Niemand erschien als Meister Leonard von Natz, Licentiatus in
Decretis, geistlicher Generalvicar und Domherr zu Brisen im
Namen des Collegiatstifles und bewiess, dass dasselbe seit
alten Zeiten her von der Pfarre Hareit jährlich 2 M. B. bezo-
gen habe, deren Rechtmiissigkeit auch vom Comtur anerkannt
und deren Fortbezahlung auch sofort von ihm zugesichert wurde.
Da nun der Bischof alle Angaben des Landcomtnrs richtig
befunden, so incorporirte er vermög päpstlicher Vollmacht am
28. Jftnner 1469 die Pfarreien Mareit und Sarntein dem deaU
sehen Orden so, dass der jeweilige Landcomtur dieselben nach
Belieben mit Ordensgeistlichen oder Weltpriestem besetzen
dttrfe, die jedoch auf seinen Willen wieder entfernt werden
könnten, jedoch dem Diöcesan-Bischofe seine bischöflichen
Rechte vorbehalten und unter der Bedingung, dass durch diese
Einverleibung die schuldigen Gottesdienste und die Seelsorge
keinen Schaden erleiden. Zeugen dessen : Georg Nothaft, Dom-
herr zu Trient, Herman Wille, Domherr von Speter, Johann
Hubner, bischöfl. Kfichenmeister und die Edlen; Peter von
Spaur, Richter zu Tramin, Michael von Thunn, Jacob von
Pairsberg und Sigmund Eisenreioh. 0. A. — Mit obiger Schen-
kung des Patronatsrechts noch nicht zufrieden, ttberliess noch
im Jahre 1468 Herzog Sigmund dem Landcomtur um den
Pfandschilling von 179 H. 2 Pf. B. die Vogtei und Gilt auf
dem Pfarrhof in Sarntein, nemlich 48 St. Roggen, 32 St.
Gerste und 16 St. Hafer gegen Bedingung des RücklOsungs-
— 113 -
Rechtes; im Namen des Lsndcomlars stdlte hierüber Thomas
Gianecker, Comtur zu Lengmoos, den Revers aus. C^chatZ"
are/dv Regest^
Am 21. Februar 1469 in der Deutschordens-Comende zu
Trienl scUiessl der ehrwürdige und müchtige Ritler Heinrich
Ton Freiberg, Landcomtur und Administrator der Deutschordens-
Comende zur hl. Elisabet zu Trient, Hauptmann der Stadt und
des Stifles Trient, eine Paehtemeuerung über gewisse Grund-
stacke im Bezirke Trient zur Comende daselbst gehörig mit
dem Piehler Peter von Trient ab. 0. A. — Da er wahrschein-
Keh durch seine Stellung als Hauptmann von Trient verhindert
war, so erhielt sein rechter Arm, Thomas Gianecker, Comtur
zu Lengmoos, durch Rescript des Hochmeisters Heinrich Reuss
von Planen, dat. Königsberg am Mittwoch vor Simon und Juda
1469 Vollmacht, mit Zuziehung eines von ihm selbst zu wiih-
lendeo Ordenspriesters aus der Bailei Oesterreich eine General-
Fisitatlon zu halten. 0. A.
Im nemlichen Jahre 1469 stellte der Landcomtur dem
Herzog Sigmund einen Reversbrtef aus um die Pflegen Reifen-
stein und Weifenstein, die selber ihm um. 4000 fl. auf lebens-
lang nnverrechnet zu Pfand gegeben; nach seinem Tode aber
kann sie der Herzog um 2000 fl. ablösen. C^chatzarchiv
Regest) Doch schon am Montag, St. Dorotheen-Tag des fol-
genden Jahres 1470 zu Bozen bekennt Herzog Sigmund, dasls
er schon frflher dem Bruder Heinrich von Freiberg, Landcomtur
der Bailei an der Etsch^ seinem Rathe und Hauptmanne zu
Trient für 2000 fl. rh. seine .Vesten Reifenstein und Weifenstein,
die als landesftirstliche Lehen nach dem Tode Oswalds des
Seboers lediglich heimgefallen , pfandweise auf Wiederlösung
überlassen; da nun aber derselbe Landcomtur ihm eine noch
unbezahlte Schuldverschreibung von 400 fl. von seinem Gross-
vater Hersog Leopold seligen einem Comtur zu Lengmoos aus-
gestellt vorgewiesen und zurückgestellt,^ so habe er in Anbe-
tracht dessen wie auch der unverdrossenen Dienste, welche Ihm
erwfihnter Landcpmtur als Rath mit Nachreisen und sonst lange
8
Zeit her geleistet, dem deatdchen Orden, y,4er dann iüMMeh
fürffenommen vnd gentifftet in den eren vnaer Heben frawen
vnd insonderheit %u aufenthalt des gemainen dewUchen
Adeis^ diese zwei Yesten sammt aller Zugehör, wie sie der
Sebner innegehabt, mit Leuten, Gätern, Gejaiden, Fisciiwaideii,
Wun und Waide und andern Herrlichketten, Nutzen, Renten,
Gilten als v6liigei9 Bigenthum überlassen; jedoch sich vorbe«
haltend das Holz in den dazu gehörigen Schwarzwttideru zum
Bedarf seines Bergwerkes, sowie das Recht, im Nothfalle beide
Vesten besetzen zu dürfen, aber auf seine Kosten ; sollte dabei
der Orden Ausgaben machen müssen, so liiuss der Herzog selbe
ihnen vergüten. Der Orden soll beide Vesten in bairiichem
Stande halten , selbe nicht verpfänden oder verkaufen unter
Strafe des Heimfalls, und zugleich soll für diese Schenkung
der Orden gehalten sein, in allen dem Orde« zugehörigen
Häusern und Pfarrkirchen der Grafschaft Tirol jährlich f8r die
gesammte österreichische Familie am Tage nach St. Johannes
Sunnenwende einen Jahrtag zu halten^ am Vorabende mit Vigil
und am andern Tage mit dreissig gesungenen oder stillen
Messen. 0. A. *)
Hans Staffier zu SülTan Oberlässt am Palmsonntage \4ß\
dem Herrn Heinrich von Freiberg, Landcomtur, anstatt des
Hauses zu Lengmoos für das Prisngut, welches bisher demselben
4 Pf. B. und eine Gans gezinst hat, ein Mannmahd Wiese beim
Zieglmair, aus welchem foilan die 4 Pf. B. gezinst werden
sollen , sowie die Gans aus dem Hause zu Klobenstein ; diess
sigelt der edle Jörg von Khoburg,*Pflegt;r auf dem Stein. 0. A.
— Am Sonntag nach hl. Kretizaofßndung 1481 bekennt Hans
Wfnkter, Sohn des Bartlmü Marr zu Süffan seligen, dass ibiii
Hr. Heinrich von Freiberg, Landcomtur der Bailei an der Etsch,
mit Zustimmung seiner MitbrOder: Hrn. Wjllielms von Spaur,
Comturs zu Lengmoos, Hrn. Hansen Weiglmair^ Coraturs und
^) Dieser sogenannte österreichische Jahrtiig wurde in Folge königl.
bairischer Verordnung, dat. Bozen 10. Oclober 1807. nncherfolo:-
!er Einziehung des Orclensvermögens aufgehoben.
— «5 —
Pfiirrers zu Sdilanders, Hrn. Ciinrads Härtung, Pfarrers zu
Sierzing, eiaen jtfhrliGhen Zins von 4 Pf. B. aus dem Gute
zum Schoss zu Lerchach im Bezirke Ober-Unn iu der St. Leon-
hsirds-Miigrei von Seite des deutschen Hauses überlassen habe,
wofür er demselben 4 Pf. B. Zins aus seinem Radenacfcer zu
Unue neben der Solz in der St. Luceien-Malgrei überlässt. 0. A.
— Das letzleroal erscheint in unsem Urkunden dieser Heinrich
von Freiberg, Landcomtur im Jahre 1483, wo er zur erledigten
Pfarre Mareit den Hans Ersendein, Priester aus der Speirer
Dkteese, prlteentirte. 0. A. — Gegen Ende des Jahres 1484
oder Anfiwgs des Jahres* 1485 zahlte er die Schuld der Natur*
Die Erledigung der landcomturiichen Würde durch Frei-
bergs Tod gab Veranlassung zu einem bedauerlichen Zwist
zwischen dem deutschen Orden und dem altersschwachen und
VOR Günstlingen regierten Erzherzog Sigmund. Bisher halten
sich die Landesfilrsten von Tirol in die ionern Angelegenheiten
der Bailei und auch in die Wahlen der Corature oder des
Landcomturs nicht eingemischt ; nun aber nach des Laodcomturs
Heinrich von Freiberg Tode schrieb Erzherzog Sigmund an des
Hochmeister des deutschen Ordens, Martin Truchses, und ver-
langte, selber sollte den Ordensbruder Hans von Schellenberg,
(welcher , wie es seheint , ohne Erlaubniss des Ordens am
Hofe Sigmunds sich herumtrieb) zum Landcomtur an der Etsch
emennen; jedoch der Hochmeister schlug diess ab und zwar
aus dem Grunde^ weil der v. Sehellenberg, sich dem Orden
ungehorsam verhalten habe ; beifügend, er gebe dem Erzherzog
ungern diesen abschlägigen Bescheid; allein würde er dem Be-
gehren desselben sich fügen, so müsste er fürchten, dass
dadurch der Orden in seinen Gliedern zum Abfall und in üble
Nachrede kommen;, auch andere ungehorsame Glieder des Ordens,
sieh damit trösten und in ihrem Ungehorsam bestärkt würden,
wenn ein Ungehorsamer durch ihn befördert würde. — Auf
diese Gründe hin bestand der Erzherzog nicht weiter auf der
Ernennung de^ Schellenberg. Nun sandte der Hochmeister
eigens den Cowad von Liechtenhaim , Comtur zu Holand, an
8»
— U6 —
den Erzherzog, und stellte es durch diesen ihm anbelm, selbst
einen Landcomtur nach seinem Wohlgefallen vorzuschlagen,
was er dankbar annahm und hierauf den Jörg Ramung, Comtur
' zu Ryn oder Reyne vorschlug, welchen auch der hochmeister*
liehe Abgeordnete genehmigte; (so wenigstens behauptet der
Erzherzog in einem Schreiben. (^Seattk.^ArcMv.J -^ Nachdem
der Abgeordnete dem Hochmeister hierüber Bericht erstattet,
Hess dieser den Jörg Ramung holen, und befragte ihn in Gegen-
wart etlicher Gebietiger, ob er sich getraue ein treuer Verwal*
ter dieses Amtes sein zu wollen ; dieser aber entschuldigte sich
mit seinem Alter und Schwäche und bat* ihn damit zu verschonen.
CStatth.^ Archiv,^ — In wiederholten Zuschriften an den Hoch-
meister sollicitirte der Herzog demungeachtet die Ernennung des
Ramung; allein gestützt auf obige Erklärung des Bruders Ra*
mung erwählte der Hochmeister mit den Gebietigern den Bruder
Ludwig von Hürnhaim zum Landcomtur; durch Schreiben dat.
Königsberg am Donnerstag vor Pfingsten 1485 macht Bruder
Martin Truchses, Deutschordens-Hocfameister, den Hauscomtaren,
Pflegern , Rentmeislern , Zinsmeistern , Pfarrern , Amtleuten and
Brüdern des Ordens in der Bailei an der Etsch kund, dass er
nach dem Tode Heinrichs von Freiberg, letztgewesenen Land-
Comturs der Bailei mit Zustimmung seiner Gebietiger den Bruder
Ludwig von Hiirnhaim, gewesenen Ordenspfleger zu Neydenburg,
als Landcomtur an der Etsch ernannt habe, mit Befehl, selbem
zu gehorchen. C^taUh.^Ärchiv.)
Jedoch Sigmund zeigte sich mit dieser Verfügung sehr
unzufrieden ; er wollte den v. Hümheim als Landcomtur durchaus
nicht anerkennen, sondern gestattete ihm nur als Statthalter die
Verwesung der Landcomturei und erwartete nichts desto weniger
die Ankunft des Ramung; und dieser kam wirklich nach Inns-
bruck, aber wie? Er hatte den Hochmeister um Brlaubniss
gebeten, Andachts halber nach Rom um Ablass ziehen zu dür-
fen, und 'machte sich dabei verbindlich^ sich keine Bailei oder
Ordenshaus zuzueignen^, worauf er die Eriaubtiss erjiielt. —
Als er aber auf seiner Reise nach Innsbruck kam, that er sich
— iil —
so viel zü Hofe, dass der Erzherzog ganz von dem gesetzlich
ernannten Landcomtar abs6h, den Ramang zu seinem Ralh und
Diener ernannte und durchaus verlangte, dieser soll Landcomtur
sein. CSlaUh.'ArcMv.y — Ja er sandte in dieser Angelegen*
heil am Montag nach Weihnachten 1485 eigens den vesten
Ruprecht Rindsmaul an den Hochmeister ab, um selbem zu bedeu-
ten: „nachdem er, der Erzherzog, den Ramung nach Gelegen-
heit seiner Lande und G^talt seiner Sachen zum Amte eines
Landcomturs für tauglich eniehte, selber ihm auch vor allen
Andern dazu geeignet scheine, nachdem er solches auch um
den Orden verdient soll haben. Der Hochmeister möchte also
demselben* zur Besitznahme der Landcomturet Erlaubniss und
Befehlbriefe ausfertigen, vermöge seines frühern schriftlichen
Erbietens und der Aeusserungen des v. Liechtenhaim und sich
zu Gemüthe führen , dass er und seine Vorfahren dem Orden
und besonders den Häusern in Tirol mit Gaben und auf andere
Weise viele Förderung und Gnaden erwiese, und falls in dieser
Angelegenheit seinem Begehren willfahrt würde, er auch in
Zukunft desto geneigter sein wolle, dem Orden Gnad und För-
derung zu thun. Widrigenfalls müsste er dafür halten, dass
der Hochmeister ihm solches zum Trotz und Verdruss abschlage,
er auch besagtem seinem Rathe nicht gönne, was demselben
von Gott und seiner Gnade und Gutthat wegen zustehen möchte.
— Bndlich, fügte er hinzu, wäre uns auch unleidlich zu gestat-
ten , Jemand wider unsern Willen in unserm Lande und Herr-
schaften einsetzen und regieren zu lassen, was wir in keiner
Weise gestalten woUen, was auch vormals weder uns noch
unsern Vor^ihren geschehen ist; wollen auch darob sein, dass
solches nicht geschehe. Was dann dem Orden Nutz oder Un-
fug aus solchem erwachsen und erstehen würde , mag der
Hochmeister wohl ermessen.* QStaUh. Archiv J — Auf diese
drohende Bothschaft hin sandte der Hochmeister einen Gegen-
Gesandten an den Erzherzog ab und entschuldigte sich durch
diesen : er könne den empfohlenen Ramung nicht als Landcomtur
ansehen, da bereits Ludwig von Hürnheim rechtmässig dazu
— 118 —
erwählt sei, und er bitle denselben amBanehmen ; zugleich liess
er dem Erzherzoge ernstlich vorstellen: falls der Ramu^g in
diesem Amte bleiben soll wider Gehorsam und Pflicht, so wärde
diess dem Ordensrechte sehr nachtheilig sein und schlechtes
Beispiel geben. Es stehe in den Ordens^Satzungen, dass kein
Bruder auf Anregen oder Beirieb seiner Freunde oder Anderer
mit Aemtern des Ordens betraut werden soll ; unterstünde sich
dennoch einer eines solchen Frevels, so soll ein solcher zu
alten Würden und Aemtern untauglich sein. (^StaUh.^ArcMif.J
— Allein ungeachtet dieser triftigen Gegenvorstellungen behakrte
der Erzherzog auf seinem Sinne; sehr wahrscheinlich aus seiner
gereizten Stimmung gegen den mit Grund widerstrebenden
Hochmeister erfloss jener Befehlbrief des Erzherzogs , gegeben
zu Hall am Osterdinstag i486 , wodurch er dem Victor von
Thunn, Landeshauptmann an der Etsch aufträgt, sich ohne Ver-
zug ins deutsche Haus nach Lana zu verfügen und daselbst alles
Silbergeschirr und Kleinodien zu besichtigen und aufzeichnen
zu lassen; da er vernommen, der deutsche Hochmeister habe
einen Abgeordneten gesandt, der aUes Silbergeschirr aus den
Deutschordens-Häusem nach Preusen abführen soll. Diess soll
nun der Landeshauptmann im Namen des Erzherzogs verhüten,
da er nicht gewillt sei , diese Häuser auf solche Weise berau-
ben zu lassen. CBramiut^ Getsch, d. LandeshaupU. S, ^Si.J
Die schriftlichen Verhandlungen über diese Angelegenheit
zwischen dem Erzherzog und dem Hochmeister zogen sich fast
das ganze Jahr 1486 hin; selbst Fürsten und Churfürsten ver-
wendeten sich auf Betrieb des Hodimeisters beim Erzherzog
zu Gunsten des Ludwig von Hürnheim und für Wahrung der
Ordensvorschriften; aber alles fruchtete bei Sigmund nichts; er
bebarrte eigensinnig auf Anerkennung seines Günstlings Ramung
als Landcomtur. Und so musste denn der Orden, um grösseres
Uebel zu verhüten, wider Willen diesmal nachgeben und den
Ramung zulassen. Gleich Anfangs des Jahres 1487 fertigt
Georg , Propst des Augustiner-Klosters zu Griess , auf Bitte
Hm. Georgs Ramung, Landcomturs der Bailei an der Etsch und
— 119 —
des Hauses WegceAstein^ eise aath^otisjßhe Abschrift einer Bulle
Pa|i6t Boaifaz Vlll, gegeben am 7. Mai, seines Pontificate im
siebenten (also 1300) zu Gunsten des deutschen Ordens in
Bezug der Besetcung der unter seinem Prolectorate stehenden
Seekorgsposten. 0. A.
Eine bessere Rolle als dieser eingedrungene Landcon^tur
spielte um dieße Zeit sein Ordensbroder Johann von Neuinus;
am Hittwoch vor Lichtmess 1487 urkundet Hans von Newen-
haus, Deutschordens-ComtDr zu Trient, dass ihn Erzherzog
Sigmund mit 200 fl. Sold zu seinem Diener angenommen, und
verspricht demselben von Haus aus mit Knechten und 4 Pferden
zu dienen gegen Jedermann. Stehe er in wirklichem Dienst,
so soll ihn der Erzherzog zugleich auch mit Futter und Mahl
versehen und ftlr im Felde erlittene Schäden entschädigen.
CSammler v. Tiial, 9, B. S. J968J — Vermöge dieser Dienst-
verschreibung kämpfte er auch wacker gegen die Venetisuier in
der siegreichen Schlacht zu Caliano am H. August 1487 an der
Seite des tapfern Feldbauptmanns Fridrich Kappler. C^amtnler
p, TiKBiy :S. B. S, 26H.J -^ In der ehemaligen DeuUch-
Ordens^Kirche zu Trient hing noch Anfangs des 17. Jahrbun-
deris ein Fähnlein, darunter das Wappen der Herren von Neu*
haus nnd die Inschrift : Anno 1487 bat der Edel vnd Gestreng
Ritter, Hans von Newhauss, Commenthur des Teutschen Ordens
zu Triendt vnter disen Fanen au St. Lorenzeu Tag am Gallian
das Feld erhalten. CMarx Sittich v, Wolkemtein, 14. BuchJ
Nach dem wichtigen Landtag am Ptinzlag nach Maria
Himmelfahrt 1487 zu Aall., wo die Stände ernstlich gegen die
bisherige Regierungsweise des Erzhersogs Sigmund auftraten,
sandte die tirolisehe Landschaft vei'schiedene Abgeordnete an
verschiedene Personen, unter andern den Hansen von Schellen-
becg, den Landcomtur und Jobsten Alpershofer an die Herzoge
Albrecbt und Georg von Baiern mit dem Auftrage, selbe zu
ersuchen, von ihrem Vornehmen und Kauf der Grafschaft Tirol
abzustehen und ihr Geld wieder zurückzunehmen. CBrandi»,
Qejfck. d. LaadeshaupUeule S. 309 und Sammler v. Tirolj
— 120 —
^. B. S. 946 J, — Diese Aufseiehnang ist sehr unversUmdlich ;
man kann nicht recht unterscheiden, ob der Hans von Schellen-
berg und Landcomtur ein und dieselbe Perspn oder zwei ver-
schiedene Personen sind; im erstem Falle dürfte dieser von
Schellenberg wohl nur als Statthalter des Landcomturs zu
nehmen sein.
Um diese Zeit oder bald darauf befreite der Tod die Bailei
von dem ihr aufgedrungenen Landcomtur JOrg Ramung^ denn
bereits am St. Agatha-Tag (5. Februar) 1488 durch Erlass
dat. Königsberg bestätigt nach Ableben Georg Ramungs der
Hochmeister Bruder Alartin Truchses von Wetshausen den bereits
schon früher erwählten Ludwig von Hürnhaim in der Würde
eines Landcomturs an der Etsch. 0. A. — ^m Montag vor
Agatha 1490 zu Bozen kauft Sigmund GerstI für 20 M. B.
von Hm. Ludwig Hürnhaim , Landcomtur der Bailei an der
Etsch einen auf seiner Stallung lastenden, dem deutsehen Hause
Weggenstein zuständigen jährlichen Zins von 10 Pf. B. und
2 Fastnachtshühner ab. ("i?. Martm'schen ArcMv.J — Am Frei-
tag vor JSt. Barbara-Tag 1490 erscheint Ludwig von Hümhaim,
Landcomtur nebst vielen andern von Adel als Beisitzer beim
adelichen Hofrecht zu Bozen. {BrarnHif^ Gesch. tL Landen
HaupUeute S. 3»»J
Als König Maximilian, Erzherzog von Oesterreich, dem der
Erzherzog Sigmund die Regierung des Landes Tirol abgetreten,
als Landesftirst eingetreten, ernannte er den geschäftsgewandtea
Landcomtur an der Etsch zu seinem Rath; am Sonntag Jubilate
1491 zu Nürnberg urkundet König Maximilian , da ihm sein
Vetter Erzherzog Sigmund aus freundlichem Willen und etlichen
redlichen Beweggründen die Regierung der Innern und vordem
österreichischen Lande abgetreten, so bestätige er auf Bitten
seines Rathes Ludwigs von Hürnhaim , Landcomturs der Bailei
an der Etsch, dem deutschen Orden in Tirol alle von den
frühern Landesfürsten demselben gewährten Briefe und Frei-
heiten. 0. A. — Auf seine Bitte gewährt dem Ludwig von
Hürnhaim, Landcomtur an der Etsch, Julian, Bischof von Ostia
— 121 —
und pftpsllieher Pönitentiar durch Urkunde dat. Rom am 25.
Febraar 1494 die Eriaabniss, sich einen eigenen Beichtvater
halten zu dürfen. 0. A.
Diess ist die letzte Urkunde-, in welcher Ludwig von Hfirn*
haim als Landcomtur vorkommt ^ bereits im folgenden Jahre
1495 erscheint als dessen Nachfolger Wotfgang von Neuhaus,
früher Gomtur zu Laibach. Am Pfinztag nach Martini 1495
verleiht Bruder Wol^atig von Neuhaas, Landcomtur der Bailei
an der Etsch, und derzeit auch Comtnr zu Lengmöos, mit Zu-
Stimmung Heinrichs von Knöringen, Comturs zu Sterzing, Hm.
Ulrichs von Httmhairo, Comturs zu Trient, Walthers von Stadion,
Comturs zu Schlanders, Dr. Caspars Pttstinger, Pfarrers zu
Sterzingen, Christophs Liegnitzer, Pfarrers zu Lana, Hansen
Talhaimer, Pfarrers zu Lengmoos und Ulrichs Dietmansperger,
Pfarrers in Sarntein, dem Georg Sacker in der St. Lucien-
Halgrei za Unn auf dem Ritten die Baurecht des Eigen-Ackers
von 4 Staar Land gegen jährlichen Zins von 3 Pf. B. 0. A.
Im nemitchen Jahre 1495 am Pfinztag vor Thomas Ap. schliesst
derselbe Wolfgang von Neuhaus als Landcomtur mit der Ge-
meinde am Brenner bei Sterzing einen Vertrag wegen Errich-
tung einer Caplanei daselbst. Ö. A.
Im unglücklichen Kriege mit den Engedeinern im Jahre
i499 war nebst Leonhard von Yöls und Sigmund von Welsberg
auch Walter von Stadion, Deutschordens-Comtur zu Schlanders,
Hauptmann der Tiroler; er diente mit 2 Knechten und 3 Pfer-
den; aach Heinrich von Knöringen, Deutschordens-Comtur zu
Sterzingen, machte den Krieg mit. Der Comttir Stadion unter-
handelte und unterzeichnete auch mit den zwei andern Haupt-
leuten den unter Vermittlung des Bischofs Hugo von Constanz
geschlossenen Waffenstillstand zu Glums mit den Bündnern
Ende Jünner 1499, der, wenn er von der Regierung bestätigt
wordeiv wäre, vielem Unheile vorgebeugt hätte. — Beim zwei-
ten Einfalle der Bändner und Eidgenossen ins Vinstgau am
28. Juni lag der Comtur Stadion mit etlichen Knechten und
Pferden zu Schlanders; allein sich zu schwach fühlend gegen
— 122 —
die Gesamrolmachl (fo Feinde entfloh er mit seinen Pferden
schneU nach neran. Beim Rflcksoge Hessen die Feinde am
29. Juni Schlanders mit seiner ^schdnen Pfarrkirche in Flammen
aufgehen , wobei sehr wahrscheinlich auch das Deulscbordens-
Comende-Gebttude em Ranb der Flammen wurde« — £r führte
dann in Abwesenheit des Landeshauptmannes im Schlosse Tirol
das Commando. C^iberl Jä^er, der Ein4fedeiner''Krieff und
BrandiSy Oeitch, der Landeifhauptleute.J
Bereits im Jahre 1504 war der Landcomtur Wolfgang von
Neuhaus abgetreten; an seine Stelle trat der bisherige Comtur
zu Sterzingen, Heinrich von Knörmgen. Durch Brlass dat
Brandenbui^ am Sonnabend nachLaetare 1504 bestätigt Herzog
Fridrich von Sachsen, Harkgraf zu Meisen und Hochmeistei:
von Preusen, den Heinrieh von Kni>ringen als Landcomtur an
der Etsch. 0. A. — Am Samstag jiach Reminiscere 1505
sitzt derselbe Heinrieh von Knöringen^, Landcomtur, mit vielen
vom Adel am Hofrechte zu Bozen und entscheidet mit ihnen
unter dem Vorsitze Leonhards von V<>ls, Landeshauptmanns und
Burggrafs auf Tirol, den Streit zwischen den drei Gerichten
Caltern, Tramin und Curtatsch und denen von Munt und Pyglon
wegen Wun und Waide auch des Mahdes auf dem Krebsmoss
unter Tramin (miM.) — 1506 am St. Yeitstag überlässt der-
selbe mit Hrn. Georg von Spaur, Comtur zu Sterzingen, 4 Wem-
stücke in der Pfarre Marling gelegen und zur Comende Ster-
zing gehörig zu ewigen Kinslehen gegen jühfliche Reichung
eines Fuder Weines, Meraner Mass. 0. A. — Am Sonntag vor
Valentini 1508 bekennt Wolfgang Sietscher auf dem Ritten in
St. Verena Kreuz gesessen, dass er schon im Jahre 1506 von
Hrn. Heinrich von Knüringen, Landcomtur, den ganzen Pömer*
Hof im Gerichte Stein auf dem Ritten sammt dem Lägelrain-Gut
im Wanger Gericht zu Erblehen erhalten habe und verspricht
dafür dem deutschen Hause zu Lengmoos jährlich 16 Pf. B.
zu Zinsen. O. A. — Dieser Landcomtur scheint auch von der
Landschaft mit der Erhebung des vom Landtage im Jänner 1508
dem König Maximilian zum Römerzuge bewilligten Anschlags zur
— «s —
Krinltong too 5000 Mami im Bteehfcinde belraul gewe^n xu
sekiy da er am 15. April 1508 xu Trient den Sigmind Gersll
TOB Gersttwrg ttber ihm in dieser Hinaieht bezahlte 8 fl. rhn.
qiiitt{rt(iiitAi.3 — Ebenso war er anch einer von den vier kaiaer-
Kellen Commiasären, w^ehe am 6. Juni 15U8 im Kloster Maria
Graliarum bei Riva mit den Venetianem einen Waffenstillstand
abschlössen. C^oneilij Mon. EecL Trid. Tom. III. S. ITI.J
Dieser Heinrich von KnOringen scheint bald nach dem An-
tritt seiner iandcomiarlichen Wdrde einefi völligen Umbau des
landcomtorlichen Sitzes Weggenstein begonnen und besonders
den wooderlich geformten Thurm an demselben erbaut zu haben,
wenigstens trügt derselbe dessen Wappen in Stein gehauen mit
der Inschrift: „Hainrich von Knöringen des deutschen Ordens
Landhommenthur an der Etsch a' 1508.^ — Nach Marx Sittichs
T. Wotkenslein Bericht wurde der Umbau erst ums Jahr 1519
vdMJg zu Ende geführt.
Bei dem auf dem Landtage zu Bozen am Samstag nach
Thomas Ap. 1509 gemachten Anschlag wegen der vom Lande
dem Könige Maximilian auf 9 Monate bewiifigten 1590 Mann
worden nach dem Hm. Heinrich von Knöring als Landcomtur
der BiUei an der Etsch eine gewisse Anzahl Mann zu stellen
zugedacht. (Brandig, Ge^ch. d. LandeshauptietUe S. 406.J
Hingegen in dem von König Maximilian dem L^nde Tirol 1511
ertheilten berähmten LandlibeH heisst es: ^Dagegen haben wir
bemeldten nnsem Fttrsteu, den Bischöfen von Trient und Brixen^
auch dem Landeomentur der Bailei TeUtschordens an der Etsch
und im Gebirg zogesagt, dass wir, unsere Erben und Nach-
kommen, (wenn der Anschlag 5000 Mann ist) sie, ihre Erben
und Nachkommen der Anschlag-, welche jetzt oder hinfiir im
hl. Reich auf sie gelegt wttrden , entheben und sie derselben
massigen, auch sie mit ihrer Hülf bei bemelter unser fürst-
lichen Grafschaft Tirol gnediglich, wie von Alter herkommen,
wollen bleiben lassen. — Wäre aber aus Uebermaeht der Feinde
an dem Anschlag der 5000 Mann nicht genug, sondern würden
durch uns, auch der Landschaft Rathe und Uaubtleute fernere
— 124 —
Aafgebole auf grössere Anzahl erlassen, so sollen alle Stände
auf solches Aufgebot und Ermaoung, so viel ihnen zugeschriben
wird, schicken und damit anziehen. QBrandis^ €hsch. der
Landeshauptleute S, 41S,J — Seit dem Jahre 1415 erscheint
dieser Landcomtur Heinrich von Knöringen in vielen Urkunden
als kaiserlicher Hajestfit Rath und Statthalter zu Innsbruck.
Er arbeitete auch thätlg daran , das Gebiet seiner Bailei
auch ausserhalb Tirols zu erweitern und eine neue Comturei
derselben einzufügen , nemlich die Abtei Reichenau und hatte
auch alle Aussicht, seinen Plan durchzusetzen ; er schildert diess
sowie auch die Mittel, deren er sich dazu bediente sehr weit*
Ittufig in einem Schreiben, gegeben zu Wekenstein in des Or-
denshaus ob Bozen am Freitag nach Jubilate 1514, gerichtet
an den hochw'drdigsten , durchlauchtigsten Fflrsten und Herrn
Albrecht, des deutschen Ordens Hochmeister, Markgraf zu
Brandenburg drc. Wir geben von diesem merkwürdigen Acten-
stflcke das Wesentliche im Auszuge : ^Vor beilüuBg fünf Jahren
(also 1509) hfltte ihm der Landcomtur im Elsass berichtet, der
Abt aus der Reichenau sei gestorben und es seien nur zwei
Conventglieder mehr übrig, nemlich Marx von Knöriogen, sein
Vetter, und N. v. Reischach, und diese wären nicht geeignet,
dem fast verfallenen Stifte aufzuhelfen, so suche es der Bischof
von Constanz für sich zu erwerben. Da nun selbes ein fürst-
liches Stift würe und dem deutschen Orden sehr gelegen, so
möchte er sich beim Kaiser und dem Regimente verwenden,
dass selbes dem deutschen Orden zugewendet werde. — Er hätte
hierauf demselben geantwortet, wie er bereits noch bei Leb-
zeiten des Abts auf dem Reichstage zu Constanz mit dem Hrn.
von Serntein darüber sich besprochen und ihm seine Absicht,
die Reichenau an sich zu bringen, eröffnet, und er hoffe diess
desto leichter zu erreichen, da einer seines Geschlechtes im
Stifte wäre. — Auf erhaltene Nachricht vom Tode des Abts
wäre er alsbald zur Regierung nach Innsbruck geritten und
habe ihr seine Absicht sowie die herabgekommenen Verhältnisse
der Abtei eröffnet ; er habe nun im Sinne mit seinem Vetter
— 125 —
and dem v. Reisebach su unterhatidelo , und hoffe, dass selbe
ihm ihre 4iereehtigheit ttberlassen and dann zu Rom erwirhen, I
dass die Abtei dem deutschen Orden einverleibt werde; diess
konnte aber nur erreicht werden mit Bewilligung und Hilfe
kaiserlicher Majestfit; auch habe er erwftbnt, welcher Nutzen
dem Hause Oesterreich daraus erwachsen wOrde , falh jene
Bailei mU der Baiiei an der EUch rereinifft würde. —
JHe Herren der Regierung hfitten diess gebilligt und ii> diesem
Sinne auch ein Schreiben an kais. Majestät in der Niederland
erlassen, welches er durch einen eigenen Knecht dahin abge- .
seadel, der die Antwort darauf zurflckbringen sollte. Unter-
desscD habe er mit seinem Vetter und dem von Reischach
persöolich wegen Ueberlassung der Abtei unterhandelt; diese
aber hüllen ihm erklärt,, sie wollten selbe selbst behalten; im
Falle sie aber selbe nicht behalten wollten^ so wollten sie ihn
vor jedem Andern dazu kommen lassen; worauf er bei den
Herren der Regierung es dahin gebracht, dass selbe Herrn
Niclansen von Firmian, der Kaiserin Hofmeister, in die Reichenau
aa die zur Abtwahl versammelten Aebte von Kempten u. s. w*
abordneten, um die Erwählung seines Vetters Marx v. Knörin-
gen zu erwirken, da er hoffte von diesem leichter als von dem
von Reisebach die Ueberlassung der Abtei erwirken zu können.
— Da hfilCe ihm unerwartet der Bischof von Constanz berichtet,
der Papst habe Reichenau dem Stifte Constanz einverleibt, und
verlangt, sein Vetter soll die Abtei ihm abtreten; dieser aber
mit seiner Verwandtschaft habe sich dessen geweigert und dartt*
ber sei sein Vetter Wolf Dietrich (von Knöringen ?) dem Bischof
Feind geworden; er aber, seitdem er die Einverleibung ver-
nommen und den Streit gesehen, habe sich der Sache nicht
weiter angenommen, jsondem seine Vettern und den Bischof
miteinander katzbalgen lassen. — Jetzt sei aber der Bischof
lar Einsicht gekommen, er könne die Reichenau nicht erlangen,
weil hais. Miyestät der Stadt Constanz versprochen . selbe ihm
nicht zu lassen; auch sein Vetter,- der erwählte Abt sehe es
ein, dass er bei der Abtei nicht sich halten könne; und daher « .
— 146 —
habe nun selber mit seinem MUbrader dem von Reisehaeh,
gedenk ihres vor einigen Jahren ihm gegebenen Yersprechess
ihm zu wissen gemacht, sie wfiren bweit, ihm (dem Land-
Comtur) die Abtei- abtutreten, falls er ihnen ein Leibgeding
verschreibe, dass beide ihr ehrliches Auskemmai hatten; auch
möchte er des Kaisers Bewillignng dazu erwerben. — Dem-
zufolge habe er kais. Majestät diess ihr Anerbieten erMii^
mit der Bitte um Zustimmung, mit Versprechen, dort eiAea
ehrlichen Gottesdienst zu halten , auch dem Hause Oesterreidi
treu zu dienen und dasselbe als Kastenvogt ansehen zu wollen«
— Dem Kaiser habe sein Vorschlag gefallen und selber ihm
aufgetragen) mit den beiden Sliftsberren in der Reichenau sich
KU vertragen ; mit .dem Bischöfe und 'der StadI Constanz wolle
er selbst darüber unterhandeln lassen. — In Folge dieses Auf-
trags, habe er mit obigen beiden Herren, — welche unterdessen
zu Augsburg dem Kaiser ihre Noih geklagt hatten, — unter-
handelt und sich mit ihnen dahin verständigt, dass er seinem
Vetter das Häuschen zu Drent (vielleicht Trient ?) und jährlich
100 fl. , dem von Reischach aber die Propstei zu Schynau und
jährlich 50 fl. zu Leibgeding geben soll, wofür selbe ihm die
Abtei sammt aller Zugehör, Kleinoden, fahrenden Habe aach den
activen Schulden abtreten sollen, wogegen er sich verpflichtet,
des Stifts passive Schulden zu übernehmen. — Ferner berichtet
er : die von Constanz hätten bereits ihre Einwilligung gegeben,
auch habe Ulrich von Hapsberg mit den Unterthanen und
Flecken der Abtei diesseits des Rheins darüber verhandelt und
diese hätten sich geäussert : wenn jene, die jenseits des Rheins
In der Eidgenossen Land gesessen sind, einwilligen^ -90 würden
auch sie es daran nicht ermangeln lassen. — Er habe bereits
Einleitung getroffen, dass zwei Abgeordnete an den Bischof
von Constanz gesendet würden, denselben zur Abtretung seiner
Rechte an Reichenau zu bewegen, mit der Anzeige des Ver-
trags mit den beiden Stiftsherren daselbst, und dass es des
Kaisers Wunsch sei, dass Reichenau dem deutschen Orden und
der Ballet an der Etsch einverleibt werde; in seinem Namen
, -^ ifgl -
soHfen sie dem Bisehofe tut Btüscbtidifwig lOGO (I. ud von
ISeüe des Kaisers auf 3 Jahre Befreiimg von der Reiehssleoer
dafür YerspfecheD. Nur besorge er, dei* Bischof werde damit
nicht zufrieden sein , da ihm der Kaiser früher für die Abtre->
Uiag versprochen habe, Ihm die nir Reicheiiau gehörige Juris»
dtction und vollstfindigen Ersatz seiner ergangenen Ausgaben
zo verschaffen; aiieia die Unterthanen der fleichenau seihst
wollten von dieser Ueberlassimg der Jurisdiction nichts wissen.
Um den Hochmeister dazu zn bewegen, seine Zustimmang
zu geben , bemerkt er : des Kateers Wille sei , die RetcheBan
und die Landcomturei soHen ungdheilt bei einander bleiben;
doch soll der Hochmeister mit dem Cafttel einen (Comtur?)
dorthin zu setzen Vullmachl haben, sowie den Landcomtar selbst
zo wählen, damit ihm an seiner Obrigkeit nichts entgehe; er^
der Landcomtur, halte dafür, es sei fflr den Hochmeister und
den deutschen Orden ehrenvoll , einen Pttrslen des Reioks zu»
Dnterihan zu haben ; obwohl das SUft jetzt arm sei, so könne
es doch mit der Zeit sich wieder heben; der deutsche Orden
habe im deutschen Gebiete kein so gutes Besitzthum , welches
so viele Freiheiten und Regalien besitze, als diess Stift, da der
grössere Thefl der Grafen im Lande Schwaben Lehen von dem^
selben zu empfangen habe, dazu komme ein trefflicher Adel auf
dessen Gebiete, zudem habe das Stift das Httnzrecht, Porste,
ferner geistKche und weltliche Jurisdidion und Gerichtszwang
und fürstliche Obrigkeit. Kaiserliche Majestät sei der Ansicht,
wenn die Vereinigntfg zu Stande komme, so solle er in Zukunft
den Titel ftthren : des deutschen Ordens Oros$e&mCur in der
^ekhentiu und Landcomtur dm- BaiM im Gehhrffe und an
der Müseh. — Er stelle nun Alles dem Gutachten des Hoch-
meisters anhefm u. s. w.
In einer Belage iiemerkt er, falls die Reichenau wirkii<di
der Baüei einverleibt werden sdllte, so werden sich die Kosten
ziemlieh hoch belaufen, so dass er nicht im Stande wftre, selbe
ans seinem Vermögen zu beseiten; es möchte ihm daher der
Hochmeh^ter gestutteo, 2000 fl. auf die Baltei aufzundimen und
— 128 —
zu verzinsen, um. damit die schreiendsten Schulden abzuzahlen.
Dem Jörg von EIsz^ Comtur zu Oalerrod, habe er gemäss sei^
nem Auftrage die 100 fl. gegeben^ eben so auch dem Pro-
eurator 100 fl. , obwohl diess seiner Bailei schwer gefallen,
da He jetzt mit schweren grossen Schuiden beladen seien.
In einer spfttern Zuschrift des Landcomturs an den Hoch-
meister, dat. am kais* Hof zu Gmunda 1514, erwähnt selber:
er habe bereits mit dem kaiserlichen Kammersecretär wegen
der Reichenau etliche ArtikI abgeredt und selbe ihm übersendet;
nun ab^ sei des Bischofs von Constanz Gesandter lange dem
Kaiser nachgereist und habe Hoffnung geäussert, kais. Majestät
werde den Bischof zum Besitz der Reichenau zulassen, wiewohl
kals. Majestät mit dem Cardinal St. Angeli, dem Hofmeister,
Kanzler und andern Räthen sich desshalb berathschlagt und sich
endlich entschieden, die Reichenau dem deutschen Orden und
der Bailei an der Elsch einzuverleiben unter den unten ange-
fahrten Bedingungen; preist noch einmal die Vortheile dieser
Erwerbung, und verspricht alle Kosten der Incorporation zu
Rom, die Abfindung mit dem Bischof von Constanz und sonst
selbst zu Bestreiten, mit der Bitte an den Hochmeister^ seine
Zustimmung zu gewähren und zu dem Ende seinen Willebrief
und andere nothwendige Documente zu übersenden.
Der Entwurf dieser Bedingungen aber lautete: 1) der
Kaiser soll dem deutschen Orden und der Bailei an der Etsch
das Stift Reichenau mit aller geistlichen und welilichen Obrig<-
keit, Privilegien, Mannschaft, Eigen, Lehen, Nutzen u. s. w.
auf ewig einzuverleiben , in der Gestalt 2} da kais. Majesläl
aus wichtigen Gründen die Lehen und Regalien, welche bisher
ein Abt von Reichenau als Fürst des röm. Reichs von den
röm. Kaisem empfangen, auf seinen Enkel Erzherzog Carl und
dessen Nachkommen verliehen, so soll der Landcomtur Heinrich
von Knöringen und dessen Nachfolger im Amte und kein An-
derer von Erzherzog Carl und einem jeweiligen Landesherren
von Tirol selbes zu Afterlehen empfangen, und dafür bei jeder
Belehnung 200 fl. an verschiedene Aemter der Grafschaft Tirol,
— 129 —
nenlieh dem Canzler 60 ft. , dem Hofifieisl^ 40 fl., dem
Maischalk 30 fl. , der Canzlei 40 II. nnd der Cammer 30 fl.
laiiren, and eioeH jeden Erzherzog von Oesterreich aU ibren
Lehensherm und Castenvogt anerkennen. 3> Jeder Landeomtur
der Bailei an der Etsch soll den Titel führen : «Von Gotlea
Gnaden N. Deotschordensmeister in der Reichenau und Land«
Comtor an der Etsch*' und jeder rOm. Kaiser und König ihnen
altzett obigen Titel mit dem Anfang «unserm und des Reiches
Forsten^ gdien. 4) Jeder Landcomlur an der EtscJi soll in
Zukunft in Bezug auf Reichenau dem Hause Oesterreich unter«
worfen sein und ihm damit dienen; dagegen aber 5) audh jeder
Erzherzog jeglicben Landeomtur bei dem Stifte Reiehenau und
aller dessen Obrigkeit drc. schützen. 6) Reichenau soll In Zu-
kunft vom Benedictiner^Orden ganz exemt und selber am Stifte
kein Recht mehr haben, vielmehr em jeweiliger Landeomtur
dasselbe mit Deulschordens- oder auch Weltpriestern versorgen.
7) Der jetzige Landeomtur soll im Bezirke der Reichenau eine
Befestigung zum Schutze dei* Au auf seine Kosten nach Ratk
nad Hilfe kais. Majestfit anlegen uud diese einem jeweiligen
Gfufen von Tirol offen stehen. 8) Die Erzherzoge von Oester-
reteh dürfen die Castenvogtei Über Reichenau nie jemand An*
dem flberlragen. 9) Kais. Majestät soll den Bischof von
Conslanz für seine Ansprüche vollkommen zufrieden stellen und
der Landeomtur ihn darin mit 1000 fl. oder höchstens 1500 fl.
aaterstfltzen, und auch der Stadt Constanz für ihre Auslagen
200 fl. zahlen; endlich 10) für obige Incorporatioo soll der
Kaiser vom Papste die Bestätigung erlangen. (VoA. Voigt,
NoHzefMaU a. a. O. S. 4i2--4i9J
Allein alle diese schönen Hoffaungen des Landcomturs
Heinriclis von Knöringen scheiterten, wir konnten nicht finden,
an welchen Hindernissen; er blieb einfache Landeomtur, und
es mochte ihm wohl nur geringen Trost dafür bringen, dass
Kaiser Maximilian durch Urkunde dat. Trient am 16. März
1516 dem Heinrich von Knöringen , Landeomtur an der Etsch
und kaiseriicbem Rathe und dessen Nachfolgern im Amte wegen
9
— «30 -
seiner and ieiner Ordensbrflder ihm und dem Reiche in mnmig«
facher Weise am Hofe und sonst erwiesenen treuen Dienste
das Reeht^ ihre BiHefe und Mieeire ron nun an taU
rothem Wachse %u eigeln und aller Rechte und Wfirden au
geniessen, welche sonst mit solchem Rechte verbunden sind,
verlieh. O. A.
Streit war entstanden xwischen dem edlen Bartlme ven
KnOringen, Deulschordens-Hauscomtnr zu Sehianders, Hrn. Victor
von Montani, Pfleger zu Sehianders und der Gemeinde daselbst,
wegen einer Rode Wasser im Kestenwal lu Sehianders, die
dem sogenannten Grysinger Anger hint^ dem deutschen Hause
zustehen Sollte, der dem Hrn. von Montani angehörte , welche
Rode aber weder der Comtur noch die Gemeinde, wie ers ver«
langte, zulassen wollte. Dartiber ward am Freitag vor Hiseri-
oordias Domiai 1518 entschieden: der v. Montani soll jeden
Montag von 3 Uhr Morgens bis 12 Uhr Hittags das Wasser
haben; von da an bis auf Nacht das deutsche Haus für seinen
Acker, ausgenommen wenn die Malier auf dem Abend das
Wasser zum mahlen brauchen; an den übrigen Tagen ^hört
es der Gemeinde nach der Rodel. Der von Montani und daa
deutsche Haus bestreiten die Kosten des Wasserwales; jeder
zur Hülfte das, ytbs beide Anger, als sie zusammen dem deat-
schen Hause gehörten, gesteuert. C^rk. im Ferdinandeum.')
Am Pfingsterchtag 1518 Urkunden Sigmund Beyrer und
Conrad Moser als Anföngcr folgender Stiftung, dass sie mil
Zustimmung des ehrwOrdigen, edlgestrengen Hrn. Hetnrichs von
Knöringeti, Deutschordens-Landcomtor der Bailei im Gebirge
und an der Etsch als Oberfaerm und Verleihers der Pfarre
Wangen eine ewige Messe daselbst gestiftet ; nemlicli jeder
dureh einen jeweiligen Landcomtnr dorthin gesetzte Pfarrer soll
einen Caplan halten; dieser soll wöchentlich eine Freimesse
haben, die ebiigen Tage aber gehalten sein, die Hesse zu
Wangen zu lesen; an jedem Freitag abwechselnd zu St. Leon«^
hard oder zu St. Vigii ein Amt smgen; fflilt ein gebotener
Feiertag auf diesen Tag, am Tage zuvor oder ^darnach. Da die
— 131 —
Gemeinde Waogeo' sich eoUchlossen, eine Todtengruft tu
eriwoeii, so soU der Ciplan wöchentlich am Montag daselbat
di Ami halten für alle Stifter und Stifterionen; kömmt aber
die Gruft nicht so Stande, dafür in der St. Peterakirche ; femer
soll selber monatlich abwechselnd in der Kirche Sl« Vigil oder
Sl. Johann aof dem Stein eine Messe lesen und diess immer
am Sonntag Torher verkflndet werden. Jflhrtich sollen zu
St. Peter 3 Aemter am St. Anna-, St. Andreas- und St. Se-
bastian-Tage von ihm gehalten werden. — Unterllisst es ein
Pfarrer, diese Aemter oder Messen halten zu lassen , so solien
ihm für ein Amt 8 kr. , für jede Hesse 6 kr. abgezogen wer«
den. Fahrt ein Caplan sich nngeziemend aaf, so dass Richter
aad Gemeinde tber ihn klaghaft sind, so soll iha der Pfarrer
cntfassen; verspricht er aber Besserung, so darf er ihn noch
aaf Probe behalten. Für die Haltung dieses Caplans soll die
Gemeinde dem Pfarrer jeden Qaatember 4 M. 2 Pf, B. 6 kr.
goter Wfihrung zu reichen gehalten sein, bis sie den jährlichen
Betrag Ton 34 fl. auf gute Güten angelegt dem Pfarrer übergibt;
dazu soll der Pfarrer noch 3 Siaar Land Acker semml Garten,
Stall und Stadel beim Widom gelegen, welche bisher dem Beyrcr
gehört, als Eifeathnm besitzen und gemessen; jedoch wie gesagt
fOr jedes veraachlüftrigte Amt oder Hesse obiges Geld Ihm ab-
gelegen md erst dann ausbezahlt werden, wenn er das Ver--
aiamte nachh<dt. — Verlangt Jemand zu Bestattaus, Siebenden
aad Dreissigsten und Jahrtag 2 Aemter oder ein Amt und eine
Mefse, so darf der Pfarrer den Gaplan dazu brauchen und
damit seine Schuldigkeit für dieseif Tag abgethan sein. -^
Geln die Gemeinde mit Kreuz, so soll der Pfarrer emen Priester
müichiekea und demselben geben für den Kreuzgang nach Jene^
lien, wie es von Alters hergdiommen, für jeden der 3 Kreuz-
gftige nach Lengmoos , Uaterinn und Afing 6 kr. , für den
Ireazgang aaeh Damholz, St. Gertraud im Wald oder Kreuz-
fiage, wobei man über Nacht ausbleibt, täglich 18 kr., nnd
an diesem Tage, wo er mit dem Kreuze geht, ist er die Hesse
sa St. Peter zn lesen nicht schuldig, sondern dort, wohin er
9*
— 132 —
mit dem Kreaze geht. Es soll auch der Pfarrer ao atlea
Samstagen und Vorabenden der Fest- und Zwölfboten-Tage
Vesper zu singen gehalten sein. — Sollte je dem Pfarrer die
Haltung dieser H^sen um diese Gilt zu beschirerlicb fallen,
oder die Stiftung es nicht mehr ertragen, so soll ihm besagte
Hesse, Jedoch mit Wissen und Willen eines Landcomturs, auf*-
zugeben Torbehalten sein. Sigelt Hr. Heinrich von Knöringen,
Landcomtur u. a. 0. A.
1519 sass dieser Landcomtur beim grossen Ausschuss des
tirolischen Landtags unter den Abgeordneten der RitterschafI
und des Adels. — Dieser Heinrich von KnOringen war auch
der eiste unter den drei Herren Ton Adel, welche nach Kaiser
Maximilians Tode im Jahre 1519 vom Landtage als Abgeord-
nete an Wilhelm, Ludwig und Ernst, Pfalzgrafeo am Rheia
und Herzoge in Baiern gesandt wurden mit der Vorstellung:
dass Ihre forstlich Gnaden als nächstgesippte Freunde mil ihren
Fflrstenthttnern , Landen und Leuten auf kais. Hajestfil ver^
lassne Erblande getreues, fleissiges Aufsehen haben, und der«
massen bestellen wollen, dass wenn diese Lande angegrilTeD,
mit Krieg überzogen würden, fürstlich Gnaden dafür sein und
helfen wollen. — Diesen Auftrag haben sie mit besonderm Fleiss
glücklich zu Ende geführt. CBrandisy Oeseh. d. handethaupl-^
leute, S. 628.J — Bei dem wichtigen Landtage zu Inns-
bruck 1520 befand sich wieder unter den Abgesandten des
Adels der Landcomtur Heinrich von Knöringen ; er wurde auch
daselbst in den engern Ausschuss der 6 Adeligen gewühlt,
welche nebst den Ausschüssen der 3 andern Stünde verordnet
wurden, was man auf dem Landtage von gemeiner Landsdhafl
wegen zu vollziehen beschlossen, auszuführen; auch der Re-
gierung in Fallen, welche ihr zu schwer fallen, Beistand su
leisten. QBrundiSy Oeseh. d. LandeshaupU. S. 696 J)
Im Jahre 1522 erwirkte er auf sein Ansuchen von dem
Hochmeister des deutschen Ordens in Preusen die Bestätigung
der Privilegien der Bailei an der Etsch und im Gebirge, welche
schon dessen Vorfahren im Hochmeisterthume dieser Bailei ertheilt.
— 133 —
besonders jene, welche sieh auf ihre Abhängigkeit besagen,
dass nemlieh selbe, so wie Torher, auch jetzt und immer nur
dem Hochmeister und dessen forstlicher Kammer unterstehen,
zum prensischen Gebiete gehören und ihre Beiträge dahin ent-
richten solle. — Selbe ist gegeben Tom Hochmeister Albrecht,
Markgraf zu Brandenburg drc. zu Nürnberg am Donnerstag nach
Hartini 1522. — Auch erwirkte er im Jahre 1524 Air den
Denfschordens-Ritter BartIme von Knöringen die schriftliche
hochmeisterliche Versicherung, dat. 14. August 1524, dass
dieser Ritter dereinst sein Nachfolger in der Würde eines
Landcomturs an der Etsch sein sollte. 0. A.
Als Erzjietzog Ferdinand im Jahre 1523 als Gubernator
von Tirol ins Land kam, ernannte er den gescfhilftsgewandten
Landcomtur zu seinem Rath, und durch Urkunde, dat. Innsbruck
am 22, Februar 1524, bestätigt Ferdinand, Infant von Spanien,
Erzherzog von Oesterreich ftc. , Gubernator von Tirol, auf
Bitte Heinrichs von Knöringen, Landcomturs der Bailei an der
Etsch, seines Rathes, dem deutschen Orden alk demselben
durch die firflhem LandesfOrsten verliehenen Privilegien. Unter-
zeichnet Rudolph, Graf von Sulz, Stalthalter, und N. von Sam*
thein. 0. A.
Im folgenden Jahre wurde dieser Landcomtur mit der
Gemeinde Gargazon in einen Streit verwickelt; diese von der
Dentschordens-Pfarre Lana abhffngige, damals noch ohne eigene
Seelsorge bestehende Gemeinde, erhob Klagen wegen etlicher
in der Gemeindekirche von Lana aus zu besorgenden Höss^n
und überhaupt wegen pfarrlichen Rechten, und wie es scheint
nicht ohne Grund gegen die Nacblässigkeit des Deutschordens-
Pfarrers In Lana. Endlich brachte selbe ihre Klage selbst an
die Regierung zu Innsbruck mit der Bitte, hierin Vorsorge zu
treffen ; diese entschied : in Zukunft soll jeder Landcomtur zu
Bozen durch den Pfarrer in Lana wöchentlich zwei ^Hessen,
eine am Sonntage, die andere an einem ihm gelegenen Wochen-
tage zu Gargfizon halten lassen, und letzterer die Kranken
daselbst mit dem hl* Sakramente und sonst versehen auf seine
— 134 —
eigene Zehryng; aueh soll ihnen der Priester, der ihnen %m
SonnUge Hesse liest, das .Evangelium in deutseher Sprache
verkänden; könnte der Priester am Sonntage aas wichtigen
Ursachen, z. B. wegen Anschwellen der Etseh, nichl nach
Gargazon kommen, so soll er während der Woche die Hesse
nachholen. -^ Die Gargazoner sollen jedoch alle Jahre an den
vier hohen Festtagen: Weihnachten, Ostern, Pfingsten nnd
Haria Himmelfahrt nach Lena in ihre Hutterkirche gehen nnd
dort dem Gottesdienste beiwohnen. — Stürbe z« Gargazon eine
oder mehrere Personen, so steht es den Gargazonern frei, ihre
Verstorbenen zur Begrttbniss nach Lana zn bringen und dort
dem Pfarrer seine altherkömmlichen pfarrlichen Rechte zu leisten ;
wollten sie aber selbe zu Gargazon selbst begraben und Ter«-
iangten dazu einen oder mehrere Priester von Lana, so sollen
sie demselben nach alter Gewohnheit dafür Kost und Lohn gebea.
•— Und für obige pfarrliche Leistungen sollen die Gargazoner
dem Pfarr^ von Lana nach altem Herkommen jthrlich den Zehen!
von Wein und Getreide geben. 0. A.
In. diesem Jahre i525 — traurigen Andenkens! — trafen
aueh die Ballei an der Etsch herbe Scbtäge. Der von Luther
und andern Gleichgesinnten in Deutschland ausgestreute böne
Saame trug auch in Tirol seine Frttchte, da sich in selbes
Inlherische «ind wiedertfiuferische Grundsätze ebenfialts ein*
sddichen und besonders unter den Bauern wie anderwflrts durch
die missverstandene evangelische Freiheit eine grosse Anfregwig
hervorriefen und zu den traurigsten Excessen ffihrten. — Die
Seele des Ganzen in Tirol war der verschmitzte Michael Gfrfss-
mair, fttrstbischöflicher Zollner zu Clausen , wie zum Demagog
geboren; m seiner Instructton, die er seinen Anhängern gal^
fand sich unter andern die Stelle: „die Klöster und DeuiMeh-
Ordenghäfiser sollen in Spüftler umgewandelt werden.'' Auch
zn Bozen und in der Umgegend zilhite er leider zahlreiche An*
hftnger, damnt^ Hans Campiller, Jörg Erlacher und Leonhard
Jöchel als Häupter. — Am 11. Hai 1525 kam das lange durch
GaissnMfar unter der Asche genährte Teuer tmn WOtbendea
- 135 —
Aosfamche; lu Bruen, als dem HftMpIsiUe des Uebels, begann
ein fnrcblbares Baiiben und Ausplttndern der Getsilichkeü. Von
Brixen pflanzle sich dtsaelbe unverweilt gen Bozen fort; am
Saaistag Tdr Canlate, als am i3. Hai 1525 In der Prflhe, sogen
4iit rebeUischea Bauern der Umgegend unier Anführung obgfv-
imnter drei Haoptrfidelsnihrer von Rentoch nach Boaen, berielhen
dort in einem Wirtbshause ganz offen ihre PIftne, und pifln-
derten dann zuerst die üüüset dreier Juden , der zwei Brflder
Simon und Marx und Salomons von Prag; der Schade an
geraobtem Gute betrug nach Schfitsung 2800 fl. Der Stadtrath
von Boten sass uaterdessen rath- und (hailos zur Berathung
bcisamnen. — Unterdessen wurden die Bewohner des deutschen
Haosea durch gute Freunde mehrfach gewarnt, dass es der
Bauern offep ausgesprochene Absicht würe, nach vollendeter
Pianderung der Juden auf das deutsche Haus loszortlcken ; zum
Unglttcie war in der Frühe dieses verhUngnissvollen Tages
Hr. Engelhard von Ruest, Comende-Verwalter, nach Terlan
zur Bezahiung der Knappen abgereist, nnd die Andern schienen
auf jene ungeheuerliche Nachricht den Kopf verloren m haben.
Eni gegen Hitlagszelt durch wiederholte Warnungen bewogen
verslanden sie sich dazu, begleitet von zweien der Warner die
Silberkammer zu erbrechen und in sechs Säcken SHber- und
Kircheazeng in ein unweit davon gelegenes Haus in Eile zu
f ftchten. — Miftlerweile war die Plünderung der Juden vollen*
del; da rief Hans Campiller: ^»Wohlan Ihr Herren, da ist
nichts mehr; dem dentshen Hause zu!'^ was auch die Rotte
befolgte; Mathes im Baumgart auf einem den Juden geraubten
Pferde voran, die andern ihm nach Beim deutschen Hanse an^
gekommen rief er ; ^Mir nach , da wollen wir den rechten Affen
Anden,« — und stürmte mit diesen Worten ins Haus. Nun
gings ans Plündern; Silberzeug, Kirchengerftth, Hauselnrichtang,
fietreid, Yictualien, Wein, kurz alles was nur tragbar war und
ihnen in die Uftnde kam, wurde verschleppt,- darunter viele brief-
liche Gerechtigkeiten, Urkunden, Kaufbriefe, Reverse, Zinsregister,
ake Urbarfen, «- anf welch letztere es besonders abgesehen war,
- 136 —
— sowie alte Privilegien ; viele davon wurden nnler Hohn zuerst
zerrissen und dann verbrannt. Dem Kufflllig anwesenden Pfarrer
von Samtein wurde zweimal sein Kleid abgezogen, ans der
neuen Orgel wurden die Pfeifen herausgeworfen, das Uebrige
zerschlagen ; der Wein, den man in- wilder Saufhist nicht ver*
zehren konnte, im Keller aus den Fflssem gelassen. Als mm
nichts mehr zu plündern fand, ging man an's Zerstören; Thüren«
Fenster, Oefen -— «lies wurde zertrflmmert ,- selbst die theils
aus Holz, theils aus Stein kunstreich gearbeiteten and theiU
weise vergoldeten Wappenschilde früherer Landoomture wurden
zerstört, sogar die zwei Glöckchen wurden aus dem Kirchen-
tfaurme herabgelassen und verkauft. — I>a die rebellischen
Bauern später auch den Versteck des geflüchteten Silberzenges
erspähten, so wurde auch dieses noch grösstentheils in derselbe ii
Nacht geraubt.
Ungeheuer war der Schaden der Comende; bloss der
Werth des geraubten Silbergeschirres, — worunter Manches,
das der Landcomtor erst vor wenigen Tagen Sicherbeits halber
aus der Comende Sterzing hieher geflüchtet, — betrug 2262 B.
35 kr.; des Kirchenzeugs 939 fl;; des Getreides, Weines,
der Victualien, Hauseinrichtung und Kleider 1540 04; endlich
der Schaden durch Zerstörung an und- im Gebäude 900 fl.;
der Gesammtschade, ungerechnet des Silberzeugs, welches nach
und nach dem Stadtrathe zurückzubringen gelang, stieg auf
6864 fl. — Rechnet man nun, dass man, nach unserm Geld^
werthe zu rechnen, das vier- oder fünfftiche der obigen Summe
annehmen darf, so lässt sich daraus der Schaden, den damals
die Landcomende erlitten, unschwer ermessen.
Doch damit war das Haas des Unglücks nicht voll; deim
gleichzeitig wurde auch das Deutschordens-Pfarrhaus zu Lan«
von aufrührerischen Rotten angefallen. Der Deutscbordens-
Pfarrer daselbst, Oswald Hartmann, beklagte sich, dass ihm
durch aufrührerische Bürger Ton Meran ein Pferd, sein Silber-
geschirr und seine Kleider geraubt worden. Die im Thaie
Fleüns bekannten selbst vor dem Stadtrathe von Bozen: sie
— 137 —
htiteii des Pfarrers und der deolschen Herren Güter für die
Gemeinde in Beschlag genommen ; insbesondere aber wurde das
deatscbe Haus zu Lmigmoos schwer heimgesncht, indem es von
den Bauern der dortigen Gegend geplündert wurde ; sie raubten
auch da wieder tiele Urkunden und Zinsregister und richteten
auch an und ausser der Comende vielen Sehaden an. Daher
denn auch die vom Erzherzoge Ferdinand abgeordneten Kriegs«
rSthe und Commissäre das ganze Gericht Ritten zum Schaden^
ersatze venirtheilten, in Folge dessen am 22. Mai 1526 Leon-
hard Salrainer als bevoUmflchtigter Procurator im Namen des
Gerichts Ritten dem Landcomtur Heinrich von Knöringen inner-
halb 5 Jahren ii7b fi. ais Schadenersatz zu zahlen versprach
unter Verpfändung seiner und seiner Mitbürger liegenden und
fahrenden Habe« Daran hängt sein Siegel der erzherzogliche
Commissär Benedict Hamminger, Bürger an Heran. 0. A»
Nicht so schnell ging es übrigens mit dem Schadenersatz
fir die Comende Weggenstein; der Landcomtur mosste auf
Betrieb des Prozesses , der sich bis ins Jahr 1529 hinzog, an
900 fl. verausgaben. Am Samstag vor Georgi 1526 verhörte
Jacob Fuchs von Fuchsberg, Ritter und königlicher Pfleger zu
Aitenbarg als von der Regierung verordneter Commissär die
vom Laadeomtor vorgeforderten Zeugen. Erst am 2. März 1529
erkannten Wilhelm von Liechtenstain, Pfleger zn Cartatsch, als
königlicher Commissär und dessen Beisitzer: Heinrich Khuen
von Auer, Mathäas Thalhacker, Bürger des Ratbs an Meran,
Gebhart Oberroair zu Girian, Peter Huest, Richter zu Caltern,
Lorenz von Zill zu Caltem und Leonhard Hausmann zu Cur-
tmlg za, Recht, dass dem Landcomtur Heinrich von Knöringen,
taadeaforstlichem Rath, die Thäter als Schadenersatz 4929 fl. rh.
inaeriialb dreimal vlcirzehn Tagen vom Datum dieses Urtheils
zahlen sollten; jedoch mit Abschlag des Werthes dessen,
vras Ihm etwa von den geraubten Sachen noch zurückgestellt
werden würde. — Im Nichtzahlungsfalle soll dem Landcomtur
die Regende und fahrende Habe der Thäter durch die Obrig-
keit ra Gwall nad Gewer gegeben werden. -^ Am Freitag
— 138 —
nach Jacobi i529 wurden vom Commissfire Wilhelm von Liedw
tenstem dem Landcomtur viele geraubte Sachen, welche theäa
bei den Franciscasem, theiis beim Kirchpropste Peter Huepherr,
theüs bei Jacob Huepherr, Landrichter zu Bozen, in der Stille
abgegeben wurden, im Werthe von 1276 fl. 48 kr. surflck-
gegeben; somit blieb noch eine Bntschttdigungn-Surome von
3652 II. 12 kr. zu erstatten. C^as Oan%e aus dem O. A,
und dem Archive der Stadt Bo%en.')
Uebrigens geht aus den auf diese Plflnderung bezüglicheB
Acten noch die interessante Nachricht hervor, dass dieDeutscb-
ordens^Comende Weggenstein damals das Bergwerk zu Terlan
betrieb, da unter den aus der Comende geraubten Gegenstflnden
auch mehrere Centner zu Bergwerks- Werkzeugen fOr Teriaa
gearbeitetes Eisen, als Stufeisen, WistschUlgel, Kratzen, Keii-
hauen u. dgl. sich befanden, und gerade in der Frühe jenes
Unglöckstages der Cometide-Verwalter zur Bezahlung der Berg«-
knappen verreist war. — So Iflsst es sich denn erkifiren, wani»,
wie der Sammler von Tirol, L B. 8. 132 berichtet, der deuteche
Orden im 16. Jahrhunderte zu Lana am Griess ein eigenes
Hattw^k hatte, da er vermuthllch dort die zu Terlan gewon-
jienen Erze (Blei und Silber) aufschmelzen liess.
Aus Jener Flönderungszelt schrieben sich anch zwei ttber
mehr als zwei Jahrhunderte, dauernde Gewohnheiten für die
Comende Weggenstein her ; da nemlich bei Gelegenheit jeaer
PlttnderuBg sich ein Metzger Namens J(h*g mit seioen
Cameraden um die Comende dadurch verdient gemacht, dass
er, wahrscheinlich vom Stadtrathe dazu ermächtigt, besondere
thiftig wat, das dem deutschen Hause geraubte Silberzeug,
Kleinodien und Anderes aus den Händen der Räuber zu retten,
was ihm auch theilweise gelang, so zeigte sieh die Comeade
den Metzgern dadurch dankbar, dass sie ihnen erlaubte, jihriieh
am Aschermittwoche Nachmittegs in feierlichem Zuge in die
Comende ziehen zu dürfen , wo sie mehrere Stunden hindnreh
reichlnh mit Brod, Klise und Wein bewirthet wurden und auch
ein paar Tänze daselbsl machen durften ^ wfthrend ihte Meister
— 139 —
gkiehxetlig im hrndesArrstUclieti Amlliaase mil Hfiriogeo, Brod
und Wem tnictirt wurden. Dieter Gebnueh hörte erst in neuester
Zdt aof. — Da sich bei der nemliehen Gelegenheit auch die
Wtrthe, besonden einer Namens Andre Schöberle, dadurch den
Dank der Comende erworben, dass er in die dornende eHte
and die Bewohner von dem Vorhaben der Banem unterrichtete,
nd sehr thitig bei Flöehtung des Silberzeuges war, sowie
auch der Stadtrath mit Einbringung des der Oomende geraubten
Gutes sieh thätig erwiesen, so gab der Landcomtur Heinrich
von Knörlngen ihnen zur Belohnung das Recht, dass nach jeder
feierlichen Marktberufung tu Bozen, was viermal des Jahres
stattfand , ein jeweiliger sich dabei einBndender Bargermeister
samait etlichen Rathsherren, der Landrichter, Stadtsehrelber
und dercm fünf Begleiter, auch alle selbe im feierlichen Zuge
dureh die Stadt tu Pferd begleitenden Wirthe sich in die
Comende begeben durften, woselbst sie vom Landcomtur oder
dessen Stellverlreler feierlich empfangen, die Herren mit Brod,
Wein und Confect, deren Begleiter sammt den Wirthen aber
mil Wein, Brod und KSse bewirthet wurden« Diese Gewohn«-
heit dauerte, bis die feierliche Harkiberufung selbst unter der
Kaiserin Maria Theresia im Jahre 1779 aufgehoben wurde.
CSß^öFs CkronikJ
Da er Krtfnklicbketts halber im Jahre 1529 niehl selbst
tan Chross^Capttel nach Frankfurt sich verfügen konnte, Hess
mA Heinrich von KnOringen durch seinen Abgeordneten, Georg
von Spnar, Comtur zu Lengmoos, vertreten, laut Capitelschlusses
in St. Egidi*Tage 1539. O. A. Hingegen wohnte er am
26. JuU 1530 als Landcomtur der Bailei an der Etsch eu Augs^
bürg der Belefammg des Administrators des Hocbmeisteribums von
Preusen, Walthers von Crenberg bef. fDr. Caspar« Venator
B^neht MM d. RUierorden^ S. 944^24T.y — Auf Klage
eben dieses Walthers von Cronberg, Administrators des Roch'-
UKisler-Amts in Preusen und Deutscbordensmeisters in deutschen
und wüschen Landen und Reiohsftirsten ; dass der Orden in
nemen mwüxägtMgen Privilegien beeintHiehtIget werde, bestätiget
— 140 —
Kaiser Carl V. zu Augsbnrg am 17. Juli 1530 diese Privilegien
aufs Neue und gebietet allen Obrigkeiten, sie im Genosse der-
selben zu schützen« 0* A«
Am Osterdienstag 1531 verleiht der Landcomtur Heinrich
von KoiVringen mit Zustimmung Jörgen von Spaur, Comturs
SU Lengmoos, dem Leonhard Waitzinger, Schmid, die Baurecht
des Rottingerhofs daselbst in Dftssach in der St. Peters Hulgrei
auf dem Ritten gegen Jährlichen Zins von 10 St. Koggen, einer
Fastnachtshenne, zv^eier Schweinschultem, eines Kitzes, 30 Eier
und zweier Sommerhflhner. 0. A. — Im nemlichen Jahre 1531
hielt derselbe Heinrich von Kuttringen als Landcomtur bei dem
Erzherzoge Ferdinand an, es mochten durch landesfttrstliche
Commissüre die Zehenten und Zinse des deutschen Ordens in
Tirol gerichtlich erhoben werden (wahrscheinlich In Folge der
Vernichtung der Urbarbacher und Zinsregister so mancher
Comende durch die rebellischen Bauern im Jahre 1525, uiidl
der Weigerung so Mancher, die frühem Giebigfceiten zu reichen.)
Demzufolge nahmen gemäss Decr^ des Königs Ferdinand Sig-
mund Freiherr von Brandis, hais. Rath, Pfleger zu Sigmunds*
cron und Amtmann zu Bozen mit Augustin Heyerling, Pfleger
zum Siein auf dem Ritten als landesfürstliche Commissäre diese
Aufnahme vor. 0, A. — Am 12. December 1531 richtet der-»
selbe Landcomtur an die Regierung ein Schreiben des Inhalts :
Walther von Gronberg, Administrator des Hochmeisterthunaa,
habe ihm einen Befehl zugesandt zur Handhabung der Ordens*
Freiheiten und Privilegien mit der Weisung, selbe an etlichen
Orten öiTentiich anzuschlagen j das wolle er ohne ihr Vor*
wissen nicht thun, sie möchte ihm daher solches erlauben, da
er mit einer ehrsamen Landschaft in Steuern und and^n Dingen
wie bisher Mitleiden tragen wolle* C^taUh.-ÄrelUüJ
Im Jahre 1532 richtet Heinrich von Knöringen, Land-
Cemtnr und landesfflrstlicher Rath, an die Regierung eine Bitt-
schrift, da er von den zum Schadenersatz verurtheilten Bauern
von Rentsch, wovon eine bestimmte Summe zu bezahlen Rath
und Gemeinde von Bösen und Griess Obemommen, nodi nicht
— 141 -
bezriilt Bod er jetst in GeldaiifliegeBheit sei, besonders well er
ZOT Fertigung des tirolischen Kriegsvdkes gegen die Tttrken
300 fl. herleihen soll nnd zogleieh einen grossen Bau benb-
siehlige, so nDchte selbe zur endlichen Bezahlung den Befehl
eriassen; weiefaer auch wirUich durch Eriass vom 16. JuK
1532 an Bürgenneisler und Rath des Stadt- and Landgerichts
Griess and Bozen gegeben wurde. CStadt^AreMo %u Borne» J
~ Am 27. November 1532 bestätiget Kdnig Ferdinand auf
Bitte Heinrichs von Kodringen, Landeomtars der Bidlei an der
Btseh, seines Rathes, der Bailei alte ihre Rechte, Gnaden, Frei-
helfen nnd gute Gewohnheiten, welche ihr von seinen Vorfahren^
FUrsten von Oesterreich und Grafen zu Tirol verliehen worden,
sammt allen Puneten, Artikeln und Begreifang, C^latikalterep^
Arekw^)
Nach SOjfthriger Verwaltung der Bailei starb Heinrich von
Knöringen Anfangs. des Jahres 1534, nnd mit seinem Tode
begann die Regierung mehr in das Temporale der Bailei sich
ehaum lachen , wovon wir in frühem Zeiten keine nrkuBdliche
Spur haben ; denn gleich nach des Landcomturs Ableben wurde
dessen Verlassenschaft im deutschen Hause zu Bozen von landes-
fUrstlichen Commissüren versecretirt. (ßtatlhalterei^ArehiifJ}
— Hingegen sandte der nunmehrige Hoch- und Deutschmeister ,
Walther von Kronbucg durch Eriass, dat. Hergentheim am MarÜ
Verkaadigangstage 1534, den Eberhard von Ehingen, Comtur
zu Hdlbronn, um die Bailei an der Etsch zu visitiren nnd
doen Zustand zu erfahren und beststigte ad Interim den Bruder
Bartlmft von Knöringen , der schon im Jahre 1524 vom Hoch-
meister Albrecht von Brandenburg die Anwartschaft auf die
Suceessibn erhalten, als Landcomtur der Ballei. — Der Visitator
«stattete dem Hoch- und Deutschmeister . einen sehr gttnstigen
Berieht Über den Stand der Sachen und der Verwaltung der
Ballei; nur hattie Georg von Speir, Comtur zu Lengmoos, zu
berichten: er wollte gerne so viel am Gottesdienste in dem
Ordenshause zu Lengrooos, wie von Alters hergekommen, halten,
er w^de aber bei diesen Lflufen wegen Mangel an Priestern,
— f42f —
die er unmtiglidi bekommen kOnne, ettichermassen dtraa Verw'
hindert; er thue, was möglich sei} er glaube, so viel ihm
bewosst sei, es sei aoch in andern Hiusem der Bailei eben so.
QStctttlu^AreMe.^ — Hierauf erhielt der neue Landcomtur den
Auftrag, sich um einen landesfürsllichen Scfairmbrtef sn bewo*-«
ben. In Folge dessen stdlt Bartlmfi Ton Knöringen an die
Regierung zu Innsbruck das Ansinnen: da ihn der Administrator
des Hoehmeisteramts zum Landcomtur ernannt und königliche
Hajestat ihn in den Possess elnkonunen lassen woile, so erlbr-
dere die Noth wendigkeit, einen General- Befehl königl. Hajeslil
•an alle Zins- und Zehentleute des Ordens zu erlassen, dass sic$
ihm wie seinen Vorfahren leisten, was sie zu geben sdmldig^
sind, sowie auch an alle Pfleger und Richter, selbe zu ihrer
Schuldigkeit zu verhalten. Er bittet zugleich ihm die Verlassen-
scbafldes verstorbenen Landcomturs zu Oberantworten, wogegen
er einen Revers ausstellen werde. CSCatth,-- Archiv.) Diesen
Revers forderte selbe auch vor Erfflllung seiner Bitte; dieser
erste und urkundlich bekannte, am 14. Juli 1534 zu Innsbrnck
ausgestellte Revers lautet im Wesentlichen also: „Ich BartIme
von Knöringen, Landcomtur der Balte! an der Etsch, ver-
spreche hiemit königl. Majestät Ferdinand, Erzherzog von
Oesterreich ^c. hinAiran als ein Landm'ann und Untersass der
Grafschaft Tirol königl. Majestät und deren Erben, tirolisehen
Landesfürsten getreu, gehorsam, dienstlich und gewflrtig zu saa
und Alles zu thun, was ein getreuer Land mann und UnteFsass
zu thun schuldig und seine Vorfahren, die Landcomture zu Ann
schuldig gewesen und gelhan. Aach verspricht er, des Orjdeiis
Güter und Einkommen ohne des tirolischen Landesfttrsten oder
dessen Statthalter und Regenten der oberösterr. Lande Wissen
mid Willen nicht zu verändern oder aus dem Lande' zu geben^
u. s. w. (^Statth.^Ar€Mr.J — Nun erst wurde ihm die ver-
secretirte Verlassenschaft des verstorbenen Landcomturs eröffnet
lind der landesftlrstliche Schfrmbrief am 18. Juli 1534 aus-
gestellt: Ferdinand, röm. Kdnig 4rc« entbietet allen PrMaten,
Grafen, Freien, Herren, Rittern, Knechten und allen Unter-
— 148 —
tliaiieD, itßs er den ehrMneo, lieben, andiehtifen Bartlmft von
Kiöringen, Landcomtur der Ballei ati der Btscir, welche dem-
selben naeh dem Tode des königlichen Käthes Heiiiricbs von
Kni^gen, gewesten Landeomtars durch den Administrator des
Hochmeisteramts in Preusen verliehen worden, — als Landes»
fürst von Tirol in den Possess der Landcomtttrei guädiglich
einkomnien lassen. Befiehlt ihnen also, denselben fOr einen
Landeomtar anzusehen und trügt den Hauscomtnren, Ordensbrü-
dern ond Amtienten der Baflei, sowie* deren Dienern, Zinslenten
and Verwandten auf, ihm gebfihrlichen Gehorsam und Dienst»
barkeit eu beweisen und mit Reichung der Zehenten, Zinse,
Renten, ۊten und andern Dienstbarkeiten gewftrtig zn sein,
wie von Alters herkommen« Zugleich befiehlt er den Hanpt-
leaten, Pflegern, Richtern u. s. w., demselben auf sein An-
langen von des Lande^fürsten wegen Hilfe und Beistand ra
leisten. QStaUh.^ArchiiD,J Diess Verfahren wurde nun in der
Folge immer beibehalten.
Fast zwei Jahre spater im Grosscapitel zu Hergentheim,
gehalten in der Woche nach Bartbolomfti 1536, dem er selbat
beiwohnle, etlndt Bnrttmä von Knaringea die eigentliche Be-
siaiigang als Landcomtur durch den Orden. 0. A. — Am
Donnerstag nach hl. DreikOnigen 1535 von Hemeek aus erltfsst
Waher von Cronberg, Administrator des Hochmeisteramts in
Pitnsea an alle Vorges^zte und Ritter des Ordens ein Schrei-
ben des Inhalts : wiewoM sie ihm als Vorgesetzten den Gehör-*
sam •geschworen und vermög der Ordbns^-Statuten kein Mitglied
seinen eigenen Willen habe und keiner ohne seines Obern
Erianbnisa oder Befehl in einen Krieg ziehen oder sich dazu
gebrandien lassen dürfe, so sei doch diess von Hehreren des
Ordois geschehen, ihm nnd dem Orden zur Verachtung, tlbler
Nachred und Verweis. — Vermöge jüngsten Capitelschlusses
IH Homeck in der Woche nach St. Lucia 1534 verbiete er
aafs Neue rilen und jedem Ritter ohne s6in Wissen und Willen
in einen Krieg, Fddzng, Feindschaft, Reisedienst und der*-
gieiefaen eigernnüchtig sich einzulassen, und damit Kainer mit
_ li4 —
Unwissenheit «ich entsehuldtgeu könne, so 6o]l dieser Befehl
in allen Ballelen öffentlich verkündiget werden. 0. A. — An
Freitag naeh Lichtmess 1536 verleiht Bartfanft von Knörinfen,
Landcomtur der Bailei an der Etsch im Namen der Coraende
Lengmoos dem Cunrad Sebmalsl tu Antlas den Zachler Hof
gegen jahrliehen Zins von 2 Schweiuschullem, 1 Kitz, 30 Eier
und 3 Ihm weissen Lfigrein Wein. 0. A.
Nicht uninteressant als Beweiss, dass die Bailei an der
Etsch noch immer den Beigbau forlbetrieb, ist-foigeoder Ver«
trag, den der Landoomtur Bartlmä von Knöringen uod Engel«
hard von Ruest, Comtur zu Schlanders, als Verkaqfer einer-
und Oswald Gorreth, Bürger vofi Brixea und 'Sebastian Eal,
.Bürger von Augsburg als Käufer andererseits am 25. Harz 1539
abschlössen über daa^ Graben, Schmelzen und Kauf des Metalis
aas den dem Orden zugehörigen Bergwerksiheilen zu Nall«,
Terlan, im St. 'Petersbach, im Köslenthal und Laagör; nemhch
die Erze und Schmilben sollen allenthalben von dem Berge
herab auf Kosten und Zehrung der genannten Herren in ihre
Behausung zu Terlan zu guter Zeit herabgeschaift und alda
das Stuef und Korn zusammen, klein und dick auch zusammea,
Sehmilben und Ruess auch zusammen gelegt werden« Diese Eoe
sollen jedes, wie obsteht nach dem rechten geschwornen Wiener
Gewicht gewogen und durch den Bergrichter zu Terlan oder
seinen Geschwornen aus jeder Wag ^ine Probe treulich gemmw.
men und jedem Theile eine offene nnd eine mit des andern
Theils Sigel verpetschirte Portion zu Händen gestellt weidea^
und wie sich dasselbe darin befindet , das soll den Kftufem
nach dem Gewichte, soviel der Erze im Span sind, nemlich
lilr jedes Lolh Silber im Erz 28 kr. guter Landeswährung rh.^
'den Gulden -zu 60 kr. berechnet, abgerechnet und bezahlt
werden. 0. A.
Bereits in der ersten Hftifte des Jahres 1541 mag er
gestorben sein, da schon am 30. Juni 1541 im Hause Weggen-
stein dessen Nachfolger im Amte, Engelhard von Ruest, mit
Hm. Walther von Cronberg, Administrator des Hochmeisterthums
— ,145 —
ia Preaseo and Meiater des deatschen Ordens wegen der Hinter-
Itasenschaft des Barllnifi von Knöringen seligen eine Udiemn«»
Iranft abschless. 0. A. Dmidi Decret, dat. Regensburg an
18. Juli i541 wurde er als Landcomtor bestttigt. 0. A. —
Ab 24. November 1541 stellte er der Regierung cu Innsbruck
einen gieichen Revers aus wie sein Vorgänger; nur sagt er:
als Landmann und Untersass von der Ritterscliaft der Grafschaft
Tirol and — getreu, gehorsam und dienstlich zu sein und auch
mit Steuern und Reisen verbunden tu sein. C^CaUh.'^ArehiifJ
— Am 17. April 1542 besMtigt Rischof Christoph von Brixen
den von diesem Landoomlur xum Pfarrer von Mareit ernannten
Dentsdiordens-Priester Conrad Pflster. 0. A. — Als im Jahre
1M3 die tirolische Landschuft rOm. kön. Mqest«t ein Fftndi
Laoskneckte sum freien Zusug auf 2 Monate verwilügle, wur-
den ihm als Landcomtur 10 Knechte suerkannt; jeder Knecht
nach gewöhnlichem Anschlag xu 12 fl* berechnet; wfihrend
das Capitel von Brixen 15 Knechte und der Propst von Neu-
still 13 Knechte zu besorgen hatte. CArcMv im SekioMse
BragerJ)
1543 wohnte er dem General-^Japttel bei und fertigte mil
den Grosscapitularen den Vereinignogsbrief, dat. Speir am Sonn*
tag Jttbilate 1543, sur Wahl eines Hoch- und Deutschmeisters.
Ebenso untefsehrieb er am Mittwoch nach Jubilate 1543 den
Veigleicb, die deutschmeisterische Competeaz und Unterhaltung
betreffend, und erhielt am 20. April. 1543 von dem neugewShl-
ten Hoch- und Deutschmeister Wolfgang Schutzbar, genannt
HBcUing , seine Bestfitignag in der Würde eines Landcomturs.
0. A. — Am 14. November 1545 erlaubt Engelhard von
Knest, Landcomtur, im Namen des Hauses Lengmoos den
Bridem Hanis und Bemard Slötscher den Deutsch -Ordens«
Leheo-Hof zu Pomern auf dem Ritten zu theilem 0. A. — Am
14. April 1548 bduinnt Lienhard Pichler zu Signa auf dem Ritten
gesessen, dass er von dem ganzen Piehlerhof daselbst vermöge
aker Briefe jArlieh dem deutschen Hause zu Lengmoos ^ St.
Reggeo, 2 St. Hirse, 1 St. Langeswaizen und 2^ St. Gerste
10
— 146 —
»Dsen «oUte; d« niw «ber Gerste, Iisngeswwseft und Hirse «uf
diesem Hofe sehen geratheo, so habe ihn auf sein Bittea
Ritter Andre von BraDdiSf Cioielw ^o Lengnoos, diesen Zins
in einen andern Yon IQ S(. Roggen unigewandelt ; daran hfi^g^
sein Sigl der edie Melebior von Schweigkersreut, Pfleger zum
Stein auf dem Bitten. 0. A.
Unter den Rittern und Edlen, welche im Ratbsbause iu
Bozen beim öffentlichen Hofrecht Resiiaispefe 155Q dem auf
YeraniassttDg des Ritters Jaeob Thipp gesehlossene« netk^
würdigen Hissigkeits- Vereine beitraten, befanden .sieh auch
Bruder Thomas von Hootani, Coaitor ^n Sehlanders und Andre
von Brandis, Comtur zu Lengmoos. C^f^O Di^^r Andre voq
BramKs, Comtur zu LengoMOs, war ein verdienter Mann; er
leistete unter den Kaisern Carl V. und Ferdinand L als Oberst
eines Regimentes deutseken Fussvolks wiobtige Dienste, wohnte
den Fekizttgen gegen Frankreich bei, focht. 1.54$ im schmal-
kaldiscben Kriege und bei Wiedereroberung der tjrolisehen Teste
Ereaberg aus den Htedeu der Sckmalkalden tapfer mit,, trii^
zur Ueberwiodung des Herzogs Fridrich von Sachsen 1547 so
wie iM8 zur Einnahme von Constanz >und in Ungarn 1551
bei Eroberung von Siebenbttfgen »im glOicUiehen ^rfc^ge bei«
Im Jahre 1552 schlug die Regienuig zu Innsbruck vor, den
Andre von Brandis, Comtur zu Lengmoos, königlichen Ratli,
znan Obersten, über das jüngst von der Landsehafk bewiHi§fte
Hilfsvolk anzustellen ; aÜMo der König Äusserte, es seien seitiieir
Dinge vorgefallen, dass man selben von dem Regimente Knechte^
welehei»Siebenbürgen liegen, nicht wegnehmen könne. C^taHH,'-
AreJUv.'J -— Für so vkle Verdienste verschHeb ihm im Jahre
1553 Kaiser Ferdinaad eine aUergoMigste Exspeetanz vee
3000 fl. , die ihm aber nie. ausbezahlt wurden. C^Qtrede %ur
Qesch. d. LandesfmufUieute.)
Am 11. Juli ibf)2 auf Befehl des Landcomturs Cageibard
von Ruest unterhandelten ab dessen BevollmUdiligte Lucmi
Römer zu Harötsch, Comtur zu Sieriing, und Christoph Gcdd«-
wurm, Pfleger zum Stein auf dem Ritten und Amtmami des
— 147 —
dartscten OMeas «i Len^iAoas mit Bemhtrd Hdftigl m Bhren*-
borg %vegen dreien Maferliöfeii wa Ehreabarg, die FreisiMe»
geaamit, welche dem dealachen Orden gerielito-- and groad-
hemeiiafllich aalerworfen waren, wegen welchen jedach der
Orden and die Kflaigl in Bezug des (ierichlBiwangfl and aaderer
Plage wegen ia CollisiOB gerUlieB; der Orden etboi aick, eat-
weder die Höfe ihaea käafiich zu ilherlasaen oder die steeitigen
Paacie dorch Schied$riciiCer entociieiden zu taasen. M^ollte
Hr. Kflaigl aelbe Böte wirklich vom Orden kaufen, so brauchle
er Bieht demselben den ganzen Kaa&ehjHhig zu eriegea , da
die Bailei dcraeil 86 viel Geldiea nicitt bedurfte; wohl aber
mOdite er daran aiae Siimme von 1000 bis IMO ft. riaogleieb
aaanhlen, da die Ballet derseftea aam Aaleben fttr kaiaerücher
Hajealtti Kriegsrfistuag sowie aadem dringenden Ordeasbedftrf-
aissen benöthlge; den Beat kAante er derselben durch gut
gelegene Gihen oder Gftter nach beideraeitigem BinfeMUndaiaae
abtragen. 0. A,
Im Jabra i55ö reichte der Stand der Rittevaehaft and des
Adels von Tirol beim tiroliaehen Landeafflreten, dem tdmyichcn
Kftaig Ferdinand, ein Hemoriale Cm; sie klagen darin, daas so
viele Sttftoflgen g»r nicht oder jMur uaeideaaroh versehen
werde», bedami den herabgekoinnieaen Zustand mancher
MiOaler ond ffigen daas bei: ,^o solle» auch die dbutsohe«
■iaser, wie bmo vemimml^ in grossem VerfaU und durch
aUeriei schlechte Wtrthschaft zain Verderben gesetzt sein, tarn
nicht geringen Schaden deaStamles der Ritterschaft und Adels ;
amfeesoodere wem man bedenkt, da»s die deuUchen HäMer
tfea anmen Adel» SpUäier aimi.^ Büea alsei köMgl. li^esttlt
ab Laadesfirst uad Vogt der beiden Stifte Trieal und Brixea
wolle in obigen Sachen gnädigste Einsicht thoo. — Durch De«
ciet vom i2. October 1555 befteUt demnach Köaig Ferdinand
der oberösterr. Regierung zir Innsbruch obtg^ Beschwerde des
Aiels voTzanehmen^ daraber zu berathen und ihm Bericht za
onalallen. C^aeth.'-ÄrekinJ
Vom Jahre 1557 findet sich ein Vertrag zwischen Caspar
10*
— 148 —
und Christoph Edlen von Montani irod deren Bmder Hm. Tbonas
vonHontani, Deutschordens-Comtur so Schlanders, wegen Täter-
licher und mütterlicher Erbschaft; erstere xwei wollten ihm den
dritten Th^il der Erbschaft desswegen nicht zugestehen, well
sie ihm in den deutschen Orden, von dessen Einkommen er
leicht leben könne, mit grossen Kosten verholfen. Darum wur-
den von Seite des Hrn. Thomas von Montani Engelhard vimi
Ruest, Landcomtor, Philipp Graf von Liechtenstem , Erblasd*
Hofmeister im Elsass, kaiserl. Rath, und Caspar von Sdilan-»
dersberg , von Seite der andern zwei Brüder aber Ritter Simon
Botsch, Erbtrochsess in Tirol und Landeshauptmannschafls-^
Verwalter, Sigmund von Thonn, Degen Fuchs und Caspar Pafr
vou Caldif als freundliche Schiedsrichter gewählt; diese spra-
chen : obige zwei Brüder von Montani sollten dem Thomas von
Montan! vom Silbergeschmeide' einen Trinkbecher und dazn
noch jähriich 200 11. und 4 Ihrn Most Leitacher Wein al»
Leibgeding geben. C^rehiv Tarantsberg.')
' Das Gross-Capitd zu Frankfurt am Main im Jahre 1558
konnte der Landkomtur Engelhard von Rnest Kränklichkelts
halber nicht besuchen, sondern sandte den Ulrich StreyU) Herrn
zu Schwarzenau und Comtur zu Schianders, als seinen Stell-
vertreter dahin, der auch in seinem Namen den Capitelschluss
unterschrieb. 0. A. — Aus der nemlichen Ursache suchte der-
selbe im Jahre 1559 um einen Coafdjutor an, und erhielt durch
hechmeisteriiches Decret, dat. Augsburg 29. April 1559, den-
selben in der Person des Lucas Römer zu MarOtsch, Comtwr
zu Sterzing. — Als solche bitten Beide um die hoch- und
deutschmeisterische Eriaubniss, auf die BaHei 2500 fl. aufleihea
tu dürfen, wie aus dem Consensbrief , dat. Augsburg uaf dem
Reichstage 1559, hervorgeht. 0. A.
Nur wenige Monate mehr lebte Engelhard von Ruest;
bereits im Mai 1560 war er unter den Todten. Am 25. Mai
1560 reichen Jacob Khuen von Belasi, Obersthofmeisler der
Princessin Magdalena Eleonora, und Biasi Khuen, tirollseher
Cammerpräsident , beim Kaiser eine Bittschrift ein: da vor
— 149 ^
Knrxeni der Landeomlur Bngelbard von Riiest gestorben und
Hr. Lttc«8 Bttmer, bisheriger Cemlur zu Sterling und Coadjutor
ab Landeemtar eintreten soll, somit die Comtarei so Steniog
erMigl wfirde, und gleidoeitig aoch die Comende Trient keinen
dmntiir habe, so möchte sich kals. Majestfit fOr den gewesten
tirofiscben Cammemth Leonhard Pair von Caidif , ihren Tettefr
v^wenden, dass er zu einer der erledigten Comtoreien erwftUt
vreide, in welchem Falle derselbe geneigt wflre, in den deat-
scbcn Orden zu treten, und zugleich erbOtig wftre, auf die ihm
von der Regierung angewiesenen jährlichen 100 fl. Provision
sa verziehten. (jStolfA^IrcM^J — Dergleichen Betteleien am
Anfnabme nnd aisbaldige Begnadigung mit einer Comturs-Stelle
werden wbr in da* Folge noch manchen begegnen; nidit immer
aam Besten des Ordens , wie wir unter anderm bei der Comende
SIerxing an dem gleich nach seinem Eintritte in den Orden
nm Coflrtur daselbst ernannten Herrn von Funker sehen werden.
Der erv^hnte Coadjator Lucas Römer wurde wirkUch durch
Beeret, dat. Hergenlbeim am 25. October 1560, cum Land«
Comtor ernannt; wie nnglttcklich diese Wahl gewesen, wird
flidi in der Folge zdgeu. Marx Sittich von Wolkenstein gibt
ttuB das Zeugniss: „hat ttbel gehaust.^^ — Uebrigens wurde
er bald nach seiner Wahl zum Landcomtur vom Kaiser auch
son kalseriichen Rathe ernannt. — Am 16. März 1561 ver-
kanft Lucas Römer, Landcomtur nnd kaiserlicher Rath, 9 Pf. B»
und 4V3 kr. Grund- nnd Herrenzins aus einem Hause und Zu-
gehör zu Prad, den sem Vorfahr Engelhard von Ruest im Jahre
1557 erkauft hatte, um 40 fl. an Ulrich Kräger, Dr. der Arznei
zu Latsch. Cßraf Münuenigche» ArcMtfJ — An einem der
vier rwden JhOrme im Schlosse Marötsch trägt ein Marmor^
stein folgende Inschrift: „Non sine causa. Lucas Römer zu
MarOtseh, Teutschordens Laodcommenthur der Bäiey Etsch vnd
im Gebirg, Rom. Kais. Majestät Rath, verordnet auf disen
Tham. 1562.
Am 14. März 1562 h^tte der Hoch- und Deutschmeister
Wol%ang SchnlriMT bei der Regierung zu Innsbrack eine
— 150 —
Vorstellung wider das Verhiiltiiiss derselben lu der Ballei an
der Etsch eingereicht; besonders protestirte er gegen die von
kaiserlicher Majestät in der Ballei an der fitsch aageoidaeie
Visitation durch landesfllrstllche CoMmissfire. Darttbef erloss
▼on derselben am 9. September 1562 eine avsfabrliche Ricli-
äusserung des Inhalts : die Ballei und die DeniacbördetM-Hiuser
in Tirt)! seien mit allen Gutem and Rechten der ]a«desftlrst->.
liehen Obrigkeit unterworfen; der Landeomtur und die Gontore
sefen immediate Landsassen und Untenhanen, zu den Landtigen
erschienen und hätten in. Allem Hilf und Steueni und andern
landesfttrstlichen Gerichten, Rechten, Geboten, Ordnongco Ire.
Gehorsam geleistet , solches erweisen die altern ReTeisbritffe
der frihem Landcomture nnd der landesfürstliche Reversbhef.
Jacob von Pairsberg schreibt in seiner Autobiographie:
1563 am 18. April sind Lucas Rtfmer, Denlsehordens-Laad-
Comtar nnd ich als der Landschaft Gesandte an Erzherzog
Ferdinand nach Prag gereist , um im Namen der Landschaft
ihm mit 15,00011. zugratuliren; am 15. Hai dort aagekommen
und am 24. Hai wieder Jieimgereist, ein jeder mit einer gol-
denen ifette und daran hangendem Blldniss des Ertbernfs,
150 Dttcaten im Werth beschenkt. — Am 21. Oetober 1563
habe ich den Landeomtur Lucas Römer mit Hr«. Alphons von
Cless, Comtur zu Schlanders, wegen eines Streites vergllchea.
— Im Juli 1566 führte der nemliche Landeomtur Lucas Römer
mit dem Hauptmanne Franz Hendl 5000 Hann tirolischer BSE^
Trappen nach Ungarn gegen die Türken. iSkuicher^ 7. BJ
Auf den vermOg Anordnung des Admmlslrators des deut-
schen Ordens, Georg Hund von Wenkhelm im Jahn i566
gehaltenen zwei General^Capiteln wurde unter anderm beschlos-
sen puncto 5: die Ballei an der Etsch zu visüiren, (Dr. Ve-
nator, Berieht f»wn d. O. Ä. S86J Der Landeomtur erschien
dabei nicht persönlich, sondern Hess sich durch seinen Abgeord-
neten Dlrich Streyny Herrn zu Schwanenau, Comtur au Leng-
moos vertreten. 0. A. — Ueber den damaligen keineswegs
— 151 —
erfrealiehen Euslaod des deu(«dK« Onieos im AiigemeiDen gikt
•BS ein Reseripl Maiger Maximilians IL , daC. Augsburg, 18. Mai
1566^ AuAiclilass; denn durch dassalbe gibt er aUmi weltlieben
und geJslUch«B Ftislen, Grafen, Rittern dre. kand, er babe die
nnliebige Kunde erhalten, dass Irotx gemeinen geschriebenen •
Rechts und des deutschen Ordens Statuten und aUhergebrechler
Gewrtakeil etliche DenUchordens •• Landcomttre , Statthalter,
Coadjiloren, Comture, Gebietiger and andere Pefsonen sieh
imterBtehen, dem Pursten Georg, Administrator des Hocbmeister-
thnms In Prensen, Meister des deutfcben Ordens in deutsehen
osd %vtflschen Landen, tei seinen krafi der Statuten Torgenom-
nenen Visitationen^ VerhOrang der Rechnnsgen, Inventirong der
Balleien und Ordensbftnser and dergleichen ihm suslehenden
Handlungen zu verhindern, auch bei der benannten Ordens-
personen Einsetzung und Lieferung zu mn oder die Ihrigen
dabei z(i haben nicht gestatten, sondern nach ihrer WillkOr zu
bansen, seinem Gehorsam sich entziehen; unter dem Scheine
der ReligH>n so viel möglich dem Orden sich entfremden und
demongeacht des Ordens Hünser, Hab und Güter behalten oder
gar sieb zueignen und darauf beweiben und bei anderer Obrig-
kail Sehatz suchen, und dadurch den Orden schmälern und in
Verfall bringen; -^ Um diesen liebeln vorzubeugen, habe er
venAög ihm obHagender Pflicht den erwähnten Georg, Adflftini-
slrator and Deutschmeister durch ein Mandat aufgefordert, so
oft des Ordens Wohl es erfordere oder er es Ab* rathsam
erachte, Jede Bailei und deren HUuser zu visflireii, die Reeb-
oungen einzusehen, zu inventireo, verpetschiren u. s. w. wie
des Ordens Regel und Statuten erheischen, und sie sollen ihn
in diesen Amtsgeschäften sehotzen uad gegen die Wider-
spiostigett ontersttttzen. 0. A.
Im Jahre i568 wurde Andre Joseph Freiherr von Spaur
als Coartnr des Hauses zor heiligen Elisabet z« Trient ein^
^bmU. C^ibL di PauUJ — Obenerwähnter Jaeob von Pair»-
berg sehreibt In seiner Antobiographie : 1568 am 27. Oc»»-
kar hnbto aalr Uno Durehlanehl Bnherzog Ferdmand befohlen^
VorsteHung wl*» ^ ^ r^pwalibiks za wisitlrcii.
der Btsch e- ^^^J^ *•»« " ScWaoders in
katseriiclir .^^Ül^^f^ '"' '*®" '^^^ ^ ""* ^^* ^^"^
VIßitalff ^jif^S*'' ^^^ Landcsommr su Boxen.
▼OB <• ^^J^^ '' ^^// «n*^^*"*'^'?' ^^^'^ ^^ Laadccmilur
äi]5 ^?<ii»i''^^iir««'««*''«® Zuschrift des Eczhenogs
^ ßt0^*^A9^^^ ^^ Hm. Caspar von SchdaeicJi
/^^ ''''^^tLi ^g^^^ > ^'i^ Schuld daran sei, dass theils
f^^^f^er «« haxide y Iheil« er selbst von schwerer
^^ ^t^'^'Z^iitkX gewesen ; jedoch habe er auf den
ß(f^^[^jker ^''n Capitel nach Bozen desshalb xusanuneii
jfi* ^ ^glgUk.-'Aj'chivJ — .Gegen Ende des Jahres 1571
^^'^A^iogß ^^^ wurde dieser Landcomtar Lucas Röioer
^ gpi^nog Ferdinand aum Landeshauptmann und Burg-
fai so '^'''^' ernannt; demungeacbt behielt er die Laiid-
^igi^Wttrde noch bei; jedoch wurde ihm im Jahre 1572
^^ Orden Andre Joseph Freiherr von Spaur, Oomtur zu (leng-
^^008 als Coadjutor beigegeben. — Bei dem auf den 3. August
i572 nach Neckarsulm ausgeschriebenen Ordens-Capitel zur
Wahl eines neuen Deutschmeisters erschien Andre Joseph Prei«>
jberr von Spaur drc, Coadjutor der Bailei an der Etsch und
Comtur zu JiCngmoos als Stellvertreter des Landtomturs Lucas
Rdmer von tfarOtsch. (TIr. Venator^ Bericht pom d. Orden
S. 436 J — Endlich im Jahre 1573 resignirte letzterer gin»-
lich auf die Landcomturs-Steile und sein bisheriger Coadjalor
Freiherr von Spaur wurde vom Orden als Statthalter der Bailei
an der Etsch ernannt.
Lucas Römer begnügte sjch aber keineswegs mit der
Niederlegung seiner Landcomturswttrde , sondern trat eigen-
mttcbtig ganz aus dem deutschen Orden aus und verheiratete
sich endlich gar mit Barbara Hueberin. Dieser Schritt verur-
sachte grosses Aufsehen und Aergerniss; der deutsehe Orden
khgte in Rom und der Papst beauftragte den Adam von An,
Doctor der Rechte und Generalvicar von Brixen mit der Unter-
suchung des Handels. Dieser billigle die Heirat durch Ausspruch
— 153 -
ytum 31. -August 1582 unter dem Vorwande eiaer schon früher
bcstaDdeDen und uieht aufgeMsteo Ehe und sei daher das Ordens^
fielttbde ungiltlg; aUetn dieser Aüssprueh erfolgte, — ^e dem
Riehler der Weihbischof Johann Nas Torwarf^ — y^ohne auf
die Einwendungen der Terordneten Beisitser Acht zu geben,
deren StimnieB man wegen der klingenden Ducaten nicht hören
komitel^ — Im Jahre 1582 ging Lucas ROmer ins Jenseits
hinflber, um dort von dem upbestechlieben Sichter sdn Urtheil
zit Temehnen. — Im Jahre 1583 gab der Hoch<- und Deutseh-
meister Heinrich von Bobenhausen dem Laadcomtar Andre Joseph
Freiherr von Spaur die General-Vollmacht, die Ordensrechte
gegen die VerlasseoschafI des ehemaligen Landcominrs Lucas
Rdmer wegen der durch letztem etwa zu seinem Vortheil ver-
wendeten Ordensgfiter zu gebrauchen, und die durch ihn ver-
loren gegangenen Ordensrechte und Güter von der Rümerischen
YerlassenschafI zu reclamiren. 0. A. — Da nun sowohl der
deutsche Orden als auch des Lucas Römers Verwandte und auch
die vermeintliche Gattin sammt ihren mit demselben erzeugten
5 Kindern auf tfeine YerlassenschafI Ansprudi machten, wurde
der Bischof von Cur vom Papste delegirt, um aufs Neue die
GUtigk^ oder Ungiltigkeit jener Ehe zu untersuchen ; durch
Spruch am 8. November 1586 erklärte dieser den Entscheid des
Hm. von Arz als ipso Jure ungiltig und nichtig und somit
anch die angegangene Ehe und demzufolge die daraus hervor*
gegangenen Kinder als Bastarde, iUegiüm und daher nicht erb-
fähig. C^^^^ ^ Schl09se Brauer,)
Wiihrend dieser fttr die Ballei unangenehmen Vorgänge vei^
waltete dieselbe der schon erwähnte Andre Joseph von Spaur
als Statthalter; erst im Jahre 1576 erhielt er die Bestätigung
als Landeomtur. Unterdessen hatte die Landesregierung wieder
im Jahre 1575 eine Visitirung derselben in Temporalibus vor-
nehmen hssen. Zu dem auf den 12. Jänner 1577 anberaumten
Grosseapitel zu Neckarsulm entsandte der Landeomtur Spaur
ab Stellvertreter d«i Glaadius von Roceabruna, Comtur zu
Trient. 0. A. — Auf diesem Capitel wurde auch dem schon
— 154 —
erwähnten Caspar von Soböneich, des Enhti^ogs Ferdii
Rath und Stablmeisler ^ die Aufbahme in den Ordes gewährt.
Am 4* November desselben Jahres berichtet nun der Land*-
Coiniur an den Erzherzog Ferdinttid, daM er deofieiben am
heutigen Tage eingekleidet habe; fürstliehe Durchlaaehl habe
ersucht) man möchte demselben die erledigte Comtorei von
Lengmoos ertheilen; obwohl es nnn des Ordens Braneh nicht
sei) einem Neneingekleideten ein Ordenshaw aBBttvertraoett)
und wenn es je ans besondern Gründen geschehe, nie die
besten oder mittlem, sondern nur die geringsten, so habe er
dennoch, um dem Enherzog seine Achtung zu beweisen, dem-
selben die Comturei Sdilanders übertragen, und werde selbe
in Kflrze ihm eingeantwortet wenten. *^ Am 28. Juli 1578
klagte aber der neue Comlur zu Schlanders, Sehöneich, in
einem Sehreiben an den Erzherzog : er habe zwar die Comende
Sohlanders bmits seit mehreren Uonaten inne, allein mau habe
ihm ein leeres Hans abergeben und die Jahres-Einkünfte seien
schon vor seiner Ankunft eingezogen woi'den. f iS/^tf^. Archiv J
— Am 2%. November 1578 schreibt Heinrich von BobenhUBen,
Administrator des Hochmeisterthums*, an Erzherzog Ferdinand,
da selber ihm den Caspar Mathäus , Gammerer des^ Cardioab
Andreas von Oesterreich, Sohn des Caspar Freiherm von Wot-
kenstein , erzherzogL Raths und Oberst- Stablroeisters in den
Orden aufsunehmen empfohlen; obschon nun die Bailei an der
Bisch jetziger Zeit mit Ordenspersenen ziemlich übersetzt, mid
selbe zum TheH auch kümmerlich ihren Unterhalt haben, auch
eines Theils Hünser und Güter bei den vorigen VerwaUem in
Abbau gerathen^ und er selbe zu restauriren und empor au
bringen dem jetzigen Landcomtnr ernstlich aufgetragen, «o
wolle er doch selben in diä Bailei aufnehmen und mit der
Zeit nach Wohlverbalten auch befbrdem. (Siatth.'-Archiv.) «^
Hingegen wurde auf Empfdilang des Christoph Fuch» durch
den Erzherzog am 5. Mürz 1579 erwiedert: Die Ordenshinser
der Ballel an der Etsch seien derzeit schon mit Ordensbrüdern
Tersehen, und daher bünnte der Landoomtur denselben nicht
— 155 —
Mfiiehmeo. C^iuiih.^Äi'^ekiv.') — Ebense entoebuldigt «rch
«n %. April 1581 der LaBdeomtur Spaiir beim Enhtnog: er
htane den TOit ibm zur Au^Dabme empfohlenen Patl Prugnol,
Broker Lionels Prugnol, HaaptmamMi Ton Pennede^ in den Orden
nieht anf nehmen, da er vorher etliche und besonders dnen jang^
?. Spanr und kflndich auf erzhertogliebe EmpfeUmig den Veapa^
sian Castelleli von Nomi in den Orden auftunehmen und einzu-
kleiden bewilligt hake und somit mit ktiaftigen Comtureit sehon
genng versehen sei. (^Statth.'^ArcMv.J
1579 gerfeth der Landoomtur Spamr mit Christoph Peii-
ztnger, Pfleger auf dem Ritten in Conliiet wegen Aufriehtoiig
und Besiglung der Kauf-, Tausch-, Wechsel*- und anderer der-
gteieken Briefe, welche sich auf Grundgfiter der Comende Leng-
vioos bezogen; dieser wurde am 6. Juli 157*9 dahin ausge-
gfiehen, dass es in dieser Hinsicht bei der Dispositk)n der
neu reformirten Landesordnung sein Verbleiben haben soll.
Jedoch im Jahre 1581 erhob sich neuer Streit zwischen Beideil;
Brsterer bdiauptete, dass aber die Grundgflter Niemand Briefe
aufzurichten habe als die Grundhernschaft; Letzlerer aber, diess
finde nur statt bei Verleihungen und Reversen; die Regierang
begutachtete durch Briass vom 5. Jlfnner 1563 das Erstere.
CStaeeh.^ArehivJ
Im Jahre 1584 wurde wieder auf landesfÜrstUchen Befahl
durch Abgeordnete der Regierang eine Visitation der Bidiei in
Temporatibus vorgenommen. (ßtatth.^Arehit.^ — Am 1. Au-
guflft 1565 bittet Christoph Freiherr von WolhenMein der Erz-
herzog Ferdinand, er möge seinen Sohn Ulrich, der vor Kurzem
in den deutschen Orden in der Ballei an der Etsch eingekleidet
worden, dem neaemannten Deutschmeister Erzherzog Maxi-
milian zur Beförderung empfehjen. CStatth,''Ar€hitfJ)
Unterdessen war der Landcomlur Spaur mit den Edlen -
von Cless in Ikmnnehmlichkeiten wegen einer Schuldforderung
gerathen. Berdls im Jahre 1579 hatte der Deutschordens^Ritter
Alphof» von Cless, Comtur zu Lengmoos, gegen seinen Bruder
Renünami von Gless und die Erben seiner t^nlorbanen Bridw
— «54 —
erwähnten Caspar von Schöneich, des Bnherc^s FerdiaaiM}
Rath und Srablmeister , die Aafkiahme in den Orden gewöhrl.
Am 4. November desselben Jahres berichtet nun der Land«-
Cointur an den Erzherzog Ferdinand, dass er denselben an
heatigen Tage eingekleidet habe; fllrstliche Durchlaaeht habe
ersucht, man möchte demselben die erledigte Comtvei von
Lengmooa ertheilen ; obwohl es nun des Ordens Braaeb nicht
sei, einem Neueingekleideten ein Ordenshaaa ananvertraueii,
und vrenn es je aas besondern Gründen geschehe, nie die
besten oder mittlem , sondern nur die geringsten , so habe -er
dennoch, um dem Enhenog seine Achtung «i beweisen, dem-
seH>en die Comturei Schlanders übertragen, und werde selbe
in Kürze ihm eingeantwortet werden. *— Am 28« Juli 1578
klagte aber der neue Gomtur lu Schlanders, Sehöaeich, in
einem Sehreiben an den Erzherzog : er habe zwar die Gomeade
Schlanders bereits seit mehreren Honaten Inae, allein man babe
ihm em leeres Haus Übergeben und die Jahres-Einkttnfte seien
schon vor seiner Ankunft eingezogen wohien. C^UiUk, ArcMv.J
— Am 26. November 1578 schreibt Heinrich von Bolienhaaseli,
Administrator des Hochmeisterthums«, an Erzherzog Fndinand,
da selber ihm den Caspar Mathüus, Gammorer des Cardinaki
Andreas von Oesterreich, Sohn des Caspar Freiherm von Wol-
keostein , erzherzogl. Raths und Oberst StaUmeisters in den
Orden aufsunehmen empfohlen; obschon nun die Bailei an der
Bisch jetziger Zeit mit Ordenspersonen ziemlich fibersetzl, und
selbe zum Tfaeil euch kümmerlich ihren Unterhalt haben, aoch
eines Theiis Hü»er und Güter bei den vorigen YerwaHem in
Abbau geralhen^ und er selbe zu restauriren und empor au
bringen dem jetzigen Landcomtur ernstlich aufgetragen, ao
wolle er doch selben in die Bailei aufnehmen und mit der
Zeit nach Wohlverhalten auch befördern. C^tatth^^AreMvO -^
Hingegen wurde auf Empfehlung des Christoph Fuchs durch
den Erzherzog am 5. Hürz 1579 erwiedert: Die Ordenshftaser
der Balte! an der Etscb seien derzeit schon mit Ordensbrüdern
versehen, un4 daher kannte der Landcomtur denselben nicht
Tl
:>
«I
»X
— 155 —
«ifoeiimeD. C^UUth.^AtTkir.') — Ebeiim entsebuldigt steh
am 9. April 1581 der Lendcotntttr Spaiir beim finsbenog: er
könne den von Hiin zur Aufnalime eropfohlenen Paul Pirognol,
Efu4et Lionels Prugno), Haoptmanns tob Pennede^ in den Orden
nteht aofoehmen, da er vorher etliche und besonders eineii jangen
T. Spanr and kürzlich auf erzhersogKeke EmpfeUnng den Vesp»-
sian Cflstelleli von Noml in den Orden anzunehmen und efinxtt-
kldden bewilligt habe und somit mit künftigen Comtoren. schon
genug versehen sei. (^Statth.'-Arefdv.J
1579 gerfeth der Landcomtar Spaur mit Christoph Pen-
zmger, Pfleger auf dem Ritten in Confliet wegen Aufrichtung
nod Besiglung der Kauf-, Tausch«-, Wechsel- und anderer der-
gleichen Briefe, welche sich auf Gmndgfiter der Comende Leng-
moos bezogen; dieser wurde am 6. Juli i5?9 dahin ausge-
gKehen, dass es in dieser Hinsicht bei der Disposition der
neu reformirten Landesordnung sein VerbleH^en haben solK
Jedoch im Jahre 1581 erhob sich neuer Streit zwischen Beiden;
Brsterer behauptete, dass über die Orundgttler Niemand Briefe
aufeuriehten habe als die Grundherrschaft ; Letzterer aber, diess
finde nur statt bei Verleihungen und Reversen; die Regierang
begntaehtete durch Erlass vom 5. Jänner 1^63 das Erstere.
CStatth.^ArcMvJ
Itn Jahre 1584 wurde wieder auf landesflirstlichen Befahl
durch Abgeordnete der Regierung eine Visitation der Bailei tn
Temporalibtts vorgenommen. C^taHh,'-Aröhir^J} — Am 1. Au-
gnnl 1565 bittet Christoph Freiherr von Woifcenstein der Erz-
herzog Ferdinand, er möge seinen Sohn Ulrich, der vor Kurzem
m den deutschen Orden in der Ballei an der Etsch eingekleidet
worden, dem nenemannten Deutschmeister Erzherzog Haxi-
niliao zur Beförderung empfehlen. CStatth.'^Arckitf,^
Unterdessen war der Landeomtur Spaur mit den Edlen -
vno Gless in Unannehmlichkeiten wegen einer Schuldfordernng
geratlien. Bereits im Jahre 1579 hatte der Deutschordens*>Ritter
Alpfaons von Cless, Comtar zu Lengmoos, gegen seinen Bruder
Ferdinand von Cless und die Erben Heiner v^nlorheneii BrAder
— 154 —
erwähnten Caspar von Sohönei^h, des Enhtnogs FerdiaM
Ralh und Stabimebter, die Aufnahme in den Orden gewährt.
Am 4« November defselben Jahres berichtet nun der Land?-
GorriTur an den Erzherzog Ferdinand, da» er denselben am
heutigen Tage eingekleidet habe; fflrstliche Durehlaaeht habe
ersucht) man m(yebte demselben die erledigte Contorei von
Lengmoos ertheilen; obwohl es nun des Ordens Braaeh nicht
sei) einem Neneingekietdeten ein Otdenshans anauvertraueii,
und vrenn es je aas besondern Gründen geschehe, nie die
besten oder mittlem, sondern nur die geringsten, so habe er
dennoch, um dem Enherzog seine Achtung an beweisen, dem-
selben die Comturei Schlanders Übertragen, und werde selbe
in Kürze ihm eingeantwortet werden. ~ Am 28. Juli 1578
klagte aber der neue Comtur zu Schlanders, Schönekih, in
einem Sehreiben an den Erzherzog : er habe zwar die Comende
Schlanders bereits seit mehreren Honaten inne, allein man habe
ihm ein leeres Hans ttbergeben und die Jahres-Einkünfte seien
schon vor seiner Ankunft eingezogen worden. QSlMh, Archiv J
— Am 26. November 1578 schreibt Heinrich von Bolienhaiisea,
Administrator des Hochmeisterthums', an Erzherzog Ferdinand,
da selber ihm den Caspar Mathüus , Cammerer des~ Cardinais
Andreas von Oesterreich, Sohn des Caspar Freiherm von Wol- ^
kenstein ,' erzherzogl. Raths und Oberst StaUmeisters in den ^
Orden aufaunehmen empfohlen; obschon nun die Balle! an der
Btsch Jetziger Zeit mit Ordenspersenen ziemlich übersetzt, und
selbe zum Theil auch kümmerlich ihren Unterhalt haben, auch
eines Theils Hflnser und Güter bei den vorigen Yerwahem in
Abbau geratben^ und er selbe zu restauriren und empof au
bringen dem jetzigen Landcomtur ernstlieh aufgetragen, ao
wolle er doch selben in üb Bailei aufnehmen nnd mit der
Zeit nach Wohlverbalten auch befördern. C^tatth.^ArcMvJ —
Hingegen wurde auf Empfehlung des Christoph Fucha durch
den Erzherzog am 5. Mürz 1579 erwiedert: Die Ordenshiaser
der Bailei an der Etsch seien derzeit schon mit Ordensbrädein
veiMbcn, und daher könnte der Landcomtur denselben aieht
^
— 155 —
Mfoehmeo. C^UUlh.'-Arcläti.') — EbeiMO enlaebaldigt sfch
sm 9. Aprii 1581 der LaHdeomtHr Spaar beim Erzhenog: er
kdnne deo Ton ibm zur Aufnahtne empfoblenen Pail Prugtiol,
Bruder lionelfi PTirgnol, Hauptmanns toh Pennede^ in den Orden
nieht anfnehmen, da er vorher etliche und besonders emen jungen
T. Spanr und kflrsiich auf erzfaersogKehe EmpfeUvog den Veap«^
sian Cflstelleli von Nomi in den Orden anfkonehmen und eiiisii-
kleiden bewilligt habe und semft mit künftigen Comturen. sehen
genug versehen sei. (^Stafth.^ArtMff.')
1579 gerieih der Landeomtur Spaur mit Christoph Pen-
xinger, Pfleger auf dem Ritten in Conffiet wegen Aufrichtung
und Besiglung der Kauf-, Tausch^, Wechsel- und anderer der-
gleichen Briefe, welche sich auf GrundgUter der Comende Leng-
moos bezogen; dieser wurde am 6. Juli 15?9 dahin ausge-
gHehen, dass es in dieser Hinsicht bei der Dispositfon der
neu reformirten Landesordnung sein Verbleiben haben soll»
Jedoch im Jahre 1581 erhob sich neuer Streit zwischen Beiden;
Brsterer behauptete, dass Über die Grundgttter Niemand Briefe
aufzurichten habe als die Grundherrschaft ; Letzlerer ober, diess
finde nur statt bei Verleihungen und Reversen; die Regierung
begutachtete durch Erlass vom 5. Jflnner 1563 das Erstere.
CStutih.-ArchivJ
Ifli Jahre 1584 wurde wieder auf iandesf^rstUchen Befahl
durch Abgeordnete der Regierung eine Visitation der Ballei in
Temporelibus vorgenommen. (^StaHh,''Arehit>.^ *— Am t. Au-
gnft 1565 bittet Christoph Freiherr von WolkenStem der Erz-
herzog Ferdinand, er möge seinen Sohn Ulrich, der vor Kurzem
m den deutschen Orden in der Ballei an der Etsch eingekleidet
worden, dem neuemannlen Deutschmeister Erzherzog Maxi-
nitian zur Beförderung empfehjen. CStaUh,^Ar€hipJ)
Unterdessen war der Landcomtur Spaur mit den Edlen -
von Cless lu Unannehmlichkeiten wegen einer Schuldfordernng
feruliien. Bereits im Jahre 1579 hatte der Deutschordens^Ritter
Aiphons von Cless, Comtur zu Lengmoos, gegen seinen Bruder
Perdifiand von Cless und die Erben seiner v^mlorboneo Brtdor
— im —
allermmeq hallen zu wollen wie sdAe Vorfftliren von den
tirolischen Landesfarslen bisher gehalten worden. In Kraft
solcher Obligation werden die Landcomtnre als Hitglieder der
tiroHschen Ritterschaft angesehen und zu den tiroliscben Land-
tagen einberufen, wie sie auch gehorsam und willig dazn
erscheinen und mit den andern Ständen in allen gemeineD
Landes-Angelegenheiten hd)en und legen.^' --- Ueber die innem
Verhältnisse bemerkt der nemliche Burgleehner : „Der Land-
Comtnr "hat fiber die vier andern Comture zu gebieten; stirbt
einer derselben, so erbt ihn der Landcomtur; geht aber der
Landcomtnr selbst mit Tod ab, so fällt seine Hinterlassenscliaft
an deQ Grossmeister. Kleidet der Landcomtur einen Aspiramen
des Ordens ein, so muss dieser ihm ein stattliches Präsent
geben ; ein Ritter wird nach Jerusalem zor Krippe nicht gelassen,
er wisse denn zuvor den Inhalt des zweiten Capitels des Evan-
gelium Mathäi und folge demselben mit Darbringung seiner
Schätze. ^ Das Haus Weggenstein hat nahe bei 4000 fl. Ein-
kommens und geringe Ausgaben, — der Eine «lehrts, der An-^
dere minderts; auch hat es etliche Pfarreien, welche ihmange^
hOren, so die Pfarre Lana, weiche gleicbwohl dieser Zeit von
den Freiherrn von Brandis , die einige Anspräche darauf za
haben vermeinen, in etwas aogestritten wird; ferner die Pfarre
Samlhal , als Geschenk . des Herzogs Sigmund und die Pfarre
Wangen, u. s. w.^ — Gleichzeitig schreibt Marx Sittich von
Wolkenstein, 14. Buch, von dem deutschen Hanse zu Trient:
Es ist diess dieser Zeit das ärmste Haus und sehr verderbt
worden; jedoch fangt man jetzt an dasselbe zu bessern; —
und von der Comende Lengmoos : es ist diess das beste und
reichste Haus in Tirol.
1604 wurden mit andern Herren zu tirolischen Landräthen
ernannt: Georg Hörl von Mühlen, Landcomtur und Ludwig
Freiherr von Holart, Comtur zu Schlanders; letzterer zugleich
zum Vierlelhauptmann im Uoterinnthale. (Manwfcr. Maanm.
f. Mohr,^ — 1606 am Sonntag Oculi wohnt Ludwig Freiherr
von Holart, Comtur zu Schlanders, als Bevollmächtigter der
— 161 —
Bailei an der Elsch mit noch zwei andern Tiroler Deutsch-
Ordensrittern : Carl Freiherr von Wolkenstein und Hans Trapp
dem 20 Mergentheim versammelten Ordens-Capitel behufs der
durch die Zeitumstände nothwendig gemachten Revidirung der
Ordens-Statuten bei. fLüniffy ReiehsarehiVy SpieiL Eeeles.}
— In welch* einem Ansehen flberhaupt dieser Deutschordens-
Ritter Ludwig von Holart in Tirol stand, erheUt daraus, dass
er im Jahre 1607 in der Liste derjenigen Landstftnde stand,
welche durch eigens dazu aufgeforderte Herren als vorzugsweise
lor Besetzung der erledigten Landeshauptmanns-Stelle geeignet
bezeichnet wurden. (Brandiiy Qeseh. d. Landeghauptleute^
Vorrede.) >- Am 10. Juni 1609 verkaufte dieser Ludwig
von Holart, Freiherr zu Reiiiegg, Comtur zu Rohm (?) und
Schlanders, kaiserl. Geheimrath, Viertelhauptmann im Unterinn-
Ihale und Oberamtmann zu Bozen mit landesfarstlicher Bewil-
ligung die ihm selbst gehörige Gerichtsherrschaft Reinegg im
Samthal um 50,000 (I. an Hrn. Hans Cyprian Freiherm von
Thunn sammt allen Rechten auf 15 Jahre« (^ArcMip im Schlosse
Broker.)
Im Jahre 1610 kam der Landcomtur Hörl mit der der
Deutschordens-Pfarre Lana eingepferrten Gemeinde Gargazon in
Cooflfct wegen Vorbehaltnng des nassen S^hents und reichte
desswegen am 15. December 1610 eine Beschwerdeschrifl gegen
selbe ein; allein es zeigte sich, dass die Gemeinde in ihrem
Rechte war. Am 5. Jifnner erklttrt^ sich die geklagte Gemeinde
an den Kellerants-VerwaUer zu Heran: der jetzige Deutsch-
Ordens-Pfarrer *zu Lana, Hagister Georg Kriess, halte die
Batscheidnng vom 18. Juli 1525 (sieh S. 13S) gar nicht
ein, indem er, so lange er Phrrer sei, gar keine Wochen-
messe in ihrer Kirche, und im vergangenen Jahre sogar an
22 Sonntagen zu Gargazon keinen Gottesdienst gehalten habe.
Und obwohl er die Verpflichtung habe, die Kranken unentgelt-
lich versehen zu lassen, so hätte man doch seinen Priestern
über das Essen und Trinken, welches man zu geben auch nicht
scbttldig, jedoch gern und freiwillig gegeben, nach ihrem
11
— m —
Begehren auch noch nhlen mAssen. Desswegeo bitten »k
ihn als ihre Obrigkeit ersacht, auf den nassen Zebent des
Jahres I6i0 so lange Beschlag zu legen, bis der PfinTer sdw
ihnen verbriefte Schuldigkeit erfttlle; sie hatten hie erklärt,
dass sie den Zehent gar nicht wallen, sondern sie hiKten skh
sowohl gegen die Tom Pfarrer abgeordneten Priester als aach
vor dem Pfarrer selbst im Verhöre ausgesprochen : sie worden den
Zehent gerne reichen, wenn nur der Pfarrer auch die versäumten
Gottesdienste nachhole und In Zukunft die verbrieften VerpBicb-
tungen gegen die Gemeinde Gargazon einhalten wOrde. 0. A.
Angenehmer als diese von den Gargazonern gereichte bittere
Pille mochte dem Landconitur Hörl eine besondere Vergün-
stigung sein, welche der Deutschmeister Erzherzog Maximilian
als Regent von Tirol anf sein Anhalten ihm gewfihrte, indem
selber durch Urkunde, dat. Innsbruck am 27. Juni 1609, den
der Comende Weggenstdn zugehörigen Kucht « Marrhof zu
Siebenaich , welcher zins- und grössteniheils auch zehentfrei,
auch von Alters her im Umfange der Hofstatt vom gemeinen
Gerichtszwang gefreit war, zu einem Freisitz mit alleu dazu
gehörigen Rechten erhob und auch die Erlaubniss gab, dass
ein jeweiliger Landeomtur im Revier von Siebeaeich des kleinen
Waidwerks, nemÜch Hasen, Fflchse und Wildvi^el zu fangen
oder zu schiessen, pflegen dürfe; eben so auch jäbriicb bei
Bozen an der mitern Etsch zwei Stttck Wild füllen bissen und
fortwährend einen eigenen Fischer halten zu dürfen, der anf
der Etsch den für die Comende Weggenstein nothwendigen
Bedarf an Fischen zu fangen befugt sei. O. A.
Am 25. December 1612 starb der Laadcomtur HörK Naeb.
dessen Ableben wurde ^ bis zum nüchslen Gross->Capitet ven
Deutschmeister Erzherzog Maximilian der bisherige Comtar «i
Lengmoos, Dlrich Freiherr von Wolkensteitt-Rodeneck, als Statt-
lialter ernannt und am 12. Jfinner 1615 von demselben als
Landeomtur bestätiget. — Während semer Verwaltung führte
im Jahre 1617 Wilhölm Freiherr von Khuen, Deu tscfaordea»-
Gomtur zu Trient, ab Hauptmann eine Compagnie hochdeutschen
— 188 —
ftssvirfks ia d^M bieg« m Ilaüen uod endete rillerlieli seia
Leben ror Ceeale. C^raf EhuentMehes ArckioO -^ Auf
Aufforderung der RegierangerSthe ztt hnsbruek bezeiohnetea
die LuideUbide euf dem am 8. August 1622 deselbet gehaUenen
Lmdtage den Deutacbordeos-Ritler Gandens Freibemi von Wol*
kenstein als vorzugsweise geeignet, als Feldoberst in Tirol an
die Stelle des verstorbenen Grafen Nicolau« von Lodron xu
treten. (BrandiSy Oeseh. d. Lande$haupU., Vorrede*J
Unter diesem Landeomtur Ulrich von WoUcenstein worde
die von der Dentschordens^Pfarre St. Leönbard in Passeir al>-
kingige Curatie Hoos errichtet. Als Feier Belle, Bischof von
Iiierapt»l1s, Weikbisehof und Genoralvicar von, Trknt, im Jahre
ifi21 nneh St. Leonhard zur Visitation kam, stellten ihm die
Gemeinden Uoos, auf Stuls, in Pill. und Hinlersee vor, dass
der Weg au ihrer Pfarre Sl. Leonhard so weit, dann im Winter
Sebnee und Eis., und auch Lawiaen, Muhren nnd anderes Un»
genach oft sie hindero, an Sonn- und gebotenen Feiertagen
den hl. Gpttesdienst in der Pfarrkireke za besuchen, wie mick
ans obigen Ursachen bisweilen Kranke ohne Beicht und Com--
monion ^hin sterben müssten. Nachdem der Weihbiscbof selbst
den Augeascheitt eiugenommen, ertheille er am 17. Kai 1621
die Erlaubaiss, dass daselbst an der U. L. Frauen- und Sanct
Nicohus-Kifehe em Curat angestellt werden dttrfe, welcher
diesen Gemeinden den Gottesdienst halten und die Sacramente
apenden sollte. Da aber die neu zu errichtende Cuiatie der
der Caaitiirei zu T^ient zugehörigen Dentscheniens-Pftirfe Sanct
Lemihard ugterworfen und somit der Landcomlur Ulrich von
Wolkenstein der eigentliche Pfarrer war, so wurde mit diesem
und mit. den Erben des Carl Fuchs als Gerichtsheerschaft dtiis-
wegen verhwidelt, und da diese beiden gegen die Errichtung
der Caratie nicht, nur keine Einwendung raacfaten, sondern dazu
ihre mOglicfbe Beihilfe zu leisten sich willig und verbunden
eiUfirten, aQ Wurde Im Jahre 1622 folgende Uebereinkunfl
getroffen; .die besagten Gemeinden besorgen die Herstellung und
Binhallung des WUams ; die Gerichtsherrscbaft schUgt bei einer
li*
— 164 —
jeweiligen Vacator dem Landcomtar einen ümglichen Priesler
Tor und dieser {Mlisentirl ihn dem Bischöfe zur Approbation;
ist diese erfolgt , so soll der Deatschordens-Pfarrer von Sanol
Leonhard denselben in Gegenwart der Gerichtsherrschaft instal^
liren, ihm seine verbneften Verpflichtangen vorlesen und dann
aas den Händen der Gerichtsherrschaft ihm die KircheoscUflssel
einhändigen. Der Carat ist schuldig, dem jeweiligen Land-
Comtur wie andere auf Deutschordens-Pfarren Gesessene den
Gehorsam zu leisten. Folgen nun Bestimmungen ttber seine
Verpflichtungen in Hinsicht des Gottesdienstes und der Spendong
der Sacramente. — Zum Bekenntniss der Pfarr-Unterthioigkeit
soll der Curat mit der Gemeinde an den drei Opfer-Kr^ztigett,
sowie am Fronleichnams- und St. Leonhards-Kirchweih-Tage
mit der Ptooession daselbst erscheinen und beim Gottesdienste
helfen. Im Uebrigen ist der Curat dem Pfarrer zu St. Leonhard
zu nichts verpflichtet; jedoch soH im Nothfalle jeder dem
andern die mögliche Aushilfe leisten» Die Stola-Gebflhr und
Oirfergeld steht dem Curaten zu, hingegen soll er sich in den
Zehent nicht mischen, sondern denselben dem jewefligen Pfarrer
von St. Leonhard unbehindert erfolgen lassen. — -Seine Besol-
dung mit 250 fl. erhalt er aus den Einkauften der Kirche. 0. A«
— Die Curatie trat im Jahr 1623 wirklich ins Leben.
Unter diesem Landcomtur wfire es bald zur Veräassening
der Gomende Trient gekommen. Im Jahre 1624 war daselbst
Comtur (xeorg Niclaus Vintler von Platsch ; sein Vorfahr daselbst
Gaudenz Freiherr von Wolkenstein , hatte deren Binkflnfle m
720 fl. verpachtet; die Ausgaben betrugen jahrlich wegen der
Theuerung 1400 fl. — Der Comtur Vintler berechnete im
Jahre 1624 die jahrlichen Einnahmen auf 772 fl. 26 kr. 0. A.
•— Am 6. April 1626 schreibt nun von Mergentheim aus der
Administrator, Johann Eustach von Westemach an den damali*
gen Landcomtur Ulrich Freiherm von Wolkenstein: es habe
ihn der Jesuiten-Provincial in Ober-Deuts2hland, Walter Mond-
brod, mündlich und schriftlich ersucht, seinem Orden die
Deutsch-Ordens-Comende zu Trient, welche sehr baoAIlig
r
I
— 166 — _
ihm! tn Einkttafleo so arm sei, das« sich ein Ritterbruder
daselbst niebt wohl erhalten könne , käuflich au dem Zwecke
tu «blassen , am darin ein. Jesnlten-Coliegium za errichten.
— Allein er trage Bedenken gegen solchen Yerkaiif, indem
die Comende an einem därch das letzte allgemeine Concillum
berfihnFten Orte liege, von wo ans der Ruf ttber die Veräasse-
rang der Comende überall sich verbreiten würde zum Schimpfe
des Ordens; zudem habe gerade diess Haus die forziiglichsten
Docamente der geistlichen Exemtionen, anderer Yortheile und
auch der Gründung zu geschweigen. — Auch könnte wohl der
ArsMiA dieser Comende durch Vacation und Zusammensparung
der jühilichen Einkünfte , oder . durch Hilfe anderer Comlureien
wieder aufgeholfen werden, dass ein Ritteii>ruder selbe wieder
mit Ehren bewohnen könne, wie es bisher in der Bailei Fran«
ken and anderwärts mit Erfolg geübt worden. Diess sei seine
Ansieht; der Landcemtur möchte mit den andern Ordensbrfl*
dern die Sache refflich überlegen, und dann ihre Meinung ihm
Bittheilen. O. A. ^
Jedoch der Landcomtur Ulrich Freiherr von Wolkenstein
starb noch im Laufe dieises Jahres am 26. Jänner 1626 nach
langwieriger Krankheit; anstatt seiner ernannte der Administrator
am 16. Februar 1627 den bisherigen Comtur von Schlanders,
Johann Gaudenz, Freiherm von Wolkenstein-Rodenegg zum
Landcomtur, and dieser wurde auch im Grosscapitel zu Mer-
gertheim am 19. Hai 1627 als solcher bestätigt. 0. A. —
An diesen neuen Landcomtur richtete nun Kaiser Ferdinand IL
am 30. Juni 1627 von Wien aus folgendes Schreiben: er
habe mit Wohlgefallen vernommen, dass sowohl er als der
Administralor des Hochmeisterihums geneigt seien, die dem
detttschen Orden zugehörige Kirche, Haus und Platz zu Trient
den Jesniten, welche sonst daselbst schwerlich einen geeigneten
Platz finden würden, gegen eine andere Wohnung und billige
Bntschädigong zu überlassen. Da er wünsche, dass die'JesuKen
baldmöglichst zu Trient ein Collegium bekämen, so empfehle
er ihm, die Sache nach Mdglichkeit za (brdern, damit das
— 166 —
Comende-Haus möglichst bald überlassen und eingeantworM
werde. Dafür erbiete er sich, das dem bisherigen Comende*
Hause ertheilte Asylrecht auf die neue Comende-WöhmiBg la
übertragen. 0. A. ~> Durch Schreiben vom ii. Juli 161^7
soHicilirte der Jesuiten-Provincial aufs Neue beim' Adramislrator
des Hochmeisterthums die Verhandlung wegen Uebeilassung dea
Comende-Gebfiudes su Trient an die Jesuiten, welche durch
den inzwischen eingetretenen Todfall des Landcomturs im
Stocken geraihen. — Demzufolge schrieb von Hergentheim aus
am 14. Juli 1627 obiger Administrator an den neuen Land«
Comlur Johann Gaudens Freiherr von Wolkenstein-Rodenegg :
er möchte dem wohlverdienten Orden der Jesuiten zu Liebe
ihrem Wunsche ger»e willfahrt sehen ; selber möchte daher des
Vorschlag des Austausches vom Jesuiten-Provincial vernehmen
und die Unlerhandlung beginnen und ihm dann darüber Bericht
erstatten behufs seiner femern Resolution. 0. A. — Die fernem
Urkunden über diese Verhandlung fehlen; jedoch geht aus
einem Schreiben vom Jahre 164S hervor, dass als der deutsehe
Orden einen Voranschlag des Tractals machte — und wahr-
schdniich überspannte Forderungen stellte, — die Jesuiten selbfit
von der Unterhandlung zurücktraten , und so ruhte denn diese
Angelegenheit, bis sie nach 13 Jahren wieder vorgenommen
wurde. —
Johann Caspar von Stadion, Administrator des Hochmeister«-
thums, sehreibt am 15. Februar 1631 an- den Lendeomtur
Johann Gaudenz Freiherrn von Wolkenstein : er habe dessen
Sehreiben vom 24. November 1630 erbalten, worin er sich bei
ihm entschuldigt, dass er die auf Jacobitag zur katholiseheii
Liga zu leisten versprochene Contribution von 1000 flL nicht
leisten könne, bis die Infection an den Gränzen etwas nacfalasfle,
auch der Verkehr wieder etwas in Gang komme ^ und um
Geduld gebeten; somit habe er bisher die Sachen anstehen
lassen. Zwar wollte er gerne ihn und die ihm anvertratite
Bailei noch länger verschonen , da er aber fast tügJich ^ur Ab*
ffihrung der ihm und dem Orden auferlegten Contribution
— 167 ^
genakol werde und die BaUei Franken so^ht Last wioM^liGh
erKhwiDgea könne, so köane er ihn unmdgiich verfichonen mit
Anfforderimg zur Leistung der besagten Summe, um ao mehr,
da die hfedion an den Gränaen nachgelassen, aock der Friede
eingetretea. Daker soll er alsbald eine starke Sumaoe nach
Ifimberg senden n Defaicirung der ihm sugelheilten Qoota
and »um der capltobrischen Verwilligung ein Genüge au
leislen. O.A.
Dieser Landcomtur Jobann Gandenz Freiherr von Wolken-
stein.Rodenegg starb am 2. Februar i637; in leUterer Zeit
halte er nach noch den Titel: rl^m. kaiserlicher Majestät Kriegs<<>
Oberster gefDhrt. — Auf ihn folgte Georg Niclaus Vintler von
Ptalsch SU Heilsberg; dieser erscheint in Urkttnden vom Jahre
1626 — 1635 als Comtur zu Sterzing. Wahrscheinlich wurde
€r nach dem Tode seines Vorfah^ers anfangs nur als Statthalter
and erst 1641 als Landcomtur bestellt; auf seinem in der
Comende zu Lengmoes befindlichen Poctrftte heisst es: wurde
Landcomtur der Bailei Elsch 1641.
Unter diesem Landcomtur tauchte wieder das Bemtthen der
Jesaiten, die Comende zu Trient vom deutschen Orden an sich
sa bringen auf. Der schon erwähnte Johann Caspar v. Stadion,
Administrator des Hochmeisterthums , schreibt vom kaiserlichen
Basptqttartier Vacha aus am 25. Juli 1640 an Georg Niclaus
Tmkler, Statthalter der Bailei an der £tsch, Comtur zu Weggen-
slön : er habe nicht bloss vernommen, dass die Ordens-Comende
io Trient ziemlich dem Untergänge zugehe, was er ungern sehe
und nicht gestatten könne, sondern entnehme diess auch aus
einer Bittschrift, der Jesuiten. Et möchte nun die eigentliche
Beschalenheil der Comende wissen, und verlange daher von
ihm daröber Bericht* Zugleich prägt er ihm ein, sich den
Dienst Gottes und die Armen wohl befohlen sein zu lassen. 0. A.
Gleichzeitig gab selber aber auch den Jesuiten eine abschlägige
Antwoil, — In der nemlichen Angelegenheit schreibt a!m
4. Febmar 1641 von Meigentheim aus derselbe Administrator
des Hoehmefetmrthums an Gciorg Niclaus Vintler, Statthalter der
. — 168 ~-
Ballei an der Etsc^ und Comtar zu Weggeosteiu : wass dessen
am 26. August 1640 wegen Verttusserung der Comende Trieat
ihm übersendete Bedenken betreffe, so lasse er es, bei dem
dem Jesuiten-Provincial am 25. Juli 1640 gegebenen Bescheide
bewenden und trage ihm auf, diese Comende dem Orden xu
Nutz und Ehren in gutem Bau und Bestand zu erhalten; soll
sich den Dienst Gottes und die Armen empfohlen sein lassen.
0. A* — Auch der nach dem. Tode Stadions erwtfhlte Admini^
strator des Hochmeisterthums, Leopold Wilhelm, Erzherzog von
Oesterrdch, Bischof zu Strassburg, Halberstadt, Passau und
Olmütz, kaiserlicher General über die kaiserliche Armada und
Gubernator des Königreichs Böhmen, erliess an den nunmdirigen
wirklichen Landcomtur Vintler von seinein Hauptquartier zu Neiss
aus am 26. Juli i642 ein Schreiben: er habe ihm schon noi
11. Juni d. J. von Wien aus befohlen, ihm umständlichen
Bericht wegen Verwechslung der Ordens- Comende zu Trient an
die Jesuiten, — welche Graf Gallas begehre, ^ einzusenden^
und da er seitdem vernommen, dass diese Comende nicht bloss
an Gebäuden 9 sondern auch in andern Dingen sehr berabge-
kommen, so möchte er auch die Ursachen davon wissen, und
verlange von ihm nicht nur Bericht darüber, sondern aucli
Vorschläge, wie diesem Zustande abzuhelfen sein möchte. 0. A..
In Folge dieses Auftrags hielt der Laqdcomtur, der damals
zugleich auch Gerichtsherr von Laudegg war, am 22. Septem-
ber , 1642 zu Weggenstein ein Gapitel mit Johann . Oswald,
Freiherm von Hendl, Comtur.su Sterzingen, Christoph Trapp,
Comtur zu Schlanders, Virgil Vintler, Comtur zu Trient, und
Hans Weidmann, Deutschordens-Priester und Pfarrverwa|ter zu
Mareit; nach reiflicher Ueberlegung fassten sie folgenden Be-
schluss : Obschon der Orden keine Ursache htftte, diese Comende,
welche derselbe wegen bequemer Lage und grosser Ausdeh-
nung sehr geschätzt, zu vertauschen, so wäre man doch auf
starkes Andringen der Jesuiten geneigt, ihnen die Abwechslung
zu gewähren, aber unter folgejaden Bedingungen: 1) die P. P.
Jesuiten sollen den freiherrlich Völsischen Palast, der eben feH
r
— 469 —
Bei, oder eisen andern annehadNiren Palasi sammt einem fireien
Raam dabei zum Asyl kaufen und dem Orden überlasaen.
2) Alle auf diesem Gebfiude elwa haftenden Lasten auf ihre
Kosten ablösen. 3) Dameben eine Capelle und Kirehhof ihn.
lieh denen der bisherigen Comende auf ihre Kosten errichten;
der Orden nhnml auch alle Ornate der alten in die neue Capelle
mit. 4) Sollen die Jesuiten es erwirken, dass das Asylrecht
und andere Immunitäten, RegaKen und Rechte sowohl kirdüiche
ds poitisehe, welche bisher dem alten Comende-Gebände
inhirirend waren, auf das neue übertragen werden; endlich
5) noch flberdiess dem deutschen Orden 20,000 fl. in baarem
Gelde bezahlen. 0. A. — Man sieht, die Forderungen an die
Jesniten wareir derart gestellt, dass sie einer abschlägigen
Antwort gleich kamen. — Am 29. September 1642 theilte
der Landcomtur Vintler dem Administrator des Hochmeister-
thums diesen Capitelbeschhiss mit nnd begleitete ihn noch mit
einigen Bemerkungen : bereits im Jahre 1627 wären die Jesuiten
abscU^ig beschieden worden, ebenso auch vom verstorbenen
Administrator im Jahre 1640. Die Comende Trient geniesüe
enie sehr heitere, bequeme und gesunde Lage, welche sonst
schwer xu finden, und sei dazu in der durch das letzte Con-
ciliom so berOhmten Stadt gelegen; zudem habe selbe einen
Wein* nnd Krautgarten von bedeutendem Umfange, dass selber
sdioB in ' einer solchen Stadt ,^ abgesehra von den Gebftuden,
viele tausend Gulden werth wttre und Jähriich einen bedeuten-
den Ertrag abirerfen könne. Ferner gehöre zur Comende eine
■tthie , welche jährlich 120 Staar Getreides zinse und zvdem
der Comende das oothwendige Getreide umsonst mahle. Zu-*
den sei das Gebäude standesmässig nach Ordenssitte mit Zim-
meni. In- und Zugebäuden genugsam versehen, habe einen
grossen schönen Hof und bequemen Asylort; die Ordens-Capelle
sei mit räumlichem Friedhofe versehen» von aussen zwar ein
äUicbes, jedoch starkes und seines Alt^v' wegen werthes Ge-
bäude, von innen aber lieblich und nach neuer Form berge-
woniaf der Comtur Wilhd» Khuen aber 2000 fl.
- m -
verwende! Irabe« — Was das aiigebtieiie Abuehmea des Hauses
betreffe, so wisse er keines, als dass in Lftoge der Zeit 4i^
iedachvng etwas bauffiUig geworden and zwar desswegen,
weil die Conende meistens durch Amtteate beseist gewesen,
da von den Einkanften der Comende ein Riller geringen Unter-
halt ziehe und dcsswegen selbe nicht immer von einem solehea
bewohnt werde; das schadhafle Dach kiVonte jedoch mit weni«
gen hundert Gulden stattlich reparirt werden, was auch bereit«
geschehen wflre, wenn nicht das ESnhommen «ur.AbzahluBjg der
alten Schuldenlast hfitte verwendet werden müssen» — Daher,
wenn durch die Verwechslung einem Ordensritter nd>st der
standesmässigen Wohnung nicht auch an wirUk^kem Einkorn«
men ein ergiebiger Zuwachs erzweckt werden- könne, sei es
nicht rfitblich ein solehea altes, berQhml^ und gut gdegeoea
Rilterhaus gegen einen andern unzubereiteten Ort umzutauschen.
— Schliesslich was die von den Unkosten des jOngslen regens-p
burgischen Reichstags auf seine Bailei repartirten 355 fl. 54 kr.
betreffe , so wünschte er wohl , selbe alsbald an die Hergentn*
heimische Rentkammer einzusenden, da aber die Einkflafte der
Bailei meistens auf Wein und Getreide fundirt seien, und- selbe
erst bis Lichtmessen zu Geld gemacht werden könnten, so bitte
er bis diesen Termin um Geduld. 0. A.
Auf die vom Landcomtur dem P. Joseph Feurstein, Reotor
des Jesuiten-^Gollegiuros, mitgellieilten Bedingungen des Capitri-
Beschlusses äusserte sich letzterer folgendermassen: s^er aei
ans Mangel genügsamer Information geBossen und die geslellteo
Bedingungen würden die ganze Verhandlung vereiteln zum Nach*
theil des deutschen Ordens. — Die Comende sammt Garleo
und Mahle seien höchstens 12,000 tL werth, hingegen der
angebotene Völsische Palaat 12,000—13,000 0.; sollte nun
die Societfit noch dazu die übrigen Bedingungen erfttllen und
darüber noch 20,000 fl. zahlen , so würde ihr das zaaammea
bei 36,000 fl, zu stehen komoMu, wofür sie sieh fast ein ganz
neues Collegium erbauen köoate. Er hätte geglaubt, der deutsche
Orden sollte sich mit Ud^rlassung des Völsischen Palastes,
r
— 171 -^
Hersldlang einer neuen Capelle und Friedhofs und 2 — 3000 fl.
Compensation begnügen. Die SocieMI biete folgende EuUckä-
digmg mr Ueberiassung der btsberigen Gomende aammt GarlM
und Mdhle: den von den Herten Hieronymus und BonaTentura
Qnefla i€28 eriianflen Palast in der Gontrada larga, welcher
ihnen auf 14,986 fl. an stehen komme; darüber noch eine auf
ihre Kosten zu erbauende Capelie, und nebstdem noch eine
Donation von 2000 Thalem; oder aber die awei Jobischen
HiDser, atif 5000 (1. gesehltzt; daza wolle sie von Rom und
den erzherzogltchen Patronen die Ein?erleibnng des den Jesuiten
verliehenen Benefißiums zu Sigmundskron , weldhes 15,000 II.
CapitaKen hat, in den deutsdien Orden erwirken, somit ausanw
«en 20,000 fl. Capital; 3000 fl. davon als Donation und
5000 fl. für Erbauung einer neuen Capelle ; oder endlich -dem
deutschen Orden nebst EinrUamang obgenamiter zwei Jobischen
Hfiuser noch 8300 fl. Capital flberlasaen, 0. A.
Am .21. Oetober 1642 schreiben der Deutschordeos-Canzler
und Rithe zo Hergentheim an den Landeomlur Vintler: sie
hutten es am liebsten gesehen, dass der Antrag der Jesuiten
wegen Vertauschung der Gomende zu Trient in den Ansdriicken,
wie von seinem Vorfahrer setigen, nerolich : man soll ihn damit
nicht femer bdielligen! — von ihm beantwortet wordeirwäre;
sie stellen jedoch die Sache dem höhern Uriheile unter. 0. A.
— So sog' sieb die' Unterhandlung noch bis zum Jahre 1646
fort; der Administrator Erzherzog Leopold Wilhelm war dem
Austausche auch unter mildem Bedingungen nicht abgeneigt;
Ja er schrieb sogar am 22. August 1644 von Wien aus an
den Landcomtnr Yintler: er habe die Balteien Elsass, Oesterreich,
Coblenz, Pranken, Blessen uiid Westpbalen nebst seiner Regie-
rung zu Hergentheim um ihr Gutachten in Hinsicht obigen
Austausches angegangen und alle, mit Ausnahme der Regie*
rang und des Landcomturs in Praahen , stimmten für die Ab-»
wechslung unter den Bedingungen des Capitelbeschiusses, aach
wenn die geforderte Summe von 20,000 fl. in etwas ermiHssigt
wirde. Er «olke^ mit den Jesiillea verhandeln und das Resultat
— 171 -
derselben seiner Zeit zor Begufachtuag ihm xusenden. 0. A. —
Allein die von den Jesuiten gemachten YorscUfige sagten dem
ohnehin gegen den Verkauf gestimmten Landcomtor Vintlet
gar nicht zu ; er schrieb daher An 29. November 1644 an den
Administrator : es sei am Besten , dkr Sache auf sich beruhen
ixL lassen, und am 18. Hai 1646 schrieb derselbe an seinen
Agenten in Trient : es werde sehr wahrscheinlich P. Gravenegg
wegen Auswechslung der Comende za Trient mit ihm verhan-
deln wollen; er seäe demselben nur beständig antworten: der
Landcomtur sei entschlossen, bei den Bedingungen des CapiteU
Beschlusses stehen zu bleiben und in nichts davon abzugehen;
wollten die Jesuiten seihe nicht eingehen , so sollten sie ihn
und den Deutschordens-Adminislrator femer nicht mehr wie
bisher behelligen; er werde ihnen keine Antwort mehr geben.
0. .A. — So zerschlug sich die Verhandlung w^gen Verwechs-
lung des Gemeinde- Gebäudes an dem unbeugsamen Stansimie
der Deutsehordens-Ritter, um nach 27 Jahren die gftnziiehe
Veränsserung aller Besitzungen der Comturei unter einem weit
geringem Preise realisiren ^u können I
Im Jahre 1655 erlaubte dbr Landcomtur 'Vlntler die Er-
bauung einer Capelle in dem zur Deulsehordens^Pfarre Leng^
moos gehörigen Weiler Unter-Azwang, deren Erbauung HelcUiMr
Azwanger zur Zeit der in den Jahren 1635 und 1636 regieren^
den Pest verlobt hatte, sowie die Stiftung dreier vom Pfarrer
zu Lengmoos zu besorgenden Hessen daselbst; geschehen am
12. Jlinner 1655. 0. A. — Uebrigens. machte sich dieser Land«
Comtur Georg Niciaus Vintler, Gerichtsherr der Herrschaft
Laudegg , um die ihm anvertraute Bailei verdient , dass er tm
Jahre 1657 verschiedene Crrundstttcke zur Bailei ^kaufte, und
überhaupt vei-pftindete einlöste, die Güter mit bedeutenden
Kosten verbesserte, namhafte ältere Schukfen der Landcomende
tilgte und ein kostbares schönes Silberservi^ anschaffte , und
noch am i. December 1661 das FrOhmess-Benefieium bei der
Deutschordens-Pfarre Lengmoos stiftete mit Vorbehalt des Patro^
nats*Rechts für den deutschen Orden. — Gegen finde Decembevs
— 17S —
1661 slwb er nach 23jihriger guter Verwaituig. -- Auf ihtt
fdgte ab Lndconliir
Johann Jaeob Graf von Tbann, wirklicher kaiserlicher
CanaMrer; er war am 24. April 1657 eingekleidet worden
nad nachdem er vom Jahre 1657 bis 1662 in Siebenbürgen
und Ungarn tapfer gegen die Türken gekämpft, im 23. Lebens- ^
Jahre am 11. Fri»niar 1662 ehmtweilen snm Statthaller ernannt;
erat am 31. Hai 1662 erfolgte seine Bestfttignng als Land^
Gomtnr dardi den Administrator Bnhenog Leopold Wilhelm.
O. A* — Gleich beim Antritte seines Amtes drohten ihm Ver-
wicklnngen mit der Landesregierung ; der Landesfürst Eraheneg
Ferdinand CM stellte an die Regierung die Anfrage: ob es
nicht wegen bindesfürstiichen Interesses erforderlich sei, bei
der luTcntirung der HinteriassenschafI des verstorbenen Land-
Comtnrs Yintler Jemand von der Landeshanptmannschaft dasn
nbsnordnen; allein der Prilsident, Cander, die Regenten und
mthe der oberOsterreichischen Regierung erwiederten hierauf
am 15. Februar 1662: sie hfltten gefunden, dass weder bei
dieaem noch andern dergieipben TodfUUen von Seite fürstlicher
Dttrchbacht etwas vdhnnehmen sei; sondern vermOg püpsfilicher
ancb hals. kdn. Exemtionen Alles und J^des, auch die Wahl
des Landcomtnrs und der Comtnre den Administratoren des
dentsehen Ordens- als ordentlichen Oberherren zustehe und nur
nach geschehener Wahl des Laadcomturs der Erwühlte dem
Landeefilrslen als Schutz- und Schirmherm zur Eingebung des
Possesses prüseatirt werden und diesem dann schwteen und
der- Unterwürfigkeit halber einen Revers ausstellen müsse.
Allerdings l)ei Betrachtung dieses Reverses der Landcomture
Buchte es Schemen, dass fürstliehe DnroUaucht befugt sei,
bei der Abhandlung der Hinterlassenschaft eines Landcomture
Jemand anwesend zu haben, um zu wissen, ob von den Ordens-
Gileni und Einkommen mchts ausser Land , verwendet worden,
da eia Landcomtar wie ein anderer Landsmann sich unterwürfig
nacht aad folglich bei Inventirung seiner Hinterlassenschaft die
liadcsfflrftliche Jurisdiction nicht sollte bei Seite gesetzt werden.
— 174 —
Allein aus obifen flrflbdeD, und Wtftil der Qrde« im c^ai«-
theillgen Falle alsbald ttber PrfljudiciraDg aeiier Freiheiitea- \mm
Grossmeister Enherzog Leopold sich beklagen würde « 8ti es
tttchi rftdilich. — Da auf nochmajige Zuscbrift des Enberaogs
Ferdinand Carl selbe am 26. April d. Js. oeuerdiigs attiworte*
ten : es sei nicht rftlUich; der Brzheraog- möge mit dem Qroflft-
meister darttber uoterhandeln ; so beliess er es eitdlieh daseh
Rescript vom 13. Hai 1662 beim bisherigen Herkommen, aar
mit dem, dass die Kegieraiig dUftJi den Landesbaiiptman«
sorge , dass der ernannte Landcomlur nicht Possess ergreife,
be?or er den Revers ausgesteili habe* QStaUK'^Arekh»,') —
l>ooh dieser Revers iiess auf sich warten; sehr wahrsebeiiilidi
durch den Hoch- und Deutschmeister selbsl disn aufgefordert»
woNie der neue LandcoiAtur Thunn sieh nickt dazu ventefaen,
diesen hfstigen Revers auskuslellen. Am 20. Februar 1663
klagt die oberösterreichiscke Regierung bei dem neuen Landes-*
fttrsten Brakerxog Sigmund Frans, dass der neue Landcomliir
bisher unter nichtigen Ausflachten die Ausstellung des Reverses
verxOgert. habe; sie raihet also dordi den Landeshaupiniann
demselben einen achttägigen Termin dazu zu stellen omI im
fortgesetzten Weigerungsfälle auf die iandcomturllchen EinklliiAe
und Nutzungen Beschlag zu legen. Am 28. Februar, bestitigte
der Erzherzog diess Gutachten mit Befehl der Volfadehm^^
CStatth.^ArchioJ — Endlich Anfangs Harz 1663 lief der
geforderte, bereits am 12. Februar ausgefertigte aber venOgerle
Revers ein, und dadureh ward jene Beschlagnahme gehoben.
CStaiiti.'-ArehioJ
Was sein Vorfahr unter gttnstigeo Bedingungen auf An-
langen der Jesuiten durchaus nicht zugeben wollte, nemlich
den Umtausch des Comende-Gebäudes zu Trient , das sah sich
der Laiidcomtur Thunn geaOlhigt, aus wichtigen Gründea von
freien Stücken zu beantragen. Ja noch mehr, nemlich dkt
gänzliche Auflassung jener Comturei. — Im Jahre 1669 klell
derselbe eine Generalvisitation der Raliei und in Folge derselben
am 6. September 1669 in der Landcomeode Weggenstein ein
_ 176 —
CbpM iB Ocgeawart d» Bn. Bkrauirich von Pteyiach sii
KatieniiiDgeii, Comio» ib LengmoM, und trog uDter ABderm
tw: ei wire der BaMei seht »iMglich^ wenn die Comendie
Trient mmt den dam gehörigen Binkllnflen und Gereehlig«
keüen veiineB^ and der KaufsehlUing aof dem Grunde langes*
füntfcker Jnrisdielion «im Ankaufe von Grand- und HerieiH
CSttlen Ycrwendel würde, and zwar $m folgenden GrOndea;
i) sei der Brlrag dieser Comende so seUeehl, dass ein Comtur
sich nidit erhalten könne ^ weaswegea selbe fUr ein jährliches
Bestandgeld, welches jährlich nur 630 fl. abwerfe , in Pacht
haue flberlassen werden müssen; 2) sei man wegen dieser
Comende and des Ordens Freiheiteo mit den Trientnern in
bestilndiger Differenz, zu deren Beilegung ein grosser Theil
des obigen Pachtgeldes verwendet werden müsse; 3} hätten
sich die Trientner erfrecht, des Hauses Freiheiten zu verletzen,
indem sie sowohl zn seinen als seines Vorfahren Zeiten gegen
das demselben zustehende Asyl-»Recht dorthin sich Flüchtende
mit Gewalt darans entführt hiltten; da Trient an der Gränze
von Italien gelegen, wo ji^hrlich viele Mordthaten vorfallen, und
viete H&rder das Asyl-Recht in der Cemende suchen, so sei
daran dieselbe vielfältigen Ungelegenheiten und Unkosten aus-
• gesetzt; 5) sei die Comende in solcher Unsicherheit, dass
nnUingst bei heHem Tage vom hohen Stadtthorme , unwissend
aas welcher Ursache, auf selbe herabgeschossen worden, wobei
der Amtmann und die Seinen in grosse Lebensgefahr gerethen;
6) darch oben iierflhrte Verhältnisse der Trientner zur Comende
emnthigt, hatten viele der Comende zinspflichtige Pariheien
ihre Pflicht abgeleugnet, wohl wissend, dass der Orden wenig
Sdmls finde^ und dadurch seien nicht wenige Zinsgilten dem
Hanse verloren gegangen ; 7} endlich sei das Comende-Gebäude
so baafiillffg, dass es mehr einer Ruine als ein^ Comende
gleiche, oad zn deren Wiederherstellung etliche tausend Gulden
erforderlich wären. — Aus diesen und andern Gründen halle
er es für thnnlicher, die ganze Comende Trient zu veräussern
and den &lOs auf Ankauf erträglicher Effecten zu verwenden,
— I7f —
die dann der dem Orden sngelittrigen Pfme Laaa iacorporirt
und dadurch selbe m einer Ordens-Conende erheben werdtsB
könnten, auf welcher ein Ordensritier wie in andern Comendea
sich gut ztt erhalten im Stande wfire, was der Bailei snr Ehre
und Nutzen gereichte. — Das Capitel billigte diesen Antrag
und beschioss zugleich, bevor man die Suche an den Hoob-
und Deutschmeister gelangen lasse, sdbe zuvor dem Comlar
von Sterzing, Georg Balthasar Yintler, der wegen KrUnkliehkell
dem Capitel nicht beiwohnen konnte, zur Begutaehtang ndtiiiF*
theHen. 0. A.
In Folge dessen gab Im Jahre 1671 der Hoch- and
Deutschmeister Johann Jacob von Ampringen mit Wissen des
General-Capitejs dem Landcomlur Thunn die Erlaubniss, die
Comturei zu verfiussem, mit der Bedingung, die erlöste Summe
zur Wiederaufrichtung der dornende und 'Pfarre Lana, wdche
vor Zeiten eine Comende gewesen sein soll *) , zu verwenden,
damit so die Zahl der Comenden wieder complet würde. 0. A.
-- Der Landcomtur Graf Thunn schritt nach erhaltener Er«
laubniss ungesäumt zur AusfOhrung; in dem Zeiträume vom
30. Juni 1671 bis 9. Juni 1673 verkaufte er durch seine Be-
vollmächtigten alles zur Comturei Trient Gehörige, und zwar
am 5. September 1672 das Comende-Gebfiude zur hl. Elisabel*
gelegen bei St. Maria Haggiore sammt Kirche, Garten und was
dabei gelegen, insgemein il Fralemanno genannt, dem P. An-
ton Spinelli, Thealiner und Beichtvnter des Ghurfttrsten von
Baiern, als Gewalthaber der Theatiner oder Cajetaner um
3375 fl. **); die verschiedenen Grundzinse an Verschiedene für
10,218 fl. 6 kr. und die Zehenten fdr 1890 0. — Somit betrug
der Gesammt-Erlös nicht mehr als 15,483 fl. 6. kr. 0. A. —
So endete nach (last 400jahrigem Bestände die Deutschordens-
^) Hierin war der Hoch- und Deutschmeister im Irrthume, denn
7A\ Lana war nie eine Deutschordens-Comende.
*♦} Die Thealiner erriclilelen dort ein Kloster ihres Ordens, welches
aber i. J. 1727 in den Besitz der Ursulinerinen überging.
Conende Trieat, ood die Deutseliordeiu^BftHei an der Eteidi
wurde dadureh bloss aaf Deatsoh*Tirol beschränkt
Wl dem erlösten Gelde kaufte der Ltndeomlar Graf Thuna
TO« Johann Emanuel Graf von Ans , baiertschen Kanmerberra
lind dessen GenaMm Maria Sosaami Payrin von Caklif iind
Aitkhen am 22. September i672 das ehemalige Sefarofen-
^ieinisdie und niuimebr Payrisebe Urbar, nemiich an Geldaeios
50 fl. 42 kr.; 8 St. Waisen, 54 Sl. Roggen, 1 St. Gerste,
22 St. Eotter, 5 Hahner, 17 Gapfinner, 2 KiUe, 1 grauea
Hasen, 6 Schweinschultem und 30 Eier; dann 3 Ihm Wein,
85 Ihm Host nnd 4 Ihrn^Laitacher Host, zudon von 5 Gtiiera
gamseo, von i halben und von 1 d^/Dritiheil Zehent; davon
nmssten aber wieder 19 fl. 30 kr« hiiiausgezinst werden; Alles
am 8800 fl. rh. , welche Summe er den Verfcftufero alsogleich
erlegte. 0. A. — Weil aber der Vormund der Benedict von
MamiBgischen Kmder gegen diesen Verkauf Emspracbe that^
weil er das Ablösungsreeht mehrerer dieser CHIIen prfttendirte^
so kam unter Vo^mittlnng de^ kaiserlichen Commisaärs Franc
Freiherra von Enzenberg am 19. Mai 1673 ein Vergleich zu
Stande, vennOge welchem am 28. Juni. 1673 der Landcomtai
des Friedens halber für 1900 fl. einen Theil dieser Gilten de»
y. Hamming ttberliess. 0. A. — Da die anstatt der aufger
gebenao Comende beabsiefaiigte Errichtang einer Comende zu
Lina aus uns unbekannten Gründen nicht zu Stande kam, so
Tomnigte der Landcomtur das Uebrige des obigen Urbars mit
der Laudcomende Bozen.
Unter diesem Landcomtur erstand auch die St. Antonius-
Kirelie xu Klobenstein bei Lengmaos; da die in der Sommer-
frische dort weilenden Herren und die, Gemeinde , besonders
Hr. Caspar Aichholaer, Pfl^sverwalter auf dem Ritten, aus
ehristiichem Eifer unter dem Schutze des hl. Antonius eine
Capeüe daselbst zu erbauen wilnsehten und dazu nicht bloss
von der landesfarstlichen Herrschaft, einen Grund, sondern auch
durch fromme Beisteuern so viele Mittel erhalten hatten, dass
daa fromme Werk ausgefOhrt werden konnte, so wandten sie
12
_ 171 _
sich zuerst an deo Landeomtar Grafen Tlaao , ab von Ordeu
wegen ordentliciien Pfarrherrn so L^gmoos, damit selber ihieii
zur Terwirkiioliiing ihres Vorhabens seine Einfril%ong geben
and verhilflicb sein möchte. Diesem iöbliohen Vorhaben war
der Landeomtur als besonderer Verehrer des hl. Antdains nicht
abgeneigt, jedoch da sein pfarrKches Amt erforderte, dass
Alles den gefstUchen Constitutionen gemäss vorgenommen md
der Pfarrkirche als Hutterkirche dadurch an tfaren Reehlea
nichts benommen würde, so traf er mil ihnen am 6* Oclober
1672 eine Vereinbanmg des wesentlichen Inhalts : der Verefai
besorgt den Bau nnd die Einweihung der Capeile ; selbe unter-
steht als Filiale der PAirrktrche su Lengmoos; cur EinhalUug
der Capeile <Src. werden darin vier Jährikhe GotteadieBste
gestiftet, die der Pfarrverwalter besorgt; ohne Erlaubniss des
Laadcomtars darf in derselben kein Begräbniss oder Kirchen-«
Stuhl überlassen werden , damit den Rechten der Pfarrkirche
nicht derogirt werde; das daselbst fallende Opfer soll xam
Besten der Capeile mit Zustimmung des Pfarrverwalters ver*
wendet werden. An Sonn-- und Feiertagen während des Haupt-*
Gottesdiensles in der Pfarre darf daselbst nicht Messe gelesen
werden und an den fünf Hauptfesten des Herrn, sowie aas
Patrocinlum- und KIrdiweihfeste der Pferre überhaupt keine. — *
Sollte Je daselbst ein Beneficiam errichtet werden, so darf es
nur mit Zustimmung eines jeweiligen Landoomlurs gesehebea^
und jeder neue Seneßciat muss demselben als Pfarrer ptifseatift
werden. 0. A.
Uebrigens war dieser Landcomtar Graf Thunn ein sehr
frommer nnd wohlthfttiger Mann; sjßin Lebfaearedner Johann
Jacob Glier^ Capitular der Bailei, Dr. der U. Sdirift, aposto-«
Kscher Prothonotar und Deuts^hordens-JYaiTer za Lepgmoos,
prdst an ihm, dass er 5 — 7 Stunden füglich mit Gebet und
Betrachtung zubrachte; fehlte es ihm unter Tags wegen G^^
Schäften an Zelt dazu, so musste die Nacht dazu herhalten. •—
Oefters und sehr gerne hielt er sich in der Comende Schlanders
auf, thells wegen der gesunden Luft, theils auch um dea
— 17» ^
störenden BesocJien, denen et zu Bottn «usge^eUt wBr, jui
entgehen. Zu Sohhinder« spendete er bei seinein lägüchea
Gange in die Pfarrkirche 3 — 5 fl. Almosen ; den Capn^inem
und Franciseanem wochentlicb eine bestimmte Portion Fieiscb
ond monatlich eine bestlainte Portion Wein, ond den Armen
zn Bozen wochentHch und auch täglich reichliches Almosen.
Zn Schhmders errichtete er in der St HIchaels-Ca pelle die
Braderschaft zur doppelten Angst Christi am Oelberge und auf
dem Calvarienberge, welche Papst Innocens XI. am 10. Septem-
ber 1687 bestätigte. — Am ersten Sonntag nach Ostern 1689
Int er mit einem Capfan und vier Bedienten, alle in Pilger-«
Uettfem, incogntto to« Bozen ans zu Fuss eine Pilgerfahrt nach
Padna und Loretto an ; so oft er das hl. Haus daselbst besuchte,
▼erweilte er daselbst durch voDe 3 Standen kniend. — Auf
den Ordensbesitsüngen zn Siebenaieh Hess er zu Ehren des
hl Antou'tts ehie schüne Capelle erbauen ; am 2« April 1689
legte der infultrte Propst von Griess, Jacob von Fedrizzi, fbier«
lieh daza den Grundstein, und am 1. August 1690 stand sie
vollendet da; der Landcemtur zierte sie mit einem schönen
Harmor-^Altare und kostbaren Kircben-Parameaten , und der
nemtiehe Propst weihte selbe am 5. November d. X feierlich
eni. O. A. — Dabei veraachläasigte er nicht das materiele Wohl
der ikn anvertraalen Bailei; denn diesem auf seine Kosten
gefUirten Baue fügte er auch jenen des Hairhofs-^WohngebäudQS,
des Sirchhof-Gebfiades nebst andern Baulichkeiten aus eigenen
Ktteln bei, so wie er auch mehrere tausend Gulden aus Eigenem
aof Veibesserungen der Ordensgüter verwendete. — Nachdem
er 39 V2 Jahr die Baliei guf^ verwaltet hatte, starb er am
2. September 1701 zu ScUanders im 62. Jahre seines Altera*
— Za bemerken ist, dass unter diesem Landcomtur im Jahre
1700 folgende und darunter sehr ansehnliche Pfarren und Bene-
Ocien zur Bailei an der Etsch gehörten ; nemlich in der DiOcese
Tffeat die Pfarren: 1) Lana mit 2 Cooperatoren, 2) Sankihein
mit 2 Cooperatoren, 3) Passeir mU i Cooperater, 4) Lengmoos
wut 1 Oaoperator, 3) Dnterinn mit 1 Cooperator, 6) Wangen
12»
— 180 —
ohne Cooperator, und die Caratien: Moos, Gargazon, TMIan;
endlich die Frühmess-Beneficien zu Lengmoos und Untenan. —
Alle diese Beneficien zahlten im Jahre 1700 937 R. Ballei-Con-
lingent. —^Ferner in der Dlöcese Cur die Pfarren: i) Schfam-
ders m)t 2 Cooperatoren und 2) Laas ohne Cooperator, und
di^ Curatie Harteil. — In der Diöcese Brixen: 1) die Pfarre
Sierzing mit 3 Cooperatoren sammt den Curatien Ried nnd
Gossensass, 2) die Pfarre Hareit mit 1 Cooperator. — Die
mehreren dieser Pfründen waren dem Orden förmlich incorp<n-irl.
Nach des Landcomtnrs Grafen von Thunn Ableben wurde
Georg Fridrich Graf von Spaur, Comtur zu Sterzing^ chur-
baierischer Cfimmerer und Obrist tibear die Landmiliz In Tirol
als Statthalter der Ballei an der Etsch ernannt. Bereits noch
bei Lebzeiten seines Vorfahrers hatte derselbe als dessen Ab*
geordneter dem am 12. Juni 1700 zu Hergentheim gehaltenen
General-Capitel beigewohnt. — Im Jahre 1703 wurde er als
Statthalter bestätigt. — Während seiner Verwaltung hielt Im
Juni 1702 Johann Heinrich Hermann Freiherr von Kagehegg^,
der in diesem Jahre der Ballei an der Etsch einverleibt und
zum Comtur von Schlanders ernannt worden, Im Auftrage des
Hoch- und Deutschmeisters Franz Ludwig, Herzogs von Pfalz-
Neuburg, zugleich Bischof von Breslau und Worms, eine Visi-
tation der Ballei, wobei er wieder die Erhebung der Deatsch-
Ordens^Pfarre Lana zur Ballei beantragte, und In seiner Relation
Ober die Visitation, dat. Sterzing 8. Juni 1702, auch diesen
Vorschlag vorbrachte; dieser wurde auch durch Erlass, dal.
Breslau am 23. August 1702 , vom Hoch- und Deutschnn^ister
gebilligt, auf dass dieZahlder Ordensiitter in der Ballei an
der Etsch gemehrt würde;, derselbe meint, man solle bei
allenfallsigem Tode oder sonstigem Abtreten des jetzigen Pfarrers
von Lana dessen Stelle einstweilen unbesetzt und die Seelsorge
durch einen Vice-Curaten oder Cooperator besorgen lassen,
und dann von ihm fernere einschlägige Verfügung einholen.
0. A. — Laut Schuldschein entlehnte am 16. Hai 1704 Georg
Fridrich Graf von Spaur, Statthalter der Ballei an der Etsch
- 181 —
«td Comtar xu Weggensb^in tod Steningeo, kai«eriieher Land«»
Olirisl in Tirol, mid Felix Ferdinand Graf von Arz, Capilular
der Bollei an der Etscb ood Comlur zu Lengmoos, eine Summe
Geldes von Johann Heinrich Freiherr von Kageoegg, Admiai*
stralor der Jasziger, auch Grosa- und Klein-Cumanier Diatricle
in Ungarn, Raihsgebieliger der Bailei an der Etsch, CoroUir zu
FraiAfnrt and Schlanders. 0. A.
Durch Erlass, daL Bozen 6. April 1705, erlaubt der
deulscbe Orden auf insläodiges Bitten der Filial^emelnde
Wallen in Pasaeir daaelbst eine Capelle zu erbauen und eine
Ga|taiei dazu zu atifleo , mit der Bedingnifls jedoch : 1) daaa
«ich die Gemeinde verpflichte, die Kirche zu bauen und mit
aiiem Ndthtgen zu versehen; 2) dem Caplan ziemenden Unter-*
hau zu verschaffen, so dass er dem deutschen Orden keine
Voüvmesaen wegnehme oder wie immer pritindicirlich falle;
3) dasa derselbe ohne des deutschen Ordens oder dessen Pfiirrens
zn St Leonhard Erlaubniss keine öffentlichen Andachten hajte,
predige, Beicht hlke oder andere pfarrliche Rechte ausflbe, und
drai Orden ein zu bestimmendes Recognitions-Quantum bezahle;
3) dass die Caplanei der Deutschordens-Pfarre St. Leonhard
als ihrer Mntterkirche stets mit Recht und Gerechtigkeit unter*
Wolfen bleibe;- 5) dass, wenn mit der Zelt eine fixe, genü-
gende StiftUBg zu Stflnde kommen sollte, der Orden das Recht
habe, die fisitation der Capelle vorzunehmen, auch den Schlttssel
warn Opferstocke erhalte und im Namen des Ordens der Kircben«
Rechnnng beiwohnen dttrfe. QUrkutUde kn Widum %u Walten J
Der nemliche Statthatte der Bailei, Graf Spaur, wurde
■4t dem Fflrstblschof von Brixen, Caspar Ignaz, in einen
Proeess ,^ dessen ungünstiges Ende für den deutschen Orden et
nicht mehr erlebte, wegen Besetzung der Deutsefaordens-Pfarre
Hareit verwickelt ; ersterer präsentirte auf diese durch den Tod
des Pfair-Administrators Johann Jacob Kofler, emes Weltpriest^s,
erledigte Pfarre einen Deutscbordens-Priester, Peter Leehlhaler,
bisherigen Pfarrer zu Härtenden aber der Bischof von Brixen
daich ein Rescript vom 5. Novomber 1707 nicht annahm und
— 18« —
zwar aus dem Grande, dass^ der deatsclie Orden die Pfanee
Mareit durch zwet Jahrhunderte fast ausschliesslich mit Welt-
prlesteni besetzt hfitte, und daher von dem Privüegiuln der
incorporation deinen Gebrauch gemacht, welchea deoMiach knft
der Bestimmungen, des Concih'ums von Trieot als nicht vorlian«*
den angesehen werden konnte. Da eine friedliche Ausgleichung
nicht zu erwarten war, so wurde nach einem Pro? incialhesehlusse
der Bailei an der Etsch der PrOoess bei der Rota Romaoa
förmlich eingeleitet. — Wir Jiönnen dieaem Proeesse, Jer
20 Jahre dauerte, in seinen verschiedenen Phasen wegen seiner
Weitschweifigkeit nicht folgen; wer ihn weitlftnftger durch«*
geführt lesen will, den verweisen wir auf die Darstellung des«»
selben und die Beweise fUr das Recht des deutschen Ordens
durch Dr. Beda Dudik, Archiv für Kunde Osterr. Gescbickts*
Quellen, 17. Band, 8. 119—125, und bemerken nur, dass
der Process zuerst durch eine Entscheidung der Rota vom
22. Juai 17iO seine Erledigung zu Gunsten des Bisekefs von
Brixen fand. — Des Streites mlide und scheuend die Proeessr-
Kosten betraten beide Parteien im October 17iO den Weg der
friedliehen Ausgleichung, Hessen den Pr^»cess zu Rom ein^
stellen und trachteten am i3. Juni 1711 eine Vereinbarung
abtuschliessen , welche jedoch , da der Bischof das Recht ver^
langte, all6 fflnf Curatien, die der Orden in der Brixner Diöcese
hatte, nemlieh Hareit, Sterzing, Gossensass, Ried nVd Brenner
nur mit Weltpriestem zu besetzen , vom Orden nicht ratifietrt
wurde; wesshalb den Process in Rom weiter zu fahren bdoh^
len wurde.
Neue Verwickiupg brachte der Tod des Pfarrvarwesera
der Deutschordens*Pfarre Sterzing >, Franz Harquart ,' . der als
Weltpriester dieselbe innegehabt. Der Landcomtur Hagenegg
prfisentirte am 27. September 1716 den Deutschordens-^PHester
Johann Wellenzon , und als der Bischof von Brixen densetben
nicht annahm, den Deutsehordens«-Priester Ignaz Lieb von Lie*
benberg ; doch auch diesen nahm consequenterweise der Bischof
nicht an. — Verschiedene Ursaehen veraOg<;ilea den Rechts«»
— 188 —
S|neb. Erst am 6. Mai 1720 kiMinle auf Caavattan dea
Ditheils der Rute vom 27. Juni i7i0 aagetrageo tuid u»
Revisiott das ganien Proeeases bei d^r Rata asgeaocht werdeo.
Diese erfolgle ^un 10. Jüoaer 1721 uad abernals zq Gaaatea
des Biai^holi von Brixen mit dem einfaekea Spruehe: Coih
Stare d» bono jure Episcapi el slandam ease ia deeisis bctis
27. Jonii 1710; ebenso wurde aoch aaf eine am 23. Jaai
1721 vom Orden eiogereicbte Gegenscbrift noch am aemlicbea
Tage der Bescblnss: maneadam in deeisis, poblioirt» — Neue
Verwebe, den langwierigen Streit durch ein friedliches Com-»
promiss zu Ende zu bringen, fahrten zu nichts: endlich am
3. JuH 1726 dtirte AldoYrand, Erzbischof von Oieuetoarea und
Becan der Rota, den Nieolaus Righi, Procurator das deutsehea
Ordens v«r sich und publicirte ihm folgenden Ausspruch der
Riala : Decemimus, deciacamus firam remaneate mandato de nanur
laaeodo per nos relaxato favore Ceisissimi Gpiseepi (Brlxinensis)
bi possessiooe seu quasi mslitueadi damtaxat vicarios sea
prasbyteros saeculares et perpetoos per dictum iacUtam Ordinem
sao Comroeadatarios pro tempore präsealandos ad prüfatam
eecleaiam sancti Pancratii omnesqoe alias ad dictum Ordiaefli
apectantes ; constitisse de bono Jure dicti Ceisissimi Episeopi
noa iastüueadi, quam Presbyteros saeculares perpetaos per
dictum Ordiuem seu Commeadalarios pro tempore ad dictas
cicfesiaa praesentandos , imo nee potuisse nee podse Ordinem
pneMom sen Commendatorios aiios praesentare, quam vicarios
PMabytaroa sea Rectores saeculares perpetuos, prent per prae-
aenles praesealari volumus ei mandamus, nee dictum Cdsis-
sittum Bpisoopum teberi aHcs inatituere drc« 'Cmiki,) — Gegen
diese RotaUEntscheidung reichte der Procurator des deutsehea
Ordaos eine NulKtftls-Beschwerde ein, wodurch neue Unter^
sachungea herbeigefilhrt wurden, die am 28. November 1727
jedoch damit endeten, dass dem Bischöfe von Brixen das Recht,
aaf die Pfiirre Marait nur von Seite des Ordens präsentirte Welt-
Fricstm- aufzunehmen beaifttigel, dem deutschen Orden hfaigegen aor
hsimgesteül wurde, seine Privilegien, die sechs andern Beneßiden
— 184 -
10 Tirol mit Deutschordens- oder Weltpriestern zu besetacD,
weiter zu verfolgen und geltend zu machen, und selbst ntck
Gutbefinden wider die letzte Rotal-Entscheidong den Recurs za
ergreifen. — Ungeachl neuer Versttche des deutschen Ordens
wurde diese Sentenz vom 28» November 4727 von der Rota
bestfltigt und im August 1728 paUicirt. -^ Der deutsche Orden
musste nun 162 Scudi und 90 Bajocchi Processkosten zahlen,
verlor das Recht, Mareit mit Ordenspriestem zu besetzen, und
war noch in Bezug der Deutschordens-Pfrttnden zu Sterziog,
Gossensass, Ried und Brenner auf einen friedlichen Vei^eich
mit Brixen verwiesen.
Der Statthalter der Landcomturei, Graf Spaur, erlebte das
Ende dieses Processen nicht; bereits am 13. October 1700,
dat. Weggenstein, macht Johann Heinrich Freiherr von Kagen-
^% ^c. der ober'-österretcbischen Regierung zu Innsbruck kund,
dass der bish^lge Statthfilter der Bailei, Graf von Spaür, die
liisher geführte Administration der Bailei an der Etsch sowohl
als auch der inne gehabten Comenden Weggenstein und Ster«
fingen resignirt, und in Folge dessen der Hoch- and Deutsch-
meister durch Decret vom 21. September 1709 ihn mit der
Statthalterschaft als auch mit beiden obigen Comenden betnnt
habe. C^tatth.'Arcl»rJ — Als wirklicher Landcomtar der
Bailei an der Etsch wurde er am 4. J[uli. 1710 vom Orden
bestätigt. Beim Antritte seines Amtes wurde er wie seme Vor-
gänger in Hisshelligkeiten mit der Regiemog vmwickelt; am
1. August 1710 schreibt letitere an den Landeshauptmannschalts-
Verwalter: der Freiherr v. Kagenegg habe zwar am 19. Juli d. J.
seine Ernennung als Landcomtur ihr berichtet, ohne jedoch die
Legitimation einzusenden; da nun zu befürchten sei, er möchte
die Regierung antreten ohne den erforderlichen Revers auszu-
stellen und die Possess-Ertheiiung einzuholen, so sei selber
nochmals dafan zu erinnern und im WeigerungaMle ihm die
Einkünfte zu inhibiren. — Wirklich erlieas die Regierung, weil
der neue Landcomtur sich dessen weigerte, am 27. September
den Befehl wegen Inhibirung der Besitzergreifung mid zur
r
— 185 —
Seqaesfration der EiokUnfle. -^ Es wurde nun zwar am
26. November i710 zu Innsbruck mit dem Landcomlur eine
Conferenz gebalten wegen der Conyisitation der Coratureien und
meorporirten Pfarreien, sowie auch wegen der Obsignation, Iih
ventur und Abhandlung der Yerlassenschaften , als auch wegen
der Legitimation, Revers und Possess^Ersuchung eines an-
gehenden Landcomturs; da sich aber seB>er zu nichts verbind-
lich eingelassen, so beliess es die Reglemng beim Erlasse
rom 27. September dieses Jahrs. Der Hoch- und Deutsch-
meister muss desswegen beim Kaiser Joseph sdbst versehie*
dene Beschwerden eingereicht haben, da die Regierung zu
Imisbhick am 30. Hai i7il auf die Beschwerde-Puncte des
deutschet! Ordens an die Kaiserin Mutter, wdche nach dem
Tode Kaiser Josephs bis zur Ankunft des Thronerben Carl VI.
die ZOgel der Regierung lenkte, folgendes Gutachten abgehen
Hess: i) Die Notification* (Iber den neuerwählten LandcomHtr
soll jedesmal durch den 0'eutschmeister an die Regierung
geschehen oder wenigstens der Erwählte dufeh dentschmeiste-
risch^ Patente sich legitimiren und den landesfurstlichen Consens
abwarten; 2) den Reversbrief wortgetreu ausstellen; 3) &b der
Orden zur Anfhahme von ehiem Mitgliede 1500 fl. veriaoge,
80 sei diess zwar fflr den minder bemittelten Tiroler* Adel sehr
histig, jedoch könne man von der allgemeinen Regel nicht wohl
abgehen; Indessen sollte der Orden hierin eine Discretion ein-
treten hissen und keine conditio sine qua non daraus gemacht
werden , damit Keiner, weil er minder bemittelt, ausgeschlossen
werde; jedoch sott das Begehren^ dass nur tirolisehe Gavaliers
aufgenommen werden, nicht stattfinden wegen Reciprocität mit
andern Balleien; 5) wegen Cumulirung der Comtureien soll man
dem deutschen Orden selbst es dberlassen, da ihm an Unter«
bringong mehrerer Ordensglieder selbst gelegen sein mttsse;
6) in Bezug auf das Recht der-€on¥isitation stehe selbes zwar
der Regierung vi Advocatiae et Territorii zur Einsicht, dass
die Ordensgfiter und milden Stiftimgen nicht veräussert wtirden,
z«, wie es 1575 und 1584 wiriüicb, aber seither nicht mehr
— 186 —
g:eübK worden ; jedoch weil dem Verueliinen nack der Orden
jetzt Vorhabens sei, alle 3, Jabre die Visitation vorzunehmen
und das Ergebniss jedesmal den hiefrigea Dtcasterien mitzu-*
ifaeilen der jetzige Landcomtur Kagenegg ^ich erbotcm^ so kttnoe
man es dabei bewenden lassen , Jedoeh dem LandesfOrsten vor-.'
behalten, falls, er es ffir noth wendig erachten soUte, durch
seine Rftthe od^r Abgeordnete der Visitation beteuwobaeQ^
7) endlich in Besag auf die Conobsigaation, obschoa selbe aus
dem nemlichen Rechte der Vogtei und tehdesfOrstlicfaett Ober«
herrijchkeit nicht bezweifelt werden Hi^nne, besonders bei der
niedem Geistlichkeit, so glaube sie doch, es kannte die Regie-
rung von dieser Forderung abstehen fürs erste, weil selbe bei
einigen Prälaten und Gotteshiiusem nicht stattfinde, und fftrs
zweite, obschon selbe bei der Weltgefstliehkeit aUeothafben
stattfinde, was man auf den Haximiiianis6hen Ver^g begrtnde,
•ttd obschon selbe im Jahre 1534 nach dem Ableben des (<aiid-
Comturs Heinrich von Knörmgen stattgefunden, selbe jedoch
seither nicht mehr vorgenommen worden. i^Si0ttk.''Ai'chhi>.^
Endlich am 19. November 1711 Hess sich Herr von
Kagenegg, da er als Landcomtur und nicht, wie er einberufieQ
worden, bloss als Administrator dem Landtage beiwohnea
wollte, zur Aussteilung des verlangten Reverses herbei, worauf
ihm auch am 21. November von der Regierung der Possess*
und Schirmbrief ausgestellt wurde. CStatth-^Arehiv,)
Ueber seine Nachgiebigheit erhielt aber der Landcontar
ein ziemlich ungnildiges Schreiben vom Hoch- uiul Deiduch-
meister Franz Ludwig, dat. Breslau am 12. Februar 1712:
er habe seinen Bericht vom 13. December 1711 vemoniDen^
dass er bei der Anwesenheit des Kaisers zu Innsbruck zu der
vorgenommenen Landeshuldigung einberufen . worden und bei
dieser Gelegenheit den bekannten bisher angestrittenen Revers
gegen zurück empfangenen Sehirmbrief wirklich ausgestellt,
jedoch bei der Huldigimg selbst den Vorrang Vor den Prülaten
behauptet habe« — Nun bitte er «war gewünscht, jdass ihn
sein Rescript vom 15. November 1711 und die darin enthaltene
— *8» —
'Weisuog über sm Veriialteii in dieiem Falle noch vor der
Zelt zugekommen würe, in weichem FflUe das Abgeben dieses
sehr prfijodidrlichen and trttchtheiJigen Reverses allerdings anter*
UiebeD wUre; weil aber dieses einmal gescMien , so müsse
man die Saehe auf stob beruhen lassen. Er hatte aber nioht
gegtoubl, dass er sich zu etwas, was man so rntthsam zu ver«
meiden gestrebt, von freien Sttieken anbieten, sondern viehnehr
erst dnrdi wiederholte' Anfferdernngen sieh dazu drängen lassen
wirde, nnd es sei4as, was er (der Hoehmeister) in Wien
vorgeschlagen, noch nicht so aosgemacht, dass der Landcomlur
sidi hätte berufen lassen sollen. O. A.
Am 12. October 1712 verlieh der Landcomtur Kagenegg
im Namen der Comende Stening dem Joseph Waibl, Backer*
meister an St. Pauls ein Haas and - Bückerpfisterei an Sanct
Miohnel gegen jfthrlichen Gmndains von B Faaeiden Most zu
Leben; in dieser Urkunde fahrt er den Titel: Landcomtur der
Ballei an der Elsch und im Gebirge, des Dealschmefsters gehei-
mm Rath, Ralhsgebiellger der Baltei Franken, Comtnr zn
W^genstein, Frankfurt, Sterzingen und Schlanders. (^ArirMr
Oanäegfg^^ -r Wir können aus dieser Urkunde entnehmen^
dass alle Comenden in Tirol bis auf die zu Lengmoos in der
Person des Landcomtors vereinigt waren, und wie viele Deutsdi-
Ordens-RHter demnach damals im Lande sein mochten. —
Am 26. Seplemb»' 1716 richtet derselbe Landcomtur an den
Pttrslbischof von Trient folgendes Klagsehreiben: auf vernom-
menes Ableben des Hrn. Bartlmä Bunani, Dentschordens-Bene«
leinten mi Unterion und Verwalters der Comende Lengmoos,
habe er den Denlschordens-Prlester und Ffanrvicar zu Dnterinn,
Joseph Haider beanftragt, nach altherkömmlicher Ordens-^Obser-
V8BZ nnd des Ordens Privilegien in seinem Namen in Gegen-
vrart zweier weltlichen Zeugen die Obsignation von dessen
HSnterlassenscbaft in dem Beneficiathause vorzunehmen, nnd
hdie dem Pfleger auf dem Ritten den 18. Sepleitiber znr Ver-
laasenscbafU^Abhandking angesetet. Wahrend der Zeit sei zu-
MUg dor Deeaa to» SchOana dortbin gekommen , nnd als er
— 188 ^
den Tod des erwähnten Benefieiaten vernommen, sei selb» mit
dem Pfleger uud andern Personen ins Beneficiathaus gegangen
und habe nicht nur die Ordens-Sigrabgerissen , sondern auch
dafar sein eigenes angelegt unter dem Vorgeben, es gehöre die
Verlasseaschafts-Inventirang nicht dem deutschen Orden, son-
dern dem geistlichen OiFicium zu Trient, von dem er hiexu
aufgestellt wäre. Dagegen habe besagter OrdensdepuUrte pro-
testirt aber mit keinem andern Erfolge, als dass er endlich die
abgerissenen Ordeas-Sigl mit angeklebt habe. — Er glaube, sol^
ches sei ofaiie Wissen und Willen des Farstbischofs geschehen
und selber werde In die vom Orden seit undenklichen Zeiten
hergebrachten Gewohnheilen. nicht eingreifen wollen, und dess*
wegen habe er es einstweilen bei der Protestation seines Stell-
vertreters bewenden lassen. Da er jedoch dieses .vacant gewor-
dene Beneficium wieder zu besetzen gedenke uQd demzufolge
vorher die Reseralion und die Rfiumnng des Beneficiathm^ses
von der Hinterlassenschaft, somit deren Inirentiraiig abkaU
geschehen müsse und zwar um desto mehr, da in der Hinter^»
lassenscfaaft des Verstorbenen als Verwalters von Lengmoos ver^
schiedene Acten und Schriften des Ordeaf sich befinden dürften,
und auch der Comtur von Lengmoos, Graf .von Artz, in dieser
Ifinsidit verschiedene .Forderungen habe. Er bitte demnach den
Fürstbischof, dem Decan den unbefugten Eingriff in des Ordeas
Rechte zu verweisen und zugleich demselben aufzutragen, ent-
vreder in eigener Person oder durch einen Untecgesteliten seine
angelegten Sigl abzunehmen und ihm das Weitere vorzunehmen
überlassen, wie innerhalb wenig« Jahre in fünf bis > sechs
ähnlichen Fällen theils durch den Orden allein , theils mit der
Gerichtsherrschaft dergleichen Erbschafts-Inventirungen und zwar
• niclit bloss bei Deutsohordens-Geistlichen , sondern auch sogar
bei Weltpriestern , welche, ein Deutschordens-Beneficium iane
gehabt, nach deren Ableben ohne Jemand« Einkrache vorge-
nommen worden. C^farr-Axchiv in Bozen.) — Wahrschein-
lich war es dieser Vorfall, der zu hierauf bezüglichen Ver-
handlungen mit dem Stifte Trient führte^ in Folge deren mit
— m —
defMelben tm i9. April 172i ein Vergieidb ratione obsigiia-
tioDls, iiiYeiilarisationis, fnoorponitioiiis ict. abgescUosaen wurde,
der ftr die Deot8chordeitf<-Pfrliiiden lo Len^oos, Unlerinn,
Samthal, Waofeii, Passeir and Lana , sowie Dir die im Jahre
1642 QBter dem Landeomtur Viatler errichteten, zur Pfarre Lana
gehörigen Caratien so Gargazon ond Völlan, die alle dem deut**
sehen Orden pleno jore einverleibi sind, Giltigheit hatte. 0. A.
Dieser durch Patrimoniai^yernriVgen und bedeutende Bailei*
und Comturei-EtBkilnfle seht reiche Landeomtur Freiherr von
Kagenegg Yerwendete^ein Vermögen au manchem guten Zwecke;
im Jahre 1731 liess er in der Pfarrklrehe au Boaen den mar*
momen 6l. Johann Bapt. Altar auf seine Kosten erbauen und
sehmfickte denselben mit dem trefflichen BiMe dieses Heiligen,
einer Copie gefertigt von Glaiitschnigg nach einem unbekannten,
wahrscheinlich venetianischen Meister, — Ein anderes Denkmal
errichtete er sich durch die Stiftung eines Pfrftndnerhauses bei
der Landcomende zu Bozen; bereits am 5. September 1708
hatte er von dem Hoch- und Deutschmeister Ladwig Franz die
Erlanbniss erhalten über seine Erbgttter zu testiren, und diese
wurde auf seine Bitte Yon demselben durch Rescript, dat. BH-*
wangen 10, Hurt 1718 dahin erweitert, dass er noch über ein
Caplul von 20,000 fl. testiren dürfe, doch unter der Bedingung,
dass er innerhalb der nächsten zwei Jahre 10,000 fl. in baarem
Gelde iMier in Capttalien zum einstweiligen Anfang eines mit
hoch- und dentschmeisterischem Consens bei der ihm anver-
trauten Comende Weggenstein zu errichtenden Hospitals erlege;
und zweitens weitere 10,000 fl. in Tirol so anzulegen, dass selbe
tur beabsichtigten Aufrichtung einer Deutschordons-Comende bei
der Pihrre Lana seiner Zeit verwendet werden könnten. (^O. A.
und B. Ihidik a. a. O. S. i98.J — Alsogieich schritt nun '
der Landeomtur zur Ansffthrung seines menschenfreundlichen
^Vorhabens; er erbaute hiezu in den Jahren 1721 und 1722
aus seinen Mitteln bei der Comende Weggenstein die nöthige
Behausung und Aindirte diese Anstalt im ätihre 1721 durch
Auszahlung der von ihm verlangten 10,000 fl. Capital und
— IW -
zwar Ar 6 arme länner, welch« sUh nicht Mfehr ihren Uater^
halt za verdienen im Stande sind, nod eine Hftaserin zu ihrer
Pflege. Bereits im Jahre 1724 ward dieses Pfrttndnerhaas
bewohnt. Zur bessern Dotirang desselben vermachte er dem-
selben noch in seinem zu Hanaheim am 31. Augast i740
errichteten Testamente weitere 3000 ü. .miler der Bedingung,
dass die vorhandenen Hospitäler tKgiioh 8 Valeninser nnd Ave
für ihn beten sollen. — Ja er erttlbete demselben nodi die
Aussicht auf weitere 20,000 H., indem er in dem am 12. Febru«
17ß2 zo Gunsten seines Neffen Johann Pridrich von Kagenegg
errichteten Fideicommisse noch beistimmte: Un Falle des güns*
Kchen Anssterbeos der mtfnnlichett Familie von Kagenegg solle
der vietie Theil Jenes 80,000 fl. betragenden Fideicommisses
besagtem Hospüale zufallen zur Aufnahme und Unterhalt mehrerer
Pfrandner» C^. Duäik a. a. OJ *)
Eben so thitig arbeitete der Landoomtnr Kagenegg an der
Verwirklichung des von ihm selbst schon im Jahre 1702 ange-
regten und nun. vom Hoch- nnd Dealschmeister aufs Neue Ihm
ans Herz gelegten Planes, zu Lana eine neue Comeiide ztt
errichten, uqd bereits im Jahre 1721 muss er in dieser Hin*f
Sicht beim Kaiser Carl VI. Sohntte gemacht haben^ da deraelbe
folgendes Rescript, dat. Wien 13. December i721, an die Re-
gierung zu Innsbruck richtete : Es habe sein geheimer Rath, der
Laadcomtur Kagenegg, um die landesfürstilche Erlanbniss nnd
allerhöchste Dispens circa Pragmaticam bittlich angelangt, statt
der im Jahre 1672 verkauften Comende Trient nun die dem
deutschen Orden ehiverleibte Pfarre Lana zu einer Comende an
erheben und zum Wiederersatz dler vor Jahren verkauflen Ordens«
und FundationsgOler von 15,000 bis 20,000 fi. andei« der--
gleichen ankaufen zu dürfen; — obwohl er dem deutschen
Orden gerne gnädigst gönne, was zu dessen Aufnahme und
M Diese wohltbätige Stiftung Kagenegg's hat akh aqcb wahrend
der Hlürniiscben Kriegsepochen und R^ierungsveranderungeii
unter der königl. italienischen Regierun<j, obwohl sehr kümmer-
lich, erlialten und besieht dermal noch.
— IW —
WoUAhil gereiehe, sa irabe er doch die von iiii»en aod de»
eberöflIerreichiseheD Wesai, sowie von den in dieser An^^
legenheit vemoranenen Gerichten Stein anter Lebenherg und
Niederiana dagegen eingelMrachten Bedenhen und Beschwerden
des Adels und der Gemeinde daselbst so gross und erheblieh
gefunden , dass er des Laadcomtars Bitten nicht willfahren
kOtae, auch dessen ferneres Anmelden eingerathener Massen
abweislich tu bes<Aeiden sein wenfe. C^Mth.'^ArchipJ ^
i^och durch diesen abschlägigen Bescheid ü»$3 sich der Land-*
Coralur nieht abschrecken; er sockte ,die Gemeinde Lana fiir
8CM1 Vorhaben zn gewinnen nnd es gelang ihm im Jahre .1728
sich mil derselben au verstindrgen; in .Folge dessen nobteten
sowohl der Hoch* and Deutschmeister als der Landcomlur
Kagenegg im Jahre i731 aufs Neue hierauf bezttgllche Bitten
an Kaiser Karl VI. , und der Churfttnst von Kainz untestfitite
selbe durch sein Vorworte Die beiden Erstem hraehten nebst
den früher erwftfaMeii Gründen an: der Landeemtur sei bei
seinem Eintritte ins Amt im Jahre i710 von sflmmtlichen
DieaslerieD selbst an den Ersatz der verMsserten Centarei
frient durch eme andere eHenert worden; tn Bezug der anzu«
kaafeiiden Güter, -^ zu welchem Kasfe der Landcomtar aus
sdnen eigenen Mitteln eine namhafte Summe beitragen wolle^
— seien sie bereit, die darauf haftenden laadesftlrstlichen und
Parlicttlar-Lasten , wie die veriasserten Goter der Comende
Trient gehabt, zu leisten. Das kaiserliche Gesetz über die
manus niortna habe sein Vorhaben aufgeschoben sowie die
erhobenen, Anstände der Gemeinden; nachdem aber diese durch
den Veigieich vom 20« Hai 1738 mit der Gemeinde Lana
gehoben seien , so bitten sde , der Kaiser m^e die Errichtung
der Comende gestatten. — Die kaiserliehe Resohition vom
31. Deeember 1731 erfolgte günstig. Jedoch stand noch die
Differenz des Landcomtors mit den Grafen Brandis, welche die
Vogtei der Pfarrkirche zu Lana fortwährend beanspruchten, im
Wege, wess wegen am 27. November 1732 der Landcomtar
eme Depnlations^Verhandiuog beantragte, die auch zwei Tage
darauf zu Stande kam. — AUein die Spcbe vefsog. aick. noc^
iminer; am 1. Deeember 1736 begehrte der Kaiser von deq
tiioliscben R&iheo endlichen Berichl.und Gutachten über obige
Angelegenheit. Dieses muss für den deqtschen Orden günstig
ausgefallen sem; denn durch allerhöchste Resolution vom
17. Jänner 1739 wurde die Eirichtung der neuen Comeade
Lana unter gewissen Bedingaissen bewilligt; der Landcoratur
erlegte demnach am 16. Juni 1739 die. xnn. Ankauf von Gütern
oder Gilten zugesagten 10,000 fl. } aliein demuageacht kam es«
wir wissen nicht wegen welchen Hindernissen, bei seinen Leb-»
Zeiten nicht zur. AusfObruag* Sein Nachfolger Anton Ingennin
Recorditt beirieb die Errichtung zwar aufs neue, iedoch selbe
kam nie zu Stande, und so wurden denn die vom Landcomiar
Kagenegg gespendeten 10,000 fl. zur Bildui^ des Grundstockeis
der für besondre Balleizweeke entstandenen Ballei^Casse ver-;
wendet. — ^
Von diesem Landcomtur Kagenegg kommt noch zu bemer-
ken, dass er am 1. Juli 1725 der Maria Lobis den Weidaoiw
Hof oberhalb Klobenstein s&mmt einen) Keuraut gegen benannten
Zins verlieh, wobei er mit folge^Mto^ Titeln vorkommt: Land-»
Comtur der Bailei an der fitseh, wirklicher k. k. oberö$tr.
Geheimratb, fürstlich trierischer ^ und pfülziseher Geheimrath und
Statthalter im Herzogthum Neuenburg, des Fürstbischofs von
Augsburg Qbersthofmeist^ und Premierminister, Comtur za
Weggensteio, Lengmoos und Schlanders. 0« A. — Er baute
auch noch im Jahre 1731 den zweiten Stock des Comende*
Gebäudes Weggenstein aus und auch zu Lengmoos erbaute er
das Comende*-Gebüude in einem gefülligen Baustyle sammt dem
dem deutschen Orden gehörigen Wirthshause daselbst« 0« A. t-
Auf eine Klage der Regierung, dass. von den in den Orden
Eintretenden eine grosse Summe gefordert werde, antwortete er
im Jahre 1738: dass ein Jeder in den Orden eintretende Cavalier
sieh vor dem Ritterschlage mit dem Capitel oder Landoomtur
auf ein Quantum der Aanaten-Gelder, wie sie hier genannt
werden, vergleichen roüsste, sei nicht allein in allen andern,
— 198 —
nmkrtt «tck io icf Mki m der Stach «iie oftltt fltplbgg».
iMÜ; «0 z. B. btbe Graf Thenn-aof 1000 fl., Graf Speor auf
iSOO I. , Graf Ton Areo auf 1000 fl. omi Hot vor Prasach
wif 300 I. aidi varglicbeii; jedack beim Groas-CapileT in
MUe 1700 sei, iiin eine GleieMail m enieIeD, die SamoM
aar ISOO fi. featgeselsl worden. Der IcHtvenUMbeoe Deatseh*
laeiater aber habe avf meiirfaebe YoralelliiageD eiagefehea, daaa
4ieae flamme sa laUen eiolgeo FamiHen za sehwer falle^ and
daker mit Zuattmaang der Groas-^^apitalarea tot eioigea Jahraa
safte aaf 500 i. arroflaaigt, waa beim leUtea GtoaarCapitel
iaa Jahre 1736 beatfiügat woidea. CSuath^^ArekhO — I«
Jahre 1741 nahm er mit hoch* aad dentcchmeiateriieher 6^
aehmlgmig den Aatos Ingeoaia Graf tod Recardia aod Neaa^
Comtmr so Lengmooa, ao aeiaem Coadjauir aa. — < b aaiacr
fingabe an den Pap«t berichtet im Jahre 1740 DöBHnicaa
Anton, BiaehoF Ton Trient: BaM bitte der DeoladiordeBa«*
Landeomto in die biaehefiichen Reehte eingegrilen, indem er
gewiaae Priester bestimmte, um die PranhirciiaD sa ifisiiiren,
wenn selber afeht, da aadi die Gemeinden selbst sich dagegen
seMen, TOtt ihm gemahat worden wäre, von seiaem Voriiahen
abcnlassen; wesswegen selber endlich schriftlich sich entachnU
d^ : er habe dadareh nur f orsorgen woiten, 4ma den Kkohen
ttiehts ri)gdie, wenn etwa der Bischof sie visitiren würde;
hdneawegs aber habe er daran gedacht, dessen Amt sich aiw
tamaanen. (jRe/'^rtf* ^^^* epue. Tiid.y — Dieaer Landcoaitar
Freiherr von Kagenegg starb aa Freiburg im Breisgau am
29« December 1743 im 78. Jahre seines Alters.
Anf ihn folgte sein bisheriger Coadjotor Anton Ingenam
Graf TOtt Recordin nnd Nenn; am 24. April 1718 eingekleidet,
ward er 172& Comtnr an Sterling, später an Lengmoos, 1741
Coadjolor nnd 1744 Statthalter der Bailei ; die Besütigung als
Landeomtar durch den Hock- ' nnd Deutschmeister erfolgte etat
an II. December 1745. Bei seinem Amisantritte ergaben sich
die nemltchen Anstände mit* der Regierung wie bei seiaem
TorMirer; er berichtete erst am 17. Hära 174& den beiden
13
dieriiilerttidiiadiiD Wcmd «i h^sbrick: ftr f»t «im 9m-
baiter der Ballel an der Etoeh erMpnt wiordca; übfigena woU^
er die ihm envertraule , an ihren dten beigebraohtea Reetoi
ittoierhio beeinMohtigt aei« soilead« Bailei deren ^cbeu «pd
Jnstii-Adaiiniatrlniog «aipfebleii habee; «woreaf letalere ihm
erwiederten: kaia« Ibjesüt werde hieranf, wcaa der Dents^
aieiater ein beafigUehee Nolilcalloa9-*Scbreihea eiaspU^ke^ aai^
worlea. (;Siaiäk.'ArckivJ — Am 98. Ajml 1746 aohreaMa
die obeittaferr. Wesen an den LandeahauptmaaBaGhafta-Verwaller
Graf: aaehdem der DenUchaieisler bisher kein NottfcAtioai*
SehreibeD eiageieBdet , noch der Statthalter eine Antwort a«f
ihci ZuJKhrift gegeben, so aoll er setben noch einmal dnaaef-
fordern^ und im Falle lies^kgter Statthalter« da es veriaute, sidber
sei sam wirklichen Landcomtor ernanal, widdieh B^ita aehpiea
Bsd eataprechende Handliugen vomehnnea woUte^ selbes ihn
siebt gealatten aad demselben im Weigerungsfälle fiogar mit
Inhibitioö mid Sequestrinmg der laodcos^tarlscben EiakttaiN
drohen. Am 15. Juni schreiben dieselben nenerdiikgs: da der
«ritklich eraannte Lasdcomtnr Reeordin aqf obige Aufforderaog
eise aosweichende Antwort gegeben^ so werde selbes die^ ober-
Österreichische Regiemng gebOrig ahnden; Jedo^ wolle naa
eiastwailen noch den Erfolg abwarten« C^taKh^-^Arekitf*) —
Erst am 30. Juni 1749 gab der Landeomtur Graf Recordia als
kais. oberOsterr. Geheimrath, des Deutschmeisters gsheioier
Rath nnd Gomtar zu Weggenstein, Leagmoos und Ster»ag dia
verlaagtaa Revers ab. C^iaUh.'AxeUv.y
In die Verwaltangsaeit dieses Laadoomlors ft|U die Eerich-
taag eines Cnrat-BeneOciams in der von der D^otschordens-
Pfme Lengmoos abhängigen Gemeinde Gisman; aber nicht
darch Zathan des Laodcomturs und noch weniger inreh $^^
Untersttttsuag. Im Jahre 1748 kam Hr. Georg Aqtop von Ken«
«OB Bozen ziifalUg anf der Jagd, in die Gegend dieser ahger»
iegenea Beiggemeiade, sah aad hörte die geisliicbe Verlisseo*
heit dieser anaen Leute und baute, sieh ihrer obarmeiMl) ^^
deren Bitte and mit deren und der Windinner Bei^lfe vorMoiif
^ m —
ehe Cdpeilfr mit dem Versprechen ^ zur Sttflung* eines eigenen
Priesters das Seinige beisutragen. Zum Gldcke ktm im Monate
Augost 1749 der Pantbischof von Trfent auf seiner kirchlichen
yisitationsreise nach Lengmoos ; die Leote des Viertels Gisman
Ijessen Ihm darch ihre Vorstehang vorstellen, dass diese Ge-
meinde ttber einer ranhen Alpe in einem wilden Thale von ihrer
Pffirrkirche Ober 2 nnd com Theil anch 3 starke Standen ent-
fornt nnd ztt rauher Winterszeil oft ganz eingeschneit sei, und
somft kehl Mensch auch an Sonn-* und gebotenen Feiertagen
tnr hl. Messe in ihre Pfarrkirche kommen könne, ja auch bei
gutem Wetter viele Leufe, besonders Dienstboten^ da man die
Hflnser und dhs Vieh nicht gamt allein lassen könne, an Sonn-
nnd Feiertagen zu keiner heil. Hesse kommen ktnnten, z«
geschweigen , dass die Gemeinde das ganze Jahr hindurch des
geistlichen Trostes und des göttlichen Wortes entbehre, auch
besonders bei plöizlichen Fftljen wegen welter Entfernung der
Priestersefaaft Ibncher ohne Empfang der hl. Sterbsacramente
dahin sterben mffsse; demnach sei es sehr wünschenswerth^
wenn daselbst ein Gurat-Benedcfum errichtet würde. — Da
mehrere Gutthilter und auch die Gemeinde Gisman selbst das
Möglichste zu thnn sich verbindlich machten, so gab der Fdrst^
Bischof alsogleich am 18. August 1749 dazu seine Einwilligung.
Demzufolge schenkten Joseph Georg von Henz 2000 fl. Capital,
sowie zur Erbauung des Widums 300' fl. ; Joseph^ Anton von
Aswang zu Riglhaim 700 fl. Capital ; der Priester Anton Wid-
mann 900 fl; Capital ; verschiedene Gutsbesitzer der Gemeinde
Jeder von 25 bis 125 fl. Capital , so dass das ganze Fundations-
Cajiital auf 4469 fl. mit 204 fl. 27 kr. Zins sich erhob. Bald
darauf schenkte noch Frau Anna Afra von Mairl, Gemahlin des
Stiftes Georg Anton von Menz, 500 0. Capital zur ErhaltUfig
des ewigen Lichtes und zur Vergrösserung des kleinen Gottes-
hanses 300 fl. Am 8. Mai 1750 wurde der Entwurf der
Stiftung aufgesetzt und am 15. Juni dieses Jahres von allen
Bethetligten bestätigt. — Sonderbarer Weise protestirte der
deutsche Orden gegen die Errichtung dieses so nothwendigen
13*
— 196 —
Curat-BeneBciums, welches doch derDeulscfaordeos^PAinreieog-
moos keinen Eintrag thal, indem in der Stiftang^Urkoiflie au»»
drOcklich bedun§ren war: der Beneficiat zu Oisman soll sa
Weihnachten, Ostern und Pfingsten, auch am Proholetchnams-
und Klrchweih-Tage , auch aa jedem ersten und dritten Sonn*
tage jeden Monats, sowie auch, wenn in Leogmoos eine gemein-
schaftliche Gemeinde-Andacht stattfände und wobei die Gismaner
ku Lengmoos au el'scheloen haben, verpflichtet seih, die heilige
Hesse so frtthe zu lesen, dass die Leute leicht nach Lengmoos
zum Pfarr-Gottesdienste kommen könnten; jedodi soll der Seue*>
fielst nicht yerpflichlet sein , selbst dahin zu gehen , ausser an
grossen Concurs-Tagen zur Aushilfe im Beichtstühle. — Zudem
war noch bestimmt : er soll den Kranken fleissig beistehen und
ihnen die hl. Sacramente reichiiti , und die Stola-Gebflhr zwar
einnehmen^ aber selbe dann dem Deutschordens-Pfarrvicar za
Lengmoos erlegen. — Vielleicht mochte -es dem deutschea
Orden nicht zusagen, dass das Patronatsrecht des neuen Bene-
ficiums nicht ihm, -^ der ja doch nichts dazu beigetragen, *^
sondern dein Hauptstifter, nemlich der Familie von Henz und
nach deren Erlöschen in mftnnlicher Linie der Gemeinde Gisman
zustehen sollte. Der Bischof von Trient aber, das Bedarfnu»
dieses Curat-Beneficiums einsehend , liess den deutschen Orden
protestiren, approbirte den vom Patronatsherfen vorgeschlagenen
Hitstifter Andre Widmann als ersten Curat-Beneficiaten und setzte
ihn ein. 0. A.
Williger zeigte sich der Landcomtur Graf Recordin, der
damals den Titel führte: „Landcomtur an der Etsch, k. k. ober-
österreichischer, auch churfdrstlich cölnlscher Deutschmeisters
Geheimrath, Comlur zu Weggenstein, Lengmoos und Stersing,^
gegen den Wunsch der zur Deutschordens-Pfarre Lana gehöri-
gen Filial-Gemeinde Burgstall, dass in ihrer Beneficiat-Kirche
ein Tabernakel aufgestellt und darin das hochwOrdigste Gut auf-
bewahrt werden dflrfte; er gab mit Bewilligung des Bischofs
hiezu die Erlaubniss, jedobh mit der Beschrftnfcung, dass der
jeweilige Beneficiat daselbst selbes nur an eim'gen hohen Fest*
Tagen oder bei allgemeinen Nöthen öffentlich zur Anbetung
^ 19T —
aussetxc» dflrfe. Zugfeieh miuste die Geneiade am 9. Mars
1790 ihm eiaea Re?era anastallea^ daaa dieae eriaabte Ein-
aelsin^ weder dea Reehten der Dfataehordeaa^PfaiTe Laoa noeh
der dahia eiaverieibten Caratie Gargaioii änen Einlrag Uhw
tolle in VenJchtang der Ciottaadieaata , Begräbalaae, Taufea,
Bn* «ad AaasegnaageD oad aodeni pfarrlicben VerriektaBgea.
