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ZEITSCHRIFT
DEUTSCHE PHILOLOGIE
HERAÜSUEliEHEN
Dr. ernst HÖPFNER
Dr. JULIUS ZACHER
ACnrZKflNTKR BAND
HEFT I
HALLE
'I.KI.AO l>KI( IIICIIIIANOMINCI riKM WAIHKSIIAIJ)
188G
■
9
ZEITSCHRIFT
FÜR
DEUTSCHE PHILOLOGIE
HERAUSGEGEBEN
VON
Dr. ernst hopfner und Dr. JULIUS ZACHER
PROVINZIALSCHULRAT TS KOBLENZ PBOF. A. D. UNIVERSITÄT ZU HALLE
ACHTZEHNTER BAND
HALLE,
VXBIiAO DKB BÜCHHASDLDKä DES WAISENHAUSES.
188 6.
N .V»
('^ LU;i-':R.V
^/^
H. *^ ^ \ 07
1^<
nr
INHALT.
Seite
I>er infinitiv nach weüen and den verba praeteritopraesentia in den epen Hart-
manns von Aue. Von dr. Sylvias v. Monsterberg-Münckenan 1. 144. 301
Der monolog der Elisabet (M. St. lY, 10) and ein aasgefallener monolog Butt-
lers. Von Gustav Eettner .*. 54
Über Kömer and verwante erscheinangen in der mittelhochdeutschen lyrik. Von
R Giske 57. 210. 329
üntersachungen über den altfranzösischen prosaroman von Tristan and Isolde.
Aus Brakelmanns nachlasse. Von H. Suchier 81
Zn Tacitas Germania cap. XIII. XIV. Von Gustav Kettner 129
Veit VTarbeck und das drama von der schönen Magelone. Von H. Holstein 186
Thümmels Ceciüa. Von A. Koch 249
Sn deutsches Puppenspiel: Alceste. Von Georg Ellinger 257
Zur Tirolischen sagenkunde. I. Von J. Zingerlo 321
Das yerbum und nomen in Notkers Aristoteles. Von J.Kelle 342
Ekkebards „excerptum de vita Alexandri magni*' und die Historia de preliis.
Von Ad. Ausfeld 385
Eichen. Von K. Lucae 405
Dramen und dramatiker des sechszehnten Jahrhunderts. 1. Das drama von Holi
und seinen zwei söhnen. 2. Matthäus Schaarschmid. 3. Esther. Von
Hugo Holstein 406
Der begriff der kiusche bei Wolfram von Eschonbach. Von K. Kinzel 447
Zu den Luzemer dor&pielen. Von Benward Brandstetter 459
Zu Christian und Friedrich Leopold von Stolbergs Jugendgedichten. Von Carl
Schüddekopf 477
Zu Thomas Naogeorgs geburtsort. Von Hugo Holstein 485
Zu Pandval 29, 9. Von J. Zingerle 487
Selbstbiographie des Johannes Nasus. Von J. Zingerle 488
Freiberger bruchstfick von Jeroschins chronik. Von Bachel 490
Miscellen.
Ein dmckfehler bei Koberstein und Gervinus. Von Hugo Holstein 128
Zu Andreas Gryphius. Von Hugo Holstein 250
Ein brief Lachmanns 380. 493
Lexikalisches. Erve, erven, unterven im altkölnischen. — Zur spräche der Ham-
burger im vorigen Jahrhundert — Nachtrage zu bd, 16. 17. Von A. Bir-
linger 881. 491
Bericht über die Verhandlungen der deutsch -romanischen section der XXXVHI.
venamlong deutscher philologen und schulmänner in Giessen. 1885. Von
A. Strack 370
J-'^ .
IV INHALT
Litteratur.
Soita
Corpus poeticnm boreale. By Gndbrand Yigfasson and F. York Powell.
1. 2; angez. von B. Sijmons iK>
Joh. Bolte, ein Spandaner weihnachtsspiel; angez. von Hugo Holstein 251
Georg Ellinger, Alceste in der modernen litteratur; angez. von G. Eettner 252
Jahresbericht Ober die erscheinungen auf dem gebiete der germanischen philo-
logie, herausg. von der gesellschaft ftir deutache philologie in Berlin.
Sechster Jahrgang. 1884; angez. von J. Zacher 382
Deutsche glossen in dem vocabular Niger abbas (Metzer hs. 293), von M. Flohr;
angez. von G. Ellinger 383
Ullsperger, über den modusgebrauch in mhd. relativsätzen. I. II ; angez. von
0. Erdmann 384
Die vita Aleiandri magni des archipresbyters Leo, herausg. von Landgraf;
angez. von Ad. Ausfeld 493
Aug. Hettler, Schillers dramen. Eine bibliographie ; angez. von G. Eettner 498
Ein deutsches handworkerspiel, herausg. von Bieb. Jonas; angez. von Hugo
Holstein 502
Register von E. Matthias 505
DER INFINITIV
NACH WELLEN UND DEN VERBA PR^TERITOPRiESENTIA
IN DEN EPEN HARTMANNS VON AUE.
Die aofzählong aller falle ist es ans der sich gesetzo so wohl
als ausnahmen ergeben.
G. F. Benecke, Wörterbuch zu Hartmanns Iwein, Vorrede.
Im 5. heft der von professor K. Weinhold, meinem hochver-
ehrten lehrer, zu Breslau herausgegebenen germanistischen abhandlun-
gen, „der infinitiv in den epen Hartmanns von Aue", habe ich widerholt
auf die Wichtigkeit des verbum wdlen und derjenigen mit verschobenem
praeteritum (der praetoritopraesentia) für die entwicklung des infinitivs
aufmerksam gemacht und eine eingehndere darstellung ihres Verhaltens
zu demselben , soweit es aus den epen Hartmanns von Aue hervorgeht,
an dieser stelle angekündigt. Wie gerade nach ihnen die gleichsteUung
des infinitivs mit den finiten formen in bezugauf verbalrection, tempus-
und genusunterscheidung am weitesten vorgeschritten ist, ist ebendaselbst
gezeigt, hier aber bleibt der wichtigste einfluss jener interessanten
verben auf die entwicklung des infinitivs zu untersuchen , der auf seine
begriffliche erleichterung.
Wellen,
J. Orimm, (gram. IV, s. 90 ff.), und ihm folgend 0. Erdmann,
(Untersuchungen über die syntax der spräche Otfrids, Halle 1874, I
§ 332), und wegen seiner ähnlichkeit mit scdL auch R. Steig, (über den
gebrauch des infinitivs im altniederdeutschen, im XVI. bände dieser Zeit-
schrift s. 323), behandeln es zusammen mit den verbis praeterito-
praesentibus. Erdmann allerdings vereint es einmal auch (§ 283) mit
den verben des bestrebens , nur A. Denecke, (der gebrauch des infinitivs
bei den althochdeutschen Übersetzern des 8. und 9. Jahrhunderts, Leipzig
1880, s. 14), trent es ganz von den verben mit verschobenem prae-
teritum. Zwar hat nun weUen in seiner bedeutungsentwicklung
grosse ähnlichkeit mit lezteren, aber weder hat es dieselbe formale
bildung, wenn auch eine ähnliche (vgl. E. Weinhold, mhd. gram.
§ 404 — 421*), noch, und hierauf komt es doch bei einer behandlung
ZBrrSCHRIFT F. DEUTPCHB PHILOLOGIR. BD. XVni. 1 "
2 V. MONSTE&BSBO
des Infinitivs vom historischen Standpunkte allein an, nimt es dem infi-
nitiv gegenüber in seiner von uns noch wahrnehmbaren ältesten bedeu-
tung dieselbe Stellung ein wie jene. Die reihe seiner Verbindungen mit
dem Infinitiv weist ihn noch in seiner ältesten, volsten gestalt auf
und zieht von da aus sich durch alle seine möglichen abblassungen
hindurch bis zu der, welche nur den blossen wortbegriff enthält; die
der praeteritopraesentia begint mit derjenigen bedeutung des Infinitivs,
welche in diesem falle zwar (E. Weinhold, germanistische abhandlungen
heft 5 s. 21) keine fortentwicklungerst aus dervolsten, sondern histo-
risch betrachtet ihr parallel, abep doch um ein inhaltliches moment
ärmer ist als jene, welche der sich mit wellen verbindende Infinitiv
m'sprünglich hatte.
Beim infinitiv nach wellen haben wir es mit dem finalen Infini-
tiv, bei allen praeteritopraesentibus mit dem der richtung zu tun, in
dem nie der ethische anteil der person liegt. So stelt sich beider Ver-
hältnis für den , dem der infinitiv hauptgegenstand der betrachtung ist.
Grimm, für den Jene verben selbst ein hohes interesse hatten, wegen
ihrer wunderbaren bedeutungsentwicklung, Hess sich durch eben dieses
interesse veranlassen, gründe , die bei einer behandlung dieser verben
selbst für deren Vereinigung sprechen musten, auch bei der behandlung
des nach ihnen stehnden infinitivs für eine gemeinsame betrachtung
gelten zu lassen, was doch wol nicht ohne ein unrecht gegen den
infinitiv geschehen kann (J. Grimm, gesch. d. d. spräche, 11. bd.
8. 892).
Abgesehen aber von dem verschiedenen ausgangspunkt — ein
fQr die beurteilung der natur des infinitivs aber wesentlicher und darum
für die behandlung desselben allein massgebender unterschied — ist
dann die weitere entwicklung des infinitivs sowol nach wellen wie nach
den verben mit verschobenem praeteritum dieselbe und untrenbar ge-
bunden an die dieser verben selbst, und seine Untersuchung kann nur
im verein mit einer Untersuchung der lezteren erfolgen. Das wunder-
bare aber an wellen (und den meisten der verba mit verschobenem
praeteritum) liegt in der unendlichen geschmeidigkeit; mit der es die
einzelnen in ihm enthaltenen bedeutungsmomente im innigen bunde mit
dem infinitiv zu entwickeln vermag , wie es durch almähliche Verflüch-
tigung seines concreteren kernes in der bedeutung zum träger der fein-
sten gedankenunterschiede geschickt wird. Wie Grimm in dem capitel
über die deutschen praeteritopraesentia (1. c.) ausführt , war die bedeu-
tung aller dieser verba ursprünglich eine plastisch sinnliche ; für wellen
stelt Grimm keine bestimte auf, aber schwerlich ist das abstracto wol-
len die erste. Dieser unsem blicken hinter vorhistorischem dunkel sich
nWlUlTlV MACH WSLLBN tJ8W. 3
entziehende anstoss sezte sich in der fruchtbaren entwicklung einer
reihe von ideen fort, eine bewegung, die im mittelalter noch nicht
rar rohe gekommen war, und die nicht eher aufhören zu sollen schien,
als bis alle in jenen verben enthaltenen begriflichen momente nach
allen ihren selten hin im dienste des nüanciertesten sprachlichen aus-
druckes, namentlich für die feinsten psychologischen Schattierungen, ent-
wickelt worden wären. Unerschöpflich aber schien der reichtum dieser
Terba an begriflichem Inhalt, den eine nicht weniger bewundernswerte
feinheit und lebhaffcigkeit des individuellen gefühls unserer vorfahren
in feinf&hliger aufTassung und Unterscheidung psychologischer momente
zu entfalten vermochte.
Die einzige über diesen so dankenswerten stoif mir bekant ge-
wordene arbeit, Karl Lucae, über bedeutung und gebrauch der mittel-
hochdeutschen verba auxiliaria I. Marburg 1868, beschäftigt sich nur
mit einigen der uns angehnden verben (kunnen und soln) und auch
mit diesen nur eklectisch , ohne einer entwicklung nachzuforschen. Ich
war also genötigt für meinen zweck ihn wie einen noch unbearbeiteten
KU behandeln. Nicht immer wird es mir dabei gelungen sein, alle vor-
handenen nüancierungen und Übergänge richtig zu charakterisieren oder
auch' nur zu bemerken, und noch weniger die oft unmerklich in ein-
ander verschwinmienden grenzen gehörig auseinander zu halten und
festrastelleu , noch auch ein jedes beispiel seiner gruppe richtig zuzu-
weisen. Ich darf aber bemerken, dass ich für den vorliegenden zweck
auch nicht alle Übergänge aufzusuchen hatte, sondern nur die feststel-
len muste, die auf die entwicklung des Infinitivs von einfluss waren.
In beziehnng auf die anordnung der einzelnen fälle darf ich versichern,
dass sie in einem jeden mit sorgsamster berücksichtigung des ganzen
Zusammenhanges erfolgte, dem er angehört. Wo ich mich trotz langen
Schwankens zulezt doch nicht für das richtige entschieden zu haben
scheinen werde, wird man die gründe fQr meine wähl wol immer dem
zusammenhange entnehmen können, eine genaue angäbe derselben war
wegen der häufigkeit solcher fälle nicht wol angänglich.
Nach todlen nun sehen wir in dem Infinitiv denjenigen teil sei-
ner entwicklung vereinigt , den er überhaupt als verbalkategorie durch-
laufen hat. Wir werden daher zunächst ihn zwar in seinen manig-
fachen Übergängen soweit verfolgen , als er noch eine spur seiner finalen
bedeutung erkennen lässt und er also nach meiner einteilung in E.
Weinholds germanistischen abhandlungen heft 5 in den ersten teil ge-
hört, dann aber diese grenze überschreiten (vgl. das. s. 21) und auch
demjenigen seiner entwicklungsstufen nachgehn , in denen er dem 2. und
3. teile zuzuweisen wäre. Nachdem nämlich einmal der infinitiv durch
1*
4 ' T. MON8TEBBEB0
sehr häufigen gebrauch sich mit tcdlen eng verbunden hat, sondert er
sein Schicksal von dem dieses verbum nicht mehr, sondern wo dies
den auch in ihm enthaltenen begriff des ethischen interesses, der sich
in dem des zielens und strebens äussert, aufgibt und von der bedeu-
tung wünschen, fordern und der von hier aus durch abschwächung
entstehnden bedeutungsreihe in die eines blossen bereit- oder wil-
ligseins übergeht, da macht auch der infinitiv diese Wandlung mit
und enthält hier nur zwei momente seines casus : wortbegriff und rich-
tung. Von hier ab ist die entwicklung des infinitivs nach todlen die-
selbe wie nach den verben mit verschobenem praeteritum. Verflüchtigt
sich nunmehr die bedeutung von u;eZ^n noch weiter, so kann es allein-
stehnd überhaupt nicht mehr gedacht werden, seine Vereinigung mit
dem infinitiv wird eine Verschmelzung beider zu einem ausdruck, in
dessen momente beide sich so teilen, dass seine Wortbedeutung vom
infinitiv geboten wird, dessen einzigen Inbegriff sie von jezt ab nur
noch bildet, die form dagegen bestimt wird von wellen^ so jedoch,
dass der abstracto rest seiner ursprünglichen Wortbedeutung sich noch
darin äussert, dass er die handlung des infinitivs nicht einfach als wirk-
lich, sondern nur als Vorstellung bezeichnet, wodurch dieselbe denn in
grammatischer beziehung einerseits temporal als futurisch , andererseits
modal als conjuuctiv in seinen manigfachen auwendungen bestimt wird.
Über im got.^ bei Otfrid, den ahd. Übersetzern und im andd. sich fin-
dende bedeutungsnüancen vgl. die Schlussbemerkung zu müeeen. Ich
eitlere den £rec und armen Heinrich nach F. Bech , Leipzig 1867, den
GrSgÖijus nach H. Paul, Halle 1873, und den Iwein nach E. Lachmann,
Berlin 1868.
L Wellen mit dem finalen inflnltlT.
Wellen in finaler bedeutung bezeichnet ein streben als ausfluss
entweder eines gefühls oder des entschlussvermögens des Verstandes.
1. Es bezeichnet ein streben als ausfluss eines gefühls.
Dann ist das gefähl in verschiedenen graden von stärke vorhanden
und in demselben masse , als es zurücktritt , verliert auch der folgende
infinitiv an finaler bedeutung.
A. Wellen bezeichnet in mancherlei nüancen den be-
gehr, den wünsch, die forderung. Ich stelle die ener-
gischesten beispiele innerhalb der f&lle eines jeden epos voran;
hierher gehören fast alle Verbindungen von tcellen mit dem
adverb gem.
E. 1051 ich ml des haben ein g<ßbe phant.
3040 daa ich die rede wieeen ml.
INFINITIV NACH WELLEN USW. 5
4751 ich icü wigzen dinen namen.
7151 der doch gerne toolde jagen.
1060 tcan dag er gerne wolde daz getwerc warnen mite.
3728 als er doch gerne wolde.
569 dag ich mir ge mbe iwer toJUer gerne nemen toil
3430 ich teil iuch ge hnehte hän.
3813 ge swederm er mich wil hän.
6271 ge unbe wü ich iuch nemen.
6349 er wolde si ge mbe hän. 830. 3085. 4221. 5514. 5961. 6340.
7015. 7021. 9341.
Im bedingenden Vordersatz.
4376 wert iuch, weit ir behalten den lip.
4999 weüe er in gesehen ^ dag müeze also geschehen.
5936 anders dan du soldest^ ob du gedienen woldest.
6495 ir hestigent den lip, weit ir toiggen, äne not.
7177 und wolde er den hasen jagen, der mohte vinden —
9332 weit ir eine wUe leben ^ so volget guotem rate.
0. 853 dag wü ich wiggen, crede mich.
969 sd wil ich eg iemmer hän vil gerne an mines Tcmdes stat.
1704 ieh wü ir soldencere sin (so Paul mit BGH p e, Lachmann
und Bech mit A gerne ir).
1942 die dag wolden schouwen. 3751.
Im bedingenden Vordersatz.
2352 ob ir iemmer mine vrouwen lebende weit beschouwen, so
geseht si vil dräte.
a.E 1511 so wü ich si ge wibe hän.
564 6 ich in sihe verderben, ich wü e vür in sterben. 844. 1226.
Iw. All vü gerne wold ich von dan.
1436 so wolt ich harte gerne sehen ir gebcerde.
3889 dag er dag gerne wolde jagen.
2598 ir woUet niuwan gerne sehn, welch vaUen wcere.
6084 die herbergen solden, als ouch si gerne wolden.
6236 von den eilenden wolt er den portenaere gerne vrägen mere.
6898 die gerne wolden nemen war, wie —
8031 ich wil in harte gerne sehn.
Weniger gut hierher gezogen würden folgende föUe mit gern:
1341. 1481. 1774. 1981. E. 3420. 6207. 9841 s. u.
1218 weit ir iht eggen?
1719 so wolder doch wider dar.
2238 6f wü iuch niuwan eine sehn (oder bedeutet es : sie sagt, sie
werde euch nur allein sehen ?). 2532. 5496. 5879. 6954. 7086.
6 ▼. MONSTERS BBO
Im bedingenden Vordersatz.
730 wert iuch^ ob ir weit genesn.
1859 weit ir den hrunnen und duz lant niht Verliesen äne strtt,
so warnet iuch der wer enzU und lat iuwern swceren muot.
4529 wdt ir ein vremde mcere hoeren, daz toü ich iu sagen.
5089 wander hete sich da niht ze sümen mere, ob er sin ere an
ir behalten wolde,
5103 weit ir mich geniezen län^ ob ich iu iht gedienet hän^ so
tuot ein dinc,
5959 weit ir in schiere erriten, sone sult ir auch niuwet bUen.
1825 im wellet brunnen und daz lant und iuwer ere Verliesen, so
müezt ir etswen kiesen.
Die treue , mit welcher der ausdruck unserer älteren spräche den
psychologischen zuständen des subjects gerecht zu werden sucht, zeigt
sich ganz naturgemäss besonders hervortretend bei dem starken gefuhl
des begehrens. Die stärke dieser empfindung widerzuspiegeln erhält
auch der sprachliche ausdruck bei wellen mehrfache Verstärkungen.
I. Indem der wünsch doppelt bezeichnet wird.
1. Indem das advcrb gerne hinzutritt. Die fälle sind aus jedem
epos zusammengestelt.
2. Indem wellen in den conjunctiv des Wunsches tritt, dieser also
sowol durch die Wortbedeutung des verbum als auch durch
dessen modus bezeichnet ist.
E. 80 min vrowe wolde in erkennen,
4517 daz ich wolde werden iuwer man.
4823 iuwern namen den wolde ich wizzen.
4883 Jane lebt er niht, den ich vür in iezuo wolde sehen.
Mit gern
E. 7615 ich wolt sü gerne erkennen und kunnen genennen.
G. 1251 ich wold e sin, da niemen ist.
Iw. 54 ichn wolde do niht sin gewesn.
Wie E. 4883 zeigt , steht dieser conjunctiv selbst in nebensätzen.
3. Indem wellen mit dem Infinitiv des verbum uninschen selber
verbunden wird.
G. 2845 rehte als er wünschen wolde.
4. Oder indem es negiert im abhängigen coiganctiv steht nach
einem negierten verbum von selbst negativem sinn (erlän, ver-
gezzen, betraget).
G. 998 eznlie sich niht betragen , ezn wolde dinglichs vrägen.
981 ouch lie der herre unmanegen tac, eme wolde selbe spehen.
INPINITIV NACH WELLEN USW. 7
Iw. 2229 und enunl mich doch des niht erlän, sine welle iuch gesehn.
3656 diu vrouwe des niht vergas, sine wolte wizzen daz, wä ir
scdbe waere.
In diesem falle mag dem älteren Sprachgebrauch die doppelung
vielleicht gar nicht überflüssig erschienen sein, weil nebensätze im
conjunctiy wol in grammatischer hinsieht immer noch in einer gewissen
paratactischen Selbständigkeit erschienen.
IL Zu demselben zweck scheint mir ein zweites auf andern princi-
pien beruhendes verfahren zu dienen. Der infinitiv der Vergangenheit
nach wellen hebt die Intensität des begehrens dadurch hervor , dass er
die erstrebte handlung in lebhafter Vorstellung als bereits geschehen
vorfBhrt Man vergleiche lateinisch : volo id factum (esse). Auch beim
finiten verbum zeigt sich in gleichem falle das perfect, vgl. E. 5490
dannoch wolde in J^rec mit güete überwunden hän, daz er den ritter
hde län. Die verbreitete erklärung, der gebrauch möchte dadurch
entstanden sein, dass man den neu gebildeten perfecten der praeterito-
praesentia die Vergangenheitsbedeutung nicht recht zumutete, kann ich
schon darum, zunächst wenigstens was wellen anlangt, nicht für ge-
nügend gelten lassen, weil ja in allen übrigen beziehungen die praete-
rita jener verba durchaus die volle Vergangenheitsbedeutung haben, der
infinitiv perf. also als ein bedeutungsloser ballast erscheint, -den eine
spräche nicht lange mit sich schleppen würde. Zum überfluss findet
sich nun aber dieser infinitiv perf. auch nach einem praesens von wellen:
Iw. 5001 (der) unl sich vil wol an tu gerochen hän.
Zunächst muss es auffallen, dass sämtliche beispiele in Hart-
manns epen, in denen wellen mit dem infinitiv perf verbunden ist,
sich unter diese gruppe ordnen lassen, in der das gefühl des begehrens
am stärksten ausgedrückt ist, sieht man sich aber die im folgenden
volständig zusammengestelten fälle an, so wird man nicht umhin kön-
nen zuzugestehn, dass der infinitiv perf. hier doch wol eine function
l^be. In den meisten föUen wird es auf den ersten blick klar, wo es
sich am verben einer leidenschaftlichen tätigkeit handelt.
E. 3223 sin geselle in wolte gerochen hän.
4072 (er) wdte in hän erslagen.
4440 wand er wolt in ersla^gen hän.
4710 so woU er dem argen zagen die Jiant ahe hän geslagen.
6937 und wolde in vol hän erslagen.
Iw. 2045 min herre wolt in hän erslagen.
5846 und woldes hän erhangen. 5001 s. o. Einmal ist auch gern
hinzagefQgt:
6767 (er) weit in gerne hän erslagen.
8 ▼. M0H8TERBSB6
Auch wol noch, wo die innere leidenschaftliche Ungeduld nach
erreichung des begehrten geschildert werden sol,
E. 3679 dojsf er dem guoten knehte sin tctp weide hän genomen.
4032 ob er st wolde hän genomen.
1112 do wölt der künec hän genomen sin reht.
Iw. 4292 den woUens aUe gekistert hän.
oder ein eifriges, widerholtes bemühen.
E. 3129 si wolt imz mit gehären gerne hunt halben getan (mit gern).
3037 nü wolde sis gdougent hän.
G. 839 (si) wolden ime entsaget hän.
3245 Si4S wolde er sich verborgen hän.
Iw. 3243 er wdd in getroestet hän.
Wol auch noch kentlich
E. 5489 dannoch wolde in Jßrec mit güete überwunden hän.
6161 war unibe woÜent ir den lip selbe hän ersterbet.
Vielleicht das ungeduldige drängen der sich verabschiedenden
gaste gegenüber dem zu weiterem bleiben nötigenden wirt kann man
finden in dem wol formelhaften ausdruck
E. 2211 otich wolden urloup hän genomen die vürsten.
Iw. 6591 (fö Wolter urloup hän genomen.
Wenigstens vertragen doch alle diese stellen eine solche aus-
legung und gewinnen dadurch an plastischer anschaulichkeit der
Situation.
Nicht gerade die Intensität des begehrens bezeichnet der Infini-
tiv perf. zweimal nach weUen in der bedeutung eines periphrastischen
futurum.
E. 4049 und wolde wäfen hän geschrim. y^Nü sihstü wol, daz wirz
bim.''
Iw. 7436 die rede, die ir habent getan, die wold ich gesprochen hän.
Hier bezeichnet er, wie nahe die handlung daran war eine vol-
lendete zu sein.
vgL Iw. 1491 im wdlent mir volgen, so habt ir den lip verlorn.
Wirklich dagegen Vergangenheitsbedeutung hat dieser infinitiv
nach wellen in der bedeutung von wünschen im wünschenden conjunetiv.
Iw. 54 ichn wolde do niht sin gewesn^ daz ich nü nM enwcere.
Es sind also nicht alle diese fälle gleich zu beurteilen, sondern
unterschiede zu machen. Vgl. germ. abh. heft 5 tempusausbildung.
B. Wellen bezeichnet nur die neigung, lust, das belie-
ben. Im einzelnen ist aufmerksam zu machen auf die hierher
gehörigen fälle, in denen wellen in algemeinen relativsätzen
INFIMITIT NACH WELLEN USW. 9
steht. Die verwantschaft zwischen diesen und dem begriff des
beliebens zeigen ja auch andere sprachen. Femer fallen hier
die vielen negierten fälle auf. Die negation gehört immer zu
ioellen.
E. 1110 daß er eine küssen solde^ swdhe er wolde.
3834 iuwer geselle var^ swar er welle.
5219 daz ir eouberlich gevoalt^ swent st wolde ^ gebot.
7181 nü jage sdhe^ swaz du wiU.
7 Abb wan sagen, swaz si wellen. 8739. 9588. Negiert 2382. 4245.
5285. 6882. 8668. 8674. 9483. 9813.
Im bedingenden Vordersatz.
5834 weU iuwer exn^ ez kume her.
6. 1080 ein zage swä er wolde. 1275. 2061. 2963. Negiert 1897.
1907.
a.H. 306 si woUe nie entwiehen von ir herren,
Iw. 846 nü muoz si sprechen, swaz ez wU.
2145 (er) ruowe dar nach swie lange so er welle.
2164 ern läze iuch nemen, swen ir weit. 7380. Negiert 861. 876.
5720. 6281. 6632. 6904.
Im bedingenden Vordersatz.
120 des lazen wir tu den strit, oh unr selbe wellen.
802 ob er nü welle, er sage daz.
2570 daz mugent ir kiesen, ob ir weit.
7817 die schände tuet uns ein man, swenne er wU.
C. Wellen in einem nahezu mit geruhen gleichbedeuten-
den sinne hat nur noch einen schwachen finalen rest (vgl.
geruochen, germ. abh. heft 5 s. 36) und verschmilzt mit dem
infinitiv fast zu einer blossen Umschreibung, in welcher lezterer
kaum mehr als die Wortbedeutung liefert.
E. 535 nü hat got über mich verhenget, swes er wolde.
600 unz mirs got gunnen wolde.
1140 got welle in uns senden. 6124.
6626 herre^ weit ir vür gän,
8147 die uAle und mich got toü in siner huote hän,
8857 dem er geneedic wolde wesen.
Im bedingenden Vordersatz.
540 er mac den riehen, swenner wil, dem armen gdtchen.
2837 im enwolde got geneededichen bi stan, so vorhte si in un-
lange hän.
6844 im enwdle got genäde gd>en.
8149 und enwil er (got) mirs niht bUen.
10 y. M0N8TBB6ER0
8858 tvil er, so trüwe ich wol genesen.
9046 ir sprechet ,mW, ob got wil.
Einmal steht pleonastisch geruochen selbst dabei:
8510 und weit irs geruochen, so gibe ich tu den besten rät.
Gregörjus und anner Heinricli nur im bedingenden satz.
G. 1249 ich genise wol und wil ez got
518 ezn wolde in got künden,
748 egn welle got der guote mit sinen gnaden understän, st muoz
ouch die verlorn hän.
a.H. 823 wil ez got.
204 got enwelle dan der arzat wesen,
Iw. 4503 wdd er (got) daz rihten über mich unde lieze den gerich.
Im bedingenden satze.
1812 ob got wil. 2382.
5015 und wil sin unser trehten nach rehtem gerihte pflegn.
6343 ober (got) imz enblanden ml.
6421 und wü mir got gncedec wesn.
7992 und sweme ir gncedec woltet sin.
7415 got enwdle michs erlän,
7994 irn welletz danne baz enpfän.
Pleonastisch in einem abhängigen satze.
751 em bot mir nie die ere, daz er mich wolde ane gesehn.
Wie nahe hier die Wortbedeutung von wellen dem schwinden
ist, zeigt der Wechsel mit der finiten form Iw. 4503.
D. Mit entschieden noch finalem sinn sezt wellen in der
bedeutung hoffen, gedenken an, verliert ihn aber durch
den nahen Übergang zu meinen, behaupten gerade wie das
verbum gedenken selbst (germ. abh. heft 5 s. 41).
Ebenso auch der infinitiv nach ihm.
Hoffen, gedenken heisst es noch
E. 8124 ern wolt der unbe liezen engelten noch geniezen,
9440 oder weit irs Ion haben von gote.
G. 2775 und wcldes geniezen wider got.
Iw. 213 ouch wil ich niht engelten, swaz ir mich muget schelten.
1965 daz wil ich wol mit iu gehaben,
3192 ^ wil ouch an iuch genesen,
6263 zwäre, wcer ich da vor^ ich wolde doch her wider in.
6924 si wolte daz gewis hän,.
Verloren geht die futurische beziehung nur im £rec einige-
mal völlig.
E. 538 daz wil ich von gote hän.
INPINinv NACH WELLEN USW. 11
9061 in ist daz eUen tiurCy die so griulich wellen sin,
10087 er tete sam die unsen tuant, die des gote genäde sagenty swas
si eren h^otgent imd es von im wellent hän.
Mit lezterem gebraucli ist zu Yergleichen velle z. b. Cic. Lael.
13, 48 qui virtutem duram et quasi ferream esse quandam volunt;
de or. I, 17, 74 quae ego vellem non esse oratoris.
2. Im zweiten fall ist das ethische interesse weniger durch das
gefahl, als vielmehr durch den an teil der verstandeskräfte,
namentlich des entschlussvermögens, des subjectes bedingt.
Yf(üen bedeutet dann: beabsichtigen, vorhaben, entschlos-
sen sein.
E. 94 iirec der woU ouch vürhae.
865 dcus galt er, als jener tuot^ der da mere entnemen toü,
2357 als er wolde riten,
2542 die turnieren wcHden. 3382. 3913. 4148. 4629. 4775. 5648.
5731. 6065.
6113 als ^ sich wolde ervaUen dran.
6169 woUent ir selbe iu tuon den tot? 6546. 8023. 8655.
8664 daz er wolde bestän den in dem boumgarten.
9041 tvil du vehten wider mich?
9042 (weit dan ir,) so ml ouch ich,
9276 er wolde in zuo im vähen.
Die negation gehört hier bald zu wellen, bald zum Infinitiv:
2789. 4578.
Im bedingenden satze.
704 esn wellen iu die Hute jehen^ ez muoz undr uns beiden diu
ritterschaft scheiden.
3682 ob im ieman schaden wolde.
4338 als ein ritter sol, der ze deheinen stunden werlös wil werden
vunden.
4689 wan weit ir mich dar bringen ^ ir müezet mich es twingen.
5669 swer so manheit üeben unl, —
8517 und wdt irz danne selbe sehen, so muoz iu alsam geschehen,
9042 weit dan ir^ (so wil ouch ich).
9845 und ob nach sinen -eren si wolden vreuden walten, so scehers
ungeme alten.
Abhängig von ausdrücken oder eingeleitet von conjunctionen,
die schon finalen sinn haben.
48 diu maget eriie niht umbe daz, sine wolde riten vürbaz.
1751 nu gedühte ouch den künec zit, daz er den strit enden wolde.
6015 daz er gedaht haste, daz er ir wolde warten.
12 y. MONSTERBERO
6980 ich enscMne ie mitten üf der varty ich und mine gesellen,
daz wir im helfen wellen,
8054 ezn half kein understriten, er wolde volriten (so Bech,
Haupt * aber ez half — , er enwolde — ).
8574 em wirdet des niht erlan^ ich enweUe in bestän,
9052 die steueren, daz si wolden gewinnen in selben ein geztemez
kint,
G. 211 wes wil du beginnen?
358 unr wellen dir entsliezen ein heimliche Sache.
1899 durch got und durch ere wöld er Verliesen den Up ode daz
unsdiuldige uAp loesen. 28. 402. 1373. 1565. 1859. 1885.
2042. 2100. 2290. 2342 (Paul wü, Lachmann and Bech
muoz), 2540. 2715. 3238. 3415.
Im bedingenden satze.
2464 swer ir jämer wolde an ein ende sagen^ der müese unser
sin dan icli,
2895 unl du vam, guot man, sich, da sümest du dich an. 3643.
3645.
Abhängig von einem finalen ausdruck.
2037 si h(Bte den muot erkom, daz si verbem wolde aüe man.
a.H. 613. 625. 636. 639. 648. 650. 707. 797. 798. 805. 1195. 1266.
1513 so wil ich sterben äne unp.
Abhängig von finalen ausdrücken.
528 des einen si sich gar verwac, daz si benamen ir leben woUe
geben.
850 wan mir mac daz nietnan erwem, ich enweUe emem nw^en
herren.
881 sich bedähte ir güete, daz si niht enwolten si wenden.
842 so läze ich twcÄ e nach mir ge weinen, ich enweUe mir er-
scheinen, des —
Iw. 808 ich wil ouch vam den brunnen sehn. 1248. 1341.
1481 als er vil gerne hin vür zuo ir wolte gähen und ir die hende
vähen. Oder gehören 1481. 1341 besser unter 1 A?
1485. 2120. 3954. 4004. 4355. 4487. 4655.
4725 und wil im ncemelichen wider gewinnen sin wip ode ver-
liesen den Up.
4777 er weUe durch uns tot gdigen ode dem risen an gesigen
(hängt von geloben ab). 4774. 4823. 5637. 6023. 6030. 6243.
6581. 6664. 6958. 7605. 7938. 8034. 8145. Negiert 386.
798. 1030. 1977. 2588. 4301. 4893. 7290.
mnNrnv nach wellen usw. 13
Im bedingenden satze.
551 wä du den lip wägen, sane darftü niht me vrägen,
2466 zwärey ober tuch rechen tvily so sümet er sich,
5746 w6U lernen siriten, daz er da zehant strüe,
7670 daz müezet ir ir wider gebn, wdt ir nach gerthte lehn,
7676 swer daz rechen wolde, der müese vü gerochen.
7919 weit ir nach im sendeny diu wort mit werken enden, so
sprechet —
Abhängig von finalen ausdrücken.
903 M ime swuor er des, daz er zuo dem brunnen wolde komen.
Uli vgl. s. 12.
910 wathd er sich hate an gcfiomen^ daz er dar eine wolde kamen.
1504 swes sin aber so stat, daz er wü volbringen sinen muot,
3849 und bedäkt sich, daz er wolde helfen dem edden tiere.
In der abhängigkeit namentlich nach niht län wechselt wellen
mit einfachen conjunctiven E. 352. G. 936. Iw. 5305. 5741 , mit dem
indic. Iw. 7928 (vgl. swem^ K. Weinhold, germ. abL heft 5 s. 75. 76).
n. Wellen mit dem Infinitiv der richtung.
In den unter I. behandelten fällen bezeichnete wellen eine spon-
tane äusserung der Willenskraft, welche sich mit grösserer oder gerin-
gerer energie aussprach, und angeregt sein konte vom gefuhle oder von
dem entschlussvermögen des Verstandes. Hier nahm das subject immer
sowol an der tätigkeit des woUens selbst als auch an der von diesem
erstrebten handlung als ausflüssen seines eignen Innern anteil. Der
infinitiv nach ihm war daher der finale mit allen in seinem casus mög-
lieherweise liegenden begriflichen momenten. Wellen kann aber nun
zweitens auch eine blosse reaction auf eine fremde initiative bezeichnen,
die bereitwilligkeit einzugehn auf den willen einer andern person oder
die anforderung der umstände. Die handlung ist nun nicht mehr ge-
genständ des eignen strebens des subjects , sondern auf fremde anregung
Mn nur zugestanden. Das ethische Interesse ist daher hier weder bei
wellen noch beim infinitiv vorhanden. Der infinitiv ist hier nicht der
finale, sondern er gibt nur die richtung an, in welcher sich der im
SQbject befindliche zustand der bereitwilligkeit, der nicht selbst eine
handlang oder ein abgeschlossener zustand, sondern nur die vorbedin-
g^g zu denselben ist und also einer weiteren ergänzung bedarf, äussert
Von hier ab würde die behandlung von wellen in den 2. teil einer dar-
stellung des Infinitivs gehören, wo die der verba mit verschobenem
praeteritum überhaupt erst anfängt.
14 V. MOKSTEBBEBG
Im einzelnen ist aufmerksam zu machen auf die naturgemäss
hier auftretenden Zusammenstellungen von todlen mit müesen und
soln. In den negierten fällen gehört die negation immer zu wellen,
und unter ihnen ist hinzuweisen auf die zahlreichen Infinitive von ver-
ben mit negativer bedeutung.
E. 3266 (, vergebet mirz') ,vrouwe, daz si getan, ich wil düg unge-
rochen län''.
4474 herre, dcus si getan ^ ich wil ituih wizzen lan.
7997 nü toil ich iuch wizzen lan.
9370 doch ez ^ wider dem Site getan, so wü ich iuchz wizzen lan.
9367 ich wU mich läzen ttoingen,
9382 ich wil iuch minen namen sagen.
4569 ich toil ii4ch wem.
235 der sich sin ze gaste wolde underwindenj den künde er nien-
der vinden,
1011 nü wü ich iuch leben lan,
1049 ich wü mich üz der ahte lan.
1236 ich wü mich schuldic ergeben. 2767. 20. 8195. 9321. 2771.
3173. 3898. 3991. 4040.
7972 wände ich wü unde muoz mich bieten an iuwem vuoz.
9841 nü woU em gerne urloup geben.
726 ich enwil ir niht wandet hän.
1022 des enwü ich niht enbem.
4965 swes er niht wü enbem.
1044 dckz enwü ich niht vertragen.
3275 ichn unl iwer ze knehte niht entwesen.
4129 ich wils von tu niht liden. 43. 5454. 1364.
8000 sU irs niht wellent hohen rat.
8478 dies niht wolden haben rät.
8811 Sit daz du es niht entwesen wüt.
6058 ichn wüs ouch langer niht enbem.
5271 er ouch siner vart durch niemen wolde abe stän.
1888 nunc wolde in des niht erlän Ärti^.
877 ir deweder wolte ez läzen. 1481. 3951. 5450. 1401. 7261.
5250. 6424. 4852.
4995 daz £rec niht erunnden weUe.
Im bedingenden satze.
3779 weit ir, noch geschiht iu allez guot.
3887 swer bezzer mich da vone nach Sren Uesen wolde, gern ich
ims volgen solde.
vstmfmv NACH willen usw. 15
3830 ladt ir niht güetlichen miner bete entwichen, so geschiht ee
under iutvem danc.
4130 und wdt ir ez niht miden, ee get iu an den Up.
5820 wil abe du mirs niht wider geben, so wis gemant.
7933 €0 wirt iu wol erscheinet, und wdt ir niht erwinden.
9450 ich enwolde werden triuwelös^ so muoste ich ez behalten.
Pleonastisch steht wdlen in Sätzen mit daz nach biteni einmal
(3631) tritt Wechsel mit dem conjunctiv des einfachen verbum ein, der
sonst häufig ist z. b. E. 1822. 3746. a. H. 569. 1518. Iw. 7329.
Dennoch steht diesem die Umschreibung mit wdlen, nicht völlig gleich,
sondern ist nachdrucksvoller, wie namentlich Iw. 7329 zeigt (s. u.):
E. 3631 er bat ^, daz st üf sin hüs karten und daz si wolden da
bestan,
6443 swie vü der wirt gebtete, daz si sichs wdde mäzen.
6795 (er) bat die tugentrichen, daz si wolde vergeben.
6. 2564 ich wil im ouch ze btwze stän.
2819 die wil ich dir ze stiure geben,
274 daz mein, daz wir unz Mute der werlde haben vor verstoln,
dazn wil niht me sin verholn.
2416 ich enkan iu vürbaz niht gesagen (so Paul, Lachmann und
Bech aber ichn wilz).
a.H. 996 wir wdlen ir durch iuch entwesen. 438. 486. 836. 1289.
Pleonastisch abhängig von biten.
489 do ir vater aber tete manege dro unde bete, daz si ez ime
wolte sagen.
Iw. 1774 und wil iu gerne bewarn den Up.
1981 wand ich si gerne liden wil (s. 50).
3638 ich wü min reise durch iuch län. 4756. 4800. ,
4789 ich sol unde unl gedienen immer mcre.
5183 und sol si da zuo kempfen han^ so wü ich vehten vür si,
5181 des wil ich in ir schulden stän,
5590 man mac den gast lihte vil geladen, der bdiben wil.
7320 ich wü üf dich yerkiesen.
7713 beide ich wü und muoz si wern. 181. 524. 1645. 4167.
5739. 5784. 7373.
244 Sit ir michs niht wdt erlän.
1227 cUs si imz niht wolden vertragen.
2228 und enwil mich doch des niht erlän.
3806 desn wolte si in niht gewem,
7714 sU daz irs niht weit enbem. 6905. 7335. 7754,
16 V. MONSTERBEBa
Im bedingenden satze.
248 ich sag iu deste gemer vü, oh manz ze rehte merken tvil,
250 man verliuset michel sagen, man enweUez merken unde dangen.
2043 <mch stet unschulde da bi, der ez ze rehte wü verstan.
1006 daz er sich weren solde, oh er niM dulden wolde —
4444 iedoch enweU irs niM enbern, sag ich tu —
Pleonastisch nach ausdrücken finalen sinnes.
5095 der wirt hegund in starke hiten^ daz er da ruowen wolde.
5955 ichn künde in nie des überkomeny daz er hie langer wolde wesn.
7329 ^ aUe baten, daz erz durch got teste undevr swester bcete, dcus
st der jüngeren doch das dritte teil ir erbeteiles wolde gehn.
8095 gedienert mOez ich noch umb in, daz er mich lieber welle hän.
Bisher wahrte wdlen stets seine Wortbedeutung , wenngleich sie
in verschiedenen graden der energie hervortrat. Dennoch sahen wir
das verbum auch hier schon in Verhältnisse treten , in denen sich seine
schwäche kundtat. So in dem umstände, dass es zur stärkeren her-
vorhebung des Wunsches mancherlei Unterstützungen bedurfte (s. 6. 7),
dass es mit gleichbedeutenden worteu im infinitiv sich verband (s. 10).
Bedenklicher konnte sie in den ßlllen scheinen, in denen wellen über-
flüssig in der abhängigkeit von gleichbedeutenden ausdrücken stand , wo
ja in der tat neben wellen mit dem infinitiv die finiten formen des
sonst im infinitiv stehnden verbum gefunden wurden (s. 10. 13. 15).
Jene abhängigen fälle sind:
für I, 1, A s. 6. 7: G. 998. 981. Iw. 2229. 3656.
für I, 1, C s. 10: Iw. 751.
für I, 2. E. s. 11: 48. 1751. 6015. 6980. 8054. 8574. 9052.
G. s. 12: 2037. a. H. s. 12: 528. 842. 850. 881.
Iw. 8. 13: 903. 910. 1504. 3849. 4777.
.für IL E. s. 15: 3631. 6443. 6795.
a.H. s. 15: 489.
Iw. s. 16: 5095. 5955. 7329. 8095.
Nicht finden sich dergleichen fälle
f&r I, 1, A im £. und a. H.
für I, 1, B, C, D überhaupt nicht (für C nur einmal).
. fttr U nicht im G.
Indes ist für eine richtige beurteilung dieser erscheinung nicht
zu vergessen, dass für den altern autor wellen doch noch in allen die-
sen fällen seine bedeutung wahrt, insofern der logisch abhängige satz
grammatisch der paratactischen Selbständigkeit näher steht, als das
uns scheinen will, so dass eine widerholung des begrifs des Wunsches,
der absieht usw. in dem zweiten satze nicht überflüssig war, ja, wenn
INFINITIV NACH WELLKN USW. 17
die abhängigkeit noch gar nicht gefühlt wfirde , sogar notwendig wäre.
So wirkt hier als nicht zn unterschätzender factor auf die bedeutungs-
entwicUung von wellen (cfr. auch die praeteritopraesentia) eine damals
noch nicht abgeschlossene bewegung ein, die sich auf einem scheinbar
von unserm thema ganz entfernt liegenden gebiete der syntax volzog,
die ausbildung der abhängigkeit der 'sätze. Wie wichtig aber auf die
entwicklnng des infinitivs dann weiter diese entkleidung des wellen von
seiner bedeutung war, werden wir bald sehen. Wir besitzen also in
der grösseren oder geringeren häufigkeit, mit der dieses scheinbar
pleonastische wellen gesezt ist, einen ziemlich feinfühligen gradmesser
fir die innigkeit, mit welcher die abhängigkeit der ursprünglich para-
taetischen sätze damals empfunden wurde, auf den es sich verlohnt auf-
merksam zu machen. Je selbständiger der logische nebensatz noch
war, am so nötiger war in ihm ein eigner ausdruck far das im haupt-
satze in bezug auf ihn mit gesagte, je abhängiger, um so überflüssi-
ger wurde er, weil der im hauptsatze für den diesem unterstelten satz
mit galt, und wenn er auch dann stehn blieb, konte er es nur unter
absehwächung seiner bedeutung. Es folgen nunmehr die fälle , in denen
wikn seine Wortbedeutung tatsächlich aufgibt.
m. Wellen mit dem apposltlven Infinitiv.
Ursprünglich hatte wellen auf den Infinitiv ein recht nur ver-
möge seiner finalen oder doch auf eine richtung verweisenden bedeu-
^g. Inzwischen ist ihre Verbindung nun eine so feste geworden, dass
man diesen grund vergessen und die casuelle beziehung, welche nrr
sprünglich in beiden ihrer teile lag und die sie überhaupt zu einander
geselte, nur noch in dem regierenden werte gefühlt haben muss: als
*0^ mit seiner Wortbedeutung zugleich jene einer casuellen ergän-
2ung bedürftige beziehung aufgab , empfand man es nicht mehr als einen
misbrauch des infinitivs ihn mit jenem noch weiter verbunden zu lassen,,
als wenn er zugleich mit wellen jene casuelle beziehung hätte fallen
lassen, während er doch nunmehr seiner natur nach mit ihm nichts
^ehr hätte zu tun haben sollen. Diese aber eben war bereits vorher
Vergessen, und durch die neue Verwendung wurde es nur klar ausge-
sprochen, dass der Infinitiv seine casuelle natur völlig verloren hatte.
Mit dieser bedeutenden einschränkung seines begriflichen Inhalts aber
^ir dem infinitiv naturgemäss (vgl. germ. abh. heft 5 s. 20) die mög-
lichkeit zu einer ansehnlichen erweiterung seiner Verwendung geboten,
^em ganz neuen, fast endlosen entwicklungsstadium die bahn ge-
brochen, das an sich in dem alten verbalnomen gar nicht zu liegen
^bien und das die hauptsächliche Ursache war des wunderbaren und
ZOTSCHRIFT F. DKÜTSGHE PHILOLOGUB. BD. XYin. t
IS T. MOKSTEBBEBG
rätselhaften . das den pliilologen die erkentnis des wesens des Infinitivs
entzog . und wenn er selbst noch in Hartmanns epen vorerst sehdchtem
und uiassvoU die neuen wege betritt, so sind sie es doch, auf denen
er in zukunft gebietseroberungen macheu solte. Er enthält hinfort
nicht mehr als die abstracte Wortbedeutung, und diese sezt er ohne jede
constiiictiTe abhängigkeit, die doch bisher der ausgangsponkt aller
seiner Verbindungen war, wenngleich sie früh aus dem sprachbewostsein
auch bei diesen gekommen war, im freien Verhältnisse einer apposition
neben jeden einer ergäuzung bedürftigen begriff. Nichts ist er mehr
von hier ab als der absolute verbal begriff, wie die alten grammatiker
ohne genügende souderung den infinitiv überhaupt nanten (vgl. germ.
abh. heft5s. lu4). Bin ich nun weit entfernt über den ersten grund und
anlass zu dieser destructiven . doch für den Infinitiv so fruchtbaren
entwicklung irgend eine Vermutung zu wagen, so viel glaube ich
aus^prechen /u dürfen: die wirksamsten Vorarbeiter und Verbreiter des
infinitivs in seiner neuen function waren die verba praeteritopraesentia
und wt'llcn.
Wellen gibt aber keineswegs nun ^eine bedeutung so auf, dass
sie spurlos verschwindet uiid icclhn mit dem infinitiv dasselbe besagt,
was die entsprechende finite form des im infinitiv folgenden verbum
bezeichnen würde, indem xcellen die formale, der infinitiv die inhalt-
liche Seite bestimte, und das ganze nichts als eine schwerfällige Um-
schreibung Ware , vielmehr weiss die spräche die in jener bedeutung
enthalt-enen momente auf dem wege der abstraction so zu vergeistigen,
dass diese reste auf die im infinitiv folgende handlung gewisse nüan-
cieningen der psychologischen auffassung zu übertragen im stände sind
(vgl. s. 4). Die selbständige Wortbedeutung ftlt nur in den fällen aus,
in denen der Übergang aus der absieht in die ausfahrung der handlung
selbst unmittelbar eintreten kann . auch sonst nichts im zusammenhange
liegt . das die erste als gesondertes moment vor der handlung selbst
hervorhebt. Wellen bezeichnete nun bisher die abhängige handlung
als nicht wirklich, sondern nur vom subject vorgestelt, zugleich aber
als von diesem aus eigener initiative erstrebt oder auf Veranlassung
andrer ins äuge gefasst. Fortwirkungen der zulezt erwähnten bedeutung
von ti'tU'-.ii . in welcher nach ihm der infinitiv der richtung steht| schei-
nen >\Q\i in seinem fast blos umschreibenden gebrauch nicht weiter
^'eitend zu machen. Die beiden andern momente treten nunmehr
gesondert auf: wellen verleibt der im infinitiv stehnden handlung
ausser der finiten form den Charakter bald einer vorgestelten , bald
einer dem innern des subjeets nahestehndeu. Von jezt ab concurrieri
wellen mit organischen conjugationsformen viel häufiger aln vorher.
INFINITIV NACH WILLEN USW. 19
und von jezt ab solte daher auch erst die bezeichnung hilfsverb anwen-
dong finden.
1. Wellen bezeichnet die handlung als vorgestelt und
coDcorriert also grammatisch mit dem futurum sowol als mit dem
conjanctiv. Das fehlende futurum ersezt es in hauptsätzen, den con-
jancÜT vertritt es nur in nebensätzen, für den selbständigen conjunctiv
kann ich es aus Hartmanns epen nicht belegen.
A. Wellen umschreibt das futurum. In der auffassung der
einzelnen fälle kann man nicht selten schwanken, öfter wird
man die absieht noch von der handlung unterscheiden und daher
ausfall der Wortbedeutung nicht annehmen wollen. Alsdann wäre
der fall unter I. und IL unterzubringen, wie man umgekehrt
dazu neigen kann einzelne beispiele aus jenen teilen , namentlich
aus II, zumal sie meist in der ersten person wie die hier zu
behandelnden grösstenteils stehn , hierher zu ziehen. Der Zusam-
menhang allein vermag dann, und auch der keineswegs immer,
die entscbeidung zu liefern. Kann nun der plan in die ausfüh-
mng zwar ohne hindernis ubergehn, liegen aber beide zeitlich
getrent, so umschreibt wellen die gewöhnliche zukunft, wobei
es durch zeitadverbien häufig unterstüzt wird. Bisweilen liegt
die ausf&hrung dem plane so nahe, dass man geneigt ist, in
ihr das praesens zu sehen, wie auch häufig nü dabei steht.
Alsdann scheint auch der lezte rest der bedeutung von wellen
dem ausfall nahe. Die person ist immer die erste, in indirecter
rede nur die sie vertretende dritte (Iw. 1841. 4495. 4497), denn
„nur wer von sich selbst redet , ist seines entschlusses und wil-
lens so gewiss, dass er eine künftige handlung zu melden ver-
mag" (Grimm, gram. IV s. 181). Wird dagegen die handlung
als zugleich mit dem plane zu ihr beginnend vorgestelt, so um-
schreibt wellen das periphrastische futurum,
a. Wellen umschreibt das gewöhnliche futurum.
£ 69 ieh ml riten dar. 3594.
1130 ieh wil tu immer vremde sin, ichn gereche —
2531 ich wil im immer guotes jehen.
3420 nü wü ich immer gerne dagen (s. 5). 7454. 7830.
3783 ich wil tu kumbers schaffen rät 8407. vgl. G. 1261.
4193 ich wil si ir vriunden wider geben, 6405. 9443.
7452 des ichz läzen wil. 4531.
9550 hie wü ich inne mich nieten iuwer minne.
48G9 dag wU ich vor in allen hän,
6207 vil gerne ml ich immer daz umb iuch verschulden.
2*
20 V. MONSTIBBEBa
4374 die ich nimmer ivil zebrechen vgl. G. 371.
4533 und ml es immer wesen vro.
91 ß als ich tu nü sagen toü. 1185. 1856. 2130. 2135 (vgl. germ.
abh. heft 5 s. 120). 2622. 4270. 4343. 5132. 5223. 7276.
7499. 7591. 7664. 8013. 8788. 8862. 9180. 9458. 9574.
1450 den top ich iu enden wü.
3864 vü rehte wil ich iu hejehen. 6291. vgl. a.H. 1126.
4302 da von ich tu si kürzen wil.
4514 vememet, herre, ais ein spü^ das ich nü reden wU.
7488 so wil ich iuch wizzen /du.
8004 durch daz wil ichz bediuten.
8538 die rede Tu baz bescheiden wä. 9562.
G. 1465 nA wil ich dichs niht wenden me.
1560 sun^ so unl ich dich niht me sümen vür dise vrisi,
1220 dojs ich utiz rnities endes zU den dar umbe biien wü. 1261.
371. a. H. 1126.
Iw. 3301 ich wil im mines broies gebn, 4497.
4321 daz ich imfner wil den tcülen vür dm were hon.
5499 so wü ich midi ietner schämen mins lebennes. 7430.
5501 ich icU pnich niemer gevreun,
258 ichn wil iu keine lüge sagen. 1135. 4529. 6361. 7470.
528 daz wil ich dir be^heiden baz. 7041.
6114 Kfkfe ich wil iu des bejehen bi der rtkten wärheit. 1841.
2175. 1887. 4495. 5648. 5897. 6417.
b. Wellen bildet das periphrastische futuram.
E. 3082 als er wotde buhurdieren,
3401 do er wdde riien. er sprach ee vroun £mten.
7607 sam ez (ein bild) wolde sprechen und bildes rdä brechen.
G. 204 ir muui unde ir wangen vani $i im so geUme ligen, als da
der tiuvti uril gesigen.
843 do er die vrdge wolde Idn, do erweinl daz kint.
2897 min wiri wil raren iif den sc.
Iw. 2765 dos urioup nemeu woldeny her Gawein vuorU kern Iweinen dan.
Zweimal findet sich wellen in diesem sinne auch mit dem Infi-
nitiv perf., um zu bezeichnen, wie wenig fehlte, dass die handlang
irt^schehen wäre: E. 4049. Iw. 7436 cfr. s. 8.
n. Welhu umschreibt den conjnnctiv. Dies gesdiidit in
zwei fällen: 1"^ wenn das mit wellen nms^riebene fotanmi ans
&:rammatischen gründen in den coiymiictiT des perfecta gewan-
delt werden müste. 2) im vordersatx dner bediagiugsperiode«
INPOmV NACH WELLEN USW. 21
Diese so gesteckten grenzen überschreitet nur der Iwein in zwei
beispielen.
a. Wellen umschreibt den das futurum vertreten-
• den conjunctiv.
a. In der indirecten rede.
E. 3060 er sprach, er ivclde rtten üe hu/rzmlen.
G. 20H7 daa A den muot Juste erkomj daz si hcete verhorn und ver-
lern wolde aUe man.
a.EU67 er seite in do stnen muot: er wolte nach sinken vriunden
senden,
Iw. 955 vä stiller ime sagte, er wolt ze velde rtten und sin Uten,
3867 do heter zwivd genuoc, daz in der lewe wolde bestän.
6531 und reiten, wie si weiten guoter vreude walten.
Hierher können auch mehrere früher genante abhängige fälle
gezogen werden, vgl. s. 16. Wenn hierbei wellen selbst in den con-
junctiv tritt, so könte man an völligen ausfall seiner Wortbedeutung
glauben, wie der nhd. conjunctiv impf, ja den conjunctiv des futurum
vertritt. Richtiger aber wird man annehmen, dass der futurbegriff
nicht blos ersezt, sondern durch weUen eben wirklich ausgedrückt sei.
ß. Wenn er ein in den irrealen conjunctiv ge-
seztes futurum vertritt.
Es ist dies in den hauptsätzen irrealer bedingungs-
perioden der fall. Dieser gebrauch scheint sich am
ehesten im anschluss an das umschriebene futurum zu
erklären und will man hier noch einen rest der Wort-
bedeutung behaupten, so wird es nur in dieser auf-
fassung möglich sein. Sezt man an stelle der irrealen
bedingung, die übrigens mehrmals verschwiegen ist,
einen realen grund, so könte in allen folgenden föllen
im hauptsatze das futurum eintreten. Parallelen mit
dem finiten verbum dürften sich viele bieten.
E. 1590 vü gerne ich si wolde loben: nü bin ich niht so unser man.
4520 daz ichz gemer weide sin, ob ich wizzen mehte —
3816 ich wolde erwdn e^ daz ich wurde verbrant, e daz ichz
iemer gettete.
5884 ich hete umbe den versolt^ daz im gevide min lip, dem
wolde ich sin ein sUstez unp,
Iw. 2309 stüende mir min dhte als ez andern vrouwen tuot, daz ich
iuwer niht enwolde so gähes gnäde gevähen,
49 und huifez iht^ ich woldez clagen.
22 T. K:5saaiiiB&
Gaii2 wie Iiier «ier eoajniLetiT das p<r&ct3 r*m «eO?« mit dem
int pn-?*?- iTir nmsclireibixng des orgULsc&^iL Wflj. pei£. so dient er
uüt dem inf. p^rf. zweizc^ fnr die des organi^eixeii oonj. plnsqiuun-
ptrl •
E. '>3^ ^/udi icM er ^v^h yrcdietk kam, msm das er 5»jieii £ome
Iw.^Pfi wnm dAki ffi alle mi^^^ftdn, ai it»}li im daA yemomen han,
b. Wellen umschreibt den conjnnc^ir in den nebcn-
sätzen der bedingnngsperiodeo. Wdien hat mit
bedingt ausgesprochenen Sätzen ia& moment der TOrsteUang
gemein. Es steha 3«}woI im indieasiT. als auch selbst im
eonjnnetir. Im leiteren Mle kann man ansSsdl der ganzen
Wortbedeutung annehmen. In ¥iden beispielen aber wird
man aneh diese darin noch wieder erkennen nnd dann wird
man nur sagen müssen, dass mit einer ^fter widerkehren-
den nngenaoigkeit der naehsatz nicht ron der handlnng
des Toriersaoes. sondern ron deren entwarf abhängig
gemadit ist. Natürlich behllt aber reffen seine roQe be-
dentong da. wo die hanpthandhmg wirklieh ron dem ent-
wnrf nnd nicht von der handixmg des nebensatzes abhängt
Diese fiUe gehören nicht hierher: es and bei Hartmann
folgende Tier gmppen derselben wahrnehmbar: 1. wenn im
nachsatze «las mittel zur Terwirklicbong der im Tordersatze
als erstrebt bezeichneten handhug angegeben wird. Es
steht dann im hanptsatze ein aosdruck des müssens oder
der moglichkeit : müezen < doch nicht das in bezng anf das
prädicat gesezte^ TgL miiesen, wie G. 74^. 2020. E. 8517.
(s. 96 j. Iw. 6138. 4550). so/n. ein imperatiT. dürfen^
mugen. YgL anter I. 1, A aas E. 4376. 4999. 5936. 6495
(WO als naehsatz etwa zn ergänzen: remewe^L 7177. 9332.
G. 2352 (s. 5); Iw. 730. 1859. 4529. 5089. 5103. 5959.
1825 (3. 6): anter I. 1, B ans E. 5834 (ä.9); anter
I. 2 E. 4689. 5669. 704. 4338 (s. 11): G. 2464. 2895
(s. 12>: Iw. 551. (2466). 7919. 5746. 7670. 7676 (s. 13);
anter n s. 15 ans E. 9450, s. 16. Iw. 1006. Tgl. sein
B, I, 2, b; 2. wenn in beiden Sätzen das nämliche Terbom
steht t im haaptsatz finit, im nebensatz nach wdlen im
infiniÜT, so dass entwarf and TerwirkUchnng einander gegen-
über treten. Ahnlich wenn in beiden Sätzen KtUen mit
demselben infinitiT steht; Tgl. ^h B. I. 2, c gegen ende.
Vgl anter I, 1, B (s. 9) aas Iw. 120. 802. 2570. 7817;
INFINinV NACH WELLEN USW. 23
unter I, 1, C s. 9. 10 aus E. 540. 8858. 9046. G. 1249.
a, H. 823; Iw. 1812. 2382; s. 11 unter I, 2 E. 9042;
s. 13 Iw. 5746; aus IL s. 14 E. 3779; 3. wenn wellen
bereit sein bedeutet. Vgl. unter II s. 15 aus E. (3779
gehört schon unter 2) 3830. 4130. 5820. 7933 (9450 ge-
hört schon unter 1). Doch möchte man auch hier bisweilen
das die haupthandlung bedingende lieber in der nebenhand-
lung als in der bereitschaft zu dieser erkennen; 4. wenn
wellen blos eine höfliche Umschreibung, also = geruhen ist,
fals man in dieser rücksichtsvollen form nicht etwa über-
haupt ausfall der Wortbedeutung von wellen annehmen will.
Vgl. unter I, 1, C s. 9. 10 aus E. 2837. 6844. 8149. G. 518.
748; a. H. 204; s. 10 Iw. 5015. 6343. 6421. 7415. 7992.
7994.
Aach ausserdem gibt es einige fSlle, in denen die haupthandlung
wirklich als von der blossen Voraussetzung des nebensatzes bedingt auf-
gefasst werden kann, wie G. 3643. 3645 E. 9845.
a. Wellen steht im indicativ des praesens.
(E. 152 (aber in indirecter rede) oueh yedähte der juncherre, im
w<Bre daz ze verre , oh er ze den seihen zUen hin wider wolde
fiten,
6. 3173 si gehiezen im daz, er moefUe vil deste haz Jcomen von sinem
meine, öh er si ztw dem steine wolde wisen.
2020 der zmvel, daz in alsam müese ergän, oh si tvolde aber
bestän dehein gewaltigiu hant).
a.H. 209 ir enweUent iuwer meistersehaft und iuwer rekt oueh hr ecken
und dar zuo versprechen min golt, ich mache iuch mir
also holt.
560 zewäre, im weit mirz danne wem, so hin ich im zarzenie
guot.
839 u>elt ir mir wenden min heil, so läze ich iuch e nach mir
geweinen.
Iw. 5647 wil du mich mines guotes und miner eren hehern, des ml
ich mich mit kämpfe wem,
6138 ir mOezet vliesen den lip, weit ir üf die hure varn (hier ist
müezen blos = sicherlich wird geschehen (vgl. müezen B).
592 wil du danne niht verzagen, sone tuo dem hecke niht me
(trotz des Imperativs im nachsatze gehört das beispiel hier-
her, weil dieser nicht das mittel zur Verwirklichung des im
Vordersatz erstrebten angibt).
4570 ir habet missetän, weit ir den ritter alsus län.
24 V. MONSTERBER&
1490 ime toeUet mir volgen, so habt ir den lip verlorn.
912 ich mac dae niht bewarn, und teil der hünec selbe vam,
mir wirt min riterschafl benomen,
2864 hat er sich eren verzigen und unl sich -M ir verligen und
giht des danne, das — , dane gesieh st niemer suo,
7840 im wellet besorgen dise selbe sacke ^ man,efdat iuch mü
gemache nienwr mere gelebn.
/ Bei den pluralen formen Hess sich nicht erkennen, ob sie dem
indicativ oder conjonctiv angehörten. Wechsel mit der finiten form
findet sich Iw. 2864.
ß. Im conjunctiv des praesens.
£. 6927 ezn möhte ouch nieman gejehen^ er entceUe in liegen an.
G. 1530 des tcär ich Jean si wol erjagen, sine welle sich mir me ver-
sagen.
a.H. 1408 dem meier und sinem wibe den mac manwci gdouben, man
etucdles rehtes roubefi.
Iw. 7966 shie welle brechen det^ ir eit, so hän ich ouch volendet die
rede.
y. Im conjunctiv des perfects.
£. 3887 (s. 14) swer besser mich da tone nach eren kesen tvolde,
gern ich ims volgen solde.
432 swen dise cdelarfHet^ niht wolden erbarmen, der was herter
danne ein st^in.
5233 von diu wter er niht wiser man, swer im wolde dar an
nemen gros l<ister.
5237 ja w<en man iender runde, swie sere er wolde ersuockeny
so krefteclkhe liste,
6904 wan er bereit sich ouch dar suo, als er justieren sclde, ob
er niht versagen wolde.
8692 und wolle er immer versagen von geheisen ufwl von starker
dro, $6 wterc er versagtt do (dieses beispiel widerspricht
nicht no. 2 s. 22, weil kein g^ensati iwischen entwurf
und Teiwirkliehung vorliegt: der gegensats liegt hier viel-
mehr in dem verzagen vor drohungen überhaupt und dem
damaligen im be sondern).
36^2 dti cm bevriden solde. ob in ieman schaden wolde (vgL zu
Iw. 592 s, 231
a. H. 967 der die ron dir nemen wolle, $6 geriuwes dich n7 lihie doch.
Iw. 4550 ^ MtN^^ tu das mis^semen , woMei ir iU um memen (vgl.
zu Iw. 6138 & 23X
DdFlMTlV NACH "WELLEN USW. 25
3172 si ist tu 06 edd, dcus ir st Jcebsen soldet, ob ir erkennen
tßoldety was riters triuwe wcere,
d. Im coDJunctiv des perfecta mit dem Infinitiv des perfects.
E. 5260 und heten es gerne vil getan , tcolt ins JlSrec gehenget hän.
Iw. 3797 und Wolter lönes hän gegert, des wcerer da gewert.
7334 dae hete si lihte getan y woU es der hünec verhenget hän,
c. Die unter a und b angegebenen grenzen in seinem den
conjunctiv umschreibenden gebrauch überschreitet wellen
nur im Iwein. Hier steht es einmal, um die vorge-
stelte folge einer nicht wirklichen Ursache zu
bezeichnen mit dem inf. praes.
Iw. 2949 ichn wart nie manne so holt, dem ich ditz selbe golt wolle
Ithen ode gebn. und einmal in gleicher läge mit dem inf.
perf. X
8084 mim tete dag weter nie so we, ichn woltez hän geliten e.
2. Wellen bezeichnet die handlung als dem interesse
des subjects nahestehend. Auch hier begegnet wellen einer alten
fimction des conjunctivs (vgl. Rossbach , Vorlesungen über griech. Synt.
und über Dias W. S. 1880/81 zu Ilias A 26). Doch ist dies hier zufall
und die hier zu behandelnde fähigkeit des verbum von dem in ihm
enthaltenen ethischen interesse herzuleiten.
So bezeichnet es den innersten drang des herzens in ausdrücken,
die so recht als unmittelbare ausflüsse des jeweiligen gemütszustandes
hingestelt werden sollen: ich toü ez gote klagen E. 4777. G. 2388.
Iw.3976. 4728. 5906.
a.E 608 des ich got iemer loben wil.
701 des wil ich gote genäde sagen,
6. 1357 des wil ich iemer wesen vro.
Ein futurischer sinn liegt in diesen Verbindungen nur insofern,
als er in jedem praesens liegen kann, namentlich wenn zeitadverbien
dabei stehn, die auf die zukunft gehn, wie Iw. 6956 daz ich.es gote
«wmcr klctge,
Oder es verleiht den werten den ton der treuherzigen Überzeu-
gung oder der gutmütigen besorgnis. Daher finden sich hier häufig
beteuernde partikeln. Viele fS-lle derart wird man aus III, 1, A, a
8-19fgg. hierher" ziehen dürfen (zwäre steht bei E. 1185. 1856. 2622.
4343. 8862).
R3183 sich 6/", lieber herrCy üf genäde verre toü ich dir durch triuwe
sagen, dir sint ritter nähen bi.
26 y. MONSTERBEBO
E. 54G5 doch wil ich iu jstväre sagen, hat diser man ritters namen,
so möhtcnt ir iuch immer schämen.
5681 da ist ez also gewant^ daz ich iu wä zwäre sagen y ezn mac
ein ritter niht bejagen bezzer lop danne otich da.
5876 so wil ich hie verkiesen alle man immer mere,
5960 (in den dubitativen conjunctiv gesezt?) nü was weide ich
tumbe ie reden dar unibe?
6509 vil kurze ich iu antwurten wU: ir mugt wcl rede Verlie-
sen vil.
9049 ichn ahte et niht üf iuwer dro und wil si wol genozen zwein
bergen grozen.
9066 ja, des wil ich dir verpflegen.
9539 ouch wil ich mich vennezzen,
9682 des swer ich wol und wil es jehen.
9833 wan si da ze huse nimmer weiden werden vro.
G. 1296 nü wil ich dir vilr war verpflegen.
1626 und verkaufe dine kurze tage umb daz ewige leben, sun,
den rät wil ich dir geben.
1631 ich geruoive niemer me utid wü iemmer vamde sin.
2361 herrCy des wil ich iu jehen.
a.H. 1340 ich wil iu geheizen unde sagen, daz —
1517 bi unsers herren hulden wil ich iuch biten alle, daz —
Iw. 849 ich wil iu daz zwäre sagen.
1902 sone wilz diu werlt so niht verstän.
4339 zwäre ^ ich wil iuch troesten wol.
6708 von swem iu leide mac geschehn^ daz wü ich harte gerne
sehn.
6819 ja wcerent ir da mite bes wichen, daz wil ich iu sagen.
7048 si hat aber underslagen ein want, als ich iu wä sagen
(durch wellen erhält hier die lösung der voraogehnden , auf
erregang von Spannung berechneten worte eine gewisse Wich-
tigkeit).
8126 nu wil ich iuch durd^ got biten, daz —
Naturgemilss bei impersonalibus der affecte:
E. 4649 so wolde in niht genüegen.
9005 daz duMe in torlich getan und wolde im versmähen und
begunde gähen.
Q. 3094 desn wolde in niht verdriezen.
Viel zur erhaltung der bedeutnng von wdlen trägt sdn gegen*
satz za yerben mit verschobenem praeteritnm bei Es steht verbon*
den mit
INFINITIV NACH WELLEN USW. 27
soln G. 28. a. H. 882. Iw. 386. 2309. 4788.
müe^en E. 7971. Iw. 7713.
hunnen Iw. 8144.
Häufig steht der inf. nicht dabei, sondern ist zu entlehnen,
nämlich
L ans derselben periode
a) im relativsatze ans dem hanptsatze (vgl. R. Steig s. 325)
E. 3728 (s. 5). Iw. 2145 (s. 9). 6084 (s. 5). Namentlich
im algemeinen relativsatze E. 535 (s. 9). 1110. 7181. 7455.
8739. 3834. 9588. G. 1080. 2061. 2963. Iw. 846. 7380.
2164 (s. 9), der in den hauptsatz eingeschoben ist E. 540.
5219 (s. 9).
b) im bedingenden nebensatze G. 1249 (s. 10). Iw. 120 (s. 9).
1030 (s. 12). 2670. 7817. (s. 9). Er geht dem hauptsatz
voran E. 5834 (s. 9). 8858 (s. 10). Iw. 802 (s. 9).
IL aus einer andern periode
a) in der antwort aus der frage E. 9042 (s. 11).^
b) aus dem algemeinen zusammenhange E. 3779 (s. 14).
Über die ellipse und andere mit dem inf. nach wellen concur-
rierende constructionen vgl. germ. abh. heft 5 s. 51.
Die rerba praeteritopraesentia.
Das Verhältnis des Infinitivs zu den verben mit verschobenem
praeteritum ist ganz ähnlich wie zu wellen mit dem s. 2 angeführten
DDterschiede. Auch mit ihnen war er ursprunglich nur darum ver-
einigt, weil jene das bedärfnis nach vervolständigung ihres begriffes
darch angäbe einer richtung hatten und er eine solche angäbe zu bie-
ten vermochte. Sobald aber die Vereinigung volzogen war und in folge
FOD ihr entzog sich der infinitiv seiner aufgäbe, weil der consecutive
sinn nur noch in dem regierenden verbum gefühlt wurde. Daher
erklärt es sich, dass er auch da ohne bedenken mit jenen werten in
Verbindung gelassen wurde, wo sie ihre bedeutung so geändert hatten,
dass nach ihnen eine condecutive ergänzung nicht mehr nötig war.
Der infinitiv hatte nach jenem gefühl nur soviel bedeutung einer rich-
tung, als der ganzen Verbindung vom regierenden verbum verliehen
wurde.
So wurde die bedeutung des Infinitivs sehr bald verdeckt durch
die verwante der verba mit verschobenem praeteritum resp. von wel-
len^ ein Schicksal des infinitivs, das vermöge des so ungemein häufigen
Torkommens jener Verbindungen sicherlich nicht zum kleinsten teile
28 T. MONSTEBBBBO
dazu beigetragen hat, dass man sich gewöhnte denselben in abgeblass-
ter bedeutuug zu setzen.
Will man daher im einzelnen feststellen , auf welchem wege der
Infinitiv almählich seine casuelle bedeutung, die der richtung hier, nach
diesen verben verloren hat, so ist man widemm genötigt, den wandet
der bedeutung jener selbst zu verfolgen. So lange in ihnen noch ein
rest ihrer ursprünglichen, eine ßlhigkeit oder bereitschaft zu einer
tätigkeit bezeichnenden bedeutung nachzuweisen ist, werden wir anneh-
men müssen , dass der infinitiv nach ihnen noch vermöge seines casuel-
len Ursprunges, dessen man sich freilich nicht mehr bewust war, zu
stehn berechtigt war^ wie aber jene durch zahlreiche Übergänge almäh-
lich abnimt und ganz schwindet, so wurde auch das alte wesen des
Infinitivs immer verwischter^ bis er da anlangte, bis wohin wir ihn schon
nach toellen (germ. abh. hcft 5 auch nach wcenen, gedenken^ heiisen, lassen
und geschehen) begleitet haben : bis zum blos appositiven gebrauch , fast
die lezte Station, bis zu welcher der infinitiv bei Hartmann als ver-
balform überhaupt auf dem wege seiner entartung gekommen ist. Die
wichtigste aufgäbe bei der anordnung sämtlicher hierher gehörender bei-
spiele muss es daher auch hier sein, die ursprüngliche bedeutung bis
in ihre lezten spuren zu verfolgen , und hierbei sind auch die modi und
gewisse adverbien, welche zur nüaucierung des ausdruckes beitragen,
zu berücksichtigen. Für das Got., das Audd., für Otfrid, die ahd.
Übersetzer und Berthold von Regensburg vgl. A. Koehler, der Gfyntac-
tische gebrauch des infinitivs im Gotischen, in Pfeiffers Germania XII,
a. 1867, 8. 425, K. Steig 8.317 fgg., 0. Erdmann I § 332, A. De-
necke 8. 9 fgg., H. Koetteken, der zusammengesezte satz bei Berthold
von Regensburg, Strassburg 1884, § 203.
1. Mugen.
A. Der ergänzung durch einen infinitiv ist mugen bei
Hartmann nicht bedürftig
a. in der alten, in sich begrifflich noch völlig abgeschlossenen
bedeutung von valere, kraft haben, gesund sein. Es
findet sich so in einer Schwurformel im firec
E. 4683 ich bringe iuch ze hüse oder ich enmac,
4686 ich wcene ir enmegt. Vgl. Eaiserkr. 11823 wie mac mtn
tmp?
b. in der transitiven von vermögen oder zu etwas beitra-
gen. Statt des neutralen objects steht auch ein satz mit das*
E. 2679 toider st niemen nikt enmac.
G. 3499 nü tnoM diu große triuwe, daß im dm eile genas*
INFINITIV NACH WELLBN USW. 29
a.R 1256 urider den niemen niht enmac.
Iw. 4058 waz moht ich, daz ir an im missegie?
Mit einem dativ der person zugleich.
E. 8319 dag machete in der ougen regen.
G. 2906 diu liebe und diu leide, die mähten im daa, das —
B. In allen übrigen fällen bedarf mugen eines infini-
tivs (der bisweilen zu entlehnen, zuweilen zu ergänzen ist,
s. u.), und zwar bezeichnet es dann entweder eine möglich-
keit oder einen anlass haben.
i. Mugen bedeutet eine mSglichkeit haben.
1. Das die möglichkeit gewährende liegt in der eignen
kraft des subjects.
a. In der körperlichen stärke oder fertigkeit
Im ind.
E. 887 sine mohten noch enkunden ir mit kreften niht gelegen.
6427 si efimohte im niht gestrUen,
Iw. 6678 (die risen) mohten ervehten wol ein her.
Im coiy.
K 373 daz bette ein man nie möhte erwegen.
3118 dem si mohten hän gestriten.
Iw. 2129 so snd ist dehein man, daz er hin und her widere möht
kamen in so kurzer vrist,
2232 wie möhte iu den lip genemen ein unp.
b. In der geistigen fassungskraft.
Im ind.
E. 3077 der sich des mohte verstän.
3130 done moht ers niht verstän.
Iw. 7844 mahtü mir nü rät gegebn?
Im conj.
E. 338 swes ein man möhte erdenken.
c* Iq einer dem subject speciell zukommenden wesenhaftigkeit.
Das subject ist eine person.
Im ind.
**• 541 gat mac den riehen dem armen geliehen und den armen
geriehen.
^1^7 im lüfte als üf der erde mohte si sweben^ üf dem wäge und
drunder leben.
^^^7 si mohte wunder machen.
598s wes im zer s&e si gedäht, des enpnac ich (ein mensch)
wiezen niht.
30 V. MONSTEBBBRG
G. 1905 der im mohte gevrumen unde gewerreriy dem oberisten Herren,
a.H. 399 dag sl ere unde guot ane got mügen hän,
505 leider nü enmuge wir im ze keinen skUen kamen.
753 dajs ir unlange doch mit mir iuwer vreude mOgent hän.
Iw. 3129 dag min vrouwe ein wip ist, dag si sich gerechen niene
mac, 5013.
6342 got eine nux iu helfen hin.
Mit tpol 1803 nü mac tuch got weil stiuren.
Inf. fehlt.
E. 3288 des gevertes st do pflac, dar nach als ein vrouwe mac. 3442.
5768 wan daz siz pflegent efManden ougen unde handen, wan st
anders niht enmegen.
Im CODJ.
a.H. 571 daz si gdeisten mohte.
Das subject ist eine sache.
Im iüd.
£. 1567 mit eime mantd langen, der im ze mäze mohte ^n.
2609 nune moMe sich geliehen der schal von den scheftenj wan —
4698 wände ez iu niht nuic gewerren. 4750. G. 1302.
6228 ezn mag itAch niht vervän. G. 298.
7569 swaz er dinges begie, daz sagebtere wesen mac.
7662 daz mohte sich gemäzen disetn sateUuoch.
8421 dinge f diu uns sus gnuoc ringe die zit mugen gemachen.
8437 da von daz einer slahte bluot diseti stein geweichen mac.
a.H. 1155 noty diu sich in eines ta^es vrist an mime libe geenden mac.
1345 daz (schelten) enmohte ir niht vrum wesen.
Iw. 761 done f nahten mir diu werc den muot an im niht volbringen.
5339 alles des, des im ze schaden mohte komen. 7910.
Mit wol.
E. 90 ez mac iu wol gewerren.
8601 als ez des tvirtes richeit wol vürbrtngen mohte.
G. 3644 dazn mac der lip niht wol vertragen.
Im coDJ.
E. 3140 waz mohte sich geliehen so nahen gender riuwe.
6501 wände ez mohte in niht gewerren, daz si —
a.H. 491 waz mäht uns me gewerren? 1062.
Iw. 7203 nü sehent, wie selch gewin iemen geriehen mege.
Mit wol.
G. 3017 daz metnde, daz eines mannes münt niht mohte erziugen
wol —
INFINITIV NACH WELLEN USW. 31
a.E 908 es mokte in umbe ir herren vil harte wol gewerren.
Iw. 6725 ern mohte niuwet an getragen, daz im wol geschienen mähte.
2. In Verhältnissen ausserhalb des subjects.
a. In zur Verfügung stehnden mittelu.
Im ind«
E. 305 sU mir wülehomen zim> dem und ich nü haben mac,
il2 so vü was dem riehen man niht vertan, daz er einen kneht
mohte hän.
8738 des obzes moht er ezzen, swie vü od swaz er wolde.
1002O die ez haben mähten. 9984.
6. 1078 mute, des er mohte hän,
a.H. 761 daz ir mir alsolhez guot zeifietn manne niht mugent geben.
Iw.7115 diu sper, diu st da haben mohten.
Im conj.
E. 499 moht ir mir umb isengwant getuon deheiner slahte rät, so
wurder —
1395 der vaier mokte ez niht erziuget hän.
2276 möhte er gehabt hän volle hant, —
Iw. 2844 moht ich dem hüse geringen.
7985 d€tz mir des guotes ode der tage ode beider zerinne, e ich
die grozen mimie umb iuch verschulden miige.
b. In äussern umständen.
a) In der beschaffenheit des objects.
Das object ist eine sache.
Im ind.
E. 1434 man moht ez vil geriten.
5161 man mac diu wunder niht gesagen.
7296 mit volblanker varwe. ezn mohte niemen vaste keine wile
angesehen.
8225 man moht so umnnecUcher schar nie gliches iht beschouwen.
9287 daz man isengwant vil mildiche^i mac begrifen.
G- 911 deheinen list enmohter erdenken so gevüegen.
3088 daz man gevüeren mohte.
Iw. 2399 si mohtn ir wiUen unde ir heil ir Uhte geraten.
4887 nune mag ichs beidiu niht bestän.
5399 ezn mohte her Iwein den lewen niht vertriben.
Inf. fehlt
a.H. 591 alsus so wände er ^ do gesweigen: dö enmoJUer.
Im conj.
^•H 553 klage, die niemen doch enmöhte verenden noch gebüezen.
32 V. MONSTKBBKBa
Das object ist eine person (meist im dat).
Im ind.
E. 1139 ichn mohie in nie erwenden.
2674 si niemen mohie erwegen,
4887 mag ich iii^ erbiten.
5805 trän liim phoc niht verborgen sin.
6398 d€U! iuch ni^nan getreusten mac.
8025 im mohie nihi wider sin,
8121 Jen (uncerMagien) man nihi lihie entsprechen mae.
8814 dim mac ^ niemen des gewegen.
Mit Kol.
Iw. 1880 Juan macs (diu wip) üg äbdem mmoie beieren wcl ee guote.
Mit lihie,
5808 ein gast, der also spate und also mOeder iumä geräem, den
mac man Khie des erbiten.
5590 man mac Am gt^si tiUe ril geladen^ der beliben wil.
Im eoi\j.
G. 2065 ^ geddhie, 9cen si nü new^en wkMe.
a.H. 901 ^ man ir doch niht emnoUe benemem ir wüten,
ß) In einem praepodtionalen oder adverbialen ansdruek. der im znsam-
menhange meist eine nihere erklinmg findet
^Ich ordne: die localen, temporalen^ instnunentalen • modalen.)
Das sabjeet ist eine person.
Im ind.
E» 312 dar am moht WMn schomwen. 3620. 5278 7164. 10078.
Iw. 1162.
2601 mume mohie er swische» dm sdwurm geymstieren mere,
3331 als ich es term wmc gesehen.
4344 ir mugnt hie den pris bejagen. 5682.
4855 als ich es dar an kiesen moc*. Iw. 2570.
6029 michel graben mmde mist mac man daar uj» Verliesen.
7884 da mmm jn» mohte rtfm.
8531 da ich lüttet wider er»t wdgen mac.
8751 da niemen durch muhte kiMmen.
a.H. 101 d^ mmge wir an der kersen seh^m ein wahres bilde geschehen.
Iw. 7^ ichn muhi miht imer dd getigen.
V^s ^inhtchff verbuiu «ti^kt in ^teich^m &lle G. 274S. 3592.
Iw%2134 Ja» eimr m i«mM (Ui^fenj gerüen mac^
2923 dime mMe sis mhi wider komen.
$IM di muUe mtm s^.'htmwen.
mymiTlV NACH WELLEN Ü8W. 33
3908 esn moht et do niht toceher stn.
4099 der dewedem mach ich ze disen zUen niht hän,
E. 814 so si meiste von ir sinnen üz den rossen mohten gwinnen,
5909 und si den Tot mit ir bete enmohte ühertvinden noch —
6284 nu enmohte im diu guote vor grözem unmuote und vor her-
zensere geantwurten mere.
9179 des enmohte er niht verzagen,
G. 629 da von enmac ich der vrouwen leit entecken noch mit worten
errecken.
1652 unz si sich vor dem breiten se enmohten undersehen me.
1881 mag ich nü disen herzogen üf gotes gnade bestän?
Iw.2059 mit mime Itbe mac ich den brunnen niht erwern.
2908 nü mugt ir mit dem guote volziehen dem muote.
6500 si mohte nach betwingen mite eines engeis gedanc.
E,3917 so mugt ir äne sorgen mich genemen.
3921 so enmctch er iu niht geschaden.
9379 so mugt ir dienest von mir hän,
0. 448 so mac si mit dem guote volziehen dem muote,
Iw. 777 daz ichz niht gende enmohte getragen,
7295 do si mit minnen nieman gescheiden moMe.
Mit tpol.
R 3196 ir muget wol schouweti an ir geverte, 6817. Iw. 5934.
6.2812 da mäht du dich diner sünde wol beklagen.
Iw. 3684 der mac ich beider nü wd jehn.
Der inf. fehlt
B. 258 er im gedahte bdiben da: wände em mohte anderswä.
R 142 ich kum, ob ich vor siechtuome mac,
G. 608 alsus getruogen si ez hin bi der naht: vor dem tage enmoh-
tens e.
Iw. 7542 ob ich mohte iuch geren, nunc mac ich anders, wan also, daz —
Im conj.
£•3409 möht mcm dehein ere an iu unben begän. 5481.
8433 i man ez dem steine iender möhte erkiesen an,
G» 471 man möhte von in beiden da grozen jämer hän gesehen,
Iw. 2000 sine möhte da niht vinden niuwan zom.
Iw.6l57 war möht ich nü gerUen?
^ 6236 möhtent ir im daz leben mit weinenne wider geben,
6- 2945 em möhte der spise vor dem hunger niht geleben,
Iw. 1069 so er mit niemen enmohte erziugen dise geschiht, 1527.
6888 em möhte den kämpf niht gesehn vor ander unmüezekeit,
7447 und möhtet ir vor der naht hän gesehn.
UntCBR. V. DBUT80BS PHTLOLOOTS. BD. XYTII. 3
E. 7943 iraM so wioUad ir habfm warn —
Mit traf.
E. 4187 ee mcUe <m dirre tnmwen ein tore wd sdkamwem
Iw. 1462 der toi tmoUe am mir wol hie Mefff».
Iir.7429 ir tmöUent ane sduimde mir wo! sagem imwerm
Das snbjeet ist eine sadie.
Im ind.
E. 1181 es tmac im da frt ^m eriami,
Iw. 6685 dorne m^Me nM vor hesian.
E. 6732 es entmoUe do miki (o; geäm.
E. 9345 ja cmmtae mir disim sehamde vom solkem mamme me gesduikel^
E. 4878 so fmac mnr li€bers mHU gesdiAem. 9427.
G. 442 mm 9ras w^ae dämme ir mmoi gnrwmem «psie» äme guoi?
Iw. 2597 erm mtokte m amders mikt gesdidm.
Mit wol.
O. 2808 da mme dir wol werden we.
Im CODJ.
G. 1746 e£m mtoU le mmmsier gesekAem.
2470 sieh mkjUe ril moA der toi gemmd hohem se dirre moi.
G. 3719 ob dos vom goies gebe imumer mtohie geschekem^
Iw. 1402 wamd was mtöU im nm der gesehAm?
344^ da mite es gmmoc m^Aie insu.
a.H* 370 mtohi es mf riiirnrii hmldem sitL
Iw. 1735 dim im alswa moUe gtsdkei^
7*. In einem andern saiie«
la. In einem übeigeoidBeces.
aa. Der salz mit mmgem ist &n conseenliTer coAJonclionalsafaL
Das sabject ist dne pcneo.
Im ind.
E. 490 mirm gerOege goi moeh dem imt. doM iek er geweeiem wme.
1835 mtam fei m edsi rieke. dos er sieh maii m lejmgem machie,
2961 dos er hermoehie mi gesdlem algdiehe. dos si ciI voBetSd
r*yn im selbem awhiem rem.
2971 mos dos er siek so gor vewloe^ dos wftwffi dekeim akie i
3021 (der smmmem sdim) hei die bnmemüem liekks «W krvfeit, di
sS skk McdUm M»dhr.TdWw. 1^9. 22ib4. S251. 3570. 558
t>409. 6865. 9172.
G. 125 ir beäe jimomdem so m^ dos si sidk mmtiem mmekfithtm.
INPmiTIV NAOH WBLLBN USW. 35
6. 779 der wint wart also gröz, daz si Meine noch groz mohten
gevähen.
1268 got hat dir vil vrie wal gegeben^ daz du nü selbe din leben
mäht koufen unde keren ze schandeti ode ze eren.
a.E 609 ez ist mir kamen üf daz zil^ daz ich den jungen lip morC
geben.
929 Sit ez alsus umbe iuch statj daz man iu gehelfen mac.
1147 wan daz ich mich weste des muotes also veste, daz ich ez
wol ma^ dulden.
Iw. 2520 daz hat im lihte an'dirre vrist ein sdh unmuoze benomen,
daz er niht mohte kamen.
3609 er was bedwungen mit seiher siecheite, daz er so wol gereite
niht üf mohte gestan.
4754 daz uns der rise kume vruo, daz ich umbe den mitten tac
dannach hin kamen ma^. 4798.
4945 den warn die zagde under in zesamene gevlohten^ daz si
niene mähten ein ander entwOchen,
5468 wnz üf den tac, daz ich wider haben mac miner vrouwcn
hulde.
5909 er und sin lewe wären wunt so sere^ daz er mohte gevarn
unverre. 5612, 7355. 7412. 7667.
Mit wol.
Iw. 270 so vuar ich allen den tac, daz ich vür war wol sprechen
mac. 5034.
6849 daz man ir da vil schone pfl<^, daz si wol mähten riten.
Mit likte.
Iw.6945 iu ist e so vil geseit, daz ich iu lihte ma>c gesagen.
Im conj.
^1596 auch hat sich so manec munt in wibes labe gevlizzen, daz
ich niht möhte wizzen, weihen lop —
1769 als ob die sterne wceren unverdaht, daz man si möhte wol
gesehen (dies wol gehört zum inf.).
5426 der ritter groze quäle leit, daz nimer man möhte erliden
grtßzer not. 7947. 9553. 9840. 9913.
Iw. 4027 ein also a/rmiu magt, daz deheiniu armer möhte lehn.
6376 so sint si ze manhaft, daz in iemer delvein man den sige
mäge beihaben an.
6625 sof^ hin ich niender dem gdich, daz ich ir möhte gezemen.
Mit wol.
£• 6247 so enwas iuwer man weder so edel noch so rieh, im müget
wol werden ergeizet.
3*
36 V. MONSTBBBBBO
G. 1326 waZj ob mine vordem sint von sdhem geslehte, dae ich tvol
werden mehte ritter.
Das subject ist eine sache.
Im iad.
E. 2306 ein mouwe Sobelin y daz diu niJU bezzer mökte ^n. 7293.
bin nü het er sich ervohten, daz im niene mähten Ane wunden
ganz bestän. 8193. 8872. 9618.
G. 2862 ein so armez hiusdin, daz ez niht armer mohte sin,
Iw. 1388 du hetest an in gdeit die manheit, daz im von gehit^en dm-
gen niene mohte misselingen. 2237. 2898.
Mit tool,
Iw. 2939 unser ere und unser lant vil gar üf der wäge lity enkunU
ir wider niht enzity daz ez wol geschaden mac. 7241.
Der Inf. fehlt.
£. 892 nü häten si sich also gar erunietet und ervohten, daz si niht
mere mohten.
Im conj.
E. 2389 em dühte sich so volkomen, daz ez im erhübet mohte sin.
9206 von dem slage erglaste ein breitiu vlamme viurin, daz dez
viur möhte sin gevangen mit eim schoube.
G. 2270 ob siner swcere also wcerCy daz min helfe ims benemen möhte.
Mit wol.
E. 7353 geschaffen dort unde hie, daz es iuch wol möhte lüsten.
Beabsichtigt ist die folge.
E. 6432 ir wart ein vaÜstuol vor gesät, durch daz er die vrouwen
deste bctz möhte schouwen. 4218. 5266.
Iw. 5312 $i liezen von ein ander gän, dazs ir ptmeiz möhten hän.
ßß. Der satz mit mugen ist ein consecutiver relativsatz.
Das subject ist eine person.
Im ind.
E. 3770 solhem man, der enmac noch enkan iuch geren ze rehte^
7937. 8706.
G. 13 zwei kint, diu an ir Itbe niht schcener mohten ^n.
a.H. 411 ein sus gewante siecheit, die niemen mag erlceseh. 548.
Iw. 3765 sdhe rUerschaft, die niema/n gevelschen mohte.
Mit wol.
Iw. 864 mit seiher vuoge, die niemen wol gezurrten mac.
Im coi\j.
E. 23 ein maget begunde si üz wein, die ^ möhte senden dar.
272 wdher winkd im dar zuo töhte^ da er inne bdiben möhte. 7082«
INFINITIV NACH WELLRN ÜBW. ' 37
G. 1753 dca er in brmhte üf die statj da er st mohte gesehen.
a.E 11 ob er iht des vunde^ da mite er swcere stunde möhte senfler
machen. 15. 202.
Iw. 1021 ein strUen^ dajs got mit eren möhte sehn, 3046.
Mit tpol.
Iw. 1043 so vü, da von ich wol gemäßen mege die mäße ir stiche.
Das subject ist eine sache.
Im ind.
E. 3191 liebiu mcere, da von uns wol mac geschehen.
bb. In einem untergeordneten,
öö. Der satz mit mugen ist der folgesatz in einer bedingungsperiode.
Das subject ist eine person.
6. 435 belibt si mit dem lande, ir sünde mac st so baz gebüezen. 436.
Mit tool.
Iw. 5732 ttu>t min swester wider mich gnade , daz ist bülich: so mac
si mit minnen vtl wol von mir gewinnen, swaz —
7065 und swennern ilbertoindet , sone mac er niemer werden vro.
Im conj.
E. 4300 man möhte vil da von gesagen , wan daz da wurde der rede
ze vil.
6451 enwcßrt ir niht ein kint, ir möhtet iuwer Jcktge län, Iw 5261.
7453 wan deiz niht rehte kceme, — so möhte ich tounder von im
sagen.
8032 enist ez niht wan ein man, des möhte werden guot rät.
6.3171 er möhte vil deste baz kamen von sinem meine ^ ob er si zuo
dem steine wolde wtsen.
Iw. 7835 im möhtet schände merre niemer gewinnen , swenn er schei-
det hinnen aUes strites erlän.
Das subject ist eine sache.
Im conj.
E. 8866 enhet ich aller manheit niender eines häres breit, wan der
die ich von tu hän, mim möhte nimmer missegän.
d901 wan daz vrou Scelde ir stiu/re lech, sone möhte ez nimmer
sin geschehen. #
6-2026 heten si eir^en herren, sone möhte in niht geworren. Iw.3544.
3753.
3187 h4Bt er der niewan eine, der er vil manege mit unrät erliten
hat^ ezn möhte dehein Up erwem.
38 y. MONSTERBimO
ßß. Der satz mit mugen ist hauptsatz zu einem causalen conjunctionalsatz.
Im ind.
E. 112 ichn mac des niht verlangen , wand ir eis selbe habt gesehen.
G. 3241 nü mohtr niht loufen dräte, wand er gebende hate (Lach-
mann und Bech besser mit handschrift A em moht).
Iw. 5706 ich enmae in ze staten niht gestän, wand ichgroz unmuoee hän.
Mit wol,
Iw. 6989 st mohten wol striten, wand sis niht erste begunden.
yy. Der satz mit mugen ist hauptsatz zu einem temporalen nebensatz
mit conditionalem oder causalem sinne.
Das subject ist eine person.
Im ind.
E. 3257 wan unz ez ir verboten wirtj so mac sis langer niht verlän.
Iw. 1121 do im daz ros tot lac, done mohter niht vürebaz gejagen.
1207. 1400. 6613.
Im conj.
Iw. 1281 unz daz beslozzen wcer ditz hüs^ sone moht niht lebendes
drüz kamen.
Das subject ist eine sache.
E. 8148 die wUe und mich got tvil in stner huote hän, so enmac mir
niht missegän. Iw. 4267.
dd. Der satz mit mugen ist hauptsatz zu einem relativsatz, der con-
ditionalen oder causalen sinn hat.
Im ind.
6. 1361 der im die mäze kan gegeben^ sane mac niemen baz genesen
Iw. 6781 jener, der da nider lac, dem moht im niht ze stoßen kamen.
Im conj.
E. 2385 giudens urloup möhter hän^ derz dicke vilr in hete getan,
6019.
Iw. 1318 Ezn mähte nimmer dehein unp gelegen an ir selber lip sdhe
swcere, der niht ernest wtere.
Mit weil,
E. 873 einer ellenlanger wunden mohter vil wol sin bekomen, der
daz phantreht solle hän genofnen.
ee. Der satz mit mugen ist hauptsatz eines modalen relativsatzes mit
als, sOy dan.
Das subject ist eine person.
Im ind.
Iw. 7144 si entlihen kreftiger siege me dan ich gesogen mege.
INFINITIV NACH WELLEN Ü8W. 39
Mit wol.
ä.H. 559 als uns min herre hat gesaget, so mac man in vil wol ernern.
614 ich mag iuch eine wol bewarn, als ich iu nü hescheide.
Das subject ist eine sache.
Im ind.
aLH.1161 iu enmaCj als min muot stät, an mir niht gewerren.
Im conj.
6.3355 so hohe so min schulde stät, so möhte houm unde gras
darren,
cc. In einem gleichgeordneten,
acu der mit dem andern durch eine coordinierende conjunction verbun-
den ist.
Das subject ist eine person.
Im ind.
E. 4670 ich hän ze varne verre unde enmac ze disen ziten üz dem
wege niht geriten.
Mit wol.
Iw. 1928 nü habent ir schoene unde jugent — und mugt ein also
biderben man wol gwinnen.
Im conj.
Iw. 210 ichn möhte niht geniezen iwers lobes, wan iuwer rede hat
niht kraft.
Das subject ist eine sache.
Mit wd.
£•1794 ez moht wol äne haz sin^ wand ilrec was sin künne.
4623 dar zu^ ist iu daz lant unkunt und mac iu vil wol missegäfi
ßß. Der asyndetisch neben dem andern steht.
Das subject ist eine person.
Im ind.
E. 8486 so vindet er si (die porte) offen stän: er mac drin riten
oder gän.
8743 ez was dar unibe also getan, ezn fnohte niemen üz getragen,
8949 ouch mohtes Jßrec niht gesehen, daz muoste da von gesche-
hen, daz —
Iw. 1038 ir einer wart erslagen: dem mohte niht da von gesogen.
7380 wir haben et vertan unser häzlichez spil: ich nmc nü spre-
chen, swaz ich wü.
Mit wol.
E. 962 ichn hän dir so herzenleide niht getan, du mäht mich wol
K Itbe län.
40 ▼. 1IOV8TKSBXB6
Iw. 2312 ez ist mir so gewarU, ich mae Verliesen wol min lant.
Der int fehlt
E. 1347 er emphienc mich gester, — haz enmoUer.
Q. 932 vü wol gehidt er im daZj eme mohte bog.
Im coDJ.
Iw. 2267 ir mokterU sitzen naher boLZ, ich geheize tu wol daz, min
vroutoe enbizet iuwer nxht.
Mit wol.
Iw. 174 ichn habe tu sdhes niht getan, ir mohtet mich wol lAen lan.
Das subject ist eine sache.
Im ind.
E. 1576 so guot was des schapels schin, ezne moht kein borte bez-
zer sin,
5901 ich bin an der besten tugent, dim mac mä mir niht wesen
ze gäch.
Im conj.
Iw. 626 ein also gdpfer rubin, der morgensteme mohte sin niht
schoener.
6. Im zusammenhange.
Das subject ist eine sache.
Im ind.
E. 266 sU ich niht wesen baz enmac (nämlich wegen 232).
1040 Jan mugt irs niht geUmgen (wegen 1038). 2482 (vgl. vor-
her). 4484. 4572 (wegen 4575). 4625 (wegen 4575). 7179
(wegen 7154).
Iw. 5567 do er niht mere mohte gän (5564).
5719 Sit ich niht kempfen mac gewinnen (5706).
6454 sine mohten beidiu niht baz getan sin noch gebaren.
Mit wol.
E. 9570 daz ich vil wol erziugen mac (9572).
a.tt 950 du mäht mich des niht wol gewern (972).
Der inf. fehlt.
a.R 1274 ,,gesprechent mich."' „ja enmach ich,"^ (1270).
Im coi\j.
E. 6553 wä si die vreude mohte nemen (6556).
G. 1516 wie mohte erz baz gewenden.
3295 man mohte im sin geheine haben gezalt (3281).
1436 ders mohte hän genomen war (1406).
Iw. 7558 doch enmöhtent ir niht baz gerochen sin an mir.
Mit wol.
G. 3093 er mohte ir wol geniezen (3083).
INFINITIV NACH WBLLBN USW. 41
Iw. 7429 ir möhtent äne schände fnir tool sagen iuwern natnen (7425).
Der inf. fehlt.
E. 7262 und wa&re geriten, mokier, e (7233).
Das subject ist eine sache.
Im ind.
E.5264 des hünec Artüses bete enmoJde niht vrum gesin (5250).
3554. 9717.
G. 795 diu stcUe entnohte in niht geschehen (793).
Mit wöl.
£. 517 ez mac wol mit eren sin (518).
Im CODJ.
E. 1205 er gedähte, wä er baz erbeizen möhte.
1800 wä möhte grcezer vreude sin? 2868. 5391 (wegen 5386).
7502. 8430.
Iw. 1239 toä mite möhte iu u?esen baz ?
4482 wem möhte leider geschehn?
BisweQen liegt der grund zur möglichkeit oder Unmöglichkeit selbst-
verständlich in der Situation.
E.4851 ichn moht sin niht erkennen.
6153 wände er mohte sich vü nach an der rede versümet han,
9544 als ir selbe muget warten.
Mit wol.
6. 3729 ir muget wol nemen war.
Iw. 3398 ir mt^ wol schouwen, daz —
3- In rücksichten auf willen, sitlichkeit, gefühl oder
denken.
. ^ Die möglichkeit oder Unmöglichkeit liegt in dem willen der
redenden oder angeredeten person.
Das subject ist eine person.
Im ind.
Iv. 2525 also gerne mac ein man übele tuon also wol.
Im conj.
E-4521 ob ich wizzen mehte.
Das subject ist eine sache.
Im ind.
^* 703 nü unzzet rehte vür war, esn ma,c niht mere geschehen.
4952 nuic daz nü gescheiten.
6292 ez enmac nimmer beschehen, daz ich iuwer wip werde.
Im conj.
^ 510 sehty ob ez müge sin.
tt T.
b. In einem gefohl.
Im ind.
E. 3184 dinen schaden enmac ich nihi verdagen.
6434 nune mohis ab nikt vergezzen ir It'Aen gesellen.
6444 sine mohtes dach nihi lägen,
6515 nune mohte der gräve me im selben meisUr gesin.
6938 dazn moht diu vrawe niU vertragen,
9434 urie ir mugt beliben, ein also wteüicher man,
G. 1650 sine mohien der äugen ein ander niht verlaugen.
a.H. 1285 ja enmach ich ir todes niU gesehen.
Iw. 4143 swer sime zome niene mae gedwingen.
5304 doch enmoUer des ninwet län,
5965 sine mohte zdtens niht gehaben.
c In der moral oder dem Charakter.
Das snbject ist eine person.
Im ind.
E. 6458 ich ensaeh wunder nie so gros, das ir nHU enkunnet ged
gen und niht enmuget wol vertragen.
9209 wand ich niht drumbe geswem mac.
10013 son mac niemen des gejehen.
G. 126 man enmac im anders niht gejehen, 2503.
Iw. 3223 wan ern mohte die schulde uf niemen anders gesagen.
7904 ichn mac iuch des nihi erlan, 188. 288. 812. 847. 1262.
Im conj.
E. 5466 das enmohte ich niht verdagen. 6926. Iw. 7271.
Iw. 1896 mohte ich umben tot min leben äne houbetsünde gegebn.
Das snbject ist eine sache.
Im ind.
Iw. 8032 swie das mit vuoge mac geschehn.
Im conj.
Iw. 1435 möht es mit vuoge geschehen,
d. Im denken.
(Durch eine Überlegung wird die möglichkeit einer erklärong f&r eil
tatsache gesucht). VgL H. Boetteken a. a. o.
Das snbject ist eine person.
Im ind.
E. 2449 wer mac disiu ros erledegä hon?
7604 wer mohte ius doch reUe sagen?
Iw. 7005 ^ mohten von rfterschaft schneie gtMbel Aon,
INFINITIV NACH WELLEN ÜSW. 43
Mit wol,
£. 2761 daz melkte £rec wöl ^n.
4329 ir muget wol ein degen sin.
4537 ich wcme ez vü wol an der gelmrte haben mac.
6.3232 er moht wd wesen anderswä.
Im conj.
E. 14 nü wundert die hünegin^ wer der ritter möhte sin. 25. 1169.
4849.
4939 do nam uns wunder, wer ez möhte hän getan,
6.2167 wa^ möhte er vemomen hän der mtere?
a.E 485 si begunden si vragen^ waz ir wcere und wdher hande swcere
si möhte Magen.
Das subject ist eine sache.
Im ind.
6.2190 waz mac wesen daz?
2234 waz mac im danne werren?
2250 nü waz mag im ze weinen sin geschehen?
Im conj.
E. 448 er vrägen began, waz der schal möhte bediuten*
1194 nü jähens, der eitUwederz möhte sin,
5303 michel wunder in des nam, waz diu rede möhte sin.
7939 mich wundert, waz ez müge sin, G. 825.
6.3144 dö prägten in die herren, waz im möhte gewerren.
a.H.1016 und zwivelte vaste dran, weder ez bezzer getan möhte sin
oder Verlan.
Iw. 7596 der künec unt tiu diet vrägten unde riet , waz diu minne
möhte diuten,
^' Die möglichkeit oder Unmöglichkeit ist schliesslich
eine algemeine.
Das subject ist eine person.
Im ind.
E. 1133 ob ich mich errechen mac. 3178. 3897. 4800. 6057.
6.3747 mag ichn gesehen ^ herre?
a-H. 576 du enmaht es niht vür bringen, 849.
Iw. 911 ich mac daz niht bewarn,
1288 erne mac des niht entwenken, 1262. 1801. 1891. 2118. 2287.
3571. 4079. 5137. 5225. 6724. 6867. 7206. 7501.
Mit UH>1,
^ B. 973 die enmugen din niht wol enbem,
Iw. 2840 Jane mac niemen wizzen wol.
44 V. MONSTSBBERO
Iw. 7861 ez mac wol 5*n, das ez geschiht.
Der inf. fehlt.
E, 1090 ich kume morgen, ob ich mac. 3186. 8580.
Iw. 7893 dag ich im ir zommuot vertrtbe, ob ich iemer mac. 4958.
4972. 6117.
Im CODJ.
E. 2621 ob er den pris möhte bejagen, 5343. 9843. G. 146. 1937.
Iw. 7540.
E. 3004 si gedähtCj tvie si möhte ertcenden also gemeinen hojs. 3673.
8400.
3861 mohte ich mtne sache verwandeln^ daz enkete ich. 8165.
Iw. 4879.
E. 6847 ouwe möht ich im vor gesin.
8222 teer möhte iu die beschriben. 8287. a H. 1037. Iw. 3736.
4028. 4080. 7279.
Iw. 2650 sine möhtens im gemeren —
3693 des man niht wider mOge hän.
5020 nü hate dem risen geseit sin sterke, wer im geschaden möhte.
7276 möhten siz in beiden nach eren hän gescheiden, daz heten si
gerne getan.
Mit wol.
E. 8095 wie du queUesi dinen lip, ob du möhtest wizzen wol, was —
Der inf. fehlt.
a.H. 945 möhtestü, du hülfest mir.
Iw. 2932 er Tcoeme wider, möhter, e.
6416 ich ben(eme iun gerne, möht ich.
Das subject ist eine sache.
Im ind.
E. 4772 esn mac dehein rät sin. a. H. 925.
E. 5114 die wile und daz mohte sin. 10048. a.H. 221.
E. 6239 desn mac doch leider niht geschehen. 8795. 9322. Iw. 6160.
a.H. 188 wie mac ddus wesen?
1512 mac daz niht ergan.
Iw. 51 sdch vreude niemer werden mac.
1745 une mac sich daz gevüegen?
5507 wie mac daz kamen?
Mit wol.
G. 3750 daz mac wol geschehen.
Iw. 1978 mir mac wol gesckehn arbeit.
nvFnnTiv nach wbllbn üsw. 45
Im conj.
E. 9510 icie mokte diu geselleschaß haben deheiner liebe krafi?
9564 des enhete sH deheinen wän, daz ez immer möhte ergän od
das man in iender vunde.
6. 513 5f wurden ze rate, wie ez verholn mähte sin.
1732 wie daz mokte geschehen äne missewende^ des vrägte der
eilende. 3735.
2514 möht aber dehein buoze wesen.
Iw. 1614 od wie mokte sich gevOegen daz? 4324.
4033 daz ist unmügdich, daz iuwer kumber müge sin des endes
iender sam der min.
4352 und möht ez cUso sin gewesn,
6509 möht die deheines wibes güete iemer benomen hän.
Mit wol.
Iw. 8059 und möht iu daz wol wesen leit.
Ans dieser bedeutong des algemein möglichen oder unmöglichen
entwickelt sich die veralgemeinemde von mugen überhaupt, vermöge
deren das wort seine Stellung in algemeinen relativsätzen hat. Wir
haben damit die eine bedeutungsreihe von ihrer geschlossensten, concre-
testen gestalt durch alle sprachlich erkenbaren abstufungen der fassbarkeit
der eigentlichen bedeutung verfolgt, immer weiter trat der grund der
möglidikeit zurück, bis diese Wortbedeutung in den zulezt zu behan-
delnden gebrauchsweisen zu schwinden im begriff steht und mugen mit
dem iof. widerum, wie wir es bei wetten sahen, nichts andres ist als
eine modalität des im inf. stehnden verbum. Der modus aber, mit
dem hier mugen sich berührt, ist der conjunctiv, der ja auch das
ftlgemein mögliche bezeichnet und in algemeinen relativsätzen steht,
z.b. E. 1084 swie ^ iuch heize leben, 3834 er var, swar er wette.
Tritt mugen hierbei selbst in den conjunctiv , eine leicht bgreif-
liche cumulation der bezeichnung, so ist im gründe jede bedeutung
Ton mugen ausgefallen.
Das subject ist eine person.
Im ind.
E. 1893 swar er mokte gereichen.
2396 an swdhen andern dingen er es niht mokte bringen.
4316 swaz er fei svnen ziten ir ie mohte erriten. 6343. 7764.
8125. 9524. 9767.
Ö. 143 swä erz mac erwenden.
2087 swaz einem manne mac gegeben ein umnnedichez leben.
46 T. MOHSTKBBSBa
a. EL 803 swasf tnan das jär alse lanc dar üf gearbeiten mac.
Iw. 214 stpcus ir mich muget schelten.
5315 swaz d" ors mohten gevam. 4808. 7115.
Mit tod.
E. 7638 swes ein man wd al den tac so rehte lihie engdten mae.
Der inf. fehlt.
E. 730 si icafenten sich sä, tlrec als er moUe. 418. 2116. 2273.
2592. 5164. 6316. 10119.
G. 555 da schreip des kindes mucier an so si meiste mähte,
1476 mähte in ritter, so er schierest mohte. 107. slEL 329. 1029.
Iw. 737 do tele ich, das ich mohte.
2776 doch ringet dar nach allen tac manec man, so er meiste mac,
3875 und erzeict im sine minne, cds er von sime sinne aUer beste
mohte. 5112. 5813. 8053.
Im conj.
K 388 swes ein nmn mohte erdenken. 4862. 9503.
Das snbject ist eine sache.
Im ind.
E. 5127 sw€us im dienest mohte ^n.
8125 swa£ im getroumen mahie, dar üf hat er kein ahte.
G. 535 dae beste ^ dae da iener mohte sin.
Iw. 6707 von swem tu leide mac geschehn.
Aach ansätze zu einer zweiten bedeatong finden wir bereits in
den epen Hartmanns, in der mugen in das gebiet des conjnnctiirs ein-
dringt Wird die algemeine möglichkeit trotz eines Torschwebenden
gegensatzes zugegeben, so geht mugen in die concessive bedentang*
über und bezeichnet also anch hier nnr dasselbe, was sonst der con-
jnnctiy bezeichnen würde. Doch finden sich hierzu im £rec and Iwein
erst je zwei beispiele.
K 6510 tV mugt wol rede Verliesen vQ.
7456 wan sagen swajs si wellen, si mugen vil stUen und sprechef»^
ir muot, een kam doch —
Iw. 5264 ir muget harte vil gedreun.
7149 so mac er wol borgen.
Der concessive conjanctiv wechselt mit inti^ei» hier geradezu
R 7455.
Dies sind die schwachen aasgänge der einen entwicklongsreihe.
Wir wenden ans znrück za mugen in YoUerer kraft, aber in seiner
zweiten bedentang, am auch sie bis in ihre lezten aaal&afer zn Ter-
f folgen. Sie ist bereits an sich eine aas der ersten al^elätete.
INFINITIV NACH WBLLSN ÜSW. 47
B. Mugen in der bedentnng „anlass, grund, gelegen-
heit haben.^^
1. Parallel mit 1, c von A (s. 29).
Das subject ist eine sache.
Im conj.
E. 6032 und moht die toerU erbarmen min vil groz ungeval.
2. Mit 2, b, a von A (s. 31); von einer person.
Im* ind.
E. 8280 noch mohte er gemer schouwen die sibenzehende vrouwen.
Iw. 26 dae man gerne hceren mac.
2354 ein rät, des mugt ir tvesen vro.
Mit wol,
' E. 7508 des mac ich wd erlachen.
a.El407 dem meier und sinem unbe, den mac man wol gelouhen.
Iw. 3993 ich mac wol dagen min schcene mp.
Im conj.
E. 6499 den selben wehsd möhtent ir immer gerne triben.
Das subject ist eine sache.
E. 6272 des ld}ennes mag tu baz gezemen.
7216 der arzte mohte in wol gezemen.
3. Mit 2, b, /9 von A (s. 32); von einer person.
Im ind.
E. 8554 da von ich gerne wägen mac mine kranke ere.
Im conj.
Iw. 2861 durch wen mohte ein vrumer man gerner wirden sinen lip.
Mit wol,
Iw. 6091 si möhten wol erschricken von ir twerchen blicken.
Das subject ist eine sache.
Mit wd,
Iw. 4499 mac mir danne min lehn niht wol unmcere sin?
4. Mit 2, b, y, aa, aa (s. 34).
Das subject ist eine person.
£• 1544 daz hemde 5i bedahte^ daz man ez loben mohte.
Beabsichtigt ist die folge und es steht der conj.
^ 827 daz tet er uvnbe daz, daz iemen des mohte jehen.
Das subject ist eine sache.
£•5558 er duoc so manegen grimmen slaCy daz uns wol wundern
mac. 8700. 9152.
Wd steht E. 6558. 9152.
48 V. MONSTBRBESO
6. Mit 2, b, y, aa, ßß (8.36).
Das subject ist eine person.
Mit wol.
Iw. 7440 ein tac, den ich wol immer hazeen mac. 7546. 8119.
6. Mit 2, b, y, bb, aa (8.37).
Das subject ist eine person.
Iw. 1923 ir mugt ez dannoch heizen guot, oberz toilleclichen tuot
3187 mac sich der kiinec iemer schämen, hat er iuch mere in
rUers namen.
Im conj.
E. 5468 hat dirre inan ritters namen j so mohtent ir iuch immer
schatnen.
Mit trol.
E. 1352 soU ich nü von im wenken^ so möhi er wol gedenken.
7. Mit 2, b, y, bb, ßß (s. 38).
Iw. 7746 ich mac wol ietner sin unvro, das ich iu sus gedanket hän,
8. Mit 2, b, y, bb, yy (ib.); im conj.
Iw. 135 ."^ unser keif^er sine sach, do möht ir ouch geseszen sin,
9. Mit 2, b| y, bb, öd (ib.); im conj.
R 6464 .«NYiM also gdunge^ er möhte baz singen danne weinen.
10. Mit 2, b, y, bb, €€ (ib.).
K. 8151 ick mag ze disen siten also m€tre sierben, so der tip doch
mnoz verderben^
11. Mit 2, b« y« cc, aa (s. 39).
Das subject ist eine person. Mit wo! oder gem.
Im ind.
tu 6554 f IfU mmgt ir gerne rtmemen , wan ^ege imont selten iemen
mV Iw. li6L 4030.
Im i\\i\}.
R 65:9(2 es M>inY hrrtkh griäm mnd tnMts gerne lasen hän,
Iw. d02^ h4 Moft/r M\>f lyrtfuini ntine sormige site. warn da gewinnet
niamen mite m wmni j^uüif.
D»s subject ist eine siekei.
K. 2;^S^ J^ wi^ •«! «Iwiir» finlri« sit. mmml er mms —
Mit iTkV.
1% :^)40 «iß^ MMir midb 1«;!;^^ w^^« w«iW <r das mk^l irrfciwIAw hm,
12. Mit 2. i. ;. ce. SS \j^\
na$ $«)^ect i$i eiie |i«r;^«L
Iw^ :^^7 ir «M^ «iir «jirij:!^ «rmi^ AijUflM . idbi mil m keimt tm§e
I^fc^c^ itft am^mt «n^ ir Um: «r fimimmii imfi wmd dhur
INFINITIV NACH WELLEN USW. 49
Im conj. mit tool.
Iw. 3580 ich mohte mich wol ätien rtterUches mnotes^ libes unde guo-
tes der gebrist mir beider.
Das subject ist eine sache. Im conj.
G. 3278 er was so gliche Meine, ez mähte got erbarmen.
13. Mit 2, b, d (s. 40); meist mit wol oder gern.
Das subject ist eine person.
E. 5360 ouwe wie wol ich weinen mac (vgl. 5357).
5854 ir mugt mich gerne nemen (vgl. 5898). G. 1362 (vgl. 13G1).
2385 (vgl. das folgende).
2517 (Paul maoß, Lachmann und Bech mag, vgl. das folgende).
Im conj.
Iw. 7405 nA seht, ob ich von dem tage niht großen Jcumbcr wol von
schidden haben ^nege. G. 1108 (909). a. H. 464 (vgl. vor-
her). 490 (491).
Das subject ist eine sache.
E. 7284 auch mohte sis vü wol gesetnen (vgl. vorher).
8780 (vgl. das folgende).
14. Mit 4 (s. 43). (Es wird jeder grund geleugnet.)
E. 3815 wag mac ich sprechen mc?
5076 wcus mac ich nü gesprechen me?
7970 waz mac idi iu mere sagen?
a.H. 1439 wae mag ich da von sprechen me?
Iw. 778 nü was mag ich mere sageti?
6980 wes mugen si iemer btten?
Im conj.
E. 2120 wes möhtens langer Uten?
Auch in dieser bedeutung geht die entwicklung von mugen iu
einer so grossen schwäche aus, dass es nur noch umschreibende func-
tion behält, so aber, dass durch dieses zurücktreten der ursprunglichen
bedeutung räum gewonnen wird auch hier wider zur entfaltung von
aufang an in mugen vorhandener oder im laufe seiner entwicklung
erst entstandener ideenkeime. Wird nämlich eine person aufmerksam
gemacht, dass eine gelegenheit, ein grund oder anlass zu etwas vor-
lianden sei, so schliesst das von selbst eine aufforderung in sich jene
gelegenheit zn benutzen, jenem anlass folge zu geben. Im indicativ
mtOBB. y. DSUT80HS FHILOLOOIB. BD. XYIU. 4
I
i
50 V. M0N8TERBBRG
der angerodeten person zunächst umschreibt mugen daher den impera-
tiv des einfachen verbum.
E. 395 nü mugt ir haaren mtsre.
6554 daz mugt ir gerne verneinen.
Iw. 4661 ir mugt wol alle hie bestän, sU —
Insofern die aufforderung aber nicht direkt ausgesprochen wird,
sondern den hinweis auf die gelegenheit usw. zu benutzen oder nicht
dem ermessen der angeredeten person ilberlassen bleibt, kann in die-
ser ausdinicksweise eine besonders höfliche Zurückhaltung liegen, die
noch dadurch an milde gewinnen, kann , dass mugen in den potentialen
coi^unctiv tritt, wie da, wo £rec bei seinem beruhigenden zusprach eine
besondere Weichheit in seine werte legen will.
E. 8844 ir möhtetU beiten unz an die stunt, daz ir mich saheni
bliiotvar.
Umgekehrt aber könte man erwarten, dass die aufforderung an
nachdruck gewinne, wenn mugen selbst in den imperativ tritt, doch
finden wir diesen gebrauch auch in fallen, wo er entschieden beson-
dere höflichkeit ausdrücken soll. Dieser schritt , so nahe er zu liegen
scheint, spielt gleichwol das wort zu einer neuen bedeutungsentwick-
lung hinüber. Zunächst finden wir nämlich ganz verständlich den
(pleonastisch gesezten) imperativ, der sich vom indicativ hier am so
weniger unterscheidet, als das pronomen nie fehlt, so dass man in der
tat zweifeln kann, ob es auch der imperativ und nicht eine frage im
indicativ ist
E. 75 nü mugt tr mir gesogen,
5437 durch got mugt ir mich wiesen län, — sagei —
5474 mugt ir in durch got lan.
6280 muget ir fioch iutcer tceinen hin.
7938 mugt ir mir ouch durch got ni^ sagen,
7986 mugt ir mich län bevifulen.
8007 mugt ir warten.
8323 muget ir schouwcfK
G. 2398 herre, muget ir mir des rerjchen.
2512 muget ir mir sagcfi.
3380 muget ir doch miuen lip sehen.
Iw. 486 fHahtu mich danfie wiesen Um.
Wol die den imperativ vertretende 3. person des indicativs müs-
sen wir in
Iw. 3187 »wir sich der künec iemer schämen.
anerkennen, der gerade bei der energischen rede der err^^n Lünete
von grosser Wirkung ist
INFINITIV NACH WELLEN USW. 51
Dieser lezte gebrauch aber muss zu dem misverständnis geführt
haben y als habe mugen selbst eine optative bedeutung (wünschen, lust
haben zu, geneigt sein zu, wollen, geruhen, mögen) in sich, was ja
an sich gar nicht der fall ist. Das wesen des hier zu gründe liegen-
den Vorgangs vermag ich nicht zu erkennen. Mugt ir heisst z. b.
G. 2512 ich wünsche, will, dass ihr — , in dem gegenwärtigen falle
dagegen (vgl die unten folgenden stellen) wünschet, wolt ihr. Solte
hier ein Wechsel in der beziehung auf die subjecte anzunehmen und
dadurch die neue bedeutung entstanden sein? Ganz unannehmbar
scheint diese erklärung nicht, wenn man bedenkt 1) dass mugen in
imperativer form nicht mehr träger einer Wortbedeutung ist, und die
Sprache also wol eine neue in dasselbe zu legen geneigt ist. 2) dass
als solche sich wünschen , wollen usw. darbietet , sobald man in : du
seist = ich wünsche, dass du die Übertragung von der grammatisch
nicht ausgedrückten redenden person als subject auf die grammatisch
zum ausdruck gelangte 2. oder angeredete als subject zulässt. Mugen
steht nämlich nun nicht mehr blos in anzeigenden und befehlenden
Sätzen, sondern bereits auch in bedingungssätzen.
E. 40 mugt ir mich daz unzzen län, äne schaden ir daz tuot.
7584 mahiü dich nü erbarmen, sich, des ist zU.
6802 mahiü des, herre, bilde geben, daz tuo schin,
G. 2289 muget ir des erbiten, so vüer ich iuch dar.
und auch in andern als der 2. person, und zwar von neuem in
den Optativen conjunctiv gesezt.
Iw. 2503 er mohte sungen als ich.
5515 ich möhte mittem muote gevrumet han die yncere.
So haben wir hier auch bereits den ansatz zu der noch heut so
verbreiteten Optativen Verwendung von mv^en,
Überblicken wir die bedeutungsentwicklung von nmgen, wie sie
sich in dem Sprachgebrauch Hartmanns darstelt, so fanden wir noch
reste der ältesten sinlichen bedeutung; deren concreto bestimtheit zer-
floss immer mehr , je nachdem das , welches die Ursache der möglich-
l^eit oder des anlasses war , zurücktrat. Sobald sie auf diesem wege
der abstraction bei der algemeinsten stufe angelangt war, war das verb
niit gewissen functionen des conjunctivs zu concurrieren geschickt gewor-
den und konte nun diese selbst übernehmen , und nunmehr war ihm
ein neues feld zu seiner entfaltung eröfnet. Denn wie bei wellen fält
seine bedeutung im indicativ niemals ganz aus, sondern äussert sich
in der bestimmung der form , und zwar ist diese bestimmung nicht
wie bei wellen eine temporale und eine modale, sondern nur eine
4*
52 V. M0X3TERBKB0
modale: mugen um::chreibt sowol den conjuDCtiv wie den imperaÜT, nnd
zwar den conjunctiv nicht blos wie tcellen in der abhängigkeit, sondern
aach in selbständigen Sätzen. Im algemeinen relativsatz hat mugen
den einfachen conjunctiv zur seite £. 1084. 3834, im concessiTen
gebrauch E. 7455, im potentialen a. H. 483 (s. 43), nnd E. 14 mit 38
mhi rroiuce tceste gerne m^erCy teer der rltter tc<ere. Als blosse Um-
schreibung des imperativs oder des adhortativen eonjunetivs findet sich
mugen .schon bei Otfrid (0. Erdmann I § 78). Ä. Denecke s. 9 fBhrt
ein beispiel zur Umschreibung eiues futur an. Tat. 70 , 34 quomodo fiet
isiud, icuo Mag ihaz shi. Es ist wol freie Übersetzung nnd nach A, 3, d
zu beurteilen. Wie schwach aber die ganze bedeutung des wertes war,
zeigt der umstand, dass es mehrmals in Verbindungen, in denen es
sonst zu stehn pflegt, ganz fehlt. Man vergleiche E. 1989. 2306 mit
E. 1362 ich etibringe in üf die rari, duz er nie richer wart, oder
G. 540 cds rtchiu mltniu tcai, daz nienwn bezzer hat; oder E. 4521
3. 41 mit 4472 iehn muotej tcan daz ich tcizze^ wer ir sU.
Verhängnisvoll muste unter solchen nmständen ein zusammen-
treffen mit dem conjunctiv werden. Denn mngen wurde dadurch trft-
ger eigentlich zweier bedeutungen und um so leichter konte , ohne ver-
misst zu werden, die schwächliche von mugen schwinden, während die
vom Sprachgebrauch einmal gebotene form nicht geändert zu werden
brauchte. Diesen Vorgang werden wir noch ganz ebenso bei soln nnd
müezcn sich widerholen sehen, die einmal überlieferte form bleibt, die
bedeutung aber des verbum schwindet unbemerkt unter der decke der
sich vordrängenden modusbedeutung. Bei wellen konte dieser zasam-
menstoss seine Wirkung weniger deutlich äussern , weil jenes Terbum
in seiner auflösung schon weiter vorgeschritten nnd schon im indicativ
oft nur noch Umschreibung des eonjunetivs war oder des ftitumm. Für
fnugefi nun wird die gefahr des Schwindens der bedeutung verwirklicht
erst durch den übertritt in den conjunctiv und zwar in doppelter weise.
Entweder es tritt mugepi in einer seiner schwächeren anwendungen in
den coi^junctiv in irgend einer seiner functionen und die der yerflüch-
tigimg nahe verbalbodeutnng fält einfach aus, da das wort nun der
trägiT einer neuen bedeutung geworden ist. Es ist also ein yerdrän-
gungsprozoss, wio man ihn bei wdlen weniger annehmen darf. Wellen
war in allen den t'ilUen, in denen seine bedeutung beim übertritt in
den ooi^unctiv ausfiel, dem conjunctiv selbst schon oder dem diesem
vorwanten futurum im iudicativ nahe gerückt. Mugen aber steht wk-
lich in föUon, in denen es volständig ebenso gut fehlen könte nnd
auch fehlt, wo os vielleicht nur einen griVsseren nachdruck bezweckt
(s. i^) und wo die gefahr nahe liegt, dass es zum unnützen ballast
MFIMITIV NACH WELLEN USW. 53
wird. Hier verbleibt ein rest der bedeutung nur , weil die vom Sprach-
gebrauch, namentlich aus der nachdmcksvolleren directen form einmal
überlieferte wortform an ihn erinnert, schwindet aber gänzlich, sobald
mugen nicht mehr, auch wenn es sie aufgibt, als blosse schwerfaUige
mnecfareibung, sondern wider in einer function, der des conjunctivs,
erscheinen kann. Es tritt dies bei allen den fällen ein, in denen aus
irgend einer tatsache eine schärfer unterscheidende zeit nur eine mög-
fichkeit f&r eine andre, eine spätere , im schnelleren denken diese als
selbstverständlich übergehnde, weniger gewissenhaft die handluug bald
selbst folgerte, d. i. namentlich in den Mlen von A und B, 2, b, ^
und in den folgerungssätzen der bedingungsperioden. Ob schon Hart-
mann hier blos den coi^unctiv gefühlt hat, muss dahingestelt bleiben,
doch sprechen dafor parallelen und selbst Verbindungen mit dem orga-
nischen conjunctiv. Vgl. E. 9564 des enhete st deheinen wän, dag
ejs tmmer mohte ergän od dcus man in iender vunde, oder man ver-
gleiche K 5426 (s. 35) oder Iw. 4027 (ebd.) mit Iw. 6497 ich wcene
man an kinde niemer nxere vinde stiezer wort oder mit E. 7369 also
was sin geschafl, das doch ein werlttmser man niht hezzers hetraJUe
oder mit a. H. 217 waere der arzenie aiso, daz man si veile vunde oder
das man si hunde erwerben, ferner E. 6451 (s 37), oder Iw. 5261 (ebd.)
mit E. 709 ob tu wcere der llp ze ihte mcsre, so liezet ir iuwern kint-
Uehen sirU oder mit Iw. 6806 wtere iu daz erkant, so hetent ir des
gerne rät. Seltner steht mugen so im bedingenden satz, vgl. E. 4521
(8. 41).
Oder aber es tritt mugen wie wellen in einer der bedeutungen,
in welchen es an sich schon dem conjunctiv nahe steht, in den con-
junctiv. Alsdann ist es ein verschmelzungsprozess. Dies tritt ein beim
gehrauch von mugen in veralgemeinerndem (s. 45) , concessivem (s. 46,
wo aber übertritt in den conjunctiv sich nicht nachweisen lässt) und
potentialem (s. 42) sinne. Auch hier findet sich parallel der conjunctiv
des einfachen verbum, s. o.
Dieselbe gefährliche doppelung des ausdruckcs tritt ein, wenn
dts den imperativ umschreibende mugen in imperative form gcsezt wird,
Tgl. 8. 50.
Immer aber behält mugen mehr oder weniger seine bedeutung,
weim es zu andern praeteritopraesentibus in gogensutz tritt. Das ist
derfaU
mit kunnen E. 887. ;i288. 3770. 6458. Iw. 2286.
mit saht G. 2502. Iw. 5096. 8053.
ähnlich bei tuon, wo die ausfuhrung zur möglichkeit in gegensatz
trit, E. 3859. Iw. 7275.
54 GU8T. KETTNER
auch bei geschehen E. 4878. 9344. 9427. Iw. 1402. 1735. 2597
G. 1746. 3719.
oder bei sin E. 6732. a. H. 370. Iw. 3448.
oder wo der infinitiv zu entlehnen ist.
Zu entlehnen aber ist der infinitiv
I. innerhalb der nämlichen periode.
1) im relativsatze aus dem vorangehnden hauptsatze.
a. Ein Superlativ steht im ersteren vor mugen G. 107. 555. 1476.
a. H. 1029. Iw. 2776. 3875. E. 2116 steht mugen vor. Der
hauptsatz folgt E. 2592. 5164.
b. Der relativsatz hat einen algemeinen sinn £. 418. 2273. 6316.
10119. a.H. 329. Iw. 5112. 5813. 8053.
c. Im gewöhnlichen relativsatze E. 730. 3288. 3442. Iw. 737.
2) Im bedingungssatze aus dem hauptsatze
mit ob E. 142. 1090. 8580. Iw. 7893; der hauptsatz
folgt Iw. 4958.
ohne ob E. 3186. Iw. 6416; der hauptsatz folgt a.H. 945.
Iw. 4972. 6117; der nebensatz ist eingeschoben E.7262.
Iw. 2932.
3) Im consecutivsatze aus dem hauptsatze E. 892.
II. aus einem andern Satzgefüge, immer negiert,
E. 258. 1347. 5768. G. 6u8. 932. a. H. 591. 1274. Iw. 5096.
7542.
Über die ellipse bei mugen vgl. K. Weinholds germ. Abh. heft 5
s. 95.
(Fortsotzang fol^)
DER MOXin.Oi; DER ELISABET iM. ST. IV, 10) UND
EIN AUSGEFALLENER MOXOLuG BUTTLEKS.
Am 16. junuar 18iK> teilte KC^ruer an Schiller seine bemerkun-
gen über den \Vallon<tein mit. Am sohluss des briefes (IV, 166)
äusserte er folgeii.le ansieht ubt^r Buttlers Charakteristik: „Nur eine
bomerkung erlaube mir im spinzen über Ruttier. Ich wünschte ihn
finsterer und verschlossener. Dies würde mehr mit Wallensteins heit-
rer Offenheit coutrastieren. Auch scheiut es oieht nötig, dass ButÜer
sieb von seiner handluugsweise so deutlich rechenschaft gibt Ich
MONOLOG DBB BLISABBT 55
würde ihn daher wenig allein sprechen lassen, nur etwa den anfang
des monologs im 3. [jezt 4.] act bis zu der zeile
Und hier an Böhmens Grenze muss er sinken.^
B. Boxberger hat daran (in den Jbb. für Phil. u. Paed. 1873
II. abt 8. 384) die vermutuDg geknüpft, dass ausser dem veränderten
actschluss vor allem diese bemerkung Körners für Schiller der anlass
gewesen sei, den längeren monolog Buttlers, ^ wie ihn das bühnen-
mannscript als abschluss des dritten actes von Wallensteins tod (hinter
act IV sc. 8 der druckausgabe) enthielt , zu streichen.
Diese Vermutung hat viel ansprechendes. Zwar antwortete Seh.
auf Es. aesthetische kritik des ganzen am 24. märz 1800 ziemlich
ablelinend und nahm keine der von demselben vorgeschlagenen tief-
greifenderen änderungen vor; welchen wert er indessen doch auf Kör-
ners bemerkungen im einzelnen legte, beweisen die folgenden briefe.
Dass E. am 26. juni desselben jahres einen ausdruck in Schillers Mac-
betbübersetzung tadelt (lY, 174), bestirnt ihn zur abänderung dessel-
ben. Auch erbittet er sich, bevor der druck seines nächsten Stückes,
der Maria Stuart, begint, wider — 13. januar 1801 (IV, 206) — Ks.
bemerkungen ; dieselben sind enthalten im brief vom 28. januar (IV,
209); am 5. märz (IV, 210) antwortet Seh., dass er sie benuzt habe,
wie dies auch die ausgäbe des dramas beweist.
Vielleicht aber möchte doch ein anderer grund entscheidender
gewirkt haben! Seh. mochte sich nicht verhehlen, dass er in dem
monolog der Elisabet (Maria Stuart IV, 10) wegen der in vieler bezie-
bung ähnlichen Situation der heldin mehrfache berührungen mit jenem
früheren monolog Buttlers nicht vermeiden konte, und es muste ihm
unlieb sein, in jenem an diesen zu erinnern.*
Man vergleiche nur einmal die beiden monologe mit einander!
In beiden drehen sich, die gedanken der redenden um denselben mittcl-
pnnkt, um das bewustsein eines dunklen fleckens an ihrem rufe, der
ihre Stellung zu vernichten droht; bei Buttler ist es der treubruch
gegen seinen kaiser, bei Elisabet ihre unehliche geburt.
Ich habe mir den reinen Buf gespart
Mein Leben laug
b^t Buttler; ganz analog sagt Elisabet zu anfang des ersten haupt-
abschnittes:
1) Abgedruckt in der histor. - krit. ausg. XII, 346, bei Hempel IV, 5.
2) Über widerholangen dordolben godankcn, motivc und wendungeu in Goe-
tbesdramen vgl. D. Jacoby im Goethe -Jahrbuch V (1884) 313.
5< GCST. KETmUI, MONOLOG DSB ELI8ABBT
Warum hab' ieh Gerechtigkeit geübt,
Willkür gehasst mein Leben lang.
Beide grollen dem gegner, dass er ihnen das höchste im leben ge-
nommen,
Buttler: die Arglist dieses Herzogs
Baubt mir des Lebens höchsten Schatz
Elisabet: Sie entreisst mir den Geliebten,
Den Bräufgam raubt sie mir.
Beide meinen, nur durch das blut des gegners den flecken ihres rufes
auslöschen zu können:
Nein, diesen Schandfleck tilgt nur Blut!
Du, Friedland, oder ich.
ruft Buttler, und ähnlich Elisabet:
Der Zweifel meiner fürstlichen Geburt,
Er ist getilgt, sobald ich Dich vertilge.
Dazu berücksichtige man. dass die drucklegung des Wallenstein
und die arbeit an der Maria Stuart gleichzeitig Terliefen. — Der druck
des W. begann im februar 1800 (brief an Kömer vom 5. Januar,
IV, 159), am 23. juni gieug das eiemplar für Kömer ab (Goedeke
in seiner ausgäbe der briefe 11, 345 anm.). — Ende april 1799 hatte
Seh. die vorarbeiten zur Maria begonnen (an Goethe II ^ 187), am
31. december war er bis zu Mortimers tod (act IV, sc. 4) gediehen
(ebda s. 264); indes.<en eine schwere erkrankung und die Übersetzung
des Macbeth verzögerten die Vollendung so, dass erst zu anfang des
mai IHOO die vier ersten acte ihre sehlussredaction erfuhren (ebda 8. 279),
in den ersten tilgen des juni wurde dann auch der lezte act abgeschlos-
sen (^ brief au Körner vom 16. juni, IV, 171), am 14. dieses monats
das drama zum erstenmal aufgeführt.
Wenn man dies beides, das ziisammentrefien im Inhalt und in
der zeit der abfassung resp. des druckes, zusammenhält, wird man es
wahrscheinlich finden, dass neben jener tadelnden bemerkung Körners
der monolog der Elisiibet der hauptsilchlichste grund gewesen ist, wes-
halb jener monolog Buttlers in W. T. IV, 8 gestrichen wurde.
SCUULrFOKTE. GUSTAV KETTNKR.
57
ÜBER KÖENER UND VERWANTE METRISCHE ERSCHEI-
NUNGEN IN DER MITTELHOCHDEUTSCHEN LYRIK.
Wilhelm Wackernagel (Altfranzösische Lieder und Leiche,
s. 171) nent körner die widerkehr desselben reims in je einer zeile
Ton System zu System. ^
Wilhelm Grimm drückt sich in seiner bekanten abhandlnng
»Zur Geschichte des Reims ^ (Abhandlungen der Berliner Akademie
1851,8.586) algemeiner so aus: ,, körn er heissen die in verschie-
1) Körner ist ein kanstausdrnck der Meistersinger, über welchen ihre
tabulatar, d. h. die aufzeichnung der für ihre vors- und reimkunst massgebenden
regeln, bestirnte aaskunft gibt. Joh. Christof Wagenseil hat in seinem „Buch
von der Meister -Singer Holdseligen Kunst *^, (angehängt seiner „Commentatio de
ciritate Noribergensi. Altdorfi 1697. 4«. S. 433 — 576) aus den tabulaturen meh-
rerer meistersingergeselscbaften, die ihm teils gedruckt teils handschriftlich vor-
lagen, eine verlässige und übersichtliche zusanmienfassung der tabulatur gestaltet.
Er erklärt in dieser , s. 523 :
.Körner sind blosse und ungebundene Vers in allen Gesetzen, die sich aber,
so man sie zusammen hält, mit einander binden und reimen. Als, wann zum Bey-
spiel, im ersten Gesetz der letzte Vers bloss und ungebunden stünde , so müste ihn
der lotste Vers im andern , dritten , und so fortan , und also in allen Gesetzen bin-
den; Zorn Beyspiel:
1.
Diß arme Pilgram -Loben,
Ist aller Arbeit vol,
Und wird schon einem wol,
So hat er Müh darneben,
Biß er gorecht gestorben.
2.
Es ist ein Haus der Krancken,
£in Maugel -volles Ort,
Das speiset Thränen -Wort,
Und traurende Gedanckon,
So bleiben unverdorben.
3.
Deßwegen sich die Frommen,
Stets sehnen nach der Freud,
Die fem von allem Leid,
Dahin kein Schmertz kann kommen.
Ja GOtt selbst wird erworben.
Hie bleibt im ersten Gesetz das Wort, gestorben; im andern, unverdorben;
und im dritten, erworben, bloß und (un-) gebunden; sie binden sich aber mit-
einander." Vgl. midebrand, in Grimms Wörterbuche 5, 1820. J. Z.
58 GISKB
dene Strophen verteilten Beime.'^ Als beispiele fuhrt er indes ausser
den beiden „Kunststücken" Gottfrieds von Neifen (11, 6 und 34, 26)
nur solche gedichte an, in denen eine verszeile der ersten strophe in
der entsprechenden aller folgenden Strophen ihr reimwort findet.
Auch die gelehrten unserer zeit scheinen der ansieht zu sein,
dass man unter körn er die über alle Strophen eines liedes verteilten
reime zu verstehen habe. Wilmanns z. b. (Walther von der Vogel-
weide *, s. 63) findet bei Walther nur in den gedichten 110, 13 und
119, 17 körner, während Bechstein (Ausgewählte Gedichte Walthers
von der Vogelweide und seiner Schüler, s. 79, anm. zu 10, 30) auch
in den beiden ersten Strophen des liedes 45, 37 kömer entdeckt und
glaubt , dass der correspondierende vers der dritten strophe verderbt und
entsprechend zu ändern sei.
Ich glaube mit andern, dass hier eine änderung durchaus nicht
am platze ist. Auch die ansieht, die Wilmanns (Z. f. d. A. 13, s. 233)
ausspricht, dass 46, 21 später als die beiden ersten Strophen gedichtet
un4 später nachgetragen sei, reicht meines erachtens nicht aus, das
fehlen des korns zu erklären (vgl. zu 1 B 1).
Mir scheint es überhaupt richtiger, zunächst die frage anfzu-
werfen: „Ist es rein zufällig, dass str. 1 und 2 des liedes So die bluo-
men üz dein grase dringent körner aufzuweisen, str. 3 nicht, oder
verfuhr der dichter hier mit bewuster absieht?" Diese frage bot mir
veranlassung, die anwendung der körner in der mittelhochdeutschen
lyrik genauer zu untersuchen.
Bei dieser gelegenheit stiess ich auf andere, mit den körnern
verwante strophenbinduiigen , über welche meines Wissens weder im
zusammenbange noch im einzelnen ausführlicher gehandelt ist.
Man ist in unsern tagen verschiedentlich bemüht gewesen, die
poetische technik der minnesinger zu erforschen und die resultate die-
ser forschung für die herstellung der ursprünglichen gestalt ihrer lie-
der nutzbar zu machen. Auch die im folgenden gesammelten metri-
schen erscheinungen bieten in dieser beziehung anhaltspunkte. Ich
habe es daher für geboten erachtet, die in betracht kommenden reime
überall auszuschreiben. Bei einigen gedichten habe ich angegeben, wie
ich mir unter beobachtung der Strophenbindungen die ursprüngliche
zahl und reihenfolge ihrer Strophen denke. Es hätten sich gewiss noch
manche von den gedichten, welche die Minnesinger von der Hagens
allein bieten, in dieser hinsieht bessern lassen, aber ich glaubte, dies
lieber einem überlassen zu sollen, der mit einem genaueren kritischen
apparat arbeiten kann, als es zur zeit möglich ist.
KÖRNBR 59
I. Gedichte, deren Strophen durch körner gebunden sind,
i Gedichte, deren sämtliche Strophen durch körner gebunden sind.
a. durch ein körn.
1. Wachsmut von Mülnhausen (HMS I 327 III. B. L. LII 17) *
28tr. 7zeiL ababcKc
ir : mir
2. Die Winsbekin (HMS III 467 III)
28tr. 21zeil. abcbcdaefefdghghikikK
troestcerinne : minne
3. hl einem namenlosen Z. f. d. A. 4, 573. B. L. XCVIIl 559 mit-
geteilten liede.
2str. 11 Zeil. aabccbddddK
cristmlieit : streit
4. Christian von Lupin (HMS II 20 H)
3str. 15zeil. abbcabbcKddeffe
Str. 1. 9 ein munt rceter danne rot
„ 2. 9 mir totere nceter danne not
„ 3. 9 stürbe er tceter danne tot
5. Walther von der Vogelweide (WL 119, 17)
4str. 9zeil. ababccKdd
Siehe V A.
6. Heinrich von Veldeke (MF 59, 23)
3str. 9zeil. abaababKb
Dies lied nimt insofern eine Sonderstellung ein, als hier die
körner in der widerholung ebenderselben werte bestehen:
Str. 1. 8 swer hat rehte minne
2. 8 diu mir gap rehte minne
n
Die reime
^ 3. 8 diu mich durch rehte minne.
Str. 1. 1:3:4:6 järe : kläre : offenbare : märe
„ "2. 1 : 3 : 4 : 6 ere : kere : scre : here
„ 3. 1 : 3 : 4 : G nulen : unbltden : Uden : venntdeti
zeigen in ihren vokalen die folge ä, e, l. Die Vermutung, dass dem
liede zwei Strophen mit den vokalen ö, ü m den reimen der entspre-
chenden verse fehlen, lässt sich leicht aussprechen, aber nicht bewei-
sen. Dagegen scheint das mit ziemlicher Sicherheit angenommen wer-
den zu können, dass diese künstelei beabsichtigt ist und die ursprüngliche
reihenfolge der Strophen anzeigt. MF ist die leztere richtig hergestelt
1) Die auf die deutsche llttoratur bezüglichen citate werden als veitttändlich
Tonuugesezt.
60 OISKS
gegen die Überlieferung der Iiandschriften ^ von denen B die atrophen
in der folge 1. 3. 2 hat, C dieselben in der folge 3. 1. 2 bietet
7. Walther von der Vogelweide (WL 110, 13)
2str. 7zeil. ababKE (cc)
enkan : gewan.
Auch dies gedieht weicht von den beispielen 1 — 5 in etwas ab:
der zeile, welche das körn enthält, folgt ein zweizeiliger refrain, und
diese drei Zeilen bilden zusammen den abgesang.
8. Reinmar (MF 154, 32 fgg.)
Die Überlieferung schwankt in anzahl und reihenfolge dieser Stro-
phen: A hat Str. 1. 3. 4. 5, B 1. 2. 3, C 1. 2. 3. 4. 5, E 3. 5. 2. 1.
In MF sind aus den fünf in C erhaltenen Strophen zwei lieder (I =
str. 1 — 3 , n = str. 4. 5) gemacht. Regel (Germ. 19, 156) nimt 156, 8
die Überlieferung von E an, verbindet diese Strophe mit 154, 32 —
155, 26 zu einem vierstrophigen gedichte und trent 155, 27 als ein-
strophiges lied ab. Ihm stimt Paul (Beitr. 2, 519) bei Burdach (Rein-
mar der Alte und Walther von der Vogel weide s. 200 fgg.) beweist,
dass E eine völlige Umarbeitung von 155, 38 gibt, gemacht, um die
einzelne frauenstrophe in einen Zusammenhang mit den drei vorher-
gehenden zu bringen. Ich stimme Burdach sowol in diesem punkte als
auch darin zu, dass 155, 27 und 155, 38 von den voraufgehenden
Strophen abzutrennen, umzustellen und unter sich zu einem liede zu
vereinigen seien. Darnach haben wir hier nur in betracht zu ziehen
MF 154, 32—155, 26
38tr. llzeil. ababbWbWcKc
Str. 1. 10 gU : Str. 2. 10 strtt : str. 3. 10 zU.
b. durch ein seinerseits durch reim mit einem refrain gebundenes kom.
1. Albrecht von Johansdorf (MF 90, 16)
28tr. 8zeil. ababccK(d) R(d)
verlie : nie
Refr. vröudc utid sunier ist noch allez hi&.
Beide Strophen beginnen mit Ich.
2. Steinmar (HMS H 155 IV)
5str. 9zeil. ababccK(d)R(Wd)
gern : etibem : gern : wem : kern
Refr. Mirst min Ion gen der vü süezen Mure unnaher, danne vem
mit geringer Variation des anfangs der ersten zeile in den verschiede-
nen Strophen.
3. Rost Kirchherr zu Sarnen (HMS II 133 VIII)
3str. 12zeil. aabccbE(d)eebR(dd)
mac : maltersac : hejac
KÖBNKB 61
Eefr. Minne ^ minne^ hilf mir werben umbe tac, al min not mir her-
ter nie gdac,
4. Markgraf Heinrich von Meissen (HMS I 13 IV. B. L. LIU 1)
2 Str. 8 Zeil. ababcE(d)cR(d)
tmgemüete : glüete
Befr. str. 1 des hüe ich got ir reinen lip behüete
„ 2 und bite got ir usw.
Bartsch scheint das lied für volständig zu halten. Nach HMS
ist in der handschrift far drei Strophen räum gelassen , so dass wir
nur die beiden anfangsstrophen besässen. Soviel scheint indes sicher
zü sein , dass die fehlenden Strophen denselben refrain und mithin die-
selben körner aufwiesen.
5. Heinrich von Morungen (MF 127, 34)
5str. lOzeil. ababccB(d)eeE(d)
Hier findet das umgekehrte von der in den beispielen I Ab 1—4
beobachteten erscheinung statt : die durch die interjection owe gebildete
reirainzeile geht voraus , es folgen die mit ihr reimenden körner in der
lezten zeile der strophe
ste : e : me : me : erge
6. Ulrich von Lichtenstein (L 449, 11)
P(e)
38tr. lOzeil. a ab ccb dddE(e)
Hier reimt das erste wort jeder strophe , welches immer dasselbe
(tcci) ist, als pause mit dem lezten
hol : vol : sol (vgl. I A b 5).
B. Gedichte , deren Strophen mit ausnähme einer einzigen durch körner
gebunden sind.
1. Walther von der Vogelweide (WL 45, 37)
3str. llzeil. str. 1 und 2 abcabcddeEe
„ 3 ewe
Str. 1. 10 getan : str. 2. 10 stän
str. 3. 10 sin.
Die handschriften stimmen in der Stellung von str. 46, 21 nicht
fiberein: in ABP folgt sie auf 46, 20, in CE hinter 47, 15. Wil-
Mnns Z. f. d. A. 13, s. 233 schliesst aus dieser verschiedenen anord-
nung, dass diese strophe in der gemeinsamen quelle BCEF ursprüng-
licb nicht vorhanden gewesen , dass sie später als die Strophen 45, 37
^d 46, 10 gedichtet, später nachgetragen, aber bestimt gewesen sei
un anschluss an die erwähnten Strophen vorgetragen zu werden.
62 OISKB
Nehmen wir an, Wilmanns hätte darin recht, dass str. 46, 21
eme spätere nachdichtung sei, so müssen wir eine erklärnng dafür
finden, dass diese strophe nicht genau dieselben formen aufweist wie
die beiden andern. Man solte doch meinen, der dichter würde sieb
bemüht haben, dadurch dass er die Strophen volstfindig gleich baute,
die nachdichtung als solche so wenig auffällig wie möglich zu machen.
Da scheint nichts näher zu liegen, als mit Bechstein (vgl. oben s. 58)
46, 30 als verderbt aufzufassen. Aber bei dem einfachen klaren sinn,
den die beiden scblusszeilen ergeben , ist eine änderung mehr als bedenk-
lich. Man könte ferner die körner in den beiden ersten Strophen als
Zufälligkeiten ansehen. Allein auch hiergegen erheben sich gewichtige
bedenken. Wenn wir die unter I B gesammelten beispiele betrachten,
finden wir, dass häufiger dreistrophige gedichte so gebaut sind, dass das
kom der beiden ersten strophen in der lezten fehlt. Ziehen wir nun weiter
das zu I B 3 und 6 sowie das am Schlüsse dieser arbeit über die drei-
teiligkeit des liedes gesagte heran, so muss der gcdanke, dass wir es
hier mit einer Zufälligkeit zu tun haben, volständig schwinden. Hier-
nach werden wir von selbst zu der annähme geführt , dass Walther mit
absieht das kom in der lezten strophe fortliess. Ist dies aber richtig,
dann ist es unmöglich, str. 46, 21 als nachdichtung aufzufassen, und
sieht denn diese strophe wie eine nachdichtung aus? Ich glaube, wenn
die handschriften sie sämtlich an derselben stelle überliefert hätten,
wäre kein mensch auf einen derartigen gedanken gekommen. Man
muss nach einer andern erklärung für die abweichung der handschriften
suchen.
2. Heinrich von Frauenberg (HMS I 96 IV)
3str. 7zeil. Str. 1 und 2 ababcKc
„ 3 cWc
Str. 1. 6 minneclichen : str. 2. 6 geliehen
Str. 3. 6 twingen,
3. Christian von Hamle (HMS I 112 IL B. L. XXXH 34)
3 str. 7 Zeil. Str. 1 und 2 ababbKb
„ 3 bab
Str. 1. 6 vüe^e : str. 2. 6 müeze
Str. 3. 6 grüezen
Str. 2 und 3 beginnen mit Her Anger,
Wenn Bartsch das von der handschrift str. 3, 6 überlieferte
grüezen in grüeze ändert , so tut er dies jedenfals nur deshalb , am auch
in dieser strophe ein kom zu erhalten. Wir werden aber im weiteren
verlaufe onserer darstellung finden, dass die gedichte, in denen eine
KÖBNEB 63
Strophe kein körn aufweist, nicht minder zahlreich sind als diejenigen,
welche in allen strophen körner haben. Die nötigung zu einer ände-
nmg fält somit weg. Ja, mir scheint dieselbe sogar falsch zu sein.
Wenn wir die überlieferte lesart festhalten, so reimt zeile 6 der drit-
ten Strophe mit zeile 1 und 3 , und es ergibt sich für die lezte strophe
UDseres gedichtes ein von dem der beiden ersten strophen abweichen-
der bau. Dass eine oder die andere strophe eines liedes anders gebaut
ist als die übrigen , finden wir nicht selten. Dahin gehören z. b. schon
aUe nnter I B und II B unserer arbeit angeführten gedichte. Am auf-
fiUligsten aber wird öfter die schlussstrophe jn dieser weise ausgezeich-
net Ich rechne dahin die erscheinung, dass der refrain der lezten
Strophe vielfach von dem der vorangehenden abweicht, z. b. NH XLYI
20, HMS I 151 XI (B.L. XXXVUI 1), HMS I 154 XVI (B. L.
XXXVni 71), HMS I 290 VIÜ (WR 221, 27), HMS I 291 XI
(WB229, 53), HMS II 25 VIII. (B. L. XCHI 13). Ich ziehe ferner
die gedichte hieher, deren schlussstrophe im vergleich zu den übrigen
tun eine oder mehrere zeilen erweitert ist, z. b. MF 137, 10, WL 73, 23,
L428. 1, 431. 19, 447. 13, 456. 25, 518. 1.^ und endlich gibt es
eine ganze anzahl von gedichten, in denen die schlussstrophe ähnlich
behandelt ist wie in unserem liede, z. b. NH U 57. 24, HMS I 21 HI,
I 343 I, I 348 HI (B. L. LVHI 1), H 147 H, HI 401 XXHI. Nach
all diesem scheint mir hier eine mit absieht verwante künstele! vor-
zuliegen und eine änderung durchaus nicht am platze zu sein.
4. Brunwart von Augheim (HMS H 75 III)
3str. lOzeil. Str. 1 und 2 abcabcddKd
„ 3 ddWd
Str. 1. 9 scide ich si cd eine sehen
^ 2. 9 solde ich die vü lieben sehen
(vgl I Aa6)
Str. 3 schin
^* In einem namenlosen in der handschrift der Baseler Universitäts-
bibliothek B. XL 8 überlieferten liede.
(Altdeutsche Blätter 2, 129. HMS HI 468"^ XIV. B. L. XCVHI G95)
3str. 7zeil. Str. 1 und 2 ababcEc
„ 3 cWc
Str. 1. 6 liebe : str. 2. 6 herzelieben
Str. 3. 6 vinden.
1) Ähnlich ist das geleit, das der provenzalischon lyrik so häufig nnd geläu-
% ist, and welches auch in der altfranzösischen begegnet; vgl. W. Wackernagel
^ ft. 0. 8. 175. Auch in der modernen deutschen dicbtung findet sich bekantlich
<Ü6M erscheinong.
64 GI6KB
6. Konrad von Kirchberg (HMS I 24 U. B. L. LXXXV 33)
5str. 11 Zeil. Str. 1. 2. 3. 4 abcabcKdeed
y, 5 abcabcadeed
Str. 1. 7 unvrö : str. 2. 7 jo : str. 3. 7 so : str. 4. 7 j^mw
Str. 5. 7 voUeclkh.
Die beiden handscbriften , welche diese Strophen überliefern,
schwanken in der reihenfolge derselben: C hat die von uns nach HMS
beobachtete folge 1. 2. 3. 4. 5, B dagegen 1. 5. 2. 4. 3. Bartsch gibt
der Überlieferung in B den Vorzug. Ich bann ihm nicht zustimmen.
Zwar lassen sich die wovte, welche Knod (Gottfried von Neifen und
seine lieder, s. 5) im hinblick auf die gedichte Gottfrieds von Neifen aus-
spricht: „Man kann die strophen eines liedes, abgesehen von der ein-
gangsstrophe , meist in beliebiger reihenfolge lesen, ohne dass dadurch
der gesamteindruck des gedichtes beeinträchtigt würde ^ öfter auch auf
Produkte anderer mhd. dichter anwenden. Hier aber scheint mir soviel
sicher zu sein, dass die mit Hei^ tvenne sd es An beginnende strophe
nicht durch die strophe Mir tocere tool gdieh von der ersten getrent
werden kann. Damach dürfte wenigstens in diesem punkte die Über-
lieferung von C vor der von B den Vorzug verdienen.
Die handschrift B überliefert zeile 7 und 8 der strophe Mir
wtere tocl gdich der an fröiden gar
voüedtche mich beriet
Bartsch sezt^ um ein kom zu gewinnen, für gar ganz matt do.^ C
überliefert der mir voUectiche
an die minneclicJien riet,
also ebenfals kein kom an dieser stelle. Dasselbe durch conjectur her-
zustellen ist überflüssig, da zahlreiche gedichte, wie wir bereits sahen,
in einer strophe das kom der übrigen strophen nicht aufweisen. In
den bisher angeführten beispielen war die lezte strophe körnerlos. Beach-
ten wir nun weiter, dass nach der Überlieferung in C str. 5, 7 mit
str. 5, 1 und 4 reimt, und rufen wir uns das zu I B 3 über den abwei-
chenden bau der schlussstrophen gesagte ins gedächtnis zurück, so weist
dies alles, wie mir scheint, darauf hin, dass die Überlieferang von C
der ursprünglichen gestalt unseres liedes näher steht als die von B.
7. Chrisüan von Hamlo (HMS I 112 I. B. L. XXXII 1)
a a
3str. llzeiL Str. 1 bcbcddeWeff
a a
„ 2 und 3 bcbcddeKeff
1) (h)riKdn« hatte v. d. Tlagen a. a. o. m 587, 12 11 schon einen ihnlichen
gedankeii. Abor IV 59, anm. 1 verwirft er ihn wider.
KÖBNEB 65
Str. 1. 8 fnunde
„ 2. 8 ja enist ee der toerlte nxkt hezzerre fröide
„ 3. 8 aida hat diu minne mit maneger fröide
(vgl L Aa 6 und I B 4).
Die inderuDg, welche Bartsch a. a. o. s. 347 mit str. 1. 8 in
80 tat diu liebe ir ietwederg vor fröide
yoniimt, ist aus den zu I B 3 (ygl. I B 6) erwähnten gründen unnötig
und verkehrt Leicht kernt man zu einer andern Vermutung. Wenn
wir ans die bisher unter I B mitgeteilten beispiele ansehen , so finden
wir, dass immer der schlussstrophe das körn fehlt. Man möchte dar-
nach auch diesem Uede eine ähnliche gestalt geben und str. 1 an das
ende setzen. Dieselbe könte in der vorläge von C am rande nach-
getragen und vom abschreiber an eine verkehrte stelle des gedichtes
geeezt sem. Der sinn spricht nicht gegen eine solche Umstellung.
Str. 2 schildert den umbevanc , str. 3 gruss und kuss , str. 1 fasst beides
zusammen. Auch der strophische bau scheint str. 1 den lezten platz
im Uede anzuweisen. Ich denke nicht daran , dass im aufgesang dieser
Strophe je zwei verse mit dem abgesang von str. 2 und 3 durch reime
geinmden sind. Str. 1. V : 3* Übe : u^e
„ 2. 7 : 9 uAbe : vertribe
„ 1. 2 : 4 tuot : muot
„ 3. 5 : 6 gluot : tuot
Das wfirde, selbst wenn es nicht zufilllig wäre, doch noch nicht gegen
die überlieferte strophenfolge sprechen. Wol aber möchte ich auf
str.l. 8 : 10 : 11 munde : munt : kunt hinweisen und dabei an das
von nns zu I B 3 bemerkte erinnern.
C. Gedichte , in denen sämtliche Strophen zu je zweien durch verschie-
dene körner gebunden sind.
a. Durch ein kern.
Gottfried von Neifen (H 34, 26)
4str. 7zeil. Str.l und. 3 aaaaaaK^
^ 2 und 4 aaaaaaE'
Str. 1. 7 want : str. 3. 7 steinwant
„ 2. 7 guot : « 4. 7 guot.
Haupt a. a. 0. s. 58 anm. zu 34^ 31) scheint mir recht zu haben,
wenn er meint , dass str. 2 und 3 umzustellen seien. Ich stimme dem-
Bdben gelehrten auch darin zu , dass dies gedieht vielleicht nicht volstän-
dig fiberliefert sei. Es fehlt wahrscheinlich eine Strophe. Diese mag
den erfolg von OottMeds werben enthalten haben und weder mit str. 1
und 3 noch mit str. 2 und 4 durch ein körn gebunden gewesen sein.
mnOKS, F. DXUT80HB PBIXiOLOOIB, BD. XYIO. 5
66 GISKE
Wenn Knod (a. a. o. 8. 8) gegen Haupts Vermutung die Gottfriedschen
lieder 11, 6 und 27, 15 anführt, so kann doch wol nur das erstere
derselben in betracht kommen. Allein auch dort ist, wie wir sehen
werden , die überlieferte stroplienfolge nicht ganz sicher (vgl. I C b).
Darnach hätten wir etwa folgendes schema dieses liedes:
13 2 4 5
b. Durch soviel kömer als die strophe zeilen hat.
1. Gottfried von Neifen (H 11, 6). 4str. 7zeil.
Str. 1. 1 f HCl gen : str. 8. 1 leigefi
2 Jieide : str. 3. 2 scJieide
3 gesingen : str. 3. 3 gelingen
4 wise : str. 3. 4 prise
5 alciyie : str. 3. 5 meine
6 giiete : str. 3. 6 getnüete
7 hat : str. 3. 7 rät
Str. 2. 1 alsus verderben : str. 4. 1
kus erwerben
2 rosen : str. 4. 2 lösen
3 eigen : str. 4. 3 erzeigen
4 verdirbe ; str. 4. 4 8Ürbe
5 kinde : str. 4. 5 vinde
6 riche : str. 4. 6 hdfediche
1 hän : str. 4. 7 gei4n
Wir haben hier eine ähnliche erscheinung wie in dem II Dh 1
behandelten gedichte. Aber während dort jede strophe in dreiteiligem
bau in sich abgeschlossen ist, ist dies hier nicht der fall. Hier ist
jede zeile jeder strophe an sich eine waise und hört auf dies zu sein
durch den hinzutritt einer folgenden strophe. Nennen wir die erste
Strophe hinsichtlich ihrer reime a, die zweite b, so erhalten wir für
das ganze gedieht das schema ab ab. Es berührt beim lesen dieses
liedes sonderbar, dass die reime der ersten und dritten strophe (a. a)
durch die reime der zweiten (b) von einander getrent sind (I C b 2 ist
doch verschieden). Aber das ist geffihlssache , und ich würde dies gar
nicht erwähnt haben, wenn ich nicht der meinung wäre, dass noch
andere momente vorliegen, welche die überlieferte strophenfolge in zwei-
fei ziehen lassen.
Strophe 2 will dem sinne nach dort nicht recht passen ^ wo sie
in der handschrift ihren platz hat Zieht man das gedieht 27, 15 heran,
so möchte man strophe 3 auf str. 1 folgen lassen, um so das schema
a a zu bekommen. Str. 3 und 4 zu trennen wird keinem beifaUen. So
bleibt, da str. 1 mit ihrem natureingang anfangsstrophe sein mnss, für
str. 2 nur der platz zu ende des gedichtes übrig. Es ist ja sehr wol
möglich, dass der Schreiber von C die strophe Owiy triutelehter lip^
sol ich alstis verderben am rande seiner vorläge nachgetragen fand und
sie an eine falsche stelle sezte. Nehmen wir die vorgeschlagene Umstel-
lung an, so hat jedes strophenpaar einen nach form und Inhalt ähn-
lichen schluss:
KÖBNBB 67
E str. 1 and 3 ob des nikt geschiht, so wirt mir sender sorgen
niemer rat,
H. str. 4 and 2 ob des niht gescJM , so muoz min spüendiu fröide
ein ende hän
Wenn Wilhelm Grimm (a. a. o. s. 586) und nach ihm Knod
(a. a. 0. 8. 55) in den reimwörtem 1 , 1 meigen : 3 , 1 leigen mit 4 , 3
ergeigen : 2, 3 eigen zuGh kömer sehen ^ so scheint mir das nicht rich-
tig: kömer müssen doch in den verschiedenen strophen an derselben
strophenstelle widerkehren. Unbeabsichtigt brauchen diese gleichen,
reime deshalb doch nicht zu sein. Im gegenteil , Gottfried wolte durch
dieselben die beiden strophenpaare binden, gerade ebenso wie durch
den oben erwähnten gleichen schluss. Auch das Owe zu anfang jeder
der beiden lezten Strophen nach unserer Vermutung ist wol nicht ohne
absieht
2. Uhich von Lichtenstein (L443, 1). 5 str. 7zeil.
Diese tanjsunse bildet einen Wechsel, dessen kunstvollen stro-
phenban Ulrich selber 444, 8 fgg. mit den werten röhrat
Diu liet vil maneger niht verstuont,
als noch die tumben ofte tuont:
stoer aber was so rehte unSy
der si verstuont y der gäbe in pris.
si warn getihtet tounderUch
die fime gesetzet meisterlich:
diu uns kund hezzer niht gesin:
ich redet drinn mit der frowen min.
Der dichter spricht str. 1 , str. 3 , str. 5 , l — 4 , diu frowe str. 2,
str. 4, str. 5, 5 — 7. Die männerstrophen haben das strophenschema
aa&aaaa, resp. aaaa und in den stumpfen reimen (str. 1 und str. 5,
1—4) ein a, in den klingenden (str. 3) ein a. Die frauenstrophen
bestehen aus kömem, und zwar finden die einzelnen verse von str. 2
in den entsprechenden versen von str. 4 ihre reimwörter. In gleicher
weise ist mit str. 2,5 — 7 und str. 4,5 — 7 gebunden str. 5, 5 — 7.
Str. 2. 1 bereit : str. 4. 1 gemeit
2 reht : 2 jeht
3 dag : 3 baz
4 gestaU : 4 tüsentvalt
b an : 5 dan : str. 5, 5 man
6 ri ; 6 6J ; 6 vri
7 geschehen : 7 sehen : 7 gejehen
5*
68 GISKE
D. Gedichte , in denen nur einige Strophen durch kömer gebunden sind.
1. Otto znm Turme (HMS I 343 H)
llstr. 7zeil. Str. 2 und 4 ababcK^c
„ 9 und 10 ababcK'c
Siehe V B 1.
2. Walther von der Vogelweide (WL 99, 6)
5str. 7zeiL ababcwc Str. 3 und 4 ababcKc
Str. 3. 6 ougen : str. 4. 6 ougen,
IL Gedichte, deren Strophen dadurch gebunden sind, dass dieselben
reime in mehreren ihrerseits mit einander gebundenen zeilen widerkehren.
A. Gedichte, deren sämtliche Strophen gebunden sind.
a. Durch widerkehr derselben reime in zwei zeilen.
1. Heinrich von Rugge (MF 102, 27)
2str. 7zeil. aaaaaEE(bb)^
Str. 1. 6 : 7 muot : entuot^ Str. 2. 6 : 7 muoi : guat.
Es zeigt sich in diesem gedieht eine gewisse venvantschafk mit I A b 5
und 6 insofern, als jede erste der in betracht kommenden zeilen mit
denselben werten schliesst:
Str. 1. 6 der dur valschen muot
„ 2. 6 trüegen valschen muot (vgl. ausserdem I Aa6).
2. Eeinmar der Fiedler (HMS H 162 H)
2str. 6 Zeil. ababKK(cc)
Str. 1. b : Q list : ist, Str. 2. 5 : 6 is^ : list
3. Günther von dem Forste (HMS II 164 1)
28tr. 6zeil. ababKK(cc)
Str. 1. 5 : 6 tage : plage, Str. 2. 5 : 6 sagen : klagen
4. Der Meissner (HMS HI 109 XX)
2str. 16zeil. abcdabcdeeK(f)ggK(f)hh
Str. 1. 11 : 14 lesterUchen : geliehen
„ 2. 11 : 14 lügelichen : geliehen
5. Wachsmut von Mülnhausen (HMS I 327 IV)
2str. 9zeil. K(a)bK(a)bcdcdc
Str. 1. 1 : 3 blüei^i : güete, Str. 2. 1 : 3 güete : gemüete
G. In einem in dem anhange der Würzburger samlung der lieder
Reinmars (e bei Lachmann) überlieferten liede (MF s. 314)
2str. 8zeil. aK(b)aK(b)ccdd
Str. 1. 2 : 4 gar : war, Str. 2. 2 : 4 gar : bewar.
1) Dio binncBrcimc habe ich hier und auch anderswo nnbexelchnet gelassen,
wo mein zweck eine derartige bczeichnung nicht forderte. Ffir die in den Terschie-
denen atrophen widerkehronden reime habe ich die bezeichnnng ^K* angewani.
KÖBXEB 69
7. Dietmar von Aist (MF 39, 30—40, 10)
28tr. 8zeil. ababEEdd
Bardach (a. a. o. s. 77 fgg.) meint, dass diese beiden Strophen
Tielleicht ein gedieht bildeten. Diese Vermutung scheint mir um so
sicherer, als die strophen durch die gleichen reime
Str. 1. 6 : 6 ficM (L brach) : naht, Str. 2. 5 : 6 gedäht : hräht
gebunden sind nnd ausserdem durch str. 1, 6 und 2, 1 in enge bezie-
hung zu einander treten. Aber darin kann ich Burdach nicht zustim-
men, dass 39, 30 der frau in den mund zu legen sei. Es ist das
handschriftliche swaz (39, 32) und das komma am schluss von 39, 34
beizubehalten. Für fiakt (39, 34) ist mit Lachmann brach zu lesen,
denn den hluomen vlehten kann man doch wol schwerlich sagen. Der
gnmd, den Burdach dafür anführt, dass unter leides (39, 32) nicht lie-
besleid zu verstehen sei, scheint mir nicht stichhaltig. Ich glaube dar-
nach, dass wir hier einen Wechsel haben.
8. Reinmar (MF 162, 15 + MF s. 291 E 338)
2str. lOzeil. aEaEccdeed
Str. 1. 2 : 4 vergän : hän, Str. 2. 2 : 4 hän : getan.
Ich verbinde diese strophen nach Burdach (a. a. o. s. 196 fgg.) zu einem
Wechsel und finde in den angemerkten bindungen eine bestätiguug die-
ser ansieht
9. Eeinmar (MF 164, 12—29)
2str. 9zeil. ababccEwE
Str. 1. 7 : 9 geschach : sachy Str. 2 7:9 ensprach : sach.
Ich glaube mit Burdach (a. a. o. s. 208), dass die in MF mit 164, 12
und 164, 21 zu einem liede verbundene strophe 164, 3 als selbstän-
diges lied abzutrennen ist. Die anfangs werte 164, 12 ich sach si
kehren am schluss des liedes 164, 29 ich si sach wider, und das owe
aus dem schluss der ersten strophe (164, 19) wird am anfang der zwei-
ten (164, 21) widerholt (vgl. Burdach).
10. Hartmann von Aue (MF 211, 35 — 212, 12)
2str. 8zeil. ababEddE
Str. 1. 5 : 8 wän : hän
jf 2. 5 : 8 undertän : gewan,
Burdach (a. a. o. s. 100) macht darauf aufmerksam , dass das
spiel mit dem werte stcete sich in diesen beiden strophen , nicht aber
in der MF mit ihnen zu einem liede vereinigten strophe 211, 27 findet.
Da diese strophe auch inhaltlich nichts mit den beiden andern gemein
^i, 80 schliesst Burdach mit recht daraus, das» dieselbe als selbstän-
diges lied abzutrennen sei.
70 OISKB
11. Hesse von Rinach (HMS I 210 I)
3str. 7zeil. aK(b)aK(b)ccc
Str. 1. 2 : 4 minne : sinne, Str. 2. 2 : 4 ktnne : Hnne,
„ 3. 2 : 4 sinne : brinne
12. Heinrich von der Mure (HMS I 120 HI)
2str. 9zeil. abK(c)abK(c)ddd
Str. 1. 3 : 6 spehen : geschehen^ Str. 2. 3 : 6 sehen : jehen.
Es fehlt indes nach der andeutung in HMS eine Strophe. Daher ist
nicht zu ersehen, ob dies gedieht hieher zu rechnen oder zu den bei-
spielen unter H B a a zu zählen ist.
b. Durch widerkehr derselben reime in drei Zeilen.
1. Neune (HMS II 172 II)
2str. 13zeil. Str. 1. aWWaW W WÄbK(d)bK(d)K(d)
„ 2. WaWabWbWcK(d)cK(d)K(d)
Str. 1. 10 : 12 : 13 verlorn : dam : zom
„ 2. 10 : 12 : 13 wolgeborn : ssorn : dorn
2. Bost Kirchherr zu Samen (HMS H 131 I)
3str. 13zeil. abcK(d)abcK(d)cabcK(d)
Str. 1. 4 : 8 : 13 vogeltn : in : sin
„ 2. 4 : 8 : 13 ßn : pin : din
„ 3. 4 : 8 : 13 troßstcerhi : bin : mn.
Hier schliessen die gleichen reime jeden der beiden stellen sowie den
abgesang.
3. Friedrich von Hausen (MF 51, 13)
2str. lOzeil. aK(b)aK(b)K(b)aaccc
Str. 1. 2 : 4 : 5 hän : getan : erlän
„ 2. 2 : 4 : 5 undertän : getan : enhän.
Str. 1 begint mit Mich, 8tr.-2 mit Sich.
4. Von Weissenlo (HMS H 144 III)
2str. llzeil. abcdabcdK(c)K(c)K(c)
Str. 1. 9 : 10 : 11 dan : län : man
„ 2. 9 : 10 : 11 man : gewan : getan.
In der handschrift ist nach HMS für eine dritte strophe räum gelas-
sen , und wir können mithin nicht entscheiden , ob dies lied hier unter-
zubringen oder unter II B b a zu stellen ist.
5. Rost Kirchherr zu Sarnen (HMS H 132 VI)
3str. lOzoil. abcabcddbc
Str. 1. 2:5:9 min : pin : schin, Str. 2. 2:5:9 zit : nU : Vit,
„ 3. 2 : 5 : 9 minneklich : sicherlich : sceldenrich
KÖRNEB 71
Ich habe geglaubt dieses sowie das folgende gedieht hier anfuhren zu
dürfen, wenn auch die drei einander entsprechenden verszeiien der ver-
schiedenen Strophen in ihren reimen nur assonanzen aufweisen.
6. Winli (HMS 11 30 IV) 3str. lOzeil. abcabcWabc
Str. 1. 3 : 6 : 10 wip : belip : leitvertrip,
„ 2. 3 : 6 : 10 sin : min : schin^ Str. 3. 3 : 6 : 10 Z*^ : strit : zit.
Vgl. n Dc4.
c. Durch widerkehr derselben reime in vier Zeilen. ,
Friedrich von Hausen (MF 49, 37)
2str. lOzeil. K(a)bK(a)bbK(a)bK(a)K(cc)
Str. 1. 1 : 3 : 6 : 8 kan : getan : han : ergän
^ 2. 1 : 3 : 6 : 8 man : Verlan : gewan : bestän.
Vgl. IV B 1.
B. Gedichte, deren Strophen mit ausnähme einer einzigen gebunden sind.
a. Durch widerkehr derselben reime in zwei Zeilen,
or. Die Schlussstrophe nimt an den biudungen nicht teil.
1. Reinmar (MF 171 , 32)
3str. Gzeil. Str. 1 und 2 aKaKcc, Str. 3 abab
Str. 1. 2 : 4 han : begän, Str. 2. 2 : 4 hän : getan,
„ 3. 2 : 4 dröun : pröun
2. Reinmar (MF 162, 34)
3str. 9zeil. Str. 1 und 2 KbKbccdWd, Str. 3 abab
Str. 1. 1 :3 we : beste, Str. 2. 1 : 3 me : beste, Str. 3. 1 : 3 wol : sol
3. Dietmar von Aist (MF 40, 19)
3str. 8zeil. Str. 1 und 2 KKbccbdd, Str. 3 aabccbdd
Siehe VI A 1.
4. Neidhart von Reuenthal (HI 6 , 1)
3str. 6zeil. Str. 1 und 2 KKbbcc, Str. 3 aabbcc
Str. 1.1:2 grise : ise, Str. 2. 1 : 2 rise : imse, Str. 3. 1 : 2 fnm'eti : rcien
5. Unter Neidhart von Eeuenthal (H XLIV 25)
3str. 6zeil. Str. 1 und 2 aKaKcc, Str. 3 a.a.cc
Str. 1. 2 : 4 viretage : alle Mage, Str. 2. 2 : 4 gesage : alle klage,
Str. 3 ist unvolständig überliefert. Haupt weiss die reime nicht horzu-
stellen. Das scheint aber sicher, dass str. 3. 2 : 4 mit den entspre-
chenden Versen der beiden ersten Strophen nicht durch dieselben reime
gebunden war.
6. Otto von Botenlauben (HMS I 27 HI)
38tr. 7zeil. Str. 1 und 2 KbKbccc, Str. 3 abab
Str. 1. 1 : 3 sanc : dune, Str. 2. 1 : 3 sanc : twanc,
„ 3. 1 : 3 was : palas.
72 GISKE
Dies ist ein tagelied. Die beiden ersten strophen singt der w&chter,
die lezte der ritter. Der engere Zusammenhang von str. 1 mid 2 mag
durch die gleichen reime bezeichnet sein.
7. Reinmar (MF 158, 1 — 30)
3str. lOzeil. Str. 1 und 2 aKaKccdede, Str. 3 abab
Str. l,2Ugät: hcHy Str. 2. 2:4 stcU : hat, Str. 3. 2:Ahan: wan.
Ich habe mich der von Burdach (a. a. o. s. 203) ausgesprochenen ansieht
angeschlossen, dass die atrophe 158, 31 in den zusanunenhang der
übrigen nicht hineinpasse und abzutrennen sei.
8. Unter Wolfram von Eschenbach in C. (LW vorrede XII. HMS I
287 VII)
3str. lOzeil. Str. 1 und 2 aEcaEcdeed, Str. 3 abcabc
Str. 1. 2 : 5 tage : klage^ Str. 2. 2 : 5 Tdage : tage,
„ 3. 2 : 5 mäht : hräht
9. Der von Buwenburg (HMS II 262 V)
3str. llzeil. Str. 1 und 2 aEcaKcdeedc, Str. 3 abcabc
Str. 1. 2 : 5 vogdin : schm, Str. 2. 2 : 6 in : sin,
y, 3. 2 : 5 wegen : segen
10. Der von Wildonie (HMS I 347 II)
3str. lOzeil. Str. 1 und 2 abEabEdeed, Str. 3 abcabc
Str. 1. 3 : 6 lanc : sanc, Str. 2. 3 : 6 umbevanc : hranc,
„ 3. 3 : 6 M : m
11. Der von Sachsendorf (HMS I 300 HI)
3str. 6zeil. Str. 1 und 2 ababEE, Str. 3 cc
Str. 1.5:6 kan : man^ Str. 2. 5 : 6 erdcan : man^ Str. 3. 5 : 6 gar : war
12. Der Püller (HMS H 70 III)
3 Str. 6zeil. Str. 1 und 2 ababEE, Str. 3 cc
Str. 1. 5 : 6 rosenvar : war, Str. 2. 5 : 6 Mar : gar,
„ 3. 5 : 6 hübescJieit : leü
13. Der Püller (HMS U 70 V)
38tr. 13zeil. Str. 1 und 2 aabcddbcEffbE, Str. 3 effbe
Str. 1. 9 : 13 keret : merd, Str. 2. 9 : 13 meret : Uret,
„ 3. 9 : 13 entwichen : minnedichen
14. Gottfried von Neifen (H 37, 2)
3str. 13zeU. Str. 1 und 2 abcdabcdEfEfa, Str. 3 efefa
Str. 1. 9 : 11 unbekleit : herzdeit, Str. 2. 9 : 11 erd)eü : leü,
„ 3. 9 : 11 sol : wöl.
Die handschrift lässt am Schlüsse dieses gedichtes räum für zwei stro-
phen (vgl. Haupt vorrede V). Mir scheint dies lied so völständig zu
sem, wie nur ems.
KÖBNRB 73
16. Markgraf vou Hohenburg (HMS I 34 V. B. L. XIX 25)
Sstr. 13zeil. Str. 1 und 2 aabccbddKffKb, Str. 3 effeb
Str. 1. 9 : 12 sin : cRn, Str. 2. 9 : 12 schin : min,
„ 3. 9 : 12 veriom : hom.
Dies ist ein tagelied. Str. 1 und 3 singt der Wächter, str. 2 die frau.
In str. 1 und 3 kehrt an derselben strophensteile (z. 3. 6. 13) der vers
wider wecke in froutoe. Str. 1 und 2 sind ausser durch die mitgeteil-
ten reime auch noch dadurch gebunden , dass str. 2 zu anfang (1:2
st» : dm) die reime am Schlüsse von str. 1 widerholt.
16. In einem namenlosen HMS III 425 XXVIU mitgeteilten liede.
3str. lOzeil. Str. 1 und 2 aabccbKEB(ee), Str. 3 ddK
Str. 1. 7 : 8 morgen : sorgen, Str. 2. 7 : 8 verborgen : sorgen^
„ 3. 7 : 8 müege : süeze
17. Heinrich Hetzbold von Weissensee (HMS 1125 VIII. B.L. XCIII 13)
Sstr. 8zeil. ababcdcd.
Str. 1. 5 An ime mich ger ecken
seht so 1/oSr ich frouden rieh :
daz stet als ez welle sprechen
r,jä truz, wer tar küssen mich?^
Str. 2. 5 Ein mundet älse freche
sach ich nie so süverlich:
daz stet cdsam ez spreche^
yja truz, wer tar küssen mich?^
Str. 3. 5 Gar von gutem unbe,
so wer ich in frouden ganz,
swie vü ichz an si getribe,
säst siez doch der Schone Glanz.
In diesem liede sind in den beiden ersten Strophen die in betracht
kommenden verse mit den refrainzeilen durch überschlagende reime
gebunden. Wir haben hier gleichsam eine Verdoppelung der unter
I Ab 1 — 4 angemerkten erscheinung.
Dieselbe bildung des abgesangs nur mit dem unterschiede, dass
beiden Schlusszeilen der strophe keinen refrain bilden, zeigt sich
>Qch in den beiden ersten Strophen eines liedes von
18. Wachsmut von Kunzich (HMS I 303 HI)
38tr. 8zeil. Str. 1 u 2 ababKiK^K^K«, Str. 3 cdcd
Str. 1. 5 : 7 enscheide : leide, Str. 2. 5 : 7 leide : scheide^
„ 3. 5 : 7 wcere : swcsre
1) So die handschrift. Dio ändemng von Bartsch , der diese zeile mit str. 1, 7
^^ a»cht, ist nicht nötig.
74 GI8KE
Str. 1. 6 : 8 sin : bin, Str. 2. 6 : 8 min : sin,
„ 3. 6 : 8 rät : hat.
Es findet sich hier die in den beispielen n Baal — 16 beobach
erscheinung verdoppelt.
Ähnliches tritt in den beiden folgenden gedichten hervor.
19. Meister Johannes Hadlaub (HMS II 298 XXXIX)
b e
38tr. 12zeil. Str. 1 und 2 aabK*ddeK*K«ggK«
b e
„ 3 aabcddecfggf
Str. 1. 4:8 län : zergän^ Str. 2. 4 : 8 man : entstän,
„ 3. 4 : 8 not : rot
Str. 1. d: 12 me : we^ Str. 2. 9 : 12 wS : erge,
„ 3. 9 : 12 mir : dir.
20. Heinrich von Morungen (MF 130, 31)
4str. 8zeil. Str. 1 und 3 ababK^K^K^K«
„ 2 ababcK«cK«
^ 4 cdcd
Str. 1. 5 : 7 niht : siht, Str. 3. 5 : 7 niht : siht
„ 1.6:8 sin : min, „ 2. 6 : 8 sm ; min, Str. 3. 6 : 8 ;
min, Str. 4. 6 : 8 gänt : slänt.
Auffällig ist hier die gleichheit der reimwörter. Die beiden strof
dieses wechseis, welche der mann spricht (1 und 3), schliessen in i
lieber weise:
Str. 1 swenn aber si min ouge an sihty
sehty so tagt ez in dem herzen min,
Str. 3 als aber si min ouge an siht,
so taget ez mir in dem herzen min.
(vgl. I A a 6 , I B 4 und 7 , II A a 1).
Die beiden Strophen, welche der geliebten in den mund gelegt we
(2 und 4), beginnen mit Owe.
ß. Die zweite strophe nimt an den bindungen nicht teil.
1. Meister Johannes Hadlaub (HMS 11 291 XXIII)
3str. llzeil. Str. 1 und 3 KKbccbdedde, Str. 2 aabc<
Str. 1. 1 : 2 beginnen : hinnen, Str. 3. 1 : 2 minne : sinti
„ 2. 1 : 2 riche : gdiche
2. Ulrich von Singenberg, Truchsess von St. Gallen (HMS III 3J
WR 223, 8)
3str. 6zeiL Str. 1 und 3 aKaEcc, Str. 2 ab ab
Str. 1. 2 : 4 baz : daz, Str. 3. 2 : 4 ftewr ; daz^ Str. 2. 2 : 4 bin :
KÖRNEB 75
3. Reinmann von Brennenberg (HMS I 335 I)
3 Str. 8zei]. Str. 1 und 3 aKaEcdcd, Str. 2 ab ab
Str. 1. 2 : 4 jär : gar, Str. 3. 2 : 4 gar : var, Str. 2. 2 : 4 lip : wip
4. Walther von Hetze (HMS III 328 III)
38tr. 6zeil. Str. 1 und 3 aKaKcc, Str. 2 abab
Str. 1. 2 : 4: jsU : beste mp, Str. 3. 2 : 4 heste wip : lip,
„ 2. 2 : 4 sack : sprach,
5. WinK (HMS II 30 V)
3str. 9zeiL Str. 1 und 3 aKcaKcddc, Str. 2 abcabc
Str. 1. 2 : 5 güete : blüete, Str. 3. 2 : 5 güete : gemüete,
9, 2. 2 : 5 kleine : eine,
6. Markgraf von Hohenburg (HMS I 33 III)
3str. 8zeil. Str. 1 und 3 KbKbcdcd, Str. 2 abab
Str. 1.1:3 gesa^h : ungemach , Str. 3. 1 : 3 verjach : sach,
„ 2, 1 :3 sol : wol.
Schon V. d. Hagen bemerkt indes a. a. o. III 588: „str. 3 ist unver-
ständlich und vielleicht aus zweien zusammengeschmolzen.^
Str. 1 und 2 beginnen mit Öwe daz,
7. Brunwart von Augheim (HMS n 75 I)
3str. 7zeil. Str. 1 und 3 ababKaE, Str. 2 cac
Str. 1. 5 : 7 sin : min, Str. 3. 5 : 7 sin : mundelm^
„ 2. b '.1 Up : wip.
Sie zweite strophe weist in den entsprechenden reimen assouanz mit
den beiden ersten auf. Somit hat dies lied ähnlichkeit mit den unter
n A a 5 und 6 angeführten beispielen.
Dasselbe gilt von dem folgenden gedichte
8. Der von Wildonie (HMS I 348 III. B. L. VHI 1)
3str. 7zeil. Str. 1 ababKWK, Str. 3 abab — WK^
„ 2 ababcWc
Str. 1. 5 : 7 schln : vogelin ^ Str. 3 5:7 sin : vogelin,
„ 2. 5 : 7 wip : lip,
9. Heinrich von Morungen (MF 140, 11)
3str. 7zeil. Str. 1 und 3 ababKWK, Str. 2 cWc
Str. 1. 5 : 7 schin : min, Str. 3. 5:7 min : sin,
„ 2. 5 : 7 iemerme : owe.
10. Reinmar (MF 196, 35)
3str. 6zeil. Str. 1 und 3 ababKK, Str. 2 ababcc
Str. 1. 5 : 6 län : gän, Str. 3. 5 : 6 getan : gän^
„ 2. 5 : 6 leben : geben,
1) In dieser strophe reimt b mit K, also abab — cb.
76
11. Heinrich tod Fnuenberg (EMS I 95 DI)
3$lr. lOzeil. Str. 1 und 3 abeabeddKK, Str. 2 abcabcddcc
Str. 1. 9 : 10 tmci : mmgcmmoi, Str. 3. 9 : 10 ftud : hufi,
• 2. 9 : 10 mmlertam : edan.
li. Meister Johannes Hadlanb (HMS U 396 XXXIV)
3$tr. llzeiL Str. 1 und 3 abcabcccKKe, Str. 2 cddc
Su. 1. 9 : 10 liäkke : rkke, Str. 3. 9 : 10 smmdtrtiche : rieke,
, ± 9 : 10 tmmme : tmme^
13. Sieinmar (HMS H 157 IX>
3str. l^zeiL Str. 1 und 3 aabecbKKeeH(fO, Str. 2 ddeeB
Str. 1. 7 : 8 <tummi : atmmi. Str. 3. 7 : 8 grumi : buU,
• 2. 7 : S ^1« .* MCA.
14. Dieimar tob Aisi ^^D^ ^- 19 — 35. 15)
3str. llxaL Str.l nnd3 ababcKcKeWe. Str.2edcdeWe
Str. 1. 6 : S MMi r iM . Ssr. 3^ 6 : 8 sim : sehimy
lA ^cfauibe« diese di«i stri^eA bildet^a zsaBuneB ein lied. Es wird
in deftsribeii. vie s«dh<A Sch«rar bemerb Deatscke Stndien U, s.481)»
der trennnngssickmenL ditTCbgesirtieidec Je^ienM« veis«s anf die bestim-
■wag djesm- $£rv>pbMi fSr fonlanfe»iefi T.nnf die oben ai^meri^tem.
rane mnd TieUacht aach üe bcadans^ft
^. 1. 1:3 /H r J« Ar. 2. 5 : 7 /H -- Ä.
15. Maibnraf tm Hokchin: HMS I 34 VI
Die haadä^iirtft C ibif rtk^ers die er<sea dn» strv^faen und zwm.:s
in der M^. vie 5ce in HMS 5Sei.4ft 1. 2. 3 . A dagej^en 1. 3. ^^
lA ciinW. •!;:&$$ üe s(n>pke
>«rr ^it ;V ^s^TTY Mm An mmm nrUf
miAi im dSietsiML cesüciLie cei>3ci. ^ci^:a ixijk!:3i:k vül sie zn den dr^
aahhn ucki r>K4« Ml<i^«ML Ekiscfte^irfSff aSfr fxr »etaie ansieht scheic^^
■ir Ak* aäkWKficäiM^ae lax i^r <äLn^*ea Tf^^lfr ix si«l Darnach i^^
355r SüäI S5r. 1 xxi ? aVaVKiKi. Ssr. 2 cded
:^. 1. 5 : I Vf^>s;M c nrriJm^ Su; X 5 : 7 ncfin r eryd«,
^ :!. 5 : 7 f^/'C .^ mk^
I€L Bc».^ ^:« B.raterx HM< U ^^7 IV
3«r ii«! 5^ ix;? K VcK"Vcir*K- •. Sisr. 2 abeabcddc
Str. 1. 1 : 4 m¥rrf : im israry^ S5r J. 1 : 4 •sme ivienr .- rrmtdehte^^
k5bnbb 77
In diesem gedichte tritt die in den beispielen 1—15 beobach-
tete erscheinung verdoppelt auf (vgl. 11 Baa 18 ~- 20).
/. Die erste Strophe nimt an den bindungen nicht teil.
1. Meister Johannes Hadlaub (EMS II 282 V)
3str. Uzeil. Str. 2 n. 3 KKbcddbcefffef, Str.i aabc
Str. 2. 1 : 2 mir : eir , Str. 3. 1 : 2 tr : wir,
y, 1. 1 : 2 fvunderlich : sich.
2. Tannhänser (EMS 11 91 IX)
3str. 22zeil. Str. 1 aaWbccWbdedeffeR(ggghihi)
y, 2 KKbcddWcbebeffeR
„ 3 KKWbccWbdedeffeR
Str. 2. 1 : 2 wän : hän, Str. 3. 1 : 2 Indian : Mn,
„ 1. 1 : 2 gtwt : tuot
Die dritte verszeile jeder Strophe , welche in str. 1 und 3 eine waise ist^
findet ihren reim in einer andern Strophe :
Str. 1. 3 getan reimt mit str. 2. 1 : 2 und str. 3. 1:2,
„ 2. 3 eerge „ „ „ 3. 13 : 14 M?e : Noe,
„ 3. 3 lautet gleich mit str. 2. 7.
3. ühich von Singenberg, Truchsess von St Gallen (EMS I 295
XXn 4—6. WR243, 19)
3str. 6zeil. Str. 2 u. 3 EbEbcc, Str. 1 ababcc
Str. 2. 1 : 3 sagen : bejagen, Str. 3. 1 : 3 klage : b^age,
jf 1. 1 : 3 kan : an.
4. Von Weissenlo (EMS E 143 I)
3str. Szeil. Str. 2 und 3 EbEbcddc, Str. 1 abab
Str. 2. 1 : 3 uAp : Up, Str. 3. 1 : 3 lip : tmp,
,f 1. 1 : 3 gepflegen : wegen.
5. Reinmar (MF 180, 1 — 27)
3str. 9zeil. aEaEccddc
Str. 2. 2 : 4 gert : gewert, Str. 3. 2 : 4 wert : gegert,
„ 1. 2 : 4 Joe : mae*
Ich glaube, Burdach hat recht, der (a. a. o. s. 219 fgg.) diese drei stro-
pben von den vier vorangehenden in demselben tone abgefassten als
^in besonderes lied abtrent. Zu den von Burdach angeführten gründen
treten die gleichen reime bestätigend hinzu.
6. Steinmar (EMS E 156 VI)
38tr. Szeil. Str. 2 und 3 aEaEccR(dd), Str. 1 abab
Str. 2. 2 : 4 min : sin, Str. 3. 2 : 4 min : schin^
„ 1. 2 : 4 gesehen : gestehen.
78
GI8KE
7. Gösli von Esenhein (HMS I 347 ü)
3str. 13zei1. Str. 2 u. 3 aaaEcccEdeeed, Str. 1 aaabaa
Str. 2. 4 : 8 vrouwen : schouwen, Str. 3. 4 : 8 vrouwen : schouu
„ 1. 4 : 8 gevüde : getoüde.
8. Der Tannhäuser (HMS H 92 X. B. L. XLVII 131)
3str. 18 Zeil. Str. 2 und 3 ababcEcKefefB
Siehe VI A 2.
9. Otto zum Tunne (HMS I 345 V)
a c d f g i k
3str. 14zeil. Str. 2 und 3 abcbdEfEghihkh
Siehe VI A 3.
10. Ulrich von Lichtenstein (L 110, 5)
3str. 12zeil. Str. 2 u. 3 abacdbdcEbEc, Str. 1 ebec
Str. 2. 9 : 10 stetere : totere, Str. 3. 9 : 10 gevtere : Uere,
„ 1. 9 : 10 mire : ere.
11. Walther von der Vogel weide (L 71, 35)
3str. llzeil. Str. 2 u. 3 abcabcddEwE, Str. 1 ewe
Str. 2. 9 : 11 scAtn : min^ Str. 3. 9 : 11 sin : min,
„ 1. 9 : 11 muoe : gruoe.
12. Friedrich von Hansen (MF 42, 1 — 27)
3str. 9zeil. Str. 2 u. 3 abbwaaEwE, Str. 1 cwc
Str. 2. 7 : 9 bekamen : gent>men, Str. 3. 7 : 9 gefromen : kam
yt 1, 9:7 lip : unp.
Durch alle atrophen zieht sich der reim Up : unp (Str. 1. 7 : 9, Str
5 : 6, Str. 3. 2 : 3).
13. Bernger von Horheim (MF 115, 3)
3str. 8zeil. Str. 2 u. 3 ababccEE, Str. 1 ccdd
Str. 2. 7 : 8 min : sin, Str. 3. 7 : 8 schin : min,
„ 1. 7 :8 muojBT : buas.
14. Ulrich von Singenberg, Tmchsess von St Gallen (HMS I 290 ]
WR 222, 4)
3str. 6zeil. Str. 2 und 3 ababEE, Str. 1 cc
Str. 2. 5:6 gevctri : geriy Str. 3. 5 : 6 gert : wert,
„ 1. 5 : 6 gebe : Itbe.
Die von den herausgebem aus der handschrift A mit diesen drei st
phen lu einem liede verbundene vierte Strophe
Minne^ minnedicke Minne
gehört schwerlich zu diesem gedieht«. Schon inhaltlich passt sie ni<
hierher, wovon jeder sieb selbst überzeugen mag. Ausserdem ist
nicht im tone der vorangehenden abgefasst Man vergleidie die fib
gehenden reime Mmne : minnc (z. 1 : 2), dich : mich (jl 2 : 3), sin$
Str. 2. 2
« 3. 2
. 1. 2
Str. 2. 5
„ 3. 5
. 1. 5
KÖRNBB 79
mnne (z. 3 : 4). Diese strophe wird ein lied für sich gebildet haben,
in welchem der dichter mit dem worte Minne in ausgedehntester weise
spielte.
In ähnlicher weise ist in A zu dem gedichte HMS I 34 VI eine
Strophe hinzugefügt, von der wir auch glaubten nicht annehmen zu
dürfen, dass sie mit den drei vorangehenden zu einem liede zu ver-
einigen sei (vgL TL B 2k ß Ib).
15. Graf Konrad von Kirchberg (HMS I 26 VI)
38tr. 8zeil. Str. 2 u. 3 aK^aK^K^ddKS Str. 1 ababcddc
4 minnediche : ^ hat mich entwert gewaltecliche
4 riche : si hat mich entwert gewaltecliche
4 grise : rtse
8 sinne : gewinne
8 unminne : verbrtnne
8 äne : wäne.
In diesem gedichte findet sich die in den beispielen 1 — 14 beobachtete
erscheinung verdoppelt (vgl. n B a a 18 — 20 und n B a/J 16). Eben-
dasselbe ist in dem folgenden gedichte der fall.
16. Von Obemburg (HMS 11 225 m)
3str. 12zeil. Str. 1 abcabcddaeea
„ 2 abK^abK^ddeK^K^e
„ 3 abK^abK^ddWK^K^ci
Str. 2. 3 : 6 Äd^ : stät, Str. 3. 3 : 6 Äa^ : lät, Str. 1 3:ß stibi,
Str. 2. 10 : 11 mtiot : tuot, Str. 3. 10 : 11 muot : guot,
„ 1. 10: 11 sach : geschach.
d. Verbindung von n Baa und ß.
1. Der Schenke von Limburg (HMS I 133 V)
3str. 9zeil. ababcdcdd
Str. 1. 2 : 4 Jier meie : eweie, Str. 2. 2 : 4 der meie : maniger leie^
„ 3. 2 : 4 hiure : gehiure.
Str. 1. 5 : 7 schin : sin, Str. 3, 6:7 sin : schrin^
yf 2. 5 : 7 blanc : gesanc.
2. Best, Kirchherr zu Sarnen (HMS II 131 III)
3str. lOzeiL Str. 1 abcabcdacd, Str. 2 u. 3 abcabcdabd
Str. 1. 7 : 10 gedingen : gedringen^ Str. 2. 7 : 10 singen : gelingen^
„ 3. 7 : 10 ijounr^ : brunne.
Str. 1. 2 : 5 beliben : vertriben, Str. 3. 2 : 5 Übe : schibe,
„ 2. 2 : ö wenden : enden,
l) In dieser atrophe reimt die lezte zeile mit der dritten and sechsten.
80 Ö18KS, KÖBHEB
€. Verbindung von 11 Bfia^ß und y.
Dietmar von Aist (MF 38, 32—39, 17)
3str. lOzeiL WaWabbWcßc
Str. 1. 8 : 10 Äa^ : tat, Str. 2. 8:10 rät : hat,
,f 3. 8 : 10 min : ^n.
Str. 1. 5 : 6 undertän : stiureman, Str. 3. 5 : 6 hän : get*
jf 2. 5 : 6 jert< : mp.
Str. 2. 2 : 4 guot : muot^ Str. 3. 2 : 4 fruot : tuot,
„ 1. 2 : 4 ranc : getwanc.
Wie man sieht, habe ich die darstelinng, die Scherer (a.a.O.
von diesem tone giebt , angenommen. Bardach (a. a. o s. 80)
die einheit dieser drei Strophen aas dem refrain so höh du
bestätigang dieser ansieht kann ich noch auf die oben angc
reime and die responsion
Str. 1. 3 dae mich ein eddiu frouwe
„ 3. 3 dasf mir ein edelm frouwe
aufmerksam machen.
b. Durch widerkehr derselben reime in drei Zeilen,
a. Die schlussstrophe nimt an den bindungen n^ht teil
1. Winli (HMS II 28 II)
3str. lOzeil. Str. 1 u. 2 aaEEEacddc, Str. 3 aal
Str. 1. 3:4:5 ttoingen : singen : dringen
„ 2. 3 : 4 : 5 twingen : gelingen : bringen
^ 3. 3 : 4 : 5 geliehen : minnecdehen : herichen.
2. Der von Sachsendorf (HMS I 300 11)
3str. 7zeiL Str. 1 und 2 EbEbcEc, Str.3cac
Str. 1. 1:3:6 singen : entspringen : gedingen
9 2. 1 : 3 : 6 missdingen : bringen : ringen
„ 3. 1 : 3 : 6 enthaiden : weiden : behaiden.
3. Der Taler (HMS U 147 H)
38tr. 9zeil. Str. 1 u. 2 aaabbbEEE, Str. 3 aaaf
Str. 1. 7 : 8 : 9 stn : vrouwd^n : wün
yt 2. 7 : 8 : 9 5m : mütidetin : sehrin
y, 3. 7:8:9 wdzsolikcL
(Wird fortgeaeit)
81
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DEN ALTFRANZÜSISOHEN
PROSAROMAN VON TRISTAN UND ISOLDE.
[Der am 16. augnst 1870 in der schlacht bei Mars -la- Tour
ge&IIene junge gelehrte Jnlins Brakelmann^ hat unter andern
arbeiten auch eine über den altfranzösischen prosaroman von Tristan
und Isolde nuToUendet hinterlassen. Diese arbeit, die ich zunächst
ganz äosserlich beschreiben will , besteht aus notizen über die Pariser
handschriften (22 bl.), analysen und auszügen aus denselben, von Bra-
kdmann nach einer darin behandelten episode des romans Escu ver-
metl überschrieben (35 bl.), verschiedenartigen bemerkungen (15 bl. und
SdoppelbL), einer ausgäbe aller derjenigen lyrischen Lais, welche Bra-
kelnumn dem ältesten, im 12. Jahrhundert verfassten Tristanroman
glaubte vindicieren zu dürfen (es sind 17 Lais auf 22 bl.), einer ein-
leitnng hierzu über die klassification der handschriften (13 bl.) und
endlich einem blatt mit der Überschrift: Generalresultate durch
welche die in dem ausgearbeiteten Theile ausgesprochenen
Behauptungen über die inhaltliche Classification der Hand-
schriften theilweise widerlegt werden, und darunter die bemer-
hmg: Vorarbeiten vorläufig abgeschlossen am Himmel-
fahrtstage 1870, den 26. Mai.*
Die von Brakelmann behandelten fragen gehören zu den schwie-
rigsten, aber auch zu den vnichtigsten der französischen litteratur-^
geschichte. Nach der angäbe des Helyes de Borron, von welcher ich
freilich vermute dass ihr ein misverständnis zu gründe liegt, ist der Tristan
der älteste französische prosaroman überhaupt , und in seiner ursprüng-
liehen fassung ein werk des ritters Luce du Gast, der sich wegen sei-
ner mangelhaften handhabung der französischen spräche damit entschul-
^, dass er bei Salisbury in England zu hause sei, sich aber nach
der in seinem besitz befindlichen bürg Le Gast, bei Vire in der Nor-
inandie, nent. ' Ähnlich weist auch der familienname des Anglonor-
öuumen Philipp von Thaün auf die Ortschaft Thaon unweit Caen zurück.
1) Ein nekrolog Brakelmanns findet sich in dieser ztschr. 1871. 3, 207—10.
2) Auf dem lezten blatt der notizen sagt Brakehnann: Die stelle die ich
aiif dem einliegenden grünlichen papiore notirt habe, und Esca 23*^:
£ine wichtige stelle von 757 auf einliegendem blatte. Die hier erwähn-
^ beiden blatter scheinen zu fehlen.
3) Tressan dachte vielmehr an die bürg Le Gua bei Marennes, D^p. Cha-
''»te bferienre.
zutbchbift f. deutsche pHUiOLOGiB. BD. xvm. 6
82 BRAKELMANK
Soweit wir bis jezt die handschriften dieses werkes überblicken,
enthält ihrer keine dasselbe in seiner unverfälschten gestalt. Die
magisch fesselnde kraft , welche nnn einmal an diesem stoffe haftet und
die ihre Wirkung bis heute nicht eingebüsst hat, ist fQr das werk des
Luce verhängnisvoll geworden. Dasselbe hat schon bis zum ende des
13. Jahrhunderts mindestens vier verschiedenartige Umarbeitungen erfah-
ren, und diese haben, wie so oft in der altern französischen litteratur,
den Verlust früherer fassungen herbeigeführt So erklärt sich das starke
auseinandergehen der erhaltenen handschriften, die schon durch ihren
riesenumfang abschreckend wirken. Noch dazu sind mehrere hand-
schriften aus bruchstücken verschiedener Versionen zusammengebunden
oder gar zusammengearbeitet, und in der mehrzahl der handschriften
fehlt der anfang oder der schluss, oder beides zugleich. Es war eine
äusserst mühselige arbeit, die abweich ungen der Pariser texte von ein-
ander festzustellen, aufzusuchen wo die umfangreichen bruchstficke in
volständigen handschriften beginnen und schliessen, die stellen heraus-
zuschreiben wo in einer jungem fassung auf die ältere verwiesen wird,
und aus dem ermittelten auf das Verhältnis der texte zu einander
Schlüsse zu ziehen. Brakelmann hat sich der ausführung dieser arbeit
mit einem fleisse und einem Scharfsinn unterzogen, welche den frühen
tod des so reich begabten nur um so bedauernswerter erscheinen
lassen.
Ich veröffentliche hier zunächst Brakelmanns untersnchnng Aber
das Verhältnis der handschriften. Folgen sollen die 17 von Brakelmann
bearbeiteten Lais, und die von ihm gesammelten stellen, an denen im
Tristnin auf andre bearbeitungen desselben romans oder auf andre
roniane verwiesen wird. Ich gedenke Brakelmanns arbeit meinerseits
zu ergänzen durch eine Übersicht und beschreibung der handschriften,
sowie durch eine analyse, welche den roman in einzelne ahentener
gliedert und bei den einzelnen abenteuern vermerkt, in welchen hand-
schriften oder rcdactionon dieselben hinweggelassen oder hinzngesezt shid.
Brakelmann hat zwar den roman in mehreren exemplaren gelesen,
allein den Inhalt dossolben nicht aufgezeichnet PauUn Paris (Hsc.
fran^. 1, 1*.)H) hat seine absieht, eine analyse zn veröffentlichen, mcht
znr ausfuhrung gebracht Die alzu kurze bei Dunlop- Liebrecht 8.80
— Kl kann nicht in bctracht kommen und die einzige einigennassen
»ingohondo vom grafon Trossan (Oeuvres du comte de Tressan. Paris
1822. Tnnio III) wissouschaftlichen anforderungen nicht genfigen. ^
1) Von \h\T llii)(oii und DüMolun^ sind im Bach der Liebe I s. XX einfach
'rri'MNiin K«'f"lK^' M«» vorKlolohi» aucIi Von der Hagen, Minnesinger IV a. 671.
TBIBTAN 83
Die entfemung meines wo}mortes von den grossen handschrif-
famsamlnngen möge znr entschuldigung dienen, wenn die von der logik
geforderte reihenfolge in der veröffentlichnng dieser Untersuchungen
nicht eingehalten wird.
Brakelmann weite seine arbeit in Frankreich erscheinen lassen.
Sr hat sie daher zum teil in französischer spräche entworfen , aber frei-
M nicht der art ausgearbeitet, dass sie ohne Veränderungen dem
dmd: hfttte übergeben werden können. Das zeigt auch seine über-
sehiift aof dem lezten blatt: Generalresultate durch welche die
in dem ausgearbeiteten Theile ausgesprochenen Behaup-
tnngen ... theilweise widerlegt werden. Beim redigieren von
Brakelmanns entwurf habe ich diese endergebnisse an die stelle der
vm ihm wider aufgegebenen geseztrund an die stelle der französischen
spräche die deutsche treten lassen, auch französische brocken , dieBra-
kdmann mit rücksicht auf die beabsichtigte französische Veröffentlichung
zuweilen in deutschen Sätzen gebraucht, durch deutsche werte ersezt.
Ich habe nur die form des ausdrucks , nicht aber den Inhalt von Bra-
kelmanns darlegungen angetastet und, was ich meinerseits zusezte, in
eddge klammem eingeschlossen.
Ich benutze die gelegenheit, um auf eine arbeit hinzuweisen,
welche nicht die beachtung , die sie verdient , geftinden zu haben scheint^
auf Harry Wards ^xtikel Ramance , mediaeval, in der English Cyclopaa-
dia, London 1873. Ward hat hier in bezug auf die enge beziehung,
welche zwischen Gottfrieds Tristan , der nordischen und englischen fas-
soDg und den sogenanten Thomasbruchstücken besteht , bereits volkom-
nen Uar gesehen, und überhaupt die beste zusammenfassende arbeit
geliefert, die wir bis dahin über den Ursprung der Artussage und die
ertwicUnng der Artusromane besitzen. Seine gründlichen forschungen
iaben ihm manches wichtige resultat zugeführt, wie die erwähnung
des romans Palamedes (sonst auch Guiron le Courtois betitelt) in einem
bnefe Friedrichs n vom jähre 1240 , welche beweist dass die abfassung
des Palamedes und um so mehr die des Bret vor diese zeit zu setzen
ist Freilich wird Wards Vermutung, dass die person des Palamedes,
der als Tristans nebenbuhler in dem Bret des Helyes de Borron eine
bedeutende rolle spielt , eine Schöpfung dieses autors sei, aus Brakel-
manns mitteilungen widerlegt werden.
HALLE. HEBMANN SUCHIER.]
84
1.
Bekantlich enthält der prosaromu ron Tristan dne bebrftcht-
Iidie anzahl lyrischer stficke^ welche ads lais oder als lettres en mm-
Uance de lais bezeichnet und von denen die meisten im romane selbst
far gedichte Tristans ausgegeben werden. Da nnn der verfiuser des
romans, Lnce dn [Brakelmann schreibt stets de] Gast/ unter Heinrich
dem IL von England schrieb und ron seinem fortsetzer Helis de Bor-
ron ansdräcklich als ältester bearbeiter eines französischen prosaromaiis
und als Vorgänger des Gantier Map genant wird, so Inlden die lyri-
schen Lais des Tristan die ältesten proben dieser dicfatongsart mid ? er-
dienen schon als solche die herausgäbe.
Bis jezt sind nur geringe bruchstücke von den Lais abgedrudt
bei Wolf, Über die Lais, Facsimlle YIL YIII; der Lai martd gani,
aber nach einem schlechten drucke von Michel Lenoir bei Francisqne
Michel, Tristan U, 212; ein stück bei Bartsch, Chrestomathie de Tan-
cien firan^ais, 1. ausg. sp. 117 [4. ausg. sp. 150; femer ein Lai inTree-
sans Analyse s. 84 , und einer in Paul Heyses Bomanischen Inedib
8. 169].
Auf die Wichtigkeit dieser Lais machte schon Paulin Paris auf-
merksam. Er sagt (Msc. firan9. 1, 120): Plusieurs lais de Triskm 4
d^YseuU sont conserves au milieu du texte en prase . . ., dant la dak
franQaise remonte au moins ä la findu XIP sieele. Dem widerspradi
Ferdinand Wolf, Über die Lais s. 182, indem er sagte: der lezte teS
dieser behauptung ist so offenbar übertrieben, dass er gar keiner
ernsten Widerlegung bedarf. Warum Wolf hier gegen Paris pole-
misiert, entgeht mir völlig. Die person des Luce du Gktöt und di®
zeit, in der er lebte, sind durch die ausdrücklichen und bei mehreren
gelegenheiten widerholten angaben seines fortsetzers Helis so sidi^
gestelt wie nur überhaupt eine litterarische tatsache des mittelalter^*
Olaubte Wolf etwa, die Lais seien erst später in den text gebracht
worden ?
1) Die Bchreibnng Geist findet sich nnr in einer Pariser handsohrift, tno^^
103, wo de Gast steht, [ansserdem anch in der Genfer handschhft, vgl Senebt^
Catalogue raisonnö des mannscrits . . de Geneve s. 454 Luce du GtMsH. Andx*
handschriften ^gen folgende formen: du Craü 756, ddGaü 757, duCtad 97. lO^i
äu GtU 99 (nicht de Gast, wie der gedruckte Cat€Uogue angibt), ebenso 100, d^
Gat , die Edinbnrger handschrift , del Galt Ld. add. 23929 , de Gant 104 (niebt
Gast, wie Estlander dmckt), du Gant die Wiener handschriften 2539. 2542 nnd di«
Londoner Egerton 989, de Gaut 750, du Gaut und de Grant die Wiener 2&S?'
del Gaut 1463 und die Yaticanische Christ 727. Im Palamedes steht de Gau S9^
du Gdl3bß, dd Gay Ld. add. 12228.
TRISTAN 85
Da die Lais der viel spätem fortsetzung des Helis, welche wahr-
seheinlioh von diesem in nachahmung der Lais des alten teiles gedich-
tet dnd (auch sein roman Palamedes enthält lais nnd leUres) , als nach-
ihmimgen ein weit geringeres Interesse haben als ihre Vorbilder, auch
jedenfals nicht unter die gedichte des 12. Jahrhunderts gehören, war
kh in der läge, eine Scheidung des alten teiles von der fortsetzung
Yersachen, mit andern werten feststellen zu müssen an welcher stelle
das werk des Luce du Gast aufhört und die fortsetzung des Helis de
Bonon anfängt. Der einzige weg, der in dieser hinsieht erfolg ver-
sprach, war die vergleichung der mir zugänglichen handschriften. Auf
nnielheiten der von mir angestelten Untersuchungen kann ich hier
nicht eingehen, und begnüge mich, die ergebnisse derselben kurz zu-
sumnenzufassen.
Die kaiserliche bibliothek zu Paris besizt 21 handschriften des
prosaromans von Tristan.^ Sieben gehören dem ausgehenden 13. Jahr-
hundert an: 750 vom jähre 1278, 12599, 104, 759, 776, 1434, 1463
— eine ist zum teile im 13. Jahrhundert geschrieben und im 14. ver-
Tidständigt worden : 758 — fünf stammen aus dem 14. Jahrhundert :
94, 334, 755, 760, und aus dem ende dieses Jahrhunderts die zwei-
bändige handschrift 756/757 — sieben sind im 15. Jahrhundert geschrie-
ben: 335/336 im jähre 1400, die gleichfals zweibändige handschrift
lOO/lOl, 97, 349, 99 im jähre 1463, und gegen das ende des jahr-
bnndertB die handschriften 102 und 103 — eine im 16. Jahrhundert:
S4400.
Ihrem Inhalte nach lassen sich die handschriften in sieben klas-
len einteilen.
A. Der roman des Luce du Gast mit der fortsetzung von Bobert
de Borron:* Le grant estoire de Tristan, wahrscheinlich nur aus-
xQglich erhalten. Dieser auszug wird repräsentiert durch die hand-
sehrift 756. 757 bl. 1 — 99 und ausserdem durch das bruchstück
in 1434.
[Nach einer notiz Brakelmanns würde auch die handschrift 349
Ueriier gehören, die jedoch in ihrem Schlüsse mit der klasse D über-
dnstimi]
B. Erste redaction von Helis de Borron: 750, 12599, 757
BL 99 bis 263, 760, 755 (?).
1) [Die handschrift 772, anc. 7185 ^ hat Brakelmann niobt berücksichtigt.
V^ Panlin Paris Mac. fr. VI. 129.]
2) [Weshalb Brakelmann den Bobert de Borron für den ersten fortsetzer des
^ da Gast ansah, wird sich ans den von ihm gesammelten stellen ergeben.]
86 BBAKBLMANN
[Auch 104 wird hier einzureihen sein , da diese handschrift nach
Krakelmanns notizen mit dem hierhergehörigen teil von 757 meist wört-
lich zusammengeht.]
C. Zweite rcdaction von Helis de Borron , genant li Bret. Dies
die vulgata. Hierher gehören: 334, 102 , 776, 100 [diese handschrift
kehrt unter D wider].
D. Erweiternde bearbeitung dieser zweiten redaction: 335/336,
100/101 , 99 \ 94 (?) , 97, 758 (sehr erweitert), 24400. In der vulgata
reitet nach Tristans tode Sagi-emors über land, ein unbekanter ritter
begegnet ihm und erzählt ihm den ausgang der Queste dd saitU ChraaL
Diese golegenheit haben spätere bearbeiter (zumal in den handschrif-
ten 336. 101. 758. 24400) benuzt, um hier fast die ganze Queste ein-
zuschalten.
E. Redaction der handschrift 103, welche der zweiten redac-
tion des Helis am nächsten komt. Tristans ende wird hier wie in dem
gedichte des Thomas erzählt, während er nach allen übrigen prosahand-
schriften von Marc mit einer vergifteten lanze getötet wird. Der mibe-
kante bearbeiter war vielleicht aus Nantes. Seine fassung bildet die
grundlage aller gedruckten romane.
F. Auszug von Uustieien de Pise , welcher die lyrischen stücke
hinwegliess : 1463. Es ist dies mehr eine auswahl einzelner abenteuer,
als ein fortlaufender auszug aus dem ganzen.
Q. Von einem andern abgekürzte fassung: 759.
Als besonders nahe verwant erscheinen die handschriften 750
und 12599; 760 und 755; 758 und 24400.
Die umfangreiche cyelische Verarbeitung verschiedener Artos-
roniane in der haudschrift 340 lasse ich bei seite.
Andre als die Pariser handschriften habe ich nicht eingesehen,
kann loh also auch nicht in meine klassification einreihen. Die drei
AVioner handschriften (^Wolf , Über die Lais s. 240) und die Yaticani-
sehe (^Koller, Komvart s. 134) scheinen den vnlgatateit m enthalten.
Ob auch die Londoner handschrift add. 23929, ans der Karl
Kstlandor proben ^regeben (Pieces inodites da Boman de Tristan, Hei-
siugfors 1866, in ()uart\ den vulgatatext enthält, kann ich nicht sagen-
Dio vermeint liehen ergebnisse Estlanders werden durch die handschrif-
ten selbst widerleiTt . aus denen ich die beweiskräftigsten stellen anfüh-
ren werde. Sohon die annähme . von der Estlander ausgeht, dass näm-
1) PaiQlin Paris iM$c. fruis\ 1, 133^ omp&U dner ausgäbe dea xomaas diete
handschrift zu gnindo zq legem
I
TRISTAN 87
]iek die kürzeste form des romans die älteste sein müsse ^ ist das
jBgenteil vom richtigen: er hätte nur an die redaction Busticiens den-
ken sollen ! Überhaupt ist es sehr gewagt , nach oberflächlicher einsieht
dreier ziemlich junger handschriften (add. 23929, Harleyan 49 und
Pariser handschrift franf . 94 ; von diesen scheint nur die Harlejanische
dne beträchtlich altertümlichere version zu enthalten) sich über die
iberUeferung emes Werkes zu äussern, das in vielleicht fünfzig exem-
pliren erhalten ist, von denen eine gute zahl noch dem 13. Jahrhun-
dert angehört
Bei einer so verwickelten Überlieferung muss es ein glück genant
werden, dass wir über den Tristan eingehende litterarische angaben
besitzen, welche von den autoren selbst herrühren. Wir haben nicht
allein ein Vorwort des ersten bearbeiters und ein nachwort des fort-
setiers Helis de Borron: auch innerhalb des werkes findet sich, wenig-
stens in den älteren redactionen, eine anzahl gelegentlicher angaben
Teistreuty die bis dahin unbeachtet geblieben sind und in einer der
folgenden Untersuchungen mitgeteilt werden sollen.
Vielleicht hätte man dies reiche litt^rarische material volstän-
diger ausgebeutet, wenn uns der Tristan des Christian von Troyes
erhalten wäre. Seitdem durch Jonckbloets Untersuchungen die abhän-
gigkeit des Boman de la Gharrette von Maps Lancelot nachgewiesen
irt,^ darf man glauben , dass Christian auch zu seinem Tristan den von
Lnoe du Oast geschriebenen ältesten teil des prosaromans benuzte. Die
sagenform des leztem muste dem höfischen stile Christians näher ste-
hen als die in den gedichten des Berol und Thomas niedergelegte.
Auf eine Untersuchung des Verhältnisses dieser Versionen unter
einander gehe ich hier nicht ein, ebensowenig auf die nähern bezie-
Inmgen, welche zwischen Eilhart und dem prosaroman zu bestehen,
sehdnen. Ich muss mich hier darauf beschränken , den anteil des älte-
sten Verfassers am Tristan abzugränzen, um hiernach zu entscheiden,
welche von den zahlreichen Lais des Tristan zu den denkmälern der
fitnzösischen lyrik des 12. Jahrhunderts gezählt werden dürfen. Um
der lOsong dieser frage näher zu kommen, sind einige ausführungen
über die composition des romans nicht zu umgehen; doch werde ich
uush kräften bemüht sein mich kurz zu fassen.
Bis dahin hat man Helis de Borron nur für den fortsetzer des
Yon Luce du Gast verfassten werkes gehalten : ich glaube , er hat das-
1) [Die annähme Jonckbloets ist von Gaston Paris in der Bomania XTT. 485 fg.
videri^ worden, welcher zeigt, dass ein teil des Prosalancelot auf Christians
gedieht beruht]
88 BRAK ELM ANN
selbe auch umgearbeitet und partienweise sogar neu geschrieben, und
zwar glaube ich dass von Helis zwei verschiedene redactionen des Tri-
stan herrühren. Den text des Lucet enthält in seiner volständigen und
reinen gestalt keine der von mir untersuchten handschriften. Daher
würden wir über das verhalten des Helis zu seiner vorläge nicht artei-
len können, wenn nicht Helis selbst uns ausdrücklich darüber anf-
schluss gäbe: er hat eine menge abenteuer unterdrückt, insbesondre
solche die nur nebenpersonen betrafen. Dagegen hat er erst in seiner
zweiten redaction den roman durch einfuhrung neuer abenteuer Tristans
bedeutend erweitert. Nach dieser meiner ansieht hat Helis in seiner
ersten redaction das werk des Luce zwar an vielen stellen verkürzt,
aber noch nicht durch zusätze vermehrt oder durch ausscheidung alter
und einsetzung neuer abenteuer an stelle der ausgeschiedenen verän-
dert; er hat sich zunächst auf die einfache weiterführung der von Lnce
unvollendet hinterlassenen erzählung beschränkt. Erst in der zweiten
redaction machte er den versuch , die beiden teile zu verschmelzen ond
die lücken, welche könig Heinrich von England darin bemerkt hatte,
auszufüllen. Nur dieser zweiten redaction gebührt der name li BrA
Qleichwol hat Helis auch hier noch den grösten teil von Luces roman
wörtlich bewahrt, wie er selbst ausdrücklich sagt und wie auch ans
dem vergleich der beiden redactionen hervorgeht.
Da diejenige redaction, welche ich die erste nenne, lange stel-
len enthält, welche die abenteuer des ritters a la cote mal taiUie erzäh-
len und in der zweiten ausgelassen oder durch abenteuer Tristans
ersezt sind : so könte man auf den ersten blick geneigt sein , sich lie-
ber für das umgekehrte Verhältnis der beiden redactionen zu entschei-
den; doch wird eine eingehendere prüfung der betreffenden abschnitte
dartun , dass nur die annähme , für welche ich mich entschieden habe,
zulässig ist.
Ich wähle als repräsentantin der ersten redaction des Helis die
handschrift 750/ als die der zweiten die handschrift 334, eine der
ältesten handschriften der vulgata. Der anfang der handschrift 750
entspricht dem untern teile von bl. 86' der handschrift 334. Zunächst
gehen die beiden handschriften zusammen bis 750bl. 35^ 334 bl. 114^
Hier, mitten in einem absatze des textes 750, bricht 334 plötzlich die
abenteuer des ritters a la cote mal taillie ab, um zu denen Tristans
überzugehen: Mais a tant $e lest ores li contcs cTeuls touz^ et retoume
a parier de Trystram , qui estoit encore eti la Petite Bretagne. In 750
1) 12599 enthält nur die erste hälfte der fraglichen episodo; der rest fiUt
in eine der zahhrcichen lücken hinein, welche die handschrift dadurch anzudeuten
pflegt, dass sie ein stück pergament unbeschrieben lässt.
TRISTAN 89
und 12599 wird noch lange in den abenteuern des Brunor le Noir ^
fortge&hren, Lancelot spielt eine bedeutende rolle, die geschichte von
Galehot und von dem Destroü de Soreloys, welche für die fortsetzung
der Abenteuer Lancelots und Brunors unentbehrlich ist, wird mit allen
einielbeiten erzählt. Dies alles, das in der vulgata ausgelassen und
dorch eine andre erzählung ersezt ist, uimt in der handschrift 750
über 60 blätter ein (bl. 35' — 97''), Statt dessen erzahlt die vulgata
die abentener Tristans im walde des Damantes * mit L'Amorat , mit
dem ritter a la beste glattssant, Eeux, Brandeiis und Hector dem
söhne des Ar6s, die befreiung Artus durch Tristan usw., was zusam-
mengenommen in handschrift 334 nur 10 blätter einnimt (bl. 115' —
125'). Für die spätem ereignisse des romans ist das hier erzählte
ohne bedeatung; es war leicht, neue kämpfe Tristans mit verschiede-
nen helden der tafeirunde einzuschalten. Die Verzauberung Artus im
Darnanteswalde und seine befreiung durch Tristan ist eine blosse epi-
80de: fQr die fortsetzung des romans komt dieses liebesabenteuer gar
Dicht in betracht , welches ohne das eingreifen der Dame vom See dem
k9nig Artus das Schicksal Merlins bereitet haben würde. Als später
Tristan von Lancelot an Artus hofe eingeführt wird, erwähnt der
enähler mit keiner silbe , dass der könig in ihm den ritter widererkant
habe, der ihm einen so wichtigen dienst geleistet hatte, oder dass er
sich jener dienstleistung erinnert hätte , so dass man das ganze aben-
tener unterdrücken kann, ohne den Zusammenhang im geringsten zu
stören.
Ganz anders steht es um die erzählung , welche sich in 750 und
12599 an entsprechender stelle findet; hier werden abenteuer erzählt,
die von der fortsetzung des romans bestimt vorausgesezt werden. Die
geschichte von Galehot und dem Destroit de Sordoys wird erzählt bei
gdegenheit der beschreibung von Brunors schild, dem escu vermeil a
la main blanche (750 bl. 75"). Brunor hatte, auf die bitte der demoi-
9de mesdisant hin , sich verpflichtet , das land Soreloys Plenorius und
dessen brüdern, den söhnen Cerons, wider abzunehmen. Lancelot ent-
flchliesst sich Brunor zu folgen , um , wenn dieser nicht ans ziel gelan-
gen solte, seinerseits die gefährliche aufgäbe zu volbringen. Da dieses
in der vulgata ausgelassen ist, so sah sich ihr bearbeiter gezwungen,
1) Dies ist der name des ritters a la cote mal taüUe; den beinamen g^b
üim der Seneschal Kez, als Artus jenen zum ritter schlug, vgl. 750 bl. 40%
12509 bl. 77 ^
2) Dem wald Broceliande des Merlin entsprechend. [Über den namen, den
'hmuk la foret d'Amant scbroibt, ist zu vergleichen Dunlop -Liebrecht s. 467
ttm.124, und 8.470 anm. 147.]
90 BRAKBLMAWH
zur motivieining von Lancelots abreise von hofe den Inhalt der lan-
gen stelle, die er hinwegliess , kurz referierend nachznholen. Vgl 334
bl. 144'': Li Chevaliers feisoit son escu porter covert cFune houce ver-
meiüe. Et se aucuns nie demandoit qui li Chevaliers estaä^ je dircie
que ce estoit Lancelot du Lac. II s^estoü tout nouvdement departus de
court, car il avoit oi cofUer a la cort Vaventure de la demoiseie mes-
disanty et pour quele achoison ele estoit a la cowrt venue, et camment
li Chevaliers a la cote mal taillie avoU seur lui emprise la hesoigne
pour mener la a fin, Pour ceste achoison s'estoit a icelui point lamr
celot departijs de court au plus priveement que ü pouoU, et s* estoit
apenssee que il iroit äpres la danmsde, et se li Chevaliers a la cate
mal taillie n'i venoit avant de lui a Vaventure, il feroit tant lui meesr
mes que il acheveroit la hesoigne se il pouoit (nicht porroit?).
In dieser nachträglichen erklärung hat jedoch der bearbeiter die
frühere auslassang keineswegs wider gut gemacht: wir erfahren gar
nicht was es denn für eine sache war que li Chevaliers a la cote mci
taillie avoit seur lui emprise, und wodurch sich Lancelot bewogen
fählte ihm zu folgen. Li der redaction, die ich für die ältere ansehe,
ist dieses genügend motiviert
Auch enthält die leztere eine begegnung zwischen Agravain
rOrguillex und Brunor, die zum Verständnis der abenteuer von Agra-
vains bruder Mordret nicht entbehrt werden kann. Der bearbeiter selbst
betont diesen umstand (750 bl. 42', 12549 bl. 79'): FOr cestui fai
que je vos ai devise a cestui point aquesta li volles a la cote mal taiV
liee la haine de mon seignor Gr. pÄgravain] et de toe ses freres, qtu
puis li toma maifite fois a anui et dofnage. Ceste fu la premien
achoisot^ de la hahie, que dura puis dusqu'a pres de la grant biUaiUt
qui fu e>» la plaifie de ScUübieres, ou la flor (12599 : de la chevalerie]
du realme de Logres morut a dud et a martire, et plus por la fdonu
de Mordrei que por autre chose.
Noch eins spricht dafür dass die fassung der vulgata eine Ver-
änderung des ursprünglichen textes darstelt: das abenteuer Lancelofa
und Brunors ist bloss eine ungeschickte erfindung des bearbeiters
welche erklären soll, weshalb Lancelot sich hinter Brunor her auf der
weg macht, und diese ihrem wesen nach bloss die widerholnng, und nocl
dazu ungeschickte widerholung, einer andern begegnung derselben rit
ter, die unmittelbar nachher komt und in allen handschriften steht
Der bearbeiter hat geringes geschick an den tag gelegt , wenn er die«
iweite begegnung neben jener ersten bestehn liess.
Nicht geschickter ist er da, wo er den Übergang zu der aui
der ersten redaotion übernommenen partie von den abenteuern Tristani
TBI8TAN 91
kerznstellen sucht. Die anschauliche erzählung der altern redaction,
wie Tristan ohne yorwissen könig Marcs an dessen hof gelangt, wird
m ihm durch eine bei ihm äusserst beliebte form der praeteriHo
ireezt, die an das lateinische Quid dicam? erinnert: Que vos diroie
je?^ Tristan vtnt a cari, si que otiques nus ne le sot, d quant la
rme le viij ne demandejs mie la joie qui entr^ euls fu faite (334
bL IW).
Etwas weiter unten (334 bl. 125^) tritt in der vulgata ganz
plOtdich Fergus auf (ne Fergus ifCot onques tant de hardement usw.),
ohne dass yorher yon ihm die rede gewesen wäre. In der ersten redac-
tion war erzählt worden, wie Tristan, als er sich von Kahedin und
Tselt yerraten glaubte und halb wahnsinnig im walde umherirte, mit
Feigos zusammengetrofTen war. Die erzählung der vulgata sezt also
dieses erste auftreten des Fergus voraus , und so gibt uns ihr bearbei-
ter selbst die mittel an die band , ihn der Unterdrückung jener in der
eisten redaction erhaltenen abenteuer zu überführen.
Die angeführten tatsachen liefern zur genüge den beweis, dass
der text, den ich als die vulgata bezeichne, von Helis interpoliert
worden ist , der zudem uns selber sagt , könig Heinrich habe seine erste
bearbeitung unvolständig befunden (104 bl. 344' por ce que il ai trouve
jue asse0 choses faiUent en cestui livre qui bien i seroient convenaubles
amdre).^ Auch war Helis selbst der ansiebt, Luce du Gast habe
Ton den abenteuern Tristans nicht genug erzählt (Vorwort zu Palame-
des, hs. 338: iMces de Gau . . translata en langue frangoise partie
ie VisMre mon seigneur Tristran, et mains assez quHl ne deüst.
MmiU commenga bien san livre y mais ü ne dist mie d'assez les oeuvres
MO» seigneur Tristan, ains en laissa bien la gregneure partie). Daher
entschloss sich Helis auf bitten könig Heinrichs , aufs neue an die arbeit
m gehen und alles nachzutragen , was weder Luce du Gast , noch Gau-
1) Diesolbo fonnel hat auch der Verfasser derjenigen redaction häufig ange-
wendet, welche Estlander für die älteste hielt. Auch da zeigt sie kürznngen nnd
MsUssongen an und liefert den beweis, das diese redaction den text der vulgata
n gründe 1^^.
2) Mit unrecht haben einige handschriften das nachwort der altem redaction
dir vnlgata angehängt, deren echtes Explicit das von Ferdinand Wolf, Über die
lAia s. 2i0, ans der Wiener handschrift 2542 abgedruckte ist Dieses selbe Expli-
cit findet sich in der mehrzahl der Pariser handschriften der vnlgata. Die sehrei-
W, wdche das ältere nachwort an die vnlgata anfügten, liessen sich offenbar von
deouelben gesichtspunkt leiten, der auch Busticien de Pise bewog, das längere
nachwort aofzunehmen , nur wegen der ausführlichen angaben über die Verfasser des
romans, die es enthielt [Der schluss der Wiener hs. 2542 ist fast wörtlich der
KhloBs der Hort Artu; vgl. Fnmivalls ausgäbe der Queste dd Saint Qraal s. 249,
^ BiiQh-mrschfeld, Die Sage vom Gral s. 2S8.]
92 BRAKBLMAKN
tier Map, noch Robert de Borrou, noch er selbst gesagt hatten (hs. 104
fMur ce m'ai ü requts par soy et par atäres . . que je autre feie me
travaiUasse de faire un autre livre ou taute la moitie fut cantetme
qui en cestui livre faut — Hs. 1463 Bosticiens text: ei paurverai de
Chief en chief, et de ce que je verai que faudra et que je trauverai en
livre de Laiin, je fircU un livre entier au je canpäerai^ se diex piaist,
tat ce que MS. Luces del Graut que primieremant camance a treskA-
tier, et fHoistre Gualtier Map qui fist le primier livre de Lancdat, et
M, Baubert de JBaran, d je meismes que sui apeUes Hdyes de Baron,
tat que nas n'avan meties affin ^ je acamplircU, $e dex me dane tant de
vie que je peusse cdui livre mener a /!»).
Im Vorwort zu Palamedes sagt er femer, dass er den Bret auf
bitten man seigneur de Barran begonnen habe: Je Hdis de Barren
par la priere man seigneur de Barran et paur ce que campaignan
d'armes fusmes langement^ encammcn^ai man livre du Bret (hs. 338).
Man seigneur de Barran gehört also wol zu den autres, die nach der
so eben angezogenen stelle aus hs. 104 ihn ersuchten , den Tristan neu
in bearbeiten.
Aus den angeführten stellen ergibt sich , dass von Helis de Bor-
ron zwei bearbeitungeu des Tristan herriUiren; ich glaube diese mit
Wahrscheinlichkeit in den Pariser handschriften nachgewiesen zu haben.
Auch bei seiner zweiten redaction befolgte Helis das princip, aben-
teuere die mit den hauptb^ebenheiten des romans in lockerem zusam-
menhange standen« zu unterdrücken, um sich in seiner erz&hlung ans-
schlie^cher mit Tristan zu beschiftigen. Man Tcrglttche folgende
stelle: CW jar lor avini accntures aucumes que je ne vod pas deviser
en MIHI Iktt: c^ur ammis me s^nUerait dt deriser lautes les aoentures
qui arimreni a cimscmn dkraUer. Car pe m^ai eure d'aeanter alonges,
mms vous dimi les ar<ntures qmi apartiement a ma draite wüstere, d
CHI |4nj^ briement que je jH»rrui\ ei raus dirrai eomment U avint a Tri-
;s4am d a Djmadam ^776 bL 11^
Wenn wir uns nun der schwierigen frage zuwenden, wie sich
die erst<' n^aciK^u d«ts Helis zu ihnj T\>rlap^ mag verhalten haben,
so gtaubo ich dass Helis hier bereits nach demselben principe verfuhr,
da$ er bei der iw^^iieu nslacuon nur mit gr^^sserer consequenz durch-
(%bn«r. Kr $elK^ sa$t die$ an mehrami sli^lleii« an denen er längen
und aKMiiweiftaupm in l.ttc^ rouon herroiheta.. doch sollen diese stel-
len ftr eine der tol^mden uniin^cliungen an^rBfipart werden. Hier
fUiT^ Wh nur eine stalle an;^ dem nachw^Mrt der h& 101 an, die ffir
nnsex^ (h^ \<m bekn^r i^- Hier $«!t Heixs: de foirfe» ces flars fera
Jt mm <>MYm «« won jpruMf Unr^ m ki mumiert fw U Ikres de man
TBISTAM 93
mignar Luces de Gant et de maistre Gautier Maapp et dz de man
$mgnaur Bobert de Berron, qui est mes amis et mes paranis charnex,
iacowrderont au miev^ livres^ et li miens s^acorderont an meintes
(ioses OS lour. Wenn Helis hier auch noch far seine zweite redaction
Übereinstimmungen mit Lnce da Qast an meintes choses annimt, so
mfissen diese übereinstinminngen in um so höherem grade bei der ersten
redaction vorhanden gewesen sein, wo Helis sich darauf beschränkt
hatte, zu dem unbeendigten werke Luces die fortsetzung zu liefern . . .
[PARIS 1870.] JULIUS BRAKELMANN,
[Jeder wird zugeben, dass der vorstehende aufsatz Brakelmanns
mandie f&r die geschichte des Tristantextes wichtige tatsache aufdeckt,
die ihren wert behalten wird , auch wenn man an den Schlüssen , die
Bnkelmann aus den tatsachen zieht, auf die dauer nicht solte festhal-
ten können: Wäre es ihm vergönt gewesen , diese arbeit zum abschluss
IQ bringen, so hätte er vielleicht in einigen punkten noch seine ansieht
geändert. So, meine ich, liest man fast zwischen den Zeilen von Bra-
keknanns darlegung, dass die zweite redaction, welche Brakelmann
Helis de Borron zuschreibt, nicht wol von diesem herrühren kann.
Solte Helis sein eignes werk in so ungeschickter weise entstelt haben?
Idi glaube fast dass Brakelmann auf dem wege war , einzusehen , auf
wie schwachen fassen seine hypothese von den beiden redactionen des
HeliB steht , und dass nur der schluss der hs. 104 ihn verhinderte^
diese hypothese aufzugeben. Brakelmann wolte diesen schluss zum
abdmck bringen; er ist seitdem von Hucher Le saint Qraal I, s. 35
(1875) veröffentlicht worden, so dass hier von einer ausgäbe von Bra-
hhnanns text abstand genommen werden kann. Hucher aber hat auf
8. 156 auch das Vorwort zum Palamedes herausgegeben , und ein ver-
gleich dieses Vorworts mit dem nachwort der hs. 104 genügt, um Bra-
kehnanns hypothese ihre wichtigste stütze zu entziehen. Im nachwort
der hs. 104 , der einzigen welche dieses nachwort unverkürzt enthält,
sagt Helis de Borron:* li rois nCa requis par soi, et par autres
ä par sa houehe, et meisment por ce qu'ü ai trouv6 que asses choses
faülent en cestui livre qui hien i seroient convenaubUs a metre, ne
■•rfre ne sH parroient mie des or mais,^ que je autre fois me tra-
1) Ich nnterdrücke in Helis Worten was mir ftlr den gegenwärtigen zweck
cntbebrlich scheint
2) d. h. „weil der Tristan von mir bereits abgeschlossen ist, so wäre es jezt
n spit, das darin fehlende nacbzutragen; ich kann dies nnr in einem neuen werke
tm." Besagt das nicht deutlich , dass Helis von einer zweiten redaction des Tristan
abstehen will?
M BBAKSUCANH, TBISTAN
vaiUasse de faire un autre livre ou taute la moitU fut cantenue qui
en cestux livre faut. Et je li proniet que, taut meintenant gue la
grant fraidure de cestui yver serai trespassee et naus serans en la
dauce saisan que Fan apele le tens de ver^ je qui adanc me sarai
repaus&s apres le grand travail quefai ehu de cestui livre ^ antour eui
ai demarS eine ans taus entters et plt^, me retaumerai adanc . .. et
je ferai un autre grant livre.
Hiermit vergleiche man das Vorwort za Palamedes, wo Heils
sagt: A Dieu qui nCa danne paavr et engien et memoire de finer hau-
naureement le livre du Bret, entaur qui je ai travaiUie mault Icnc
temps, merci je. Bai Henry ^Engleterre vueuU, par ce gu^il U
samble que je n'at encare mie mis taut ce quHl i apartenoü, que je
encammence un autre livre de celle metsmes matere^ et vueuU que en
cestui livre saient cantenues tautes les chases qui en man livre du Bret
faülent. Et paur ce que je vai que le tems est biaus et ders et li airs
purs et la grant fraidure de Viver s^est d^entre naus partie^ vueü
cammencier man livre en td maniere.
Es ist völlig klar: wenn Helis im naohworte zum Tristan sagt,
er wolle nur die winterkälte vorüber lassen und den frühling abwar-
ten, ehe er dem wünsche des königs entsprechend ein neues grosses
werk zu schreiben beginne, und dann im Palamedes sagt, weil das
wetter schön und hell und die winterkälte voröber sei, so schreibe er
nun den Palamedes, so kann mit dem am schluss der hs. 104 ver-
sprochenenen werke nicht eine zweite redaction des Tristan, wie Bra-
kelmann glaubte ^ sondern nur der Palamedes gemeint sein. Andrer-
seits aber kann das werk, für dessen endlichen abschluss Helis im
eingang des Palamedes dem himmel dankt, nur dasjenige sein, zu
welchem das in der hs. 104 erhaltene nach wort gehört, also der Tri-
stan dieser handschrift. Denn dass das nachwort dieser handschrift
zu einem andern als zu dem in ihr enthaltenen texte gehörte, wäre
zwar denkbar , ist aber ohne triftigen grund nicht anzunehmen. Daraus
aber ergibt sich weiter , dass der in der hs. 104 erhaltenen version des.
Tristan der name li Bret gebührt, also der klasse B, und nicht erst
der klasse C, wie Brakelmann dachte.
Dagegen bleiben, auch wenn wir Helis de Borron nur ^in^
redaction des Tristan zuschreiben dürfen, Brakelmanns beobachtungeim
über das sachliche auseinandergehen der verschiedenen bearbeitunger»-
in ihrer ganzen Wichtigkeit bestehen.]
96
LITTERATUR.
Corpas poetienm boreale. The poetry of the old northern tongue
from the earliest times to the thirteenth Century edited classi-
fied and translated with introdnction^ excursns, and notes by
ChiAnuul "ngftissoii, M. A. and F. York Powell, M. A. Vol. I: Eddie
poetry. VoL ü: Court poetry. Oxford, at the Clarendon Press, 1883.
CXXX and 575; 712 pp. gr. 8o. M. 42.
Die besprechnng des vorliegenden umfangreichen und bedeutenden Werkes
endieint spät, später als es mein wünsch und meine absieht war. Nicht bloss
imaere nmstände haben sie verzögert Ich habe mich vor ihr gescheut und es
Inge nicht Aber mich gewinnen können, einem manne von Yigfussons eminenter
begabimg in einer weise gegenüber zu treten, wie ich es um der sache und der
mhiheit willen glaubte tun zu müssen.
Eine hervorragende Idstung ist dies buch unzweifelhaft, ausgezeichnet durch
die Alle des in ihm zum ersten male vereinigt en materials , durch den reichtum
der in ihm angeregten probleme, durch nicht altägliche gelehrsamkeit, durch com-
Inutioiisgabe und schar£Binn, geschmückt durch stilistische Vorzüge seltenster art
nd durch feinfühliges dichterisches nachempfinden , belobt durch den geist einer
«genartig ausgeprägten persönlichkeit. Man sieht überall, wenn man es nicht
Mhon zur genfige wüste, dass Gudbrandr Yigfusson die altnordische litteratur,
diehtung wie prosa, älteste wie spätere, und zugleich deren handschriftliche Über-
lififenng in einem grade beherscht, wie kein anderer seit Jon Sigurdsson. Nie-
BHuid unter den lebenden wäre wie er dazu berufen gewesen , uns ein quellenwerk
der altaordischen poesie zu schenken als grundlage der weiteren forschung. Nie-
■and wie er — wenn nicht eines ihm fehlte: die philologische methode! Das Cor-
pos poeticam boreale erinnert in der tat in seinem völligen mangel methodischer
•dnifamg an die anfange der germanischen philologie , hie und da an die Zeiten der
kDmtDisten. Es wimmelt von wilkürlichkeiten und rücksichtsbsigkeiten aller art,
die flfichügkeit und fahrlässigkeit, die inconsequenz und ungenauigkeit in der bear-
beitong fibersteigen jedes erlaubte mass. So kann das werk trotz aller jener glän-
lenden rorzfige nicht nur nicht die grundlage bilden für die Studien, welche sich
die altnordische poesio zum g^enstando wählen, sondern es muss als unbrauchbar
tb wiisenflchaftliche zwecke bezeichnet werden.
Ich werde den beweis für diese behauptung führen. Zuvor wird es aber not-
wen^ fein, den reichen inhalt des Corpus poeticum boreale in umrissen zu skiz*
ncren, um so notwendiger, als der herausgeber auch in der anordnung seines
iMes fiberall das hergebrachte verschmäht und nur ausnahmsweise sich und den
leser mit Verweisungen belästigt.
Die einleitung hebt an mit einigen interessanten §§ über die geschichte
der altnordischen philologie auf Island. Der herausgeber weist nach , wie dort so
gut wie anderswo die alte tradition einige Jahrhunderte hindurch abgebrochen war.^
1) Zum beweise für diese behauptung weist Vigflsson s. XYIII u. a. auf das
jeit TOI O. Cedersobiöld unter dem titel Allra kappa kvteäi veröffentlichte gedieht (Ar-
kirl, 62 fgg.). In demselben (ca. 1500) werden aber ausser Skald-Helgi — ^Gunn-
■ag SBake's-tongue'^ findet sieh nicht — doch noch einige andere isländische helden
»fgBfihit. Ich bemerke dies nur der genauigkeit wegen: Yigfussons Verwendung des
Akk. fir aeine ansieht soll damit nicht angetastet werden.
i .
96 STMONB
Er schildert dann das wideranfleben der altnordischen stndien : die Wirksamkeit tod
Amgrimr Jonsson (1568 — 1648) nnd Bj^m Jonsson a Skardsa (1575 — 1656), dann
besonders Ton bischof Brynjoifir (1605 — 1675) tritt in anziehend gezeichneten bil-
dem in ein helles licht £s zeigt sich, dass Snorres Edda, vor allem Skäldakapar-
mal, in den Zeiten des Terfals das einzige werk der klassischen zeit, wovon man
noch etwas woste, die erinnemng an die skaldendichtnng nicht ganz erlöschen lieas.
Der §4, welcher die geschichte des wertes Edda Tor nnd nach der entdecknng
des Codex Regius der Eddalieder beschreibt, gehört zn den wertvolsten der einlei-
tung. Ergänzt wird er (11 , 560 fg.) durch die liste Ton anfuhrnngen des Wortes
Edda in den rimnr. Bemerkenswert ist, dass bereits Magnus OlaCsson (f 1636)
den gedanken an „eine andere ältere Edda* fasste: seine theorie, der bischof Bryn-
jolfir nnd andere sogleich lebhaft znstimten, ebnete den weg für die bezeichnmig
des nen an^efundenen 0>dex Begins 2365, 4* als Edda, wihrend die phantasie
des BJQm Jonsson auf Saemnnd führte. — Im folgenden (§§ 5. 6) wird yon den
handschriften , specieU den für die ausgäbe benuzten, gehandelt. Der heransgeber
zeigt hier dasselbe streben wie in den Prolegomena zur Sturiunga, die datierang
der isL membranen möglichst zu yerfrühen. Ein urteil steht mir nicht zn. Der
Codex Begius der Eddalieder, den man algemein mit Bugge gegen das ende des
XnL Jahrhunderts sezte, soll nach Yigfusson zwischen 1220 und 1240 geschrieben
sein, „but certainly not later than the latter date, and in all probability earlier*
(s. XLll). Diese datierung steht in unlösbarem Widerspruch mit der wolbegrftnde-
ten annähme, dass die liedersamlung um 1240 oder 1250 abgeschlossen sei (Bngge
Fornkr. s. LXVII. Müllenhoff , Deutsche Altertumsk. V, 1, 232). ^ — Bezddmend
ist die beschreibung der benuzten handschriften in § 6 für die arbeitsweise des he^
ausgebers. Der abschnitt ist auf das sorgfaltigste begonnen, indes — offenbar, weO
das Interesse erlahmte — in nachlässigster weise beendet.
Die folgenden selten (§ 7) bandeln im algemeinen von altgermanischer epi-
scher dichtung. Die erzablungen bei Paulus Diaoonus Ton Alboins Jugend nnd
ermordung gelten dem heransgeber für treue paraphrasierungen untergegangener
longobardischer lieder. — Die Untersuchung wendet sich den Eddaliedern zn (s. LVI
— LXXX). Yigfusson sucht seine bekante hypothese über die heimat der Eddalia-
der durch neue argumente zu stützen, mit denen ich mich bald an anderer stdle
auseinanderzusetzen haben werde (vgl. Edzardi, Beitr. von Paul nnd Braune S,
349 fgg., sowie den lesenswerten aufsatz von E. Magnussen „On Havamal Terees
2 and 3" in den Proceedings of the (Cambridge Philol. Soc. 1884, nr. IX). Die lie-
der werden auf eigentümliche weise klassificiert. Der heransgeber unterscheidet
einen „Helgidichter^, den er c. 950 ansezt, einen „tapcten**- oder „monolog*- oder
„klaglied**- dichter (c. 1050), dem die' lieder von Brynhild, Gudrun, Oddmn, nicht
aber die älteren Atlamai (c. 1020), gehören sollen, einen „balladendichter** (c990)t
einen nordischen Aristophanes (Lokasenna, Skirnismäl, Harbarps^op) , einen , Sibyl-
lendichter'' (Vgluspa), einen „christlichen dichter** (Solarljop) usw. Doch solles
diese namen nicht immer bestirnte dichter , sondern öfter nur die ähnlichkeit von
Inhalt und stil, die gleichzeitigkeit, kurz die schule andeuten (s. CXIII). — §10
sucht das alter der liedersamlung zu bestimmen. Yigfusson gelangt zu 1150: diese
datierung, schwach begründet und ohne rücksichtnahme auf ältere ansichten, i^t
aus den verschiedensten gründen unmöglich. Yon dor datierung der handschriften
abgesehen, scheitert sie schon an dem umstände, dass Snorre die samlung nicht
1) Dagegen sezt Yigfusson dieselbe um 1150 (s. LXXII): s. unten!
ÜBEB CORPUS POET. BOBBALE 07
gdint baben kann. § 11 sammelt die Zeugnisse für die Verbreitung der Eddalie-
der, namentlich die filteren: Eyrindr skäldaspillir (c. 970), der den „ Helgidichter *"
gqiltlndert haben soll (s. LXIV) nnd Ülfr üggason (c. {«80) , der in der Hüsdrapa
(8D.B.I, 268; Cpb. 11, 24, z. 21) auf Hyndl. 35 (Bugge) anspielt (s. LXVIII),
bwten ^e frühsten. Sodann: Am6rr jarlaskald (c. 1064, vgl. MüUenboff DA. V,
7^), Ivarr Ingimnndarson (Cpb. ü, 261), jarl BQgnvaldr im Hattalykill, könig
STerrir (Tina. VIU, 409) , der Verfasser der F6stbr(B{)ra saga (ed. Gislason s. 83.
Flii n, 206). Anch stellen der Islendinga sQgar nimt Vigfüsson als Zeugnisse für
die verbreitang der Eddalieder in anspmch (vgl. II, s. 501 fgg.)« Paraphrasen findet
er, abgesehen von Snorra Edda, Yplsünga saga nsw., in Tnglinga s. c. 6—7. 21,
QJ^ldnnga 8. (s. LXXV), Gisla s. Sdrssonar (II, 331) ^ Hromandar s. Groipssonar
(I.LAÄY11 fgg.) nnd Bosa s. c. 12 in Fas. UI, 233: leztere stelle gibt aber nnr
£e bekante erwfihnnng der EQarrandahlj6p (vgl. meine ansg. der Eudrun s. 5).
Ana den abschnitten über die bofdichtnng (§ 12. 13) und die Snorra Edda
ßlQ hebe ich hervor die hypotbese des herausgebers Über die Überlieferung der
itrophen in 8n. £. nnd den königssagas , auf welche er selber offenbar grossen wert
k^ (vgL a. LXXXn „the results here put fortb are entirely new"). Die häofige
udit -Übereinstimmung zwischen der prosa und den citiertcn Strophen führt Yigfüs-
imi IQ der ansieht, dass die verse sowol in Sn. E. als auch in Hkr. , obgleich von
ton verfiwsem (gleichviel ob Are oder Snorre) benuzt oder paraphrasiert, dennoch
aidit von diesen selbst, sondern erst von späteren bearbeitern der Hkr. und Sn. E.,
uixwar nach verderbter (von Einarr Skiilason verflachter? s. LXXXVH, vgl. II,
%8) voilage, eingefügt worden sind.^ Gegen diese hypotbese „von der systema-
Wien bearbeitnng der älteren skaldenpoesie'^ hat bereits Heinzel Anz. t d. A. XI,
IB%^. sehr beachtenswerte einwände vorgebracht.
In § 14 sezt Vigfüsson seine teztkritischen grundsätze auseinander. Eine
löhe von stellen wird behandelt. Ich fähre sie an , um die prtifung zu erloich-
ten:« Gniwr. H, 29» (Cpb. I, 320;. - VqIs. s. B. 150, 28 (II, 538). — Hyndl. 24, 1
(1,230). — Hüsdrapa Sn. E. I, 250 (II, 23«). — Sonatorrek z. 49 (I, 279). —
W X.2 a. 277). — Grdgaldr 13« (I, 95). — ' Sonatorrek z. 50 (I, 279). —
«M. 1.94 (I, 280). — QnpT. HI, 11« (I, 323). — Hrafnsmäl z. 60 (I, 258). —
B*. Brynh. 6 »-* (1,304). — Atlam. 65« a, 340). — Arinbjamardr. z. 93
(1,876). — Vspä 23»- « (I. 196). — Sig. UI, 64 8-* (I, 302). Auf einige dieser
^neidationen wird noch zurückzukommen sein.
Es folgen bemerkungen über „frühere ausgaben und commentare.'* Von einer
^nmmenhftngenden bibliographie ist natürlich nicht die rede. Ich hebe einzelnes
l^ttiiiB. Wohnend berührt die warme Verehrung für die unnachahmliche Übersetzung
^ eddlsdien heldenlieder durch die brüder Grimm (s. XCIU), welche Hoffory
*o^n aufs neue herausgegeben hat. Der brief W. Grimms auf s. XCIY ist wol
^ H. W. Tjdeman gerichtet. Von Bugges Norrocn FomkvsBdi heisst es , dass diese
^^igibe yhaa been the staple out of which subsequent editions have been , ospecially
Hl Gennany, mannfactared.** Als erwähnenswert werden dann angeführt die von
Onudtrig nnd Hildebrand. Eent Vigfüsson noch andere? Noch eine bemerkung
1) Damit im zusammenhange steht die ansieht, dass Vgluspä nicht nach B,
^^ Bach Hanksbök, Bondem nach Sn. E. „restauriert" werden müsse (Introd. § 16.
^ U, 648).
t) loh eitlere die Eddalieder stets nach Bugge, auch nach dessen kurzzeilen,
^ diese sn billigen.
Bmomu F. DnuTSOHs philolooib. rd. xyiu. 7
98 8TH0KS
muss mir vom herzen. Wenn der herausgeber s. XCVI Egilssons Lexicon Poeticam
als ^unsafelj based" bezeichnet wegen des völligen mangels an textkritik und Ter-
glcichender methode, so gebietet die gerechtigkeit darauf hintaweiaen, dasa-et an
exactheit das Icelandic - English Dictionary bei weitem überragt.
Von der haupttendonz des § 16 über die prosaische Edda ist schon berichtet
Der verfiEisser der Gylfaginning soll älter als Snorre sein, der „glossator*, d. h. der
einfugcr der strophencitate nach einem verderbten nnd gefälschten tezt jünger,
ebenso der Verfasser dos formäli and eptirmäli. Die klage, dass ,no man of ialeat
has ever reallj taken np and stadied the Prose Edda*", wird vor Mfillenhofb nnter-
snchnngcn wol verstummen. Am schloss dieses § wird die schon ans den Prolego-
mena zar Sturl. (s. C fg.) bekant« ansieht widerholt , dass nicht Snorre, sondern
Are der Verfasser des grundstocks der Hkr. seL — Der folgende abachnitt (| 17)
bespricht mythologische fragen. Der heransgeber versacht ältere nnd jüngere
mythenschichten zu trennen. Nur für die lezte gibt er direkten einflnaa des Chri-
stentums SU, doch auch da nur in beschränktem maase. Die Charaktere der Wal-
hall - religion sind alt, doch in neuer Verbindung gebraucht und mit neuen personi-
ficationen vermengt Dazu der erste excurs des ersten bandea d, 401 — 431, a
unten).
Den schluss der einleitung (§ 18 — 20) bilden angaben über die Orthographie,
einrichtung. Übersetzung, geschichte und zwecke der vorliegenden ausgäbe , worauf
noch zurückzukommen sein wird.
Der text zerfalt in 10 bücher. Die 6 des ersten bandes umfassen die altn.
gedichte im fomyrI>islag, oder, wieVigfusson mit unzweckmässiger erweitaning dei
begriffes sagt, die ^ Eddie poetry." Buch 1 (, älteste nordische poeaie') enthält in
fünf abteilungen die grosse masse der Havanuü, nämlich 1) «des gastea Weisheit'
(82 Str.); 2) , spruchgedicht" (Hav. 81 — 83. 85—87. 89. 88. 90. 137. 74. 73, rgl
I, 400. dazu noch eine strophe aus prosa hergestelt nach Sn. E. I, 106); 3) «Lodd-
fiifhis lAi«' (Häv. 112 — 117. 119 — 121. 44—46. 122. 123. 125—136. 162) -
dazu Sn. £.1, 36: 4) , Odins liebeslehren" (Hav. 102. 96-101. — 104— lia -
13. 14. 12): 5) die eigentlichen Hävamäl (111. 138 — 164), dazu als appendii
str. 80. 1 Es mag genügen dazu im algemeinen zu verweisen auf MüUenhoff, DA.
V, 250 ffxig. und die anzeige von Hoffory. Gott gel. Anzz. 1885, s. 35 (gg. — Ange* .
fugt ist Sigrdrifumäl 13 « — 19. — Es folgt «das alte Völsungenspiel*, d. h. teile
aus Roginsmäl, Fafnismal und Sigrdrifumäl. Sodann «die ältesten epischen gedichtet
Atlakvitva. Hamlnsmäl (vermischt mit Gu])rünarhvi}t 1—8, vgl. I, 375) und das
^gedieht auf ThetMiorich den grossen", d. h. die strophe, welche Bugge (Tolkninif
af runoindskriften pa Rokstonen s. 40 fgg.) auf dem Bokstein gelesen hat'
Buch 11 (.älteste ge^lichto der woatlichen inseln'') hebt an mit didaktischea
dichtung^^n: Vaf|tniImism.Äi (^nebst Grimn. 40 fg.), Giimnismil, Alviasmal, Svip"
dagsmäl (Gn>galdr und Fj^^lsvinnsmal, im anschluss an Bugges schöne entdeetoiBg)
und die rät«el des konigs Heil^rek aus der Hervarar saga. Aus Grimn. scheidet
ViirfÜMK^n die stix^phon IS 20. 24. 36. 43. 4ö. 46. 47 »-«. 48»"'. 49. 50. 54 »I»
fkiffmente oinos selbständigen gedieht«« aus. VgL dazu meine bemerkungen Ti^
\) K« tM^ji lUv. TO* -•, ;$. llS, die der leser, wenn er sich das w«^
nUhl y«r«lri«M*n U««t« Opb. 1« ^t« fg. mittea unter den SöUrlj6> findet.
t) >ym\i|rrr kriliiK'h al« Uujrf:« *. «. o. «. 47 anm. bringt YigftfBson das tunk^
*- mmiH^iH {tiVi «U/« mittitff4 \^\. Sa. K. l« 516^ d<r ioschrifl gleich in verbindnBg i^^
Peam Unfi' (()r^in \ , t^^^\ /wvwfi^r 4lt* ^fVny wimrm JT« rwy« bmy.
ÜBBB COBPUS POET- IIO&BAt.II Öd
BijJt.n. 105 ^g. nml namentlich Möllenhoff a, a. o. s, 159 fgg. 236 fg. Anijorc
ilwiiheB «iiuses gedichtes (44. 27. 28- 47*— 48') werden mit recht als memorinl-
nwe rnnholuKisahen inholU gpF&9st. Dazu werden goatclt (a. 77 — 80): die twet-
^-, iioruen- und w&lkjrieuforxeichiiisae aus Tspii, sowie die strophtiu auB 8n. E.
I, t«0.-lÖ4 (pofgrinjBlPttla), 1,340. U. 431. 514. 1,482 (KiltByiaa). n, 142.
djp Eid) alle auch bei Bugge a. 332 fgg. finden. — Uen uweiteo abBchoitt dleHCa
buchnB bilden die dichtnngcD des „Aristophancs der weatUcLeD inseln" : Lokatenna,
ShrniBiuil, HärbarlisljoJ) und ein fragment ana der Skjgtduoga (Faa. I, 372" —
SU"), welohea ein zankgeapräoh zwi^sehcu Odin und Irar (Irarr vipfafimi) enthälti
D(ir Iwranggcber hat demselben metriache farui gegeben.' — Den sablnss dieaoa
Iv.bw bilden „mythische Eragmente" : HcimdaUaigaldt (Sn. E. 1, 102J, Njqr|ir oud
Shpi (Sil E. I. 92). Gnä und Hofvarpnir (Sd. E. I, Ilß), pijkk (Sn. E. I. 18Ü).
[lufT und Geirrg|ir (Sn. E, I, 386) — alle ancli bei Bngge Pornkv. s. 330 fg.
Buch ni salte epische gedichte von den woatlicben inseln" enthält in drei
itiKboittcn ,die blQte der nordiacbnii epik" iiiid als vierten abschnitt die ältesten
cldsUicIien dichtungen des nordens didaktischen inhalta. 1) „der Helgedichtor":
'1 .Helgu und tjigrun" in drei teilen, welche die ganze erste Helgakvipa Bund,
uod TOD der zweitün str. 23 — 28 und von 30 au bis zum schlnsa bringen. Diit
a gilt dem heranagober hier wie tibernll für jünger. — b) „Helge und Svava"
;. Hj?tv. 1—11. 31-43). — c) „Helge ond Kära" (H. Hu. U, 1-13), vgl.
- d) das tragmunt der Vijlsungakvilia in foma (U. Hu. II, 14 — 18). —
eines dialt^iscben gedichtes von Uelge und Sigriin (H. Hu. D , 29),
tBaitr. IV, 172 anm. — f) ÄUe und Hiimgerpr (Helg. Hj^r». 12 — 30). —
■ westliche Welsungeulied' , 8 fragment« einea jüngeren liedea von den Wol-
, «eiche sich, mit ausnähme des ersten (der halbstruphe in c. 8 der V>j1b.
it in B«ginan)., Fäfnism. und Sgrdrfm. zwi&chen den brachstücken des älteren
B Aber denselben gegenständ (buchl, §4) voründon. — h) „Hjohnars tudos-
K nnd Angantyra erwecknog" aus der Hervorar und Orvur-Odds saga (Faei. I,
»Ölgg. II. 212 fgg.). vgl. I, 495.
2) .der batladendichter' : Vylundarkvi[ia, prjraakviim », Vegtamekripa (,Bal-
io"» •luom"), UrotlaagngT, Bjarkamal (Fas. I, 110), ein kleines fragment eines ver-
lUDvii lieOes vun Hrulfr kraki ans So. E. 1 , 3M , endlich die ^agmeote eiuea Hilde-
'Tuuliliedes aus Ämiundarsaga kappabana (Fhb. U, 484 fgg.), vgl. die I, 387 mlt-
Z'tiiille parnpfaraso Saioa und Mflllenhoff in den Denkm.' 264.
3) .der SibyUendiehter": Vqlaapii, dazu I, 377. 11, 621. 642.
^ 4) aiier christliche dichter": Sülarljüj), als swei gedichto (des elften jabrhun'
H^f) gefasst, nämlich a) die eigentlichen Solarljüti (atr. :i3 — 75. 81 —83), b) „die
^Bihnt dea chriüten", fragmentu einer parabeldichtung, zn denen Vigfüasuu auch
RTtSl 70*-". 118 stell.
^B Buch IV bringt unter der zusammen fassnng „alte hiatorische gedicbtu" —
^■n dem ersten abschnitte nicht passt — eine reilie von dichtuugon aus dem X.
^Bden aufang des XX jahrh. Auf die Uymiskvijpa (dazu vgl. I, 511), welche wol
^i^Uiehlicb aus metrischen gründen hiorhorgeatelt wurde , fulgeu genealogiscbo
l) In T. 10 des so bergegtelten fragmente« will VigfiSaaDn st-ilt SöHcr lesen
LJ'lUl. 468). TieLmehr muaa in v. 13 scatt HcimdaUr gelcnen «erdvn BqPr, wie
Br« Eludim üben, von Itrcnnor s. 37 anm. 1 bereits bemerkt hut. Auf llenar paant
^H Iwwli hiiiliij, (• hraddattr tut Ätu nneb Yngl. s. c. i giiux wul.
H t) DuD I, 501 die ballade Therd af Hafujoard.
100 smoKB
gedichte: Hjndlaljot) (vgl. U, 515. G29. 652). Eigsl.ola (Tgl. I. 379). Tngtii
»on fijöfolft hvinrereki (ein »euer tcrt wiri]>n. 655 gegeben*. Rikjjatal i
vindr skäldaspilltr (neuer tett 11, 65T): sodann die ältesten encomiftstigchen gedieht«:
Eorokloßs „RabenBang" (als „Haraldamal" beraosgogeben in Möbias Edda s. 22^
ffTE-)- Eiriksmäl und Rakonamial, Von dem zulezt geDaaten gedieht« werden di«
Strophen 5 — 8 abgetrent. — Den vierten abschnitt bilden die drei dichtnngen von
E^Il äfcallagrimBBon : Hijfuplausn (960 — 954), dazu 1, 379 der t«it des Wolfen-
bflttlei Codex. Arinbjarnardräpa (c. 960) , dua I, 380 der tcit de« Cod. AM 132
fol.. and S^natorrek (97&— i««!), dauu ein neuer t^it 1. 544. — Endlich ,Sigti7gga
dichter", d. i. Darrapsrljö]) (nach 1014) aua der Njäla c. 167.
In ttaub V sind namentlich die lieder zueammengeBtelt, welrhe sich in B
nach der grossen lücke finden. Unter dem titel , die lezten epischen dichtungen "
sind sie nach ihren Stoffen geordnet, ,whieh rooghl; giTca thc chronological order."
I) ,.8iegfriods halladan dichter", d. i. Oripisspu. — 'i) „der Brfnhilddiehter" : „dna
lange lied ron Brynhild", Hrckhes Vigfüsson zusammenfügt aas SigurfiarkTipa bin
ikanima nnd Helrei|) Brjnbildar, — „frsgraent eines knrsen BrjnhildliedeB", d. i.
Brat af Sigar]iarkvit)n , — Oddranargrätr — .fragynente verlorner lieder ans d^r
lacke", d- b. die in Sverria s. e. 164 (Fras. VI1\, 409) citierte halbstrophc and di*
Strophen der VqIs. b. c. 27 — 29 (auch in Buggea Femki-. 9. XXXVtU. 336 fg.) —
3) „der Gndrundichter" : Gu[)njnftrkvipa in torna . wovon str. 37—44 abgetrent wer-
den (b. onteol — .Gudruns gotteaurteil", d. i. Guprünarkvipa 111. — „Gudninnr-
kvida oder Gudruns erzählung", d. i. Uu{irünarkvi[)a I (in str. 18. Gofirkr. n, S
Tgl. I, 381) — „Tregrof Gndrnnar", d. i. Hanipismäl I. Gu{)ränarh».)t 9 — 21
(vgl. hoch !, § 5). — 4) ,der ÄUidichter" : Ätlamal — und Gaprunarkvipa II, 37
— 44 als besonderes bruchstück eines AttitiodeB, — 5) ,dei hunnische cjclus*: das
lied von SlQJir und Angantyr nebat einem kleinen brachstiicke ans einem andern
liede von Anguityr, beides ans der Herrar s. (Fas. 1 , 490 Ö08. 489). Dan
TgL Cpb. I, 387 Saio. — 6) .heldenkataloge" ; die liste der Hälfsrecken ans Half«
8. c. 16 (Fas. II. M) — aus Hjalmara todcBsang: Orvar-Oddss. c. 14 (Fas. 11, 230}
— aus ABbjqrns lied (Fms. III, 220} — ans Gautreks a. e. 4 (Fas. UI. 19) — data
das brachstücfc eines Starkapliedes aus 3n. E. II, 407: daa volständige hed hat Sa»
gekant, vgl. Cpb. I, 388 fgg.
Bach VI („Scbulia") enthält eine bldtcnlese von volkstümlichen improviu-
tiones, sowie kleine lyrische golegcnheitsverse in einem versmass, das VigfässoD
ganz wilkürlicb ^TorT-Einar metru" nent, weil die strophen des Torf-Einart aus
der Orkneyinga in ihm vetfaast sind. Vgl. Möbius Hatt. I, 54. — Nachträge tu
diesem bavhe s. I, 400. 567. 672. Die nene lesnng des Tuue-steins am leztgenan-
ten orte, der infolge die spräche „rein gotisch" sein soll, ist entschieden mehr nnu
als gut.'
Die vier bflcber des 2
wäre wol als zusammenfassender n
oder jedenfala richtiger gi
inbalta hier nicht eingehen.