— In Folge obiger Eriaabaisa achenkten 4 Genieiadeglieder
460 I. Capital aar fiiakaltaag des ewigen Lichtes her. 0. A.
Hiagegea gerieth dieser Landeomtar in UnaanehmlichkeiteB
aril der Gemeinde Cortseh ond dem Bischöfe von Gar; am
15. Jan 1756 sehreibt er klagend an Uenn Conradin von
Gaatelberg, Doaftkerr von Cur ond biachalicher Vicar, dass die
Ton der Deatsehordens^Pfarre Schhmders abhtagige Geneiode
Gortsch nfeht bloss — ohne beim deatschen Orden aasttfragen
— den Ban ihrer Kirche nntemommen, sondiem aoch dem Ver-
nebaien nach jetst gesonnen sei, darin einen Tabernakel sv
enriehten, ohne aoch diess dem Orden als Patronos mitaotheiien.
Da Bon alle bischMIcben Coneessiooen dahin so verstehen seien,
dass dies^ben dem ordentlichen Pfarrherm nicht prftjndieirlich
wSren, so werde er selbst ehi solches Betragen nicht billigen
klKinen, and er wolle ihn hiemit gebeten habea, diess der 6e*
tteiade vorzahalten oad selbe dasa verhalten, beim Orden om
die erforderliche Bewilligiing ejnaokommen. 0. A. — Darck
Sebretben vom 16. Joli 1756 an den Bisehof von Cor seibat
briagl ar die aemliche Klage vor; es ^winne den Anschehi,
als wolfte sich die PMialgemehide Cortseh gani von derMuttei^
kirehe tremwa ; er habe swar desswegen schon dem Hein von
Gastdborg geschneben, von selbem aber keine Antwort erhal-
ten, ja sogar vernommen, derselbe habe die Gemeinde Cortseh
abgehalten, om BewiMigmig einsokonmien. Da non nicht absn-
sehen sei, welche Plaae die Gemeinde Cortseh mit dem Baae
der Kbrehe ond Aol^tellnng des Tabernakels hege, — hoifenl-
Keh wohl nicht iigead welche pfarrliche Ponctionen som Nach-
Nmile der lliftterkirche eimafAhren , ohne zovor ihn als recht-
adsaigeti Pareehos habilnaila mid wahren Patron und Verl^her
— 198 ~
der Pfarre, »i desan Prfijud» ohaehio keine biachöfliehe Con.
GCBsioB je gemeiiil sein köiuie, dari» um ErlaalHitos m bitteiv
«— so habe er -das eigeDAHehlige Voigeke« jener Geaieiade
sowie das Verbol des Hm. voa Gaallberg ihm vorbripgeii woUea
mil dem Ersaehen , Hoehseiber mdge die (kmewlß Goflsek
dahin Tennögen, bei ihm ab wirklichen Pfarrer noch iror £ia<-
setsung des Tdiemakels gexiemend um Brlaabntae.eanakQmea
und seinen Beseheid zu erwarten. 0. A. -^ Hierauf erwMerte
an 28. Jaii 1756 der Bisehof yon Cur, Joeeph Anton, dem
Landcoffllur: er habe dessen Beschwerden w^^gen Kinsetinug
eines Tabernakeb in^ der Filiale Cortsch verRommen, weil aber
keine Absicht vorhanden, in jener Kirche pfferriiche Fnnetienen
vonnnehmen, sondern diess nur wegen der Andachl dar Ge*
meinde um allerheiltgslea Altars-^Sacramenie ge«efcehe, uad
man darin keinen Nacktheil fttr den deutschen Orden erhUcke,
so werde der Landcomtur leieht einsehen, daaa ihm dadaivh
kein Eingriff geschehe, daher er (der Bischof) dafür hajie, dass
die Einsetaung des Tabernakels ohne anderweitige Ahndung
geschehen ki^nne. 0. A.
Wirkiick kam es aar Emseuoiig des Tabernakels, cbae
landcomturlicke BeH'illigung; am 5. September 1756 berichtet
Anton Joseph Harkt, Deutschordens-Novia und Pfarr-Cooperator
an Sehlanders an den Landcomtur : das Kircheagebüude au Oortseh
sei vellendet und am St. Barllmfii-Tage wirklich Tom boah*
würdigen Vicar au Mals geweiht und daa heili§ste S^^ranent
darin elngeseUl worden; er habe dabei nichl eismngfdt, das
landcomturliche Prdestatioas^Schreiben mit b^geftgfer münd-
licher Prptastation der Gemeinde su ttherretchen und darauf fur
Aniwort erhalten: die Gemeinde Cortaeb verlange dadurch
keineswegs die pfiirrliohen Rechte x« sckwichen oder m
gebrauchen; die Kirche von Cortsch sei swar eine Filiale der
Pfarre Schlanders, jedoch nicht derselbeo^ vKm Rechtswegen mr
Visitation einverleibt, gegen diess protestinrn sie feierlich. Sie
hätten auch hinxu gefttgi, man könnte min auch den Sterbeadea.
im hi)chstett JVoUifaile, wenn, sie you der Pfuiff nm Mk^-
— fW —
(umdU werien ktail6B, iie U« WegiekruDg erAeiten; sie
winhtt akh Mkoi ibtr das (Sams hei» Herrn LMdoomte^
edlittUkh Tdantwortea. — Aoeb kk«t er, imii Utte dem
Pr«ner tw SeUeMJe» keioee TibemekeMiItteMl, wie ee aHer«
wMi «oiiel gebräeehlieli eei, iherihrertet , soodem w dem
BeMMslen von Certecli, der ihn doeh aee den Hiatai des
Phrrcfa iiille erlMlen eollmi. 0. A. ~ Hieraef rieklele der
Laadcomtor am 14. SeplemiMr 1756 ttber'^dieee Pmmte eia
■eaee HafsdirBMtoa a» den Bieebof von Cor mü der Bitte, er
nage eiae Tetoidomig eriaaien, daee Ten erwalinler Piliatkirehe
aae zn nra|edif der De«ladiordens^Frarre Sdriaade» weder
pAntiche Fonelieaett, aedi Veneligaage oder eenel etwas tos«
genonuMD, aoeli dem PTarrfiear sa Sdilaadera eia IMierBaliel«»
SMflssel etegeliaadigt werde. 0. A. — A«f diess ertiess ali
m 20. September 176« der Bisdior a^ iha das
tiMileBe Aatworts-Sclmilmii: daas darcb fie Ei»-;
des hoelMrardigen Gates sa CorUeh den pfairifeimB
BathHia noeli sonst ia ifgead Biwas dem dealsehen Orde»
imii Biolrag gaeoheima soll, habe er bereits in semer verigen
Hichiasaenrag eridart. Wie aber Tua Seite des Deatoherdeas^
Pfeffrverwaltera ein TabenudKl«8cUasBel Toa der GenMimb
Ceilsdr Icömm gefordoH werde»^ yemslm er aidkt, da ohaehbf
in 4ar Saerialei der betrelbnden Kirebe M» solcher beianbebsl«
tat aol., ond dadareh dem ieatacbeE Oiden bem MacUbel
.4). Ai
In dnea ibüleben eoaliel gerieA der aemBehe LamU
ail der fleiaeiade Walten, Fibaie der Dealtocbeidens-
Pfbne Sit, Lemdbard n Passeier; wbr beben scben (SeMe 1»!)
die Im Jabre 17e& ca Stande gebiaebte BAmmag einer CapeUe
daaelbs» and des Terhabens der Srriebtaag emer Ceplaaei ervihal.
Als sidi die aiaae Gemeinde, ehae dass der dentsdw Ordsa
drimi das Miadesle beilrag, nekrt ebigen grossen Ansiagea im
Verlaofe der 2eil selbsl aoch seh» empfiadlieb bestenerte, um
die «ewaaeehte iie SUrtaag eniea eigeaUäaben 4Sedaorgm äa
sa briafsa^ so war de, ifie WHig, aidrt gewiHl, ddt'
_ a» -
mit ihrer Slifluag m so giiudiehe Abhftagigfc^it von deMchea
Orden sii sUtllett und beanspriichle das Palroitalmelil fiker die
la erriehtonde Seeleorge. Dem war nher der devtadie Orden
gm enlgegen; die Genidbde wendete alch daher am 23« Afiil
i761 an daa f. b. Oidtnanal von Trieyit tott ihrer BUte) wetin
sie naöhwiess i). data sie ohne die «eringale Beihilfe dmi
dentsehen Ordens ihre Kirche erhanl nnd iliic allem NMhifttl
versehen habe, dass sich die emaehmn Höfe au «inem jfthrUchea
Beitrage an Händen des Kirehpropstes verpfliehtet^ sodass dorn
Priester gegen die Applieation der hL Messe an allen Sonn
nnd Festtagen jifihrlieh 100 fl. darnos xafriien solken und diene
so lang», bis dafOr ein eigenes StiftangsrCnpilal wird herm-
gewnchsen s«n; dass sich dte^iemeinde forner verpfliehle^ dem
Priester einen eigenen Widum zn bnoen (der liish^ige pravl-
sorisehe Caplan wohnte bei einem Band') and in gntem Stande
sn erhaben, demselben aoch das nOthfge Hole gespnHcn mnsosst
ins Hans au liefern, aoeh den OpTerwein und Belenehtimg anf
. sieh au nehmen ; angelegentlichst um die Bewiliigmig anlMl;,
in Anbetracht dieser nun an Stande gebrachten nnd m bessern«
den Stiftung nnd der grossen Entfernong von der Pferrkirehe,
etee eigene Seelsorge sn erhalten, zu deren fiesetanng -die
Cbmeinde, welche die Kirche gebaut und die Seelsorge gestiftet,
nach Cone. Trid. Sess. 14. c. 12 de Reform, dfts Palroaat»-
■seht auf eine solche Weise geniessen solle, dass Jeder Hef,
der zur Stiftung beigetragen, eine — und bei gleicher SHaanea-»
zahl der Phrrer dio entscheidende Slimme absugebeo habe*
Der deutsche Orden glaubte gegen diess Verlangen der
Gemeinde seine vermeintlichen Hechle wahren sn mdssen , so
dass das f. b. Ordinariat den PImer von Mais, Peter Stadler,
aufforderte, Aber die Nothwendigkeit jener SMAung nnd deren
ZaHtosigheit Bericht zu erstatten. Auf dessen Beriebt erlaobte
der FOrstbischof von Trient, Franz «Sraf de Afterti», dntirl
ii. April 17tt>, die firriehtung der stilndigen Cophnei und zwar
mit dem der Gemeiade vorbehalteaea Patronäts-» imd Prisen^
^ationsJteehte salvis jnribns pnrocUal8Ms. -- Ber Capian soft
— MM ~
k Wallen Bcichl Uran, an aUen Soui- oad Fesllagwi im
Adv«nl tiad in dar faste and aonat an jedem sweken Soaotage
im Monate Ckristaaleiiie halten; im Falie der NoUa die Kraokan
Tcraehen; am Kirchweih- und am Patroeiaiama^Feato der Pfiw-
Unfibe, am Frdmlaichnama und an den Brademehafta-Fealen
die Meane in Wallen so frühe lesen, dam die Lenle leitig inm
ffargotteadienste herabhommen hOnnen, woau aaeh der Gaplaa
atf Teriaiven den Ifarrera 4»ieh aar Aushilfe sa begeben hak
— fileiehiellig bewdlmftehligle der Biaehof enritelen Pfamr
Ten Mma und den P« Heinhard Gremidich dw WaU des ernten
BenekiiAea beisawohnen nad den Tabemahel aar Aufbewah«
m^ des heil^jflett Saeranmntes eianaweihen. CUrämuhn tm
Withm %u Watten. J
Knne Zeil dsmaf, neariieh am 31. Jali 1762 starb nach
i^jihfiger Verwaitnog der Landcomtor Grat Reeetdin; mtf iha
lUgto Johann Bapt. RetchaCreiherr von Uhn, Herr »i Lmigeni*
ihein and Giieseiteiy. and aaf Mitlel-Biberach; einalireikn
teeh ürless^ dat Brflsset am 19. Deeember 1762 vam Fir-
aimi Carl Aletander, Administralar des HoobaMisteiiaiams , ^
Siatanller enmnnk Am 14. Jinner i750 eingeUeidet, was
er beneila »m Jahre 1752 Comtur an Sehfaindars, 1760 CoaMr
an Sienmgea nnd Coa^Htor das Landcemlars; als eigantKeber
Landaomlar erhielt er ^sl am 2a Deeember 1763 die Be«
aMI^iBi«. 0. A. — Er steUte dmr der Regieraof den «biiehen
Bevem enst am 23. November 1764 ans. (Stattk^^ArchhO
Wihrend seiner Yerwallaataaeil mass der dentsehe Orden
bei dnr Kaiserin Ihria Theraaia ein Memorial und aneh ver*
sehiedene Besehwerde^Panete eingareieht haben; denn am
2& JnU 1766 bedahtet di& Segierang an bnsbmek an Jasefik
Geaiv Aawanger, Plegsverwaller aaf dem BtHen: Beine
h. V Ibjoittt hiitten das^ was der BevoUmlebygte des dem*
sshmi ONens weillAalg vongealeilt mid respeetive von. Nenem
ve^gehiaehl, aish vortragen lassen und nussMIig wahtgcMmamn,
daaa deiselbn hi seines Eingabe bin and wieder sokhe S«tae
ft, wdehn der landesharrliehen HoUeit. anwider
— 20t -.
laiifeD) «od daher befbUen, Ihft selb« «uicknilalleii mü den
ernetlieiieii Bedeateo, skk dteeea in Zakimft nickt meiir i«
mileifaiigefl. — Anbetreffiead die Sache aeibat, aai ma^ ü. JaH
i766 eatschjeden worden auf Paaei i) In Btckaicht dar ia
llihren von dem jeweiHgen Hoch- und Dantochmeiater beaeaaenea
Herracbaflen daa WievM der unter den Titel der Bealiligva«
In Tenporalibua bei Ablegnng dea aehnldigen Bidea dar Tfaaa
itt eatriektenden Tax, aei aelbe aitf 2000 I. anganrtal^ ^
»i k. k. MaieaUit geatolten, daM dam dentaehen Orden in dea
Regel die privaten Abhandinngen 4er Verlaaaanaahaflen aeiaar
Ordensritter uad wirUichen OrdenageialtidMi znaldMtt aaWea,
HMofeme aemlich dar VeMoriiane keine Schnidenlaal, GeiMH
Schafts- oder anderes Versprechen aaf siek gehallt, in arelähea
FaMan die Abhandhiog mit der kuidesArMHahen Stele «ater
PMcadana der lattlem camatetiva su geschahen habe. Jedoch
erklira k. k. Majeatit, dasa Jene Uebariaasnng dar privaten
Abhandhmg nur ans allerhöchster Gaade and kalneairega Ui
Folgfe der dem Orden anderwirts sasteheaden Mviiegien
geschehe , indem sich selbe auf die BrUande nieht erslrecheB.
Gleichwie nun hiedmch 3) der PaH, wena der Yemtaibena
einen letxten Wiltea hinterlSsst, seine Briedignng erhelten, m
habe es bestfglich 4) dabei sein ordmmgsmttsaigea VerMeüea^
daas, wenn ein Oideasritter oder Geistlieher vor AUegaag ds^
CMnhdes teatirt, es wie bei andern Gelstliahen, wetehe vor der
Profess einen loteten Willen errichtet^ gehalten wedten salk'
Uad 90 gebiriva ft> im Falle, wenn cta cmn onera Fideteammissi
oder SrtaHtulionis bebnftetes YemK»gen verbanden iat, ki Besag
dteser Otter and Effecten die Abhaodlaag der öateir. fierichts«
Steuer Aus dem bisher Aagefthrten folge 6) von adbsi, wie
es mit der Anlegang der Sperre so halten sei^'7J haiesdriM
sete giaaliches Beweadeo, dasa alle na die Yeriaaaeasdnft
BfmBB Ordeos-Rüters oder fieistHeken so nMohenden Pordwiffige»
ohne Uatersohied, ob selbe dem Orden private oder nar cuma*
lative eberiassen werden, jedenaü aar weMtehen laslaas gehe*
ren, nnd a» auch dar vmtera Zag an dte beteallHMte Merr;
— aoe -
QhMgfrichU .Stalte g«k« «oU. — GfeictarmMieQ «ei tti 8> ia
Amf A^r aaf OriOop^Fttnmm beBttdiehea PlriMler wie M
laden PaImNita-Fteftfea a haheD, tiiMl soH der Oräm fem
Ffmreiem, wehhe Ueher düreh Weüprieeier vereehe^ wet^
äem, nimmenmiir eM OrdempeieUMken vereeke». Wo «lui*
geaa in Benv auf das Ofiervogteireekl aaeh bei Ordeaapfitfraa
ahne UaMiAiei, ab soldie von Ordta»- oder WeNgeialUahaa
Yenehea werden, Ihre Mi^^lät die ergangeoea genaiaHa aad
wiMi foaal am dero Laadeahohait llJeM, aof das GoBaoeste
beabaahtel wiaaea wollen. 9) b Betreff der Civü-Verbaari«
iHfea, aowohl «fteUicber ab peraOnKeker bitten die In k. k.
LMdea balBdUebe» OfdoM-Ritlmr und Gelstlkkan bat deat
baIrtfBadea weitUobea Fonim, wohin dte Saeke aadi der
bcUajdeteo Gkaife oder aonat dar Lmdeagewokabdt aaek
Cabfirt, Recikd an aekmen nad riek dieaafalto ^ebla ananoMMMaa ;
anak ooll kleron allanfalte die Appetbitioff an die TorfaaeHle»
Mmeiekiacke« Stettea der Oidanag naek «eken. 10^ Qkae
daa dentBcken Qrdena EiawiUtgang and Cantuw aoD keiaaai
Dant^ebardena^Uler femorhkk eine Tonnnndaakaft odat Qau
paMiawn» weiekea ein Verqireeken nack aiak aiekt, aafarlegl
I, wobei ea «eb flbi^an« van aeibat TersBlebt, daas ki
der ein«a Fondna aaklebendon Real^Laalen die ISgan-
attmli ainaa Besilaei« kaneaüatCBBriWed oder Anaoakme bewiike,
ob aoloker ein OrdewMlitter oder CMadiaba* aei. il) BaaaHe
odar Piongthale dar Deataehovdeaa^Ritler oder CSeiatMekaa unlei^
stekea jkfen üeami oar in so weil, ai» aa bei andern DfanaU
lantM dea Adekin jadeit IiMde abtidb iat. 12) Peraonan,
wcMie ^nnf dea. Coüeade-fiatem adar im den Ordaiwhinaeni
wabnem aaCeialehon der Ofta^CMokta^riBlilt und dar denlaeka
(Man hat kein aadarea Voneckt, ak dar eiagaaeaacae Adel.
iS) Endbak wcrile k. k. l^jeatät aoa kaaoad^rw finade daa
hktwiaaannp Veiaattgen der DantaakaadeM-IUtter ond GeistUeke»
Tan dan Abfebrta^fieMa beCrakn ; jadoeb aoUen iron der Hiater-
kaaanarhaft der I» lIiiitir4Moaatea Yai^tafbeaen Deute ehoidana-^
Penonm^. «tk« iauaer aafeke kanrOhren, dk gawakaUaken
en»Uie^ y >^'^^^Laiid gehende VermOgea
^"^^ W /»<I^^«^^'^ ***^'*™' iiigteidieii der
^^^ ^ ^ > ^ M»^'"«" ^ »«'hs* ^««» «^*« ««^
" ^ ^!!!!!t^''^ Q^^'^ anderer Personen und «ieht des
^^^^JjS^^^^I^ eiabegrfffen sein^ sondern «wlem
'"'^tr«^''' l>r to erwtfhnten FaUe dem Abfaluts-GeMe
00erJf^' gogdiängten Besohweräen des dentsehett OrdeM
^^wBrd ^«^ Bescheid: auf 1) dtirllte sieh der dentselM
^^^Jr fo*^ ^'* ptfpsUiehen Heltigkeit verwillfglen oder noch
^^ 0^dett Zehent- oder sogenannten Tirkensteaer heiiie»*
^^eii0ch\Bge^- 2) In Beireff, dass der Orden die EIrbsleuer
r^i, woHe, erwarte k. k. HajMitt ein Aniiot der Belainn««-
ggmine^ woratff der weitere Bntsdieid Mgen werde. 9) Dtiifea
^e in den Erblanden ansässigen oder in alterhOeksten Diensten
Menden Demschordens-Rltl« oder Priester sich so wenig «la
0odere Unterthanen geislMchen oder weiHiehen Standee einer
Befreiung von den allgenfieinen Abgaben anmassen. 4) Falle
sin an d^n deutschen Orden durch Kauf oder Tausch gelaegen-
. des Gut unstreitig ad «anns mortuas, mithin «ei dasu die Dfa^
pensatwn a Pragmatica erforderlkii und daftfr die gewdhdiehe
Taxe «tt entrichten. 5) Erstreckten sieb die angeftthrten Ordens«
Prhflegien von frtthem Forsten theils nicht auf Mb k. k. Brb^
lande, theiis würen seldle bei seit iOO Jahren unterbliebener
Bestittgung lingst erlosdien, daher der deolsche Orden wie
bisher die Consumostener, Hauten, Tax^^ und Umgetd wie andere
ftiieien zu entrichten habe, ff) Gescheiie aus der auf Be-»
sehwerde Nr. 4 bereits angefahrten Ursache Reehl daran, daas
dem deutschen Orden in Tirol nicht gesMrttet werde, CNNer
pnr modum des grundherrlicken Einstandreohtes an sieh zu
ziehen. 7) In Bezug der Klage, dass der deMche Orden von
der Aufnahme der Rechnungen einer ihm' gehörigen Plärre oder
Beneiciums gAnzHch aasgesehlossen worden, habe selber keinen
q»ecielen FaU aiigeffihit, und es stehe ilmi das* Recht zu, in
daem wirküdm Bcltbem Falk bei der b^MTfudeii BelMrdc
ame Vontetlwigen sa maeäeo. Dms aber bei der geaMter
lehaftlidieB Rechaoags-AoANiiime dem landesAlniaiclMBi Con*
nissire der Tondf «ebihre, gritade aieh ift dea fleaeralftua.
Was die in dieaer Beaehwerde eiagemiaolile 8toaer-Dilfeieai
Bttt dem Gerichte Neahaaa betreffe, m aebeo dem obecMerr*
fiaberaima der AaTtrag ertheUt w«rde», soiebe mit Voran»*
aetsong der Frage; ob der deatacbe (Mea acbaMfg aei^ yoa
aeiaeii BeaUlilea xu eoaeurifen? der geir^alieben.Ordaoag
aadi ,ca natcitaebeii. — Eben ao UdgegKlodet wie alte Uaher
angefthrten Besehwerdea aet aach die 8) oad teilte i» Betreff
der T« den tnroliaebeD Sleile& verlaagtea EiMiehl des Slaode«
der Sliftniigen und BeaefieÜBn dea deataehen Qtieoa , weil ein«
satehe Qbereinaidü unmittetbar aaa dem Obervogtei4Uclae dea
LaadeaffiirateD berflieaae, ood m Tirol aoi^ eia jedesmaliger
kadeoBHnr bei Brtbeihing dea PcsaeaaeB siei^ anadtttekUcsh
itveraireii messe, daaa er nichts voa das Ordea» Gütefa ymi
deren ZagehOrüngen veriaasem woHe. — IMeae Erledignng dea
Maherigen Differenzen werde ihm biemit aom Wiaaen und
Baraaebachlen knnd gema4dit. CPfmr^AreMe %u ßoKmJ
Wabrebd dieser Zeit war der Landeomtnr Freiherr von
Ulm mit der Gemeinde Seblanders wegen des Petnmats«-Re«bta
n mebrfShrige Streitigkeiten geiatben. Sie Veranlassnag dexa
gab dib von der Gemehrfe verlangte Vecgrikaaerang der Orts«^
Phrrikircbe, wosa aoeb der deolatbe Ofdea seine Zostimlmuig
gab and hieaa aaeh i500 fl. beisnlngen versprach. Da man
aber, statt gemtt» dem Uebereiakommen mit dem dentschen
Orden die Kirche bloss an verliagem nnd den ftlteni Tfaeil VK
lestaariren ^ bald nach dem im Jahre 1758 begonnenen Baue
die ffirehe ganz niederriss and selbe erweitert anlbaate, so thai^
der LandecHntnr Einsprache, woraus sieh ein roehijfthriger
Stretthandel entwickelte, bei welchem die GemeiHde auch noch
andere Klagen und Forderungen gegen den dentsehen Orden
ciaSoeht, so das» selber sogar vor das Landes-Gubenuum
gerächt wnrde. Am 6. Mai 1769 tbnt dasselbe knnd, dase
«8 10 gfltMebcrBflilefosg der zinjdieM ikm devMkei IkAm tb
Iteoii und Inhaber der ttmt Mdndets einer«» md den Ad«l,
derOetteindeondPlinwAassdiiin ando^iseilB dMdbst sckon mÜ
mehreren Jahren ebnvnlleoden nnten beseiiAneten Kitamiieft die
von dem desswegen angcor^ten Commissär nnter drt. 23. Pdnr.
dieses Jahren eingelaufene Relaiion mwoU als die erstem ind
lelctem Vergleiehs-Voradiiige , sovrie aneh die hierflber ton
beiden Partheien abgegebenen Aeosserangen nnd die Ton Beiden
nrii eingesandten altem Aeten vnd'Beaagen sich Ten dato Hatia
vermitteluden Rath 4md Referenten nmsCfindlich habe v^ninl^
lassen, nnd g^e hienrit nach reifer Ueberiegnng cur Wiederher»
stelinng des guten ElnveretHndnisaes nnd Hitüanhaltuag fernerer
Zwistigfceiten , da beide Pnrteien sich nchrifUieh erUKit, sieh
seinem Schiedsproche in nntereteUen y folgende gtHKcfae Ver-
Biiltlnng, Jedoch unbeschadet der kaia. kön. und der Ordiaaiials«
Gereohtsamen : 1) Wenn schdn die fiemeiadiK und ffirvkan-
Vorstehottg dem dentschen Orden das Patronatsreehl über die
Pfarrkirche Schlanders anstreiten woillen , so haben selba doch
den fortwahrenden Benis derselben selbst dem Orden einb«-'
kennen müssen und auch eine k, k. ReprasttilalkNi ^rem SiS, Sep-
tember i757 aaerkannt, wie diese Recht aneh offen in dem
Diplome des Kaisers Fridrich II liege; demnach dürfe das
Patronäts^ und 4bs fcmit teubundene PrUsestations-Reisht in der
Art, wie es bisher geUbt worden , dem deutschen Orden voa
besagter Gemeinds-- und Kirchen* Vorstehung nicht mehr besiritlea
werden. — Deminfelge ergebe es sieh 2) von selbst, dassder
Act ?om 7. Mai f758, ?ermöge welchem der Grundstein lar
neuen Pfarrkirche gelegt worden, den Rechten des deutocheo
Ordens nicht im mindesten nachteilig sein kAone; <es soll dieser
Act sammt ifer Aufschrift und Wappenseiaung dem •deutschea
Orden so unprfijudteiiiich und ohiie nachtheiiige Folgen sete,
als wenn sdbe gar nteht geseiiehen wären ; wie auch der
deutsche Orden berechtiget sei, am Frohabogen der neuen
Pferrktrehe, wo das kaiserlieh Osterreichische und tlroliscbe
Wappen angemtit werden, auf der einen Seite das Wappen des
fiW ligiirMdM Haeli«- uni Pentsttociite» , ttif dar md/tn
da» Wappeit des dMlsektn Ordenf anfariofea n lauen , damit
k JMuiaft bei derlei YorfaHenheften das den Pihrmialereckle
aaUebende Vonraafs- uad jedes andere febilirende Reekt
eaanit deieen AnsIlHiag dem denlachen Oiden. dlaeH effw
stehe. — . 3) OliweU. AisadiDss and Clenieuids-y<Milehnng «s
sieh heMasgeaemmenifr verianfen^-hei einmiender AMigang
der PÜMre eiaen Pfanr-Venraher enennea sa können, imd dass
der Ernannte keiii.DentsGiluNrdens<«Piiesier, sondern ein Wdt*
Menter and cd^eieli Pf arrUnd teij so labe der Orden diass
dareiMitt nieht zogegeben, tia ja dadnreh sein <Aige8^ Reeht
grtnslenlkeils Yeraiebtet wOrde, jedeeb inr Besengang der^dn
laag gegen die Geanande in so wdt naebgegebni, dass er
temiiroehen, im Balle der Briedlgang einem gebirtigen Pfarr«
kmdft, vetio ein solcbes Im dealseben Orden wire und die erfer-
deilidhen Hgensebaflen bätle, Tor einem gleteben ebv answirls
gebornnn den Vonog zn geben und nach bergebraehtem 6e-
toanehe der weltbehsn Kveben^Vorslebong als Seelsorger pHI^
eenüren in lassen. — Das Gnbemiom entseUed, da das aotife
aawobi- als das passife« Ern^nnaogsreebl dem dentseben Orden
mit ivoUem Beeble instebe, so s» derselbe bei Ao^bnng dknetf
Vorreebtee angebrankt in belassep , and soll In Beireff dieses
Asiikeis Im BInklaog mit dem ersten Pttnete es «em Bewenden
haben. — 4) Wefl nicht nnr dnrch den Vertrag vom Jahre
1380, sondern aneb dnrch die allhergebrachte Gewohnheit die
prinilive Anstellnng des Meaancrs dem Orden eingerinmt. wor-
des^ 00 noil es dabei bleiben, jedoeh (ter Ermmnte hiaüngliebe
Cnmioa leisten und der weMiohen Kirdien-Voifnlebaag sich
sIcJlea , hingegen der Orden eaetens peribas einem Pfarrbinde
den Vorsng geben. In Betreff des OrgelanMebers and TodteiH
giibess, da diese wenig mit den KirdtenTerriebtongen sa thun
haben, sollen diese camnialive mü Beisttmmung der weltliehtB
Eachen^Yomtehnifg ernannt oder abgesMl werden. — 5) Die
BeatnUnng nnd Gongioa des Hm« Pfamnears sowie die Besol^
inng obbesagtcr Personen sott rem deatsobeii Orden ohne Absag
■akliVbir bMritteB w^^.. ~ 6) ObWM im Y^mm wmä
JalTO 1S80 die Haltung eines Vtetitts für Vemehfitage mi
weil eetfenüe IMe dem Orden sor nBcbl gemedU woiden, an
ad solebea dock aeil nndanUichen Zeilen aua der Ueiinnv
gekommen; demnaeh möge es daiieiUdiien, an lange nicltf
die Clemeinde eine gegrilndete Beaeliveida entweder liarttaL
daaa Hmea die SieHnng eines Pfeld^ für den veriaiglan Firie>^
Star zugemotiMl wflide, oder alier, daas ans Aiigaag einea.ant»
efien Pferdes ein Yersiofliniss geMuiieli Irnnkar Pemooan odkw
anderer schuldigen Amtsranriclitnngeii . eiageMlen , voriNangani
könne; indes» soll ancli ^er Gomlnr sä Snblanden gefcaltan
sein, aar aaiehe Priesler inaaslellen, weloke ihren prieskadieheB
Fundkmen Genfige sn leisten im Stande tünd , «jdrigenfalki
anf gegrOndele iQagett die nOIhige Ahindemng so tpeffen, mid
aneh nach Verschiedeidieil der Bedflrfnisse oder wo Gefahr jai
?ennge wäre, den Pikslem ein Reit|iferd.herhei sn schaffen.
— 7) Was die Erhallang des ewigen Lichtes vor i&m aller-»
hdügsten Sacramente betrifft, so sei swar doroh den Vertang
oder ArbÜramenlnm vom Jahre i380 diese dem Orden ur Vae*
bfndßchkeil gemacht worden; da jedoch deraclbe Vertrag vom
Hoch- nnd Dentschmeister nie approbirl worden and nteht in
Aosfahrnng gekommen mid seit undenkUchen Zeiten der Ge**
brauch festgehalten worden, dass in der emen fiHlfte des Jaknn
die Comende und in der andern die Kirche das ewige Lieht
besorgt habe, so soll es noch ferner dabei seki VerbMben
haben. Weil Jedoch der Landcomtor, um.der nan dniekden
Kirchenban yerarmten Kirche aafsohelfen , smh heibeigelasae«,
ftlr die nächstfolgenden 10 Jahre das ewige Licht gnns xfi
bestreuen, so soll er während «heser Zeil das dasn beodlhiglo
Oel gans herschaffen. — 8) Die «u dem Ordensritter^AlUnr
erforderliche trockene nnd nasse Beleochlongf Paramenle, Zietde,
nebst Jenem, was davon der Landeoatfnr.im September 1767
dahin in kostbarem Werthe verehrt, soll behnis der EriMlnng
der geschwächten Kirchenmittd auch fär die niehstMcaadeü
40 Jahre vom Orden bestritten werden, nach denen Verhmf abei
I
— 209 —
es bei fem bisherigen althergebraclilen Herkonnen bleiben und
dtt Aaerbieteu des Landcomlars von der Gemeinde mU Dank
^ SBgcfiomiDen werden. — 9) Obwohl die güazHche Nieder-
Kimnig der Pfarrkirche, und ganz neue Auffabrung derselben
dareh die weltliche Gemelndsr und Kircben-Vorslebung sehr
ahndenswerth , respective einseitig und mit ausserordentlichen
Unkosten sowohl der Kirche als der Gemeinde vorgenommen
worden sei, so erfordere doch die Billigkeit, in Anbetracht,
dnss dem deutschen Orden seine^ Gerechtsamen auf die neu
etbnnte Kirche ungesehmftlert zu verbleiben haben, dass derselbe
nebst dem zur früher abgeredten Reparation und Erweiterung
der ahen Kirche hergegebenen Beitrage von 1500 fl. auch noch,
wie er sich endlich selbst dazu herbeigelassen, fernere 1600 fl.
zur Bestreitung der ergangenen Baukosten beitrage. Jedoch
werde dabei ausdrücklich vorbehalten, dass jene beträchtliche
Summe, welche dem Haler unter dem Yorwande eines Regals
von 400 fl. und dann dem einstmals . bestimmten aber dann
ftttchlig gewordenen Orgelmacber bis zu 1000 fl. dem Ver-
■ebmen nach so unvorsichtig ausbezahlt worden, von den gegen«
wflrtigen Kirchen- und Gemelnds^Yorstehern unter Beistand des
deotsdiea Ordens zum Nutzen der beschädigten Kirche von den
Belhdliglen hereinzubringen aller Fletss mit vereinten Kräften
aB^ewendel werde. Endlich 10) soll es wegen künftighin
BOthwendigen Bauten oder Reparaturen an der Pfarrkirche bd
der Tormaligen Uebung verbleiben, vermöge welcher selbe von
der Kirche, dem Orden als Zehentherren und der Pfarrgemeinde
geoEillss den geistlichen Rechten getragen worden ; auch • in
Znkuiifk unter den betreffenden Contribuenten durch wechsel-
seitiges Einveistftndniss, im Falle missliebiger Differenz aber
doieli Vermittlung der geistlichen und weltlichen Behörden,
(deren Zustimmung bei wichtigem Unternehmungen ohnehin
erfoFdertich ist,} ein R^fulativ der Beitrüge getroffen werden;
wie dann auch der Orden zu der bevorstehenden Thurm- und
Oocken-Reparation das Billige beizutragen habe. — Uebrigens
mU der deutsche Orden vermöge seiner Patronats- und sonstigen
14
— 210 —
Vorrechte atid der jeweiligen beträchtlichen BeitrSge halber
altwegs befugt sein, auf die Anordnung and Vervrendong,
welche mit den Gebfiuden und Kirche gemacht werden müssen,
auch in die Bau- und Kirchen-Rechnungen und Yerwaltang des
Kirchen-Vermögens genauere Einsicht zu nehmen. — Diesen
Vertrag bestfitigte in allen seinen Puncten der Hoch- und
Deutschmeister Carl von Lothringen zu Brüssel am 27. Septem-
ber 1769. 0, A.
Der Landcomtur Freiherr von Ulm mehrte die Einkllnfke
der Landcomende, indem er aus seinen Privatmitteln für selbe
am 1. Februar 1777 das Bozner Stadtraths-Urbar um tl54fl.
10 kr. ankaufte. 0. A. Ebenso, als am 6. MSrz 1777 die
Lidtation wegen künftiger Verpfändung des bisher von Christoph
Evarist Grafen von Trojer für 19,657 fl. 26 kr. pfandlehens-
weise innegehabten Gerichts zum Stein am Ritten stattfand,
ersteigerte derselbe Landcomtur, der'unterdessen auch kaiserlicher
wirklicher Geheimrath geworden, selbes für die Laiidcomende
um den Pfandschilling von 25,308 fl. 28 kr. auf die nächsten
20 Jahre unaufkündlich sammt allen Rechten and Einkünften.
Falls nach Verlauf der 20 Jahre weder von dem einen noch
dem andern Theile eine Ab- oder Aufkündigung erfolgt, so soll
dieser Pfandschafts-Contract von einem auf das andere Jahr
stillschweigend erstreckt werden, und jeder Theil die Aufkün-
digung ein halbes Jahr zuvor machen können. — Da der Land-
Comtur Freiherr von Ulm vertnög bochmeislerlichcr Gutheissung,
dal. Brüssel am 10. Februar 1777, zur Bestreitung obigen
Pfandschillings 10,000 fl. aus seiner Privat-Chatulle beistenerte,
80 vermehrte er durch diese ordensbrüderliche Handlang die
Einkünfte der Landcomende für sich und seine Nachfolger aber-
mals ansehnlich ; der Rest des Pfiindschillings wurde mit Capi-
talien der Landcomende gedeckt. 0. A.
In die Administrations-Periode des Landcomtufs Freiherm
von Ulm fiel die von Kaiser Joseph II. durch Hof-Decret vom
24. November 1783 verfügte Aufhebung der Bruderschaften
ond Einziehung der Verm()genheiten derselben za ganz andern
_ 2« —
Zwecken. Leizlere erhoben sich in den dem deutschen Orden
zostindigen Pfarren auf dem Rittner Gebirge auf 29,122 fl.
29 kr« Davon worden einige Jahre sptter dem Religionsfonde
42,296 fl. 52 kr., der Armencasse des Gerichts Ritten 9221 fl.
52 kr. ; der Pfarrkirche Lengmoos einschliesslich des Werth-
Anschlages des FrOhmess-Hfioschens und mit Inbegrilf aller
für das Prflhmess-Beneficium und die Pfarrkirche gestifteten
Gottesdienste, Aemter und heil. Messen sammt den Gebflhren
ftrr Organist und Hessner nach sehr kargem A^ismasse 7460 fl.
37V2 kr. , und der Pfarrkirche in Unterinn 143 fl. 7V2 hr.
CDgeCheilt. — Die Geistlichkeit der Deutschordens-Pfiirren da-
selbst verlor durch diese eigenmächtige Verwendung des Broder-
schaften-Vermögens zu ganz fremden Zwecken einen nicht unbe-
deutenden Theil ihrer bisherigen Einkünfte:
Im Jahre 1788 Hess dieser Landcomtur des Ordens Rechte
in Bezog der St. Carpophoruskirche in Tarsch gerichdich erhe«-
ben ; am 10. Mfirz d. J. zu Caslelbell vor dem Richter Johann
Sebastian de Federiciis auf Verlangen Hrn. Johanns Thadfius
von Geoetti, Verwalters der Deutschordens-Comende zu Schlan^*
der» , sagen 4 Zeugen , worunter der filteste 81 Jahre zahlte,
m Steuer der Wahrheit aus: sie hätten von den ältesten
Leoten in Tarsch gehört, dass die St. Carpophorus-Kirehe
daselbst dem deutschen Orden zugehöre; in dieser habe, seit
sie es gedenken und seit unvordenklichien Zeiten ein jeweiliger
PfSurer von Schlanders od^ dessen Cooperator am Vorabende
des Fatrociniums- und Kirchweihfestes «ine Vesper und am Fest-»
Tage selbst Predigt und Amt, sowie am St. Afratage eme heil.
Hessie aof eigene Unkosten abgehalten. Dabei musste der
J^eilige Inhaber des vom deutschen Orden herrflhrenden Grund-
Zeheats zu Tarsch die Verpflegung von 5 Personen, nemUch
des geistlichen Herrn , des Schulmeisters , des Deutschhaus-
Binmanns von Schlanders und zweier Gemeindeglieder von
Tinraeb bestr^ten; zudem' sei er hoch verpflichtet, am selben
Tage ein Pferd und einen Hand zu verpflegen. Dafar werden
ihm von demselben Zehent vermöge ursprünglicher Uebereinkunft
14«
ftnf Proceale filr ta hTaHdenJosUM aligesdg«i
Aach soll imter Obigem das «ttsrar Land fehende VemOfea
der Beamten und Diener des deutschen Ordens , nigfeidien der
De«lsdiorden»-Ritter nad Geistiichen , selbst wem s^ehe aof
erhahene Erlanbniss za fionsten anderer Personen und «ieht den
Ordens testiren, keineswegs einbegriffen sein, sondern ersteras
allieit, iefzteres aber im erwähnten Falle dem AhTahits-GeMo
mrterliegen.
Was die angehängten Beschwerden des deatsehen Ordens
betreib, ward der Bescheid: auf 1) dttrfte sich der dentseh^
Orden der von Sr. piipstlichen HeHigkeÜ verwilügten oder noch
tu verwilligenden Zehenl- oder sogenannten Ttfrkenstener behw»*
Wegs entschli^n. 2) In Betreff, dass der Orden die firbstener
relniren woHe, erwarte k. k. HaJeMt ein Anbot der Relairangs-
Snmme, worattf der weitere Entscheid folgen wvrdi». 3) DOtCMa
dfe in den Erbhmden ansSssigen oder in aiierhöehsten Dienaten
stehenden Deatschordens*Ri|ler oder Priester sich so wenig als
andere Unterthanen geistücben oder weldicben Standen einer
Befreiniig von den allgemehien Abgaben anmessen. 4) Palte
ein an den deutschen Orden dnrdi Kauf oder Tausch gelangen-
des Gut unstreitig ad manas morlnas, mkbin ^i dasn die Dis-
pensation a Pragmalica erforderlich und dafür die gewMnliehe
Taxe au entrichlen. 5) Ersireckten sieh die angeführten Ordens««
Privilegien von frühem Forsten tbeils nicht auf aHlB k. k. Erb-
kittde, Iheils wftren selche bei seit iOO Jahren nnteiMiebener
BesMIigung lingst erlosefaen, daher der deutsche Orden wie
bisher die Consumosteoer^ Hauten, Tax^ und UmgeM wie andere
hirieien zu entrichten hthB. 6) Geschehe aus der auf Be-
schwerde Nr. 4 bereüs angefahrten Uraache Reehl daran, dass
dem dentsehen Orden in Tirol nicht gestattet werde, Ofller
per modum des grundherrlichen Einstandreohtes an sieh zu .
sieben. 7) In Besag der Klage, dass der deMche Orden von
der Aufnahme der Rechnungen einer ihm' gehörigen Phrre oder
Beneficiums gfinzlieh ausgeschlossen worden, habe selber keinen
speeiden Fall angefflhn, nad es stehe iln das Recht su, in
wifkUoim BokAtm F«Ue bei der b^tntmittt Bek«d«
atHmt Vonteilwigen in mtebeo. Oms aber bei dar geneu*
sebafUidiea aodinnigs.ABiaabtte dem lendoBfOnaieka Cion*
■issfire der Tonug gebibre, grOide sieh ib den GeeemHbue.
Was die in dieser Bcoobwerde eiagtmiecble Stoeer-Diireieiif
■it dem Geridile Neebaes betiefe, sei acboa dem oberMerr«
fiaberaima der Aaffanig enbeSt wordea, seiebe mit Varaas^
aetaong der Frage: ob der dealscbe Ofdea scbaldig aei^ ?oa
aeteen Realimien la eaaeaifiiea? der gewOhalieben Ordaaag
aaeh .za uBtefaaebeii. — Ebea aa aogegiiladet wie alle biaber
angefibrten Besebwerdea aei. aaeh die 8) aad lelite in Betreff
der TOB den tnrottaeben Stellea variaagtea Eiwicbi dea Staodea
der SHtaagen and Beaefledan dea deatiehea Qt^eo» ^ weil eine
saksfce Qbereiaaiaht uamiltelbar aaa dem (Hmrvogtei-Rechte dea
l^mdeafilraten beriieue, aad m Tifoi aagar eia jedesmaliger
{«ttdcomtnr bei Brtbeibing dea Posaeasas aicb aaedittaUieb
reverairen maaae, daaa er nicbta von das Ordens Gtttera aad
deren Zagebörnngen verflaafem woHe» — Dieae Erledigaag der
Maberigen Dffferenxea werde ibm hiemit «am Wiesen and
mraaehacbten knad gemaebt. CPfarr^Arekw %u ßammj
Wflbreiid dieser Zeit war der Landeomtar Preiberr von
Ulm mü der Gemeuide Seblanders w^iea des Patronats^Reabta
Hl roehrfftMge Streitigkeiten geratben. Die Veraalassaag dasa
gdi dS» TOB der Gemeinde verlangte YergrOasenmg der Orts*
Pfantirche, wosa aocb der deataebe Ordea seine Zastimtnaag
gab and bieaa aneh 1500 fl. beisntmgen veis|»r«eh. Da man
aber, alatt gemttss dem Uebereükommen mit dem dealacbep
Orden die Kirche Mass sa veriiagem aad dea ültem Tbeil »t
restaarfren, bald aaeh dem im Jabie 1758 bagoaaenea Baue
die Hrebe ganz niederriss aad selbe erweitert aofbaate, so that
der Laadeomtar Biaspracbe, woraaa aleh eia mehrjfihriger
Sireitfcandel eatwiekehe, bei welebem die Gemeinde aaeh noch
andere Klagen und Forderaagen gegen den deatsebea Orden
eMoebr, so das» selber sogar yor das Laadesr^iuberaium
gebraehl warde* Am 6. Mai i7«9 thnt dasselbe band, daaa
— 314 -
keioem Gebrauch mehr seien, mit hoher Beiviliigoog xu ver-
kaufen und den Erlös von mehr als 500 fl. in der Ballei-Casse
zu hinterlegen. — 6) Dem Hrn. Reichshofraths-Agenten von
Zelling, wegen seines unverdrossenen Dieni^leifers, besonders
zur Erwirkung der Normalien vom Jahre 1766 und der Be-
stätigung der Freiheiten eine Verehrung von 100 0. aus. der
Baliei-Casse zu verwilligen. — 8) Trog der Landcomtur vor:
er habe dem gewesenen grossen tirolischen Landtage zu Inns-
bruck beigewohnt auf seine eigenen Kosten und dort die Ge-
rechtsame des hohen deutschen Ordens nach HOgiichkeit ver-
theidigt; sodann am Land- und Huldiguugs-Tage, als nach den
Stiften Trient und Brixeo der Landeshauptmann aufgerufen wor-
den, wieder wie einst Herr Landcomtur von Kägenegg beim
Landtage im Jahre 1711 feierlichst protestirt und den ersten
Rang nach den zwei Hocfastiften verlangt; ferner dabei zum
grossen Yortheil der Bailei die Immatriculirung der der Land-
Comende zugehörigen Burgfrieden Reifeustein und Welfenstein
beantragt und die beste Zusicherung darüber erhalten; er
wäre auch bereit, die grossen Taxen derselben aus seinen
eigenen Mitteln zu bestreiten. — Auch habe er wegen öfterer
Reisen nach Innsbruck und nach Trient behufe der Abschliessuag
der Concordate mit Trient und fünfmaliger Besuchiuig der Cjross-
Capitel mehrere tausend Gulden in Diensten der Bailei versus*-
gabt, ohne bisher dafUr eine Entschtfdigung^zu erhalten. —
Ebenso habe er sowohl beim Landtage als bei hoher Landes-
Stelle die Beschwerde wegen der neuen .Kirchenordnung als
auch der Verkürzung der Congtua der Seelsorger vorgebracht
und sehe der gedeihlichen Abhilfe entgegen. — Diese Bemühun-
gen und Ausgaben wurden dem Landcomtur vom Capitel ver-
dankt und er ersucht, die Dlenstes-Unkosten aufzuaeichnen, um
von den Behörden den Ersatz zu erhalten.
Es wurden hierauf alle seit dem letzten Ballei-Capitel
erflossenen Erlasse des Hoch- und Deutschmeisters verlesen;
davon betrafen nur folgende die Bailei an der Etsch : die Be-
stätigung des am 4. Februar 1782 gelialteneu Ci^eis ^nd der
— 215 —
daraaf vorgenommeoen Ballei-YtolUtions- Berichte; hohe Be*
willigang vom 21. October 1782, dass man von den Comendeo
10 den ordinari Soldateii-Durchmarsch concurriren soll ; Rescript
vom 17. November 1783 wegen, der neuen geistlichen Ein«-
richtung, und aufgehobenen Exemtion des deutschen Ordens
i potesiate ordinarii; ein hohes Rescript vom 19. Mai 1785,
dass die Gastereien bei der Comende Sterzingen abgeschafft
werden sollen; gnädiges Rescript vom 23. Februar 1791, die
Abhaltung eines Ballei-Capitels und die Qualificirung des Herrn
Grafen von Reinach zu dessen Beiwohnung betreffend, sowie
vpm 28. Hai 1791 , die beim Ballei-Capitel vorzutragenden
Puncte and vom 14« Juni 1791 , die Einberufung des Land-
Comturs zum Gross-Capitel am 18. September betreffend.
Nqd verordnete der Landcomtur, dass, wie es gewöhnlich
war, alle Rechnungen seit letztem Ballei-Capitel, am 4. Februar
1782, vorgelegt würden, auf dass hieraus die geführte gute
Wirtbschaft entnommen werden könnte, dass nicht nur keine
Passiva, sondern vielmehr eine Einkünfte- Vermehrung vorliege.
Es stellte sich dabei heraus, dass seit dem letzten Capitel fol-
gender jahrlicher Hehrertrag erzielt worden : von einer Weinleite
30 fl. ; durch Umtausch der Wcigelischen Güter gegen Wiesen
103 fl. ; durch Richtigstellung etlicher lange unflüssiger Urbars-
Zinse 31 fl. 18 kr. ; durch neue Einrichtung der Pflege Reifen^
stein Renten» Verbesserung 450 fl. ; durch Ankauf des Bozneri-^
sehen Stadt-Urbariums 30 fl.; durch Ankauf der Herrschaft
Stein am Ritten 1133 fl. 20 kr.; somit Summe der Verbesse-
rung 1777 fl. 36 kr. -r- Zudem habe der Landcomtur durch
Herstellung von Wein- und andern Gütern, eines Schankhauses
und anderer Gebäulichkeiten die Einkünfte gemehrt. — Ferner
kanten in Betracht die erfolgte Erneuerung der Concordate und
Vergleich mit dem Hochstifte Trient wegen Abhandlungs- und
andern Ordens -Angelegenheiten, wodurch alle Anstünde und
Zwistigkeiten gehoben worden. Die vielen ausgestandenen Pro-
cesse besobders wogendes Türken-Zebents zu Terlan undLana;
die Kasten der Aufsuchung der mangelnden Wasserquelle für den
— 216 —
Hof zu Siebenaieh und der Zuleitung der auFgefundenen. Hiezu
kamen noch die auf mehrere hundert Gulden sich belaufenden
Ausgaben bei der Secundiz des Bozner Propsls, Grafen Khnen,
wobei der Landcomtur als bevollmächtigter k. k. Gesandter auf^
getreten, und dessen ungeacht seien die Einkünfte ?ermehrt
und alle Kassen der Passiven entlediget worden. — Endlich
sei auch vom Landcomtur das Patronatsrecht der Curatie
Oberinn, zu Walten^ der Frühmesse zu Wangen, sowie auch
die Einverleibung des St. Johannes-Beneflciums mit der land-
comturischen Caplanei mit grossen eigenen Unkosten zu Nutzen
des Ordens erworben worden.
Die Ballei-Casse habe bei seinem Amts-Antritte nur
10,043 fl. 42 kr. enthalten und nun enthalte sie 14,082 fl.
453/4 kr, wozu er noch die Besoldung des Ballei-Secrelariats
mit 800 fl. , des Amt-Schreibers nebst Canzlei-Erfordemissen,
sowie die zuvor der Ballei-Casse obliegenden landschaftlichen
Steuern aus eigenen Mitteln zu bestreiten auf sich genommen.
Die Rechnungen vom Hospitale, dessen Fond für 6 Pfründner
der Landcomtur Freiherr von Kagenegg verschafft, zeigten bei
seinem Amtsantritte 23,375 fl. 16 kr. , jeUt aber 25,750 fl.
57V2 kr. , ungeacht die Zinsen von 5% auf 40/o herabgesetzt
worden und die Victualien im Preise gestiegen ; er gab jfihr-
lieh aus Gnade demselben 10 Ihm Wein umsonst und das
Böthige Getreide um den Wohlfeilsten Preis unt^r dem Markttax.
Die Rechnungen der Comende Lengmoos zeigten die an
Kirchen-, Häuser- und Gebftude-Verbesserungen ^gangenen
Ausgaben. ^~ Die Rechnungen .der /Gasse von Lana, welche
der ehemalige Landcomtur Freiherr von Kagenegg behufs der
Errichtung einer künftigen Comende zu Lana mit 10,000 fl.
gegründet, welche vom Hrn. Landcomtur unentgeltlich verwaltet
wurde und bei seinem Amtsantritte nur auf 19,130 fl. sich
belief, zeigte einen Anwachs auf 27,913 fl. 4V4 kr., obschon
gemäss hoch- und deutschmeisterischer Verordnung die Graf Wol-
kensteinischen Schulden von 2036 fl. 49kr.^ sowie auch dem
— 217 —
Ordensritter Freiherm von Beroldingen jährlich 200, fl. Pension
bis tin seinem Tode daraus bezahlt worden.
Die Einsichl der Rechnungen in Bezug des angekauften
Pfandgerichts Stein am Ritten zeigte, dass es mit guter Wirth*
Schaft verwaltet worden und etliche 100 fl. mehr abwarf, als
das Ankaufs-Capital zu 4% berechnet. — Gemäss k. k. Ver-
ordnung wurden Richter und Gerichts - Schreiber besoldet,
ersterer mit 500 fl. , letzterer mit 900 fl. gegen Verbindlichkeil
zwei Schreiber zu halten; nach dem Ableben des bisherigen
Richters Johann Martin Helf wurde das Richteramt mit der
Gerichts-Schreiberei vereint , aber statt der 500 fl. Richter-
Gehalts 1hm our das Gerichts-Sportulariam fiberlassen und so
die Ausgaben um beinahe 200 fl. vermindert. — Die Rech-
nungen der Pflege Reifenstein zeigten bei besserer Einrichtung
emen jahrlichen .Mehrertrag von ^50 fl. zu Gunsten der Land-
Coroturei, ungeacht der grossen Aasgaben an Wasser- Vorbauten
zur Sicherung der Gfiter, kostspieligen Baulichkeiten und andern
Reparaturen. — Ebenso zeigte sich gute Hofl^ung, dass das
anerkaufte Stadt Boznerische Urbarium , auf dem einst die alte
dornende gestanden, bei guter Verwaltung der Landcomturei
einen namhaften Zuwachs an Einkünften gewähren werde.
Endlich trug der Landcomtur noch vor, dass zur Abhaltung
der Coadjutors-Wahl nach Ördensgebrauch bei der zu geringen
Anzahl der Ritter-.CapituIaren, welche vermöge Rescripts, dätirt
Brfissel 4. October 1762, allein stimmfähig wären, nicht wohl
geschritten werden könne, worauf der einmflthige Beschluss
gefasst wurde , dem Hochi und Deutschmeister die zwei älte-
sten Rathsgebietiger der Bailei an der Etsch zur Auswahl des
knnflig^en Coadjutors vorzuschlagen. Hierauf proponirte der
Landcomtaf*, er hoffe zwar die ihm anvertraute Bailei noch
fernerhin pflichtmässig besorgen zu können, da er nunmehr von
seiner Augenentzfindung sich erholt, jedoch unterwerfe er sich
der Yerftigung des Hoch- und Deutschmeisters mit der Bitte,
Ihm dfe Ballel-Administration dergestalt zu belassen, dass der
kflnftige Coadjutor zu den Rechnungen und Revision der Casseu
— 218 —
bejgezogen und bei wichtigen Fttlen und Angelegeaheiten der
Bailei um seioen Beirath und gutachtliche Meinung befragt und
sofort Yon gedachten Yorfallenheiten voriftufig benachrichtiget
werde. Hierauf ward durch Mehrzahl der Summen beschlossen,
ein diesem Antrage entsprechendes Gesuch an den Hoch- und
Deutschmeister zu stellen. Darauf wurde das Capitel mit Vater
unser und Ave beschlossen und> von den anwesenden Capitn-
laren unterzeichnet. O.A.
Dem auf den 18. September 17M einberufenen Gross-Capild
zu Mergentheim wohnte der Landcpmtur Freiherr von Uln,
wahrscheinlich wegen Kränklichkeit nicht bei , sondern sandt«
als seinen Stell Vertreter den Rathsgebietiger und Comtur von
Sterzingen, Johann Theodor Freiherrn von Belderbusch, dahin
ab, der wahrscheinlich bei Gelegenheit dieses GenerairCapitels
zu seinem Coa^jutor ernannt #urde. — Der Landcomtur Frei-
herr von Ulm konnte jedoch sich dieser Coadjutorshilfe nicht
lange erfreuen; bereits, am 28. März 1792 starb er in Folge
eines Schleimscblages im 70. Jahre seines Allers«.
Auf ihn folgte sein bisheriger Coadjutor Johann Theodor
Freiherr von Belderbusch; im Jahre 1756 eingekleidet, war
derselbe 1760 Comtur zu Schlanders, 1763 Rathsgebietiger
und Comtur zu Sterzingen' und 1791 Coadjutor des Landcomturs
geworden; durch Erlass, dat. Bonn am 1. August 1792 wurde
er vom Hoch- und Deutschmeister einstweilen als Statthalter
der Bailei ernannt. Jedoch bereits am 19« September 1792
ernannte derselbe den bisherigen Statthalter besagter Bailei,
Johann Theodor Freiherrn von Belderbuseh, Comtur zu Ster-
zingen, churpßllzischen und herzoglich bairisohen Geheimrath
und Cämmerer, Generallieutenant und Gouverneur zu MadnheisL
als wirklichen Landcomtur mit Belobung meiner bisherigen
guten Dienste als Statthalter. C^tattkalterei-'Arehiv.) — Am
14. April 1793 zu Mannheim stellte er unter obigen Titeln als
Landcomtur und Comtur zu Weggenstein und Lengmoos an die
Regierung den Obirchen Revers aus« CStatth*'AreMv.y —
Kur Weniges ist von seiner siebenjährigen VerwaUong der
— 319 —
Laadconiliirei sa melden. Am 7* Mfin 1794 «berlässt die
Begienng der Landcomtnrei an der Elseh als Pfandinhaberin
der Gerichtsberrschaft Stein am Ritten gegen einen Pfaad-
acbiHiags-Nachtrag von 200 fl. ohne weitere Versteigerung die
hohe Jagdbm^eit im Pfandgerichte Ritten. 0. A. — Am 6. Mai
1795 schloss ^er^Landcomtur mit Joseph Mair von Lengmoos
einen P^cht-^ntract für sümmlliche Güter der Gomende Leng-
moos vnd das ganxe damals noch nicht verminderte Urbar der-
selben gegen juhrliehen Pachtzins von 1279 fl. 53 kr. ab,
wovon derselbe noch berechtigt war, alle landschaftlichen nnd
Wostnogs- Steuern, sowie auch alle Militär- EinquartierungS"*
Kosten nnd alle an den Ordens-Gebttnden nOihigen Reparaturs-
Aastegen, welche 1 fl. ttberstiegen, bei der vierteUflhrigen
PachtschiHings^Abführung in Absug ixt bringen. Hieraus ergibt
sich, dass das Jährliche Ertrflgaiss der Gomende Lengmoos,
«eH anf derselben uoverhältnSssmfissig grosse Patronats-Lasten
hafteten, nur ein geringes war; aus diesem Grunde wurde
auch die Gomende Lengmoos schon in frtthern Jahren nicht
mehr mit einem daselbst wohnenden Comtur besetat, sondern
die Elnkinfte derselben xur bessern Ejustenz eines jeweiligen
Lnndcomtnrs mit jenen der Landcomende vereinigt. 0. A.
Da die Geistlichkeit auf dem Rittner-Gebirge durch die
bereits frfther erwähnte anderwfirtige Verwendung des Bruder-
schaften-Vermögens einen nicht unbedeutenden Theil ihrer
frühem Efflkflnfte verloren , wendete sich selbe im Jahre 1798
bei dem leidigen Umstände, weil von dem Staate, der den
grdasten Theil des eingezogenen Vermögeos ganz fremdartigen
Zwecken angewendet, keine Entschädigung für den Ausfall in
Aussieht stand, an die Gnade des Landcomturs, weicher in
Beheniguflg dieser empfindlichen Einkommens-Schmälerung aus
Gnade jedem der Pfarrer in Lengmoos, Unterlnn und Wangen
ans den Einkttnften der Gomende L^agiAoos, zu welcher die
drei genannten Pfarrcfn gehören , eine jährliche Unterstützung
von 100 fl. verlieh, jedoch mit der ansdrflcklichen Verwahrung,
dafi diese w zeitweilig und anf Widerruf ertheilt werde, und
— 220 -
daher auch fOr seine Nachfolger nicht die mindeste Verpflich-*
tung haben soll. Jedoch warde nngeacht der vom Orden m
spätem Zeiten an seinen frdhern Einkünften erlittenen grossen
Veriarste bis jetzt von allen dessen Nachfolgern von erwfihntem
Reservat-Puncte kein Gebrauch genracht und die erwähnte
Unterstützung bisher fortwährend den betreffenden Pfarrern
unabbrüchig geleistet. 0. A. — Wegen seiner KränkHdikdt
und bedeutenden Alters wurde ihm im Jahre 1796 der Comior
von Sterzingen, Ignaz- Judas Thadäus Graf von Brandis, als
Coadjutor beigegeben ; am 4. Februar 1799 starb dieser Land-
Comtür Freiherr von Belderbusch in seiner Festung Mannheim
in seinem 75. Lebensjahre.
Durch Decret, dat. Ellingen am 15. August 1799, ernannte
der Hoch- und Deutschmeister Erzherzog Maximilian Franz den
bishengen Coadjutor Ignaz Judas Grafen von Brandts zum wiik-
liehen Landcomtur. Am 6. November 1766 im Alter von
26 Jahren eiß'gekleidet, war er bereits im Jieihre 1769 Comtur
zu Schlanders und 1795 Comtur zu Sterzingen und. Raths-
Gebietiger, 1796 Coadjutor des Landcomturs und nftch dessen
Ableben 1799 Landcomtur und zugleich Comtur von Weggen-
stein und Lengmoos, zudem war er auch k. k. General-Feid-
Wachtmeister; seine Anerkennung und in Possess-Erklärong
von Seite der Regierung erfolgte am 16. November 1799,
wofür er am 26. November d. J. den üblichen Revers aus-
stellte. — Ihm ward das bittere Loos beschieden, während
seiner Verwaltung die Bailei an der Etsch von dem traurigsten
Schicksale, welches sie je erfahren^ betroffen zu sehen.
Gleichsam in einer Vorahnung der nachfolgenden stürmi-
schen Zeiteu, welche die Ausführung heilsamer Plane unmdg-
lich machen könnten, benützte dieser Landcomtur weise die Zeit,
schon als Coadjutor die we;sentliche Verschönerung der Land-
Comende-Kirche einzuleiten, und selbe im Jahre 1799 glücklich
zu vollendet. Statt der drei hölzernen Altäre wurde ein einziger
mit freistehender Mensa, Tabernakel und Portalen, Communion-
Gitter und Kanzel, alles von verschiedenArbigem Kflrmor j;efer-
— 221 —
tiget, sowie anch ier Chor, Orgel und BethsttiUe erneoert.
Die fjesaramlkoflteo dieser Baaten, welche aus Fondsmittelo
der Landeomende besiritten worden, beliefen sich laut vorlie-
feodeii ReehnoBgen auf 5280 fl. 9 kr., woruater 650 fl.
Kosteabetrag fflr das schöne vom berühmten Künstler Martin
Kaolier im Jahre 1799 an Mailand gemalle AltarUatt, den
U. Ritter Georg vorstellend. 0. A.
Nicht lange jedoch sollte es dem Landcomtur Grafen Brandis
gegönnt sein, aich an dem zur Ehre Gottes vollbrachten Werke
SB erfreuen, indem die verheerenden Kriegsstfirme auch aber
fifol sich logen, welche manches Altehrwördige in seinem
Bestände erschmterten« — Grosse Kriegs-Re^uisitionen und
schwere Einquartierungs- Lasten verschlangen einen grossen
ThetI seiner landcomturlichen Einkaufte; aber noch mehr musste
ihn der rasche Verlauf und Eintritt betrflbender Ereignisse mit
Bangen aber die unheilschwangere Zukunft erfttHen. Der Reichs-
Dapuutions-Scbluss vom 25. Februar 1803, S. 26 bestitigte
swar noch den Orden in schien Besitzungen, allein schon im
hmimger Frieden vom 25. December 1805, Art. 12, wurde
derselbe zum Vortheil eines österreichischen Prinzen sacularisirt;
der Hoch- and Deutschmeister ein bloss weltlidier Fttrst, zu
ernennen vom österreichisdieii Kaiser und nicht mebr durch
fteie Wahl des Gross-Capitels; Kaiser Franz ernannte den
Bnhersog Anton Victor zum Hoch- und Deutschmeister und
am 22« März 4806 geschah die Cebergabe. (Die Bailei an der
Elaeh soll nach Hormair*s Angabe damals einen Ueberschuss
von 11,000 fl. jährlich gehabt haben> — Zu dem kam Tirol
in. Jahre 1806 an das Königreich Baiou; drei Jahre später in
dem wieder aasgebrochenen Kriege zwischen Frankreich und
Oeslerretch erklärte Napoleon durch Decrel vom 24. April 1809
in den Staaten d<es Rheinbandes den deutschen Orden fttr auf-
gdöst, welche Verfügung auch der Wiener Friedensschlnss
vom 14. October 1809 bestätigte.
Vermöge eines zu Strassburg am 3* März 1810 vom Könige
▼OB Baiem daü Napoleon abgeschlossenen Vertcages wurde fast
— i22 —
ganz Sttdtirol an letzlern abgetreten , und kam An das nea^-
geschaffene Königreich Italien nnd damit nahte fflf die Ballei
an der Btsch die verhfingnissvolle Catastrophe; wo selbe durch
die italienische Regierang aafgehoben und ihr Yermögen sammt
den Gütern und Gefallen als Staatsgut erklärt wurde. Am
4. October 1810 kamen der italienische Vice-Prafcct von Bozen^
Baldaseroni und der Demanial-Ddegat Pesehe in BegleHuog
zweier Magistratsherrell von Bozen in die Landcomende Weggen-
stein und forderten den Herrn Josqih Ampach, General-Admini-
strator der Deutschordens-Gflter vor sich, lasen Ihm das Decret
vom 25. April 1806 und dann das kOnigl. italienlsclie Decret
vom i8. September 1810 vor, und erklärten kraft des Artikels 1
des ersten Decrets die Landcomturel selbst sammt allen beweg-
riehen und unbeweglichen dazu gehörigen Gutem ^ in dem Be-
zirke von Bozen, Lengmoos, Terlan, nebst verschiedenen Girund-
Zinsen als der Demanial-Casse einverleibt. Hierauf legte Besehe
auf Befehl des Vice-Prafecten das königliche SIgel auf die
Ganzlei der Comende, aufs Archiv und Bibliothek, auf die
Kammer des Factors, da dort verschiedene aaf>dife Bin}[flnfte
der Comende bezügliche Papiere sich befanden und endlidi anf
ein Zimmer, wo einige kostbare Gegenstände und Paramenta
der Kirche sich befanden ; auch wurde ein genaues Vemeleimiss
Jener Gegenstände, welche in der Kirche und im Comende^
Gebäude noch einstweilen zum täglichen Gebrauche' blassen
wurden unter Yerantwordichkeit des Administrators, angefertigt,
und diesem zugleich eingebunden, irtnerhalb dreier Tage dem
Demanial-Delegalen ein specificirtes Verzeichntss der beweg-^
liehen und unbev^lichen Guter der Comende und Kifche
Weggenstein, sowie auch zu Lengitioos und Terlan einzdlefem,
0. A. — Der Landcemtur Graf von Brändls hatte demvadi -den
Schmerz, mit eigenen Augen das fi-ivole Schalten und Walten
anzusehen, mit welchem bei der Aufhebung mit dem Ordens-
Gute vorgegangen wurde, indem er zu Bozen in Zurückgezogen-*
heit als schlichter Privatmann lebte.
Auf ähnliche Weise, wie die italienische Regierung mit
— 288 —
dem Dentsehordens-Gnte io dem Uhr sugefalleiieii sOAtehe«
TbeHe Tirols yerfiihr, machte es die bairische Hegierang jdiI
jenem io dem ihr gebliebenen ndrdlicben Theile; sie lOg die
YermOgeiiheiten der DeotschordeBS - Comenden Sterting und
Schlanders im Jahre i8H ein^ behielt aber von denselben
nicbts als das Patronats-Recht beider Kirchen, sowie die
Comende-Gebflode sammt Garten, weil selbe die Regierung cur
UnttfbriBgiing des Landesgerichtes an betdeif Orten bendthigte;
die flbrigeh Reatilflten und Gefalle der dornende Schlanders, so
wie der Comende Sterzingen nebst Jenen der Pflege Relfenstein,
welch letstere unmittelbar zu den Einkttnften der Landcomende
Bolen gehört hatte und nach Ueberlteferung der ehemaligen
Qrdensbeamteo 2000 fl. abwarf, sammt allen »dem GefftUen
der Landcomende in ihrem Antheiie von Tirol trat die kOnigi.
baierische Regierung im Jahre 1613 dem Forsten Alexander
TOB IVizis als EntschSdigang fflr das demselben eingesogene
Post-Regale ab.
So ward die ehemalige Deulschordens-Ballei an der Btsck
nadi OOOjahrigem Bestände zerrissen und anfgetheilt. Der eot«.
setzte Landcomtur Graf Bnmdis starb im 72. Jahre seines Alters
nm 12. Mfirz 1814 zu Bozen, fand Jedoch wenigstens seine
Rahesiftte in seiner ehemaligen Landeomende^ Kirche daselbst.
Er halte aber nicht mehr die Freude, das Wiedererstehen seiner
BeHei in erleben ; denn die glttckliche Wendung der kriegerischen
Geschicke, welche die Siege^ der alliirten Mächte nach der
denkwürdigen YolkerscUacht bei Leipzig über den Kaiser Na*
poleon zur Folge hatten, führten auch fOr den denischen Orden
in Oesterreich eine bessere Wendung und die Wiederherstellung
der Bailei in Tirol — freilich nicht mehr im alten Glänze —
heibei. — Tirol kam in Folge dieser Ereignisse wieder ganz
an Oesterreich zurtick und Kaiser Franzi, fasste unterm 2. Decem-
her 1817 den EntscUuss, das Yermttgen des deutschen Ordens
hl Tirol , so weit dasselbe noch im Staats-^chatze vorhanden
war, woniSter sich auch die Pfandherrschaft Stein am Ritten
beluid, weiche aber der Regierung surflckgestellt wurde, an
— 8S4 —
seinen Bruder Erdienog Anton, den Hoch» and Dentsdiineiater,
welcher in dem (ksterreichischen Staate auch nach dem Frieden»-
fichluase im Jahre 1809 in dieser Würde verbliebep, zurack-
stellen zu lassen, und demzufolge wurde selbes am 13. Npv.
1819 von einem landesfarstlichen Commissär an den Hofrath
von Schön , . Bevolimflchligten des Hoch- und Deutschmeisters,
— leider durch die eingetretenen Regierungsveränderungen in
sehr zusammengeschmolzenem Zustande, — eingeantwortet. Von
den Deutschordens-Besitzung^iR der Comenden Sterzingen und
Schhinders war — wie schon erwähnt — nichts mehr übrig
als di^ Comendehänser sammt dem dabei gelegenen Garten und
jene Grundgilten-Geftlle von der Comeude Sterzing und der
Pflege (leifen^tein^ welche in den Regierungsbezirkea der König-
reiche Illyrien und Italien sich befanden; besser für den deut-
schen Orden stand es mit seinen Besii^angen und Geffiliea der
Landcomende Jind der Comende Lengmoos, welche von der
königlich italienischen Regierung einverleibt und von derselben
nicht so eilig verüu^sert worden. — Nur einen Theil derselben
wnsste Hr. von Graff, Baron von Ehrenfeld, noch im Jahre
1813, als Tirol schon von österreichischen Truppen besetzt
war , durch Kauf sich zu verschaffen , und die Sanction dieses
Verkaufes von der italienischen Regierung nur noch auf Um^
wegen über den Nonsberg eben nicht auf die geradeste Weise,
sondern nur durch Umtriebe sich zu verschaffen.
Durch die Abtretungen der königl. baieri/schen Regierung
an Fürst Thum und Taxis hatte der deutsche Orden verloren :
im Vintschgau 750 Staar Getreide an^.fioggen und Gerste; ans
den Bezirken von Lana, Tisens, Prissian, Ulteu, Rifian und Sam-
thai an Geld 20 fl. 7 kr«; an Waizen 8 St., Roggen 58 SL,
Hafer 16 St.; Capfiuner 12, Hühner 8, Hennen 2, Kitze 3,
Eier 70. — Durch das an Hm. von Graff von der Italienischen
Regierung Verkaufte: an Geld 31 fl. 47 kr.; 49^^ St. Waizen,
1671/4 St. Roggen, 37V4 SL Gerste, 81 St. Hafer,. 5 St. Blen-
ten, 6 St. Hirse, I1/2 St. Bohnen; 80 V2 Ihnr Host und
36^3 Ihrn Praschlet von den vorzüglichsten und besten Lagen
— 235 —
ifl Siebenaieh, Terlm vM Im Bosner Leilach ; fener 7^2 Kitse,
i fluen, 2 Ummer, 17 Hühner, 6 Rennen, 125 Eier,
2 Schweinschttlleni , 12 Stück Fleisch, 1 Schttssel Schmale,
1 Schnlltslflek. — Nebst diesen Grundgilten war von der
itriienischen Regierung die emsige rar Landcomende Weggen-
stein gehörige Realität, das sogenannte Belienhfiusel an der
Wegseheide, welches der Orden frOherzum Ausschänke seines
Zinsweines benQlst hatte, Terkauft worden.
Auch in kirchlicher Besiehung hatte die Baliei an der
Elseh in Folge dieser Ereignisse manche Einbusse erlitten;
denn durch den Veriarst der Comenden Schlaoders und Ster-
nig sind dem deutschen Orden die Pfarren Schlanders, Laas
nnd Sterling mit den Curatien Martell, Ried und Gossensass
abhanden gekommen, und es blieben ihm nur mehr die Pfarren
Lana, Samthein, Passeir, Lengmoos, Unterinn, Wangen, dann
die Curatien und Exposituren : Moos, Gargazon, Ytfllan, Oberinn,
and Lengateln, nebst den Frahmess^Beneflcien zu Lengmoos
oad Dnterinn, und dem Gnrat-Beneflcium in der Landcomende
Weggenstein in der DiOcese Trient, — und das Patronalsrecht
der Ffiurre Marelt in der DiOcese Bfixen, worauf er aber einen
Weltpriester als bestfindigen Vicar dem Bischöfe prftsefr-
tireo mnss.
Nach der am 13. November 1819 geschehenen Uebergabe
wurde die Interims-Verwaltung der dem deutschen Orden noch
flbrig gebliebenen GOler und Güten, welche von dem k. k.
Rentamte bis Anfangs October 1820 besorgt worden war, auf-
gektol and am 4. October 1820 vom Hoch- und Deutschmt^isler
eine eigene dentschmeisterisehe Gefftlls-Yerwaltang der Ordens-
Gerechtsame and Vermögenheiten in dessen Namen eingeführt,
welche aber ihre Arotswirksamkeit flir Rechnung des Hoch-
vd Dentschmelsters am 31. December 1831 schloss y indem
dendbe zu Gunsten der wiederhergestellten Bailei an der Etsch
aaf die fernem Tiroler Ordens-Einkfinfle grossmflthig ver-
zichtete. — Er hatte während dieser Zeit bedeotende Summen
aus seinen Tiroler Einkauften auf die während der Zwischen-
15
— 226 —
Regierunf en sowohl 1« ßaa ris im GiiltQrBiistande tdv henlH
gekommenen Ordensgebilude und Gtiter in derett WiedeAerw
steltung, sowie namhafte BeNrifge aof die WiederhersteUmig des
Ordensmaierhofes in Siebenaicb, welcher zur Zeit der Kwisdiei»-
flegierungen durch das Pacht-System gfinzlich aosgesogeo wd
herabgekommen war , yerwendet« — Nebst fiesen bedenleoden
Auslagen versah er auf seine Kosten die Deatschordens-Pfarr'-
kirche zu Lengmoos nebst Ausbessernng der ailen Kirchen-
Paramente mit einem ganz nenen Ornate, Messkleidem und
Wäsche, und beschenkte selbe auch mit einer ganz neuea
slAernen und Yergfrfdeten Monstranze, sowie er auch in der
Landcomende-Kirche zu Bozen alle Kirchen-Paramente in hraach-
baren Stand herstellen Hess.
Durch Decret vom 8. März 1834 erklärte Kaiser Fraa»
den deutschen Orden in den österreichischen Staaten als eiB
selbstständiges geistiich-milililrisches Institut, unter dem Bande
eines kaiserlichen unmittelbaren Lehens, dessen beslindiger
Schutz- und Schirmherr der Kaiser ist. — Bald darauf am
2. April 1835 starb der bisherige Hoch- und Deutsehmeister
Erzherzog Anlon; nach dessen Ableben wurde der OrdeM-
Yerfassung gemäss ein Directorium, bestehend aus dem Land-
Comtur der Bailei Oesterreich, Grafen von Haugwitz^ «ad den
Herrn Rathsgebietiger der Ballei Oesterreich und Gomtur za
Latfoaöh, Grafen von Attems eingesetzt, und bei dem •«
22. April 1835 zu Wien abgehaltenen Gross-Gapitel Se. ktoig-
liehe Hohheit Erzherzog Maximilian von Oesterreich-Este, Land-
Comtur der ehemaligen Ballei Franken, einstimmig zum Hoch-
iind Deutschmeister erwählt. — Dieser führte die Administrattoa
der tirolischen Ordens-Besitzungen bis Ende December 1835
fort, welche vom 1. Jänner 1836 angefangen nn den nea
ernannten Landcomtur Joseph Graf von Attems Oberging , der
auch am 13. Mai 1836 zu Bozen nach vorhergegaflgene«
Gottesdienste vom Dentschordens-Ganzler , hoch- und deutsh-
mdsterischen Hofrath und geh. Referendar Joseph von Schon
förmlich und feierlich in Besilz eingewiesen wurde.
— 9W -
ümk im Ml Uonme Aaaer 1836 id der Ordfloikirche
M Wieo eitaltenea RitterscUage wurden die nachgeoanote«
Onkwrjtter der Ballei an der Elseh si^etheill und dem erwfihn-
lea LaodoQDMnr antergeordnet, welche staU der frOher flblicb
gewctfoiea selbstoUtaidigeD Coeende^Administratioo uad der hie-
Yon KU ihrer Sahsialenx geoosceBea Reveaueo, weil diese deo
getedefffen ZeilverhftUaisseii aicht mehr aogeaieasen befunden
warde, auaroehr mit fixen Gelddeputaten aus der Ballei- und
fieaeral-Ordeas-Caaae betheilt werden:
l4aidgraf von Fttrsleaberg als Ralbsgebieiiger und Coaitur
4^ Conende Lei^moos;
Graf yon Stadion, als Rathsgebietiger und Coo^ z|i
Schlanders ;
Philipp Aaton Graf von Boos- Waldegg, als Comtur zu
Steningj
Dia zwei letztem Ck>mende-Titel sind jedoch nur als Titular
anaaschen, indem diese zwei Comenden in der Wirklichkeit
flieht mehr existiren. — Durch das im Monate Jftnner 1836
vaa dem Dealschordens-lUlter, Grosscapitular, Julius Graf von
Snaenberg der Ballei an der Etsch mit 10,000 fl. C.U. gemachte
ordeaabradarliche Geschenk wurde es auch ermöglicht, dass
4KNdi ein weiterer Ordensritter aufgenommen und den übrigen
beigeocUt werden konnte, weichem nach hoch- und deutsch-
jadslerlichem und landoomturiichem Beschlüsse als jOngstem
wdX keiner Qrdens-Comeode versehenen Ordensritter die Zinsen
•VM den obigen Capital zum Genüsse verliehen wurden und
womit der neu aufgenommene Ordensritter Ferdinand Maria
4rar von Platz betheilt ward. *) — Statt der seit Wiederher-
atdlong der Ballei gestorbenen Mitglieder: Ferdinand Maria
*) Von diesen vorgenannten, der Bullei an der Elsch zugetheilten <
Ordens-Rittern residirt jedoch keiner in Tirol, sondern der
iandcomtur Graf Attems, sowohl seiner dienstliehen Stellwiii:
in der Arcieren-Leibgarde, als auch wegen jen^r am kaiserl.
Hofe im Deutschordens-Hause zu Wien; die andern Ordens-
Ritter befinden sich in verschiedenen militärischen Anstellungen
in dar Armee und andern dienstlichen Functionen.
15*
— 228 —
Graf von Platz, gest. i5. Jfinner 1839, aad Philipf^ Anton
Graf von Boos- Waldegg, Titular-Comtor zu Sterxing, gest. im
Jänner 1851 , wurden zur Erhaltung der für die Bailei ayatemi-
sirtea Zahl folgende Ordeoaritter bestimmt: 1841 LeopoM
Gundaker Graf von Tflrk , 1846 Heinrich Graf von Cood^hove
und Maria Theodor Freiherr von Riesenfels.
Nebstdem wurden, um nach und nach auch die noch dem
Orden einverleibt gebliebenen Pfarreien und Curatien mitDeutsch-
Ordens-Priestem besetzen zu kOnnen, vom Jahre 1839 — 1849
acht Weltpriester aus der Diöcese Trient, worunter der ver-
diente hochwflrdige Peter Rigler, Professor der Pastoral-Theo-
logie zu Trient im Jahre 1842, und später noch einige in den
deutschen Orden aufgenommen.
Unterdessen setzte der neue Landcomtur Graf von Aitems
das Werk des verstorbenen Hoch- und Deutschmeisters, Erz-
herzog Anton, thätig fort und förderte die in Ausfahrung
begriffene Verbesserung der Deutschordens-Gater, sowie besoB'«'
ders die Sicherstellung der Güter zu Siebenaich mit einem Auf-
wände von mehreren tausend Gulden aus den Baliei-^Einkftnflett,
und erbaute daselbst auch einen grossen Keller mit einem Auf-
wände von 2000 fl» Zudem bewilligte er zum bessern Betrieb
der Oeconomie den Ankauf dreier Streumoose um die bedeu-
tende Summe von 9016 fl. 30 kr. C.H. — Im Landcomeode«
Gebflude zu Bozen Yiess er mit einem Kosten von 2581 fl. 44 kr.,
wozu er lOCX) fl. aus seinen Privatmitteln beitrug, den zweiten
Stock umbauen, indem ein Theil zu einer abgesonderten Woh^
nung eines jeweiligen Landcomende-Gaplans hergerichtet, der
übrige Theil aber in zu vermiethende Privatwohnungen umge-
staltet wurde, und seit dem Jahre 1849 dem k. k. Aerar zur
Unterbringung des Landesgerichtes vermietliet ist; auch sonst
verwendete er zur Ausbesserung der Landcomende noch 500 fl.
aus seinem Eigenen. Auch das landcomtorliche Mobiliar-Inventar,
welches in Folge der Aufhebung bisher alles fundus instruclus
zu einer gastlichen Bewirthung bei gelegenheillichen Ordens«-
Feierlichkeiten entbehrte, bereicherte er aus seinen Privatmitteln
mit deitf entsprechenden Silber-, Porcellain-, Glas- und Tisch-
Doch nicht bloss auf die Verbesserung der weltlichen
Gebtade, sondern vorzüglich auf die YerschOnerang der Land-
Conende-Kirche war dieser Herr Landcomtur bedacht; indem
er die auf dem Boden liegenden Grabsteine der Ordensritter zu
^erea besseren Erhaltung an den Kirchenwänden aufslellen, das
Langhans der Kirche mit Ritlner-Sandstein-Quadem neu pflastern
und das schadhafte Marmorpflaster im Presbyterium mit Marmor-
Platten ansbessem, die Kirche selbst passend verputzen und eine
geschmackvolle Sacristei mit den hiezu nöthigen Paramenten-
Btolen «if seine Kosten herstellen Viesa^ för welche und andere
kirchliche Zwecke selber aus seinen eigenen Mitteln die bedeu-
tende Summe von 2807 fl. CM. aufwendete. Auch beschenkte
er die Kirche mit einem Trauer-Ornat und sonstigen schönen
Pkramenten und einem schönen silbernen, fein vergoldeten
Kreuzpartikei-Geßisse. — Und diess Alles geschah, obschon
ein am 26. Juli 1846 entstandenes Hochgewitter alle Peld-
Prflchte der Ballei-Gfller zu Siebenaich vernichtete, die Reb-
geUnde in eine winterliche Einöde verwandelte und auf zwei
Jahre im Ertrage zurücksetzte; sowie die als Ausfluss des
Jahres 1848 erzwungene Grundentlastung der Landcomende
mehr als ein Viertheil ihres Einkommens raubte.
WShrend nun so der neue Landcomtur Graf Attems mit
dem Eintritt in diese Wflrde die Ballei an der Etsch aus dem
zerfallenen materielen Zustande, in welchen selbe durch die
traurigen frflhem Zeitverhältnisse geratben war, allmälig nach
Kräften In öconomischer Hinsicht, sowie durch Besserung der
Gfiter, durch weltliche und kirchliche Bauten zu heben suchte,
war der eifrige Hoch- und Deutschmeister Erzherzog Maximilian
Joseph von Oesterreich*Este fortwährend thätig, den deotschen
Orden, welcher wie andere Institute den Einittssen der Zeit-
Verhältnisse nicht entgangen und seinem ursprflnglicben Zwecke
im Verlaufe der Zeit ziemlich entfremdet <|ivorden war, so weit
die veriodertea Zeitveritftitnisse es gestatteten, wieder auf
— 280 —
denselben zarttckzufflhren. demnach entwarf Hoebselber mH
dem versammelten Ordens-Grosscapitel VerFügungen fn ßezii^
der äussern und innern Gestaltung des Ordens, welche iSe. Maje-
stät Ferdinand I. dureh Handschreiben 1837 genehmigte. ---
Bin voin Hoch- und Deutschmeister im Jahre fd39 yeran-»
staltetes Gross-Capitel verfasste mit HinUick auf die bisher
bestandenen Ordensregeln und Statuten sowie auf die yon Kaiser
Franz am 8. Harz 1834 erlassenen Directiven und auf die in
Folge derselben von dem Orden in den österreichischen Staaten
kdnfeig einzunehmende Stellung, miUelst Capitelbeschlusses vom
26. Februar 1839 ein Statut, welciies unter dem Titel : ^^Statoten
des deutschen Ritter-Ordens^ in 4 Abtheilungen beslflligt und
besiegelt wurde. Kaiser Ferdinand bestätigte selbe zu l^hOn-
brunn am 16. Juli 1839 und liess am 20. Juli 1840 jene Ver-
fflgungen , welche auf Staats- und privatrechtliche VeriiSitnisse
des deutschen Ordens und seiner Mitglieder sich beziehen, durch
allerhöchstes Patent zur allgemeinen Kennlniss bringen.
Bereits hatte unterdessen Se. königh Hohheit der Hoch-
nnd Deutschmeister vorsorgend sein Augenmerk auch auf die
Bailei an der Etsch gerichtet, um daselbst, wo wenigstens drei
H fiuser ursprünglich auf die HospitalitSts-Verpflichlung gegrUn-
del worden, nach den Erfordernissen der verilnderteh Zeit-Ver-
hültnisse den deutschen Orden seinem Zwecke nach und nach
so viel möglieh wieder zuzuführen. Durch Numficenz desselben
wurde im Jahre 1837 der der Testorischen Familie in Roveredo
zuständige Besitz Lanegg zu Lana für 7500 fl. C.H. angekauft
und durch mehrere auf Kosten des hohen Gründers geführte
Neu- und Zubauten auf den gegenwärligen grossarttgen Stand
gehoben. Der Hoch- und Deutschmeister gründete nun dort
ein InBtitut für DeuUehordetu^Sekwestem ^ welches durch
kinseri. Decret vom 21. November 1840 genehmigt wurde und
als Mutterhaus für ahnliche Institute dienen soll; — bereits im
Jahre 1841 ist von dort eine Colonie nach Troppau abgegangen.
— Die DeutschoHens-Schwestem legen ihre Gelübde auf
Lebensdnaer ab vbd haben die Bealimmung) Kranke zn pflegen
- Mt -
Mi dto weiMicbe Jiqead tu witerrichlea; $ie erhallen ihre
Vooleheriii naeh der BefUmBimig des Hoch- uod DeaUch-*
neitfterfl. — Seit Februar 1845 besorgen die Schwestern daseibat
Mek ein ttdche»«CoBvikt. ^ Im Jahre 1859 worden daselbst
40 schwerverwundete österreichische Krieger aller Nationalüätea
aalet der sorgsamen Piege der Deutschordens-Schwestem auf
Koslea des Ordens mehrere Hoaate hindurch bis zu ihrer Wie*
dergenesnng unterhalten. — Zu dieser Deutschordens-Besltzuug
Lan^g gebörl der daran angrfinzende Plateidbof in Yöllan, am
30. Mars 1838 fttr 5841 fl. 40 kr. käuflich erworben und im
Jahre 1843 durch neu erbaute Oeconomle-Gebaude verbessert.
Das zweite Ordens-Schwestem-Haus in Samtein^ als Filiale
von Lanegg entstand in Folge hoch- und deutschmetsterischer Ent-
sehliessjwg, dat. Ebenzweier am 30. Juli 1846, durch den vom
Dentsebordens^Priester undDecan Herrn Peter Santa auf zusammen
gekauften Grundstücken in den Jahren 1846 — 1848 geftthrten
Neubau und Uebergabe dieser Realität an den Deutschordens-
Sehwesten-Fond durch Urkunde vom 7. Jänner 1852 fflr
2232 fl. 30 kr. CM. Die Ordens-Sehwestern besorgen dort
eine Hfidchen-Schule.
Das dritte Haus zu St. Leonhard in Passeir, ebenfalls Filiale
von Lanegg, wurde gegründet in Folge hoch- und deutsch-
meisterischer EntSchliessung, dat. Ebenzweier am 31. März
1847; erworben um d833 fl. 20 kr. durch Kaufsact 7. Hai
1847 uod durch Umbau zweckdienlich hergestellt.
Das vierte Haus zu Völlan, gleichfalls Filiale von Lanegg,
warde zufolge hoch- und deutschmeisterischer Resolution auf
dem durch Urkunde vom 6. April 1852 für 250 fl. C.H. käuf-
lich erworbenen öden Hügel auf dem Nagele-Gute in den Jahren
1852 und 1853 aus den Mitteln des Ordens-Schwestern-Fondes
mit einem Aufwände von wenigstens 5700 fl. ganz neu erbaut.
Das fünfte Ordens-Schwestern-Haus In Unterinn, Filiale
von Lanegg, verdankt seine Gründung der hoch- und deutsch-
neisterischen EntSchliessung vom Jahre 1857 und wurde durch
die gfltige Verwendung des Hrn. Beneficiaten Michael Wenter
- 233 —
unter dessen Leitung in den Jahren 1857 und i858 auf einem
von der Pfarrkirclie zu Unterinn fflr 750 fl. erkaaften Acker-
Gmnde ganz neu erbaut, dann durch förmlichen Act, datirt
Unterinn am 26. Mftrz 1860 für den Deutachordens-Schwesten-
Fond eigentlich übernommen.
Zum Schlüsse ist noch eines für die Deutsch-Ordens-
Ballei an der Etsch wichtigen Institutes zu erwfthnen, nemllck
des Deutschordens-Priester-Convents zu Lana, welches derselbe
^ Hoch- und Deutschmeister auf Bitten seines geistlichen Rathes,
des bereits früher erwähnten Deutschordens -Priesters Peter
Ri^'c^ gewesten Professors der Pastoral-Theologie am bischöf-
lichen Seminarium zu Trient im Jahre 1855 gründete durch
Zusammenkauf des in 5 Parcellen zerstOckten, vom ehemaligen
Benedictiner-Kloster zu Füssen in Baiem herrührenden, in der
zweiten Hfilfte des 19« Jahrhunderts stückweise verüossertei
Mairhofs-Anwesens in Mitterlana um 13,233 fl. 20 kr. CM. —
Der aus einer Wiese und Acker hergestellte Garten wurde im
Jahre 1856 mit einer neuen Mauer eingefriedet und das Neu-
Gebäude in den Jahren 1856 und 1857 nebst andern nöthigen
Umbauten mit einem Kosten von wenigstens 12,000 fl. CM.
hergestellt. Es hat den Zweck, als Noviziathaus für die in
den Orden eintretenden Weltpriester zu dienen und zugleich
wurde daselbst eine Bildungs-Anstalt gegründet, in welcher
Jünglinge, die dem Orden beitreten, zum Priesterstande heran-
gebildet werden sollen ; wozu der Herr seinen Segen geben wolle!
— 833 -
Beitrftge snr spedelen Geschichte der Deutsch-
Chrdens-Cromende Sterzing vom 14. Jahrhundert
An 27. Odober 1302 geben Bruder Conrad von SehWenlM
LMdconMnr an der Etseh, nnd Bruder Heinrieh von Esebenbach,
Cemliir lu Stening, im Namen der Comende Sterling dem Uiin
Cbofpo von Pignaga in der Pfarre Eppan drei Stfleke Weingut
in der obem Glaive lu Erbpacht, gegen Jftbrliehen Zins von
6 Ihn Wein in das der Comende Sterling zugehörige deutsche
Haus 10 Eppan zu liefern, in der Fastnacht 2 gute Hflhner und
lu Oatem i Sttz und 30 Eier. Dabei waren Conrad von
Aichach, Priesterbruder und Ulrich von Manchen , Laienbruder
dea dentsehen Hauses zu Bozen. O. A. — Am nemlichen Tage
treffen obige zwei deutsche Herren im Namen der Comende
Sierztng einen Tauschverlrag mil Heinrich Benditensun von
(lorlan; sie flberlasseo leUterm als freies Eigenthum einen
Acker in Gnrlan, genannt Kadozze, wofttr er ihnen einen Acker
in der Naur in der Phrre Eppan abergibt. 0* A. — Im Jahre
1903 bekennt Bruder Chaloch, Comtar und Pfarrer la Sterling,
dasa er sich mit Rath und Zostimmong der Visitner (Visita-
toren?), des Landcoratnrs und der Brüder zu Bozen veriiiad*
lidi gemaefat, die Comende soll alle Donnerstag auf dem Sanct
lartms-AItar in der Pfarrkirche bei der ThSr der Abseite eine
Hesse und Jflhriich einen Jahrtag mit 4 Priestern fttr Perchtold
dm Richter und dessen Gemahlh besorgen; dafttr habe Ihm
— 28« —
Frau Agnes, des Zanten Tochter, Gemahlia besagten Perchldda
des Richters and deren Söhne Hermann und Conrad ttbergeben
das Anräut zu Slersingen und 3 Pf. B. Gill auf dem Hofe
Nidertelves. (_Copeibuch%u SterzingJ} — Am St. Margarethen-
Tag 1305 (Ibergibt Herr Ortolf der Chamerer von Reifenstain
mit Zustimmung seiner Gemahlin Alhaid und seines Sohnes Perch«
told %XL dem heil. CaAarina-Ahar in der Deutschordeos-CapeMe
lum hl. Geiste zu Sterzing, den er daselbst erbaut, einen Hof
zu Niederianns und einen Acker bei erwähnter Capelle; wofür
sich der Comtur und die Brflder zu Sterzing mit Genehmigung
des Landcomlurs Fr. Hartmanns von Gondolfingen verbindlich
machen, an jedem Dienstag und Donnerstag Gott zn dienen
mit einer brennenden Lampe vor erwähntem Altare zum Seelen-
heüedes Siifters, seines Vaters Ortoit und seiner HcMer Chri-
süna , seiner Gemahlin Alhaid und seiner Brüder Nico|«iis h«4
Erhart. Dabei waren gegenwärtig: Fr. Chaloch der Gomt«r,
Fr. Dietrich von Dieperschurch , Fr» Conrad von RolteabuEehi
Fr« Seifrid und Wilhelm der Zanl. fC^etAti^Ä zu SUrxingO
Unterdessen war Bruder Chaloch, Comtar und Pfiarrer zu
Stersingen, in langwierigen Streit verwickelt worden mit V^
damar dem Pfarrer von Mareit, wegen pfarriicher Riechte, au
ihrem beiderseitigen grossen Schaden ; endiloh auf Andring^li
des Johann Sax, Dom-Decans zu Brixen, der den Process in
Auftrage des Bischofs Johann verhörte, conpronMtifteo beid^
Partheien auf Fridrich, den Caplan zum hl. Augiistin, RftiT. von
Stingilhaim , Domherrn zu Brixen und Heinrich , den Vicar zu
Slilves eis friedlichen Schiedsrichtern. Diese entschieden am
il. August 1306: Zöderleia soll wegen des Gutes, dM er
bd>aa4, zu Weihnacbtea und Ostern sein OB^rUtsiam in die
PMrrkirche zu Sterzing bringen; soosi aber au keiner pfarr^
liehen Verplichtung dahin gehalten sein; ferner soll der Pfarrer
von Steniog keioem Pfantinde von Mareit ein Sacraaneot wichen
noch ein Kind taufen , er werde denn vom Pfarrer zu Hareit
ausdrücklich dazu ersucht; ebenso soll es der Pfarrer von
Mareit in Bezug der Pfair-AngchOrigea vfo Sterzing Wtev;
UM« Mter i^desmaiifer Stvtlb tmk 10 Mwk fienef. Zevgen
desMK Fr. Heimieh rm EBcbedbaeh vnd Fr. Heoh Yoa Wien*
edia, iMide Deutfehord^tw-Irttder daselbfii.
Vm diM8 Zeit (du Dal«n ist nichl Mfegehdi) ttNUdH
BerloM Tnurtson, geMMinl KfareHo von Spi^heMtam^ von Fnm
Bus, lief Witwe seines Bmdersolmes Conrnds Tmümi und
deren Kinder den iliaen diä Brbtkeit sugefallenen Theit des
Hefcs Wimt tuf Ecke gelegen y gegen einen andern in Moales
(Hsids) ein md rergnbt denn den gamen obigen Hef de«
denlscIieD Hanse h Sieraing ftfr sein and seiner GeamhUn
fiertraad Seeleniiei), aof dass die dealsclien Herren daseÜMl
jiMeli «n Tage Quatnor Coronalerani einen Jaliriag sommI
Vigi» ond Messen far sie halten. 0. A. — Im lahre 1309 wiU
Hr. GanoBfens von HairliofMi den Brader BerehlokI finppan ab
Conlar den deotaehen Hanses u Stersing gefunden habeiw
In der Osterwoche des Jahres 1313 so Laibaeh besMtigt
Heinieh, Ktoig Ton Mbmen ftc. , Graf am Tirol , die Sehen*
kong des Lnehtner Aekers, ilnsl 1 Mntt Boggen und Genrten ;
des Mosl-Ackers, des FleckvirsisUAckers, der. Wiese in der
Fntk md 3 Pf. B. Zins ans dem Hofe von Ried, weleke
Hr. Caaipolt der ZanI der Harienkireke ond dem denisehen
Haase so Stening sm Heile seiner Seele vermachl und seheriit
sdbe Gtler, welche bisher Lehen von Tirol gewesen, der
Cmnende sitm Eigenthnm. 0. A. ^ Am Dienstag nach Nicolai
1814 bestätigte deraelbe König Heinrich der Comende Siening
^igcli der Bereitwilligkeit ihrer Dienste aHe Rechte und Fiel«-
haken, weldie dieselbe bei Lebieiten sehies Vaters genosasn;
htsoude» dass selbe ihre Wehte und Lebensmittel daselbst su
ihmn Gebnraehe Terwechseln, verkaafen und vertauschen dUtfe
Bsek bisher gebilligtem Gebranefce und Reckte. 0. A. ^ Hiii-
gegen trat er den Dentscbordens^BrOdem daselbst mit Ernst
«tgegen, wo sie ihre fiefngnisse ttberschritten ; eo hatten sie
ohne ErfanbBlw sich es hemusgeaoaMnen, lu Sterzing das gan»
Mr khiditreh om Geld Wein ausxuscbinken stm grossen Ifack-
Mk der Btifer ton SkrsiBg. Auf der Lettlem Klag« verbot
— 28<r —
er durch Befeiil, dal. Tirol tm Erehtag nach Andrii 1816, des
DeatscbordeBA-Braderii daaelhsl Wein anBinachiBkeB, weder in
Meinen Trinklein, noch in grossen Massbeehem, noch PalKidaa*
weise; erlaubt ihnen jedoch denselben Ihm- und Foderwmse
irerscblmsen xu ddrfen. (Ärehie der Simdl Sieminff.)
Am MiUwoch nach St. Gertraud 1318 verkauft Graf Hein*
rieh von GOrz den Fr. Chaloch, Comlnr und Fr. BertoMea
dem Gefneren und den tibrigen deutschen Brfldem zu Steniag
twei Höfe zu Ehrenburg. Geschehen zu Luncz auf dem Halse
zu Brack. Zeugen dessen : Ulrich von Taufers, Coli von Flaaeh-
berg, Heinrich der Graland, Herward von Auersberg, Nidas
von Weibberg , Conrad von Schoneck , Heinrich der MeOBiia-
reuter. C^anuser. Burgieehner.J — Am Froitag nach Sanei
firegorten-Tag 1319 zu Meran in der St. Nicolauskirche bestfttigl
derselbe Heinrich Graf von GOrz und Tirol die Vergabung des
'Schallergutes zu Peweren im Dorfe, welches gOrziadies Leben
ist und Jacob der Trautsun an das deutsche Haus zu Steoing
geschenkt hatte, und befreit selbes von der Lehens-^Eign-
schaft. 0. A.
Energisch betrieb der ofterwühnte Fr. Chaloch als Comtar
zu Sterzing seines Hauses Angelegenheiten gegen WideespSnstige;
am Sonntag Laetare 1320 zu Sterzing bringt Fridrich der Cqtei
des heiL Augustin-Aitars zu Brixen allen Pfarrern und Pfarr-
I Vicaren der Diöcese Bnxen zur Kenntniss, dass er gemäss
Auftrag des ehrwQrdigen Hern Conrads, Domherrn und Tküafs
I der Kirche von Brixen , zu Gericht gesessen über die Streit-
I Saehe zwischen Bruder Chaloch, Comtur zu Sterzing als Ver-
I treter seiner Comende, und zwischen Chf genannt Prenncr und
! dessen Sohn Heinrich; letztere seien auf den ihnen gestellten
I Termin nicht zu Recht erschienen; er habe daher selbe auf
I Betrieb des Comturs wegen ihrer Halsstftrrigkeit excommanicirt
und befohlen, diess in ihrer Pfarrkirdie Öffentlich za verkünden.
I Da sie aber dessen ungeacht ia ihrer Widersetalicbkeit ver*-
harren, so trügt er, damit nicht Andera durch diese rfiudigen
Schaafe angesteckt wflrden and um die Yeifcehrten nelbit dareh
- M7 —
Yencklrftiiif der StoTe nr Bfliwiinmg iQ kriagtii^ diM sie
•iob ier SehiiflMlgewall der Kirche iiiitenrflrfMi^ allen Prarrem
kraft des hl. Gehortanw aaf, an jedeai Sonn- uad Feattage
vor aogefflndeten Kerteo uad aater Glocheagdüate die erwähn-
tes Chr «d Heinrich Prewicr von der Kanid herab ala Ex-
cenMiaBicirte an erklflren aad sa befehlen, aie ala solche an
mekkn. 0. A.
Ab 19. Pabraar 1321 au Boten verleiht Brader Chaloch,
Gemlar dea dealachen Hanaea und HoapiUda zn Slenhigen, fflr
aieh nnd im Namen Dietrichs von Trier, Landcomtnrs der Bailei
dea Hanaea nnd Hospitals sn Bösen, einem gewissen Hermann
nnd deaaen Gattin Irmela ein ier Comende Siersing ingohArigea
Gnt gegen benanalen Zins. 0. A. — Derselbe Comtur, Bmder
Chah>eh, erkauft am 12. Hai 1329 von Hm. Nicolana von
Thambvrch aus Wipplhal Haus , Hobtatt nnd Hof su Nieder-
riade sowie zwei Aecker daselbst, der Aigen* und Voracker
genannt, sammt dem Hahde Rinderaoger zu Venne um 30 H. B. ;
Jedoch schenkt der Verkflufer von diesem Kaufpreise dem deut-
schen Hanse daselbst 3 M. B., weil die deutschen Brflder ihn
aad aelne Nachkommen in die Theilnahnm aller guten Werke,
die im Oideo verrichtet werden, aulj^enommen. Das sigit Herr
Lndweik von Reifenstain. Q. A.
An die Stelle des Fr. Chah)ch war bald darauf Fr. Her-
nwnn als Comtur eingetreten. Am 2. Februar 1332 verspricht
Hr. Gottfnd von HSnnenperch, Landcomtur der Bailei an der
Stach nnd im ganzen Welschland mit Zustimmung des Prater
Hermann , Comtors zu Stersingeu , sowie der PriesterbrOder
BartoU, Heinrich und Ulrich, und der Laienbrttder HHdiger
and Johann fttr empfiingene 70 M. B. und den Mllhl-Acker
der Fran Alhait der Pemthiu , Bürgerin zn Siersing und alleir
Bnrgem daselbst eine tfigliche Messe auf dem St. Jacoba-Altar
hl der Pfarrkirche daseibat zu besorgen. Zeugen dessen : Herr
Ludwig TOtt Reifenstain, Hr. Heinrich der Wolf, Christen der
Streun. ^Copeibueh %u Ster%i$tgJ — Da einst im Jahre 1300
Perchlold Schwab von Eppan von dem deatschen Hanse zu
t^nlng mehrere fiOter in te OmgegeBl uren Epfm gifiMhlM»
welche dao» denen fiohwiegenehn SoUm out «Miier GelpiyWiA
C^ela fiod md deren Tachler Mcije erblich überkojwnen; felke
«ieh aber aar BdNumng deradhen au ach wach fttkltf aber ßut
^ Thitifkeii ihrea «eraahia Heimteh Fcftili bwit, ao %adi #ie
Hm. Gotlfnd von Himiberg, LaadcomUir au Boaen, aie Mih
im Namen der Comende Stening mit demselben au befehMva;
demaufofg-e verleiht ihnen deraelbe im Hauae der Deatachordena-
emder an der fiiaakbrflcke bei Boaeo m 3. Mllra 1333 da
Haaa and €larten aa St« Fanla mit aieben Slttck WieJngiBer «ad
Aeeker, von denen awei Slttck Acher auf der Httlfe au Crftiw«
ein anderea am Gatter, ein Weinatttck «nd ein halbe« hfKk
Acker aa der hohen Aiche, ein Slttck a« Valchmun <VaUia
commama?) und ein anderea an Valcnrt (ValKa cttrtia) gahfea
aind, gegen einen benannten Zins. 0. A.
Am St. Vinceazen-Tage 1335 atiflet Greif der Zant von
£izenbaam und die Bürger von Steraing mit 18 H. B, eine
sonntttgliche Wochenmesae aaf dem hl. Blota-Allare daadhal;
dazu gibt seine Zustimmung Bruder Albrecht, Heraog von
Pfaunaweig, Landcomtur an der Etach und zu Lamparten (in
der LombardeO mit ftath und Zuatimmung seiner Ordeaahitdcr :
Gottfrid von Hennenberg, Hermann von Ueatal, Bertoid von
Aichach, Wernher der Hiuse und Hana von Mtthldorf. —
Zeuge Ludwig von Reifenstasn. QCopeibfuh zu 8ter%imgJ) —
Eben dieser Landcomtur bewilligte im folgenden Jahre 1336
am St. Vaientins-Tage Im Homung wieder die StifUmg einer
tttgticben Messe auf dem St. Hartina-Altare „in Winkl, ao bma
in die Kirch geht ze der vinatern (?J Hand^ in der PfarriUache,
wofttr er von Herrn Ludwig von Reifenstain, Heinrich 4em
Camrer und Johannaen dem Iroser? den Kemserleinahof zu
Mareit zur Stift erhalten; daa geschah mit Zuatimmung wid
Rath seiner Ordenabrfldw: Johann von Böhmen, Gontnr und
Pfleger zu Steraing, Fr. Tylon, Fr. Heinrich von Rottenhocg,
Fri Heinrich von Reichenberg, Fr. Johann der Trifaler von
Steraing und Bertold von Uaidenberg in Beiadn der Herren:
— »§ —
Lereat ^m IVelfeiisiaia , JltiiiiWi to Wolfc, Frilrkh rai
TMttf, Prils Ton Hangeriiau« , VJrich def GeicharrM, ChriMa
4e8 8lre!ia. C^opMveh %u Si»r%y^,J — Dwaeifce Brader
Aflbreelit, ilenog toii Pragntchweig «ad LaadeooMur der Bailei
«B der Btsdi, arkandel nil Rath Fr. Mumaa iron Bekd«,
OMHtara and Plegera la Sleniag, Fr: Johanns des TriMers,
Fr. leinrielif vwi Rotieiiburg aai 23. Apil 1336 actterdinfs
^OD Uni« Ludwigen von Reifenalaia and deaaen Brader Nicolaiis
HO H. B. Heraner HOns eingenonuaen sa iMben anter der
TerMaidItehkeil, daaa die Comende u Siening aaf weilesrige
Zeiten eiae Mgliehe Uesa% aaf den beiU BkMa-Altar in der
Mwienpfarrkirdie daaelbal beaorge. Zengen dabai waren: Herr
Lorenx von Wdfenstaln (dabei die Bemerkang von anderer Haad^
ax fiimllia de Volders), Heinrick der Wolf, Ghrialan der Slreun.
CCapeibwh %u SUrzingS)
Jahann, Heraog von Kärnten und Graf xa Tirol beatäOft
a« Tirol am Freitag nacb dem Zwölften i340 auf ihre Bitte
den Bfirgern von Sterzing ihr van König Heinrich im iakra
I9i6 iliaen gewährtes Privileglam gegen das deatsche Haas xa
BlenlBg, wodarch diesem der Kleiaverschleiss seines Weines
verboten wird anler jedesmaliger Strafe von 50 Pf. B, a« dea
laadesMivtliehen Fiscas und des verkaoflen Weines an die Bar*
ger von Sterdng ond beauftragt den Tagen von Villaader»,
seinen J^ohter xn Sierxing, die Bürger in diesem ihrem Hechte
an sehtitxen CFrit^iA^^ten^^amm/. d. St, SterfsmgJ — Im
Jahre 13&1 wurde Bruder Hemrieh von Zipplingen, Comtur und
Piwiier xu Sterxing, well er «eine Comende mit einer Schnid
voa <B M. 8 Pf. B. beladen und sonst die Bedarfnisse des
■anaea nicht besorgt hatte, vom nenen Laadcomtar Hans
Hothhaft und dem Baliei-Capitel seines Amtes entsetzt. QStüU*
Am 1. Februar 1397 nrkundet Bruder Leutolf der Hacke,
imdeontor im Gebirge, dass er mit fiath Fr. Bertolds, Grafea
voa Salz uod Gomtars xu Lengmoos, Fr. Fridrichs von Limgen-
berg, Comturs und Pfarrers xu Sterxing, Fr. Wemhers des
— 2*0 -
Hflasep, Comtiin tu TrimX md Fr. Jaoob« Yon Vikadera ¥0B
den Bürgern zu Sterziog 110 M. B. mit der VeiffliditODg na»
genommen habe, dass das deutsche Haus daselbst von nun aa
in der SL Margretenkircbe daselbst auf ewige Zeiten eine tig-
liehe Frfihmesse besorge, wie man sie zu Heran und Boien
haltet, da bisher selbe nach alten Rechten und Gewohnheiten
nur drdmal In der Woche daselbst gehalten worden. Dess sind
Tbüdinger und Sprecher gewesen: Hr. Hans von Frinndsberch,
PBeger auf Strassberg, und Hr. Ludwig von Reifenstain; Zeu-
gen: Hr. Cunrat der Trautsun von Sprechenslain, Ulrich der
Sebner, Peter der HeckI, Unterrichter, Hans Vasolt von Treas,
Hans aus Semtein, Pfleger zu Moos, Ruedl Fuchsmagen. (XJopei^
Buch %u ßterzkiffj
Eben dieser Ludwig von Reifenstain überlAsst am Pfiastag
nach Kflss-Sonntag 1368 der Gemeinde Sterzing alle Rechte
auf zwei Hessen, die er bei den deutschen Herren daselbst
gestiftet. QCopelbuch von Sterzing.') Dafflr stiftet er mit
einem Gute, das 20 Pf. B. jährlich zinst und noch andem
Gfltern eine tfigliche Hesse auf dem hl. Geist-Altare in der
hl. Geist-Capeller daselbst, welche Stiftung Ludwig (Leutolf)
der Hacke, Landcomtur mit Rath Fr. Fridrichs von Lengenbeig,
Comturs und Pfarrers daselbst, Frater Egiolfs von Lierhain,
Fr. Christans des Grillen, Fr. Hansen des Schenkenbergers
am 25. August 1368 annimmt« CCopeUmeh van Sterxintf.')
Und schon am 10. August 1369 stiftet dei-selbe Ludwig voa
Reifenstain wieder einen Jahrlfig mit Vigil und Hessen und über
das Grab Gehen aller Priester zu Sterzing und einer Sfiende
von 20 Pf. B. an die Armen für • . . . gewesenen Richter
in Teuns, indem er dem deutschen Hause daselbst einen Acker
genannt Arm, eine Wiese, den Pfundritsch-Acker , ein Wies-
Hahd, einen Baumgarten und das Gagerser Gut auf Rantmose
dafflr vergabt; welche Vergabung saromt Verpflichtung Leutolf
6ist Hacke mit Beirath seiner Ordensbrüder: Fr. Fridrich von
Langenberg, Comtnr und Pfarrer zu Sterzing, Fr. Hans des
Licbtenberger, Fr. Otto des Schrofenstainer und Fr. Hansen iȧ
r
— Ml -
Bdiealmbergier, alle so Sterling:, aiminnit. C^opMuch v. &ier^
xiti§.y — Am nenüchen Tage stiAet denelbe Ludwig tod
Hdfeaataiii auch eiaea Mirtag fflr seine vefstorbene GemaUiB
Sigwn mil jihrtidieD 20 Pf. B. Zins, der ans dem Tolden-
Hof xa Semea flieset. Diesen JAnag soll die Comeode Sl«»*-
mg fttr obigen Zins beUen am Unser Fraaen-Tsg ... mit
Tigil, Uebeisgrabgehen und Messen aller Priester in Sterling,
«d dafttr jedem Priester 6 kr. saUen. C^opeUmeh van Sier'
«%J — Doeh sehen am 25. Movember desselben Jahres
ahertrog der Stifler alle seine Reehte an den eben erwähnten
Jahrtagen und Messen, sowie an dem Jahrtage fbr seine ver-
storbene Tochter, die Sebnerin, nnd an dem gestifteten ewigen
lacht vor dem heiligsten Altars-^acramente in der heil. Geisl-
Xirehe daselbst an die Barger und Gemeinde der Stadt Ster-
liag, — wahrscheinlich wohl in der Absicht, dass selbe nach
setnem Ableben über die Einhaltung derselben dem deutschen
Orden gegenflber Sorge tragen sollen. C^opM, v. Sterzing.^
Am St. Blsbethen-Tag i369 bi^ennt Fr. Leutolf der Hacke,
Laadcomtar, von Dlrich dem Schepplein und dessen Gemahlin
Gatharina ein Gut, genannt lu Rotwand bei Mareit erhalten m
haben, und verspricht dafiltr von der Comende Sterimg jährlich
4 Ifessen sammt Vigil far sie besorgen lU lassen 0. A. —
Noch im Jahre 1370 verleiht derselbe Landcomtur mit Zu-
Stimmung nemer Ord^DsbrAder ein Gut lu Sterling m Erb*
Pteht. O. A.
Am Donnerstag vor Andrtti 1370 vergaben Heinrich und
Conrad tob Rottenburg,' genannt die Hofmeister, der Marien«*
Kirche und den deutschen Herren lu Sterling ihren Thurm, gele-
gen bei der Pfarre lu Stwnng, genannt der Freienthnrm,
mnmt einem dabei gelegenen Platichen gegen Bedingung eines
Jahrtags fftr sie, ihre Eltern und Ahnen. 0. A.
Am Freitag vor Kas-Sonntag 1374 treffen in Steraing
ftms der Sebner von Reifenstain und dessen Gemahlin Anna,
Tochter Fridrichs von Reifenstain seligen unter sich das Ueberem-
kommen, dass, wenn sie vor ihm stttrbe, er ihren Theil der
16
— u% —
Vesle und des Hauses Beffettsteia, -* welches Lehen tob TM
tot, — . samml aller ihrer Habe uad Gul überkoronea soll;
sterbe aber er vor ihr, so soll der Theil der Veste ReifeastaiB,
den er von Diemot, seiner Geschwaien, des Zaaten Tochter^ mit
Erlaubniss der Herrschaft von Tir«! erkauft hatte, ihr zofallea,
sowie auch die 420 IL B. ihrer Morgengabe und 40 M. B. aas
seinem Vermögen und all seine fahrende Habe. -~ Der iber-
lebende Theil von ihnen soll gehalten sein zu Sterling iat Moose
. eine ewige Messe zu stiften und nach einen Jahitag mit aUea
Messen rnid Bitten. Daran hangen ihr Sigl der edle und weise
Herr Heinrieh von Rottenborg, Hofmeister zu Tirol und Haapt^
mann an der Etscfa; ihr Vetter Hathes von Reifenstain und der
Fran Anna Vetter Hr. Wilhelm der Chuen von Belasi ; Zeugea
dessen: Hans aus Sentein, (rottenburgischer) Schaffner zu Mos;
Pridrich Hungerhauser und Peter Neufarer. QCopeibuch von
1378 am Käs-Sonntag in der Faste scUlesst Bruder Wolf
von Zillenhart, Landcomtur der Bailei zu Bozen und dessen
Ordensbrüder Fridrich von Langenberg, Conitar zu Sterling)
Fr. Cunral Reichenbach und Fr. Mathias von Mossburg, IVie«
ster«BrOder, Fr, Otto von Schrofenstain und Fr. Hans der
Scheokenberger, Ritterbrflder, ehien Tauseh- Vertrag mit Feter
Meufarer als rechten Erben des Hofs zu Tonpach und Afsasäx
Gerhab Hans dem Schreiber; Letztere ttberlassen der Comeade
Sterzing ihren Anger zwischen der Marienkirche und dem deu^
sehen Hause, sowie alle ihre Rechle in dem Pitaach, ferner
ein Tagmahd Wiese in der stinkenden Hüb, welche .Stflcke ins-
gesammt zum Hofe gen Tumburg gehören, der tehea ist voo|
Stifte Brixen, als freies Eigenthum; dafür überlassen ihnen die
deutschen Herren ihren eigenen Anger auf der Urtheil ober-
halb der Frauenkirche gelegen sammt Zugehör; i^elber spH
von nun zum Mairhof gen Tumburg gehörßn. QCopeikuch non
Stersning.^
Im Jahre 1391 erbaute die Bürgerschaft von Steizing mit
Erlaubniss des deutschen Ordens über der Todtengruft eine
— 24» ~
Rirehe nnd wünschte Seren Einweihonf ; Qm diftiber t« Tcir-
handeln , sandle sfe die im Gerichte gesessenen Lendheires :
Hrn. Conrad den Trautsun von Sprechenstain , Mathius von
Reifenstahi, Hansen den Selmer von Relfenslain md dessen
Bruder Ulrich den Sebner an Hm. Peter von Rfint, damaligen
Landcominr. Dieser erwiederte Ihnen , es kutane die Kirohe
nicht geweiht werden, wenn nicht savor einige Messen dahin
gestiftet würden , nnd wies sie zur Terhandhing dartiber an
Hansen 6ra, Comtar nnd Pfcrrer des deutschen Hauses sn
Sterzing, der sei der Kunst und Schrift wohl gelehrt. Dieser
nnn mit Beirath der Ritterbrüder : Hans Hansiager, Johann d«r
Schenh^berger, Wernher der Hluzz und Gotschlin Niderhauser
Tersprach Ton Seite der Comende in erwilhaler Kirche Jihrlidi
6 Hessen ztf besorgen, wofür die Bürger der Comende 5 Gel-
ten Oel nnd 2 Pf. B. , welche dieselbe bisher an die Marien*
nnd Hargarethen-Kirche jährlich Zinsen masste, nacbllessen;
geschehen am Sanct Michaeli-Tag 1391. £CopMmek p&n
Sier^kiffJ
Am 4. JoU 1392 macht Hans Stummelbeek , Bürger zu
Sterzing kund , dass er vor ellfchea Jahren ein eigenes Lehen
gekauft habe von Frau Urse, Hinslems ab dem Tknim aa
Stilfes Schwestertoohter und Gemahlin PseiiIs des Zerhelms^ aaf
wdches Lehen sie Ihrer Heimsteuer und Miorgengabe wegen
versichert gewesen , welches Leben an der Gassen hdsst, im
Jaufenthale bei der Kirche gelegen; aas diesem habe er nun
43 Pf. B. jühriichen Zins dem deutschen Hause zu Sterzmg
geschenkt gegen Bedingung eines Jahrlages für sich nnd seine
verstorbene Gemahlin, einer Enkelin Hm. Perchtolds des 6e«
Sehnren nnd Tochter Jörgen des Cholben aus Passeir; von
diesen 13 Pf. B. sollen jArlich dem Pftnrer zu Sterziag 8 kr.,
jedem beim Jahrtage Messe lesenden Priester 4 kr. , und der
Rest dem Spitale als Almosen entfaDen. C^apeü, von Sier^
%fnffj — Am 13. November 1393 verpflichtet sich Bruder
Hans Gra, Comtur und Pfarrer zu Stenring, mit Zustimmung
semer Mitbrüder: Seifrfd der Trochsess, JcAami von Pransen^
16*
— 244 —
Comtor SU Predbab? aof dem Nons und Hans der Schenken-
berger, zar Abhaltung eines Jahrtages, welchen Ludwig der
Slassbeck von Hall mit Zustimmung seines Sohnes Johann
stiftet; indem er dem deutsehen Hause daselbst die Furch
unter Failay und einen eigenthamlichen Acker dafür vergabt.
QCopeibuch van Sterzinff.J
Sei es, dass die Deutschordens-Brüder zu Sterzing ihrem
Berufe als Hospitals-Brilder weniger entsprachen oder sich nur
cur Aufnahme von kranken oder armen Pilgern und Reisendeo;
nicht aber von Ortskranken und Armen verpflichtet hielten oder
auch aus andern Ursachen, — kurz die Bürger daselbst erbau-
tOD sich ein eigenes Spital cum hl. Geiste an dem PlaUe in
der alten Stadt und Obergaben mit Gunst und Hand Hrn. Ulrichs
des Sebners von Rdfenstain durch Gunrat den Sträun und Frits
Chessler, beide Bürger imd Spitaimeister des neuen Baues des
hl. Geist^pitals 13 M. B. ewiger Gilt, wovon 8 M. B. ans
dem Lerhof in Radtschings, andere 4 H. B, aus einem Hofe
XU Oberried, genannt an dem Hof, und 10 Pf. B. aus dem
Anger auf der Hochstrass fliessen, den deutschen Herren daselbst,
wofür sich diese am Hontag nach AUerbeiligen 1399 verbind-
lich machten, tfiglich daselbst eine hl. Hesse, gleich nach jener
in der St. Hargarethen-Kirche au besorgen, — Jene 4 IL B«
Jährlicher Gilt hatte Hr. Hathias von Reifenstam selig tum neuen
Spitale gestiftet. C^opeibueh van SUr%ing,J
In der Woche v<ar Thomas Ap. 1399 vermachte Frau
Anna, Witwe Hm. Hansen des Sebners von Reifenstain, mit
Zustimmung Hm. Ulrichs des Sebners von Reifenstain, dessen
Gemahlin Anna und deren Sohnes. Johann eine jährliche Gilte
von 13 H. B. , worunter 9 Pf. B. aus einem Gute xu Ambrass
und 18 kr. aus einer Hofstatt und Garten daselbst, und zwOlft-
halb Pf. B. aus dem BaldemM-Gut in Hatreier-Pfarre u. s. w«
an Hm. Walrab von Scharfenberg, dem Landcomtur für die
Comende Sterzing; wofür sich dieser am Christi Himmelfahrt^
Tage 1400 mit Zustimmung Heinrichs Glotto, Pfarrers zu Ster*
zing und Fr. Peringers von Aichelberg, Comturs daselbst für
— 245 —
diese Comende verpfliehteten , aaf weltewige Zeiten an jedem
Sootttag, Montag, Miltwoch nad Freitag in der Alieriieiligeii*
Capelle oberhalb der Todtengmft bei U. L« Fraoen nnd an den
, übrigen drei Wochentagen in der Sl. Zeno-Capelie auf dem
Berge bei der Veate Rdfenafain eine Mease an besorgen; wird
die Stiftung nicht eingehalten , ao ftllt die gestiftete Gille an
den jeweiligen Besitzer von Reifenstain zurttcic. — Die Stifleria
war unterdessen bereits gestorben. QCopeihueh van Ster%kkg.^
Weil jedoch der besagte Landcoratur sieh beklagte, dass die
zur Gllte angewiesenen Gflter selbe nicht vollstfindig erlrOgeo,
so setzte aaf ehrbarer Leute Vermittlung Hr. Ulrich der Sebaer
noch einen Zins von iO Pf. B. aus dem Gute genannt smi
Stolz an dem Lebenberg in Hatreier Pfarre hinzu. Der Laad-*
Comtur Walrab von Scharfenberg und Ulrich der Sebner sigeU
ten den Brief am Erchtag nach Georgi 1401^ 0. A.
Am 29. September 1400 bekennt Thomas Hezzeffschmid,
Bürger zu Sterzing, dass ihm der Landcomlur Walrab von
Schaifenberg ein gan< flberschllttetes Stück Erdreich an der
Lahn beim alten Spitale am Yallerbache daselbst zu Erblehen
verliehen gegen Bedingung es herzustellen und dafür jährlich
zwei GSnse der Comende Sterzing zu Zinsen. O. A. — 1403 am
15. Juli urknndet Lipp, ^es Meinleins Eidam von Tärenten,
dass sein gnädiger Herr Walrab von Scharfeni^rg , der Land-^
Comlur, und Hr. Fridrich von Heraus, Comtur zu Sterzing,
einen Ablass am Zinse von seinem Hofe zu Pflchl auf Tärenten
ihm gegönnt. (Mantiscr. Zibock.J
Anton Chaüant, Cardinalpriester zur hl. Cecilia und Reclor
der päpstlichen Cammer schreibt von Rom aus am 16. Septem-
ber 1412 an den Official von Brixen, dass Bruder Leopold,
Verwalter der Deutscbordens-Pfarre zu Sterzing, welche vermöge
des dem deutschen Orden zustehenden Patronats-Rechtes gewöhn-
lich mit einem Qrdenspriester besetzt werde, bei ihm mit der
Klage eingekommen, dass, obwohl nie ein Deutschordenspfarrer
zur Zeil der Erledigung die Annaten oder halben Einkünfte
bezahlt Mite nnd er bereits über 7 Jahre ruhig im Besitze der
— M« —
Ffarre sei, dennoch Ulrich Butoch, Donherr zu Trienl und Ein-
nehmer der GeAtUe der püpstliehen Camnier. unter Androhung
gewisser Strafen ihn um die Annaten betrieben habe; dadurch
sich beschwert fühlend habe selber an den püpstlichen Stuhl
appellirt; demungeacht hStte Ulrich Botsch ihn excomniunicirt
und Ober seine Kirche das Interdict verhfingt zu seinem nicht
geringen Schaden und Naehtheii. — In Folge dessen habe sich
erwähnter Phrrer an ihn gewendet mit der Bitte um Abhilfe
gegen diese ungerechte Strafe; er beauftrage demnach den
erwähnten Official von Brixen, den Handel zu untersuchen und
wenn es sich nach den Berichte des Pfarrers verhalte, den
Spruch der Excommunicatton und des Interdicts aufzubeben,
und falls früher bei eiidretender Pfarr-Erledigung wirklich nicbis
befahlt worden, dem erwähnten Steuer->Einlanger Ulrich Butsch
aufzutragen, den Pfarrer Leopold nicht mehr wegen der Annaten
zu belästigen. 0. A. — Nach angestellter Untersuchung stellt
noch im nemlichen Jahre 1412 Mtcolaus Swarat, GeneraUVicar
von Brixen, dem Deutschordens-Pfarrer Leopold von Sterzingen
das Zeugniis aus, dass er von Leistungen an die päpstliche
Cammer frei sei. 0. A.
Jordan, Bischof von Albano, Vorstand der hl. POnitentiarie
zu Rom schreibt am 4. Juni 1416 von Constanz aus au den
Bischof von Brixen : Gottfrid Niderhauser, Deutschordens-Comtur
zu Stenmg habe sich bei ihm schuldig bekannt, in Gesellschaft
des Johann Scheck einen Priester mit einem Schwerte am
Kopfe, an den Händen und andern Kürpertbeilen blutrflnstig
verwundet zu haben und desswegen in die Bxcommunication
verhllen zu sein; jetzt jedoch sei erwähnter Priester vollkom-
men geheilt, ohne durch die Folgen der Wunden m seinen
geistlichen Verrichtungen gehindert zu sein. — Der Comtur stk
demnach bei dem päpstlichen Stuhl um Lüsung von der Excom-
munication blttlich eingekommen} als päpstlicher Pönitentiar
gibt er daher dem Bischöfe von Brixen die Vollmacht, den
Bittsteller, sobald derselbe dem beleidigten Priester Genngthnuag
geleistet, Ober diese und alle andern seine Sauden, welche er
— MT —
ihm beichlen werde, mit AnsiuAMe soieher, worlber der püpal-
lidia Stohl la befrtgeii, loflzaspreclieii und nieh GesUdt der
SehaM ihm eine heilnme Besäe aofsuiegen. Gegeben zu Coa*
«iMf, 9ed0 paHare tfoeafUe. 0. A« ~ Gemiw obigen Auf*
Inges nrkondet am 7. A^ignsl 1416 Nieobus SwartI, Domherr
mMi GeneraWicer von Brizen, dasa erwihoier Comtar, GottMd
NiderhaiiBer ihm seine Fehkritle bekannt und naehgewiesen, daas
er den beschidigten Priester hiniftnglicih entsehfldigl; desswegeft
habe er demselben nach auferlegter entspreeheader Basse im
Lofspredung ertheilt. 0. A.
Am St Valeatinstag 1437 urkundet Gottfrid Niderhaaser,
Landcomtor der Bailei an der Etsch, dass er auf Befehl tterzogs
Fridricfa des «Item von Oesterreich, Grafen von Tirol, ^^
Wiaseo and Zustimmung seiner Hitbrüder xn Sterzing, Herra
Eberhards Knentinger, Gomtnrs aad Pfarrers zu Sterziag, Herrn
Pridriehs, Hm. Hansen Sax, d. Z. Kellermeisters daselbst, und
Hrn. Conrads fVr 14 M. B. eine jfthriiche Gille von 7 Pf. B^
aas entern Wiesmahd und Acker zu Umbrans am Schlosse im
laalhale an den edivesten Jbrgen Diepoldskircher^ herzoglichen
Cammerer und Pfleger zu Und>rans verkauft habe. — Besagte
7 Pf. B. Gilt hfitten aber zur Stiftung einer ewigen Messe in
der AHerheillgen^Capelle auf dem Friedhofe zu Sterzing gehört;
er gelobe demnach, daas durch den Verkauf dieser Gilte aa
besagter Hesse keia Abgang sein soll , da er um den Kauf-
Sehflliag andere GUten dazu erkauft habe. C^Mth.'-Areldv.J
Im neariichen Jahre wurde die Comende Sterziag mit den
Bgigero daselbst in ernsten Zwist verwickelt; die Veranlassung
dexa gibt aas eine mtereasaate Urkunde an , welche ims auch
zugteieh einen willkommenen Wink aber das Schulwesen damali-
ger Zeil gewahrt. Albert de Ferariis, juris otr. Dr., Domherr
von Piaeenza uad vom CoacH zu Basel bestellter Commimiriua
eaasaruro, thut dem gesummten Clerus und allen Notaren der
Didcese Brijten durch Scbreibea, dat. Basel am 12. April 1437,
kaad: Brader Gottfrid Niderhaaaer, Laadcomtur und Bruder
Eberhard IKaeatiager, Comiar uad Pfarrer zu Sterzing, und die
— 348 — .
übrigen Brflder besagter Comende hätleii bei der keit. Synode
eine Klagschrift folgenden Inhalts eingereieiit : die Sdivlen
besagter Comende, in welchen die dieselben besuchenden Sdiilef
in den freien KOnsten, besonders in trivlalibns, im Kirchen-
Gesänge und andern auf die kirchliche und scolastische Disciplin
sich beuchenden Dingen unterrichtet worden und noch werden,
kftUen seit unfflrdenklichen Zeiten bei besagter ConMnde und
{er Pfarrkirche ausserhalb der Stadt Sterzing bestanden, und
seien stets durch Brtider des deutschen Ordens bis jetat geleitet
worden; die Schaler derselben htttten immer die PAmrkirdui
besucht, seien processionsweise in dieselbe gesogen und hfitten
dort bei den Messen, Vespern, canonischen Tagceilen nach
Erfordemiss der Zeiten und Feste mit höherer oder tieferer
Stimme sur Ehre Gottes gesungen, wie es durch beinahe gans
Deutschland Sitte ist, nach Anordnung des Comturs oder Pfarrers
daselbst. Nun hfltten der Richter Otto Spidberger, Stephan
von Eppan und Paul Rutzenberger und andere Gesinnunns«
genossen aus den Borgern von Sterzing es versucht, erwfthnte
uralte Gewohnheit, Gebrauch und Freiheiten der Comende und
der Pfarrkirche zu verletzen , ja gar zu vernichten und besagte
Schulen von der Comende und Pfarre wegzuziehen und bei einer
Fiiial-CapeUe In der Stadt selbst aufzurichten, auf dass die
Sehflier dort bei den Messen, Vespern und canonischen Tag-
zeiten singen sollen ; bereits hfitten selbe zum projectirten meata
Schttlhause die Baumaterialen herbeigeschafft« Da dieses Voi^
haben aber den Rechten und Freiheiten der Kläger und ihrer
Pfarrkirche sehr nachtheilig wfire, zur Minderung und endlieh
völligem Untergang des Gottesdienstes in ihrer Pfarrkirche bei-
tragen würde, — um diesen und fortwährend daraus ent-
stdienden Streitigkeiten vorzubeugen, und gleich im Anfange
die Quelle vieler Uebel zu verstopfen^ hätten die deutschen
Herren die heil. Synode ersucht, Richter zu ernennen, welche
diese Streitsache untersuchen und entscheiden sollten mit der
Vollmacht , die Beklagten vorzufordem und selbe durch kirch-
liche und andere Strafen zu verhindern, die Schulen der Comende
— 249 —
M leistOren oder anderswohin ra fibertragen. — Die heilige
BTDode habe nun ihn in dieser Angelegenheit als Richter
emannl, und er befiehlt demnach dem gtsammten Clerua der
DiOeese Brixen, da» Jeder, den die dentoehen Herren aofTor«
dem wtirden, innerhalb 6 Tagen erwähnte Beklagte ermahnen,
innerhalb 20 Tagen sn Basel im Krensgange der Minoriten mr
Vcriiandinng zu erseheinen, und selbe auch im Nothfalle durch
kmUiehe Strafen datu zwingen sollte. 0. A« — Leider fehlen
die andern Urkunden über den Ausgang dieses nicht uninteres-
sanlcD Streites.
1451 am St. Blasien-Tage macht sich Bruder Johann
Comtnr zu Sterzlng, gegen Jfihriichen Erlag von 45 Pf. B«
anheischig, wöchentlich abwechselnd in der St Veitskirche zu
Oberlelfes und in der St. Nicolauskirche zu Untertelfes auf dem
Berge oberhalb Sterzing eine Messe von der Comende aus
besorgen zu lassen. CSinacher, VI. B. S. 673 J •— Im Jahre
1466 stellte der Landcomtur Heinrich von Freiberg dem Herzog
Sigmund den Revers aus, dass selber ihm aus Gnaden ver-
gtant habe, sein Leben lang durch einen Fischer auf dem
Kisnek, der bei der Veste Reifenstain vorbeifliesst, beseheideut«
Kch Aschen lassen zu ddrfen. CSiiUth.^'Arehiv.J — Diess
geschah ohne Zweifel zu Gunsten der Veste Reifenstain.
Am St. Nichaels-Tage 1478 geben Hr. Heinrich von Frei-
berg, Landcomtur der Bailei an der Etsch und Conrad Härtung,
Deotschm^ens-Pfarrer zu Sterzing, ihre Einwilligung zur Stif«-
tmg emer täglichen Hesse im hl. Geist*Spitale zu Sterzing
dveh die St, Sebastians-Bruderschaft ; der Caplan dieses Bene-
fieinnw soll durch den Bürgermeister, Rath und Spitalmeister
daselbst ernannt und dem Deutschordens-Pfafrer vorgestellt
werden und diesem versprechen, nichts vom Opfer sich zu-
zoeignen, keine Votivmessen anzunehmen, am Samstage und
Vorabende vor MAem Festen in der Pfarrkirche bei der Vesper,
an den Festtagen selbst beim Amte helfen singen; zu Weih-
aadilen, Ostern rnid Pfingsten sowie am Haria Himmelfahrtsfeste
in der Pbrrkirche, sonst aber allzeit im Spitale Hesse zu lesen.
— 250 —
CSinacheTy VL B. S, ßfiJ} — An demselbeD Tage geoeh«
migen obiger Landcomtnr und Pfarrer die Stiftung der Jöchli-
achen Caplanei einer tttglichen HtnBt in der Capelle, wekhe
die edlen Bruder Leonliard und Hana Jöoliel nach Anordiiung
ihres Vaters Hans Jöehel am Jöehelstburm erbaut. Der Aelteate
der Familie soll das Enennungarecht da»i haben , nach derm
Aassterben der Stadtmagistrat; die Hesse seihst an Soon- und
hohem Festtagen in der Pfarrkirche, sonst aber in erirfthaM
Schlosscapelle gelesen werden, der Caplan aber gehahen sein,
an Sonn- und Fesitagen beim Amte und Vesper, in der Bfarre
zu helfen. —. Für obige Erlanbniss weisen die Stifter dem
deutschen Orden Jährliche 20 Pf. B. für die Pftrrkircfae an«
fO. A. und S'inacher VL B. S. 6790
Noch eine dritte Stiftung geschah am nemlidien Tage des
hl. Michael 1478 für die eine starke Stande Yon Sterling ent-
fernte Gemeinde Gossensass, indem die ehrwirdige St. Jörgea-
Bruderschaft der Bergherren und Erz-Knappen znm geisliieliea
Trost der Bergwerkleute zu Gossensass eine tägliche Hesse In
der St. Jürgen-Capelle daselbst als Bedflrfaiss des Bergweihs
stiften, und darüber mit dem Landcomtnr Heinrich von Freiberg
und den Deutschordens-Brfldern Conrad Härtung^ Pfarrer s<i
Sterzing und Fridrich Gforich mit Zustimmung des FOrstbisehofa
von Brixen folgendes Uebereinkoromen treffen : der deutsche
Orden abernimmt die Verpflichtung, dass der Landcomtor und
ein jeweiliger Pfarrer zu Sterzing einen wohlbeleumundeten
tauglichen Priester nach Gossensass stellen, welcher tügüch
daselbst die Frflhmesse zu Winter- und Sommerzeit lese. Dieser
Caplan soll sich aber keinerlei pfarrliche Rechte anmassen,
weder mit Votivmessen, Beichthdren, Sacrameole ansspendeo,
ausgenommen wenn der Berg einschlage oder bei tödtlieher
Erkrankung, wenn keine Zeit mehr wflre einen Pbrrgeistlkhen
zu holen. Auch soll ein Jeweiliger Pferrer zu Sterzing jedem
St. Jörgen^Caplan erlauben, die Kinder zu taufen, wenn Unge-
witter oder Kränklichkeit deren Uebertragnng nicht erlauben. —
An Sonntagen, Apostel* nnd andern hiMiera FesW ud Feitrtogei,
— 2»J —
an wdehea der Pfeinrer yw Sienuug einen Caplan zum Amt-
Uten nacb GosaeossM zu schicken verpflichtet ist, soll der
Sl. JOrgen-Cfiplan unter dem Amte die Hesse lesen; an andern
Feiertagen, an welchen kein Ctplan von Sterling kommt, soH
er «Hr Aalszeif , an Werktagen aber die Frühmesse lesen. —
A» Fronldchnams-Tage soll der St. Jörgen-Caplan in der
Pterkirche ni Sterling die Hesse lesen and die Processiop
begleiten, am Sonntag in der Octav aber der Pfarrer von Steiv
»Bg, wenn es mOgIkh ist selbst oder im Verhinderungsfälle
ein anderer Priester die Fronleichnams' Procession zu Gossensass
halten; wird aber die Procession zu Sterzing wegen schlechten
Wetters anf den Sonntag verschoben, so soll er selbe am Tage
der Octav zu Gossensass halten, am Vorabende mit Vesper
siBgOB, and daftir der Kirchpropst von Gossensass dem Pfarrer
18 kr nnd dem celd>rirenden Priester die Zehrong des Tages,
an welebem der Umgang gebalten wird, zahlen. — Zur Ein«
kaitnng dieser Stiftni^ übergeben Niclas Genswayder, erzherzog*
liober Bergrichter zu Gossensass und vier Brodermeister der
81. Jftrgen-Bmderschaft zu Gossensass and Heinrich Knoflaeh«
Kircbpropst daselbst, der Comende Sterling 21 H» B* jährlicher
Otiten ans benannten Gtitem, z. B. aus dem Paulsbof zu Valle-
mink 3 St. Futter, 18 Pf. B. 5 kr. , 2 Hahner, 20 Eier und
1 Oingkreuzer u. s. w. ; femer eine Behausung zu Gossensass
als Wdinung des Caplans, welche die Comende in gatem Bau
ludten soll; zudem hat der Caplan das Recht, wenn er Vieh
haltet« an der gemeinen Wnn und Weide, und darf fdr seinen
bnsbedarf aus dem Gemeindewald Holz schlagen lassen. — r
Gdien eine oder mehrere der bezeichneten Gillen durch Elementar-
Sahfiden zu Grunde, so sind die Bruderschaft und die Kirch-
Pröpste von St. Jörgen gehalten, selbe zu ergänzen, -— Aber
der Orden dmrf diese Gilten nicht veräussern oder versetzen,
sondern sdbe sollen allzeit bei der Comrade Sterzing bleiben;
hält diese die Stiftung nicht ein, so fallen jene an die Gemeinde
Gossensass znrflck. — Diesen Vertrag sigeln obige drei Deatsch-
Oidens-Brflder, während den Stiftbrief selbst der edlveste Caspar
— 453 —
Traotsun zu Sprechenstain, Erbmarschalk za Tirol, Johsl Alpen-
hofer, Pfleger zu Slrassberg, der Bürgermeister der Stadt Ster<*
zing und Nicias Genswayder, Bergrfeliter zu Gossensass sigela.
CO. A. imäSinacher VI. B. 8. €78 J -~ Aus dieser Gaplaoei
entwickelte sich im Verlaufe des 16. Jahrhunderts die Curatie;
bereits 1570 bei der Tisitation findet sich ein gewisser Nathamd
Trester als Provisor ecciesiae in Götzensass angestellt, der von
mehreren Vorgängern spricht und sagt, vom Comtur ia Ster-
zing erhalte er wöchentlich 6 Pf. B. — Das PrftsentationsredU
dieser Curalie tibte der deutsche Orden ans. (TkUthaitMr^
topographiseh'hiatorUch^stalisiisehe BesekreUnmg der Diö^
eese Brixen i B. S. 689.)
Obschon die Brilder des deutschen Hauses zu Sterzhig
bereits so viele Stiftungen zu befriedigen hatten, so versprachen
sie doch noch am Sonntage vor Maria Himmelfiihrt 1492 der
Filial-Gemeinde Ried zu den schon frflher bestandenen zwei
Wochenmessen (am Freitag im ganzen Jahre und am Dienstag
in der Pastenzeit) noch eine dritte auf jeden Hontag im ganzen
Jahre. Diese Messen wurden vom deutschen Orden dem Curaten
in Gossensass überbunden. (Tinkhtnißer a. a. O. S. 680.}
— Ebenso flbernahm die Comende Sterling la«t Stiftbrief, dat.
am St. Jacobs-Tage 1495, auch noch die Verpflichtung, alle
Erchtage des Jahres gegen bestimmte Besoldung in der Sanct
Peters-Kirche zu TschOfes eine hl. Messe zu besorgen. C^^^"^
hauser a. a. 0. <S. 669.}
Im Jahre 1495, als Hr. Wolfgang von Neuhaus, Land-
Comtur der Bailei an der Etsch, mit andern OrdensbrOdem in
Capitel sass, traten Ulrich Tscheck und Lienhard am WaM
als Bevollmächtigte der Pfhrr Sterzingisehen Filialgemeittde zum
hl. Valentin am Brenner vor ihn und trugen ihm im Nanen
jener Gemeinde vor: da sie an einem wilden Orte gesessen
und den Gottesdienst mit Mess- und Predigthören und Anderen,
was ein jeder Christmensch an Sonn- und hl. Feiertagen zu thua
schuldig ist, nicht wohl besuchen könnten, weil sie sowohl von
ihrer Pfarrkirche zu Sierzing, als auch von der Kirche «t
— 253 —
GoMeQsass sa weit evlfenit wären, und daher die Cebredilidiei
und die Kinder den CSottesdieoet nicht beenchen Itönnten, auch
ikr Krtftjge an den heiligen Tagen der Besuch der (3 Stunden
enlfemlen) thnt viel Zeit fordere; ans diesen Gründen bitte
die GemeiBde, da sie eine dem hl. Valentin geweihte Capelle
besitae, d« dentsehe Orden mOchte ihr bewilligen, eine bestfln-*
dige Messe an begründen; auch König Maximilian, Landesfttrst
von Tirol, stellte das Ansuchen, solches ihr zu gestatten, und
gab aar Begrflndnag eine merkliche Beisteuer. Auf solche
Tcreinte Bitten gaben der erwilhnte Landcomtur sowie Heinrich
von KnOringen, Comtor an Sterling, Dr. Caspar Fflnsinger,
Phirer daselbst, sammt den Capitelsgliedern ihre Einwilligung
anter folgenden Bedingungen: die Gemeinde am Brenner erwählt
einen tauglichen Priester und präsentirt ihn dem Comtur und
Pfaner zu Stening; geftllt er diesen, so können sie ihn als
Caplan am Brenner ansleilen; bringt die Gemeinde gegrflndete
Klagen gegen die Aufftihrung des Angestellten an den Orden^
so hat ihn dieser innerhalb Monalfrlst zu entfernen. — Der an-
gestellte Caplan hat das Recht und die Pflicht, an jedem Sonn-
tage das Wasser zu weihen, an allen Sonn« und hohen Fest*
Tagen das Weihwasser za sprengen und um die Kirche zu
gehen, uad während der hl. Hesse dag hl. Eoangelivm in
äeuUcher Sprache dem Volke msezulegen und zu predigen,
dan auch die hL Zeiten zn verkflnden, die offene Schuld vor^
zabeten und fttr alle Abgeschiedene der Gemeinde zu beten;
wird diess fita* Besondere verlangt, so hat er den gewöhnlichen
Lohn dafflr in die Bttchse der Gesellpriester von Sterzing za
kgen. Er soll auch am Stephans-Tage das Salz, zu Licht-
Hessen die Kerzen, am Palmtage die Palmen und auch am
Ostcrtage das Gewöhnliche weihen. — Zur österlichen &it hat
er die Erlaobniss, alten Leuten und Kindern, Frauen und Ehe-
Mten das Saorament zu spenden; Jene aber, welche die Pfarr-
Kirche besochen können, sollen daselbst oder zu Gossensass das
U. Sacrament empfangen nach altem Herkommen. Er ist auch
verplichtet, Kinder zu taufen, auch im Nothfalle, wenn nicht
^ 254 —
mehr Zeit wäre einen Priester avs der Pfarre za höhn, Jvng
and AU Beichte za hören und die Sacramente ihnen za reichen,
ebenso auch schwangere Frauen, and selbe aufitasegneB , was
aber nach Brauch dafflr erlegt wird, ftiit in die Gesellpriester'-
Btfchse. — Das Taufwasser und das hl. Oel bat er vom Pfarrer
zu Sterzing zu holen; das Opfer an hohen Pesttagen, wdciies
Jeder Christ , der zu seinen Tagen gekommen , auf den ANar
zu legen schuldig Ist und Jegliches andere Opfer soll dem Orden
gehören. Stirbt jemand von der Gemeinde, soll er ihn in
Friedhofe zu St. Valentin begraben; das gebührende Sedgerlth
gehört dem Orden. '— Femer, da die Wege Ober den Brenner
böse sind und viele arme Leute da durchziehen, soll er im
Falle, dass ein Fremder daselbst stürbe, ohne die chrisdichen
Rechte empfangen zu haben , vorsichtig sein mit dessen Be*
gräbniss im Friedhofe, damit dem Orden kein Nachth«l daraus
erwachse. — Der Jeweilige Caplan ist verpflichtet, jihrlich am
Kfrchweihlage der Pfarrkirche zu Sterzingen daselbst zu ersehei'^
nen und die Hesse zu lesen. Damit den pfarriichen Rechlen^
dem Orden und Gesellpriestern zu Sterzing nichts entzogen
werde, sollen zwei BOchsen vorhanden sein, eine fflr den Or«
den, die andere fQr die Gesellpriester, und selbe nebst dem
Caplan zwei dazu erwfthlte Gemeindeglieder verwalten ; in erstert
sollen die Gefllle des Seelgeräthes and in letztere die den
Gesellpriestem zuständigen GefSlie gelegt werden. — Ausser
den oben erwähnten geistlichen Terrichtungen soll sich der
Caplan keine pfarriichen Rechte anmassen. -^ Den bestellten
Caplan soll die Gemeinde vom Kirchengute erhalten oder mü
Ihm darflber einen Vertrag schliessen unbeschadet dem Or-
den; will ihm Jemand ausser dem, was dem Orden und d^
Gesellpriestern zugehört , etwas schenken , so darf er es an*
nehmen. — Alle alten Stiftungen, welche bisher in der Sanct
Valentinskirche gehalten worden, sollen auch femer von der
Pfarre Sterzing aus besorgt werden, besonders die Verpflich-
tung , dass jährlich am Sonntag Oculi in der Faste ein Gesell-'
Priester aus der Comende hinaufkomme, daselbst am Sonntag
— 255 —
«d Kontag Hesse lese nad Beichl iiöre bis am Honlag zwei
Ukr Nachmittags« — Kdmrot eii Geseliprieter von Steraag
wegen Stiftmessen oder auf Verlangen eines Gemeindegliedes
aaf den Brenner, soll der Gaplan mit seiner Messe warten, bis
der v«a der Pfarre ankömmt. -« Mit dem Opferstock*Geld soll
es wie bisher gehalten werden« — Für diese VergAnstigung
and für Einhaltnng der alten Stiftungen soll dem Orden und
der Comende Sterzing nebst den bisherigen 10 Pf. B. 6 kr.
MS dem Stockgelde noch daxu vom Kirchpro|iste daselbst jähr«
lieh i9 Pf. B. gereicht werden. Endlich, weil die St« Yalen*
tia»-Klrche arm ist, bewilligt der Orden, dass der Gaplan
daselbst filr den zu Innsbmck gestorbenen Wahher Zeller, der
ein Messgewand, Kelch und Messbach dahin vermacht, einen
lihrtag halten dttrfe; fallt jedoch dabei ein Opfer, so soll es
in die Ofdeoshtchse gelegt werden. Also hat man sich Wechsel-»
seitig verembart am Pfinztag vor Thomas Ap. 1495. 0. A. --i
Ob nnd auf wie lange die Errichtung dieser Caplanei zur Aus-»
fahrung gekommen, ist nirgends zu finden; einer der Coopera-
toren der Deutschordens-Pfarre musste noch bis zom Jahre
1710 an jedem vierten Sonntage daselbst ordentlichen Gottes^p-
dienst halten, wie es schon seit unvordenklichen Zeiten üblich
w». ^^ Erst seit 1707 wnrde ein eigener Seelsorgs*Priester
auf dem Brenner angestellt ; diese Curatie verdankt ihr Dasein
dem thatkräfligen Einschreiten des Fflrstbischofs von Brixen,
Caspar Ignas. Mit Ordinariats-Decret vom 1. Februar 1707
ward em Provisor angestellt, nnd endlich nach vielen 2Uinfcereien
nut dem deotschen Orden, welcher als parochus habitnalis seine
vermeintUehen Bechte geltend machen wollte, die Stiftung am
27. Janner 1710 gefertigt. Die Dotation, wurde ^s den Ben-
tcn der Kirche und dem Beitrage des Fflrstbischofs , welcher
10001. dazu spendete, gesdiöpft. C'^^Mckauser a. a. 0. <$. 684.)
Dass der deutsche Orden im 15. Jahrhunderte nicht bloss
za Terlan und Nals den Bergbau betrid>en habe, sondern auch
in der Gegend von Sterzing, erhellt ans der Urkunde, vermöge
welcher im Jahre 1498 Ktoig Maximilian von Heinrich voa
— 256 -
Knöringen, Comtur zu Steningen, ain 425 fl. dessea Hatte aa
Pfitseherbache oberhalb dem Kofi Sprechensteio , gerichtet mit
4 Oefen, 5 Paar Blasbfllgen, Pettwerk, dazu die Wfiider Seaeir
wald, Famerwald, Werwald und den Wald io Feoa erkaufte.
CSchat%'Archiv Hegest J — Im Jahre 1506 stellt Hans lin-
denau In der Pfarre Marliog dem Hm Knorr, Comtar
zu Sterzing, den Revers aus, dass selber ihm 4 Weinsttteke,
welche der €omende Slerzing gehören, zu Erbrecht als Zimsh
Lehen verliehen habe. (>. MarUnise&es ÄrcMoJ ^ Am Sonnr
tag nach Phiiippi und Jacobi i512 stiften Caspar Krftnder nad
dessen Gemahlin Dorothea, sowie Friedrich Sohali and dessen
Gemahlin Catharina in der dem deutschen Orden unterstehenden
Bt. Jacobs-Kirche zu Teuns einen Jahrtag auf den ersten Hai
und übergeben dafttr dem Hrn. Heinrieh von Knöringen, Laad^
Comtur an der Etsch, in Beisein des Deutschordeos-Brudei«
Lucas Steinperger, Schaffers und Pfarrers zu Sterzlng, für die
Comende daselbst einen jährlichen Zins von 15 kr. samnit
Herrenrecht einer Wiese genannt die Peunt zu Teuns, ud
Fridrich Schall 12 kr. Zinses aus seinem Hause genannt der
Thurm bei obgenannter St. Jacobs-Kirche. O. A*
Im Verlaufe der Zeit gerieihen die Dentschordens-Brttder
zu Sterzing wegen der früher erwähnten Stiftungen und anden
Sachen in manchen Streit mit dem Stadtmagistrate daselbst;
Bischof Sebastian von Brixen hatte deren manchen beiznlegea.
So brachte noch kurz vor der Bauern-Empörung im Jahre 1525
die Stadt Sterzing sogar vor den Landtag die Klage, dass die
6 gestifteten täglichen Hessen daselbst von der Comende nicht
mehr alle eingehalten wttrden. Am Freitag vor Cätare 1525
entschieden darttber der Fttrslbischof Sebastian uad der Landes*
Hauptmann Leonhard von Vels als erkorene Richter zwischen
dem Stadimagistrate von Sterzing und dem Landcomtar an der
Btsch, Heinrich von Knöringen, doss ausser den Messen bei
St. Margret und im Spitale täglich auch die 6 Messen In der
Pfarrkirche von der Comende besorgt werden sollen; Ver-
mittler und Zeugen dabei : Herr Niciaus Leopold, Chorherr zu
— 257 —
Irixeii , Hr. Tiionias von Preimdeberg al« derichtslierr , RtUer
Hellfrid von Megkao, Hauptmann aa Brfxen, Georg von Spaur,
HaosooBilar anf dem Rillen n. a. m. QCopeibueh von Ster^
zing und TifUrhauser a. a. O. S, 669.) — Vermöge diesem
Entscheid, und wenn man noch andere Goltesdienate, welche
Iheils in der Pfarrkirche, tbeils in den Fih'alen zu halten waren,
hinsa rechnet, so ergibt sieb, dass neben dem Pfarrvicar
weaigslens noch 8 Priester sein massten, um allen diesen Ver«
pitchtuttgen zu gendgen. Diese erhielten gemeinschftftlich mit
dem ffarrvicar im Ordensbanse ihre Wohnung und Verpflegung,
und vom Comlur den bestimmten Jahresgehalt.
Als im nemlichen Jahre 1525 der schreckliche Banern-
Anfmbr ausgebrochen, liess die Regierung vermiß Beschlusses
des Landtages alle Comenden und PftirrhUnser des deutschen
Ordens und so auch die Comende Sterzing zur Stcherslellung
derselben durch ernannte Commissäre in Beschlag nehmen, m^
dem Auftrage, einstweilen die Renten und Geffille derselben im
Namen des Erzherzogs einzunehmen und zu verwalten, auch die
nothwendigen Ausgaben au bestretten. In Bezug auf Sterzing
und das ScUoss Rdfenstein eriiieit dazu den Auftrag Georg
Mnr) am 30. August 1525, nebst der Weisung, die Pfarre
noch ferner durch den bisherigen Pferrer verwalten zu lassen,
wenn die Pferrgeineinde mit ihm zufrieden wttre, nnd in diesem
Falle, selben in Pflicht zu nehmen. Doch dieser, Hans Pring^
sdiwened, fand es fttr besser von der Pfzrre abzutreten.
Doch bald hatte der landesfQrstliche Verwalter der Comende
Ursache bei der Regierung zu klagen über Zinsverweigerung;
dem dieselbe Ceind sieh gendthigt, an alle Hauptleute, Pfleger dre.
ein Sehreiben zu erlassen : wie sie vernehme, sollen sich Etliche
weigern, der Comende Sterzing die Zinsen zu reichen, ja noch
dazn auch Andere aufhetzen; sie befehle ihnen daher dafür zu
sargen, dass der Comende alle Giebigkeiten wie frttber geleistel
werden. — > Hingegen klagte die Gemeinde Sterzing im Jahre
iSüß bei der Regierung: sie seien mit einem ordeaHiohen
Pbrrer und GesdlfNrlesIsrn «cht versehen, und die gestifteten
17
— 258 —
Gotlesdienste wflrden nicht gehalten. Dorch Erlass vom 16. i
1526 liifgt daher die Regierung dem Verwalter Hörl aif, fir
Abhilfe dieser Klagen die gehörige Sorgfalt ansawenden; nnd
da die Gemeinde Stersing versprochen, ohne des Erchenogs Za-
stimmung weder den gegenwärtigen noch einen andern Prediger
2u halten vad es anch leugne, dass sie eigenmächtig dem Jeliigen
Prüdicaaten aus den Binknnften der Comende wöchentlich 8 Pf. B.
Besoldung angewiesen, so soll er lar Verhtttang alles Unwillens
demselben 7 Pf. B. daraus anweisen, aber achtgeben, dass
selber nicht gegen den hl. Glauben oder gegen den Abschied
des Landtags predige.
Was ftlr eine Persönlichkeit aber dieser von der Gemeinde
Sterling angestellte Pridicant gewesen, erhellt ans dem Bericht,
welchen der Verwalter Mörl bereits am 27. April d. J. an die
Regierung ttber Ihn abxnsenden sich bemflssigt sah: er habe
dem Prüdicanten zu Sterling, Hans Vitcher (einem ansge-
sprungenen Dominicaner -M<tach) Nachstehendes vorgehallen:
am Palmsonntage seien swei Tische voll Baaem in der Stabe
des Peter Kiirsner zu Sterling versammelt gewesen und hfitten
nach dem Prftdicanten geschickt; dieser habe Ihnen dann vor-
geschwftUt : der Eid und was sie dem Landesfirsten gefehworen
bitten, sei vor Gott nicht giltig und sie sollen Meh nichts
dwans machen, wenn sie ihn nicht hielten. — Um die Hesse
sei es nichts, die Pfaffen treiben Zauberei damit. Wiederum,
das Sacrament, welches in der Kirche xur Nothdnrft der Kran-
ken aufbewahrt werde, sei nichts, und er habe dabei ndt den
Fingern geschnallt mit gronser Unehrerbietigkett. IMe Triaker
und T;inkerimien seien seine Gehilfen und missen alle CniclBxe,
die sie an Strassen und Wegen antreffen, freventlich nusreisscn
mid ihm zutragen. — Die Könige, Churfirsten und Fürsten setie
er vor den Bürgern und Bauern herab, heisse selbe Lappea
und Uiad, ^^zu kriechisch Lamelucken.* — Die Griechen und
Schweizer bitten ihre Firsten und den Adel vertrieben, nnd
regierten nun ihre Linder seihst. ^ Br gebe den Borgern and
Baaern Unach,^ider den Adel «igeliOEsam zu sehi; bereits
— 859 —
kilteD d« BMern unter steh Mlbst gesagl: wa3 ist uns u
UMia, wie masieii wir es angreifen? — Femer habe derselbe
fe|iredigt, wenn dw Landesfttrst nichl rechtfertige Ursache
habe u hriegen, so soH ihm das Land gar heine Hilfe thim,
nnd habe sie alle zum Ungehorsam angereist ~ Zur Zeit der
U. Wandlong krflnune en seinen Hund gegen das hl. Sacrament.
— Hierauf bemerkt noch Möri: wenn man nicht bald diesem
seinen Unwesen steuere, so werde bald das ganse Land
ieelwriseh und der ganze Adel vertrieben sein. — Er habe dem-
selben im Namen fttrstlicher Durchlaucht aufgetragen, imierhalb
8 — 14 Tagen das Land tu räumen, was derselbe auch vor*
sproehen. — Die Regierung billigte seinen Bericht und Befehl ;
da aber der Pridicant gehlagt, es stehe ihm noch sein Unter-
halt aus, so solle er sich unyerweilt darOber mit demselben
ablnden; auch der Bürgermeister sich wegen dessen Schulden
erkundigen und sorgen, dass derselbe seine Schulden besahle«
CBibHoih. dt PauliJ
Als im Jahre 1559 der Landcomtur Engelhard von Ruesl
wegen Alters einen Coadjutor verlangte, ward ihm der bisherige
Comtur au Sterzlog, Lucas Römer, als solcher beigegeben, nnd
als ersterer im Jahre 1569 starb, wurde der letztere zu dessen
wirklichem Nachf<rfger emaimt. Als Comtur zu Sterzing trat
statt seiner ein gewisser . * . . von Knörtng ein , und bereits
4 Jahre darauf Maximilian von Fugger, Herr zu Kirchberg und
Weissenkom; die Zeit seiner Verwaltung war durch Missgeschick
und durch eigene Missverwaltung für die Comende Sterzing eme
hOehst betrübende; Marx Sittich von Welkenstein sagt ihm nach,
dass er «bei gehausst. Am Üi. Mai 1567 brannte das Comende-
Gefclode nieder, wobei auch das Dach der Pfarrkirche vom
Fener verheert wurde. Der Comtur Fugger aber gab sich
keine Mühe, das Comende^Gebfiude wieder herzustellen, und
bewirkte endlich durch sein Treiben seine förndlehe Absetzung.
fö76 am 22. April, dat. München, schreibt Herzog Albreeht
von Bai^n an Erzherzog Ferdinand von Oesterreidk: nachdem
sein geheimer AMh und Cammerpräsident Ernst Jacob Faggu
17»
— 260 —
fm Juli 1575 gestorben, habe er dessen Sohn MaxiniKan
Fugger, Comtur zo Sterzing, als Administnlor von dessen
VerlassenschafI aufgeslelit; nun wolle der Landoomtar selben
diese nicht mehr gestalten, nnd drohe ihm die EinkOnfte der
Gomturei zu entziehen, wie er selbem für sein Hiersem bereits
150 fl. entzogen habe; bittet un Verwendung in dieser Ange-
legenheit. — Hierüber gibt der Landcomtur A. J. Freiherr von
Spaur in seiner Rackäussening, dat. Weggenstein am 26. Hai
1576^ ganz andere Anfschlflsse: der Administrator des Hoeb-
meisterthums habe den Corotor Fngger bereits mehrere Male
ernstlich zur Rflckkehr in seine Comende Stening aufgefordert,
besonders weil wfihrend seiner Verwaltung der Gomturei das
dentsche Hans zu Sterzing abgebrannt und bisher snm SpoQ
nnerbaut darnieder liege; er solle also zurückkehren und durch
sparsame Haushaltung das Haus wieder herstellen, und habe
denselben bedroht, falls er nicht zurückkehre, die Gomturei
durch einen Andern zu besetzen u. s. w. ; die erwfthnten 150
Gulden seien wegen noch schuldiger Steuerrestanten eingezogen
worden. C^tatihaUerep'Arekiv,) — Und wirklieh sah sich der
Administrator des Hochmeisterthums bei fortgesetztem Unge-
horsam des Gomturs Fugger durch Decret am 9. August 1577
genOthigt, dessen Absetzung und die Zurückbehaltuag seines Ein-
kommens auszusprechen. C^kUthatterei^ Archiv, y — In Folge
dessen scheint sich der Abgesetzte an Erzherzog Ferdinand
gewendet zu haben, denn am 9. October 1577 erging an die
Regierung zu Innsbruck der Befehl : da zwischen dem Land-*
Gomtur Spaur und Herrn Maximilian Fugger der Gomtorei von
Sterzing wegen und sonst Späne obwalten, so soll sie beide
vorfördern ^ und wo möglich selbe gütlich mit einander zu ver-
tragen suchen; gehe das nicht an, ihr Gutachten einzusenden,
wie diess geschlichtet werden kbtme. , C^latihaiterei'ArcldeO
Nicht besser als in zeitlicher Hinsicht die Comende befand
sich in geistlicher Hinsicht die der Gomende Sterzing zuständige
Fiarre Sterzibg, sowie die benachbarte dem deutschen Orden
einverleibte Pfarre Mareit; die Reformal ionswuren hatten sie
— 261 ^
in einen eririrmlichen Zustand gebracht. — Als die bischöflichen
Visitatoren in Jahre 1370 auch nach Sterzing kamen, fanden
me dort Anstand , indem der schon erwähnte Comtur daselbst,
■aximiliniFngger, eine Exemtion von der bischöflichen Gerichts-
hwkeit Torwendete. Da aber das landesftirstliche Patent wegen
der Zulassung und Handhabung der Visitation den Comtur aus-
drflcklich nannte, so wagte es derselbe nicht mehr sich zu
widersetzen. — Auf fthnliche Weise erging es in der Pfarre
Karett. CSinaeher, VI. B. S. 7430 — Wirklich war auch
die Visitation kaum irgendwo so nothwendig als hier. Die
Visitations-ProtocoUe von den Jahien 1570, 1577, 1594 und
ltiQ2 machen die traurigste Schilderung fon dem traurigen
Zustande besonders der Pfarre Sterzing. Die Comture des
Ordenshauses pritendirten das Recht, die pfarrlichen Angelegen-
heiten zu leiten, hämmerten sich aber wenig darum. Sie rühm-
ten sich der Exemtion von der Gerichtsbarkeit des Bischofs und
nahmen dieselbe auch fQr ihre Geistlichen in Anspruch; aber
es lag ihnen nicht am Herzen gute PHester zu erhalten. Die
Visitatoren fanden meistens nur Ausländer und abtrflnnige Mönche
angestellt, welche für geringen Sold ihre Dienste anboten, und
eben nicht das erbaulichste Leben führten. Die Seelsorge war
demnach völlig vernachlässigt. Das Sacrament der letzten Oelung
kam aoaser Uebung, und Mehrere verweigerten den Gebrauch
der Sacramente der Busse und des Altars. Das Verzeichniss
der akatholischen Bücher, welche man bei der Visitation im
im Jahre 1570 zu Sterzing eingesammelt hat, nimmt mehr als
9 Folio-Seiten em; darunter die meisten von Luther, Melanch-
lon und Spangenberg. — Die Zahl der Cooperaloren war auf
drei herabgesunken, laut VisitationsprotocoU vom Jahre 1577
nod 1594. C'^inkhauser, a. a, 0. S. €6$.)
Am 15. Februar 1595 verleiht Andre Joseph Freiherr von
Spaur und Valör, Landcomtur an der Etsch, im Namen Caspar
Hathtasen, Freiherrn von Wolkenstein-Trostburg, bereits seit
dem Jahre 1587 Comturs zu Sterzing, als Grundherrn, dem
Jacob Franzin zu St. Pauls die sogenannte Gloggenleite daselbst
— 268 —
gegen jflhrK Zins von 10 Ibrn Wein in das dem deutseken Htuse
zu Sterzing gehörige Bruderiians tu Eppan sn liefern. 0. A.
Von diesem Comtar Caspar Mathias von Wolkenstein schreibt
dessen Oheim Marx Siltieh von Wolkenstem ums Jahr i6<4:
^ Diese alte Capelle (der Comende Sterzing) , wdche vor AUer
zergangen , hat der nnn regierende deutsche Herr ond Comtur,
Caspar Mathias, ein Sohn meines Bmders Freikerm von VfoU
kenstein and Trostborg, von neuem wieder aufgebaut, teneaert
und gar schön geziert; ist nach heidnischer Tempel Art fin die
Runde gebaut, und sammt dem ganzen deutschen Haue erneuert
und erbaut, da es unter seinem Vorfahrer, einem Herrn Fngger,
der (ibel allda gehaust, verbrunnen. Vor dem Fagger ist ein
von Knöring Deutschhaus-Comtur aida gewesen; weiter weiss
man nichts gewisses, wer alda Comtar gewesen, ohne Zweifel
aus der Ursache, weil durch die Brunst alles verbrannt und
verderbt worden; es ist jedoch diess deutsche Haus an Gehllade
und Einkommen durch obbemelten meinen Vetler wieder restaurirt
und verbessert worden. — Es bat auch ein Comtur zu Ster«
zingen noch derzeit die Pfarre inne, und muss dabei 4 Firiester
erhalten sammt dem Pfarrherm.^ (a. a. O. iB. BuchJ
Wohl mochte die Comende Sterzing in baulicher und
materieler Hinsicht unter dem Cumtur Caspar Mathias von Wol-
kenstfin manches gewonnen haben, aber um desto schlimmer
stand es zu Sterzing damals in geistlicher Hinsicht; der General«
Vicar Otto Agricola bemerkte als Visitator mit eigener Hand
Folgendes im Visitations-Prolocoll des Jahres 1602: Sane ista
civitas pessime quoad spiritualia provisa est. Dominos Commen-
durarius (Comtur) ipse suspectam de Incontinentia foeminam
alit; ad res divinas parum attendit. Omnia sacerdotibus com-*
mittit, quos singuiis annis fere mulat. Bonos habet paucos,
monachos et apostatas plerosque. Hinc cura animarum et eccie-
siae decor negligitur. Quilibet suae rei, h. e. pecuniis et divi-
tiis corradendis incumbit omnibus interea susque deque euntibus.
CTinkhausery a. a. O. S. 669 J
Demungeachtet ging der deutsche Orden neue Verbindlich-
— 368 —
keilen gegen die Filialgoroeinde Ried ein ; selbe stiftete nemlich
im Jahre 1629 aus den Mitleki der Kirche einen ordentiichen
Gottesdienst mit Messe und Predigt auf jeden xweiten Mon«^
Sonnlag and mehrere Festtage; diesen sollte der Deutschordens*
Comtor durah einen Pfarr^Cooperator von Steniag besorgen
nebsl den- schon früher gesUfteten drei Wochenmessen; dafür
sollte die Kirche der Comende jährlich i&O fl. besahlen« Dieser
SÜfthiief wurde von Ordinariats wegen zu Brixen am 19. Septem-
ber 1629 gefertigt und von dem Landcomtur Johann Gaodenz
Freiberrn v. Wolkenstein am 17. September 1630 gutgeheissen.
C^naeher, VJIL B. S. 49iJ — Endlich im Jahre 1694
am 14. Mai wurde daselbst die Cnratie errichtet und aus Mit-
telo der Kirche dem Coraten 200 fl. jahrlich bestimmt, womnter
aneb die von der Comende Störung aus den von derselben
frflher bezogenen 150 fl. hinüber gelassenen 50 fl. und die 11 fl.,
welche man bisher dem Curaten von Gossensass fttr dort zu
lesende Messen gereicht hatte ^ — and dazu noch die Stola-
Gebühr. — Der Landcomtur, Graf Thunn, willigte nicht nur
m die' Stiftung der Guratie, sondern bewilligte auch von Seite
der Pfarre Sterzing die pfarrlichen Rechte und die Slolagebtthr,
and trat auch jene obenerwühnten 50 fl. dahin ab; jedoch
behielt der dentsche Orden die andern 100 fl. für den Gehalt
des Pfarrers zu Sterzing, der aber dafür einige Messen in der
St. Ufsula-Capelle im Jaufenthale besorgte; auch wurde das
Prfisenlationsrecht zur Curalie dem deutschen Orden zuerkannt.
CSiaith.'Arckiv und Tmkhauser a. a. O. S. 680 J
So willffthrig der dentsche Orden in Sterzug in Annahme
von Stiftnngen gewesen, so wenig eifrig scheint er im Verlaufe
der Zeit mit Erfüllung der damit verbundenen Leistungen
gewesen zu sein, was wohl mitunter die Folge der verminder*
len Anzahl der Cooperatoren der Pfarre, deren, wie wir schon
gesehen, in den Jahren 1577 und 1594 nur mehr 3 waren,
gewesen sein mag. Diese Vernachlässigung vieler Stiftungs-
Verbindlichkeiten hatte zu mancherlei Streitigkeiten und länger
daaeraden V^rhamUnngen zwischen dem deutschen Orden und
— 264 —
der Stadigemeinde geftliirt. Der damaiige Generalvicar voa
Brixen, Christoph Seemann, suchte selbe dadurch bmalegen,
dass er im Jahre 1630 den damaligen Comtur xu Stening,
Georg Niclas Yintler , zum Versprechen faewog : ein jeweiliger
Comtur zu Sterling soll verpflichtet sein, nebst dem Pfarr- Ver-
walter noch drei Gesell-Priester zu halten« Diese sollen aasser
den einzelnen gestifteten oder verlangten Gottesdiensten das
tägliche Amt in der Pfarrkirche, die tägliche Frühmesse bq
St. Margret und an den sechs Werktagen die Nachmesse in
der Spitalkirche besorgen und für die Stifter appllciren. — Die
Stadtgemeinde trat diesem Vergleiche bei; obschon aber der-
selbe vom bischöflichen Ordinariate damals nicht förmlich gut-
geheissen wurde, so befahl doch das Consistorium am 24. Jänner
i632, dass demselben einstweilen bis auf weitere Untersuchung
nachgekommen werden sollte; aber erst nach der Ordinariats-
Bestätigung vom 13. November 1656 kam derselbe zur unbe-
strittenen Ausführung. QTinkhatiser^ a. a, O. S. 668.J
Wesentlich zur Hebung des kirchlichen Lebens in der
Pfarre Sterzing trug um diese Zeit die Einführung der Capaziner
daselbst bei; schon mehrere geistliche Arbeiten hatten selbe
auf ihrer öftem Durchreise zu Sterzing verrichtet, wesswegen
die Bürgerschaft wünschte, dass für selbe wenigstens ein Hospi-
tium errichtet würde. Hehrere Gutthäter vereinigten sich im
Jahre 1629 zum Bau des Hospitiums, und noch während des
Baues wollten die Capuziner auf Ersuchen des Pfarrverwalters
selbst und des Stadtmagistrats die Pfarrkanzei übernehmen.
Diess wollte aber der damalige Landcomtur Johann Gaudenz
Freiherr von Wolkenstein, zugleich Comtur von Stening, nicht
zugeben, und verbot daher um Weihnachten 1629 den Capu-
zinern das Predigen. Mit grossem Ungestüme aber forderte
die Bürgerschaft am 2. Jänner 1630 für die Capuziner diese
Bewilligung und wandte sich desswegen auch an das biscbdfl.
Ordinariat, an den Landesfürsten und an den Hoch- und Deutsch-
meister Johann Caspar von Stadion. Dieser hatte eben im
Jahre 1628 das Capuziner-Kloster zu Mergeatheim gesliflet und
war fflr adbe gans eiDgenommen; er ttusaerte daher dareh
Sdireibeo, dat. Mergentheim am 1. Augast 1690, unter vielen
lobsprüchen geges die Capasiner den Wunsch, daas sdben die
Pfarrkanzel überlassen werde. — Da auch das Ordinariat und
der Landesfarsl fflr die Capnziner sprachen , gab der Land-
CoiBtiir um so lieber nach, da auch diese sich ^klftrten, sie
y«rlangen den Pfarrer nicht von der Kanzel auszuschliessen,
sondern es stehe selbem frei, so oft er es für gut befinde,
selbst zu predigen. Dieses berichtete der Landcomtur an den
Hoch- und Deutschmeister am 7. September 1630. C^inaeher,
die Einführung der Capudner in Nordtirol S. 6i.^
Im Jahre 1696 starb der seit 1684 gewesene Comtur von
Sterzing, Goidobald, Graf von Arco; anstatt sdner wurde
ernannt Georg Pridrich, Graf von iSpaur, Rath und Gebietiger
der Bailei an der Etsch, Comtur zu Sterzing, kaiserlich tirolischer
Landmiliz-Obrist ; er hatte früher in der kaiserlichen Armee bei
Neuhäusl, Eriaa, Ofen, V^sstgg^ Hohacz, Duron und Belgrad
gekämpft. Derselbe erscheint auch im Jahre 1701 mit den
nemlichen Titeln, wozu auch noch der eines Cämmerers des
Churfürsten von Baiern kam; nach dem am 2. September 1701
erfolgten Ableben des bisherigen Landcomturs Johann Jacob
Graf von Thunn wurde er als Statthalter der Landcomturel
ernannt, behielt aber die Administration der Comturei Sterzing
bei, bis er beide im Jahre 1709 resignirte, worauf Johann
Heinrich Baron von Kagenegg die Würde eines Landcomturs und
zugleich die eines Comturs zu Sterzing fiberkam. CSiaUhaltereh'
Archiv.) — Als bei einer Conferenz mit ihm zu Innsbruck am
26. November 1710 die Regierung unter Anderm auch diess
rügte, dass in Tirol ein Deutschordens-Ritter mehrere Comen-
den inne habe, erwiederte er: er habe bloss die Bailei an der
Etsch und die Comende Schlanders inne, von der Comende
Sterzittgen sei er bloss Verwalter, von welcher er das dem
abgetretenen Landcomturei-Statthalter, Grafen von Spaur, zuge-
standene jährliche Deputat von 3000 fl. bestreiten müsse; im
Falle, dass diess Deputat aufhören und dadurch die Comende
— 266 —
Steiziog eriedigt würde, werde er einen andern Denlsciiordew*
Ritter als Comtur dahin setzen. CStaUh.''Ar€kivO — Später,
am 3« Jfinner 1718 worde Ferdinand Graf von Artz als Gomtsr
za Sterzing investirt; derselbe starb Jedoch schon am 25. Sep-
tember 1726 zu Revö als Comtur zu Sterzing, k« k« Cfinmerer,
Geheimrath nnd General des Chorfttrsten von Baiem. — Anstatt
seiner wurde nach Sterzing im Jahre 1728 Anton Ingenahi Graf
von Recordin und Neun als Comtnr gesetzt, der die Gomtvei
bis zu seiner Ernennung als Landcomtur im Jahre 1744 und
noch einige Jahre darnach verwaltete, bis er selbe dem Joseph
Ignaz Grafen von KOnigl übergab, und als dieser gestorben,
wurde am 26. November 1760 Johann Bapt. Freiherr von Ulm,
bisheriger Comtur zu Schlanders, churRlrstlich eölaischer Cta-
merer und Obrist-Lieutenant des Regiments Prinz von Nassau
als Comtur von Sterzing inveslirt.
Als jedoch dieser Freiherr vom Ulm schon 3 Jahre darauf
zum Landcomtur befördert wurde, ernannte er im Jahre 1763
als seinen Nachfolger in der Comturswürde zu Sterzing den
Johann Theodor Freiherm von Belderbusch, welcher dieselbe
bis zum Jahre 1795 verwaltete, obwohl er im Jahre 1791
zum Coadjutor des Landcomturs und im darauf folgenden all
Landcomtur ernannt wurde. — In seine Verwahungszeit der
Comende fällt eine wesentliche Verfinderung in den bisherigen
Verhältnissen derselben; bereits im Jahre 1792 bat die Gemeinde
um Absonderung der Pfarrgeistlichkeit von dem Comende-Hause.
Im folgenden Jahre 1793 trat wirklich eine Coromlssion znsam*
men, um diese Angelegenheit zu ordnen; selbe beschloss, es
sollte ausserhalb der Comende ein neuer Widnm erbaut und
den Pfarrgeistlicben aus den Einkünften derselben eine ent-
sprechende Congrua an Geld, Wein, Getreide u, s. w. ange-
wiesen werden; die Verhandlungen darüber zogen sich aber in
die Lange. Indessen wurde der abgesonderte Widum gebaut
und endlich im Jahre 1795 erfolgte die ordentliche Ausschei-
dung, doch so, dass der deutsche Orden , welcher aus deo
Renten der Comende in Sterzing der PfarrgeistUchkeU ein
— M7 —
bestimmtes jfibriieiies EiskommeD sHsicherte, noch fortan als
parocbos iiabhQalis anerkannt werden solUe. CT»nApA«mer a. a. 0.
S, 64f9 und CopHbueh zu Bterzk^g,') — Unter diesen Ver-
hältnissen trat im Jahre 1795 Ignaz Judas ThadSus Graf von
Brandls als Comtur von Sterling ein und nach dessen im Jahre
1799 erfolgten Erhebung xnm Landcomlur der erst im Jahre
1799 eingekleidete Adam Freiherr von Homstein, k. k. Haupt-
mann und churbairischer CUmmerer am 24. April 1800, weicher
aber nach 6 Jahren auf die Comende Schlanders ttberselst
wurde. Statt seiner überkam die WOrde eines Comturs zu
Sterzing am 4. Hai 1806 der erst am 24. April 1805 einge-
tretene Johann Graf von Artz zu y^isstgf^ — der letzte vor
der Aufhebung der Bailei an der Etsch eingekleidete Deutsch-
Ordens-Ritter, — welcher aber bereits am 24. October dieses
Jahres nach dem Ableben des Freiherrn v« Homstein an dessen
Stelle nach Schlanders übersetzt wurde. — Bei den traurigen
Verhältnissen der Deutschordens-Ballei unter der indessen ein-
getretenen bairischen Regierung ward kein Comtur mehr ernannt.
Venige Jahre darnach hob letztere die ganze Comturei auf und
zog deren Güter und Güten, in so weit selbe in ihrem Gebiete
lagen, ein und überliess selbe endlich gfinzlich sammt der Pflege
Reifenstein dem Fürsten Alexander von Thum und Taxis als
Entschädigung für das ihm entzogene Postregale; nur das
Patronatsrecht der Pfarre Sterzing behielt sie für sich , sowie
das Comende-Gebäude nebst Garten behufs der Unterbringung
des Landgerichtes. — Da nur diess Letzlere und etwas Weniges
im Gebrete des ehemaligen Königreichs Illyrien von der ehe-
maligen Comende Sterzing unveräussert geblieben, so Hess der
deutsche Orden, als die Balle! an der Etsch unter der wieder
eingetretenen österreichischen Regierung wieder ins Leben
gerufen wurde, Sterzing als selbstständige Comende nicht mehr
Ins Le1)en treten, sondern vereinigte die wenigen Ueberreste
derselben mit der Landcomende zu Bozen; ernannte jedoch zur
Erinnerung an die ehemals bestandene Comende Sterzing —
im Jahre 1836 den Philipp Aaton Grafen von Boos-Waldegg
- 208 —
aU TUuiar^omlur von Slereing. — Die ehemalige Dettlsch*
Ordens-Pfiirre Stening war bereit« durch Hofcaamer-Decret
vom 6. Mfirz 1821 als eine landesfttrstliche Patronals-Pfrilnde
erklilrt worden.
Chronologische Beihenfolge der Landcomture der
Bailei an der Etsch.
Aus den bisher gelieferten Urkunden-Regesten Ifisst sich
nun die Reihenfolge jener Comture und Landcomture, welche
die Deutschordens-Ballei an der Etsch von Ihrem Entstehen bis
auf unsere Zeiten leiteten, wenigstens grösstentheils , in ihrer
chronologischen Aufeinanderfolge ermitteln. — Burglechner,
Marx Sittich von Wolkenstein, ein altes Yerzeichniss in der
Landcomende Weggenstein und das Tiroler-Ehrenkränzl von
F. A. V. Brandis lieferten selbe bis auf ihre Zeit, aber alle,
besonders letzterer mehr oder minder in Hinsicht der Namen
und der Regierungsjahre fehlerhaft *).
Fr« Conrad, Hospitalar zu Bozen i. J. 1202—1212.
Fr. Wemher, Hospitalar zu Lengmoos i. J. 1227 u. 1234.
Fr. Fridrich, Hospitalar und Provisor des deutschen Hauses
zu Bozen i. J« 1234«
Fr. Fridrich, erscheint als ConUur bald zu Lengmoos bald
zu Bozen in den Jahren 1236. 1237. 1240« 1243.; wir
"*) Wir wollen jedoch hiedurch nicht behaupten, dass nicht ein
oder der andere der von denselben angegebenen Landcomtore
im 13. und 14. Jahrhunderte die Bailei an der Etsch geleitet
haben dürfte; da wir aber keine urkundlichen Beweise für
selbe vorfanden, so wollten wir sie in der Reihenfolge der
Landcomture auch nichl aufführen. •
— 869 —
halten ihn für ein ond den nämlichen mit dem i. J. 1334
vorkommenden Fr. Fridrich dem Ifospitalar und Frovieor
zo Boxen.
Fr Comtor sn Bozen und Lengmoos i. J. i250.
Fr. Alohoch, Comtur zu Bozen und Lengmoos i. J. 1257.
Fr. Hartwig, Priester und Comtur zu Bozen und Lengmoos
i. J. 1260.
Fr. Heinrich von Telsenberg, Comtur zu Bozen und Leng-
moos i. J. 1263.
Fr. Dietrich von Wibelchofen, Camiur der BaiSei %u Bo%en
i. J. 1269 u. 1270.
Fr. (Conrad von Tetlinbach i. J. 1273)?
Fr. Wolfram von Adelmansvelde, Comtur der Bailei zu Bozen
i. J. 1277—1280.
Fr. Cunrad von Tscheves, Landeamtur der Bailei zu Bozen
i. J. 1283.
Fr. Gotfrid i. J. 1287.
Fr. Hartmann von Hälenstain i. J. 1297 u. 1299.
Fr. Cunrad von Schiverstät (auch von GundoIBngen) i. J.
1302—1306.
Fr. Leupold von Wemdingea i. J. 1309—1316.
Fr. Dietrich von Trier i. J. 1319—1325.
Fr. Gotfrid von Hflnberg i. J. 1332 u. 1333.
Fr. Albrecht, Herzog von Braunsdiweig i. J. 1335—1341.
Fr. Hans Nothhaft i. J. 1351—1356.
Fr. Egen, Graf von Tübingen i. J. 1356—1365.
Fr. Leutoir der Hadte i. J. 1367—1371.
Fr. Wolf von Zttlleohart i. J. 1375—1378.
Fr. Ludwig Waffler i. J. 1380.
Fr. Marquard Zollner von Rottenstain i. J. 1385 u. 1386.
Fr. Peter von Räuti i. J. 1389 u. 1391.
Fr. Hans von Ryedern i. J. 1392 u. 1396.
Fr. Walrab von Seharfenberg i. J. 1398—1406.
Fr. Johann Hochschlitz i. J. 1409.
Fr, Walrab von Seharfenberg wieder i. J. 1412.
— wo -
Fr. Cmmi Seier i. J. 1415.
Fr. Fridrich von Wicherau i. h 1417^ fastorbcA 1420.
Fr. Georg Eglinger i. J« 1420.
Fr. Gotfrid Niderimuser i. J. 1421-1442.
Fr. Ludwig von Laiuisee i. J. 1443—1452.
Fr. Hans Monaer, i. J. 1453 StaUbalter, 1456 Landcomiar.
Fr. Jodok von Hohenstain i. J. 1458.
Fr. Heinrich von Freiberg, 1461 Statthalter, 1463—1484
Landcomtur.
Fr. Ludwig von Hflmhaim i. J. 1485.
Fr. Georg Ramang, der Bailei aofgedrangen, i. J. 1486
und 1487.
Fr. Ladwlg von Httmhaim i. J. 1487—1494.
Fr. Wolfgang von Neuhauss i. J. 1495—1504.
^r. Heinrieh von Knöringen i. J. 1504, gestorben 1534.
Fr. BartIme von Knöringen i. J. 1534, gestorben 154i.
Fr. Engelhard von Ruest i. J. 1541, gestorben 1560.
Fr. Lucas Römer von Haretsch u J. 1560, resignirt 1573.
Fr. Andre Joseph Freiherr von Spaor i. J. 1573, gest. 1598.
Fr. Georg Hör] von Mahlen i. J. 1598, gestorben 1612.
Fr. Ulrich Freiherr von Woikeosteln i. J. 1613, gest. 16^6.
Fr. Johann Gaudenz Freiherr von Wolkenstein i. J. 1627,
gestorben 1637.
Fr. Georg Nicdaus Vinder von Platsch, Statthalter 1637,
Landcomtur 1641, gestorben 166i.
Fr. Johann Jacob Graf ton Thunn i. h 1662, gest. 1701.
Fr. Georg Fridrich Graf Von Spaur , bloss Statthalter v. J.
1701—1709,
Fr. Johann Heinrich Freiherr von Kngenegg L J. 1709,
gestorben 1743.
Fr. Anton Ingenuin Graf von Recordia und Neiui, L J. 1744,
gestorben 1762.
Fr. Johann Reichsfreiherr von Ulm i. J. 1763, gest. 1792.
Fr. Johann Theodor Freiherr von Beldeibusch i. J. 1792,
gestorben 1799.
— 274 -
Fr. Igiiaz Jodts Thadäos Graf von Brandis i. J. 1799,
gestorben 1814. — Während seiner Verwallong wurde
die Bailei ao der Etsch von der französischen Regierung
am 10. October 1810 aufgehoben; nach deren Wieder-
herstellung unter der österreichischen Regierung wurde
als Landcomtur ernannt:
Joseph Graf von Attems i. J. 1835.
Dniekverbesseningeii nod Zus&tze.
Seite 16
. 18
2G
25
29
32
32
33
27
34
39
48
50
Zeile 23 slalt Sinach IV. B. lies: Sinacher IV. B.
^ 17 nach den Bischöfen als Zeugen: Otto, Pfalzgraf am
Rhein und Herzog von Baiern; die Herzoge Albert
von Sachsen und Bernhard von Kärnten; Hermann
Markgraf von Baden; die Grafen: Hermann von
Orlamunde, Poppo von Ilennenberch Heinrich von
Sein und Hartmann von Dilingen; Fridrich von
Trucheningen , Gotfrid und Cunrad von Hohenlohe
ComitesRomaniolae, Wolfhard von Crutbem. (Statt-
haUerei' Archiv.} einzuschalten.
rt 12 statt Euphemia lies : Euphemia (eine geborene von
Hünenberg.)
« 22
r> 15
« 12
« 20
r. 2
n 6 Statt Oheim lies: Grossvater
„ 28 „ Tyrol „ Tyral
9 33 ist das erste Septuacesimo zu streichen.
y, 26 statt Uebelin lies: Aebelin
n 24 Am 23. März 1303 im deutschen Hause am Eisak-
Flusse übergeben 6 Abgeordnete des Thaies Martell
dem Landcomtur Cunrad von Schiverstat 45 H. ß.
und dazu einen jahrlichen Zins von 10 Mutt Roggen ;
dafür verspricht der Landcomtur, dass statt früher
nur jeden dritten Sonntag von nun an an jedem
statt Civilavecchia lies: Orvieto
1
110 r,
27
124 ,
4
159 „
24
167 „
9
- 272 —
SonnUfe eine beil. Messe in der SL Wdbnrgia-
Capelle in Marlell von dem deutschen Usnse %a
Schlanders aus besorg werden solle. Lassl selbes
an Erfüllung dieser Pflicht es ermangeln, so ist die
Gemeinde Harteli befugt auf die Güten der dem-
selben gehörigen zwei Höfe Mitterbof und Glaneck
KU Walde in der Pfarre Schlanders Beschlag su leg«n
u. s. w. Dabei waren gegenwärtig: Fr. Heinrich
von Werde und Fr. Cunrad von Aichach die lYie-
ster, und die LaienbrQder Cunrad von Vleimes ottd
Ulrich von München! (ürk. im Widum MarieU.)
Seite 109 Zeile 28 statt Beeinrachtigungen lies: Beeinträchtigungen
^ 1436 „ 1468
r, 1415 „ 1515
„ Regieruzg ^ Regierung
Dass die Deutschordens-Comende Trient noch in
der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts Besitzungen
im Nonsberge halte, erhellt aus einem Rescripte
der Regierung vom 3. Juli 1634 an Dominicas
Vigil und Franz Prosper^ Freiherrn von Spanr:
obschon auf Anlangen des Landcomturs Johann
Gaudenz Grafen von Wolkenstein mehrere Befehle
an sie ergangen, dass sie als Inhaber des Gerichts
Flavon unter Strafe von 200 Thalem auf des
deutschen Ordens Behausung und GQtem bei Sanct
Maria Magdalena ob Denno im Nonsberge keinen
Act der Gerichtsbarkeit sich anmessen sollten, so
hätten sie dessen ungeacht wieder am lelztver-
flossenen Maria Magdalena-Tage es sich herans-
genommen, nahe bei besagter Kirche auf des
deutschen Ordens Grand und Boden durch ihre
Beamten den Kirchtag zu berufen und dadurch die
Ordensprivilegien zu verletzen. Desswegen seien
sie in obige Strafe verfallen, und die Regiemng
schärft ihnen aufs neue ein, den fruhern Befehlen
genau nachzukommen. C^auh.'Arekiv.J
181 ,, 34 statt Pfarrer in Martel lies: Curat in Marlell,
194 „ 21 „ gehörig „ gehörig
226 „ 33 „ deutsb „ deutsch
256 n 21 n Dentschordens ^ Deutschordens
ZEITSCHRIFT
,}.-s
Tirol uud VonirUjcrg.
:«Li(»ii
• Verwaltiiiigi.Ausai;hue«fe dessclbei
U rille Fulge.
y 1 f. [■■
Leben und Heldentod
des
Grafen Ludwig von Lodron,
k. k. FeldhaHptmanns.
Zugleich ein Bild aus den Kriegszeiten der ersten Hälfte
des sechzehnten Jahrhunderts
Alois Moriggl,
FrObnieMer xu ZIrl , Mitglied des FcrdinaDdeoiiw.
—^%M^--
INNSBRUCK.
Druck der Wagner 'sehen Bacbdnckerei.
1863.
-r
^f
THENEWYORK
PUBLIC LIBRARY
A9TOR, LeNOx'*>WD
TILDEN F0UNDATI0N8.
1897.
Vorrede.
ESner dei* grössten Krie^shelden aas dem sech-
2elinten Jahrbundert, der dem Land^ Tirol zur beson-
dem Ehre und dem hochgräflichen Hatise der Lodrone
zum grössten Ruhme gereicht^ ist unstreitig Graf
Ludwig von Lodron.
Dieser tapfere Feldhaupfmann hat zwar bisher
viele Sänger^ aber noch lieinen Biographen gefunden.
Wie oft ist schon sein Heldentod bei Essek besungen
worden! Das ist aber auch Alles ^ was die Meisten
yon ihm wissen; die übrigen Thaten des wackern
Kriegers sind nie noch veröflTentlicht worden. Sein
Heldentod bei Essek war es nun^ der mich für den
Gedanken begeisterte^ in der Geschichte fleissig nach-
zuforschen, ob selbe vielleicht noch Mehreres vom
Grafen Ludwig von Lodron zu erzählen weiss,
um gunstigen Falls im Stande zu sein, eine erschö-
pfende Biographie desselben zusammenzuschreiben.
Ein Sprüchwort sagt: Wer sucht, der findet;
dieses hat sich auch im vorliegenden Falle trejflich
bewährt. Ich stellte nämlich über das Leben und
Wirken des edlen Gt'afen in der Geschichte Nach-
forschungen an, und habe auch wirklich in derselben
zu meiner eben so grossen Ueberraschung als Freude
mehr gefunden, als ich zu hoffen gewagt hätte.
- IV -
Die Thfitigkeit des Grafen Ludwig erstreckte sich
von Trient bis Marseille«) von Marseille bis Rom und
von Rom bis Essek ; wir werden sehen, wie wacker
er sich in Südtirol, im südlichen Frankreich, in Ober-
italien, im Kirchenstaate, in Unterösterreich und in
Slavonien bei Gelegenheit der fortwährenden Kriege,
welche in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahr-
hunderts geführt wm*den sind, gehalten hat Graf
Ludwig lebte in einer sehr bewegten Zeit!
Im Verlaufe der Lebensgeschichte unsers Helden
werden wir aber auch ^ auf eine Menge von Feld-
hauptleuten stossen, die an seiner Seite thätig waren
und dem Lande Tirol zur besondem Ehre gereichen,
als da sind : Ritter Georg von Freundsberg und dessen
beide Söhne Kaspar und Melchior, dann die fünf
ebenbürtigen Vettern des Grafen Ludwig, nämlich:
Johann Baptist von Lodron, der Held von Aiessandria,
Anton von Lodron, k. k. „Feldtmarschalk% Sigismund,
Hieron^mus und Paris von Lodron, k. k. Kriegsoberste;
ferners die Hauptleute: Conradin Spergser (Spergsj
von Glurns, der Held von Cremona, Claus Seid«-
sticker von Innsbruck, ein aller Haudegen, zugleich
Profoss in der Armee, Ritter Veit von Wähingen,
Inhaber der Pfandherrschaft Laudeck, Urban Linsing
von Landeck, Georg Sfrele von Imst, Ulrich von
Witlenbach, Hauptmann von Sehen, Hanns Schmid
von Meran u. A. m.
Das Amt eines Hauptmanns, eines Feldobersten,
eines Feldherrn u. s. w. in den damaligen Zeiten
übernehmen und verwalten — in den Zeiten der
Söldner — war wohl eine sehr schwierige Sache.
Wie schwer war bei rohen Söldlingen eine Manns-
zucht einzuhalten! Um so mehr gereicht es einem
Grafen Ludwig von Lodron, einem Georg von
- V -
Freunds bergr sor Vhre^ wenn wir von ihnen lesen^
dass sie unter ihren Leuten die strengste Mannssucht
emgehalten hätten. Wie oft sehwebten die Haupt-
leote in Gefahr^ von ihren eigenen Leuten ermordet^
blntig geschlagen oder sonst arg misshandelt zu wer-
den; Beispiele dieser Art werden wir im Verlaufe
vorliegender Biographie in Menge finden; dieselbe
soll demnach nnter Einem auch ein treues Bild liefern
aus den Kriegszeiten der ersten Hälfte des sech-
zehnten Jahrhunderts.
Schliesslich lasse ich eine Angabe der vorzüg-
lichsten Quellen folgen, aus welchen ich geschöpft
habe; diese sind:
1. Reissner Adam, Historie des Herrn Georgen
und Herrn Kaspar von Frundsberg. 1569.
2. Lodronii Leonis vetustatis ac virtutis inclitae
Bonamenta. Brixiae 1683.
3. Oesterreichs Helden und Heerführer von Maxi-
miKan an bis auf die neueste Zeit^ von Schweigerd.
4. Geschichte der Landeshauptleute in Tirol, von
Jakob Andrd Freiherm von Brandis.
5. Geschichte Europa's seit dem Ende des fünf-
zehnten Jahrhunderts, von Friedrich v. Raumer.
6. Geschichte des Kaiserstaates Oesterreich, von
Johann Grafen von Mailath.
7. Die Genealogie vom Herrn v. Mayrhofen.
8. Beiträge zur deutschen Sittengeschichte des
Mittelalters aus ächten Urkunden des berühmten Ar-
chives zu Ambras in Tirol, von FraAz Gassler, Archivar
(Hauptquelle).
9. Doctor Wilhelm Robertson's Geschichte der
Regierung Karls V.
10. Franz l, König von Frankreich, von Gaillard.
- VI -
li. Der Konnetable Karl von BouHbon^ von Ft^i-
herrn von Schwartzenan.
12. Leben und Thaten des Sebastian Scherilin zu
Bnrtenbach^ durch ihn selbst deutsch beschrieben.
13. Kirchmayr's Chronik.
14. B. Platinae Cremoniensis de vita et moribus
summorum Pontificum. Cremonae 1529.
15. Allgemeine EncyMopädie der Wissenschaften
und Künste^ von Ersch und Gruber.
16. Annali del Principato ecdesiastico di Trento
dal 1022 al 1540 compilati sui documenli da Fran-
cesco Feh'ce degli Alberti vescovo e Principe, rein-
tegrati e annotati da Tommaso Gar. Trento 1860.
17. Der ^Bauerrfrebell im Nons- und Sulzberg
Anno 1525^ — Manuscript — gütigst mitgetheilt
durch den Hochwürdigen P. Justinian Ladurner 0. S. F.
- vu
Inhalts-VerzeichnisSt
Seite
I. Abschnitt.
Das Geschlecht der Lodrone; Abstammung und Geburt des Grafen
Ludwig vo'n Lodron; seine erste Wa ff enthat im Kriege
gegen die Republik Venedig 1
IL Ab schnitt.
Kaiser Karl V. und Franz I., König von Frankreich y Kar! Herzog
von ßourbon ; Bonnivet's missglückter Feldzug nach Italien :
Treffen bei Romagnano und Tod des Ritters ßayard; Bour-
bon''s Zug über die Alpen nach Frankreich; Theilnahme der
GraFenLudwig und Johann Baptist von Lodron an
der Belagerun? von Marseille; Rückzug des kaiserlicheu
Heeres nach Mailand 6
III. Abschnitt.
Franz L, König von Prankreich, in Mailand; Belagerung der
Stadt Pavia; GrafLudwig von Lodron und Johann
Baptist von Lodron in Pavia; Zorückschlagung der
angelegten dreizehn Stürme; Noth iu der belagerten
Stadt; Ausfälle; Zug des Ritters Georg von Freunds-
berg nach Italien zur Entsetzung von Pavia; Papst Kle-
mens VH. und dessen Politik; papstliche Legaten im fran-
zösischen und im kaiserlidien Lager, sowie auch in der
belagerten Stadt; Beschluss der kaiserlichen Heerführer,
den König Franz anzugreifen; Preundsbergs Anrede;
Aufbruch des kaiserlichen Heeres; Schlacht bei Pavia am
24. Februar 1525 .37
IV. Abschnitt.
Unruhen in Tirol: Peter Passler und Michael Gaissmayr: An-
kauft des Grafen Ludwig in Trient; Abreise desselben
nach Italien; Belagerung der Stadt Trient durch die Re-
beilen; Vertreibung derselben durch den Grafen Ludwig
von Lodron; Thatigkeit desselben in JLevico, Spor and
a«l 4m li^nsberg 83
- VfIT -
Seite
V. Abschnitt.
Abschluss des Vertrages von Madrid am 14. Jfinner 1526; König
Franz I. in Freiheit; Wortbruchigkeil dieses Monarchen;
die Ligue von Cognac; Verhandlungen zwischen Riemens Vü.
und Karl V.; Ereignisse in Mailand von der Schlacht bei
Pavia bis zum Ausbruch des neuen Krieges; Morone nnd
Peskara ; Herzog Franz Sforza im Schlosse zu Mailand be-
lagert; Peskara*s Tod; Alphons Markgraf von Gnasta, An-
tonio de Leyva, Johann Baptist von Lodron und
Ritter Kaspar von Freundsberg in Mailand; Aufruhr
der Bürger; Fehdebrief des Papstes an Karl V.; des Kaisers
Antwort nnd Schreiben an die Kardinäle; der Landtag in
Innsbruck 127
VI. Abschnitt.
Ausbruch des Krieges; Wegnahme von Lodi durch die Vene-
tianer; Vereinigung des verbündeten Heeres und vergeb-
liche Anstrengung desselben, Mailand zu nehmen;. Bour-
bons Schicksal in Spanien und Ankunft in Mailand; die
Deputation der unglücklichen Stadt bei Bonrbon; beiden-
müthige Vertheidigung der SMi Cremona durch den Haupt-
mann Conradin Spergser von Gliirns; die n^re-
moneser Knechte"; das verbündete Heer zum dritten Male
vor Mailand ; Ankunft französischer Hülfstruppen im Lager
der Verbündeten; kritische Lage der kaiserlichen Heer-
fnhrer und ihre Zuflucht zu Georg von Freundsberg . 146
VII. Abschnitt.
Frenndsbergs Werbung von Landsknechten für den bean-
tragten Zug nach Italien ; Aufzahlung und Aufstellung der
Hauplleute; Abmarsch des Heeres von Trient; Zug des-
selben über die Gebirge unter der Führung des Grafen
Anton V. Lodron und durch das Herzogthum Mantua;
Ankunft des Grafen Ludwig von Lodron im Borgo-
forte; die dem kaiserlichen Heere gelegte Schlinge des
Markgrafen von Mantua; Abweisung aller von den Ver-
bündeten unternommenen Angriffe; tödtliche Verwundung
des feindlichen Anfuhrers Johann von Medicis durch Georg
vonFrenndsberg; Bericht dessselben an die Regierung
zu Innsbruck; Uebersetzung des Po; Stillstand in den
Operationen; Ulrich Wittenbachs Schreiben nach
Innsbruck; Bonrbons Verlegenheit in Mailand; der Kanzler
Morone; Frenndsbergs Vereinigung mit Bourbon . 157
VIII. Abschnitt.
Marsch des kaiserlichen Heeres nach Rom; Ausbruch eines
furchtbaren Anfrohres in demselben; Abseiidang des Grafen
- IX -
Säte
Ludwig ?on LodroD an den Hersoff von Ferrara am
Geld; Freondsberfs Anrede an die Soldaten; der
Held wird vom Schlage getroffen } Abmarsch des Heereir
von St. Giovann;. Tod des Grafen Anton von Lodrön;'
Lannoy bei Bourbon in Santa Via; Zug des Heeres Aber
die Apenninen; Ankunft desselben vor Rom; getroffene'
Anstalten zur Vertheidignng Roms; Bonrbons getrolfeilfe
Dispositionen rar Erstflrmong der Stadt .179
IX. Abschnitt.
Der Vatikan; der Storm auf den ßorgo; Angriff der Spanier;'
Bourbons Tod; Erstttrmun|^ des Thores Sancti Spiritus*
durch Ludwig Grafen von Lodron; Flacht des
Papstes in die Engelsburg; Anlauf des tapfern Conradinf
von Glurds mit seinen Cremoneser Knechten; Ankunft
kaiserlicher Hfilfstruppen aus Neapel ; firstfirmung der Vor-
stadt Trastevere; Einnahme der ganzen Stadt; Greuel der
Verwüstung in Rom 192
X. Abschnitt.
Aufenthalt des kaiserlichen Heeres in Rom; Erwahinng des
Prinzen Philibert von Uranien zum Oberbefehlshaber; An-
kunft des Kardinals Pompejus Colonna in Rom; Verwer-
fung der päpstlichen Vorschläge durch die Landsknechte;
Entwaflhung der Stadt; Annäherung des verbfindeten Heers;
schneller Rückzug desselben ; Gaissmayr als Hanpimann
im verbikndetea Heere; Verwundung des Prinzen von
Oranien ; Ankunft des Vice-Königs Lannoy mit einer be-
deutenden Truppemnacht; Sterblichkeit in Rom; Tod vieler
deutschen Hauptleute, des Claus Seiden stick er von
Innsbruck; des Ritters Melchior von Freundsberg
u. A.; Abschluss eines Vertrages mit dem kaiserlichen
Heere am 5. Juni; Unterzeichnung dieses Vertrages durch
Ludwig Grafen von Lodron; Weigerung der kaiser-'
lieben Soldaten, denselben anzunehmen ; blutige Schlagerei
zwischen Deutschen und Spaniern; Verwundung des Con-
radin von Glurns; Uebergabe der Engelsburg; Flucht'
des Prinzen von Oranien und des Konrad von Bemmelberg '^
aus Rom; Abseodung des Grafen Ludwig von Lodron
als Kommissär zur Uebernahme der fünf vom Papste ver-
pfändeten Städte 209
XL Abschnitt.
Ausserordentlidie Tbätigkeit derLigne zur Befreiung des Papstes;
Rudolph Häl, der ehemalige Locotenent Freundsbergs, mit
deotscben Landsknechten im Dienste der Ligue ; die Vene-
^ I
- X -
Seite
tianer die ersten im Felde; Leyva^s Schreiben an die
ytHerren zu loDsbruck"^; Schlacht bei Carrara; Zu^ des
fransösisclien Marschalls Laatrec über die AJpen: Weg-
nahme der Stadt Genua; tapfere Vertbeidiguug von Bosco
dqrcb Ludwig Grafen von Lodron; Graf Ludwig
in feindlicher Gefangenschaft; heldenmnthige Yertbeidigung
von Alessandria durch Johann Baptist von Lodron;
Kapitulation der Sladt; Eroberung der Stadt Pavia durch
Lautrec; sein beabsichtigter Zug nach Rom; Einnahme von
Abbiate grasso durch Antonio de Leyva und Kaspar
von Freuttdsberg; Leyva's zweites Schreiben an die
Herren zu Innsbruck; Abschluss eines Bündnisses zwischen
der Ligue, dem Herzoge von Ferrara und dem Markgrafen
von Mantua; Lautrec in Bologna 226
XII. Abschnitt.
Abzug des Heeres von Rom; neuer Aufruhr; Bemmelbergs
Anrede; Erstürmung und Verv^'üstung der Stadt Narni;
mehr ein Aufruhr; Conradins und seiner Kollegen Be-
richt an das kaiserliche Heer; Erwählung eines Ausschusses;
Aufbruch des Heeres nach Todi; Ankunft des Markgrafen
von Guasta im Lager; Musterung des Heeres; Rückreise
des Veit von Wä hingen nach Tirol; Rückkehr des
Heeres nach Rom; Ankunft zweier Abgeordneten des Kai-
sers in Rom; Abschluss eines Vertrages zwischen Papst
und Kaiser I, dann zwischen dem Papste und dem kaiser-
lichen Heere; Annahme des Vertrages von Seite der
Knechte; neue Täuschung und neuer Aufruhr; Conradin
von Glurns und andere Uauptleute blutig geschlagen;
Flucht aller Hauptleute; Rettung der Bürgen; Abschluss
einer neuen Konvention; Freilassung des Papstes; mehr
eine Tauschung ; neue Verwüstung der Stadt Rom ; Befrie-
digung der Knechte; Abzug derselben nach Neapel am
17. Februar 1528 2U
XIII. Abschnitt.
Lautrec's Zug nach Neapel; Ankunft des kaiserlicheu Heeres
vor Troja ; vori;^efalIene Scharmützel ; Rückzug der Kaiser-
lichen nach Neapel; Aufbruch der Frauzoseu von Troja;
Malfi von ihnen erobert; Lautrec's Ankunft vor Neapel;
merkwürdige Belagerung dieser Stadt; Seeschlacht bei
Salerno; Tod des Vice-Königs Hugo Moncada und des
tapfern Hauptmanns Conradin Spergser v. Glurns;
Ausbruch der Pest im französischen Lager; Lautrec's Tod ;
trauriges Sclücksal des Rudolph Häl und seiner Genossen;
Philibert Prinz von Oranen Vice- König von I^eapel; seine -
- XI -
Seite
StreDf e gegen die MeiDeidigen ; Belohnung der Führer des
knserlichen Heeres; Andreas Doria; Zug des Herzogs
Heinrich von Braonschweig nach Italien ; Abreise des kran-
ken Georg Ton Freunds b er g von Ferrara; Zusammen-
kunft desselben mit seinem Sohne Kaspar; Vergebliche
Belagerung der Stadt Lodi; Heinrichs Zug total missglückt;
Tod des Ritters Georg von Freundsberg . 262
XIV. Abschnitt.
Letztes Lebenszeichen der sogenannten ^heiligen Ligne^; Frie-
denssehluss zwischen Papst und Kaiser am 29. Juni 1529;
Friedensschluss von Cambray zwischen Kaiser Karl und
König Franz; Graf Ludwig v. Lodron aus der Kriegs-
gefangenschaft entlassen ; Reise Kaiser Karls nach Bologna ;
der Friede mit Venedig und Franz Sforza; Belagerung der
Stadt Florenz ; Reise des Kaisers durch Tirol nach Deutsch-
land; sein Zusammentreffen mit Ferdinand L bei Gries im
Wippthale; Graf Ludwig von Lodron, Kommandant
der deutschen Landsknechte im Belagerungshcere; Tod des
Prinzen Pbilibert von Oranien; Kapitulation der
Stadt Florenz; Graf Ludwig kehrt mit dem Ueberreste
der Landsknechte nach Hause zurück .... 286
XV. Abschnitt.
Graf Ludwig von Lodron im Türkenkriege; Sultan So-
fiman IL pnd sein Günstling Ibrahim Pascha; Eroberung
von Belgrad durch Soliman; Schlacht bei Mohacz; Bela-
gerung der Stadt Wien Anno 1529 und der Stadt Güns im
Jahre 1532 ; GrafLudwig im Kampfe mit Kazum Pascha ;
Ferdinand I. und seine Gemahlin Anna in Trient; Vermäh-
lung des Grafen Ludwig von Lodron mit Ursula von
des wahrend der Anwesenheit beider Majestäten in Trient 307
XVI. Abschnitt.
Tod des Herzogs Franz Sforza; Anspräche des Königs Franz
wegen Mailand; Karls Erklärung vor dem Papst wegen
Mailand; Ausbruch eines neuen Krieges zwischen Karl und
Franz; Karls fruchtloser Zug nach Frankreich; Tod des
wackern Antonio de Leyva und des tapfem Ritters
Kaspar von Freundsberg 316
XVII. Abschnitt.
Ludwig Graf von Lodron, Anführer der Tiroler im Feld-
luge nach Slavonien; sein Durchmarsch durch Brixen;
- XII ~
Seite
Hanns Katsianer, OberbefeUshaber das kaiserlioben Heeres)
Aufbrach und Harsch desselben nach Valpe ; AnstallBa dar
Türken zum Empfang der Kaiserlichen; ihre AnkunA bek
Essek; Gefechte bei Essek; Manch des Heeres weiKer-
ge^en Süden; ErsUirmung von firdöd; Uebersetauft^ der
Voka; Rückzug nsch Yalpö; Lndwig Grsf v. Lodron«
Führer der Avantgarde; Fluehl mehrerer Hauptieate nndr
des Hanns Katzianer ; GrafLudwig^ zum Oberbefehls-
haber envählt; seine Anrede an die Trnppefl ; Beginn eines
Kampfes aaf Leben und Tod ; GrafLudwigs Fall und
Tod; sein Monument in der Heiligkreuz-Kirche zu Trient. 325
L Abschnitt.
Das Geschlecht der Lodrone; Abstammmig nnd (Gebort des Grafen
Ludwig von Lodron; seine erste Wsffenthat im Kriege gegen
die Republik Venedig.
1. Eines der Ältesten hochadeligen Geschlechter Tirols ist
unstreitig jenes der Grafen von Lodron. Eine Torliegende,
im Jahre 1683 zu Brescia in Drack erschienene Geschichte des
in Rede stehenden Geschlechtes leitet den Drspmng desselben
von der uralten, römischen Familie der Lateranornm ab. Solche
Lalerani, welche die höchsten Würden im römischen Staate be-
Ueideten, werden mehrere namentlich aufgeführt. Auf dem
Platie, wo jetzt die weltberühmte Basilica Lateranensis steht,
die Hotlerkirche Urbis et Orbis, sollen die Lateran! ihren Palast
gehabt haben; der Letzte idieses Geschlechtes in Rom war
Seztilins Lateranns, von weldiem Kaiser Constantin die Güter
erhalten, und dann auf dem Platze, wo die Wohnung dieser
Familie stand, die erwähnte Basilica erbaut hatte.
Als Kaiser Nero das Haupt dieser Familie, den Plautins
Lateranas^ hatte tödten lassen, sollen zwei Söhne des Ermor-
deten Namens Paris und Emilius Rom verlassen, und sich Im
Gebiete des heutigen Brescia, hart an der Grflnze Tirols, nieder-
gelassen haben. Der Name ^Lateran^ wurde im Verlaufe der
Zeil in Lodron umgewandelt. Ein lateinischer Dichter hat schon
1
- 2 —
vor Jahrhunderten das Geschlecht der Lodrone folgender Massen
besungen :
Sunt, qui clara suae jactant insignia gentis,
Ut captent Titalis nomina magna suis.
Oui jussi Auctores generis^ primosque eiere,
Nil ab Avo aut Atavo, quod memoretur^ habent.
Ast Lateranenses, quis non miretur et ornel,
Queis aeterna velus stemata Roma dedit!
Hag es aber mit der Abstammung des gräflich Lodron'scheo
Geschlechtes von der vornehmen römischen Familie der Late-
ranorum was immer für eine Bewandtniss haben, so viel steht
fest, dass dieses hochadelige Geschlecht schon vor fünf Jahr-
hunderten— nämlich um das Jahr 1300 — in voller Blilthe
stand, wie dieses eine Grabschrift, die im Kloster S. Francis«
Fratrum Conventualium in Brescia zu lesen ist, hinlänglich
darthut :
Hac celebres probitate Vhi conduntur in nma
Lodroni Gomites, alto de Sanguine creti.
MCCC.
2. Aus dem Gebiete von Brescia Übersiedelte die Familie
nach Tirol, wo sie sich hart an der Gränze in der Nähe des
Sees von Idrio niederÜess. Aus dem Geschlechte der Lodrone
sind im Verlaufe der Zeit viele Männer hervorgegangen, die
sich durch Tapferkeit im Kriege und durch andere edleThaten
hervorgethan haben; alle hat aber ilbertroffen: (Braf Lud-
wig von Lodron der hoch gefeierte und vielbesun-
gene Held von Essek.
Nachstehender Stammbaum soll uns die Abstammung un-
sers Helden darstellen:
blühle uji
frlaffen ivurär. f?rmÄMt
ranz l;
L
(irafen von Lud
i^ucfie vernuüA
ron ,
' im Jalur U82 nUt m,er
ikolaus. Par
JS
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Chilianhus ti{
Caroliv; 4
• • Julian. i\n
na.
nmit/t/i/f r/t//
ffeoi
*n^ tMm
frnuids6r4
'^
Daniel.
Monr/t .
— 3 —
Der Vater unsers Helden, Paris Graf von Lodron, war
Gubernator von Bergamo, welches damals der Repbulik Venedig
gehörte; als solcher aber von den Venetianem aus unbekannter
Ursache ins Exil geschickt, nahm er unter Kaiser Maximilian
Kriegsdienste, und erwarb sich in den vielen und blutigen
Kriegen, welche dieser Monarch während seiner 29 Jahre lan-
gen Regierung ^490 bis 1519) zu fllhren hatte, durch seine
an den Tag gelegte Tapferkeit unsterblichen Ruhm ''^)
In die Fnssstapfen des tapfem Vaters trat auch der Sohn
Lndwig, in der Geschichte des gräflich Lodron'schen Ge-
schlechtes Praefectus Militiae Caesaris et Hispaniarum Regia
Domesticus genannt. Graf Ludwig wurde im Jahre 1484
geboren. Von seinen Jugendjahren wissen wir nichts; in der
Geschichte erscheint er das erste Mal im Jahre 1515. Be-
kaoDtlich führte Kaiser Ihximllian I. mit der Republik Venedig
einen blutigen Krieg, der bereits 9 Jahre lang dauerte, und
mit abwechsefaidem Glücke geführt wurde.
Graf Ludwig kämpfte im kaiserlichen Heere wacker mit,
ond schwang sich während desselben von Stufe zu Stufe empor
Gegen Ende dieses für beide Theile gleich verderblichen
Kampfes hat uns die Geschichte nachstehende Waffenthat unsers
Helden aufgezeichnet. In einem Alter von 30 Jahren führte
er mit seinem Freunde Rogendorf im Jahre 1515 der Stadt
Brescia, die von den verbündeten Venetianem und Franzosen
bedroht war, ein bedeutendes aus Deutschen bestehendes Hülfs-
korps zo, welches sich in Lodrone gesammelt hatte« "*"*)
Hierauf kehrte Graf Ludwig wieder nach Deutschland zurück,
^) „Adeo strenue se gessit, ut imnortalem sit consecatus gloriam/^
Lodronii Leonis monumenta.
**) Der Verfasser der ausgezeichneten Biographie des Herzogs Karl
von Bonrbon, Konnetables von Frankreich, sagt bei dieser Ge-
l^enheit :
„Nach dem Sieg der Franzosen über die Schweizer bei Ha-
rignano am 13; und 14. September 1515 begehrten die mit den
Franzosen alliirten Venetianer den verhdssenen Bdstand zur Wie-
dererlangung ihres ganzen vormaligen Besitzes auf dem Festlande)
1*
— 4 —
erhielt vom Kaiser eine betrtfchtliche Samme Geldes und deo
Befehl, selbe unter miiitfirischer Bedeckang ebenfiiils nach
Brescia zu liefern; h^U-en wir nun, mit welchem Erfolg der
wackere Krieger seine Aufgabe gelOset hat.
Graf Ludwig war mit dem erhaltenen Gelde und der bei-
gegebenen starken Bedeckung bereits beim Forte Roccad'Anfo
angelangt, welches die Venetianer im Jahre 1487 am See von
Idrio angelegt hatten; allein hier lauerten die beiden Peldhaupt-
leute der Venetianer, Johann Fregosi und Konrad Ursini mit
zahlreicher Mannschaft auf den Grafen, überfielen ihn bei fin-
sterer Nacht und nahmen denselben nach verzweifelter Gegen-
wehr gefangen — waren aber nicht so giOcklich, sich damit
auch des Geldes zu bemächtigen.
Graf Ludwig hatte nämlich die Geistesgegenwart, den
Geldtransport frühzeitig genug zurückzuschaffen und in Sicher-
heit zu bringen, wobei ihm die Dunkelheit der Nacht gut zu
statten kam ; nachdem er hierauf nach wenigen Tagen auch aas
der feindlichen Gefangenschaft zu entkommen gewusst hatte,
brachte er die anvertrauten Gelder über die Gebirge, welche
er gut kannte, glücklich an ihren Bestimmungsort. In diesem
nächtlichen Gefechte sollen mehrere Hitglieder des grällich
Lodron'schen Geschlechtes, die sich dem Zuge angeschlossen
hatten, zu Grunde gegangen, und die beiden Ortschaften Lo-
drone und Storo von den Yenetianem, die 2500 Mann
stark einen Einfall in Judicarien unternahmen, in Brand ge-
steckt worden sein.
Im März des Jahres 1516 eilte Kaiser Maximilian an der
Spitze eines Heeres von 16.000 Landsknechten, 14.000 Schwei-
zern nebst einer zahlreichen Reiterei selbst nach Italien, schlag
es ward ihnen zu diesem Behufe der Bastard von Savoyen
mit 400 Lanzen, und Peter von Navarra mit 6000 Gasconiern
bewilligt, und die Belagerung vor Brescia gelegt. Schon
war die Stadt im Begriffe Oberzugeben, als sich der kaiser-
liche Feldhauptmann Lodron mit einem bedeutenden
Zuzug hineinwarf und das Unternehmen scheitern machte.^
_ 5 —
die Tenetianer and Franzosen von Brescia hinweg, dessen
Belagerung sie znm zweiten Male begonnen hatten, bezwang
Lodi und wflrde auch Mailand genommen haben, wenn nicht
die Eidgenossen mit verrfitherischen PIfinen gegen ihn umge-
gangen wfiren.
Am Schlosse des Jahres i516 kam endlich zwischen Kai-
ser Haximih'an und der Republik Venedig der ersehnte Friede
ZQ Stande, welcher dem langen and blutigen Kriege ein Ende
machte ; er hatte den Venetianem fünf HHlionen Dukaten und
den Verlast von 40.000 Blann gekostet. Kaiser Maximilian
kam zwar in den Besitz von Roveredo and Riva, erlangte auch
einige andere Erwerbungen in Ampezzo und Frfaul, so wie die
vier Vicariate Ala, Avio^ Mori and Brentonico, musste aber
das eroberte und standhaft behauptete Verona an die Vene-
tianer herausgeben.
Ein trauriges Resultat des langen und blutigen Krieges!
— 6 —
n. Abfehnitt.
Kaüec Kari V. und Frans I., KOnig Ton Frankreich; Bitter Georg
Ton Freundsberg und Karl Herzog Ton Bourbon, Kon-
netable Ton Frankreich ; Bonniret*8 mLssglückter Fddzug nadi Ita-
lien; Treffen bei Romsgnano; Tod des Bitters Bayard; Bourboos
Zug über die Alpen nach Frankreich; Theilnahme der beiden
Grafen Ludwig und Johann Baptist von Lodron an
der Belagerung von Marseille; Bückzug des kaiserlichen Heeres
jfLtkch. Mailand.
1. Am 12. Jftnner 1519 um 3 Uhr Morgens war Kaiser
Maximilian zu Wels gestorben, und hatte seinen 19 Lebens-
jahre zählenden Enkel Karl V. zum Nachfolger. Vier Jahre
früher ~ am 1. Jänner 1515 — hatte Franz I« den Thron
von Frankreich bestiegen. König Franz war am 12. Septem-
ber 1494 geboren, zählte somit bei der Thronbesteigung Karls Y.
25 Jahre; er war als Mitbewerber um die deutsche Kaiser-
krone aufgetreten. Zwischen beiden Monarchen und Neben-
buhlern entspann sich bald um den Besitz von Italien ein Kampf
auf Leben und Tod, aus welchem der glücklichere Karl sieg-
reich hervorging. Ludwig Graf von Lodron und
sein Vetter Johann Baptist *^ nahmen an diesem
Kriege den lebhaftesten Antheil. Vorerst hat uns die Geschichte
die Theilnahme beider Helden:
1. an der Belagerung der Stadt Marseille,
2. an der Belagerung von Pavia, und
3. an der blutigen Schlacht bei Pavia aufbewahrt.
*) Singularis fuit in armis Comes Joannes Baptist« deLodron,
Sacrae Caesareae Majestatis Supremus Dux et Consiliarius intimus.
Monumenta Lodronii Leonis.
Ehevor aber diese Thatsachen erzählt werden, Aitiasen wir
zwei der anagezeichnetsten Krieger und Feldherren jener Zeiten
ans dem Grunde etwas näher kennen lernen, weil Qraf Lud-
wiff von Lodron an ihrer Seite und unter ihrem Kommando
lüBgere Zeit hindnreh gekämpft hat. Der erstere dieser beiden
ausgezeichneCen Männer ist der berühmte ^iLeutefresser^, wie
ihn die Schweizer geheissen haben, der ^Soldatei^-Vater^, wie
ihn seine tapfem Landsknechte jubelnd begrflssten, „Oester-
reichs Bayard^, wie ihn die Geschichte nennt — ich meine den
edlen Ritter Qeorg von Freundsberg^ den Schwager
des Grafen Ludwig von Lodron. *)
* ) Das Geschlecht der Freundsberge ( Fruudsberg, FroDsberg )
stammt aus Tirol. Ueber dem Marktflecken Sdiwaz liegt der
Prenndaberg mit den altersgrauen Mauern, dem stattlichen Thurme
und der noch erhaltenen Kapelle des Stammschlosses. £in
Ulrich von Freuodsberg zeichnete sich unter Erzherzog Fried-
rich mit der leeren Tasche bei folgender Gelegenheit aus. Im
Jahre 1410 hatten die bayerischen Herzoge Stephan, Ernest und
Wilhelm zu Gunsten des geflüchteten Heinrichs von ßottenburg
einen EinFulI ins Tirol unternommen, und waren bereits bis
Volders vorgedrungen, fanden aber hier die Brflcke abgeworfen.
Da äinen der Inn, durch hiuflge BegengQsse angeschwellt, hei«
nen Uebergang gestattete, so waren sie darauf bedacht, durch
Wegnahme eines festen Schlosses sich den Rücken zu sichern.
Zn diesem Zwecke lagerten sich die Henoge vor dem Schlosse
Matzen unweit Rattenberg — ia der festen Meinung, dasselbe
im ersten Anlauf zn nehmen, halten aber die Rechnung ohne
den Wirth gemacht. Im benannten Schlosse befand sich näm-
lich ein Kommandant, der das Herz auf dem rechten Flecke
hatte, und dieser war — Ulrich von Freunds b erg. Die
Herzoge lagen sieben volle Wochen vor Matzen, dem sie
mit ihren Mauerbrechern und Wurfmaschinen arg zusetzten, ohne
jedoch etwas auszurichten; jeder Stnrm wurde siegreich abge-
schlagen. Ulrich von Frenndsberg verachaffle dadurch seinem
iandesfürsten Zeit, ein Heer zu sammeln und in Verbindung
mit seinem Bruder Ernest den Herzogen an den Leib zu gehen,
die aber Frieden scUossen und — abaogen.
Sein Sohn, der ebenfalls Ulrich hiess und mit Barbara von
Rechberg vermählt war, hatte die Herrschaft Mindelheim im
Schwaben von den Rechbergem käuflich an sich gebracht und
war von Tirol dahin übersiedelt; von diesem Ulrich — dem
Vater des Ritters Georg — ist nun soeben die Rede.
- 8 -
Ritter Ulrich von Freundsberg, Herr tu Mindelhdm, Stnuw-
berg und Pelersberg^ erster Hauptmann des schwäbischen Bun-
des und Rath des tirolischeh LandesfQrsten Sigmund hatte mit
seiner Gemahlin Barbara von Rechberg fünf Söhne gexeogt:
Johann (wurde Canonicus) Ulrich (wurde Bischof von Trient)
Adam (wurde Hauptmann des schwäbischen Bundes) Thomas
und Oeorg -^ der in der Folge so bertthmt gewordene Ritter
Georg von Freundsberg. Dieser*) wurde am 24« Septbr. 1475
zu Mindelheim geboren. Schon im Kriege vom Jahre 1492,
den Kaiser Maximilian mit Holfe des schwäbischen Bundes
gegen den Herzog Albrecht von Bayern führte, that der junge,
feurige Ritter Georg seine ersten Dienste im Harnisch, und
wohnte unter seinem Oheime Johann der blutigen Schlacht auf
dem Lechfelde, so wie der Belagerang der Stadt Nürn-
berg bei. Als Papst Alexander VI. und die mit ihm verbün-
deten italienischen Fürsten den Kaiser Maximilian um Hülfe
gegen Karl VIII., König von Frankreich, gebeten hatten, wurde
Anno 1496 ein Reichsheer über die Alpen gesendet, dem auch
Ritter Georg nach dem Willen seines Vaters mit einer Abthei-
lung des schwäbischen Bundes folgte. In diesem Feldzuge
wohnte er der für die Deutschen unglücklichen Schlacht bei
Ermathingen bei, in welcher sein älterer Bruder Adam
schwer verwundet wurde. Im sogenannten Landshuter Erbfolg-
kriege (1504) stand er wieder bei dem vom Kaiser aufgebo-
tenen schwäbischen Bunde unter der Reichsfahne, und wurde
vom Kaiser selbst zum Ritter geschlagen. Diesen Monarch.en
begleitete Ritter Georg Anno 1505 auch nach Brabant gegen
den Herzog von Geldern. Im Jahre 1508 zog Freundsberg an
der Spitze von 5000 Landsknechten mit Kaiser Maximilian nach
Italien und half die befestigten Städte Padua, Vicenza und Ve-
rona einnehmen. Als der Kaiser nach Deutschland zurückkehrte,
ernannte er den Ritter Georg von Freundsberg zum Obersten
*) Man findet auch hftuflg das Jahr 1473 als Geburlsjahr des Hel-
den angegeben.
— 9 -
über ein Reffhueiil Lindskneehte, und tiberMg ihm die Ver-
theidigong von Verona gegen die Venetianer; Frau von
CastelMt, Rudolph Hti und Markgraf Albreeht yoa Brandenburg
standen ihm lur Seite; alle von den Venetianern unternommenen
SWrme wurden von der Besatnng abgeaehlagen. Im J. 151 i
half er Bologna eratttrmen und den Herzog von Urbino in die
Flacht schlagen. Nun zwang Ritter Georg die für unftberwind-
lieh gehaltene Burg Beitelstein mit 1800 Landsknechten zur
Uebergabe, und nahm mehrere Klausen «i der Etsoh mit Sturm,
wodurch eine sichere Verbindung zwischen Deutsehland und
Italien durch Tirol hergestellt wurde. Zum Obersten des
Tiroler Aufgebotes ernannt, nahm er an der Seite des
Georg von Lichtenstein die feste Burg Hohen krähen an der
Spitze von 8000 Landsknechten, und zerstörte dieses Nest von
Grund aus. Im Jahre 1513 rettete, er das von den Venetianern
bereits ganz eingeschk)ssene kaiserliche Heer, und erschlug bei
dieser Gelegenheit obendrein noch 26 venetianische Hauptleute
und bei 5000 Mann ihres Fussvolkes. Das Jahr darauf brach
er aus Vitrena hervor, und nahm die Städte Este und Rovigo
ein. Nun wurde Verona von den Venetianern belagert; die
französischen Heerführer Lautrec und Trivulzio hatten sich mit
ihnen vereinigt. Oberbefehlshaber in der bdagertoi Stadt war
Marco Antonio della Colonna ; an seiner Seite kämpfte Freunds-
berg an der Spitze von 4000 Landsknechten; die Stadt wurde
glänzend vertheidigt. Als Wilhelm von Rogendorf und
Georg von Lichtenstein mit 8000 Mann kaiserlicher Truppen
zum Entsätze anrückten, sahen sich die Feinde genöthigt, die
Belagerung aufzuheben. Leider lieferte der Vertrag von Noyon
(13. August 1516) das trefflich vertheidigte und dem Kaiser
erhaltene Verona den Venetianern wieder in die Hände; Freunds-
berg verliess Italien zwar ruhmreich, aber nicht ohne Verdruss,
indem er dem Kaiser für das viele in diesem unheilvoyen Lande
vergossene deutsche Blut keinen andern Vortheil bringen konnte
als — 200.000 Thaler, die er gewissenhaft einlieferte. Ate
Lohn fOr die geleisteten grossen Dienste verlieh Maximilian dem
- 8 -
RiWer Ulrich von Freondsberg, ^ y;/eidhauptmann$
berg und Pelersberg^ erster H' ..'"
des und Ralh des Örolische^' ^//^ KaAarma von Sdirofea-
seiner GemaUin Barban»;^ iTaspar, MelcWor und BaUhasar,
Johann (wurde CaD^^/^v^/irf*««»«» Barbara und E?a, gesengt
Adam (wurde 9- "^J^^!^ Frenndsberg verehelichte sich auo
und Georp ;/^''^^^^ Gräfin von Itodron^ der
Georg W' J'J^^ftf^^ Ludwig, welche ihm awei Söhne,
zu W j^'^J^^^p^ ^^ ®'"® Tochter Namens Sigena gebar,
df' ^^'^•u. dieser seiner Eweiten Gemahlin verlebte Riller
^V f^/0er Rückkehr aus Italien glückliche Stunden auf
^^Iflosse in Hindelheim; allein nach einer Ruhe von
^^ jtbrea hiess es wieder die Waffen ergreifen — und
^' Rieses VLei gegen einen deutschen Fürsten, nämlich gegen
'^ rohen Herzog Ulrich von Würtemberg. Dieser hatte seinen
^\0eiBtet Hanns von Hütten ermordet, seine Gemahlin Sabina,
-^ /Schwester des Herzogs Wilhelm von Bayern, auf die bru-
I8)0ie Weise misshandelt, und die Reichsstadt Reutlingen mit
(Gewalt gezwungen, ihm die Erbhuldigung zu leisten. Nun rückte
ein Reichsheer von 20.000 Mann zu Fuss und 3000 Mann zu
Pferd unter dem Oberkommando des Herzogs Wilhelm von
Bayern gegen ihn; Freundsberg befehligte das österreichische
und lirolische Aufgebot. Nun musste Ulrich durch die Flucht
sich retten; aUe festen Plülze in seinem Lande wurden vom
Bimdesheere erobert, wobei Freundsberg eifrigst mitgewirkt hat.
Nach Maximilians Tod schenkte der Kaiser Kari Y. dem
Helden dasselbe Vertrauen, und erlheilte ihm die Bestätigung
der Feldhauptmann^ehaft in Tirol mit Brief und
Siegel , ferners den kaiserlichen Ralhstitel mit einem Jahres-
gehalle und als iGeschenk das Schloss Rungelstein.
Im Jahre 1521 diente Freundsberg im Heere, das gegen
den kühnen Abenteurer Robert de la Mark ausrückte, um diesen
aus dem Fttn^enthume Luxenburg zu vertreiben, in das er ein-
gefallen war, um es für sich in Besitz zu nehmen. Die Fran-
sosen unlenstützlen den de la Hark; ihr Heer, an dessen Spit^
\
\
\ - n -
\
^g Frans in eigener Penon siend, sählte bei 40.000 Mann
\sa and 8000 %a Pferd. Eine solche Kraftentwicklung yon
ler Franzosen iiatlen die Kaiserlichea nicht erwartet;
^erg war der Borste, der die Gebhr in ihrem ganien
.^e erkannte, den schleunigen Abxng ni^h Yalenciennes
anrieth und denselben auch durchsetzte. Bei dieser Festang
ghickilch angekommen and non sammt dem ganxen Heere in
Sicherheit, Hess Freandsberg seine Landsknechte niederknien
und Gott danken fflr die Rettung aus der Gefahr.
König Frans stellte auf die Nachricht, dass seine Truppen
in Navarra geschlagen worden seien , und auch in Italien den
KOrzem gezogen hatten, die Feindseligkeiten in den Nieder-
landen ein, und Freundsberg beurlaubte seine Landsknechte und
kekrte nach Mindelheim zurück. Sein Aufenthalt dgielbst war
aber yon keiner langen Dauer. Mailand wurde nämlich von
Lantreo lielagert. Kaum war also Ritter Georg in Mindelheim^
angekommen, als er schon die dringendsten Mahnungen vom
Kaiser erhielt, mit allen Landsknechten, die er nur immer auf'*
zutreiben im Stande wäre, nach Hailand zu eilen, um diese
Stadt zu entsetzen. Auch Hieronymus Adorno, einer von den
Häuptern der kaiseriichen Parthei in Genua, und Franz Sforza,
der von den Franzosen verjagte Herzog von Mailand, waren
nach Mindelheim gekommen, um den Helden zu Hülfe zn rufen.
Dem Eifer eines Frenndsbergs war es in kurzer Zeit gelungen,
bei 6000 Mann zusammenzubringen, über welche er am iZ-
Jarnier 1522 zu Glurns Musterung hielt. Von hier ans trat
^ mitten im Winter über das furchtbar verschneite
Wormser Joch seinen Zug nach Italien an — zuerst ins
Valtellina, um von da auf dem kürzesten Weg über Como
Mailand zu erreichen; da aber die Graubfindtner , denen das
benannte Thal damals gehörte, den Durchzug durch ihr Gebiet
durchaus nicht gestatteten, so wendete sich Freandsberg von
Tirano links, übersetzte neuerdings das Gebirg, durch welches
Valtellina vom Thale Camomca geschieden wird, zog durch letz-
teres Timt nadi Lovere am Iseo^-Ste, und dann durch das
— fö —
Gebiet von Bergamo nach Hafland, vor deai er am 23. Febroar
eiotrar. In Folge dessen hob Laatrec die Belagerang dieser
Stadt auf, and besog ein Lager bei Honsa, nadidem er vorher
mehrere Truppen-Abtheilungen, die sein Bruder (der bertthmte
Marschall de Foix), Bayard und Peter Navarra i^rbeiftthrten,
an sich gezogen hatte. Der haiserL Feldherr Prosper Colooaa
und Freandsberg waren den Bewegungen des Feindes mit Argus-
augen gefolgt, und hatten am 24. April bei Bicocca (einem
alten Jagdschlosse, eine Stunde nördlich von Ihiland gelegen) ,
Leger geschlagen. Hier kam es nun au einer blutigen ScUacht,
in welcher die Kaiserlichen über die Franzosen und über die in
ihrem Solde stehenden Schweizer einen gttnsenden Sieg erfoch-
ten; Albrecht von Stein, Kommandant der Schweiier, Arnold
von Winkelfied, 22 Hauptleute und bei 3000 Schweizer bedeckten
das Schlachtfeld; von diesem Tage an haben die Schweizer
den Ritter Georg von Freundsberg nie anders mehr geheissen,
als den „Leute fr esse r.^ Nun wurde Lodi erstürmt; Piizi-
ghettone öffnete den Kaiserlichen freiwillig die Thore, und Cre-
mona erhielten sie durch Uebergabe. Nun ging es auf die
reiche Stadt Genua los; diese wurde am 30. Mai mit Sturm
genommen und der Plünderung preisgegeben. Die dabei gemachte
Beute war ungeheuer ; die erbeuteten kostbarsten Tttcher wurden
von den Landsknechten nicht mit der Elle , sondern mit ihren
langen Spiessen ausgemessen. Damit war der Feldzug beendigt;
Franz Sforza war auf den ererbten Thron von Mailand wieder
eingesetzt, dem Antonietto Adorno die Dogenwürde von Genua
verschafft, den Franzosen die Lombardei entrissen, und die Ye-
netianer waren dem französischen Interesse entfremdet worden;
Frenndsberg hatte mit seinen Landsknechten, die grösstentheils
aus Tirolern bestanden, kein geringeres Verdienst dabei gehabt,
als die an seiner Seite kämpfenden kaiserlichen Heerführer. Der
Held kehrte nun wieder nach Hindelheim zurück, nachdem er
als seinen Locotenenten den tüchtigen , mit der Kriegsftthmng
und mit allen Verhältnissen m Italien sehr vertrauten R ud o I p h Hü 1
ernannt, und seinen Sohn Kaspar daselbst zurückgelassen hatte.
— 18 -
Nachdem von diesem Zeitpmikte an die fernere Thfi*
tigkeil des Ritters Georg von Freondsberg im Kriege mit der
ThStigkeit noseres Helden Ludwig Grafen von Lodron
bereits lusammenftllt, so müssen wir hier den koixen Umriss
der Biographie des Ritters Georg scbHessen) and onsere AnF-
merksamkeit dem ansgexeiehnetsten Peldherm seiner Zeit an-
wenden, der Air nnsem Zweck eben so wichtig ist, wie Ritter
Georg von Freondsberg ^ ich meine nftmlich den Heraog
Karl ton Bourbon, den bertthmten Konnetable
von Frankreich«
Herzog Karl von Bonrbon stammte in gerader Linie
vom heiRgen Ludwig ab, war der zweite Sohn Gilberts von
Boarbon, der im Königreiche Neapel starb, wo er anter Karl
VnL Yicekönfg war. Herzog Karl erblickte das Tageslicht
den 17. Febraar ld90, war also am vier Jahre älter als KOnig
Franz L Karl wurde bis zu seinem achtzehnten Lebensjahre
mit der grössten Sorgfalt in allen Kriegswissenschaften unter-
richtet. Nach dem Tode Peters II. , des Herzogs von Bourbon,
machte Karl, als dessen nächster Anverwandte, Anspruch auf
die reiche Erbschaft des Verstorbenen, der eine einzige Tochter
binterKess, Namens Susanna. *) Die schwierige Frage, ob sein
Johann Herzog von Bourbon.
^ I \
Karl I. Margaretha. Gilbert.
I vermählt mit Philipp 1
von Savoyen. 1
Peter 11.. Louise KARL,
vermählt mit Anna, von Savoyen, Konnetable von
einer Tochter Mutter des Königs Frankreich.
Lndwiirs XI. • Franz I.
Lndwiffs XI.
SUSANNA.
— 14 —
Reeht, oder das ReckI dieser einsigen Tochter Petero das bes-
sere Recht sei, wurde dadarch glttckiich geiOst, dass sich
Beide am 10. Mai 1505 heiratheten, Jedes dem Andeni
das Seinige labrachte und dem UeberlebendeD schenkte. Kfiiiig
Ludwig XII. bestätigte diesen Vertrag. Herzog Karl begleitete
hierauf den König Ludwig XIL auf seinem Zuge gegen die
Stadt Genua, hatte im Jahre 1509 einen grossen Antheil am
Siege der Praniosen über die Yenetianer beiAgnadello (einer
kleinen Ortschaft nördlich von Crema gelegen), ward durch
König Franz L zum Konnetable von Frankreich ernannt, und
zeichnete sich in der blutigen Schlacht bei Harignano gegen
die Schweizer so aus, dass ihm der König die Statthalterschaft
des eroberten Uerzogthums Mailand anv^traute. Einen Mann
?on solchen Anlagen, you einer so ungemein grossen Brauch-
barkeit für den Krieg und für die Verwaltung, von solchem
Reichthume, Ernst und Stolz, hätte der leichtsinnige, nur den
Vergnügungen nachjagende König Franz entweder nie so weit
erheben, oder durch alle Mittel bei freundlicher Gesinnung er-
halten sollen. Statt dessen ward aber der junge, feurige und
ehrgeizige Herzog auf mannigfache Weise beleidigt tind zurück-,
gesetzt. Man bezahlte ihm weder den Gehalt, den er als Prinz
von Geblüt und Konnetable zu beziehen hatte, noch ersetzte
man ihm die in Mailand gemachten grossen Auslagen, was
Bourbon bei seinem Reichthum gewiss gleichgültig ertragen
hätte, wenn nicht Verschwendung an unwürdige Günstlinge
nebenhergegangen wäre. Bald darauf verlor er unter einem
eitlen Verwände die Verwaltung Mailands, und der König gab
in einem flandrischen Feldzuge die Anführung der Avantgarde,
welche iach Herkommen dem Konnetable zustand, nicht ihm,
sondern dem Herzog von AlenQon, dem Schwager Franzens.
Schon bei diesen Veranlassungen soll Bourbon öfters an die
Antwort erinnert haben, die ein alter Gasconter Kari dem Sie«-
benten gab: ^^Nicht drei Königreiche können mich von Euch
,,ab wendig machen, wohl aber eine Beschimpfung.^
Bourbon betrachtete sich überdies nicht wie einen gewöhn-
— 45 —
ficheii Utaterthanen; tr besaM ntfmKcii in seinen Landseliaften
die alleo Voneobte froaser KronvaaaUen, berief die Stände,
erhob Steuern, bette Trappen und Featongen nd eine ao glfe-
sende Hofhaltung, daas Mnlg Franz sieb dadaroh fast beleidigt
fühlte* So bemerkte Franz, dass Herzog Karl bei Gelegenheit
der Feste, die er.deai König bei der Geburt adnea eratgd)omen
Prinzen gab, von 500 Edelieulen bedient wurde, wdche in
Sanunet geUeidel waren and eine dreifache goldene Kelte um
den Hals trugen. Ein K(6mg von Frankreich, meinte Frani,
wflrde Habe haben, einen solchen Aufwand zu bestreiten. Dies
reichte ffir Louise von Savoyen, die Hutter des Königs Frans,
und flir ihren Gflnslling Bonnivet hin, um dem König zuzu-
ftsiem, dass alle diese ungeheuem Anstalten nur gemacht wären,
um seiner zu spotten und Unabhängigkeit zu affectireo. In der
Nähe von ChateHeranlt^ wo Herzog Karl sich aufhielt, musste
der genannte Speichellecker Bonnivet, der ein gebomer Unter*
tkan des Herzogs war, ein eben so ungeheoeres als prachtv<rfies
Sehkws erbauen, nnr um zu zeigen^ dass man als Liebling eines
Königs und als Gänstling seiner intriganten Mutto* einem Prinsen
von GeMttte ungestraft Hohn sprechen könne. Diese Beleidi-
gang war um so grösser, da dieser Palast dem herzoglichen
SoUosse gerade gegendber erbaut wurde ; der Konnetable nahm
aber die Miene an, als bemeriite er nichts, und als Franz in
seinem Muthwiüen ihn fragte, was er dazu denke, antwortete
BtTZog Karl ganz kalt : „Ich glaube, dass dieses Vogelhaus für
„einen solchen Vogel viel zu gross und viel zu schön ist.^ -»-
„„Das ist Neld^^ — entgegnete der König. Bourbon versetzte:
„Was, ich aoU einen Edelmann beneiden, de^en Ahnen sieh
,ygHleUl6h fflhlten, die Schildknappen der meinen zusein?^
Der Konnetable zog sich nach und nach ganz zurück, um
sich im Zirkel seiner Familie für die Kränkungen zu entschä-
digen, die er erlitten hatte und noch leiden musste; aber auch
Uer verfolgte Ihn das Unglück. Kummer über di^ Zurück-
setzung ihres Gemahls und Betrflbniss über den plötzlichen Tod
ihres erstgebomen Sohnes und über den Verlust der Zwillinge,
— 16 —
die sie dn Jahr darauf geboren hatte, nagteo am Renen
Gemahlin, und brachte sie alsobald an den Rand des Grabes;
Sasanna starb am 28. April 1521, und mit ihrem letzten Athem-
zuge erklärte sie den Herzog, ihren Gemahl, zum Erben ihier
ganzen Verlassenschaft.
Mit seiner Schwiegermutter Anna, einer Tochter Ludwigs XI.,
blieb Karl ein Jahr lang im ruhigen Besitze der Erbschaft; da
machte ihn Louise, die Mutter des Kitaigs Franz, auf ihre An-
sprüche auf die Erbschaft aufmerksam, gab ihm aber unter
Efaiem zu verstehen, dass eine Ehe zwischen Beiden alle Zweifel
am besten Idsen, alle Rechte vereinigen dflrfle. Louise, obgleich
schon vierzig Jahre alt, konnte um so eher hoffen, dass der
Konnetable ihre Hand annehmen werde, da sie noch immer
schön und gewiss schöner, als die krftnkehde Susanne war;
indessen verabscheute Herzog Karl Louisens Stolz und Leidea-
schafUichkeit, und soll der Ablehnung des Antrags auch Aeusse-
rangen aber ihren eben nicht erbaulichen Lebenswandel beigefttgt
haben. Von diesem Augenblicke an beschkss das stolze und
rachsflchtige Weib alle Mittel anzuwenden, um auf dem Rechts-
wege ihren Zweck zu erreichen und ttber den verhassten Herzog
zu triuronhiren. Franz, der die Ehe seiner Mutter mit Bourbon
gewünscht haben soll, damit ihm für den Fall, dass selbe kin-
derlos bliebe, die Güter anheimfielen« gestattete nicht nur den
Rechtsweg zwischen Beiden, sondern lieas nunmehr auch eigene
Ansprüche geltend machen. Als am 11. August 1522 der
Prozess vor dem Parlamente begann, behauptete Louise : es ent-
scheide die Nu he des Grades; fiourbon behauptete: die
männliche Linie habe den Vorzug vor der weiblichen; der
König endlich stdlte die Behauptung auf: Verschiedenes komme
durch Heim fall an ihn. Bourbon bezog sidi ferners auf den
vom Kömg Ludwig XII. bestätigten Heirathsvertrag und die
Schenkung seiner Gemahlin, wogegen Lonisens Vertheidiger er-
klürten: keiner dürfe die Rechte eines Dritten auf solche Weise
verkürzen.
All das Erzählte trieb den Herzog allmfiUig in den höchsten
— 17 —
Zorn; er sah tm ganzen Verfahren nur das schändlichste Un-
recht, den höchsten Undank, und trat — aller Bitten und Vor-
stdlnngen seiner Freunde ungeachtet — in Verhandlungen mit
Kaiser KnrI V. und Heinrich VIII. , König von England, denen
tu Folge Frankreich getheilt und Bourbon die Provence
mid Dauphin^ als unabhängigen Staat, so wie Eleonora, des
Kaisers Schwester, als Gemahlin erhalten sollte. Als König
Frans, im Begriffe stehend mit einem Heere nach Italien zu
ziehen, hievon eine unsichere Kunde erhielt, eilte er zu Bourbon
und befragte ihn trocken aber die Sachlage, fiourbon antwor-
tete ausweichend. „Lasset den Rechtsstreit^ — sprach hierauf
Frans — „den ich nicht fdglich unterbrechen oder niederschla-
„gen kann, nur ruhig weiter fahren; ich verspreche dasjenige
„reichlieh zu erstatten, was m^ Euch etwa abspricht.^ Bourbon
stdlle sidi zufrieden aber auch krank, um dem König nicht auf
seinem Zuge nach Italien folgen zu müssen. „Warum^ — sagte
Boorbon nach Franzens Entfernung su seinen Freunden —
„warum Ifisst er mich nicht im ruhigen Besitz, wenn er mir
„doch Alles wieder geben will? Wird er sein Wort halten
„können oder wollen? Eine Burg aus eigenem Rechte ist
„mir lieber, als hundert aus Gnaden.^
Um diese Zeit erhielt Bourbon die Nachricht: das Parla-
ment habe die Sequestration der streitigen Gttter angeordnet.
Der Konnetable sah in diesem Entscheide eine Beleidigung und
hielt sieh wegen der mit Karl und Heinrich eingeleiteten Ver-
handlnngen fttr gerechtfertigt. Nochmals erinnerten ihn aufrich-
tige Freunde, wie z. B. der Graf Vallier^ an Vateriand, Unglück
und Schande; er weinte, versprach den Plan aubugeben, that
es aber nicht; auch stand der Beschluss, es zu thun, schon
mchl mehr in seiner Hand; schon sammelten sich deutsche Sol-
daten an der Grftnze von Burgund, Briefe seiher Vertrauten
worden aofgeÜEingen und geheime Anzeigen geriethen in die
Binde seiner Brzfeindin -^ der Königin-Mutter. Bourbon flüchtete
sieb in die Festung Chantelle und traf Vertheidigungsanstalten.
Durch den Rtekzug nach Chanteile war des Herzogs Abfall
2
— 18 —
entschieden. ^Der Treulose I^ — Mgte Köoig Fnos, als er
davon unterrichtet warde — ^ meine Gfite hatte ihn zermalaen
„sollen ; so sterbe er denn, weil er's. nicht anders will.^ Hier-
auf erfolgte ein Befehl an den Marschall Chabannes, ihn an der
Spitze von vier Kompagnien Geosd'armen lebendig oder todt
herbeizuführen. Bourbon schickte auf das den Bischof von
Autun mit einem Schreiben an Franz ab; aber aufgehalten auf
seiner Reise hatte sich jener kaum über die Absicht seiner
Sendung erkliü't, als man sich seiner Papiere bemfichligte, und
ihn in einen Kerker warf. Nun wurden auch noch zwei Edel-
leute Namens Hatignon und Arouges, denen der Konnetable sich
anvertraut hatte ^ zu Verrüthem, Alles für entdeckt und ver-
loren haltend, verliess der Herzog jetzt seinen bisherigen Auf-
enthalt, die Festung Chantelle; verkleidet, mit tauseud Gefahren
kämpfend und nur von Wenigen , zuletzt gar nur vom dadgeo
Pomperant begleitet, floh jetzt der Un^ttddiche bei Macht und
Nebel auf abgelegenen und ungebahnten Wegen nach BesaDQon.
Dort war nun der Herzog wohl in Sicherheit, aber wie? —
Nur das Leben und einige Kostbarkeiten hatte er gereitet. Meh-
reren seiner Bedienten war es gelungen, sich durch alle Gefahren
durchzustehlen. Diese brachten ihm eine Summe von 100.000
Livres (nach einer andern Quelle nur 20.000 Thaler), welche
sie in ihrer Kleidung eingenäht trugen; schwache Ueberreste
eines ungeheuren Vermögens, wodurch er Königen trotzen
konnte I
Kaum hatte König Franz erfahren, dass Bourtian allen seiaeo
Nachstellungen entgangen sei , als die Thrfinen der Herzogin
von Lothringen — der Schwester des flüchtig gewordenen Konne-
table — anflngen auf ihn zu wirken. Diese Dame hatte nicht
aufgehört, für ihren Bruder den König mit Bitten zu bastfirmen;
aber das Mi tl ei den konnte im Herten Franzens nur durch
Furcht erweckt werden. Jetzt nun, da er sah, dass Bourbon
freien Spielraum hatte, ihm zu schaden, schickte er einen seiner
Vertrauten, Namens Imbaut, an ihn ab, um ihn für jeden
Preis zurückzubringen. Imbaut versprach dem Herzog im Namen
— 1» —
des Königs : aagenblickiiche Zurückgabe aUer Besitzungen des
Hauses Bourbon, Befriedigung aller Forderungen an den könig*
liehen Schatz, Auszahlung aller Qebalte, Amnestie für alle Theil-
nehmer an der Verschwörung u. s. w.
Der Konnetable kannte jedoch den schwachen und wort-
brAcUgen König zu gut, um sich irre machen zu lassen, und
in der festen Ueberzeugung, dass man dem Verbrecher weder
tttgesteheo, noch halten werde, ?Fas man dem Verdienste so
hartnäckig versagt hatte, weigerte er sich standhaft, nach Prank-
reich zurtlckzukehren. Als Imbaut sah, dass seine Bemühungen
Tergeblick waren , forderte er den Degen des Konnetable und
den St. Michaels -Orden zuräck. Bonrbon gab zur Antwort:
^Den ersten hat mir Franz selbst abgenommen, als er mir auf
don Marsche nach Valenciennes die Führung der Vorhut ab-
nahm, und den letztem wird man unter meinem Bette zu Chan-
teile finden.^
Um keine Zeit zu verlieren eilte Bourbon durch Deutsch-
hiad nach Italien; im Jünner 1524 passlrte er auf dieser seiner
Reise die Stadt Brixen. Der Herzog von Mantua, Friedrich von
GoDzaga, behandelte den Konnetable bei seiner Ankunft in Hantua
wie in den Zeiten seines b^sem Glückes, indem er ihm —
ohne bestimmte Aussicht auf einen Ersatz ~ diejenigen Summen
vorstreckte, die er brauchte, um seinem Stande gemäss vor den
kaiserlichen Generalen erscheinen zu können. Von Mantua ging
Boarbon nach Fiacenza. Hier kamen ihm die kaiserlichen Ge-
nerale Lannoy, Pescara und Guasta mit dem Herzoge von Drbino
eolgegen, um mit ihm den Operationsplan für den nächsten
Fddzng zu besprechen. Bourbons Einsichten und Kenntnisse
sebKten alle Generale in Erstannen; er selbst genoss zum ersten
Haie das Vergnügen, zu sehen, dass er auch in der Dürftigkeit
dvch sein Talent gebot; aber noch ungewiss, welche Anstellung
ihm Kaiser Karl V. geben werde, nachdem sein Schicksal eine
so tramrige Wendung genommen hatte, begab er sich nach
Genua , um dort die Befehle des Kaisers abzuwarten. Karl V.
verstand die jedem Regenten so nothwendige Kunst, jede Sache
2»
- 20 —
gerade so zu nehmen, wie sie liegt, nin Jeden Umstand zu seinem
Vortheile zu bentltzen. So unangenehm ihm auch der Ausgang
der Bourbon*schen Geschichte war, so verbarg er doch seinen
Verdruss; und da von dem mfichtigen Ffirsten, welchem er
seine Schwester zu versprechen kein Bedenket getragen hatte,
nichts weiteres übrig geblieben war, als der Mann von Kopf,
der ihm in seiner Fehde mit König Franz die besten Dienste
leisten konnte, so machte er ihn einstweilen zu seinem General-
Lieutenant in Italien.
Nebst Freundsberg und Bourbon verdienen auch noch die
drei so eben genannten kaiserlichen Generale Lannoy, Pescara
und Guasta eine besondere Erwähnung.
Franz Ferdinand d* Avalos (d' Avala) , Markgraf von Pes-
cara, General - Kapitain des spanischen Fussvolkes, war einer
der ausgezeichnetsten Feldherren seiner Zeil. Seine Eltern waren
aus Catalonien mit König Alphons von Arragonien nach Neapel
gekommen, woselbst Franz Ferdinand geboren wurde. Pescara
rühmte sich als Urgrossvaters des mächtigen Rodrigo, Konne-
tables von Kastilien, und als Vaters Alonio'45, K&nig Ferdinands
geschätzten Dieners, dessen Treue keinen Anstand nahm, fttr
seinen König und Herrn Gut und Blut zu opfern. Der jugend-
liche d' Avalos weihte anfangs sein Schwert der Rache gegen
die Franzosen. In der blutigen Schlacht bei Ravenna (11. April
1512) befand sich Franz Ferdinand bereits unter d^ Todten
liegend; hervorgezogen und geheilt musste er die Schmach
tragen, im Triumphzuge der Leiche des Siegers (Gaston de Foix,
der Blitz Italiens genannt) zu Fuss zu folgen; er verdankte sdae
Befreiung aus französischer Gefangenschaft fttr ein Lösegeld von
6000 Thalem der Vermittlung Trivulzio's, welcher eine seiner
Tanten geheirathet hatte. Schnell entwickelten sich hierauf seine
kriegerischen Talente; allgegenwärtig durch eine unbegrftazte
Thätigkeit erregte er besondere im kleinen Kriege Erataunen.
Fast immer überraschte er den aufmerksamsten Gegner und
machte ihn durch den Ungestüm seines Angriffs unfähig sich zu
sammeln. Das spanische Fussvolk hegte eine unbegränzle Liebe
-. 21 —
n ihm. Yennählt mit Vittoria Colonna, einer Niehte des be-
rfibinten kaiserlichen Feldherrn Prosper Colohna, dichtete er in
seiner GefaDgensehaft ein Bach der Liebe, und widmete es seiner
Gemahlin. Diese dagegen, berühmt in Itulien durch Schönheit
ond Geist, yerhenriichte den tapfem Gemahl durch mannigfache
geschätzte Poesien, und Beiden ward das Glück za Theil, im
Orlando des Dichters Ariost ein Denkmal fitr die Ewigkeit au
erhalten. So lauten z. B. zwei Strophen im 37. Gesänge des
Orlando :
Se Laodamia, se ta moglier di Bruto,
S*Arria, s'Argia, s'Evadae e s'^altre molte
Heritar lande per aver voluto,
Morti i mariti, esser con lor sepolte;
Quanto onore aVittoria&piü dovuto,
Che di Lete, e del Rio che nove volte
Fombre circonda, ha tratto 11 sno consorte,
Mal grado delle Parche e della Morte?
S'^al fiero Acliille iuvidia della chiara
Meonia tromba il Macedonico ebbe,
Quanto invitto Francesco di Pescara.
Haggiore a te, se vivesse or, ravrebb&,
Che si Costa mogliere, e a te si cara
Canti r eterno onor, che ti si debbe ;
£ per lei 8\ i\ nome tuo rimbombe.
Che da bramar non hai piü chiare trombe?
Franz Ferdinand d^Avaios erhielt für seine ausgezeichneten
Dienste vom Kaiser die im Neapolitanischen gelegene Markgraf-
scbaft Pescara, daher auch der Name, unter welchem er in
der Geschichte vorkommt.
Karl von Lannoy wurde in den Niederlanden geboren;
seine Eitern waren arme Edelleute. Bereits unter Kaiser Maxi-
milian I. wusste sich Lannoy in den niederländischen und vene-
llanischen Kriegen geltend zu machen und wurde bald Gouverneur
von Toarnay, welche Stelle er mit so grossem Diensteifer
bekieidele, dass ihm schon anno J516 der Orden des goldenen
- 22 —
Vliesses verliehen wurde; etwas fipfiter wurde er zum Vicekönig
von Neapel ernannt und zum Herzog von Sulmona erhoben.
Lannoy war bis zu meinem 1527 erfolgten Tode des Kaisers
vertrautester Freund und Günstling.
Alphons d' Aval OS (später zum Markgrafen von Guasta
erhoben) war der Bruderssohn des Markgrafen Pescara, ein sehr
schöner junger Mann, dabei nicht nur allein ein tapferer Krie-
ger, sondern auch ein grosser Verehrer und Kenner der Wissen-
schaften ; er war geistreich beredt, freigebig, herablassettd und
angenehm im Umgange. Merkwürdig ist, wie verschieden man
seinen Namen von den Geschichtschreibem geschrieben findet,
als : Alphons Harkgraf von Guasta, del Guasto, del Basto, del
Vasto, du Guast etc. Ich bleibe bei der ersten Benennung.
Nun wollen wir aber auch die vorzüglichsten Feldherren des
französischen Heeres, denen wir bald begegnen werden^ in einigen
flüchtigen Umrissen kennen lernen ; dahin gehören in erster Linie
die Marschälle : Trivulzio, Lautrec, Chabannes und Montmorency;
dann die Herren von St. Severino, Genouillac, Tremouille und
Bayard, den berühmten Ritter ohne Furcht und Tadel.
Johann Jacob Trivulzio (Triulzio), aus dem mailän-
dischen Adel und zur Partei der Guelfen gehörig, hatte sich wegen
des überwiegenden Einflusses des ghibeilinischen Geschlechtes von
San Severino bei Ludwig Moro Sforza nach Neapel gewendet :
dort ward ihm das feste Capua anvertraut, er verrielh aber den
König Ferdinand, öffnete dem französischen König ^ Karl VKL
die Thore dieses Platzes und widmete seit dieser Zeit mit grös-
serer Treue den Rest seiner Tage dem französischen Dienste.
Reicher Grundbesitz und ausgedehnte Verbindungen gaben ihm
so vielen Einfluss in Mailand, dass ohne seine Hitwirkung die
Eroberung und Bcjiauptung dieses Herzogthums misslieh schien.
Odetus von Lautrec war ein Sohn des Johann von
Foix, Vicomte von Lautrec. £r war anfänglich unter dem
Namen Herr von Barba9an bekannt, später aber als Vicomte
von Lautrec berühmt ; seine Verbindung mit dem reichen Fräu-
lein von Orval gab ihm Ansprüche auf Navarra ! Lautrec machte
- 23 —
«jeh fHlliieitig schon durch rtthraliehe Wafenthalen einen gros-
seB Namen. In der Schlacht bei Ravenna focht er heldenmüthig
an der Seite seines Vetters, des berQhmten Gaston von Foix,
der mit zwanxig Wunden bedeckt in dieser Schlacht Oel. Har-
schail Lautrec ist ftlr ansem Zweck von besonderer Wichtigkeit.
Jacob von Chabannes (Herr von la Palisse) ver-
dankte dem Blate, das er in vielen Schlachten für die franzi)-
sische Sache verspritzte, so wie seiner Kriegserfahrenheit und
seinem Heldenmuthe den Marschallsstab. Nicht weniger berühmt
als Jacob von Chabannes war sein Bruder Johann von Cha^
bannes — Vandenesse, insgemein der „kleine Löwe^^ genannt.
Annas (Anne) von Montmorency aus einem be-
rühmten freiherrlichen Geschlechte entsprossen, war ein Ver-
wandter des KonnetaUe's Bourbon und ein Liebling des Königs
Franz. Aufmerksam in Ausübung religiöser Gebräuche verfehlte
er nie — zu Bett wie zu Pferd — seinen Morgensegen zu
beten ; als er jedoch durch seine ausgezeichnete Tapferkeit hö-
here Würden erstiegen und selbst den Stab eines Marschalls
erlangt hatte, hiess es im fttinzösischen Heere: Gott bewahre
uns vor dem Vater unser Montmorency's ! Denn sein Gebet
unterbrach nicht selten der Ruf: „Hängt den Schurken an den
nüchsten Baum! oder: fort mit ihm durch die Piken! oder:
Senget und brennet eine Viertelstunde in der Rundet^
Galeaz von San Severino besorgte die Grossstall-
meisterschaft, aus einem berühmten neapolitanischen Gesehlechte
entsprossen; der Parthei des Hauses Anjou angehörend, war
er von der obsiegenden arragonischeo Linie aus seinem Vater-
lande vertrieben worden, und hauptsfichlich war es sein Zu-
reden, welches den französischen König Karl VHI. bewog, die
blutigen Bündel zu beginnen. In seiner Eigenschaft hatte er
dem König das Reichsschwert vorzutragen.
Jacob Gourdon von Genouillac Seneschall von Ar-
magnac leitete als Grossmeister das immer wichtiger werdende
Geschtttzwesen. In der Schlacht hei Fornuovo war er unter
den neun Tapfem, die Karl VIII. sich zum Schutze seiner Per-
- 24 —
son besonders auserlesen hatte. Franz I. zog ihn sehr hervor,
überhäufte ihn mit Jahrgehalten und Gütern, und verbalf ihm
zu den edelsten Verbindungen.
Louis de la Tremoniile befand sich in einem Alter
von 13 Jahren als Edelknabe, am Hofe Ludwigs XL Er ward
von dem sonst lieblosen König stets wohlwollend hervorgeho-
ben, erhielt nach dem Tode seines Vaters die eingezogen ge*
wesenen Herrschaften wieder zurück. Eingedenk dieser ihm
gewährten Huld versprach der edle Jüngling dem sterbenden
Tyrannen, treu bei den verlassenen Kindern zu stehen, und hielt
bis in den Tod sein gegebenes Wort.
Als nach dem Tode Ludwigs XL während der Minderjäh-
rigkeit Karls VHL die Prinzen von Orleans, AleuQon und An-
gouleme sich gegen die Regentin Anna empörten, legte diese
das königliche Schwert in die Hand des jugendlichen Tremouille*s.
Dieser rechtfertigte aber auch das in ihn gesetzte Vertrauen
in der Schlacht bei St. Aubin du Cornier auf eine glänzende
Weise; der Herzog von Orleans fiel als Frucht des Sieges in
seine Hand. Schmückung mit dem Orden des S. Michael, Er-
nennung zum ersten Kämmerer, Anvertrauung des königlichen
Siegels — ward sein Lohn. Zugleich vermählte ihn die Re-
gentin mit der Schwester Gilberts von Hontpensier, wodurch
er der Oheim des Konnetable's Karl von Bourbon wurde.
Bayard, Peter du Terrail, die Blume aller Ritterschaft,
war aus savoyischem Dienste an den Hof Karls VHL gekommen,
trat in die Compagnie Gensd'armen des Herrn von Ligny ein,
Karls Liebling, machte im Zuge dieses Köiiigs nach Neapel
seine erste Kriegsfahrt, und gründete von da in Italien, Nieder-
land und Spanien den Ruf seines Namens mit der ehrenvollen
Auszeichnung: Ritter ohne Furcht und Tadel. Ungeachtet seiner
Heldenthaten war er zur Zeit immer noch nur Lieutenant der
hundert Lanzen des Herzogs von Lothringen. Die innigste, in
tausend Gefahren erhärtete Freundschaft verband den edlen
Ritter Bayard mit dem kühnen Ritter Ludwig von Ars und dem
tapfern Vandenesse.
— 25 -
Gedenken wir scUiessiieh auch noch eines andern Fahrers
im französischen Heere; es ist dies Richard de la Pole Earl
von Suffolk ans dem Hause York weisser Rose; er war ein
Neffe Königs Eduard lY. ; sein Bruder Earl von Lineoln lag
erschlagen auf der Wahislatt au Stock, der andere, Edmund
Earl von Soffolk, starb den Tod durch Henkershand, und ein
dritter, Wilhelm de la Pole, schmachtete in langem Geffing-
■isse, wahrend unser Richard selbst — flflchtig und vertrieben
— in Frankreich einen nur zweifelhaften Schutz fand, indem
jede Unterhandlung dieses Reiches mit England den Flüchtigen
preisgab. Richard Herzog von Suffolk vrar Anführer der be-
rfihmten „Sehwarzen Banden^ im französischen Heere, der
schwarzen Fahnen wegen so genannt, die in ihrer Mitte flatterten.
Und nun zur Erzählung der Kriegsereignisse.
3. Frankreichs König hatte zum Feldzuge nach Italien die
grössten Anstalten gemacht, und zu diesem Zwecke ein Heer
von 50.000 Mann zusammengebracht ; jedoch in Schrecken ge-
setzt durch die Entdeckung einer Yerschwörung, die sich im
Httzen seines eigenen Reiches entwickelt hatte, wagte er es
nicht, sich an die Spitze seines Heeres zu stellen. Seine Furcht
war so gross, dass er Bedenken trug, irgend einem derkönig*
liehen Prinzen das Oberkommando anzuvertrauen. Diesen Um-
stand benützte Franzens Mutter, um ihren Günstling Bonni vet
zu empfehten, von dem sie voraussetzte, dass er die kaiserliche
Armee eben so leicht besiegen werde, als er über den Konne-
lable durch seine Rlinke triumpiürt hatte. Dem Oberkomman-
danteo Bonnivet wurde der edle Ritter Bayard an die Seite
gegeben.
Bonnivet und Bayard langten gegea das Ende des Herb-
stes 1523 m Italien an; das Heer folgte ihnen auf dem Fusse;
Bonnivet erwartete nichts Geringeres, als an der Spitze der
imposanten Macht, die er ins Feld führte, den Degen eines
Konnetable zu erwerben, welcher noch nicht vergeben war.
Seine ersten Fortschritte, die er auf dem Boden Italiens machte,
waren vrirUich über alle Erwartung glücklich; dabei war ihm
- 26 —
der Umstand sehr gut zu statten gekommen, diss der bisherige
kaiserliche Oberfeldherr Prosper Colonna am 30. Dezember
1523 in Hailand gestorben war. Bonnivet eroberte non in
kurzer Zeit das ganze Herzogthum Hailand und trieb die Kai-
serlichen Ober den Tessin ; dieser war jedoch die Gräoze seines
Ruhmes und Glückes, indem er deti unverzeihlichen Fehler be-
ging, Zeit zu verlieren und den Feind zu Athem kommen zu
Fassen ; bald kam aber der Herzog von Bourbon — - von Genua
herbeieilend — im kaiserlichen Lager an, und mit seiner An-
kunft gewannen die Sachen bald eine andere Gestalt. Bourbon
hatte zwar als General-Lieutenant des Kaisers keine unbeschränkte
Gewalt über die kaiserlichen Truppen, indem er das Oberkom-
mando mit Lannoy, Pescara und dem Herzoge von Urbino thei-
len musste; aber wie sehr auch dem intelligenten Feldherm die
Hunde gebunden waren , so wusste er sich doch durch seine
Einsichten und durch seinen Charakter ein solches Uebergewicht
über seine Hitgenerale zu verschaflTen, dass diese ihm auch un-
verpflichtet gerne gehorchten.
ßonnivet hatte sich in der Nahe von Biagrasso fest ver-
schanzt. Trotz aller Gegenvorstellungen entsendete er von
hier den Ritter Bayard mit 200 Gensd'armen nach dem ent-
fernten Orte Rebecco. Bayard^ fem von jeder Unterstützung,
besorgte einen Uöberfall , und wirklich eilte Bourbon seinem
Gegner Bonnivet die erste Lehre zu geben in der Kriegskunst;
er bestimmte hierzu den thfitigen Führer Pescara. Von diesem
vor Sonnenaufgang mit Ungestüm angegriffen, sah sich der
überdies kranke Ritter Bayard nicht nur genöthigt, seinen Po-
sten aufzugeben, sondern auch das ganze Gepäck in Stich zu
lassen, und den Rückzug anzutreten *- den ersten, den er in
seinem Leben machte, aber mit einer musterhaften Ordnung
ausführte. Zornig gelangte Bayard ins Lager^ und drohte sei-
nem aufgeblasenen Oberkommandanten mit einer Klage gehöri-
gen Orts für den grossen Schimpf, welchem man die französi-
schen Waffen unter seiner Führung ausgesetzt. Dadurch, so
wie durch die bittern Vorwürfe, die Bonnivet ans dem Hnade
— 8T —
Bkiyaid'fl httrea nniMte, wurde der gute Oberbefehlshaber vol-
lends ausser Fassmig gd)raeht.
Boorbon und sefaie Mitgenerale Hessen siehs nicht einfallen,
den Admiral (dies war Bonnivei's Titel) in seinem festen Lager
anzogreifen ; aber sie gingen ttber den Ticino, nahmen ihm die
sogenannte Lomellina weg — die fraohtbarste Gegend weitiim,
aas der er seine Subsistenx beiog — und zwangen ihn dadurch
das befestigte Lager anfzogeben. Vom Hunger getrieben ging
Bonniret über den Ticino zortiek und schlug ein neues Lager
zwischen Vigevano und Hortara auf. Hier erwartete er eine
Verstfirkong von 6000 -Schweizern und 400 Lanzen, die mit-
sammen anlangen sollten. Diese Vereinigung zu verhindern,
näherte sich Bonrbon den Ufern der Sesia. Müde, die 400
Lanzen noch ttinger zu erwarten, welche zu ihnen stossen soll-
ten, setzten sich die Schweizer in Bewegung und erreichten das
Ufer der Sesia. Schon öffnete sich Bonmvei's Herx der Freude,
als die Schweizer ganz unerwartet erklärten: sie wären aus
keinem andern Grunde ohne Kavallerie und unter so vielen Ge-
fahren so weit vcHTgedrungen, als um ihre Landslenie dem Hun-
gertode zu entreissen, welchem sie Im französischen La-
ger ausgesetzt wären. Und kaum hatten die angekommenen
Schwdzer die Fahnen ihrer Nation auf dem jenseitigen Ufer
flattern gesehen, als sie sich schaarenweise in den Fluss stttrzten,
and mit den Ihrigen im kaiserlichen Lager vereinigten.
Diese Entweichung machte es dem Admiral unmöglich,
noch länger in Italien zu bleiben. Seine Aufgabe war nun diese
— von den TrtUnmem seines Heeres so vid zu retten, als er
konnte. Die übrigen kaiseriichen Generale waren damit zufrie*
den, dass er die Provinz Mailand verUess ; allein Bonrbon konnte
den Gedanken nicht ertragen, diese schöne Gelegenheit, sich
an seinem ärgsten Feinde zu rächen, unbenutzt vorübergehen
zu lassen; kaum hatte er erfahren, dass Bonn! vet zwischen Gat-
tinara und Romagnano eine Brücke über die Sesia hatte
schlagen lassen , um durch das Thal Aosta nach Frankreich
zurückzukehren, als er seinen Mitfeldherren so lange zuredete.
bis sie sich zur Verfolgung der Franzosen- herbeiliesseD. Nachts
setzten sie sich mit ihm in Marsch; mit Tagesanbruch waren
sie in der Nähe von Romagnano. Die Bagage des franzosi-
schen Heeres hatte so eben angefangen, die Brücke zu passiren;
die Schlacht war unvermeidlich. Tapferer als je nahm Admtral
Bonnivet seinen Posten im Nachtrabe an der Seite des Grafen
von St. Pol, des Ritters Bayard, des Generals Vandenesse und an-
derer Fohrer, welche die allgemeine Gefahr mit ihm versöhnt
hatte. Gleich im Beginn des Treffens, das am 14. April 1524
geliefert wurde, erhielt der Admiral einen Schuss in den recirten
Arm ; er kommandirte dennoch fort, bis seine Sohwftehe durch
den starken Blutverlust so überhand nahm, dass er sich nicht
Iftnger mehr zu Pferde halten konnte. Bonnivet legte nun das
Kommando in Bayards Hände und setzte sich in eine Sänfle,
uro Bourbons Verfolgungen bei Zeiten zu entgehen. Bayard
that sein Aeusserstes, dem Andränge der Kaiserliehen den kräf-
tigsten Widerstand entgegenzusetzen ; schon war der grlVsste
Theil des französischen Heeres über die Brücke gekommen^ als
er eben in demselben Augenblicke, in dem er sie selbst pas-
siren woHte, durch eine Kugel, welche ihm den Rückenwirbel
zerschmetterte, tödtlich verwundet wurde. Der edle froraiM
Ritter wollte sterben, wie er gelebt hatte. Das Gesicht dem
Feinde zugewendet, dem er nie den Rücken gekehrt hatte, Itess
er sich Jenseits der Brücke vom Pferde heben und unter einem
Baume niedersetzen. Den Griff seines Degens wie ein Kreuz
vor sich haltend und semem Diener — dem Haushofmeister
Jacob Jeffrei — in Ermanglung eines Priesters Sein Sünden-
bekenntniss ablegend, erwartete der Held als Christ und Krieger
den Tod, dem er so oft und stets furchtlos ins Antlitz geschaut
hatte« Brausend kam Bouii)on angesprengt — in der Hoffnung,
den verhassten Bonnivet zu finden. Beim Anblicke seines Freun-
des aus früheren Zweiten, an dessen Seite der Herzog den ersten
Feldzug gegen die rebellische Stadt Genua gemacht hatte, hielt
er an, und rief aus: „Wie sehr bedaare ich Euchl^ Der
sterbende Held gab ihm aber zur Antwort :>> Nicht ich bin
- 29 —
la bedavem, mein Prins, denn ich sterbe ab ein rechtschaf-
fener Mann, wohl aber seid Ihr su bedaaem, da Ihr die Waffen
gegen Earen König ergriffen habt.^
So ersehfittemd diese Scene war, so konnte Bonrbon nicht
ISnger dabei verweilen ;• die Rache trieb ihn weiter, bis er er-
fahr, dass der gehasste Bonnivet sich an der Spitie des Vor»
trabes belnde. Kone Zeit darauf hauchte Peter du Temil
Bayard seine edle Seele aus; er starb 48 Jahre alt, ein ächter
Ritter, vielleicht der letite so vollkommener Art. Selbst die
Spanier beklagten seinen Tod, '^) und den Franzosen schien
sein Verlust untesetilich; vom imposanten Heere, mit dem
Bonnivet in Italien erschienen war, erreichten nur einzelne
Trilmmer Frankreidi; Bourbon hatte das Meiste zur Yemich-
tnng dessdben beigetragen, and sich so an König Franz schon
jetzt furchtbar goücht.
la Folge des Sieges bei Romagnano wurde Kaiser Karl
aoufflschrilnkter Gebieter in Italien. Am 30. Oktober 1524 be-
lehnte der Kaiser den Franz Sforza und seine eheliche
rnftnatiehe Nachkommenschaft mit dem Herzogthum Mailand;
sein Bruder Maziaiilian wurde als unwflrdig von der Nachfolge
an^gescUossen.
Kaum war der Sieg bei Romagnano erfochten, als Bour-
bon den kühnen Plan entwarf^ mit einem Heere in Frankreich
einzurflcken, und bis Lyon vorzudringen. Fcir das Gelingen
dieses Plan^ sprachen folgende Umstände: die französische
Geasd'armefie, diese Stütze des Thrones , war im ganzen Kö-
Pescara Hess seinen Körper einbalsamiren und sendete ihn sei-
nen Verwandten. Die Ehrerbietung, die man einem kriegeri-
schen Verdienste zu diesen Zeiten erwies, war so gross, dass
der Herzog von Savoyen die Leiche des Helden in allen Städten
seines Gebietes mit königlichen Ehrenbezeigungen empfangen
liess ; in der Dauphine, dem Vaterlande des edlen Ritters, ging
der Leiche alles Volk aus allen Ständen in feierlicher Prozession
entgegen. Die Leiche des Heiden wurde in der Minoritenktrche
unweit Grenoble beigesetzt.
- 30 -
nigreiche zerstreut; *) die Schweizer hatten akh in ihre Hei-
math znrOckgezogen , weil König Franz sie nicht bezahlte.
Wenn nun Bourbon unter diesen Umständen an der Spitze eines
Heeres bis nach Lyon vordrang, wie viel liess sich von den
Folgen eines solchen Zuges erwarten! «Der Herzog theilte die*
sen Plan dem Kaiser mit, welcher ihn nicht nur billigte, son-
dern auch nach Kräften zu unterstützen versprach. Der König
von England war eben so leicht dafür gewonnen. Kaiser Kail V.
versprach dem Herzog, ihm fOr den Fall, dass der Pfain wiit-
lich gelingen sollte, ausser seinen bisherigen Besitzungen, noch
noch die Provence und das Delphmat abzutreten, und sich mit
jenen Provinzen zu begnügen, welche seinen Staaten am näch-
sten lagen. Der König von England war mit dem Titel eines
Königs von Frankreich zufrieden, und versprach die Leistung
einer Subsidie von 100.000 Dukaten monatlich, so lange die
Fehde dauern würde. Sehen wir nun, mit welchem Erfolge
das kühn entworfene Unternehmen ausgefthrt wurde.
4. Im Sommer des Jahres 1524 zog Herzog Karl von
Bourbon über die Alpen nach Prankreich an der Spitoe emes
Heeres, welches von 18.000 bis 22.000 Mann angegeben wird.
Dieses bestand aus 6000 Spaniern, 30 Fähnlein italienischer
Krieger, 600 leichten Reitern, und 7000 deutsehen Lands-
Im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts hielt kein Staat im
Frieden Soldaten — einige Besatzungen und WafTenmftnner
(6en8d''armes) ausgenommen. Diese, schwer bewaffnete Reiter,
wurden als der Kern des Heeres betrachtet; sie waren meistens
von Adel, obgleich bis zur Zeit Karis IX. auch einzelne Bürger-
liche darunter aufgenommen^ und durch ihre Beschäftigung mit
den Waffen gewissermassen in den Adelstand erhoben wurden.
Früher führten sie nur Lanzen und Degen, später auch Pistolen.
Seitdem die Bfistung trotz ihrer Schwere nicht mehr gegen Ku-
geln schützte, ward sie allmählig erieichtert. Ludwig XIL un-
terhielt etwa 4500 solche Waffenmftnner. Zu jedem Waffen-
mannegebörten noch flinf andere Personen, namlichBogenschtttzen,
Pagen, Knechte. Wir sehen daraus, dass die sogenannte Gens-
d'armerie einst eine ganz andere Bestimmung hatte, als in nn-
sern Tagen.
— 31 —
kneehlen, bei welchen sich auch d^ junge Kaspar von
Frenndsberg, so wie der in der Folge so berfihmt geworJ
dene Sebastian Sdienlin von Burtenbach befanden; letzterer
gibt in seiner Selbstbiographie die Stärke des kaiserlichen Hee-
res auf 12.000 Ihnn an. Die Deutschen wurden vom Grafen
Eitel Friedrich von Zollern angeführt; diesem zur Seite standen
als Führer Graf Ludwig von Lodron und sein eben so
tapferer Vetter Johann Baptist von Lodron. Das kai-
seiliche Heer überstieg ungehindert die Alpen und langte glück-
lich auf französischem Boden an; zum Glücke für Frankreich
waren aber dem feurigen and unternehmenden Bourbon von
allen Seiten die Htüide gebunden^ Der Kaiser, welcher Herr
des mittellftndjschen Meeres zu werden wünschte, forderte vor
Allem, dass Boorbon seinen Zug vorerst nicht nach Lyon rieb»
ten, sondern die Operationen mit der Eroberung von Har-
seille beginnen soUte. Dies war an und für sich schon hin-
reichend, die ganze Unternehmung scheitern zu machen.
Ausserdem gab Kaiser Karl dem Herzog von Bourbon noch den
Markgrafen von Pescara zum heimlichen Aufseher mit —
emen Mann, der, seitdem Boarbons Ruhm den seinigen in It»*
lien verdunkelt hatte, durch seine Eifersucht mehr als jeder
Andere geeignet war, ihn im Zaum zu halten, falls der Kon-
netable nicht den Wünschen des Kaisers gemüss handeln sollte,
oder Lust zeigen dürfte, wohl gar zur Unterthanenpflicht zu-
rückzukehren, und mit König Franz sich auszusöhnen.
Gleich nach der Ankunft des kaiserlichen Heeres in Frank-
reich wurden mehro'e kleine Städte erobert, mehr um die Be-
gierlichkeit des Heeres zu reizen, als um dem Feinde einen
wesentlichen Abbruch zu thnn. Wo Bourbon sich zeigte, floh
das französische Heer; aufgemuntert durch diese glüeldiehen
Erfolge, drang er bis an die Rhone vor, um schnell Lyon zu
erreichen. Diesem Plane widersetzte sich nun der Harkgraf
von Pescara mit allem Ernste, und drang der erhaltenen Wei-
sung gemäss auf die Belagerung von Marseille. Vergeblich
stellte Bourbon vor, dass eine Belagerung dieser festen See-
— 38 -
stadi das Heer schwachen und dem Feinde Zeit geben wfirde,
zur BesinoQRg zu kommen; der Kaiser hatte sie geboten,
damit Punktum. Um das Heer nicht muthlos zu machen, nahm
Bourbon die Miene an, als ob er ganz einverstanden wäre, ja
sprach sogar von der Eroberung der benannten Stadt als von
einer Kleinigkeit; indessen zeigte der Erfolg, dass der intelli-
gente Feldherr die Lage der Dinge nmr allzu richtig beur-
theilt hatte.
Das kaiserliche Heer langte mit uDSftglicher Höhe am 19.
August 1524 vor Harseille an. -Beim Uebergang ttber den
Fluss Yar wurde dem Konnetable sein Pferd erschossen. .Uie
allgemeine Erschöpfung fand in diesem Zufalle eine ungkld(-
liehe Vorbedeutung, und laut sprach man im Heere davon, dass
die Alpen von der Natur zu einer ewigen Scheidewand zwischen
Italien und Frankreich bestimmt worden seien, die man von
beiden Seiten nur zum Verderben itberspringen könne. Das
Heer wurde unterdessen vertheilt; Batterien, welche die Mavem
von Marseille niederwerfen sollten, vyrurden anfgeftthrt. Je
mehr dem Herzoge daran lag, diese Eroberung bald zu vollenden,
desto rascher verfuhr er. Em Zusammentreffen von mehre-
ren widrigen Umstünden sollte indessen seine Wünsche ver-
eiteln.
Ein Italiener, Namens Renzo de Gere,''') Oberst der
päpstlichen Truppen, hatte sich mit 3000 Mann seiner Nisition
in die Stadt geworfen, um diese gemeinschaftlich mit den Fran-
zosen Chabot de Brion zu vertheidigen, welcher schon vor
der Ankunft des Konnetable 200 Lanzen dahin gefährt hatte.
Der Vicomte Jean de Caux befehligte das Geschütz. Indessen
mehr als diese Truppenmacht leistete der Heroismus der Bdrger.
Ueber 9000 von diesen hatten sich in Kompagnien eingetheOt,
und verrichteten den Dienst mit einer Pfinktlichkeit, welche sich
*) Man findet auch Renzo da Geri so wie Rentio di Geres geschrie-
ben; er war aus der dem Kaiserhanse feindlich gesinnten Fa-
milie der Orsini (Ursini).
- 33 -
iD der Regel nur bei geObteo Kriegern 6ndet. Die Reichen
brannten ihre Landhäiuser nieder, und bewogen dadurch die
Uebrigen zur Sphleifung der YorsUidte. In der Stadt Selbsten
errichtete man Terrassen und Bastionen, und legte Yerscbanzungen
an. Mit unbeschreiblicher Hübe wurde ein Theil des Geschtitzes
sogar auf die Kircfatbürme 'hinaufgewunden. Greise, Weiber
und Kinder — die vornehmsten nicht ausgenomooien — legten
Hand an, um zur Rettung der Vaterstadt das Ihrige beizutragen.
Tag und Nacht wurde geschanzt, gearbeitet. Bourbon erwartete,
dass dieser Eifer sich verflüchtigen werde, sobald ein Theil der
Mauer in Trümmer würde geschossen sein. Eine ganz prak*
tikable Bresche ward bald zu Stande gebracht; allein vom Ver-
suche, durch dieselbe in die Stadt zu dringen, musste man
abstehen, weil die Vcrtheidigungsanstalten, welche die Einwoh-
ner dicht hinter den Mauern gemacht hatten, allzu furchtbar
waren. Durch Minen wollte sich nun Bourbon den Weg in
diese Verschanzungen bahnen; aber dies misslang durch die
Thatigkeit der Weiber, deren Gegenminen den kaiserlichen
Mineuren sehr gefährlich wurden. Ein einziges Mittel war noch
übrig, nämlich: die Stadt durch Spione in Brand zu stecken;
aber auch dies missglückte. Unterdessen hatte sich ein fühl-
barer Mangel an Lebensmitteln im kaiserlichen Lager eingestellt.
Von allen Seiten erschallten Klagen und Vorwürfe; nur Bour^
bon war der Gegenstand derselben, weil Pescara die Miene an-
nahm, als habe er diese Belagerung von jeher missbilligt, und
unedel genug war, sich dem tapfem und unerschrockenen Her-
sog gegenüber sogar Spöttereien zu erlauben« Als eine Ka-
nonenkugel eines Tages mehrere Menschen selbst im Zelte
Pescara's tödtete, sagte dieser hohnlächelnd zum anwesenden
Konnetable: ^Sehen Sie da die Schlüssel der Stadt, welche
„die Bürger von Marseille uns zu Füssen legen.*
Die Mttthlosigkeit der Soldaten war indessen nicht das
Schlimmste in Bourbons misslicher Lage. Phllibert Prinz
von Oranien, der von Spanien aus Hülfe hätte bringen
sollen, ward vom Admiral der Stadt Genua, Andreas Doria,
— 34 - ^
auf dem Meere gefangen. Der Vicekönig von Neapel Lannoy
hatte den Auftrag, den Herzog von Italien a!TS mit 6000 Mann
Infanterie (nach andern Quellen mit 1000 Kfirassieren) zu un-
terstützen; allein er blieb unter nichtigen Vorwänden in Asti
zurück. Kaiser Karl vergass einen Einfall in die Gujenne machen
zu lassen, und der König von England zahlte die zugesicherten
Subsidiengelder nicht. Jedoch allen diesen Widerwärtigkeiten
setzte Bourbon einen unerschütterlichen Muth entgegen, und fest
entschlossen Marseille zu nehmen, dachte er auf neue Mittel.
Das Fort von Toulon und das Städtchen Cassis (zwei deutsche
Meilen von Marseille östlich am Meere gelegen) entkielten
Kriegsvorräthe ; der Konnetable nahm beide Plätze mit Sturm,
und kehrte mit den erbeuteten Vorrüthen nach Marseille zurück.
Die Mauern wurden von neuem beschossen, und stürzten
in kurzer Zeit krachend zusammen; allein eine Yerschanzung,
durch Pallisaden gedeckt, schreckte den entschlossensten Muth
von einem Sturme zurück. Bourbon forderte die deutsche In-
fanterie auf, die Pallisaden niederzureissen ; diese entschuldigte
sich jedoch mit ihrer Bestimmung, im offenen Felde zu kämpfen ;
Italiener und Spanier waren noch weniger bereitwillig. Dem
Muthvoilen, der zuerst Sturm laufen wolle, versprach Bourbon
500 Dukaten und das Kommando über 500 Mann; ein lautes
Murren war die Antwort. Die Bresche wurde erweitert und
Bourbon Hess sich herab, den Markgrafen Pescara zu bitten,
ddss er die Spanier zum Sturmlanfen bewegen möcht«; Pes-
cara versprach es zu thun, wenn die Bresche von neuem un-
tersucht sein würde. Sieben entschlossene Spanier übernahmen
dieses gefährlidie Geschfift; davon wurden vier auf der Stelle
erschossen und die Uebrigen verwundet; diese Letztem sagten
aus: „Dir Franzosen zu Boss und zu Fuss stünden in Ord-
„nung hinter der Munition; das Geschütz wäre alles gegen den
„Einfall gerichtet, und die Grüben wfiren voll Pulver.^ Diese
Nachricht schlug den Muth vollends nieder; vor dem ganzen
Haufen rief Pescara laut aus: „Ihr sehet, was die Marsil-
„lienser vns für ein Mahlseit angericht; welcher nit gern wli
— 35 —
„leben, vnd bald in der Holl wi) zu nacht essen, der mag den
Starm anlauffen, welche aber ihr eigene und des Keysers wol-
„fahrt begeren, die sollen mir nachfolgen; denn ich wil
„abziehen/^ So sprach Pescara zum Haufen, und das Resultat
seiner Anrede war: „darauf ist jm alles Kriegs?olk zu-
„gef allen; Eitel Friedrich, Graf von Zollem, Graf Lud-
„wig von Lodron und alle Teutsche Hauptlent hatten in
„Sonderheft ein gross gefiillen an diesem Abzug. ^
So erzählt uns Adam Reissner.
Die Nachricht, dass König Franz I. mit 40.000 Mann, die
er eiligst gesammelt hatte, im Anmarsch begriffen sei, Mar-
seille zu entsetzen, gab endlich vollends den Ausschlag; die
Belagerung der Stadt, die 40 Tage gedauert hatte, wurde am
29. September 1524 aufgehoben. Um den Bewohnern von Mar-
seille den Rückzug zu verbergen, Hess Bourbon im Lager ein
grosses Feuer anzünden, dessen Rauch der Stadt zuströmte;
auf diese Weise wurde es ihm. möglich, sein Geschütz zu
retten — bis auf die grössern Stücke, von denen Pescara zwei
vergraben, die übrigen aber sprengen Hess. Lflngs der Küste
des mittelländischen Heeres zog er sich nach Italien zurück*
Die leichte Reiterei mit den wälschen Fähnlein machten den
Yortrab, nun folgte das Geschütz mit dem Trosse, die Deut-
schen bildeten das Centrum und die Spanier den Nachtrab.
Wie sehr aber auch Bourbon seinen Harsch beschleunigte, so
wurde doch sein Nachtrab von den französischen Marschällen
Chabannes und Hontmorency, noch weit mehr aber von
den proven^alischen Landleuten arg mitgenommen; letztere hatten
sich in Engpässen in einen Hinterhalt gelegt, und unbarmherzig
alle jene erschlagen, welche sich von der Armee entfernten.
Nach vielen ausgestandenen Beschwerden kam Bourbon endlich
nach Monaco. Die Nähe des Winters, glaubte er, würde
ihm Zeit zur Erholung geben ; allein König Franz nicht zufrie-
den, seinen Gegner aus der Provence vertrieben zu haben, eilte
möglichst schnell über die Alpen, um ihn in der Lombardei
gänzlich zu vernichten und Hailand wieder zu erobern. Ein
3«
- 86 —
Eilbote von Lannoy brachte die Nachricht, dass Alles verloren
sei, wenn Bourbon nicht zu Hülfe komme. Der Konnetable
verlor keinen Augenblick, um sich mit dem Vice -König zu
vereinigen.
Pescara, welcher den Yortrab führte, kam an demselben
Tage in Alba an, an dem Franz in Vercelli einmarschierte.
Pescara vereinigte sich den folgenden Tag mit Lannoy;
der Zug ging nun stracks auf Mailand. Diese Stadt war seit
der Verwüstung durch Kaiser Friedrich Barbarossa nicht un-
glücklicher gewesen, als gerade in diesem Zeitpunkte. Eine
schreckliche Pest hatte den grössten Theil der Einwohner hin-
weggerafft, und die Uebriggebliebenen waren zu sehr mit ihren
eigenen Leiden bescjiäftigt, als dass sie sich viel um Freund
oder Feind bekümmert hätten; König Franz und Herzog Franz
Sforza galt ihnen unter den obwaltenden traurigen Umständen
gleich viel.
Das kaiserliche Heer war indessen vor Mailand angekom-
men. So gefährlich es auch sein mochte, sich in einer von
der Pest verwüsteten Stadt einzuschliessen , so erlaubte doch
die Kraftlosigkeit der Truppen keine andere Hassregel. Kaum
hatten sie sich aber in etwas erholt, als der grösste Theil der-
selben zu Pavia, Lodi, Alessandria und Como in Garnison ge-
legt wurde. Nach Pavia kamen zwölf Fähnlein deutscher
Truppen unter den Grafen Eitel Friedrich von Zollem, Lud-
wig von Lodron und Johann Baptist von Lodron;
auch der berühmte Freiherr Konrad von Boineburg (Bemmel-
berg) soll sich nach seinem Biographen unter den deutschen
Hauptleuten in Pavia befunden haben; darin befand sich auch
der tapfere Sebastian Schertlin von Bertenbach. Der Konne-
table zog sich mit dem Rest seiner Truppen nach Soucino am
Oglio zurück, und wartete hier die Massregeln des französischen
Königs ab, um nach diesen die eigenen treffen zu können.
— 37 —
m. Abschnitt.
Fraoz I., König Ton Frankreich in Mailand: Belagerung der Stadt Pa-
ria; Ludvig Graf von Lodron, und sein Vetter Johann
Baptist Ton Lodron in Paria; Zurückschlagnng der unter-
nommenen dreizehn Stürme; Noth in der belagerten Stadt; Aus-
fälle der tapfem Besatsnng; Zug des Ritters Qeorg t. Freunds-
berg nach Italien zur ^Entschüttung^ ron Paria; Papst Klemens
VIT. und seine Politik; päpstliche Legaten im französischen und
kaiserlichen Lager, so wie in Paria; Beschluss der kaiserlichen
Heerführer, den KOnig ron Frankreich anzugreifen; Freunds-
bergs Anrede; Aufbruch des kaiserlichen Heeres; Schlacht
bei Paria den 24. Februar 1525.
1. Hätte Köniff Franz das aus der Proven^^ zurückziehende
kaiserliche Heer, das erschöpft und geschwächt die Lombardie
erreichte, gleich mit seiner Uebermacht angegriffen, so hätte er
seines Sieges gewiss sein können; seine Hauptsorge ging aber
dahin, Mailand zu besetzen und in dieser halbverödeten Stadt
seinen Namen und seine Pracht jeden Tag neu zur Schau zu
tragen — worüber eine kostbare Zeit verloren ging. Als es
nnn hiess, die Operationen wieder aufzunehmen, machte König
Franz den Anfang mit der Belagerung der festen
Stadt Pavia — ein furchtbarer HissgriiT! Franz that dies
hauptsächlich auf den Rath und Antrag seiner Günstlinge, be-
sonders des berüchtigten Bonnivet, den Bourbon 6 Monate
vorher so schmählich nach Hause geschickt halte. Zum Glücke
für die kaiserlichen Waffen hatte aber Pavia einen Mann zum
Kommandanten erhalten, der Kopf und Herz auf dem rechten
Flecke hatte; es war dies Antonio de Leyva^ Fürst von
Termino, ein Spanier von Geburt, „das alte, störrische, gicht-
brüchige und doch ewig unruhige Soldatenkind^ — wie dieser
tapfere alte Haudegen häofig genannt wird — ein Mann, der
— 38 -
sich durch Umsicht, Huth and Entschlossenheit schon bei vielen
Gelegenheiten, namentlich aber in der blutigen Schlacht bei
Ravenna (11. April 1512) ausgezeichnet und jttngsthin we-
sentlich dazu beigetragen hatte, die Franzosen aus dem Mai-
Ifindischeft zu vertreiben. Antonio de Leyva hatte als Anführer
spanischer Truppen schon am 21. April 1503 bei Seminaria
im Neapolitanischen über den französischen General Aubigni
gesiegt, war in den Waffen ergraut, und ein grosser Freund
der Tiroler, wie dies ans jenen beiden Schreiben nach
Innsbruck hervorgeht, welche uns die Geschichte aufbewahrt
hat, und die zu seiner Zeit werden mitgetheilt werden.
Seine glänzendsten Thaten vollbrachte er bei vorgerück-
terem Alter in dem elendesten körperlichen Zustande. Vom Gichte
geplagt, stets von körperlichen Schmerzen verfolgt, leitete er
vom Tragsessel aus die Schlachten. Mit vollkommener kör-
perlicher Kraft, sagte man von ihm^ hätte er den Teufel selber
bekriegt und besiegt.
Werfen wir nun vom Stadtkommandanten auch noch einen
Blick auf die Stadt Selbsten.
Pavia, die Residenz der longobardischen Könige, liegt auf
beiden Ufern des Tessin, unweit seines Zusammenflusses mit
dem Po, jedoch in der Art, dass die eigentliche Stadt das
linke Ufer einnimmt, die Vorstadt St, Antonio aber auf dem
rechten Ufer, gewissermassen als Brückenkopf, die Insel ver-
theidigt, welche ein kurz vor der Stadt auslaufender und hinter
ihr wieder in den Hauptstrom mündoider Nebenarm des Tessin
(der Ticinello genannt) bildet. Das feste Schloss lag auf der
Stadtseite, ziemlich in der Mitte der Verwallung, welche mit
ihren Endpunkten den Tessin berührt. Eine stehende Brücke
verbindet Stadt und Vorstadt.
Die Besatzung bildeten 500 Spanier, 200 Kürassiere und
IS Fähnlein deutscher Landsknechte.*) Dem braven
*) Sebastian von Schertlin, der sich — wie bereits erwähnt -^
ebenfalls io Pavia befand, gibt die Stärke der ganzen Besatsong
- 39 —
StadlkonMnandaiiten , Antonio de Leyva, zar Seite standen:
Eitel Friedrich Graf von Zollem, die beiden Grafen Ludwig
und Johann Baptist von Lodron, Konrad von Boine-
borg (Bemmelberg), dann Rudolph Häl und der 23 Lebensjahre
zählende Kaspar von Freunds berg, der tapfere Sohn
des Ritters Georg von Freundsberg.
Am 28. Oktober 1524 war die Einschliessung der Festung
vollendet; noch denselben Tag unternahm der Marschall Hont-
morency einen Sturm auf die Vorstadt St. Antonio, die von
den Deutschen unter Ludwig Grafen von Lodron und
Konrad von Bemmelberg vertheidigt wurde*); beide Führer
schlugen den angelegten Stnrm siegreich ab, und wiesen die
Franzosen mit blutigen Köpfen zurück.
Als der Konnetable vernommen hatte, Franz habe sich an-
geschickt, Favia zu belagern, war er über diesen Hissgriff des
Königs hoch erfreut, und der Markgraf Pescara sprach zu sei-
nen Soldaten: „Nun sind wir gewonnen, weil Frankreichs
„König uns verlässt und sich gegen die Dentschen in Pavia
„wendet ; denn diese werden schon sich wehren, bis der König
„den Winter hindurch müde wird; mittlerweile kann uns neue
„Hälfe aus Deutschland werden und wir werden dann diesen
„Krieg mit einem herrlichen Sieg vollenden»^ Und so kam es
auch, wie wir sehen werden.
Pescara hatte sich in Lodi aufgestellt, um von da aus den
Belagerten Hülfe bringen zu können, während Lannoy mit der
Kavallerie über die Adda gegangen war, und ebenfalls bei Son-
ciBO am Oglio eine Stellung genommen hatte. Die Belagerung
der Stadt Pavia durch den König von Frankreich dauerte vier
Monate — vom 28. Oktober 1524 bis 24. Februar 1525. -^
in runder Summe auf 4000 Mann an, während der Biograph des
Konnetables Karl von Bourbon die Landsknechte allein auf 6000
Mann angibt, dem zu Folge jedes Fähnleio derselben bei 500
Manu gezählt haben müsste, was aber durchaus nicht wahr-
scheinlich ist.
*) So erzählt uns der Biograph des Preiberrn Konrad von Boine-
burg (Bemmelberg.)
— 40 —
Während dieser Zeit Hess König Franz dreizehn Stürme
anlegen, welche aber sämmtlich von der braven Besatzung
glänzend abgeschlagen virnrden; angefeuert darch ihre tapfen
Fahrer, verrichtete dieselbe Wander der Tapf^keit ; namentlich
wird Graf Friedrich von Zoilem nnd Graf Johann Baptist
von Lodron angeführt, die mit ihren Leuten einen Haupt"
«furmzurttckschlugen, den Frankreichs König beim Schloss-
thurm, der sammt den anstossenden Mauern durch das fran-
zösische vom alten Genoutllac befehligte Geschütz in Trümmer
geschossen worden war, und eine gangbare Bresche erhalten
hatte, hatte anlegen lassen. Auch auf Seite der Vorstadt wur-
den keine grossen Fortschritte gemacht; vergebens liess Mont-
morency die nach langer Vertheidigung überwältigte Besatzung
eines Thurmes hängen; diese Grausamkeit schüchterte die
deutschen Landsknechte nicht ein, sondern erbitterte sie nur
um so mehr.
Da König Franz die Erfahrung gemacht hatte, dass er sich
nicht mit Gewalt der Waffen in den Besitz des Platzes setzen
konnte, verschmähte er es nicht, Versuche zu machen, mit
Hülfe des Geldes in den erwünschten Besitz desselben zu
kommen; die Sache wurde aber verrathen^ und der Komman-
dant, Antonio de Leyva, liess zwei Spanier viertheilen, die
überwiesen worden waren, den Franzosen die Festung für er-
haltenes Geld in die Hände spielen zu wollen. Jetzt machte
Frankreichs König den Versuch, oberhalb der Stadt den Tessin
abzudämmen, und sein Wasser in den kleinem Arm desselben,
in den sogenannten Ticinello zu leiten, welcher die Vorstadt
mit der Insel umschliesst, auf der jene gebaut ist. Glückte
dieser Versuch^ so lag die Stadt von der Wasserseite offen:
jedoch das anschwellende Wasser des Flusses riss die aufge-
worfenen Dämme nieder und brach sich Bahn in sein altes Bett;
es blieb demnach dem König nichts anderes übrig, als zum
langsamen Sapp- und Hinenkrieg überzugehen, und die Schrecken
des Hungers wirken zu lassen. Was dem wackern Komman-
danten zum Tröste gereichte, und demselben die Vertheidigung
— 41 ~
des Platzes durch eine so lange Zeit bedeutend erleichterte^
war die lobenswerthe Haltung der Stadtbewohner, die Geld vor-
streckten, die Lebensmittel willig mit den Soldaten theilten,
alles Ungemach einer langen Belagerung geduldig ertrugen,
und die Besatzung mit Arbeiten unterstützten ; hierin zeichneten
sich namentlich die Damen der Stadt aus, die unter Anführung
der Gräfin Hippolita von Malaspina Schanzen aufwarfen, und
später sogar in den Breschen standen, die Soldaten zur tapfem
Gegenwehr ermunternd; — dafür mussten aber die braven Be-
wohner von Pavia ein paar Jahre später für diese ihre an den
Tag gelegte Loyalität die Rache der Franzosen bitter empfin-
den, wie seiner Zeit ausführlicher erzählt werden wird. Als
die Geldnoth in der Stadt den höchsten Grad erreicht hatte,
liess Leyva das erhaltene Kirchensilber ausmünzen, um seine
Leute bezahlen zu können. Die Noth an Lebensmitteln war so
gross, dass ein Ei 20 Kreuzer, eine Henne 3 Dukaten, und
das Pfund Schmalz einen Dukaten kostete. Schertlln schildert
uns die Noth der Besatzung mit den kurzen Worten: „wir
haben wenig zu essen gehabt, unser eigen pferd, esel und
hnnd gessen.^ Wer aber mitten in diesem Elende sich beson-
ders auszeichnete, das war der junge Kaspar von Freunds-
berg, der die Betrübten tröstete, den Verzagten Muth machte,
und sich überall thötig zeigte; Leyva ernannte deshalb den
jugendlichen Landsknecht zum Hauptmann über ein Fähnlein
Fussvolk, an dessen Spitze der tapfere Krieger bei den vielen
AusfKllen, die Leyva unternehmen Wess^ sich besonders hervor-
Ihat. Von diesen verdient der Ausfall gegen die Graubündner,
die sich 5000 bis 6000 Mann stark im französischen Lager
befanden, besonders erwähnt zu werden, welchen Ausfall der
Kommandant in eigener Person an der Spitze der 200 Kürassiere
und von 6 Fähnlein Fussvolk unternahm, und bei dieser Gelegen-
heit 13 Fähnlein Graubündner aus dem Felde schlug, ihnen zwei
Geschütze, alle ihre Standarten und die ganze Bagage abnahm.*)
^) In Bezug auf die von der tapfern Besatzung gemachten Ausfalle
- 42 -
Ein etwas sonderbar klingendes Mittel soll Pescara, der in
Lodi stand, mit Erfolg angewendet haben, um Geld und gute
Nachrichten in die vom Feinde und vom Hunger gleich hart
bedrängte Stadt zu bringen. Zwei alte Spanier hatten nämlich
durch einen Todtschlag das Leben verwirkt. Pescara schenkte
ihnen dasselbe, gegen dem, dass sie das Wagstück unternehmen
sollten, Geld und Nachrichten in die Stadt zu bringen; beide
Maleficanten versprachen es, nähten das erhaltene Gold in ihre
Kleider ein, kamen als Ueberlfiufer ins französische Lager,
schlössen sich dann bei Gelegenheit eines Ausfalles an die
kaiserlichen Soldaten an, und kamen so glücklich in die Stadt.
Vom mitgebrachten Gelde konnte Leyva jedem Landsknechte
eine Krone auszahlen. Ein anderes Mal wurden 3000 Dukaten
mit List in die Stadt gebracht. Harketender führten nämlich
obige Summe , anscheinend in Weinfässern , durch das franzö-
sische Lager bis an die jenseitigen Vorposten; dorthin richtete
nun der davon in Kenntniss gesetzte Stadtkommandant einen
wüthenden Ausfall, und führte die erwünschte Beute glücklich
in die Stadt, Noch wichtiger aber als das ganze erhaltene
Geld war für die brave Besatzung die mitgebrachte Nachricht:
Ritter Georg von Freundsberg sei aus Deutsch-
land mit einem Heere im Anzüge, um Paviazu
entsetzen. Mit dieser tröstlichen Nachricht hatte es auch
seine volle Richtigkeit.
Nach dem Rückzuge des kaiserlichen Heeres aus der Pro-
vence hatte nämlich der Vicekönig von Neapel, Karl von Lannoy,
eiligst seinen Hofmeister, Cornelius von der Spangen, nach
Deutschland um Hilfe abgeschickt, namentlich nach Innsbruck,
wo Ferdinand, der Bruder Kaiser Karls V. eben Hof hielt.
Ferdinand wendete sich an Georg von Freundsberg mit
der Bitte, einige Föhnlein Landsknechte ehemöglichst anzuwer-
sagt Schertlin: Wir haben vil aussfäUe («en jne) gethon, jme
(Franz L) grossen schaden zugefiegl, hei uinem ausfall 9 fend-
lein vnd zwei stuckbüchsen genommen. Ich hab die schützen
geliert u. s. w.
- 43 —
beo, selbe nach Italien la fllhren und das Oberkommando über
diese Hilfstruppen za Obernehmen. In unglaublich schneller
Zeit brachte Ritter Georg 11 Fähnlein zusammen, die er nach
Heran führte ; dorthin brachte Ritter Marx Sittich von Embs
weitere 18 Fahnlein, und der tapfere, in der Folge durch seine
heldenmüthige Yertheidigung der Stadt Wien gegen die Türken
anno 1529 so berühmt gewordene Niklas von Salm führte
200 Kürassiere herbei ^ alle ausgerüstet von der getreuen und
opferwilligen Landschaft Tirol. An der Spitze der Landsknechte
erblicken wir als Hauptleute folgende Ausländer: Jakob von
Wemau, der zugleich Freundsbergs Locotenent war, Franz von
Breisach, Albrecht von Freiberg, Friedrich von Embs, Heinrich
Flitzinger, Hanns von Bibracb , Daniel von Word , Kaspar von
Waldsee, Ulrich von HOrtheiro und Egloif Scheller.
Folgende fünf Hauptleute waren Tiroler:
Urban Linsing*) von Landeck,
Veit von Wähingen**),
Georg Strele,
Hanns von Stammt),
Philipp von Landeck tt).
Georg von Freundsberg musterte zu Heran seine Mannschaft,
mit der er dann am 27. Dezember 1524 die benannte Stadt
verliess, und seinen Zug über Trient und Roveredo nach Italien
antrat. Ritter Georg erreichte über Desenzano und Soncino
^) Ob er nicht richtiger Urban Lins er helssen dürfte? Bekannt*
lieh 18t die ehrenfeste Familie der Linser in Landeck zu Hause.
*^) Veit von Wähingen war Inhaber der Pfandherrscbaft L a u d e c k
im Oberinnlhale, wurde später oberösterreichischer Regiments-
rath and in der Folge Feldzengmeister.
f) Kommt auch vor als Hanns von Stamp, auch als Hanns von
Stamps; dürfte am wahrscheinlichsten wohl Stambs gemeint
sein.
ü) Wie beim Hanns von Stambs, so ist auch bei diesem der Schreib-
name fortgelassen, und nur der Geburtsort gesetzt, was sehr
häufig der PaU ist, z. B. Ulrich von Ulm, Michael von Altkirch
u. s. w. statt Ulrich Reger von Ulm, Michael Hartmann von
Altkirch.
— 44 -.
marschirend die Stadt Lodi, und nahm vor derselben bei dem
daselbst befindlichen Kloster eine Stellang; hier koncentrirte
sich nun das kaiserliche Heer, das wir aber verlassen mlisseD,
um bald mit päpstlichen Legaten in dasselbe zurückzukehren.
Am 24. September 1523 war der hochbejahrte Papst Ha-
drian VI. gestorben. An seine Stelle ward nun erwählt Kle-
mens YII. , ein Anverwandter (Vatersbruderssohn) des Papstes
Leo X., aus dem Hause Medicis. Von der Erwählung dieses
Papstes sagt Friedrich von Raumer:
^Kiemens war der mächtigste unter den Kardinälen, und
zugleich so gemässigt, dass er gar nicht nach der päpstlichen
Würde zn streben schien. Man hegte grosse Hoffnungen von
seiner Geschäftskenntniss , und wollte für keinen Fall einen
Fremden (wie Hadrian war) , der etwa Hadrians Grundsätze
gebilliget oder angenommen hätte.^
In Bezug auf den Charakter und die Persönlichkeit dieses
Papstes sagt derselbe Schriftsteller:
„Ungeachtet aller Herablassung und Anmuth des Umganges
verstand Klemens VH. doch nicht die Gemüther zu gewinnen
und zu lenken; er besass mehr die Eigenschaften eines ge-
schickten Beamten, als eines grossen Herrschers. Da ihm ein
edler, freier und kräftiger Geist fehlte, ging seine Vorsicht in
Unentschlossenheit , sein Ernst in Härte und seine Sparsamkeit
in Geiz über.«'
So lautet das Urtheil eines Protestanten über Klemens VU.,
dem ich mich mit der Bemerkung anschJiesse, dass derselbe
Papst von vielen Geschichtsschreibern masslos geschmäht und
beschimpft wird; wer aber hierin Alle weit übertrifft, das ist
Adam Re issner, der bekannte Biograph des Ritters Georg
von Freimdsberg und dessen Sohnes Kaspar von Freundsberg,
der es nicht unterlassen kann, den in Rede stehenden Papst bei
jeder Gelegenheit in den Koth zu ziehen, und mit demselben
wacker zu bewerfen. Jedoch abgesehen von allen Fehlern, die
diesem Papste zum Vorwürfe gemacht werden, die uns aber
für den bevorstehenden Zweck nicht berühren — Eine traurige
— 45 —
Thatsache kann nicht in Abrede gestellt werden, diese nämlicb,
dass Klemens YII. sich verleiten Hess, dem Kaiser Karl Y.
gegenüber, eine höchst verderbliche Politik anzu-
nehmen, die für ganz Italien, für Rom, und auch für seine
eigene Person die traarigsten Folgen in jeder Beziehung nach
sich zog. *)
Kaum hatte nämlich Klemens VII. von der Belagerung von
Pavfa gehört, als er aus Eifersucht auf die wachsende Macht
Karls y. , der in Unteritalien das Königreich Neapel und in
Oberitalien das Henogthum Hailand besass, somit den Papst um
die Mitte gefasst hatte, als seine Legaten den Johann Mathfius
Giber ti, seinen Datarius und Bischof von Verona, dann den
Albert von Carpen, Botschafter des Königs Franz beim römi*
sehen Stuhle, und den Bischof von Brindisi, Hieronymus Alean-
der, ins französische Lager nach Pavia abschickte, um mit
dem König von Frankreich und dann auch mit der Republik
von Venedig ein Bündniss abzoschliessen , das zum Zwecke
hatte, den Kaiser Karl V. nicht nur allein aus dem Herzogthume
Hailand, sondern auch aus dem Königreiche Neapel zu ver-
treiben!
Das beantragte Bündniss wurde auch im Thiergarten vor
*) Der Geschichtschreiber Platina, welcher gleichzeitig mit Kle-
mens VII. gelebt und anno 1539 seiuWerk: De vita et moribus
sommornm Pontificum herausgegeben hat, sagt über denselben
Folgendes :
„Huic erat nomen Julius, quod etiam servare decreverat,
sed Cardinalium quorundam rogatu Clementis accepit^ quo
nomen moribus conveoiret. Cardinalis erat Titulo S. Laurentii
in Damaso. Cumque rernm potiretor Leo X., ipsius palruelis, .
qui otii gandio curis se qnantum potuit expecUvit» magnam ne-
gotiorum partem solus sostinnit, unde auctoritas et opes illi in-
signes accesserunt. Qoibus cum jam camulatus esset et plurimum
valeret, videreturque ad res gerendas animi satis et virium ha-
bere, magno cum applausu Pontifex creatur. Quamvis autem
omnes arfes administrandae et augendae reipublicae probe teuere
Visus sit, neque defuerit ei magnanimitas et fortitudo,
gravissimam tarnen cladem sub hoc Pontifice, proh
dolor! accepit sedes Romana.^
— 46 —
Pavia richtig abgeschlossen. Hierauf begaben sich die pfipst-
lichen Legaten aach in die Stadt Pavia, um den Kommandanten
zur Uebergabe des Platzes zo bereden; aHein der unerschrockene
Antonio de Leyva wies ihnen die Thttre. Dem abgeschlossenen
Bündnisse zu Folge und wohl auch als Diversion, um das kai-
serliche Heer zu theilen, und seine Aufmerksamkeit und Thfi-
tigkeit anderswo zu leiten, schickte König Franz den Johann
Stuart, Herzog von Albanien, an der Spitze eines 6000 Mann
starken Truppenkorps von Pavia weg nach Unterilalien^ um das
Königreich Neapel zu erobern; König Franz verrechnete sich
jedoch arg; der Vicekönig Lannoy, fflr Neapel besorgt und vom
Senate dieses Reiches zu Hilfe gerufen, wollte zwar dem Herzog
von Albanien auf dem Fusse folgen, um Neapel zu vertbeidigen,
die übrigen Generale widersetzten sich jedoch mit Beharrlichkeil
und mit Erfolg seinem Vorhaben, und so blieb das kaiserlicbe
Heer koncentrirt, während Frankreichs König durch die unzweck-
milsslge Entsendung einer bedeutenden Truppen-Ablheilong seine
Uebermacht verlor. Während nun die benannten päpst-
lichen Legaten den französischen Monarchen ermahnten, in seinem
Lager ruhig zu bleiben und sich in keine Schlacht einzulassen,
da die Kaiserlichen weder Geld noch Lebensmittel hfitten, somit
bald unter sich uneinig werden und davon laufen würden, kam
eine Gesandtschaft des Papstes auch im kaiserlichen Lager an;
an der Spitze derselben stand ein Deutscher, der damalige
Bischof von Capua, Nikiaus von Schamberg^), derselbe,
der sich als pfipstlicher Legat noch in diesem Jahre am Hofe
des französi/schen Königs befanden, diesen mit dem Papste aus-
gesöhnt hatte, dann von Frankreich aus mittelst der Post nach
Rom geeilt war, um dem Papste die Nachricht zu bringen, dass
König Franz an der Spitze eines imposanten Heeres im Begriffe
stehe, einen Zug nach Italien zu unternehmen^ um dem Kaiser
Karl V. Mailand zu entreissen — eine Nachdcht, die Klemens
gerne hörte. Scharaberg wagte es, den kaiserlichen Generalen
*) Man findet auch Schomberg geschrieben.
— 47 —
Vorstelliingen zu machen, rnhig sieh eu verhalten, nicht anzu-
greifen, den Papst als Unterhändler anzuerkennen, der Frieden
machen und den Krieg beendigen werde, um dann die Waffen
gegen die Feinde des christlichen Namens — gegen die Türken —
zu wenden.^ Zum Vicekönig Lannoy sagte der Legat: er solle
sich eilends vom Heere trennen, Neapel zu retten, gegen wel-
ches Franz schon den Herzog von Albanien abgeschickt habe.
Würde er nicht abziehen, so wäre das Königreich für den
Kaiser um so eher verloren, als dort auch die alten Anhänger
des Hauses Anjon bereits in Bewegung gesetzt worden seien.
Ritter Georg von Freundsberg, an den sich der
L^at gleichfalls gewendet hatte mit dem wohlgemeinten Rathe,
sich durch einen. Angriff des französischen Monarchen doch Ja
keiner Gefahr aussetzen zu wollen, da dieser zu übermächtig
sei, war so ungalant, den unberufenen Rathgeber mit seinem
Degenknopfe zum Lager hinauszujagen. Lannoy wäre in der
That herzlichst gerne abgezogen; allein Bourbon, Pescara und
Freundsberg nahmen ihn in die Mitte und beredeten ihn zu
bleiben; der ritterliche Bourbon entschied sich fflr einen schnel-
len Angriff mit vereinigten Kräften,, während Pescara
so argumentirte : ^Nie sei es im Kriege möglich, AU es zu
erhalten ; das Augenmerk eines Feldherrn müsse allzeit auf das
mindeste Uebel gerichtet sein; nun sei aber die Theilung
and eine Zersplitterung der Streitkräfte allzeit verderblich, allzeit
das grösste Uebel, somit vor Allem zu vermeiden. Vor Pavia
müsse Alles entschieden und die ganze Sache ausgetragen
werden ; würden die Franzosen hier unterliegen, so wäre Neapel
ohnehin gerettet, und wenn der Kaiser vom ganzen Königreiche
auch keinen einzigen Thurm mehr besässe.^
Georg von Freundsberg schloss den Kriegsrath mit
den Worten: „Jetzt kommts einmal auf den Nothknopf an; es
„nützt nichts anders, als den König im Thiergarten anzugrei-
„fen, und die Sache Gott zu empfehlen.^
Weil aber aus Hangel an Geld und Lebensmitteln das kai-
serliehe KriegSYoIk bereits schwierig war, sprachen die zwei
- 48 —
beliebtesten Führer im.Heere, nttmlich Freuadsberg
uod Fescara, jeder mit seinen Leuten. Pescara besänftigte
mit Schmeichelworten und durch einen Wagen Geldes, den er
für erbeutet ausgab, heimlich aber bei den Hauptleuten erborgt
hatte, den Unmuth der Spanier, während Freundsberg seine
Leute in einen Ring zusammentrommeln Hess , mitten unter sie
trat und folgende Anrede hielt:
„Liebe Brüder und Söhne! Alles Kriegsvolk, Wfilscke
und Hispanier, zu Ross und zu Fuss, sind willig, dem Kaiser
sein Herzogthum Mailand gegen den Franzos zu erhalten. Ich
bin auch wegen nichts Anderm hergekommen. So hoffe ich
denn, Ihr werdet bei mir halten, wie immer, als e» frommen
Deutschen ziemt. — Wir haben wohl einen prächtigen Feind;
habet Ihr aber nicht seine besten Hauptleute und Volk schon
mehrmals geschlagen? und jetzt auch mit Gottes Hilf gewissen
Sieg zu verhoffen? Und sollten. wir nicht Alles thun, unsere
lieben Brüder in Favia zu erretten? Welcher das thun will,
hebe seine Hand auf!^
Da hoben alle Hauptleute und Landsknechte fröhlich die
Hand auf und schrien:
„Herr Jörg sey jr Vatter, sie wollen Leib und Leben zu
„jm setzen l'^
Am 24. Jänner brach nun das kaiserliche Heer von Lodi
auf und machte üb^ Harignano eine Bewegung auf Mailand zu,
um den französischen König glauben zu machen, es gelte die
Wegnahme dieser Stadt, und ihn zu bewegen, seine feste Po-
sition bei Pavia zu verlassen und dem Herrn de la Tremouille,
der in Mailand lag , zu Hilfe zu eilen ; allein Franz veränderte
nur sein Lager und ängstigte Pavia desto mehr. Von Marignano
schwenkte das kaiserliche Heer links ab, und näherte sich dem
Lambro morto, an dem 8 Tage lang still gelegen wurde. Wäh-
rend dieser Zeit erstürmte Pescara das nahe Städtchen St. An-
gelo, das Pyrhus von Gonzaga mit 4 französischen Fähnlein
Fussvolk und 200 Reitern besetzt hielt; die Besatzung wurde
gegen das abgegebene Ehrenwort, in diesem Kriege gegen den
— 49 —
Kaiser nicht ferners zu dienen, entlassen. Auf die eingelaofene
Nachricht von der Annäherung des kaiserlichen Heeres ver-
wahrte König Franz seinen Lagerplatz, der vom Thiergarten bis
ao den Po hin sich erstreckte, mit einem tiefen Graben und
aufgeworfenen Erdwalle; auch erweiterte er das Lager ausser-
halb des Thiergartens dergestalt, dass die Kaiserlichen erst nach
Dorchbrechung des befestigten Lagerplatzes bis zur Stadt vor-
dringen konnten. Zur Erleichterung der Kommunikation wurde
die Mauer des Thiergarlens auf dreien Seiten durchbrochen;
eine Brücke, die oberhalb der Stadt über den Tessin geschlagen
war, stellte die Verbindung mit dem jenseitigen Ufer her. Sehr
gut hätte man gethan, auch noch unterhalb der Stadt eine zweite
Brücke zu schlagen, da es für ein Heer immerhin sehr misslich
ist , nur auf eine einzige Rttckzugsstrasse beschränkt zu sein,
besonders wenn dieselbe eine Brücke ist. Auf dem linken
Flügel stand Franzens Schwager, der Herzog von Alen^n mit
seinen Truppen, auf dem rechten Flügel aber der Harschall
Chabannes, während der König das Centrum in eigener Person
komniiandirte und Marschall Montmorency die Vorstadt St. An-
tonio mit 8000 Mann eingeschlossen hatte. In dieser Position
erwartete Frankreichs Monarch das kaiserliche Heer. Dieses
rückte am 5. Februar über St. Columbano bis auf 1000
Schritte in die Nflhe des französischen Lagers vor, und ver-
harrte in dieser Position bis zum 20. Februar; die Kälte war
gross, das Wetter schlecht, die Noth an Lebensmitteln im kai-
serlichen Lager sehr empfindlich, da die Franzosen weitum das
Land aasgesogen hatten; täglich fielen grössere und kleinere
Gefechte vor. Freundsberg und Pescara waren Tag und Nacht
darauf bedacht, dem Feinde Abbruch zu thun; besonders war
Pescara in dieser Hinsicht unermüdet; er lief hin, er lief her,
besichtigte die feindlichen Verschanzungen , bestieg sogar mit
offenbarer Lebensgefahr die eine und die andere, um zu erfah-
ren, wie das feindliche Lager aussah und wo die verschiedenen
Nationen Ihre Lagerplätze hatten. Ein besonderes Augenmerk
hatte Pescara auf die Deutschen gerichtet, die er eines Tages
4
— 50 —
flberrumpehe, aus ihrem Lager vertrieb und bis unter die Augen
des Königs verfolgte.
Ein paar Tage darauf hätte eine Herde Schlachtvieh bald
Veranlassung zu einer Hauptschlacht gegeben. Der Sachverhalt
ist dieser : Die Franzosen hatten nämlich ausserhalb ihres Lagers
dasselbe auf die Weide getrieben; dieses ersehen die Spanier
und machen sich auf, um dem Feinde, das Vieh abzujagen. Aaf
das erheben jene Franzosen, die der Herde als Bedeckung
dienten, ein Zettergeschrei und rufen um Hilfe ; eine bedeutende
Abiheilung französischen Fussvolkes bringt die erwünschte Hilfe;
nun kommen die Spanier ins Gedräng ; diesen eilt nun wiederum
Alphons von Guasta zu Hilfe; da rückt Pescara mit Fussvolk
an, aber auch die Franzosen erhalten fortwährend Verstärkungen,
und zwar zuerst durch die Italiener, dann durch die Gasconier,
hierauf durch die Kürassiere und endlich durch die leichte Rei-
terei,-welche Johann von Hedicis herbeiführte; zuletzt kommt
auch der König dahergeritten mit grossem Gefolge, während von
der entgegengesetzten Seite auch Pescara und Lannoy anrücke« ;
und nun wird der lieben Ochsen wegen zusammengescUageo
und gerauft, bis beide Heere — schachmatt waren und gänzlich
erschöpft sich in ihr Lager zurückzogen. Wäre irgend ein
Führer des einen oder des andern Heeres im Stande gewesen,
eine Ordnung in die Leute zu bringen, so hätte das Gefecht
für die Gegenpartei höchst verderblich werden können ; so wurde
aber in einem furchtbaren Durcheinander planlos gestochen,
geschlagep, geschossen, bis eine gänzliche Erschöpfung beide
Heere trennte. Im kaiserlichen Heere verlor bei dieser Affaire
Alphons von Carvajal, ein vornehmer Spanier, das Leben, und
ein anderer Spanier aus dem berühmten Geschlechte der Gu5$-
manne eine Hand.
Als Freundsberg zur Ueberzeugung gelangt war, dass man
den Franzosen aus Ursache ihrer vortrefOich gewählten Stellung
und ihrer bedeutenden Artillerie wegen bei Tag nichts anhaben
kön^e, so liess er am 8. Februar durch seinen Locotenenten,
d^n Hagiptmann Jakob von Wemau, mit 7 Fähnlein einen nacht-
— 61 —
liehen llebeifEill machen ; dieses Hai war es auf die Schweizer
unter ihrem Kommandanten Cusani abgesehen. Um in der Dun-
kelheit einander zu kennen, musste die ganze MannschafI der
7 Fftholein über ihre Rüstung weisse Hemden anziehen. Vier
Hauptleute der Reisigen erhielten den Befehl, auf vier verschie-
denen Seiten des französischen Lagers mit ihren Leuten einen
Höllenlärm zu machen ; die Franzosen wussten nun nicht, wohin
sie sich wenden sollten. Während nun Wernau den anbefoh-
lenen Ueberfall mit dem besten Erfolg ausführte und viele
Schweizer erlegte, stand Freundsberg mit seinen übrigen Leuten
kampfbereit in der Reserve.
Der Regen, der nun in Strömen vom Himmel fiel, führte
eine unwillkürliche Waffenruhe herbei, die vom 8. bis il, Fe-
bruar anhielt. Aber selbst während dieser Zeit liessen Peseara
und Freundsberg den Franzosen Tag und Nacht keine Ruhe;
M hielten dieselben durch Scheinangriffe und durch fortwäh-
rendes Allarmiren ihres Lagers so in Athem, dass sie unter den
Waffen schlaftrunken zusammenfielen.
Am 17. unternahm die Besatzung von Pavia mit 3 Fähn-
lein einen Ausfall; unfern der Gertosa (Karthause) lagen im
Thiergarten auf der Strasse, die nach Mailand führt, 5 Fähn-
lein Infanterie, die unter dem Befehle des Johann von Hedicis
standen; diesen galt der Ausfall; die benannten 5 Fähnlein
wurden überrumpelt und in die Flucht geschlagen. Als nun
Johann von Hedicis seinem Fnssvolke zu Hilfe kam, erhielt er
einen Schuss im rechten Schenkel. Der Verwundete wurde vom
König Franz öfters besucht und mit Bewilligung des Harkgrafen
Peseara über den Po nach Piacenza gebracht, um in dieser
Stadt seine Wunde mit mehr Ruhe heilen lassen zu können.
Zwanzig Honate später werden wir diesem vornehmen Wild-
fange bei Governolo wieder begegnen, wo ihm Georg von
Freundsberg in eigener Person durch einen gutgezielten Schuss
ans einem Falconette denselben Schenkel ganz zerschmetterte,
und dadurch den Vetter des Papstes in die Ewigkeit schickte.
fn der Nacht vom 19. auf den 20. Februar unternahm
4*
— 52 —
Pescara mit seinem Yelter Alphons von Guasta an der Spitze von
3000 Spaniern einen nächtlichen UeberfaÜ , ' den er in eigener
Person kommandirte und gegen die Schweizer richtete. Diese
wurden überfallen^ aus ihrem Lager verjagt und in das fran-
zösische Lager getrieben. Die Kaiserlichen tödteten bei 500
Schweizer, vernagelten 3 grosse Geschfltze, nahmen den Ar-
tillerie-Obersten Gaderosi gefangen, besahen sich das franzö-
sische Lager so viel nur möglich war, und kehrten fröhlich
und guter Dinge wieder in ihr Lager zurück. Der kaiserliche
Hauptmann Suggar nahm einen französischen Rittmeister der
leichten Reiterei gefangen und erbeutete mehrere Pferde ; wären
die Kaiserlichen mit dem ganzen Volke zu Fuss und zu Pferd
in dieser Nacht nachgerückt, sie würden ohne Zweifel einen
grossen Sieg errungen haben; so gross war der Schrecken
unter den Franzosen, den dieser nächtliche Ueberfail in ihrem
Lager hervorgebracht hatte. Nun verliessen die Graubündtner
das französische Lager, da sie nach Hause berufen wurden, um
das eigene Land gegen Jakob von Hedicis zu vertheidigen, der
die Umgebung vom Comersee und bereits auch Chiavenna sich
mit Waffengewalt unterworfen hatte ; mit ihnen zogen auch noch
etliche andere Schweizer-Fähnlein heim, die nicht länger mehr
bleiben wollten. Um die Lücke auszufüllen, welche der Abzug
dieser Hilf:>truppe , welche — wie bereits erwähnt wurde —
5000 bis 6000 Mann stark waren, in seinem Heere verursacht
hatte, berief König Franz den Herzog von Saluzzo mit 4000
Mann Italienern von Genua und Savona nach Pavia ; allein dieses
Korps wurde von den Truppen des Herzogs Franz Sforza, der
damals noch auf der Seite des Kaisers stand, total geschlagen;
die Hauptleute wurden gefangen und die erbeuteten Standarten
nach Alessandria gebracht. Nun zog Frankreichs König den
Kommandanten von Mailand, den Herrn de la Tremouille, mit
der Besatzung dieser Stadt an sich.
Am 20. Februar rückten die Kaiserlichen mit ihrem Lager
dem französischen bis auf einen Bfichsenschuss nahe, und war-
fen vor ihren Batterien, aus denen die Franzosen fortwährend
- 53 -
beschossen wurden, einen neuen Graben mit einem breiten
Walle auf, hinler welchem kaiserliche Scharfschatxen den Fran-
zosen grossen Abbruch tbalen; aof beiden Seiten wnrde nnn
Tag and Nacht geschanzt und gebaut, mit doppeltem Eifer aber
aof franziVstscher Seite ; der König von Frankreich wollte nfim-
lieh in seinem befestigten Lager das Resultat seiner Entsendung
des Herzogs von Albanien nach Neapel, so wie die Hilfeleistung
des Papstes und der Republik Venedig abwarten. Dieses an-
genommene System des Verzuges wollte aber vielen Generalen
des französischen Heeres durchaus nicht eingehen , namentlich
dem Herrn de ia Tremouille und Galeatus von Sl. Severin, dem
Oberhofmeister des Königs. Der greise Marschall la Palisse
gab sein Gutachten dahin ab: der König solle Frankreichs
Wohl nicht der Gefahr einer Schlacht aussetzen, somit das
Lager vor Pavia verlassen und sich gegen Binasko zurück-
ziehen ~ eine Ortschaft bei fttnf Stunden nördlich von Pavia
gelegen; nach seiner Meinung werde die ausgehungerte Be-
satzung und das nothleidende kaiserliche Heer nach Franzens
Abzug Geld haben wollen, in Folge des Geldmangels aber einen
Aufruhr erregen — wie gewöhnlich — dann abziehen und sich
zerstreuen. Dieser Meinung war auch Klemens VIL , der durch
den französischen Botschafter, Albert von Garpen, den König
von der Lieferung einer Schlacht allen Ernstes abmahnen liess;
dahin stimmte auch Renatus von Savoyen, des Königs Vetter,
so wie die Heerführer Chabannes, Genouillac, d'Ars, Theodor
Trinlzio und Foix. Wer aber mit Leib und Seele gegen diesen
Antrag stimmte, das war des Königs Günstling, der Admiral
Wilhelm von Bonnivet; dieser war ganz gegen den be-
antragten Abzug von Pavia und für die Annahme einer Schlacht,
und ihm folgte auch der König, es ehrenvoller erachtend zu
bleiben und sich zu schlagen, als abzuziehen. Hatte Ja der
Monarch prahlerisch gesagt und geschrieben , dass er Pavia
nehmen oder unter den Mauern der Stadt sterben werde!
Montmorency, St. Marsault und Brion rissen vollends den König
mit jugendlichem Ungestüm fort. Wie, Frankreichs mächtiger
- 54 -
Honaroh — so hiess es — sollte an der Spitae des Adels
eines ganzen Königreiches vor einem Verräther fliehen? Mar-
schall Chabannes wollte Einwendungen machen — ward aber
gleich zum Schweigen gebracht, indem Bonnivet ihm vorwarf,
bei seinem abgegebenen Rathe mehr sein hohes Alter als sein
grosses Herz befragt zu haben.
Tremouiile bestand darauf, keineswegs den Augriff des
Feindes im Lager abzuwarten, sondern, wenn doch geschlagen
werden müsse, dem Feinde im Sinne altfranzösischer Kampfes-
weise muthig entgegen zu rücken; dazu fehlte jedoch dem
König und seinem Günstling Bonnivet der Huth. So herrschte
im französischen Lager hinsichtlich der Ansichten unter den
verschiedenen Führern eine grosse Zerfahrenheit.
Dagegen fassten die kaiserlichen Generale einstimmig
den Beschlnss: den König in seinem ,^este^ anzugreifen, zu
diesem Zwecke den Thiergarten aufzubrechen, durch denselben
vorzudringen, und in seiner Mitte, beim Jagdschlosse Hira-
bell, sich zu vereinigen. Die Ausführung dieses Planes Hess
den beiden Führern des kaiserlichen Heeres, Freundsberg und
Fescara, Tag und Nacht keine Ruhe, so dass selbe darüber
weder essen noch schlafen konnten. Es glückte dem Ritter
Georg von Freundsberg 90 Zentner Pulver in die bela-*
gerte Stadt hineinzubringen, so wie etwas Mundvorrath. Eben
so gelang es seinem Sohne Kaspar einen Edelmann, einen
Herrn von Walderstein, in das kaiserliche Lager abzu-
schicken mit der Weisung, sich dort zu erkundigen, wann der
Angriff auf's französische Lager stattfände. In Folge dessen
wurde im kaiserlichen Lager Kriegsrath gehalten und in dem-
selben einmüthig der Beschlnss gefasst: der Angriff auf
das französische Lager solle am 24, Februar^
als am Geburtstage des Kaisers^ stattfinden^
und die Vereinigung der verschiedenen in den Thiergarten von
mehreren Seiten her eindringenden Truppen-Abtheilungen halte
beim Jagdschlosse Mirabell zu geschehen. Diesen Besehluss
des Kriegsrathes dem Kommandanten von Pavia, Antonio de
— 55 —
Leyva, schnellstens zu hinterbringen, wurde ein kaiserlicher
Hauptmann, A rf us mit Namai, in die Stadt abgeschickt. Arius,
ein schlauer Mann, gelangte mitten durch das fransOsfsche Lager
auf folgende Weise giflckifch in die Festung; an der Spitze
einiger Reifer, welche weisse Kreuze *- wie die Franzosen —
angeheftet trugen, zu den französischen Vorposten spornstreichs
hinreitend, gab der benannte Hauptmann vor, zu den Truppen
des Johann von Med (eis zu gehören, und um die Parole ange-
gangen, entschuldigte er sich damit, schon zwei Tage abwesend
gewesen zu sein, somit die Losung nicht wissen zu können ; so
betrog er die Wachen und erreichte glflcklich^ die Stadt. Hier
setzte er den Kommandanten von Allem in Kenntniss — mit
dem Beisatze , das Signal für den beantragten Angriff auf den
24. Februar wären 3 Kanonenschüsse ; auf diese hfttte derselbe
mit seiner Besatzung einen Ausfall in der Richtung ^egen das
benannte Jagdschloss zu unternehmen , und sich mit dem kai*
seriichen Heere auf diesem Funkte in Verbindung zu setzen.
Einige Stunden später nach dem Abgange des Hauptmanns Anns
erMickle man vom kaiserlichen Lager aus auf einem Thurme
der Stadt Pavia ein Feuer auflodern; dies war das verabredete
Zeichen, dass Arius glücklich in die Festung gelangt und sich
seines erhaltenen Auftrages entlediget habe. Somit waren kai-
serlicher Seits für die bevorstehende Schlacht alle möglichen
Vorkehrungen getroffen ; vernehmen wir nun den Verlauf dieses
blutigen und in seinen Folgen so wichtigen Treffens.
4. Die ewig denkwürdige Schlacht bei Pavia wurde gelie-
fert — wie im Kriegsräthe beschlossen worden war — am 24.
Februar 1525, also gerade am fttnfundzwanzigsten Geburtstage
Karls V. , war somit das schönste Angebinde, das dem Jagend-
lichen Monarcheil von seinem tapfem Heere in Italien zu diesem
Tage dargebracht werden konnte. Die Stfirke des kaiserlichen
Heeres wird von i6.000 bis 22.000 Mann angegeben; noch
weit mehr weichen die tieschichtschreiber von einander ab in
der Angabe der Sttfrhe des französischen Heeres^ die von
26.000 bis 60.000 Mann angegeben wird. Friedrich v. Raumer
— 56 —
sagt hierüber: ^Den 5. Jäoner 1528 langten 12.000 wohlgerä-
stete Deutsche im kaiseriichen Lager, an. Diese bildeten nebst
6Q00 Spaniern, etwa 3000 Italienern und 800 Reitern das ganze
kaiserliche Heer (21.800 Mann), wogegen die Franzosen 26.000
Fussgänger und 1300 Reiter zühlten. Indessen behaupten Einige:
durch eigenmächtiges Davongehen, durch Nachlflssigkeit, und
durch die Untreue der Verpflegsbeamten habe sich selbst diese
Zahl so vermindert, dass die Kaiserlichen nicht um 3000 bis
6000 Mann schwächer, sondern in Wahrheit stärker gewesen
wären. So benutzte Jeder die Unachtsamkeit und die Lässig-
keit des Königs, um ihn zu betrügen.^''') ^
Die Annahme, dass beide Heere in Bezug auf Stärke ein-
ander ziemlich das Gleichgewicht gehalten haben, dürfte der
Wahrheit — meines Erachtens — am nächsten kommen.
So war endlich der für König Franz und für sein ganzes
Heer so verbängnissvolle 24. F^ruar angebrochen. Der kai-
serliche Hauptmann Salsedon (Salzedo) von Geburt ein Spa-
nier hatte den Auftrag erhalten, mit einem Fähnlein Schanz-
gräber, die unter seinem Kommando standen, während der
Nacht vom 23. auf den 24. Februar eine gute Strecke Hauer
des Thiergartens auf seiner östlichen Seite niederzureisseu, wäh-
rend drei andere Hauptlente die Weisung hatten, vor dem Parke
einen gewaltigen Lärm zu machen, der das Durchbrechen der
Hauer übertäuben, und dabei die Feinde zugleich irre führen
sollte. Obgleich das Gemäuer des Parkes sich viel fester zeigte,
als man erwartet hatte, so war doch mit Anbruch des Tages
eine Strecke von 60 Schritten niedergeworfen, und zwar mit
einem solchen Erfolge, dass die Franzosen die Niederreissung
der Hauer nicht einmal gewahr wurden, somit derselben auch
nicht das geringste Hindemiss in den Weg legten.
*) Tout le monde proQtait d 'inapplication du roi ,,pour le t r o m p e r-^
Geillard IL 369.
König Franz konnte nm so leichter betrogen werden^ als er
auch selbst im Lager vor Pavia mehr dem Vergnügen lebte,
als dem ernsten Kriegshandwerke.
— 57 —
Schon Hin 2 Uhr Naclils war das kaiserliche Herr im
Lag«* auf den Beioen, hatte sich in Schlachtordnung aufgestellt,
nnd stand eine Stunde spfiter kampfbereit vor dem Thiergarten.
Ab der Tag schon zu grauen begann, war die in Arbeit ge-
nommene Hauerstrecke bereits niedergeworfen; nun ertönten
drei Schüsse aus grossen Stocken — das verabredete Zeichen
fbr die Besatzung in Pavia — und die blutige Arbeit begann.
Um den Leser in Stand zu setzen, sich von der Schlacht
Selbsten einen etwas klaren Begriff zu machen, ist die Einhal-
tung einer gewissen Ordnung in der Beschreibung derselben
nnumgUnglicb noHiwendig. Betrachten wir demnach zuerst den
Anmarsch des kaiserlichen Heeres.
Den Vortrab desselben bildeten drei sogenannte „Renn-
faholein^ und 3000 auserlesene spanische Schützen; Führer
der Avantgarde war der jugendliche Held Alphons Markgraf
von Guasta, Vetter des Pescara. Dieser gab jenem die Ordre,
in der kürzesten Linie bis zum Jagdschlosse im Parke (Mirabell)
schnellfiten vorzudringen und verband mit dem gegebenen Be-
fehle unter Einem auch einige Worte der Aufmunterung zur
Tapferkeit und Furchtlosigkeit. „Vetter 1 — rief ihm Pescara
ZD — fürchte die Feinde nicht, die wir immer überwunden
hab^; bist du aber zu schwach -- davor sei aber Gott — so
sollfil du dirKch sterben, damit wir den Sieg erlangen.^ Dem
Feldherm entgegnete Markgraf von Guasta fröhlichen Muthes:
„Ich will mich heute nicht sparen, und gedenke mit der Hülfe
Gottes Ehre einzulegen, ich bleibe nun lebendig oder todt.^
Sprach's und gab guter Dinge seinen Leuten das Zeichen zum
Aufbruche.
Dem Markgrafen Alphons von Guasta folgte auf dem Fusse
die erste Kolonne der Kaiserlichen, von Pescara in eigener
Person angeführt; diese war gebildet aus 2000 deutschen
Landsknechten unter dem Kommando der beiden Hauptleute
Ulrich von Hörkheim und Egioff Scheller aus dem Regimenle
des Marx SHtieh und 1000 Spaniern, den sogenannten Basken,
— 56 ^
sagt hierüber : «Den 5. Jü- j^ " Diejenige« Krieger in
stete Deutsche im > " ^j;;;ische trugen, hatten über
6000 Spaniern. ^^^J^^ «^«'" wenigstens ein grosses
aiserlicne ^'■*t^l^ ,^aefk müssen; der getroffenen Dis-
®^ >5'/''*T/v^^//if//ch von dieser Kolonne die feind-
cupcii ^ '1!^!fyiien »''erden sollen ; um also in der Finster-
^^ /^^^ eHi^"^^^^^ •> ^^^ ^^^^ ^^^^ ^^ ^®" Feinden
^^'n»^^ ^ vorzukommen, da Hemd und Papier in der
^0 fif^ .g Harnische erscheinen sollten , war dieser Be-
püf^^^'wgn ivorden , der aber in so fern seinem eigent-
ftli^ ^^k und die dadurch beabsichtigte Wirkung verfehlte,
heim ^^fi^^"" ^®* Kampfes der Tag bereits angebrochen
and der winteriiche Nebel sich zerstreut hatte; die Nie-
jfweff^^S ^er Mauer am Thiergarten, welche den Stössen
der y^idder und den Instrumenten der Schanzgrüber hartnilekig
(rötete, halte den Anfang der Schlacht bedeutend verzögert.
Die zweite Kolonne bestand aus Reiterei und dem Ge-
schatze; an ihrer Spitze marschirten Bourbon und Lannoy.
Nun kam die dritte Kolonne des Heeres aus Landsknechten
bestehend und angeführt vom Ritter Georg von Freundsberg
und Marx Sittich von Embs. Viele Herren von gutem Adel in
Deutschland standen in ihren Reihen wie z. B. Alexander Graf von
Ortenburg, Lassla Graf von Hag, Johann Graf von Vferneberg,
Niklas Herr von Fieckenstein und mehrere Andere; diese Ko^
lonne galt als Reverse.
Die Arrieregarde bildeten sieben wülsche Fähnlein. Auf
der eben beschriebenen Weise war das kaiserliche Heer auf-
gestellt — zum Einmarsch In den Thiergarten ; folgen wir ihm
nun auf dem Fusse. Als Alphons Harkgraf von Guasta mit
seiner Avantgarde über die Bresche hinüber war und den Park
erreicht hatte, Hess er seine Leute schnellstens ein GarrA
schliessen ; an der Spitze desselben marschirten die drei Renn"
fühnlein. Unentdeckt drang er mitten durch den Park, u»be-
hindert übersetzte er die Yernacula — ein sehmales aber tiefes
durch den Thiergarten dahin sich scMängeindea Wasser; im
n^
- 59 —
SlormMkritt ging er nun auf daa JagdsdiloM Hirabell los,
(las ihm als nächstes Objeot seines Harsches bezeichnet worden
war. UeberfaUen floh der franaösische KoHMoandant Justinian
von Genua, welcher die flusserste Wache hatte, und das
SchkKss ward genommen. Schon stand Guasta hart unter den
■aoem von Pavia, als der vom ptolzlichen Schrecken bereits
schon halbbesiegte Herxog von Alen^n, der hier sein Lager
halte, sich ermannte, dem vordringenden Markgrafen eme
Truppen* Abtheilung unter Philipp Chabot de Brion — dem
tapfern Vertheidiger von Marseille ruhmvollen Andenkens —
enlgegenwarf und mit dieser dem benannten kaiserlichen Heer-
führer zum Stehen brachte.
Unterdessen hatte der zurückgeworfene Vorposten-Kom-
mandant Justinian von Genua, den König Franz vom Anmärsche
des kaiserlichen Heeres eiligst in Kenntniss gesetzt. Franz
benahm sieh auf die erhaltene Nachricht ganz unerschrocken,
und liess seine Hornisten „mächtig zum Krieg aufblasen.^ Als
er die Wahrnehmung machte, dass die Kaiserlichen keinen
allgemeinen Angrifl^ auf sein Lager machten, sondern vielmehr
vor dasselbe vorbeizogen und auf das Jagdschloss losgmgen,
das früher sein Hauptquartier bildete, derzeit aber die Mar-
ketender beherbergte, warf er einen Theil seiner Gensdarmerie
in den Thiergarten, und liess die 7 wälschen Fähnlein zunächst
angreifen ; Kommandant der entsendeten französischen Angriffs-
kolonne war der Prinz Friedrich von Buzzolo. Diesem gelang
es die gedachten 7 Fähnlein zu werfen und zu zerstreuen;
die Flächtlinge sammelten sich jedoch bald wieder in einem
aaJien Wäldchen.
Während Buzzolo gegen den Nachtrab der Kaiserlichen,
ich meitte die gedachten 7 Fähnlein, glücklich operirte, war
der ansgezeichnete Grossmeister des französischen Geschütz-
Wesens Jacob Gourdon de GenouiUac nicht unthätig geblieben;
in schnellen Trabe liess er die Stücke vorführen; das gut
geiielte imd vorta'efffich genährte Feuer der französischen Ar-
tiHerie wirkte so verheerend auf die vorbeiziehenden Kolonnen
— 60 —
der beiden HeerfHbrer Lauioy und Fremidsberg, dass die
Retlerei des erstem vor dem mörderischen Feuer des firan*
zösischen Geschtltzes Schatz suchen musste hinter den Mauern
einiger nahen Gebflode, während die viereckigen Hänfen Freunds»
bergs gezwungen waren, sich in einer Bodenvertiefung best^
mögh'chst zu verbergen, um die feindlichen Kugeln über sich
weggehen zu lassen. In diesem wichtigen Momente vereinigten
sich Buzzolo und Brion, warfen sich im schnellsten Anlauf
auf die kaiserlichen Geschütze , die auf dem sumpfigen Boden
nur mit harter Mflhe fortgebracht werden konnten, nahmen sie,
und machten sie unbrauchbar, nachdem die aus leichter Reiterei
bestehende Bedeckung zersprengt worden war. Dieser Augen*
blick war für das kaiserliche Heer der misslichste des ganzen
Tages. Auf einem im Bereiche der feindlichen Waffen unter-
nommenen Plankenmarsche angegriffen, nach dem ersten giflck-
liehen Erfolg plötzlich in seiner Spitze aufgehalten, das Centrum
von einem heftigen Geschatzfeuer, das leider unerwiedert bleiben
musste, da man die eigenen Geschfitze verloren hatte, in Un-
ordnung gebracht, die Nachhut zersprengt — schien es gleich
unmöglich, nach Favia durchzudringen, oder aus der Marsch-
ordnung in eine Schlachtordnung ttbergehend das Feld zu be-
haupten, oder endlich durch die schmale Maueröffnong wieder
aus dem Parke herauszukommen. Das kaiseriiche Heer befand
sich unter den obwaltenden Umstünden wirklieh in einer höchst
kritischen Lage. Diese entging auch dem Könige keineswegs.
Die verzweiflungsvolle Situation der Kaiseriichen einsehend, so
wie diesen gegenüber mit richtigem Blicke den eigenen vor-
theilhaften Stand wahrnehmend, war König Franz fröhlich und
guter Dinge, und gab sich im Vertranen auf die bereits errun-
genen Yortheife der angenehmen Hoffnung hin, dber das feind-
liehe Heer einen glänzenden^ Sieg zu erfechten. Jedoch in der
Eilfertigkeit sich des Sieges gewiss zu versichern, b^ng
Franz den ersten und grössten Fehler von den vielen
Fehlern, deren er sich an diesen Tage zu Schulden kommen
Hess; Frankreichs Monarch warf sich nämlich mit der ganzen
^ w —
Gensdarmerie in den Park' zwischen den Fond und 96in eigenes
Geschatz hinein, das nun ganz natdrlich auf einmal schweigen
nnssle, um nicht Tod und Verderlien m die Glieder des
eigenen Heeres zu sprühen. Nun athmeten die Kaiserlichen
wieder auf, und ermannten sich. Schnell hatten sich die
Landsknechte vom Boden aufgerafft ^ so wie das franzosische
Geschütz . verstummte , schnell auch die Reiterei in Ordnung
gestellt; aber auch dem Herzoge von Alen^on war es während
dieser Zeit gelungen, die Verbindung seines Flügels mit dem
König im Centrum herzustellen, und der alte, ehrenfeste
Harschall Chabannes rückte ebenfalls in die Schlachtlinie ein,
den rechten Flügel bildend. Beide Heere standen nun in
zweien Linien einander schlagfertig gegenüber; erst jetzt be-
ginnt die eigentliche Schlacht. Die von beiden Theilen aus
dem Stegreife gemachte Schlachtordnung war folgendermassen
beschaffen :
I. Kaiserliche Armee.
Rechter Flügel: Pescara mit 2000 Landsknechten unter
HOrkheim und Scheller , dann 1000 spanische Schützen unter
Johann von Urbina;
Centrum: Der Vice-König Lannoy und Bourbon. Unter
ihnen führte Graf Nikla^ Salm die deutschen Reiter, Hugo
Cardonius (Fescara's Lieutenant) die spanischen und Ferdinand
Castrioto die Wälschen.
Linker Flügel: Castaldo, Harkgraf von Piadena mit
seinen neapolitanischen Reitern.
Freundsberg stand mit seinen Landsknechten zwischen
dem linken Flügel und dem Centrum, und vermittelte durch
seine Aufstellung die Verbindung zwischen Beide. Harkgraf
Alphons von Guasta befand sich vom kaiserlichen Heere durch
die Aofstellnng des Herzogs von Alen^n abgeschnitten im
Rücken des französischen linken Flügels; auf ihn marschirte
der französische Harschall Hontmorency los, den der Donner
des Geschützes vom rechten Ufer des Tessin aufs linke ge-
sogen halte, am den Seinigen in Hlilfe za kommen. Aus dem
Gesagten ist ersichtlich, dass die kaiserliche Armee ans der
Harschordnung in die Schiachtordnung flbergiag, indem sie nur
halblinks machen durfte.
U. Fraiizisisehe Amee.
Rechter Flügel: Reiterei unter dem Mars chall Cha-
bannes.
Cent r um: Die Gensdarmerie unter dem unmittelbaren
Befehle des Königs.
Die nothwendige Verbindung zwischen Flügel und Cenlrum
vermittelten die sogenannten ^Schwarzen Banden<< unter Richard
Herzog von Suffolk.
Linker Flügel: Herzog von Alen^^n mit Reiterei.
Bei 10000 Schweizer von Johann Diessbach angeführt,
bildeten das Hittelglied zwischen diesem Flügel und dem
Centrum. Die Schweizer formirten aber zwei ungleiche Haufen,
wovon der kleinere an den König, der grössere aber an den
Herzog von Alen^on sich anlehnte.
Das französische Fussvolk unter Carl von Amboise erhielt
Befehl als Reserve das Lager besetzt zu halten, wahrend
das italienische Fussvolk Front gegen die Stadt machen musste,
um den Rücken des Heeres zu decken und die Besatzung von
Pavia in Zaum zu halten, die sich der getroffenen Verabredung
gemäss so eben anschickte, vom Schlosse aus einen Ausfall
zu machen.
Kennen wir die Aufstellung beider Heere, so wollen ^ir
nun übergehen auf die Beschreibung des Kampfes selbsten.
Kampf auf dem reehteo fraHzosiscIien Flä^eL
Hier stand — wie wir wissen -— Marschall Chabannös
mit einem Theile der Reiterei, welche „dorch die Schwanen
Banden^^ mit dem Centnun verbunden war. Auf diesen Flügel
richtete sich nun kaiserlicher Seits der entscheidende Sross,
- 63 —
wAhrend fransösiaciier Seits der Hauptangriff dnrob die Gens-
darmerie auf das Ceutrum der Kaiserlichen gerichtet wurde.
Während deaanach in beiderseitigen Centruin ein wildes Rei-
tergefeeht vorwiirts wogte und zurttck, stiess Freundsberg mit
den Landsknechten auf die „Schwarzen Banden;^ diese hiessen
auch die „Unflberwindlichen,«^ ^ ein Beiname, der an diesem
Schlachttage durch deutsche Tapferkeit zu Schanden geworden
ist. Die Unüberwindlichen wollten an diesem Tage bei König
Franz Ehre einlegen, und rüsteten sich deshalb zu einer ver-
zweifelten Gegenwehr; aLer auch die Landsknechte brannten
vor Begierde, ihre Kräfte heute an den ;^Untiberwindlichen^
za messen; der Umstand, dass unter ihnen so viele Deutsche
waren, und zwar mehrere vom guten Adel, wie z. B. Graf
Wolf von Lupfen, Carl Graf von Ortenburg, Hanns von Brandeck,
u. a. m. Stelgerte noch die Wulh von Freundsbergs Leuten.
Dieser fiel nach altem Brauche vor dem Angriff zuerst mit allen
seinen Kriegern auf die Knie nieder zum Gebet. ,^Kinder!
zn^st die Augen gegen den Himmel, dann auf den Feind ^ —
war sein gewöhnlicher Zuruf, ehe er angriff. Nachdem sich
AUe erhoben hatten ging die ganze Front lautlos auf die
„Schwarzen Banden^ los. Aus diesen trat plötzlich der Haupt-
mann Hanns Langenmantel, von Augsburg gebürtig, hervor und
forderte mit hoch erhobenem Arme und weithin vernehmbarer
Stimme den Ritter Georg zum Zweikampf heraus. Freunde
und Feinde machten nun halt ! und standen wie am Boden au-
gewurzelt. Freundsberg nahm deo Zweikampf lachend an,
schalt zuerst den übermflthigen Prahler einen Verräther des Vater-
landes, ging dann beherzt auf ihn los, und streckte denselben
nach kurzem Kampfe todt auf den Boden hin. Ein Lands-
knecht eilte hinzu, hieb dem GefaUenea die Hand ab, und
warf diese sammt den kostbaren Ringen, womit alle Finger
bedeckt waren, als Siegeszeichen hoch in die Lüfte. Auf das
erhoben alle Landsknechte ein gewaltiges Geschrei und gingen
im ^Sturmschritte auf die Unüberwindlichen^ los. Der An-
griff auf dieselben geschah von dreien Seiten — in der Front
- 64 -
von Preoodsberg, in der rechten Flanke von Sittich und in der
iinken von einem dritten nicht genannten Führer ; auch Bourbon
soll nach seinem Biographen bei diesem Angriff gewesen sein;
vielleicht war er der dritte Fflhrer. Und nun wurde unter den
„Unüberwindlichen^ ein furchtbares Blutbad angerichtet. Wie
das Pescara ersieht, der mit dem Harnisch eines gemeinen
Reisigen angethan hoch zu Pferde mit dem Blicke eines Adlers
das Schlachtfeld überschaute, kommt er angesprengt und richtet
an Freundsberg, der aus dem ersten Gliede mit seiner athletischen
Gestalt wie ein Thurm hervorragend unter den „Schwanen
Banden^ furchtbar aufräumte, Worte der Ermuthigung, nicht
nachzulassen, wacker nachzudrücken u. s. w., deren Freunds-
berg aber wahrlich nicht bedurfte, indem der Held mit seinen
Leuten unter den „Schwarzen Banden^ so wüthete, dass an
diesem blutigen Tage sogar ihr Name untergegangen ist; ihr
Anführer, der Herzog von Suffolk fiel unter den Streichen der
Landsknechte. Vom hohen Adel blieben auf dem Platze: der
Graf von Lambesk, ein junger Mann, welcher mit seinem köst-
lichen Harnische und wallendem Federbusche Aufsehen erregte,
und Dietrich von Schomberg, der Bruder des Blschofes von
Capua, Nikiaus von Schomberg.
Nebst diesen wurden getödtet: Graf Wolf von Lupfen,
Hanns von Brandeck und Carl Graf von Ortenburg, dessen
Bruder Alexander bei den Landsknechten war.
Nach Vernichtung der „Schwarzen Banden,^ schwenkten
die siegestrunkenen Landsknechte links ab, und gingen auf
den linken französischen Flügel los, der durch die Niederlage
der „Unüberwindlichen^^ sein Verbindungsglied verloren hatte,
und dadurch vom Centrum getrennt war. Die Franzosen halten
hier auf dem linken Flügel überall den Herzog von Bourbon
gesucht, um sich an dem Ueberlfiufer und Verrüther des Vater-
landes blutig zu rüchen; der Herzog war aber so klug, sich
in gemeiner Reitertracht zu verhüllen, während Pomperant seine
Stelle vertrat.
Dem tapfem Chabannes gegenüber hatte Castaldo, Mark-
— 65 —
graf von Piadena, einen harten Stand; zweimal war seine
Reiterei vom französischen Uarschalle durchbrochen worden,
and zweimal sammelte Castaido seine Leute wieder, und führte
sie ins Gefecht zurflck. In diesem Getümmel fand der muthige
Qermont d' Amboise einen rühmlichen Tod. Plötzlich sieht
sich Chabannes in seiner linken Flanke von den Landsknechten
gepackt. Der Marschall, von der Menge seiner Feinde nun-
mehr erdrückt, sah seine Reiter sich zerstreuen. In der ver-
geblichen Bemühung, die Versprengten zu sammeln, ward sein
Pferd erstochen. Chabannes war nun eben im Begriffe, zu
Fnsse kämpfend sich durchzuschlagen, als er dem Gastaldo
Selbsten in die Hftnde fiel, und sich diesem ergeben musste«
Diesen Beiden begegnete nun der spanische Hauptmann Bo-
zarto. Marschall Chabannes (Herr von la Palisse) war der
schönste Greis seiner Zeit. — ein ehrfurchtgebietender Krieger
in seiner ganzen Haltung. Sein edles Ae^ssere, die Pracht
seines Waffenrockes Hessen schliessen, dass der Gefangene
von hohem Range sein müsse, somit ein hübsches Lösegeld
in Aussicht stelle. Von diesem verlangte nun Bnzarto einen
Antheil^ da nun aber Castaido dieses Begehren mit Unwillen
zurückwies, setzte der rohe Hauptmann dem edlen Greise eine
Büchse aufs Herz und — erschoss ihn. Der Grausame! So
folgte der tapfere Marschall seinem Bruder Johann Chabannes
(Vandenesse) der m der Schlacht bei Romagnano (14. April f 524)
an der Seite des Ritters Bayard den Heldentod gefunden hat,
bald ins Grab nach.
So war der ganze rechte Flügel der Franzosen in kurzer
Zeit aufgerieben.
Kampf auf dem linken franzüslsehen FlAgei.
Den üussersten linken Flügel bildete — wie wir wissen —
der Herzog von Alen^n mit einem Theile der Reiterei, wäh-
rend zwei ungleiche Haufen Schweizer in einer Stärke von
10000 Mann seine Verbindung mit dem König unterhielten.
5
— 68 —
Wahrend der Adel Frankreichs auf dem rechten Flügel
und im Centrum mit ausgezeichneter Tapferkeit kämpfte und
fflr seinen Monarchen verblutete, blieb der Herzog von Alen^OD,
Schwager des Königs, erster Prinz vom Geblüte, völlig un-
thätig* Pescara beschäftigte ihn gar leicht durch das Feuer
seiner spanischen Schützen. Wie aber der Herzog die Ver-
nichtung 'des rechten Flügels in Erfahrung bringt, und die
Verwirrung im Centrum erschaut, lässt er eiligst zum
Rückzug blasen, und retirirt über Hals und Kopf der ein-
zigen Brücke zu, die über den Tessin geschlagen war. Wie
eine Quelle berichtet, soll er auf diesem voreiligen Rückzöge
sogar einen Haufen Schweizer mit seinen Leuten überritten
und ganz in Unordnung gebracht haben. Vergebens stellte
der brave Lieutenant des linken Flügels , Herr la Roche du
Maine dem Herzoge vor, was Pflicht und Ehre geboten —
AteuQon verliess in aller Hast das Schlachtfeld, retirirte über
die benannte Brücke, die er dann auch noch hinter sich ab-
warf. Dem wackern Lecotenenten, Herrn la Roche du Maine,
blieb nun nichts übrig, als — für seine Person von den Flücht-
lingen sich loszumachen ; er warf sich hierauf mit dem Baron
von Trans ins Gefecht und ward tapfer kämpfend gefangen.
Leider riss der feige Herzog auf seiner voreiligen Flucht auch
den grösseren Haufen Schweizer mit sich fort; als diese
nämlich durch die Flucht des Herzogs ihre linke Flanke ganz
blosgestellt sahen, wankten auch sie. Ein edler französischer
Ritter, der tapfere Fleuranges, ein Liebling des Königs Franc
(da Beide mitsammen erzogen worden waren) kämpfte ritterlich
an ihrer Seite mit etlichen Reitern , die noch Stand hielten,
versprach sogar mit seinen Leuten abzusitzen und In erster
Reihe mit ihnen zu Fuss zu kämpfen; aber es half Alles
nichst; feige ergriffen die sonst so tapfern Schweizer die Flucht.
Vergebens packte ihr Anführer, Johann Diesbacb, seine Leute
bei der Ehre und schall sie; da er die Fliehenden nicht zum
Stehen bringen konnte, eine solche Schande aber auch nicht
überleben wollte, so stürzte sich der wackere Mann in das
— 67 —'
Gewühl der Schlacht und fand darin den Tod , den er sachte ;
der edle Flearanges schlug sich zum König durch«
Wir verloren indessen den tapfern Harkgrafen von Guasta
aus den Augen, und verliessen ihn, getraint von den Seinigen
im Rücken des französischen linken Flügels. Eben schickte
er sich an, diesen anzugreifen und im Rücken zu packen -^
was vielleicht viel zur Flacht des Hersogs von Alen<^n and
des grösseren Haufens Schweizer beigetragen haben mag —
als ihm der Harschall Hontmorency an der Spitze von 2000
Schweizern und 1000 Franzosen entgegentrat. Als aber nach
einem langen persönlichen Kampfe zwischen dem Harkgrafen
and dem benannten Harschalle letzterer unterlag und sich jenem
ergeben niusste, zerstob auch diese Abtheilung und suchte ihr
Heil in der Flucht. Alphons von Guasta verfolgte nun seinen
Yortheil, schwenkte rechts ab, warf sich auf das schlecht ge-
deckte französische Geschütz (mit dem man so Entscheidendes
hatte auswirken können !) — erschlug die ^BQchsenmelster^ bei
ihren Stücken und drang dann unwiderstehlich, Alles vor
sich niederwerfend bis zum kleinern Klumpen Schweizer vor,
die sich an den König angelehnt hatten. Uneingedenk der alten
Tapferkeit, die sie früher in so vielen blutigen Schlachten
namentlich in der Schlacht bei Harignano (13. Sept. 1515) so
glsinzend bewährt hatten, ergriffen auch diese schttndlich die
Flucht, von der Relssner so treflend sagt: „Das Herz war
ihnen genommen, sie hatten den Hasen im Busen.^ Wehe aber
dem Soldaten ohne Herz wohl aber mit einem Hasen auf jener
Stelle, die das Herz einnehmen sollte 1
Kampf im Geiiirum.
Das Gefecht im Centrum dauerte mit wechselndem Glücke
fori, während dasselbe auf beiden französischen Flügeln einen
so unglücklichen Ausgang nahm. Der König focht an»schrocken
und sprach den Führern als ein strenger Kriegsmann zu, sie
auffordernd ihre Schuldigkeit zu thun und sich wacker zo
halten. Ein Waffenrock von Silberstoff, der glänzende Heim
5*
~ 68 —
mit den köstlichsten Federn geschmückt, die ihm bis auf die
Schultern herabwallten, dann die herrliche Rüstung — später
die schönste Zierde der Ambraser Sammlung — machten den
Monarchen Frankreichs weithin kennbar, und als solcher war
er Freunden und Feinden ein mächtiger Antrieb zu tapfem
Thaten. König Franz stand in Person an der Spitze mehrerer
Angriffe^ und hielt sich in denselben wirklich ritterlich. Wo
er unter den Kaiserlichen irgend einen He^esförsten zu er-
blicken glaubte, den sprengte er an. So erschlug er mit eigener
Hand den Ferdinand Kastrioto, Marquis von St. Ange, den
Enkel des wdtbertthmten Helden Skanderbeg und letzten
Sprossen des königlichen Stammes von Albanien, worauf sich
seine italienischen Reiter, deren Führer er war, ohne Nflhe
zerstreuten. Auch den Hugo Cardonius, den Locotenenten des
Markgrafen Pescara, erlegte er eigenhändig und zersprengte
seine beiden spanischen Ffihnlein, die er unter sich hatte. Der
Vice-König Lannoy soll bei einer solchen Gestalt der Dinge
laut ausgerufen haben: „Nun ist Alles verloren 1^ Zwar hielt
sich Graf Niklas Salm wacker mit seiner Reiterei, erlitt aber
grosse Verluste; zwei bayrische Reitergeschwader wurden
beinahe ganz aufgerieben, der Locotenent des Grafen fiel im
Kampfe und der Graf selber wurde zurtickgedrfickt , in Folge
dessen auch die Kürassiere des Yice-Königs und des Herzogs
von Bourbon zu wanken begannen; leider hatten die Kaiser-
lichen im Centrum keine leichten Pferde zur Hand. Von der
leichten Reiterei besassen dieselben ohnehin nur drei „Haufen;^
von diesen hatte Guasta drei Ffthnlein bei sieh, der zweite
Haufe war gleich anfangs beim Geschütz, das derselbe
zu eskortiren hatte, von den französischen Anführern Buzzolo
und Brion in die Flucht getrieben worden, und der dritte
befand sich rückwärts im Lager zur Bewachung des Trosses.
In dieser grossen Bedrängniss erhielt Lannoy zur rechten Zeit
eine höchst erwünschte Hülfe; Pescara sendete ihm nämlich
vom rechten Flügel 800 seiner kampferprobten Schützen, die
sogenannten Basken, die schon dem Herzog von AlenQon sich
furchtbar gemacht halten, and vom tapfem Johann dVUrbina
angeführt wurden. Der vom Harkgrafen Pescara erhaltenen
Anleitung gemäss sprangen die Basken aas der kaiserlichen
Kavallerie; hervor feuerten schnell auf die fest geschlossenen
Reihen der franz(Vsischen Gensdarmerie ihre Gewehre ab, und
logen sieh eben so schnell wieder hinter die kaiserlichen Reiter
zarfick, um zu Jaden und dasselbe Manöver neuerdings zu
beginnen.
^Das war eine neuwe Kriegskunst — sagt Reissner —
schrecklich zu hören, dass so mannliche Kttrisser and tapffre
Hauptlent durch wenig zerstreuwte Fassknecht von den Hand-
roren za Grundt gingen^ — Abwehr und Angriff der Kaiser-
lichen im Centrnm auf beschriebene Weise unternommen hatten
zur Folge, dass die französischen Schwadronen bald in Un-
Ordnung geriethen. König Franz glaubte dem Uebel, das er
bemerkte, dadurch abzuhelfen, dass er den Befehl erthellte, die
Gensdarmerie sollte sich ausdehnen; allein darch diese Mass-
regel verschlimmerte er nur noch mehr das Uebel, indem er
dadurch den Basken Gelegenjieit verschaffte, sogar in die ge*
dehnte Linie der französischen Reiterei einzudringen, and als
treffliche Schfltzen ihre Leute, die sie aufs Korn nehmen wollten,
auszuwählen; dadurch verior das französische Heer in kurzer
Zdt seine besten Generale. So wurde z. B. gleich nn
ersten Angriff, den die Basken unternahmen, der alte Tre-
mouille unter dem Auge verwundet, und sein Streitross
tödtlich verletzt. Jean de la Breche^ als Page im Hause des
benannten Generals auf erzogen und nun dessen Stallmeister,
wechselte schnell mit seinem Herrn das Pferd. Kaum ist dies
geschehen, als der verwundete Tremouille den König in Gefahr
sieht; schnell eilt er auf den Honarchen zu, um ihn zu schützen,
als er — von zweien Kugeln (in Kopf und Brust getroffen)
vor den Augen des Königs todt zur Erde niedergestreckt wird.
Galeaz von St. Severin fällt ebenfalls mit Wanden bedeckt vor
den Augen seines Honarchen. Als Ritter Wilhelm da Bellai-
Langey ihn fallen sah, sprang er vom Pferde, um dem tödtUch
^ 70 —
getroffenen Hülfe sa leisten. Dieser jedoch — bereits ein
Siebenzlger — rief dem Ritter zu: ^Lass mich ruhig sterben,
und eile den König xu retten.^
Unterdessen waren beide französische Flügel vernichtet,
das Lager durch Anton de Leyva erstürmt, die Brücke abge«
gebrochen — nnr der König focht noch im Centnim mit den
traurigen Ueberresten seiner Gensdarmerie. Dem französischen
Centrum — diesem einzigen noch übrigen Tummelplatze --
wendeten sich jetzt die kaiserlichen Heersäulen von allen Seiten
zu. Das Trauerspiel, dessen letztem Akte wir nun beiwohnen,
enthüllt unserm Blicke den Todeskampf der französischen Rit-
terschaft; diese kftmpft ihn unerschrocken aus. Zum Banner
des Königs brach sich jetzt Bahn, wer an einem andern Orte
dem Tode entgangen war, oder einer schimpflichen Flucht sich
hatte entziehen können. Verschwunden war zwar die Sieges-
freudigkeit, aber fest der Entschluss, mit Ehren zu fallen.
Durch Verluste gelichtet sammeln sich nun im Centrum die
französischen Geschwader um den König, schliessen best-
möglichst ihre Reihen und stürzen mit dem Muthe der Ver-
zweiflung auf die Kaiserlichen. Das Handgemenge wird endlich
so dicht, dass das verderbliche Feuer der Basken verstummen
muss. Pescara ^ nun im Centrum in voller Thtftigkeit —
empfängt im Gewtthle mit einem Spiesse durch den offenen
Helm eine Wunde im Gesichle, sein Pferd bricht todt unter
ihm zusammen, der linke Fuss wird ihm mit einer HeHebarde
durchstochen, er geräth unter die Hufe Ber Rosse, somit in
giösster Gefahr, zu Grunde xu gehen •— hätte ihn nicht einer
aus seinen Leuten mit Hülfe der nächsten Hauptleute heraus-
gehauen; mit grösster Hartnäckigkeit behauptete der verwun-
dete jpeldherr seinen Posten — da nahen Guasta, CastaMo,
und die furchtbaren au diesem Tage stets den Ausschlag ge-
benden Landsknechte und mit ihnen Freundsberg und BonrboD.
«Der Anblick des Herzogs von Bourbon hob den Huth des
Harkgrafen von Pescara; dieser vergass die alte Eifersucht -—
leider eine Schattenseite in seinem vielbewegten Leben — fä^
— 71 —
skk willig den Anordoungen den Henogs ond griff mit ihm
vereiDt neuerdiiigs ao. Dieser allgemeine Angriff durchbrach
die Geosdarmerie an sechs venchiedenen Orten, und Hess ihr
keine Höglichkeit, sich wieder so sammeln. Die Veremxelnten
fochlea nun noch weiter, wie sie konnten und mochten» Auch
König Frans kSmpfie noch ond kftmpfte einer der letzten an diesem
wirklidieo Schlachttage. Gelichtet waren die alten, versuchten
Krieger seines Gefolges, im Getfimmel getrennt, gefangen, ver-
wundet oder todt seine Getreuen, todt die meisten Grosswttr-
dentriger der Krone — ihm blieb somit zur weitem Verthei-*
djgung nur das eigene Schwert; KOnig Franz wollte mit seinen
Getreuen fallen und sterben. Nach langem Einzelnkampf ver-
wundete er emen Ekielmann aus Burgund -^ Namens Andetot —
im Gesichte, und erlegte fünf bis sechs seiner zudringlichsten
Gegner. . Nihlas Graf Salm hielt sich mit seinen Reitern hart
am König und verwundete ihn an der rechten Hand, wogegen
König Franz dem Grafen durch den Schenkel stach , was den
letztem nicht hinderte, den Hengst des Monarchen in der Nähe
einer Brücke ttber die Venacula niedersustossen. An Hand
und Fuss verletzt, erschöpft vom Blutverlust in Folge einer
Wunde an der Stiro, zerquetscht vom Sturze des Pferdes —
erhob sich Franz dennoch rasch vom Boden auf, focht zu Fuss
und streckte abermals zwei oder drei der Dreistesten nieder.
In diesem Augenblicke fielen Diego d' Avila, Commendatore
von Alcantara und Juan d' Urbieta den König mit aller Gewalt
an; eine Menge Stimmen riefen ihm zu, sich zu ergeben;
allein Franz schien eher mit dem Degen in der Hand fallen
an wollen, als sich der Rohheit gemeiner Krieger preiszugeben ;
da kommt Fomperant herangesprengt, erkennt den König, ob-
gleich dessen Gesicht mit Blut bedeckt war, entfernt den
Haufen, wirft sich seinem ehemaligen Gebieter zu Fflssen, ihn
bittend, sich dem Herzog von Bourbon zu ergeben. Als Franz
diesen Namen ausgesprochen hört, ruft er zitternd vor Zorn:
«Ich kenne keinen Herzog von Bourbon, als mich Selbsten;
ich gebe mich auch Niemanden gefangen, als nur dem römi-
^ 72 -
sehen Kaiser.^ Auf das springt ein Spanier hinzu und packt
den König beim Heim und beim Kleide, um ihn zu Boden za
reissen ; jedoch Franz stosst den Verwegenen mit seinem Schwerte
dergestalt zurück, dass dem Krieger ein Stttck Aermei des
Honarchen und der Federbusch des Helmes in der Hand blieben.
In diesem Augenblicke erschien Lannoy, der Vice-König, be-
fahl der herandrftngenden Reiterei zurückzuweichen, Hess äch
dann auf ein Knie nieder, und hatte sofort die unverdiente
Ehre, den Degen des Honarchen entgegen zu nehmen, dem er
dafür seinen eigenen mit dem Bemerken darreichte : es gezieme
sich nicht, dass ein so grosser KOnig in Gegenwart eines kai-
serlichen Unterthanen unbewaffnet sei. Auch Pescara und
Guasta bezeigten dem hohen Gefangenen die höchste Achtung.
Nun stürzt Bourbon herbei, den vom französischen Blute noch
triefenden Degen in der Hand haltend — worüber Franz sich
so entsetzte, dass Pescara dem Herzoge entgegeneilte und ihn
bat, er mögaiden Degen einslecken, und sich gemässigt gegen
den gefangenen Honarchen benehmen.
Bourbon versprach es , liess sich vor dem König auf ein
Knie nieder , suchte Jedoch vergeblich — dessen Hand zu er-
greifen und sprach : ^^Wenn Euere Hajestfit meinem Ratbe in
manchen Dingen gefolgt würen, würden Sie sich nicht in der
jetzigen Noth beGnden, und das Blut des französischen Adels
würde nicht diese Felder düngen.^
Der König konnte bei diesen Worten seine grosse Gemüthsbe-
wegung nicht verbergen ; mit gegen Himmel erhobenen Augen und
einem tiefen Seufzer sagte er: „Geduld, da das Glück fehlt.^
Als Pescara gewahr wurde, wie unangenehm dem Honarcben
die Gegenwart Bourbon's war, bewirkte er dessen Entfernung *).
Als sich die Gefangennehmung des französischen Königs
*) Was die so eben erzfihlte Gefangennebmung des üranzösiscbao
Monarchen anbelangt, weichen die Geschichtscbreiber, die diese
Thatsache bebandeln, in Bezug auf die Erzählung der Umstände,
unter welchen die Gefangennehmung sfatt fand, von einander
ab. So lauten die Details nach andern Quellen :
— 73 —
mit reissender SchndUgkeit im kaiserlichen Heere verbreitet
hatte, ertönte von allen Seiten her durch Ranch und Dampf
selbst das Waifengektirr ttbertflubend der Freudenruf : ^Victora,
Victoria!^ Da flohen die Wenigen, die noch fochten — Pran«
zosen wie Schweizer. Von den Letztern erhielt nur eine ge-
ringe Zahl Pardon; viele stürzten »ich in den Tessin, und
ertranken, da der fliehende Herzog von Alen<^n — wie wir
bereits gehurt haben — die einzige über diesen Fluss geschla-
gene Brflcke hinter sich hatte abwerfen lassen.
Zur Erzielung dieses glänzenden Sieges über das fran-
zösische Heer hat aber auch die wackere Besatzung von Pavia
das Ihrige redlich beigetragen. Kaum waren nämlich die drei
Stgnalschflsse im kaiserlichen Lager abgefeuert worden, als
Antonio de Leyva und seine Unterkommandanten Johann
Baptist und Ludwig Grafen von Lodron, Kaspar von
Freundsbeig, Schertlin, Bemmelberg u. s. w. vom Schlosse aus
und durch das sogenannte „neue Thor^ einen wüthenden Aus-
Endlich umringte ihn Graf Niklas Salm mit seinen Körassieren,
erstach den Hengst des Königs und verwundete ihn in der rechten
Hand. Dagegen durchstach Franz den Schenkel des Grafen, und
wollte eben zum zweiten Male gegen denselben ausfallen, als
den König ein Spanier beim Helmbusch ergriff und vollends zu
Boden riss; die wallenden Federndes Helmbusches und ein Aermel
vom Kleide des Monarchen blieben dem Spanier in der Hand.
Da kam der Hofmeister des Herzogs von ßourbon Carl de la Motte
angesprengt und mit ihm auch Pomperant; diese erkannten den
König, der ganz blutig und entstellt unter seinem erstochenen
Hengste zu Boden lag, und baten ihn, sich dem Konnetable,
Herzogen von Bourbon zu ergeben, der in der Nähe wäre. Ent-
rüstet antwortete Frauz : „Ich kenne keinen Herzog von Bourbon,
als mich Selbsten^ und ergebe mich nur dem römischen Kaiser.^^
Allmählig verblutend befahl Franz den Vice-König von Neapel
herbeizurufen. Dieser kam, trieb die Reisigen auseinander, die
sich um die Kleider und Waffen des Königs rissen, reichte dem*
selben die Hand und half ihm, sich vom Boden aufzurichten.
Franz gelobte dem Yice*König» als dem Stellvertreter des Kaisers,
ehrliches Gefängniss, und gab ihm den rechten Handschuh zum
Zeichen seines zu haltenden Versprechens. Kniend empfing nun
Lannoy den Degen des Monarchen u. s. w«
- 74 —
fall machten, die feindlichen Verschanzingen erstiegen, das
Lager erstttrmten, die Hut desselben in die Flacht schlagen,
sich mit den Kaiserlichen vereinigten, and an der Seile ihrer
Waffenbrüder tapfer kämpfend den Sieg erringen halfen.
Namentlich werden Graf Johann Baptist von Lodron
und Ritter Kaspar von Freundsberg angeführt mit der ruhm-
vollen Bemerkung, dass sie sich beim erwähnten Ausfalle der
Besatzung von Pavia besonders ausgezeichnet haben*).
Das Wesentlichste zur Erlangung (fieses Sieges hat aber
unstreitig RHter Georg von Freundsberg beigetragen; er hielt
aber seine Leute noch in Reihe und Glied, als schon Alles
floh und kein einziger Gegner mehr Stand hielt. So gross
war sein Ansehen, dass die deutschen Landsknechte (denen
doch so lange schon kein Sold war bezahlt worden) nicht zu
murren wagten, dass er sie vom Plündern abhielt, und auf
diese Weise fast die ganze Beute den Spaniern zu Theil wurde.
Als seine Leute ihm zujauchzten und die kaiserlichen Heeres-
führer es laut aussprachen: ihm und dem Harkgrafen Pescara
sei vor Allen der Sieg zuzuschreiben — stand Riter Georg
innig bewegt da. Mit Freudenthrdnen in den Augen und die
Hände zum Himmel erhoben sprach der Held: „Dir, dir sei
die Ehre — nicht mirl'' —
So verschieden die Stärke des fninz^toischen Heeres vor
*) Im Zeugnisse , das Antonio de Leyva dem Ritter Kaspar von
Freundsberg ausgestellt hat, spricht sich jener in Bezug auf
das wackere Verhalten des benannten Ritters wibrend der
Schlacht von Pavia folgendermassen aus:
Caspar ipse cum ejus cohorte facta nobiscum eruptioae^
Valium et aggeres praelergressus copias hostium (quas adversus
obsessos, ut eos urbe arcerent, collocaverant) aggressus, pedes
inter primos fortiter pugnons, strenui militis et optimi ducis
munos agens, tantum virtute sua et militum suorum nobiscum
effecit, ut non immerito singularis vicloriae, qua rex ipse caplus
et ejus exercitns debellatus fuit, magno ro laudem ipsi ad-
scribamus, et propterea is, qui tunc unicae cohortis prae-
fectus erat, propter ejus egregia facinora, totius fere Germaaici
peditatus in Insobria militantis Dux constitutns fuit
— 75 —
der Schlacht angegeben wird, so abweichend sind auch die
Angaben über den erlittenen Verinst desselben, der nach einigen
Schriflstellern 10000, nach andern gar 20000 Mann betragen
haben soll; ja man findet vielfaltig die Behauptung aufgestellt,
dass Yon den 40000 bis 50000 Streitern, die König Franz im
Herbste des Jahres 1524 Ober die Alpen nach Italien geführt,
und noch von Zeit zu Zeit verstärkt habe , nach der Schlacht
bei Pavia kaum noch 4000 flbrig geblieben wären 1
Fast alle jene alten französischen Heerführer, welche noch
die Zeiten Ludwigs XI., Karls YUI. und Ludwigs XII. gesehen,
und die so ernstlich von der Schlacht abgemahnt hatten, deckten
mit ihren Leibern die Wahlstatt, als: Tremouille, Chabannes,
Aabigni, d' Ars, Peter de Pont-Dali cBayards Schwestersohn
und Stallmeister des Königs) der Herzog von Suffoik, Johann
Diessbach u. a. m. Todt lag auch auf der Wahlslatt Galeaz
von St. Severin der seinem Herrn das Reichsschwert vortrug.
Dieses wurde erbeutet und dem Ritter Georg von Freundsberg
einstimmig zuerkannt, der dasselbe nach Mindelheim brachte, wo
es noch den Fremden gezeigt werden soll '^). Prinz Ren^, der
*) Das Reichsschwert, das Ritter Georg von Freundsberg zum An-
denken erhielt, bietet mir eine willkommene Gelegenheit, auch
der übrigen Trophäen zu erwähoen, die dem gefangenen König
von Frankreich abgenommen und den Anführern des kaiserlichen
Heeres zu Theil wurden.
Der Degen, den König Franz dem Vice-König von Neapel,
Lannoy, überreicht hatte, wurde von dem mit der Siegespost
nach Spanien eilenden Commenthur, Herrn von Pennalosa, dem
Kaiser Karl überbra.cht. Der spanische Oberst a Larcon erhielt
Franzens Gürtel dp Ich.
Der lange Panzerstecher mit schwarzem Griff und Hand-
korb wurde dem Hekien Niklas Grafen v. Salm zu Theil. Diese
Trophäe kam nach dem Erlöschen der Linie Salm-Neoburg an
die mährische Linie Salm-Reifferscheid. Nach der Schlacht bei
Ansterlitz erbat sich Mortier vom Grafen Salm die Begünsti-
gung diese Trophäe zu sehen. Man glaubt, es sei darauf abge-
sehen gewesen, dieselbe nicht mehr zurückzugeben ; allein Mor-
tiers Biederkeit vereitelte den unedlen Anschlag. Als der Altgraf
Hugo von Sahn-Reifferscheid anno 1816 zum Franzensmnseum
— 76 —
sogenannte Bastard von Savoyen , ein Haibbrader der Königin
Mutter, ward zwar noch lebend unter den Todten anfgefanden
und nach Pavia in das Hans der GrftBn Escalador gebracht,
starb aber bald darauf an den erhaltenen Wunden.
Dieselben gastlichen Räume der genannten Grftfin nahmen
auch den schwer verwundeten Harschall Thomas a Foix auf,
der ein Broder des Marschalls Lautrec war. Nachdem Mar-
schall Foix dem Könige lange zum Schilde und zur Abwehr
gedient hatte, fühlte er sich plötzlich zum Tode getroffen;
Arm und Schulter waren ihm mit einem furchtbaren Streiche
zugleich zerschmettert worden. Dem rasenden Ajax ver-
gleichbar ritt er umher; ihn beseelte nun noch Ein (jc-
danke — der Gedanke nämlich ah Bonnivet seine Rache zo
kühlen, dem er das allgemeine Unglück zuschrieb. Foix suchte
den Admiral allenthalben auf, um denselben mit dem Anne,
der ihm noch geblieben war, zu durchbohren, und dann be-
friedigt zu sterben. Vom Blutverlust erschöpft stürzt er endlich
in Brunn den ersten Austoss und den grossmüthigsten Beitrag
gab, weihle er auch jenen Panzerstecher Franzens, und des
Helden Niklas von Salm eigene Rüstung dem gedachten Institute,
dessen vorzüglichste Zierde sie sind.
Unbekannt ist es, in welche Hände der Harnisch, den Frans
am Tage der Schlacht von Pavia getragen hat, ursprünglich ge-
kommen ist; gewiss ist es, dass der kunstliebende Ferdi-
nand II., Landesfurst von Tirol von i563 bis 1594, diesen
Harnisch, so wie die Harnische des Herzogs Karl von Bourboo
und des französischen Marschalls Annas von Montmorency, fiir
seine Ambraser-Sammlung zu gewinnen wnsste. In dieser
blieben sie bis zum Jahro 1S05, in welchem die Franzosen
unter Marschall Ney Tirol besetzten.
Unterm 14. Febrnar 1806 schrieb Napoleon I. an Marschall
Berthier :
„Ich empfehle Ihnen abermals und höchst dringend, die
Rüstung Franz I., die in irgend einem Schlosse Tirols ist.
lassen sie selbe nach Mflnchen kommen und bringen Sie mir
dieselbe nach Paris; ich will sie in einer Sitznng und mit
GeprSng empfangen.^
Franzens Harnisch wanderte demnach mit acht andern fran-
zösischen Harnischen nach Paris; dort bilden selbe beut zu
Tage noch eine der schönsten Zierden des Mus^e d' Artillerie.
— 77 —
vom Pferde, wird geftiDgen und nach Pavia gebracht, wo er
seiner schweren Wunde erlag.
Admiral Bonnivet war nach langem vergeblichen Bemühen,
die Schweizer und die flüchtigen Reiter wieder zum Stehen
zu bringen, durch den letzten Stoss der Landsknechte aus dem
Getümmel geworfen worden. Als er den Tag verloren sah,
fiel es ihm schwer aufs Herz, was er vor der Schlacht ange-
rathen, und was er einst wider Bourbon gethan. Er konnte
fliehen, doch sein Geist war dazu zu stolz, die Verzweiflung
zu flberwidtigend. Den Helm vom Haupte gerissen und den
Panzer weggeworfen stürzt er mit blossem Haupte und offener
Brust unter die Feinde und — fiillt. Bourbon erblickte die
blutige^ entstellte Hülle des Mannes, der einst die Bewunderung
des Hofes, der Liebling der Königin-Mutter, der Günstling des
Königs gewesen war. „Unglückseliger — soll der Herzog beim
Anblicke seiner Leiche ausgerufen haben — du trägst die
Schuld Frankreichs und meines Verderbens !<^
Der Baron von Trans befand sich auf dem linken Flügel
unter dem Kommando des Herzogs von Alen^n. Sein einziger
Sohn focht im Centrum; der junge Baron hatte muthig gekämpft,
endlich aber erschöpft und im Gedränge des Kampfes gegen den
linken Flügel geführt, der In diesem Momente noch Stand hielt,
glaubte er sich zu seinem Vater begeben zu dürfen. Dieser aber,
mit funkelnden Augen seinen Sohn gleichsam durchbohrend, setzt
die Frage: „Wo ist der König ?^ Der Sohn antwortet verlegen:
„ich weiss es nicht. ^ Der Vater entgegnet barsch: „So geh
und erfahre es; schimpflich ist's, dies nicht zu wissen.^ Der
junge Baron von Trans kehrt ins Gentrum zurück, wirft Alles
vor sich nieder ) dringt bis zum König vor, kfimpft wie ein
gereizter Löwe, und — fällt unter den Augen seines Monarchen.
Französischer Seits starben noch den Tod eines Helden:
der tapfere Imbercourt; er ward auf dem Schlachtfelde be-
graben, und erhielt ein Denkmal mit der ehrenvollen Aufschrift :
„Ubi bonos partus, ibi tumulus erectus.^
„Wo ihm die Ehre geworden, wurde ihm das Grabmal errichtet.^
— 78 ^
Ferners : der Graf von Tonnece, ein Neffe des berühmten
TremouiUe, dann der Marquis von Laredan, Hector von Boar-
bon u. a. m.
Ein eigenes Schicksal hatte der Graf von St. Pol einer
Nebenlinie des Hauses Bourbon angehörig, zugleich mit König
Franz erzogen, somit von diesem besonders geliebt und als
sein beständiger Begleiter ausgezeichnet. Der gute Graf lag
schwer verwundet unter einem Haufen Todter; da naht ein
Spanier, ersieht die kostbaren Ringe an den Fingern, und will
sie dem Gefallenen abziehen, und sich annexiren; da er die
Ringe aber nicht von den Fingern bringt, schickt sich der beule-
lustige Baske an, die Finger abzuschneiden; diese schmerz-
hafte Operation brachte den Grafen wieder zum Leben; er
wird aus den Todten hervorgezogen, und gfOcklich geheilt.
Nach erfolgter Genesung bestach er seinen Wächter, mit dem
er dann nach Frankreich entfloh, um bald darauf ein Heer
gegen die Kaiserlichen ins Feld zu fahren. In ähnlicher Weise
entkam auch der gefangene Prinz von Buzzolo. Aach dem
jungen Könige von Navarra, Johann d' Albert, der als Gefan-
gener in Pescaras Hände gefallen war, gelang es zu entwischen.
Der hohe Gefangene bot 80C00 Gulden Lösegeld, aber —
vergeblich.
Schwerlich konnte nämlich Kaiser Karl V. Denjenigen frei
geben, von dem er den besten Theil seiner Länder besass.
Der hingebenden Treue seines Pagen — Franz von Rochefort —
gelang es, seinen Herrn zu retten, indem er, der brave Diener,
mit Glttck es unternahm, die Rolle seines (angeblich) bett-
lägerigen Herrn zu spielen, und diesem dadurch Gelegenheit
verschaffte, glücklich nach Frankreich zu entkommen.
Während aber die alten französischen Heeresftthrer und
Marschälle an diesem blutigen Tage sammt und sämmtlich aof
dem Bette der Ehre starben, scheinen dagegen die jungem es
vorgezogen zu haben, sich gefangen zu geben nnd so am
Leben zu bleiben; dahin gehören: Hontmorency^ dessen In der
Schlacht bei Pavia erbeutete Rüstung später ebenfalls die Am-
- 79 —
bnser SammloDg bereichern half -— dann die Herren von St.
Marsault, Hontchena, Brioa, Fleuranges, Wilhelm tod Bellay*
Langei, Annebaut, Franz von Boutieres, der Herzog von Nevre»,
Herr von Roi , de Lorges , der Prinz von Talmont a. a. m.
Deberhaopi zählte das kaiserliche Heer anter den hohen fran-
zösischen Gefangenen 16 Herzoge, Fürsten und Grafen und
50 andere hochadelige Herren, die ihrem gefangenen König
einen ordentlichen Hofstaat bilden konnten.
Auch der Botschafter des Papstes Hieronymus Aleander,
Bischof von Brindisi wurde gefangen, aber vom Vice-König
gleich wieder in Freiheit gesetzt. Die schriftliche Urhande
des zwischen Klemens VII. und Franz I. abgeschlossenen
Bitndnisses wurde. bei ihm vorgefunden, und dem Kaiser iiber-
schickt. Ritter Georg von Freundsberg war in den Besitz
zweier in lateinischer Sprache abgefasster und mit mehreren Sie-
geln versehener Schreiben gelangt, welche sich im Gezelte des
Königs Franz vorfanden und in welchen Briefschaften die
„Practica^ enthalten waren, die zu verschiedenen Zeiten gegen
die Erwählung Karls V. zum römischen Kaiser beim König
von Frankreich «geübt^ worden waren. Beide erwähnte Schrei-
ben wurden mit einigen andern erbeuteten Briefschaften vom
Ritter Georg dem Erzherzog Ferdinand nach Innsbruck Aber-
schickt^ der mit einem huldvollen Schreiben an den Helden
nnterm 1. Juni 1525 den richtigen Empfang derselben be-
stätigte.
Die Kaiseriichen, die nur bei 400 Mann verioren haben wollen,
erbeuteten 32 grosse Geschütze und das ganze feindliche Lager;
mit Ausnahme des Ferdinand Castrioto befand sich kein ein-
ziger namhafter Führer unter ihren Todten. Die Feldherren
zogen hierauf in corpore mit dem gefangenen Monarchen gegen
Pavia; als man jedoch in der Nähe der Stadt kam, gab König
Franz den Wunsch zu erkennen: man möge ihn nicht in die
benannte Stadt bringen, die er so lange belagert und so furcht-
bar geängstiget habe. König Franz ward denmach in die nahe
Karthanse (Certosa) geführt. Das Erste, was in derselben
— 80 —
dem Gefangenen in die Augen fiel , und worauf er audi den
Vice-König aufmerksam machte, war der Bibelspruch eines
Seitenaltares, der da lautete: „Bonum mihi, quin humiliasti
me, ut discam justificationes luas.^
Psalm. 118. 71,
König Franz wusch sich hierauf , wobei ihm der Herzog
▼on Bourbon den ^^Zwettel^ hielt. ,,Madame, Alles ist ver-
loren, nur die Ehre nicht^ — lautete der kurze Brief, welchen
der hohe Gefangene dem mit der Siegespost zum Kaiser nach
Spanien eilenden Comtur Herrn von Pennalosa an seine Mutter
mitgab. Beim Abei|dessen erfallte der Herzog von Bourbon
die jedenfalls peinliche Pflicht, vor dem König zu erscheinen,
und diesem der Sitte gemäss die Serviette zu überreichen.
Franz empfing den Herzog mit Wfirde , Hess ihn cum Hand-
kuss zu, und sprach zu ihm: „Wir haben uns Beide grosse
Fehler vorzuwerfen; die meinigen sind bestraft, und ich wünsche,
dass es die ihrigen nie werden mögen '/^ —
Als Pescara, der die Grösse auch im Unglücke gern und
aufrichtig ehtte, vor dem König im schwarzen Kleide erschien,
da umarmte ihn der hohe Gefangene, überhäufte den tapfem
Feldherm mit Lob , und schrieb seinen Anordnungen den Sieg
zu, worin Frankreichs Monarch von seinem Standpunkte aus,
und in Bezug auf das Reitergefeeht im Centrum, auch Recht
hatte, da das besagte Gefecht durch das mörderische Feuer
der uns bekannten Basken hauptsächlich zur Entscheidung ge-
bracht worden war.
Unter den französischen Gefangenen befand sich auch ein
Herr von Montepaz. Der Spanier, welcher sich dieses jungen
Edelmannes bemächtiget hatte, nahm seinen Gefangenen mit,
als er die Wache beim König bekam. Da nun an demselben
Abend ein Kammerdiener fehlte, so leistete Montepaz die
nöthigen Dienste; Franz gewann den jungen Edelmann unge-
mein lieb, kaufte ihn los, und mit der Zeit wurde Montepaz
— Marschall von Frankreich!
Erwähnen wir noch des Herzogs von Alenf^n. In Lyon
— 81 —
mil Yeraclitug empfangeo leigte Ihm seiiie junge GemiUiB
Ihrgarethe, die Schwester des gehngeneB Kdaigs, mehr wie
je ihre GeringsehfiUmig , und so slarb er noch im nllmlichee
Jahre — aus Gram*
Die erschlageneo franittsischen Harschftle, Grafen imd
Edelleute wurden von wehUagenden Dienern aafgesaehl, nach
Pavia in eine Kirche gebracht, und dort nebeneinander und
übereinander aufgeseUditetf bis fttr sie die nöthigen SArge an*
gefertiget werden honnten, um die GeCedlenen in denselben nach
Frankrei^ xu schicken, und in den betreffenden Familien-
griiflen beisetsen hissen xu können. Welche grässliche Todten-
schaa z. B fflr einen Herxog von Boorbon! Alte Kampfge-
nossen, die Lehrmeister seiner Jugend, Freunde, Bktsver«
waadte — von Wunden grüsslich entstellt — starrten ihn an
aus Torwurfsvollen Augen I — Aus Besorgniss, die unbexaUten
kaiserlichen Truppen möchten den gefangenen KOnig xu Händen
nehmen und sich mit dem Lüsegelde besahlt machen, liess
der verschmitzte Lannoy den hohen Gefangenen schon am fol-
genden Tage von der Karthause fort und nach dem festen
Pixzighettone bringen, und vom spanischen Fussvolke, dem er
alldn traute, unter dem Kommando des dienstbeflissenen Ober-
sten Ferdinand a Larcon (Alarcon), dem die eben so ver-
tasslichen Hauptleute Salxedo und Beides y San Martin an die
Seite gegeben waren, scharf bewachen. Von Pixxighettone
kam dann König Franz bekanntlich nach lladrid.
Vierzehn Tage nach der Schlacht bei Favia war kein
einziger Franzose mehr in Italien; auch von der nach Neapel
tbgeschickten Abtheilung unter Johann Stuart, Herzog von
Albanien, blieben nur wenige mehr übrig, welche der Admiral
von Genua, Andreas Doria, in Civita vechia abholte, und nach
Frankreich brachte. Pescara blieb mit dem jungen Ritter
Kaspar von Freundsberg in Mailand. Ritter Kaspar wurde in
Folge seiner während der Belagerung und der Schlacht von
Pavia an den Tag gelegten Bravuren Oberst ttber das ganze
deutsche Fussvolk, das in Italien zorflckblieb. Der Vater Ritter
6
— 80
dem GefJEingenen in die A'- y
Yic^KMg aufmerksar ->// <*«"» ^^«l^^ *" ^^^
Seitenaliares, der ' ^^Anechle wie «. B. Sehertiin,
»ne, ut dlscaoi ^^^^^'^ ^^^ "'^ freuden um Pfin^ten
^^jf'^^^'ffitA^v^ mit mir geprachl, und bin
Yifyaio /^ H^ ,S^t^ ^ ^vs\9i vor dem schloss das
von Bor ^^-^'^^^'•?^ worden.'^'
loreo jT^g^ 6ef^ von Fremidsberg Mailand verliesa,
der M^'^llff^ \0 HAnden des Heriogs Fnun Sforza ein vom
^ ^^i^^jstirtes, höchst ehrenvolles Zeogniss, das di»
^ 0^ aitbieH : Rüter Georg und seine Erben hatten aus
ii^^^ iks Rertogthums Mailand als Erkenntliehkeil
^ Iß der Sehiacbt bei Pavia erworbenen grossen Ver-
^^ cj/jKhrlieh 1600 Gulden rheinisch zu hinziehen.
peB Grafen Ludwig von Lodron finden wir zwei
j^ld später — im April 1525 — wiederum in voller ThS-
ij^lreitf und dieses Mal leider im eigenen Vaterlande — in
Tirol! -« das seiaen krüfUgen Arm bedurfte zum Schutze
der Medfertigen Bewohner gegen efaie Rotte verblendeter
Aafrflhrer.
— 85 -
IV. Abschnitt
J>er ^aiiefnrebell^ anno 1525 in fiüdtirol; Flucht du Fürstbischofes
Bernhard yon Cles nach Bira; eingelaufene Nachrichten in Bira
und hinausgegebene Befehle des Fürstbischofes; Rückkehr des-
selben nach TiienS; Aufstand der Banem im Nons- und 8nlsbezg;
ErOfiiiBng des Landtages in Innsbruck; die Beschwerden- Artikel
der Malcontenten; Fürstbischof Bernhard von den Landtagsver-
haadhingen durch seine Deputirten fortw&hrend in Kenntniss ge-
setst; Bnenming Ten Kriegskommissaien für S&dtirol; Heran-
ziehung des Grafen Ludwig Ton Lodron, zur Züchtigung der
Rebellen; Belagerung Ton Trient durch dieselben; D&mpfung des
Anfiruhrs: Zug des Grafen von Lodron nach dem Nonsberg;
Mine ThAtigkeit auf demaelben; Bestrafnag der Bebellen; BelofaF-
nnng der Treugeblf ebenen.
1. Wehrend die beiden Monareken und. Nebenbuhler Kaiter
Karl V. und Kdnig Prani I. In Italien sich anf Leben und
Tod bekänpflen, waren in Deotscbland durch die Reformation
wichtige Verandemngen vor sieh gegangen, welche auf Tirol
eine Inmrige Rückwirkung hatten , und die uns der Zeitge*
noaae Doetor Angerer von Angemburg mit folgenden Worten
beaehreibi:
„Die Banern wollten weder Zinae noch Steuern mehr
geben, wiewohl ich anch anseigen mnaa, daaa denn noch ein
«nd nd&er frommer Mann in den Gerichten gefonden, welchem
addier Hochmnth leid war; aber der bösen waren dermalen
10 viele, dass sich die Frommen nicht haben regen dürfen;
deno es war keine Furcht, Zucht, liebe Gottes, noch Gehor-
sam mehr; auf Gassen und Strassen, in Städten und Dörfern
sind die Leute gleich dem Vieh ums Leben gebracht worden,
dasa es im Lande einer redilen Mördergrube gMchgeaehen.
Man hat der Brschlngenen bd iwei tausend neun hundert
6»
««ofg eOte Meh Dentschta' Andeni «ufried»
«e «etoteo Hinptleut« f * B«"«" *"•-
i«v«. sWh«*rellrt: ^dweriuileu'
heimkommen, htb f ' ^^
vM dem Vice-RA ' ™
«ntemd tum Ri*
Ekem »' "»^
«hieltera» Zwarwu..
2ft Min ' ^ geschafft; allein durc«.
BMtimn^ winmal angesteckten Landleute in ?er-
. f ^d so in Harnisch, dass selbe unter Anfäll-
ig «achtigteo Peter Passler, der aus Täufers im
AT ^le gebürtig war, die ausgewiesenen Prädikanten mit
estttm wieder znrflckforderten. Der Rftddsffihrer Peter
fassler ist zwar zu Brixen in Haft gebracht, sodann als Re-
belle und als »Absager unsers Glaubens <^ zum Tod verurtheilt
worden; wirklich wurde derselbe am 10. Mai b^eits auch zum
Tode ausgeführt. Da erhob sich — wie uns der erwähnte Zeitge-
nosse und Augenzeuge Dodor Angerer berichtet — eine grosse
schreckliche Empörung vom gemeinen Landvolke, indem die
Bauern mid Insassen mit grossem Geschrei und Anlauf auf dem
Hofpiatze mit Hacken, Drembl u. dgl., diesen Debellbftter au eite-
digen den Angriff machten, also dass die Schergen, Richter und
Henker davon laufen mussten. Ein Bauer mit Namen BaHUmfi
Schneider von St. Andrfi war bei diesem Angriff der Enle,
also, dass obbenannter Passler mit andern Bauern und %veiters
mit mehrera mitgelaufenen Anhängern zu der Stadt Brixen
hinausrufflpelten, welcher Hergaag meistens durch die
Rodenecker geschehen ist; deren Hauptrftdelsfüihrer auch in
etwas zu gedenken waren es nach dem Tode des Keferen
und Pfefferers *) der Kostner von Tötschling, Lienhart Schnapper
*) Balibasar Keferer und Paul Pfefferer, zwei der reichsten und
angesehensten Bauern von Nenstift waren mit Gabriel Krapf
von Rodeneck kurz vorher ihrer yerbrecherisclie« Umtrielie
#7 -
^aft vift^cl de* 4oMa« lol^ m den Btoobof
^ ^^V-» ^o Pfeer^r* ^'^ w sducfcen, h«ke ar
•*^^^ac^ ^««y |k\ ^^ '•"•^ stremstww
^»^^ ^^¥ä *^ J'^rfMlreih«»; für 4sr«
\^^ ^ ^ Vi Storo« Aus d«m
.^ '^ ]^ i(enichenKig^ iuu
^ fiofii stünden;
..vUen sici. \* dw Duron»
,eii SoW eines Knappe. \b«*iekiin»
(^\S8iü«yT war weiland Scii* ^ iw?»«w
»a«^^^^' ^^eoi**^ ^^'^ V^'^1 *P**«' SekreWr des .
**^^ebrofen^^^^ „„j zuletzt Zolleiunehmer in Klau.
^^^f^ht^e ^'^^ "*** ^®^ ^^^^ tüchtigen, beredten, abet
^acb dem Chronisten Kirchmayr „argen, bösen, anfrflhrigen
and lis*»^" Menschen« ging es nun am H., 12», 13. und 14.
Hni aof allen Seiten, an allen Enden und Orten des Landes
1^. ein Schieier sei auf alle die Gräuelthaten geworfen, die
nan i» verschiedenen Klöstern und Stiften des Landes, denen
der Storni hauptsächlich galt verübt wurden.
Was nun namentlich das Gebiet des Ftfrslentbums Tri ent
anbelangt Cui>^ i^it diesem haben wir es vonugsweise zu thnn)
hegannen die Gehrungen in demselben im April des Jahres
1525; denn in diesem Monate war Graf Ludwig von
Lodron, nachdem König Franz am 24. Februar in der Schlacht
bd Pavia gefangen genommen und sein Heer aus Italien ver-
trieben worden war, nach Trient geeilt, und hatte von freien
Slflckai dem Fürstbischöfe Bernhard von Cles seine Dienste
angeboten, die der benannte Kirchenftirst unter den obwaltenden
Vrastflnden sehr benöthigte und aus diesem Grunde unsem
Hdden mit grösstem Wohlwollen aufnahm.
wegen lebendig von Fuss auf gerädert worden; aus gleicher
Ursache hatten in Brixen allein innerhalb dreier Wochen bei
i7. Personen die Todesstrafe erlitten.
~ 88 -
Vemehmeii wtr ma die sparaameo Daten, weleha ant
die Gescidchte in Bezug wt den „Bauernrekell^^ in Sttd-
tirol, das fOr eine Dauer von acht Konateo den SciiaiiplaUi
der Thfitigkeit dea Grafen Ludwig bildel, aufgezeiehnet iuit.
Den Anfang der inneiliefaen Unruhen von Seile der
Landleute im Fttrstentiittme Trient enideekte man au Levico.
Dies erfaellel am einem uaa erittlteeen Sdureiben^ das ein
gewisser Herr Bnratto« Vicar von tevtco, an den Heirn Gira-
xiadeo von CasteUcamy» gerichtet hat; aber erat im Honte
Mai wurde man die allgemeine Erhebung inne, die den Fürst-
bischof nötfafgte, sich nach Riva znrücksuuehen, and den
reichslea Adel zwange mit seinen Kostbariceiten in vers^edenea
Städten Italiens einen -Zufluchtsort zu suchen. Andrif von
BoDgo schrieb dem Bischöfe aus dem Schlosse Denno, dass
die Sachen einen llblen Verlauf nehuMo, und dass er mit Grand
befürchten müsse, nicht in Stande zu sein; das Sehloas selbst
zu vertheidigen , falls das Landvolk die Wegnahme deesdben
versuchen sollte. Er selzt noch bei, da^s er im Sinne habe,
seine Frau nach Verona zu schickea, für seine Person aber
nach Trient zu gehen. Schliesslich bittet er den Bischof in
dieser bedrüngten Lage um .Rath. Einen andern Bericht erhielt
dcar Kirchenfi^t kurz darauf von einem gewissen Peter Langt
aus Termeoo; dieser besehrieb die Grüuelthaten, welche sich
die Bauer« in jener Umgebung halten zu Schulden koomea
lassen, beaonders aber im Kloster von Nuovacella, das voa
ihnen rein ausgeplündert wurde. In diesem Kloster ranbten
die Landleute alle Mobilien, die heiligen GeHsse vnd Gerittk«-
achafien, profanirten Statuen uud heilige Bil^r, und lieaseoJieibst
an den Bewohnern des Coovenles ihre WuA aus. Hiero-
nymus Bretius. Stellimaurns berichtet uns als Augenzeuge,
dass sich diese Bösewichte an einigen Deutsohordens-Bitlera
und Chorherren des heiligen Augustin auf eine Art vergriffen
hüiten, welche näher zu bezeichnen der Anstand verbietet; die
erlittenen Hisshandlungen und Verstümmlupgen kosteten leider
den armen Ordensrittern nnd Choriiecren das Leben. Von Tione
^ 87 -
aiw idikbe eia gewiaier BarlholoMas Lntpni an dea Blaobof
ein^ Beriebt des lohaito : auffordert tobi Ticare, dea Orlsa
die Soidaleo von Jodicarieo nach Trient z« schickea, habe er
die Syndiker zusammeo kommeo laueD, und ihoe« atrengstana
aufgetragen, die geforderte HanBacbafl aufsatreiben ; tut dar^
maieo schicke man schaellsteo 25 Maon von Storo« Ana dea»
Schlosse von Steoico erhielt der Bischof die YeraicheriHig, dasa
die Landleute jenseits des Durone in der Treve feat stäodaa;
nao mässe aber befürchten, wegen jener diesseits des Doroae
in Anbetracht ihrer Saiimaeligkdt bezüglich der AbacUekimg
der geforderten Soldaten nach Trient Diese Nachricht bekam
der Bischof darch einen Brief des Kommandanten Aiigustia
Corradi^ der den Kirchenfürsten uater Einem am einen kleine»
Pulver-Yorrath für das Schloss bat. Ein anderes Sduraibea
erhielt Bernhard aus Verona; in diesem bot ihm ein gewisser
Herr von Guariento auf die erhaltene Nachricht vom Bayern*«
Aufstände im Bisthume Trient eine bequeme und mit alkm
Nethwendigen versehene Wohnung in jener Stadt an.
Unterm 17. Hai erstattete Johann Elttnger dem Bischöfe
Btrfcbt über den Zustand der Stadt Trient. Ettinger sagt, dasa
man daselbst nichts Anderes höre, als WaffengeUirr; jedoab
habe bisher Niemand irgend eilte Beleidigung eibhren. Uebii*
gena drückt der Berichtci-statter in aeinem Sahreiben die Hoff-
nung aus, dass der ausgebrochene Brand bald erlOaden. dürflla
— hauptsächlich durch die aoageaeichnete Wacbsamkatt und
Thatigkeil des Franz von Castellalt, einea der hervorragendsten
Fahrer, der dem Volke Huth eiospreehe and daaaelbe zur Ver-r
IheidigUBg ermuntere; audi gibt er die Versicb^Wig, daaa aleb
Niemand über den Bischof beklage, nur missfaHe de^ deatachfin
Bürgorn die Berufung von Soldaten aus Jadiearien; djeae könnai
(nach ihrer Befürchtung) eher aehüdltah ala nützlich sein. An
deaiaelben Tage richtele auab der dermalige P)»de3t4 von
Trient, Johaaa Caatelvetro an den Bischof ei» Sahreibea, in
wdcham Gastetv«tro die Kittbeiiiiag: macht weil der Biacbaf
aelbal Trienl verlassen habe, habe auch e^r aieb naah Roveyeda
- 88 -
geflüchtet, am sich der Wath des Landrolkes zu enttiehen^
habe aber den Herrn Scutelli als seinen Stellvertreter ernannt;
das Kapitel-Haas, angefüllt mit allerlei Waaren, sei geleert
and Alles anter die Armen vertheilt worden n. s. w. Das
nämliche Datum trfigt ein Schreiben des Bischofes, das dieser
von Riva aas an die Bürgermeister der Stadt Trient richtete,
und in dem der KirchenfQrst diesen die Beweggründe aus-
einander setzt, -die ihn bestimmt hfltten, Trient zu veriassen;
unter diesen erscheint als Hauptbeweggrand die gemachte
Wahrnehmung, dass der wilde Aufruhr des Landvolkes vor-
züglich gegen die Geistlichkeit gerichtet sei; Bernhard fordert
den Hagistrat auf, getreu zu verbleiben, und kraftvoll aufzu-
treten in Vertheidigung des Fürsten, der Stadt und des Va-
terlandes.
Tags darauf, den 18. Hai, schrieb der Fürstbisehof dem
Christoph von Thunn so wie auch dem Franz von Gastellalt,
ond trug ihnen auf, mit den Aufiständischen keinen Vertrag
einzugehen, der für ihn (den Bischof) oder für seine Nach-
folger schmählich oder nachtheilig werden könnte, und dies
um so weniger, als die Sachen noch nicht so verzweifelt
stünden, dass sie ihn zwingen müssten, einen solchen Ver-
gleich einzugehen. — Der Stadtmagistrat von Trient hatte De-
putirte nach Bozen geschickt, deren bald darauf einige andere
auf dem Fusse folgten.
Wie nun die Boziier merkten, da^ die Landleute gegen
die Stadt feindselig gesinnt waren, schickten sie selbst Abge-
ordnete aus ihrer Hitte nach Trient, die mit Beglaubigungs-
schreiben versehen waren, um in Erfahrung zu brmgen, ob
sie den Vorschlägen Glauben beimessen sollten, die ihnen von
den erstem Abgeordneten gemacht worden waren. Dieses be-
richtete nun der Stadtmagistrat am nämlichen Tage an den
Bischof mit beigefügtem Bemerken: man habe den Abgeord-
neten von Bozen zur Antwort gegeben, die Bürgermeister und
VIerteimeister der Stadt seien gesonnen, trau zu sein dem
Kaiser, dem Erzherzoge und ihrem Bischöfe, und vereint tu
- 89 -
bleibeo mit der GniCscIiaft Tirol in allen erlaubten und löb-
lichen Dingen. Schliesslich versicherte der Stadtmagistrat den
Bischof seiner Unterwürfigkeit; dasselbe wiederholte der Ha-
gistrat auch noch in einem andern Schreiben vom nfimitchen
Datum; in diesem versprechen die Bürgermeister dem Bischöfe
treu zu bleiben, auch ungeachtet . seiner Abreise von Trient
und bitten den Kirchenfttrsten, gutes Mnthes zu sein im Ver-
trauen auf den Schutz des heiligen Yigilius , und unter Einem
auch dabin zu wirken, dass der Erzherzog, über den er so
vid vermöge, zur Erhaltung des Vaterlandes das Seinige bei-
tragen wolle; schliesslich loben sie die Hauptleute Georg
von Preundsberg*) und Franz von Castellalt, welchen
letztem Bernhard zu seinem Stellvertreter ernannt hatte, als er
den Entschluss gefasst, sich nach Riva zurückzuziehen.
Auch Graf Anton von Lodron schickte dem Fürst-
bischöfe zwei eigenhändige Schreiben. Im erstem entschul-
digte sich der Graf', dass er aus Ursache der ausgebrochenen
Unnihen es nicht gewagt habe, ihn in Riva zu besuchen; auch
setzt er bei, dass sich die Grafen Ludwig von Lodron und
Paris von Lodron in Trient befunden,' und er für seine
Person sich ganz damit beschäftige, die zur Vertheldigung
seines Schlosses nöthigen Gegenstände herbeizuschaffen; er
schliesst sein ersteres Schreiben mit der Bemerkung, die In-
surgenten hätten die Uebergabe des Schlosses von Stenieo ver«
langt, bei Roca d' Anfo erwarte man 200 Soldaten u. s. w.
Im zweiten Briefe betheaert Graf Anton von Lodron
dem Bischöfe seine Treue und Ergebenheit ~ mit dem Bei*
Satze, dass er noch immer vollauf damit beschäftigt sei, sich
*) Georg von Frenodsberg seheint zu jenen Feldhauptleutan und
Kommissären gehört zu haben, welche bereits am 13. Mai vom
Erzherzog Ferdinand aurgestellt und nach Sttdtirol abgeschickt
worden waren ^ der Hdd kann sich aber nicht lange daselbst
aufgehalten haben ^ da wir ihn Anfangs Juli schon wiederum
im AI Ig an erblicken, wo er an der Spitze von 3000 Knechten
(die er aus Italien herangefiUirt hatte) and in Verbindung mit
dem Trucfasess von Waldburg den Aufstand der Bauern dämpfte.
— B2 —
fieorg eilte nach Deutschland zurück; dahin folgten ihm aneh
4ie neiaten Haoptiettte der Landsknechte wie %. B. SehertKn,
der von sich sdireibt : ^Also bin ich mit frenden um Pfingsten
heimkommen, hab 1500 Gulden mit mir geprachl, und bin
von dem Vice-^Ri aus Neapel zn Pavia vor dem schloss das
erstemal amn Ritter gesehlagen worden.^
Ehevor aber Oeorg von Frenndsberg Mailand verliess,
erhielt er aus den Hfinden des Herzogs Franz Sforza ein vom
29« Man 1525 datirtes, höchst ehrenvolles Zeugniss, das die
Bestimmung enthiell: Ritter Georg und seine Erben hatten aus
den Revenfleo des Rerzogthums Hailand als Erkeontliehkeit
fttr die in der Schlacht bei Pavia erworbenen grossen Ver*
dienste alljährlich 1600 Gulden rheinisch zu beziehen.
Den Grafen Ludwig von Lodron finden wir zwei
Monate später -- im April 1525 — wiederum in voller Thfi-
ligkelt, and dieses Mal leider im eigenen Vaterlande — in
Tirol I — das seinen kräftigen Arm bedurfte zum Sehatze
der MedfertigeQ Bewohner gegen ehie Rotte verblendeter
Aafrflhrer.
— 8S -
IV. Abschnitt
I>er ^nenreboU^ anno 1526 in SOdtirol; Flucht daa Ffirstbiiehofet
Bernhard von Cles nach Rira; eingelaufene Nachrichten in BiTa
und hinansgegebene BefeUe des FOrsl^isohofes ; Rückkehr des-
■elben nach Tiient; Aufstand der Bsaeia im Nooi* tind Siüsbezg;
£r0ffiiuig des Landtages in Innsbruck; die Beschwerden- Artikel
der Malcontenten; Fürstbischof Bernhard ron den Landtagsyer-
bandhttgen durch seine Deputirten fortvfthrend in Kenntnis« ge-
•etat; firaemiaiig toh Kriegtkommisslven ffir SOdtiroi; Heran-
ziehung des Grafen Ludwig von Lodron, snr Züchtigung der
Rebellen; Belagerung von Trient durch dieselben; D&mpfung des
Anfindurs: Zug des Grafen von Lodron nach dem Nonsberg;
•eine ThAtigkeit auf demaelben; B^straftiog der Bi^Mieo; Beleih
nung der Treugebliebenen.
i. Wahrend die beiden Monar^en und. Nebenbuhler Kaiser
Hnrl V. und König Franz i. in Italien sich auf Leben und
Tod bdiSoipflen, waren in DeotscUand durch die Reformation
wiehtige Yerandemngen vor sich gegangen, welche auf Tirol
eine Irairige Rttckwirknng hatten, und die uns der Zeitge*
none Doetor Angerer von Angersburg mit folgenden Worten
beielireibl:
»Die Baoern wollten weder Ziase noch Steuern mehr
geben, wiewohl ich auch anseigen moss, dass denn noch ein
lud anderer frommer Mann in den Gerichten gefunden, welchem
solcher Hochmolh leid war; aber der bOsen waren dermalen
so viele, dass sich die Frommen nicht haben regen dOrfen;
tkm es war keine Furchl, Zucht, Uebe Gottes, noch Gehor-
sam mehr; auf Gassen und Strassen, in Städten und Dörfern
sind die Leute gleich dem Vieh ums Leben gebracht worden,
dass es im Lande einer rechten Mördergrube gleichgesehen.
Man Iwl der Brschlageneo bei xwei tausend nenn hundert
6»
— 92 -
BhKsiiofe den schuldigen Gehonam la leisten, da dem Kirehen-
fOnten nichts so sehr am Henen liege, als ihnen sa helfeo.
Ganz verstimmt durch den erhaltenen Bescheid verbanden sich
nun die benannten Deputirten mit den Landleuten der Grafschaft
Tirol, um in Verbindong mit diesen eme allgemeine Er-
hebung zu Stande zu bringen.
Die Bttrgermeister der Stadt berichteten mittelst eines
Schreibens, das selbe unterm. 22. Hai an den Fürstbischof
erliessen, von seineu Stellvertretern seien folgende Vorschläge
gemacht worden;,
i. Dass man die vier Viertelmeister Leonhard Stiegelmayr,
Lorenz Sizzo und die beiden Apotheker Vincenz und Bartho-
lomäus erwählen sollte, auf dass diese mit ihnen (den Bfirger-
melstem) die laufenden Geschäfte bis zur Entscheidung des
Provinzial'Landtages abthnn sollten;
2. dass die Doktoren die Wache an den Thoren entweder
selbst versehen, oder durch Andere versehen lassen sollten;
3. dass die Bürgermeister bis zur Beendigung des Pro-
vinsial-Landtages nicht befugt sein sollten, von Auswärtigen
jene Abgaben zu erheben, die der Landschaft gehOreten;
4. dass sich die auswärtigen Syndiker wechselseitig ver-
binden sollten mit jenen der Stadt.
Die Bürgermeister fttgten ihrem Berichte auch die auf Jede
Proposition ertheilte Antwort bd. llit dem ersten Vorschlage
erklärten sie sich nur fflr den Fall einverstanden, wenn die
betrelfeaden Vorgesetzten mit dem gestellten Antrage ebenCalls
einverstanden wären; dem zweiten widersetzten sie sidi nicht,
wie sie sagten, wenn es nur geschehen könne ohne Nachtheil
irgend eines Bfligers; bezüglich des dritten gaben sie die Er-
kläning ab, dass sie sich gerne darnach richten wollten —
erklärte sich auch mit dem vierten einverstanden unbeschadet
Ihrer Gründe in Bezug auf die Punkte der HiflsheUigkeit zwi«
sehen Stadt und auswärtigen Gemeinden, deren Entscheiduag
man vom Provinzial-Landtag erwartete.
Der Bischof, der unterm 24. Hai die erhaltene Zuschrift
— 98 —
beaDiwoitele, vendiob sein Drthdl «ber illese flegemtiiide ut
eine gelegene Zeit. Den 23. Mai. aetiten die Bfirgarmciater den
KirchenfBrslen in Kenntniss, dass der Anfetand im Abnelunen
begrilTen sei Cworin sie sicli aber Ifioschten, wie wir spfiler
kOren werden) nnd baten ihn, dahin zo wvken, dass die anf
der Flacht begrüTenen Domherren die kostbaren Reliquien, dann
die goldenen und silbernen Gefässe, so wie aneh die Ofenl-
Kchen Urkunden n. s. w. inrachstellen sollten, anf dass selbe
nicht Terloren gehen. Den 25. Hai sehrieb Bemhaid den
BOfgermeistem : er habe gehört, dass in Meran ein Landtag
statt fknde, auf welehem die Punkte festgestellt werden sollten,
die in den nächsten Landtagen in Stening oder Brizen be«
rathen werden sollten; die Bttrgermeister möchten sich ent»
schuldigen, keine Depntirte dahin schicken zu können, da dieser
Landtag nicht vom Erzhenog angesagt worden sei. Falls sie
aber demselben nicht ausweichen könnten, möchten sie zwei
oder drei geeignete Individuen dahin schicken, filr weldie
er eine Art fastmctlon beischloss. Euen andern RaA ertheilte
d^ Kirchenftirst den Bflrgenneistem Tags darauf; sie soHten
nämlich den Domherren von Trient, die mit den hl. Reliquien
von Verona in Riva angekommen wären, ein sicheres Gdeit
schicken; er belobt schUesslich den Eifer der erwähnten Dom«
herren, der den Verdacht des Stadtmagistrales nicht verdiene.
Unt^m 27. Hai schrieben die Bttrgermeister dem Bi-
schöfe: sie hätten sich grosse Htthe gegeben, auf dass Bona-
ventura Fanzini, Hieronymus dalb Rossa und Doctor Hierony*
mus von Teno auf den Landtag nach Heran geschickt wfirden;
jedoch die bischöflichen Stellvertreter hätten die Wahl des
Bftck^'meisters Leonhard Stiegelmayer bestätigt, ond sie selbst
hätten sich darein geben mflssen. Hierauf baten sie den Bischof
nach Trient zurflckkehren zu wollen, da seine An-
wesenheit daselbst in den gegenwärtigen trtibseligen Zeiten
von grösstem Nutzen sein wttrde. Unterm 30. Hai theüten
die Borgenneister dem Bischöfe die Instruclion mit, welche
den Abgeordnelen Ar den Heraner-Landtag mitgegeben worden
— M -
war; tofleiefc selzten sie den KirchenAmten aaeh in Kennt-
nias tiier die Znfriedenlieit, die Uinea der Elzheneg wegen
ihrer dem Fttrsten bewaiirten Treue bezeigt Imbe. Vom aweitea
Jnni daüH haben wir zwei Briefe des Erzherzogs Ferdinand;
der entere ist an den Bischof gerichtet, dem er seineo voUett
Beistand zusichert «^ mit beigefttgtem Bemerken, die Auf-
atindischen mttsse man mit Hilde nnd nicht mit Strenge
znr Rohe an bringen suchen; in Betreff der Soldaten, die
Bernhard zu Verthddigung seines Residenzschlosses tu Trient
vom Erzherzog verlangt hatte, bot ihm dieser «*- ungeadiict
seiner eigenen bedrängten Lage — dennoch 200 bis 300 Mann
an. Der zweite Brief des Erzherzogs ist an die Bürgermeister
von Trient gerichtet; in diesem belobt er die Treue, die sie
ihrem Bischöfe bewahrt htttten, gibt ihnen den wohlgemeinten
Rath, in dieser zu verharren, und verspricht ihnen seinen Bei-^
stand. Zwei Tage später richtete Erzherzog Ferdinand neuerdingf
ein Schreiben an den Kirchenfttrsten^ und ertheflte diesem den
Rath, nach Trient zurückzukehren, wozu er von dea
Bttrgermeistem mehrmals schon eingeladen worden sei; um so
Bwhr möge er dahin zurückkehren, als auch der Hauptmann
Fiana von Castellalt, der mit Mannschaft hinreichend versehen
sei, die Rückkehr für nützlich und sehickiicb halte.
Ais nun zu diesem wohlgemeiotoi Rathe des Erzhenogs
auch noch die Einladung von Seite der vorzüglichsten Bürg^
Trients und von Seite des Publikums (als dessen Vertreter wir
den Alexander Guelf erblicken) hinzugekommen war, so ent<»
nehloss sich der Kirchenfürst zur Rückkehr in
seine Residenz; eine grosse Menge der achtbarsten Bürger
verfttgte sich zu diesem Zwecke nach dem Casteli ToUino,
um den Fürstbischof dnzuholen, und ihm das Ehrengeleit nach
Trient zu geben; und so befand sich Bischof Bernhard wieder
in seinem Residenasehlosse ,Baon Conslglio' au Trient; ver«
lassen wir ihn alldort, um unsere Aufmerksamkeit voraogawtise
dem ),Ba«ernrelieU^ auf dem Nons- und Sulzberg s»*
anwenden.
- 9i —
2. Der Aufttand aöf dem Nonsberg begaon am Montag
nach dem Sonntag Cantate, welcher anno 1525 auf den 15.