Blich VII: heidnische poesio im drottkvaitt. 1) qm^tholugisrlio hÖtiBcbe dich-
tnng": Ragnarsdräpa — Haustlqng, dazu ein paar Inusavisur aus Hkr. — die Jxira-
drä|>a von Eilifr GuprnnorsoD , nebst einem fragmente desselben diditers aus ejnetn
bandes umfassen die „hofdicbtung"; aoHi hier
„dichtung im drdttkviebr hättr" paasend«
Ins einu^lne dürfen wir bei unserer skiaie di>s
1) Vgl. je« F. Burg, die üttn
lao feg.
lordischen runcninacbitlUn , Berlin ISU,
ÜB£R CORPUS POET. BOREALB 101
gedkhte aaf Christas (So. £. I, 446) — die Hüsdrapa von ülfr üggason (c. 975 —
900) — liniehstücke dieser gattung. Die quelle für diesen ganzen abschnitt ist die
Ssom Edda. — 2) „ lobgediohte ^. die ältesten historischen dichtungen im drott-
hstt, haiq>tBächlich aas 4en konanga sQgur, einzelnes aus Sn. E.: Hornklofis Glym-
dnipa (TgL Sn. £. III, 408) — Qathonnr Sindri: drapa aaf Hakon den guten —
ebe Strophe aas Fagrsk. s. 15 , welche der königin Gunnhild beigelegt wird —
Koimaln SigroBpardrapa (c. 960—970) — lausayisur von Eyvindr skaldaspillir aus
Hb. and Sn. B. — Glumr Geirason: Grafeldardrapa (c. 976) usw. — die dichter
Ton Hakon jarl (976 — 995) , unter denen hervorragen Einarr skalaglara (Yellokla
B.a.), Tindr Hallkelsson und Eyjolfr dal)askäld (Bandadräpa, vgl. G. porlaksson,
Udngt over de norsk-islandske skjaldo fra 9"^* til 14*^« ärhundrede, Ebb. 1882,
1.78^.). — 3) „ golegenheitsgedichte ", nicht encomiastischer, sondern privater
utor. Darunter ragen hervor die Strophen des Hromuudr und seiner söhne aus
Lafidnama (IsL ss. I, 161 fgg.) und die Mählipingavisnr des porarinn svarti aus
^7C>8J>^ 6.18. 19. 22. — 4) lausavisur von Kormakr, HolmgQngu-Bersi, Egill,
Vigi-Glüinr, dessen söhn Yigfüss und Hävarpr halti. Hauptquellen für diesen
tbidmitt sind natürlich die Kormaks, Egils und Viga-Glums sagas. Femer einige
ntirisohe Strophen von isl. dichtem.^
Buch Vni („christliche hofdichtung ^) führt in sieben abschnitten die klas-
Mb zeit der skaldenpoesie vor. 1) die dichter Olafs Trjggvasons und Eirik jarls
(995—1014): Hallfrepr vandrs9|>askald, Halldorr ukristni, Sküli porsteinsson , porpr
Kolbeinsson, BJQm Hitdselakappi, Gunnlaugr ormstunga u. a. — 2) die dichter
OUIs des heiligen (1014— lOaO) und Knuts von Dänemark (1008—1035): der vor-
ttehniste von diesen Sighvatr pörparson, nach Yigfüsson (I, 118) der einzige unter
des Skalden, welcher den namen eines dichters in unserem sinne verdient, zugleich
dojenige, von welchem uns mehr erhalten ist als von irgend einem anderen (Cpb.
1, 124 — 150), femer Gttarr svarti, pörarinn loftunga, Bjarni gullbrä, Skald-Refr,
pormopr kolbrunarskald u. a. Unter den kleineren stücken finden sich auch ein
pur Strophen, die dem h. Olaf selbst beigelegt werden (Fms. V, 178. 200. Fiat,
m, 241 fgg.), — 3) die dichter des Magnus göpi und des Haraldr harpräpi (c. 1040
—1070): Amdrr jarlaskäld und pjopolfr Amorsson die bedeutendsten, auch könig
Hindd selber ist vertreten , u. a. durch ein liebeslied (vgl. porläksson , üds. s. 105).
— 4) die dichter Eiriks des guten von Dänemark und des Magnus berfcettr und
■einer söhne (1093 — 1130). Der haupskalde des dänischen königs, Markus Skeggja-
NB (t 1107 ? s. Sn. E. ni , 348 fgg.) eröfnet diesen abschnitt, unter den poeten des
Htgnos berfoDttr ragen hervor Gisl Dlugason, BJQrn krepphendi und porkell hamar-
^d, auf Signrd den kreuzfahror bezieht sich namentlich die Sigurpardräpa von
Einin Skulason. — 5) die dichter der prätendenton und späteren könige (1130 —
1200): Ivarr Ingimundarson , Halldorr skvaldri, Einarr Skulason u. a., dann auch
gelegenheitsverse aus dieser zeit. — 6) Gedichte des 12. Jahrhunderts über frühere
cnignisse: Geisli (drapa auf den h. Olaf) von Einarr Skulason (c. 1154), überliefert
i> Beigsbok und Flateyjarbok — Bekstefja zu ehren Olafs Tryggvasons von Hallar-
Steinn oder Steinarr (ob identisch mit Steinn Herdisarson? vgl. porläksson s. 118) —
1) Zur bequemlichkeit des benutzers vervolständige ich für diese zerstreuten
"^phen die ungenügenden quellenaogabcn Yigfüssons: Cpb. I, 79 — 81 — str. 1 — 4:
Hü. I, 248. 306. 308. 152. — 6 — 11: Bisk. ss. I, 6. 10. 13. 14. 16.— 12: Hkr.
(^Htr) 151. — 18: Fms. XI, 81. — 14: roneninscbrift zu Karlevi auf Öland (s. Er.
^öttiont Oldn. Ordb. XL fgg.).
l
102 STMONS
die Jörns vikiDgadrapa von bischof Bjarni Kolbeinsson (vor 1200) — EonuDgatal
nach Fiat. II, 520 fgg. und anderes. — 7) Allerlei kleinere reste der skaldenpoede:
darunter fragmente von encomien aus Snorra Edda und atrophen , welche nach Yig-
füsson später in die Islendinga SQgur interpoliert wordeiysind.
Buch IX: „epigonenpoesie^ : 1) „der Ragnarcyclus** : Eräkumal (Fas. I, 300
^SS') — andere fragmente aus der Ragnars saga (dazu s. Edzardi, Helden -Sagen»
Stuttgart 1880 , s. L fgg.) — verse aus den Fomaldar SQgnr und einigen anderen
sagas gleichen Charakters: besonders poetisch die der Viglundar saga (ed. G. Yig-
fi'isson, Kph. 1860). — 2) Mälshättakv»])! (herausg. von Möbius in der Ztschr. f. d.
phil. , ergänzungsband s. 1 fgg.) , nebst einem runenliede (vgl. Möbius Cat. s. 20.
Verz. s. 94).
Buch X („ buchpoesie ") bildet den schlnss der samlung. 1) Merlinna spa,
eine zu anfang des 13. Jahrhunderts von dem möncbo Gunnlaugr Leifsson gefertigte
Übersetzung nach Gottfried von Monmouth (herausgegeben von Jon Sigurdsson in
den Breta sQgur nach Hauksbok: AnO. 1849). — 2) „lezte gedichte in altem
metruni^: Y^^lsa f(jersla, ein phalluslied (Fiat. II, 331 fgg.). — Skaufhalabalkr (her-
ausg. von Külbing, Beitr. zur vorgl. gesch. der romant. poosie und prosa des ma.,
Breslau 1876, s. 242 fgg., vgl. Germ. 21, 368) u. a. — 3) fragmente von taozlie-
dorn und kehrreime von Island und den Faröor. — 4) Rimur, die zwei ältesten:
Ölafsrinia von Einarr Glisson (Fiat. I, 8 fgg.) und Skidarima von Einarr Fostri
(herausg. von K. Maurer, München 1869 [aus den Abhandl. der k. bair. akad. I
cl. XII, 1], vgl. Möbius in dieser zcitschr. 3, 227, und von G. Cederschiöld in
Wisens Garm. norr. ,^Lund 1880, s. 100 — 112), dazu 100 Impromptus in demselben
versmass. — 5) die Islendingadrapa von Haukr Yaldisarson (ed. Möbius, Kiel 1874)
nebst anderen katalogischen fragmenten. — 6) die pulur aus der Snorra Edda,
manche in drottkvsett. — Endlich 7) Skuldatal nach cod. Academ. und cod. Ups.
(vgl. Catal. s. 169 fgg. und Sn. E. III, 205 fgg.).
Ein anhang (II, 547 — 559) enthält „unächte" verse aus den Fornaldar sQgiur,
unter diesen auch den Yikarsbalkr aus Gautrcks s. c. 3 — 7.
Dazu kommen noch einige texte zur erläuterung: doppeltezte, d. h. 7 mehr
oder minder gleiche stellen, die sich zwischen je zwei Eddaliedern finden, und zwei
gedichte Egils in doppelter Überlieferung I, 375 — 380 — paraphrasiorende lieder-
fragmcnte aus Saxo Grauimaticus I, 381 — 391 — die bereits angeführten recon-
sructioncn von Yspä und Vspa in skamma (Hyndl.) II, 621 — 630, Hai. und YngL
II, 655 — 657 und Senat. I, 544- 548 -r die prosa von R vor und nach der
lücke II, 524 — 532 — die paraphraso der durch die lücke verlornen liedcr in
YqIs. II, 532 — 541, nebst englischer Übersetzung I, 391 — 399 — paraphrasiorende
stücke aus Sn. E. II , 541 fg. — Verzeichnisse von kenningar und okend heiti 1,
574 fg. II , 542 — 546. 61 8 — 620.
Unter dem texte steht eine englische prosaübersetzung , darunter die les-
arten. ' Ausführliche historische und litterarische einlcitungen sind den einzelnen
abschnitten und dichtungen vorangeschickt. Es folgen reichhaltige anmerkungen
I, 459—574. II, 563—617.
Endlich hat Vigfusson beiden teilen eine reihe von wichtigen oxcursen bei-
gegeben: 1) über den altn. gottesdienst I, 401 — 431 (tempel und opfcr, orakel,
ahnencultus, gelübde und eidc, besessenheit, kalender). — 2) über germ. und altn.
1) „Final readings'' zum ersten bände I, GXXIY — CXXX, zum zweiten bände
II, 657 fg. — Addenda, corrigenda, crrata I, 400. 576. II, 710 — 712.
tIBBK OOHPTIB POCT. RORKALB 103
k 1, 432 — 458. — 3) über iliu kenningar in der ulto. pocsie II, 447-186,
h kan#r oinleitung eine lilaBailiuierto zusammeoBtoliiing derselben. — 4> über
B II. 487 — 500. — 5) übet die apuren alM( holJouUeder io einsielnen
endingiSQgDi n, 501 —d09. -~ 6) .der BchöpfongBinythns und die nordischen
'«li^ien in Uyndluljöp " U, 509—023 (darin nt^mologien von ediUi und qsa,
ft MoonatroctJon von Hyndl.). — ludicos (zur mythologie nnd sage, zur geachirhte,
b^nmioatik, poetik, kricik aaw-, und su den behandelten realien) beBcfaliessen
kweik U, 660 — 708.
Ein corpus poaUcnm nornxnnm soll selbstverstindlieh keine poetische antho-
sundem ein sprachliches und litterarhistorisches qnellenwerk. Yolatän-
j^dt dar teite ist erstes bedürTuis. Von nitch weis baren fatschuagen, via etwa
HJalldj^A oder GnnnarBftliLgr, abgesehen, hat es alle altn. gadichte' bis zu
T f«wiason zeitlichen grenze zn umfassen, volstündigu gedichte wie einzelne
zu den nnbedeutcndsten frogmenten, auch Bolche, die wertlos oder der
jUHbten Überlit^fening wegen fast nn verstau dliob orsc^betnen. Als terminus od
n lAre wol die mittu des vierzehnten jabrbunderts anzunehmen: Eysteins Liljn
EO) kdnta den schlnsB bilden. Vigfüssou nimt das 13. Jahrhundert a.\a zeitliche
Er hat s. CXI Tg, der einleitung eine liste derjenigen gedieht« gegeben.
er absichtlich von seiner samlung auRgeschlosüen hat. Uie gründe sind
nmer sehr stichhaltig. Es worden dort aufgefiihrt Hättntal nnd Uattalykill,
■ gediuht, weil Höbins eine anegabe dessulben vorbereite, was jedoch ketnea-
•$ der fall ist, die dichtungen ans Sturlunga als „rein künstliche und nochah-
e", die »erso der Orknej'inga , mit ausnähme einiger besonders wich-
a von Eognvttldr jarl. Ferner: UugBVinnsmal [haransg. von Scheving 1S3I).
kltioh Vigfüsson selber sie dem anfange des 12. Jahrhunderts zuschreibt, Uann-
], Leijiarvisan , Liknarbraut, die Placiduadrä|ia (Iczteros gedieht ans Cod. AM.
18,4* vennntlich der ÜberUeferung nach das älteste altn. gedieht), die Gu[jniun-
liipur und Lilja, endlich fragmente der Slfälda aas gedichten legondariscbun
Dagegen haben dichtutigen aufnähme gefunden, die den selbatgDfitei-'kten
D Aea hernnsgcbers gemäss hätten ansgescblossen bleiben sollen ; ans unseror
bitaflliersicht ergibt sieh dies zur genfige. Ein princip ist dabei kaum zu cnt-
Mien. Wenn die Hugsvinnsmal, eine bearbeitung der Distich^ Catonis, fortgelaa-
ll worden als „ biicbdicbtung", so bätte dasselbe Schicksal den grasten teil des
('bnohee treffen müssen. Der heransgeber hat sich eben mehr durch seine jier-
A Vorliebe oder abneigung leiten lassen, als man billigen kann. Man ist nun
lliwie vor genötigt, wichtige gedichte an entlegenen stellen znsnchen: don Hat-
t/liü X. h. in der selten gewordenen ausgäbe der Sn. B. von Egilsson, Flacidiiü-
\ und die anderen geistlluhen stücke in iallindiachen Programmen von 1833 nnd
Es fehlt aber noch anderes, das Vigfüsson nicht erwähnt. Eine ganze reihe
1 eluMlnen visnr ans Fas. und Ist. ss. , namentlich viele lansuvisur der lozteruu,
USD durch ihre abwesenheit. Ob absichtlich, weil sie dem henasgeber unäclit
[iBläeneii oder misSelen, oder aus versehen, steht dahin. Hcinzcl hat A. f. d. a.
U IS einzelnes hervorgehoben. Ich bemerke noch folgendes, ohne erschöpfend
D n wollen. Es fehlen die zwei Strophen des porbJQm homkloü Fagrsk. o. 14
4 Fiat I, 574 (Fma. S, 192), die drei atrophen der Skiüda saga (Fnis. III, 08
', Tgl. Sn. E.m, 412. 415. 40G, die verse des Sncgiii-Halli Flat.UI, 427 fg.;
1) Vgl. die kuMO, ttbcf YOitrfflicbe übersicbl der i
lug in Uübiua IlitUtal II , SB fgg.
Uberliufarlon iiorrirnf
104 8TM0MS
foruer alle verse der Hävarpar saga (bis auf die halbstrophe So. £. I, 232), weil
8io dem horansgeber nnäclit erschienen (Cpb. II, 73 fg.). Cpb. II, 62 wird ^ine
8tro])bo des ponaldr Hjaltason gegeben (Fiat 11, 73^): warum fehlt Fiat 11 , 73*?
Cpb. II, 172 fehlt Fiat. III, 241». Obne ersichtlichen gnind werden in Buch IX,
§ 1 zwei Strophen der Ragnars saga und fünf der Horvarar saga (Fas. I, 254.
262 fgg. 431 fg.) weggelassen. Cpb. I, 3G9, ur. 64 (= Sturl. I, 17 .... 19) fehlt
der schluss. In demselben abschnitt (Cpb. I, 363, nr. 26) wird die zweite hiüfte
der lezten strophe aus der Egils saga (ansg. Reykjavik 1856, s. 226 fg.) angef&hrt,
die (;rste hälfto aber fortgelassen. Weshalb fehlt unter den atrophen der Giinn-
laugs s. (Cpb. II, 111 fgg.) die stropho Tsl. ss. II, 271?
Es mag dabei sein bewenden haben. Freilich, es ist bereits mit recht von
IK'inzel a. a. o. s. 45 betont worden, dass es sehr schwer hält, sich zu. öbeneagen,
ob eine strophe, die man im Cpb. sucht, auch wirklich darin steht. Die benatiuig
dc8 Werkes wird eine walire quäl. Eine genügende controle zwischen den altn.
(|uelleu werken und dem Cpb. wird durch die ganze anläge des bnchea fast zur
unmriglielikeit. Ich rede hier noch nicht von der anordnung: sie stand dem her-
ausgeber frei, ist aber nicht consequent. Allein es fehlen die nötigen angaben
über die herkunft der einzelnen strophen imd fragmente, Verweisungen auf frü-
here ausgaben und die unentbehrlichen indices. Beispielsweise: der leser wünscht
sich zu überzeugen, ob die erhaltenen atrophen des Halldorr skvaldri aufnähme
gefunden haben. Nach, einigem suchen findet er ihn an zwei stellen II, 248 fg.
266 fg. Von den 12 strophen an der zuerst genanten stelle erfahrt er bloss, dass
die beiden lezten ^from Edda" sind. Von den zehn ersten kann er natürlich
voraussetzen, dass sie aus den konunga SQgur herstammen. Aber wo stehen sie?
Der geduldige leser wird ersucht, in Ukr., Fms. VII und Fak. zn suchen, bis er
sie hat. Von den 6 strophen, die sich n, 266 fg. finden, heisst es wörtlich:
„Verse 5 from O. U. L. [d. i. die „legendarische*' Olafs s. helga, herausg. Ton Key«
ser und Unger, Christiania 1849]; verse 6 from Morkinsk.; verse 5 from Fagrsk.*
Abgesehen von einem störenden druckfehler, leistet diese qnellenangabe gewiss das
mögliche an ungenauigkeit und rücksichtslosigkeit gegen den benntzer. Genaueres
s. 8n. E. III , 369. — Eyvindr skaUlaspillir steht an drei verschiedenen stellen des
Werkes: das Häloygjatal I, 251, die Hakonarmäl I, 262, lausavisur 11, 33. Ober
die Überlieferung des Hai. heisst es kurz und bündig, dass die von VIgfüsson als
III. IV. VIII. IX bezeichneten fragmente in „the King^s Lives*' vorkommen, frag-
ment X in Fagrskinna, die übrigen in Edda und Skalda (W). Nun ist die Über-
lieferung gerade dieses gedichtes sehr verwickelt, wenigstens stellenweise. Und
mit diesen angaben soll man sich zufrieden geben, durch sie soll man in stand
gesezt werden, sich ein urteil zu bilden über die von Vigfüsson beliebte reihen-
folge der fragmente und so manche andere frage! Von Ey\'inds lausavisnr crlshreD
wir, dass sie aus „the Lives of Kings** stammen und daiss „Snorri in Edda** die
Zeilen 21 — 22, 25— 26, 29—32 citiert Nun suche du! Er hätte bei jeder auf-
genommenen Strophe die herkunft derselben angegeben werden müssen^ unter
genauer Verweisung auf eine bestimte ausgäbe. Schon für die Eddalieder ist das
fehlen dieser angaben eine empfindliche erschwerung des Studiums: für die 8kal-
denpoesic aber macht es die nutzbarkcit des workes geradezu illusorisch. Der her-
ausgeber hätte sich in diesem punkte die Sorgfalt Jon Sigurdaaona im dritten bände
der Snorra Edda AM zum muster nehmen können. Die citate, die wirklich bei-
gebracht werden, sind in ihrer ungenauen algemeinheit nutzlos, aosserdem noch
häufig falsch. So heisst es II, 114 von den IV« strophen der Gestr poriiaUsson
ÜBKB CORPUS POBT. BOBBALB 105
,froin Cod. Worm. Appendix^, allein nur die halbstrophe findet sich Sn. E. II, 628/
die Strophe ist ans der Heiparviga s. (Isl. ss. II, 299). Ganz irreführend ist die
angäbe zu Sighvats Togdxäpa II, 135: str. 1 ist niclit aas der ßagnars s. , sondern
ans dem pattr af Bagnars sonum (Fas. I, 354), nicht str. 2 und 11, sondern 5
md 11 sind aus Fagrsk., nicht str. 2, sondern str. 12 aus SkJQldunga s. (Fms. XI,
202). Die erste strophe der Knutsdräpa von Hallvarpr hareksblesi II, 161 stamt
nicht aus den Eonanga SQgar, sondern aus Sn. E. I, 320. Die fünf halbstropken
fon Ormr Stein|)6rsson II, 322 sollen der Sn. E. entnommen sein, allein die fünfte
ist nirgends zu finden.* Die unmittelbar folgenden werden der „Ups. Edda^ zuge-
schrieben: sie finden sich Sn. E. I, 468. 332. Dies sind einzelne beispiele aus vie-
len. Falsche angaben sind von mir u. a. noch bemerkt worden II, 54 (Norprsetu-
drapa), 63 (Eormakr), 71 (Egill), 94 (Hallfrcpr), 175 (pormopr koibrünarskald),
216 (Valgarpr ä Velli), 218 (Grani skald), 289, III und V usw. — doch mag die
liste hiermit geschlossen werden. — Die nutzbarkeit des Werkes wird noch mehr
beeinträchtigt durch das fehlen der unentbehrlichsten rcgister. Neben acht indices
TOD zum teil sehr problematischem nutzen fehlen unbegreiflicher weise die drei
wichtigsten, nämlich ]) der dichter, 2) der benanten gedichte, vor allem aber
3) der werke (Sn. E. und SQgur , nach bestimtor ausgäbe) , aus denen die einzelnen
gedickte and fragmente genommen sind. Nur auf diese weise , durch genaue angäbe
der herkunft einer- und den an dritter stelle genanten index andererseits, wäre die
10 notwendige controle zwischen der altn. litteratur einerseits und dem Cpb. ande-
leneits ermöglicht.
Ich gehe zu, dass man die bisher gerügten mäugel durch eigene nacharbeit
benitigen kann. Die register kann man sich anlegen, die citate am rande anmer-
ken. Ich darf zwar versichern, dass leztcres gar nicht so einfach ist, aber mit
ODTerhiltaismässigem aufwand von zeit und mühe gelingt es in den meisten fällen
doch.* Weit schlimmer ist, dass die textbehandlung ausserordentlich wilkürlich
gfhandhabt wird. Das schlimste, um gleich damit anzufangen, ist die unvolstän-
dige mitteilong der Überlieferung. Bei den Eddaliodern und den anderen nicht
eneomiastischen volständigeu gedichten lag offenbar angäbe der Varianten unter dem
teite im plane der herausgebers. Am einfachsten war die sache, wo nur eine hand-
Khrifk vorhanden ist, wie z. b. bei denjenigen Eddaliedern, welche bloss in B
bewahrt sind. Allein sogar da werden nicht selten wilkürliche lesarten in <len text
gemt, ohne angäbe der handschriftlichen Überlieferung. Ich wähle aufs gcratewol
wenige beispiele aus vielen.
Cpb. I, 146, z. 59 (Hülg. HJQrv. 34*) Sagdir ßü, Udgi, ctt Hroämarr veeri]
wtcr dem texte bemerkt der hcrausgeber „Hroduiarr] emend.; h', R." Nach Buggo
liest aber BHeI>iiin; dagegen z. 64 (str. 35 3),. wo Vigfüsson ohne bemorkung Hedin
in den text sezt, liest R h', d. i. kann, — Cpb. I, 148, z. 3 (Helg. Hund. II, 1«^)
1) Vgl. Sn. £. II, 498.
2) Dagegen ist Sn. E. I, 502 * (Ormr) fortgelassen: s. Möbius Hätt. II, 130 s.v.
Ulfhupt.
S) Nieht in allen. So sollen die dritte (halb-) strophe des SnsebJQrn Cpb. 11^
55'-t und die seile des Skäld-Helgi II, 171 *« hergenommen sein aus „AM 738."
über diese papicrhs. AM 738 , 4^ wüste mir auch herr prof. Möbius weiter nichts mit-
utifleiiy als dass sie enthält „Edda e^ur Samtok fomra «fintyra og dseroesagna" (nach
Ätfai Kdikomäl, 1826, s. 87, vgl. Fas. I, XVIII, nr. 9). Die vcrse konte er nirgends
üftieibea.
106 8TM0NS
fs ulf untjan inni htiofdot] R hat vif grdn, und ungan iHt eino coDJcctar. Nichts
davon in den Varianten.» — Cph. I, 153, z. 41 (Holg. HJQrv. 22«) ef ßü afli truir]
ohno honicrknng, ahor R liest efafli treystiz. - Cph. I, 156, z. 31. 32 (Reg. 18*—*)
Hnikarr hctomk fiä-es hugin gladdak, \ Vawlsungr ungi! ok regit hafdakj R hat
nicht nnr hafde, sondern auch gladde^ wie sich aus Wimmers Oldn. Lsesob.* V
bereits ersehen Hess (vgl. ztschr. f. d. phil. 12, 368 und Bugge, Arkiv 2, 121). Yig-
fÜHson gibt keine bemorkung. Ebensowenig ist auf die lesart der VqIs. s. und des
Norn. [). rOcksicht genommen. — Cph. I. 158, z. 83 (Sigrdrfm. B. 229% 7 fg.).
Agnarr M Audo broäir] dazu die bemerkung „Agnarr] Bugge; annarr, R.* Man
muss also annehmen, dass R lese annarr hH Audo broäir. In Wirklichkeit aber
Host R aNaa het Agnaa ha/f>o broptr, und Bugge hat bloss nach Helr. Brynh. 8, 6
und Völs. s. Atißo horgestolt.
Das sind einige beisi)iole von wenigen selten. Ich könte sie mit der grösten
loichtigkeit — ausschliesslich was die lesarten von R betrift — verzehnfachen. Im
texte der liokasenna (Cpb. I, 101 — 110) z. b. linde ich 13 abweichungen von der
handschrift, die nicht als solche kentlich gemacht sind: str. 11, 5 inni] innar R.—
14, 5 /Mrm/i ij i hmde wer R. - 15, b ef] ef ßü U, — 19, 6 fUi] frid R, — 27, 1
ef inni] ef ek imii R. — 29, 5 hygg] hvg R, hygg hss. der Sn. £. — 31, 2 MSfiu/
mt^K — 47, 2 ert/ er R. — 47, 3 Jescaßu*"] leztaßv R, lezkattuW, legskaßv r. -
49, 2 tird letigi] Ictigi' srd R. — 52, 4 ßess] sUks R. — 58, 1 burr] fehlt & —
59, 5 d] ok d R. Von rein orthographischen Varianten sehe ich ab, denn dass der
horausgeber diese nicht anführt, muss man billigen. Eben, weil der heraosgeber
mit den isländisc^hm manuscript^n auf so vertrautem fusse steht wie kein anderer,*
wird man das peinliche gofiihl der Unsicherheit und des zweifeis niemals loa. Man
wirft immer wider die frage auf; steht die lesart von Vigfnssons text wirklich in
der luindschrift, oder vers&umt er nur, wo sein text von Bngges angaben abweicht,
die lesart der handsohrift zu verzeichnen? Lozteres wird in hohem grade wahr*
scheint ich: Bugges Sorgfalt in diesen dingen ist bewährt, und der ausgezeichnete
norwegische gelehrte hat noch kürzlich die resultatc einer emeaten lesong von B
voroffontlidit (Arkiv II, 116 fgg).
Änderten manuscripten gegenüber scheint die akribio des heransgebera nicht
griMiHor gewesen zu sein. In dorn texte des Gn^ttasi^ngr (I, 184 — 188) liest der
horau8gol>or x. 48 sUktom , wo die hs. (cod. r der Su. E.) stoße hat , wenigstens nach
Bugge (zu str. 11. T») und der 8n. E. AM. I. 384: z. 79 burr statt 9(mr, i. 80 Half-'
dan4tr statt Ilalftiana — stets ohne angäbe dor handschriftlichen lesart, während
sonst abwoiohungon von giTingerer bcdeutong in diesem gcdichte verzeichnet wer*
den. — In Rigs|mla (1 , 2:{4 - 242, nach W^ hat Vigfnsson die namen der karla-
tochtcr in str. 25 an eine sp.Htere stelle (zwischen str. 41 und 42) versezt, da sie
seiner ansieht nach eigentlich namen der jarlstochtor sind, während er die so ent*
btohende lücke in str. *J5 aus den pulur (8n. K. 1 . 558) ergänzt Die einleitong m
Kigs|mla und die amnerkungiMi (1. 519) geben darüber ansknnft, aber so, dass man
meinen muss, die nainen aus str. 25 seien einfach versezt und Anden sieh nan^
1) [Narhtriiglirh »che ich, dass in den anrnm. I, 494 die handsehrilUicbe Icsazt
wiitgrtoilt IM. Pir ronjt^iur wird dort gf'Mäit durrh «Old. WoU. PL Sil. Long Br.
I*. 4«* (d. i. Sgnlrlni. ,VS« Sig, 111, l*«' *i].
S) Vgl 1, X1.ll: .though thf Editor hss had in hand and goae throngk pio-
Kablv «vm citaat ejirlv IctUndic vrllum or vellam fragment ^save those at Wolphen-
büttil) ...'.-
ÜBER CORPUS PORT. BOREALE 107
wie W sie bietet, zwischen str. 41 und 42. Das ist aber in Wirklichkeit nicht der
bll: statt Vif und Bistiü W findet man bei Vigfüsson Kona and Ekkja nach den
(olu, und zwar ohne varia lectio.
Wo mehrere handschriften vorliegen, bleibt man stets im unklaren, ob die
bentellang des textes auf einer philologischen imtersuchung des handschriftenvor-
hiltnisses beruht. In einigen, allerdings seltenen fallen, ist die hcrbciziehimg kri-
tueher hilfsmittel ganz unterlassen: für den text von Eeginsmäl 13 — 26 (I, 155 fgg.
34) nnd Helrcif» Brynh. (I, 304 fg.) sind z. b. die Codices des Norn. p. unbenuzt
gsblieben (Tgl. diese ztschr. 12, 87 fgg.)- ^^ macht wenig aus. Schlimm dagegen
ist die unvolstandigc mitteilung der Varianten wol benuzter handschriften. Ich ver-
weile den leser beispielsweise auf die texte von Grimnismal , wo die lesarten von
Annd Sn« E. durchweg nicht angegeben sind, von VQluspä, wo bald die lesarten
TOD H, bald die von R fehlen, von Ynglingatal und so manche andere. Den tex-
tn ans Snorra Edda, namentlich den wichtigen alten dichtungen in Buch Yll, § 1,
hat der herausgeber W zu gründe gelegt: die ab weichungen der anderen handschrif-
[ ten werden gelegentlich angegeben, gewöhnlich aber nicht, zuweilen wird sogar die
leiart von W ohne angäbe verlassen. Dabei passieren denn allerlei ilüchtigkeiten.
So wird zu Cpb. I, 252, z. 3 (Häleygjatal) : pvi-at lians cett i hvei'-legi die lesart
angegeben „fivi-at] W, medan A^^ während A = Hkr. ist und die strophe sich
nur in Sn. E. findet. — Cpb. II, 23, z. 1 (Hüsdräpa) liest Vigfüsson Uk ohne les-
art Keine von den handschriften der 8n. E. liest so: s. Sn. E. I, 250. 11 , 307.
622. Mogk Beitr. 7, 323. In demselben gedichte z. 19 ist Viä-gymir ebenfals
gegen alle handschriften eingcsezt, und widerum fehlt angäbe der lesarten (vgl.
Mogk a.a. 0. 8.327). — In den Mähli{)ingavisur (II, 57 fgg.) aus Eyrbyggja wird
in str. 13, z. 51 angegeben , dass hligi eine conjcctiir ist, nicht aber zu str. 6, z. 22,
da« es steh mit rank ebenso verhält: s. Evrb. 1864 , s. 25. — Im texte des Skal-
ilatal (II, 442 fgg.) finden sich zwei auslassungon , abweichend von beiden hand-
sduiften. Doch wozu beispiele anhäufen? Weit besser wäre es gewesen, gar keine
lenrten zu geben als eine so wilkürliche auswahl.
Am empfindlichsten aber vermisst man die Zuverlässigkeit der neuen ausgäbe
bei den texten aus den königssagas. Dass so viele stro]>heu mehrfach überliefert
Bind, erf&hrt der leser in der rogil gar nicht. Durchweg bleibt es bei der angäbe
,froin the Lives of Kings^ : welcher receusion (Hkr. , Morkinsk. , Fagrsk. , Fiat, usw.)
dine strophe entnommen ist, wird wenigstens noch hie und da, ob eine strophe
dch aber in mehreren rccensionon zugleich findet, so gut wie nirgends gesagt.
Dem entsprechend fohlt die rückslcht auf die abweichungen der verschiedenen recen-
siouen von einander.
Nach dem bisher gesagten braucht kaum hervorgehoben zu werden, dass der
lieransgeber die kritischen bestrebungen seiner Vorgänger gröstonteils ignoriert.
Dann und wann werden allerdings frühere ausgaben angeführt, doch benuzt sind
sie fest gar nicht. Die meisten texte erscheinen als „nunc primum edita", namenlr
üdi im zweiten bände. Eddalitteratur ist I, XCIII fgg. citiert: conjecturen Bugges
werden nicht selten aufgenommen, mit und ohne nennung seines namens, ein ein-
zelnes mal stöst man unter dem texte auch auf die namen Rask, Arne Magnüsson,
Egilsson, Grinmi, Grundtvig, alles ohne system und Ordnung. Für die texte des
zweiten bandes wird s. XCVI ausschliesslich verwiesen auf Egilsson Skyringar im
zwölften bände der Fms. Ausgaben einzelner werke werden dann in den speciellen
einieitangen noch hin und wider angeführt, wenn es dem herausgeber gerade ein-
108 8YH0NS
fiel: vgl. II, 8.43. 284. 295. 301. 363. 372. 381. 390. 396. 442.» Von don kritischen
beitragen zu den Eddaliedern von Edzardi, Wisen, Kichert u. a. ist nirgends die
rede. WiscnR Carmina norrcona (liUnd 1880), K. Gislasons arbeiten zur altn. slud-
dendiühtung (Aarbeger 1866. 1879. 1881. Njäla II) sind weder erwähnt noch bennzt
Ich nenne noch oinigos, ludern ich bloss herausgreife, dessen benatzung man nngeme
voruiisst: die versciuodenon schwedischen arbeiten über Haraldsmal, Häkonarmäi,
HQfu|ilauKn, Arinbjaniardräpa, Vcllolda n. a. (s. Möbiiis Yerz. s. 66. 64. 73. 39. 106),
(iröndals bemerkungcn zu Haustlgng in AnO. 1860, Mogks ausgäbe der Hosdrapa
Beitr. 7, 319 fgg. , Jou porkclssons skyringar der Tisur in Gannlaugs s. usw. 1868,
in Njala 1870, in Cirettla 1871 usw., 0. Kyhlberg Om Skaldon Sighvat Thordsson,
Lund 1868 und A. Toruström Gm Skalden Sighvat Thordsson, Lund 1871, Möbiua
ausgäbe der Islendingadrapa, Kiel 1874, ganz abgesehen von den texten vieler
saga-editionen und der Icsebücher.
Wilkürlich und inconsequent ist auch die Orthographie. Der herausgeber deu-
tet in der einleitung s. CYII an , es sei für die älteren gedichte sein streben gewe-
sen, die Orthographie der ältesten handschriftcn durchzuführen. In Wirklichkeit ift
das aber nicht geschehen. Die Schreibung des Cpb. schwankt planlos zwischen der
Orthographie der ältesten und der der jüngeren hss. und steht nicht selten mit
beiden im widcrs])ruch. Der räum verbietet mir, dies im einzelnen zu belegen.
Wenige proben mögen genügen. In den ableitungs- und flexionssilbcn ist altera
o durchgeführt, nicht aber e: mit unrecht, wie der horausgebor s. CYIII selber
zuzugeben scheint, ist hier die schreibwciso von B zu gründe gelegt, während die
ältesten hss. durchweg neben o auch c zeigen.* Die untorscheidung zwischen foc^
lischem und consonantischem i in der Orthographie als i und j (also fiaü, iök, abs
miäjom, dynja) hat in den hss. keine stütze. Wenn fiaU, iök, so auch mifuMf
dynia und selbst „zwischen vokalen** deyia u. ä. Der herausgebcr unterscheidet
natürlich zwischen q und o. Für das zeichen q gebraucht er lieber ao, und das
Hesse man sich gerne gefallen. Statt des 0 wird vorzdgsweiso ce gedruckt, was
schon bedenklicher ist. Aber wie wird die Unterscheidung im texte gehandhabt?
Man findet bald rwlo, vwlor (1, 182, z. 14. 196, z. 79. 232, z. 141), baldroolo, rao-
lor (I, 15, z. 20. 30, z. 19. 105, z- 97), nebeneinander aorlaog und arlaog (I, 19&,
z. 44. 56). Den u - umlaut des d bezeichnet Vigfüsson in der rogel durch daa la-
chen m, doch stehen auf einer soite nebeneinander die formen dotto, vitro, XvoMO
(I, 194). VigfüsBons system für den gebrauch von d und d im schwachen praet
vermag ich auch nicht zu erkennen. Überall vermisst man die consequente durdi-
führung der aus den ältesten hss. und den akaldcn gewonnenen formen. Fonneft
wie or statt 6r, lion statt hon, dagegen hdna, ülr, der artikel inn statt em^
naokkod (I, 131 *<^) statt nakkvat oder fickkvatt und so manche andere müaten ve]^
1) Dioso anführungen sind zudem oft ziemlich unverständlich durch ihn klim
und ungenauigkcit. So ist s. 43 die rede von einer ausgäbe der Jdmsvikinga saga nach
cod. AM 510 [4"] „bj Dr. Petersens, Lund 1880**, während s. 301 verwiesen wird auf
die ausgäbe der Jönisvikingadrdpa vom jähre 1880 „bj Mr. Petersen, of Land." W«
wini aus diesen angaben schliessen, dass in beiden fallen eine und dieselbe ausgabt
gemeint ist? Ferner: genügt es für die leser, auf welche Vigfüsson rechnet, wean
Cederschiulds ausgaben der Rekstofja und der Skfdarima, KÖlbings ausgäbe des Sloutf*
halabälkr, Möbius ausgäbe des Mälshättakvsedi u. a. bloss nach der Jahreszahl eitiait
werden }
2) Vgl. Mogk im Literaturbl. für germ. und rom. phil. 1888 , ip. 196.
'. BOKKALB
10!1
_ tinJen. I, 62' wirrt >'il ei beibehalten, dagog^ii I, 2S«". 8a"> und sonst ilaa
ilb(fii(f«rte rä in rflja ^cfindert. l'nkliir ist auch trotz dor hetncrkuLg b. CIX ilie
iKliandlnnit Je» vr, wo der Btabreim es erheiarht: I. ]7(i' Briär, aher I, 103»"
«I, S?"*. 38'". 42"* vreidir nsw. Die rinffthrong des 8g. bragarmöl, die
fflg der sdTerliiEi epter, fyrer, yftr, under yna den prsopositionon grf, /"yr,
i, die sinsetianK Ton «fiil, frü. hef, hcfr inw.. die re^Inng det ncgation,
kflnnng von onclitiria , daa alles niid vieles andero schwankt. Aach durcli
ireime bidegt« rormen wie üam, brinna und rinna, hrafiarr hätten in den
lextea duTchgpfllhrt werden sollen. Endlicli — denn ich kann hier nur
sn — hätten bfi den ältosten »kalden raanche formen eingesezt werden kön-
ie ihre lüötrisohe t«chnik fordert, mag die grnmmatiache theorie sie nun
nder nicht. Bei pjö[)älfr hino hvioverabi wäre so niuht nur II, 17 in der
titen teile ED lesen Jißrf «-^ i'c/r (Hoffory Ätkiv I, 45),' aondem z. b. auch II, 14*
/h^M ('v/ re*), sUtt des flberlioferten pjaza, wenn aneh die grammatische tlieorie
"^inr wncn nom. *peie, aber einen gen. pjaia an fordern aobeint. E. Mogk, wel-
^^Bv mir brieflich eine gelungene etj^mologie von pJoH mitgeteilt hat, uimt wol mit
^^Hk u, doBS zar leit pjäliölfs die bredmng noch nicht volstÄndig darchgednin-
^^n war, imd verweist auf eino strophe Ggile aua dem jähre 976 (Egils. a. 1856,
^ii208!, wo die schlnssseile lant«t erfgroen» mSr rerßa.
Eine andere Schattenseite des Werkes will ich hier sogleich anschlioaaen. Für
1^1^ «rkUmng der skaldischen gedichte ist viel za wenig getan. Es fohlt dit- angubo
irr «ntittolge und der kenningnr, aowie deren erklärung. Hin nnd wider findet
'i .'H^r in den , Notes" einiges angedeutet, doch dürftig und ungenügend. Daaa
ii' i''irii-niiiige aber sehr freie Sberaetznng, die vieles weglässt. z. h. in der regel
:- <i.il -'^äize, dieicm mangel nicht abhelfen kajin, braacht wol nicht näher erilr-
' n m werden. Allerdings ist Tigfüsaon mit dem System der sk^ngar nicht bc«on-
''! eingenommen, s. I, XCVl, und man muss geatehen, dass es nicht sehr anmu-
■'•i iU. Allein die schuld trift nicht die interpretatoren , sondern die dichter.
■ Iclie einen derartigen commontar erfordern. Glaubt Vigfüsson in der tat, daas
' iBe leaer diese schwierigen texte des zweiten bandes verstehen werden ohne angäbe
'•r proaaiflchen Wortfolge, daEa sie im at&nde sein werden, jedeamal die vorkom-
i^rndan knnningar zn erkennen und zu denten mit hilfe der abdrücke ans Sn. E.
II. M2— 546. 618—620) und dea encuwies n, 447— 486, vgl. 1 . 574 fg. ? Das
''iJium [1^ Mtn. poesio muss in England und Amerika einen hohen grad von vol-
"inmeDhoit erreicht haben, wenn der horauageber dergleichen voraussetscn darf
:' •■ Bbcrrmschang wächst, wenn man I, CXXI die bofnung ansgeaprochen findet,
I L>ti du Cpb. für manches dilettanten eine qnellc litterarischer erholung in aeinen
üMBstsnden sein werde.
In der kritik raüsaen wir den schwerpnnkt von Vigfiissons aimgabo anchen,
'j achiu« hier , kritik" in der weitesten auadehnung: teitkritik, höhere kritik.
ii^inlanng, leztere Uberhanpt eng verbanden mit der höheren kritik.
VigfiiMons textkritik hat einen Jauuakopf. Eine methodische handachriften-
r.tc-rsnehnng, wo mehrere ha^dachriftcn da sind, sucht man bei ihm vergebens.
'■ M^hen vor der uberliofeiiing , welche sieh zur emondation erst entachüesst, wenn
■.'.\i- ti-niaefae eine überliefert« leaart genügend zu erklären Bcheitem, ist ihm ftemd.
''' .. aber Scharfsinn und angeborene kritischo begabung. nnteratfizt darcb cindrin-
1) In ilersttbea atr. L O^rOfir statt GoUnrAr (vgl. Bagge. R<lkslen a. II. Noreen,
All«. JF- 8 »ItJ-
110 STMOMS
gende sprachliche, litterarische and palaeographische keDtnisse, zum siele führen
können , erreicht er oft glänzende resultate. Vigfdsson bcsizt die kritische mtaition»
welche so oft die hoilung einer verderbten lesart in lezter Instanz entscheidet, in
hervorragendem masse. An treilichen textvcrbesserungen ist denn aoch in den bei-
den bänden des Cpb. kein mangel. Manche werden von jedem künftigen bflnuu-
geber aufgenommen werden müssen. Einleitung s. LXXXYIII fgg. hat der heraus-
geber seine textkritischen grundsätze dargelegt und durch beispiele erläatert Da
er diese beispiele offenbar als besonders einleuchtende muster seiner textkritischen
methode betrachtet, möge es gestattet sein, an einigen derselben die mangel imd
Vorzüge von Yigfussons textkritik aufzuzeigen.
S. LXXXIX „In Hus-drapa^ the MS. has „geä nit>ar% whieh is a simple
mistake for „ge^ m'kar'* (Wolf was thinking of Egils mun - strandar). * Yet all the
difference in the MS. is the prolonging of a down stroke.** Die bessening wire
äusserst einfach and empföhle sich schon durch diese einfachheit. Wie steht es
aber mit der Überlieferung? ,,The MS.** ist hier cod. r der Sn. E., welcher nicb
Mogk Beitr. 7, 323 an der betreffenden stelle geäniarßar liest (s. auch Cpb. II, 564).
Dagegen haben U (Sn. E. II, 307) geßfiarßar, W ged fiardar, cod. AM 757, i*
(Sn. E. n, 52*2) gedfiaräar. Die Übereinstimmung von UW 757 nötigt zur anfiiahine
der lesart geßfjarßar, wenn anders diese sich genügend erklären l&sst. Dies dbb
ist ganz gewiss der fall (s. Lex. poet. s. v. und Mogk a. a. o.). Aach Vigfoiioa,
der sonst W zu gründe legt, hätte nicht abweichen dürfen. In der tat finden wir
im texte die lesart ged-fiardar, aber in den anmerkungen U, 564 and in da
^nal Beadings" n, 658 will Vigfusson ged-markar lesen. Die oonjectar ist fibw-
liüssig, zumal geßmarkar Id doch nichts anderes bedeuten würde ab geßfjarfarli:
„der ström der brüst (Odins) **, denn geßmqrk wäre wol „campus animi.**
Heb-. Brynh. 6'-* (Cpb. I, 304, z. 309 fgg.) liest B: Let hami varahvgfrllr
konungr YIII. systra vndtr eic borit. ' Daraus macht Vigfusson (vgl. einL s. XCQ:
Sat-ek med Heimi % Hlym-daolom
dtta misseri, undeik lifi.
Die angenommene cormptel wird zurückgeführt auf das bestreben des TortxagendeB
Sängers, ausdrücke, die er nicht vorstand, in ähnlich klingende zu verwandeln. Des
Schlüssel zum Verständnis fand Vigfusson in „einenfHer durch die lücke verloraMS
lieder^, also in der V^lsunga-paraphrase. Welche stelle der saga ihm vorgeschwebt
hat , kann ich nicht entscheiden. Dass die halbstrophe bis zur unken tlichkeit entr
stelt ist, scheint auch mir sicher. Niemand hat sie noch zu deuten vermocht (s.
zulezt Edzardi Germ. 23, 413 fgg). Edzardis annähme, dass str. 8 — 10 interpolieit
seien , scheint mir ebenso unbegründet , wie die meinung von Bugge und GrundtTig»
dass str. 6. 8 — 10 aus einer andern fassung der Sgrdrm. fälschlich sich in oiuflf
lied verirt hätten. Zwischen str. 10 und 11 ist allerdings ein Widerspruch unleog'
1) Vigfusson citiert natürlich nicht. Gemeint ist Sn. £. I, 250, 4«. Cpb. 11, SS*-
2) UQfaI>lausn z. 2 (Cpb. 1 , 267).
S) Nach den hss. des Nom. ^. lautet die halbstrophe:
JUt mik af harmi %
hugfuür konungr
Atla »ystur
undir eik bua.
Die abwpichungen des Nom. ^. sind ohne bedeutang für die textkritik (Ztschr. f. d. pbil*
12, 88 fgg.).
ÜBBB CORPUS POBT. BOREALE 111
bar, der aber bereits in der diesem liede za gründe liegenden sagenfassung (Beitr.
3,257^.) Torhanden gewesen sein muss. Vigfüssons herstellnng von 6*—* geht
T(a der richtigen einsieht in den Zusammenhang des liedes ans , ist aber unnötig
rlebiditsloB gegen die Überlieferung. Eine befriedigende besserung der vierten
bdbiefle kenne ich nicht, doch übrigens lässt sich die strophe in engerem anschlass
ID die Überlieferung von B folgendermassen herstollen :
HH par Heimer hugfullr konongr,
ätte aystor ;»
viui'k vetra tölf, ef [pik] vita lyster,
at [ek] engam gram eipa selpak. >
Fidleieht müssen die zweite halfte von str. 6 und die (unvolstandige?) halbstrophe 7
iliro stelle tauschen.
Atlm. 65" (Cpb. I, 340, z. 231) ändert Yigfüsson das überlieferte dagmegtV
ii droit -m^^ nach Akv. 2<. Die handschriftliche lesart wird aber gestüzt durch
dif» tyn^r Sgrdr. 3*. Eine Umschreibung wie „ tagessöhne ** für „menschen" ist
den itUe der Atlm. nicht nnangemessen. Auch sagt die VqIs. s. c. 37 (B. 177 >^)
Dur: ok allir undrußust prek hans.
Vspä 23»-» (Cpb. I, 196, z. 65. ü, 624, z. 81) lesen RH übereinstimmend
^Ayldo gop [godin B, gudin H7 qll gilde eiga. Das metrum macht einige
lehwierigkeit,* doch nichts berechtigt, mit Vigfusson (vgl. einl. s. XCI) unter beru-
fmg auf Tngl. 8. c. 4 zu ändern gislar sdjask, edr güdi eiga. Zur rettnng der
ibirlieferang genügt eine Verweisung auf MüUenhoff DA. V, 98, wo die bedeutung
^gop qü (d. h. äsen und vanen), den teser der vorhergehenden zeile gegenüber,
nOrtert wird. Vigfössons conjectur zerstört den Zusammenhang.
Ein gutes beispiel kritischer intnition bietet die überzeugende herstellnng der
iddosistrophe von Egils Sonatoirek: Cpb. I, 280, z. 94 fg. 548, z. 94 fg., vgl.
«iL 8.XC.
Die teztkritische behandlung der encomiastischen gedichte oder gedichtfrag-
BMBte wird von der oben s. 97 berührten hypothese beherscht, dass dieselben, die
Stoen wenigstens, eine systematische Überarbeitung erfahren haben, s. I, LXXXII
ki' XCI. II , 28 fg. In den meisten fallen hält der herausgeber eine befriedigende
^Mnning nicht mehr för möglich und begnügt er sich die verderbte stelle durch
uAhnmgBzeichen kentlich zu machen. Gegen diese hypothese und die aus ihr
Sttogeoen Schlüsse hat sich Heinzel Anz. f. d. a. XI, 48 fgg. in eingehender und
ttenengender weise ausgesprochen. Ich will seine einwände nicht widerholen.
1) Es bezieht sich ätte »ystor offenbar darauf, dass Heime mit Brynhilds schwe-
izer vermählt war, vgl. YqIb. s. c. 23 (Bugge 135*^): hann [sc. Hetmirl dtti tyttur
hynkUdar, er Bekkhildr Ut . . .
2) Ich muss bemerken, dass ich auf die unvoUtändige besserung der ersten
^bitrophe unabhängig von Yigfüsson gekommen war. Dagegen verdanke ich Vigftfs-
xm die trefliche besserung in z. 4 * engom (wa at ek angom Yigfüsson) statt des über*
^«ferten ungom. Sie ist entschieden notwendig. „Der junge könig^ könte nur Sigurd
■OB: Ton einer Verlobung mit ihm kann aber erst nach str. 8 — 10 die rede sein. Mit
^^ Tersteht Yigfüsson die lezte zeile „before I plighted my troth to any prince."
S) Sievers Proben 1885, s. 21 denkt an akolo statt akyldo^ was mir syntactisch
^^ noglich scheint. Am wahrscheinlichsten ist die zeile als altertümliche licenz zu
^c^nditen, sei es nun als fünfsilbler oder mit Streichung von »ky^ldo als dreisilbler.
112 STMOKS
An ähnlichen gebrechen leidet Vigfüssons höhere kritik. Ich greife die beband-
lung der Holgelieder herans, um an ihr auch algcmeineres vorzubringen.
Vigfüsson ordnet die in R bl.20a — 26« (vgl. Bugge Pomkv. s. III) fiber-
lieferte Helge -trilogie folgendcrmassen : I. Helge und Sigmn. Ein lied in drei
abschnitten, zwischen denselben grosse lacken. Der erste abschnitt umfiftsst Helg.
Hund. I, 1 — 31. 32 — 35. 44. 36—43. 45. 46 (parallelstrophen Helg. Hund. 11, 19
—24). 47 — 56. Helg. Hund. II, 25 — 28; der zweite abschnitt Helg. Hund. II, 30
—38; der dritte Helg. Hund. II, 39 50. 40—42. 49. 51. 43 — 48. Daneben
finden sich bruchstücke von parallcldarstellungen : a) fragmente der alten Vplsnnga-
kvipa (erste begegnung zwischen Helge und Sigmn): Helg. Hund. II, 14—18. —
b) eine atrophe im lj6{)ahättr aus einem dialogischen gedichte, das ebonüala die
sage von Helge und Sigruu behandelt hat: Helg. Hund. 11, 29.
IL Helge und Svava. Fragmente eines liedes: Helg. HJQrv. 1—5. — 6 — 11.
31 — 43. Abgelöst werden die Hriniger{)armäl : Helg. HJQrv. 12 — 30.
DI. Helge und Kara. Fragmente der Karuljöp: Helg. Hund. 11 , 1—4 ....
5 — 13. — Zu lU vgl die auszüge aus der Hrömundar s. Groipsa. in der algemei-
nen ein], s. LXXVIU fg.
Alle Überreste der Helge - trilogie , vielleicht mit ausnähme von Helg. Hund.
H, 14 — 18 (und 29?), sollen von demselben unbekanten dichter herrühren, dem
auch anderes zugewiesen wird (Cpb. I, 155. 159).
Die erste Helgakvil>a Hundingsbana ist ein wol zoBammenhängcndes gedieht
ans einem gusse. Helge, der söhn des Sigmund und der Borghild, wird in Bra-
lund geboren. In tiefer nacht (2 >) spinnen ihm die nomen seinen achickaalsfaden
(1 — 5^). Hier nehme ich mit Vigfüsson eine lücke an, denn str. 5 aolte offenbar
erzählen, dass eine böse fee, entgegen den bestimmnngen ihrer schwestem, dem
jungen beiden einen frühen tod bescheert.* Es fronen sich seiner die raben und
die krieger, der vater bringt ihm namen und geschenke dar (5* — 8). Er wäehit
empor zum beiden, rächt seines vaters tod an Hunding und vernichtet dessen gan-
zes geschlecht (9 — 14). Dies ist die einleitung des liedes. Sein eigentlicher gegen-
ständ ist die zweite grosstat der Helgi, welche auch Saxo neben der ersohlagnng
Hundings hervorhebt: die besiegung seines nebenbuhlers HQpbrodd. Die liebe mr
Sigmn steht in diesem liede nicht im vordeigrunde des Interesses. Sie ist melir
motiv als zweck. Die erzählung ist folgendermassen gegliedert: Erste begegnung
mit der walkyrie (15 — 20). Helge bietet seine mannschafb auf zum kämpf wider
die Granmarssöhne (21 — 25). Sie stechen in see. Sturm. Sigmn bringt die flotte
in den sicheren hafen (26 — 31). Dann eine cpisode: ein zankgesprädi zwischen
Gupmund und SinfJQtlo, dem Helge ein ende macht (32—46). Gupmiind bringt
die nachricht heim, IlQpbrodd bietet seine mannen auf (47 — 52). Die soblaoht am
Wolfsstein (53). Signm erscheint und begrüsst den siegreichen Helge als ihren
verlobten. Dass HQ{)brodd erschlagen ist, erfahren wir nur aus Sigmns werten
(54 — 56). Der sänger schliesst ausdrücklich ab: /d*« 8^n loket.^
1) Die halbstrophe 6*—*:
4itt fftu at angrt Ylßnga mf
ok peirt meyjo es mumtfff fodde
kann sich nicht auf das folgende bezichen. In den reden der raben liegt nichts heu-
rohigendes. Die nomensceno spielt in der tiefe der nacht, die rabensoeoe bei taget-
Anbruch (mn '« dagr komenn 6^, Helge ist schon dßgra ein* gmmUl),
8) Vigfüston überseit „now the battle is ended** und scheint die werte noch ab
Worte Sigruni tu verstehen. Allein das wäre ein lahmer schlussy der gecadcsn
ÜBXB CORPUS POBT. BOBBALB 113
Der dichter dieses liedes enthält sich von den tragischen con Sequenzen des
iweiten Helgeliedes. H^gne wird allerdings znr Schlacht aufgehoten (52 1), doch
Tm seber teilnähme am kämpfe, Yon seinem falle, von der vemichtnng von Sigruns
giBiem geschlecht mit ausnähme von Dag ist nicht die rede. Dem dichter kam es
sieht darauf an, sondern anf die erschlagang des HQpbrodd. Mau könte sein gan-
HB lied betrachten als eine dichterische ausfühmng von Saxos Worten (od. Müller
i83): Quo evenU, ut, cut ntyper ob Hundingi caedem agnotnen incesseraty nunc
Hodibradi strages eognomenhum inferret. Und diese auffassung erhält eine bestä-
tigoBg dnreh die nur noch halb lesbare Überschrift des liedes in B (Bugge Fornkv.
i407^. Arkiv U, 122). Aus mehrfachen anzeichen geht hervor, dass das erste
Helgefied nicht zu den älteren der samlang gehört. Die häufang von kenningar
erreicht in ihm neben der Hymiskvipa ihren höhepnnkt Ich verzeichne die folgen-
den, indem ich von leicht verständlichen, wie sie allerwärts vorkommen, absehe:
mdfakam Jaen* 53", mdno^aJr „hinmiel^ 3', mistarmarr „luft" (= nebelmeer?)
47 \« — SJoiflrdi^ 30', brimds^ 50», sljdmmarr (s. Cleasby - Yigfüsson s. v. stag)
29», roMsa hjqrir 49» „schiff« — JEges datter 29«, Kolgo syster 28« „woge*' —
hj^fmg 50", hjqrstefna 13", vahtefna 19*, veßr grdra gevra 12«, dölga dgwr 20 8,
dmafrymr 16 •, randa rymr 17», vigßrima ?• „kämpf, schlacht" — blöpormr S"*,
he^ihgebl* „schwert", h/u^ens barr 54» „leichen", Vißres grey 13» „wölfe", ögtiar
Ijme 21» „gold** (anders, doch kaum richtig Edzardi Germ. 23, 165); endlich meh-
nce gesuchte antonomasien: » almr urbar enn 9», dtstafr Yngva 55», nipt Nera 4^
•ornCr fhtga 54» usw.
Die metrik unseres liedes zeigt nur wenige abweichungen von dem viersilb-
W-schema, sobald man die durch tilgung überschüssiger pronomina und partikeln,
wfie durch einsetzung älterer und kürzerer wortformen zu heilenden zeilen abzieht.»
Kt recht hat J. Hoffory neuerdings angedeutet (GrGA 1885, s. 27 fgg.), dass die
Uofigkeit und die art der vorkonunenden licenzen ein wertvolles kriterium ist um
iai relative alter der verschiedenen lieder zu bestimmen , wenn ich ihm auch nicht
ladiiagen möchte, dass man nur mit hilfe der metrik zu einer annähernd rieh-
tigen aJterabestimmung wird gelangen können. In der Helgakvipa Hand. I finden
oA iwd dreisilhler: ißgnögan 21», tolf hwndroß 25 ^, beide unverdächtig. Ob auch
& beiden zeilen en af gevrom 15», en af heste 17^ so zu fassen sind, scheint
la^ieh, da man sich wol die licenz vorstellen könte, dass ein kurzes einsilbiges
mrt im verseingang die hebung trägt. Dann wäre wol auch 15» en af [ßetm]
Ijmm zu schreiben. Schwerer ist es für die vorkommenden fünfsilbler zu bestim-
SnüUeh wird , wenn man unmittelbar so fortfahrt , wie Vigfdsson es tut. Wie ich fas-
ln die schluseworte auch Zamoke Berichte der sächs. ges. der wiss. phil.-hist cl. 1870,
il94, Ghirndtvig, Hildebrand und Wimmer.
1) Dagegen ist Mmenvangr 15» ,, bimmelsaue ^ nicht als kenning im technischen
öne XU betrachten (vgl. as. hebanuuang). Trotz 8» wird himenvanga 15» als acc. plur.
liiet appellativs aufgefasst werden müssen.
2) Altepische Umschreibungen wie baugbrote 17», hringbrote 45» kommen nicht
ii betneht, vgl. J. Grimm Andr. u. El. s. XXXVm.
8) Den metrischen regeln für den kvi^uhättr und mdlahdttr, wie £. Sievers sie
niest formuliert hat (Proben einer metrischen herstellung der Eddalieder, Tübinger
progr. 1885, vgl. Beitr. 10, 209 igg,)j wird wol niemand mehr seine freudige beistim-
■ug vwsagcn. Im folgenden bediene ich mich nach Sievers der bezeichnung X für
«■betonte silbe gleichgültiger quantität
tminaan r. oniTBora fhiloloqi.. bd. xvm. 8
114 STM0N8
mon , wo metrische liccnz , wo Verderbnis vorliegt. Zweisilbige nicht verschleifbare
mittelsenkung ist für den gnindtypus JL X \ S, X unbedingt anzuerkennen: Bj<ir'
varß okHdvarß 14*, gerßer ßik /r<c^'an 41 », ok ßeire meyjo 5*, segffiuj ßtU iaptan
34'. 1 In anderen fällen ist sie vielleicht durch einsilbige ausspräche zu vermei-
den: ßä kvaß ßat Sigrt'm 54*, (kvaßat?, Sievers Beitr. 6, 312, vgl. auch Noreen
Altu. gr. §209 a. 1), k^qmo ßir ögqgn (ßer?) 41», hafßäk ßir moßre 42» (ßer?
oder eher mit Sievers Beitr. 6, 333 Heß?), ßykkjat mir gößer 46» (mer?), fü rast
hrüßr Grana, wo ßü den ton hat, 42* (ßü v'st?, vgl. Sievers Beitr. 5, 404. 8,57.
Probon s. 14), ßa Imße Helga 1», «a hafße hümtr 53 >* (mit verkfirzung der pro-
clitica, vgl. Sicvers Proben s. 10). In den steigenden typen X ^ | X -1 und
X ^ I i. X ist doppelte unverschleifbare eingangssenkung ebenfials sieher: ß6*$ t
ndtünom 25», ok riß eßlinga 33% at si Ylfingar 34», en meß haugbroia 17 \
wol auch Idtt und stqßom h^ima 41 ^ deiU grqm viß ßik 44», tdteß enge iiiafin51%
Udde randa rymn^. Dagegen ist einsilbigkoit der Senkung annehmbar in der
halbzeilc fyr mun dolga dynr 20 ' (/nCn ?), Auflösung der zweiten Senkung im typus
X JL\ X Z. käme nach der Überlieferung zweimal vor: ofland ok of Iqg 21* und
sem hjqrg eßa brim 28 ». Im ersten boispiele wird das zweite of zu streichen sein,
im zweiten ist eßa auch dem sinne nach anstossig und in viß zu ändern, wie schon
die Kopenhagen er ausgäbe vorschlug (s. auch Yigfüsson Cpb. I, 491).
Die bisher angefahrten halbzeilcn mit mehrsilbiger unverschleif barer Senkung
sind allerdings als llcenzen, aber nicht als besondere altertümlichkeiten zu betrach-
ten. In der Y^luspä sind sie noch häufiger, auch in den echten teilen (Sievers
Proben s. 14 fgg.) , die Hofifory mit recht fHihestens in die mitte dos zehnten Jahr-
hunderts gesezt hat. Aber auch die skaldische Hymiskvi^a hat wenigstens zwei
ganz sichere beispielc: um iil Egels kvqmo 7^, drep viß haus Hymes 90», von
unsicheren abgesehen.
Von wirklichen „fQnfsilblern'' sind die folgenden durch einfiEUihe oonjeetor n
beseitigen: ek vas einn faßer ßeira 39«, 1. vask einn faßer; vare ykr Sinfjqüe 4b^
und en si önytom 45* sind zu bessern nach Helg. Hund. II, 23*' » (vgl. EUeven
Beitr. G, 340 fg.). Dann bleiben noch 4 übrig: diser sußranar 16\ ßo duger süäm-
gom (b* Helg. Hund. II, 34»), wo das betonte ßo nicht mit Sievers Beitar. 6, 888
gestrichen werden darf, rennirqkn hitluß 51*, Iqtom Vqlsonga 52». Die halbieile
51* ist unsicher: die drei anderen wage ich nicht anzutasten. Es muss erwähnt
werden, dass die meisten Unregelmässigkeiten sich in dem zankgespräch zwischen
Gu^mund und SinQptle finden (str. 32 — 46), das meiner ansieht nach von dem dich-
ter des liedes zum teil aus einem älteren liede aufgenommen wurde (vgl. unten
und Beitr. 4, 170 fg.).
Für ein nicht hohes alter des ersten liedes von Helge dem Hundingstdter
sprechen auch die vorkommenden, entschieden beabsichtigten endreime: fara Vifres
grey \ valgjqm umb ei/ 13'- " und varß ära ymr \ ok jdrna glymr 27»* •. • Die
zulezt angefülirte halbzeilo ist auch noch in anderer beziehung von bedeutung.
Bekantlich bat sich die form isam lange gehalten und ist im 10. Jahrhundert jeden-
fals noch die gebräuchliche: belege aus der skaldendichtung geben Gislason Njala
II, 318 und Mogk im Literaturbl. für germ. und rom. phil. 1883, sp. 295. Auch
1) Hierher gehurt wol auch üu 8t6ß Hqßbroddr 48».
2) Reine endreime kommen auch vor Vspä 52». Hym« 24* A. unreine maA
kaum, wie Ediardi Beitr. 5, 574 a. 1 meint, beabsichtigt, vieUeieht mit
oxa : laxa prkv. 24 ».
j
:, BOBBUG
115
in <icn Eililalieilem läast sie *ich mehrfach ohne sthädignug des verses ehiäeUen:
:- h Täfia 40« ■' üarnvife, Gu|ir. 11, 39« es isurn dreyma, Harali. 25' tggjar «e
"■>, HpidL 37" ok Itamsaxa; jd aa swei stelloD musti sie Bog&r auB metrisch«!!
.'.'juili;u ia Jen text gesett werden: Sig. sk. 23' kytibirt iiiam , GS* egghvast ifurn.'
jj iin«ut«r i»Ue ok järna glymr gienge aber der vera durch einaetiniDg der iUteren
fiTTD in die brnchc.<
Zn diesen rtUistiachen , metrischen und Bpiacblichen (>igontümUchkäiten stimt
tiun nfs befite , dass Beige in onscrem liede 10* seine heldenlaofbabn mit dem
i^infiebnten lebensjahre bepot. Wie K. Maurer in dieser ztsehr. 2, 443 gezeigt
iiii, bin dioser erweiterte mändiglteitstermin nicht rur dem ende des 10. jahrhiin-
i-its vaL Noch der lieiligc Olaf äeht lOOT mit zwütf jähren auf die heorfahrt,
[tat anfaiig des liedea är vaa alda patit arar gallo acheint der Vijluspii 3 '
fr nur atäa Jxa-g Ymer bygpe nachgebildet. Auf atr. 47 hat mi3glioberweia(> Ätla-
'•'][» 13 einSusa amgeiiht, Die annähme Vigfusauns, dass Eyrlndr skäldaspillir lUe
'inlladuDg der Hakonannal den Helgeliedern nachgebildet habe (Cpb. I. LXV), iat
tu aicti nnnotig and bewiese jedenfals für diu datierung dua ersteti Helgeliudes
niuhia,' Dagegen Iftast siuli nichts einwenden gegcu die vcrmattmg, daBH jarl Rijgn-
ulil im UsttaljkiU (ca. 1150) unser lied geksnt und benuzt habe. ». Cpb. I,
l-IIYÜ, CSI.
So glaube ich mich zu der annähme berechtigt, daati die Helgakvi|ia Hun-
lüagibaoa I nicht Mher als im anfange des XI. jahrhnnderta gedichtet sein kann.
ihi i>t eine ana Einern guBse hervorgegangene apäteio beliandlacg der alten sage,
nrlitjg«r eines abschnita der aagc, oud steht ea den fragmenten dos aagenanten
»riteo Hclgi^Iiedes in ähnlichem vcrbältnia wie die ougeföhr gleichzeitigen . jeden-
fii» aaoU 981 rerTasaten Atlamäl zu der weit älteren Atlakvipa (vgl. Biigge in die-
«TiUdir. 7, 386 und meine bcmerkangen in den Boitr. 4, 173 fg.),
Wi? nun Vigfüsson — um zurUckzn kehren zum Corpne poeticnm boteale — ■
Hill diMem otoheitlichen , in sich abgeschloaaonen gedichte die atrophen 25 — 28.
'«|~3S. 3ä — öl des zweiten Eelgelicdea zu brnchatQckeu üinea liedea verbinden
iion, ist kaum tsts Ländlich, Noch weniger lässt es sich begreifen, wie er unmit-
"jlfiu an den «ehluss des ersten Hcigeüedes atr. 25—28 des zweiton als direkte
(uriMUiuig fSgt. Man urteile nur über diesen. Zusammenhang: Sigrun begrUest
tltlg» ala ihren orretter und verlobten (schluss der H, Hu. 1). Darauf wendet sii-
»-h zu d«m sterbenden HQjibrodd (H. Hu. II, 25), der nach H. Hn. I. 55. 4 fgg.
■"kua tot ist. Jc£t erst verkündet ihr Helge die traurige mähr, dass ihr ?ater and
'bf gnntcs geschlecht am morgen in der schlacht am Wolfastoin gefallen sind
I 1) iam Ist mir night wahrBcheinlich.
^m- 1) DaiB auch dw n der »■itämDiD sowie die bjiterogenen i und h ia UDserem
^Hh^ bersita geachwuiiden liiiil, wird bevricBeu durc^h veraa wie 33° fiar tv» timdriprßr
^^Hb Bahr — tqrßull) , 97 ' ibs^ hrytyiiPan (niebt mehr icgg'). Vialo bewciiende foi-
^^^pkoMnen niobt ror. Ea ist dui ruTdieuBt von Julius Uuffory in der melirfaah dtier-
BHfakaUreiehtm Tecension tod Müllenhoffa Deuttohcr Altertumskunde V, 1 (Gott. gel.
' tnn. 1BB6, nr. 1} zueist auf dieees wichtige Icritvrium taj die altorsbeaümniaDg der
I iuehna lieder hiagewiesen lu babcn. An anderer stelle bolTe ieh pacbzuweiüon . dnaa
: ' hl alle kTipubittr-licder der aamlaag in allen ihren teilen bereits auf dioBem spraeb-
. licD itandp unkte sieben.
1) Das Wort vigreße, auf welches VigTHsBan wert logt, steht II. Hu, II. !9 ' und
ii bei Bftind (Cpb, I, 2GG") erat durch conjectQT Va. hergoBtelt,
116 8TMON8
(II, 26—28): im ersten liode war aber nirgends die rede von der teilnähme HQgnet
am kämpfe. Und hat Helge an diesem einen tage zwei schlachten geacUagoi,
aber beide at Frekasteine (I, &3^. II, 26")? Denn eine und dieselbe sehlacht
kann nicht gemeint sein, da Sigran dem Helge erscheint unmittelbar naofa der
Schlacht, in welcher und offenbar auf dem schlachtfelde wo H^pbrodd gefallen ist,
während ihr Helge von der vemichtong ihres geschlecht« durch seine eigene hand
erzählen muss. In der tat scheint Vigfusson I, 492 selber nicht mehr im stände
die consequenzen seiner kritik zu verantworten.
Ich halte die atrophen H. Hu. II, 25—51 (mit ausnähme von 29 und 89) fftr
fragmonte ^ines liedes. Sie gehören einem älteren liede Yon Helge Hnndliigsbaae
an , das dem samler nicht mehr volständig in der erinnemng war. Das Utere liad
wolte dem anscheine nach den hauptnachdruck legen auf die leidenschaltliehe liebe
der schöben walkyrie und des jugendlichen, einem frühen tode verfallenen beiden.
Für die Zusammengehörigkeit der genanten strophenreihe spricht die gleiehartti^eit
des poetischen stils: namentlich die schönen gleichnisse und bilder ans der tier-
und pflanzenweit (37. 38. 43. 50). Nur hier heisst Sigrun frd SevafjqUam (S5'.
42 >. 45 >, vgl. 36 ^ 48«): in dem „herz- oder minneberge <* (Müllenboft Ztschr. 1 d.
a. 23, 169) weilt auch Helge bei ihr. Die nordische epik hat in diesen herlichen
Strophen ihre schönste frucht gezeitigt. Die Umstellungen, welche Vigfdsson in
dem lezten abschnitte vornimt (s. oben und Cpb. I, 493), zerstören die diöhtong.^
Er ordnet 50. 40 — 42. 49. 51. 43—48, weil Sigran in den armen des toten gelieb-
ten sterben müsse. Das kann aber die meinung des dichters nicht gewesen sein.
Der samler, der sich der schlussstrophen nicht mehr entsinnen konte, wie er Mieh
nach str. 41. 49 lücken durch prosa ausgefQlt hat , erinnerte sich doch gins gut
des ganges der handlung. Seine angäbe Sigrtin varß skammUf af harmi ok irejßm
verdient glaubon. Das vergebliche harren auf Helges widerkehr bringt der walkyrie
den tod. Yigfüssons kritik leidet in diesem falle, wie auch sonst sehr hfiofig, an
Überstürzung. Nach seiner anordnung spricht Helge die str. 42, welche der samler
der afnbqtt beilegt. Gewiss könte Helge von sich in der dritten person als Het^
und fdks jaßarr sprechen, doch kann er auch sagen: dqglingr haß fik? IH»
Übersetzung gibt freilich „the king bids theo come.** Helge sezt bei Vigfosson
seine rede fort in str. 49: mdVs tner at rißa roßnar hratUer „«it is time for me
to ride along the reddening roads.^ Nach s. 493 soll die strophe aussagen, dass
Helges zeit nur knapp bemessen sei. Es ist aber klar , dass die strophe den absohied
vorbereiten soll und somit an der überlieferten stelle belassen werden muss.
Über str. 39, die Vigfusson da wo die Überlieferung sie bietet, beibehilt
(doch vgl. s. 493) s. Beitr. 4, 171 fg. Sie ist fragment eines scheltgespräches mit
Hunding und kann demselben liede angehört haben, dem str. 14 — 18* entnommen
sind, also der Yglsungalcvipa in forna. Diese Strophen sind weit matter und dich-
terisch unbedeutender als der schluss unsres gedichtes. Ich knöchte nun annehmen,
dass auch die strophon 19—24 (= 22 — 27 bei Hildebrand) der YQlsungakvif«
ursprünglich angehörten. In ihr folgte auf die begegnung zwischen Helge und
Sigmn das aufbieten der mannschaft , die abfahrt , der seesturm , die rettung dordi
Sigrun, die kundschaft der Granmarssöhne. Der samler erinnerte sich jedoch die-
1) Überflüssig scheint mir auch die von Edzardi Germ. 23, 168 vertretene umttd-
lung von str. 46. 47.
2) Ordne mit Grundtvig und Hildebrand 14. 17 -f 15. 16. 18. Der samler
hatte nur noch bruefastücke im' gedäohtnis.
l
ÜBBB CORPUS POET. BOREALE 117
MT Strophen nicht mehr und ergänzte die lücken durch amen kurzen prosaauszug
Mch Helg. Hand. I, 22 — 32. Wol aber kante er noch strophen des scheltgosprächs
niielien Gn^mnnd nnd SinfJQtle, welches in der Vglsungatvipa sich anschloss.
Di aber eine abweichende reeension dieser scene bereits im ersten Helgeliede stand,
begnfigte er sich mit der anf&hmng der ersten halbstrophe und verwies im übrigen
Mf die Helgakvipa. Es ist klar, dass die citierte halbstrophe
hverr es fylker 80*8 flota sttfrer
ok fetknaUp firer at lande?
Mdi dem gedaehtnisse angeführt ist, denn die entsprechende halbstrophe des ersten
liedflB (33*—^ hat in ihrer ersten langzeile anderen Stabreim. Die anderen paral-
lektrophen ans der VQlsangakvipa mag der samler dann am rande angemerkt haben,
ud ein abachreiber hat sie später an falscher stelle eingereiht.*
Meiner ansieht nach müssen wir also im sogenanten zweiten Helgeliede
bndiftficke Yon drei verschiedenen liedem über Helge Hundingsbane unterschei-
te: 1. fragmente der Vcjlsnngakvipa in forna: 14—18. 19- 24 (« 22—27 Hild.),
vemmtlich anch 39. Der name des gedichtes ist etwas auffallend, doch ist zu
beaditan, dass nach meiner annähme auch SiiifJQtle eine bedeutende, wenn auch
episodische, rolle in ihm spielte.
2. fragmente eines Uedes von Helge und Sigrun: 25—28. 30—38. 40—51.
3. fragment eines liedes im Ijopahattr: 29. Die strophe enthält eine interes-
nnte anapielnng auf die Hildesage. Die anspiolung ist um so wichtiger, da die
ffildesige, wie anch Bugge annimt (Studien übers, von Brenner s. 183), einen
vesestiichen einfluss auf die dichtung von Helge Hundingsbane gehabt hat.'
Die atrophen 1 — 13 habe ich bisher von der Untersuchung ausgeschlossen.
Bevor ich zu denselben übergehe, noch eine Schlussbemerkung. Es wird jezt klar
gevofden sein , dass das erste Helgelied durchaus auf der nur fragmentarisch erhal-
tenen Vi^Isnngakvipa in forna beruht. Bereits Müllenhoff Ztschr. f. d. a. 23, 134 fg.
hi hervorgehoben , dass die ältere zweite Helgakvi^a Hundingsbana der jüngeren
entm , durchaus zur richtschnur und grundlago diente.'^ Der dichter des jüngeren
liedes hat aus dem älteren einige strophen des scheltgosprächs in sein gedieht auf-
genommen, und so erklärt es sich, dass gerade in dieser partie die meisten abwoi-
ehmigen vom strengen viersilblerschema angetroffen werden. Man darf auch Helg.
Hud. I, 20 ugge eige pü l8ong8bana wol betrachten als eine nachbildung von
Hdg. Hund. II, 18 hirp eige pü Hqgna retpe tii ülan hug kUar pinnar.
Die Strophen Helg. Hund. U, 1. 2 — 4. 5 — 13 betrachtet Vigfdsson als frag-
nente der Karuljop. Er vermutet (s. 494) , dass der samler oder einer der lezten
Mter, des ursprünglichen Zusammenhangs nicht mehr eingedenk, das fragment
fiUidilich auf Helge und Sigrun bezogen und namen aus ihrem Sagenkreise an die
stelle der alten namen aus der sage von Helge Haddingjaskate und Kära gesczt
l^be. Vigfusson versucht die alten namen wider herzustellen. Ich hatte bereits
Batr. 4, 194 vermutet, dass die strophen 1 — 4 fragmente der Earuljof) sind, und
l>in jezt auch für die strophen 5 — 13 davon überzeugt. Die erzählung der Hro-
1) Vgl. Beitr. 4, 170 fg. Mit recht ist Hildebrand zur anordnung der handschrift
*ttniekgekehrt , von der die herausgcbcr seit Rask abgewichen waren, s. Zarncke in den
achten der kgl. sächs. ges. der wiss. phil. -bist. cl. 1870, s. 193 fgg. und Hildebrand
S« Hdg. Hund. II , 82—27.
2) Da Bogge den nach weis dieser behauptung in aussieht gestelt hat, möchte
Mlibi nicht vorgreifen. Zu str. 29 vgl. auch Edzardi Genn. 23, 166.
118 BTMOsa
luimjar saga Groipasonar c. 8 (Fax. II, 'ilQ fg.) beweist eunilcliBt deutlicli, dass der
Bamler die Btrophea 1 — 4 ßlscblich auf Helge Uutidingabniie bezog, Ob erst er
oder bereits ein umdialiter I" den oaxaea HunditufT BÜigBBi>ztha,t, wird sieb scbwei
entBclieiden lassen. Die zu gninde Üageade sage Jiaiin ungefähr folgende geetelt
gehabt haben. Helges v&ter ist eracUagen von einem kQuige. Wie der Tater hiesa,
itolit dnhiD. VigfäsBon vermutet ScEe, doch aus ganz UDZnreicIieDden grOndOD. Er
fasBt »eaa 10*. 11' als eigonnamen und will 13* statt Sigmnndar bur lesen Sera
hvr, wogegen schon die motrik eiDS])rache erhebt. Lieber wage ich oine andere
Temiotung. Faa. H, 10 wird ein Sigmand genant aus dem goBchleehte der Bik-
linge, der gemohl der Hilde von Meere, der vater des Sigar. Nun gibt 4" Hagal
den in woiberkleidom mahlendeii Helge ffir eine schweater des Sigar aus, und
Beitr. 4, 190 fgg- wurde gezeigt, dass Saxo s. 341 fgg. von Hagbard, den könig
Sigar töten Hess , ähuliohes erzählt wie unsere Strophen von Helge und die skgi
von nroniund. Hiess der vater des Helge Haddingjiiskate vielleicht in dar tat
Sigmund, hat str. 12* das ricbtige bewolirt, und führte diese zutallige nameue-
gleichheit zu der Verwirrung, nachdem einmal der Hundingstöter zum söhne des
TgUnngs Signmnd gemacht werden war? — Den toter von Helges vator nent Tlg-
füaiou Hadäingr und er sozt diesen namen 1' und 10' l'Br Hunditufr ein. Gewiis
mit unrecht. Tigfisson betrachtet allerdingii die lesart haddinffia »capi „Hoddinge-
teter" (0|)b. I, 130), die R in dem prosaischen schlossabechDitt von Helg. Hund. II
bietet, aJa riohlig. Allein, abgesehen davon dais Uaddingjaakape doch anr .tfitet
der Haditiugo" bedeuten könte, ist HaddÄngjankaUi „käuipfer der Haddinge* (Fu,
n, 8. an. E. I, 482) die richtige form. Müllonhoff hat Ztschr. f. d. a. 12, 351
U1>erzeiigond nachgewiesen , dass der dritte Helge oder vielmehr sein protatfp
urs|iröuglieh der alten vandiÜsehen dioskurensago angebörto. Er ist im norden u
die iitelle dos einen der beiden Haddiuge [Hartuuge) getreten, und der ansehliua
dos alten mythus an die beiden andern Helgen mnss um die grenze des X. DDd XI
Jahrhunderte volzogen gewesen sein , wie sich aus einer vom skaldon Ballfr«!«
gebrauchten kenning (*. Beitr. 5, i!J2j zweifellos ergibt Hailding kann der feinJ
des dritten Helge also nimmermehr geheisson haben. Wie ihn die sage genant lul,
l£sst sich doch wol ermitteln. Der nome lautete mit H
Hamid und Helga. Bedenkt man nun , dass in der
Hitmaujr?) ohne näliere hezoiclmniig genant wird, so darf man vermuten, dus
angäbe des samlers, Bieming sei ein sehn dos Uunding gewesen, ein blosser f<^
such ist, die beiden namen, welche er vorfand oder selbst erst Behuf, zu votbii)<!'n,
und dass in Wirklichkeit Hanniug nicht der söhn, sondern der vater war. Ich b*"*^
dismoaeh dafür, doss str. 1 ursprünglich lautet«:
Seg Jlänninge, at Beige man
hverjan i brynjo bragnaT feldo:
er Ulf ffraan inne kqfpop
pars Hamal hugpe HtEtmnffr konongr.
Niwh der erscUlagung seines vaters durch Haming — so wird die etdhlitnS
gelautet haben — wurde Helge von seinem pflegovater Hamal gerettet Er sen^«*
ihn an den hof ILsmings, wo er uncrkant, unter dem namen von Hagats aohn Eiinff^-
orzugen wird. Da Ilolge zum mann gereift ist, verläest er dos haus seines feiwle''
nachdem ur sich einem liirten [so die prusa] zu erkennen gegeben hat (str. 1). U^'
ming «endet einen spürer aus, Blindr inn bglvisi [vgl. Beitr. 4, 191 fgg.I, niDFIol(ir*
bei Ilagal zu eiichen, Helge kann sicli nur rotten , indem er iu woibcrli leidem siCT**
an die nibble stelt und mahlt. Diese scene ist fragmentarisch in str. 2 — 4 erhiX'
, denn er alHtterierte ni
eile IIt;iningr (il. i.
ÜBBB CORPUS POET. BOBEALB 119
ten. Das lied rnnss weiter berichtet haben von Helges yaterrache. Dann folgte
ofbnbar die begegnung Helges mit Eara, von welcher die Hromundar saga c. 6
meldet, daas sie in schwansgestalt über ihm schwebte und durch ihren unwider-
liehlich nnberlschen gesang seine feinde lähmte. Diese begegnung nun scheint
erhalten in den Strophen 5 — 13. Zwar hat der samler und vielleicht schon der
leite dichter sie anfgefasst als begegnung zwischen Sigrun und dem Hundingstöter,
doch der name HainaXl 6 * , der angenommene name des dritten Helge , verbietet
diese beiiebnng. Nach dieser anffassung wird 10^ H^mingr konongr und 13® Half-
imar mar zu lesen sein, lezteres in Übereinstimmung mit Vigfusson nach dem
fiottiachen schlnss der Helgakvipa Hund. U, Über Sigmtmdar bur 12^ s. oben. —
Den verlorenen schluss der Karuljop zu vermuten ermöglicht der bericht der Hrö-
mimdar saga c. 7 , dass Helge im kämpfe wider Hromund das schwort zu hoch
uhwingt and seine schirmende walkyrie totlich trift. Da erkent er, dass sein heil
gewichen ist, und Hromund spaltet ihm das haupt (vgl. Beitr. 4, 203).
Auf Vigfussons kritik der Helgakvipa Hjprvarpssonar brauche ich nicht näher
einiogehen. Die ausscheidung der Hrimgerparmal (str. 12 — 30) als besonderes
IHedieht oder bruchstück eines solchen ist unzweifelhaft richtig. Die übrigen stro-
pJMD scheint Vigfusson als bruchstücke ünes gedichts zu betrachten. Vgl. dagegen
Gnindtvig, üdsigt over den nord. oldtids heroiske digtning, Kbhv. 1867, s. 81.
Beitr. 4, 168. 180 fg. Edzardi Germ. 23, 159 fgg. Die ausscheidung der prosa
wiikt hier besonders störend, denn sie beruht zum grösseren teile auf strophon,
die dem samler in ihrer metrischen form nicht mehr erinnerlich waren.
Yigfnsson betrachtet den Hundingstöter als den ersten, HJQrvarps söhn als
den zweiten, den Haddingjaskate als den dritten Helge. Aus welchem gründe? Die
ffleinnng des prosaisten war dies nicht. Wenn derselbe sagt: Helgi ök Sväva er
n0 at fXBri endrborin, so kann er nur meinen, dass sie widergeboren wurden in
Helge und Sigrun, denn diese lässt er wider aufleben in Helge und Eara. Es kann
neh natürlich nur um die frage handeln , welchem holden der name Helge ursprüng-
Üeii zukam. Der glaube von der widergeburt des einen paares in dem andern wurde
venmlasst durch die gleichartigkeit des Inhalts der drei „sagen von der leidcn-
sehaftlichen liebe schöner valkyrien und jugendlicher, einem frühen tode verfallener
Itelden.^ Dass der anschluss des Hartungenmythus die trilogie vollendete, wird
durch die gewaltsame anknüpfung, indem Helge an die stelle des einen Hartungs
getreten ist, deutlich genug. Der Hundingstöter, aus dum geschlecht der Ylfinge,
aber scheint auf den namen Helge von haus aus geringeren anspruch erhoben zu
können als der söhn Hj^rvarps (Müllenhoffs Ztschr. f. d. a. 23, 128 a. 1). Dieser
ponkt ist jedoch von untergeordneter bcdeutung, denn es ist klar, dass die sage
Ton Helge HJQrvarpsson ihre uns vorliegende gestalt erst erhalten haben kann,
nachdem Helge Hundingsbane an die Y^lsungensage angeknüpft war (Beitr. 4, 197 fgg.
Hüllenhoff a. a. o. s. 139 fgg.).
Es wäre leicht, auch an anderen gedichten die unhaltbarkeit von Vigfussons
höherer kritik aufzuzeigen. Ich verweise den leser beispielsweise auf die texte der
HaTamal, der Grinmismal, der V^luspä (vgl. Heinzel a. a. o. s. 54 fgg.) u. a.
Die gruppierung der einzelnen lieder des ersten bandes hängt damit aufs
genaaste zusammen. Der „ Helgidichter ^ ist uns unter den bänden in nichts zor-
floseen. Mit anderen geht es ebenso. Die Lokasenna, die Skimismäl, das Har-
Wdslied nebst dem metrisch reconstruierten zankgespräch Fas. I, 372 schreibt Vig-
^<U8on, wie wir bereits sahen, einem dichter zu, den er den „Aristophanes der
Veetlichen inseln^ nent und als einen, vielleicht etwas älteren, Zeitgenossen des
120 SYMONS
„Ilcigidichtcrs'' (also erste hälfte des X. Jahrhunderts) hetrachtet Er charakterisiert
diesen dichter (s. LXVII, vgl. s. 101) als einen heiden, der in angezogener spott-
lust stets mehr sagt als er wirklich meint , der Thor und Odin mit einem angexwon-
gcnen humor behandelt, aus welchem eher Sympathie als hass oder absehen spricht
Auf den dichter der Lokaseuna passt diese Charakteristik sehr wol. Dieser heid-
nische freidenkor schwingt nicht die gcissel der satire, sondern erzählt mit ketze-
rischcr kritik die chroniquc scandalcuse des nordischen Olymps. Aassorlich betrachtet
steht das Harbardslicd der Lokasenna sehr nah. Allein es ist ans einer ganz ande-
ren grundstimmung erwachsen, seine eigentliche tendenz ist nicht religiös, sondern
social (Müllenhoff DA. Y, 203 fg.). Der dichter des Harbardsliedes tlbt keineswegs
wie der der Lokasenna seine frivole kritik an den äsen insgemein, er hat es aos-
schlicsslich auf Thor, den baucmgott abgesehen und stelt dem repräsentanten der
rohen kraft den abenteuerlichen, leichtlebigen, gewanten freibeuter gegenüber, wie
die Wikingerzeiten ihn gezeitigt hatten. Loke in ,der Lokasenna weicht allein Yor
Thor, das Harbardslicd erreicht seine spitze mit der dreisten abweisung des Thor,
welcher murrend abzieht. In metrischer beziclmng steht der regelmässige y6l»ahattr
der Lokasenna dem uiiregelmässigen strophenbau des Harbardsliedes, welches zwischen
lj6[)ahattr, kvipuhättr und Stabreim eiider prosa schwankt, aufs schärfste gegenüber.*
Noch viel weniger kann davon die rede sein, die Skirnismäl demselben dich-
ter zuzuweisen wie die I^okasenna und das Harbardslicd. Für mehr als einen ein-
fall kann ich diese überraschende behauptung nicht halten. Wer möchte wol dem
dichter der tolkühnen Lokaf^enna oder dem geistreichen, aber verwegenen yerfauer
des Harbardsliedes jene innige liebespoesie zutrauen, die Vigfdsson selber (I, 110)
stellenweise an Romeo und Julie gemahnt?
Vigfiisson führt nun allerdings — ausnahmsweise — für seine „Aristopha-
nes**-hypothese einige parallelismen des ausdrucks in den drei gedichten an
(s. LXVII anm.). Prüfen wir dieselben. Zu Harb. 1 > hrerr's [sd] sveinn steina
(und 2 ' hrerr's [sdj hirl hirki) stelt er Skim. 14 ^ hcaVa pat hlym hlyn^ja. Die
stellen sind aber nicht parallel , denn hlym wäre dativ , ist aber von Bergmann mit
recht ^'estrichen (vgl. Zupitza Ztschr. f. d. phil. 4, 117). Wirkliche parallelstellen
zu Harb. 1*. 2* finden wir anderwärts: Gul)r. I, 1 mir vask meyja, vgL HyndL 1>.
— Yigfusson fi'ihrt ferner an die Zusammensetzungen mit gamban- : gambanre^
Skirn. 33 ^ gamhantcinn Skirn. 32** '*. Harb. 20*, gamhansumbl Lok. 8*, aufweiche
er bereits Dict. 188 ^* die identität des dichters von Skim. und Lok. stüzte. Sodann
zwei weitere parallelen: Lok. 53
heill res[pu] tm, Loke, ok tak vip hrimkalke
fullom forns mjapar
und Skim. 37
Imll rerpfuj nü Mdr, sveinn, ok tak vip hrimkalke
fullom forns mjapar,
sowie Lok. 60* = Harb. 20* ok pötteska pü pd porr vesa.
Die zeile Harb. 26*, welche die strophe üborfült, ist, wie schon Bask uinahm,
ohne zweifei in der tradition falschlich aus Lok. 60* in die regelmässige kvit^uhattr-
strophe geraten. Die Übereinstimmung zwischen Lok. 53 und Skim. 37 ist natürlich
nicht zufällig. Dass ein dichter sich selbst so ausschriebe, ist aber recht nngteub-
1) Andererseits weist auf grund des metrums Vigfiisson dem dichter des Har-
bardsliedes das zankgesprüch zwischen Ivar und Odin zu (I, 123). Wer kann aber
eutächeideu, wie stark die metrische form in der prosa -paraph rase entstelt iit^
ÜBEB C0BPÜ8 POET. BOBEALE 121
lieh. Nun ist za beachten, dass in der Lokasenna mehrfach anklänge und mehr
all anklänge an ältere gedicbte sich finden. Gleich die erste strophe erinnert an
SkiriLiO. Zu Lok. 11»-^
heiler aser, heilar dsynjor
oh qü ffinheilog goß
TgL Sgrdr. 4 »• «. Zu Lok. 17 »- •
ßege pü, Ißtmn! ßik kveßk aUra kvenna
vergjarvMSta vesa
lUmt, dcher nicht zufällig, prkv. 13^. Die wondung I^k. 21** ^ gemahnt an Helg.
HuDdll, 34^**. Ich möchte also eher an eine bewuste odor unbcwuste rominis-
eenz glauben. — Das auftreten der composita mit gamban- ist in der tat merk-
wüidig. Doch wie viele alte Wörter kommen nur in wenigen Eddaliedern noch vor !
Ich f&rchte, dass es auch mit dem „Aristoi)hanes*' nichts ist.
Ebensowenig — um noch ein beispiel aus vielen herauszugreifen — kann ich
mir uiter dem „ balladendichter "* etwas vorstellen. Einl. s. LXV*fg. wird er als
indiriduum behandelt und um 900 angesezt. Dagegen heisst es s. CXIII von die-
sem namen wie von andern, es seien passende bezoichnungen für verschiedene dich-
toogoi von gleichem stil und plan und aus derselben zeit. Yglundarkvipa, pryms-
bi^, Vegtamskvil)a , GrottasQUgr, Bjarkamäl und das fragment des Hildebrands-
bedea Fas. n , 484 fgg. werden dann diesem „balladendichter*' zuerkaut. Von pryms-
hipa and Vegtamskvipa wird I, 181 mit entschiedenheit behauptet, sie seien von
demselben Verfasser. Vermutlich gründet sich diese behauptung auf die überein-
stimmenden Zeilen prkv. 14, 1 — 6. Vegt. 1,1 — 6. Sie können aber nur ersterom
gedichte ursprünglich angehören (Edzardi Germ. 24, 58). Von ihnen abgesehen,
ist mm zwischen beiden liedern eine besondere ähnlichkoit nicht zu entdecken. Die
I^rjmakrilA ist eine wirkliche bailade, die Vegtamskvipa eine mythologische untcr-
luhong mit episch erzählendem eingange. In der metrik sind grosse unterschiede
Bidit bemerkbar, doch s. Sievers Proben s. 30. 33. In sprachlicher hinsieht möchte
ifib bervorheben, dass für die Vegt. die form vü, nicht viHa in der 1. person sing,
daitb den vers gefordert wird: pik vük fregna 8«. 10 2. 12*, mlk etinvita 8*. 10*.
12^ Die annähme, dass der eingang (str. 1 — 5?) der Vegt. älter sei als das
Sbrige, hat manches für sich. Bei der zusammenfügung des vorliegenden gedichts
vir die alte anfangsstrophe wol vergessen, und der umdichter half sich mit pryms-
^•14, ohne sich an den abrupten eingang zu stossen, der dadurch herbeigeführt
VBide. Dass der mythologische teil des gedichtos nicht alt sein kann und wilkür-
liefae Züge bietet, hat Jessen Ztschr. f. d. i>hil. 3, 75 fg. gezeigt. Ob derselbe frei-
lich kentnis der VQluspa voraussezt, scheint mir nicht so sicher wie Jessen und
£^di. Die strophe 11 der VogtamskviI)a gehört dieser jedenfals ursprünglich an
«Bd ist in die VQluspa 32 fg. erst interpoliert (vgl. MüUenhofT DA. V, 112).
Verfehlt ist auch die annähme, dass Vglundarkvipa und prymskripa, wenn
>ieb nicht demselben dichter, so doch derselben zeit und derselben schule ange-
lidreii könten. Auch die einschränkung s. LXVI, die VQlundarkvi{)a sei ein älteres
gedieht, das eine Überarbeitung durch einen „be wunderer des baUadenstils" erfahren
bbe, mnss abgelehnt werden. Die Überarbeitung würde sich doch am ersten in
der form zeigen müssen , allein gerade in formeller hinsieht erweist sich die VqIuu-
darkvipa als das älteste aller in kvipuhättr gedichteten Eddalieder und als beträcht-
hek iUer als die piymskvijia. Vgl. Hoffory GGA. 1885 , s. 30 fg. Aber auch sonst
flBMben sÜIifltische und sprachliche gründe , die ich bald in anderem Zusammenhang
SB fltMeni hofTe, es höchst wahrscheinlich, dass die V^lundarkvipa unter allen
122 8TM0NS
eddischen beldenliedern das älteste ist. Wenn irgend eines, so hätte dieses lied
von Yigfüsson unter die „ältesten epischen gedichte^ (Bnch I, §5) gestelt werden
müssen.
Die chronologische anordnung der Eddalieder, wie Yigfüsson sie durchzufah-
ren gestrebt hat, muss als ein verfrühter und voreiliger versuch gelten. Eine kUs-
sificierung der altnordischen gedichte kann überhaupt nicht rein chronologisch, son-
dern sie muss chronologisch - systematisch sein, d. h. die zeitlich nicht bestimbaren
sind den zeitlich bestirnten nach verwantschaft von inhalt und form beizuordnen.
Im zweiten bände dos Corpus ist das im algemeinen wol auch versucht, doch wech-
selt das princip der anordnung häufig genug. Bald entscheidet der Verfasser, bald
die Chronologie^ bald die gattung. Wenn z. b. Sighvsts dichtungen sich an einer
stelle vereinigt finden (II, 124 — 150), so solte man dasselbe auch bei andern nam-
haften skaldcn erwarten. Einarr Skülason steht aber z. b. an vier verschiedenen
stellen: II, 252 (drapa auf könig Sigurd den kreuzfahrer) , 11, 267 fgg. (die mehr-
zahl seiner dichtungen), 11, 277 fg. (lausavisur) , 11, 283 (Geisli).
Auf die ezcurse näher einzugehen muss ich mir versagen, um diese anseige
nicht über gebühr anzuschwellen. Doch möchte ich im algemeinen auf eine cha-
rakteristische Seite derselben hinweisen. Yigfüsson zeigt überall das bestreben die
altnordische prosa und poosic, auch die skaldendichtung, aus ihrer bisherigen mehr
oder weniger isolierten Stellung herauszulösen und sie der algemein germanischen
einzufügen. Unleugbar ist diese tendenz berechtigt und, wo sie über das siel
hinausschiesst, ist der versuch doch nicht ohne Interesse. Im dritten ezcors des
zweiten bandes (II, 501 fgg.) trachtet Yigfüsson in den Islendinga sQgnr sparen
altgermanischer heldenliedcr aufzudecken. Zu Grettir und Beöwulf vgl. schon ProL
zu Sturl. und Gering Anglia 3, 74 fgg. Die neu beigebrachten parallelen haben
nicht dieselbe überzeugende kraft. Der träum porsteins in der Gunnlaugs ssga^
c. 2 und seine erfüllung im lezten tötlichon kämpfe Gunnlaugs und Hrafns c 1&
erinnert Yigfüsson an die Walthariussago in der fassung des Chronicon Novaliciettse
Allein die ähnlichkoit läge in der lücke der Überlieferung: s. Heinzel a. a. o. s. 69
fg. — Ebenso verhält es sich mit der angenommenen parallele zwischen dem aben —
teuer des jungen porsteinn in der Yatnsdasla und dem was Paulus Diaconus E^ ,
c. 23 fgg. von Alboin erzählt. Wo die ähnlichkeit anfangen müste — nimtYigfW'
son eine lücke in der paraphrase des langobardischen liedes an. — Dass anf histi»-*
rische figuren verbreitete sagenzüge übertragen wären, wie Yigfüsson n. a. anninx^
von Guprün, Ejartan und Belli der Laxdasla (Cpb. II, 506 fg.), ist an sieh wol
denkbar. Zuviel aber möchte ich auf solche motive, die an verschiedenen stelloB
in verschiedenem zusammenhange imd verschiedener ausführung widerkebren, nicit
geben. Wenn die Gudrun der Lazdsela ihre söhne dazu antreibt, den vater sn
rächen, so kann ich an sich in diesem ulgemein menschlichen und also auch poeti-
schen motive kein „deutliches echo" der Hampisniäl anerkennen. Und ebensowenig
will es mir in den sinn, dass die schönen worte der Guprün in ihrem gespr&clM :
mit ihrem lieblingssohne Belli am schluss der saga „^etm var ek verst er ek wnm |
mesi'^ ein nachklang sein sollen von Gudruns klagen umSvanhild, Sigurd und ihn
brüder (Gupr. hv. 16 fg.). Doch muss man dankbar sein für die anregung, wie
denn überhaupt alle cxcurse weniger reinliche ergebnisse der forsdiong als geisi*
volle und anregende aper^us bieten.
Auch in dem ausführlichen metrischen ezcurse (I, 432^458) stelt sich Y%^
füsson auf gemeingermanischen Standpunkt Auf seine metrischen thfioriflii Ite
einzugehen liegt mir fem. Mit seinen yorg&ngem sozt sich Yigfamaa anek Uv ;
ÜBER COBPÜS POET. BOBBALE 123
nieht aaseioander. Die arbeiten von Sievers sind ihm allerdings bekant, wie sich
MS dem bitterbosen aasfall s. 432 fg. ergibt. Die ansieht, dass die an. mctra anf
festen bestimm ungon über die silbenzahl beruhen, ist Yigfüsson ein dorn im ango,
«in Yerhangnisvoller irtum , eine ^baseless fancy/ Seine rechtfertigung hat Sievers
wlbst übernommen (Beitr. 10, 209 fgg.)- ^&s andere , namentlich Jessen und Bugge,
vor Sieverg für die erkontnis der gesetze der altnordiäcben mctrik getan haben , sei
dankbar anerkant. Erst Sievers aber hat uns gelehrt die skaldenmetra zu skandie-
ren. Und , wenn er im ersten entdcckungseifer die volkstümlichen metra zu media-
iiiseb behandelte und die natürliche wort- resp. Satzbetonung za sehr vemachläs-
ngte, so hat er durch seine neuesten Untersuchungen diesen fehler selbst gehoben
nnd den beweis geliefert, dass das viersilblerschema der kvipuhattr- (und wol auch
der dröttkvett -) kurzzeile mit der natürlichen betonung nirgends unvereinbar ist.
Sr kat endlich einen ersten anfang dazu gemacht, den inneren Zusammenhang zwi-
schen der altnordischen und westgermanischen allitterationszeile aufzudecken. Sie-
ven metrische arbeiten > werden allezeit ihre geltung behalten als die gruudiage
Ar eine wissenschaftliche goschichto der cntwickclung der nordischen motrik. Dies
Bodi einmal ausdrücklich zu betonen , schien nicht bloss Vigfusson , sondern auch
anderen skandinavischen gelehrten gegenüber,* angemessen.
Von K. Gislasons metrischen Untersuchungen „om helrim** ist bei Yigfüsson
Dirgends die rede. K. Hildebrands erörterungen über die Verstellung in den Edda-
liedern (Ztschr. f. d. phil., ergänzungsband s. 74 fgg.) bleiben unberücksichtigt.
E. Jessens regel, dass die vorlozto silbe im drottkvstt lang sein müsse« wird nicht
enrilmt, wol dagegen Bugges regel über den versausgang im Ijopaliattr (s. 439 fg.).
Sonst finde ich nur in der cinl. s. CXIX anm. 1 die arLoit Edzardis Beitr. 5, 570 fgg.
fiber die skaldischen versmasse in ihrem Verhältnis zur altirischen verskunst, nnd
nar mit beifall , angeführt. Auffallender scheint , dass Yigfüsson auch nirgends
einen versuch macht, sich mit Snorres Hättiital auseinanderzusetzen. Das bleibt
uffidlend, auch wenn er es ausdrücklich und mit recht ablohnt, von demselben als
Imus auszugehen , was übrigens auch Sievers nicht getan hat, wie man nach dem
tthnb von Yigfüssons metrischem ezcurse glauben könte.
Wenn Yigfüsson den ans))ruch erhebt, von der altgermanischen metrik aus-
ngefaen, so mnss bemerkt werden, dass er weder von der westgermanischen vers-
kinst noch von der litteratur über dieselbe eine leidlich eingeliende kentnis besizt.
^ inag genügen auf die beispiele s. 430 fg. zu vorweisen , wo u. a. verse aus dem
Heiland nnd den Merseburger Sprüchen — und in was für einem texte! — unter
Hüdebrandslicd und Wessobninner gebet aufgeführt worden. Die bohauptung s. 439,
dass die form des ^'opahattr — malaliattr möchte Yigfüsson sie nennen — niemals
io der ags. poesie oder in Deutscliland entdeckt sei , hätte doch einer einschränkung
bedurft: vgl, Müllenhoff de carm. Wessofoutano s. 17. Denkm.« 278 fg. Beachtung
bitte auch die ansieht verdient, dass sich im ersten Merseburger Zauberspruch eine
1) Beitr. 5, 449 fgg. 6, 266 fgg, 8, 54 (gg. 10, 209 fgg. 451 fgg. (loztere
abhandlang noch nicht erschienen). Proben einer metrischen berstellung der Eddalie-
der. Halle 1885 (abdruck aus dem Tübinger märzprograrom).
S) So verweist K. Gislason Njdla II, 542 anm. allerdings einmal auf die „ver-
diABaÜielie skaldenmetrik" von Siorers, insofern sie ibn auf Jessen aufmerksam gemacht
if nieht aber ebd. s. 845 und 433 , wo die beispiclsamlungen überhaupt erst auf
▼OB Sievers nntersachungen möglich waren.
124 STM0N8
Spur des drottkvstt auf deutschem boden finde (E. v. d. Bocke Ztschr. f. d. a. 23,
406 f gg. )f ^^^ ansieht, die allerdings schwerlich viele anhänger finden wird.
Als einheit betrachtet Vigfässon die langzeile, und das ist ja f&r das fomyr-
[»islag unzweifelhaft richtig, wie schon Jacob Grimm am ende seiner vorrede in
Andreas und Elene schön und treffend entwickelt hat. Die einheit der langseile
wird auch durch Sie vors ontdockungen nicht, wie man wol gemeint hat, widerlegt»
sondern im gegonteil gestüzt, da die erste halfte keineswegs ganz so wie die sweite
gebaut ist. Bedenklicher ist, dass Vigfüsson auch die skaldischen metra in lang-
zeilen druckt Ich will nicht bestreiten, dass ursprünglich auch der drottkviettven
als langzeile gemeint worden sei, doch die ansieht der „oonrt-metrists'', der zufolge
die kurzzoilo als viauarp gilt, wird für die skaldenmetrik wol massgebend bleiben
müssen. Unter allen umständen bleibt aber erwünscht, dass die c&snr kentlich
gemacht werde, im drottkvrott wie im fomjrpislag.
Vigfüsson hat aber speciell bei den dichtungon in kvipuhättr* noch eine
andere neuerung eingeführt, bei der ich endlich noch einen angonblick verweilen
möchte. Er leugnet die strophische gliederung der epischen Eddalieder and dniekt
sie dieser ansieht gemäss nicht strophisch, sondern stichisch. Seine gründe sind
ziemlich algem einer natur. „In der einen ausgäbe nach der andern **, heisst es
s. 433, „sind die unglücklichen Eddalieder in Strophen gezwängt worden, nütginz*
lieber nichtachtung des flusscs der dichtungen selbst, sowie der parallelen alteng-
lischen und altdeutschen dichtungen, und trotz der furchtbaren wunden, welche
die systematische anwendung dieser theorie so edlen werken wie der Y^luspa und
den Helgiliedem schlagen würde.** Er macht sodann darauf aufmerksam, dass maa
viel kostbare zeit auf diese „chimaere** verschwendet habe , indem man in dem plu
oder minus der überlieferten Strophe von vier langzcilon ein kriterinm gegen ihre
Integrität zu finden glaubte. Es ist klar, dass diese bemerkungen nichts entschei-
den. Die üborlicforuug wird auch hier wider in souverainer freiheit anbeaehtet
gelassen. Wie Vigfüsson hat sich übrigens bereits Holtzmann: Die ältere Edda
1875, 8. l(j geäussert. Die ansieht hatte viel ansprechendes, auch für mich, nnd wie
ich weiss, auch für andere. Dennoch, glaube ich, ist sie unhaltbar.
Dass in den handschriften der Eddalioder — um mich auf diese zu beschrän-
ken — die strophische gliederung bei den epischen wie bei den dialogischen liedem
durchgeführt ist, lässt sich u. a. bei Bugge s. II ersehen. In R and offenbar aoeh
in anderen handschriften wird der anfang einer neuen strophe darch einen groeaen
anfangsbuchstaben bezeichnet, welcher, wenn er der erste buchstabe in der seile
ist, gerne ein wenig vorgerückt wird. Das ende der strophe wird gewöhnlich dorch
einen punkt bezeichnet, wie auch häufig das ende der halbstrophe. Nun ist diese
strophenteilung nicht vom scbreiber des Rogius eingeführt, sondern trea aas seiner
vorläge herübergenommen. Dies ergibt sich aus einer vergleichung des textes der
Hymiskvif»a' nach R uud A. Die strophenteilung ist in beiden handschriften vol-
ständig dieselbe (nach Bugges angaben, die zutrauen einflössen), auch da, wo
1) Die auseinandersetzungcn von Möbius Arkiv I, 288 fgg. über die aosdrack
foniyrßithff^ krißuhdttr^ Ijoßafnittr halte ich i^'ar für durchaus unanfeehtbar; ich
aber doch keine mö^lichkeit von der geläufigen bezcichnung der bloss stabreimend
venart überhaupt als fomyrßhlag uud der acht- rcsp. vierzeiligen epischen strophe
kvifiHÄättr zu lassen, bis man uns richtigere und gleich bequeme an ihrer stelle
S) Bekantlich ist Hymiskvijia das einzige gedieht in kvij^uhättr, wekhea
in R und A volständig erhalten ist.
l
ÖBEB 00BPÜ8 I»OET. BOREALE 125
entscfaieden nnriGhtig ist, hat also in ihrer überlieferten form bereits dem arcbety-
pu Ton RA angehört. Die „strophisierung^ wäre also jedonfals alt. In der Snorra
Eddt; VQlsnnga saga nsw. stirat die teilung der angeführten strophen und halb-
strophen durchweg mit der des Regius überein. Aber auch die strophen und halb-
ikroph«n, welche sich nur in der VqIs. finden (Bugge Fomkv. s. 336 fg.) sind regel-
Biuig Tier- resp. zweizeilig.^ Einen weiteren beweis, dass wenigstens- im XIII.
jahiiiQndert auch die dichtung im fomyrpislag strophisch geübt wurde, bietet»
wonnf mich herr prof. Möbius aufmerksam gemacht hat , Snorres Hattatal in den
itophen 95 fgg. Es wird zugleich durch diese strophen bewiesen , dass das fomyr-
lulig damals auch kurzzeilig geübt wurde, denn Snorre hätte sonst in denselben
m halbstrophen gegeben, den ganzen strophen 1 — 94 gegenüber.
Behauptet man für die altnordischen kvipuhättr - lieder unstrophische form,
M hon das demnach nur besagen wollen, dass die seit dem X. oder gar schon seit
im H. Jahrhundert herschende achtzeilige strophe des alüblichen dröttkvtett auf
die txidilion, zunächst die mündliche, dann die schriftliche, der alten epischen
lieder umgestaltend eingewirkt habe. In einer zeit , wo alles nur strophisch gedacht
md gedichtet wurde, wo strophische gliederung gleich dem Stabreim als eine con-
ditio sine qua non für alle poesie galt, dachte und reconstaruierte man auch die
alte dichtung strophisch. Möglich ist diese annähme gewiss, aber auch wahr-
Mfaeinlioh?
Die Überlieferung der Eddalioder spricht nur scheinbar für sie. Betrachten
wir einige der jüngeren.* Die Gripisspa zerfalt ohne jegliche änderung in 53 x 4
hagzeilen, d. h. in 53 vierzeilige strophen, welche nach einer einleitung (1 — 6)
ngelmässig zwischen Gripir und Sigurd verteilt sind, nur dass am Schlüsse der
entere einmal zwei strophen (51. 52) spricht. Yigfüsson scheint hier (I, 2B5) die
fregdar four-lined stanzas" anzuerkennen, druckt das lied aber unstrophisch. —
Die Yegtamskripa , richtig abgeteilt, besteht aus 14 x 4 = 56 langzeilen. In der
kiiidschrift ist die strophenteilung diese: 1. 2 + 3i-*. 3»-» + 4>-*. 4»-" +
61-4. 55-8. 6 ^ 7. 8. 9. 10. 11. 12. 18. 14. Es ist also zweimal falsch abgeteüt,
vod einmal die bezeichnung der neuen strophe vergossen. Lücken sind nicht wahr-
lehmbar: das lied erscheint als die neubearbeitung eines älteren (oben s. 123). —
Die 6ulir6narkvit»a I hat 17 regelmässige vierzeilige strophen; in 3 strophen (4. 17.
18) steht die einführung der sprechenden (pä hvdp pctt Gjaflaug, Gjuka sysUr usw.)
offenbar ausserhalb der visa; daneben kommen 5 dreiteilige strophen (5. 7. 11. 15.
25) TOT , die eine besondere kunstform zu bezeichnen scheinen ; dann bleiben noch
2itrophen übrig (21. 24), die über das normale mass hinausragen, doch sicher erst
n der tradition ausgeweitet sind.' — Die Hymiskvijia zeigt nach dem überein-
itimmenden texte von BA bloss an fünf stellen eine ab weichung von der vierzei-
%ea strophe. Von diesen kommen die dreizeilige strophe 26 und die fänfzeilige 27
Mfort in abzug, da auch der sinn die Verbindung von 27^— >® mit 26 fordert (Grundt-
^•194*): 26 + 27»* »*> und 27*—» bilden dann zwei vierzeilige strophen. Die
1) Die Strophe in c. 30 (B. 166, 19 fgg.) ist bekantüch verderbt, vgl. Brot af
%4. — Die nur in der Sn. £. vorkommenden strophen ans alten mythischen liedem
^ Btist in Ijö^ahdttr.
S) Ich eitlere nach Bugges strophenteilung.
8) Streiche 21, 9. 10 und 24, 11. 12. Leztere strophe wird dann aohtseilig,
^ der tnfimgsieile fä kvaß fat Oollrqnd, OJ^a dötter. Vgl. dazu Chrundtvig Edda«
126 ST1I05S
beiden unmittelbar Toifaergebenden Strophen 24. 25 bilden in den handschriften eine
secbszeilige strophe. Es wird aber dorch die vergleichnng von Sn. E. I, 170' deat-
lieh, dasä nach 24^ etwas fehlt, und Termutlieh ist dasselbe vor 25 > der falL Die
Zeilen 10*—* + H bilden in den handschriften eine siebenzeilige strophe. Streicht
man mit Gruudtrig 11^ *, so erhiUt man zwei regelmässige Strophen: 10. 11'—^.
* — >*. Dass endlich nach 36* eine langzeile fehlt , ist gewiss keine gewagte annähme.
Bei den älteren kvif»uhättr-liedem ist wegen der oft lückenhaften und ebenso
oft überladenen Überlieferung der nachweis der strophischen gliederung schwieliger.
Unleugbar ist aber, dass abweichungen Tom Tierzeiligen strophenmasse in denselben
Tielfach zusammentreffen mit kritischen bedenken anderer art Ich begnüge mieh
einstweilen mit einem hinweise auf zwei lieder, die der zweiten hSlfte des X. Jahr-
hunderts angehuren werden. Das jüngere, die Ti>luspa, zerfalt nach Müllenhofii
einschneidender kritik in 50 lierzeilige Strophen: die Überlieferung ist nur an f&of
stellen gestört (MüUenhoff str. 16. 21. 45. 47. 49*, Tgl. dazu DA. T. lia lia
155 fg. 35). Man wird nicht behaupten wollen, dass die Ton MüUenhoff in den
ächten teilen des liedes verworfenen leilen [R 22»* « = H 26 »••".— B 31»- ".-
B 38*- * = H 35*- •. — R 44 ' »• = H37 "* •. 33»-*] bloss des stropbenbanei
wegen athetiert sind: sie müssten auch in einem unstrophischen gedichte notwendig
ausgemerzt weiden. Fraglich kann meiner ansieht nach nur die herstellung der
stzvphen 39. 40 Mb. sein, die aber auf die algemeine gliederung des liedes ohM
einflnss ist.
Die prTmskril«, das altere, zeigt gleichfals an Terschiedenen stellen, weldie
auch sonst bedenklich sind, abweichungen vom regelmässigen strophenmasse. DahiB
rechne ich (TgL Taalk. Bijdr. EL 304 fgg.> die metrisch und im Zusammenhang ent-
behrlichen Zeilen: 5** * und 9*" * (li<^ mit Grundtrig imj ffr MNaN hcam iq/i^
kwma i«sp. OM garpa). 6*- *. 29** »*. Die erste halbstrophe zu 4 und zu 19 fehlt
vermutlich. An anderen stellen dieses liedos bieten aber die überlieferte fünfza-
ligen tl3w 24) und dreizeiligen str»phen (17. 20) keinen anstoss. £s erhebt sich die
frage, ob nicht in manchen Eddaliedern stn:*phen von ungleicher länge Ton hMX»
aus abwechselten, ähnlieh* wie im deutschen Lcdwigsliede , der Samariterin, dem
Georgsliede und dem sogenanten ,I>e Heinrico'^ ^Denkm.* nr. XI. X. XTIL iVlH
TgL s. 297 fg. 3l>4. 327). Die nähere ervrterong dieser frage, die innerhalb des
rahmens einer anzeige zu viel räum beanspruchen würde. T<aspare ich mir fftr eine
andere gelegenheit. loh mache nur noch für diesai bestimtcn faU darauf anfmeik'
sam, dass in der prkv. die <}rei- und fünfzeili^en strv>phtn nicht wahUos zwischen
die Tieneiligen eingoschoben scheinen. Es ergibt sich vielmehr eine überlegte gli^'
derang. die sich folgendemiassen veranschaulichen lässt. indem ich die normil^*
atrophen durch u, die dreizeiligen durch 6, die funfieüigen durch c bezdchne:
11 o. — [c. — 3«. — 6. — 3 o. — 6. — 3 o. — t] — 8 a.
l) !■ algcaeinea rerweise ich für die beuneiluztf des TvrhaltÜMCs der Uyw^-^^
kvi^ tu dem in der «rzählun^ cer Grlfa^ianin^ tv« Ihon kämpf mit der Midgan^^'
■eUange beautn liede auf £«ianü Genn. 23. 421 fg^. ud Mogk Beitr. 7. 277 fg^ '
S) MilkakoA ergäuung der kalbatroph« 49 [^ U SS, fehlt in £] naeh ^^"
ist doch vol uniichti|r. Nicht hl<MS rr«<\)f wrr. soncera aaeh tJt misar U^^^
anstöMig, wähzvad im d«m aller\ün|r» roUtäsdiges Ter*e «snr iUmi
das hmm vciuichtig scheint» Ähnlich« n:ecrische TvntMM biete« die jängcren slrop-^
der TcftaHkkvi^ wvie die FonpjalUijo^ V^grL auch Sicrer» Beitr. 10, 214
»22 ans.).
r I tndr at Itamre steht onsaerlialb d
Cbrr c
ila kvam Öpem «i
i B iM-ieicIinot dies.
Es »ordlent ferner Ijeachtnng, dass die runeniiiaclirift auf dem Rökstein vier
mnieiitiängende Ungz«ilen im kvifiuhättr 'entlifilt , die doch gewiss als volstän-
digt Tinrefälige strophc aiiTgcfasst ivorden mltsaen (vgl. Bugge, ToIlmiDg dI raoc-
fndikr. pS ßflkBtonen 8.48. W fgg. Hoffory GGA, 1885. 3, 23 fgg.). Daijiit wird
^'^liou für die gienzscheide dea IX. und X. jahrbondert« HtrophiBchc glioderung des
tv-i)inbjittT w&brsobeinlicb. also go früh, dass Ton einem einflusHe des strophtsehnn
' 1 rcttliriBlt noeh nicht die rede sein kann.
Eiuc Iteob ach taug nlgemeincrcr art heatätigt dieses aus der liberlicfernuK
^owouDcnc niBultat. Man darf annehnien, das» dn teit. der mit solchar leirhtig-
kisitDod natürlicbkeit in itrephiache gebilde zerfält wie der der Eddalieder, Ton
Via.iu aas stropUiacb gemeint sein mnes. Der unterachied von den weatgetiim-
nischcn ppen ist aagenHillig. Jeder durcbgoftthrte Terauch, selbat kleinere gedicbto
•v-i« Jis Hildebrandslicd oder den ags, W.iidore in atrophen zn zerlegen, mosB aehei-
' «^-Yn. Der scharfsinnige und gelehrte, aber wol algcindn in seinen reanltaten ver-
I ' rteiite versnob in dieser ricbtung von H. Müller (Das iio. volkaepos iu der urs|iriing-
licticD Etrophiaeben form, Kiel 1883) kana ala probe gelten. In den epischen
j^odichten der Edda herscht das betrebou, in vierzciligeu abaätzen die erEählong
vonntmgen, in ganz anderer aasdehnung, wie in den restcn des ags. volkaepos
< *"lgL ileaniel Änz. f. d. a. 10, 216), in einer aosdehnang, daaa wir selbst bei nnatro-
t>)ii«<;b.<r ülteili«fernng die grundlago strepliischer compositionen auKnnehmon genö-
tißt wrirwi. Und die gliodening geht noch weiter. Denn es harscht ferner <las
"nuiiii-drue bestreben, welches im ljÜ[)ahättr und im dröttkvmtt gesetitmässig wird,
^i« iistbatrophen durch die stärkste interpunction von einander abzuheben. Die kvi-
(»ukiittr- Strophen zerfallen durchweg, soweit die überlieterung nicht gestört ist, in
x-Wf) «jntactisch getrente hälften. ' Ton den vierzeiligen slropben der prymBkri[>a,
Qn bei diosetn beispielc zu bleiben, veratöaat gegen die regel nnr str. 2, wo die
Zweite ttropbenhälfte sich als relativsatz auf die erste bezieht. Auch dieao eigen-
^■talichkeit sezt atcopliische gliederung voraua , ebenso das stef der Tqlnspd.
Die hier nicht abschliesacDd , sandom nur andeutend beaprochonu frage wird
ilwer entscheidnng näher geführt werden durch einen diplomatischen abdmck des
«od«i [{«mpna, desaen notwendigkeit VigfussoD mit recht s. XLII hervorhebt nnd die
l^srtiue seines bnehes widerholt bestätigt. Dom atudium der wichtigsten urkande
<3u germanischen lieidentunia hätte schon langst die unentbehrliche grundlage
ffCHhafien werden sollen . welche man dem Beowulf nnd der Chanson de Roland
i)ii:tit vorenthält. Damit soll Bnggca Kddaausgabe nicht zu nahe getreten werden :
»*i< «ifd schon dadurch, daas sie die handschriftliche liberliefernng mit getreuer
voliUnüigkeit bietet, die grundli^o fUr alle nachfolgenden bleiben, aUein eine
<%lotDatische ausgäbe ist neben ibr ein bedQrfnis. Vielleicht findet dieser stuss-
■ttber eines berausgohers , dem unter der arbeit manclimal d.is alte wart einfalt:
■in enivia bomini contingit adire Corinthnm", im norden einen Widerhall.
Gin zntammenfasaendes urteil über dos Corpus poeticum borealc ist nach
™i gleich m nnfang dieser anzeige bemerkten überlläaMg. Dass Vigfüsaoos werk
nicbt die grimdlngc unserer weiteren forschung abgaben, daaa es nnr mit der gröas-
b uniicht nnd kritik benttit wcr<len kann, crbelt ans den vomtebenden wel zur
128 HOLSTEIN, ZU IFFLAND
genüge. Ein wirkliches Corpus der altnordischen dichtang müste sich auf dem
sicheren gmndo der handschriftlich on überliefemng erheben und überall, wo Vig^
fusson sich mit nnmethodischon einfallen und geistreichen aper^ns begnügt, die
ergebnisse der philologischen arbeit an deren stelle setzen. Ich habe im voratehen-
den auf diesen empfindlichsten, alle Vorzüge des Werkes trübenden mangel den
hauptnachdnick legen wollen. Hier aber ziemt es sich noch einmal dankbar her-
vorzuheben, dass Vigfüsson durch die fQUo von anregung, die er im verlaufe seine«
buches aus dem reichen schätze seiner kentnisse spendet, durch gelungene beeee-
rungen, feinsinnige Übersetzungen, scharfsinnige combinationen , ja bereits durch
die zusammenhängende Vorführung des stoiTes, unsere einsieht in die entwickelnng
der altnordischen poesie wesentlich gefordert und viele sich darbietende fragen
zwar nicht gelöst, aber ihrer lösung näher geführt hat Fast liosso sich auf den
herausgober des Corpus pooticum boreale das wort anwenden, das Goethe einmal
von Sterne braucht (Hcmpel XIX, 115), er sei in nichts ein muster und in allem
ein andeuter und orwecker.
GRONINGEN, 1. MAI 1885. B. STMONB.
Ein dmekfehler bei Koberstein lud Ctorrinns.
Koberstein sowol als Gervinus haben sich eingehend mit A. W. Iffland
beschäftigt Freilich von der reichen littoratur, die über diesen grossen schanapie-
1er und Schauspiel dichter vorhanden ist, erfahren wir nichts. Nur ein werk ist
angegeben, und dies eine bei beiden falsch. Koberstein scheint mir hierbei den
Vorzug der priorität zu geniessen. Das buch, das beide anfuhren, hat nicht Den*
necker, sondern Duncker zum Verfasser. Es erschien unter folgendem tatel:
Duncker, Iffland und seine Schriften als Künstler, Lehrer und Director der Ber-
liner Bühne. Berlin 1859. 8. Vgl. Koberstein (5. aufl.) 4, 209 anm. 67 und Ger-
vinus (5. aufl.) 5, GOO anm. 131. Zudem verdient das angezogene werk, das keiner
der beiden litterarhistoriker in bänden gehabt zu haben scheint , als eine so her-
vorragende quelle, für die man es nach dem vielversprechenden titel zu halten
berechtigt ist, durchaus nicht angeführt zu werden. Denn es enthält weder eine
lobcnsbeschroibung Ifflands noch eine Charakteristik seiner dramatischen oder kftnat-
lorischen verdienst«, sondern es ist nichts weiter als eine samlung mehrerer in sei*
non theater-almanacheu gedruckter aufsätze nebst einigen anderen dramatorgisehen
arbeiten und der krankhcitsgeschichte von Formey. Das buch erschien 1859 zum
gedächtnis von Ifflands hundertjährigem geburtstagc (19. april) und der horanagebery
Carl Duncker , der seit 18(13 bis zu Iffhinds tode (1814) das beglückende los seines
Vertrauens und seiner freundschaft genossen hatte, glaubte seinem verewigten freunde
in seinem buche, in dem ihm nichts gehört als die auswahl und anordnung der
ausgewählten IfTlandschen aufsätze, ein würdiges dcnkmal stiften zu sollen.
QBBSTKMCnDR. HUGO HOLSTIDI.
Uallo a. S. , Haehitrackeiri des
»-' '— ■
Inhalt.
I><T iriÜDiliv imdi wellen uiul ili>ii vorba iirAHerito]irni.'!ii:intin tu Aen
cpon IlartmonDH von Aue. Von Dr. Sylvius von Moimlfr-
berg-MQnrkonau 1
Per monoloR der Elisalict (M.RLIV, 10) und oln ausgefallener mgna-
log ßuttinrs. Von Gustav Kertiicr M
Ober Künicr und verwante ersrheänmigeu hi iler inilU'llioclideuU(*eB
lyrik. Von U. Giskc 67
IFnIcTKUchungon llbcr den altrronzOsiscbon pn)saroinan von TriKian
lind Isolde. Ann Drakelmanns uachlass<\ von U. Suchi>^r Kl
Miscellen und l.ittftratnr.
( 'orpiis poptirum tmreale. Tlie iMX-lr) of tlie old norüipm (onRU*^ - . odil«l
cliutfiilied and trimslated witli introdadion, excnraus, and nolws by
Uudbrand ViKfussun und F. York l'owcll. 1. '2; aniwx. vnq
B. SijmonB. 95.
Ein drorkrehtcr bei KohoMtcin und (icrvinus; von Hugo IIo|8H»ir, 128.
IM» tiAtalm lwfl# wfrtM m. ■. Mmoii Zd dm Lnrnmu Amtrf\Mia. V«i
Bntiiil'ioKpT <l.nmnl. — Ktn dmiH'h« papt^nupi»! AImoI«. Vnn Oviie KMInr
hnlMiiV — Zar Ali<>iuuli>r<ac"- Xnm rmirinkkllltlliniH, Am mlUlmUBnitni *nn .1, O 1 1
(Dann). ~- Pbm kfmrr und TiwwMult« aiMrttöh" mM-lmlnnnKm In iln mM. Ii-iili i-
n. nitkn fl.lihMkl. — Dminm iiiid ilniuttll:« iIm :(!. Julirhniidnli, Vi>n lli..". ii. i
liAlfliihiirvnl — Vnii WuVi'li und d» dmtnii vnn diir wdtnoiui lljii(iilr>iii'
Johwin« Rtouaw. V'in E. HDptncr ISoblun), - Bnwlutnck» «ii* (hM
'innnwil« 13 Ii Von DnilaT Ksltnwr ll*fiHM.| — D« IbBuIUt im.-}.
tr- >'»tni InllnlltT In •lim npm IlnriiiiinM i-i>.n A>u> iirhlslnl Vnn KjItiui. i -u M. >
MaBntnniiu (ItmlKnV — MlltJinlJiintMl >ii* h>iid«>liilnmi. Vnn IL !■« IpM Ulli'-'
(TodlrMn iln Kr». Vo« Plp»! iAM"(uil. - Pb« Jto Mutnldn img«l h« ToHnwo. V™
(ImMhnckV - '/t' UmliwtHW uwanlainitn. Von 4. Itincnrlo (laiiahnrVl
., BwliiltUEkvni 4» VTubanhAnou.
ZEITSCHRIFT
I
DEUTSCHE PHILOLOGIE
IIERAIISGKGF.IIKS
Dl. ERNST HÖPFNER „.,. Da. JULIUS ZACHER
ACHTZEHNTER BAND
HEFT II
THE
_LIIEBBA!rD
■ UEBABlf.
PHU^U l>KU UUIIIIII«NOMI.-«l OBÜ WAIHENIIAKI
1886
zu TACITUS GERMANIA CAP. XIII. XIV.
Nicht ohne zagen wage ich es die schon unzählige male behan-
delte stelle Ins^ignis 7iobilüas — mter comites aspict, die noch zulezt
b«i Waitz, Verfassungsgesch. I*, 283 — 290 die eingehendste und
grfindlichste erörterung erfahren hat, noch einmal zu besprechen. Ich
wage es nm* , weil ich eine interpretation vorschlagen möchte , die mei-
nes Wissens überhaupt noch nicht versucht ist oder , wenn sie doch
scbon angeregt sein solte, dann jedesfals noch nie eingehender begrün-
det oder bekanter geworden sein kann.
Ich glaube, dass alle wesentlichen Schwierigkeiten der stelle
schwinden, wenn man folgendermassen intcrpungiert :
Insignis ndbüitas aut magna patrum merita principis dignaiioncm
etiam adtdescentidis assignant: ceteris röbustioribus ac iam j)ridein
probatis aggregantur. Nee i'ubor inter comites aspici: gradus quin
etiam ipse comüatus habet usw.
Diese interpunction , wonach bei Nee ruhor ein neuer satz begint,
ist zwar schon von Budolph Eöpke,^ Anfönge des Königthums bei
den Gothen s. 18 angenommen, derselbe folgt indessen einer ganz
anderen interpretation der stelle, als ich sie im folgenden zu begrün-
den versuchen will.
Ich entwickle zunächst in zusammenhängender darstellung meine
anfiEassung und gehe dann erst auf die begründung derselben im ein-
zelnen und die Widerlegung der entgegenstehenden deutungen ein.
Tacitus hat in den vorhergehenden capiteln das öffentliche leben
der Germanen in seiner militärischen, sacralen und administra-
tiven gestaltung geschildert. Mit capitel XIII geht er nun zu dem
über, was der Römer bei der Schilderung des politischen^ lebcns noch
vermissen muste, zu den hon eres; diese erörterung bildet ganz uatur-
gemäSB die spitze und den abschluss des ganzen. Und zwar begint er
mit dem eintritt in das politische leben, mit der dem römischen
brauche der togao sumptio entsprechenden wehrhaftmachung : hie pri-
mus iuventae hofios sezt er hinzu. Die carrii^re des Germanen —
man verzeihe mir den ausdruck — führt nun entweder zum principat
1) Ober Phillips vgl. das s. 138 anm. 2 gesagte.
2) Tgl. hierzu auch den schluss derselben anm.
BUTSCHBIFT V. OEUTSCmS PmLOLOGIK. BD. XVUI. 9
180 O. KETTNEB
oder zum coinitat Um zum princeps gewählt zu werden, dazu geh<
loibüSHtftrko und sonst erprobter wert; aber auch junglinge, die di
Vorzüge noch nicht besitzen können, auch sie können doch schon (
rang eines princeps erlialten mit rücksiclit auf ihre edle geburt o<
die hohen Verdienste ihrer väter. Eine niedrigere stufe der hono
ist der comitat, aber auch sie ist keineswegs verächtlich, vielmi
finden im comitat selbst noch weitere abstufungen statt. Die princi]
Htrobon eifrig danach , möglichst viele und tüchtige comites zu besitzi
denn erst das macht ihre Stellung zu einer wirklich bedeutend
erst das gibt ihnen wahre dignitas und macht.
So etwa stelle ich mir den gedankengang der stelle vor.
gehe nun zur erörterung der einzelheiten des textes über,
Inslgiils iioblUtas aut magna patrum merita princi]
dt^nattonem [dig;nitateni Bb.J etiam adulescentnlis assignf
ausgezeichneter adel oder grosse Verdienste der väter w
80n eines fürsten würde auch schon jüngeren männern
Die ausgaben schwanken noch immer zwischen dignattofiem oder c
nitatem. In der tat ist es schwer , eine sichere entscheidung zu trefl
Da indosson 1) dignifatem eigentlich nur der Vaticanus 1861 bi€
(denn der Leidensis kann bekantlich bei den correcturen, welche P
tj\uu8 selbst und der abschreiber des codex vorgenommen haben, kc
selbständige geltung beanspruchen") , alle anderen dagegen dignatiov
haben ;^ 2) da ferner wol erklärlich ist, wie aus dignationem
absohroiber das in der classischen latinität übliche dignitatem mac
konto, abt»r nicht umgekehrt; 3") da endlieh, wie sich am sehluss n
ner bospn>ohung zeigini wird,* gerade der ausdruck digtuxtionem €
ft\r den godanken/usammenhang der stelle sehr charakteristische nna
in die bedeutuug von dignitas eintöhrt — so glaube ich aus allen i
sen gründen die les;irt digmitionaH doch unbedingt vorziehen zu müss
Was 5odanu die luHleutung des wertes betrift, so muss zunäc
oonsiatiort wervlen, dass es nur in passivem und nicht, woran Wa
noch immer festhält, in aotivem sinne {^tcürdigimg eines fursten il
er befindet die adulesoentuU tur würdig, sie in sein gefolge aufzuD
uumO genommen worxien liinn. Wenn nämlich, wie schon mehrf
herYorv^'hoK>n und xulert noch durch die samlung aller steUen
l*o\. Taoiteum von iierbor und Orect «weifellos festgesteh ist, digm
1> CWr de« lr,?;Ä'hc» wort vWr bJÄ<Ä*Vr 0 v^'aJ- 1MS> vsri. O. Waitz, d
BK *v* Wtvt v' lÄ *lot rv^*! \iJv* ovhtcr*.* .iVHx'fer:;«: * -«d rorli^ni deshalb
Zu TAG. GEBM. 13. 14 131
bei Tacitus niemals^ in activer bedeutung sich nachweisen lässt,
so ist es doch wol völlig ausgeschlossen, dass Tacitus gerade
hier, wo nichts im Zusammenhang den leser auf diese specielle bedeu-
tang fahren konte, das wort in so ganz singulärem sinne gebraucht
üabe. So hat denn u. a. 0. ßibbeck* schon 1867 mit recht abschlies-
. send bemerkt (ßhein. Mus. N. F. XXII, 158) dass die passive bedeu-
tung des Wortes durch den Sprachgebrauch des Tacitus unumstösslich
crtoieseti sei^ wird kein strenger exeget mehr bestreiten. Was dagegen
zur aufrechterhaltung der activen bedeutung an dieser stelle geltend
gemacht werden könte, bringt Baumstark, Urdeutsche Staatsalter-
thümer s. 601 vor, nämlich 1) Germania 26 secundum dignaiioneni
habe dign. activen, sinn oder könne ihn doch wenigstens ha-
ben (!). Ich bemerke, dass auch Waitz, der, wie gesagt, c. 13 dig-
natio activ nimt, hier (Verfassgsch. I^ 145, vgl. auch s. 109) diese
aaslegung fiör „unmöglich" erklärt! 2) „rein sprachlich" sei dieser
gebrauch des wortes der „berechtigtste." Für die interpretation komt
öS aber selbstvei-ständlich nicht auf die bedeutung an , welche ein wort
seiner ableitung nach haben kann, sondern nur auf die, welche sich
ifli Sprachgebrauch festgesezt hat! Worauf Baumstarks schlussbemer-
kung sich bezieht: der gebrauch des wortes in dieser grundbedeutung
• - . . ist so sehr in den quellen der latinität (??!) gesichert ^ dass
^ne art Unverschämtheit dazu gehört j wenn jemand dagegen einspräche
ttti^, verstehe ich nicht.
Die passive bedeutung von dignatio ist ferner die einzige, die
sich völlig ungezwungen und natürlich mit assignare = zuweisen^
öntimcn, zuzeiten, verbinden lässt. Diesen von Halm (Controverse
stellen der Germania s. 4) betouten grund erkennen an G. Eicht er
(Rhein. Mus. N. F. XXIV. 1869 s. 230), W. Sickel (Gesch. d. deutschen
Staatsverfassung I. Halle 1879 s. 104 anm. a) und andere.'