Mai fiel. An diesem Tage kam m atler PiHhe ein Hanfe auf-
slflndiseher Bauern aas dem obern Etschthale, besonders von
Lana , Nais mid Tlsens , aufgemuntert durch das tolle IVeiben
ihrer Gesinnungsgenossen zu Brixen (am 11. und 12. Mai)
dann zu Bozen (am 12. Mai) und zu Meran (am 14. Mai)
nach Senale (Unsere liebe Fran im Walde), überfiel den
dortigen Widum, plünderte ihn aus — mit der laut ausge-
sprochenen Absicht, von Senale nach Castelfondo zu ziehen,
und zuerst den dortigen Pfarrhof, dann das Schloss selbst zu
pittndern. Ein gutgesinnter Senaler eilte unterdessen sogleich
nach Castelfondo, alt Bewohner von dieser schändlichen Absicht
and dem Anzüge eines grossen Haufens dieser rebellischen
Rotte zu benachrichtigen. Damals war Bernardin von Thunn Pfand-
inhaber des Schlosses und der Herrschaft Castelfondo; von der
Nachricht überrascht berief dieser in der ersten Rathlosigkeit
seine Gerichtsvasallcn zu sich, und erklärte ihnen : das ScUoss
Castelfondo gehöre dem Kaiser nnd sei ihm nur pfandweise
überlassen; auf Verlangen des Kaisers sei er bereit, ihm das^
selbe wieder zu übergeben. Die Vasallen verlangten nun vom
Herrn von Thunn, er soll ihnen dieses Versprechen schrfftllch
abgeben nnd bei Edelmanns Treue beschwören — was Ber-
nardin auch that. Da nun aber seine Gerichtsvasallen auch
Seiner kaiserlichen MijesUft Unterthanen waren, nnd dersdben
Treue geschworen, nnd er nicht wnsste, wer diejenigen wären,
welche ihn ausplündern wollten, so übergab er semen Vasallen
das Schloss sammt Hab und Gut mit der Weisung, dasseHie
im Namen Seiner Majestät nnd Seiner Durchlaucht des En^-
herzogs-Landesfflrsten zu beschützen nnd zu vertheidigen, jedoch
nnbeschadet seiner Rechte, bis man erfahre, wie es mit den
Andern vom Adel sich verhalte; dasselbe Schicksal solle anch
das seinige sein. Dem guten Bernardin von Thunn bekam aber
diese Handlungsweise sehr schlecht; denn gegen sein ehrliches
Anerbieten fügten ihm sehie eigenen Unterthanen nnd Gerichts-
.:^
— M -
war; ragidefc seteten «ie den 1[b^ /^nbade» «, j« "«*teii
Bitt tber die Znfriededieit, *» x/^tbarkeit« lud Geld,
iiiier dem Fttnten bewahrter -^tete ««* da.ii der AHfrohr
Ami datirt haben wir r .J^f^ Nons- nnd Snlzberg; be-
der enten ist an dr '^'^^^ *« *'«'*• «"' **«" "»^»" ^'*
Bcfotand jMiiAei' /Jj^^ Äewohner der Ortschaften Vigo, Tor,
atitaciischeii r j/^^^rt^ ^'^^5 ^""^ Suliberge die Bewohner ron
lor Rabe x^^jT^^^'****' Pelizano, Comasen und der Pfarre
Bemfar ^^''/^ ^'^ ^^®' ^^' ''^^^ '*'"' ^*^ ^^ Mechel nebst
voB ^' ^ ffarreien von Denno und Cles. Diese ergriffen
wt 1^ i^ ^^ Obrigkeiten, zogen mit entfalteten Fahnen
^ ^^^ommelschlag herum, um Leute zu werben, er-
^ //«iiptlettte für ihre Versammlungen, und Hessen die
'^^eraffte Mannschaft unter Adlern schwören. Nun ging
^'^^ die «deligen Vasallen sowohl des Landesfttrsten als
A^ des Fürstbischofes von Trient her; die Aubtändischen
^fielen den Adel, plünderten ihre Schlösser, nahmen das
jTorgefundene als gute Beute mit sich fort, und bemächtigten
sidk auch ihrer Lehen , ja erfrechten sich sogar die landes*
fürstlichen und fürstbischöflichen Beamten abzusetzen» sich
eigenmächtig Richter zu wüblea, und alle Gewalt an sich zu
ziehen ; endlich gingen sie soweit, alle jene Leute^ welche mit
ihrem tollen Treiben nicht einverstanden waren, zu verbannen
— unter dem Vorwande, selbe seien gegen sie rebellisch. Um
aber ihrem Treiben mehr Nachdruck zu geben, traten sie
mit auswärtigen aufständischen Gemeinden gegen ihre recht-
^massigen Obrigkeiten in verrätherische Bündnisse, und bf^lfrftf-
tigten diese mit Eidschwttren. So sendeten sie gleich am andern
Tage nach begonnenem Aufruhr Abgeordnete nach Bozen an. ihre
Gesinnungsgenossen — mit der Heidung, sie hätten dem Beiy
nardin von Thunn zu Gasielfondo gegen 18000 Gulden an Geld
und Kleinodien abgenommen^ und verlangten Rath, was ferner
zu thun wäre? erhielten aber den ganz trockenen Bescheid:
ein ehrsamer Rath des Landgerichts Gries und Bozei wäre
nicht Willens weder die fürstliche Durchlaucht und gegen die
\
\
\
\
- 9t -
tie Ehre und EfdespBtefat, oder geg^n irgend eine geadelte
*:he Person etwas Ungebttkrliebes su untemehnien, sondern
ielmehr guter Zuversicht, was bisiier gegen die Jaden
tliche Personen in und um Bozen begangen worden,
gut gemacht werden. Uebrigens hielten Rath und Ge-
«iieinde für gut, wenn die Nonsberger dieses auch bei sich
zu thtto bedacht wflren, solche und Ähnliche Empörungen ab«
zustellen.
Sehr nacfatheiiig für das ganze rebellische Unternehmen
der Nons- und Sulzberger war, dass unter ihnen kein festge-
setiter Plan, und kein einmüthiges Zusammenwirken unter Einem
gemeinschaftlichen Anführer, sondern nur ein planloses und
verwirrtes Rasen und Herumziehen statt fand, femers, dass sie
an den Bewohnern der benachbarten Thäler von Judicarien
anstatt Bundesgenossen und Helfer, vielmehr entschiedene Freunde
und treue Anhänger des Bischofes von Trieut, so wie ent-
schiedene Gegner ihres tollen Treibens fanden«
Uebrigens hatte den Adel des Nons- und Sulzberges unter
diesen wirren Verhältnissen dieselbe Rathlosigkeit befallen, wie
anderswo; so ahmten auch die Herren Balthasar und Jakob
von Clea in ihrer Rathlosigkeit das schwache Benehmen des
Bernardin von Thunn nach, und ttbergaben ihr Schloss den Ge-
meiadeieuten ; denn am 10. Hai machen die Syndiker der
Tböler des Nons- und Sulzberges zur Dämpfung des Auf-
ruhres bekannt: genannte Herreu hätten ihnen die Schlttssel
ihres Schlosses sammt allen dazu gehörigen Sachen und Leuten
übergeben, die sie im Kamen der Gemeindeleute in ihre Hände
genommen bis zur Entscheidung der Angelegenheit*, den be-
sagten Herren sei jedoch die Vollmacht vorbehalten, ihre Pri-
vat-Angelegenheiten zu besorgen, aber auch den Gemeinde-
leuten sei es vorbehalten, dass sie zu den nöthigen Ausgaben
und Arbeiten bei solcher provisorischen Besetzung nicht ver-
halten seien; diese sollen die Adeligen der Thäler bestreiten.
Obige Syndiker wählten hierauf zur Verwaltung solcher Güter
sechs Männer, denen dieses Geschäft übertragen wurde.
7
~ 98 -^
Es mag jedoch den Nons- nnd Salsbergein bei diesem
ihrem Yorgeheti gegen den Adei ihrer Thdier nicht ganz woM
XU Halbe gewesen sein; denn sie sendeten einen Abgeord-
neten Namens Barthlmft von Tien, an den Rath und die Gemeinde
des Landgerichts von Griess and Bozen ab. Der genannte
Abgeordnete erschien am 10. UM fflr sich nnd für die andern
5 Hitglieder des Ausschusses der Thäler Nons und Sulz vor
dem Rath und bat um Aufklärung, was man in Bozen gegen
den gemeinen Adel für Verhaltnngsmassregeln festgesetzt habe,
auf dass sie wüsslen, wie auch sie gegen den Adel In ihren
Thälem sich zu benehmen hätten ; denn den Hännern des Aus.
Schusses wären alle Angelegenheiten von den Gemeinden der be-
sagten zwei Thäler zu besorgen ttberiassen worden; es ward
ihnen aber derselbe trockene und zweideutige Bescheid ^ wie
kurz vorher den Abgeordneten des Nonsberges — ertheilt.
Dass auch auf dem Nons- Und Snizberg — wie überali —
dieselben verwerflichen Mittel angewendet wurden, um das ge-
meine Volk zur Plünderung des Adels und der Geistlichkeit
aufzustacheln — indem die geheimen Leiter des ganeen Auf-
ruhres durch Aussendlinge das Gerücht verbreiteten , die Ge-
meinden sollten selbst ihren Adel und ihre Geistlichkeit aus-
ptthidem, sonst würden es die Etschländer oder fremde Ge-
meinden thun — geht auch aus der Anfrage des Bernardin
von Thunn hervor, die dieser an demselben Tage (i9. Hai)
beim Rath und Ausschuss des Landgerichts Griess nnd Bozen
durch seinen Diener Hanns GIdggl thun liess ; man möchte ihm
nämlieh ehrlich berichten, ob denn wirklich die von Bozen be«
fohlen hätten, gegen ihn oder gegen Andere auf dem Non»-
berg zu ziehen — mit der Drohung, falls die Nonsberger nicht
selbst ihn und Andere plündern wolUen, so würden sie (die
Bozner nämlich) selbst kommen und plündern. Hierauf ward
im Rathe entschieden: man solle dem Abgeordneten des Herrn
von Thunn den Bescheid vorlesen, welcher den Nonsbergem
gegeben worden sei.
Unterdessen gingen die Aufruhrer im Nons- und Sulzberg
- 99 -
ihren eingescMflgenen Weg fort. Am 20. Mal berichtet von
Tione ans der Yicar daselbst, Sebastian Antonini, dem Fflrst-
bischofe: die zwei von Jadicarien an die Nonsberger abgeord-
neten Hfinner seien von dort mit der Nachricht zurückgekehrt,
die Rebeilen hätten das Schloss Cies belagert; auf das Sturm«-
schlagen seien aber zu Gunsten des Herrn Balthasar von Cles
viele Leute auch aus dem Salzberg herbeigeeilt, hätten den
Aufruhr gestillt und die Aufrührer dahin vermocht, ihr Ver-
gehen zu bereuen, und diesfalls um Verzeihung zu bitltm.
Die Insurgenten des Nons- und Sulzberges wendeten sich
auch an die Bewohner von Judicarien mit der Anfrage: wie
die Sachen dort ständen? wahrscheinlich in der Absicht, um
auch dieselben in ihr tolles Treiben hineinzuziehen; allein die
gedachten Bewohner liessen sich auf nichts ein, schickten viel-
mehr zwei Abgeordnete nach Trient an Herrn Andr« de Sen-
tellis, um sich Raths zu erholen.
Dieser antwortete den Abgeordneten: die Stadt verharre
In ihrer bisherigen Ergebenheit gegen den Bischof — und gab
ihnen den wohlgemeinten Rath, gleichfalls in ihrer Treue gegeii
denselben auszuharren. Dasselbe sagte ihnen auch Franz von
Castellalt.
Die Sulzberger fuhren unterdessen in ihrem verbrecherischen
Treiben fort, und plünderten am 22. Mai das Spital und Priorat
zu Campigliö aus. Hierüber gibt Luterinus unlerm 23. Mal
vom Schlosse Stenico aus dem Fürstbischöfe Nachricht.
3. Nun wollen wir sehen, welche H ittel der Landesfürst
Erzherzog Ferdinand, angewendet hat, um den Aufruhr in den
Fürstenthümem von Brixen und Trient zu dämpfen. Das Erste, was
Ferdinand that, war, dass er dem Fürstbischöfe von Brixen Spe-
rantius H. und iem Fürstbischöfe von Trient, Bernhard von Cles,
einstweilen die weltliche Verwaltung ihres Gebietes mit ihrer Ein-
willigung abnahm, und dieselbe anfangs durch den Freiherrn
Georg von Firmian und etwas später durch Anton von
Brandts besorgen lless. Ferdinand handelte hier als Schulzherr
beider bischöfüchen Kirchen. Da aber dieses Mittel — so
7»
— 100 —
gut es auch gemeint war — sich als anzareichend zeigte, den
ausgebrochenen Sturm zu stillen, so ergriff der jugendliche
Landesfürst ein anderes, nach seiner Meinung wirksameres Mittel,
die Ruhe im Lande wieder herzustellen, und dieses war ein
Landtag, den er ausschrieb, und auf den 11. Juni nach
Innsbruck berief.
Auf diesem Landtage — unstreitig einem der wichtigsten
aller je im Lande gehaltenen — Hessen die Tumultuanten an der
Etsch und am Eisack durch den berüchtigten Michael Gaissmaiyr
dem Erzherzog eine ganze Litanei von Beschwerdepunkten
übergeben, welche grösstentheils dahin gingen, dass man
ausser dem LandesfUrsten sonst keinen andern Herro etwas
zahlen wolle; feruers sollen alle Zinse an Klöstern und Wi-
dums abgethan sein; den Kornzehent soll die Gemeinde etn-
nehmen, um davon den Pfarrer zu erhalten, welchen sie selbst
zu wählen und auch abzusetzen Gewalt haben soll. Alle Klo-
sterpfarreien sollen von Weltgeistlichen beselzt werden; jede
geistliche Regierung soll ein Ende haben; Edle und Unedle,
Geistliche und Weltliche sollen dem gemeinsamen Richter zur
Rede stehen; alle Freistätten, auch alle Adelsvorrechte hätten
aufzuhören; alle Weideneien, alles Wild, Vögel und Fische
sollen frei sein; wälsche Weine dürfen nicht mehr ins Land
eingeführt werden; die fremden Wucherer, als da sind die
Fugger, Hochstätter, Welser u. a., so wie auch alle fremden
Kaufleute und Hausirer seien abgethan u. s. w.
Wessen Geisteskind Gaissmayer gewesen sein muss, ist
aus der in Rede stehenden, dem Erzherzog — LandesfUrsten
überreichten Beschwerdeschrift leicht ersichtlich.
Auf dem Landtage waren nebst den Depütirten des Fürst-
bischofes von Trient, Nikolaus von Trautmannsdorf und Andrfi
Reggio auch Abgeordnete aus Südtirol in grosser Anzahl er-
schienen -> namentlich vom Nons- und Sulzberg; leider waren
aber von den benannten Thälem gerade die ärgsten Schreier
nach Innsbruck gekommen, die sich selbst als Deputirte auf-
gedrängt hatten. Die Beschwerde-Artikel, die sie mitbrachten,
- 101 —
waren durcbaus nicht von den Gemeinden gemeiaschaftiich be-
rathen und verfasst, sondern nor von den tfalcontenten einseitig
aufgesetzt and den Abgeordneten — wenn wir sie so nennen
wollen — mitgegeben worden, um selbe dem Landtag voreu-
legen. Fürstbischof Bernhard wurde von den Vorgüngen aaf
dem Landtage von Zeit zu Zeit durch seme beiden Depnlirten
genau in Kenntniss gesetzt. Am 11. Juni fand die Eröffnung
des Landtages statt, und schon Tags darauf — den 12. Juni
— berichteten die Deputirten Nikofaius von Traulmannsdorf und
Andrft Reggio ihrem Fürstbischöfe: sie hätten gehört, dass die
Abgeordneten aus dem Bauernstande sich weigerten, die Prtf-
laten zum Landtag zuzulassen, fügten jedoch bei, dass der
Erzherzog die Ausschliessung der Geistlichkeit durchaus nicht
zugegeben habe.
Schliesslich rathen sie dem Bischöfe, gute und veriftss-
liehe Kundschafter zu halten, und von Trient sich nicht mehr
wegzubegeben, wenngleich viele seine Rückkehr missbilKgten.
Ans dem angeführten Schreiben der bischöflichen Deputirten
bt zugleich ersichtlich, dass die Rückkehr des KirchenfOrsten
von Riva nach Trient jedenfalls vor dem 12. Juni er-
folgt sein muss. Wie wir bereits wissen, hatte Erzherzog
Ferdinand dem Fürstbischöfe in einem Schreiben vom 4. Juni
die Rückkehr nach Trient dringend angerathen, und am 12. Juni
rathen die bischöflichen Deputirten ihrem Herrn, von Trient sich
nicht mehr wegzobegeben — wir also mit Grand annehmen
können, dass die Rückkehr Bernhards zwischen dem 6. und
10. Juni erfolgt sein müsse.
In einem andern Schreiben vom 13. Juni berichten Ni-
kolans von Trautmannsdorf und Andrü Reggio: es wfire auf
dem Landtage der Beschluss gefasst worden, zwei Strafdekrele
zu erlassen, das eine im Namen des Landesfürsten und das
andere im Namen der Städte und Gemeinden mittelst welcher
man während des Landtages alle aufrührerischen Bewegungen
verboten habe, indem man unter Einem die Prälaten und
die Adeligen in den Stüdten sowohl als auch auf dem
— 102 ^
Lande ermunlerl hftUe, mit gulein Beispiel voranzusehea.
Nichtsdestoweniger habe sich unter deo Adeiifen die der bi-
schöflichen Kirche von Trient eintrügliche Lehen zu ver-
danken hfitten und dte vom Bischöfe besonders geliebi nnd
begansligt würden, Georg von Firmian, dadvrcb her-
vorgethan, dass er es gewesen sei, der die Ausschlies-
sung der Geistlichkeit vom Landtage in Vorschlag gebracht
habe, und es sogar gewagt hfttte, diesfalls an den Erz-
herzog im Namen des übrigen Adels ein förmliches An-
suchen zu stellen*) — was aber vom Erzherzoge ganz ent-
schieden abgewiesen worden sei ; dessenungeachtet müsse man
die Ausschliessung befürchten in Anbetracht der Umtriebe,
welche in dieser Beziehung derselbe Georg von Firmian und
andere adelige Lehentröger der bischöflichen Kirche von Trient
sich hfttten zu Schulden kommen lassen. Auch habe der kai-
serliche Redner das Hissfallen seines Herrn an dergleiehoi
Neuerungen laut zu erkennen gegeben — mit dem Versprechen,
falls die aufrfihreriscJien Bewegungen nicht aufhöreten, werde
der Kaiser ein wirksames Mittel dagegen anzu-
wenden wissen.
h einem vom 14. Juni datiilen Briefe benaclirichtigt der
Erzherzog den Bischof von Trient über den Beginn des Land^
tages und über die Entmuthigung der Landleute, die nun nach-
giebiger und biegsamer geworden seien aus Ursache der grossen
Niederlagen, die ihnen in mehrem Orten Deutschlands bei-
gebracht worden wftren. Schliesslich beschreibt er ihren grosseti
Hass gegen die Geistlichkeit, welche er aber fortwährend ver-
tfaeidigen werde.
An demselben Tage setzten die bischöflichen Deputirten
ihren Kirchenfürsten in Kenntniss über ihre beim Erzherzofr
gehabte Aadienz, in welcher sie demselben das Vorhaben der
*) Und dem nämlichen Georg von Firmian war früiier die welt-
liche Verwaltung der beiden FArstenthfimer Brixen und Trienl
VC« Erzhei'zoige üWtrugen worden!
— 103 ~
Slädte und Gemeioden aaseioander setzten, die Prälaien vom
Landtage ausziuschliessen, und den Bischof benaehrichtigten, dass
Thomas Tabarelli dem Landesfürsten eine Schrift übergeben
habe, welche die Beschwerdepunkte des Volkes von Trient
enthalte, and dass Bernardia von Thunn diese Beschwerdepunkte
der Bewohner des Nonsberges eingesehen habe; diese wären
folgende :
1. mfifisleo sie einem nicht voi) ihnen erwählten Haupt-
nianne Gehorsam .leisten , der ein Bruder des Biscbofes sei,
von dem sie keine Gerechtigkeit erwai'ten konnten; es mOcble
ihaen somit das Recht eingeräumt werden , sich selbsteo einen
Hauptmann zu wählen;
2. seien sie gehindert In der Behandlung der eigenen An*-
gelegenheiten namentlich in Bezug auf die Brücke von Storo;
3. sei der Bischof in seinen Strafbestimmungen (Straf-
ausmasse) viel zu streng;
4. habe derselbe bezüglich der Belehnung bei den Be-
wohnern von Tajo eine Abänderung getroffen, und die übliche
Taxe bis auf 52 Guhlen rheinisch erhöhet. Einige andere
Beschwerden, welche noch aufgezählt waren, müssen gerade-
hin als lächerlich bezeichnet werden wie z. B. Bernardin von
Thunn habe für den Schaden, den ihm Schweine zugefOgt
hätten, von den Eigenthümeru derselben einen halben Gulden
rheinisch verlangt; Simon von Thunn habe ungerechter Weise
40 Gulden erpresst u. s. w. Wenn man nun die Beschwerde-
Artikel der Nons- und Sulzberger mit jenen der Maicontenten
an der Etsch und am Eisack vergleicht, &o sieht man auf dem
ersten Blick, dass sich jene mehr um den lieben Geldbeotei
herumbewegten, während die Beschwerden, von Gaissmayr und
Konsorten vorgebracht, politischer und religiöser Natur waren.
Unterm 18, Juni berichten Trantmannsdorf und Reggio: die
Abgeordnelen der Nonsberger und jener von Levico zeigeten sich
beim Landtage als die treulosesten gegen ihren Fürstbischof;
die Deputif teo aus dem Thale Fleims wären dagegen weit besser
und discreter.
- 104 —
Tags darauf setzten die benannten Deputirte den Bischof
in Kenntniss, dass nun auch die Prtflaten beim Landtage zu-
gegen wären, und dass der Landeshauptmann den bayrischen
Rednern und dem schwäbischen Bande seinen Dank fnr die
gute Gesinnung ihrer Fürsten abgestattet habe; auch habe der
Herzog von Bourbon und der Markgraf von Pescara erklärt,
für den Fall, dass die dem Kaiser so nachtheiiigen Aufstände
wiederkehren sollten, wären sie in die unbeliebige Nothwen-
digkeit versetzt, Sorge zu tragen, dass der Friede hergestellt
werde; die Bischöfe von Bamberg und von WUrzburg so wie
auch mehrere andere Herren, die von ihren Sitzen vertrieben
worden wären, seien vom Hauptmanne des schwäbischen Ban-
des wieder auf ihre Sitze zurückgeführt, und die aufstän-
dischen Gemeinden und Bezirke zu grossen Geldstrafen ver-
urtheilt worden; auch seien viele Rebellen enthauptet und
einige ihrer Augen beraubt worden.
Unterdessen kamen Briefe in Innsbruck an, welche den
unzufriedenen Schreiern aus Sfidtirol sehr unliebsam gewesen
sein müssen; denn ein Bericht der Deputirten vom 20. Juni
besagt: die von Heran und Bozen erhaltenen Schreiben seien
in Innsbruck sehr erwünscht gekommen; man werde dieselbe
Im Ausschusse vorlesen lassen und Sorge tragen, dass diese
Schurken, die sich gegen ihren Bischof und Herrn nicht
schlechter betragen könnten, in öffentlicher Landtagssitzung zu
Schanden gemacht werden.
In einem zweiten Schreiben von demselben Datum melden
die oft genannten Deputirten, dass sie die Angelegenheiten des
Bisthums Trient dem Erzherzoge nachdrücklichst anempfohlen
hätten, und dass dieser geantwortet habe: die Angelegenheiten
des souverainen Fürstbischofes von Trient liegen ihm sehr am
Herzen, nnd er bedaure nur die verlangte Geldsumme nicht
schicken zu können, da er sie nicht habe. Trautmannsdorf
und Reggio fügen noch bei, sie wären vom Bruder des von
den Bauern ermordeten Grafen von Helfensteiii
gebeten worden ihn in Kenntniss setzen zu wollen über den
— 105 —
Zeilpunkt, in welchem er dem LandesFürsten seine Empfehlungs-
schreiben fügiicff überreichen könnte ; schliesslich beloben sie
den Thomas Tabarelli aus Terlago, der sich zu Gunsten des Bi-
schofes ausserordentlich bemühte, die Bauern zum schuldigen
Gehorsam zurück zu bringen.
An demselben Tage (20. Juni) iiberschickte der belobte
Thomas Tabarelli dem Fürstbischöfe einen Bericht über den
glfleklicbeD Erfolg seiner BemQhungai. Er erzühlt in dem-
selben, dass die Abgeordneten des Nonsberges die sich früher
dahin erklärt hätten, lieber Hab und Gut zu verlieren, als sich
dem Bischöfe zu unterwerfen, ihren Sinn geändert hallen, und
nun baten, man möchte ihre Beschwerden heben, und dass auch
die Depulirten von Levico sich erklärt hätten, nichts thun zu
wollen ohne das Gutachten ihres Hauptmanns Nikolaus von
Trautmannsdorf.
Wir wissen, dass der Landtag am li. Juni eröffnet wor-
den war; nun kamen die Beschwerden der Halcontenten im süd-
lichen Tirol gleich am J5. zur Verhandlung, und noch an dem-
selben Tage wurden die geeigneten Beschlüsse gefasst und an
die Nons- und Sulzberger ausgefertigt. Diese Beschlüsse
scheinen auf einen grossen Theil der Bevölkerung der be-
nannten Thäler den erwünschten Eindruck gemacht zu haben;
denn durch ein Schreiben vom 21. Juni berichten 37 Syudiker
des Nons- und Sulzberges im Namen ihrer Gemeinden an den
Erzherzog: sie seien den Befehlen Seiner Durchlaucht gehor-
samst nachgekommen, obschon einige in ihren Thälem sich
erfrecht hätten, Versammlungen zu halten und fälschlich im
Namen des Nons- und Sulzberges vorgebracht hätten, sie
wollten den Bischof von Trient nicht mehr als ihren Fürsten
anerkennen; sie sendeten daher die beiden Notare Anton
Galta von Sejo und Anton Ziller von Corredo nach Innsbruck
um m ihrem Namen jene faldxhe Angabe zurück zu nehmen^
die sie nie ausgesprochen hätten. Als nun die genannten
Notare in Innsbruck angekommen waren, ging in der Land-
tagsversammlung ein Auftritt vor, den uns der Sekretär Käsin-
~- 106 —
ger in einem Bericht an den Münchner-Hof auf folgende Weise
beschreibt :
„Aoheut (24. Jaoi) hat gich unter eUichen von der Land-
schaft ein Widerwillen erhebt. Etliche des Bischofs von
Trient Unterthanen 0 nämlich ans dem Snis und ab dem Nons
haben ihr« Gesandte)! hieher geschickt 2) und der Landschaft
anzeigen lassen , dass diejenigen , so vormals hie gewesen ^)
und sich angezeigt, dass sie aus ihnen hieher verordnet seien
— sich ohne ihren 4) Willen und Wissen dasselbe zu thun
unterstanden haben, und da^s von ihnen weder Befehl noch
Gewalt gehabt und haben begehrt, dass jene ^) in einer Land-
schaft nicht zu zulassen, noch ihrem Begehren statt zu thun.
und dass sie ^) als die rechten Geschickten und Verondneten
in die Landschaft zu zulassen, denn sie Gber ihren Herrn den
Bischof nichts sonders zu klagen haben, und wohl nfll Ihm
zufrieden seien, und dass also Gewalt und Briefe der Land-
schaft Obergeben. Darauf sind die Andern ^) mit etwas Un-
gestdmmigkeit an sie gekommen und haben gesagt: wie sie
von ihren Obern und Gemeinden geschickt und geordnet seien,
und wissen genugsam Scheine und Gewalt fOrzubringen. In
solchem Streit ist beschlossen worden, dass der Ausschuss
von der Landschaft jeder Parthei Gewalt B) einsehen , und wie
sie dieselben finden, alsdann der Landschaft anzeigen sollen. —
Also weiss ich nicht, wie es femer zwischen ihnen ergehen
wird; denn das ist wahr, dass ungefährlich aus allen Ge-
') Es sind dies die 37 Gemeinden, deren 8yudiker uulerra 21. Juni
Bericht erstalteten.
») Nämlk'h die beiden Nalure Anton von Sejo und Anton von Cor-
redo (Antonio Gatta und Antonio Ziller).
') Die zuerst «Is Abgeordnete aus Sudtirol in Innsbruck eilige-
IrolTenem Schreier.
0 Der 37 Gemeinden.
*) Die Schreier nämlich.
•) Die beiden Notare Galt« und Ziller.
') Die Schreier und Malconteuten.
*) Das ist die Vollmachtsbriefe.
— 107 —
richleo die grösslen Schreier, die lieber Unglück
als Glück sehen, auf deo Landtag geschickt sind.''
Fast gleichlaolend ist der Berieht, den die bayrischen
Rithe, welche QOter dem beseiehnenden Titel ^werbende Both-
sehaft^ nach Innsbruck gekommen waren, unterm 25. Juni
an den Herzog Wilhelm abschickten. Der wichtigste Tag
wllhrend iw ganzen Landtagsperiode war unstreitig der 26. J u n i ,
an welchem der ritterliche Erzherzog die am 22. Juni zur
Bestätigung und Genehmigung vorgelegten, berüchtigten „He-
raner Artikel,^ 106 an der Zahl, entschieden zurück-
wies und verwarft). Nachdem dieses von Seite des
jugendlichen Erzherzoges mit einem Huthe geschehen war,
der die ganze Landtagsrersammlung gewaltig frappirte, beson-
ders aber die Malcoutenten auf derselben ganz verblüffte, schrieb
Ferdinand unterm 28. Juni an den Fürstbischof von Trient:
dieser soll die Bestrafung der rebellischen Bauern bis zur
Vollendung des Landtages verschieben, und einstweilen ihre
Frechheit gedulden; er (der Erzherzog! bestehe fest auf
die Hauptartikel, welche seine eigene Auctoritüt und Herrschaft,
so wie die des Fflrstenthums Trient und der Kirche betreffen,
welche festzustellen und zu wahren er nach Krflften bemüht
sein werde. Dann werde er auf die besondem Bedürfnisse
* j Als Probe, wessen Inhaltes <lieie verrureneu Artikel gewesen
sind, mögen einige hier angeiülirt Averden.
Die oranze GrHfschafl Tirol mit allen ihren Bislhümern, Klö-
stern, Schlössern und Gerichten soll dem Erzherzog als Lan-
desförsten zugehörig sein, und sonst Niemanden Andern ^
fiiran soll aber die Gesellschaft Tirol frei sein. Im Lande
soll nur Ein Kloster sein fzwei oder drei, darüber nicht) aber
kein Frauenkloster und kein Bisthum mehr, indem man
weder der Bisch ö Fe , noch der Chorherren oder Frauen-
klöster bedürfe; in jedem Gerichte sei nur ein Pfarrer zu
halten; den Pfarrern sollen aber nicht so viele Zinse, sondern
nur eine »emlidie Nothdtirft zosfelassen werden, sie sollen aueh
nichts unter sich und keinerlei Regierung haben, sondern Alles
soll dem Fürsten zustehen. Die Beltelklöster sollen alle ab-
getilgt werden; die Mönche aus vier oder fUnf abgethanenen
Klöstern sollen in Eins zusammengesperrt werden a. s. w.
— 108 —
bedacht sein, die eillweder darch die gemeitischsftliehe Ueber-
einstimmung der Stünde ^.beigelegl^ werden könnten, oder es
werde zum offenbaren Aufruhr kommen.
Leider hat sich diese Voraussicht des guten Landesforsten
auf eine traurige Weise vollkommen bewftbrt, wie wir bald
sehen werden.
Dass sich die Bürgermeister von Trient während der gaa-
xen Zeit des Aufstandes gegen ihren Bischof und Fürsten sehr
loyal benahmen, geht duch aus folgender Thatsache hervor: die-
selben schickten nämlich am 2. Juli Abgeordnete auf den Nons*
berg; diesen gaben sie Instruktionen mit, vom 1. Juli datirt,
in welchem den Bewohnern des Nonsberges die Pflicht nach-
gewiesen wurde, den Befehlen des Brzbenogs Gehorsam ni
leisten, widrigenfalls sie sich mit den Bewohnern der Graf-
schaft Tirol verbinden müssten, um sie mit Gewalt daiu
zu verhalten.
Unterm 2. Juli setzte Herr Burato, Vicar von Levico, den
Bischof in Kenntniss : Tags zuvor wfire ein verifisslicher Bothe
eingetroffen — mit der Nachricht, dass der Erzherzog wolle,
die Bewohner von Levico sollen ihrem Herrn und Fürsten ge- '
horchen, dass aber jene — aus Verzweiflung oder aas Erbit-
terung — das Vorhaben hätten, ihn *) zu Grunde zu richten;
er bitte also den Bischof dafür zu sorgen, dass er sich im
Schlosse vertheidigen könne für den Fall, dass ein Anschlag
auf sein Leben oder Eigenthum versucht werden sollte. Er
schlies^t seinen Bericht mit der Andeutung, dass Anton Rossi,
das Haupt der Rebellen, in Caldonazzo gewesen sei, so wie
auch In Borgo, um mit seinen Verbündeten sich zu berathen.
Tags darauf berichtete derselbe dem Tommaso, dem bischöf-
lichen Hausmeister, dass der genannte Rossl sich mit dem
Vice-Hauptmann besprochen, und unter andern Dingen auch
versichert habe, er könne frei gehen oder kommen mit seinen
Anhüngem. Burato setzte zum Schlüsse seines Schreibens
*) Den Herrn Vicar nämlich.
— 10» —
\ bei: Roflsi habe sdui bewalhete Kameraden mit Händen
ch gehabt; aueh sei im Streite der Pferdehirt verwundet
; auch seien die Landleute Willens einen Landlag in
halten, sobald sie sich der Adeligen bemächtigt hätten.
^et>er die Vorfallenheiten und Ereignisse vom 2. bis
^1. Juli haben wir keine weitem Nachrichten; aber mit einem
Sehreiben vom 21. Juli macht der Erzherzog-Landesfttrst dem
Farstbischofe von Trient die Anieige, er habe nun den Land-»
tag geschlossen und eine solche Vorsorge getroffen, dass
die Leute nicht mehr rebelliren könnten und dass der Bischof
in Stand gesetst sei, ruhig seine Unterthanen su regieren.
Unbekannt ist es, worin diese vom Erzbersog hier angedeutete
Vorsorge bestanden sein mag; vielleicht meinte er damit
das Aufigebot von 10 bis 20000 Mann, das er schon frfiher
erlassen hatte; denn unterm 26. Juli ertheilten die Bürger-
meister von Trient den auswärtigen Gemeinden den Befehl, Ihr
Contingent von zwei Drittel Soldaten zur Completlrung der
5000 Fussgänger fertig zu machen — in Gemässheit des Be-
fehles von Seite des Erzherzogs.
Nach Beendigung des denkwürdigen Landtages vom Jahre
1525 ist zwischen den Bauern an der Etsch und den Be-
wohnern der Stadt Trient
„ein grosser Widerwillen entstanden''
hauptsächlich wegen der Weine, die aus dem FOrstenthume
Trient ausgeführt und im Etschlande zum Nachlheil der dor-
tigen Weinbauern abgesetzt wurden. Dadurch erhob sich ein
heftiger Streit, welchen der Erzherzog auf dem Processwege
ausgetragen wissen wollte. Aber weit entfernt, dass auf diesem
Wege der ausgebrodiene Streit friedlich beigelegt wurde, sind
auf beiden Seiten die Gemtither vielmehr deiigestalt erbittert
worden, dass der Adel, die Städte und Gerichte an der Elsck,
im Burggrafenamte und zum Theii auch am Eisack auf Gaiss<-
mayers Anstiften zusammengeschworen, die Stadt Trient sammt
dem daselbst befindtichen Schlosse
^zu belagern, zu beschädigen und zu verheeren.
« UO -
N&fcbdem auf diese Weise die Dinge an der Efseh und
namenHieh im Triedenlinischen von Tag zu Tag eine drohendere
Gestalt annahmen, so beeilte sich Erzherzog Ferdinand zur
Verhiilang
^vernern unrats, Nachtheiis und Schadens^
in Vereinigung mit dem Bischöfe von Trient unterm i2. August
die Herren Karl von Trapp, Franz von Castellalt, Anton Qaetta
urtd Andreas Reggio^) als ausserordentliche KommtssSre auf-
zustellen — mit der Vollmacht, den Aafruhr zu stillen und
den Eid der Treue von den Unterlhdnen des Fflrstbischofes
von Trient — namentlich auf dem Nons- und Sulzberg — ab-
zufordern. Von der Wirksamkeft der aufgestellten Kommissare
hat uns die Geschichte folgendes aufgezeichnet: Am 18. Au-
gust befanden sich dieselben bereits in Cles; mit ihnen war
auch der ;9Stell Vertreter von Bozen^ angekommen; wahrschein-
lich ist mit dieser Bezeichnung der Landeshauptmannschafts-
Verwalter gemeint. Viele Leute aus den benachbarten Seel-
sorgsstationen Hechel, Tassulfo, Toenno, so wie auch von Cles
Selbsten waren auf dem Platze versammelt. Nachdem ihneu
zuerst vom y^Gerichts-Assessor* des erwähnten Stellvertreters
die 'Beglaubigungsschreiben vorgelesen worden waren, vernah-
men sie die Anträge der Kommissäre; worin diese bestanden
sein müssen, geht aus der Antwort hervor, welche die An-
wesenden gaben; diese betraf drei Punkte und lautete dahin:
i. den Eid der Treue holten sie schon einmal geschwo-
ren und brauchelen ihn daher nicht noch einmal zu leisten,
weil sie denselben nicht gebrochen hätten;
2. die Punkte wegen Aufruhr und Rebeilion gingen sie
nicht an, weil sie treu geblieben wären;
3. die Trientner Statuten woileteh sie hallen.
*) Nelist den so eben aufgc^fiiliilen Herron finden wir entweder
u!8 Kommissäre oder als FeldliaupUeule in Südtirol Ibati?:
Tlionifls von Freiuidshcrir, Gerard von Arco, Ulcidi von Wil-
lenharh, Sigmund von Brandis , Vvmu. von Breisacli , Miiii«'«''
von Neuhfuiss, Leonhard Jun^.
- iU —
Aar das gütliche Zareden des Herrn Assessors, dass die
Erneuerung des Eides einmal streng gefordert werde, schwo-
ren die Anwesenden mit erhobenen Fingern; von den Bewoh-
nern der Ortschaft Cles schwor »her Niemand; selbe sagten,
dass sie sich zum Bischöfe verfügen wollten. Nachmittags
wollten die Kommissäre nach der Pfarrei Volsana reiten, um
mit den Leaten dieser Seelsorge, die beim ganzen Handel we-
niger betheiligt waren, zu unterhandeln, am darauf folgenden
Montag aber sich zu den treulosen und boshaften Einwohnern
von Mal^ verfügen, am Dienstag dagegen nach Rev6 abgehen,
wohin die Leute von vier Pfarreien beschieden waren; allein
die Bewohner der Ortschaft Livo weigerten sich aus dem
Grande nach Revo zu gehen, weil die Leute daselbst boshaft
wären, und mit Gewalt Andere von ihrem guten Vorhaben
abzubringen versucht hätten ] es ward daher von den Kommis-
sären beschlossen , dass sie mit jenen der Pfarre von St. Lo-
renz (es ist wahrscheinlich die Ortschaft Fondo darunter ver-
standen) erscheinen sollten. Selbst während der Anwesenheit
der Kommissäre ward in vielen Gemeinden des Sulzberges der
Beschluss gefasst, vom Felde keinen Zehent mehr zu geben,
wie dies bei den Bewohnern des Dorfes Rumo der Fall war;
die von Brez mähten zwar ihrer Schuldigkeit gemäss die
Wiese des Bernardin von Thnnn ab, nahmen aber dann das
Heu weg und gebrauchten es für sich; die' Einwohner von
Romallo dagegen liessen zum Spott dessen Wiesen durch ihre
Kahe abweiden.
Noch traurigere Berichte, als die eben angefahrten und
vom Andrä Reggio unterm i9. August an den Parstblsrhof
abgeschickten, liefen vom 20. August in Trienl ein. Diesen
zu Folge versuchten die Aufständischen eine allgemeine Volks-
versammlung zu Stande zu bringen und sendeten zu diesem
Zwecke unter dem erdichteten Namen der Kommissäre Kom-
missionen an alle Gemeinden mit dem Auftrage: sämmlliche
Bewohner sollten am 20. August bewaffnet in Male er-
scheinen. Schon am 19. halten die Insurgenten eine f'ahne
- U2 —
eotfaltet, waren nach Cloz gecogeo, — Willens, mit derselben
dann am 20. nach Maid zu marschiren. In der Nacht vom
19. auf den 20. August fanden allenthalben bewaffnete Volks«
Versammlungen statt, in welchem der Bescbluss gefassl- wurde,
alle zu ermorden, welche sich ins iSulzthal begeben, die
Kommissäre sowohl als auch alle übrigen Leute. Aus diesem
Grunde sahen sich die Herren Kommissäre in die traurige
Nothwendigkeit versetzt, ihre Thätigkeit einzustellen, den Nons-
berg zu verlasse^ und auf verschiedenen Wegen dorthin zu-
rück zu kehren, woher sie gekommen waren.
Zwei Tage früher, nftmlich am 18. August, hatte der
Graf von Ortenburg dem Bischöfe von Trient die Ermächtigung
ertheilt, jene Soldaten, die nach Italien auf dem Harsche waren,
zur Züchtigung der Bewohner von Komi zu verwenden,
und zwar in Gemässheit des vom Erzherzog erhaltenen Auf-
trages, der in einem Schreiben an den Fürstbischof den Wunsch
ausdrückte, über die Wahrheit der Niederbrennung des herr-
schaftlichen Schlosses in Nomi, so wie auch über den Erfolg
der unternommenen Züchtigung der Mordbrenner Aufschluss zu
erhalten. Hier muss eine traurige Begebenheit zur VersCändniss
dieses an den Fürstbischof erlassenen erzherzoglichen Schreibens
nachgetragen und eingeschaltet werden. Unter den erstem,
welche sich gegen ihre gesetzlichen Obrigkeiten empörten,
waren die Bauern von Nomi. Diese belagerten förmlich ihren
Gutsherrn, Pietro Busi, in seinem Ansitze zu Nomi, nahmen
ihn gefangen, sperrten dann den Gefangenen in einen hölzernen
Taubenschlag, und. verbrannten den hölzernen Käfig
sammt dem armen Gefangenen, der darin sich befand;
den Schluss dieser Gräuelthat bildete die Plünderung der guts-
herrlichen Wohnung. Damit nicht zufrieden, verbinden sich
die Insurgenten und
^beschliessen ainhellig, sie wellen die Statt Trient belegem
y^vnd nach eroi)erung derselben eine Enge deinerische Re-
,.gierung anstellen.^
Die erzählten Thatsachen müssen, sich schon Anfangs
- «8 -
Juni snfetrageD htdiieo; denn am 13. Jiini hatte der Ert-
heraog dem Fürstbischöfe von Trient geschrieben, und ihn auf«
gefordert, einen geeigneten Hauptmann in die Gerichtsbarkeit
von Nomi zu schicken, der die Rechte der Kinder des ermor-
deteo Peter Bust wahren und vertheidigen sollte, bis selbe ein
reifes Alter erreicht hätten» Falls er aber seine Einwilligung
daiQ nicht geben könne, mOchte er ihm sein Gutachten mit-
theilen; denn er beabsichtige, alle mögliche Vorsorge ku treffen,
dass die benannten Kinder schadlos gehalten und beschütst
werden gegen Jedermann, der den armen Pupillen allenfalls
einen Schaden an ihren Gütern oder Rechten zufügen wollte.
Derselbe Graf von Ortenburg entschuldigte in einem Schreiben
von 29. August den Erzherzog bei dem Bischöfe, wenn der-
selbe als Landesfttrst aus Ursache der gegenwärtigen bedräng*
ten Lage und aus Hangel an Geld nicht mit jener Strenge
vorgehe gegen die Bewohner von Nomi und gegen die Re-
beilen, mit der er selbst gerne vorgehen möchte, indem er es
för klug halte, seine Entschliessung noch eme Zeit lang zu
verschieben, und zwar um so mehr, als der Ungehorsam der
Länder gegen seine eigene Person so gross sei, da ss er
sich nicht Herr über einen Gulden nennen könne.
Der Aufruhr nahm in Sttdtirol einen um so furchtbareren
Charakter an, als auch der berüchtigte Gaissmayr mittler-
weile dort erschienen war, und seine verruchten Httnde mit
im Spiele hatte* Dieser Schelm war seiner vielen und offen-
kondigen Verbrechen wegen von der Regierung nach Innsbruck
citirl worden; richtig erschien der Verwegene und Hess sich
ins Verhör nehmen; die Regierung glaubte indessen es nicht
wagen zu dürfen, unter den obwaltenden Umständen diesen
Verbrecher und offenbaren Rebellen an den Galgen zu hängen,
den er zehnmal verdient hatte, begnügte sich also einfach damit,
ihm das Versprechen abzunehmen ( 1 ) :
„dass er ohne vernem beschaidt nit weichen solle^;
Gaissmayr hat jedoch
„seines gelübt and soesagens vergeasen^
8
— «4 -
tst bei Nacht and Nebel auf and davon gelaufea, naeh den
wAlflchen Confinen geeilt und hat dort die Baoera allenthalbea
dermassen aufgewiegelt,
^dass die vnterthanen in der Herrschafl Ivan Iren UaabtmaiNi
^ Georg Pichler freventlich entleibt vnd darnach das Scbloss
^mit Gewall eingenommen haben ^).^
Die rebellischen Bauern von Strjgno, die dem unglfick-
liehen Schlosshanptmann von Ivano, Georg Pichler, ein so
tragisches Ende bereitet hatten , vereinigten sich hierauf mit
den Unterthanen des Gutsbesitxers Sigmund von Welsberg — in
der Absicht, auch diesem ein ähnliches Schicksal r.« bereiten;
WeJsberg wurde von den Rebellen auch wirklich in dem
Augenbliche überfallen, als er von der Jagd zurückkehrte, war
aber so glücklich, durch die Schnelligkeit seines Pferdes we-
nigstens sein Leben zu retten, dafür wurde aber sein Palast
total geplündert.
Nun war der milde Enherzog, der bisher die feste lieber-
Zeugung hatte, den Weg der Güte und Ueberredung mit den
Malcontenten einhalten zu sollen, durch die anfgezüklten Vor-
gttnge in die traurige Nothwendigkeit versetzt, kräftigere Mittel
anwenden zu müssen, um einen Aufetand zu dämpfen, der von
Tag zu Tag furchtbarere Dimensionen annahm.
Demnach wurden — wie eine Geschichtsquelle sagt — äk
FeMhaupdeute Ludwig Graf von Lodron und Gerard Graf
von Arco „in grosser eyl^ herangezogen; zu welchem Zwecke
ist aus einem uns erhaltenem Schreiben vom 23. August er-
sichtlicb. In diesem entbolen nämlich die Räthe des Erzherzogs,
der Statthalter, das Guberniom von Tirol, dann die Deputirten
des Adels, der Städte und Gerichte **J an alle Unterthanen
*) Schloss und Gericht Ivan liegen im Val-Sngan; das Scbloss
selbst steht auf einem schönen Hügel bei Strigao, und galidrl
derzeit den Grafen von Wolkenstein-Trostburg, die es anno
1750 von der Kaiserin Maria Theresia als Leben erhalten haben.
**) Da der Landtag bereits am 21. Juli geschlossen worden war,
kann nicht angegeben ward^ , walcUe Depolirte hier gemeiot
- tl» -
des Nons^ and Sulzberges, die bisher gegen den Erzbenog
und ihren Fürstbischof sich trea und gehorsam bewiesen, ihren
Grass und machten ihnen zu wissen: man [beabsichtige im
Ann rage des Erzherzogs die Unthaten der treubrüchigen und
rebefliscben Unterthaneii des Fürstbischofes von Trient ge-
ziemend zu bestrafen; als treue und gehorsame Unterthanen
sollen sie darüber nicht in Furcht gerathen, indem sie (die erzher-
zoglichen Rüthe) den abgeordneten Feldhanptleuten und dem
KriegsTolke den gemessenen Auftrag ertheilt hätten, auf ihren
bisher bewiesenen Gehorsam di^ gehörige Rücksicht zu nehmen,
und die treuen Unterthanen auf diesem Kriegszuge vor
Schaden zu bewahren.
Fast zu gleicher Zeit, nämlich unterm 27. August, schrieb
Erzherzog Ferdinand von Tübingen aus, wo er sich damals
aufhielt, an den Fürstbischof von Trient, bezeigte ihm sein Beileid
über den fortgesetzten Aufruhr seiner Unterthanen im Nonsberg,
und berichtet: er habe sehien Ruthen in Innsbruck den Auf-
trag ertheilt, den Hauptmann Bemardin von Thunn mit äOO
■ann abzuschicken, um jene Aufrührer zu unterwerfen und zu
züchtigen.
Schon Tags darauf, den 28. Augnst, hatten die mit den
Aufruhrern im Nons- und Snizberg stehenden Rebellen von
Val-Sugana *), dann der Ortschaften von PaM, Pin6, Civez-
zano Heano u. s. w. einen entscheidenden Schritt ge-
than. In einer Anzahl Aon 4000 Mann fanden sie sich nfim-
lieh auf der Ebene des Weilers Cir^ zusammen, und lagerten
sich bei Pergine. Am 29. übertrugen sie ihr Lager nach
Cognola oberhalb Laste; von diesem Punkte aus beschossen
sie das Schloss von Trient, in dem sich der Fürstbischof be-
bnd. Mit den Aufrührern der bereits genannten Ortschaften
aef dem linken Etsch-Ufer — verbanden sich am 30. August
die Landleute von Nomi, Pomarolo, Nogaredo, Isera, Baselga,
sind; vielleicht waren mehrere als Ausschuss in Innsbruck
zurückgeblieben.
*) Mit •hrovvoller AnsBahm« der Tesiaer«
8»
- ne -
Suprainonte, Cadioe, Cavedine, Terlago und vom Yal Lagarioa,
die bis Scala im Angesichte von Trient vordrangen ; nun worde
die Stadt von den Rebeilen rasch unucingelt nnd förmlich be-
lagert. In Folge des früher getroffenen Uebereinkommens er*
v^arteten die Belagerer eine bedeutende Hülfsmannschafk von
den rebellischen Ortschaften des Nons- und Sulzberges. Wirk-
lich machten sich am 3i. August die Bewohner von Tajo, und
jene der benachbarten Pfarreien — bei 3000 an der Zahl —
auf den Weg nach Trient^ kamen an die Rochetta, besetxteo
das zerfallene Schloss^ (ibernachteten daselbst und beriefen
Tags darauf noch mehrere bewaffnete Gesinnungsgenossen, um
durch diese verstärkt den Zug nach Trient fortzusetzen, und
ihren Kameraden die erwünschte Verstärkung zu bringen. >-
Da verbreitete sich am i. September unter ihnen plötzlich das
(falsche) Gerücht, welches Balthasar von Cles, der Bruder des
Fürstbischofes, kluger Weise zu verbreiten gewusst halte: der
kaiserliche Feldhauptmann Conradin Spergser von Glurns
sei mit einer bedeutenden Anzahl Fussvolkes vom Val Tellina
her im Anzüge -^ in der Absicht dnd mit dem Auftrage, über
das Gebirg einen Einfall zu unternehmen , den Sulz- und
Nonsberg zu erobern, und beide Thftler mit Feuer und Schwert
zu verheeren. Durch dieses falsche Gerücht irre geführt
dachten die Nons- und Sulzberger nicht weiter an die Fort-
setzung ihres Zuges nach Trient, sondern nur an die Rettung
ihrer ThSler, zogen daher am 1. September um 10 Uhr Morgens
eilends von der Rochetta ab und marschirten gegen den Tonal,
wo sie sich zu Vermiglio festsetzten — Willens, den Ueber-
gang über den genannten Gebirgspass dem Spergser zu ver-
wehren. Alle diese Vorgänge berichtete ein Anonymus unterm
1. September vom Schlosse Cles aus dem Fürstbischöfe, und
gibt diesen den Rath, 400 Fussknechte auf den Nonsberg
abzusenden, um Schrecken einzujagen, und die Aufrührer so
lange wenigstens niederzuhalten, bis der gefürchtete Spergser
mit seinen Leuten ankäme. Zugleich theilt er dem Fürst-
bischöfe die Nachricht mil: die RebelleB hätten Abgeordnete
- in —
ihgeflcbickt, die dringend verlangen, man soll dem Hauptmann
Conradin die Ordre susehicken, aber Vemiglio nicht hfaaoa
M rücken, indem sie im Sinne hätten, eine Uebereinkonft zn
Stande zu bringen, die abgegebene Antwort hatte aber dahkr
gelautet, man kdnne den Auftrag nicht iberschreilen^ den der
Enherzog einmal gegeben habe.
Non wollen wir vernehmen, wie es den Rebellen vor
Trient ergangen ist. Wie wir bereits wissen, waren die
aabtittdischen Landleate der Ortschaften auf dem linken Etsch*
D/er und vom Val-Sugana schon am 29. August im Ange*«
sichte der Stadt erschienen , und hatten die Belagerung von
Trient mit der Bescbiessung des Schlosses begonnen. Am 30.
waren die Rebellen auf dem rechten Etsch«Ufer bis Scala
vorgerückt. Die Insurgenten auf dem linken Ufer hatten
die Prechheit^, am 31. August sich den Stadtmauern so sehr
zo nahen, dass sie die auf ihren Posten stehenden Soldaten
si^r aufforderten , die Stadt zu abergeben ; diese Keckbell
kam den Rebellen aber theuer zu stehen. Die Soldaten ent-
gegneten, sie wollten darüber Rticksprache mit den Bttrgem
und Kommisslb^n nehmen — luden aber eiligst und möglichst
scharf die auf den Stadtmauern aufgepflanzten Kanonen. Nach
eiser geraumen Weile forderten die Soldaten den Rebellen*
kaufen auf, näher zu kommen und das Resultat der mit den
Bflrgem und Kommissären gepflogenen Unterredung zu ver-
nehmen. Als nun die Insurgenten sorglos sich in Hasse den
Sladtmaaem genähert hatten, brannten die Soldaten mit den
Worten:
„Dies ist die Antwort der Kommissäre und Bttrger^
die Kanonen los, welche eine grosse Anzahl der Bauern zu
Boden schmetterte. Und nun unternahm die Besatzung in die-
sen Momente der allgemeinen Verwirrung rasch einen Ausfall
aaf die Rebellen; diese zogen sidi zwar zurück, aber erst
«nach einem langen und hartnäckigen Widerstand,^ wie der
Beriohterslatfer sagt. Tags darauf am 1. September m^i^
4k SMtbewokner von den 9>Hfllfstnippen untentättt^
— «8 —
einen Ansliill aof die InmrgeoleB des rechten Ufers, tOdteten
bei dieser Gelegenheit drei Landlevte, nahmen 15 gefangen,
nnd trieben die übrigen in die Fitickl. Damit war aber die
flache keineswegs abgethan; denn die Rebellen auf dem linken
Ufer hatten noch Math genug sich neuerdings am 1. September
auf der Ebene von Cir^ zu sammeln, wo vorerst der Besdilass
gefasst wurde, die Ortschaft Pergine zu plündern. Als die
Bewohner des Ortes dies Vorhaben der Insurgenten inne wnrden,
riefen sie die Knappen lu Hälfe, und stellten sich gegen die
Rebellen herzhaft zur Wehre. Diese mannhafte, ganz uner-
wartete Haitang der Bewohner von Pergine machte die Hai-
contenten stutzig; sie verlangten nun nur einige Lebensmittel
and bewegten sich auf beiden Seiten der Etsch zum zweiten
Male gegen Trient, wo sie ihr Lager theils bei Cadine, theils
bai Cognola aufschlugen. Da kamen aus den obem Gegenden
der Etsch 30. Bewaffnete daher, die sich zuerst gegen die
bischöfliche Kirche von Trient verbunden hatten, die aber von
den erzherzoglichen Kommissären auf eine bessere Gesinnung
gebracht worden waren; diese ermahnten nun die Aafstän-»
dischen von ihrem tollen Unternehmen abzustehen, und dem
Biaehofe, wie auch dem Bnherzoge den Eid der Treue zu
leisten. Dazu kam nun auch noch das unerwartete Aus-
bleiben der Hülfe, welche sie von den Bewohnern des
Suis- und Nonsberges verhoffi halten; dass diese in einer
Slirkfi von 3000 Mann am 31. August bereits gegen THent
aifdi hl Bewegung gesetzt hatten , und auf ihrem Manche be-
reits bis an die Rochetta gekommen waren, von da aber eiligst
zurückkehrten und gegen den Tonal sogen -^ veranlasst dazu
durch das falsche Gerücht, ab nihere sich Konradln Spergser,
wissen wir bereits.
Auf das hinaof lenrtieule sieb der BebeHenhaafe mit der-
selben SchndUgkeit, mit der er sieh gesammek hatte. Schon
am 2. September bglen die Landlente die Wafen nieder. An
dienen Tage spkickten die beUan Kommiatüre Ludwig Graf
T«a L^droB pul flowd v^a Arco den hnurgente» m» dea
- m —
Ganeimieii Ivvoo,. Telve^ Levieo, Caklaoauo, Pergine, Pin^,
GivettMio luid Vigolo vatUuro einen GeieiUbrief , der aber onr
fer einen Tag GilUtgkeit hatte, auf dass jede der aafgesfihlten
Gemeinden drei Uänuer an die Kommissäre abordnen konnte — *
«Dteir nachstehenden Bedingungen:
1. Hätten sie die Befehle des Provinzial-Landtages onbe«
dingt anzunehmen;
2. sollten sie sich jener Strafe willig untervrerfen, welche
ihnen der Bischof und Erzhersog in Anbetracht ihres Vergehena
anferiegen würde ;
3. sollten nie sich nach Hause begeben, die Waffen
aiederl^en , den Kommissären ilas Schloss Ivan zurttckstdlen
mit allem dem, was sie daselbst geraubt hätten, und dann mit
der Stadt Trient ein Abkommen treffen bezttglich des Schadens,
den sie derselben ' durch die angerichteten Yerwttstungen aof
den Feldern und in den Weinbergen zugefügt hätten. Die
Bewohner der aufgezählten Ortschaften scheinen aber votm an«*
gebotenen Geieitsbrief keinen Gebrauch gemacht zu haben.
Am 4. und 6. September wurde von den Landleuten der
Umgebung von Trient auf der ehemaligen piazza vaccina, der-
jnailgen piazza fiera , so wie auf der Wiese neben der Abtei
von St. Lorenz dem Ftirstbisohofe der Eid der Treue geleistet.
Wahrend dieses Vorganges in Trient erhielt der Bischof zwei
Sehfeibea vom Snlsberg. Das erstere war vom 3. September
datirt und vom Comilltts Zani, Hieronymus Conci und Leonard
Yisinlauier unterfertigt, die sich mit 17. Männern im Schlosse
Ossana befanden, und von da aus dem Kirchenfürsten be-
riehtctoi: sie. hätten mittelst Faie^gewehre und mit Steine«
mehrare Angriffe der Rebellen gegen das Schloss znrückge*
a^ifagen; der Widum .der Ortschaft Ossana sei von denselben
in Brand gesteckt worden. Schliesslich baten die Yerthei-
digar des genannten Schlosses um eine Unterstützung an Mann*
aehaft und nm die Absenduag eines tüchtigen Schlosshauptmanns,
der im Name» des Bischofes. und Erzherzogs im Schlosse
U4 A, w*
— 120 -
Das zweite Schreiben vom 4. September kam aus den
Hftnden des Balthasar von Cles, der seinen Bruder berichtete,
dass das Schloss von Ossana ans UngesehicUichkeit seiner
Verthefdiger und aus Nachlässigkeit seiner Herren des Re*
bellen bereits schon in die Hände gefallen sei ; die Besalzang
hätte dasselbe gegen ein ganzes Heer vertheidigen können, wenn
sie nur ernstlich gewollt hätte. Nach Eroberung des Schlosses
wären die Rebellen nach Caldes zurückgekehrt — das Gtt^flcht
ausstreuend, als wollten sie auch das dort befindliche Schloss
belagern; allein die adeligen Besitzer desselben hätten geant-
wortet, sie wären bereit, jeden Versuch eines Angriffes blutig
zurückzuweisen; die Aufrührer hätten dann zwei Männer ab-
geordnet, um einen Vergleich zu Stande zu bringen, hätten
auch einen Geleitsbrief verlangt, um aus ihrer Hitte einige
Männer an den Bischof schicken zu können, und unter Einem
versprochen, die Insurgenten von Caldes, Terzolas und Samo-
clevo zurückzurufen.
Was namentiich die Aufrührer im Val Lagarina anbelangt,
hatten sich diese nach der vor Trient erhaltenen Schlappe eiligst
in die von ihnen in Besitz genommenen Schlösser und Burgen
zurückgezogen, wurden aber am 8. September vom Grafen
Gerard von Arco und Franz von Castellalt überfallen und zur
Unterwerfung gezwungen. Um nun den Rebellen keine Zeit
zu lassen , zur Besinnung .zu kommen , entwickelten die Kom-
missäre nun eine ungemeine Thätigkeit in Unterdrückung des
Anfstandes, die vom besten Erfolge begleitet war. Während
also Franz von Castelldt einige Tage im Val Lagarina zurück-
Mieb, und hier den Aufstand ganz erstk^kte, zogen die beiden
Grafen Ludwig von Lodron und Gerard von Arco an der
Spitze eines Korps von 2000 Mann am 42. September nach
Val Sugana, und zwangen auch da die Uebeneste des Re-
bellenhaufens vollends zur Unterwerfung.
Mehrere aus den Fnsuigenlen, bei 26 an der Zahl, weiche
am meisten gravirt waren, und sich nicht durch die Flucht
hatten retten können ^ wurden mit gebundenen Banden nach
— <21 — ♦
THent geliraeht, wo dann am 42. Cktober ein furchtbares Ge-
richt Aber sie gehalten wnrde.
Da die Anführer der erzhen^oglichen Trappen dorch die
BewäHlgung des Aofstandes in der Umgebung von Trienl, im
Val Sngana and* im Val Laganna freiere Hand bekommen
hatten, so beschlossen sie alle Ihre disponiblen KriegSfOiker
gegen die rebellischen Nons^ und Sulzberger zu verwenden,
da diese noch immer unter den Waffen standen , und mit der
ganzen Wucht ihrer Kraft auch In diesen Gegenden den Auf-
ruhr niederzudrücken. In Folge dieses Beschlusses wurde ein
Angriffsplan entwerfen und dieser auch genau ausgeftthrt; dem
gut combintrten Plane gemäss zogen Ludwig Graf von
Lodron, Franz von Casteilalt und Ulrich von Wittenbach
am 14. September mit ihren Truppen durch Bnco di velo tiber
Terlago bis zum Schlosse Spor maggiore und von da weiter
am rechten Ufer der Noce hinauf, uro 'die Leute jener Ge-
genden in Furcht zu setzen, wahrend Thomas von Freundsberg,
Graf von Arco, Sigmund von Brandis und Franz von Breisaeh,
Hauptmann von Roveredo, mit 1500 Mann Fussvolk bei Schiff»
brück (alla Nave) die Bisch Hbersetzten und Aber Wälschmeti
gegen die Rochetta und das linke Ufer der Noce anrückten.
Wahrscheinlich wurden auch andere Truppen aber die Hendel
über den Gampen und vielleicht auch vom VaMin her über
den Tonal einzubrechen beordert. Hontebello, dem diese Daten
entnommen sind, fand in einer Aufzeichnung, dass die Gesamml-
zahl der in Bewegung gesetzten Kriegsmacht auf 9000 Mann
sieh belief.
Als die Rons- und Sulzberger die Absicht der Anrückenden
und deren Forderungen erkannten , sehickten sie sogleich eine
bedeutende Anzahl der Ihrigen ab, um die Rochetta zu besetzen,
diesen Pass zu scbliessen, und so den Kriegssohaaren den
Eintritt ins Thal zu verwehren; die Rebellen würden ihnta
Zwedk auch wirklich erreicht haben^ wären sie nur unter sieh
efarig gewesen, in welehem Faße es den Soldaten schwerlieh
gehingen sein dürfte, diesen berftchligten Engpass zu erobern;
allda die Aofrtthrer wareo so ihrism UnglOeke luieios, indem
der eine Theil zur Pfficht Euitlckkehren und sich ergetm
wollte , der andere aber hartoäckig daraar bestand, sieh auf
Leben und Tod zu wehren. Wsbrend so die kostbare Zeit
mit Streiten verloren ging, nahmen die erzherzoglichen Krieger
die Rochetta weg, und rückten im Starmschritte yor. Die
Rebellen stellten sich wohl noch hie und da dem vordriiigendea
Kriegsvolke muthig entgegen, und wehrten sich wacker; allein
ihre Sache war schon eine verlorne. Am 18. September flach*
teten sich bereits alle Bewohner von Tajo , das der Hauptsiti
und Mittelpunkt des Aufruhres gewesen in sein scheint. Am
Bflchsten Tage — 19, September erschienen die Bewohner
Jener Dörfer, welche bisher den Kommissuren keinen Gehorsam
geleistel hatten, vor denselben in T^jo, .flehten sie um Gnade
an , und versprftchea am kommenden Donnerstag in Romallo
sich zu stellen und den geforderten Eid der Treue zu leisten.
Auch auf dem rechten Ufer der Noce unterwarf sich Alles.
Die Anstifter und Rftdelsfflhrer des ganzen Aufruhres hatten
sich bei Zeiten aus dem Staube gemacht und waren in aas-
wfirtige Lftnder geflohen, als sie den Umschwung der Dinge
und den traurigen Ausgang ihres verbrecherischen Unternehmens
sahen; mehrere wurden Jedoch ertappt und nach Trieni abge^
führt, um dort abgeurtheilt und gerichtet zu werden. Hit dem
81. September erschien der Tag, an dem alle am Avfrahr
betheiiigten Gemeinden vom rechten Ufer der Noce, so wie
emige vom Knhen Ufer, im Auftrage der Kommissfire zu Revö
erscheinen mussten, um den Eid der Treue zu emeneni mid
ihr Endnrtheil zu vernehmen. Auf einer gegen Osten gde*
genen grossen Wiese ausserhalb des Dorfes Revö versa»«-
malten sich zum grössten Theil 4ie Bewohner der Gemeiodea
Vigo, Smänino, Dambel, TaJo, Gloz, Revö und Livo, femm
die der Pfarreien Hal^, Valsana, Hechel, Cles, und, Deno, so
wie der Dörfer Pejo, Gogolo^ CelediZio, PeUizsano, Comasine
und der GraftchafI GBSletfon4o; da traten, vom Kiiegsvoike
mngeben, die vom. Snihenmg ernannten Ksnamiisflre ; Graf
- 128 — ♦
§erafd von Areo, Tbomai von Freondsberg, Frans von Breisach,
SipuMcl von Brandis» Michael von Neuhünss nnd Doktor LtoiH
hart long fflr sich und im Namen ihrer Kollegen ' des Grafen
hudwip von Lddron und des Franz von Castellalt,
welche Beide mit der gleichen Exekution m ' der Grafschaft
Spanr beschflfrigt waren, vor den Versammelten auf, und
hidlen ihnen ihre Vergehen vor. Alle Anwesenden mussten
nun die Waffen ablegen , und neuerdings ihren - respektiven
Fürsten den Eid der Treue schwören, worauf sie dann auf
einen gejjfebenen Wink vom bewaffneten KriegsvOlke umzingelt
wurden, um die Häupter des Aufruhres abzufassen, falls sich
einige unter' den Anwesenden befSnden ; hei diesem Vorgänge
flelen einige- Widersetzlichkeiten vor, in folge dessen mehrere
Soldaten verwundet' bürden. An demselben Tage (2f. Sep-»
tember) nahmen htiäftig Graf von Lodron und Frann
von Castellalt die nämliche Exekution mit den* Leuten der
Grafschaft Spaur zu Spaur minore vor, bei welcher auch die
flbrigen Gerichte im untern Nonsberg erschemen mussten; die
Erschienenen mussten ebenfalls den Eid der Treue schworen^
worauf dann die Kommissäre acht Individuen ^abfassen Hessen,
und aber die Andern, die vorgefordert nicht erschienen, die
Verbannung aussprachen; zugleich behielten sie einige aus den
Anwesenden zur Bürgschaft ffir richtige Emzahlung der ge«
schöpften Strafgelder als Geissein zurück; allein In der folgen -^
den' Nacht gerieth das Haus, in welchem die Gefangenen ver<^
wahrt wurden, in Brandy welcher wahrscheinlich von den Bauern
in d\sr Absicht' verahlltsst wurde, um in der Verwirrung die
Gefangenen zu befreien; leider kamen zwei Soldaten in den
flammen ums Ld^en ; die Gefangenen wurden jedoch gerettet,
und glücklich nach Trient gebracht. Mit efnem der Haupte
rideiifttbret machten die Komnrissäre einen kurzen Proxess und
Hessen ihn am ersten besten Baum aufknüpfen.
-Den efngelmg«iien und nach Trient gebrachten Hädels-
Aihrerb und Anstifrem des Aufruhres wurde nun der Prozess
gemacht, und ihqen sehoii m 12. Oktober daa gefäVto Urtheil
— IM -
mitgetbeHt; nachdem ihre Verbreehen vorher nodi öffenlKch
waren bekannt gemacht worden, wurde das Strafurtheil an den
Delinquenten mit einer furchtbaren Strenge volizogen. Am 12*
Oktober und an den folgenden Tagen wurden nämlich vier
Radelflftihrer gehängt, zehn enthauptet, dreien die Zunge her-
ausgeschnitten, einem beide Augen ausgestochen, und sechs
die Daumen und Zeigefinger abgehauen, waT sie den mit diesen
Fingern geschwomen Eid gebrochen hatten; mehrem Andern,
minder gravirteii, wurde der Galgen auf die Stirn gebrannt,
sie hierauf gestäupt, und des Landes verwiesen. Ein Schrift-
steller beschreibt uns die gegen die Rädelsführer verhängten
und an ihnen vollstreckten Strafen auf folgende Weise :
^»Etlichen hat man die Nasen, etlichen die Ohm abgeschniten,
„Andere seint gefierteit, etliche gespist und verbrennt worden.
„Dann hat man auch etlichen das Herz herausgeschniten, vmb
„das Maul geschlagen und hernach Ihm Leib zerstuckbt, gar
„viln hat man Ihr vermegen eingezogen, mit raeten anssge-
„strichen, vnd sie hernach auss dem Land vertrieben; kheiner
„wurde entlassen ohne Prantzeichen , so Im an das Gestitm
„gebrennt worden.^
„Unter Andern war ein Steinmetz-Meister Philip genannt;
weil dieser den Bauern versprochen hatte, wann Er dass
Schloss Trient Innerhalb drei Tagen nit zu boden reissen vnd
zerschlaipfen werde, dass er Ime seine Augen aussteehen lassen
wolle ; der Yrsachen wirdt er von dem Nachrichter fflr obbe-
meltes Schloss gefiert, vnd als er dasselbe gienngsam ange-
sehen, hat er (der Nachrichter) Ime baide Augen ausgestochen.^
Wie ist es denn aber den HaupträdelsfQhrern, dem Bassler
und Gaissmayr eigangen, die an .der Spitze der Rebellen
vor Trient sich befanden?
Die Antwort auf diese Frage ertheilt uns derselbe Schrift-
steller mit folgenden Worten:
„Als soUichen Ernst*) die noch VerUibaen am Pieringer
*) Damit ist die Schlappe gemeint, welche die Rebellen am 31.
Angust nnd 1. September vor Trient eriitten, -
— 125 —
Boden gesehen, seint ellioh Hundert derselben samnt dem
Ba ssler und Gaissmayr mit grosser Gewalt durch das
Pnsterthal, von danen in Bnneberg rnd für die Abtei nach
Puechenstein bis auf das Venedigesche gezogen , vnd haben
sich daselbst niedergelassen.^
Was das weitere Schicksal dieser beiden Strolche anbe-
langt, wurde Bassler bald darauf von einem seiner Gesellen
Namens Lukas Wiser im Friaurschen erschossen, und der
Kopf, auf dem 200 Gulden geschlagen waren, von demselben^
Lakas Wiser nach Innsbruck gebracht, wo ihm die ausge-
sprochene Pr&mie ausbezahlt wurde; Gaissmayr hingegen e-
hielt von der Repoblick Venedig eine jahrliche Pension und
im Kriege, der bald darauf gegen Karl V. ausbrach, eine
Hauptmannstelle im Heere; wir werden diesem Unheilsstifter
noch mehrmals begegnen.
Gewilziget durch die traurigen Erfahrungen und durch die
empfindlichen Geldstrafen kehrten die Nons- und Sulzberger
zur Ruhe und zu ihren friedlichen Beschäftigungen wieder
zurttck, um so mehr, als eine geraume Zeit hindurch ein Theil
des eingerückten Kriegsvolkes zurückblieb; so war z. B. eine
starke Abtheilung Fnssvolk in Tajo stationirt -^ unter dem Be-
fehle des Grafen Gerard von Arco, welcher am 19. Oktober
an den Bischof von Trient schrieb : Da die Sachen auf dem
Nonsberg gut ständen, so machte er dem Fussvolke des Tho-
mas von Freundsberg den Sold auszahlen lassen, damit nicht
etwa mit diesen Fussgängern sich Schlimmeres ergebe, als
selbst mit den rebellischen Bauern; auch gibt er unter Einem
dem Bischof den wohlgemeinten Rath, wenn die Sachen auf
dem Nonsberg vollkommen beigelegt seien, und somit diese
Soldknechte aberflttssig würden, mOge er dieselben ja nicht
in Trient einziehen lassen.
Ein schlechtes Comptiment für diese Söldner I
Schliesslich wollen wir auch noch jene braven Gemeinden
kennen lernen, welche an den erzählten Aufstand gar keinen
Antheil genommen haben , so wie auch jene wackem Männer,
- «8 -
welche ihres ausgezeichoetea Verhaltens wegen während des
Aafstandes vom Fürstbischöfe später belohnt worden sind.
An den Aufruhr haben keinen Antheil genominen die Ge-
meinden Yezzano, Padergnone, Riva, Tenno, Termeno, dann die
Gemeinden von Judicarien und vom Fieimser-Thale.
Eine verdiente Belohnujig erhielten folgende Männer : Bal-
thasar von Cles-, der Bruder des Fürstbischofes erhielt die
Lehen des Simon Rolandini von Ambulo, der wegen seiner
Theilnahme am Aufstande enthauptet worden war. Gaudent
Hadruz, Hauptmann von Tenno und bischöflicher Hausbrf-
meister erhielt gewisse Einkaufte des Vigilius Tiomale, ins-
gemein Gentili genannt^ aus Laguna di Cavedine gebürtig, der
ebenfalls enthauptet worden war. Antonio Sandri, Notar in
Nano, Antonio Gatta, Notar in Corredo, Antonio Ziller, Notar
in Sejo, Vettere Bandinelli, aus Sfruz, Stefan Bertoldi, Notar
in Casez, dann Hector, Balthasar und Melchior VIsmtainer aus
Mal6, Simon, Antonio, Odorich und Bartolomeo Guarienti von
Ballo, Antonio und Odorich Pinamonte von Tueno, Johann
Tomeo, Notar von Denno, Nicolaus und Thomas Inama aus
Fondo, Jacob Mani und Johana Bonadimane von Casez er-
hielten für ihre geleisteten ausgezeichneten Dienste zur Däm-
pfung des Aufruhres den Adelstitel.
Die Ortschaft Vezzano wurde wegen ihrer bewiesenen
Treue und Anhänglichkeit an seinen rechtmässigen Fürsten zum
Marktflecken erhoben.
So war das Jahr 1526 daher gekommen; in diesem ver-
schwindet Graf Ludwig von Lodron die ersten acht Monate
wieder aus der Geschichte, dafür kommen aber von diesen
Jahre viele andere Merkwürdigkeiten und Begebenheiten, die
mit dem Leben unsers Helden in Verbindung stehen, nach-
zuholen — was eben in den beiden nächsten Abschnitten ge-
schehen soll.
-. <«7 -
V. Abschnitt.
Abcehlnas den Yertrftges Ton Madrid am 14. JSnner 1526; KOnig
Frans I. in Freiheit g9Wtzt; Wortbrüehigkeit dieses llonlutQhen;
die sogenannte ^hl. Ligae^ sn Cognac am 22. Mai 1526 ge-
schlossen; diesfallsige Yerhandlnngen zwischen Riemens VIT. und
Karl y.; Ereignisse sn Mailand; Morone und Pescara; Herzog*^
Franz Sfozu im SchlosM za Mailand belzfert; Peseara's Tod;
Alphons Ton Guasta , Antonio de Leyra , Johann Baptist
Graf Ton Lodron und Kaspar von Freundsberg in Mai-
land; dreimaliger Anfhihr dieser Stadt; Fehdebrief des Papstes
nn Karl Y.; des Kaisers Antwort an Klement und Scbretben an
die Kardinale; der Landtag in Innsbruck.
1. Wie wir bereils geMrt kaben, war König Franz von
Pinigliettooe nach Spanien gebracht worden; sein weitere«
Schicksal in diesem Lande wird flbergangen, weil nicht hieher
gehörend, and nur bemerkt, dass nm 14. Jünner 1526 end-
lich folgteder Vertrag zwischen Karl V. and Franz I. zn
Stande kam:
Franz tritt nach seiner Preilassang Burgnnd ab, and
steill seine beiden Söhne, den Dauphin und Herzog von Or-
leans, als Geissehi — oder statt des letztern zwölf Personen
vom höchsten Adel, die Karl bezeichnen kann.
Ferners entsagt Franz allen Ansprachen auf
Italien d. i. auf Genua, Haihnd und Neapel, so wie auch
auf die Niederlande; er entschädigt binnen 6 Wochen nach
erlangter Freiheit den Herzog Ton Bourhon und alle seine
Hilsolmldigen und Anhänger, lässt alle Kriegsgefangenen los,
and nntersttttzt niemals den verlriebeMu König von Navarra,
Hemricb d* Albert, oder den Urich von Wflr<eRberg und Ro-
— 128 —
bert von der Mark. Des Kaisers Schwester , Eleonora, ver-
witwete Königin von Portugal, welche Franz heurathet, bekommt
eine reiche Ausstattung, darf aber keine Ansprüche auf die
spanische Monarchie machen^ Der König unterstützt den Kaiser
mit seiner Flotte im Kriege gegen die Türken; er lässt diesen
Vertrag durch die Reichsstfinde bestätigen, und verspricht auf
Eid und Ehre, sich wieder in Spanien als Gefangener zu
stellen, wenn die Bedingungen nicht in der gesetzten Frist
erfüllt sind. Die Worte lauten in dieser Beziehung: „er ver-
spreche und beschwöre aufrichtig, im guten Glauben, mit den
Worten eines Königs auf seine Ehre, durch den Eid, zu
dessen Bestärkung er körperlich das heilige Evangelium be-
rührt habe.«
Nach Unterzeichnung des in Rede stehenden Vertrages
waren die ausser liehen Zeichen der Liebe und des Ver-
trauens zwischen beiden Monarchen sehr gross; sie erschienen
häufig öffentlich mit einander, und hatten in geheim lange Un-
terredungen; sie machten mit einander Reisen in einer Sänfte
und belustigten sich mit allerlei Zeitvertreib; aber mitten unter
allen diesen Zeichen des Friedens und der Freundschaft war
die Seele des Kaisers doch voller Argwohn. Obgleich die
Ceremonien der Vermählung kurz nach dem Schlüsse des Ver-
trages feierlich vollzogen wurden, so wollte Karl das' Beilager
dennoch nicht eher gestatten, als bis die Bestätigung aus Frank-
reich angekommen wäre. Franz selbst sah sich noch nicht völlig
frei; er hatte beständig noch eine Leibgarde um sich, and jeder
aufmerksame Beobachter konnte leicht schliessen, dass eioe
Einigkeit, bei der man gleich Anfangs so viele Merkmale von
Misstrauen und Argwohn entdeckte, nicht recht herzlich, uod
von keiner langen Dauer sein könne.
Ungefiihr ein Monat nach Unterzeichnung des Vertrages
langte die Begnehmigung der Regentin, als welche Franz seine
Mutter Louise von Savoyen bestellt hatte, aus Frankreieh an.
Louise gab ihrem Sohne Nachricht: sie hätte statt der im
Vertrage bestimmten zwölf Penonen vom Adel lieber des
- 129 —
zweiten Prinsen, deo kleinen Herzog von Orleans, an die
Gränze gesendet, weil das Reich durch die Abwesenheit eines
Kindes nicht leiden, aber völlig ohne Vertheidigung sein
würde, wenn diejenigen seiner klügsten Staatsmänner und
erfahrensten Generale, welche Karl auserlesen hätte, abge-
schickt würden.
Endlich nahm Franz Abschied von Karl; da das Miss*
trauen des Letztern über die Aufrichtigkeit des Königs in dem
Grade zunahm, je näher die Zeit kam, sie auf die Probe zu
steilen, so bemühte sich Karl den KOnig von Frankreich durch
neue Versprechungen, die er sich geben liess, noch fester zu
binden, und Franz bedachte sich auch nicht länger, diese ab-
zogeben. Er verliess dann Madrid mit einer Freude, die in
solchen Umständen natürlich ist, und trat die ersehnte Reise
nach Frankreich an. KOnig Franz wurde begleitet von einer
Garde zu Pferd, die der wachsame Don Ferdinand a Larcon
anführte; je näher jener an die Gränze seines Reiches kam,
desto sorgsamer wurde er von diesem geführt. Als Franz das
Flfisschen Andaya erreichte, welches Spanien von Frankreich
trennt, zeigte sich Harschall Lautrec auf dem jenseitigen Ufer
mit einer Bedeckung, die eben so stark war, als die Alarco-
nische. Mitten auf dem Flusse lag eine Barke vor Anker;
das Gefolge stellte sich auf beiden Ufern in Ordnung. Zu
gleicher Zeit fuhr Lannoy mit acht Edelleuten vom spnnischen,
und Lautrec mit einer gleichen Anzahl vom französischen Ufer ;
jener hatte den KOnig von Frankreich, dieser den Dauphin und
den Herzog von Orleans mit im Boote; sie trafen im freien
Schiffe mitten im Flosse zusammen. Die^ Auswechslung ge-
schah in einem Augenblick; Franz sprang nach einer kurzen
Umarmung seiner beiden Kinder in Lautrec's Schiff, und stieg
anf franzosischem Ufer ans Land. Sogleich warf er sich auf
ein türkisches Pferd, schwang seinen Hut, und rief mit freu-
diger Stimme: „Nun bin ich KOnig,^ritt in vollem Galopp
nach St. Jean de Lutz und von da nach Bayonne« Diese Be-
gebenheit, welche die französische Nation eben so ungeduldig
9
— 190 -
gewttnscht hatte, als ihr König, geschah am 2t. Mfin 1526 *1
somit i Jahr und 27 Tage nach der Schlacht bei Pavia.
Wenige Tage nachher verlangten die Gesandten des Kaisers
im Namen ihres Herrn Audienz beim König; in dieser baten
sie den Honarchen, nunmehr die nöthigen Befehle auszufertigen,
und den abgeschlossenen Vertrag vollkommen zu vollziehen.
Franz gab kalt und trocken zur Antwort: er sei seines TheiJs
zwar entschlossen, Alles pflnktlich zu erfüllen, was er ver-
sprochen habe; allein der Vertrag enthalte so viele Artikel, die
nicht nur ihn angingen, sondern die ganze französische Mo-
narchie betrftfen, dass er keinen weitern Schritt than könne,
ohne vorher mit den Ständen des Reiches darüber zu berath-
schlagen, und eine Zeit würde nothwendig verstreichen müssen,
ehe sich dfese zur Genehmigung der harten Bedingungen eot-
schtiessen würden.
Diese Antwort wurde als eine deutliche ErkUrung ange-
sehen, dass Frankreichs König fest entschlossen sei, der Er«
fltllung des Vertrages auszuweichen. Karl davon in Kennlniss
gesetzt behielt nun seine Schwester Eleonora in Spanien zu-
rück; allein der leichtfertige und gewissenlose Frans b^Küm-
merte sich darum so wenig, dass er dem Kaiser zum Hohne
die Anna*Pisseleu, die nachmalige Herzogin von Btampes, za
seiner Haitresse annahm
Karl V., in Ausführung seiner einmal gefassten Entschlüsse
von Natur standhaft und unbeweglich, war bald mit sich Selbsten
im Reinen. In irgend einem Artikel des feierlich geschlos-
senen Vertrages nachzugeben schien in seinen Augen so viel,
als ein offenes Gestündniss von Unbedachtsamkeit oder als ein
Zeichen von Furchtsamkeit ; er hatte also fest beschlossen, auf
eine genaue Erfüllung desselben zu dringen, es möge nun
daraus entstehen^ was da wolle; besonders war er aber fest
gewillt, Alles standhaft zurückzuweisen, was man ihm als
Ersatz für die Herausgabe von Burgund anbieten würde.
'*') Robertson gibt den 19. März als den Tag an, an welchem Freu
in Freiheit gesetzt wurde.
- ISl —
Dieser Emschiiessong gemäss behhl er dem Vice-König
Lionoy und dem Herrn • Larcoii an den franxösischen Mof in
gehen, und den König förmlich aufzufordern, entweder den
Vertrag mit der gehörigen Ehrlichkeit zu erfüllen, oder sich
seinem Eide gemüss wieder als Gefangener in Madrid zu stellen.
Franz ertheilte den' beiden Abgeordneten keine nnmittelbare
Antwort, sondern Hess die Bevollmächtigten der Landstände
V4m Borgund in ihrer Gegenwart zur Audienz. Diese stellten
demäthig vor, „er (Franz nämlich) habe die Gränzen, die ein
König von Frankreich besässe , ttberschrltten, als* er sich an«*
heischig gemacht, ihr Vaterland weg zu geben, und er wäre
seihst durch seinen Krönungseid verbunden, alle KammergOter
der Krone nnzertrennt und vollkommen zu erhalten.^
Franz dankte ihnen für die Treue gegen seine Krone,
und bat, sie möchten sich iei Verbindlichkeit errinnem, unter
welcher er stehe, sein Versprechen dem Kaiser zu halten. Nun
nahmen die Bevollmächtigten einen hohem Ton an, und er-
klärten, sie würden keinen Befehlen gehorchen, die sie für
gesetzwidrig hielten und würde er sie den Feinden Frankreichs
ttberlassen, so wären sie entschlossen, sich aufs äusserste zu
wehren mit dem festen Vorsatz, lieber zu Grunde zu gehen,
als sich einer fremden Herrschaft zu unterwerfen. Hierauf
wendete sich Franz zu den kaiserlichen Gesandten, stellte ihnen
die Unmöglichkeit vor, sein Versprechen zu halten, und bot
dem Kaiser anstatt des Herzogthums Burgund zwei Millionen
Kronen an. Lannoy und a Larcon, die es gleich eingesehen
hatten, dass der Auftritt, dem sie so eben beiwohnten, ein
zwischen Franz und seinen Unteithanen verabredeter sei
um sie zu hintergehen, oder ihnen den Mund zu stopfen, gaben
ihm den unveränderten Entschluss ihres Herrn zu verstehen,
auch kein Jota vom abgeschlossenen Vergleich aufzugeben.
Auf das hinauf warf Franz frisch die Maske fort mit der
Erklärung: der Vertrag sei erzwungen, Niemand aber ver«
pflichtet, etwas zu halten , was man ihm in der Gefangenschaft
abpresse. Der Papst theile dieselbe Ansicht und habe ihn
9»
— 132 —
deshalb von dem gelewlelen Eide bereits losgebuBden; Ja es
sei ein solcher Eid eigenlltch niemals geleistei
worden.
Um den letztem Passus richtig zu versleben, ist es noth-
wendig, nachstehende Thatsache in Erinnerung zu bringen^
König Franz liess nflmlich einige Stunden vor der wirklichen
Unterzeichnung des fatalen Vertrages so viele seiner Minister
zu sich kommen, als eben in Madrid anwesend waren. Nach-
dem er diese einen feierlichen Eid der Verschwiegenheit hatte
schwören lassen, erzfthlte er ihnen viel und mehr, was der
Kaiser Alles angewendet habe, um ihn ins Netz zu locken
und einzuschttchtem. Aus diesem Grunde legte er in die Hftode
von Notaren eine feierliche Verwahrung nieder — des Inhalts:
seine Emwilligung in den Vertrag sollte als eine mit Gewalt
abgezwungene Urkunde angesehen werden, und aus diesen
Grunde null und nichtig sein.
Durch dieses unredliche, eines Monarchen unwürdige
Kunststück suchte Frankreichs König bei Unterzeichnung des
Vertrages seine Ehre und sein Gewissen zu befriedigen,
imd zu gleicher Zeit sich den gewfliischten Vorwand zu ver-
schaffen, unter welchem er ihn brechen könnte. Da haben
wir die vielgepriesene RittecUchkeit dieses Monarchen !
Bei einer solchen Gesinnungsweise des französischen Königs
dürfen wir uns nicht wundern, dass derselbe schon nach zweien
Monaten dem Bündnisse beitrat, welches am 22. Mai 1526 zu
Cognac abgeschlossen wurde zwischen Klemens VIL, Fianz I.,
König von Frankreich, Venedig und Franz Sforza, Herzog vod
Mailand. Auch der König von England (im Bundesbriefe Rex
Serenissimus ac potentissimus^ fidei ac sedis Apostel icae acer-
rimus defensor hoflrt) Heinrich VIU., in gewissen Beziehungen
ein Achter Kollega des ritterlichen Franz trat demselben bei
Dieser Bund ist berüchtigt unter dem Namen die „heilige
Ligue.*
Diese „Ligue<^ wurde von den Mitgliedern derselben aus
dem Grunde die „heilige^ genannt, weil einerseits der Papst
— 133 —
an ihrer Spitxe stand, und weil andererseits ihr Zweck ein
löblicher aud heiliger hfitte sein sollen. Die Ldbiichkett und
Heiligkeit dieses Zweckes bestand aber darin: den Kaiser
Karl V. ans ganz Italien zn vertreiben.
Das Bdndniss von Cognac hatte einen vierjährigen Krieg
zur Folge , bedeckte ganz Italien mit Blut und Leichen , und
machte es zur. halben Wüste. Der weitläuBge und weitschwei-
fige Bund^brief (der vorliegt) ist in lateinischer Sprache ge-
schrieben, umfasst nicht weniger als 12 Folioseiten und besteht
aus 25 Artikeln, von denen fOr unsem Zweck folgende die
wichtigsten sind.
Artikel i. Dieser spricht sich, gleichi^am als Einleitung,
Aber den Zweck des abgeschlossenen Bündnisses nach einer alten
UeberselzuDg auf nachstehende Weise aus: „Und ist dieser
Friedensbnnd (!) der den Bundesfürsten vnd gemeiner
Christenheit zu guetem kommen wolle, mit angerufter Gottheit
dieser fürnemlich zu Ehren und Glori, vnd zu gemeiner Chri-
stenheit F r i e d und Heil vnd zu keines Menschen Nach-
theil (den solche Gedanken den Bundesfürsten fem sind) allein
zu gemeinem Nutz vnd Rue beschlossen worden.^
Artikel 2. Die hohen Kontrahenten versprechen, sich
wechselseitig zu schützen und zu schirmen. Dieser Schutz
und Schirm wird namentlich dem Papste feierlich zugesichert
sowohl in Betreff seiner Person, als auch seiner Länder *).
Artikel 3. Wird bewilliget, dass in den Bund auch
aufgenommen werden dürfe Kaiser Karl V., aber nur dann,
wenn er:
a) die Söhne des allerchristlichsten (!) Königs frei lässt
(solttta terminis competentibus honesta ac rationabili culpa)
b) dem Franz Sforza das Herzogthum Hailand zurück gibt;
*) Wir werden in Folge oft Gelegenheit haben zu sehen, wie sehr
sich Papst Riemens auf diesen Artikel verlassen hat,
aber dem ganzen Böndnisse zum Trotz doch ganz verlassen
wurde.
— 134 -
c) die ttbrigen Staaten In Italien wieder In denselben Stand
herstellt, in dem sie Tor dem Fetzten Krieg gewesen sind;
d) auf seiner Reise nach Italien nie mehr Gefolge mit-
bringt, als es dem Papste und den Venetlaner gut dttnkt; and
e) innerhalb dreier Monate den König von England besahlt,
was er diesem schuldig ist.
Artikel 4. Auf Unkosten sämmtlicher Kontrahenten soll
in Italien eine Armee von 30000 Mann Fussvolk, 2500 Kfl-
rassieren (equitom cataphractomm) und 3000 Mann leichter
Reiter zu d e m Zwecke aufgestellt werden , um die Verbün-
deten zu schützen, jene aber zu bekriegen, die keinen Frieden
eingehen wollen. Zur obigen Armee hat zu stellen
der Papst: 8000 Fussknechte, 800 Kürassiere und 700 leichte
Reiter;
der König von Frankreich: 1000 Idchte Reiter, 500 Ktlrassiere
ond monatlich 40000 Kronen zur Besoldung des Kriegs-
volkes;
Venedig: 8000 Fussknechte, 800 Kürassiere und 1000 leichte
Reiter;
Franz Sforza: 4000 Fussknechte, 400 Kürassiere und 300
leichte Reiter.
Artikel 5. Frankreichs König macht sich verbindlich
jenseits der Alpen ein bedeutendes Observationskorps auf-
zustellen, und damit für den Fall, dass der Krieg in Italien
beginnt, eine Diversion zu machen.
Artikel 6. Sollen auch Schweizer angeworben werden,
wozu der König von Frankreich um seine guten Dienste an-
gegangen wird.
Artikel 7. Soll Kaiser Karl zuerst gütlich ermahnt
werden, dem König von Frankreich seine Kinder zurückzo-
geben; wenn dies nichts fruchtet soll er dazu mit Waffen-
gewalt gezwungen werden. Zur Erreichung dieses
Zweckes versprechen ihm seine Alliirten als Hfllfstruppen 10000
Mann Fussvolk, 1000 Kürassiere und 1500 leichte Reiter zu
stellen und zu unterhalten.
- 1» —
Artikel 9. Wird besehlosseo, aach eioe Flotte voo
wenigstens 28 Kriegsschiffen mit den nöthigen Transportschiffen
xnsammen zu bringen, wozu Frankreich 12, Venedig 13 und
die übrigen 3. Kriegsschiffe der Papst zu stellen hat.
Artikel 17. Sollte sich Kaiser Kar! nicht herbeilassen
wollen, die Im 3. Artikel gestellten Bedingungen einzugehen,
so soll er aus dem Neapolitanischen vertrieben -werden,
und dieses Königreich dem Papste zufallen, welcher dagegen
die Verbindlichkeit Obernimmt fttr diesen Fall dem König von
Frankreich in annuum censum 75,000 Kronen zu erlegen.
Artikel 19. Wird beschlossen, das durchlauchtigste
Haus der Hediceer in Florenz in besondem Schutz und
Schirm zu nehmen und aufrecht zu erhalten.
Artikel 20. Der König von England soll Protektor des
Bündnisses sein, und als solcher im Königreiche Neapel einen
Besilzthum erhalten mit einem jährlichen Ertrfigniss von 30000
Dukaten; der Erzbischof von York, Kardinal Wolsey (ci^iis
prudentiae, labori ac vigilantiae multum debet universa Chrl-
stiana Respublica!) soll in Italien gleichfalls eine Herrschaft
erhalten mit einem Ertrflgniss von 10000 Dukaten jfthrlich.
Artikel 21. Keinem aus den Verbündeten ist es gestattet,
mit irgend einem andern Fürsten ein Bündniss zu schliessen;
die bereits geschlossenen sind als nicht bestehend zu be-
trachten.
Artikel 25. Wird schliesslich festgesetzt, dass es kei-
nem Alliirten gestattet sein soll, irgend einen Feidhauptmann
in Dienst zu nehmen, der schon bei einem andern Kontrahenten
Dienste genommen bat. Eine Ausnahme wird gemacht mit dem
Admiral Andreas Dorea, den der Papst dem König von Frank-
reich ttberlässt.
Wer vorurtheilsfrel sümmtliche Artikel durchgehet, na-
mentlich den Inhalt des 3., 7. und 17. Artikels erwägt,
wird sich nothgedrungen fühlen, den Zweck des ganzen Bundes
als eine kolossale Lüge zu bezeichnen, so wie er Eingangs
beseichnet worden ist, aia «Friedensbund, zu gemeiner
— 186 -
Christenheit Fried and Heil und zo keines Menschen
Nachlheil.''
Wenn häufig ttber die Härte der Bedingungen gescholten
wird, welche Karl V. als Sieger dem besiegten König
Franz auflegte, um wieviel härter muss ein Unheil ttb^r diesen
angeblich ,,helligen^ Bund ausfallen, der nach Wiilkühr mit
den wohlerworbenen Ländern des Kaisers schaltete und diesen
überdies — man weiss nicht ob mehr lächerlich oder frech —
noch zur Theilnahme an denselben aufforderte! In der
That hätte das Wort „heiligt keinem grössern Missbrauch aus-
gesetzt werden können.
Kaiser Karl entgegnete den Abgeordneten, die ihm die
Bedingungen der Ligue vorlegten, kurz und bündig: Franz
thue sehr Unrecht, sein Wort und seinen Eid zu brechen. Er
werde die Geissein behalten, den Franz Sforza als treulosen
Lehensmaiin bestrafen, Mannschaft in Italien halten, wie es
ihm nöthig erscheine, und den König von England bezahlen,
aber mit dem Gelde des Königs von Frankreich!
Dessenungeachtet musste dem Kaiser diese Wendung der
Dinge höchst unangenehm sein; denn selbst durch den glück-
lichsten Krieg konnte er nicht viel gewinnen, und überdies
waren seine Heere sehr zusammengeschmolzen, seine Kassen
völlig erschöpft* Desshalb versuchte Kari, ob der Bund nicht
durch Unterhandlungen zu trennen sd, und wendete sieh an
den Papst, da König Franz und Herzog Sforza auf nichts ein-
gingen.
Den 18 Juni 1826 überreichte Hugo Moncada dem Papste
folgende Vorschläge : Karl wolle Mailand an Franz Sforza über-
lassen, die Streitpunkte mit den Venetianern beseitigen und
seine Soldaten aus der Lombardei hinwegziehen, sofern der
Papst und die übrigen italienischen Fürsten diesen nur einen
Theil der schuldigen Löhnung bezahlen wollten. KlemensVIl.
misstraute aber dem Kaiser und lehnte — einverständlich mit
den Gesandten seiner Verbündeten — obige Anträge unter dem
Vorwande ab: er könne ohne Rückfrage mit Frankreiek und
- 137 —
Kngland nichts abschlieflsen. Hieraaf erkttrte Moncada am
20. Juni: der Kaiser übertrage dem Papste die Entsclieidang
aller seiner Streitigkeiten. Der nachmalige Kardinal Sandolet,
so wie einige Besonnene baten und ermahnten den Papst, den
Krieg auf alle mögliche Weise zu vermeiden, und den Frieden
zu erbalten. Vergebens I Klemens VIT. traute den Verspre-
chungen des Königs von Frankreich, der sich indessen damals
weit mehr um seine Vergnügungen und Liebesabenteuer, als
um den Italienischen Krieg bekttmmerte. So wie nun der be-
rechtigte Partheigfinger Albert von Carpen aus Frankreich in
Rom angekommen war, ttberschickte der Papst unterm 23. Juni
dem Kaiser V. einen förmlichen „Absagebrief.^ Den Stoff
zu diesem Schriftstflcke bildeten die in Hailand vorgefallenen
Begebenheiten, welche wir hier nun nachholen müssen.
3. Nach der Schlacht bei Pavia lagerte sich das kaiserliche
Heer in und um Piacenza und Parma, w&hrend eine Abtheilung
davon unter dem Kommando des Grafen Johann Baptist
von Lodron, des Johann de Leyva (eines Bruders des
Antonio de Leyva) und des Ritters Kaspars von Freunds-
berg, der 10 Ffihnlein deutsches Pussvolk unter sich hatte, die
Grafschaft Saluzzo einnahm. Graf Johann Baptist von
Lodron bemächtigte sich der beiden festen Plätze Honealieri
und Carmagnola mit Sturm Schon gleich jetzt wurde der An-
fang damit gemacht, ein Bündniss gegen Kari zu Stande zu
bringen, so wie selbes am 22. Hai 1826 zu Cognac wirklich
abgeschlossen worden ist. Französischer Seits war dabei be-
sonders thfttig derselbe Franz Graf von Saint Pol, der bei Pavia
mitar den Todten lag^ und durch die versuchte Amputation dar
Piager, um die Ringe zu bekommen, wieder zum Leben kam}
emers Claudius Guise Herr von Vaudemont. Unterhandelt wurde
zoerst mit Klemens und der Republik Venedig. Der Plan ging
dahin, Italien frei zu machen, und dem mit Kari unzufriedenen
Franz Sforza Hailand zu erhalten. Da aber Alle erkannten,
das Gelingen des ganzen Manes lediglich vom Markgrafen
Ferdinand von Pescara abhänge, der das Oberkommando über
- 138 —
sümmtliche kaiserliche Truppen io Italien wftbrend der Zeit in
Hunden hatte ^ als sich Bourbon in Spanien befend, so wurde
beschlossen, diesen um jeden Preis zu gewinnen.
Dieses kitzliche Geschäft übernahm der Rath und Kanzler
des Herzogs Franz Sforza, Hieronymus Horone. Wirk-
lich war Pescara sammt dem ganzen Heere darüber höchst
aufgebracht, dass der Vice -König Lannoy den gefangenen
König Franz nach Spanien geführt hatte. Diesen Hissmuth
des Feldherm musste der schlaue Horone wissen, und dar-
auf bauend wagte er es , dem Harkgrafen Vorstellungen zu
machen des Inhalts : beim Kaiser sei weder eine Anerken-
nung des Verdienstes, noch ein Dank oder Lohn; wenn er
darauf eingehe, Italien frei zu machen, so wolle
man ihm das Königreich Neapel übergeben, das
Karl mit Unrecht in Händen habe; er solle also die spani-
schen Truppen an sich ziehen, mit ihrer Hülfe den Antonio
de Leyva sammt den deutschen Truppen aus Hailand ver-
jagen, dann nach Neapel ziehen, dieses Reich einnehmen and
als König in Besitz nehmen. Pescara, der damals in Genua
lag, gab sich den Anschein, als gebe er auf diesen Vor-
schlag ein, schickte aber heimlich den Johann Baptist von
Casstellalt zum Kaiser und Hess diesem Alles entdecken. Auf
Befehl des Kaisers verfügte sich Pescara nach Novara, und
beschied den Kanzler ebenfalls dahin; dahin war auch Antonio
de Leyva gekommen. Es wird erzählt, Pescara habe den An-
tonio de Leyva hinter eine Tapete verborgen, dann den Kanzler
rufen lassen, und mit ihm von der in Rede stehenden Ange-
legenheit Rücksprache genommen. Horone, nichts Arges ahnend,
wiederholte seine Anträge an Pescara — worauf dann Leyva
hervortrat, den Kanzler abfasste, nach Hailand brachte, und io
den Kerker warf. Auf die Folter gespannt gestand Horone den
ganzen Plan, so wie auch die Hitwissenschaft des Her-
zogs Franz Sforza. So wie die Sache entdeckt war,
flüchtete sich dieser eiligst in das feste Schloss Jovia zu Hai-
land, in dem er eine Besatzung von 800 Hann hatten dieses
— 189 -
wurde naxi auf der Stelle von den Kaiserlichen umzingelt, und
der Herzog darin belagert. Die Bürger Ton Mailand mussten
auf Pescara's Befehl dem Kaiser Treue schwören; jede Stadt
des ganzen Herzogthums bekam zwei Fähnlein Fussvolk als
Besatzung.
Bald darauf — am 30. November 1525 starb Pescara
im schönsten Mannesalter; er zählte erst 36 Lebensjahre. Die
in den letzten Jahren ausgehaltenen vielen und grossen Stra-»-
patzen, seine ausserordentliche Thiitigkeit, die ihm im Dienste
seines Herrn Tag und Nacht- keine Ruhe liess^ seine In der
Schlacht bei Pavia erhaltenen Wunden, und dann wohl auch
■issmuth über schlechte Anerkennung und Belohnung seiner
geleisteten Dienste — trugen viel zu seinem frühzeitigen Tode
bei; er starb an der „Auszehrung.^ Als der tapfere Feldherr
sich dem Tode nahe fühlte, übertrug er seinem Vetter Alphons
von Guasta — sie waren Geschwisterkinder — das Oberkom-
mando üb6r sämmtliche spanische Truppen in Italien, gab ihm
unter Einem auch Weis' und Lehre, wie er sich im Kriege,
dessen baldigen Ausbruch er vorhersah , seinen zahlreichen
Feinden gegenüber benehmen sollte, und setzte ihn schliesslich
zum Erben seines Vermögens ein, das aber nicht gross war.
Don Ferdinand Harkgraf von Pescara war ein grosser
Feldherr, ein Mann von ungemeiner Klugheit und Charakter-
stärke. Er war nicht nur allein sehr tapfer, sondern auch
höchst uneigennützig, indem er im Kriege weder Reichthum
suchte noch erlangte, im Gegentheil seine Güter versetzte, am
Geld zu erlangen zur Befriedigung seiner Leute. Pescara pflegte
zu sagen: „Niemand gebe einen guten Hauptmann ab, der im
Kriege reich werden wolle; wohl hätten aber diejenigen, die
nicht ihren, sondern den allgemeinen Nutzen betrachteten, all-
weg Glück und Sieg, Lob und Ehre erlangt.^ An Pescara,
der nicht nur Krieger, sondern auch Dichter war, verlor
Karl V. einen seiner besten Heerführer*).
*) Ein Ausspruch, den^ Pescara häufig im Munde zu führen pflegte,
lautete :
„Nemo potesi Marti et Christo servire.^
— 140 —
Nach dem Tode des Markgrafen Pescara finden wir fol-
gende Führer der kaiserlichen Truppen zu Hailand:
1. Alphons Harkgraf von Guasta, Kommandant des spani-
schen Fttssvolkes.
2. Antonio de Leyva, Kommandant über die Kavallerie;
S.Johann Baptist Graf von Lodron, Komman-
dant des italienischen Fussvolkes; dann
4. Ritter Kaspar v.on Freundsberg und Haxmilian
von Ebenstein, . Kommandanten der deutschen Landsknechte.
Graf Ludvrig von io.dron war beim Tode Pes-
cara^s mit seinem Waffengenossen, dem Grafen Gerhard von
Arco, eben auf dem Nonsberg, damit beschäftigt, die Banerp-
Unruhen zu stillen, wie bereits erwähnt worden ist.
Wie nun die benannten kaiserlichen Heerführer den Krieg
vor der Thttre sahen, zur Besoldung und Verpflegung der
Truppen aber kein Geld hatten, sich aber auch keines Geldes
aus Spanien vertrusten konnten; so sahen sie sich in die eiserne
Nothwendigkeit versetzt , den Einwohnern von Hailand grosse
Steuern aufzulegen« Diese hatten aber von dem baldigen Zu-
standekommen einer Ligue gegen den Kaiser bereits Nachricht
erhalten, und wareif aufgemuntert worden, den Kaiserlichen
weder Geld noch Lebensmittel zu verabfolgen — mit dem Be-
deuten, der Bund werde ihnen schon Hülfe bringen Auf das
hinauf machten der Senat und die Bürgerschaft von Hailand
den kaiseriichen Heerführern eine nachdrückliche Vorstellung
des Inhalts : Städte und Dörfer äts ganzen Uerzogthums seien
durch den langen Krieg verwüstet, die Stadt Hailand selbst
ganz erschöpft; wolle man aber die Bürgerschaft über ihr
Vermögen zahlen machen, und die Sache übertreiben, so sehe
sich dieselbe in die Nothwendigkeit versetzt, andere Herren
Nachbarn um Hülfe anzurufen, u. s. w. Nun wurden drei Tage
nach einander von den Bürgern Bittgänge angestellt, um von
Gott die Gnade zu erflehen, sie von den Kaiserlichen^ dieser
allgemeinen Landplage, zu befreien. Diese drettätigen
Andachten wurden mit einem Aufruhr beschlossen.
— i41 —
der am 24. April 152'6 gerade zur Zeit ausbrach, als die kai-
serlichen Fahrer zu einem Kriegsrathe sich vesammelt hatten;
der Aufruhr gall dem deutschen Fussvolke, das in der Stadt
lag, wfthrend die Spanier ausserhalb derselben sich befanden.
Die herbeigeeilten Obersten waren so glücklich, mit Hülfe
einiger aus den vornehmsten und besonnensten Bürgern den.
Aufruhr ohne Blutvergiessen zu stillen. Derselbe brach aber
Tags darauf mit doppelter Heftigkeit aus; beide Theije stellten
sich in Schlachtordnung einander gegenüber und wurden bald
handgemein. Nun Hess auch der Herzog Franz Sforza sein
Geschütz auf die Kaiserlichen abfeuern, und die Besatzung einen
Ausfall machen, um den Bürgern Hülfe zu bringen. Zu gleicher .
Zeil stürzte auch das Landvolk von allen Seiten bewaffnet in
die Stadt, schrie ans vollem Halse; jifaf^^ Papal Duca, Duca!
und fiel über die Kaiserlichen her. Nachdem bei 200 Ein-*
wohner erschlagen worden waren, zogen sich die Aufrührer
zurück und gaben Ruhe; diese dauerte aber nur kurze Zeit;
schon nach etlichen Tagen brach der dritte Aufruhr in helle
Flammen aus, der 24 Stunden lang anhielt. Während dieser
Zeit sah man nichts, als: hauen, stechen, würgen, brennen;
Pardon wurde keiner gegeben ; ganze Gassen standen in Flam-
men; die Stadtbewohner waren grimmig, wüthend. Nachdem
sich endlich der Aufruhr gelegt hatte, verliessen viele Ein--
wohner die Stadt, und verstärkten die Bundesgenossen. Nun
wurde aber auch die Belagerung des Schlosses mit allem
Ernste betrieben, um den Herzog ehemöglichst zur Uebergabe
zu zwingen; Ritter Kaspar von Freundsberg leitete an
der Spitze seiner wackem Landsknechte, die dazu vorzugsweise
verwendet wurden, mit grösster Geschicklichkeit und Thfttig-
keit dieses Unternehmen.
Nach diesem Abstecher kommen wir wiederum auf den
bereits berührten „Absagebrief^ des Papstes an den Kaiser
Kar] zurück.
4. Den Stoff und Inhalt zum erwähnten Schriftstücke gaben -
and bildeten die so eben erzfihlten traurigen Vorfftlle in Hai-
_ 1« -
land, besonders das Schicksal des im Schlosse Jovia belagerten
Herzogs Franz Sforza. In Bezug auf den offenbar abtrünnig
gewordenen Franz Sforza sagt Klemens VII. in seinem er-
wähnten Briefe zam Kaiser:
„Du hast Deinen falschen Räthen mehr Glauben geschenkt,
als billig war, und hast die Schärfe der Gerechtigkeit und Bil-
ligkeit vorgezogen; denn Wir konnten nicht erkennen, dass es
Gerechtigkeit möge genannt werden, wenn die Strafe der Er-
kenntniss und dem Urtheil vorangeht; der fromme Fflrst,
der sich gegen Dich allzeit alles Lieben und Guten
beflissen hat, wird jetzt — unerkannt seiner Sache -— schon
sieben Monate lang von den Deinen belagert. Aus diesen
vielfältigen und hochwichtigen Ursachen sind wir genöthigt
worden, Dir nicht länger mehr zu trauen, und gänzlich an Dir
zu verzweifeln, auch Unsere Freundschaft, die Du so oft
ausgeschlagen, mit vielen andern mächtigen Fürsten zu ver-
binden.^
Dieses Schreiben v. 23. Juni datirt wurde am 26. Juni durch
den päpstlichen Legaten Balthasar Castilian an den Kaiser ab-
geschickt. Indessen mag Klemens schon nach zweien Tagen
seine Uebereilung eingesehen haben; denn er schickte seinem
Legaten ein viel milder abgefasstes Schreiben nach — mit
dem Befehle, das erstere zurückzubehalten, und dafür das
zweite abzugeben. Indessen kamen beide Briefe in die Hände
des Kaisers.
Karl y. beantwortet« unterm 18. September 1526 von
Granada. aus das erste päpstliche Schreiben mit gleicher
Schärfe. Darin sagt der Kaiser unter Andern:
„Deine Anschläge sind alle dahin gerichtet, mich aus
Italien zu bringen. Ich kann Dich mit den Briefen des Mark-
grafen Ferdinand von Pescara überweisen, den Du in
Dein Bündniss hast ziehen wollen, und dem Du das
Königreich Neapel verheissen hast. Dass Franz Sforza im
Schlosse belagert wird, daran ist Ursache, dass er sich mit
Dir in ein Bündniss eingelassen und dadurch gegen die Haje-
— 143 —
sUfl des Kaisers sieh vergangen hat; die Sehlösser von Ibl*
land and Cremona hat er nicht Obergeben wollen, und sich
anch nicht Tcrantworten mögen. Du meinst, ich soll ihm Alles
schenken; das steht mir aber nicht zu, auf dass ich nicht
Andern Veranlassung gebe, von ihrer Obrigkeit ebenfalls ab-
lulallen. So nun dem also ist , und ich Dich in keinem
Punkte verletzt habe , so bitte' ich Dich dringend. Du wollest
vom Kriege abstehen, und das will auch ich tbun; weil
wir als zwei grosse Lichter von Gott verordnet sind, so wollen
wir uns befleissen, dass die Welt durch uns erleuchtet werde,
und dass durch unsere Zwietracht keine Pinstemiss entstehe.*
Kaise Karl überschickte auch dem Kollegium der Kar-
dinfile ein Schreiben , in weichem er sich bitter darüber be-
klagt, dass Klemens mit den Franzosen isich verbqnden und
ihm einen Fehdebrief zugeschickt habe, also im Begriffe stehe,
einen neuen Krieg anzufangen; Niemand sei dem römischen Stuhle
mehr geneigt, als er *); als Beweis davon möge die Thatsache
gelten, dass er Parma und Piaeenza, die dem Reiche gehöreten,
der Kirche wiederum gegeben habe — was er nicht zu thun
schuldig gewesen wflre. Ebenso hätten die deutschen Fürsten
und Sttfnde auf dem Reichstage zu Worms grosse Klagen über
den römischen Stuhl geführt und Abstellung der Beschwerden
gefordert; er habe ihnen aber nicht beigestimmt, sie vielmehr
hingehalten und auf ein Concilium vertröstet; er bitte sie also,
den Papst mehr zum Frieden, als zum Kriege ermahnen
zu wollen.
Beide kaiserlichen Briefe erreichten ihren Zweck durch-
aus nicht*) der Krieg begann also von Neuem. Eheyor aber
der Verlauf desselben erzählt wird, müssen wir zuvor noch
einen Blick auf Tirol werfen.
5. Kaum hatte der LandesfUrst von Tirol, Ferdinand I.,
*) Der Zeitgenosse Karls, Pialina, best&tigt diese Behauptung des
Kaisers mit den Worten:
„Cujus ingenio nihil inveniri potest Clementius, aut religioni
Cbristianae magis addictnm.^
— 144 —
durch seiaen Bruder Karl • vom Absagebrief des Papstes and
vom nahen Ausbruche des Krieges sichere Kunde erhalten, als
er auf den 7. September 1526 einen Landtag nach Innsbruck
ausschreiben Hess y bei dem er in eigener Person den Vorsitz
führte, und unter Andern die Forderung stellte: die Landschaft
solle 6000 Knechte anwerben, und auf ein ganzes Jahr un-
terhalten. Der Ländtag bewillige die Aufstellung von 3000
llann und die Besoldung derselben durch volle 4 Monate, so
wie den Zuzug — falls dieser nothwendig werden sollte —
von lOOOO bis 20000 Uann. Die Unkosten far die Unter-
haltung und Besoldung der bewilligten 5000 Knechte durch
vier Monate waren auf 80Q00 Gulden angeschlagen. Zur Ein-
treibung und Verwaltung dieser Summe wurden im Lande nach-
stehende Viertelhauptleute ernannt:
An der Etsch: Jakob Pux.
Am Eisack: Arbogast von Anneberg.
Am Eisack: Wilhelm von Lichtenstein.
Im Viertl unter Trient : K^rl Trapp.
Im Obei-innthal : Veit von Wfthingen.
. Im Unterinnthal: Martin von Thunn,
Für die Herrschaften Rattenberg, Kufstein und Kitzbüchel :
Christof Fux.
Pusterthal: Kaspar KOnigl.
Stift Brizen: der Hauptmann daselbst.
Stift Trient: Christoph von Thuqn.
Nonsberg: Christoph von Trautmannsdorf.
Unter Einem wurde auf diesem Landtage auch die Auf-
stellung eines Kriegsrathes beschlossen, und in diesem
nachstehende Herren erwflhit.
Von der Regierung: zwei Rtfthe.
Von Trient! die zwei dort aufgestellten Kommissfire.
Ferners der Landeshauptmann Leonhard von Vols.
danii die Herren Sigmund von Thunn, Sigmund von
Brandis, Thomas ZetI, Afner von Hall, Aichhart Haussmann,
Cardigny und Wolfgang Engensteiner.
— 143 —
Die Aufgabe der Mitglieder des Kriegsrathes war: sich
zu allen vorkommenden Kriegshandlungen brauchen zu lassen.
Das „guelbedunhhen^ dieses Landtages ging auch dahin: man
soUe allen denjenigen, welche sich ausser Landes begeben hlitten,
und dem Gaissmayr anhängig gewesen wären, einen Termin
von Einem Jahre gewfthren, binnen welcher Frist selbe sich
als gehorsame Unterlhanen zu stellen hätten, für welchen Fall
die ttber. sie verhängten Körperstrafen in Geldstrafen verwan-
delt werden sollten.
Schliesslich noch die Meldung, dass Erzherzog Ferdinand
drei Herren als: Georg von Freundsberg, Christoph
Fax und Johann Zaten in das deutsche Reich hinausschickte
mit der Aufgabe: „Geld auf Clainoler aufzubringen.^ Der
versammelte Landtag wurde bei dieser Gelegenheit vom Erz-
herzoge angegangen , für den Fall , dass die Kaufleute ohne
besondere Bürgschaft kein Geld herleihen wollten, so möchten
die Stünde sich „als Not Pirgen vmb 50000 Gulden ver-
schreiben.^ Dieser Antrag des Lande^ftfrsten wurde mit dem
Beisatze angenommen, dass die jährlichen Zinse des erhaltenen
Darlehens aus dem Gefälle des Phnnhauses erlegt werden
sollten.
So stand also Tirol für den bevorstehenden Krieg ge**
rilstel da.
10
— t4r —
VI. Abschnitt.
Ausbruch des Kriegeg; Wegnahme Ton Lodi durch die Venetiamr;
Vereinigang des rerbündeten Heeres; Tergebliche Anstrengung
desselben Maihind za nehmen: Bourbons Ankunft in Mailand;
lein Schicksal In Spanien; die I>eputation der nnglückttchen Siadt
bei Bourbon; heldenmüthige Tertheidigung der Stadt Cremon»
durch den tapfem Hauptmann Conradin Spergser von
Ol um 8; die ^Cremoneser Knechte;^ das rerbündete Herr tarn
dritten Male Tor Mailand: Ankunft französischer HOlfetrappen in
Lager der rerbündeten; kritische Lage der kaiserlichen Heer-
führer; ihre Zuflucht zu Georg von Frenndsherg.
1. Am 22L Mai 1526 war das Büodniss zu Cognac
gwischen Klemens YII., Fraqv [., Venedig^ Florenz u. s. w.
gf^chlossen worden, und schon im Juni darauf rückten die
VerbaudeCen ins Feld. Die ersten and eifrigsten aus ibnao
waren die Yenetianer; diese stellten ein beträchtliches Heer
auf die Beine, bei. dem sieb 1000 Mann Kürassiere und 1000
leichte Reiter befanden; Oberbefehlshaber dieser Truppe* war
Franz Herzog von Urblno. Dieser erhielt den Auftrag,
vor Allem den im Schlosse zu Mailand schon seit sieben Mo-
naten eingeschlossenen Herzog Franz Sforza zu entsetzen. Zu
diesem Zwecke rückte derselbe schnellstens an die Adda, und
lagerte sich vor Lodi; der Herzog beschloss, zuerst sich
dieser Stadt zu bemächtigen, um beim weitern Vorrücken auf
Mailand seine linke Flanke und den Rücken gesichert zu
wissen. In Lodi lagen als Besatzung nur drei Fähnlein Spa-
nier und 700 Italiener unter den Führern Fabrilius Maramald,
einem gebürtigen Neapolitaner, Sigmund Malatesta und Ludwig
Vistarin. Dieser Ludwig Yistarin -* ein heimlicher Anhänger
des Sforza -- machte den Schelm, und spielte den Vene-
r
— 147 ^
die Stadt auf Mgende Weis« in die Hände: zueml
liese er dem HsRog von Urbino und dem Legaten der Re^
publik Venedig, Pietro Pesaari, mit denen er aehon früher ia
Unlerhandlangen getreten war, zu wisaen machen, sie möchten
aich mit einer bedentenden Truppenzahl bei Nachts einem
Tharme nahen, den er ihnen bezeichnete. In der bestimmten
jüacl^ bestieg der Verrätber von einigen seiner Geseiien be-
gleitet den bezeichneten Tkarm, erstach in aller Stille die sechs
Mann, weiehe denselben besetzt hielten, und ermöglichte den
lauernden Venetianern die Ersteigung und Besetzung desselben,
ehe Hiramald und Malatesta etwas davon merkten.
Als es nun Tag geworden war — 24, Juni 1526 — nflherte
sieh ein Anfllbrer der Venetianer mit den in Bereitschaft ge-
haltenen Stnnnleiteni der Stadtmauer, erstieg sie ohne Anstand,
und nahm die Stadt in Besitz; die Kaiserlichen relirirten gegen
Mailand; in Folge dessen wurde Pavia mit 1500 Landsknechten
beseUt.
2. Mittlerweile hatte Klemens 5000 Mann Fussvolk, und
auch etwas Kavallerie unter Anffihrung des Grafen Guido von
Rangone, einem tüchtigen OfFiztere, nach Piacenza abge«
sohiekt; dahin brachte auch der Vetter des Papstes und ober-
ster Feldhanpimann der römischen Kirche, Johann von Me-*
dicis, ^er von seiner bei Pavia erhaltenen Wunde bereits
gcaesen war, 8000 Mann zu Fnss «nd ein starkes Kontingent
zu Pferd Auch die Stadt Florenz sendete eine starke Ab-*
theilong Fussvolk und Reiterei unter Anfuhrung des Vitelius
Tiphema zum Heere der Verbttndeten ab; des Papstes Stell«*
Vertreter beim Heere und oberster Kriegsrath desselben war
der berühmte Geschichtschreiber Francesco Guicciardini
von Florenz.
Das verbündete Heer rückte nun in einer beiläufigen Stflrke
von 30000 Marni vor Mailand; seine Ueberlegenheit machte
es den KaiserKehen furchtbar, da diese In der benannten Stadt
nur 5000 Spanier und 3000 Deutsehe hatten. Johann von
Medicis lagerte sich bei der südlich liegenden Porta Romcna,
10»
- 148 -
wagte sogbr einen Angriff auf die Stddl, welche keine Mauern
hatte, somit ganz offen war, wurde aber -^ surtickgeschiagai.
Täglich wurden nun Aosfölle unternomflnen , täglich Gefechte
geliefert, wobei jedoch die Verbündeten stets den Kiraem
zogen, endlieh gai* auf Helegnano sich zurtickzogeo , und
dort verschanzten.
Während dieser Zeit hatten die kaiserKcheo Truppen in
Hailand einen äusserst harten Stand, einen Stand zum Ver-
zweifeln. Sie mussten nämlich die feindlich gesinnten Stadt-
bewohner im Zaum halten, dabei die Belagerung des Schlosses
fortsetzen, und die unternommenen AusMIe des Sforza zurück-
schlagen, endlich auch noch zu gleicher Zeit einen übermäch-
tigen Feind abwehren, der alle Anstrengungen machte, in die
Stadt einzudringen, und den Sforza zu „eiitschtttten.^
Dieser befand sich derzeit auch wirklich in einer solchen
Noth, dass man im Schlosse nur etwas Brod und Mehl mit
Kleie vermengt zu essen hatte. Aus diesem Grunde Hess er
um Hilternacht durch 200 Mann einen Aussfall machen; diese
schlugen sich glücklicherweise vom Dunkel der Nacht be-
günstigt durch die Kaiserlichen, und erreichten das Lager der
Verbündeten, denen sie die Nachricht brachten: der Herzog
müsse sich vom Hunger gezwungen ehestens ergeben, wenn
er nicht entsetzt würde. Der Herzog von Urbino wollte jedoch
vorerst das Eintreffen von 14000 Schweizern abwarten^ und
erst dann einen neuen Angriff auf Mailand unternehmen.
Ehevor der beantragte Angriff wirklich statt fand^ war
der Oberbefehlshaber sämmtlicher kaiserlicher Truppen für den
gegenwärtigen Krieg, der Herzog Karl von Bourbon,
in Mailand eingetroffen.
Und wie war es dem Konnetable iu Spanien ergangen?
Vernehmen wir es in Kürze.
3. Als der gefangene König Franz nach Spanien gebracht
worden war, eilte auch Bourbon dahin, schiffte in Genua ein,
und kam in kurzer Zelt nach Toledo, wo Kaiser Karl V.
damals eben residirte. Von allen Granden begleitet ging der
Kaiser dem Herzoi^ entgegen, um ihn am SladUhore zo em-
pfangen. Biae zürtltehe Umarmang drückte die Verbindlichkeit
aas, die Karl gegen Bourbon hatte. Der Herzog rousste sich
rar linken setzen, als Karl V. ihn in den Palast einftthrte,
.welcher fttr den Sieger bei Pavia bestimmt war. Minder ge^
sehmeidig waren Karls Höflinge, die sich durch die Grösse
dnes Mannes bekidigl fühlten, welcher seine Unabhängigkeit
bisher so gltleklich behauptet hatte; sie benutzten jede Gele-
genheit, am Bourbon zu kränken. So bat z. B. 6er Kaiser
den Markgrafen von Villena : er möge dem Herzog eine Woh-
nung in seinem Paläste einrinmen -^ was dieser zwar bewil^
ligte, aber mit dem Beisatze : nach Bourbons Entfernung werde
er das Gebäode niederbrennen lassen, weil es zur Wohnung
fär einen Mann ron Ehre nicht mehr tauge. Eine gegenseitige
Erbittenwg war demnach unausbleiblich, indem Bourbon der
Annassung der Granden den ganzen Stolz eines Mannes ent-
gegensetzte, der sie tief unter sieh erblickte.
Während der Herzog in Spanien verweilte, und sIcherKeh
nicht auf Rosen gebettet war, brach in Folge des zu Cognac
abgesohksaenen Bundes der Krieg wieder an», zu dessen Ptth-
mng Karl V. den Kopf und den Arm eben eines Bourbon
bedorfte; dieser wurde also als Statthalter von Mailand
und ala Oberbefehlshaber sämrotlicher kaiserlicher Truppen nach
Italien geschickt Mit dreien Galeeren kam der Konnetable in
Genua an ; umsonst hatte Andreas Doria mit acht Galeeren den
Versuch gemacht, das Einlaufen des kleinen kaiserlichen Ge-
aehwaders in den Hafen von Genua zu verhindern. Boorbon
hatte 800 Mann und Wechsel auf 100000 Goldkronen zur
Besaklung der Truppen bei sich; mit diesem erreichte er das
ungittekllche Mailand, wo er von den Kaiserlichen als ihr
Ftihrer und Feldherr, von den Stadtbewohnern aber als ihi"
Helfer und Erretter mit gleicher Ungeduld und Sehnsneht
erwartet wurde. Bourbon fand bei seinem Einzüge in die
so bMheude Stadt nur noch das schwache SchattenblM
— IH) —
Er besog seinen Palast, und iitlte noch aicbl vov des
Be«ehwerden seiner Reise ausgeruht» als die vomeiuBsteo Bttrger
in Trauergewand — wie eben so viele Schalten -^ vor ihm
erschienen. Die Augen niedergeschlagen, die Venweifliuig im
Herzen und die Scham auf der Stirn warfen sie sich za äetoan
Füssen, und baten in den rahrendsten Ausdriichen um Befrei«*,
nng oder um den Tod. Einer von ihnen trat als Redner avf,
und schilderte die unaussprechlichen Leiden, welchen die Stadt
schon seil Monaten preisgegeben wäre. „Friedrich Barbarossa
— so endete er — überfiel diese Stadt mit Griteel vmi Ver-
wflstnng; er befleckte seine Hunde mit Rlut und zerlrUnmeile
die Grund vesten unserer Hfiuser ; aber diese Witth dauerte nur
einige Tage* Statt dessen wttrde sich das aUgememe Elend mit
jedem Augenblick vermehren, wenn unsere Feinde Erfindungs*
hraft genug besftssen, neue Leiden zu erdenken. Unntre letzte
Hoffnung stützt sich auf Sie, grossmüthiger Farstl Wir bitten
nur um Nenschlichkeft. Sieht es nicht in Ihrer Macht, ons n
retten, so lassen Sie uns lieber in einem allgemeinen Gemetzel
fallen, als auf dieser langsamen Folter zu Tode gequilt werden.
Gerne wollen wir Ihren Kriegern verseibeo, wenn sie «os durch
den Tod aus diesem furchtbaren Znsland retten.^
Die ganze Versammlung brach bei diesen Worten in
neuen Jammer aus, und warf aioh neserdings zn des Fürsten
Füssen und bat um Retinng, wfin» es «ach durch den — Tod.
BourboA whiersiand dieser erschttUemden Scene niehl; seine
Thrftnen vermischten sich mit den Thränen dti Unglfioidichefl.
Er bat sie, Hulh zu fassen. Nicht ad* die Rechnung des
Kaisers homme das Ungiflck — sagte er — sendem es Alle
einem veriasaenen Heere zur Last, das die Noth z«r Verfibang
lOn Gewaltthäligkeiten , und der ausgebronbene Atfrahr mt
Oraanamkeit verleilet hfitten. Er habe betrtehtfidie Summen
iriMgebraehl ; bereitwillig wolle er sie zur Befriediguiig 4ler Truppen
verwenden, wenn die Stadt ihm mit« einem Beiträge von 30000
Duhatoi zu Hftir« kemmeiv nntirde« ,^lefa «wietss. -^ fi%te ito
hinzu — dass Ihr durch ähnliche Verheissungen nmHr 'tte
— 151 —
nal hidtergaiif^n wotd«i] seid; aber der Himmel sei mein
Besfe^ das« idi es ehrlich meiBe; und breche Ich mein Wort,
so mag in der ersten Schiachl die ersle Kugei
mein Herz darchdridgeo*^
Der Wunsch, sich ihrer Drünger au entledigen ^ gab den
IMiftndeni Bereitwilligkeit genag au dem verlanglen Opfer;
wehmttthig legten sie nach einigen Tagen die geforderte
Summe zu Bourbons Füssen nieder. Dieser verwendete sie so-
gleich data, die Soldaten zu befriedigen, und neue Grfluel-
thaten zu verhüten; allein auch mit dem besten Willen war
er nicht im Stpade durchzudringen und seinen edlen Zweck zu
erreichen.
4. Bourbon benutzte den Rückzug der Verbündeten^nach
MelegnanOf um die Vorattidte von Mailand zu befestigen^ und
den belagerten Sforza zuf Uebergabe des Schlosses tu zwingen.
Herzog Franz übergab aber den Platz nicht eher, als bis der
ginsliche Mangel an Lebensmitteln ihn dazu zwang. Bourbon
erJaubte dem abgesetzten Herzog sich nach Co mo zu begeben,
und sicherte ihm eine jäbrliihe Pensipn von 30000 Dukaten
zu, his der Kaiser sein Schicksal entschieden haben werde;
allein kaum war Herzog Franz von Hailand weg, als er sich
— statt nach Como zu gehen — den Verbündeten in die
Arme warf, und mit Trommel und Pfeife ins feindliehe Lager
fiberging — ein schlechter Dank für die Grossmuth, die Bourbon
an ihn geübt. hatte!
Yersttrkl durch die mittlerweUe im Lager der AHHrten
eihgetroiTenen Holfstmppen ans der Schweiz in einer Stärke
von 6000 Mann rückte der Herzog von Urbino zum zweiten
Mal nach Mailand vor, wurde aber aenerdiags ven dieser Stadt
zurückgetrieben. Der Herzog begnügte sich nun damit, die
Stadt Mailand zu blockiren; zu diesem Zwecke verwendete er
4ie TnpfeR des Johann von Medicis, so wie auch die
Schweizer; den Malatesta Baleam von Perugio schickte er mit
8000 italienischen Fufisknechlen nach Cremoaa, um diese
Stadt 4ad fMwriMMl zu eMeüsen^ KomiMidaiiit der Sudt
- 152 —
Cremona war ein braver Tiroler, welcher Hera and Kopf mf
dem rechten Flecke halte, ich meine den wackern Camr&äin
Spergser von Ghirnsy den wir beretto als eineB der ausfe-
zeichnetsten Hauptleute setner Zeil kennen *). Dieser hatte
10(X) Deutsche und 500 Spanier unter seinem Kommando,
welche die Besatzung der Stadt bildeten; das Schloss m der-
selben hatten noch die Truppen des Herzogs Franz Sforza
*) Der richtige Name des HauptmiuiDS Conradin scheint Spergs
gewesen zu sein : natii dem damaligen Gebrauche hiess er kura-
weg „der Spergser,* unter welchem Nomen er dann in der
Geschichte vorkommt, und zwar das erste Mal im Jahre 1519 —
bei nachstehenden drolligen Auftritte.
Zum Schulze der Thiere, namentlich aber des Wildbrets,
bestanden in den damaligen Zeiten die allerstrengsten
Gesetze. Um nun ihre Unnatur durch eine beissende Ssfyre
darzustellen wurde im ohig^en Jahre — 1519 — in der Stadt
Glurns folgendes Stücklein zum Besten gegeben:
In der Gemeinde Stilfs richteten die pScheermause" eine
solche Verwüstung in den Wiesen und Aeckern an, dass der
Gemeinde eine gänzliche Verarmung drohte. Da^ eiofacbste
Mittel dagegen wäre nun freilich eine Vertilgung der Mäuse
gewesen; allein die ,, lieben Thierlein^^ standen unter dem
Schutze der Gesetze, darum konnte gegen dieselben nur
nach richterlichem Spruche eingeschritten werden. EUn solcher
Gerichtshof trat nun wirklich in Glurns zusammen ; den Vorsitz
dabei führte Conrad Spergs — Conradin „der Spergser."
Die Abgeordneten der durch die ,,8cheerminse^^ verarmten
Gemeinde brachten mit aller Beredsamkeit ihre entsetzliche Lage
vor; aber auch die Advokaten für die Mause führten muthig
die Vertheidigung ihrer dienten. Nachdem nun der Prozcss
einen ganzen Tag lang nach allen Regdn des römtschen Rechfes
verhandelt worden war, fällte der Gerichtshof folgendes Urtheil :
„Die Mause haben zwar ihrer etwas zu ungebührlichen Auf-
Hibrung wegen die Gemeinde-Güter in Stilfs zu verlassen, jedoch
wird die Gemeinde verpflichtet., den ausziehenden ^^Thierleifl^^
eine wohnliche Wiese zur freien Verfügung anzuweisen; da
aber eine solche nach der Erklärung der Gemeinde nur jenseits
der Btsch zu Ariden sei, so wurde diese zwar angenommen -
aber nur unter der Bedingung: dass die Geneinde den aas*
ziehenden Mäusen eine Brücke üher die Etsch baue; jenen aber«
die noch klein, oder die in interessanten Umständen sich be-
finden, soll, bis ihr Wandern aus Gesundh^itsrätksicbten rälb-
JNcb fu-scli^, der ^rnere AttfraMwUt in CMfi »Mtaiel Meilen/'
— 158 —
inne. Daraiui ergibt sich der ungemeine schwere Stand, den
Hauptfliann Conradin hatte ; er musste die Einwohner im Zaum
halten, die Besatzung des Schlosses unschüdlich machen und
einen fitoffach (iberlegenen Feind abwehren.
Drei Tage lang donnerten die Geschütze der Verbündeten
fort and fort auf die Stadtmauern und warfen diese in Trümmer.
Da unternahm Conradin am vierten Tage zur Nachtszeit an der
Spitze seiner braven Leute einen wütUgen Ausfall, erschlug bei
600 Feiode, erbeutete 13 Fähnlein, und schleppte sämmtliehe
Schanzkorbe mit sich fort in die Stadt hinein.
Dieser kühne und mit dem besten Erfolge gekrönte Aus-
fall hatte im Heere der Verbündeten einen solchen Schrecken
verbreitet, dass die Leute mit Schlägen angetrieben werden
mussten, einen Sturm auf die nieder geworfenen Mauern zo
unternehmen. Dessen schämten sich die beiden Führer Mala*
testa und Julius, stellten sich in eigener Person an die Spitze
der Stttrmenden, um ihre Leute durch das gegebene Beispiel
zu ermuthigen, und unternahmen den Sturm — in der Hoffnung^
die Besatzung des Schlosses werde sie durch einen Anshll in
ihrem Unternehmen unterstützen; indessen wurden die Ver-
bündeten mit blutigen Köpfen zurückgewiesen, und der ange-
legte Storm von Conrad in und seiner braven Matinsekaft
siegreich abgesehlagen; Julius selbst wurde erschossen und
blieb todt auf der Wahistatt. In Folge dessen sah sich der
Oberbefehlshaber der AIHirten, Franz Herzog von Urbhio, ver-
anlasst mit dem- ganzen Kriegsheere vor Cremona zu
ziehen, um diesen Platz zu nehmen. Voll Uomuth über die
erhaltene Schlappe der Seinen that dieser den Ausspruch: »Es
wären nit Menschen, sondern rechte Te.uffel
drinnen; einen solchen Respekt hatte Conradin mit «einen
braven Leuten dem Feinde elnzuflössea verstanden! Der Her-
zog von UrUno Hess jetzt etin ^Erdwerk^ aufwerfen von
solcher HObe, dass selbes sogar die Stadt überragte; zugleich
wurde auch die Stadtmauer auf einer noch grossem Strecke
m Trtmacr g^sehoMen,; und ao die BfMdie bedeutend er«»
~ 154 —
weitei'l; jedoch auch die Besatzung war nicht müsiSTg, sondern
unterminirte heimlich den aufgeworfenen Erdwall , und sprengte
denselben in die Lflfte; bereits waren dreizehn Stürme ab-
geschlagen, aber tausend todte Feinde bedeckten die Bresche
oder lagen im Graben Endlich unternahm der Herzog von
Urbino noch eiiien Hauptsturm, der den ganzen Tag — es
war am Feste Maria Himmelfahrt, also den 15. August — mit
aller Heftigkeit anhielt; leider war der Besatzung bereits die
Munition ausgegangen, ein Umstand, der den tapfern Komman-
danten Conradin in die traurige Nothwendigkeit versetzte, mit
den Aillirten zu unterhandeln; das ßesaltat der eingeleitetea
Unterhandlungen war: erscheine innerhalb zehn Tag«n kein
kaiserliches Heer zum Entsätze der Stadt, so soll diese den
Verbündeten übergeben werden, die Besatzung aber freien Ab-
zug mit Sack und Pack erhalten.
Als nun nach Ablauf der festgesetzten Zeit kein kaiser«'
liebes Heer vor Cremona sich zeigte, «bergab die tapfere Be-
satBung den standhaft behaupteten Plalz, und zog mit (liegen-
den Fahnen gegen Trient ab, wo wir den wachere Lands-
lenten, seit ihrer heldenmätbigen Vertheidigung von Cremona
insgemein „rflc Cremoneser Knechte^ genannt, nnter ihrem
tapfem Führer, Canradin von CHui^ns^ -bald wieder begegnen
werden. Andreas Gritti, Herzog von Venedig- war onedel
genug, an den Herzog von Urbino die Forderung zu stellen,
die in Cremona gelegenen Landsknechte nach Venedig auf
die Galeeren zu schfcken; allein der Her^g von Ur-
Wno dachle edler, wies den Antrag Gritti's zurück und Hesi
die „Cremoneser Knechte^ rnhig nnd nnangefocblen ihre Wege
ziehen. '
Nach der Einnahme von Cremona, welche Stadt der ver-*
triebene, abtrünnig gewordene Sforza erhielt und' sich deshalb
nun Herzog von Cremona nannte , rückte das Heer der Ver-
bOndülen vor das feste an der Adda gelegene Piaaighellone;
vergeMioh waren über nUeihre BMiilMttgfen, diesen Platz so
nehMn; nil: Sobmde udd mit dem Veriasla Ten dMriSB Ha^pl"
ieoten «oMte das aRrirte Heer — abziehen; xtim dritttetl
Male gingen nun die Verbündeten aof Mailand los; sie ^olHen
dime Stadt um jeden Preis in ihre Hände bringen, und unter-
Bahmea deshalb mehrere Stürme aaf die von Boarbon befestigten
Vorstädte, wurden aber immel* zurückgeschlagen und verloren
in diesen Gefechten fünfzehn Hauptleute.
Der erlittene Verlast wurde aber reichlich ersetzt durch
die Ankunft neuer Hillfstrnppen aus Frankreich ; unter der An-
fQhrvng des Michael Anton, Markgrafen von Saluzzo
iangten bei 4000 Franzosen zu Fuss und 400 Kärassiere mit
200 leichte Reitern vor Mailand an, und verstärkten das ver-
bttmiete Heer. Boorbon, Statthalter von Mailand, und sämmt-
Rebe Kriegsiybersten der kaiserlichen Armee befanden sich jetzt
in einer höchst kritischen Lage. Während das Heer der Ver-
bündeten dem kaiserlichen Heere, welches bdehslens 10000 Mann
tüUte, dreifach überlegen war, und von Tag zu Tag neue
Verstflrknngeii' aii sich sog, verminderten sich die kaiserlichen
Trappen durch die täglichen Gefechte und dttreli die herr-
schenden Krankheiten in der eingeschlossenen Stadt von Tag
zu Tag — ohne Aussicht, die entstandenen Lücken auszufüllen
und die abgehende Mannschaft zu ergänzen. An wen nun sich
in dieser dringenden Noth wenden? An Kaiser Karl? Dieser
war viel zu weit entfernt, und derzeit eben vollauf beschäftigt,
den Vice- König Karl Lannoy mit 600 Spaniern und 30 Last-
schiffen, die mit Geschütz, Munition und andern Kriegsbedürf-
nissen beladen wurden, nach Neapel abzusenden, um dieses
Reich gegen einen etwaigen Einfall der Verbündeten zu schützen.
Oder sollten sie sich an Ferdinand I. wenden, den Bruder des
Kaisers ? Dieser war ganz in Anspruch genommen, seine Länder
gegen die Türken zu schützen; denn der gewaltige Soli-
man H. hatte so eben (am 29. August 1526) das ungarische
Heer hei Mohäcz gänzlich vernichtet, war bereits bis Ofen
vorgedrungen und drohte — in den Besitz von Ofen gelangt —
aach die Erblanden Ferdinauds zu überschwemmen.
Was nun weder ein Kaiser leisten konnte, in dessen Reich
— <56 —
die Sonne nicht unterging , noch ein mächtiger UHiig ^ dies
leistete — ein einfacher Privatmann, und dieser war
Niemand Anderer als — Ritter Georg von Freundsberg,
an welchen sich nun Bourbon^ Antonio de Leyva, Jobann
ßaptist von Lodron und auch sein eigener Sohn Kaspar
mit der dringenden Bitte wendeten, eilends ein Heer anzu-
werben, damit nach Italien zu ziehen, um das Herzogtham
Mailand gegen die Verbündeten zu vertheidigen, und selbes dem
Kaiser zu erhalten. In gleicher Absicht und zu gleichem
Zwecke schrieb auch Kaiser Karl an seinen Bruder Fer-
dinand, dem er 200.000 Dukaten Subsidten schidite, und
bat ihn: ,^den Ritter Georgen von Freundsberg, den SighafTten
Kriegssmann in Sehwaben zu bewegen, mit einem Kriegsvolk
in Italia zu ziehen, vnd dass derselb in dieser sadi all sein
Vermdgen wolle thun, das sollt jm reichlich vergoiten werden/
Welchen Erfolg sänmtliehe in Mindelheim eingelaufeae
Schreiben beim Ritter „Georgen^ gehabt haben:, wollen wir
nun im nächsten Absätze sehen.
— 167 —
Vn. Abgchnitt.
Frenndibergs Werbung Ton Landsknechten für den beantragten Zug
nach Italien; Aafefthlung und Aufstellung der Hauptleute; Ab-
maneh des Heeres von Trient; Zug desselben Aber die Oebfrge
unter Anführang dw Grafen An ton von Lodron nnd imwth
das Herzogthnm Mantua; Ankunft des Grafen Ludwig vou
Lodron In Borgoforte; die dem kaiserlichen Heere gelegte
SchUage des Hersogs Ton Mantua; Abweisung aller Ton den Ter*
bOndeten unternommenen Angriffe; todtliche Verwundung de$
feindlichen Anführers Johann ron Medicis durch Georg von
Fr^undtbBrg; Bericht desselben an die Regierung zu Inns-
bntk,; Üeberselsung des Po; Stillstand in den Operationen;
Ulrich Wittenbafht Schreiben nach Innsbruck; Bonrbons
Terlegenheit in Mailand ; der Kanzler Morone ; Freundsberg
Vereinigung mit Bourbon.
1. Nachdem Georg von Freundsberg durch sein«
aosgeieichoeten Kriegskenntnisse, durch seinen krüfligen Arm
und durch den Zauber seines gefürchteten Namens wesentlich
dazu beigetragen hatte, die Bauern-Unruhen in Tirol, im Algifu
und als Locotenent des Herzogs Ludwig von Bayern auch
im Herzogthume Salzburg zu unterdrücken, kehrte der Held
nach Mindelheim zurück, um hier von seinen Strapatzen aus-
zuruhen. Jedoch dem tapfern Kriegsmanne war nur eine sehr
kurze Ruh^ beschieden ; denn bald nach seiner Ankunft in Min-
delheim trafen die dringenden Schreiben seines Sohnes Kaspar,
des Antonio de Leyva und des Herzogs von Bourbon aus Hai-
land, und des Erzherzog Ferdinand aus Innsbruck ein.
Der Aufforderung des Kaisers und des Landesforsten von
Tirol, so wie den Bitten seiner theuren Waffengenossen um
Hülfe konnle der patriotische Mann nicht widerstehen;
er beschioss also seinen dritten Zug nach Italien zu unter-
— 158 -
nehmen. Kaum war dieser Entschluss des allbeliebten Feld-
haaptmannes bekannt geworden, als Landsknechte von allen
Seiten her ihm zuströmten. Freundsbergs Name, Aussicht auf
eine reiche Beute, und ein Thaler Handgeld waren hinreichmid
zahlreiche Krieger anzuwerben, und sie trotz der NShe des
Winters in ein Land zu fahren, welches der Krieg und die
Pest gleich furchtbar verheerten. Um Geld zu erhalten sah
sicn Freundsberg genöthigt, sein Silbergeschirr und sogar den
Schmuck seiner Gemahlin Anna, Gräfin von Lodron, der
Schwester unsers Grafen Ludwig zu versetzen. OamU noch
nickt zufrieden, veipfKndete er auch seine Herrschaft Hindel-
heim, machte Schulden auf seine Schlösser, die er in Tirol
besass, verkaufte sogar einen guten Thetl seiner Bergrechte
bei Gossensass. Darauf bekam er in Allem und Allem 40000
Gulden (nach einer andern Quelle gar nur 38000 Gulden).
Mit dieser Summe warb der Held 35 Ftthnkia Fussvolk an;
mehrere seiner SiegesgefKhrten und Waffengenossen, die an
seiner Seite und unter seinem Kommando die beiden frtthern
Züge nach Italien in den Jahren 1522 und 1525 mitgemacht
hatten, boten ihm den mit Schweiss und Blut sauer verdienten
Sparpfennig an.
2. Den 26. Oktober 1526 — an einem Freitage — schickte
sich Ritter Georg an, von Mindelheim nach Tirol abzureisen,
was er auch dem Herzoge von Bourbon schrieb; sein Sohn
Melchior begleitete ihn *> Den Hauptleuten, von denen Jeder
ein Fähnlein (900 Mann) kommandirte, ertheilte er den Befehl,
sich auf nachstehenden dreien Sammelplätzen aufzustellen.
*") Die Beschreibung des dritten Zuges imsers tapfern Ritten
nach Italien ist entnommen aus einer Relation desselben an die
..Wohigeboni Edl gestreng Günstig lieben Herrn vnnd glitt
Frenndt^ der Regierung zu Innsbruck.
Reissner und die in Rede stehende Relation — wehrschelnUch
aus der Feder desselben Reissner - ergänzen einander voll-
kommen. Das Originale der Relation befindet sich im Archive
der Ambraser-Sammlung.
— *B» —
i. Ia Hjeran iaüteo ilcb Mgmit Haoptiteta sanuiMln:
Christoph Graf in Lupfen,
Christoph Graf zu Eberattin,
Philipp Stumpf*),
Wendelin von Weyers,
Michael Hartmtiia von Aitkirch,
Michael Merkle von Memmingen,
Hanns Werdenberger,
Barthlmä Mohr von Wangen,
Rudolph Embser,
WHbelm Neldhardt von Ulm,
Hanns Ekle von Costnitz
2. In Bozen hatten sich aufzustellen:
Konrad von Bemmelberg (Boineburg) insgemein der »kleine
Hess* genannt**).
Diepold Hai von Heynburg,
Kaspar Reger von Ulm, seiner laugen Statur H^egei ins-
gemein der „lang Kaspar* genannt.
^) Von diesem Himptmanne sagt der Biograpbe des bertthmten
Grafen Niklas Salm folgendes: ,.Die Bauern hatten den Erz-
bischof von Salzburg, Mathaus Lan^f. in der Festung ,^Hohen-
salzburg* eingesperrt und belagert; ihr Anführer, Michael
Gruber, halte den steyriscben Landeshauptmann, Sigmund von
Dictrichstein durcli Yerrälherei der Biu-ger und Knappen von
Schladming im Jahre 1525 überfallen, geschlagen, gefangen
und ihn mit 32 Rittern enthaupten lassen. Da sandte Ferdinand
den Grafen Salm, um diesen Yerratb mit eiserner Ruihe zu
züchtigen. Unglaublich schnell, bei Tag und Nacht eilend, durch
die verborgensten Schluchten dringend stand Salm und sein
rascher Hauptmann Philipp Stumpf auf einmal überall,
^vo der siegreiche Haufe es am wenigsten vermuthete, beru-
higte Steyermark, entsetzte Radstadt, erstürmte Schladming und
übergab es den Flammen, so, dass es seit dieser Zeit aus der
Reihe der Städte weggestrichen und unter die Marktflecken ver-
setzt wurde,"
Philipp Stumpf nahm hier»uf bei Georg von Freundsberg
Dienste.
*^) Sein Landsmann und J4if endgeaosse Heinrich Treusch von Buttlar
hiess wegen seiner körperlichen Grösse „der grosse Hess.^
— 160 —
Frant VOB Heijiufdii nil dem Beioamm 9, von TboMis^ 13.
Albrecht von Freiberg,
Urban Linsing von Land eck,
Rudolph von Ehingen,
Hanns Schenk,
Sebastian von ScherUin zu Burleiibaeli 2),
Hanns von Bibrach,
Anton Wexler 3).
3. In Trient stellten sich auf:
Ludwig Graf eon Lodron^
Alexander Graf von Clasena ^),
Franz von Breisach,
Claus Seidensticker d),
Ritter Veit von Wfikingen 6)
Ulrich Wittenbach, Hauptmann von Sehen,
Ludwig von Grienenstein,
Jakob von Vels (Völs),
Hanns von Stamps,
Conradin Spergser von Glurns,
Hanns Scbmid von Neran T'j.
A) Kommt oft floch vor als Franz von Hembsteyn.
*) Vulgo-Bastian v. Schertlio. ein allbekannter, oflgenannler Haupt-
mann aas jenen bewegten Zeiten, derselbe, der 20 Jahre später
(1546) im Dienste des scbmalkaldischen Bundes an der Spitze
von 31 Fahnlein die Festung Ehrenberg nahm^ und Tirol mit
einem Einfall ernstlich bedrohte, aber wieder gegen Donauwörth
zuröckwich, als er die Kraftentwickliing des Landes sah.
*) Dieser hatte das stärkste Fahnlein unter seinem Kommando,
das 450 Manu zählte.
*) Heisst bei Reissner ,.Graf von Clauenna^ soll wohl heissen
^Chiavenna."^
*) Hauptmann von Innsbruck, ein alter und tapferer Haudegen
zugleich erster Frofoss im Heere.
*) Wir kennen diesen Hauptmann bereits als Inhaber der Pfand-
berrschaft Laudeck.
'j Dieser machte jedoch den Zug aus unbekannter Ursaclie nicht
mit, w esshalb sein Fähnlein einem der vorbenanuten Hmiplleute,
zugetbeilt wurde.
— 161 —
Nebst dieseo in der Relation aofgesählten Hauptleaten kom-
men bei Reissner noch folgende sieben vor:
Melchior Ritler von Freandsberg, der Sohn des Feld-
hauptmanns,
Heinrich von Flitzingen,
Stephan Wein und Brod (!),
BarthlmÄ Bonrinder von Wangen *),
Blanrer von Constanz,
Daniel von Word,
Nikolaos von Fleckenstein.
In Somma erscheinen zn den angeworbenen 35 Fflhnlein
40 Häoptleute; bemerkt rouss werden, dass die fttnf Letztge-
nanslen erst spffter als solche aufgeführt werden, nachdem von
Erstem mehrere bereits gefallen waren wie z. B. der ^lang
Ktspar^^ u. a. m.
Kriegszahlmeister beim Heere war Kaspar Schwegler,
and kaiserlicher General -Kommissar Harinus Abbas de
Naggera aus Spanien.
Die nach Trient beorderten Hauptleute sollten die soge-
nannten „Cremoneser Knechte,^ die wir schon früher kennen
gelernt haben, an sich ziehen.
Als das Heer auf allen dreien bezeichneten PIfitzen —
Heran, Bozen und Trient — vollständig beisammen war, zählte
dasselbe nach der Relation 10650 Mann in 35 Fähnlein —
nach Reissner aber bei 12000 Mann in 38 Fähnlein , von
denen acht aus Tirol waren. Einem vorliegenden Kosten-
voransrchlage zu Folge benöthigte dasselbe für 15 Tage 34832
Gulden an Sold; Ritter Georg von Freundsberg, der mit allen
seinen Versetzungen nur 38 bis 40000 Gulden zusammen
brachte, hatte somit nur so. viel Geld in Händen, um seine
Leute einen halben Monat lang besolden zu können — abge-
*) In einem Briefe des Ritters Melchior von Freundsberg wird
dieser Hauptmann Barthlmä Bernrieder genannt.
11
— tea —
sehen davon, dass die erhaltene Summe bereits dareh das yer-
abreichte Handgeld und durch Anschaffung der allernolhwen-
digslen Kriegsbedttrfnisse schon verausgabt war, ehevor noch
das Heer sich in Bewegung gesetzt hatte.
3. Am 1. November 1526 brach Georg von Freundsberg
von Sterzing auf, und kam am 2. nach Bozen. Hier musterte
er die aufgestellten Truppen, und beschloss mit den Kriegs-
Kommissären und den anwesenden Haupdeuten in „des Drech-
seis Hauss^ den Zug nach Italien. Tags darauf erzfihlte er
dem Franz Castellalt, seinem Waffengenossen in der mörde-
rischen Schlacht bei Bicocca, und mehreren andern Hauptleuten,
es wftre ihm m der vergangenen Nacht sein vor etDcben
Jahren gestorbener Bruder Adam im Schlafe ^^ftirkommen^ und
hätte zu ihm gesagt: ,)Bruder Georg! du unternimmst einen
schweren Zug, und wirst schwerlich über die Pässe und Fährten
kommen; du wirst den Haufen fähren, dass kaum iOOO Mam
werden überbleiben ^}.i<
Ungeachtet dieses schweren Traumes (der bereits buch-
stäblich in Erfüllung ging, wie wir sehen werden) setzte Ritter
Georg ganz wohlgemuth seine Reise fort, und kam am 2. No-
vember in der Nacht nach Branzoll. In Trient sah sich Freunds-
berg schon genöthigt von den tirolischeo „Husterkommissarien^.
Karl Ritter von Trapp und Franz Ritter von Breisach 2000
Gulden entlehnen zu müssen, um nicht mit blossen Händen
wegrucken zu müssen, „die er so hoclidankbarlich mit über-
laufenen Augen empfangen hat.^
Der Fürstbischof v. Trient, Kardinal Bernhard v. Cles, in
dessen Wohnung Ritter Georg sein Absteigquartier genommen
hatte, suchte den Helden vom beschlossenen Zuge abzuhalten,
unter dem Vorgeben: der Feind wäre zu mächtig, er dagegen
viel zu schwach. Freundsberg gebrauchte sein altes Sprich-
*)Adam von Freundsberg erhielt als Feldhauptmano des
schwäbischen Bundes im Kriege gegen die Schweizer anno 1499
einen Schuss in den Schenkel; die Kugel trug er 18 Jahre lang
mit sich herum - bis zu seinem anno 1517 erfolgten Tode.
- 188 —
wort: 9 Viel Feind , viel Bhi^ ond Hess sich in seinem Vor*-
Ittbea aiohl irre Beehen.
An 12. Novemlier Mittags gescliib der Aarknicli fOn
Trient» Gnf Gerard von Arco gab seinem WafTenbruder, dem
FeMliauptmanne , das Geleite ina Lodrone. Freimdsberg halle
durch seiae schlaue Anstaiteo, die er wfthreod seiner Anwesen-
heil in Trient traf, den Feind (die Venelianer) glaaben machen,
er werde sich längs der Etsch mitten durch ihre auf allen
Beigen, an allen Gewflssern ond in allen Schlochlen aufge-
sldllen Posten Bahn brechen; aber weil davon entfernt wen^
dele er sich auf den Rath des Anlon Grafen von Lodron
piöUlich rechts, ohne dass selbsl seine Hauplleate recht wusslen,
wohin der Marsch gehen werde.
Am 13. erreichte man Storo und Lodrone; hier llesa
Freundsberg Halt machen , um seine Leute , von denen noch
viele surttck waren, tu sammeln ; zugleich wurden SchanzkOrbe
angefertigl , gleichsam als wolle man die Klause d' Anfo *)
nehmen und Ifings dem See von Idrio vordringen. Am 16.
wurde wieder aufgebrochen, nachdem vorher kund gemacht
worden war: Jedermann habe sich auf 3 Tage mit Proviant
zu versehen. Statt durch die vorhergenannte Klause ging nun
der Zug links Aber die hohen Berge, welche zwischen beiden
Seen Lage d' Idro und Lago di Gar da liegen — ^ain hoch
gffittlich lang geHrg.^ Anton Graf von Lodron '^*>
machte den Wegweiser und fahrte das Heer auf einem engen
♦) Rocca d' Anfo, von Freundsberg: die „Dampfer Klause'' genannt.
♦*) Dieser Anton Graf von Lodron — Geschwisterkind zam Grafen
Ludwig und Bruder des Johann Baptist von Lodron — war nacb
Adam Reissner k. k. ,,Feldtmarschalk.^
Die Geschichte hat uns übrigens von ihm nur die ein-
zige Waffenthat aufbewahrt, dass er anno 1513 im Feld-
zoge gegen die Franzosen die Ortschaft Pontevico, welche
zum Gebiete von Brescia gehörte, und auf dem linken Ufer des
Oglio liegt, strenge belagert und zur Uebergabe gezwungen
habe. So berichtet uns Andreas Mocemcus in der Geschichte
von Venedig.
— iU —
nnd schmalen Steig drei Heilen weil über einen Berg hinanf;
die Soldaten mussten — einer hinter dem andern — den Gemsen
fthniich hinansteigen ; bei dieser Gelegenheit ^vil personen und
Ross der schmalen vebsigen weg halber verfallen sein *)^.
lieber diese unternommene „Bergparthie^ beklagt sich
Freundsberg in seinem Berichte an die Herren zu Innsbruck
mit den Worten: ^wie hart meiner sweren person halber Ist
^on nitt Eubeschreiben ; die Ringfertigen haben sich der bitoeo
^Gebirg nit wenig beklagt.<^ Bekanntlich war Freundsbeig
sehr beleibt; seiner Schwerfälligkeit wegen musste er sich an
einem vortretenden Landsknecht halten, ein Naehmann musste
ihn schieben, wfihrend zwei Andere ihre Spiesse gleich einem
Geländer ihm zur Seite hielten.
Noch wfihrend der Nacht erreichte das Heer den ersten
feindlichen Ort — Aa auch Aha genannt — aus welchem die
Venetianer mit Gewalt der Waffen vertrieben wurden. Am 17.
verweilte das Kriegsvolk in der benannten Ortschaft, um 12
Fähnlein, welche noch zurück waren, aufzunehmen« Tags
darauf drang Freundsberg bis Sabbio vor; auf diesem Zuge
warf er die Fdnde aus fünf Positionen, die sie stark besetzt
hielten. Am 19. erreichte man längs dem Flttsschen Chiese
die Ortschaft Gavardo. Nach einer Mittheilung des Ritters
Christoph von Thunn, Hauptmanns von Trient, sollen die Land«H
knechte an diesem Tage den Venetianern in der Umgebung
von Gavardo bei 8000 Stdck Vieh abgejagt und flberdiess noch
800 Fuder ^^) guten „Farnatzer Wein<^ abgenommen und
letztern noch denselben Abend allen gesoffen haben.
Am 20. erreichte das Heer in dreien Kolonnen Lonalo —
von den Feinden fortwährend verfolgt und angegriffeo, die aber
*) So berichtet die Relation; ßeissner dagegen sagt, Preundsberg
habe keine „Reysigen^ mitgenommen; nur Cassius Beuscher ein
Bürger von Augsborg habe mit fünf leichten Pferden auf eigene
Kosten den Zug mitgemacht.
*♦) Die Angabe: 800 Stück \ieh und 80 Fuder Wein - dürfte der
Wahrheit näher sein.
— 165 —
immer zoriickgetrieben wardea. Wfthrend der Nacht noeh be-
selste man Castiglione. Tags darauf marschirte das Heer nach
Yolta weiter; herzlichst gerne hätte sich Freundsberg von
Looato ans geschwind nach Mailand gewendet, am sich mit
den kaiserlichen Truppen auf der liflrzesten Linie zu vereinigen;
jedoch angesichts eines übermächtigen Feindes und der stark
besetzten Städte durfte er den bei 15 Heilen weiten Zug dahin
nicht unternehmen; hoffend also auf einem Umwege seinen
Zweck ztt erreichen, wendete er sich links und betrat sofort
das Gebiet des^ Markgrafen von Mantna Friedrich Gon-
zaga. Dieser hatte einen deutschen Hauptmann in seinen
Diensten, Namens Jolrus, einen Niederländer von Geburt. Der
Markgraf schickte nun den benannten Hauptmann, der die
Leibgarde kommandirte, dem anrückenden Freundsberg bis
Yolta entgegen — mit der Weisung, das kaiserliche Heer
zu empfangen, durchs Land zu führen und für die YerpBegung
desselben zu sorgen. Von Yolta ging der Marsch nach Goito;
Mer zeigten sich wiederum Feinde, wagten aber keinen An-
griff. Am 23. erreichte Freundsberg mit seinen Leuten die
Ortschaft B o r g o f o r t e am Po ; hier stiessen Graf Ludwig
von Lodron, dann Nicolo Yarol und Sigmnnd von Gonzaga
mit 500 Mann wälscher Schützen und etlichen Reisigen zu
Freundsberg. Höchst wahrscheinlich hatte Graf Ludwig,
weil mit den Gebirgsgegenden am besten bekannt, mit dieser
Kolonne den Marsch des deutschen Heeres gegen die nach-
drängenden Yenetianer decken müssen. In Borgoforte wäre
Freundsbei^ bald in eine arge Schlinge eingegangen, welche
ihm die Feinde des Kaisers (zu denen leider auch der Markgraf
von Mantua heimlich gehörte) schlau zu legen versuchten, nachdem
sich ihre Gewalt am Helden früher aHzeit gebrochen halte.
Der Herzog *} hatte nämlich den Ritter Georg durch seinen
*} Friedrich Gonzaga war damals eigentlich Markgraf und wurde
vom Kaiser Karl erst im Jahre 1530 zum Herzog gemacht; er
kommt demnach in der Geschichte bald als Markgraf bald als
Herzog vor.
— 166 —
Abgeordoeten , den Hanplmann iuliiis , hoch and Aever ver-
sichern lassen: der Papst und dessen Heer hätten mitderwdle
beim Kaiser darch Moncada and Lannoy Versöhnong und Ver*
gßbang erlangt; er rechne es sich inr Pflicht^ ihm nicht aar
den Durchzug durch sein Land zu öffnen, sondern ihm den-
selben auch durch die reidilichste Sabsistenz zu erleichtern,
und ihm 40 bis 50 Schiffe zu verschaffen , um darauf den Po
übersetzen zu können u. s. w.
So unerschöpflich Freundsberg selbst in jeder Art Kriegs-
list war, so fremd war seiner geraden Seele jeder Trog dieser
Art; den Veiaicheruagen des Herzogs trauend war er geraden
Weges nach Borgoforte marschirt. Da wartete seiner and
seines durch Entbehrungen aller Art hart geprOften Heeres
eine reiche Mahlzeit an Fleisch, Fischen, Früchten und herr-
lichen Weinen; was aber abging, das waren die zugeaicherlen
— Schiffe.
Nirgends erblickte Freundsberg ein Fahrzeug, wohl aber
hörte er, dass der Herzog von Urbino und Johann von Hedieis
mit vielem Volke zu Fuss und zu Pferd von Mailand her im
Anzüge seien, um ihn — einzuschliessen und aufzu-
reiben. Freundsberg sah sich in der Falle; grimmig wie ein
gereizter Löwe sendete er allsogleich den Hauptmann von Inns-
bruck Claus Seidensticker mit einem Ffihnlein Lands-
knechte ab, um die Brücke bei Govemolo, welcher Ort am
Binflusse des Hincio in den Po gelegen und bei 5 Standen
veo Borgoforte entfernt ist, schnelbtens zu besetzen. GMflcklich
kam der abgeordnete Hauptmann mit seinen Leuten noch zur
rechten Zeit in Govemolo an; eine halbe Stunde spttter — and
er hütte die Brücke daselbst abgetragen gefunden! Eilends
brach Freundsberg am 24. November früh in dreien Kolonnen
von Borgoforte auf, und marschirte nach Govemolo; aber
auch der Herzog von Urbino und Johann von Medicis waren
gleich zur Hand, und griffen die Deutschen mit 8000 — 9000
Mann zu Fuss, 500 bis 600 Kürassieren und 1000 leichten
Reitern wttthend an. Das Gefecht dauerte f^at 4eii ganzen
- 1«7 -
T^; lehtmal liess Freuodsbeiig: Halt und Rechlsom machen
— ia der Absicht, die Feiade zam Schlagen zu briageo; allein
ao oh er aeine Leute eine Wendung machen liess, so oft
logea sich die Waischen snrfick, waren aber gleich wieder
hinter den Deatschen, um sie von Neuem anzugreifen. Die
feindlichen Kttrassiere machten wiederholte Versuche, in die
Landsknechte einzubauen, diese schlugen Jedoch jeden feind-
Gehe» Angriir siegreich ab.
Leider fehlte dem kaiserlichen Heere — die Reiterei.
Vit 400 bis 500 deutschen Reitern, meinte Freundsberg, wäre
an diesem Tage „grosses der kaiserlichen Majestät zu gueten
aussgerichtet worden.«^ Das an diesem Tage verschossene Pulver
schätzte Freundsberg auf 23^25 Zentner» Von den Deutschen
wurden 120 getödtet und verwundet; unter den Todten befand
sich der Hauptmann Kaspar Reger von Ulm, der sogenannte
,ilang Kaspar.^
Die Wälschen strengten sich aus allen Kräften an, Gover-
Bolo vor dem deutschen Heere zu erreichen; da ihnen dies
nicht glflckte^ so fielen sie schliesslich mit ihrer leichten Rei-
terei Über den Tross der Landsknechte her, erbeuteten mehrere
Pferde und Frauen, erstachen audi etliche Knechte und Buben.
Von diesem Abzug aus Borgoforte und Marsche nach Gover-
nolo schreibt Freundsberg: „Ihr mtigt glauben, das ich mein
lebenlang, wiewohl Ich vil darbe! gewesen, heff tigern Ab-
zug nit gesehn hab.^
Wie Freundsberg so ist auch Sebastian Schertlin auf
diesen „Abzug<^ bitterböse, indem er davon sagt: „wir hätten
von morgen bis mittemacht hendel mit ainander, erlegten bee-
derseits ainander vil guter leut, war aln harter schwerer
absug, als in kain mensch erdacht.^
Die Feinde verloren bei 500 Pferde und hatten viele
Todte und Verwundete. Sonntag den 25. November blieb
Freundsberg im Lager bei Governolo; die Schätzen fassten
Pulver und filei ab; die Verwundeten liess Freuadsberg nach
Ferrara bringen, wo sie geheilt und verpflegt wurden.
— 468 -.
4. Redlicher als der Markgraf von Hantoa dachte und
handelte der seit Kurzem wieder zu des Kaisers Parthei aber-
getretene Alphons Herzog von Ferrara; dieser schickte
dem Ritter von Freundsberg auf dem Po Proviant, einiges Geld,
um den Truppen eine Abschlagszahlung damit machen su können,
so wie auch 8 Falconetten mit aller Zugehör*); Geschtttz
und Munition waren auf den Scliiffen, die Beides brachten, mit
Säcken und ^Blahen^ tiber und Ober zugedeckt. Sonntag Abends
zur Zeit, als die erwähnten 8 Falconetten eben im kaiserlichen
Lager eingetroffen waren, unternahm der ungestüme Johann
von Medicis mit seiner leichten Reiterei und 4000 Hacken-
schützen einen Angriff auf die Kaiserlichen, und sprengte Ifir-
mend unter die Landsknechte, welche ganz erfreut über die
Abschlagszahlung, die sie so eben erhalten hatten, an der
Brücke zu Governolo mehr an Schwanke dachten als an die
ihnen aufgetragene Schanzarbeit. Dies ersieht Freundsberg,
lässt sogleich zwei der eben eingetroffenen Geschütze vor-
führen, richtet und schiesst sie selbst ab, und — Johann von
Medicis stürzt auf den zweiten Schuss unter seinem Streitrosse
zu Boden; das Pferd war todt, und dem Feldherm der rechte
Schenkel unter dem Knie ganz zerschmettert. Tödtlich ver-
wundet wurde er nach Mantua gebracht, wo er am 29. No-
vember am kalten Brande in einem Alter von 29 Jahren starb.
Von diesem Wildfange sagt Reissner, Jean Medicis
sei ein frecher und grimmiger Mensch gewesen, der auf
seinem Todbette die Beichtväter mit dem Schwerte von sich
getrieben habe.
Um Mitternacht verliess Freundsberg Governolo, setzte mit
seinem Heere über den Hincio, warf dann die Brücke hinter
sich ab, und rückte dem Po entlang nach dem zwei deutsche
Meilen weiter östlich gelegenen Ostiglia. Die Italiener, die
*) Herzog Alphons war iiech ^Adam Reissner ein grosser Künstler
und Büchsengiesser;^ so goss er unter Andern auch zwei grosse
Geschütze, denen er den Namen gab „GrandiabP (der grosse
Teurel) und „ferrämotus^ Qder Erdbidmer).
sich voD Johann Medicis aosserordentliche Dinge versprochen
hatten, waren über den Fall dieses Anführers so besllirzt, dass
sie das abziehende kaiserliche Heer gar nicht beunruhigten , ja
bei Ostiglia ganz verliessen ; die päpstlichen Truppen besetzten
die StSdte Parma und Piacenza, die venetianischen zogen eben-
falls ab und beunruhigten die Deulschen nicht weiter; ihr An-
filbrer, der Herzog von Urbino, schlug sein Hauptquartier in
■antua auf.
Von Ostiglia aus erstattete Freundsberg unter dem 28. No-
vembtf seinen ersten Bericht an die Herren der Regierung zu
Innsbruck (Regiment und Kammer), beschreibt umstfindlich
seinen Zug bis Ostiglia, beklagt sich aber bitter mit den Wor-
ten: ,,Wo man mir ain Zug weiss zuegesagt hat, find. Ich mit
grosser mhtte schwarz.^ Nun berichtet der Held, dass er eine
Botschaft an den Herzog von Ferrara abgeschickt habe, um
dessen Gesinnung nfiher zu erforschen; In 8 bis 10 Stunden
erwarte er eine Antwort, die er miltheiien wolle. Falle die
Antwort ungünstig aus, setzt Freundsberg bei, „so mues
Ich ynnd die eerlichen lewt die Spiess zuehilf
nemen, vnnd meinen Zug auf den Bapst zue fttr
mich nemen. ^ Der Feldbauptmann schllesst seinen Bericht
mit dem Bemerken, dass er an den Herzog Karl von Bourbon
schon acht Briefe geschrieben, aber auf alle acht Briefe noch
keine einzige Antwort erhalten habe, und dass er sich genöthiget
sehe, falls der Herzog von Ferrara keine Hülfe verschaffe, „mit
Schetzung der Stelt und Fleekhen^ das nOthige Geld zur Er-
haltung seiner Leute aufzubringen.
Am 28. November tibersetzte Freundsberg von Ostiglia aus
den Po in Einem Tage, und schlug auf dem rechten Ufer dieses
Flusses — in der Ortschaft Revere — das Lager auf; hier
wurde zwei Tage stille gelegen und auf ausdrücklichen Befehl
des Oberbefehlshabers Niemanden ein Leid zugefügt. Im Lager
zu Revere trafen Abgeordnete vom Herzog von Ferrara ein,
weiche die Weisung hatten , das kaiserliche Heer auf seinem
Zuge durch*s Land zu begleiten, und für die oöthige Ver-
- 170 —
pflegung desselben Sorge zu tragen. Unter Einem erhielt
Preundsberg vom benannten Herzog, ,,als von ainem goteo
kayserlichen man^, 14000 Golden, 2 Feldschlangen und noch
2 Falconetten. Am 1. Dezember ging der Zug bis zur Ort-
schaft Qnistello.
Hier in diesem Orle sttess der Prinz Philibert von
Uranien zu Freundsberg. Prinz Philibert hfitte aus Bnrgnnd
einen Zug „Reysiger^ von 1000 Mann herbeifahren sollen, traf
aber am 18. November allein ohne Mannschaft in Trient ein;
als er aber den Ritter Georg daselbst nicht mehr antraf, wech-
selte er die Kleidung, fuhr aber den Gardasee hinab und er»
reichte am 1. Dezember den Feldhauptmann, bei dem er non
blieb, Freud und Leid mit ihm theilend.
Nun ging der Marsch tiber die Sechia nach Reggiolo und
von da am 3. Dezember nach Goastalla. Tags darauf verliess
das kaiserliche Heer Guastalla, somit das Gebiet des Herzogs
von Hantua, in welchem dasselbe 14 Tage lang marschirt war,
und gelangte nach Casaipo, den ersten Ort im päpstlichen Ge-
biete, und von da am 5. nach Monte Chiarugole, wo sich ein
festes Schloss befand, das sammt der Ortschaft einer Grflttn
angehörte, welche herauskam mit der Bitte, Schloss and Ort*
schafi nicht betreten zu wollen aus dem Grunde , weil sieh
alles Landvolk aus der Umgebung hineingeflttchtet habe, folg-
lich Alles tiberfüllt sei. Freundsberg schlug also vor dem
Orte sein Lager auf und Hess am 6. Dezember einen Rasttag
machen. An diesem Tage tiberschickte die Grfifin in aller
Frtthe dem Feldhauptmanne alle Schlflssel zum Schlosse „mit
erzaigung alls eine gehorsame kayserliche^.
Von Monte Chiarugole bis Fiorenzuola brauchte das Heer
7 Tage; während dieser Zeit musste es die angeschwollenea
FItlsse Praganza, Taro u. s. w. durchwaten, da alle Brflcken
über dieselben abgeworfen waren; bei dieser Gelegenheit er-
tranken viele Soldaten. Von der letztgenannten Ortschaft stf«
sendete Freundsberg den Hauptmann Franz von Heimstein Kun
Herzog Karl von Bourbon gegen HaOand, um dem OberbefeUs-
— 171 ~
kaber aller kaiseriiehen Trappen in Italien Rapport abstatten sa
lassen und dessen weitere Befehle entgegen zn nehmen. In
Fiorenzttola *) beabsichtigte Freundsberg nur vier Tage zu
bleiben, sah sich aber veranlasst, einen Aufenthalt von 14 Tagen
daselbst zu nehmen. Der Markgraf von Saluzzo , Kommandant
der französischen Httifsfaruppen , (Ibersetzte nfimlich den Po und
vereinigte sich mit mehreren päpstlichen Obersten, die in Pia-
oenza lagen« Ans dieser Stadt, sowie gleichzeitig auch aus
Parma, wurden Streifzflge gegen Fiorenzuola unternommen und
bei dieser Gelegenheit viele kaiserliche Soldaten zusammenge-
hanen oder gefangen, die auPs Fouragiren ausgegangen waren.
Zugleich hatte der Statthalter von Parma dem Ritter Georg yon
Freundsberg durch einen Trompeter den schriftlichen Befehl zu-
geschickt: „sich aus des Papstes Landen zu entfernen; weil
Freundsberg allen Städten und Dörfern den Befehl ertheile,
Proviant zu liefern, habe er dadurch den Vertrag yerletzt, wel-
chen Don Hugo von Honcada im Namen des Kaisers mit dem
Papste abgeschlossen habe.^ Ritter Georg Hess dem Statthalter
zvfickentbieten : er möge kommen, ihn aus dem Lande zu Jagen
— nod blieb desshalb am bemeldeten Orte stehen, um den
Statthalter gehörig zu empfangen; dieser wagte aber keinen
Angriff.
Am 29. Dezember wurde Fiorenzuola verlassen und der
Marsch nach Carpanet (Carponet) angetreten. Hier stiess auf
Befehl des Herzogs von Ferrara der Graf Ruprecht von Cajazzo
mit 600 wohlgerttsteten leichten Pferden zum kaiserlichen
Heere ; **) da aber die Reiter des Grafen spät Abends anrück-
ten, so glaubten die Kaiserlichen in der Dunkelheit, Feinde
seien im Anzüge und stellten sich in Schlachtordnung auf.
*) Ein beträchtlicher Flecken mit 3000 Einwohnern , im Herzog-
thume Parma gelegen und zwar an der Hauptstrasse, welche
von der Hauptstadt Parma nach Piacenza fDbrt.
**) Naclv Reissner hiess dieser Graf Rupert Caiatz (Cajazzo), war
' ein Neapolitaner und vom Herzog Bourbon aus Mailand (nicht
vom Herzog von Ferara) abgeschickt, um den Wegweiser durchs
Land zu machen. Ich folgte der Relation.
— 172 —
Nun riefen die anrückenden Reiter, als sie dies bemerkten,
den Kaiserlichen zu: ,,lmperio!^ schickten auch einen Mann
aus ihrer Hitte zu denselben hinüber, und das Hissverständaiss
war gehoben.
Tags darauf erhielt Graf Cajazzo von Freundsberg den
Befehl, mit seinen Reitern, dreien Fähnlein Fussvolk und zweien
Feldschlangen ein Schloss zu nehmen, Namens Zimafaba, das
sich nicht ergeben wollte; dasselbe wurde auch im „Stegreif^
erobert, geplündert und dann den Flammen übergeben. Nach-
dem der Harsch am 31. Dezember über die Nura und am
1. Jttnner 1527 über die Trebbia gegangen war, wurde am
Neujahrstage die Ortschaft Ripaita erreicht und in dieser Halt
gemacht. Hier wollte Frenndsberg die Ankunft des Herzogs
Bourbon abwarten. Diess berichtete Ritter Georg unterm 6. Järnier
an die Herren zu Innsbruck mit dem Bemerken: es gehe die
Sage, man werde über Bologna und Florenz nach Rom
ziehen; ein endgültiger Entschluss werde aber erst beim
Eintreffen Bourbons gefasst werden; die Knechte biitten sich
schon im dritten Monate mit drei Gulden erhaltenem Solde „gam
willig gelitten und warteten noch.^
Wahrend der Zeit, als die Kaiserlidien in der Nühe von
Piacenza ihr Lager hatten, fielen fortwährend Scharmützel zwi-
schen den päpstlichen Truppen, welche benannte Stadt besetzt
hielten, und Freundsbergs Leuten vor; bei diesen that sich
besonders der junge und feurige Prinz von Oranien her-
vor, der eines Tages am Kopfe verwundet wurde, dafür aber
bald darauf 60 päpstliche Hackenschülzen zusammenhieb, die
mit einem Kundschafter an der Spitze bei nächtlicher Weile
einen kaiserlichen Grafen aufheben wollten.
Zu derselben Zeit, als Freundsberg bei Piacenza lag, er-
hielten die päpstlichen Truppen eine Verstärkung von 10,000
Schweizern , die aber nicht nach Piacenza zogen , wohin sie
Marschbefehl hatten, sondern aus Furcht vor dem „Leutefresser^
nach Parma links auswichen.
In seinem Standquartier bei Piacenza plagte den tapfem
r
_ 173 —
Bitter ein Uha, der fortwflhrend in seiner Wohnoog sieh auf-
hielt nnd als Unglücksvogel betrachtet wnrde.
5. Hier muss nun die Bemerkung eingeschaltet werden,
dass seit dem 28. November, an welchem Frenndsberg den
Po übersetzte, die wichtigem Unternehmungen auf längere Zeit
— beinahe drei Monate lang — völlig in's Stocken gerathen
sind. Der erzherzogliche Gesandte in Venedig, Doktor An-
gerer*), dessen Patriotismus sich durch eine feurige Schreibart
auszeichnet, f&hret hieiHber schon unterm 20. Dezember in
einer Denkschrift an die Regierung zu Innsbruck laute Klagen.
Die Handlung in Italien — schreibt dieser scharfsinnige Di-
plomat — gefalle ihm nicht; man habe eine ansehnliche Kriegs-
macht in diesem Lande und den Sieg in der Hand, wisse aber
diesen nicht zu gebrauchen; so sei es auch geschehen zur
Zeit, als König Franz sich in Gefangenschaft befunden habe;
schon längst hätte man von den Feinden den Sold für zwei
Monate erobern sollen ; so könne und so inrerde es nicht gehen ;
von Freundsberg höre er gar nichts mehr; die Gesandtschaft
des Woywoden von Siebenbürgen ^- Johann Zöpolya — feire
auch nicht, sondern bestehe darauf, sich einerseits mit der
Liga, andererseits aber mit den Türken zu verbinden n. s. w.
Angerer schliesst mit den Worten: „In Summa diso Herrschaft
(Venedig nämlich) pringt yren Kreytzer auf zehn Fyerer, da
*) Doktor Gregorius Angerer, geboren zu Wien, war schon vor
dem Jahre 1533 Domherr in Brixen, wo er aoch nach dem Jahre
1530 die Wurde des Dompropsten mit jener des Domdechants
vereinte, wie denn auch noch seine Abbildung im Saale des De-
kanats zu sehen sein soll ; ein treffliches Portrait, das auf dem
ersten Anbhck den geistreichen Mann beurkundet, befindet sich
auch im Ferdinandeura zu Innsbruck in der werthvollen Tscha-
gerschen Bildersammlung.
Kaiser Maximilian und Ferdinand I. bedienten sich des Rathes
dieses klugen Mannes in den schwierigsten Gegenstanden, nnd
vertrauten ihm die wichtigsten Sendungen an.
Seine Verdiensie wurden im Jahre 1532 mit der Infel des
Bislhums Wiener-Neustadt belohnt. Er starb am 2, April 1548
in einem Alter von 71 Jahren.
— 174 —
Aer ynsere kaom dray g^ldl — ynofl noch will maa aa iH
badankeo»^
Daas aber dem wackem Freundsberg, der seit drei Wo-
chen im Lager za Gazam (in der Nahe von Piaceoza) der Ver-
einigung mit Bourbon sebnsuchtsyoU entgegenharrte, Ober die
?om Doktor Angerer berührte Untbfttigkeit selbst miasvergnagt
war, erhellt aus seinem Schreiben Tom 27. Jtaner 1527, in
welchem er nach Innsbruck berichtet: er sei noch nie aom
Herzog von Bourbon gekommen; was ihm schriftlieh mitge-
theilt oder mOndlich „zuembothen'' worden wfire, von dem finde
er jedes Mal das Widerspiel, und so sehr er früher habe eilea
mflssen, so lange werde er jetzt hingehalten; zwei Monate
lang liege er nun schon in des Papstes Landen — ohne etwas
ausgerichtet zu haben; er müsse sich über die grossen Un-
kosten, so daraufgehen, höchlichst beschweren, um so mehr,
als er verhindert werde, viel auszurichten, was leicht ausia-
richten wäre, das er aber nicht der Feder anvertraaea kOnne.
Er vermuthe entweder eine grosse Verrütherei oder den Ab-
schluss eines Friedens mit dem Papste u« s. w.
6; Am 28. Jünner 1527 war Ulrich Wittenbach,
Hauptmann von Sehen, aus Freundsberga Lager in
Bozen angekommen. In einem Schreiben nach Innsbruck
berichtet Wittenbach unterm 4. Februar: Ritter Georg liege
derzeit zu „Gauardt^; seine Mannschaft wäre in dreien Haufea
in dreien Dörfern der Umgebung zerstreut — 7 wälsche Meileo
von „Plesentzen^ (Piacenza) entfernt; des schlechten Wetters
halber habe er seine Operationen noch nicht beginnen können;
ausser den zwölf vom Herzoge von Ferrara erhaltenen Feld-
schlangen und Falconetten habe er sonst kein anderes Geschütz;
Herzog Karl von Bourbon wfire noch nicht mit Freundsberg
vereint; zwar hfilten sie getrachtet, beim Castell S. Giovanni
(eine Ortschaft, 2V2 deutsche Heilen westlich von Piacenza
gelegen) zusammen zu treffen, aber Ritter Georg wolle nicht
von seinen Leuten, indem er geschworen habe, nicht von ihoen
zu weichen^ bis sie bezahlt seien; jedem Knechte sei man
— 175 ~
BCBB CWd«! fehnldig gewesen, jetio aber noch mehr; Frennds-
berg wäre immer fröhlich und vertraue auf Goll, dass dieser
ihm helfen werde; die Knechte, weiche wahrlich genug leiden
mftaaten^ seien mit ihm zufrieden; er reite unter ihnen herum
wie ein Held und sei albeit der Torderste beim Haufen, welcher
den Vortrab su machen habe. Uebrigens sei ihm von Deutsch-
land bis zur gegenw9rtigen Stunde weder ein Schreiben, noch
eine mündliche Botschaft zugekommen, worüber er sich sehr
Terwandert habe.^
7* Werfen wir nun einen Blick auf den Statthalter und
Oberbefehlshaber aller kaiserlichen Truppen in Italien, auf den
Herzog Karl von Bourbon, der sich fortwührend zu Hailand
befand und wieder freier zu athmen angefiingen hatte, nachdem
die Verbündeten von der benannten Stadt abgezogen waren, um
sksh mit ganzer Macht auf Freundsberg zu werfen. Mit Unge-
duld hatte Bourbon seinen Waffenbruder, den edlen Ritter Georg,
erwartet; aber in dem Augenblick, wo er sich mit ihm ver-
einigen wollte, fanden sich grosse Schwierigkeiten, auf welche
er entweder nicht gerechnet hatle, oder die er leicht zu besiegen
hoffte. Obgleich bereichert durch eine unermessliche Beute,
bestanden die kaiserlichen Tru|^n dennoch auf Auszahlung des
rückstfindigen Soldes, wenn sie Mailand verlassen sollten.
Bourbon verschwendete seine ganze Beredtsamkeit, die Truppen
zu beschwichtigen — jedoch ganz vergebens; nichts blieb
übrig, als bei dem Herzog von Ferrara, der von allen Seiten
her in Anspruch genommen wurde, ein Anlehen zu machen,
das er auch erhielt; da aber dieses bei weitem nicht hinreichte,
so wurde das höchste Mass der Grausamkeit in Anwendung
gebracht; den MaiUndern wurden nämlich die letzten Ueber-
Meibsel ihrer Habseligkeiten genommen, und damit noch nicht
zufrieden, plünderten die rohen SOldlinge auch noch die Kirchen
der unglücklichen Stadt I
Um sich Geld zu verschaffen, griff Bourbon auch noch zu
einem andern Mittel. Der Kanzler, Hieronymus Horone,
schnmcbtete noch immer im Kerker; sein Todesurtheil war
— 176 ~
bereits gesprochen, aber die VoHziehttng desselben ran einer
Zeit zur andern verschoben worden. Bourbon versprach non
dem Verortheilten die Begnadtgnng, wenn er 20,000 Thaler
erlegen wolle. Morone versnchte von dieser Summe einen Theil
wegzuhandeln; allein die Errichtung eines Schaffots vor dem
Fenster seines Kerkers und die Ankündigung des Tages semer
Hinrichtung war die Antwort des Herzogs von Bourbon. Horone
liebte das Leben und suchte .die ausgesprochene Summe aufzu-
treiben, brachte sie aber nicht ganz zusammen; die Hochach-
tung Jedoch, die seine vielen Freunde gegen Ihn hatten, war
gross genug, um das Quantum, das noch fehlte, von ihnen zi
erhalten; so wurden die 20,000 Thaler erlegt und Morone er-
hielt seine Freiheit; seit dieser Zeit blieb er bei Bourbon und
wurde sein bester Rathgeber.
Nun schickte sich der Konnetable an, Mailand zu verlassen
und die Vereinigung mit Freundsberg zu bewerkstelligen; die
Yertheidigung der benannten Stadt vertraute er dem ehemaligen
Kommandanten von Pavia, dem heldenmflthigen Antonio de
Ley va und dem Sohne des Ritters Georg, dem tapfem Kaspar
von Freundsberg, an; der Letztere hatte zehn Fähnlein
Landsknechte unter seinem Kommando.'^) Dem Herzoge von
*) Erwähnt muss hier werden das ehrenvolle Zeugniss, das Herzog
Karl von Bourbon vor seiner Abreise aus Mailand unterm
10. Dezember 1526 dem Kaspar von Freuodsberg aus-
gestellt hat. In diesem sa^t der Konnetable:
,,Wir wissen wohl nicht ^ ob der Kaiser dem Ritter Kaspar
V. Freundsberg mehr schuldet wegen seiner ausgestandenen
Strapatzen und wegen seiner ausgezeichneten Tapferkeit, oder
wegen seiner besondern Klugheit und Geschicklichkeit in Föh«
rung des seinem Kommando anvertrauten Fussvolkes. Obgiäcta
derselbe dem vornehmen und hochberöhmten Ritter Georg voo
Freundsberg, seinem Vater (der aber auch unser allverehrtester
Valer ist), in Bezug auf Tapferkeit, Tugend und Kriegswissen-
schaft ganz ähnlich ist , so ist er doch Seiner Majestät und aocli
uns um so lieber geworden, weil eben die Verdienste des Vaters
durch den Sohn erhöht und von Tag zu Tag gegen Seine Maje-
stät gemehrt und vervielflltigt werden.^
Unter Einem erhielt Kaspar von Freundsberg mit (
Bourbon standea in diesem Augenblieke bei 20,000 Hann eni-
scbloflseDer Krieger ani Gebote , die er von alleo Seiten her an
sieh geiogen and am Mailand concentrirt hatle. Verschieden
dnroh Sprache, Sitten, Religion und Alles, was Menschen an
Maischen bindet, erforderten sie eine Behandlang, wie sie von
alleD Generalen seiner Zeit nur Aef berühmte Konnetable von
Frankreich geben konnte. Er gestand ihnen in einer Rede,
welche esr an sie hielt, dass er ausser Stande sei, ihnen einen
regelmässigen Sold zu geben, dass er sie aber dafür in eine
Gegend führen wolle, wo ale fttr alle Gefahren, welche sie
an seiner Seite bestehen würden, hinlänglich sollten entschädigt
werden. Voll Vertraaen zu ihrem Anführer versprachen diese
rohen Seelen ihm zu folgen und sollte er sie auch in die
Hölle führen I
Nan marschirte Bourbon am 11. Februar auf ^^Pontinuro^.
Freundsberg sog ihm an der Spitze einer kleinen Abtheilung
entgegen. Wie nun der Letztere in einem Hause abgestiegen
war, um darin den Oberbefehlshaber zu erwarten, wurde er von
den Feinden, die davon Wind bekommen hatten, plötzlich über-
fallen; zam Glücke näherte sich eben Bourbon mit seinen
Reitern, trieb die Feinde in die Flucht und befreite den Helden.
Nachdem beide Heere sich glücklich vereinigt hatten, und nun
eine kompakte Hasse von 30,000 Kriegern bildeten^ wurde auf
freiem Felde grosser Kriegsrath gehalten, dem alle Obersten
and Hauptleute beiwohnten; in diesem wurde der Zug nach
Rom entschieden und festgesetzt Ehevor aber
das kaiserliche Heer diesen antrat, schickte Freundsberg unter
den Hauptleuten Alexander Grafen von Clasena (Chiavennaj,
Signor Castro, Jakob von Völs und Gebhard von Speychingen
vier Fähnlein deutsches Fussvolk nach Mailand, um seinen
Urkunde für seine geleisteten Dienste die ansehnlichen Güter des
geachteten Grafen Philipp von Torniel; als aber dieser etwas
später vom Kaiser wieder in Gnaden aufgenommen worden war,
wurde Kaspar von Freundsberg auf eine andere Weise ent-
schädigt.
12
— 1» —
Sohn Kaspar »i verstärken , der nun 14 Ffthnlein befehligte«
Prinz Philibert von Oranien, Bourbons Vetter, und Alphons
Harkgraf von Gnasta worden za Obersten ernannt and ihnen
das Kommando über 5000 Spania ta Foss and acht Ffihnldn
leichter Reiterei fibergeben. Karl de la Motte, Boarbons Hof-
meister, von der Schlacht bei Pavia aas bekannt, wurde General-
qoartiermeister des Heeres (Goberoator et Dox ezercitos).
Wfthrend aber noch beide Heere vereint bei Piacenia lagen,
fiel Graf C^jazzo , der ttber 13 Fähnlein italienisches Passvolk
and 130 Mann leichter Kavallerie gestellt war, aaf die Nach-
richt des beschlossenen Zages nach Rom vom Kaiser ab, trat
am 18. Febraar mit 1200 Infanteristen and seinen 130 Kaval-
leristen zar Partei des Papstes über, der ihm glänzende Yer-
sprechangen gemacht hatte, and eilte mit seinen abtrünnigen
Leaten nach Bologna, am diese Stadt za besetzen and dem
Papste za erhalten. Klemens VII. Hess anter Einem aach dem
Herzog Alphons von Ferrara an die Stelle des gefallenen Jeao
Medicis das Oberkomsrnndo über das verbfindete Heer anbieten,
and versprach ihm fflr den Fall, dass er diese Stelle annehmen
sollte, die beiden Städte Hodena and Reggio zu fiberiassen,
and dem Sohne des Herzogs, Namens Hercules, seine Base
Katharina, eine Tochter des Lorenz von Medicis, zur Ehe zu
geben; der Herzog lehnte jedoch das Anerbieten ab mit der
Entschuldigung : er könne sich anter den obwaltenden Umstän-
den nicht gegen den Kaiser erklären.
— i7» ~
Vm. Abschnitt.
Aufbrach des kaiserlichen Heeres nach Born; Ausbrach eines furcht-
baren Aufruhres in demselben; Absendnng des Grafen Lndwig
Ton Lodron an den Henog Ton Ferrara am Geld; Freands-
bergs Anrede an die Soldaten; der Held wird vom Schlage ge-
troffen; Abmarsch des Heeres von St Giovanni; Tod des kaiser-
lichen ^Feldtmarschalk'^ Anton Grafen von Lodron; Lannoy
bei Bonrbon in Santa Yia; Zug des Heeres Über die Apenninen;
Ankunft desselben vor Bom ; getroffene Anstalten znr Yertheidigang
Borns; Boorbons getroffene Dispositionen zur Erstürmung der Stadt.
1. Endlich am 22. Februar 1527 brach das kaiserliche
Heer auf und trat den berüchtigten Zug nach Rom an.
Oberste und Landsknechte sprachen es laut aus: sie zögen
desshalb nach Rom, um ihren Sold vom Urheber des Krieges,
als der ihnen der Papst galt, zu holen; sie wolieten dort aber
auch so „hausen^, dass ihm alle Lust zu weitem Handeln auf
ewig vergehen sollte. Schöne Vorsätze! Georg von Freunds-
berg bildete aus dem deutschen Fnssvolke drei Kolonnen; eben
so viele vrurden auch aus den Spaniern gemacht; beide Natio*-
nen mussten abwechselnd den Vortrab und Nachtrab des Heeres
bilden. Prinz Sigmund von Gonzaga war Anführer von i500
italienischen Kriegern; weitere tausend Mann mussten voraus-
marschiren mit Pickeln und Schaufeln versehen, um die Wege
herzurichten. Der Harsch ging auf der Römerstrasse Aber
Borgo St. Donin und Reggio nach „Bonport^, von wo ans
BourboD sich mit dem Kanzler Horone nach Finale zum Herzog
von Ferrara begab, um mit diesem wegen des vorhabenden
Zuges das Weitere zu verabreden. Nun ging's Ober das FlOs»-
chen Pftnaro nach St. Giovanni (eine Ortschaft bei 3 deutsche
■eOeo ober Bologna), wo man am 8. Harz anlangte. Von
12*
— 180 —
hier aus schickte Bourbon einen Trompeter nach Bologna, ver-
langte Lebensmittel mit dem Vorgeben, nach Neapel marschiren
zu müssen ) allein statt der verlangten Lebensmittel lieferte der
Harkgraf von Saluzzo den Kaiserlichen ein Treffen bereits anter
den Mauern von Bologna, bei welcher Gelegenheit der abge-
fallene Graf Cajazzo in die Flacht geschlagen and bis an die
Stadtthore verfolgt wurde«
Während das kaiserliche Heer vor Bologna verweilte, kam
vom Herzog von Ferrara so viel Geld an , dass man jedem
Soldaten wenigstens eine Krone aaszahlen konnte. Hier stiess
auch Prinz Ferdinand von Gonzaga, der Bruder des Herzogs
von Hantua, mit einigen Pferden zum kaiserlichen Heere, machte
den ganzen Zug mit und hielt sich sehr ritterlich.
Der Papst, durch die erhaltene Nachricht vom Anmärsche
der gefürchleten Deutschen in Schrecken gesetzt, fasste schnell
einen Entschluss, und traf mit dem kaiserlichen Vice-König
Launoy ein Uebereinkommen , kraft dessen Klemens YH. sein
Heer entlassen, die aus Rom vertriebenen Colonna's in ihre
Rechte wieder einsetzen, 60,000 Dukaten erlegen und überdiess
noch jedem kaiserlichen Soldaten einen Honatsold bezahlen
sollte. Ein gewisser Cäsar Feramuska, von Geburt ein Neapo-
litaner, brachte als Abgeordneter des Yice-Könlgs die erste
Nachricht vom Abschlüsse dieses Vergleiches ins Lager Boor-
bons und Freundsbergs. Beide genannte Anführer waren darüber
todtlich getroffen; denn das Geld, womit sich der Papst tos-
kaufen wollte, reichte nicht hin, die Truppen nur zum fünf-
ten Theil zu befriedigen. Die Feinde des Kaisers und die
Emissäre der Ligue — deren es mitten Im kaiserlichen Lager
eine grosse Meng« gab — waren nun eifrigst bemüht, diese
Nachricht mit. den gehässigsten Zusätzen und VergrösseruDgeD
schnell unter den Trappen zu verbreiten , und diess mit eioem
solchen Erfolg, dass der Aufruhr unter den Spanlern schon mit
der allergrössten Wuth ausbrach, während Bourbon und Freonds-
berg noch mit Feramuska unterhanddten; der Tumult erreichte
den höchsten Grad, als sich der Markgraf Alphons von Goasta
- 181 —
mit den neapolitanischen Soldaten in Folge jenes Vertrages vom
kaiseriiehen Heere trennte. Diesen Auftrag ertheiite ihm ein
Schreiben des Yice-Königs, der die Drohung beifügte, ihm auf
der Stelle alle Horrschaften im Neapolitanischen einiusiehen,
falls er nicht gehorchen sollte; Markgraf Alphons gehorchte
und Yerliess mit seinen Leuten das kaiserliche Lager. Darflber
wflthend geworden, feuerten nun die Spanier ihr Geschtifz auf
das Hauptquartier ab, plflnderten Bonrbons ganze Habe und
erschlugen einen seiner Hauptleute ; Bonrbons Waffenrock wurde
des anderen Tages im Stadtgraben gefunden; er selbst floh zu
Frenndsbeig, den er Vater zu nennen pflegte (Freundsberg
zählte damals 54, Bourbon 38 Lebensjahre), und verbarg sich
im Stalle unter dem Stroh. Von den Spaniern wurden auch
die Deutschen aufgewiegelt, dass diese schrien und drohten,
ohne Geld keinen Schritt weiter zu machen«
2. Nun begegnen wir wiederum unserm Grafen Ludwig
▼ on Lodron, der uns für längere Zeit YöUig aus dem Ge-
sichte verschwunden ist. Graf Ludwig wurde nämlich m
diesem äusserst kritischen Momente von Bourbon und Freunds-
b^g noch in derselben Nacht als Abgeordneter eilends an den
Herzog von Ferrara abgeschickt — mit der dringenden Bitte,
wieder Geld vorstrecken zu wollen, um an die Truppen eine
grikssere Abschlagszahlung machen zu kOnnen und so den Auf-
rohr zu stillen. Beide Heerführer wollten dem Herzog für das
vorgestreckte Geld mehrere lombardische Städte im Namen des
Kaisers verptSeinden , femers die eingehobenen Kontributionen,
sowie auch alle andern Gelder zur Rflckzahlung verwenden ; ja
Freundsberg erbot sich sogar, seinen Sohn Melchior und den
Grafen Anton von Lodron dem Herzog als Geissei zu über-
lassen; allein dieser gab dem Grafen Ludwig zur Antwort:
er könne sich nicht ganz entblössen^ und sowie sie abzögen,
würden des Kaisers Feinde Ihn bald wieder mit Krieg über-
ziehen. Die Mission des edlen Grafen hatte also nicht den er-
wünschten Erfolg, und Lodron sah sich genöthigt, mit leeren
Händen in das kaiserliche Lager zurückzukehren.
— 188 —
Dem tapfern Freandsberg blieb unter dieseo UnurtündeD keine
andere Zuflacht, als die — in sich selbst. Er liess also seine
Lente xusammentromnieln und trat mit seinem Sohne Melchior^
mit dem Prinzen Philibert von Uranien, dem Grafen Ludwig
von Lodron, Sebastian Schertlin von Burtenbaeh, Konradin
Spergser von Glums, Claus Seidensticker und noch einigen an-
dern Vertrauten in ihren Kreis; es war diese Stunde für den
Helden eine der bittersten seines Lebens. Immer noch einen
guten Ausgang verhoffend, hielt Preundsberg ab die versam-
melten Krieger eine ergreifende Rede.
„Ihr lieben Söhne und Brflderl — sprach der Ifeld —
Auf Eure Klagen habe ich und haben Eure Hauptleute gehandelt
mit dem Heraoge von Bourbon, kaiserlichem Statthalter, darauf
haben wir auch bei dem Herzoge von Ferrara aufs Höchste um
ein Anlehen nachgesucht, aber — vergeblich. Weil ich nun
Euer aller ehrliches Gemttth bisher allzeit in Lieb and Leid
willig und treu befunden, verhoffe ich, Ihr werdet Euch jeUt
von dieser ungestttmen Empörung ablassen, und uns alle vor
Schimpf und Schande behüten. Ihr wisset, dass Ihr vor wenig
Tagen mit mir einhellig beschlossen. Keiner vom Andern zu
weichen und mit einander zu leben und zu sterben, bis wir
bezahlt und zufriedengestellt werden. Diess wollet bedenken!
— Habt Ihr schon so lange gelitten, o so geduldet doch noch
eine kurze Zeit und lasset Euch nicht von böswilligen Auf-
wieglern verhetzen und in Euer Unglück führen. Sind wir dock
auf dem Wege, den Urheber dieses Krieges, den ärgsten Femd
des Kaisers zu suchen, und in Rom unsere Besoldung, Ehre
und Out zu erlangen. Man kann sonst dieser Zeit kein Geld
erheben; der Kaiser ist zu weit» Ueberdiess wollen wir, der
Herzog von Bourbon, der Prinz von Oranien und ich samnt
allen Hauptleuten uns verpflichten und verbinden, dass in
Honatfrist Eure ganze ausstftndige Besoldung berichtigt und be-
zahlt sein soU. Htttlerweilen ich und alle Hauptleute brüderlich
den letzten Heller mit Euch theilen wollen. Dagegen bedenket
aber auch, Ihr lieben Söhne und Brüder, wie es uns eigehea
- 183 -
wird, wenn wir ims spalten, wein wir niiebiig sein nnd niclit
bei dnander bleibeo würden. Wir sind allenthalben nut star-
ken Feinden umgeben, denen wir in die Hftnde fallen würden;
Keiner wärde davon kommen. Wenn wir aber briderlich bei
dnander bestehen, so haben wir gewissen Sieg von Gott so
veriioffen.^
Diess Alles hatte Freandsberg mit einem solchen Nachdruck
und Ernst gesprochen, dass er »einen Stein hfttte bewegen
mOgen^; allein die Harzen der ?erwilderten Krieger schienen
harter als Steine zu sein; der wilde Hanfe hatte den Helden
kaum ausreden lassen, als er schon neuerdings anfing su stam-
pfen and «u brüllen: ,>6Qld, Geld — Geld herl^ — und dabei
die Spiesse senkte, als ob er Freundsberg und alle Hauptteate
ermorden wollte. Das war an viel! Freundsberg hob die
Hände anf, wollte noch einmal red^; grosse Thrünen diüngten
sich Aber seine Wangen, die Lippen bewegten sich heftig lit»
temd; er machte noch ein Zeichen väterlicher Bitte, versuchte
fu sprechen, konnte aber kernen Laut mehr hervod)ringen; vom
Schlage gerührt sank er zurück. Graf Ludwig und die nächst*
stehenden Hauptleute erfkssten den Sinkenden, setzten ihn auf
eine Tronmiel und sprachen zum Kriegsvolk: «Liebe Brüder,
ziehet alle d) in eure Quartiere, seid ruhig und still, und so
wollen wir sehen, was weiter zu thun ist.^
Mit Freuttdsbergs Fall verhallte das wilde Rufen und Toben,
die gesenkten Spiesse richteten sieh langsam und scheu wieder
anf, die kurz zuvor so trotzigen Haufen öffneten ruhig den Ring
nnd aUAdk sprachlos und zitternd nach allen Seiten aus ein-
ander, als stünde das Brandmal eines verübten Vatermordes
mit unauslöschlichen Zügen auf ihrer Stime« Die Diener hoben
nun den Helden auf einen Maulesd, dessen er sich gewöhnlich
bediente, und führten ihn in sein Quarti^ zurück. Die deut*
sehen Hauptleute waren traurig nnd ganz bestürzt; vide von
ihnen vergossen Thränen und bejammerten ihre Lage; diese vrar
wirklich verzweiflungsvoU ; Geld war keines vorhanden, grosser
Mangel an Proviant hatte sich eingestellt, und sie befanden sich
— 184 —
imLtDde des Feindes, der mit einem starken Heere in Bologna
lag. Da sprach der alte, in den WalTen ergraute ,,k1ilmmoth{ge^
Hauptmann der Stadt Innsbrnck, Clans Seiden-
sticker, in seinem Unmuthe: „Hilftmir Gott noch an» diesem
Kriege^ so will ich mein Leben lang in keinen mehr
ziehen, weil man mit solcher geschwinder Practica handelt.
Die grossen Herren spielen unterm Hfltlein, machen Fried und
Unfried, wenn sie wollen, und uns, die wir dem Kaiser treu-
lich gedient haben, will man auf die Fleischbank opfern; sie
sdien nur auf ihren Yortheil nnd lassen uns zu Grunde
gehen.«*)
Ritter Georg von Freundsberg ^ gewohnt alle Tage offene
Tafel zu halten, sass zwar noch denselben Tag mit seinen
Hauptleuten zu Tische; indessen war ihm die Sprache ganz
verfallen, dass er kein Wort vorbringen konnte. Nach dem
Mahle trat er zum Kaminfeuer; da überfiel ihn plötzlich ein
gewaltiges Fieber, dass man ihn zu Bett bringen musste; diess
geschah am 16. Harz; erst am vierten Tage (am 20. Mfirz)
kehrten Besinnung nnd Sprache wieder zurflck; er schlug die
Augen auf und erkannte seine Hauptleute. Nun ermahnte er
den Herzog von Bourbon, der traurig bei seinem Bette stand, den
unternommenen Zug nach Rom fortzusetzen , und ernannte den
,)kleinen Hess«, den Konrad von Bemmelberg, der 40 Jahre
alt und ein ausgezeichneter Kriegsmann war, zu seinem Logo-
tenenten; hierauf wurde der Kranke nach Ferrara gdiracht,
wo wir ihn aber verlassen müssen, um seinem Schwager, dem
Grafen Ludwig von Lodron, auf dem Zuge nadi Rom za
folgen.
Wahrend die Hauptleute im kaiserlichen Heere sich alle
erdenkliche Mühe gaben, den Aufruhr zu stillen, eilte Moroae
zum Herzoge von Ferrara und erhielt von diesem endlich doch
so viel Geld, dass die Spanier zur Noth befriedigt werden
*) Der Krieg, in den der gute Seidensticicer so eben zog, war für
den alten Haudegen leider der letzte, indem er im Sommer
des folgenden Jahres zu Rom an der Pest starb.
— 185 —
kosnlen ; die Deatscheo dagegeo verianurten kein -6dd, sondern
nur, dass Boorbon sie fortßlhren mö^ ans dieser Gegend, sie
wollten gern ihr Bestes than und ihm willig folgen.
3. Am 31. Min ?erliess das kaiserliche Heer sein Lager
bei St. Giovanni, welche Ortschaft niedergebrannt wurde, kam
an den Pinss Reno, enwang den Uebergang über denselben
und lagerte sieh unter den Hauern von Bologna, wo das
Eintreffen des Geschfltaes abgewi|rtet wurde; in der benannten
Stadt lagen bei 14,000 Mann päpstlicher Truppen. Von Bo-
logna aus wäre der ntfchste Weg nach Rom über Florens
gegangen; allein da diese Strasse von den Päpstlichen sehr
stark besetzt war, so machte Bonrbon einen Umweg und schlag
die Strasse nach Faenza und Porii.ein. Die kaiserlichen Sol-
daten, die grosse Noth leiden mussten, durchstreiften weit und
breit auf ihrem Zuge die Gegenden , um Proviant aufzutrdben,
und verbrannten bei dieser Gelegenheit Häuser, Schlösser und
Dörfer; zwar verbot der Oberbefehlshaber alles Sengen und
Brennen; allein es fruchtete wenig. Der Herzog von Ferrara
half wieder aus der Noth und schickte Zwieback, der rotten-
weis vertbeilt wurde. Am 5. April passirte das Heer die Stadt
Imola; die Päpstlichen machten einen Ausfall aus der Stadt,
wurden aber vom Prinzen von Oranien zurückgeschlagen. Bourbon
liess das Städtchen Cutignola (Codognola) beschiessen; die
Folge davon war, dass die Bflrger auf 50 Wägen ^Proviant
brachte. Hier bei Culignola starb Graf Anton v. Lodron,
kaiserlicher ^Feldtmarschalk*, an einem Halsgeschwüre.
Da man das grobe Geschütz, das man von Mailand mit-
genommen hatte, nicht über die Gebirge zu bringen hoffte, so
wurde dasselbe — aus vier grossen Karthaunen bestehend —
dem Herzoge von Ferrara zugeschickt. — Unterdessen hatten
sich die Truppen der Ligue vereinigt; wir kennen bereits die
Führer derselben: Franz Herzog von Urbioo, Michael Anton
Markgraf von Saluzzo und Guido Graf Rangone. Die Verbün-
deten waren nun den Kaiserlichen fortwährend auf dem Halse,
und thaten ihnen allen möglichen Abbruch. Ein Städtchen,
. I
— 188 —
Namens ^Meldola^, setzte mth zur Wehr; Bonrben liess die
Vertheidiger mit Falconetten von der Mauer vertreibeD md an
die Thore Feaer anlegen ; wfthrend nun die Bttrger auf der eiaea
Seite hrnausflohen, stflrmten die Kaiseriiehen auf der entgegen-
gesetzten Seite in die Stadt, wo sie besonders eineo guten und
starken Wein antrafen, dem sie so zusetzten, dass alle berausclit
wurden, Händel unter einander anfingen, und so zusammen-
schlugen, dass bei zweihundert Mann verwundet wurden. Ein
Haufe Spanier trennte sich vom Heere, unternahm mit fliegen^
dem Fähnlein und den Hauptmann an der Spitze einen Streifzuif
ins Gebirg, um Lebensmittel aufzutreiben, wurde aber auf dem
Heimwege bei Faenza vom Markgrafen Saluzzo ttberCalleDy zu-
sammengehanen und ihr Hauptmann an den Galgen gehftngt.
Die Päpstlichen unternahmen auch aus Faenza und Forli starke
Ausfälle, wurden aber vom Prinzen Ferdinand Gonzaga zurttok-
geworfen. Bei Forli Hess das kaiserliche Heer alle entbehr-
lichen Wägen, Pferde und Esel stehen, und trat dem FlOsschea
Bidente entlang bei heftigem Regenwettw den Weg ins Gebiig
an, um die Apenninen zu übersetzen und wieder die Haupt-
strasse nach Rom zu gewinnen. Um Lebensnodttel zu erhalten,
legte der Prinz von Oranien am Kastell Gustercula in eigener
Person einen Sturm an, nahm es und abergab es den Flammen;
ein gleiches Schicksal erlitt das Städtchen Civitella.
Der italienische Hauptmann Nicolo Varolo erstürmte mit
seinen Leuten die Ortschaft Corsona, fiel aber im Sturme, wess-
halb auch diese Stadt den Flammen übergeben wurde. Bei
dem Fleckeii Santa Via ging der Zug über eineB hohen Berg;
wiederum mussten viele Wägen mit ihrer Bespannung zurück-
gelassen und das Geschütz — ans 12 Falconetten bestehend,
die dem Herzog von Fenrara gehörten — mit Stridien ge«
schleift und hinübergezogen werden. Hier in der Ortschaft
Santa Via erhielt der Herzog Karl von Bourbon einen ganz an-
vermatheten, aber auch einen ganz unbeliebigen und ungelegenen
Besuch, und zwar — vom kaiserlichen Vice-König von Neapel,
Karl Lannoy. — Was wollte dieser?
- 187 —
4. Papst Klemeos hatte nichts tmvarsocht gelassen, den
Zag der Kaiserlichen nach Rom zo hintertreiben. Als er nan
Yemahm, dass Cesar Feramnska im kaiserlichen Lager bei St.
Giovanni nichts aosgerichlet habe, drang er in Lannoy, eilends
nach Florenz abzugehen, mit Herrn de la Hotte, dem General-
qnartfermeister des kaiserlidien Heeres (der aus unbekannten
Gründen eben nach Florenz gekommen war), zu unterhandeln
und die Sache dahin zu bringen, dass Bourbon den Frieden
annehme und seinen unternommenen Zug sistire. Fflr den Fall,
dass sich der kaiserliche Feldherr herbeilassen sollte, innerhalb
fSnf Tagen den Rückzug anzutreten, verpflichtete sieb der
hpst, den ersten Tag gleich 60,000 Dukaten zu erlegen;
weitere 60,000 sollten im Monate Mai ausbezahlt werden* In
seinem eigenhändigen Schrdben darüber an Bourbon wollte
Lannoy den ersten 60,000 Stück Dukaten seinerseits noch weitere
2000 hinzufügen , und 50,000 sollte der Kaiser herschiessen.
Da dieses Schreiben des Yice-Königs bei Bourbon seinen Zweck
verfehlte, kam derselbe in Begleitung eines päpstlichen Ge*
sandten in eigener Person nach Santa Via ins kaiserliche Lager
und drang da in Bourbon, den abgeschlossenen Traktat mit
dem Papste zu honoriren; darüber entstand nun eine solche
Aufregung im Lager, dass Lannoy mit aller Mühe entrann, der
päpstliche Gesandte aber dermassen misshandelt wurde, dass er
halbtodt nach Rom gebracht wurde.
5. Nun wurde wieder aufgebrochen und der Zug über ein
hohes Gebirg angetreten,' das „Monte Camero^ genannt wird;
die Geschütze mussten auch hier wieder mit Stricken hinüber-
gezogen werden, wobei Bourbon selbst Hand anlegte; zugleich
musste eine grosse Quantität Pulver vernichtet werden. Als
das kaiserliche Heer mit unsäglichen Beschwerden die Apen-
ninen übersetzt hatte, stieg es ins Thal hinab, in welchem die
Tiber entspringt, zog diesem Flusse entlang bis zum Städtchen
St. Stephane, das mit etlichen Fähnlein Kriegsvolk besetzt war
und desshalb links liegen gelassen wurde, um rechts über einen
Berg ins Thal „Caprese^ zu gelangen und von da die Stadt
— 188 —
Areezo zu erreichen. Dieser Marsch mnsste wfthrend der
Osterfeiertage gemacht werden; auf demselben badeten anzeitige
MandeJn, die sammt den Schalen verzehrt worden, die Nahrong
der Soldaten. Bei der Stadt Arezzo machte man Halt, um die
Ankunft des Geschützes, sowie auch des Volkes abzuwarten,
das von mdireren Seiten her im Anzüge war; hier stiess das
Heer auf eine Abtheilnng päpstlicher Truppen, die anter An«
ftthrung des Yitellius Tiphema in einer Stärke von 3000 Mann
den Kaiserlichen in den Weg traten, von diesen aber geworfen
und gezwungen wurden, durch eilige Flucht nach Arezio ihr
Heil zu suchen. In dieser Stadt brachte Bourbon in Erfth-
rung, dass der Markgraf von Saluzzo und der Herzog von Urbino
mit sftmmtlichen Truppen in Florenz angekommen seien; sich
stellend, als ob er Florenz flberfalien wolle, zog er dem Arno
entlang eine Strecke abwärts gegen die benannte Stadt. Auf
dem Ibrsche dahin erstflrmten die Spanier das Schloss Randello,
verloren dabei einen Hauptmann und hftngten die Vertheidiger
des eroberten Kastelles aber die Hauern hinaus. Der Marsch
abwärts gegen Florenz dauerte nur bis zum Städtchen Laterina.
Hier wendete Bourbon sich links gegen Sie na. Diese Stadt
hatte eine alte Feindschaft gegen Florenz und gegen die da-
selbst herrschenden Mediceer, welche mit einer Macht von
16,000 Mann and 16 Geschützen früher ausgezogen waren, um
Siena zu erobern und ihrer Herrschaft zu unterwerfen, von den
Bflrgem der Stadt Siena aber zurückgeschlagen worden waren.
Aus altem Groll erbot sich nun Siena zu jeder Unterstfltznng
an Waffen, Lebensmitteln und Mannschaft, wenn Bourbon zur
Belagerung der verhassten Stadt Florenz schreiten wollte; aber
nngereizt von einer Eroberung, welche die Ausführung seines
Hauptentwurfes nur verzögern könnte, war Bourbon schon
wieder — verschwunden, als Alles noch vor ihm zitterte. Vor
seinem Austritte aus Toscana Hess er dem Papste melden : nur
die Hartnäckigkeit seiner Truppen bewege ihn, an ihrer Spitze
zu bleiben; vergeblich habe er seine ganze Beredtsamkeit an-
gewendet , um sie zu freundlichen Gesinnungen gegen ihn za
— 189 —
bewegen; Jetzt begleite er selbe Uda8, um sie im Zamn xa
haltea; übrigens bitte er das Oberbaopt der Kirche, seine
Schatie nicht za schonen, am das Ungewitter abzuleiten, wel-
ches sich aber seine Staaten hinzöge.
Empört durch diese Erkiftrung versftamte der Papst keinen
Augenblick, den Bannstrahl aufBourbon und aufsein
Heer zu schleudern. Nun eilte der kaiserliche Oberbe-
fehlshaber auf den Flfigeb des Windes nach Rom; der Harsch
ging über den Hontepulciano, Aquapendente , Bolsena, Honte-
fiascone und Viterbo dahin; am 28. April befand er sich noch
in der Nahe von Siena und am 5. Hai stand er schon
vor Rom — wahrend der Papst und die Römer ihn noch in
Toscana glaubten; bei vierzig italieilische Heilen (zehn deutsche)
soll das Heer an Einem Tage zurückgelegt haben!
6. Gross war die Bestürzi^ig Aller, als sie von den Hauern
der Stadt die Fahnen des gefürchteten Heeres wehen sahen.
Rom war in diesem Homente ausser Stand, sich kräftig zu
vertheidigen. Die Yertheidigung der Stadt wurde dem Renzo
de Cerre übertragen, demselben tapfem Vertheidiger und
umsichtigen Kommandanten von Harseille, der den Herzog
von Bourbon gezwungen hatte, die Belagerung der benannten
Stadt aofzugeben. Von einigen französischen Offizieren unter-
stützt, verlor Renzo keinen Augenblick, in dem Borge — einem
der westlichen auf dem rechten Ufer der Tiber gelegenen
Stadtviertel, das dem ersten Angriff ausgesetzt war — Yer-
schanznngen anzulegen und alle Einwohner Roms zu bewaffnen.