1) Auch bei andern Schriftstellern der kaiserzeit findet es sich kaum einige
**^e an „nicht adäquaten stellen" activ verwendet; v^. Halm, Controverse Stellen
^^ Germania s. 3 des sop. - abdr.
2) Scharf betonen diesen sinn auch — worauf mich herr prof. Zacher auf-
merksam macht — Leo Meyer in dieser ztschr. V, 1874 s. 263 — 265 und Louis
^i'hardt , Aelteste germanische Staatenbildung (Leipzig 1879) s. 60. Lezterer wSre
^OQ seiner auffassung des principats aus an sich sehr geneigt, die Waitzschc erklä-
^i>g zu acceptieren, ist indessen doch unbefangen genug, um zu erkennen, es sei
^^1l^6gl%ch ncLch dem, was Waitz selbst zugesteht, dass fUimlich dignatio nie in
**^«»wt(ifeiit sinne hei Tacitus sich findet, trozdetn an unsrer stelle diese interpre-
^f^^icn des wortes anzunehmen.
3) Auch Haupt hat nach einer gütigen mitteiluug hcrrn prof. Zachors in
•einer Germania -Vorlesung 1855/56 erklärt, dass assigtiare bei dignatio in pass.
■i^ue ^ein verkehrter ausdmck wäre."
9*
132 O. KBTTNEB
Welche weiteren Schwierigkeiten sich aus der annähme der tran-
sitiven bedeutung für die interpretation der folgenden sätze ergeben,
werde ich s. 133 fgg., s. 139 fgg. ausfuhren.
Die anwendungen , welche dignatio von jener intransitiven grund-
bedeutung aus bei Tac. findet, lassen sich etwa folgendermassen schei-
den: ^ 1) zunächst bezeichnet es ganz algemein die gdtung^ das anse-
hen z. b. Hist. ni, 80 auxit invidiam propria dignatio viri. 2) spe-
ciell drückt es aus die mit einem amte verbundene rangsteUung, z. b.
Annal. III, 75 consulatum ei acceleraverat Augustus, ut Labeonein
Antistium isdem artibus praecellentem dignatione eins magistratus
anteiret. II, 33 senatus et equites — sicut locis ordinibus dignatio-
nibus antistent ... 3) daraus entwickelt sich dann der gebrauch , dass
es den blossen rang auch ohne das wirkliche amt, oder auch wie Bib-
beck es ausdrückt (nur durfte er hierin nicht die ausschliessliche bedea-
tung sehen) nicht sowol eine reelle würde ... als die ideelle geUung
der person oder des namens bezeichnet. Am klarsten tritt diese bedeu-
tung hervor Hist. I, 52 Valens will den Vitellius zur empörung bestim-
men, indem er ihm vorhält, Yitellio tres patris consulatus, censuram«
coUegium Caesaris et imponere iam pridem imperatoris dignationeim^
et auferre privati securitatem, d. h. doch unbedingt: wenn er aucl
faktisch nur Privatmann sei, so gelte er in den äugen der leute gewis
sermassen schon als Imperator ^^ sodass er dadurch dem kaiser ver
dächtig werden müsse, also nicht mehr ruhig als einfacher bürge
leben könne. 4) Nur sehr selten bezeichnet es die ehrenstellung selbs-
(= dignitas, bonos), wie z. b. Ann. Xm, 20 Pabius ßusticus aucto^^^^
est, scriptos esse ad Caecinam Tuscum codicillos, mandata ei praeto —
riarum cohortium cura, sed ope Senecae dignationem Burro retentan^^^
(hier ist ßibbecks erklärung im sinne von 3 durch den zusammenband?
ausgeschlossen).
Welche von diesen bedeutungen dignatio hier nun hat, warucÄ:!
Tacitus gerade diesen aifcdruck für besonders geeignet erachten must^^»
um die Stellung der jungen principes damit zu bezeichnen, das wir^^
sich uns erst nach betrachtung der ganzen stelle und der erwäguiB.£'
des Zusammenhanges, in dem sie zu den weiteren ausführungen d^^
capitels steht, ergeben. Vgl. unten s. 141 und besonders s. 142.
1) Vgl. ausser Gorber und Greef, die aber die stellen nicht scharf gea-i^
sondern^ Leo Meyer und Eibbeck a. a. o., gegen lezteren Richter im nachwort 2D
seinem obigen aufs. s. 238 ; beide fassen indessen die bedeutung zu einseitig auf.
2) Richter a. a. o. bestreitet diesen sinn , indem er selbst sehr ungenau üVicr-
sezt: Vitellius erscheine zum kaiserlicJien amte berufen. Dadurch wird u. a. völlig
der gegensatz zu privati securitas verwischt.
Zu TAG. OKBM. 13. 14 133
Nach feststelloüg der passiven bedeutung von dignatio, nach
/eststellnng der tatsache, dass man über das schwerwiegende sprach-
liche bedenken, welches der annähme einer activen bedeutung entge-
genjsteht , nur leicht hinweggegangen und auch noch nicht den versuch
gemacht hat, es ernstlich zu heben, fallen alle auf dieser bedeutung
fassenden erklärungen der stelle eigentlich von selbst. Dennoch will
ich wenigstens die beiden hauptsächlichsten derselben kurz erwähnen
und hervorheben, zu welchen weiteren Schwierigkeiten dieselben füh-
ren. Ich tue es namentlich deshalb, weil die eine derselben, welche
Waitz vertritt, weit verbreitet ist, die andere, von Köpke vor-
gebrachte , wie ich schon oben erwähnte , dieselbe interpunction im fol-
genden annehmen will, welche ich vorschlage, sodass es mir also
erwünscht sein muss, gleich zu anfang meine interpretation scharf von
derselben abzugrenzen.
a) Eöpke, Anfänge des Königthums s. 17, bezieht den satz auf die
wehrhaftmachung: ausnahmsweise könne der princeps den noch nicht
herangereiften jüngling unter die wirklich wehrhaften aufnehmen. Aber
es erscheint mir doch kaum denkbar, dass Tacitus hier den ausdruck
^ulescentuli in gegensatz zu den vorher genanten mit frame und
Schwert bewehrten iuvenes gebraucht habe. Von dem alt römischen
Sprachgebrauch darf man dabei nicht ausgehen, weder auf adulescen-
^ulus noch auf iuvenis lässt er sich hier irgendwie anwenden; Tacitus
denkt hier gerade bei iuvenes an die anlegung der toga virilis, welche
iJH 15. oder auch 16. jähre erfolgte, genau so wie er dial. c. 34, wo
er den in der republik befolgten brauch des deduci schildert, welcher
^ei dem e pueris egressus adulescens sumpta virili toga statfand , auch
*Ht;enis gebraucht. Und wenn man diesen unterschied hier auch zuge-
gen wolte — wie gross kann denn schliesslich bestenfals die altersdif-
ferenz bei den Germanen hinsichtlich der wehrhaftmachung gewesen
sein? Vor allem aber ist es durchaus unzulässig, in dem folgenden
Erklärenden satze ceteris röbustiorihus ac iam pridem prohatis aggre-
QdfUur nur die bezeichnung der wehrhaften finden zu wollen (= qaos
Evitas probaverit), dabei wird das sehr wesentliche iam pridetn ganz
übersehen. Endlich würde dann der Übergang zu dem gefolgswesen
völlig unvermittelt sein; ich muss bei der Voraussetzung dieses gedan-
kenganges, den Köpke statuiert, Waitz durchaus beistimmen , wenn ihm
dann der Übergang mit Nee ruber inter eomites aspici (Forschungen
^- Deutsch. Qesch. n, 394) weder an sich angemessen noch Taciteischer
^eUe entsprechend erscheint; wie gut sich dieser Übergang mit mei-
ner auffassung des gedankenganges verträgt, werde ich s. 137 bei der
^fOrterung des betreffenden satzes zeigen.
134 0. KETTNBB
b) Waitz selbst will bekantlich die digncUio prindpis von der
aufnähme unter das gefolge verstehen: hoher add oder ausgezeichtiele
verdictiste des vaiers weisen auch ßinglingen die tmrdigung (oder gunst)
des filrsten zu: sie werden den kräftigeren (ceterisü) und schon erprob-
ten zugcscU, gleiclhgestelt , d, h. mit ihnen zugleich (?) ins gefolge auf-
gmwmpHCfh, Gegen diese erklärung ist der grund, den Richter a. a. o.
231 anfuhrt, allein schon, wie ich glaube, durchschlagend, ceteris auf
die im folgenden crwalmten gefdgsgeftossen zu beziehen .... wäre
sjmicMich umrhört, da die comites bisher mit keinem toorte erwähnt
sind. In dignatio liegt dieser hier zu ergänzende begriff noch nicht (vgl
Waitz 286), vielmeht muss er zur aufhellung dieses an sich noch sehr
dunklen begrifs erst selbst aus dem folgenden suppeditiert werden.
Über diesen schwerwiegenden sprachlichen einwand wird von den Inter-
preten viel zu leicht hinweggegangen , gewöhnlich wird er einfach igno-
riert, Ikiumstark (Staat^alterthümer 607 anm.) weiss nur einige nichts-
sagende algemeinheiten dagegen vorzubrmgen , ein beispiel für einen
soloheu gebniueh von ceteris ist meines Wissens nirgends angeführt (der
vorgleich von o. 26 agri ah universis ocatjHtntur, quos pro numero cul-
tornm inter se jxir/ifoi/Nr bei Baumstark passt naturlich gar nicht und
beweist nur seine Verlegenheit).
tH>teris robastioribas ae tarn pridem probatis aggregan-
tut sie werden dadurch den übrigen ^prineipes), welche doch
stärkere und hingst bewährte männer sind, zugeselt, mit
ihuou auf eine stufe gestelt
a^^nr^iri oder ^ aggrrgare hat bei Taeitus gewöhnlich die
botioutuug: sich eiuer [H^rson oder mehreren so anschliessen , dass daraas
ein eiiuiger h;iufe wird; so wird es augew^mt auf das sich zusammen-
rotten der sv>ldateu vxier des pC^bels« das zusauuueneilen der truppen
usw. Auual X\\ 50 steht das aotir gleichbedeutend mit dem bald
damuf gebrauchten «K^NViVinr von der aufnähme neuer mitglieder
in die ver^ch^üCVruujr des Hso,
I^>^^»/k< nehnte ich in dem sinne, den es so absolut gebraucht
$t^w\\halioh im Ut. h^t ^f;isT irleichb^leutesd mit dem bei Cicero auch-
damil susAmwoncv^iolteu >^v.-f«k*Ä.<^ frt-f^:i<. f-rif^Uff, Es bildet den^
kUwn« dmvh u^m t^^.iim o^s:<»ii:vrt<?r* ce:cerLSi:5 i^ admlc^ccniHli , dies
iKvfc kiisiih> |\rv^N> N^stiir.deu hAK^n. soriiifru bX'isters mit rücksicht aufi
%lw a« ihivr \;Ätor a;o Wtuuuir auf ifeziUvi:^ xr:>:ur-D:a erwecken kön-
wä^ durch %i\e si^ ^uv? v^^-^^^V**^ '^^^^ wirklich wtrüg werden. —
\m\ K^»etluv^$ auf dcw anfa^^sjf a^ CAfi5»fI$^ <jckit. djkss dum proba--
Zu TAG. GEBM. 13. 14 135
tis neben rolmstioribus ein müssiger zusatz wäre , da ja bei jenem pro-
bare (= iudicare) es ausschliesslich auf das robustum esse ankam.
Dieser erklärung des satzes stehen hauptsächlich folgende erklä-
nmgen und einwände gegenüber.
l) Ziemlich nahe komt scheinbar meiner Übersetzung die schon
TOD J. V. Gruber in seiner mit unrecht vergessenen ausgäbe v. 1832
aufgestelte, dann von Halm (Controv. Stellen d. 6. s. 5) ausgeführte
erklärung (von der auch Scherer ausgeht), sie erhält aber einen völ-
lig yerschiedenen sinn durch die auffassuug des folgenden satzes , den
ich deshalb gleich hier mit heranziehen muss. Die noch ganz jungen
^meTy welche eines häuptlings geltung und würde erhalten haben,
scUiessen sich anderen fürsten an, die kräftigeren alters und schon als
solche (als principes) bewährt sind und es ist Jceine schände, unter
dem gefolge (den gefolgsleuten eines schon bewährten princeps) zu
Scheinen. Er meint also nicht, wie ich es oben betonte, dass diese
jungen principes als völlig ebenbürtige den principes gleichgestelt wur-
den, als peers unter sie traten, sondern dass sie, gleichsam um eine
lehrzeit durchzumachen, sich in der zwar nicht officiellen, aber doch
tatsächlichen Stellung eines comes einem älteren princeps anschlössen.
Diese erklärung scheitert an folgenden bedenken:
a) vor allem an der bedeutung von ceteris ; es müste dann unbe-
dingt aliis heissen; Halm übersezt auch, als ob so dastünde, ganz
algemein „anderen." Ceteris (den übrigen) könte in diesem Zusam-
menhang nur den sinn haben, dass die robustiores usw. als ein geschlos-
senes Corps zusanunengefasst würden. Dem ganzen corps aber schlies-
sen sich doch die Jünglinge — nach jener auffassung — während ihrer
Probezeit nicht an, sondern einzelnen.
b) Man erwartet dann zum klareren ausdruck dieses gedankens
^interim, welches ßibbeck a. a. o. 159 consequenter weise auch ein-
will, indem er meint ceteri sei aus UerT verderbt.
c) Was hätten die jungen principes dann überhaupt von ihrem
-principat gehabt? anwartschaft darauf, dass sie praestUis
pfmtandis, wie Eibbeck* sagt, später ein faktisches principat
^hielten? Dann hätten sie vor den anderen nichts wesentliches vor-
aosgehabt Halm meint, sie hätten als gleichsam geborne principes
1). Wobei er assignare dann in der bedeutung anwartschaft gehen, desig-
**««'e» nehmen muss, wogegen sich mit recht Richter wendet a. a. o. 237. —
^^r. I, 30, auf welche stelle sich lübbeck beruft, transfugae et desertores, quos
^^^fumetn aut tribunum sibi eligentes nemo ferret, imperium assipuibunt?
•^^eißt schon die gleichstellung mit eligentes , dass a. nur den sinn von aitribuere
(die kaiserwürdo verleihen) haben kann.
L
13G O* KETTNBB
im comitat in der regel eine hervorragende stellang eingenommen , und
beruft sich dafür auf die unmittelbar folgende erwähnung der gradus
comitatus. Nur schade, dass die art^ in der Tacitus diese einfuhrt,
es schlechterdings unmöglich macht anzunehmen, er habe hei robustUh
ribiis aggregmUur schon an diese rangstellung gedacht : mit quin etiam
führt er dieselbe vielmehr als etwas ganz neues ein.
d) Endlich wird dabei, wie Halm (mit sich selbst im Wider-
spruch , wie Waitz Vfgsch. s. 285 u. richtig hervorhebt) s. 4 bemerkt,
der bedeutung von aggregari eifie Meine Zwangsjacke angelegt und der
begriff y^zugesdt^ in deti von y^untergeordnct*^ erweitert,
2) Die directen einwendungen gegen die oben befolgte Über-
setzung der stelle betreffen die beziehung von ceteris robustiorihus ae
tarn pridepn pröbatis auf die fürsten.
a) Die ergänzung von principibus bei ceteris soll (Waitz 285)
sprachlich wenigstens nidU schön sein. — Wie so? Eben ist von einer
bestirnten art der principes die rede gewesen, die streng genommen
zum principat noch nicht berechtigt erscheint; nun fähii; Tacitus fort:
sie treten trotz ihrer verdienstlosen Jugend in die reihen der übrigen
principes ein , die sonst alle würdiger (stärker und erprobter) sind. Es
ist doch jodesfals das nächstliegende, ceteris im gegensatz zu
der soeben genanten art der principes zu fassen. Noch viel
weniger schön scheint es mir, es auf comites zu beziehen. Es ist
bereits s. 134, b. darauf hingewiesen, wie unerträglich es ist, hier in
ceteris einen begriff zu supplieren, der noch gar nicht vorschweben
kann, der weder vorher erklärt noch auch nur genant wäre.
b) robustiorcs ac iam pridem probat! soll für fursten eitie nicht
fHisscfide ik'wWcAiifiiH/ sein^ weil es nichts von deti eigenschaften aus-
drückt y die man von einem solchen verla9igen mag. So Waitz 285;
weiter uuteu 28<> ftlhrt er noch an: frei/ e^^ eine gang inhalüose bemer-
knng foiir, (f<ic^< cfk* jungak fürsten den übrigen zugesdt werden
^Itaumstark s« 607 ueut es in seiner weise einfach ^absurd'' ohne einen
gruud anzugeben). — Dom gegenüber könte man zunächst schon gel-
totul maohon, dass für die wähl eines fursten ausser der rücksicht auf
die faiuiUo sohliosslioh dvvh köri>erknft und erprobte tüchügkeit in
erster liuio rnns^^^htMul gowoson sein werden.* Sodann aber — und
dies muss hier vor allem botvnit weiüen — sollen hier nach meiner
iutorprotatiou rotmstiorihns ae iam pridem pröbatis gar nicht eine alge-
moiuo Wxoiohuun); der ftlrsiou sein, nicht die f&rsten an sich werden
zu TAG. OEBM. 13. 14 137
SO genant, sondern die älteren im gegensatz^ zu den aus den
adulescentuli erhobenen fürsten, der begriflf principes liegt schon in
dem auf principis zurückweisenden cderis enthalten , robustioribus ac
iam pridem probatis schliesst sich daran als ein grammatisch prädi-
cativer, logisch adversativer (concessiver) zusatz an.
Wenn man den satz so fasst, wie ich vorschlage, die doch alle
^onst stärkere und längst erprobte männer sind, so kann ich die
Weichnnng weder unpassend noch den zusatz müssig finden.
Xec ruber inter comites aspici. Ich beginne also hiermit
einen neuen abschnitt in der gedankeneutwicklung. Tacitus hat von
der höchsten dignitas , der der principes , gesprochen und geht nun zu
dem zweiten ränge, dem der comites, über mit der ganz natürlichen
anfaiäpfung: Aber es ist auch keine schände, oder um die lateinische
li totes durch den dem sinne derselben im deutschen mehr entspre-
chenden positiven ausdruck widerzugeben: aber es ist auch eine ehrcj
^nter den comites )su erscheinen, zu den comites zu gehörend
Der folgende satz gradus quin etiam ipse comitatus habet (ja
sogar der comitat hat selbst noch stufen) setzt mit notwendigkeit den
gedanken voraus: der comitat ist eine stufe. Durch die ablösung des
^t nee beginnenden satzes wird nun in einfachster, klarster weise die
^eue klasse selbständig eingeführt und bestimt der vorigen gegenüber-
S^stelt; jezt erhält jene Steigerung mit quin etiam ihren vollen sinn.
Dass der Übergang mit nee sprachlich ohne jeden anstoss ist,
^igt ein blick auf die samlungen bei Ph. Spitta, de Taciti in com-
Pouendis enuntiatis ratione. pars I (Qöttinger Diss. 1866) s. 122 — 124.
*^te blosse nee steht bei Tacitus sehr häutig adversativ für neque vero,
*^^9ue tarnen.
rubor is der persönlichere ausdruck für dedecus (vgl. Kritz z. st.)
^^gentlich man braucht nicht zu erröten. Dieser persönlicheren vorstel-
^^g, diesem sich hineinversetzen in die Situation, wie es die aus-
^J^cksweise des Tacitus überall kenzeichnet, hier also in die seele der
^iiütes, entspricht dann auch der poetische ausdruck aspici inter für
^^ prosaischere abstrakte versari inter, esse in numero.
Wenn man sich zum bewusstsein bringen will, wie leicht und
^fach sich alle Schwierigkeiten der stelle durch diese lostrennung
^«8 satzes nee rubor usw. lösen,* wie klar nun der Zusammenhang
«
1) Darauf weist auch der comparativ, der sonst gar nicht zu seinem
rechte komt
2) £& liegt nahe, um die natürlichkeit des Überganges — wenn es nötig
wSre — zu beweisen, daran zu erinnern, wie Schiller Braut v. M. I, 8 mit der
^<^dentDg des krieges einsezt: aber der krieg auch hat seine ehre!
138 G. KKTTN£B
erscheint/ so braucht man nur einen flüchtigen blick auf die haupt-
sächlichsten interpretationen zu werfen, zu denen die unmittelbare Ver-
bindung dieses satzes mit den vorhergehenden fahrte! Auch die mei-
sten der mehr oder weniger gezwungenen auffassungen der vorhergehen-
den Sätze, die wir früher besprachen, stanmien daher.
1) Am besten fügt sich der satz in den gedankenzusammenhang,
wenn man dignatio passiv genommen und mit Halm^ erkläi-t hat (vgl.
oben s. 135): solche junge 2>'^i^^^cipes schliessmi sich anderen fursten an,
die kräftigeren alters und schon als principes bewährt sind^ und es ist
keine schände unter dem gefolge (den gefolgsleuten eines schon bewähr-
ten princeps) zu erscheinen. Doch fält diese erklärung mit den g^en
1) ünwilkürllch schciDt auch Waitz sich früher (nach Baumst&rV s. 659 za
schlicssen, da ich die älteren auflagen der Vfgsch. nicht hesitze) dadurch zu den
roferat haben verführen lassen, das gefolgsverhältnis war ein dienst, aber em
ehrendietist Er gereichte keinem zur scJiande. Baumstark bemerkt von seiner und'
Waitzs auffassung aus mit recht dagegen: toenn das leztere auch wahr ist, so gM
es docJi in dieser dlgemeinlieit nicht aus den werten nee röbur usw, hervor, dem
diese besagen nur, für die hochgeborenen adolescenttdi sei es keine schände , dem
comitatus aggregiert zu sein. In der dritten aufläge führt Waitz s. 374 zu der
obigen äusserung in anm. 3 das citat fiec rubor usw. an und bemerkt dazu f^ä
riicksicht darauf, dass auch Jünglinge von insignis nobUitas daran teil nahmenf
was zu der algemeinen fassung des obigen satzes (keinem !J doch nicht recht stimi
Oder meint er, durch den eintritt jener Jünglinge sei gleiclisam der ganze oomitet
geadelt worden? Das liegt doch schwerlich in Tacitus werten, und wenn Wiitz
es darin finden wolte, so würde er eben dadurch den satz nee rübor vom voAer-
gehenden trennen. — S. 288 fasst er ihn jedesfals anders. Genaueres hierüber wei-
ter unten s. 140, c.
2) Im wesentlichen ebenso erklärt diesen satz der mann, welcher ausser
Köpke (vgl. s. 129 anm. 1) wie es scheint, vor Nee einen punkt setzen wolte,
Phillips in den Münchener Gelehrten Anz. 1846 nr. 44 s. 356; er geht aber von
ganz anderen Voraussetzungen aus. Die nicht gerade klare deduction gipfelt in dem
satze für Jünglinge aus edeln geschlechter n, die den rang eines princeps einndir
men, ist es dennocih keine scltande, auch unter den comites gesehen zu wtrie^t
d. h, unter der anführung eines gefolgs/ierren in den kämpf zu ziehen (während
sie im frieden , so meint er , zu den principes gehören , qui iura per pagos vicoßqn*
reddunt). Der comitat bestand aber nicht bloss für den fall des kriegcs. [Vgl»
magno semper electorum iut'eniim gloho circumdarif in pace dccus usw. — weh
C. 14 hebt ausdrücklich als etwas besonderes hervor cum renium in aciem usw.]
Die sonstigen bedenken , die Phillipps auffassung im woge stehen , zu erörtern würde
hier zu weit führen, ich will nur hervorheben, dass Avenu man annehmen woltei
dass Tacitus hiermit nun auf die kriegsfüHrung durch die gofolgschafto"
übergeht, man ihm einen groben fehler in der gruppierung des Stoffes zutrauen
würde, und dass dann diejenigen ganz recht hätten, welche, wie z. b. noch J. Praui-
uer in seiner Schulausgabe, Wien 1878, meinen, dass man die Schilderung des
gefolgswesens bereits cap. 6 — 8 bei der darstell ung des kriegswcseus der G. erwartete
zu TAC. QEBM, 13. 14 139
die Tordersätze oben s. 135 erhobenen schweren bedenken, vgl. nament-
b'ch die Verwechslung des ceteris mit alns,
2) Die andere aaffassung des satzes geht von der activen bedeu-
toDg von digfiatio aus. Ich will hier von den meiner meinung nach
schon den ausschlag gebenden bedenken gegen die annähme dieser acti-
ren bedeutung einmal absehen und nur die consequenzen ins äuge fas-
sen, zu denen diese annähme für die erklärung dieses satzes führt.
Von dieser annähme aus ergäbe sich folgender gedanke: I. Die
jungen adligen usw. werden von einem princeps der aufnähme in seinen
comitat für würdig erachtet, IL sie werden den übrigen älteren und
längst erprobten (ob man pröbati algemein nimt oder auf die wehr-
baftmachnng bezieht, ist hier ohne bedeutung) comites gleichgestelt,
m and es ist keine schände für sie zu den gefolgsgenossen zu gehören.
Mit recht ist schon widerholt hiergegen bemerkt worden, dass
ßatzl und HI sich widersprechen. Was in I als eine dignatio, eine
anszeichnung seitens des fürsten bezeichnet wird, kann in III nicht
eine schände sein oder genauer: nicht es nötig erscheinen lassen, dass
aosdrücklich uns versichert werde, es sei keine schände.
So unwiderleglich dieser Widerspruch scheint, so hat doch Waitz,
V^cL 288 ihn zu lösen versucht. Sickel, Gesch. d. d. Staatsvfssg.
1,104 anm. b. bemerkt kurz dagegen, diese entgegnuug von Waitz
^iche nicht aus, denselben zu heben. Ich glaube, dass man doch die
Pflicht hat, Waitzs gründe im einzelnen zu prüfen.
a) Es schliesst sich nicht aus, dass Ici auszeichmmg oder gunst
tkes fürsten betmrkt wird, was sie gewährt sei keine schände; es
erklärt vidtnehrj dass als eine digfiatio bezeichnet ist was zur aufnalmic
ins comitat führte. Ich glaube Waitzs ansieht dahin präcisieren zu
können, dass er nee = neque enim nehmen will: mit fug ist es eine
dignatio zu nennen , wenn jemand unter die comites aufgenommen wird,
denn comes zu sein ist eine ehre. Hierzu bemerke ich 1) ich weiss
mcht, ob sich diese anwendung von nee bei Tacitus belegen lässt, ich
bezweifle es, möchte es indessen doch auch nicht geradezu bestreiten.
2) Ich glaube, dass man auch auf dieses sprachliche bedenken gar
nicht einzugehen braucht, da Waitzs erklärung schon daran scheitert,
dass sie ganz den Zwischensatz übersieht ceteris robustiorihus ac tarn
pridem probatis aggregantur; nach diesem Zwischensatz muss eine solche
negative Versicherung, „es sei keine schände" mindestens überflüssig,
ja sogar völlig zweck- und bedeutungslos erscheinen.
b) Waitz fügt als einen, wie er glaubt, aualogen fall hinzu:
une man heutzutage wol einem fremden sagest honte: prinzliclw geburt
ver Schaft auch ganz jungen männern die aus Zeichnung vom könig
140 G. KETTNEB
ßum officier emant zu werden, und (= denn) es ist keine schände
[für sie] zu dienen. Ich will nicht leugnen, dass man so sagen könte;
schön wäre es aber gewiss nicht, jeder fühlt, dass der satzbau etwas
tautologisches hat. Aber ich leugne durchaus die analogie dieses sa&es
mit dem Taciteischen. Denn 1) hat Waitz auch hier wider den
Zwischensatz ceteris robusiiorihus usw. vergessen; sezt man aber
diesen ein, so springt das widersinnige sofort in die äugen: prinzlieht
gehurt verschaß auch ganz jungen männem die auszeichnung j vom
hönig zum officier ertiant zu werden [sie werden den übrigen aUeren
und tüchtigen, längst erprobten officier en gleichgestelt] und es ist keine
schände für sie zu dienen. Jeder fühlt sofort heraus , dass nun nee
nicht mehr = neque enim ist, wie aus den bei a) angefahrten Worten
Waitzs hervorgieng, sondern dass es dann vielmehr den sinn \on neque
igitur haben muss, oder, mit anderen werten , dass jezt nicht mehr
satz III causalsatz zu I, sondern consecutivsatz aus U ist. Da Waiti
satz n ganz wegliess, kann ihm dies leztere satz Verhältnis, welches
allein noch einen sinn gibt, nicht vorgeschwebt haben. 2) Kann aber
nee dies ausdrücken? solte man nicht ein ut non oder qtw fU, ut fum
usw. erwarten? 3) Aber auch abgesehen hiervon: der vergleich selbst
ist ein wenig zutreffender! Die bei Tacitus erwähnten Jünglinge sind
doch kaum mit prinzen von geblüt zu vergleichen! bei diesen lezteren
mag man wol nötig finden , noch besonders hinzuzusetzen : es ist keioe
schände für sie zu dienen, weil zwischen der ihnen durch die gebart
gewordenen und der ihnen nun faktisch angewiesenen Stellung ein Wider-
spruch besteht: sie, die eigentlich geborene herscher sind, dienen.
Wo fände sich bei jenen adulescentuli etwas analoges ? Sie sind nach
Waitzs eigener annähme keine gebornen principes — solche gab es
überhaupt nicht — die aus dem Verhältnis der gleichberechtigung in
das der Unterordnung sich begeben ; wenn sie auch aussieht haben mögen^
einmal princeps zu werden, so können sie es doch erst durch die waU*
des Volkes. — Jener vergleich wird für Tacitus endlich noch mehr
dadurch abgeschwächt, dass neben der insignis nobilitas die magna
patrum merita erwähnt werden.
c) Wider anders fasst Waitz die bedeutung des nee ruber usw.
an der von mir schon oben in anderem Zusammenhang ^ kurz berühr-
ten stelle s. 374. Der comitat war ein dienst, aber ein ehroidienstj
er gereicMe Jceinetn zur schände hat Waitz im text gesagt und füg*
nun in der anmerkung hinzu nee ruber usw. mit rücksicht darauf, dass
1) Vgl. Waitz 269. 270.
2) S. 138 anm. 1.
zu TAG. G£BM. 18. 14 141
auch Jünglinge von insignis nohilitas daran teilnahmen. Hiernach
sdieint also Waitz anzunehmen, der comitat an sich sei durch die
teünahine jener jungen nobiles geadelt worden, etwa wie man früher
sagen konte, bei uns in Freussen sei im gegensatz zu anderen ländern
der militärdienst dadurch zu ehren gebracht , dass auch die söhne höhe-
rer geselschaftsklassen darin von der pike auf dienen musten. Dann
würde also satz III wider consecutivsatz sein, aber nicht aus satz II
eine den gedanken von satz I begründende folge ziehen,
sondern aus satz I allein eine algemeine folge. Kann dies in
MC ausgedrückt liegen ? Wo bleibt dann wider der gedanke von satz II?
Wenn die jungen nobiles sofort zu den robustiores ac iam pridem pro-
bat! treten auch ohne eigenes verdienst aufweisen zu können , ist es
dann noch für alle comites eine ehre, comes zu sein?
Es erübrigt noch, von der neu gewonnenen erklärung der viel-
unstrittenen hauptsteUe aus ein paar stellen im folgenden zu betrach-
ten, die, wie ich glaube, erst so das rechte licht erhalten und ihrer-
seits dann wider dazu dienen, die erstere noch schärfer zu beleuchten,
insbesondere die bisher noch unbestimt gelassene bedeutung von dig-
natio nun aus dem weiteren Zusammenhang heraus noch präciser zu
bestinunen. — Ich muss mich aber hier kürzer fassen und kann nament-
lich nicht genauer auf entgegenstehende auffassungen eingehen.
Nachdem Tacitus kurz von dem gefolge gesprochen hat, kehrt
er wider zu den principes zurück: haec dignitas, hae vires, magno
smper dectorum iuvenum globo circumdari, in pace decus^ in hello
praesidium. Die widerholung desselben wertes, wenn man prindpis
^Hgniiatefn, eines eng verwanten begriffes, wenn man dignationem las,
mit dem demonstrativpronomen an der spitze des satzes kann doch nur
den sinn haben: das erst ist wahre ehrenstellung , wahre niacht.^ Die-
ser rückweis auf das vorhergehende sezt den gedanken voraus, dass
der prindpat allein , ohne ein solches grösseres oder tüchtigeres gefolge,
mehr eine blosse würde als ein factischer bonos, mehr ein blosser
rang, als eine Stellung in der gemeinde von wirklicher bedeutrmg und
macht sei. Und es wird wol in den meisten fällen in der tat das los
jener jugendlichen principes gewesen sein, dass sie zunächst ziemlich
isoliert dastanden , nur wenige und unbedeutende genossen (wol nament-
1) Beispiele hierftir scheinen kaum erforderlich , doch will ich Senec. Dial.
12, 19, 3 anführen. Er hat von verschiedenen solatia gesprochen, znlezt erwähnt
er das maximum solatium, dio liehe ihrer seh wester: hoc est, mater carissima,
Boiaimm, quo reficiaris.
142 O. KETTNBB
lieh verwante und freunde) um sich sahen, dass sie erst almählich,
indem sie durch steigenden rühm tüchtige geflossen anzogen, ein ansehn-
liches gefolge um sich sammelten und so zu der würde eines prin-
ceps auch einfluss und macht gewannen.*
So komt dignaüo hier zu der ihm eigentümlichen bedeutung:
gcltung^ rang. Wenn Tacitus auch nicht immer die Synonyma streng
scheidet und dignaüo mitunter im sinne von dignüas, honos steht —
wo es ihm darauf ankomt, begriffe gegenüber zu stellen und dem
Zusammenhang gemäss den schärfsten, bezeichnendsten ausdruck n
wählen, da achtet er, wie jeder sorgfältige Stilist, sehr genau auf die
nuancen der worte.
Durch das, was wir soeben über die Stellung der jungen prin-
cipes und die erwerbung eines comitats folgerten, werden wir zugleich
auf eine stelle in cap. XIV geführt, die bisher ebenfals den erklärem
viel not gemacht hat, deren sinn aber sofort ganz einfach, deren aus-
druck ganz natürlich erscheint, wenn man sie in diesem Zusammenhang
betrachtet. 8i civitas, in qua orti sunt, longa pace et otio torpeatf
plerique nohilium adulescentium petunt ultro eas nationes, quae im
bellum aliquod gerunt, quin et ingrata genti quies et f acutus inkr
ancipitia clarescunt magnumque comitatumnon nisi vi beUoque tueare;*
exigunt enim principis sui liberalitate illum bellaforem equum uswr.
Man hat sich viel gestritten, ob unter den nobiles adulescentes princi-
pes oder comites zu verstehen seien. Für principes schien 1) der
ausdruck nobiles adulescentes eine „ganz unpassende bezeichnung" 2U
sein (Halm), 2) auch der zusatz in qua orti sufU muste bei ihnen als
seltsam auffallen, man erwartete eine ihrer Stellung entsprechendere
bezeichnimg. Verstand man anderseits comites darunter, so steltco
dieser annähme die causalen nebensätze sehr erhebliche Schwierig-
keiten in den weg. 1) es muste auffallen, dass ganz algemein gesagt
ist facilius inier ancipitia clarescunt, während man erwarten solte,
dass etwa ausgedrückt wäre, dass die comites, die sonst sua fortia
facta gloriae principis assignant am leichtesten durch selbständige teil-
nähme an auswärtigen kämpfen berühmt werden. 2) dass bei dem fol-
genden satze magnumque comitaium — tucare — auch in der algemri-
neren form, die er bei annähme der lesart von C. erhält — ein har-
1) Damit erledigt sich ein einwand, den Baumstark s. 609 so ausdrückt*
man wird es rein unmöglich finden, dass ein soldier junge ein gefolgsfiütrer fi^^*
ein junge , der überdies noch Iceinen kricgsruhm hesizt.
2) Bb. tuentnr, C. mit den übrigen tueare. Algomein ausgesprochenes nrt^^**
„Man kann ja auch ein grosses gefolge nur durch gowalttat und krieg erhalt^'^*
Vgl. in demselben capitel die conjunctive: persuaseris, possis.
zu TAG. OBBM. 18. 14 143
ter subjectswechsel statfinden und in dem daran sich schliessenden
tx^fU enim wider das frühere subject angenommen werden müste.
Denn durch tueare wird eben nur die form des gedaukens eine alge-
meinere, der ganze inhalt desselben bezieht sich doch speciell nur
aof die principes; dies subject schwebt bei der unbestimten 2. pers.
Tor, wie sich dies aus dem gedanken des folgenden satzes klar
ergibt: schon i^rincipw sui weist darauf hin, und das exigere sezt
ein äarSy resp. dare velle oder posse voraus. Dieser doppelte subjects-
wechsel wttrde meiner meinung nach ganz unerträglich sein ; er lässt sich
gar nicht vergleichen mit der von Halm als parallele lierangezogenen
stelle c. 19: paacissinia in tarn numerosa gente aduUeria; quorum
pma praesens et fnarttis permtssa. accisis cnnibus nudcUam
imo expettit maritus, — puUtccUae enim pudicitiae nuUa venia: non
forma, non aetate^ non opibus tnaritmn invenerit, denn hier schlägt
der (nicht bloss der form nach) algemeine gedanke püblicatae pudici-
feensw. eine brücke und vor allem findet nicht ein enger zusam-
menschluss der sätzo statt wie an unserer stelle, wo die beiden
Sätze in einem einzigen subordinierten satze durch que
coordiniert sind.
Alles löst sich auf das einfachste, wenn man den ganzen satz
nicht auf die principes im algemeinen, sondern auf die in cap. XIII
erwähnten jungen principes bezieht. Dann ist 1) der ausdruck
nobiles adnlescentes nicht im mindesten unpassend, ja er mnss, wie
auch Halm fühlte, notwendig den leser an die dort erwähnten adules-
oentali von insignis nobilitas erinnern. 2) bei ihnen ist auch der zusatz
in qua orti sunt ganz erklärlich , denn etwas bezeichnenderes Hess sich
JÄ von ihnen noch nicht aussagen. 3) sie müssen ferner vor allem
ach rühm zu erwerben suchen, damit andere es für rühmlich erach-
ten, ihrer führung als gefolgsmannen sich anzuschliessen und 4) sie
müssen endlich „durch gewalt und krieg reiche beute" zu erwerben
suchen, wie solche „zur haltung eines grossen gefolges erforderlich
ist,"^ sie müssen auch immer wider zu diesem mittel greifen, da
ehrengaben, namentlich geschenke von auswärtigen Völkern, ihnen
natürlich viel seltener zufallen, als den älteren, weithin angesehenen
principes.
1) Hahn s. 8 berührt sich hier und auch sonst noch mit meiner auffassnng,
am nächsten kernt ihr in der erklärang des einzelnen Baumstark s. 699; Halm denkt
aber an comitcs, Baumstark schwankt oh er auch comites annehmen oder nohiles
adnlescentos ganz algemein fassen soll.
SCHULPPOHTE. GUSTAV KETTNER.
144
DER INFINITIV
NACH WELLEN UND DEN VERBA PR^TERITOPiLESENTI
IN DEN EPEN HARTMANNS VON AUE.
(Fortsetzung.)
3. Kunnen.
Kunnen hat seine bedeutung durchweg mit geringen ausnahm
gewahrt. Es findet sich bei Otfrid selten (0. Erdmann I , § 332) , 1
den ahd. Übersetzern gar nicht (A. Denecke s. 13).
A. Der ergänzung durch einen inf. ist kunnen nie!
bedürftig, wenn es
a. die geschlossene bedeutung verständig sein hat.
Iw. 7684 toirne kunnen leider baz.
oder bei sich hat
b. eine präposition.
E. 3443 sin künde niht wol da mite.
c. ein object.
E. 5188 st künde et zoubers die kraft
7368 der aller dinge ahte kan,
8748 daz unmanec man den list kan.
G. 954 une wol er sine rede kan.
Iw. 5318 der sine riterschaft wol kan.
Dies ist ein neutrales pronomen,
E. 5058 da enkan ich nü niht zuo.
5165 waz si künde.
G. 1365 dune kanst ze rüterschaft niht.
1372 des ich niht enkan.
1407 swaz ich der huoche kan.
1409 ich künde ir gerne mere.
Iw. 6201 die des niene künden.
7301 diu niuwan süezes künde.
das Vertreter eines verbalbegrifs ist.
E. 5182 ditz künde diu vrouwe.
7218 si heilten sine wunden: wände siz wol künden.
G. 1406 swelh ritter ie aUer beste gesaz, so kan ichz mit gedanken ^
1596 vünvzec und hundert marke habe wir dir gewunnen, s^
übel wirz kunnen.
B. Einen in£ hat kunnen bei sich
a. in seiner ursprünglichen bedeutung wissen, verstehii.*
a. Von Verben einer denktätigkeit
wizzen G. 2784. 3066. — enstdn £. 6462. — versldn a. H. 811.
bedenken G. 1398. — erämäsm m «iner aache Iw. 841. — venkm
V. yONBTXRfiEBQ, INFINITIV NACH WELLEN USW. 145
a.H.736. — raten G. 375. — err&ten E. 7509. — geraten G. 322. Von
einer sache a. H- 376. — erkennen E. 7602. Iw. 2859. — Tciesen
E.1172. 3194. 3322. — erkiesen E. 923 (witzige), 6241. — ersehen
E. 3155. 7696. — gesehen Iw. 5522 (die handschriften : han, Lach-
mann: kan). — gevüegen E. 4650. — sine stunde bewenden Iw. 24.
ß. Von yerben, die der ausdnick einer denktätigkeit sind.
wiegen län E. 7491. — den wistuom und den sin erzeigen, von
einer sache a.H. 871. — bescheiden E. 1603. 6. 2981. — gesagen
E.5001. 5572. 7481. 8328. 8454. G. 1028. 1130. 2468. 3043. Iw. 2096.
8629. 3632. 4429. 5881. 5889. 8165. — genennen E. 7616. 7618. 8497.
— gesprechen Iw. 2264. — geantwurten Iw. 2973. — genäden mit dem
munde 6. 1215. — helfen liegen unde triegen Iw. 2183. — kurzen die
iWmie E. 8190. — gedagen E. 6457. — verdagen iE. 9735. Iw. 797. —
gesungen G. 873.
y. Von verben, die einen dem gemütslebcn angehörenden begriff
bezeichnen.
vürhteti E. 8622. G. 865 (gevürhten), — Sich erbarmen E. 9197.
— versagen Iw. 5361. 7899. — sich getrcesten G. 668. — einic wort
g^echen niht enkunnen a. H. 893.
d. Von verben , die sich auf moral und betragen beziehen.
sanfle leben E. 4791. ze rehte G. 3623. — rehte mäze geben
6- 1360. 3651. — ze rehter mäze tragen G. 1076. — ze rehter mäze
"«Wen a. H. 317. — sich enthalten Iw. 6580. — staete werden Iw. 6808.
*^ tumbe gedanken verdenken Iw. 1500. — sich lasier s schämen Iw.
4965. — vertragen E. 5968. — gebären a.H. 304. Iw. 3561.— vriunt-
«c*ö/l erzeigen Iw. 7768. — gedienen E. 1288. 4548. 4568 (dienen). —
^^chulden G. 2241. — Ionen Iw. 4195. — geren E. 3771. — geniezen
^ Iw. 4967. 6382. — daz leben gelieben Iw. 2423. — betdiehe Uten
Iw. 4574. — undersagen Iw. 862. — erUten E. 6326.
<• VoD verben, die eine körperliche fähigkeit oder geschicklichkeit
bezeichnen.
droben E. 1962. — gehceren E. 7444 (wise). — gebiegen {die
«*oiW) G. 1428. — geregen {die arme) E. 888. — grinen Iw. 877. —
l"wikfcn (daz ars) G. 1443. — ritter wesen G. 1814. — striien Iw. 7.
^•W.— vekten Iw. 7001. — veUen Iw. 7090. — siege gelegen E. 887. —
**Welefi E. 100. — lesen Iw. 6457. — geprüeven E. 5235. — erziu-
I"» 1. 2800. — pflegen E. 3289. Iw. 2196. gepflegen E. 3709.
< — bmden E. 8244. — ezzen (ironisch) G. 2766.
OnmOHK PHILOLOGIB. UD. XYIII. 10
146 V. MOHSTEttBBllÖ
Das subject ist eine sacbe.
E. 5532 sin snelheit künde in vür tragen.
7672 si künde wol gemachen des goltsmides hatU.
b. Weniger bervor tritt diese eigentlicbe bedeutong von Ami-
nen und es unterscbeidet sieb wenig oder nicbt von mugen
in folgenden föUen:
vinden E. 236. a. H. 437. — erjagen Q. 1529. — enoerben
a. H. 219. gewerben Iw. 2772. — gewinnen E. 3696. a. H. 72. 444.
Iw. 1619. — mit listen gevristen Iw. 948. — mit listen gesümen und
gevristen E. 5010. — mit listen sünwn E. 5027. — mit listefi gevristen
E. 5530. vristen Iw. 5320 (oder von muoser abbängig?). — mit sin-
nen an gewinnen G. 2854. — überwinden E. 5848. 5926. Iw. 1999. —
überkomen Iw. 5954t — gemeren a. H. 58. — sich erhcln E. 9305. —
gevürdern E. 5685. — sich gewirden G. 1517 (Becb gevürdem). —
bewam E. 8254. Iw. 920. 1775. 2978. 6137. — behalten Iw. 3973.
8145. — bevriden Iw. 1910.— gehOeten Iw. 1103. — behHeten Iw. 3162.
— engdten Iw. 7458. — genieeen E. 3345. Iw. 3139. Q. 1334 (Bech
enbizen). — g^n und geriten E. 8709. — riche wesen Iw. 6397. —
äne herze leben Iw. 3022. — missetuon Iw. 4064. — bedecken Iw. 2963.
— gerechen Iw. 4462. -7- swachen Iw. 2486. — handeln E. 5258. —
schaffen G. 1100. — ereiehen E. 5544 (Coiyectur Lacbmanns). — wid&r
kamen Iw. 8117. — werden a. H. 905 (äne). Iw. 3180. — erwenden^
G. 383. Iw. 4845. 6011. — gercUen Iw. 1899. 6124.
Das subject ist eine sacbe.
E. 593 des künde mich diu armuot noch nie betunngen nocli üfdi
zunvel bringen. 8439. 8440.
9436 wie mich des wundern kan.
Iw. 2063 ob ez sich geviiegen kan.
2093 daz si (diu werÜ) mirz niht gemzen kan.
6345 ezn kan ouch äne in niht geschehn.
2638 ez enkund im niht geschaden.
a.H. 1186 uns kan daz niht gewerren.
In ganz äbnlicben Verbindungen stebt mebrmals aucb muge-
vgl. E. 1139. 4855 8.32; 1133 s. 43; Iw. 2650 s. 44 usw. Erzi^
hen E. 5544 , fals die conjectur Lacbmanns ricbtig ist, wurde sieb
körperlicbe kraftäusserung sogar natürlicber mit mugen verbinde — "
Nur durcb diese annäberung an mugen wol nimt kunnen aucb an de
sen scbwäcbe teil, und so wie dies stebt es zuweilen in verbindunge
in denen es ein andermal feblt (vgl. s. 52). Vgl. mit E. 9436 a. H. 3*^
des ivundert mich, eine Verbindung, in der aucb mugen gern stet:^
HtPlNITlV NACH WELLEN USW. 147
Vgl. 8 47 E. 5558. 8700. 9152, vgl. noch 8.30 und 31. E. 4698.
4750. 90. 6501. a.H. 908. 491. 1062. Und zwar lässt sich die beob-
acbtuDg machen, dass das eindringen von kunnen in Verbindungen,
die im firec und Gr§görjas noch fast ausschliesslich mugen vorbehal-
ten sind, im Iwein zunimt. Da kunnen nun speciell ein geistiges , ein
denkvermögen bezeichnet, trift es auf dem wege seiner annäherung
an mugen zunächst auf dessen Verwendung von Ä , 3 , d s. 42 und
0.1762 wand er tu wd gedienen kan nähert es sich diesem Poten-
tialen sinne.
Im algemeinen aber ist die bedeutung von kunnen noch nicht
erschüttert und wenn ich auf jene berührungspunkte aufmerksam mache,
geschieht es nur, um auch die leisen anfange eines bedeutungswandels
nicht unbemerkt zu lassen , vermöge deren kunnen in unserer zeit bis
zur modalen Umschreibung herabsinken konte. Daher ist es mit mugen
and andern verben mit verschobenem praeteritum oft genug verbunden,
TgL 8. 53, mit wellen z. b. Iw. 8144, turren z. b. Iw. 7001, und wenn
ft.H. 219 (daz man sl veüe vunde oder daz man ^ künde mit deheineti
iingm erwerben) kunnen c. inf. einem organischen conjunctivus praete-
riti gegenüber steht , so sind darum beide ausdrücke doch nicht gleich :
^e vinden ist von äussern Verhältnissen, erwerben von der findigkeit
^^ snbjects abhängig. Lezteres soll kunnen bezeichnen.
Zn entlehnen ist der Infinitiv
I. innerhalb der nämlichen periode.
1) im relativsatze aus dem vorangehnden hauptsatze.
a. Ein Superlativ steht vor kunnen E. 1603. 7491. 8190. 8244.
G. 375. Iw. 1775. 2962. Hinter kunnen E. 5258.
b. Der relativsatz hat einen algemeinen sinn E. 5027. Iw. 2486.
2) im bedingungssatze aus dem hauptsatze. Ersterer ist ein-
geschoben mit ob G. 1216. Ohne ob 6. 1100.
II. aus einem andern Satzgefüge, negiert E. 3289.
Wirkliche ellipse findet sich bei kunnen nicht.
3. Solu.
A. Der ergänzung durch einen inf. ist soln bei Hartmann in den
"^Pen nicht bedürftig in der bedeutung nützen, taugen, angemes-
^Bn sein, zweck haben (wo nicht die ellipse des inf. dieser verba oder
^csen mit Grimm Gramm. IV s. 133. 134 anzunehmen ist, was auch
^^^t'eits Lucae nicht tut in seiner s. 3 citierten abhandlung, sondern
/Uoae bedeutung hat soln selbst in sich aus der ursprünglichen eine
^^rpflichtung haben entwickelt).
10*
148 V. MONSTKRBBRG
E. 125 ichn tveiz, ztoiu mir daz leben sol.
565 wag solde mir iezuo der spot?
1445 waz sol des langiu maere? 5905. 7460. 8806.
G. 1457 und wetz ntht, war zuo daz sol? 1542.
a. H. 653 waz solte uns lip unde guot?
654 waz solte uns werlütch muot^ swenne wir dm enbteren?
Iw. 1466 waz sol ich^ swenn ich din enbir? 1467. 1468. 2416. 46^
B. In allen übrigen fällen hat soln den Infinitiv bei sich n
zeigt sich hier in einem hohen grade der auflösung, wie wir ihn n
bei wellen gefunden haben und bei mOezen finden werden. Ich fül
indes zunächst die fälle an, in denen soln in einer noch selbständig
bedeutung den infinitiv in seiner eine richtung bezeichnenden functi
bei sich hat, um später seinen umschreibenden gebrauch mit d<
appositiven infinitiv zu behandeln. So unmerklich fliessen aber h
beide gebiete des infinitivs zusammen, dass ich genötigt bin zwiscb
beide teile einen dritten einzuschieben , in dem ich die stellen samm(
werde, in denen es zweifelhaft bleibt und auch nicht entschieden w<
den darf^ ob Hartmann bei soln noch eine eigne bedeutung fQhlte oc
ob es mit dem infinitiv ihm nur noch eine einzige verbalform zu b
den schien.
I. Soln mit dem inflnitlv der richtung.
Nach Qrimm, G. d. d. Spr. II s. 892 fgg., bezeichnet soln ursprüi
lieh ein Schuldverhältnis. An diese bedeutung finden sich noch anklän]
Dieselbe lässt sich aber zerlegen in zwei begrifliche bestandteile , ini
fern sie gleich ist einem von der gerechtigkeit auferlegten zwangsvi
hältnisse. Jener erstere, moralische teil verflüchtigt sich nun in and(
t&llen und es bleibt nur der begriff eines Zwanges übrige der da
leicht übergeht in die eines anlasses, einer gelegenheit, ja einer m<
lichkeit.
1. Soln bezeichnet verpflichtet sein.
a. Am nächsten wol der von Grimm angenommenen urbedi
tung, durch eine schuld verpflichtet sein, komn
die fälle, in denen soln mit verben der Vergeltung verbi
den ist.
engdten E. 1007 (von rehte), Iw. 4970 im conj. — gamen E. IC
(von rehte). — buoze enpfän Iw. 4000 im conj. — ze buoze si
E. 7022 im conj. — verschulden E. 4990. — dienen E. 7941.
gedienen Iw. 4789. — verdienen Iw. 7761. — lor^en E. 10
Iw. 1197.
INFINITIV NACH WBLLBN USW. 149
b. Soln bezeichnet eine aus dem Verhältnisse zu den mitmen-
schen (freundschaft — feindschaft, gastlicbkeit , verwant-
schaft, stand, geschlecht oder algemeine gattung) entsprin-
gende Verpflichtung.
£• 178 da wart er emphangen wol, so man ee vritmdes hüse sol.
1520 als man lieben vriunt sol.
3908 nü rate ich iu wol, als ein vriunt dem andern sol.
4559 dan vriunt M vriunde vinden sol.
6214 so man den vriunt nach leide sol,
G. 382 als man den vriunt nach leide sol.
Iw. 1003 als vient sinen vient sol.
E. 8408 ich wil iu raten wol, als ich minem gaste sol.
Iw. 4766 als man lieben gast sol.
6476 als ein wirt den gast sol.
6r. 128 als ein getriuwer bruoder sol.
1262 als ich minem lieben sol (die hdschr. im Vatican und der
prosaauszug in dem winterteil der heiligen leben, bei
Faul A und F, haben lieben chinde, Lachmann und Bech
sune).
a.H. 675 der vater unde muoter sol leisten ir kinde.
£• 16 als ein guot kneht sol.
G. 1234 ich sol und muoz mich nieten not und angest (daz ist reht)
als ein eilender kneht.
£.4155 gewäfent, als ein guot ritter sol.
4336 gewäfent, als ein ritter sol.
a. £ 35 die ein ritter haben sol.
1349 als ein vrumer ritter sol.
Iw. 2516 als ein riter sandern sol.
2796 als ein rUer sdte.
5345 (US guote riter sotten.
5913 swaz ein riter haben sol.
G. 3377 die ere, die ein bäbest haben sol.
S391 der grözes gwaMes pflegen soL
3631 und sol doch (der bäbest) vreveUiche sile erzeigen und die
neigen, die —
3640 man sol dem sündcere ringen sine swaere.
B- 6302 diu wip sulefi reden also.
7781 swä mite ein wip gedienen sol.
^- 705 als ein minne gerndez unp sol.
^784 als einem manne ein wip sol.
^239 als ich sol (ein weib spricht).
150 V. M0N8TERBEBO
E. 2038 st4^az ein habech vähen sol.
Iw. 206 der humbd der sol stechen,
209 der homüe sol diesen.
E. 7826 und sage ez so iche sagen sol (als autor).
c. Soln bezeichnet eine aus geltendem recht, der sitte c
moral entspringende Verpflichtung oder berechtigung.
E. 78 ir sdtet ez durch zuM län,
1109 daz reht, daz er eine küssen solde,
5332 sU ich der wärheit sol jehen.
8975 daz nietnan sol bieten ungetriuwen gruoz.
G. 2103 daz im dienen solde.
Iw. 2811 ez si des hi^ses Site, daz er stU weder riien noch gebn.
2812 er siU dem hüse lehn,
4466 ailes des ich solde hän,
5432 den selben tot, den der fnan solle Itden.
d. Soln bezeichnet ganz algemein , was recht und billig ist c
dafür gehalten wird.
Das subject ist eine person.
Im praes. ind.
£. 347 man sol denh wirte län sinen wiüen. daz ist guot getan, i
733. 2912. 3069. 3330. 5072. 5826. 6785. 8120. 8(
8626. 9396.
G. 16 a der gedenkt niht, als er sf rehte sd,
629 dA von enmac ich, als ich sol, der vrouwen leit ente6
956. 2503.
a.H. 658 ja sdtA^ Jibiu toMcr min, unser beider vreude sin,
829 ouch sol ich mine iriuwe an mir selber niht brechen. 949. {
Iw. 164 ich cnphähe gerne als ich sol. 4969. 6068. 6626.
Im coi\j.
Iw. 121 iuch bedunkt, man suln iu län.
Im perf. ind.
K. 8653 er tcäfent sich als er solde.
G. 735 als ers versuochen solde, 1079. 2846.
a. II. 882 daz $i niht enwoUen si tcenden noch ensoUen.
Iw. 1592 ^^Nv^ solde $i xuo keren.
Im conj.
K. 1552 dii sis in briste beidenihalp so man solde, 1590. 3681. 5^
5935.
Q. 47. 48 Ni) soll ich mit iu beiden alrerst vreude wüten und w
necH^en tüten.
INFINITIV NACH WELLEN USW. 151
6. 2681 den scHdest du enphähen haz. 2690.
Iw. 1667 die marter, die sold ich bülicher enpfän. 2016. 2030. 3005.
Das subject ist eine sache.
Im praes. ind.
E. 248 (ds ez ze hochziten sol.
4098 SK^cr s^ne sache wendet gar ze gemache, dem sol ere abegän.
Iw. 1214 als ein bette beste sei.
Im perf. ind.
E. 1444 daz gesmtde sam ez solde vofi rotem golde,
1994 daz getoürhte ais ez solde,
2293 dar üf ein mouwe ze der mäze und si solde.
Im perf. conj.
E. 5921 dem nimmer solde leit geschehen.
\w. 4651 iu sölte versmähen daz gemeine nach gähen.
5638 daz dienen solt in beiden.
7083 cUs ez wesen solde.
l^lh des si niht sprechen solde.
2. Soln bezeichnet genötigt sein, anlass, gelegenheit,
möglichkeit haben.
a. Der zwang usw. kann wie bei mugen liegen in äussern umständen.
a. In der beschaffenheit des objects.
£. 488 daa sol min herze immer Magen.
G. 1533 sus sol man st (die Saelde) erloufen.
ß. In einem praepositionalen oder adverbialen ausdruck oder einer
apposition.
Das subject ist eine person.
E. 6303 da von man irs niht wizen sol.
a.H. 687 des sol ich ze iutoerem geböte iemer vil gerne stän.
1176 da von so sol ich disen tot hän mir eine süeze not.
Iw. 1658 da von sol si mich niht län als unbescheiden under wegn,
1796 nü sol man schouwen alrerst iuwer vrümekheit.
5723 ouch ensol ich von diu min rehtez erbe niemen län.
Einmal ist die notwendigkeit auf das praedicatsverhältnis bezo-
gen (vgl. müezen):
6. 2746 dine vüeze solden unden breit sin und zeschrunden als einem
wallenden man.
Das subject ist eine sache.
Iw. 1813 da von sol sich min senediu not nimmer volenden.
152 y. MONSTKRBEB0
y, la einem andern satze.
aa. In einem übergeordneten.
aa, Soln steht in einem consecutiven conjunctionalsatze.
Im praes. ind.
£. 3792 nu gevaUet ir mir also wol, dais ich iuch gerne machen sei
ee vrouwen. 3938. 4460.
Iw. 191 ez ist umb iuch also getoant^ dazz iu niemen merken sol,
sprecht ir anders danne woL
867 min her Keii der ist so uns, daz man in gerne hoeren sd.
2068. 4642.
Im perf. ind.
Iw. 323 daz der wäfenrtemen also rehte lüizel ist, daz si ntht langer
vrist mit mir solde unibe gän.
Im conj.
Iw. 2309 ir hat mir seih leit getan ^ daz ich iuwer niht enwclde so
gähes noch ensolde gnade gevähen.
ßß. Soln steht in einem consecutiven relativsatze.
E. 481 mir ist ein leit von im geschehen, daz ich immer Idagen sd.
7921.
Iw. 1624 nü toeiz ich doch ein dinc wd, des ich mich tool troesten
sol, 2799.
Im perf. conj.
E. 7949 und wcer s% danne so getan, dar unibe ich solde ertcindefh,
daz lieze ich an mir vinden.
bb. In einem untergeordneten.
aa. Soln steht im folgesatze einer bedingungsperiode.
Im praes. ind.
Iw. 4343 ob ich deheine triuwe hon, sone sol ich daz ntht gerne sehn.
5960 wdt ir in schiere erriten, sone suU ir ouch niuwet Uten.
Im perf. conj.
Iw. 1005 daz er sich weren solde, ob er niht dulden wdde.
ßß. Sdn steht im hauptsatze eines conditionalen relativsatzes.
Im praes. ind.
Iw. 7176 swer gerne lebt nach eren^ der sd vil starke kären alle sine
sinne nach eteslichem gwinne.
cc. In einem gleichgeordneten.
Im praes. ind.
E. 3365 daz sd mich geriuwen: wan so muoz mtn sHe verderben.
f IMPINITIV NACH WBLLBN USW. 153
d. Im zusammenhange.
Im praes. ind.
£.6695 stdn wir nü ee vuoze gän? (6693).
9122 so sei man toaerlichen den wiben doch entwichen ze etesUcher
stunde (9426)
a.E .715 gote müeze ez sün geklaget, daz ich unz mome leben sol.
Iw. 1821. 7461.
Im perf. ind.
E. 1848 daz er ze langem ziten ir minne solde VUcn. G. 179.
Iw. 386 und do ich niene wolde noch Idiben solde, 5096.
Im perf. conj.
E. 3373 ich wtene ez solde verdagen, 6982.
Iw. 2922 daz solde ich e bewarn.
Wie bei mtyen begegnet hier häufig das adverb gerne und wol.
b. Die notwendigkeit usw. wird überhaupt als eine solche gesezt in
bedingenden Sätzen. Soln verliert hier so lange seine bedeu-
tung nicht, als der nachsatz eine angäbe darüber enthält, ob
einer bereit ist jener notwendigkeit zu genügen, oder ob er ihr
genügt und wie oder welches mittel ihr zu genügen nötig wäre.
Vgl. s. 22.
Im praes. ind.
^* 5055 swer ze hove wesen sol, dem zitnet vreude wol. 8014.
ß- 1393 ez bedarf vil wol gewonheit, swer guot ritter wesen sol.
*ff. 599 swer ouch dann^ die lenge mit arbeiten leben solj dem ist
tedoch niht zewoh
^' 2272 und sol man des genäde hän, da zuo hoeret bezzer Ion.
2839 da hoeret groz kumber zuo, swer daz hüs haben sol.
3417 und sult ir ouch vor ime genesn, daz muoz mit siner helfe
wesn.
^192 swer den man erkennen sol, da hostet langer wUe zuo.
-4871 ich darf wol meisterschaftj sol ich daz wcegest ersehn.
<Sl82 und sol st da zuo kempfen hän, so wil ich vehten vür si.
^829 und sd ich min arbeit iemer überwinden y so muoz ich in
vinden.
C628 ouch vind ich ein wip wolj swenn ich unp nemen sol.
C936 wand ezn tuet dem biderben man niht wol, der sandem tot
sehen sol.
Im perf. ind.
IS*- 5208 swaz si haben solde ^ des nam si genuoc.
7192 swcus da mere solde sin, vü lützel des da gebrast.
l^f • 6083 ein burc den Hüten wol ze maze, die herbergen solden.
154 V. MONBTBBBERO
Sollen komt in diesen fällen der bedeutung von nötig haben,
bedürfen nahe. Dieses ist nun einmal mit soln verbunden.
Iw. 7937 done was niht versteigen, des er bedürfen scide.
Hän sdde oder bedorfle allein würden genügen.
Im perf. conj.
E. 3457 so Jksten dar an harte vtl ze ttwne vier knehte, solden-st ze
rehte aht ros vüeren unde bewam,
6810 solt ich daz langer Itden, dar unibe müeste ich doch min
leben als schiere hän gegeben.
9452 so muoste ich ez behalten und solde ich hinne alten.
6. 3048 solden si inier vinden in, daz man in danne müeste saochen
in der wüeste.
a.H. 245 daz in des aller meist verdroz, ob er langer solde lehen (s. u.).
441 mit der genist ich solle geneseti, daz miieste ein solh sache
wesen,
Iw. 6637 sold ich joch einen bestän, da mikze ich angest zuo hän.
Mit dem inf. perf.
E. 2465 swer im gewartet solde hän, der endorfte d* ougen ruowen lan.
c. Der zwang usw. liegt in der absieht einer andern person, die
ausgedrückt sein kann in einer aufforderung , einem wünsche,
einer vorhergegangenen abuiachung usw. oder bisweilen nur stil-
schweigend als bei einem andern vorhanden vorausgesezt wird.
Das subject ist eine person.
E. 621 der tac, daz si solden rUen.
952 als er solde erslagen sin, •
1503 so wisten die krähte der zit, wenne er solde komen.
2119 der tac, daz tlrec solde nemen vrowen tlniten.
2640 als er erkuolt solde sin.
4031 er gedahte, wenn er zer vrowen solde komen.
4069 une lange sol ich dich vrägen? 7925. 8741. 8797. 9375.
9441. 10003.
G. 209 hie verstuont si sich mite, daz ez ein emest solde sin.
340 der uns da raten sol 1590. 2062. 2903. 3482.
a.H. 1482 als ie die Hute täten, da si da soUen raten.
Iw. 2526 sU ez niemen reden sol.
4241 an den ich it^h rechen sol.
4743 ich sol komen an eine stat, dar mich ein vrouwe komen bat
5090 der er da komen solde ze helfe.
5135 mä ten ich da striten sol 6198. 6649. 7374 (vgl. s. 52
E. 4521. 4472). 7911. 7917. 8034. 8053.
INFLVITIV NACH WELLEN USW. 155
Mit dem inf. perf.
Iw. 6350 und soUe mit in Mn gestriten.
Im perf. conj.
E. 19 jSrec sine vrowen vrägen began, ob erz ervarn solde.
Das subject ist eine sache.
E. 582 sU daz der strit sol toesen vrtio, 2239. 2351.
Iw. 6824 er sol in sitne hove geschehn.
6977 sU daz der kämpf wesen sol.
Algemein man kann von mir nicht erwarten, fordern
bedeutet ich sol in Sätzen negativen sinnes mit daz und iu der unwil-
ligen frage.
E. 8035 weder ist er berc od berges gnoz, daz man in also vürh-
ten sol.
6. 1140 dinen vriunden zimet daz niht wol, daz ich daz laster dul-
ten sol.
Iw. 8080 sol ich dem vürdermcäe lebn , der — -
Die absieht des verfertigers ist es.
E. 2024 daz daz gesmide solde sin.
7685 daz ez borten solden sin, dazn wurde iu schin ode —
7713 daz die vasen solden sin.
8914 daz der knoph wesen solde.
Ein specieller fall hiervon ist es auch, wenn das bestimmende
der wille des Schicksals ist.
Das subject ist eine person.*
E. 3031 daz ich minem Itbe so manegen vluoch vernenien sol.
7279 daz doch nie dehein man dehein schcenerz gewan noch solde
beschauwen. 7773. 8167. 8347. 9693.
G. 2729 Ouwe deich diz an sehen sol.
3106 mir ist harte wol geschehen, sit ich hie solde sehen also
guote Hute.
3801 und ist, daz ich genesen sol.
a. H. 493 daz wir den suln Verliesen.
621 die wUe daz er leben sol. 1108. 1135. 1224. 1237.
Iw. 1893 daz ich iemer keinen ta^ nach mime herren leben sol.
3393 dctz eim also vrumen man diu swadieit solle geschehn. 3677.
3978. 6975. 7313.
Im perf. conj. eines bedingenden satzes. Soln behauptet hier
seine bedeutung, weil im hauptsatze verben stehn, die dem im inf
amnähnlich sind.
Iw. 1294 solden si in immer vinden, daz heten si ouch do getan.
156 V. M0N8TKRBEBQ
Iw. 5408 seitens da von sin behuot, si wären werhaft genuoc.
Vgl. wellen s. 22 nr. 2.
Auch a.H. 245 s. 154 könte man bierberziehen. Die bedeutun
aber verbliebe soln aus den s. 153 angefubrten gründen, was mit wei
len s. 22 nr. 1 zu vergleichen ist.
Das subject ist eine sache.
E. 4801 nwie mac doch daz nieman bewam, daz im geschehen sol.
8096 ob du mohtest wizzcn wol, waz dir hie geschehen sol. 809
8160.
Iw. 2561 dö in got so gerte, daz erm solle gelten.
3985 daz mir daz solle geschehn, 4987. 6567. 6617. 8101.
Auch soln kann schliesslich, wie weUen s. 10 von einer blossesz
behauptung oder rnitteilung gebraucht werden, wodurch der inf. nacIS
ihm dem appositiven gebrauch sehr nahe rückt.
a.H. 337 swaz kinden liep sol sin.
934 da soUent ir genesen mite.
Iw. 4824 der da komen solde.
4829 wä ist, der da komen sol?
Mit dem inf. perf.
E. 1753 ir wizzety daz er solde sin reht hän genomen.
Im conj.
E. 9636 der des hete ddieinen wän, daz der ritter Mäbonagrin solde
überwunden sin,
n. FMle, in denen es unentschieden sein muss, ob soln blos
umschreibende fiinction liat.
Bei soln in seiner umschreibenden function kommen wider wie
bei wellen beide in dem moment der Vorstellung liegende begriffe, sowol
der modale als der temporale, zur entwicklung. Dies geschieht aber
zunächst noch im engen anscbluss an die specielle bedeutung von soln
und erst im weiteren verlaufe bleibt nur das wol allen verben mit ver-
schobenem praeteritum und wellen gemeinsame moment der vorstellang
als alleinige erklärende Ursache der futur- und conjunctivbedeutung
übrig, und erst von da ab ist ein unterschied zwischen dieser und
Umschreibungen mit andern ähnlichen verben nicht mehr aufzufinden.
Natürlich lässt sich auch der inf. im ersteren falle noch nicht als blos
appositiv betrachten. Unmittelbar aus der speciellen bedeutung von
sein entwickelt sich nun aber sowol die Verwendung, welche als eine
umschreibmig des Imperativs als auch die, welche als eine solche des
futurum betrachtet werden kann.
nnmnTiv nach wblLbn usw. 157
1. Die erwähnung einer Verpflichtung oder einer gelegenheit
nsw. der angeredeten person pflegt die aufforderong in sich zu schlies-
sen, derselben nachzukommen resp. sie zu benutzen. Soln dient
daher zur widergabe des imperativs
der 2. person in allen fällen, wenn nicht ausdrücklich der Zusam-
menhang (z. b. a. H. 658 s. 150) oder die irreale form des perf.
conj. die erfüllung der Verpflichtung negiert (z. b. E. 78 s. 150.
0. 2681 8. 151),
der 3. person in gleichem falle,
der 1. pl., insofern sie gleich der 1. + 2. ist. So dass sie gleich
der 1. + 3. ist, findet sie sich bei Hartmann nicht
Parallel mit I, 1, a (s. 148).
2.sg. E. 5816 des soltü mich geniezen län,
9945 du solt von schtdden immer sin gepriset unde geeret.
2.pl. E. 1028 des suU tr ze huoze stän. Iw. 721.
3413 tr Sfdt mich des geniezen län. 4133. 4552.
3.pl. Iw. 1177 des sol man tuch geniezen län,
I pl. E. 1286 nü stdn wir in ze lone emphähen vü schone.
Mit I, 1, b (s. 149).
2. sg. Q. 83 die dinen solt du eren, die vremeden zuo dir kSren,
uns usw.
a.H. 656 dune (soU uns sus niht swceren). Nach F. Pfeiffers
ergänzung.
Mit I, 1, c (s. 150).
2. pL Iw. 205 im sült iwer gewonhdt durch nieman zehrechen.
7686 so stdt ir iuwcr reht iewam.
Mit I, 1, d (s. 150).
2. pL E. 532 herre, dtsen spot stdt ir^läzen durch got.
3622 ir suU si schone emphähen.
7666 ir sult mir des tool gunnen.
7924 des suU ir mir tool gunnen.
Das subject ist eine sache.
3. 8g. E. 698 der sol er biUichen sin.
Mit I, 2, a, a (s. 151).
2. pL E. 658 ouch sult ir des gewis sin^ daz iuwer ellenthafter muot
iu gevüeget allez guot.
1530 dirre Meider sult tr wandet hän.
Iw. 2148 ouch suU ir ein dinc niuwet län.
1. pL E. 1289 unr suln von rehte einem man, der ez so wd gedienen
ian, aller eren gunnen.
158 V. M0NSTERBER6
Mit I, 2, a, /9 (s. 151).
2. pl. E. 3640 ir sutt ze disen eiten ze gemcuihe uns Icusen rUen. 4675.
4700.
3. sg. E. 4975 er sei mich ze dirre vris^ mit hülden läzen tHen.
6030 des sol man bilde kiesen an mir vU gotes armen.
Q. 3793 da ensol niemer an dehein sündiger man genemen las-
sez bilde.
3812 da sol der sündige man ein scdic bilde nemen an.
Mit I, 2. a, y,. bb, aa (s. 162).
2. sg. a. H. 669 wütü uns wesen guot, so soÜü rede und den muot Mn.
I, 2, a, /, bb, /?/? (s. 152). Soln steht im hauptsatze eines
temporalsatzes mit causaler bedeutang.
2. pl. Iw. 6840 Sit ich hie gesiget hän, so suU ir iwer gevangen län kdee.
3. sg. 4220 Sit diu selbe schulde niemens ist wan min^ der schade
sol ouch min eines sin.
1. pl. E. 1365 Sit ir mit mir niht wellet sin^ so suUn wir bi tu besienf
mit iu ze herbergen gen.
Q. 961 sU ^ des gotes hüses sint, so sule wir inz niht versag.
Soln steht im hauptsatze zu einem relativsatze mit causaler
bedeutung.
2. pl. Iw. 8047 als ich im geheizen hän, so suU ir Icesen den eit.
Mit I, 2, a, y, cc (s. 152).
aa. Der eine ist mit einer coordinierenden causalconjunction angefägU^
2. pl. E. 3333 ir herren, die sult ir mir län: wand ichs von erst^
ersehen hän,
4359 ir sult ez durch got tuon und mich mit gemache län:'^
wand ich enhabe in nüit getan.
1. pl. E. 10073 tüir sfdn im sin wol gunnen: wand er hat es wol begannen.
ßß. Beide sätze stehn asyndetisch neben einander, aber entweder ist
der mit soln die logische folge des andern oder dieser die logische
begründung des mit soln.
2. pl. E. 3632 herre, des sult ir uns erlän, uns hat der lange wec
getan unhovebcere. 576. 4679. 7006. 7524.
1. pl. E. 343 wir sulns die juncvrowen erlän: ich wcen siz seilen habe
getan.
Iw. 1586 doch enhäl si hie niht missetän: wir sulen st genesen län.
Mit I, 2, a, rf (s. 153).
2. pl. 6. 1233 nü sult ir mir gebieten.
Iw. 2802 ir sult mit uns von hinnen varn.
1. pl. 2803 wir suln turnieren als e.
INWNITIV NACH WfiLLfiN ÜÖW. 159
Mit I, 2, c (s. 154).
2.pl. E. 3204 ivag wir under uns gelobet härij und suU mir die
wcd län.
2. Gesteht der redende selbst eine Verpflichtung usw. ein, so
Gegt darin ansgesproehen ^ dass er ihr nachkommen will. Soln bezeich-
net daher in der 1. person sing, und in der 1. person plur. dann, wenn
sie gleich der 1. + 3. ist, das futurum. Ebenso wenn die 1. person
plur. fBr die 1. sing, steht (E. 6550) und in der 2. und 3. in dem falle,
dass die erf&llung nicht von dieser, sondern von der redenden abhängt
(E.3252. 3559). Diesem ursprünglichen sinne gemäss hat diese Um-
schreibung des futurum oft noch eine besonders nachdrucksvolle bedeu-
tnng, oft liegt noch vorsatz oder bereitwilligkeit und Versicherung
(lersprechen oder drohung) in ihr.
Parallel mit I, 1, a (s. 148).
E. 1221 des sol ich tu ze buoze stän.
1346 so daz ich ez dienen sol.
3559 hnäbe, ir suU von rehte ettelichen Ion emphän.
Mit I, 1, b (s. 149).
£.2018 als ich iu sagen sol 7122. 0. 2126.
Dass selbst dieser so farblos aussehende ausdruck nicht schlecht-
hin fainrum ist, zeigt E. 7826 (s. 150). Zu gründe liegt die pflicht des
an sein original gebundenen autors.
Iw. 5111 den ernst sol ich im niuwen.
Mit 1 , 1 , d (s. 150).
£. 1355 ich sol mit im vil gerne sin,
a.H. 829 ouch sol ich mine triuwe an mir selber niht brechen.
Iw. 6246 iu sol hie iuwer reht geschehn,
6250 man sol iuch e bereiten maneger uneren,
6252 man sol iuch e leren dise hovezuht baz.
Hier steht einige mal die 3. person. Indess redet der pförtner
von allem, was die bürg bewohnt, sich selbst einschliessend.
Mit I, 2, a, a (s. 151).
E. 6550 ir gebmrde ensuln wir niht verdagen.
Mit I, 2, a, /S (s. 151).
E. 3252 des stUt ir laster liden.
Mit I, 2, a, y, bb, ßß (s. 152).
Iw. 485 swer mir niene tuot, der sol ouch mich ze vriunde hän.
I, 2, a, /y bb, /y (s. 152). Soln steht im hauptsatze eines
temporalsatzes mit causalem sinne.
EL 265 wand ich in eime winket sol bdiben, sit ich niht wesen baz
enmac.
160 V. MONSTERBEBÖ
Mit I, 2, a, y, cc (s. 152).
£. 5631 herre, in iwer gewaU suln unr uns vür eigen geben: von in
so haben wir daz leben. Iw. 1201. 4223.
Mit I, 2, a, d (s. 153).
E. 129 so sol ichz versuochen. 3374 (vgl. 3366). 9457.
Q. 3738 wand ich iu vreude künden sol, Iw. 3191.
Iw. 4338 wir stden beidiu genesn.
Unpersönlich.
E. 7272 des sol doch werden rät. 8977.
Mit I, 2, c (s. 154).
E. 4535 nAn geburt ich iu nennen soL
Iw. 7917 nach dem ich da rUen sol.
Der Wille des Schicksals liegt zu grande.
G. 1149 und ist, daz ich nü leben sol.
2527 niht verzu^felt ane gote: ir sutt vil harte wol genesen^
2568 unr sülnz noch bringen dar zuo.
Iw. 1952 nü bin ich ie mit iu gewesn und sol ouch noch mit iu
genesn (Lachmann schreibt muoZj Handschr. A sal, c unl).
Der wille der redenden person ist es^ oder doch ihre Überzeu-
gung oder hofnung.
E. 3177 ez ensol min geselle daz leben so niht enden. 4194. 6265.
Iw. 4340 wan ichz ourch bewceren sol. 6833.
Das subject ist eine sache.
E. 365 beide tip unde guot unde willeclicher muot sol iu dar euo
sin bereit
3276 herre min, daa sd wesen.
4927 daz sol iuch unverswigen sin.
5014 daz sol mit guotem willen sin. 692. 6048. 9038. 9062. 9328.
Iw. 57 da uns noch mit ir mcere so rehte wol wesen sol.
919 entriuwen, ez sol anders vam 729. 4230. 4238. 4246.
4337. 4979.
III. Soln mit dem appositiren inflntttr.
Fallen die aus der ursprünglichen bedeutung von sdn sich erge-
benden gesichtspunkte ganz aus, so umschreibt soln nur eine tempus-
oder modusform des im inf. folgenden verbum.
1. Soln umschreibt das futurum.
a. Das periphrastische.
E. 436 des diu hochzU solde sin.
2541 als sis beginnen solden.
tNFnanv nach wixlen usw. iCl
E. 6903 als er justieren solde.
8642 alsam ein ritter der sol vam kemphen, 3209. 5732. 8851.
9630.
6. 682 do si ee kirchen solde gän.
a. EL 1169 in des namen ee geschehen sol.
Iw. 2766 die da riten seiden.
Im conj.
6. 3228 als er ze tanze solde gän.
a. H. 968 so manz danne enden solte.
1152 cUs ich ze tanze siUe gän.
b. Das erste.
Das subject ist eine person.
E. 4067 entriuwen, daz ich daz sol.
4137 ich sol ez immer tool iewarn.
5369 iffande ich henamen sd bi im heliben tot oder ich hilfe im.
5007. G. 2282.
a. H. 823 ich sol von minen schulden üz iuwern hulden niemcr kamen,
unl ez got.
Iw. 914 mir sol des strites mrkomen min her Gäwein.
924 wan ich sol des endes vam und niemen sagen.
1170 so ensol ich doch den lip niht Verliesen cds ein tmj).
5004 wand ich daz schiere schaffen sol.
6321 unser lehn und unser burt diu suln unr iu vü gerne sagen,
7601.
7971 daz ir aber min herre werden sult in kurzer vrist, 3176. 4228.
Das subject ist eine sache.
E. 7338 daz sol iu werden gezalt
8791 da sol iuwer hoübet Affe stän.
Iw. 4173 (ds ich des beitende bin, daz sich min lip sol enden.
4602 ouch ensol mir niuwet wesen gäch,
c. Das zweite, indem es sich mit dem inf. der Vergangenheit verbindet.
Iw. 4650 ich sol sim schiere hän benomen.
Es steht hier ganz wie das perfectum, wenn es, namentlich mit
schiere, entsprechend der Vertretung des ersten futurum durch das prae-
sens das zweite vertritt: vgl. Iw. 4988 daz hat man schiere gesehn.
5016; ohne schiere 1491. Das praes. des inf. bei soln steht dagegen
trotat schiere Iw. 5004 (s. 161), vgl. 513, bei müezen E. 3801. 4352.
Iw. 4223 (8. 160). 7789. Vgl. K. Weinholds germ. Abb. heft 5 s. 162.
r. muTSOHB FHiLOLOois. BD. xvm. 11
1G2 V. 1I0K8TERBBB0
2. Solu umschreibt einen modus.
a. Den imperativ.
Von wirklicher Umschreibung des imperativs kann erst die rede
sein, wenn die in soln liegende forderung lediglich in dem willen des
redenden beruht.
2. person.
E. 79 iuwem herm sult ir mir nennen.
544 durch got ir sult erbeten sfin.
550 doch sult ir mir geloüben wol.
563 daz sult ir üz dem muote län,
1083 in ir gwalt sult ir iuch geben und lebt,
3201 nü sult ir herren sin gemant,
9609 nü sult ir üf stän unde gän blasen. 130. 1021. 3572. 3589.
4570. 4808. 4981. 6265. 6966.
G. 399 die iuwers landes walten, sult ir ze hove gd)ieten.
401 ir sult iuch wider ^l enbarn. (2398 hat Paul mit handschr.
G£ und Bartsch mugetj Lachmann und Bech mit A suU
s. 50). 2414. 2537. 2539.
a. H. 611 nune sult ir mirz niht leiden.
785 dem sult ir mich geben.
1290 ir sult die maget läzen leben.
Iw. 768 der unzuht sult ir mich verhunnen.
830 so volget mir. slaft ein liitzd dernäch, troume tu dan iht
swäre, so sult irs iu zwäre nemen eine mäee. ode vari und
gebt mir niht — und cnzelnt mir niht.
2521 ir sult die rede län. 8006. 4322. 4547.
4256 ir sult iedoch geuns hän, ichn läze iuch niht vgl. E. 658 s.157.
5120 herre, zuo dem ritent ir unde grüezent in von mir und vüe-
rent mit iu iweriu kint und daz ir swester mit in vor und
vüert ouch daz getwerc tar und ^M im des gnade sagen.
5288 den sult ir höher heizen gän.
6266 vriunty du sölt mich wizzen län.
7863 du solt die rede län.
3. person.
E. 641 des sol niht geschehen.
3075 man sol in baz riemen.
9602 nü sulen si ir aber phlegeh. 1278. 3836. 6107. 7916.
Q. 1556 ditz sol der rede ein ende wesen. 2566. 3793. 381S (a. 168).
Iw. 220 min vrouwe sol mich des gewem^ datf — 2S8. 690. 994SL
3194. 4346. 5302. 7554.
Infinitiv nach wrllbn Usw. 163
1. person plur.
R 4581 wir suien riten.
E. 9919 toir suln gen schouiven unser niuwekonien vromven und
troßstens nach ir leide.
a. H. 1287 wir süln st wider üf län.
Iw. 3685 den schaden suln wir verdagen, des vrumen gote gnäde sagen.
Durch diese Umschreibung des imperativs wird auch eine irreale
ausdrucksweise desselben möglich, indem der conj. perf. steht; wenn
bezeichnet werden soll, dass eine aufforderung oder bestimmung blos
unter einer gewissen, nicht wirklichen bedingung gelten würde.
E. 503 so soldet ir mich lazen riten.
3410 möJU man dehein ere an iu wiben begän, ezn solde nilit so
ringe sian —
3735 enwaere ez iu niht leit, so soldet ir mich wiesen län.
Mit dem Inf. perf. ganz ebenso von der Vergangenheit.
E. 1050 ez solte der magt niht haben getan.
1082 ir soldet nü geriten sin.
Iw. 4516 ir soldet dar $in geriten.
Wechsel mit dem imper. ist häufig. Vgl. E. 1083 s. 162. G. 83
s. 157 : wis getriu, wis stcetej uns milte^ uns diemüete, wis vrevele, ms
diner euht wol behuot, die dinen solt du eren, uns den unsen gerne M,
vliuch den tumben. minne got, rihte wol. Iw. 830, 5120 s. 162.
Ferner ist zu vergleichen E. 3201 s. 162 mit E. 5821 so uns gemant oder
mit G. 74 sun, nü wis gemant; Iw. 5288 s. 162 mit Iw. 8045 vrouwe,
heigt in üf stän; a.H. 669 s. 158 mit E. 3263 weit ir nüy dag ez mich
riuwe, so vergebet mirz; E. 9609 s. 162 mit Iw. 8132 stet üfy sprach
der herre; Iw. 2521 s. 162. 8006 ib. mit Iw. 2162 vrouwe min, die
rede lat; Iw. 4256 s. 162 mit E. 5226 daz unzzet wcerltche.
Durch die Umschreibung wird femer die beibehaltung des Impe-
rativs in abhängigen Sätzen möglich.
E. 3239 /a verbot ich iu an den lip, daz ir iht soldet sprechen. 4009.
4631-
G. 569 dannoch schreip si me, daz man ez toufen solde und ziehen
mit dem golde. 871.
Iw. 5677 doch gelobet ez her Gäwein so, daz si ez niemen solle sagen.
6691. 6535.
Im relativsatze.
£. 6318 und hiez im lieht gewinnen , diu ob im solden brinnen.
O. 3018 swaz gröze hraß haben sol.
Wie amdi in andern sprachen der imperativ nicht sowol eine
', ab Tielmehr ein Zugeständnis enthält und dann conces-
11*
1G4 ^ V. M0N8T£]iB£B(}
siven sinn hat , »o auch einmal der mit suln gebildete (vgl mugen s. 46).
Iw. 122 ouch solz min vrouwe da vür hän.
Schliesslich tritt sohl auch statt des im optativischen sinne
gebrauchten Imperativs ein.
E. 656 got sol iu gelücke geben.
G. 94 got, dem ich erbarmen sol.
a.H. 924 als ez dir got vergelten sol. 953.
Iw. 1814 got sol mir den senden. 4960. 5641. 6149. 8068.
In den irrealen conjunctiv gesezt.
E. 4426 owe, sdde ich ez vür iuch sin!
Iw. 1660 ouwi wan solde si nü pflegn gebcerde nach ir güete!
3512 sold ich dan nimme släfen!
Der imper. oder conj. steht in gleichen fäUen E. 8812. 9668
geret sl dm lip! 9672 wird gevreut unde gepriset! 8890 nu hewar
et in diu gotes kraft! 9748 des ere got trecken! 132 der himelkei-
scr bewar, vrouwe, iuwer ere! 3595 got vergelte tu! 3596 itoer ere si
von im behuot! G. 95 got geruoche iuwer beider pflegen! 2692 so
helf dir got! a. H. 1121 got löne iUj lieber herre! Iw. 5233 dcus ver-
gelt iu got! 6752 got velle si beide. 6798 des si got iemer geret.
Iw. 5531 wie E. 8813 vgl. unter miXezen.
b. Den conjunctiv.
a. Wenn dieser den conjunctiv des futurum vertritt. Es ist nur
der fall 1 in den conjunctiv gesezt. Wie dort (s. 161) kann bei
soln hier der inf. perf stehn, wenn es sich um die Vorstellung
der vollendeten handlung handelt.
E. 599 ich behielt ez nach dem wäne, daz ichz im lihen solde.
1057 duz hdte der guote niht in sinem muote, daz er also tuan solde.
2229 des antwurt Gäwein zehant, die solden ouch si vinden da.
2840. 3727
G. 558 wan si hole den gedingen, daz ez got solde bringen —
a.H. 361 wa7i si vorMen^ daz sin tot si sere solte letzen und daz
herters muofes würde ein ander herre.
Iw. 6673 wand ez im üf den wan geschach, daz ez in da soUe bestän.
Mit dem inf. perf
E. 293 wand er vorhte die gewonhdtj er soU in üz getrxben han.
403 G wand er des vorhte und häte wan, er solde sich versümet hdn,
Soln steht also hier in Sätzen gerade wie der finale inf. nach
Verben mit finalem sinn. Vgl. K. Weitiholds genn. Abh. hefl 5 8. 3S ^g.
ß. In finalen conjunctional- und relativsfttzen , oiÜBiibnr •^i^MMi
noch mit dem futuren chaiakter des ?erbi
INFINITIV NACH WELLEN DSW. 1()5
E. 2137 da was aUes des diu kraft, des Hute und ors solden leben.
6124 den hete got dar zuo erJeorn, daz er si solde bewani. 7418.
8110.
G. 27 er besande die besten, den er getrüwen solde stniu kint,
545 ouch wurden zuo im dar in geleit zweinzic marc^ da mite
man ez solde ziehen,
926 und gab dem armen dö zwo marke, da mite erz ziehen solde;
dem andern eine marke ^ daz er ez hcele starke. 1277.
Iw. 3159 unz si iu gap ir Up unde ir lant, daz ir daz sollet bewarn.
3464 und zoch ein pfert an der hant^ daz er riten solde.
Wechsel mit einfachem coDJunctiv findet sich 6. 926. a. H. 361.
Zu vergleichen ist auch E. 7207. 3044.
Ich halte die formen von soln in a und ß für conjunctivische,
hervorgerufen durch die subjective abhängigkeit. Die Wortbedeutung
von sdn aber äussert sich noch in dem futuren sinne aller dieser föUe
und erscheint nur darum ganz ausgefallen, weil in andern solchen fal-
len finalen Charakters die zukunft nie bezeichnet zu werden pflegt. Ver-
möge des wellen wie allen verben mit verschobenem praeteritum eige-
nen momentes einer blossen Vorstellung kann aber (vgl. s. 156) soln
auch im indicativ an dem mit ihm verbundenen begriff einer tätigkeit
dasselbe bezeichnen, was sonst an ihm der conj. ausdrückt. Dies
geschieht wie bei wellen (s. 22) in bedingenden Sätzen. Wenn die
eben behandelten fälle a und ß den s. 21 unter B, a, a von wellen
parallel stehn, so sind die folgenden mit den unter B , b zu vergleichen.
Mit den s. 21 unter ß aufgeführten dagegen, wo wellen den conjunctiv
in bedingten Sätzen umschreibt, lässt sich nur
E. 3888 swer bezzer mich da vone lassen wolde^ gern ichms volgen
solde: dar zuo vergulte ez im got.
9579 den solle ich mit iu hän bestat und iuwer houbet druf gesät
mit zu ergänzendem Vordersätze, vielleicht auch E. 3410 s. 163 ver-
gleichen. Ferner geschieht es in vorgestelten Vergleichssätzen , in dubi-
tativen oder potentialen fragen und einige male in algemeinen relativ-
sätzen.
y. Im Vordersätze einer conditionalen periode.
1. Soln steht im indicativ des praesens.
Mit dem Infinitiv des praesens gleichbedeutend mit dem conjuntiv
des praesens vom einfachen verbum.
E. 1367 fMd suln unr leben hcAbez jär, ich mache in rtche.
S9S7 wind mikt mich, stdt ir dulden schaden, 4766. 9793.
t er m^ binde tuon we, man dultct ez unlange vrist. 1554.
166 V, MONSTERS ERG
Iw. 2806 mir taot anders ietner toe, daz ich iuwer Jcünde hon, $61
iuwer riterschaft zergän, 2881. 6150. 6698. 7401.
bb. Mit dem infinitiv des perfecta gleichbedeutend dem conjunctiv des
perfecta vom einfachen verbum.
E. 5077 sol ich iuch beswaret hän, daz ist doch durch guot getan,
6842 welch ein schade muoz ergän und sei den lip verloren hdn
der beste ritter,
2. Soln steht im conjunctiv des praesens. Es ist eine cumulation der
die Vorstellung bezeichnenden momente.
Iw. 7462 swa ez mich niht süle krenken, da geschehe iu aUez des
ir gefi,
3. Soln steht im conjunctiv des perfects.
aa. Der fall 1 (s. 165) in den conjunctiv der indirecten rede gesezt.
E. 2224 nü sprächen daz genuoge, ez wcere äne vuoge, ob ein also
guot man solde scheiden von dan. 2772.
a.H. 855 ja horte ich dich sprechen e, ez taste dime herzen f/oe^ sottest
du ob mime grabe stän.
Iw. 6530 und reiten, wie ^ beidiu weiten, ob si leben soUen, guoter
vreude walten. 7374.
bb. Nur um die momente, welche die handlung als Vorstellung
bezeichnen, zu häufen.
aa. Mit dem in f. praes. gleich dem conjunctiv des perfects vom
einfachen verbum.
E. 1341 wie täte ich danne so, solt ich minefi wirt lan?
1351 solt ich nü von im wenken, so möht er wol gedenken, — '
1448. 4161. 7985. 7989.
«
6. 25 a und wcere aber er geborn von Adame und soU mit im sin
sele wercfi unz an den jungesten tac , so hcete er niht ze vü
gegeben.
a.H, 708 (? andre lesart unde umrde ich alt).
Iw. 512 swer ouch anders under in solde sin als ich bin^ der wtere
schiere verlorn, (vgl. s. 161).
1022 daz got mit eren möhte sehn^ solt ein kämpf vor im geschehn.
1142. 6606. 6698.
ßß. Mit dem infinitiv des perfects in der bedeutung eines conjunctivs
des plusquamperfects.
E. 874 einer ellenlanger wunden mohter vil wol sin bekamen, der
daz phantreht solle hän genomen,
5726 solt er iht vHrbaz sin geriten, so müeste er bdiben sin.
INFINITIV NACH WELLEN USW. 167
Wechsel mit dem organischen conjuuctiv findet sich E. 3888.
6.25 a.
In welchen fällen soln im bedingenden satze seine bedeutung
bewahrt vgl. s. 1 53 fgg. a. H. 855 wird man vielleicht besser eine nöti-
gnng durch die Verhältnisse noch annehmen.
3. In vorgestelten Vergleichssätzen.
Es finden sich aber nur fälle, in welchen die schon berührte
cumulation durch den conjunctiv eingetreten ist, und zwar dreimal im
iwein, einmal im Gr§g6rjus.
Im praes. conj.
Iw. 2230 e des niht ensüle geschehn , ich läse mir e nenien den lip,
7319 ich hin noch haz ein armwip, danne ir detceder den lip
sül Verliesen.
Im perf. conj.
G. 3218 eifieti harte schcenen man von zierlichem geraete, daz niemen
deheine (wät) bezzer hohen solde, den envundens niender da.
Iw. 3171 si ist iu ze edd und ze rieh, daz ir si kebsen soldet.
€. In dubitativen oder potentialen fragen.
Im praes. ind.
£• 3156 waz sol mir armen geschehen?
7206 wer sol nü sin arzet sin? 7264. 8576.
ö. 1611 wie sol ich gotes hulde gewinnen nach der missetät?
^H. 1801 wie sol ez mir nü ergän? Iw. 5973.
'^- 215 war unibe solt ir michs erlän?
Im conj. zur bezeichnung der irrealität.
E. 4071 war umbe solle ichs iu versagen? 4172. 6053. 7162. 7829.
G. 3797 wie soldest du verwäzen wesen?
^H. 684 wem soUe ich der genäden jehen?
Iw. 2276 wer solt iu des gnade sagen?
Von einem ausdrucke des nichtwissens abhängig.
Im praes. ind.
E. 4827 und enweiz niht, wiech iuch nennen sol.
5938 nunc wetz ich, war ich armiu sol.
Iw. 1944 ichn wetz, waz ich dir tuon sol. 2223.
Im perf. conj.
^•3146 do si in solhem zwivd reit^ ob si imz torste gesagen oder
solde gedagen.
7682 e ir westent, wes ir soldent jehen. 9649.
168 y. M0N3TERBBB0
a.H. 1196 er enwoUe in niht sehen län, wie ir ende sdUe ergän.
Iw. 3847 kern Iwein tele der zmvel we, toederm er helfen scide.
(HeiSöt niht mzzcn wirklich in unkentnis über einen Vor-
gang sein, so gehören von ihm abhängige conjunctive des einfachen
verbum nicht hierher. G. 648 si enweste niht, wiez dem ergS). Wech-
sel aber mit dem einfachen conjanctiv sehen wir E. 3146. Dieser steht
in demselben falle Iw. 2837 min wip, diene weiz ich war ich tuo. 4221
ichn weiz, wem ich si mere gebe, 4231 ichn wetz, waz ich nü mere
tuo. 5822 ichn weiz, wie ichn tu nenne, 7793 sone weiz id^^ wiech
ir minne temer gewinne.
C In algemeinen relativsätzen schliesslich, gleichfals blos wegen des
momentes der Vorstellung, bei weitem seltener als mugen (vgl. s. 45)
und nur in dem gehäuften conjunctiv.
E. 7530 von dem besten golde, daz ie werden solde,
7583 so er beste wesen solde.
Geschützt in seiner bedeutung wird auch soln durch den gegeo-
satz zu andern verben mit verschobenem praeteritum. Es ist verbun-
den mit müezen E. 8740. 8976. G. 1234. Iw. 6248.
mit mugen vgl. s. 53 , mit wellen vgl. s. 27.
Zu entlehnen ist der Infinitiv
I. innerhalb der nämlichen periode.
1. im relativsatze aus dem vorangehnden hauptsatze, namen'kF-
lieh mit so angeschlossen (vgl. R Steig s. 320).
E. 16. 178 (ein passiver). 248. 733. 1520. 1590. 1994. 2293. 291 'S.
3069. 3908. 4155. 4336. 5072 (ein passiver). 5935. 621- ■^'
7941. 8120. 8408. 8607. 8653. 9396. G. 128. 382. 70 ^•
956. 1262. 1590. 1784. 2239. a. H. 1349. Iw. 164. lOC^ 3-
1214. 2516. 2796. 4766. 5346. 6476. 7761.
Eingeschoben ist der relativsatz E. 1443. 1552 (ein passiver?).
2. im algemeinen relativsatze G. 1079. Iw. 8053.
II. aus einem andern Satzgefüge, negiert.
E. 9038 in der antWort. Iw. 5096.
Oft steht dann bei soln die construction , welche eigentlich d
inf. zukomt: E. 178. 733. 1520. 2912. 3908. 6214. 8408. 86
G. 382. 1262. Iw. 1003. 4766. 6476. 8053.
Vom einfachen verbum aufgenommen ist soln E. 5369 s. 161
Über ellipse u. a. vgl. K. Weinholds germ. Abb. hofl 5 s. 9ö
m
7.
IKPINITIV NACH WELLEN Ü8W. 169
4. Müezen.
Müejsen hat stets den inf. bei sich, aber da es die bedeutung
einer notwendigkeit nicht von anfang an hat, so ist sein Verhältnis zu
ihm ursprunglich nicht dasselbe wie das der schon behandelten verben
mit verschobenem praeteritum und das von wellen. Noch bei Hart-
mann sind zahlreiche spuren der in dem verwanten gotischen gamotjan,
gleich begegnen, widerzufindenden alten bedeutung, nämlich der von
sich treffen, ereignen, statfinden, der fall sein. In diesem
falle hat müezen den consecutiven inf. als ein verbum des geschehens
nach sich , vgl. K. Weinholds germ. Abb. heft 5 s. 78.
1. Müezen in der bedeutung eines yerbum des gesehehens.
Es finden sich weniger Verwendungen dieser eigentlichen bedeu-
tung, als begrifliche, durch abstraction entstandene Weiterbildungen,
die dadurch zu blossen Umschreibungen des dann nur appositiven inf.
herabsinken.
I. Mit dem eonseeutiyen inflnitiy.
1. MiMZ bedeutet es trift sich, dass ich oder mir wird zu
teil, nur im firec und GrSgörjus. Zu vergleichen ist aus
unserer kindersprache: ich muss eine reiche dame sein und du
musst mich besuchen kommen u. ä.
E. 1390 da muoste er geste äne zal schouwen.
4016 als ein manj der gemnnen mtioz,
ö. 2369 wände er muose schouwen an siner lieben vrauwen ein swcere
ougenweide,
2. Ich muoz bedeutet es ist über mich verhängt, mir ist
beschieden oder vergönt, vgl. sbln s. 155.
E. 4778 ich wil ez gote klagen, daz ich min lasier muoz sagen.
5875 sU ich dich muoz Verliesen.
ö- 3702 er was des herzenlichen vro, daz im diu scelde geschach,
daz er si vor ir ende sach und daz er si alten muose behal-
ten und rät geben. •
^^- 1314 si muose toten sehn ein den liebesten man.
3986 daz mir daz solte geschehn, daz ich muoz an sehn schaden
unde schände!
Mit dem inf. perf.
**• 6413 sit daz mir min geseUe also muoz sin verlorn!
*^" X302 muoz ich alsus verlorn hän die riehen himelkrone?
G. 3702 ist muoze für behalten das , was für sach geschach ist.
170 V. MOMSTEBBERG
3. Ich muoz bedeutet ich habe es so an mir, in meiner ar
Das subject ist eine person.
E. 5991 ich miu)Z et unscelic sin,
7651 die des viures müezen leben.
Iw. 140 daz ist din Site, daz du den iemer hazzen mucst^
wo die bedeutung von müezen schon als zu schwach galt und dur-
einen synonymen regierenden ausdruck verstärkt, zugleich aber eb
dadurch auch in seinem restbestande getährdot ist, wie schon ol^
Iw. 3986.
Das subject ist eine sache.
E. 8152 so der Up doch muoz verderben.
G. 2490 swä mite aber diu sele ist genesen, daz muoz des libes ku
ber Wesen.
3360 da von diu werlt gesten muoz.
a. H. 110 unser Uuome der muoz vaUen.
Iw. 2841 waz ez (daz hüs) muoz kosten.
2851 daz hüs muoz kosten harte vil.
II. Mit dem appositiTen inflnlÜT.
Müezen dient bei Hartmaun in seiner durch abstraction herbei-
geführten auflösung nur zur Umschreibung eines modus, nicht eines
tempus. Iw. 1952 nü bin ich ie mit iu gewesn und muoz ouch noch
mit iu genesn. verriet ich iuch, waz wurde min? liest Lachmann
freilich muoz. Die alte Heidelberger handschrift (A) aber bietet sal,
1952 steht offenbar zu 1951 im gegensatz und zwar in einem tempo-
ralen. 1951 redet von der Vergangenheit, demnach 1952 von der Zu-
kunft. Die Zukunft aber wird von soln oft, von müezen würde sie wol
nur hier umschrieben. Doch vgl. s. 179. Ich schreibe mit A daher
lieber sol. Auch ist zu vergleichen Iw. 4338 s. 160. 6. 2527 und 25^8
s. 160, wo soln in ganz ähnlichem falle bei einer erhoften zukunft steht
Aber auch mit der modalen Umschreibung von müezen steht es
nicht so, wie wir es bei wellen, sdn und zum teil mugen gesehen
haben. Der Vorgang ist ein etwas andrer. Da, wo dem subject an
dem eintreffen einer handlung viel gelegen ist , findet sich die Zerlegung
derselben durch einen algemeinen und einen speciellen verbalbegriff, um
sie hervorzuheben, vgl. germ. Abb heft 5 s. 83. 86. 110 , wo der
algemeine geschehen und tuon war. Die stelle von geschehen kann
nun in wünschen und finalen Sätzen auch müezen einnehmen. Tritt
nun müezen in den coi^unctivus der wünsch- oder absichtss&tze , so
gewint es, da jene hervorhebung durch die begrifspaltung gewöhnlich
unbeachtet gelassen wird, den anschein, als stehe müezen in conjono-
tivischer function.
INFINITIV NACH WELLEN USW. 171
1. Im wünsch.
E. 3796 eine vrouwen müeze iu got gehen,
4676 got müeze iueh hewam,
8813 got si din scJiiU und müeze dir der sele phlegen!
9669 geret si din lip! mit scelden müezest immer leben!
9677 mit heile muostü werden alt! 5769. 6697. 4906.
G. 472 niemer müeze mir geschehen also grözer ungemach!
1540 sone müeze ich niemmer drie tage geleben,
a.H. 71^ got müeze ez sin geklaget!
1286 gotes wüle müeze an mir gescJiehen! 1528.
Iw. 838 her Keii iwer zunge müez guneret sin!
1888 allez guot müez in geschehn!
5530 got müez iuch bewam unde gebe iu scelde und 6re!
6719 got müeze des gastes pflegn! 4305. 5969. 6584. 7527. 7812.
8094.
Wechsel mit dem conjunctiv ist naheliegend.
E. 8813. 9669. Iw. 5530, vgl. auch Iw. 5854 got pflege sin 6719.
Vgl. E 3774. Der ind. von muozen steht E. 9677.
2. In finalsätzen.
E. 523 lip und aUez daz ich hän mache ich ir undertän, daz si
des muoz walten.
1116 do hat in diu künegin, daz ez gevristet müese sin,
1407 do bat in ir oßhein^ daz er si mileste vazzen haz,
1467 unsern herren got bater, daz er ir müeste walten,
3095 und gehet sinem wibe, daz si muose vür fiten und verbot ir,
daz ir munt iht üf kceme,
7978 daz ich des vil groze angest hän, ez müeze iu alsam ergän,
— 3587. 3597. 4819. 4979. 5708. 7915.
O. 407 mit bete gewinnet uns daz abe, daz wir der vrouwen hülde
swem, daz si des landes müeze pflegen,
2019 diu tcßgeliche vorhte, daz ez in sam müese ergän,
3412 ich vürht ze buoze müeze ich ir gestän. 415. 1451. 2587*
2693. 2789. 3082.
^ II. 695 länt ez an iuwern hulden stän, daz ich euch die beide (sele
unde lip) von dem tiuvd scheide und mich gote müeze geben.
\ 2339 got ruoche mir daz heil bewarn, daz wir gesellen müezen sin.
7469 ich wolde, daz ez wcere also, daz dise juncvrouwen zwo
heten, swaz si dühte guot, und daz wir dienesthaflen muot
ein ander miiesen tragen,
6559 nü vürht ich aber, daz ich dise gröz ere vil tiure gelten
müeze. 2921. 4586. 5238. 6866.
172 V. MOXSTKRBEBO
Nach vürhien neigt müesen indess wol schon zu der bedentong
eines Zwanges^ Iw. 6559. G. 3412. 2019. Dass es aber anch wol hier
ursprünglich nichts andres heisst als ich furchte, dass ich in die läge
komme, die freilich, da es sich hier immer nm etwas unangenehmes
handelt, hier nur eine Zwangslage sein kami, zeigt noch E. 7978-
Dagegen schon deutlich ausgebildet ist die bedeutung eines Zwanges
Iw. 2483. 2834. 5257. s. u.
Wechsel mit dem einfachen conjunctiv findet sich E. 3095 a. H.
695. Iw. 7469.
3. Im bedingenden satze. Hier steht gleichfals müeaefh nicht
wegen des in ihm liegenden begrifs einer blossen Vorstellung, sondern
als verbum des geschehens. Daher kann es nur im conjunctiv stehii,
nicht wie soln und taellen auch im indicativ, denn ich muoz wurde
bedeuten es ist der fall, dass ich, nicht es sei der fall, dass ich. Der
conjunctiv ist also nötig, um den fall als einen gesezten oder vorge-
stelten zu bezeichnen. Die Spaltung des begrifs aber steht hier mit
demselben recht, wie in gleichem falle lateinisch sit, dem es genau
entspricht, oder nhd. ist es der fall, dass, oder fals. Ausserdem durch
ob eingeführt ist der bedingende satz nur im GrSgörjus.
G. 38 daz einem herten tvibe se lachenne totere geschehen ^ ob si 51
müese an sehen.
3728 weder wcere iu da mite lip ode leit geschehen, oh ir inmüC'
sei sehen?
3736 mim moht ze disem lihe dehein S(clde niht gescJiehen, mn
oh ich in müese selten.
Iw. 6159 mües ich itich danne sehn her wider äz keren, des vreu^
ich mich.
Mit negation.
E. 1258 daz tu nieman ctisaget, daz er ie scluetier hahe gesehen, en^
müeze der tcärheite jehen.
a H. 762 und kumet in so groze not, daz ir mir alsdhez guot sein
manne niht mugent gehen, ich enmüeze cUsc swache Jehen,
Iw. 1736 daz im gar unmcere elliu diu ere weere, eni müese sif
vrouwen sehen,
Müezen in vordersät^reu gehört nicht hierher, wenn der folge- ^
satz nicht von der handlung des ersteren, sondern schon von der blos- '
sen notwendigkeit hierzu abhängt: E. 4825. 9331. G. 1494, oder aller- '
dings ersteres der fall, sie aber durch müezen als eine ungern, nur
aus zwang getane bezeichnet werden soll, vgl. Iw 4911.
4. Häufig steht müezen auch zur hervorhebung einer handluug,
wo dieselbe schon durch die doppelte negation als sicher eintretend
INFINITIV NACH WELLEN ÜSW. , l73
i&ezeichnet ist, nämlich im abhängigen negierten conjunctiv nach einem
regierenden satze , der ein negiertes prädicat von selbst negativem sinne
enthält Im abhängigen satze fehlt die negation E. 5989. G. 2518
{yfü Bach ic%n schreibt). Mueze/ix bezeichnet hier allerdings schon die
aotwendigkeit des eintrits einer handlung und kann daher als Übergang
%\x dem folgenden gebrauche angesehen werden, namentlich wo es
la^elbst die notwendigkeit in bezug auf die prädicative aussage bezeich-
net, da es aber dies nur vermöge der durch die formelle Zerlegung der
tia-ndlung hervorgerufenen hervorhebmig und be tonung derselben vermag,
so dürfte dieser gebrauch immer noch der ursprünglichen bedeutung
eines eintreffens näher liegen als der folgenden abgeleiteten.
£.1023 des efivil ich niht entern^ ezn müez min vrotoe diu küne-
gin wider ir laster geret sin,
2981 ezn hete mp noch man deheinen zmvel dar an^ ern müeste
sin verdorben. 5333. 5989. 6866.
G. 45 nu enist des niht rät, ichn müeze von iu scheiden.
2518 ob des nü ist dehein rät, ich müez die helle bütven.
^H. 581 daz des dehein rät ist, du enmiiezest sterben,
Iw. 1289 eme mac des niht enwenken^ erne müeze her vür.
1901 ob ich des niht geraten kan, ichn müeze mit eim andern
man mines herren wandet hän, —
2829 sone wart ich nie des über, ichn müese koufen daz kam.
3968. 4638. 6337. 6600. 7226.
^* Müezen bedeutet einen zwang oder eine notwendigkeit.
Stathaben, eintreten in folge äusserer rücksichten geht in
^i© bedeutung über in folge jener Verhältnisse notwendiger weise
^tathaben, weil das Verhältnis der folge eine notwendigkeit in sich
^hliesst. Hierbei ist aber folgender unterschied nicht zu übersehen.
*'^ue notwendigkeit wird entweder auf das subject bezogen und das
® tathaben ist als ein dem subject durch seine läge abgenötigtes hin-
Sestelt, so dass es heisst gezwungen sein oder doch anlass haben,
^der auf das prädicat und das stathaben ist sodann als ein durch-
^^s bestimt eintretendes, nach läge der dinge als gewiss zu
^^w arten des bezeichnet. Im zweiten falle ist Wechsel mit einfachen
formen natürlich.
^- Die zwingenden rücksichten sind äussere Verhältnisse,
a. Äussere vorhandene oder als vorhanden gesezte umstände.
a. Diese liegen in der beschaffenheit des subjects.
Es finden sich nur fälle für die notwendigkeit des prädicats.
S. 8285 do muoste im wol gevcUlen diu zweinzegest.
9941 düz muoste im wol gevcMen,
174 V. MONSTEUBSRÖ
G. 418 daz muoz in wol gevaUen.
Iw. 2762 sei ere, diu in allen muose wol gevallen.
ß. In der bescbaffeDheit des objects.
Es finden sich nur fälle für die Zwangslage des subjects.
E. 5199 wand ir muosten die trachen von den lüften bringen st
Iw. 6912 den müese man wol iemer dagen.
y. In einem praepositionalen oder adverbialen ausdruck.
1. Die notwendigkeit auf das subject bezogen.
E. 992 do ich von iuwern schulden die schäme muoste dulden.
1447 des muoz tcJi iuch vil verdagen. 2627. 3469. 3882. 4
4788. 5059. 6477. 7255. 8873.
G. 1274 nü muost du disen selben sttit in disen jäm, ze dirr
scheiden, 301.
a.H. 457 des muoz ich schenielicJie not tragen.
Iw. 352 do muose ich rede und vreude län.
392 seht, do muose ich von ir. 846. 1018. 1703. 2319. 4
5303. 6713.
Das subject ist eine sache.
a.H. 223 da von muoz tu diu helfe min durch alU not sin versai
2. Die notwendigkeit auf das prädicat bezogen.
E. 1867 da von muoz im wirs geschehen.
3367 wan so muoz von untriuwen min sele verderben. 5853. 6
8950. 9380.
G. 524 do mtwse in wol gelingen.
2558 so mOezt ir got erbarmen.
Iw. 762 des mtu)st mir misselingen.
3818 von deme si müesen verderben.
4236 wand ez muoz doch min senediu not mit dem tode ein ende
d. In einem andern satze.
aa. In einem übergeordneten.
aa. Der satz mit müezen ist ein consecutiver conjunctionalsatz.
Die notwendigkeit auf das subject bezogen.
E. 64 so flohen f daz siz muoste anseJien. 1997. 3247. 5671. 6
6051. 6935. 7215. 9704.
G. 1455 sun, du hast mir vil geseit, fnanic diutsch wort vür gi
daz mich s(re umbe dich umndem muoz. crede mich.
2838 und beheft dir diniu bein, daz du da muost alten und
du mich niemmer gedrangest. 1528.
Iw. 3742 er sluoc unde stach, daz jene muosen entunchen.
4481 und hat ir zwSne erhangen ^ daz ichz ane muose sehn. 4
5745. 6357. 6823. 6923. 7052.
IKPlNiflV KACä WBLLEK ÜSW. 175
Die notwendigkeit auf das praedicat bezogen.
E. 4660 da versnoachete er sich mite, daz er den liuten allen muoste
missevallen und niemen was ze giwte erkant
ßß. Müezen steht in einem vom unß eingeleiteten nebensatze.
Die notwendigkeit auf das subject bezogen.
C2. 3642 urlouhes hegunden si dö gern, um er sis muoste gewem.
bb. In einem untergeordneten.
aa. Müezen steht im folgesatze einer bedingungsperiode.
Die notwendigkeit auf das subject bezogen.
IS. 3436 und unrt einez verlorn, ir miiezet dulden den zom,
7988 ich müeste mich wöl immer schämen, solde ich vürhten neiz-
waz. 8330.
Q. 1349 swer sich von pf äffen bilde gote machet wilde unde ritter-
Schaft begät, der muoz mit maneger missetät verunirken sile
unde lip. 1369. 3351.
a.H. 624 läze wir den sterben, so müezen wir verderben.
Iw. 724 daz kinty daz da ist geslagen, daz muoz wol weinen unde
clagen.
6136 ir miiezet vliesen den lip, weit ir üf die burc vam, 6638.
7448.
7678 swer daz rechen wolde, der müese vil gerechen.
Mit dem in£ perf. (vgl. s. 161). E. 6812 vgl. s. 154.
Zu Iw. 6136 vgl. s. 23, zu Iw. 7678 vgl. s. 13. 22, zu Iw.
66SS s. 154.
Die notwendigkeit auf das prädicat bezogen.
E. 3929 daz doch benamen muoz ergän, im tuot, als ich gespro-
chen hän.
4765 mich hat üf solhe schände hie bräht min zageheit, daz doch
mir ein herzeleit von den dingen muoz geschehen^ söl ich iu
mxnes namen jehen. — 5727 (s. 166). 6841 (s. 166). 8518
(s. 11. 22). 8737. 8986.
G- 1381 mir saget vil maneges munt, swer da ze schuole belibe, der
müeze iemmer viJi/r war gebären nach den pfaffen.
a.H,i3i4 ob diz wcere vollebräht, so wcere ime der Up genesen und
müeste ich iemer scelic stn,
1^-1768 vüer ich verstolne von hinnen, des müese ich wol gewinnen
laster,
2070 ob ez anders umb in stät also rehte und also wol, so muoz
er mich mit triuwen ergetzen mxner riuwen und muoz mich
deste baz han. — 2950. 4549 (s. 24). 7903.
116 V. MONSTKRBEftO
Mit dem inf. perf. (vgl. s. 175. 161).
Iw. 7789 in dühte, ob in sin vrouwe niene loste, so müeser sckiew^
^n tot.
ßß, Miiezen steht im hauptsatze eines causalsatzes.
Die notweudigkeit bezogen auf das subject.
E. 9239 do et im der wer eeran, dö mtwste er vor im dan sinen sie-
gen enttoichen.
Iw. 2483 er vorhle^ wcerer lier komen, wand er sichz het an genomen,
er miiese de not vor bestän.
3001 er muoz verzagen als ein mp, sU wibes herze hol sin Up.
5568 do er (der Uwe) niht mere mohte gän, do muoser (Iwein)
von dem rosse stau. 3767. 4356. 7713.
yy. Miiezen steht im hauptsatze eines temporalen nebensatzes mit
conditionalem sinne. Die notwendigkeit ist auf das subject bezogen.
G. 2342 des gedingen muoz ich leben, unz ich die rede rekte ervar
(Paul wil, Lachmann und Bech mit handschr. A muojer).
Iw. 5946 unz ich den niht vunden hän, so muoz ich gnade und
ruowe län,
cc. In einem gleichgeordneten.
Die notwendigkeit auf das subject bezogen.
E. 374 daz bette ein man nie möhte erwegen und selbe vierde muost^
legeth
1582 wan si was beraubet ir stat: si muoste danne entwichen.
3103 dise kumberlicJie spaehe muoste si geloben do: wan si vorhte
sine drö. (4237, nach Bech). 5162. 5584. 9736.
G. 663 do begunde er siechen und muose bdiben sin vart.
a.H. 1346 daz enmohte ir niht vrum wesen: sü muoste iedoch genesen.
Iw. 2310 nü muoz ich leider gähen, wandez ist mir so gewant, —
4229 min vrowe muoz doch den kämpf gesehn, wander sol vor
ir gcsdichn. 4451. 4737.
Die notwendigkeit auf das prädicat bezogen.
Iw. 4100 der dewedem mach ich niht Jian und muoz mir an den
lip gän,
a.H. 665 dt% muost von gotes hulden ienter sin gescheiden: daz kaufest
an ufis beiden,
e. Im zusammenhange.
Die notwendigkeit aufs subject bezogen.
E. 120 daSAch im daz mnoz vertragen (vgl. 102).
487 gniz laster muosiich dö vertragen (vgl. 485),
INFINITIV NACH WELLEN Ü8W. 177
E. 494 rotes muoz ich iuch biten (vgl. 495).
1403 sin unmuoze hegunder zeln und sprach er mücste riten und
vüeren vroun J^nUen.
6376 ich muoz selbe dar. 1600 (vgl. 1596). 3593. 4299 (vgl. 4301).
4546 (vgl. 4458). 4825. 4966 (vgl. 5051). 6809. 8489. 8666.
8741. 9261.
G. 475 do si sich muosen scheiden. 480. 1494. 2825. 2918.
a.H 159 er sente sich vil sere, daz er so manege vre hinder im müeste
lazen,
628 ez muoz wesen. (vgl. E. 1282 u.)
Iw. 1081 da miwse man hin durch varn unde sich vil wol bewarn
vor der selben slegetür,
1375 ottcÄ muoser dicke wenken.
1511 herre, ich muoz iuch eine län und vil dräte toider gän. 2469.
2831. 2834. 2968. 3275. 3276. 4306. 4307. 4779. 4911
(vgl. s. 172). 5257 (vgl. 6141). 5316. 5320 (vgl. s. 146). 6158.
6385. 6793. 7150. 7413. 7912.
Die üotwendigkeit auf das prädicat bezogen.
E. 3801 ez müeste iuch harte schiere geriuwen und wcere tvider
triuwen.
6952 wan du es sünde haben muost 3429. 4352. 5990. 6259.
6463. 8977. 10111. G. 2517 (vgl. s. 49).
a.H. 151 si» hochvart muoste vollen, sin honic wart ze gaUen.
I^v. 2169 ouun st sint des vil vro, daz si der lantwer also über wer-
den müezen.
5262 ir möhtet wol die rede län^ diu iu an den lip muoz ^än,
6218. 6346. 6830. 8129.
^ Die nötigung ist ganz algemein gedacht.
Auf das subject bezogen.
E. 6895 Sit daz du (Tot) mich doch nemen muost,
9331 wan da ergienge ein wunder an, swenne sich der ober man
müeste dem undern ergeben.
G- 2688 swelch ma/n sich alle tage begen muoz von sime bejoge.
a-H- 604 so muoz er liden doch den tot
1258 Sit du benamen sterben muost.
Iw. 2647 die andern muosen alle hern Iwein wol gunnen stns lan-
des. 938.
Auf das prädicat bezogen.
Iw. 63 doch müezen wir ouch nü genesn.
XSTTSCm. F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XVin. 12
178 V. MONSTEBBERQ
b. Äussere, erst noch beabsichtigte, zu erstrebende oder zu verhütend.^
Müezen rückt dann der bedeutung von bedürfen nahe.
a. Der zweck ist ausgedrückt in einem bedingungssatze mit wellen
oder soln^ vgl. s. 22 nr. 1 und s. 153.
E. 4690 (s. 11). 5000 (s. 5). 9451 (s. 15. Anders 5727 und 8518^
s. 175). G. 2465 (s. 12). 3050, a.H. 442 (s. 154). Iw. 1826
(s. 6).
ß. In einem temporalsatze mit e.
E. 7681 ir müesent daz iverc wol besehen, e ir westent, wes ir sd-
dent jehen.
Iw. 6391 wir müezenz starke enblanden den armen, e wir- so vil erwer-
6en, daz —
y. Im zusammenhange.
E. 7495 ich muoz gedenken e dar nach.
7972 ich wil unde muoz mich bieten an iuwem vuoz, daz ir
erwindet.
a.H. 224 tr müestent haben eine maget. 446.
1107 ezn gesclmch nie kinde also we, als dir muoz von mir
geschehen.
Iw. 2314 daz (lant) muoz ich besorgen mit eim mane, der ez wer.
5493 ich muoz ir hulde e haben baz.
7161 si muosen vaste gelten vür des todes schelten.
7708 durch güete erdete siz nimmer getan, si muose gewalt od
vorhte hän.
2. Die zwingenden rücksichten sind der befehl oder wünsch
eines andern oder eine abmachung mit einem andern.
E. 190 ditz muoste jcerliche sin.
3458 da si eine muoste mite vam.
8760 ouch muoste mite riten Qruivreiz.
G. 887 die muosten im beide vil wol besttßten daz.
a.H. 1089 ob ir iht ir herre die rede hefe iiz erdrot. — «wie dA den
tot liden muost^ ob du daz niht vü gerne tuost^ —
Iw. 1636 ezn ist nie so unmUgdich-, geraet ^ ir her ee mir, st müese
ir zom allen län.
5631 wand er muos im (dem tode) ze suone gebn beide gesunt
und sin lebn. 6366. 6605. 6821.
Der wille des verfertigers ist es (vgl. soUen s. 155).
E. 7543 er mischte dar under goU^ daz muoste de$ were Mesamen
haben.
INFINITIV NACH WELLEN ÜSW. 179
Ist es der befahl und wille der sprechenden person selbst, so
bezeichnet müejsen den energischen vorsatz in der 1. person, einen
befehl, eine bitte oder bestimmang in der 2. und 3.
1. 8g. E. 7934 ich muoz ez bmamen crvinden,
2. sg. 6108 du muost noch mordes me begän.
Iw. 5657 swester, du muost mir min erbefeü län oder einen kern-
pfen hän,
"2. pl. E. 3041 ir müezei mir benamen sagen.
3272 tr mOezet der rosse plüegen. 3835. 4571. 4811.
Iw. 1954 nü müezt ir min riht(ßre sin,
5265 ir mOezet mich bestän ode die juncvrouwen län.
6812 ir mOezt si nenven^ sprach der wirt^ ode ir stt gevan-
gen. 2239. 7649. 7669.
3. sg. E. 705 ez muoz undr uns beiden diu ritterschaß scJmden.
1282 daz mtwz ouch wesen äne strit (vgl. s. 177. a. H. 628).
4702. 6299.
6. 3447 des mOeze er uns drin ein rehtez Wortzeichen gebn (so
Paul ; Lachmann und Bech mit Handschr. A muoz).
3450 er muoz mir wider senden den slüzzel.
Im irrealen conjunctiv.
a.H. 508 het ez iemen anders getan, der müese unsern vluoch Mn,
Hier dient also müezen bereits in seiner abgeleiteten bcdeutung
zur blossen Umschreibung des imperativs. Auch in den früheren fällen
wird man da, wo müezen nur die notwendigkeit der prädicativen aus-
sage bezeichnet, dem inf. blos appositiven wert zuzusprechen berechtigt
sein, wenn man jene durch müezen hervorgehobene bestimtheit und
Sicherheit der prädicativen behauptung, wie das bisweilen möglich ist,
aufgibt. Alsdann entspricht das praesens oder perfect von müezen mit
dem inf. dem einfachen praesens oder perfect des im inf. stehnden
yerbom , der conj. perf. ebenso dem einfachen conj. perf. (vgl. E. 4660
(s. 175). a. H. 151, E. 3801 (s. 177). a. H. 1314 (s. 175). Durch
das futurum kann man das praesens von müezen nur in sofern wider-
geben, als dieses überhaupt jenes zu vertreten im stände ist und
das praesens des hilfsverbum ist nur darum besonders dazu geeignet,
als es die handlung als bestimt zu erwartende bezeichnet. Dieses lez-
tere moment ist daher oft noch durch wd^ benamen, vür war hervor-
gehoben.
Für die f&Ue, in denen die notwendigkeit auf das subject bezo-
gen ist, ist aufmerksam zu machen auf den häufigen gegeusatz von
müejsen zn dem negierten mugen oder Jcunnen.
12*
180 V. MONSTEBBKBO
3. Die zwingende rücksicht ist die auf recht und billigk^
(ich kann nicht umhin, fühle mich gedrungen). Hier st^
oft von schulden dabei.
Auf das subject bezogen.
E. 1770 so müeste man von schulden jehen. 6222. 8380. 8766.
5865 ez müeste ir die swcere ze jungest helfen weinen.
6466 ich muoz et die rihte sagen.
7359 sU ich ez lohen muoz.
8930 wan der muoste man et jehen.
a. H. 1433 den Swäben muoz ieglich biderber man des jehen.
Iw. 6248 man muoz iuch ziuwer üzvart anders bdeiten (ironisch).
7006 zwäre man muose in län von nterschefte den strit.
Auf das prädicat.
E. 7783 swa mite ein tmp gedienen sol, daz si gote und der werlde
wol von schulden muoz gevaUen,
a.H. 1395 von schulden muosten Vi do von den genäden vreude han.
4. Die zwingende rücksicht ist die logische notwendigkeit
des Schlusses.
a. Dieser wird nach dem satze vom gründe aus der folge auf den
grund gezogen.
a.H. 415 swie bcese er ist, der mich gesihty des boeser muoz ich dan-
noch sin: sin unwert tuet er mir schin.
Iw. 2035 jener der in da sluoc, der muose tiurre sin dan er.
b. Nach dem satze vom ausgeschlossenen dritten in der weise, dass
der Zusammenhang oder der wille des redenden nur zwei möglichkeitei
zulässt, eine von ihnen negiert wird und daher nur die andre geltez
kann. Formal ist der satz mit müezen entweder
a. Hauptsatz zu einem negierten bedingenden satz, der meist vorangeh'
E. 2658 enwtere er niht ze helfe kamen, st müesten scheuten hän gc
nomen unde enschumpfieret sin.
2675 doch miiestens sin gevangen und wcere daz ergangen, wa
daz i!rec schone in geriten kam.
2687 noch muoste erz enblanden den handen, sin wtere ander
niht geschehen.
O. 750 diu was ouch also besät y ezn wdle got understän, si muo^
OHch die verlorn hän.
1177 wan daz em dlnem vater nam, so müese er uns ander
undertcenic sin.
1179 er miiese uns rinder unde sunn triben üz unde m.
INFINITIV NACH WELLRN USW. 181
2098 ehfuet ere niht durch got verlän, im mücsen wesen under-
tan, swae —
2699 sin vart diu ist unsüeze, engezzent in die wolve niht, so
muoz er da ungäz ligen.
Iw. 5301 do riefens oZfe, ern tcete sinen lewen hin, mit im envcehte
niemen da und zwäre er müese ouch sä die juncvrouwen
Irinnen sehn.
7416 got enwelle michs erlän, so muoz ich aber bestän den aller
tiuresten man.
oder ß. paratactisch neben einen negierten selbständigen satz gestelt,
der vor oder nach steht,
E. 1396 der vater vrowen Jßniten möhte ez niht erziugethän: ez muo-
ste an dem herzogen stän.
4386 zesamne riten zwene man, der ietwederre nie gewan za^eheit.
ez muoste sterJce unde heil an dem sige scheiden,
6.1958 hie hegunden striten zwene geliche starke man, der dewe-
derre nie geivan zageheit , unde ez muoste da den strtt kunst
tmde gdUcke scheiden,
Iw. 1638 vrou Minne muoz si mir bewegen , ichn triut mit miner vrü-
mehheit ir nimmer benemen ir leit.
oder y. an den andern , welcher positiv ist , durch die disjunctive con-
jimctioQ geknüpft, oder stellt ohne diese doch in einem disjunctiven
Verhältnisse zu ihm. Im lezteren falle ist der satz mit müezen negiert.
Der andere geht im firec und Gregörjus immer voran , im Iwein folgt
er meist.
E. 4741 daz mir daz ros hie beste! oder ich muoz immer m^ ver-
swachet unde gehoenet sin,
9342 ich aoil e werden erslagen, ir enmüezet mir sagen,
6.3449 des miieze er uns drin ein rehtez wortzeich&n gebn ode sich
muoz min lebn üf disem steine verenden. Vgl. s. 179.
Iw. 2060 mich muoz ein biderbe man werw, ode ich bin benamen
verlorn.
4347 si milezet^ iuch läzen vriy ode ich erslahe si alle dri.
4985 zwäre er muoz iu widere iuwer süne gesumle gebn ode er
nimt ouch mir daz lebn.
5224 heizt iuch dräte ledec län, ode si müezen von mir hän den
strU.
Wechsel mit den einfachen verbalformen findet sich E. 2675
8- IBO. 4660 (s. 175). G. 2838 (s. 174). Mit Iw. 4481 (s. 174) vgl.
^^«6. Iw. 5850.
182 V. MONSTERBKRO
Durch den gegensatz zu andern verben mit yerschobenem praeL
wird die bedeutung von müezen hervorgehoben. Es steht zosammen mit
sein vgl. 8. 168 wellen vgl. s. 27.
Über ellipse nach müezen vgl. E. Weinholds germ. Abb. heft 5
s. 97. Zu entlehnen ist der infinitiv bei müezen nie.
Für die Umschreibung des futurs bei Otfrid durch scci, triß«,
muaz vgl. 0. Erdmann I § 9 , des conjunctivs durch scdl^ fnag, mwu
§ 67 ; für die beider bei den ahd. Übersetzern durch nuig und scdl vgl.
A. Denecke s. 9. 10; für die des futurs durch sol, des conjunctivs durdi
mac (und sol) bei Berthold von Begensburg vgl. H. Boetteken § 203; ^
für das andd. ist bei B. Steig über diese frage nichts angemerkt Über
die widergabe von fiiHeiv durch skulan im Gotischen vgl. A. Eoehler
s. 428. Die noch übrigen verba mit verschobenem praet. (darf^ tar,
weiz und taue) können sich an Vielseitigkeit der bedeutungsentwicklons
mit wellen y mugeti, scln^ müezen ebenso wenig messen wie kunnep^^
Gunnen scheidet ganz aus dieser reihe aus, da es nie den infinitiv naeli
sich hat, vgl. germ. Abh. s. 71; ebenso erbunnen s. 72. Vgl. 0. Er4-
mann I § 332. A. Denecke s. 13.
5. JJurfen.
Dürfen findet sich wie bei Otfrid (0. Erdmann 1. 1.) und im
Heliand (B. Steig s. 329) nur in negierten Sätzen, bei den ahd. Über-
setzern komt es mit dem inf. gar nicht vor (A. Denecke s. 13), in dero
einen von H. Boetteken s. 118 aus ßerthold von Begensburg gegebenem
falle steht gleichfals die negation. Dem inf. gegenüber hat es durcb'
weg seine selbständige bedeutung gewahrt.
A. Der ergänzung durch einen inf. ist dürfen nicht bedürftig, weiU^
es ein object bei sich hat. Die handschriften aber bieten es ntjx
Iw. 2892 diun darf niht mere huote.
So A D a , aber auch hier bieten B c d bedarf Alle andern her
hen auf Lachmanns emendur.
Iw. 4583 otieh endorfter mere Sicherheit.
4870 ich darf wol meisterschaft
4876 ich darf wol guoter lere.
Die handschrift bieten alle: bedorfl, bedarf.
B. Mit dem inf. steht es sowol bei personen als bei Sachen.
Das subject ist eine person.
E. 515 dar umbe endurfet irz niht lan.
2991 in dürfte durch vreude niemen suochen, 1253. 2466. 4
4373. 4752. 5596. 7152. 7275. 8509. 8861.
INFINITIV NACH WELLEN Ü8W. 183
G. 492 ein wip, diu beidiu sinne utide lip in gotes dienst häte erge-
ben: kein mp endorfte hezsser leben, 3188.
Iw. 1210 im durfei niJU me sorgen 552. (s. 13). 1252. 2105. 4443.
Das subject ist eine sache.
E. 2901 ezn dorfie vrouwen Übe baz erboten werden nie,
3713 im woer der Ion bereit^ daz in sin arbeit niht dorße riuwen.
Iw. 1313 ezn dorft nie tvibe leider geschehn.
Im armen Heinrich findet sich das verbum gar nicht. Der inf.
ist nie zu entlehnen. Zur blossen modusumschreibung ist es nirgend
herabgesunken , und eine Übersetzung durch nhd. potentiales dürfen ist
ungenau, obgleich sie Benecke zu Iw. 1313 gibt im Wörterbuche zumlwein.
Viehnehr heisst es hier wie E. 2901 und G. 492 genau: es war im
liöhem grade nicht nötig, weil es an dem vorhandenen nachgerade
genug war. An allen drei stellen steht in diesem falle eine negation
Qod ein comparativ. Dies spricht dagegen, dass
E. 6843 der beste ritter der dars leben
Kit Haupt darf zu lesen sei. In einem exemplar der Bechschen aus-
gäbe aus der königlichen und Universitätsbibliothek zu Breslau findet
sich , nach herrn professor Weinholds dafürhalten von der band des
verstorbenen herrn professor Lichtenstein, unter Verweisung auf 1. Büchl.
1509. Trist. 307, 25 der dar leben corrigiert.
6. Turren.
Aus dem Heliand bringt B. Steig s. 330 13 fälle, alle negativ,
MS Yolfila belegt A. Eoehler, J. Grimm berichtigend, gadaursan mit
dem inf. dreimal, ein fall ist negativ, von den 7 von 0. Erdmann aus
Othid angeführten beispielen sind 4 negativ, der eine fall aus den ahd.
öbersetzern (A. Denecke s. 13) ist positiv, von den zwei von H. Roet-
teken § 203 gegebenen beispielen aus Berthold von Begensburg einer
ii^ativ. Hartmann bietet unter 24 fällen 14 negative.
Praes. ind.
fi* 123 des schäm ich mich so sere, daz ich iuch nimmer mere vür-
baz getar schoutoen,
2757 den läze ich vor den einen taCy vürbaz engetar ich. 3850.
8443.
«•H. H40 icÄ getar ez wd erliden,
1332 daz ich doch Uden getar.
^^ 1254 ichn tar niht langer 6i iu wesn.
***ll39 geturrent ir mich sniden,
^333 dazn turrent ir niht dulden.
I339 geturrent ir einen vrömden tot niht vertragen.
1B4 V. MONSTEBBBBG
Iw, 1853 dem tar nicnier dem hrutmen homen e^ wer.
7001 daz er getar unde kan haz vehten,
Praes. conj.
Iw. 5212 nunc habe wir niemen mere, der da unibe uns türre n
Perf. ind.
Iw. 3020 dmie torst ich vrägen vürbaz.
E, 215 in getorste da nieinan bestän.
3010 Jßrecke getorste siz niht Magen. 4248. 6681. 8470.
Perf. conj.
Iw. 4325 so torst ich iuch wol Uten,
E. 3145 oZ» ^ imz torste gesogen.
5392 daz er getorste si bestän. 5496.
a.H. 438 der sich min underwinden getorste oder wolte.
Zu entlehnen ist der Infinitiv aus einem andern satz E. 2757.
Mit andern verben mit verschobenem praet ist es zusammen^^
gestelt: mit kunnen Iw. 7001, mit weUen a. H. 438. Im Gregörjus ^
komt es gar nicht vor.
7. Tugen.
Tugen hat nie in Hartmanns epen den einfachen, nur je einmal
im £)rec und Iwein den praepositioualen iuf nach sich. Ahd. folgt nie
ein inf. weder bei Otfrid noch den ahd. Übersetzern (A. Denecke s. 13).