Priester, Hönche, Bischöfe und Kardinale kamen ihm zu Hülfe;
mit Krucifizen in den Hunden durchliefen die Genannten alle
Gassen und Strassen, und entflammten das Volk zur verzwei-
felten Gegenwehr. Dem Papste war es noch gelungen^ von
seinem Kriegsvolke (den sogenannten schwarzen Fähnlein), das
er kurz vorher dem mit Lannoy abgeschlossenen Vertrage ge-
mäss beurlaubt und entlassen hatte, bei 6000 Hann in die Stadt
zu bringen. Ein unterm 4. Hai erlassener Aufruf des Papstes
ermunterte zur standhaften Geg^uwehre contra Lutheranos (wie
— wo —
die Deulsehen) el Haranos (wie die Spanier) betitelt wvrdeo.
Auf seinem Befehl worden eiligst auch alle Häuser und Gebäude
ausser der Stadt in der Nähe der Mauern niedergebrannt, da»
diese dem anrückenden Heere kcänen Aufenthalt und keine
Deckung bieten konnten.
Bonrbon fand bei seiner Ankunft Tor Rom die Wälle mit
Bewaffneten besetzt; ein Wall von Picken starrte ihre entgegen
und deutete auf einen hartnäckigen Widerstand. Die Kaiser-
lichen lagerten sich auf dem Gampo santo; die Bewohner der
umliegenden Ortschaften hatten zwar das Heer mit Lebeos-
mitteln versehen müssen ; diese Vorräthe waren aber nur gering.
Von der einen Seite drohte somit den Kaiserlichen mitten im
Feindeslande eine baldige Hungersnoth, von der andern Seite
das alliirte Heer, das von Florenz her im Anzüge war. Id
seinem Lager vernahm indessen Bourbon das Waffengeklirr in
der Stadt und darunter das Geschrei und den Jammer der Greise,
Weiber und Kinder. Vielleicht Hess sich die in der Stadt
herrschende Bestürzung zum Vortheile seines Heeres benutzen;
auf der Stelle machte er einen Versuch, schickte einen Trom-
peter an die Pforte des Vatikans hin und verlangte Lebensmittel,
OeiFnung der Stadt und freien Durchzug durch dieselbe nach
Neapel. Die Antwort lautete — abschlägig. Dasselbe
Begehren wurde zum zweiten Haie wiederholt und wiedemm
abschlägig beschieden. Auf das hinauf versammelte der Ober-
befehlshaber am 5. Hai Abends die Obersten und Hauptieute
der drei Nationen in der Kirche des Klosters zum K Onufrius*)
und machte in ihrer Anwesenheit die Dispositionen zur Er-
stürmung der Stadt fQr den kommenden Tag. Vor der
Hand sollte nur der westliche auf dem rechten Ufer der Tiber
gelegene Theil der Stadt — d^ Vatikan — mit Sturm ge-
nommen werden, und zwar von allen dreien Nationen — Deut-
schen, Spaniern und Italienem — zu gleicher Zeit. Den Vortiab
*) Kloster und Kirche S. Onofrio befindet sich auf dem Janicutus
— derzeit innerhalb der Stadtauraer.
- 191 —
der Stunnkolonneii sollten fflnf deutsche Fähnlem bilden; es war
dieses der sogenannte verlorene „Hanfe^, von den Franzosen
„les infants perdas^^ genannt. In zweiter Linie sollten weitere
zehn Fflhnlein anrücken, und diesen dann zar Unterstützung das
übrige Volk za Fuss und zu Pferd in kompakter Hasse;
Melchior von Freundsberg bildete mit fünf Fflhnlein die
Reserve und hatte den Auftrag, jeden Ausfall der Römer und
einen etwaigen Angriff der Verbündeten im Rücken mit aller
Kraft surfickzuweisen.
Bourbon ermunterte die versammelten Obersten und Haupt-
leute zur Tapferkeit und Ausdauer; er vertröstete sie eines
gewissen aber herben Sieges« Unter Einem machte er auch
bekannt, dass er sich in eigener Person an die Spitze der
Deutschen stellen und mit diesen den ersten Angriff unter-
nehmen werde; dagegen protestirten aber ' sflmmtliche
deutschen Hauptleute mit dem Bemerken: als Oberbefehlshaber
des ganzen Heeres dürfe er seine Person nicht bloss geben,
und der grössten Gefahr aussetzen. Ehre den wackem Haupt«
leutea der Deutschen, die den richtigen Takt besassen, das
ehrenvolle Anerbieten des Feidherm aus dem angeführten
triftigen Grunde zurückzuweisen ! Wären ihnen hierin nur auch
die Spanler gefolgt, was aber leider nicht geschah; diese
fühlten sich geschmeichelt, als Bourbon erklärte, nun an ihrer
Spitze den ersten Anlauf zu unternehmen, erhoben dagegen
keine Einsprache und Hessen den Feidherm gewähren, wie er
wollte; so ging dieser unaufgehalten seinem traurigen Schicksale
entgegen.
Die Obersten und Hauptleute trennten sicb^ um die nöthlgen
Vorkehrungen zum Sturm für den kommenden Tag zu treffen.
— 1» —
IX. Abschnitt.
Der Yatikan; Anlegung des Stnrmes anf den Borge; Angriff der
Spanier; Bonrbons Tod; Erstürmung der Porte S. Spiritos durch
Ludwig Grafen Ton Lodron; Flacht des Papstes in die
Engelsburg; Anlauf des tapfem Konradin Ton Glnrns mit
seinen „Cremoneser Knechten'^; Ankunft kaiserlicher HOlfstruppen
ans Neapel; Erstürmung der Vorstadt Trastevere; Einnahme der
alten Stadt; Grftuel der Verwüstung in Born.
1* Der Berg Vaticanus, aaf dem rechten Ufer der Tiber
gelegen, gehörte vor Zeiten nicht zur eigentlichen Stadt, wurde
erst in der Folge in dieselbe gezogen. Auf diesem terge
warde die weltberühmte Peterskirche, sowie der nicht weniger
berühmte Palast der Pfipste, der Vatikan, mit ungeheuren Un-
kosten erbaut;*) auch steht daselbst das grosse Spital zam
heiligen Geiste. Papst Leo IV., der vom Jahre 847 bis 855
regierte, umgab den Ort zuerst mit Hauern und zog ihn in die
Stadt; daher dieses Stadtviertel auch lang Leonina genannt
wurde, in der Folge aber den Namen Borge erhielt. In diesen
Stadttheil führten sechs Thore, die vom Papste Alexander VI.
(1492-1503) sammt den Stadtmauern renovirt und noch fester
gemacht wurdea Für unsem Zweck sind von den sechs be-
stehenden Thoren die drei ersten wichtig: Porta S. Spiritus,
Porta Torrionis und Porta Pertusa.^*)
2. Um 12 Uhr Hittemachts zogen zwei Trommelsdilfiger
*) Die Baukosten der Peterskirche allein beliefen sich auf 117
Millionen Gulden in Reicbs-Wähmng.
**) So werden die drei südlich gelegenen Thore, die vor drei Jahr-
hunderten in den Borge führten, von Adam Reisser geoannt;
den beiden letzteren entsprechen heut zu Tag die Porta Fabricia
und Porta Cavalleggieri.
- 193 —
durchs ganze kaiserliche Lager; auf dieses Zeichen begaben
sich alle Fähnlein auf die ihnen angewiesenen Plfitae. Die Porta
Torrion lag im Mittelpunkte der ausgestecklen Angriffslinie;
den Raum links von der Porta Torrionis bis zur Porta Pertusa
hinter der Peterskirche sollten die Spanier unter der persön-
lichen Leitung des FeJdherrn stürmen, dagegen den Wall von
der Porta Torrionis rechts hatten die Deutschen unter Anftthrung
des Locotenenten Konrads von Bemmelberg su nehmen; der
Angriffspunkt tut die italienischen Fflhnlein und fflr die Reisigen
war die Porta Pertusa und ihr Führer der Prinz von Oranien.
Mittlerweile war der Tag herangebrochen, und Bourbon
führte das Heer zum Sturme heran; ein Nebel, der noch auf
der Gegend lag, verbarg den Römern die anrückenden Truppen ;
die Stadtbewohner aber und die pfipstlichen Krieger standen
kampfgerüstet auf den Hauern und Wüllen, bereit, die Kaiser-
lichen gehörig zu empfangen* Beide Nationen — Deutsche
und Spanier — unternahmen zu gleicher Zeit den Sturm auf
den jeder Nation angewiesenen Angriffspunkt; wie sich aber
die Deutschen von der Porta Torrionis aus rechts dem Walle
näherten, geriethen sie beim Nebel, der sie bedeckte, in die
Schusslinie der Spanier, sahen sich also genöthigt, eiligst
mehr rechts sich zu ziehen und einen andern Angriffspunkt
zu wählen; aber auch hier von den tödtlichen Geschossen der
Spanier noch erreicht, wendeten sie sich weiter hinauf zur Porta
S. Spuritus, um diese zu nehmen.
Unterdessen hatte Bourbon an der Spitze der Spanier die
Mauern von der Porta Torrionis links bis zur Porta Pertusa
unterlaufen, und die Sturmleitern anzulegen befohlen — wenn
man die elenden in aller Eile zusammengenagelten Bretter eines
nahen Ziegelstadels und die mit Wieden zusammengebundenen
flartengitter, aus denen selbe zum Theil bestanden, so nennen
wül. Der erste Angriff der Spanier wurde von den Römern
^ abgeschlagen; und wie die Spanier, dadurch etwas
kottstemirt. Anstand nahmen, gleich zum zweiten Male frisch
anzulaufen, riss Bourbon einem nahestehenden Soldaten die
13
- 194 -
Leiter aus der Hand, lehnte sie an die Mauer und stieg, eine
Pike in der Rechten haltend, behend hinauf. Schon halte er
die Höhe erreicht, schon war er im Begriffe, sich tiber die
Hauer zu schwingen, als der „kflhnmuthige^ Feldherr — von
einem Schusse, in der nächsten Nähe abgefeuert, in der Seite
getroffen in den Graben zurückstürzte ! Zu gleicher Zeit stürz-
ten zwei spanische Fähnriche, die, angefeuert durch das Beispiel
des Oberbefehlshabers, die Mauern ebenfalls schon ersliegeit
hatten, tödtlfch verwundet in den Graben; der Anführer des
spanischen Haufens, Johannes de Urbina, sowie der spanische
Hauptmann Vagus wurden beide im Gesichte verwundet. Dem
gefallenen Feldherm war nur ein schwacher Lebenshauch ge-
blieben, und diesen benützte er dazu, einen nahestehenden
Hauptmann, Jonas mit Namen (nach einer andern Quelle hiess
er Passeto und nach einer dritten Gogna, von Geburt ein Gas-
conier), zu bitten, ihn mit einem Mantel bedecken zu wollen,
auf dass sein Tod verborgen bleibe; es geschah, und die
Spanier, welche den Feldherm schon innerhalb der Haoem
glaubten, stürmten unwiderstehlich nach und nahmen fast tu
gleicher Zeit die Mauern, als diese auch von den Deutschen
bei der Porta S. Spiritus erstiegen wurden.
Kaum waren nämlich die Deutschen ausser der Schnsslinie
des spanischen Volkes, als sie auf die benannte Porta los-
stürzten — voran der „verlorne Haufe^, aus fünf Fähnlein
bestehend und kommandirt von den Hauptleuten Diepold Häl,
Albrecht von Freiberg, Barthlmä Mohr, Anton Wechsler und
Barthlmä Bonrieder. Gleich beim ersten Anlauf fielen die drei
Hauptleute Mohr, Wechsler und Bonrieder, sowie der Fähnrich
des zuletzt Genannten und ein junger Herr von Fleckenstein
mit dreissig Landsknechten. Nun Hess Bemmelberg die zweite
Kolonne nachrücken; diese bestand aus zehn Fähnlein und wurde
angeführt vom Grafen Ludwig von Lodron; in der zweiten
Kolonne kämpften mit ihren Leuten die Hauptleute: Philipp
Stumpf, Nikolaus von Fleckenstoin, Christoph Graf von Eber-
stein, Veit von Wähingen, Sebastian von Schertlin, Urban Linsing
— 195 —
und vier Ungenannte; die übrigen Fähnlein unter Bemmelbergs
persönlicher Leitung bildeten die dritte Kolonne. Die Deutschen
hatten auf ihrem Angriffspunkte einen harten Stand ; sie wurden
nicht nur vom Borgo aus in der Fronte, sondern auch von der
alten Stadt her Aber die Tiber in ihrer rechten Flanke heftig
beschossen; dessen ungeachtet drangen sie beherzt vorwärts;
der alte Innsbrucker Hauptmann Claus Seidenst icker mit
seinem flbergrossen Schlachtschwerle war der erste, welcher
die Hauer erstieg ;*) diese wurde nun schnell besetzt. Michael
Hartmann von AUkirch hatte die Geistesgegenwart, das eroberte
auf dem Walle stehende Geschütz gleich umzuwenden und gegen
die Engelsbarg abzufeuern; wäre dies nicht geschehen, so
würden die Sptinier, die links von der Porta Torrionis schon
auf der erstiegenen Hauer standen, von den andrängenden
Römern wieder hinabgeworfen worden sein; letztere Messen
aber im Andränge nach und wichen zurück, als sie bemerkten,
dass die Porta S. Spiritus genommen und das eroberte Geschütz
bereits auf die Engelsburg zu spielen begann.
Mittlerwelle hatten auch die italienischen Truppen auf dem
linken Flügel, welche sammt den Reisigen auf die Porta Pertusa
dirigirt waren, unter Führung des Prinzen von Oranien ihre
Aufgabe vollknmmen gelöst und die genannte Porta genommen,
nachdem beide Thorflügel eingeschlagen und die eisernen Schnss-
gitter herausgerissen worden waren. Nun wälzte sich das kai-
serliche Heer, einem verheerenden Strome ähnlich, von dreien
Seiten, wie aus dreien durchbrochenen Schleusen — , In das
unglückliche Stadtviertel und begann ein furchtbares Blutbad.
Der Sturm auf den Borgo hatte 31/2 bis 4 Stunden lang
gedauert.
3. Klemens VII. befand sich in demselben Momente In
der Peterskirche — eben im Begriffe, die h. Messe zu lesen,
♦) Claus Seidensticker war, wie wir bereits wissen, Profoss in der
Armee und trug als Abzeichen seiner Würde ein besonders
grosses Schwert; sein Kollege war ein gewisser Kapeier, der
auch In Rom starb, wie Seidensticker.
— 196 —
als die Kaiserlichen bereits schon in die benannte Kirdie ein-
drangen. Nur mit harter Mühe gelang es dem Papste, in die
Engelsbarg zu entkommen. Der bekannte Geschichtschreiber
Paul Jovius, Bischof von Nucera, war der nächste nach dem
Papste, dem er seinen Hantel umwarf, den eigenen Hut auf-
setzte, auf dass er „nicht erkannt würde, and den Schleppt
des Kleides nachtrug, damit Klemens im Fliehen nicht gehindert
würde. Die 200 Mann starke Schweizer-Garde wurde theils
am Eingange in die Peterskirche, theils in derselben und bereits
unter den Augen des Papstes zusammengehauen; nur 40 Mann
davon gelang es, die Engelsburg zu erreichen; der Hauptmann
dieser Garde, Namens Rösch, aus Zürich gebürtig, wurde unt^
seiner Gattin, die sich auf ihren Gatten gewocfen hatte, um
diesen mit ihrem eigenen Körper zu decken und zu retten, von
den Spanlern erstochen und dem treuen Weibe dabei die Finger
abgehauen. Dem Stadtkommandanten Renzo de Gero, i3 Kar-
dinälen, dem französischen Botschafter in Rom, Albert von
Carpen und seiner Gemahlin, sowie einigen Bischöfen und
Prälaten gelang es ebenfalls, glücklich die Engeisburg zu
erreichen; schlechter erging es dem Pönitentiarius Kardinal
Laurentius Puccius, der vor dem Thore der Engelsbarg grosse
Gefahr lief, erdrückt und zertreten zu werden, was leider einer
grossen Menge von Weibern, Kindern und Greisen begegnete.
Nun wurde das Thor geschlossen, und das Volk, dem es nicht
geglückt war, einzudringen, dem Schwerte der anstürmenden
Krieger preisgegeben. Viele päpstliche Soldaten, «owie auch
viele Bewohner des Borgo waren so glücklich, über die Engels-
brücke die alte Stadt zu erreichen und in diese eingelassen zu
werden.
4. Man denke sich nun den Jammer, den Tumult und die
furchtbare Verwirrung in dem eroberten Stadtviertel I Die ohnehin
herrschende Unordnung erreichte aber den höchsten Grad, als
eine Kugel aus der Engelsburg, aus welcher fortwährend mit
Karthaunen und Feldschlangen herausgefeuert wurde, im Zeog-
hause einschlug, zündete und das daselbst befindliche Pulver in
~ 197 —
die Luft sprengte; Trümmer, Steine, Balken flogen nach allen
Richtungen, erschlugen Freunde und Feinde und richteten eine
gräaliche Yerwflstung an ; alle Gassen und Strassen des Borgo
waren mit Leichen und Verwundeten bedeckt; bei 6000 Römer
sollen erschlagen worden sein, während die Kaiserlichen ihren
Verlast auf 300 Mann angeben. Konrad von Bemmelberg sam-
melte die Krieger auf dem grossen Platze vor dem päpstlichen
Palaste und liess ausrufen: bei Todesstrafe soll sich Niemand
unterstehen, Reihe und Glied zu verlassen oder zu plündern.
Der Sieg war nämlich noch nicht vollständig und noch ein
gutes Stück Arbeit zu thun; die zweite Vorstadt, Trastevere,
auf dem Janiculo gelegen, sowie die ganze alte Stadt befand
sich noch in den Händen der Römer. Die Führer und Haupt-
leute des kaiserlichen Heeres traten zusammen, hielten Rath
und fassten den Beschluss, schnell zur Eroberung der benannten
Vorstadt, sowie auch der alten Stadt zu schreiten. Zuerst
wurde der Sturm an die Vorstadt angelegt; die beiden Thore,
Porta Sancti Pancralii et Porta Septimii, welche in dieselbe
fQhren, wurden als Angriffspunkte bezeichnet.*) Konrad von
Bemmelberg bildete wieder einen „verlornen Haufen^ aus acht
Fähnlein tapferen „Cremoneser Knechten^ bestehend, welche
grOsstentheils Tiroler waren, und kommandirt vom beiden-
mfithigen Kommandanten von Cremona, Konradin Spergser
von Glurns; als Volontär gesellte sich diesem Führer auch
noch der Hauptmann Ludwig von Grienenstein bei. Die be-
nannten „Cremoneser Knechte^ hatten sich schon bei Erstürmung
der Porta S. Spiritus in der dritten Sturmkolonne besonders
hervorgethan, und rechtfertigten auch hier wieder bei der Ein-
nahme der zweiten Vorstadt auf eine glänzende Weise das Ver-
trauen, das der Locotenent — nach dem Tode Bourbons nun
faktisch Oberbefehlshaber ad Interim -* in sie setzte. Schnell
wurde alles grobe Geschütz, das sich im Zeughause und auf
*) Porta di S. Pancrazio besteht heut zu Tage noch, nicht aber die
Porta Septimii unter diesem Namen; richtiger hiess sie Porta
Septimiani, unter welchem Namen sie im alten Rom vorkommt.
— 198 -
dem eroberten Walle des Borgo vorfand, aufgeftthrt und geg»
die zweite Vorstadt gerichtet. Merkwürdig! Gerade während
dieser Vorbereitungen zum zweiten Sturme trafen 30 Fähnlein
kaiserliches Volk zu Fuss und zu Pferd, von Neapel kommend,
vor Rom ein; Führer dieses Haufens waren: Prinz Ludwig von
Gonzaga, Fabritius Maramaid, Johann Dorbin und Sarra de
Colonna; die Ankömmlinge nahmen alsogleich Antheil an der
Erstürmung der Vorstadt und der eigentlichen Stadt. Es war
so eben Mittag vorbei und die Vorbereitung zum Sturme ge-
troffen ; der „verlorne Haufe'' unter dem tapfem Konradin rückte
beherzt gegen beide benannte Thore; die Landsknechte trugen
grosse Holzblocke, rannten damit im Sturmschritte gegen die
Thorflügel und stiessen diese ein, während ein Theil der nach*
rückenden Stürmer mit ihren „Haudröhren"* die Vertheidiger
von der Stadtmauer vertrieb und ein anderer Theil die Sturm-
leitern anlegte und die Hauer erstieg; das Letztere geschah
beim Thore Sancti Pancratii, während das Thor Septimii auf
die beschriebene Weise eingestossen wurde. Nun ei^oss sich
der ganze Haufe auch in diesen Stadtlheil; durch das Thor S.
Pancratii zog auch die Kavallerie ein, den Prinzen Ferdinand
von Gonzaga. an der Spitze ; so befand sich nun auch die Vor-
stadt Trastevere in der Gewalt der Kaiserlichen.
Nun muss ein Zwischenfall namentlich angeführt werden.
Nach der Eroberung des Borgo und während der Zeit, dass
die Vorbereitungen zum Sturme auf die Vorstadt Trastevere
getroffen wurden, kam ein Kaiserlicher, Namens Bernhard
Patavin, in die Engebburg — ob nun vom Heere abgesendet
oder nur gelegenheitlich mit jenen , die sich dahin geflüchtet
hatten, ist nicht angegeben. Dieser Herr setzte nun den Papst
in Kenntniss vom Tode des Herzogs von Bourbon und ertheilte
demselben den wohlgemeinten Rath : schnell m't den Kaiser-
lichen, die über den Fall ihres Feldherrn sehr bestürzt seien,
in Unterhandlungen zu treten , ihre Forderungen zu befriedigen
und so sich und die Stadt zu retten und von letzterer gränzen-
loses Unglück abzuwenden; allein Klemens ging auf diesen
— 199 —
Vorschlag nicht ein und versäumte es, noch zur rechten Zeit
Unterhfindler abxaschicken, das Heer zu befriedigen und so die
Vorstadt Trastevere und die alte Stadt der Erstürmung, Plün-
derung und Verwüstung zu entziehen ; der gute Papst gab sich
leider der eitlen Hoffnung hin, das kaiserliche Heer werde
ohne Anführer nichts weiteres mehr unternehmen, und der
Herzog von Urbino werde ihn an der Spitze der verbündeten
Truppen aus seiner Lage bald erlösen ; er verrechnete sich aber
gar arg in jeder Beziehung, sowohl hinsichtlich der kaiserlichen
Armee, als auch in Bezug auf den Herzog von Urbino.
VITas das kaiserliche Heer betrifft, so schritt dieses kurze
Zelt darauf auch ohne einen Feldherm zur Eroberung der Vor^
Stadt Trastevere — wie bereits erzahlt worden ist — und auch
denselben Nachmittag zur Erstürmung der eigentlichen Stadt
Rom, die auf dem linken Ufer der Tiber gelegen ist. Die
Stadt wurde von dreien Seiten her In Angriff genommen, über
die Siztusbrücke, Mariabrttcke^) und Ponte molle. Als die
Stadtbewohner die Sturmkoionne auf der Sixtusbrücke erblick-
teuy welche ganz verbarrikadirt war, drangen sie mit Bitten so
lange in den deutschen Markgrafen Albrecht von Brandenburg,
der sich lange Zeit her schon in Rom aufhielt, bis dieser sich
herbeiliess, den kampfbereiten Kriegern Aber die Brücke ent-
gegen zu gehen ^ um selbe durch den Anbot einer grosseh
Summe Geldes dahin zu vermögen, vom Sturme abzustehen;
allein die erbitterten und beutelustigen Soldaten nahmen den
Grafen gefangen und drangen im Sturme über die Brücke.
Dasselbe geschah auch bei den beiden andern Brücken; ein
Zufall erleichterte auch den Kaiserlichen um ein Bedeutendes
die Einnahme der eigentlichen Stadt. Als nämlich eine Sturm-
kolonne sich durch den Garten des Kardinals von Sena der
Stadtmauer näherte und die Sturmleitern anlegen wollte, wurde
hinter einem Haufen von Erde, Dünger und Brettern ein ver-
borgenes Pförtchen entdeckt, welches in die Stadt führte und
*) Diese Brücke heisst heut zu Tag Ponte di S. Bartolommeo.
— 200 —
von den Vertheidigern ganz unbeachtet geblieben war; durch
dieses stürmte die Kolonne in die Stadt, während die übrigen
Truppen auch über die benannten Brücken in dieselbe ein-
brachen; um halb sechs Uhr Abends war das kaiserliche Heer
Meister von ganz Rom.
Bei dem Sturme auf die eigentiiche Stadt haben sich be-
sonders ausgezeichnet : Ludwig Prinz von Gonzaga, der so eben
von Neapel angekommen einer unter den Ersten in die Stadt
drang ; ferners der Kriegszahlmeister Kaspar Schwegler , dann
die Hauptleute Wendelin von Weyers, Michael Merkte, Claus
Seidensticker, Rudolph von Ehingen, Franz von Heimstein,
Hanns von Bibrach, Hanns Eckle, Wilhelm Neidhart, Anton
von Feldkirch,*) Hanns von Stamps, Blaurer, Hanns Wer-
denberger und Hanns Schenk. Unter den Ausgezeichneten, die
zu Hauptleuten avancirten, werden genannt: Ludwig Graf von
Oettingen, junior, Martin von Kulmbach, Relschacher, Georg
von Salzburg, Bernhard von Heyerloch, Veit Holzblock, Hanns
Wendel, Bernhauser, Ulrich Hüller, Weisskopf und Knöringer.
5. Nach Eroberung der ganzen Stadt sammelten sich die
Truppen auf zweien Hauptpifttzen, und zwar die Deutschen auf
dem Rossmarkte (Campoflor)**) und die Spanier auf dem
gemeinen Platze (Campo Agon) ***) ; hier stellten sie sich in
Schlachtordnung auf und blieben in Reihe und Glied bis Mitter-
nacht stehen, da sie mit allem Grunde einen Ueberfall be-
fürchten mussten; denn noch denselben Tag hatte Graf Guido
Rangone mit der ganzen Reiterei und mit 800 „Hackenschfitzen^
auf eine Stunde sich der Stadt genähert — Willens bei der
Nacht in dieselbe einzurücken und die Besalzung zu verstärken;
als er aber hörte, dass Rom bereits den Kaiserlichen in die
Hände gefallen sei, zog er mit seinen Truppen wieder zurück.
Wie sich nun kein Feind zeigte und in der eroberten Siadt
*) Leider wird der Schreibname dieses Hauptmanns nicht an-
gegeben.
**) Piazza di Monte Cavallo in der Nähe des Quirinals.
***) Piazza del Popolo.
— 201 —
eine Todkenstille herrschte, da sieh die Bewohner id ihre Häuser
verkrochen hatten, waren die raubgierigen Spanier die Ersten,
welche bald nach Mittemacht anfingen, aus Reihe und Glied zu
treten, in die Häuser einzubrechen und zu plündern. ,,Darnach
auch die Teutsehen; haben aber nicht blutgierig gewütet,
sondern der Menschen so vil mflglich Yerschont, nach Essen
und Trinken gestellt, darnach auch nach Gut und Geld«^
Und nun begann der Gräuel der Verwüstung,
so wie sie Rom seit Jahrhunderten nicht mehr ge«
sehen und erfahren hatte.
Das erbitterte, ausgehungerte und raubgierige Kriegsvolk
stürzte in alle Häuser, zertrümmerte Thttren und Thore, die
ihm den Eingang verwehrten, erbrach Kisten und Kästen, in
denen die beutelustigen Krieger etwas zu finden hofften; diese
nahmen Männer und Weiber gefangen und zwangen sie, sich
um ein grosses Lösegeld loszukaufen; viele davon wurden
gefoltert, dass sie die verborgenen Schätze anzeigen und die
versteckten Kleinodien entdecken sollten, manche, die nicht
einbekannten, sogar ermordet. „Kein Schatz noch Geld zu
Rom hat mögen verborgen bleiben; alles musste den hungerigen
Kriegssleuten in die Hände kommen.^ So äussert sich Reissner,
während Schertlin den Gräuel der angerichteten Verwüstung mit
den Worten beschreibt : „Den 6. Tag May haben wir Rom mit
dem Sturm gewannen, 6000 mann darin tod geschlagen, die
gantze statt geplündert, in allen kirchen und ob der erd ge«
nommen, was wir gefunden, ainen guten tail der statt abge-
prant und seltsam hausgehalten, alle copistereien, register,
briefe und cortisaney zerrissen und zerschlagen.^
In den Palast des Kardinals Pompejus Colonna hatten sich
die Reichsten vom Adel^ die vornehmsten und edelsten Männer
und Frauen — bei 3000 an der Zahl — mit ihren Schätzen
und Kleinodien hingefiüchtet , in der festen Meinung, sich all-
dorten in einer Freistätte zu befinden, somit sicher zu sein,
weil nämlich der genannte Kardinal und die ganze mächtige
Familie der Colonna's gut kaiserlich geskint waren, (n dem-
— 202 —
selbeo Paläste (Palatium ad SancKos Apostolos genaont) befand
sich auch die Harkgräfin von Hantua, deren Sohn am Freilage
vor der Einnahme Roms zum Kardinal gemacht worden war;
sie war eine Schwester des Herzogs Alphons von Ferrara. Da
der benannte Palast wohl verschlossen und fest verriegelt war,
so liessen sich Prinz Alexander von Gonzaga, Graf Nuvolari
und ein edler Spanier, Namens Alphons de Cordova, mit der
ersten Nachtstunde im Harnisch an einem Seile in den ersten
Stock hinaufziehen — zum Schutze des Hauses und seiner
Bewohner; allein Sauvegarde hin, Sauvegarde her, Oolonna's
hin, Oolonna's her, auf das Alles schaute der blutgierige Söld-
ling nicht, und die Harkgrftfin musste eine „merkliche Summe
Geldes^, welche von allen Anwesenden zusammengelegt worden
war, den Kriegern einhändigen, um sich vor Erstürmung,
Plünderung und Hisshandiung zu bewahren. Damit nicht zu-
frieden , wurden die Bewohner des Palastes zum zweiten Male
um 80,000 Kronen ,^geschätzt^, welche Felicia a Robore, eine
vornehme Ursinerin, erlegte. Der Gesandte^ von Portugal wurde
rein ausgeplündert; von Allem, was er besass und hatte, blieb
Ihm nichts als das — Hemd. Auch der in Rom noch anwe-
sende Agent des Kaisers wurde ausgeplündert, gefangen
und gezwungen, fQr 2000 Scudi seine Freiheit zu erkaufen.
Auf dem Kapitol wurde der venetianische Legat, Dominicas
Venerius, um 10,000 Gulden „geschätzt^. Dasselbe widerfuhr
auch den sieben Kardinälen, die sich in der Stadt befanden;
einigen Bischöfen und Prälaten wurden die Hände auf den
Rücken gebunden und sie dann so lange durch die Gassen and
Strassen der Stadt geführt, bis die Summe, für welche sie
„geschätzt^ worden waren , entweder von ihnen oder von
Andern, die sich ihrer erbarmten, erlegt wurde. Kirchen und
Klöster wurden geplündert,*) Monstranzen, Kelche und Ornate
*) Unter den dreihundert Kirchen Roms, denen dies traurige
Schicksal zu Theil wurde, befand sich auch die uralte, pracht-
volle Kirche Santa Maria ad Praesepe, gemeinhin die liberia-
nische Basilika genannt. Den Namen „ad Praesepe^ führte sie
— 203 -
geraubt, ja selbst die Grftber aafgerissen und die darin befind-
lichen Sachen ?on Werth entwendet; dieses widerfuhr unter
Andern auch dem Grabe des Papstes Julius IL, der vor drei-
zehn Jahren gestorben war; seine Ruhestätte wurde mit Gewalt
erbrochen und dem Leichnam ein goldener Ring vom Finger
gerissen. ^Aber solche stück haben die Hispanier, Itali und
Brutil gethan, vnd insonderheit die Hispanier grossen Freffel
and Mutwillen getrieben mit Weibern und Töchtern vor den
Augen der Eltern und Hfinnerl Die Deutschen haben sich an
essen und trinken begnügen lassen vnd die Leut vmb Venig
Geld geschützt, vnd war das Kriegssvolk mutwillig, weil sie
keinen Obersten hatten.^
Sicherlich würden viele Frevel und Schandthaten , viele
Gewaltthätigkeiten und Grausamkeiten unterblieben sein , wäre
der Feldherr Bourbon am Leben gewesen.
Am schlechtesten erging es der päpsilichen Bibliothek
im Vatikan und der päpstlichen Registratur. Die kost-
barsten und seltsamsten Bücher wurden zerrissen und dann die
Blätter derselben, sowie die päpstlichen Bullen und vorgefun-
denen Akten als Streu für die Pferde verwendet! Die Peters-
darum, weil in ihr die hochheiligen Reliquien der Geburt Jesu
aufbewahrt werden, als da sind: Felsstttcke von der Hölile, in
welcher der göttliche Erlöser geboren wurde , Ueberreste der
Linnen und Windeln, in welche er gewickelt worden ist, die
Krippe, in welche er zuerst gelegt wurde u. s. w. Diese herr-
liche Basilika wurde buchst&blich rein ausgeplündert, somit auch
der Ort, in weichem man die aufgezählten heiligen Reliquien
der Kindheit Jesu aufbewahrte und verehrte, seines kostbaren
Schmuckes ganz beraubt; aber wie durch ein Wunder geschah
es, dass an den heiligen Reliquien Selbsten keine frevelnde Hand
gelegt, sondern dass selbe mitten im Gräuel der allgemeinen
Verwüstung unversehrt erhalten und glucklich gerettet wurden.
Die heiligen Andenken der Kindheit Jesu lagen nun seit dieser
Zeit in einer hölzernen Urne, die einfach vergoldet war und
sonst keine Verzierung iiatte , bis zum Jahre 1606, in welchem
sie durch die Freigebigkeit der Königin von Spanien, Marga-
relha von Oesterreich, wieder die friihere prachtvolle
Ausschmückung erhielten.
— 204 -
kirche und viele andere Kirchen Roms, sowie die vorzüglichsten
Paläste waren in Pferdestfille verwandelt. Der Geschäfts-
träger des Herzogs von Ferrara, den dieser beim kaiserlichen
Heere unterhielt, berichtet aus Rom unterm 14* Hai an seinen
Herrn : „Der Vatikan , dieser apostolische Palast , ist in einen
Pferdestall umgestaltet, weil in den schönsten päpstlichen Zim-
mern Reitpferde gehalten werden; jeder trachtet, solche so nahe
als möglich bei sich zu haben, damit sie ihm nicht gestohlen
werden. Ich bezog zwei Zimmer des Kardinals Cibo, und
habe noch ein Sommerkabinet mit einem Kämmerchen ftir meine
Reitpferde. Der Prinz von Oranien bewohnt die Zimmer
des Papstes und hält seine Pferde gleich daneben.
Prinz Ferdinand von Gonzaga, der Abt de Naggera, Herr
Horone und die Familie des nun in Gott ruhenden Herzogs
Bourbon, und noch viele Edelleute und Soldaten wohnen in
diesem Palaste und haben ihre Pferde daselbst u. s. w.^
Auch die berühmte Statue des Laocoon wurde beschädigt.
In das Haus des Kardinals Engefort, der mit Hadrian VI. aus
den Niederlanden gekommen war und ein erklärter Anhänger
des Kaisers war, fiflchteten sich Kardinäle, Bischöfe und vor-
nehme Römer mit ihren Habseligkeiten — gleichfalls der festen
Meinung, da mit ihren Schätzen sicher zu sein; allein es erging
ihnen nicht besser als den Bewohnern des Palastes Pompeji
Colonna. Die Spanier drangen in die Wohnung Engeforts und
erklärten, gegen Erlegung von 30,000 Dukaten den Palast als
Freistätte respektiren zu wollen; wie sie aber merkten, dflss
der benannte Kardinal mit Melchior von Freundsberg
Rücksprache nahm, besorgten sie, Melchior könnte mit seinen
Landsknechten das Haus besetzen und ihnen das Nachsehen
lassen; aus diesem Grunde drangen sie bei der Nacht in das-
selbe, fanden grosse Schätze und raubten gar Alles, was sie
fanden. Als nun Tags darauf deutsche Landsknechte in den
Palast hineingelegt wurden, fanden diese nichts mehr als —
leeie Kisten, Kästen und Truhen. Dies erbitterte die Deutschen
und brachte sie gevraltig über die Spanier auf, die sich schon
— 205 —
in den Besitz grosser SchäUe and Reichthflmer gesetzt hatten,
wfthrend jene noch in Reibe and Glied standen; die deutschen
Krieger stellten sich in Schlachtordnung anf and waren auf
dem Punkte, den Spaniern ihren flbergrossen Raob mit Waffen«
gewalt abzunehmen; nur mit grosser Hahe und Anstrengung
gelang es den Ilauptleuten, es zu verhindern, dass nicht beide
Nationen handgemein wurden.
Hit dem Gewinne einer reichen Beute ging leider das
,,rauhe Spielen^ Hand in Hand; die gemeinsten Landsknechte
spielten um einen EinsaU von 300, 600, Ja selbst 1000 Gulden;
bei den meisten Soldaten wurde jedoch das Sprichwort wahr:
9 Wie gewonnen, so zerronnen.* Wer aber bei der ganzen
Sache am meisten und am sichersten gewann, das waren —
die Jaden, deren es eine grosse Anzahl in Rom gab. Zwar
entgingen auch sie nicht der allgemeinen Plünderung und
„Schätzung^; allein etwas später kauften sie den Kriegern die
kostbarsten Sachen und Stoffe um einen Spottpreis ab und ge-
langten dadurch zu grossem Reichthum. Während aber viele
Krieger eine grosse Beute machten,*) gingen andere dagegen
völlig leer aus, wie es bei solchen Gelegenheiten gewöhnlich
und gern zu geschehen pflegt; so schrieb ein gewisser Georg
Gandifinger seinen Kameraden nach Hindelheim: „So ich zu
euch kom, will ich mein bewt, die nit ains fflerrers wert
ist, mit euch tailen.^
Der kranke Georg von Freundsberg, der sich derzeit
noch immer in Ferrara befand, erhielt eine grosse Schale von
gutem Golde im Werthe von 400 Dukaten, die ihm sämmtlicbe
deutsche Hauptleute als „Beutpfennig* zum Präsente machten.
*) Wie z. B. Sebastian Scbertlin von Burtenbach — geboren Anno
1496 zu Schorndorf in Württemberg und gestorben auf seinem
bei Augsburg erkauften Gute Burtenbach im Jahre 1577. Die
Landgater dieses berühmten Feldherrn, der sich lediglich nur
am Geld schlug und der Beute wegen , wurden von seinem
Enkel um 600,000 Gulden verkauft. Die vornehmste Quelle
dieses Tür die damalige Zeit ungeheuren Vermögens war die
Beute, welche Schertlin bei der P I und e rang Roms machte.
^ 206 —
Man hält allgemein dafür, dass das geraabte Gal an Gold,
Silber, Edelsteinen and andern Pretiosen die Summe von zehn
Millionen Goldgalden erreicht haben dürfte, dass aber die
erpressten Gelder von Privaten über zehn Hillionen Gniden
betragen hi(tten. Man denke sich nun noch hinzu den enormen
Schaden an zerschlagenen Hobilien, an zerstörten Gebfinden;
denn es blieb nicht beim blossen Rauben und PlOndem, es
wurden auch Kirchen, KKteter und mehrere Paläste bis auf den
Grund niedergebrannt; ja auf dem Kapitol sprengten die erbit-
terten Krieger einen Thurm, in welchen sich sehr viele Römer
hineingeflüchtet hatten, mit Pulver in die Luft, nachdem er
vorher unterminirt worden war.
Was die Dauer der Plünderung anbelangt, schreibt der
bereits genannte Geschäftsführer des Herzogs von Ferrara:
„Gestern — den 13. Mai — waren es acht Tage, dass die
Plünderung begann und noch dauert sie fort; noch fort-
während werden Gefangene eingezogen* Man findet einige, die
drei und vier Mal sich loskaufen mussten.^
Leider gab es unter den Landsknechten, die aus allen
Gauen Deutschlands dem Ritter Georg von Freundsberg und
Konrad von Bemmelberg zugeströmt waren, auch sehr viele,
welche von der Irrlehre Luthers angesteckt waren. Der
Mothwille, den sich besonders diese Leute unter der Anleitung
eines gewissen Wilhelm Sandizell vor der Engelsbai^
erlaubten — somit unter den Augen des Papstes — geht über
alle Beschreibung. So setzten sie z. B. Kardinalshüte auf,
zogen die rothen Talare derselben an, ritten in denselben auf
Eseln durch die Stadt nach der Engelsburg. Der erwähnte
Sandizell erschien in ihrer Mitte als Papst — mit einer drei-
fachen Krone auf dem Haupte und mit den Insignien der päpst-
lichen Würde geschmückt. Hier äfften nun die rohen Krieger
unter allerlei Verbeugungen die Ceremonien des Fusskusses
nach , schnitten die lächeriichsten Grimassen und machten dk
abscheulichsten Schwanke. Zuletzt gab der vermummte Papst
mit einem Glas Wein den Segen, trank es aus, während die
— 207 —
Debrigen auf den Knien lagen, dem Papste zntranken ond aus-
riefen: ,)Wer den Luther zum Papst haben wolle, soll seine
Hand aufheben,^ worauf Alle die Hände hoch in die Lufte
emporstreckten und aus vollem Halse schrien: »Ja, Luther
soll unser Papst werden.^
Zwei spanische Hauptleute erhielten den Befehl, die Zu-
gfinge zur Engelsburg abzusperren und Niemanden weder in
dieselbe hinein, noch aus derselben heraus zu lassen; diese
rohen Krieger vollzogen nun den erhaltenen Auftrag mit einer
solchen unmenschlichen Strenge, dass sie ein altes Weib,
welches einiges Gemüse in den Graben der benannten Burg
hintrug und damit dem belagerten Papste eine Verehrung
machen wollte, im Graben unter den Augen desselben auf-
hfingen Hessen, und Kinder, welche einige Kräuter zum
Hinaufziehen Über die Hauer an Stricken befestigten, zu er-
schiessen befahlen. Da auf diese Weise gar keine Lebens-
mittel in die Burg hineinkamen und sich sehr viel Volk in
dieselbe geflüchtet hatte, so entstand bald eine solche Noth,
dass selbst die Kardinäle ihren Hunger mit Eselsfleisch
stillen mussten.
Die Engelsburg war äusserst fest; im ersten Zwinger
vniren 40 Geschütze aufgepflanzt , darunter auch eine 18 Fuss
lange Doppelschlange. Im zweiten Zwinger befand sich eben-
falls viel Geschütz; im Kastelle selbsten lagen 90 Schweizer
und bei 400 italienische Kriegsleute. Diese feuerten nun aus
allen Geschossen fortwährend heraus, wodurch nicht nur allein
mehr kaiserliche Soldaten getödtet und verwundet wurden, als
selbst beim Sturm auf alle drei Stadtlheile, sondern auch sehr
viele Einwohner umkamen. Hoch ober dem Engel in der be-
nannten Burg Hess Kiemens den Kaiserlichen zum Trotze eine
rothe Fahne aufstecken und weiter unten noch andere Kriegs-
fahnen flattern; dies vermehrte noch die Wuth der ohnehin
erbitterten Krieger. Hit Bedauern wird es ausgesprochen, dass
auch hier der bekannte Vers seine volle Anwendung findet:
llliacos intra muros peccatur et extra.
— 208 —
Am acfatCD Tage machte die Besatzuog sogar einen Ans-
fall, wurde aber zurückgetrieben; auch da gab es wiederum
Todte und Verwundete auf beiden Seiten. Ueberbaupt wird
bemerkt, dass bei i2,000 Leichen von Personen, welche die
erste Woche auf beiden Seiten umkamen, die Hfluser und
Palfiste, die Gassen und Strassen der Stadt anfüllten und über
sechs Tage unbegraben lagen, was bei der tfiglich immer mehr
zunehmenden Hitze im Monate Hai einen unertrftglichen Geruch
erzeugte und bald darauf die Pest selbst zur Folge hatte;
welche Verheerungen diese anrichtete, werden wir etwas später
hören.
209 —
X. Abschnitt.
AafenUiAlt des kuseTlichen Heeres in Bom; Erwählaog des Prinxen
Philibert ron Oranien zuiii Oberbefehlshaber; Ankunft des Kar-
dinals Pompejus Colonna; Verwerfung der p&pstlichen Vorschlage
durch die Landsknechte; Entwaffnung der Stadt; Ann&hening des
Terbündeten Heeres; Rückzog desselben; Oaissmayr als Haupt-
mann im Heere der Verbündeten; Verwundung des Prinzen von
Oranien; Ankunft des Vice-KOnigs Lannoy mit einer bedeutenden
Truppenmacht; Sterblichkeit in Rom; Tod vieler deutschen Haupt-
leutCt des Claus Seidensticker, Melchior Ton Freunds-
berg u. A. ; Abschluss eines Vertrages mit dem kaiserlichen
Heere; Unterzeichnung dieses Vertrages durch Lttdwig Grafen
von Lodron; Weigerung der kaiserlichen Soldaten, denselben an-
zunehmen; blutige Schlägerei zwischen Deutschen und Spaniern;
Verwundung des Conradin Ton Glurns; üebergabe der Engels-
burg; Flucht des Prinzen Ton Oranien und des Konrad von Bem-
melberg aus Rom; Absendung des Grafen Ludwig von Lodron
als Konunissär zur Uebemahme der fünf Tom Papste yerpfftndeten
StAdte.
i. Noch immer hatte das Heer keinen definitiven Ober-
befehlshaber — ein Umstand , der schwer in die Wagschale
füllt, dass so viele Grituel verübt wurden. Endlich kamen die
Obersien und Hauptieute der drei Nationen darin überein, den
jungen Prinzen Philibert von Oranien, den Vetter des
gefallenen Herzogs von Bourbon bis auf weitern Bescheid des
Kaisers als ihren Oberkommandanten anzuerkennen und ihm
willigen Gehorsam zu leisten, wogegen sich der Prinz den
Haupileuten und gemeinen Soldaten gegenüber verpflichtete,
keinen Fletss zu sparen, dass Alle den ganzen noch rflckstän-
digen Sold erhielten. Das erste Geschftft des neuen Ober-
befehlshabers war — den Leichnam Bourbons einbalsamiren
und in der päpstlichen Kapelle ausstellen zu lassen; traurig
eilte jeder Krieger hin, dem tapfem und im ganzen Heere
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beliebten Feldherrn, der bei seinem Tode erst 38 Jahre zilhlte,
die letzte Ehre zu erweisen. '*')
2. Am achten Tage nach Erstürmung der Stadt kam der
Kardinal Pompejus Colonna mit seinen beiden Vettern Ascanios
und Yespasianus Colonna, den mächtigen Herzogen von Alba
und Traject, mit 200 Reitern und einem Fähnlein Fussvolk
nach Rom. Als er den Gräuel der Verwüstung sah, die Menge
der Leichen aller Orten erblickte und den Jammer der Weiber
und Kinder hörte, konnte er sich der Thränen nicht erwehren.
Schnell öffnete er nun seinen Palast allen Hülfsbedürftigen, half
wo und wie er kbnnte. Ausgeplünderte Kardinäle, Bischöfe
und Prälaten wurden gekleidet und gespeiset, Gefangene erlöset,
und die obersten Gemächer seines geräumigen Palastes mit
obdachlosen Frauen und Jungfrauen angefüllt, die sämmtlich in
Schutz und Verpflegung genommen wurden. Da er wegen
seiner kaiserlichen Gesinnung bei den Führern des Heeres in
grossem Ansehen stand, so konnte er durch seine Aoktorität
viel Böses verhindern; Frauen und Jungfrauen wurden von nao
an verschont, keine gefangenen Bürger mehr gefoltert, die
Kirchen nicht weiter beraubt u. s. w. Nebst sehr vielen andern
ausgeübten edlen Handlungen üble der benannte Kardinal auch
noch eine schöne That, die ihm besonders zur Ehre gereicht,
Indem er nämlich eine Frau sammt ihrer Tochter aus dem
adeligen Geschlechte de santa Croce, das seinen Vater HititH
nymus Colonna ermordet hatte, mit Geld loskaufte und In
sein Haus aufnahm; allein ans Rache gegen den Bapst, der
kurz zuvor seine vielen Besitzungen hatte verwüilten lassen,
'^) Als das kaiserliche Heer am 16. Juli Rom vertiess, nahm es
den Leichnam des geliebten Feldherrn mit sich und brachte ihn
nach Gaeta, wo er in der Kapelle dieser Festung beigesetzt
wurde. Kaiser Karl V. Hess ihm ein prachtiges Denkmal mit
folgender Inschrift setzen:
Auclo imperio. Gallo viclo, superata Italia, Pontifice obsesso,
Roma capta , Cerolus Borbonius in victoria caesus bic jacet.
Dieses Denkmal wurde von den Franzosen im Revoliitions-
kriege zerstört.
- 211 -
Hess PottfMJus ein Dorf, das dem Papste Hnmittelbar gehörte
und nur bei 2000 SehriUe von der Stadt entfernt war, in
Flammen aufgehen, so dass Klemens von der Engelsbnrg aus
recht gut den Brand sehen konnte — bei dessen Anblick der
Papst tief aufgeseufzt haben soll. Afflictis aon est addenda
afflicdo. Diese That verdunkelt gewaltig das viele Gute, das
der benannte Kardinal — der wie ein Engel vom Himmel
gesandt betrachtet wurde — in der unglttcklichen Stadt sonst
gewirkt hat.
3. Als Klemens Vil. auf den baldigen Entsalz der Engels-
barg und auf seine Befreiung aus dieser traurigen Lage durch
das verbündete Heer vergeblich gewartet hatte, so entwarf er
am 9. Hai einen Vertrag und iiberschickle diesen dem kaiser-
lieheo Heere zur Annahme.*) Von den Obersien und Haupt-
leuten wfire die überschickte Konvention anstandslos angenommen
worden, von den gemeinen Soldaten aber wurde dieselbe durch-
aus — verworfen; sie genflgte ihnen nicht. Als der Papst
die Verwerfung seiner Vorschläge vernahm, stellte er gün-
stigere Bedingungen und verpflichtete sich: die Engelsburg
sammt seiner Person und den Kardinälen y.Jn des Keyssers
Hand and Gewalt zu ergeben,^ ferners dem kaiserlichen Heere
fänf Stfidte — Piacenza , Parma , Uodena , Civita vechia und
Oslia — za verpflUiden, 200,000 Kronen sogleich zu erlegen,
jedem Knechte den Sold für zwei Monate einstweilen auszube-
zahlen , spftler aber alle Rückstände zu berichtigen — gegen
die BedUigiug, dass das Heer abziehe and Ro>m ver-
lasse. Auf diese aus der Engelsburg erhaltenen Vorschläge
hinauf liess der nunmehrige Oberbefehlshaber , Prinz Phlllbert
von Oranien, das Kriegsvolk auf dem Campoflor zusammen-
kommen; hier theilte er demselben die neuen Vorschläge des
Papstes mit, gab den wohlgemeinten Rath, auf dieselben ein-
zugehen, und versprach^ Jedem Soldaten den doppelten Monate
♦) Der Entwurf des in Rede stehenden Vertrages vom 9. Mai, in
italienischer Sprache verfasst, liegt vor; er ist von den meisten
Scbriflstellern nicht gekannt.
14*
— 212 —
sold gleich auszazahlen und die Rückstfinde ein Monat später
zu berichtigen, stellte sich Selbsten dem Heere als Bürgen
und Schuldner dar, ja er erkMrte: er wolle sanumt den
spanischen Hauptleuten bis zur Erfdllung seines gemachten Ver-
sprechens der Gefangene des Heeres sein — nur soll
selbes von Rom abziehen, diese Hörderhöhle yoli Jammer
und Gestank unbedenklich verlassen und mit ihm nach Florenz
ziehen. Die Spanier Hessen sich bereden und zeigten sich
geneigt, den in Rede stehenden Vorschlag des Prinzen anzu-
nehmen, die Deutschen gingen aber darauf ^ nicht ein,
sondern standen zusammen und wählten aus ihrer Mitle eioeo
Ausschoss, der in ihrem Namen handeln und ihre Interessen
vertreten sollte. Der erwähnte Ausschuss gab nun nach kurzer
Berathung dem Prinzen das Erklären: „Ehevor das Volk
nicht die volle Bezahlung erhalten habe, werde es
von Rom nicht abziehen.^ Wie nun der Prinz zur Uebw-
zeugung kam, dass sich der Aufenthalt des Heeres zu Rom
bedeutend verlängern dflrfte, Hess er öffentlich anschlagen und
ausrufen : man solle aufhören plOndern, den Borgern den Frieden
geben, sie in ihre Wohnungen kommen lassen, die Kornkästen
anzeigen, die Mahlen verschonen, da man doch länger in Rom
bleiben wolle, den Kaufieulen ihre Schuldbiicher zurückgeben
u s. w< Auch ward den Landsknechten zur strengen Piicht
gemacht, zu ihren Fähnlein zu ziehen und Ordnung zu halten.
Für den letzten Zweck, um nämlich in der Stadt für die Daoer
des Aufenthaltes Ruhe und Ordnung einzufahren, wurde in der
Person des Karls de la Motte ein Platzkommandant aufgestellt.
Um aber den Papst zu zwingen, auf Alles einzugehen, was das
Heer verlangte, wurden vor der Engelsburg gewaltige Schanzen
und Gräben aufgeworfen ; Klemens antwortete mit einem heftigen
Ausfall, der am 15. Mai unternommen aber zurückgeschlagen
wurde. Wie nun dieses Mittel, sich Luft zu machen, fehl-
schlug, drang Klemens neuerdings in den Prinzen, die gemachten
Vorschläge anzunehmen. Dieser Hess auch wirklich am 17. Hai
seine Krieger auf dem Campoflor zusammenkommen, richtete
~ 213 —
aber nichts aas; das Heer verlangte nun geradezu: Der Papst
solle sich ergeben, als Gefangener des Kaisers beim ^Haufen^
bleiben, durch seine Unterschrift sich verbindlich machen, vom
Heere nicht lu weichen, bis er seine Versprechungen gehallen
und alle rdckstündigen Besoldungen bezahlt hätte. Unter Einem
solle der Prinz dem Heere schwören, von demselben nicht zu
weichen, bis Alles in Monatfrist bezahlt und berichtigt wäre.
Wenn er auf diese Bedingungen eingehen wolle, so werden
sie den Sold fdr zwei Monate annehmen und — abziehen,
nur um aus dieser stinkenden Mördergrube zu kommen. Der
Prinz bedeutete dem Heere, diese Forderungen erst in Ueber*
legung ziehen zu müssen. Tags darauf, den 18. Hai, ver-
sammelte er neuerdings auf dem Campoflor seine Leute und
trat in ihren Ring; hier machte er das Anerbieten, „dass er
sich für seine Person zu ihnen verpBichten wolle, ^ sie sollten
auch dasselbe thun, sagte aber nichts von einer Bezahlung oder
„vre der Papst bleiben wflrd;^ aus diesem Grunde ging Alles
unverrichteter Sache auseinander.
4. Hittierweile hatte Prinz Philibert von Oranien eine Ent-
deckung gemacht, die ihn veranlasste, zur Entwaffnung der
Stadt zu schreiten ; allen Burgern wurde zur Pflicht gemacht,
die Spiesse, Harnische, Hellebarden, Handröhren, kurz alle
Waffen auf dem Campoflor abzuliefern; die Ursache dieser
Vorsichtsmassregel war — die Annäherung des verbün-
deten Heeres. Schenken wir nun diesem unsere Aufmerk-
samkeit. Die Alliirten standen während der Vorfillle in Rom
mit der Hauptmacht, die bei 30,000 Hann betragen haben
möchte, in Florenz. Auf die eingegangene Nachricht von der
Erstürmung Roms wurde im verbündeten Lager die Verabredung
getroffen , der Harkgraf von Saluzzo , Kommandant der Fran-
zosen, sollte mit seinen Truppen den Vortrab bilden und den
Weg nach Rom einschlagen ; der Herzog von Urbino versprach
schnell zu folgen; dieser schlug jedoch, weil er dem Papste
gram war, von der Stadt Cortona aus den weitem Weg über
Perugia ein, machte in letzterer Stadt drei Tage lang Halt,
— 214 —
und kam erst am 16. Mai nach Orvieto, das noch bei vierxehn
deutsche Heilen von Rom entfernt ist. Am 20. Mai waren die
verbündeten Truppen bei Isola — zwei deutsche Meilen von
Rom — konzentrirt.
Als nan Papst Klemens das verbündete Heer su seinem
Entsalze im Angesichte der Stadt erblickte, zog er andere
Saiten auf; die rothe Fahne wurde neuerdings hoch ober dem
Engel aufgepflanzt und sämmtliche Geschütze der Engelsburg
fingen wieder an, unausgesetzt auf die Kaiserlichen zu spielen ;
Klemens glaubte fest, die Stunde der Erlösung aus seiner
traurigen Lage habe nun geschlagen« In Rom hatte sich das
Gerücht verbreitet, der Herzog von Urbino flihre im Schilde,
die Kaiserlichen ganz unvermuthet zu überfallen; diese standen
jedoch Tag und Nacht kampfbereit auf dem Petersplatze und
bei den Thoren, brennend vor Begierde, mit den Verbündeten
handgemein zu werden, Mb diese einen Ueberfall wagen oder
eine Schlacht anbieten sollte»; wirklich rückten diese am 22.
in einer bedeutenden Stfirke an, wurden aber mit einem bedeu-
tenden Verlust zurückgetrieben; besonders kam Graf Cajazso
sehr ins Gedräng, dass er nur mit Mühe entkam. Unter den
Truppen der Verbündeten soll sich auch der berüchtigte Gaiss-
mayr als Kommandant eines Ffihnleins Venetianer befunden
haben. —
Prinz Philibert von Uranien Hess nun zehn Fähnlein italie-
nischer Kiieger , die von Neapel gekommen waren , in den
Verschanznngen vor der Engelsburg zurück, zog am 24. Mai
mit dem Heere aus der Stadt und schlug auf dem Campo saato
ein Lager auf — Willens über die Schiffbrücken zu rücken,
die geschlagen worden waren, und den Verbündeten eine Schlacht
zu liefern. Am 25. und 28. fielen mehrere Gefechte vor, die
aber nichts enlschieden. Wie nun der Herzog von Urbino die
Erfahrung gemacht hatte, dass er es mit einem kampfgerüstelen
Heere zu thun habe, wollte er weder einen Angriff mehr wageo^
um den Papst zu befreien, noch einen Angriff abwarten, den der
Prinz zu machen beabsichtigte, sondern zog sieb auf bol«?
— 215 —
voa da nach Moolerosi und suletat gar nach Umbrien zurück —
so driogead ihn auch der Papst hatte bitten lassen, \i\ der Nfthe
von Rom Utoger zu verbleiben und kein Mittel unversucht zu
lassen, um ihn aus den Hunden der Kaiserlichen zu befreien;
vielleicht auch dass die grosse Noth und der Hangel an Lebens*
nittela, an denen es im verbündeten Lager fehlte, das ihrige
beigetragen haben , den Herzog zum Rückzug zu bewegen. *)
Die Nacht vor dem Abzug des Herzogs sind zwei Führer vom
Heere der Aliiirten, Peter Rossi und Alexander Vitellius, mit
200 Kflransieren zu den Kaiserlichen übergetreten. Auch Haupt*
mann Gaissmayr habe mit noch Andern zur kaiserlichen
Parthei übergehen wollen, würe aber zurückgewiesen worden.
5. Als nnn Klemens VIL jede Hoffnung eines Entsatzes
aufgeben muaste, machte er Miene, sich zu ergeben, iiess auch
zu diesem Zwecke den Prinzen von Uranien zu sich in die
Engelsburg entbieten; wie nun dieser dem Kastell sich nähert,
kifft ihn eine Kugel, die ihn im Gesichte verwundet; ob nun
die Kugel zufällig oder absichtlich auf den Prinzen abgeschossen
worden, kann nicht angegeben werden. ^^) Dieser Umstand
hatte zur Folge, dass das Misstrauen des kaiserlichen Heeres
gegen den Papst den höchsten Grad erreichte, und nun alle
m(^lichen Anstalten getroffen wurden, die Engelsburg zu er-
obern. Alle Bürger und Arbeitsleute worden aufgeboten und
verhaken, zur Untergrabung der festen Mauer des Kastells Hand
anzaiegen; durch drei volle Tage wurde mit dieser Arbeit fort-
*) Doktor Anger er schreibt, in Italien habe zu dieser Zeit eine
solche Hnngersnoth geherrscht , dass arme Leute Gras assen.
und dass man viele verhunj^erte Bauern auf dem Felde noch mit
dem Grase im Munde gefunden habe.
*^) Etwas komisch meldet Kaspar Schwegler in einem Sehreiben an
den kranken Ritter Georg von Frenndsberg unterm 11. Juni
diese Verwundung des Prinzen mit^den Worten:
^Der Prinz von Vrania ist in der Schanz vor der Engreis-
bürg durch das angesicht hindten aus durchgeschossen worden,
ist aber schier vviederumb genesen, schadet ihm nit weiter^
dann das glat angesiebt verderbt ist«^
— 216 —
gefahren. WftKr^nd dieser Zeit wurde der Sladtkoimnandant,
Karl de la Motle, und der deutsche Hauptmann Franz von
Heimslein, mit dem Beinamen „von Thomis'', als Gesandte nach
Spanien geschickt, um dem Kaiser über alle Vorfalienheiten
Bericht zu erstatten und seine Befehle einzuholen; Karl de Ja
Motte, der schon bejahrt war, ertrug jedoch die Strapatzen der
langen Seereise nicht und starb auf dem Meere; Heimstein
kam glücklich nach Spanien, entledigte sich dort seines Auf-
trages, kehrte zu Land wieder nach Italien zurück und besuchte
den kranken Georg von Freundsberg, der noch immer in Fer-
rara sich befand.
Am 28. Mai kam Karl von Lannoy, kaiserlicher Yice-König
von Neapel, nach Rom; mit ihm kam auch sein Kanzler und
Sekretär, Johann Bartholomeo Gattinara, sowie Hugo de Mou-
cada, Ferdinand a Larcon, Alphons Markgraf von Guasta, welche
an der Spitze von 12,000 Deutschen, 4000 Italienern und
8000 Spaniern in Rom einzogen , so dass jetzt der Kaiser ein
gewaltiges Kriegshoer in Rom konzentrirt hatte. Bei der herr-
schenden Noih an Lebensmitteln, bei der drückenden Hitze und
den verpesteten Düuslen, welche die Stadt erfüllten, blieben die
traurigen Folgen nicht lange aus ; ansteckende Krankheiten rafften
in Zeit von zweien Monaten bei 2000 Deutsche und über 2000
Spanier hinweg. Schertlin sagt: „wir habend Rom nit zwen
monat iune ghabt, seind uns bis in die 5000 knecht und kriegs-
volk an der peslilentz gestorben, von wegen der tpdten cörper
so nit vergraben worden waren. ^ Der Kriegszahl meister Kaspar
Schwegler gibt in seinem Schreiben an Georg von Freundsberg
d. d. Rom 11. Juni ausser den oben angeführten Ursachen der
grossen Sterblichkeit noch eine andere an, indem er schreibt:
„Es sterben vil Knecht hie an der pestilenz, trinken auch
hefftig, werden vnsynnig und sterben gleich; es hat star-
ken wein hie.'*
Unter den deutschen Hauptleuten , die ein Opfer der Pest
wurden, befanden sich folgende: Christoph Graf von Kbersteiii,
Christoph Schlick, Rudolph von Ehingen, Michael Hartmann
— 217 —
von Altkirch, Urban Linsing von Landeck, Heinrich von
Fützingen, Jackle von Aurach, Stephan von Payr von Coslnitz,
Reischl, Polderle und leider auch der wackere Clatis Seiden"
»tieker^ der brave Innsbrucker Hauptmann, dem es nicht mehr
gegönnt war, sein Vaterland Tirol wieder zu sehen, in dem-
selben (wie er sich's vorgenommen hatte) seine Tage in Ruhe
zu beschliessen und „die hohen Herren unterdessen unterm
Hütlein spielen zu lassen^^ wie und so lang sie wollten. Wer
aber aus allen den vielen wackern Hauptleuten, die zu Rom an
der Pest starben, am meisten bedauert und betrauert wurde,
das war — Hauptmann Melchior von Freundsberg, der
tapfere Sohn des tapfern Vaters Georg von Freundsberg, der
am 12. Jänner 1528 in der Blflthe seines Allers, erst 20 Jahre
alt, seine Heldenseele aushauchte. Ritter Georg, der vier
Monate später (am 28. Hai 1528) seinem Sohne im Tode
folgte, musste leider diesen Schmerz auch noch erleben.
In einem Briefe an Georg von Freundsberg berichtet
Kaspar Seh wegler unterm 27. Mai 1527 aus Rom: ;^Ewer Sun
Melchior ist gesund vnd hat ain guete peyt.^' Melchior selbst
sendete an seinen Vater am ersten Sonntag nach Pfingsten ein
Schreiben ab , das den Sturm auf Rom bespricht , den Verlust
„viler ehrlicher gesellen^ meldet und folgendermassen schliesst:
„Weyter Wayss ich euch diser zeit nichtz zeschreiben, dann
daz each Graff Ludwig von Lodron, der Hess, Philip
Stumpf vnnd all annder Herrn Hauptleut vnnd gut Ehrlich ge-
sellen vil gtttz entbieten; Wollet auch allem Ewrem Hoffgesindt
von mir alles gutz sagen; damit seyt got beuolchen, der
heliff vns mit frewden zusammen.^
Allein diese Freude sollte dem Vater nicht zu Theil wer-
den; Melchior starb am 12. Jänner 1528 und zwar an einem
Fussleiden, indem er der FlQsse wegen die Schenkel öfters
musste aufschneiden lassen; er hatte ifl seiner Jugend etliche
Jahre &tudirt und zu Wittenberg in Sachsen die hohe Schule
besucht, diese aber sogleich verlassen, als sein Vater den Zug
nach Italien antrat, um denselben mitzumachen.' Der junge
— 218 -
Krieger erhielt seine Ruhestätte fm deiitochen Spitale zu Rom,
und auf derselben nachstehende Grabsebrift:
Helcbiori a Frandsberg, Bquitis splendidfssimi, caesareiqiie
germanici peditatus hello Halico praefecti filio, qui dum hmie-
stissimos ordines duceret, in urbe immatura morte interoeptas
est, Caspar Svegler alumnos , quaestor exercitus , militam Tri-
bunus beatae roemorlae posult. Vixit annos XX. obiit XU
Januarii HDXXYIIL
6. Als die allgemeine Sterblichkeit auch in der Engels-
burg überhand nahm, und die Notb im Kastelle eine solche
Höhe erreicht hatte, dass der Papst selbst drei Tage lang keinen
Bissen in seinen Mund gebracht haben soll, liess er am t. Jaai
durch seinen Obersthofmeister, den Bischof von Capo«, Nikolaus
von Schamberg, den Kardinal Poropejus Coionna z« sich in die
Engelsburg entbieten, um sich mit diesem zu unterreden; unter
Einem erhielt Nikolaus von Schamberg vom Papste die Macht
und GcM'alt, mit den Obersten und Ftthrem des kaiserlichen
Heeres einen Vertrag abzuschliessen ; dieser kam auch ttnterm
6. JurU wirklich zu Stande; er umfasst neun Artikel und lautet
seinem wesentlichen Inhalte nach folgendermassen :
i. Der Papst stellt seine Person, sowie alle Kardtnile,
Bischöfe, Prälaten, Kriegsleute, Bürger n, s. w., die sich bei
ihm in der Engelsburg beBnden, unter "den Schoti der kaiser-
lichen Hauptleute; dieselben sollten Seine Heäigkeit und alle
Uebrtgen, die sich dazu entschliesseii^ unter sicherer BededLsag
nach Neapel bringen lassen; wfirden aber einige Karduftle,
Bärger etc. lieber m Rom bleiben oder anderswohin ziehea
wollen, so sollen sie dahin ziehen därfen und dazu das nOthige
Geleit erhalten.
2. Die Engelsbnrg soll am 6. Juni sammt Geschäts,
Munition etc. den dazu bestimmten Hauptleuten des kaiserlichen
Heeres ttberantwortet, «lies Privaleigenthum aber respektirt und
unangetastet bleiben.
3. Zur Befriedigung des Heeres macht sich der Papst
verbindlich, 400,000 Kronen zu erlegen, und zwar 100,000
- 219 —
geschwind und 50,000 In 20 Tagen, die dem Abte Naggeri
Hl Neapel, Siena oder tienaa eingehändigt werden sollen. Die
noch fehlenden 250,000 sollen durch eine Landsteuer ein-
bringlich gemacht und innerhalb zweier Monaten den Truppen
ausbeiahlt werden. Znr Sichersteliung dieser Summe übergibt
der Papst dem Heere vier Bischöfe und drei Laien als Bürgen. *}
4. Damit das Heer von Rom absiehe und andere
Städte im päpstlichen Gebiete unbelästigt lasse, lasst sich der
Papsl herbei, den kaiserlichen Hauptlenten nachstehende „fBnf
Städte mit allen ihren Testen und Zugehörungen^ zu überant-
worten, als: Ostia, Civita vechia, Modena, Parma und
Piacenza.
5. Die Colonna*s sollen in alle ihre Würden und Güter
wieder eingesetzt werden.
6. Alle Strafen, die über dieselben verhängt, alle Excom-
munikationen , die gegen dieselben ausgesprochen wurden, sind
aufzuheben.
7. Soll der Prinz von Oranien in Person zugegen sein,
wenn die päpstlichen Truppen und diejenigen, welche sich in
der Engelsburg befinden , diesen Platz verlassen , um zu ver-
hüten, dass Niemand misshandelt werde. Die Ausziehenden
sollen durch drei Fähnlein Deutsche, fünf Fähnlein Spanier und
100 leichte Pferde, je nachdem es nöthig ist, gegen 25 Heilen
sicher eskortirt werden, zugleich aber die Erlaubniss haben,
wieder nach Rom zurückkehren oder nach Belieben auch in
dieser Sladt jetzt schon v^bleiben zu dürfen.
8. Nach Besetzung der Engelsburg sollten die obern Ge-
*) Diese sieben Geissein und Bürgen waren :
Joannes Marius Montanus, Erzbischof von Sipoot^
Onofrins Bartolinus, Erzbischof von Pisa ;
Antonius Bucci, Bischof von Pistoja }
Joannes Mathaeiis Giberti, Bischof von Verona ;
dann die Herren:
Jakob Salviali;
Lorenz Ridolphi and
Simon de Recca Solis.
— 220 —
inächer derselben von den Kaiserlichen nicht betreten werden
— höchstens von einem Hauptmanne mit vier oder fünf Per-
sonen, wenn dieses wegen Erhaltung der Burg nothwendig
werden sollte.
9. Verpflichtet sich der Papst, den Stadtkommandanten
von Ostia und Civita vechia die Abschliessung dieses Vertrages
gleich mitzutheilen — mit beigefügter Weisung, die benannten
Städte zu räumen und selbe den kaiserlichen Abgeordnelen %n
übergeben. Unter Einem soll Admiral Andreas Doria den Befehl
erhalten, mit seinen Schiffen den Hafen von Civita vechia zu
verlassen und selben den Kaiserlichen zu übergeben.
Vorstehender Vertrag wurde päpsllicher Seits von neuo
Kardinälen und vier Bischöfen unterfertigt. Von Seite des kai«
serlichen Heeres haben ihn unterschrieben:
Philibertus de Chialon, Princeps,
Ferdinandus de Gonzaga,
Couradus de Bemelberg, Colonellus d^Alemanni,
Joannes de Urbina,
Comes Ludovicus de Lodron,
Joannes Bartholomaeus Gattinaria,
Harinus Abbas de Naggera,
Hieronymus Horonus,
Loys Gonzaga
und noch zehn andere hervorragende Führer der Truppen.
Für uns ist die Unterfertigang des in Rede stehenden
Vertrages aus dem Grunde von besonderer Wichtigkeit, weil
daraus hervorgeht, dass Graf Ludwig nach dem Oberbefehls-
haber, dem Prinzen von Oranien (Princeps de Chialon), die
vierte höchste Stelle im kaiserlichen Heere einnahm, und in
Bezug auf seine Würde, die er in demselben bekleidete, selbst
dem Kanzler des Königreichs Neapel, Gattinaria, und dem kai-
serlichen Generalkommissär, dem Abte Harinus de Naggera,
vorging. Prinz Ferdinand von Gonzaga unterschrieb als Führer
der italienischen, Bemmelberg als Führer der deutschen und
Johannes de Urbina als Führer der spanischen Truppen; nach
— 221 —
•dem Feldhenm und den Ftihrern der drei xasamraenwiriLenden
Nationen erblicken wir unsem Grafen Ladwig in erster
Reihe. —
Nun wollen wir sehen, wie das kaiserliche Heer den Ab*
schluss dieses Vertrages aafgenommen hat. Unter dem 5. Juni
war derselbe beiderseits unterzeichnet worden, und gleich Tags
darauf Hess der Prini von Oranien bei den aufgeworfenen
Schanzen auf dem Platze vor der Engelsburg die drei Nationen
zusammenkommen und theilte ihnen die Punkte des abgeschlos-
senen Vertrages mit. Schon das war nicht recht, dass der
Vertrag in lateinischer Sprache verfasst war; alle An-
wesenden schüttelten bedenklich die Köpfe und witterten Ver-
ralh. Als nun aber die Deutschen auch noch hörten, dass sie
von der Stunde an kraft des Vertrages die Stadt verlassen
sollten^ ohne vorher die volle Bezahlung erhalten zu haben,
weigerten sie sich geradezu, von Rom abzuziehen — ausge-
nommen, wenn der Feldherr selbst die Bezahlung auf sich
nehmen und als Schuldner des Heeres sich bekennen wolle.
Der Prinz liess sich zu dem herbei^ und nahm in Folge
dessen die Bischöfe, die als Bürgen dienen mussten, in seine
Verwahrung. Dazu verpflichtete sich der kaiserliche Vice-König
von Neapel, Lannoy, den Papst sammt den Kardinälen nicht
aus seiner Hand zu lassen, bis die Soldaten vollständig bezahlt
seien; ja er versprach aueh, von Neapel 20,000 Kronen zu
schicken, und die Spanier wurden insbesonders noch auf
50,000 Kronen vertröstet , die ihnen binnen Monatfrist oder in
sechs Wochen zu Theil werden sollten; allein statt sich damit
zu begnügen und Ruhe zu geben, waren es gerade die Spanier,
welche einen gewaltigen Aufruhr erregten, anfingen zu plündern,
Hauptleute überfielen und misshandelten und andere Gewalt-
thütigkeiten verübten
Da nun der Vice-König vor dem erbitterten spanischen
Haufen seines Lebens nicht mehr sicher war, so flüchtete er
sich noch dieselbe Nacht mit dem Markgrafen Alphous von
Guasla heimlich aus Rom weg, und. eilte nach Neapel; die
4000 SlalieMr, «o kurs ravor voi Neapel .koimend in Rom
eingeMgeo waren., folgtei dem Vice-K&oige auf dem Fasse.
Darüber erhoben die Spanier ein gewaltiges Geschrei and
brachten heraus, als wfirc Lannoy mit dem Papste einverstanden
gewesen und hfitte getrachtet, diesen heimlich ans Rom in ent-
ftthceu. Um dem Spektakel die Krone aafxusetzea, kamen end-
lieh auch noch die Deutschen und Spanier einander
gewaltig in die Haare. Die Veranlassung daiu gaben zwei
Soldaten, ein deutscher und ein spanischer, welche Anfangs
auf dem Campoflor friedlich mitsammen ein Spiel machten,
plötzlich aber zu streiten kamen. An dem Streit zwischen Beiden
nahm bald eine grosse Menge Krieger beider Nationen Idihattei
Antheil, und es kam zu einer grossartigen Schlägerei, in Folge
welcher auf beiden Seiten gegen vierzig Personen erschossen,
erstochen oder schwer verwundet wurden; bei der Nacht plün-
derte eine Parthei die andere; nur mit ttusserster Anstrengung
gelang es den Obersten beider Nationen, Friede und Ordnaog
wieder herzustellen. Bei dieser Gelegenheit erhielt der deniscbe
Uanptmann. Wendel in von Weyers einen Schuss durch den
Schenkel, dann Hauptmann Conradin Spergser von Oiums
einen Stich, und ein deutscher Wachtmeister, „Jfickle von
B ibr ach^, einen Schuss durch den Leib, an welchem er Tags
darauf starb. — Um derlei Schlägereien zwischen den Kriegern
beider Nationalitäten ferne zu halten, wurde die Anordnang
getroffen, dass abwechselnd täglich drei deutsche und drei
spanische Hauptleute mit starker Begleitung in der Stadt die
Runde zu machen hatten.
7. Am 7. Juni Öffneten sich die Thore der Engelsbaif ;
die wenigen Schweizer der päpstlichen Garde, die dem Blot-
bade vom 6» Mai entronnen und glücklich in das benannte
Kastell gelangt waren, zogen unter ihrem Hauptmanne Golde
von Zürich mit Sack und Pack ab und erhielten in der Stadt
ein eigenes Quartier. An die Stelle der abgetretenen Schweizer-
Garde, welche kassirt wurde, trat eine Schaar von 200 Lands-
knechten unter dem Hauptmanne Sebastian Schertlio; m
— 328 —
dieser Sehaar ^fthke man ans allen Ffihnlain des Heeres ih
schönsten und stärksten Krieger ma und verlegte sie in die
Engelsbaig — mit der Bestimmung, die päpstliche Garde tn
bilden und den Papst an bewachen. Als eigentliche Besatsung
kam aber in das benannte Kastell : ein Fahnlein Landsknechte
unter dem Tiroler Hauptmann Veit von Wähingen und ein
Fähnlein Spanier unter dem Obersten Ferdinand a Larcon ; diese
besetzten am 8. Juni das Kastell, nahmen die rothe Fahne
herab, die fortwahrend noch auf der höchsten Zinne der Burg
flatterte, und pflanzten dafür das kaiserliche Panier auf; die
400 Italiener, die bisher mit dem kleinen Ueberreste der
Schweizer in der Engelsburg lagen, zogen mit Albert von
Carpen und Renzo de Gere ab, und wurden von den Kaiser-
liehen bis an ihren Bestimmungsort eskortirt; Papst Klemens
und die Kardinale zogen es aber vor, in der Engelsburg zu
verbleiben; daher der YHI. Artikel im abgeschlossenen Ver-
trage : die obem Gemächer der Burg sollten von den Kriegern
nicht betreten werden dürfen — höchstens von einem Haupt-
manne mit einigen wenigen Personen , und dieses nur im
Nothfalle.*)
Leider flössen die vertragsmlissigen Summen nicht, wie es
festgesetzt worden war; denn statt 100,000 Kronen erhielt der
Kriegszahlmeister des kaiserlichen Heeres nur 30,000 — sammt
mehreren Geschirren von Silber, aus welchen der Papst eine
neue viereckige Münze prflgen liess, welche aber weder ^Schrott
noch Korn^ hatte, viel zu gering war und bald ausser Kurs
gesellt werden mussle. Unter andern kostbaren Gegenständen,
welche In die Münze wandern musslen, befand sich auch eine
schöne Medaille von Gold, 1000 Dukaten jsehwer, welche von
den lUltern der Insel Rhodus vor Jahren dem Papste zum Prflsent
*) y\fk der fingelsburg haben wir gefunden den bapst Clementem
SMnmt 12 Cardinälen, in einem engen saal, den haben wir ge-
fangen, mussle die nrticnl, so ihme der secretari vorlaSy unter-
schreiben; war ein grosser Jammer unter ihnen, weinten sehr,
wurden wir alle reich.^ Scbertlin.
— 224 —
gemacht worden war, als sie denselben um Hülfe gegen die
Tflrken angingen. Endlich am 11. Juni fing man an, den deut-
schen Hauptleuten die Löhnung für ihre Leute auszuzahlen ; jeder
Mann erhielt einen Sold von zweien Monaten. Weil aber lange
nicht so viel Geld vorhanden war, um alle Hauplleute zu
gleicher Zeit befriedigen zu können, mussten diese „aus-
spielen^, wer der erste, wer der zweite, wer der dritte u. s. w.
den gebührenden Sold abzufassen habe. Um 80,000 Kronen
zu erhalten, welche fehlten, mussten die Silbergeschirre massen-
weise in die Münze wandern; leider ging aber das Prägen so
langsam, sei es nun absichtlich oder unabsichtlich, dass man
mit dem in einem Monale geprägten Gelde nicht mehr als
zwanzig Haiiptleute befriedigen konnte; vierzehn Fahnlein
erhielten keinen Pfennig; das unbefriedigte und eben desshalb
unzufriedene Krie^^svolk weiidete sich nun stracks an den Feld-
herm — den Prinzen von Oranlen — welcher Bdrgschaft ge-
leistet hatte, und forderte mit solchem Ungestüm die endliche
Berichtigung des rückständigen Soldes, dass dieser, weil ohne
Geld, sich in die traurige Noth wendigkeit vei setzt sah, an der
Spitze von 150 Pferden bei Nacht und Nebel eiligst aus Rom
zu fliehen und bis Siena zu retiriren; auch der Locolenent,
Konrad von Bemnielberg, wurde von den erbitterten deutschen
Söldnern überfallen und gezwungen, sein Heil in der Flacht
zu suchen. „Und nun war niemand, der sich dess Hauff« n
httt angenommen; es regierte der Pöfel seines gefallens, vnd
namen jnen für, dass sie von der vnwarheit wegen, die man
jnen fürhielt, alle grosse Hansen wollten zu tod schlagen, die
Statt Rom von neuwen plündern , vnd den Bapst , well er so
betrieglich handelte, auch sie mit ertichten worten aufzöge,
selbst zu jren bänden nemmen.^ Als.Klemens sah, dass
dem „Pöfel ^ mit der Ausführung der letzten Drohung Ernst
war, bot er Alles auf, um auch noch die 14 Fähnlein befrie-
digen zu können, die noch nichts erhalten hatten; die Haupt-
leule und Doppelsöldner wurden mit der Bezahlung auf 8 Tage
vertröstet; so war die Ruhe auf kurze Zeit wieder hergeste//*.
— 225 —
Und Oraf Ludwig von Lodron^
Dieser war karz zavor vom Prinsen von Oranien abgesendet
worden, um mit einem gewissen Julian die fünf vom Papste als
Pfand angewiesenen Stfidte: Ostia, Civita vechia, Hodena,
Parma und Piacenza in Empfang zu nehmen.
Verlassen wir nun das Heer zu Rom, um beiden Kom-
missären zu folgen und zu sehen, wie es ihnen mit der Aus-
führung des erhaltenen Auftrages ergangen ist.
Als Graf Ludwig mit seinem Koilega Julian zuerst nach
Civita veehia kam , hielt der Admiral von Genua , Andreas
Doria, die benannte Stadt sammt dem Hafen besetzt und liess
den beiden Abgeordneten bedeuten : er werde die Stadt und den
Hafen erst dann übergeben, wenn alle seine Forderungen be-
richtigt wären, die er an den Papst zu machen habe. Mit
leeren Hflnden begaben sich Graf Ludwig und Julian von da
nach Modena, fanden aber auch diese Stadt bereits vom Herzog
von Ferrara seit Anfangs Juni mit 7000 Mann besetzt; Herzog
Alphoos zeigte noch weniger Lust, den in Besitz genommenen
Platz herauszugeben. Jetzt ging die Reise der Herren Kom-
missäre nach Parma und von da nach Piacenza; allein in diese
Städte wurden sie gor nicht einmal hineingelassen.
Nun kehrte Graf Ludwig unter diesen Umständen nicht
mehr nach Rom zurück, sondern verfügte sich zu den kaiser'-
lichen Truppen , die im Mailändischen standen , um bei diesen
verwendet zu werden ; der Krieg der mit neuer Heftigkeit fort-
gesetzt wurde, bot unserm Helden bald wieder Gelegenheit, den
Femdea des Kaisers seinen kräftigen Arm fühlen zu lassen.
15
_ 226 —
ZI. Abschnitt.
Thfttigkeit der Ligue zur Befreiung des Papstes; Rudolpli Hfti, der
ehemalige Locotenent Freundsbergs mit deutschen Lftndskneeb^
im Dienste der Ligne; die Yenetianer, die ersten im Felde, Leyra't
Schreiben an die ^Herren^ zu Innsbruck; Schlacht bei Carrara;
Zag des franxßsischen Marschalls Lautrec über die Alpen; Weg-
nahme der Stadt Genua; tapfere Vertheidigung Ton Bosco dnreb
Ludwig Grafen von Lodron; Graf Ludwig in feindlicher
Gefangenschaft; heldenmüthige Vertheidigung Ton Alessandria
dorch Johann Baptist Grafen ron Lodron; KapitulatiaB
der Stadt; Eroberung TonPavia durch Lautrec; sein beabsichtigter
Zug nach Rom; Einnahme Ton Abbiate grasso durch Leyra und
Freundsberg; Antonio de L6yya*s zweites Schreiben nach Inns-
bruck; Abschluss eines Bündnisses swisehen der Ligue, den
Herzog Ton Ferrara und dem Harkgrafen von Hantoa; hnttec
in Bologna.
1. Mit uiuerm Helden wieder in Oberitalien angelangt,
wollen wir die Erzüblung der Kriegsbegebenheiten in diesem
Landeaiheile neuerdings anfnehmen. Wie wit- wissen war
der wackere Antonio de Leyva vom kaiserlichen Statthalter)
dem Herzoge von Bourbon, als Kommandant der Stadt Mailaad
surUckgelassen worden; ihm aar Seite stand Kaspar von
Freundsberg mit seinen deutschen Landskoeohten in vier-
zehn Fahnlein.
Nach dem Abzüge des verbündeten Heeres von Mailand,
das sich zuerst an Georg von Freundsberg anhSogte uod
später dem kaiserlichen Heere auf seinem Zuge nach Rom
folgte, athinete Antonio de Leyva sieben Monate lang wieder
freier. Jedoch das traurige Schicksal der mit Sturm genooi«
mene Weltstadt und des in der Engelsburg belagerten Papstes,
noch mehr aber die Furcht vor der lieber macht des Kaisers
- 827 —
in Italien hatl^ diesem Monarehen neue Feinde erweckt and tlle
allen su grösserer Tätigkeit angespornt. Zo diesem Zwecke
waren anch päpstliche Legaten nnd Agenten aller Orten thätig,
so der Kardinal Salviatns jnnior in Prankreich, Hubertus Gambarä
In England und Ennins Phllonardns in der Schweiz. Frankreich,
Enghmd, Venedig und Florenz erneuerten das BUndniss von
Cognac und beschlossen: alle Kräfte aurznbieten und 4n Be-
wegung cn setzen, am den Papst frei zu machen, Karl V. aus
Italien zu vertreiben und diesem Monarchen möglichst viele
Terlegenheiten zu bereiten. Zu diesem Ziel und Ende ver-
sammelte der König von Frankreich am Fusse der Alpen ein
Heer von 16,000 Mann zu Fuss und zu Pferd, und übergab
das Kommando über dasselbe dem Marschall Odetus von
Lautrec.
Heinrich VUI. , König von England, schickte dem König
Franz Snbsidien^ dem Kaiser Karl aber die Drohung: er werde
In Brabant einfallen, falls er den Papst und die beiden Söhne
des Köpigs von Frankreich nicht frei lassen sollte. Die Schweizer
Hessen sich gleichfalls bewegen, an dem Krieg Theil zu nehmen;
der daselbst beglaubigte Legat Ennius Philonardus erinnerte die
Eidgenossen, dass ihnen Papst Julius II. zwei grosse Banner
sowie auch Hut und Schwert verehrt und den Titel ^Beschfrmer
der Kirche^ verlieben habe ; er erinnerte sie auch an die Treue,
die sie dem Papste Julius erzeigt hfltten — mit der Ermahnung,
dieselbe nun anch dem gefangenen Oberhaupte der Kirche,
Klemens YIL, zu beweisen; die Thäligkeit des Legaten wurde
mit dem erwünschten Erfolge gekrönt, indem bei 12,000 Mann
sich zum Zuge über die Alpen rüsteten; sie wurden nach
Mailand instradirt — mit der Weisung, diese Stadt zu über-
fallen. Um aber diesen Platz desto leichter und desto ge-
wisser den Kaiserlichen zu entreissen, wurde der Hauptmann,
welchen Bourbon zum Kommandanten des daselbst befindlichen
Schlosses ernannt hatte, ins Netz gezogen; allein die ganze
Sache wurde vrrrathen; Antonio de Leyva machte nun seinen
Bruder Johann de Leyva zum Schlosskommandanten, und
15*
- 228 -
Kaspar von Freundsberg legte eine Besatzung von deut-
schen Landsknechten hinein.
Leider iiess auch Rudolph Hfil, der ehemalige Locoleneat
Freundsbergs, der aus unbekannter Ursache vom Kaiser abge-
fallen und in die Dienste der Ligue ttbergetreteo war, sich
dazu brauchen, in Demschland fttr die Ligue Landsknechte
zu werben, die er auch in grosser Anzahl erhielt, in Baieni
musterte uod dann dem Lautrec zuführte. Wie schiecht ei
diesem ehrvergessenen Manne und seinen undeutscjien Gesellea
ergangen ist, werden wir in der Folge sehen. Ingleiohen war
auch der alte Herzjg von Braunscfaweig von den Franzosen
angegangen worden, Landsknechte anzuwerben und damit eiaeo
EinCeiU in Bnrgund zu unternehmen. Ja, wenn mau sicheni
Nachrichten Glauben schenken will , soll König Franz es nicht
unter seiner Wttrde gehalten haben, sogar mit dem Woywoden
von Siebenbürgen, Johann Z^polya, Unlerhandlungea anzuknOpfea
und dieslalls einen Bischof an ihn abzuschicken;*) Kaiser
Karl sollte demnach auf allen Seiten beschäftigt, ihm möglichst
viele Verlegenheiten bereitet werden, damit die VerbGndetea
*) Als ein weiterer Beweis, wie weit sich der ritterliche und aller-
christlichste König von Frankreich, Fraoz I., in seinem Hasse
gegen Karl Y. vergessen konnte, möge nachstehende Thatsache
dienen.
Der Grossvezier Ibrehim erzfihlte eines Tages den Gesandten
Ferdinands L am Hofe zu Konstantinopel , Lamberg und Juri-
sitschy König Franz habe wahrend seiner Gefangenschaft ifl
Spanien an Soliman Briefe geschrieben, welche einem Boten in
die Schuhe geniht und durch die Provinzen Ferdinands über-
bracht worden wären — mit Klagen über sein Unglück und mit
der Bitte: der Sultan möge als sein Herr und Bruder, ond
wie es einem so grossen Kaiser gegen jeden in ähnlicher Be-
drftngniss beAndlichen König gebühre, ihn nicht verlassen , nnd
dass er seihst kommen würde, um die Füsse des Sultans
als seines getreuen Herrn und Freundes zuküssenj
wenn ihn nicht Leibesschwachheit, die Wunde am Schenkel und
andere Umstände hinderten!
So erzählt Johann Graf von Maüäth in seiner Geschichte des
Kaiserstaates.
— 229 —
ihren Zweck am so sicherer erreichen könnten; ob er auch
erreicht wurde, wollen wir non sehen.
2. Die ersten, die wieder im Felde erschienen, das waren
die Yenetianer. Diese schickten anter dem Kommando des
Herzogs-' von Drbino, der sich aas Umbrien ganz nach Ober*
Italien xtorllckgezogen hatte, bei 15,000 Mann za Fass and zu
Pferde nach Melegnano — mit der Weisung, den kaiser-
lichen Trappen in Mailand die Zufahren von Lebensmitteln ab*
zoschneiden und dort das Eintreffen der Schweizer und Fran-
zosen anter Laatrec abzuwarten.
Als Antonio de Leyva und Kaspar von Freundsberg diese
Bewegungen des Feindes in Erfahrung gebracht hatten, Hessen
sie etliche Fähnlein Volkes in Hailand, und zogen an der Spitze
der Qbrigen Trappen, die ihnen noch zu Gebote standen, den
Yenetianem unter die Augen — Willens, ihnen eine Schlacht
anzubieten. Statt diese anzunehmen, verschanzte sich der Herzog
von Urbhio bei Helegnano und war . durchaus nfcht aus der-
selben heraoszahringen, so grosse Htthe sich auch die kaiser-
Hchen Fährer gaben, den Herzog aus seiner vortheilhaften
Stellung herauszulocken und ihn zu einer Sohlacht za zwingen.
So lagen nun beide Partheien fttnf Wochen lang vor ein-
ander, ohne dass der eine Tbeil dem andern htttte etwas an-
haben können; zwar fielen täglich kleinere Gefechte vor, die
aber nichts entschieden. Endlich am 29. Juli zogen Leyva und
Freundsberg bei hellem Tage und im Angesichte des Feindes
ab; die Yenetianer, obgleich den Kaiserlichen an Stftrke dreimal
flberlegen, wagten es nicht, die Abziehenden zu verfolgen.
3. Leyva und mit ihm auch die übrigen Ftihrer des
kaiserlichen Heeres wendeten sich wahrend ihres Aufenthaltes
im Lager bei Melagnano an die Regierung zu Innsbruck
und an den Kardinal Bernhard von Cles, Farstbisehof von Trient
und Ferdinands obersten Kanzler, mit der dringenden Bitte:
Mittel nnd iWege zu suchen, dem Kaiser Land und Leute zu
erhalten, aus Tirol eine Diversion ins Yenelianische zu unter-
nehmen and dadurch die Re|iubiik zu zwingen, zum Schutze
— 990 —
des eigeneu Landes da« Henoglhufli Hailand za vcriasaea.
Unter Einem wendeten sie sich auch schrifllich an den kranken
Georg von Freuudsberg in Ferrara , ihn ersucliend : er wolle
sieh bdm kaiserlichen Heere in Rom verwenden, dass dieses
ihnen au Hülfe komme. Düs Schreiben des AatpQio de Leyva
an die ^Herren an Innsbruck^ ist uns erhalteB; es ist
datirt: Nel felicissimo Exercito caes: in Helegnaao a W XVI
di Iulk> HDXXVII und lautet:
^ Wir wissen , dass die Herren Kenntniss erhalten haben
vom Fortschritte dieses Krieges, und wie schon bereits ein
Monat verflossen ist, dass wir ins Feld gerflckt sind mit we-
nigen deutschen und spas'iscben Truppen und auch mit einer
kleinen Anzahl Italiener, um dem Heere der RqmUik Venedig
und des Herzogs Franz Sforza Widerstand zu ieiaten, welches
Heer unzweifelhaft zum Verderben dieses Staates Sr. M^jestit
angertfckt ist. Und wenn gleich die Venetlaner nH dea Truppen
des Herzogs vereint der Zahl nach dreimal stfirker sind als
die Unsrigen, so haben wir dennoch im Vertrauen auf die
Tapferkeit und gute Disciplln der Hauptleute und Soldaten Sr.
Majestät auch nicht den geringsten Zweifel getragen, ihaen
unter die Augen zu treten; möchte es nur Gott gefallen, es so
zu richten, dass die Feinde den Wunsch hftttea, eines Tages
nut den Unsrigen handgemein zu werden, wir hoffen zu Gott,
einen unbezweifelten Sieg davon < zu tragen. Wir haben es
auch unserer Seils nicht ermangeln lassen, alle mi^gliobe Ust
anzuwenden, um die Feinde zur Lieferung einer Schlacht iv
verleiten ; allein sie haben sich in einem so festen und mit so
hohen Wftllen versehenen Orte verschanzt, dass es eine. reine
Unmttglichkeit ist, sie mit Gewalt daraus zu vertreiben. Weon
demnach die Herren je Seiner Hajestfit einen grossen Dienst zu
erweisen wünschen, so will es uns scheinen, dass jetzt die
Zeit ist, denselben uns zu erweisen; denn jede Anzahl von
Truppen, auch eine kleine, welche die Herren gegen die Yeae-
tiaaer abrttcken lassen woUten, würde dieselben ZYnagen^ dieses
ihr Unternehmen auiwigebeny. ntidi wir wüiden mit dnm kaiscr-
- Ml -
liehen Heeie allzeit derart ihre Fhinken bedrohen, dass wir sie
nicht nur ans dem Mailiindisehen in vertreiben Hoffnung, hätten,
sondern da^s wiir uns auch in kurzer Zeit ihres eigenen Landes
grillen Theila bentfchtigen könnten. Wir kalten es für ansere
Pfticht, die Herren darauf aufmerksam zu machen, nnd diese ^*
well kluger als wir und voll Verlangen, dem Kaiser einen
wichtigen Dienst zu erweisen — werden in gegenwärtiger Noth
gewiss Hülfe bringen, und um so eher, als der gegenwärtige
Zeitpunkt der geeigneiste ist, ehevor nämlich die Schweizer
und Franzosen sich gegen das Herzogthum vereinen (wie wir
firchten), und zwar ehevor unser Heer zu Rom uns zu Hilfe
kommen kann. Und wenn alle andern Rücksichten verschwin*
den soUten, so müsste doch schon ein einziger Umstand zur
schnellen Hülfe auffordern — Herr Kaspar von Freunds-
berg, Euer Landsmann, auch alle diese trefflichen
Hauptlente und rechtschaffenen Soldaten, Euer
Geblüt^ welche zum Ruhme Eures Vaterlandes so
lango iahre hindurch wider so gewaltige Feinde tapfer ge-
fochten, diim Kaiser mit Gottes Gnade den Sieg erkämpft. Euch
aber neben Befestigung Eures Wohlstandes einen ewigen Nach*
rnhm erwoi^n haben 1^
„Werdet Ihr demnach zugeben, meine Herren^ dass Eure
Brüder, Veitern, Verwandte und Freunde der Gefahr ausgesetzt
bleiben? Werdet Ihr zugeben, dass ihr Blut in Strömen Oiesse?
Werdet Ihr gestatten, dass so viel erworbener Ruhm sich
elendlich verdunkle?* —
„Wir lassen uns keinen solchen Gedanken eingeben; wir
trauen vielmehr Euren vortrefflichen Eigenschaften zu, dass Ihr
in Beherzigung der Gefahr, die uns umringt, alle, auch die
äussersten Kräfte zu unserer Befreiung anstrengen und die Euch
gewöhnliche Eilfertigkeit in Bewegung setzen werdet, die zwar
in allen Geschäften, besonders aber in der Kriegskunst, den
wahren Werlh bestimmt.^
Diesem in italieMDher Sprache gesekiebeneD Aktenatüeke
— 232 —
siod am Schlüsse von Leyva's eigener Hand die Worte bei«-
geftigt: AI servycio y comando de Vuesas senoryas
Anl. de Leyra.
4. Am 29. Juli hatten sich Leyva und Freundsberg von
Helegnano nach Hailand zaritckgexogen, und schon Tags darauf
— den 30. Juli — lief im kaiserlichen Hauptquartier folgende
Nachricht ein : Jakob von Hedicis, Kommandant des auf dem
westlichen Ufer des Komersee gelegenen Schlosses Husso, der
im Dienste der Ligoc stand und von dieser eine grosse Be-
soldung bezog, habe an der Spitie von 24 Fähnlein Schweixem
und 4000 Italienern, unter denen sich auch viele Landleute
befanden, eine deutsche Heile nördlich von Honza Lager ge«
schlügen — Willens^ der erhaltenen Weisung zu Folge nach
Hailand vorzudringen. Auf diese Nachricht brachen die kaiser^
liehen Führer mit allen Troppen zu Fuss und zu Pferd bei
einbrechender Nacht in aller Stille von Hailand auf, and zogen
den Feinden entgegen. Um diesen aber in der Dunkelheit desto
furchtbarer zu erscheinen und sich selbst zu erkennen, mossten
sftmmtliche abziehenden Krieger ein Hemd über ihre Kleider
anziehen. Auf einem Umwege von nahe zehn Stunden suchten
die Kaiserlichen den Feinden in die Nfihe zii kommen; eine
halbe Heile vom Orte Carrara*), bei welchem die Schweizer
lagen, sammelten sich die Kaiserlichen. Als der Tag zu grauen
begann, berennte Hauptmann Suggar an der Spitze eines Zuges
kaiserlicher Kürassiere den Flecken Carrara und alarmirte den
Feind. Antonio de Leyvn rückte mit den leichten Reiteni und
den Schützen nach und unternahm einen Sturm auf den Ort;
die Schweizer hatten sich aber bald geordnet und setzten sich
herzhaft zur Wehr; drei Hnl wurden die anstflrmenden Spanier
und Italiener von ihnen zurückgeworfen. Jetzt rückte Kaspar
von Freundsberg mit seinen Deutschen in Schlachtord-
nung an , erstürmte den Flecken und schlug die Feinde in die
Flucht; von diesen wurden bei 2000 gelödtet, gegen 500
'*) Heut ZA Tage heisst diese kleine. Ortschaft „Garaier^.
— 233 —
gefangen und nebstdem fünf Pfihnlein erobert. Der Kommandant
von Musso und Anführer des feindlichen Haufens , Jakob von
Hedicis, insgemein der „Medlghin^ genannt, hatte sich schon
vor dem Treffen davon gemacht und zu Pferde sein Heil in
der Flacht gesucht, wesshalb er von den abziehenden Schvvei*
lem a}s Yerrüther hrat gescholten wnrde.
Nach diesem schnell und mit geringen Opfern errungenen
Siege brachen die Kaiserlichen noch denselben Tag nach Hai-
land auf, in dem sie nur eine Besatzung von zweihundert
Mann zurückgelassen hatten; die braven kaiserlichen Truppen
waren demnach von Hfelegnano nach Mailand, von Mailand nach
Carrara und von diesem Flecken wieder nach Mailand zurück-
marschirt, hatten also unausgesetzt einen Weg von 40 italie-
nischen Heilen binnen 36 Stunden in der grOssten Hitze zurück-
gelegt und innerhalb dieser Zeit den Feinden noch eine blutige
Schlacht geliefert — ein rühmliches Zeuguiss von der uner-
müdeten Thdtigkeit der Truppen und ihrer Anführej*.
Während der Abwesenheit des kaiserlichen Heeres hätte
der Herzog von Urbino die Stadt Mailand gar leicht durch
einen Handstreich nehmen können ; allein dieser zog es vor,
sich in seinem Lager bei Melegnano immer stärker zu ver-
schanzen — was bei den Truppen des Herzogs Franz Sforza,
die so gern nach Hailand gezogen wären, um diese Stadt ihrem
Herzog zu erobern, einen solchen Hissmuth erzeugte, dass sie
das Liger der Ligne gar verliessen.
Die Schweizer waren nun wohl geschlagen , der Hereog
von Urbino war unthätig uiid durch den Abzug der Truppen
des Sforza geschwächt — somit drohte von diesen beiden Seiten
her dem kleinen aber rührigen kaiserlichen Heere in Hailand
keine absonderliche Gefahr; allein nur um so drohender ge-
staltete sich diese von Westen her; Lautrec war an der
Spitze von {6,000 Mann zu Fuss und 800 Kürassieren im
Anzüge; folgen wir nun seinen Bewegungen, auf denen wir
wiederum unserm Helden, Grafen Ludwig von Lodron und
^ 234 —
seinem ebenbürtigen Veiter Grafen Johann Baptist von
Lodron begegnen werden.
5. Harschall Laatrec halle am 30. Juni vom König Praai
Abschied genommen und seinen Zug über die Alpen durch dai
Thal von Aosta angetreten; derselbe war luerst nach Vereelli
gerichtet , wohin auch die Sdiweizer marschirlen , welche die
Alpen (iber den St. Bernhard tibersetzten. Mit diesen vereinigt
ging Lautrec nun vor Allem auf Genua los, um sich in den
Besitz dieser reichen und eben darum wichtigen Stadt zu setzen.
Antonius Adurnus, der früher vertriebene, aber später nach
Eroberung dieser Stadt (1522) durch Georg von Freundsberg
wieder eingesetzte Herzog , leistete an der Spitze des kaiser-
lichen Kriegsvolkes, das sich darin befand, nur einen geringen
Widerstand und übergab Stadt und Schloss dem Feinde. Nach
Eroberung der Stadt Genua marschirte Lautrec stracks nach
Alessandria; dahin hatte aber de Leyva schon früher vier
Fähnlein deutsches Fussvolk, bei 800 Mann, unter dem Kom-
mando des Grafen Johann Baptist von Lodron und des
Maximilian von Ebenstein abgeschickt. Der französische Mar-
schall erreichte auf seinem Zuge von Genua nach Alessandria
die Ortschaft Bosco — zwischen Asti und Aiessandria ge-
legen. ***) In diesem Platze hatte sicli Graf Ludwig von
Lodron mit zweien Fähnlein Laiidskaechte eiligst hinemge-
worfen. Lautrec belagerte und stürmte Bosto; Graf Ludwig
leistete heldenmfithigen Widerstand, musste sich aber nach einer
verzweifelten Gegenwehr an Lantree ergeben. Den Lands-
knechten und ihrem tapfem Kommandanten war in der abge-
schlossenen Kapitulation sicheres Geleit zugesagt worden; diese
Zusage wurde aber nicht gehalten; man plünderte die wackem
Krieger dreimal, zog «ie bis aufs Hemd aus, und fahrte sie
*) Bosco (Boschnm) ist der Geburtsort des heiligen Papstes Pins V.,
mit einer von ihm gegründeten grossen Dominikaner-Abtei, die
Napoleon I. in ein Invalidenhaus (C«mpo di Marengo) umge-
staltete, von der sardinisvhen Regierung aber wieder hergestellt
wurde.
— ass —
dann gefangen nach Turin.*) Die Ortsciiart Boseo wurde bis
auf den Grund niedergebrannt, nachdem die Bürger, welche
niebl; die Flucht ergriffen hatten , zuror ,»gesehfitzt^ worden
waren. Von Boaco wendete sich Lautrec nach Alessandria,
welches Graf Johann Baptist von Lodron besetzt hielt;
leider befanden sich unter den 800 Mann, welche die Besatznng
bildeten, auch 200 onverttssKche Italiener, welche den „Hasen
im Busen hatten^. Der französische Harschall Hess die Stadt
an Tier Orten beschiesseo, und Pielro Navarra die Stadtmauern
an sechs Orten untergraben, Lodron aber eben so schnell hinter
den niedergeworfenen Hauern tiefe Gräben mit hohen Wällen
aufführen, dass sich die Franzosen keinen Sturm zu unternehmen
getrauten. Nun Hess Lautrec noch zehn grosse Stücke Be*
lagerungsgeschütz sammt Uunition vom venetianischen Heere
nach Alessandria bringen und damit die Sladt noch von mehreren
Seiten aus beschiessen. Die Kaiserlichen machten nun einen
Ausfall, zerstörten die feindlichen Schanzarbeiten und Batterien,
erschlugen auch viele Franzosen und machten mehrere Ge-
fangene. Da aber die Stadtbewohner nicht gut kaiserlich gesinnt
waren and von der ohnehin sehwachen Besatzung — 800
Mann ! — noch die 200 Italiener zu den Franzosen übergingen,
sah Graf Johann Baptist sich in die unabweisliche Noth-
wendigfceit versetzt, einen Trompeter ins französische Lager zu
schicken, und wegen Üebergabe der Stadt mit dem französischen
FeMherrn in Unterhandlung zu treten. Es kam nun- eiüe Ka-
pitulation zu Stande, der zu Folge die kaiserliche Besatzung
*} .^Arcem Boschi magna fide ac diligenlia diurnis noctnrnisque
iaboribns peractis defendit, et licet poslmodam dilionem fecerit.
nulla tarnen praeTermisit, qoae a viro militari et 19 nee vigilan-
tiasino praestari poterant^ — sagt der Leo Lodronicus, dem ich
in Bezug auf die Vertbeidigung von Bosco durch den Grafen
Ludwig von Lodron gefoTgt bin, abweichend von Reissner.
der einen gewissen Walderstein als Kommandanten von Bosco
nennt, dagegen den Grafen Ludwig nach Vertheidignng einer
Stadt, die nicht näher bezeichnet wird, von den Yenetianern
gefangen nehmen imd sammt seinen Mitgefangenen ausplün-
dern lässt«
— 236 —
freien Abzug nach Trient erhielt, aber dorch sechs
Monate hindurch nicht gegen die Ligue Kriegsdienste« leisten
durfte. Der wackere Kommandant, Johann Baptist Graf
von Lodron zog nun mit den Ueberresten seiner braven
Mannschaft über Cremona nach Trient.^) Lautrec wollte die
Stadt mit seinem Volke besetzen ; dagegen protesHrte aber der
Herzog Franz Sforza, in Folge dessen Alessandria ihm aber-
geben wurde.
6. Der Verlust Alessandria's entmuthigte die kaiserlichen
Heeresftthrer keineswegs; diese wdrden im Gegentheil ohne
Bedenken den Franzosen wie den Schweizern entgegen gezogen
sein, hätten sie nur ihre Truppen koncenlriren können und keine
Plötze besetzen dflrfen ; statt aber ihre Truppen beisammen
halten zu können, mussten sie vielmehr noch einen Hauptmann,
*) Von diesem Zeitpunkt an verschwindet Graf Johann Baptist
von Lodron aus der Geschichte bis zum Jahre — 1555, in
welchem der tapfere Krieger den Heldentod starb, den
uns der Geschichtsschreiber Julianus Goselinus (in vita et gestis
Ferrantis Gonzaghae) auf folgende Weise erzahlt :
^In einem der spatem Kriege zwischen den beiden Monar-
chen Kaiser Karl V. und König Franz I. wurde dem Grafon
Johann Baptist von Lodron im Jahre 1555 die Verthei-
digung des festen Platzes C a s a I e anvertraut. - Der französische
General B r i s a c rückte vor denselben, um ihn zu erobern^ Dar
tapfere und umsichtsvolle Kommandant hatte alle Massregeln
getroffen, die Franzosen mit blutigen Köpfen zurückzuweisen,
falls sie einen Sturm wagen sollten. Leider gab es auch hier
wieder in der Feshing eine französische Parthei, welche den
Franzosen verrälberiscber Weise ein Thor öffnete. Als nun diese
ganz unvermuthet in die Stadt eindrangen, und eben dadurch
unter der Besatzung eine grosse Verwirrung entstand, warf sich
Graf Johann Baptist allein mit seinen Leuten dem darcb
Verrath in die Stadt eingelassenen Feinde entgegen, um ihn
zurückzuwerfen; umsonst waren aber alle Anstrengungen des
edlen Grafen , der sich als Soldat wie als Kommandant gleich
wacker hielt; von einer Kugel tödtlich getroffen, fi^l
er mitten im Kampfgewühle und starb somit wie er ge-
lebt, als - Held."
Ihm gibt der Leo Lodronicus das Lob: „Miiitaris aoimus
haud in alio confidentior ac fortunatior erat.^
— 237 —
NabMs Ladwig Barbian^ mit ellidien Fähnieiii Foflsvolk aaeh
Pavii^absenden, am diese wichtige Stadt und Festung zu ver*
Ibeidigen, wodurch das ohnehin kleine Heer noch mehr ge-
schwächt wurde. Lautrec, der die Schwache der kaiserlichen
Armee in Mailand gut kannte, abersetzte nun eilends den Po,
vereinigte sich mit den Venetianem ujid stellte sich , als ob er
non D*it allen seinen Streitkräften vor Mailand rücken wolle.
Wie dieses der Kommandant von Pavia, Ludwig Barbian, in
Erfahrung bringt, schickt er auf der Stelle 400 Mann nach
Hailand zurück. Auf das wendet sich Lautrec plötzlich von
Mailand weg und ziehet gegen Pavia, das nun von allen
Seiten eingeschlossen und heftig beschossen wird. Als der
Kommandant der Stadt die Unmöglichkeit erkannte, mit seiner
äusserst schwachen Besatzung den^ Feinde mit Erfolg einen
längern Widerstand entgegenzusetzen, schickte Barbian einen
Trompeter ins französische Lager, um den Platz den Franzosen
zu übeiigeben; diese drangen aber üler die offenen Breschen
in die Stadt^ nahmen den Kommandanten gefangen und schickten
ihn mit dem Ueberreste der Besatzung nach Genua. Nun Hessen
die Franzosen ihre ganze Wuth an das arme Pa via aus, vor
welchem sie eine so schmähliche Niederlage am 24. Februar
1525 erlitten hatten; diese. war den Franzosen nur zu tief in
der Erinnerung geblieben, und so musste die unglückliche Stadt
es nun furchtbar entgelten. Alle Häuser, Kirchen und Klöster
wurden rein ausgeplündert, die armen Bewohner drei- und
viermal „geschätzt'^ und misshandelt. Der Gräuel der Ver-
wflstung dauerte volle acht Tage!
7. Nach der Einnahme von Pavia kam der Legat von
Bologna, Kardinal Innocenz Cibo, ins französische Lager, um
Lautrec zu bewegen, nun nach Rom zu eilen und den Papst
zu befreien. Herzog Franz Sforza, der lieber die Einnahme
der Stadt Mailand und seine Wiedereinsetzung in das verlorene
Herzogthum gesehen hätte, hörte das Verlangen des päpstlichen
Legaten nur sehr ungerne; indessen erklärten sich Franzosen
und Engländer für den Zug nach Rom — mit dem Be-
- «88 -
deuten , um BestlMitiig fa Italien ginge Ja vor Ailem dakki,
den belagerten Papst zu eiitsetsen, oder richtiger geaai;^, dea
Händen der Kaiseriicheo zu entreiasen. Somit wurde im Lager
der Yerbttadeten der Beaclilass gefaast: die Venetianer und die
Truppen des Herzogs Franz Sforza sollten Hailand blockirea,
die Franzosen aber nach Rom vordringen, den Papst |,ent-
schtttten^, dann aber schnell wieder ins Mailtfndische znrfick-
kehren und mithelfen, die Kaiserlichen ganz aufzureiben.
Sforza zog sich nun auf Lodi zurück; Lautrec besetzte
Pavia mit 600 Mann herzoglicher Truppen , gab den Sohwef*
zem , die an einem Zug nach Rom keine Lust zeigten ,- den
gewünschten Abschied, brach mit den Deutschen, die Rudolpk
Hfll ihm zugeführt hatte, eiligst auf und trat Ober Piacenza den
beschlossenen Zug nach Rom an; am 18. Oktober setzte Lautree
über den Po.
Nach Lautrec's Abzug entsendeten Leyva und Kaspar
von Freundsberg, die sich nun wieder freier bewegen
konnten, am 20. Oktober bei 2000 Spanier, 2000 Italiener mit
zweien Fähnlein deutscher Landsknechte und einigen Stacken
Belagerangsgeschütz nach Abbiate grasso*) — mit dem Befehl,
diesen Platz zu beschiessen. Tags darauf rückten Leyva und
Freundsberg mit allen entbehrlichen Truppen nach, schlössen
Abbiate grasso von allen Seiten ein, warfen die Hanern des
Platzes nieder und zwangen das Kriegsvolk des Herzogs Sforza,
welches darin war, am 22. Oktober zur Uebergabe. Den
fremden Kriegsleuten von der Besatzung wurde gestattel, mit
ihrer Habe aber mit Zurücklassung ihrer Fähnlein abzuzidien
und in die Heimath zurttckzukehren. Auf diese Waffenthat
hinauf wusste sich der Herzog von Urbino in der Nähe von
Mailand nicht mehr recht sicher; er zog sich also sAdiich auf
Landriano zurück,^*) wo er sieh wieder stark verschanzte;
kurz vorher waren einige tausend Mann französischer Truppen,
■") Abbiate grasso liegt drei deutsche Meilen westlicli von Mailand.
*^) Diese Ortschaft liegt bei zwei deutsche Meilen südlich von
Mailand.
— 239 —
denen der Zag nach Rom nichl einleaohten mochte, «i fhm
Obergegangen.
8. Am 22. Oktober war Abbiate grasso den Kaiserlichen
in die Hffnde gefallen , und Antonio de Leyva noch denselben
Tag nach Hailand zardckgekehrl. Tags darauf ging ein neuer-
liches Schreiben des tapfem Anführers an die ^Herren^ nach
Innsbruck ab — folgenden Inhalts:
„Ich habe Ihnen durch meine vorhergehenden Briefe*)
über die Ereignisse Nachricht ertheilt und Ihnen die Einnahme
von Alessandria und in der Folge jene von Pavia gemeldet,
welcher Einnahme zwei Ursachen zu Grunde liegen, die eine
nftmlich, weil die Feinde eine sehr zahlreiche Artillerie hatten,*'*')
die andere, weil die Italiener, welche die Stadt Alessandria
hätten bewachen sollen, sie nicht vertheidigen wollten.***) Es
schien den Feinden, schon vieles gethan zu haben; sie fingen
an, sich zu brüsten, indem sie sagten, Mailand überfallen zu
haben. Weil Herr von Lautrec erkannte, dass sie Zeit und
Ehre verloren h'ben würden, und weil er sah, dass sich ihr
Lager auflösete, so übersetzte er unter dem Vorwande, nach
Rom gehen zu wollen, den Po mit allen seinen Leuten, und
die Yenetianer zogen mit dem Reste des Lagers über Lodi
zurück, und so blieb das Heer des Lautrec so schwach, dass,
wir mit den Hülfstruppen, die Sie nur immer uns geben wollten,
Alles wieder erlangen würden, und dass ich Sie versichere,
dass das Lager der Franzosen in Allem und im Ganzen nicht
die 6000 Mann erreiche, weil die Deutschen durch die Unsrigen
von der Stadt Boscof) aus gewonnen sich uns anschlössen,
*) Die in Rede stehenden Briefe sind verloren gegangen
und nicht an ihren Bestimmungsort - Innsbruck — gelang:!.
^*) Wir wissen, dass Lautrec zehn Stücke grobes Geschütz sogar
aus dem Lager der Venetlaner kommen Hess.
***) Es waren dies jene 200 Mann, welche zu den Franzoseu
übergingen.
+) Wir kennen die heldenmuthige Verlheidigung dieses Platzes
durch den Grafen Ludwig.
— 240 —
oad die Schweizer in der Stärke v<hi 13 Ffthnleiii bereite
unmulhig und unzufrieden in ihre Heimath zurflckgekehrt sind«
„Wir erwarten nichts anderes als die Ankunft der Hfllfs-
trappen Eurer Herrlichkeiten, durch welche wir — so es GoU
gefällt — sogleich Herren über Alles sein würden. Hier geht
es, Gott sei Dank^ gut, und mit den wenigen Leuten, die ich
hier habe, haben wir gestern Abbiate grasso wieder eingenom-
men, und wir sind Gebieter über die ganze Lumelina. Das
Schloss von Novara besitzen wir noch im Namen Sr. Majestfit,
und auch die Stadt wird bald unser sein. Desswegen bitte ich
Eure Herrlichkeiten, die mir schon oft Hülfe geleistet
haben, dass Sie mich auch jetzt nicht verlassen; denn über-
dies werden Sie einen grossen Gefallen dem Kaiser erweisen
und darüber noch diese grossen Herren unterstützen, als die
Hauplleute und Edelleute und die wackem Soldaten, Ihre Bluts-
verwandten, und uns alle, die wir Diener Sr. Kaiserlichen Ma-
jestät sind. Wir wissen wohl, dass die Feinde in Ihren Landen
veröffentlicht haben werden, grosse Proben der Tapferkeit in
der Lombardie abgelegt zu haben, was vielleicht die Gemüther
Eurer Herrlichkeiten verwirrt und das Kommen verzögert haben
wird. Desswegen sage ich Ihnen in der That, dass es den
Kaiserlichen sehr gut geht, und ich verspreche Ihnen den ge-
wissen Sieg, so dass Sie nicht verzögern sollen, die Hülfs-
truppen zu senden, da im Kriege die Schnelligkeit über
Alles geht; in jedem Fall wird aller Ruhm und alle Ehre Ihoen
gehören. Von ganzem Herzen empfehle ich mich und stehe zu
Diensten Eurer Herrlichkeiten.
Hailand den 23. Oktober 1527.
Ant. de Leyva m. p.^
Die eilige Aufstellung einer ansehnlichen Truppenraacht
von i 2,000 Mann zu Fuss, 800 zu Pferd in Südtirol and die
gewünschte Unternehmung einer Diversion ins Venetianische war
die unmittelbare Folge dieses Schreibens; von der unternom-
menen Diversion wird später die Rede sein, und das erzielte
Resultat derselben zu seiner Zeit mitgetheilt werden.
— 241 —
9. Laotrec war indessen aaf Zadringen des Kardinals
Gbo nach Uebereeteiuig des Po auf der ROnierstrasse über
Piacenia and Parma nach Reggio vorgerflekt, wo er einstweilen
Halt machte, um zu sehen, welchen Ausgang die mit dem
Herxoge von Ferrara and mit dem Markgrafen von Mantua ein-
geleiteten Unterhandlungen nehmen würden; dem französischen
Peldherrn mussle nämlich ungemein viel daran liegen, diese
beiden Fürsten für die Ligne ganz zu gewinnen, und sich so
auf seinem Zuge nach Rom den Rücken zu sichern. Zu diesem
Zwecke waren in JPerrara zusammen gekommen :
1. Kardinal Cibo und Nikolaus Rudolph! — die Anver-
wandten des Papstes;
2. Joachim Foix, der französische Botschafter und Lautree's
Kriegsrath ;
3. Gregor de Casali, der Botschafter des Königs von
England ;
4. Kaspar Contarenus, Abgesandter der Republik Venedig;
5. Graf Maximilian Stampa, der Bevollmächtigle des Her-
zogs Franz Sforza, und endlich
6. Antonio Francesco de Elbizis, der Abgeordnete von
Florenz.
Sümmtliche so eben aufgezählte Botschafter, Abgesandte
ond Bevollmächtigte hatten die Aufgabe, den Herzog von Fer-
rara und den Markgrafen von Mantua für die Ligue um jeden
Preis 2u gewinnen. Viele Hunde sind des Hasen Tod; so
aach hier. Herzog Alphous, einerseits mit dem neuen Titel
„Handhaber' des christlichen Glaubens^ hofiert, andererseits von
den Verbündeten mit einem Anfall seiner Staaten bedroht, nahm
das anfgedrangene Bündniss an, das am 15. November zo
Ferrara abgeschlossen wurde. Diesem zu Folge musste sich
Herzog Alphons verpflichten: monatlich 6000 Goldkronen zur
Bestreitung der gemeinschaftlichen Kriegskosten beizutragen,
zum Dienste des römischen Stuhles und zur Befreiung des
Papstes hundert Kürassiere zu stellen und zu unterhalten, alle
Feinde der Ligue als die seinen zu betrachten, diesen weder
16
— 242 —
einen Durchzug durch sein Land zu gestatten, nodi ihnen Pro-
viant oder Munition zukommen zu lassen , alle aufgefangenea
feindlichen Depeschen in das Lager der Verbttadelen zu schicken
u. s. w. Dagegen machte sich aber auch der Papst verbindlich,
unterstützt von den übrigen Mitgliedern der Ligue das Haus
von Ferrara in Ewigkeit zu beschützen und zu beschirmen und
zwar mit geistlichen und zeitlichen Waffen, auch abgesehen
davon, dass der Herzog etliche Stfidte des Kirchenstaates ,,un-
billig^ besitze und innehabe* Ferners soll Klemens dem Herzog
als Lehen verleihen Ferrara, Modena und das ganze Herzoge
thum — ohne Entgeld und mit Nachlassung aller Strafen, die
der Herzog „inn vnd ausserhalb Recht^ verschuldet habe, ihm
auch die Befugniss ertheilen , in den Thälern von Comachio
sowohl , als auch an andern Orten Salz zu erzeugen , seineo
Sohn Hipolytus, erwählten Bischof von Mailand, zum Kardinal
machen und ihm das Bisthum von Modena verleihen. FemerB
soll Herzog Alphons erhalten : Von Franz Sforza Catignola mit
seiner Zugehör und Landschaft, vom Kardinal Cibo den Palast
in Venedig, la casa del Marchese genannt, von Florenz eben-
falls einen daselbst befindlichen Palast, vom König von Frack-
reich seine Base Renata als Gemahlin für seinen erstgeborenen
Sohn Hercules. Als Schlussartikel wurde dem Vertrage bei-
gesetzt: jene Parthei, welche den Vertrag nicht halte, solle
5000 Kronen als '^Peen^ zu bezahlen schuldig sein.
Nach dem Abschlüsse dieses Bündnisses mit dem Herzoge
Alpbons Hessen die Botschafter und Abgeordneten der kontra-
hirenden Mftchte durch einen Trompeter auf allen Öffentlichen
Plfitzen in der Stadt Ferrara kund machen : der Herzog bekenne
sich jetzt als einen öffentlichen und erklürten Feind aller der-
jenigen, welche gegen die heilige Ligue seien ; — damit glaubten
sie diesem Fürsten eine Rückkehr zur Parlhei des Kaisers ein-
für allemal unmöglich zu machen und ihm alle Ausreden zo
benehmen, womit er allenfalls seinen Uebortritt zur Ligue beim
Kaiser hätte entschuldigen oder beschönigen können.
Wie Herzog Alphons wurde auch Markgraf Friedrich /dr
— 343 —
die Ligue gewonnen. Nachdem nun diese wichtige Angelegen-
heit glücklich zu Ende geführt worden war, rückte Harschall
Laatrec von Reggio nach Bologna ab — Willens, von da
ans über Florenz anaafgehalten auf Rom loszugehen und den
Papst auf freien Fuss zu setzen; als er aber in Bologna an-
gekommen war, traf dort die Nachricht ein: der Papst wäre
bereits in Freiheit; da nun aus diesem Grunde ein Zug
nach Rom nicht mehr nothwendig und der Winter vor der Thür
war, so schlug Lautrec sein Winterquartier in Bologna auf.
In diesem wollen wir den französischen Feldberrn verlassen,
und uns wieder nach Rom begeben und sehen, wie Papst
Klemens VII. seine Freilieit erlangte, und wie es dem daselbst
beßndlicheh kaiserlichen Heere weiters ergangen ist.
16»
244 —
XII. Abschnitt.
Abzug des Heeres aus Rom; neuer Aufruhr; Bemmelbergs Anrede;
Erstürmung und Verwüstung der Stadt Narni; mehr ein Aufruhr;
Conradins und seiner Kollegen Bericht an das Heer; Enrfth-
lung eines Ausschusses; Aufbruch des Heeres nachTodi; Ankunft
des Markgrafen Alphons von Ouasta im Lager; Musterung des
Heeres; Rückkehr des Veit von Wfthingen nach Tirol;
Rückkehr des Heeres nach Rom; Ankunft zweier Abgeordneten
des Kaisers in Rom; Abschluss eines Vertrages zwischen Papst
und Kaiser, dann zwischen dem Papst und dem kaiserlichen Heere;
neue TAuschung des Heeres und in Folge dessen neaer Aufruhr;
Conradin ron Glurns und mehrere andere Hauptleute blutig
geschlagen; Flucht sAm^tlicher Hauptlente ; Rettung der Bürgen;
Abschluss einer neuen Konyention; Freilassung des Papstes; neue
Täuschung des Heeres; furchtbare Verwüstung der Stadt; Befrie-
digung der Knechte; Abzug derselben nach Neapel am 17. Fe-
braar 1528.
1. Wir haben das kaiserliche Heer zu Rom im vollen
Aufruhr gegen seine Führer verlassen; Philibert Prinz Yon
Oranien und Konrad von Bemmelberg mussten sich durch die
Flucht retten ; der Erstere blieb bis Mitte Dezember in Galeria,
der Letztere war wieder zu den Truppen zurückgekehrt, als
sich ihre Wuth ein wenig gelegt hatte. Da nun die Sterblich-
keit unter dem Heere immer mehr zunahm, wurde der Beschluss
gefasst, Rom einstweilen zu verlassen und nach einer gesundem
Gegend aufzubrechen. Nachdem vorher noch drei deutsche
Hauptleute, nämlich Conrad in von Glurns, Diepold Hftl und
Michael Herkle den Auftrag erhalten hatten, in Verbindung mit
dem spanischen Obersten Ferdinand a Larcon den Papst, die
Kardinäle und die gestellten Bürgen scharf zu bewachen, bis
Alles bezahlt wäre, brach das Heer am 10. Juli von Rom auf
und zog der Tiber nach aufwärts gegen Umbrien. Als das
— 245 —
Heer nach Orta kam, einer Stadt acht deutsehe Heilen nörd-
lich von Rom an der Tiber flogen, wohin dasselbe beschieden
worden war, um dort seine Bezahlung zu eilialten, erlangte es
weder Einlass in die Stadt, noch Lebensmittel um Geld und
gute Worte. Die Soldaten wurden darüber aufgebracht und
beschwerten sich bitter, dass man sie pur am Narrenseile
herumftihre; die Hauptleute, die mit Schlitzen in die Versamm-
lung gekommen waren, liefen grosse Gefahr, von den erbitterten
Kriegern erschlagen zu werden; dreimal wurde Bemmelberg in
seinem Gezelte aufgesucht; dieser hatte aber bei Zeiten vom
Ausbruche des Sturmes Wind bekommen und sich geflflchtet;
als er mm dritten Male im Gezelte nicht gefunden wurde, zer-
schlugen die Soldaten dort Alles, was ihnen unter die Hfinde
kam, liessen also ihren Zorn am Geräthe aus, nachdem sie ihn
am Fflbrer nicht auslassen konnten. Vier ganze Tage lang
bekam das Heer fast nichts zu essen. Der Hunger machte das
Kriegsvolk wieder ruhiger; kaum halte dies Bemmelberg in
Erfahrung gebracht, so suchte er beim „Haufen** um ein sicheres
Geleit an, erhielt es auch und kam mit diesem wieder im Lager
an. Hier Hess er die Truppen in einen eigenen Kreis zusam-
menrdcken und erklärte ihnen mit fester Stimme : er sei bereit,
gegen jede Klage sich zu rechtfertigen; da aber bereits zum
vierten Male wfthrend seines Kommando's sein Leben auf dem
Spiele gestanden, so lege er sein Amt hiemit nieder; — einen
Andern, dem sie grosseres. Zutrauen schenken könnten, möchten
sie statt seiner wählen, doch unbeschadet der Rechte Georgs
von Prenndsberg, an dessen Stelle er getreten.
Diese Rede verfehlte ihre Wirkung nicht; man kam zur
Besmnung, entschuldigte sich mit dem fatalen Hunger und
bat ihn schliesslich, fernershin Anfflhrer zu bleiben, fQr Be-
zahlung Sorge zn tragen und das Versprechen von Treue und
Gehorsam entgegennehmen zu wollen ; und so war dieser Sturm
wieder gestillt.
2. Von Orta zog das Heer nach Narni, das nur gegen
drei Stunden von ersterer Stadt entfernt ist. In Narni, einer
— 246 —
uralteo, festen^ mit starken Mauern umgebenen, anf einer Anhöhe
an der Nera gelegenen Stadt, hofften die Kaiserlichen zuver-
sichtlich Nahrung und Wohnung zu erhalten. Zu diesem Zwecke
schickten sie den Quartiermeister des Heeres, Sigmund Hesslich,
mit den päpstlichen Kommissfiren in die Stadt und Hessen die
EinvKohner ersuchen , ihnen zu vergönnen , das Lager etliche
Tage lang da aufzuschlagen, bis sie ihre Bezahlung erhallen
hätten ; gerne wollten sie Alles bezahlen und Niemand ein Leid
zufügen. Statt einer Antwort gaben die Stadtbewohner dem
Quartiermeister ein vergiftetes Confekt, an dem er Tags
darauf starb , pflanzten Kriegsfahnen auf den Hauern auf und
rtlsteten sich — durchs hineingefiüchtete Landvolk verstärkt —
zum kräftigsten Widerstand. Ein solches Vorgeben glaubten
die Kaiserlichen nicht ungerächt lassen zu müssen. Sebastian
von Schertlin und Anton von Feldkirch erhielten vom
Locotenenten den Auftrag, am i7. Juli an der Spitze von
2000 Mann einen Sturm auf die Stadt anzulegen. Wie hungerige
Wölfe über eine nahe Beule — 6elen die erbitterten Krieger
über das unglückliche Narni her; nichts war im Stande, dem
ungestümen Anlauf der kaiserlichen Soldaten zu widerstehen;
obgleich drei Fähnlein Fussvolk in der Stadt lagen und wacker
herausfeuerten, obgleich die Bewohner tapfer sich wehrten, ja
sogar die Weiber mit siedendem Wasser die Anstürmenden
empfingen — aller Widerstand war vergeblich und diente nur
dazu, die Wuth der Soldaten aufs höchste zu entflammen;
-innerhalb zweier Stunden war Narni erstürmt, waren taaseod
Mann in der Stadt erschlagen. Nun brach über das unglück-
liche Narni derselbe Gräuel der Verwüstung herein, den Rom
bereits in aller Fülle erfahren hatte; die Stadt wurde geplün-
dert und zum Theil niedergebrannt. Als nun das Heer die
Vorräthe, welche es in Narni vorfand, aufgezehrt hatte und
noch keine Berichligung des rückständigen Soldes erfolgt war,
brach der Aufruhr neuerdings in helle Flammen aus; BemmeU
berg musste sein zum fünften Male bedrohtes Leben durch
schnelle Flucht retten.
— 247 —
3. Hiillerweile lief von den drei deutschen, in Rom
zurückgelassenen und mit der Bewachung der Engebburg und
deren Bewohner betrauten Hanptleuten Conradin v. Glurns,
DIepold m und Michael Herkle im kaiserlichen Lager die
Nachricht ein : der spanische Oberst Ferdinand a Larcon wäre
bestochen, Klemens Yll. habe seine guten Kundschafter, er
wisse ganz gut, wie es in Hailand stehe, dass die Yenetianer
ein starkes Heer neuerdings ins Feld gestellt und die Franzosen
die Alpen fiberstiegen hätten in der Absicht, nach Rom zu
ziehen u. s. w.; sie hätten also dem benannten Obersten den
Vorschlag gemacht, den Papst nach dem festen Ga<$ta zu
bringen ; a Larcon sei aber auf den Vorschlag nicht einge-
gangen ; Klemens selbst wolle die Engelsburg nicht verlassen
— auf die baldige Ankunft der Verbttndeten rechnend und die
Freilassung durch den Kaiser verhoffend ^ an den er seinen
Legaten, den Kardinal Famese, abgeschickt habe; sie, die
Deutschen, welche den untern Theil der Engelsburg besetzt
hielten, wären den Spaniern gegenüber, welche den obern Tbeil
des Kastells inne hätten, viel zu schwach u. s. w.
Auf diese Nachrichten hinauf erwählte das Heer, das noch
bei Nami stand, einen Ausschuss von zwanzig vertrauten
Mämiem wie weiland zu Rom, „welche alle Sachen handeln
sotten, damit der Hauff nicht zertrennt bei einander bleib vnd
bezahlt wiird«^ Der Ausschuss säumte keinen Augenblick, an
dea Vice-König von Neapel Bericht zu erstatten, wie traurig
die' Sachen ständen, und ihn zu ersuchen, ins Mittel zu treten.
Lannoy liess sich auf das herbei, die Angelegenheit des Heeres
in die Hand zu nehmen, nahm sich aber aus, mit dem Papste
Selbsten in Unterhandlungen zu treten und ihm den Vorschlag
zu machen , das nöthige Geld mittelst einer Steuer herbeizu«
schaffen ; gehe nun Klemens auf diesen Vorschlag ein, so werde
er (der Viee-Künig) schon so viel Geld auftreiben, um das
Heer zu befriedigen — aber nach und nach, nicht auf
einmal.
Auf dtesen eingelaufenen Bescheid verlangte das Heer,
— 248 -
der Vice-König solle selbst komiDeii, sich an die Spilse sIelIeD
und dasselbe anfahren.
4. Indessen machte sich der „Haufen*^, der weder Geld,
noch Proviant, noch einen Oberbefehlshaber hatte, am 31. JaK
von Narni auf, um ein anderes Lager und Lebensmittel aufzu-
suchen, zog der Tiber entlang weiter nördlich, um in die Gegend
der Stadt Todi zu gelangen; allein kaum war das Heer zwei
Meilen über Narni hinaus , lief die Nachricht ein , der Herzog
von Urbino habe bereits schon Todi besetzt. Voll Hissmuth
Hessen sich die kaiserlichen Truppen bei „Aquasporto^ nieder,
und zwar unter Bäumen auf freiem Felde; hier starben nun
täglich viele Soldaten vor Hitze, da man sich gerade im heissea
Monat August befand ; ' zwar wurden von Spoleto her Lebens-
mittel zugeführt, aber es mangelte an Geld, selbe zu bezahlen,
und so blieben sie bald aus. Wo waren denn aber die Hil-
lionen, welche die Krieger durch Plünderung und durch ihre
„Schätzung^ der Reichen in Rom an sich gebracht hatten?
Wie gewonnen — so zerronnen!
Nun erreichte das Missvergnügen der verhungernden und
verschmachtenden Soldaten den höchsten Grad; sie beschlossen,
alle ihre Hauptleute kurzweg todt zu schlagen; fortwährend
ertönte der Ruf: „Schlagt sie todt, es ist nichts mit ihnen
zu machen, nichts mit ihnen ausgerichtet; sie wissen den Sieg
nicht zu gebrauchen; wären wir mit unsern Feinden nach
Kriegsgebrauch verfahren, schon lange würden wir bis auf den
letzten Heller bezahlt sein, hätten dabei nicht so viele Leute
verloren, dem Kaiser einen grössern Nutzen verschafft, dem
Lande keinen so grossen Schaden zugefügt^ u. s. w. Auf
das schwuren Deutsche und Spanier zusammen, wie Brüder
einander zu helfen, bis Alles bezahlt wäre; beide Nationen
wollten auch gleich aufbrechen und nach Rom zurückktshren;
nur mit Mühe gelang es den Hauptlcuten , sie vor der Hand
von diesem Vorhaben abzubringen; das Heer lagerte sich bei
Narni und Temi.
5. Während dieser Wirren kam Harkgraf Alphons von
Guasta im Lager an und brachte den Beaeheid : der Vioa^KOnig
könne die Ftthrang des Heeres nicht «hernehmen , er ver-
spreche ihnen aber seine nachdrflcUiche Verwendung beim
Papste, einen iwelmonatlichen Sold, wenn sie nach ipoleto
ziehen wdrden, dann die Besahlnng der rflckskündigen 100,000
Kronen, die sie vor ihrem Einmarsch in Rom zu fordern gehabt
hätten , in dreien Monaten , und die endliche Berichtigung des
ganzen Rflckstandes nach Verlauf weiterer dreier Monate. Die
Truppen dagegen verlangten auf der Stelle die Auszahlung eines
zweimonatlichen Soldes und die Berichtigung des ganzen Rflck^
Standes innerhalb dreier Monate — was aber Alphons von
Gnasta nicht zusagte und nach Neapel zurückkehrte mit dem
Versprechen, in acht Tagen eine Antwort zu bringen.
6. Auf Verlangen der Landsknechte nahm der PeldzahU
meister Kaspar Schwegler am i. September eine Musterung vor;
es zeigte sich bei dieser, dass nur 7000 Deutsche mehr am
Leben waren; bei 2500 Mann, darunter zwölf Hauptleute,
20 Fähnriche und viele Doppelsöldner waren innerhalb zehn
Monaten eine Beute des Todes geworden; die Uebrigen waren
nach Hause gegangen oder wurden sonst vermisst. Nun wartete
man zu Terni auf die Ankunft des Markgrafen von Guasla
zwanzig Tage lang; allein er kam nicht; da wurde der Be-
sehluss gefasst, seine Ankunft noch durch vier Tage abwarten
zu wollen, nach deren Verlauf aber, wenn weder Geld noch
sonst ein guter Bescheid innerhalb dieser Zeit anlangen sollte,
unwiderruflich wieder nach Rom zurückzukehren,
»vnd beim Hauptschuldner vnd Vnterpfanden die Bezalung selbss
zu holen.''
7. Während dieser Zeit kam der Tiroler Hauptmann Veit
von Wähingen, der bekanntlich in der Engelsburg lag, als
Kommandant der neu errichteten päpstlichen Garde, im kaiser-
lichen Lager an; er war fieberkrank und hatte vom Herzog von
Urbino sicheres Geleit zur Rückkehr in seine Heimath erlangt,
kam von Narni nach Ferrara , besuchte da den kranken Georg
von Freundsberg, erzählte diesem die „böse Practica^ der
— 250 —
Italiener, und trat dann seihe Weiterreise nach Tirol an, soll
aber auf dieser ungeachtet des erhaltenen sichern Geleites
von den Yenetianern total ausgeplündert worden sein. Die
Landsknechte waren mit seinem Abzüge nicht sufrieden und
wurden durch denselben im Glauben bestärkt, die Haaplleute
„nähmen Gaben und Schankungen und thfiten dabei durch die
Finger sehen« ^
8. Nachdem der ausgesteckte Termin von vier Tagen fOr
die erwartete Zurtickkunft des Harkgrafen Alphons von Guasla
verstrichen war, brach das Heer von Nami auf und kehrte ohne
alle Ordnung und ohne alles Geschütz wieder nach Rom
zurück, wo es am 25. September eintraf; nun waren die
letzten Dinge ärger als die ersten. Innerhalb fünf Tagen wurde
auf dem „Gampoflor^ dreimal „Gemeyn gehalten^ and dabei
wiederholt der Beschluss gefasst: entweder es mttsse die Be-
zahlung erfolgen oder die „Knechte^ würden den Papst sarnnt
den Kardinälen und Bärgen zu Händen nehmen und damit ab-
ziehen auch ohne Bezahlung. Das Letztere wollte aber der
spanische Oberst Ferdinand a Larcon mit seinen Hauptleuteo
durchaus nicht zugeben; dafür versprach a Larcon und der
Kanzler Morone den Kriegern innerhalb acht Tagen einen drilt-
halb Honatsold und nach zweien Monaten die Berichtigung aller
rückständigen Löhnungen; zu grösserer Sicherheit und Be-
ruhigung wurden die uns bereits bekannten sieben Bürgen,
nämlich die Erzbischöfe von Sipont und Pisa, dann die beideo
Bischöfe von Pistoja und Verona mit dreien vornehmen Laien
— den Knechten Selbsten übergeben, welche dieselben in den
Palast des Kardinals Pompejus Colonna brachten und dort durch
ein Fähnlein Fussvolk bewachen Hessen. Zehn Tage lang wurden
die Geissein gut gehalten, als aber nie ein Geld floss und die
Truppen sich neuerdings gefoppt sahen, wurden die armen
Bürgen in Eisen und Bande geschlagen. Die Soldaten waren
jetzt des unwürdigen Spieles, das mit ihnen getrieben wurde,
so müde, dass sie allen Ernstes daran dachten, in den Dienst
der Ligue zu treten; es wurde diese Gefahr nur mit Habe
— 251 -
abgewendet. Als nun auch am 28. September der Yiee-König
▼on Neapel an der Pest gestorben war, wären die Spanier
gerne und auch die Deutschen mit diesen von Rom nach Hai-
land aufgebrochen — dem dortigen Heere zu Hfilfe, wenn
ihnen Don Ferdinand a Larcon und Horone ihre letzte Zusage
gehalten haltten,
9. Als Kaiser Karl V. in Spanien hörte, wie übel es ihm
so viele Monarchen und Fürsten nähmen, dass seine Truppen
das Oberhaupt der Kirche so lange gefangen hielten^), und
dass aus diesem Grunde ihm ein neuer und heftigerer Krieg
bevorstände, ja dass Harschall Lautrec schon auf dem Harsche
wäre, ihm das Königreich Neapel wegzunehmen, so schickte er
am 3. August den General der Franziskaner, Pater Franziskus
de Angelis, nach Rom mit dem Befehle an die Führer der
Truppen: den Papst alsogleich in Freiheit zu setzen. Vier
Tage später sendete Karl einen gewissen Peter de Yeira ab,
der dem Prinzen von Oranien (dieser befand sich aber nicht
beim Heere in Rom, sondern immer noch in seinem Zufluchts-
orte Galeria), dann dem HugoMoncada, der statt Lannoy
Vice-Vönig geworden war, endlich auch dem Obersten Don
Ferdinand a Larcon Schreiben zu überbringen hatte des Inhalts :
man solle den Papst freilassen und sehen, Geld aufzutreiben,
um die Truppen zu befriedigen, dann dieselben von Rom weg-
fllhreA und Sorge tragen, diss ihnen kein Schaden zugefügt
werde u. s. w.
Als nun diese beiden Abgeordneten des Kaisers von Neapel,
wohin sie sich zuerst begeben hatten , nach Rom gekommen
waren, traten sie mit dem Papste alsogleich in Unterhandlungen.
Was der Kaiser vom Papste verlangte, lässt sich auf folgende
zwei Hauptpunkte zurückführen: Erstens sollte Klemens das
kaiserliche Heer ganz bezahlen, und zweitens soll er von
der Ligue zurücktreten.
*) ..Quae tarnen omnia gesta sunt Caesare nesciente et talia minime
voleate.** Piatina.
-- 252 —
Klemens sachte Ausflüchte und giug auf beide Puukte
nicht unbedingt ein. Als Peter de Veira und Serenoni, der
Kanzler des Vice*Könlgs Honcada , welche Beide auf eine un-
bedingte, unumwundene Annahme beider Punkte drangen, an
der Aufrichtigkeit der Gesinnung des Papstes zweifeln zu müssen
glaubten, so zogen sie sich von den eingeleiteten Unterhand-
lungen ganz zurück und begaben sich nach Neapel. Klemens
wusste indessen den P. Franziskus de Angelis, den Kanzler
Horone, der beim kaiserlichen Heer in grossem Ansehen stand,
und besonders auch den Kardinal Pompejus Coionna in sein
Interesse zu ziehen, und so kam hauptsflchlich durch die Ver-
mittlung des Letztern unterm 26. November 1527 ein Vertrag
sowohl mit dem Abgeordneten des Kaisers als auch mit deo
Führern des kaiserlichen Heeres zu Stande, in Folge desseo
Klemens YII. die volle Freiheit erlangte. Der zwischen
Papst und Kaiser abgeschlossene Vertrag umfasst 7 Artikel;
ihr Inhalt ist im Wesentlichen folgender:
i. Papst und Kardinäle versprechen, sich alle mögliche
Mühe zu geben , ehemOglichst Frieden zwischen den christlicheo
Fürsten und auch ein Concilium zu Stande zu bringen.
2. Uebergibt der Papst als Unterpfand für die geoaoe
Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen dem Kaiser die
Stüdte Ostia und Civita vechia sammt den betreffenden Schlössern
und Hflfen, ferners die Städte Castellana und Forli sammt den
Schlössern, dann als Geissein seine beiden Vettern Hipolytas
und Alexander von Hedicis, den Bischof von Verona, den Jakob
von Salviatis, sowie die Herren Galeotus und Maletesla vod
Medicis. Da aber der Bischof von Verona und Jakob de Sal-
viatis bereits als Geissein sich in den Händen der Landsknechte
befinden, so sollen sie sich als solche neuerdings stellen, sowie
selbe nach erfolgter Bezahlung des Heeres die Freiheit erlangt
haben.
3. Da gegenwärtig auch Hipolytus und Alexander von
Medicis abwesend sind^ so haben sich statt derselben eiosl^
weilen zwei Kardinäle als Geissein gebrauchen zu lassen.
— 253 —
4. Uebernimml der Papst die Besoldang der Befehlshaber
imd der Besataaog in deo Slidten Ostia, CiTita vechia and
Por]i; dagegen ttbergibt der Kaiser dem Papste die En geis-
barg mit aller „Zagehör^.
5. Hat das kaiserliche Heer von der Stand an die Stadt
Rom zu verlassen.
6. 9 Soll hinffiro zwischen Papst und Kaiser seyn „ein
guter, auffrichtiger, satter, standthaflfler vnd vnverbrachlicher,
ewiger Fried, Eynigkeit vnd Freundtschaft, wie sich zwischen
einen Vater vnd Sohn gebürt.<^
7. Soll der abgeschlossene Vertrag von den Kardinalen
gleich — vom Kaiser aber innerhalb vier Monaten bestfitigt
werden.
„Geben m der Burg dess heyligen Engels in Rom in seiner
Heiligkeit Kammer auff den 26. tag Nouembris 1527.^
Wenn wir diese abgeschlossene Konvention entgegen halten
dem kathegorischen Verlangen des Kaisers: Bezahlung des
Heeres und Zur tick tretung von der Ligue — so sieht man
auf der Stelle, dass der Kaiser durch den Abschloss des vor-
liegenden Vertrages eigentlich nichts erlangt hat; kein Wunder
also, dass Herr Peter de Veira denselben als schimpflich für
den Kaiser erklärte, davon nichts wissen wollte und miss-
raathig nach Neapel zurttckkehrte, um dort bald darauf — er-
schossen zu werden.
Unter demselben Datum wurde auch ein Uebereinkommen
mit den Führern des kaiserlichen Heeres abgeschlossen; der
Inhalt desselben lässt sich ganz knrz auf folgende zwei Punkte
zurückfahren :
1. Soll das ganze kaiserliche Heer „mit schneller eyl so-
bald es jmmer müglich^ nicht nur allein von Rom, sondern
aus dem ganzen Kirchenstaate entfernt werden; dagegen macht
sich der Papst verbindlich, eine allgemeine Verzeihung alles
bisher Geschehenen eintreten zu lassen und dem Heere in be-
stimmten Fristen in Summa Summarum 368,10672 Kronen
aussabezahlen.
_ 254 —
2. Soll der sehnte Theil aller Kircbengüter in Neapel
verkauft werden, und die eine Hälfte des erhaltenen Geldes
dem Kaiser gehören , die andere aber dem Papste , um damit
das Heer desto leichter und schneller befriedigen zu können.
10, Nun wollen wir aber sehen, wie das Heer den Ver-
trag aufgenommen hat und wie dieser gehalten wurde.
Fürs Erste haben die Hauptleute den in lateinischer Sprache
abgefassteu Vertrag nicht verstanden, Hessen sich aber doch
bereden, ihn den „Knechten^ lur Annahme zu empfehlen —
diese vertröstend: in fünf Tagea werde Jeder (über das erhal-
tene Geld^ um einen fünfmonatlichen Sold voll zu machen)
noch 972 Kronen erhalten; die Doppelsöldner sollten den ihnen
gebührenden Betrag in vierzehn Tagen erhalten ; Bürge für die
richtige. Ausbezahlung der zugesicherten Summen sei Kardinal
Pompejus Colonna; sowie sie aber das Geld empfangen hätten,
mttssten sie sogleich Rom verlassen und nach Viterbo
ziehen, könnten aber die Bürgen mit sich führen. Nach ihren
Abzug soll der Papst frei sein und dann monatlich 50,000
Kronen so lauge erlegen, bis er seine zugesicherten 368,108^2
Kronen abgetragen habe; den übrigen Rückstand, den das Heer
zu fordern hfitte, würden die Herren bezahlen, welche „an des
Kaisers statt handelten.^ Die Knechte wurden endlich aocb
damit vertröstet, bei den Florentinern Geld erheben zu können.
Die Hoffnung, binnen fünf Tagen 972 Kronen zu erhallen, übte
auf die Krieger eine solche Macht, dass sie auf den Vorschlag
der Hauptleute eingingen, den Abschluss des in Rede stehendeo
Vertrages genehmigten und nach Viterbo abzuziehen
sich bereit erklärten.
Hit freudiger Sehnsucht sahen die so oft getäuschtefl
„Knechte^ den in Aussicht gestellten Kronen entgegen; es
kommt und verfliesst der fünfte, sechste und siebente Tag, und
es kommt und fliesst — kein Geld. Jetzt war aber aoch die
Geduld der Getäuschten ganz erschöpft. Die Hauptleute waren
am siebenten Tage bei Sebastian Schertlin von Burtenbach zu
Gast, als die ergrimmten Krieger sein Quartier mit Stnrffl
— as5 —
Behmen, die Haopdeale blutig schlagen und mit
blutigen Köpfen ^in die Gemeyn auff Kampoflor
bringen;^ unter den Verwundeten und HerbeigescUeppken
befanden sich namentlieh auch der tapfere Conradin von
Glnrns und Sebastian SchertUn. Die wttthenden Krieger
senkten die Spiesse und drohten ihre Fahrer su erstechen, ^dass
sie kein ernst fttrwendeten, vnd beym Bapst nicht band anlegten,
Tttd jnen die Mlluler mit eytel ertichten werten auffsperren
Hessen.^
Der braye Conrad in ergriff das Wort, entschuldigte sich
und beklagte sieh schwer, die Frage an die Knechte stellend:
ob' sie ihm jetit einen solchen Lohn gäben fflr seine getreue
Hut, dass er den gansen Sommer hindurch in der ,)Stinkenden
Mördergrube^ zu Rom den Papst mit grösstem Fleisse bewacht
und dabei sein eigenes Geld verzehrt habe? In diesem Sinne
sprach auch Sebastian von Schertlin.*) Dem Locotenenten
Bemmelberg und einigen andern Hauptleuten war es gelungen,
aus dem Quartler Schertlins zu entrinnen; Bemmelberg, der
lange gesucht aber glücklicher Weise nicht gefunden wurde^
liess sich auf diesen Vorfall hinauf lungere Zeit hindurch
■kht mehr sehen, indem er eine Krankheit vorschfitzte. Um
so sdilechter erging es dieses Mal dem sonst so wohl gelittenen
imd bei den Landsknechten in grösstem Ansehen stehenden
Feldzahlmeister Kaspar Schwegler, dem mit einem Hacken
zum Kopf geschlagen wurde; kein Hauptmann kam aus dem
,iRinge^, ohne eine ^^Schlappe^ erhalten zu haben. Ihres
Lebens nicht mehr sicher, flQchteten sich alle Führer
und Hauptleute des Heeres aus Rom und suchten ihren
Zufluchtsort in Rocca di Papa.'*'*) Die Flucht der Hauptleute
*) y)Da Schertlin ain gasluog gehalten, haben die knecht das haus
gestürmt , etlich hauptleut verwundt und beschaedigt, mit blu-
tigen köpfen in die gemein Campoflor gefiert, die spies nieder-
glassen^ die hauptleut erstechen wollen, dagegen sich Schertlin
und Conrad von Glirns dapfer entschuldigt.''
*^) Dieser Ort liegt bei drei deutsche Meilen südlich von Rom an
der Stelle der alten Latiuerstadt Fabia, und ist derzeit ein langes
— 256 —
brachte die ohnehiii ergrimmten Krieger in eine solche Wuth,
dass sie die Bürgen gefesselt in den Ring brachten und mit
dem Galgen bedrohten, wofern sie nicht bezahlen wfirden; nor
mit Mühe gelang es, ihnen das Leben zu retten und sie wieder
in den Palast des Kardinals Pompejus zarflchzubringen , wo sie
von einem Fähnlein Fussvolk abwechselnd bewacht wurden.
Pompejus war nun auf die Rettung der unglttcklichen BOrgea
bedacht; vorerst verliess er zu diesem Zwecke seinen Palast
und zog zum Harkgrafen Alphons von Guasta, um jeden Ver-
dacht von sich abzuwälzen. Nun wurde den deutschen Lands-
knechten, die unter den Hauptleuten Diepold Harnisch und Dlridi
Müller — letzterer hatte den Zunamen „ Weisskopf ^ — im
Palaste des Kardinals so eben die Wache bezogen hatten, eine
prächtige Mahlzeit gegeben, bei welcher die Wächter dem
starken, im Ueberfiuss gereichten Weine tapfer zusetzten, ood
in Folge dessen in einen tiefen Schlaf versanken, was ebeo
beabsichtigt worden war. Wahrend dieses Schlafes wordeo
vom Dache aus durch den Kamin die Schlüssel in das Zimmer
hinabgelassen, in welchem die Geissein verwahr! wurden; mit
Hülfe der herabgelassenen Schlüssel wurden nun zuerst die
Schlösser geöffnet und die Ketten entfernt; hierauf wurde jeder
einzelne Bürge mittelst eines Seiles durch den Kamin aufs Dach
hinauf gezogen , von diesem auf die Strasse hinabgelassen vad
in ein nahes Haus gebracht, von wo sich sammtiiche Bürgen
zu Fusse nach Umbrien zum Herzog von Urbino flüchteten.
Voile 52 Tage lang waren die Geissein in Eisen und Banden
gelegen; am 1. Dezember 1527 erlangten die Unglücklichen —
Bischöfe und ehrwürdige Mfinnert — endlich die erwünschte
Freiheit. Man denke sich den Aerger, den das Kriegsvolk
hatte, als es die Flucht der Bürgen in Erfahrung brachte ! Die
„Knechte^ wollten die beiden Hauptleute, welche die Wache
im Palasle hatten, durchaus am Leben gestraft wissen. Non
trat der Kardinal Pompejus ins Mittel, nahm mit Bewilligung
Dorf mit 2000 Einwohnern. Damals war es ein fester PIrIk,
der dem Kardinal Pompejus Coionna gehörte.
_ 257 —
und Genehmigung des Papstes bei einigen reichen Kauflealen
Geld auf, so viel er nur bekommen konnte, liess am 2. De-
lember die Krieger susammentreten , beaahlte die «ugesicberten
9t/2 Kronen mit der Vertr(totung : ttber fünf Tage sollten sie
vollkonunen zufrieden gestellt werden ; unterdessen mochten sie
in Rom bleiben. Klemens sicherte auch seinerseits volle Be-*
lahlung zu und zwar mit dem Bedeuten : wenn diese nicht ge-
haken werde, so solle der Vice-KOnig von Neapel Gewalt
haben, seine Goter, die Güter seiner Verwandten, sowie auch
jene der Kardinäle in Beschlag zu nehmen und einzuziehen.
Zur Sicherheit erhielten die deutschen Knechte drei andere
Bürgen (statt der in Freiheit gesetzten) fflr 67,000 Kronen,
die Spanier ebenfalls zwei Bflrgen (welche aber der Kardinal
Poiupejus zu Händen nahm und nach Subjaco bringen liess)
fttr 35,000 Dukaten, und die Doppelsöldner weitere sechs
Geissein — mit der Vollmacht, sie nach Ga^la bringen zu
können. Diesen Vori^chlag Hess sich das Kriegsvolk gefallen;
in einer ^Gemeyn^ wurde von demselben einhellig der Beschluss
gefasst: dem Kaiser auch ferners zu dienen, die Hauptleute
von Rocca di Papa zurückzurufen, in acht Tagen Rom zu ver-
lassen (falls ihnen innerhalb der ausgesteckten Zeit die znge«*
sicherte Bezahlung zu Theil werden sollte) und nach Mailand
oder nach Erfordern'ss auch anderswohin zu ziehen Aber die
Dinge kamen ganz anders; noch hatte die unglückliche Welt-
stadt den Leidenskelch nicht bis auf die Hefe geleert.
11. Nachdem nun die in Rede stehende nenerliehe Kon-
vention von Seite des Papstes unterschrieben und gesiegelt, vom
Kriegsvolke aber gebilligt und angenommen worden war, liess
Klemens noch denselben Tag alle Glocken in der Stadt läuten
und mit 600 römischen Hackenschützen unter dem Kommando
des Pietro Petrucci die Engelsburg besetzen. Tags darauf —
den 6. Dezember 1527 -* sollte der Papst beantragter Hassen
im feierlichen Zuge die Engelsburg verlassen, In welcher er
durch volle sieben Monate gefiingen gehalten worden war und
vom kaiserlichen Heere nach Orvieto begleitet werden. Zu
17
— 258 —
diesem Zwecke hatte ihm auch der Kardmal Pompejus Gdonna
eiir prftchtiges türkisches Pferd mit mehreren schönen Haul-
Ihieren lum Pribsent gemacht. Am 6. 0etember in aller Prflhe
halten sich bereits jene Hauplieute, welche mit ihren unter-
geordneten Fidinlein dem Papste das Ehrengeleit nach Orvieto
hiltlen geben sollen, in voller Parade vor der Engelsburg auf-
gestellt; wer aber nicht kam, das war Klemens; dieser
hatte es vorgezogen, um drei Uhr frilh heimlich und verkiddet
die Engelsburg zu verlassen und den Weg nach dem westlich
gelegenen Garten des Vaticans einzuschlagen; durch denselben
schreitend kam er zu einem verborgenen Pförtchen, zu dem er
bereits den Schlüssel vom Gfirtner erhalten hatt<t, und durch
dasselbe ins Freie, wo ein spanisches Pferd In Bereitschaft
stand, das er bestieg und dann unter Begleitung des Prinzen
Ludwig von Gonzaga und einer starken Schaar Schützen nach
Viterbo entkam; hier Hess er das Kriegsvolk zurück und riu,
vom einzigen Prinzen Ludwig begleitet, nach Orvieto, einer
alten festen Stadt, wo er sich in Sicherheit wusste.
Nach dem Abzüge des Papstes begab sich der Kardinal
Pompejus Colonna nach Neapel, um dort das nOthige Geld zur
Bezahlung des Heeres aufzubringen und mit dem Vice-KOnig
Rngo Moncada sich zu beralhschlagen, wie man dasselbe gegen
Lautrec verwenden wolle, der bekanntlich in Bologna stand
und während des Winters sich zum Zuge gegen Neapei
rüstete. Auch Phiiibert Prinz von Oranien liess beim- „Haufen^
um sicheres Geleit ansuchen, wieder nach Rom kommen zu
dürfen, das er auch erhielt; wie wir wissen, hatte sich der
Prinz seit seiner Flucht aus Rom fortwährend in Gateria auf-
gehalten, einer nicht nüher bekannten Ortschaft.
18. Indessen fing das Kriegsvolk wieder an stürmisch
zu werden; denn der Dezember war bereits verstrichen und
das Heer — noch nich bezahlt. Phiiibert von Oranien
und andere Hauptleute wären gerne mit demselben nach Neapel
gezogen, um dieses Reich dem Kaiser zu erhalten; allein die
Knechte wollten von keinem Abzüge etwas wissen, ausser sie
— 2S« —
wttreu bei Kreuzer und' Pfennig bezahll. Nun kum Geld am»
Neapel an; allein dies reichte lange nicht hin, den ^jHanfen^
an befriedigen. Man bot jedem ,,Kneehte^ 9 Kronen und jedem
Doppelsöldner 13 Kronen als Abschlagszahlung an, nur sollten
sie nach Neapel ziehen ; allein der ganze Haufen erklärte : keinen
Schritt aus Rom zu weichen , ehevor nicht alle RflcksUlnde
bezahlt seien.
Als aber keine Berichtigung der ROckstünde erfolgte, blieb
das ganze Kriegsvolk den Winter hindurch in Rom.
Durch diesen fortgesetzten Aufenthalt des Heeres erreichte
das Elend in Rom den Kulminationspunkt. War die
unglückliche Stadt den Sommer hindurch geplündert worden, so
wurde sie nun im Verlaufe dieses Winters völlig verwüstet.
Um Feuerungsmateriale zu erhalten, wurden Dachsttihle abge-
rissen und zu Scheiter aufgehackt, Thttren ausgehoben, Böden
aufgerissen , Fensterstöcke ausgebrochen , Kästen zertrümmert
etc. und das so gewonnene Holz verbrannt. Viele hundert
Häuser, darunter prächtige Paläste, wurden auf diese Weise'
ganz verwüstet. Damit nicht zufrieden, sind auch erst
noch alle Zünfte neuerdings und aufs höchste „geschätzt^
worden; was der Soldat brauchte, nahm er dem Bürger mit
Gewalt weg, ohne dafür einen Kreuzer zu bezahlen. Die un-
gHlckliehen Römer klagten über den Schaden , den sie diesen
Winter hindurch erlitten, noch weit mehr als über den erstem,
bei Erstürmung der Stadt eililtenen. *)
Das Kriegsvolk wurde während dieser Zeit von einem
Tage zum andern mit der Vertröstung hingehalten : der Mark-
graf Alphons von Guasta werde stündlich von Neapel erwartet;
dieser werde schon Geld bringen. Des ewigen Harrens und
Wartens müde, liefen die „Knechte^ am 14. Jänner 1528
wieder zusammen und hielten eine „Gemeyn^, in welcher der
*) „Im September eodem anno (1527) seind wir wieder in Rom*
gezogen, die statt noch bass geplündert, uod erst grosse
schätz uuter der erden gefuuden, und seind noch 6 monat
allda gelegen.^ Schertlin.
17*
Beschlnss gehsaX wurde: man wolle noeh vier Tage sawaitea;
sollten sie aber bis dahin nicht zufrieden gestellt sein, so wflr-
den sie dorthin gehen, wohin sie Gott führete; dessen sollten
sich die kaiserlichen ^Feldtrfiht^ und die Herren ^Commissari^
versehen. Weiters verlangten die Knechte von den Hanptleulen
Abschiedsbriefe mit der hineingeschriebenen Bemerkung:
sie hätten bisher dem Kaiser ,,treu, wohl und ehrlich^ gedient,
dafür aber keine Bezahlung, wohl aber einen schlechten
Dank erhalten. Die Abschiedsbriefe wurden den Knechten
abgeschlagen mit dem Bedeuten: man verhoffe die Ankunft des
Markgrafen und des Kardinals Pompejus noch vor Ablauf der
anberaumten vier Tage ; diese würden 60,000 Gulden mitbriogen
und diese Summe dann gleich vertheilen Der Prinz von Oranien
erbot sich auf der Stelle, nach Neapel zu reiten, um sich per-
sönlich SU aberzeugen, ob Geld vorhanden würe oder nicht,
verlangte aber, dass ihn drei Hauptleute und acht Gemeine dahin
begleiten sollten. Unterdessen sollte man die 32,000 Kronen
angreifen, die der Papst eriegt habe, und davon jedem Knechte
zwei Kronen einstweilen geben.
Dieser Vorschlag des Prinzen wurde in zweien abgehal-
tenen „Gemeyn^ verworfen, in der dritten aber angenommen
— mit der Bedingung, dass der Prinz binnen zehn Tagen
Antwort gebe ; bis dahin wollten sie noch gedulden. Auf das
eilte Prinz Philibert in Begleitung des Locotenenten Bemmel-
berg, dann dreier Hauptleute und acht Knechte nach Neapel,
und brachte richtig so viel Geld nach Rom, dass
man dem ganzen Heere einen zweimonatlichen Sold aaszahlen
konnte.
Jetzt war Alles wieder vergessen, und dt*r
ganze Haufe freudig bereit, nach Neapel zuziehen,
um neuen und noch weit grossem Gefahren entgegen zn gehen,
um neuerdings mit Elend und Noth, mit Hunger und Pest zu
kftmpfen
Vor dem Abzüge aus Rom wurde das Heer einer Muste-
rung unterworfen, welche zeigte, dass noch übrig waren :
— 261 —
Deutsche Landskncchle .... 5000 Mann.
Spanisches Fussvolk .... 2500 ^
Leichte Reiter 500 .
Zusammen 9000 Mann.
Diese im Februar 1528 zu Rom abgehaltene Musterung
zeigt gegeniibergehalten der vor fünf Monaten bei Nami abge-
haltenen einen neuen Abgang von 2000 deutschen Lands-
knechten !
Endlich am 17. Februar 1528 verliess das zusammenge-
schmolzene kaiserliche Heer die Stadt Rom und trat seinen
Marsch nach Neapel an; der Aufenthalt der Kaiserlichen
in Rom hatte über zehn Monate gedauert (vom 6 Mai 1527
bis 17. Februar 1528), davon war aber das Heer über zwei
Monate abwesend.
Während nun dasselbe nach Neapel marschirt, müssen wir
seinen neuen Gegner, den Marschall Lautrec, aufsuchen,
den wir zu Bologna im Winterquartier verlassen haben.
Xm. Abschnitt.
Lftutrec*8 Zug nach Neapel; Ankunft des kaiserlichen Heeres vor Troja;
vorgefallene Gefechte; Rückzug der Kaiserlichen nach Neapel;
Aufbruch der Franzosen Ton Troja; Melfi von ihnen erstfirmt;
Lantrec*s Ankunft ror Neapel; merkwürdige Belagemng dieser
Stadt; Seeschlacht bei Salemo; Tod des Yice-KOnigs Don Hugo
Moncada und des Hauptmanns Coradin Spergser t. Gl ums;
Hungersnoth in Neapel; Ausbruch der Pest im französischen Lager;
Lautre*s Tod; trauriges Schicksal des Rudolph H&l und seiner
Waffengef&hrten ; Philibert, Prinz Ton Oranien, zum Vioe-KOnlg
ernannt; seine Strenge gegen die Meineidigen; Belohnung der
Führer des kaiserlichen Heeres; Andreas Doria; Zug des Herzogs
Heinrieh von Braunschweig nach Italien; Abreise des kranken
Ritters Georg von Freundsberg von Ferrara; Zusammenkunft
desselben mit seinem Sohne Kaspar und mit Antonio de Leyra;
Belagerung Ton Lodi; Auflösung des kaiserlichen Heeres; Heim-
reise und Tod des Ritters Georg von Freundsberg.
1. Der franz^ysische Marschall Lautrec war wfthrend seines
AaTenthaltes in Bologna nicht unthfitig geblieben; mit der Re*
publik Venedig und der mächtigen Stadt Florenz schloss er
Freundschaft, zog aus Frankreich noch mehr Kriegsvolk an
sich und unternahm In Begleitung des englischen Gesandten
sogar einen Abstecher nach Orvieto, wo sich Papst Klemens
seit 6. Dezember aufhielt, um ihn zu bewegen, sieh öffentlich
und unumwunden fOr die Ligue zu erklären. Klemens ant-
wortete ausweichend, gab aber nicht undeutlich zu erkennen,
dass er Lautrec's Zug nach Neapel nicht ungerne sehen wfirde.
Als nun der französische Feldherr seine Truppen bei Bo-
logna konzentrirt hatte, trat er seinen verhängnissvollen Marsch
nach Neapel an ; dieser ging über Ancona. In St. Severino —
einer Ortschaft, an der Potenza gelegen — musterte er 30,000
— 3Ö8 —
Mann (oach Robertson 35,000 Mann). Nun wurden die Länder
Abrutien und Apulien nach einander eingenommen. Unler den
Truppen des Marschalls befanden sich auch mehrere Fähnlein
Deutscher, welche der ehrvergessene Rudolph Häl komman«-
dirte. Klaudius Graf von Vaudemont, der Bruder des Herzogs
Anton Ton Lothringen, hatte dem Marschall ebenfalls lehn
f ähnlein angeworbener deutscher Landsknechte zugeführt, und
dafür von Seite der Ligue die Hoffnung erhalten, König von
Neapel zu werden.
Graf von Vaudemont wurde in Begleitung des Herzogs
von Longa Villa (Longueville) vom Marschall Lautrec an Kle^
mens abgeschickt, um einen neuerlichen Versuch zu machen,
ihn wieder für die Ligue zu gewinnen ; Klemens machte jedoch
seinen Beitritt von der Rückgabe der Stadt Ravenna abhängig,
welche die Venezianer inne hatten, von einer Zurückgabe dieses
wichtigen Platzes an den Papst aber nichts wissen wollten.
Am 10. Februar i 528 überschritt Lautrec das Fiüsschen
Tronto, durch welches das Gebiet des Papstes vom Königreich
Neapet geschieden wird ; sein Zug ging nun längs der östlichen
Küste des mittelländischen Meeres hinab; die eroberten See-
städte Tram, Mola, Brindisi u. s. w. ttbergab er den Vene-
tianern, das flbrige Land aber nahm er im Namen des Königs
von Frankreioh in Besitz. Die Seestadt Manfredonia hatte 2000
und Bari 300 Mann kaiserlicher Truppen als Besatzung; beide
PUMze behaupteten sich standhaft gegen die Franzosen , sowie
auch das Städtchen Nola, das gut verproviantirt war und nur
&0 Mann Besatzung hatte, die aber unter einem herzhaften
Kommandanten standen, und von diesem angefeuert Wunder der
Tapferkeit ausübten. Die Städte Otranto, GallipoJi und Taranto
erwehrten sich ebenfalls des Feindes und verblieben dem Kaiser.
Der französische Feldherr war auf seinem siegreichen Zuge bis
in die Nähe der Stadt Troja gekommen, stiess aber hier auf
das kaiserliche Heer.
2. Dieses war, wie wir bereits wissen, am 17. Februar
, i^98 von Rom aufgebrochen, und auf die eingegangene Nach-
— 264 —
licht: Lautrec habe am 10. Februar die Gränze von Neapel
tiberschritten — in Eilmärschen nach dem bedrohten Königreich
abmarschirt. Wir müssen nun dem Heere, obgh'ich sich Graf
Ludwig von Lodron nicht bei demselben befindet,
dennoch mit Interesse folgen, weil nämlich mehrere Fähnlein
Tirol er unter dem Kommando des Helden von Cremona,
Konradin Spergser von Olurns^ diesen Zug mit-
gemacht haben Am i7. Februar erreichten die kaiserlichen
Truppen den Ort C o 1 o n n a , wo das Nachtlager gehalten wurde.
Am 18. brach das Heer von Colonna auf und kam über Pa-
lestrina marschirend bis zur Stadt An agni, in der man über-
nachtete. Von letztgenannter Stadt ging der Marsch am 19.
nach Veroli (welches das letzte Ort im Römischen ist), und
von Veroli nach Sora, das sich bereits im Neapolitanischen
befindet. Nachdem das Heer den Garigliano übersetzt hatte,
kam es über St. Germano und Cervaro nach St. Angele;
hier endet Campanien und es beginnt die Landschaft Terra dl
Laboro. Der Harsch ging über Fiedimonte gegen Capua;
von dieser Stadt erhielten die Truppen viele Früchte und Plro-
viant im Ueberflnss Die Hauptstadt Neapel rechts liegen las-
send und bei Benevent vorbeimarschirend^ ging das Heer stracks
auf Troja los, das am 10. März erreicht wurde. Die Stadt
Troja, wohin auch Lautrec seinen Harsch gerichtet hatte, liegt
in ApuKen, in der heutigen Provinz Capitanata.
Da die kaiserlichen Trappen ohne Geschütz waren, hatte
ihnen der Vice-König das Versprechen gegeben, selbes schleu-
nigst von Neapel aus nachführen zu lassen. Als Lautrec durch
seine Kundschafter die Ankunfl der Kaiserlichen vor Troja ohne
aHes Geschütz in Ei fahrung gebracht hatte, Hess er in Neapel
die Nachricht aussprengen : er habe das kaiserliche Heer ge-
schlagen — was zur Folge halte, dass man das bereits nach
Troja abgesendete Geschütz wieder nach Neapel zurückbrachte,
um es den Franzosen nicht in die Hände fallen zu lassen.
Nachdem dieses Manöver dem französischen Feldherm nach
Wunsch gelungen war, verliess er seinen bisherigen Lagerplatz,
— 265 —
bildete aus seinem Heere drei starke Kolonnen und rttckte mit
demselben vor bis auf eine deutsche Meile vor Troja; beide
Heere standen nun einander schlagfertig gegentiber. Lautrec
hatte sich in den Besiti einer Anhöhe gesetzt, selbe mit seinen
24 „Stfick Bflchsen^ gekrönt und von diesem dominirenden
Punkte aus die Kaiserlichen fortwührend beschiessen lassen —
Willens, über dieselben herzufallen, falls sie Miene machen
sollten, sich zurückzuziehen; diese konnten ~ weil ohne Ge-
schfltz — das feindliche Feuer zwar nicht erwiedern, hielten
es jedoch standhaft aus und blieben fortwährend in Schlacht-
ordnung stehen , bereit , den Kampf mit den Franzosen aufzu-
nehmen, wenn diese einen Angriff wagen sollten; er fand aber
nicht statt, jedoch fielen tflglich grössere oder kleinere Schar-
mützel vor. Bei Gelegenheit eines solchen Gefechtes fiel Martins
Coionna, ein junger und feuriger Krieger, den Franzosen in die
Hftnde; der Kardinal kaufte seinen Yelter mit dem Bemerken
los: er soll sich nur wacker halten, den Franzosen tüchtig
zusetzen und die Gefangenschaft nicht scheuen ; Geld sei genug
vorhanden, ihn zum zweiten, dritten und vierten Mal loszu-
kaufen.
3. Nachdem nun beide Heere acht Tage vor einander
gelegen waren, hielten die kaiserlichen Anführer, Philibert^
Prinz von Oranien, Alphons von Guasta, Johann de Urbina,
Kommandant des spanischen Haufens, und Bemmelberg, Führer
der deutschen Landsknechte, einen Kriegsrath, in welchem der
Abzug von Troja und Rückzug nach Neapel beschlossen
wurde. Dem gebssten Beschlüsse zu Folge verliess das kai^
serliche Heer in der Nacht vom 20. auf den 21. Mürz ganz
stHle sein Lager und zog sich über Ariano auf Neapel zurück.
Graf Guido Rangone, Graf Klaudius von Vaudemont und
Valerie Ursini waren entschlossen, den Kaiserlichen, als sie
ihren Abzug bemerkt hatten, schnell nachzurücken und ihnen
den möglichsten Abbruch zu thun ; diesem Vorhaben widersetzte
sich jedoch Peter Navarra mit dem Vorgeben : man müsse zuerst
die Stadt Melfi und noch einige andere Plätze erobern, um
— 266 -
sich durch die Einnahme derselben die nölhigen Lebensmiltel
für den beanlinglen Zug auf Neapel zu sichern; somit konnte
das kaiserliche Heer ungehindert und unangefochten seinen
Rflckzug fortsetzen, auf welchem dasselbe die Stadt Ariano
plünderte — aus Ursache, weil die Einwohner ihre Sympa-
thien tvr die Franzosen unverholen an den Tag gelegt hatten.
Der Oberbefehlshaber, Prinz von Oranien, formirte 3 Kolonnen;
die erste bestand aus den Deutschen unter Anführung des Loco-
tonenten Bemmeiberg und bildete den Vorlrab; die zweite Ko-
lonne, aus Kavallerie bestehend und das Centrum bildend, wurde
vom Harkgrafen Friedrich Gonzaga angeführt, der seine Reiter
links und rechts streifen Hess, um beide Flanken des Heeres
zu sichern; die Spanier unter dem Harkgrafen Alphons voo
Guasta bildeten den Nachtrab; in dieser Ordnung erreichte das
Heer, über Benevent ziehend, am „Osterabend^ die Vorstadt von
Neapel, In welcher Halt gemacht und Lager geschlagen wurde
in der Absicht, daselbst die Ankunft der Franzosen abzuwarten
und ihnen eine Schlacht lu liefern ; dafür stimmte Alphons von
Guasta, wflhrend die übrigen Heerführer, namentlich aber der
Vice-König selbst, die Ansicht vertraten: es wäre klüger, das
Heer in die Stadt zurückinztehen und hinter den schützenden
Hauern derselben die Feinde abzuwarten, als deo Entacheid
der Sache dem ungewissen Aasgang einer Schiacht zu über-
lassen ; sofort wurde das ganze Heer in die Stadt zurQckgeiogeni
deren Besatzung bisher aus 8 schwachen Fähnlein deutscher
Landsknechte , die lange in Spanien gelegen waren , und aus
12 Fühnlein italienischer Truppen bestanden hatte.
4. Bald nach dem Abzüge der Kaiserlichen brach auch
der Oberbefehlshaber der Franzosen mit seinem Heere von
Troja auf und trat den Harsch nach Neapel an. Auf dem Zuge
dahin erstürmte F^ter Navarra die Stadt Helfi und erscbJog
in deraelben bei 3000 Einwohner (nach einer andern Quelle
soll die Zahl der Erschlagenen ohne Unterschied des Ge-
schlechtes und Alters gar 7 bis 8000 erreicht haben), kein
Wunder, dass die Franiosen durch solche Grausamkeiten sieh
- 867 —
iiald den aHgeüeioMi Hass suiogen. Bei VertheiluBg der in
Melfi gemacbteo Beute kamen sie selbst einander in die Haare
nnd swar dergeatalt, daaa bei dieser Gelegenheit eine bedeu-
tende Anzahl ihrer eigenen Leute erschlagen worden sein soll.
5. Endlieh am 17. April kam Lautrec vor Neapel an und
schloss die Stadt mit seinem Heere von der Landseite ein; der
Feldherr schlug mit den Franzosen auf einer Anhohe vor der
Stadt — monte reale genannt — das Lager auf, Peter Navarra
' besetzte eine andere steile Anhöhe mit seinen schwarzen Fähn-
lein — bekannt unter dem Namen: sepiem millla Diabios (die
sieben tausend Teufel) ; und nun begann eine der hartnäckigsten
und merkwürdigsten Belagerungen, welche die Geschichte kennt.
Die Franzosen waren den Kaiserlichen fast dreifach überlegen ;
zudem hatten letztere auch noch die Rinwohner wider sich, die
mehr französisch als kaiserlich gesinnt waren; endlich kam
auch noch eine Flotte unter dem Admiral Andreas Doria und
schloss die Stedt auch von der Seeseite ein. Indessen war diT
furchtbarste Feind fflr die Besatzung — der Hunger; aber da
sah man wieder, was deutsche Zähigkeit vermag.
Die Besatzung bestand grossen Theils aus Deutschen, die
sieh an den Ausspruch ihres unäberwindlichen Führers, des
Ritters Georg von Freundsberg, erinnert haben dürften: „Je
mehr Feind', desto mehr Ehr*.^ Und was noch bei der ganzen
Belagerung das Auffallendste ist, das bleibt der Umstand, dass
man von keinem Aufruhr etwas liest, auch bei allem
Elend, dem die Besatzung durch 19 Wochen ausgesetzt war.
Peter Navarra Wcss geschwind das Geschütz auf jene Au-
shöbe hinaufbringen , welche er inne hatte ; von diesem Punkte
aus konnte er die vorzüglichsten Plätze der Stadt besehiessen
mid den Kaiserlichen grossen Schaden zufügen. Einer der
Erstrn , die vom feindlichen Geschosse getroffen wurden und
todt blieben, das war — Petrus de Veira, jener Abgeord-
nete des Kaisers, der das Dekret Karls wegen Freilassung des
Papstes nach Rom überbringen musste. Die Besatzung unter-
lOahlii iHlglinh A^Jsfäile, die ;9ewöhnlich mit gutem £rfolge gekrönt
— 288 —
wurden und dem Feinde grossen Abbruch diäten.^) Härter
gestaltete sich der Stand der Belagerten, als auch der Admiral
Andreas Doria die Stadt mit seiner Flotte von der Seeseite
her einschloss; diese bestand aas einigen französischen und i7
venetianischen Galeeren ; die letztern kommandirte Petrus Landos.
AnAnglich war der Admiral mit seiner schwachen Flotte nach
dem Hafen von Salerno gesteuert, um dort die Ankunft der
venetianischen Schiffe abzuwarten und dann In Vereinigung mit
diesen in den Hafen von Neapel einzulaufen. Kaum befand sich
aber Admiral Doria im Hafen von Salerno, als der Yice-KOnig
Hugo Honcada den Entschluss fasste, dem feindlichen Admiral
ein Treffen zu liefern, ehevor die venetianischen Schiffe ange-
kommen wftren; der Yice-KOnig verliess demnach mit seinen
Siebs Schiffen, die ihm zu Gebote standen, den Hafen von
Neapel, steuerte heimlich nach Salerno, überfiel dort den Ad-
miral , schlug ihn in die Flucht und nahm ihm vier Galeeren
ab. Als nun aber das spanische Schiffsvolk anfing zu plttnden
und der überraschte Doria dies bemerkte, Hess er auf der Stelle
seine Schiffe wenden, steuerte mit vollen Segeln auf die kaiser-
lichen los and griff sie an. Das erste Schiff, auf das er stiess,
war das Admiralschiff des Vice-Königs. Dieses erhielt gleich
eine volle Ladung von der ganzen Breitseite des feindlichen
Admiralschiffes. Auf dem kaiserlichen Admiralschiffe wurde der
Mastbaum abgeschossen, stürzte und erschlug im Sturze
den Vice-König; nun wurde dieses mit noch vier andern
kaiserlichen Fahrzeugen genommen; eine einzige kaiserliche
Galeere entkam nach Neapel , und auf dieser befand sich der
Held non Cremona, Conradin Sperffser von
Olurns, der sich mit seinen Leuten verzweifelt gewehrt und
durchgeschlagen hatte, bald darauf aber zu Neapel leider an
der Pest starb.*»)
'^) nWir fielen oft heraus, und Ihäten dem Feind grossen scbaden."^
Schertiin.
**) £in Nachkomme dieses „kühnmulhigen^ Feldhauptmanns, der dem
Vaterlande zur besondern Ehre gereicht, ist der berfihmte, in
— 2Ö9 —
Die Kaiserlichen erlitten in dieser Seeschlacht grosse Ver-
loste. Derselbe Cesar Feramuska, der im Lager zu Sl. Gio«
vanni bei Bologna am 16. Mflrz 1527 als Lanno/s Abgeord-
neier den Aufruhr veranlasste, bei welchem Georg v. Freundsberg
vom Schlage getroffen wurde, flel ins Meer und ertrank.
Camillus de Colonna, auch ein Vetler des Kardinals, gerielh
mit dem Markgrafen Alphons von Guasta in feindliche Gefan-
genschaft. Die Schlacht dauerte über fflnf Stunden, war blutig
und hartnäckig. Viele deutsche Landsknechte, die sich zur
Bemannung der kaiserlichen Galeeren hatten brauchen lassen.
Seien mit ihren Hauptleuten den Franzosen in die Hände und
wurden von diesen an die Galeeren geschmiedet und als Ruder-
knechte verwendet.*)
6. Nach der Seeschlacht bei Salerno segelte Doria nach
Neapel, lief in den Hafen ein und blockirte die Stadt zur See.
Eine noth wendige Folge davon war das Ausbleiben aller Lebens-
mittel, die bisher zur See in die Stadt gebracht worden waren,
und eine weitere Folge — der Hunger, der bald sich ein-
stellte und eine solche Höhe erreichte, dass ein Ei 5 Kreuzer,
ein junges Huhn eine Goldkrone, ein Kapaun drei Goldkronen
schon im ersten Monat der Belageiung kostete; im zweiten
Monate gab es in der Stadt weder Wein noch Fleisch mehr.
Aus Sicilien hatte man Korn in die Stadt gebracht, das aber
auf der Ueberfahrt verdorben und „sclimeckend^ geworden war;
daraus waren Brode bereitet worden, die einwendig teigig, aus-
wendig aber in ihrer Rinde so hart waren, dass man selbe mit
Glurns geborne Joseph Freiherr von Sperges, gewe-
sener k. k. Hofralh , von der Kaiserin Maria Theresia mit dem
Stephans -Orden geschmückt. Der Nalionalkalender für Tirol
und Vorarlberg vom Jahre 1821 enthält eine gedrängle Bio-
graphie dieses ausgezeichneten , auch um die Geschichte von
Tirol so verdienten Mannes.
^) Ich bemerke hier, dass andere (Quellen diese in Rede stehende
Seeschlacht nicht den Andreas Doria Selbsten, sondern seinen
JNeffen P h i I i p p i n o liefern lassen.
^ 270 —
Aexten serschlagen mussfe; tod diesem Brode erhielt jeder
Kneeht einen Laib, der zwei Pfund schwer war, er erhielt aber
ausser diesem nichts; halb aasgebackenes anschmackhaftes Brod
und stinkendes Wasser bildete demnach während der fOiifDio-
natlichen Belagerung die Nahrung der Besatzung.*) In einem
Kloster entdeckte man eine Quelle mit süssem Wasser; dieses
wurde nun sorgfaltig geschöpft, mit Gersten-Kleien und etwas
Grische abgesotten, dann mit Sauerteig vermischt und so fOr
Durst und Hunger genommen.
Eines Tages machten die Belagerten einen wüthendea
Ausfall auf jene sechs Fähnlein deutscher Landsknechte, welche
unter dem Kommando des Grafen Wolf von Lupfen im fran-
zösischen Heere sich befanden ; diese wurden susamaiengehaueo,
ihre Standarten erbeutet und im Triumphe nach der Stadt ge-
bracht. Hit jedem Tage mehrten sich die gemachten Ausfalle,
die nun auch aus Noth unternommen wurden, um Lebensmittel
zu erbeuten; die Kaiserlichen erschlügen bei dieser Gelegenheit
viele Franzosen, nahmen denselben die Zufuhren weg und jagten
ihnen nach und nach eine solche Furcht ein, dass sie sich bald
nicht mehr von ihren Anhöhen herabvvagten, sowie die Kaiser-
lichen unten in der Ebene herumstreiften; daher stellte sich
Hunger und Noth bald auch im französischen Lager ein.
Am 15. Juli brach endlich \n dentselben gar die Pest
aus und richtete unter den Franzosen eine furchtbare Nieder-
lage an; ein warmer Südwind hatte dieselbe bald nach allen
Seiten hin verbreitet. Die ersten Führer flüchteten sich aas
dem verpesteten Lager, in welchem der Tod eine reichliche
Aemte hielt, theiis nach Capua, theils nach Nola oder Aversa«
Renzo de Gero und mehrere andere Führer gaben dem Ober*
*) y^Wir hallen bös wasser — sflgl Scherliiu - bös brod, war
stinkend körn ans Sicilien herkommen, wenig wein, kein neiscli?
vil krankes kriegsvolk.^'
Michts desto weniger waren die Deutschen guten Bluthes und
vertrieben sich die Zeit mit Spielen. Scherllin gesteht von
sich ein, dass er in einigen Stunden fOnf tausend Dukaten
im Spiele verloren habe !
- 271 —
bffehbhaber des französischen Heeres den wohlgememten Rath,
die Belagerung eiligst anfsoheben, die verpestete Gegend zu
verlassen und den noeh übrigen Rest des Heeres in eine ge*
.sunde Gegend zu führen; allein Lautree, jeden Augenblick die
Uebergabe der Stadt erwartend, glaubte ausharren zu müssen.
Von der Stadt Aquila her wollte er 4000 Mann an sich ziehen;
aber es erschien — keine Seele. Früher schon halte der Har-
schall den König Franz dringend um eine Unterstützung an
Geld und Truppen angegangen; aliein der leichtsinnige, wol-
lüstige Franz hatte für Lautrec weder Geld noch Truppen.
„Möchte doch König Franz statt nur auf die Freuden der
Jagd zu denken, Sorge tragen, dass diese Unternehmung
nicht ganz misslinge. Alle frühem Unglücksfälle haben ihn
nicht belehrt, und diese Plane werden in Folge der näm-
lichen Nachlässigkeit und Geringschätzung des Feindes, gleich-
wie alle früheren, misslingen.^ Und so kam es such, wie
es ein Zeitgenosse Franzens in den angeführten Worten vor-
aosgesH^t und bejammert hat. Lautrec, ohne alle Unterstützung
gelassen, von Missmulh und Yerdruss darüber verzehrt, wurde
endlich von der Pest selbst ergriffen; er Hess sich zwei
Hai zur Ader, aber es verhalf Alles nichts; am 11. August
(nach einer andern Quelle am i5. August) war dieser tüchtige
Feldherr — eine Leiche.
Der Markgraf Michael Saiuzzo , welcher mit dem Grafen
Guido Rangone standhaft bei dem Oberbefehlshaber ausgehalten
hatte, schickte nach Lautrec's Tod einen Trompeter nach Neapel
und Hess den Prinzen Philibert von Uranien um Balsam bitten,
die Leiche damit einzubaisamiren und dann nach Frankreich
schicken zu können; da aber Prinz Philibert keinen Balsam
auftreiben konnte, begrub man den Marschall ganz kurz in
einem nahen Dorfe unter einem Sandhaufen. Von da brachte
ein geldgieriger Spanier, der dies in Erfahrung gebracht hatte,
die Leiche nach Neapel und vergrub sie in einem Keller
seines Quarliercs — der Hoffnung sich hingebend, dass selbe
für iheures Geld werde abgekauft werden; da aber sich kein
- 272 -
Mensch mehr in Frankreich um den todten Lautrec be-
kümmerte, so blieb die Leiche des armen Marschalls im Keller
vergraben!
7. Nach Lautrec's Tod stieg den Belagerten auch bei
allem Elend der Muth in dem Grade, als er bei den Franiosen
abnahm. Als endlich der Admiral Doria zur Parthei des Kaisers
übertrat — wie später wird erzählt werden — den Hafen öffnete
und die Kaiserlichen mit Lebensmitteln versah, erreichte der
Muth der Kaiserlichen den höchsten Grad. Nun unternahmen
sie in einer Stärke von nur 1500 Mann bei hellem Tage einen
Ausfall und zwar mit vielen Leitern auf den Schultern, als
wollten sie die Anhöhen stürmen ; zwischen beiden französischen
Lagern stellten sie sich in Schlachtordnung auf, ohne dass die
Franzosen es wagten, ihre Verschanzungen zu verlassen und sie
anzugreifen. Endlich gegen Mitternacht legten die Deulschea
auf das Lager des Peter Navarra einen Sturm an, eroberteo
dasselbe und jagten die Ueberresle „der sieben tausend TeufeH
jn die Flucht; Peter Navarra selbst wurde gefangen, nach Neapel
gebracht , im Kastell eingei^perrt und in demselben einige Zeit
darauf todt gefunden, sei es nun, dass er sich das Leben
nahm oder dass er wirklich mit Bettkissen erstickt worden ist,
wie behauptet wird, um dem Meineidigen die Schande der
öffentlichen Enthauptung zu ersparen, die er zu gewärtigen hatte.
Dieser Peter Navarra war nämlich das Kind armer Leute;
er brachte es aber durch seine ausserordentlichen Talente vom
Lakaien bis zum Grossadmiral von Spanien, war der
erste Seemann und Ingenieur seiner Zeit, eroberte Cephalonia,
Gran und Tripolis. Als er in der berühmten Schlacht bei
Ravenna gefangen wurde und die Spanler ihn zu lange nicht
auslösten, wurde er unmuthig und trat in Frankreichs
Dienste — gegen sein eigenes Vaterland. Nach der Erstür-
mung von Genua (1522) durch Georg von Freundsberg befand
sich auch Navarra unter den Gefangenen , wurde aber wieder
frei gegeben gegen das feierliche Versprechen , nie wieder
feindlich gegen seinen Kaiser und Herrn Karl V. aufzutreten;
— 278 —
Ulm tarn «welteo Male ^ io Frankreichs Dienste üeheiid «-^
fdangen , wQrde er dem Tode durch Henliershand schwerlieh
entgangen sein.
Aoeh der Graf Klaadius von Yaudemont starb vor Neapel
an der Pest, fand aiso dort gau unerwartet den Tod statt
einer verhofflen — KOnigskrone; seine Leiche wurde im.
Kloster aar h. Klara, wetehes seifie Vorfahren, die Grafen von
Andegavia gestiftet hatten, aar Erde bestattet.
Nach dem Tode des Grafen von Yaudemont, des Königs
in spe, sogen die Fransosen, welche von der Pest verschont
wiNrden waren, in einer Stfirke von 8000 Mann (nach Schertlin)
am 29. August von Neapel in dreien Kolonnen ab ; jede dieser
Abtheiiungen nahm nur drei Falkonetten mit sich; alles übrige
Geschllts wurde curttckgelassen. Den Vortrab führte der Mark-
graf von Saluzao, das Centrom Graf Guido von Rangone, und
die Arrieregarde Pomperant, der ehemalige Hofmeister Bour^
bons, welcher nach dem Tode seines Herrn wieder sur fra»-
xOsisclien Parthei übergetreten war; er kommandirte beim Ab*
söge die Reiterei.
Als nun die kaiserlichen Heerfttlirer den Abxog der Fran*
lösen g-ewahr geworden waren, jagten sie ihnen nach ; bei der
Stadt Aversa,*) die wenige Stunden nördlich von Neapel
liegt, worden sie schon eingeholt , angegriffen und — aufs
Hanpt gesehlagen. Der Markgraf von Saluzxo, dem nach
Lantrec'is Tod das Oberkommando zugefeilcn war, wurde vei^
wvndet, gefangen und nach Neapel gebracht. Pomperant fand
bei Erstürmung der Stadt Aversa durch die Kaiserlichen seinen
Tod« Der Prinz von Oranien schickte den Hauptmann Hanns
von Brandeck mit 600 Landsknechten gegen Nola ab, um diese
Stadt den Franaosen zu entreissen, vras auch geschah, während
1000 Fransosen zu Fuss und 200 zu Pferd, die auf Nola
^) Diese bei 13,000 Einwohner zahlende Ortschaft war schon im
AUerthnme wegen ihrer Mimenspiele (ludi atellani) berühmt.
Robert Guiscard baute sie nach ihrer Zerstoning durch die Van-
dalen wieder auf und breitete von hier aus seine Macht aus.
18
- 274 -
'dirigirt wareo, Tom FerdinaMl €}oisaga ttberfallen «od «ratraat
wurden. Auch das wichtige Capiia ergab aich und eriudt dei
wackem ObersteD Fabritius Haramald zum Kommaadaoteih
Nach und nach fiel das ganze Laad wieder in die Hände
der Kaiserlichefi. Es wird allgemein behauptet, dass von alleo
lenen Kriegern, die mit Lautreo aber die Alpen gekonimea
und nach Neapel gezogen sind, kein Einziger mehr sein Vater-
land zu sehen bekommen habe. Schertlin schreibt: ,,InSiiauDa'
was nicht zu tod geschlagen, starb sonsten ; ich gltnb, es seynd
von dem grossen haoffen nicht 1700 Haan überblieben.^
8. Ein besonders trauriges Schicksal wurde jenen an*
deutschen Landsknechten zu Theil, die sich von Rudolpli
Hftl hatten verleiten lassen, in französische Dienste au trelei
und gegen ihre eigenen Landsleute die Waffen zu flßhren; alk
jene aus ihnen, welche von der Pest waren verschont gehliehcn,
wurden überfallen, gezwungen auf Gnade und Ungnade sich
zu ergeben, dann aller ihrer Sachen beraubt, bis an die Gcfinie
des Königreichs eskortirt, dort unter Sputt und Gbhu enäassen,
nachdem sie der Barmherzigkeit Gottes und der Gnade der
Bauern empföhlen worden waren, von welchen sie aber sfimmt-
lieh aitf ihrem Heimwege erschlagen wurden.
Drei Schweizer, die aus der Engelsburg ausziehend za dflo
Kaiserlichen, von diesen aber wieder zu den Franzosen überr
gegangen, jetzt aber gefangen wonlen waren, wurden auf den
grossen Platze z« Neapel aufgeknüpft.
9« Da der Vice-Könrg von Neapel, Don HugO: Moncada,
in der Seeschlacht gegen die Franzosen gefallen war, so warde
an seiner Stelle nach Vertreibung der. Franzosen, der Oberbcr
fehkliaber des kaiserlichen Heeres, Philibert Prinz voi
Oranien, vom Kaiser zum Vice^KOnig ernannt. lu dieser
seiner Eigenschaft zeichnete er sich durch eine ausserordent-
liche Strenge aus, die er gegen alle Jene übte, welche dem
Kaiser meineidig geworden waren und zur Parthei der Franzosen
übergelrelen waren. Den beiden Fürsten de Venafra und de
Tecfflino, dem Pando Herzoge von Paviui Antonio de Avensa
- 276 -
and Boch vier aadern hohen Herren ron Neapel wurde der
Prozess gemacht; des Abfalles vom Kaiser überführt, wurdeo
sie sammtlich auf dem Platze vor dem Kastell öffentlich ent-
hauptet, ),darob die Neapolitaner Zäher vergossen.^
Wie in Neapel, so wurden auch an einigen andern Orten,
namentlich auf Antrieb des Kanzlers H. Morone, mehrere Hein-
eidige aus den Grossen des Reiches hingerichtet. Die
Gflter der Hingerichteten wurden zum Besten des Fiskus und
des Heeres eingezogen. Der neue Vice-König hat aber auch
nicht vergessen, die treuen Führer des kaiserlichen Heeres
würdig zu belohnen. Die Stadt Honte Sacron erhielt der
Markgraf Alphons von Gnasta , die Stadt Ariane der Harkgraf
Ferdinand Gonzaga, das Thal Cecilian der tapfere Ferdinand a
Larcon, das Salentiner Thal jener griechische Hauptmann, wel-
cher den Peter Navarra gefangen genommen halte; die Haupte
leute des Heeres erhielten die Stadt Aquila sammt den um-
liegenden Schlössern; er selbst behielt für sich die Stadt AscaV
in Apulien. Schliesslich wurde auch Andreas Doria qiit
dem Fflrstenthume Uelfi belohnt. Was es mit der Belohnuag
des benannten Admirals für eine Bewandtniss habe, wollen wir
nun hören.
Während dieser tüchtige Seemann im Interesse Frankreich^
die Stadt Neapel blockirte, wurde er vom König Franz rück-
sichtslos und aufs schnödeste behandelt. Doria hatte in der
Seeschlacht bei Salerno mehrere Führer und Hauptleute des
kaiserlichen Heeres gefangen, darunter den Harkgrafen Alphoais
von Guasta. Lautrec stellte nun an den Admiral eine kathe-
gorische Forderung, die Gefangen^ ihm auszuliefern; als sich
aber Doria dessen weigerte, berichtete der Harschall dies an
König Franz, der dem Seehelden die Weisung zugehen Hess,
die Gefiangenen ohne weiters herauszugeben. Dieser Befehl
that dem grossen Hanne, der wie ein gewöhnlicher Unterthao
von Franz behandelt wurde, ausserordentlich wehe; derselbe
würde jedoch seine persönliche Zurücksetzung vielleicht noch
▼erschmerzt haben ; als er aber sah, dass der französische Hof
18«
— 276 —
darauf ausging, seine Vaterstadt Genua vorsfitzKeh zu Grunde
zu richten, um dagegen die Stadt Savona zu erheben, machte
er dagegen laute und dringende Vorstellungen. Anstatt aber
diese zu berücksichtigen, wie es Recht und Klugheit yerlangten,
trug der französische Kanzler Duprat die Sache im Rathe so
vor, wie er glaubte, dass der Marschall Hontmorency (der die
Einnahme vom Hafen zu Savona bezog) es wfinsche, schalt den
Seehelden einen hochraüthigen und unverschämten Mann, und
wirkte einen Befehl aus, ihn gefangen zu nehmen! Der
leichtsinnige König trat leichtsinnig dem Antrage seines Kanzlers
bei, und trug die Vollziehung dt^s gegebenen Befehles dem
Barbesieux auf, den er — statt des zu verhaftenden Doria —
zum Admiral auf dem mitti^Iländischen Heere ernannt hatte.
Doria erhielt jedoch von dem Vorgefallenen glaubwürdige
Nachrichten, trat auf Anrathen des gefangenen Markgrafen
Alphons von Guasta mit zwölf Galeeren auf die Seite des Kaisers
Ober, schloss mit diesem einen für seine Vaterstadt sehr vor-
theilhaften Vertrag, hob in Folge ilesselben die Blockade vod
Neapel auf, öffnete den Kaiserlichen die Zufuhr von Lebens-
mitteln und unterstützte sie auf alle mögliche Weise; dadurch
trug Doria zur Erhaltung der benannten Stadt gegen die Fran-
zosen wesentlich bei. Die geleisteten guten Dienste des grossen
Mannes anerkennend, belohnte Kaiser Karl denselben nun —
wie bereits erwfihnt — mit dem Fürstenthume Helfi.
Vernehmen wir das Weitere in Bezug auf unsern Seehelden.
Jetzt ging das Sinnen und Trachten desselben dahin, seine
Vaterstadt Genua vom französischen Joche gänzlich zu be-
freien und ihr die alte Freiheit wieder zu verschaffen. Bald
stellte sich ihm eine sehr günstige Gelegenheit dar, dieses
ruhmwürdige Vorhaben auszuführen. Das von der Pest eben-
falls heimgesuchte Genua war fast von allen Einwohnern ver-
lassen, die französische Besatzung weder ordentlich bezahlt,
noch mit neu angeworbener Mannschaft ergänzt, mithin sehr
schwach; Doria's Kundschafter fanden, dass die in der Stadl
noch übrigen Bürger ihn als ihren Befreier aufnehmen und alle
^ _ 277 —
seine Massregeln hrilftigst untersiatzen wflrden. Unter einem
so lioffnungsvollen Anscheine segelte er nach der Koste von
Genua; die wenigen dort slalionirten franxösischen Galeeren
zogen sich zurück, so bald sie den berühmten Seehelden mit
seinen im Kampfe erprobten Schüfen hatten kommen sehen.
Eine kleine Abtheilung seiner Bemannung übermmpeüe nftcht^
lieber Weile ein Thor; nun warf sich der französische Stadt-
kommandant Theodor Trivulzio mit seiner schwachen Besatzung
in die Ciladelle, und so gewann Doria ohne Blntvergiessen die
Stadt. Der Mangel an Lebensmitlein zwang den Kommandanten
bald zu einer Kapitulation, der zu Folge die Cltadelle fiber-
geben und dann vom Volke geschleift wurde.
Nunmehr stand es in Doria's Macht, ob er sich selbsten
zum Souverain seines Vaterlandes, das er glücklich frei gemacht
hatte, aufwerfen wolle oder nicht. Der ^ühm seiner ehema*
ligen Thaten, der glückliche Ausschlag des gegeowfirtigen Ver-
suches, die Ergebenheit seiner Freunde, die Dankbarkeit seiner
Landsleute, der Beistand des Kaisers — Alles traf hier zusam-
men, ihm eine landesherrliche Gewalt zu versprechen und lud
ihn ein, dieselbe anzunehmen; jedoch mit einer seltenen Gross-
muth opferte er alle Gedanken einer Selbstvergrösserung dem
Vergnügen auf — sein Vaterland frei zu sehen. Nachdem er
das ganze Volk vor seinem Palaste hatte zusammenkommen
lassen, versicherte er seine Hitbürger, dass die Glückseligkeit,
sie noch einmal in dem Besitze der Freiheit zu sehen, für ihn
die vollkommenste Belohnung aller seiner Dienste sei; ver-
gnügter und zufriedener mit dem Namen eines freien Bürgers,
als mit dem Titel eines Souverain's, forderte er keine Vorzüge,
keine grossere Macht als diejenige, welche seine Mitbürger
besüssen ; diesen allein überliess er das Recht, die Regierungs-
form festzusetzen, welche sie nunmehr unter sich einführen
wollten. Das Volk hörte ihn mit Thrünen der Bewunderung
und Freude an. Zwölf angesehene Männer wurden erwühlt,
eine neue Regierungsform für den Staat zu entwerfen.
Der Einfluss der grossen Tugenden des Helden und sein
— 278 —
Beispiel theilte sich seinen Landsleaten mit. Doria, geliebt,
hochgeachtet und von seinen Mitbürgern verehrt, erlebte ein
hohes Alter; sein Andenken ist noch jetzt bei den Gennesem
gesegnet; in ihren öffentlichen Denkmälern und in den Werken
der Geschichtschreiber heisst er mit der vorzüglich ehrenvollen
Benennung! Vater des Vaterlandes und Wiederher-
steller seiner Freiheit.
10. Als die Venetianer die Aufreibung des französischen
Heeres in Erfahrung gebracht hatten, beriefen sie den Herzog
von Urbino, der fortwährend in Umbrien lag, nach Haose,
zogen auch jene Truppen, die 'noch im Mailändischen lagen,
zurttck und besetzten damit ihre Städte.
Nachdem wir wieder in Oberitalien sind, wollen wir uns
nach Antonio de Leyva umsehen, der unterdessen an die Stelle
des gehllenen Herzogs von Bourbon Statthalter von Mai-
land geworden war, und nach dem jugendlichen Helden
Kaspar von Freundsberg, den wir füglich den rechten
Arm des wackem Leyva nennen können.
Wir wissen bereits , dass sich Leyva aus dem Lager von
Melegnano unterm 16. Juli 1527 in einem dringenden Schreiben
an die Regierung zu Innsbruck mit der Bitte gewendet habe:
mit einem Heere von Tirol aus ins Venetiani^che eine Diversion
zu machen und die Republik zu zwingen, ihre eigenen Truppen
aus dem Mailändischen zurückzuziehen und zur Vertheidigung
des eigenen Herdes zu verwenden. Die nämliche Bitte enthielt
auch das zweite Schreiben, welches Leyva unterm 23. Oktober
von Hailand aus nach Innsbruck abschickte. Diese Briefe des
wackern Leyva bewirkten, dass iu Südtiroi eine Truppenmacht
von 12,000 Mann Fussvolk, 200 leichten Reitern und 600 Kü-
rassieren aufgestellt wurde. Das Kommando darüber erhielt
Heinrich der Jüngere, Herzog v. Braunschweig; an
seiner Seite stand der uns schon bekannte Marx Sittich von
Embs. Herzog Heinrich , der den Georg von Freundsberg als
Heerführer in keiner Nähe ersetzte, rückte mit seinen Truppen
von Trient aus der Etsch entlang Ins Venetianische ein, kam
— 9TO —
«hne Widerstand bis Laaise am Gardasee^ erattirmte and Ter--
bramite diese Ortschaft ond nahm auch Rivaita, Peschiera osd
LonaAo den Veietiaiiern weg, die sich anf die Vertheidigvng
ier mit ifareii Trappen besetzten grossen Städte beschrankten;
Ah der kranke Georg von Frenndsberg, welcher ttber
ehi Jahr sich tu Ferrara aufgehalten hatte, und vom Herzoge
aufs liebreichste behandelt worden war, die Nähe des kaiser-
Ikben Heeres w Erfiihrnng brachte, verliess er am ii. Hai
1528 bei Nacht in aller Stille die Stadt Ferrara, begleitet von
einigen Dienern und vom treuen An Jr^a« de Bur^o, dem
kaiserlichen Botschafter am Hofe des Herzogs,'*') Hess sieh in
'^) Von diesem Andreas Burgo verdient ein Brief hier ange-
führt zu werden, den er unterm 6. Juni 1527 von Ferrara nach
Innsbruck schrieb ; er lautet wörtlich :
„Hodie, qnum non possem adhuc ire ob debilitatem pedum^
feci me portari ad hospitium Demini Georgii Fronsperg, qui
multum illud cupiebat, nt fieret consultatio super casu suo ad
avertendum pericufum imminens ob aliqua accidentia frequentia,
quaevenerunt bis diebus, et in fine conclusum est, nt cras mane
fiat canterium in capite in occipite tanquam necessarium reme-
dium ac non ampliüä difPerendum et sperant futurum valde pro-
ffcuum simul cum aliis remediis, quae sunt ordinata, ad quae
omnia Dominus Georgius forti animo se disponit et est boni
animi. Tractavi etiam, quod proximis diebus persnaseram, de
Testamenio suo ordinando e t de confessfone fienda, quod
haec erunt bona remedia ad celeriorem salutem; si tarnen Dens
aliter volet, erit in tempore provisum saluti animae et ho-
nori suo; bono animo omnia accepit et certe omnia
bona speramus.^
Während also das kaiserliche Heer Rom plünderte und ver-
wüstete oder (wie Doktor Adgerer sich ausdrückt) über
Rom den Militärsegen sprach, verhandelte Andreas de
Burgo mit Freundsberg wegen Verfassung eines Teslaroentcs
und wegen Ablegung einer Beicht, und der wackere
Andreas de Burgo gibt seinem kranken Freunde das ehrenvolle
Zeugniss: bono animo omnia accepit.
Herr Gnssler, Archivar der Ambraser Sammlung, berichtet:
Ritter Georg von Freundsberg habe auch noch kurz vor seinem
Tode eine fromme Stiftung in die Pfarrkirche zu Sterzing
gemacht.
Diese Thatsachen werden aus dem Grunde hier angeführt,
nm den Beweis zn liefern , dass Ritter Georg, dessen Recht-
— 280 -
einer Sänfte an den Po bringen, bestieg ein Schiff, fahr asf
demselben nach Ostiglia, wurde von da nach Hantoa gebracht
und alidort Tom Herzoge aufs freundlichste aufgenommen und
forstlich traktirt. Von Hantua ging der Weg nach Peschiera,
allwo Henog Heinrich acht Tage lang still lag. Von hier log
der Herzog mit den Truppen und vom Ritter Georg begleitet
gifiubigkeit 80 vielfiltig in Zweifel gesogen wird, sidi
während seiner letzten Krankheit als glänbigeuKatholiken
gezeigt hat. Der Hauptgrund, aus welchem die Rechtgläubigkeit
des Helden so häufig in Zweifel gezogen worden ist and auch
noch gezogien wird, dürfte wohl in jenem Anfiritte zu suchen
sein, der auf dem Reichstage zu Worms zwischen Luther und
Freundsberg stattfand. Auf dem erwähnten Reichstage klopfte
nämlich — so wird erzählt — Ritter Georg dem Luther auf die
Schulter und sprach:
„Mönchlein, Mönchlein I Du gehst jetzt einen Gang, derglä-
chen ich in der all erernstesten Schlachtordnung nicht gemacht
habe. Bist du aber auf rechter Meinung und deiner Sache ge-
wiss, so fahre in Gottes Namen fort und sei getrost; Gott wird
dich nicht verlassen.^
Was es nun mit der angeführten Erzählung für eine Bewandt*
niss hat, lasse ich dahingettellt sein; eine erfreuliche That-
sache ist es aber, was Freundsbergs getreuester Freund und
Rathgeber während dessen einjähriger Krankheit in seinem Briefe
naeh Innsbruck schreibt:
,,Tractavi etiam de confessione fienda
et bono animo omnia accepit.^
Die bdden Gründe, aus weldien Andreas de Bnrgo in
Freondsberg drang „de confessione f i e n d a^, gibt der er-
wähnte Gesandte mit den kurzen Worten an :
„et sie erit provisum 1) saluti animae et 2) honori suo.^
Der letztere Grund ist wohl zu beachten, da Andreas de Burgo
mit den Worten: ^honori suo^ andeutet, dass Freundsber^
es sogar seiner Ehre schuldig war, seine Rechtgläubig-
keit, welche durch den erwähnten Auftritt tn Worms oder
durch andere Handlungen des Helden stark gelitten haben mochte,
durch den Empfang des Busssakramentes in seiner Krank-
heit ausser allen Zweifel zu stellen — was auch geschehen ist,
denn: „bono animo omnia accepit.^
Wir können somit wohlberechtigt mit Andreas Burgo von
unserm Helden sagen:
^t ^erte onmia bona speramus,^
— 28i -
•of Leyva's Verlangen über Desensano, Brescia und Chiari nach
Bergamo.
Graf Cajauo, jetzt im Dienste der Republik Venedig,
machte aus Brescia, in dem er lag, einen Aasfall, wurde aber
mit Verlast wieder in die Stadt zurückgetrieben. In der Nähe
von Bergamo trafen Herzog Heinrich und Georg v. Freonds-
berg mit Kaspar von Freundsberg and Antonio de Leyva
BQsammen ; der Letztere musste heftiger Gichtschmerzen wegen,
an denen er fortwährend litt, in einer Sänfte getragen werden.
Nan wurde Kriegsrath gehalten und in diesem die Frage auf-
geworfen: was nun mit dem vereinigten Heere unternommen
werden solle? Der Statthalter de Leyva machte einen Vor-
sehlag des Inhalts: man solle zuerst die Stadt Lodi dem
Herzoge Franz Sforza entreissen , dann ihm Pavia und Ales-
sandria wegnehmen, welche Stftdte er noch inne hatte. Mit
diesem Vorschlage einverstanden, zog man vor Lodi, fand
aber das Nest bereits leer, der Vogel war ausgeflogen; Sforza
hatte sich nämlich bei 2^iten aus der benannten Stadt geflüchtet
und war nach Brescia zu den Venetianem entkommen; sein
Stiefbruder Paul lag mit zwölf Fähnlein Fassvolk in Lodi. In
dreien Tagen wurde auf dreien Seiten der Stadt Bresche ge-
schossen und am vierten Tage ein Sturm angelegt. Die Spanier
liefen zuerst an, wurden aber — zurückgetrieben; nicht viel
glflcUicher waren die Deutschen, von denen viele umkamen;
selbst die ^Trabanten^ des Ritters Georg befanden sich unter
den Anstürmenden; Kaspar von Freundsberg erhielt zwei
Scbnsswunden ; auch Herzog Heinrich wurde von einer Kugel
am Helme getroffen.
Dieser ermunterte seine Leute mit dem etwas sonderbaren
Zuspräche : sie sollten nur wacker anlaufen und sich nicht
schonen, denn die Mutter der Landsknechte sei noch
nicht gestorben.^ Dieser Zuspruch wollte aber nicht ver-
helfen ; nachdem nämlich der erste Sturm abgeschlagen, wollte
Niemand einen zweiten anlaufen^ indem sich Jeder gedacht
haben wird: was hilft es, wenn die Mutter der Landsknechte
^ 2SSt —
noch lebt, wenn aber ich ins Gras beis^n masa. — lim
beschloss man , den Kommandanten durch Hunger zur Ueber-
gabe zu zwingen und blockirte Lodi ; allein bald zeigte sich
die Pest im kaiserlichen Heere und nun stob dasselbe !n kurzer
Zeit nach allen Richtungen auseinander; nur bei 2000 Hann
blieben bei Leyva zurück.
Herzog Heinrich kam mit 15 Pferden und einigen Personen
nach Mailand und kehrte über Monza — längs dem Komersee
zurückziehend und in die Kleidung eines gemeinen Reiters ges-
kullt — über Graubtindten nach Deutschland zurück; Geschütz,
Munition , Rüstung u. s. w. blieben zurück. So war also der
Zug des Herzogs Heinrich total missglückt und damit nichts
anderes ausgerichtet, als — dass Ritter Georg ?. Freunds-
berg, der bisher aus Furcht vor einer Ausplünderung und
Misshandlung Von Seite der Venetianer es nicht gewagt hatte,
seine Heimreise anzutreten, aus seinem unfreiwilligen Aufent-
halte in der Stadt Ferrara endlich erlöset wurde. Gleichfalls
den Weg über Graubtindten einschlagend, gelangte der edle
Ritter am 12. August glücklich nach Mindelheim.
Da die Ligue vor der Hand ganz gelähmt und Herzog
Sforza zu schwach war, als dass er etwas Ernstliches gegen
die Kaiserlichen hätte unternehmen können, so folgte auch
Kaspar von Freundsberg seinem Vater auf dem Fusse
nach, nachdem er den Kaspar von Waldsee bei den Lands-
knechten, die sich noch im Mailändischen befanden, als seinen
Locotenenten zurückgelassen hatte. Der tapfere Sohn kam ge-
rade zur rechten Zeit in Mindelheim an, um seinem hochver-
dienten Vater, der acht Tage nach seiner Ankunft in Mindel-
heim das Zeitliche segnete , die Augen zudrücken zu können.
Was den Tod des Helden erleichtern musste, das war das
herrliche Zeugniss, welches der Statthalter von Mailand,
Antonio de Leyva, unterm 21. Juni 1528 seinem tapfern Sohne
ausgestellt hatte; in diesem — es ist in lateinischer Sprache
geschrieben — sind alle die vielen und schönen Waffenthaten
der Reihe nach aufgezählt , welche der jugendliche Pddhaupt-
-^ 283 -
mann während seines Aufenthaltes in Italien an der Seite seines
würdigen Heisters^ des wackem Antonio de Leyva, aasge-
führt hatte. *
Kaspar von Freundsberg erhielt indessen nicht nur das
ehrenvollste und rühmlichste Zeugniss, sondern auch eine ent-
sprechende Belohnung für seine geleisteten treuen Dienste, indem
ihm in Italien mehrere Städte, Schlösser und Dörfer sammt
ihren Revenuen eigenthümlich übergeben wurden; darunter be-
fanden sich die beiden ansehnlichen Städte Monza und Pont-
remoli.*) Der bekümmerte kranke Held hatte somit vor
seinem Tode noch den Trost, sich wenigstens in seinem Sohne
belohnt und die Stammgüter seines Hauses von der darauf ge-
machten schweren, aber ehrenvollen Schuldenlast befreit
zu sehen. Wie wehmüthig beklagt sich hierüber der edle
Ritter in einem Schreiben, das er im März 1528 von Ferrara
aus an Köuig Ferdinand abschickte ! In diesem heisst es unter
andern :
„Ferners betrübt mich mein eigenes Haus und Geschäft,
das ich ganz in die Schanze geschlagen habe; dergleichen
meiner lieben Ehegattin Klagen und Unruhe, so sie von den
Gläubigern, welchen ich meine Treue, meinen Glauben und
meine Kleinodien versetzt habe, um das Kriegsvolk in den
Lauf zu bringen und nach Italien lu führen, täglich leiden
muss, welche Sachen mir zu meinem Schaden fast wehe thun;
denn ich und die Meinen haben bisher mit aller Mühe und
Arbeit an keinem Orte erlangen können, dass solch ein ge-
treues Darlehen möchte rückerstattet werden. — Wahrlich, das
hat mich erst recht bekümmert, dieweil ich sehe, dass viele,
die van Hause aus arm waren, zu grossem Reichthum, zu
grosser Gewalt und Herrschaft gekommen sind, ich aber im
Gegentheil wegen meines väterlichen ererbten Gutes jetzt Nach-
*) Diese ansehnliche „Schankong^, welche der damalige Statthalter
Antonio deLe^va dem Ritter Kaspar gemacht hat, erhielt unterm
14. Februar 152^^ auch die' kaiserliche Bestätigung.
_ 284 -
theil und Anfechtang von den Glüabigern tragen soll. Solche
Gedanken kümmern mich und erinnern mich meines Elends,
das ich für meine unterthftnigen treuen Dienste, fflr die Dar*
Streckung meines Leibes und Gutes allhier in Leibesgefiihrlich-
keit und in eines fremden Herrn Gnade und Unterhalt gekom-
men bin, und so lange bleiben muss, hoffe jedoch, Eure
Majestät werden mein. Herzeleid gnädiglich bedenken, auch den
Nachtheil , der daraus entstehen könnte , zu Herzen nehmen.