E. 9504 swaz mir zc tuone tohte.
Iw. 5814 daz ir ze nemenne tohte.
Doch finden sich öfter stellen, in denen ein inf. zu entlehnen
ist, doch auch nur in den genanten zwei epen und zwar immer im
relativsatze.
E. 729 Wide wäfetUen sich säy der ritter, als im wol tohte.
836 si vähfen^ als den litUen touc.
1836 daz er sich mit in bejagen mohtCy als sinem add tohte.
2274 er efitweich siner milte, als siner schäme tohte.
Iw. 7296 do tete si als ir tohte.
7540 ob ich möhte iuch gereti, als ez tohte. 3876. 7986.
Über anderes vergleiche E. Weinholds germ. Abh. heft 5 s. 97.
8. ?Fi««eti.
Im got steht nur einmal der blosse infl, einmal der acc. o. infl
(A. Koehler s. 440) , bei Otfrid überhaupt keiner (0. Erdmann I § 332),
bei den ahd. Übersetzern einmal mit und sweimal ohne si (A. Denedro
8. 13. 60), im Heliand nur einmal der blosae in£, einmal der aca o.
inf. (K. Steig s. 835. 480), bei BerthoU yoa Begensliiirg gu nidil
der inf.
INFINITIV NACH WELLEN USW. 185
Keiner verbalen ergänzung bedarf wizzen,
1- wenn es absolut steht, wie z. b. das eingeschobene ich weiz wol
6.2259. Iw. 1392. 5519, oder in der beteuerung wizze ktist
Iw. 815. 3127. 4786. 5485, oder weizgot E. 4742. G. 1329. 2944.
Iw. 338. 887. 2062. 4647. 5918. 6582. 7419. 7464. 7832.
2. wenn es ein nominales object bei sich hat , z. b. 6. 3010 den
mweste niemen da, Iw. 477. 1623. 3025. 4087. 4096. 4409
(da umbe). 4883. 5879. 5892. 7094. 7848. 7868.
Bedarf es einer solchen, so wird sie im inf. nur da gegeben,
wo wizzen eine fähigkeit zu der im inf. gegebenen handlung ausdrückt,
so dass dieser nicht bloss appositiven wert hat, wizzen also verstehn
bedeutet. Dies ist nur einmal der fall, und da steht der praepositio-
nale Infinitiv.
E. 7138 (ds ich iu ze sagen weiz.
Ausserdem findet sich der inf. und zwar ohne praeposition in
einer eigentumlichen Verwendung, nämlich von gehären nach wie, wenn
meen negiert ist.
a. H. 1420 si enwesten wie gebären,
Iw. 2252 er enweste wie gebären.
Dieser inf. ist indess lediglich als aus der directen rede beibe-
fialten zu verstehn. Dort aber stand er einzig nur den abstracten wort-
begriff enthaltend, auf dessen fixierung es in aufgeregter Situation
allein ankörnt Die aufi'egung ist in unserm falle speciell durch die
yerlegenheit des subjects hervorgerufen, vgl. was tun? usw., und diese
lebhafügkeit des ausdrucks wolte man in der abhängigkeit nicht ver-
loren gehn lassen. Wir haben also den inf. hier in einem gebrauche,
in dem er völlig dem appositiven gleichsteht, beidemal enthält er
lediglich den abstracten begriff, nur dass er im appositiven übrigen
gebrauche als specialisierende apposition zu einem begrifiich unvolstän-
digen werte tritt und in unserm falle völlig absolut, nur scheinbar
von wizzen abhängig steht. Vgl. Eilhart, alt. Ged. VI, 37 ich ne
weis was ir inbietin me, dagegen bei subjects Wechsel der conjunctiv.
IX, 103. Über anderes vergleiche K. Weinholds germ. Abh. heft 5
s. 98.
(Schluss folgt.)
186
VEIT WAKBECK UND DAS DRAMA VON DER SCHÖNEN
MAGELONE.
Der roman von Peter von Provence , dem ritter mit den sflber-
nen schlüsseln, und der schönen Magelone, welcher die trennung und
widerVereinigung zweier liebender darstelt und die beständigkeit der
treue verherlicht, ist fast allen litteraturen bekant. Ziemlich erschöpfend
bebandeln den betreffenden gegenständ und die beziehungen der dich-
tung zu andern ähnlichen v. d. Hagen, Gesammtabenteuer (Stuttg. und
Tüb. 1850) I, CXXXm — CXL, Holland, Crestien von Troies (Tüb.
1854) s. 77 — 99 und Freiherr v. Tettau in den Abhandlungen der
königl. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt 1870 s. 306
fgg. Dazu hat Reinhold Köhler in Pfeiffers Germania XVH, 62 fgg,
zur vergleichung das altdeutsche gedieht „Der Busant^ herangezogen
und auf die von Alessandro dAncona in Bologna 1867 herausgegebene
italienische bearbeitung der Magelonsage : „La storia di Ottinello e 6ia-
lia, poemetto popolare in ottava rima riprodotto sulle antiche stampei"
sowie auf ein altfranzösisches gedieht L'Escoufle (mitgeteilt in dei
Histoire littöraire de la France bd. 22, s. 807 — 817), das in einer wahr-
scheinlich dem 13. Jahrhundert angehörenden handschrift erhalten ist,
aufmerksam gemacht.
Es handelt sich für uns nur um das deutsche Volksbuch von
der schönen Magelone, das nach v. d. Hagen „ eingeständlich durch
den sonst nicht bekanten magister Viten Warbeck aus dem Franzö-
sischen übersezf^ worden ist. Die erste ausgäbe ist aber nicht vom
jähre 1535, sondern von 1536. Ihr folgten nach Goedeke, Grundriss
I, 121, bis zum jähre 1744 noch neun ausgaben. Auch im Buche der
Liebe 1587 erschien die schöne Magelone. Dichterisch erneuert hat
die erzählung Ludw. Tieck in den Volksmärchen 1797 („Wundersame
Liebesgeschichte der schönen Mageion und des Grafen Peter aus der
Provence'^), Simrock, Schwab, Marbach haben sie in ihre samlungeu
aufgenommen , Morgenroth und Lyser haben sie bearbeitet. Die grosse
zahl dieser ausgaben und bearbeitungen entkräften die äusserung eines
unberufenen kritikers, der in der Berlinischen monatsschrifb bd. 6 (1785),
s. 300 bei der anzeige einer neuen ausgäbe schreibt : „Nr. 6. Die schöne
Magelone. Ein langweiliges Ding, das jedoch Jungfern und Frauen in
vielen kleinen Städten mit grosser Geduld lesen, vermuthlich weil sie
nichts anderes zu lesen haben. Draudius führt eine ausgäbe von
1593 an."
HOLSTEIN, VEIT WABBEGK U. DRAMA MAOELONE 187
Den genanten bearbeitungen liegt die Übertragung Veit Warbecks
zu gnrnde , in deren vorrede bemerkt wird , dass die historie von der
schönen Magelone im jähre 1453 in französischer spräche niedergeschrie-
ben sei ^ Ihre heimat ist die Provence. Aber die existenz eines vor
dem 12. Jahrhundert verfassten provenzalischen werkes ist nicht zu
erweisen.' Allem anschein nach knüpft sich auch der inhalt an eine
wirkliche begebenheit an, deren Schauplatz die Provence ist. Denn
eine insel bei Marseille, die der heldin des romans Zuflucht gewährte,
heisst noch jezt Maguelone , und in der Provence zeigt man noch ihr
grab. Die erste bearbeitung in einem provenzalischen gedichte wird
denn auch einem stiftsherrn zu Maguelone, Bernard de Treviez,
der im 13. Jahrhundert lebte , zugeschrieben. (Holland , Crestien v. Troies
8. 98, weist darauf hin, dass die Pariser handschrift der arsenalbiblio-
tiiek nr. 245 le Roman de Pierre de Province et de la belle Magelone
enthalte.) Weder von jener bearbeitung des Bernard de Treviez, noch
V€n der Petrarcas, der die erstere verbessert haben, soll, hat sich
etwas erhalten. Aber 1453 wurde eine prosaübersetzung in das Nord-
französische gemacht, die zuerst 1480 zu Lyon gedruckt, oft widerholt,
xiamentlich 1490, 1492, 1524, 1625 und in der Bibliotheque bleue
Volksbuch geblieben ist.*
Erwähnt sei noch, dass der so beliebte stolf von der Magelone*
in einer „Historie von Philoconio" (o. o. u. j. 4®.) auf einen königssohn
Von Portugal und in Valentin Schumanns Nachtbüchlein 1559 auf
einen grafen Christoph von Mümpelgart und eine englische herzogs-
ti«chter Veronica übertragen worden ist. ^ Die zuerst genante historie
ist mir nicht bekant geworden, die erzählung Schumanns in nr. 22 sei-
*!« Nachtbüchleins nennt Goedeke I, 376. Schumann, der in der vor-
rede unter seine lectüre auch Peter von Provence und Magelona rech-
A6t, bemerkt, seine erzählung sei vormals nie gedruckt worden, er
^f2ähle sie nach einem geschriebenen buche, das er 1548 zu Basel
1) Also nicht erst 1457, wie v. d. Hagen und nach ihm Frhr. v. Tettau
^^apten.
2) Diez, Die Poesie der Troubadours s. 206.
3) ▼. d. Hagen a. a. o. s. CXXXV.
4) Der concertmeister am herzoglichen hofo zu Weissenfols und opigrammeu-
*^ter Johann Beer (geb. 1652) schreibt in seinem „Ursus vulpinatus" 1697 s. 5:
sWaim Ulm ^Qj Goburts- oder Namenstag der Geliebten meines Mitschülers kam,
""^^«•le ich Verse machon; davor gab er mir fünfzehn Kreuzer, vor welche ich mir
^^storienbficher kaufte und läse, wie Graf Peter aus Provincia mit den silbernen
■*to«eln, so tapfer auf dem Turnierplätze zu Neapolis gefochten."
6) Qenrinus ü*, 354, anm. 431.
188 HOLSTEIN
gelesen habe. Erweitert erschien seine erzählung 1605 in einer besom^«
dern schritt:
Eine schöne Historia, | Von einem jungen | QraflFen aas Mümppel —
gart, genant Herr Christoffel, vnd | eines Hertzogen Tochter ai
Engel- I landt, mit Namen Veronica. | Wie sie das Glück erheb<
vnnd I darnach jhnen so hefiftig zu wider ist, durch | das Vnglüo-"^
doch sich das Glück zu | letzt wieder zu jhnen wendet, vnd | -3
guten fried kamen. | Jetzo auffs new vbersehen, vnd mit | schön ^^
Figuren gezieret. (Holzschnitt: Die liebenden reichen sich (^ :
band.) Im Jahr M. DC. v. - Am schluss: Leipzig, | Bey vnd M
Verlegung | Nickel Nerlichs. 88 Bl. 8*^. — In Berlin.
Begint mit einer poetischen widmung „an den leser":
Mein lieber Leser, liss mich,
Ein schöne History bin ich.
Darinnen findest du glück vnd vnglück.
Wie sich die zwey in allem stück
Stets wieder einander streiten.
Das Glück frölich zu allen zeiten,
Mit frewd vnd auch mit wollust viel
Zu aller lieb vnd frewden spil usw.
Beim abschied erhält Christoph von seiner mutter eine kette mit drei
schönen in gold gefassten steinen. Auf seinen schild lässt er den heil.
Cbristophorus mit dem Christuskind malen.
Das Unglück der vom geliebten verlassenen Veronica veranlasst
den Verfasser, andere beispiele aus der bibel und aus der geschichte
anzuführen, so von einem söhn aus Gallia, Tristant, Fortunatus, ritter
Galmi aus Schottland, auch von dem ritter Peter von Provincia und
der schönen Magelona, einer königstochter aus Engelland, vom kaiser
Octavian, den sieben weisen Meistern. (Bl. H5^) Das buch gehörte
zu den gelesensten unterhaltungsbüchern jener zeit
Veit Warbecks Übersetzung des französischen romans erschien
1536^ mit folgendem titel:
Die schön Magelona. || Ein fast lustige vnd kurtz weilige Hi- |
stori, von der schönen Magelona, eines Künigs | tochter vonn Nea-
ples, vnnd einem Kitier, genannt Peter mitt den | silberin schlüs-
seln, eins Graflfen son auss Prouincia, durch Magister | Veiten
War heck, auss Prantzösischer sprach in die teütschen ver | dol-
metscht, mit einem SendbriefT Georgij Spalatini. (Grosser holz-
1) So richtig Gocdeke I, 121, 21. UDriohtig Eoberstein-BartNli l\ 999.
V. d. Hagen s. CXXXYU und v. Tottau s. 307 (1535), Geninns 11», 868 (IW^
VBIT WABBECK U. DBAHA MAOELONE 189
schnitt: Peter und Magelona, im hintergrunde zwei Schlösser.) —
Am ende: Gedruckt zfi^Augspurg durch Haynrich Stayner | am
xxj. Aprilis, des M. D. XXX vj. jars. 50 BL 4®. — In Berlin.
Spalatins „Sendbrief" mit „Datum am ascherigen mitwoch"
(10. februar) Anno 1535 begint mit einer widmung, die „der Ernuesten
vnd tugendthafften Frawen Elisabeth von Einsidel, zum Gnaüstayn,
meiner lieben geuattern" gilt. Nachdem er zu mehrmalen gebeten wor-
den sei, die lustige und züchtige historie vom grafen Peter und der
schönen Magelona , die sein lieber herr und freund magister Veit War-
beck in die deutsche spräche gezogen, im druck ausgehen zu lassen,
so habe er endlich solcher bitte statgegeben, nicht allein darum, dass
es ein sehr lustig und lieblich büchlein, sondern auch dass es fast
züchtig gehe und dass ein exempel daraus genommen werden solle,
deutsche bücher für frauen und Jungfrauen zu schreiben; denn m sei
gewiss ein wahres altes Sprichwort: Man darf den teufel nicht malen,
denn er findet sich selbst wol.
Wiewol nun in dieser historia von messe, walfahrten, ablass, anru-
fung der lieben heiligen stehe, so wolle er doch in keinen zweifei stel-
len, ein jeder, der zu ziemlichem verstände des wertes gottes gekom-
men sei, werde sich darin wol dermassen richten, dass er seine selig-
\Äi in keinem der genanten stücke , sondern allein und einig in gottes
lauterer gnade und barmherzigkeit und im glauben an Jesum Christum
suche. Sonst sei es wahrlich wol eine solche schrift, die alle frauen
and Jungfrauen zu ehrlicher kurzweil ohne alles ärgernis lesen und hören
mögen. Zudem diene dies buchlein auch dazu, dass die eitern auch
ein fleissiges ange und achtung auf die kinder , besonders auf die töch-
ter haben; denn die jugend, besonders ein mägdlein, sei fast vorwitzig,
und man erfahre täglich an vielen orten viel unrats, wenn man übel
zosähe, wie denn diese historia mit der schönen Magelona auch fein
anzeige. Denn wiewol sie je rein und züchtig gehe , so werde sie doch
•
entfuhrt und folge dem ritter mit den silbernen schlüsseln in gottes
und ihrer eitern ungehorsam wider das vierte gebot gottes, welches
denn sehr gej^hrlich sei, gerate auch selten wol. Wo also zwei leute
zusammen kämen, so seien die eitern auch nicht entschuldigt ihrer
anachtsamkeit , dass also billig beide, eitern und kinder, verwarnet
sein sollen. Überdies so diene diese historia auch dazu, dass man
daraas lernen möge, dass keine lust noch freude auf erden ewig sei,
sondern leichtlich zu trübsal und unglück geraten könne.
Zulezt bemerkt Spalatin , er habe dies büchlein der frau v. Ein-
aiedel, seiner lieben gevatterin , „von euch mir offt geschehener Wolthat
iiallMn* mehr zu einem denkzeichen als um einer vergleichung ihres
190 HOLSTEIN
gemahls willen zuschreiben wollen, und schliesst mit den worten:
„Bitte derohalben , Ihr wollets von mir flnfnehmen , achten , daas in
aller Wolmeinung solches geschehen sey, ich bin erbietig, solches zu
verdienen, in welcherley Pörnemnng dienstlicher Weise das in Ewig-
keit sey mit Euch, alle den Enren und uns allezeit, Amen.^
Spalatins „SendbrieP ist in mehrfacher beziehung wichtig. Zu-
nächst sehen wir , , wie der gerühmte mitarbeiter an dem werke der
reformation, der freund alles gelehrten wissens, bemüht ist^ ein deutsch
geschriebenes buch seines lieblichen iuhalts wegen bekant zu machen
und dem weiblichen geschlecht als eine lehrreiche lecture zu empfeh-
len. Deutsche bücher solte das volk in die bände bekonmien, das
erstrebten die reformatoren, voran Luther, der schon 1516 sagte: „Ich
danke Gott, dass ich in deutscher Zunge meinen Gott also finde and
hör^, wie ich und sie [die deutschen theologen] anher nicht fundeo
haben, weder in lateinischer, griechischer, noch hebräischer Zunge.**
Sodann solte das weibliche geschlecht , das lange zeit hindurch in Unwis-
senheit erhalten war, der bildungselemente des Volkes ebenso teilhaftig
werden, eine ebenso eingehende belehrung finden, als das mänliche.
Der frühere caplan und geheimschreiber des kurfürsten Friedrich
des Weisen, der seit 1525 oberprediger in Altenburg, seit 1528 Super-
intendent daselbst war, widmete das buch der edlen frau Elisabeth
V. Einsiedel auf Gnandstein,* gebornen v. Haugwitz, der gemahlin
Heinrichs v. Einsiedel, des freundes Luthers und eifrigen beförderen
der reformation, dem sie 1517 die band zum ehelichen bunde gereicht
hatte. Zur Einsiedeischen familie stand Spalatin in sehr innigen bezie-
hungen. 1536 widmete er den beiden brüdern Heinrich und Abraham
V. Einsiedel seine deutsche Übersetzung von Melanchthons christlicher
erinnerung von den lieben engein, die dieser am Michaelstag an die
Studenten zu Jena gerichtet hatte, ^ und sante ihnen ein exemplar mit
1) Vorrede zur „deutachen Theologie."
2) Gnandstein, dorf, zur Bächsischen kreishauptmannschaft Leipzig geb^
rig, mit der stamburg des geschlechts v. Einsiedel. Vier söhne Heinrichs t. ES©-
siedel, der am 6. december 1557 im 60. lebensjahre starb, wurden dio Stifter dor
Einsiedelschon linien zu Sahlis, Scharfenstein , Gnandstein und Syhra. Die Scb<^
fonsteinsche linie zweigte sich in die zu Scharfenstein und in die Wolkenboig'^^'
die leztere wurde 1745 in den reichsgrafenstand erhoben. — Elisabeth v. Einsieil^^
starb am 26. october 1556 (Kapp, kleine Nachlese. Leipz. 1727, I, 320). — Lutb«^
briefe an Heinrich und Abraham v. Einsiedel s. de Wette -Seidemann VI, 492 f^'
659. Burkhardt Briefwechsel 38. 41. 466. — Spalatins briefe an die ▼. Einsie^^^
in Eapp, kleine Nachlese, 1. 1. Vgl. auch Seideraann, Beiträge zur Reformation^'
geschichte I, 103 fg.
3) M. P. Melanchthons Christliche Erinnerung von den lieben Engeln , *^
S. Michaels -Tage zu Jena an die Studenten gethan, verteutscht durch G. S. cti^
YBIT WARBECK U. DRAMA MAOELONE 19]
einem briefe vom 9. januar 1536.^ Und als Heinrich v. Einsiedeis
söhn Wolfgang zu Paris, wo er den Studien oblag, starb, da sante
Spalatin den betrübten eitern einen trostbrief (19. januar 1541).^
Ebenso widmete er den beiden brüdern einen tractat vom sacrament
des wahren leibes und blutes Christi (Nürnb. 1543. 4^.)*
Der Widmung Spalatins vom aschermittwoch 1535 folgt eine vor-
rede, in welcher, wie wir schon sagten, bemerkt wird, dass diese histo-
rie von dem Peter und der schönen Magelona im jähre 1453 in fran-
zösischer spräche niedergeschrieben sei. Als mit andern ländern das
südliche Prankreich , so heisst es weiter , auch die Provence zum christ-
lichen glauben gekommen war, da beherschte dieses land der graf
Johann Gerise, dessen gemahlin eine tochter Alvaros von Dalbara war.^
Dieser hatte einen einzigen söhn , genant Peter , der alle ritter in Waf-
fen and ritterlichen spielen übertraf, also dass er sich mehr göttlich
denn menschlich zeigte. Der adel und das ganze land hielten ihn lieb,
die nntertanen dankten gott solches künftigen oberherm. Auch hatte
Sern vater, der graf, und die mutter keine andere freude, denn an
ihrem söhne, weil er so tapfer, freundlich schön und weise war.
Dieser einleitung folgt die erzählung in 31 kapiteln, von denen
22 mit bolzschnitten versehen sind. Jedes capitel ist durch eine über-
schrift gekenzeichnet, z. b. cap. 1. Wie einsmals ein Thumier gschach,
dnrch die edlen Freyherrn des Grafen, auf befelch desselbigen.
Über Veit Warbeck, den Übersetzer des französischen romans
^on der schönen Magelona, von dem den litterarhistorikern bis jezt
i^ichts weiter als der name bekant ist, und den Spalatin in seiner
^vidmong seinen lieben herm und freund nent, haben wir folgendes
^iforscht
Er stamte aus Gemünden in ünterfranken (Baiem) und studierte,
>uchdem er in Paris zum magister artium promoviert war, von 1514
^ in Wittenberg.* Hier war er schüler und tischgenosse des dr. Valen-
"^ Hellerstadt und nahm an der grossen reformatorischen bewegung
lebhaften anteil, welche Luthers auftreten gegen den ablass hervorrief.
Pnef. ejusd. et dedic. Henrico et Abrahamo ab Einsiedel in Guandstein und Scharf-
'«««tein fratribus. Witteb. 1536. 4*.
1) Kapp, kleine Nachlese I, 274.
2) Kapp a. a. o. I, 320. Kapp erwähnt auch Spalatins Widmung von Veit
^aibedu Übersetzung der historie der schönen Magolone (I, 394).
3) C. Schlegel, historia vitae Georgii Spalatini. Jenae 1693, s. 198.
4) K. Simrock, Die deutschen Volksbücher. Frankf. a. M. o. j. I, 40 nent
*w irtAmlich eine tochter Alvaros von Dalborn.
5) Album Acad. Yiteb. 51* zum jähre 1514: Vitus Warbeck gemundianus
uoe. iogiuten. Arcium Magister Parisien.
192 HOLSTEIN
Auf Spalatins anlass bewarb er sich 1517 um eine domliermstelle am
Georgenstift in Altenburg; er erhielt dieselbe 1518 und trat gleichzei-
tig als rat in den dienst des kurfürsten, dem er von Spalatin beson-
ders wegen seiner kentnis der französischen spräche empfohlen war.
1519 reiste er vor den tagen der kaiserwahl im auftrag des korffir-
sten nach Frankfurt, wie Spalatin am 26. mai schrieb, ^illic aaditnms
quid abs te fieri cupiat.^ Über die Leipziger disputation scheint er
einen längeren bericht verfasst zu haben, wie er auch dem herzog
Johann über den einzug Luthers in Worms berichtete,^ wohin er den
kurfursten begleitet hatte.' Am 20. juli 1525 sante ihm Spalatin von
Wittenberg aus für den kurprinzen herzog Johann Friedrich ein Ver-
zeichnis französischer bücher und bat ihn, wenn er es übergebe, ihn
der gnade des fürsten zu empfehlen. Überhaupt scheint Veit Warbeck
an der staatswissenschaftlichen ausbildung des herzogs Johann Friedrich
und auch der beiden neffen des kurfursten, der herzöge Ernst und
Franz von Braunschweig und Lüneburg , welche am kurfürstlichen hofe
erzogen wurden, tätigen anteil genommen zu haben.* 52 briefe Spa-
latins an ihn aus der zeit von 1517 — 1526 sind bis jezt bekant, die
alle von der innigsten freundschaft zeugen , die beide mit einander ver-
band. Spalatin machte ihn zum vertrauten mitwisser seiner wichtig-
sten angelegenheiten , er teilte ihm mit, dass seine berufung nach
Altenburg als oberpfarrer volzogen sei und dass er zu seiner Verheira-
tung mit Katharina Heidenreich schreiten wolte usw. Auch von Me-
lanchthon ist ein brief vom 2. januar 1526 (Magistro Vito Warbeck
amico suo) erhalten, worin er ihn bittet, ihm bei beschaffung eines im
Franziskanerkloster zu Wittenberg befindlichen geräts behilflich zu
sein.* Ebenso wird er in Luthers briefen häufig genant, einmal in
scherzhafter weise M. Vitus Victor Scacaticus.^ Der lezte brief Spala-
tins an ihn ist vom 23. december 1526. Veit Warbeck scheint im
jähre 1527 gestorben zu sein. Als Spalatin seine lebensgeschichte
Friedrichs des Weisen schrieb , gehörte Warbeck schon nicht mehr zn
den lebenden. Er sagt von ihm bei dem bericht über die bevorstehende
kaiserwahl in Frankfurt 1519: „So war auch Magister Veit Warbeck
1) Sein bericht in Luthers werken von Walch XV, 2182. Seckendorf, Gesch.
des Luthertums s. 347, teilweise auch bei Lingke , Luthers Reisegoschichte s. 9i.
2) Schlegel, Vita Spalat. s. 26.
3) Spalatini Annales bei Mencke Scr. ror. Germ. II, 663 fg.
4) Corp. Ref. I, 781. Der herausgeher bemerkt dazu: Canonico Altenbiu^
gensi, qui familiarissimus erat Spalatino.
5) De Wette I, 172. II, 333. 519. 521. Burkhardt Briefwechsel 8.14. 39.
85. 116.
I
VBIT WABBBCK V. DBAMA HAOELONE 193
seliger etliche male bei ihm^ ^ (dem kurfürsten von Sachsen) , um ihn
ZOT annähme der kaiserkrone zu bewegen.
Die von mir angestelten Untersuchungen über das leben Veit
Warbecks, die ich aber als noch nicht abgeschlossen ansehe, ergeben,
im derselbe mehr der reformationsgeschichte angehört als der litte-
ratorgesdiichte , denn für diese hat er keine andere bedeutung als dass
er der Übersetzer des französischen romans von der schönen Magelona
ist und dass seine arbeit drei dramatischen bearbeitungen als unterläge
gedient hai Sie* erschienen 1539, 1555 und 1566 und gehören zu der
zahl der wenigen dramen des 16. Jahrhunderts, denen kein biblischer
Stoff zu gründe liegt. Von den litterarhistorikern erwähnt Kurz IT,
114* zwei dramatische bearbeitungen von 1539 und (irrig) 1570, ohne
etwas weiteres hinzuzufügen; Eoberstein - Bartsch P, 379 sagt: „Man
bennzte den Inhalt berühmter romane und novellen, wie die schöne
Ifagelone, die 1539 ein Student und später Sebastian Wild dramati-
sierte, and mehrere derartige romantische stoffe, die Hans Sachs seit
1545 behandelte.^ Goedeke nent mit rühmlicher genauigkeit alle drei
(1,308,145.146. 321,280. 351,271).
I.
Das drama von 1539 erschien unter folgendem titel:
Historia mage- | lonae. Spiel weiss In Deudsche | reimlein
gebracht Durch | einen Studenten, | Mit einem nutzlichen vnter-
richty I Oeorgij Spalatini. | (Holzschnitt) Am schluss: Gedruckt
bey Bfichael Blum, 1. 5. 39. 40 bl. 8«. — In Weimar.
Der holzschnitt stelt Peter und Magelona dar; er ist eine ver-
kleinerte nachahmnng des Warbeckschen holzschnittes. Der druckort
ät nicht angegeben. Er ist Leipzig, denn Michael Blum war seit
1&31 buchdrucker daselbst' In diesem jähre (im September) druckte
er des Crotus Bubeanus Apologia qua respondetur temeritati calumuia-
torom etc.* und 1549 Georg Majors Golloquia familiaria Erasmi Roter-
dami selecta pro pueris scholae Magdeburgensis.
Auf Leipzig dürfte auch die lateinische cmpfehlung des Leip-
zigers Johann Gigas hinweisen, die sich auf der kebrseite des titeis
1) Neadecker n. Preller, Spalatins historischer Nachlass aud Briefe. Jena
1851. I, 57.
2) Seidemftnn, Beiträge zur ReformationAgeschichte I, 8. — Er ist wol andi
der Michael Blume, der unter den 105 bitsteUern erscheint, die am 2. april 1524
ist m Leipiig mn bernfang des mag. Andreas Bodenschatz ersuchen. Seide-
1,79.
S) Am sdilius: Lipsiae lüchael Blum excudebat G. L. Schmidt, Justus
OoaAl867. 8.22.
V. OHJT8CHB PHILOLOGIE. BD. XVIII. 13
194 HOLSTEIN
beilüdet. Gigas hatte 1537 den tod des prinzen Johann, des soh
des herzogs Georg , in einem Carmen lugubre beklagt ^ und befand
1539 noch in Leipzig.^ Das epigramm lautet:
Joannes Gigas.
Si quis avet dubios fortunae noscere casus,
Si quis amat certa pectora iuncta fide,
Haec videat tenui quae sunt disposta libello,
Atque aliquo studio et dexteritate legat,
Haec quem non tangunt, lapis est truncusque asinusque
Gordaque habet duris asperiora Getis.
Der Verfasser des dramas stand offenbar in freundscbafblichei::^
beziehungen zu Gigas; er nent sich student und machte seine studiei
wahrscheinlich in Leipzig. Zu bedauern ist, dass uns sein name nicht
erhalten ist. Spalatins einfiuss scheint kein directer gewesen zu sein;
vielmehr mag wol dem unbekanten Verfasser des dramas das Warbeck-
sche buch in die bände geraten sein und ihm so gefallen haben, dass
er ohne weiteres zur abfassung des dramas schritt. Aus Spalatins
„Sendbrief^ nahm er dann diejenigen stellen wörtlich auf, welche von
dem nutzen der Historia von der schönen Magelona handeln, und gab
dies auch im titel zu erkennen, indem er die werte hinzufügte: ^Mit
einem nutzlichen vnterricht Georgij Spalatini." Bl. Ajj lesen wir:
„Georgius Spalatinus. Wiewol das in dieser Historia, von der mes,
walfarten, ablas, anruffung der lieben heiigen steet^ usw. bis zu den
werten „Yber das , so dienet disse historia auch darzu das mahn daraus
lernen mag, das kain lust, noch freude auff erden ewig ist, snndem
leuchtlich zu trübsal, vnd vnglück geraten kan."
Bl. Ajjj werden die Personae angeführt Es sind ausser dem
gefolge des königs von Neapel (servi) und der gräfin (pedissequae)
16 personen. Die handlung spielt sich in 5 acten ab, von denen der
vierte in 4 scenen abgeteilt wird, während die andern in 1 — 3 scenen
zerfallen. Sehr häufig vermisst man einen scenenwechsel , wo er durch-
aus notwendig erscheint.
Der Morio praecursor leitet das spiel in sehr heiterer weise dn
(prologium recitat):
Gluck ins haus vnd vngluck hinaus,
Hier lebt man warlich recht im sauss.
Zu rechter zeit wir konmien hehr.
Gleich wie vns doch geruffen wehr.
1) Seidemann, Beiträg^e zur Reformationageschichte I, 163.
2) Gigas wurde 1540 rector in Joaehinurttial, 1641 in Marienbeig, 1548 Ib
Schalpforte.
VEIT WARBBCK U. DBAMA MAGELONB 195
Gott grues euch all, ihr Üben hern,
Dem fest zu gfaln, ewr freud zu mehrn,
Hab ich mich yberreden lassen,
Nechst da wir beim trunck sassen,
Mit ihnen zu gehn an diesen orth,
Das ich solt halten ihr aller wort,
Dan wo herr hans von Gehn ^ nicht ist,
Daselbst man aller freuden vorgist.
Es ist kein spil so gering oder klein,
Ihn welchem gai* kain nar must sein,^
Nam, dhoren, liben herren mein,
Die müssen binden vnd fome sein.
Darauf kündet der narr das spiel an:
Es ist ein zuchtig Christlich spiel.
Argumentum gibt die fabel des stückes mit folgender lehre:
Wier lernen, wie in diser weit
Das gluck 80 gar keinen glauben helt,
Auch mag man lernen auss disem spiel,
Wan man mit vleis auffmerken will,
Was an der iugent gelegen sey.
Die ane sorgen lebet frey
Vnd ledig , zuuor junckfraulein,
Wilche dan gemeinlich furwitzig sein ^ usw.
I, 1 (einzige scene). Johan Cerise dankt gott für die gnade,
er ihm so mannigfaltig erzeigt habe, besonders dafür, dass er ihm
züchtig weib und einen söhn gegeben habe, an dem er seine lust
freude habe.
1) Zq Hans von Gehn (personification des narren) bemerkt Seidomann in
lers briefen von de Wette -Seidemann VI, 669: Hans von Jene ist also glei-
Sippe mit Goldschmidts Jungen, Hans Dampf, Hans Tappinsmass, dem dam-
Jungen von Meissen , Kurt Knieriemen, Peter Meffert usw. und vergleicht Que-
9 Yisita de los chistes. Obras, Madrid 1772. I, 174 fgg. Hierher gehört auch
E yon Zeitz (Gädertz, Gabriel Rollenhagen, Leipz. 1881. s. 80. 129. und Schnorrs
liT IX, 586).
2) Fast ebenso in Greffis Aulularia (1585), prolog des Morio:
Man spricht, Es ist kein spiel so klein
Es mus ein Münch aber narr drin sein.
in desselben Mundus (1536), prolog des narren:
Ir wist es ist kein spiel so klein
Es wil ein alt weib oder Münnich drin sein.
3} Qans nach Spalatins Sendbrief: „Dan die jugent, beuor ein meidlein, ist
13*
196 B0L8TBIK
Es lust mich doch im herzcen mein,
0 got, wie ists so ein gross gab,
Wann einer doch mag kinder hab,
Gezirt mit kunst vnd tngenden,
Die willig folgen auch den Eltern.
Peter beschliesst die £fchöne Magelone aufzusuchen und um ihre
liebe zu werben.
Ich hab gehört von der Mageion,
Wie sie sol sein so mercklich schon.
So mercklich schön wie ein Christal,
Vnd ihr kain Jungfrau gleich sein sol,
Ihr Vater kunig zu Neapolis ist
Vnd helt Tornier zu aller frist
Er trägt nun den eitern die bitte vor, sie möchten ihm gestat-
ten, die weit zu besehen, denn
Wilcher nimmer kummet auss.
Der ist gleich wie ein stadtmauss,
Auch lernt der keine sitten nicht.
Der nicht zuweilen aussbricht,
Vorsucht sich vnter fremden leuten,
Leydet bös vnd gutes vnterzeiten.
Graf und gräfin suchen ihn von seinem vorhaben abzubringen;
mit traurigem herzen trägt er seine bitte noch einmal vor.
Her vater vnd frau mutter mein,
Bit abermals, wan es kundt sein,
Wolt mir Erlauben ein kleine zeit,
Ich wil nicht reisen &st weit.
Vor war eim jungen gesellen kan
Auff erden nichts bessers wider&ren,
Dan das ehr land vnd leut beseh.
Wie es auch in landt zugehet
Ihr wist, liber her Vater mein.
Wer nihe ausquam, der quam nihe heim,
Der lernet nichts, das ist ihe-war.
Sundern verdirbt mit haut und har,
Der vnter die leut nicht kumet auss !
Der ligt doheim wie ein schnack im hansa. j
Endlich wird die erlaubnis erteilt and der flokn mit lienlichiei '
ermahnungen zur gottesfurcht und zur Tocmeidi *AMr gttiilMluilIv
entlassen.
VEIT WARBECK 17. DRAMA MAG KLONE 197
Ehum auch herwider in der zeit;
Mit dir nim gold vnd auch geschmeidt,
Nim harnisch, wapen als mit dir,
Yorgiss auch nicht der langen wehr.
Die gräfin entlässt ihn, indem sie ihm drei ringe mitgibt.
Auffs erst kum wider zu vns heim,
Vorlass vns nicht lang so allein,
Gedenck ahn vns auch all zeit,
Nu zeuch hindan jhn gottes geleidt.
n, 1. Der Herold ruft zum turnier auf. Henrich von Crapana
fordert Peter mit höhn heraus.
Wil dir wol brechen deinen muth
Vnd deinen grosen federhut,
Du scheinest ein rechter motzen knecBt,
Du solt mir itzunt komen recht,
Du wirst mir komen, was gilts? belan.
Es wird sich heben ein wedlich schlan.
Furchtlos entgegnet ihm Peter, indem er ihn an ein Sprichwort
erinnert:
Wer sieh mit trawen lest erschrecken.
Den sol man mit Esels förtzen decken,
, Viel waschen thut gar nichts darbey.
Im Zweikampf siegt Peter. Der könig lobt den unbekanten rit-
ter und lässt ihn zum nachtmahl einladen.
2. Magelona bittet Peter das ritterspiel oft zu üben , Peter dankt
freudig und, als sie sich zur mahlzeit begibt, preist er sie:
So hab ich all mein tage nicht
Gesehen solchs freundlich angesicht.
Als eben die schöne Mageion,
Ich ihr nimer vergessen kan,
Hat mir mein hertz so gar entzundt,
Ihr lieb hat mich so gar verwundt,
Hat mir mein hertz so gar besessen.
Ich kan, ich kan ihr nicht vergessen.
Welchen Magelona nichf bewegt,
Derselb ein steiners hertze tregt.^
Er sezt sich auf eine bank.
0 liebe, 0 lieb, 0 rechte liebe.
Du kanst einen rechtschaffen treibe.
1) Man vergleiche das Propemptikon des Johann Gl gas.
198 HOLSTEIN
Magelona wünscht mit dem ritter zu sprechen und gewint ihre
anmie. Es ligt ein herr im hertzen mein,
Welcher mit tugent ist geziert,
Das er von roenniglichen wirt geehret,
Zu dem ich solch lieb trag.
Das ich weder rast noch rüg hab,
Vnd so er wer eines hohen geschlecht,
Vorwar, vorwar ich ihn gedecht
Zu einem lieben gemahel zu han.
Nutrix warnt die herrin vor der geMu: und erinnert sie an das
Sprichwort Was halt geschieht, wirt selten gut
Magelona bricht in klagen aus:
Ean ich den erlangen nicht,
0 herr Gott, mir mein hertz bricht,
Ich weis vor pein nicht, wo ich bin.
Der Edle ritter ligt Hiir jm sinn.
Ich bit, wollest mein elend ansehen.
Endlich wilfährt Nutrix ihren bitten und ersucht Peter , ihr
namens des königs, der königin und Magelonas seinen stand und seine
herkunft anzugeben. Peter versagt ihr erst die bitte,
Doch weil Magelona die schöne (1. schönste) ist,
Die liebst , die ich auff erden wist,
Begert zu wissen meinen stand,
Solt ihr ihr sagen alzusandt,
Das ich eins grossen geschlechts sey.
Als zeichen seiner liebe übergibt ihr Peter einen ring für Mage-
lona. Diese erwartet ungeduldig die rückkehr der amme. Als sie den
ring erhält, jubelt sie.
All iomer ist aus meinem hertzen.
Nun stet zu im mein zuuersicht,
Vorhofif, sol mich betriegen nicht,
Ihnen (L Ihn) hab ich mir auserkoren.
Mich deucht, ich sey gar new geboren.
Den ring wil ich hier wickeln ein,
Das sol mein gluck vnd heil sein.
Die amme wird noch einmal abgeschickt, um Peter zu holen,
da sie sonst sterben würde. Peter bekent, dass ihm Magelona stets
im herzen liege, dass sie sein herz so gar umfangen habe.
Ihr schönes klares angesicht
Alzeit mich engstet vnd anficht.
yjlIT WABBBCK ü. DRAMA MA6RL0NB 199
Seine liebe sei züchtig und rein, wie ohne zweifei auch Mage-
looens. Mit einem zweiten ringe für Magelona kehrt die amme zur
hemn zurück. Peter teilt *dann der Magelona mit , dass er aus Pro-
vmcia sei, der sehn eines grafen, ein ohm des königs von Frankreich;
er habe sich vorgenommen, ihre gunst und huld zu erlangen. Mage-
lona verlobt sich ihm heimlich.
Ich hab euch begert ein lange zeit,
Ihr mir aufif erden der liebst seidt.
Drum wan ir mich gleich wie ich euch
Von hertzen liebet weren beide gleich,
So seht ihr an eur getrewes gemall,
Doch solchs verschwigen bleiben sol
Bis zu eim offen kirchgangk,
Drauff nemet diese ketten zu danck.
Dadurch ich euch mein trow vnd pflicht
Zusag vnd keinen andern nicht.
Hie Magelona Petrum amice ampleclitur, lautet die bühnenwei-
sung. Peter erklärt sich fiexis genibus der danksagung unwürdig, er
werde allezeit ihr williger diener sein. Sie nimt ein geschenk von ihm.
3. Friedrich von der Krön fordert zum kämpf um Magelona auf.
Peter besiegt ihn. Der könig ladet alle zum abendmahl ein.
HE, 1. Friedrich von der Krön und Henrich von Crapana be-
schliessen, da sie ihren wünsch nicht erfQlt sehen, den königshof zu
verlassen.
2. Peter nimt abschied von Magelona. Diese weint. Wenn sie
mit ihm reisen möchte, so wolle er sie iu aller zucht führen. Sie wil-
ligt in die flucht, da ihre eitern sie einem andern zu vermählen willens
seien. Um mittemacht, „wan man im ersten schlaff noch leidt,^ wolle
er sie erwarten.
IV, 1. Flucht der liebenden.
2. Nutrix vermisst ihre herrin.
0 we, ach we, ach lieber Got,
Da wirt sich heben iämer vnd not,
Das frewlein ist komen hienwegk.
Der kam der stet nun gar im dreck.
Die backen werden mir werden schmal,
Hab sie gesucht itz vberal,
0 wan ich wer im Dhuringer walt,
Ich wolt mich hencken also balt.
Sie fält dem könig, den ihr klagegeschrei herbeigemfen hat, zu
füssen, indem sie ihre Unschuld versichert.
200 IIOLSTKIN
So ich hierin schuldig wer,
Wolt ich nicht hier itz bliben sein,
Ich schwer euch hier auch stock und bein.
Das mir solchs gar verborgen ist.
Der könig will sie auf den Babenstein bringen, er sendet die
knechte aus, Magelona zu suchen und den ritter, der sie entführt,
gebunden auf das schloss zu bringen.
3. „Peter hat Magelonam schlaffende im schos.^
Ist das nicht ein schön angesicht?
Auff erden ist ihrs gleichen nicht,
Ach, welchen Mageion nicht bewegt,
Derselb von Eysen ein hertz tregt
Was hat sie hie bein brüsten stecken?
Ach, das ich sie nicht thet auffwecken.
„Hie rapiimtur Annuli.^ Peter klagt über den Verlust der ringe.
Ach lieber got, erbarm dich mein.
Ich weis nu nicht wo aus oder ein,
0 Mageion, du liebste mein,
Wie wirt dir doch zu mutte sein
Er sieht leute kommen.
Wil sehen, ob ich mich mag verberg.
All har die sten mir itz zu berg.
Die beiden kaufleute beschliessen Peter nach Alexandrien zu
führen und dem sultan zu schenken.
Wollen wir vns den vber die köpffe dresch?
Du machst auch sehr viel vnnütz gewesch. —
So wollen wir itzundt fristen dich.
Sie nehmen ihn gefangen und schleppen ihn fort.
Nun immer fort, nu immer fort
Ihe lenger hie ihe spöter dort
Sofort wird der „auffen möhr" gefangene Peter dem ^ Soldan "^
vorgestelt und von diesem gegen *ein geldgeschenk angenommen.
4. Magelona erwacht.
•
Wie hab ich doch so wol geschlaffen!
Ich hoff nicht, das euch hab verdrossen.
Sie vermisst Peter und klagt.
0 Peter, Peter, höre mein stim,
Sunst kum ich halt von allen meinen sin.
Wo ist dein glaub vnd adel gros,
Do du mich aus meines vaters schlos
V£IT WARBECK U. DRAMA MAOELONB 201
Hindaunen brachts in fremde landt?
«
Du hast ein hertz von Adamant;
Medea nit so grausam war,
Du bist ein ander Jason zwar
Ich wil suchen an allen enden
Vnd wan ich ihn ia nit werd finden,
Wil ich mich in ein spital geben,
Wil füren ein keuschs fromes leben.
Einer pilgerin teilt sie ihren entschluss mit, in ihren orden zu
treten. Und als sie fragt, wie es in Provincia gehe, erfährt sie, dass
der herr des landes in grosser trauer sei um den in fremdem lande
lebenden söhn.
Hilff Got, nun ist mir wolbekandt,
Das ehr mit willen nit von mir bleibt.
Ich bit nun, gebt mir euer kleidt.
Ich wil nun füren ein fromes leben.
Ach Got, wer kann dir widerstreben?
V, 1. Die gräfin klagt der Magelona den verlust ihres sohnes.
Et sei in ferne lande gezogen und die drei ringe, die sie ihm mitge-
geben, habe ein fischer in einem fische gefunden, „gleich also zuhauff
gewunden.** Magelona tröstet sie und verspricht Peters in ihrem gebet
gedenken zu wollen. Dann betet sie zu gott um die rückkehr Peters.
Drum wil ich ziehn an einen ort.
Welchen man nennet der beiden port.
Daselbst wil bauen ein spital,
Den armen wil dienen vberal,
Wil drey altar auffrichten lan,
Welcher Sanctus Peter ehren sol haben (1. han),
Wil loben Got, im danckbar sein,
Wil ewig pleiben so allein.
2. Peter dankt gott far die glückliche führung.
Wer hat geglaubet immermehr.
Da ich war (nitten auf dem möhr.
Das ich ein herr hie werden solt,
Erlangen des grossen Soldanes huldt?
Aber die Sehnsucht nach Magelona und den eitern ist zu gross.
Drum wan ich meines herrn laub
Erlangen kundt, so wolt ich schaub.
Ob ich Mageion in Prouincia
Ausfragen möcht oder anders wo.
202 HOLSTEIN
Der Sultan entläst ihn mit geschenken und mit dem beding der
rückkehr. Peter erkrankt anf der reise nnd begibt sich in das spital
der Magelona. Hier erzählt er ihr sein geschick. Sie erkent ihn.
0 Gott, der ist der liebste mein^
Ich wil vergessen aller pein —
0 Gott, du hilffts zu aller stundt,
Wer dir allein vertrawen kundt.
Sie will arznei holen und kehrt „regio vestitu^ zurück.
Aller liebster gemael mein.
Sich an hie dein getrewes hertz,
Das deinethalben so gros schmertz
So lange zeit erlitten hat.
Es folgt nun die erkennungsscene. Magelona sendet Peter zu
dem grafen , um ihn in das spital zu bitten. Johann Cerise erkent sei-
nen sehn.
Wilkomen liebster son mein.
Ich mein , das mag ia freude sein.
Ach Peter, du mein einiger trost.
Du hast vns gantz vnd gar erlost
Von allem iamer angst vnd pein,
Das mag, das mag ia freude sein.
Auch die gräfin äussert ihre freude.
Mein freud nieman ermessen kan,
Der liebe Got hats so wollen han.
Peter entdeckt seinen eitern, dass Magelona eine königstochter
sei. Der graf freut sich über die gute mär und lobt gott
Kompt her, wir wollen nun gehn hienein
Nun wollen wir ersten frölich sein.
Finis Historiae.
Morio recitat Epilogium.
Ich kum nun wider, lieben hern,
Ich weis, ihr hört mich vber aus gern,
Dan ich zu Pareis hab gestanden.
Wer besser, het zuzeiten gangen,
Sie weiten aus mir ein Doctor machen,
Nun bin ich, des die leute lachen,
Doch narren pflegen die warheit zusagen
Vnd für niemant schew zutragen.
Drum lieben herren allzumall,
Ihr habt itzt mögen a
YSIT WABBECK ü. DBAMA MAOELONB 203
Wie hier auff dieser weit das glück
So gar ist voller böser tück,
Vnd wie wir sollen in aller not
Vertrawen dem ewigen got,
In keiner not sollen vorzweiflen,
Sünder ihn lassen die Scheiben treiben.
Auch wie sooiel daran ligt,
Das man die jugent wol erziechi
Drum lieben herren, dencket dran,
Nempt solchs von einem narrn an,
Es wer wol viel daruan zusagen,
Die zeit wil aber solchs nit tragen,
Wir müssen fort au ein andren ort,
Ihr habts auch zwar genug gehört.
Ad personas.
Nun schickt euch zu vnd trefft die thor.
Doch wart, ich mus ia trincken for.
Nun geth von stad, wie steet ihr so?
Geth fort, das euch der donner schlag.
Hierauf folgt eine lateinische strophe:
De fortuna hendecasyllabum.
Fortuna ambiguo vagatur axe
Vultu lubrica iam sereniore
Blanditur, modo colligit tenebras
Certis nescia passibus teneri.
Gedruckt bei Michael Blum, 1. 5. 39.
Eine zweite ausgäbe erschien 1540 bei demselben buchdrucker,
1er Warbecks buch gedruckt hatte.
Historia Mage- | lone, Spilweiss in Teütsche | reimlein ge-
bracht , Durch einen Studenten. | Mit einem nutzlichen vnderricht |
Georgij Spalatini. | (Holzschnitt.) M. D. XXXX. — Am ende:
Getruckt zu Augspurg durch Haynrich | Stainer im 1540, Jan
35 bl. 8«. — In München, Wien (hofbibl.) und Zürich.
Unter Gigas' versen auf der kehrseite des titelblattes befindet
sich ein holzschnitt. Der oberdeutsche druck ist dem inhalt nach nicht
verschieden von der ersten ausgäbe. Orthographische Verschiedenheiten
smi dagegen zahlreich vorhanden, wie klain, dyser, anzaigt, zweyffel,
ansskam (f&r klein, dieser, anzeigt, zueifel, ausquam). Wenn in A
^^'«gabe von 1539) vorstand, vorgist, vorhoff, an allen vorzug, vor-
204 HOLSTBIN
zeich sich findet, liest man in B (ausgäbe von 1540): verstand, ver-
gist, verhofiF, on allen Verzug, verzeuch. Lesarten von A wie: hinfor-
der mehr , im Dhuringer walt , Pareis (B hinfurt der mehr , im Dürin-
ger wald , Pariss) , druckfehler in A : vbertrit (B vbertriflFt) , erzeicht
(B erziecht), leibst (B liebst), sowie auch das fünfmalige „belan^
(B wolan) lassen darauf schliessen, dass B kein nachdruck von A ist,
sondern ohne vorläge von A gedruckt wurde. Dagegen könte man A
als nachdruck von B ansehen, wenn feststände, dass Michael Blum
unter die nachdrucker jener zeit zu rechnen ist. Auffallend ist inmier-
hin das fehlen des druckortes in A, weniger auffallen würde die äude-
rung der Jahreszahl 1540 in 1539. Zu bemerken ist noch, dass die
ziemlich häufigen bühnenweisungen in A in lateinischer , in B in goti-
scher Schrift gedruckt sind.
Für den Sprachschatz sind anzumerken:
I, 1 Es lust mich doch im herzen mein.
IV, 2 Der kam der stet nun gar im dreck.
Ich schwer euch hier auch stock und bein.
lY, 3 All har die sten mir itz zu borg.
Wollen wir vns den vber die köpfife dresch?
So wollen wir itzundt fristen dich.
V, 2 Drum wan ich meines herm laub
Erlangen kundt, —
So bit ich, gnediger fürst vnd herr,
Das ich mit euer laub zuhandt
Besuchen möge mein vaterlandt.
In der handhabung des reimes zeigt der Verfasser nur eine sehr
geringe fertigkeit. Wir notieren: gestanden — gangen, not — hat,
gut — not, sagen — widerfaren, gemahel — wol, das — kraftlos^
solt — huld, hab — trag, verzagt — tag, nidder — federn, dich —
streich, tugenden — eitern, finden — gelingen, knyen — fortgehen,
zeit — ligt, ziben — besehen usw. Sehr häufig findet sich der auch
andern dramatikern des 16. Jahrhunderts geläufige reim zart — auf der
fart, ist — zu dieser frist. Widerholungen desselben wertes zur aos-
hilfe finden sich nicht selten:
Lasst vns immer daruan, daruan.
Das glaub ich nicht fnrwar, furwar.
Das mag, das mag ia freude sein.
Ich mus furbas gehn bas herbey.
Alzeit volauff volauff geben.
Die tragen grosse grosse pein usw.
VBIT WARBROK ü. DBAMA MAOELONB 205
Die versbildung zeigt viele schwächen. Der achtsilber wird um
eine silbe bald gekürzt , bald verlängert. Die tonsetzung ist gleichfals
öfter mangelhaft
Nechst da wir beim trunck sässen.
Seim h^rr vat^r Cerise lieb währ.
Doch liebt ihr dir rittßr vor allen.
Foret sie zu seines herrn väters schlös.
Sie wölt bleiben ein jünckfrau rein.
Die willig folgen auch d^n Eltern.
Wflcher nimmer kümmet äuss usw.
Inmierhin ist das drama des unbekanten Verfassers als ein beach-
tenswertes erzeugnis aus der ersten zeit der dramatischen litteratur des
16. Jahrhunderts anzusehen.
n.
Der zweite bearbeiter des sagenstoffes von der schönen Mf^e-
ona ist Hans Sachs. Zuerst hat er denselben als erzählung behandelt.
Historia der schönen Magelona, eins königs tochter zu Neapolis.
Anno salutis 1554, am 28 tag Februarii. Keller U, 251 — 261.
Der anfang des gedichtes lautet:
In der Frantzosen cronica
List man, wie in Provincia
Ein mechtig reicher grave sass,
Johan Geriso genendt was.
Am schluss werden drei lehren aufgestelt:
Auss dem man die drey stück sol lern :
Erstlich, das man auff zucht zu ehrn
Die eitern ziehen ihre kind
Und haben acht auff ihr gesind,
Auff das ir töchter behüt seyen
Vor cuplerey und bulereyen;
Zum andern, das jungkfrawen fliehen
Sollen manssbilder, sich einziehen.
Hüten, das nicht die wütend lieb
Sie hinderschleich gleich wie ein dieb.
Die sie verwegen durch vil duck
Stürtz inn schand, schad und ungelück;
Zum dritten, wenn auch der unfal
Mit gwalt ist reyten uberal.
Das er darundter nit verzag^
Wann Gott als Unglück wenden mag,
206 HOLSTEIN
Wer ihn anrülft und ihm vertrawt,
Derselb auff einen felsen bawt.
Das glück wider grün, blü und wachs,
Das wünschet zu Nürnberg Hans Sachs.
Schon im nächsten jähre gestaltete der Nürnberger meister den
Stoff zu einem drama. Dasselbe wurde z. b. 1585 in Frankfurt von
einer geselschaft Nürnberger bürger gespielt.^
Comedi mit 19 personen, die schön Magelona, vnnd hat 7 actas.
Am ende: Anno salutis 1555, am 19 tag Novembris. Keller Xu,
451 — 487.
Dass Hans Sachs Warbecks Übersetzung benuzte, geht aus den
werten des ehrnholts hervor, den er im anfang sagen lässt:
Ein comedi zu recedirn,
Welchs gschicht in teutsch thet transferim
Magister Veit Warbock, hoch erfarn,
Auss französischer sprach vor jam.
Hans Sachs nent seine quelle Veit Warbock , den ritter am hofe
des königs von Neaples Heinrich von Trepona (st. Crapana). Die fal-
sche Schreibung dieser namen bestätigt Goetzes mahnung (Schnorrs Ar-
chiv YIII, 312), dass die falsch gelesenen eigennamen nach der quelle,
der der dichter seinen stoff entnommen hat , berichtigt werden müssen.
Die handlung volzieht sich in 7 acten. Zuerst Peters bitte,
abreise und ankunft in Neapel. Dann turnier und Peters sieg. Er wird
von der schönen Magelona bekränzt und zur tafel geladen. Er ent-
brent in liebe zu ihr.
Ach Gott, wie überschön und zart
Gelidmasirt englischer art
Ist Magelona, die jungkfraw her,
Artlich und höflicher geber!
Auss ir scheint aller tugent gut *
Beide an leib und an gemüt
Sie hat mit im freundlichen blicken
Mein hertz in liebe zu verstricken.
Das ich mit tieffen seufzen sencken
Nichts kan, denn ir allein gedencken.
Act ni. Verhandlungen zwischen der amme , Peter und Mage-
lona. IV. Flucht der liebenden, gefangennähme Peters. V. Magelona
im spital „der beiden pfort^ als spitalmeisterin. VL Eintreffen Peters
1) E. Menzel, Geschichte des Theaters in Fraokfart a. M. Frankftirt a.]L
1882. 8.195.
VBIT WARBBCK U. OBAHA MAGBLONB 207
im spital. YII. Erkennung und widerfinden. Ehrnholt beschliesst das
ganze mit zwei lehren ; die erste betrift eine mahnung an die eitern,
ihre kinder in guter hut zu halten, voraus aber auf die töchter und
jongfraaen zu schauen , die andere ist an die söhne und töchter gerich-
tety die Ursachen der liebe zu fliehen und den lehren der eitern in
gehorsam zu folgen.
Eine yergleichung dieses dramas mit dem von 1539 lehrt, dass Hans
Sachs in jeder beziehung über dem Verfasser jenes dramas steht. Beson-
ders zeigt sich das offenbar dramatische gescbick des Nürnberger meisters
in der scene , in der der raub der drei ringe durch einen raben geschil-
dert wird (in der französischen quelle geschieht der raub durch einen
„vogel, der lebet von dem raub, derselb ersah den zendel und vermai-
net es war fleisch^^ in der historia von Hans Sachs durch einen fal-
len). Während nämlich im drama von 1539 die bühnenweisung: „hie
rapiuntur annuli*^ den raub einfach meldet und es dem Zuschauer über-
lassen bleibt, zu erraten, auf welche weise der raub vor sich geht,
lässt Hans Sachs seinen beiden den Vorgang erzählen.
Zwischen ihrn brüsten ich ergrieff
Ein zendel roth, darinn ich schawt
Drey ring, darmit ichs het vertrawt.
Diese drey ring die knüpffet ich ^v
Wider in zendel fleissigklich.
Legt sie neben mich auff ein stein.
Mein wun und fireud die war nit klein
Ob der schlaffenden schön jungkfrawen.
Der schön thet ich mit wunder schawen.
Da kam im luft geflogn ein rab.
Sah den zendel und schoss herab,
Zuckt den zendel, meint, es wer ein ass usw.
m.
Als der dritte bearbeiter der Magelonsage erscheint der Augs-
burger dramatiker Sebastian Wild, der auch unter den meistersän-
gem der Augsburger schule genant wird. ^ Von den 12 dramen, die
er ver£Etöste, sind die meisten biblisch; zu denen , welchen novellistische
8t4>fre zu gründe liegen, gehören ausser der „schönen Magelona^ noch
1) Schnorr v. Carolsfeld, Zur Geschichte des deutschen Meistergesanges.
Beriin 1872. s. 22. — Wagenseil führt s. 534 die kurze Nacht -weiss, s. 535 die
Jiiigfkaiiweis an. Wilds lieder stehen in dem dritten der Eolmarer Liederhand-
•chiift (heraoBgegeben von K. Bartsch 1862, Bibl. d. litt. Vereins in Stuttgart
BT« 08D bfligvgebenen manascripte (Münchener Cod. germ. 4999).
208 HOLSTEIN
„Kaiser Octavianus" und „die sieben weysen Maister." Orientalischen
Ursprungs ist seine tragödie „vom Doctor mit dem Esel vnd dem Spie-
gel der Welt.'' ' Seine sämtlichen dramen erschienen 1566 in einer
samlung :
Schöner Co- | medien vnd Trage- | dien zwölflF: Auss heiliger | Gött-
licher schrüTt, vnd auch auss etlichen Historien gezogen. | . . .
Aufifs new * in Truck | verfertiget , | Durch | Sebastian Wilden.
M. D. LXVI. Am ende: Gedruckt zu Augspurg, | durch Matthemn
Francken. 483 bl. 8^ — In Celle.
Nr. 10 behandelt die schön Magelona vnd Ritter Peter. Der
Yolständige titel ist:
Ein schöne Tra- | gedj, von dem Ritter Peter, | dess Graffen Son
auss Prouincia, j vnd von des Königs Tochter auss Ne- | aples, die
da genandt wirdt | die schön Magelona. 48 bl.
Es treten 20 personen auf. Das spiel ist auf 5 acte verteilt
Der herold kundigt das spiel an.
Drumb bitt ich euch; seyt still vnd züchtig,
Die Historj ist schön vnd wichtig,
Sehr kläglich vnd tröstlich dar neben,
Drumb thut fleissig auffmerken eben.
So wollen wir das Spiel anheben.
Im 4. act finden wir die beiden liebenden im walde. Die büb.—
nenanweisung lautet: Sie legt sich auf seinen Schoss nieder vnd schlä
Peter preist sie ein wenig auf, findet die Ringe in ihrem Busen inZe
del eingewickelt. Er legt sie neben sich , indem lässt er ein Vog^^^
fliegen und spricht:
Sich, diser verfluchter Vogel
Hat mir die Ring weg zucket schnell,
Halt, ich will jm eylend nachlauffen,
Dieweyl sie also sanfft thut schlaffen.
Diese probe wird genügen , um den geringen dramatischen wer*
des dramas zu kenzeichnen. Wir fugen nur noch hinzu, dass Wild
sich von seiner vorläge sclavisch abhängig macht. Wenn es bei Veit
Warbeck bl. J 4' heisst: „Gnädige Frau, ihr sollt euch nicht bekfim-
mern . . Es kann und mag doch wol sein, dass er die Ringe hat ver-
loren oder einer andern Person geben, darumb ich euch bitt, ihr wollt
euch nicht mehr betrüben oder bekümmern. Darin werdet ihr eurem
Herrn thun zu gefallen, denn ihr mehret ihm seinen schmerz, alsbaM
1) Qedruckt bei Tittmann , Schauspiele aus dem sechzehnten Jahrhundert It
201—245.
2) Goedeke I, 321, 280: Auffs ueuo d. h. zum erstenroale.
VKIT WARBECK ü. DRAMA HAOBLONE 209
^>e trübt und traurig. Darum kehret euch gegen Gott den
1 danket ihm um alles, das er euch erzeiget hat,"
^ V Magelona also sprechen:
'• - herr vnd liebste frawe zart,
^"L ^ ^mert euch dess nicht so hart,
, \ ('wiss, das er ist todt,
r •■ ^ omm noch ein andrer Bott,
\ ' »vol verloren han,
V * omer andern person
^ooen, darumb lassend hin
Den unmuth aus ewerem sinn^
Vertrawet Gott dem Henn allein.
Als sie sich zu erkennen gibt, sagt sie (bei Veit Warbeck bl.
^^''): „Ich bin dieselbige, die ihr allein schlafend liegen verlassen
'^sbt in dem holtz und wilden wald, und ihr seid derjenige, der mich
^st geführt aus dem haus meines vaters , des Königs von Neaples. Ich
'>iö die, der ihr verheissen habt alle ihre Ehre und Zucht bis zu Be-
^chlnss unserer Ehe, ich bin auch diejenige, die diese guldne Eettin
liat gehenkt an eueren hals mit Übergebung der Gewalt meines Lebens,
ieb bin die, deren ihr habt gegeben die drei Kinge, die also köstlich
lind gewesen.'^ Aus diesen worten macht Wild folgende verse :
Ich bins die jr habt ligen lassen
SchlafTend in dem Wald aller massen.
Ich bin des Königs Tochter von
Neapels, ewer liebste schon,
Ich bins, der jr verheissen thet
Ihr Ehr in zucht zu halten stet.
Ich bins, die euch die Ketten gab
Mit vbergab meins Leibs vorab,
Ich bin die, welcher jr habt eben
Die drey köstliche Ring gegeben.
Nachdem die eitern den bund der liebenden gesegnet, schliesst
^ herold mit dem bericht von der hochzeit, die 14 tage lang „mit
tetien, springen ohne zil^ gefeiert worden ist, und mit einer mah-
Vttg, dem glück nicht zu trauen,
Dann es ist rundt vnd schlüpfferigk.
Zu band faats ein gworffen zurück.
Dann ist sein Gsell der vnfal da,
Der regt jn biss in den todt, wa
In Gott nit wider begnadet.
Also es in der Wellt zugeht,
'*'**CHIin V. DBTJT8CHI FHILOLOOIB. BD. XTIH. 1 4
210 0I8KB
Glfick vud vngläck ist alles anders
Nur ein tag vnd nacht von einander
Gott wöll all denen , dies begeren,
Auss dem vnglück helffen zu Ehren,
Durch sein Barmhertzigkeit so mildt,
Spricht vnd wünscht Sebastian wildt.
Ende diser Tragedj.
Gedicht vnd zusammen | getragen, durch | Sebastian Wilden, zu
halten | mit 20. personen.
Es leidet wol keinen zweifei , dass Wilds drama unter den drei
angeführten das unbedeutendste ist. Seine übrigen dramen teilen die
mängel des dramas von der schönen Magelona, so dass sich über Seba-
stian Wild dasselbe urteil fällen lässt, das W. Scherer ^ über Joadiiin
Greff gefält hat: „Er ist für die litteraturgeschichte eher eine lmb^
quemlichkeit als eine freude.''
GEESTEMÜNDE. HUGO HOLSTEIN.
ÜBER KÖRNER UND VERWANTE METRISCHE ERSCHß ^'
NUNGEN IN DER MITTELHOCHDEUTSCHEN LYRIK.
(Fortsetzung.)
4. ßeinmar (MF 191, 7 — 33)«
Die handschrift überliefert diese drei in demselben tone abgefassfc^^
Strophen in der folge 1. 3. 2. In MF sind aus denselben zwei lieJ^^
gemacht, dergestalt, dass die Strophe
06 fröiden nähet alle tage
ein lied für sich bildet. Richtig scheint mir erkant zu sein, dass
str. 1 und 2 nicht durch die dritte getrent werden dürfen , aber str. 3
ganz abzutrennen halte ich für verkehrt. Ich glaube vielmehr, dass
diese strophe mit ihrer winterklage und frühlingshoiiiung den anfang
des dreistrophigen liedes bildete. Es besteht dann allerdings \m
ganz enger Zusammenhang zwischen str. 3 und 1. Allein zwischen 1
und 2 ist derselbe auch kein so enger, und wie viele lieder Beinmars
und anderer gleichzeitiger dichter sind denn so abgefasst^ dass ein enger
logischer Zusammenhang klar zu tage trete? Darnach scheint dies
gedieht
1) Dentsohe Stadien IIl, 60.
2) Bardach (a. a. o. s. 228) zweifelt an dor ochtheit dieser atrophen.
KÖBKEB 211
3str. 9zeil. Str. 3 u. 1 (1 u. 2) KbKbKbccb
„ 2 (3) abababccb
Str. 3 (1). 1:3:5 tage : klage : verzage
„ 1 (2). 1:3:5 sage : trage : Jdage
„ 2 (3). 1:3:5 man : Jean : behan.
5. Wizlav (EMS DI 84 XV)
38tr. IGzeil. Str. 1 u. 2 aaabcccbKKKefffe
„ 3 dddefffe
Str. 1. 9:10: 11 guot : bltwt : tiwt
y, 2. 9 : 10 : 11 muot : guot : tuot
„ 3. 9:10:11 zU : git : gebit
Str. 1. 11 daa ez den ougen senfte tuot
jf 2. 11 einer, diu mir senfte tuot,
ß. Die zweite atrophe nimt nicbt an den bindungen teil.
1- Graf Rudolf von Fenis (MF 80, 1)
Bstr. 8zeil. Str. 1 u. 3 KbKbccEc, str. 2 ababccac
Str. 1. 1:4:7 wän : hän : kan, Str. 3. 1:4:7 län : hän : ban,
„ 2. 1 : 4 : 7 gewant : erkant : hänt.
Ich habe die reime nach der herstellung des gedichtes in MF
gegeben. Mag man auch im übrigen über die gewagten änderungen
indem verderbt überlieferten liede abweichende ansichten hegen, das
Teimschema scheint richtig gefunden zu sein.
^- Winli (HMS n 30 VI)
Bstr. llzeil. Str. lu. 3 abcEebcKeaE, str. 2 abcdebcdead
Str. 1. 4 : 8 : 11 Uuot : vruot : tuot
„ 3. 4 : 8 : 11 guot : tuot : bluot
„ 2. 4 : 8 : 11 &o^ ; not : rot.
Die gleichen reime schliessen jeden der beiden stellen sowie den
abgesang (vgl. D A b 2).
^ Albrecht Marschall von Raprechtswyl (HMS I 342 D)
aa bdd e ccK f f K
38tr. lOzeil. Str. 1. b b c e e c c K K c, Str. 3. K K c
9» 2. g g c
Str. 1. 8:9^:9' dahin : mündeltn : bin
jt 3. 8 : 9* : 9* pin : min : sin
» 2. 8 : 9* : 9* vuoz : gruoz : muoz.
14*
212 GISKE
4. Heinrich von Rugge (MF 109, 9) ^
Sstr. 9zeil. Str. 1 u. 3 ababccKKK, Str. 2 ababccd
Str. 1. 7:8:9 gään : toän : hän
y, 3. 7 : 8 : 9 man : gewan : hegan
„ 2. 7:8:9 niht : geschiht : gesiM,
y. Die erste Strophe nimt an den bindungen nicht teil.
1. Der Schenk von Limburg (HMS I 133 VI)
3str. 9zeil. Str. 2 u. 3 ababKEddE, Str. 1 ababccdd
Str. 2. 5:6:9 munt : gesutU : vertoutU
y, 3. 5 : 6 : 9 stunt : toutU : gesutU
„ 1. 5:6:9 ttoanc : ranc : sanc.
2. Eubin (HMS I 313 VH)
3str. llzeil. Str. 2 u. 3 abcabcdEdEE
„ 1 abcabcdedee
Str. 2. 8 : 10 : 11 arebeü : leit : gehleU
yt 3. 8 : 10 : 11 stcetekeit : arebeit : treit
y, 1. 8 : 10 : 11 niJU : geschiht : übersiht.
c. Verbindung von H Ba/9 und hß.
Der von Buwenburg (HMS II 261 I)
3str. I3zeil. abcdabcdeffce
Str. 1. 1:5 sich : wunnedich^ Str. 3. 1 : 5 minnedich : i
^ 2. 1 : 5 ml : spil.
Str. 1. 3 : 7 : 12 vogelin : in : gesin
„ 3. 3 : 7 : 12 darin : ptn : in
„ 2. 3 : 7 : 12 lebet : swebet : strebet.
d. Durch widerkehr derselben reime in vier Zeilen.
ce. Die Schlussstrophe nimt an den bindungen nicht teil.
1. Albrecht von Johansdorf (MF 87, 5)
3str. 8zeiL Str. 1 u. 2 EbEbbEbE, Str. 3 ababbabs
Str. 1. 1:3:6:8 scheiden : leiden : heiden : beiden
„ 2. 1:3:6:8 Meide : beide : — : leide
„ 3: 1:3:6:8 sSre : ire : sere : keren.
2. Meister Johannes Hadlaub (HMS H 289 XIX. B. L. LXXXVH
3str. llzeil. Str. 1 u. 2 aEaEcEcEddd, Str. 3 ababcbc
Str. 1. 2:4:6:8 ßn : dahin : tohterlin : sin
1) Wilmanns im Anzeiger f. d. Altert. 1, 8. 155 tgg, und Buidach a.
8. 190 fgg. und b. 224 fgg. nehmen, wie mir scheint, mit recht an, dass Rei:
der Yerfasser dieses liedes sei.
KÖBNES 213
Str 2. 2:4:6:8 dahin : gewin : sin : in
n 3. 2 : ^ : ß : S leit : geseit : gemeit : arbeit.
ß. Die erste strophe nimt an den bindungen nicht teil.
Friedrich von Hausen (MF 47, 9)
38tr. 8zeil. Str. 2 u. 3 aEaEKaaE, Str. 1 ababbaab
Str. 2. 2:4:5:8 nan : verban : man : ergän
„ 3. 2:4:5:8 län : enpfä : ergän : getan
j, 1. 2 : A : b :S ßU : mp : sit : strit
C. Verbindungen von II A und B.
Heinrich von Bugge (MF 109, 36 — 110, 7. 110, 8 — 25)
3str. 9zeil. ababccddd '
Str. 1. 1 : 3 tvol : sol, Str. 2. 1 : 3 sol : wol,
„ 3. 1 :S wol : sol. (Vgl. II A a.)
Str. 2. 7 : 8 : 9 fei : si : vri, Str. 3. 7 : S : 9 U : st : vri,
„ 1. 7 : 8 : 9 rd^ : s^o^ : hat. (Vgl. H B by.)
Die handschriften überliefern diese strophen an verschiedenen
^f^llen und unter verschiedenen dichtem. MF ist richtig erkant, dass
^^^ einem dichter gehören. Burdach (a. a. o. s. 198) nimt dieselben für
^^inaar in anspruch.
109, 36 ist von den beiden folgenden strophen als besonderes
^^d abgetrent Dies scheint mir nicht richtig. Die angemerkten glei-
^l^en reime weisen darauf hin , dass alle drei strophen für fortlaufenden
Vortrag bestirnt waren. 109, 36 bildete die einleitung zu dem nach-
folgenden Wechsel und eine engere beziehung zwischen 110, 6 swes
*^tiot iedoch zer werlte als der rnine stät^ ich W(Bne er nienege sorge
'^thb ere hat und 110, 20 mir ist der muot von grözen sorgen komen
^st doch auch wol anzunehmen.
^' Gedichte, in denen entweder sämtliche strophen oder alle mit aus-
liahme einer einzigen zu je zweien oder dreien in verschiedener weise
gebunden sind.
a. Durch widerkehr derselben reime in zwei Zeilen.
1. Kraft von Toggenburg (HMS I 21 III)
Östr. lOzeil. Str. 2 aabccbdfeed, Str. 1 u. 3 dE^E^d
„ 4 u. 5 dE«E«d
Str. 1. 8 : 9 sunder wän : hän, Str. 3. 8 : 9 wunder han : begän.
» 4. 8:9 also : vro, Str. 5. 8 : 9 vro : so.
Str. 1 enthält den bekanten natureingang : der dichter beklagt
^ wmter mit seinen leiden und sagt, dass er mit der natur kumber
214 0I8KE •
leidet. Str. 2, welche mit sommerhofnuDg begint und mit liebeszuver-
sicht schliesst, will vor str. 3 nicht passen. Wol aber schliesst str. 3
sich treflich an str. 1 an. Vergleichen wir nun str. 3, 10
wil si niht schiere minen Jcumber wenden
mit str. 2, 4
und daz diu liehe vrouwe min
noch wende minen senden ptn
diu guote unt diu vil here, ,
dann wissen wir auch , wo str. 2 wol ursprünglich ihren platz gehabt
hat. Diese Vermutung scheint mir um so sicherer zu sein^ als str. 4
in ähnlicher weise mit str. 2 (vgl. str. 2, 10 mit str. 4,4), str. 5 mit
str. 4 (vgl. str. 4 , 9 mit str. 5,1) in Verbindung steht Schliesslich
mag noch auf den abweichenden bau der fünften strophe (aabccbdaad)
aufmerksam gemacht sein.
1 3 24J
2. Gottfried von Neifen (H 15, 6)
östr. 8zeil. Str. 1 u.2 aK^aK'cddc, Str. 3 u. 5 aK«aK«cddc
Siehe VI B a 1.
3. Ulrich von Singenberg , Truchsess von St. Gallen. (HMS I 289 V.
WR 225, 17)
5str. Szeil. Str. 4 ababccdd, Str. 1 u. 5 aE^aE^
„ 2 u. 3 E«bE«b
Str. 1. 2:4 bescheiden : erleiden, Str. 5. 2 : 4 erleiden : scheiden-
„ 2. 1 : 3 lett : widerseity Str. 3. 1 : 3 werdecheU : bereit.
12345
4. Eonrad von Altsteten (HMS II 64 I)
El E«
östr. 7zeil. Str. 1 u. 5. bcbcddE*, Str. 2 u. 3 bcbcddK«
a
„ 4 u. 5. E»cE«cdda
Str. 1. 1^:7 min : sin, Str. 6. 1^ : 7 in : sin.
jy 2. 1^:7 mir : dir, „ 3. 1* : 7 mir : ir.
„ 4. 1 : 3 schauwen : frouwen, Str. 5. 1 : 3 tauwe : frauwe.
12345
5. Hartmann von Aue (MF 207, 11 fgg.)
A überliefert MF 207, 11; 207, 23; 208, 20; 208, 32; B 208, 8;
207, 11; 207, 35; 207, 23; 208, 20; C 208, 8; 207, 11; 207, 35;
208, 32; 207, 23; 208, 20. In MF sind 207, 11 — 208, 31 zu einem
fünfstrophigen liede vereinigt, 208, 32 ist als einstrophigeB lied abge-
KÖBNER 215
trent. Bardach (a. a. o. s. 53) sondert auch noch 207, 11 ab und meint
die richtige reihenfolge der vier atrophen sei: 207, 35; 208, 8; 207, 23;
208, 20. Ich stimme Burdach bei siwvol in der abtrennung von 207, 11
als auch in der anordnung der strophenfolge. Nur glaube ich, dass
208, 32 mit den vorhergehenden Strophen zu einem funfstrophigen liede
zu vereinigen ist.
„Sie, der ich in treuen diente, will mich nicht erhören. Das
qnält mein herz. Aber ich will sie nicht durch böse werte kränken
(207, 35). Ich kann ja auch in der tat nichts böses von ihr sagen.
Die tatsache liegt freilich zu tage, dass ich ohne erfolg nach ihrer
liebe geworben habe. Aber sie trift keine schuld : hätte sie mich ihrer
liebe wert erachtet , so würde sie mich erhört haben (208 , 8). Wenn
ich mich nun aber doch einmal rächen soll , so will ich es in der weise
tun, dass ich ihr das gi'össte erdenglück wünsche (207, 23). Trotz
meines miserfolges v^ill ich mich der aussen hofnung auf eine glück-
liche Zukunft getrösten. Eine solche hofnung ist schon manches man-
nes lebenslänglicher trost gewesen (208, 20). Hat mir mein treues
werben auch wenig genüzt, so will ich doch nicht traurig sein. Wer
sein lieb verlassen will , mag es tun ; er ist aber ein treuloser mann.
Mir ists unmöglich von ihr zu lassen (208, 32)."
Mit den werten min muot stet baz: von ir ich niemer kamen
icil kehrt der schluss des liedes zu dem anfang Ich was untriuwen ie
gehojs zurück. Die im folgenden verzeichneten reime dürften zur bestä-
tigung meiner oben ausgesprochenen ansieht dienen.
(MF 207, 35; 208, 8; 207, 23; 208, 20; 208, 32)
58tr. 12zeil. Str. 2. 3 u. 4 aK^aK^ccdeffde
„ 1 u. 5 aK'aK*
„ 3 u. 4 ababccdK^ffdK»
„ 3 u. 5 abab ccdeK*K*de
Str. 2. 2:4 hän : län, Str. 3. 2 : 4 hän : ergän^
4. 2:4 hän : wän.
1. 2 :4: sin : min^ Str. 5. 2:4 sin : min.
3. 8 : 12 (dso : fro, Str. 4. 8 : 12 also : fro.
3. 9 : 10 gan : man, Str. 5. 9 : 10 kan : man.
12 3J5
6. Albrecht von Johansdorf (MF 94, 15)
48tr. lOzeil. Str. 1 u. 4 abcabcK^K^ee
„ 2 u. 4 aK*caK'cddee
„ 3 u. 4 K»bcK«bcddee
216 0I8KE
Str. 1. 7 : 8 fwt : tot^ Str. 4. 7 : 8 tio^ ; tot.
„ 2. 2 : 6 län : han, Str. 4. 2 : 5 han : gewan.
ji 3. 1 : 4 mp : lip, • „ 4. 1:4 unp : Up.
12 3 4
Bar dach (a. a. o. s. 78) sondert 94, 15 und 94, 25 von den bei-
den lezten Strophen ab. Dass er dies sehr mit unrecht tut, beweisen,
wie mir scheint, die oben mitgeteilten reime.
7. Friedrich von Hansen (MP 52, 37 --53, 30)
48tr. 8 Zeil. Str. 4 ababccdd, Str. 1 u. 2 ababccK^K*
„ 2 u. 3 aK«aK«ccdd
Str. 1. 7 : 8 giiote : maote, Str. 2. 7:8 gtwten : rtwten.
„ 2. 2:4 erbunde : funde, „ 3. 2 : 4 stunde : erfunde.
G überliefert die ersten beiden Strophen an einer andern stelle
als die beiden lezten, in B stehen nur str. 3 und 4. In MF sind ans
den vier Strophen zwei zweistrophige lieder gemacht. Ich glaube , dass
alle vier strophen ursprüglich ein lied bildeten. Der innere Zusam-
menhang ist vorhanden, und die angemerkten bindungen deuten auf
bestinmiung dieser strophen för fortlaufenden vertrag.
12 3 4
8. Derselbe (MP 45 , 37) ^^
5str.lOzeil. Str.l. 2 u. 4 aabbccddK^K*, Str.2u.3K«K«bbccddee
„ 3 u. 5 aabbK«K»ddee
Str. 1. 9 : 10 versan : veman, Str. 2. 9 : 10 Mn : getan,
j, 4. 9 : 10 hän : han,
„ 2. 1 : 2 strit : zit, Str. 3. 1 : 2 lip : zU.
„ 3. 5 : 6 muot : tuot, Str. 5. 5:6 gtiot : tuot.
Ich kann Müllenboff (Z. f. d. A. 14, s. 137) nicht beistimmen,
der die drei lezten strophen dieses liedes als ein gedieht für sich
betrachtet. Diese strophen hängen inhaltlich, wenn auch freilich nur
lose, mit den ersten beiden zusammen. Ausserdem weisen die ange-
merkten metrischen erscheinungen darauf hin, dass alle fünf strophen
zu einem liede zu vereinigen sind.
12 3 4 5
9. Ulrich von Lichtenstein (L 555, 21)
5str. 6zeil. Str. 2 ababcc, Str. 1 u. 4 aK^aK^cc
„ 3 u. 5 ababK»K«
Str. 1. 2 : 4 ro^ ; stat, Str. 4. 2 : 4 missetät : stät.
„ 3. 5 : 6 unvrö : ho^ „ 5. 5 : 6 vrö : ho. •
12 3 4 5
KöBiniB 217
10. Derselbe (L 584 . 1)
Tstr. 6zeil. Str. 3 ababcc, Str. 1 u. 5 ababK^K*
„ 2 u. 7 aK»aK«cc, Str. 4 u. 9 bK«bK»bcc
Str. 1. 5:6 tiwt : guot^ Str. 5. 5 : 6 giMt : tuot,
jf 2. 2:4 min : schin, ^ 7. 2 : 4 min : sin.
„ 4. 1 : 3 ougen : lougen, Str. 6. 1 : 3 ougen : tougen,
1 2 3 4 5 6 7
11. Derselbe (L512, 7)
P(d)
78tr. 7zeiL Str. 6 abab c cd, Str. 1 u. 3 aKUK*
„ 1 u. 5 abab c cK*, Str. 2 u. 7 abab c cK*
„ 3u. 4 K*bK*b
Str. 1. 2:4 min : vensterlin, Str. 3. 2 : 4 min : gesin.
„ 1. 5* : 7 wie : hie, Str. 5. 5* : 7 wie : nie.
„ 2. 5^:7 der : ger, „ 7. 5^ : 7 er : wer.
j, 3. 1:3 dich : ich, ,, 4. 1 : 3 mich : ich.
12 3 4 5 6 7
12. Eonrad der Schenke von Landegge (HMS I 356 XI)
58tr. lOzeil. Str. 1 u. 3 abK^abKMeed
„ 2 u. 4 abcabcdK»K«d
„ 4 u. 5 aK'caK^cdeed
Siehe VI B a 2.
13. Derselbe (HMS I 351 II)
dd f
östr. 9zeil. Str. 5. ababc c R(eef)
^ lu. 3ababc c B
dd
„ 2 u. 4 aK«aK«c c R
Str. 1. 6^ : 6* doßne : schcene^ Str. 3. 6^ : 6' krcene : schosne.
„ 2. 2 : 4 kunt : murU, Str. 4. 2 : 4 kunt : vtmt.
12 3 4 5
14. In einem namenlosen HMS III 468 "^"^ mitgeteilten liede
8str. lOzeiL Str. 1 u. 8 K^K^bbcddeec
„ 2 u. 5 K«K«bbcddeec, Str.2u. 6 aaK»K»
„ 7 u. 8 aaK*K*, Str. 3 u. 6 aabbcK^K^
„ 4 u. 7 aabbcK«K«
Siehe VI B a 3.
218 0I8KE
15. Dietmar von Aist (MF 37, 30 — 38, 31)
Dass diese vier stropben für den forüanfenden Vortrag bestirnt
waren, darauf weisen die unten angemerkten bindungen. Allerdings
ist die reibenfolge derselben in der bandscbrift wol nicht die ursprüng-
licbe. leb glaube, an die winterklage und zusicberung beständiger
treue in str. 1 scbloss sich (str. 4) die bitte an den herrn der v^elt,
der geliebten den sinn zu geben , dass sie ihr herz ihrem getreuen Ver-
ehrer zuwende. Dann folgte str. 3 , in welcher der dichter seinen boten
sprechen, der geliebten sein ungemach klagen und sie um endgiltigen
besclieid ersuchen lässt. In str. 2 gibt dann die geliebte erwünschte
antwort.
4str. 9zeil. Str. 3 WaWabbcWc, Str.l u.4 WaWabbK^WK'
„ 2 u. 4 WK«WK»bbcWc
Str. 1. 7:9 gedienet hau : gegän
„ 4 (2). 7 : 9 begän : gedienet hän,
^ 4(2). 2 : 4 sinne : und mich von rehtem herzen minne
^ 2 (4). 2 : 4 sinne : in sime herzen minne,
14 3 2
b. Durch widerkehr derselben reime in drei Zeilen.
Ulrich von Lichtenstein (L 563, 1)
Str. 3 ababab, Str. 1 u. 2 aK^aK^aK*
4 u. 5 K«bK^bK«b
6 sanc : getane : twanc
6 gedanc : wanc : kranc.
5 munde : stunde : vunde
5 vunden : gebunden : verswunden.
Str. 1 und 4 beginnen mit Woly str. 2 und 3 mit Man.
Wenn Ulrich 564, 1 von diesem gedichte rühmt
Diu liet diu wären nmsterlich
unde ir rim gar sinnenrich
so denkt er doch wol nicht allein daran, dass durch alle atrophen hin ^
durch die reimworte von demselben wortstamme abwechselnd klingenir^
und stumpf gebildet sind. Er wird jedenfals auch die künstliche bin- ^
düng der stropben durch die angemerkten reime im sinne gehabt habend
Die so gebundenen stropben gruppieren sich um die mittelstrophe de5 ^
gedichtes, welche an den bindungen keinen anteil nimt.
12 3 4 5
5 str.
6 Zeil.
Sti
n
Str.
1.
2
: 4
V
2.
2
: 4
n
4.
1
:3
«1
5.
1
:3:
KÖRNEB 219
c. Verbindung von II D a und b.
1. Dlrich von Lichtenstein (L 322, 1)
58tr. 7zeU. Str. 2 u. 5 K^bK^bccc, Str. 1 u. 5 ababK«K«K«
„ 2u. 4 ababK»K«K3
Siehe VI B b 1.
2. Sabin (EMS I 311 II)
Die handschriften überliefern eine verschiedene anzahl und rei-
hentolge der Strophen : A bietet str. 1 — 7 , B 6. 5. 3 , C 2. 5. 6. 3.
Sicheres über die ursprüngliche strophenfolge zu sagen bin ich nicht
im stände. Nur soviel scheint mir festzustehen, dass str. 1. 2. 3 in A
in richtiger Ordnung überliefert sind (vgl. str. 1, 12 mit str. 2, 1;
str. 2, 12 mit str. 3, 1). Die vierte Strophe steht vielleicht nicht am
richtigen platze. Für den fortlaufenden vertrag scheinen die sieben in
A zusanmiengestelten Strophen wegen der mannigfachen bindungen der-
selben unter einander bestirnt gewesen zu sein.
Tstr. 12zeiL Str. 1 u. 7 K^bcK^bcdedede, Str. 2 u. 4 K^bcK^bc
„ 1 u. 4 aK^caK^c
„ 1. 6 u. 7 abcabcdKMKMK*
„ 1 u. 5 abcabcK*eK*^eK^e
Siehe VI B b 3.
3. Friedrich von Hausen (MF 54 , l)
58tr. 9zeil. Str. 2 u. 5 ababbK^ddKS Str. 2 u. 3 ababbcK'K'c
„ lu.4 aK^aK'K^cddc, ^ 3u. 5 aK*aK*K*cddc
Siehe VI B b 2.
4. Steimuar (HMS II 157 XI)
5str. llzeil. Str. 1 u. 3 aabK^K^bddeee
„ 2 u. 5 aaK*ccK*ddeee
„ 1 u. 3 aabccbK'K^eee
„ 2 u. 3 aabccbddK*K*K*
Str. 1. 4 : 5 vogelin : stn, Str. 3. 4 : 5 lln : schrin.
6 diencerin : ^n^ „ 5. 3 : 6 min : gesin,
8 swcBre : saeldenhcere, Str. 3. 7 : 8 swtBrc : nuere.
11 strousak län : strousak län : getan
11 strousak län : strousak län : gän,
[ „ 1. d : 10: 11 lät : lät : hat
11 tragen : tragen ; erwägen
11 vam : vam ; spam,]
12 345
2.
3:6
1.
7:8.
2.
9 : 10
3.
9: 10
1.
9: 10
4.
9:10
5.
9 : 10
220 0I8KB
5. Walther von Breisach (HMS II 140 I)
78tr. 15zeil. Str. 1 u. 2 K^K^bcddbceefggfc
„ 5 u. 7 aabcddbcK»K«fggfc
^ 4 u. 6 aabcddbceeK»K*K*E*c
^ 2 u. 3 aabK»ddbK*eefggfK5
Siehe VI B b 4.
d. Durch widerkehr derselben reime in vier Zeilen.
Gottfried von Neifen (H 50, 7) ^
5str. lOzeil. Str. 5 abcabcdddd
„ 1 u. 2 abcabcK^K»K>K^
„ 3 u. 4 abcabcK»K»E«K«
Str. 1. 7:8:9:10 blüde : gemüete : güete : heküete
„ 2. 7 : 8 : 9 : 10 süeze : grüeze : müeze : hüeze.
ji 3. 7 : 8 : 9 : 10 underwunden : befunden : wunden : unverbunden
jy 4. 7 : 8 : 9 : 10 stunde : munde : gunde : enbunde.
Es bestehen die bindungen in diesem gedichte allerdings nar in
unreinen reimen. Aber für Zufälligkeiten sind sie deshalb doch wol
kaum anzusehen. 12 3 4 5
e. Verbindung von II D a und d.
Heinrich von Meningen (MF 126, 8)
4str. 8zeil. Str. 2 u. 3 KibK^bbccb
„ 1 u. 4 aK«aK«K»ccK«. Siehe VI Bei.
f. Verbindung von II D b und d.
Friedrich von Hausen (MF 45, 1 — 36)
In MF haben wir zwei in demselben tone verfasste lieder. Allein
schon MüUenhoff (Z. f. d. A. 14, s. 135) meint, dass man fragen könne,
ob Friedrich die beiden lezten Strophen nach seiner räckkehr ans Ita-
lien gedichtet oder den ersten beiden in Italien ver&ssten als geleit
mitgegeben habe. Ich kann die Strophen sehr wol verstehen, wenn
sie in Italien verfasst sind , ein jähr (vgl. 45, 29) nach dem anfbrnche
Friedrichs nach suden, also 1186 (vgl. MüUenhoff a. a. o. s. 135).
Wegen der weiter unten anzuführenden kömer scheinen alle vier Stro-
phen ßiY den fortlaufenden vertrag bestimt.
4str. 9zeil. Str. 2 u. 4 aK^aK^aaE^cc
„ 1 u. 3 K«bK«cK»K»bcc
Str. 2. 2:4:7 wcere : stotere : mcere
„ 4. 2:4:7 jaere : waere : sxvijere.
„ 1. \ : ^ :b i ^ zU i lU '. lip : wip
„ 3. 1 : 3 : 5 : 6 jgri^ : Zip : ni^ : uAp,
12 3 4
KÖRNER 221
& Durch widerkehr derselben reime in je drei und sechs zeilen.
^ch von Gutenberg (MF 77, 36)
68tr. 9zeil. ababbbbab
Str. 4. 1:3:8 hdiben : verMben : vermiden
jf 5. 1:3:8 vermiden : Uden : hdiben.
Str. 1. 2:4:5:6:7:9 enstän : wän : ergän : undertän : missetän :
zergän
y, 2. 2:4:5:6:7:9 getan : getan : enkan : undertän : man : enkan
n 4. 2:4:5:6:7:9 hegän : wän : gän : verhan : man : gestän,
„ 5. 2:4:5:6:7:9 ergät : gät : bestät : rät : hat : missäät
„ 6. 2 : 4 : 5 : 6 : 7 : 9 flfo* : Äo^ : Za^ : stät : vervät : hat.
j, 3. 2 : 4 : 5 : 6 : 7 : 9 geranc : gedanc : underwant : erkant : sanc :
bettpanc.
In MF sind aus diesen in gleicher anzahl und folge von den
handschriften überlieferten sechs Strophen sechs lieder gemacht. Auch
Scherer (Deutsche Studien I , s. 335) spricht sich dahin aus , dass Ulrich
Ton Gatenberg neben seinem leich nur einstrophige minnelieder gedich-
tet habe. Burdach hingegen macht (a. a. o. s. 89) auf die respon-
sion zu anfang dreier dieser Strophen (78, 15 ich wil iemer me
wesen holt mfnem muote, 78 ^ 24 ich wil iemer mit genäden
IdSben, 78, 33 ich wil niemer durch minen kuniber vermiden) auf-
merksam. Er glaubt, dass diese Strophen hierdurch als ein lied
gekenzeichnet werden, und dass hiernach Scherers bemerkung zu
berichtigen sei. Eine weitere berichtigung wird derselben bemerkung
durch die oben verzeichneten reime dahin zu teil, dass alle sechs Stro-
phen für den fortlaufenden Vortrag bestimt waren und zu einem gan-
zen zn vereinigen sind. Str. 1. 2. 4 sind an denselben strophensteilen
durch dieselbe anzahl der körnerzeilen mit einander gebunden wie ihrer-
seits Str. 5 und 6. Die beiden körnergruppen reimen assonierend mit
einander, und dasselbe gilt von den entsprechenden zeilen der dritten
Strophe. Ausserdem sind str. 4 und 5 in abweichender weise durch
kömer, str. 4 und 5 durch die oben erwähnte responsion gebunden,
so dass sich der kunstvolle metrische bau dieses liedes etwa so dar-
stellen liesse ^:::^^
12 3 4 5 6
h. Durch widerkehr derselben reime in allen zeilen.
1. Gottfried von Neifen (H 27, 15)
4str. lOzeiL aabaabcddc
Str. 1. 1 eungen : str. 2. 1 entsprungen
^ 1. 2 gesungen : str. 2. 2 gelungen
222 oisKB
Str. 1. 3 walt : str. 2. 3 gewcdt
4 bettüungen : str. 2. 4 erklungen
5 verdrungen : str. 2. 5 jungen
6 Ä;aZ^ : str. 2. 6 alt
7 s^o^ : str. 2. 7 ro^
8 mlne : str. 2. 8 pine
9 scÄine : str. 2. 9 eitn«
10 flfo^ : Str. 2. 10 ct-^o^.
Str. 3. 1 stunde : str. 4. 1 gunde
2 munde : str. 4. 2 enbunde
3 rö^ : str. 4. 3 jeftö^
4 enÄ;un(2ß : str. 4. 4 underti^unde
5 wunde : str. 4. 5 erwunde
6 no^ : str. 4. 6 not
7 gän : str. 4. 7 Äan
8 übergulde : str. 4. 8 schulde
9 %ti^ : str. 4. 9 dulde
10 stö» : str. 4. 10 ^etön.
Jede Strophe besteht nach dem oben mitgeteilten Schema ans
auf- und abgesang. Die zweite hat dieselben reime in den entsprechen-
den Zeilen wie die erste, die vierte wie die dritte. Bezeichnet man
die erste strophe hinsichtlich ihrer reime mit a, die dritte mit b, so
ergibt sich für das ganze gedieht das schema aabb. Die vorlezte zeile
der drei lezten Strophen begint mit frouwe. Dass dies beabsichtigte
künstele! ist, muss man bei diesem dichter wol annehmen. So ist
denn auch aa mit bb gebunden.
Auch eine andere Wahrnehmung will ich hier mitteilen : Str. 1,
1 — 3 + Str. 2, 1 — 3 + str. 3. 7. 8 + str. 4, 9. 10 ergeben eine sin-
gemässe strophe, die in form und Inhalt dem ganzen liede entspricht.
Lop von nmngen fsungen
wart dem meigen hiure gesungen
von dien vogden dur den gruenen walt.
mir was fröide entsprungen,
leider nu ist mir niht gelungen
an der lieben diu min hat gewaU,
Minne, sich, du last mich trüric gän.
tröst, der S(slden Überguide,
frouwe, sende not ich dulde
nu dur got, waz hän ich iu getan?
KÖBNBR 223
E. Fünf- und mehr als fänfstrophige gedichte, in denen nur einige,
jedoch mehr als zwei strophen zu je zweien oder dreien in verschie-
dener weise gebunden sind.
a. Durch widerkehr derselben reime in zwei zeilen.
1. Neidhart von Beuenthal (HI 7 11)
5str. 8zeil. abbacddc
Star. 1. 1 : 4 e : Ue^ Str. 3. 1:4 ergi : ste.
„ 1.2:3 von dem touwe : frouwe
„ 2. 2 : 3 von dem touwe : schouwe,
12 3 4 5
2. Konrad der Schenke von Landegge (HMS I 350 I)
5str. 16zeil. abbccaddeeffgghh
Str. 1. 15 : 16 hraft : schadehafly Str. 3. 15 : 16 kraß : meisterschafl,
9) 2. 11 : 12 Ao^ verwunt : Jcunt, „ 3. 11 : 12 kunt : hat verwunt.
12 3 4 5
3. Beinmar (MF 186, 19) 58tr. lOzeil. abcabcWdWd
Str. 1. 8 : 10 sere : ere, Str. 2. 8:10 mere : bekere,
„ 2. 3 : 6 höchgemüete : hehüete, Str. 3. 3 : 6 güete : müete.
12 3 4 5
4. Walther von der Vogelweide (L 97, 34)
östr. lOzeil. abcabcdeed
Str. 1. 8:9 minnen : sinnen^ Str. 2. 8 : 9 sinne : inne.
„ 2. 3 : 6 ergat : häty Str. 5. 3 : 6 Ao^ ; bestät.
1 2345
6. Beinmar (MF 183, 33) * östr. 7zeil. ababccc
Str. 1. 1 : 3 stän : getan, Str. 4. 1 : 3 wider stän : hän.
„ 2. 2 : 4 min : sin, Str. 4. 2 : 4 ^n : min.
12 3 45
6. Meister Johannes Hadlaub (HMS ü 284 IX)
58tr. 12zeil. abbcaddceffe
Str. 2. 1 : 5 sinne : minne, Str. 3. 1 : 5 minnen : gewinnen.
j, 3. 9 : 12 6i : vfi, Str. 5. 9 : 12 wi : U.
12 3 4 5
1) Nach Burdach (a. a. o. s. 21) unecht.
224 0I8KB
7. Konrad der Schenke von Landegge (EMS I 353 EL B. L. LXXTT 1)
östr. lOzeil. aabccbdeed
Str. 2. 7:10 tnot : guot , Str. 4. 7:10 gfAot : gemuct.
„ 2. 1 : 2 tmngen : singen, Str. 5. 1 : 2 singen : erklingen.
12 345
8. Derselbe (HMS I 358 XIY) 58tr. lOzeil. abcabcdeed
Str. 2. 8:9 bdiben : unben, Str. 4. 8 : 9 toibe : libe.
„ 4. 1 : 4 Up : saiik wip, „ 5. 1 : 4 stdik wlp : Up.
12 3 4 5
9. Steinmar (HMS 11 156 VII. B.L LXXVI 51)
5str. lOzeil. ababccddB(ee)
Str. 3. 5 : 6 muote : huote^ Str. 4. 5 : 6 huote : muote,
„ 3. 7 : 8 wd : sol, Str. 6. 7 : 8 soZ : wol,
12 3 4 5
10. Jakob von Warte (HMS I 65 I) 58tr. 8zeil. ababcddc
Str. 3. 2 : 4 not : aide ich hin an vröuden tot
^ 5. 2 : 4 aide ich bin an vröuden tot : rot,
y, 4. 5 : 8 gewaltic min : ^n, Str. 5. 5 : 8 gewaUic min : sin,
12 3 4 5
11. Derselbe (HMS I 66 III) 58tr. lOzeil. aabccbdeed
Str. 1. 4 : 5 singen : dringen, Str. 4. 4 : 5 gedingen : gelingen.
y, 1.8:9 nußre : saeldenbisre, „ 4. 8 : 9 stP(ere : S€ddenb(ßre.
„ 4. 1 : 2 gemOete : güete, Str. 5. 1 : 2 güete : ungemüele.
12 3 4 5
12. Der tugendhafte Schreiber (HMS H 148 I) 5str. 6zea ababec
Str. 1. 2:4 here : mere^ Str. 3. 2 : 4 sire : mSre,
„ 5. 2 : 4 sere : here.
12 3 4 5
13. Walther von der Vogel weide (L 52, 23) 58tr. 8zeil. ababcddc
Str. 3. 6 : 7 kleine : aleine, Str. 4. 6 : 7 gemeine : aleine,
^ 5. 6 : 7 deheine : Jdeif^.
12 3 4 5
14. Steinmar (HMS II 158 XII) 58tr. 9zeil. ababccR(dWd)
Str. 3. 1 : 3 sin : din, Str. 4. 1 : 3 sin : U dir min troesUstrm,
„ 5. 1 : 3 sin : bi dir min trcesUerin.
12 3 4 5
KÖRNBB 225
15. Tannhäuser (HMS II 93 XI)
5str. 12zeil. Str. 1. 2. 3 aabcddbceeff, Str. 4 u. 5 eeee
Str. 3. 4 : 8 minne : sinne, Str. 4. 4 : 8 sinne : minne^
„ 5. 4 : 8 hOniginne : heiserinne.
12 3 4 5
Vgl aasserdem VI Ca 1 — 5.
16. Ulrich von Lichtenstein (L 134, 5) 6str. 12zeil. aabccbddefef
Str. 2. 10 : 12 twanc : kranc, Str. 4. 10 : 12 hranc : habedanc.
„ 2. 9 : 11 SiViBre : ewivelcere, „ 5. 9 : 11 stvcere : betoeere.
„ 4. 3 : 6 si : bi, Str. 5. 3 : 6 si : vri.
12 3 4 5 6
17. Neidbart YOü Beaenthal (H n 44, 36) 6str. lOzeil. abcabcdeed
Str. 1.2:5 eergän : stan , Str. 5.2:5 getan : ergän.
„ 2, 1 1 10 söl : wolj Str. 5. 7 : 10 wol : sol.
12 3 4 5 6
18. Babin (HMS I 317 XX) 68tr. 9zeil. aabccbddd
Str. 2. 4 : 5 ^n : min, Str. 3. 4 : 5 hin : hin.
j, 3. 3 : 6 ä%n : min, „ 4. 3 : 6 in : hin,
j, 5. 3 : 6 ^n : min.
12 3 4 5 6
19. Wachsmnt Yon Eonzich (HMS I 302 H) 6str. 6zeil. ababcc
Str. 2. 2 : 4 hän : toidertän, Str. 5. 2 : 4 wolgetän : umbevän,
„ 2. 5 : 6 mare : herzeswcere, Str. 5. 5 : 6 swcere : wcere,
j, 3. 5 : 6 heider : leider^ Str. 4. 5 : 6 heide : ougenweide.
12 3 4 5 6
Vgl. ausserdem VI C a 6 — 9.
20. Neidhart von Beuenthal (H H 92, 11)
7str. 14zeil. abcdabcdeefgfg
Str. 2. 9 : 10 strit : nit, Str. 3. 9 : 10 eU : s«.
„ 2. 4 : 8 hegan : man, Str. 4. 4 : 8 dorfman : gan.
j, 6. 4 : 8 wöl : doly Str. 7. 4 : 8 wol : sol.
j, 2. 2 : 6 min : sin, „ 7. 2 : 6 ^n : min,
„ 4. 1 : 5 Bm : hreizdin^ Str. 6. 1 : 5 min : Addmn.
12 3 4 5 6 7
r. IXIÜTSGHI FHILOLOeiX. BD. xvin. 15
226 OUKS
21. unter Neidhart von Beuenthal (H LI 1)
78tr. Idzeil. ababcdedeccff
Str. 2. 6 : 8 wän : umbeväny Str. 7. 6 : 8 man : gan,
y, S. ß : S ich : mich, Str. ß. 6 : S ich : mich.
^ 6. 1 : 3 sprach : sivach, Str. 7. 1 : 3 sprach : ungemctch.
12345 6 7
22. Neidhart von Eeuenthal (H E 82, 3)
78tr. 12zeil. aWabcWcbdeed
Str. 1. 10 : 11 mäze : läze^ Str. 5. 10 : 11 gd&ee : str&ee.
yt 6. 4 : 8 han : verstau, „ 7. 4 : 8 hän : getan.
12 34567
23. Ulrich von Lichtenstein (L 456, 25) 7str. 6zeiL aabccb
Str. 1. 1 : 2 schouwen : vrouwen, Str. 6. 1:2 schoutoen : vroutoen.
„ 2. 1 : 2 Schilde : müde^ Str. 5. 1 : 2 schUde : wüde.
1 2 3 4 5 67
24. Derselbe (L 545, 3) 78tr. 7zeil. ababeWc
Str. 1. 1 : 3'güete : hdchgemüetCj Str. 4. 1 : 3 güete : hochgemüete.
„ 1. 5 : 7 guot : muot^ Str. 5. 5 : 7 guot : gemuot.
12 34567
Vgl. ausserdem VI C a 10 und 11.
b. Durch widerkehr derselben reime in drei zeilen.
1. Walther von der Vogelweide (WL 36, 11)
5str. lOzeiL aabbccdddc
Str. 3. 5 : 6 : 10 griiezen : sOezen : swtßre büezen
„ 4. 5 : 6 : 10 fOeze : süeze : swtere büezen.
„ 4. 7 : 8 : 9 sach : sprach : ungemach
„ 5. 7 : 8 : 9 stach : ensprach : brach.
12 3 4 5
Dass die drei lezten Strophen dieses tones durch ihren Inhalt
sowie durch die angemerkten reime zusammenhängen, hat schon Wü-
manns (s. 195) bemerkt und gleichfals, dass alle fftnf Strophen vielleicht
ein lied bildeten.
2. Neidhart von Beuenthal (HI 26, 23) 9str. 6zeiL aabbWb
Str. S, S : ^ : 6 vcd : zal : nahtigäl
„ 9. 3 : 4 : 6 verhol : al : Biuwental.
„ 5. 3 : 4 : 6 wolgetän : hän : dan
„ 7. 3 : 4 : 6 man : enkan : gestän.
123456789
KÖBNEB 227
c. Verbindung von a und b.
1. Hugo von Werbenwag (HMS II 67 L B. L. XLK l)
7str. 7zeiL ababccc
Str. 1. 1 : 3 mere ; Sre, Str. 7. 1 : 3 serc : ere.
„ 2. 2 : 4 fett : mir verseit, Str. 6. 2 : 4 leit : ir gesett.
j, 1.5:6:7 bekant : emiant : vatU
„ 6. 5 : 6 : 7 eehant : lant : vatU,
12 34567
2. Gottfried von Neifen (H 44 , 20) 5 str. 5 zeil. a b a b b
Str. 1. 1 : 3 büttefkjere ; minnehaerey Str. 2. 1 : 3 mcere : büttencere,
^ 1. 2 : 4 : 5 lant : vant : bant
„ 4. 2 : 4 : 5 hant : heUant : gesant.
12 3 4 5
Vgl. ausserdem VT C b.
d. Durch widerkehr derselben reime in je zwei und vier Zeilen.
Meister Johannes Hadlaub (HMS H 278 L B. L. LXXXVII 1)
7Btr. 12zeil. Str. 1 u. 4 ababcbcbdK^dK*
„ 2. 6 u. 7 aK»aK«cK»cK«dede
Siehe VI C c.
P. Vier- und mehr als vierstrophige gedichte, in denen nur zwei
Strophen gebunden sind.
a. Durch widerkehr derselben reime in zwei zeilen.
a. In vierstrophigen gedichten.
1. T^eidhart von Beuenthal (HU 71, 11) 13zeil. abbcaddcefefe
Str. 3. 4 : 8 kan : man, Str. 4. 4 : 8 man : getan.
^ 3. 10 : 12 lachen : gemachen y Str. 4. 10 : 12 machen : Sachen,
2. Kaiser Heinrich^ (MF 5, 16) 7 zeil. ababccc
Str. 1. 2:4 enmac : tac, Str. 4. 2 : 4 toc : ennuic.
3. Heinrich von Bugge (MF 103, 3) 8 zeil. ab ab cd cd
Str. 2. 1:3 rät : begät^ Str. 4:. 1 : 3 stät : rät.
4. Heinrich von Morungen (MF 143, 22) 8 zeil. ababcccB
Str. 1. 1 : 3 m^ : sni, Str. 2. 1 : 3 me : engi
Jede Strophe begint mit OwS.
5. Beinmar (MF 176, 5) 11 zeil. abcabcddWee
Str. 1. 7 : 8 dm ; min, Str. 4. 7 : 8 min : din,
1) Ich Bohliesse mich der ansiebt Scherers (a.^a. o. s. 444) an , dass dies
gedidit von dem Stanfer Heinrich, dem söhn Friedrichs I, sei.
15*
228 GISKB
Burdach (a. a. o. s. 95 und 218) macht darauf aufmerksam, das::»
die lezte zeile der ersten (176, 15) und die lezte zeile der lezten Stro-
phe (177, 9) das wort frouwe enthalten, während die zweite und dritte
Strophe übereinstimmend mit frouwe ich hän beginnen. Dass der anfang
der zweiten und dritten strophe mit bewuster absieht gleich gebildet
ist, steht ausser allem zweifei. Dagegen möchte ich in iemfroutüc, das
sich in der lezten zeile der anfangs- und schlussstrophe findet, eher
zufölligkeit als beabsichtigte responsion sehen. Das wort steht gar
nicht einmal an derselben versstelle. Gebunden sind str. 1 and 4 indes
doch und zwar durch die oben vermerkten reime, so dass Bardachs
Schema abba nichtsdestoweniger zu recht bestehen bleibt.
6. Derselbe (MF 179, 3-- 38) 9zeil. ababccddc
Str. 2. 2 : 4 hat : stät. Str. 3. 2 : 4 gät : stät
Vgl. Burdach a. a. o. s. 219 fgg. und oben z\i U B 2l y b.
7. Derselbe (MF 197, 15) 7zeil. ababcWc
Str. 1. 5 : 7 enmac : slac, Str. 3. 5 : 7 mac : tac.
8. Hartmann von Aue (MF 216 , 1) 7zeil. ababccc
Str. 1. 1 : 3 stät : rät^ Str. 3. 1 : 3 rät : hat,
9. Walther von der Vogelweide (WL40, 19) Szeil. ababeddc
Str. 3. 2 : 4: me : we, Str. 4. 2:4 widersti : engi.
10. Neidhart von Eeuenthal (H II 52, 21) 13zeil. abcdabcdWeffe
Str. 1. 1:5 war : missevar, St 4. 1:5 vor : Engdmär,
11. Derselbe (Hü 41, 33) lOzeil. abcabcddee
Str. 2. 1 : 4 dar : Adelmär, Str. 3. 1 : 4 jär : war.
12. Unter Neidhart (H XXXVm 19) 9zeil. ababcdddc
Str. 1. 2:4 singen : ttoingen, Str. 2. 2 : 4 ringen : singen.
13. Ulrich von Lichtenstein (L 113, 13) 8zeil. ababcdcd
Str. 1. 5:7 gewinnen : minnen, Str. 4. 5:7 brinnen : minnen.
14. Schenk Ulrich von Winterstetten (HMS I 172 XLV) ^
lOzeil. ababcddcB(ee)
Str. 1. 2 : 4 sanc : kranc, Str. 2. 2 : 4 kranc : sanc.
15. Eubin (HMS I 312 III) llzeil. abababcddcd
Str. 2. 7 : 10 niht : isuoversiht, Str. 4. 7 : 10 iW : siht.
16. Derselbe (HMS I 316 XVU) lOzeil. abcabcdede
Str. 1. 8 : 10 m<^ ; e, Str. 4. 8 : 10 ste : m6.
17. Eonrad der Schenke von Landegge (HMS I 356 X)
13zeil. ababcdcdeefef
Str. 1. 2 : 4 jrf^ ; lU, Str. 4. 2 : 4 K< ; sU.
1) In der handschrift ist räum gelassen f&r eine frtzophe.
KÖBHBB 229
IS. Wilhelm von Heinzenburg (HMS I 305 VI) 8zeil. ababcddc
Str. 1. 6 : 7 kleine : cUeinej Str. 3. 6 : 7 gemeine : aleine.
Vgl ausserdem VI D a.
ß. In f&nfistropbigen gedichten.
1. Von Singenberg, Truchsess von St. Gallen (HMS I 299 XXX.
WB264y 13) 8zeil. ababccdd
Str. 1. 1 : 3 hän : getän^ Str. 5. 1 : 3 getan : län.
y, 1. 2 : 4 versinne : minne^ Str. 5. 2 : 4 versinne : minne,
2. Wolfram von Eschenbach (LW 7, 11) 6zeil. ababcc
Str. 1. 6 : 6 sanc : enJUane, Str. 4. 5 : 6 ttoanc : lanc.
3. Der togendhafte Schreiber (HMS II 1 48 II) 10 zeil. ababccdeed
Str. 2. 1 : 3 Jean : an, Str. 3. 1 : 3 Jean : an.
4. Neidhart von Reuenthal (HI 26, 14) 8 zeil. WaabbcWc
Str. 1. 2 : 3 ricJ^en : tieften, Str. 3. 2 : 3 wünnecUchen : ticJ^en.,
5. Derselbe (H I 28 , 1) 7 zeil. Waabbcc
Str. 1. 6 : 7 meien : zweien j Str. 3. 6 : 7 reien : meien.
6. Derselbe (HI 28, 36) 6zeil. aabbcc
Str. 1. 3 : 4 schal : al, Str. 5. 3 : 4 boZ ; Riuwental.
7. Derselbe (RTL 43, 15) lOzeil. abcabcdeed
Str. 2. 7 : 10 jär : daty Str. 3. 7 : 10 heMoar : var.
8. Derselbe (H n 97, 9) 14zeil. ababcdedecfggf
Str. 3. 12 : 13 ftörf : trai, Str. 5. 12 : 13 Aä^ : vo&t.
9. Derselbe (HH 99, 1) 14zeil. aabbcddeecfggf
Str. 3. 8:9 Ji&n : getan, Str. 5. 8 : 9 Jhän : wän,
10. Unter Neidhart (H XIY 1) 9 zeil. ababcdddc
Str. 2. 1 : 3 maget : tmvermget, Str. 3. 1 : 3 gesaget : heJiaget.
11. Unter Neidhart (H XLVIII 24) 10 zeil. abcabcddee
Str. 3. 3 : 6 gogdheit : geseit, Str. 4. 3 : 6 gemeit : bereit.
12. Unter Neidhart (HL 6) 4 zeil. aabb
Str. 2. 3 : 4 jär : Aar, Str. 4. 3 : 4 war : här.
13. Ulrich von Singenberg , Truchsess von St. Gallen (HMS I 297 XXV.
WB249, 17) 8zeil. ababccdd
Str. 2. 7:8 gan : an, Str. 5. 7 : 8 an : Jean,
14. Ulrich von Lichtenstein (L 97, 9) 8 zeil. ababcddc
Str. 1. 2 : 4 vogelin : scJhin, Str. 4. 2 : 4 min : stn.
15. Derselbe (L 406, 1) 6 zeil. ababcc
Str. 2. 6 : ^ leit : werdiJceüj Str. 4. 5 : 6 werdüceit : seit
16. Ulrich von Lichtenstein (L 407, 27) 7 zeil. ababccc
Str. 2. 2 : 4 st&t : ergat, Str. 4. 2 : 4 s^d^ : legät.
17. Derselbe (L444, 24) 6zeil. ababcc
Str. 4. 5 : 6 % : mp^ Str. 5. 5 : 6 wip : lip.
230 OISKB
18. Derselbe (L 533, 13) 6zei1. ababcc
Str. 2. 2 : 4 man : eergän, Str. 4. 2 : 4 kan : dan.
19. Derselbe (1649, 17) 6zeil. ababcc
Str. 2. 5 : 6 an : zergän , Str. 3. 5 : 6 gan : an.
d
20. Derselbe (L 563, 21) 7zeil. ababccd
Str. 3. 2 : 4 vrowen min : sin, Str. 5. 2 : 4 min : vrawen m.
cd
21. Burkart von Hohenfels (HMS I 202 ü) 6zeil. ababdc
Str 1. 1:3 ere : sere, Str. 2, 1 : 3 bere : ISre.
22. Derselbe (HMSI 203 V. B.L. XXXIV 71) 8zeil. ababccd d
Str. 1. 1:3 tuot : höher muoty Str. 3. 1 : 3 höher muot : guct,
23. Derselbe (HMS I 203 VI) llzeil. aabccbdedde
Str. 1. 3 : 6 ^n : min, Str. 3. 3 : 6 sin : min.
24. Derselbe (HMS I 207 XHI) lOzeil. abcabcddee
Str. 3. 7:8. rät : hat, Str. 4. 7 : 8 rd< : gät.
25. Gottfried von Neifen (H23, 8) lOzeil. abcabcdeed
Str. 1. 7 : 10 gdeä : Uit, Str. 4. 7 . 10 gemeit : meii.
26. Gottfried von Neifen (H 29, 36 — 31, 16).
Haupt (vorrede VI) vermutet , dass str. 31, 16 eine erweitemng
des liedes sei. Enod (a. a. o. s. 8) will sie nicht streichen , da sie „in
eigentümlicher weise mit der zweiten strophe in Verbindung stehe."
Diese eigentümliche Verbindung besteht darin , dass aus der dritten zefle
der zweiten strophe das wort einmüetic herausgenommen ist und nun
der preis dieses j^lieplichen Wortes*^ die ganze sechste strophe ffilt , der-
gestalt , dass von den elf zeilen derselben sieben mit einmüetic beginnen.
Gesezt Enod hätte recht, dann müste man doch billiger weise
annehmen, dass str. 6 auf str. 2 ursprünglich folgte. Diese annähme
scheint um so mehr berechtigt zu sein, als str. 31, 16 dort, wo sie in
der handschrift ihren platz hat, durchaus nicht passt Aber auch an
30, 20 schliesst sich 31 , 16 nicht passend an. Ausserdem dürfen
str. 2 und 3, die mit einander in engster Verbindung stehen (vgL 30, 20:
da tuo diu Minne ein wunder mit 30, 21 ^ dag diu Minne wunder
Jean) nicht getrent werden. Hiernach will mir Haupts Vermutung höchst
wahrscheinlich erscheinen. Nur eins könte bedenken erregen : str. 30, 32
und 31, 16 weisen an denselben strophensteilen dieselben reime au£
Str. 4. 8 : 9 : 10 munt : gesunt : stunt
„ 6. 8 : 9 : 10 stunt : funt : munt
Allein diese Wahrnehmung fält um so weniger ins gewicht, als eine
andere mit gröster deutlichkeit darauf hinweist, dass die Strophen
29, 36 — 31, 15 zu einem dreiteiligen liede zu vereinigen sind. Str. 1
und 5 beginnen mit Nu, str. 2 und 4 mit Wä wart ie. Darnach
KÖBNBB 231
ergibt sich f&r das ganze lied das scbema abxba. Ausserdem sind
a und b gebunden dnrch
Str. 1. 7 : 11 swtere : unwandelbtere
„ 4. 7 : 11 wcere : swiere
27. Schenk Ulrich von Winterstetten (EMS I 155 XVn. B. L.
XXXVm 136) eff
llzeil. ababcdcddB (e 0
Str. 1. 5 : 7 fniht : euht, Str. 2. 5 : 7 zuht : fruht.
Jede der vier lezten Strophen begint mit Min Uage.
28. Rudolf von Botenburg (HMS I 89 XV) lOzeil. ababccdede
Str. 2. 2:4 st&t : herzen gat^ Str. 5. 2 : 4 herzen gät : bestcU.
29. Derselbe (HMS I 89 XVI) 7zeil. ababcac
Str. 1. 2 : 4 wo : also, Str. 3. 2 : i vrö : ho.
30. Von Scharfenberg (HMS I 350 ü) 9zeil. ababccddc
Str. 1. 1 : 3 nuere : swcere, Str. 2. 1 : 3 swtsre : mcere. d
31. Heinrich von Stretelingen (HMS 1 111 H) 10z eil. abbaccB(ddee)
Str. 1. 5 : 6 ^0^ : not^ Str. 4. 6 : 6 ro^ : tot
32. Eonrad der Schenke von Landegge (HMS I 352 JE)
12zeiL abbcaddceffe
Str. 3. 4 : 8 u^ : verstß, Str. 4. 4 : 8 verste : mS.
33. Derselbe (HMS I 357 XU) 12 zeil. aabbccddeeff
Str. 2. 11 : 12 Zip : tmpy Str. 3. 11 : 12 mp : lip.
34. Derselbe (HMS I 359 XVH) llzeU. abcabcddeed
Str. 4. 3 : 6 kan : an, Str. 5. 3 : 6 man : gan.
35. Heinrich von Breslau (HMS I 10 H. B. L. LXXXI 1)
llzeiL abcabcddeWe
Str. 1. 9:11 toesen : genesen ^ Str. 5. 9:11 toesen : genesen,
36. Meister Johannes Hadlaub (HMS H 301 XLV)
lOzeiL aabccbdeed
Str. 1. 3 : 6 entstän : gän, Str. 3. 3 : 6 wolgetän : gän.
acac f
37. Der Dümer (HMS H 336. B. L. XC 1) 8zeiL bdbdeeef
Str. 1. 2 : 4 schin : sin, Str. 2. 2 : 4 mündelin : min.
38. Eonrad von Altstetten (HMS H 64 H) llzeil. abcabcddeec
Str. 2. 9 : 10 diu reine : die ich da meine,
jf 5. 9 : 10 diu reine : die ich da meine.
Jede Strophe begint mit Wd.
39. In einem namenlosen HMS HI 422 XXH mitgeteilten liede
lOzeil. abcabcdede
Str. 3. 8 : 10 zwar : gar^ Str. 5. 8 : 10 bar : var.
Vgl ausserdem VI D b.
232 GI8KB
y. In sechsstropbigen gedichten.
1. Hermann der Damen (HMS III 162 II) 7zeil. ababcWc
Str. 1. 2:4 ein saelik man : teil vergan
„ b. 2 : 4: teil gewan : ein scelik man.
„ 1. 5 : 7 eagen : von in sagen
n 5. 6 : 7 von im sagen : tragen,
2. Ulrich von Lichtenstein (L 420, 16) 7zeiL ababccW
Str. 2. 1 : 3 vinden : ermnden, Str. 6. 1 : 3 vinde : undenoindi
„ 2. 6 : ß ire : mirCy Str. 6. 5 : 6 ^e : mSre.
3. Beinmar (MF 195, 37)^ 6zeil. ababcc
Str. 1. 2 : 4 benomen : komen, Str. 3. 2 : 4 benamen : kamen.
4. In einem in B hinter Beimars gedichten überlieferten liede
(HMS UI 320) 9zea. ababccddc
Str. 2. 2:4 hat : stät, Str. 3. 2 : 4 gät : stät.
5. Neidhart von Benenthai (H H 59 36) lOzeil. abcabcdede
Str. 4. 2 : 5 trat : hat, Str. 5. 2 : 5 gestät : gät.
6. Burggraf Von Lüenz (HMS I 211 I. B. L. XXXV I)
lOzeil. ababcdcdee
Str. 5. 6 : 8 ergie : unibevie, Str. 6. 6 : 8 ^te : lie.
7. Wernher von Teufen (HMS I 109 IV) 7zeil. ababccc
Str. 3. 1 : 3 ieri; : lit, Str. 5. 1 : 3 nU : lU.
VgL ausserdem VI D c.
d. In siebenstrophigen gedichten.
1. Neidhart von Beuenthal (HI 11, 8) 7zeil. abbacca
Str. 2. 2 : 3 vogelin : min, Str. 5. 2:3 min : ^n.
2. Derselbe (H li 95, 6) 9zeiL abcabcddd
Str. 2. 3 : 6 ^ : mac, Str. 7. 3 : 6 mac : tiretac
3. Ulrich von Lichtenstein (L447, 13) 8zeiL ababccdd
Str. 3. 7:8 schin : sin, Str. 7. 7 : 8 min : din.
4. Derselbe (L 507, 11) 8zeiL ababcddc
Str. 1. 6 : 7 sunne : tvtmnej Str. 7. 6 : 7 tounne : sunne.
VgL ausserdem VI D d.
b. Durch widerkehr derselben reime in drei zeilen.
a. In yierstrophigen gedichten.
1. Friedrich von Hausen (MF 50, 19) 8zeiL ab ababcc
Str. 1. 2:4:6 sinne : minne : willen
„ 4. 2 : 4 : 6 wiUe : sinne : minne.
1) Burdach (a. a. o. s. 229) behauptet von diesem gedieht, wie mir scheio
mit recht, dass es sicher an&cht seL
KÖBNSB 233
^. Hildbold von Schwanegau (HMS I 280 I) 8zeil. ababbaaa
Str. 3. 2:4:5 rät : güetUchen stat : hat
ji 4. 2 : 4 : 6 ergal : rat : güetltchen stat.
ß. In fanfstrophigen gedichten.
1. Budolf von Fenis (MF 81, 30 — 82, 25) 7zeiL ababbab
Str. 2. 1 : 3 : 6 eren : Tc&ren : verseren
a 4. 1 : 3 : 6 mire : sSre : here.
Bardach (a. a. o s. 91) will aus den fünf Strophen dieses tones
zwei üeder machen, dergestalt, dass einerseits 81,- 30 — 82, 4, ande-
rerseits 82 , 5 — 25 je ein lied bilden. Er hebt die responsion in den
drei lezten Strophen hervor: es korrespondiert 82, 9 mit 82, 16 u. 12«
desgleichen 82, 13. 14 mit 82, 20. 21 sowie 82, 15 mit 82, 22. Zwi-
schen den beiden ersten strophen besteht ein ähnlicher enger Zusam-
menhang. Beide teile scheinen mir mit einander gebunden zu sein durch
die reime, die ich oben angab. Darnach ergibt sich far das ganze
lied etwa folgendes Schema c c
aabbb
2. Der tugendhafte Schreiber (HMS II 149 HI. B. L. XXIV 1)
ccc
7zeil. ababddd
Str. 3. 5^ : 6^ : 7^ gebunden : entwunden : wunden
„ 4. 5^ : 6^ : 7^ hunden : künden : überwunden,
3. Ulrich von Lichtenstein (L 419, 1) 7zeil. ababcbc
Str. 1, 1:3:6 ere : lere : mere
„ 4. 1 : 3 : 6 hdre : nimmermere : immermere.
4. Oottfried von Neifen (H 7, 15) 9zeil. abcabcddc
Str. 2. 3:6:9 sin : schin : dm, Str. 5. 3:6:9 schtn : sinipin,
5. Walther von Klingen (HMS I 72 HI. B. L. LXIV 1)
7zeil. ababccb
Str. 2. 2:4:7 daß herze min : sin : pin
„ 5. 2 : 4 : 7 pin : daz herze min : sin,
6. Eonrad der Schenke von Landegge (HMS I 358 XY)
llzeil. abcabcdeed^
Str. 1. 8 : 9 : 11 schin : blüemdin : sin
„ 4. 8 : 9 : 11 ^n : min : schin,
7- Heinrich Frauenlob (HMS III 396 XVI) lOzeiL abcabcdddc
Str. 1. 3 : 6 : 10 min : in : sin
„ 4. 3 : 6 : 10 m : schin : ruUn.
8. In einem namenlosen HMS m 428 XXXUI mitgeteiltem liede.
13zeiL aaabcccbefffe
Stx. 1. 5 : 6 : 7 gedanc : hranc : lancj Str. 2. 5 : 6 : 6 sanc : Manc : spranc.
234 0I8KB
y. In sechsstropbigen gedichten.
1. Ulrich von Lichtensein (L 67, 25) 7zeil. ab a bebe
Str. 3. 2:4:6 mm : An : sdnn, Str. 4. 2:4: 6 min : An : scIAn.
2. Derselbe (L 403, 26) 7zeil. aabbccc
Str. 1. 5:6:7 reine : (Aeine : gemeine
„ 6. 5 : 6 : 7 cHeine : meine : deheine.
3. Tannhäuser (HMS 11 95 XIY) 9zeil. ababccddd
Str. 2. 7 : 8 : 9 winde : Ä^'tuJe : vind^
n 4. 7 : 8 : 9 tnncZa : mnde : ^u^ndla.
4. Walther von Klingen (HMS I 72 IV)
7 Zeil. Str. 1. 2. 3 5 ababbaa, Str. 4 n. 6 ababWcc
Str. 1. 2:4:5 schxn : nach der lieben vromoenmin : sin
yy 5. 2 : 4 : 5 nach der lieben vrouwen min : An : /tn.
c. Verbindung von a und b.
Beinmar (MF 199, 25)^ 6str. llzeil. aabccbddeee
Str. 1. 4:5 gemüete : güete, Str. 6. 4 : 5 güete : behüete.
„ 1. 9 : 10 : 11 sere : mSre : Sre
jy 6. 9 : 10 : 11 mere : sere : herzesere.
d. Durch widerkehr derselben reime in vier Zeilen.
1. Walther von Klingen (HM^ I 73 V. B. L. LXIV 36)
48tr. (nach der andeutung in HMS fehlt indes eine atrophe)
7zeil. ababbab
Str. 2. 2 : 4 : 5 : 7 jert^ : ß^ : vröude git : toU
„ 3. 2 : 4 : 5 : 7 nl^ : 21^ : vröude git : eit.
2. Derselbe (HMS I 71 I) 5str. 7zeil. ababbab
Str. 2. 2:4:5:7 mündd rot : not : mir gebot : vröuden tot
„ 5. 2 : 4 : 5 : 7 vröuden tot : not : mündet rot : mir gebot.
HI. Verbindung von I und IL
A. Verbindung von I A und II A.
Unter Walther von der Vogelweide (WL 166 , 21)
2str. 12zeU. aabccbK»K*K»K«K»K«
Str. 1. 8 so rehte an aüen dingen
yy 2. 8 SO stcete an allen dingen (vgL I A a)
„ 1. 7 : 9 : 11 tuot : behuot : guot
„ 2. 7 : 9 : 11 muot : guot : tuot (vgl. H A b).
1) Bardaoh (a. a. o. s. 230) schliesst mit recht ans fonn und inhalt dieaei
liedea auf seine an&chtheit
KÖBHSB 235
B. Verbindung von I A und II B.
Von Sunecke (HMS I 349 HL B. L. LIX 1)
3str. 7zeil. ababcB(cc)
Str. 1. 5 gründe : Str. 2. 5 funde : Str. 3. 5 bunde
Kefir, wand äne got nieman erdenken künde
so lieplich lachen von so rotem munde
(Vgl. I A b.)
Str. 1. 2 : 4 minneclichen : slichen, Str. 2. 2 : 4 riehen : geliehen,
„ 3. 2 : 4 totere : stetere.
(Vgl n Baa.)
C. Verbindung von I B und 11 B.
Markgraf Heinrich von Meissen (HMS 1 13 UI) 3str. 7zei]. ababcWc
Str. 1. ß täi : Str. 2. 6 hat, Str. 3. 6 ho.
„ 2. 5 : 7 gar : bewar, Str. 3. 5 : 7 var : addar,
„ 1. 5 : 7 min : sin (vgl. H B a y).
D. Verbindung von I D und II D.
1. Unter Hartmann von Aue (MF 320) 5str. 7zoil.
Str. 1 u. 4 ababcK^c, Str. 3 u. 5 ababcK^c
„ 1 u. 3 aK»aK»cWc, Str. 2 u. 5 aK*aK*cWc
„ 1 u. 5 ababK^WK»
Str. 1. 6 5i : Str. 4. 6 K, Str. 3. 6 niht : Str. 5. 6 niht
y, 1. 2 : 4 tool : sol, Str. 3. 2 : 4 toöl : sol.
n 2. 2 : ^ teil : vil, Str. 5. 2 : 4 teil : vil.
j, 1. b\l stat : hat, „ b. b : 7 lät : hat (vgl. H D a).
1 2 fn
2. Eeinmar (MF 166, 16 — 167, 30).
Die handschriften überliefern diese sechs in demselben tone
abgefassten strophen in verschiedener anzahl und reihenfolge. A bietet
1. 2. 3. 4. 5, b 1. 2. 3. 4. 6, C 1. 2. 3. 6. 5. 4, E 1. 4. 2. 3. 6. 6.
In MF sind unter beobachtung der Strophenfolge in A mit hinzufügung
der in A fehlenden strophe aus den sechs strophen drei lieder gemacht
(I = Str. 1 — 4, n = Str. 5, HI = str. 6).
Dass alle strophen sich in derselben weise mit demselben lie-
besverhältnis beschäftigen, ist klar. Burdach (a.a.O. s. 211) meint,
dass MF 167, 4 eine später nachgedichte und mit den übrigen zusam-
men vorgetragene strophe sei. Diese Vermutung scheint mir sehr wahr-
scheinlich. Wenn sich nun weiter ergibt, dass MF 167, 13 mitteilt,
worin der spott bestand, von welchem MF 166, 26 die rede ist, so
286 oiSKB
dürfte sich von dieser stropbe dasselbe behaupten lassen , was Bnrdach
von 167, 4 yermutet. Ja noch mehr: ich glaube, dass beide Strophen
zu gleicher zeit verfasst sind und zwar gieng 167, 13 167^ 4 voran.
Was 167, 22 anlangt, so fölt die ähnlicbkeit zwischen 167, 22 ^g.
und 166, 25 fgg. sofort in die äugen. Ich halte auch 167, 22 f&r eine
spätere zudichtung, die dann aber mit den anderen fünf Strophen
zusammen vorgetragen wurde. Denn auf bestimmung aller sechs Stro-
phen für fortlaufenden vertrag deuten die unten angemerkten reime.
Vielleicht war die ursprüngliche reihenfolge:
MF 166, 16; 166, 25; 167, 13; 167, 4; 166, 34; 167, 22.
12 3 4 5 6
9zeil. Str. 3 u. 6 ababccdK^d, Str. 2 u. 4 aK«aK«ccdWd
„ 1 u. 6 ababK'K^dWd, „ 3 u. 4 ababK*K*dWd
„ 2 u. 5 ababccK^WK*
Str. 3. 8 toip : Str. 6. 8 mp,
„ 2. 2 : 4 soÜe : tooUe, Str. 4. 2 : 4 tooUe : soUe,
„ 1. 5 : 6 gesach : ungemach, Str. 6. 5 : 6 ungemach : geschach.
„ 3. 5 : 6 6i : ^, Str. 4. 5:6 hi : si.
„ 2. 7 : 9 minne : inne, Str. 5. 7 : 9 gewinnen : minnen.
12 345 6
E. Verbindung von I D und n E.
Ulrich von Lichtenstein (L 582 , 4)
7str. 7zeil. Str. 2 u. 6 ababcK^c, Str. 6 u. 6 aK>aK*cWc
„ 6 u. 7 ababK»WK»
Siehe VII A.
F. Verbindung von I D und II F.
1. Eonrad der Schenke von Landegge (HMS I 355 IX)
4str. 9zeil. Str. 4 abcabcddW, Str. 1 u. 2 K*
„ 1 u. 3 K«bcK«bcddW
Str. 1. 9 min : Str. 2. 9 dahin. Str. 1. 1 : 4 kalt : gewaU,
yj 3. 1 : 4 tvolgestaU : baU (vgl. 11 F a).
ilr 3 4
2. Unter Neidhart von Reuenthal (H XL 7)
5str. 18zeil. Str. 4 u. 5 ababccddeeffK^gghhg
„ 1 u. 5 ababccK«K«eeffW
Siehe VH B.
KÖBNBB 237
IV. Gedichte, deren Strophen paarweise durch an verschiedenen stro-
phenstellen widerholte reime dergestalt gebunden sind, dass durch
diese bindungen die strophen zu einander in ein bestirntes Verhältnis
treten.
A. Dreistrophige gedichte.
1. König Wenzel von Böhmen (HMS I 9 II) lOzeil. abcabcdeed
Str. 1. 2 : 5 sanc : danc, Str. 2. 1 : 4 umbevanc : Jcranc.
„ 1. 1 : 4 getan : hän, Sti*. 3. 2 : 5 hän : län,
1:2 = 3:1
2. Meister Johannes Hadlaub (HMS 11 300 XLII) 7zeil. ababccc
Str. 1. 2:4 dienestman : Jean, Str. 2. 5:6:7 kan : man : gran.
j, 1. 5 : 6 : 7 wunderlich : ungdtch : sich
j, 3. 2 : 4 gdich : sich.
1:2 = 3:1
a d f
3. Derselbe (HMS II 300 XLHI) lOzeil. abcdbcefef
Str. 1. 3 : 6 war : gar, Str. 3. 8 : 9^ : 10 dar : gar : Jdär
„ 2. 8 : 9^ : 10 schin : min : pin, Str. 3. S : 6 sin : hin.
1:3 = 3:2
4. König Konrad der Junge (HMS I 4 H. B. L. LXV 1)
7zeil. ababcWc
Str. 1. 6 tage, Str. 2. 2 : 4 tage : trage.
„ 2. ß an, yy 3. 2 : 4 hän : 'began.
1:2 = 2:3.
B. Vierstrophige gedichte.
1. Hartmann von Aue (MF 205, 1 — 206, 9) 9zeil. ababbcccc
Bardach (a. a. o. s. 100) macht darauf aufmerksam , dass sich
das wort wandd oder seine Zusammensetzung durch die drei strophen
205, 10 — 206, 9 widerhole, und glaubt, dass dadurch diese als ein
lied erwiesen werden ; 205, 1 — 9 aber abzusondern sei. Dass das wort
foandd in den angeführten strophen mit absieht verwant ist und auf
Zusammenhang derselben unter einander deutet, ist klar. Dass aber
205, 1 — 9 deshalb abzusondern sei , weil in dieser strophe sich jenes
wort nicht findet, möchte ich bezweifeln. Ich will nur an die unter
I B and H B mitgeteilten beispiele erinnern. Dass eine betrachtung
des inhalts Bardachs ansieht bestätige, habe ich nicht gefunden, wol
aber verschiedene metrische erscheinungen , die für die Zugehörigkeit
Ton 205, 1 — 9 sprechen. Dahin gehören
Str. 1. 2:4:5 g%iot : mw>t : tuot, Str. 2. 1 : 3 ttAot : muot.
„ 3. 1 :S gie : erlie, Str. 4. 2:4:5 liez : verstieß : gehiejs.
1:2 = 4:3
238 GI8KB
Auch die assonanzen
Str. 1. 6:7:8:9 hän : wän : län : getan
„ 2. 6 : 7 : 8 : 9 man : gewan : kan : an
„ 3. 6 : 7 : 8 : 9 entsaz : daz : hos : 600
sind yielleicht nicht unbeabsichtigt.
2. Von Stadegge (HMS H 74 I) 7zeil. ababcWc
Str. 1. 2 : 4 getan : t(7an, Str. 2. 6 : 6 man : understön.
„ S. 2 : A me : we, Str. 4. b : Q ge : me,
1:2 = 3:4
3. ßeinmar (MF 175, 1) 7zeil. ababcWc
Str. 1. 6 niU, Str. 4. 2 : 4 si« : niht.
jy 2. 2 : 4 klagen : sagen, Str. 4. 6 klagen.
1:4 = 4:2.
G. Fünfstrophige gedichte.
1. ßeinmar (MF 170, 1) 7zeil. ababcWc
Str. 1. 5 : 7 tage : tragCy Str. 2. 2 : 4 sagen : tragen
n 4. 5 : 7 ^ä^ : Zd^^ Str. 5. 2 : 4 missetät : %d^.
1:2 = 4:5.
2. Schenk Eonrad von Landegge (HMS I 353 VI) lOzeiL abcabcdede
Str. 1. 8 : 10 wil : fröidenspilj Str. 2. 1 : 4 viZ : kindespä,
„ 4. 8 : 10 mp : lip , Str. 5. 1 : 4 tmp : 21p.
1:2 = 4:5
3. Der tugendhafte Schreiber (HMS 11 149 IV) lOzeil. aabccbddee
Str. 1. 4 : 5 güete : hehüetey Str. 5. 7 : 8 güete : gemüete.
„ 2. 4 : 5 müeeen : grüegen, Str. 4. 7 : 8 süejsen : grüezen.
1:5 = 2:4
4. Meister Johannes Hadlaub (HMS H 299 XLI)
16zeil. aabbcddcecfgghhf
Str. 1. 3:1 zit : git, Str. 4. 14 : 15 sumereit : lU.
„ 2. 14 : 15 guot : tuoty Str. 5. 3 : 4 guot : tuat.
1:4 = 5:2.
5. Geltar (HMS U 173 IV. B.L. LVH 20) 5zeü. aabbb
Str. 1. 1 : 2 breit : gekielt, Str. 3. 3:4:5 geleit : bMeii : meit.
n 2. 1 : 4: län : man, Str. 3. 3:4:5 man : kan : getan.
1:3=2:5
6. Günther von dem Forste (HMS 11 164 II) 6zeil. ababcc
Str. 3. 2 : 4 sagen : verdagen, Str. 5. 5 : 6 hejagen : Idagen.
n 4. 5 : 6 gewar : rebar, Str. 5. 2 : 4 tor : här.
3:5 = 5:4
KÖBNBB 239
7. In einem namenlosen HMS UI 423 XXIV mitgeteilten liede
6zeiL ababcWc
Six. 1. 6 enkan, Str. 4. 1:3 man : an.
9 3. 1 : 3 wil : vü, Str. 4. 6 viL
1:4 = 4:3
8. Heinricli von Sachs (HMS I 93 m) 7zeil. ababccc
Str. 1. 1:S Ut : strU, Str. 4. 5:6:7 strU : lit : zU.
„ 1. 5 : 6 : 7 schar : toar : dar, Str. 4. 1 : 3 dar : var.
1:4 = 4:1
9. Meister Johannes Hadlaub (HMS H 283 Vn. B. L. LXXXVII, 188)
a c f
7zeil. at)cbefe
Str. 1. 1:2^ man : hän, Str. 4. 6 : 7^ man : etikan.
„ 3. 6 : l^harigar^ Str.6. 1\2^ järigar^ Str. 4. b:ldar:t€ar.
„ 1. 6 : 7 i : we^ ^ 4. 1 : 2^ t(;e : m&.
1:4 = 5:3, 1:4 = 4:5
10. Jakob von Warte (HMS I 67 IV) 7zeil. ababcWc
Str. 2. b :7 ivol : dol, Str. 4. 6 wol.
„ 2. 6 min, Str. 4. 5 : 7 min : sin^ Str. 5. 2 : 4 min : sin.
M 3. 6 so, Str. 4. 2 : 4 50 : tmvro.
2:4 = 4:2, 2:5 = 3:4
11. Eubin (HMSI 317 XVIH) lOzeÜ. ababcdcdee
Str. 1. 2 : 4 geben : leben, Str. 3. 6 : 8 gebe : Übe.
yy 2. 2 : 4 bereit : geseit^ Str. 4. 6 ; 8 senftekeit : arbeit.
jf 2. 9 : 10 tool : sol^ Str. 3. 2 : 4 wol : sol,
yt 4. 2 : 4 bräht : verdäht, Str. 5. 9 : 10 gedaht : bräht.
1:3=2:4, 2:3=5:4
.12. Heinrich von Momngen (MF 123, 10) 12zeiL abbcaddccecc
Str. 1. 4 : 8 : 9 : 12 mi : besti : wi : ge, Str. 2. 6 : 7 me : Ä
,, 3. 6 : 1 gruoz'.muoßj ^ix,h. i::^\^:12gruo0:muois:vuoß:buoz.
„ 1. 2 : 3 mp : lip, Str. 4. 4 : 8 : 9 : 12 ^gfi* : understrit : lit : git.
„ 2. 4 : 8 : 9 : 12 baz : daz : vergaz : haz, Str. 5. 2 : 3 gehaz : baz.
1:2 = 5:3, 1:4 = 5:2
13. Ulrich von Lichtenstein (L 397, 1) 6zeil. ababcc
Str. 1. 2 : 4 saiikeit : leit, Str. 5. 1 : 3 scelikeit : gdeit.
„ 2. 2 : 4 man : kan, Str. 4. 1 : 3 kan : man.
,y 2. 1 : 3 min : ^n, „ 4. 2 : 4 min : din^
„ 3. 5 : 6 schin : min.
„ 2. 5 : 6 tuot : muotj Str. 5. 2 : 4 tuet : guot.
1:5 = 2:4 = 4:2, 2:5 = 3:4
240 GI8KS
a a cc dd
14. Derselbe (L 394, 16) özeil. bbbb b
Str. 1. 5^ : 5* meine : reine
„ 4. 1 : 2 : 3 : 4 : 5 algemeine : eine : bescheine : meine : reine.
„ 2. 1 : 2 : 3 : 4 : 5 fmote : hochgemuote : behuote : muote :
guote, Str. 4. 5^ : 5* muote : guote.
„ 2. 5^ : 5* hüete : güete
„ 3. 1 : 2 : 3 : 4 : 5 füeze : mileze : grOeze : &tieee : ^ue^re.
„ 2. 1^ : 2* M?ecre : swcere, Str. 3. 4^ : 4* gebcere : sw€ere.
yy 2. 4^ : 4* dingen : singen, „ 5. IM 2* dinge : gdinge.
1:4 = 4:2 = 2:3, 2:3 = 5:2
D. Sechsstrophige gedicbte.
1. Neidhart von ReuODthal (H n 38, 9) lOzeil. abcabcdeed
Str. 1. 8 : 9 vaZ : ncMigal, Str. 4. 1 : 4c cd \ tcd.
„ 3. 8 : 9 gän : län, Str. 6. 1 : 4 gän : understän.
1:4 = 3:6
E. Siebenstrophige gedicbte.
1. Ulrich von Lichtenstein (L 520, 25) 6zeil. ababec
Str. 1. 5 : 6 so : vro, Str. 4. 2 : 4 so : vro,
„ 2. 2 : 4 wü : spil, „ 7. 5 : 6 m? : spü.
„ 2. 5 : 6 soZ : tool, „ 5. 2 : 4 wol : vd.
yy 5. 5 : 6 grünt : umnt, Str. 7. 2 : 4 munt : stunt
1:4 = 2:5 = 5:7 = 7:2
2. Unter Neidhart von Reuenthal (H XVI, 1) 9zeiL abcabcddd
Str. 1. 2 : 5 überwinden : kinden
„ 2. 7 : 8 : 9 kinden : vinden : linden.
„ 3. 2 : 5 litUe : triute, Str. 6. 7:8:9 Kiute : gebitde : triute.
„ 4. 7 : 8 : 9 Hildebolden : Adelaiden : Herolden
„ 5. 2 : 5 Berhtolden : Gotebolden,
1:2 = 3:6 = 5:4
3. Neidhart von Beuenthal (HI 14, 4) 8zeil. aWaabbcc
Str. 1. 5 : 6 Zd^ : räty Str. 7. 1 : 3 : 4 rÄ< : Äd/ : erg&t.
„ 3. 1 : 3 : 4 jfevor : war : dar^ Str. 4. 5 : 6 gelar : offenbar.
1:7=4:3
4. Derselbe (H 11 36, 18) lOzMl. abcabcdeed
Str. 2. 2:5 winkelsehen : geschehen, Str. 4. 3 : 6 seft^fi : j^esdkefte».
„ 2. 3 : 6 96tön : Adn, Str. 6. 2 : 5 getan : jjfdn.
2:4 = 6:2
KÖBNSB 241
5. Meister Johannes Hadlanb (HMSII 286 XIII) Özeil. aabbb
Str. 3. 1 : 2 bae : was, Str. 6. 3:4:5 liaz : was : gesaz.
„ 6. 1 : 2 gesin : ptUy „ 7. 3 : 4 : 5 sin : hin : pin.
3:6=6:7
6. Ulrich von Lichtenstein (L416, 28) 7zeil. ababccc
Str. 1. 2:4 guot : gemuot, Str. 7. 5 : 6 : 7 missetuot : muot : guot,
y, 2. 5 : 6 : 7 spil : teil : vil, Str. 6. 2 : 4 wil : vU.
1:7=6:2
7. Derselbe (L 440, 19) 7zeil. ababacc
Str. 1. 2:4 stunt : funt, Str. 4. 6 : 7 kunt : munt,
„ 3. 2 : 4 Äo^ : ra^, Str. 7. 6 : 7 lät : stät.
1:4 = 3:7
Jede Strophe begint mit Hoher Maot. Auf diese kiinstolei macht
Ulrich selber 442 , 8 mit den werten aufmerksam
Diu liet von reht si dühten guot,
daz ieslich liet sprach Höher muot
da ez sich huopy des smielte siCy
wan siz gehört het da vor nie.
V. Verbindung von I und IV.
A. Verbindung von I A und IV.
Walther von der Vogelweide (WL 119, 17) 48tr. 9zeil. ababccKdd
Körner (siehe I A a 5) :
Str. 1. 7 si/ : Str. 2. 7 lit : Str. 3, 7 nit : Str. 4. 7 zit
Verhältnisse (IV B) :
Str. 1. 1:3 tac : maCy Str. 4. 2 : 4 pflac : mac.
y, 2. 1 : 3 getan : hän, „ 3. 2 : 4 hän : län,
1:4 = 2:3.
B. Verbindung von I D und IV.
1. Otto zum Turne (HMS I 343 ü) llstr. 7zeil. ababcWc
Str. 2. 6 reine y Str. 4. 6 Tdeine^
„ 8. 5 : 7 meine : alter seine ^ Str. 11. 1:3 beweinen : erscheinen,
„ 9. 6 hulde, Str. 10. 6 schulde, Str. 4. 5 : 7 hulden : schulden.
„ 1. 6 sterben, Str. 2. 1 : 3 sterben : verderben,
„ 5. 2 : 4 verderben : sterben, Str. 9. 5 : 7 verderbe : sterbe.
„ 8. 6 wunne, Str. 1. 1 : 3 tounne : sunne,
„ 9. 2 : 4 gewunt^ : zerrunne.
^ 11. 6 gedinge, Str. 1. 5 : 7 twinget : gedinget.
yf 2. 5 : 7 kumber : suniber, str. 4. 1 : 3 tumber : sumber.
jy 8. 2 : 4 kumber : krumber.
SBIT80HRIFT F. DBUT8CHB PHILOLOGIE. BD. Xvni. 1 0
242 GISKE
Str. 7. 1 : 3 güete : gemüete^ Str. 11. 2:4 güete : gemüeie.
123456789 10 11
2
9
4:
:8
10
2
:4
— 1
:9 =
: 11
: 1
1 :
: 2
4:
11
— 8
: 1
8:
11
= 9
: 2
— 2
: 4 =
8:
2
2 :
:5
1 :
9 =
- 4:
8 —
7:
11
1
:5
8 :
9
VI. Verbindung von 11 und IV.
A. Verbindung von II B und IV A.
1. Dietmar von Aist^ (MF 40, 19) 3str. 8zeil. aabccbdd
Widerkehr derselben reime an denselben strophenstellen (siehe
n Baa3):
Str. 1. 1 : 2 tmp : lip, Str. 2. 1 : 2 mp : lip.
Verhältnisse (IV A) :
Str. 3. 7 : 8 Mp : tmp. Str. 1. 7 : 8 hegän : undertän,
„ 3. 1:2 man : getan.
1
2:3 = 3:1
2. Tannhäuser (HMS U 92 X. B. L. XLVII 131)
3str. 18zeil. ababcdedefefß(ggghhh)
Widerkehr derselben reime (siehe II Bay8):
Str. 2. ß:S ger : sper, Str. 3. ß:S her : ger.
Verhältnisse (IV A):
Str. 1. 1:3 mir : ir^ Str. 3. 5 : 7 ir : mir.
„ 1. 5 : 7 Bin : min, Str. 2. 1 : 3 schin : min.
1:3 = 2:1
3. Otto zum Turne (HMS I 345 V)
a c d f g 1 k
3str. 14zeil. abcbdefeghihkh
Widerkehr derselben reime (siehe II Ba7'9):
Str. 2. G : 8 ir : mir^ Str. 3. 6 : 8 ir : emr.
Verhältnisse (IV A):
Str. 1.2:4 hant : lant, Str. 2. 10 : 12 : 14 hant : gemant : gepfani
,. 2. 2:4 iuot : muoty Str. 3. 10 : 12 : 14 muot : tuot : gftwt
1:2 = 2:3
1) Nach Scberer a. a. o. s. 503 unecht.
KÖRNEB 243
B. Verbindung von II D und IV.
a. Verbindung von II D a und IV.
1. Gottfried von Neifen (H 15, 6) 5str. 8zeil. ababcddc
Was die überlieferte strophenfolge anlangt, so glaube ich, dass
str. 2 ursprünglich nicht auf str. 1 folgte : man weiss nicht , worauf
sich das ir 15, 15 bezieht. Die sache wird sofort anders, wenn wir
str. 2 und 3 umstellen. Dann erhalten wir guten Zusammenhang. Der
anfang von str. 3 schliesst sich an den schluss von str. 1 , str. 2 an
str. 3 passend an.
Widerkehr derselben reime (siehe II D a 2):
Str. 1. 2:^ zU : gtt, Str. 2 (3). 2:4 Up : loip,
„ 3 (2). 2 : 4 min : sin , Str. 5. 2 : 4 pin : min.
Beachtenswert ist die assonanz.
13 2 4 5
Verhältnisse (IV C) :
Str. 4. 5 : 8 min : sin.
„ 1.5:8 sanc : kranc , Str. 4. 2 : 4 sanc : ranc.
3(2)
4:5 = 1:4
2. Konrad der Schenke von Landegge (HMS I 356 XI)
5str. lOzeil. abcabcdeed
Widerkehr derselben reime (siehe II D a 12):
Str. 1. 3:6 muot : wan si ist vür trüren guot
„ 3. 3 : 6 behuot : wcere ein kus vür trüren guot.
„ 2. 8 : 9 meine : aleine, Str. 4. 8:9 reine : meine.
„ 4. 2 :5 sinne : minne^ „ 5. 2 : 5 küniginne : gewinne.
12 3 4 5
Verhältnisse (IV C):
Str. 1.1:4 zit : lU, Str. 5. 7 : 10 zU : lit.
„ 2. 1:4 mac : sumertac, Str. 3. 7 : 10 mac : tac.
„ 4. 1:4 dir : mtr^ Str. 5. 3 : 6 dir : mir.
„ 4. 3 : 6 mp : Up, „ 5. 1 : 4 wip : Up.
1:5 = 2:3, 4:5 = 5:4
3. In einem namenlosen HMS III 468*'* mitgeteilten liedo
8str. lOzeil. aabbcddeee
Widerkehr derselben reime (sielie n D a 14):
Str. 1. 1:2 begin : sin, Str. 8. 1:2 mm ; in.
„ 2. 1:2 vluot : gluot, „ 5. 1:2 guot : durtvtwt.
^ 2. 3 : 4 hant : hekant, Str. 6. 3 : 4 ungennnl : unbekanf.
16 •
244 GISKE
Str. 7. 3 : 4 iht : niht, Str. 8. 3 : 4 iU : niht.
„ 3. 6 : 7 mat : stat, „ 6. 6 : 7 stät : wai.
„ 4. Q :7 wit : lit, „ 7. ß : 7 fsU : mit.
12345678
Verhältnisse :
Str. 1. 5 : 10 gebar : wär^ Str. 6. 1 : 2 Mär : gar.
„ 8. 5 : 10 vltMt : guot.
2
1:6=8:5
b. Verbindung von II D c und IV.
1. Ulrich von Lichtenstein (L322, 1) 5str. 7zeil. ababccc
Widerkehr derselben reime (siehe 11 Del):
Str. 2. 1 : 3 toij) : Up, Str. 5. 1 : 3 ßp : uAp,
„ 1. 5:6:7 muot : tu^t : giMt^ Str. 5. 5:6:7 guot : muot : tuot,
„ 2. 5:6:7 schin : min : sin, Str. 4. 5:6:7 keiserin : sin : min.
12 3 45
Verhältnisse (IV C):
Str. 3. 2:4 mtwt : guot. Str. 5. 2 : 4 min : sin.
1 2
3:5=5:4
2. Friedrich von Hausen (MF 54, 1) 5str. 9zeil. ababbcddc
Widerkehr derselben reime (siehe II D c 3) :
Str. 2. 6:9 totp : lip, Str. 5. 6 : 9 mp : lip.
8 min : sin, ,, 3. 7 : 8 sin : min.
5 gewan : man : gan
5 gewan : man : enÄ^an.
5 Ungemach : geschach : gesach
„ ^. « . ^ . 5 mac : j'ocA : g^flac.
12 3 4 5
91
2.
7 : 8
1.
2 : 4
4.
2 : 4
3.
2 : 4
5.
2:4
Verhältnisse (IV C) :
Str. 1. 1:3 unp : lip, Str. 4. 7 : 8 uAp : leUvertrip.
„ 3. 1:3 gert : ungewert, Str. 5. 7 : 8 gewert : gert.
„ 4. 1:3 sin : bin, Str. 4. 6 : 9 sin : min.
2 2 2 2
1 : 4 = 3 : 5 = 4» : 3, 3 : 4*» = 4 : 5, 1 : 6 = 4* : 4'*
KÖRNSfi 245
3. Rubin (HMS I 311 11) Tstr. 12zeil. abcabcdedede
Widerkehr derselben reime (siehe II D c 2):
Str. 1. 1 : 4 wol : söl, Str. 7. 1 : 4 wol : dol.
„ 2. 1 : 4 danc : sanc, „ 4. 1 : 4 danc : ttoanc.
„ 1. 2:5 singen : bringen, Str. 4. 2 : 5 fwingen : dingeti.
j, 1. 8 : 10 : 12 undertän : hän : began
r, 6. 8 : 10 : 12 stän : Verlan : hän
^ 7. 8 : 10 : 12 stän : hän : wän.
„ 1. 7 : 9 : 11 tmbe : vertrtbe : bdtbe
„ 5. 7 : 9 : 11 beRben : vertriben : totben.
12 3 4567
2.
8
3.
1
6.
7
2.
2
3.
7
Verhältnisse (IV E):
Str. 4. S : 10 : 12 sol : wol : dol.
10 : 12 gesigen : verzigen : geligen
4 gdige : gesige.
9 : 11 gedingen : bringen : gelingen.
5 hochgemiiete : güete
9 : 11 höchgetnüete ; giiete : hilete,
1 1
2:3 =4:6, 2:3 = 4:7.
4. Walther von Breisach (HMS II 140 I)
Tstr. 15zeil. aabcddbceefggfc
Widerkehr derselben reime (siehe II D c 5) :
Str. 1. 1 : 2 eine : ungemeine, Str. 2. 1 : 2 gemeinen : erselieinen.
„ 5. 9 : 10 klage : trage , „ 7. 9 : 10 trage : sage.
„ 4. 11 : 14 muot : behuot, „ 6. 11 : 14 muot : —
„ 4. 12 : 13 spil : wily „ 6. 12 : 13 wankelspil : wiL
„ 2. 4 : 8 : 15 eigenliche : geliche : riche
„ 3. 4 : 8 : 15 stnneriche : geliche : geliche.
12 3 4 5 6 7
Verhältnisse (IV E):
Str. 1. 9 : 10 stät : hat, Str. 2. 12 : 13 Äd^ : rät.
„ 2. 9 : 10 breit : ireit, „ 3. 12 : 13 treit : widerleit.
1:2 = 2:3
c. Verbindung von 11 D e und IV.
Heinrich von Meningen (MF 126, 8) 48tr. 8zeil. ababbccb
Widerkehr derselben reime (siehe 11 D e 1):
Str. 2. 1 : 3 min : sin, Str. 3. 1:3 schin : min.
»
246 GI6KE
Str. 1. 2:4:5:8 cntseu : ven : sien : zergcn
„ 4. 2:4:5:8 sen : zergm : stcn : gesehen,
12 3 4
Verhältnisse (IV B) : '"^^^^
Str. 4. 6 : 7 wiw : vogellm,
„ 1. 6 : 7 sicÄ : mich, Str. 4. 1 : 3 sicÄ : mich.
2
3:4 = 4:1
C. Verbindung von 11 E und IV.
a. Verbindung von 11 E a und IV.
1. Ulrich von Lichtenstein (L 104, 9)
5str. 7zeil. ababcWc. Str. 3 ababaWc
Str. 1. 2:4 vogelin : sin, Str. 2. 2:4 sin : schin,
3 min : din.
7 leit : widerseü, Str. 4. b :7 leit : treitj
3 gemeit : bereit
3 zergän : 5<an, Str. 4. 2:4 crjfan : wän,
3 ;?i^ : JT«, Str. 3. 5 : 7 strU : lity Str. 5. 6 ziL
6 muot, Str. 5. 5 : 7 mwo^ : guot
12 3 45
5 = 4 : 1, 4 : 2 = 3*» : 3% 3*» : 5 = 5 : 1.
2. Derselbe (L414, 3) östr. lOzeil. aabccbddee
Str. 2. 9 : 10 ich : mich, Str. 4. 9 : 10 mich : s^ich.
„ 3. 3 : 6 ;6^J/ : strit, „ 4. 3 : 6 mp : K|).
„ 1. 4 : 5 tage : X^Za^e^ ^ 2. 3 : 6 ^a^e : X^/a^e.
„4. 3:6 mp : ß^^, „ 5. 4: : b lip : mp.
12 3 4 5
1 : 2^^5 : 4.
3. Steinmar (HMS H 154 I. B.L. LXXVI 1)
5str. lOzeil. aabccbddee, Str. 3 aabocbddcc
Str. 5 aabccbddaa
Str. 1. 3 : 6 prisen : risen, Str. 5. 3 : 6 spise : prise.
„ 2. 7 : 8 ingesinde : bevinde, Str. 5. 7 : 8 sUnde : ingesinde
„ 1. 4 : 5 rät : wät, Str. 5. 1 : 2 jfa^ : rät, Str. 5. 9 : 10 statihäi
„ 2. 1:2 wm : ^n, „ 3. 4 : 5 5M^n:sin, „ 3. 9 : 10 ^n : win
„ 2. 9 : 10 tc;o? : vo?, Str. 4. 1 : 2 wd : so?.
12 345
5.
1
1.
5
2.
1
1.
1
3.
1
1.
6
1
2 :
5
1 : 5' = 3 : 2, 1 : 5** = 3': 3**
5*: 5^ = 2 : 3*» = 4: 2.
Jeder zehnte vers jeder strophe begint mit wafen.
KÖRNER 247
4. Meister Johannes Hadlaub (HMS II 297 XXXVI)
5str. 12zeil. abcabccddeeW
Star. 1. 10 : 11 mich : ich, Str. 4. 10 : 11 dich : mich.
„ 3. 1 : 4: si : vri, Str. 4. 1 : -4 $t : bi.
„ 1. 1:4 vogeUin : schtn, Str. 2. 3:6:7 pin : shi : min.
„ 2. 1 : A jsU : ividerstrit, „ 4. 3:6:7 zU : lit : giL
12 3 4 5
1:2 = 2:4.
6. Heinrich von Sax (HMS 1 92 11) 5str. llzeil. abcdabcdeee
Str. 1. 3:7 getan : gelän, Str. 2. 3 : 7 undertän : wän.
„ 2. 2 : 6 sfrit : nit, Str. 3. 2 : Q git : lU,
„ 2. 9 : 10 : 11 niht : siM : jiht, Str. 4. 4 : 8 movcrsiht : nilit.
„ 3. 4 : 8 leitvertrip : kip, Str. 4. 9 : 10 : 11 Up : mp : ^rJp.
12 3 4 5
2:4=4:3.
6. Hartmann von Aue (MF 209, 25 — 211, 19)
6stT. 12zeil. ababcdcdeeff
Str. 1. 11 : 12 wät : hat, Str. 5. 11 : 12 hat : stät.
y, 2. 2:4 muot : guot, „ 6. 2 : 4 muot : guot
„ 1. 6:8 man : kan, „ 3. 1 : 3 an : man,
4. 1 : 3 hat : gestät, „ 6. 6 : 8 stät : hat.
123456
n
1:3 = 6:4
7. Ulrich von Lichtenstein (L428, 1) 6str. 6zeil. ababcc
man : kan, Str. 3. 1 : 3 man : an,
hän : an.
hat : herzen gaJt, Str. 3. 5 : 6 herzen rät : missctät.
wert : gert, Str. 6. 5 : 6 gert : gewert,
leben : gegeben, Str. 6. 2 : 4 vergeben : leben,
hochgemuot : tuot, Str. 4. 5 : 6 miU)t : tuot.
12 3 4 5 6
Str. 1.
1:3
» 6.
1: 3
, 2.
5: 6
« 1.
2:4
» 1-
5:6
, 2.
2:4
1:6=6:1 = 2:4
8. Derselbe (L429, 11) 6str. 6zeil. ababcc
Siar. 1. 1 : 3 meien : zweien, Str. 2. l : 3 zwetet : metet.
« 5. 1 : 3 vindet : swindet, „ 6. 1 : 3 vinden : überwinden.
\ ^ 2. 2 : 4 fir« : jw«, Str. 5. 5 : 6 sfi< : zU.
248 GISKE
Str. 4. 5 : 6 sin ; mm, Str. 6. 2 : 4 sin : min,
1 23456
2:5 = 6:4
8. Goeli (HMS II 78 I) östr. llzeil. abcabcdedec
4 geeelt : velt, Str. 5. 1:4 wdt : geeeU.
4 treit : breit, „ 6. 1:4 vermeit : versneit,
6 weide : heide, „ 6. 3:6 scheide : leide.
9 osterspil : ml, „ 5. 2 : 5 wü : vil.
9 gar : dar, Str. 4. 2:5 ar : dar.
123456
Str.
.1
1
n
2.
1
n
1.
3
n
2.
7
M
3:
7
2:5= 3:4
9. Unter Wolfram (LW 9, 3) 6str. llzeil. abcabcdeeWd
Str. 5 abcabcceeWc, Str. 6 abcabcdeecd
Str. 4. 8 : 9 ir mtnne : brinne , Str. 5. 8 : 9 ir mtnne : gottnne,
„ 4. 7 : 11 grünt : wunt, Str. 6. 7 : 11 munt : kunt.
„ 2. 10 not, Str. 5. 2 : 5 rot : tot.
„ 3. 2 : 5 Mch : noch^ Str. 5. 10 noch.
12 345 6
2:5 = 5:3
10. Ulrich von Lichtenstein (L 524, 14) 7str. 6zeiL ababcc
Str. 1.2:4 sanfte tuet : muot, Str. 5. 2 : 4 hochgemiMt : sanfte tuot.
^ 6. 2 : 4 fpiuot : sanfte tuot, „ 2. 5 : 6 hochgeniuot : guot.
^ 3. 2 : 4 mich : sich , Str. 7. b :6 ich : mich.
1234567
6 : 2 =: 3 : 7
6
11. Meister Johannes Hadlanb (HMS II 283 VIII)
7str. 13zeiL aabcddbceffef
Str. 1. 3:7 schime tronirffi : geschomwen,
«, 2. 3:7 schirme troMiCfH : schamtoen,
«, 3. 3 : 7 vroHHTH : schouwen.
^ 3. 1:2 koH : an , Str. 5. 5 : 6 Icbesan : kan.
« 4. 1 : 2 •> : »tir, ^ 7. 5 : 6 mir : •>.
123456 7
3:5 = 4:7
A. KOCH, THOMMBLB CECILIA
249
12.
Deiselt
)6 (UMS n 281 IV.
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5 5
7:3 = 6:4 = 4:5, 6 : 7 = 7* : 3^
(SchlnsB folgt.)
= 4:2
THÜMMELS CECILIA.
Durch eine correspondenz mit der familie des jovialen reisen-
den, der sich in der vorclassisclien periode unserer litteratur doch
immerhin einen ehrenvollen namen erworben hat, bin ich in den stand
gesezti fSr die freunde der heiteren muse die historischen motive
zweier poetischen improvisationen Thümmels zu enträtseln. Die beiden
gelegenheitspoesieen Pygmalion und Das entflogene Haar basieren auf
250 HOLSTEIN, Zu ANDBBA8 GBTPHIUB
einer neigung des greises zu einer jüngeren verwanten. Die Cecilia
war die niclite des autors und stanoite mütterlicherseits aus der auch
in der Goethelitteratur hervorragenden familie v. Ziegesar. Sie war
mit einem herrn v. Werthern verheiratet und wurde witwe. Der ein-
zige hiograph des diehters, Qruner, dem zugleich in einem auszuge
die den gesamtwerken beigefügte lebensbeschreibung entnommen ist,
nent aus Schonung trotz aller redseligen mystik den namen noch nicht
NEUSES. A. KOCH.
MISCELLEN UND LITTERATUR.
Zu Andreas Gryphius.
Die wissenschaftliche beilage zum prograram des stadtgymnasioms zu Hallo a.S.
vom jähre 1883 enthält eine abhandlung des gymnasiallehrers dr. F. W. Jahn:
qUber Herodis Fnriae et Racheiis lachrymae von Andreas Gryphios. Nebst eioigen
weiteren Nachrichten über den Dichter." 32 s. 4^ Es sei mir gestattet, über den
inhalt dieser abhandlung, welche mehrere wichtige historische festsetzongen enthält,
kurz zu berichten.
Sie zerfält in vier abschnitte. Der erste behandelt den gebortstag des dich-
ters. Derselbe ist nicht der 11. october, sondern, wie auch Palm in der AUg. deni-
sehen Biographie X, 73 angibt, der 2. october 1616. Der Verfasser bespricht ein-
gehend die ontstehung und weitorführung des irtums unter angäbe der hanptquollen i
für das leben dos dichters.
Im zweiten abschnitt wird die erstlingsarbeit des dichters , das lange f&r Ter- —
lorcn gehaltene, in heroischem versmass geschriebene lateinische gedieht j^Horodis ^
Furiae et Kaehelis lachrymae" besprochen, das 1634 zu Glogau im dmck erschien. . i
Dies gedieht verfasste Gryphius, als er noch zögling der unter der leitong des^»
mag. Jacob Rollius stehenden Fraustadter schule war. Hieher kam er am 3. jnni 1632«. 2
aber nicht schon 1631. Denn bis zum grünen donnerstag 1631 wurde er von sei — ^
nem Stiefvater, dem pfarrerEdncr in Driebitz unterrichtet, nachdem ihn dieser vonar^
der Glogauer schule genommen hatte. Gryphius begab sich am g^finen donnerstag ^
1031 nach Görlitz, um sich daselbst auf der schule anzumelden. Aber hier wi
nicht einmal räum in der herberge zu finden, und der obdachlose sachte nnn sei-,
nen bruder Paul auf, der pastor in Rückcrsdorf war. Von diesem wurde er danr
wider auf die Glogauer schule gebracht. In folge eines grossen brandes aber wnrd.
die schule geschlossen. Dieser brand fand am 24. juni (nicht 24. jannar) 1631 statt^::^
Den Sommer hindurch studierte Gryphius für sich. Gegen ende des Jahres want^*^
er sich, von not getrieben, mit einer elegie an seinen Stiefvater, der ihn bereitwir^K"
lig wider in sein haus aufnahm und ihn am 3. juni 1632 nach Franstadt bracht»-^:^
Diese auf den quellen ruhende darstellung weicht von der herkömlichen , auch v(
der Palmschen ab.
Im dritten abschnitt behandelt der Verfasser das zweite epos dos
^Dei Yindicis impetus et Herodis interitus** (1635).
Der vierte abschnitt bespricht eine Gryphius -auffühmng am Btadtgjmnasii
zn Halle im jähre 1665. Dieselbe fand zur hundertjährigen Jubelfeier der
HOLSTEIN, ÜBKR BOLTE, SrANDAÜKR WEITIN ACIITSSl'IEL 251
des gymnasioms statt. Das Grypliiussclic stück, flas bei dieser foior aufgeführt
wunle, war das Schauspiel „vou der bcständigkcit der königin (^athariiion von Geor-
gien in Armenien y'' dessen Verfasser nicht genant war. In der oinladungsschrift
waren anch die namcn der 17 auftretenden schüler verzeichnet , darunter 14 Hallenser.
OESSTEMONDE. HUGO HOLSTEIN.
Ein Spandauer Weihnachtsspiel. 1549. Herausgegeben von Johan-
les Bolte. (Märkische Forschungen 18 , 109 — 222.)
Am 2. fobruar 1549 wurde, wie Schulze in seinen handschriftlichen „Mate-
rialien zur Boschreibung und Geschichte von Spandow'* berichtet, in der kirche zu
Sp&ndau ein drama von der gehurt Christi, den unschuldigen kindorn und Herodes
gespielt und am 7. mai 15ti2 abermals gespielt. Gemeint ist mit diesem drama
dea magister und Spandauor pfarrherrn Christophorus Las ins „gar schön herrlich
new Trostspil von der Geburt Christi vnnd Herodis Bluthundes ," dessen druck-
l^ng erst 1586, 14 jähre nach dem tode des Verfassers, erfolgte. Auf dem titcl
»iri Lasius „weyland Pfarrherr zu Spandow" genant. Der horausgeber dieses weih-
■uuibtBspieles gibt zunächst den toxt nach dem einzigen , im besitz der grosshorzog-
^en bibliothek zu Weimar befindlichen, ursprünglich Gottsched angehörigen
ttemplare (s. 111 — 163). Das spiel enthält 1850 achtsilbige verse und ist in 5 acte
*wlegt. Die bühnenanweisungen sind in lateinischer spräche gegeben. Dem in der
*^reibweiso des Originals gegebenen toxtesdruck folgen annierkungen (s. 164 — 178),
^ in metrischen, sachlichen und sprachlichen erklärungen bestehen. In einem
«ritten abschnitt folgt eine biographie des Verfassers (s. 179 — 194), zu deren abfas-
'^g die umfassendsten nachforschungen angcstelt sind. Christophorus Lasius
(*^ch) wurde am 6. juli 1504 zu Strassburg geboren, studierte 1522 und 1527 in
''ittenberg, wurde von Nicolaus Gorbelius au Luther und 1533 von Melanchthon
^ Jacob Sturm in Strassburg empfohlen, übernahm 1537 das rectorat der schule
'** Görlitz und erhielt 1540, nachdem er in Wittenberg zum pfarramt ordiniert war,
4^ diacooat zu Arnstadt und 1543 das zu Greusson. In Spandau, wo er 1546
P^firtei wurde, verlobte er die friedlichste und glücklichste periode seines lebens.
^^ iblge antinomistischer lehrstreitigkeiten mit Johann Agricola wurde er am
**^* augost 1555 seines amtes entsezt und lebte von da ab unstät an vcrsclücdenen
'*iteu, wie Schmiedeberg, Lauingen, Strassburg, Augsburg, Monostabium (vielleicht
®**8i8heim = Einsheim?), Zeitz, Küstrin und Cottbus. 1570 fand er in Senftcn-
^»■g ein obdach, starb aber schon nach zwei jähren (2. august 1572). Er ist der
^«rfiuser von 8 theologischen Schriften, die meist einen apolegotischen Charakter
^^ifWeisen.
Der vierte abschnitt behandelt das Lasiussche weihnachtsspiel (s. 194 — 211).
*'*' zeugt von Job. Boltes liebevoller und eingehender beschäftigung mit der
S^chichte des dramas besonders der reformationszeit und enthält eine fülle von
^^ttvollen nachtr&gen zur goschichte verschiedener dramon, namentlich von der
^Ua^nna, vom verlornen söhn, von Isaak und Rebecca, Sodom und Gomorra, von
^«r Opferung Isaaks. Dabei werden sämtliche Spandauer dramatische aufführungen
^^Ä 1546 — 1602 aufgezählt. Alle nachweise sind mit grosser bibliographischer
Q^auigkeit unter angäbe des fundortos der einzelnen ausgaben der bes])rochenen
^^'Mnen geliefert Auch der anhang (s. 211 — 221) darf als eine hervorragende lei-
•^ttag Boltes gerühmt werden : er ftihrt 72 weihuachtsspiele auf und vervolständigt
^«iaholda Verzeichnis. Auf s. 221 und 222 folgen nachtrüge.
252 G. KBTTNER
Wir hätten gewünscht, dass die verdienstliche arbeit Bolies entweder als
selbständige schrift oder wenigstens in einer fachzeitschrift erschienen wäre, wo sie
oinen würdigeren platz gefunden haben würde.
Zulozt geben wir noch einige druckfehler. S. 165 z. 5 v. u. lies kommt st
kompt. S. 197 z. 11 v. u. lies 2, 104 st. 2, 93. 484. S. 204 z. 9 v. u. Yander-
haeghen st. Vandahaeghen. S. 206 z. 11 v. u. Carmina st Carminae. S. 219,
nr. 55 ist hinter Jehna 1671 zu setzen: s. 161 — 164 (Dresden). Zu s. 214, nr. 21
ist zu bemerken, dass, wie ßolte mir selbst nachträglich bestätigt, die in der Wie-
ner handschrift nr. 9838 enthaltene Weihnachtscomödie Edelpöcks in der tat nur
die abschrift seines 1568 dem erzherzog Ferdinand von Tirol gewidmeten Weih-
nachtsspieles ist , das Weinhold nach der Wiener handBchrift nr. 10180 abgedmckt hat
OEESTBMÜNDE. HUGO HOLSTEIN.
Georg Elllnger, Alcesto in der modernen Litteratur. Halle a. S. Yerlig
der Buchhandlung des Waisenhauses. 1885. Preis 80 pf.
Schon Wieland hatte das bedürfnis gefühlt, das Verhältnis seiner Alceste la
früheren bearbeitungen desselben Stoffes zu behandeln. Neben der selbstgefiLUigeo
rechtfertigung seiner abweichungen von Euripides Alkestis, die ihm die derbe
spottung in Goethes farce „Götter, beiden und Wieland" zuzog, berichtete er mil
behaglichem Selbstgefühl über drei ältere deutsche opem dieses namens, von den«
die eine nach Aurelio Aureli, die beiden anderen nach Quinault von Matsen
König bearbeitet waren. — In umfassender und gründlicher weise hat nnn EllingME-«
in der oben genanten schrift alle Verzweigungen und Verästelungen der AlkestisfabeL^
in der modernen litteratur verfolgt.
Er bespricht zunächst die Alcestis des Hans Sachs, welche noch ohne jed»J
beziehung zu dem drama des Euripides steht, und versucht mit erfolg die qndl^f
derselben zu bestimmen. Dann werden die französischen, auf Euripides znrü<
gehenden stücke Hardys und Quinaults behandelt, bei der oper des lezteren
die durch dieselbe hervorgerufene querelle des anciens et des modernes
Es folgen die deutschen bearbeitungen des Stoffes, zuerst die selbständig
Euripides entstandene Spangenbergs, dann die von Quinault abhängigen von
und König. Daran schliessen sich die italienischen, die stark barocke von
lio Aureli, die schon auf Quinaults oper einfluss gehabt hatte, dann von Hfta(
seinem Admet zu gründe gelegt w^urde und endlich in mehreren deutschen pnpp^-^^
spielen erst in unserem Jahrhundert ausklang, sowie die ganz rationalistische t-
Martello. Nachdem der Verfasser im Zusammenhang mit der lezteren gleich ( 1
ebenfals modernisierte dicbtung Thomsons erörtert hat, schliesst er die iliiliüniiii.h— f
bearbeitungen zunächst mit Calsabigis von Gluck componierter oper ab.
lieber wird nun Wielands Singspiel, die abweichungen desselben von Euripides,
mängel seiner tochnik usw. beurteilt, die kritik, welche er gegen Euripides richt^^Bt
und Goethes gegenkritik in seiner farce eingehend gewürdigt, anf den einfli
den das geschmähte drama später auf Goethes Ipbigenio ausübte, nach dem v
gang von Herrn. Grimm, Scherer und Seuffert kurz hingewiesen. Endlich wird
aliegorie des St. Foix, die Alceste seconda Alfieris , die tragoedie vonFranfois
die, wie der Verfasser vermutet, gegen Calsabigi- Gluck sich wendende saÜre A]
hoffs und Herders drama, bei dem der Verfasser ebenfals den einflnsi Cakaln^^^
wahrscheinlich macht, analysiert.
ÜBEB BLLINGBR) ALCBSTE 253
Man sieht, ein reiclior Rtoff ist in dieser kleinen litterarbistorischen luono-
grapbie verarbeitet. Und man muss dem Verfasser das lob spenden , dass es ihm
geLungen ist, denselben im ganzen übersichtlich, klar und lebendig vor dorn loser
XU entwickeln. Man gewint ein sehr deutliches bild von den Wandlungen ^ welche
die alte fiabel im laufe der Jahrhunderte erfahren hat: der gang der handlung in
den einzelnen stücken wird so anschaulich skizziert, dass auch derjenige, der sie
nicht kent, sofort völlig orientiert ist; die com position wird kurz, aber ausreichend
analynert, so dass man mit leichtigkeit erkent, wie immer mehr fremdartige
bestandteile an den ursprünglichen stoff anwachsen und ihn überwuchern, wie es
den einzelnen dichtem nicht gelingt die disparaten demente zu vereinigen , wie sie
aeh in einzelnen motiven ungeschickt widerholen usw.
Die anordnnng, in der der Verfasser die einzelnen dramen vorführt, scheint
mir einigem ale nicht glücklich gewählt zu sein: namentlich gegen den schlnss hin
Terliert man den faden aus den bänden. Auch wäre es doch wol das zweckmässigste
gewesen, in der einleitung, wo ohnehin auf das Euripideische drama bezug genom-
Bcn wird, sogleich eine ausreichende Orientierung über dasselbe zu geben, die
frocihibaren keime, welche es enthält, genauer aufzuzeigen, die wirkungsvollen
ittotiTe in den Charakteren, die scenischen effecte durch wolbcrcchnete contraste,
durch das einmischen phantastischer demente usw. Bei der Würdigung des dramas,
velehe der Verfasser später im anschlnss an Wielands kritik gibt, berücksichtigt er
ferner die von ihm in der einleitung angedeutete eigenartige Stellung desselben
^ viertes stück einer tetralogie nicht mehr — vielleicht weil er sich auf den stand-
pOBkt Wielands stellen wolte , der die notiz des Yatic. noch nicht kante. Übrigens
^ der Verfasser, wenn er meint, dass die litte rarhistorikor mit ausnähme Kleins
bu jezt nor lebhaften tadol über das stück ausgesprochen hätten; es genügt, die
'uunen von Bemhardy, Steinhart, Kapp und den jüngst verstorbenen Paul de St.
Bieter, dessen geistreiche und feinsinnige, wenn auch nicht mit philologischer
^bibie gearbeitete geschichte des antiken dramas ^ in Deutschland wenig bekant zu
"^ün scheint, zu nennen.
Möchte es dem Verfasser gefallen, der skizze, die er jezt nur veröffentlicht
w, bald die in aussieht gestelte systematische litterarhistorischo Untersuchung
folgen zu lassen und darin nicht blos die Veränderungen der fabol zu schildern,
^(^dem auch die wechselnden interessen der einzelnen zeitcn, die Wandlungen in
der auffassung und dem ausdmck der emptiudungen , die verschiedene art der
bebandlnng der Charaktere näher ins augo zu fassen, kurz, möchte es ihm gcfal-
^tt in den motamorphosen der Alcestodichtung , uns von der naiven freudo am stof-
^Hdien und der grob holzschnitartigen Zeichnung der ßguren bei Hans Sachs bis zu
^r pnrifiderten , sentimentalen antike Wielands mit ihrem lyrischen auskosten rüh-
'•»der Situationen — der Verfasser sieht jezt darin nur einen dramatischen fehler —
^Qa einen ausschnitt aus der culturgeschichte zu geben. Gerade stoffe, wie der
fliegende, an dem fast alle Zeiten und Völker gearbeitet haben, ohne dass ein
c&nxiger genialer dichter ihn mächtig mit seiner Individualität durchdrungen und
i*ik88gebend gestaltet hätte , bieten für solche Untersuchungen den günstigsten boden.
Und dasB gerade der Verfasser dazu berufen sei, hat er in seiner schrift über das
terh<nis der öffentlichen meinung zu Wahrheit und lüge im 10.,
!!• nnd 12 Jahrhundert gezeigt, auf die ich bei dieser gelegenheit die aufmerk-
Mnkeit der leser dieser Zeitschrift hinlenken möchte.
1) Les deux masques. Tragödie -com^die. Premiere s^ric: los Antiques II, 281
-"W7. Paris 1882.
254 O. KKTTNBB
Es sei mir gestattet an dieser stelle noch auf eine nachwirknng der Aloeste
Wiolands auf ein liauptwerk unserer litteratur hinzuweisen, welche, wie es scheint,
bis jezt der littcrarischen forschung gänzlich entgangen ist. Jenes Singspiel hat
nicht blos, wie Scuffert in seinem anfsatz „der junge Goethe und Wieland" Z. f.
d. A. XXVI, 276—279 im einzelnen nachweist, auf Goethes Iphigenic einfloss
gei'ibt: in noch viel evidenterer weise zeigt das zweite grosse antikisierende drama
der Weimarer dichter, Schillers Braut von Messina, die spuren dieses Vorbildes.
Die beiden ersten acte der Alceste, deren Schönheit jezt wol algemein aner-
kant ist, schwebten Schiller bei der composition der H^o^og seines dramas Tor.
Es liegt auf jenen actcn eine eigentümlich ergreifende weihevolle stimmnng, aus
der uns auch die nicht seltenen Wielandschen platheitcn (z. b. I, 2 Du willst jeder
Freude Des Lebens« jedem schonen Blick In wonnevolle Tage, die dir winken Ent-
sagen? — Schrecklich! Nein! du sollst es nicht!) und banale opemphrasen (wie
II, 3 Grosse Götter! welche Liebe! Welch ein Beispiel reiner Triebe! Nein! die
Erde sah es nie ! ... Bestes Weib ! dein eignes Leben Für den Gatten hinzugeben
usw.) nicht zu reissen vermögen. In wirkungsvoller Steigerung lässt Wieland seine
heldin ruhig schmerzlich ihren todesentschluss gegen alle gründe der confidcnte
Parthenia, die sie an freunde, Vaterland und kinder mahnt, dann weiter
gegenüber dem hcissen flehen ihres gatten, endlich auch bei dem herzzerreissen-
den anbllck ihrer kinder festhalten. — Ganz analog ist die Situation in der
f|f>Joc der Braut von Messina. Auch hier hält erst der chor dem zum tode fest
entschlossenen Don Cesar alle vemunftgründe entgegen, die ihn etwa von seinem
entscliluss abbringen könten: er zählt ihm die pflichten auf, die er gegen den enge-
ren kreis des hauses, wie den weiteren des Staates habe. Auch hier muss der
held sich sodann wapnen gegen die bitten seiner mutter; auch hier muss er
endlich drittens den schwersten kämpf bestehen bei dem unverhoften widorsehen
seiner Schwester — wie dort die kinder wird sie hier zu hilfe gerufen, als die
bitten der andern sich ohnmächtig erweisen.
So spiegelt der aufbau dieser scenen die grundlinien der composition von
act I nnd II der Alceste wider; freilich weiss Schiller dieselben viel lebendiger
und kräftiger auszugestalten, er versteht es die empfindungen viel ernster und lei-
denschaftlicher zu entwickeln , die Stimmung ganz anders zu vertiefen nnd fcstzn-
halten, die steigening straffer und mächtiger durchzuführen, so dass ein kcnner
wie Laube einmal von dieser e^o^og gesagt hat, dass ihr an tragischer wncht nichts
zu vergleichen sei.
Und wie hier im entwurf der ganzen scenen sein schaffen durch daJB Vorbild
des älteren Stückes, vielleicht unbewusst, beeinflusst war, so wirkten die remi-
niscenzen aus demselben nnwilkürlich auch im einzelnen auf den sprach-
lichen ausdruck ein. Wenn irgendwem das von mir behauptete Verhältnis bei-
der stücke zu einander bisher noch zweifelhaft, die Übereinstimmungen als zufällige
oder aus der ähnlichen Situation mit notwendigkeit sich ergebende erschienen sind
so wird durch die vergleichung folgender stellen die abhängigkeit der Brant von
Messina von der Alceste wol unwiderleglich bewiesen.
Alceste sagt II, 5 zu Admet, der selbst den tod erleiden will:
Ach, Admet, die Todesg5tter
Sind unerbittlich. Eines von uns beiden
Muss fallen! —
Lass mich, lass mich allein das Opfer sein!
ÜBSK ELLINOEB, ALCE8TE 255
Fast wörtlich ebenso Beatrice IV, 10:
Ein Opfer fordert der geliebte Todte;
Es soll ihm werden, Mutter — Aber mich
Lass dieses Opfer sein!
Wie Admot 11, 3 den gemeinsamen tod sich ausmalt:
Unsre Seelen hat
Die Liebe unauflöslich in einander
Verwebt, und ewig, ewig unzertrennbar
Vereinigt, sollen sie ins Land der Schatten gehn!
So auch Cosar IV, 9:
friedlich werden wir zusammen ruhn
Versöhnt auf ewig, in dem Haus des Todes.
Wenn Parihenia I, 2 betet:
0 gute Götter, höret nicht
Was in der Angst der zärtlichen Verzweiflung
Ein liebekrankes Herz euch angelobt! —
Die Götter haben Mitleid
Mit unsrer Schwachheit; hören nicht
Gel&bde, von Verzweiflung
Der Liebe ausgepresst.
0O widerruft ganz ähnlich Isabella ihre fluche IV, 9:
Ich rufe die Verwünschungen zurück,
Die ich im blinden Wahnsinn der Verzweiflung
Auf Dein geliebtes Haupt heninterriof. —
Nicht hört der Himmel solche sündige
Grebete.
Die Worte der Parthenia in derselben scenc:
(du willst) dieses goldne Licht
Der Sonne mit der ew'gen Nacht
Des Tartarus vertauschen?
klingen wider in Cesars rede IV, 10:
(Du willst) Das Licht der Sonne mir noch teuer machen
Auf meinem Wege zu der ew*gn Nacht?
Wie Herkules am schluss von act III den an den göttern verzweifelnden
Admet tröstet:
Der Ausgang soll mit ihnen dich versöhnen
Die Götter walten!
■o weist auch der chor IV, 4 Isabella auf die himmlischoii hin, deren macht sie
verkent:
Der Ausgang wird die Wahrhaftigen loben
Die Götter leben.
Die gewalt seiner liebe schildert Admet IV, 3:
Ich will an Sie allein
Nur denken; wachend, träumend Sie, nur Sie
Vor meinen Augen sehn.
256 O. KETTMKB, ÜBER KLLINOBB, ALCB8TB
und Codar bekent der Beatrice II, 2 fast wörtlich dasselbe:
Dich hab' ich
Gesacht, nach Dir geforschet; wachend, träumend
Warst Du des Herzens einziges Gefühl.
Der aiikommonde Herkules wird von Parthenia V, 2 geschildert:
Admet, sich Deinen Freund!
Und Freude blitzt aus seinen Augen!
genau so, wie der zurOckkelircnde böte vom chor I, 6
Freue Dich,
Don Cosar! Gute Botschaft harret Dein,
Denn fröhlich strahlt der Blick des Kommenden.
Wie Admct II, 4 die lezten bitten der Alceste abweist
Grausame! Höre auf mein Herz zu foltern!
ähnlich begint Don Cesar, als IsaboUa zulezt die Beatrice herbeiruft:
Argllstge Mutter! also prüfst Du mich!
Das nahen der todesgötter vemimt Alceste I, 2 visionsartig:
Ich höre das Schweben
Der schwarzen Gefieder.
Sie steigen hernieder!
Dies erinnert an die viäion des chors (auch im metrum) IV, 4:
Eherner Füsse
Kauschen vemehm' ich
Ich erkenne der Furien Schritt!
Allenfals Hesse sich auch noch anführen Ale. III, 4:
Sich her! Da, siehst Du diesen Aschenkrug?
Bald wird er alles ^ alles was von ihr
Mir übrig ist, verschlingen!
Br. V. M. IV, 5: 0 blick her und sieh
— Ja. das ist alles,
Was Dir noch übrig ist von Deinem Bruder!
Man mag einzelnen dieser stellen geringe beweiskraft beimessen: im
monhang mit den übrigen gewinnen auch leichtere anklänge bedentnng. — Wie
landd Alcosto muss übrigens Schiller schon in Dresden, in Körners musikliebcndei
hause naher getreten sein, lezterer citiert in einem briefe vom 8. joli 1785 ein
stelle aus dem fünften acte.
SnirLPFORTB. GUSTAV KETTHER.
rbersehene fehler!
S. 131 z. 2 V. u. st. pass. lies activen.
S. 137 z. 14 V. u. st. is lies ist.
Hallo a. S., Bnrhdruckenn des Waii
I
Inhalt
Zu TiwUua Oc-nuaiib cap. XIII. XIV. Vtm Ountnv Kettnor . -
Der inßrütlc nimh tatllm iiiiil iJoil vcrbn pmcU'ritn*pnMii>lUft Hl dw
ppea Ikrtmotm« vwii Am'. (I'ortm-lüniiu) Von Dr. Sylvia«
von Mornttärlierg-MänckiMUitj ......,,, IM
Vrll VTarbcck un<I Am itrsma von üvr üdiitiiL'n ^Ugtrlinut. Van
H. Holstein I8C
OhPr KöiTif^r uuii viTwanilto credi[-iniiuK«ii lu Aor m)lli'llionlid«iKclMiii
ijrik. (ForUM/ung.) Von U. C.isko ......._ ÄlflC]
TliBmliiL'ls (Vdüa. Viio 4. Koeb .
Miscelleii uihI Litlonttur.
Za Andn^iu Grj-pliios; von II. Ilolstrin. 250. — Jah. tlolte,
S|iamUflnr wrJlinarbtsBgücl ; aiigcz. mn tl, IIit[§tolu. ääl.
(!e. KlUngor, Alcojitc In der modorncu lUt»nuir; ■
G, KetdiiT. 2r.2.
in« miirnilra kffTi- vmlni ii. •. hrlncHi: 7." Am I.ofht»"! itiirrc|it*1ini. Vnn lUa
ilnmdilnlttt {imtmü, — Kln ^milifliin pUTpm>tln1 A)n*>ln. Von r>ii..t« B-Ilii
hni>Mg).~ Znr ÄtKiiiiduntiHt Kun F'vmilalnilltMliMia. Am milthitllnni^ nni J. OIMiiE*l«laf
(Dniiiil. .- Plror CTinm uii4 rwwnu.lin inMtiinCtM arwIinlBunicau 1« >1*r uiUil. litOt ImUbSv V«p
n.itlik* llJllw'kV - DoiiHm diu) diuiiulUim Jn Kl. MrkUMirn*. Vm Uhgu lliil.ii.tii iWlI-
lialnibATDiL " liihmiiie* lUmnuTtni Von IC, linflDAr (lüiftliiul. — Ilriiiti>t>tnM> tia» tubteAilnak.
Von Jaiil^kc (llmii"m), - Vnrl.nm nirf >ir,in«i In V. rtk.« AMrt«l»l-^ V.,i, Ji.h. K«|t» <I>M«1.
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nnrli ^^m im ; 'üu (moSx :■•- ■'•■Im ilJlitili« in ■Im tiftfi Hutniaiiiii run A<H> <wUiil>1- Vwm
»j-lrian •"« ^■'»«(■irliiiiv-llflfli-liiiniiu <(ln«t«iit. — illtlhillumcvii *<• hiuu!>clifltai. Tm
0. rniiiai (Bn^tlau) - Dln tMinUin in Am. Tm ['Ipct (Album). - fi)«i lUn niuitnli« a^n|
Ul Vrulhaui. V.« J. Kcnliai (UnuliBiakl. - Sin llf»l/H.liWi uciriikuiulu. Vau J. Xlncvrl»
ZEITSCHRIFT
DEUTSCHE PHnX)LOGlE
HKHAl'StJKUKBKN
D«. ERNST KOPFNER ..h.. Dr. JULIUS ZACHER
ACHTZEHNTEfft BAND
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ruHt.Ail IIKII •■l<'4tlllA>ill)l.tJ9«i DKN WAUUMIAtItlUt
IHSti
EIN DEUTSCHES PUPPENSPIEL: ALOESTE.
Die puppenspieldichtuDg ist bis jezt von der litterarhistorischen
forachung in ungebührlicher weise vernachlässigt worden; und doch
sind 88 die texte der puppenkomödien allein, welche uns bedeutsame
aofischlflBse über ein nns völlig unbekantes gebiet, das volksdrama des
17. nnd 18. Jahrhunderts geben und uns wichtige rückschlüsse gestat-
ten. Einzelne Puppenspiele sind zwar gedruckt; aber selbst die not-
wendigsten bemerkungen über den litterarbistorischeu Zusammenhang,
fiber die quellen usw. hat man zu machen unterlassen. Ich will nur
ein beispiel statt vieler anführen. In dem Puppenspiel: Don Juan
^ (gedruckt bei Engel, PuppeukomGdien , Br. UI) findet sich eine scene
, swischen Don Juan und zwei gerichtsdienern (a. a. o. s. 35 fgg.), die
nemlich bekant ist, da sie aus dem Puppenspiel auch in Mozarts oper
|. vn^enommen worden ist, wie ich sie selber denn in meiner kindheit
: snf einer kleinen opembühne habe mit aufführen sehen. Auch Grabbe
kante die scene und hat sie im „Don Juan und Faust" nachgebildet.
Sieht man sich diese scene nun genauer an, so erkent man auf den
ersten blick, dass dieselbe der gerichtsscene aus: „Viel Lärm um
Hichts'' nachgebildet ist, worauf bis jezt, so viel ich weiss, noch nie-
mand aufmerksam gemacht hat.
Besonderes Interesse verdienen diejenigen Puppenspiele , die antike
Stoffe behandeln. Es würde sich wol verlohnen, diese eigenartige
renaiseanoedichtung einmal völlig zu behandeln und sie auf ihre quel-
len zu nntersQchen. Eine ganze reihe antiker steife, Medea, Oedipus
nsw. ist von den puppenspieldichtern bearbeitet worden. Ein merkwür-
diges stück dieser art will ich auf den nachfolgenden blättern mitteilen.
Dasselbe ist in mehr als einer hinsieht interessant. Auf die existenz
desselben hat mich herr dr. Beinhold Koehler aufmerksam gemacht;
er hatte auch die freundUchkeit , mir eine genaue abscbrift desselben
za besorgen.
Das stück behandelt die Alceste-sage und die hauptzüge des
Inhalts sind schon von mir in meinem buche : Alceste in der modernen
Idtteratur, Halle, Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, 1885,
8. 20 fg. mitgeteilt worden: „Nachdem Alceste sich geopfert hat, wen-
det Admet sich sofort einer andren schönen zu, er verliebt sich in die
sebäferin Dorinde und will dieselbe seinem diener Hannswurst, der sich
ebenfals in das mädcbeu verliebt hat, entreissen.^ — Fragen wir,
SnTBCHBIFT P. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD. XVm. 17
258 ELLINOEB
woher der dichter diese seltsame Umgestaltung der antiken sage entnom-
men , so werden wir auf einen eigentümlichen Zusammenhang geffihrt
Es existiert nämlich unter allen den dramen der modernen lit-
teratur , welche den Alceste - stoff zum gegenständ haben , nur ein stQck,
welches mit dem Puppenspiel ähnlichkeit hat. Es ist das drama per
musica des Italieners Aurelio Aureli: Antigona delusa d'Alceste.^ (um
1664 entstanden; von mir analysiert in meiner angeftQirten sehrift,
s. 15 fgg., ausfuhrlicher in der vierteljahrsschrift für musikwissenschaft,
bd. I s. 201 fgg.)- Auch in dem stuck des Aureli wendet sicli Admet,
nachdem Alceste gestorben, sofort einer andren schönen zu, n&mlidi
der trojanischen prinzessin, Antigona, um welche er sich frfliier scIioh
beworben , allerdings ohne sie zu sehen , und die sich jezt unter der
maske einer Schäferin Bosilda in Thessalien aufhält. Admet verliebt
sich in das mädchen und will sie heiraten ; aber auch sein brnder Tit-
simede und sein diener Orindo sind in Antigona verliebt — Man
erkent leicht, wie das hauptverhältnis des Puppenspiels dem italieni-
schen stück nachgebildet worden ist; aber auch in den einzelheün
lässt sich die einwirkung erkennen. Wie Casper der statue des got-
tes Schimpfworte zuruft und dieselbe schliesslich von ihrem tron ber-
unterwirft, so fährt auch der spassmacher des italienischen stfiekes,
Lille, das bildnis des gottes an, nachdem es den orakelsprach getan
und ruft ihm zu.- o statua maledetta! Wie bei Aureli Trasimede die
Antigona zum ersten mal trift, als er zum jagen auszieht (I, 18.) ^ so
begegnet auch Admethes im Puppenspiel der Dorinde bei der jagd.
Noch weiter im einzelnen würde sich die vergleichung durchfuhren las-
sen. — Noch wahrscheinlicher wird die einwirkung des italienischen
Stückes, wenn wir daran denken, dass auch in ein anderes Puppenspiel:
Alceste (das wir nicht mehr besitzen, dessen Inhalt uns aber durch
einen bericht Matthissons bekant ist, vgl. meine angeführte sehrift,
s. 19 fg.) motive aus Aurelis drama übergegangen zu sein scheinen.
Das stück des Aureli muss um die wende des 17. und 18. Jahrhunderts
in Deutschland verhältnismässig bekant gewesen sein, wie denn eine
Übersetzung desselben 1693 von einem gewissen Thiemich verfasst
wurde' und auch Händel aus Aurelis drama sich den text f&r seine
oper: Admet gesaltete.
Wir können demzufolge die abfassung unsres Stückes etwa in
den anfang des 18. Jahrhunderts setzen. Die form freilich, in der es
1) In einem sammelband auf der königlichen bibliothek zu Berlin: opere di
Aurelio Aureli X g 6018.
2) Die Übersetzung kante schon Wieland; er hat sie analysiert im Deutschen
Merkur, 1773. St. I, s. 37 —55.
PÜFPENSPIBL ALOBSTB 259
]ezt noch vorliegt, stamt wol aus dem anfang des 19. Jahrhunderts.
Nicht allein dass die handschrift , wie mir herr dr. Beinhold Koehler
mitteilt, aus dem 19. Jahrhundert stamt, auch anspielungen auf zeit-
yerhUtDisse (scUacht bei Austerlitz, v. 818) und litterarische Verhältnisse
(Kotzebue v.807) haben sich eingefunden.^ — Auch Situationen aus andren
pnppenspielen scheinen benuzt worden zu sein : das benehmen des Kas-
per, der, da Herkules anklopft, aus furcht nicht fragen will, wer draus-
sen ist und der dann, als Herkules eintritt, unter den tisch kiiecht,
erinnert lebhaft an Hannswurst beim erscheinen des comthurs im Pup-
penspiel: Don Juan. (Engel, Puppenkomödien, bd. HI s. 62 fg.)
WennEasper, nachdem Herkules die Alceste befreit und mit ihr abge-
gangen, nun die Zauberformeln, welche er von Herkules gehört, wider-
bolt, um die geister zu beschwören, so gemahnt das lebhaft an die
gleicbe Situation im Puppenspiel Faust. (Engel , bd. I s. 15 fgg.)
Bei meiner herausgäbe habe ich die verse abgesezt, die in der
bandschrift ziemlich wilkfirlich geschrieben und zuweilen falsch abgesezt
sind; auch habe ich sie mit regelmässiger Zählung versehen. Zu anfang
tritt der Alexandriner auf; nachher schwankt das versmass meist in
den knittelvers um, einzelne stellen sind dann wider in Alexandrinern
»bgefassi Die verse sind sehr roh und regellos. — In der Orthogra-
phie folge ich durchweg der handschrift, Interpunktion habe ich nur
in den seltensten fällen zugefügt; wo ich die Interpunktion der hand-
schrift verändert habe , ist die betr. interpunktion des manuscripts meist
in Uammem zugefagt
Eine Scheidung der mutmasslichen bestandteile , des ursprüng-
lichen kems und der zusätze, welche sich nach und nach angesezt
haben, mochte ich nicht durchführen, trozdem die Versuchung dazu
nahe genug lag.
Alzeste oder: Der HOUenstUrmer.
Lustspiel in 4 anfzügcn.
Personen: Decorationen.
^^^- Erster »et:
Unig Admethes von Thessalien. j..„ ^.^^^, ^j^ ^j^^,,^ g^^^^
Ein seneschftll. „ .
Herkules. ^^«^^^ *^^-
Aeskulabius. ^^^ *®°^P®^ ^®® Aeskulabs.
Dorinde, eine hirthin. Dritter act:
Casper, hofnarr. Ein finstrer wald.
Tmttscherl, seine brant.^ Vierter act:
Furien. Garten.
1) Diese anspielungen verraten sich deutlich, da sie so nahe nebeneinander
■^W, während sonst im ganzen stück sich ähnliches nicht findet, als späioron zusatz.
2) Im Puppenspiel selbst wird diese ligar als: Gretcl bezeichnet.
17*
2G0 ELLINGEB
Erster act. Erste scene.
König im Bett liegend. Alzeste. Seneschall am Bett stehend.
König matt:
0 Himmel! Himmel! ach! was grosse Leibesschmerzen
Empfind mein schwacher Geist, mich quält schon in dem Herzen
Mortunas schwarze Hand, und raubet mir die Ki*aft,
Schon nagt der Todeswurm an meinem Lebenssaft. (,)
Sofern die Götter noch mit ihrer Hülf verweilen, (!) 5
So muss ich ganz gewiss ins Beich der Todten eilen.
Alzeste:
Admethes, ob du gleich in Krankheit bist gefallen,
So werd ich helfen dir gewiss vor Andern Allen!
Und sollt es auch gleich sein mit meinem eignen Leben,
So glaub nur sicherlich , dass ichs für dich werd geben. 10
Seneschall:
Der Götter Aug wird stets für seine Bürger wachen,
Beschützen Krön und Thron, und dessen Kostbarkeit.
Vergebens sucht der Tod das Grabe schon zu machen.
Als wie ein Phönix wird die Lebens -Kraft erneut; (,)
Gesetzt auch, wenn ein Sturm die Sonne wollt vertreiben, 15
So wird sie sicherlich nicht lang zurücke bleiben —
Sie bricht die Wolken durch, mit ihrem hellen Schein —
Erfreut des Menschen Herz —
König. Ach, lasset mich alleine,
Ich bin sehr schwach und matt, ich fuhl*s, bald werde ich erblassen
Und Weib, und Reich und Tron trostlos zurücke lassen. 20
Alzeste.
Nein! nein! Gemahl, noch nicht, es ist noch Rettung da,
Ich eil zum Tempel hin (,) des Aeskulabia!
Bring reiche Opfer ihm, Weihrauch in goldnen Schalen,
Lass einen Purpur ihm von Gold und Perlen malen,
Misch meine Tränen drein, die gleich Rubinen glänzen 25
Lass alle Grazien vor seinem Trone tanzen.
Er lässt mich sicher nicht trostlos von hinnen gehn,
Wo eine Königin bitt, wer wird da widerstehn — ?
Gomahl, ich gehe schon, lebt wohl, lebt wohl, mein König,
(ab.)
Seneschall.
Das flohn aus einem Mund ist wahrlich noch zu wenig. 30
Ich selbst will mich begeben
Zum Aeskulabius, zu bitten um Ew. Leben.
PUPPENSPIEL ALCESTE 261
König.
Wohlan, so geht, doch lasst mich nicht alleine,
Schickt meinen Hofnarrn mir. —
Seneschall.
Ich meine,
Der macht Euch zu viel Lärm, doch wie ihr wollt, mein König, 35
Ich schick ihn zn Euch her, vielleicht schaft er ein wenig
Darch seine Schwank Euch Buh,
Lebt wohl, ich eil* anjetzt dem Göttertempel zu.
(ab.)
König, (allein.)
Ach! ach! es ist vergebens,
Verlöschen wird gar bald die Lampe meines Lebens. 40
(dazu) Gas per.
Ey sagt mir Leutchen doch, wer ist nun Koch und Keller?
Der eine sauft den Wein, der Andre leckt die Teller.
Das machts, der Meister König liegt im Bett,
Als wenn Em Rhevmatism am linken Absatz hätt.
Prosit, Prosit! (geht ans Bett.)
Herr König, was Teufels liegt ihr denn im Bett, den ganzen Tag
im Nest 45
Pfoui Teufel, was ist das, ihr stinkt ja wie die Pest,
Was habt ihr denn beim Blitz für Teufelszeug genommen,
Was habt ir denn ffir Zeug von Eurem Arzt bekommen,
Das was so garstig riecht?
König.
Ach, ich hab eingenommen
Aqoavis mortia, und dulzis lubis ender, 50
Auch Wasser musst ich trinken, von Sellerie gekocht.
Casper.
Potz Tausend! fresst doch Schinken, sauft Malaga dazu, das giebt
mehr Kräfte,
Als alle Schmiererey und Apothekersäfte.
König.
O schweig, wie kann ein Kranker denn noch Schweineschinken essen,
Hast du denn, dass ich krank bin, ganz und gar vergossen? 55
Casper.
Vergessen hab ichs nicht, ich spürs an meinem Magen,
Das (sie) krank ihr seid
König,
wie? sollte mau es wagen,
262 BLLINOEB
Und dir nicht so wie sonst, recht satt zu essen geben?
Das hoff ich wahrlich nicht —
Casper.
Ich sags, in meinem Leben
Hab* ich nicht so gefressen , sonst musst ich Morgens laufen 60
Und für drei Pfennig Brod zu meinem Frühstück kaufen,
Jetzt steht mir Alles auf, ich kann zu Eist und Schränken
Und kann mir, wenn ich will, vom besten Wein einschenken.
König.
Mein Diener, gehe fort, du kannst mit deinen Scherzen
Mir dennoch helfen nicht, ich fühle heftge Schmerzen, 65
Ich glaub, ich werde wohl nicht lang mehr bey euch bleiben.
Casper.
Hört, ich will Eucb einmal ein guts Rezept verschreiben.
Das hilft Euch sicherlich —
König.
0 Himmel, lass es bleiben,
Was hilft dein Schreiben mir, da alle grossen Männer
An mir nichts ausgericht —
Casper.
Drum hört, gekrönter Gönner, 70
Ein kleines Männchen an, es giebt bey kleinen Leuten,
Oft auchn gescheuten Kopf, drum nehmet nur bey Zeiten
Ein tüchtigen Aderlass ein , drauf nehmt s Olium Babolium , Audinm
et GuDTulorum eigrugulus Puckulorum. Das ist ein pucklicher Mai-
käfer. Kornikulum Komua Rumosa. Simplizia. Camura. Be- 75
kurva. Konvulata. in Muctonem DosinentL
Dieses au die Stirn gerieben, und drauf eingenommen — —
Fünf Zentner ungeli^hten Kalk« 3 Zentner Wagenschmier,
Da$ hilft Euch auf der Stell. Herr KC^nig, glaubt es mir. —
K^nig.
Ach Thor, das Zoucr kann Niemand nehmen. 80
Casper.
1>ÄS wollt ihr nicht einnehmen?
So ki^nnt ihr Euch Wquemen
Tnd Kuren Schnappsack nehmen.
Tnd heisa huckepack
*Keisen inV TVufcl^Äack. 85
Ks hat's d*voh ein^renommen
Mm alter Zie^ywiKvk.
Vnd ist ihm wohl bokommen —
PUPPENSPIEL ALCESTE 263
König.
O schweig, du dummer Stock,
Ich bin ja keine Geise. 90
Casper.
Es hilft auf alle Weise
Den andern Böcken auch.
Vorige und GreteL
Gretel.
Da lauf ich fiberall rum und such den Wechselbalg,
Den Tölpel, den Dickkopf, den Ochs, den Narr, den Stier —
(sieht Casper.) Ha find ich dich einmal, bist du denn einmal hier? 95
Casper. (für sich.)
Pfui Teufel! kommt das Mensch auch noch hierhergegangen,
Nun wirdsn rechten Läim Yorm König hier anfangen,
(laut) Sag an, was willst du denn? —
Gretel.
Nun, wie der Mensch noch fragen kann,
Ich will dich halt heirathen! —
Casper. (langsam.)
heirathen? —
Gretel.
Nun ja, ich back dir Hochzeitsfladen, und geb dir rothen Wein, 100
Da wollen wir mal recht tanzen und wacker lustig sein.
Casper.
Nun sag mal, dummes Thier, was bildst du dir denn ein,
Dass so ein Kerl, wie ich, ein Mann für dich sollt sein?
Gretel.
Nun hast mirs nicht versprochen.
Es sind nun schon 4 Wochen, 105
Da hab ich dir gekauft 4 Maass Tiroler Wein
2 fette Gans und Schöpsenkeil, mein Herze gab ich drein.
Du birst's doch jetzt wie viele junge Herrn nicht machen?
Casper.
Wie machen's die?
Gretel.
Das Mädel angeführt und hinterher auslachen, 110
Das ist die Mode so.
Caspar.
Nun wenns jetzt Mode ist, so wollen wirs auch mitmachen.
Gretel.
Du hartes Felsenherz, du bist von Holz und Stein,
(weinend.) Wenn du mich nimmer willst, spring ich in Fluss hinein.
2^ KLLCTOER
Casper.
0 pfai, eiu kluges Weib muss sich in Alles finden — 115
Wer wird sich wohl an solche Kleinigkeiten binden,
Wer sich deswegen gleich ersäufen wollte,
Das war ja nicht das Weib, wies sein sollte.
Gretel. (zum König)
Mein. Horts mal, Meister König, ihr seid son wackrer Mann,
Sagt*s, was fang ich mit dem Schlankerl, mit dem Casper an? 120
König.
Warum mein Kind? was hat er dir gethan?
Gretel.
Ja, schaut, es sind jetzt grad 4 Wochen,
Da hat er mir das heirathen versprochen,
Ich hab'm alle Tag Speckklösse müssen kochen.
Und 4 Pfund Fleisch frass er auf bis auf die Knochen, 125
S' Herz im Leib that mir oft vor Freuden pochen,
Wenn ich ihn so fressen sah, und nun will er mich sitzen lassen.
(weinend.) Huhu, nun soll ich allein Abends gehn auf der Strassen —
Soll hiesten uod husten, bis über mich Armen,
Sich wieder ein Andrer einmal thut erbarmen. 130
Du lieber Himmel, wie hält es so schwer.
Bis einer zu uns armen Mädchen kommt her.
Ja wenn man könnt gehn in Haub und Saluppen,
So wie sie zu Leipzig, wohl gehen in Truppen —
Oder zu Dresden auf der Brücken, 13
Ach, ich möchte vor Jammer ersticken.
König.
Mein liebes Kind, sev still, und schreie mir nicht so,
Er muss heirathen dich —
GreteL
Juchhe nun bin ich froh,
(zu Casper.) Nun rausst du mich heirathen,
Nun will ich kochen und braten, 14
Kebhündl, Enten, Tauben,
Kosin, Apfelsini, TraubeJi,
Auch Mohnkuchen nach schlesischer Manier
Und Kaffee mit Zigory gebe ich dir.
Casper.
Und ich geh dir nach jet«^er Manier 14=-
Don Absatz ,Hufm ruckel daför.
(zum König) Pfui Teufel, Herr König, was habt ihr gedadit|
PUPPENSPIBL ALCESTB 265
Das (sie!) ihr das Tbier zu meiner Braut habt gemacht.
Was thu ich mit dem Wechselbalg dann,
Was soll ich mit ihr fangen an? 150
Das Mensch ist nichte aestaitisch, nicht poetisch,
Sie schreit den ganzen Tag wie toll.
Kurz, es ist nicht das Weib, wies sein soll.
König.
Ach öott, aestantsche Weiber sind nicht theuer,
Und langweilig, wie das Leben im Fegefeuer, 155
Ich bitte dich^ jag sie hinaus.
Ich halt das schrein nicht länger aus,
Casper.
Ha ha! Herr König, nun seh ich*s ein,
Ihr habt's versprochen mir aufn Schein,
So wies die grossen Herrn oft machen, 160
Bas Wort zu halten sind nicht ihre Sachen.
^u gebt nur acht, ich will sie gleich nausfegen,
Grad oder krumm, mir ist nichts dran gelegen.
Mein Absatz ist so grob wie Eure Politik,
Ich brech ihr, wenn ihr wollt gleich auf der Stell das Gnick. 165
(zn Gretel mit aufgehobnem Fusse.) Ich frag dich, wirst du gehn,
Oder willst du meinen Absatz sehn ?
Gretel.
ß«h, geh und sey kein Narr mein Lieber,
^ hast wol gar das gelbe Fieber?
Casper.
^^^ ja mein Kind^ mein Absatz ist schon mobil, 170
öruna bitt ich dich recht schön und viel,
^^ch, dass du kömmst zur Thür hinaus.
Gretel.
^^u sey gesch'eidt, komm mit nach Haus.
Casper.
^^ dunmer Balg^ marsch, pack dich fort.
^^ Thier g'hörst nicht an diesen Ort. 175
^ Mädchen, das nach Hofe geht,
*I^8s seyn, wie der Hahn, der aufm Schlosse steht, (stösst sie ab.)
Gretel. (von aussen.)
0 Weh, er hat mim Arm verdreht.
Casper (gegen die Seite, wo Gretel abgegangen.)
^ Ifarr, bey jetzger Zeit,
^ö so rar die Mannsleut, 180
266 ELLINOSB
Wo man so viel zum Streit
Und Krieg gebraucht, da leiht
Man solchem Madel gar kein Ohr,
Da kriegt man eine mit viel Louisdour.
(zum König) Nicht wahr Meister König? Was sagt ihr dazu?
König. 185
Ach! ach! mein Diener, geh und lass mir Ruh,
Doch willst du seyn ein frommer Heyd,
So geh und mache dich bereit.
Nimm Weirauch, Myrthen, Edelstein,
Und geh in unsern Tempel ein (,) 190
Zum grossen Aeskulapius,
Beug deine Knie am heiigen Dreifuss,
Und bitt um deines Königs Leben,
Vielleicht, dass dir die Götter Gnade geben.
Gasper.
Den Dreifuss soll ich schmieren, 195
Mit Weirauch und lacieren?
Mit Myrthen und Edelstein,
Nein, mein Herr König, mein,
Man muss nicht so gar spendabel sein.
Erst soll er helfen Euch , der Doctor Schnipselabius, 200
Dann kriegt ers Honorar, und wird Leibmedikus; (,)
So ists bei grossen Herren jetzt der Brauch,
Und so, Herr König, macht ihrs auch.
Und schnurrt ihr ab, und müsst ihr mit der Haut bezahlen,
So wird man dem Herrn Schnippselabius ein Honorarium malen, (ab.) 205
Actus :
Zweiter act. Tempel des Aesculap.
Priester machen Zeremonien, eine Sinfonie beg^t Priester nngen, riLnchem
etc. Ein kleiner Altar, woranf das heilige Feaer brent, im Hintergnmd ein präch-
tiger Altar, mit goldnen Franzcn , worauf Aeskulabins zu sehn, mit erhabnen Stufen.
Nach der Zeremonie erscheint
Alzeste.
(mit zerstreuten Haaren , wirft sich auf die Knie.)
Ach grosser Aeskulap, du Helfer aller Heiden, -
Ach sag, wie lange soll mein theurer Admeth leiden?
0 , kernst du helfen ihm , so hilf ihm doch bei Zeiten,
Lass ihn genesen schnell , ich mach alsdann die Freuden (,)
Dem ganzen Land (,) 210
Und allem Volk bekannt. Pause.
PÜPPEN8FIEL ALCESTE 267
loh bitt zum zweiten Mal, lass mich den Ausspruch hören,
Das ganze Volk wird dann die Gottheit willig ehren,
Sag, wird mein Gemahl genesen?
Pause.
Wie? — Unbegreiflich Wesen, 215
Orakel, du sagest nix?
Du reissest mir ihn fort, du ziehst in übern Stix?
Sieh meine Tränen an, sieh, wie sie häufig rollen —
Ich will dem Tempel auch die reichsten Opfer zollen.
Nur sag die Wahrheit mir. (es donnert.) 220
Ich hör den Donner rollen,
Die Götter sind erzürnt, sie wollen mirs nicht sagen.
Ha! soll ich ihn so bald zu Grabe lassen tragen?
So nehmt mich auch mit hin, mit ihm will ich erblassen.
Ich werd mich auch mit ihm sogar verbrennen lassen.
Donner und Blitz.
Das Orakel. 225
Der, so am meisten liebt, erhält des Königs Leben,
Wenn er sich willig wird dem Tod zum Opfer geben.
Alzeste.
Der, so am meisten liebt? Ha? hab ich recht verstanden?
Wer liebt den König mehr in allen seinen Landen —
Als ich?? — Ich will dem Volke geben 230
Den König wiederum, mein Leben
Ist ja doch ohne ihn nur so ein leerer Traum,
Ein Nichts, ein Schattenbild, der leere Feigenbaum, —
Und um dasselbe gleich zu enden —
Ermord ich mich mit eignen Händen. (ab.) 235
Seneschall.
So wag ichs denn, mit Zittern und mit Beben,
Mich in den geheiligten Tempel zu heben,
Zu bitten mit Bescheidenheit
Um unsers Königs Gesundheit.
(kniet.) Sieh grosser Aeskulap , du Doctor ohne Gleichen, 240
Sieh meine Tränen an, ach lass dich doch erweichen.
Hilf unserm Könige nur diesmal aus der Noth,
Sonst machen ihn gewiss die Schmerzen heut noch tot.
Pause.
Potz tausend sapperlot , dass (sie !) kann ich nicht begreifen,
Die Gottheit spricht kein Wort? ich muss das Messer schleifen, 245
Und dem Orakel gleich 5 feiste Kinder schlachten,
268 ELUNGEB
Das AeskulabiuSy wirst du sicher nicht verachten. (,)
Bevor ich aber geh, so sag mirs nur ein wenig,
Todt oder Leben dann? wie stets mit unsrem König??
Pause.
Kein Wort! Kein Wort! Kein Wort! Das ist doch gar zu toll — 250
Ich geh und mache dir die Bauch erfässer voll,
Wachholderbeer und Kümmel,
Myrthen und Johannis-Blömmel
Bauten, Pomeranzenblüth
Word vor seinem Tron verglQht. (ab.)
Alzeste. (mit einem dolch.) 255
Hier bin ich, Aeskulab, mich Selbsten nun zu schlachten —
Doch muss ich noch einmal das Messer selbst betrachten —
(besieht das messer, oder den dolch.)
Es ist doch gar zu scharf, jedoch ich muss hinein^
Als Wittwe leben, ach! das ist die grösste Pein.
Nunmehro, kalter Stahl, durchbohre diese Brust, 260
Die, so am meisten liebt, dieselbe stirbt mit Lust,
(ersticht sich.) Ach! ach! ich habs getroffen
Gerad ins Herz hinein, die Wunde steht noch offen —
Ich ahl's ! ich sterb ! — Gott !
Ach! welche Noth — 265
Admethes — gute Nacht!
Ich fall — es ist vollbracht. — (fällt in die scene.)
Casper.
Da lauf ich überall rum und such den Tölpel auf
Von Schnippselabius , und find ihn nirgends nicht,
Doch den von dem Herrn Bachius, 270
Den hab ich gleich gefunden
Und den von dem Merkurius
Potz Blitz! der steht dort unten.
Der ist den ganzen Tag recht voll.
Die Kaufleut laufen heut wie toll, 275
Reissen den geflügelten Patron
Mit ihrem Beten bald vom Tron.
(er sieht Aeskulab.)
Was Teufels ist denn das für ein Politikus?
Was gilts, das bt der Meister Schnipselabius,
Das ist gewiss der Doctor aller Finken, 280
Der curirt die Menschen nicht mit Malaga und Schinken.
(kniet.)
PUPPENSPIEL ALCESTE 2G9
Schmirakel ? Bockheit ?
Wie stehts mit der Gesundheit
Von onserm guten König?
0 sagt mir's* doch ein wenig. 285
Wird er bald wiederum gesund?
Nun, hörst du nichts, du tauber Hund? —
Pause.
Der Eerl ist stumm als wie ein Fisch,
Nu — Doktor Schnippselabius — frisch —
Machs Maul auf, sags geschwind einmal, 290
Wie geht's mit unserm Piinzipal?
(Pause, für sich.)
Der Eerl ist taub, bey meiner Ehr,
Der hört kein einzigs Wörtle mehr. (,)
Wart, ich steig hier auf die Stufen,
und werd ihm in die Ohren nein rufen.
(Er steigt hinauf, und schreit entsetzlich.) 295
Bockheit! Schnippselabius,
Schmirakel! Parazelsus! —
Bist du dann taub? H^örst dann nichts mehr?
Nun sag mirs doch, hörst du denn nix?
Machs Maul auf, und sag mirs fix — 300
Wird unser König wieder aufstehn?
Oder wird er den Weg alles Fleisches gehn ?
(Pause.)
Der Kerl, der sagt kein Wortle nicht,
Ich schlag dir gleich ins Angesicht.
Mach's Maul mal auf, und sags mal her — 305
Ich stoss dich sonst, wie ä Tanzbär.
(Pause.)
Kein Deutsch yersteht er, wie ich seh.
Pariewu franze, Musje?
Parlatti Italiani?
Bossoni popolski?
Internus Latyni? 310
0 du dummes Rindvieh. —
(giebt ihm Orfeigen und steigt herab.)
Kein Wörtle geht ihm aus der Goschen,
Ich muss mehr plaudern um 4 Groschen.
1) In der handschrift steht: mit.
270 SLLINOBB
Wenn ich auch so ä stummer Götz wollt sein, 315
Da kam kein Mensch ins Komödie hinein.
(Pause.)
Wart, ich will ihn schon zum reden bringen,
Ich will mal meine Sachen singen,
Vielleicht hat er nur musikalische Ohren,
Und ist ohne alle andern Organe geboren.
(singt knieend.) 320
Schnippselabius , mach mal auf dein Maul,
Und sey nicht stumm wie ein alter Gaul,
Sag , wie wird's dem König gehn ?
Wird er gesund vom Bett aufstehn?
(Donner und Blitz.)
Orakel.
Der König wird gesund 3-25
Und zwar in dieser Stund,
Dir aber Bösewicht, wird zum Lohn,
Die Galgen in 3 Tagen schon.
(Casper springt zornig auf.)
Was? der König wird gesund? Und ich soll an den Galgen?
Wart Kerl, ich muss mich ä bissei mit dir rumbalgen.
(er stösst ihn hinunter.) 33ü
Du 4ecktger Quatemberlümmel,
Ich prügel dich bis in den Himmel,
Und wieder runter in die HöU,
Du verdanmiter Maulesel.
(er stellt sich auf den Altar.)
Potz tausend Flikerment noch mein, 335
Ich sollt so ein Abgott sein,
Ich wollt plaudern, ich wollt reden.
Und gleich helfen aus den Nöthen. -
(er sieht den Seneschall kommen.)
Ejf seht, da kommt der Seneschall,
Der Freund von unserm Prinzipal, 340
Der hat die Augen sich verbunden.
Und hat den Weg doch hergefunden; (,)
Er will gewiss andächtig sein.
Drum kommt er heut so blind herein.
Der wird mir gleich sein Herz entfalten, 345
Den will ich recht fürn Narren halten.
PUPPEHSPIBL ALCBSTB 271
Sechste scene:
Seneschall: (kniet mit verbundenen äugen.)
Sieh, grosser Aeskulab, sieh meine Demuth an,
Du bist der Gott allein, der uns noch helfen kann,
Ich wUl das Tageslicht nicht eher wieder sehen.
Ich will von deinem Tron nicht wiederum aufstehen, 350
Bis dass ich Antwort hab, bis dass ich dich erweichet,
Und du mir deinen Trost und deine Hulf gereichet.
0 sag es doch geschwind, wird unser Herr genesen?
Casper.
Ja a! —
Seneschall.
Wie? hab ich recht gehört? es ist mir fast gewesen, 355
Als hätt die Qottheit mir ein tröstlich Wort gesagt?
Casper. (quetschend.)
Ja a a —
Seneschall.
Ha! welch ein Ton! wär's nicht zu viel gewagt, (?)
Dich, grosser Aeskulab, submissest zu befragen? (,)
Was du anjetzt gesagt, es noch einmal zu sagen —
Bitt ich dich, o Orakel!
Casper: (sehr laut.)
Ja a.
Seneschall. 360
Ha! nun hab ich's vernommen.
Das Ja hab ich ganz laut von deinem Tron bekommen.
Was soll für Freud ich thun? Erlaube mir zu küssen,
0 grosser Aeskulab, die Spitzen deiner Füssen.
Casper. (reicht ihm den fuss.)
Da küss, so lang du willst —
Seneschall. 365
0 wie so zuckersüsse schmeckt dieser liebe Kuss.
Casper.
Grad wie Haselnuss.
Seneschall.
Erlaube noch einmal, o Aeskulabius,
Dass ich dir geben darf solch einen Freudenkuss.
Casper.
Da küss du nur drauf los , das Ding gefällt mir wohl.
Seneschall. (entzückt.) 370
Ich weiss vor Freuden nicht, was ich beginnen soll,
272 ELLINOSB
Der süsse Euss der Lieb kann nicht so reizend sein,
Als wie der Oöttermund.
Gas per: (lacht.)
Und wie mein hölzern Bein,
0 Asino! Asinone!
Seneschall.
Erlaub nun, dass ich geh, 375
Und meine Augen öffne,
Um sehend meinen Dank zu bringen
Und dir ein Freudenliedchen singen, (steht auf und geht ab.)
Casper.
Pfui Henker, wenn der nun hingeht
Und mir ein Freudenliedchen kräht, 380
Und mich erblickt auf dem Altar,
Ich glaub, der fällt in Andacht gar.
Doch wart, ich weiss nun was ich thu.
Erst hat er mir gekösst die Schuh,
Nun muss er mir den Puckel küssen, 385
Sonst tret ich ihn mit meinen Füssen,
Beleg mit Flug (sie!) und Bannstrahl ihn.
Und sonst mit scharfer Disciplin,
Denn wen der Himmel so hochgestellt.
Der schert sich den Teufel um die ganze Welt.
Seneschall (kommt.) 390
Voll Demuth komm ich nun, o Aeskulab zu dir.
Zu danken IFÜr die Gnad,
(sieht Casper:)
Was Schurke machst du hier?
Wirst du herunter gehn! Ich schlag dich gleich zu Brei.
(giebt ihm eine Ohrfeige.)
Casper.
0 weh! 0 weh! o weh! die Gottheit ist vorbey, 395
Ich hab*s ja gleich gedacht.
Wer sich zu hoch erhebt, der wird ganz klein gemacht.
Seneschall.
Sag Schurke, sag, wo ist die Gottheit hingekommen?
Hast du den Aekulab vom Tron hinweg genonunen?
Casper.
Genommen? Ey, bei Leib, ich hab ihn weggestossen. 400
PUFPEK8PIEL ALCE8TE 273
Seneschall. (laut aufspringend.^)
0 Jupiter! Saturn!
Casper.
0 Schiffer und Matrosen! 400
Seneschall. .
Könnt ihr die Bosheit sehn, habt ihr den Donner nicht?
Warum zerschmettert ihr nicht gleich den Bösewicht?!
Warum lasst ihr nicht gleich vom Himmel fallen Feuer? (!)
Casper.
Sie sparen halter auch, der Galfony ist gar theuer.
Seneschall.
Sag Bösewicht, sag an, 405
Warum hast du denn hier die Frevelthat gethan? —
Casper.
Das will ich Euch gleich sagen, sperrts Eure Ohren auf.
Ich kam daher gerennt, und zwar in vollem Lauf
Zum Schnippselabius , und wollte höflich bitten
Für unser Königle, weil er schon lang gelitten 410
An Podagra und Gicht,
und wie die Krankheit heisst, ich weiss es selber nicht.
Da hat er nichts gesagt^
Das hat mich gleich crepirt und fast in Harnisch bracht,
Drauf steig ich zu ihm rauf, und hab ihn brav gerüttelt 415
Und hab den stummen Kerl ä bissei grob geschüttelt, (y)
Das hat ihn gleich gerührt, da hat er Antwort geben,
und hat zu mir gesagt: der König bleibt beim Leben,
Dir aber Bösewicht wird zum Lohn,
Der Oalgen in 3 Tagen schon. 420
Das hat mich gleich verdrossen,
Da hab ich ihn denn bald vom Thron hinabgestossen.
Seneschall.
O Jupiter, grosser Zews! du Vater aller Götter,
Kannst du den Frevel sehn? Hast du kein Donnerwetter,
Die Bosheit zu bestraffen? 425
Casper.
Er hat ja grad geschlafen.
Seneschall (geht an die Seite und sieht Alzeste.)
Potz tausend sapperlot,
Wer liegt hier an der Erd? ein Frauenzimmer todt! —
1) Wol: auÜBchreiend.
jnOTSOHBIFT F. DKÜTSCHB PHILOLOQTR. BD. XVIII. IB
274 BLLIMGSB
Sag Bösewicht, sag an,
Wer hat das hier gethan? 430
Wer hat das Weib durchbohrt (?)
Hier an dem heil'gen Ort?
Und wer mag sie wohl sein?
Sag kennst du sie vielleicht.
Casper.
Herr Seneschall, nein, nein!
Wer kennt die Frauenzimmer all , die an der Erd oft liegen, 4 35
Betrachts Euch recht genau.
Seneschall.
Ob mich die Augen trügen?
Oh Himmel , seh ich recht — Alzeste , ach ihr Q5tter 1
Casper.
Was wollt ihr mit dem Bäcker?
Seneschall.
Hier liegt Alzeste todt, und schwimmt in ihrem BlaL
Ha, wer hat das gethan? welch eine freche Wuthü — 440
Casper.
Was ? Die Frau Eöniginn todt — gehts weg , das mass ich sehn,
Wie kann denn das nur sein ? Ich sah sie erst noch gehn. —
(er geht zu Alzeste.)
He! He! Frau Königin!! Sagt, seid ihr wirklich todt?
He! sagt ihr weiter nix? Potz Blitz, sie ist ganz roth
Von Blut an ihrem Kragen. 445
He, he! (pfeift.) Frau Königin! Wollt ihr denn gar nichts sagen ?
Gebt nur ne Antwort mir.
Was liegt ihr denn dahier?
Geschwind! steht auf!
Und geht hinauf, 450
AUons frisch!
Auf dem Tisch
Steht der Kaffee fertig.
Man ist Euch gewärtig.
Sie ist raaustodt bey meiner Ehr, 455
Sie spricht kein einziges Wörtle mehr.
Denn lässt sich ein Weib nicht mit Kaffee erwecken.
So muss ihr der Tod schon im Halse drin stecken.
Seneschall.
Wie Bösewicht, du kannst dich erfrechen, (?)
Mit dieser, die da mordetest zu sprechen? 460
PUPPEK8FIBL ALCBSTE 275
Wer anders hat die Frevelthat als du, o Schelm, hegangen?
Drum sagt die Gottheit auch, du Bösewicht, wirst gehangen! —
Nun geh ich zum Senat, die Bosheit vorzutragen,
Ha! heute noch wird dir das Haupt herabgescblagen. (ab.)*
Casper. (hebt den Fuss auf.)
Verdammter Schmeichler, ha! 465
Verdammter Speichellecker, du krummer Sene.schall!
Nun lauft er gewisslich hin zu unserm Prinzipal,
Er ists im Stand und sagt.
Ich hätt sein Weib umbracht,
Sie hängen mich, verflucht! 470
und dann wird*s untersucht. (,)
Auweh! ich vergeh!
Ach mir droht grosse Noth!
Ach, ich soll unschuldig sterben,
Ol heiliger Branntwein, lass mich nicht verderben! 475
Eine Furie. (Donner und Blitz.)
Alzestes Leib und Seel gehöret in die HöU,
Hier steht der Zerberus schon wirklich auf der Stell.
Ich greif Alzeste an mit meinen grimmigen Klauen,
Und du Casper! — !
Casper. Bond vorbey!
Furie.
Darfst mir auch nicht lang mehr trauen,
Was giltSy ich hol dich bald mit Haut und auch mit Haar! 480
Geschieht es heuer nicht, geschieht*s doch übers Jahr.
(fllhrt unter Donner und Blitz mit Alzeste ab.)
Casper.
I nun, da hab ich doch noch Zeit fürwahr. (,)
He! he! lass die Frau Königin da.
Du schwarzer, lass sie da! du Teufel, lass sie hier.
Potz Tausend Sapperment, was ist das für Manier. 485
Das ist ja Teufelszeug, das sind verfluchte Sachen.
Was wird der König nicht für grosse Augen machen.
Wenn er das Ding erfährt, wenns ihm nun wird gesagt,
Dass seine liebe Frau eine Luftfahrt hat gemacht
Mit einem schwarzen Peter, 490
Hit Sturm und Donnerwetter,
Ohne S&nfte und ohne Luftballon,
Ich glaub, er kriegt vor Schreck das Zipperle davon.
1) Im manuscript ist das abgehen des Seiieschall nicht bezeichnet.
18*
276 ELLINGEB
Ja 9 mancher Mann war froh und voller Liberität,
Wenn ihm der Teufel nur sein Weib abholen thät —
(sieht den König kommen.)
Da kommt der König her, der macht ja ein Gesicht
Als wie ein böser Drach, als wenn die Katz im Kindbett lie(
Ich werde lieber Beiseiten gehn,
Denn der thut heut keinen Spass verstehn,
Das sind ihm kleine Sachen,
Er lässt mich Gingerle gang gleich machen.
(macht die Pantomime des Hängens.) (ab.)
Admethes.
Den Göttern sei anjetzt der grösste Dank gebracht,
Dass sie mich wiederum gesund und wohl gemacht
Mein erster Gang soll sein , den Göttern Dank zu bringen,
Und in dem Tempel auch zu beten und zu singen.
Sieh grosser Aeskulab —
(er sieht den Altar leer.)
Ihr Götter, welches Schrecken!
Der Tempel ist zerstört — wer kann mir das entdecken?
Wo ist die Gottheit hin? Wer hat sie hier verjagt?
Ist denn kein Priester da, der mir die Wahrheit sagt?
Seneschall: (kommt)
Die Götter wollen dich, mein König, reich beglücken
Es soll nur Freud und Lust dein Herze stets entzücken,
Das Volke jubelt laut vor Übermaass der Freuden,
Nur ich, mein König, ach! nur ich muss bitter leiden!
Der Tempel —
Admethes,
Ist zerstört! — Ich sehs! mein Herze bricht —
Sag, was bedeutet das? Sag's frey, verhehl mirs nicht —
Seneschall.
Ach! — ! —
Admethes.
Weswegen seufzest du? Woher entsteht das Zagen?
Gib deutlichen Bericht —
Seneschall.
Ich kann nichts weiter sagen,
Als was du Selbsten hier bereits gesehen hast.
Der Tempel ist zerstört! Doch mache dich gefasst,
Was Schrecklichers als diess, mein König, anzuhören,
Dein Tischrath wagte es, den Tempel zu zerstören,
PUPPENSPIEL ALCESTE 277
INoch mehr, Gott, welche Pein, Jupiter, welche Noth! —
.Alzeste^ die Königm, die stach der Bösewicht todt. 525
Jch sah die Edle hier, sie schwamm in ihrem Blute^
IKe Tränen fliessen mir, ach ! haltet mirs zu Gute —
Admeth.
ÜVas sagt ihr?! Ihr Götter, hör ich recht?
^Izeste, (!) mein Gemahl, ermordet durch den Knecht:
Des Weibes -Mörder Herz soll mir hier Rache schaffen, 530
Ich kann die Lasterthat nicht schleunig gnug bestrafen.
Geht, treuer Seneschall, und holt den Bösewicht.
JBier fliess des Schurken Blut, hier werd er hingericht.
Seneschall.
üfein König! tröstet Euch! es ist einmal geschehen,
£etrübt Euch nicht zu sehr, ich werde jetzt gleich gehen, 535
XJnd so, wie ihr befohlen,
-X)en Meuchelmörder holen, (ab.)
Admeth: (allein.)
Hch dank Euch Götter nicht, dass ihr mich leben liesset^
Jjidem Ihr mir durch sie das Lebenslicht ausblieset.
Seneschall (hinter der Scene.)
^ort Bösewicht hinein, in den Tempel zu dem König. 540
Casper.
So lasst mich doch nur los, so wartet nur a wenig,
^nd stosst mich nicht so rum, potz tausend flickerment.
Seneschall.
^Slarsch fort, marsch fort hinein, und gleich die That bekannt.
(Casper wird hineingestossen.)
König,
^^a komm nur Teufels - Brut , verdammter Höllenriegel.
Casper. (zum Seneschall.)
^err, habt ihrs angehört? ihr seid ä Wellenprügel — 545
König.
Du Mörder! — Bösewicht! du Monstrum sonder Gleichen.
Casper. (zum Seneschall.)
Herr Seneschall, Ihr seid ein Mannsstrumpf von nem Beichen.
König.
Nein Bösewicht mit dir, Verräther, reden wir.
Casper.
Mit mir sprecht ihr so höflich? Herr König saget an.
Was hab ich denn verschütt, was hab ich denn gethan — ? 550
278 ELLlHGBfL
König.
Wie? du unterstehst dich noch? du kannst es auch noch wagen?
Was du für Gräuelthat allhier gethan, zu fragen?
Sieh diesen Tempel an, sieh diesen heiigen Ort,
Wer hat ihn so zerstört? Wer hat Alzest eraiord?
Bekenne, sage an? 555
Hast du es nicht gethan?
Verdammtes Ungeheuer!
Ha! Galgen! Schwerdt und Feuer
Ist fQr dich noch zu wenig.
Du Natternbrut —
Casper.
Herr König, 560
Ihr seid noch nicht gesund, ihr fabelt gar im Frost.
Ich hatt bey eurem Weib die allerbeste Kost.
Nein nein! ich wills Euch besser sagen,
Sie wollt hier das Schmirakel fragen,
Das hat ihr wohl sone Antwort geben, 565
Das (!) sie sich selber hat bracht ums Leben.
König.
Was sagst Du! wie? was hör ich hier?
Casper.
Die Wahrheit, Herr König, glaubt es mir.
König.
Woher kannst du aber dieses wissen?
Casper.
Schauts, wie ich ihn hab runter gerissen, 570
Den stummen hölzernen Patron,
Da war Alzeste Maustodt schon.
In die Brust hatt sichs gestochen ä grosses Loch,
Denns Messer hats ja in Händen noch.
Ich Selbsten habs gesehn, doch könnt ihr etwas sparen. 575
König, (zornig.)
Was red ich mit dem Narren?
He! ist denn keine Wache hier?
Casper.
Nee! sie sind beim Doppelbier.
König.
Nun wohl, so sage an,
Was Dein König sparen kann. . 580
PUPPENSPIEL ALCS8TE 279
Gasper.
Ihr brauchts kä Tischler nicht
Zum Leichensarg, kein Wachlicht
Ffir die Träger, auch keine Zitronen,
um ihre Nasen zu schonen,
Kein Bäucherfass, keine Kohlen, 585
Denn der Teufel thät sie holen.
König.
Ihr Q5tter, wie? ists wahr?
Gasper.
Nun ja! — er sagt ja, übers Jahr
Da wollt er mich auch bald kriegen
Und in die Höll hinabziehen. 590
König.
Die Oötter konnten sich an mir nicht ärger rächen,
Sie wollten mir mein Herz durch dieses Unglück brechen.
Ich glaubte, für Alzeste, da ständen jederzeit
In dem Elysium die Felder stets bereit.
Ich war so froh, dass ich dem Grabe war entrissen. 595
Gasper.
Nun hat der Teufel gar das Weib in die Höll geschmissen.
König.
Ach , dieses kostet mich viel 100 tausend Tränen.
Gasper.
Verdriesslich muss es sein, wenn man sich so thut sehnen
Nach seinem schönen Weib.
König.
Wer hätte diess gedacht.
Gasper.
Das (!) der Teufel aus der Hochzeit hat ä Fasttag gemacht. 600
König.
Da ich bereits gesund, da wir im Hafen waren.
Das (!) unser liebes Schiff —
Gasper.
Zum Teufel sollte fahren.
König.
0 ungemeine Noth!
Gasper.
0 Schmerz! der allzusehr —
König.
Geh Hofharr, gehe fort, ich höre dich nicht mehr,
280 ELLINGEB
Dein Schmerz macht mir nicht Freud , es findet meine Brust 605
Im weinen und nunmehr im Klagen seine (!) Lust
Casper.
Was nützt das klagen denn, was todt ist, kömmt doch nimmer.
Es hat die weite Welt mehr als ein Frauenzinmier. —
König.
Ich werde meine Gluth beständig rein bewahren,
Alzeste soll von mir den Meineid nie erfahren. 610
Die Bande, die sie mir geknüpft, sind allzufest.
Drum, wenn der ünglücksstem mir sonst nichts übrig lässt,
So will ich, ob ich gleich damit nichts kann erwerben,
Dennoch beständig sein, und voller Treue sterben.
Casper (lacht.)
Der kann recht närrisch thun, recht klagen und recht weinen, 615
Die muss nach ihrem Tod auch wirklich noch erscheinen.
(es wird geklopft)
König.
Es klopfet Jemand an, sieh zu, wer draussen ist
Casper.
Es könnt der Teufel sein, oder der Antikrist
König, (zornig.)
Kennst du nicht deine Pflicht? Sogleich geh vor die Thür,
Und sieh wer draussen ist
Casper.
0 weh! wer ist denn hier? 620
Gleich sag, wer draussen ist
Hercules (hinter der scene.)
Ein Held!
König.
Nun hast du es gehört? sag an wer ist*8.
Casper.
Die Welt
König.
Ey> oy» wie kann denn dieses sein,
Wie käme denn allhier die ganze Welt herein?
Gleich sehe nochmals zu.
Casper.
Mir wird ganz angst und bang; 625
Vielleicht sind in der HöU die Jahre nicht so lang;
Und kam der schwarze Kerl mich jetzt schon abzuholen —
FUFPBNSPIBL ALCBSTE 281
König.
Nun wirst Du wohl bald gehn und thun, wie ich befohlen?
Casper.
Ja, ja 9 ich geh ja schon, sag Kerl, wer bist du draussen?
Doch sag mirs, bitt ich recht, sonst will ich dich zerzausen 630
Als wie mein Stiefelknecht. Nun sag, wer bist du denn?
Herkules.
Ein unüberwindlicher Held.
König.
Hast du es nun gehört? Sag an, wer ist es? nun?
Casper.
Ihr seht, dass ichs vor lachen gar nicht sagen kann,
Er hat gesagt, er war ä unüberwindlicher Schneidergesell. 635
König (ärgerlich.)
Ach geh zum Teufel in die HöU,
Was soll denn bei mir ä Schneidergesell.
Casper.
Er will halt Eure Beutel flicken,
Hört, ihr könnt ihn zu Eurem Finanzier schicken.
König.
*Du bist ein Narr, geh, frag zum 3ten und letzten mal 640
Casper.
Ja, Herr Prinzipal.
(er geht an die scene:)
Hör, sag es kurz und gut, wie heisst du?
Herkules.
Herkules.
König.
Nun hast Dus recht gehört? wie heisst er?
Casper.
SperUngsnest.
König.
O Thor! 0 närrscher Mensch wie kann ein Sperlingsnest
Denn mit Dir Narren reden? Doch geh, es ist das Best, 645
Dass dieser Mensch selbst zu mir komme und sage wer er sey.
Geh y lass ihn nur herein.
Casper.
He! Du! komm mal herbey.
Herkules (tritt auf.)
Casper (schreit.)
Auwey! auwey! auwey! wie sieht der Kerl da aus.
282 ELLINGEB
Das ist ein wahi'er Graus.
Der Kerl ist gar zu fürchterlich. 650
Herr König, ich verstecke mich, (versteckt sich.)
Herkules.
Mein König und mein Herr! Ich hab sogleich yemommen,
Was Deine Frau gethan, und bin drum hergekommen.
Dir alles ganz haarklein was sich nur zugetragen,
Dass sie sich selbsten hat ermordet, dir zu sagen^ 655
Und zwar aus Liebe zu Dir hat sie die That gethan,
Damit ihr König und Gemahl noch länger leben kann;
Doch ist sie durch den Mord in Pluto's Beich verfallen.
Nur ich kann helfen ihr vor andern Göttern allen.
Du sollst Dein treues Weib, mein König, wieder haben, 660
Ich führ sie aus der HöU kraft meinen starken Gaben.
König.
Sag an, wer bist du denn? das (!) du es traust zu wagen,
Alzeste aus der Höll, aus Plutos Beich zu tragen.
Herkules.
Ich nenne mich, Herkules , der starke Jophis Sohn.
Casper.
Ha ha, bist du des Stoffels Sohn? — ^ ,665
König.
Er ist des Jophis Sohn, sein Vater war —
Casper.
Ein Schlosser,
Ein krummer, pucklichter, und auch zugleich ein grosser
Und dummer Hörnerträger!
König.
0 grosser Herkules, o starker Göttersohn,
Geh, hole sie heraus, ich geb Dir dann zum Lohn 670
Das halbe Königreich.
Herkules.
0 pfui, wer wird sogleich
Sich so bezahlen lassen.
Ich geh nun meiner Strassen,
Doch eh ich geh, hab ich an Euch, mein König, eine Bitt, 675
Gebt mir doch an die Pfort der Hölle einen Zeugen mit
König.
Der verlangte Zeug, mein König, sey Euch gewährt.
Doch saget, wers dann sey, und wen Ihr wohl begehrt
Herkules.
Es muss ein wohlbeherzter Zeuge sein,
PUPPENSPIEL ALCE8TB 283
Denn er muss mit mir selbst in die Hölle hinein. 680
Mein König, gieb mir diesen da nur ber^
Der scheint mir kuragirt, und herzhaft wie ein Bär.
König.
Mein treuer Tischrath, hast du wohl gehört,
Was Herkules, der Gott der Stark von mir begehrt?
Gasper.
Ne, ne, ich habe nichts gehört.
König. 685
Du sollst ihn in die Hölle begleiten.
Gasper.
Er kann allein zum Teufel reiten.
Das war ä schöner Spass,
Nein in die HöU, da geh ich nicht.
König.
Warum?
Gasper.
Ey wenn mich da mein Grossmutter sieht, 690
Potz Plickerment, die krieget mich beym Schopf,
I, ging ich in die Höll, da war ich wol ä Tropf.
König, (zu Herkules.)
Er fQrchtet sich gar sehr,
Und glaubt, er kommt nicht wieder her.
Herkules.
Er soll sich fürchten nicht, in meinen jungen Tagen, 695
Häb ich schon so viel Stärk, die Teufel all zu schlagen.
König (zum Kasper.)
Mein Diener, er verspricht, bey seiner vielen Stärke,
Das (!) dir nichts soll geschehn, drum geh nur mit und merke.
Was er dich lehren wird.
Gasper.
Ey, wenn er so viel Stärke hat, so kann ers ja verkaufen 700
An die Waschweiber, das Geld dann zu versaufen.
Da bin ich mit dabey.
König.
Er ist der Stärkste von den Göttern.
Gasper.
So, der Stärkste von den Bäckern.
Ey, da kann er nur ins Gommiss gehn, 705
Da braucht man starke Leut, die gut aufh Füssen stehn.
284 ELLIMOBB
König.
Wirst Du Herkules begleiten, mein Sohn,
So bekommst Du 100 Silberstück zum Lohn.
Casper.
100 Silberstück, potz 1000 Flickennent,
Da geh ich wahrlich mit, bis an die Welt ihr End.
König.
Nun lebt indessen wohl, mein treuer Herkules, (ab.)
Herkules.
Mein König, lebet wohl, und hoffet nur das Best.
Casper.
Hör mal, Du Sperlingsnest,
Wie yiel mal bist du denn schon in der Höll gewest?
Herkules.
Schon 3 mal war ich dort, wohl in dem HöUeurachen
und habe dort gekämpft mit Teufeln und mit Drachen.
Casper.
Schon 3 mal? Flickerment!
Und hast dein haargen Wamms noch niemals dort verbrennt
Herkules.
0 diesen Pelz verbrenn ich niemals nicht
Casper.
Was hast denn in der Hand?
Herkules.
Da schlag ich ins Qesicht dem Teufel und den Faunen.
Casper.
Haha! damit schlägst du die Hahnen und Kapaunen.
Herkules.
Nun, komm nur mit, nun sollst du sehn.
Wie schlimm es den Teufeln in der Höll wird gehn. (ab.)
Casper.
Nun geh ich in die Höll , bey Sturm und Nacht und Graus,
Und jag die Teufel all sammt ihrer Mutter raus, (ab.)
Ende des 2. actes.
Dritter act:
Ein finstrer Wald. Aaf der einen Seite der Eingang zur Hölle.
Erste Scene. Casper. Herkules.
Casper.
Lauf, dass du gleich crepirst, verdammter Sperliugsnest,
Du laufst ja so drauf los , als wenn Dus Laufen hftttst.
PUPPENSPIEL ALCE8TB 285
Xch kann fast nimmer nach , ich geh nicht von der Stell,
Sag Sperlingsnest, sind wir denn noch nicht an der Höll? 730
Herkules.
l^^un sind wir da, mein Sohn, an Pluto's Höllenreich.
HS^un werd ich zitiren die Teufel allzugleich.
3Doch da bleibst still an meiner Seite stehn,
XJnd von derselben darfst Du nicht 3 Schritte gehn.
JNun sprich mir Alles nach. 735
^Sise ! Sise !
Gasper.
^Schmisse! Schmisse!
Herkules,
^degeronissia Stix !
Casper.
-»Flegel Hundsvott fix!
Herkules,
ilejus ! Hejns!
Casper. 740
^Kexefus! Hexefus!
Herkules.
wAlceste male Spiritus!
Casper.
-^Iter Maler! schmier mirn Fuss!
Herkules.
lEerkules videridet zitra!
Casper.
CÜasperlibus videridet zitra!
(man hört die Oeister brummen.)
SSperlingsnest , was schreit denn so, was ist denn das? — 745
auweh !
^as thut ja fast so arg , als wie das Männchen an der Spree.
Herkules.
^as sind die Geister, die auf mein Zitii'en
Sich in dem Höllenpfuhl vor Angst und Schrecken rühren .
Casper.
3lir wird ganz wunderlich. 0 weh! ich krieg das frieren. 750
^omm , gehn wir doch nach Haus. Mir ist es dort viel lieber,
^er krieg ich wohl noch gar zuletzt's Eanonenfieber.
Herkules.
Schweig still, und sey beherzt, was hilft das lange Zagen,
^Damit wird nichts gethan, komm, lass uns nochmal wagen,
286 ELLINGEB
Die HöU zum 2ten mal zu necken und zu plagen. 755
Drum thu mir nur getrost das, was ich Sprech, nachsagen.
(die vorige Beschwörung.)
(Das Geschrei wird stärker, Gasper zittert, ßLllt hin und schreit)
Casper.
Sperlingsnest! hör auf, ich krieg das Frieren,
Krieg auch wol noch das Fieber, das gelbe, das rothe.
Das hitzige, das kalte, das Liebes -Fieber nach der Mode.
Ach, lieber Sperlingsnest, es friert mich fast zu Tode. 760
Herkules.
Ey was zittern, ey was frieren.
Ich werd gleich zum dten mal zitiren.
Minos! Eratus! Rhatamantus!
Casper.
Mühlfluss! Bachtuss! Bottermaniluss !
Herkules.
Ich beschwöre Euch ! 765
Casper.
Ich beschmiere Euch!
Herkules.
Per Stix et Acheron!
Gasper.
Herr Stix ! ich lauf davon.
Herkules.
Per Pluto et per Proserpina! 770
Casper.
Per Blutwurst und Broserwilla.
Herkules.
Dass mir sogleich erscheinen soll
Die Furien aus dem Höllenpfuhl.
Casper.
Dass mir sogleich erscheinen soll
Ein Fass voll Wein bis oben voU! 775
Zweite Scene. Vorige. Eine Furie.
Furie.
Verwegner Herkules, du wagst es noch zu kommen
Vor unser Höllenhaus?
Sag an, was willst du hier?
Herkules.
Gebt mir Alzest heraiuu
PÜPPEN8PIBL ALCBSTB 287
Furie.
Die kannst du nicht bekommeD,
Denn sie ist aufgenommen 780
Zur Qual ins Höllenreich.
Entferne dich sogleich,
Sonst wirst du noch zerrissen,
Und sammt dem bösewicht
In Tartarus geschmissen. 785
Herkules.
Und ich werd, trotz eurer Gewalt,
Die HöU bestürmen allsobald.
Furie.
Ich werd es gleich den Höllenrichtern sagen,
Dass sie dich, Herkules, zu Staub und Pulver machen.
(fährt ab und stösst an Casper.)
Gas per. (schreit.)
0 weh! 0 weh! ich bin todt, mausetodt! 790
0 lieber Sperlingsnest — (fällt um.)
Herkules.
Steh auf und sey beherzt, es hat noch keine Noth.
(man hört einen Teufel rufen.)
Vater Pluto! Vater Pluto!
Pluto (hinter der Scene.)
Ho! ho! was giebts? wer schreit denn so?
Qiebts etwann wieder Krieg? Nun, nun, da bin ich froh. 795
Oder gar eine Revolution?
Drauf freu ich mich im Voraus schon,
Da werden die Menschen an Mordsucht uns gleich.
Es wird auch bevölkert das höllische Keich.
Furie, (hinter der Scene.)
Nein, Vater Pluto, es ist vor unsern Pforten 800
Der Herkules dahier, mit stolzen, stolzen Worten
Verlanget er Alzest, die Königin von Admeth,
Die sich aus Liebeswuth heut selbst ermorden thät.
Pluto.
Ha, lass die Teufel los, den frechen Bösewicht
Zerreisst in 1000 Stück und schonet seiner nicht. 805
Casper.
0 weh ! Da bleib ich auch ganz dabey,
Sie schlagen mich in 1000 Stück entzwei.
288 ELLINOEH
Herkules.
Courage! nuu schlag zu,
Sowie der Neid der Dichter auf den Kotzebue.
Dritte scene. Die Vorigen. Furien erscheinen, sie streiten.
Casper.
(schreit immer dazwischen.)
Courage! verlass uns nicht.
(Die Furien werden zurückgeschlagen, Casper schlägt immer
von hinten auf Herkules und ruft) 810
Schlag zu Sperlingsnest, schlag zu aufs allerbest.
(ruft :)
Victory ! Cigory ! Gregory !
(Herkules geht in die Hölle.)
Casper (allein.)
Ey ey, wenn man doch Curage hat und Muth
Da schlägt man alle Feinde, und wenns auch Teufel wären, todt.
Aber wie wirds dem armen Sperlingsnest jetzt gehn, (?) ^\^
Wenn er die vielen Teufel erst in der Hölle wird sehn?
Vierte scene. Casper. Herkules. Alzeste.
Casper.
Was seh ich? er bringt sie, nun, das geht über Menschen wifc: ^z.
Der hat mehr Curage, als mancher Held bei Austerlitz.
Sag Sperlingsnest, könnt ich nicht aus den Kohlen,
Mir auch son schönes Weibchen holen. ^20
Herkules.
0 ja, bey dieser Verwirrung im höllischen Eeich,
Da kannst du so etwas, drum geh nur sogleich,
Setz alle höllische Schönheiten in Requisition,
Und nimm dir dann Casper die Schönste dayon.
(geht mit Alzeste ab.)
Casper.
Nun ich wilFs ä mal probiren, 82 T)
Und die höllischen Geister citiren,
Die müssen mir bringen bey meiner Ehr,
Die Schönste von allen Schönen daher.
(beschwört.)
Schmisse: Schmisse:
Flegel Hunds vott fix: ^^^^
Hexefuss! Hexefuss!
1»UPPKK8PIKL ALCRSTE 289
ältester Maler, schmier mir'u Fuss.
Cüasperlibus yideridet citra.
Fünfte Scene. Eine Menge Teufel crsebeiiien.
Casper.
O das ißt nicht Garnison,
So viel Aber einen schon —
T^un Garage, verlass mich nicht, 835
Curage, Curage! verlass mich nicht!
JBin Held wie ich, der filrcht sich nicht,
Curage! Curage! verlass mich nicht!
(er treibt die Teufel fort und geht ab.)
Se erliste Scene. Das Theater verwandelt sich in einen Wald.
Dorinde. (allein.)
Vergnügter Schäferstand , ich preise mein Geschicke,
X)as mir das Schicksal gab, ich nehm es für ein Glücke, 840
Das willige Lämmervolk aufs fette Klee zu führen,
lEier lässt sich Freud und Lust auf Feld und Auen spüren.
"Vo mag doch nur mein Freund, mein Philemon, jetzt sein?
Itfan lebt doch nicht vergnügt, ist man so ganz allein,
Der Männer Gegenwart peitscht unser Blut viel schneller, 845
^uch unser Frohsinn wird bey Männern täglich heller,
XJnd find ich ihn nicht dort, an jenem hellen Bach,
So geh ich ihm noch heut in seine Wohnung nach.
Siebente Scene. Dorinde. Casper.
Casper.
"Verschwunden ist die HöU, verschwunden sind die Teufel,
Sie furchten sich vor mir, daran ist gar kein Zweifel. 850
(Er sieht Dorinde.)
"Was ist das far ein Kind? Potz 1000 Flickerment,
Das mir so unverhofft hier in die Hände rennt.
Dorinde.
^ein Freund , habt ihr auf eurem Wege nicht einen Schäfer
gesehn ?
Casper.
Hein, mein schönes Kind; Schäfer sah ich keinen gehn;
Aber muss es denn just ein Schäfer sein? 855
Ist denn ein Schäfer nur ganz allein
Im Stande dein schönes Herz zu rühren?
Kanns nicht auch ein Jäger, ein Soldat, ein Ritter verführen?
W» DBÜTBOHE PHILOLOOIB. BD. XYIII. 19
^90 fiLLINGRfi
Dorinde.
Nein, mein lieber Freund, nein.
Es muss absolut ein Schäfer sein.
Casper.
Nun , könnt ich denn nicht deinen Schäfer machen ?
Dorinde.
Du? ha ha ha, sag, welch närrsche Sachen,
Du hast ja keine Hcerden nicht, keine Bindvieh, keine Schaafen.
Casper.
Mein Kind, das schadet Alles nicht, ich kann doch bei dir schlafen
Dorinde.
Das ist noch nichts und. hast du denn auch Geld und auch Vermögen? 8
Hast du ein Haus, wo sicher sind die Schaaf vor Sturm und Regen?
Hast du ein Amt und kannst du auch wohl eine Frau ernähren?
Hast du 300 Schaaf so will ich deine Bitt gewähren.
Casper.
Mein Kind , das ist zii viel begehrt bey diesen schweren Zeiten,
Jetzt heisst es blos, Kind liebst du mich? und kannst du mich
wohl leiden? ö
Jetzt kuckt man blos in Mond hinein.
Man seufzt, man spricht von Tod und Pein,
Macht Verse und auch Stanzen,
Macht keine Resonanzen,
Macht Reisen nach Paris, «
Und über alles diess
Schreibt man ein grosses Buch,
Ist das noch nicht genug?
Dorinde.
0 nein, mein Freuud, nein,
Das mag ein schöner Ehstand sein, i:
Ohne zu leben zu haben,
Muss man die Liebe lebendig begraben.
Wie lange dauert denn in eurem Land
Bey euch so ein neumodscher Ehestand.
Casper.
4 Wochen, mein Kind, das ist schon bekannt, 6
Dann gehen beide einen andern Weg,
Dann giebt es schon Prügel und Schlag.
Ich bin aber ein Mann von Stand,
Hochzuverehrender Herr Tischrath werd ich genannt,
PUPPENSPIEL ALCESTB 291
Hohen und Niedern als Narr venerirt, (.) 890
A.rk jedem Hofe von mir ein Brüderchen existirt.
Dorinde.
ist deine Familie ja entsetzlich gross ?
Casper.
mein Kind, und mit gelehrten Narren,
ist gar der Teufel los.
JL>i^ bilden sich oft ein, 895
Di^ König auf dieser Welt zu sein,
Sit^^^en in einem ganz kalten^ Kämmerlein,
XJrk<i haben statt Licht nur Mondenschein.
Dorinde.
A.b& du bist doch wol reich? Sag an, was du hast?
Ga.sper.
O xch hab einen gar schönen Palast, 900
Ga.1- herrlich ausstaffirt,
Na.ch der neusten Mode garnirt,
Schöne Vorhänge, (beiseit) Aber kein Bett,
Bin.€ Kanapee , gar zierlich und nett,
(beiseit) Mit Stroh und Lumpen ausgestopft, 905
Einen StaU voU Vieh,
(beiseit) Die Wände mit Wanzen ausgestopft,
(beiseit) Auch mit Maus und Hatten angepfropft.
Schöne Hemden, schöne Cravatten,
M^ein Haus ist gar herrlich bestellt, 910
(für sich) Und Schulden hab ich , wie ein Mann nach der Welt.
Dorinde.
^^*i, das lässt sich Alles wohl hören,
^ könnt ich dir bald deine Bitte gewähren,
-^^ch sag mir zuvörderst, wie heissest du dann?
loU Casper.
** Henne mich Casper, nun, werd ich dein Manu? 915
j . Dorinde.
^^ xxiuss es erst meinem Vater sagen,
^iH:^ so darf ich es ja gar nicht wagen.
^^Vä sich? was kömmt denn doch dort?
Casper. Wo?
Dorinde. Dahier.
y Casper.
Miiti Teufel, das ist ein vornehmer Cavalier.
1> X« m«„«cript: + JJtem
19*
292 £LLtNGfiR
Achte Scene. König. Vorigen.
König.
Die Jagdlust kann mich nicht ergötzen, 920
Alzeste kann mir nichts ersetzen.
Wenn Andre sich der Lust erfreun,
So geh ich einsam in den Hain.
Vor lauter Kummer, der mich quält,
Hab ich nunmehr den Weg verfehlt. 925
(sieht Casper:)
Doch sieh , da treff ich auf dem Plan
Wohl gar schon meinen Tischrath an.
He Casper, sag, was machst du hier?
Casper.
Herr König, ich wills Euch sagen, ich Karmesier.
König.
Ey, ey! Das ist auch ein schönes Kind. 930
Casper.
Sie ist mein, sie heisst Dorind,
Ich werde ihr Mann,
Euch geht sie nichts an,
Ihr könnt nur Eure Mühe sparen.
König.
Ey was, ich muss sie sprechen. Weg mit dem Narren. 935
(er geht zu Dorinde.)
Mein schönes Kind, wer bist du? Und wie nennst du dich?
Dorinde.
Ich bin eine Hirthin, Dorinde nennt man mich.
König.
Wo wohnst du? mein liebes Kind?
Und wer ist dein Vater? sag an geschwind.
Dorinde.
Mein Vater heisst Dämon, und wir wohnen 940
Auf der Insel Amoris, unter den heissen Zonen.
Casper. (stösst den König an.)
Herr König,
Pfui, schämts euch doch ein wenig.
Mit einem Hirthen- Mensch Euch abzugeben.
Das ist ä Schand für Euch in Eurem ganzen Leben. 945
König.
Ey was, die Götter haben sich schön selbsten wohl verliebt
lu schöne Schäferinnen , ich bin jetzt sehr betrübt^
l*UrP£K8PI£L ALC£STE 293
Ich such mich zu zerstreuen,
Vielleicht kann mich das Eind, die Schäferin erfreuen.
Casper.
Pfui Teufel, schämts Euch doch, 950
Es giebt Eurem ganzen Kespekt ein Loch.
Und (winkt ihm) wisst ihrs denn noch nicht?
(spricht leise mit ihm)
Das Mensch, das hat ä Schaden.
König.
Wo?
Casper.
Im Gesicht.
Die Augen sind so schwarz als wie Kohlen.
Auch hat das Mensch mich heut noch bestohlen. 955
König.
Was kann sie dir denn nehmen? Du hast ja nichts, du Narr?
Casper.
Sie hat mir heut gestohlen mein Herz, den Kopf sogar.
König.
Schweig, mit dem dum^nen Plaudern,
Das Mädel ist gar schön, was nützt das lange Zaudern.
Alzeste ist nun Tod sie kommt nicht mehr zurück. 960
(er geht zu Dorinde.)
Mein Kind , sag , willst du mit ? Ich mach noch heut dein Glück.
Ich nehm dich mit nach Hofe, da sollst du sehn.
Wie gut es dir bei Hofe wird gehn.
Dorinde.
Im Hofe find ich kein Vergnügen,
Da kann ich, wenn ich will, mich hin verfugen, 965
Da sind aber nichts als Gänse und Schwein,
Pfui, was kann auf dem Hof für ein Vergnügen sein?
König.
Das ist kein solcher Hof, worinnen nur Schwein
Oder solche wilde Bestien sein.
Nein, es ist des Königs Hof, den ich mein. 970
Dorinde.
Des Königs Hof? Hab ich vielleicht das Glück zu sehn.
Meinen grossen König vor mir zu stehn?
König.
Ja, mein Kind, ich bin Admethes, dein König,
Und kannst du mich lieben, Dorinde, ein wenig.
294 ELLINOBB
und willst du mir dein Herze geben,
So sollst du an meiner Seite als Königin leben.
Dorinde.
Ach \ welches Glück , mein Vater mir oft gesagt hat,
Kind, wirst du deinen König sehn, so fleh um Gnad. (kniet
Gasper.
(kommt zu Dorinde gelaufen und sagt ihr ins Ohr.)
Halt dich nicht mit ihm auf, er hat ä Fehler, der Mann.
Dorinde.
Einen Fehler? wo fehlts ihm dann?
Gasper.
Er hat ä Fehler! er hat — er hat — (lacht) ich kanns nie
sagen,
Ich aber bin ä ganzer Mann, mit mir kannst dus schon wa^
König.
Mein schönes Kind, halt dich nicht auf mit dem Narren,
Komm, du sollst gleich mit mir nach Hofe fahren.
Ich werde dir geben, was ich habe, Scepter und Kronen.
Du sollst bey mir als Königin tronen.
Ich werde dich zu meiner Gemahlin machen.
Gasper. (für sich.)
Das wären ja verfluchte, teuflische Sachen,
Wart, ich werd ihm gleich einen Strich durch die Rechnung mj
(laut.) Heisa. Victory! Zigory! Gregori. Herr König, Juchl
König.
Was hat der Narr für ein Gelächter, was hast du fürGeschre
Gasper.
Lachts, Herr König, lacht,
Alleweil hat der Sperlingsnest Euer Weib nach Haus gebrac
König,
(erschrocken.) Wie? was sagst du da?
Gasper.
Die Wahrheit, Herr König, glaubt es ja!
Dorinde.
Und ich werd eilen,
Meinem Vater die frohe Botschaft ertheilen.
Und ihm sagen, dass ich den König gesehn, (ab.)
Neunte Scene. Gasper. König.
Gasper.
Wart a bissei, ich werd mit gehn.
PUPPENSPIEL ALCESXB 295
König.
Hast du sie denn wirklich gesehn ?
Caspev.
Ey freilich, ich war ja,dabey? sie hat recht gelacht. 1000
Wie sie der Sperlingsnest aus der HöU hat gebracht.
König.
JJ'ixii, so sey still, halte verschwiegenen Mund,
Und sage mir, war denn meine Gemahlin noch frisch und gesund?
Casper.
0 , sie blühte , wie eine Rose ; aber ich muss fort, •(will ab.)
König.
Ca.sper, warte, noch auf ein Wort: 1005
Sage, ist denn meine Gemahlin noch so schön?
Casper. (für sich.)
Jotzt hält er mich nur auf, dass ich nicht soll zum Madel gehn?
O^tit.) Freilich, sie ist noch viel schöner geworden im Feuer.
Si^ kann jetzt viel sparen, denn der Karmin ist so entsetzlich thcuer.
A^l>er ich muss meinem Madel nach, (will fort.)
König.
Nun warte noch ein wenig. 1010
Casper.
Zum Teufel, nun hält er mich wieder auf, Herr König,
^V"ais wollt ihr denn immer, ich muss eilen.
König,
^un, nun, thu nur noch ein wenig verweilen.
Saige mir, wird mich meine Gemahlin auch noch so lieben?
Casper. (heulend.)
^^as das für Fragen sind — um mich nur zu betrüben, 1015
^^ hält er mich mit solchen Fragen auf und an,
-^^Biit ichs Madel nimmer finden kann:
^^arum sollt sie euch nicht lieben, in der HöU
^ örliebt sie sich gewiss nicht in son schwarzen Junggesell.
^^'>t wohl, ich muss meinem Madel nach. —
König.
WHa, hast du nicht vernommen, 1020
^J^d meine Gemahlin hieher oder nach Hofe kommen?
Casper.
r^^l der Teufel das verdammte Fragen.
^^ muss meinem Madel nachjagen,
^ie yfixi freilich nach Hofe gehn, denn hier im Wald,
"^ird sie Euch nicht finden sobald, (will ab.) 1025
2% BLL1N0KB
König, (ruft)
Casper, so höre!
Casper.
Ich hab nicht Zeit, ];bt wohl.
König, (allein.)
Der Kerl ist ganz rasend und toll,
Doch was wundre ich mich über ihn,
Ich selbst wünsche ja meine Gemahlin zu sehn.
Wenn nur der Narr nichts sagt, 1030
Und meiner Gemahlin keinen Aerger macht
Dass ich mich mit Dorind in Liebe eingelassen.
Ich weiss, sie würde vor Schrecken erblassen,
Doch hat der Narr keine Zeugen.
Und ich — ich — kann ja gut läugnen. 1035
(Ende des dritten Acts).
Vierter Act.
Garten.
Erste Scene.
König, (allein.)
Schon eine Stunde bin ich hier und warte auf Alzest,
Die wiederum aus der HöU befreit durch Herkules.
Ach! liebte sie mich noch, wie wollt ich sie verehren.
Für diese schöne That,
Da sie aus Lieb für mich sich selbst ermordet hat. 1040
Zweite Scene.
König. Alzeste. Herkules.
Alzeste.
Gemahl, Admeth, ich lebe, lebe nur f&r dich.
Sag, kannst du mir verzeihen? Admeth und liebst du mich?
Kann ich die vorge Gunst und liebe noch gemessen.
So soll mein Blut für dich Admeth allein nur fliessen.
König.
Alzeste, liebstes Weib, lass mich Verzeihung bitten, 1045
Du hast, 0 Theuerste, für mich so viel gelitten.
Dein Herz soll weder Zank noch Untreu je betrüben.
Alzeste.
Damit bin ich vergnügt, doch Herkules, sagt an,
Womit ich Euch anjetzt genug bedienen kann,
Seyd ihr nunmehr vergnügt mitm halben Königreich? 1U50
FUPPJSN8PIBL ALCESTfl 297
Herkules.
Was ich Admeth gesagt, das sage ich auch Euch,
Mich reizt kein Gut noch Gold, mich reizt kein Königreich.
Lebt wohl und liebet Euch, ich ziehe meiner Strassen.
Alzeste.
Freund Herkules — bleibt hier, geniesset erst der Ruh!
Herkules.
Verzeiht, ich eile jetzt dem Fluss Zendaures zu, 1055
Dort muss ich aus den Ketten
Der Faunen heute noch ein schönes Kind erretten.
(gegen das Parterre.)
Ihr Menschen, sehet doch, was wahre Treue kann,
Das Weib liebt öfters noch viel stärker als der Mann,
Doch ist die HöU bestürmt, die Teufel sind verjagt, 1060
Flato wird sauer sehn, wenn man ihm dieses sagt, (ab.)
Dritte Scene. Alzeste. König.
Alzeste.