Wie dem aber sei, so habe ich all weg meinen Trost und
meine Hoffnung in Eure Majestät gesetzt, und Derselben mein
Anliegen und Noth geklagt und demüthiglich gebeten, dass
Eure Majestät durch sich selbst oder doch beim Kaiser mögen
verhülflich seyn, damit mir meine „Beschwamuss^ abgenommen
werde.*' —
Diese wurde dem braven Hanne, wie wir gesehen haben,
auch wirklich abgenommen ; und so entschlief der Held getrost
am W. August i528, nur fünf Tage nach seinem alten Gegner,
dem Marschall Lautrec, und fast zu gleicher Zeit^ als das
französische Heer vom Prinzen von Oranien bei A versa auf-
gerieben wurde.
Georg von Freundsberg ist unser Bayard gewesen, das
edelste Abbild des romantischen, ritterlichen Geistes, der eben
in seinen Tagen erlosch, weil fast nichts mehr davon übrig
war, als der Dünkel auf rohe Kraft und auf das vermeintliche
Recht, das zum Schutze der Unschuld und Schwäche gegebene
Schwert gegen jeden Schwächern zu erheben. Ritter Geoig
ist der Gründer der deutschen Infanterie ; sein gekrönter Freund,
Kaiser Maximilian, und er waren die grössten Heister in
allen Waffengattungen , waren die festesten Kürassiere , die
schnellsten Reiter, die standhaftesten Landsknechte, die ver-
suchtesten Bflchsenmeister , sie waren Meister in allen Hand-
griffen und Vortheilen.
Freundsberg war von der Natur ganz zum Landsknecht
geschaffen: eine hohe Gestalt mit breiter Brust stand er, den
langen Spiess im Arm, in erster Reihe und schwang, wenn er
voranschritt inm Uatigen Handwerk, tief «ufalhmend und in
weit ausgeholten Kreisen das breite Schlachtschwert. Sein Ann
war von so riesiger Kraft, dass er mit dem mittlem Finger
einen Mann rttcUings zn Bcäen stossen konnte. Unter hoher
Stime und buschigen Augenbrannen leuchtete ein Auge, das in^
der Jugend den Geist ungezUgelter Kampflust, im Alter aber
den ruhigen und klaren Geist, der jede Bewegung des Gegners
beherrscht, abspiegelte.
Bei dem Tode des Ritters Georg von Freundsberg befand
sich sein Schwager, Graf Ludwig von Lodron, noch fort-
wHbrend in feindlicher Gefangenschaft, daher wir von ihm in
diesem Abschnitte nichts haben enfthlen können.
- m -^
XrV. Abschnitt.
Letztes Lebenszeichen der sogenannten ^heiligen Ligne"; Friedens-
sehloM zwischen Papst nnd Kaiser am 29. Jali 1589; Friedens-
fichlnsfi zwischen Kaiser Karl und KOnig Franz; Graf Ludwig
Ton Lodron ans der Gefangenschaft entlassen; Karls Reise nach
Bologna; der Friede mit allen italienischen Staaten — Florenz
ausgenommen; Belagenmg dieser Stadt; Tod des Prinzen tob
Oranien; die Kaiserbrdnung; Karls Reise durch Tirol nach
Deutschland; sein Zusammentreffen mit Ferdinand I. bei Gries;
Ludwig Graf ron Lodron Kommandant der Landsknechte im
Belagerungsheere; Kapitulation der Stadt Florenz ; Graf Ludwig
kehrt mit dem üeberreste der Landsknechte nach Hause zurück;
seine Tortreffliche Mannszucht.
1. Man hfikte doch glauben sollen, KOnig Franz werde
endlich nach so vielen in Italien erlittenen Niederlagen alle
weitem Unternehmangen aufgeben und alle fernem Absichten
auf dieses Land, in dem die Blüthe des franiOsischen Adels
begraben lag^ gerne haben fahren lassen ; dem war aber nicht
so. Kaum hatte- Frankreichs Monarch gehört, der Herzog
Heinrich von Braunschweig sei an der Spitze eines neuen
Heeres nach Italien gezogen, als auch er neuerdings ein kleines
Heer, aus 400 Kürassieren, 500 leichten Reitern, 2000 Schwei-
zern und 2000 deutschen Landsknechten bestehend, unter dem
Kommando des Grafen von Saint Pol im Jahre 1529 die Alpen
(ibersteigen und durch das Thal Aosta in Italien einrücken \kss.
Die Yenetianer hatten das Versprechen gegeben, zu diesem
„Haufen^ ihrer Seits auch 10,000 Fussknechte slossen zu
lassen. Als der neue französische Feldherr mit seinen Truppen
Aosta erreichte, lag das kaiserliche Heer so eben vor Lodi, mit
der Belagerung dieser Stadt beschftftigt; den Ausgang dieses
Unternehmens abwartend, machte St. Pol vor Aosta Halt, rOckte
- aw ^
aber weiter , ab er da^ Hiasluayen iiod die vOlKge Auflösung
des kaiserliciiea Heeres in Folge der eiagetreUoMn Pest in
Erfahniog gebracht katte. Der Statthalter von HaiiaDd, Antimie
de Leyva, rückte ihm aber mathig eatgegeo, obgleich er aar
sehr weaige Truppen verweadeo konnte (die er überdies noch
in seiner Geldverlegenheit aus einer in Hailaad erhobenen
drückenden MaU- und Brodsteuer su besolden gezwangen war)
und er selbst von den heftigsten Gichlschmerzen fortwährend
geplagt wurde, griff* den französischen Ealdherm mulhig an,
sehlug ihn aufs Haupt, nahm ihn gefangen sammt dem grOsstee
Theile seiner Hauptleute, er<^berte das feindliche Lager, er*
beatete das stUnmtliche Geschütz und vereitelte durch seine
Tapferkeil und Umsicht mit Eine» Schlage das ganze Unter-
nehmen; In kurfeer Zeit waren alle Franzosen aus dem Mal-
lündischen vertrieben. So war ganz Italien für diese wiederum
vertoren, der ganze Eroberungsplan Franzens vereiteU und Kaiser
Karl y. im eigentlichsten Sinne des Wortes „Herr im Land e.^
2. Nun sehnten sich aber auch alle Fürsten heislichst
nach dem Frieden, so wenig sie diese innere Sehnsucht ein-
ander gegenüber merken lassen wollten. Papst Kleinens, der
sehr viel von den Feinden, noch mehr aber von den eigenen
Dnterthaaen und Vasallen, z. B. von den mftchtigen Colonna*s,
halle leiden müssen, soll den Ausspruch gethan haben: er
wolle lieber Kaplan, ja Stallknecht des Kaisers werden^ als die
Beleidifongen rebellischer Unterthanen und Vasallen länger er*
dulden. Aber auch dem Kaiser fehlte es nicht an gewichtigen
Gründen, den Abschluss eines Friedens herzlichst zu wünschen
and anck kräfUgst anzustreben j dahin gehören : das Vordringen
Soliman's H. ins Herz von Ungarn (und zuletzt gar bis Wien
83. September 1529), die Fortschritte der Reformation in
Denischiaad, der Mangel an Geld, die Unzufriedenheit der
Spanier mit dem Kriege u. s. w. Da nun auf diese Weise
Papst und Kaiser in Bezug auf den Wunsch, Frieden zu
scUiessen, einander entgegen kamen, so wurde dieser bald zu
Stande gehrncht Gesehlosseii wurde der Friede zu Barcelona
— 288 —
am 29. Juni 1529. Kaiser Ksri gab ia demseliieii dem Papate
alle im Kirchenstaate besetzten Orte, ab: Rarenna, Hodena,
Reggio u. 8. w. zorflck, verlobte seine natttrliche Tochter Mar-
garelha mil Alexander von Medicis, dem Vetter des Papstes,
versprach die Mediceer in die alten Besitzungen,
Rechte und Würden zu Florenz wieder einsusetieo,
und sicherte seiner Tochter eine jahrliche Aussteuer von 20,000
Dukaten zu.
Dagegen erlaubte Papst Kiemens dem Kaiser in seiaeB
Staaten eine geistliche Steuer — den vierten Pfennig von ailea
geistlichen Einkünften — zu erheben, belehnte ihn mit Neapel,
ohne sich einen andern Tribut vonubehalten , als die jährliche
Ablieferung einer weissen Stute zum Zeichen der päpstlichen
Souverainetat, sprach die Plünderer Roms vom Banne los u. s. w.
Für unsem Zweck ist der wichtigste Artikel dieses Friedens-
Schlusses das abgegebene Versprechen des Kaisers: die Me-
diceer in die alten Besitzungen, Rechte und Wor-
den zu Florenz wieder einzusetzen; denn die wiri[liche
Ansftthrung dieser Bestimmung und zwar mit Gewalt der
Waffen führt uns bald wieder auf unsem Helden, den Grafen
Ludwig von Lodron, zurück.
3. Acht Tage nach dem Frredensschlqsse zu Barcelona
«^ also am 7. Juli 1529 — kamen zwei Fürstinnen, nüBlidi
Louise von Savoyen , Franzens Mutter , und Hargaretha . von
Oesterreich, Karls Tante, zu Gambray in der löblichen Ab*
sieht zusammen, zwischen Karl und Franz einen Frieden za
Stande zu bringen. Beide benannte Fürstinnen belogen in
Cambray zwei an einander stossende Hüuser, in weichen ein
Durchgang gemacht worden war. Durch diesen kamen die-
selben unbemerkt und ohne Geremonien zusammen und hiellen
täglich Berathungen, zu weichen Niemand zugelassen wurde.
Da Beide eine grosse Erfahrung in den Staatsgeschüflen hatten,
die Geheimnisse und Wünsche ihrer beiderseitigen HOfe ge-
nauestens kannten und eine Dame auf die andere voHkommen
vertraute, so machten sie in kurzer Zeit grosse Fortschritte z«
ehMiD endlieben Vergleich. Die Ciesaadteii aller Verbündeten
erwarteten in Angstlicher Ungewiasheit die Entacheidong ihrea
Scbicbaals, dessen Bestimmung in den Hunden beider Füratin-
nen war.
Der ersehnte Friedensschluss kam am 5. August 1529
wirklieb xu Stande ; die nach Cambray gelangte Nacbrichl von
den au Barcelona zwischen Papst und Kaiser abgeschlossenen
Frieden hatte wesentlich beigetragea, den Abschluss des Frie-
dens ¥on Cambray zu beschleunigen. Dabei wurde der Friedens-
schluss von Madrid zu Grunde gelegt, nur suchte man die
Härte desselben möglichst zu mildern. Die vorzüglichsteip
Artikel des Friedens von Cambray sind:
Der Kaiser soll vorerst nicht auf die Abtretung voii Bnr-
gvnd dringen, aber gleichwohl seine Rechte und Ansprflcbe
auf dieses Herzogthum in ihrer ganzen Kraft behalten; Frans
soll als Lösegeld seiner Söhne zwei Hillionen Kronen zahlen,
und ehe dieselben losgelassen werden, alle Stftdte, die er noch
im Maillindischen besitzt, herausgeben^ der Souverainetfit aber
Flandern und Artois entsagen , auf alle Ansprüche auf Neapel,
Mailand und Genua Verzicht leisten und sogleich die zwischen
ihm und des Kaisers Schwester Eleonora geschlossene Heirath
vollziehen. Diesem Friedensschlüsse wurde auch noch ein Ar-
tikel beigefügt, durch welchen Franz verbunden war, die Ge-
bortsrechte und das Andenken des Konnetabie und Herzogs Karl
von Bottrbon herzustellen, seinen Erben den Besitz aller seiner
Güter, die er eingezogen hatte, wieder zu verleihen, dann den
französischen Edelleuten, die dem Herzog gefolgt waren, eine
Entschüdigung zu geben.
Die gewiss harten Bedingungen, denen sich Franz in diesem
Friedensschlüsse unterwerfen musste^ waren für ihn noch lange
nicht der niederschlagendste Umstand ; dieser bestand darin, dass
er das Vertrauen von Europa verlor, weil er nftmlich
im benannten Frieden alle seine Bundesgenossen schmählich
verlassen und der Willkühr des Kaisers überantwortet hatte.
Entweder war Franz nicht geneigt, Stück für Stück alles das--
19
— i90 —
Jenige, was cur Berichtigung und Sicherung ihrer Vortheile
nothwendig war , zergliedern zu lassen , oder ihm war bange
▼or dem Gedanken, alles, was er zu ihrem Besten fordern
würde, seinerseits mit härtern Bedingungen bflssen zu müssen;
also gab er ihr ganzes Interesse auf einmal auf und Oberliess
die Yenetianer, die Florentiner etc. der Gnade des Kaisers,
ohne für sie im mindesten etwas zu thun. Diese schrien laot
über ein so niedriges Verfahren, dessen sich auch Franz selbst
dergestalt schämte, dass er sich lange nicht entschliessen konnte,
ihren Gesandten Audienz zu ertheilen, und dies aus keiner andern
Ursache, als weil er sich fürchtete, aus ihrem Munde Vorwürfe
hören zu müssen, die er mit allem Rechte verdiente. Dagegen
war Karl seinerseits sehr aufmerksam auf die Vortheile aller
derjenigen, die es mit ihm <rehaUen hatten; so wurden die
Rechte einiger seiner niederländischen Unterthanen , welche
Güter oder Ansprüche in Frankreich hatten , in Sicherheit ge-
bracht und gewahrt, so auch die Erben und Anhänger des
unglücklichen Herzogs von Bourbon nicht vergessen; doreb
dieses Verfahren , das an und für sich schon höchst löMicb
genannt werden muss und durch den Vergleich mit Franzens
Benehmen in ein noch glänzenderes Licht gesetzt wurde, ge-
wann Karl eben so viele Hochachtung, als ihm das Glück seiner
Waffen Ruhm erworben hatte.
Eine nothwendige Folge des Friedens von Cambray war,
— dass alle Kriegsgefangenen, somit auch Graf Ludwig von
Lodron, wieder ihre Freiheit erlangten: Graf Ludwig wurde
nach seiner Freilassung gleich wieder im Heere verwendet,
welches Kaiser Karl gegen Florenz in Bewegung setzte.
4. Nachdem am 29. Juni der Friedensschluss zu Bar-
celona zwischen Kaiser und Papst glücklich zu Stande ge«
kommen war, so schiffte sich Karl Ende Juli mit einer zritU
reichen Flotte, welche ein beträchtliches Ai^nee-Korps am Bord
hatte, und im Gefolge einer glänzenden Umgebung im Hafen
von Barcelona nach Genua ein , das er nach einer sttlrmisclien
Fahrt von fünfzehn Tagen am 12. August erreichte.
-^ 291 —
Als der f^apst die Ankunft des Honorchen in Getitilr <{^-
Mren halte, sehickte et zwei KteirdliHlle und seine beiden Vettern
Alexander und Hipolilos Yon Hedicis ab, um ibn nach Balof na
einzuladen ; Klemens selbst zo^ mit allen KardinSlen und rtelen
tischdfen ebenfalls dahin. Während der Kaiser auf der Rdae
Aaeh Bologna sich befand , waren Graf Felix von Werdenberg^
ind Kaspar von Preundsberg auf Karls Verlangen mit
1000 Ifann zu Pferd und 10,000 zu Puss in Italien angekom-
nen; beide Fflhrer rückten Ober Pescbiera nach Brescia. Kaiser
Karl war Willens, die Venelianer derb zu züchtigen und aftilr
dem Herzog Franz Sforza die wenigen Stfidte zu entreissea, die
er noch inne hatte; sofort erhielt Antonio de Leyva den Auf«^
trag, Pavia zu stflrmen, dessen Kommandant aber keinen
Slorm abwartete , sondern sich ergab , sobald er die Kraflent-
Wicklung des kaiserlichen Heeres erblickte.
Als der Kaiser in die Nfihe von Bologna kam, zo|fen ihm
25 Kardinäle entgegen; auf diesen folgten 4000 Mann an
Pferd. Karl zog an. der Spitze eines Heeres von 20,000 Haiin
zu Fuss und zu Pferd in die Stadt ein, erzeigte dem Papste,
der ihn unter dem Thore der Domkirche erwartete, durch den
Passkuss die gebührende Ehrfurcht und nahm seine Woh-
aang unter Einem Dache mit Klemens.
Die Italiener, die so viel von seinen Soldaten ausgestanden
hatten, die so lange gewohnt gewesen waren, in ihrer EinbHduiig'
von Karl ein GemSide zu entwerfen, das den barbariaebeii
Honarchen der Gothen und Hunnen ähnlich war, welche ihr
Vaterland mit gleichen Plagen heimgesucht haben, verwunderten
sfcb, wie sie einen Fürsten sahen, dessen äasserlickes Anseheii
sehr annehmlich, der in seinem ganzen Betragen leutselig uad
bOfllieh, in seinen Sitten untadelhafl, besonders aber aufmerksam
aaf ulle Pflichten der Religion war. Sie erstaunten noch mehr,
als er alle Angelegenheiten der Fürsten und Staaten, die nun-
mehr ton ihm allein abhhigen, mit einer weit grössern HfiMig«'
keit and Billigkeit entschied, als sie jemals erwartet hätten.
So schloss er mit den Venetianem einen Frieden, in wetehem
19*
— 2» —
diese versprachen:' ihre Truppen aus dem Mailfindiscben zurflck-
luzieben, eine bestimmte Summe Geldes zu eriegen^ die Stidte
Bavenna und Cervia dem Papste, und alle in Neapel von ibnea
besetsten Seestädte dem Kaiser zurflckuigeben. Auch der mein-
eidige und abtrünnige Lehensmann, Herzog Frans Sforza, fand
auf die Färbitte des Papstes beim Kaiser Verzeihung und Gnade;
Karl flbergab ihm neuerdings das Herzogihum Mailand — • mit
der Bedingung : von den Revenuen jährlich 20,000 Dukaten
dem Kaiser und 1000 Dukaten dem Ritter Kaspar von
Freundsberg einzuhändigen.
Unter dem 23. Dezember i529 hat Papst Klemens zu
Bologna mit dem Kaiser Karl einen neuen Bund geschlossen
und Frieden gemacht mit allen Staaten und Städten, mit denen
er bisher noch nicht zu Stande gekommen war. Das Resultat
der diesfalls gepflogenen Unterhandlungen wurde am 1. Jänner
1530 in Bologna unter einem aligemeinen Frohlocken des Volkes
Öffentlich bekannt gemacht, und der Kaiser, dessen Hässigong
und Grossmuth man dieses GlOck eines so lange ersehnten
Friedens allein zuschrieb, wurde mit Ruhm und LobsprAchea
Oberhfiuft.
Nun ruhten die Waffen in Italien in allen Staaten und
Städten — mit trauriger Ausnahme der einzigen Stadt Floren%^
welche der Kaiser in Folge der eingegangenen Verpflichtungen
mit Gewalt der Waffen zur Aufnahme der Mediceer zwingen
Busste. Der Verlauf der Sache, die unsers Helden wegen aus-
fflbriioher erzählt werden soll., ist folgender.
5. Papst Klemens hatte frllher den Kardinal von Corlon«
zum Statthalter von Florenz gemacht, und diesem seine beidoi
noch jungen Vettern Hipolitns und Alexander de Hedicis in die
Obhut übergeben. Als nun am 6. Hai 1527 Rom erstfinnt
und der Papst in die Kngelsburg eingeschlossen worden war,
fingen die Florentiner an unruhig zu werden. Ab dieses der
genannte Kardinal bemerkte, verliess er mit beiden Prinzen die
Stadt und zog sich mit ihnen am 16. Hai auf Lueca und
bienuf nach Pisa zurück. Die Bewohner von Florenz ergriffe
— 293 -
nun begierig ihre alten Preiheiteo and wühlten den Nikolaus
CapoDi zu ihrem Anführer. Hit diesem an der Spitze erregten
die Borger einen förmlichen AuFruhr, stttrmten den Regierungs-
palast, sagten sich ganz von den Hediceem los, nannten die
Herrschaft derselben Tyrannei und Hessen öffentlich ausrufen:
die beiden jungen Fürsten Alexander und Hipolitus wären ihre
erklärtesten Feinde, hätten Ihnen ihre Güter geraubt, sich mit
dem Kaiser verbinden wollen u. s. w. Indessen gelang es dem
Markgrafen von Hantua, Friedrich von Gonzaga, die Einwohner
auf kurze Zeit zur Ruhe zu bringen ] bald schlössen sie aber
mit dem König von Frankreich ein Uebereinkommen , in
welchem dieser den Florentinern versprach, sie bei ihren Frei-
heiten und gegen den Papst zu schfltzcfn, dieselben hin-
gegen sich verpflichteten, kein BUndniss mit dem Kaiser und
dessen Heere in Italien zu schliessen, vielmehr 5000 Mann
Pussvolk gegen den Kaiser ins Feld zu stellen. Diese
5000 Mann wurden von der Stadt unter dem Kommando des
Horatius Baieon auch richtig gestellt.
6. Nachdem nun Kaiser Karl in dem zu Barcelona mit
dem Papste geschlossenen Frieden das feierliche Versprechen
abgegeben hatte, die Hediceer wieder in Florenz her-
zustellen, die Florentiner aber von einer Herstellung des
Hauses de Hedicis und einer Aufnahme der jungen Forsten
nichts wissen wollten; so schickte Karl, dem Ernst war, sem
Versprechen redlich zu halten^ den Grafen Felix von Werden-
berg mit seinem Heere, das im Mailändischen stand, und mit
einem bedeutenden Train Belagerungsgeschtttz vor die benannte
Stadt, um mit Gewalt der Waffen zu erzwingen, was mit Gflte
nicht zu erreichen war.
Auch der kaiserliche Vice-König von Neapel, Philibert
Prinz von Oranien, erhielt vom Kaiser den gemessenen Befehl,
mit dem Heere, das in Neapel nicht mehr nothwendig war,
nach Florenz zu ziehen und daselbst das Oberkommando über
dfe Belagerungsarmee, bei welcher sich auch GrafLudwig
von Lodron befand, sogleich zu übernehmen. Prinz Philibert
, — 394 -
Teriiew mit Bemmelberg an der S^itse eines Heeres von 15,000
Mann die Stadt Neapel, in welcher der Kardinal Pompejns
Colonna und Ferdinand a Larcon zurückblieben , um in Ron
(13. Juli 1529) vom Papste Subsidien, Geschütz und Haan-
schafk zu erhalten.
Auf dem Harsche dahin zog Prinz Philibert die in ScbUis-
sem und kleinern Städten zerstreut liegenden Garnisonen an
sieh, wodurch sein Heer eine Stärke von 20,000 Mann zu Foss
und 10,000 Mann zu Pferd erreichte. Nachdem nun auch noch
Klemens YII. unter dem Kommando des Herzogs von Urbino
6000 Fussgfinger und 2000 Reiter gestellt hatte, erreichte das
kalierliche Heer, das gegen Florenz in Bewegung gesetzt
wurde, eine Stärke von 38,000 bis 40,000 Mann. In Floren
lagen bei 12,000 Mann zu Fuss mit einiger Kavallerie, deren
Stärke aber nirgends angegeben wird; Halatesta Baieon, ein
Florentiner, war Oberbefehlshaber der aufgestellten Truppen.
Während nun Graf Felix von Werdenberg und der Hark-
graf Alphons von Guasta mit ihren Jruppen nach Florenz zogea,
musste Kaspar von Freundsberg im Auftrage des Kaisers
mit einem Regimente Fussvolk in Bologna bleiben, da diese
Stadt Zeuge einer erhabenen Feierlichkeit werden sollte, ich
meine nfimlich Ale Krönung Karls V. zum Römischen
Kaiser, die am 24. Februar 1530 _ also gerade am dreis-
sigsten Geburtstage des benannten Honarchen — mit ausser-
ordentlicher Pracht in Bologna begangen wurde.
Von Tirol aus zogen Bernard ?on Cles, Fttrstbischof von
Trient und Wilhelm II. von WoIkenstein^Trostborg
m^ einem ansehnlichen Gefolge dabin, um den mächtigen Be-
herrscher, in dessen Reiche die Sonne nicht unterging, im
NameB des Tiroler Volkes nach dem Wunsche Ferdinands zo
begrflssen und zu begläckwitnschen.
In mehreren Berichten gab der genannte Wilhelm von
Wolkenstein seiner Frau in Trostburg ein Bild von den Herk-
wflrdigkeiten der KaiserkrOnung, die wirklich in seltener Praeht
atfittfuipd. Als ujUfplioh der anberaumte KfOnungstag — der
— * 895 —
34 Februar — aDgebrochea war, befsb »iek Papst Kiemens
in der Frdhe zur Kirche des h. Apostels Petrus, begleitet ?on
15 Kardinälep, 2 Blschitfeu, 8 Aebten uod seinem gaoxen Hof-
staate. Kurz darauf erscbieo in benannter Kirche Karl im
kaiserlichen Purpurmantel , dessen beiden Ende Franz Sforza,
Herzog von Hailand, und Karl, Herzog von Savoyen, hidten.
Der Markgraf von Asturien trug den Zepter, der Herzog von
AsGoli das Beicbsschwert , der Markgraf von Montferrat die
Krone, und Prinx Alexander von Hedicis den Reichsapfi^l. Der
Kaiser Huberte sich dem Throne des Papstes, von dem er zuerst
mit den hsignien der Domherren von Sanct Peter und Sanct
Johann im Lateran geschmückt wurde. Nun zog der Papst die
Pontifikal-Kleiduug an; während dieses geschab, hatten die
Domherren der beiden genannten. Hauptkirchen Roms, die rnft
dem Päpste nach Bologna gekommen waren, dem Kaiser die
heiligen Gewände eines Diakons angezogen.
Hierauf nfiherte sich der Papst dem Altäre und begann
das feierliehe Hochamt; bei der Hflndewasehuag goss Karl das
Wasser auf die Finger des Papstes und empfing kniend zwischen
zweien Kardinälen , von denen der eine ein Kardinal-Bischof,
der andere ein Kardinal-Priester war, aus den Händen des
Oberhauptes der Kirche die heilige Kommunion.
Nach Vollendung des h. Hessopfers und nach gegebenem
Segen setzte sich der Papst in voJIem Ornate vor dem Altare;
der Kaiser wurde aber zu seinem Thron zurttckgeftthrt ; dort
zogen ihm die erwähnten Domherren von Sanct Peter und Sanct
Johann im Lateran die h. Gewände eines Diakons aus. Nun
Bfiherten sich die ChurfOrsten und legten ihm den kaiserlichen
Mantel an, mit welchem er sich vor dem Papste niederkniete.
Dieser setzte sich, reichte dem Kaiser zuerst den goldenen,
mit den kostbarsten Edelsteinen geschmückten Zepter, und sprach
dabei: „Theuerster Sohn in Christo und unser Kaiser! nimm
diesen Zepter und gebrauche ihn, um die Völker des Reiches
zu regieren, zu deren Beherrschung dich Gott, Wir und die
Churfürsten für würdig erachtet haben.^
— 296 -^
Hierauf näherte sieh der Hersog von Ascoli and reichle
kniend dem Papste das entblöste Reichsschwert, das KleoMBS
ergriff und dem Kaiser mit den Worten übergab : ^Nimm hin
dieses Schwert und gebrauche es zur Vertheidigung der Kirche
und gegen die Feinde des Glaubens.^ Nun folgte die lieber-
gäbe des goldenen Reichsapfels , der auf allen Seiten mit den
kostbarsten Edelsteinen geschmückt war und vom Prinien Ale-
xander von Medicis getragen wurde. Der Papst sprach dabei
die Worte : ^Diese Kugel , die wir dir übergeben , stellt den
Erdkreis vor, den du mit jeder Tugend, mit Gewissenhaftigkeit
und Standhafligkeit regieren sollst.^ Nach diesem trat vor
Gonzaga, Herzog von Hontferrat, liess sich vor dem Papste
auf die Knie nieder und überreichte diesem die goldene, von
Diamanten und andern Edelsteinen schimmernde Krone, deren
Werth auf 100,000 Goldgulden angeschlagen wurde. Der
Kaiser empfing mit geneigtem Haupte die Krone aus den Händen
des Papstes, der dabei die Worte sprach : „Karl, unbesiegtester
Kaiser 1 empfange dieses Diadem, das wir dir aufsetzen, als ein
Zeichen der Auktoritüt, die wir dir ertheilen, aaf dass alle
Volker, die deiner Botmfissigkeit unterworfen sind, dich ver-
ehren, dir dienen und gehorchen.^
Nach dem Empfang der Krone küsste der Kaiser dem
Papst den Puss ; dieser umarmte dann den Kaiser und gab ihm
den Friedenskuss , worauf die beiden Kardinfile , welche beim
feierlichen Hochamte den Diakon und Subdiakon gemacht hatten,
die Rechte des Kaisers kUssten, dieser aber dafür Beide in
seine Arme schloss. Papst und Kaiser Hessen sich hienof
neben einander auf einen und denselben Thron nieder, jedoch
so, dass der Sitz des Kaisers einen halben Schuh niederer
stand als der Sitz des Papstes. Als Beide ihre Sitze eia-
genommen hatten, wendete sich der erste Kardinal-DiakoR an
das Volk und rief mit erhabener Stimme: „Es lebe KtrI der
Fünfte, der unbesiegteste, der machtigste Kaiser und Verthei-
diger des Glaubens l<^ Das Volk entgegnete zu wiederhoHea
Malen: „Es lebe der Kaiser !<<
— 387 -
Hieraaf gab das ganie in höelMter Parade ausgertckte
Militär eine General-Deeharge, iiundert Kanonenschttsae wurden
abgefeaert, aber eine halbe Stunde wurden alle Glocken der
gaaien Stadt geläutet, wibrend Musik mit allen rniVglichen In-
strumenten auf allen Gassen und Strassen ertönte. Nun fand
eine Bereitere! (equStatio) statt, die zur Erhöhung der Feier-
liehkeit angeordnet worden war; Papst und Kaiser ritten lur
selben auf zweien spanischen Pferden von ganz gleicher Farbe,
die aufs prächtigste geschmflckt waren.
Nachdem diese Feierlichkeit zu Ende war, war grosse
Tafel, wobei der Kaiser, der allein speiste, stehend und enl-
blösten Hauptes auf den Papst einen Toast ausbrachte. Nun
erhob. sich der Neffe des Papstes, der Kardmal Hipolitus von
Medicis, dankte dem Kaiser und trank auf das Wohl des ge-
krönten Monarchen; damit war die Krönungsfeierlichkeit zu
Ende. Diese wäre aber bald in tiefe Trauer verwandelt worden.
Als nämlich Kaiser Karl zwei Tage darauf durch eine Gallerie
seiner Wohnung sich zur Kirche begeben wollte, Bei ein
schwerer Balken des Oberbodens gerade vor den Füssen des
Kaisers herab, der mehrere Personen seiner Umgebung schwer
verwundete und den Monarchen bald erschlagen hätte — was
als eine schlechte Vorbedeutung angesehen und ausgelegt
wurde.
Während dieser Vorgänge in Bologna baten die Bewohner
der Stadt Florenz den Prinzen von Oranien, er möchte sie
verschonen, erhielten aber vom Oberbefehlshaber des Belage-
ruQgsheeres (bei deni sich bekanntlich auch Ludwig Graf
von Lodron befand) zur Antwort: so sehr ihm auch dieser
Krieg von Herzen zuwider sei, mdsse er doch die Belagerung
fortsetzen und nicht eher davon ablassen, als bis sie sich den
Mediceem unbedingt unterworfen hätten. Die Florentiner schick-
ten auf das eine Gesandtschaft an den Kaiser ; dieser liess aber
den Abgeordneten bedeuten , dass sie erst dann eine Audienz
erhalten könnten, wenn Florenz sich unterworfen haben werde
— was aber nicht geschah ; und so wurde nun mit grösserem
Nachdruck der helagertea Stadt zogesetzl, die sieb aber ans
allen Krftften wehrte.
Am 22. März 1530 veriiess endlich Kaiser Karl mit gros-
sem Gefolge die Stadt Bologna, um durch Tirol nach
Deutschland zum Reichstag in Augsburg zu reisen. Dieser war
anfanglich auf den 8. April anberaumt gewesen , ist aber anf
ausdrückliches Verlangen des Kaisers auf den 20. Juni ver-
schoben worden. Folgen wir dem Honarchea auf dieser seiner
Reise durch unser Vaterland.
Von Bologna hatte sich Karl zuerst nach Hantua begeben,
wo ihn der damalige Harkgraf Friedrich drei Tage lang herr-
lich bewirthete; zur Erkenntlichkeit erhob Karl die Harkgraf-
schaft Hantua zum Herzogthume. Von Hantua aus ging
die Reise des Kaisers durch die Länder der Republik Vened%
— Tirol zu. Wilhelm von Wolkenstein und seine Tiroler be-
fanden sich im Gefolge des Honarchen.
In Trient wurde der Honarch vom Fürstbischöfe Bemard
von Cles, der während seiner Anwesenheit in Bologna vom
Papste Kleraens zum Kardinal ernannt worden war, durch
volle acht Tage im Schlosse del Buon Consiglio glänzend be-
wirthet. Der Fflrstbischof und nunmehrige Kardinal scbloss
sich hierauf mit sechs zig Kavalieren dem Zuge des Kaisers
an, um denselben nach Augsburg zu begleiten.
Am 30. April (es war an einem Samstag) zog Karl Nach-
mittagis beim Schlosse Trost bürg vorbei. Beim Vorflberzoge
begi-ttsste die mannhafte Schlossherrin Anna, Wilhelms GemaUio,
eine geborne von Botsch, mit fünfzig PoUerscbtissen deu Kaiser
und ihren Gatten zugleich. Um die Vesperzeit traf Karl io
Brixen ein, wo er den Sonntag hindurch stille lag und am
Hontag darauf um zwei Uhr Nachmittags seine Weiterreise
antrat*, in Sterzing wurde tiber Nacht gelegen. Am 3. Mai
setzte man die Reise nach Innsbruck fort. Zu gleicher Zeit,
als Karl Sterzing veriiess, war sein Bruder Ferdinand — von
Linz kommend — in Innsbruck eingetroffen; Ferdinand hatte
nach seiner Ankunft in der Landeshauptstadt nichts eiligeres so
_ S99 —
thoD, als dn Pferd n.besteigeB and seinem geiiebtett Bniibr
eitgegen lu reiteiL In einer öden BergscUocht am Fasse des
Brenners — swischen Loeg und Gnes — trafen beide Monarchen
am 3. Mai l^achmitlafs zusammen. *) Karl, der in Pferde war,
erkannte zuerst seinen Bruder; er sprang also vom Pferd und
«mannte Ferdinanden, der gleichMs vom Pferde.gestiegen
war, aufs iierziichste; nach einer kurzen Unterredung setzten
beide Fftrsten ihre Aeise bis Hatrei fort, wo sie. das Nacht-
jäger hielten und dann am 4. Hai nach Innsbruck gelangten.
Unbeschreiblich war der Jubel des ganzen Volkes über die
Ankauft des mächtigen Kaisers, der am 4 Mai unter einem
seidenen Traghimmel in die Stadt einzog; fast Jedermann wollte
die Bildnisse oder Wappen dieser zwei hohen Hfiupter haben.
Als Karl in den grossen Saal der kaiserlichen Burg ein-
trat, wurden ihm seine jungen Neffen und Nichten Maximilian,
Ferdinand, Elisabeth und Anna entgegengefahrt, die er alle mit
einer solchen Zärtlichkeit kttsste und in die Arme schloss, dass
den Umstehenden Thränen in die Augen traten. Seine Freude
wurde noch erhöbt durch die Ankunft seiner Schwester Maria,
der hinterlassenen Witwe des unglücklichen bei Hohacz gefat-
*) Zum Andenken an das glückliche ZusammentreiTen beider Bruder^
die einander acht Jahre lang nicht mehr gesehen hatten, Hess
Ferdinands Kanzler, Kardbai Bernhard von Cles, Fürstbischof
von Trient , auf dem Platze der Zusammenkunft eine von Metall
mit halberhabenen Figuren künstlich bearbeitete TaTel aufrichten,
welche aber in späterer Zeit sammt der eisernen Vergitterung
entwendet wurde.
Der Standort des aufgestellt gewesenen Monumentes wird heut
zu Tag noch
•.beim Kaiserbild^
genannt. Die Innscbrift der Tafel lautete:
Imperatori Caesari Carolo V. F. F. Aug. ex Hispaniis, Italia-
que susceptis coronis imperialibus advenienti , et Ferdinando
Hungtriae, Bohemiaeqne Regi e Panoniis decnrrenti optimis
Principibns ad perpetuam poblicae laetitiae memorism, quod
fratres ante annos VIII digressi^ summis inter mortales honoribus,
regnis, triumphis aucti hoc in loco saivi sospitesque convenerunt.
Anno salutis MDXXX Fried. Franc, de monte niveo Stentci
proefeet. mandato regio f. c.
— 90» —
lenen Königs von Ungarn, Ludwig. Obwohl der AnUick ihres
Traoerkleides Anfangs die angenehme Empfindung in etwas
niederschlug, so überwog doch den Schmerz die Freude des
Wiedersehens nach einer beinahe sechszehnjfthrigen Trennung.
In Innsbrucii besuchten den Kaiser : Friedrich Ffakgraf so
Rhein nud Kardinal Mathfius Lang, Enbischof von Sabburg,
um ihn im Namen des gesammten Reiches zu begrüssen, dann
Churfflrst Joachim von Brandenburg, die Herzoge Wilhelm und
Ludwig von Bayern und Georg von Sachsen nebst mehreren
andern Fürsten, wozu noch die Gesandten der proteslantischeo
Fürsten kamen. Da die Stadt Innsbruck mit dem kaiseriioheo
Volke und so vielen Fremden ganz angefüllt war, mnsste der
auf den i5. Hai ausgeschriebene Landtag nach Hall verlegt
werden. Auf diesem klagten die Stünde recht bitter, dass nicht
nur d reis s ig Jahre lang ^o viele kaiserliche Trappen io
den Kriegen gegen den Papst, gegen Venedig und Frankrach
durch Tirol gezogen wären und sich im Lande herumgetummelt
hätten, sondern auch dass so viele tausend Landeskinder eben
so lange gegen die Schweizer, Venetianer und Franzosen in
und ausser Tirol Kriegsdienste geleistet hätten , dafilir aber gar
nichts bezahlt worden sei; nichtsdestoweniger wurden 3000
Mann auf drei Monate zu stellen und zu unterhalten versprochen
und dem Kaiser 36,000 Gulden bewilliget.
Am 6. Juni reisten Karl und Ferdmand nach einem Anf-
enthalte von 32 Tagen, während welcher Zeit der Kaiser seinen
vertrauten obersten Kanzler, den Kardinal Gattinara, der ihn
ungeachtet seiner Kränklichkeit bis Innsbruck begleitete, ver-
loren hatte, über Kufstein und München nach Augsbnrg snm
Reichstag ab.
Vor Schwaz wurden beide Majestäten angenehm -über-
rascht; es waren ihnen nämlich sämmtliche Knappen dieser
Ortschaft, bei 5000 an der Zahl (nicht eher 14,000, wie mtn
auch lesen kann) bereits eine Stunde weit entgegengezogen —
ausgerüstet nach Brauch und Manier der Landsknechte mit
langen Spiessen, Hdleparden, grossen Schlachtschwertem,
- 301 —
HaadrOhroii und «tiemlicheHi Feidgescbtitz^. Die Knappen
selbst hatten sieh in zweien «Haufen^ aafgeslellt, welche circa
300 Schritte von einander standen. Jeder einzelne Haufe bil*
dete wiederum mehrere Glieder, von denen ein jedes 71 Mann
sählte. In der Nahe der Knappen stand ein anderer ^Hanfen^
von 1600 Buben, die ebenfalls bewaffnet waren.
Als nun beide Monarchen herangekommen waren, und
Knappen und Buben in Augenschein genommen hatten, wurde-
von diesen ein Scheingefecht aufgeffihrt. Nach Beendigung
desselben hielten Karl und Ferdinand ihren feierlichen Einsag
in Schwaz. Die „Bergherren^ verehrten den Mi^estaten gleich
bei ihrer Ankunft eine grosse silberne Medaille im Werthe von
1700 Gulden, auf welcher in der Mitte der kaiserliche Adler
Qiid aussen herum das Wappen aller Lander Karls Y. und auf
der andern Seite sämmtliche Titel dieses machtigen Monarchen
eingegraben waren; nach einer andern Quelle soll auf der
Kehrseite der österreichische Stammbaum eingegraben gewe-
sen sein.
Am 7. Juni wurden die Bergwerke in Augenschein ge-
nommen und gleich denselben Tag noch die Reise nach Kuf-
stein zu Wasser fortgesetzt. Am 15. Juni hielt Kaiser Karl
seinen feieriichen Einzug in Augsburg.
Nach dieser Episode wollen wir wiederum zur Belagerung
von Florenz zurückkehren.
7. Die Belagerung der benannten Stadt hatte wihrend
dieser 2ieit ihren ungestörten Fortgang genommen, jedoch nach
der Abreise des Kaisers am 22. Hftrz, dem der Papst am
31. März auf dem Fasse gefolgt war, um nach Rom zurfick-
zukehren, wollte Graf Felix von Werdenberg nicht länger mehr
bei der Belagerungsarmee verbleiben; er liess demnach den
Kaspar von Freundsberg von Bologna nach Florenz kom-
men, übergab ihm das Kommando ttber die deutschen Truppen
und ging ebenfalls zum Reichstag nach Augsburg ab, wo er
bald darauf — starb. Da auch dem Ritter Kaspar v. Freunds-
berg der ganze, lediglich im Interesse des Papstes geführte
- alö« -
Krieg durchaus nicht efngehen wollte, so tibertrog er den
Oberbefehl über den 10,000 Mann starken deutschen Heeres-
theil seinem Oheime, dem Grafen Ludwig Ton Lodron,
▼erliess das Lager und nahm gleichfalls seinen Weg Ober
Innsbruck nach Augsburg. Auch der Markgraf Alphons von
Guasta zog ab.
Das kaiserliche Heer, dessen Verpflegung und Besoldung
der Pdpst hatte fibemehmen mfissen (was ihm eine wöchent-
liche Auslage von 150,000 Gulden verursacht haben soll), lag
schon bei eilf Monate vor Florenz, in welchem sieh bekannt-
lich bei 12,000 Mann beim Beginn der Belagerung befanden,
die aber in den fortwährenden Gefechten sehr zusammenge-
schmolzen waren. Um nun die Besatzung zu Terstärken, wurde
Francesco Ferrncci von den Florentinern nach Pisa abgeschickt,
um das daselbst befindliche Kriegsvolk anzuwerben und nach
Florenz zu fahren. Als dies der Oberbefehlshaber, Prinz Phi-
tibert von Oranien , in Erfahrung gebracht hatte , flbertrug er
die Leitung der Belagerung dem Ferdinand von Gonzaga and
dem Grafen Ludwig von Lodron, nahm einen Haufen
Reiterei und Fussvolk und eilte an der Spitze desselben zur
Nachtszeit dem Perrucci gegen Pisa nach. Unterwegs kam er
zum Städtchen Cas'cina am Arno; als dieses die Thore nicht
öffnen wollte, wie es Prinz Philibert verlangt hatte, und Prinz
Philibert sich nun anschickte, das kleine Nest mit Waffengewalt
zu nehmen, so verzog sich seine Unternehmung; über eine
unbedeutende Nebensache wurde die Hauptsache ausser Acht
gelassen und das Kostbarste verloren — die Zeit. Ferrucci
hatte diese gut benutzt, schnell 4000 Hackenschatzen ange-
worben und sich damit auf den Weg nach Florenz gemacht;
bald stiess er aber auf die Truppen des Prinzen ; nun entspann
sich zwischen beiden Theilen ein hitziges, ein blutiges Gefecht.
Prinz Philibert machte an der Spitze seiner Kflrassiere
einen heftigen Angriff auf seitoe Gegner, fiel aber gleich beim
ersten Anprall, von zweien Kugeln getroffen — todt vom
Pferde. Die Kaiseriichen errangen zwar in diesem blutigen
— 303 —
Gefechte den Sieg, erlitten aber bedeutende Verlasfe and ver-
loren — de^ ,,ktlhnniathigen^ Prinzen , für sie der grOssle
Verlust ! Die Feinde zogen demselben die prächtige Kleidung
ab, sowie den vergoldeten Harnisch, und liessen die Leiche
unbeachtet liegen; ein Franzose suchte jedoch dieselbe auf,
fand sie und legte sie quer aufs Pferd, so d9ss der Kopf und
die Fllsse Iraks und rechts herabhingen — ein trauriger An-
blick ! — und brachte den Gefallenen so nach Pisa, wo er in
einer Kapelle ausgesetzt und sodann zur Erde bestattet wurde;
die erhaltenen zwei tödtlichen Kugeb hatten dem Feldberm,
der noch nicht 30 Jahre zählte, den Rtickgrad zerschmettert
und waren im Herzen stecken geblieben.
Aber auch Ferrucci war den Kaiserlichen in die Hände
gefallen; Fabritius Haramald, Kommandant der italienischen
Truppen im Beiagerungsheere , liess den Gefangenen — hin-
richten^
8. Die Florentiner, nun schon eilF Monate lang belagert^
von aller Welt verlassen und vom Hunger geängstigt eben so
wie vom Belagerungsheere , schickten zwei Abgeordnete zu
Ferdinand von Gonzaga , der nach dem Tode des Prinzen von
Oranien und nach dem Abzüge des Harkgrafen Alphons von
Gnasta Oberbefehlshaber geworden war} dieser Hess nun den
Bewohnern von Florenz bedeuten : der Kaiser wolle durchaus
nicht die Stadt zu Grunde richten; diese möchte sich nur er-
geben. Endlich am 12. August 1530 kam zwischen beiden
Tbeiien ein Vertrag zu Stando; diesem zu Folge mussten die
Florentiner 80,000 Goldstücke erlegen, und zwar 40,000 gleich,
und den Rest In sechs Monaten, sowie mehrere Bürger als
Geissein stellen. Sie hatten auch eine Besatzung in die Stadt
aofitunehmen und mussten sich verpflichten, die von Karl und
Klemens zu bestimmende Verfassung anzunehmen. Ueber diese
sprach sich eine kaiserliche Urkunde vom 28. Oktober 1530
näher aus, „obgleich die Florentiner — heisst es in derselben
— eine sehr harte Strafe verdient hätten, wolle Karl ihnen doch
Verzeihung bewilligen, ihre Rechte bestätigen und die alte
- 30« —
Wahl der Beamten and Behörden genehmigen. An die Spitxe
des Ganzen solle aber Prinz Alexander von Medicis als Herzog
treten, und diese Würde auf seine mftnnlichen Erben naeh den
Rechte der Erstgeburt übergehen.^
So war das Haus der Mediceer in Florenz wieder eioge-
setzt, somit der sehnlichste Wunsch des Papstes erfüllt; der
neue Herzog Alexander, ein leichtsinniger junger Mann, geaoM
aber seine Wflrde nicht lange, indem er Anno 1538 von seinem
eigenen Verwandten, Lorenzo von Hedicis,* ermordet wurde.
Hipolitus, Alexanders Bruder, wurde Kardinal, machte aber
dieser hohen Wflrde wenig Ehre.
9. Nachdem nun auch Florenz zur Ruhe gebracht worden
war, erhielten die alten deutschen Landsknechte ihre Beuhloog
und unter Einem auch den Abschied. Von allen circa
12,000 Kriegern, die mit Georg von Freundsberg vor vier
Jahren den Zug nach Italien angetreten hatten , waren noch
fünfzehn Hundert am Leben. Diese verliessen nun oiit
dem Grafen Ludwig von Lodron Italien, in welchem Aber
zehn Tausend ihrer Waffengenossen und Landsleule inner-
halb dieser vier Jahre den Tod gefunden hatten, und kehrteo
nach Deutschland zurttck, wohin der oflgenannte Haudegen
Sebastian Schertlin von Burtenbach bereits ein Jahr früher zu*
rUckgekehrt war.
„Also kam ich — schreibt er — - mit Glflck anno 1529
den 8. May, mit fröden gen Schorndorff zu weih und kindero,
und hfitt in demselben lu-ieg überkommen 15^000 Gulden ood
gut klaider und klainod ; dem allmächtigen sei lob , ich h«bf
wol eramet (.erworben).^ Was es aber mit diesem „Eramen^
fOr eine Bewandtniss hat, wissen wir.
Die Geschichte sagt, dass aus allen Fülirem, die zur Ex-
pedition gegen Florenz verwendet wurden, Graf Lodirig
von Lodron durch eine vortrefflich eingehaltene Hanas-
zucht sich ganz besonders ausgezeichnet habe — eine Tagend,
die demselben auch anderswo nachgerflhmt wird, wie wir^spiit^
hören wecden.
— 305 —
Nun findert sich aber der Schauplatz der Thätigkeit unsers'
Heldeo; ehe wir aber diesen betreten,' soll noch vom unseligen
IVeiben und traurigen Ende des berflchtigten Rebellen Michael
Gaissmayr dasjenige erzählt werden, was uns die Geschichte
davon aufbewahrt hat.
10. Wir haben diesen Unheilstifter das letxte Mal im
Mai i527 als Hauptmann Im venetianischen Heere vor Rom
gesehen. Nun wurde unter dem 15. September 1527 dem da-
maligen Landeshauptmanne Leonbard von Völs durch die ober-
österreichische Regierung ein Schreiben eingehändigt und dem-
selben darin folgende Hittheilung gemacht: man habe nämlich
einen verdächtigen Mann, Namens Michael Ratenlang, der mit
dem Rädelsführer Gaissmayr aus dem Stifte Salzburg wegge-
zogen und von diesem zum „Schultheis^ gemacht worden sei,
im Brixenthale aufgefangen. Michael Ratenlang habe seiner
^«Praktiken halber^ peinlich befragt, nachstehendes Geständniss
abgelegt: Erstlich wäre Gaissmayr täglich in grosser „Uebung^,
einen neuen Aufruhr zu erregen, habe auch zeitlich im Winter
mit der Republik Venedig um „vnterschlaipf und Pass ge- '
handelt^, und die Anzeige gemacht, weil alles Kriegsvolk aus
Tirol nach Italien zöge, wolle er ein arges Spiel im Lande
anrichten — für den Fall, dass ihm die Republik verhülQich
sein sollte; diese habe aber zur Antwort gegeben, sie hätte
keinen Krieg gegen die österreichischen Erbiänder, sondern
gegen den Kaiser um das Herzogthum Mailand, auch habe die
Republik bei Lebensstrafe verboten , einen Einfall in die Erb-
lande zu unternehmen. Ferners habe Ratenlang ausgesagt:
Gaissmayr gedenke, sobald der Abzug der Truppen geschehen,
jedenfalls einen neuen Aufruhr anzuzetteln und den Anfang
damit in Tirol zu machen, dadurch könne er sich des Pinz-
ganes „vergewissern^.
Im erwähnten Schreiben der österreichischen Regierung an
den Landeshauptmann wird schliesslich auch gemeldet, ein an-
sässiger Mann und zwei ledige Knechte wären aas dem Lager
der Venetianer gekommen und hätten auf die Frage : was ihr
20
— 3D» -
Füraehmen sei? zur Antwort gegeben: Gaissnuiyr habe sie
täglich vertröstet , dass er einen neuen Aufruhr an der. Etsch
erregen, dann auf den Nonsberg ziehen und daselbst eiq paar
Schlösser an sich bringen und mit Hülfe der. Bauern den er-
regten Aufstand weiter verbreiten werde.
Seiner Umtriebe wegen von der Republik Venedig nach
dem Friedensschlüsse mit dem Kaiser nicht mehr gelitten, zog
Gaissroayr in die Schweiz. Unter dem 20. August 1530 wurde
nun dem Landeshauptmanne von Tirol von der oberösterrei-
chischen Regierung der Auftrag eriheüt, gute und verlAsslicbe
Kundschafter sowohl innerhalb des Landes als ausserhalb des-
selben zu bestellen, welche auf die „Praktiken^ des Gaissmayr
ein gutes Augenmerk haben sollten. Bei dieser Gelegeaheit
wurde dem Landeshauptmanne durch die Regierung nachstehende
Hittheilung gemacht : Gaissmayr habe sich gegen einen Hano,
der demselben als Kundschafter gegen Zürich nachgeschickt
worden, vernehmen lassen , er gedenke au der Spitze eioes
Haufens von 18,000 Mann wftlschen und deutschen Volkes von
Graubünden aus einen Einfall ins Tirol zu unternehmen, und
dem Landesfflrsten genug zu schaffen zu gei)en.
Da Gaissmayr in der Schweiz mit seinem Plane, Tirol za
insurgiren, keinen Anklang fand, so eilte er ^vieder nach Italien
zurflck^ um von hier aus zu demselben Zwecke thütig zu sein;
allein hier wurde seinem fernem Treiben Einhalt gethanj der
Unheilstifter wurde nämlich in der Stadt Padua im Jahre i530
durch zwei Spanier ergriffen, enthauptet und der Kopf des
RMelsführers dem LandesfUrsten nach Innsbruck fiberschickt.
^ JW -
XV. Abschiutt
6r*f Lndvig Ton Lodron im Türkenkriege ; Sultan Solimaa II.
nnd sein Günstling Ibrahim Pascha; Erobenmg ron Belgrad dorch
Soliman; Schlacht bei Mohacz; Belagerung ron ^ien and Güni
durch Soliman; Graf Ludwig im Kampfe mit Kassimbeg; Prie«
densschlnss ; Ferdinand I. und seine Gemahlin Anna in Trient anno
1636; Yerm&hlnng des Grafen Ludwig mit Ursula von Cles.
1. Im Jahre 1520 bestieg den Thron der Osmaneo
Soliman II., der Grosse, der Prächtige, der Gesetzgeber,
von den Seinen auch der Herr seines Jahrhunderts genannt.
Die Gesandten Ferdinands L, nfimlich die Graftn Nögarola und
Lamberg, beschreiben uns diesen gewaltigen Mann als enthalt«
sam, edelsinnig und grossmtithig , sein Aeusseres als Ehrfareht
erweckend , mehr anziehend als absehreckend ; Alles , was der
Geist eines Regenten nur immer Grosses und Gewaltiges in -
Plfioen und Gedanken umfassen muss, um sein lieben und durck
sein Leben zugleich auch seine Zeit aus der Bahn der Ge-
wöhnlichkeit hinauszuheben, war in Soliman vereinigt. Darum
erfflllte €r nicht nur seinen Namen mit einem Ruhm nnd Glanz,
wie noch kein Sultan vor ihm, sondern er machte auch seine
Zeit zu der merkwttrdigsten in der Geschichte des osmanischen
Reiches ; denn nie glänzte dieses Reich in einer solchen Grösse,
wie unter Soliman^s 46 Jahre dauernder Regierung.
Dem gewaltigen Sultan zur Seite stand aber aach ein
Mann, eines solchen Herrschers wfirdig; es war dies der Gflnst-
ling Ibrahim Pascha, hochherzig, staatsklug, gewandt, be^
sonnen, leutselig und ein Kenner des Verdienstes. Ibrahim
Pascha besass Soiiman's unbegrfinztes Vertraaen, war Ans«
20»
- 908 —
Spender aller seiner Gnaden , sowie Verkfinder and Yollsieher
alier seiner Befehle.
Soliman schickte gleich nach seiner Thronbesteigung einen
Gesandten nach Ofen, an den Hof des geist- und körper-
schwachen Königs Ton Ungarn, Ludwig IL, um diesen an den
der hohen Pforte zn entrichtenden Tribut zu erinnern. Dieser
Gesandte erschien zur Zeit, als der 15 Jahre zahlende König
seine Vermählung mit Maria von Oesterreich, Schwester Karls V.
und Ferdinands I. , feierlichst beging. Die Forderung des
Sultans kam ungelegen und ^— beleidigte. Statt an ihre Er-
railung zu denken, ward Solimans Abgeordneter schwer miss-
handelt und in einen Kerker geworfen, ja — wie vielfach be-
hauptet wird — gar ermordet.
Diesen Frevel zu rSchen, trat der Sultan zum ersten Haie
an die Spitze einer gewaltigen Heeresmacht. Fast widerstands-
los fielen beinahe alle festen Schlösser an der Save in Soli-
mans Gewalt, und schon im Juü 1521 stand er vor Belgrads
Hauern und begann die Belagerung dieser hochwichtigen Festung.
Zwanzig Stürme wurden von der tapfern Besatzung siegreich
abgeschlagen; allein nach einer kurzen Belagerung von vierzehn
Tagen , binnen welcher Zeit aber fortwährend von den Türken
gestürmt wurde, fiel dieses Bollwerk der Christenheit in
die Hände der Osmanen, in denen es sich noch befindet.
2. Fünf Jahre später -- 1526 — brach Soliman am
23. April mit einem Heere von 300,000 Mann zum zweiten
Male von Konstantinopel auf. Ohne Widerstand ging er über
die Donau und nahm die Stadt Peter ward ein im ersten
Anlauf. Bei so dringender Gefahr Hess König Ludwig nach
alter Sitte einen blutigen Säbel durch alle Städte und Dörfer
Ungarns tragen und damit die ganze waiTenfähige Mannschaft
unter Todesstrafe gegen die Ungläubigen aufbieten. Am 29. Au-
gust 1526 (also an demselben Tage, an welchem fünf Jahre
früher das feste Belgrad in die Hände Solimans gefallen war)
kam es bei Mohacz zur Schlacht. Ach! wir kennen ihren
unglücklichen Ausgang; über 22,000 Ungarn, darunter sieben
- 309 -
Bis cMfe, 28 Ihgnaleo and 500 Rilter bedeekten das Sehlacbl-
feld; König Ludwig, von der Menge fortgerissen, eilte gegen
Fflnfkirchen. Bei der Ortschaft Ezelje wollte er sich ttber
einen sampfigen Grund retten, das Pferd sank aber ein, wollte
sich emporarbeiten , fiel aber ermattet auf den König , welchen
die Schwere seiner Rdstong unter dem Wasser hielt , so dass
er elendiglich zu Grunde gehen musste. Die Türken drangen
hierauf siegreich bis Ofen vor, das ebenfalls in ihre Binde fiel.
Heimkehrend richteten sie nach allen Seiten hin die furchtbar-
sten Verwüstungen an und schleppten bei 300,000 Christen in
die Sklaverei fort.
3. Wiederum drei Jahre später — .1529 — brach Soli-
man den 2. Mai sum dritten Male an der Spitze eines Heeres
von 300,000 Mann, dem ein Vortrab von 30,000 Kriegern
voranzog, von Konstantinopel auf, und stand am 20. September
vor Wien, das nun 24 Tage lang aus 400 Peuerschlünden
unausgesetzt beschossen wurde. Wir kennen den Ausgang
dieser ewig denkwürdigen Belagerung. Am 14. Oktober wurde
der Hauptsturro glücklich abgeschlagen, und am 18. Oktober
hob Sollmans allgewaltiger Günstling, Ibrahim Pascha, nachdem
alle Hofl^nung geschwunden war, sieh der Stadt durch Terrath
zu bemächtigen, die Belagc*rnng auf und zog über Brück an
der Leytha nach Ungarn ab.
Halten ^ir hier inne, um einen Blick auf die Grabschrift
unsers Helden zu werfen , von welcher am Schlüsse der Bio-
graphie die Rede sein wird; in dieser heisst es vom Grafen
Ludwig: „qui post plura Domui Augustae praestita servitia
Viennam obsidione, fidem catholicam metu, Carolum V
Caesareni periculis liberavit.^ Dieser. Aufschrift zu Folge hätte
Graf Ludwig bei der Vertheidigung der Stadt Wien oder
zum Entsatz derselben mitgewirkt; ich glaube aber diese An-
nahme in Abrede stellen zu müssen — und dies aus folgendem
Grunde. Am 20. September 1529 begann die Belagerung von
Wien und neun Tage später, also am 19. September 1529,
begann die Belageruog von Florenz, welcher Graf Ludwig
— «0 —
urkuodlich beiwohnte; derselbe konnte also wohl niebl tn
gleicber Zeit b^i Florenz und bei Wien thätig sein*
Uebrigens finden wir von den Bittern and Edlen, welclie
sich aus tirolischen Geschlechtern während der Belagerung
der benannten Stadt und beim Entsätze derselben ausgezeicbnet
haben, folgende Namen : Auer, Brandts (Sigmund), Payrs-
berg, Stadler nnd Wolkenstein.
Von Sigmund Brandis sagt die Geschichte namentlich,
dass er bei einem Ausfalle den TOrken einen „merklichen
Schaden^ zugefügt habe.
4. Item drei Jahre später — Anno 1532 — brach Soli-
man zum vierten Male an der Spitze eines Heeres von
200,000 Mann Fossvolk, 20,000 geregelten Reitern und 16,000
sogenannten Rennern und Brennern nebst 300 PeldstOcken von
Konstantinopel auf. Am 14. Juni stand er mit seinem Heeie
bereits bei Belgrad, wo er noch eine Verstärkung von 15,000
Tartaren an sich zog. Hit dieser Macht ging der Saltan über
die Donau; ein Iheil seiner wilden Horden wälzte sich in
Syrmien und Slavonien von Stadt zu Stadt, um gänzlich so
verheeren, was vom Kriege bisher noch unberührt geblieben
war; der andere Theil zog mit dem Grossherrn an der Spitie
nach Essek und von da nach Mohacz. Hier empfing er die
Gesandten Ferdinands, die Grafen Nogarola und Lsunberg, die
aber zurückbehalten wurden, damit sie, wie Soliman sagte, als
Augenzeugen seiner Thaten, ihrem Gebieter desto glaubwür-
digere Kunde überbringen könnten.
Am 25. Juli zog Soliman von Mohacz nach StuhlweisserH
bürg und wendete sich von hier — aus unbekannter Ursache
— über SarvÄr gegen das Städtchen Gttns. Hier entliess er
die bisher zurückbehaltenen Gesandten, reichlich beschenkt^ an
KOnig Ferdinand und Kaiser Karl mit einem Schreiben, worin
Soliman beiden erwähnten Monarchen meldete: «er sei zw
Rache des an seinem Schulzgenossen und Freunde Johann Zi-
polya verübten Unrechts gekommen , werde in das Herz ihftv
Lftpdqr fejqjdJich eindringen und mit Gottes yad des Ftf^fl^^
- 311 —
Rttlfe jeden Widerstand aberwältfgen ; wären Beide Von König-
lichetoi Ehrgertihl beseelt, so'soHten sie im offenen Felde sich
ihm entgegensteneii. In einer einzigen Schlacht lasse sich ^t-
scheiden, ob die Herrschaft Ober die Welt ihnen gehöre od^r
ihm.^ Beide Sendschreiben waren in arabischer Spra<^he mit
goldenen und blauen Btichstaben geschrieben, in Gold gesiegelt
and in purpurnen Beuteln eingeschlossen. '
5. Hittierweile hatten auch Karl und Ferdinand eine
grosse Thütigkeit entwickelt und bei Wien eine Heeresmacht
von 80,000 Mann gesammelt. Das allzeit getreue und opfer-
willige Alpenland Tirol hatte dazu 3000 Mann gestellt, und
dieselben nebst einem viermonatlichen Sold auf dem Wasser
nach Wien 'geschickt. Sigmund von Brandis, derselbe,
welcher der Belagerung von Wien beigewohnt und bei einem
unternommenen Ausfalle den Türken einen „merklichen Scha-
den^ zugefügt hatte, war Oberst über dieses Hfilfskorps; unter
ihm kommandirten als Hauptleute: Wilhelm von Wolkenstein-
IVosiburg, Ludwig von Grienstein. Oswald Hess, Arbogast von
Anneberg, Hanns Khaliinger und Melchior Fieger. Graf Lu<f-
wig von Lodron, der von Schertlin „Oberster über des
königs häufen^ genannt wird, und Markgraf Joachim von Bran-
dehborg näherten sich mit Hülfstruppen der Stadt Wien über
Steyermark; Ritter Kaspar von Freundsberg war mtt
seinen Leuten schon früher dahin abgegangen. Schertlin von
Bürtenbach, von den Städten Kempten^ Augsburg und Donau-
wörth zum Hauptmann erwählt, zog am Jakobitag an der Spiti^e
von 500 Landsknechten und 50 Reitern von Augsburg aus und
trat seinen Marsch nach Wien an. Graf Wolf von Montfort,
Oberst des schwäbischen Kreises, machte unsern Haudegen zu
seinem Locoteneuten, Ffalzgraf Friedrich ernannte ihn zum Löco-
tenenten über das ganze Fussvolk der Reichsarmee, die
Schertlin auf 65,000 Mann zu Fuss und 1i,000 Mann zu Pferd,
in Summa auf 76,000 Streiter angibt.
Am 5. August 1532 übernachtete der Kardinal Hipolitus
d« Hedicls, der Vetter des Papstes, in Brixen; dieser pracht^
- .312 -
liebendQ Kirehenfürst fflhrte 300 Pferde mit sidi, and sog «i
der Spitze von 10,000 Mann, welche Klemens VII. dem Kaiser
so Hülfe schickte, zur Reichsarmee nach Wien« Kirchmayr
ruft bei dieser Gelegenheit aus: „0 da gabs viel samtne
Röcklein !^ Am 9. August marschirte durch Brlxen der Stalt-
halter von Hailaud, Antonio de Leyva. Der genannte
Chronist macht uns von diesem Feldherrn folgende sonderbare
Schilderung: „Er ist wo! krump gewesen. Olsen Mann hat
man durch das Land getragen ; er ist auf Menschen geritten,
hat wol fein Leut pey jm gehabt und etwo 200 Pferd. Er
mag wol ein treffendiicher mit synnen seyn, aber kraft hat er
nit für ain Maus. So hat er auch nit gern Geld ausgeben; es
ist ein abendtheurisch geschwind Mann.^
Am 11. August finden wir den lapfem Markgrafen Alphons
von Guasta mit 8000 Spaniern in Bozen, wo er zwei Tage
stille lag. Am 14. marschirten diese 8000 Mann durch Brixen;
ihnen folgten auf dem Fasse 14,000 Ilaliener. Im Gänsen
marschirten in diesem Jahre (1532) 85 Fähnlein italleoisdier
und spanischer Truppen durch Tirol , bestiegen dann in Hall
und Kufstein Schifle und fuhren zu Wasser nach Wien. In
Brixen allein verzehrte diese Mannschaft 3000 Star Mehl, 100
Ochsen und 300 Hammel — beurkundete somit einen geseg*
neten Appetit.
6. Am 31. Juli hatte sich Ibrahim Pascha vor Gttns
gelagert. Daselbst befanden sich nur 700 waffenftfhige Mfinner;
diese wurden aber von einem Helden befehligt, der seinen
Heldengeist der ganzen Besatzung einzuflitosen wusste und alle
seine 700 untergeordnete Leute in eben so viele Helden um--
wandelte; mit Hochachtung schreibe ich seinen Namen nieder:
Niklas Juris itsch. Nun begann eine der merkwürdigsten
Belagerungen, welche die Geschichte kennt. Um aber su
gleicher Zeit die angränzenden Länder zu verheeren, schickte
Soliman von Gttns aus den ßeglerbeg Kazum Pascha cKassira-
Bei) mit Reiterei und den Osman Aga mit Janitscharen auf
einen Streifzug gegen Ober-*Oesterreich aus. Beide genannte
- 313 —
Heermhrer der Türken xfihlten 16,000 bis 18,000 Mann aoler
ihren Fahnen.
Verlassen wir den Saltan vor Gflns, um diesem Streifkorps
SH folgen, aber aach um unserm Heiden wiederom su begegnep-
Unter den gräulichsten Verwüstungen wftizten sich die
Horden unter Kaznm Pascha (Kassim Bei) und Osman Aga
Ton Güns aus durch Gestenreich längs der Gebirge bis an die
Enns in der Nflhe der Stadt Steyer
Indessen wurde Solimao gezwungen , die Belagerung von
Güns aufzuheben, nachdem diese 26 Tage gedauert hatte, wäh-
rend welcher Zeit Jurisitsch 13 Stürme mit seinem Häuflein
gifinzend abschlug ; der Sultan wendete sich von da nach Grätz,
am diese Stadt zu erobern. Als Kazum Pascha diese Nach-
richt erhalten hatte, trat er mit seiner Raubschaar eiligst den
Rückzug an, nachdem er noch die Stadt Weyer geplündert,
verbrannt und tausende von Menschen beiderlei Geschlechts ge-
fangen in die Sklaverei fortgeschleppt hatte. Er gedachte, über
den Wiener- Waid ziehend, in der Gegend von Baden heraos-
zobrecben und von da über Wiener Neustadt den Weg nach
Steyermark einzuschlagen, um sich mit dem Heere des Sultans
bei Grütz zu vereinigen.
Von den Bewegungen dea Feindes genau unterrichtet, hatte
sich jedoch Pfalzgraf Friedrich, der OberVefehlshaber der
Reichsarmee, im Gebirge gelagert und daselbst mit 12,000
Mann Fussvolk und 2000 Reitern trefflich aufgestellt. Die
Thalwege wurden sämmtlich durch starke Verhaue und Felsen-
stttcke unwegsam gemacht und nur Einer offen gelassen, dieser
aber um so starker mit Truppen besetzt. Nach einem mehr-
tägigen Herumirren (Auswege suchend) ward nun eine Abthei-
lung vom Korps des Kazum Pascha, bei 8000 Mann stark,
zwischen Pottenstein und Altenmarkt, und eine andere bei
Leopoldsdorf am 19. September angegriffen und — aufs Haupt
geschlagen; Sebastian Schertlin^ der an der Spitze von fünf-
hundert Schützen bei Tagesanbruch auf die Türken einen wü-
thenden Angriff unternahm, entschied die Niederlage des Feindes.
- 3M -
Kaum die Hälfte der Türken entrann dem Racbescfawerl der
Kaiserlichen ; Kazum . Pascha selbst fiel in der Schlacht , so
wacker er auch mit seinem eisernen Streithamroer kämpfte.
Was dem Schwerte entrann, suchte seib Heil in der Flacht;
allein in demselben Augenblicke war Graf Ludwig v.Lodron
mit seinem ganzen Kriegsvolke, dann sein Locotenent Bemmel-
berg mit vier Ffihnlein vom Reichsheere und Joachim, juniotr,
Harkgraf von Brandenburg mit 500 Kürassieren im Anzüge
begriffen. Die Flüchtlinge fielen nun eben den benannten Füh-
rern in die Hunde. Wie gereizte Löwen fielen die erbitterten
Kaiserlichen über den übrig gebliebenen Rest der Raubhorde
her; es war kein Widersland von Seite der Türken mehr mög-
lich ; erbarmungslos wurde Alles niedergehauen , was sich tor
Wehr setzte; die Niederlage des Feindes war eine voll-
kommene. *)
Bald darauf wurde auch jener feindliche Haufe, der unter
Osman Aga stand, durch die kaiserlichen Feldhauptiente Johann
Katzianer, Paul Bakits^ Bnlthasar Banffy, Valentin Török und
Georg Auersperg gänzlich aufgerieben. Der ritterliche Paal
Pakits glänzte Allen muthig voran; seine Lanze Mite den
türkischen Anführer Osman Aga. *^)
Von der ganzen Streitmacht des Kazum Pascha und Osman
^) Die Monuments Lodronii Leonis erzählen uns diese glänzende
Waffenthat des Grafen Ludwig mit folgenden - äusserst
unklaren — Worten:
Anno 1532 cum snb Federico Comite Palatino, Germanarun
copiarnm Praefecto, una cum aliis ducibus ferretur in Turcas,
Ungariam depraedantes tarn forti animofuit, ut admoduAi
mirari oportuerit. Etenim propria cohorte ex 5000 mili-
tibus, qui Casoni duci ex 10,000 et ultra superfnerant, major
pars vi atque militum impressione perturbata pecorum modo, tota
reltcta praeda, una cum ipso duce Casone (Kazum Pascha?)
caesa fuit, et nisi tormenta emitti pröhibuisset, ne milites, q«i
terga fugientium caedendo e Palatini castris subsecuti fuerant.
cum essent hostibus permixti, temere sternerentur, nullus ex
eorum manibus sese explieare potuisset.
**) Paul Bakits war ein Mann, dessen Sinn und Tapferkeit von
seinen Kriegern durdi den ehrenvollen Beinamen: „Vater der
Reilerei" bezeichnet wurde.
— 915 —
Aga eDtkamen nur bei sechs hundert Flüchtlinge nach Essek,
um die Nachricht von der Niederlage der Ihrigen dem Sultan
zu bringen. An der Vernichtung dieser Riuberhorden hatte
aber auch Graf Ludwig, Oberst und Anfflhrer des ganzen
Fussvolkes des Königs Ferdinand, den rühmlichsten Antheil.
Im Jahre 1533 kam zwischen Soliman und den beiden
Monarchen Kaiser Karl und König Ferdinand der Friede lu
Stande, in Folge dessen es unserm Helden gestattet war, wieder
nach Tirol zurackzukehren.
7. Nun müssen wir eines höchst freudigen und ehren-
vollen Ereignisses im Leben des edlen Grafen erwähnen. Im
Frühlinge des Jahres 1536 kam nämlich Ferdinand L und
seine erlauchte Gemahlin Anna nach Trient, wo eben auch
Graf Ludwig sich aufhielt. Dieser wurde nun mit mehreren
andern Herren aus den vornehmsten Häusern vom damaligen
Fürstbischöfe von Trient, dem uns bekannten Kardinal Bernhard
von Cles, den allerhöchsten Herrschaften zur Begrüssung ent-
gege:». geschickt. Da die beiden Majestäten die Tapfer4eiY, die
Tugenden und Verdienste uusers Helden ungemein sdiätaten,'*)
so gaben sie Befehl,, dass die Vermählung des Grafen Lud-
wig mit Ursula von Cle^, der Tochter eines Nepoten des Kar-
dinals, früher statt zu finden hätte, als es eigentlich beantragt
war, also noch während der mehrtägigen Anwesenheit der
höclislen Herrschaften in Trient gefeiert werden sollte — > was
auch geschah. Das häusliche Glück des guten Grafen war aber
von kurzer Dauer; denn schon das Jahr darauf (1537) musste
Graf Ludwig wieder zu den Waffen greifen, und jenen ver-
bingniflsvollett Zog nach Slavonien gegen die Türken mit-
madbeD, aus welchem er nicht mehr zurückkehrte.
Eiievor aber dieser verhängnissvolle Zug uroständlieh er-
«Ihlt werden soll, müssen wir noch einen Blick auf den blutigen
Krieg werfen, der zwischen Kaiser Karl V. und König Franz I.
neuerdings entbrannte.
*) „Illius valorem, virtutes ac merita maximi racientes.*^
- sie -
XVI. Abschnitt.
Tod des Herzogs Franz Sforza; Ansprüche des KSnigs ron Frankreidi
wegen Mailand; Karls Y. ErklSrong ror dem Papste in Bezug auf
Mailand; Ausbruch eines neuen Krieges zwischen Karl und Frans;
Karls fruchtloser Zug nach Frankreich; Tod des wackem Antonio
deLeyya und des tapfem Ritters Kaspar ron Freundsberg.
1. Am 24. Okiober 1535 starb Herzog Frans Sfoni
kinderlos, nachdem er zum Erben des Herzogthums den Kaiser
Karl y. eingesetzt hatte — was für diesen als eine neue Be-
stätigung seine;- Rechte gelten konnte, wenn er anders emtr
solchen beditrft hfitte. Franz dagegen meinte : seine Ansprflche
auf Mailand lebeten durch jenen Todfall wieder auf, weil er
ihnen nur zum Besten Sforza's entsagt habe. Dass diese letite
Behauptung dem Buchstaben und dem Sinne der FriedensscUflsse
von Madrid uiid Cambray widersprach, und Sforza nur dorch
die Gnade Karls V. wieder in den Besitz des verlornen Her-
zogthums gekommen war, kümmerte den König von Frankreich
wenig; und was lässt sich auf der Welt nicht Alles ansprechen,
beweisen und rechtfertigen, sobald man heimlichen Einreden
und Widersprüchen mehr Gewicht beilegt, als Öffentlichen Ver-
sprechungen und Friedensschlüssen, sein Gewissen dadurch be-
ruhiget oder doch abstumpft, billige Anerbietungen zuröckweist
wid willkflhrliche Vorwände fflr hinreichende Kriegsgrfinde hiU?
2. Im November 1535 kam Kaiser Kari von seinem sieg-
reichen Feldzuge, den er nach Tunis unternommen hatte, in
Italien an. Zu Neapel erfuhr er d(*n Tod Sforza's; Köoiip
Franz versuchte in demselben Augenblicke — obgleich er das
mailttndische Gebiet schon mehrere Haie verletzt und den Henog
— M7 —
▼OD SavoyeO) deo Schwager des Kaisers, mil Krieg Übenogen
hatte — . iiozeitig den Weg der Unterhandluagen; entweder hätte
er diesen Oberhaupt vertraoen oder den in des Kaisers Abwe-
senheit begonnenen Krieg mit allem Nachdruck fortsetzen sollen ;
jelit aber blieb die beleidigte Gewalt 2es Kaisers ohne alle
Genugthunng und im Felde ward auch nur wenig gewonnen.
Kwl, welcher in diesem Augenblicke keineswegs m einem
Kriege gerüstet war und den Frieden überhaupt gerne erhalten
hfitte, erklärte sich auf Franzens Vorschläge ungemein billig;
anstatt aber rasch zuzugreifen, eintretende Bedenken zu heben
und kleine Hindemisse aus dem Wege zu räumen, steigerte
Franz seme Forderungen ^ in der HoiTnung, noch mehr zu
eriialten, fcranlasste selbst ZOgerungen, und ertheilte seinen
Gesandten keine unbedingte Vollmacht zum Abschlüsse. Des
Kaisers Antrag — dem dritten Sohne Franzens das Herzogthum
Ihiland (jedoch getrennt von Frankreich) zu überlassen, sofern
er eine seiner Nichten heiratbe , war günstiger , M ihn je ein
ländersichtiger Herrscher gemacht haben dürfte; aber Franz
verlangte ohne allen Rechtsgrund das Land für seinen zweiten
Sohn, und dergestalt, dass er (der König) selbst im Besitze
bleibe, bis er demselben freiwillig entsage. Gleichzeitig dauerte
die feindselige Behandlung des Herzogs von Savoyen fort.
3. Unterdessen war der Kaiser (am 5. April 1536) in
Rom angekommen und seiner Hilde und Herablassung wegen
mit der grössten Begeisterung aufgenommen worden; er hatte
die durch Franzens Schuld verlängerte Zeit der Unterhandlung
mit grösster Thätigkeit benützt und stand ihm nicht mehr un-
gerüstet gegenüber wie vor fünf Monaten; es verdross ihn
doppelt, dass die französischen Gesandten, vielleicht in der
Hoffnung zu schrecken, von Krieg und Sieg prahlten und ge-
äussert haben sollten: er habe sein Versprechen, Mailand an
Franz abzutreten, schnöde gebrochen. Deshalb erklärte sich
Karl am 17. April in einer feierlichen Sitzung vor dem Papste
Paul in. und den versammelten Kardinälen in einer umständ-
lichen Rede vbev sein Verbältniss zu König Franz.
— 3!«^ —
Naohdem er an alle frtheni Orflnde so vielfadieii Ba-
sehwerioi erinnert and bemerkt hatte, wie Frans anch jeti*
Draache ad, daas man zu keinem billigen Entschlüsse gd[oni-
men^ fOgte er hiazn: nie sei es ihm eingelhllcn, Mailand, den
Sehlttssel seiner italienischen Staaten, zur Erhebung seiner Peiade
wegsngeben oder die Vertreibung seines Schwagers, des Henofs
von SavoyeD, au dulden. Wenn er aber dennoch aus Liebe so
den Kindern seiner Schwester Rechten und Ländern freiwillig
enisage, so sei es höchst sonderbar, ihm nicht einmal die Wahl
unter seinen Neffen zu tiberlassen. Er habe den dritten Soha
Franaens (den Herzog von Angouleme) als den von der Throa-
folge entferntem vorgezogen ; er woHe den zweiten Sohn (Hein*
rieh), welcher als Gemahl der Katbarina von Medicis*) aof
Florenz. Ansprüche machen könnte, nicht in Italien ansiedeln,
am wenigsten aber Frenzen selbst im Besitze Mailands sehen,
wie dieser^ allen Verhandlungen eine neue Wendung gebend,
jetzt verlange. Der König von Frankreich habe keinen seiner
Vorschlage angenommen, mithin sei anch er nicht daran ge-
bunden, erst wenn jener nochmals allen Ansprüchen entsage
und bestimmt erkläre, seine Trappen aus Savoyen herausziehen
und den angerichteten Schaden ersetzen zu wollen , könne der
Kaiser unbeschadet seiner Ehre einen Vertrag abschliessen.
Höchstens habe er etwa in Worten gegen Franz sich ver-
fehlt, dieser hingegen wieder ihn durch feindliche Thaten.
Unter dreien Vorschlägen lasse er ihm indessen die Wahl:
i. Mailand unter den angedeuteten Bedingungen fOr den
Herzog von Angouleme anzunehmen und Savoyen zu räu-
men, oder
2. einen Zweikampf unter der Bedingung emzugeben,
dass der Unterliegende fOr Haltung einer Kirchenversanmihing,
*) Diese war eine Schwester Alexanders^ des regierenden Forsten
in Florenz, eine Nichte des Papstes Klemens VH., die im Ok-
tober 1533 zu Marseille in Gegenwart des Papstes und des
Köni^ von Frankreich mit Heinrich, dem Herzog von Orleans
(Franzens zweitem Sohne) vermählt worden war.
- 819 -
BeriegQiig der Tflrken wirke wäi entweder Bargood eder Mei^
l^ni rijuine, oder
3. so sehr er auch den Frieden wünsche und diesett
rtuhlich finde, durch den Krieg alle Streitfragen zu entscheiden.
Der Papst, durch die ErkUning in grosse Verlegenheit
gjebracht, äusserte in Beaug auf den Zweikampf: er hoffe,
nie werde des Kaisers für die Welt so aothwendiges Leben
e^r solchen Gefahr ausgesetzt werden; in Bezug auf die
tthirigen Streitpunkte wolle er parlheilos bleiben , doch wider
den im Unrecht Verharrenden mit Kirchenstrafen vorschreiten. .
Den französischen Gesandten gegenüber gab er indessen diesen
letzten Worten eine beruhigende Wendung, und Frans liess^
nachdem er nicht die Rede des Kaisers, wohl aber ihren Inhalt
erfuhr, dieselbe m(^lichst widerlegen« Die Vorschlage Karls,
welche ämtlich den Franzosen tibergeben wurden, führten au
keiner Eiingpuig.
Ueber Florenz, Pisa und Lucca langte Kaiser Karl am
22. Juni in Asti an, und der von Franz leichtsinnig begonnene
und lässig fortgeführte Krieg nahm jetzt eine ernstere Wendung.
4» Die Heere ungerechnet, welche in die Champagne und
Pikardie eiaGeien, hatte Karl in Norditalien 50,000 bis 60,000
Mann und 100 Kanonen beisammen. Kaspar von Freunds-
berg, Sebastian Schertlin, Konrad von Bemmelberg, Peter
Berg und Franz von Heimstein mit dem Beinamen „von Thomis^
waren die Anführer des deutschen Fussvolkes, das in fünfzig
Fähnlein (das Fähnlein in aussergewöhniicher Stärke von 500
Mann) bei 25,000 streitbare Krieger zählte.*) Konrad von
*> Ausser den bereits Genannten befanden sich nach Klrchmayrs
. Chronik beim deutschen Heere auch noch folgende Führer :
Herzog Heinrich von Braunschweig,
Herzog Ludwig von Bayern,
Herzog Philipp, Pfalzgraf,
ein Graf von Schaumburg,
ein Herr von Geroldseck, Landvogt im Bisass,
ein Herr von Staufen,
Dietrich Spat und
Wolf Dietrich von KnOringen.
- 320 ^
Bemmelberg war aach ooter den Begleitern des Kaisers, ab
dieser am 5. April seinen Einzog in Rom hielt. Tags darauf
(6. Mai) stellte Kaiser Karl diesem tapfem Feldherm eine
Urkondte ans, worin er bevollmftchtigt wurde, ein Regiment
Landsknechte su 3000 Mann auf vier Monate anzuwerben.
Der Name ^Bcmmelberg'^ hatte in Deutschland einen so
guten Klang, dass Konrad schon in vier Wochen 3000 Mann
beisammen hatte und diese dem kaiserlichen Heere zuführen
konnte. In diesem befanden sich ausser den 25,000 Deutschan
bei 10,000 Italiener, 8000 Spanier und dazu noch viele leichte
Reiter, deren Anzahl nirgends angegeben wird. Die leichte
Reiterei stand unter dem Kommando des Prinzen Ferdinand tob
Gonzaga und des Maximilian von Ispelstein; die Karassiere
wurden von Ferdinand , Herzogen von Alba , angeführt. Das
ganze Heer stand unter dem unmittelbaren Oberbefehle des
Kaisers; ihm zur Seite kommandirten der Stalthalter von Hai-
land, Antonio de Leyva und der Markgraf Alphons voo
Guasta.
Da der Markgraf Michael von Saluzzo zur Parthei des
Kaisers Übergetreten war, so verjagte Karl die Franzosen leicht
aus Piemont und erreichte bald die Grflnze des französischen
Reiches. Bei ernster Prüfung der Frage: welche Massregeln
jetzt zu ergreifen wären , erklärte der Markgraf von Guasta :
ein Einfall in Frankreich habe die grOssten Schwierigkeiten nnd
werde selbst im glücklichsten Falle keinen dauernden V or-
theil herbeiführen; man solle vielmehr Turin und Piemoot
einnehmen und den Franzosen alle Eingfinge nach Italien ver-
sperren. Dagegen behauptete Antonio de Leyva: man solle
die Raubthiere in ihren Höhlen aufsuchen; innerhalb
seines eigenen Landes müsse Franz den Krieg auf eigene Un-
kosten führen; er werde also, wenn es an Geld und Beute
fehle, seine MannschaA nicht zusammenzubebalten im Stande
sein, oder wenn er neue Steuern und Abgaben auflege, Unzu-
friedenheit und Empörung erzeugen.
Obgleich Karl sich zur Ansicht Leyvt's hinneigte, schien
— 821 ~
es ihm doch gerathen, die Slimiimig seines Heeres zu erfor-
schen, weshalb er demselben in ein(*r Rede die Lage der Dinge
«QselnaBder setzte und zuletzt sagte: ,,Wer fflr den Einmarsch
in Frankreich ist, erhebe Kriegsgeschrei. ^ Da zeigte sich der
grdsste, der allgemeinste Beifall. Am 25. Jali 1536 (am Tage
des spanischen Schatzheiligen Sl. Jakob, am Jahrestag der
Broberong von Tonis) betrat das kaiserliche Heer den franzö-
sischen Boden, welches Zusammentreffen bedeatsamer Umstfinde
Karl benfltzte, um Alle nochmals durch eine zweckmässige An-
rede zu befeuern. Mit einer solchen Heeresmacht und unter
so günstigen Umständen schien auch das Grtysste erreichbar.
Ungestört zogen die Kaiserlichen vorwärts und König Franz
hatte Grund, das Übereilte Herbeifahren eines so schweren
Kri^es zu bereuen. In Deutschland fand er keine Unteretdtzang,
und als ruchbar wurde, dass Soliman H. laut eines mit König
Franz abgeschlossenen Vertrages ein Heer von 100,000 Mann
IQ Italien ausschiffen sollte, wuchs der Hass gegen Prankreichs
Honarchen und der Eifer der Italiener, ihr Vaterland gegen die
Tflrken zu vertheidigen. Ringsum waren Feinde, Gefehren auf
allen Seiten, Alles war zu verlieren, wenig zu gewinnen, und
von höchster Wichtigkeit war es insbesonders , durch falsche
Ma^sregeln nicht die letzten Rettungsroittel zu zerstören. Viele
Franzosen wollten kühn eine Schlacht wagen und die Feinde
vertreiben oder das Leben verlieren; allein frühere Erfahrungen
und die Zahl der Kaiserlichen schreckte so ab, dass die
Ansicht des Konnetable Hontmorency die Oberhand behielt:
„Man solle das Land verwüsten, alle Lebensmittel
fortschaffen oder vernichten, die Einwohner ent-
fernen und die ganze streitbare Mannschaft in be-
festigten Lagern versammeln, welche der Feind
weder erobern noch umgehen könne.^
Dieser Plan wurde vom König Franz auch wirklich ge-
nehmigt und die Ausführung desselben dem Erfinder über-
tragen. Hontmorency war aber auch der Mann, den die Natur
zur Ausführung eines solchen Auftrages gemacht zu haben
21
scbien; er war strenge, «nbeweglieh , unerflchfitteriidi , Ohne
Nilldden, ahne Erbarmen.
Der unter den W^aiEen ergraute Feldherr wfthlie ein festes
Lager unter den Hauern von Avignoa da, wo sich die
Ditranee in die Rhone epgiesst. Letzterer Floss versah seine
Truppen überBilssig mit Lebensmitlein aus den innem Provinzen
des Reiches, und die Durance deckte sein Lager auf jener Seite^
wo der Feind vermuthlich einsubrechen gedachte. Hontmoreney
arbeitete unermiftdet, die Verscbanzungen seines Lagers unüber-
windlich zu machen, und versammelte fn demselben eine be-
trächtliche Armee. Unterdessen lag der König mit einem andern
Korps bei Valence. Marseille und Arles waren die einrigen
SlAdte, die vertheidiget werden sollten, die erster«, am die
See offen zu erhalten, und die ietztero als eine Brustwehr ßlr
die Provinz LaBguedoc. In beide Plätze warf der KonnetaMe
^ne zahlreiche Garnison von seinen besten Truppen hinein, und
gab diesen solche Kommandanten, auf deren Treue und IVipfer-
heit er sich verlassen koimte. Die Einwohner der aadem Siidle
mid des platten Landes wurden dem gefasslen Plane zu Folge
gezwungen, ihre Wohnungen zu verlassen und in die Ciebirge
BU Kehen, dder in das Innere von Frankreich sich Mrflekza-
zlehen. Die Festungswerke solcher PIfitze, die den KuserUehen
zn einer Zuflucht oder als Basis zu Operatiooen hätten dieaea
können, wurden geschleift, Lebensmittel und Futter wurden
hinweggefahrt oder vernichtet, alle Hflhien und fticköfen nie-
dergerissen, alle Brunnen verstopfit oder «idM'aHchbar gemacht
n. s. w« Diese Verwüstung erstreckte sich von den Alpen bis
Marseille und von der Seeküste bis an die Gränze des Dt* Iphiaats.
Hittlerweile war Kaiser Karl bis in die Mitte der Provence
«orgerUcht., aber bei den Gräuel der Verwttfituag und beim
gänzlichen Mangel an Lebensmüteln in grosser Verlegenheit;
er setzte indessen seine Hoffnung auf die Flotte , dass diese
Lehl!>nsmittel bringen werde ; allein die Flotte wurde lange von
widrigen Winden und andern Zufällen, denen Scefaiarten ailieit
nnt^rworfen sind, aufgehalten und konnte sich der französischen
Kftote niclü sa baMf Rtkero, wie der Kaiser g^wftfiMM 'haito ;
als sie aber endlieh ankam, versehaffle sie dem kaisertlcheii
Heere eines niir ktfrgiielieii Unterhalt. Im Lande selbst ftmd
sich nichts, was zur Versorgung der Truppen hfitte dienen
können, und aus dem Gebiete des Hersogs von Savoyen, das
bereits frflhtT von sweien grossen Armeen war ausgesogM
worden, Hess sich wenige Hälfe erwarten. Kaiser Karl war
nicht weniger verlegen, wie er seine Truppen verwenden, als
wie er ihnen Lebensmittel verschaffen sollte. War er gleich
Meister der ganzen Provinz, so konnte er sich dennoch nicht
rahmen, dass er sie in seiner Botbmässigkeit- habe, weil er
nichts als wehrlose und offene Stftdte ohne Einwohner darin
besass. Karl wagte es nicht, den französischen Harschall in
seinem befestigten Lager bei Avignen anzugreifen ; um ihn aber
herauszulocken^ Hess er die Stadt Arles beremien; allein Hont-
roorency, der w>rckern Besatzung vertrauend, regte sich nicht.
Da aNe Versuche, Arles zu nehmen, vergeblich waren, traf
Karl seinen Marsch nach Marseille an; am 25. August ^536
taugte er mit seinem erschöpften Heere vor diesem Platze an
und begann sogleich die Belagerung desselben; allein diese
machte keine Fortschritte, wohl aber richteten Krankheiten, die
im Heere ausbrachen, grosse Verheerungen an, und nöthigten
den Kaiser am 10. Septeiaber schon die Belagerung aufzuheben
und den Rückzug anzutreten. Auf demselben starb — fünf
Tage nachher, am 15. September — der wackere Antonio
de Leyva^ Karb bester Feldherr, zum Theil aus Gram, dass
sein gegebener Rath einen so schlechten Erfolg hatte. Der
Rückzug des kaiserlichen Heeres bot ein schauderhaftes Bild;
auf aUen Wegen und Strassen, auf welchen dasselbe einherzog,
lagen Kranke, Sterbende, Todte, Pferde, Wögen, Waffen,
Munition und Gepäck in ^uenhafter Mischung; bei 30,000
Krieger verloren in diesem erfolglosen Feldzuge ihr Leben;
wenn Montmorency jetzt so kühn vorgedrungen wäre, als er
vorher verständig gezögert hatte, so würden wohl nur Wenige
vom imposanten Heere , mit dem Karl ins Feld gertekl war,
21»
— 324 —
eoikommeD sein; der alte Krieger hielt aber fesl am Grondsatie,
den er oft wiederholte: es sei klüger einem Löwen aosza*
weichen^ als ihn xur Verzweiflung zubringen; einem fliehenden
Feinde müsse man goldene Br&cken bauen. Selbst krank, er-
rekhte der Kaiser Genua, von wo aus er Ende NoTember
nach Spaqien segelte , nachdem er vorher den oftgenannten
Markgrafen Alphons von Guasta zum Statthalter von
Mailand ernannt hatte.*)
5. Der wackere Ritter Kaspar von Freundsberg
war schon auf dem Zuge nach Frankreich in ein hitziges Fieber
gefaileo, das ihn zur Umkehr zwang and seinem Leben wenige
Tage nach seiner Ankunft zu Mindelheim ein Ende machte; er
stari) im September 1536 im kräftigsten Mannesalter, indem er
ersl 36 Lebensjahre zahlte, und wurde an der Seite seines
tapfem Vaters begraben. **)
Mit seiner Eiiegattiii Margaretha Freifrau von Firmian hatte
Kaspar drei Söhne gezeugt Namens : Georg, Ulrich und Kaspar;
die beiden letztern starben noch sehr jung; Georg hingegen
wurde später königlich spanischer Oberst und starb als solcher
*) Schertlin beschreibt uns den eben erwähnten traurigen Rfickzug
des Kaisers mit folgenden Worten:
^Ist schier der halb hauffen hun^ers gestorben, wir habend
allain ob 12,000 deutscher knecht binden gelassen , vil pferd,
harnaseh und wör ; ist ain ja merl icher Zug hungerhalb gewest.'^
Schertlin selbst brachte von allen seinen Leuten nur einen
einzigen Knecht nach Hause!!
^*) Die Grabschriften 9 die den beiden Helden in der Kirche eu
Mindelheim gesetzt worden sind, lauteten:
I.
Memoriae defunctorum sacrum.
Georgio Frundsbergio Imperatomm decretis ezercitus Germa-
nici Dnct, qui per Tyrolim defectionem colonorum compressit,
per Liguriam et regionem (ranspadanam Ilaliae urbes, populos
rebeiles perdomuit, ad paludes Venetas et torrim usque Mer-
geram Victor «ocessit^ ferro et igni urbem temiit, socias civi-
tates oppugnatas, exercitumque ad loca iuiqua delapsum ex'
hoste confertissimo obsidione liberavit, vicies plus minus signis
collatis pngnavit, forttlndine, felicitate, animo consilioque rebus
ittciiintis praesentissimo, se invictom praestitü post ingentia opera
— 325 —
— der Leute seines Nauieus — iin Jahre 1586. Seine Ge-
mahlin war Frau Barbara, Gräfin von Monlfort, die hinteriassene
"Witwe des Christoph za Fürstenberg.
Diesem Georg v. Freundsberg widmete Adam Reissner,
der als vertrauter Sekretär den alten Helden Georg von
Freundsberg auf allen seinen Zügen begleitet hatte, die im
Jahre 1569 verfasste Lebensbeschreibung der beiden Helden
Georg und Kaspar von Freundsberg.
6. Die meisten Waffengenossen des Grafen Ludwig von
Lodron waren nun bereits todt; aber aueh er sollte seinen
Waffenbrüdern bald folgen, wie nun eben erzählt werden wird.
perfuncto vita, avo optimo Georgius nepos monumentum more
majorom pie et religiöse posuit.
Viiril annos LHH menses X , dies XXVII. obiit diem anno
christiano MDXXVIII, mense augusto XX.
II.
Caspar a Frundsberg a majoribos suis longa aerie suaque
virtute militari, aureis equestribus insignibns clarns, mnlla tole-
rans, multaque propnlsans, gravia praelia ad Mediolanum et
Papiam urbes, a Gallo obsidione pressas, quarum in praesidio
magistralus castrenses gessit, iterum a Carolo V Imperatore
movente arma in Galluro regem, evocatus in militiam, verum in
itinere febri correptus, et reductus domum, in castra non venit,
mortuttsque hie quiescit. obiit anno aetatis suae XXXVI , pridie
Calend. Sept. Anno Christ MDXXXVI.
Vor einigen Jahren haben die Bewohner von Miudelheim dem
Heiden Georg von Freondsberg, deren Schfttzenfahne sein Bild-
niss ziert, an den Mauern des Schlosses zu Mindelheim, welches
von den Soldaten des schwedischen Generals Königsmark im
dreissigjahrigen Kriege so furchtbar mit Brand und Plünderung
heimgesucht wurde, dass es seitdem nur die Rolfl eines ara-
riseben Getreidespeichers zu spielen hat, einen Denkstein gesetzt,
auf welchem die Orte seiner Hauptthaten eingegraben sind. Eben
so wurde von ihnen auch ein Monument auf der Stelle der alten
Kirche gesetzt, die im neunten Jahrhundert erbaut (Anno 1816
. aber abgebrochen wurde I), in welcher die Herzoge von Teck,
die Ritter von Rechherg und Freundsbei^ ihre Ruhestätte ge-*
fanden hatten.
— 8W -
XVn. Absclmitt.
Lndvig Graf von Lodron, Anführer der Tiroler im Feld-
<agd nach SlaTonien; sein Durchmarsch durch Brixen; Haans
Katsianer, Oberbefehlshaber des kaiserlichen Heeres; Aufbrach atid
Marsch desselben nachYalpö; Anstalten der Türken zum Empfang
der Kaiserlichen; Ankunft derselben bei Essek; Marsch des Heeres
weiter gegen Süden; Erstttimnng Ton ErdSd und Herman; üeber-
setznng der Yuka; Rückzog nach Yalpö; Lndvig Graf toü
Lodron, Führer der Avantgarde; Unzufriedenheit und schreck-
liche Noth im kaiserlichen Heere ; Flacht des OberbeifiehlBhabers
Katzianer; Graf Ludwig, zum Oberbefehlshaber erwählt; seine
Anrede; Kampf auf Leben und Tod; Graf Ludwigs Fall und
Tod) «ein MöBnment.
i» Schon über zehn Jahre hatte ein blotiger Krieg in
Ungarn gewtlthet, welches Land im Innern heillos zerrissen,
furchtbar verheert und verwüstet, ein schauerliches Büd des
Elendfl darstellte. Tausende seiner Bewohner hatte 4a« Schwert
erwürgt, Tausende, an den Bettelstab gebracht, zogen nun als
Räuber im Lande herum, und abermals Tausende schmachteten
als Sklaven im jammervollsten Znstande. Mehrmals schon hatte
der gewaltige Soliman Ungarn überschwemmt, wie wir bereits
gehört hato» ; er wollte es nun auch im Jahre 1536 nochmals
wagen, wollte mft einem furchtbaren Heere sich vor Wien
zeigen, diese Stadt erobern , im folgenden Sommer bis Italien
vordringen und dort mit Franzi., König von Frankreich,
eine persönliche Zusammenkunft halten. Zu diesem
Zwecke sollte ihm der Slatlhalter von Semendria zunächst durch
Slavonien und Kroatien bis ans adriatische Heer die Bahn öffnen.
Schon hiess es: Soliman sei aus Konstantinopel ausgezogen
und in Adrianopel angelangt, wo er kräftigst sich zum Kriege
— 887 -
rilste. fis.^lt Jeixt Alk« aufxttbieten, um die be^lmöglich^ten
Vertheidigiingsaiurtaheii zu treffen. Die Stände von Bohnen,
Wäaen und Schlesien wurden angegangen, Trupfen su stellen';
die oagarischen treugesinnten Landestheile be?nlligteD eine
Kriegssteuer, nnd ein allgemeines Aufgebot lu den Waffen ward
erlassen. Den Snltan beschäftigte jedoch fm Verlaafe des
Sonnners theils der Krieg mit Venedig, theils die Belagerung
der Insel Corfu, und auch mit Persien waren wieder HHsshelHg-
keiten ansgebrochen ; Soliman musste daher seine Absichl nuf
Ungarn bis zu einer gelegenem Zeit Terschieben. Diesen ArdT-
sohub benttizte der damalige Feldhauptmann Ferdinands L,
ieonhard von VoIb, Landeshauptmann an der Etsch und
Burggraf zu Tirol, mit vielem Glücke. Ausgerüstet mit einer
ansehnlichen Kriegsmacht bemächtigte er sich zuerst des festen
Pankles Theben an der Donao, dann der Städte Pressburg,
Raab, Komom und Tyrnan. Skipolya, der an der Spitite von
10^000 Mann gegen Völs heranzog, wagte den Kainpf, erlM
nber eine bedeutende Niederlage.
Durch diese glflcklichen Erfolge ernuithigt, war Ferdinand
nun auch daranf bedacht, die in Slavoniea von den Türken
eroberten festen Schlösser wieder zu gewinnen. Za diesem
Zwecke hatte sich zu Kopreinitz *— auf ilem rechten Ufer
der Drau — ein Heer von 24,000 Mann im Sommer des Jahres
1537 gesammelt; es bestand aus 16,000 Mann Fussvolk und
8000 Reitern , und war zusammengesetzt aus Krieger» alfer
Provinzen, über welche Ferdinand I. herrschte. Die Reiterei
— - grösstentheils Husaren — führte Ludwig Pekry; unter ihm
standen Paul Bakits, den wir bereits als „Vater der Reiterei"^
kennen, dann Balthasar Banffy und der begnadigte Raubherr
ladislaus More Das Fussvolk aus Tirol fütirte Ludwig
Graf von Lodron an. Aus Kirchmayfs Chronik ist er-
sichtlich , dass „der fromme Graf-' mit einer Abtheilung von
^00 Kriegern am 12. Mai 1537 die Stadt Brixen passirte,
überall gute Manuäzuchl haltend — ein Lob, das dem Heldtii,
wie sich der Leser erinnert wird, schon früher einmal gegeben
_ 328 ^
wurde. *) Die Böhmen befehligte Graf Albrecht Schlick , die
Oesterreicher Graf Julius Hardegg, die Steyermdrker Johann
Ungnad, die Kftmthner Erasmus Mager (Hoger) und die Krainer
Johann Freiherr von Katzianer, dem zugleich auch der
Oberbefehl über das ganze Heer tibertragen wurde. Der hrie*
gerische Sinn dieses Hannes, seine Kühnheit und Tapferkeit
hatten ihn dem Monarchen Ferdinand L als obersten Feldhaupt*
mann vor allen andern empfohlen, obgleich er Vielen wegen
seiner Leidenschaftlichkeit und Unruhe des Geistes, sowie wegen
Mangel an Sicherheit und Beharrlichkeit in seinen Entschlüssen
weniger zur Fahrung des Oberbefehles, besonders über eine
aus so verschiedenen Völkerschaften zusammengesetzte Streit-
macht geeignet schien. Haii hielt ihn weit fähiger, eine Reiter-
truppe zum Einbauen anzuführen, als das Ganze eines geord-
neten Feldzuges zu leiten und grosse Schlachten zu lenken.
Als Reiter-General hatte er allerdings glänzende Beweise seines
oft an Verwegenheit gränzenden Huthes gegeben, als Ober-
anftthrer einer nicht unbedeutenden Streitmacht hatte er noch
keine Probe abgelegt.
Mit diesem Heere vereinigte sich auch noch der Bischof
von Agram, Simon Erdödy, der die Besorgung der Zufuhr
übernahm, wozu ihm noch vier der ersten Landes-Obersten
und des Königs Proviantmeister, Herr von Lilienberg, als Ge-
*) Hier mnss ich den freundlichen Leser mit der Bemerkung unter-
brechen, dass in eben demselben Jahre (1537), in welchem
Graf Ludwig den verhangoissvollen Feldzug nach Slavonieo mit-
machte, auch noch zwei andere Grafen von Lodron, nämlich
Hieronymus und Paris als k. k. Kriegsobersten Karls V.
sich in Piemont ausgezeichnet haben.
„Ceroli V stipendia in Pedemontio merentes streune ac tav
egregie se gesserunt, ut sammam apud omnes sibi laudem et
gloriam comparaverint.^
Fast zu gleicher Zeit erwähnt die Geschichte auch eines andern
Grafen von Lodron, nämlich des Grafen Sigismnnd, der sich
am Hofe Ferdinands 1. aufhielt und von diesem Monarchen seiner
besondern Klugheit wegen hochgeschätzt wurde. Graf Sigis-
mnnd war um das Jahr 1557 noch am Leben.
— 329 —
hfilfeo beigogeben wardeo. Das Heer fahrte 8 grosse KaooDen
und 40 kleinere Feldstficke mit.
3. Sobald Hobamed Pascha, der Statthalter von Semendria,
die KiHide von der Zosammenziehang des Heeres bei Kopreinitz
erhalten hatte, berief er in Eile den Statthalter von Bosnien
und mehrere Bey's zu sich, nm mit ihnen wegen der zu er-
greifenden Massregeln eine Berathung zu pflegen. Es ward
beschlossen, die Kaiserlichen weit ins Land vorrücken zu lassen,
aber zugleich auch alle Macht aufzubieten, ihnen dann kriiftigst
entgegen zu treten. Auch im österreichischen Hauptquartiere
zu Kopreinitz ward Kriegsrath gebalten; allein über den Zwist
und den Rangstreit der einzelnen Führer kam man der Haupt-
sache nach fast zu keinem Entschlüsse. Malum omen! Leider
ging bei diesen unnützen und verderblichen Zflnkereien der
günstigste Augenblick verloren, die Türken mit allem Nach-
drucke anzugreifen. Endlich verglich man sich im Hauptquartiere
dahin, dass jeden Tag eine andere Abtheilung vorausziehen sollte
und dass man sich im Falle eines feindlichen Angriffes gegen-
seitig unterstützen wolle!
Nach Abhaltung dieses merkwürdigen Kriegsrathes setzte
sich das vereinigte Kriegsheer die erstem Tage des Monats
November (!) in Bewegung; der Tag des Aufbruches kann
nicht bestimmt angegeben werden. Die Steyermfirker , denen
100 böhmische Reiter beigegeben wurden, bildeten den Yortrab.
Es ward beschlossen, das ganze Heer soll vorläufig bis
Werowitz rücken, und dort, wo sich die Wege theilen,
werde Über den einzuschlagenden Harsch ein weiterer Kriegs-
rath entscheiden. Daraus ist ersichtlich, wie planlos beim
ganzen Feldzuge zu Werke gegangen wurde.
Werowitz (Verovecz) liegt gegen sechs deutsche Meilen
südlich von Kopreinitz; um nun diesen Weg zurückzulegen,
was in zweien Tagen leicht hätte geschehen können, brauchte
das Heer zehn volle Tage! In Folge der Aussage, welche
einige in der Nähe von WeroVitz gefangene Türken machten,
dass Mahomed Pascha noch zu schwach und auf keinen Angriff
— 830 —
gefasst sei, beschloss man weiter vorwifrls za rö(Aen, Jedoch
nicht in südlicher Richtang, sondern eine mehr Östliche einzi-
schlagen. Hier machte sich jedoch zum ersten H^le ein neuer
Feind bemerkbar, der Allen äusserst bedenUieh zu werden
anfing; es war dieses der Hangel an gehöriger Verpflegung des
Heeres. Zwar war Proviant lunreicbend verhanden, aber es
fehlte an Fuhren und an der nölhigen ßespamiung zur BeAiw
derung desselben an die verschiedenen Trq)penkOiper* Der
Bichof von Agram mochte ein guter Bischof gewesen sein, war
aber ein schlechter General- Intendant. Man berieth sieh nui
wieder ttber diese Zustände und kam zum Entschlüsse: der
Oberfeldhauptmann Hanns Katzianer und die übrigen Fährer
sollten vorausziehen, zu Va1p6 werde man schon grosse Vor-»
räthe finden und bis dahin in den Dörfern hinreichend Piroviaot
und Futter antrefien, zugleich ward auch der Bischof ange-
wiesen , mit Eifer und Thätigkeit fär die nOthige Zufokr voa
Lebensmitteln zu sorgen.
Das Heer rückte also am rechten Ufer der Drau aaf Valpo
los, das in gerader Linie 21 deutsche Heilen von Werowits
entfernt ist. Auf dem Harsche nadi der benanntet) Ortschaft
brach aber ein schreckliches Unwetter los. Hehrere Tage fiel
der Regen, in Strömen vom Himmel, so dass die Pferde manch«
mal bis an den Bauch im Wasser standen; eine Henge Viek
ging zu Grunde; unter den Truppen rissen Krankheiten eid,
und beim Abgange aller Pflege starben täglich Hunderte dahin.
An Ruhe, Schlaf oder Erholung war nicht zu denken , und bei
den grundlosen Wegen kam auch wenig Proviant herbei. Viele
blieben unterwegs krank, ermüdet und kraftlos liegen, so dass
das Heer von Tag zu Tag immer mehr geschwächt wurde.
4. Während dieser Vorgänge hatte sich der Pascha von
Bosnien mit Hahomed Pascha vereinigt. Beide kamen äberein,
das christliche Heer vorerst durch Hunger zu schwächen oad
dann durch * Waffengewalt zu erdrücken. Demgemäss hatte
Hahomed Pascha in allen Gegenden, die dem türkischen Heere
offen standen , die meisten Vorräthe seliNit um bühere Preise
-- 331 —
aogekasft. Tttikisehe Sckiffe hatleo die Dra« , und leicht be-
rittene Spahis alle Landwege unsicher gemacht, so zwar, dass
den Heere der Christen fast keine Lebensmittel mehr zagefttbrt
werden korniten. Nach siebentägiger, mühevoller Anstrengong
ward endlich die Brücke über den durch starken Regen ange-
schwollenen Flosa Karasicza, der Ton Westen her in die Dran
fällt, geschlagen, ond das Heer kam bei Yalpö an. Das
Fussvolk bestand nur noch aus 8000 Kann, während die Reiterei
durch neu angelangte Verstärkungen sich jetzt auf 10,000 Mann
belief. — ^
In Valpö erfuhr man von türkischen Gefangenen , welche
der mit 1000 Reitern vorausgeschickte Paul Bakits bei der
Einnahme des Schlosses Sopya aufgegriiTen hatte, dass der
Feind, 15,000 Mann stark, eine feste Stellung bei Essek ge-
nommen habe und dort den Anzug des christliehen Heeres
erwarte. Hanns Katzianer glaubte also, es werde dort zum
Kampfe kommen; indessen waren aber seine Hauptleute im
Kriegsrathe zu Valpo über die nächst zu ergreifenden Hassregeln
keineswegs einig. Einige stimmten für die Belagerung eines
bei Essek gelegenen festen Kastells, um einen festen Punkt zu
gewinnen, Andere hingegen für den allsogleichen Angriff, bevor
man noch den vorhandenen Proviant verzehre und der Feind
sich verstärke. So hoffte man das wenig befestigte Essek
leicht za gewinnen , den Feind in die Flucht zu schlagen und
den ermatteten Truppen in der spätherbstlichen Zeit eine bessere
Unterkunft zu bereiten. Jedoch das Kriegsglüek war -vom
christlichen Heere ein fttr alle Hai gewichen; die Zwietracht
ihrer Führer verscheuchte es, und schwere Unfälle standen in
Folge dessen noch bevor.
Unter Androhung der schwersten Strafe für den Fall, dass
Jemand von der Fahne weichen sollte, ohne Befehl vorrücken
oder in einen Kampf sich einlassen würde , brach das christ-
liche Heer mit entrolltem, hochgeschwungenem Panier des St.
Georg in Schlachtordnung auf. Als dasselbe etwa eine Heile
voD Ea^ek «ntfemt aaf tinem ansgedehnltn Wiesengrunde ge*
- 332 -
lagert war, rechts durcb waldige Anhöhen, links darch die
Drau gedeckt, gewahrte es zuerst einige feindliche Reiter-
Abtheilungen, welche aus Essek heranstttrmten, in der Erwar-
tung, die Ermatteten In einen Kampf zu verwickeln; die An-
stürmenden wurden aber durch ein gut geleitetes Geschtttzfeuer
bald geworfen und zurückgetrieben. Tags darauf begannen die
feindlichen Reiter wiederum dasselbe Spiel und verstLchlea be*
sonders mit der ungarischen Reiterei anzubinden.
Die Hauptmacht der Türken hatte sich inzwischen hioter
die Stadt zurückgezogen und zu ihrem Schutze 60 bis 70 Stück
schweres Geschütz so aufgestellt, dass man das weiter vor-
dringende Heer der Christen damit beschiessen konnte. Ein
vom Oberbefehlshaber Hanns Katzianer augenblicklich zusammen-
gerufener Kriegsrath verordnete die Einstellung jedes unnützen
Scharmutzirens mit dem Feinde, und beschloss auf eine zum
Angriff bequeme, in der Nähe der Stadt liegende Ebene zu
ziehen, weil man von Überläufern erfahren hatte, dass die
Sfadt auf jener Seite nur schwach befestigt sei , und dass
Hohamed Pascha den Angriff nicht lange aushalten werde; dami
auch wohl aus dem Grunde, weil das Heer von dort aus leichter
mit Proviant versehen werden könne. Hit grossen Beschwer-
den und nicht ohne Verlust ward der Weg zurückgelegt. Eine
halbe Meile unter Essek schlug nun das Heer ein Lager auf,
und rückte am andern Morgen in Schlachtordnung der Stadt
nfther, um dem Feinde die SchUcht anzubieten; dieser hatte
sieh- jedoch in die Stadt und in sein festes Lager zurückgezogen.
Katzianer Wess Stadt und Lager beschiessen, um den Feind
herauszulocken; dieser war aber zu keinem Gefechte zu be-
wegen und erwiederte Katzianers Angriffe ebenfalls mit heftigem
Geschützfeuer. Das christliche Heer musste sich also onver-
richteter Sache am nächsten Morgen in sein erstes Nachtlager
zurückziehen.
5. Katzianer versammelte neuerdings alle seine Hauptleute
zu einer Kriegaberathung, ihnen die Frage voriegend, was noa
zu thun sei ? Das Kriegsvolk litt Hunger, die erwartete Zofofcr
. - 383 -
TOD Lebenflmitleln wurde voo türkischen Reitern abgeschnittefl
and kam nicht, ein grosser Theil des Heeres war anter den
grossen Mflhen und Entbehrangen erkrankt^ entkrftftel und
muthlos geworden, eine bedeutende Menge Pferde aufgerieben,
ond die wenigen vorhandenen Pferde waren wegen Mangel an
Potter ausser Stand, die Wfigen und Geschfltze fortzubringen.
Das ganze Heer befand sich also in der bedenklichsten Lage.
Katiianer sprach sich fflr den Kampf aus, wozu man den Feind
swingen mflsse. Wenn er auch in diesem Punkte viele Gegner
fand, so stimmten doch alle darin flberein, dass man die ge-
fahrvolle Stellung baldmöglichst aufgeben und das Heer wieder
sorOckfflhren müsse, um es der Verpflegung nfiher zu bringen.
Es handelte sich nun darum, welchen Weg man einschlagen
mfisse. Katzianer schlug die Heerstrasse nach Valp6 vor, auf
der man gekommen war. Die ungarischen Obersten hingegen
sprachen sich fttr den südlichen Weg nach Herman und
und 6a ra aus, wo Proviant und Futter genug anzutreffen sei.
Von dort könne man die Richtung nach Posega oder nach
Valpö nehmen; unterwegs könne man sich der dortigen
Schlösser bemfichtigen, wo man MundvorraA in Ueberfluss finden
werde.
Diesem Vorschlag traten nach weiterer Berathung auch
die Obrigen Hauptleute bei. Der Ma^ch ward sofort am
frflhesten Morgen des andern Tags nach Sfiden angetreten —
nicht ohne Belästigung von Seite des Feindes, der das ab-
ziehende Heer rastlos umschwflrmte und es bald im Rücken,
bald in den Flanken ifingriff. Man hatte indessen diesen be-
schwerlichen Zug bis in die Nacht hinein fortgesetzt und
gelangte durch ein ziemlich bebautes Land bis auf eine halbe
Meile von Herman.
Das erste Unternehmen galt nun auf Balthasar Banffy*s
Vorschlag dem gut vertheidigten tOrkischen Schlosse Erdöd,
das ungeachtet aller Gegenwehr genommen wurde; allein der
Erfolg dieser Unternehmung war kein entsprechender; denn
man fand statt der gehofften grossen Vorrttthe nur Lebens-
miUel, die kaum aof xwei ITage fOr das .Heer ansreicIiUn«*)
Auch das Kaslell Her man fiel in Kalziaoere Gewalt; jedoch
über die in demselben vermutheten Viklualien haUe man sieh
abermals bitter getäuscht.
Während dessen brachten die Landleute aus der Umgebong
unter Katzianers Geleit gegen 50 Wögen mit Proviant herbei.
Die ausgehungerten Truppen hatten diese Zufuhr nicht sobald
wahrgenommen, als sie trotz des Geleites und gegen alles
Verbot mit wilder Gier darüber herfielen , alles , was sie er-
reichen konnten, gewaltsam wegnahmen,' die Landleote, welche
eine Bezahlung forderten, misshandelten, mehrere sogar todt-
scfalugen. Katzianer, über diese Gräuel seines zügellosen Volkes
ergrimmt, stach mehrere Widerspenstige mit eigener Hand nieder,
Andere Hess er für ihre Verbrechen mit dem Strange bestrafea«
Nachdem hierauf das Schloss Herman mit der nOthigei
Besatzung versehen worden war, setzte das Heer seinen Harsch
nach Gara fort, kam aber bald an den Fluss Vuka, dessea
Brücke durch die angeschwollenen Gewässer zertrümmert and
weggerissen war. Niemand kannte die Gegend ; Kundschafte«
konnte man keine einziehen, weil Niemand im Heere der Landes-
sprache kundig war. Es musste nun eiligst eine Brücke gebaut
werden; Tag und Nacht wurde daran gearbeitet; selbst Katzianer
war dabei rastlos thätig, um das Werk zu förd^. Endlich
ward sie fertig; zuerst kam das kleine Geschütz and die Ha«
nition mit einer Abtheilung Truppen hinüber, dieser folgten
*) Ganz anders erzählt Graf Johann von Mailath die Wegnahme
von Erdöd ^ er schreibt:
„Da trat Balthasar ßanfTy mit dem Vorschlag auf, scbndf
Erdöd zu erobern; dort seien der Türken Weiber, Kinder und
Schälze, folglich auch Mundvorrath. Erdöd liegt am 2usamneD-
fluss der Drau und Donau — kaum zwei Meilen von Essek ent-
fernl ; jetzt ist es ein unbedeutendes Dorf. Katzianer nickte
hin; nur 20 Türken vertheidigteu das kleine Schloss: diese
lüdlelen heinnhe ein halbes Hundert Christen, bevor sie sich
ergaben. Ein paar Weiber und Kinder, zwei Fässer Weizen-
mehl und eben so viel Hirse war Alles, was die Christen er-
beufpten.*'
alle Wffgen aodi die tibrigen Trippen; das grobe Ge»hflti
maclite den SeUofs; atlein bei« Ueberfahren desselben brach
die leicht gebaute Brfieke unter der Last der achten Kanone
zusammen und riss die sie begleitende Mannschaft mit fori in
die Wellen. War auch der grüsste Theil des Geschttties und
der Wagen-Transport glücklich über den Fluss gelangt, so
zeigte doch hier sich nun die UnniiVglichkelt, dieselben fortzu-
bringen; es fehlte die oöthige Bespannung. Die Hauptleute,
froher ooeins, nun unzufrieden und nur auf eigene Rettung
bedacht, thaten und bewilligten nichts, wie dringend auch
Katzianer sie zur Stellung der nöthigen Pferde ersuchte; ihm
blieb in dieser peinliehen Lage nichts Anderes übrig , als dem
Zeugmeister den Befehl zu ertheiien, alles lastige Gepäck und
alle entbehrlichen Wtfgen zu verbrennen, einen Theil der Hu-
nüion zu vergraben , und die dadurch gewonnenen Pferde an
das Geschütz zu spannen. Der Befehl vrard pünktlich vollzogen,
aber zur Portbrmgnng des Gescbfiizes fehlten noch immer bei
50 Pferde ; mehrere Kanonen hätte man demnach müssen stehen
lassen. Nun ward beschlossen, diese sprengen zu lassen, damit
sie dem nachsetzenden Feind keinen Nutzen gewflhreten. Man
setzte daranf den Harsch nach Gara fort.
Als man am folgenden Tag diesem Orte näher kam, fand
OMin eine Anhöhe vom Feinde besetzt, von wo er das Heer
nnaufhörlidi mit 15 Feldstücken beschoss, bis endlich Katzianer,
der den Vortrab fahrte, die Höhe erstürmte und den Feind
zurückwarf, so dass das übrige Heer ohne Gefahr vorbeikam.
Nach abgehaltenem Kriegsralhe schlag Hanns Katzianer das
Lager in einer sehr vortheilhaften Stellung in der Nähe eines
Gewässers auf, von wo man den in kurier Entfernung liegenden
Feind durch das noch übrige Geaehütz bald zurücktrieb.
Da kam ein Bote von Va1p6 mit der Nachricht, dass sich
daselbst weder Proviant befinde, um ihn nach Gara zu schaffen^
noch Geld, um Lebensmittel anzukaufen. Diese Heidung schlug
alle Hoffnung darnieder. Hanns Ungnad, Führer der Steyer-
mftrker, und Franz Bathyan, ein ungarischer Hauptmann, traten
_ 336 —
in Katzianers Zelt and eridärten ihm geradezn: Ihr Volk sei
iii wildester Aufregung, wtitiie und tobe wegen Mangel an
Lebensmitteln und lasse sich durch nichts mehr zufrieden stellen.
Katzianer befand sich nun in der furchtbarsten Lage. Als er
die beiden Führer um Rath fragte, gab Bathyan zur Antwort:
,,Ich rathe Euch, lasst Wagen und Geschütz zum Teufel
gehen, auf Proviant ist keine Hoffnung mehr, Ihr könnet auch
Geschütz und Wfigen schon der engen Wege, des Hangels an
Pferden und der herrschenden Hnngersnoth wegen nicht weiter
fortbringen; zudem ist das gesammte Kriegsvolk ermattet und*
die Flucht der Husaren schon so gross, dass ihrer kaum noch
die Hälfte da ist. So eben hat Ladisiaus Höre anzeigen lassen,
dass er mit seinen Rdtem abziehen und heimkehren wolle;
geschiebt dieses, so wird die Flucht unter den Husaren allge-
mein werden. Was wollen wir dann noch allein hier thua,
und warom so viele Leute umsonst opfern?^
Was Bathyan sprach, hatte sich bald bewfthrt; Ladislaos
Höre, der begnadigte Raabherr, entwich mit semen Leuten
durchs Gebirg nach seiner Burg St. Elisabeth. Bei so trost-
losen Verhältnissen und auf die Nachricht des Paul Bakits,
dass die in der Nahe liegenden Türken so eben frische Truppen
zu Fuss und zu Pferd als Verstärkung an sich zögen, slimmte
man nothgedrnngen dem Vorschlage der beiden Führer; Haans
Ungnad und Albrecht Schlick, bei, der dahin lautete: „In
Ansehung der augenscheinlichen Noth Geschütz und Wägen
zurückzulassen und sich eiligst über Valpö zurückzuziehen.'
Man beschloss ferners: Jedermann zu Pferd soll sich zwei
Stunden vor Sonnenaufgang zum Aufbruch bereit halten; Graf
Ludwig vonLodron soll noch eher mit seinen Leuten und
sechs Falkonetten vorausziehen, dann die Brücke besetzen, die
eine Stunde vom Lager entfernt war, und auf beiden Seiten
des Weges sich aufstellen, bis die Uebrigen heranzögen und
die Brücke überschritten hätten, dann mit dem erwähnten Feld-
geschütz nachziehen. Hanns Ungnad mit seinen Steyrern and
Ludwig Pekry mit den Husaren sollten den Nachtrab führen.
^ 337 -^
Jeder HttnpIfflaiiD «eilte dea Adeligen in sclaein Hanfes dea
Plan heimlich mittheilen, damit Jeder sich darnach richten und
dai, was er an Hab und Gut aitf den Wfigen habe, in aioh
nnb Pferd nehmen könne. Die ganse Anordnung des Abingee
pnblicirte Katzianer im Kriegarathe durch einen ölTeatliehen
httlen fiefehl. Darauf gab er die Loaang und ertheilte dem
Zeugneister die nöthigen Befehle wegen Sprengung dea Ge-*
achttties (mit Ausnahme der aecha Falkonette, welche Graf
Ludwig vonLodron mit sich führen sollte) und dann auch
wegen Aufbrennen des Pnhrers.
Leider war das Beispiel dea Ladislana Höre, der sieh
bekanntlich mit seinen Husaren heimlich davon gemacht hatte,
nieht ohne Wirkung geblieben. Hanns Ungnad und der Bisehof
▼on Agram verliessen in derselben Nacht noch das Lager;
hierauf verschwand der Oberbefehlshaber der Reiterei, Ludwig
Pekry, und ehe die Sonne aufging, war auch der oberste
Feldhauptmann, Hanns Katzianer, verschwnndenl —
Die Tiroler unter Lodron, die Böhmen unter AIhrecht
Grafen von Schlick, die Oesterreicher unter Julius Grafen von
Hardegg und die Kfimthner unter ihrem tapfem Führer Eras^
mus Hager waren geblieben; es war meistens Fussvolk. h
dieser ftusserst kritischen Lage ttbemahm Qraf Ludfoig den
Oberbefehl, da die noch anwesenden Führer mit dem ganaea
Volke in den Helden drangen, sieh an die Spitse des Heeres
zu stdlen. Nun galt es den Kampf der Verzweiflang zu kän»«-
pfen und todesmutfaig sich dem Feinde entgegen zu werfen,
der schon in Hassen heranzog, die Verlassenen zu überhllen
und vollends aufzureiben. Der edle Graf, mutbig und behend
auf sein Streitross sich schwingend, hielt noch an seine Krieger,
die er eben im Begriffe stand in einen Kampf auf Leben und
Tod zu fuhren, eine feurige Anrede, die uns die Geschichte
aufbewahrt hat:
„Soldaten I Nun heisst es alle Krttfte zusammen nehmen
— rief der Held — nun die ganze Tapferkeit in Anwendung
bringen. Wohin die Sachen gekommen sind, sehet ihr seibat.
22
— 838 —
Die ganie Gegend ist ringsheram besetit; beseUt Ton den
Feinden sind alle Wege; der Hanger ist im Lager einge-
sehlossen, Proviant aber anageschlctösen. Freiheit ist jetzt nur
mehr im Schwerte; mit dem Sohwerte heisst es handeh. Nw
jener Weg zur Rettang steht noch offen, den sich Jeder mit
der Faust bahnt. Gerettet werden wir nur dann sein, wenn
wir Sieger sind. Fürchten wir etwa der Gefahr za begegnen?
Die grösste Gefahr liegt eben in der -^ Furcht. Vor Hanger
müssen wir sterben, wenn wir das Sdiwert der Türken mehr
fürchten als es Christen geziemt. Was kann diesen Bariwrea
wohl erwünschlicher sein, als dass sie ohne Kampf and Ver-
last noch bei aller ihrer Feigheit and Unthütigkeit triumphiren?
was erwünschlicher ihnen, als dass wir zu Grande gehen, ohne
du Schwert zu zücken und eine Wunde zu erhalten? Wer
sollte es nicht vorziehen, sein Glück zu versuchen, als den
Ruhm semer Thaten durch einen schmählichen Untergm^ n
schünden? Wir denken vielleicht aus Furcht auf •— Ergebaag,
um das Leben durch eine erbettelte Sklaverei zu retten. Aber
was denke ich da ? Ich schaudere, Soldaten I Die Seele bebt
sorück vor diesem aufsteigenden Gedanken. Wollen wir die
Tireue der Unglfiubigen anrufen? Wahnsinn ist es in der
That, ja Wahnsinn, die Treue der Unglfiubigen anflehen, die
Güte dieser Barbaren in Anspruch nehmen. Wir haben es
nicht mit einem solchen Volke zu thun, welches, wenn es
siegreich ist, seine Hunde vom Morde zurückhält, an den es
gewöhnt ist. Diese Nation kennt kein Kriegsrecht, und keanete
sie dasselbe, sie würde es auch nicht halten. Dieses rohe und
ohnmächtige Volk freuet sich nur, so oft ihm eine Gelegenheit
aoffl Horde gegeben ist; es gibt sein Wort nar, um es zu
brechen. Bündnisse, die es beschworen hat, hält es nicht;
Recht und Unrecht wirft es unter einander, um seinen Blutdurst
zu sättigen, um an dem Anblick der Sterbenden sich za weiden.
Und was dann, wäre auch eine unschädliche und unblutige
Gefangenschaft zu hoffen? Ist Sterben armselig, so ist Sklaven-
dienste thun noch weit armseliger. Pfai der Schande! Wir
- 8M —
folito als Soldaten^ bewaAnt, ond — «ras die Haof^taadie M
— aieggewohnt, anaare Krftfke uod uns selbst so solir ver-
gesaen , dasa wir ansere Hände anbewaAiel den Feinden ent-
gegen strecken? Dass wir unter das Joch unsem Nacken
bengen, damit die ttbermathigen Barbaren ihren Fnss danuf
aetsen können? Wo ist sodann die Zierde des Kriegerstandea?
Wo sind dann unsere Trophäen? Wo so viele Standarten?
Wo die dem Feinde abgenommene Beute? Wo dei^ geschworne
Eid? Wo der Kaiser? Wo die Religion? Doch was er-
wihne ich dies? Jener Verdacht filllt nicht auf diese Gemflther,
nicht aof Jene Mftnner, besonders da wir uns noch nicht aaf
jeaem Punkte der Verzweiflung befinden, dass es den Anschein
hat, als mllssten wir des Kriegsglflckes wegen in grttsster
Sorge sein. Wir werden ja nur von einem Feinde geängstigt,
der auch besiegt werden kann und der schon so oft vor uns
geflohen ist. Seine Stellung ist allerdings die bessere, ich
gestehe es ein. Durch die Menge hat er das Uebergewicht ;
sei es auch. Würdig seid ihr, dass ihr in geringer Anzahl
aacb mit einem abermSchtigen Fdnde den Kampf aufnehmet,
würdig, den Ruhm des Sieges zu verdoppeln, wenn ihr nämlich
sowohl die feindliche Stellung als den Feind selbst überwindet.
Auch das kann uns herzhafter machen, dass wir nun, ohne
Oberbefehlshaber, zum Kampfe freiere Hand haben. Ich glaabe,
die Feigheit dieses furchtsamen Anführers wäre im Stande ge-
wesen, die Schwerter sowohl, als auch die Gemüther des
ganzen Heeres stumpf zu machen. Geschehen wäre es gewesen
um eure Rettung, am euren Ruhm, hätte er nicht so schnell
das Oberkommando weggeworfen. Die Schmach wurde zur
Wohlthat. Durch seine Flucht hat er uns die Gelegenheit ge-
geben, zu siegen. Flüchtig hat er die Feigheit, den Schrecken,
die Furcht — • sein gewöhnliches Gefolge — mit sich genom-
men; euch ist die Tapferkeit zurückgelassen worden; sie wird
uns den Sieg verschaffen. Jener war nicht fähig eines solchen
Gutes ; er ist fort, geflohen, verschwunden ! Soldaten ! Dieses
ist nur darum geschehen, auf dass der Sieg ganz euch gehöre.
22*
— 8« —
Jener wird sich naa keinen fremden Roim aneigiien klW»n,
keinen Titel davontragen, den ihr durch eure Anatcengung eneh
verdient habt. Ich wünsche euch Glück, dass ihr solche Sei-
daten seid, die nicht einmal eines Anführers bedürfen. Hin-
länglich habe ich's erfohren, dass Jeder von eack AnCühnr
sein könnte.
,, Wohlan, handelt jetzt eingedenk eures Ruhmes, eingedenk
des christlichen Namens. Gott, dessen Sache nnd Ehre wir
vertheidigen, wird den Herzhaften vom Himmel Hülfe schicken.
An mir, den ihr an Katzianers Stelle zum Feldherra verlangt
habet, werdet ihr nicht sowohl einen Anführer als vielmehr
einen Kriegskameraden und Vorkämpfer haben. Diese Schmach
sei ferne von mir, dass ich in die Fussslapfen des feigen Ober-«»
befehlshabers treten sollte. Den Titel eines Peldherm, den
Jener so entehrt hat, yersohmähe ich; die Strapalzen eines
Fddherm , denen jener nicht gewachsen war , weise loh aber
nicht zurück. Ich werde mich in den dichtesten Hänfen der
Feinde stürzen. Ich werde der Erste sein, Blut fliessen za
machen oder mein Blut zu v^iessen ; mag aber immerhin die
Sache susfallen wie sie wiU , der Sieg oder Untergang wird
mich von der Schmaph der Sklaverei befreien.^
Als der Held geendet hatte , soll ihm ein gemeiner deiii-
scher Kriegsmann zugerufen haben : „Lodron ! Du hast leicht
reden; Du sitzest zu Pferde und kannst mit sechs Füssen
schneller fliehen als wir mit zweien.^
Auf das schwang sich Graf Ludwig, der den Sina
dieser Rede nur zu gut verstand, schnell aus dem Sattel, und
rief mit lauter und fester Stimme : ^ Brüder 1 ich fechte mit euch
zu Fuss.^ Nun hieb er mit vier gewaltigen Streichen seinem
edlen Streitrusse die Füsse ab und ttberliess die übrigen Pferde,
die er noch hatte, einigen verwundete Kriegskameraden«, aof
dass diese mittelst jener sich retten könnten.*) Der Held stellte
*) Dass Graf Ludwig seinem Slreitrosse die Füsse abgehauea habe,
erzählen die G^schichtschreiber Paulus Jovins (Tom. II. P* ^^
4. 36), dann Gaspar Bugaius in seiner Universalgesehichle^ so»'ie
— se-
riell dimi an die Spitie der Udnen Sehaar, die, in einen Keil
aaeanMiengedrftngl) lom angleiclien, hoffnungslosen Kampf in
dem Augenblick ans dem Lager hervorbrach, als der Feind
bereits tod allen Seiten ansttirmte; schnell ward das tapfere
Hinlem ganz nmsingett und von der türkischen Reiterei wflthend
aogegriffoi. Graf Schlick , der Ehre seines Namens und Ge-
schlecktes nneingedenk, war der Erste, der aus dem Gefechte
entwich und sich durch die Flucht rettete. Die Böhmen und
Oesterreicher, sowie alle Uebrigen , kSmpften gegen die feind-
liche Uebermacht nur kune Zeit; sie wurden grOsstentheils
losammengehauen, darunter auch viele vom Adel« Ihre Haupt-
lente: Kunriger, Georg Taifel, Gebhard Belczer, Leonhard
Lamberg und einige Andere geriethen in feindliche Gefangen-
schaft. Graf Niklas von Thurn rettete sich , obwohl schwer
verwundet, mit genauer Noth durch die Flucht. Erasmus
Mager^ der tapfere Hauptmann der Ktfmthner, der durch
seinen gUhizenden Helm und wallenden Federbusch den Blick
der Feinde auf sich sog, sank nach dem tapfersten Widerstand
unter die Todten. Koch stand Graf Ludwig von
Lodron mit seiner Heldenschaar , die aus dreien Fähnlein
'Tirolern bestand. Durch den Ungestüm der feindlichen Reiterei
wurde der Held auf ein sumpfiges Terrain hingedrängt. Unfähig
auf dem schlflpferigen Terrain fortzukämpfen und überdies tödt-
lich verwundet, fiel Graf Ludwig in die Gefangenschaft der
Türken und wurde hierauf von seinen Wächtern getödtet, da
es den Anschein hatte, als könne er der erhaltenen schweren
Wunden wegen den Transport nicht aushalten, somit nicht mehr
lebendig mit den übrigen Gefangenen nach Konstantinopel ge-
bracht werden. So erzählt uns den Tod des Helden die Ge-
schichte des Lodron'schen Hauses.
Joaones Sagredus in seiner Geschichte des ottomaiinischen Reiches
- machen aber keine Melduo^^ davon , dass Graf Ludwig auch
den Landsknecht erstochen habe, der es gewagt halte, obige
verwegene Worte zu sprechen, darüber schweigen ebenfalls die
Monumenta Lodronii Leonis.
— 342 —
Nach andern QoeUeo hätte Harad Beg, die Tapferkeit aaA
im Feinde ehrend , dem edlen Grafen fitr den Fall , daas er
sich ergebe, die Schonung des Lebens anbieten lassen. Daraaf
vertrauend habe sich Graf Ludwig an Murad Beg nach einer
heldenrofithigen- Gegenwehr ergeben, der anch seiner schonte;
jedoch nicht so edel habe Hohamed Pascha gedacht, der Statt-
haller von Semendria, der den schwer verwnndefen Grafen
durch seine Wfichter tödten liess unter dem Vorwande, dass er
ohnehin an den erhaltenen Wunden hfttte sterben mflssenl
Der Kopf des Helden, sowie des Erasmus Mager und des
braven Paul Bakits, der kurz zuvor in einem Gefechte bei
Diakovar gefallen war, wurden als Siegeszeichen in silbenen
Becken nach Konstantinopel an den Sultan gesandt Das gaue
Geschütz, das noch vorhanden war, sowie das ganze christlidie
Lager ßel den Türken in die Hfinde. Unter dm von dea
Türken hier eroberten Kanonen war eine, die sieh vor den
übrigen durch ihre Grösse auszeichnete und noch ein halbes
Jahrhundert hindurch in den spütern Kriegen eine wichtige Rolle
spielte. Diese Kanone, die Katzianerin genannt, sowie die
übrigen eroberten und mit golddurchwebten Tüchern and Fahnen
geschmückten Geschütze mussten die christlichen Gebagenen'
— darunter so viele Tiroler 1 — wie Pferde bis nach Kon-
stantinopel vor die Augen des Sultans schleppen und in solcher
Weise den Triumph der Türken verherrlichen.
Auf die erzählte Weise endete der edle, fromme nad
tapfere Graf Ludwig von Lodron im Kampie gegen den
Erbfeind des christlichen Namens sein ^atenreiches Leben.
5. Am 12. Bbrz 1538 schrieb der Rath der Stadt Ragusa
an Ferdinand I. , Graf Ludwig von Lodron sei im Kampfe fitr
den Glauben gegen die Türken zum Gefangenen gemacht
worden. Der Kaiser und König — Ferdinand — versicherte:
es seien alle möglichen Nachforschungen gemacht worden, um
den Grafen lebendig anzutreffen und auszulösen, auf dass der
christliche Staat nicht eines Hannes von solchen Ver-
diensten beraubt bleibe. Den 16. April erwiederte Fer-
— 343 —
ÜMBd TOD Prag aos dem Rathe der Stadt Ragnsa, dass dieser
ihm eiiiai lieben Dienst erweisen würde, wenn er neue Nach-
fonohnngen anstellete, nm den Grafen Ludwig aufzufinden
und zu befreien; gleichzeitig Utss er dieses auch dem Kardinal
und Fllrstbischofe ?on Trient, Bemard von Cles, zu wissen
flMicben.
Dass alle um den Helden angestellten Naebforscbungen
Tergeblich sein nussten, darf wohl nicht erst erwähnt werden.
6. Graf Ludwig von Lodron ist ein vielbesungener
Held; sein schöner Tod hat den Dichtem sehr oft schon einen
vnllkommenen Stoff geboten, sich in ihrer edlen Kunst zu ver-
suchen. Als licentia poetica mag es aber angesehen werden,
wenn dieselben den tapfem Grafen im Kampfe mit dem Sultan
sdbsten hllen lassen.
7. Wie uns der Tiroler Almanach vom Jahre 1804 erzählt,
soll Karl Ferdinand Graf von Lodron und Domprobst von Trient
im Jahre 17i9 seinem erlauchten Ahnherrn in der Heiligkreuz-
Kirche zu Trient ein Monument haben setzen lassen — mit
folgender Inschrift:
D. 0. H.
Ludovico S. R. l. Comiti de Lodron -Laterano etc. Flo-
rentiae et Parmae Consignatori , Caesarei exercitus supremo
Dttci. Qui post plura Domui Augustae praestita servitia Viennam
ob&idione, *) fidem Catholicam metu, Garotum V Caesarem peri-
culla liberavit.
Ut militem fortius in Tarcas ac Solimanum inveheret, pro-
prio equo ungulis abscissis, victoriae, quam tenuit, non fugae
consuluit. Quare fama et factis onustus prope Essechlum mor-
tuus, Nominis immortalitatem sibi comparavit.
Agnato tam praeclaro de patria, de Austriae Domo, de
Religione benemerito Carolas Ferdinandus S. R I. Comes
Lodroni et Castri Romani, Lateranus Patricias Romanus, Dominus
*) Dass Graf Ludwig bei der Belagerung von Wien nicht war,
weil zu gleicher Zeit mit der Belagerung von Florenz
beschifligt, ist früher schon bemerkt worden.
~ 314 ~
Castri S. Joannis etc. Praepositas et Canonicas Trideati et tnum
Sanctorum^ Legato perpetao CoMtilnto ad diem 19. Aog. in
S. Gratis, sea triam Regum Basil. P. P. Ord. M. Goiit. S.
Fraoc. S. S. Stign. Ao. 1224 erecta, ad S. LadoTici Episcopi
altare sab Carolo VI feliciter regnante Anno 1719 gratns poanit.
Wie ans aber derselbe Almanach berichtet, wfire das In
•Rede stehende Monument im Jahre 1804 weder in der Heih'g-
krenzkirche, noch in einer andern Kirche der Stadt Trient mehr
sa finden gewesen; wohin dasselbe gekommen, ist anbekannt.
Damit nehmen wir Abschied von unserm Helden.
Sit ipsi terra levis!
l/OOfi^M)
Beiträge
zur
GEOGNOSIE TIROLS
von
ADOLF PICHLER.
MIT EINER TAFEL PROFILE.
CDritle FoiffeJ
Hie Kalkgebirge nördlich von Innsbruck hatten, als meioem
Aorenthatte zunächst liegend, mich bereits vielFach beschäftiget.
Die Resultate dieser Forschungen wurden im achten Hefte der
Zeitschrift des Ferdinandeums 1859 niedergelegt. Bei der
grossen Verwicklung der Gebirgsstruktur war manches unauf-
geklftrt geblieben and forderte daher zu neuer Untersuchung
anf, welcher das jüngst erschienene Werk Gümbers ^^Geogno*-
stische Beschreibung des bayerischen Alpengebirges und seines
Vorlandes^ frische Anregung gab, in wie fern die dort berich-
teten Thatsachen und Folgerungen auch für unser Gebiet volle
Geltung hätten oder eine Einschränkung erleiden würden. Das
Unternehmen war diesesmal durch Eiementarereignisse mannig-*
fach gefördert worden, die furchtbaren Wasserstürze des vorigen
Winters hatten die Gräben ausgewaschen und andere vertieft,
so dass das anstehende Gestein der Untersuchung zugänglicher
wurde« In den Ferien wurde das Stanerjocti. nebst den Ge-
birgen, welche zwischen diesem und den Haller Alpen liegen,
in Angriff genommen. Jenes scheint auf den ersten Blick fast
ganz aus oberem Alpenkalk zu bestehen, die Einschnitte, welche
man zu Uebergängen benutzt, zeigen die gewöhnlichen Verhältnisse
und wenig Interessantes, man Hess es daher auf diesem Gebiete
bei den Uebersichtsaufnahmen bewenden , ohne jede Schlucht,
jeden Tobel zu dorchforschen. Allein gerade hier bot sich des
Neuen in Hülle und Fülle, so dass Stotter's Wort auch da seine
Bestätigung eriangte : „die Alpen sind tückisch, man darf ihnen
nie trauen.^ Zur Vervollständigung der Ergebnisse wurde auch
ein Abstecher in das Kaisergebirge unternommen.
1«
— 4 - •
Was die Terminologie zur Bezeiclinaiig der Gesteine be-
trifft, so bleiben wir bei jener, welche wir bereits in frftheren
Schriften angewendet haben, am die Continaität tu erhalten,
fügen jedoch wie dort aach hier die Benennungen der k. k.
geologischen Reichsanstalt sowie Jene Gflmbels im obigen Werke
bei, bis einmal über diesen Gegenstand endgiltig entschieden ist.
Zunächst geben wir die Grftnzen unseres Terrains an,
welches von der Hartinswand bis zum südlichen Ufer des
Achensees reicht. Nach Südosten wird es in seiner ganzen
Ausdehnung von den Gewässern des Inn bespült, nach Norden
begränzt es die Strasse nach Jenbach ins Achenthai den Kas-
bach entlang, daran schliesst sich das südliche Gestade des
Achensees, die Partisau, das Gernthal, der Uebergang des
Plumseijoches und der Plumsbach, Nach Nordwesten folgt die
Gränze der Thalsohle des Blaubaches, erklimmt dort den Grat
des Gebirges beim Grubenkor und setzt über das Rossjoch, die
Brandelspitz, den Spechkor, die Lafatscherspitz, das Stemperjocb,
den Wildanger, das Rumperjoch, die Gleirspitz, Seegrubenspitz,
Frauhütt und den grossen Solstein fort, von wo sie den Hechen-
berg überspringend an den Inn gelangt. Dieses Gebiet ze^fUllt
durch tiefe Schluchten in mehrere Abschnitte, an welche wir
uns hehufs leichterer Orientirung halten wollen. Die Höhen
sind in österreichischen Fuss angegeben.
1) Von der Martinswand bis zum Hallerbach, im Westen
ragt der grosse Solstein (9393'), im Osten der Zunderberg
(63020 empor.
2) Vom Hallerbach bis zum Vomperbach, dieser Abschnitt
enthält die Spekkorspitee (8378') und die Waideraln.
3) Vom Vomper- bis zum Stallen- und Binsbach. Hier er-
hebt sich das Vompeijoeh (7710') und die LampsenspiU (61240*
4) Das Massiv des Stanerjoches (6718')i welches sehr schöi
abgegrflnzt und selbstsidndig zwischen dem Inn-*, Stallen-, Falz-
thurn-, Gernthale, dem Achensee und Kasbach emporsteigt.
5) Der Grat des Sonnjoches (7758') zwischen Blaubach
und Falzthurn vom Hochglück zum Plumser- und Bletzacher-
bach auslaufend.
5 ^
A.
Untere Trias«
I.
Bunter Sandatein.
(Werfener-Schiefer der österreichischen Geognosteo.)
Die Thonglimmerschierer, Glimmerschiefer und Gneise,
welche die Centralalpen bilden, setzen in miserm Gebiete nir-
gends auf das linke Ufer des Inn Aber, hier erscheint vielmehr
als tiefstes Glied des Gebirges der bunte Sandstein, wenn auch
dvch mancherlei Störungen des Gebirgsbaues oft hoch empor-
geschoben. Betrachten wir ihn in dem Terrainabschnitte.
/. Yon der Martinätoand bis zum Vamperbach.
Hier begegne wir ihm in der Richtung von West nach
Osten zneest hinter dem Kerschbuchhofe in einer kleinen
SfihlQcht, wo er in sich durch jflngere Bildongen getreani
xweimal abereinander hervorbricht. Er iässt sich am Tage nioht
verfolgen, doch streicht er nach Osten zum HOltingergrabeii,
wo die zwei Streifen ganz gut zu beobachten sind.
Der untere entzieht sieh dem Blicke sehr bald, indem ihn
Dilttvialschotter und Tertiaereongtomerat verbirgt, der obere
streieht ober dem Plateau der Hungerburg gegen Osten zur
HahlaaerUamm, übersetzt diese und senkt sieh dann unter die
Tefraasa, welche den Rechen- und Burenhof trägt.
Man darf daher den Zug bunten Sandstein, der von der
Vindalm östlich beginnend über die Thaureralm fortzieht and an
Mordnbtiang des Zanderberges austritt, ohne das Salzge-
birge, welches nicht zu diesem Zuge gehört, za
eiTeichen, nicht als Fortsetzung des einen oder des anderen der
oben erwähnten zwei Ztige betrachten. Ebenso wenig gehört die
Koppe banlen Sandsteines hierher, die unterhalb der Vintlafan
— 6 -
durch den Dolonit bricht. Man hat es hier nicht mit Einer
Spalte, sondern mit einem Netzwerke tod Spalten,
welche gegeneinander schief stehen, so thun. Das Salzgdirge
dringt durch die nördlichste« Im tibrigen verweisen wir bezüg-
lich des bunten Sandsteines dieses Terrainabschnittes auf die
Abhandlung zur ,,Geognosie der nordöstlichen Kalkalpen Tirols
im Jahrbuche der k. k. geologischen Reichsanstalt, 7. Jahrgang
ISSe«' Seite 721 und 722, sowie auf unsere „Beiträge zur
Geognosie Tirols 1859^ Seite 141—144.
Ueber das Salzgebirge zu Hall, dem Salzstocke aaf der
Walderalm und am Plumserjoch, welche letzeren ich bereits
Tor mehreren Jahren entdeckte, verweise ich auf die Abfaan-
lung „zur Geognosie der nordöstlichen Kalkalpen Tirols, Jahr-
buch der geologischen Reichsanstalt 1856^ Band VII^ und aof
meine ^Beiträge zur Geognosie Tirols 1859«^ S. 170 u. s. w.
Hier, sowie S. 148 desselben Buches, ist eine irrige Angabe
von Prinzinger's sonst sehr schätzbaren „geologischen Notizen
ans der Umgebung des Salzbeiigwerkes zu Hall' berichtigt.
Das Vorkommen des bunten Sandsteines am Vomperloche
Ist im gleichen Werke erwähnt, wir bemerken nachträglich nur
noch, dass derselbe hier eine Zwischenlage von Rauehwacke
enthalt. Pro61 V.
2, Das Stanef'^ und Sonnjoch.
Der eigentliche bunte Sandstein findet sich nur auf eioer
Stelle des Stanerjoehes und zwar beim sogenannten Sauhopf am
südwestlichen Abhang gegen das Innthal, wo die untere TVias in
einer Falte der obem eingeklemmt und aber diese flach weg-
geschoben scheint. Prof. VI. Die Höhe beträgt bei 6000', wol
der höchste Punkt, wo man in dm nördlichen Alpen dem bunten
Sandstein begegnet. Um so ausgedehnter tritt vor dem nördlichen
Abstürze des Stanerjoehes das Haselgebirge auf. Der Salzstock
von Hall darf sich in dieser Beziehung wol nicht von ferne damit
vergleichen. Ausser dem bekannten Vorkommen am Piamser-
joehe brechen die grtinlichgrauen vreichen Sandstetamehiefer aaf
— 7 —
der Nordseite des Fatsthoiiithales h dem Sattel twisplien dar
Lachwaldspitie (7297') und dem Somyoch bei einer Höhe von
500(y hervor. Prof. YIU. Ungeflihr in gleicher Höhe erblickt man
sie auf dem gegenaberliegendea fBehi^. Geht man durch das
Falsthurnthal aiiswfirls, so findel man als Grondlage des Tristea-
kopfes nnd der HOgel, in welche er nördlich aoslioft, die
grflnlichgraoen Sandsteioschiefer und die Sabtbone: gran, violett^
rotb geflammt mit verschiedenen Arten von Gyps gans so, wie
ich es vom Phmseijoch beschrieben. Hier triflfi man auch
Pseadomorphosen nach Steinsalz nnd swar Abdrticke aas dolo-
miUschem Kergel. Das schöne Profil kann auch den letzten
Zweifel über die Stellang der SaUthone beim bnnten Sandstein
serstrenen. Gehen wir in die Thalschlacht am östlichen Abhänge
des Tristenkopfes and klettern su hinterst am Hirscfasteigel hinauf^
so treffen wir dort am Grate bei der Alm wieder das Hasel-
gebirge: glimmerreiche Sandsteinschiefer mit Eisenkies and Eisen-
glanz, grfinlichgratte, violette und rothe Salsthone mit donkei-
granem and schwarzem Schieferthone. Eisenglanz findet sich
flbrigens aoch oft in grösseren Schoppen im bunten Sandstein,
welchen der Erbstollen bei Schwaz durchbricht.
Kehren wir durch das Thal zurück, so bemerken wir zur
rechten Seite mehre Schluchten, welche sich vom Birenkopf
herabsenken. Betritt man eine solche, so begegnet, man bald
im Schotter Stfickchen des Sandsteinschiefers, die immer zahU
reicher werden. Sie stflrzten von einer Felsenwand, in deren
NAe früher Gyps geholt wurde. ^
Am Bfirenkopfe^ dem letzten nördlichen Auslttufer des
Stane^oches gegen den Achensee^ legen sich sanfte Hfigel«-
hohen vor, von denen man bisher glaubte, sie seien aus Dilu-
vialschotter zusammengesetzt , kriecht man Jedoch in einer der
Rnsen, wo man, nebenbei bemerkt, den ziemlich seltenen
Evonymus latifolius findet, empor, so begegnet man überall
den Sandsteinschiefem des Haselgebirges und darüber dem
MnsclMlkalk. Zweifelsohne ist es bis in grosse Tiefen ausge-
laagt^ dafür spricht schon die Berührung mit dem Achensee.
Weiter «effich legt rfeb ein Fels tob MitteMeioiiilt tot, ein
Yeriiältniss, das sich wol nur ans einer Versohüebng eiUArea
Msst. Prof. VII. Solche Ausbisse tod Hasdgebirge lassen
sich aof dem beteichnefen Ikirain sw^relsohne noch mehrere
antreffen, Air die ungeheuren Veränderungen, welche die Struk-
tur des Gebirges erlitten, sprechen wol an besten die NiTeao»
unterschiede, in denen das unterste Glied der Trias aufMtt : am
Saukopr, bei 41000 Fuss und kaum 3/4 Stunden nördlicher 3000
Fuss am Spiegel des Achensees, unter den das Haselgebirge
'etaffllt. Das Falzthum- und Blauthal sind Spalten, weldie die
Formationen In ihrer xum Theil grossarttgen Verwerfung and
Verschiebung fast senkrecht durchkreuzen, Prot VIII, und in
unbekannten Tiefen foHsetzend von Gebirgsseholter erflült war-
"den. Von Versteinerungen find sich ausser einigen Kohlen-
schmitzen im Hottingergraben und in den Sandsteinschfiefem d«
Salzes von Hall, ein Vorkommen, Aber welches ieh «nier Hit-
theilung der Analyse Ton HIasiwetz bereits in den Sohrifkea
der geologischen Reichsanstalt berichtete, sowie avsser ehiigea
spärlichen ganz undeutlichen Pflanzenspuren im gleidien Gestein,
nirgends etwas.
IL
TTnteter Alpenkalk.
(Mascbelkalk ; Guttensteinerkalk der österr. Geognosten.)
In dem bezeichnelen Terram habe ich bisher tberall, wo
die BntblOssung des Bodens eine Untersuchung gestorttele,
dem bunten Sandsteine Rauehwacke auflagernd gefunden. Welche
meistens völlig den Charakter einer Breocie aus gröberen oder
feineren Stückchen von Schieferthon , Kalk, Dolomit TefhWet
durch ein gelUlches etwas ihoniges Clement trug. Das Gestaa
wurde schon so oft und ausfflhrlich beschrieben, dass wir ans
ein näheres Eingehen ersparen können; Im Panleiteigraben ober
Buch unweit Schwna kann man den Udkergang destfelben in daa
elgeottehen Alpenkalk gtQz gut btobaekleii. IMMgais ivife
es danditiiB irrig m glaoben, die Raaehwtcke beieiGline ab
solche eine beatimmle Etage, wir begegnen ihr, wenn nach
«ehr beschrinkl, im oberen Alpenkalk (Halslilterkalk) , im
Müteldolomil (Dachsteindolomit, Haoptdotomit) ; im unteren Al-
penkalke erscheint sie, abgesehen Ton dem regdmissigen Vor-
kommen tiber dem bunten Sandstein, locai an yersehiedenen
Punkten. Im Falsthamthale sieht man, wie allmttig Schichten
des dunkeln weissaderigen Kalkes regelmassig Curtstreiehea , In
Rauchwacke flbergehen, undeutlich werden und wie sich dann
wieder allmillg die urpraagiiehe Qualität des Gesteines her<-
stellt. Man hat darin, wie es scheint ganz richtig, Analogien
mil der noch unter unseren Augen fortgehenden Bildung des
TuSes erkannl. Wir sehen hier von den localen Vorkomm-
nissen gans ab und besiehen uns nur auf das Gremgebtlde iwi-
scben buntem Sandstein und eigentlichem Muschelkalk.
/
i. Der Abschnitt zwischen Martinstoand und
Vomperbach
Zeigt uns die Rauchwacke suerst im Graben bei Kersch-
bach und awar kehrt sie dreimal wieder. Das Profil I stellt
die Aufeinanderfolge der Gesteine im AllgeaMmen dar, wir ge-
ben sie hier im Detail von unten nach oben, nehst einer bei-
Ünflgen Schfltaung der Mächtigkeit, insoweit eine solche mög-
lich war.
1. Bunter Sandstein W.
2. Rauchwacke iO'.
3* Massiger lichtgrauer weissaderiger Kalk W.
4. Rauchgrauer Dolomit 30'.
5. Rauchwacke 3'.
6. Websaderiger briiunlieher Dolomit suweilen an der Ober-
fläche der Sehichten, welche steil iS fallen, uneben,
knollig, von Thon flbersogen 70^
7. Schwarze, zerbröselnde Schiefertbone 2'.
— 10 —
8. Gfiner, w«lmid«rig«r Kalk \y<i'.
9. Raachwaeke, brftunlidi schwan, breccieoartig mit SpKU
lern iranten Sandsleinea 20'.
10. BunterSandatein, fest, wolgeachichlel, simi Theil weiss iO'.
ii. Raachwacke 6'.
12. Ra^chgraaer Dolomil 6^
13. Raachwacke 3^.
14. Schwane Schieferthone 6'.
15. Dotoinit, dem Hitteidolomit sehr Ähnlich; es isl der Zag,
welcher von Absam nnonterbrochen bis hieher streidit,
bei der Vinllealm .von einem Felsen bunten SandsleiaeB
durchbrochen wird, auch im Hottingergraben sich mit
dem bunten Sandstein nahe berührt und früher für Nil-
teldolomit gehalten wurde. Die Hftchtigkeit mag durch-
schnittlich TO-^SO' betragen.
16. Eine dünne Lage von Brocken des Dolomites, sum Theil
durch ein rothes eisenschflssiges thoniges Cement über-
zogen, bereits am Eingang der Klamm von Kranabitten.
Da sich darüber
17. der obere Alpenkalk su den riesigen Gipfeln des Sol-
steins und Brandjoches erhebt, glaubte ich früher, dass
es die Stelle der Garditaschichtea einnehme, bis die
wahre Bedentoag jener Dolomite (15) von mir entdeckt
wnrde.
Die Carditaschichten treten in naturgemüsser Aufeinander-
folge der Formationen erst jenseits des Joches bei Zirlerchriatea
im Gleirschthale auf. Prof. I.
Einige hundert Schritte westlich an der Thaureralm springt
ein runder steiler Felsenkopf vor. Die Mulde »mftchst dahinter
wird durch folgendes Profil durchkreuzt:
1. Bdnter Sandstein.
2. Eine sehr dünne Lage raochwackenartiges gelbes san-
diges Gestein, gerade bo wie man es im Hottingergraben
an der Gränze des bunten Sandsteines and zum Theil mit
ihm wechselnd trifft.
- n —
3. DoIomitiBdie Kalke, gno, weisaaderig, an das SchidK-
flflcheo uneben, sie enthalten Hiraekoni- bis Erbeengroaa
Raoschroth eingesprengt. Am Eingange der Kranabitter-
Kiamm findet man ein ähnliches Gestein, dort bildet je-
doch das Rauschroth auch dfinne Häutchen auf den
Kluftflftchen.
Im Uebrigen verweise ich beattglich der Raochwacke auf
diesem Gebiete und des xunfichst folgenden Kalkes auf S. 145
and i70 in den „ßeilrflgen sur Geognosie Tirols 1859/^ Im
Vomperbach gestatteten Erdabratschungen eine genauere Unter-
suchung, wir sind daher in der Lage, ein detaillirteres Profil zu
geben, wobei wir bei der Aufzfihlung der Glieder ausführlicher
sein können, als in der Zeichnung. Prof. V.
Betritt man eine Viertelstunde (Vstlich von Terfens das Vom-
perloch, so hat man anfangs sn beiden Seiten des Baches die
hohen ausgewaschenen grotesken Wttnde des Diluvialconglo-
merates. Alsbald begegnet uns am rechten Ufer ein kleines
Felsenköpfchen, in welchem früher ein Steinbruch angelegt war.
Es besteht aus
1. Kalk, licht- oder dunkelgrau, auf dem Querbmche wellig
gebfindert, was von feinen Zwischenlagen Thones her-
rtthrt Die Schichten sind ziemlich undeutlich, an der
Oberfläche. etwas uneben, von Thon Aberzogen, dttnne
Zwischenlagen glänzend schwarzen Schieferthones sind
selten. Versteinerungen fehlen gftnzlich, die Schichten
streichen etwa \n h 6 und fallen am Sddabhange des
Köpfchens sehr steil Nord, am Nordabhange, wo das
Streichen sich nach h 6 wendet, sehr steil S. Gehen
wir Aber die kleine Brücke, wo die Fortsetzung des Pro^
files besser entblösst ist. Hier schliesst sich an:
2. dunkelgrauer weissaderiger düonschichtiger Dolomit, er
enthalt Knauer rauchgrauen Homsteines, die Oberfläche
ist auch bisweilen von röthlichem Thone Aberzogen. Die
Schichten streichen h 6 und fallen 40 S. Darauf folgt
eine Bank
— f« —
3. naMigen greium, nngesoiiiditeten Doknnites, der ttberall
SQ Gnifi BerfiUt. Dmd
4. gtniaeT dflnngeschiciiteter weissaderiger Kalk, dann
5. eine sehr sandige ockergelbe Ranchwacke) einschliessend
einen liemlicb müditigen Keil gifiniend schwarzen, blättrig
zerfallenden Schieferthones. Im Höttiogergraben steht
die Ranehwacke mit dem Schieferihone ebenfalls in naher
Beztekung, sie enthftit bisweilen StOckohen von ihm ein
geschlossen.
6. Bunter Sandstein, weiss, gran, grifniioh rSthlich in festen
Schichten.
7. Eine sehmale Lage Ranehwacke.
8. Bunter Sandstein in h 6, 40 S.
9. Raucbwacke.
10. Weissaderiger sehr knrzklflftiger schwarzer oder schwars-
gratter Dolomit. Eingelagert sind zwei Streifen dunkel-
schwarzen fast kohlenartigen Schieferthones.
11. Sehr massiger knrzkittftiger donkelgrauer Dolomit, die
Oberfläche der Stücke hie and da mit einem blutrothen,
thonigem dflnnen Oeberzag. Hierauf unmittelbar
12. Oberer Alpenkalk^ wdss, bisweilen noch schwarze
Flocken, welche in das weisse Gestein zerfliessen, ein-
gesprengt. Er ist wenig mächtig. Höchst wahrschein-
lich folgen nun in sehr geringer Mächtigkeit die
13. Carditaschichten; zu dieser Voraussetzung glauben wir
uns berechtigt, weil der Schotter bisweilen Stücke der
hieher gehörigen Gesteine enthält. Von Jetzt an ist die
ganze Schlucht, welche der Bach von Norden nach Sflden
durchfliesst, eingeschnitten in zweifellosen
14. Mitteldolomit.
Verfolgt man die Schlacht bis zum Abstürze des
Vomperjoches, wo sie sich nach Westen wendet, so
erreicht man die
15. Plattenkalke, welche in h 4 — 6 fast senkrecht streichen,
bald Jedoch sehr steil nach Nordwest fallen.
-IS-
IS. GerTilllaschlchlen.
47. Fleekenmergel.
18. Ober^ Jora h 6, 60 N.
49. Fleekemnergei,
20. fienrilliaschichten.
21. Plaitenkalke, hier nur wenig entwickelt.
22. Mitteldolomit.
23. Carditaschichten: höchstwahrscheinlich, das Terrain ge-
stattet keine Untersachang.
24. Oberer Alpenkalk, sehr mächtig und schön entwickelt,
den Grat des Vomperjoches xusammensetzend, an dessen
Absturz gegen das Stallentbal wieder die
25. dunkeln Kalke hervortreten.
Wir haben hier also eine Mulde, gebildet durch den Selten»
druck der Centralalpen, welchen sie bei ihrer Hebung austtbten.
Ob der bunte Sandstein des Vomperlocbes mit dem vom Rechen-
bofe, Höttingergraben und Kerschbuchhofe zasammenhftngt, lisst
sich nicht entscheiden, da die Diluvialterrassen alles überdecken.
Doch möchte man es vermuthen.
In der Schlucht hinter Stans bemerken wir zuerst von
Siden nach Norden Mitteldolomit, dann Rauch wacke, dann
dunkeln Alpenkalk, noch weiter einwärts in h 7y 60^70 S.
Knollenkalk, der in dem Steinbruche westlich von Tratzberg
zahllose Stiele von Bncrinus liliiformts enthält. Darüber liegt
ohne nachveeisbares Zwischenglied der weisse obere Alpenkalk,
ein wilder Schrofen desselben trägt das berühmte Benediktiner-
stift St. Georgenberg. Schon Richthofen hat in seiner treif»
liehen Abhandlung^: „die Kalkalpen von Vorarlberg und Nord-
tirol, zweite Abtheiluüg, Jahrbuch der k. k. georgischen Zeit-
schrift, XII. Band, S. 87 u. s. w.^ bemerkt, dass hier eine
Ueberschlebung stattgefunden, die sich durch das Stallenthal
fortsetzt.
Hinter der Stallenalp liegen vom rechten Felsenhang zabl-
relehe Blöcke einer grossluckigen Rauchwacke abgeslttnt;
G4tBd>el betradHet . sie sds zu seinem Hauptdolomit (Mittel-
- 14 —
dolomit) gehörig, ihr Aussehen scheint mir mdir mit der
Rauchwacfce von St. Magdalena im Fallthale «i stinmieo, wor-
nach Siegern unteren Alpenkalls zusoweisen wUre.
Wie am Eingange des Thaies begegnen sieh Mch hier hi
Folge jener Verschiebung Hitteldolomit ond untere AIpenkalL
2. Das Gebiet des Staner^ und Sonnjoches,
Das Vorkommen der breccienartigen Raachwacke als
Cirtinagebilde zwischen buntem Sandstein und unterem Alpen-
kalk (Muschelkalk) unterliegt auch hier keinen Abwdchungeo
von den bereits anderwfirls beobachteten Verhältnissen. So
treffen wir sie am Saukopf, am Tristenkopf unweit Pertisan,
am Hirschsteigel , wo eben die GesteinsealblOssung eine Beob-
achtung erlaubt. Es ist daher wol der sichere Schkss ge-
blattet, dass es auch dort, wo Diluvialschotter Und Rasended^e
unmittelbare Untersuchung hindern, nicht anders sei. — Die
Rauchwacke, welche vom Stanejjoch in die Senkung gegen dea
Bfirenkopf zieht, rechne ich, obwol sie der bunte Sandstein nir-
gends durchbricht, wegen der Verhältnisse des in der Fort-
seUnng unmittelbar Jenseits des Joches liegenden Saukopfes
ebenfalls hierher.
Wir wenden uns nun zum eigentlichen unteren Alpen-
kalke (unterem Muschelkalke und zum Theil Guttensteioer-
kalke). Die Gesteinsbeschaffenheit ist überall dieselbe: Kalke,
meist mehr oder weniger dolomitisch, bisweilen mit unter-
geordneten Lagen von Schieferthon , wie im Höttingergrabea
oder bei Vomp, wo er sich schon zur Rauchwacke gesellt.
Einer näheren Beschreibung des Gesteines können wir uns fflg-
lieh entheben, ich mtisste nur das von Hauer, Ridithofen ia
den „Kalkalpen^, Gflmbel und mir selbst in den „BeiMgen lor
Geognosie^ längst Gesagte hier wiederholen. Dass man sie, —
so wie die Werfener Schiefer und Sandsteine als Aeqoivalenl
des bunten Sandsteines, — ab Aequivalent des Muschelkalkes
betrachten dttrfe, darflb« sind wol alle Alpengeognosten einig.
— » -
Was das VorkonHiea ieneümt auf dem vod mir mitenaeltleii
Gebiete anbelaiigl, 00 feUeo sie Birgends, wo der banle Sand-
alein ansteht, wcwi anch ihre MSehtigkeit nicht flberall gleiah
ist. Besonders schön sind sie im Hahlanergraben. Sie beg^ei-
tan überall das Netswerk Yon Spalten, durch welches swischen
Serschbach nnd Hall der bunte Sandslein und Salathon zu Tage
tritt, ebenso begegnen sie uns am Slaner- und Sonnjoch. Ein
ganz Tereinzeintes und untergeordnetes Auftreten überrascht uns
in einer Runse der westlichen Verlängerung des Yomperthales,
wo sie plölslich ein tiefer Sprung des oberen Alpenkalkes auf
eine kurze Strecke enthüllt. Ton Versteinerungen war nirgends
nach nur eine Spur zu finden.
Nach unten gegen den bunten Sandstein ist die Grttnse
des unteren Alpenkalkes leicht zu ziehen, schwerer nach oben,
dann es folgen Gesteinsarten von nur wem'g abweichender
Ulhologischen Beschaffenheit.
Wo die Virgloriakalke auftreten, geben sie allerdings eine
gute Harke , allein nicht immer erscheinen sie in ihrer eigen-
tbümlichen Gestalt und es treten Gebilde auf, die sich mehr
dem ihnen unterliegenden Guttensteinerkalke nfihern. Es sind
meist reinere, dichte, schwarze, graue, lichtgraue, weiss, geä-
derte Kalke, welche sich oft wie eine Hauer erheben.
Deber die Stellung der Virgloriakalke stehen Gümbel und
Bichthofen im Widerspruch. Letzterer rechnet sie ans Grün-
den, die er den Alpenverhältnissen entnimmt, zur oberen Trias,
wie man in seiner Abhandlung „die Kalkalpen von Vorarlberg
■od Nordtirol, Band X des Jahrbuches der k. k. geologischen
Reichsanstalt i859 und Band XII 1861—1862« nachlesen kann,
dieser zur unteren und betrachtet sie als oberen Huschelkalk
der Alpen. Er sagt in der geognostischen Beschreibung des
baymschen Alpengebirges^ S. 193 unten: „Der EinscUnss von
Terebratttla vulgaris, Waldhetmia angnsta, Encrinus.liliiformis
u. s. w. Arten, von denen noch keine über den eigentlichen
Hosefaelkalk hinaufgehend gefunden wurde^ rechtfertigt die Zn-
»ehnng Su letaleren vollständig.«« Seite 220 jedoch hebt er die
- w -
f eriUlltaiwmässige ArnroA an Yersteiiieniiigett m deo PkilBadi-
fidiichtea herror und fahrt fott : ^Etiras anders g«staltet aieh
die Frage über die Gleiehstellong der f artnadttehichlen and des
eigeniHcben S. Cassian der SOdalpen , wenn wir die versteine«
magsreiGhe Hergellage ans dem Scharilzkehltinle bei Berchtei«
gaden, die onmitleHiar mit dem Moschdkalk aasamami von»
kommen, hieher xiebeo. Unter den Versteinerangeii erwähnt er
Encrifltts Uiiiformis, den er sogleich, durch den Druck als
ficfate Cassianerspezies heiTorhdbt. Das £k Cassian jedoch and
die Partnachsdiiditen gdiören nach seinem eigenen Zengniss
snm unteren Keuper, als dessen oberes Glied er die bvkerliei-
genden Schichten der Cardita crenata betrachtet S. 272 zllhit
er aber unter den Versteinerungen der Carditaschichten Encri-
nns lilüformis und Terebratela valgarls auf. Durch den fetten
Druck beseichnet Gttmbel ausdrflcfclicb, dass diese beiden Arten
sowol im S. Cassian als in den Carditaschichten vorkommen,
somit im Keuper und nicht bloss im ^»eigentlichen Huschelkalk.^^
Man muss daher diese zwei Arten von Versteinerungen, wemi
es sich um die Einreihung des Virgloriakalkes handelt, nasser
Acht lassen. Was den unmittelbaren Uebergang der plattigen
Virgloriakalke in die unten liegenden nichl plattigen aber int
ganz gleich gearteten schwanen Kalke betrifft und den daraas
abgeleiteten engeren Anschluss von diesen an jene, als an die
Sehiefeffsehirbten der Partnachschichten, so ist vielleicht darauf
weniger Gewicht zu legen, wenn man bedenkt, wie schwer es In
den Alpen manchmal überhaupt ist, GesteinsgrUnien scharf anzug^
ben, wozu noch kommt, dass, wie sich im Verfolg der Darstellong
ergeben wvd, zwischen den dunkelgrauto weissaderigen Kalken
unterhalb des oberen Alpenkalkes Zwischenlageu mit Schief^r-
Ihonen und Sandsteinen ähnlich denen der Partnach- und Car-
ditaschichten vorkommen , wodurch eher ein Anschluss an den
Kenper vemittelt wird. Erwfige ich die Gründe, wdche nea-
Kch in der Zeitschrift der geologischen Gesellschaft bcsttglieh
der Stellung der analogen OpatowHzer Kalke vorgebracht warden«
so iwheittl mir diese Streitfrage vordeibaad noch keinesweis
_ 17 -
eptedtft and gerade das Gebiet zwischen anterem und oberem
Alpenkalk dürfte noch mannigfaltige Diskussion unter den Geo-
logen erregen und zu erneuerten Forschungen anreizen. Hier
genfigl es auf den Gegenstand hingewiesen zu haben; wir
glauben am besten zu thun, wenn wir hier anstatt entscheiden
zu wollen, mit steter Rficksicht auf die UHtllrlichen Verhältnisse
einiges Materiale zur Schlichtung des Streites liefern.
Vorläufig scheint es uns ganz gerechtfertigt, wenn wir die
Gesteine vom Virgloriakalk bis zum obem Alpenkalk als eigene
Gruppe zusammenfassen, ohne jedoch die Hoffnung aofzugebea,
dass es hier möglich sein wird , eine scharfe Trennung dureh-
aiifahren und den Virgloriakalk bestimmt als selbständiges Glied
auszuscheiden, möge er dann zum Huschelkalk oder Keuper
zahlen. Wir bezeichnen die ganze Gruppe vorläufig mit dem
Namen: mittlerer Alpenkalk.
B.
Obere Trias«
m.
Mittlerer Alpenkalk.
(Dazu der Knollenkalk von Kudernatsch, Virgloriakalk von Richt-
hofen^ plattiger Kalk von Gümbel.)
Der Schichteneomplex , den wir mit diesem Namen be-
aeichnen, erreicht in seiner Gesammtheit oft eine grosse Mäch-
tigkeit und zeigt dann zahlreiche Gesteinsvarietäten wie hinter
den Thanrerschlosse, bisweilen schrumpft er zusammen wie bei
Keisehbuch.
Ich habe denselben wie Richthofen den Virgloriakalk frtther
unbedingt zur oberen Trias gestellt und beim oberen Alpenkalke
eingereibt, daher bezieht sich alles, was in meinen „Beiträgen
zur Geognosie Tirols 1859^ unter der Rubrik des oberen Al-
penkalkes Aber schwarze und graue Kalke gesagt ist, hieben
S. i4& u. s. w. Der Leser kann sich diese Angaben leicht
iveeht legen und darnach auf die Profile modifiziren.
2
_ tß -
Beginnen wir mit dem Kn<ritenkalke. Yorlreiniehe petro-
graphische Beschreibung desselben gaben bereiti Kudematscli
im Jahrbach der k. k. geologischen Reichsanstalt 1852 II mid
Richthofen in der ersten Abtbeilung seiner Abhandlung «die
Kalkalpen Tirols und Vorarlbergs im Jahrbudie der geolo-
gischen Reichsanstalt 1859 X.^
Wir haben nur beizufOgen, dass diese Kalke nicht immer
so ausgezeichnet entwickelt sind, z. B. im Höttingergraben, man
kann sie jedoch an den Hornsteinknauem und der unebenen
thonigen Oberfläche erkennen, hier noch (iberdiess an der
Streichungsrichtung, welche auf die typischen Kalke von Kersch-
buch hinweist. Diese sind bereits geschildert in den ^Beitrflgen
zur Geognosie Tirols 1859 S. 149. <"
Diese Knollen- oder Virgloriakalke trifft man auch an an-
deren Punkten nicht selten; die Felsen , welche das Thaurer-
schloss tragen, bestehen daraus. Sie enthalten hier etwas
undeutliche Bivalvenreste, wahrscheinlich von einer Monotis
oder Halobia. Sehr schön entwickelt sind sie an der Strasse
bei Tratzb(Tg und am rechten Ufer des lim bei Buch. Letzteres
Vorkommen ist ausfflhrlich beschrieben in den „Beiträgen zor
Geognosie Tirols zweite Folge 1861.^
Debrigens erscheinen ganz ähnliche Gesteine auch aaf
höherem Niveau, Bei Absam trifft man solche in einer w^ii
höheren Lage; in Bezug auf ihre petrographischen Bigenschafkea
sind sie vorzüglich entwickelt, bleiben jedoch bei gerioger
Mächtigkeit nach Osten und Westen bald aus. Ebenso finden
sie sich im Stallenthale in den höchsten Lagen gegen den
weissen oberen Alpenkalk. Das Vorkommen am Salzberg wurde
bereits erwähnt. ^»Beiträge zur Geognosie Tirols 1859 S. 148.«
Hier, im Höttingergraben , im Stallenthale und wahrscheinlidi
noch an vielen anderen Punkten ausserhalb unseres Gebietes
finden sich Zwischenlagen und Gänge eines thonig quarzigen
Gesteines von ölgrflner Farbe^ welches in lache, scharfkantige
Stücke zerfällt. Zwischenlagen von grauen und scbwärzb'chen
— 40 -
Seiiieferlhoiien triffi man steileBweise ebenfalls. Es scheial sieb
somit dieselbe Gesteinsart mehrmals übereinander entwickelt zn
haben, ebenso wie Riesenoolithe and Sandsteine nd Scbiefer-
thone im Aussehen untereinander zum Verwechseln ähnlich sich
unter und ober dem weissen Alpenkalke finden. Hier entschei-
den natürlich die enthaltenen Petrefakten und die Lagerungs?er-
bältnisse über die geognostische Stellung.
Die Bedingungen zur Bildung ähnlicher Gesteine haben
sich auch in höheren Etagen wiederholt. Wir citiren „GfloH
bels geognostische Beschreibung des bayerischen Alpengebirges
und seines Vorlandes S. 223.^^ Er beschreibt dort als eigen-
thümliche Modification des Hallstfitter-Kalkes (Oberen Alpen-
kalkes) den ^Draxlehner rothen Plattenkalk, welcher im Berch«
lesgadischen eine ziemlich verbreitete Gesteinsschicht von sehr
bemerkenswerther Beschaffenheit bildet. Dünne wolgeschichtete
Kalkplatten von intensiv rother, seltener von bunter, weiss-
lieber, gelblicher, grünlicher Färbung besitzen knollig unebene
Schichtenflfichen, auf welchen Erhöhungen und Verlicfungen mit
einander wechseln. Diese Unebenheiten werden durch Hörn-
ausscheidungen veranlasst« Die oft prächtig bunt gefärbten
Homsteinknollen liegen zerstreut in der Kalkmasse und yer«
vollständigen durch ihr Vorkommen die Aehnlichkeit, um nicht
za sagen die petrographische Gleichheit mit manchen Schichten
des rothen Adnether-Liasmarmors, von welchen sie sich jedoch
durch unzweideutige Lagerung und Petrefaktenführung sehr wol
unterscheiden. Hier haben wir ein schlagendes Beispiel von
petrographisch ähnlichen und geognostisch weit aus einander-
siehenden Alpengestemen.^
Adnether Marmor von obiger Beschaffenheit trifft man un-
weit der Mauritzenalm auf dem Sonnwendjoch. Zu dem Draz-
lehner kalke gehören wol die Schichten, welche im unteren
Niveau des oberen Alpenkalkes vom Salzberg über den Achsd-«
köpf, durch die Kranabitterklamm zur Hartinswand streichen,
wo sie die Strasse erreichen und undeutliche Prelefaktenreate
derselben Art, wie die Virgkuriakalke bei Thauer enthalten.
2»
- 20 -
Sie wiirden von mir schoo in den ,)Bdträgen zar Geognosie
Tirols 1859 S. 148<^ besclirieben.
Am Achselliopf ist die Unebenheit der SchichtenBlclien
sehr gross , sie greifen oft mit aufgefressenen Zacken ineinan-
der. Ihre Oberflfiche ist meistens von rothem Thone überzogen.
Enthalten sie auch Kieselerde, so bestehen doch die Knollen
meistens ans lichtem rOthlichgraaen Mergelkalk, seltener aus
reinem Kalke. Vielleicht ergeben sich noch Anhaltspunkte, den
Draxlehnerkaik als eigene Abtheilung des oberen Alpenkalkes
ZQ bestimmen.
Eine andere Gesteinsvarietät, die wir vorlän6g zum mitt-
leren Alpenkalke rechnen, ist der S. 11 in dem Profil ans den
Yomperloch sub 1 beschriebene Kalk.
Führt man von Kranawitten nach Zirl, so sieht man beim
ersten Steinbruche ziemlich mächtige Schiebten eines dichten dun-
kelgranen, ja fast schwarzen Kalkes, durchsetzt von einzelnen
Adern weissen Kalkspathes mit den Stielen von Encrinus* Das
dunkle Gestein enthält Öfters Zwischenlagen eines grauen oder
gelblichen Mergels, wodurch auf dem Querbruch gebogene Streifen
nnd Wellen entstehen. In jenem dunklen Kalke kommen aber auch
lichtere graue Zwischenlagen vor, insbesondere im liegenden.
Das hangende bilden weniger deutlich geschichtete, fast massige
Felsen eines lichtgrauen weissaderigen Kalkes, welche ziemlich
hoch an der Martinswand emporreichen, und wie ich mich
genau überzeugt, ohne Zwischenlage von Partnachschichten,
unmittelbar den oberen Alpenkalk tragen.
Von ganz gleicher Struktur, wenn auch stellenweise dunk-
ler gefärbt und mehr geädert, trifft man diese Kalke auch noch
an vielen anderen Punkten. Hit ihnen wechseln Schieferthone,
aus denen sich bisweilen Bänke klotzigen Mergels und glunmer-
reiche grünlichgraue Sandsteine entwickeln, zum Theil mit un-
bestimmbaren Pflanzenspuren, zum Theil mit sehr zahlreichen
Thierresten, von denen mir bis jetzt zuverlässig zu bestimmen
nur einige Arten gelang. Es sind:
Pentacrinus propinquus,
Östren montis caprilis,
— 21 —
Corbis Mellingi,
Cardita crenata,
Myophoria Kefersteini.
Sleinkerne von anderen sind identisch mit solchen, wie
ich sie anderswo in ächten Carditaschichten fand. Man kann
dieses unter anderen in der Mühlauerklamm beobachten, dieses
bestimmte mich, die dunklen Kalke xum oberen Alpenkalk zu
zählen und andererseits fühlte ich mich zur Ansicht berechtigt,
dass die Carditaschichlen nicht bloss als Dach des oberen AI*
pei\)i;a]kes , sondern auch mit ihm wechsellagemd vorkommen.
«Beiträge zur Geognosie Tirols 1859 S. 149 unten und S. 155 b.
Carditaschichten.^
In wie fern diese Ansicht zu modifiziren sei, daräber be-
lehrten mich die Erfolge meiner vorjährigen Untersuchungen.
S. 153 habe ich ein Vorkommen bei Raltenberg beschrieben,
das auch Gümbel nachträglich, wenn auch als Muschelkalk, inr
Innthale erwähnt. „Geognostische Beschreibung des bayerischen
Alpengebirges und seines Vorlandes S. 200.^ Er sagt: ,,Im
Innthale steht der charakteristische Huschelkalk an zahlreichen
Punkten an. Die Eisenbahnarbeiten haben den plattigen auf der
Schichtfläche knolligen dolomitischen Kalk mit Zwischenlagern
von klotzigem Steinmergel und schwarzem Schieferthone , den
glänzende Rutschflächen durchziehen, in und um Rattenberg
prachtvoll entblösst.^ Ich kann dieser Beschreibung nur bei-
fttgen, dass an der nämlichen Stelle auch noch ein Zwischen«
lager von schwarzblauem festen Hergel durchzieht, der an der
Luft verbleicht und bei eintretender Verwitterung so wie auf den
Abidsungsflächen die Struktur der Oolithe ganz in der Weise
zeigt, wie die bekannten Carditaschichten, eine Abtheilung des
Keupers. Aber auch diese schwarzen Mergel von Rattenberg
enthalten die Cardita crenata, welche sehr gut zu bestimmen
ist. Stücke davon habe ich seinerzeit dem Museum fibergeben.
Die Blöcke schwarzen Mergels wurden zu Rattenberg für» Bau-
zwecke vewendet, in einem draben unweit des Tunnels liegen
nur noch einzelne Trümmer, lieber das Verhältniss dieser
Carditaschichten und Ooh'the, welche man mit den höher
liegenden eigenth'chen Carditaschichten nicht zu verwechseln
braucht, zu dem Hangenden und Liegenden kann nicht der
mindeste Zweifel walten. Sie sind vollkommen concordanl ein-
gelagert, an eine Verwerfnng, Yerschiebung oder irgend eine
andere mechanische Störung^ welche sie von der ursprünglichen
auf eine secundäre Stelle gebracht hätte, ist gar nicht zu den-
ken , um so weniger , da viele andere Profile in bedeutender
Entfernung von Rattenberg denselben Sachverhalt zeigen.
Wo die Knollenfcalke nicht deutlich entwickelt sind, ist es
sehr schwer die Gränze des mittleren gegen den unteren Alpen-
kalk genau zu ziehen. Man muss sie hier wol in jenen dünn-
geschichteten, reineren, schwarzen und grauen Kalken suchen,
welche sich Aber den unteren Alpenkalk in einer Mauer — nach
Richthofens Bemerkung z. B. bei Elmau im Kaisergebirge —
erheben, suchen. Sehr entwickelt sind diese Kalke, oft mit
mergeligen Zwischenlagen am Stauer- und Sonnjoch. Auch in
diesen Kalken tritt die Rauchwacke local auf.
Auf der Lampsen enthalten sie manchmal Kohlenschmitzeo,
die Flächen der Schichten greifen mit feinen Zacken ineinander,
diese sind mit schwarzem kohligen Thone überzogen, so dass
auf dem Querbruche hübsche Zeichnungen entstehen , die bis-
weilen den Loben einer Ammonitenschale ähnlich sind. Von Ver-
steinerungen bergen sie eine sehr undeutliche kleine Schnecke.
Uebrigens ist es gerade auf der Lampsen sehr schwer, die Ge-
steine zu klassiflziren. Die Pyramide des Joches besteht tfos
oberem Alpenkalk, der auch hier unmiltelbar den schwarzen
Kalken aufliegt, diese sind jedoch über die sehr ähnlichen
Gervilliaschicbten und den Hitteldolomit , der rechts und links
in der Tiefe wild durcheinander geworfen ist, weggeschoben.
Längst bekannt, wenn auch vielleicht nicht genug gewür-
digt, sind gewisse dünnschichtige mergelige Kalke (wulstige
Kalke), welche man wol als besonders bezeichnend ffir den
unteren Alpenkalk betrachtete. ^Die Masse des Gesteines ist
grau, gelblich- oder grünlichgrau, meist sehr thonlg, einge-
befiel liegen darin etwa federkieldicke, bisweilen flachgedrückte
SUJffifnchen, von denen sich unter ziemlich spitzen Winkeln fast
gleichdicke Aeste abzweigen, welche sich mit den benachbarten
kreuzen und durcheinanderschlingen. Diese Gebilde, welche
man wol kaum als zufällige Concretionen , sondern als Ver-
steineningen betrachten mnss, obwol sich ihre Natur vorläufig
schwerlich näher bestimmen lässt, bestehen ans schwärzlichem
Malke, Auf dem von mir untersachten Terraiit habe ich diese
Schichten stets im Hangenden des eigentlichen weissaderfgen
unteren Alpenkalkes beobachtet. So im Mflhlauergraben. „Bei^
träge zur Geognosie Tirols 1859 S. 149^ rechnete ich dieses
Gestein nach der herkömmliehen Ansicht noch zum unteren
Alpenkalke, wenn auch bereits schon die höchste Vorsicht an-
empfehlend. Hau findet sie an der Gränze gegen den oberen
Alpenkalk auf einer Höhe von nahezu 6000' ober der Höttin-
geralm. Auch im Stallenthale trifft man sie im gleichen Niveau,
ebenso im Kaisergebirge, wo sie mit Schichten deatlichen Knol-
lenkalkes nicht bloss das Pussgestell der steilen Wände des
Gebirges zusammensetzen, sondern weit an diesen hinaufreicheil,
so dass nur die Gräte des Joches aus oberem Alpenkalk bestehen.
Als eines der wichtigsten Glieder immittlerenAlpenkalk
ist ein Dolomit zu betrachten, weicher beim Hammerschlage
Funken gibt und gfossentheils dem Mitteldolomit (Daehsteiii-
dolomit der österreichischen Geologen, Haoptdolomit Gflmbekf)
so ähnlich ist, dass ihn im Höttingergraben selbst die grössten
Autoritäten der Alpengeognosie dafür ansprachen. Er schien
sich von dem Vorberge bei Absam ununterbrochen in einem
schmalen Bande bis zur Klamm von Kranawitten zu ziehen.
Vorigen Sommer gelang es mir endlich , ich darf wol sagen
mit unsäglicher Mflhe und unterstützt dnrch die Auswaschungen
der Giessbäche, den schwierigen Knäuel zu entwirren. Vom
Zunderberg streift allerdings eine Zunge Mitteldolomit herüber,
sie keilt jodoch westlich der Thaureralm aus. Unter ihr liegt
normal der obere Alpenkalk von geringer Mächtigkeit, die Port-
setzung desselben von der Thaureralm bis zu dem westlich
- 24 -
gelegenen Steinköpfd yerschinälert sich bis auf wenige Foss
und ging unter dem Dilavialschotter und der Rasendiclie ver-
loren, so dass es schien, der obere Alpenkalk bleibe hier aus
und der eigentliche Hitteldolomit ober ihm verbinde sich dann
mit dem Dolomit unter ihm, der aber kein — Hitteldolomit —
ist, trotz der oft auf langen Strecken grossen Aehnlichkeit.
Prof. IV. Weiter westlich bei der Arzleralm, Piof. III, liegt
dieser Dolomit ober grauen weissaderigen Kalken, durch welche
zwei Streifen Schieferthon und Hergel mit Ostrea montis ca-
prilis und Corbis Mellingi ziehen. Unmittelbar über diesen
grauen Kalken, welche ich wegen der Petrefakten zum oberen
Alpenkalk stellte, weil im Hangenden desselben die Cardita-
schichten die nämlichen Arten führen, liegt unser Dolomit, aber
demselben der weisse obere Alpenkalk.
Ich hatte also vollkommen recht, wenn ich in der Ab-
handlung ^Zur Geognosie der nordöstlichen Kalkalpen Tirols im
Jahrbuche der geologischen Reichsanstalt B. VII 185&^ diesen
Dolomit fllr älter erklärte als den oberen Alpenkalk, unrecht
jedoch, dass ich mit ihm den eigentlichen Mitteldolomit ver-
einigte, der allerdings auch in vielen Gegenden unter dem
oberen Alpenkalk liegt, aber in Folge von Ueberstürzung. Der
letztere Sachverhalt zwang mich schliesslich, dem Scheine fol-
gend jene erste Ansicht aufzugeben , jetzt ist jedoch die Ver-
wirrung und der Grund derselben völlig aufgeklärt. Ganz die--
selben Verhältnisse zeigt das Kaisergebirge.
Um die Stellung dieser verschiedenen Gesteinsarten deut-
lich zu machen und zugleich die Belege dafür zu liefern, wollen
wir eine lange Reihe von Profilen, theilweise von übersichtlichen
Zeichnungen begleitet, geben.
In dem S. 9 erwähnten Profile zählen wir Nr. 6 hieher, weil
dieser Dolomit in die Verlängerung der Virgloriakalke fölit,
ebenso Nr. 15, zum Theil mag vielleicht auch Nr. 3 hieher
gehören. Der Höttingerghiben bietet uns Schritt für Schritt
von Süden nach Norden , also von unten nach oben, folgendes
Pro«;
— «5 —
1. TertiiireoQglomerat.
2. Grauer weissaderiger Kalk in Bflaken von mehr ab
Schnhdicke, senkrecht zerklüftet.
3. Mergelschiefer und bräunlichgraue Schieferthone, in letz-
teren sieht man hie nnd da Nester spätigen Kalkes, mei-
stens weiss, bisweilen auch schön rosenroth gefiirbt.
Von den Schieferthonen findet man auch kleine BrOck-
chen in der nun folgenden
4. Breccienartige Rauchwacke,
5. Bunter Sandstein. Ueber diesen vergleiche man „Bd-
träge zur Geognosie Tirols 1859 S. 142 und 143.^
6. Rauchwacke mit schwarzem Schieferthone, der zur Sage
Anlass gab, es sei hier ein Kohlenlager. Dieser Schie-
ferlhon steht zur Rauchwacke in einem ähnlichen Ver-
hältniss, wie das bereits im Vomperloch geschilderte,
man darf ihn daher nicht als Partnachschiefer ansprechen.
7. Rauehgrauer Dolomit, weniger deutlich geschichtet als
unterer Alpenkalk (Muschelkalk) zu bezeichnen.
8. Yirgloriakalk mit Zwischenlagen des bereits erwähnten
ölgrünen Schiefers.
9. Schieferthone von schwarzgrauer Farbe.
10. Dunk^graue weissaderige Kalke, mehr massig.
11. Eine d^lnne Lage Rauchwacke, Schieferthone, Sandstein-
schiefer und Sandsteine, glimmerreich, grünlichgrau,
ähnlich denen der Carditaschichten.
12. Kalke wie Nr. 10, mehr und mehr dolomitisch.
Weiter östlich kann man die Gesteine von 8 bis 12 in
grosser Mannigfaltigkeit beobachten, man sieht hier an einer
Felsenwand recht gut, dass die Schieferthone kein bestimmtes
Niveau einnehmen, sondern nur in Lagen vorkommen, welche
oft nur eine Länge von wenigen Schritten besitzen. Hier be-
merkt man auch in den Schieferthonen Knötchen von Eisenkies.
Einige locale Störungen abgerechnet streichen diese Gesteine
gegen h 7 und fallen mehr oder minder steil nach Norden« Die
-- 26 -
Partnachschichten darf man hier, wo der eigeDtliehe weisse
obere Alpeokalk fehlt, nicht suchen*
13. Einige dünne Schichten Kalkbreccie mit brflanlichem Ce-
ment, im ganzen etwa V4' mächtig.
14. Dolomit, massiv in eckige Stücke zerfallend. Im Ganzen
ist das Gestein wie gesagt S. 23 dem Mitteldolomit sehr
ähnlich, ist jemand jedoch bereits aufmerksam geworden,
so bemerkt man stellenweise scbwarzgraue weissaderige
Lagen , nach unten scheint ein Uebergang in den Kalk
Nr. 12 zu erfolgen. Das Gestein gibt am Stahle Funken.
An den Dolomit legt sich — vielleicht noch mit einer
jedenfalls sehr schwachen Zwischenlage Rauchwacke,
was die Rasendecke unmittelbar zu beobachten hindert —
wieder
15. Bunter Sandstein. Stücke desselben enthalten Kohlen-
schmitzen. Weiter aufwärts wird dieser Sandstein, der
sehr flach nach Norden ffillt, schieferig und zerbrOsdt
endlich in einen rosenrothen Quarzsand, das liegende der
16. Breccienartigen Rauchwacke. Von hier aufwärts liegt
eine mächtige Decke TertiSrconglomerates mit jenen in
den „Beiträgen zur Geognosie Tirols 1859 S. 166« be-
schriebenen Gesteinen und Pflanzenabdrflcken. Letztere
wurden in neuerer Zeit auch mehr östlich ober Weiher-
burg entdeckt.
Will man das Profil in seiner natürlichen Ergänzung
beobachten, so gehe man weiter westlich, hier trifft man
in einer Rnnse ober der Rauchwacke
17. Unteren Alpenkalk.
18. Plattige Kalke und Schieferthone.
19. Massige graue weissaderige Kalke.
20. Dolomit wie 16.
21. Schieferthone und Rauchwacke.
22.. Wnblige Kalke, tlwa 4ff mächtig.
— 37 —
23. DlbiBschiehtigen nnchgroiieD Dolomit, die Schickten sind
mannighch Terkrümnt, weiter westlich mit Knaoern voo
Braoneisenen , wol auch Zersetxaog von Schwefelkies
entstanden.
24. Wulstige Kalke, hier mit kleinen Gasteropoden , weiter
westlieh gegen die Seegrabe In einem Blocke zahlreicher
an der Gelenkflfiche wol charakterisirte Stielglieder von
Encrinns liliiformfs. Hier erreicht das Gestein eine Höhe
von naheiu tOOC. Fast zu dieser Höhe steigt auch das
Tertifirconglomerat, ans dem hier einige FelsenkOpfe
bestehen.
25. Breccie aus eckigen Stückchen oberen Alpenkalkes be^
stehend, welche durch ein kalkiges ziegelrothes Cement
verkittet sind. Stellenweise herrscht das Cement vor nnd
ist dann zellig entwickelt. Dieses Gestein hat etwa,
wfthrend Nr. 23 bei flachem Nordfallen 30 Fuss mächtig
Ist , eine Mächtigkeit von 4(y , besitzt jedoch nur eine
sehr geringe Ausdehnung nach Ost und West und ist
daher jedenfalls nur eine locale, untergeordnete Bildung.
26. Oberer Alpenkalk, welcher die Gipfel des Brandjoches,
wo er sehr schöne Korallen, darunter Chaetetes annulatus,
Chemnitzia Rosthomi und andere undeutliche Mollusken-
reste enthilt, und die Frauhött zusammensetzt. Hehr
westlich in der Falte gegen den Achselkopf beoachtet
man die bereits S. 20 geschilderten Knollenkalke. Jenseits
im Gleirschthale :
27. Carditasehichten.
28. Mitteldolomit. Bei Schamitz erhebt sich über diesem
das steile wilde Karbendelgebirge am Eingange des Kai^
bendelthales.
29. Carditaschichten, darüber
30. Oberer Alpenkalk.
Wir haben hier also eine ungeheure Mulde. Nach Süden
vom Höttingergraben zum Inn hinab lüsst sich das Profil nicht
beobachten, es liegt die breite Terrasse des TertittrcoBglonierates
— 28 —
und das Gehfioge des Dnovialschotters vor. Erst bei Bttchseii-
hausen werden wieder grane weissaderige dolomitische Kalke
zuniTheil massig, zum Theil wolgeschicbtet , dazwischen san-
dig-mergelige Schichten sichtbar. Geht man am linken Ufer
des Inn auf der Landstrasse abwflrts, so erreicht man bald
kleine Felsen, welche unter dem Strome fortsetzen. Am Wasser
ist der Dolomit wolgeschicbtet, die Schichten etwa 3 — 4 Zoll
mftchtig, sie streichen h T—8 und fallen 20—30 JV. —
Das Gestein ist braungrau, bisweilen sandig oder zellig wie
Ranchwacke. Darüber liegt ein vielfach geklüfteter massiger,
von Rutschflachen durchsetzter Dolomit und dolomitischer Kalk,
dunkelgrau mit weissen Adern. Stellenweise ist er ganz brec-
cienartig, die eckigen Stücke des Dolomites sind durch ein
dttones, brüunlichgraues, thonigknolliges Cement verkittet, wel-
ches auch die Kluflflächen überzieht. In diesem Gestein ist eio
Bruch angelegt, das Hateriale wird zu hydraulischem Kalk ge-
brannt. Diese Gesteine reichen bis über Welherburg empor,
wo sie als höchste Stufe der Terrasse jenes Tertiürconglomerat
tragen, welches bei uns so vielfilltig für Bauten gebrochen wird.
Im Niveau von Weiherburg zieht durch Jene ein Streifen
schwarzer Schieferthon und Mergel mit undeutlichen Petre-
faktenresten, die dolomitische Breccie darüber enthält bie und
da SUkke von Ranchwacke und kleine Lagen und Nester eines
bolusartigen feinen gelben Thones. Aufwärts wird die Breccie
wieder etwas fester, das Gestein massiger, und wir begegnen
150 Fuss über dem ersten einem zweiten Zuge von Schiefer-
thon, Sandstein und Mergel, ganz fihnlich dem der Cardita-
schichten. Der klotzige Mergel enthalt zahlreiche Petrefakten-
durehschnitte, von denen ich bisher Cardita crenata zu erkennen
glaubte, jedoch nur Ostrea montis caprilis zweifellos bestimmeo
konnte. Dann folgt wieder Dolomit, die Vertiefungen zwischen
den Zacken desselben sind bereits von bläulichem Sand ausge-
füllt, über welchem die Bfinke des Tertiürcooglomerates liegen.
Zwischen Weiherburg und Büchsenhausen ist im Gehänge
ein Graben eingerissen, der die Gesteine entblösst. Neben der
-^ 2» —
Strasse am Inn s^hen Jene schwangraaen weisaaderigen Kalke
nad Dolomitbrecciea , wie an dem Bruche mehr östlich. Dar-
über bei der Bretterbatte des Gflrtners an einem -kleinen Abstorx
bemerkt man dflnngeschichtete dunkelgraue, weissaderige dolo-
mitische Kalke^ anf den Schichtflächen und Platschen mit glän-
zend schwarzem thonigen Ueberzuge, unmittelbar darauf liegt
der weisse obere Alpenkalk massig und so wol charakterisirt
wie irgendwo. Es findet kein Uebergang des einen in das
andere Gestein statt, doch kann man Handstiicke schlagen, deren
obere Hflifte weiss, deren untere schwarz ist, so dass man zu-
gleich zwei Glieder der Trias beisammen hat. Die Partnach-
schichten fehlen also. Der weisse Kalk bleibt alsbald aus,
hundert Schritte östlich hat man keine Spur mehr davon.
Die dunkeln Kalke, Breccien und Dolomite streichen am
Gehänge ober Hühlau, wo sie von Tertiärconglomerat, Diluvial-
schotter und stellenweise von TuiT überlagert sind, zur Müh-
lauerklamm. In den Kalken und Dolomiten sind Versteinerungen
ausserordentlich selten, ein unbestimmbares Korallenstückchen
von Büchsenhausen und ein solches von Hühlau verdient kaum
Erwähnung.
Die Hühlauerklamm lässt alle die oben beschriebenen Ge-
steinsvarietäten ganz gut erkennen. Die Schilderung, welche
ich in den „Beiträgen zur Geognosie Tirols 1859 S. i50— 152<'
gegeben, habe ich nachträglich weni'g beizusetzen, obwol ich
die Schlucht im letzten Sommer mehrmals durchforschte. Der
Leser wird von selbst begreifen, dass ich die erwähnten grauen
Dolomite und Kalke vorläufig nicht mehr beim oberen Alpen-
kalke unterbringe, ebenso ist der Dolomit im Steinbruche zu
Arzel kein Hitteldolomit ; die demselben südlich vorliegende
Rauchwacke gehört bereits zur unteren THas, auf sie dürfte
unmittelbar bunter Sandstein folgen , der vielleicht unter dem
Gerolle des Diluvium, welches das Innthal verebnete, weit fort-
setzt — bis zu den Thonglimmerschiefern der Berge von Amras
und IViltau.
- » -
Wir gebeD hier nun die Aufelnaaderfolge der Gesteine von
Süden nach Norden mit einigen nachträgiichen Ergfinxongen^
wie sie die erneute Untersachung nOthig macht.
1. Tertiärconglomerat.
2. Grauer weissaderiger massiger dolomitischer Kalk.
3« Ein Zug Schieferthone , aus denen sich glimmerreiche
Sandsteine entwickehi.
4. Dolomitiscfae Breccie.
5. Schieferthone.
6. Dunkelgrauer, kieseliger, splitteriger, fast massiger Do-
lomit.
7. Schieferthone mit mächtigen Lagen von grauen an der
Oberflilche gelben Mergeln.
8. Wie 6.
9. Wie 7. Die Hergel enthalten zahllose Petrefakten, dar-
unter in Menge Östren montis caprilis, seltener Penta-
crinus propinquus.
10. Dolomitische Breccie, stellenweise rauchwackenarlig.
11. Schieferthone und Sandsteine, in letzteren undeutliche
Pflanzenreste, Cardita crenata und Hyophoria Kefersteini
12. Dolomitische Breccie.
13. Wie 11 , doch weniger entwickelt ohne Petrefakten.
14. Dolomitische Breccie.
15. Wolgeschichteter dolomitischer schwarzer Kalk, die Plat-
ten klingen unter dem Hammer (Beiträge S. 151), auch
Zwischenlagen von Schieferthonen fehlen nicht.
16. Grauer geschichteter Kalk, mit unebener Oberfläche der
Schichten nud Hornsteinknauem; es ist Virgloriakalk.
Die der normalen Entwicklung gemäss nun folgenden Ge-
steine der unteren Trias : Alpenkalk und Rauchwacke sind durch
das Tertiärconglomerat verdeckt. Ober dem Plateau bemerkt
man zunächst:
17. Bunten Sandstein.
18. Rauchwacke etwa 20^
- 9t -
19. Umeren AIperiuA 4ff.
20. Wabtige Kalke.
21. Graae weisnderige Kalke«
22. Dolomit, wolgeschichtet.
23. Oberen Alpeokalk.
Beginnt dieser ober Hötting bei einer Hohe von 6000^, so
senkt er sich hier bis 4000'.
Bezüglich dieses Umstandes hat man längst schon die
Bemerkung gemacht, dass man in allen Schichtengruppen der
Alpen die in nftchster Nachbarschaft noch krflftig entwickelten
Hassen plötzlich zu unansehnlichen, Ja schwachen Schichten
herabsinken sieht.
Begeben wir uns auf die Terrasse an der Ostseite der
Mflhlauerklamm, und steigen wir beim Rechenhof bergan. Hier
steht ober dem Tertiärconglomerat zuerst an
1. Bunter Sandstein. (Beitrage zur Geognosie Tirols 1859
S. 143 unten.) Er streicht h 6—7 und Mit 70^80 N.
2. Rauchwacke, sehr wenig entwickelt.
3. Unterer Alpenkalk.
4. Schieferthone und Hergel, auf frischem Bruch« grau, an
der Oberfläche gelb anwittemd mit gelben Thongallen.
5. Graue weissaderige Kalke.
6. Schieferthone, Mergel mit Petrefaktenspuren, Sandsteine
mit undeutlichen Pflanzenresten, ähnlich den Cardita-
schichten.
7. Wie 5, etwa 10' mächtig.
8. Wie 6. Von den Petrefakten Hessen sieh leicht be-
stimmen Corbis Hellingi und Östren montis caprilis.
9. Wie 5 und 7, theils wolgeschichtet, theils in Bänken.
iO. Dolomit, sehr zerklüftet, ähnlich dem Hitteldolomit.
11. Oberer Alpenkalk, den Grat des Joches zusammen-
setzend.
Stieben wir ein Profil von Rum über die Vintialm auf das
Joch, so durchschneidet dieses nicht bloss den bereits unter die
DiluYialterrasse getauchten bunten Sandstein nehst der zuge-
- » —
hörigen Raochwackcy wie er yom Reeheokof herüber streicht,
sondern trifft auch von dem Netzwerk der Aufbmehsspalten
eine höher liegende, welche zun Salzberg hinzieht. Wir haben
von Süden nach Norden :
1. Bunter Sandstein.
2. Rauchwacke; diese beiden vom Dilnvium verdeckt.
3. Unterer Älpenkalk.
4. Graue welssaderige Kalke im Wechsel mit Schieferthonen,
Mergeln etc.
5. Dolomit, Ähnlich dem Hitteldolomite, stellenweise mit
breccienartiger Rauchwacke.
6. Oberer Alpenkalk von verhältnissmSssIger Mächtigkeit.
Das Gestein ist massig, gegen die höhere — respective
untere — Gränze von Nestern einer lichtgelben Rauchwacke
durchschwärmt. Ein solches untergeordnetes Auftreten
von Rauchwacke habe ich ausserdem in zweifellosem
oberen Alpenkalk nur noch am Stanerjoch beobachtet.
7. Rauchwacke breccienartig unmittelbar an den weissen
Kalk stossend. Rauchwacke an der Grfinze des oberen
Alpenkalkes habe ich auch sonst mehrfach beobachtet.
8. Wolgeschichteter schwärzlicher Dolomit mit Zwischen-
lagen von Schief^thonen und schwarzen oft kieselreichen
Mergeln. Die Müchtigkeit verhältnissmässig sehr gering.
Umfasst wol den unteren und mittleren Alpenkalk zu-
sammen.
9. Rauchwacke, grossluckig breccienartig.
10. Bunter Sandstein, theils mehr schieferig^ theils fest. Die
rothen Flecken sind bei der Vintlalm weithin ins Thal
sichtbar.
11. Rauchwacke.
12. Unterer Alpenkaik. Das Profil ist nun eine Ideine Strecke
durch Schotter verhfillt, er verbirgt wol nur die Vir-
gloriakalke und darüber die weissaderigen Kalke und
Sehieferthone, etwas höber findet man zunfichst:
- 33 —
13. Graue, weissiaderige Kalke, deren Schichtang nach oben
inmer deatiteher und schdiier wird. Gegen den oberen
Alpenkalk sind die Schichten dünn — die bekannten
wulstigen Kalke. Diese schliessen, in A d streichend,
unter 62 NW. fallend unmittelbar an den
14. Oberen Alpenkalk, der den Grat des Rumerjoches bildet.
Das Profil weiter östlich bei Garzan beginnt mit bräun-
lichem Dolomit, dann kommen die grauen Kalke, wechselnd
mit Schieferthonen, denen grünlichgraue Sandsteine mit Spuren
von Pflanzenresten, kleinen linsengrossen Knötchen an den
Schichtflächen und Knauer von Eisenkies so wie Mergel ein-
gelagert sind. Die Sandsteine haben schwärzliche Adern^ schlägt
man sie durch, so sind die Bruchflächen bisweilen stahlblau
angelaufen. Von Petrefakten enthalten sie Steinkerne von Myo-
phoria Kefersteint, der von spätigem Kalk erfüllte Stiel eines En-
crinus oder Pentacrinus gestattete keine nähere Bestimmung,
das Bruchstück eines Ammoniten dürfte vielleicht auf Aon zu
deuten sein, ein Gasteropode auf eine Chemnizia. In den
Mergeln fond sich nebst undeutlichen Muschelresten ein
Schneckchen.
Aus den Pflanzenspuren lässt sich durchaus kein Schluss weder
auf eine Gattung noch Art ziehen, es sind zerrissene Trümmchen.
Doch erwähneich, dass die eigentlichen Cardilaschichten bei
Lafatsch und Tiefenkaslen ähnliche Splitter einschliessen. Mer-
gel^ Sandsteine, Scbieferthone und graue weissaderige Kalke
sind im steten Wechsel hier mächtig entwickelt. Dann folgt
der bekannte Dolomit und hier — es Ist der einzige Punkt un-
seres Gebietes — könnte man vielleicht in den obersten dünnen,
wbl entwickelten, etwas mergeligen Schichten des bräunlichen
Gesteines, in welchem ich einen deutlichen Huscheldurchschnitt
nnd an einer Stelle eine klelnoolithische Struktur entdeckte, die
eigentlichen Partnachschichten vermuthen, weil unmittelbar darauf
der wenig mächtige obere Alpenkalk des Steinköpfeis westlich
der Thaureralm mit den Gliedern der tieferen Trias folgt.
3
— 8« -
BMoaden lehrreich ist das ProBJ durch die Thaarerklanm.
Prof. IV. Hier i«t von der Trias wieder ei« Glied Meht anter
dem DOuviuM gebettet. Dieses birgt:
i. BoBten Sandstein.
2. Rauchwacke,
3. Unteren Alpenkalk.
Zuerst tauchen daraus empor die prachtvoll entwickel-
ten, schon erwähnten
4. Virgloriakalke,
5. Schieferthone, dazwischen Mergellagen.
6. Grauer weissaderlger Kalk, mehr massig.
7. Schieferthone.
8. Zerwtirgter grauer Dolomit, ebenso wie
9. Breccienartige Ranchwacke, nur wenige Fuss mfichtig.
400—50(y Ostlich ist die Ranchwacke weit mehr ent-
wickelt, gegen Westen bleibt sie aus.
10. Schieferthon.
11. Wie 6.
12 Schieferthon mit Sandstein und Hergel; letztere enthalten
zahlreiche Petrefaktenreste, darunter Ostrea montis ca-
prilis gut bestimmbar.
13. Wie 6. Mächtig entwickelt.
14. Dolomit.
15. Wie 6.
16. Schieferthone und Mergel h T--8, steil .S.
17. Grauer Kalk mit KieselknoUeo, äMich den Virgloria-
schichten.
18. Mergd und Sohiefertkone.
19. Dotomit, ähnlich den Hitteldolomtt, allmfilig flbergehend
in dolomitisehen
20. Dankelgraaen weissaderigen Kalk.
21 . Oberer Alpenkalk 30 und 21 sind stellenweise durch eine
KluftOiehe ohne irgend ein dazwischen lageindes Gesleia
von mergeliger oder sandiger Beschaffenheit getrenat;
btsweiten greifen 20 nnd 21 an der Grinie mit Zacke«
— 36 —
ineinander, selbst Flocken von 20 sieiit man hier noch
Mn 2l. Von Partnachschichten ist, wie ich mich gründ-
lichst überzeugen konnte, indem ich die Gränze ein gutes
Stfick an der entblOssten Felsenwand verfolgte, keine
Spur.
22. Mitteidolomit.
23. Oberer Alpenkalk, ein wenig mächtiger Streifen mit einem
steilen Abstürze, ober dem die Tbaureralm liegt. Er
zieht von Salzberg herüber. Man frflgt hier nach den
Carditaschichten^ welche, da wir eine Mulde haben, den
Ißtteldolomit oben und unten einsflumen sollten. Sie
sind hier nicht vorhanden, indem sie von Osten nach
Westen streichend und allmälig sich verschmälernd kaum
200 Schritte von unserem Profil östlich auskeilen. Ich
habe sie etwas weiter östlich noch gut entwickelt unter
dem Mitteidolomit angetroffen, wenn sie auch wenig
mUchtig waren. Die grauen an der Oberflüche gelben
unebenen Mergel enthielten Östren montis caprilis, we-
niger, deutlich andere charakteristische Petrefaktenreste.
z. B. Avicula. Der obere Alpenkalk hat hier etwa die
Müehtigkeit von 30'. Auch an der der Lage nach obe-
ren Gränze des Mitteldolomites, respektive aber der unteren^
trifft man in Sandsteinen und Mergeln von sehr geringer
Mächtigkeit die letzten Spuren der auskeilenden Cardita-
schichten. Vom Mitteldolomite an beginnt ein nördliches
Fallen. Dem Kalke 23 folgt
24. Grauer weissaderiger Kalk.
25. Unterer Alpenkalk.
26. Rauchwacke. Die Entwicklung von 24, 25, 26 ist hier
sehr gering, sie beträgt für jedes Glied nur wenige Fuss.
Auch
27. Der bunte Sandstein ist auf ein schmales Band znsam-
mengedrtfngt. Aufwärts sind wieder die Glieder des
Profiles mächtiger entwickelt.
28. Raachwacke.
3*
— 36 —
29. Unterer Alpenkalk.
30. Virgloriakalk.
31. Grauer weissaderiger Kalk, Dolomit, stellenweise Rauch-
wacke etc.
32. Wulstige Kalke, dünngeschichtet.
33. Oberer Alpenkalk, den Kamm des Joches bildend.
Das ProGl weiter westlich von der Kinzacher Mühle über
den Yorberg und die Scharte des Thürijöchels zum Salzberg
zeigt ähnliche Verhältnisse. Hier sind Jedoch auch die Vir-
gloriakalke schon untergetaucht, weiter östlich beim Eingange
in das Hallthal erhebt sich zu unterst nur noch der obere Al-
penkalk, über der Terrasse von Gnadenwald der Hitteldoloroit.
Das Streichen der Schichten schneidet also das Streichen des
Gebirges unter einen spitzen Winkel.
Wir haben also in unserem Profile von unten nach oben
1. Die Gesteinsvarietflten des mittleren Alpenkalkes, wobei
der Dolomit besonders hervortritt.
2. Oberer Alpenkalk, etwa 30' mächtig.
3. Carditaschichten 15'.
4. Mitteidolomit, von unten nach oben immer steiler Nord
fallend.
5. Spuren der Carditaschiehten.
6. Oberer Alpenkalk etwa 18'.
7. Wulstige Kalke 15'.
b. Rauchwacke 30'.
9. Unterer Alpenkalk 18'.
10. Rauchwacke 3'.
11. Bunter Sandstein 10'.
12. Rauchwacke 2'.
13. Unterer Alpenkaik.
Die Glieder 5—13 keilen an dem gegen die Schlucht des
Salzberges gerichteten Abstürze scharf aus, weiter östlich steigt
der Salzstock empor und scheint hier unmittelbar an die senk-
rechten Schichten des Mitteldolomites gepresst. Das Profil geht
^ 37 —
nördlich von Thürljoch an den östlichen Abstun in der Art
weiter, wie sie das vorige Profil zeigt.
Bezüglich der Verhältnisse in dieser Lokalität verweise ich
auf die ^^Beitrtfge zur Geognosie Tirols 1859 S. 170.tf
Was das Profil XI. ^Beiträge zur Geognosie Tirols 1859
S. 175<^ über das Issjöchl anbelangt, so habe ich es neuerdings
untersucht, ohne dass ich mich veranlasst finden könnte, der
Beschreibung viel beizusetzen oder etwas zu ändern. Ob die
zunächst im Profil XI. B. S. 175 auf den gelblichweissen Kalk
folgenden Schichten, obgleich sie petrographisch ein sehr
schönes Bild der Carditaschichten geben könnten, wirklich zu
diesen gehören, lasse ich unentschieden. Sie enthalten neben
Cardita crenata die S. 160 in den ^^Beiträgen^ erwähnten
Ammoniten. Ein merkwürdiges Bild gewährt die untere Fläche
einer Schicht sehr glimmerreichen Sandsteinschiefers. Sie ist
ganz bedeckt von einem Hautrelief fingerdicker gerader
Wülste, von denen andere unter einem spitzigen Winkel
abzweigen. Bestimmung ist keine möglich, wahrscheinlich "sind
es Spongien.
Uehrigens kommen die eigentlichen Carditaschichten^ den
Hitteldolomit schlingenfttrmig umfassend und vom oberen Alpen-
kalk trennend, am Issjöchl vor, wie es die Karte zu den „Bei-
trägen von 1859^< angibt. Wie überall sind auch hier die Ver-
hältnisse der Gesteine sehr verworren.
Es könnten daher auch die Untersuchungen am Staner-
und Sonnjoche nur wenig zur Sicherung der gewonnenen Thal-
sachen beitragen, wenn wir für diese bereits die Grundlagen
nicht gelegt hätten, lieber den Salzstock auf der Walderalm,
die vereinzeinte Parthie des unteren Alpenkalkes im Vomper-
k>che, wo ebenfalls keine Partnachschichten sind, über die Ver-
hältnisse des Stallenthales haben wir bereits, so weit es nöthig,
gesprochen. Das Profil parallel dem Grate des Staneijoches
durchschneidet die Falte am Saakopfe, in welche steh der
bunte Sandstein legt. Prof. VI.
— 38 -
Wir erkalten von SQdosteo naeh Nordwesleo folgeade
Reihe :
1. Oberer Alpenkalk.
2. Wulstige Kalke.
3. Unterer Alpenkalk.
4. Rauchwacke.
5. Bunter Sandstein.
6. Rauchwacke.
7. Unterer Alpenkalk.
8. Wulstige Kalke, sehr schön entwickelt.
9. Oberer Alpenkalk.
10. Wulstige Kalke.
11. Graue weissaderige Kalke wechselnd mit Schieferthoneo,
Sandsteinen mit Petrefaktenresten, darunter Ostrea montis
caprilis etc.
12. Dolomit in zwei kleinen wilden Kuppen emporragend.
13. Rauchwacke. Sie grünst, was besonders am Abstan
vom Kaiserjoch gegen den Hirschsteig sehr gnt an be*
obachten ist, unmittelbar an den
14. Oberen Alpenkalk, weicher das Kaiserjoch zusammeasetit.
Das schöne ProBi vom Tristenkopf, wo das Haselgebk^
die Basis bildet^ haben wir bereits besprochen. Weiler sadlich
im Sattel des Hirschsteigel sind die Verhältnisse schon wieder
unklar und verworren. Dort bricht das Saligebirge auf den
Sattel hervor. Von unten nach oben zeigt sich Folgendes:
1. Dolomitische Breccie, idinlioh wie bei Weikerburg and
am Inn S. 29.
2« Granblaue, an der Oberflfiche gelbliche Mergel, mit
Knötchen von Graueisenkies und zahlreichen Petrefakten,
darunter Ostrea montis caprilis «nd das Zihnchen eines
Sauriers. Der Mergel enthalt auch elliptische Knauer
und Conoretionen von reinerem Kalke. Auch Ooiitii
findet sieh. Die Schichten sind tot söhlig.
3. Graue weissaderige Kalke.
- 8» —
4. Rauch wacke^ breccienaillg, ^araua hrieiH alelien weise
hervor:
5. Salsihon S. 7.
6. Rauchwacke.
7. Wie 3.
8. Wie 2 YOB den Felreinkten beaoi4ers achttn Ceitis
Meilngi. Streiebeii A 4. Falleo NW.
9. Dalomitbreccie.
10« Wie 3* Stelleaweiae Rauchwacke.
li. Oberer Alpeokalk.
Daa Profil von Stana Über dea Weisaenbach aum Achenaee
Prof. VII seigt wenig Neiiea. Vom oberen Alpeokalk beginnend
zeigt es in der Schlucht den unteren Alpenkalk und veradhiedene
GeateiiiavarielitteDi die wir zum mittlerei zidileo. Die Gränze
gegen den Alpenkalk bildet beideraeiu entweder Rauchwacke
oder unmittelbar grauer weissaderiger Kalk* Schieferlhone und
Sandsteine kommen auch hier vor. Jenseits wwm Btfrenkopf
trifft «an auch die bereits mehrfach erwAnten Dotomite.
Das Profil des Sonoeiyoches van BMsaohertbal bis zur
Lampsen ist folgendes Prof. VIII:
1. Mitteldolomit h 9—9 SW.
2. NeMom.
3. Jura.
4. Fleckenmergel.
5. Adnetherkalk.
6. Gervilliaschichten.
7. Mitteldolomit. Hier erfolgte eine Uebecaohiebung,
8. Knollenkalk mit Encrinus liliiformis und wulstige Kalke.
9. Oberer Alpenkalk, beim Schneekopf fallen die Schichten
nach SW., bei der Lachwaldspitza Nordost. I» Sattel
zwiacken der Lachwddspitie und dem Senijoch liegt:
10. DIlBflgescIiiehteter Kalk, mm Thefl wulstif und mit
Knollen.
11. Dolamit.
12. Uakaer Alpenkalk.
— 40 —
13. Rauofawacke und Schieferthon.
14. Salzthon.
15. Wie 13.
16. Wie 12.
17. Wie 11.
18. Wie 10. Die Schichten streichen in h 9, fallen SO NO.
Verfolgt man sie vom Falzthumthal bis zur Scharte, so
beobachtet man unten an der Gränze gegen den oberen
Alpenkalk Rauchwacke, weiter oben die Kalke Nr. 10;
überhaupt kann man hier mehrfach ein untergeordnetes
Vorkommen von Rauchwacke beobachten und sich tiber-
zeugen, dass sie hier nur eine stellenweise locale Bil-
dung sei.
19. Oberer Alpenkalk, die prachtvolle Pyramide des Sonn-
Joches zusammensetzend.
20. Wulstige Kalke;
21. Schieferthon und Hergel.
22. Rauchwacke und unterer Alpenkalk. Hier ist wahr-
scheinlich wieder eine Verwerfung.
23. Mitteldolomit.
24. Gervilliaschfchten.
Greifen wir noch über unser Gebiet hinaus und werfen
einen Blick auf das Kaisergebirge, welches einen ganz nor-
malen Aufbau besitzt. Dort zeigt der Einschnitt nOrdlich von
Süden nach Norden folgendes Profil:
1. Bunter Sandstein.
2. Rauchwacke.
3. Unterer Alpenkalk.
4. Graue weissaderige Kalke.
5. Schieferthon, deren Eisenkies einen fruchtlosen Schttrf-
versueh veranlasste. Den Schieferthonen sind eingelagert
Oolithe, Sandsleine, Mergel sehr petrefaktenreich, ohne
dass sich jedoch ein bestimmbares Stück gezeigt hStte.
Es ist das Bild der flehten Carditaschichleo^ obgleich
wir es hier mit diesen nicht su thuii haben.
- 41 —
6 Graue weissaderige Kalke.
7. Dolomit^ Ähnlich dem MiUeldolomit, kunklüflig.
8« Rauchwacke.
9. Dolomüisehe Breccie.
10. Dolomit, allmählich abergehend in
11. Dolomitisehen weissaderigen Kalk.
i2. Grauer weissaderlger Kalk.
13. Dimkelgrauer wulstiger Kalk. Auf diesem, der ziemlich
hoch an den Wänden emporreicht, folgt ohne eine an-
dere Gesteinsart unmittelbar
14. Oberer Alpenkalk, welcher den wildzerrissenen Gebirgs-
kamm des Kaisers zusammensetzt. Auf der Seite von
Knfsteln ziehen unter den Wänden hin
15. Carditaschichten. Diesen lagert in breiter Ausdehnung
bis zum Inn vor
16. Mitteidolomit.
Die Partnachschichten kommen auch hier nicht vor; weiter
westlich 6nden sie sich nach der Angabe Richthofens ober der
Kaiseralm bei Ellmau.
Zu welchem Schlüsse berechtigen uns nun diese Profile?
Wie schon erwähnt, lassen wir die Streitfrage bezüglich der
Stellung der eigentlichen Virgloriakalke ausser Acht. Ober den-
selben, welche Gümbel als oberen Huschelkalk betrachtet, Richt-
hofen als unterstes Glied des Alpenkeupers, befindet sich jedoch ein
stellenweise mächtiger Complex verschiedener Ge-
steinsarten bis zur Gränze des oberen Alpenkalkes'
Wir wissen, dass an manchen Orten die Partnachschichten, durch
ihre Pflanzen Versteinerungen wol charak(erisfrt, den Keuper nach
Gfimbels Ansicht unten beginnen. Alle diese Gesteine: graue,
weissaderige Kalke, Schieferthone, Mergel, Sandsteine, Dolomite,
Knollenkalke als gleichwerthig den Partnachschichten zu schätzen,
hiesse in Bezug auf letztere pars pro toto. Wir glauben eher, dass
diese ein manchen Gegenden local zukommendes Glied unseres
Gesteincomplexes , als dass dieser ein Aequivalent jener sei.
Wollte man unseren Scbichtencomplex noch dem oberen Mu«
— 42 —
schelkalk einreihen, so müsste man sagen, dass die In ihm
vorkommenden Species noch in den Muschelkalk hmabreidien,
respective in diesem beginnen. Immerhin! Doch scheint es
uns angemessener, den ganzen Complex, der vieU
leicht später noch Unterabtheilungen erffihrl,
als eigentliches Aequivalent des eigentlichen
S. Cassian der Südalpen zu betrachten.
Ihm gehören vielleicht die Partnaehschichten als local auf-
tretendes oberstes Glied an. Dann wflrde man diesen Complex
als erstes Stockwerk des unteren Alpenkeupers , den oberen
Alpenkalk als zweites und die eigentlichen Carditaschichten
als drittes anzusehen haben. Sie sind durch die Petrefakten auf
das engste miteinander verknüpft. Die Unterschiede des oberen
Alpenkalkes vom Hangenden und Liegenden sind vorzüglich her-
beigeführt durch die verschiedene Beschaffenheit des Wassers,
welches die Niederschläge lieferte und dadurch die Lebens-
formen bedingte. Dieses scheint die ungemeine Verschieden-
heit des Cresteines anzudeuten: dort schneeweisse Kalke, hier
schwarzgraue Kalke, Schieferlhon und Mergel.
IV.
Oberer Alpenkalk.
(HaUstätter Kalk der österreichischen Geognosten; Wettersteinkalk,
Unterer Keuperkalk und Dolomit Gömbels.)
Bezüglich desselben wurde bereits mehreres in unseren
Aufsatze gesagt, wir haben über ikn nichts Neues milcutheilea.
sondern nur eine tirfinzberichtigung anzubringen. In Gflmbds
Karte als Beilage zu seiner „geognostf sehen Beschreihnng des
bayrischen Alpengebirges und seiner Vorlande^ ist die südliche
Grunze des oberen Alpenkalkes des Unutz in Aehenthal un-
genau. Der obere Alpenkalk erstreckt sieh südlich der Kothalm
bis znm Schmatzklausenbach, der ihm zur Grünie dient. Be-
sügtich derStdlmig der Schwaserkalke, welohe ich indes
— 43 —
„Beitrii|«i tw Creognosie Tirols 1%9^ zwn oberen Alpsflkalk,
und dtnti in den «BeiMgen s«r Geognosie Tirols 1861^, ge**-
slfitst oof die Profile bei Sehwax, zu« Thosglimmerschiefer
Htdkt, wfihrend Gümbel erstere Ansicht hat, gelang es mir
heuer nichts näheres sn ermitteln, nur schien es mir bei der
Begehung der Wildschönau, als ob an der Erzfahrung mehrere
Formationen Theil hätten, deren Gränze wegen der erlittenen
Metamorphose nicht leicht zu zeichnen sind. Der Gegenstand
ist daher noch vorlänßg eine offene Frage.
V.
Carditaschichten.
(Raibler Schichten, österreichische Geognosten. Unterer Moschel-
keuper der Alpen, Gümbel.)
Wir haben über dieselben ausser dem bereits gesagten
nichts Neues beizubringen; ihre Bedeutung isl auf unserem
Gebiete sehr untergeordnet. Dass wir früher die ^anz ähn-
lichen Schichten mit den identischen Petrefakten, wie sie durch
den mittleren Alpenkalk ziehen, hieher rechneten, ward bereits
erwähnt. Im Uebrigen verweisen wir auf die „Beiträge zur
Geognosie Tirols 1859 S. 155,«'
VI.
IGtteldolomit
(Dachsteindolomit^ österreichische Geologen. Hauptdolomit, Gümbel.)
Das Gestein wird von den österreichischen Geologen zum
Lias gerechnet; nach den Arbeiten von Oppel wird diese Stel-
lung zweifelhaft; GUmbel rechnet es nicht ohne Grund cnm
Keuper. Beknnal sind die Stinkdoiomite von Seefeld; ein
ähnKcfaee Gestein findet sich ober der breiten Lahn am West-
ufer des Aehenmes. Es streicht h 4—^, fällt 49 NW. und
enthält ehi Flötz braanen Mergels mit dännen Lagen sekwaner
— 44 -
aaf dem Brach glänzender Kohle, die steh an der Loft aaf-
bHiUerL Ein in neuester Zeit antemommener Ban auf Stera-
fcohle gab keinen Erfolg (Beitrüge zur Geognosie Tirols 1859
S. 161.) Die dem Hitteldolomit ähnlichen Dolomite des mitt-
leren Alpenkalkes wurden in dieser Abhandlung bereits ausge-
schieden.
VII.
Plattenkalke.
(GQmbel.)
Sie stehen östlich von Fiecht in grosser Mächtigkeit an,
sind wolgeschichtet, streichen in k 7^ fallen SO S. Ihr petro-
graphisches Aussehen gleicht völlig dem der grauen weissade-
rigen Kalke des mittleren Alpenkalkes, sie sind jedoch durch
ihre Stellung zweifellos charakterisirt. Unmittelbar darüber
folgen gegen Westen die
VIII.
Oervilliaschichten,
(Kössenschichten der österreichischen Geognosten. Oberer
Muschelkeuper, Gümbel.)
Die Gervilliaschichten oder ^Schichten der Avicnla con-
torta^, wie sie Winkler in seiner Monographie bezeichnet,
streichen ununterbrochen von S. Magdalena im Haller Salzberg
zur Walderalm in die Vomperschlueht und von da am Gehänge
der Fiechterberge in das Stallenthal, wo sie in Folge der Ver-
werfung und Ueberschiebung abbrechen, jedoch unweit davon
auf der Lampsen wieder sichtbar werden. Das Profil über das
Vomperloch (Profil V) zeigt einen doppelten Streifen, was eine
Hnlde voraussetzt. Das Gestein ist oft genug geschildeii.
(Beiträge zur Geognosie Tirols 1859 S. 162.) An Versteloe-
— 45 —
ruDgen findet sich ober Fiecht, wo die Schichten h 7 streichen
und 70^80 N. fallen, nicht selten Avicula contorta; die
dicken Stielglieder eines Encrinas gestatten keine Bestimmung,
die Fischschuppen gehören zu Gyrolepis. Im Vomperthale,
wo man ein Streichen in h 4 bei sehr steilem NW. Fallen
beobachtet, fand ich:
Cardium austriacum Hauer.
Ostrea obliqua Hünst.
Spirigera oxycolpos Emm.
Fischschuppen, lu Gyrolepis.
Abgesondert von diesem Vorkommen ist das beim letzten
Schnee im Gerenthal (JProL VIII), wo die Schichten zum Plum-
seijoch streichen. Hier fand sich Lima praecursor Qu.
C.
Ijiasi) flura«
I.
unterer Lias.
(Adnether Schichten, österreichische Geognosten.)
Die Gesteine, welche hieher gehören, kommen in geringer
HSchtigkeit beim „letzten Schnee«^ Im Gerenthaie und ober
Fiecht vor. Ich stellte sie früher mit den österreichischen
Geognosten zum oberen Lias. (Beitrüge zur Geognosie Tirols
S. 165.)
II.
Oberer Idas.
Die sogenannten Fleckenmergel sind am Fallbach, im
Vomperloch und bei Fiecht nur wenig entwickelt. Hangan-
schiefer (Gdmbel geognostische Beschreibung des bayrischen
Alpengebifges S. 437) findet man hinter der Walderalm gegen
das Vomperloch.
IIL
Oberer Jonu
Bezüglich des Vorkommens am Fallbach und der Walder-
alm verweisen wir auf die „Beiträge zur Geognosie Tirols 1859
S. 166.^ Sie verfolgen von hier aus die bereits bei den Ger-
villiaschichten beschriebene Richtung zur Lampsen. Im Yom-
perloch sieht man die hieher gehörigen bunten Ffornsleinsehiefer
gut entwickelt, im Stallenthal die bunten Juraschichten. Aehn-
lich ist das Vorkommen am letzten Schnee.
D.
Die Kreideformatloii«
I.
Neocom.
Die grauen Hergel desselben tauchen an einer kleinen
Stelle ober Fiecht auf, wo ich einen undeutlichen flachen Am-
moniten antraf; beim „letzten Schnee^ bilden sie mit grauen
Kalken eine Kuppe, ohne irgend etwas eigenthflmliches zu
zeigen.
II.
OoBaogebilde.
(Untere Abtheilung der oberen Kreideschichten, den Tnronien
vergleichbar, GQmbel.)
Hieher gehören die grauen Sandsteine beim Kirchenjoch
unweit Eben. Sie enthalten ziemlich zahlreiche Versteine-
rungen, darunter nach Gtimbels Bestimmung:
Trigonia scabra B.
Voluta Brornii Zk.
Aatarte acuta R.
Zahlreiehe andere, vieUeichl zum Thefl neve, nadkatlicle
Arten. —
- «f -
Tertlftrforniatlon.
Hiocän.
Wir verweisen becOglich demelbeD auf die ^Beiträge sar
Geognosie Tirols 1850 S. 166^ und erwähnen hier nur noch,
dass wir im vorigen Sommer das hieher gehörige Conglomeral
bis zu einer Höhe von ßOW nördlich von Hötting trafen.
F.
Diluvium*
Bezüglich desselben verweisen wir gleichfalls auf die
„Beiträge zur Geognosie Tirols 1859 S. 169.^ Wir tragen
hier nur noch einiges nach. In der aus Diluvialschichten be-
stehenden Wand, welche steil gegen die Kettenbrücke von
Hühlau abstürzt, bemerkt man zwei Streifen Diluvialtorf, oder
wenn man es schon so nennen will Braunkohle. Sie sind
durch einen Zwischenraum von IV2' getrennt und keilen gegen
Westen bald aus. Gegen Osten nehmen sie an Mächtigkeit
bedeutend zu. Während bei der Kettenbrücke jedes Flötz
höchstens 3 Zoll mächtig ist, treten sie am Badhaus, wie
man sich jüngst beim Graben des Grundes überzeugte, bereits
in einer Dicke von mehreren Schuhen auf. Der Torf ist un-
rein, sandig, in der schwärzlich braunen Hasse entdeckt man
Stengel und Blätter eines schilfHhnlichen Gewächses. Man hat
eine grössere Quantität dieses Torfes zur Benützung ausgegraben,
er verbreitete jedoch beim Brennen einen solchen Gestank, dass
man davon abstand.
- 48 ~
Zum Schlüsse greifen wir noch ttber unser Gebiet nach
Süden. In den Steinbrüchen von Amras, wo der Thongllmmer^
schiefer häufig als Baumateriale gewonnen wird, fand man in
demselben grössere Nester Kupferkies. Bei den Vorarbeiten
für die Brennerbahn entdeckte man am Schlossberge bei Hatrei
in den längst bekannten Serpentinen Eisenoxydhydrat und Ma-
lachit. Beides kann aus der Zersetzung von Kupferkies ent-
standen sein, welcher ursprünglich im Serpentin oder Ophi-
calcit eingesprengt war.
Was die Karten betrifft, welche bisher das von uns be-
handelte Gebiet berührten, so bedürfen sie verschiedene Abftn-
derungen, die Strecke vom Voroperloch bis zum Achensee ist
auf gar keiner zu brauchen. Ich hoffe, heuer das Terrain von
der Riss bis Karbendel untersuchen zu können und werde dann
ein Kärtchen des ganzen Gebietes nachtragen.
I
V . ! ^-
ZEITSCHRIFT
FERDINANDEÜMS
fflr
Tirol und Vorarlberg.
Herausgegeben
dem Verwaltimgs - Ausschusse desselbeiL
Dritte Folge.
Zwölftes Heft.
IVHSBBÜCK,
Druck der WAGNEB'schen Unirenitftts-Buchdniekexei.
1865.
I.
Geschichtliche Abthellong.
!•
J(^
Urkundliche Geschichte (Ict Edlen von
Tauvers.
Von
P. Jnstiniaii Ladnnief*,
Ehrenmitglied des Ferdinandeamg.
Nördlich von Broneck öffnet sich hinter den sanft stei-
genden Geiänden von Aufhofen und Gissbach das schöne und
weitgedehnte Thal Tauvers, das grösste Seitenthal des Unter-
pusterthales; die breite Sohle zieht sich mehr als 2 Stunden
lang zwischen steilen Bergen ganz eben fort, und theilt sich
dann nach Westen, Osten und Norden in die 3 Seitenthftler:
Mühlwald, Rain und Ahm. InSS/^ Stunden Weges von Bruneck
gelangt man in das Dorf Tauvers, den Hauptort des ganzen
Thaies, welches von der Ahmer -Ache durchströmt wird. —
Eine halbe Stunde nördlich hinter diesem Dorfe am linken
Ufer der Ache beherrscht den schmalen Eingang und die Clause
gegen das Ahrnthal eine weltläufige Burg, ein riesiges Ge-
bäude des Mittelalters, jetzt sehr in Verfall, emporragend auf
einem jähen in malerischen Parthien sich präsentirenden Felsen^
hägel; — es ist Schloss Tauvers. — Seine starken Ringmauem
beugen sich in verschiedenen Winkeln je nach dem Bedürfnisse
der vortheilhaften Vertheidigung nicht nur um das Schloss,
sondern auch längs dem östlichen Abhänge bis in die alte
Strasse herab und schliessen sich der gegenüber stehenden
steilen Felsenwand an« Wo dieser Mauerfiflgel quer über die
Strasse läuft, war er von einem Thore durchbrochen, welches
das Ahrnthal gegen jeden Eintritt versperren konnte. — Eine
aufmerksame Betrachtung zeigt, dass dieses Schloss eine der
wohlberechnetesten Burgen des Mittelalters war, stark genug.
- 6 —
um in Verbindang mit den dienstpSiditigen Bargen zweiten
Ranges das ohnehin von Natur aus verschanzte Thal jedem
kecken Eindringlinge xu verscUiessen.
Hier nun war die Wiege und der stolze Ansitz der mäch-
tigen Herren von Tauvers, welche durch wenigstens zwei volle
Jahrhunderte daselbst hausten, — und pach ihrem Erlöschen der
verschiedenen Gerichtsherren, welche im Verlaufe der Zeit diese
Herrschaft tiberkamai. — Dia Geschiebte erztfilt uns nicht, wer
diess Schloss erbaut; jedenMIs reicht es tief ins Mittelalter
hinab; die Edlen von Tauvers hausten daselbst wenigstens dnrcii
volle zwei Jahrhunderte bis zu ihrem Erlöschen im Jahre 1336.
Bevor wir Jedoch die genealogische Geschichte dieser merk-
würdigen Familie, In so weit die noch dem Untergange ent-
gangenen Urkunden Stoff dazu bieten, zu erörtern beginnen,
darfke eine Erwähnung der frühem Verhältnisse des Thtles
Tanvers erwünscht sein. — In dem Stift brixnerischen Saal-
buehe kömmt unter den auf 300 sich belaufenden Schenkungen
zur Zeit des Bischofs Altwin von Brixen, — regierte von 1049
bis 1091, — eine für unsere Erörterung besonders merkwür-
dige vor: „Sit notum, quin quidam ingenuus, Ratkis nuneo-
patiis^ dilectione reverentiaque Senioris sui Brixinensis videlicel
Praesulls Altwini Inductus pro se pro animabusqne parenMin
saorum tale pradium^ quäle haereditario Jure (in) pago Tuveres,
Gomitatu Engilberti Comitis, (cum) areis, aediSciis, agris, sÜrU,
paseuis, pisoationibus, venationibus possedit, super altareS.S.
Cassiani et Ingenuini In manus praefati Episcopi saique Adfo-
oati Gundacher personati, usn sibi tarnen ad vitam retento, tn-
didit, Testes etc. Actum Brizlaae. (Sinnacher 2. B. S. 627.)
Vermöge dieser Urkunde befand sich also damals Tuvots
oder Tauvers als Gau In der Grafschaft Pusterthal, welche bald
darauf dem Stifte Brixen geschenkt wurde, damals aber noch
durch den Grafen Engelbert, (Inhab^ der Grafschaft Libumia
oder Lurn, und Ahnherr der Grafen von Görz) verwaltet wurde. —
Dass damals Tauvers keinen anabhüngigen Adel hatte, Ifisst sieh
so siemllch aus vorliegender Urkunde abnehmen; dass es auch
bald naehhin bei der am 4. September 1091 geacheheneo
Schenkcmg als ein Theil der Grafschaft Pusterthal sei angesehen
worden, ist sehr wahrscheinlich.
Bald darauf schenkt der edelgeborne Hartnith auf den Altar
der hhl. Ingenuin und Cassian dem Bischöfe Altwin zu Gefallen
eine Mahle im Bezirke Tuvares im territorio Tuvares), welche
bisher ein gewisser Avusto inne gehabt. Geschehen zu Brixen.
(Sinnacher 2. B« S. 514.) — Indem hier von einem Bezirke
Cterritoriuro) Tanvers Meldung geschieht^ dürfte man daraus
nicht die mnthmassliche Folgerung ziehen, Tauvers habe um
diese Zeit von der übrigen Grafschaft abgesondert ein eigenes
Territorium zu bilden angefangen; — oder gar dieser edlge-
bome Hartnith oder obenerwähnter Ingenuus Ratkis möchte der
Stammvater der Edlen von Tauvers gewesen sein? — obwohl
wir bekennen müssen^ dass diese Namen in der ganzen Ge-
schlechtsfolge dieser Familie nicht mehr wiederkehrep.
Nur wenige Jahrzehende gingen noch seit den obenerwähnten
zwei Schenkungen vorüber, und wir können die ersten urkund-
lich nachweisbaren Stammhalter der Edlen von Tauvers erwähnt
Gnden. — Diess alte und einst mächtige Dynasten -Geschlecht
besass gleich Anfangs die Schlösser Tauvers und Utenheim,
später auch das nachher erbaute Schloss Neuhaus sammt den
dazu gehörigen Gerichten ursprünglich als freies Eigenthumj
später als freiwillig genommenes brixnerisches Lehen. — Es
hatte selbes auch seit seinem urkundlichen Auftauchen in der
Geschichte mehrere eigene edle Dienstmannen (milites, Ritter),
welche ihm unterthan waren und beträchtliche Lehen von ihnen
empfingen; wir erinnern bloss an die schon in den vom Jahre
1178—1196 in Schenkungen an Kl. Neustift vorkommenden
edlen Herrn von Uttenheim» an die von St. Martin, Mäusaugeui
u. s. w. (vide Sinnacher 3. Bd. S. 659 und 660.) — Diese
erscheinen vielfältig^ — besonders im zwölften Jahrhunderte —
ohne specielen Zunamen, bloss als miles oder milites de Tu-
vers, die man aber desshalb doch nicht mit den eigentlichen
Edlen von Tauvers vermengen darf, sondern in die Genealogie
- 8 —
der von Utenheim, Lattacb, Wirsnng, Zant, Kanmaten, St«
HaurizieD u. s. w. versetzen muss. — Dieser Umstand jedoch
zugleich mit dem, dass in der Stammreihe der Edlen von Tau-
vers einzig nur die Taufnamen: Hugo, Ulrich und Heinrich —
erscheinen^ macht ihre Genealogie etwas unklar und es hflit
ziemlich schwer, chronologisch ihre Aufeinanderfolge ganz genau
zu erforschen und ausemander zu setzen, besonders zwischen
Hugo I. und Hugo IL«, so wie bei Ulrich I. und U. und bei
Ulrich ni. und lY.
Der Genealoge Zibock und ihm gifiubig nachbetend die
beiden Brandis, Coronini und Gebhardi' sprechen zwar ganz
zuversichtlich ^- jedoch ohne irgend einen urkundlichen Nach-
weis, — von Grafen von Tauvers; allein alle bisher auf sie
bezüglichen aufgefundenen Urkunden sprechen nur von „Edleo
von Tauvers". — Wohl führte Hugo VI. von Tauvers, —
gleich den Grafen damaliger Zeit, — das grosse Reitersiegel, —
was ihm wohl von dem röm. Könige Rudolph von Habsburg
in Anerkennung seiner Verdienste gegönnt worden sein mochte^ —
allein nie in den uns vorgekommenen Originalurkunden weder
er noch irgend einer seiner Gesippten „GraP^ genannt wird,
oder in den von ihnen ausgestellten Briefen sich ,^Grafen" zv
nennen sich anmassten, und wenn auch mit dem grossen Reiter-
siegel, doch nie mit rothem Wachse siegelten. — Ihr Wappen
war ein rother Schild mit drei silbernen Querbalken durchzogen,
welche mit einer Reihe blauer Rauten belegt waren; jedoch
war in Hinsicht der Rauten keine bestimmte Ordnung, da in
ihren Insiegln sich deren bald mehr bald minder finden. Auf
dem Schilde zeigt sich ein Helm und auf diesem ein rether
^Hut oder Beutelstand, auf dem sich Pfauenfedern, wie ein rad-
förmig ausgebreiteter Pbuenschwanz sich erheben. — Durch
Heirathen verschwägert mit den edelsten, ja gräBichen Geschlech-
tem der damaligen Zeit zählten die Edeln von Tauvers durch
Geburt, Verwandtschaft^ Besitzthum und EinBuss zu den ersten
Familien unsers Landes im Gebirge.
Der Ursprung dieses Geschlechtes verliert sich, wie fast
— 9 —
aller edleii Familien Tirola, Tor der Mitte des zwölften Jahr-
hunderts ganz imDonkel der Vorzeit. Hogo I. von Tuvers
oder Touvers (so liest man in alten Urkonden) tritt als der
erste orkandlich erweisbare Stammhalter dieses Geschlechtes
hervor in der ersten Hftlfte des zwölften Jahrhunderts und zwar,
wie es scheint, als schon ziemlich bejahrter Mann, da er bereits
einen zeugnissfilhigen Sohn gleichen Namens hatte. Als im
Jahre 1130 der Erzbischof Conrad von Salzburg im Kloster
Thiersee die Regulär - Canoniker einführte, und diesem Stifte
nebst andern Gtttem einen halben Hof im Zillerthal auf dem
Berge über Stumm übergab, wurden als Zeugen dieser Schenkung
unterzeichnet : Heinrich, Herzog von Kflmthen, Oudelrich dessen
Bruder, Hugo Sohn des Hugo von Tuveres. (Hon. boic. 2. Bd.
S. 297). — Im Jahre 1140 schenkte Regimbert^ Bischof von
Brixen, den von ihm zu Wilten neu eingeführten Cisterziensern
die Hofmarch gleichen Namens; damit diese seine Schenkung
um so kräftiger sein möchte, wurden folgende Zeugen bei den
Ohren herbeigezogen : Arnold Graf und Vogt von Horith, Hugo
und sein Sohn Hugo von Tuvers, Wilhelm von Utenheim, Hein-
rich , Lantfrid , Magens. (Sinnacher 3. Bd. S. 225). — Ums
Jahr 1142 fibergab der brixnerische Stifts-Hinisterial Udalschalk
(von Stilfes), als er im BegriiTe war, nach Camposteil zu wall-
fahrten, den Chorherm einen halben Hof zu Rucines und einen
halben Hof zu Vilanders ; als Zeugen dabei erschienen von den
Bdelleuten: Hugo (von Tuvers) und Willihalm (von Veltums)
und mehrere Ministerialen. (Sinnacher 8. Bd. S. 262).
Am 3. November 1144 bestätigte Erzbischof Conrad von
Salzburg die Besitzungen und Zehentrechte des Nonnenstiftes
zur hl Erentrud (Nonnberg) zu Salzburg, ^lles, was selbes
zur Mädchen-Erziehung besitzt oder besitzen wird. Als Zeugen
dabei umstanden ihn : Heinrich, Herzog von Kftmthen und dessen
Bruder Ulrich, Hugo von Tuvers. (Esterl Chronik von Nonn-
berg. S. 204). Ebenso erscheint Hugo von Tuvers und dessen
Sohn Hugo nebst vielen Andern als Zeuge bei Ausfertigung der
Urkunde über die Errichtung und Grftnzbestimmung der Pfarre
— 10 —
Ombras im Jahre 1145 (Sinnacher, 3. B. S. 360), wdehe Ur-
kunde aber in ihrer jelsigen Gestalt siemiich verdächtig ist. —
Wahrscheinlich mag unser Hugo I. bald darauf gestorben sein,
da von nun sein Name aus den Urkunden verschwindet; seine
Gemahlin wird nirgends genannt, so wie wir aus Urkunden
keinen andern Sohn von ihm, als den bereits genannten Hugo IL
auffinden können.
1156 — 1164, Hugo IL (von Tuvers) und Willehalm
(von Veitums) erscheinen von Seite des Bischofs von Brixen
unter den Edelleuten als Zeugen bei einem Tausche zwischen
dem Bischöfe Hartmann von Brixen und Bischof Adalbert von
Trient. (Sinnacher, 3. B. S. 306). — Am 27. Jänner 1173
übergaben Ulrich der Erzpriester von Brixen und Engelram,
Sohn Cadolhochs von Sets den Chorherm von Fölling durch
die Hand des Markgrafen Bertold von Andechs das Gut Schlatt;
Zeugen dessen Hugo der Edle von Tauvers; von den Ministe-
rialen des Markgrafen : Ulrich von Rotenburg u. a. m. (Hon.
boic. 19. B. S. 20). — Ein Hugo von Tauvers, — wahr-
scheinlich Hugo IL, zog mit Kaiser Friedrich Barbarossa nach
Italien, denn am 31. Hai 1177 zu Volana im Erzbisohthume
Ravenna gewährte der grosse Barbarossa dem bairischen Kloster
Biburg eine ausführliche Bestätigung der ihm gemachten Sehen*
kungen^ der Befreiung von jeder Steuer im Bischthume Brixen,
der Zollbefreiung in dem von Trient; nebst vielen geistlichen
und weltlichen Fürsten waren dabei auch Zeugen : Bertold, Graf
von Tirol, Heinrich, Graf von Bppan; Albero von Bargos and
Hugo von Touvers. (Hon. boic. 29. B S. 427). _ Bald darauf
wahrscheinlich starb Hugo IL ; aus einer uns unbekannten Ge-
mahlin hinterliess er zwei Söhne Heinrich 1. und Hugo III.
Heinrich I. von Tauvers, von dem wir sonst keine
urkundlichen Daten aufzufinden im Stande waren, setzte den
Stamm fort durch seine Ehe mit Mathilde von Hohenburg —
(nicht von Aichach, wie Hr. Canonicus Mairhofen und ihm
folgend Sinnacher angeben) — , aus welcher angeblich drei
Söhne hervorgingen: Hugo IV, Ulrich I. und die Genealogen
- It -
geben ihm noch einen dritten Sohn Reinrieh III., von dem aber
nichts ZQ finden ist ; Heinrich I. ihr Vater rooss bereits im Jahre
li84 gestorben gewesen sein, da in diesem Jahre (1184)
Hugo in. von Tuvers zum Seelenheile seines Braders Heinrich
dem Kloster Nenstift ein 6at auf dem Berge Aspach schenkte.
(Hairhofen Genealogie) — Wir flbergehen einstweilen diese
3 Söhne Heinrichs l. v. Tauvers, um nicht Alles zu verwirren,
und wenden uns seinem Bruder Hugo lll. zu, da seine Linie
nur kurz dauerte und bereits mit seinen zwei Kindern erlosch.
Verehlicht mit Euphemia von Villalta — (einem. Schlosse bei
Udine im Friaul) aus einem edlen und angesehenen Geschlechte
im Gebiete von Aquileja, scheint er sich daselbst ansässig ge-
macht zu haben und durch sie ums Jahr i 173 in Besitz vieler
Göter gekommen zu sein, und grösstentheils sich daselbst auf-
gehalten zu haben. — Da fiist gleichzeitig sein gleichnamiger
Neffe Hugo lY. auftritt, so ist es sehr schwer, beide in den
Urkunden zu unterscheiden. — Wie bereits erwähnt, vergabte
Hugo IIL von Tauvers für das Seelenheil seines verstorbenen
Bruders Heinrich im Jahre 1184 an das Kloster Neustift ein
Gut auf dem Berge Aspach« (Arch. Neustift). — Drei Jahre
darauf erscheint er als Zeuge Heinrichs, Grafen von Tirol^ in
einer Urkunde des Klosters Wessenbrunn, nemlich als i. J.
1187 zu Sibenaiche Frau Gertrud von Liechtenstein, Ministe-
rialin des Grafen Heinrich von Tirol, einen Hof zu Oberlana
durch die Hflnde desselben Grafen dem besagten Kloster schenkt,
da umsteht den Grafen nebst andern als Zeuge der edle Hugo
von Tauvers. (Hon. boic. 7. B. S. 366). — Ebenso ist Hugo
von Tauvers i. J. 1197 gegenwärtig, als Heinrich, Graf von
Windischmalrel , fflr sein Seelenheil und um 20 H. B. dem
Stifte Brixen eine gewisse Adelhaid und deren gleichnamige
Tochter mit 2 Kindern des Hm. Uschalk von Lavant übergibt.
CCoronini, Tentam. genealog. Com. Goriz. pag. 301). Im Jahre
1206 zu Strazburg (in Kärnten) verkündet Walter, Bischof von
Ourk, dass Graf Engelbert von Görz der Gnrker Kirche Ein-
künfte von 20 Hark gegeben habe. Bei der Uebergabe aber
- 12 -
darch den Grafen Engelbert waren gegenwärtig: Hr. Bernhard,
Herzog von Kämthen, Graf Heinrich von Lechsgemande , Hr.
Fridrich von Kavriak, Heinrich von Villalta, Hago von Tonvers*
(Ankershofen, Urk. Regest, von Kfirnthen.) — Unser Hugo HL
muss auch in der Gegend von Lienz bedeutende Besitzangen
gehabt haben, und war bereits im Jahre 1216 unter den Todten;
er hinterliess bei seinem Ableben aus seiner Ehe mit der be-
reits erwähnten edlen Euphemia von Villalta einen Sohn, Hein-
rich II., welcher sich dem Priesterstande widmete und spöter
Archidiacon der Kirche von Aquileja wurde, und eine Tochter,
Beatrix, welche ihre Hand Otto dem Burggrafen von Lienz
reichte ; eine von Paprion aufgefundepe Urkunde gibt uns diese
interressanten Aufschlüsse.
Am Osterdienstag 1216 schenkt zu Aquileja die ehrwür-
dige Matrone Euphemia, Tochter weiland Heinrichs von Villalta,
mit Zustimmung ihres Sohnes Heinrich, Archidiacons von
Aquileja, dem Otto, Burggrafen von Luenz anstatt dessen Ge-
mahlin Beatrix, ihrer Tochter, eine Wohnung sammt dem Thurme
an der Brücke zu Luenz, eine Hühle daselbst, drei Höfe zo
Tristach, einen zu Leisach und einen zu Amblach und Alles
das, was sie von ihrem Gemahle Hugo von Tuvers seligen als
Witthum zu Luenz und in der Umgegend bisher in ruhigem
Besitz gehabt hatte; welche Uebergabe mit Beistimmung und
Beihilfe ihres Sohnes Heinrich des Erzdiacons der Kirche von
Aquileja vorging. (SInnacher, 4. B. S. 190). — Dieser Hein-
rich II. von Tauvers, bereits i. J. i216 Erzdiacon der Kirche
von Aquileja^ stieg im Verlaufe der Zeit noch höher, indem
ihn, wahrscheinlich i. J. 1224, die Kirche vonBrixen zu ihrem
Bischöfe wählte. Die Art und Weise^ das eigentliche Jahr und
der Tag seiner Erwählung findet sich nirgends aufgezeichnet.
Die erste Meldung geschieht von ihm in dem Diplome, wel-
ches ihm Heinrich der römische König, den sein Vater
K. Fridrich II. zum Verweser des deutschen Reiches bestimmt
hatte, am 24. April 1225 ertheilte. (Horm. Gesch. v. Tirol
2. B. S. 278)^ worin aber der Druckfehler am 24. Mai mit
— 13 —
am 24. April zu verbessern ist. — Gleich am 23. Augosi die-
ses Jahres 1225 schloss er mil Hugo IV., dem Sohne seines
Oheims Heinrichs I. von Tauvers, jenen wichtigen Vertrag,
vermöge welchem derselbe ihm als Fürstbischöfe was bisher
freies Eigenthum der Familie von Tauvers gewesen als Lehen
aufsandte, und als Belohnung dafür dasselbe n^bst manchem
andern vohi Stifte wieder zu Lehen erhielt. — Wir werden
diesen für die Familie der Edlen von Tauvers wichtigen Ver-
trag bei Hugo IV. weitläufiger erwähnen. — Drei Jahre
blieb Heinrich von Tauvers bloss Erwählter von Brixen, und
erhielt erst am Palmsonntage 1228 zu Venedig von dem
Erzbischofe Eberhard von Salzburg die bischöfliche Weihe. —
Wir würden die für unsere Familien - Monographie gesteckte
Gränze weit überschreiten müssen, wollten wir alle wichtigen
Begebenheiten während der Regierung unsers Fürstbischofs von
Brizen, Heinrichs von Tauvers von 1225 — 1239 weitläufiger
erörtern; wer nähere Kenntniss davon zu haben wünscht, den
müssen wir auf Sinnachers Beiträge zur Gesch. der bischöfl.
Kirche von Sähen und Brixen 4. Band« S. 196 — 318 verwei-
sen, und können nur der wichtigsten Ereignisse derselben in
Kurzem erwähnen.
Ln Jahre 1227 legte er den Zwist zwischen dem Grafen
Albert von Tirol , und seinem Stifte und ihren beiderseitigen
Ministerialen wegen der ehelichen Verbindungen ihrer Dienst-
leute bei; gewährte i. J. 1228 dem Kloster Neustift die be-
sondere Gunst, dass er demselben die Würde des Arehidiaco-
nats im Pusterthale auf weltewige Zeiten übertrug, und im
darauf folgenden Jahre 1229 zur Wahrung des Landfriedens
und der öffentlichen Sicherheit im Vereine mit dem Grafen
Albert von Tirol eine strenge Verordnung erliess; i. J. 1230
einen Streit zwischen dem brixnerischen Domcapitel und den
Edlen von Voitsberg wegen etlicher Gttter beilegte, und auch
einen Vertrag, den seine Domherrn mit semem Anverwandten
Hugo von Tuvers errichtet hatten, bestätigte, so wie auch eine
Schenkung des Grafen Albert von Tirol an das Kloster Neustift
— 14 —
bewilligte. — 1232 seUoss er mil dea Henoge Otto von
Heran den wichtigen Vertrag wegen der Stiftvogtei und Lehen,
und hatte im folgenden Jahre 1233 die Freude^ seine Base
Sophia von Tauvers ab erwfthlte Äbtissin von Sonnenburg am
29. October einzusegnen* — Am 8. Hai 1235 freite er den
Baugrund^ auf dem das neuerbaute Kirchlein und Wohnung der
bflssenden Schwestern des hl. Franziscus errichtet war, von
allen Abgaben und Lasten. — Auf eingelaufene Klagen Ober
Schäden und Unterdrttdiungen, welche nicht die gewttnschte
Abhilfe fanden, forderte Kaiser Fridricb 11. den Bischof Hein-
rich zur Verantwortung; dieser stellte zur Entscjiuldigung die
ZudringUchkeit der Bösgesiimten , seme leibliche Schwachheit
und die Endoräftung seines Gteisenalters vor. -^ Der Kaiser
nahm ihm im August 1236 die weltliche Verwaltung des Stiftes
ganz ab mit Bdassung der geistlichen und einiger EInkflnfte,
und bestellte einen kaiserlichen Richter zu Brixen; — dass aber
hier nicht jene angebliche Schwäche als Hauptgrund fttr diese
gewaltthfitige Verfitgung des Kaisers, sondern vielmehr tiefer
liegende Grfinde vorgewaltet^ Ifisst sich unschwer aus einer
ähnlichen Procedur, welche der Kaiser am 12. August 1236
auch gegen den Bischof Aldrich von Trient sich erlaubte, ab-
nehmen. — Nur 3 Jahre «berlebte unser Bischof Heinrich diese
Verdemflthignng; er starb im Jahre 1239 an einem unbekannten
Tage und Honate; die Sage weist ihm die Glarisserkirche zu
Brixen als Ruhestätte an.
Ucber die fernem Schicksale von Heinrichs II. von Tau-
vers, Bischofs von Brixen, Schwester Beatrix^ sagen uns ausser
dem bereits Erwähnten, dass selbe i. J. 1216 Otto's des Burg-
grafen von Luens GemahUn gewesen, die Urkunden nichts weiter^
und da mit diesen seinen beiden Kindern Hugo*s IH. von Tau-
yeta Linie ausstarb, so kehren wir zu fleinrlchs L von Tauvers
Wittwe und dessen Söhne zurück. — Nach dem Tode ihres
Gemahls Heinrichs I. von Tauvers verehllchte sich dessen
Wittwe Frau Uathilde von Hohenburg mit dem edlen Arnold
von Bodank, and gdiar auch diesem mehrere Kinder, darunter
— 19 —
2wei Söhne Aitold IV. und Fridrich III. von Rodank. *-- Am
ii. September I2i4 tritt yot Conrad, dem Bischof von Brixen
iPran Mathilde, Tochter Richard*8 von Hohenburg, aammt ihren
mit Heinrich von Täters und Arnold von Rodank erzeugten
Söhnen ihre Rechte auf einige Besitzungen beim Schlosse
Hohenlierg, in Pucfaberg, Egerda^ Altingen, Sneit, Mumelingen,
bei Reimriel, Hagebach, Chifrinsone und Altengebreche dem
Abte von Tegense e Air 100 Mark Silber ab. (Bairische Vie*
gesten 2. B. M. 27.) ~ Ums Jahr 1218 machte dieselbe Fran
Hechtild, ¥iitter Hm. Hugo's IV. von Tauvers nnd der Herrn
von Rodank ihr Testament, und vermachte in demselben dem
Kloster Nensttft zum Heile ihrer Seele den Bauhof auf dem
Berge Ahornach mit Zustimmung ihres Gemahls und ihrer
Sohne; nur ihr Sohn Hugo IV. von Tauvers zeigte sich nicht
damit einverstanden. — Frau Hechtild scheint bald darauf ge-
storben zu sein; Jedoch wurde nach ihrem Ableben der Streif
wegen dieses Vermächtnisses i. J. 1220 durch Vermittlung des
ehrwfltdigen Bischofs Bertold von Brixen dAhin beigelegt, dass
Hvgo von Tauvers zwar den strittigen Hof Zeit seines Lebens
iane haben, dafür aber jährlich am Fe^te Maria Magdalena dem
Kloster Neostift ein vollständiges Mahl, wie solches dra Dom-
herrn von Brixen gereicht zu werden pflegt, spenden soll.
Unterlässt er diess, so soll er den Besitz des Mairhofs also-
gleich veriieren; nach seinem Ableben aber, er mag Erben
hinteriassen oder nicht, ohnehin derselbe ohne Widerspruch dem
Kloster zufallen. Des sind Zeugen de familia Hugonis: Albert
der Ritter, die fiebrttder Winter und Magens, Heinrick Zuge-
mann, Otager, Chunrad von Chemenat. (Sinnacher 4. B.S. 181.)
Von den Söhnen Melchtildens von Hobenburg mit Heinrich I.
von Tauvers erzeugt^ sind uns Ulrich I., besonders aber Hugo IV.
merkwttrdig; von ihrem angeblichen Bruder Heinrich wissen
whr nichts als den Namen ^ auch ist keine Nachkommenschaft
von ihm bekannt; vielleicht dass er gar nicht existirte, und die
Genealogen ihn mit Heinrich U., nachherlgem Bischof von
Brixen, dessen Abstammung sie nicht kannten^ verwechselten.
— 16 —
Ulrich I. von Tauvers, Hago's lY. Brader, scheiat
sich dem Stiiileben ergeben zu haben, da er nur ein paarmal
in Urkunden erscheint. Seine Besitaungen scheinen ncfa nach
Oberpusterthal hinauf erstreckt oder vielleicht in der Gegend
von Lienz befanden zu haben ; vermöge Urkunde dat. i. J. i234
kömmt Ulrich der Edle von Tauvers und das Capitel za Innl-
chen gütlich mit einander dahin ttberein, dass bei ihren eigenea
Leuten, die sich zu einander verheiraten, sowohl die Kinder,
JSöhne wie Töchter^ als auch ihre bewe^ichen und unbeweg-
lichen Güter, welche dergleichen Kindern erblich zufallen, gleich
getheilt werden, und sowohl dem besagten Edlen von Tauvers
UMch und dessen Kindern, als auch dem Capitel von lanichen
der betreffende Theil zukommen soll. !&ettgen Hr. Chnnrad^
Canonicus von Innichen und Pfiarrer von Niederdorf, Herr
Arnold, Caplan des Edlen von Tauvers^ Ritter Rupert, genannt
Vincho, Rupert Mäusauge, Bertold, Sohn Churings Vessenarins
seligen, Gotschalk, gewesener Official in Tauvers und Rudolph
von Ehrenburg. (Hormair Gesch. v. Tirol 2. Th. S. 312.) Er
scheint bald darauf gestorben zu sein 3 aus seiner Ehe mit Adel*
bald von Wanga zwei Töchter: Euphemia und Sophia
hinterlassend; erstere ersdieint ums Jahr 1238 als Gefflahlia
Hugo*s I. von Velthums, Stein am Ritten und zu Trostbeig;
Sophia hingegen wühlte den geistlichen Stande trat ins Kloster
Sonnenburg und wurde endlich Äbtissin daselbst and als solche
von ihrem nahen Vetter Heinrich von Tauvers^ Bischof von
Brixen, am 29. October 1233 eingesegnet. Krüftig wies sie
dabei die Forderungen der Stiftsbeamten Arnolds von Rodank,
obersten Cämmerers, Fridrichs von Schöneck, Maricbalb,
Niclausen von Castelrutt Tnigsass und Eberhards von Sehen
des Mundschenks um gewisse Honorarien wegen der Einsegnong
als ungewöhnlich zurück, und der Bischof bestütigte diess.
(Statthalterei-Archiv.) Während der Anwesenheit, des Kaisers
Fridrichs IL in Tirol erhielt sie von ihm zwei kaiserliche
Briefe, in deren erstem er ihr Kloster sammt allen Gütern des-
selben in semen kaiserlichen Schutz nimml, und im zweiten das
— 17 —
UrtheJl seines Sohnes Heinrich dat. am 22. April 1226 wider
Otto von St. Martin, wodurch dieser wegen erwiesener Noth-
sucht in die Acht erUSrt worden, bestätigte. Beide luiseriiche
Briefe sind gegeben zu Clausen im September 1237. (SInnacher
4. B. S. 304). — Um die -nämliche Zeit verlieh dieselbe
Äbtissin Sophia dem Herrn Albert Yon Risdion und dessen
Erben das Baoemgut Albon und die Aue Caselle am erblichen
Baurecht. Zugleich wurde auch der Zwist ^ welcher swischen
der Äbtissin und besagtem Albert wegen der Güter Hm. Bnrchards
von Techingen obwaltete, vor dem Richter des Kaisers dahin
beigelegt, dass ihm die Güter zu Stephansdorf zum eigentlichen
Genosse, dem Kloster aber die Lehensherriichkeit darüber zn-
erhamit wurde. Zeugen dabei waren: Graf Hermann, Herr
Hugo von Touvers, Herr Arnold von Rodench etc. (Sinnacher
loc. cit. S. 305.) — Ebenso rief sie den Schutz des Erzbischofs
Eberiiard von Salzburg wider die vielfältigen Anfechtungen,
welche das Kloster und dessen Capläne auszustehen hatten, an,
welcher in Folge dessen ein kräftiges Hahnungsschrdben an
alle Pfarrer und Vicepfarrer im Archidiaconat vom Pusterthal
eriiess, und dem Erzpriester ernstlich auftrug, die Uebertreter
seines Befehles zu strafen. (Sinnacher loc. cit« S. 306.) —
Unsere Sophia von Tauvers soll als Äbtissin ums Jahr 1254
im Februar gestorben sein.
Da also Ulrich I. von Tauvers nur Töchter hinteriassen
hatte, so starb auch mit ihnen dieser von ihm gestiftete Seiten*
zweig seines Geschlechtes aus, und wir kehren demnach zu
seinem andern, wahrscheinlich ältesten Bruder Hugo IV. von
Taavers, der auch der berühmteste unter allen drei Brüdern
wurde^ zurück. Er begegnet uns bereits im Jahre 1214; wahr-
scheinlich im Gefolge seines Bischofs Conrad von Brizen oder
des Grafen Albert von Tirol war er auf dem Reichstage^ wel-
chen der Junge rOm. König Fridrich 11. im Februar und März
i214 zu Augsburg feierte. Als am 19. Februar d. J. König
Fridrich n. bei diesem Reichstage einige Fragen entschied,
welche Bischof Fridrich von Trient über das Ldiensrecht vor*
2
— 19 —
gelegt hatte, da waren dabei Zeigen ndiist andern BischOKm
Conrad, Bisckof Ton Brixen, femer Ludwig, Hen»g von Baiem,
Albert Graf von Tirol, Conrad Graf von Zoilem, Albero von
Wanga, Hugo von Tuvers. (Zeitschr. d. Ferdinandeums 3. B.
S. 102, Dorm. Gesdi. v. Tirol 2. B. S. 206). — Vom Reichs-
tage Burttokgekehrt flbergab i. J. 1214 zu Brixen Graf Albert
von Tirol dem Bischöfe Conrad von Brixen bedingnissweise
einen gewissen Wilhelm und dessen Sohne Fridrich und Conrad;
dabei erscheint als Zeuge unter Andern Hugo von Toveis.
(Sinnacher 2. B. S. 58») Am 16. April 1215 war Hugo von
Tauvers Zeuge ^ als beide Wilhelm von Veltnrns, Vater nnd
Sohn^ vor d^m Bischöfe Conrad von Brixen erklärten, dass sie
kerne Ansprüche auf das neue Hospital au Lengmoos hüten.
CSInnacher 2. B. S. 70.) — Im Jahre 1217 zu Tirol vergab!
Albert Graf von Tirol nach Victring als ewiges Besitzthnm sein
Gut bei Glacendorf (das heutige Blasendorf bei Klagenfurt), —
und fflr den Fall, dass er ohne leibliche Erben dahinstOrbe,
vermachte er noch dem Kloster sein Gut bei Timenitz unter
Bedingung. Des waren Zeugen: Bemard Herzog von KUrathen,
Hugo von Tuvris u. s. w. (Archiv der k« k. Acad. 22 B.
S. 348.) Als im Jahre 1218 zu Brixen der neuerw8hlte
Bischof von Brixen Bertold dem Collegiatstifte daselbst seine
Rechte auf die Kirche von Algund schenkte, «rsohlenen dabei
als erbetene Zeugen : Albert Graf von Tirol^ des Hochstifts Vogt
und Hugo, Edler von Tuvers etc. (Sinnacher 2. B. S. 130.)
Wahrscheinlich in Begleitung semes Bisefaofc Bertold von
Brixen zog unser Hngo von Touvers nach Dhn, und war da*
selbst am 24. Dezember 1218 nebst den Grafen Albert von
Tirol und Ulrich von Ulten Zeuge, als K. Fridrich H. dem
deutschen Orden die St. Leonfaards-Kirche in Passelr schenkte.
(Meine Beitrage nr Gesch. des d. Ordens S. 12.) ~ Hago's IV. von
I Tauvers Zwist mit dem Kloster Neustift wegra des von seiner
Motter Meehtild von Hobed)erg demselben i. J. 1218 ver-
machAenBauhob auf Ahomaoh, und wie dendbe endlich!. J. 1220
gtttlich beigelegt worden^ ist bereits« Seite i& erwflhnt worden.
^1-
— 19 —
Wieder erselieiiit Hugo von Tauvers als Zeuge i. J. 1221, wie
^der Propst Winther von Brixen zur Begründung des Collegiat-
Slifles daselbst 2 Höfe zu Aichach und einen Weinberg sammt
Zttgehör schenkte. (Sinnacher 4. B. S. 82.)
Im Jahre 1224 war als biederer Versöhner zwischen dem
Maii^grafen von Istrien und Herzog Bemard von Kämthen
auch Herzog Leupold von Oesterreich zu Friesach erschienen.
Die Wichtigkeit der Handlung hatte ungemein viele geistliche
und weltlkhe Ffirsten^ Grafen, Edelherm, Ritter und Freie
dahin gezogen; darunter auch Albert, Graf von Tirol, Hein-
hard, Graf von GOrz, Hugo von Tauvers u. A. m.; besonders
da die Brttder Dietmar und Dlrich der Sflnger von Liechten-
stein prunkvolle Kampfspiele und Turnierstechen veranstaltet
und deswegen allerwärts Einladungen dazu hatten ergehen lassen;
14 Tage dauerten dieselben. Auch Hugo von Tauvers brach
manchen Speer mit dem berflhmten Minnesfinger. (Huchar. Gesch,
d. Steiermark 5, B. S. 100, aus Ulr. v. Liechtenstein Gedichten,
herausgegeben von Lachmann, Berlin 1841.) Welches Ansehen
er genoss, welche Macht er besass, und welche Pracht er da-
bei entwickelte, beweisen die angefahrten dem Gedichte Liech-
tensteins entnommenen Verse, indem, während Graf Albert von
Tirol mit 40 Rittern auftrat, unser Hugo von Tauvers mit 23
Rittern erschien *).
*) Aventiure von dem Tnmay ze Frisach 1224.
1. Mai. Dar kom von Tyrol grave Albrecht)
dar kom von Görze graf Meinhartf
der guot vor eren nie verspart
-von Tufers Huc der wolgemuot .... Seite 65.
2 Mai. ich swaic und wände von im dan,
Da mich bestuont ein biderb man.
Der was von Tufers Huc genant:
er fuort ein Sper in seiner hant.
er und daz sper was wflnneclich
gezimirt, er was muotes rieh.
Diu tiost wart ritterlich geriten
und valen bedenhalp vermiten>
— 20 —
Bald darauf warde, wie bereits erwähnt, Hago's IT. tob
Taavers nächster Vetter, Heinrich von Tauvers zum Bischöfe
von Brixen erwählt, und diess bewog unsem Hugo zu emem
Schritt, wodurch er freiwillig aus bisher Freien sich und seine
Nachkommen zu Lehensmftnnem des Stifts Btixen machte; denn
am 21. August 1225 schenkt Hr. Hugo von Touvers seine ihm
als Eigenthum zugehörigen Schlösser Touvers und Uotenheira
mit 40 Mark Bemer Gülten zu Bojen und Steine, Achernach
und Rinne dem Bischöfe und dem Stifte Brixen, und erhielt
Alles wieder von demselben als Lehen zurück, so dass selbes^
falls er Söhne* oder Töchterlos stürbe^ dem Stifte als freies
Eigenthum heimfallen soll. Femer schenkte Hugo dem Bisdiofe
und dem Stifte Alles, was des Stifts Vasallen oder seine eige-
nen Leute von ihm als Lehen Inne haben und sein Eigen ist,
und auch das erhielt er als Lehen zurück^ und zudem gewähr-
ten ihm der Bischof und das Stift, — als Belohnung für jene
er traf mich an daz collir min,
und ich in an dem heim sin.
Die sprizeln harte hohe flugen^
Dia Hute zno durch schoawen zagen.
er und ich wol zehen sper
verstachen, indes kom dort her
von Kaeringe her Hadmar u. s. w. Seite 73 und 74.
10. Mai. In dem tail was grave Albrecht
von Tyrol, des lop ie was siebt.
ez het der edel grave her
da vierzic ritter und niht mer.
von Tafers Hac der schänden fri
het zwainzic ritter vnde dri,
die wol nach eren würben da:
Daz tatens ofte ouch anders wa. Seite 80.
13. Mai. Her Huc von Tufers do began
sprengen nnde her Herman
von Kranperc ritterliche dar:
I die heten bede wan ein schar.
|, ir puneiz also schön ergie,
daz beide dise vnde die
wichen an der selben zit
vil nach akerbreites wit. Seite 85.
— 21 —
Aabendung, — 38 H. B. jährlicher Golt, nemlich den Hof zo
Coteoheim sammt dem Zehent in der Pfarre Touvers und zu
Cesem drei Schwaighöfe ond zu St. Georgen den kleinern Hof,
SU Siegen eine Hube und zu Montan einen Hof, zu Riesbäch
zwei Schwaighöfe (armenta) und in Prägens (Prags) vier
Schwaighöfe (armenta) und die Besitzungen der Frau Maria,
welche der Bischof vom Hm. Hugo samipt Grundstöcken und
Leuten gekauft, und zwar unter folgenden Bedingungen : stirbt
Hr. Hugo und hinterlässt einen rechtmässigen Sohn, so erbt
dieser^ was der Vater dem Stifte zu Lehen aufgetragen und
auch folgende Stflcke, welche selber vom Stifte zu Lehen erhal-
ten, nflmlich den Hof zu Uotenheim , den Zehent in der Pfarre
Tauvers und die drei armenta zu Cesem, hingegen die übrigen
der erwähnten Brizner Lehen fallen nach der Geburt eines
Sohnes oder dem Tod des Vaters dem Stifte wieder heim.
Ueberlebt aber der Vater den Sohn, so soll er Alles sein Le-
benlang besitzen. Hinterlfisst er mehrere Söhne, so soll es
wie bei dem einen Sohn gehalten werden. — Hinterlässt er
hingegen nur eine rechtmässige Tochter, so soll selbe nur obi-
ges als Lehen aufgesendetes Eigen erben, hingegen die andern
vom Stifte verliehenen Lehen heimfallen. Nach der Geburt
einer Tochter also, sollen dem Hrn. Hugo nur jene Lehen
bleiben, die ihm der Bischof in der Pfarre Tauvers geliehen^
das Uebrige aber dem Stifte zurückfallen und nach seinem Tode
die Tochter Ersteres erben, wie oben gesagt worden. Ueber-
lebt aber Hr. Hugo seine Tochter, so soll er Alles bis an sein
Lebensende inne haben. Hinterlässt er mehrere Töchter als
Erben, so soll es wie bei einer Tochter gehalten werden.
Die Hauptleute der Tauverischen Schlösser schworen, sie
wollten, falls Hr. Hugo kinderlos, oder falls er Kinder hinter-
liesse, diese kinderlos starben, erwähnte Schlösser einem je-
weiligen Bischöfe übergeben, und so sollten auch alle jewei-
ligen Hauptleute besagter Schlösser schwören. — Eben so
schworen des Hm. Hugo*s Ritter und deren Söhne vor dem
Bischöfe, nach Kräften dahin zu wirken, dass dies erfüllt
werde. — Ferner versprach Hr, Hugo eidlich^ wenn eio Ans-
Iftnder oder Inländer, ausgenommen er sei ein Hinisterial des
Stifts Brixen, das Stifsgebiet angreift^ selbes vertheidigeo zu
helfen; gegen einen Ministerialen des Stifts will er aber sich
nicht verbindlich machen, ausgenommen er müsse vermöge
eines rechtmässigen Spruchs gegen Ihn ziehen. — Hingeg^
verspricht der Bischof dem Hrn. Hugo bei einem Eide, d^-
selben als einen Hinisterial des Stifts gegen Jedermann tm
vertheidigen und zu schützen. — An diesem gegenseitigen Ver*
trag sind die Nachfolger des Bischob und die Erben des^ Hm«
Hugo, wie sie selbst, gehalM. — Ebenso beschworen die
Domherrn: Winther der Propst, Heinrich der Decan, Gotschalk,
Conrad, Ulrich, Albero, Altmaon und Conrad den Vertrag und
mit ihnen die Stiftsministerialen: die Gebrüder Fridridi und
Arnold von ffodank, Wilhelm vonVeitums, Reimbert vonVels,
Hubert von Castkutt, Wemher von Sohenkenberg , Reimbert
Garro, Albert vonJUschon, Heinrich von Aichach, Härtung vom
Berge, Gotschalk, Bertold und Rubert von Velsecke, Albert von
Voitsberg, Ottokar von Niunbnrg, Heinrich von Münster und
dessen Bruder Walter von Bocce, Ulrich und eine Menge an-
derer nur mit dem Taufnamen Aufgeführter denselben , so wie
vermöge eines der Urkunde beigelegten und mit Hm. Hugo's
Siegel versehenen Zettels nach Hm. Hngo's Schwur auch fol-
gende Ritter: Cunrad Räubere, Ottokar, Heinrich, Albert,
Podem, Ulrich Vinke, Wernher, Swento, Chunrad vonCheme-
naten , Ulrich Hubar , Siboto von Heren. — König Hemrieh,
Graf von Tirol bestätigte am 17« Juni 1315 zu Griess obigen
Vertrag. (Chmel, öster. Geschichtsforscher. 2 B. S« 350, und
Sinnacher 4. B. S. 197). — Uebrigens möchte man nach dem
Inhalte dieser Urkunde fast auf die Vermuthung geführt wer-
den, dass Hugo IV. von Tauvers damals noch keine Kinder,
weder Söhne noch Töchter gehabt habe.
Im Jahre 1228 war unser Hugo nebst dem Bischof
Heinrich bei der hängenden Brücke gegenwärtig, als Graf Albert
von Tirol jenes eigenth4mliche Landgut eu Griess, Ciansea
- 83 -
gegentiber, dem Kloster Neostifl tübT Geridttuwaog und dea
damit TerbandeneD Lastea wie auch von den Gemeindelasten
befreit erlilfirt. (Simiacher. 4 B. S. 213), Horm. Gesch. yon
Tirol, 2 B. S. 276) -^ Im daraof folgenden Jahre 1229 ward
znr Herstellung der gefährdeten Sicherheit im Lande vom Bischof
Henrich mit Wissen und Rath seines Domcapitels, des Grafen
Albert Yon Tirol als Stifkvogtes und aller Ministerialen eine
Sicherheitsbestimmnnganf 3 Jahre festgestellt, und dabei schworen
der Bischof und der Graf in die Hflnde des Domdecans , Alles
sicher und richtig zu halten, was in dieser Hinsicht der Dom-
probst, der Decan und der Graf, dann Hr. Hugo von Taavers,
Hr. Fridrich von SchOneck, Hr. Arnold von Rodank, Hr. Wil-
helm von Veitums, Hr. Heinrich von Castlmtt und Hr. Wem-
herr erfinden und aussprechen würden. C^innacher 4. B. S. 219,
Horroair, Beitr. a. Gesch. d. Mittelalters, H. S. 178.) Das Jahr
darauf errichtete der edle Mann Hugo von Tauvers einen Ver-
trag mit den Domherrn von Brizen; vermöge desselben Aber-
liessen letztere dem Hugo drei Höfe, in Chlame, in Durecke
und im Dorfe Tauvers gegen einen Zins von 10 Pf. B. am
Allerheiligen Feste zu erlegen. Nebstem gab Hr. Hugo den
Domherrn noch einen Hof auf Chlame, wovon er znr nämlichen
Zeit 2 Pf. B. erlegen soll. Sowohl die Höfe als auch die
Zinsleistung sollen auf Hngo's Nachkommen ttbergehen, nach
deren Aussterben aber dem Domcapitel wieder zufallen. Ver-
säumt Hr. Hugo oder dessen Erben den Zins ein Jahr zu er-
legen, so soll er im zweiten Jahre den zweifachen, im dritten
den vierfachen Betrag erlegen, und wird auch dieser nicht er-
legt, so geht der ganze Anspruch verloren und alle vier Höfe
fallen den Domherrn zu. — Der Bischof Heinrich bestätigte
diesen Vertrag im Jahre 1230. (Sinnacher 4. B. S. 226. —
Hormair Gesch. v. Tirol. 2. B. S. 292.)
Im folgenden Jahre 1231 finden wir Hugo von Tanvers
nebst mehreren andern Edlen als Zeuge, wie Meinhard, Graf
von Görz dem Kloster Neuslift jene Abgabe von 20 Stück
Schafmi und Ziegen nacUässt, welche seine Beamten jährlich
— 24 —
um Georgi ans den Klostergtttern um Lienz herum erhoben.
Geschehen zu Brixen i. J. 1231. (SioDacher 4. B. S. 232.
Hormair Gesch. v. Tirol 2. B. S. 299.) Als es sich i. J. 1232
auf Bitte und Befehl des Kaisers Fridrich um die Zurückstel-
lung der Stift brixnerischen Lehen an Herzog Otto von Maran
handelte; da befand sich Hugo von Tauvers mit dem Domprobsl
Winter, dem Decan Heinrich, Fridrich von Schöneck, Wilhelm
dem filtern von Velthurns, Arnold von Rodanfc, Wemher von
Schenkenberg und Wilhelm von Aichach, unter den Schieds-
richtern, die darfiber sprechen sollten. (Sinnacher. 4. B.
S. 238.)
Im Jahre 1233 feierte Herzog Otto von Heran die vollen-
dete Erbauung Innsbrucks und lud dazu die Edelsten des
Landes dahin ein; unter den Erschienenen befand sich auch
Hugo von Tauvers. (Hormair sfimmtl. W.'3 B. S. 227.) —
Am 14. Jfinner 1236 zu Bozen in Gegenwart seines Bittens
Bertold von Tauvers bestätigte Hugo von Tauvers den Verkauf
von drei Weinstäcken, welchen (seine Ministerialen) Hr. Volker,
Sohn weiland Volkers von Chemenaten fttr sich und seinen
Neffen Cunrad von Chemenaten als freies Eigen an Hm. Bertolot,
Sohn weiland Hrn. Bertolot's von Bozen um 33 Pf. B. gethan.
(Urkunde im Ferdinandeum.)
Wir wissen nicht wann und warum unser Hugo von Tauvers
mit den Domherrn von Brixen in Zwist gerieth, in Folge dessen
er und die Seinen denselben manchen Schaden zufügten. Zue
Einsicht seines Unrechts gekommen schenkte er am 25. Juni
1237 denselben zum Ersätze der Schäden, welche er oder dir
Seinen in seinem Namen bisher ihnen zugefügt, einen Schwaighof
in Eurn (Ahm) an dem Orte Clusen mit aller Zugehör und
zugleich mit der Ausnahme von aller Gerichtsbarkeit in Hinsicht
der Schirmvogtei und jeder andern Forderung von. Seite seiner
und seiner Erben. Das geschah in Gegenwart mehrerer Dom-
herrn unter Zeugschaft der Ritter Heinrich von Aichach und
Bertholds von Veldsperch, Hm. Ulrichs Vinko und Hm. Ulrichs
des Hubers, Ulrichs von Utenheim etc. Hr. Hugo und das
— 25 —
Domkapitel aiegelii die Drtoinde. (Sinoacher 4 B. S. 302.) *--
Hr. Hugo legte somit das Gestfindnias seines Unrechtes ab;
suchte aber bei Zeiten seinen Fehler wieder gut zn machen;
wahrscheinlich that er dies, um desto ruhigem Gewissens im
Herbste mit Kaiser Fridrich U. den Zug nach Italien mitmachen
zu k<mnen; dass er diesen wirklich mitmachte, das sagt uns
folgende Urkunde ans dem Saalbnche zu Nenstift: a« J237. Hilti-
gnndis de Tuvers incipiens hie conversari mutato habitu con-
tullt tertlam partem curiie in Luchdach et cum D. Hugo senior
Intravit expeditionem yersus Mediolanum (a. i237) Ottoger miles
ejus, qui legitimam habebat sororem dictae Hiltigundis, per
manus Dommi sui et uzoris suae aliam partem ejusdem curiae
tradidit. Tertia pars ejusdem curiae fuit uxoris Ruoberti Huns-
auge (Mättsauge) sororis pnedictarum. Testis Ruddphus ple-
banus in Tuvers.
Ums Jahr 1240 am 2. März zu Villach verzichtet Hugo
von Tanvers in Gegenwart des Grafen Heinhard von Görz und
Hermanns Grafen von Ortenburg auf die Vogtei Aber mehrere
eigene Leute im Cilerthal, die von Gerlesberg u. s. w. zu
Gunsten des Bischofs Eberhard von Salzburg. CHormair,
Archiv 1827). — Unterdessen war der krftftige Egno, Graf
von Eppan i. Jahre 1239 als Nachfolger des Bischofs Heinrich
auf den bischöflichen Stuhl von Brixen erhoben worden. Bald
hatte Egno Gelegenheit, seinen standhaften Huth gleich nach
dem Antritte seines Bischthams zu erproben. Der bedrohte ihn
am furchtbarsten, der ihn hätte beschirmen sollen, Graf Albert
von Tirol, sein Vogt, an welchem der grOsste Theil der Hini->
sterialen und Lehensritter des Hochstiftes hing. — Egno suchte
vor allem die unter sich getheilten Ministerialen zu vereinigen
und sich dann mit ihnen, so wie mit andern benachbarten
Rittern zu verbinden. Zwietracht war entstanden zwischep Hrn.
Hugo von Tauvers und dessen Stiefbruder Arnold von Rodank ;
Bischof Egno legte selbe freundschaftlich dahin bei, dass beide
ihm eidlich versprachen, sie wollten vom kflnftigen Michaeli an
ein Jahr hindurch jeden entstehenden Zwist dem Schiedsrichter-
~ «» -
liehen Ausspruche des Bischofs, Wilhelms yon Aichach nnd
Aiberts von Voitsberg überlassen und demselben genau nach-
kommen. Lässt sich der Zwist zwischen Ihnen beiden oder
ihren Leuten auf diese Weise nicht beilegen , so sollen obige
Thadinger das rechtmässige Urtheil darüber sprechen. Wollen
sie sich weder an die gOtliche Thädigung noch an den Rechts-
spruch halten, so zahlt der sich Weigernde 100 M. B. Strafe,
weswegen sie ihr Eigenthnm und ihre Stiftsgflter verpfänden.
Ist der Bischof ausser Landes und es entsteht zwischen ihnen
oder ihren Leuten während der Zeit ein Streit, und kann die-
ser durch ihre Freunde nicht beigelegt werden , so sollen sie
seinen Spruch darüber bis 15 Tage nach seiner Rttekkehr er-
warten unter Strafe yon 100 M. B. Das geschah zu Enthoh
am 12. Juni 1240. Zeugen dessen nebst mehreren Geistliehea
die Ritter Graf Ulrich von Ulten, Haward, Reimbert Gerro,
Wemher von Schenkenberg, Ulrich von Rasen ^ Heinrich von
Anras, Beiiold undOtager von Niwenburg, Heinrich von Boimont,
Liabard von Caltem, Gotschalk von Tescheningen , Hugo von
Velturns. (Sinnacher 4 B. S. 328, und Hormair sämmtl. Werke
2 B. S LXXI, wo aber 1242 statt 1240, denn auf diess pssst
die Indict. XHI, so wie auch der Inhalt.
Der Welthändel mfide dachte unser Hugo IV. an Höheres ;
zuerst mit Maria, der Tochter des Vogts Egno von Matsch,
aus der er wahrscheinlich keine Kinder hatte, verehlicht, heira-
thete er nach deren Tode die Gräfin Adelhaid, — (GebhardI
nennt sie eine Gräfin von Hirschberg, so auch Hr. Canonicus
von Malrhofen und Sinnacher, aber alle oTine urkundliche Be-
weise dafär anzuführen; wir aber halten sie fär eine Grafin
von Eppan, denn Bischof Egno Graf von Eppan nennt ihren
Sohn Ulrich IL in einer Urkunde ausdrücklich^^seinen Affinis,
und wie hätte sich dieser sonst J als wahren Erben von Eppan
öfters und in der Urkunde vom J. 1269 ausdrücklich Hm. Ulrich
von Eppan seinen Grossvater (avus) benennen können?). Hit
dieser hatte er zwei kräftige Söhne]: Hugo V. und Ulrich II.,
erzengt, und so ward die Fortpflanzung seines edlen Geschlechtes
- 17 -
fesichert. — Wohl auf Betrieb semer frommen GemahKn stif-
tete em 9. Jttni 1241 der edle Maon Hugo Yon Tuvers und
deflsen Genahlln Adelheid, die edle 6rü6n xn Ehren des hl.
Geistes ein Hospital neben der Marienpfarrkirehe bei Sterzing
anr liebevollen Aufnahme and Verpflegung der Armen. Zur
Grilndang desselben versprechen sie 100 Mark Silber oder an
deren Statt 10 M. Silber jfthriicher Gttterzinse zu geben, und
dafdr stellen sich in die Hflnde des Bischofjs Egno sieben Blir.
gen, nämlich die Herren Ottacher von Tauvers ^ Conrad von
Utenhaim, Bertold Phiffele von Utenbaim, Conrad von Pfalzen,
Albert Zant, Heinrich von Sleining und Peter von Velseck unter
Einlagemngspflicht zu Brixen, so dass, wenn die Stifter inner-
halb eines Jahres vom ktinftigen Hartini angefiingen die benannte
Sunme dem Propste und dem Decane von Brixen und dem
Propste von Neustift nicht eriegen, besagte Bürgen gehalten
seien, in die Stadt Brixen einzufahren und von dort sich nicht
SU entfernen, bis die ganze Summe erlegt ist. — Zur For-
derung dieses guten Werkes der Liebe schenkt auch der er-
lauchte Graf Albert von Tirol seinen Hof zu Aicha bei Tirol
dazu, und zur Vervollkommnung der Stiftung auch Bischof Egno
von Brixen mit Zustimmung seines Capitels die Marienkirche zu
Sterzing und zwar mit Befreiung von jenem Ziuse, den selbe
bisher den Domherrn von Brixen jähriich zu leisten schuldig
gewesen, (Heine Beiträge zur GescK. des deutschen Ordens
S. 22 und Sinnacher 4 B. S. 342.) — Auf Bitte der beiden
edlen Stifter bestimmte Bischof Egno am 23. November 1241,
dass die an diesem Hospitale dienenden Brüder und Schwestern
nach der Regel des hl. Augustinus leben sollten; auch werde
er ihnen die zu 4ragende Kleidung bestimmen und die zu be-
obachtenden Satzungen nach weiser und religiöser Hänner Ralh
in einem Satzungsbnche zusammenschreiben lassen. (Sinnacher
4 B. S. 389.)
Die edlen Stifter Hugo IV. von Tauvers und dessen Ge-
mahlin die Gräfin Adelheid nicht zufrieden mit der grossen
materieten Gabe, wollten sich selbst zum Opfer bringen,
- M -
flberliessen all ihr BesitEtham ihren iwei maimbaren Söhnen
Hago y. und Ulrich II., legten ihre weltlichen Kleider a]) and
traten in diese religiöse Genossenschaft als dienender Bruder
und Schwester. (Deutsch»Ordens-Archiv). — Doch nur wenige
Jahre scheint der edle Hugo lY. im Dienste der Armen Christi
noch gelebt zu haben; denn während aus der Urkunde vom
3. November 1244 hervorEugehen scheint, dass er noch am
Leben war, scheint, er bald darauf gestorben zu sein, da keine
Urkunde mehr seiner erwähnt. Ihn flberlebte seine edle Ge*
mahlin, die Gräfin Addhaid, um viele Jahre; denn i. J. 1253
bat selbe befürchtend , dass nach ihrem Hinscheiden das Ho-
spital, dies Werk der Liebe durch die Macht einiger Grossen
in weltliche Hände kommen möchte zu grossem Schaden der
Armen und Pilger, sammt ihrem Sohne Ulrich, den Grafen
Meinhard von Görz und den Grafen Gebhard von Hirschberg,
das von ihr gestiftete Hospital zur Förderung desselben und
zum Nutzen der Armen dem deutschen Orden übergeben zu
dürfen, wozu diese auch zu Sterzingen am 4. Oktober 1253
gerne ihre Einwilligung gaben. In Folge dessen übergab non
am 27. November 1254 die Stifterin, Gräfin Adelhaid, auf Bilte
des Grafen Gebhard von Hirschberg ihres Schutzherrn mit Zu-
stimmung ihrer Ordensschwestern Juta, Alhaid und Maria das
ganze hl. Geisthospital sammt allen dazu gehörigen Gütern und
Rechten nebst ihren eigenen Personen dem Orden der deutschen
Brüder unter der Bedingung, dass die bereits im Hospitale
lebenden Brüder und Schwestern in Kleidung, Speise und Trank
und allem Andern daselbst erhalten werden und nach des deutschen
Ordens Regel leben und bleiben sollen. Diess geschah in
Beisein Heinhards, Grafen von Görz, Hm. Ulrichs, Edlen von
Tauvers, des Sohnes der Stifterin, Wilhelms Edlen von Cavriak,
Wilhelms Edlen von Aichach, Ulrichs von Reichenberg, Rudolphs
von Dewein, Cunrads von Utenheim. (Heine Beitf. z. Gesch.
d. deutsch. Ord. S. 24). — Da jedoch diese Uebergabe des
Hospitals an den deutschen Orden von Seite des Diöcesan-
Bischofs, wahrscheinlich wegen der damit verbundenen Marien-
Pfarrkirche znStening, Widersprach fand, so betrieb die Stif-
terin (ortwährend die Zastimraung beim päpstlichen Stuhle, in
Folge dessen iwei päpstliche Erlasse, einer von P. Alexander IV.
dat. Yiterbo 5. Nov. 1257, der andere von P. Urban LV. dat.
Orvieto 30. Oktober 1262 gttnstig erflossen; als nan in Folge
letzterer die Stifterin, Gräfin Adelhald, den Bischof Bruno aufs
neue um volle Zustinunong zu der von ihr gemachten Schen-
kung dringend bat, so gab endlich der Bischof selbe am
29. August 1263 zu Sehen; und demzufolge bestätigte auch
die Stifterin, Schwester Alhaid in Gegenwart der Priester David
und Adelbert, Provisoren des Hospitals, Fr. Heinrichs des
Deutschhaus Comturs am 3. September ihre Schenkung aufs
Neue. (Heine Beilr. z. Gesch. d. d. Ord. S. 25). — Da von
nun an ihrer keine Heidung mehr geschieht, so mag die demli*
thige Dienerin Gräfin Alhaid bald darauf heimgegangen sein,
um dort den Lohn ihrer guten Werke zu empfangen.
Durch den Eintritt ihrer beiden Eltern als dienender Bruder
und Schwester im Hospitale zu Sterzing waren deren beide
Söhne Hugo Y und Dlrich II. von Tauvers, — von
Töchtern machen die Urkunden keine Erwähnung, — selbst-
ständig und Besitzer der väterlichen Besitzungen und der An-
wartschaft auf das schöne eppanische Erbe geworden. Bereits
im Jahre 1244 erblicken wir sie als Herren der Herrschaft
Tauvers ; denn am 3. November diess Jahrs zu Brixen in Gegen-
wart Hrn. Hugo's des jUngern von Tauvers und Wilhelms von
Aichach, Hrn. Hugo's von Velturns, Hrn. Ulrichs Vinke und
Conrads von Uotenhaim, (diese beide Hrn. Hugo's von Tauvers
Ritter) schliesst Bischof Egno von Brixen mit den mächtigen
Brüdern Fridrich und Beral von Wanga ein Schutz- und Trutz-
bttndniss gegen Jedermann mit Ausnahme des Reichs, des
Kaisers Fridrich H. und der Brfider Hugo und Ulrich von
Tuvers, unter einer Pön von 1000 Hark Silber. Für den
Bischof stehen als eidliche Bürgen: Hr. Hugo von Tuvers und
dessen Bruder Ulrich, Wilhelm von Aichach und Hugo von
Velturns. CHormair sämmtl. W. 2. Urk. 27). — Da nun
— ao —
hier Hago V. ansdracküch der jtliigere r<m Taovers gemimt
wird, so gehl daraas deatUek hervor, dass sein Vater, Hugo lY.
noch am Leben aber nicht mehr regierender Herr war, da mir
seine iwd Söhne ausgenommen werden; er also bereits im
Hospitale als dienender Binder eingetreten sein mochte. — Die
bcMen jugendlichen und stoiaen Brfider von Tativers mochte es
wohl verdriessen, dass ihr Vater beide FamDienschlösser Tauvers
und Utenheim nebst mehreren Gttiten dem Stifte Brisen xii
Lehen anfgesendet; um nun doch einen freien unabhftngigeD
Schlosssitz zu besitzen, begannen selbe auf ihrem freien Eigen ,
in der Pfarre Gaiss auf einem westlich davon gelegenen halb-
begrünten Hogel den Bau eines neuen Schlosses, und nannten
das vollendete „Schloss Neuhaas^<^). Unterhalb desseifoeD
% Standen davon entfernt entstanden nach und nadi 8 HSuser
und bildeten den Weiler und Burgfrieden Neuhaus. — Jedoch
gerade dieser Bau scheint Anlass zu einer ernsten Fehde zwi-
schen den nächsten Anverwandten, den beiden Edlen von
Tauvers und Arnold von Rodank und dessen Sühnen, warum,
sagt uns die Urkunde nicht , gegeben zu haben , die so ernst
wurde, dass Bischof Egno sich bemflssigt sah, sich ins Mittel
zu legen ; denn 1248 machte Bischof Egno von Brixen einen
Vertrag zwischen seinem Affinis (durch Heirath Verwandten)
*) Wenn Dr. Staffier in seiner histor.-^tatistischenBeschreibiug
von Tirol 2. Th. S. 257 behauptet: Schloss Neuhaus habe schon
1225 den Hrn. von Tauvers gehört, so ist diess unrichtig, da in der
betreffenden bereits erwähnten Urkunde ^ wohl von den Schlössern
Tauvers und Utenhaim die Rede ist, aber Neubaus gar nicht erwähnt
wird. — Eben so ungenaa ist die darauf folgende Notiz: „Ritter
Ulrich von Tauvers kam 1239— 124S mit dem Bischof Egno von
Brixen fiberein> diese Burg (Neuhaus) zur Vermeidung des Streilea
zwischen dem Grafen von Tirol und jenem von Görz wegen der
Oeffnung zu brechen und nimmer zu erbauen.'^ — Unsere oben aus
dem Schatzarchiv entnommene Notiz vom J. 1248 spricht ganz anders
und macht weder von dem Grafen von Tirol noch von dem von
Q(^ die mindeste Erwfihaung.
- M -
Ufaich ¥011 Tiuvers und ewischen Arnold von Rodank und dessen
Söhnen ArnoM und Pridrieh wegen ihrer Fehde, welche zwi-
sehe« dem erwähnten Ulrieh von Tauvers und dessen Bruder
Hugo eines* und erwähnten von Rodank nnderntheils obgewaltet,
demzufolge das neue Schloss oder Neuenhaus abge-
brocheo und nicht wieder erbaut werden sollte. (Schatz-Archiv-
Regesten.) Somit war offenbar die Erbauung dieses Schlosses
die Hauplarsache dieser Fehde, die, wie es scheint, auch zu-
gleieb zu Mssheliigkeiten zwischen den Herrn von Tanvers und
den Bfschof selbst und dann zu offener Feindfeligkeit führte,
md wobei durch die Gebrüder von Tauvers und deren Anhän-
gern d^ra Bischöfe und dessen Stifte bedeutender Schaden zu-
gefügt wurde. Der ältere Bruder, Hugo V., fiel entweder in
dieser Fehde oder starb während derselben und vielleicht mag
gerade dieser Umstand seinen Bruder Ulrich milder und zum
Frieden gestimmt haben; denn am 29. März 1248 kam ein
wechselseitiger Friedensvertrag zu Brixen zu Stande. Bischof
Egno erklärt sich nämlich: er wolle alle jene Schäden, welche
ihm und seinem Stifte Hugo (Y.) von Tauvers seligen
und dessen Bruder Ulrich mit ihren Helfern zugefügt, auf dessen
Bitte gegen dem nachsehen, dass Ulrich von Tauvers verspreche,
von jetzt an bis Pfingsten und von da an 10 Jahre hindurch
des Bisehofs Bundesgenosse wider jedermann , ausgenommen
da» römische Reich und die Hm« von Wanga, zu sein. Jedoch
verlangte der Bischof ausdrücklich , jene Schäden , welche den
Domherrn, den Klöstern und Kirchen in der Fehde zugefügt
worden, sollen darin nicht einbegriffen sein, sondern vielmehr
Ulnch von Tauvers entweder gemäss gütlichem Abkommen oder
laut Rechtsspruch selbe ' vergüten. — Beide Theile schlössen
nun ein Schutz- und Trutzbündniss , gegenseitig verpönt mit
500 H..B. auf ihre Güter, und beschworen auf Seite Ulrichs
von Tauvers durch ihn selbst und seine Ritter : Otager . . .
Conrad von Utenhaim , Bertold , grim und
zweien seiner Hörigen, nämlich Heinrich Kargo und Volkger.
— Zudem ward ausgemacht, falls ein Streit zwischen dem
1
- » -
Bischöfe and Ulrichen von TaaTon oder ihren'
stünde, solle selber innerhalb 14 Tagen, and falls der eine
oder der andere ausser Landes wäre, innerhalb 14 Tagen nach
dessen Rttckkehr beigelegl werden durch sechs friedliche selbst-
gewfifalte Schiedsrichter, nämlich von Seite des Bischöfe darch
Cunrad von Rischon, Albert von Rischon und Hduirich von
Aichach, und von Seite Hm. Ulrichs von Tanvers durch Wflbetai
von Aichach, Conrad von Utenhaim und Bertold Pfaife (viel-
leicht Phiffele von Utenhaim). MOgen sich diese im Sprache
nicht zu einen, so soll gelten, was Hr. Arnold von Rodank
und dessen Söhne Arnold und Fridrich aussprechen; welcher
Theil dann dem Spruche zuwider handeln wflrde, gegen den
sollen Hr. Arnold und dessen Söhne dem beobachtenden Thoie
beistehen. (Horm. sämmt. W. 2 B. S. 29). In dieser Ur-
kunde wird nun Ulrichs H. von Tauvers Bruder Hugo V. deul-
lich als bereits gestorben erwähnt , und da von seinen Kindern
weder hier noch sonst irgendwo eine Erwähnung geschieht, ao
muss er kinderlos und wahrscheinlich auch unverehlicht im
blühendsten Alter dahin geschieden sein.
Bemerkt zu werden verdient hier noch, dass Hr. Ulrich
von Tauvers, Schloss Neuhaus nicht , wie es vermöge obigen
Vertrages geschehen sollte, zerstörte, sondern selbes blieb, wie
viele Urkunden ausweisen, stehen, und wahrscheinlich dies
nebst andern Ursachen war die Quelle der noch fortdauernden
später zu erwähnenden Reibungen zwischen Ulrich von Tauvers
und seinen Gesippten, denen von Rodank. — * Als gute Freunde
begleiteten Ulrich der Edle von Tauvers und Hr. Arnold von
Rodank den Bischof Egno mit andern Edlen nach Sterling und
umstanden denselben als Zeugen^ da am 14. Mai 1248 die
Grafen Georg und Fridrich von Eppan dem Bischöfe Egno
eidlich sich verpflichteten, ihm die Schlösser Königsberg and
Vassio zu übergeben, und zugleich Verzicht auf die ErbschafI
des Grafen Ulrich von Ulten leisteten. (Horm. Gesch. v. Tirol
2 B. S. 341.) Ebenso erscheint unser Ulrich, Edler von
Tauvers mit Fridrich, Grafen von Eppan und vielen
- 88 -
Edlen im Ciiore so IriiMto ab Zeage, wie BenAard von Malfef
mit sfinen Brüdem Heioricb and Waltminn tnd deren Sdiwesler
Innengard, die ftich voii der Hörigkeit Hrn. Vkitha tod Werre
tosgekanfl halten, dem Dienste der iQrche ton Brixen sieli
opierlea. (Sinnaoher 4 B« 8. 3640 ^ Am Montag naeh Hdria
Himnieirabrt 1250 maekle das Kloster NensliA einen Yerth«
mit de* Brttdem Rnebert, Albero nnd Ulaobalk genannt die
MetMadgea (Hintalerialen der Bdlen ton Tanrers} wegen des
Hofii so FMMit; das Stift gab dem Rnebert 80 Pf. B. und
dieser yerzichtete dafür nicht nor auf seine Ansprüche an die-
sem Hofe^ sondern übernahm es auch, seine Brüder dazu zu
bewegen. Als Bürgen stellte er seinen Herrn Ulrich den Edlen
▼OD Tamrers, der auch die Urkunde siegelte. (Sinnacher 4 B.
S. 534 ex arch. Neocellensl.)
Als Lehensmann folgte Ulrich von Tauvers im folgenden Jahre
dem Rufe seines Lekensherm, des neuen Bischofs von Brixen Bruno,
ris dieser seine Mannen aufmahnte zum Zuge gegen das Schloss
Sonnborg bei Innsbruck, und begleitete denselben auf dessen
Zage vor dasselbe; Beweiss dessen, als Bischof Bruno im
Jahre 1251 sor Zeit, da er das Schloss Sunnburg belagerte,
dem Conrad ton Schrovenstein und dessen Töchtern alle stif-
tischen Lehen bestfiligte, dabei ihn unter andern Ulrich, Edler
von Tuvers ds Zeuge umstand. (Sinnacher 4 B. S. 436.
ex Rossbiehier.)
Ob Ulrich von Tauvers Jene verheerende Fehde, welche
Graf Albert von Tirol und dessen Schwiegersohn Graf Hein-
hard von Görs im Jahre 1252 gegen den Erzbischof Philipp
von Salzburg begannen, als Kampfgenosse mitgemacht, oder
aber, was wahrscheinlicher, erst nach der Niederlage und Ge-
flittgemiehmung des Grafen Albert mit dem Bischöfe Brutto von
Bilxen und Andern Edlen des Landes als Friedensvermittler
anfgefrelen, ist urkundlich nicht zo entscheiden; genug, am
12. Dezember 1252 zu Gmünd geloben Bruno, Bischof von
Brixen, Albert, Graf von Tirol, Eberhard, Graf von Kirchberg^
die Gebrüder Fridrich ond Berti von Wanga und Ulrich von
8
— 34 —
Tauvers dem erwäUteo Enbischofe Philipp von Saltburg fiber
Luenz sich nicht hinauszubegeben, bevor sie ihm nicht fflr (ß\B
Lösegeld für Graf Albert) zu bezahlende 300 Hark Silber «ne
annehmbare Caution geleistet oder daffir die Schlösser Stein
und Joun zu Pfand übergeben hfltten. Jedoch erhielten die
Gebrüder von Wanga und Hr. Ulrich von Tauvers von ihm die
Erlaubniss auch über Luenz hinaufzuziehen, wenn sie ihm nur
gelobten, auf geschehener Aufforderung vermöge jenes Verspre-
chens nach Gmünd wieder zurückzukehren. (Hormair, Archiv
1827, S. 560.)
Nach dem i. J. 1253 erfolgten Tode seines Freundes, des
Grafen Albert von Tirol, waren dessen Besitzungen an seine
Schwiegersöhne Heinhard von Görz und Gebhard Graf von
Hirschberg übergegangen; am 4. Oktober 1253 zu Sterzingen
Urkunden diese beide, dass der edle Mann Ulrici; von Tuvers und
dessen Mutter Frau Alhaid von ihnen die Erlaubniss erhalten,
das von ihnen und ihren Vorfahren gegründete Hospital zu
Sterzing den Brüdern des deutschen Ordens übergeben zu dür-
fen, (mihi.) Aus dieser Urkunde geht deutlich hervor, dass
Ulrichs IL Vater, Hugo FV., so wie auch dessen Bruder
Hugo V. bereits gestorben waren, da ihrer hier keine Erwäh-
nung geschieht. — Im Jahre 1254 wohnte unser Ulrich von
Tauvers mit dem Bischöfe Cunrad von Freisiogen, den Brüdern
Fridrich und Beral von Wanga u. a« dem auf emer Wiese
bei Heran am 10. November vorgegangenen wichtigen Akte
der Theilung der von dem Grafen Albert von Tirol binterias-
senen Lande und Güter zwischen Heinhard III., Grafen von
Görz und Gebhard, Grafen von Hirschberg als Zeuge bei.
(Hormair, Gesch. v. Tirol 2. B. S. 350). — Und nun ver-
schwindet er volle 5 Jahre aus den Urkunden; wir wissen
nicht, ob er vielleicht in auswürtigen Diensten abwesend war.
Indessen war aber ein für seine Familie wichtiges Er-
eigniss eingetreten; Graf Ulrich von Eppan-Ulten war im J. 1248
gestorben; dessen Vettern, die Junker Fridrich und Geoig,
Grafen von Eppan, welche er mit seinem Vetter Grafen figno,
— 35 —
damals Bischof ton Brixen, im Jähre 1241 za Erben aller
seiner Güter, Schlösser etc. eingesetzt hatte, waren demselben
wenige Jahre nachher ins Grab kinderloss gefolgt; Ulrich II.
Ton Taavers als Sohn der Grä6n Adelhaid, wahrscheinlich einer
Schwester der obigen zwei Grafen Fridrich nnd Georg von
Eppan, beanspruchte nun ihre ganze Hinterlassenschaft, in so
weit selbe Familien Eigenthum war, und nannte sich von
nun an „den wahren Erben von Eppan.^ Allein er fand hierin
Einspruch von Seite anderer Verwandten, besonders aber von
Seite Hm. Ezelin's von Egna und dessen Söhnen, so wie von
den Herrn von Hontfort, von Bischof Egno als Grafen von
Eppan und Andern, mit denen er darüber in beständigen Hader
lag, vorzüglich mit den Herrn von Egna; jedoch gelang es
ihm wenigstens in den Besitz des Schlosses Eppan und einiger
k Güter derselben besonders in der Gegend von Eppan sich zu setzen.
Am 19. Februar 1259 wohnte Ulrich von Tauvers mit
dem Grafen Bertold von Eschenloch und andern Edlen zu Trient
dem feierlichen Akte bei, als Bischof Egno von Trient not-
gedrungen den Grafen Hein&ard und Albert von Görz^-Tirol die
Investitur mit den alten und neuen trientnerischen Lehen er-
theilte« (Rormair, Gesch. v. Tirol. 2. B. S. 374.) — Ebenso
erscheint Ulrich von Tauvers am 19. Jänner 1263 nebst andern
Edlen im Harkte Hatrei als Zeuge, wie die Brüder Meinhard
und Albert Grafen von Görz-Tirol dem Kloster Benediktbeuem
die Schenkungen weiland Otto's Herzogen von Heran bestätigte.
(Honum. boica 8 B. S. 36.) Wahrscheinlich war er mit diesen
Grafen dem Pfalzgrafen Ludwig von Baiem, der als friedlicher
Schiedrichter in dem nach dem Tode Elisabets Gräfin von Tirol,
Gemahlin Gebhards von Hirschberg zwischen diesem und den
Grafen von Görz-Tirol wegen des lirolischen Erbes neuerdings
ansgebrochenen Streites nach Sterzing kam, entgegengeritten;
und so wohnte er auch dem von besagten Ffalzgrafen am
1. Februar 1263 zu Sterzing gefüllten schiedsrichterlichen
Spruche über die Theilung der bei der Theilung im Jahre 1254
obiger Elisabeth, Gräfin von Tirol, und deren Gemahl, Gebhard
3*
von Hirsciiberg', zugefalleneD Lande, ScUöMer udd fiüter ab
Zeuge bei. (Hormair, Gesch. ?. Tirol 2 B. 8. 381.)
Sehr wahrscheinlich bei dieser Gelegeaheil beauftragte
Pfaligraf Ludwig unsero Hugo von Tauvers, den er hier
näher kennen lernte, mit einem wichtigen Geschäfte; BooeUi
Notizie, Vd. U. pag. 607 fahrt ohne Tages- und JahnaU-
angabe folgende Notiz an : Bisdiof Egno verfieh seinem treuen
Ulrich von Tauvers alle jene Lehen , welche die verstorbenen
edlen Männer Siboto und Conrad, Grafen von Hadmarsberg so*
wohl im Lande im Gebirge als ausserhalb desselben von der
Kirche von Trient zu Lehen getragen. — Dless mag nun im
Jahre 1263 geschehen sein, und Dlrich von Tanvers selbe nur
als Afterlehen im Namen des Pfalzgrafen von Baiem getragen
haben; denn es heisst in einer Urkunde, dat. Trient am
21. April 1263: Egno, Bischof von Trient belehnt den Herzog •
Ludwig von Baiern mit den Lehen, welche durch den Tod
Sibot*s Grafen von Hadmarsberg heimgefallen, mit den dasi ge-
hörigen Schlössern, Dörfern, Gebieten etc. secundum morem
reeti et honorabilis feudi. (Lang, bair. Regesten 3. B. S. 202.)
Unterdessen hatte sich wieder im Bischthum Brisen eine
bedeutende Fehde erhoben; indem Wilhelm von Aichach sidi
verrätheriseh des dem Stifte Brixen gehörigen Schlosses Castlrutt
im Jahre 1262 bemächtigt hatte und sich darin hielt. Wegen
der Festigkeit des Schlosses und der verzweifelten Gegenwehr
der Vertheidiger wollte es dem Bischof Bruno nicht gelinget,
selbes einzunehmen ; dieser hielt es daher fUrs Beste, das Schioas
dem Grafen Heinhard von Görz-Tirol während der Belagerung
am 31. Mai 1262 gegen Erlag von 300 M. B. zu Lehen anta-
tragen« Sei es nun, das« der Graf den Antrag nicht annahm
oder wie immer; es gelang endlich dem Bischöfe selbst, den
Rctellea Wilhelm von Aichach sammt dessen gleiduiani^en
Neffe« in sefaie Hknde zu bekommen; am 2& August 1264
mussten selbe bei ihrer Entlassung aus der Oefangensehafl dea
Grafen Heinhard und Albert von Tirol eine Entsagungsarkunde
auf alle von denselben kerrährendea Leben und Pfaadschaflen
— 8T —
aassteUen, woftlr selbe «e ihres Scbolzes versiclierten ; dabei
erschien nebst Bertoid Grafen Yon Eschenloch auch Ulrich yod
Tauvers als Zeuge. (Fontes rer. aastr. 1 B. S« 61 >* — Hart,
aber verdient, wegen ihres grossen Frevels waren die Bedin-
gungen, welche sie am Tage darauf, 27. August, gegen den
Bischof eingehen mussten; darunter auch die: alle Lehen und
Pfandschaften , welche sie von den drafen von Tirol und Hm.
Ulrich von Tauvers, inne haben, scriltan sie übergeben; sie
sollten auch dem Bischöfe, dem Grafen von Tirol und Hrn.
Ulrich von Tauvers und deren Dienern und Freunden Urt^de
schwiht», und stellten dem Bischöfe und dem Ulrieh von Tauvers
Geiseln, weiche letzterer zu seinen Händen nimmt, und selbe,
im Falle die Aichacher die Bedingungen nicht halten, gefangen
dem Bischöfe ausliefert. (Sinnacher 4 B. S. 554 und Hormair
sämmt. W. 2 B. Urk. 28, der aber selbe irrig auf 1248 datirt.)
Bereits seit vielen Jahren war Ulrich H. von Tauvers mit
der edlen Eufemia (von Hllnenberg; — von Mairhofen
und Sinnacher machen aus ihr eine Gräfin und zwar eine Grftfin
von Eppan,) verehlicht; am 28. September 1264 urkundet Ulrich
von Tauvers ^ dass er aus eigenem Antriebe und mit Zustim-
mung seiner Gemahlin Eufemia alle Gerichtsbarkeit (jnrisdic-
tionem) und alle Ansprüche, welche er von Bischof Bruno von
Brixen oder seinem Vater Hugo seligen Andenkens auf das
Harienhospital zu Sterzingen im Hoose und dessen Zugehör über-
kommen, den Brüdern des deutschen Ordens übergebe. Zeugen
dessen: Bruno, Bischof von Brixen, Heinhard, Graf von Görz
und Tirol, Cunrad, Graf von Kirchberg, die Ritter Heinrich und
Jakob von St. Michaelsburg, Heinrich von Weifsberg, Heinrich
genannt Mensauge, Pfarrer in Lum und dessen Brüder Rubert
und Uischalk, Scolasticus zu Innichen, Hr. HUtigrim Ritter von
Uotenhaim. (Archiv St. Zenoberg.) Es hängt daran das grosse
Siegel Ulrichs von Tauvers, darstellend einen Schild von drei
Sparren quer durchzogen, und in diesen die Wecken; auf dem
Schilde erhebt sich ein Heim mit einem ausgebrdteten Pfeuen-
sehwanze verziert, — Wahrscheinlich schenkte er auch bei die*
— 38 —
ser Gelegenheit den deutschen Ordens Brüdern das ihm zn-
istehende Patronatsrecht der Pfarre Tauvers.
In welchem Ansehen Ulrich von Tauvers selbst bei den
Grossen des Landes stand, zeigt folgende Urkunde« Es hatte
sich eine Fehde zwischen dem Grafen von Tirol und dem an-
gesehenen Ezelin von Enn erhoben ; Letzterer von dem Ersteren
belagert sah sich gezwungen, sich zu ergeben. Am 13. Sept.
1266 im Lager der Grafen von Tirol vor dem Schlosse Enn
gelobt Ezelin von Enn unter der Pön von 400 Hark Silber,
wofür er- Bürgen namhaft macht, den Grafen Meinhard und
Albert von Götz und Tirol, die nächsten zwei Jahre weder an
Ländereien noch Burgen Schaden zuzufügen, weder ihnen noch
ihren Ministerialen. Das Urtheil über allenfalls zugefügten
Schaden sollen der Bischof Bruno von Brixen und Hr. Ulridi
von Tauvers, zu schöpfen haben. Auch versprach Hr. Ezelin
den Grafen beiständig zu sein gegen Jedermann ausgenommen
gegen Bischof Egno von Trient, dessen Verwandte und Hm.
(Ulrich) von Tauvers. (Fontes rcr. austriac. 1 B. S. 77).
Wenige Zeit darauf wurde Ulrich von Tauvers wieder mit
den Hrn. von Rodank in eine Fehde verwickelt; Bischof Bruno
vermittelte eine Verständigung. Am Freitag nach Nicolai 1266
zu Bruneck bekennt Ulrich von Tauvers mit in die Hände des
Bischofs Bruno geschworenem Eide über den Streit und die
Fehde zwischen ihm und den Herrn von Rodank, dass er sich
mit Hrn. Fridrich von Rodank unter solcher Bedingung und
Gelöbniss verständigt habe, dass er denselben und dessen Edle
und Unedle an Sachen und Personen versichert und in Nichts
belästigen wolle , ausgenommen, was seinen Herrn den Bischof
von Brixen und seine Herrn, die erlauchten Grafen Meinhard und
Albert von Görz und Tirol angehe. Dazu habe er noch die
Bedingniss eingegangen , an weldiem Tage er dem erwähnten
von Rodank , — was Gott verhüten möge , — abzusagen für
nothwendig erachten würde, besagter von Rodank und all die
Seinen vom Tage der Kündigung an noch vier Wochen hin-
durch von ihm und den Seinen an Sachen, Person und Ehren
— 39 —
unbehelligt bleiben sollen. — Auch habe er demselben zuge-
sagt, ihm nicht absusagen, wenn selber in auswärtigen und
fernen Lfindem wäre, bis er in seine Heimath zurttckgekehrt.
Zu grosserer Sicherheit hängt er und Bischof Bruno ihr Siegel
daran. Zeugen dessen: Bischof Bruno, der Dompropst Hart-
mann, Cunrad der Decan, Hr. Bertold von Grünenbach, Hr.
Reimbert Yinche, Hr. Htltigrim von Uotenhaim, Hr. Albero von
Nuoders, Heinrich von der March und Hr Gregor, alle Ritter.
(Slatth -Archiv.)
Ungeachtet dieser Verständigung scheinen bald wieder neue
Zerwflrfnisse dieses Pridrich von Rodank mit Hm. Ulrich von
Tanvers und selbst mit dem Bischöfe Bruno sich erhoben su
haben; die Ursache der Reibungen, besonders mit Letzterm,
scheint vorzüglich darin gelegen gewesen zu sein^ dass er
auf seiner Herrschaft Gewerbsleute, Handwerker oder Kaufleute,
Cives, unterhielt; wahrscheinlich wollte Bischof Bruno zu Gun-
sten seiner Stadt Brixen selbes Ihm nicht dulden, weil der-
gleichen Leute nur in Städten und llärkten wohnen durften;
Fridrich von Rodank gedachte daher, auf seiner Herrschaft einen
Marktflecken und zu dessen Schutz gegen die Bischöfe und
vidleicht auch gegen die Herrn von Tauvers auch ein Schloss
zu erbauen. Um nun seinen Plan durchsetzen zu können, that
er einen Schritt, der ihn aus einen Freien zu einen Vasall der
Grafen von Gönt-Tirol machte, indem er am 9. Jänner 1269
im Schlosse Neuhaus (bei Terlan) sein Schloss und den ganzen
Berg Rodank und die Clause in Haslach den Brüdern Heinhard
und Albert, Grafen von Görz und Tirol als Bigenthum übergab ;
dafür sollten die Grafen auf dem Berge ein Schloss bauen und
ihm darüber die lebenslängliche Bnrghut mit 10 M. S. jährlichen
Gehalt geben und in der Ebene mit ihm einen Marktflecken er-
bauen, wovon die Hälfte ihm zustehen soll, damit er diesen mit
seinen Bürgern besetzen könne u. s. w. N^bst anderm machen
sich daftir die Grafen gegen ihn verbindlich, den Bischof Bruno
von Brixen durch jedes Mittel dahin zu bringen, ihm seine
Rechte, Zukömmlichkeiten und Besitzungen, die ihm sein Gross-
- 40 -
vat^ und Vater {linterbisseD , zarflekioslelleii. Bbeiwo Mllea
3ie aqch schuldig sein, ihm bei Hm. Ulrich dem Edlen von
Tauveri^ über Alka, was er gegen denselben vorzubringen habe,
Rechl zu versd^aVen und falls dieser das Recht verweigere,
denselben auf alle mögliche Weise dazu zu zwingen u. s. w.
Diese letztern Punkte klären uns auf, was den bisher freieD
Fridrich von Rodank bewogen, ein Vasall der Grafen von Görz-
Tirol zu werden ^nd dem Stifte Brixen und dem Ulrich von
Tauvers einen solchen Streich zu spielen. Er fand sich nftOH
lich gedrückt von dem Rischofe von Rrixen und von Ulrich
von Tauyers und hatte selbst nicht Krtffte genug, om sich
wjder beide aein vermeinliches Recht zu verschaffen, er mnaste
sjph ako unt^ den Schutz eiqes Michtigem begeben , den er
aber nur durch Yerzichtieistung auf seine Unabhfingigkeit er-
kaufen konnte, CRüggl, Sammler von Tirol 4 B. S. 51 und
Sinnacher 4 R. 8. &46). — Wohl in Folge dieses für den
' Bisehof von Rris^en sowohl als auch für Ulrich von Taave»
bedenkliche and etwas geffthrlichen Uebereinkommens Fridrichs
von Rodank mit den Grafen von Qörz-Tirol mochte es ge-
schehen, dass, ^ wie die Urkunde sieh ausdrückt, — zwischen
dem Bischof Bruno und Ulrichen von Tauvers einer- and den
Grafen von Görz und Tirol andererseits ein gewisses Misslrauen^
der Keim von gegenseitigem Hasse entstand. Diesen abzu«
schneidern wurde mit beiderseitiger Uebereinstinimung zu Bosea
am 5. Mai 1270 folgender Vereins- und Friedensvertrag er-
richtet : der Bischof Bruno schwor einen leiblichen Eid so wie
die Herrn Eberhard, Graf von Kirchberg und Ulrich von Tau-
vers und mit ihnen Heinrich von Voitsberg, sie wollten den
besagten Grafen, deren Leuten, Gönnern und Hdfern vom Tage
des Vertrages an bis nüchstkünftiges Fest der Geburt des hl.
Johann ßapt. und von da an noch zwei Jahre hindurch keinen
Schaden oder Schimpf an Gütern oder Fensonen zufügen oder
durch die Ihrigen zufülgen lassen« Eben dasselbe schworen
ihrerseits Graf Meinhani für sich und seinen Bruder Albert,
dann die Heiwn Fridrich von Rodank, Berohtnng von Mais,
- 41 -
Brimrd van Zwincensteia, Reinimehl veo Toitsberg, Heinrich
igr Lajaner, Wilhelm von Aichach and Bertold Tarant Dann
wvfden noch vnrachiedene Bestinunongen beigeselzl, wie etwa
ent3U4ieni]e Irrungen aosgeglichen werden aollten. Zeugen dabei :
Heinricbp Propal von Neiutift^ Fr. Fridrich, Comtor des den^
sehen Hauses zu Boaen mit mehreren Adelichen. (Collect.
B«sch und Hormair, Gesch. v. Tirol 2 B. S. 436 und 444).
Jedoch nicht lange daaerte dieser Friede; schon im fol-
genden Jahr0 1371 waf ein neuer Vertrag zwischen Bischof
Bruno and dem Grafen Meinhard nothwendig, welcher am 10.
Jali d. J. im Kloster Neustift errichtet wurde und der vom
OaUim an drei Jahre hindurch bis Michaeli 1274 dauern sollte
UQter der Pdn von 600 Mark Silber. — Damit diesem Vertrage
nichts im Wege stünde, ward auch jener Eidschwnr, womit
sich dff Bisehof gegen den edlen Mann Ulrich von Tonvers
verbindlich gemacht, als aafgelOst erklärt (Hormair, Gesch.
y. Tiiol 2. B. S. 443.) — Da dieser Vertrag in Neustift ge-
aehioasen wurde, so glaubte Propst Heinrich die beste Ge-
legenheit zu haben, seinen hohen Gästen die grossen Schäden
voranstellen, welche sein Stift bei den wiederholten Ausbrüchen
der Feindseligkeiten von beiden kriegführenden Partheien schon
öfter habe ausstehen müssen und noch zu' befürchten habe.
Da gaben nun Bischof Bruno^ die Brüder Meinhard und Albrecht,
Grafen von Görz- Tirol und Ulrich, Edler von Tauvers am
11. Juli 1271 zu Neustift das Versprechen ab, ,sie wollten,
wenn noch einmal so eine Fehde ausbrechen sollte, das Kloster
und alle dessen Leute und Güter, besonders jene, welche hinter
Thoren und Hauern verschlossen wären ^ ganz unbeschädigt
lassen. Der frevelhafte Uebertreter dieses Versprechens sollte
sieh die Strafe des Kirchenbannes zuziehen und so lange in
demselben verstrickt bleiben, bis er dem Stifte vollständige
Geougthunng leisten würde. In jedem Orte, welchen ein sol-
cher Frevler betreten wird, soll jeder öffentliche Gottesdienst
eingestellt bleiben , so lange derselbe dort weilt. Der Propst
soll zvar die Vollmacht haben , von dieser Kirchenstrafe los
— 42 —
zu binden, aber erst nach geleisteter Genngthuung. Wenn sich
andere Ministerialen an diesen Freiheiten des Klosters vergreifen,
so sollen sie aller von dem Bischöfe oder dem Grafen erhal-
tenen Lehen verlarstig und lioch daza mit dem Banne belegt
werden. (Sinnacher 4. B. S. 472—476, ex arch. Neocell. und
Horm. Gesch. v. Tirol 2. B. S. 326 und 445.)
War demnach Ulrich von Tauvers mit dem Grafen von Tirol
in Reibungen gerathen, so hinderte ihn diess doch nicht, mit
demselben friedlich zusammen zu kommen; so umstand Uliich
der Edle von Tauvers mit andern Edlen die Grafen Heinhard
und Albert von Görz-Tirol^ als selbe zu Lienz am 17. Marx
1269 das Stift Admont mit den Burggrafen von Lienz Fridrich
und Heinrich verglichen, welche gegen Zahlung von 60 Pf. 8.
allen Ansprüchen auf die admontische Alpe in Grosskirchheim,
die grosse Fleizze genannt , auf immer entsagten. ( Mnchar,
Gesch. d. Steiermark, 5. B. S. 332.)
Auch andere, friefliichere Geschäfte vollführte unser Ulrich
von Tauvers in der Zwischenzeit. Hatte er sich schon früher
den deutschen Herrn zu Sterzing wohlthfitig erwiesen^ so be-
thäligte er diess aufs neue^ indem er durch Urkunde dat. Neu-
haus am 20. Dezember 1269 als wahrer Erbe von- Eppan
mit Hand und Willen seiner Gemahlin Ofmia dem Deutsch-
ordensspitale zu Sterzing die zum Schlosse Eppan gehörigen
zwei Gapelien der hl. Maria Magdalena und des hl. Petrus,
erstere beim Schlosse Eppan selbst, die andere bei der Pfarr-
kirche zu St. Pauls gelegen, sammt allen ihren Zugehörungen
und Rechten, wie er solche von seinem (mütterlichen)
Grossvater^ dem Grafen Ulrich von Eppan, dem das
Patronatsrecht derselben vermöge Erbrecht gehört hatte, über-
kommen, — schenkte; jedoch unter der Bedingung, dass der
Orden selbe nie ohne seine oder seiner Erben Zustimmung ver-
äussere. Zeuge dessen der Canonicus .Gerold von Sunnbürch
und seine Ritter: Hiltigrim von Utenhaim, Rupert Yinche, Vol-
ker von Chemnat, Rupert Meusauge, Conrad Schilcher, Heinrich
Jouchard. — Die Veranlassung zu dieser Schenkung gab sein
- 43 -
Caplan an besagten Capelleo, der erwfthnte Canonloos Gerold
von Siinnbarg; denn gerade um diese Zeil war der Domherr
Conrad der Grieser, Pfarrer zu Taovers gestorben, und Herr
Geroll wttnschte dessen Nachfolger zu werden. Weil nun aber die
Pfarre Tauvers damals, sehr wahrscheinlich als Geschenk Ulrichs
von Tauvers dem deutschen Orden gehörte, so wusste er seinen
Herrn zu bereden^ dem Orden obige zwei Capellen sammt Zu-
gehör gegen Ueberlassung der Pfarre Tauvers zu überlassen,
worein auch der Orden willigte. — Als nun aber Bruder
Dietrich von Wibelchofen, Comtur der Bailei zu Bozen am
30. December 1269 vor Bischof Egno von Trient trat und um
Bestätigung der Schenkung besagter Capellen an den Orden bat,
erwiederte ihm der Bischof: es hätten mehrere Herren^ näm-
lich die von Mootfort, Hr. Ezelin von Egna, er, der Bischof,
selbst, und noch Andere (als Erben von Eppan), deren Rechte
er an einen Dritten nicht vergeben könne, Ansprüche auf erwähnte
Capellen; würde er ihnen diese Schenkung gewähren, so thue
er es nur unbeschadet der Rechte seiner Kirche und der Uebri-
gen. Als nun der Comtur und die Brüder baten, er möchte
ihnen wenigstens jene Rechte verleihen, welche die Herren von
Tanvers daran hätten, so gewährte ihnen diess der Bischof.
(Fontes rer. austr. I. B. Urh. *90.) Demzufolge sandte am
i. Jänner 1270 zu Bozen im bischöflichen Palaste der Canonicus
Gerold von Sunnburg und Caplan des edlen Dlrichs von Touvers
in die Hände des Bischofs von Trient alle seine Rechte auf
erwähnte zwei Capellen zu Gunsten des deutschen Ordens auf,
nämlich das geistliche Recht, welches er hatte vermöge der
Präsentation durch den Bischof und das Temporale von Herrn
Ulrich von Touvers. (Rcpert. arch. episc. Trid.) — Den bis-
herigen Wohlthaten gegen das deutsche Ordenshaus zu Sterzingen
fügte Ulrich von Tauvers mit Zustimmung seiner Gemahlin
Ofmia bald darauf eine neue hinzu, indem er am 6. Hai 1270
zn Sehen in Gegenwart des Bischofs Bruno von Brixen, des
Grafen Eberhard von Kirchberg, Hrn. Alberts von Voitsberg
zum Besten des Hospitals zu Sterzing zu ihrem und ihrer Eltern
— 44 —
Seelenheil zwei Weinhöfe zi Tscherms and einen m NiBes
sammt den dazu gehörigen Waiden und Wiesen schenkte. (Meine
Beiträge zur Gesch. d. d. Ord. S. 29.)
Im Verlaufe dies^ Zeit waren indessen Ereignisse vor*
gefallen, welche wichtigen Binfluss auf die Familie der Edlen
von Tauvers Obten. Im Jahre i246 war der leiste der haben-
bergischen Herrscher Oesterrelchs, Fridrich der Streitbare^ ge«
fallen ; durch Wahl der österreichischen Stftnde ward der jagend«
liehe Ottokar von Böhmen ihr Herzog geworden, der i. J. 1261
theils durch List, theils durch Gewalt auch in den Besitz der
Steiermark kam, und nach dem am 27. October 1269 erfolgten
Tode des kinderlosen Herzogs Ulrich von Kfimten vennög emer
von demselben am 4. December 1268 besiegelten Urkunde anch
dessen Länder in Besitz nahm, und so gränzte nun des Böhmen-
königs Ottokar Herrschaft an die Lande der Grafen von Gön
und Tirol. Wie nun unser Ulrich von Tauvers mit ihm bekannt
geworden, wissen wir nicht ; genug, im Jahre 1273 finden wir
ihn, wenn anders Huchars Angabe^ Gesch. d« Steiermark 2. B.
S. 355 richtig ist, — ^ais Ottokars Hauptmann in Kärnten; denn
am 30. October 1273 zu Fridalsdche schenkt Meinhard von
Hörberg mit Zustimmung seiner Gemahlin Irmengardis alle seine
Galten zu Pafe bei Lavamttnde den Nonnen zu Mährenberg in
Beisein der Zeugen: Ulrich von Tauvers, Hauptmann
in Kärnthen^ Ulrich von Heunburg^ Herrand von Wildon
u. a. m. (loc. citato.) — Jedoch scheint er im folgenden Jahre
1274 diese Würde nicht mehr bekleidet, wohl aber in jenen
Gegenden sich aufgehalten zu haben. Damals war der Patriarch
Raimund von Aquileja in einer Fehde mit dem Grafen Albert
von Görz-Tirol verwickelt, wobei Letzterm unser Ulrich von
Tauvers Beistand geleistet zu haben scheint; endlich als im
August 1274 der Patriarch nach Friaul kam^ fand ein Com-
promiss zwischen beiden statt; am 18. August eompromittlrten
zu Cividale der Patriarch auf seinen Neffen Gotfrid de la Torre,
Podestä von Padua, Graf Albert von Görz-Tirol hingegen anf
Hm. Ulrich von Touvers; Obmann sollte Hr. Goard Sohn Hrn.
— 4B —
BiacliiD'fi von Camiio seiB, imd alle drei Aber die zwischen
ihnen schwebenden Streitfragen innerhalb 10 Tagen entachei-
deo. — Der Patriarch gab sofort am nämlichen Tage noch nach
dem Rathe dea Hm. Gotfrids de la Torre und Hm. Ulrichs
von Tauvers dem gegenwärtigen Grafen Albert auf, er soll ihm
bis morgen anter einem Eide schriftlich alle Namen derjenigen,
welche bei ihm oder in seinem Dienste gewesen bei der Ge«
fangennahme Hm. Gregor's des Patriarchen und bei den demselben
aagefttgten Schäden, angeben. (Bianchi docum. histor, Forijnlien*
sis, Archiv der h. L Acad. 22. B. 8. 392). — Im folgenden
Jahre 1275 erblicken wir unsem Ulrich von Tauvers mit Bertold
and Heinrich Grafen von Eschenioch, Albero von Wanga n. A. m.
am 14. März bei der Ausfertigung des eigentlichen Stiftbriefes
des Klosters Stams als Zeugen. (Arch. Consist. Brixin. ; Hor*
mair^ Gesch. v. Tirol, 2. B. S. 486.)
Unterdessen waren wieder wichtige Ereignisse elogetreten,
welche auch den Hm, von Tauvers neue Wirkungskreise eröff-
neten. Nach dem Tode des fremdländischen Herrschers Richard
von Cornwallis am 2. April 1272 ward nach 16 monatlicher
Erledigung des deutschen Kaiserthrones am 29. September 1273
Rudolph Graf von Habsburg zum römischen Kaiser erwählt
worden. -*- König Ottokar von Böhmen protestirte gegen die
Rechtmässigkeit der Wahl, und beharrte auf seiner Weigerang,
Rudolph als Oberhaupt des Reichs anzuerkennen« Er erschien
nteht auf dem Reichstage zu Nflraberg im November 1274,
sondern warb Bundesgenossen; ebenso erschien er nicht auf
der zweiten Reichsversammlung am 2. Februar 1275. Da be-
stimmte K. Rudolph dem Trottigen den Reichstag in Augsburg
als die letzte Frist zur Unterwerfung. — Ottokar hatte zwar
die Beleknung aber Oesterrelch, Steiermark nnd die baben-
bergischen Reichslehen von König Richard 1262 erhalten; aber
es fehlte derselben die Bestätigung der Curfttrsten^ nnd war
somit nach den alten Reichsgesetzen ungiltig. Bei Erwerbung
Kärntens und Krains u. a. hatte er sich gar nicht um die Ein«
wiHtgung des Reichs bekümmert. Die Reichsversammluag eriiess
— 46 —
nun an ihn die Aufforderang, obige Länder akogleicfa dem
Reiche zurttckxustellen ; für seine ErUänder aber dem Könige
Rudolph zu huldigen und die Belehnung zu empfangen, und ab
er diess verweigerte, ward gegen ihn die Reichsacht verhfingt;
jedoch ihm noch eine Frist von Jahr und Tag zu seiner recht-
lichen Vertheidigung anberaumt. Als auch diese Frist im Honale
Hai 1276 unbenutzt verstrichen, ward Ottokarn der Krieg er-
klärt. — Während K. Rudolph mit Heeresmacht durch Baiem
gegen Wien zog , rttckte Graf Heinhard von GOrz - Tirol und
mit ihm Ulrich von Tauvers, — wahrscheinlich als Ftthrer einor
Schaar, — durch Krain, Kärnten und Steiermark vor gegen Wien
zum Reichsheer. Auf dieser Seite von Rudolphs Heer und
den anrückenden Ungarn bedroht^ erschrack Oltokar bei der
Kunde von einem Aufstande in Böhmen selbst. Er suchte daher
um Frieden an, der ihm auch am 21. November d. J. gewährt
ward, unter Bedingung^ alle usurpirten Lande abzutreten. —
Nach geschlossenem Frieden fand es K. Rudolph wegen des
allgemeinen Landfriedens sowohl als vieler andern Verhältnisse
wegen für nothwendig, längere Zeit in Oesterreich und zu Wien
sich aufzuhalten. Fast beständig umgaben ihn nebst mehreren
Bischöfen die Herzoge von Sachsen^ Baiern, die Grafen von
Habsburg, Heinhard, Graf von Tirol etc. ^ so wie Ulrich von
Tauvers. (Huchar 5. B. S, 386.) K. Rudolph, als er den Hann
kennen gelernt, setzte auf ihn wegen seiner Einsicht und Erfah-
rung grosses Vertrauen. 1277 ist zu Wien nebst mehreren
Bischöfen und Fürsten Hr. Ulrich von Tauvers als Zeuge bei
der Belehnung der Söhne des K. Rudolph durch Conrad, Bischof
von Freisingen mit den seinem Hochstifte heimgefaiienen Lehen.
CLichnowski Gesch. d. Hauses Habsbnrg 1. B. S. CLXVI.)
Nun müssen wir auf Ulrichs U, von Tauvers Familien-
Verhältnisse einen Rückblick werfen. Seine bereits erwähnte
Gemahlin die edle Eufemla oder Ofmia von Hünenburg
hatte ihm zwei Söhne Ulrich HL und Hugo VI. ^ so wie
zwei Töchter Elisabet und Agnes geboren; Ulrich HL
scheint mehr dem Stiilleben sich ergeben und die väterlichen
— 47 —
Güter verwaltet zu haben. Nicht so seio talentvoller und tha^
kräftiger Bruder Hugo VI. *\ der bereits in den lombardischen
Kriegen seine Spornen verdient hatte ; sehr wahrscheinlich war
er schon im ersten Feldzuge sammt seinem Vater in dem Harste
des Grafen Heinhard von Görz- Tirol nach Oesterreich dem
K. Rudolph SU Hilfe gezogen und hatte sich bald durch seine
Kriegserfahrung und Gewandtheit bei K. Rudolph so sehr in
Gunst zu setzen gewusst, dass dieser ihm einen sehr wichtigen
Posten anvertraute ; indem er ihn zum Befehlshaber der Wiener
Stadt und Burgen machte. Als solcher leistete Hugo von
Tauvers dem rOm. Künige einen wichtigen Dienst und zwar in
einem sehr kritischen Zeitpunkte, indem er Anfangs Juni 1278
eine gefährliche Verschwörung gegen K. Rudolph entdeckte,
an deren Spitze der Bürgermeister von Wien, Rüdiger Paltram,
mit seinen sechs Söhnen und einem seiner Brüder stand. —
Das Chron. Salisburg. bei Pez, Script. I. B. S. 376 sagt:
Durch Paltrams Vermittlung sei Graf Iban (von Gflns oder
Güssing) in Oesterreich und Steier eingefallen. Vielleicht kam
dadurch die Verrütherei Paltrams durch Hugo von Tauvers zu
Tage, da letzterer vielfältig in Berührung mit Graf Iban war.
CLichnowski loc. cit. i. B. S. 452 nota 45). ^ Durch diesen
Dienst musste unser Hugo natürlich noch mehr in der Gunst
Rudolphs steigen. — Wir sagten aber, in einem für K, Rudolph
sehr kritischen Zeitpunkte ; denn König Ottokar gekränkt durch
die Einbusse so schöner Länder und gestachelt von den Vor-
würfen seiner, stolzen Gemahlin vertraute nochmals sein wie
seiner Länder Schicksal den blutigen Würfeln des Krieges.
Bereits im Jahre 1277 hielt er zu Troppau dne Zusammenkunft
mit vielen Fürsten ans Polen und Schlesien und schloss mit
*) Hrn. Hormair. sämmtl. Werke 2. B. S. 167, beliebt es, die-
sen Hugo oder Hauch zu einen Sprossen der den Eppanern lehens-
pflichtigen Bitter von Taufers im Mfinsterthall umzuschaffen, — und
schildert ihn als hochberühmt, einen verschmitzten Hofmann, Günst-
ling der Könige Rudolph und Albrecht, der österreichischen Land-
herm Geisel.
— » —
denidben ein Schute- und TnitibllDdiiitt ; tndi die NicIiM^
fflUuDg 80 maneher FriedensbediDgUDgai und M«e gdMimai
Benfibangen^ deatach« Fdrate« v<m ihrem Ktaife Rudolph t^
weodig IQ machen^ verriethen femdaelige PMae« Zwar Mehte
Ottohar dirch UnterhandlamgeD und Yertrtfge Rvdelph« rtni»^
sohläfern; alleio den gleisMerischen Worten widerspmdhef
laut die Thatea. Eadlich warf Ottohar die Larre ab^ indem <f
am 31. October 1377 an K. Rodolph eineo Brief toll 4fff
bittersten Vorwnrfe schrieb; Rudolph hieildie» Irotsige Sehrei-
ben als eine Aufhttndigaog des Friedens md liese aisbaM
Truppen ins nördliche Oesterreich, welches Ottohar noch ionner
widerrechtlich besetzt hielt, einrtlehen und die böhmischen Be-
satioDgen daraus vertreiben* Ottohar rUstete nqn mit höchster
Anstrengung und zettelte auch jene yerrätherische Verbrndapg
mit dem Bürgermeister Paltram von Wien an, welche Hugo
von Tauvers noch bei Zeiten glttchlich entdedite und verdtebe.
König Rudolph war noch Antogs Augast nicht vollfcem^
men gerflstet, als er ein befestigtes Lager auf dem Harohfeide
bezog und des Heranrflchens Ottohars in Eilmärschen gewMig
sein musste. Ungarns versprochene Rilfii fehlte noch immer.
Da sandte er zum drittenmale an König Ladislaos von Ungarn;
diessmal Hugo von Tauvers, ihn zu beschwören, so eilends ab
möglich, wenn auch nur mit dem leichten^ Jedenfalls aber ant
dem grossem Theil semes Bieres herbeisnellen. (Reimchrorfh
CXL.; de Reo, Annales LI. pag. 29.) Hugo von Tauvers traf
das ungarische Heer hei Pressburg und sandte alsbald tröst-
liche Kunde, und trieb zugleich das ungarisdie Hilfsheer zur
Eile, welehes dann bei Prassburg die Donau OberscfaritI imd
auf dem Hamhfelde mit dem Heere Rudolphs, bei dem sieh
auch Heinhard^ Graf von Tirol mit 300 Hannen, so wie dessen
Bruder Graf Albert von Görz mit 150 sich eingefunden, ver-
einigte. — Hit gesummter Hacht rflchte nou am '25. Angnst
K. Rudolph bis Weidbach vor und bot am 26. August 1278
dem König Ottokar die Schlacht an; während Ottokars Heer
m 6 Haufen und einer Nachhut getheilt war, ordnete K.Rjndoiph
— 49 —
das ieioe in 4 Haifan und einer Nachliut; dies geschah
nach dem Rathe Hugo's von Täufers, der in den
Kriegen der Lombarden erfahren war. (Homeks Reim-
chronik. CXLV. *), Ebendorf 738<-749.) — Den dritten Hau-
fen, worin dieSteirer, Kfimthner, Tiroler, Krainer, Salzburger,
Schwaben und die Hannen der Stammgüter und die vom Elsass
sich befanden, fahrte König Rudolph selbst. — Die entschei-
dende Schlacht wurde geliefert ; einen zwhr blutigen aber ent-
scheidenden Sieg errang K. Rudolph ; K. Ottokar verlor Schlacht
und Leben. — Ob der alte Haudegen, Ulribh II. von Tauvers,
gleich seinem tapfem Sohne in der siegreichen Schlacht mit-
gekfimpfl, Ist zwar sehr wahrscheinlich ; jedoch urkundlich nicht
nachweisbar. — Durch die Dienste, welche Ulrich II. von Tau-
vers und dessen Sohn Hugo VI, dem König Rudolph geleistet,
stiegen sie immermehr in der Gunst desselben und seines Sohnes
Albert, und Hugo VI. wurde spater auf den angesehenen Posten
eines Hauptmanns der wichtigen Veste Haimburg befördert,
während sein Vater Ulrich als deren vertrauter Rath beiden zur
Seite stand während der Jahre, als König Rudolph Alles ordnend
und regelnd, was der Abhilfe bedurfte, fast immer in Oester-
reich verweilte, aus' welchem scheidend er seinen ältesten Sohn
Albrecht als Reichsverweser zurtickliess, und demselben vor-
sflglich die schwäbischen Edelherm : Hermann von Landenberg,
Eberhard von Wallsee ; von den österreichischen Edeln Stephan
von Meisau, Ulrich von Kapellen, Fridrich Truchsess von
Lengenbach, Albert von Puechheim und den in Rath und That
kräftigen und an Albrechts Hofe allmächtigen Th*oler Hugo von
*) „Graff Hug von Täufers riett Chunig RudoIfFen , daz er in
vier tail tailt den hauifen ;^ — wenn aber Gebbardi 3. B. S. 572
hinzusetzt „denn er half als Feldoberster der Ungarn durch seine
nnnreicbe Anordnung des Heeres dem König Rudolf den entschei-
denden Sieg am 26. August 1278 über König Ottokar erfechten, so
laden wir für die Angabe: Hugo v. Tauvers sei ^ Feldoberster der
Ungarn gewesen, nirgends einen Anhaltspunkt.
4
— 90 —
Tanvers als Räthe zar Seite gab. (Hachar loc. cit. 6. B. S. 40.
aus Hornek S. 207.)
Am 14. September la Wien nennt Albrecht, Graf Ton
Habsbnrg, Verweser in Oesterreich, den Ulrieh von Tauvers sei-
nen Ratb und bevollmächtigte denselben nebst einigen andern
zu thaidigen mit Herzog Heinrich von Baiern. (Monom, boica,
29. B. S. 537.) — Im folgenden Jahre 1282 am 9. November
zu Wien schlössen Albrecht, Graf von Habsbnrg, General viear
in Oesterreich und Steier und Erzbischof Fridrich II. von Salz-
burg einen Vergleich ; dabei war unter Andern auch Fridriek ?
von Tauvers. (Muchar loc. cit. 5. B. S. 552.) — Hier dflrfle
wohl ein Schreibfehler eingeschlichen und statt Fridrich -— Ulrich
zu setzen sein^ da es in der Familie der Edlen von Tauvers
nie einen Friedrich gab. — Am nämlichen Tage und im nem-
liehen Jahre zu Wien, als der Erzbischof von Salzburg nach Ab-
leben Heinrichs von Ehrenfels den Grafen Albrecht von Habs-
burg, Landgrafen im Elsass, Erstgebornen K. Rudolphs mit den
Vesten zu Ober - und Unterstrechau im Ensthale belehnte,
erscheint Ulrich von Tauvers als Zeuge. (Hittheilungen des
bist. Vereins von Steiermark 1861 S. 216.) Vielleicht geschah
es bei dieser Gelegenheit, dass der Erzbischof Fridrich unsem
Ulrich von Tauvers mit der Burghuth des salzburgischen Schlosses
Lengberg betraute. — Ulrich II. von Tauvers hatte auch seine
Tochter Elsbet nach Oesterreich kommen lassen ; mit ihr machte
er i. J. 1282 daselbst einen Kauf; denn 1282 zu Braziabs
urkundet Tuta, Tochter des Druchsessen von Velspereh und
Gemahlin Gerhards von Obersezze, dass sie Alles^ was ihr
erwähnter Gemahl um das Gut von Gobulspurch und das Haus
und Hinnebach und was dazu gehört mit dem Kirchenbesazze
gelobt und gethan hat dem Herrn Ulrich von Tuvers und dessen
Tochter Elsbet, ihr Wort und Wille sei. (Chmel^ öslr. Ge-
schichtsforscher 2. B. S. 260 )
Auf dem Reichstage zu Augsburg am 27. December 1282
ersuchte K. Rudolph die Churfürsten, seinen beiden Sfthnea
Albrecht und Rudolph die Hersog- undFarstenthfliner: Ocsler^
~ M -
reich, Steiermark, Kflrnlbeii, Krain, die windische Mark und
Portemu verleihen zu dürfen; was auch mit Zustimmang der
Churfttrsten geschah. Jedoch auf Bitten der österr. Stände gab
K. Rudolph am 1. Juni 1283 zu Rheinfelden eine habsburgishc
Hausordnung, vermöge welcher er bestimmte, dass die Österr.
Lande seinem Sohne Albrecht und dessen männlichen Erben
allein gehören sollten. Als Zeugen dieser Anordnung wurden
berufen: Bischof Gotfried von Passau, Heister Heinrich von
Klingenberg, die Edelherrn Fridrich, Burggraf von Nürnberg,
Ulrich von Tauvers, Otto von Liechtenstein u. A. m. (Huchar,
loc. cit. 5. B. S. 450.) ~ Am 11. Jdli 1283 leisteten die Stände
der Osterreichischen Länder auf diese Hausordnung den Eid der
Treue und stellten darüber zu Wien am nämlichen Tage eine
Urkunde ans in Gegenwart des Bischofs Gotfried von Passau,
Hm. Ulrichs von Tauvers, Meisters Conrad^ Schreibers von
Oesterreich und Meisters Lenzo, Prothouotars des Herzogs Al-
brecht. (Muchar, loc. cit. 5. B. S. 451.) — Am 11. Februar
1284 befand- sich Herzog Albrecht mit Ulrich von Tauvers,
Otto von Liechtenstein, Ulrich von Kapellen u. A. m. zu Brück
an der Nur. Abt Heinrich von Admont erhielt da den landes-
färstlichen Bestätigungsbrief über einen von den Hrn. von Wildon
erkauften Hof in der Einöde. (Muchar loc. cit. 6. B. S. 10.)
Im folgenden Jahre 1285 erblicken wir Ulrich H. von
Täufers einmal auch in Tirol ^ indem er am 17. December
d. J. zu Rattenberg dem Erzbischofe Heinrich von Trient alle
Jene Lehen aufsendet, welche weiland die edlen Männer Siboto
ond Conrad, Grafen von Hadmarsberg vom Stifte Trient sowohl
in als auser dem Gebirge zu Lehen getragen und womit des
Bischofs Heinrich Vorfahr, Bischof Egno seligen ihn belehnt
hatte, — mit der Bitte, selbe dem Herzoge Ludwig von Baiern,
seinem Herrn, und dessen Erben zu verieihen. (Cod. Wangian.
peg. 418. und Bonelli^ Notizie Vol. II, pag. 607.) — Jedoch
im Jahre darauf finden wir ihn schon wieder in den österrei-
elifschen Landen; denn am 21. October 1286 ist nebst meh-
leren Bischöfen, dem Herzog Hetehard von Kärnihen und vielen
4«
— 5» —
Edlen auch Ulrich von Taavers zu Judenburg Zeage beim
Spruchbriefe des Erzbischofs Rudolph von Salzburg Ober die
Ansprüche des Herzogs Albrecbl gegen Otlo und Conrad von
Goldeck über die Burg Stateneck und das Gut Slfibnik. (Uch^
nowski loc. cit« 1. B. S. CLXX. Urk. 12. — Muchar loc. cit.
6. B. 8. 39 setzt diese Urkunde auf 11. Mai 1286.)
Am 17. Hai 1287 waren auf dem Admontiscben Schlosse
zu Weng bei Zeiring versammelt Abt Heinrich von Admont,
Hartnid von Wildon Marschall in Steir , Ulrich von Taavers,
Otto von Liechtenstein u. A. m.; hier stellte der steirische
Marschall einen Entsagungsbrief auf alle bisher unrechtmässig
behaupteten Ansprüche und angemassten Rechte auf Admontische
Güter und Leute aus. — (Admont. Urb. D. 4.) — Ebenso
finden wir ihn 1288 am Samstag nach Perchtentag zu Wien,
als Leutold von Kuenringen, Schenk in Oesterreich, den Brü-
dern Ulrich, Fridrlch und Heinrich von Stubenberg die Burg
und Herrschaft Gutenberg etc. um 1200 Hark löthigen Silbers
verkaufte; den Brief siegelten: Graf Ulrich von Heonburg,
Graf Ulrich von Pfannberg, Heinrich von Schaumberg, Ulrich
von Tauvers, Fridrich von Pettau, u. A. m. (Muchar, loc. cit.
6. B. S. 53.)
Unterdessen waren in Oesterreich wichtige Ereignisse
vorgegangen, welche auf die Edlen von Tauvers von entschei-
denden Einfluss waren. Der junge schwelgerische König La-
dislaus hatte Ungarn in seinen Innern Verhältnissen bis zu den
Grüueln der Anarchie herabgebracht. Die Grossen trieben in
gesetzlosem Wüthen Fehden, Raub, Mord und Brand nichl nor
im Lande selbst, sondern auch in den angränzenden Provinzen.
Besonders machte sich Graf Jwan vonGüns oder Gissingen
furchtbar; K. Ladislaus hatle im J. 1284 dessen an der Grunze
Oesterreichs gelegenes Schloss Pernstein vergeblich belagert;
auf dessen Bitte sandte ihm Herzog Albrecht eine Hilfstruppe
uAter dem Befehle des Landmarschalls Herman von Landenberg zn;
dieser gerieth jedoch in einen Hinterhalt und mosste sich
ergeben. Für den Augenblick nicht in der Lage, den Grafen
— 53 -
gehörig zu zOchtigen^ gestattete Herzog Albrecbt dem Hugo
von Tanvers^ Hauptmann von Haimburg in dieser Yeste mit
dem Grafen des Friedens halber zusammen zu kommen, welcher
auch zu Stande kam und sogar ein Schutz- und Trutzbdndniss
abgeschlossen wurde. (Lichnowski 1. B. S. 367.) — Jedoch
im Jahre i286 begannen die Feindseligkeiten des Grafen Jwan
von Neuem an Oesterreichs und Sieiermarks Grenzen; der von
Hersog Aibrecht mit Truppen gegen ihn gesandte Landeshaupt-
mann in Steier, Abt Heinrich von Admont^ ward vom Grafen
Jwan geschlagen, musste die Flucht ergreifen und iiberliess
die Portführung der Fehde dem getibtern Feldhauptmann Aloth
v. Feistritz. — Im Sommer des folgenden Jahres 1287 erschien
der unermttdete Abt Heinrich aufs neue mit einem reisigen
Heere im Felde; aber weder er noch Aloth von Feistritz
richteten gegen den räuberischen Grafen Iwan etwas aus; ja
letzterer ward von den leicht berittenen Ungarn sogar geschlagen.
In tiefem Sehmerz aber diese I^iederlage soll, nach Anonim.
Leobiens. Pez. I. 862, Herzog Albrecht aufs Neue durch Hugo
von Tauvers mit Iwan haben Frieden schliessen lassen.
Milde der kurzen Frtedensruhe machte Iwan von Gdns
bereits im Jahre 1288 neue Streifzdge in die an Ungarn gren-
zenden Landestheile Oesterreichs und Steiermarks. Da beschloss
Herzog Albrecht den räuberischen Gränzgrafen nicht allein zu
züchtigen, sondern wo möglich dessen Kraft auf immer zu
lähmen. Albrechts Heer war im Frühjahre 1289 durch Hilfs-
truppen der Bischöfe von Bamberg, Seckau, Freising und Passau
auf 15000 Mann veratärkt worden; Ende April rückte der
Herzog ins Eisenburger Comitat ein und belagerte das von
zwei Vettern Iwans vertheidigte Martinsdorf. Dieser versuchte
den Entsatz, wurde aber geschlagen; Hartinsdorf ^ Altenburg
und viele andere Orte fielen dem Sieger in die Hände. —
Da die durch den im September 1289 mit Salzburg geschlos--
senen Frieden dort entbehrlich gewordenen Truppen das Heer
vermehrten, so wurde nun das mit allen Mitteln der Kriegskunst
vertheidigte Gflns, Iwans Hauptveste, belagert. Als aber die
- H --
Belagerung sich in die LtEoge log^ so soll Hugo von Tnavers,
sonst der vorderste aller Räthe und in Herzog Albrechts onge-
messenem Vertrauen, zur Aufhebung der Belagerung gerathen
haben^ — weil in geheimen Einverständnisse mit dem Rftuber
Iwan. Als aber Abt Heinrich von Admont darüber befragt
wurde, verstand Herzog Albrecht gar wohl den verblttnten
Sinn der Antwort und die Uiadeutung auf Hugo*s Untreue, *)
der daher auf Albrechts Befehl sogleich das Land rfiumen
musste. cHomeck 313., auch Hagen, S. 1101—1104.)
Wirklich verschwindet von nnn an Hugo VI. von Taavers
aus den Landen Oeslerreichs und dessen Urkunden, so wie
auch dessen Vater Ulrich IL, nachdem dieser noch Anfangs
des Jahres 1289 dort sein früher Erworbenes, verkauft hatte,
denn am St* Vincenzen-Tag, 22. Jänner, 1289 zu Chrens
urkundet Hr. Ulrich von Tauvers und dessen Tochter Etebet^
dass sie alles Gut und Eigen, so sie von Gerharten von Ober*
säzze erkauft halten, nämlich die Hälfte des Hauses Gobatesbuig
sammt aller Zugehör, mit Ausnahme des Kirchensatzes und
was zur Kirche gehört, dem Hrn. Härtnid von Stadekke um
130 Mark löthlgen Silbers; hingegen den Dominicanem von
'Minnebach die Kirche zu Gobatesburg mit der Vogtei und
allem Rechte, und zu Minnebach das Holz (Wald)^ die Baum-
gärten und die Pfenninggttlte und Alles, was zu Hinnebach
gehurt, für 70 Mark Silber Wiener Gelotes verkauft haben;
*) ,)Solt ich den mit Rat treiben,
die leng hie beleihen,
daz wer den Herrn von Mir swer,
Graf? Hawg der Tawferser
ist so Sinne reich
vnd mannig Her von Oesterreich,
Daz Ihr Mein wol rat
habt zu diaem Rat." - sprach der Abt: (Horneck, 260.)
— Dies nun ist die einzige Stelle, wo einmal ein Edler von Taa-
vers ^Graf^ genannt wird ; allein man darf wohl wenig Gewicht daraaf
legen, da man doch weiss, dass Dichler und Maler sich manche
Freiheiten herausnehmen,
- » -
itB sind Zeugen: Meister Golfrid, des Herzogs Kanzler, Hr.
Leutold von Chaenringen , Schenk von Oeslerreich und mehrere
andere grosse Herren. (Chmel, österreichischer Geschichts*
forscher 2. B. S. 566.) — Das an dieser Urkunde hangende
Siegel Ulrichs von Tauvers ist ein Reitersregel, wie es auch
sein Sohn Hugo VI. führte ; K. Rudolph, in dessen hober Gunst
sie standen, mochte wohl ein solches zu führen ihnen bewilligt
haben, da ihre Vorfahren, obwohl ein grosses Siegel, aber nur
mit den Familienwappen und dem Stechhelm fahrten. — Noch
am 20. Mftrz i289 erscheint Ulrich IL von Tauvers in Oester-
reich, denn an obigen Tage vergabt Leulold von Chuenring,
Schenk von Oesterreich mit Zustimmung seiner Gemahlin Agnes
von Velspereh dem Kloster zu Minnebach Tür sein Seelenheil
imd zum Ersatz des Schadens, den das Kloster durch ihn
erlitten, seinen Hof auf dem Sitzenhart n. s. w. „Dazv setz
ich hie ze ainer grozzen sicherhait die gezewge . . . vnd
sint die min herre herzog Albrecht von Oesterrich, min her
Virich von Touvers, her Hilrtnit vnd her Lewtold von Stadeckke.^
CChmel. loc. cit. 2. B. S. 567.) — Diess ist nun die letzte
Nachricht von Ulrichs IL von Tauvers Weilen in Oesterreich
so wie überhaupt von seinem Leben; er scheint um diese
Zeit gestorben zu sein, und wenn Gebhardi 3 B. S. 572 be-
richtet, Hugo von Tauvers habe sich nach seiner Verweisung
aus Oesterreich nach Tirol begeben, sei aber auf der Reise
auf eine unbekannte Art um sein Leben gekommen, so möch-
ten wir dieses vielmehr auf seinen Vater, Ulrich II. beziehen,
da der verwiesene Hugo VI. von Tauvers noch 20 Jahre hin-
durch als lebend urkundlich nachgewiesen werden kann* —
Was dann des letztem verrfttherische Verbindung mit dem
ungarischen Grafen Iwan von Güns betrifft, so müssen wir
dieselbe dahingestellt sein lassen; geben aber dabei zu beden-
ken, dass der Hass der österreichischen und steirischen Edlen
gegen König Rudolphs und Herzog Albrechts schwäbische und
tirolische Günstlinge doch urkundlich erwiesen, und dass dem
zwar talentvollen und thütigen, aber auch ehrgeizigen und rün-
— 56 —
kesüchligen Abte Heinrich von Admont, der eben auch in den
Mitteln zu seinen Zwecken nicht gar wühlerisch war, swei
Minn^r und noch dazu Anslfinder, die bei König Rudolph und
Herzog Albrecht in hoher Ganst und Ansehen standen, immer
im Wege stehen mussten, und selber in der wirklieben oder
nur anseheinenden Verbindung Hugo's von Tauvers mit dem
Grafen den erwtlnschten Anhaltspunct fand, um selben zu ver-
düohtigien, und beide aus Herzog Albrechts Gunst zu verdrän-
gen und aus dem Lande zu entfernen. — Was dann Gebhardi*s
3. B. S. 572 zugleich gegen Hugo vorgebrachte Beschuldigung :
^selber hätte durch allerlei Erpressungen dem landesfürstlichen
Schatze eine beträchtKehe Summe entzogen/ betrUTt, so scheint
selbe auf keine urkundlichen Nachweisungen sich zu stutzen,
und steht mit Hugo's beständiger Geldauf liegenheit und mit
den Angaben seiner Mutter Ofmia in ihrem noch anzufahrenden
Testamente im Widerspruche.
Dass Hugo*s VI. von Tauvers Vater Ulrich If. auf der
Rückkehr aus Oesterreieh oder bald darnach gestorben sein
mfisse, geht aus einem Burghuth-Revers hervor, indem i. J.
1291 Hugo VI. von Tauv^s und dessen Mutter Ofinia dem
neuen Erzbischofe Conrad von Salzburg (regierte von 1291--*
1312) treue Burghuth des Schlosses in Lengberg, das ihrem
verstorbenen Vater und respective Gemahl (Ulrich II.) als
Burggrafen des Stifts Salzburg anvertraut und verpachtet wor-
den, geloben. (Hormair, sämmtt. W. 1. B. S. 231 aus der
Juvavia S. 272). Auffallend ist es, dass hier von Ulrichs IL
Sohn, Ulrich III., keine Meldung geschieht, und wir schöpfen
daraus die gegründete Vermuthung, dass selber damals eben-
falls schon gestorben gewesen. Dieser Ulrich III. kömmt
überhaupt nur ein einzigesmal in unsem Urkunden vor, und
zwar am 6, Jänner 1287 im Schlosse Tirol erscheint Ulrich
von Tauvers als der erste unter den adelicben Zeugen bei der
Ausgleichung Heinhards, Herzogs von Kärnthen und Grafen von
Tirol mit den edlen Herren Mathäus und Albero von Wanga.
(Fontes rer. austriac. 1. B. S. 220 und 221.) Ulrich HI. vrar
- 57 -
xweuMil vereklieht, In enter Ehe mit Gräfin von
Ortenburg and nach deren frflhseiligen kinderlosen Tode mil
Ag^ea, Schwester Gerhards Ton Camino *) des Freundes seines
Vaters Ulrichs iL, ans der er nor einen Sohn, Ulrich IV.
hinterliess. Sehr wahrscheinlich war es dieser Ulrich IV. von
Tanvers, der — zn seinen mannbaren Jahren gekommen, —
am Sonntage vor Liechtmesse 1293 %u Meran, seinem hohen
Herrn, Hereoge Heinhard „Trene und Dienst gelobt, jedocb
unter der Bedingung, dass, falls er etwa der Untreue angeklagt
wUrde, diess ihm nicht lum Verbrechen angerechnet werde,
auser er konnte mit der Rechlfertigong nicht aufkommen.
Zeegen dessen : Albert, Graf von GOrs, Magens von Uotenheim.
— Ulrichs von Tauvers Siegel zeigt einen Reiter mit geiticktem
Schwerte. — (CoHectanea Spergs.) — Von diesem Ulrich
IV. werden wir später hören, und kehren zur Fortsetzung der
Geschichte Hugo's VI. zurück.
Hugo VI. von Tauvers scheint sich nach seiner Rttckkehr
nach Tirol grOsstentheils im Schloisse Neuhaus aafgehalten zu
haben. Noch immer dauerte der Streit wegen der Eppanischen
Erbschaft zwischen den Edlen von Tauvers und den Herrn
von Egna oder Enn; als am 9. September 1294 Wilhelm,
der Edle von Enn iseinen Drittheil Anspruchs an der Hinterlas-
senschaft seines. Vaters Ezelin an den edlen Arnold von Volles
um 1025 M. B. verkaufte, so macht letzterer unter anderm
die Bedingniss : quod ipse venditor vel ejus haeredes nullom
unquam venditionis, traditionis, donationis seu eujuslibet ces-
sionis vd compositioois ineant vel perficiant contractum cum
nobili vin> D. Hugone de Tauvers vel cum Ipsius haeredibns
de quaestione castri, jnrisdictione et haereditate Epiani , quae
'^) Camino^ das Stammschloss der Herrn von Camino ligt bei
Opiterbo; dies mächtige Geschlecht besass auch einst Treviso, die
Grafscbaft Ceneda und andere Herrschaften mehr. — Heinrich II.
Graf von Görz batle 1297 Beatrix eine Tochter obigen Gerhards zur
Ehe ; deren Bruder Rizard von Camino starb 1335 als der letzte
seines Geschlechtes.
— 58 —
vertitttr inter eos, nisi prius idem Dobilis deTaa?er8Yel i;
baeredes renuntienl in manibiiB ipsias emtoris et svoriin hae^
redum, si quid jaris habeat ?el babere Tidentor in bonis el
possessionibos omnibos S. Laarenlii (an Fendo) in monte A«a«
Biae sitaatis etc. (Statthalterei-Archiy.)
Am >9acb(oden^ Tag St. Stepbans des Marlirers 1296 tb«-
ea Hr. Magens und dessen Binder Bertold von Uotenbeini, was
tie von ibrer Matter, Frau Ottiiia ererbt; dem Bertold fiel sa
der Hof za der alten Stegen sammt Zogebör and dem Magens
ein Lehen auf Aspach, ein Lehen auf Leunenbach au Bfcke,
ein Leben zu Windiel, ein Hans zu St. Moriaen mit den
Aeckern auf der Felduog von Tauvers und alle Zehende, wel«
ehe besagte BrOder gehabt aof dem Berge Abemacb. ' Das
siegelt der edle Houch von Touvers; Zeugen dessen: Hr.
Gerolt, Pfarrer zu Tauvers, Hr. Rudolph der Priester, Hr.
Volker und Gotschalt Ganze von Tauvers. (Siatth.-Arcb.) —
Am 25. November 1296 bekennt Hr. Hugo von TauTers auf
dem Schlosse Neuhaas , dass ihm sein getreuer Diener Heinrich
Wirsuag 40 Mark Pfenninge gegeben, wofür er demselben den
Hof zu Griezze und den halben Hof zu Cbematen bei der
Kirche mit allen Gülten und Rechten verliehen unter Vorbehalt
des Rücklösungsreohtes innerhalb der auf kommende Weih-
nachten folgenden sechs Wochen; geschieht die RfiekJösimg
nicht innerhalb dieses Termines, so sollen selbe Stücke dem
Wirsong und dessen Erben zu ewigen Lehen verbleiben; Zei-
gen dessen: Hr. Gerolt von Tauvers, Hr. Magens, Hr. Volker
und Hr. Gotschalk seine Vettern u. A. m. — Es hüngt daran
Hogo's von Tauvers Reüerslegel in weissbraunem Wachse;
der Rdter Irilgt in seiner geschwungenen linken Hand einen
Speer.
Am 19. December 1296 finden wir uosem Hugo von
Tauvers mit Hm. Heinrich von Rotenburg, dem Hofmeister^
Hm. Heinrich von Aufenstein u. A. m. im Kloster in der Au
bei Bozen als Zeugen, als der neue Bischof von Brixen Lan-
dulf den drei Herzogen von Kftrathen den Revers aasstdlt, dass
-89 —
sie ihm das weltliche Gebiet des Stifts Brixeo ittkergebeo, b.
9. w. CHormair, Gesch. v. Tirol. 2. B. S. 594.)
Noch gegen Ende des Jahrs 1296 oder Anfangs 1297
mu$B Hogo von Tauvers, begleitet von seiner Schwester (BU*-
sabet) im Auftrage der Henoge von Kirnthen eine weitere
Reise antemoiunen haben, worauf die Kechnnngstegangen ver-
schiedener Beamteten deutlich hinweisen, so i297^ sezto
exeunte Aprili in Tirol Zelnarlus judex in Cufdaun fecit rati-
onem, .... ilem dedit familiae D. (Hugonis) de Tuvers venieotf
de Tridento pro expensis factis in Clusna Sabiona libr. 11.; —
1297^ 3. Attgusti in Castro S. Petri fecit rationem H . . . . praepo-
sittts de Inspmck, .... item dedit ad expeosas ducis Ludovict,
comitis junioris de Gorizia, episeopi Curiensis, iliius de Tauvers
et sororis ejus et comitis HaMspurch et Camerarii et aKorun
veioaen. Harcas 29, libr. 8, grossos 6. porcum unum. —
1297, 3. Angusti in Castro S. Petri fecit rationem R . . . •
caoiparius de Inspruck, de Marcis 218, libr. 2; ex hts dedit
Otto ad expensas Comitnm Gorisie et Habspurch^ Tuversarii et
sororis sne veron. libr. 30, solid. 15, bemas porcium 41/2)
scapulas 22, caseos 239, vini carradas 5, urnas 6 et pacidas 9.
u. s. w. (Freiberg, Neue Beiträge, 1. Heft. S. 178.) —
Am 16. December 1297 war Hugo von Tauvers mit dem
Vieedom Heinrich von Gernstein n. A. m. im Schlosse ku
Brixen Zeuge, wie Bischof Landuif von Brixen einer^ und sein
Dofflcapitel andererseits zur Entscheidung ihrer wechaelsettigen
Forderungen auf drei Schiedsrichter compromittiren. (Sinnacher
5. B. S. 35.)
Ernsthafteres Geschäft hatte Hugo VI. von Tanvers in
folgenden Jahre 1298. — Am 23. Hai d. J. hatte der grössle
Theil der Churftirsten den Adolph von Nassen des Reichs ent*
setzt und an seiner Steile den Hem»g Albreebt von Oesterreieh
zum römischen König gewtfhit; das Schwert musste zwischen
Beiden entscheiden. Albrechts Schwager, Herzog Heinrich
von Kflmihen, Graf von Tirol führte ihm ein Hilfscorps zu,
in wdchem auch Hugo von Tauvera^ wahmcheinUch als An*
— eo —
ftihrer sidi befand and am 2. Jani d. 1. in der siegreiehe
Schlacht bei Göllheini mitkämpfte, In welcher Adolph Reich
aod Leben verlor. — Hogo blieb bei Herzog Heinrich bis za
deasen Bückkehr, daher auch, als am 21. December i298 n
NOmberg der nunmehrige König Albrecht seine Sohne mit den
österreichischen Lftndern belehnte, erscheinen dabei als Zengen,
unter den Fürsten: Heinrich Herzog von Kftmten und unter
den Edlen Hugo von Tuvers. (Böhmer, Regesta fmperil 2. B.
S. 205.) — Wohl m Folge seines Zuges mochte Hugo von
Tauvers in neue Geldverlegenheit gerathen sein, was ihn ver-
anlasste auch die andere Hftifte des bereits erwähnten Hofes
zu Chematen zu verpfänden; auf Sdiloss Neuhaus bekennt am
5. Juni 1300 Hugo von Tauvers, dass er Hm. Heinrich Wflr^
sung för 17 M. B., die selber ihm geliehen, den halben Hof
zu Chematen bei der Kirche zu Pfand gesetzt habe; falls er
selben nicht innerhalb zweier Jphre mit 17 M. B. zuritcklöse,
soll der Wdrsung denselben zu rechtem Lehen behalten. Er
verspficht demselben auch, dazu seines Bruders seiigen Soh-
nes Hand und Willen zu erlangen, und siegelt mit dem Reiter-
Siegel. Zeugen dessen : Hr. Gerold , Pfarrer von Tauvers^
Hr. Volker von Kemnaten, Hr. Magens von Uotenheira und
dessen Bruder Hr. Bertold, Hr. Golschalk von St. Haurtzen,
Hr. Fritz von Eodrian, Jacob der Prey, Hagensie von Uoten-
heim. (v. Hairhofen^ Genealogie.) -- Aus dieser Uriinode
ergibt sich deutlich, dass Hugo's VI« Bruder, Ulrich III. lange
schon gestorben, da bereils dessen Sohn, Ulrich IV. als Hit-
besitzer der Familien-Gater erscheint. — Wegen unbefugten
Bau eines Thurms in der brixnerischen Hofmark zu Aufhofen
war Heinrich Füllein in des Bischöfe Landulf Ungnade and
GeAngniss gekommen; auf des Domcapitels, seines Herrn
Hago*s von Tauvers u. A. Rath gab selber am Erchtag nach
Michaeli 1300 zu Brixen diesen Thurm auf, und verzichtete
auf das ihm zustehende Leibgeding auf den Hof zu Aelplingen
unter Pön von 500 H« B. Für diese stand als Bfirge sein
Herr Hugo von Tauvers um 20 H. B. u. s. w. auf 10 Jahre^
- «M —
und siegelte aaeh ab Tonflglieher Yemütller die Uriittnde.
(Sinnacher 5. B. S. 50.)
Im folgeadeo Jahre that der schoa bejahrte Hago von
Taavere eineo wichtigen Schritt; denn am 9. Hai 1901 urkan-
det er, dass er seinen Herrn Otto, Ludwig und Heinrich,
Herzogen von Kimthen und Grafen von Tirol und GOrz gelobt
habe, ihnen und ihren Erben getreulich zu dienen, ewiglich
mit seinen Yesten^ Leuten und Gfitern, und falls er Kinder
(vielleicht soll es helssen: Söhne) bekomme, so sollten aueh
diese ihnen und ihren Kindern dienen; das NSmliche habe
auch seine Mutter und seine beiden Schwestern Elsbel und
Agnes^ die noch unberathen sind, und mit ihnen seine Mannen.:
Ibgens (von Uotenhaim)^ Volker (von Kemnaten), Heinrich
Wttrsung, Berchtold (von Uotenhaim), Gotschaik (von St.
Maurizien) und Fridrich (von Endrian), die sieben Ritter und
Jackt von der Mflhl gelobt. — Falls er aber keine Kinder
bekime, und auch seine vorgenannten Erben nicht mdir vrären,
so soll sein nfichster Erbe solches Ihun; dafür hatten seine
Herrn, die Herzoge von Kärnthen ihn, seine Erben, seine
Leute und Gflter in ihren Schutz genommen und ihm verspro-
chen zu helfen wider manniglich. Das geschah auf dem
Schlosse Tauvers. (Collectanea Frimisser aus dem Stalth.-
Archive.) Ans dieser Urkunde geht deutlich hervor^ dass
^Hngo VI. von Tauvers zwei Schtvestern : Elisabeth und Agnes
hatte und beide damals noch unverheirathet waren, nnd zu-
gleich auch, dass er damals noch keine Kinder, wenigstens
kerne Söhne gehabt, ja vieUeicbt gar noch nicht verehlicht
vrar, da von seiner Gemahlin gar keine Meldung geschieht.
— Dm sich den Herzogen noch mehr verbindlich zu machen,
stellte er am nämlichen Dalum ihnen noch eine Urkunde ans^
womit er den Herzogen gelobt ihnen ewiglich treu zu dienen,
und In der Herrschaft Haslach (Mahlbaeh) um 40 M. B.
Gflter oder Gfllten käuflich an sich zu bringen, und selbe von
den Herzogen zu Lehen zu nehmen auf Söhne nnd Töchter.
(Bairische Regest. 5. B.) Wenn nicht etwa in Angabe der
— « -
Jdimh) ein Irrllniii eingeschlichen ond 1309 stall 1901 ge-
setzt worden, so muss.Hugo von Taavers diesen Dienstreven
i. J. 1303 im nemlichett Wortlaafe fflr sich und seine zwei
Schwestern aufs Nene ausgestellt haben. (Schatz-Arch. Regest.)
Oder soBte diess etwa bei der Gebort seiner Erbin, der Tochter
Agnes statt gefanden haben? — Im folgenden Jahre Baden
wir ihn einmal wieder in der Steiermark; denn am 28. April
1304 war Herzog Rudolph zu Jadenburg mit seinem Hofcanz-
ler Berlold, Hugo Ton TauTers, Hermann Harschall von
Landenberg u. a. m.; dort verkaufle der Landschreiber Albert
von Zeiring seine landesfflrstlichen Lehen, 7 Hüben in Zwiet-
pik dem Rioher, Richter za Harburg^ am 32 Mark Silbers and
Herzog Rudolph als Lehensoberherr bestfltigte diese Verkanf-
kandlnng. (Muchar. loc. cit« 6. B. S. 150.)
Wahrscheinlich um diese Zeit hatte sich endlich seine
Schwester Blisabet an einen ungenannten Herrn von Schönen-
bereh verheirathet ; am Pauli Bekebrtage 1305 zu Neubans
arknndel Houg von Tauvers, dass er seiner Schwester Elsbet
von Schttnenberch das Gut zu Plaichen , eines in Gesyez auf
Kuckenberg, eines in Aeuren und ein anderes, das von WiU
hdm Oerlens gebaut wird, und den Zehenlen von dem Poden
zu Uolenhaim, den Hof zu Hose, den niedern Hof zu Phaltizen^
den Hof zn Ragen und die Hube zu Dietenhaim eingeantwortet
habe, wofür sie ihm das Gut zu Windenbach, das er ihr an.
ihr Erbe gegeben, aus Liebe und auf seine Bitte als Ab Wechsel
überlassen habe. Gienge ihr etwas an diesen Gütern ab oder
Würde sie deren entwehrt, so verspricht er oder seine Erben
ihr selbe zu ersetzen. Wollte sie selbe verkaufen, so soll sie
selbe ihm znerst anbieten^ eine H. B. Gült für 10 H. B.;
wollte er selbe »nerhalb zweier Honate nach gemachten Anbote
nicht kaufen, so kann sie damit thun, was sie will. Zeugen
dessen: Hr. Ekbart der Priester, der ehrbare Hann Hr. Cnn-
rad von Haldenberg und Bartimü von Gays« •*«- Hfingl daran
das grosse Reiteraiegd Hugo's von Tauvers in weissem Wachse.
(Stattb-Aseh.)
Unmittelbar nach dieser Yerständlgang mit seiner Schwe-
ster zog Hago von Tauvers im Dienste des Hersogs Heinrich
mil diesem nach Böhmen, wo letzterer am 13. Februar 1305
mit des böhmischen Königs Wenzel U. «Itesten Tochter Anna
zu Prag sich vermählte. Jedoch blieb Hngo von Tauvers
nicht bis zu dessen gezwungenen Abzog aus Böhmen im Octo-
ber 1306 bei ihm; denn er war bereits im Mfirz 1306 nach
Tirol zorückgehehrt.
Bisher hatte Hugo VI. von Tauvers mit seinem Neffen
Ulrich lY« die Familiengtiter , welche sie von seinem Vater
Ulrich II.» Ulrichs IV. Grossvater, so wie von dessen Gemahlin^
der noch lebenden Ofmia von Hünnenberg erblich aberkom-
men, ungetheilt besessen; wahrscheinlich veriangte nun der
immer etwas unruhige Ulrich IV. die Theilung. Unter Ver-
mittlung der Herzoge von Kftmtben und ihrer beiderseitigen
hohen Verwandten kam es endlich am 2. Mfirz 1306 im her-
zoglichen Schlosse zu Griess bei Bozen zur friedlichen Thei-
lung in Gegenwart ihres Herrn des Herzogs Otto von Kttmthen^
des erlauchten Fürsten Herzogs Heinrieh von Bresslau, der
Grafen Meinhart und Albert von Hortenberch
(Ortenburg), Oheimen des Ulrich von Tauvers,
Hemrichs von Rotenburg des Hofmeisters^ Hrn. Heinrichs von
Aufenstein, Otto's von Matrei, Jacobs von Liebenberg, Hein-
richs Wflrsung und Ludwigs des Zerhelm; den Hugo von
Tauvers tiaf die Burg Tauvers und 100 M. B. zum Voraus
von seiner Mutter Morgengabe, die selbe ihm vermacht; den
Ulrich hingegen die Burg zu Neuhaus, auch das halbe Dorf
Gais und das nttcfaste Urbar an der Veste Neuhaus; (die
Schlösser Uotenhaim und Eppan, von denen in der Theilung
keine Rede ist^ scheinen sie ungetheilt gelassen und gemein-
schaftlich besessen zu haben.) — Hugo soll alle Vesten, die
getheilt und nicht getheilt sind, die nächsten 7 Jahre inne-
haben, nach deren Verlauf sollen sie ihre Vesten und die Wein-
gater za Bppan thrilen an gleichen Theilen; die Kosten der
Bnrghuth der Vesten sollen Beide zu gleichen Theilen tragen.
— «4 —
» Oberhalb Neabaas soll keiner von ihnen eine Vesle erbaoeo ;
jedoch zu Gais darf jeder, wenn*8 ihm gefallt, einen Tborni
baaen. — Bezüglich der Gerichtsbarkeit darf jeder richten uod
Richter halten ttber seine Güter und Leute; hingegen Aber die
Edelleute und todeswttrdige Verbrechen richtet der älteste. —
Beide miteinander zahlen die schuldigen 400 M. B. , nämlich
200 M. B., ,,die wir geben zu unserm Mumelein^ des Hof-
maisters Sühne *) und 200 U. B. dem Velber (dem voa
Velben), — Ulrich von Tauvers setzt seinem Oheim Hugo zu
Bargen: den edlen Grafen Heinrich von GOrz und seinen
(matterlichen) Oheim Hm. Gerhart von Camino und dessen
Sohn Hrn. Rizard. Hugo siegelt wieder mit dem Reitersiegel,
(von Hairhofen, aus dem Statth.-Archive.) ^ Dass die edlen
von Tauvers damals noch die berahmte Yeste Eppan besessen,
geht aus folgender Urkunde deutlich hervor : am 24. November
1308 auf dem Platze zu Bozen in Gegenwart Hrn. Conrads
Meiser verleiht Hr. Johann, Castelian auf dem Schlosse Eppan
aufgestellt durch den edlen Mann, Hm. Hogo von Tauvers, in
dessen Namen dem Uelin Halber aus der Gaul einen Mairhof
zu Nals fttr jährlichen Zins von 6 Ihm Most, Nalser Mass.
(Urk. im Ferdinandeum.)
Wenn nicht etwa eine irrige Deutung des Namens sieh
eingeschlichen, so scheint es, dass Hugo VI. von Tauvers
noch in hohem Alter das Amt eines Hauptmanns in dem den
Herzogen von Kärathen zugehörigen Santhal angenommen habe;
denn in den Mittheilungen ^ des histor. Vereins v. Steiermark
1861 S. 101 sagt Dr. Tangl : „Die Freien von Suneck«' : noch
1306 erscheint in einer einheimischen, von Leopold von 6o*
. nowitz ausgestellten Urkunde als erster Zeuge: Hr. Haug von
Teufen, Hauptmann in dem Seintal^ und erklärt diesen als
*) Die Sache ist etwas unklar; sollte etwa Ulrichs IV., Aus-
stellers der Urkunde, Muhme Agnes, die zweite Schwester Hogo's
VI., an Heinrichs von Aotenburg des Hofmeisters Sohn vereUicfal
worden sein?
— 8B —
Hugo, Grafen (?) von Tauffea, Taofers aos Tirol. ^ Aus
Mailgel an Urkunden müssen wir die Sache dahingestdit sein
lassen. — Am 12. Jtinner 1309 zu Sterzingen stellen Herzog
Otto von Kärnthen und Heinrich, Graf von GOrz dem Bischöfe
Johann von Brixen ein Zeugniss aus in Gegenwart der edlen
Herrn, ihrer Getreuen: Hugo von Tauvers, Ulrichs, Vogt von
Hatsch, Heinrichs von Loubers, des Marschalls, des Hofmei-
sters Heinrich von Rotenburg. (Sinnacher, 5. B. S. 76.). —
Nur ein paar Monate waren ihm dann noch gegönnt; denn
um Ostern des Jahrs 1309 schlug ihm die letzte Stunde
und er fand seinem eigenen Verlangen gemttss bei den Cla-
rissen zu Brixen, denen er ein reiches Legat vermachte, seine
Ruhestätte. — Merkwürdig ist uns theils eben wegen dieses
merkwürdigen Legats, theils auch wegen einiger Angaben über
sein Leben, die Verhandlung über diese seine Begrübnissstfttte.
Am 2. August 1309 thut Bischof Johann von Brixen kund:
Allen sei zu wissen gethan, dass, da der edle Mann Hugo von
Tonvers bei den Schwestern zu Brixen begraben worden, und
vielleicht von Einigen Zweifel darüber erhoben werden könnte,
ob derselbe auch noch in seinen letzten Tagen seine Ruhestätte
bei den Schwestern verlangt habe, so habe er, der Bischof,
auf Ansuchen besagter Schwestern, um solchen Zweifel zu
beseitigen und damit ihnen deswegen in Zukunft nicht ein
Proeess entstehen möchte, eine Untersuchung darüber anstellen
wollen. In Anbetracht jedoch, dass in der Regel , wenn kein
Proeess über eine Sache eingeleitet worden, eine Zeugen-Ein-
vernehmung nicht gelte ; wenn aber einige der Zeugen kränklich
oder bejahrt seien oder deren langwierige Abwesenheit zu be-
fitrchten stehe, wie es gerade hier — nach Angabe der
Schwestern, — der Fall sei, dennoch die Zeugen-Vernehmung
gelte, wenn nur, was in dieser Hinsicht das Recht vorschreibt,
beobachtet werde, so habe er diese Zeugen- Vernehmung vor-
genommen. In seiner Gegenwart so wie in Beisein Hrn. G.
Decans von Brixen, Fr. Walcbums, Priors zu Stams und Hm.
Zacharias Domherrn von Brixen habe Frau Elisabel von Schö-
6
\
— 66 —
nenberg, Schwester besagten Hrn. Hago*s von Taavers bei
ihrem Eide auf die Frage: was ihr in Hinsicht der Wahl des
Begräbnisses ihres Bruders bekannt sei? ausgesagt: als dieser
ihr Bruder auf dem Schlosse Neuhaus auf dem Krankenbette
gelegen, gesunden Sinnes aber bedeutend krank, habe er am
Mondtage vor Palmsonntag dieses Jahres 1309 seine Begrübniss
bei den Ciarissen von Brixen erwählt und denselben auch
300 M. B. zur Erhaltung von sechs Ordensbrüdern, die dort Gott
dienen sollen, vermacht; jedoch mit dem Vorbehalte, falls in
Zukunft in Tauvers ein Kloster zur Ehre der hl. Clara erbaut
würde, vms er sehr wünsche^ so sollen jene 300 H. B. die-
sem zugewendet und auch sein Leib dort beigesetzt werden.
Ferner sagte sie aus, dass ihr Bruder schon lange vorher, als
er im Begriffe stand, in jenen Krieg zu ziehen, in welchem
König Adolph umkam, für sich und auch für seine Mutter die
Ruhestätte bei den Ciarissen zu Brixen bestimmt habe. —
Auch Hugo's Witwe (Hargaretha von Truchendingen) sagte
in diesem Bezüge eidlich aus; als ihr Gemahl im Dienste
König Heinrichs nach Böhmen zu ziehen im Begriffe gewesen,
habe er zu Tauvers in ihrer Gegenwart bestimmt, seine Grab-
stätte soll bei den Ciarissen sein; — um das Jahr und Tag
befragt, antwortete sie: sie könne sich nicht recht erinnern,
es sei vor der Zeit gewesen, als König Heinrich mit der
Königin nach Tirol gekommen; — ferner: sie hätte obige
seine Willensmeinung öfter von ihm vernommen. — Eben das
Nämliche bezeugte auch unter einem Eide Hugo*s Mutter
Ofnixa (Euphemla von Hünnenberg). (Archiv der Ciarissen In
Brixen.)
Somit überlebten Hugo VI. von Tauvers seine Mutter
Ofmia, seine Schwester Elsbet und seine Ge-
mahlin BPargret, aus der er nur eine minderjährige Tochter
Agnes hinterliess. — Alle diese Frauen waren sehr wohlthätig
gegen Kirchen und Klöster; so war schon i. J. 1303 Frau Ofmia
and deren Sohn Hugo VI. den Nöthen des Klosters Sonnenbarg
zu Hilfe gekommen, als Frau Berchta von Schöaeck, Äbtissin
~ «7 —
dieses Slifts, mit ihrem Kloster tief in Schulden gerathen;
denn die Freigebigkeit der edlen Familie von Tauvers half
ihnen diesmal aus der Verlegenheit, indem Frau Ofmia,«
Wittwe Ulrichs U. von Tanvers und ihr Sohn Hugo VI. dem
Stifte die bedeutende Summe von 350 H. B. gegen Verpfän-
dung des Urbars von Mflhlwald, Lappach, Weisenbach und
Hicheireiss vorstreckten; dadurch erholte sich das Kloster
derart, dass es nach und nach die Schuld abzahlen konnte,
und i. J. 1310 bereits ganz getilgt hatte^ so dass am P6nztag
vor Biaria Geburt 1310 Ofmia von Tuvers und Margret von
Truchendingen anstatt ihrer Tochter Agnes (weil Erbin ihres
Vaters Hugo) der Äbtissin Berchta auf dem Schlosse Tuvers
die Quittung ausstellten und das Verpfflndete mit Leut und
Gut wieder zurückstellten. Zeugen dabei waren: vnser liebes
Anichle, Ulrich der Edle von Tuvers, Hr. Gerolt der Pfarrer
von Tuvers, Hr. Gotschaik und Hr. Fridrich die Ritter von
Tuvers. (von Hairhofen aus dem Archiv Sonnenburg).
Nach dem Ableben Hugo's VI. scheint sein Neffe Ulrich IV.
die Vormundschaft Aber Hugo's einzige Tochter Agnes bean-
sprucht zu haben und auch mit übertriebenen Ansprüchen
wegen der bisher noch nngetheilt besessenen SchKVsser und
Güter hervorgetreten zu sein, wie aus den folgenden Urkunden
hervorgeht. Um sich gegen beides zu sichern, stellten die
Grossmutter und Mutter obige Agnes unter dem Schutze des
neuen Landesfürsten, Königs Heinrich, denn am 12. Mürz 1311
zu Griess reversiren sich Frau Ofmia von Tauvers und Frau
Margret von Truchendingen, dass sie ihre respective Enkelin
und Tochter, Fräulein Agnes von Tauvers, nach Rath des
Königs Heinrich vermählen wollen , so dass ihr künftiger Ge-
mahl des Königs Diener werde, oder falls selber sich ans
dem Lande zöge^ dem Könige ihr zugebrachtes Gut zu kaufen
^be. (Schatz- Archiv Regesten.) Dafür urkundet am näm-
lichen Tage zu Griess König Heinrich , dass er die edlen Frauen
Ofmia von TouverS) so wie Margret von Truchendingen und
deren Tochter Agnes von Touvers und deren Güter unter
5*
- 68 —
seinen Schnti genommen, und da erwfthnte Frauen Ofmia md
Margret ihm gelobt^ dass sie mit erwfthnter Jungfrau Agnes
und den ihr zugeiiörlgeD Yesten und Gütern ohne seinen Rath
und Zustimmung nicht verfflgen wollten^ so habe er ihnen
aueh gelobt, die Jungfrau Agnes nirgends hinzugeben oder
zu verheiralen, als wie es ihre Ehre und Wtlrde fordern.
(Archiv St. Zenoberg.) — Nicht so ganz und^ontltzig handelte
hier König Heinrich, denn schon aus obiger Urkunde und ans
dem noch zu Erwähnenden leuchtet deutlich die Absicht her»
vor, die wichtige Herrschaft Tanvers an sich zu bringen und
so wieder, nach dem Beispiele seines Vaters, Herzog Heinhard II.,
ein angesehenes Dynasten - Geschlecht zu entfernen. —
Ohne Zweifel mit Zustimmung K. Heinrichs opferten dnrch
Urkunde dat. zu Tauvers 131 i^ Fran Margret, WiUwe
Hugo^s von Tauvers und deren Tochter Agnes mit Zustimmung
ihrer respective Schwieger- und Grossmutter Ofmia ^ Wittwe
weiland Ulrichs des altern von Tauvers auf den (wahrsehein*
lieh auf ihre Kosten) neuerrichteten Altar der hK Cadiarhia in
der Pfarrkirche zu Gais den kleinen Hof zo Gais, genannt ioi
Yekle. (v. Hairhofen aus dem Archive zu Gais.)
Aber noch andere wichtige Geschäfte hatten die hinterlas-
senen Frauen von Tauvers ; es galt, einen schädlichen Zwiespalt,
der sieh zwischen den Herra von Tauvens und den brixneri-
sehen Unterthanen zu Brunecfc und in derselben Gegend ^ —
es ist eigentlich nicht gesagt, warum? — noch zur Zeit, als
Hugo VI. von Tauvers noch lebte, erhoben und zu Thfitlteh-
keiten gefdhrt hatte, endlich beizulegen. Darum Urkunden am
13. Juni 1311 zu Aufliefen Ulrich, Ofmla^ Elsbet und Margret
von Tauvers, dass der Krieg, der sich zwischen Hrn. Hugo
von Tauvers seligen einer- und dem bischöflicben Burggrafen
zu Bruneck Hrn. Reimprecht den Sflbner seligen, den Bflrgera
zu Bruneck und andern brixnerischen Gotteshansleuten ande-
rerseits sich erhoben und die beiderseits zugefügten Schäden
mit des Bisehofs Johann von Brixen und ihrer Zustimmung
Jacoben dem Trautson und Randolten von Vilanders als vom
Btfchof, uwl JaoolMD von St. Michaelsbiirg, dem Ludriohter
und Aeblin von St. Lambrechlsberg als von ihnen gewfihlten
Schiedleoten zur Entscheidang Überlassen worden. Diese hät-
ten unter gemeinsamer Berathung entschieden : der Bischof fOr
sich und die Seinen, wo immer angesessen, sollen der Tau-
verser und der Ihrigen wegen des Kriegs gut Freund sein,
so wie andererseits die Tauverser dem Bischöfe und den Seinen
und vollstJiAdige Versöhnung zwischen ihnen statt finden; fer-
ner die Frauen von Tauvers sollen dem Bischöfe bis künftige
Michaeli 50 H. ß. auszahlen, und dem Stuck 35 Pf. B.
Herren Gült für die 35 H. B«, wofür er Bürgen hat, anweisen
diessseits der Gaiser Brücke und der Coste, des Salar- und
des Beyererbaches, jedoch dass sie selbe mit 35 H. B. ablösen
dürfen. Jeder Theil, sowohl der Bischof als die Frauen von
Taavers entschädigen die Ihrigen um den erlittenen Schaden,
Diese Sühne sollen beide Theiie halten unter Strafe von
50 H. B. — Zeugen dabei : Hr. Herman Bing, Hr. Hagnes von
üotenhairo, Fridrich von Andrian, Heinrich Würsung, alle
Ritter ) Ulrich von Hatrei, Burggraf zu Bruneok, Fritz und
Dietmar von St. Lambrechtsburg u. s. w. Das siegeln sie
und Wernher von Tablat, als der Schiedleut Obmann. (Sin-
Dächer, 5. B. S. 89.) — Da diese Urkunde am Sonnlag vor
St. Veitstag, 43. Juni, gefertigt wurde, so liess der Bischof,
um seine Ansprüche auf Tauvers desto besser zu wahren, vier
Tage darnach, am 17. Juni, jene Urkunde vom Jahre 1225,
wodurch Hugo IV. von Tauvers seine Schlösser Tauvers und
Uotenhaim dem Stifte Brixen zu Lehen aufgesendet und als
seiche wieder nebst Anderm empfangen hatte, vidimiren und
als ücht erklären, wozu sich auch König Heinrich zu Griess
am 17. Juni 1311 ganz willig herbeiliess. (Chmel^ österr.
Gescbiehtsf. 2. B. S« 351.) Hiezu mochte ihn einerseits
bewegen, dass jene für das Stift Brixen bedenkliche Verschrei-
bung der Frauen von Tauvers am 12. März 1311 zu seiner
Kenntniss gekommen, andererseits auch der Streit, welcher
zwischen Ulrich IV. von Tauvers und den erwähnten drei
— 70 -
Frauen am obige Schlösser und andere Tanver^sehe Besitsoii-
gen obwaltete. Endlich am Freitag vor Egidi 131 1 (28. August)
zu Brixen wählten beide streitende Partheien zu friedlichen
Schiedsprechern in dieser Streitsache den König Heinrich,
Grafen von Tirol und Heinrich Grafen von Görz; dabei ward
vereinbart, bis zum Schiedspruche sollte König Heinrich Schloss
Tauvers sammt dem Urbar, welche erwähnte Frauen bisher
innegehabt, zu seinen Händen nehmen. Zeugen dessen: der
edle Graf Albert von Görz , Hr. Gebhart der Velber, Hr. Chol
von Vlaxperch^ Hr. Fridrich von Gesiez, Hr. Nicolaus von
Welsberg, Hr. Gebhart und H. von Starkenberg, Hr. Eckhart
und Hr. Heinrich von Gerrenstain. (v. Mairhofen aus dem
Statthalt.-Archiv). — Allein K. Heinrich einmal in dem, wenn
auch nur anvertrauten Besitz des Schlosses Tauvers ^ scheint
sich mit dem entscheidenden Spruch eben nicht beeilt zu ha-
ben, da er ihn erst im Jahre 1313 that, wie wir sehen
werden.
Indessen ergaben sich wichtige Veränderungen in der
Familie von Tauvers, Die Grossmutter, Frau Ofmia, schon
hochbejahrt, nahte sich ihrem Lebensende; darum fertigte sie
am Samstag vor St. Thomastag 1312 ihr Testament: „Ich
Ofmei, Mutter Hrn. Haugs von Tauvers, geborne von Hannen-
burch, thue kund, dass ich Ober die 20 M, B. Gülte, die mir
Aber das , was ich schon meinen Kindern bereits geschaffen^
erübrigt^ folgender Weise nach meinem Tod verfüge; nämlich
20 M. B. dem Bischöfe von Brixen, dass er damit seiner
Kirche neue Gälten kaufe oder verpfändete zurücklöse; 50 M.
B. innerhalb 10 Jahren zahlbar dem Stifte Sonnenburg zum
nemlichen Zwecke wie der Kirche von Brixen , auf dass sie
mir und meinem Gemahle ewiglich einen Jahrtag halten mit
Messen und Gebet, und am Jahrtag sollen jeder Schwester
50 Schillinge vom obigen Urbar gegeben werden. Femer vermache
ich 5 M. B. der Frauenpfarrkirche zu Tanvers, 1 H. B. dem
Kloster zu Lienz und ebensoviel dem zu Innichen; 3 M. B.
den Klarissen zu Brixen^ den Franciscanem daselbst 1 M. B.
-- 71 -
dem Bruder Franz daselbst 1 M. B. und den Chorherrn za
Brixeo, der Neustift, den mindern Brüdern und den Predigern
zu Bozen, jeden 2 H. B. , i H. B. den Klosterfrauen zu
Steinach, und 2 H. B. dem Kloster Stams; diese kleinern
Posten unter 10 H. B. sollen innerhalb zweier Jahre, alle
94 M. B. aber innerhalb der nächsten 10 Jahre von obiger
Gült entrichtet werden; der Ueberscbuss davon gehört den
Ciarissen an Heran und nach den 10 Jahren ffillt die ganze
Gült von 20 M. B. diesen zu, auf dass sie damit zwei Prie-
ster unterhalten, die für mich, meinen Gemahl und meine
Vorfahren ewiglich beten sollen; jedoch mit dem Vorbehalt,
falls eines meiner Kinder oder Enkel so selig wftre^ ein Klo-
ster im Pusterthale zu bauen , so sollen diese 20 M. B. Gülten
nach Verlauf der zehn Jahre diesem zuMlen. *) — Ich will
im Clarissen-Kloster an Heran begraben werden, „wan daz
meiner Tochter Elspeten stift ist mit sammt mei-
neiner Herrschaft von chernden.^ -^ Alles in meinem
*) Da non hier Frau Ofmia von Tauvers, wie früher ihr Sohn
Hugo VI. in seinem Testamente v. J. 1309 ihren sehnlichen Wunsch
ausdrücken^ dass ein Glied ihrer Familie im Thale Tauvers ein Gla*
risser-Kloster erbauen mochte und sie beide für diesen Fall bedeu-
tende Legate hiezu bestimmten j| so erhebt sich die Frage: ob auch
dieser ihr Wunsch in Erfüllung gegangen? - Eine Stunde östlich
von St. Moritz im Thale Tauvers am Eingange las einsame Reinthal
erblickt man aaf einem schmalen Bergvorsprunge die sparsamen Ruinen
eines alten Bauwerkes, insgemein die „Burg Kofel am Tobel^ ge-
nannt; dorthin versetzt die Sage des Tbalvolkes ein Frauenkloster;
wo einst die Burg Kofel gestanden, soll dieses errichtet worden
sein. Der kleine Convent aber soll, nachdem das Kloster einmal
ausgeraubt, dann bald darauf das Klostergebaude selbst ein Raub
der Flammen geworden, in das Scbwesterkloster von Brixen über-
siedelt sein. — So die Sage; da jedoch für all diess urkundliche
Beweise fehlen, mnss man die Sache dahin gestellt sein lassen. —
Vielleicht hängt die Sage mit dem in die Oeffentlichkeit gedrungenen
Wunsche der beiden Edlen von Tauvers und deren Vermächtnissen
zur Verwirklichung desselben zusammen; — vielleicht dass wirklich
auch einige Versuche zur Errichtung eines Clarissen-Klosters daselbst
gemacht worden ; jedoch das Werk bei dem bald darauf erfolgten
ganzlichen Aussterben der Familie schon im Beginne wieder zerfal-
len ist.
— T8 -
Hause, meine Bücher, Hausgerfithe, liegende und fahrende Habe,
verniache ich meiner Tochter Ebbet, wenn selbe mich über-
lebt, auf dass selbe damit thue, was ich ihr darüber geschaffen.
— Ich betheuere, dass all mein Hausgeräthe auf Tauvers und
Alles, was ich in Gewer habe von fahreader Habe, mir mein
seliger Gemahl Ulrich von Tauvers vermacht hat, dass weder
meine Kinder noch Enkel noch meine Schnur darauf irgend
einen Anspruch haben sollten, ausgenommen, was ich von
freien Stücken ihnen davon schenken wollte. — Ich bitte mei~
nen Herrn den Bischof Johann von Brixen, dass er dieses
Vermächtnisses Schirmer und Vollstrecker sei nach Rath und
Weisung meiner Tochter Elsbet von Schönenberg. — Zudem
betheuere ich, dass ich Alles, was ich geschaffen, mit allem
Rechte geschaffen und mein Sohn Hugo seligen mir Vollmacht
gegeben es zu schaffen, wem und wie ich will. — Die zwei
Güter Hauben und Adelür habe ich verpfändet um 16 M. B.,
die ich benOthigte zur Bezahlung des Rubeiners, dem selbe
mein Sohn Hugo schuldete. Beim Tode meines Sohnes war
gar kein Silberzeug, weder von dem meinen noch von dem
meines Mannes, übrig geblieben^ das meine hat mein Sohn
alles versetzt oder an Zahlungsstatt hingegeben, (mihi). —
Bald nach Abfassung ihres Testamentes scheint Frau Ofmia
von Tauvers heimgegangen zu sein, wenigstens war sie laut
einer Urkunde vom 1. Februar 1313 bereits unter den Todten.
Unterdessen hatte König Heinrich selbst für Frau Ofmia's
von Tauvers Enkelin Agnes, Tochter Hugo's VI., gemäss seines
Versprechens um einen angesehenen Bräutigam umgesehen in der
Person Conrads, eines Sohnes des Grafen Conrads von Kirch-
berg, und mit diesem die Verlobung bereits eingeleitet; am
12. Februar 1313 zu Fürstenberg gelobt Conrad, Graf von
Kirchberg für sich, seinen Sohn Conrad und dessen Verlobte,
Agnes von Tauvers, dem Spruche König Heinrichs von Böhmen,
Grafen zu Tirol in Bezug auf das Schloss Tauvers zu halten.
(Bairische Regesten 5. B.) — Vielleicht, wie ans dem Verlaufe
der ganzen Angelegenheit hervorzugehen scheint, machten die
- 73 —
GrafeD Ton Kirchberg dem K. Hehiriefa dabei auch das heim-
liche Versprechen, nach vollzogener Heirath, ihm Schloss
Taavers gegen Entgelt zu äberlassen. — Endlich am Freitag
vor St. Mathestag (24. Februar) 1313 erfolgte zu St. Veit
in Kfirnthen der entscheidende Spruch; der Jungfrau Agnes,
weiland Haugens von Tauvers Tochter, ward das Haus Tauvers
und das Erbe ihres Vaters (worunter wohl die Hälfte der
Vesten Ulenhaim und Eppan sammt Zugehör zu verstehen sein
wird, wie aus der Urkunde vom J. 1315 hervorgeht)^ zuge-
sprochen, (v. Mairhofen, Genealogie.) Und am ib. Juni 1313
zu St. Veit in Kämthen spricht König Heinrich als Schieds-
richter den Grafen von Kirchberg, Vater und Sohn, welch
letzterer mit Agnes von Tauvers verlobt ist, das dieser von
Ulrich von Tauvers angestrittene Schloss Tauvers zu; stellt es
aber dem auf dem Spruchtage nicht erschienenen Ulrich von
Tauvers frei, innerhalb Jahresfrist, in Minne oder mit Recht
deshalb an ihn Forderungen zu stellen. (Bairiscbe Regesten,
5 B.) Hingegen geloben am nfimlichen Tage und Orte Graf
Conrad von Kirchberg der ältere für sich und seinen gleich-
namigen Sohn dem KOnig Heinrich, der letzterm zur Ehe mit
Agnes von Tauvers verhelfen und sie und ihre Guter zu schir-
men versprochen, gegen Jedermann, der Vater mit Ausnahme
des Kaisers, der Sohn ohne Ausnahme, zu dienen. (Bair. Regest.
5. B.) — Ob Ulrich IV. von dem ihm gegönnten Appellations-
termin Gebrauch gemacht oder nicht, ist aus Urkunden nicht
ersichtlich; wir glauben, dass er bei der vorausichtlichen Er-
folglosigkeit des Betriebes seiner vermeintlichen Ansprttche
davon abgestanden, oder wenn er sie auch betrieben^ aufs
Neue verflillt worden. — Wfihrend der Zeit wurde die wirk-
liche Verehlichung der Agnes von Tauvers mit Conrad, Grafen
von Kirchberg den jQngem wirklich vollzogen und somit auch
deren väterliches Erbe an diesen gebunden. Nun war somit
das günstige Verhältnfss herbeigeführt, welches K. Heinrich
zur Verwirklichung seines Planes so sehr gefördert, und wirk«
Uch verkatfle am 1315 ^zu Griess Frau Agnes von
— 74 -
Taovers, wahrscheinlich angetrieben von ihren darch K. Hein*
rieh gewonnenen Gemahl Graf Conrad, dem Könige Heinrich
das Stammschloss Tauvers so wie die halbe Yeste Utenhaim
und die halbe Veste Hocheppan sammt Zugehör um 3000 H.
B. — nach jelzigen Geldwerthe bei 60,000 fl. — Als Pfand*
für die Bezahlung dieser Summe ward ihr überantwortet Schloss
und Gericht Emberg, das Gericht im Wald und in der Aschaa.
(Primissers Regesten.) — Jedoch wurden ihr diese 3000 M.
B. durch K. Heinrich bereits im Verlaufe des Jahres 1316
abbezahlt, indem er zur Aufbringung dieser Summe eine eigene
Steuer auf seine Gerichte legte , (Primissers Regesten in der
Bibl. di Pauli N. 613) und somit ihr auch obige Pfandschaft
wieder abgelösst. —
Zwei berühmte und wichtige Vesten des Landes waren
somit wieder an den LandesfUrsten gekommen^ Tauvers das
Stammschloss der edlen und mächtigen Herren von Tauvers
und Hocheppan, der Stammsitz der einst so mächtigen und
einflussreichen Grafen von Eppan wenigstens zur Hfilfte, wäh-
rend die andere Hälfte bald darauf auch durch Ulrich IV. von
Tauvers an ihn kam. — Wohl mochte das Stift Brixen gestützl
auf jene Aufsendungs- und Belehnungsurkunde vom Jahre 1225
seine Ansprüche auf die Schlösser Tauvers und Utenheim als
ihm zuständige Lehen erheben, jedoch K. Heinrich beachtete
dieselben nicht, obwohl er nur 4 Jahre zuvor jene Lehnungs-
urkunde ganz gemfithlich als recht anerkannt und bestältigt
hatte I
Wir kehren nun zur Darstellung der Lebensverhältnisse
von Hugo's VL zwei Schwestern Elsb et und Agnes zurück,
und werden dann die weitern Schicksale seiner Tochter Agnes,
der bereits erwähten Gemahlin Conrads Grafen von Kirchberg
erörtern. — Wir haben bereits aus dem Gelobebriefe Hugo's
VI. von Tauvers vom 9. Hai 1301 ersehen, dass auch seine
zwei Schwestern Elsbet und Agnes mit ihm gelobten, und dass
selbe damals noch unberathen, d. h. unverehlicht , waren; —
Was aus Elsbet's Schwester Agnes geworden, darüber fehlen
— 75 —
alle Nachrichten ; sei es Dan, dass sie in ein Kloster eingetreten
und hier der Welt unbekannt frühzeitig ihr Leben beschlossen,
oder aber, wenn jene (Seite 64) angefahrte Stelle des Thei-
lungstractats vom 2. MSrz 1306 dahin gedeutet werden könnte,
dass selbe einem Sohne Heinrichs von Rotenburg verheiratet
worden, so mdsste sie doch bald darauf gestorben sein^ da
ihrer ferner keine Erwähnung geschieht und auch ihre Mutter
Ofmia in ihrem bereits angeführten weitläufigen Testamente
vom Jahre 1312 ihrer nicht mit einem Worte erwähnt. -*
Was über sie Röggl im Sammler von Tirol 4. B. S. 53,
und Sinnacher, 4. B. S. 194 berichten, ist irrig, weil sie die
Erlebnisse ihrer gleichnamigen Huhmey Agnes von Tauvers,
Tochter Hugo*s VI. auf sie fibertrugen. —
Um so mehr wissen wir von ihrer Schwester Elsbeth;
bereits im Jahre 1282 erblickten wir sie mit ihrem Vater
Ulrich II. in Oesterreich , und wie sie mit demselben am
29. Jänner 1289 zu Chremsdas daselbst Erkaufte wiederverkaufte;
wir begegneten ihr im Jahre 1296 oder 1297 in Begleitung
ihres Bruders Hugo auf seinem Zuge durch Tirol , sahen sie
aber noch i. J. 1301 unverehlicht, aber bereits i. J. 1305 als
Gemahlin eines Herrn von Schönenberg. Sei es nun, dass der
Tod frühzeitig das vor Kurzem geknüpfte Band der Ehe mit
ihm lösste oder aber Hissverhältnisse sie von ihm getrennt;
urkundlich erwiesen ist es, dass sie bald nach ihrer Yerehli-
chung nach Brixen sich zurückzog und dort in einem unmit-
telbar an das Clarissenkloster anstossenden ihr gehörigen Hause
m stiller Zurückgezogenheit und in trautem fast schwesterlichen
Umgange und Verbände mit den Ciarissen lebte und ihnen
manche Gabe spendete; besonders aber wendete sie später
ihre Liebe und Freigebigkeit dem neu entstandenen Kloster
der Glarissen an Heran zu derart, dass sie mit der Herzogin
Euphemia als eigentliche Stifterin desselben zu betrachten ist
und auch so genannt wurde, wie wir aus dem bereits erwähn-
ten Testamente ihrer Hutter Ofmia, deren Liebling sie war,
und die ihr so Vieles zuwendete, gesehen haben. Vieles von
— 7« ^
ihrem Erbgute verwendete sie zum Baue dieses iDoslers und
zur festern Begründuug seiner Subsistenz. — So schenkte in
der St. Catharina^Capelle an Heran am 16. April 1312 die
edle Frau Elisabeth von SchOnberg dem CJarissenkloster da-
selbst: 1) alle ihr bisher gehörigen Zehenten im Taaverser-
felde sammt einer dazu gehörigen Scheune bei der Pfarrkirche,
2) einen Hof genannt am Ort auf Achernach und einen Bauhof
zu Utenheim, Alles Lehen vom Stifte Brixen; 3) einen Hof
in Hülein; welche Stücke zusammen jährlich 20 H. B. ertragen
und ihr von ihrer Mutter Ofmei geschenkt worden. 4) Alle*
ihre Besitzungen zu St* Georgen bei Bruneck^ nämlich 8V2
Hüben ^ welche durch sieben Bauleute bearbeitet werden^ eine
Hube im Dorfe Dietenhaim, den Hof Saxel bei Brixen^ zwei
Weingüter zu Tschetsch, genannt Fidemetz und CoUe, liehen
des Stifts Brixen. Ferner den Hof Kalchgrub an der Mfirre,
den drei Bauleute bearbeiten, und einen andern zu Braiteben^
beide in der Pfarre Velturns, dem Hugo von Yeltums von ihr
abgekauft, dann alle übrigen ihr eigenthttmlichen Weingüter,
Aecker und Wiesen in der Pfarre Velturns; ferner ihr Wein-
gut bei Brixen, endlich alle ihre Güter in der Pfarre Eppan,
nämlich den Hof zum Schöberlein in Puntsel and einen andern
zu Schreckpüchl, einen halben Hof an der Egard, einen halben
Bauhof zu Sirmian und einen andern halben zu Putzao. (Ur*
künde im Ferdinandeum.) ^ Ebenso freite sie mit ihrer
Freundin, der Herzogin Euphemia dasselbe Kloster von den
pfarrlichen Rechten des Pfarrers von Tirol -Heran, indem beide
am Erchtag vor Margreten 1312 demselben dafür jährliche
16 M. B. Herrengült übergeben, mit 170 M. B. ablössbar.
(Urkunde im Archive St. Zenoberg.) — So wie Elsbet voa
Schönenberg mit der Herzogin Ofmia durch innige FreundschafI
verbunden war, so genoss sie auch die Liebe der Gemahlin
K. Heinrichs, der böhmischen Königin Anna, die noch sterbend
zu Laibach im September 1313 ihrer gedachte und ihr .
100 M. B. vermachte, (n^ihi.)
_ 77 —
Anfangs hielt sie sich bald bei den Ciarissen zu Brixen,
bald bei jenen zu Heran aof; so k. B. war am 7« Jänner
1311 Ulrich der Diener der Frau Elsbet von Schönenberg ku
Heran Zeuge, wie Heinrieb der Harschall von Laubers den
Clarisseii zu Heran die Catharina - Kirche daselbst nebst
Anderni schenkte. cUrk. im Ferdinandeum); hingegen tiber^
Hess sie am Sonntag nach Haria Verktlndigung 1315 in ihrem
Hause tu Brixen Alhaiden, der Gemahlin Jaeclin's von Lncke-
dach für die 10 H. B, , welche ihre selige Hutter Ofmia der-
selben fttr ihre Dienste vermacht hatte, das halbe Chlapfgut
und 3 Pf. B. Zins aus dem Schwafghofe zu Nieder- Auer;
daran hUngt sie und ihr Vetter Ulrich v. Tauvers ihr Siegel,
(v« Pfaundlerische Urkunden.) — Am 1. April 1315 -zu Bri-
xen Urkunden die Gebrüder Winther, Cunrad der Kaiser und
Ulrich, alle drei Söhne Hrn. Berchtolds von Autenhaim seligen^
dass sie mit Zustimmung ihres gnädigen Herrn Ulrichs von
Tauvers ihre zwei halben Höfe sammt aller Zugehör , der eine
Piglätsch^ der andere zu Frauenhaus zum Renter genannt und
diesseits Pänk gelegen, um 80 H. B. der ehrbaren Frau Els-
bet von Sehönenberg als freies eigenes Gut verkauft haben.
— Ferner; da sie mit besagter Frau Elsbeth von Schönenberg
wegen einer Gülle von 10 Ihm Wein aus den erwähnten Gü-
tern in Streit^ gewesen , so hätten sie zur Beendigung dieses
Streites ihr 10 H. B. an den ausbedungenen 80 U. B. nach-
gelassen. Daran hängen ihr Siegel Hr. Ulrich von Tauvers
und Hr. Cunrad der Zerhelm ihr Oheim. Geschehen in der
vorbenannten Elsbet der Schönbergerin Haus zu Brixen. (Statth.-
Archiv). — Ebenso urkundet Elisabet von Schönenberg am St.
Veitsabend 1316 zu Brixen in ihrem Hause im Kloster der
Schwestern , dass ihre Frau Hutter Ofmia seligen zu einem
Seelgeräthe 20 H. B. Gttits dem Kloster Sonnenburg vermacht
habe, (von Hairhofen). — Hingegen finden wir sie am 16. Hai
1316 auf dem Schlosse Tirol bei König Heinrich, um mit
demselben in einer wichtigen Angelegenheit zu verhandeln. Als
nämlich derselbe i. J. 1315 von Elisabets Niege, Agnes von
— 78 —
Tauvers, Schloss Tauvers, halb Utenheim und Eppan erkauft
hatte, scheint selber auch alle einst dahin gehörigen Güter,
Leute und Einkünfte, somit auch die der Elisabet von Schön-
berg als Vermächtniss, Heiratgut u. s. w. zugefallenen Stücke
und Gülten beansprucht und auch an sich gezogen zu haben.
Dagegen erhob sich Elsbet mit Kraft, und der König stellte
ihr nun am obigen Tage 20 M. B. Gülte daselbst, den Zehent
auf dem Felde zu Tauvers, den Mairhof zu Hüle, den Maierhof
zu Utenhaim und auf Ahernach genannt am Ort, und 20 M. B.
Gült zu Ahernach, die ihre Mutter zu einem Jahrtage gewidmet,
den Hof zu Nals, den Hof zu Pigletsch^ den Schwaighof in
dem Müiwald zurük; dafür aber erliess ihm Frau Elsbet die
100 H. B. , welche der König ihr als Yermächtniss seiner
seligen Gemahlin , der Königin Anna , noch schuldete , und
versprach ihm zugleich, falls sie je obige Güter verkaufen
wollte, selbe ihm zuerst anzubieten, so wie auch ihm und
seinen Erben die Ablösung obiger 40 M. B. Gült zu gestatten. —
Hingegen sollen dem Bischöfe von Brixen und dessen Stift alle
Rechte an obigen Gütern , in so weit selbe von denselben zu
Lehen herrühren, vorbehalten, auch alle Gedinge, welche Frau
Elsbet darüber gethan hat^ in ihrer Kraft bleiben. — Audi
gab ihm Frau Elsbet auf sein Ersuchen die zwei Mühlen an
Heran, die er ihr für 100 M. B. verpfändet hatte und die ihr
allerdings verfallen waren, zurück; dafür überliess er ihr
12 H. B. jahrlicher Gült zu St. Jörgen bei Gais, jedoch unter
Vorbehalt des Rücklösungsrechtes mit 100 M. B. — Falls er
je die Herrschaft Tauvers verkaufen wollte, sollen ihr zuvor
obige Güter und Rechte verbrieft und versichert werden, imihi).
Bald darauf nahm Frau Elsbet selbst den Schleier, indem
sie ins Clarissenkloster zu Meran eintrat, und wurde nach dem
am 17. September 1320 erfolgten Tode der bisherigen Äbtissin
Agnes von Liechtenstein von den dankbaren Nonnen selbst zur
Äbtissin gewühlt. -> Am 1. Hai 1323 zu St. Zenoberg thut
König Heinrich kund, er habe der Frau, Schwester Elsbet von
Schönenberg, Äbtissin des Ciarissen -Klosters an Heran alle
— 79 —
Güter, welche sie von ihrem Vater nnd Vorfahren ererbt, zn
Tattvers und anderswo gelegen,^ die er an sich gezogen gehabt,
früher schon wieder in Nutz and Gewer überlassen unter Be-
dingung^ wenn sie selbe je verkaufen wollte, sie zuerst ihm
anzubieten; diess habe sie nun gethan^ weil sie selbe zum
Nutzen ihres Klosters veräussem wolle; jedoch vermöge er
wegen andern Auslagen diese Güter nicht zu kaufen. Darum
gebe er ihr Vollmacht, selbe zum Frommen des Klosters an
wen immer zu verüussem, oder wenn sie stürbe, ihren Nach-
folgerinen im Amte zu hinterlassen. (Archiv St. Zenoberg.)
Nachdem sie ihre Würde treulich zum Wohle des von Ihr
mitbegründeten und innig geliebten Klosters 5 Jahre lang
verwaltet, ging sie am 3. October 1325 heim^ um den Lohn ihres
gottgeweihten Lebens zu empfangen. (Necrologium Claris-
sarum).
Wahrscheinlich noch bei Lebzelten ihrer Hufame Elsbet
von SchOnberg war Ihre Nie^e Agnes von Tauvers, ver-
ebiichte Gräfin von Kirchberg, nachdem der Tod das
Band der £he gelösst, dem Beispiele Elsbets gefolgt und
hatte im nümlichen Clarissenkloster zn Meran den Schleier ge-
nommen. — Am hl. Dreikönigen - Tage 1335 schenkt im
Schlosse Ried, bei Bozen, Herzogin Ofmia ihrer lieben geist-
lichen Tochter, Schwester Agnes von Tauvers, Tochter
Hau gen von Tauvers im Clarissenkloster an Meran als
freies Eigenthuito den Hof Germannsecke in Semtein , den sie
von Frau Diemuten von Werberg, Tochter weiland Huleins
von Northeim erkauft, der jährlich zu Dienst 1 Kitz, 1 Lamm,
30 Eier, eine Schüssel Schmalz, 6 Schweinschultern und 25
Pf. B. zinst, zi; völligen Eigenthunt, mit voller Gewalt, mit
selbem nach ihrem Belieben zu disponiren« (Urk. im Widum
Meran). — Im folgenden Jahre 1336 wurde sie nach dem
Rücktritte der Äbtissin Sophia von Reifenstdin an deren Stelle
erwählt und leitete das Kloster mit Eifer bis zum Jahre 1341. —
Am Freitag vor St. Veitstag 1336 zu St. Zenoberg thut der
neue Landesfürst, Johann von Mähren, Gemahl Hargrethen's
— 80 —
Grä6n von Tirol kiud, da vor Jekren sein SchwiegernMer,
König Heinrich von Frau Agnes von Tauvera, jelxlgen AbtisaiD
des St. Clara-Klosters an Heran, als einer rechten Erb-
tochter des edlen Hugo von Tauvers alle Gflter^
Erbschaft^ Mannschaft und LehenschafI und Alles, vpas sie mit
Recht geerbt, erkauft habe und dies nun von seinem Schwie-
gervater mit Recht an ihn gefallen, er das Kloster^ die daselbst
wohnenden Schwestern St. Clara-Ordens und alle ihre Güter,
wo immer gelegen, in seinen besondem Schatz nehme and be-
sonders dasselbe Kloster vermöge Schenkung oder Yermüchtniss
der Frau Elsbet von Schönenberg, gewessten Äbtissin dessel^
ben, besitze. Insbesondere habe er ihnen versprochen, sie
nach dem Tode Hrn. Ulrichs von Tauvers bei den Gfiten,
deren derselbe Hr. Ulrich ihr und an ihrer statt Lehentrfiger
ist, mögen dann die ihm (als Grafen von Tirol) zugehOren
oder nicht, ohne Eintrag zu schützen. •— Erweise es sich
aber, dass Jemand besseres Recht zar Lehensehafit habe, als
er^ so wolle er, wenn es mit seiner Würde verträglich wire,
in ihrem Namen die Belehnung damit selbst verlangen und ihr
Lehentrfiger sein; wttre es aber unter seiner Würde, persöii-
lieh die Belehnung zu ersuchen, so wolle er wenigstens nadi
Krftften dahin wirken, dass sie darin nicht beeinträchtigt wür-
den. (Archiv in St. Zenoberg). — Im eingehenden Mnner
1339 überiüsst Agnes von Tauvers als Äbtissin gemäss schieds-
richterlichen Spruche des Bischofs Nicolaus von Trient und
Hrn. Volkmars von Burgstal an Mathftus Bischof von Brixen
den Zehenten zu Tauvers , welchen ihre Muhme Elsbet von
Tauvers dem Clarissen-Kloster einst geschenkt hatte, (mihi). —
Ums Jahr 1341 trat sie von der Äbtissin- Würde ab« um in
untergeordnetem Verhältnisse im Kloster in Demuth dem Herrn
zu dienen, ward aber nach dem am 1. October 1344 einge-
tretenen Ableben ihrer Nachfolgerin, der Äbtissin Sophia vot
Reifenstein, durch das Vertrauen ihrer Hitschweslern zum
zweitenmal zur Äbtissin erwfthlt, welches Amt sie noch 6 Jahre
mit Segen fortführte» und selbes im Jahre 1350 abermis
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Biederiegte ond am 21. Jaai 1351 als der leiste Sprosse ikrea
edlen und ao angesehenen Geschlechtes aus dieser Weit schied.
(Necroleg. Clarissarum).
Nun erübriget uns noch von Agnesen von Tanvers 6e-
schwisterlcind Dlrich IV., Sohn Ulrichs III. von Tauvers als
dem letzten münnlichen Sprossen dieses uralten Hauses au
sprechen. — Wir haben densdben bereits am Sonntage vor
Liechlmessen 1293 su Heran dem Herzoge Heinhard II. Treue
und Dienst gelobend erblickt, und wie ihn sein Oheim Hugo VI.
deutlich als Mitbesitzer der Familiengüter erklarte, als er bei
Verpfandung eines halben Hofs am St. Bonifaciustag 1300
ausdrttcklich erklärte» er wolle dazu auch seines Neffen
Ulrichs IV. Zustimmung gewinnen. — Bei der zwischen ihnen beiden
bereits erwühnten provisorischen Theilung der gemeinschaftii-
chen Schlösser, Güter ^ Gülten u. s. w. am 2. Mflrz 1306
geschlossen voriftufig auf 7 Jahre 6el ihm als Sitz die Burg
Neuhaus und das nflchste Urbar an derselben Veste ganz und
das halbe Dorf Gais zu u. s. w. Nach Verlauf von 7 Jahren
sollte eine neue Theilung stattfinden. Bei dieser Theilung
waren unter Andern seine (mütterlichen) Oheime die Grafen
Heinhard und Albert von Ortenburg, und er selbst setzte sei-
nem vflterlichen Oheim Hugo VI. von Tauvers als Bürgen für
Einhaltung dieses Vertrages seinen Cvnütterlichen) Oheim Hrn.
Gerhart von Camino und dessen Sohn Rizard. — Ob Ulrich
IV. an den Fehden dieses seines rauflustigen Oheims Gerhart
von Camino in Verbindung mit dem unruhigen Grafen Heinrich
von Görz gegen den Patriarchen Ottobon von Aquileja Theil
genommen oder nicht, darüber geben die uns zu Gebote ste-
henden Quellen keinen Aufschluss. — Obiger Familien-Vertrag
erreichte jedoch vor dem bestimmten Termin sein Ende durch
den i. J. 1309 ehigetretenen TodMl seines Oheims Hugo VI.,
und In Folge dessen scheint Ulrich IV. gegen dessen Tochter
und Erbin Agnes mit übertriebenen Forderungen aufgetreten zu
sein, indem er, wie aus dem Ganzen hervorgeht, als einziger
münnUcher Sprosse des Geschlechts, vorzüglich das Stamm-
6
— M —
soUosfl der Familie, di6 Yeste Tauvefs^ für sich beaaspraokle
und seine Baase Agnes aus dessen Besibi verdrängen woUte;
die sich aber dagegen unter den Schutz des Landesfarslen
stellte, bis sich endlich beide streitende Partheien zn Brixen
am Freitag vor St. Egiditag 1311 dahin vereinigten, dass sie
auf den Schiedspruch K. Heinrichs, Grafen von Tirol und
Grafen Heinrichs von Görz compromittirten. ^— Wie dieser
erst am FreiUg vor St. Mathestag 1313 zu St. Veit gefüllte
Spruch gegen ihn lautete, indem Schloss Tauvers und das
Erbe ihres Vaters Hugo seiner Baase zugesprochen worden,
und ihm nur der Alleinbesitz des Schlosses Neuhaus und der
getheilte Hitbesitz der Schlösser Utenheim und Hookeppan
sainmt Zugehör zuerkannt ward, haben wir bereits frfiher
S. 73 geseken. Ulrich IV., der wohl den für ihn uogttnstigeo
Ausfall des Spruches wittern mochte, erschien gar nicht bei
demselben; daher ward ihm eine Frist von Jahr und Tag
gestellt^ innerhalb welcher er seine Einwendungen^ wenn er
deren dagegen zu haben glaubte, in Minne oder Recht, dag^
gen vorbringen sollte. — Ulrich scheint von dieser Frist keinen
Gebrauch gemacht zu haben, und so mnsste er zu seiaem
Aerger sehen, wie das Stammschloss seiner Familie sammt
dem reichen Urbar desselben, so wie der Mitbesitz von Schloss
Utenheim und Eppan sammt Zugehör zuerst durch Heirath
seiner Baase Agnes mit dem Grafen Ck>nrad von Kirckberg
m diesen und dann L J. 1315 durch Verkauf an den Landes-
fUrsten ttbergii^. — Jedoch später scheint er mit seinen Baa-
sen^ der Elsbetk von SohOnenberg und obiger Agnes Gräfin
von Kirchberg wieder in ein freundlicheres Verhältaiss getreten
zu sein, da wir ihn Öfters bei deren Verhandlungen gegenwär-
tig uid ihre Urkunden siegeln sehen.