Das ist ein wahrer Freund, ein ächter Göttersohn,
Er will für diesen Dienst nicht den geringsten Lohn.
König.
Es ist fürwahr recht gross und königlich gedacht.
Alzeste.
O sag mir doch Admeth, was Herkules gesagt. 1065
Er sprach 9 man sieht, was wahre Treue kann,
Das Weib liebt öfters noch viel stärker als der Mann.
Was meint er wohl damit? wen ging wohl dieses an?
König.
Es thut mir leid, Alzest, dass ichs nicht sagen kann.
Wer kann die dunkle Red der Götter all verstehen. 1070
Kommt, lasst uns nun hinauf in unser Zimmer gehen.
Vierte Scene. Vorigen. Casper. (schreit.)
A. u. u. aÜ!
uu. u. eü! u. u. u. iü!
u. u. u. u.
(stellt sich an die Wand.)
Alzeste.
Was hast du Casper dann, was schreist du jmmer zu?
Casper.
A. u. a. u. u. uü!
Mein Herz thut mir so weh, wenn ich nur nicht sterben muss.
21)8 ELLIKOEB
Alzeste.
Wo fehlt es dir mein Freund, was hast du für Verdruss?
Casper.
Au. u. a. Wenn ich nur nicht sterben niuss.
Alzeste.
Weswegen willst du sterben?
Casper.
Aus lauter Liebe muss ich verderben.
Alzeste.
Aus Liebe?
Casper.
Ja aus lauter Liebe, u. u. a.
Mein Herz schlägt und wackelt wie ein Lämmerschwanz.
Nun ist sie fort, nun wird nichts aus dem Hochzeitstanz.
Nun muss ich sterben u. u. a.
Alzeste.
Nun? ist das Mädchen nicht mehr da?
Casper.
Nein, die ist fort, pritscht verlohren, weggeflogen.
Und ich bin ums Mädel betrogen.
Alzeste.
Wer hat sie dir denn weggenommen?
Sage, warum ist denn deine Brust so sehr beklommen.
Casper.
Nun schauts, Frau Königin, Euch will ich Alles wohl erzählej
Ihr seid ä braves Weib, Euch werd ich nichts verhehlen.
Seht, wie ich kam in Wald, dort an dem Höllenloch —
Fand ich Dorind — (der König hustet stark.)
Ja hust nur, ich sags doch!
Ein Mädchen, ach! so schön! so schlank, so weiss und roth;
Und Alles war Natur, nich Färb nach jetzger Mod,
Kein falsches Augenbraun bedeckte ihr Gesicht,
Sie trug ihr eignes Haar, auch sah man bey ihr nicht
Den Busen ausgestopft, kein falscher Zahn,
Ich weiss es selber nicht, was wohl in unsern Tagen
Die Frauenzimmer all für fremde Eeize tragen,
Kurzum, sie war so schön! so schön fast als wie ihr.
Ich glaub, der König zog Dorinde Euch noch für.
Alzeste.
Das glaub ich wohl, doch sage mir.
Wie du darum gekommen.
PUPPJSN8PIEL ALCESTS 299
Und warum hat man dir
Dein Mädchen abgenommen.
Casper.
Ach nein, es ist ein anderes Apropos 1105
Am ganzen Handel ist Niemand schuld als der da.
(deutet mit dem Fuss nach dem König.)
Alzeste.
Wie so? — Was hör ich? mein Gemahl? wie kam der zu deiner Braut?
Casper.
0, wo kommt ä junger Wittwer nicht hin, schaut!
Wie ich im besten Carmesieren bin gewesen,
So konmit Euer Maler, vermaledeytes Wesen, 1110
Nimmt mir gleich mit Feldeäherrn Kraft
Das Mädel, und mich hat er vauf die Seit geschaft.
Drauf hat er mit ihr geredt vom Fluchen, Vermaledoyn!
Alzeste.
Wie vom Vermählen?
Casper.
Ja Vermaledeyn,
Und vom Beyliegen obendrein, 1115
Er hat gesagt, er wollt sich mit ihr nach Hof begeben,
Und sie als Königin auf den Thron erheben,
Ja, sie sogar mit Krön und Scepter schmilcken,
Und so that er dem Madel den Kopf verrücken,
Und als ich sagte, ihr wärt wieder auf der Welt, 1120
So ist das Mädel geschwind fortgeschnellt,
Und ich armer Teufel bin ums Mädel geprellt, (weint.)
Alzeste.
Was hör ich, theuerster Gemahl,
Kaum war ich der Oberwelt eutflohu,
So lasset sich Admeth in andre Liebe schon, 1125
Wer hätte diess gedacht, das hätt ich nicht geglaubt,
Dass sich Admethes schon solch einen Schritt erlaubt.
0 Herkules, mein Freund, nun kann ich dich verstehn! —
König.
Alzeste! theures Weib, komm, lass uns weiter gehn,
Wer wird des Narren Wort wohl glauben, was er sagt, 1130
Und wenn er so nach Art der Narren ein Bonmot macht?!
Casper (zornig.)
0 ja, ihr könnt es mir nur jmmer sicher glauben,
Die Wahrheit ist die Wahrheit, und die Wahrheit
800 BLLINGEB
Ist und bleibt die Wahrheit, von nun an bis in Ewigkeit
Bleibts immer noch die Wiihrlieit.
Alzeste.
Nun tröste dich, mein Freund, ist diese gleich verlohren.
So ist vielleicht für dich ein anderes Kind geboren.
Casper.
Nein, nem, Frau Königin, nein!
Es muss absolut Dorinde sein.
Und krieg ich diese nicht, spring ich in Fluss hinein.
König.
Nun nun 9 erwähl dir eine Gnad für ausgestandne Fein.
Casper.
Juchhey, o könnt ich nicht auch einmal ä König sein?
0 gebt, ich bitte Euch,
Mir doch einmal so ein zerrissnes Königreich.
König.
Das haben wir nicht mehr, das können wir nicht geben.
Casper.
So gebt mir so ä Dienst, wo ruhig ich kann leben.
Alzeste.
Kein Dienst ist ohne Müh, und ohne die kein Brod,
Drum wähl dir was du willst, du sollst nicht leiden noth.
Casper.
Der Dienst, wo man ruhige Tage hat, ist ausgedacht,
Wenn ihr mich zum Nachtwächter macht.
Alzeste.
Hat denn ein Nachtwächter ruhige Tage? sag an?
Casper.
Natürlich, weil er den ganzen Tag schlafen kann,
Wenn er nachts seine Konde hat gemacht,
So wird der ganze Tag in Kühe hingebrachi
Alzeste.
Nun, nun! gewährt sey deine Bitte.
(zu Admeth.) Die Angst, die ich erlitten,
Lass uns nunmehr versüssen
Durch Liebe und durch
Casper.
Küssen —
König.
Vorbey ist nun der Sturm, vorbey ist Alles Leiden,
Kommt, lasst uns lustig sein, mit 1000 reinen Freuden, (ab.)
Puppenspiel alcbste 301
Alzeste.
Das Unglück ist vorbey, der Sturm ist überstanden,
Mit Freuden kann ich nun am Liebesufer landen, (ab.)
Casper.
Ich wünsch Euch Ochsen, Küh, und lauter gute Sachen,
und dass bald ohne Müh ein junger Prinz mög lachen.
(Gegen das Parterre.)
Das Schauspiel ist vorbey, der letzte Act ist aus, 11C5
Und die ein Liebsten hat, die nehm ihn mit nach Haus,
Die aber Keinen hat, und kein bekommen kann.
Die komm zum Kasper rauf, so hat sien hölzern Mann.
Ende.
SONDERSHAUSEN. GEORG ELLINGER.
DER INFINITIV
NA.CIH WELLEN UND DEN VERBA PUJETERITOPßiESENTIA
TS DEN EPEN HAKTMANNS VON AUE.
(Schluss.)
**^^ praflx ge- beim inflnltir In den epen Hartmanns ron Aue.
Bei gelegenheit meiner beschäftigung mit dem Infinitiv in den
Hartmanns von Aue glaubte ich auch allen innerhalb dieser
'enzung zur frage nach dem histonschen gebrauch des praefixes gc-
^^^otenen stoflf sammeln zu sollen, um so zur kentnis dieses schwie-
^Sbh gegenständes, der zu seiner behandlung ja ein viel umfangreiche-
^B material erfordert, meinen bescheidenen beitrag zu liefern. Von
:^^^rter gehörender litteratur ist mir bekant geworden: Stalder, die
^Udessprachen der Schweiz oder schweizerische Dialectologie, Aar-
1819, 8. 52 fgg. — Schmeller, die Mundarten Baierns, München
^^ai, § 982. 984. — J. Grimm, deutsche Grammatik, 2. Teil, Göttin-
S^U 1826, s. 832 — 850. 868 fg. — K. Ferdinand Becker, ausführliche
^^^tsche Grammatik, Frankfurt a.M. 1842, 1 s. 109 fgg. 150 fg. 258 fgg.
1^;^ Frommann, deutsche Mundarten, Nürnberg 1854, I s. 123. 143.
^ S. 79, 12; 190, 9; 277; 430, 14. III s. 124. — K. Regel, die
"^^^laer Mundart, Weimar 1868, s. 100. — Vilmar, curhessisches Idio-
**^^Oii, Marburg und Leipzig 1868, s. 120. — H. Martens, Kuhns Zeit-
^Hrifl Xn S.31 — 41. 321 — 335 die verba perfecta in der Nibelun-
8etidichtung. — L. Tobler, ebd. XIV s. 108—138 über die Bedeutung
^^ deutschen ge- vor Verben. — K. Weinhold, alemannische Gram-
S02 V. MONSTERBSfiO
matik, Berlin 1863, s. 281. — id. mittelhochdeutsche Grammatik, Pa-
derhom 1877, § 285. — Bernhardt, über die Partikel flfo- als Hilfs-
mittel bei der gotischen Conjugation , Zeitschrift für deutsche philologie
II s. 158 fgg. — Benecke- Muller -Zarncke, mittelhochdeutsches Wör-
terbuch I s. 490. — Lexer , mittelhochdeutsches Handwörterbuch s. 745.
— W. Wackernagel, Wörterbuch zum ahd. Lesebuch, Basel 1861. —
Benecke , Wörterbuch zu Hartmanns Iwein s. 84 *. — Alexander Beif-
ferscheid, über die untrennbare Partikel ge- im Deutschen. L j^ bei
infinitiven 1. Abteilung, Breslau 1871 , und Zeitschrift für deutsche philo-
logie, ergänzungsband s. 319 — 446. — C. Dorfeid, über die Function
des Praefix ge- in der Composition mit Verben. 1. Theil: Das Praefii
bei Ulfilas und Tatian. Halle 1885 (konte nicht mehr bennzt werden).
Unter den in Hartmanns epen sich findenden 598 verschiedenen
infinitiven sind mit dem praefix ge- componiert 129. Hierunter sind,
was L. Tobler und AI. Beifferscheid mit recht fordern, vor allem die
mit gc' nur aus syntactischen gründen gelegentlich verbundenen zu
trennen von denen, welche mit ihm als einem notwendigen, ihren wort-
begriff mit bildenden teile beständig componiert sind. Das erste ist
das syntactische , das zweite das lexicalische ge-. Es zeigen
1. das syntactische ge- 52 blos im inf., nicht zugleich in fini-
ten formen (d. h. von mir wenigstens bei Hartmann und in den grös-
seren Wörterbüchern so nicht gefunden), so dass man hier im algemei-
nen wird voraussetzen dürfen, es sei durch erst beim inf. zutreffende
umstände hervorgerufen. Von diesen 52 haben aber andererseits im int
immer das ge- 12.
2. das syntactische ge- 53 auch , jedoch nicht immer , in finiten
formen, so dass es hier dahingestelt bleiben muss, inwieweit die Stel-
lung des verbum als inf. das ge- herbeigezogen hat. Von diesen 53
haben andrerseits immer das ge- 6.
3. das lexicalische ge* 24.
Die übrigen 469 haben das praefix nicht und zwar
4. sind 218 mit andern treu- oder untrenbaren partikeln ver-
bunden, und in diesem fall nehmen nur einige mit den trenbaren ^n,
üf, üz^ volj vor und wider componierten ge- an.
5. sind 251 einfache verba.
Ich gebe im folgenden ein volständigos, alphabetisch geordnetes
Verzeichnis aller inf, die stellen aber nur für die gruppen 1 , 2, 5, J*
die 3. und 4. über ge- beim inf. keinerlei auskunft geben kann. Bei
der 5. konte ich mich mehrmals mit angäbe der summe begnügen. 9^
der 1. art ist durch fetteren, ge- der 2. durch cursiveu druck ausge-
zeichnet ;
INFINITIV NACn WELLEN USW. 303
ahten E. 67. 6177. H. 869. — alten, soln E. 9452. G, 48,
Iw. 7401; G. 2838. 2918; E. 9846; hv. 8146. — änen, mac Iw. 3084).
— anden E. 9231. — gunnen. — gearbeiten, mao IL 803 (a). — gar-
uen. — enbarn. — gebären. — erbarmen. — beiteu E. 8844; tvü
94S3, — erbeizen. — entbem. — verbern. — betten E. 7082, heizen 3949,
— gebiegen, kan Q. 1428. — bieten , wil und sol E, 7972 ; 8975. — r/ebie-
ten, mac M. kan Iw, 2287-, soZ 0.399. 1233-, heize U,1470,— verbieten.
birsen G. 2290. 2300. — biten Iw. 4574; wil G. 1220. H. 1517. Iw,
raSO. 8126; E.494; Iw. 4325; E. 8893; beginne Iw. 5093. 6008. 6917.
rS98; heiße H. 1470. — erbiten. — biten, mac E. 2120. Iw. 6980.
ii^l E. 8149. Iw. 956; sol E. 1848. Iw, 5960; 7052. 6158; E. 6681;
3083. 3537. 4776. 5306. 5714. — erbiten. — (enbizen, kan G.1334,
80 Bech, Paul geniesen). — enblanden. — blasen E. 8797; Iw. 5797;
E. 9623; 8808; 9611. — bluoten Iw. 1360. 1362. — urborn. — bor-
gen Iw. 7148. mac 7149. — bözen H. 1268. — brechen, wil E, 7608.
tf. 209. 636. Iw. 7966; sol H.829; G. 3558. 5521. H. 894; E. 3240. —
«ebrecben. — bresten E. 9261. — bringen, mac E.2396. 9503. 9767;
^^89; G. 558; E. 5199; G. 1212. — gebringen, 'inac Iw.2898. — vol-
tebringen. — vür bringen. — wider bringen. — brinnen E. 6318;
'w.6301. — briuten E. 6340; 1886. — buezen, mac Iw.l462; mtioz
*. 2587. 2789; 3770. — gebüezen, mac G.435, U.553. — buhurdie-
'euE. 3082. — büwen G. 2518; 2684. Iw. 7815. — dagen, m^c
Iu>.188. 257; wü E. 3420. Iw. 250; E.44. — gedagen, kan E.6457;
•«^ 7454; sol 576, 3146. 7006; riwchcn Iw. 182. — verdagen. —
^^tecken. — denken E. 930. 3022. — bedenken. — erdenken. — geden-
k«ii, mac E. 1352 ; sol Iw. 7461 ; muoz E. 7495 (?) ; beginne H, 1010. —
^erdenken. — verderben. — dienen E. 1346. G. 2103. Iw. 5638;
*J- 6568; G. 1185; kan E. 4568. — gfcdienen, kan E. 1288. 4548.
<*• 1762; wü E.5936 (e). Iw. 4789; sol E. 7781. Iw. 4789; muoz
^^94. — verdienen. — diezen Iw. 209. — gedingen. — diuten Iw. 7596;
1- 16. — bediuten. — donen G. 3355. — draben, kan E.1962; be-
^i^me Iw. 5966. — gedrewen , mac Iw. 5264. 6258. 6867. — erdriezen.
verdriezen. — dulden, mac H, 1147; wi/ Iw. 1006; E. 3927. G. 1140;
-^- 992. 3436. 4788. 6935. G. 1369; H. 1333. — dünken E. 2865. —
*^^^urfen. — enden E. 1450. 1751 ; sol E, 3177, H. 968. Iw. 2942.
*^78. — geenden, mac 11.1155. — volenden. — verenden. — eren
^- 8». — ^gren, mac E.3770. Iw.7501. 7540; kan E, 3770. — ent-
^'^IjeiL — , ezzen E.8738; kan G,2766; Iw. 1218; G.2727; E. 3662.
^^.868; E. 6433; 6357. 6379. 6410. 6421. 8359. Iw. 351. 6545;
'^»61.— vMien, wü E.9276. Iw. 1343. 1482; sol E, 2038; muoz
ft».ÄW!5, — empftn. — jfevähen, mac G.779; wUxiai sol Iw.2309.—
3()4 V. MONRTRRBBRG
(unUcrvän G. 749, nacli Lachmann und Bech ', wo Paul mit hand-
schiiftA umiersiän). — vervän. — vallen H. 110; sihe usw. G.3176;
E 2611. — ervalleti, — gevallen (= placere). — gevallen (=^ acci-
dere), sol Iw.6617 (e); muos H.1538 (e). — missevallen. — Tarn.
mac E. 29G1; 5648. G. 402. 2895. 2Ö97. H. 613. Iw. 808. 912.
6138. sol E. 8642. Iw. 024. 919. 2802. 3005. 7911; muoe E. 3158.
Iw. 1081. 2931. 4306; E.1817; E. 8129. Iw.5529; E.254; Iw.803e:
E.4675. Iw. 1465. 2977; heke Iw. 1773; E. 7869; 4668 ; 9978. -
ervarn. — gevarn, mac Ito.6315. 5909. — volvani. — wider vam. —
zuo varn. — vazzen E. 1407; 639. — vegen, heise E, 2409. — vebten
Iw. 7412; kan 7001; E. 9041. Iw, 4774. 5183; 6337; gdar Iw.7001;
sihe usw. E. 833. Iw. 407. 7626; E. 4403; Iw. 2477. 5818;
E. 4378. 9021; 4224. 5568. 8512. — ervehten. — gevehten, mat
Iui.5013. — bevelhen. — vellen Iw. 7090; 7086; sol 4960; E.3397.
6436. 6943. — zevellen. — gftvelsehen, fmc Iw. 3765. — rinden,
mac E. 4484. 5910. 7179. Iw. 2000. 5612; kan E.236. B.437; sei
E. 2229. 4559. G. 3048. Iw.l294; E. 7950. — bevinden, — erfiii-
den. — vischeu G, 775. 2833. — vliegen E. 761. 9079. O- 1M7. -
vliehen, wil H.798; sol G. 2538; beginne E.6643; Iw. 1059; E. 6663.
— vluochen E. 2992. 6073. — volgen, wil H. 836. Iw. 1490. 7335:
sol E. 3888. 3938. G. 2414; läse G. 1314. — vrägen, tvü G. 998
Iw.6236; E.4069; ge/ar Iw.3020; darf 562; beginne l^mü; Iw.SSßä;
519; E.9317; 5448. — (/evrägen, gctar E.8443{f,?). — gevreun. icÜ
Iw. 5501. — bevriien. — vriaten, teil G. 1897. H. 625; E. 394«.
4410. ~ (/cvriaten, mac E. 5266; kan 5010. 5530. Iw.948; wtou»
E. 5458. ~ gevrumen, mac G.442. 1905.— vflegeD, muoe Iw.6584.—
jcTüegen, wac Iw. 1614. 1745; kan E. 4650. Iw. 2063. — yflereo
E. 3457. G, 2903; mitoz E.1404. 3587. Iw. 4586 ; 4623. — gcvfiereD.
mac G.3088 (a). — gevürderii, kan E. 5685 (a). — vürhten, ka-
E.8622; sol E. 7989. 8035. 8626.— gevürhten, kan G.865. — gOhen*
wil Iw.l341. 1481; 2310; E. 2554. H. 866. iw. 3718. 7732; hegintf
12inal — ergiihen. — zuo gäben. — geben, mac E. 5802. 6236. R6I»9-
755; kan G. 1360. 3651; wil E. 6405. 6844. 9443. 9841. G- 1626-
2819. H.528. 648. 1289. Iw. 1645. 3301. 4496. 7329. 8084; sot
E.656. 1083. 5631. H. 785. Iw.2811; muoe E.2627. 3796. G.34i7-
3449. 3703. H. 695. Iw.4985. 5631. 6366. 6605. 6793. 6866; H.H6;
G.950; Iw.6412; E. 840. — ergeben. — gegeben, tnac G.2087 {*)■
Iw. 189G (e). 6613. 7844 (e). — vergeben. — wider geben, — gefleii
il; 6559. 7161; 0.3117; Iw. 7996. — CD
G. 3119. — gelten Iw. 256
ten. — vergelten. — geo, vm
wil E, 8195. Iw. 6417; sd E. (
• E.8488. 9913, ho. 5567% kan £.870»:
696. 9611. 9919. G. 682. 3Ä28. H. »Mi
iNFLNlTlV NACH WELLEN USW. 305
moeR3470. 8486. lw,1512, 4100. 4638. 5262; sihe E.4805. 8750.
6.2210. 3246. Iw. 474. 1242. 1701. 1747. 4374. 5592; E. 3952.
Iw. 6425; 765. Ausserdem noch 13mal. — abegän. — begän. — ergän.
— volgän G. 1451. — vür gän. — missegän. — üf gän. — umbe gän. —
özgSn. — yergän. — zergän. — zuogän. — gern, sol E. 4570. H.949.
974; darfG. 3188. Iw, 4443] E.3641. 7143. Iw. 3805. — engesten.—
ergetzen. — vergezzen. — beginnen. — giuden E. 2385. — begraben.
— begrifen. — grinen Iw. 877. — grüezen ö. 436; E. 9704. — han,
mw E. 1989. 9840. H. 753. Iw. 3693. 4099. 5468. 7115, Ausserdem
12 mal; wil E.726. 8000. 8478. G.969, Iw.4321. Ausserdem 15 mal;
mtiog n.508. Iw. 1901. 5657. 7903. Ausserdem lOmal; G. 2216.
rw.5287; 7278. 7377; E.2838; warne Iw.691; läzc 4155. — behaben.
— gehaben (= sich bequemen , sich benehmen , behaupten.) — gehaben
C== haben), mac E. 2972. — zesamme haben. — halten G. 2539;
E- 6897. Iw. 2558. — behalten. — enthalten. — gehalten. — gehan-
äeln, mac E.3570 (e). — hangen Iw. 629. 2530. 4691; E. 418. — haz-
KOB, mac Iw.7440] muoz 140. — heben Iw. 5376; G. 857. — fif he-
ben. — heften Iw. 6756. — beheften. — heilen Iw. 7775. — heizen,
mm Iw. 1923. 8119. 7546; 5288; E.2790. — geheizen (= verheizen).
— heln, hdfen G.493; E. 3068; Iw.6884; G. 566. — verheln. — hel-
fen Iw. 6342; 2183; 3849. E. 69. 4040; Iw. 3847; E. 5865; 566.
G. 3553. Iw. 7933. — gehelfen , mac H. 929 (e). — herbergen Iw.
6083.— behem. — hören, mac E. 395. Iw.26; 4529; 867; G. 370.—
ÄTchören, kan E.7444.— erhob.— houwen E. 6308. — hüeten G. 179.
— behüeten. — gehüeten , Jean Iw. 1103. — ilen E. 3062. — jagen,
^oilE.7151. im. Iw.3889; E.7174.— bejagen.— erjagen.- geja-
Ren, mac Iw.ll21. — nach jagen. — jehen, mac E. 827. Iw.3684;
^ilK 704. 2531. 9321. 9682. G. 2361. Iw. 1887; E. 4766. 5332.
7682. H. 684; muoe E. 1258. 1770. 6221. 8380. 8766. 8930. U.1433,
*W. 6367. 7448; Adrcn E. 7298. 7892. G. 2252. H. 1324. Iw. 800.
^887; begitmc 7 mal. — bejehen. — gejehen, mac E. 10013. 6926.
Ö, 126. 2503. Iw. 7271 (doch vgl. K. Weinholds germ. abh. heft 5 s. 100.
160); 8dG.2503,— veijehen.— justieren E. 2767. 2771; 6903; 9101.
Q*1839; E.2573. — jqustieren, mac E.2601. — kebsen rw.3171.—
kempfen Iw.4823. 6958; 6975; E. 8642. — erkennen. — keren, mac
lw.4808. G.1268] sol 84. Iw. 1592. 7176; H. 1442. Iw. 3750. 7282;
^ 814; Iw. 4668.— bekgren. — fiz keren.— verkeren. — kiesen E. 4855.
1^.2570; E. 1172. 3194. 3322; 3991; 646. 6030; muoe Iw. 1826. 2319;
^ 369. — erkiesen. — verkiesen. — klagen , mac H. 490. 985. Iw.
laoi. 3993; wU 6mal; sol E. 481. 488] mw>z Iw. 724. 2831. 6912;
E.8010; darf 8861; sihe usw. H. 853. Iw. 5426. Ausserdem
W. DBUTBOHB PmLOLOGIE. BD. ZVm. 20
d06 V. MONSTBBBE&G
3 mal; Mfen E. 5748. 5752. 6237 \ begimien E.7057. 8080. 3044 (e).
Ausserdem lOmal; Iw. 4294; gän usw. E.512D. G. 2143. 2279. —
beklagen. — gcklageii , darf E. 5596. 7150. 7275. — verklagen. —
klingen E. 7753. — komen , mao E. 8751. G. 3171. H. 505. 841).
Iw. 1281. 2129. 2520. 6781. 7241. Ausseraem 7mal; han 8117 \
wil E.4245. Iw.4301. 903. 1840; sdl H. 823. Ausserdem lOmal;
getar Iw.l853; sihe E.5841. Iw.4825 u. 3 mal; läzeE.944; Iw.2604.
4744; E. 1499. — überkomen. — üf komen. — vor komen. — wiJer
komen. — zesamne komen. — bekorn. — kosten Iw. 2841. 2851. —
koufen, mac G. 1268. Iw. 2829. — kratzen, sihe Iw. 6690. — kren-
ken, sol Iw.7462. — bekumbern. — künden, aoü G. 518] 37a8;
beginne 3588. — kunnen, wil E.7610. — erkunnen. — verkunnen.—
kürzen E. 4302. — kurzwilen E. 3061. G.8Ü7. — küssen E. 1109. —
quelen E. 6140. — lachen E. 8235; 8441; 8103; G. 37. — laden
Iw. 2030. — geladen , inac Iw. 5590. — belangen. — län , nuic E. 962.
5437. 5474. Iw.l74. 4030. 5261. 5304 und 8 mal; kan 4967. 6382]
wil 23 mal (negationen usw. geboren zu tvil); sol E. 7007. 4360 und
36 mal (ebenso) ; muoz E. 3469. 4392. Iw. 1511. 5266. 5657 und
17 mal; getar 4888; E. 515. 2466; 8459; 1005. 9352; E. 146. 4124.
9492. H. 1269. Iw. 4978. 5223. 7315. — (jrdäzen, tnac E. 6479). -
erlän. — fif län. — verlän. — leben, mac E. 7764. Iw. 4027; ka»
E. 4791. G.3623. Iw. 3022; wil E. 5961. 9332. Iw. 7676; sd
E.4194. H. 599 \mi 11 msl; tnuozE.Sbdd. 3597. 7651. 9669. G.2342.
11.762. Iw.2950; darf G. 492; E. 2628. Iw. 3403; H. 96. 1255.
Iw. 706; läze 10 mal; E. 1084. 5819. — flreleben, niac G. 20io.
Iw, 7501 (= erleben) ; muoz G. 1540 ; trüwen E. 6338 ; läze Iw. 7843.-
überleben. — ledegen, sol Iw. 4642. — legen, muoz E. 374. — jde-
gen, mac E. 887. Iw. 1318; kan E. 887. — leiden, wil U. 650; sd
611, — leisten H. 675; E. 1015; 945. 3902. Iw. 4581.— gcleiriten,
mac II. 571. Iw. 5225. — beleiten. — leren Iw. 6252; G. 991. — lesen
Iw. 6457. — letzen II. 861. — beliben. - liden, wil E. 4129, Iw. 1981;
E. 3552. 6810. Iw. 5432; II. 604. 1089. Iw. 6385; H. 1332; E. 375i>.
9932. Iw. 1453; 3b81; E. 4271. H. 141. 293. Iw. 7855. — erlideu.
— lieben, beginne G. 233. — ^clieben, mac H. 15; kan Iw. 2423.--
liegen, hilfc Iw. 2183. — liebten Iw. 672. — ligen, sol Iw. 4223;
muo0 G. 2699; ivü Iw. 4777; sihe 8 mal; läse Iw. 99. 747. 6290.--
biligen. — ^cligeu, mac Iw. 764; wil 4777. — verligen. — Ithen, »f»
Iw, 2944; E. 599; 4795. — gelihen. — gelingen. — misselingen.
Verliese». — liuten G, 3587, — liuteru E. 6786. — loben E. 1544;
E. 1590; II. 608; E. 7359; beginne Iw. 1272; E. 9494; 2484. 1291.
2399. G. 1095. — geloben (vovere), muoz E. 3103. 4811. — tosen,
i
V. MONSTERBERO, INFINITIV NACH WELLEN USW. 307
«ril E. 3887. G. 1901 ; Iw. 8047 ; G. 2070. — erlcßson. — Ionen Iw
4195; E. 1048. Iw. 1197. — golouben. — loufcn, mac G. 3341
K.7165. — erloufen. — lougen E. 9214. — gclougen, mac E. 1040, —
verlougen. — lüsten, mac E. 7353. G, 2240. — macheu E. 5197
H.11; sol E. 3792; Iw. 5464; E. 8131. — flfemaclien, mac E, 8421
tan 7672. — sich fif machen. — mänen Iw. 6050. — sich mäzen
E. 6443. — gemäzen, w«w Iw,1043. — meren Iw. 6954; 7445; E. 1310
9762; Iw. 6057. — jremeren, nmc Iw.2ß50; kan 11.58. — merken
w?^Iw. 248. 250; sol 191. — vermezzen. — mlden, Jean 11.317
E. 4130; 388*2. 6809; beginne E. 3249. - vermiden. — inuoden E. 885
2631. — gen&den. — neigen, beginne E. 5730. 6909. — nemen, mac
E. 6854. 6553. G. 2065. 3729; wil E. 569. 3913. 5233. 6271. H. 967.
Imt. 2765. 6898; sol 7mal; muoz 3 mal; Iw. 5814; H. 1218; E. 3720.
7283; Iw. 2164. 2231. G. 2061; 2057; E. 468. — an nemen. — bcne-
irien.— entnemcn. — gemmen, wac E. 3917. Iw.2232{e); sol G.3793.
— - üz nemen. — vernemen. — genenden. — nennen, wil E. 4852; 79-
4535. 4827; 4820.— ^<mennen, kan E. 7616. 7618. 8497. — nein
Iw. 2060; 416. — ernern. — genesen. — nieten E. 9550; sol und muoz
^^34. — ^enieten, wcenc Iw. 5642. — geniezen. — nigen G. 874. —
^iuwen Iw. 5111. — genözen. — genüegeu. — ougeu E. 5167. —
ci-ougen. — pflegen G. 2100; E. 9602. G. 3391. Iw. 1660; E. 3272.
Ö813. G.407. Iw. 6719; 2188; E. 1461. 2499. 9129. G. 95; Iw. 2196.
5159. 6423. — jf^pflegen, mac Iw. 4879; kan E. 3709. Iw. 5530. —
Verpflegen. — prisen , muo0 E. 1997 ; beginne H. 1462. — gfcpriscn,
*^^ac G. 1108. — geprücven, kan E. 52:35. — gerasteu, läse G. 724. —
fiten E. 8407. G. 1261; 340. H. 1482; Iw. 5212; beginne E. 9825.
^J^^U62. Iw. 7323; 7852. — erraten. — .geraten (= rat geben), mac
^^.2399; kan G. 322. H. 376. — geraten (= entraten). — rechen,
^il E. 4221. Iw. 2466. 7676; 4241; beginne E. 9249. — errechen. —
ee rechen, mac E. 490 {e). Iw.3129; kan 4462; muoz 7678. — durch-
lecken.— reden E. 4514. 5960; sol 6302. Iw.2526; E.6543; 4120.—
S^<?reichen, mac E. 1893 (ül). — bereiten. — rihten Iw. 4503; E. 3661.—
^chen, beginne H. 252. — geriehen, mac Iw. 7203. — riemen E. 3075;
^ciw 2409. — ringen G. 3640 ; Iw. 407 ; 7884 ; lerne E. 9283. — ge-
igen, mac Iw. 2844 (e). — entrinnen. — risen Iw. 5380. — riten,
«»•acE. 7884. 8486. Iw. 6849; wil Iw. 955 und 10 mal; sol 2811 und
^uud; muoB E. 3095. 1403. 8760. 8874; sthe 11 mal; 799. 3600; l(he
'«•5138 und 5mal; E. 5031. Iw. 5898; E. 1414. 7747. 7804. Iw.
^**7; E. 1468. 2862; Iw. 5548. — beriten. — erriten. — flferlten, mac
^970. Iw. 2134 (= erriten). 6757; kan E. 8708; wil 6882. —
fOl rlten. — zuo riten. — riuwen, mac E. 8789; 4352.
20*
308 V. MONSTKBBBtiÖ
Iw. 8129; darf E. 3713; 3667. 4216. 4638. — gerinwon, soI E. 3365;
muoz 3801, — röten Iw. 7230. — rüeren Iw. 2141. — ronben H. 1408.
— rümen Iw. 7052; E. 2790. 5002. Iw. 6931. — ruoclien Iw.6759.—
gemochen, wü E. 8510; sol 130. — ruofen G. 2693; hare E. 5298,
5459. Iw. 4952. — berucfeu. — ruowen Iw. 5095 ; E. 5732 ; 3486 ; 2466;
908. — jrcruowen, muojs G. 3082; läze 1046. — sagen, tnac Iw. 5034.
7429 und emB.1; unl E. 43. 5454. G, 1907. H. 486. 1340. Iw. 258. 5905
und 35 mal; sol E. 4981. 7122. Iw,924. 368e. 5677. 6321. 7601 und
7 mal; muog E.9342 und 4 mal; 7138; höre H.23 und 6 mal; E. 2135;
Icginne E. 7058, G. 3146 und 7 mal; E. 7524; bite Iiv, 2321 und 6 mal;
E. 1572. 7483; Iw. 7266 ; G. 2261 ; Iw. 219. — flfcsagen , tnac E. 75. 4300.
5161. Iw, 1038. 3223. 6945. 7144 (e); kan E,5001. 5572. 7481. 8328.
8454. G. 1028. 1130. 2468. 3043. Iw. 2096. 3629, 3633. 4429. 5881.
5889. 8165; wü E. 2135 (vgl K. Weinholds germ. abh. beft 6 s. 120>
G. 2416. Iw. 798; tar E. 3145. 4248; beginne E, 8691; höre Iw.548.
— volsagen Iw. 187. — voljesagen, mac H. 1037. — vürsagen. —
widersagen. — schaden Iw. 6664; E. 3682. 4148; 3727; tuon 1230,
3935. G. 1509. Iw. 636. — geschaden, mac E, 3921. Iw.2939.
5020 (e); han 2638. — schaflfen E. 3783; sol lat. 5004; 1596. — ge-
schaffen, geruoche Iw, 987; trüwe G.1304. — schämen, mM E.5468.
Iw. 3187; kan 4965; wtl 5499. 7430; muoz E, 5671. 7988. G. 1494
Iw. 2968; darf E, 4752. — geschamen, darf Iw. 2105. — beschehen.
— geschehen. — scheiden Iw. 5634. 6030; sol E. 2224. 4679. 6048;
muoz 705. 4386. 4825. 8489. 8873. G. 45. 475. 480. 1274. 1966;
E. 2358; heize 3949; Iw. 330. — bescheiden. — gescheiden (transit),
mac Iw. 847. 7295; sol 8068.— erscheinen. — schelten, mac Iw. 214;
sol 4969; G. 1195; Iw. 5012. — geschirmen, mac Iw, 6725. — schiuf-
ten, beginne Iw. 5966. — schouwen, mac E. 312. 3196. 3620. 4187.
5278 (q). 6187. 6432. 7164. 8280. 8323. 10078. Iw. 1160. 3398.3791
5934; G. 1942; sol E. 7921. Iw. 929. 1796; E. 1390. G. 2369; gdor
E,123; beginne 1485. 3499; 60. 649. Iw. 3724; E.1156. 5129. 5254.
9764. 9919. Iw. 6427. — beschouwen. — umbe schouwen. — beschri-
ben. — erschricken. — schrien E. 5419. — verschulden. — schün-
den G. 231. — sehen, mac G. 3380. H. 101. Iw. 1021. 3046; «ä
1436. 2238. 2598, 8031; sol E. 8674. H. 1266. 1108. Iw.43^
und 6 mal; muoz 8 mal; E. 6599. 8765. 8835; G. 3225; läze H.859
und 7 mal; Iw. 6933; 808; E. 5486. — ane sehen. — besehen. — erse-
hen. — gesehen, mac E. 1769, 8949. G. 1753. 3747. H.l2Si'
Iw,1207. 2118 (e). 6888; kan 5022 (negativer sinn); wil E.4999.
9813, Iw,1977. 2229; sol E, 4701, 11,1237; muoz Iw. 4229. 6346;
geruoche E. 4951 ; läze G. 1745. — ane jfcsehen, mac E. 7296\ ^
INFINITIV NACH WBLLBN 08W. 809
Iw. 751. — undersehen. — senden E. 23; 1140. H. 1467. Iw. 2175.
7919; 1814; G, 3450. — gesenden, niuoz E. 6697 (e). — vür setzen.
— sieben G. 661. — jesigen, mac Iw. 6965 \ wü G. 204 (e). — ane
flresigen, tvil Iw, 4778; trüwe 4224. — sigen E. 221. 5553. 9303. —
sin , mac E. 517, 1576. 1794, 2306, 2761. 3554. 4329. 4772. 5127,
5805. 7293. 8025, G, 13. 535, 2385. 2862, H. 221. Iw. 626, 3908,
4033. 4499. 6454, 7746, 7861 und 19 mal; wtl E. 1364, 4520, G.1631,
H. 925 (e) und 5 mal; sd E. 1355. 4426. 7192. 9441. 9693. H. 337.
Iw. 3194 und 24mal; muoz Iw.3968. 778» und 18mal; E. 9039; 9815;
wcme usw. 9 mal ; läse 6mal ; heize 7mal. — gesin , mac E. 5264. 6515.
6732. — vorgesin , mac E. 6847 (e). — singen , mac E. 6464. — ver-
sinnen. — sitzen Iw. 2267; sihe 11 mal; 7877. 8255. 9928. — an sitzen.
— ^fesitzen, sihe E. 8925. — siuften G. 261. — släfen Iw. 3512; läze
H. 549; E. 3952. 8578. 8591. G. 2830. H. 470. 515. Iw. 7482;
E- 7078. Iw. 383. 5866. — slahen E. 3382; Iw. 4228; E. 3360; Iw.
6634; E. 2296. — entslifen. — entsliezen. — versmähen. — smiden
E. 6087. — snlden, getar H. 1139. — sorgen Iw. 4737. 7413; darf
E. 1253. Iw. 1210. — besorgen. — spehen G. 981 ; beginne H. 1239 ;
E. 7079. — gespeben, mac E. 3331. — spiln Iw. 4872; G. 1116. —
gpotten Iw. 2455. — sprechen, mac E. 3815. H. 1439. Iw. 270. 7380;
wil E.7607] 3239. Iw. 7675; 846; tar E. 3850; darf 4199. 4373;
bin bereit G.32a. 621; höre H. 635. 830. 853; E. 2712; Iw. 5479;
E. 3098. 3963. — entsprechen. — besprechen, ^nac E. 4867. 5076; han
H. 892. Iw. 2264. — versprechen. — bestaeten. — stän G. 2564.
Iw. 6181; sol E. 3410. 6107 und 7 mal; muoz 4 mal; sihe E. 6625.
Iw. 6689 und 16 mal; E. 3725; lojse 8mal; E. 6832. 7625. 8967.
8986. — abe stän. — bestan. — bistän. — enstän. — gfcstän, mac
Iw.5706; muoB G. 3360. 3412. Iw. 4731; laze H. 663 (e). — üf
Bt&n. — üf jcstän, mac Iw. 3609. — understän. — verstän. — stechen
lw.3954; 206. — erstechen. — stein, hilfe G.492. — sterben E. 8151;
8173. H. 564. 1513; 1135; muo0 581. 1258; 623; E. 5870. H. 1292;
5243. — ersterben. — stiuren , mac Iw. 1803. — stözen , wil E. 9277.
~- strafen , beginne E. 2523. H. 550. — streben , darf (oder tar ?)
S.8470\ 4792. — strecken, heize E. 1065. — strichen E. 5584; 5787.
I'^. 1975. — an strichen. — zesamne strichen. — striten, mac Iw. 6989;
fc»n 7. 6992; 5746; 5135; E. 4237; 936; G. 1958; Iw. 6653. — erstri-
teu. — flfcstriten , mac E. 6427 ; trüwe Iw. 4656. — sümen , wü E. 2789.
fl^- 1560 ; E. 5059 ; 5026 ; Iw. 5087. — suocheri G. 3645 ; E. 6053 ;
ö- 3050; darf E. 2991; beginne H. 1238 und 4 mal; gän usw. 6 mal;
^^. 4512. — ersuochen. — versuochen. — swseren, sd H. 656.
•^ beswaeren. -— sweben E. 5177; 7652. 6.783. — gesweigen. —
310 V. M0N8TEBBEB0
swern E. 3898 ; Iw. 5740. — geswern , mac E. 9209. — swtgen Iw.
2503. — gfcswigen, Jean G,873; willw,578i (e). — tagen G. 1980.—
tihten Iw. 25. — toben , beginne Iw, 1271, — toctcn Iw. 4487. E. 9347.
— ertoeten. — toufen, sd G,569, 871, — tragen E. 5532. 6. 1076;
H. 457. Iw. 7469; 1305; E. 6238; 3009; G. 2511. ~ betragen. -
gfetragen, niac Iw, 777. — üz (/etragen, mac E. 8743. 9142. — anjc-
tragen , mac Iw. 6725. — übertragen. — vertragen. — betrahten. —
triben, mac E, 6499. — ein triben. — fiz triben. — vertriben. — triegen,
hilfe Iw,2184; E. 762; 3876. — triuten G. 205. — troesten, twl
Iw. 4339; soll624; gän usw. E,9921, — gfetroesten, mac E. 6398;
Jean G. 668, — getroumen , mac E. 8125 (a). — truoben E. 526. —
trüien G. 279; 265. — gfd;rüwen, mac G.2517; wil 27. — tuen Iw.
2525; wil E. 6169. H. 1226. Iw.2588; sol E. 1057. 4009. 1359.
G. 1158. H, 1108. Iw. 1944. 2223; E. 9504; 1473. Iw. 3411; G.171;
E. 2721. G. 2963; 2806. 3455. 9001. G. 1699. Iw. 775. — jfetuon,
mac E. 498; siJic 2041. — missetuon. — turnieren E. 2542; Iw. 2803;
E. 666; Iw. 2921. 3005; E. 2411. Iw. 3043. — twclen, wü E, 140L
7261; 21. — twingen E. 4690; Iw. 5627; E. 9367. — betwingen. -
getwingen, nuxc Iio. 4143, — ilebcn, wil E. 5669 (b). — wachen
G. 200; E. 3999. — wägen, mac E. 8531. 8554; wil G. 1859. 1885 (e).
Iw. 551 ; E. 2840; 4971 ; Iw. 4317. — gewägen, wil Iw. 6632, — über-
wallen. — walten, wil E. 7015, 9845. G. 2540. .Iw. 6531; sd G,il\
E. 523. 1467; 1822. — wandeln E. 2931. — verwandeln. — waiikon
G. 313. — bewarn. — bewajren. — warneu, toil E, 1059, — warten
E. 8007. 9544; 6015; 9630. — gewarten, miioz E. 8666. — verwä-
zen. — bewogen. — erwegen. — gewogen. — geweichon. — weinen,
mac E.5360; muos Iw. 724; siJie G. 61. 2224. 2231; E. 5865. G.379:
E. 9796. G. 2171. 2229. 2251. H. 1298; E. 9699; 5227. 5349. H. 1007-
— geweinen, /a^eH. 841. — erweln. — üz wein. — wenen Iw. 3322.-
gewenen, adjoctiv H. 334. — wenden, wil G. 1873 (a). 1465. 11.839
881 ; Iw. 4174; E. 806. 855. G. 583; ist gedäJit E. 5085 (a), — bewen-
den. — crwenden. — gewenden, ia7i G.1H3; mac G. 1516 (e). -
wenken E. 1351; Iw. 1375; beginne E. 6643. — entwenken. — wem
E. 4569. H. 560. Iw. 5048. 5739. 7713; G. 25 a. Iw. 1005. 6068:
7713 ; beginne G. 406. — entwern. — erwern. — (/cwern, mac Iw. 7;'^^?
wil 3806; sol E. 1021. Iw. 220; muoz E. 3612. — werben E. 457.^.—
erworben. — geworben, Jean Iw. 2772. — werden, mac E. ^i'^^--
G, 1326. 2808. Iw. 7065; Icnn IL 905. Iw. 3180, 6808; wil E. 45ir.
9450; sol E. 7272. 7530. 9062. H. 708. fw. 7971 ; muos E. 9611 (r>-
Iw. 2169; E. 3136; 4928. 5929. — werrcn , mac G. 22.^4; wim>: Iw-
5238. — jfcwerren, mac E, 90, 4218. 4608. 17.50, hJOl. (i. 1 :)'•-•
INFINITIV NACH WSLLBN Ü8W. Bll
1905. 2026, 3141. H. 491. 908. 1062 (e). 1161. Iw. 3544. S75S
4267; kan H.1186; muoz E.6487; vürhte 8969; läze Iw. 22i. —
Wesen, fnac E.266, 5901. G. 1362. 3223. H. 1343. Iw. 1701. 8059
und 7inal; kan G. 1814. Iw. 6397; wil E. 4533 und 6 mal; sol E. 1960.
Iw. 57. 729. 4602 und 18 mal; muoz E. 4546. IL 1314 und 8 mal;
tar Iw. 1254; läse E.4515 und 4 mal; geschelimi 9863. — eiitwesen. —
gewesen, mac E, 8872. — wetzen H. 1230. — entwichen. — erwin-
den. — übei'winden. — underwinden. — gewinnen. — ane <]fewinncn. —
widor gewinnen. — wirden Iw. 2861. — (/ewirden, han G. 1517. — ver-
wischen. — wlsen G. 3173; E. 3643. — wizen, sol E. 6303. — gcwt-
zen , kan Iw. 2093. — wizzen , mac E, 1596. 5999. S095. Iw. 7S40
und 2 mal; kan G. 2784. 3055; wil 7 mal; Iw. 7374; G. 2264; läzc
E.5437 (e). 7947. hv. 5450. 7754 und 13 mal; G. 999. — wun-
dern, mac E. 5558. 8700. 9152; 9436; G. 1456. — wünschen
6. 2845. 2846. — wuofen, höre E. 5297. — wurken Iw. 6191.
6197. — verwurken. — antwurten. — geantwurteu, mac E. 6284;
^nlw.2973.— verzagen. — zeigen G. 2282; E. 1826; 613. — erzei-
gen. — Zellen, mac E. 7456; 2827; 1402. — zelten Iw. 5965. — gc-
zemen, mac E. 6272. 7216. 7284. Iw. 6625; muoz E. 5853. — misse-
zemen. — ziehen, toü 11.797; sol G. 872 und 3 mal. — abe ziehen. —
entziehen. — erziehen. — verzihen. — volziehen. — zinsen Iw. 6G19. —
©rziugen. — zoumen G. 1971. — zücken Iw. 1018. — zürnen Iw. 4593;
heginne E. 4536. — gezürnen, mm Iw. 864. — zwifeln E. 9316. —
verzwifeln.
Hierzu sind einige bemerkungen nötig.
1. Oh ge- steht oder nicht, auch andres, das die form der
int angeht, ist kritisch mehrfach unsicher. Ich bin für firec Bochs
Ausgabe, für Gregörjus Pauls, für armen Heinrich ßechs und für Iwein
tachmauns gefolgt. G. 1428 zu tvol bewiegenn handschrift E, Paul
**>it recht gehiegen. — E. 8601 liest Haupt in der 2. ausgäbe wol hrin-
9en statt vürbringen. — E. 6681 shi getorste da nicrncn hVen tilgt
*Iaupt * das ge. Von 23 Verbindungen des verbum turren mit dem inf.
erscheint ge- weder am inf. noch vor turren nach den herausgebern
'•Ur 6 mal und alle 6 mal bieten es auch hier handschriften. Jene 6 stel-
\^^ sind Iw. 3020 (dou nendorstih A , do en turstc ich a , done gctorst
'^ BDbcd), H. 1333 (Strassburger handschrift duz engetärrent, II A-
^^Iberger und Koloczaer des entravf), Iw. 5212 (geturre umhc uns
geraten BF, furre A.E, geturre Dhi, geraten E?F), E. 3850 (Aml)ra-
^^ handschrift tcA getar nit sprechende), 5496 {daz er si getorste
"^ä»), Iw. 1254 (;ichn tar niht langer hl iu wesen Ada, getar I*cd).
*^ Ebenso lässt Haupt ge gegen die handschrift aus metrischen grün-
812 V. MONSTBBBBBO
den weg bei gedagen E. 7006 , Bech behält es bei ; 44 dagegen bietet
auch die handschrift nur dagen, — E. 6568 Haupt' gedienen, Haupt^
und Bech dienen. — E. 1962 handschrift diu Icunden niht drabeii,
Haupt rehte droben. Hier würde sehr wol ein gedraben am orte seiiL
— G. 1517 Lachmaun und Paul gewirden , Bech gevOrdem. — Q. 1360
hat Paul mit EG gehen, Lachmann und Bech mit A gegeben. —
Iw. 3162 daz sich ein mp niemer wol huoten ne hm. Lachmann Mm-
ten hm. Nicht besser gehileten? vgl 1103. — Iw. 1801 dagen ADd,
gedagen BEabc. — E. 6444 Haupt nun moht sis niht gelassen ^ haod-
schrift nu mohte sy doch nit. ge ist zu streichen und doch zu behal-
ten. Läzen hat bei Hartmann nie ge. — Iw. 4777 ligen Aad, g^Ugm
DEb, beiigen e; Lachmann wählt ligen. Doch i^ wohl gdigen du
richtige. — Ebenso wol auch Iw. 4223, wo AEbd ligen, BD2Lgdigm
hat. — E. 3917 Bech genemen statt des überlieferten n^mcn. — Iw. 416
handschrift A generen, BD nem^ c erneren, a demeren. Lacbouum
schreibt genem. — G. 1334 Paul mit GEp geniezen^ Lachmann «fo-
zen, Bech enUzen. — Zu Iw. 5522 gesehen hm oder hon vgl. Laeb-
mann. — G. 3106 Paul sehen, Lachmann und Bech^ gesehen. — G.7I9
Paul understän , Lachmann und Bech ^ undervän. — G. 2224 Paul
weinen, Lachmann, Bech mit A geweinen. — G. 1516 Paul gewendete
mit AE, Lachmann, Bech^ genenden, Bech' mit Ha biwenden. -
E. 8969 Haupt* werren^ Haupt ^ lierren^ Bech gewerren.
2. Die verba zu den inf. mit ge- der ersten art kann ich in
finiten formen bei Hartmann in den epen mit ge- nicht finden , sondern
nur ohne dasselbe. Findet sich der inf. einfach, so können auch ein-
fache finite formen vorausgesezt werden. Aber auch die 12, welche
im inf. stets ge- haben , zeigen sich finit nur ohne ge- : arbeite vermag
ich finit bei Hartmann nicht zu belegen ; gebiege (E. 464 , particip];
drewe (Iw. 5285. 6694), ende (ende mich Ivf. 4796); vdsclie (Iw. 4134);
vreue (Iw. 2670); handele (E. 5255. H. 1136. Iw. 3635); geprüecef^
spricht Beuecke- Müller -Zarncke Hartmann irtümlich ganz ab, praecs-
E. 1954; raste vermag ich finit bei Hartmanu nicht zu belegen; schirrt
(Iw. 572); trounie (Iw. 3530). Auch in den lexicis von Benecke -Mül-
ler-Zarncke und Lexer finde ich von den hier in rede stehenden ver—
ben nur die inf. mit ge- verbunden gebringen, gcvclschen, geja^^^
gdougen, gerasten, geschirmen, gesin, vorgesm^ gespchen, geantwuriei^^
gezürnen.
3. Für die Verbindungen mit ge- der 2. art habe ich finite for-
men mit und ohne ge- zu belegen , doch ist es nicht für alle ßH^
nötig. Findet sich ein einfacher inf. , so darf auch die finite einfach^
form als erwiesen betiachtet werden, gebiete Iw. 355; gcde^ike K. 747^»'
nVINITIV NACH WSLLEN USW. 818
gediene Iw. 3636; g6re Iw. 2560; gevähe Iw. 3898; gevalle = accido,
ohne ge- H. 256. G. 1113; gevar mit ge Iw. 4892; gevräge; genriste
G. 3197; vrume ohne ge- Iw. 561, mit gc- 6665; gevüegc Iw. 7652;
gehöre Iw. 991; gejusticre E. 2639; gfcWjg?^ Iw. 1332; gcld>e Iw. 4490;
geZe^d Iw. 2817; gdiebe H. 848; gelige G. 388; gfrfö&e Iw. 4581; gemache
Iw. 1630; gemere Iw. 3042; jfenim E. 1840. 3825; gfcnc««e Iw. 406 ;
geniete selbst kann ich nicht belegen, sondern ausser dem inf. mit ge-
nur das particip Iw. 7960. Benecke zu iwein 5642 ist die stelle E. 9550
nachzutragen; gepflige Iw. 3283; geprise Iw. 5473; gerate (= gebe rat)
1633; gereiche E, 9091, von Müller aber in gerieten verbessert, sonst
finde ich es citiert aus spec. eccl. 49, auch reiche kann ich nur aus
andern autoren belegen Trist. 7192 ; gcrite E. 4257; geriuwe büchl. 1, 38
fferuodie Iw. 4773; geruowe Iw. 3643; gesage Iw. 5693 (volgesage)
gesihe Iw. 563 {gesihe ane)\ gesige Iw. 1957 (gesige ane)] gesitze E. 775
ff&priche Iw. 7674; gestän Iw. 5275 (gestän üf); gestrite 5899; ge-
^unge E. 7023; getrage Iw. 4923 (getrage üZj avC)] getrceste 420; truwe
ohne ge- 1496, mit ge- 5136; getumi E. 8292; gewer Iw. 6070; geivirre
E-476; zim ohne ge- Iw. 163, mit ge- 7996.
Über den gebrauch nun von ge-- bei dem inf. in HaHmanns epen
I^jsen sich folgende beobachtungen machen:
1. Wiewol ursprünglich ge- eine temporale bedeutung gehabt
*^at (K. Weinhold, alem. Gramm, s. 281) und sie, wofür H. Martens
^nd das lexicon von Benecke- Müller -Zarncke bcispiele bieten, am
^^iten verbmn auch in mhd. zeit und speciell bei Hartmann noch hat,
^cj zeigt sich dies doch in seiner Verbindung mit dem inf. unmittel-
bar nicht
a. Weder erhält durch seinen einfluss ein inf. logische ver-
S^Dgenheitsbedeutung , sei es relative oder absolute (vgl. K. Weinholds
Abh. heft 5 s. 157),
b. noch zeigt sich seine vergaugenheitsbedeutung etwa in einer
orliebe fBr die Verbindung mit inf. nach Vergangenheitsformen, was
an vielleicht nach J. Grimm, Gramm. II s. 844 (blos eine mork-
5 ^ che vorneigung der partikel zu dem praeteritum behaupte
*^ ^5h) erwarten könte. Es finden sich ge- von den 52 der ersten art,
^U denen 84 stellen gehören, 51 nach einem praesens, 33 nach einem
l^«rfect, von den 53 der zweiten, zu denen 199 stellen gehören, 103
^^«wh einem praesens, 96 nach einem perfect.
c. Noch auch scheint sie in einem dritten sinne durch , welchen
«-Grimm (Gramm. I s. 850) erwog, mit recht aber ablehnte, wie auch
^ **-Tobler 1. c s. 132 im gegensatz zu Wackernagel tut, dass etwa gc-
^Veh die perfectnatur von mac und kan veranlasst sei. Den inf. mit
314 V. MONSTRRBERO
ge- haben nämlich nicht blos nach sich twoc, Tcan, darf, tdr^ die Grimm
nent, sol^ teil, die von Wackernagel nachgewiesen sind, sondern auch
Idzcy von dem es schon Toller zeigt, trüwe, ruochCy wcene, vürhte, sihet
höre und adjectiva. Die praeteritopraesentia als solche sind för stehn
oder fehlen der partikel nicht entscheidend, wie schon AI. Reiffer-
scheid, Zeitschr. f. d. phil. ergänzungsband s. 324 erkante, und man
darf mit Benecke wtb. zu Iwein s. 84 * den Wörtern Ican^ mac u. a. wol
einen logischen , aber keinen grammatischen einfluss zugestehn.
2. Das syntactische ge- steht in Hartmanns epen in beiden
arten seines gebrauches nach mac, han, sol, ml, muoa, fräwe, ruoche
und läze. Ausserdem steht das syntactische ge- der ersten art nach
darf imd adjectiven, der zweiten nach tar, sihe, hörCf wcene^ mrhte^
heize und heginne.
Allerdings aber bestätigt sich auch hier wider die oft gemachte
beobachtung , dass es in ganz überwiegendem masse für den inf. gerade
nach mac und kan neigung zeigt. Es erscheinen von den 52 ge- der
ersten art 28 ausschliesslich nach niaCf 8 ausschliesslich nach to»,
2 nur nach nmc und kan zugleich und von deren 84 stellen entfallen
51 für wtac, 12 für kan, 5 für sol, 3 für wil, 3 für mtwz, 4 für darf,
2 für ruoche, 1 für tmwe, 2 für läze, 1 für ein adjectivum. Zieht
man beide arten des syntactischen ge- gemeinsam in betracht, so ver-
teilen sich die 283 stellen der 105 verben folgendermassen: nach mac
131, kan 58, sol 19, wil 22, muoz 19, läze 7, darf 4, verben der Wahr-
nehmung 3, tar 3, trüwe 4, ruoche 3, woene 2, vürhte 1, heize 1»
heginne 2 und einem adjectivum 1.
3. Überall scheint mir das syntactische ge- zum zwecke eines
durch das interesse oder die persönliche bcteiligung des subjectes an
der handlung hervorgerufenen uachdruckes zu stehn , die kraft des ver-
bum meist mit plastischer sinlichkeit zusammenfassend. Es berührt
sich also die Wirkung von ge- sehr nahe mit der des inf. der vei^an-
genheit, aber nicht in s<»iner logischen, sondern in seiner blos ethi-
schen Verwendung (vgl. germ. abh. heft 5 s. 160), und in dieser eiu-
schrfinkuug ist der vergleich zwischen beiden berechtigt (J. Grimni.
(rramm. II s. 847, K. Weinhold, alem. Gramm, s. 281 , id. mhd. Gramm-
§285, Benecke- Müller -Zarucke, mhd. AVörterb. I s. 490). Diese natur
des gc' vor inf. bei Hartmann gibt sich zu erkennen in zwei uniständett-
a. ge- erscheint sehr gern zugleich mit einer anzahl kleiner
wörtclien, welche lediglich dem gedanken einen besonderen nachdnK'k
zu verleihen bestirnt sind. Diese wörtchen sind: ie (schon von Tobler
s. 125 b(»merkt), iemcr, immer mvre, icmen, noch, vil, harte vil, V(^^^^f
INFIMTIV NACH WELLEN ÜSW. 315
t?i7 gerne, reJite, serc, starJce, henamen^ ncmnelichen^ Wite, schiere,
gentAoc, Bezeichnend ist Iw. 7678 swer daz rechen icoldc, da/a wir
wip gesprochen, der müese vtl gcrcchvn. Über gern vgl. s. 4. 7. 8.
Wol scheint nur dann noiguiig zu gc- zu zeigen, wenn es das
affirmierende , = sehr wol, sicherlich, nicht, wenn es das nur poten-
üale, = vielleicht, ist. Ferner steht das praefix gern bei effect-
voUer Stellung oder einem lebhafteren schwung oder auch wol ilber-
schwänglichkeit (z. b. Iw. 2650) oder algemeingiltigkeit des gcdan-
kens. Auch dieses zusammentreffen von ge- mit veralgemeinorndem
s- liat bereits Toblor (s. 125) bemerkt. Ja selbst die Verbindung
mehrerer inf. oder mehrerer regierender verben als gleiehfals den
gedanken in gewissem masse veralgemeinerud scheint nicht oline
einfluss zu sein. Auch hat, wenn einer von zwei inf. ge- annimt,
gewöhnlich es auch der andere bei sich. Iw. i777 er welle durch
ttfw tot h'gen ode dem risen angesigen (so A a d) wird besser mit
DEb geligen zu schreiben sein, s. o. vgl. Iw. 6965 mähten si nü beide
ffcsigcn ode beide sigelös geligen ode aber nmwrwäzen den strit beide
^Äfw (Jäzen hat nie ge-, über E. 6444 s. s. 312), G. 1905 der im mohte
*^€Jl dar an gevnimen unde gewerren, ebenso E. 3145 ob si imz forste
ff^sagen oder solde gedngcn; dagegen freilich H. 1470 biten und gebieten,
Wo in gC" ein sjntactisches ge- der zweiten art zu erkennen ist, nur
*ii der bedeutung von imperare ist es bei dem werte bieten lexicaliscli.
Nicht beobachtet wird dieser gleichklang, wenn das eine nur ein lexi-
kalisches ist (H. 1340 geheizen und sagen, G. 3788 gedingen noch gcrn\
<>der wenn der andere inf. bereits componiert ist (E. 8124 engdtennoch
Ü<mes€n, 7615 erkenncfi und Jctmnen gcncnncn, H. 553 verenden noch
Üehüezen, ähnlich G. 27 dcii er gctruiveti sohle und in bevclhen wolde).
Von besondrer kraft scheint die negation dos gedaukens (vgl. K. Wein-
^old, mhd. Gramm. §285), namentlich wenn sie eine starke ist (nie,
•**V?man, niemer, niender, nie nihi). P.ezoichuend ist G. 3793 da cnsol
^^iemer an dehein sündiger man gcnemen brescz bilde gegenüber 3811
^^ sei der sündige man ein scelic bilde nemcn an. Hierauf hat bert^its
ßemhardt, über die partikel ga- als hilfsmittel bei der gotischen con-
jugation, Zeitschrift f. d. phil. II, 158 fj;g. in bezug auf diis gotische
aufmerksam gemacht. Indess wird nicht sowol die negierung des gedan-
keng an sich, was den oben genanten affirmierenden wörtchon gegen-
über unverständlich wilre, als vielmehr der häufig mit ihr sich verbin-
4©nde nachdruck imd anteil des subjectes das wirkende sein, welcher
^ dem wünsche des positiven gegeutoils, der furcht, dem warnenden
■•*« usw. liegen kann, wie denn aucli die nur schianbare negation, die
^ 4w* Verdoppelung auf hebt (E. 4130. 44^3. 6903. G. 998. Iw. 1901.
816 ▼. MOXSTKBBSBO
2829. 4638. 6337. 7226), so wie die in bedingenden Sätzen nicht die
gleiche Wirkung hat (E. 2396. 4130. 6844. 6903. 9450. Iw. 1006. 1736.
1899. 2000. 3978. 7462. 79G6) und wo in solchem falle doch je- steht
(Iw. 1899. 2229) wird vermutlich die negation nicht der gmnd zn sei-
nem erscheinen sein. Erinnert sei hier, dass auch im lateinischen
der conj. perf. als potentialis gern bei negativen gedanken und behanp-
tnngen steht, vgl. Heraeus zu Tac. bist m, 28, 2. Daher scheint
auch der positive wünsch von einfluss, vgL vargesin, geringen, gesendet
In dem Verzeichnisse sind alle die stellen y an denen sich irgend
einer der hier unter 3 a genanten umstände findet , cursiv gedruckt nnd
es erforderte eine objective darstellung der Verhältnisse dies nicht blos
für die stellen mit ge- ^ sondern auch für die , bei denen unter gleichen
umständen ge- fehlt. Potentiales wol (z. b. Iw. 3005. 4325) und negi-
tionen der soeben genanten art sind dabei nicht berücksichtigt Wo diese
umstände nicht in einer sprachlichen form zur erscheinung kommen und
subjectives ermessen unvermeidlich ist, habe ich algemeingiltigkeit des
gedankens durch zugefugtes (a), anzunehmende emphase des ansdrackes
jeder art (wünsch , furcht , drohung , mahnung u. a.) durch (e) bezeichnet
Dieses zusammentreffen von ge- mit einem der erwähnten nm-
stände findet in den 84 fällen der ersten syntactischen art 72 mal statt
Die 12 fUlle, in denen es nicht der fall ist, betreffen die verben: gAit^
gen, gebüezen, gedagen (2), gevürdern, geleisten (2), geprüeveny gespe-
hen, gewarten j gewenen, gewerhen nach maCy kan, toUy muoZj ruoche
und einem adjectivum. Von diesen finden noch 9 unten ihre erledigung.
Bei den 199 stellen der zweiten syntactischen art trift es 155mal za.
Die übrigen 44 stellen bedürfen in diesem falle keiner erklärung. Sie
betreffen die verba gebieten, gedenken (2), geren, gevaUen (2), gern-
sten ^ gevüegen (3), geliehen, geloben (2), gencmeny genieten, gq^fle^
(2), gesagen (2), gertten, geriuwen, geruochen (2), geruotcen, gesAfH^
(6), gesitzen, gesiän (3), geswigen, getuon, gewem (3), gewerren(^i\
gezemen (2). Nun finden sich dieselben umstände zwar auch bei den
einfachen verben, aber bei deren 1901 stellen nur 432 mal bei dea
verben alteti (2)^ äneyi, betten, heiten, bieten ^ bitefi (ß)^ ftUen (4)-»
borgen, brcche^i (3), bringen (2), biiezen (2), dagen (4), dieni^y
droben (2), dulden^ enden, ezzen, vahcn (5), vollen, vom (5)»
vegeny vehten (2), vellen, vinden (6), vliehen (3), volg^i (4), t^fl-
gen (3), vristen, vücgen, vüeren, värhten (2), gähen (2), geben {^h
gen (9), gern (5), hän (16), hazzen (2), heizen (3), AcZn, hören {-}f
jogen (2), jehen (4), kcren (3), kiesen^ Mögen (14), kamen (16), b^
fcn, krotzen, krenken, künden (2), kuntien^ län (16), leben (9), fe^'
gen, leiden (2), letzen, liden, liegen, lihen, Hüten, loben (3)^ l(i^
INFINITIV NACH WILLEN* USW. All
laufen, lüsien (2), machen, merken (2), miden (2), neigen ^ wemcn(4),
nennen, nieten, prisen (2), räfcn, rechen (3), reden^ riemen, ringen, riten
(^7), riuwen (2), ruofen, sagen (20), schaden (2), schaffen, scliamen (8),
scheiden (4), schelten (2), schiuften, sclumwen (13), scÄcn (8), sJn (37),
sinken, släfen, sargen (2), spehen, sprecJien (10) , 5^an (4), s^eZw, s/e*--
fccn, Sturen ^ stozen, strafen, streben, strecken y striten (2), sünien (2)^
suoehen (2), strccren, Soften, toufen (2), triben, tr legen, troesfen (3),
^tKw(3), <trefc»(2), Heben y wägen (2) j todlten{2)y warnen, weinen (2),
Wenden (3), wer^ken, wern^ werden (8), «^cscn (17), wizen, wizzen (8),
tcHffuZ^m (3), wuofen, zelten, ziehen (2), zürnen.
Von 1000 fällen zeigen also das syntactische ge- beider arten
Von jenen umständen begleitet 857 resp. 773, diese auftretend ohne
ge- nur 227. Noch weiter treten die beiden einander gegenüberstehn-
den zahlen auseinander, wenn man bei den compositis die 9, welche
ans andern gründen das ge- annehmen , bei den simplicibus die , welche
an sich abneigung gegen das ge- zeigen (ßn, wesen, werden, können,
t^nden^ Mn, län, wizzen y vürhten, dtddeny gen mit zusammen 136
stellen, s. u.), als der behauptung nicht widersprechend ansieht, was
berechtigt ist Es ergeben sich dann die zahlen 81, auf je tausend
964, für das syntactische ge- der ersten art, dagegen 296, auf je tau-
send 155, i&r die simplicia, fUr die auch der umstand noch angeführt
Beul mag, dass unter diesen 296 stellen 78 nur darum mitgezählt sind.
Weil mehrere inf. oder mehrere regierende verben verbunden sind, 69,
Weil sie eine einfache negation enthalten.
Ein Zusammenhang des praefixes vor inf. mit den angegebenen
Umständen wird, selbst fals trotz peinlichster Sorgfalt und mehrfach
Widerholter Zählung in diesen aufstellungen einzelne irtümer enthalten
Sein fM)lten, damit als erwiesen angesehen werden dürfen, wenngleich
»lan nicht sagen darf, es werde durch dieselben hervorgerufen. Yiel-
niebr verdanken beide in gleicher weise ihr Vorhandensein dersel-
ben Ursache , nämlich , dass ein gedanke mit besonderer kraft vom sub-
jeet angeschaut und ausgesprochen wird. So ist denn meist eines des
andern begleiter, ohne dass das auftreten eines jeden für sich aus-
Keschlossen wäre.
An sich kann hiernach der inf. eines jeden verbum und nach
jedem verbom in die läge kommen sich mit ge- zu verstärken.
b. Doch äussert sich die sinlich plastische natur von ge- ancli
^*Ä d«r waU der verba, zu welchen es mit verliebe tritt, und zwar
*^irol des inflnitiYen als des finiten.
a. Des Infinitiven, insofern es sich gern mit verben einer kör-
tttigkMt verbindet und hier gewissermassen die naive freude
318 V. MONSTBBBEEG
an eigner oder anderer körperlicher kraft und tüchtigkeit: gearbeiten,
geleisten, geschaffen, getragen^ gevehtefi, siege gelegen^ gevcaii,
gevüercn, geriten, gejagen, gejustieren, gestylten, gestgcn, geschick-
liclikeit, sorgfalb und geuauigkeit: gebiegcn (die schenke!), getcendai
(daß ors), geprüeven, ge werben, gewarten ^ genmsen, gehüeU*n, eifer,
energie oder lieftigkeit: gevürdcrn, geraten, geladen^ gerechen^ geW-
fen, getwingcn, geMiezen, gezürnen, gedrewen, gewogen, getrcesten,
gevreun^ geMagen, ge pflegen, oder schärfe der sinlichen Wahrnehmung
ausdrückt: gehören, gesehen, gestehen. Die verben eines körperlichen
beharrens {geligen, gesitzen, gestän, geruowen) haben alle auch finit ge-,
vgl. Tobler s. 129. Auf der andern seite lässt sich eine gruppe verben
erkennen, welche sich dem ge- abgeneigt zeigen. Schon Grimm, Gramm.
II, s. 850 macht die bcobachtung: geioisse abstracta sin, wesen, werdtn
verweigern sich überall dem ge-. II, s. 843 nent er als mit ge- ahd
nicht belegbar von uns angehnden verben* noch kofnen und vinden.
Man wird ihnen noch für Hartmanns epen und den inf. wizzen^ idii,
län und vielleicht gen zugesellen müssen. Jene bemorkung Grimn«
behält ihren wert, auch wenn die von Scherer zu dieser stelle gesam-
melten beispiele von gesln aus Hartmann noch durch weitere 4 gt^
und ein gewesen vermehrt werden. Überall sind sie von einem der
oben besprochenen umstände gekenzeichnet und jedenfals gegenüber
den 02 wesen und 127 shi eine sehr kleine zahl. Werden nimt bei
19, komen bei 42, vinden bei 13, wizzen bei 35, hän bei 59, K»
bei 113 und gen bei 44 fällen seines Vorkommens nie ge- an. Ein
gekomen finde ich nur bei AI. ßeifferscheid, Zeitschr. f. d. phil. ergäu-
zungsband s. 358 nachgewiesen. In derselben samlung ist auch eine
grosse menge von gesin und gewesen zu finden. Weitere lalle siud,
zunächst solche, welche wol, negationen, iemcr usw. bei sich haben»
für gesin: Salom. u. Markolf 509, 2; Eilh. Bearb. 5510; Trist. 14421.
145G5. 18397; Wigal. 2375; Mai u. Beaflur, ed. Pfeiffer 3, 40. 5, 26:
ebd. Koenig von lieuasen: daz ez wol dne sünde möhte gesin, d^
mähte wol gesin, ez mac aber leider niht gesin; Bitterolf 247. 4364.
5268; Alph. 110, 4; Dietmar von Eist UMS 39, 24; Engelhard 409<.
271. — Für gewesen: Bitterolt* 10130; Trist. 10487; Engelh. 1559.-
l^ux gewerdmi Koenig Itother 223; Kennewart, bei Koth blatt 1 v.3^-
Keiner solcher uebeuumstiinde steht dem ge- zur seite in gesin: Sato-
u.Mark. 293, 5. 124, 5; Trist. 14452; Engelh. 453G; Flore 5970. -
•
In geiverden: Hartmanns Glaube 71. Daher scheinen auch verba ff'^
dulden, vürhicu ge- nicht oft anzunehmen, wol dagegen wider gd^^
und gcwachcn sowie die bogriflidj diesen nahestolmden vorba causativer
bedeutuug: geweichen, gesweigen, gescheiden, geenden. Zwar ruft ^
INFIJnXlV NACH WELLEN USW. 319
iiicht die causativo bedeutuug Jiervor , wie StaUler s. 56 moint,
diese liegt vielmehr auch in den einfachen verben (vgl. leiden von
tlilon, neigen von öligen, heizen von lAzcn ohne ge-), sondern es lioljt
es nur sich mit solchen verben zu verbinden , um die bei hervorruliiiig
^iaer handlung oder eines zustandes vorhandene energie des sul)jects
zu bezeichnen (vgl. auch ürimm, Gramm. II, s. 841).
ß. Von den finiten verben findet sich der inf. mit syntactiseliem
Pe- nach ^nac 134mal von 563 Verbindungen mit irgend einem inl'.,
fo»n 58mal von 161, sol 19mal von 491, wil 22mal von 470, nnioz
19mal von 358, läze 7mal von 152, darf 4mal von 22, sihe und Aörc
3 mal von 173, tar 3 mal von 23, trüive 4 mal von 14, ruoehe (3),
u?€Bm (2), vürhte (1), zusammen 6 mal von 62, verben des antreibens
linal von 107, beginne 2 mal von 213 und einem adjectivum Imal
'^on 8. Unter je tausend Verbindungen mit irgend einem inf. dürfen
^Iso nach Jean 360, irüice 285, mac 238, darf 181, iar 130, ruoehe
Usw. 96, mtwz 52, wil 46, sol 38, läze 46, silie usw. 11 inf. mit
Byntactischen ge- angenommen werden.
Berücksichtigt man nur das syntactische ge- der ersten art und
Vergleicht es nur mit den einfachen verben, so stehn bei kan 12 ge-
formen gegenüber 40 einfachen, mae 51 gegen 239, ruoehe 2 gegen
, darf 4 gegen 15, läze 2 gegen 102, sol 5 gegen 326, muoz 3
in 224, wil 3 gegen 312, triiwe findet sich mit einem syntac-
tischen ge- der ersten art nur einmal , mit einem simplex nie.
Wie man also auch die numerischen tatsachen zu einander in
Beziehung setzen mag, immer treten mae und kan als diejenigen lior-
vor, welche für das ge- am inf. am günstigsten sind. Der grund kann
^Oj in der bedeutung beider verba liegen und deren verwantschaft mit
dem sonst hervortretenden Charakter von ge-. Zwar gilt das nur für
die ursprüngliche bedeutung, namentlich von 7imc, aber durch die
^X^vachgewohnheit wirkte sie auch da in ähnlichem sinne, wo das ver-
I^Ojtn seine sinliche bedeutung geschwächt oder ganz verloren hatte.
^^reits Grimm (Gramm. II, s. 850) schien es wahrscheinlich, dass der
^^griff des Vermögens die vermitteluug zwischen jenen verben und gc-
^H^e, nur dass er ihn mit dem der dauer und Stetigkeit verknüpfte.
^^»cless nicht blos diese eine idee, sondern auch andre, sofern sie nur
S^eichCals ein starkes Interesse irgend einer art seitens des subjects
^^tiudten, bewirken bei ihrem abhängigen inf. ge-. So zeigen alle nicht
^lideiweitig componierten inf. nach truwen ge-, weil es, fals positiv
mid mit woi verbunden , eine überzeugungsvoUo Zuversicht, fals negiert,
A^ eine ängstliche besorgnis in sich schliesst. Von 14 fällen zeigen 9 gc-,
^ xwar ein syntactisches ge- der ersten, 3 der zweiten art, 5 Icxi-
320 V. MONSTKRBFJIG , INFINITIV NACH WKLLEN ttSiV.
kaiische. Die übrigen 5 sind anderweitig componiert (H. 193. 1166.
Iw. 1640. 1490. 415) und es ist nicht zu übersehn, dass hier H. 116C
das ge- an trüwen selbst erscheint und Iw. 1040. 415 wenigstens meh-
rere handschriften es zeigen. Denn ähnliches können wir bei turren
beobachten. Während es nämlich seiner bedeutung nach der Verstär-
kung seines inf. durch ge- sehr günstig zu sein scheint, zeigt os von
23 fällen seines Vorkommens mit einem inf. bei lezterem nur 3 mal ge-
(E. 3145, zweimal hat ausserdem auch turren selbst ge- E. 8443. 4248)
aber in 12 fällen finden wir dafür das ge- bei turren selbst, und zwai
vor einem anderweitig componierten inf. sowol E. 215. 5392. H. 114
438. 1339, als vor einem einfachen E. 6681. 3010. 123. H. 1139. 1332
Iw. 4888. 7001. Bei den übrigen (E. 3850. 5496. H. 1333. Iw. 1254
1853. 3020. 4325. 5212 vgl. s. 311) zeigen Varianten das ge- bei tur-
ren oder dem inf. E. 8470 hat die handschrift dorffte^ der Hanpl
folgt, Bech hat entorste. Warnen und vürhten stehn trüwen nahe
Bei dürfen steht, fals sein inf. syntactisches ge- bei sich hat (nur ge-
schämen und geklagen) starke negation. Soln^ müezen, weilen habei
ein syntactisches ge- der ersten art nur bei Vorhandensein eines dei
fälle von 3a nach sich (nur E. 8666 gewarien anders, doch erklärt es
sich bei diesem verbum aus seiner eignen bedeutung, vgl. s. 318)
Nach sihe steht nur einmal ein syntactisches ge- der ersten art, nnc
da waltet ein besonderer grund ob, Q. 2224 ich gesach auch niemaf
mere geweinen also sere, das weinen als rückhaltslosen herzensergo»
bezeichnend, Paul schreibt hier mir weinen, vgl. Tobler s. 127), eben-
sowenig ist dieses ge- nach läzen durch das regierende verbum bedingt
sondern H. 841 so läe ich iuch vil Khte ein teil e nach mir geweinen
zeigt geweinen mit umständen aus 3 a verbunden und 0. 724 enlie sif
Up nie grasten wird das ge- wol wie in gestän, gesitzen^ gdigen, geruo-
wen, gewarten zu beurteilen sein, was über die hier gesteckten gren
zen hinaus liegt (vgl. Tobler s. 130).
Nie steht das syntactische ge- nach tugen^ wiegen, zusammen-
gesezten ausdrücken einer fähigkeit, verben der bewegung, nach tuen
helfen, bei dem noch nominalen und absoluten inf. Nie verbindet es
sich ferner mit dem praepositionalen inf. (nur ee gewenene H. 334
nach einem adjectivum, wenigstens kann ich eine finite form toi
gewenen bei Hartmann nicht belegen), daher fehlt es nach den ver-
ben einer geäusserten absieht, wo ja der inf. meist, nach geschehen
beim frei finalen und frei consecutiven inf., wo er immer ee hat.
BRESLAU. 8. V. MONSTERBERO.
321
ZUR TIROLISCHEN SAGENKUNDE.
I.
Die Kaiserchronik (M. v. 7071 — 7154) schildert uns die schlackt
etüis4ihen hönig Severus und dem Baiemherzog Adelger und schliesst
mit den versen: Alse der kunic irslagen wart,
7150 der herzöge stackete sinen scoft
zuo dem heselinen brunnen:
yydaz lant hän ich gwunnen.
den Beiem ze eren.
die marke diene in immir mere.
Über den jyhesdinen brunnen"' vgt die anmerkungen M. Kschr,
UT, 815 f gg.
Ich schrieb in meinen Schüdereien aus Tirol. Innsbruck 1877.
8. &S: ^ünd seit jener zeit bildete jener brunnen die marke zwischen
Waisdiland und Baiem. Der genante brunnen ist ohne zweifei am
Ziffglerhofe zu suchen, der eine stunde von Brixen gegen Klausen an
<fe*^ gränze der bisffiümer Trient und Brixen liegt."' — Die deutsche
W^^vfe war längst in uralten Zeiten weiter gegen Süden vorgescJioben,
dbc9r der y^^hesdin brunnen " kann nur der Ziggel (cisteme) bei devi
<WK2Ä ihm benanten hofe sein. Nach der Kaiserchronik flohen die besieg-
fe»» Jtömer südwärts^ — nach dem grossen castelle Sabiona, nun Sähen,
»w dessen nahe widerholt funde römischer münzen gemacht wurden-.
C^ffi. Der deutsche AntheU des Bisthums Trient von Ph. Neeb und
-BtiW Atz. Bozen 1880. & 16,)
Die erinnerung an diese sage hat sich fwch im volke erhalten.
" tneiner samlung: „Sagen, Märclien und Gebräuche aus Tirol. Inns-
^'^—ek 1859 s.246. Nr. 438'' teilte ich mit: „Zwischen dem kloster
^**&€» und dem Tinnabache liegt so viel geld vergraben, dass sieben
^'^^nesd es nicht leicht ertragen können. Es rührt von den heiden
*^*^, die bei dem annahen der Christen ihr geld vergruben und schnell
*^ flucht ergriffefi."' Unter den Christen sind die Deutschen (Baiern),
^***er den heiden die Römer zweifelsohne getfieint. Auch wird erzählt :
f^^^f Sähen hausten die heiden, da kamen die Christen und weiten sie
^'^•'T^ctfeen und es umrde zunschen beiden furcJttbar gekämpft. Erst um
^^^^f^enuhr abends ward der streit entschieden und die heiden musten
f^^ immer Sähen räumen. Zur erinnerung daran wird in Sähen und
^^usen noch um siehenuhr abetvds im winter geläutet.^ Der langan-
^tiemde kämpf mahnt an j^den sumerlangen tac^ der kaiserchronik.
J^as läuten um siebenuhr ist aber nichts anderes, als das anderswo
i^Aiche husläuten oder die weinglocke läuten. — Adam von Brandis
SBIT8CHBIFT F. DEUTSCHE PHILOLOGIE. BD, ZVUI. 21
333 3. znicxBLE
JmHchtet in „Tiroler Adlers immergrünendes Ehrcnh-ämeJ." Bozn
1678 s. 66, Wie Nigritius in dem buche : „Die von Natur toolvers<^när
und fast unühenointViche gefürstete Grafsehaß Tyrd. Frankfurt 1703.
S, 2, dass AUila mit seinen blutgierigen seJtaaren in das Pusl^hai
eingefallen und durch THrol nach Itaiien gezogen sei. Auf dieser fahrt
habe er das castcll Sähen, das festeste im ganzen lande, ser stört. Sagn
von den Säbner schiüsen teilte ich mit in meiner sagensamlung s. 2lS
nr. 380, s. 246 nr. 439.
Als nachtrug gehe ich einige sagen , die ich professör F. JA.
SiUer verdanke:
„Im Schlosse Gamstein (1 stunde von Sähen entfernt) wohnim
die hddcn und konnten nicht vertrieben werden. Endlich schoss «uu
von „Pabisthoden" auf sie herah , da musstcn sie ausziehen.'^
„Auf Sähen sind sehr grosse schiUee vergraben. Einst giag
eine bürgerin von Klausen hinauf, um die messe eu hören. Da Inf
am wege ein goldener jiflug, den ein schwarzer zottiger hund bacacUe.
Da geriet sie in furcht und lief schnell zurück.^
„ Ein anderes mal stieg ein mann frühmorgens ttach Sabm hin-
auf Da fand er beim tor droben eine eiserne kiste. Er tcolUe M
aufheben, doch sie war zu schwer. Nun lief er fort, um hilft »
suchen. Als er mit einem hauern zum tore eurüch kam, war die
ki^ spurlos verschwunden.'^
Äfinliche sckatzscigen werden vom nahen V^anderer berge ertHlt,
die wol mit dem ehemaligen bergsegen in beziehung stehen.
An den kämpf um Säien und die dort vergrabenen schätze iat
sich ein kleiner roman geknüpft. Adam von Brandts erzäMt im jjnn»
ten „Ehrenkränzel II, 131," dass 220 jähre vor Christi gehuri On-
stoges, herzog in Baiem und Schwaben, auf Säbeti sein hofiager gM
wid die den ttnUiegendcn Völkern geraubten schätze dort vergrahm Me-
— J. Staffier schreibt In seinem werke „ Das deutsche Tirol und Rt-
arlberg'* II, 972: „Sähen ist in historischer beziehung einer der tnirli—
würdigsten punkte unseres landes. Im Brixener archtve izt die mp^
einer geschriebetien tafel , so elietn^Üs bei dem heil, kreuze auf Sate^
aufbewahrt gewesen, mit der bestäiigung ihrer richtigkeit vers^»^
hinterlegt. Dieser aufsatz erzählt das herkommen und die schidsol^^
des Schlosses und der stadi Sähen vom jähre 220 vor Christi g^f^^
bis zum jähre 868 nach Christi g^urt auf eine recM possierliche wn«^^
und gibt danri einen kurzen auszug der ftdiel von „Arostages."^ I<^^
gebe hier die ganze erzäJUung nach einer handscltrift des InnshTwitr*'
etatthaltereiarchives ( Schalzar chiv. Lade 129. Tirol.), vier 6K«»^»
^1(0 , pcipier, aus dem anfange des 15. jahrkundetis. Die dipi«»^~
2U& TIROL. SA0KNKT7in>E. 1 323
tisch genaue abscJirtß derselben verdanke ich dem herrn dr. Oswald
Bedlich.
Der priff wart gesant hertzog Leupold von Hildenprant Lapi
von Florentz, der darnach von Florentzen in potschafft gesant
wart zu demselben hertzogen, nach Cristi purt tausent iar zway-
hundert jar vnd xxv jar.
Durchlenchter fürst vnd gnediger herr! Ich han mit ewrm
nigromantico die lant ewrs vettern des hertzogen von Kernden erfarn,
so daz in der gegen zu Sehen, nu Brixen genant, an manigen steten
grozz schetz verporgen sein, der ein tail leicht fanden sein vnd etwi-
viel mag man ir nach wol finden. Doch sein die grosten schetz vmb
Sehen mit der swartzen chunst den geisten entpholhen vnd vndertan,
so daz si nimant finden mag an die swartzen chunst. Auch sein etleich
schetz vmb Sehen, die sunderlichen personen peschaffen sein, als die
prophecie sagt hernach. Wie aber dem sei, daz umb Sehen da nfr
perg sein vnd nicht fruchtpar erd noch stet noch leut sein, so groz
schetz verporgen sein, darvmb wil ich von Sehen sagen aus den alten
croniken, als man schreibt von den edlen Romern, die erslagen sein
ftuff dem perg Portu , als mit warhait geschehen ist nach Cristi purt
tausent jar hundert jar vnd Ixi jar , da chaiser Fridreich mit den Dewt-
schen wider die Romer, der gar vil gesiecht was, vacht pei dem perg
Portum vnd si all erslug, so daz manich gesiecht der Romer gantz
^d gar vnderging vnd vil puch vertilget wurden, die da sagten von
Sehen, als die alten croniken auch sagen t. Und pesunderleich für
Cristi ^purt zwayhundert jar vnd xx jar was ein haidennisch kunig
gehaissen Arostoges ein kunig des gopirgcs, da von daz er in dem
[pir]g^ sazz auf Sehen, die da hiessz die purg der sterkch, vnd reich
^d gar mechtig was. Er het auch auzzer dem gepirg vil lant vnd
löut, doch sazz er zu Sehen durch sicherhait willen, vnd sein land
öftren vmb vnd vmb vmb Sehen aufwert vnd abwert, hinder sich vnd
für sich, wol tzwelff tagwed lang vnd prait. Er hat auch daz lant
P«i der Etsch, das lustig vnd fruchtpar ist, da pflag er selber herr zu
Sein vnd niemant anders, vnd sein herschalBFt gieng vntz gen Ttalia.
ß^ hat nf r ein tochter vnd zwen vetter , die waren ym lieb , die hies-
8eu Elphasus vnd Qorisdonis, vnd het chainen son. Elphasum
^^cht er zu herren vber perg vnd tal von Sehen abwertz gein der
^unen vndergankch, daz nf Swaben haisset , vnd gein der mitternacht,
^Ä nf Pairn haisset, vnd Gorisdonem macht er zu herren vber
P^rg vnd tal abwerts gein der sunnen aufgang. Da nf die Romer het-
*«ü petwungen vilnach die gantz werlt vnd betten von allen landen ir
1) Durch einen brandfleck sind die ersten bnchstabcn des wertes ganz zerstört.
aptgofcor zfl Röni in dem tempel, da chart sich des chunigesü
abtgot Tinb ?nd kart der Kouier aptgot den rukch zil zaiohen, daz fe
den Romera nicht woit vndertau sein. Ynd die Romer verstanden v<^^^
daz si seil! laut iu dem pirg ni^ht zwingen mocbteii; da liebten sie ^^^
yn sein zwen vetter vnd gaben des groz gab \*iid verbiessen in dim=:a
kunigreich, daz sie im vetter den ktiuig vud Sebeu vnd das lant an^ i
Worten sulteu den Hörnern. Da betten die zwen vettei gedingen, a — x
wurden kuuig, vnd cbnmen als des kuuiges dieser gein Sebeii ge^^.
hoffe mit gar vil volka, daz haimleicli gewappent was, vnd slugeu d^szi*;
kunig zd tod mit allen seinen dieaer klain vnd grozz. Nfr die tOß^Hs.
ter fingen si vnd antworten ai vnd die purch zi'i Sebeu den Romei B
so daz die Romer gewaltich wurden da selbs. Aber den grosteu scha^fc^
da von cbain cronica sagt, als man schreibt, den nomen die zwen vt^^t
tern, des was achthundei-t vnd l^ivi sawm goldes vnd silber vnd ei^He
gestaiu, vnd weiten des schätz niemaut getrawen, weder in purgen dh_'^!
iu steten, vnd haben den an raaniger stat umb ^ebon in den per^-^!
verporgen vnd haben zaichen gemacht da pei. die niemant erkenn^ -^M
k&nd, den sie, vnd haben auch etteich scbetz den geisten entphoU». -^
mit nigromancia, dax si suUen der schetz hüitten. Da aber die iw~^f
bertzogen inn wurden, daz in die Romer daz chunichreich nicht get» *^
wolten, als si in versprochen betten, da widersagten si den Komt^ K~i
vnd wolten mit in kriegen. Da was der Romer hauptman auf Set^ *»'
vnd pracht zfi eiuauder groz votk vnd zoch auH' die zwen herzogen 7^n<
vertrihen die vnd machet alte ir lant vudertan den Römern vnd sackst
die verporgen scbetz vud fand ir nicht, vud des kunigs tochtcr ^~^^
(fol. 2) er seinem sfln, der gewan mit ir xni sou au die tochter. ^^om
ieJem son wart ein gesiecht, so daz Rom worden xui gesleoht t^t^f
edlen Homer, die von Sehen chomen waren, vnd werten so l&ng, racs^
daz der streit goschach pey dem perg Portum.
Und die Komer betten Seben vnd daz lant inn, nutz daz tS-"
volkch von dewtächeu landen mit den fangen perten cbam in iiiilia »''*
lant vnd gantz Ytalia petwaug. Auch worden die Römer offt auz d ^e«*
land getrihen vud chomeu dann mit cbrnß't vud gewunnen es hinwi^tl*'^
vnd daz hat gewert manich zeyt. Auch zö zeileu des kaisers 0^"**"
niani, da Cristus geporn wart, da chomen die !tomer für Sehen «^■'■»"
zwungen das laut vud machteu es vudertan des kaisers camer, i^'»**'
darnach als cristeuleicher glawb aufstund, Ja cJiam sant Cassian ^^^"
Ymmel gein Sebeu vnd machet da ein pistum. Vnd daz hab ich '^*
gescbribeu, darumb daz ir dester sicherr seit der scbetz, die vmb Sef ^
verporgen sein, vnd daz es ew ein last sey z& lesen vnd zft hor^*'
Auch hau die Körner vinb Seben, da man sie vertreib, vil i
ECB TIBOL. 8AQXNXUNDE. I 025
porgen , wann si hetten geding , si solten hin wider chomen. Auch hat
man nach Gristi port vil schetz da verporgen, die nicht fanden sein.
A.ber nmb die grossen schetz, die Elphasus vnd Gorisdonis da
verporgen han, daz ist sicher ein gantz warhait, als ich mit ewrm
nigromantieo die rechten zaichen ftinden han, vnd sein anch grosse
sclietz an maniger stat in den pergen vnd in tal vnd sunderleich zwi-
schen Insprukch vnd Brawnek, vnd die zaichen, zwischen den die
schetz verporgen ligen, sein die pey Inspnrk (!) ein anffgerekter stain
mit puchstaben in latein gehawen pei den pe n ^ vnd genhalb
Srawnek vier gehawen stain an puchstaben, die auffgerekcht sein,
als in die vir end der werlt, pei einer offen strazz. Aber der perg pei
Brixen, als man aufwert get vnd auch nach der twer wol ein dewtsch
meil zwischen zwein wassern, daz ein get vil nach von dem vnder-
gping der sunnen vnd daz ander von dem aufgang vnd umbflissen den
perg, da sein vnsaglich schetz verporgen vnd der hfitten die geist.
£z sein auch etleich schetz pesundem personen peschaffen , als hernach
die prophecia spricht. Ob daz suUe sein auf dem perg oder anderswa,
des weiz ich nicht ftir war. etc.
Gnediger herre, ich wil euch schreiben von Tyrol, daz ewer
Vetter inne hat vntz gein Peru, als man in den alten Komischen Cro-
iiiken findet geschriben von Tyrol, das emaln gein Sehen gehört hat,
B.18 das kunig Arostoges vnd die Eomer von alter haben inne gehabt
Vnd darnach die laut getailt wurden, da die mit den langen perten
Sein Ytalia chomen, da wurden hertzogen gesetzt zu Trient an der Etsch,
die so lang blieben^ vntz daz hertzog Ecim mit Carnutho dem kunig
Von Frankreich under Salurn vacht vnd ym oblag. Da wurden vil
Si^osser schetz vmb Tyrol verporgen , der vil funden sein , wan es daselbs
^ol erpawen ist. Doch sein da nach etleich schetz , der die geist hflt-
*eii^ vnd etleich sein pesuuderlichen personen peschaffen, als die pro-
Pl^ecia sagt hernach. Wie aber die schetz von fremden lauten dar sein
^bomen, daz wil ich sagen, als die alt cronika sagt. Ir sult wissen,
das nach Crist purt virhundert jar vnd Ixii jar, da die mit den lau-
Sen perten hetten einen kunig, hiezz Albuinus vnd het gantz Ttalia
^J^Ue, den sein weip Kosimunt ze Peru verriet, daz er erslagen wart.
^a nam das weip des kunigs schetz alle vnd fürt die gein ßauenna.
Auch was ein hertzog des kunigs vetter, der het des kunigs schetz vil
^JUie, die er genomen hett von land vnd leuten, vnd da der kunig
^<^lagen wart, do pesorgt der hertzog, im bieben die schetz nicht,
Vnd flochet si haimleich gein Tyrol vnd verparg si umb Tyrol; dar-
1) Dnrch elDen brandfieck etwa 3 buchstaben zerstört, vielloicbt zu crgün-
««11 : pe[rge]n.
826 J. ZINQEBLS
nach wart er gefangen vnd sult die schetz gezaigt han, da starb et
in der fanknösse, also plieben die schetz verporgen. Auch nach Ci — nsk
purt sybenhundert jar, da in Campania gar vil trait wart vnd ^H^ie
leut gemenklich stürben, daz lutzel leut plieben leben, die da pliel >eii
die namen gut vnd schetz mit in vnd chomen in daz pirg gein Tyr^ o\,
daz lant, daz ewr vetter bat, vnd verporgen die schetz haimleich ia
die perg an manche stat. Do waren si des luftes vnd der speise vn^ ^ge-
wonet vnd stürben ir das maist tail vnd die vberigen die machten zs^Ezai-
chen an die stete der schetz vnd zogen haim vnd weiten wider chon^ men
vnd chomen nicht, also plieben die schetz da. Damach zu zeiten des
(fol. 3.) Romischen kuniges Ludweig, der mit Karulo dem kunig ^^ von
Frankrich streit vnd vacht , nach Crist purt achthundert jar vnd Ixi ^ jar,
da es pei Brixen drei tag vnd drei nacbt plut regent, da nomen die
von Brissen ir schetz vnd ir gut vnd flohen in das pirg , das in nah ^r~ient
was, vnd pegruben die schetz vnd machten warzaichen dar z&. "ü^Wie
auch alle schetz in dem land plieben sein, das wer gar zfi lang 'S z^
schreiben. Es ist aber ein gantz warhait, daz unsegleich grozz sckrÄhetz
in dem land verporgen sein; weit ir des ein warzeichen han, die ^
ich ew ein ander mal schreiben. Auch wist, daz vil schetz in (Ei^öin
land sunderlich personen pehalten sein , als die prophecia hernach 8^ <^agt
Doch wil ich da uon schreiben aus der cronica. Zfl Zeiten des kci*^ -^'^"
ges der mit den langen perten, Adolat gehaissen, da er geta^^-^^"
fet wart, da satzt sich Moiolan wider in, da legt er sich ß'
Meyolan und mocht sein nicht gewinnen. Da wart im gewei^^ -^^^'
get, er vberwund nicht Meyolan, es chöm denn der rot adler w^ ^^^
flug für ym. Der adler wirt mit gewalt sein wonung setzen vber p^r^P^^'f
vnd tal nach den vier winden vnd nach den vier tailen der wc^^ ^^^^^
Darnach, wenn die mit den langen perten veriehen, des adler cfcÄ^^'^^'^
werden vergehen an dem andern gesiecht, so werden dann die verpr^ "P^^
gen schetz geoflfent in den landen den, die sich enthaltend vnder cfc^ ^®"
schatten der kint des adlers. Das wirt aber geschehen in den les^äs «stei
Zeiten, wenn grosz schand aufstat, das man gotes spottet, du w;--^^^'^^
mit dem adler für dem adler obligen. Darnach sach der kunig in d^^^^m
slafif ein pannir mit dem roten adler für im zihen gein Meyolan, ^
erwachet er vnd gedacht an die prophecie vnd desselben tages cb^^"^^^
ein graflf von Tyrol mit gutem volk vnd fürt das pannir mit dem ro ^^^^^
adler. Der kunig wart fro vnd tröstet sich des adlers vnd zfich ^^
Meyolan vnd petwang die mit eren. Darnach zö Zeiten der koni S^"^
zu Lamparten, Todolina gehaissen, die iren man kunig Agisul^*' ™
tauffen liezz, da wart groz red von dem adler vnd wart fried gemae ^^^*
zwischen dem Komischen chaiser vnd dem kunig von Lamparten ,
tcfi TiBOL. sxotnxvvvt. :
8»
■b Gregorine pabst zfi liom was vnd saiit Mäuricius, vnd bett
BT kauigin ai gesaut das pucb, daa haieaet dyalogoram. Das spricbt
OD zwein veden, das si daz gelesan het, vnd si pettel in der chirchen,
o kam ein stymm zi5 ir vnd sprach: schreib, der rot adler ia dieuuUig
nd wirt Lochfertig, er wirt ausrekchen sein flog vber die hohen perg
Bil wirt mit seinen claen zereissen die reichen vnd die gewaltigen,
ifl heiser des harren wirt oed machen ; er gewinnet vil kint vnd die
leiben nicht. Ein kint kernt in die wouung des leen, als es sulle
egniren , es regniret aber nicht , der leo wirt chomen als ein fuchs in
as aeat tiea adler vud wil da rueben vnd wirt nicht ünden nfr ein
eyL Der adler wirt gesellet dem adler, mit dem adler wird der leo
niten und suchet wen er fressz. l'iin plinder wirt lesen das puch
jalogorum, das puch wirt zergehen ein weil, darnach vber vier .jar
nd sechs monad ein lamp wirt sterkch vnd chrafFt an sich nemen vnd
'•nii wachsen vnd an sich nemen vnd wirt wachen vnd sich meren an
eichtum vnd an eren. Der hirt des lams vuter dem leou aus dem
est des vergangen adler wirt furgen vber al erschrocken vnd wirt
3er slalfen denn wachen. In den Zeiten wirt er haben die vei'porgen
tbetz, die nicht geoffent werden, denn in den Zeiten, vntz das sein
elubd volpracht * wirt vnd daz er erheben will den voderu hirten des
UQs. So wirt das puch dyalogoruin geoffent vnd daz hat die kunjgin
lies dem pabst saut Gregorio geschrieben vnd der antwurt ir also:
'ochter, pis sted vnd glaub in got vnd pette in an vnd hoff in in vnd
Fäs ich dir geschrihen han in dem puch dyalogoruin, des gedenkch
nd eher dich nicht an zfichumftig wuiiderleich ding, nfr merkch an
as gericht gotes, das niemant dnrchgründen mag. Doch nam sant
Itegorins wunder, das im die kuuigiu geschriben het. Darnach wart
■geweissagt von Ermeramo dem insidel, der sprach so: Ich weker
il auffwekkeu, die vergangen sein von meinr schar. Ich wil züprecben
iß pogen des gewaltigen vnd wil furpriugon mein lere, wenn die
banden end haben, die peschehen suUeu. In den zeiten, so die
iderwertigen (fol. 4) adler sich gesellent zu einander in den pergen des
Ud adlers, so kernt von dem perg dor perg ein mensch mit einem
rtenstab, dan werden die vnsegleich verporgen schetz in dem pirg
d die werdent im geoffent noch der dritten purt- So wirt dann cho-
än der gerecht des herren als ein schein vuti das puch dyalogorum
rt wider lebendig. In den sachen mugt ir wol veraten, das etleich
libtz sunderlieh personen pehalten vnd peschatfen sein in dem laud
y^jel vuder dem roten adler. Doch wisset, daz ich vnd ewr nigio-
htticDa an drein steten in ewrs vettern laut groz schetz, die ir wol
^^^j tulgi »nagostrichen n^tirdeu,"
328 J. ZIKOBRLB, ZÜB. IIBOL. BAOUfKUHDB. I
gehaben magt mit ewrs vettern willen vnd mit vnderweisang ewndi
mantici, als ich ew in einem andern qnatem verschriben sendnii
mich ew perait ze sein in ewrn dinsten nach allen ewm woIfeUa^
Die prophecie ist geweissagt nach Cristi port virhimdert jvi
Ixu jar, als geschriben stat in einem alten pnch anMeranzfledv
Als kunig Carnnthus von Frankreich von herzog Eeii
Trient vnder Salurn erslagen wart , als sant Ingennin legnii
der bischolff auff Sehen gewesen ist, da weissagt einer ynd
Es komen erger zeit dann ee vnd ein volk wird sten wider dai
der frid wirt gen in das eilend , nntz daz ein lamp vnd ein lempd
widerpringent. Damach wird daz reich getailt vnd werden vil
vnd kain farst wirt vber sie all, vntz das der rot adler kom voi
perg der perge , der wirt perg [und] tal demfttigen vnd nidem vni
alle ding begreiffen mit seinen chlaen vnd setzt alle ding vnter
flog vnd wirt frid setzen den landen. Der adler gewinnet vil kint,
pleiben nicht, die kint vergeen an dem andern gesiecht, die vi
der vergangen kint werden sich claiden mit einem leon ein weil
chnmpt wider in sein nest. Der leo wird chomen als ein fochs i&
nest des vergangen adler vnd rübt da etlich zeit, doch pleibt er
vnd pringt auch nicht frucht. In den zeiten wirt er mit gewalt tal
fremden verleichend die tempel der hailigen , wenn dann der rot alte
mit dem adler , der im gleich ist , mit dem swartzen adler in dem ofltj
des vergangen adlers gesellet werden, so wirt auffstan vor der drittal
purt ein man voller Streits vnd wirt regniren vnder dem vergang«
adler , der gedorret het vnter dem leo , vnd wirt gewappent mit wd»*
sen strichen mit rotem vmbzogen. Der man wirt ein hirt des lami»
das im wider ist , vnd noch der dritten purt werden im alle verporg«
schetz , die sein , im peschafifen. Er wirt mechtig vnd reich vnd erber.
Der wirt den unrechten adler vnd die hoflfertig natur mit seinem hirteo-
Stab zwingen vnd nidermachen , er wirt grozz ding tun , er vrirt auck
in ern sein tage enden vnd nach zweinhöndert monad vnd xlvi monad
wirt sein sfin herschen untz gein Rom vnd von der rechten Seiten des
manns wirt auffstan ein hirtt der schaffe, geziret mit einem starkchea
rad , der ^virt sein gesezze machen in der wonung des vnrechten adlers
vnd die häet des lams wirt im undertan vnd darnach verswindet des
adlers gedechtnösse.
Eine andere streng erzählende darstdlung fand ich vor 30 jjM
in einer miscdlaneenhandschrift (papier 4^) aus dem 14.jhd. im ftr-
dinandeum zu Innsbruck ^ die ich leider niclU melir auffinden kank.
GUFIDAUN. J. ZINGERLE.
829
:ER KÖKNER UND VERWANTE METRISCHE ERSCHEI-
NUNGEN IN DER MITTELHOCHDEUTSCHEN LYRIK.
(Scbluss.)
3. Meister Johannes Hadlaub (HMS n 279 11)
13str. lOzeil. aabccbdeed
Str. 4. 1 : 2 mir : ir, Str. 6. 1 : 2 mir : ir, Str. 3. 4 : 5 mir : ir^
„ 3. 8 : 9 ir : wir, „ 8. 7 : 10 mir : ir.
„ 1. 3 : 6 gesin : min, Str. 9. 3 : 6 sdhtn : sin,
„ 5. 7 : 10 fin : sin, „ 7. 1 : 2 vürstin : sin.
„ 3. 3 : 6 y^än : man, „ 6. 3 : 6 ^eAän : nan^
„ 10. 3 : 6 kan : gegän, „ 4. 4 : 5 wolgetän : ieffian,
y, 9. 7 : 10 man : ergän, „11. 1:2 ^än : behän,
j, 12. 8 : 9 gän : man.
„ 8. 3 : 6 6i : t;ri, Str. 13. 3 : 6 si : bi,
„ 1. 8 : 9 M : si , „ 3. 1 : 2 si : vri.
yt 5. 8:9 UHiS : haz, „ 10. 8 : 9 hae : daz,
y, 2. 7 : 10 saz : haz.
j, 8. 8 : 9 flfar : dar, Str. 9. 8 : 9 Mär : jär,
„ 2. 1 : 2 dar : gar, „ 12. 4 : 5 rosenvar : Mär.
yt 7. 8 : 9 Regensberger : ger, Str. 13. 8:9 ger : er,
„ 6. 4 : 5 her : ger.
jy 10. 7 : 10 mich : ich, Str. 13. 7 : 10 endelich : Heinrich^
yt 2. 3 : 6 mich i ick, „ 7. 4 : 5 lohelich : Vriderich.
y, 1. 4 : 5 ie : nie^ „ 4. 8 : 9 jfie : nie,
„ 10. 1 : 2 vie : nie.
y, 2. 4 : 5 zehant : geswantj Str. 2. 8 : 9 liant : hevant,
y, 5. 3 : 6 Juint : bevant.
y, 3. 7 : 10 not : bot, Str. 6. 8 : 9 bot : 7i6t.
yy 4. 3 : 6 wd : vol, y, S. 1 : 2 vol : woL
„ 9. 1 : 2 iht : zuoversiht^ Str. 11. 8:9 nHit : geschiht.
„12. 1:2 wort : hört, Str. 13. 4:5 wort : hört.
1 2 3456789 10 111213
4 5
5:7=8:6 = 9:11, 2: 10 = 8: 3 = 3:6 = 9: 12
10 1 3/6 10
4:9 = 3:8 = 7:13, 9:5=10:9 = 2:13
d30 GI8KB
1
3/6
8
7 :
9 —
11 :
10
—
3:
; 13
= 8
:4
4
6
:3 =
11 :
: 4 :
=
2:
12
= 10
: 1
4
>.
8
6 :
: 3
11
: 12 =
= 2
:9
8
3 :
; 1 =
7
= 10:
4
9
: 11
8':
3^
4 :
13 =
: 12
: 9
=
6 ;
: 13
— 1 :
4
2*
:2'^
8
3/6
1
3/6
13 : 1 = 10 : 12 = 5 : 2^ 2 : 7 = 10 : 4 = 5 : 2*.
b. VerbinduDg von II E c und IV.
1. Ulrich von Lichtensein (Lö6öy 25) 7str. 7zeil. ababbcc
Str. 5. 6 : 7 ere : mere, Str. 7. 6 : 7 ere : Ure,
„ 2. 1 : 3 ere : Ure.
jy 2. 2 : 4 : 5 güete : behüde : hochgemüete^
„ 7. 2 : 4 : 5 hochgemüete : güete : behüete.
„ 3. 2 : 4 : 5 sttßtidichen : strichen : riehen,
jf 6. 2 : 4 : 5 riehen : gdichen : endelichen.
^ 2. 6 : 7 schone : lone, Str. 7. 1 : 3 sdione : lane.
„ 3. 6 : 7 immer : nimtner, Str. 5. 1 : 3 immer : nimtner.
12345 6 7
2:7 = 7:2 = 5:3.
c. Verbindung von 11 E d und IV.
1. Meister Johannes Hadlanb (HMS n 278 L B. L. LXXXVU 1)
7str. I2zeil. ababcbcbdede
Str. 1. 10 : 12 was : cUus, Str. 4. 10 : 12 gehag : daz.
„ 2. 2 : 4 : 6 : 8 man : an : getan : eniran^
jy 6. 2 : 4 : 6 : 8 getan : stän : kbesan : hon,
jy 7. 2 : 4 : 6 : 8 län : hän : gewan : an.
„ 2. 5 : 7 sere : dre, Str. 5. 1 : 3 sdre : here.
y, 3. 1 : 3 t(ete : hißte, „ 4. 5 : 7 taete : btete.
rt 3. 5 : 7 sinne : minne, Str. 7. 1 : 3 minne : sinne.
yy 1. 2 : 4 : 6 : 8 gesin : schin : pilgrin : metttn^
„ 2. 10 : 12 in : hin.
y, 4. 2 : 4 : 6 : 8 Jr : wir : verbir : jf»r,
„ 6. 10 : 12 mir : eir.
12 34567
1:2 = 4:6, 2:5 = 4:3 = 3:7.
KÖANKB 831
D. Verbindung von II F und IV.
a. Verbindung von U F a a und IV.
1. Reinmar (MF 187, 31 — 189, 4) 4str. 13zeil. abedabcdeefWf.
Burdach (a. a. o. s. 226) glaubt, dass das ursprüngliche gedieht
aus 188, 31 als erster, 188, 5 als zweiter, 188, 18 als dritter strophe
bestand, und dass 187, 31 dem ganzen liede als einleitungsstrophe vor-
ausgeschickt sei. Ich halte diese Vermutung für sehr annehmbar und
glaube, dass dieselbe durch die im nachstehenden vermerkten strophen-
bindungen ihre bestätigung findet
Str. 1. 4 : 8 mac : tac, Str. 4 (2). 4 : 8 mac : tac.
„ 1. 1 : 5 not : gebot, „ 2 (3). 2 : 6 nö^ : gebot.
„ 1. 2 : 6 Magen : tragen, Str. 3 (4). 1 : 5 gesagen : Magen.
„ 4 (2). 1 :b zit : strit, „ 3 (4). 2 : 6 ztt : strit.
1:3 = 4:1 = 2:4.
b. Verbindung von II F a /? und IV.
1. Reinmar (MF 192, 25) 7zeil. ababcWc
Str. 1. 2 : 4 wil : spil^ Str. 3. 2:4 vil : wil.
„ 2. 5 : 7 mp : Up^ „ 1. 6 imp.
„ 3. 5 : 7 man : Jean, „ 5. 6 ^nan.
2:1 = 3:5.
2. Unter Neidhart (HN XXVII 9) 14zeil. aabWcddbWcefef
Str. 2. 11 : 13 belgelin : min, Str. 4. 11 : 13 etigerlin : sm.
y, 1. Q : 7 eit : widerstrit y „ S. 11 : 13 nit : gtt,
„ 1. 11 : 13 alt : balt, „ 5. 6 : 7 gestalt : balt.
1:3 = 5:1.
3. Der von Sachsendorf (HMS I 300 I) 9zeil. abcabcdcd
Str. 2. 1 ; 4 site : mite^ Str. 3. 1 : 4 site : bite,
„ 1. 2 : 5 schtn : sin, „ 5. 7 : 9 min : sin.
„ 3. 2 : 5 gewar : bar, „ 4. 7 : 9 dar : jär,
1:5 = 3:4.
4. Der Schenk von Limburg (HMS I 131 I) 13zeil. abcabcdedefff
Str. 3. 2 : 5 singen : ringen, Str. 5. 2 : 5 twingen : dingen,
„ 1. 11:12:13 miyi : sin : troestcerin^
„ 2. 3 : 6 min : pin,
„ 1. 3 : 6 zit : widerstritt Str. 5. 11 : 12 : 13 sit : lU : sit.
1:2 = 5:1.
5. Walther von Metze (HMS I 309 VII) lOzeil. ababcdcdee
Str. 2. 6 : 8 ticot : behuot, Str. 5. 6 : 8 muot : guot
j, 1. 9 : 10 ergän : wän, „ 5. 1 : 3 hän : län.
„ 2. 9 : 10 ml : wil, „ 3. 1 : 3 vil : wü,
1:5 = 3:2.
332 018KB
6. Der wilde Alexander (HMS n 366 III) 9zeil. ababcdcdc
Str. 1. 1 : 3 wunneclich : rieh, Str. 4. 1 : 3 rieh : wunnedich,
y, 1. 2 : 4 wolgevar : bar, Str. 4. 6 : 8 rosevar : bar : klär.
„ 3. 6 : 8 : 9 brehen : jeJien : gesehen^
„ 5. 2 : 4 brehen : sehen.
1:4 = 5:3
7. Meister Johannes Hadlaub (HMS II 295 XXXII. B. L. LXXXVII
148) b b e
8zeil. acacdded
Str. 4. 2 : 4 mir : zir, Str. 5. 2 : 4 ir : mir.
„ 1. 7 : 8* schouwe : frouwe^ Str. 2. 1 : 3 froutve : auwe.
„ 2. 7 : 8^ gercete : sumerwcete, Str. 5. 1 : 3 Ußte : erb€die.
1:2 = 2:5.
8. Der Guter (HMS IE 41 I, 1 — 5. B. L. LXXXIX 1)
lOzeil. abcabcddee
Str. 2. 2 : 5 viirspan : an, Str. 3. 2 : 5 an : gän.
„ 1. 9 : 10 mir : dir, Str. 2. 3 : 6 tV ; dir.
„ 4. 9 : 10 werdikeit : geleit, Str. 5. 3 : 6 breit : leit.
1:2=4:5.
c. Verbindung von II P a y und IV.
1. Friedrich der Knecht (HMS II 169 II) lOzeil. aabccbdeed
Str. 1. 3 : 6 sane : lanc, Str. 3. 3 : 6 kranc : sanc.
„ 3. 4 : 5 giiot : wol gemuot, Str. 4. 8 : 9 tuot : wol gemuot.
„ 3. 8 : 9 gemeit : streit, Str. 6. 4 : 5 gekleit : leü.
,, 1. 1 : 2 schin : sin, Str. 6. 7 : 10 vüessdin : min.
„ 5. 7 : 10 reht : kneht, „ 6. 1 : 2 kneht : reht.
1 : 6= 6 : 5 , 3:4 = 6:3.
2. In einem namenlosen HN s. 227 — 229 und B. L. XCVin 475
mitgeteilten liede. 14zeil. abcdabcdeefgfg
Str. 2. abcdabcdbb, Str. 5 abcdabcdeefafa
Str. 1. 1 : 5 gän : plan, Str. 6. 1 : 5 gegän : län.
„ 1. 9 : 10 Ranis : tanz, Str. 4. 2 : 6 tanz : Rang.
yy 2. 2 : 6 nam : Vrideman, Str. 2. 9 : 10 kam : Engdram.
„ 3. 9 : 10 Übdher : wer, Str. 5. 2 : 6 wer : Übdher.
1 : 4 = 2«: 2* = 3:5.
d. Verbindung von H F a d und IV.
1. Walther von der Vogelweide (WL 88, 9)
12zeU. abWcWddaWcWb
Str. 2. 4 : 10 guot : beswcerest minen muotj
„ 7. 4 : 10 guot : beswtßren mtnen mmt*
KÖBNBR
333
2.
6.
sin.
Str. 1. 4 : 10 lieht : nieht, Str. 2. 6 : 7 lieht : nieht.
„ 4. 6 : 7 dir : mir, Str. 5. 4 : 10 mir : enbir,
1:2= 5:4.
Ulrich von Lichtenstein (L 426, 12) 4zeil. aabb
Str. 4. 1 : 2 hän : getan, Str. 6. 1 : 2 Mn : umUrtan,
y, 1. 1 : 2 ^n : mm, 99 7. 3
^ 3. 1 : 2 muot : guot^ 99 6. 3
1:7 = 3:6.
Derselbe (L 515, 12) 6zeil. ababcc
Str. 1. 2 : 4 min : din^ Str. 6. 2 :
4 vü : spily „ 4. 5 :
4 jfuo^ : muot, ^ 6. 5 :
4 nl^n
4 gemuot : ichuot.
2. 2
3. 2
3. 5
6 dir : mir.
7. 2
2:4 = 3:6 =
Derselbe (L 560, 7) 6zeiL ababcc
J9
3
4 irüstelin
6 i?i7 : M?iZ.
6 gtiot : mtco^.
4 d?V : 7nir,
7:3.
7;}m.
Str. 5.
„ 1.
19 3.
» 7.
1.
2.
4.
2.
V
1
2
1
2
5
2
1
1
5
7
3 missetät : Za^, Str. 7. 1 : 3 Za^ : missetät.
4 rd^ : s^d^, Str. 3. 5 : 6 stät : %d^.
3 A^an : man, „ 6. 5 : 6 Ä^n : län,
4 Jfcan : gewan,
6 gemuot : gftio^ , Str. 6. 2 : 4 gemuot : guot.
4 t(;oZ
3 u^'Z
3 unp
vol,
vil,
lip.
Str. 5. 5 : 6 wol
»9
= 7
1 :
5. 2 : 4 tc;27
7. 5 : 6 lip
5
:3 = 5:4, 3:7 = 6;
3 = 7:6 = 6:1 = 2
: söl.
wip.
3=7:2,
5.
Derselbe (L 571, 7) 7zeil. ab ab cd d
Str. 1. 2:4 sehen : spelien , Str. 4. 2 : 4 seh^n : jcÄe»,
„ 6. 6 : 7 erspehen : jehen.
j, 2. 2 : 4 war : jfar, Str. 4. 6 : 7 gar : crt^ar,
„ 3. 1 : 3 jfar : ^ar.
„ 2. 6 : 7 munt : ifcwn^, Str. 4. 1 : 3 grünt : /cww/.
„ 5. 6 : 7 ßjp : mp, Str. 6. 1 : 3 lip
1
4:6 = 2:4, 4:3 = 2
Derselbe (L 576, 5) 6zei1. ababcc
Str. 1. 2 : 4 himmelrich : wünnedich,
j, 4. 2 : 4 himmdrich : minneclich,
j, 3. 5 : 6 föjp : mp , Str. 5. 2 : 4 ß|) : mp.
p 4. 5 : 6 getoan : getan, Str. 6. 2 : 4 7^m : gan,
3:5 = 4:6.
4 = 5:6.
334 GISKB
7. Derselbe (L 580, 15) 6zeil. ababcc
Str. 2. 5 : 6 so : Äö, Str. 7. 5 : 6 also : vro.
„ 3. 2 : 4 minnevar : dar, Str. 4. 5 : 6 dar : minnevar.
„ 5.2:4 wol : voi , Str. 6. 5 : 6 wol : ensol.
„ b. b : 6 git : lit j „ 7, 2 : A git : hockgejnt,
3:4 = 5:6 = 7:5.
•
VII. Verbindung von III und IV.
A. Verbindung von III E und IV.
Ulrich von Lichtenstein (L 582, 4) 7str. 7zeil. ababcWc
Str. 2. 6 minnecUclien y Str. 6. 6 minnedichen.
„ 6. 5 : 7 sehen : geschehen, Str. 7. 5:7 geschahen : gejeha^^^
„ 5. 2 : 4 ivip : Up, Str. 6. 2 : 4 wip : Up^
„ 4. 5 : 7 wip : Up,
„ 1. 2 : 4 wol : voly Str. 3. 5 : 7 wol : so?.
1 2 3 4 5"6 7
1:3 = 6:4
B. Verbindung von III F und IV.
Unter Neidhart von Keuenthal (HN XL, 7)
östr. 18zeiL ababccddeeffWgghhg
Str. 4. 13 diemeltn, Str. 5. 13 dtemelin, Str. 1. 5 : 6 sin : mi^^
„ 1. 7 : 8 habe : ahe, Str. 5. 7 : 8 abe : hnahe.
„ 3. 13 6aZ, Str. 5. 5 : 6 6aZ : val,
„ 2. 13 jagen, Str. 4. 5 : 6 hejagen : tragen.
1 2 3 4^^
4
1:5 = 6:3 = 4:2.
Im algemeinen steht fest, dass die reflektierende lyrik aus Süd-
frankreich nach Deutschland gekommen ist. Die provenzalischen Vor-
bilder wirkten nicht nur auf den inhalt der nachbildungen , sondern
auch auf die form derselben ein. Mit einem teile der leztereu haben
wir es zu tun, und unsere nächste aufgäbe ivird die sein festzustellen,
inwieweit die gedichte der Troubadours fnr die von uns behandelten
metrischen erscheinungen die Vorbilder abgeben konten.
Bei den Provenzalen ^ ist es regel, wie die erste Strophe gereimt
worden, so in den entsprechenden Zeilen aller folgenden atrophen die
gleichen reime sich widerholen zu lassen.
1) Ich gebe die folgenden bemerkungen &b6r die in betmlll kpOMMtai tuf^
men der provenzalischen dichtang nach Bartseh JH» B'»'»^ Oi^*
Eberts Jahrbuch Üür romanische and esglisdit P
KÖBNSR 335
Daneben findet sich, wenn auch verhältnismässig selten , reim-
wechsel von strophe zu strophe. Freilich die erscheinung, welche in
der deutschen lyrik regel geworden ist, dass die einzelnen strophen ihr
reimsjstem f&r sich haben, die Übereinstimmung also nur in der glei-
chen gliederung und dem gleichen geschlecht der sonst ungleichen reime
besteht, begegnet ausserordentlich selten. Fast überall in den gedich-
ten^ die reimwechsel zeigen, ist ein rest der durchreimung der Stro-
phen geblieben: ein teil der reime geht durch alle strophen hindurch,
während die übrigen reime wechseln. So kehren bei Marcabrun (Mahn
I, 48) dieselben reime von strophe zu strophe in zwei ihrerseits mit
einander gebundenen zeilen (z. 3 und 6) wider. Widerkehr derselben
reime in drei zeilen (z. 4. 6. und 8) begegnet in einem gedichte Aime-
lics von Belenoi (Mahn, Gedichte 101). Mehr beispiele der art bei
Bartsch a. a. o. s. 173.
Ein bei weitem häufigerer fall ist, dass alle zwei strophen neue
reime eintreten bei gewöhnlich gerader strophenzahl ^ z. b. Mahn I, 20
22. 29 (vgl Bartsch a. a. o. s. 174).
In Peires von Auvergne Lied von der Nachtigall (Mahn I, 89—92)
unterscheidet die erste hälfte, die sendung der nachtigall, sich durch
die reime von dem zweiten teile, der antwort der geliebten. Ganz
ebenso ist es in einem liede Marcabruns (Bartsch provenz. Lesebuch
55—67).
Bei Marcabrun (Mahn I, 50) ist der schlussreim des liedes
durch den voraufgehenden refrain herbeigeführt.
Ein anderes Mittel, das die Verbindung zwischen den einzelnen
Strophen herstelt, sind die kömer. Diese sind von den Troubadours
in mannigfaltigster weise verwant.
Ein kom findet sich recht häufig, seltener zwei, drei, vier usw.
kOrner. Zuweilen tritt auch der fall ein, dass alle reime einer strophe
körner sind (vgl. Bartsch a. a. o. s. 176 und die dort angefahrten bei-
spiele).
Die dttrchreimung sämtlicher strophen hat in der deutschen lyrik
kerne anwendung gefunden.
Widerkehr derselben reime von strophe zu strophe in zwei, drei
oder vier ihrerseits mit einander gebundenen zeilen findet sich in den
unter n A, II G, HI A zusammengestelten beispielen.
Von €k>tt&ied von Neifen besitzen wir ein vierstrophiges gedieht,
fn welchem alle zwei strophen neue reime eintreten (11 D h 1).
Sonst tritt uns die widerkehr derselben reime auch hier nur in
•iKStlven ihrerseits mit einander gebundenen zeilen entgegen. Die
m gediohte weisen selten gerade strophenzahl auf. Nie
folgen die gebundenen atrophen in der weise auf einander, dass z. ^'
für ein vierstrophiges gedieht sich das Schema aabb ergäbe. Vielmei^
sind in einem solchen falle die Strophen in der verschiedenartigste^^
weise zusammengi*uppiert : in 11 D a 6 z. b. ist die schlussstrophe mi^
a/b
allen drei vorhergehenden gebunden : a b c c ; II D f findet sich da^
Schema ab ab, YIBc zeigt sich die liedform abba (vgL im übrigen die
beispiele). In mehreren gedichten sind zwei Strophen durch eine grös-
sere oder geringere anzahl der widerkehrenden reime gebunden als zwei
andere. Zuweilen ist eine slrophe mit zwei anderen, aber in verschie-
dener weise verknüpft. Oft nimt eine oder auch mehrere atrophen an
den bmdungen nicht teil. Nicht selten begegnet die widerkehr dersel-
ben reime sogar nur in zwei Strophen mehrstrophiger gedichte. Die
zahl der zeilen, in denen sich dieselben reime finden, beträgt zwei,
drei, vier und sechs (U D a — g, H E, U F, HI D, HI E, HI F, VI B^
VIC, VID, VUA, VnB).
Was die körner anlangt, so treten uns fast nur gedichte ent-
gegen, die ein körn aufweisen (I A a, HI A, VA).
Widerkehr desselben reims in je einer zeile, welche ihrerseits
mit nachfolgendem oder vorausgehendem refrain gebunden ist findet
sich in den beispielen unter I A b und III B.
In einem vierstrophigen gedichte Gottfrieds von Neifen haben je
zwei Strophen dasselbe kom (I C a).
In einem andern liede desselben Verfassers, welches gleichfals
vierstrophig ist, sind alle reime kömer. Aber auch hier haben nicht
alle , sondern nur je zwei Strophen dieselben körner (I C b).
In einem fünfstrophigen gedieht Ulrichs von Lichtenstein sind
in den 2^/^ frauenstrophen alle 'reime körner, während die männer-
strophen jede für sich einreimigkeit aufzeigen. Ahnlich sind die oben
(s. 335) erwähnten lieder Peir^ von Auvergne und Marcabmns gebaut
(I C b 2).
Femer gibt es einige mehr als dreistrophige gedichte, in wel-
chen sich nur in einigen Strophen körner finden. Die meisten von die-
sen gedichten enthalten ausserdem noch andere reimkünsteleien (I D,
lUD. E. F, VB, VII A. B).
Die unter I B mitgeteilten gedichte sind alle derartig gebaat,
dass einer strophe das kom, welches die übrigen aufweisen, fehlt
Schon die anzahl der beispiele tritt dem g'edanken, dass wir es mit
einer blossen Zufälligkeit zu tun haben, entgegen. Folgende erwägung
aber scheint mir mit Sicherheit darauf hinzudeuten, dass hier eine von
den dichtem beabsichtigte kunstform vorliegt
KORNEA dS7
In der deutschen lyrik herscht das gesetz der dreiteiligkeit.
Dieses finden wir bekantlicli in dem bau der einzelnen stropben ange-
want £s war nur ein natürlicher fortschritt, dass man, als man
anfieng mehrstrophige lieder zu verfassen, die dreiteiligkeit auch auf
das ganze lied übertrug. Diese dreiteiligkeit beruht zuweilen nur in
der zahl der atrophen (drei, fünf, sechs, sieben Strophen), oft aber
wird sie noch bestirnter hervorgehoben durch die reimverbindung je
zweier atrophen. Dies zeigt sich am deutlichsten bei dreien, wo das
rdmverhältnis der atrophen (2 + l) dem der strophenglieder zu-
B&chst liegt.
Sehen wir uns die unter I B aufgeführten beispiele an , so finden
wir, dass in fünf der dort erwähnten dreistrophigen lieder der lezten
sliophe das kom fehlt. Es tritt also die dreiteiligkeit klar zu tage,
h dem gedichte ÜB? fehlt bei beobachtung der handschriftlichen
Strophenfolge der ersten strophe das kern, so dass sich danach das
Mgekehrte Verhältnis (1 + 2) ergeben würde. Aber wahrscheinlich
ist die erste strophe ans ende zu stellen. I B 6 sind die fünf Strophen
nach dem achema 2 + 2 + 1 zu ordnen.
Ebenao deutlich tritt una daa prinzip der dreiteiligkeit des lie-
des in den beispielen entgegen , die unter 11 B (vgl. U C , III B. Ö,
VIA) vereinigt sind. Wir haben hier mit einer ausnähme dreistro-
phige gedichte. Die bindung der betreffenden Strophen wird durch die
Verkehr derselben reime in je zwei oder drei oder vier ihrerseits mit
siMnder gebundenen zeilen bewirkt. Die bindungen fehlen der schluss-,
der mittel - oder der anfangsstrophe , so dass wir entweder das schema
a%x oder a x a oder x a a haben. Das vierstrophige gedieht II B a o 20
a a
^dst das Schema b b b x auf.
Auch die meiaten der unter II D zusammengestelten gedichte aind
^ dem geaetze der dreiteiligkeit gebaut. Am klarsten tritt uns hier
i^lbe in ffinfetrophigen gedichten entgegen. Die strophe, welche
Ak nicht an den bindungen beteiligt , kann die zweite , dritte , vierte
und ftnfte sein. Die gebundenen stropben können einander unmittel-
tar folgen oder durch eine oder mehrere Strophen von einander getrent
im. Die deutlichsten beispiele der erwähnten dreiteiligkeit liefern
IIDdl: aabbx,^ nDal3: ababx, IIDal: aaxbb. nDa3
1) Dies^ dreiteiligkeit des fdnfstrophigcn licdes findet ihre analogio in Wal-
ftes knutfoller atrophe 47, 16, welche aus zweimal zwei gleichen teilen besteht
(16^18 — 19—21; 22 — 26 = 27 — 31), denen ein fünfter (32—35) folgt (vgl.
k a. ^* s. 224).
'^mSOBB FHILOLOOIB. BD« ZVIII« 22
S3S GISK&
zeigt das Schema abbxa, IIDa9: axbab, VIBal: abaxb
(vgl. im übrigen die beispiele).
Auch in vier-, sechs- und siebenstrophigen gedichten erkennen
b a
wir dieses gesetz , z. b. IIDa?: aabx, 15: abxby 10: abxcaeb,
c d
11: ab adcxb.^
Sehr merkwürdig ist die metrische erscheinung, die mis in den
unter IV gesammelten beispielen entgegentritt. Es sind dort die atro-
phen paarweise durch widerholung derselben reime an verschiedenen
Strophenstellen dergestalt gebunden, dass durch diese -bindungen die
Strophen zu einander in ein bestirntes Verhältnis treten. An zof&Uig-
keit ist auch hier nicht zu denken. Die nicht geringe anzahl der
gedichte, welche hieher gehören, die Verbindung dieser künstelei mit
anderen (V. VI. VII), vor allem aber gedichte, wie die unter VB,
VI C a l^und 13 analysierten zeigen, dass wir es hier mit einer beab-
sichtigten kunstform zu tun haben.
Hinzukomt, dass diese art der Strophenbindung auch in der dich-
tung anderer Völker angetroffen wird.
Ich will nur im vorbeigehen an die sogenante malaische form
erinnern, die von Ghamisso bekant gemacht ist.
Wichtiger ist , dass auch der provenzalischen und altfranzösischen
dichtung diese künstelei nicht ganz fehlt.
Zunächst erinnere ich an ein gedieht Bernarts von Ventadour
(Mahnl, 39, XXII). Dies gedieht besteht aus sechs Strophen mit
einem geleit. Das strophenschema ist a b a b a b a b b. Alle zwei Stro-
phen tritt reimwechsel ein. Aber dies in der weise, dass die zweite
gruppe (str. 3 und 4) den zweiten reim der ersten (str. 1 und 2), also
den reim b, als ersten reim (a) aufweist. Dasselbe gilt von der drit-
ten gruppe in ihrem Verhältnis zur zweiten. Darnach verhält sich
gruppe 1 : gruppe 2 = gruppe 2 : gruppe 3.*
Strophenbindungen , sowol durch widerkehr derselben reime in
zwei resp. drei zeilen an denselben strophenstellen als auch durch die
künstelei, von der hier die rede ist, finden sich bei Simons Daatin
(Mätzner, altfranzösische Lieder XXII). Es verhalten sich hier
1 1
Str. 2 : Str. 3 = Str. 1 : Str 2. Str. 1 : Str. 3 = Str. 3 : Str. 2.
1) Bükantiich findet sich das gesetz der dreiteiligkeit des liedes ansserordeat-
lich häufig in der altfranzösischen poesie angewant.
2) Eine ähnliche künstelei ist die ablösung der reime im Provenzalischen, die
Bartsch a. a. o. s. 182 fgg. behandelt.
k5bnbr 339
Terzeiehnls d<9r aasführlieher behandelten gedlchte«
AI brecht von Johansdorf MF 94, 15: II D a 6.
Christian von Hamle HMS I 112 1 I. B. L. XXXÜ, 1: I B 7; HMS I 112 II.
B.L XXXII, 34: IB3.
Dietmar von Aist MF 34, 19—35, 15: II B a ^ 14; 37, 30—38, 31: II D a 15;
88, 32—39, 17: UBacl; 39, 30-40, 10: II A a 7.
Friedrich von Hausen MF 45, 1—45, 36: II D f 1; 45, 37: II D a 8; 52, 37 —
53, 30 nDa7.
Gottfried von Neifen 11, 6: I C b 1; 15, 6: VI B a 1; 27, 15: U D h 1; 29, 36:
n F a /9 26; 34, 26; I C a 1; 37. 2: H B a « 14.
Hartmann von Aae 205, 1 — 206, 9: IVB 1; 207, 11: II D a5; 211, 35—212, 12:
n A a 10.
Keinrich von Morungon MF 130, 31 : II B a et 20.
Heinrich von Rugge MF 109, 36— 110, 25; II C 1.
Heinrich von Veldeke MF 59 , 23 : I A a 6.
Hetibold von Weiasensee HMS II 25 VIII. B. L. XCm 13 : II B a « 17.
Hohenbnrg, von, HMSI34V. B.L.XIX,25: IIBa«15; HMSI34VI: UBa/9 15.
Konrad von Kirchborg HMS 1 24 II. B. L. LXXXV, 33: I B 6.
traft von Toggenburg HMS I 21 HI : II D a 1.
Otto von Boteulauben HMS 1 27 HI : II B a « 6.
I^inmar der Alte MF 152, 15 + s. 291 E 338: H A a 8; 154, 32: I A 8; 158, 1 —
30:nBaa7; 164, 12 -29: H A a 9; 166, 16— 167, 30: III D 2; 176,5:
nFaa5; 180, 1—27: HBay 5; 187, 31 — 189, 4: VI üal; 191, 7 — 33:
n B b a 4.
Rubin HMS I 811 H: H D c 2.
Rudolf von Fenis MF 81, 30—82, 25: H F b /9 1.
•Patinh&nser HMS H 91 IX: H B a y 2.
Ulrich von Gutenberg MF 77, 36: II D g 1.
Ulrich von Lichtenstein 443, 1: I C b 2; 563, 1 : U D b 1.
Ulrich von Singcnberg HMS I 290 IX. WR 222, 4: II B a-y 14.
Walther von der Vogelwoide 36, 11: H E b 1; 45, 37: I B 1.
Inhalt.
Soite.