In der Zwisdienzett hatte er sich mit einer sehr angese-
henen Familie, nämlich mit der der Grafen von Görz verschwä-
gert; wir sehen ihn bereits im Jakre 13 il mit der edka
Gräfln Catharina, Tochter Alberts III.^ Grafen von Gäirz und
desaen zweiter GemaUin Ofmei Utelkilt, Vöglift von Matsek
— w —
dirck dts Baod der Ehe veibaDdeo; am Pfinstag, eiflaweBd
Haidtag- 1311 orkandet Ulrich Yon Tauvers» daaa er mit RaA
der edlen und hohen Herrn: Grafen Heinrichs und seines
Herrn und Schwahers Grafen Albrechts von Gön und Tirol
and anderer Herrn und Freunde dem Ciarissen- Convent an
Meran. verkauft habe 3 Höfe, nämlich den halben Hof zu
Nalles, ein Viertl Gut zu Sirmian und ein halbes Gut zu
Stoben (Stauben) sammt Zugehör um 125 M. B. und 5 Schil-
linge. Zeugen dabei: Arnold von Schöneck ^ Ulrich der
Matreier^ Jacob von St. Hichaelsburg, Ebil von St. Lambrechts-
berg, die Landherrn; ferner Hr« Fridrich von Aendrian, Hr.
Magens von Utenhaim, die Ritter, sowie Jensil der.Zant.
Daran hangen ihr Siegel obige zwei Grafen, Ulrich v. Tauvers^
Cmrad von Aufenstein und Wernher von, Tablat (Urk. im
Feidinandeum). — Ebenso urkuodet im Jahre 1312 Albert,
Graf von Görz, dass er wegen der guten Dienste, welche ihm
Nicolaus von Welsberg geleistet, anstatt seiner Tochter Gatha-
rina^ seine Zustimmung zur Yerftusserung von fünf Gütern an
besagten v. Welsberg und dessen Bruder durch seinen Schwie-
gersohn Ulrich von Tauvers gebe. (Coronini, Tentamen
Genealog. Comitnm Goritiae^ aus Zibock). — Auch andere
Verkaufe muss Ulrich von Tauvers um diese Zeit gemacht
haben, denn 1313 macht Heinrich von Rotenburg, der junge
Hofmeister dem Kloster St. Georgenberg eine Stiftung mit
4 Fuder Weingelts zu Eppan, die er von seinem Herrn Ulrich
von Tauvers erkauft hatte. (Sammler von Tirol, 4. B. S. 279).
Vielleicht steht dieser Verkauf in Verbindung mit jeden
200 M. B. Schuld an den Sohn des Hofmeisters, der ImThellungs-
vertrage vom Jahre 1306 erwähnt wird^ und dass Hr. Ulrich
von Tauvers an Zahlungsstatt ihm diese 4 Fuder Welngillt
aberlassen.
1314 gibt Ulrich von Tauvers dem Wernher von Tablat
efaie Habe, genannt Cresteler, zu Zermes am Valsanerbaebe
m Heminger Pfarre zu Lehen. (Schau -Arch. Regest.) —
Am 25. Harz 1315 siegelt Ulrich von Tauvers zu Brixen einen
6»
— 84 —
Ueberiassbrief seiner Mahme Elisabel von Schdnenberg an
Adelhaid, Gemahlin Jflklins von LuUach, und am 1. April 1315
la Brixen gibt den Brüdern Winter, Cunrad dem Kaioer
und Ulrichen, Söhnen Hm. Bertoids von Aatenhaim seligen, ihr
gnädiger Herr, Ulrich von Tauvers^ Erlaufonias ihre zwei halben
Hofe: zu Piglätsch und Franenhaos um 80 M. B. an Fraa
Elsbet von Sehönenberg zu verkaufen, und siegelt die Ur-
kunde. — Am Freitag vor St. Georgentag des nämlichen
Jahres zu Gais urkundet unser Ulrich von Tauvers, dass er
mit Willen seiner Mutter Frau Agnes dem Kloster Neustift den
Mftlrhof zu Nieder- Ölungen mit den liCuten^ so darauf sitzen,
verkaufe. Zeugen dessen: Heinrich Wirsung sein Ritter, Hr.
Jacob von St. Michelsburg, Heinrich der Moulrapp, Cunrad
Plankl, Ulrich, Sohn Um. Perchtolds von Uotenhaim, Perchtold
Gamprion und Perchtold der Schreiber des Tauversers. Darum
beide gesiegelt, Hr. Ulrich mit dem gewöhnlichen Siegel; das
Siegel der Mutter hat die unversehrte Umschrift; S. Agnetis,
filia qu. Bianchini de Camino; in der Hiite steht auf einem
HOgel ein Tburm, auf beiden Seiten eine Lilie, (v. Hairhofen,
Genealogie.) 1315 verkauft Ulrich von Tauvers jene Güter,
welche Auto von Matrei selig von ihm zu Lehen gehabt, als
rechtes Eigenthum an dessen Wittwe Gerwig, Tochter Hm.
Ulrichs von Liebenberg und deren Tochter Catharina. Zeugen
Peter Trautsun, Heinrich von Starkenberg, Swiker von Lieben-
berg, Conrad Htilser und Hr. Hang, Sohn Hrn. Füchsleins,
(mihi.) — Am 12. des ausgehenden Maies 1315 zu Gais
verkauft Ulrich von Tauvers dem Jacob von St. Michelsburg
zu rechtem Eigenthum das Hopfgarten -Gut zu Messense um
12 M. B. Zeugen dessen: Hr. Eckehart der Geselle von
Gais, Hr. Heinrich Wirsung, Cunrad der Amrnnger und dessen
Bruder Nicolaus, Jensei der Zant, Eberhart der Tnmpech,
Fridrich von Rasptthel, Ulrich, Sohn Hrn. Bertoids von Uoten-
haim. (Statth.-Archiv). — Im Jahre 1318 ist Ulrich von
Tauvers mit Andern Zeuge, als sein Schwager, Graf Hemrich
von Görs zwei Höfe zu Ehrenbnrg an das deutsche Hans zu
Slening ^erkaaft (Bargiechner) , 00 wie i320 am Samstag
Tor der Schwestern Kirchweihe za Lueoz, als eben derselbe
Graf Heinrich von Görz den ihre von Berlold von Rotenstein
aufgesaodten Zehent gelegen an der Eblingen bei der Gayle
Niclausen dem Bufater, seinem Richter zu Lessach, so Erblehen
ertheilt. Dabei waren Ulrich von Tauvers, Cunrad der Burggraf
Von Luenz, Engele von Valehenslein , Fridrich von Gesiez,
Heinrich von Lawant. (Statth.*Archiv).
Am 3. October 1325 war seine Muhme Elsbet von Tan-
vers, verwittwete von Schönenberg, als Äbtissin der Clarissen
an Meran gestorben; da selbe in ihrem frOhern Ehestände
kinderlos geblieben, machte Dlrich von Tauvers Ansprache
aaf deren Hinterlassenschaft und gerieth dadurch in Streit mit
der neuen Äbtissin des Klosters und dessen Schutzherrin der
Herzogin Ofmia. Endlich compromittirten beide Partheien auf
6 adeliche Schiednlftnner und Heinrich von Rotenburg als
deren Obmann. Am 6. Juni 1326 erfolgte deren Spruch:
Ulrich von Tanvers soll aus allen von seiner Muhme Elisabet
von Schönenberg hinterlassenen Gfitem eine jährliche Gülte
von 25 M* B. beziehen und dafür auf alle Ansprüche an den
von ihr hinteriassenen Gütern und Cleinodien ganz verzichtei^.
Sind diese Güter Lehen, so soll er anstatt des Klosters Lehen-
triger sein. (Statth.-Archiv). — Im nämlichen Jahre 1326^
als Fridrich von St. Maurizien eine Urkunde ausstellte, sie-
gelten statt seiner „Ulrich von Tauvers sein Herre und Conrat
von Arberg auch sein Herre ;^ dieser letztere nämlich als
Pfleger und Pfandinhaber des von König Heinrich erkauften An-
theils an der Herrschaft Tauvers.
Am St Johannes Ap. Tage 1329 auf dem Neuenhanse
belehnt Ulrich von Tanvers den Ritter Jacob von Luttach nnd
dessen Gemahlin Afheit mit dem Hofe Oberwalchen, welchen
ihm Fran Diemut, Wittwe Cunrads des Amrangers für 13 M.
B* zu deren Gunsten aufgesendet, (v. Pfaundier'sche Urk.) -—
Das Jahr darauf erkrankte König Heinrich schwer und von
Todesangst getrieben gelobte er am Freitag vor Pfingsten 1S30
— w —
allen Schaden , den er elwa den Kirchen nd Stiftai zogefigt,
zu ersetzen; als Bürgen dafür stellte er nenn addiche Hinner,
darunter steht als erstgenannter Ulrich von Tauvers. (Sammler
von Tirol, 5. B. S. 249.) — Am St. Mathens -Abend 1330
sn Rodaneck vermittelte unser Ulrich von Tauvers mit noch vier
tirolischen Edlen eine einstweilige Verständigling zwischen dem
wiedergenesenen König Heinrich und dessen Gemahlin der edlen
Beatrix von Savoyen einer- und Arnold, Bruder des von KOnig
Heinrich gefangenen Conrad von Schöned[ anderer Seits in
Bezug des dem letzterm zugehörigen Theils an der Yeste
Schöneck und dem dazu gehörigen Gerichte, Leoten, Gütern,
Vogtei u. s. w. Fttr Einhaltung dieser Uebereinkunft von
Seite K. Heinrichs schwören die ehrsamen edeln Leute: Hr.
Ulrich von Tauvers, Hr. Yolkmar, Burggraf auf Tirol, die
Brfider Jörg und Engelmar von Villanders und Jacob von Sc.
Michaelsburg. (Statth.-Archiv.) — Am 29. Jänner 1333 sie-
gelt Ulrich von Tauvers die Urkunde, wodurch Cotirad von
Schöneek den König Heinrich und den Jacob von St. Michaels-
barg aller HoiTnung ond Bürgschaft fttr 100 H. B. ledigl.
(Bairische Regesten.) Bald darauf am Petn Stuhlfeirtag 1333
belehnt der nämliche Ulrich von Tauvers den Hm. Jacob von
Lnckdach und dessen Gemahlin Alheit mit dem Zebenle aus
drei Gütern in Praitung und drei andern in Ahm, weichen ihm
zu deren Gunsten Heinrich im Holz und dessen Geschwisterte
avfgesendet. (v. Pfaundlerische Urkunden.)
Noch am Mittwoch vor Palmtag, 20. März, 1336 begeg-
net uns Ulrich von Tauvers urkundlich, indem er am obigen
Tage auf Schloss Tirol dem Könige Johann von Böhmen und
dessen Söhnen Xüarl von Mähren und Johann, Herzog von
Kämthen, so wie dessen Gemahlin Margret gelobt mit den
Vesten Neuhaus und Utenheim zu dienen. (Bairische Regesten.)
Von Schloss Eppan ist hier keine Rede mehr; vielleicht dass
selbes schon früher Ulrich von Tauvers gegen den Yotlbesits
von Utenhaim an den Landesfürsten vertwischt balle. — Dieser
Dienstrevers ist aber auch die letzte uns von Ulrioh von TIra-
— W —
Ters bekannt gewordene Urkande; er mnss noch in diesem
Jahre 1336 gestorben sein, da in der vom Burggrafen Volk-
mar v. Burgslal am 25. Harz 1337 dem Herzog Johann vom
22. April 1335 bis 25. März 1337 gelegten Rechnung anter
andern der Posten vorkömmt: item Dominus dedit ad sepahu-
ram Domini de Tuvers pro offertorio 16 libras. (Statth.«-
Archiv.) — Wie uns keine Urkande seinen Sterbetag aafbe^
wahrt hat, so hat uns die neidische Zeit jede Kande entsogen,
wo dieser letzte männliche Sprosse dieses einst so
angesehenen Geschlechtes seine leute Ruhestätte gefanden;
denn obschon, wie wir gesehen, mit der edlen Catharlna,
Tochter des Grafen Albert III. von Görz verehlicht, hinterliess er
keine eheliche Nachkommenschaft, und beschloss daher mit seinen
Tode die Reihe der mächtigen Edeln von Tanvers in männli-
cher Linie; nur die weibliche Linie überlebte ihn um einige
Jahre in seiner Baase Agnes von Tauvers, Äbtissin der Cia-
rissen an Meran, welche als die letzte ihres Geschlech-»
les am 21. Juni 1351 ins Grab sank.
Ulrichen von Taufers überlebte seine Gemahlin, Gräfin
Catharina von GOrz; am Donnerstag nach Lucia 1337 ver-
pfänden die Gebrüder Albert, Meinhard und Heinrich, Grafen
von Görz ihrer Schwester, der Frau Catharina, Wittwe des vor
kurzem verstorbenen Ulrichs von Tauvers etliche Stocke, wel-
che selbe (für sie) am 528 Mark Aglaier abgelöst hatte.
(Coronini loc. cit. pag* 187.) Wahrscheinlich that sie dies
mit dem Gelde, welches nebst anderm ihr kinderloser Gemahl
sterbend ihr vermacht hatte; so fiel ihr auch das der Familie
Tauvers eigenthümlich zugehörige Schloss Neuhaus sammt Zu-
gehör, sei es, dass sie um ihr Heirathgut, Horgengabe^
Widerlage und Wittwengehalt darauf verschrieben war, oder
ihr von ihrem Gemahje testamentarisch selbes vermacht wor-
den, za und blieb bei der gräflich görzischen Familie bis zn
ihrem Erlöschen i. J. 1500. — Schloss Utenhaim samrot Allem,
was dazu gehörte, zog^ obschon es eigentlich stift-brixnerischet
Lehen war, der Landesfttrst von Tirol an sich.
- 8B ~
Erwähnte Gräfin Catharina vod Görs, Ulrichs von Tauve»
Wittwe, kömmt noch i. J. 1342 urkandlich vor; am t2. Hai
1342 vereinigen sich die Grafen Meinhard und Heinrich von
Görz mit ihrem Bruder^ Grafen Albrecht von Görs, um alle
Forderungen, die er gegen sie gehabt besUglich der Heimsteuer
und Horgengabe ihrer seiigen Mutter, Grftfin Eisbeten and
bezttglich seiner Forderungen an das Erbe aller drei Brüder
von ihren Schwestern und bezQglich all^ gegenseitigen An-
sprtlche dahin, dass sie ihm dafür 1700 Mark Aglaier Pfen-
ninge zahlen, und dass Leute und Güter, Vesten und Urbare
alle drei gleich thdlen sollen, ausgenommen, dass Graf Albert
und dessen Erben Alles, was ihre Schwester, Frau Cathrei
von Tauvers hat, voraus haben soll, wogegen Meinhard und
Heinrich einst alle Besitzungen ihrer Motter, Gräfin Ofmei,
erhalten sollen. (Dr. Alfons Huber, Gesch* d. Yereinigungr
Tirols mit Gestenreich S. 157, aus dem k. k. g. Areh.}
Und noch am St. Hartinstag i342 verleiht Catharina, Gräfin
von Görz, Fritzen dem Otakher von St. Jörgen und dessen
Erben ^ Söhnen und Töchtern ein Gut zu Erbzinslehen ffir
jährlichen Zins von 25 Pf. B. Heraner Hönze. (Trostbui^^er
Archiv.)
Was ist nun von diesem einst so hochberühmten Ge-
schlechte noch übrig geblieben? Nichts als einige dflrftige
Nachrichten über sie und Ruinen; denn Scbloss Neuhaus Ist
grössteniheils verfallen und gehört jetzt ->■ einem Bauern. —
Die Reste des zweiten Tauverischen Schlosses Utenheim haben
sich Bauleute zur armseligen Wohnung eingerichtet. — Und auch
ihr Stanmisitz und Wiege die Yeste Tauvers ^ bildet nur eine der
schönsten und interressantesten — Schloss-Ruinen des Landes I
. Nur an der südlichen Seite sind noch einige Gemächer bewohnbar;
aber muten unter dem tiefen Verfalle hat sich die alte finstere
Schlosscapelle, den Apostelfttrsten Petrus und Paulus gewidmet,
«'halten, in der wöchentlich einmal stiftungsmässig ein Priester
der Pfarre Messe liesst — wohl für die ewige Ruhe des
längst erloschenen Geschlechtes der Edlen von Tauven«
;^
^ 90 —
Die deutschen Kolonien im Gebirge
zwischen Trient^ Bassano und Verona.
Von
Friedricli t. Attlmayr.
Die Trientner Zeitung brachte im Dezember 1862 einen
interessanten Aufsatz von Dr. Bernardelli) eigentlich einen Aus-
zug aus dem Werke von Albert Schott aber die deutschen
Kolonien in Piemont, in der Nähe des Monte Rosa, die seil
unfürdenUichen Zeiten dort angesiedelt, trotz ihrer Unbedea-
tendheit und Isolirung als eigentliche Sprachinseln bis auf den
beutigen Tag ihren nationalen Charakter und Sprache meisl
noch mit deutschen Priestern und deutschen Schulen bewahrt
haben.
In diesem Aufsatze wird zwar auch der deutschen Kolo-
nien in den sogenannten 7 vicentinischen , 13 veronesischen
und einigen Gemeinden von Welschtirol gedacht, allein nur um
zu sagen, dass der nun verstorbene gelehrte Sprachforscher
und Kustos der Bibliothek zu München, Joh. Andrä Schmeller,
diese Gegenden schon in den dreissiger Jahren besucht und
eine werthvoUe Abhandlung darüber in den Akten der k. bai-
rischen Akademie der Wissenschaften veröffentlicht habe, die
sofort Herrn Albert Schott veranlasste, auch die deutsdien
Kolonien in Piemont zu besuchen.
Da ich nun, bereits ld)haft angeregt durch einen im Herbste
1862 nntemommenen Ausflug nach Folgaria, so glttcklick ^
\
— «f —
mir diese^ so Tiel bekannt, im grosseren Pnblikom nur wenig
verbreitete Abhuidlung Schmellers zn verschaffen, in welclier
namentlich in Bezng aaf die Sprache mehrere neue und höchst
gewichtige Daten rorkommen, woM geeignet, auch über die
ttoeh immer bestrittene Herkunft dieser Fremdlinge einiges
Licht zu verbreiten, so dürfte es namentlich für deren deutsche
Nachbarn nicht ohne Interesse sein, sich wieder einmal mit
diesem Gegenstande zu befassen.
Ich kam, wie gesagt, im Herbste 1862, ohne damals irgend an
Sprachstudien zu denken, nach Folgaria, wo ich, und zwar in der
Fraktion Serrada, eine Ältere Weibsperson in der Kirche mit Rei-
nigung der Bänke beschflftigt fand, deren freundliches Benehmen
mich veranlasste, sie deutsch anzureden, worauf sie mir v^r-
schftmt zur Antwort gab: „i pin net guit^, d. h. nach dem
welschen Ausdruck : non son' buona, ich bin's nicht im Stande.
Dieses net, dieses guit klang meinem Ohre so bekannt, dass
meine Neugierde dadurch rege wurde, und die Fortsetzung des
Gespräches, wovon ich das meiste t>hne Muhe verstand, mahnte
mich unwillktthrlich an die Hundart des Pusterthaies, wesshalb
ich den Weg entlang auch mit andern Personen Gespräche
anzuknüpfen suchte, allein den ganzen Abend, auch in villa
dl Folgaria, der Pfarrgemetnde, wo ich übernachtete, Niemanden
mehr fand, der deutsch gesprochen hätte.
Am andern Morgen, in S. Sebastiane, der höchst gele*
genen Fraktion von Folgaria, hörten wir aber die Leute, die
eben zur Kirche gingen, zum Theile deutsch untereinander
reden und ein junges Weib einem Hirtenmädchen von der
Strasse zurufen: „wo geest de denn, corpo de terra?* — ja
spfiter im KuratiaI-\ 'dum, im Gespräche mit den beiden ein*
gebomen Priestern Di.. Antonio und Simone Colpi und einem
zufällig anwesenden Bauern des Ortes kamen Worte zu Tag,
wie muiter, pruider, proat, boaz (Weizen), Kilb, hoatar
(heiter), Oastarn, voazt (Ostern, fett), Oa, Hoazet, in letztem
beiden das o jedoch fast wie u lautend, endlich gar „gaweden*
promis^ne mit ^gabeest* Ar „gewesen*, so dass ich nicht
- « -
wuflste, ob ich mieh mehr an's Etochland oder an*8 PasteriWl
gemahot ftfhlte, da mit Ausnahme des dem Pasterthale dgenen
ui fOr u diese Sprachweise in beiden Thftlern. namentlich die
charakteristische Modifikation des Hilfszeitwortes „sdn^ in
^geweden^ ebensowohl an einigen Orten im Pnsterthal, wenn
ich nicht irre zu Gsiess, — als im Etschknde, ganz bestimmt
in Passeier und den Berggemeinden bei Heran, Voran ind
Hafling zu Hause ist.
Es wunderte mich nicht wenig, von dieser wie mir schien
so auffallenden Aehnlichkeit des Dialektes bish^ nie was Nli-
heres gehört zu haben, sowie dass wir uns im Slapero, wie
der stark mit welschen Ausdrücken gemischte Dialekt gewöhn-
Itch genannt wird, ohne viele Mühe zu verstftndigen vermoch-
ten, wobei mir freilich die genaue Kenntniss der Mundart
vom Etscblaad und Pusterthal, sowie der Volkssprache von
Welschtirol sehr zu Statten kam.
Auf meine Nachfrage, ob es denn gar keine in deutschem
Dialekt gedruckte Bttcher gebe, wurde mir erwiedert, dass vor
etwa 50 Jahren derlei Schulbttcher allerdings noch vorhanden
waren, allein nach der damals auf Andringen der Geistlichkeit
erfolgten Auflassung der deutschen Schulen völlig verschwun-
den seien, auch in S. Sebastiano die italienische Sprache in
Kirche und Schule eingeführt wurde, und wie sie mit Idihafler
Innigkeit bedauerten, die von den Voreltern er^te Sprache
auch in deren letzter Zuflucht zu S. Sebastiano, obwohl da
noch in den meisten Familien üblich , nicht lange mdir ans-
dauern werde. Ueberhaupt machten mir, wie diese beiden
würdigen Priester, alle Leute, mit denen ich in Berührung
kam, den Eindruck herzlich offener Gemfithlichkeit, waren ohne
Ausnahme, auch mit Einschluss der Kinder, recht ordentlich
gekleidet, kräftige Gestalten, meist auch hohen Wuchses, dabei
mit ruhigem und zugleich ziemlich intelligentem Ausdruck, wie
denn auch die Studenlen von Folgaria auf den benachbarten
Gymnasien den besten Ruf geniessen , die Gebäude in gutem
Stande, in den reinlichen IQrehen sdir erbauliche Haltung, und,
— «8 —
was mir besonders anffiel, trotz der Armuth des Thaies ia
xwei Tagen kein Bettler zu sehen.
Ehe wir zu den Beobachtungen von Schmeller übergehen,
halte ich es vor Allem fttr nöthig, einen Udierblick der Aus-
dehnung und Lage dieser Kolonien zu geben.
Die Gemeinde Folgaria, in älteren Urkunden von dem
ausgedehnten Ackerlande des Hauptortes Vilgrait (viel Gereute)
genannt, zahlt mit ihren Fraktionen circa 4000 Seelen, und
erstreckt sich von der GebirgshOhe zwischen Etsch und Breota
bei S. Sebastiane längs dem bei CaUiano mündenden soge-
nannten Rospach bis in die Ebene des Etschlandes hinab; sie
bildet ungeffthr die Mitte des Halbzirkels oder Hufeisens, das
diese deutschen Kolonien im Hochgebirge südlich von Folgaria
über Terragnuolo, Valarsa und die 13 Comuni veronesi bis in
die Nühe von Verona, östlich längs der Brenta über Lavarone
und die 7 Comuni vicentini bis auf die Höhen bei Bassano in
fortlaufendem, durch kein fremdes Einschiebsel
gestörtem Zusammenhang beschreiben, — und nur der
Keil, der von Süden her bei Vicenza durch einen Theil des
Flussgebietes des Astico eindringt und die niedrigeren Aus-
läufer des Gebirges umfasst, ist von Italienern bewohnt.
Von Folgaria steigt man nämlich südlich über die Fraktion
Serrada in's Thal von Terragnuolo hinab , gelangt von diesem
über die Gemeinde Trambileno (tra ambi i Leni) in jenes von
Valarsa, und beide Thäler münden an den Ufern des vereinten
Leno hart bei Roveredo, — geschichtlich berühmt durch den
kühnen Alpen-Uebergang dea Prinzen Eugen von 1701, wovon
leider auch nicht das kleinste Gedenkzeichen den spätem Ge-
schlechtern Kunde gibt.
Die Bevölkerung beider Thäler von mehr als 6000 Seelen,
nach deutscher Sitte in einer Unzahl von zerstreuten Weilern
und Gehöften wohnend , ist wie jene von Folgaria unbestritten .
deutschen Ursprungs; auch wird in den mehr abgelegenen
Höfen von Terragnuolo gegenwärttg noch deutsch gesprochen
und swar ein Dialdit, der jenem von Folgaria sehr ähnlich
- w —
Uin^ , während in dem langgestreckten , seil i822 von 4er
neuen Strasse nach Schio und Vicenza durchzogenen Valarsa
die Kenntniss des Deutschen nunmehr günziich verschwunden
ist; doch weiss man auch da von filteren Leuten, die noch
deutsch gesprochen haben, und auf Grund allgemeiner unswei*
felhafler Tradition, sowie der vielen Pamäien- und Ortsnamen,
wie Steineri, Pinteri, Waisi, Foxi, Anghebeni, Raussi etc., ist
die Erinnerung und das Bewusstsein des deutschen Ursprungs
lebhaft vorhanden , und es mag unter andern als Beleg hiefBr
dienen, dass cHe bdden Vorsteher sowohl von Valarsa als
Terragnuolo für ihre ausgeieichnete Haltung im Jahre 1848
mit dem goldenen Yerdienstkreuze geschmückt wurden und
auch jetzt noch im Besitze des allgemeinen Vertrauens diese
Stelle bekleiden.
Im Hintergründe von Valarsa, jenseits der Höhe des Ge-
birges, Cherle genannt, die zugleich die Griinie gegen das
venetianisehe bildet, gelangt man, immer in sfldlicher Richling
in das Hochthal des Progno zunächst nach Campofontana, der
höchstgelegenen Ortschaft der 13 Comuni veronesi, die nach
SchmdlM* theils zur Prfitur Badia Calovena , jetzt Tregnago^
theils zu jener von Verona gehören, und schon 1833 eine
Bevölkerung von 9000 Seelen zählten.
In östlicher Richtung dagegen stösst die erstgenannte
Gemeinde Folgaria unmittelbar an die Pfarre und Gemeinde
Lavarone, mit Luserna Casotto und Pednmonte, die, zum Ge-
richte Levico in Valsugana gehörig, zusammen ttber 2000
Seelen, nördlich an Calceranica und Caldonazzo am gleich-
namigen See, dem Ursprung der Brenta, sfldlich an das rasch
abfallende Thal des Astico (Hedoacus minor) gränzen und
ebenfolls in zerstreuten Weilern noch jetzt Ueberbleibsel der
deutschen Sprache aufzuweisen haben. Noch weiter gegen
Osten stossen nun diese Gemeinden Aber das kakle, unbewohnte
Gränzgebirge in der Entfernung von kaum drei Stunden an den
Hauptstock der deutschen Kolonien, die 7 vicentiniscken Ge*
flMinden, mit denen nach der Cronaca von Folgaria von Don
Bottea vom Jahre 1800 in frfihereii Mnrhunderlen ein weil
lebhafterer Verkehr als gegenwärtig bestanden haben mass, da
in den Gemeinde-Akten von Folgaria die Beweise ziemlich
hflofiger Einwanderung von Familien aus jener Gegend vor-
kommen. Die 7 vicentinischen Gemeinden führten nach der
alten Eintheilung die Namen Sleghe (Asiago), Susaan, Genebe^
Vüsche, Ghel, Roban und Rotz, und zählten auf einem Flfichen«-
raum von 15 Quadratmeilen schon 1814 eine Bevölkerung von
30,000 Seelen, die heutzutage theils der Prfttur Asiägo, theils
jener von Marostica unterstdien und sich selbst am h'ebstea
Cimbem, ihre Sprache die cimbrische nennen, obwohl dieselbe,
wie wir sehen werden, reia deutschen Ursprungs und jenen
der benachbarten Kolonien in Welschtirol und den 13 verone*
sisehen Gemeinden ganz nahe verwandt ist.
Ein Blick auf die Karte wird nach diesen Andeutungen
genügen, um zu sehen, wie der ganze Höhenzug von Verona
aber die 13 Coronni, Valarsa, Terragnuolo, Folgaria, Lavarone
und die 7 Comuni bis Bassano ohne Unterbrechung von
Stummen deutschen Ursprungs bevölkert ist; allein nicht nur
im Gebirge und auf den Höhen , auch in der Thalebene von
Valsugana an den Ufern der Brenta sind sehr gewichtige und
verbreitete Spuren deutschen Elementes vorhanden.
Unmittelbar an Lavarone und S. Sebastiano grunzt nämlich
Centn und tiefer, in der Richtung nach Trient, Vattaro, in der
Riditung nach Pergine Calceranica am See von Caldonazzo,
hiuter Ortschaften, in denen zwar die deutsche Sprache nun
verschwunden ist, allein frtther unzweifelhaft im Gebrauche
war, und Kink sagt in seiner Geschichte Tirols namentlich von
Calceranica, dass dort noch im 16. Jahrhundert deutsch ge-
predigt wurde , während in Castagnedo , der ehemals 9, Voll-
ehesten^ genannten Gegend am westliehen Ufer des See's von
Calceranica, bis in die Nähe von Pergine zahlreiche Hof- und
T^lliennamen, wie Fait, Postel, Eccher^ Puller, Popper, Val-
canover, Lurz etc., von einer verschwundenen deutschen An-
siedluig Kunde gdien. Gleich (Aerhalb Pergine aber, flrüher
Peraen, Faaen gemuiDl, befiftdei sich die zum Theil nock
deutsche Gemeinde Vigaola, und hart daran bei Falenna, auch
deutseben Ursprungs, mündet das Thal der Fersina, auch Pid4.
Val de' Mocheni genannt , wo in den Gemeinden Frassilongo,
Fierozzo, Palü mit einer Bevölkerung von 2000 Seelen «ueb
gegenwärtig noch deutsch gesprochen wird. Diese scbeinea
zwar mit Rücksicht auf ein schon im 12. Jahrhundert in diesem
Thale entstandenes Bergwerk von deutschen Knappen hersu-^
rühren, führen den Namen Modieni von dem häufigen Gebraache
des Wortes mochen, machen, und sollen in ihrer Sprache von
den Nachbarn in Vignola , sowie jenen von Lavarone merfciieh
abweichen; allein auch tiefer in Valsugana, zwar nicht mehr
in der Ebene , dodi auf den nahen Bergen , Selva , Roncegno,
Torcegno ober Levico, Borgo und Telve sind unzweifelhafke
Spuren deutscher Sprache vorhanden. Ebenso sind nordwest-
lich von Yal de* Mocheni die Pinaitri im Thale oder viefanehr
zerstreuten Berggegend von Pin^ im Bezirk der Prütur Civez-
zano ganz nahe bei Trient, circa 5000 Seelen, unbestritten
deutschen Ursprungs, wenn auch Hariaoi in seiner Geschichte
von Trient sie für Gothen, wie die Bewohner von Valarsa für
Hunnen hfllt; sie stehen gegen Norden in zerstreuten Weilern
Über einem niedern Bergrücken in unmittelbarer Verbindung
mit dem Flnssgebiete des Avisio und wie Don Gba. Wd>er,
Pfarrer von Albiano, in seinem Saggio sulForigine de'pqM>Ii
trentini von 1861 erzühlt, führte einst eine eigene Strasse üb»
diesen Bergrücken mit einem Hospiz für Pilger zu AUnano
direkt von Pergine in's nahe Etschthal bei Lavis. Hier treten
wir also schon in's Gebiet der ehemaligen Patrimonialgerichte
Zimmers, Grumeis und Königsberg, heutzutage Gembra und
Lavis, die nicht mehr zum Fttrstenthume Trient, noch zum
Kreisamte an den welschen Confinen in Roveredo, sondern
bereits als ein Theil des Viertels Unteretsch zum deutschen
Kreisamte Bozen gehörten, und zwar spttter mit Rfldisicht anf
die Nfthe und die nun überall welsche Sprache dem Kreisamte
an den welschen Confinen, nach der Hand jenem von IMeot
— m —
sofelheUt worden, allein in landsdiMftlichen Angeleg6iilieileo
stets beim Viertel Unteretsch verblieben, und wie das anstos*
sende Gericht Deutschmetz jenseits der Etsch bis 1848 regel--
mfissig die jährlichen Viertelskonfei;enzen zu Neumarkt be-
schickten. An der Bracke zu Lavis war die Grflnzscheide
gegen das Ftirstenthuro Trient, und zu S. Michael ober Lavis
unter dem alten Schlosse Königsberg gebot der Probst des
dortigen Herrenklosters, ein stabiles Mitglied der tirolischen
Landschaft, hart an der auch heute noch deutschen Gemeinde
Salum und vis-ä-vis vom Gerichte Deutschmetz, dessen Yer-
welschung erwiesenermassen in der ^Schule wie in gerichtlichen
Akten erst am Schlüsse des vorigen Jahrhunderts vollendet
wnrde.
Im obern Avisiothale, den Gerichten Fleims und Fassa,
gibt es dermalen nur noch zwei deutschredende Gemeinden,
das ungefähr in der Mitte zwischen Cembra und Cavalese
ziemlich abgelegene Altrei (Anterivo) und Trnden (Trodena)
am Abhänge ies Gebirges gegen Neumarkt. Auch ist das im
Hintergrunde liegende Fassa, Elvas, ehemals ein Besitzthnm
des Fürstbischofs von Brixen, wie das benachbarte Gröden und
Enneberg mit Buchenstein im Pusterthal entschieden roma-
nischen Ursprungs, was von selbst darauf hinweist, dass, wie
im Puster- und Eisackthale, das romanische Element auch im
Etschlande in diese abgelegenen Seitenthäler zurückgedrängt
wurde, weshalb daselbst, obwohl weit zurück hinter Salum
und Lavis, deutsche Spuren weit seltener und mehr in der
Nähe des Hauptthaies vorkommen.
Dagegen ist es Thatsache, dass, wie von Osten her in
der Thalebene von Yalsugana das deutsche Element bis Trient
allmälig vom italienischen verdrängt wurde, diese s.tetig fort-
schreitende Bewegung sich ebenso* im Hauptthalc von der
Klause von Verona herauf auch heute noch unter unsern Augen,
auch über Salum hinaus bis in die Gegend von Bozen und
Meran vollzieht, und, wie das Gericht Deutschmetz im Beginne '
dieses Jahrhunderts, auch das übrige Viertel Unteretsch an der
7
— w —
HaopMrasse, Aar natOrlich noeh fiHher dafon verschlmgieB
worden ist. Selbst Trient nird noch im 16. Jahrhundert in
der Vorrede som Trientner - Concil als halbdeutsche Stadt, als
Sanunelplats der Welschen und Dentechen ,,sentina Italonim et
Germanorum^ geschildert; das deutsche Element klopfte aach
?on aussen an seine Thore« sowohl von Seite von Yalsogana
als von Lavis, und, wenn man bedenkt^ dass auch tiefer hinab
die deutsche Gemeinde von Folgaria , so wie jene von Terrag-
nuolo und Yalarsa sich ganz bis in die Ebene des' Etschthales
bei Calliano und Roveredo ausdehnten und zumal letztere Stadt
erst im 13. Jahrhundert als ein Anhängsel von Lizzana ent-
standen ist, und sich in Abgang anderer grösserer Seitenthiler
nothwendig zu gutem Theil aas diesen bevölkerte, so kann
auch hier an der frühem gewichtigen Beimischung deutschen
Blutes nicht gezweifelt werden, wenn auch jetzt kaum mehr
was Anderes daran mahnt als die Gleichheit so vieler Familen-
Namen mit jenen der benachbarten Thaler , obwohl viele auch
welschen Klanges, da die Familiennamen erst im 14., 15.
Jahrhundert allgemein in Uebung kamen, wie insbesondere
Don Bottea in seiner cronaca von Folgaria unter Angabe meh-
rerer zu Ansehen gelangter Geschlechter erwähnt.
Der eben dargestellte ununterbrochene Zusammenhang der
deutschen Kolonien im Hochgebirge zwischen Trient, Bassano
und Verona, deren Ausdehnung und unmittelbare Verbindung
Aber das obere Valsugana mit dem deutschen Etschlande so
wie mit den deutschen Elementen von Trient und Roveredo
sind gewiss sehr wichtige Momente, die in den Nachforschungen
über den Ursprung dieser deutschen Kolonien wenigst in den
mir zu Gesicht gekommenen Abhandlungen wohl zu wenig
hervorgehoben erscheinen. Im Herbste 1833 kam nun , wie
gesagt, Kustos Schmeller von Hünchen zum Zwecke der Durch-
forschung dieser deutschen Kolonieu und hauptsächlich zur
Untersuchung des wahren Charakters der Sprache der soge-
nannten Cimbern nach Trient, begab sich zuerst aber Vigolo
Vattoro nach Pergine, wo er Gelegenheit hatte, sich mit
- «> —
mehrern Leuten aus Vil de* Mocheni eu bespredien omf unter
andern tn Novaledo Einsicht erhielt von der Parabel des yer-
lomen Sohnes im deutschen Dialekte von Ronoegno, wie sie
im Jahre 1810 dem General Baraguai d' Hilliers aof dessen
Verlangen eingesendet wurde.
Nach kurzem Aufenthalte in Lavarone (Lafraun) und ohne
Folgaria, Terraguolo oder Yalarse zu besuchen, eilte Schmeller
seinem Hauptziele, den sette Comuni zu, wo er zuerst in Rotzo,
dann Asiago und Umgebung mehrere Tage verweilte, stets
beschäftigt im Gesprftche mit Eingebomen, mit Durchgehung
von Urkunden und in cimbrischer Sprache gedruckten Schul-
büchern und andern Werken.
Er sagt^ dass er bei der ersten Begegnung mit Eingeboraen
nicht geringe Mühe hatte, dieselben zu verstehen, wie denn
auch die Bewohner von Lavarone und Folgaria bemerken, dass
ihfe cimbrischen Nabhbarn so schnell reden und eine eigene
stossende Aussprache haben; allein diese Schwierigkeit war
ffir ein feines und geäbtes Ohr bald überwunden und Schmeller
erzählt^ dass er schon am zweiten Tage zu Rotzo fast zu
Thrftnen gerührt wurde durch die Klagen (Gaklagach) eines
Hsdchens an der Leiche ihres Bruders, mahnend an die Todten-
gebräuche der alten Germanen, wovon er sich folgendes notirte:
Bear nimmarmear bette gakött (gesagt) de bocha passart, ehe
heute möht' ich di seghen unter d' erda , — o Huater ! bittan
(wie) horrender stunt ist diser, — o maine liibe prüdere, alle
peede.
Ein bedeutender Unterschied liegt nicht blos im häufigen
Vorkommen italienischer Worte, sondern auch italienischer gra-
matischer Formen, namentlich der Gerundien, z. B.: sainten^
machenten, essendo, facendo, — so wie beim Lesen von
Schriften in dem Umstände, dass die Laute so aufgefasst sind,
wie sie sich einem italienischen Ohre darstellen und mit wel-
schen Schriftzeichen geschrieben, daher das seh, x, pf^ w fast
immer mangeln, und auf störende Weise durch s, sc. f, b
oder p vertreten sind.
7*
— wo —
Ohne in die^gramatlschen Besonderheiten einsagdien, inii
denen Schmeller die einzelnen Laute und Redetheiie behandelt^
werden einige Beispiele genügen, im allgemeinen ein Bild der
^rache su geben.
Zuniichst einige Zeilen aus dem Katechismus:
Moaster: Saitar lart Cristan?
Scular: Ja, ich pinz, gbenade Gottez.
M.: Baz ist an Cristan?
S.: Ar ist, dear da ist getofet, un clobet und pro-
fessart, boz de hatüz (hat uns) galianiet Jesa
Cristo.
N. : Baz ist, da machetHz dorkennen vor Cristan?
S. : Paz, de machettiz dorkennen vor Cristan, ist dez
halghe Kreuze^ ba bar machen, seghentenOz.
H.: Seghentach sail;
S. : In nomine patris et filii et spiritas sancti.
M. : Benne noatets seghen sich?
S. : Af smorgezen , af me stenan auf , af sabacen,
af me genan slafen, un heveten an, nn riveten
(von arrivare, vollenden) alle di grozersten
arbot, ba bar machen«
De sacramenten salnt sibene: Toofe cresma, der hoch-
birtighe sacramento, de puezze, daz hailighe Oel, der erden
der matrimonio.
Eine Inschrift bei den Glocken von Asiago sagt:
Der vierer tac vun Pracbot^ (wahrscheinlich Brachmonat)
tausenc, achthundert zbeu un zboanze, in ben saint d* earsle
botta gheleutet de secse chlochen von Sleghe, gaborft kan
Bearn vume Herrn Peter Corradini, — zugleich ein Beweis,
dass der Name Bearn für Verona bei den Cimbern auch jetzt
noch Oblich ist.
Um zu zeigen, wie leicht dieser -Dialekt auch unserm
heutigen Hochdeutch sich anschmiegt, folgt eine von Schmeller
vorgefundene Uebersetzung aus einem deutschen SchuULese-
- m —
büchieiB aus dei^ 20ger Jahren, wozo er 'bemerkt, dass es gar
nicht scbwer halten wflrde, jeden fähigen Schüler dahioEU-
bringen, deutsche Bücher zu lesen.
Erstes galiarnach von Gott vor di liiben kloan. Hain
kint! Baz dein oghe sighet^ dez ist von Gott. Gott macht,
daz de snnna so lachte und barm schaint. Gott macht, daz
der mano (Mond) so schön glanzeghet. Ist net koan steam,
beme ear ghit koane liichte. Gott macht ekere un halt anso
schön grfln. Perk un tal saint von Gott. Ear hat gadekt den
Perk mit reutlen und beldar. Ear macht, daz der pach anso
vrische un hoater dort dez tal rinnet. Gott macht den tac un
de nacht. Du, main kint! machst dez net, daz de sunna
schaint. Dain arm garekt net auf in man. Du boast net,
bibel steam da saint. Perk un tal, accar un halt, tak un
nacht saint net dain arbot. De belt, anzo groaz un bäit un
schön, si ist ganz nur sain arbot.
Als Beispiel cimbrischer YersiGcation kann die Uebersetzung
einer Anacreontica aus dem Italienischen dienen:
Guarda, che bfanca luna
guarda, che notte azzurra,
un' aura non susurra,
non tremola un stel.
Lussignoletto solo
va dalla siepe all* omo,
e sospirando intemo
chiama la sua fedel*.
Ella, che il sente appena
gik vien di fronda in fronda
e par, che gli risponda :
non piangere, son qui.
Che dolci affetti, Irene!
che gemiti son questi,
Ah! mai non tu sapesti,
rispondermi cod.
I
Luuc, bittan b^izar mano,
Luuc, bitan nacht, schön IHchti,
an kloaz bintle net ista,
an heimle zittart net.
Dez natigalle alloan
ghet vume zäun af pöömle,
un seuftenten inz hOömle,
iar liibe an rflüf hat ghet :
Si nur, ba hoarten rflflfen,
von raisle un raisle springhel
un priart, dez boart si singhet :
Ghenl net, ich pin hia so.
Baz sütize hole, Irene!
baz hezzeghen saint dicen.
Ah, nia du hast gahat z' bicen,
zua prechten miar anso.
Schliesslich nag' als besonders charakteristisch and zngleich
Jedermann verständlich die cimbrische Parabel vom verlornen
Sohne folgen:
In den zait hat köt Gott dar herre in Scriben an Fariseen
disa parabola:
An certar Man hat gahat zbeen sflne. Dar jOngarste bat
köt an tac me sain vatare : Vatar ! ghitmar z* toal , ba mar
kimmt, von alleme. (In der Vatar hat ausgetoalt allei. Hin-
sehe taghe darnach , adar hat gasemelt anf allez , bax istme
toccart, ist partiart von haase, ghenten zua anama baiten lante,
ba ar hat allez scinpart, lebenten motten haarren.
Un darnach^ adar hat allez scinpart an garivet, Ist anzar-
kent an groaze teure in di lentar, an ear hat angehevet zo
hongaran. Partiart van ba ar Ist gabeest, hattarsich rOsolvart
zo ghenan zo stenan kanema patrane« Un hatten gaschiket
aas in an accar, hüttten sbaindar. Un ear hat gabelt nemaa
sich in banger met ghianden, ba habent ghezt de sbaindar an
ist net gabeest koaz, ba Vme hat ghet. Amalesten ear hat
pensart drauf ad baz ar hat gatant, an hat kot: bibel dar
hiarta seint net ins haus yume main vatara, lebent aso bool, —
an ich hia sterbe vume hongare!
Ich boaz, baz ich taa; ich stea auf, an ghea käme niain
vatare an kildeme: Vatar, ich han gasündet vran Gottemeheren
an vran euch; ich pin net mear degno zo rflttfen mich dain
sun y ma nim mich in hause abia oan vun dain hiarten. Ar ist
sait partiart au ist gant zuame hause vun sain vatare. Gazun-
dart, adar ist gabeest net sobel bait vun hause, dar vatar
halten gesecht, un da Jungo ist* me gamövart z'pluut, un dez
sain herze vun compassiun vor in, un ist da lungo galoofet
inkeghene; gazundart, ader ist gabeest, hattarsich gaborfet
affan hals, hatten gavanghet un hat* me ghet tausenk kUsse.
Un dar sun hat köf me Vatare : Ah, maindar Vater ! hattar' me
köt, ich han gasflntet vran me hUmele un vran euch, niel,
ich pin net degno zo sainen mear gardft eur sun.
— lOS —
Ma dar ? atar, gakeart za in birtati : gahflnt, — hattar ia
kötf'^nemet daz acbönoaste gabant, ba ist im baiise, an keart,
in zo rüstan ; legbet'me aan an gavingarde (Rin^ affian vingar
un de bo8€n alte vtlflze, an denne tötel an voaze Kelple, un
macbet a schöne maize, — an ezzebar nn trinkebar an goo-
darbarttx; an brame dizar main sun ist gabeest toat an hemest
(bente) ist är gekeart lentek (lebendig, lebendig), ist gabeest *
Terloart, an beute haniehen gavant. Der eltorste sun Ist ga-
beest auz in d'eecare un kearten zua hause; sainten nachen,
hatar gaboart faifen un singben, un hat gartttifet oane Tun
hiarten un hatten gavoarschet : baz saint dise dink in dez main
haus? Un ear bat' me köt: dar dain praudar ist kernet un dar
dain vatar bat gamacht töten an voazes kalp zu machen
segbra, bibel ear ist net content zo haben ricuperart in sun
gasunt un lentek.
Dar eltorste praudar ist gant zoamek, nn hat net gabelt
ghenan in hause. Dar sain vatar sait ist gant auz, un hat
angehevet zo Yoerschenen. Un ear hat respondart an hat köt
me sain vatare: saint sobel jardar, at ich pin mel diar, nn
hörten (immer) hanidar ich gavolghet un nia hast du ghet
miar an kitzle zo goderan metten main ksellen, — an darnach,
az disar dain andar sun, ba hat allez sciupart metten huurren,
ist kent un du delungo hasto gamacht töten an voazes kalp.
Un ear hat' me köt: Sun, du bist saldo mit miar, un allez,
baz hau ich, ist anca dain; ban net denne gamöcht tflnan net
mindai zo net ezzen un goderan, — un brume disar dain
pruudar ist gabeest toat un ist gakeart zo bflartan, ist gabeest
verloart un hauen gavunt.
Nah solchen Beispielen aus gedruckten Werken, die noch
heute in Händen des Volkes sind, ist es wohl Jedem, der
deutsch versteht, von selbst klar, dass diese sogenannten Cim-
b^m von rein deutschem Stamme sind , und Scbmeller sagt
aosdrücklicb , dass von filtern cimbrischen, friessischen gothi-
schen und andern niederdeutschen Dialekten so gut als keine
Spur vorhanden und weder in den grammatisehen Formen noch
— 104 —
im Wörlervorrath sich etwas finde, was nicht der jetxigen od»
frihern Sprache von Oberdeatschland, d. i. : vom benachbarteB
Tirol, Balem, Oesterreich gemäss wfire.
Zu weiterem Belege der nahen Uebereinstimmang, suraal
mit den Dialekten von Dentschtirol diesseits des Brenners nd-
gen noch einige Beispiele aus dem gegebenen Wörtervorralh
folgen :
Hauptwörter: Oastem, Ostern, Oa, Ei, Hoaxot, Hoehzeit,
Foat auch Heraad, Hemedar, das etschlfindische Wort Pfoat»
Hemde, Stoan, Stein, Noat, Noth, Toat, Tod, proat, Brod,
boaxe, Weizen, Goas, Ziege, Eoo, Ahnherr, unser Nön, Anego,
Enkel, oder Anichl, Sea^ See, Snea, Schnee, Oaz, Furunkel,
unser Ais, Hörar, ein Tropf, kagele, unser Gagl, kleine Person,.
Albar, Pappelbaum, Grument, das zweite Heu, unser Gramet^
Oeffel, Apfel, beimar, Traube, Schmeker, fistse^ Baut, Reute,
Nagei, Neghel, Maus^ Meuse, kua, ktl, poan, ponn^A^* Beine,
diminntiva wie Heusle, pittmle, Vögbele, PrOötle, composita,
wie Oarnschmalz, klukarhenne, Spinrat, Ogfaeplik elc. etc. ,
Beiwörter: ghehilbe, trüb, unser kilb, hoatar, heiter, groaz,
gross, voaz, fett, hoaz, heiss, plabe, blau^ lab^ lau, ploacb^
bleich, plöchar^ kloan, klönar, roat, röötar, gut^ bool, pezzar,
beste^ vil, merer, merste etc.
Zahlwörter: oans, zboa, drai, vlar^ fünve, secse, vuzk^
filnltig etc.
Zeitwörter: prechten, sprechen, unser prachten, so and^
tttnen, wehthun, entern^ nachäffen, paiten, zuwarten, loacheo,
zu Fall bringen, betrügen, dorparmen, erbarmen, dorkennen,
schaughen, seghen, prinnan, brennen, pringan, gapracht, gheben,
ileh ghib, ar ghit gait^ kemen, ich kim^ kam, steln^ ich Stil,
gastolt, ghean, ich ghea, gink, belan, ich bil, gabelt etc. etc.
Dann auch andere Redetheile, wie das breite bear, dear,
car für wer, der^ er^ mar oder bar für wir, dar, mar, dir^
mir, san für sein, pa, af, za, bei auf, zu, de, se, die, sie,
auch seu für sie, sedar, söttan, solcher^ omesttz, zbei^ unser,
omesisi sbii, umnon^i, wo^u, -- wie man siebt, nicht nur
— 105 —
die Aussprache^ sondern Mulig nach ganz bezeichnende Idio-
tismen des benaehlNurten Etsehlands^ von denen manche^ z. B.
dieses zboi, loaohen, andtflnen, antern, prachten, Foat^ Oaz,
Gramet etc. selbst in manchen andern Theilen Tirols kaum
bekannt sein durften, wie auch gewisse Redewendungen, z. B«
der fiebraucb von weder, bedar, für „als,^ wie die Cimbem
sagen: die sela ist pezzar, bedar der korp (Leib), gerade wie
im Etschland. Was insbesondere die Aussprache anbelangt,
ist überhaupt aus den von Schmelier gelieferten Daten eine bemer-
kenswerthe Versehiedenheit von den Tiroler- Dialekten nur in
dem Punkte zu entndimen , dass das gedehnte u und i zwar
wohl in den XIII. Gomuni bei Verona ganz wie im Etshiande
als ue, ua and ia, Hnaler, pruadar, stiaga, dagegen in den
VII. Comuni nicht so breit, sondern mehr wie uu, ii, muuler,
praudar, stHga ausgesprochen wird, wie auch das a in den
VII. Comuni mehr offen lauten soll, als dies in den XIII.
Comuni und im Etschlande der Fall ist.
Auch macht Schmelier auf den wesentlichen Unterschied
anfmerksam, der hinsichtlich der Aussprache des n in den
Vn. Comuni selbst und zwar in der Gemeinde Foza vorkömmt,
wo dasselbe als ui, maitter, pruider^ also eben so wie in
Folgaria, Lavarone und im Pasterthale lautet, — Unterschiede,
die allerdings nicht ohne Belang sind, allem doch nicht weiter
gehen, als die Verschiedenheiten der Dialekte, wie wir sie
auch in Dentsehtirol von einem Thale zum andern finden, ohne
deshalb den gemeinsamen tirolischen oder bojoarischen Typus
zu verleugnen.
Später fiel mir in den Angaben Schmellers nebst diesem
charakteristischen ui in der Gemeinde Posa doch auch sonst
manches auf, was in der in vieler Hinsicht sonst ziemlich
übereinstimmenden Redeweise des Etschlandes und Pasterthals
speciell an die Btgenthdmiichkeiten des letztern mahnt, — so
das Wörtchen ka^ kan, gegen, nach — allgemein flblich bei
den Cimbem, das im Pasterthale als >9ga^ ga hoame, ga Mitte-
wald, ga Virgen wiederkehrt, so der hfiafige Gebrauch des a
— 106 —
fttr e, weit mehr betonl im Pustertbale als im Etschlaad, wie die
Cimbern sagen: gaspnnnan, gasottan^ gaprattan, Hoasler,
Scbaiar^ das Einschieben des mflssigen d, i. B. schön, schöo-
dar, maindar, daindar, TaK, Teldar, Telderar^ Soaldar^ Seile etc.
das Zasammentiehen der Endsilben enen und nen, statt gäU
denen, gOldan, statt boanen, weinen, boan, bilst de boan?
und dgl.
Im Garnen ergibt sich ans der Vergleichang eine nach
jedenfalls viele Jahrhunderte anhaltender totalen Absonderaag
gewiss merkwürdige Aehnlichkeit und nahe VerwandschafI mit
der noch heute Ablieben Volkssprache des denischen Sfldtiiols,
und Schmeller erwähnt in dieser Hinsicht eines Artikels im
Sammler von Tirol von 1807^ wo vorkomme, dass die Sprache
der Cimbern von jener der Deutschtiroler nicht sehr verschieden
sei, begnügt sich jedoch seinerseits die Verwandschaft mit den
sdddeutschen Dialekten überhaupt und den Mangel von Anklangen
aus dem Norddeutschen, wie bemerkt^ su konstatiren, ohne in
einen Vergleich mit den speciellen Eigenthdmiichkeiten der
Volkssprache des benachbarten Etschlands und Pusterthals ein-
zugehen, die ihm beim damaligen Hangel von Werken Ober
die besondern Hundarten Tirols wohl auch nicht gant geläufig
gewesen sein därften.
In Betreff sonstiger Zustände der Cimbern ist Sehmelier,
der sich freilich nur wenige Tage aufhielt, und sein Augenmerk
fast ausschliessend auf die Sprache gerichtet hatte, siemlich
karg in seinen Hittheilungen. Er sagt wenig mehr als dass
die Bevölkerung arm^ der Boden unfruchtbar sei^ demunge-
achtet aber schon zur Zeit der Römer bewohnt gewesen sein
mOsse, wie sich aus der Auffindung von AlterthOmem selbst
im abgelegenen Rotxo ergibt, während von monumentalen Er-
innerungen der deutschen Bevölkerung oder derlei Ausgrabungen,
Müazen, Waffen etc. etc. dort eben so wcinig als in unsem
tirolischen Kolonien was vorzukommen scheint Er erzählt
dann nebst der schon erwähnten Todtenklage mit darauf fol-
gendem Hahle auch von einer Trauung, der er beiwohate.
— 107 -
wobei viel mil Pistolen geschosseD wurde, dass die eben nicht
hflbsch XU nennenden Weibspersonen in der Kirche statt des
gewöhnlichen Hutes einen Schleier über den Kppf breiten, den
sie ,,Rens^ nennen, flbrigens die Männer wegen ihrer Tüchtig-
keit im Kriegsdienste su Lande unter der Republik Venedig
mannigfache Privilegien genossen, gewöhnlich, auch bei der
Arbeit bewaffnet giengen, wie denn in der schon erwähnten
Beschreibung der YII. Comuni im Sammler von Tirol von 1807
ein Augenzeuge ersfihlt, dass an Feiertagen die von aussen an
die Mauer der Kirche angelehnten Gewehre dieser das Ansehen
einer Hauptwache gaben, was aber mit Einführung des Waffen-
tragungspatentes unter der französischen Regierung ein Ende
genommen hat, wie in Valarsa, wo nach sicherer Tradition das
WaffSentragen auf gleiche Weise gebräuchlich war. Von einer
besottdem Tracht des Landvolkes Ist bei Schmeller keine Rede,
wie auch die Kleidung in den tirolischen Kolonien heutzutage
nichts Auffälliges hat, obwohl nach der Erzählung des Vor-
stehers von Valarsa, Joseph Noriller in der Vorzeit daselbst
allerdmgs eine eigene Tracht tibiich war, und zwar eine schar-
lachrothe knrze Jacke mit gleicher Weste, aufstehenden weissen
Haiskragen und Krausse an der Brust^ niederer schwarzer Hut
mit breiten Felgen, und kurze lederne Hosen, dann eine aus-
genähte Leibbinde von Leder, in welcher das Messer und Pi-
stolen steckten, oder auch eine Binde von Seidenzeug, ja,
schmucke Bursche sollen noch im vorigen Jahrhundert an Fei-
ertagen dieses Kostttm getragen haben, das der Beschreibung
nach lebhaft an die heutige Tracht des Samthaies bei Bozen
erinnert.
Von der Höhe von Rubbio bewunderte Schmeller die
prachtvolle Aussicht Aber Bassano, Marostica, Asolo^ Treviso,
Cittadella, Padua^ Vicenza, und stieg dann am südwestlichen
Abhang über Conco und S. Giacomo di Luslana hinab nach
Schio und Recoaro, gegenwärtig durchaus von Italienern bevölkert,
wo aber ebenfalls mehrere deutsche Namen von Orten und
Bergen, wie Tretio, Forraalaita, Spitzek, Fraiek, Prak noch
— 108 -
jetzt an verschwundene deutsche Elemente mahnen, der Ort
selbst, wo die Heilquelle von Recoaro entspringt, die Benen-
nung Val de! Prekel führt, und ihm versichert wurde, dass in
der Vorzeit auch der dortige Pfarrer der cimbriscben, d. i. der
deutschen Sprache mächtig sein musste und le Valli und
Posina den cimbrischen Zusammenhang mit Schio und weiter
hinauf Lastebasse an der Grfinze von Lavaron und Rotso
gebildet hatten.
Ein Aufsatz in der Wienerzeitung vom 31. Jänner d. J.,
Beilage 5, sagt ganz im Einklänge hiemit, zwar nur im Vorflber-
gehn, gelegentlich einer Sammlung von Liedern im Yolksdialecte
aus der Gegend von Vicenza, dass auch auf diesen tiefern
Abhängen des Gebirges sich selbst jetzt noch manche Spuren
deutschen Elementes zeigen, die grosse Zahl blauäugiger,
blondlockiger Kinder mit Namen wie Almerich, Bronhilde,
Gotthard, Wittekind, Ortsnamen wie Arzing für Arzignano,
Slait fflr Schio ^ aus dem lateinischen Soledum offenbar frflher
als der welsche Name gebildet, die strammen Gestalten, die
feste Haltung der eigenberechtigten Bauern etc. etc. — und
sonderbar ist es wohl auch, dass nach Schmellers Angabe
selbst das stolze Vicenza, wie der Historiker Battista Pagliarino,
gestorben 1472 in seinen croniche di Vicenza versichert, schon
in Dichtem des 12. Jahrhunderts als „Cymbria^ besungen
wurde , und so auch noch der poeta laureatus Tin^oschi
von Vicenza es nicht verschmähte, sich cimbriacus zu nennen.
Auch im Archive für Kunde österreichischer Geschichtsquellen
von 1849 finden wir in der Topogralie der VIL and XIII.
Gemeinden von Joseph Bergmann unterhalb Schio die Orte
Malo und Monte di Halo angeführt, weil noch um das Jahr
1404 zu Halo neben dem welschen auch ein deutscher Priester
war, am die Seeisorge der Leute auf Honte di Halo zu ver-
richten. Auch fährt Bergmann an, dass nebst den genannten
sieben Gemeinden rechts an der Brenta herab noch viele andere
Orte zu denselben gezählt werden, als Valstagna mit Coloselh)
nndOllero, der Grabstätte der Ezzelini, Campolongo, Campese,
— 10» ^
Valrovina, Valle S. Floriano, Vallonara, Crosaro, Conce^ und
S. Lucia, — und dass ferner auch an vielen andern Orten
von der Brenta am Fasse des Bergwalles bis über Schio und
Halo hin die Bewohner noch heutzulage in ihrer Gesichtsbildung
und in ihrer ganzen Haltung deutsche Abstamniung verrathen.
So wenig erschöpfend diese Daten sein mögen ^ dürften sie
doch genügen, um mit Rücksicht auf die auch jenseits des
Hochgebirges im Norden nachgewiesene Ausdehnung des deut-
schen Elementes über das obere Valsugana bis Lavis und Cembra
die Bemerkung nahe zu legen, dass man bei der Untersuchung
über den Ursprung dieser deutschen Kolonien eben nicht noth-
wendig von der Voraussetzung auszugehen braucht, dass es
irgend eine verjagle Horde gewesen sein müsse, der da im
rauhesten Hochgebirge eine kümmerliche Zuflucht gestallet wurde,
sondern dass zumal in den Zeiten der Herrschaft germanischer
Eroberer von denen die Baiern-Herzoge bis 995 über die Hark
von Verona und Aquileja geboten, deulsche Stämme daselbst
gar wohl eine weitere Ausbreitung auch in den fruchtbaren
tiefem Ausläufern des Gebirges gehabt haben mögen, und die-
selben oder vielmehr die deutsche Sprache erst im Laufe der
Jahrhunderte rechts und links vom Thale des Astico in's eigent-
liche Hochgebirge zurückgedrängt wurde, gerade wie sie heute
auch tn diesem sich in die abgelegensten Plätze zurückzuziehen
genöthiget ist.
Von Recoaro führt westlich der Weg zu den XHI. Comuni
veronesi über zwei schroffe ßergkämm^ , der eine Ristele,
der andere Kempele genannt, in's Steinthal des wilden Progno,
das grau^ baumlos und dürr noch unwirthlicher als jenes der
VIT. Comnni aussieht. Gleic*i im höchstliegenden Orte Cam-
pofontana, wie Tags darauf im tiefern Ghiazza (Gliezen) wo
noch deutsch gebeichtet wurde, fand Schmeller wieder einen
unverkennbar rein deutschen von jenem der VH. Comuni nur
wenig abweichenden Dialekt, wie sich aus einigen von ihm
angeführten Beispielen von selbst ergibt.
So ersuchte er den Pfarrer von Gliezen, der, einem Priester
— HO —
nicht sehr ähnlich eben aus der Hfihle kam, ihm in sein Vor-
merkbuch za schreiben, dass er bei ihm im Hause gewesen
sei, und er schrieb sofort: I pi gabeest inz aus vum Priester
vun Gliezen, un ist der erste, un keume (keiner mehr) Pfafe,
Kounse, (Eigenname). Dort hörte er auch selbst ein Nacht-
gebet oder Schlummerlied far Kinder, das an ein ganz fthnliches
altdeutsches Lied mahnen soll, und von ihm so aufgefasst
wurde :
Haint gen — I nidar suaze
bit (mit) drai enghiler a de fuaze,
Oaz dekkabi (decke mich) un oaz dorbekkabi,
un oaz huatabi von allien boasen tromen,
derwai der liabe, liachte tac kint.
Ein Spruch, ironisch auf die Armuth des Thaies ange-
wendet, lautet:
Khraut, Gras, Rübe,
dez ist mai leban,
Hilach, boaze, proat,
dez ist mai toat.
Die nahe Uebereinstimmung der Sprache mit jener der
VII. Comuni ist hienach evident, wie denn auch die Bewohner
der Xm. Comuni sowohl als jene der ben^hbarten tirolisehen
Kolonien von den Italienern Cimbern genannt werden, weshalb
auch Schmeller, ohnedies in der Zeit sehr beschränkt, sich
nicht länger aufhielt. Nach der, der Topografie von Kusios
Bergmann beiliegenden Karte befinden sich diese XIII. Gemein-
den eigentlich in vier verschiedenen Thftlern, nemlich Val dl
Progno, tiefer d' Illasi^ Val Pontena, Val Squaranto Val Hez-
zane, und von den einzelnen Gemeinden gehören Erbezzo, Bosco,
Frizzolone oder Chiesa nuova, Val dl Porro und Cerro zur
Prälur Verona, die andern dagegen zur Prfttur Tregnago, nfim-
lieh Rovere di Velo, Porcara, Salino mit einem aufgehobenen
Karmeliten-Kloster zum h. Valentin, dessen Verehrung, wie in
Tirol , wo er 470 bei Heran verstorben , so auch hier sehr
verbreitet sein sojl, dann Velo Azarino, Campo-Silvaro, Badia
T- m -
Calovena, Selva di Progno, endlich S. Bortolomeo iedesco mit
Gampofotttana und Ghiazza, letztere beide die einzigen Orte,
in denen auch jetzt noch deutsch gesprochen wird. Bergmann
fOgt noch bei, dass diese XIII. Gemeinden ihre eigenen Statute
und Privilegien, einen kleinen und grossen Ralh hatten, zu
Velo ihre Berathnngen hielten, zu Badia Calovena aber der
Sitz des Gerichtes oder Vicariats war, und dass sie anno 1846 —
11417 Seelen zfthiten.
Ich hatte karzlich Gelegenheit, mit einem Bauern vo
Campofontana zu sprechen, und obwohl er versicherte, nie
beim Militfir oder unter Deutschen gewesen zu sein, verstän-
digte ich mich mit ihm beinah noch leichter als^mit den Leuten
in S. Sebastiano und insbesondere trat in der Aussprache die
Aehnlichkeit mit dem Etschlfinder- Dialekte noch auffallender
hervor. Auch er redete sehr schnell nach Art der Welschen,
zeigte mir seine beiden Söhne, blondhaarige Bursche mit der
missbilligenden unmulhigen Bemerkung, dass die Kerls kaum mehr
ein deutsches Wort verstehen, und versicherte auf meine Frage
ansdrflcklich , dass seine Sprache fast gleich sei mit jener der
sette Comoni und dass sie einander ganz gut verstehen. Den
bisher gelieferten Daten zufolge ist daher die Zusammengehö-
rigkeit dieser deutschen Kolonien' sowohl nach ihrer Lage als
ihren Dialekten , und weiters der merkwürdige Umstand dar-
gethan, dass man in vergangenen Zeiten von deutschtirolischem
Boden über Lavis, Pergine und Lavarone in verschiedenen Rich-
tungen bis hart an die Thore von Bassano^ Vicenza und Verona
ununterbrochen unter Bewohnern deutscher Zunge wanderte, —
und es erübrigt uns nur, über deren noch immer dunkle und
bestrittene Herkunft einige Worte hinzuzufügen.
Wirklich ergötzlich ist es, in Schmeller nachzulesen, zu
welch' abenteuerlichen Hypothesen über den Ursprung dieser
Fremdlinge die Gelehrten sich seit Jahrhunderten verstiegen
haben, von denen freilich die meisten das Deutsche gar nicht
oder nur oberflächlich gekannt haben mögen, wie die Einen
versprengte Cimberft, Andere verjagte Gothen, die Dritten
- m -
Hannen, wieder ^Andere sogar Dänen darin erblicken woHteir.
Erst im Beginne dieses Jahrhundertes überxeagten sich einselne
deutsche Touristen, dass ihre Sprache vofl jener der tirolischea
und bojoarisch^n Dialecte nur wenig verschieden sei, und onter
den italienischen Schriftstellern war Gaetano Haccä der erste,
der in seiner storia delle sette Comuni e FÜle annesse, Caldogoo
1816 die Cimbern bestimmt für rein deutsche Stämme erklärte
und zwar aus dem einfachen, gewiss auch fflr Nichtkenner
der deutschen Sprache einleuchtenden Grunde, dass nach einen
noch vorhandenen, bis 1350 hinaufreichenden Vereeichniss der
Pfarrgeistlichen von Asiago die meisten derselben bis zur Zeit
der Reformation im 16. Jahrhundert aus Deutschland gd^ommea
sind, und zwar nicht blos aus den nähern DiOzesen Brixea,
Salzburg, Augsburg^ sondern selbst von Mainz, Trier, Breslan,
Meissen, die^ wenn ihre Pfarrkinder die Sprache der Cimbern,
Hunnen, Gothen oder Dänen gereUet hätten, sicher nichts davon
verstanden haben würden.
Man verfiel nun auf den Gedanken, dass diese Bevölkerung
von deutschen Bergknappen aus der Gegend von Trient, Belluno
und Vicenza herrühre, wie Hormayr und nach ihm auch StafBer
als wahrscheinlich annimmt, eine Meinung, wozu namentlich
der Umstand Anlass gegeben zu haben scheint, dass schon im
13. Jahrhundert Bergleute aus Kuttenberg nach Pergine ver-
schrieben wurden, deren Nachkommen allem Anscheine nach
unsere Mocheni sind , die die Gemeinde Fierozzo , Frassilongo
und Palü am Sitze des Bergwerks bevölkerten, and sich auch
in der Sprache von den übrigen tirolischen Kolonien aaler-
scheiden , — allein daraus ist doch wrhl, kein Sehlnss aofs
Ganze zu ziehen; anderwärts, in den YII. und XHI. Comuni,
wie auch in Valarsa^ Polgaria Lavarone weis man nichts von
Bergwerken und ähnlichen Traditionen, und der ununterbrochene
Zusammenhang aller dieser Kolonien trotz der natürlichen
Scheidewände an den Tiroler -Gränzen, ihre grosse räumliche
Ausdehnung zwischen Trient, Bassano und Verona, die nahe
Uebereinstimmung ihrer auch heutzutage nur so wenig abwei«
- 113 -
chendeo Dialekte , besonders aber der Umstand, dass in Mitte
dieser Kolonien nirgends eine Spur eines fremden, nicht deut-
schen Elementes vorkommt, und diese Gegenden, hart an die
reichen Ebenen Italiens und das fruchtbare Etschland stossend
doch auch früher bevölkert gewesen sein müssen, — weisen
au deutlich auf eine wahre Volkswanderung hin, als dass man
dieser aus der Luft gegriffenen Hypothese irgend einen Werth
beilegen könnte.
Das Gleiche gilt, und zwar aus denselben Gründen von
der Annahme, dass die Deutschen in diese Berge zuerst zur
Holzarbeit geschickt worden seien, wozu man darin einen
Anhaltspunkt zu 6ndea glaubte, dass die Bewohner der sette
Comuni sich |,Cimberleute^ nennen, was zu dem Hissverständniss,
geführt haben möge, sie für Cimbem zu halten, während es
„Zimmerleute^ heissen soll, und auch der alte Name von Asiago-
SIeghe (Holzschlüge) darauf hindeute. Diese Ansicht, die, wie
man sieht , von Haus aus auf sehr schwachen Füssen steht,
schien tirolischerseits einige Stütze in der AufBndung einer
Urkunde von 1216 zu finden, in welcher der Bischof Friedrich
von Wanga zu Trient den Herren Ulrich und Heinrich von
Bozen gestattet, wenigstens 20 Familien zur Aosiedlung nach
Folgaria kommen zu lassen, allein Don Bottea klärt in der
cronaca di Folgaria die Sache dalün auf ^ dass diese Familien
ausdrücklich für die noch heute grossentheils öde und unbebaute
Gegend von Costa Cortura, d* i. von S. Sebastiane bis Genta
am Abhänge gegen Yalsugana bestimmt waren, während der
Hauptort Villa di Folgaria diesseits der Höhe in der mehr
ebenen und fruchtbaren Gegend nach dem Etschthale zu liegt.
Diese Ansiedlung in Costa Cortura ist daher auch nach der
Meinung von Don Bottea nur als ein Nachschub zu betrachten,
um eine höhere minder einladende Gegend zu beurbaren, da
die deutsche Ansiedlung in Folgaria jedenfalls schon firüher
bestanden hat, nach dem im Gemeind- Archiv vorhandenen Ur-
kunden, deren erste bis 1222 zurückgeht, die Gemeinde Folgaria
gegen Ende des 13. Jahrhunderts schon 100 Feuerstätten zählte^
8
- «4 —
md^ wenn frOhere Urkonden mangeln, sich dies damit erklirt,
bass liberhaupt in Tirol sicher nur wenige Berggemeiiidea
Dokumente altern Datums aufzuweisen haben.
Grössere Wahrscheinlichkeit hat allerdings die vom Grafen
Benedetto Giovanelli aufgestellte, mit höchst interessanten Citaten
und triftigen Gründen verfochtene Ansicht fOr sich, dass diese
angeblichen Cimbem Schwaben , eigentlich Alemannen seien,
die in Folge der durch den fränkischen König Chlodwig nach
Anrufung des neuen Christen-Gottes in der berühmten Schlacht
an Ztllpich erlittenen Niederlage zu Ende des 5. Jahrhonderts
beim König der Ostgothen Theodorich^ dem Dietrich von Bern
Zuflucht suchten und von ihm aufgenommen wurden. Dass
diese Aufnahme Statt hatte, ist ohneweiters als historisch er-
wiesen anzunehmen, allein ob diese Alemannen wirklieh unsere
Cimbem seien, dürfte denn doch zu bezweifeln sein, wenn man
bedenkt, dass ihre Sprache so gar nicht mit der feinern alma-
nischen oder schwäbischen Hundart übereinstimmt und im weiten
Reiche Theodorichs, das von dieser Seite nebst RbütienNorikum und
einen Theil von Pannonien umfasste, es doch kaum glaublich
erscheint, dass er diese damals auch noch ganz heidnischen
Flüchtlinge in die Mitte seiner christlichen Unterthanen bis in
die unmittelbare Nfthe der Residenz zu Verona hereingeiogea
und ihnen nicht lieber einen Platz an den äussern, gewiss
minder bevölkerten Grunzen seines Reiches angewiesen habe,
wie denn Andere diese von Chlodwig versprengten Alemannen
wohl mit mehr Wahrscheinlichkeit in den Bewohnern von
Vorarlberg mit dem angrfinzenden Schwaben und den Ausser-
sten Theilen des nordwestlichen Tirols zu erkennen glauben,
und dass sie dort, nicht zu Verona als Grünzbüter des Reiches
gedient haben, wie die Geschichtsschreiber ihnen nachrühmen.
Ueberhaupt beruht auch diese Hypothese auf der durch den
Namen „Cimbem^ Jahrhunderte hindurch genährten und fes^
gewurzelten Voraussetzung , dass diese nun isolirten deulschea
Kolonien nur von einer flüchtigen, irgendwo versprengten Horde
herrühren können, was aber nach unsrer obiger Darstellung,
— 115 —
fkr Badigewiesenen iitmHtelbarM Verbiadoo^ ttber Vaissgana
niii den deotsehtiroliachen Stämmen des sprachverwandten Etseh-
landfl und der höchst wahrscheinlichen frfihern Ansdehnang
auch in südlicher Richtung gegen Schio, Reeoaro und Yicenia
keineswegs richtig zu sein scheint.
Schmeller erwähnt noch der Meinung von Bettinelli, dass
die Einwanderung spätestens im 10 Jahrhundert erfolgt sein
nriisse, und der Angabe des cimbrisehen Schriftstellers Agostino
dal Pozso (Brunner) nber ein zu Verona vorhanden gewesenes,
allein in Verlust gerathenes Dokument aus dem 8. Jahrhundert,
in welchem bereits von den Theodisci in denJITeroneser-Bergen
die Rede war, — schllesst aber damit, dass positive Daten
aber die Herkunft der Cirobern überhaupt ganz und gar nicht
vorhanden sind.
Nur Eine Urkunde^ sagt Schmeller, ist noch vorfindig, die
Urkunde der Sprache, und in dieser liest er den merkwürdigen
Salz, — dass die heutige Sprache unsrer Kolonien ganz den
Zustand der deutschen Gesammtsprache aus dem XII. und XIII.
Jahrhundert wiederspiegelt und auf keinen Fall höher hinauf-
reicht.
Es ist dies das Drtheil eines Fachgelehrten ersten Ranges,
der bekanntlich alP seine Kräfte der Erforschung und Verglei-
chung der altdeutschen Sprache und ihrer Dialekte gewidmet
hat, und die volle Bestimmtheit des Ausspruches im Munde
eines sonst so bescheidenen und vorsichtigen Mannes ist gewiss
im höchsten Grade überzeugend. Eben so berechtigt und ein-
leuchtend ist aber auch die weitere Folgerung, die er daraus
zieht, dass bis zu diesem Zeitpunkt, d. i. dem XIII. oder doch
XII. Jahrhundert unsere Kolonien in unmittelbarem Zusammen-
hang und Verkehr mit dem deutschen Gesammtkörper gestanden
haben müssen, da natürlich in der Isolirung die Sprache sich
nicht in solcher Uebereinstimmung mit der Gesammtsprache
fortgebildet haben könnte, und somit einen wesentlich verschie-
denen Charakter tragen müsste.
8*
- «* -
Die einzig mögliche Einwendung gegen diese Folgerung
besNInde in der Annahme, dass die Einwanderang selbst erst
in jener Epoche erfolgt, die Kolonien erst damals entstanden
seien; aliein dies ist nicht nur im Widerspruche mit allen
Traditionen, sondern aus den bereits angeführten Gründen über-
haupt völlig undenkbar, wie es undenkbar, unmöglich ist, dass
im Falle einer erst im XII. , XIII. Jahrhundert erfolgten Ein-
wanderung unter gfinzlicher Verdrängung der frühern Bewohner
bei der Nähe so bedeutender schon damals vorgeschrittener
und geregelter Städte wie Venedig, Padua, Vicenza, Verona
von einer so auffallenden und folgenreichen Thatsache weder
in Archiven noch Chroniken auch nur die leiseste Spar au
finden sein sollte.
Der Aussprifch Schmellers wird auch aufs entschiedenste
unterstützt durch die oben gelieferte Nachweisung der Thatsache
der einstigen unmittelbaren Verbindung unserer Kolonien mit
den deutschen Elementen des Etschthales so wie durch den
Beweis der nahen Verwandschaft ihrer Sprache mit dem noch
heute im deutschen Etschlatid üblichen Dialekt.
Wenn nun die unmittelbare Verbindung mit dem deutschen
Gesammtkörper in der Vorzeit wirklich bestanden hat, wenn
diese Verbindung erst im XII., XIII. Jahrhundert, also gerade
in der Bildungs- Epoche der leichtern, wohlklingenden, zar
Weiterverbreitung so geeigneten italienischen Sprache durch
deren Vordringen in den Hauptthtflern der Etsch und Brenta
unterbrochen wurde, wenn die Sprache all' dieser zusammen^
hängenden Kolonien trotz einzelner Verschiedenheiten entschieden
auf den bojoarischen Volksstamm , wie überhaupt im grössten
Theile von Deutschrirol hinweist, und sich insbesondre nach
mehr als 500jähriger Absonderung auch heute noch so nahe
an die speciellen Dialekte des benachbarten Etschlands und
Pusterthals anschliesst, — so drängt sich wohl von selbst der
Gedanke auf, dass die bojoarischen Einwanderer zur Zeit als
sie von Norden her bis Salurn und Lavis vorrückten und die
romanischen Einwohner theils nach Eoneberg, Gröden und Fassa,
- «7 -
theils aber das reclile Etschufer unter Deutschmeto xorfickdriliig-
len, -^ wie man gewdholich annimmt, um die Hälfte des 6.
Jahrhunderts, als diese Gegenden durch die iSjttbrigen mit dem
Verluste von Hillionen Menschenleben so unglücklich geführten
Kriege der Ostgothen wider Belisar und Narses ohnediess völlig
entblösst und entvölkert waren, — . dass, sagen wir, die bo*
joarischen Einwanderer wohl auch noch einen Schritt weiter
über Salum und Lavis hinaus gemacht und die südlichen Aus-
läufer des Gebirges an der Ostseite der Etsch besetzt haben
dürften, die unter dem mildern Himmelsstriche Italiens, zumal
mit Rücksicht auf die grössere Sicherheit auch ihrem Naturell,
Neigungen und Gewohnheiten besser zusagen mochten als das
heisse Klima der Ebenen.
Mich dünkt, dass diese Hypothese wenigst nicht minder
Wahrscheinlichkeit für sich hat als alle andern, von denen wir
früher gehört haben, allein sei dem, wie immer, sei es, dass
die Einwanderung wirklich auf diese Art durch den gemischten
Volksstamm der Bojoarier erfolgte, sei es, dass die angeblichen
Cimbem doch die von Chlodwig versprengten Alemannen sind,
sei es, dass die Einwanderung möglicher Weise auch bei
irgend einem andern, nicht bekannten Anlass Statt hatte, —
so viel steht jedenfalls fest, dass diese deutschen Kolonien
nicht immer Kolonien waren, dass sie einst in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem deutschen Gesammtkörper gestanden
sind und die heutige Bevölkerung an der ganzen Ostseite des
Etschthales bis Bassano und hinab bis in die Nfihe von Verona
mit Ausnahme der Ueberbleibsel der. frühem Bewohner im obern
Avisio- und untern Brenta-Thale von deutschem Blute stammt
und die welsche Sprache erst im Laufe der letzten Jahrhunderte
sich angeeignet hat. *) ^
*) Anmerkung: Es fällt auf, dass diese deutsche Einwanderung
sich unterhalb der Noee- Mündung bei S. Michael auf das rechte
Etsebnfer nicht erstreckt zu haben scheint, da ausser an der Gränae
von Ulten zu Lauregno und Proveis heutzutage nirgends
— «8 —
Dieser AiAisatz war bereits fertig geschrieben, als mir in
Folge der Nachfrage über die frühem Sprachverhftlinisse in
der Gegend von Pergine eine Abhandlung im Hanuscript von
UeberUeibsel deutscher Sprache vorhanden sind, was aber ein frü-
heres Bestehen deutscher Ansiedlungen nicht ausschliesra und wohl
auch von den spätem Einfallen der Longobarden und Franken
herröhren könnte, ursprfinglich auch deutschen Stammen, von denen
Eumal Letatere gegen Ende des 6. Jahrhunderts zweimal Aber den
Tonal hereinbrachen, viele Kastelle eroberten, überall das offene
Land besetzten und, wie Pinamonti in seiner ^Naunia" nachweist,
insbesondre im Nonsberg dauerhafte Spuren zurOckgelassen haben.
So scheint z. B. die Bevölkerung des Thaies Rabbi in Salzbeig
bei der Frequenz der blonden Haare, blauen Augen, der frischen,
weiss und rothen Gesichtsfarbe und hohem kräftigen Wuchs auch
des weiblichen Geschlechts, und der zerstreuten Lage der häufig
hölzernen Wohnungen ganz ein deutscher Schlag zu sein, ja nach
den Aeusserungen eines sehr verstandigen Bauern von Piazzola besteht
eine Tradition im Thale, dass die ersten Ansiedler fiber das Gebirge
von der Schweiz hergekommen seien; allein von deutscher Sprache
ist kaum eine Spur mehr zu entdecken , ausser etwa in einzelnen
Namen, wobei der deutsche Kern sich manchmal seltsam genog
unter der welschen Hülle versteckte z. B. der Name des Besitzers
der Qeilquelle^ Ruatti von roth, im Dialekte roath, wo dann das „o,^
wie im Slapero von S. Sebastiane leicht in*s ,,u'^ übergeht, vne wir
oben bemerkten Oa, Hoazet, Ua, Huazet, also statt roath, math, und
mit der welschen Endung in i haben wir raathi, Ruatti, das welsche
Rossi. So fielen mir auch in den heurigen Landtags-Yerhandlongen
unter den verschiedenen Gesuchen von Gemeinden die Namen Locca,
Enguiso und Lenzumo in dem Seitenthale bei Bezecca in Yal di Ledro
auf, von denen die beiden letztern in der Karte von Anich Eagnis
und Engium geschrieben sind, — und nähere Erkundigungen gaben
mit Rücksicht auf die Orlslage die unzweifelhafte Gewissheit, dass,
obwohl sonst jede Spur und Erinnerung der deutschen Sprache
unter den Bewohnern verschwunden ist, dies doch rein deotsche
Namen sind, da bei Locca, Lacke, sich auch jetzt noch eine sumpfige
Lache befindet, die Bezeichnung Engwies topographisch ganz auf
die Ortschaft Enguiso zutrifft, Lenzumo oder Engnim aber nicbts
anders als „Lenkum,^ weil das letzte Ort im Thale ist, und diese
Gemeinden darüberhin.cine' sehr reiche Alpe besitzen^ die den Namen
Vies, die Wiese führt.
Derlei verwischte Spuren des deutschen Elements durften daher
bei näherer Nachforschung wohl auch an manchen andern Orten der
nwbteo Stsfhsei^ au finden sein,
— H9 ~
]>oa FüBcesco Tecioi, dem bertthmteo Verfasser des Uberto,
Pfarrer und Dekan su Pergine über die deutschen Alpenbewofaner
in Welschtirol und dem angrenzenden venetianischen Gebiete
zu Händen kam, der, ein gebomer Welschtiroler, gleich aus-
gezeichnet als Schriftsteller, wie als Priester durch langjiihrige
Amtsführung in jener Gegend gewiss vorzugsweise in der Lage
war, sich ein richtiges Urtheil zu bilden und dessen Angaben
daher gewiss in jeder Hinsicht die vollste Beachtung verdienen«
Noch spAter erfuhr ich, dass diese Abhandlung im Jahre 1860
zugleich mit einem Aufsatz des Ratbes Franz Stephan Barto-
lomei ttber Charakter und Sitten der Perginesen bei Gelegenheit
der Installirung des neuen Dekans, Don Botlea, Verfassers der
obgedachten Chronik von Folgaria von der Gemeinde Pergine
in Form einer Brochdre, mit Weglassung der im Hanuscripte
citirten und demselben beiliegenden Urkunden in Druck gegeben
wurde^ wovon jedoch meines Wissens in den öffentlichen Blftttem
nie die Rede war. Uebrigens wurde die schon im Jahre 1821
verfasste Abhandlung des Don Tecini nach einer Anmerkung im
Hanuscripte schon damals an Professor von Hersi zu Innsbruck
eingeschickt und, ins Deutsche tibersetzt, im Tirolerboten ver-
öffentlicht, scheint aber auch von deutscher Seite Ifingst in
Vergessenheit gerathen zu sein, und ich erlaube mir daher,
einige Stellen als von so gewichtiger Autorität herrflhrend und
genau unsern Gegenstand betreffend, hier anzuführen.
Don Tecini bespricht zunächst die Gründe, die gegen die
Annahme streiten, dess die Bewohner der Xu. und XIII. Comuni
so wie der tirolischen Thäler von Valarsa, Terragnuolo, Folgaria
und LavaronNon den Cimbem herstammen, woran gegenwärtig
wohl Niemand * mehr denkt , und führt dann die Ortschaften,
wo anno 1821 noch ganz oder doch zum Theile deutsch ge-
sprochen wurde, unter Angabe der damaligen Seeleniahl
folgendermassen auf
Kreis Roveredo: Seelenzahl:
Folgaria, Pfarre . • . . >
S. Sebostiano, Koralie . . • )
— 120
Kreis Roveredo:
Kreis Trienl:
Seite Cononi:
Nosellari, Kuratie
Serrada, y^ •
Guardia^ ,1
Hezzomonte „
TerragDoolo, Pfarre .
Trambileno^ Kuratie
Valarsa, Pfarre
Lavarone, Pfarre
Chiesa noova, Kuratie.
Braocafora (Pedemonte),
Luserna, Kuratie
Casotto „
Roncegno, roonte
Palü^ Kuratie
S. Feiice in Fierozzo .
S. Francesco in^Fierozzo
Frassiiongo
Roveda
Vignola
1) Asiago
2) Enego
3) Lusiana
4) Fozza
5) Gallio
6) Roana
7) Rotzo
e nelle contrade annesse:
Valstagna
Campolongo
Val Sanfloriano
Valruina
Pfarre
Seeienzahl:
\ 3000
\
. 1433
716
. 2290
i 950
! 584
40
442
307
234
280
259
445
4042
2694
2807
1486
2084
2539
1333
2441
.1310
1265
676
— 121 —
Sette Comani: Seelenzahl:
Crosara 1433
Conco 1375
Tresche Conco 360
Lastebasse 613
nach den Angaben des damaligen Prätors von
Asiago, Mendini.
Tredici Comuni ; in welchen die deutsche Sprache nur noch
in folgenden Ortschaften vorhanden ist:
S. Bartolomeo ledesco .... 654
Ghiazza .... 1500
Campofontana .... 2000
Die ganze Bevölkerung der dreizehn veronesischen Gemein-
den wird in einer Anmerkung nach der Volkszählung von
1821 auf 8754 Seelen angegeben, doch sind die Namen der
übrigen Ortschaften nicht angeführt.
Don Tecini sagt weiter wörtlich, wie folgt:* ,,Aber nicht
Mos die genannten, veronesischen, vicentinischen und tirolisehen
Oflschaften bedienten sich vor Alters, wie noch heote der
deatschen Sprache, sondern es ist auch wahrscheinlieh , dass
das ganze obere Valsugana mit Find, einem Theile von Fleims,
md die Ortschaften in der Nähe von Trient am linken Etsch-
nfer deutsch gewesen seien , da die alten Namen der Frider,
der Gewässer, der Gebirge der Ortschaften und Familien gro-
ssentbeils deotsch sind, and einer der Berge, ganz nahe an der
Stadt zwischen Osten und Norden gelegen, auch heute der
Calisberg genannt wird. Dass bis zum 13. Jahriinadert im
Harkte Pergine, damals vom nahen Wildbaehe^ der Fersina,
-' Ferzen oder Fersen genannt^ nnd in -allen umliegenden
Ortschaften die gemeine Volkssprache die deutsche war, wie
sie es auch heute noch in den sechs oben erwähnten Kuratien,
Vignola, Roveda, Frassilongo, S. Feiice und S. Francesco di
Fierozzo und Palü ist, das beweisen die durchaus deutschen
Namen der Felder, der Ortschaften nnd fast jedes einzelnen
^ f2a —
Hofes, wie sie io den lateinischen Dokumenten ies 14. Jahr-
hunderts vorkommen, nebst welchen sich aber aus jener Epoche
auch Urkunden in deutscher Sprache finden, was Alles auf
gleiche Weise auch von der Pfarre Calceranica, zwischen
Pergine und Lavarone gilt.^
Als Probe der cimbrischen Schriftsprache liegt der Ab-
handlung das Schreiben eines Bauern von Roban in den sette
Comuni an seinen Sohn bei, das wir zum Belege der Ueber-
einstimmung mit den Beispielen Schmellers und zugleich als
ein Zeichen der innigen acht deutschen Gemttthlichkeit dieser
Leute im hfiuslichen Verkehr hier wiedergeben:
Lieberste zun!
Ich mache dich wissen, daz gestern an zwo Orn nach
mettertag ich bin rivart in der Statt Yicenza. Ich bin gant
ad tavema der N. , da ich anig gavunt main gevatter , der
schuster, und in beker von Sleghe.
Heite ist die Harkot. In diesen Markot han ick bor-
chaft (verkauft) d* unser tuch. Vor firzig eile ich han
gewannet trizig kraizer, zobel d' eile, und vor aexig elka
der mezaanette tuch ich han gewännet demö Cnur) finf-u
zwanzig. Hit disen gelten und mit geluse (ErlOs) unser
crediten bain Schrotter (Schneider) ich hon gechafi zwei
ku, act oben (Schafe) nn sex goas; in alle dise ich han
galt (zait?) undert und fuizech gülden. Hit disen Viegen
snappen cerhalten wir) milch un smalz un kaese vor ander
haus, un wollen (Wolle) an rasten sich (um uns zo kleiden)
wir alle. Un brame (warum, weil) der wain ist taer, ich
han niehl gekaft, in disem Jare wir mdsen wasser trinken.
Grosse mer die mutter, dain waib, die dain zwea
Schwester un des dain bruder. Gieb an kuss an dein klone
zun o puble. Ich fermer mich hier noch venfe tage, na
den flnstege der komende woche ich kere a ka Roban. In«
tanto stee gesund an well mer wol. -
- 128 -
Oioe andere merkwürdige Drkonde, die Don Tecioi anführt,
d. d. Pergine 12i2, lautet, wie folgt: Vo woegen de Zank,
in welechen krlstel vo Falesin ob de groateo platx vo Bargen
Fersen ist vo Jakob vo Driscbei holtet worden: weilen de
selve sain boat (Qoot) in groaten sea hat preket, nnt halven
des ditier ist zo Obrekait kbgt : han ich Lindrik, Pfarrer nnd
Noder ze Person usdingt , da! Jakob begen süllo dem kristel
fars ploeb gelt fnnf koaser liver, halve der Pfarrei koerk in
swy monat, item de Unkoesteo, Arsney ant toowerke zahlen,
nnt gegen da sflile kristel de klag soeven fuder. OäB unts
ander habens mir verspreket dat ze thuen, unt furenthin goete
fraint ze sein.
Gescheehen in de Burgen Persen zo mir in Jahr vo unser
lieben Herr, der erloeser, tausent, zwye hundert zechen nnt
noo zwyen in Monat vo hocbizet, den vierten too. Kunischafft
sin zween^ Peter nnt Hans vo Falesin.
Ans diesem und andern Beispielen unter Berufung auf
eine von Simone Pietro Bortolomei zu Pergine schon 1760
jrerffasste, im Hanuscript vorhandene vergleichende Wörter-
snmmlnng unserer Alpen- Kolonieen nach deren verschiedenen
Dialekten schliesst der Verfasser, gerade, wie wir uns nach-
zuweisen bemühten, dass dies ein Deutsch sei, das sich im
Grunde von jenem der Bergbewohner von Deutschtirol nur
wenig unterscheide, dass auch die verschiedenen Dialekte im
Ticentiniscben, Veronesischen und Tirol nur wenig voneinander
abweichen, vielmehr auf einen gemeinsamen Stamm hinweisen,
wobei er noch insbesondre bemerkt, dass die Bewohner der
sette Comuni und wohl auch Jene von Lavaron die Eigenthflm-
lichkeit haben , den Ton der letzten Silbe bei jedem Satze um
vier Noten zu erhöhen, als ob sie immer fragen würden, und
die Sprache in der Gegend von Pergine sich, wie natürlich,
jener von Dentscbtirol am meisten zn nähern scheine.
Don Tecini beschreibt diese Alpenbewohner im Allgemeinen
als Leute von hohem Wuchs, kräftigem Kürperbau, abgehärtet,
wohlfeCMlf von blondem oder bramem Haar, und sagt, in
— 124 -
Betreff des Chanhten , dass die Bewohner der sette Cbmimi
durch die aligemeioe Gewohnheil des Waffentragens uater der
venetianischen Republik, sogar bei der Feldarbeit, — eine mehr
martialische Haltang angenommen, nnd es dort auch nicht an
Amazonen gefehlt habe, die ein Stilet oder kune Pistole im
Bnsentuche trugen^ dass zwar auch die dortige Bevölkerung
gut, gerecht, freundlich genannt zu werden verdiene, allein
wehe dem, der es wagen sollte, sie zu beleidigen, — wfihrend
ihre Nachbarn in Welschtirol sich mehr friedfertig und gul-
mOthig zeigen, äusserst frugal, aber doch sehr gastfreundlich
sind^ es als eine heilige Pflicht betrachten, keinen Armen ohne
eine Gabe abzuweisen, dabei religiös, dem gegebenen Worte
getreu, durchaus nicht streitsüchtig, und, was sich auch heut-
zutage noch auffallend bewährt, der Strafjustiz verhfiltnissaiässig
sehr wenig zu thun geben.
Auch machte Don Tecini schon damals auf den so bedeut-
samen ununterbrochenen Zusammenhtag dieser Kolonieen auf-
merksam, wie sie von Verona und Bassano her von Berg zu Berg,
von Thal zu Thal sich aneinander reihen und verfolgen lassen
bis zum Anschlüsse an die Ortschaften von Deutschtirol ^ and
bemerkt noch insbesondre^ wie das Hereindringen des italieni-
schen Elementes von aussen sich auch daran zu erkennen gebe,
dass im untern Valsugana Anklänge des benachbarten veofr-
tianischen Dialektes, in Fleims Jene der östlichen welschen
Gebirgsbewohner gegen Cadore, — und man könnte wohl
hinzufttgen, im untern Etschthale die Spuren des veronesisehcn
vorherrschen.
Wir Buden demnach unsre oben entwickelten Anscbauangen
so zu sagen in allen Punkten durch ein sehr gewichtiges,
gewiss ganz unpartheiisches Zeugnias unterstfltzt, und, wenn
Don Tecini am Schlüsse der Abhandlung seine Ansicht aus-
drücklich dahm znsammenfasst, er glaube, man habe allen
Grund anzunehmen, das& die in den Thfilem und Bergen Sfld-
tirols an der linken Seite der Etsch noch beflndlichen Deutschen
die UeberUeibsel der altem Bevölkerung dieser G^göiden, also
— It5 ~
Dicht Fremdlige, — and freoidea Ursprungs hingegen diige-
nigen seien, die die italienische Sprache dahin yerpflanxten,
so wollen wir hiexn nur bemerken, dass es eben fiicht Fremde
gewesen sein mOssen^ die die welsche Sprache hieher ver-
pflanzten, sondern, wie es in Deatschmetz und Bichbols vor
60 Jahren der Fall war, wie es sich noch spAter in Folgaria
und Valaraa ereignete, wie es in Salarn und an andern Orten
unter nnsem Augen geschieht, die absorbirende Potens der
geMiigen und leichtern italienischen Sprache, die man so auf-
fallend bei Kindern beobachtet, wenn sie mit beiden Sprachen
in Berührung kommen, — sich von selbst durch die Einwirkung
der Nachbarschaft geltend machte, und am Ende nur die Deutschen
selbst es sind, die die welsche Sprache unter sich verpflanst
und damit zwar ihre Sprache, aber nicht ihre Herkunft gewech-
selt haben.
, Es ist von deutscher Seite schon öFter die Frage angeregt
worden, wie dem Weitergreifen eines zumal in unsern Tagen
ton so bedenklichen Folgen begleiteten Hisstandes abzuhelfen
wftre, und das wirksamste Mittel würde zweifelsohne darin
bestehen^ die noch deutschen Gemeinden mit deutschen Priestern
und Schulen zu versehen. Wie jedoch die Dinge stehen,
glaube ich, dass die Itaiienisirung in diesen Kolonien, und
zwar nicht blos bei uns, sondern auch in den sette Comuni,
zumal seit dem Bau einer geregelten Strasse bis Asiago
bereits zu weit vorgeschritten sei , um dem ersterbenden
deutschen Idiom durch künstliche Belebungsversuche wieder
aufhelfen zu können, und derlei Haasregeln wirklich auch nicht
dem Interesse der wenigen zersplitterten, noch deutschen An-
siedlungen entsprechen würden, die überall, auch auf den Bergen,
z. B. in S. Sebastiane von welschredenden, wenn auch dem
Blute nach deutschen Nachbarn umgeben sind, mit denen sie
nun einmal leben und verkehren müssen, und dass insbesondre
doppelte oder gemischte Schulen nicht blos die Krttfte dieser
armen Berggemeinden übersteigen, sondern auch nur ein Sprach-
— 126 -
gemenge, ein Kauderwelsch xor Folge haben MUrden, das
überhaupt keinem Schuh wecke entspricht.
Wenn aber in Welschtirol der ausschliessende Gebrauch
der welschen Sprache in Kirche und Schule auch an jenen
Orten als billig und aweckmässig erachtet wird, wo die Bevöl-
kerung erwiesen von deutschem Blute stammt und noch heute
auf deutschem Bundesgebiete lebt, so sollte fttglich das gleiche
System der Einen deutschen Sprache im öffentlichen Unterrieht
sowohl in Kirche als Schule auch unter der von jeher deutschen
Bevölkerung auf unmittelbar deutschen Boden von Saturn hinauf
befolgt werden , was auch in manchen Gemeinden , wo der
Andrang des fremden Elementes stark genug ist, s. B. Mar-
greid, Kurtatsch etc. der Erfahrung gemfiss xur Aufrechthaltung
der Sprache genügt, allein leider nicht überall so, wie es sein
sollte, beobachtet wird.
Durch das leidige ^lu spflt^ ist man nun zwar in die
traurige Nothwendigkeit versetzt, die Sprache der isolirten noch
deutschen Ceberbleibsel unsrer Kolonien gewissermassen preis-
zugeben, allein daraus folgt doch nicht, dass damit sich jede
Erinnerung an die deutsche Abstammung verwischen müsse,
und die Cronaca von Folgaria, 1860 herausgegeben auf Kosten
der Gemeinde, so wie die ebenfalls 1860 durch die Vorstehung
der Harktgemeinde Pergine veranlasste Drucklegung der Ab-
handlung von Don Tecini liefern den Beweis, dass, wenn auch
Einzelne schwach und kleinlich genug sein mögen, um ihr
deutsches Blut zu verläugnen , doch die grosse Hasse der
heutigen obgleich welschredenden Bewohner zu Berg und Thal
sich dessen nicht schämt^ vielmehr mit Befriedigung und Selbst-
gefühl auf ihre Vergangenheit zurückblickt, ein Gefühl, das
auch in der weit zerstreuten grossen Gemeinde Valarsa trotz
der nähern Berührung mit den welschen Nachbarn und des
schon seit lange erfolgten gänzlichen Erlöschens der deutschen
Sprache noch lebhaft vorhanden ist und zur freudigen Hoffnung
berechtigt^ dass sie auch fortan die schfitzenswerthen Eigen-
schaften ihres Stammes getreulich bewahren und das glflniende
^ 127 -
Zeugniss verdienen werden, das ein so wfirdiger Mann and
kompetenter Richter, wie Dekan Tecini und aach dessen Nach-
folger in Pergine, Don Bottea der Ausdauer, dem biedern und
sittlichen Charakter ihrer Vflter ausgestellt haben. Sonderbar
und bedauerlich bleibt es freilich, dass während i\k zerstreuten
Sprachinseln in der Nflhe des Honte Rosa unter der welschen
Regierung von Piemont mit deutschen Schulen und Priestern
fortwährend ihre deutsche Nationalitllt bewahren, diese in den
ausgedehnten, zusammenhängenden Kolonien an der Ostseite
der Etsch unter dem Scepter Oesterreichs, zum Theile auf dem
Gebiete des deutschen Bundes so unbeachtet verkümmern musste,
— und eben so sonderbar aber am Ende nicht unverdiente
Vergeltung Ist es, wenn trotz dem die deutsche Regierung
von manchen dieser nun welschredenden Deutschen, — der
Unterdrückung ihrer Nationalität beschuldigt wird, indem sie
in merito nicht Unrecht haben, nur, dass die verkürzte Nätio*
nalität die deutsche und nicht die welsche ist.
Roveredo, im Mai 1863.
n.
iVatorwissenscbaftliche Abtheilong.
BieOet^thalern^^ff^
?r*M
1864.
►1^^^
'^f<*pf i<y/^/4>4s4^- i.'^^^c^y/ /S--/*
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<t4Z^€^
Wigiier'tclLP Litlio^ra-plue in Jim/hrrcCrc .
dc/c/cc/ locaics
Beiträge zur Geognosie Tirols.
Voiv
Adolf Plchler.
(Vierte Folge.)
Zur Oetzthaler Masse.
Im Jahre 1859 verÖffentHchte ich in der Zeitschrift des
Ferdinaodeums für Tirol und Vorarlberg aus dem Nachlasse
von Michael Stotter eine Abhandlung:, „die Oetzthaler Hasse^.
Er hatte diese Abhandlung grossentheils nach den Aufzeich-
nungen der Commissäre des geognostisch - montanistischen
Vereines bearbeitet. Männer von Fach, welche diese Abhand-
lung mit Aufmerksamkeit gelesen haben, werden dankbar die
Hasse wichtiger Beobachtungen anerkennen, welche der fleissige
Stotter niedergelegt ; ohne jemand nahe zu treten , darf man
sagen, dass erst mit ihm eine gründlichere Kenntniss der
Oetzthaler Masse beginne.
Mir war es vergönnt, seine Arbeiten fortzusetzen. Die Wis-
senschaft ist über den Standpunkt, den er eingenommen, in mehr-
facher Beziehung hinausgeschritten; es bleibt also manches zu
ändern und zu verbessern, insbesondere in Bezug auf die Flötzfor-
mationen, dere% Kenntniss in den östlichen Alpen vor dem Beginn
der Arbeiten der geologischen Reichsanstalt eine sehr mangel-
hafte war. Was den Glimmerschiefer und den ihm eingeord-
neten Gneis und Hornblendeschiefer, sowie den Thonglimmer-^
schiefer betrifft, so sind die Schwierigkeiten, welche sich einer
Untersuchung, die mehr als kartographische Resultate bieten
soll, Entgegenstellen, so gross, dass man den Gewinn im Ver-
hdtniss zur aufgewendeten Mtthe als einen sehr bescheideneB
^
_ 4 -
betrachten iniiss. Fflr die Tiroler Alpen verweise ieli auf
meine ^Beiträge zur Geognosie Tirols mit einer Karte «ad
dreissig Profilen.'' Innsbruck, bei Wagner, 1859.
Im heurigen Herbste beging ich einen grossen Theil der
Oetzthaler Hasse und' kann daher manche Nachtrüge liefern,
freilich mit der bescheidenen Bemerkung, dass ich weit ent-
fernt bin, das Thema jetzt für abgeschlossen zu halten.
Verfügen wir uns nach Haimingen an den Eingang des
Oetzthales; demselben liegen von hier bis Koppen an beidoi
Seiten der Oetz Hügel vor von mehreren hundert Fuss Höhe.
Sie bestehen aus Trümmern und Blöcken von Kalk, Rauch-
wacke, Schieferthon und ähnlichen Gesteinen aus den ver-
schiedenen Stufen der Trias. Die Blöcke sipd oft so gewaltig,
ganzen Felsen gleich, dass nur eine sorgfiltige Untersuchung
nach allen Seiten uns darüber aufklären kann , man habe es
hier nicht mit anstehendem Gestein, sondern mit ungeheuren
Schuttwallen, durch welche sich die Gewässer nur mühsam
den Weg brechen, zu thun. Sie tragen nur magere Föhren
und versagen sich jeder Kultur. An einer Stelle auf dem linken
Ufer tritt der Glimmerschiefer hervor, tbeilweise zu Höckern
abgerundet. Darnach sind die Angaben Stotters (S. 40: „Wir
stiegen von Haimingen nach Brunau^ etc.) zu berichtigen.
Anstehenden dunklen Kalk triflTt man am rechten Ufer des
Inn erst etwa eine Viertelstunde westlich ton Koppen. Gegen-
über von Koppen erhebt sich ein Kalkhüfel , der steil in den
Inn abstürzt, — der weissaderige schwtrze splitterige Kalk
darf wohl dem unteren Alpenkalk (Muschelkalk) beigezählt
werden.
Der Glimmerschiefer in der steilen Kirne südlich von Kop-
pen am Bache ober den Mühlen behauptet durchschnittlich
ein ostwestliches Streichen und fällt mehr oder minder steil
Süd« Er ist ans braunem Glimmer und Lagen mit Ausschei-
— 5 ^
dimeen weisslieh grinen Qaarses zorammengesetzt, eiDgesIrenl
sifid eittzelne Körndien von Granal und Prismen von StanroBth,
ein Vorkommen, dem man nicht selten in der OetzthaJer Masse
begegnet.
Stolter beschreibt S. 33 o. s. w. die Vennetgmppe. Wir
fügen znr ErlSuterung ein Profil bei, müssen jedoch über unser
Gebiet auf das linke Ufer des Inn übergreifen. Wir beginnen
im Pitzthal mit dem
1) Glimmerschiefer bei W^enns.
2) ein schieferiges schm^utziggraues Gestein, eingestreut
sind silbergraue Fetzen von Glimmer. Die fftrbende
Masse dürften sehr feine Chloritblflltchen sein. Dieses
Gestein trifft man in der Schlucht der Pitza, nördlich
von Wenns. Man begegnet demselben hie und da auch
in andern Gegenden in der Mähe des Thonglimmer-
schiefers. So zum Beispiele im Kaunserthale vor Kai-
tenbrunn. Bisweilen kommt es lagenweise im Glimmer-
schiefer vor; wir zweifeln nicht, dass es demselben
beizuzählen sei.
3) Thonglimmerschiefer , und zwar quarziger, mit allen
charakteristischen Merkmalen dieses Gesteines, wie es
bei Wiltau zu studieren ist. Der Thonglimmerschiefer
reicht zu beiden Seiten der Pitza bis gegen Arzl, dort
wechselt er die Farbe und folgt ein
4) röthlicher Schiefer ohne grosse Mächtigkeit; er dürfte
bereits beizuzählen sein dem
5) bunten Sandstein. Dieser zeigt hier eine grosse Mannig-
faltigkeit der Bildungen, ohne dass diese an eine be-
stimmte Reihenfolge gebunden wären. Bald ist er grau-
roth, sandig, schieferig, die Schichten sehr verdrückt;
dann treten wieder grobe Conglomerate auf mit ge-
wundenen Lagen eines schieferigen Kalkes, der an der
Oberfläche gelbbraun anwittert, innen jedoch weiss ist ;
dieser wechselt wieder mit braunrothem Sandstein, der
in ein grobes Quarzconglomerat übergeht, wo das Ce-
/ - 6 -
meBt oft gegwk die Qnanbrocken suricktritl. D*-
xwischen erstrecken sich graue kalkige, roth and violM
geflamyite Quarzschiefer, eine Mannigfaltigkeit der Ge-
steine, wie sie auch die Schweizer Geognosten bisweilen
erwähnen. Der bunte Sandstein bleibt stellenweise ans,
so liegt westlich bei Zams am Guluck der schwars-
schieferige Kalk unmittelbar auf dem Thonglinuner-
schiefer.
6) Die Rauchwacke, welche Jetzt eintreten sollte, ist kanm
entwickelt; ihre Stelle sdieint ein wenig mftditiges,
graues Quarzgestein einzunehmen. Auf dieses folgt
7) Lichtgrauer, splitteriger Kalk, der am Stahl Fonken
gibt. Seine Stellung weist ihn zum untei;en Alpenkalk
(Huschelkalk), obwohl er diesem, wie er an andern
Orten vorkommt, weniger ahnlich Ist.
8) Schwarzer und grauer Schieferthon.
9) Wohlgeschichtete, schwarze, weissaderige Kalke, im
Bruche splitterig, am Stahle Funken gebend. Man darf
sie wohl noch zum unteren Alpenkalke (Huschelkalk)
rechnen. Auf diese folgen im reichsten Wechsel allerlei
Gesteine; bei dem Hangel an Petrefakten ist die GrAnze
gegen den mittleren Alpenkalk (unterster Keuper, zu
welchem Gttmbels Partnachschichten gehören) vorlftitfig
nicht genau gewesen.
10) Hittlerer Alpenkalk.
Wollten wir die hieher gehörigen Gesteinsarten , wie sie
an der Brücke von Brennbüchl und am Haken Ufer des Inn
anstehen, schildern, so müssen wir einfach wiederholen, was
wir bereits gesagt, als wir einige Profile in der Gegend von
Innsbruck bis Hall untersuchten. Dort (Beitrage zur Geo-
gnosle Tirols Nr. III) findet man alles ausführlich und es
passt ganz genau für die Lokalität am Tschiergant.
Auch die Dolomite, welche früher Anlass zur Verwecfas-
1M9 nüf d^tn HitteMolomit (Hauptdolomtt Gümbels) gaben,
— 7 -
ftriien bei der Simse an mit Zwisciieiilafen efnes nehr bilo-
minösen Gesteines.
Ad der Brflcke von BrennbttcU hat man mergelige Dolo--
mite, Schiererthon , glimmerreiche sandige Schiefer, grünlich»
graoe, braon anwittemde Sandsteine mit Knötchen auf den Ab-
losungsfltfchen; hie and da sind Körner von Graueisenkies ein-
gewadisen. Wenn man das Streichen der Schichten verfolgen
wollte, triffe man wahrscheinlich auf dieselben Petrefakten wie
bei Garzan und in der Mahlauer Klamm. Gerade wie dort and
aus denselben Ursachen wittert auch Bittersah aus. (Beitrfige
xur Geognosie Tirols ID;)
Auch Rauchwacke kommt stellenweise vor. Voa einem
Fortstreichen oder von Zügen derselben kann man übrigens
kaum reden, sie erscheint eher in Stöcken ; es ist also nur ein
lokales Auftreten.
Die Gesteine des mittleren Alpenkalkes lehnen ^sich an den
8) Oberen Alpenkalk, der gegenüber von Haimingen den
Inn erreicht, aber auf dem rechten Ufer nicht mehr
sichtbar wird.
Der obere Alpenkalk bildet den Grat des Tschiergant und
hier brechen wir unser Profil ab.
Alle diese Gesteine von 1—8 streichen so siemlich osl»
westlich und fallen gegen Süd. Kleine örtliche Abweichungen
kommen allerdings vor. So an der Brücke über die Pitxa
hinter Arzl. Dort füllt der bunte Sandstein , dessen Schiefer
hier sehr verworren und verbogen sind, «^ einer Stelle steU
gegen Norden. So der mittlere Alpenkalk vor der Brücke von
Brennbüchl am linken Ufer des Inn und an der Strasse drobe»
bei Kauns« Hi^ kann man Schichten des dolomitischen Mer-
gels beobachten, wdcbe anf der Höhe gegen Nord fallen, etwas
ab«irts fast senkrecht stehen und sich dann gegen Süd wenden.
Wk erwühnen diese kleinen Abweiehangea, man darf
ihnen keine Bedeutung beilegen; auf gewölbartige Faltungen
kann man sie ni^ zurückführen; das ganse Profil von 1 — 8
ist ein durchaus normales. i
— 8 —
Die LokaliUft am BrennbttcU erwfihnt auch Gflmbel in
seiner „Geognostische Bescreibung des bayerischen Alpeng^
birges nnd seines Vorlandes^", Seite 201, Tafel VI, 44.
In der untern Trias von Arzl möchte ich jedoch kaiiDi
eine Fortsetzung des Zages der untern Trias von der Martins-
wand, wo übrigens der bunte Sandstein nicht sichtbar ist, nnd
.die dunkeln Kalke zum Theil gewiss, zum Theil mit Wahr-
scheinlichkeit dem mittleren Alpenkalk beizuzilhlen sind, nicht
suchen.
Der Weg über den Piller geht auf den Schichten des
Glimmerschiefers, der vom langgedehnten Grat des Venetberges
abfallend dessen nach Sad geneigtes Gehflng bildet. Hat man
die Hohe des Pillers erreicht und wendet sich abwärts, so
kommt man auf ein Gestein, welches stellenweise den Charakter
des Thottglimmerschiefers zeigt, bald aber wieder im Zweifel
Iflsst, ob es nicht vielleicht dem Glimmerschiefer einzureihen
sei. Die genaue Grflnze kann nur eine schrittweise Begehung
ermitteln, und ist auch dieses geschehen, so Ifisst sich doch
kein Schluss auf das Allgemeine ziehen; sie hat also nur fflr
eine Detallkarte Werth.
Mehr interessiren uns einige Kalkmassen. Eine davon
beginnt unter Puschlin. Der Kalk zeigt ein ostwestliches
Streichen, das Fallen ist schwer zu ermitteln, die Schichten
sind stell und mannigfach verbogen. An einigen Stellen schont
e» nördlich zu sein.
Die Kalke sind grau oder weisslich, kiesellg, von splitte-
rigem Bruche, bisweilen breccienartig, darunter sandige rauch-
wackenartige Gesteine. Wir zweifeln nicht, dass alle diese
Gesteine zur Trias gehören; die einzelnen Stufen können wir
freilich nicht abgrfinzen, da uns Versteinerungen fehlen.
Gerade gegenüber von Buschlin sieht man am GehSnge
des Berget wieder einen Kalkkopf emporragen; es sind die-
selben Gesteinsarten. Sie lagern hier unmittelbar auf einem
flehten bleigrauen Glimmerschiefer mit Granaten auf, den man
durchaus nicht mit Thonglimmerschiefer verwechseln kann. •
— 9 —
Setzt man den Weg gegen Faggen fort, so gelangt man pldtz-
licb auf die fast senkrechten dannbifttterigen Schichten von
bunten Schiefem, wie man sie bei Pfons und Hatrei und droben
auf dem Pfonserberg, sowie auf den Tarnthaler Köpfen in der
Nfthe des Serpenlins beobachten kann. Sie sind grau, roth,
grfln, geflammt : wir verweisen auf unsere „Beitrüge zur Geo-
gnosie Tirols, 1859.^ Deh Serpentin fanden wir nun allerdings bei
Faggen nirgends, vielleicht gelingt es später, ihn zu entdecken.
Diese Schiefer gehören nach unserer Ansicht ebenso wie die
rothen Schiefer bei Arzl (Nro. 4 S. 5), mit denen sie stellen-
weise zum Verwechseln ähnlich sind, zur untersten, Trias.
Diese Gesteine haben schon vielfältig die Aufmerksamkeit der
Alpengeologen erregt; vielleicht gelingt es noch, hier einen
der Hebel anzusetzen, der manches Geheimniss löst.
Am Eingang des Kaunserthales stehen Thonglimmerschiefer,
bezüglich deren wir auf Stotters Abhandlung Seite 26 ver?-
weisen. Man hat nun zu beiden Seiten des Inn diese Gesteine
bis zur Finstermünz, wo sie aus dem Engadin hereinstreichen.
Sie füllen das Thal zu beiden Seiten des Flusses, gegen den
sie meist steil abstürzen: dem Glimmerschiefer sind sie mul-
denförmig eingelagert. Ihr Charakter ist entschieden der eines
Kalkthonglimmerschiefers; im Engadin will man in demselben
Belemniten gefunden haben. Betrachtet man die Stellung der
quarzigen Thonglimmerschiefer, welche bei Arzl gegenüber von
Brennbüchl beschrieben worden, so sind diese, wie das Profil
ausweist, entschieden älter als der bunte Sandstein; jünger als
ächte Glimmerschiefer. Wenn .irgendwo , hat man in diesen
quarzigen Thonglimmerschiefern die primären Flötzformationen
zu suchen. Die kalkigen grauen und grünen Thonglimmer-
schiefer der Finstermünz sind mit ihnen schwerlich in eine Linie
zu stellen. Wir haben diese Dinge schon bei andern Anlässeh
Besprochen , weiss doch jeder , dass in den Alpen 4er petro-
graphische Charakter der Gesteine nicht immer und überall
ausreicht, um ihre Stellung zu bestimmen.
— fO --
lieber die Kette von Danxebelle und Langtmifera
wir die Leser wieder auf die Abbandluiig Stotters io den »Bei*
trilgen zur Geo^oaie Tirols<^, 1859, Seite 18.
Wir geben das Profil das Harraelthales.
So heisst die Runse, welche am linken Ufer des Lang^
tanfererbaches steil gegen den Jackel emporfitthrt und die Aaf«
einanderfolge der Gesteine in einer schönen Entblössang be*
obachten lässt.
Die Reihe derselben ist folgende:
1) Glimmerschiefer. Er besteht aus silberweissem Glimmer
und grauem Quarz, an der Oberfläche ist er oft braon
oxydirt.
2) Unmittelbar darüber liegt ein wohlgeschichtetes Quarzit^
gestein, welches die Richtung von Ost nach Westen
einhält, und in verschiedenen Winkeln nach Süden fällt.
Dieses Quarzitgestein ist grünlich, durch die Aufnahme
rundlicher Quarzkömer geht es oft in ein Conglomerat über;
es ist wohl nicht der mindeste Zweifel, dass wir hier den
bunten Sandstein vor uns haben.
Allerdings metamorph ! Das ist aber eben das Eigen-
thümliche der Flötzformationen in den Centralalpen : dass sie
alle mehr oder minder eine Umgestaltung erlitten haben, ^ als
sollte sich ihr Aussehen dem Aussehen der Schiefer, denen sie
auflagern, accomodiren. Gerade dieser Umstand berechtigt uns
noch mehr, in den quarzigen Thonglimmerschiefem zwischen dem
Glimmerschiefer und der Trias die Grauwacke zu suchen.
Auf den derben Quarzit and das Conglomerat folgen grane
Schiefer. Si^t man von den rundlichen Quarzkömem, die
sie umschliessen, ab, so könnte man sie mit quarzigem Thon-
gUmmerschiefer verwechseln. Oft werden sie sehr grosskömig.
Dun folge« wieder Schiefer mit weissen Glimmerblfittchen.
Der ganze Complex mag etwa 70^ rattchtig sein.
Es passt auf ihn zum Theil, was Sinder m seiner Geologie
der Schweiz, erster Band Seite 413, sagt.
- « ~
2) Dttnoschichtiger dolomitischer Kalk, von weissen Adern
darchschwdrmt, wenig mächtig.
3) Dolomitische Breccie, ebenfalls wenig mfichtig, gemahnt
an einige Vorkommen, z. B. bei Weiherburg. . (,,Bei-
trfige zur Geognosie Tirols. HI. Folge. <^)
4) Weisslicher Sandstein, sehr wenig mächtig.
5) Dolomitische Breccie wte 3, etwa 40'.
6) Rauchwacke mit Bittersalz-Efflorescenzen.
7) Eine Dolomitbreccie. Die eckigen Stückchen Dolomit sind
mit grauem oder schneeweissem körnigem Gyps verkittet,
bisweilen kommen auch Lagen weissen Alabasters vor.
8) Dunkle Kalke, an der Oberfläche weiss bleichend; sie
enthalten deutliche Stielglieder von Encrinus und wech-
sellagern mit Schieferthonen , welche ebenfalls bereits
eine Metamorphose ergrlif. Diese zeigen auf der Ablö-
sungsfläche Fettglanz und gleichen bisweilen fast man-
chen Thonglimmerschiefern. Diese Gesteine, sowie die
grauen Schiefer mit den rundlichen Quarzkömem mögen
die Zeichner der geognostisch - montanistischen Karte
von Tirol veranlasst haben, auf dieser einen Streif
Thonglimmerschiefer einzuflicken, der thatsächlich nir-
gends vorhanden ist.
Wir glauben mit diesen Kalken und Schiefem den
untersten Keuper, unserem j^mittleren Alpenkajk^, be-
ginnen zu dürfen, während wir 2 — 7 noch zur unteren.
Trias rechnen.
9) Lichter poröser Kalk, zum Theil mit röthliohen Zwi-
schenlagen \ind silberweissem Glimmer, so dass sie
manchem Cipollen nicht unähnlich sehen. Anch granen
Kalken begegnet man; an der Oberfläche sind nicht
selten Corallen ausgewittert, genau dieselben, die wir
im oberen Alpenkalk oder Hallstätterkalk der Nord-
alpen erkennen. Es ist daher über die Stellung dieser
Kalke kein Zweifel; sie bilden den Gipfel des Jackei.
- 1« -
In weit grösserer Aasdefanung stehen die Gesteine der
Trias auf dem linken Ufer der Etsch an, wo sie die Kronen
und den Grat der Berge zusammensetzen, über weiche die
Grunze zwischen Engadin und Tirol veriftuft. Die Studer*sche
Karte gibt sie als triasische Dolomite an. Zur Ergänzung des
Bildes bestieg ich den Pitzlat (8800'). Das Fussgestelle dieses
schonen pflanzenreichen Berges besteht aus dem Glimmer-
schiefer der Scheidecke von Reschen. Die Schichten des Kalkes
verflachen in mächtiger Neigung gegen die Malserheide; dem
Engadin sind die Schichtenköpfe in grellem Absturz zuge-
wendet. Von hier sollte man also emporsteigen, um die Folge
der Formationen gut zu beobachten.
Auch hier begegnet man einer grossen Mannigfaltigkeit
von Gesteinen.
Zu Unterst liegen „kirschrothe, rauhe, sandige Thon-
sehiefer, die bei abnehmendem Thongehalt zu dunhelrothen,
meist grobkörnigen Sandsteinen werden.^ Studer, Geologie
der Schweiz, Seite 414. Die Schiefer erinnern an die bereits
mehrfach erwähnten bunten Schiefer; von Sandsteinen habe ich
Stücke gefunden, welche kaum von dem bunten Sandstein der
Nordalpen zu unterscheiden wären.
Auch rauchwackenartige Gesteine fand ich zerstreut, ebenso
ein Stack jenes grünlichgrauen Sandsteines, wie er in den
Carditaschichten oder dem Gebiet des mittleren Alpenkalkes
mit Schieferthonen und Mergeln wechsellagert. Der Pitzlat ist
aus einem wohlgeschichteten dunkelgrauen, weissaderigem Kalk
zusammengesetzt, der an der Oberfläche schneeweiss abbleicht
Man wird an Muschelkalk oder mittleren Alpenkalk den-
ken; ich meine, dass aber auch der Hallstätterkalk hier ver^
treten sei; einige Korallen und ein Gasteropode, an dessen
Durchschnitt ich eine Chemnizia zu erkennen glaubte, scheinen
darauf hinzudeuten.
All diese Gesteine ziehen gegen Süden; auch die Ortieil-
spitze besteht aus Kalk; spätere Untersuchungen werden er-
geben, ob dieser hier einzurechnen ist.
- 13 —
Zur Trias gehört mil voller Wahrscheinlichkeit auch der .
graue dolomitische Kalk, dessen Sehichtenköpfe sich an der
Nordseite des Jaufens dem Jaufenthal steil zuwenden.
Wir finden also durch das ganze Gebiet der Oetzthaler-
Masse Gesteine der Flötzformationen. Ohne über die Bedeu-
tung des quarzigen Thonglimmerschiefers zu entscheiden,
begegnen wir bei Steinach (Beitrüge zur Geognosie Tirols
1859,.Seite 219) Gesteinen, welche man der Anthrazitforroation,
so wie sie auf der Stangalpe ansteht, beizfthlen darf. Am
hfiufigsten begegnet man jedoch der Trias, welche in Koppen,
deren Schichten wenig gestört sind, dem Schiefergebirge auf-
lagert, so dass man hier auf eine continentale Hebung schliessen
möchte, welche durch ihren Seitendruck die Randketten der
Nord- und Sttdalpen aufthürmte, worauf ich bereits in den
„Beiträgen zur Geognosie Tirols 1859^ verwies.
Einen Theil dieser Gesteine habe ich b/ereits früher be-^
schrieben. („Beiträge zur Geognosie Tirols^, 1859, Seite 224.)
Das beiliegende Kärtchen mag eine Uel^ersicht derselben geben.
Gleiches gilt von der kleinen Parthie Serpentin bei Matrei,
welche in neuester Zeit durch den Bau der Eisenbahn mehr
zugänglich wird. Die Eruptivgesteine von Kefels bei Um-
hausen sind im Jahrbuch der k. k, geologischen Reichsanstalt
1863 beschrieben.
Bezüglich der Thonglimmerschiefer und Glimmerschiefer
nebst den ihnen untergeordneten Gneisen und Hornblendeschie*
fem haben wir nur wenig nachzutragen. Wir verweisen in
dieser Beziehung auf die geognostisch - montanistische Karte
von Tirol und das Kärtchen, welches wir zur Uebersicht an-
fügen. Jene übersieht das Vorkommen des Thonglimmer-
schiefers am linken Ufer des Matscherbaches einwärts von
Matsch bis gegen das Remsthal. Der Thonglimmerschiefer ist
wohl charakterisirt und enthält Granaten eingestreut.
Thonglimmerschiefer begegnet man auch am Eingi^ng des
- 14 -
ScUandernannthales , wohl die Portsetzung der Parthie von
Matsch aber das Tanaserjoch. Wahrscheinlich gehören ancii
die Schiefer mit den Kalklagern südlich vom Schloss Matsch,
unter dem em Gneisstreifen durchzieht, zum Thonglimmer-
schiefer. Sie sind grau, der Glimmer ist allerdings in Blatt-
chen ausgeschieden, doch Ifisst sich die Grdnze gegen den
eigentlichen Glimmerschiefer mit grössten Schärfe angeben,
lieber dieses Gebiet wolle man den Abschnitt von Stotter*s
Abhandlung: „Die Gruppen der Ulser«, Hoch weiss-, Mastaun-
und Rems-Spitze^, Seite 92, nachlesen. Im Schlandernaunthale
enthalt der Glimmerschiefer Massen von Quarz mit ziemlich
grossen schwarzen Turmalinkrystallen und silberweissen Glün-
mertafeln.
Wie sehr die Gesteinsyarietäten auf einer kurzen Strecke
wechseln können, mag e)n Profil von Schloss Juvalt bis Stäben
— etwa 700 Schritt — zeigen. Die Schichten streichen Ost-
West und fallen Nord.
Hier folgen in schmalen Streifen:
1) Glimmerschiefer.
2) Gneis,
3) Hornblendeschiefer,
4) Glinunerschiefer,
5) Gneis, *
6) Hornblendeschiefer,
7) Glimmerschiefer.
Alle diese Gesteine sin^ sehr wohl charakterisirt; die
schmalen Streifen auf einer Karte auszuscheiden , dfirfte hsi
unmöglich sein.
Auf dem Wege dnrch das Schnalserthal hoffte ich jene Thon-
glimmerschiefer zu durchqueren, welche mau im Gaisbergthal hin-
ter Gurgl und unter Timmeis bei Schönau sieht. Sie erreichen
jedoch das Schnalserthal nicht. Ob sie sich auskeilen oder den
völligen Charakter des Glimmerschiefers annehmen, Ifisst sich
vorderhand kaum ermitteln. Diese Gesteine mit ihren zahllosen
Varietfiten stehen dem Glimmerschiefer ohnehin um eine Stufe
~ » -
näher ab der Thonglimmerachiefer von WilUra, 4eo man wohl
als typisch betrachten darf. Sie streichen ans dem Putsch
herüber; ich habe sie dort in den ^Beiträgen zur Geognosie
TiroIs<<, 1859, Seite 191, 192, 193, beschrieben. Es genügt
auf sie aufmerksam zu machen; will man sie besonders her-
vorheben, so mag man sie als „Pfitscherschiefer^ bezeichnen;
sie auf der Karte vom Thonglimmerschiefer ' auszuscheiden,
scheint kaum räthlich. Ihnen sind die herrlichen weissen Mar-
more vom Schneeberg, Ratschinges und der Hochweiss-Spilze
eingelagert« Auch durch Erzftthrung sind sie manchmal aus-
gezeichnet. Der IBneralog l(ezieht aus ihnen die grossen
Granaten des Oetzthales, Putsch- und Zillerthales, Sirahlstein,
Hornblende, Magnetit und andere Schätze. In ihnen ist das
hintere Passeier von Schönau bis Moos eingeschnitten. Be-
sonders prachtvoll und mannigfaltig sind sie unterhalb Raben-
stein. Die Ablosungsflächen der grossen Blöcke glflnzen wie
Silber oder polirte Stahltafeln an der Sonne. Ein ihm völlig
ähnlich^ Gestein trifft man am Aufstieg zum Jaufen unweit
Walten, die Rasendecke hinderte mich jedoch daran, die Ver-
hältnisse genauer zu ermitteln.
Ein Vorkommen von Kalk muss ich noch aus der Gegend
von Lengenfeld erwähnen, wo es der Curat Adolf TrientI,
welcher bereits manche interessante und fflr das arme Thal
ökonomisch wichtige Entdeckung machte, auffiind. Man trifft es
im kleinen Thale von Gries am linken Ufer des Fischbaches^
wenn man am Alzenbach etwa bis 5000' steil emporklettert.
Die Schichten des Glimmerschiefers streichen hier nordwestlich
mit sehr starkem nordöstlichem Fallen. Ich habe sie in einer
Breite von etwa 300 Schritt untersucht und der Reihe nach
gefunden:
1) Glimmerschiefer,
2) Hornblendeschiefer,
3) Glimmerschiefer, ein schmaler Keil,
4) Kalk, weiss oder mit grauen Zwischenlagen, sehr grob^
körnig, die Oberfläche rauhkömig auswitternd.
- tt -
5) Hornblendeschiefer^
6) Kalk,
7) Hornblendeschiefer,
8) Glimmerschiefer,'
9) Homblendeschiefer,
10) Glimmerschiefer.
Der Kalk, der hier in Lagen, die nach unten und obra
fortziehen oder bald auskeilen, vorkommt, scheint eine Zone
im Glimmerschiefer zu bilden. Er dflrfte wohl auch noch an
andern Punkten der Oetzthaler Hasse in dem Glimmerschiefer
wenn auch in sehr untergeordneten Parthien eingelagert sein.
Trientl erwähnte noch einige Lokalitäten.
Wir wagen aus dem hier Mitgetheilten keinen Schlnss auf
die Entstehung der Oetzthaler Masse zu ziehen. Sie ist geo-
graphisch und orographisch sehr gut begränzt. Ihre Gesteine
setzen aber über den Einschnitt der Malserhaide , der Etsch,
Passer, Eisak und Sill nach Osten, Süden und Westen fort,
so dass sie geognostisch in steter Rücksicht auf die benacb*
harten Gebiete betrachtet werden soll. Sie scheint geognostisch
einen weit weniger selbständig ausgesprochenen Charakter zo
haben als die berühmten Gebirgsmassen der Schweiz. Auch die
Fficherstruktur tritt weniger hervor. Am Nordende durchquo^n
die Thfller allerdings einen solchen Fächer, er liegt aber dem
Rande weit näher als der Wasserscheide der Centralmasse.
Die Schichten am linken Ufer des Inn fallen gegen Süd, richten
sich jedoch bald auf und fallen schon bei Prutz, Jerzens, vor
Umbausen und bei Prazmar gegen Nord. Südlich von dieser
Linie ist die Fächerstruktur nicht mehr deutlich ausgesprochen.
Wir fügen unserem Aufsatz ein Kärtchen bei. Detail
wird Niemand darauf suchen; es soll nur zur Uebersicht die-
nen und Manches, was auf der geognostisch-montanistischen
Karte falsch aufgefasst oder übersehen wurde, berichtigen und
ergänzen. Höhenmessungen liegen ans dem Oetzthai zahlreich
- 18 —
Rosa rubrifolia VilK Bei Bnschliii unweit Protx.
Rosa poiiiifera Herrn. Matschertha).
Saxifraga bryoides L. Pitzlat.
Erigeron unifloras L. Pitzlat.
Filago germanica L. Pitzthat. . Kaltenbrann. Nauders.
Graun.
Artemisia Absinthium L. durch ganz Oelzthal bis Zwi-
selstein.
Achillea atrala L. Pitzlat.
Aronicnm glaciale Reichenb. Pitzlat.
Senecio abrotanifolius L. Pitzlat.
— carniolicus Willd. Pitzlat.
— Doronicum L. Pitzlat.
Cirsium acaule All. Pitzlat. Matscherthal.
Cirsium eriophorum Scop. Bei Buschlin, Reschen, Graun.
Saussurea alpina De C. Pitzlat.
Hypochoeris uniflora Vill. Pitzlat.
Campanula thyrsoidea L. Pitzlat.
Vaccinium uliginosum L. Pitzlat.
Veronica spicata L. Matschertbal.
Pedicularis rostrata Jacq. Pitzlat.
Androsace glacialis Hop. Pitzlat.
Prlmula glutinosa Wulf. Pitzlat.
Plantago maritima L. Reschen, Matscherthal.
Oxyria digyna Cambd. Pitzlat.
Salix serpiliifolia Scop. Pitzlat.
Salix herbacea L. Pitzlat. ,
Nigritella augustifolia Rieh. Pitzlat.
— suaveoleus Kock. Pitzlat auf Mfihdem nicht gar
selten.
Nigritella Bastardform zwischen N. augustifolia n. Gym-
nadenia odoratissima. Das Exemplar wurde von mir Herrn
Prof. Kerner übergeben, der es demnächst besehreiben wird.
Auf dem Pitzlat.
LiKuro bulbiferum L. Matschertbal.
Allium sphaerocephalun L. Matschertbal.
Luzula lutea L. De C. Pitzlat.
— spadicea L. De C. Pitzlat.
- <* -
IIL
Flora der Umgebung von Stei
VOD
Joachim von Schmack, *
Magister der Pharmacia.
I. Klasse.
Dicotyledoneae.
I. Thalamiflorae.
i- Ord. Bananculaceae Juss. Clematis L
C. vitalba L., allgemein verbreitet an Zfianeo
schlagen.
Atragene L. Alpenrebe. A. alpina L. auf
Voralpen bis in die niedern Thäler herab.
Thalictrum L. Wiesenraute. T. simple;!^ L
auf bewaldeten Stellen. T. aquilegifolium ]
digten Stellen der Yoralpen.
Anemone L. Windröschen .
A. alpina L.
jf y^ ß sulfurea (Alpe Zerag am Ueb
Putsch.) A. hepatica L., an Felsen, Wie;
gemein. A. montana Hopp., auf sonnigen
Tuins. A nemorosa L., auf Wiesen nicht hau
nalis L., am Fuss des Jauffen innerhalb des
Ranunculus L, Hahnenfuss R. acris L.,
Wiesen. R. bnibosus L. , auf Hfigeln untei
f
- 20 —
in Aaen. R. Lingua L., am Wassergraben^ der an der
Strasse rechts nach Sprechenstein führt. R. mootaaus
Wild, auf Alpenwiesen in Pflersch, am Wechsel. R. pan-
totrix De C ^ an suropfitgen Orten, Bächen bei Sprechen-
stein. R. sceleratus L. , eben da. R. repens L. , an
Hauern der Stadt.
Caltha L.Dotterblume C. palustris L., gemein an Bftchen.
Troll ins L. Trollblume. T. europaeus L., auf sonnigen
Hügeln, um Tuins. Aconitum L. Eisenhut, Sturmhat.
A. Cammarnm Jacq. , am Fuss des Rustenberges unweit
des Steges, dann bei Reifensrein. A. Lycoctonum, sel-
tener in Gebirgswaldungen. Actaea L. Cristofskraut. A.
spicata L., an einem Hohlweg der von Ried nach Straus-
berg führt.
2. Ord. Berberideae Vent. Berberis. Sauerdorn, ß.
vulgaris L», gemein.
4. Ord. Papayeraceae De C. Papaver L. Hohn. P.
pyrenaicum De C. , auf Kalkgebirgen. Rhoeas L. in Ge-
treidfelder. P. somniferum L., cultiTirt.
Chelidonium L. Schöllkraut. Ch. majus L., gemein an
Zäunen in Gärten, an Häusern.
5. Ord. Fnmariaceae De C. Fumaria Erdrauch.
F. officinalis L., an Wegen, auf Schutt.
Corydalis De C. i\ soiida Sm. Auf Hügeln unter
Gesträuch.
6. Ord. Cmeiferae Juss. 1. Unt. -Ord. Siliquosae.
Na^turtium L. Brunnenkresse. 'N. officinale R. Br., allent-
halben in Bächen^ Wassergräben. K palustre De C. In
Bächen. Arabis L. Gänsekraut. A. aipina L., auf Alpen
und Voralpen an Felsen, in der Nähe von Bächen. A.
bellidifolia Jacq., am Wechsel-Uebergang nach Gigeiberg.
Cardami ne L. Schaumkraut. C. amara L, in Bächen
gemeTn. C. pratensis auf feuchten Wiesen. C. .resedifblia
L., auf Aiffia bis in die Thäler herab.
- 21 -
Sisymbrium L. Rauke. S. Aitiaria Scop.^ an Felsen
anter Gebüsch nächst Gossensafis. S. officinale L., ge-
mein an Wegen , Hauern , Schalt. S. Thalianam Gd ,
auf steinichten Hügeln^ Aeckern.
Eryssimum L. Hederich. E. Cheiranthns Pers. , an
Felsen des Sprechenstein.
Brassica L. Kohl, oleracea L. kaltivirt. B. Rapa L.
kultivirt. B. campestris, auf Aecker, Schutt^ Wiesen.
Sinapis L. Senf. S. arvensis L. , an Strassen, Aekem
sehen.
2. Unt.-Ord. Ladisepten. Alyssnm Steinkraut. A. caly-
cinum L , am Rande der Getreideäcker auf Hauern.
Draba L. Hungerblflmchen. D. aizoides L. Pfitscherjoch.
D. WahJenbergii Hart. Schiefergebirge.
Camelina Crantz Leindotter. C. sativa. C. , in Getreid-
äcker.
Thlaspi Tascbikraut. Th. arvense L., gemein aufAecker.
Th. bursa pasloris L , gemein an Hauern, Wegen, Häusern.
Th. rotundifoliuro Gaud. auf Steingeröll der Alpen.
Biscutella, L. Brillenschötchen. B. laevigata L, auf
Hfigeln um Sterling.
Lepidium L. Kresse. L. sativum L., in Gärten.
Neslia Dero Neslia. N. pamcalata Dero., sparsam auf
Aeckeiu
Raphanus L. Rettig. R. satirus L., in Gärten« R. Ra-
phanistram L., auf Wiesen, Schutt, Wegen. '
8. Ord. Cistineae Dunal. Helianthemum Toumf. Sonnen-
röschen. H. vulgare Gärtn., gemein auf sonnigen Httgeln.
9. Ord. Tiolarieae De C. Viola L. Veilchen. Viola
arenaria De C. , atif mehr sandigen wenig bewachsenen
Orten. V. biflora L. , in Auen^ feuchten Waldstellen.
V. hirta L., auf Hügeln unter Gesträuch. V. odorata L.^
mit letzterer. V. tricolor L, var. arvendis, gemein auf
Wiesen.
- *2 -
10. Ord Besedaeeae De C. Reseda L. Resede. R. lutea
l., an Wegen, Wiesen.
11. Ord. Droseraceae De C. Paraassia L. Sinnblatt. P.
palustris L. , auf feuchten Wiesen der Ebenen wie der
Alpen.
12. Ord. Polygaleae Juss. Polygala L. Kreuzblume.
P. aemara L., auf Hügel, Wiesen gemein. P. vulgaris
L,, wie letztere. P. Chamaebuxus L., in Gebirgswal-
dungeo\
13. Ord. Sileneae De C. Tunica Scop. Felsnelke. T. saxi-
fraga Scvp., auf Mauern, sandigen Orten.
Dianthus L. Nelke. D. Cbarthusianorum L. , auf HOgeln
bei Reifenstein. D. sylvestris Wulf.^ auf Felsen bei Spre-
chenstein, wie auch andern Orten.
Saponaria L. Seifenkraut. S. ozymoides L^., an sandigen
abhängigen Orten bei Trens. Silene L. Leimkraut. S.
ipflata Sm., auf Wiesen. S. nutans L., auf Bergwiesen.
S.. rupestris L., an Felsen im Jaufenthale.
Lychnis L. Lichtnelke. L. Floscuculi L.» auf Wiesen.
L. diurna Sibth., auf Wiegen. L. vespertina, Sibth., am
Feldweg von dem Kloster gegen den weissen Haus.
14. Ord. Alsineae De 0. Sagina L Mastkraut. S. proeum-
bens L., an sandigen Orten bei Wiesen nAohst Sterxfng.
Mochringia L. Möhringen. M. muscosa L, in Wildem
des Jaufenthals.
Acenarica L* Sandkraut. A. biflora L. , auf Alpen iii
Riedtfaun 5 - 6000^ A. serpyllifolia L y an sandigen
Stellen.
Stellaria L, Sternkraut. St. cerastoidqs L.^ auf Alpen
. dm Scbiefergebirge. St. graminea L. , auf Bergwiesen.
St. m^dia Vill. , gemein an Wegen, Mauern, Aeckem.
St. nliginosa Hur., an feuchten Steilen des Jaufenthals.
CeraiStium Hornkraut. G. arvense L., gemein bis in die
Alpen. C. latifolium L., auf Alpen von Rjßdqww
- 23 ^
^ 15. Ord. Lineae De C. Linum luilaliMimum L. , kuItWirl.
L. cathartic» L., auf Wiesen.
16. Ord. Malyaceae Brow. Halva L. Halve. M. crtopa L.,
in Gärteo auch ausserhalb derselben. M. vulgaris L, an
' Wegen, Häusern.
Althaea L. Eibisch. A. ofTicinalisL, in Gärten. A. rosea
* L., in Gärten.
17. Ord. Tiliaceae^ Tilia L. Linde. T. parvifolia Ehr.,
zerstreut um Sterzing, dann beim Gasthaus zu Freienfeld.
18. Ord. Hypericlneae De C. Hypericum L. Jcdiannis-
f kraut. H. perfoeatum L., an lichten Waldstellen. H.
quadrangulum L., auf Wiesen am Rosskopf. H. tetrap-
i terum Fries, auf feuchte Wiesen, an Bächen nicht selten.
i 22. Ord. Geraniaeeae De C. Geranium L. Storchschnabel.
G. Phaeum L., in Obstgärten^ gemein im Pflersch. G.
pratense L. , am Rande des Hohlwegs der vom Kloster
I nach Tuins führt. G. palustre L.^ auf nassen Wiesen
j unterhalb der Pfarrkirche. G. robertianum L., an Hauern,
Wegen gemein. G, sylvaticum L. , in Waldungen von
I Brennerbad auf den Wechsel.
^ Erodium L. Rheierschnabel. E. ricutari L. , an Hanem,
I Wegen.
23. Ord. Balsamlneae A. Rieh. Impatiens L. Springkraut
I. noli tangere L., in Auen, an Waidbächen.
24. Ord. Oxalideae A. Rieh. Oxalis L. Sauerklee, 0.
acetosella L. , an Zäunen häufig am Hohlweg der von
Ried nach Strassberg fflhrt. 0. stricta L., in Gärten als
Unkraut.
25. Ord. Bataeeae Juss. Ruta L. Raute. R. gravealens L,
in Gärten.
IL Galyclflorae.
27. Ord. Bhamneae R. Brow. Rhamnus cathartica L.,
geroein. Rh. pumila L. , an einem Felsen nächst Gos«
sensass. Rh. frangula L. in Laubwälder.
— 24 —
1
29. Ord. Papilionaeeae L. Ooonis L. Hauchechel O.
spinosu L., an trockven unfrnchtbaren Feldern, Heiden am
Wiesen.
Anthyllis L. Wundklee. A. vulneraria L, auf Wiesen,
bis in die Alpen.
JHedicago L. Schneckenklee. M. sativa L. , In Felden
bberhalb des Weges der von der Pfarre zum Zollhaus
fahrt als Luzemerklee bekannt. M. felcata L., an Hauern.
H. lupulina L., an mager bewachsenen Stellen. Helilotus
Tumef. Honigklee. H. alba Desovus, in Auen an san-
digen Orten. M. caerulae Lam meist in Gärten , auch
ausserhalb derselben. M. oflTicinalis Wild., selten an
Wegen, Ufern.
Trifolium L. Klee. T. agrarium L., unweit der Brflcke
bei Thunburg wie auch auf Feldern, Hügeln. T. alpinum
L., am Rosskopf. T. arvense L., an sandigen Stellen,
Aecker bei Ga^teig. T. Badium Schreb., auf Alpen, auf
feuchten Triften. T. fragiferum L., auf feuchten Wiesen
unterhalb Trens. T. hybridum L., auf Wiesen gemein.
T. medium L., auf Gebirgswiesen zwischen Gesträuch.
T. montanum L. Gebirgswiesen bis in die niedem Thftler
herab, T. pratense L., gemein auf Felder. T. repens L.,
auf feuchten Wiesen unterhalb Trens. T. caespitos R.,
Pfitscherjoch.
Lotus L. Schotenklee. L. corniculatus L, allenthalben auf
Wiesen.
Tetrugonolobus Scop. Spargelerbse. T. sitiquosus Roth.,
auf feuchten Wiesen vor Sprechenstein*
Phaca L. Berglinse. Ph. astragalina De C, oberhalb der
Zerag-Alpe gegen dem Pfitscher-Joch. Ph. australis L,
neben obiger. Ph. frigida L.., neben obiger.
Onytropis De C. Spitzkinl. 0. montana De C , auf
Alpen bei Riednaun. 0. campertris De C* var. aordida
am PStscheijoch.
— 25 —
AstragalDs L. Tragant. A. glycyphyl
zifeh auf Bergwiesen.
Coronilla L. Kroowiske. C« varia L,
nigen Hügeln.
Hedyaarum L. Siisskife. H. obscorui
gegen dem Pfitscheijoch. H. onobrycb
wiesen.
Vicia L. Wicke. V. Cracca L.^ gemei]
Hecken. V. angostifolia L., nnter Geti
L., an Zflunen, Stauden. V. Faba L.
meist kultivirt.
Ervum L. Linse. E. hirsutum L., am E
felder, auch nnter Gestrtf uch.
Latbyrus L. Platterbse. L pratensis L.
dern an Zäunen.
Orobns L« Walderbse. 0. tuberosus L.
zwischen Bust und Gasteig.
31 . Ord. Amygdaleae Juss. Prunus L. P
. P. spinosa L., gemein an Zäunen Htige
P. domestica L. \
P. armeniaca L. \ in Obstgärten un
P. Cerasus L. ;
P. avium L», in Obstgärten aber au
P. Padus L., zerstreut, in Auen an Bä
32. Ord. Bosaceae Juss. Spiraea L. S]
pendula L ., auf feuchten Wiesen bei Rei
S. aruncus L. , auf einem Hügel unv
S. Ulmaria L.^ in Auen an feuchten Orti
Dryas L. Dryada. D. octopetala L.^ a
die niedem Thäler herab.
G e u m L. Benedictenkraut. G. montar
und Voralpen um Sterzing. G. repU
Putsch. 6. rivale L, gemein an Bäol
an ZttueD.
-- 26 -
Kubas L. Brombeerstrauch. R. Idaeus L., in Aaeo, Wäl-
dern. R. fruticosus L.^ an Wegen, WaldsiuMea. R.
sanaiilis L, an Bachafern seltener.
Polen tilla L. Fingerkraut. P. anserina L., gemein an
Wegen. P. argentae L. , am Hohlweg der vom Ktoster
naeh Tuins führt. P. aurea L., am Kflhberg bei Slerzing,
— am Waldsaum. P. reptans L., an Wegen. P. mpe-
slris L. , am Weg der vom Kloster nach Tuiss tühri,
sowie oberhalb desselben. P. Tormeiitilla Sibth., gemein
auf WaM wiesen, an Wegen. P. vema L.^ an soonigeii
trockenen Orten gemein.
Pragaria L. Erdbeere« F. vesca L« , sowohl in Gürten
als auch unter Stauden an Waldsüumen.
Sibbaldia L. Sibbaldie. S. procumbens L., am Wechsel-
Uebergang nach Gigeiberg.
Agrimonia L. Odermenig. A. Eupaloria L,, auf buschigen
Hügeln — wie ausser dem Zollhaus gegen Gasteig.
Rosa L« Rose. R. alpina, an abhängigen Gebirgswiesen
am Jaufen gegen Schmidern. R. canina L , gemein um
Sterling. R. canina var collina Jacq. unterhalb Tuins.
R. centifolia L , in Gärten. R« gallica L., wie letzte.
33. Ord. Sangoisorbeae« Alchemilla pubescens H. B.,
Alpen um Riednaun. A. vulgaris L. , am Rande der
Wiesen, Wege.
34. Ord. Pomaceae L. Crataegus L. Hagedom. C.
Oxyacantha L, an Zäunen in Wäldern.
Pyrus L. Birn- und Apfelbaum. P. communis L., in Obst-
gärten. P. Malus L., wie letzta
Sorbus L. Eberesche. S. aucuparia L», an^ der Strasse
nach Sprechenstein.
36. Ord. Oiiagrarieae. Epilobium WeidenrOscheB« E.
augostifolium L., in Waldsdilägen^ am Ufer nächst der
Brücke die nach Gasteig führt« E. Floiicheri Höchst.^
— 27 —
am Bacbgries bei Mareith , ebenso auf Sie
dem Weg nach Ratschlnges« B. origanifol
Gebirgswiesen, feuchten Stellen. E. roseam
38. Ord. Hippnrldeae Link* Hipparis L
H. vulgaris L., in Wassergräben bei Spree
3». Ord. Cftllitrichliieae Link. Call! trief
slem Callitriche stagnalis Scoq., an einen
gegen Thunburg.
41. Ord. Ljrthrarieae Joss. LythrumL. V
kraut, L. Salicaria L., gemein an ßäch<
42. Ord. Tamarlscineae Dero. Hyricari
manica Deso in Auen, feuchten sandigen (
43. Ord. Philadelpheae Phlladelphus
P. coronarius L.^ in Gärten.
45. Ord* Cacnrbitaceae Jus. Cucurbita
Pepo L., theils auf Aecker zum ökonoro
gepflanzt aber auch ausserhalb derselben
kommend. Cucumis L. Gurke. C. sati^
48. Ord. Selerantlieae Link. Scleranthus I
S. annuus L., an sandigen Orten^ Aeckei
49. Ord. Crassnlaceae De C. Sedum L. S«
L., an Hauern^ Steinen S. album L.^ a
eher. S. annuum L. Jaufenthal. S. i
sonnigen steinigen Orten, wie am Weg
nach Tuins fahrt. S. repens L. y auf F
von Pflersch, Pfitsch. S. Telephium L«, g(
Zäunen. Sempervivum L. Hauswurz.
L , an Felsen Sprechenstein. S. Wulf
Jochübergang von Hauls nach Vels.
51. Bibesiaceae Endl. Ribes L. Stachl- u
R. Grossularia L., an Hecken, Zäunen^ \
&2 Offd. Saxifirageae Veat. Sa^rifrag
S. AizooD Jacq. Jaufenthal,
S. aizoides L, C . . ^ ,* . .
^ an feuchten Orten^ am Rande der
" " i Gebirgsbäche.
var crocea f ^
S. aspera L, am Rosskopf. S. bryoides^ Alpeu v. Ried-
naoin. S. caesia L. Palmiog. S. Clusii gonan, an feuch-
ten bemoosten Waldsfiumen, wid auch in der Nfihe der
Gebirgsbäche. S. muscoides Wulf, am Jochtlbergaag von
Riednaun nach Pflersch. S. var« moschata L., wie die
letzte. S. mutata L. , auf Felsen der Falnllinger Alpen.
S. oppositifolia L., Jochübergang von der Zeragalpe nach
Kematen. S. rotundifolia L ^ an feuchten Orten der Vor-
alpen, am Waldsaum beim Aufsteig vom Brennerbad auf
den Wechsel. S stejlaris X.^ in der Nähe der Gebirgs-
. bäche.-
53. Ord. UmbeUiferae Juss. Cicuta L. Wasserschierling
C. virosa L«, am Wassergraben der sich rechts nach Spre-
chenstein hinabzieht — so wie bei Reifenstein.
A p i u m L Selerin. A. graveolens, an Wegen , — Gräben
selten.
Petroselinum L. Petersilie. P. sativum Hoffm. , kulti-
virt in den meisten Gärten.
Aegopodium L. Geissf uss A Podagraria L . ^ gemein
an Hecken, Zäunen.
Carnm L. Kümmel. G. Carvi L., gemein auf Wiesen^ an
Wegen.
Pimpf n eil a L. Bibemell. P. magna L. , auf Wiesen, an
Wegen. P. saxrfraga L., längs der Mauer ausserhalb dem
Kloster zur Kapelle.
Aethusa L. Gleisse. A. Cynapium L. bei Tuins in der
Nähe der Häuser, auch in Gärten.
LIbanotis Crantz Heilwnrz. L. montana All., an Felsen
bei Reifenstein.
Menm Toumf. Bären wurs. H. Mntellina Girte, Alpentriften
— 89 —
I
Leviflticttin Koeh. Liebstöekel. L. offlcinile Koch., in
Gürten der Stadt wie der Landleute.
Angel ica L. Angelica. A. sylTestris L , aaf feuchten
Wiesen, in Auen, Bachnfem.
Pencdanum L. Haarstrang. P. Oreoselinum Hönch., an
Felsen, trockenen Hügeln gegen Dorf Wiesen.
Imperatoria L« Helsterwun 1. Ostruthium L, am Ross-
kopf.
Her acte um L. Heilkraut Bftrenklau. H. asperum Wild.,
auf SteingeröU der Falminger Alpen. H. Sphondylium L.,
gemein auf Wiesen.
Lasserpitium L. Laserkraut. L. latifolium L. Pallmings.
Daucus L. Möhre. D. Carota L., auf Wiesen.
Torills Ad. Borstdolde. T. anthriscus Gmel, an Zäunen.
Hauern.
Anthryscus Hoffm. Kerbel. A. sylvestris Hoffm., auf
Wiesen, an Hecken der Ebenen und Voralpen.
Chaerophylium L. Kälberkropf. Ch. aureum L. , am
Weg vom Kloster nach Tuins. Ch. hirsutum L., an Bächen,
feuchten Wiesen der Voralpen. Conium L. Schierling.
C. maculatum L , zwischen den Häusern um Tuins.
5r. Ord. Caprifoliaceae Don Adoxa L. Bisamkraut, am
Hohlweg, der von der Landstrasse aus nach Ried und^
von dort nach Strassberg führt.
Sambncus L. Hollunder. S. nigra L., gemein an Häusern,
Zäunen. S. racemosa L., zu Gasteig am Wasser.
Viburnum L« Schneeball. V. Lantana L. , innerhalb des
Dorfes Wisen am Bachufer. V. Opulus L. , zwischen
Laubholz-Gesträuch bei Thunburg.
Lonizera L. Lonicene« Xylosteum L., in Nähe dks Schlos-
ses Strassberg.
58. Ord. Stellatae L. Sherardia L. Sherardie. Sh.
arvensis L., auf Aecker.
- so -
Call um L. Labkraut. 6. Aparine L. , au Hecken. 6.
boreale L«, oberhalb Schmuders. G. Hollugo L., allent-
halben an Zäunen, Mauern, (i. paluslre L., an suaipfigen
Orten. G. sylvaticum L., am Rusterberg. G. verum L.,
auf Httgel, trocknen Wiesen.
59. Ord. Yalerianeae De G. Valeriana L. Baldrian. V
dioica L., am Rande der WiesenbSche. V. Offieinalia L.,
am Eisakufer gegen Sprechenstein. V. montana L. , am
Gigeiberg. V. tripleris L., gemein.
Valerianella Poli. Feldsalat. V. ohtoria Pollich, auf
Wiesen, Obstgärten.
60. Ord. Dipsaceae De C. Knauti a Coult Knauie. K.
arvensis Coult, auf Felder. K. sylvatica Dub., am Rande
der Wälder. Succisa H. u. Hoch Teufels Abbis. & pra-
tensis H., auf feuchten Wiesen bei Tuins. Scabiosa L.
Scabiose. S. gramuntia L., an Felsen bei Spreehenstein.
61. Ord. Compositae Adars.
1 . Corymblf erae Vaili. Eupatorium L. Wasserdoat.
Eupatorium cannabimem L., in Auen.
Adenostyles Cassie, Drüsergriffel. A. alpina Pol. und
Fing.
Homogyne Cass. Alplettich. H. alpina. C., in Gebirgs-
waldungen.
Tussilago L. Huflattig. T. farfara L., gemein an Bächen,
Flussufern.
Petasites Gärte. Pestilenz würz. P. albus L. , auf einer
abhängigen Waldwiese am Kühberg.
Aster (Sternblume.- A. alpinus L., auf Alpen, auch in der
Ebene, wie am Felsen bei Sprechenstein A. Amelius L.,
oberhalb dem Schloss Moos.
Bellidiastrum Cass. Bergmasslieb. B. MIchelii C.^ inner
- 81 —
dem Dorf Wiesen am Bache. Bellfs L GüiseblOmclien.
B. perennis L., auf trocknen Wiesen.
Erigeron L. Berafskraut. E. acris L. , auf Mauern. E.
dröbachensis M., an einer feuchten Stelle der Waldung
ober Ried. E. alpinus L., auf Alpen. E. aniflorus L.^
am Stilfserjoch bei Sterzing.
Solidago L. Goldruthe, S. Virga aurea L, auf buschigen
Hügeln.
Inula L. Alant. I. Britanica L., am Ufer des Mareither
Baches nächst der Thunburg-Brücke.
Bidens L. Zweizahn. B. cemua L., an sumpfigen Stellen,
Bftchen. B. tripartia L.^ wie letzte.
Filago L. Schimmelkraut. F. arvensis L. , an trocknen
sandigen Orten.
Taoacetum L. Reinfarn. T. vulgare L.
Gnaphalium L. Ruhrkraut. G. Leontopod. Scop., Alpen
um Pfitsch. G. supinum H., auf mehreren Alpen. G. syl-
vaticum L., in Gebirgswäldern bis in die Ebene herab.
6. uliginosum L. Jaufenthal, an feuchten Orten, auch bei
Gasteig. G. dioicum L, auf sonnigen Hügeln.
Artemisia L. Beifuss, Wermuth. A. Absynthium L, an
sonnigen Orten, an Mauern. A. campestris L.^ am Weg
der nach Fleims führt. A. Hutellina Vill., Hochalpen des
Jaufenthals gegen Stilfserjoch /u. A. vulgaris L. ^ an
Wegen, Mauern. AchilleaL. Schafgarbe. A. atrata L,
Alpen um Pfitsch. A. Clavennae L., wie letzte. A. mo-
sehata Wulf. ^ am Wechsel oberhalb einer Alphütte. A.
tomentosa L., auf Felsen am Sprechenstein. Anthemis
L. Hunds-Kamille. A. arvensis L, an Wegen, Aeckern.
Matricaria L. Kamille. M. Chamomilla L., in Gärten,
auch in Getreidäckem. M. Parthenium L. , gewöhnlich in
Gärten, aber auch ausser denselben.
— 88 —
Chrysanthemum L Wucherblume. (*) Ch. alpinom L.,
am Wechsel , wie auch auf andern Alpen. Ch. Leacan-
themum L , gemein auf Felder.
Aronicum Koch. SchwindelkrauL A. glaziale Rb^ Nord-
seite des Rosskopfs. A. Clusii Koch. ' Amica L. Wol-
verlei, Arnika. A. montana L., auf Bergwiesen.
Senecio L Kreuzkraut. S. abrotaeifolius L., Falming^er
Alpen. S. camiolicus Willd. S. cordatus Koch, am
Wechsel in der Nfihe der Alphfitlen. S. Doronicum L.
Falmings. S. viscosus L., an Wegen, Mauern.
2. Cynarocephalae Valll. Cirsium Toumf. Kratzdistl.
C. arvense Shop., in Auen an sandigen Orten. C. Eri-
sithales Scop«, auf dem Gebirgskamm der Falming-Alpen
gegen Pflersch. C. lanceolatum Scop. , an Wegen. C.
heteropbyllum All., Alpenhfltten am Rosskopf. C. olera-
ceum Scop., auf Felder an Bächen gemein. C. palustre
Scop, auf sumpfigen Orten, am- Bfichen. C. spinosissi-
mnm Scop., Falmings.
Silybum Gftrtn. Mariendistel S. Marianum G., in Gärten
Carduus L. Distel. C. nutans L. C. defloratus L., an
felsigen Orten der Alpen und Voralpen.
Onopordum i. Eselsdistel. 0. Acanthium, an einem
Weg oberhalb des Schlosses Moos.
Carl Ina L. Eberwurz, t. acaulus L. , auf Httgeln Jiod
Heidepifttzen. C. vulgaris L. , wie letzte. Carthamus
L. Saflor. C. tinctorius L. , Scbmuders in einem kleinen
Garten 200C Centaurea L. Flockenblume. C. bene-
dicta L., in einigen Landgfirten, auch im Klostargarten.
C. cyanus L. , gemein unter Getreid C. maculosa Lam,
an Felsen bei Sprechenstein. C. nigresceas Wiild. C.
scabiosa L., auf Wiesen.
(*) Die Var: mit an der Basis schön rosenroth geßrbten
Strohblumen,
- 38 —
3. Clehoriftceae Jiu^. Lapsana L. RaiokohL L com-
manis, an waldigen Orten, auf Schutt.
Cichorium L. Cichorie. C. Intybus L., an der Strasse
nach Trens.
Leontodon L. Löwenzahn. L. auctumnalis L, an Wegen.
L. hastilis L. yar glabra, auf Wiesen. L. pyrenaicus,
gemein auf Alpen.
Tragopogon L« Bocksbart. T. pratensis L., aufwiesen.
Hypochaeris L. Ferkulkraut. H. helvetica Wulf., Alpen
um Pfusch. '
Taraxacum Juss. Pfaffenröhrlein. T. officinale Wigg.,
gemein an Wegen, Wiesen.
Prenanthes L. Hasenlattich. P. muralis L, auf Schutt, in
Wäldern. P. purpurea L., am Rusterberg.
Sonchus L. Gänsedistel. S« arvensis L. , unter Getreid.
S. oleraceus L., an Häusern, Schutt.
Crepis L. Pippau, Grundfeste. C. aurea Cass., auf Alpen-
triften. C. biennis L., aufwiesen. C« grandiflora Tausch,
auf Hügel unter Tuins.
Hieracinm L. Habichtkraut. H. alpinum L.^ am Rosskopf.
H. auricula L., Wiesen bei Schmuders. H. Pilosella L.,
gemein an Wegen. H. praealtum Hoch., bei Reifenstein.
' H. staticefoliuin Yili., an sandigen Stellen, Flussufern.
63; Ord. Campanulaceae Juss. Phyteuma L. Rapunzel.
Phyteuma hemisphaericum L. , Alp^n des Rosskogl. P.
orbiculare L.^ auf Wiesen. P. Hichelii Bert., auf Httgeln
. unter Gesträuch. P. Halleri All. Hochgebirge wie zu
Riednaun, PGtsch.
Campanula L. , Glockenblume. Campanula barbata L,
auf Alpen bis in die niedern Thäler herab. C. glomerata
L, an Wegen, Hügeln. C. patula L., auf Wiesen. C.
persicifolia L., am Rande der Wälder bei Tuins. C. pu-
silla Hänke, an Mauern am Eisakufer gegen Sprechenstein.
G.' Scheuchzeri Vill., Bergwiesen im Jaufenthal. C. spi-
3
— 34 —
Cfeta L*, in einer Waldung bei Rast. C. TracfaeKum L ,
unter Gesträuche.
64. Ord. Yaccineae De C. Vaccinium L« Heidelbeere. Yac-
cinium Hyrtillus L., Gebirgswaider. Y. Yitis idaea L.,
auf Waldwiesen Heidewfilder.
65. Ord. Ericineae Deso. Calluna Salisb« Besenheide. Cal-
luna vulgaris Sal.^ am Saume der Nadelholzwälder.
Erica L. Heide. Erica carnea L., am Waldweg der sich
von Wiesen nach Sprechenstein hinzieht.
Azftlea L., Azalen, Gamsheiderich. Azälea procnmbens l.,
auf den höhern Alpen an Felsen, kiesigen Stellen.
Rhododendron L. Alpenrose. Rhodod. ferrugineum L.,
Alpen um Pfitsch, am Jaufen. Rh. intermedium T. Fal-
ming, in der Nähe der Alphiltten.
66. Ord. Pyrolaceae Liedl. Pyrola 0. Wintergrün. Py-
rola rotundifolia L., am Waldsaum des Weges der vom
Brennerbad auf den Wechsel führt. P. secunda L., allge-
mein in Gebirgswaldungen. P. uniflora L. , mit ersterer
vorkommend.
67. Ord. Monotropeae Nutt. Honotropa L., Ohnblatt.
H. hypopitys L., selten in Nadelholzwäldern.
Ol. Gorolliflorae.
69. Ord. Oleaeeae Liedl. Ligustrum L. Hartriegel. Ligustrum
vulgare L., an Zäunen in Laubholzgesträuch.
Fraxinus L. Esche. Fraxinus excelsior L., allgemein
verbreitet.
71. Ord. Asclepiadeae R. Br. Cynanchum, R. Br. Hunds-
würger. C. vincetoxicum, unter Gesträuch; wie am Hohl-
weg der vom weissen Haus nach Tuins führt.
72. Ord. Apoclneae R. Brw. Vinca L. Sinngrün. Y. minor.
L„ unter Gebüsch auf Hügeln.
— 35 —
73. Ord Gentianeae Juss. Menyanthes L. Zottenblume«
M. trifoliata L., auf Sumpfwiesen unterhalb Sprechenstein.
Gentiana L. Enzian. G. excisa L. , auf Bergwiesen am
Kühberg. 6. asclepiadea L. , am Saume der Gebirgs-
wälder. G. bavarica L., am Jochübergang vom Wechsel
nach Giggiberg. G. obtusifolia Willd. , auf Bergwiesen.
G. punctata L. Falminger Alpen. G. verna L. , gemein
um Sterzing.
Erythraea Rieb. Tausendguldenkraut. Erythraea pulchella
Fries, an einem Zaun neben dem Weg unterhaH) des
Zollhauses gegen Gasteig.
75. Ord. ConyolTulaceae Juss., Gonvolvulus L. Weide.
C. arvensis L., gemein an Wegen, Aeckern.
76. Ord. Boragineae Deso Echinospermum Schw.
Igelnttsschen. Echinosp. Lappula Schw., an sandigen
Orten, an Wegen.
Cynoglossum L. Hundszunge Cynoglossum ofßcinale
L,y unweit des Ueberganges über die Brücke nach Fieims*
Borago L. Boretsch. Borago ofGcinalis L. , in Gärten,
aber auch ausserhalb derselben verwildert.
Anchusa L. Ochsenzunge. Anchusa ofGcinalis L., gemein
auf Felder gegen Tuins.
Lycopsis L. Krumhals. Lycopsis arvensis L., an Wegen,
Aeckern um Sterzing.
Symphytum L« Beinwell. Symphitum officinale L. , au
Wiesenbächen gemein.
Echium L. Natterwurz. Echium vulgare Lie, an Wegen,
Wiesen.
Fulmonarla L. Lungenkraut. Fulmonaria officinalis L.,
in Waldungen bei Egg. P. angustifolia Lie, gemein auf
Hügel um Sterzing.
Lithospermum L. Steinsame. Lithosp. arvense L., gemein
auf Aecker. L. officinale L. , in Waldungen oberhalb
Wiesen.
3»
- 36 —
Hyosotis L. VergissmeinnichL Hyosotis sylVatica Hoff.,
gemein sowohl auf Wiesen als in Wäldern. M. ß alpestris,
auf allen Alpen. M. palustris With , an Bächen.
77. Ord. Solaneae Juss. Solanum L. Nachtschatten.
S. nigrum L.^ an Häusern. S. dulcamara L., an Zäunen,
in Auen. S. tuberosum L., kultiviKt.
Hyoscyamus L. Bilsenkraut. Hyoscyamus niger L., an
den Häusern bei Tuins, bei den Zimmererhütten nächst
der Stadt.
Da.tura L., Stechapfel. Dature Stramonium L., an unkul-
tivirten Orten nächst der Stadt.
78. Ord. Yerbasceae Burk. Verbascum L Wollkraul.
Verbascum Lychnitis L., unterhalb Flaims nächst Sterzing.
y. nigrum L., am Weg nach Hareith. V. Th'apsus Koch.,
auf bewachsenen HügelA.
Scrophularia L. ßraunwurz. S. xodosa L.^ an Wegen,
Gräben um Sterzing.
79. Ord. Antirrhilieae Juss. Linaria Tourn. Leinkraut.
Linaria alpina Hill.^ auf Alpen Riednauns, Pflersch, Pfitsch.
L. minor Desf., auf Aecker oberhalb Schmuters. L. vul-
garis Hill., gemein an Wegen, auf Mauern.
Veronica L. Ehrenpreis. Veronica alpina L., am Wechspl.
V. anagallis L. , in Wassergräben. V. aphylla L., am
Wechsel. V. arvensis L., in Getreidäcker. V. Becca-
bnnga L., gemein in Wiesenbächen. Y. bellidioides Wulf.,
am Wechseljoch. V. Chamaedrys L., unter GebQsch auf
Hügeln, y. hederifolia, gemein an Hauern, Wegen.
y. officinalis L., an trocknen Waldstellen bis in die Alpen.
y. prostrata L , an trocknen Orten oberhalb Schloss Moos.
y. sanatilis L. , am Wechseijoch. y. scutellata L., ao
sumpfigen Stellen bei Reifenstein, y. serpyllifolia L., an
Wegen, y. spicata L., auf trocknen Hügeln, um Sterzing.
y. urticaefolia L., auf Waldwiesen ober Gasteig.
81. Ord. AUnanthaceae DeC. HelampyrumL. Kuh-
— 37 ~-
weizen. Melamp. pralense L., in Wälder bei Rust, Gasteig.
M. sylvatic, in Wälder.
Rhinanthus L. Hahhenkamm. Rhinanthus alpinus Baumg.,
Alpen ober Zerag., Rh. minor Ehrh., gemein auf Wiesen
bis in die Alpen. Rh. major. Edr., am Weg vom Klo-
ster gegen Tuins.
Pedicularis L. Läusekraut. P. foliosu L., Alpen um
Pfitsch. P. incarnata Jacq.^ ebenda, ober der Zeragalpe.
P. palustris L., gemein an sumpfigen Orten. P. Jacquinii
Koch, Gebirge um Riednaun. P. rostrata, auf Alpen um
Pfitsch. P. recutita L., ober der Zeragalpe. P. tuberosa
L., am Wechsel. P. versicolor Wabib., am Pßtscheijoch,
Uebergang nach Kematen. P. verticillata L., Ebendort, wie
auch auf andern Gebirgen.
Bartsia L. Bartsie. B« alpina, Schleierberg bei Riednaun.
Euphrasia L. Augentrost. E. minima Schi., allenthalben
auf den höhern Alpen , Stilfseijooh. E. Odontites L.,
gemein auf nassen Wiesen, an Wegen. E. officinalis L,
überall verbreitet.
82. Ord. Labiatae Juss. Mentha L. Mflnze. M. arvensis
L., auf feuchten Orten an Gräben. H. crispa L., am
Wege der zur Pfarrkirche führt an einem Plankenzaan.
verwildert. M. gentilis L.^ an einer Gartenmauer in der
Stadk H. sylvestris L., gemein an Gräben, Bächen.
Lycopus L. Wolfsfuss. Lycopus europaeus L.^ anfeuchten
Orten bei Reifenstein.
S a 1 V i a Salbei. Salvia glutinosa L. , auf Steingeröll unter
Gesträuch nächst dem Weg nach Rathings* S. pratensis - '
L., gemein auf allen Wiesen. S. verticillata L., auf Hü-
geln ausser dem Zollhaus gegen Gasteig.
Thymus L. Thymian. Th. alpinus L., auf Steingeröll
nächst dem Weg nach Ratschings. Th. Serpyllum L.,
gemein an Wegen, Hügeln. Th. vulgaris L, in dea
meisten Gärten häufig zu treffen.
— 38 -
Ca 1 am int ha Mönch Bergniünze« C. acinos Clairv«, auf
Felsen bei Sprechenstein. C. ofGcinalis H., an steinichten
sonnigen Orten, wie am rechten Ufer des POtscherbaches
innerhalb Wiesen.
Clinopod^ium L. Wirbeldost. C. vulgare L, gemein auf
Hflgeln, an Hecken.
Melissa L. Melisse. H. officinalis L., gewöhnlich in Gftrten
kultivirt.
Hyssopus L Ysop. H. officinalis L., in den Gfirten der
Landleute.
Nepeta L. Katzenmtlnze. N. Cafaria L.^ am Weg der
von der* Pfarrkirche zum Zollhaus führt.
Glechoma L. Gundelrebe. G. hederacea L«, gemein an
Zäunen, Hecken.
Lamium L. Taubnessel. L. amplexicaule L., auf Aeckem.
L. album L„ an Zäunen, Mauern Hecken.
Galeopsis L. Hohlzahn. G« Tetrahit, geroein auf Aeckem
an Zäunen. G. versicolor Gurt, selten auf den Ebenen,
in grösserer Menge auf dem Rosskopf getroffen.
Galeobdölon Huds. Gilbnessel. G. luteum Huds., spar-
sam unter Gesträuch am linken Ufer des Pfitscherbaches
inner dem Dorf Wiesen.
Stachys L. Rossnessel. S. palustris L., an Wiesenbächen.
S. recta L., auf Felsen^ an sonnigen Abhängen. S. syl-
vatica L., am Fusse des Rusterbergs.
Betonica L. Betonie, an Waldsäumen. B. officinalis^ auf
trockenen Hügeln.
Bai Iota L. Schwar/.nessel. B. nigra L. , am Weg der
vom Pfarrhof nach Tuins fahrt.
Prunella L. Brunelle. P. grandiflora Jacq., auf Hügel
um Ried. P. vulgaris L., an Wegen, an Waidblössen.
Ajuga L Günsel. A. reptans L., gemein auf Aeckem,
Wegen. A. genevensis L. , aufwiesen bei Strassberg,
A. pyramidalis L., am Wechseljoch.
— 39 —
Teucrium L. Gamaoder. T. Xhamaedrys L.^ an Feben
bei Sprechenslein. T» montanum L,, ebendort, wie auch
auf trockenen HügeJn um Trens.
83. Ord. Terbenaeeae Juss. Verbena L., Eisenkraat. Y.
ofBcinalis L., ai|i Hohlweg der nadi Fleims fohrt
84. Ord. Lentibularieae Rieh. Pinguicula L. Fettkraut.
P. vulgaris L., Um Hügel ober der Brunnenleitung.
Dtricularia L. Wasserschlauch. U. vulgaris L., am
Wassergraben längs der Strasse nach Sprechenstein.
85. Ord. Prlmnlaceae Vent. Lysimachia L. Lysimaöhie,
selten, auf feuchten Wiesen.
Anagallis L. Gauchheil. A. arvensis L., in Getreidftckern
gegen Tuins.
Androsace obtusifolia L. Mannsschild, am Wechseljoch.
Primula L. Primel. P. auricula L. , Alpen um Pfitsch.
P. elatior L. , auf Wiesen nächst dem Wege nach Hareith.
P. farinosa L., gemein auf feuchten Wiesen um Sterling.
P. officinalis ^ auf Hügel zwischen Tuins und Telfes unter
Gesträuch. P. minima L, auf allen hohem Alpen um
Sterzing. P. glutinosa L., am Hflnerspiel-Joch.
Soldanella L. Drottelblume. S. alpina L., Alpen um
Sterzing. S. pusilla Baumg., Jochttbergang vom Wechsel
nach Giggiberg.
86. Ord. Globulariea^ De C. Globularia L. Kugelblume.
G. cordifolia L , auf trockenen Hügeln um Trens.
87. Ord. Plumbagllieae Jnss. Statice L. Grasnelke.
S. alpina Hopp., oberhalb der Zerrag-Alpe.
88. Ord. Plantaglneae Juss. Plantago L. Wegerich. P.
media L., auf Wiesen gemein. P. major L. , an Wegen^
Häusern.
— 40 —
IV. HonocUamideae.
90. Ord. Chenopodeae Vent. Chenopodium L. Gänse-
fius. C. album L, gemein auf Schutt, uakuUivirten Orten.
C. hoDUs Henricus L., an Wegen, Zäunen, Häusern. C.
hybridum L., rückwärts der Hargarethenkirche wie euch
^ als Unkraut in Gärten. C« vulvaria L., an einem Planken-
zaan bei den Zimmerhütten.
Blitum L. Erdbeerspinat. B. glaucum Koch, räckwärts
der Hargarethenkirche. B. rubrum Rchb. , am Spitalplatz
an einer Gartenmauer.
92. Ord. Polygoneae Juss. Rumex L. Ampfer. R. ace-
tosella L, am Rande einer Wiese bei Fleims. R. acetosa
L., gemein auf Wiesen, an Bächen. R. alpinus L, in
der Nähe der AlphQtten durch die ganze Gebirgskette.
R. aquaticus L., an Sümpfen bei Reifenstein. R. crispus
L., in Gräben und feuchten Plätzen. R. obtusifolius L.^
auf Wiesen, an Gräben. R. scutatus L«, an einigen Orten
des Eisakufers, sowie am Rande der Gebirgsbäche.
Polygonum L. Knöterich. P* Convolvulus L, unter Ge-
treid. P. Hydropiper L. , an feuchten Plätzen, Wasser-
gräben gegen Rustersteig. P. Persicaria L.. an Gräben
unterhalb der Pfarrkirche. P. avirulare L., an Wegen
gemein. P. viviparum L , auf Alpen bis in die niedern
Thäler herab.
93. Ord. Thymoleae Juss. Daphne L. Seidelbast. D.
Mezereum L., Alpe Falmings, in der Ebene fehlend.
95. Ord. Santalaceae RBr. Thesium L. Leinblatt. T. alpi-
num L. , auf Bergwiesen oberhalb Schmuders. T. inler-
medium Schrad auf steinichten wenig bewachsenen Hügeln.
97. Ord. Aristolochleae Juss. Asarum L. Haselwurz.
A. europaeum L., an Waldsäumen und Zäunen bei Egg.
99. Ord. Enphorbiaceae Juss. EuphorbiaL. Wolfsmilch.
E. Cyparisfiias L., auf Hügeln, an Rainen. E. helioscopia
L., auf Aeckem.
- 41 —
Hercurialis L«, Bingelkraut. M. perennis
des linken Ufers am Pfitscherbach innerhalb
100. Ord. Vrticeae Jass. Urtica dioica L*
an Zäunen. U. rerens L, meist auf bebaut
an Häusern.
Humulus L. Hopfen. H. Lupulus L, an He(
101. Ord. Jnglandeae De C. Juglans L.
J. regia L. , bei der Kreuzkapeile^ sowie
Klosters, jedoch selten Früchte tragend.
102. Ord. Copnlifereae Rieh. C o r y 1 u s L. Ha
C. Avellana L., in Gebüschen in Yorhölzei
103. Ord. Salicineae Rieh. Salix L. Weide
an Bächen nächst der Pfarrkirche. S. arl:
Rosskopf. S. caprea L, In Auen. S.
allenthalben verbreitet am Eisakufer. S.
am Weg nach dem Dorf Wiesen. S. reti
Rosskopf. S. retusa L, Alpen um Riedn
Populus L. Pappel. P. pyramidalis Rez.^
gepflanzt. ^ P. tremula L., am linken Ufer
bacbes innerhalb Wiesen.
104. Ord. Betnlineae Rieh. Betula L. Birke
algemein verbreitet.
Alnus L. Erle. A. incana De C, in Auen.
105. Ord. Conlferae Juss. Juniperus L,
J. nana Willd., am Wechsljoch. J. comi
mein verbreitet.
P i n u s L. Kiefer, Fichte, Lärche. P. Picea '.
P. Larix L., allgemein verbreitet. P. i
letzterer der Hauptbestand der Wälder. F
seltener vorkommend.
- 42 —
IL Klasse.
Monocotyledoneae.
107. Ord. Alismaceae Juss« Alisma L. Froschlöffi. A.
Plantago L., gemein in Wassergräben.
109. Ord. Jlincagineae Rieh. Triglochin L. Dreizach.
T. palustre L., auf nassen Wiesen, Gräben nächst der
Pfarrkirche.
112. Ord Lenmaeeae Link. Lemna minor L., in stehenden
Wässern um Sterzing.
113. Ord. Typhaceae Juss: Sparganium L. Igelskolbe.
Sparganium simplex Hudr. , in Bächen bei Reifenstein.
115. Ord. Orchideae Juss. Orchis Knabenkraut. O.
conopsea L.^ auf einer Waldwiese ober Gasteig. O.
incarnata L., auf einer Wiese nächst Sprechenstein. 0,
maculata L., allenthalben auf Waldwiesen. 0. ustalata
L., Bergwiesen.
Coeloglossum Hart. Hohlzunge. C. viride H., auf Alpen -
triften, am Rosskopf, um Pfilsch.
Piatanthera JRich. Kukuksblume. P. bifolia Rieh. , aaf
Gebirgswiesen.
Nigritella R. Schwärzung. N. augustifolia Rich.^ Alpen
um Pfitsch.
Herminium RBr. Einknolle. H. monorchis K. , auf Ge-
birgswiesen wie auch der Ebenen.
Epipactis K. Sumpfwurz. E. latifolia All., in Waldungen
bei Rust.
116. Ord. Irideae Juss. Crocus L. Safran. C. vemus
All., auf Wiesen der Ebenen b'S in die Alpen.
118. Ord. Asparageae Juss. Paris L. Einbeere. P. qua-
drifolia L., unter Gesträuch am linken Ufer des Pfitscfaer-
baches.
Convallaria L. Weistwurz. C. verticiliata L., auf Htlgel
zwischen Tuins und Telfes wie aach innerhalb Wiesen.
- 43 _•
C. polygonatam ^ unter Gesträuchen. C. majalis L., in
der Au am Pfitscherbach innerhalb Wiesen.
120. Ord. Liliaceae De C. Lilium L. Lilie. L Hnrtagon
L, auf Anhöhen zwischen Rust und Gasteig.
' Gagea Salisb. Gelbstem. G. lutea Schult., sehr selten am
Eisakufer gegen Lurx.
.Allium L. Lauch. A.' carinatum L.^ am Hohlweg der vom
Kloster nach Tuins führt. A. fallax Don., auf Hauern,
felsigen Hügeln.
121. Ord. ColcUaceae De C. Colchicum L. Zeitlose.
C. auctumnale L., gemein auf Wiesen.
Yeratrum L. Germer, Hemmerwurz. V. album L., Alpen
um Pflersch.
To fiel da Huds. Kelchgras. T. calyculata Wahib. , auf
feuchten Gebirgswiesen. T. glacialis Gaud.^ Pfitsch.
122. Ord. Juneaceae Barth Juncus L. Sense. J. bufonius
L., Jaufenthal, dann an sumpßgen Stellen nächst dem
Weg nach Gasteig. J. filiformis L. , auf einer feuchten
Wiese im Jaufenthale. J. effusus L., feuchte Waldstelle
bei Tuins. J. Hostii Tausch., Wechseljoch. J. trlGdus
L., ebendort, sowie auf Alpen um Riednaun« J. triglumis
L., an feuchten Orten der höhern Alpen.
Luzula De C. Hainsimse. L. pilosa W., gemein auf Hügel-
123. Ord. Cyparaceae Juss. Heleocharis RBr. Teich-
binse. H. palustris RBr., in Sümpfen^ Gräben.
Scirpus L. Binse. S. caespitorus L. , an feuchten Orten
bei Tuins. S. sylvaticus L., an Wassergräben bei Rei-
fenstein.
Eriophorum L. Wollgras. E. augustifolium , feuchte
Wiesen um Sterzing. E. latifolium^ wie obige. E. vagi-
natum, wie obige. E. capitatum Hort, Alpen um Pflertsch.
Carex L. Segge. C. Davalliana Smilh, feuchte Wiesen
nächst dem Weg nach Hareith. C. muricata L. , an
Zäunen. C. paniculata Good, in Gräben. C. vulgaris
Fries, feuchte Wiesen im Jaufenthal. C. praecox Jacq.^
~ 44 -
auf Hügel, Wiesen. C. panicea L., feuchte Wald wiesen
oberhalb Gasteig. C. glanca Scop. , an Bächen. C-
alba Scop., in Auen und am Rande der Vorhölzer. C
capillaris L., auf einer feuchten ßergwiese ober Gasteig.
Oederi Rchb. , an feuchten Orten nächst dem Schloss
Strassberg. C. ampullacea Good., auf nassen Wiesen
nächst Gasteig. «
1 24. Ord . ' Gramineae Juss . Andropogou L. Bartgras.
A. Ischaemum L. , auf trockenen Hügeln bei Trens.
Anthoxonthum L. Ruchgras. A. odoratum L, aufwie-
sen, am Rande der Bäche.
Alopecurus L. Fuchsschwanz. A. fulvus Sm., an feuchten
sandigen Orten in Auen.
Phleum L. Lieschgras. P. Boehmeri Wil.^ auf abhängigen
Triften der Voralpen. F. alpinum L. , Alpen um Ried*
naun, Pfitsch, wie auch auf andern Alpen.
Agrostis L. Straussgras. A. alpina Scop., ain Wechsel.
A. stolonifera ß L:, auf Hügeln ober Gasteig. A. spica
venti L., gemein in Getreidfelder.
Calamagrostis Rohrgras. C. epigeios Roth, an sandigen
. Orten der Auen, Fiussufern.
Phragmites Irin. Schilf. P. communis L. , gemein in
Auen^ sumpfigen Gräben.
Sesleria Ard. Seslerin. S. Caerulea Ard., an einem Felsen
nftohst des hohen Weges vor Gossensass.
Aira L. Schmiele. A. caespitosa L., aufwiesen am Rande
der Bäche. A. flexuosa L., an waldichten Orten bei
Rust.
Holci^s L. Honiggras. H. lanatus L., auf Wiesen gemein.
Arrhenatherum Beano Habergras. A. elatius H. et N.^
an Fiussufern^ auf Hügeln.
Avena L. Hafer. A. flavescens L, auf Wiesen.
k. yi y variegata, auf Wiesen
oberhalb Schmuders. A. sativa L., kultlvirt, aber auch
— 45 —
ausserhalb der Aecker auf Schutt. A. pobercens L., am
Weg zwischen dem Kloster und Tuins.
Helica L., Perlgras. M. ciliata L., an Hauern, Felsen
gegen Fleims. M. nutans L., in der Au am linken Ufer
des Pfitscherbachs.
Poa Lie. Rispengras. P. alpina L. , gemein auf Alpen.
P. pratensis L., auf Wiesen , an Wegen. P. pratensis
V. augustifolia , mehr an mager bewachsenen Orten der
Anhöhen.
Glyzeria RBr. Hanagras, Schwade. 6. fluitans RBr. , in
Wassergräben unter der Kreuzkirche
Holinia Sehr Steifhalm. H. caerulea H. , an feuchten
Stellen nächst dem Weg zur Tuinsner Waldung.
Dactylis L. Knäulgras. D. glomerata L. , gemein auf
Wiesen.
Festuca L. Schwingel. F. elatior L , aufwiesen, an
Wegen. F. ovina L., auf Mauern, an Wegen.
Brachypodium Pal. d. ß. Zwecke. B. pinnatum Boeno,
am Hohlweg zwischen dem Kloster und Tuins.
Brom US L. Trespe. B. arvensio L.^ auf einem Acker
innerhalb Gasteig. B. erectus Hort., am Weg der nach
Fleims führt.
Triticum L. Weizen und Quecke. T. vulgaris Vill., knl-
tivirt. T. caninum Sehr., am Bach unterhalb der Stadt.
T. repens L., an Wegen.
Seeale L. Roggen. S. cercale L., kultivirt.
Hordeum L. Gerste. H. vulgare L.^ kultivirt, meist auf
dem Gebirgsland.
Lolium L. Lolch. L. perenne L. , gemein an Häusern,
Wegen.
^ 46 —
in. Klasse.
Acotyledoneae.
Acotyledonische GefässpflaDzen.
125. Ord. Eqnisetaceae De C. Equisetum L. Schach-
telhalm. £. arvense L., an sandigen Orten, Aeckera.
E. limosum L. , in Wassergräben gegen Sprechenstein.
127. Ord. Lyeopodiaceae DeC. Lycopodium L. Bär-
lapp. L. clavatum L., in Waldungen ober Ried. L.
Selago L., auf Alpen von Riednaun, Pfitsch.
Sela gineil a Spr. Selaginelle. S. helvetica Spr., an schat-
tigen Grasplätzen gemein. S. spinulosa Br., an sumpfi-
gen Plätzen der Bergwiesen.
128. Ord. Filices L. Botrychium Sw. Mondraute, auf
trockenen Alpentriften. B. lunaria L., am Rosskopf,
Zeragalpe.
Polypodium L. Tüpfelfarn. P. vulgare L., gemein an
Felsen, in Wäldern. P. robertianum Hoff., an Felsen-
klüften in Laubwälder.
Polystichum R Wurmfarn. P. Filix mas Roth., io Wäl-
dern gemein.
Cystopteris Bern., Blasenfam. G.fragilis R., an Hauern,
Felsen«
Asplenium L. Hilzfam. A. Filix foemina B., an Wald-
säumen. A. ruta muraria L., an Mauern, Felsen. A.
Trichomanes L«. an Felsen waldiger Orten.
Pteris L,y Saumfarn. P. aquilina L., an trockenen grasigen
Plätzen bei Tuins.
Allosurus Berh. Rollfarn. A. crispus B., Hochgebirg bei
Riednaun.
- 47 -
Verzeiclmiss *)
der in den Umgebungen von Innsbruck, Lisens und Tarrenz
aufgefundenen Leber- und Laubmoose, nebst einigen, die
mir aus Slidtirol sind mitgetheilt worden.
A. Lebermoose.
Familia L
Peltopterideae.
Ordo I. Marchantieae,
L Griroaldia Raddi.
6. hemisphaerica Lindenb.
HI. Conocephalus Dumort.
C. nemorosus Hübnr.
C. quadratufl Hübnr.
IV. Marchantia Mich.
H. polymorpha L.
a. domestica Wahlenb.
b. fontana Wahlenb.
Ordo IK TargioDieae.
VI. Targionia Mich. | T. hypophylla L.
Ordo lll. Aiithoceroteae.
VIII. Anthoceros Micheli. | A. levis L.
Famüia IL
Homallophyllae.
jRiccieae.
XI. Riccia Mich.
R. fluitans L.
R. glaaca L«
R. natans L.
Familia III.
Hepaticini.
■) Geordnet nach Dr. Häbeners Beschreibung der deutschen
Leber- und Laubmoose.
48 —
Urdo i. Jan^
^ermannieae.
XIIL Blasia Mich.
J. lonceolata L.
B. pusilla Mich.
J. laevigata Schrad.
XIV. Cordaea Nees ab Esenb.
J. minuta Dicks.
C. Floloviana N. ab Es.
J. montana Mart.
XY. Gymnomitrion Hübnr.
J. Mülleri N. ab Es.
G. Blythii Hübnr.
J. nemorosa L.
G. epiphyllon Hübnr.
ß, purparascens Hook.
G. piugue Hübnr.
y, rivularis Hübnr.
XVI. Echinoraitrion Hübnr.
J. paliescens Ehrh.
E. furcatum Hübnr.
J. palmata Hedw.
E. pubescens Hübnr«
J. pinguis L.
XVII. Jungermannia L.
J. platyphylla L.
J. albicans L.
Thuja Hook.
ß, rupeslris Hübnr.
J. polyanthos L.
J. asplenioides L.
J. pubescens Schrad.
ß. longipes Hübnr.
J; quinquedentata Huds.
J. attenuata Schreb.
J. reptans L.
J. Baaeri Marl.
J. resupinata L.
J. Blasia L.
J. rigidula Hübnr.
J. bidentata L.
J. Sauteriana Hübnr.
J. bicuspidata L.
J. saxicola Schrad.
J. byssacea Roth.
J. scalaris Schrad.
J. ciiiaris L. .
J. Schraderi Mart.
ß. bradypus Hübnr.
J. sphagni Dicks. -
a, pulcherrima L
J. setacea Weber.
Lersii Roth.
ß. sertulorioidesHübnr.
J. complanata L.
y. Schullzii Hübnr.
J. concinnata Ligbtf.
J. seliformis Ehrh.
J. connivens Dicks.
J. sculala Web. et Mohr.
J. crenulata Sm.
J. sphaerocarpa Hook.
J. curla Mart.
J. Tamarisci L.
J. deflexa Mart.
J. Taylori Hook
J. curvifolia Dicks.
J. taxifolia Wahlenb.
J. dilatata L.
J. tersa N. ab Es.
ß. microphylla Wallr.
J. tomentella Ehrh.
J. emarginata Ehrh.
J. Trichomanis scopoli«
J. epiphylla L.
J. tricreuata Wahlenb.
a. fertilis.
J. trllobata L.
b. speciosa.
J. uliginosa Swartz.
J. Flörkii Web. et Mohr.
J. umbrosa Schrad.
J. Funckii Web. et Mohr.
J. undulata L.
J. furcata L.
ß, rivularis Hübnr.
J. hyah'na Lyell.
/. purpurascens Hühnr.
J. incisa Schrad.
J. ventricosa Dtcks.
J. jalacea Lightf«
•
Ordo II. Andreae.
XYIII. A. nivalis? Hook.
A« rapestris Hedw.
B. Laubmoose.
Ciasais L
Astomi (Mündungslose).
I. Phascum Schreb. (Ohne-
y. piliferum Schultz.
mund). .
P. cuspidatum Schreb. .
P. bryoides Dicfcs.
Clasa
is IL
Gymnostomi (I
sTacktmündige).
IV. SphagnuniDillenius (Torf-
G. curvirostnim Hedw.
moos).
G. intermedium Turner.
Sph. acutifolium Ehrh.
G. Lapponicum Sw.
/. rubicundum Hübnr.
G. Hongeotii Bruch.
Sph. compactum Brid.
G. ovatum Hedw.
Sph. cymbifolium Dillen.
G. pallidisetum N. ab Es.
Sph. cuspidatum Ehrh.
G. pyriforme Hedw.
Sph. squarrosum Pers.
G. rupestre Schwäg.
y. Schistidium Brid. (Spalt-
VII. Anoectangium Hedw.
blttthen).
(Sperrmund).
Seh. Giliatam Hedw.
St. compactum Sw.
VI Gymnoslom. Hedw. (Kahl-
IX. Hymenostomum R.Brown.
mund).
(Haatmund)«
G. calcareum Hornsch.
H. microstomum Hedw.
Classi
s III.
Peristomi (Zahnmündige).
Ordo I. Acrocarpi*
(Gipfelfrüchder).
X. Tetraphis Hedw. (Vier-
zahn).
T. pellucida Hedw.
XI. Splachnum L. (Schirm-
moos).
Spi. ampullaceum L.
Spl. Frölichianum Hedw.
Spl. sphaericum L.
ß. gracile Web. et Mohr.
XIV. Tayloria Hook (Zitter-
haar).
T. splachnoides Hook.
XV. Encalypta Schreb.
(Glockenhut).
E. ciliata Hedw,
E. rhabdocarpa Schw.
E« strepto^arpa Hedw.
E» vulgaris Hedw.
4
— so -
XviL Anacalypta Roehl.
(Siebzahn).
A. rubella Hüb.
A. N. Nach Dr. Sauter eine
neue Species, wie es scheint,
von mir entdeckt in Lisens
am 24. Sept. - i840. Siehe
in Herb. Mus. et Wilt et
Gymnas.
XYIII. Weissia Hedw. (PerU
moos).
W. acuta Hedw.
W. controversa Hedw.
W. crispula Hedw.
W. denticulata Schwäg.
W. Martiana Hornsch.
W. pusilla Fnnck.
W. Starkeana Hedw.
W. verticillata Schwftg.
W. viridula Hedw.
XXin. GrimmiaEhrh.(Zwerg-
, moos).
G. affinis Hornsch.
6. Alpestris Schleich.
G. alpicola Sw.
G. apocarpa Hedw.
G. atrata Mielich.
G. commutata Hbnr.
G. conferta Funck.
G. cribrosa Hedw.
G. crinita Brid.
G. elatior Brid.
G. incurva Schw.
G. leucophaea Grev.
G. ovata Web. et Mohr.
G. pulvinata Hedw.
XXI Y. Racoroitrium Brid,
(Zackenhaube).
R. canescens Brid.
R. fasciculare Brid.
R. lanuginosum Brid.
R. microcarpon Brid.
ß, Sudeticüm Funck.
XXV. Cinclidotus Pal. de
Beauv. (Gitterzahn).
C. fontinaii£Pal.deBeauv«
XXYI. Fissidens Hedw. (Far-
renmoos)^
F. adianloides Hedw.
F. bryoides Hedw.
F. osmundioides Hedw.
XXYU. Dicranum Hedw. (Ga-
belzahn).
D. crispum Hedw.
D. eloogatum Schwflg.
D. gracilescens Web. et
Hohr.
D. glaucum Hedw.
D. longifolium Ehrh.
D. montanum Hedw.
D. polycarpon Ehrh.
D. rugosum Brid.
D. scoparium Hedw.
D. Starkii Web. et Mohr.
D. strumiferom Ehrh.
D squarrosum Schrad.
D. subulatum Hedw.
D. varium Hedw.
1>. virens Hedw.
XXVIII. Ceratodon Brid.
(Hornzahn).
C. purpureus Brid.
y. brevicaulis Hfibnr.
c. alpestris Hfibnr.
XXIX. Didymodon Hedw.
(Zwillingszahn},
D. capillaceus Schrad.
ß. compactus Hfibnr.
D. flexicaulis Schwäg.
D. glaucescens Web. et
Mohr.
D. obscurus Kaulf.
D. rigidulus Hedw.
XXX. Trichostomum Hedw.
(Haarmund).
T. piliferum Smitt.
XXXI. Barbula Hedw. (Bart-
moos).
B. aloides Hübnr.
B. brevirostris Hübnr.
NB. In Ahrn entdeckte ich
1840 den 17. September eine
— 51 -
hierher gfehörigre Species, wel-
che Dach Dr. Sentner neu zu
sein scheint. Die Exemplare
befinden sich im Herb. Mus.
et Wilt. et Gymna^.
B. fallax fledw.
B. inclinata Schwäg.
B. membranifolia Schultz.
B. muralis Timm.
B. rigida Brid.
B. tortuosa Web. et Mohr.
B. unguiculata Hedw.
XXXII. Syntrichia Bride!.
(Netzmund).
S. ruralis Brid.
S. subulata Web. etHohr.
XXXIII. Orthotrichum Hedw.
(Goldhaar).
0. affine Schrad.
0. anomal um Hedw.
0. crispum Hedw.
0. Gupulatum Hofl^m.
0. Hutchinsiae Sm.
0. obtusifolium Schrad.
0. speciosum N. ab Es.
0. striatum Hedw.
XXXY. Aulacomnion Schwäg.
(Furchenbüchse).
A. palustre Schwäg.
XXXVIII. MniumLinn.(Stern-
H. cuspidatum Hedw.
M. hornum L.
M. punctatum Hedw.
M. rostratum Schw.
M. roseum Hedw.
M. spinosum Schwäg.
H. serratum Schwäg.
H. unduJatum Hedw.
XXXIX. Webera Hedw.
' (Webera).
W. cruda Bruch.
ß, minor Schwaeg.
W. elongata Schwäg.
W. nutans Hedw.
XL, Bryum Dillen. (Kno-
tenmoos).
B. argenteam L
B. caespiticium L.
B. capillare L.
B. crudum Schreb.
B. Funckii Schwäg.
B. julaceum Schwäg.
B. Ludwigii Spreng.
B. nutans Schreb.
B. pallens Schwäg.
B. pseudotriquetmm Hedw.
B. pysiforme L.
XLI. Pohlia Hedw. (Pohlia).
P. cuculata Bruch.
P. elongata Hedw.
XLII. Heesia Hedw. (Meesia).
M. alpina Funck«
H. uliginosa Hedw.
XLIIi. PtychostomumHomsch.
(Faltenmund).
Pty. compactum Homsch.
XLIV. Funaria Schreb. (Dreh-
moos). ^
F. faygrometrica Schreb.
XLV. Philonotis Brid. (Bmn-
nenmoos).
Ph. fontana Brid.
ß. faicata Brid.
y. alpina Brid.
Ph. Harcnica Brid.
XL VI. Bartramia Hedw.
(Bartrams-Hoos).
B. crispa Swartz.
B. Halleriana Hedw.
B. ithyphyila Brid.
B. Oederi Swartz.
XLVH. Timmia Hedw (Tim-
mie).
T. austriaca Hedw.
T. megapölitana Hdw«
XLVIII. Catharinea 'Ehrh.
(Schildmoos).
C. undulata Web. et
Mohr.
XLIV. Polytrichum Linn.
(Filzinfltze).
P. aloides Hedw.
4»
— 52 —
P. alpestre Hoppe.
P. alpinom L.
P. commune L.
ß. campestre Wallr.
/ y. uliginosum Wallr.
P. formosum Hedw.
P. hercynicom Hedw.
P. juniperiDum Willdw.
ß. affine Roehl.
P. nanam Hedw.
P. piliferum Schreb.
P. septentrionale Swarts.
P. urnigeram L.
L. Buxbaumia Linn. (Bnx-
baomie).
B. foliosa L.
Ordo II. Pleurocarpi.
(Seitenfrüchder).
Seta lateral!.
Hypnoideae.
Seriee L Peristomio simplici (^Haploperietemi).
LIL Leacodon Schwftg. L. scioroides Schwäg.
(Weisszahn).
Series IL Peristomio duplici (^DiploperistomiJ.
UV.
L.
L.
LV.
A.
A.
A.
Lvn.
N.
LVIII.
L.
L.
L.
L.
L.
l.
LX.
LXI.
Leptohymenium
Seh wäg. (Zartzahn),
filiforme Hübnf.
gracile Hübnr.
Anomodon Hook.
(Trtlgzahn).
cladorrhizans Hübnr.
curtipendalus Hook,
viticulosus Hook.
Neckera Hedw.
(Neckera).
crispa Hedw.
Leskea Hedw.(Leskea).
complanata Hedw.
incorvata Hedw.
polyantha Hedw.
sericea Hedw.
subtills Hedw.
trichomanoides Hedw.
Cliraaciom Web. et
Mohr. (Leiterzahn),
deutroides Web. et
Mohr.
Isotheciam Brid«
(UroeniDOOs).
I. eatenolalam Hdbnr.
I. myosuroides Brid.
I. myurum Brid.
I. rufescens Hübnr.
LXII. Hypnum Linn. (Ast-
moos).
,H. abietinum L.
ß. paludosum Wah-
lenb.
H. aduncum L.
d. longipes Brid.
H. albicans Neck.
H. alpestre Sw.
H. alpinum Turner.
H. Blandowii Web. et
Mohr.
H. brevirostre Ehrh.
H. commutatum Hedw.
H. confertum Dicks.
H. cordifolium Hedw.
H. crista castrensis L.
H. cupressiforme L.
€. filiforme Brid.
^. crispatissimomBrid,
$. plumosmn Hart.
— 53 —
t] hamolosaiD Brid.
H.
reflexnm Stark.
H.
ciupidalum L.
H.
revolvens Schw.
H.
faicatum L.
H.
riparium L.
H.
fastigiatam Brid.
H.
riparioides Hedw.
H.
flnitans L.
H.
rugosum Ehrh.
ß. gracile Hflbnr.
H.
ruscifolium Neck.
/. adancioides Brid.
H.
ratabalum L.
H.
filiciaum L.
y. aureo — vircns
y. filiforme Hflbnr.
Brid.
<S. gracilescens Brid.
H.
salebrosDRi Hoffm.
€. lanatnm Brid.
H.
Schreberi Willdw.
rj. fallax Hook.
Juviatile Swarz.
H.
scorpioides L.
H.
H.
splendens Hedw.
H.
Halleri L.
H.
serpens L.
H.
intricalum Uedv.
ß. spinilosam Sm.
H.
incarvatum Scbrad.
y. byssoides Brid.
H.
loDgirosIrum Ehrh.
H.
sqoarrosum L.
H.
lutescens Huds.
H.
Starkii Web. et Hohr.
H.
lycopodoides SchwSg.
H.
8tel]atttm Schreb.
H.
molle Picks.
H.
straminettm Dicks.
H.
mioram Hedw.
H.
sylvaticum L.
H.
iDoliuseum Hedw.
.
ß. denticalatum Turn
H.
murale Neck.
H.
subsphaericarpoD
H.
nilens Schreb
Schw.
H.
palustre Hoffm.
H.
tamariscinuin Hedw.
H.
piliferum Schreb.
H.
triquetram L.
H.
plicatum Scbimp.
H.
uncinatam L.
H.
populeum Hedw.
H.
velutinuiD L.
H.
polymorpbum Hedw.
ß. sericea Httbnr.
FontinalisLinn. (Hüll-
H.
praelongum L.
Lxni.
H.
plumosum L.
moos).
H.
purum L.
F.
antipyretica L.
H.
radicale Hedw.
F.
squamosa L.
H.
recognitum Hedw.
XX
- 54 —
Verzeiclmiss *>
der in den Umgebungen von Innsbruck, Liiens und Tarrenz
aufgefundenen Liohenen (Flechten), nebst einigen, die mir
aus Stldtirol sind mitgetheilt worden«
Ordo I. Gymnocarpi Schrad.
Trib. L Parmeliaceae.
CQCulata L.
glauca L.
islandica L.
b« platina Ach.
c. crispa Dill,
janiperina L.
nivalis L.
pinastri Schreb.
saepincola Ehrh.
tristis Web.
Parmelieae Esehw.
Peltigera Wild,
aphthosa L.
canina L.
crocea L.
horizonlalis L.
malacea Ach.
polydactyla Neck,
b. scutata Wulf,
resupinata L.
d. helvetica Ach.
rufescens Neck,
saccata L«
venosa L.
Sticta Ach*
sylvatica L.
^) Geordnet nach Flies Flechteiibescfareibimg.
A. Usneaceae Eschw.
C.
I. Usnea Ach.
C.
U. barbata Fr.
C.
a. florida L.
b. hirta L
d. dasypoga Dill.
C.
II. Bvernia Ach. Fr.
C.
E. divaricata L.
C.
E farfuracea L
C.
b. ericetorum Ach.
c.
E. jobata Fr.
B.
a. bicolor Ehrh.
VI.
b. chalybeiformis L.
P.
e. implexa L.
P.
d. setacea Ehrh.
P.
E. ochroleuca Fr.
P.
a. rigida Vill.
P.
c. sarmentosa L.
P.
b. arenaria Fr.
E. vulpioa L.
P.
III. himalina Ach. Fr.
R. calicaris Fr.
P.
a. fraxinea L.
P.
R. pollina^ia Ach.
V. Cetraria Ach. Fr.
P.
VII.
' C. aculeata Ehrh.
St.
— 55
St. pulmomcea L.
YIII. Parmelia Ach.
P. alearites Hoffro.
F. ambigua Walf.
. P aurantiaca Fingerh.
ß. flavofusca Hoffro.
y. clava Dicks.
P. badia Fers.
P. braonea Sw.
F. calcarea L.
ß. giaacopia Fi.
F. caperata L.
F centrifoga L.
caesia Hoffm.
b. tenella Mich.
chlorophana Wahl.
cbrysoleuca Sm
ciliaris L
cinerea L.
F. coDspersa Ehrh.
F. corrugata Ach
F. crassa Huds.
b. raelaloma Ach.
F. elegans Luk.
F, fahlunensis L
F. haematomma Ehrh.
F. lentigera Web.
F. inelanaspis Wahl.
F. marorum Hoffm.
b. lobulata Fl.
f. citrina Hoffm
ß. miniata Fr.
F. obacura Ehrh.
F. ocrinaeta Ach
F. olivacea L.
F.
P
F
F
F.
F. oreina Fr.
P. parietina L.
b. aoreola Ach.
c. ectanea Ach.
b. pygmaea L.
F. pallescens L.
F. perlata L.
P, physodes L.
ß. encausta Dec.
/. intestijiiforinJs L
F. pulverulenta Schreb.
F. saxatilis L.
F. saxicola Pollich.
d« diffracu Ach.
e. versicolor Sched.
F. scruposa L.
ß, bryophila Ach.
F. speciosa Wulf.
F. sordida Wallr.
a. glaucoma Dill.
F. stellaris L.
b. hlspida Dill.
P. subfusca L.
a. discolor Fr.
y. albella Fr.
F. stygia L.
' ß. lanata Heyer.
F. tartarea L.
F. tiliacea Ehrh.
F. varia Brhrh.
e. saepincola.
F. ventosa L.
F. vitellina Ehrh.
X. Gyalecta Ach.
G. cupularis Ach.
Tvib. IL Lecidinae.
XI. Stereocaulon (Schreb.)
Ach.
St. alpinum Laur.
botryosum Ach.
St. denudatam? Fl.
St. coDdensatum Hoffm.
St. coralloides Fr
St. incriMtatam Fl.
St. nanum Fr.
St. pafchale (L.) Fr.
St. täflntosum Fr.
Xn. Cladonia Hoffm.
C. alcicornis Ligthsf.
C. bellidiflora Ach.
C. botrytes Hag.
C.brachiata Ach*
— 56 -
C. coraucopioides 1.
C. cornuta L.
C. deformis L.
C. degenerans Fl.
C. digitata L.
C. fimbriala L.
b. tubaeformis Vaill.
e. radiata Tournf.
C. furcata (Schreb.) Smrf.
b. cristata Hoffm.
c. racemosa Schrad.
C. gracilis L.
a. verticillata Vaill.
b. hybrida Schaer.
c. elongala Scheuchz.
C. macilenUi Ehrh.
a. fiJiformis Dill.
c. clavata Hoffm.
C. pyxidata L.
a. chlorophaea Fl.
b. exilis Hoffm.
C« rangiferina L.
b. silvatica Fl.
c. alpestris Dill.
C. squamosa Hoffm.
a. ventricosa Mich.
b. attoDuata Hoffm.
uncialis L.
vermicularis Sw.
XIH. Baeomyces Pers.
B. roseus Pers.
XIV. Biatora Fr.
B. byssoides L.
B. decipiens Ehrh.
B. glebulosa E. B.
B. iestacea Hoffm.
C.
C.
L.
B. globifera Ach.
B. icmadophila Ehrh.
B. rivulosa Ach.
B. vemalis L.
XV. Lecidea Ach.
L. albocaerulesceos Wulf.
a, acrostacea Fr.
ß, immersa Fr.
armeniaca Kam.
L. atroalba L.
c. subconcentrica Flotw.
L. atrobrunnea Ram.
L. badia Fu.
L« Candida Web.
L. contigua Hoffm.
a« disciformis Fr.
b. convexa Dill.
ß. platycarpa L.
L. conglomerata Ach.
L. epigaea Pers.
L. geographica L.
a. atrovirens Wulf.-
b. contigua Dill.
c. alpicola Schaer.
d pulverulenta Fr.
e. conglomerata Wabib.
L. Horio Ram.
ß. coracina Schaer. -
L. marginata Schaer.
L. parasima Ach«
L, polycarpa Smrt«
L. protusa Fr.
L. sabuletorum FL
L. vesicolaris Hoffm.
d. glebulosa Wahl.
L Wahlenbergii Ach.
Trib, III, Ghraphideae.
XVIII. Umbilicaria H«ffm.
U. atroprninosa Miaer.
a« anthracina Wulf.
b. tessulata Ach.
c. reticulata Ach.
d. corragata Ach.
U. erosa Web.
U. hyperborea Ach.
U. polyrrhizos? L.
U. polyphylla L.
b. deusta.
U. proboscidea L.
b. tornata Ach.
c, arctica Ach*
— 57 —
?. cyllndrica L.
rigida Hoffm.
D. pustalata L.
U« veliea L.
a. depreasa Schaer.
ß. hirauta Ach.
}f. apadochroa Eih« et
murtna Ach.
XVIIL OpegraphaHamb. Pen.
0. rupeatria Pen,
0. acripta L.
0. varia Pera.
Trib. IV. Calicineae Fr.
XX. Calicinam Pera.
C. leDticolare Fr. macr«
C. roacidum Fl.
C. tigillare Ach.
C. tiinpanellum Ach.
XXI. Sphaerophoron Pera.
Sph. compreaaum Pera.
Ordo II. Angiocarpi.
TribJ I. Sphaerophareae Fr.
Sph. fragile L.
Trib. IL Endocarpeae Fr.
XIII. EndocarpoD Hedw.
E fluviatile Web.
E. mioiatom L.
b. complicatoiD Sw.
c. leptophyilum Ach.
E. pnsilloBi Hedw.
b. mfeacena Ach.
XXIY. Sagedia Fr.
S. cinerea Pera.
XXVI. Pertoaaria DC.
P. comrounia DC.
P. sorediata Fr.
Trib. III. Verruearieae Fr.
XXIX. Vermcaria Pera.
V. epigaea Ach.
V. mnacomm Fr«
y. mpeatria Ach.
a. calciaeda Dec.
w -
Apendix.
Collema Hille.
C. fascicttlare L«
C. mlnutissimum FI.
C. multifidam Scop,
f. jacobaeaefoliam Schrank.
C. muscicola Sw.
C. myochorum Ehrh.
a. satnrninttin Dieka.
C. rapestre L.
Sehliuibemerkiuig. Es dörfle hier nicht ohne Interesse sein,
aus meinen botanisoben Annalen die BergspiUen and Glelscher
anzugeben, die ich bei meinen Exkursionen erstiegen habe, lun
wenigstens einigermassen den Liebhaber der Botanik mit den Höhen
bekannt za machen, auf welchen mh der Be|<4ithHiyi der.l^ryplo-
gamen - Flora entfaltel.
— 59 —
N a m 'e.
Zeit^
wann erstie-
gen
Höhe.
Glungezer, Berg südlich von Hall
Patscherkofl bei Innsbruck . «
Kleinglunggezer
Kreuzjoch im Wippthal . « .
Seriesspitze in Stubei ....
Nockspitze (Seile) südlich von Inns-
bruck
Mühlauer-Graben, gegen das Gleirsch-
Thal
Lisnerfemer in Seilrain « . .
Längenthalerferner bei Lisens in
Seirain •
Falkenbacherferner, beim Längen-
thalerferner auf der Seite von
Oezthal durchschritten bei der
Ersteigung der grünen Tazzen
Zirmkogel bei Lisens
Karrijochspitze nordöstlich vom^Lis-
nerferner
Heiterwand nördlich von Tarrenz .
Tschürgant bei Imst
am
5. Sept.
im.
5. Juli
1842.
19. Aug.
1845.
11. Sept.
1843.
7. Sept.
1845.
21. Juli
1842.
9. Aug.
1841.
8. Aug. .
1840.
7. Juli
1837.
9. Juli
1839.
i9. JttU
1841.
11. Juli
1841.
23. Sept.
1841.
15. Sept.
1845.
8481'.
7133'.
8814'.
7846'.'
7610'.
7952'.
7275',
NB. 1. Die Höhen sind angegeben ans der Zusammenstellung
der Höhenbestimmungen von Tirol und Vorarlberg von Josef Trinker.
MB. 2. Die Höhe der Karrijochspitze dürfte bei 9000' haben»
und die grünen Tazzen ebenfiills bei 9000'.
Anton Perktold, C. W«
Inhalt
Gesohichfliche Abtheilung.
Seite
Ladnner P« Jvstllliail. Urkmidliehe Geichichte der Edlen
Ton Tanren . . . . ^ .... 5
Attlliulyr Fiiedridi Ton. Die dentacben Kolonien in Gebirge
zwiicben Trient, Bassano nnd Verona .... 90
n.
Naturwissenschaftliche AbtheUung.
Plehler Adolf. Beitrage snr Geognotie Tirol«. (Vierte Folge) S
Plehler Adolf. Kleine Beiträge sor Botanik Tirols ... 17
Sohmnek Joaehlm yon. Flora der ümgebvng Ton Stening . 19
Perktold Anton. Verseicbnits der in den Umgebuigen tob
Innsbniek, Lisene nnd Tarrens anfgeftmdenen Leber*
nnd Latibmooie, nebst einigen, die ans Südtirol
sind mitgeiheilt worden .47
— ,• — Verzeiebniss der in den Umgebungen von Innsbruck»
. Lisens und Tarrens aufgefundenen Licbenen (Flechten),
nebst einigen, die aus Südtirol sind mitgeüieik
▼Orden «... 63
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THE NEW YORK PUBLIC LIBRARY
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