1- Oedichte , deren atrophen durch köraer gebunden sind 59
A Gedichte, deren sämtliche stropheu durch kömer gebunden sind 59
a. Durch ein kom 59
b. Durch ein seinerseits mit einem refrain gebundenes körn 60
B. Gedichte, deren Strophen mit ausnähme einer einzigen durch korner
gebunden sind 61
G. Gedichte, deren sämtliche stropheu zu je zweien durch verschiedene
kömer gebunden sind 65
a. Durch ein kom 65
b. Durch so viel komer als die strophe zeilou hat 6G
B. Gedichte, in denen nur einige strophen durch körner gebunden sind.... 68
*^ Gidiehte, deren strophen dadurch gebunden sind, dass dieselben reime in
lihrggen IhreraeitB mit einander gebundenen zeilen widerkehren 68
22*
340 oiSKfi
A. Gedichte , deren sämtliche atrophen gebunden sind 4S8
a. Durch widerkehr derselben reime in zwei Zeilen €8
b. Durch widerkehr derselben reime in drei Zeilen 70
c. Durch widerkehr derselben reime in vier Zeilen 71
B. Gedichte, deren strophen mit ausnähme einer einzigen gebunden sind 71
a. Durch widerkehr derselben reime in zwei Zeilen 71
a. Die schlussstrophe nimt an den bindungen nicht teil 71
/?. Die zweite strophe nimt an den bindungen nicht teil .f.. 7i
y. Die erste strophe nimt an den bindungen nicht teil 77
J. Verbindung von a und ß 79
€. Verbindung von «, ß und y 80
b. Durch widorkehr derselben reime in drei Zeilen ..• 80
a. Die schlussstrophe nimt an den bindungen nicht teil BO
/?. Die zweite strophe nimt an den bindungen nicht teil 211
y. Die erste strophe nimt an den bindungen nicht teil 212
c. Verbindung von a ß und b ß 212
d. Durch widerkehr derselben reime in vier Zeilen 212
a. Die schlussstrophe nimt an den bindungen nicht teil 212
ß. Die erste strophe nimt an den bindungen nicht teil 213
C. Verbindung von A und B ^ 213
D. Gedichte, in denen entweder sämtliche strophen oder alle mit aus*
nähme einer einzigen zu je zweien oder dreien in verschiedener weise
gebunden sind .- 213
a. Durch widorkehr derselben reime in zwei zeilen 213
b. Durch widerkehr derselben reime in drei zeilen -- 218
c. Verbindung von a und b ^ — 219
d. Durch widerkehr derselben reime in vier zeilen — 220
e. Verbindung von a und d 220
f. Verbindung von b und d .-220
g. Widerkehr derselben reime in je drei und sechs zeilen 221
h. Widerkehr derselben reime in allen zeilen - - 221
E. Fünf- und mehr als fünfstrophige gedichte, in denen nur einige, jedoel^
mehr als zwei strophen zu je zweien oder dreien in verschiedener weis^^
gebunden sind - - ^
a. Durch widerkehr derselben reime in zwei zeilen - ... 223
b. Durch widerkehr derselben reime in drei zeilen -- 2^
c. Verbindung von a und b - • ^
d. Durch widerkehr derselben reime in je zwei und vier zeilen ^ ^ • ^
F. Vier- und mehr als vierstrophige gedichte, in denen nur zwei strophe :^^
gebunden sind • —• ^
a. Durch widerkehr derselben reime in zwei zeilen ^ — ^
«. In vierstrophigen gedichten —• \^
ß. In fünfstrophigen gedichten — - ^
y. In sechsstrophigen gedichten — - ^^
J. In siebenstrophigen gedichten -^ * ^
b. durch widerkehr derselben reime in drei zeilen -*-• ^^
«. In vierstrophigen gedichten ^ " «jj
ß. In fünfstrophigen gedichten ^— .•^«»<^' ^ ^1
y. in sechsstrophigen gedichten -•^••.«..•^-•mmmmwmmmm^^^
KÖBNBB 841
Seile.
e. Verbindong von a and b 234
d. Barch widerkohr derselben reime in vier zeilen 234
Verbindang von I und n 234
i. Verbindung von lA und II A 234
B. Verbindung von I A und IIB 235
3. Verbindung von I B und 11 B 235
D. Verbindung von I D und II D 235
E. Verbindung von I D und II E 236
P. Verbindung von ID und IIP 236
ledichte, deren Strophen paarweise durch an verschiedenen strophi>nstel-
en widcrholte reime dergestalt gebunden sind, dass durch diese bindun-
^en die Strophen zu einander in ein bestimtes Verhältnis treten 237
i. Dreistrophige gedichte 237
B. Vierstrophige gedichte 237
2. Pünfstrophige gedichte 238
[). Sechsstrophige gedichte 240
B. Siebenstrophige gedichte 240
V^erbindung von I und IV 241
L Verbindung von I A und IV 241
B. Verbindung von I D und IV 241
V^erbindung von 11 und IV 242
L Verbindung von n B und IV 242
B. Verbindung von HD und IV 243
a. Verbindung von HD a und IV 243
b. Verbindung von 11 D c und IV 244
c. Verbindung von II D e und IV 245
C. Verbindung von II E und IV 246
a. Verbindung von II E a und IV 246
b. Verbindung von 11 E c und IV 330
c. Verbindung von II E d und IV 330
D. Vorbindung von II P und IV 331
a. Verbindung von n P a a und IV 331
b. Vorbindung von II P a /? und IV 331
c. Verbindung von II P a y und IV 332
d. Verbindung von n P a d und IV 332
Verbindung von ni und IV 334
L Verbindung von HIE und IV 334
B. Verbindung von m P und IV 334
LÜBECK. H. GISKE.
DAS VERBUM UND NOMEN IN NOTKERS
ARISTOTELES.
Ebenso abgeschlossen und einheitlich wie im Boethius* und
Capeila ^ ist die spräche auch in den aristotelischen abhandlungen
yuxrtiyoQiai und /ibqI fQ^rpfeiag. Weder beim ablaut noch im wurzel-
auslaut zeigen die starken verba irgend welche Verschiedenheit Der
stamauslaut der langsilbigen verba der 1. sw. conjugation ist im
praet. auf gleiche weise behandelt. Eine Ungleichheit findet sich Ober-
haupt nur wider bei den kurzsilbigon verben dieser klasse, indem sie
im praes. liquida teilweise verdoppeln. Die flexion des verbums zeigt
ebenso wenig eine abweichung wie die tempusbildung. Volständig
gleich ist auch die nominalflexion. Bei grifel und hitnel findet sich
nur die bildungssilbe -el-; fogd und wchsel belegen daneben wie im
Boethius und Capella auch -aU. In einzelnen fällen rührt dieser Wech-
sel ohne zweifei von den Schreibern her, welche die S. Galler Codices
818 und 825 copierten. B sezt fogales 418** 18,* toelisal 416* 16;
433' 29 gegenüber fogeles, wehsei in A. Meistens war aber -oZ- neben
-cZ- bereits in der vorläge vorhanden, aus welcher die uns erhaltene
volständige und die unvolständige abschrift der kategorien usw. stammen.
Beide stimmen in äusserlichkeiten und Schreibfehlern zusammen :
386' 15 vemumste B, A vernumste, 397' 6 eeadem B, A (Badetn^
398' 1 siehe B, A siehe, 415' 9 secühe B, A sealhcy 389' 13 hohso
B, A h ausgekrazt, 393^ 22 So B, A Si (i auf rasur von o) usw. Da
aber weder B aus A , noch A aus B geschrieben sein kann ,^ so muss
angenommen werden, dass beide unabhängige abschriften eines codex
sind. Nur ist B ungleich sorgfältiger copiert als A.
Auch üe, das in trüege 389** 22. 25. trüegm 389** 21. gniiege
418' 13; 442** 32; 445** 28. gnüegiu 419' 17. süeziu 424** 4. sOesi
436' 5. 30; 436** 22. süeze 436' 5. 30. gnüegta 426' 20. gchde-
zenm 434' 9. unspä^te 435** 13. ehAelin 445** 11. srrä^ie449'
1) Das Terbnm und nomen in Notkors Boethius. Sitzungsberichte der
V^Tiener Akademie. Bd. 109, s. 229 fgg.
2) Das verbum und nomen in Notkors Ca])ella. Zcitschr. für deutsches
Alterthnm. Bd. 18.
3) Die citate beziehen sich immer auf den toxt bei H. Hattemor, Denk-
mahle des Mittelalters. St. Gallen 1844—1849. 3. bd. s. 377 — 526, den ich mit
codex 818 [A] und codex 825 [B] der St. Galler stiftsbibliothok verglichen habe
Collationen derselben veröfTentlichten £. Stoinmeyor in der Zcitschr. f. d. a. 17,
474—503, P. Piper in der Zcitschr. f. d. ph. 13, 322 — 337.
4) Vgl. E. Steinmeyer in der Zcitschr. f. d. a. 17, 451.
KXLLS, HOMSK ü. VERB. IK NOTKSBS ABIS:^. 843
12. — gnüegiu 419** 18 A. süeeiu 466^ 24 A. spud 491* 37 A.
stüende 494' 25 A gesezt ist, sowie ä, das in brücJient 398** 36.
rura 406"* 13. hüte 414** 20. rihtüm 449' 20. — gnügm 463'
29 A /ttee 465' 4 A. gnüge 466** 34 A begegnet, waren neben
iio, welches in analogen wortern ausschliesslich gebraucht ist, bereits
ia der vorläge vorhanden. Sie würden sonst in B und A nicht
ÜQxner an der gleichen stelle erscheinen. Dem originale waren aber
beide fremd. Ebensowenig war i, welches in beiden handschriften in
bildongs- und flexionssilben häufig für e geschrieben ist, im urtext
vorhanden. Vielfach rührt es von den Schreibern der S. Galler Codices
ber, die dann mitunter von einander abweichen. Aber auch in der
baudschrift, welche den S. Galler copisten vorlag, war es bereits gesezt.
Und lediglich durch das häufige vorkommen des irrationalen i, sowie
durch das oft gesezte üe scheidet sich die Überlieferung der kategorien
ns^r. von der des Boethius und Capeila. Der hauptsch reiber des Boe-
thiuscodex 825 kent dieses i nur ganz vereinzelt. Geläufiger war es
dem Schreiber des blattes 88'**, sowie dem copisten des metr. IX,
libx. in im Züricher codex 121/462.* Auch der zweite Schreiber der
Ca.pellahand8chrift 872 gebraucht das i statt e nur äusserst selten. Der
erste sezt es wol etwas häufiger, aber doch bei weitem nicht so oft,*
wl© diejenigen , welche die kategorienhandschriften herstelten. üe kent
der Capellacodex gar nicht, der Boethiuscodex sezt es einmal,^ und
einmal steht es auch in dem Boethiusbruchstück in der Züricher hand-
schrift.*
Sonst ist vokalismus wie consonantismus völlig gleich überlie-
fert Selbst die eigentümlichkeiten , welche sich im Boethius und Capella
finden, begegnen im Aristoteles wider. Wie dort geht üo vor ä, auf
das ein vokal folgt, in u über: B skuhe 179' 36. C geskuhe 334^ 4. —
k geäsuhel 446' 20. i wandelt sich vor gutturalem reibelaut in ic:
B UMe 33** 20; 47' 14; 58' 36; — 88^ 21; — 129' 17; 134^ 12;
169*^ 25; 194' 22; 205' 29; — 243'' 36. liehti 129' 16; 146' 15.
C liehti 357** 8. Uehto 364*» 4. — A Uehl 421** 27. liehto 486' 20;
öOS*" 11. Ursprünglich langer vokal wird verkürzt, wenn auf densel-
ben inlautendes h folgt: B diho^ spiho^ ziho, faho usw. C diho, spiho,
inll(iho, fdho usw. — A bediho, eiho, fdlio usw.
Auch hinsichtlich der formen des verbums und nomeus stimmen
die handschriften des Boethius und Capella ausnahmslos mit denen des
1) S. Das verbüm und nomen in Notkers Boethias. s. 246.
2) S. Das verbum und nomen in Notkers Capella.
3) wiwde 214« 27.
4) fkeret 131 « 3.
844 KELLE
Aristoteles zusammen. In der Wortbildung zeigt sich nirgends ein
unterschied. Vielmehr finden sich für Boethius und Gapella charak-
teristische bildungen auch wider im Aristoteles: B langseim 118** 30;
185' 16; 190** 14; 234' 2. langseimi 88' 22. C langseim 292' 10;
368' 26. langseimi 274' 18. — A langseimi 406** 23 B.
Es ist selbstverständlich, dass sich die verschiedenen Schreiber
derselben darüber nicht verständigt haben können. Aber auch ihre
mittelbaren und unmittelbaren Vorgänger können diese einheit in lauten
und formen nicht hergestelt haben. Die völlige und alseitige gleich-
heit , welche zwischen Boethius und Capella einerseits und Aristoteles
anderseits herscht, muss also in den urtexten derselben ihren gmnd
haben. In diesen müssen durchweg die gleichen laute und formen
gestanden haben, und wo selbe in den erhaltenen copien nicht vor-
handen sind, da haben die verschiedenen Schreiber meist unwilkürlich,
ihrem dialekte oder schreibgebrauche folgend, geändert.
So wenig aber wie durch laute und formen sind die drei werke
durch den stil und wortvorrdt geschieden. Sämtliche starken verba,
welche in der Übersetzung des Aristoteles i^orkonmien, begegnen auch
in der Verdeutschung des Boethius und Capella mit ausnähme von bilgo
(er-hilgo), hillo, shroto, fer-slizo, ge-waho.^ Von den schwachen Ver-
ben, welche im Aristoteles belegt sind, fehlen im Boethius und Gapella
nur: ir-bleiehen, er-blinden, ehalten, ehüolo, fer-misso, siecfUn, be-
skero, smeccho, trtiren. Grösser ist die anzahl der substantiva und
adjectiva des Aristoteles, welche im Boethius und Gapella unbelegt
sind: azäse, bloh, bog, brüh, atiaburte, chempfo (füst-, chnuttd-
ehenipfo), wider-eheta, darba, dolunga, ehm, fald, fehtare^ fiera^ gram-
matihy leger ^ ge-leiche, under-merche , minnerunga, muUe, offenunga,
parla, riga, r ingare, rog, sag, sinnelosi, sJcalta, skeituftga, ge-skirrej
sTcröt, sleifa, sjyait, sjy^'eid, stoUo, sundera^ sundertgt, svarzi, toarieda^
er-worteni; anderlih^ ä-bolgigj wider-cJtettg ^ chcUo, ditUisc^ einlik,
drio-, sveio- einig, ä-gezely ge-nam^ goreg, meistig^ olang^ sktn,
euhtig.
Der hauptgrund , warum eine reihe von Wörtern im Boethius und
Gapella gegenüber Aristoteles nicht gebraucht ist, liegt indes nicht in
der deutschen Übersetzung, sondern in dem lateinischen texte. Es
1) Dass hieboi jene simplicia des Aristoteles ebenso wenig in betracht kom-
men, welchen im Boethius oder Capella ein compositum gegenüber steht, als wie
jene composita desselben, denen im Boethius oder Capella das simplex oder ein
anderes compositum entspricht, ist selbstverständlich. Aber auch abstracta wie
dvrunibi, eifert usw. können für Boethius und Capella nicht als unbekant gelteo.
da dort die ihnen zu gründe liegenden adj. chrumb, eifer usw. Torkommen.
NOHBN U. VXBB. IN KOTKSBB ASIST. 845
finden ddi n&mlicli in den kategorien namentlich zahlreiche substantiva
und adjectiva, welche in folge des ganz anderen Inhaltes in den wer-
ken de cODSolatione und de nuptiis nicht vorkommen : accubütis — leger,
Keubitus, tricuMtus — drio-, zveio -einig, contradictio — widercheta,
cimtradictarius — underchetig, contus — skalta^ corruptio — warteda,
eneorteni, cubitus — dna, dementia — sinnelosi, deminutio — min-
nerunga, grammatica — grammatthy hircus — bog, linea — riga,
madius — mutte, sag, nigredo — svarzij plica — fdld^ palestricus —
ringare, pugiUator — chempfo (chnuttd-, füst-clienipfo),^ quadratum
— fiera, tunica — rog usw. Und ans dem charakteristischen Inhalte
der kategorien erklärt sich auch, warum wir eine grosse zahl von ver-
ben, Substantiven und adjectiven überhaupt nur aus der Übersetzung
derselben kennen. Dass umgekehrt eine menge von Wörtern, welche
im Boethius und Gapella vorkommen , im Aristoteles nicht belegt ist,
folgt abgesehen von dem verschiedenen Inhalte der drei werke schon
«18 dem gan^ ungleichen umfange derselben.
Nicht selten sind ferner lateinische ausdrücke, welche gemein-
sam im Boethius und Gapella, sowie im Aristoteles begegnen , mit einem
gemeinsamen deutschen widergegeben. Und die gleichen deutschen
tnsdrficke finden sich selbst in solchen fällen, in denen alle anderen
Ai. quellen das betreffende lateinische wort anders widergeben. Im
BoeUiius und Aristoteles ist aequalis, inaeqtmUs mit gcmäze^ tmgemäze
(B34*26 und A 411^* 19; 412' 23; — 411^ 20; 412' 24; 417** 11. 12),
iefmOio mit notmez (ß 148' 21; 149' 1 und A 443*» 10. 15. 32), deß-
m mit gnotmezon (B56' 31; 88' 15 und A 406** 28; 426** 17),
»uperabundantia, affluentia mit urguse (B 72' 32 und A 457' 26),
säeiUia, ignorantia, inscitia mit chunna, unchunna (B 15** 4 und
A 433' 16. 20; 433** 6; — 417' 18) übersezt. Im Capeila und Ari-
stoteles wird par et impar durch gerad unde ungerad (C 323** 4;
326' 22; — 322** 30; 323' 10; 325' 21 und A 413** 31; 448' 28; —
413^* 31; 448' 29), vena durch ida (C 266' 24; 269** 22 und A 401**
2. 6) verdeutscht.
atahafto, ge-luheda, ordena, dri-skoz, ge-spirre, unge-wändo kom-
men überhaupt nur im Boethius, Gapella und Aristoteles vor. Eine
anzahl anderer Wörter ist nur im Boethius und Aristoteles oder ;iur
im Gapella und Aristoteles belegt. So: int-änon, barlicho, zm^heine,
ana-chameni^ chunna (un-chunna), not- folgig, aba-gän, ur-guse, wihte-
Hh, ge-mäze, not-mez, ge-reichön, sketer, zeigunga, — chunnig, hirmo,
1) Boethias 176^ 1: fermalUa er siJi ringcnnes, so htez er graece pcHestri-
eaiOT, fermMa er sih fehtennes mit demo chnutteh , so hiez er pugü.
846 SELLB
ida, name-Us, ge-rad (unge-rad), rüora^ un- spaltig. Daraas.
uns diese Wörter anderwärts nicht überliefert sind , kann selbstver
lieh nicht gefolgert werden, dass dieselben insgesamt sonst
gebraucht worden sind. Es ist aber dadurch wenigstens be^
dass alle den übrigen ahd. denkmälern nicht so geläufig waren
Boethius und Aristoteles einerseits , sowie Capella und Aristoteles i
seits. Und dadurch werden sie zu einem charakteristischen mc
far Boethius und Capella sowie für Aristoteles. Der nahe zusai
hang von Aristoteles und Capella wird auch durch: ekka, lu
g-rehtiy ana-^ unana-sthtig , wendig dargetan. Denn dass die
ausserdem noch in den psalmen begegnen, berührt das verhältni
Capella und Aristoteles nicht. Es lässt sich daraus nur eine ¥
beziehung beider zu den psalmen erkennen. Auch Boethius ha
anzahl Wörter mit den psalmen geraein. Und nicht bloss mit
berührt sich Aristoteles, g-nötmezön steht in der bedeutung d
nur im Boethius und Aristoteles. Das simplex nötmezon ist in
selben sinne auch de syllogismis gebraucht, zeiga steht sowol Bo
und Aristoteles, als auch de syllog. Ebendort steht g-toissön
wider im Capella und Aristoteles verwendet ist. Andere denk
kennen sie nicht.
ünbelegt ist sonst: allelih, ohenahtig, rertOy ge-frahtede
gleich anderen in Übereinstimmung mit Aristoteles im Boethiu;
Capella einerseits, in den psalmen anderseits erscheinen. Nur au
sen vier quellen sind die Zusammensetzungen mit -iKilng (fast-
Boethius; sloz-h<ihig. Capella; zesamiiie-hahig, Aristoteles, Boc
psalmen) bokant. Zahlreich sind , was anderwärts erörtert werden
die Wörter, welche nur in den psalmen pind im Aristoteles get
werden: ana-burtj ehalten, chüolOy darha^ dolunga^ grammati)
lim^ offetiunga, porta, reccheda, reht-sktUdig ^ spaU, trüren usw.
Dass aber in den drei Übersetzungen gleiche ausdrücke \
selbst für solche lateinische Wörter gebraucht werden, welche alle
gen ahd. quellen anders verdeutschen, ist nur möglich, wenn si
einem gemeinsamen Verfasser herrühren. Nur wenn alle drei den
liehen autor hatten, können ferner widerholt solche Wörter vorkoi
welche den anderen ahd. denkmälern wenigstens nicht geläufig i
Der Wortvorrat weist also die annähme zurück, dass verschii
gleichzeitig an demselben orte lebende und aus derselben g
stammende personen sich der gleichen laute und fonnen bedi
Yiehnehr miua snoh die ideiohheit, welche die drei werke ii
■er bf ecUbt werden , dass dieselbe
HOMBH U. VXBB. IN NOTKBBS ABIST. 347
son, welche Boethias und Capella verdeutschte, Aristoteles übertra-
gen hat. ^
V E R B U M.
L
Starke eonjugation.
A. Tempusbildung.
1. Ablautende verba.
L 1. btro (g€'hiro)y bricho, chido (in- [en-],* mder-chido),
diumo (be-j nahnihumo), fligo, gibo (ge-gibo), ij3o, jiho (ge-jiho), liso,
*»w, nimo (aba-, fer-y ge-, misse-^ under-nimo), ge-nisoj siho {ana-,
9^siho)^ ge-shihoj spricho (anage-, 6e-, ge-, sesamine-spricho), zinio^
fer-nrOy — ligo (ge'Ugo)^ sizzo, — bristo,
2. praet. ind. sing. 1. 3. a: chad, geskah,^ sah, was, — S2)rah.
3. praet ind. plur., conj. , 2. sing, ä; belege s. unten.
4. pari perf. a) o: anagesprochen ,*^ besprochen, chonien, ferno-
^nm, geboren, gesprochen, undernonien. Irrig mit ausfall des vokales:
ferzom 400* 27. geborn 437*29 B; s. unten; b) e: gegeben, genesener,
geskekenj — gelegeniu. Von gejiho steht gejegen 394** 26.
5. Der vokal des präsensstammes wird mit ausnähme von ligo,
süeo im ind. plur. usw. gebrochen. Belege ergeben: anasiho, biro,
gmmo, gesiho, geskiho, gibo, inchido, jiho, nimo, siho, spricho. Von
chwm steht chonient^ — bechoment, nähchomenteyi.
II. 1. bilgo (er-bilgo), billo^ ge-, zesaminege-bindo ,^ birgo, ge-
dringoy dmngo, findo (in-findo), gilto, be-, in-ginno^ hillo {ge-, misse-
Wfc), ge'limfo, ringo, hina-rimw, shrindo, ztioge-slingo ,^ stincho,
^^BmmOj g-winno,'' wirdo (ir-mrdo),^ wirro,
1) Ohne einen beweis beiziibriiigcn , sagt Wackornagel, Dio vcrdionsto
^ Schweizer nm die deutsche litteratur. 20 " : „Vom Boethius hat ein andrer dio
■^ enten bücher übersezt, ein andrer (üo drei lozten und zugleich don Capella;
^>d«r ein andrer den Aristoteles.*'
2) ff»- =■ tn^ steht ausschliesslich bei : in-chan, in-falw, in-faro, in-findo,
^'fimäeiütk. Bei in- chido findet sich neben in- abgeschwächtes cii-. int- begeg-
*^ mr bei M-dndti.
3) haeah 487 * 21 A , B Icesah Schreibfehler.
4) getgfochen 441^ 22 A, B gcsprogen Schreibfehler.
6) MMominMndU 400* 6 A, B zesamenebendit Schreibfehler.
Q ä^geOmtgen 582^ 2 A. zügeslungenis 522^ 9. 25 A Schreibfehler.
f) Vor W fehlt das e der partikel stets bei: g-ioinno, g-tvis (g-wisser, g-wis^
**» f'Wkto, g*wi88Ö8t), g-wisheit, g-ioudicfio , g-mssön, — ge-tvis 403^ 20
1^ Ul ^wUair 404* 17. ge-wissoten 407 ^ 16 gehören dem Schreiber an.
'JÜ^'lBif^ TOCBilbe tr- findet sich noch: ir-hl^icMn, ze-ir-gango, ir -roten,
848 KStLB
2. praet. sing. 1. 3. a: gelamf, toardj — fant.
3. praet. ind. plur. usw. u; belege s. unten.
4. part. perf. a) u: funden,^ gebunden, gedrungen, ingunfm,
züogeslungen. b) o: erbolgen, warten.
5. Im praes. ind. plur. usw. belegen: billo, erwirdOy gehiBoj
wir da den vokal c. werdet 517^ 19 A ist Schreibfehler.
Ein verbum lässt m für i eintreten: svummendee 461^ 38 A;
461^ 9 A. Für gwinnet 380» 33 A sezt B gvunnet.
DI. 1. grtfo (he-, misse-, umbe-grifo), Udo, fer-mido, under-
rizo, sJdnOj sTcriho (ge-sJcribo), fer-sUzo^ fer-sntdo, strito, svino, tribo^
tvicho und mit verkürztem wurzelvokal be-dtho^ ziho (fure-^ ge-mko).
2. praet ind. sing. 1. 3. ei: sTcreib. — Vor h contrahiert in i:
bedeh 446» 28.
3. part. perf. i: (ersitzen, geskriben, underrizen; d wandelt ach
in t: fersnäen 517» 28 A. f wird verdoppelt: begriffen 386» 11;
504» 14 A.
rV. 1. chiusOf diuzo (üz-diuzo), fliugo^ Hugo (ge-ltugo), fer-
sJduzo, triugo (be-trtugo).
2. part. perf. o: betrogen ^ gelogen.
3. praes. ind. plur. usw. steht die brechung ie. Belege ergeben:
chiuso, diuzo, fliugo, Hugo, triugo. — fUgen 384» 5 und in A Msen
512» 32. ferskizent 461^ 30. fligendez 461»> 9. üztizen 461» 33. -
liuge 486» 7 sind Schreibfehler.
V. 1. a) er-, uber-hevo, skepfo^ (/er-, ge-skepfo); b) faro (er-
fer-, in- faro), lado (ana-lado), aba-, uber-slaho, trago (f er- trage), ge-
waho, waliso, — stände (be -stände).
2. praet. ind. sing. plur. usw. üo: fiior, gewüog , uberMA
Belege für den plur. s. unten. — trüege 389^ 22. 25. trüegin 389 Ml.
stAende 494» 25 A gehören dem schreibor an.
3. part. perf. a: erfaren, erhavenez, ferskaffen, geshaffen.^ Mit
ausfall des e der endung: ferfarnen 476» 22 A. — fervarenen 402** 24
ist Schreibfehler.
4. faro, trago und comp, werden in der 2. und 3. praes. ifli
sing, umgelautet; belege s. unten, wahso bleibt unumgelautet: uHAsä
463» 25. 35 A.
5. Neben stando besteht stän; s. unten.
ir-mrdo. In der regel steht er: er-hügo, er-hlindin, er- faro, er-gango, er-Ä««'
er-wego, er-wendo, er-worteni.
1) fände 499* 22 A Schreibfehler
2) skepfet 419»» 24. — skeffenne 486* 28 A.
3) ferskafen 487»^ 10 A. geskaffen 419»* 25. 30 B, A geskafen Schreibfehler.
MOMEN V. YKBB. IM NOTKERS ABlSl*. 349
2. Bedapllelerende verba.
L 1. l&go (forc', ge-lägo), räto und mit verkürztem wurzel-
Tokal: fciho {fet-^ ge-, in-, misse -faho).^
2. praet. ind. sing.: foreltee.
3. part perf, d: gd&zen, — gefangen, infangen.
TL 1. faldo^ ge-faüo^* halto (ge-hdlto)^ spälto, — gango (er-,
te-, eeir-gango).^
2. praet. ind. plur. usw.; belege s. miten.
3. part perf. a: gehalten, — ergangen ^ gegangen, eeir gangen.
4. Neben gango besteht gän; formen s. miten.
in. 1. heizo (ge-hdeo) ,^ skeido (jfe-, under-skeido).
2. praet ind. sing.: hie^f.
3. part. perf. ei: geheieen, gesJceiden^ underskeiden.
rV. 1. loufo (dana', fer-j züo-loufo),^ skroto (fer-skröfo), stozo.
2. praet ind. sing, ie: stiez.
3. part perf. o: ferskroten.
B. Flexion.
1. Praesens.
1. Ind. 1) sing. 1. ps. o: chido, fligo, fordäzo, gibOy heizo.
2) 2. ps. 6-^: findest^ sthesty sprichest, wirdest. Ausschliesslich
rteht contrahiertes ehist. — chidis 390* 18 gehört dem Schreiber an.
3) 3. ps. e-t: beginnet y hegrifet, hilget, hirety birget, hrichet,
^^iskty chidet, chumet, dancdoufet, dvingä, fahet, feret, ferfaJiet, fer-
^'«rf, ferzirety findet, furezihet, gefallet, gehillet, gdimfet, gesihet,
Mciket, gibet, giltetj gunnnd, heizet, infahd, inferd^ infinddy irtoir-
^, iezdy jihet, lidety ligd,^ liugdj loufd, mizet, missegrifet, misse-
^üktf missenimdy ntmet, ringet^ sihety'^ sizzet, skeidd, skepfet^ sMnet,
•fciWrf, spaltet, sprichety stozet, tregd, trtbd, triugd^ wahsd, wir-
^, wirret y zesamindnndet , zesaminesprichet y zihet, zimet, züoloufet.
Contraction findet sich bei chU, — inchit, mderehtt; cMd
3M^ 36; hit Ul^ 19 B verschrieben.
Neben wirdd steht tmrt fert 421^ 9 A ist Schreibfehler.
1) inpfahen 398* 12 rührt vom Schreiber hör.
2) keviOUt 419b 9 A, B keuuaUet Schreibfehler.
9) gegengent 424* 9. zegengent 424* 12 A, B zeigengent Schreibfehler.
4) hmucfU 436b 11 B Schreibfehler.
5) jKOaufet 470 b 31 A Schreibfehler.
6) 1^ 404b 2 A, B {^e Schreibfehler.
7) fJM 4Slb ^ By Asiet Schreibfehler.
350 E£LLIt
4) plur. 1. ps. e-n: cheden, heizen, infinden ^ sehen ^ sprechen^
werden. ^
5) 3. ps. e-nt: andladent, bechoment, beginnent^ chedent, duh
mentj dtesent^ fershiezent, gebent, geheUent^ geskehent, heizent, heUeni,
hinarinnent, inchedentj infarent, jehent, ligent^ nemcnt, ringent^ sehentj
sJceidenty skmenty sprechent^ tragent, umbegrtfenty wahsent,^ toerdeni,
zegangent
2. Conj. 1) sing. 2. ps. est: chedest
2) 3. ps. e: beginne, bestände , chede, gefaUe, geheize ^ gehdlty
gesJcehe^ heize, infinde, lige, liege, neme, sehe, sizze, spreche, sUmde,
stoze, strtte, smne, trage, wahse, werde,
3) plur. 1. ps. e-n: cheden, chiesen^ fememen, finden, hdsen,
jehen, raten, sehen,
4) 3. ps. e-n: beginnen, incheden, in finden, ligen, sehen, äA- \
nen, standen, stozen, werden.
3. Imp. sing. 2. ps. : ahanim, abasla^^ chid, fcdd, fermid,fer
nim, liSy missefah, nim, sih, sJceid, sprih,
4. Inf. e-n: anawesen, beren, cheden, chiesen, erfaren, erhe-
ven, faren, fernemen, fersJcepfen, f ertragen, finden, fliegen, ^efc«,
gefallen, genetnen, gesehen, geskehen, gezihen, grifen, halten, h^za^
infahen, irwerden, lesen, Uden, ligen, loufen, nemen, raten, sAeUf
sizzen, sMnen, skroten, sprechen, striten, svinen, tragen, triegen, über-
hevcfi, üzdiezen, wahsen, werden, wesen, wichen, zihen.
5. Ger. a) e-nne-s: geseJiennes, loufennes, wesennes. b) e-nne:
äbanemenne,^ berenne, chedenne, chiesenn^, farenne, fernanenne, fin-
denne, gebenne, jehenne, ligenne, sehenne, sizzenne, skepfenne, spre-
chenne, wahsenne, werdenne, wesenne
6. Part, a) unflektiert: e-nd-; 1) gesehende, Jieizende, ladende,
ligende, skeidende, wesende. 2) anaschendo, chedendo, grifendo, jehendo,
llegendo, missenemendo, sehende, sizzendo, skeidendo, sprechende, stin-
chendo, tragende .
b) flektiert: e-nt-; fliegendez, ligender, ligendcn, ligenddn^ svuHt-
mendez rühren vom Schreiber her; s. unten. — trageten 389^ 36 B,
ferloufeten 439* 17 A sind Schreibfehler.
2. Praeteritom.
1. Ind. 1) plur. 1. ps. c-w: wurten, 2) 3. ps. e-n: fundf*)
wären, wurten.
1) Über die länge des e s. vcrbum und nomen in Notkers Boethius. Sitzungs-
berichte der Wiener akadcmie. Bd. 109. s. 247.
2) waJisint 442 ^ 14 B , A verschrieben waz mit,
3) ahagenenienne 434* lü B, A abanevienne.
KOMBN ü. VBRti. IK KOTKBRS ARIST. ii5l
2. Conj. 1) sing. 3. ps. e: chäde, chämc, gewäogc, gtenge, läge,
spräche, stüonde, trüoge, wäre^ tvurte. 2) plur. 3. ps. z-n: chämin,
läffin, trüogtny wärm, wurtin, zegiengin.
IL.
Sehwaelie conjugation.
A. Tempnsbildung.
L Co^Jugration.
a) Kurzsilbige verba.
1. Der suffixvokal ist im praes. nirgends erhalten. In folge des
ansfalles ist liquida teilweise verdoppelt: ind. plur. 3. wcrrent 443** 19.
iaf. geburren 418^ 34; 489» 28. ger. zellenne 445* 34. Einfache
liquida steht: ind. sing. 3. geluret 489*35; 510^ 14. 24. 35; 511* 7.
^era 442» 28.
Mnta steht immer einfach; formen s. nnten.
2. Im praet. ist der snfßx vokal als e erhalten: gehugeta, habeta,
foresagettty sageta,
3. Auch im part. perf. ist der vokal ausnahmslos vor dem suffix
geblieben: a) heskeret^ erweget, f er saget, foregesaget, geleget ^ gesaget ^
9eedä, eesaminegeleget b) beskereter, foregcsageten, zesaminegelcgetiu,
^^^legdemo. — gehalten 407* 37 ist als langsilbig behandelt. Das con-
ti'ahierte zesaminegeleäero 455^ 31 A gehört dem Schreiber an.
4. ind. plur. 1. foUehabeen 434^ 23 ist nach der 3. conj. flek-
tiert, habo und die anderen comp, belegen nur die 1. Von sago (fer-
^<^) steht neben charakteristischen formen der 1. conj. aus der 3.:
conj. sing. 3. fersagee 421» 36. plur. 3. sagecn 508* 8. 24 A.
5. Verzeichnis der kurzsilbigen verba der 1. conj.: ge-buro,
chiebo, habo (ana-, be-, [1. und 3. conj.] folle-, jfc-/ umbe-y zesamine-
Äc»6o), ge-hugo, lego (ge-, zesamine-y zesamtnege-, züoge-, züO'lego\^
[1. und 3. conj.] sago ([1. und 3. conj.] fer-, forege-, fore-, ge-, hina-,
t^^dcT' sago), be-skero, wego {er-wego)^ wero, zelo (ge-zelo).
b) Langsilbige verba.
1. Bei allen lang- und mehrsilbigen verben ist der suflßxvokal
^^^ praes. ausnahmslos geschwunden.
2. Im praet. tritt das suffix stets unmittelbar an den stamm.
V'on sezeo steht sazton 514* 18. 20 A, von dencho: dähta 422^> 2G,
von furderruccho : furderruhtt 391* 29.
1) idUbit 465* 9. 10 A rfihrt vom schreibcr her.
2) 8&lege8t 469* 34 A; 472* 1 A. zuleget 454* 33 A. zulegest 471* 28 A ;
*•*•• 2 A. euUge 497* 12 A. zügelegetemo 463» 34 A Schreibfehler,
353 teLtB
3. Im part perf. bleibt der vokal bestehen, wenn dasselbe
imflectiert ist: becheret, hesMbety bewendet, breitet ^ gctgenstelJet , geabe-
ret, gediutet, gehugenet, genemmet^ geouget, gesaretüet^ gesegset^ geshh
het, gestellet, geteilet, gezeichenet, ingagensteUet, umbebewendet^ under-
stupfet, sesaminegefüoget Von geumrcho steht gewurchet 499^* 14 und
geworht 423^ 12. geskuihen 446^ 20 (en auf rasur A) ist Schreibfeh-
ler. Ebenso gesazt 415^ 29, veranlasst durch das unmittelbar voraus-
gehende hesazta.
Ist es flektiert^ so falt der vokal stets aus: gagenchSrten , gagm-
staltün, gderta, geuobto, gesazta, gezohter^ missechSrtiu, missesagHu^
svarzter, eesamenegesazten ^ — geworhte. — besMpte 435» 11 gehört
dem Schreiber an.
Nach liquida m steht als suf&x d: warmder.
4. Verzeichnis der lang- und mehrsilbigen verba der 1. conj.:
ge'äberOy beitOj brenne, brüochoy^ ge-büozOy^ be-chenno, chero (be-,
gagen-, misse-chSro) , be-chnäOy chüolo,^ dencho (be-dencho), diuto (j«-
diuto), duncho, füogo (zesamine-ßogo), furhto, be-gctgeno, eesamm-
hefte, JiengOy hirmo, höro (ge'hdro)^ hüoto,^ irro^ jihto, leite y Uro
{ge-lero), anorliuto, ge-loubo, loiAgeno {ge-loageno) , tneino, fernrnssOf
nemmo (ge-nemnio) ,^ g-nüogo,^ ougo (ge-otigo), reccho, rerto, umbe-
ringo, ruccho (fer-j für der-, ge-, nider-, üf-mcchc^y ge^sarewo, setso
(folle-j ge-, misse-, umbe-y zesaminege- sezzo) y be-skibo, ge-skuho, smec-
cJu),'' spüOy ge-y gagcn-, ingagen-stello, uber-stepfo, stercho, under-
stupfo, süocho (be-süocho), sverzOy teile (ge-teile)^ üebe (ge-üobe), mnOj
warme, ge-ware,^ be-y er-, umbebe- wende y wurche {ge-wurdie), aä-
wurtey zaney zeiclmie (be-, ge - zeichetw) ,^ ge-zehe, zvivele.
n. Co^Jugration.
1. Abschwächung des suffix vokales findet sich im praes. nir-
gends. Verkürzt ist derselbe im conj. und imp. sing. ^®
1) hruchent 398i> 36 Schreibfehler.
2) gebüezenne 434» 9 gehört dem Schreiber an.
3) chüelin 445^ 11 gehört dem Schreiber an. 4) hüte 414^ 20 sclireibfehl^r*
5) nemmen 434 ^ 29 B, A nemen Schreibfehler.
6) gnüegta 426» 20. — Vor n ist das e der partikol stets ausgeUssen bei:
g-noto (g-nötor), g-notmezan, g-nüoge, g-nüogo. — ge-nötmezöt 426^ 17 gehOrt
dem Schreiber an. Vor r fehlt es bei: g-recho, g-rehti,
7) smechendo 424» 1 Schreibfehler.
8) gewärit 487» 1 A. — gevären 423^ 4 Schreibfehler.
9) hezeichent 446» 5 A Schreibfehler, pezei^^henne 468» 30 A; 469'' 20 A
Schreibfehler, hezechenent 445 ^ 4 A Schreibfehler, hezeizenet 446» 19 B Schreibfehler.
10) S. über die quantitat dos 6: verbum und nomcn in Notkors Bocthiu*.
Sitzungsberichte der V^iener akadcmie. Bd. 109 s. 258.
KOHEN ü. VERB. IN NOTKEBS ABIST. 353
2. Auch im praet. steht der erweitorungsvokal stets ungeschwächt.
3. Im pari perf. findet sich: a) fertiligöt^ gcanafundot^ geana-
leüot, gcafhderlichdt ^ gefestenöt^ gefetiachot^ gemarchoty gemcröt, gemin-
ncrötj genamöty geoffenot, geordenot, gerüoderöt, gesJcafot, gcskidöt,
getcehsdotf gezeigotj gnotmezot^ intänot^ undcrmarchöt
b) fertiligoten^ ferwehselotero ^ geebenotiu^ gefcttachöta , geleide-
goMr^ gemarchotej genamote^ gerüoderötez y^ geskidotiu, gewehselotenio^
gunssoton, geseigotiu,
4. Verzeichnis der verba der 2. conj.: ahton, anderlichon (ge-
anderlichon) , int-änon^ hezeron, hildöUy chorön^ cMson, choußn^ ge-
Äewo», eiskon^ fcstenon (ge-festenön) ^ ge-fettachön ^^ geana-fundon^ ge-
rön, ge-leidegon^ geatKi-leiton^ nmehon {ge-machdn)^ marchon (ge-^
under-^tarchon) y ge-meron^ gnöt-mezdUy^ ge-minnerön ^ ge-namon, offe-
nön (ge-offenon), ordenon (ge-ardenön) ^ ortötty gc-reichon, ge-rüoderdn,
rfecÄrfo», skaßn (ge-skafon), skidon (ge-skidon), ge-statön^ strangon,
sveibon^^ tUtgon (Jer^üligon) y^ wagm {ir-wagon),^ wider-wallon,'^ weh-
Selon (fer-y ge-wehselon) ,^ g-wissön,^ zeigön {ge-seigon), zvivdon,
III. Co^Jugation.
1. Im praes. ind. und im inf. steht vor der endung e. Sonst
ist der suffix vokal kurz. *^
2. Auch im praet. erscheint nur e: fersvigctuy lebeta.
3. Im unflectierten part. perf. steht langer vokal: fersvigä^ ge-
atmet. Im flektierten kurzer: erblindeter, gefrägeten, gemSeto.
4. Verzeichnis der verba der 3. conj.: ir 'bleichen, er -blinden^
dkäten, darben ^ dolen^ folgen , fragen (ge'frägen)^ [1. und 3. conj.]
fotte-habeny haften {zesamine -haften), leben ^ leiben ^ liehen^ Urnen
(ff^imen)^ ge-nialeny roten {er'rötm)^ [1. und 3. conj.J sagen ([l. und
1) geruoderötiz 419^ 2 B, A irrig gerüoderöt.
2) gecettachot 418*» 29. gevettachöta 418^ 28. gcveitacMHs 41 8»» 27. — ge-
^^iachoter 418i> 13 B, A gevetacJwter.
3) S. 352. anm. 6.
4) sveiböt 410^ 16 A , B sveibotöt Schreibfehler.
5) fertiligdt 515*14 A. fertiligotcn 420i> 30; 421*24. — tikgönt 394* 17 A,
^ ^helont Schreibfehler. tUegöt 424« 33. ülegöfit 422* 20; 424* 32 rühren vom
**^eiber her.
6) irtoagöt 402^ 14 B, A iro wagöt Schreibfehler.
7) tndertcaUot 520* 15 A; 520^ 8 A. ^oiderwallan 394^ 3 B, A mderwalon
"^^^-eibfehlor.
8) kewehsdötemo 380* 3. kewehselöt 396 ^^ 28. 31 ; 433 1> 9. gewehselötiz 513*
^ A. — gewehsalöt 476 b 23 A.
0) S. 347. onm. 7.
10) Siii.- berichte der W. akad. bd. 109 s. 202.
V. DXUT8CHE FHILOLOaiB. BD. XVni. 23
354 KXLLB
3. conj.] fer-sagen), stechen, svarzen, svigen (fer-svigen) ^ trüren^ war-
men, weren, wiztn, toondn.
B. Flexion.
1. Praesens.
L Conjugratloii.
1. Ind. 1) sing. 1. ps. o: fersago, furhtOy habo^ lero^ memo,
sago, wäno.
3) 2. ps. est: f ermissest, füogest, habest, missecherest ^ sejszest,
süochest, uberstepfest , süölegest
3) 3. ps. e-t: analuUet, begagenet, behöbet, beitet, beehenmä,
bechnäet, besüochet, bezdchenet, brennet, chlebet, denchet^ dunehä,
erweget, ferrucchet, foresaget, füoget, geburet, gehebet, gehöret, gerue-
chet, gewäret, habet, hengef, hinasaget, hirmet, irret, leget, lerei, hu-
genet, meinet y missecheret, ouget, recehet, saget, seeeet, stechet, wand,
wegety widersaget, wurchet, zesaminehabet , eesamineheftet , eüciegä.
Über spüet 491^ 37 A s. unten.
4) plur. 1. ps. e-n:^ bechennen, haben, nemmen,
5) 3. ps. e-nt: begagenent, behäbent, bezeiqhenent ,^ brüockentj
denchent, fersagent, geloubent, hdbent, irrent, lougenent, sageni, sei-
eent, teilent, umbehabent, umberingent, umbesesszent, üobent, wätient,
wurchent, zetchenent, zesaminehahenty zvivelent.
2. Conj. 1) sing. 2. ps. est: züolegest,
2) 3. ps. e: antwurte, bechenne, bedenche, bezeichene, chere,^
dunche, habe, lege, leite, meine, rerte, sage, zesamineJiefte , zesamine-
lege, züolege.
3) plur. 1. ps. e-n: besüocheny foUesezzen, sezzSn.
4) 3. ps. e-n: bezeichenen, ougen, wegen.
3. Imp. sing. 2. ps. e: fersage, habe, hüte, sezze, zesaminelegt
4. Inf. e-n: anahaben, bechennen,^ begagenen, bezeichenen, bren-
nen, chüolen, diuten, dunclien, f er sagen, foresagen, geburren, genew-
m^n, gerucchen, gesogen, geteilen, gewären, geivurchen, haben, ;Vte
legen, leren, lotigenen, meinen, ntdei'rucdieny rucchen, sageti, sterchin,
teilen, üf rucchen, wänen, warmen, wurchen, zeichenen, zesamindcgen.
5. Ger. a) e-nnes: brennennes. b) c-nne: erwendenne, fer^'
genncj gebüozennCy habennc, lerennc, lougenenne, rucchenne, sagenne,
sezzenne, süoclienne.
1) S. 350. anm. 1.
2) hezciclu^iint 408 ^ 19 A, B bezeichenit Schreibfehler.
3) chere iz 400 ^ 3 B, A eher iz Schreibfehler.
4) i^cheni^cn 407 •> 9 A , B peclieyvne .Schreibfehler,
NOMEN U. VBBB. IN NOTKBBS ABIST. 355
6. Part, a) unflektiert e-nd-; 1) hezeichenende^ habende, mei-
i€h, sagende, 2) hörende, lougenendo, nteinetido, netnmendo, sagende,
Siii^^chendo^ süochendo, zesamhielegendo,
b) flektiert e-nt-; irrig habender; belege s. unten.
II. Coi^ugation.
1. Ind. 1) 8ing. 2. ps. o-st: zeigost
2) 3. ps, ö-t: ahtöt, anderlichöt, bezerot, bildöt, festenot, gema-
chSt , geretchöt, geröt, gnotmezot, irwagöt, machot, marchot^ off¬
€>rtöt, sveibot, iUigöt, wagot, wehselöt, widerwallot, zeigöt, zmveloL
3) plur. 1. ps. oe-n: chosoen, zeigoen.
4) 3. ps. o-nt: ahtönt, anderlichönt, eisTcont, geoffenont, gesta-
tä^zt, machont^ sJcaßnt, sJcidont, strangönt, tUigönt, wagönt, wehsdont,
fse%gontj eviveUnt
2. Conj. 1) plur. 1. ps. oe-n: ordenoen, wehseloen. 2) 3. ps.
oe-»»: toehsdoen.
3. Int o-n: choußn, festenon, gezeigon, machön, sicchelön,
^CLfon^ shidon, widerwallon, zeigon, zmvelon.
4. Ger. o-nne: festenonne^ zeigönne.
5. Part, a) unflektiert ö-nd-; 1) wehselonde, 2)chor6ndo, feste-
**ön€to, toehseUndo, zeigondo. b) flektiert o-nt-; formen s. unten.
III. Coi^agration.
1. Ind. 1) sing. 3. ps. e-t: fersviget, folget, fraget, geltrnet,
^fiä, irbleichä, irrotä, ld)et, leibet, liehet, weret, wtzet. 2) plur.
^- p8. e^-n: foUehabeen. 3) 3. ps. e-nt: darbent, folgent, haßent, tvermt,
^^S€iminehaft6fü.
2. Conj. 1) sing. 3. ps. ee: fersagee, folgee. 2) plur. 3. ps.
^^■"»»; döU^f sageen, zesaminehafleen,
3. Imp. sing. 2. ps. e: Urne, lose.
4. Inf. e-n: ehalten, darben, dolen, folgen, haften, stechen,
^•■'Ät-Äi, warmen.
5. Ger. a) e-nne-s: dolennes, losennes. b) e-nne: frägenne.
6. Part, a) unflektiert e-nd-: folgende, fragende, smgendo.
^y flektiert e-nt-; irtümlich steht felgendün, rötender, zesaminehaflen-
6. Stets lebend-; ausgenommen lebenten 448» 23. lebentemo
• 19 A.
2. Praeteritum.
1. Das Suffix erscheint in der 2. und 3. conj. sowie bei den
1^^
^ ^^^^^aBölbigon verben der l. conj. als -t-; die lang- und mehrsilbigen
nach n stets d: bezeichendi, wända, — chonden.
23*
356 KELLE
2. Ind. 1) sing. 1. ps. -ta: I. conj.: forescLgda, teiUa. 2) 3. ps.
'ta: I. conj.: dähta, gehugeta, gnüogta, habeia, lerta, sagda, wanda,
zanta, — bedorfta, mahfa, soUa, — tvissa. III. conj.: fersvigetaj
lebeta. 3) plur. 3. ps. 4dn; I. conj.: saztön^ — chondonj toolton.
3. Conj. l) sing. 3. ps. -^i; I. conj.: bezcichemh'y fersageli,
foresagdi, furderruhti, habeti, sageti^ — chondi, maJUi, sölti, — unssi
II. conj. machoti. 2) plur. 3. ps. -ßn : I. conj. : habetln , — maJitin^
soUm.
III.
Einsilbige wurzeln«
1. bin (aba-, ana-, tiber-y toiderc-bin): 1) praes. ind. sing. 3.
ist — aba-ist, uber-ist, wider-tst. plur. 1. bim. 3. sint — ana-sinL
conj. sing. 3. si — aba-si^ widere-si. plur. 3. sin. inf. sin — am-
sin, widere -sin. ger. sinne. Über inf. und part. aus der wurzel tvas
s. oben. 2) praet. s. oben.
2. tüon (ana-, be-, ge-, under-tuon): 1) praes. ind. sing. 2. tüost.
3. tüot — ge-tüot. plur. 3. ttwnt — ge-tüont. conj. sing. 3. tue. plur. 1.
tuen. 3. tuen. inf. tiUni — ge-tuan. ger. a) tüomies, b) tüonne. —
tAennes 517* 12 A. tiketme 465* 23 A. part. ana-tüendo 454* 9 A.
2) praet. ind. sing. 3. teta, plur. 3. täten, conj. sing. 3. ge4ätc.
part be-tän, ge-tän, under-tän; flektierte formen s. unten.
3. st an (bc-, fer-, fore-, gc-^ uf-stän): ind. sing. 1. fer-siän.
3. stät — bc-sfät, nf-stät, plur. 3. stdnt — be-sfänt, ge-slänt. inf.
st4n — fcr-stän. ger. staune, part. a) unflektiert 1) stände. 2) stmh,
b) flektiert: fore-stand-; stänt- 384^ 17; 410^23. 24. 25 Schreibfehler.
4. gän (aba-j aua-, durh-, mite-., näh-, Glider-, uf-, umk-,
ze-gän): ind. sing. 3. gdt — aua-gdt, dnrh-gät, Cif-gdt, umbc-gätjSf'
gät. plur. 3. aba-gänt, durh-gdutj mite-gänt j umbe-gänty ze-gM
inf. gän — aba-gdn, nidcr-gan, umbc-gän. part. a) unflektiert: giinäK
b) flektiert: gCnuh: verschrieben gdnt- 499»' 23 Ä. — gäend- 401 M.
21; 461* 37 A; 461'^ 9 A. mitc-gdend- 420» 28: 420^ 29. fudi-gäend-
489* 31 A.
Aus der unerweitorten wurzel ist auch gebildet spuet 491* 37 A.
IV.
Praeteritopraesentia.
1. 1. chan {fcr-, in-chan): 1) praes. ind. sing. 3. chan. conj.
sing. 3. in-chuhne. inf. chtunicn. ger. fer-chunnenne. 2) praet. inJ.
plur. 3. chondon. conj. sing. 3. chomii.
2. l^e-darf: praet. ind. sing. 3. be-dorfta.
3. nkig (gc-mag): 1) pra<^^. ind. sing. 2. niaJU. . 3. wwj —
KOUBN U. VBBB. IN NOTKEBS ABIST. 857
ge^magy plur. 1. mugeii. 3. mugen — ge-mugen, conj. sing. S.niuge,
2) praet ind. sing. 3. mahta, conj. 3. mahti,^ plur. 3. mahim.
4. sol: 1) praes. ind. sing. 1. sol 2. solt 502^8 A; 510» 11.
14: ^; — sokt 400^ 8; 425 » 29; 494^ 7 A rühren vom Schreiber
heJT- 3. sol plur. 1. sulen; — suln 438' 23; 504** 14 A. 3. sulen; —
s^^T^ 510* 20 A. conj. sing. 3. sule. 2) praet. ind. sing. 3. solia,
conj. sing. 3. soUi. plur. 3. sölün,
5. muoz: praes. ind. sing. 3. müoz,
IL 1. eig: praes. ind. plur. 1. eigen. 3. eigen,
2. weis: 1) praes. ind. sing. 3. wetz. plur. 1. toiszen. conj.
sing. 2. unzist inf. wtzzen, ger. wizzemie. 2) praet. ind. sing. 3. te;issa.
eonj. smg. 3. tvissi.
3. M^iTe; 1) praes. ind. 1. wile. 2. toile. 3. t(;i7e. plur. 1. wel-
^^-w-. 3. wellen, conj. sing. 2. wellest 3. e(;eHe. plur. 3. wellen,
2) praet. ind. plur. 3 woltön,
III. 1. femflf: praes. ind. sing. 3. touuf.
NOMEN.
SubstantlYum.
A. Vocalische declination.
L Stumme auf a.
a. Masculina.
1. 1) Sing. gen. e-s: herges, loumes, fettaches, fingeres, foge-
^®, himdes^ mannes, reizes, rhiges, sindes, Sinnes, skalcheSj shefes^
'^^^^eSf wehseles, 2) dat. e: berge, UocM, houme, fettache, gewalte,
^^*fce, himele, lotigene, manne, morgene, reize, sinne, spalte, steine,
^'^^tie, stüole, stupfe, tage, umhcehere, unwehsale, urspringe, üzläze,
**^^>ae, wehsele. Über 7nan s. unten s. 363. 3) plur. nom. acc. a:
. ^'^oJistaba,' fettacha, fingera, fogela, foregedancha , gedancJia, hugena,
^^^^^'Stupfa , retza, ringa^ steina, teila, wäna, wehsela^ wendelinga,
^^ gen. o: gedancho, reizo^ steino, wäno, wehselo. 5) dat. c-n: gehei-
, skröten^ strUen, tvänen,
2. Verzeichnis der masculinen a- stamme: a) hcrg^ hloh, bog,
\, charl,^ eher (umbe-cher), forege-, ge-dang , fald, fcttah,^ finger,
1) mag 405^ 33 A, B mäht schreibfehl or.
2) mahti 422^ 18 A, B maffti schreibfehlor.
' 8) dwrel 465^ 2 A gehört dem Schreiber an.
i) fBMh 418* 17. 27. vettacJ^e 418^ 29. Irtüralich fetah 418» 32; 418^ 3;
^tkuM 418» 83. fetacha 418 «> 18. — vettah 418^ 8 B, A vetah.
35B KSLLB
fogd^^ geisen, grisel, ana-habid^ hals, ge-heie, hitnel, hüt, hui
(mere-hunt)j üz-läz, lib^ laugen, man, morgen j reiZj rihiüom^^ Tvng^
rog,^ sin, sint, skalh,^ under-sJceidy skrot, spait,^ spretd^ ur-spring^
hiioh'Stab, stein, strih, strtt, stuol, stupf {ort-stupf)^ tag, [masc.
ncutr.] teil, töd, ge-walt, wän, weg, wehsd {Jhert-, stete*, un-^vehseljj^
wendeling, sJcef-tvlg, wln, ge-ziug, zvivel. b) Stämme auf va: sne
sing. dat. snewe. c) Stämme auf ia: fektare,'' grammatichare^ wa—
cJhare,^ ringare,'^
1) Sing, nom.: grammatichare. 2) plur. nom.: fehtara,
chara, ringara.
b. Neutra.
1) Sing. gen. e-s: chornes, dinges, grammatiches , honange^^sßs
MseSy mezes, rehtes,rindes, rosses, sTcefes, teiles, tüoches^ werches, zUes^^^ses
2) dat. e: lande, btioche, dinge, drioelnemeze, fazze, fdde, fiure, ^om^^«^»-
matiche, guote, holze, houbete, male, meze, müote, rekte, rAodere, teä^'^le
unrehte, wäre, worte, zveioelnemeze, zUe, — rehto 434* 19 ist schreibcdi' b-
fehler. Über dorf, hüs, warthüs s. 363. 3) plur. nom. acc.:
houbet, mal, skef, teil, tüoh, tvorty zeichen. 4) gen. o: dingo^
tiero, worto. 5) dat. e-w; büochen, chomen, dingen, jären,
Worten.
2. Verzeichnis der neutralen a- stamme: a) alter, arg, ban^^-^,
büoh, chorn (hirse-chom), chrdt,^^ ding, eigen, faz, feld, fiur, goU^^ld,
grammatih, güot, holz, honang,^^ houbet, hüs (wart-hüs), is, jtL-^^ir,
laclmi, leger, loub, mal, mez {drioelne-, not-, mw-, zveiodne'mer:^^^),
müot, ort, reht (un-reht), rint, ros, rüoder, ser, silber, skef (rüode» ^'-»
skalt-skef) ,^^ [masc. neutr.] teil, tier, tüoh,^^ übel, war, wazer, wd^l^^ff
1) fogeles 418» 32. fogela 418^ 19. — fogcU 418» 33; 418^ 9.
41di> 4. 5. — fogeles 418b 18 A, B fogales,
2) rihtüm 449» 20.
3) rogh 464 b 31 A; 482» 19. 20 A.
4) scalhc 415» 9.
5) spalte 401 b 9 A , B splalte Schreibfehler.
6) wehsal 462b 20 A; 464» 17. 28. 32. 35 A; 464b i A; 472»» 15 A.
sale 464» 7. 16 A. wehsalo 463» 18 A. weJisales 462» 24 A. unwehsai 464» 16 ^
untoehscUe 464» 32 A. weJisal 416» 16 B; 433» 29 B, A wehsd. Sonst
welscl 513 b 19 A ist Schreibfehler.
7) rehiarra 441» 6 Schreibfehler. 8) macharra 436 1> 17 Schreibfehler.
9) ringarra 441» 7 Schreibfehler.
10) chruü 388» 34 Schreibfehler.
11) hotiang 436» 4. Jwnangis 436b 22. hanang 436» 29 A, B honag sdixeir
fehler.
12) sJcaltslef 419» 24 A, B skaüsef Schreibfehler.
13) tüoches 401» 3 A, B tüohis Schreibfehler.
HOHEN U. T£BB. IN NOTKBBS ABIST. 359
h (/or-ircrÄ),* wiht, wort, mchen (sunder -zeichen), [neutr., fem.
kämm] eU (un-eU). b) Stämme auf ia: azäse, bilde, ana -hurte,
hosej chunne, ende (un-ende), fingere, ana-genne, ur-guse, ge-lcichv,
\hnisse, ge-moHe, gemein-y under-merche,* niutte, ala-rihte, ge-ruste,
iunCj ge^skeüe, ge-shirre, gagen-stelle, stucche, ge-traMede, wizze,
' würfe.
1) Sing. nom. acc: anaburte, anagenge, antumrte, azäse, bilde,
me, fingere, gagenstelle, gelthnisse, gemeinmerche, geruste, gesiune,
eüCy geskirre, mutte, undermerche, unende, urguse, wizze, 2) gen.:
vurtes, bUdes, gesiunes, getrdhtedes, 3) dat.: alarihte, bilde, ende^
me, gemäle, gesiune. 4) plur. nom.: gechose, geleiche, gelthnisse,
lermerche. 5) gen.: stuccho. 6) dat.: enden, stucchen,
II. Stämme auf i.
a. Masculina.
1. 1) Sing. gen. es: sunes. 2) dat. e: aste, friste, lide, liste,
)egange. 3) plur. nom. acc. e: albize, durhgenge,^ este, füoze,
, liste, siege, zene. 4) gen. o: liuto. 5) dat. e-n: anagengen,^
chen, liden, Unten.
2. a einsilbiger stamme wird im plur. umgelautet : ast, slag, zan.
3. Verzeichnis der masculinen i- stamme: aibiz, dst, brüh,
'fang,^ frost, ana-, durhr, umbe-gang, lid, list, Hut, louft, sag,
', — füoz,^ sun, zan, — sito.
b. Feminina.
1. 1) Sing. gen. e: gagensihte, gejihte, hüsstete, merheite, min-
heite, mitewiste, stete, unspuote, werlte. 2) dat. e: afiäburte, be-
ste, ferte, fernumiste, geburte, gejihte, geskihte, gwisheite, nwJite,
twiste, nähskrifte, note, samentwiste, selbwahste, swchelheite, stete,
te, täte, tugede, unmahte, wärheite, wende, wizentheite, zuhte. Über
t^ s. 363. 3) plur. nom. acc. e: durfte, geburte, gejihte, geskiJde,
äe, mähte, skrifte, stete, tugede, wantstete, wende. 4) dat. c-w;
'^ten, brachen, geskihten, handen, mahtefi, steten, wnskulden.
2. a einsilbiger stamme wird mit ausnähme von mäht (tm-maht),
todhst im sing. gen. dat. und in allen casus des plur. umgelautet.
1) werh 406»> 9. — werch 459»> 9 A.
2) kemeinmerche 401 ^ 4. 18; — 402^ 25 A, B kenieine merche schreibfohler.
3) durhkanga 401 & 9; 401 ^ 8 rührt vom schroibor hör.
4) anagangen 476^ 32 A Schreibfehler.
5) anaitang 402^ 26 B, A anauuang Schreibfehler.
19 /Sm 465<^ 4 A Schreibfehler.
360 KBLLfi
Belege ergeben: fart^ stat (hüs-^ want-stat)^ tvant. — Ebenso Äairf,
ausgenommen dat. plur. handen 470^ 34 A.
3. Verzeichnis der femininen i- stamme: awo-, fure^y ge-hwri,
chust (ä-chust), durß, fart, fr ist, he-gunst, hant, hüty ge-jiht, nuJä
(un-tnaht), mer-heitj minnerheit, naht, not (un-nöt), fer-nutnistj^ «fe-
chelheit, ana-j gagen-, ge-siht, ge-sJcafty ge-skiht, skrift (fiah'8krifi\
un-skuld, spüot (un-sptl^t),^ stat {hüs-j leger- , toant-stai)^ sukt, tM
(ge-tät), tuged, ge-, selb-wahsty^ want, wärheitj waty tverU^^ jf-iws-
heity wist {niite-^ sanient-wist), wi^entheit^ [neutr. , fem. i- stamm]
sU, ziiht
m. Stämme auf 6.
1. 1) Sing. nom. acc. a: abesagay anagehefteda^ anasaga, le-
cliennedtty heskereda, hezeichenm'sseda y darba^ dolunga, elna, erda^
farewa, fersagay ferstayitnisseda, festetiunga, fiera, furderrucckedOf
gehureda, gelirnunga, gestelleda, gesundeday habay hertay hizza^ ler%
machungay tnarchay marchunga, merunga, minnerunga, recckedoy reäa,
rtga, rüora, sachay sagay selay shaffunga^ skama, skeitunga^ skepfeda^
skidungtty slaJita, sleipfay statu y stimma, sträzay sunderOy stungeda^
stunda, wala^ wartedüy widerclietunga , tmlüy wisa^ mla^ zeichenunga,
züöbietunga, 2) gen. o: bezeichennissedo , dolungo^ erdOy festenungOj
selOy sldlito^ sträzOy tvago, zalo, 3) dat. o: anagehe fledo^ anewirtedo^
besJceredOy bezcichennissedo ^ darboy dolungOy eJcko^ erdo, fareuH>, fer-
stantnissedo y festenungo, ffägo, gagenstclUdo , gelubedo, geswMo,
habOy hizzo, leibo^ Uro, marcho, mäzOy notfolgungOy ordeno, porto^
rcdo, selo, skamo, skidungo, sträzo, wago, widerchetungo y wilo, zdo.
— leibe 507^ 14; 510^ 23. 25. 26. 27; 511« 6. 7 A ist scbreibfehler.
4) plur. nom. acc, ä: anafallmigäy anafiindedä^ analeitä^ bechen-
nedä^ besJceredä, chunnä, dolunga y farewa^ festenungä^ foresatp:
geburedä, habäy offemmgä, sagäy sUä, skidungä, sprächäy stimmitj
sträzäy stungedä^ widerchcfäy ividerchetimgä , zeigungä. 5) geii. o-r.
tinony unchtiundn.^ 6) dat. ö-n: chtmnön, dolungön^ farcwön, fromni^
gebiiredöriy hubön^ halböny hcrton, Iir7iu7ig6n, redön, sagön, sclÖHj skd-
totiy slzamön, stimmony sfräzon, wilön, ivison.
2. Als 0- und dn- stamm flektieren: 1) saga: sing. acc. saifi
478^ 8 A. plur. nom. acc. sagä 477'^ 32 A; 477^ 17 A; 525* 34 i
— sing. dat. sagün 507«* 16 A; 510*^ 2 A. acc. sagun 477^ 7 A;
1) vermmist 468» 1 A; 471 » 20 A; 491^» 27 A. vernumiste i^^ 34 A:
467 a 27 A. — vermmste 386» 15 scbreibfehler.
2) unsjmete 435»» 13 Kchrcibfebler. 3) (favast i^V> 22 A schrcMliIcr.
4) werlte 410l> 15 A, B wercltc. — wcrcltc 403» 32.
5) nnchunnön 417» 18 B, A o aus u corrigiert.
KOMEN ü. V£BB. IN MOTKEBS ABIST. 361
52&^ 25 A. sing. nom. saga; plur. dat. sagön. — fore-saga ist con-
soae-ntisch (dat. sing, forcsagun 486*^ 27. 29 A. acc. foresagün 487*^ 2 A;
489* 31 A) und vokalisch (plur. nom. forcsagä 489'' 19) flektiert.
o6*-, ana-y fer^saga belegen keinen entscheidenden casus. 2) wtsa:
ring. acc. unsa 460* 4 A. — dat. msün 455* 9 A. plur. dat. wison.
Adverbial erscheint auch die abgekürzte form wis.
3. Verzeichnis der ö- stamme: a) süo-hietunga, he- chenneda,
ge-hureda, mder-cheta ^^ wider^chßtunga ^ chunna (un-chunna), darha^
äolungüf ekka, elna^ erda, ana-fallimgay festenungay ßera, ndt-fol-
gunga^ fräga, froma, ana-fmidedaj haba, halba, anage-hefteda^^
hertQj hizzüj leiba, ana^leita, lera, Urnunga (ge-lirnunga), ge^luheda,
machunga, marchay marchungUy mäzay merungay mimierunga, offe-
nungüy ordenay portüy reccheday reday rigay furder-ruccheda, rüora^^
sachay [6-y öw- stamm] saga (a6e-, awa-, /br-, [ö-, ön-stamm] fore'Saga)y
säa, sUtty skaffungay* skaltay skamay skeitungay skejyfeda, he-skereda^
sUdungay slahtay sleipfay sprächay fer-stantnisseday statay gagen-y ge-
sidleday stimma, sträza, stunday stungeda, ge-sundeda, sunderay waga^
wohy warteday mluy ane-toirteda, [o-, (3w-stauim] unsa^ he- seichen-
^isseda^ zeichenungay seigunga,^ b) Stämme auf vö: farewa.^
c) Stämme auf io: alüy anderlichi, haldiy hitteri^ hleicliiy'^ hlindiy
ireäi, chalti, misse-cheri , ana-chomeni y chnwihi, dicchi, eiferi^ ferri,
f^iy ßüo-füogi, ganzi, gräwi {un-gräwi), halzi, Jieizi, heviy hohty^
skrege-hori, langseimiy^ ge-legeni, lengiy ge-^ unge-Uchi, sinne-losi^
hgij lukkij micheli, müotegi (zarn-niüotegi), ordenhaßigi, g-rehtiy^^
^eiy siechiy un-sinnigiy sköniy slihti (feld-, ohe-sUhti), sUmhi, skirchi,
^iÜi, sunderigi, ge-sundi,^^ süoziy^^ svarzi^ üsenahtigi., selh-waltigiy
^^rmi^ wider-warti^ wider-wartigi^ iveichiy wiolichi^^^ ung-wissi^ wtzi^
^-warteni^ zvifaUL
1) Sing. nom. acc. i: anachomeiii^ anderlichi^ hitteri^ hleichi^
^indi^ chalti^ chrumhi^ dicchi y eiferi^ crivorteui^ fcldslihti^ferri^ festig
1) toiderchetä 481 ^ 12 A. widcrcliedä 506 ^ 4 A.
2) anctgehefleda 415^ 4. atuigeheftedo 415^ 37. anagehefteda 415i> 35 B,
"^ ^nahefleda Schreibfehler.
3) rura 406^ 13 rührt vom schroiber her.
4) skafunga 441 1> 7 schreibfoliler. 5) zegunga 401 » 12 A schreib fehler.
6) varawa 382» 1. 2. vnrawa 437 1> 2 B, A varetva; sonst fareica.
7) blekM 4371) 13 A, B plechi Schreibfehler. 8) höi 404» 14. 17.
9) langseimi 406^ 23 B, A langsami gehört dem schroiber au.
10) crehti 439» 30 A, B irrig rehii,
11) gestmdi 448* 24 B, A gebuiuUdu,
12) ffiofi 436 b 24. — 9uezi 436» 5. 30; 436^ 22 gehören dem schrcibcr an.
Uj) mUMma 439* 16 B, A woKchina Schreibfehler.
862 RBLLB
ganjsi^ gelegeni^ gcsundij gräwi^ grehti, holzig heisi^ hevi^ hahi^ Umg-
seimiy lengi^ ^ti^/, luJcki^ micheli^ missecheri^ öbeslihti^ ordenhaftigi^
sdbwaltigi^ sezzi^ siechi^ simidosi^ skoni^ sJcregehori^ sliJUi^ düMy
stilli^ sunderigi^ stwzi^ svarzi^ migelichi^ ungräicij ungtvissij ügenak-
tigi^ warmi^ weichi^ widerwärtig^ widerwartigi^ wiolidiij wUi^ zonh
müotigi^ züofüogi^ zvifalti. 2) gen. i: blindi^ chalti^ dtcchi^ festig gansiy
heizt ^ heni^ hohi^ sliJUi^ süozi^ ungeltchi^ tciderwarHgij wiolichi^ uiei.
3) dat. i: dlti^ anderlichi^ hcddi^ breiti^ ganzi^ gdichij hevi^ lengi^
obesUhti^ siechi^ slihti^ starchij svarzi^ warmiy widerwariigi ^ widichi.
Plur. nom. lugi 521^ 30 A.
Von anachomeni^ müotegi^ unsinnigi^ wiolichi steht: anachanU'
nina 433^ 14. müotegina 438^ 33. unsinnigina 438^ 22. unoUdUm
438» 28; 439» 16,
B. GoQSonantische declination.
L StSmme auf an.
a. Masculina.
1. 1) Sing. nom. o: herro^ hüfo^ mennisko^ namo^ ohso^ 5fc«fo,
skimo^ wider sacho^ wilh. 2) gen. en: herren^ Ikhamen^ menniske»^
namen^ zanderen. 3) dat en: lidiamen^ menntsken^ mittemef^ ffame»,
willen, 4) acc. en: mennisken^ mAotwillen^ tiamen^ willen. 5) plur.
nom. acc. e^i: diempfen^ chnxittelchempfen^ fustchempfeti^ geferten, lo«r
fen^ mennisken^ na^nen^ stoUen^ strhnen^ strUloufen^ unmennisken.
6) dat. ön: nienniskon ^ strimon,
2. Verzeichnis der maskulinen «»-stamme: chempfo (chnuitd-^
füst'Chempfo) ^^ gc-ferto^ herro^ hufo^ lichamo^ loufo {str%t'loufo\^ mei^
nisko {un-mennisko)^^ mittenw^^ namo^ ohso^^ widerscbcho^ skado^ skim^
stollo^ strhno^ willo {niüot-willo)^ zandero.
« b. Neutra.
1) Sing. nom. a: ouga, 2) plur. nom. en: ougen.
n. Stämme auf 6n.
1. 1) Sing. nom. a: foresaga^ forhta^ sumui^ zeiga^ sesetca,
zila^ zufiga. 2) dat. ün: foresagun^ idun, sagun^ sunnün^ wiiisterun,
zcseumn, zungün, 3) acc. ün: chenün^ foresagün^ idun^ sagun^ wlsün-
1) widerwartin 394» 10 Schreibfehler.
2) chemphin 440^ 26. — chnuttelchemfcn 435» 23. füsichemfen 434* 30.
3) lonpfen 440 * 26. — stritloupfen 434 b 30; 435» 24.
4) menisko 501^ 28 A. menjisko 482 b 8 A Schreibfehler.
5) mittemin 401» 16. mittemen 470^ 30 A. mittemin 400» 27 A, B mUemi*
6) hofiso 389« 13 B, A Ä ausgekrazt.
KOMSN U. VERB. IN MOTKBBS ABIST. 86ä
plur. nom. ün: belegt durch das substantivisch gebrauchte widere
yun 478^ 30 A. 5) dat. on: forhiön,
2. Verzeichnis der ö»- stamme: chena^ forhta^ ida^ reba^ fö-,
stamm] sctga (fore - 8<iga) ^ summ, winstera^ [o-, ö»- stamm] tolsa^
s, zesewa^ ziUif zunga.
ni« Stftmme auf tar.
1) Sing. nom. fater^ — müoter. 2) gen. fater. 3) dat. müoter.
lY. Ans dem consonantischen stamme sind femer grebildet:
M a 8 c. sing, dat : man. N e u t r. sing. dat. : Ms (wart-hüs)^ darf,
1. sing, gen.: bürg, dat.: burg^ naht
IL
Adjectlvnm.
A. Vocalische declination.
L Stämme auf a.
Masculina und neutra.
1. l) Sing. nom. masc. e-r: äbolgiger^ blinder^ driorter^ gefah-
fierarter^ gehafter^ gwisser^ iliger^ langer^ luzzeler^ rehter^ svarzer^
Mer^ toärer^ mzer, part. perf. : erblindeter^ fundener^ gefettachoter^
degotdr^ genesener^ gezöhter^ svarster^ warmder, wortener.
2) nom. acc. neutr. e-z: alcganzez^ barez^ chrumbez ^ diccheZy
'fOzez^ fiersközez^ ganzez^ gdtchez^ gerehtez^ langez^ michdez, olan-
rüoeZy sketerez^ slehtez^ unferslizenez ^ unfershrötenez ^ unholez^
Wß0, wizelösez^ mzez. part. perf.: erhavenez^ gedrungenez^ ge-
ihenez^ gewehselotez.
3) gen. masc. neutr. e-s: anaburtiges^ anagehaßes^ driskozes^
heSj habemahtiges ^ güotes^ gwisses^ liMbliches^ luzzeles^ svarzes^
rwartiges^ ubdes^ ungeliches^ tmzes^ zuhügez. part. perf.: gefetta-
s, gesazteSj züogeslungenes.
4) dat. masc. neutr. e-tno: altemo^ alleUchemo^ baremo, blei-
ch dingoKchemo ^ drifaUemo^ ebenemo, fornahtigemo ^ ganzemo^ geH-
4), güotemo^ gwissetno^ obenaJitigemOy rehtenWy rotemo^ slehtenWj
wmOy unebenefno^ unfertiligdtemo j unganzemo^ ungegatefno^ unle-
emOy unsvarzemOy mzenho^ zvifaüemo. — luzzelmo 416* 36 gehört
Schreiber an. part. perf.: gewehsdötemo ^^ tnissesaztemo ^ züogde-
NO.
1) HmMOtmq 880» 3 A, B kewehselotomo schroibfehler.
864 KELLE
5) acc. masc. e-n: (ülcUchen^ blindeyi^ geUchen^ gdimigeHy gwk»
sen^ halben j luzselai^ töten ^ imgcliehen^ wären ^ widerwärtigen^ vAzm^
zanelosen. part. perf. : gesprochenen,
6) plur. Dom. masc. e: bleiche, chunnigCy drisköze^ ganze^ reWe,
sinnelose^ sunderige^ svarze^ unganze^ unrehte^ zornmüotige. pari peit:
fundenCy genamote^ zegangene.
7) norn. acc. neutr. iu: bitter iu^ ebengwissiu^ eiferiu^ jfeBcW«,
gesihtigiu^ gesiunlichiu ^ houbetlosiu ^ infundetüichiu^ luzzeliUy matug*
namigiti^ meistigiu^ micheliu^ missenamigiu^ slehtiu^ sunderigiu^^ ungt-
haftiu^ ungeskidotiu ^ warmiu^ wider wart igtu. — ^eKc/iW 438** 9 A
Schreibfehler, part. perf.: chotneniu^ gagenstaltiu ^ gelegeniu^ geskü^
tiu^ gesjyrocheniu ^ getäniu^ gezeigotiu^ missesaztiu^ worteniu^ zesarmne-
gelegetiu.
8) gen. masc. neutr. — fem. c-ro: gelicJiero^ misselichero^ unge-
lichero. part. perf.: gesprochenero ^ getätiero^ zesaminegelegetero.
9) dat. masc. neutr.' — fem. e-n: allelichen^ alten^ baren^ chmf-
tigen^ einlichcti^ ganzen^ genamdm, gegaten^ gelidien^ gwissen^ lugst-
len^ meistigen ^ misselichen^ sichten j stetigen^ unlebendcn^ untigendh^
wären ^ widerwärtigen^ wir igen ^ zvivdigen. part. perf.: ergangenin^
ferfarnen^ ferttligoten^ foregesageten ^ gage^tcherten^ gegebenen^ jeWnen,
gwissotm^ tmdertänen^ wortemln^ zegangenen^ zesaminegdegeten.
comp.: ereren^ nideren^ oberefi^ undere^n, superl. : tristen.
10) acc. masc. e: ganze ^ unganze.
II. StUmme auf ö.
Feminina.
1. 1) Sing. nom. iu: chaltiu^ gwissiu^ latigiu^ rchtiu^ sichtig
ungeweJiselotiu ^ wäriu. part. perf.: geebetwtiu^ geskeideniu, wortewfi-
2) dat. e-ro: altero^ gellchero^ slehtero^ ungwissero. part. perf-
ferwehsdötero , getänero.
3) acc. a: alldtcha^ dlta^ anawalga^ breita^ eiciga^ gdichi
gwissa^ michela^ natürUcJui ^ sameTicha, sunderiga^ ungdicha^ tc^^^
widerwartiga^ wiza. part. perf: getäna.
4) plur. nom. e: churze^ dolemaehtige ^ cbengewäre^ jfcfirM
gwisse^ mahttge^ misseUche^ rehte^ stetige^ ungebundene^ ungeniarchm^
widerwärtige^ wirige. part. perf : geheizene^ gemarchote^ getane, mr^^
5) acc. e: lange, unebenlange, widerwärtige, part. perf.: geißdf^-
2. Verzeichnis der adjectivischen a - [ö -] stamme : a) [comp]
after, alleUh {un-alleUh), cdt {eben -alt), [comp.] alter, ^ [comp.) W^'
1) A irrig sunderigo 380^ 18, das auch B geschrieben war.
2) altera 424*» 14. 24j 458b 29. 34 A, alteren 424^ 2a— ator*ra5l9»2$^ ,
NOMEN ü. VERB. IN KOTKEBS ABIST.
566
Mr^ 5ar, heittg^ [comp.] hezer^^ bitter^ hleih^ Uint^ ä-holgig^ hrdt,
\ge'lmnden^ ana-hurüg^ cficdt^ [comp.] chdlter^ tvider - chetig ^ [comp.]
kiner^ chrumb^ chumftig {un-chumfUg)^^ chunnig^ [comp.] chunnigör^^
unt (ale-chunt), chnrz, dig^ diutisCj drifalt^ durfte eben (un-eben)^
'er^ eigen ^ [superl.J eigenhaftist ^ einWi^ einluzlih^ drio-^ zveio - dnig^^
»mp.j erer^ [superLJ ertst,^ [superl.] erchenöst, [comp.] erhaßer, emg^
fahSy [superl.] ferrist^ [comp.] fester [s. feste] ^ festcnig, not-^ unge-
jfij,* forder^ [comp.] forderör^ fomdhtig^ in-fundetdih^'' gang (aZe-,
-ganz)^^ [comp.] ganzer^ un-ganzer, ge-, unge-gat^ [superl] gengest
genge], ä-gezel^ goreg^ güot (un-güot)^ zesamine-lwhvg ^ anage-^ </e-,
ge-hafly hcdb^ hcUblihy heiz, [superl.] herost, eben-hevig, himdisc,
-^hol, houbetaJU, Uig, lang (eben-, uneben -lang), leideg, [comp.]
fer, Uebsam^ je-, tinge-Uh^ [comp.] ge-y unge-licher, [superl.J
, unge- liehest,^ zUe-gelih, dingo-,^^ güote-, teile-, irnkte-, zite-
, jfc-, unge-limflih^ ge-lirn^ ge-lirnig, här-, houbet-^ Ivbe-,
mer, sinne-, wize-y zane-los,^^ lougentg^ [comp.] lukker [s. lukke],
sely ge-mah, mahtig^^ {chunne-^ dole-^^^ habe-^ un-mahtlg)^ maht-
{un-mah(lih)y unge-marchot^ [comp.] unge-mäzer [s. unge-maze\
-meinrih^^^ meistig (al-meistig)^ mer^ [comp.] meror^ [superl.] meist^
Ad (eben-^ und)en - mtchel) , [comp.] minner ^ misselih^ zorn-niüo-
i [comp.] naher ^ ge-nam^ ein-^ gdth-, gemein-^ tnaneg-^ misse-,
-namig^ [superl.] namohaficst^ forege-^ ge-namt^^^ natürUhy [comp.]
kry [superl.] nideröst^ ana-nemig^ öbenahtig^ [comp.] öber^ [superl.]
1) hezero 427 1> 22; 428« 9. 12; 454» 27 A. pezera 459b 30 A. pezeren
^ 24. 32. hezzera 395» 14; 508» 26 A. hezei'o 427^ 23 A; 428» 2 A; —
cröfo 427b 23 B; 428» 2 B rührt vom schroiber hör.
2) unchumtig 484 b 29 A Schreibfehler.
3) chunnigöro 443» 29 A, B chuvnigero.
4) drioelnig 408^ 14. — trielnig 385» 4. zveioelnig 408 b 14. — zveielnig
5) errerün 497 b 15 A. irren 494 b 22 A schroibfehlor.
6) tngevolgig 518b 20 A Schreibfehler.
7) inftmdenli<ihiu 424b 3 A, B infundelichm Schreibfehler.
8) (üeganziz 412» 33. — alganzez 487 b 20 A.
9) tmgolicJiesten 394» 15 Schreibfehler.
10) dingoWi 403» 26; 472 b 29 A; 475b 21 A. dingoUcliemo 470b 6 A;
i»6A. dingolig 449» 2 B, A dingelih, ditigeUh 379b 20 A. teiklth 439b 29 A,
^ih Bchreibfehler.
11) zaneUfs 450» 2. 15. 21; 454b 33 A. zanelös 450» 16 A, B zanolös
orwbfehler.
12) tnahtige 517» 36 A. unmahttg 435b 12 A, B untnagttg Schreibfehler.
18) tolemachige 436 b 28 Schreibfehler.
14) kemein^ 477» 17 A. Jcemeinliceh 486» 6 A Schreibfehler,
15) fm^fenamdän 444» 6 B , A forenamdon,
366 ftBLLfi
oberosty offen, olang, dri-, ßer-orf, ge-, ungc-rad, unrredoUk^^ rdU*
(jf-, un-reht), [comp.] rehter, un-rehter, [superL] un-rehtest, rot, rüok*
samoWi,^ [comp.] seltsäner, sieh^^ ana-, gagen-, ge-, unana-, widet'
sihttg,^ sinnig, ge-siunlih, skadd, skamdth, unge-skeiden^ sketer^ unge-
shidot, skin, dri-, fier-sköe, unfer-skröten, skuURg {reht-, un-skul^y
ge-slaht, sieht, unfer-sUsen, un-spaUig, [comp.] sp&atiger, staHh
[comp.] stäter, stetig,^ sunderig,^ svarz (un-svarz), unfer •PligÜ,
tot, übel, [comp.] under, [comp.] underor, [superL] underdsi, [comp.]
üzer, [superL] üseröst, selb-wahsen, ana-toalg,^^ war ((de-, ebenge-warl
[comp.] wärer [s. ge-wäre],^^ warm, [comp.] warmer, idder-wari,
wider- wartig, unfer-, unge-weJiselot, wdh, wendig, [comp.] werdff,
winster, wirig, [comp.] wirigör, [comp.] wirser, eben-, g-^ wng-m^
[comp.] g-wisser, ung-wisser, [superL] g-toissist, ung-wiss^, wie, [comp.]
wizer, ge-won, be-, umbe-eeichenlih,^^ zitig (un-gUig), eameg, jsuh6§,
zvifalt, [comp.] zvifdUer, un-zvifaUer, zfAvdig, [comp.] msioeliger, —
frö, grä {sat-grä), — chalo, falo, salo, zeso.
b) Stämme auf ia [io] : zvi-beine, böse, umbe-chäme, (urt-
chunde, ur-eiche, einluzze, feste (un-feste), genge, wüse-geme, griane,^*
ge-helle, herte (un-herte), un-lebende^^^ liehte,^^ un4igende, unge4imß,^*
lukke, manegfaite,^'' ge-, unge-mäze, ge-, unge^meine, müte^ g-nüogc,^*
1) unreddih 504« lO A Schreibfehler. 2) recter 440b 6 B Schreibfehler.
3) rüoz 439b 18; 440* 12.
4) samolih 483b 2 A; 484» 15 A. samdichön 436 & 33. samelicha 437' 19.
5) sieJi 409b 18; 433b 30; 435a lg; 454a 9 A; 456a 2 A; 457b 35 A; «A
398» 1 Schreibfehler.
0) wider ^htih 480 a 25 A.
7) unsktildigen 418a 27 A, B unskuUigen Schreibfehler.
8) stestige 438 b 22 B Schreibfehler.
9) sunderigen 380 b 28. sufideriga 377 b 16; 398b 10; 472* 12 A. wiit-
rtge 486 a 6 A. sundrigefi 47 7 a 25 A Schreibfehler.
10) anatcolga 471* 19 A Schreibfehler.
11) wärriu 460b 17 A. wärra 460b 7 a. värra 460b 12 A; 482b 14 A.-
ale-wär 406* 8; 501b 27 A. al-wär 407 a 19.
12) um^bejseichenlih 472 a 22 A; um- vor b für un-,
13) crücfie 449 a 12 gehört dem schreibcr an.
14) unlebendcn 518* 12 A. unlehentemo 458* 19 A.
15) lUTU 421b 27 rührt vom schreibcr her.
16) ufigeUmfe 485*21 A; 516*31 A. — ungeUmj^iu 501b 24 A. un^i^
602b 28 A.
17) manigfalte 433a 5. _ manigfalt 408* 38 Schreibfehler.
18) cnüoge 446'* 29. gmioges 444* 33. amoge 459b 35 A. gnüogen 4^*2i
gnaogiu 487b 5 a. gnitogiu 419b 18 B, A cwm^/im. cnüogiz 434b 21 B, A c*^*^
gnuege 418* 13: 442b 32; 445b 28. cnuegiu 419* 17. gnuge 466b 34 A. 9^
463* 29 A.
KÖMEK U. VBSLA, in KOTKS&S ABISl*. &Gl
imee (un-nuezc)^ tn-sele^ semfle (un-senifte) ^^ ebenlang-stte, skcyiic^ ge-
spifre^ ge-sunde^^ süoze (un-srnze)^^ gagen - werte ^^ ge-wäre [s. ii?ar],
iw8e, eviske^ — faro (chrüag-^ gold-faro) ^^ — niwe.
L Stftmme auf ia.
'Masculina und neutra.
1) Sing. nom. masc. e-r: einluzzer^ gesunder^ inseler^ lukJcer^
mker. part praes.: gänder^ geschenter^ hdbenter^ ligenter^ rötenier^
t^smlir^ svarzenter^ toarmenter.
2) nom. acc. neutr. e-z: einluzzez^ festez^ gnüogez, part. praes.:
lueidienentez ^ fliegentez^ gäendez^ häbenfez^ svummentez.
3) gen. masc. neutr. e-s : ureiches. part. praes. : folgentes , ligen-
6», sizzentes.
4) dat. masc. neutr. e-mo: einluzzemo^ hertemo^ lukkemo^ mit-
tmo^ unhertemo^ unsüozemo. part. praes.: frägentenw^ gändemo^ leben-
demo, machontemo.
5) acc. masc. e-n: gemeinen^ niwen^ ungemeinen^ zviheinen.
part praes.: anttowrtenlen ^ bellenten^ rätenten^ skidonien,
6) plur. nom. acc. neutr. iu: einluzziu^ gemeiniu^ gnüogiu^
%mu^ BAoziUy ungelimfiu, pari praes.: ständiu.
7) gen. masc. neutr. — fem. e-ro; part. praes.: fersagentero^
imdero.
8) dat masc. neutr. — fem. c-n: einluzzen^ gagenwerten^ gnüo-
jwi, mitten^ zvisken. part. praes.: foreständen^ hahenfen^ lebenden^
^mten^ mitegäenden^ nähgäenden^ tragenten,
n. Stämme auf iö.
1) Sing. nom. im: eberUangsUiu ^ festiu^ lukkiu^ unfestiu, part.
praes.: sehentiu^ uberslahentiu ^ wesentiu.
2) dat e-ro: gemeinero^ manigfcdtero, part. praes.: bezeichenen-
fe»^, jehentero.
3) acc. a: einluzza^ festa^ gagcnwerta^ gemehia^ lukka^ unfesta^
^^emeina. part. praes.: bezeichenetUa^ gäenda,
4) plur. nonL e; part. praes.: wonetite.
1) tmsemfte 426 & 9. — unsenfte 464a 8 A Schreibfehler.
2) gemmde 409b 18; 454» 9 A; 456» 3 A. — Irrig gesuwt 398» 2. Für deh
^ 9t$wiU 435» 18 B steht A irrig sieh unde sUh,
8) 8Üoze 472b 17 A; 522» 11. 15 A. fiueze 43G» 5. 30. sueziu 424b 4;
^^ 24 A. — unsüozemo 522» 10 A.
14) gagemoertün 469b 32 A. gagenwerten 47G» 21 A; 482b 26 A. kagen-
**''fo'402^ 28 Ay B kagenwarta Schreibfehler.
G) vmo 487» 31 B, A vare.
3G8 KBLLB
B. ConsonaDtische declination.
I. Stämme auf an.
Masculina und neutra.
1) Sing. nom. masc. o: güoto^ slehto^ wäro^ toidertoario ^ unzo.
part. perf.: gcuohto. comp.: bezero^ chunnigoro^ ganzerOy lukkeroj reh-
tero^ toirsero, superl.: unrcJdesto.
2) nom. acc. neutr. a: allelicha^ anagehaßa^ getvana^ güota^
habemahtiga^ sunderiga^ ubcla^ winstera, wiza^ zuhüga. part. pert:
gefettachöta ^ geheizetia^ gelerta^ gesazta^ gesprochena^ getäna. comp-
anderlichöra^ altera^ bezera^ chdltera^ Meinera^ erera^ erhaflera^ geU-
chera^ gunssera^ merora^ mtnnera^ nahcra^ nidera^ obera^ rehtera^
seUsänera^ spüottgcra^ undera^ unganzera, ungelichera^ ufigetnusera^
ungwissera^ unrehtera^ unzvif altera ^ wärer a^ warniera^ wizera^ zvifd-
tera, superl. : eigenhafUsta , erchenosta , gengesta , gwissesta , wamö-
Jiaflesta.
2) gen. masc. neutr. en: alleltchen^ häbemahtigen^ Judben ^ hm-
betahten^ svarzen^ ubelen^ widerwarten^ winsteren^ zesewen. part perf.:
gelcrten^ gerüoderöten. comp.: nideren^ oberen.
4) dat. masc. neutr. en: allelichen^ chumftigen, goregen^ tM-
shUdigen^ skuldigen, slehten^ underen^ unsktddigen^ widerwärtige^^'
part. perf.: ferfarnen^ gefrägeten^ geUrten, comp.: ereren^ nideren^
oberen^ underören^ wirseren, superl.: eristen^ meisten.
5) acc. masc. en; part. perf.: gelerten, comp.: bezeren^ gewis-
seren.
6) plur. nom. masc. en: genammen, shtddigen. comp.: Ziefe-
rew, Werder en.
7) nom. acc. neutr. en: anasihtigen^ gagensihtigen^ genamda^
gerhammen^ himdisken^ sunderigen^ unanasihtigen ^ ungwissoten^ iffidcf'
wartigen. part. perf.: foregesageten^ gesprochenen^ getanen, misses(^'
tcn, zesaminegelegeten. comp.: alteren, ereren, forderoren, gelickeref^'>
oberen, tlzeren, zmveligcren. superl.: erchenosten, eristen, ferriste^'h
oberosten, undcrosien, ungeüchesten.
8) gen. masc. neutr. — fem. öni allelichon, chumftigon, gena'^^'
don, IwbemaJitigön , samelichdn, widerwartigön. part. perf.: gtoisso-
ton. comp.: ererön, oberon, üzeron.
9) acc. masc. en: ägezelen.
U. StSmme auf ()ii.
Feminina.
1) Sing. nom. a: ananemiga, bara, gemacha, tcdra, P^^
perf.: getäna, underskeidena. comp.: altera, erera^ festera^ fordert
KOifBK U. VEtUB. IN NOTKBBS ABIST. 369
jrora, gunissera^ mSra^ minnera^ stcUera^ toirigora. Buperl.: eri-
gdichistüy herosta^ niderösta.
2) gen. ün; comp.: ererün. superl. : eristün.
3) dat. ün: ailelichün. part. perf.: gagenstaltün. comp.: afte-
^ererün. superl.: erchenostün^ eristün,
4t) acc. ün: alldichün^ diutiskün^ unaUelichün. part. perf.: ge-
thmün. comp.: ererün. superl.: eristün,
5) plur. nom. en; comp.: afteren^ ereren, oberen, superl.: gen-
en. — üeerostün h\2^ 17 A ist Schreibfehler, veranlasst durch die
littelbar vorausgehenden einün — aviderün.
L StSmme auf ian.
Masculina und neutra.
1) Sing. nom. masc. o: luhho. part. praes.: frägento ^ jehento^
^, lougenentOy ständo^ mdersagento.
2) nom. acc. neutr. a: gctgenwerta^ gemeina^ mitta,
3) gen. masc. neutr. en: eirduzeen^ mitten, part. praes.: leben-
, ständen.
4) dat masc. en ; part. praes. : losenten.
5) acc. masc. en; part. praes.: sterchenten.
6) plur. nonu masc. en: imsegemen.
7) nom. acc. neutr. en: eirduezen^ gemeinen^ niwen. part.
».: lebenden.
8) gen. masc. neutr. — fem. on: einluzzon part. praes.: ligen-
fßesenton^ zesaminehaftentön.
n« Stämme auf iOn.
Feminina.
1) Sing. nom. a: getneina^ mitta^ unnuzza, part. praes.: fer-
^, sagenta.
2) dat. ün: niwün, part. praes.: folgentün^ sagentün.
3) acc. ün: gagenwertün.
4) plur. nom. en; part. praes.: chomenten^ f erlauf enten ^ näh-
^i^ten.
PRAQ. J. KELLE.
W. BBUTSCHB PHILOLOOIB. BD. XTm. 24
370
BERICHT ÜBER DIE VERHANDLUNGEN DER DEUTSCH - R01£ANI8CHEN
SECTION DER XXXVIII. VERSAMLUNG DEUTSCHER PHILOLOGEN UND
SCHULMÄNNER IN GIESSEN
vom 30. September bis 3. oetober 1885.
1. Sitzung.
Die erste , constitaierende sitzang der deutsch - ronutnischeii section wude
mittwoch den 30. sept. mittags 12 uhr , nach schluss der ersten algemeinen iHnig,
von dem im vorigen jähre zu Dessau gewählten ersten Vorsitzenden , pnt dr.
Braune-Giessen erofoet. Das amt eines zweiten versitzenden hatte der ebenftli
in Dessau gewählte prof . dr.Birch-Hirschfeld- Giessen übernommen. Zu lefarift-
f&hrem wählte die vorsamlung privatdocent dr. Schwan-Berlin und dr. Straek-
Giessen. In das album der section zeichneten sich folgende 27 mitglieder ein:
Privatdocentdr. V. Bahder,. Leipzig; prof. dr. Behaghel, Basel; £. Beiot-
ker, Anclam; dr. Bindewald, realgymnasiallehrer , Giessen; prof. dr. Bireh-
Hirschfeld, Giessen; cand. phiL Bon in, Giessen; prof. dr. Braune, GiaMen;
prof. dr. Freymond, Heidelberg; prof. dr. Kluge, Jena; prof. dr. Kölbingi
Breslau; dr. Landmann, prof. am realgymnasium, Darmstadt; dr. F. Ltid-
mann, Leipzig; pfarror Lindenborn, Odenhausen; dr. W.Mangold, obedehitf»
Berlin; prof. dr. Paul, Freiburg; prof. Pichler, Giessen; dr. L. ProeschoUti
Homburg; cand. phiL Schilling, Giessen; privatdocent dr. Schwan, Beilii:
prof. dr. G. Sold an, Basel; Spam er, reaUehrer, Giessen; prof. dr. Stengeli
Marburg; dr. A. Strack, Giessen; Theisen, reallehrer, GKessen; dr. G. Wen-
ker, custos, Marburg; privatdocent dr. Wetz, Strassburg; dr. ZlmmermtBii
archivar, Wolfenbüttol.
Nachdem dem vorschlage des ersten pr&sidenten entsprechend die taget-
Ordnung für die folgenden Sitzungen festgestelt worden war, wurde die aitnaf
geschlossen.
2. Sitzung.
Die zweite sitzung wurde donnerstag den 1. oetober morgens 8 nhr tri&A
Vor beginn der vortrage stelte der erste präsident den antrag, 30 maik voi te
überschuss der kasse der section dem fonds für das Grimmdenkmal zu Hsaaa ü
überweisen , sowie eine samlung zu demselben zwecke unter den mitgliedem n Ttf*
anstalten. Der antrag wurde genehmigt. Die samlung ergab die summe von 24 ■•
40 pf . Darauf hält horr prof. dr. Birch-Hirschfeld- Giessen einen vortng t^^
die bedeutung der Troubadours in Dantes göttlicher komödie.** Dante stelt in afl"
ner dichtung die geistigen Einwirkungen , welche die troubadourpoesie auf üu tf**
geübt hat, in der dichterischen fiction persönlicher begegnungen daur. Er erka^
in den provenzalen dankbar seine lehrer, und als die hervorragendsten repriNotar
ten provenzalischer poesie führt er in die göttliche komödie vier troubadoma e>a:
Bertran de Born (Inf. XVUI), Sordel, den Mantuaner (Purg. VI), Anaut Dtfi^
(Purg. XVI) , Folquct von Marseille (Parad. IX). Dante lernte von diesen diditi^
die patriotische Schätzung der muttersprache. Aber auch der die provenaaliae^
poesie beherschende geist und ihr Inhalt hat Dantes ästhetisches nitail und t^
dichterische richtung mit bestimt. Bertran de Born und Amaut Daniel siad 9i
Dante die repräsentanten zweier hauptau^aben der dichtkunst, der Yenos uri ^
Virtus (vgl de vulg. El. U, 2). An Sordel knüpft der dishter ada MloaSt^
pber Florenz und die könige und fürsten der eignen Mit aiL (Pttg. VI, ^
OlEBSENKB PaHOLOC.-VKKaAML. 18B6
371
^^Iqaot von Marseille wird passend dio klage über die entartung der kirche in den
mand gelegt. Aa«h der die liubeüljrik der pToveazalen beberscheode geist ist bedeu-
tuagsroll fQr Däute geworden. Die Banna dollo Hcheimo in der Tita nucva, das
anberücksichtlaaseu von Seatricciis vermählong, die untordrücknng des namens aind
alle» dinge, die aus dem von den troobadours in ihrer liebesljrik aasgebildeten
conventionaliamuB stummea. Selbst Dantes vcrgütteruug der geliebten hat ibro
Vorbilder b«i den troubadours. — Eine diBkuaslcia schlioast aich an den vertrag
nicht an.
Es folgt der Vortrag des horm dr. Wenker-Marburg „Über das sprach-
atlasaDternetim e D." Der vortragende will zonäclist kurz über die äasscren
Schicksal« des BpiachatlaBQnteroohmens berichten , dann den inneren entwickolnogs-
gang deaaetbcD darlegen und daran anknüpfend die aus der neubeit und eigenart
der EBche notwendig entspringenden BClmierigkeLteo entwickeln, die ein rechtes
gedeihen des werkea bis heate nicht haben aufkommen lassen.
Im jähre ]HTö machte dr. Wenker den ersten versuch von Düsseldorf aas,
indem er sich an die volksschullehrcr des betreffenden regierungsbezirks vrante, nm
Hieb darch äberactzung vorgescb rieben er hachdeutscher satxchen in die ranndart
zahlreicher orte das material mi kartographischen darstoünng einzelner dialokt-
eigentämlichkeiten zu vorschaffen. Im folgenden Jahro wurde die samlung aus-
gedehnt auf die ganze Rheinprovinz nordwärta der Mosel und Bchlieaslieh auch auf
die provinz Westfalen. Bis ende 187S wurden die sehr interesaanten ergebnisse in
einem handschriftlich angefertigten „Sprachatlas der Rheinprovinz nördlich der Mosel
mit einschlusa des kreises Siegen" zusammengesteit (ca. 1500 Ortschaften). Dieser
wurde der philosophischen fakuität zu Marburg vorgelegt, die den atlas nebst
einem giitachten dem ktjnigl. pieuaaiscbcn ctittasministeriun einreichte. In folge
davon, sowie eines sehr günstigen urteits der königl. prenssischen akademie der
Wissenschaften über das □ntemehracn , wurde domsolben die Unterstützung der
preussiscben regiemng zu teil und es dem vortragenden ao ermöglicht, sein unter-
Deluncn über ganz Norddeutschland auszudehnen. Es wurden nun ca. 40000
gedruckte formutare versaut, wovon endo 1860 etwa 30000 mit der mundartlichen
Übersetzung in deu bänden dr. Wenkers waren. Es begann nun die arbeit des con-
InliereuH, ordnens und eiDteilune, sowie die eigentliche Verarbeitung, als deren
resnlUt im herbst 18B1 die ersten sechs kartonblätter im bucbhondel erschienen.
Du ganze unternehmen aolte ca. 470 verschiedene blattcr in 13 sectionen umfassen.
Die eracliiencnen aochs bEtter wurden von dem vortragenden dem preussischen
BBltDaministeriBm eingereicht mit der bitte, ihm einen hilfsarbeitcr zu bewilligen.
Du miaisterium holte von neuem das gutacliten der akademie ein. Der verstor-
bene Professor MüllenhofT unterzog das ganze einer scharfen kritik und atelte mass-
gebende geaichtspnnkte zu einer neuen, wesentlich verbesserten methode der karto-
graphischen widergabe auf. Nach diesen gesichtspaukton moste das ganze roaterial
nnigeordnet und neoe grundkarten gezeichnet werden. Inzwischen war dr, Wenker
auch eine summe zur anstellnng eines hilfsarbeitors bewilligt und dieser im Som-
mer 1884 in der person des horrn dr. Norrenborg gefunden worden. Es wurde nun
du geeamtgebiet nicht mehr wie anränglich in 13 sectionon, Boudern in zwei hätf-
ten abgeteilt, die eine westlich, die andere östlich vom SO. Uugegrade, und die
■pracMichen erscheinungen selten nun nicht mehr sjatematiscb, d. h. nach consa-
Danten, vokalen, fletionen zusammengruppiert dargestelt werden, wodurch eine
ganz venvirrende Überladung der karten entstanden war, sondern es solte nun jedes
HMit getrent auf einem blatte ei^cbeincn, sodass man mit einem blicke alle seinq
K 24*
^^Rennilgen öbcraolion konto. — Iniwiscliei) sind für die weatlicbo hälft«
ter aas dem nateriul von ca. 16OO0 ortea fertig aosgezogen nnd secb» duTon ii Üb
ni>u angelegte gntndkarte eingetrngea worden. — Dies sind die lnssvren tcliirk-
sala des Sprachatlas. Der TortrBg^nde wendet sich oun xai inneren genetudito
des untemehmens,
Folgenscbner für die entwickelnng desselben ist besonders der umstand g«««r-
deo , dass wilbroad der Verarbeitung des kolossalen materialt sieh bei ii«in wrt»-
geoden sonol, wie bei allen der sache nüher stehenden cioe forttcItreitMiln ntn-
gestaltnng der wisBenschalUiaheu Ansichten vom wesen unserer dialektTKrtiKltuiMe
nad Ton dem werte ihrer detailerforscbung volzog.
UrsprÜDgUch hatte der vortragende die mnndatten seiner beiinatpmlu b
nntersachung gezogen, am ein« anzahl wichtiger eigentOmlichkeiti-D ilar dortifea
diolekte schärfer als bisher abzugrenzen: dabei war noch die bberaengung UiUwl,
diese Charakteristika müaten ganz oder nahezu ganz einträchtiglicb zusatumHie^
und BO eine klare dialcktgrenze ergeben, der zufolge jeder ort entweder dorn elon
oder dem aoderen dialcktgubiete zugewiesea werden kDutc. Dies stell« sidi btU
als ein irtum heraus. Die groDiwn der vermeintlichen uliarakteriittik» lief«ii ib»
eignen wego und kreuzten sieb oft genug. Welehes charakteristikimt war m«
eigentlich charakteristisch? — die consonanten, die vokale, uder die fteiionmdito-
gen? Je weiter die arbeit voran schritt, desto gri>«ser wurde die verwirrang. Da
volsog sich die erste durchgreifende nrnwandlong der alten Vorstellung von diilii>^
grenzen. Sie muete aufgegeben werden gegen eine neue, und diese Baue duU
gesucht werden nicht auf dem besobrünkten räume einer einxelnen provinz mit UM
speziellen sprachlichen Verhältnissen, sondern auf einem breiten gebiete mit nna-
nicbfaob wechselnden dialektgestaltungen. Diese methodische E^rdemng wurde la
antrieb zur ausdohnong des Unternehmens über gani Norddontschland.
Bei der weiteren bearbeitung des materials begann eine wuitore mogM'
tung der ansichten dos vortragenden vom zweck und weit des gaosen uiMn^
nehmens sich dnicbxusetzen. Wenn früher der wünsch dialektgrenseu hetziftell»
den leitenden gesichtapunkt abgegeben hatte, ho brach sich jett did DbennfUf
bahn, dasB eine methodisch umTasaende betrachtung sprachlicher orscheinnDgenjite
auch die scheinbar planlos auftauchende, sjioradisch sich entwickelnde ummniDuiC
im vokalismna, in der fomienbildung zu vorfolgen, zu wHidigen und zu ventthK
suchen raäsao. Nicht mehr nur die groben unterschiede festzustellen ist di« i*!'
gäbe der di&leklforacbung , sondern, wenigstens rein sprachlich genuwmen, b<i1I^
dialeklforschung darauf auagehn, alle abstufiingen der einzelnen laute uder fsniA
gleichviel ob sie nur innerhalb eines stammesgebietes oder an der gtttxK ifä''
st&mme, oder Ober mehrere atammeagebiete hin verbreitet sind, in ihran spM^
liehen werden und wachsen , in ihrer gegenseitigen bedingtheit danolagCB ■"*
wenn möglich zu vorstehen und lu erklären. Und gerade dieser roii) aprachUA'*
forachung eine höhere und wenn man so sagen darf, mikroskopisch genaue gr^^
läge zu geben, ist die hauptAnfgabe dea Sprachatlas.
Die geographische beliandlong dinloktiecber erscheinungen hat eimml '*"
£weck, die historisch - geographische erforschung unserer alten stamm esvorb<iü**^
wesentlich zn tSrdeni, nnd dann die viel umfassendere aufgäbe, d«rr r«in
aoben, sprach geschichtlichen forschung neues, zuverlässiges, methodisch fw
tea nnd durum auch metbodiscli vorwendbarea maU'rial zu bieten.
Die frage, wie ein rein geographisi-h (reordnet^r stofl tiata gtadM
betrachtnng dienlich worden kann, ni.i:: ' t ;''<:I LeanlwcrlAt weH^
OIESSENBR rHiLOi.oa. • VEBSAUL. ISSS 373
ntigen streng ubordeiitechen mucdarten , wie das ilinen zu griindo liegende alt-
boehdeatscha . haben vor zeiten e'nmal einen caneonantenstand gehabt , welcher dem
4ee heutigen eugliach sehr ühnlich ist. Wir können auch sagen, dass in einer
weniger zurückliegend en xeit jeuet consonantianma dem heatigea niederdeutachun
and weiter der heutigen mitteldeutacben eutwiukclDngBatufe geglichen habe. Diea
ist ein klares heispiel , wie sich ein geographisches übereinander gleichzeitiger
eraftieinnngen in ein hiatorisches nacheinander gleich Örtlicher ontnickelntigen umaetzen
lässt-. Dies verfahren nun, z\x dem uns die tatsache berechtigt, dass sprachliche
Umwandlungen «ich nicht auf allen teilen ihrea gehieta, gleich energisch, gleich
scbnell durchaetzen, wird auf die iiu apracbatlas niedergelegten tatsachen aasge-
dehote annendung finden. Überall aehen wir zwiauhenstufen, Übergänge zwischen
weiter ansein anderllegeade erachetnungen geschoben. Sa wird die in der Trierer
gegend vorkommende mnwandlung von i in a, z. b. ttand Kr kiiid stofenweiae vcr-
iDitt«It durch fast küncentriach gelagerte zonen , in denen sieb der reihe nach i, e,
6, o, a in diesen würtem Undet. Ebenso ist der mitteldeutsche Übergang von d
in I vermittelt durch das in vielen gcgenden erscheinende r, x.b. sdde, seirt, teile
S^T hochdeutach weiten.
So lioase sich auf dem material des Sprachatlas eine vetgleicbeada dialekt*
fotschang aufbauen, die als ein teil der vergleichenden indogermaniachcn sprach-
forscbang vor dieser den groasen vorteil voraus hat, daas sie mit lebendem, joder
deUillieiten fragcatellnng zugänglichen material arbeitet. Die gesetze sprachlichea
Werdens und wandcls lassen sich hier an der quelle studieren , und ihr Studium
wird reichen gewinn für jede Sprachvergleichung bringen, und gerade die germa-
nische spräche, die von UlGlas Zeiten bis heute in einer reihe reich entwickelter
bildungen vor uns liegt, eignet sich besonders zu einer solelien detaillierten dialekt-
forscbung. Allerdings iat dann die beschränkung des sprachatlasuntemehmons auf
Noiddeutschland mehr ala eine halbheit, ja, methodisch betrachtet, ein unding.
Soll der Sprachatlas seinen hauptzweck, eine einheitliche grnndlage zu jeuer for-
schuDg zu geben , erfüllen , so muas er auuii über Süddeutschland ausgedehnt wer-
den. Dm so mehr, da unsre mnndarten unauflialtsam dem verfalle, der sersetinng
durch das Schriftdeutsch u entgegengchn. Die dialektforsch uog kann heute noch
mit lebendem material arbeiten: in einem mcnschenalter wird sie es nicht mehr
können, wenigstens wird schon die nächste generation nicht mehr doa gefühl .einer
in sich einheitlich entwickelten mundart besitzen, das heute noch hei unserer laud-
bevölkerung wenigatena zu üudeu iat. Die innere Sicherheit wird aus dem mund-
artlichen lehen verachwnndeD sein, und eine wissenschaftliche orforachnng der dia-
Ickte wird sich dann auf schwankendem boden bewegen und mit zweifelhaften tat-
lacben arbeiten. Es komt dazu , dass der Sprachatlas keineswegs eine abschliessende
arbeit sein wird. Es steht vielmehr zn hoffen, dass er zu fruchtbaren systematischen
lokaJforschuDgon anregen wird, die eine notwendige ergänzung zu ihm bilden wer-
den. Auch diese arbeiten verlangen noch den feston bestand unserer mundarteu als
grondlage.
Solche erwSgungen hatten dun vortragenden veranlasst, in diesem frübjahr
di« ganze sacbe der köuigl. preassischen akademie der Wissenschaften zn Berlin
vorzlüegen und ihr den plan zu entwickeln, dass man nunmelir 8Qddent«elilund
gleichfals heranziehen oder wenigsteus lüe Vollendung des norddeutschen teils
beschleunigen miige, damit man in abaeUbaror zeit an Söddeutschland herantreten
IcSnne. Die akademie hat aich finauiiell ausser stände erklärt, diesem plane bei-
»rtrcten nnd zagleicb für eine weitere anterstetxung seitens des cultusministeriums
371 6TRACK
eine einschr&nkung und Verkürzung an der bereits begonnenen norddeutschen a
als bedingnng hingestelt. Damit aber würde der organische znsammenhang ser
werden, der die zahlreichen im matorial des vortragenden niedergelegten spi
liehen erscheinungen nach der planmässigen anläge der samlang zu einem fe
systematischen gef&ge verbindet, und es wäre damit die wissenschafUidie veri
barkeit der resultate in empfindlichster weise geschm&lert. Der vortragende a
daher, nach wie vor auf seiner forderung bestehn zu müssen, dass das begOD
nicht auf halbem wege stehen gelassen oder gar verkümmert werde.
Welch hohen wert das ganze unternehmen hat, Hesse sich veranadiaali
durch eine frage: was würden wir darum geben, wenn wir eine solche spnuii
samlui^ von ort zu ort aus der zeit Karls des Grossen besftssen? Hnnderti
rätseln, fragen und zweifeln wären durch sie mit einem schlage gelöst
So erwächst aus der klaren einsieht, dass die genaue feststellüng ob
heutigen mundarten vor ihrem gänzlichen verfall, für die kommenden jahrhnn
von unersetzlichem werte sein muss, dem vortragenden die pflicht, wider und i
mit seiner forderung hervorzutreten. Er hält fest an der hofnung, dass die *
sehe Wissenschaft mittel und wege finden werde, den begonnenen sprachatii
ganz Deutschland auszudehnen und ihn unverkürzt zur Vollendung zu bringet
auch er ein denkmal der einholt unseres volkes und unseres Vaterlandes. —
Nach beendigung seines Vortrages gewährte dr. Wenker durch vorzeiget
karten den mitgliedem der section einen interessanten einblick in das ganzen
nehmen; insbesondere hatte die versamlung gelegenheit si(^ mit eignen äug«
dem fortschritt, der gegenüber der ersten publikationsart , durch die neue me
der darstellung erreicht worden ist, zu überzeugen.
Hierauf ergriff herr prof. Braune das wort, um nochmals auf die wii
keit des untemehm/ens aufmerksam zu machen und zu betonen, wie ¥rünscheii
es sei , dass das werk in der geplanten volständigen form , vor allem mit znzu
von Süddeutschland, zur ausfnhrung komme. Um dies zu ermöglichen, sei c
das beste, sich an die reichsregierung zu wenden mit der bitte, das untemc
zu unterstützen. — Hieran scUoss sich eine kurze diskussion, an der sich dii
ren proff. Behaghel, Birch- Hirschfeld, Paul beteiligten. Auch dr. Wenker er
seine zustinmiung zu dem von dem Präsidenten gemachten verschlag. Auf a
des Präsidenten wird sodann einstimmig von der section beschlossen:
1) Dass es wünschenswert sei, dass das werk in der von dr. Wenker g<
ten volständigkeit zur ausfuhrung komme.
2) Ein gesuch an das reichskanzleramt zu richten mit der bitte, das i
nehmen zu unterstützen. Das Präsidium wird mit der ausfÜhrung beauftragt
3. Sitzung.
Die dritte Sitzung begann freitag den 2. octbr. morgens 8 uhr mit da
teilung des versitzenden, dass Zürich zum nächsten versamlungaort bestim
Auf seinen verschlag hin wählte die section zu künftigen versitzenden die l
pröf. dr. Tob 1er (I. vors.), prof. dr. Ulrich (U. vors.), beide in Zürich.
Hierauf ergriff herr prof. Kluge das wort zu einem vertrag «Obei
principien in der entwickelung der Wortbildungselemente.*
Die in Pauls „Principien der Sprachgeschichte" niedergelegten algeH
grundsätze sind bisher fast nur auf laut- und formenlehre angewend«! vi
Aber die in lezter zeit vemachlfissigte wortbildongslehre fiofat weit saveiiid
material für das leben und wachsen der apnolio ada dii gmamuäaribm la
^^^^^^^^ OIESBBNBB FB]IX>L0O. - VESgAW.. 188S 375
^^JutigeiL Man kann innerhalb dor cntwickelnngsRescbicbU von siirfkaii kl.ir Aaa
fMxt» verfolgen-, wie nrsprtinglioli funktionsloso elemcnto eine fncilitian iibnrneli-
men nnd dum produktive snfflie werden. Jedes wortbitdungaelement ron aasge-
ipmehener fanfction ist produktiv. Als beispiel bierffir fubrt der vortragende n. u.
in: gr. i^nni^öt, lat. iinüter, abd. irinisler. Dioae baben bei gleicher bedeiitnug
giM psraUele bildnng, die wabrach einlieh uraprünglich nnr einem von ihnen odur
i'innn gemeinschaftlichen protetj'p zakam und durch übertragang sieb fortpQatiztu ;
im griechischen nnd lateinischen wurde sie noch auf deitor: Silnfgos Gbertrsgen.
Bio gt^ichmässige bildung der germaniacben benennnngeu der himmelBgogendcn
ilirf auf grand des namena der Tiaigoten kein hohes alter beanaprachen . ebonao
™ p wall elbegriffe, wie ags, lefen : morgen, engl, evetiing — monüng nacbweisHoh
iiifht von jeher gleiche eiidnng gehabt haben. — Dieae aosätze zor produlitivitnt
lind wertvoll als äOBBerungen des algemoinen geBetzea, wonach die Wortbedeutung
riar «igentliehe anagangspunkt für die auttbreitang von anrflien ist. Griieaere naob
tifgflflichea gesiohtsp unkten gebildete Wortgruppen worden meist auf dem einen
mler dem anderen Bpracbgebicte dureb ein beEtimtoB suffii cbarakteriBiert. Ea lüaat
<i(li diese Produktivität der aiifilxform leicht an lehnsuftixen beobachteo , z. b. xu
mlii. huffenier, brusteiiier, herxsnier, lemlaner, schimer, miUenier, waren grnod-
IjpoD die entlebnton wwfr, Uatier, barbier, ^alier. Im altgemianischen lassen
räh feste stiffiie für beneDnungeo von krankbeiten, münzen, bäumen, kdrben usw.
loastatieren. — Die funktion spielt in der entwickelung der wortblldungselemente
die hasptrolle, ein gesichtspunkt , der aeitbor zu wenig zur geltuDg gekommen ist.
Ein anderes moment in der entwickelangageachichte der sufflxe steht im
'aummenhang mit der frage des auffizweebaels. Nirgends kann von beliebigem
nffiiwecbsel die rede sein. Eb iat in selcbeoi Talle xa unteraacben , ob nicht laut-
ffgeln zu stötungeo anlasa gegeben liaboo wie z. b. in peregrina» au pügrim,
AiniN zu himil. Hier bandelt es aich anch um unproduktive, lebloae wortbilduDgs-
'Irmeote. ~^ Uen Bchlnsa des rortrngs bildete der hinweia auf die mehrfach boob-
»thtete eracheinnng, daaa der Wortkörper zuweilen in kleinen gnippen dieselbe
^Ulisnniuit. z, b. raman. grevii-Uxw (fUr \&t. grani- levis); Aga, hUUr and pider
'w« hidtr aivl fadtr); ahd. Iiäcko — kräcko. —
Xach einer kurzen bomerkung des herra prof. Behaghel, der sich in den haupt-
!>>ikten mit dem lortragenden einverstanden erklärt, erhält das wort herr prof.
BcDgel £11 „Mitteilungen ftborWeigandsbriefwechsel." Dem vortragen-
n Weiganda tocbter, fran Oberlehrer dr. Flach in Wiesbaden der litterariache
S ihrea vaters, soweit dera ei be sich noch in ihren händeD befand, anvertraut
Derselbe besteht zum grossen teil aus collegienheften, aus entworfen von
ba TerüSentliehteu arbeiten, aus vortrügen, welche Wcigand iu Gteaaen gehatten
s rerschiedenen coUectaneen, aua einer anzabi altdeutscher porgamentblätl er,
f kllem aber ans einer samkng von an Weigand gericbteten briefeii einer grossen
i gelehrten, darunter sehr viele briefo nach lebender gelehrter, Über
[ Mlbstverständlich hier keine mitteilimg gemacht werden kann, obgleich sie
X wertvolles material für einen künfUgen ge schieb tascbreiber der deotscbeo pbi-
i während der lezten 40 jähre bieten. Von den verstorbenen correspon deuten
loda sind vor allen zu nennen die brfidor Grimni. Es sind 44 briefe , die
MmlehBt In der vuii dem vortrasfunden herausgegebenen aamliing von Grimmbrie-
I U llcBKiacbe freunde <l>d, 1 von „Private und amtliche Beziehungen der Brüder
I m HeHsen.'' Marburg 1886. 2 bde.) voistindig erscheinen werden, zugleich
^,§n der flteigut onrnpondanE Weigandi, soweit dieselbe »nf die brfl-
876 6TaACK
der Grimm bezng nimt. Veröfifcntlicht worden sind bereits von dem Tortragendea
die 6 briefe von Fr. Diez („Erinnerungsworte an Fr. Diez*', Marburg, 1883). Ausser-
dem liegen vor briefe von Cb. Crcizenach in Frankfurt (8. 10. 64), Lorenz Diefen-
bach (ca. 80 briefe von 1837 — 72) , Pb. Dieffenbacb in Friedberg (28 briefe ron
1841 — 58), Dietrich in Marbarg (4 briefe von 1855 — 61), GervinoB (7 briefe ron
1847 — 53), Grieshabor (4 briefe von 1846 — 50), v. d. Hagen (1 brief v. 26.4.42).
M. Haupt (4 briefe von 1841 — 48), Heinrich Hofimann v. Fallersleben (dickes pick
briefe von 1851 — 72), Osk. Jänicke (6 briefe von 1871—73), Earajan (1 bricf tob»
2. 6. 50), Kehroin (4 briefe von 1846—72), Ad. v. KeUer (8 briefe von 1846-72),
K. Müllenhoff (35 briefe von 1850 — 76), Franz Pfeiffer (22 bviefe von 1843-68),
Rud. V. Räumer (5 briefe von 1870 — 74), Franz Roth (52 briefe von 1844-67),
Heinr. Ruckcrt (1 brief vom 16. 1. 51), D. Schiller (2 briefe vom 23. 10. 6S and
31. 5. 65), A. Schleicher (1 brief vom 13. 7. 60), J. A. Schmeller (9 briefe von
1841 — 52), Vilmar (21 briefe von 1843—67), W. Wackemagel (5 briefe von 1846
— 62), J. W. Wolf (U briefe von 1850—53). Es ist der zweck dieser mitteünn.
gen, einmal die uächstinteressierten auf die existenz dieser wichtigen briefsamlang
hinzuweisen, und dann das augenmcrk der collegen auf ähnliche briefsamlungen n
lenken, die, wenn die nachkommen nicht rechtzeitig belehrt werden, meist &st
unretbar der Vergessenheit anheim fallen, die aber, wenn sie Borgfaltig geordnet
und sicher aufbewahrt werden , für die geschichte der betreffenden frissenschaft eine
im laufe der jähre immer wachsende bedeutung erlangen.
Nach einigen an den vertrag des herm prof. Stengel sich anschliessenden
bemerkungen des herm realgymnasiallehrers dr. Bindewald-Giessen, geht die
section über zum lezten punkte der tagesordnung, der besprecbung der „gntachten
über die von der Halleschen revisions-kommission herausgegebene
probebibel, abgegeben von den in der deutsch -romanischen section der phüolo'
genversamlung zu Dessau gewählten kommission ^ (Halle , Max Niemeyer 1885). -"
Exemplare dieser gutachten waren zwar an die sectionsmitglieder ausgeteilt wordeOi
aber die wenigsten hatten während der bewegten festtage zeit gefunden sich noi^
dem gegenständ vertrauter zu machen, so dass von einer eingehenderen besprechoi^^
der gutachten von vornherein abstand genommen werden muste. Zu der verbui^'
lung hatten sich auch einige theologen, meist professoren der nniversit&t Giess^^
eingefunden. Der präsidont eröftiet die besprecbung mit einem kurzen refent ül^^
die gutachten.
Auf der vorigjährigen philologenversamlung zu Dessau war auf antng vc^
herrn prof. Zache r-Halle zur prüfung der probebibel nach der Bprachlichen sei'^
eine kommission gewählt worden, bestehend aus den herren prof. dr. Paul-Fr^
bürg, dr. M. Rieger -Darmstadt und archivrat dr. E. Wülcker-Weinuur. Dani^
die ansichteu der drei kommissionsmitglieder zu weit auseinander gingen, als da-—
es möglich gewesen wäre, aus ihnen ein gemeinsames gutachten hennstellen, ^
legte jeder seine ansichteu besonders dar. Besonders scharf gegenüber stehen si^^
die gutachten von Rieger und Paul. Während ersterer einen mehr konservativ^
Standpunkt vertritt und meint, in der probebibel sei eher zn viel modemisie^
behauptet lezterer, um den text algemein verständlich zu machen, würde eine vi— -
durchgreifendere modernisierung notwendig sein. — Von herm prof. Zacher war^
hierzu folgende thesen eingesant worden, die nun zur Vorlesung gelangten:
1) In Luthers deutscher bibel vereinigen sich zwei meisterleistongen ent^
ranges, aber verschiedenen Charakters und deshalb verBchiedea ^
beurteilen:
6XS88BNSB PmLOLOO.-YBBSAML. 1885 37?
a) Die Übersetzung als solche, d. h. die möglichst getreue und rich-
tige widergabe eines Originalwerkes in einer fremden spräche. Für
ihre zeit und die damaligen hilfsmittel ein meisterwerk, heute viel-
facher berichtigung und Verbesserung fähig. Für diesen teil seiner
arbeit hat Luther den rat und die hilfe sachkundiger stets gern
gesucht, angenommen y verwertet.
b) Die form, durch welche die Bibel gleichsam deutsches original-
werk geworden ist, was kein geringerer als Goethe sehr richtig erkant
und gepriesen hat. Für diesen teil seiner arbeit hat sich Luther fremde
einwirkung stets ausdrücklich verbeten.
2) Soll Luthers Bibel revidiert worden, so ergibt sich die erste grundfrage:
soll sie Luthers Bibel bleiben oder nicht? Wenn nicht, so mache man
eine ganz neue Übersetzung, nach Inhalt und form. Wenn ja, so ändere
man in Luthers eigenem sinn und geist
Daraus folgt:
3) In der Übersetzung darf man nur das höchst sparsam und vorsichtig
berichtigen, was Luther selbst unbedingt als richtiger und als notwen-
dig anerkant haben würde , nämlich a) gröblich sinstörende fehler; b) we-
sentliche dogmatisch wichtige fehler. Alles andere ist für den blossen
bibelleser ädidtpoga, muss also und kann auch ohne allen schaden stehen
bleiben.
4) Die sprachliche form ist Luthers eigene originale Schöpfung, so
unantastbar wie Vossens Odyssee, Schlegels Shakespeareübersetzung. Rich-
tiger mag man sich ausdrücken können, besser nun und nimmermehr.
An diesem unvergleichlichen nationalen schätze sich mäkelnd zu vergreifen
ist eine sQnde wider den heiligen geist des deutschen Volkes. Den Griechen
ist es nie eingefallen, ihr national werk, den Homer, zu modernisieren. Wol-
len wir nach 2000 jähren weniger Weisheit, kunstsinn und geschmack, und
poetisches Verständnis beweisen als die alten Griechen? Die Bibel ein
Schulbuch zu nennen, ist geradezu albern; sie ist ein weltbuch, und
Luthers deutsche überdies ein nationalschatz. Daher muss alles
stehen bleiben , was irgend noch haltbar erscheint. Schwierigeres mag unter
dem texte, oder im glossar, aufs kürzeste und treffendste erklärt werden.
Die schule mag und soll mit nutzen und segen diejenigen partien lesen,
die für sie geeignet sind. Der lehrer soll lernen, was dazu nötig ist;
mag man ihm geeignete hilfsmittel dazu an die band geben.
>) Unter allen umständen, und ganz unbedingt notwendig ist die germanisten-
versamlung dem dr. Frommann eine einstimmige ehrenerklärung
schuldig und eine ab wehr gegen seine ebenso unwissenden als an-
m aasenden tadler. Dahin lautend:
a) Frommann ist ein treflicher kenner der deutschen spräche und ihrer
mundarten, von alter zeit bis auf die gegen wart; hat es durch gedruckte
leistungen glänzend bewiesen.
b) Er ist der beste kenner der spräche Luthers, in spede in dessen
Bibel. War aufs beste dazu gerüstet, und am besten, vielleicht wol
allein, dazu geeignet.
c) Er ist im principe richtig, im einzelnen höchst gewissenhaft, mit
geschick, takt, geschmack verfahren. Weite man etwas principioll aus-
setzen, so könte es höchstens sein, dass er sich unberechtigten forde*
87d BTRACK
rangen gegenüber zu nachsichtig erwiesen hat. — Sind Über manche
einzelheiten manche etwas anderer moinung, so wird dch das aniglei-
chen lassen; in der hanptsache und im principe wird dadurch nidits
geändert.
d) Nur wirkliche kenner sind berufen und befähigt ftber Luthers sprich«
und deren bohandhing in der probebibel zu urteilen. Vorlaute, abspr^
chende niohtkenner mögen sich getrösten mit dem sprflchkin desApel--
les an den vorlauten, absprechenden schuster.
o) Frommann verdient für seine langjährige, unermüdliche, treue, h'Ks-
dige, weise arbeit die volle freudige anerkennung aller germaniitar^,
aller freunde der vaterländischen spräche und litteratur, und den h^^L
des gesamten deutschen volkes.
Herr prof. Paul richtete hierauf an die versamlung die frage , ob sie ber^^it
sei eine bostimto ansieht in sachen der Bibelrevision auszusprechen? Die fin^^g«
wurde einstimmig bejaht. Hierauf ergriflf das wort herr prof. Stade-Gieu ^rin
(theolog). Er habe mit grosser freude gefunden , dass die gutachten darin fibereL si-
stimten, dass die Probebibel inkonsequent sei. Mit besonderer genagtnung ba"H)e
er das gutachten von Paul gelesen, der mit recht hervorgehoben habe, dass A^'^i'
gangbare Luthertext gar nicht mehr der alte Luthertext sei. Der vortragende we '^'
det sich dann mit einigen werten gegen die thesen von Zacher: ein yemiehtender'^f
urteil über die ganze revision sei nie ausgesprochen worden als diese thesen. Wei
es der kirche überhaupt nicht gestattet sei zu findom, wenn sich Luther das
drastisch verbeten habe, dann sei diese revision auch nicht gestattet Die gas^«
arbeit der revisionskommission sei mislungen. Vor allem sei daran schuld des«
gesch&ftsordnung , die jedes vernünftige resultat von vornherein habe unmögK^^li
machen müssen. Wirkliche sachkentnis sei in der kommission nicht xu werte gekocD-
men. Die sprachliche gestalt der Probebibel sei verfehlt. Man solle nicht glanbezi«
dem kind in der schule , dem volk sei etwas ehrwürdig deshalb , weil es in alt^f
spräche vorgeführt werde. Diese bibel müsse die kirche und die theologie aUol^*
neu; mit ihr könne man der gemeinde nicht entgegentreten. Die frage, ob übex*'
haupt eine revision möglich sei , die die spräche durchgreifend ändere , lastt der
vortragende unentschieden. Jedesfalls sei es kein unglüok, wenn vor der band ^^
Sache ins wasser falle.
Herr pfarrer Lindenborn verlangt, die Bibel möge sich mehr der heuti^^
spräche des volkes anschliessen , da sie doch von diesem verstanden werden soH^*
In der revidierten Bibel sei zu wenig geschehen in dieser hinsieht — Herr V^' \
Harnack-Giessen (theolog) meint, es handle sich um drei punkte: 1) den ntt^^
in gutem deutsch wid er zugeben ; 2) Luthers text möglichst zu erhalten; 3) ein ^^^'
ständliches buch zu liefern. Er fragt herm prof. Paul , ob er es für möglich b*****
diese drei aufgaben zu vereinigen, oder vielmehr meine, man solle einerseits ^^
Luthertext genau nach der lezten ausgäbe feststellen, andrerseits eine neue 0^^ '
Setzung geben, die sich in einigen punkten noch an Luther anschliessa. — ^^
Paul erklärt das leztere gemeint zu haben. Luthers text könne ja stUistiadi '^
bild sein, aber der unterschied der beiden Übersetzungen müsse sofort m tage .
ten. — Prof. Behaghel macht auf die Schwierigkeiten der revision, besonder^ "T
den briefen aufmerksam. — Prof. Gottschick- Glossen (theolog) hilt drei IM^' i
ausgaben für notwendig: 1) eine streng historisch auf Luther lurQekgdieiide &^* i
2) eine durchaus in modernem deutsch gehaltene, dem sinn ent^radicnte ^^^ |
&IB88BNBB PHILOLOO. - VEB8AHL. 1885 879
tMxagi 3) eine Bibel für den kirchlichen gebrauch, deren groudlago der Lather-
!ie text bilden müsse.
An der weiteren debatte beteiligen sich noch die herren prof. Behaghel,
irrer Lindenbom , prof. Paul , prof. Stade. — Bei der frage der abstimmting über
thesen von prof. Zacher erklärt dr. Strack, dass er dieselben billige, soweit sie
b mit dem gntachten Biegers deckten. Er könne überhaupt den principiellen
leinandersetzungen Biegers nur wort für wort beistimmen. — Auf antrag des
sitzenden wird beschlossen, die Zacherschen thesen nicht zur abstimmung zu
agen. — Hierauf bringt prof. Paul folgende thesen zur Verlesung:
Die sprachlichen abweichungen der Probebibel Ton dem Cansteinschen und
i Übrigen jezt Terbroiteten texten der Lutherbibel bestehen
1) darin, dass die bisher durchgedrungene modemisirung der Lutherischen
spräche, die hauptsächlich die sprachformen trift, zum teil durch zurück-
greifen auf den alten text wider beseitigt ist;
2) darin, dass andrerseits in beschränktem masse eine weitergehende moder-
nisierung Torgenommen ist, indem namentlich einige unverständlich gewor-
dene Wörter durch andere orsezt sind.
Die section erklärt nun:
1) in bezug auf den ersten punkt: die Wiederherstellung bereits beseitigter
arohaismen ist zu misbilligen, und der text, wie er sich jezt festgestelt
hat, nur insoweit an der band der Luthorschen Originalausgaben zu kor-
rigieren ^ als sich bei der modemisierung fehler eingeschlichen haben;
2) in bezug auf den zweiten punkt: eine modemisierung, die sich in den
grenzen der Probebibel hält, reicht bei weitem nicht aus, um den text
algemein verständlich zu machen und hat daher keinen rechten zweck. Die
forderung durchgängiger Verständlichkeit lässt sich überhaupt ebensowenig,
wie die durchgängiger richtigkeit der Übersetzung mit der pietät gegen den
Lutherschen text vereinigen. — Unter diesen umständen bleibt nichts übrig
als folgendes:
1) der Luthersche text bleibt im wesentlichen in der gestalt, wie er sich
jezt festgespzt hat, unangetastet und wird nach wie vor durch die Bibel-
geselschaften verbreitet als ein hochbedeutsames werk unserer litteratur
und als ein erbauungsbuch , welches man der grossen menge der evangeli-
schen Christen, die sich an dasselbe gewöhnt haben, nicht entziehen darf;
2) daneben tritt eine berichtigte Übersetzung, für welche Luthers text nur
insoweit massgebend sein darf, als dadurch der Verständlichkeit ebenso-
wenig wie der richtigkeit der Übersetzung abbruch geschieht. Diese muss
ebenso zugänglich gemacht werden wie jene.
An der sich hieran anschliessenden kurzen debatte beteiligen sich die herren :
>f. Gottschick, prof. Paul, prof. Behaghel, dr. Wetz, prof. Birch- Hirschfeld,
>f. Eölbing, pfarrer Lindenborn. Nach den ergebnissen der debatte hält es der
atzende nicht für opportun, über die Panischen thesen ins gesamt abzustimmen,
■^dem es werde genügen die eine frage zu beantworten, die er folgendermassen
nmifiert: „Ist es wünschenswert, dass bei einer revision sprachliche altertümlich-
Hon, welche in den verbreiteten ausgaben beseitigt sind, wider hergestelt werden ?'*
ittk einer kurzen geschäftsordnungsdebatte wird die frage von der versamlung
^aeittt mit allen stimmen gegen die von dr. Strack, der sich der abstimmung
580 XIH BBIBF LACHMAHXS
Der vorsitzeDde stelte nnn den zweiten antrag: .Die ▼ewamlniig oimt dit
gutachten der kommission and die thcsen des herm prof. Zacher mit dank nr
kentnis, hält aber die sache für noch nicht spruchreif, am podtiTe vonehUge n
machen/ — Da die meisten sectionsmitglieder den wansch hatten, noh aach nodi
über die frage der modernisierung anszosprechen, worde zonachst dieser antrag mit
allen gegen 5 stimmen abgelehnt. — Hieranf worde über die zweite Panlsdie these
abgestimt, der herr prof. Behaghel folgende form gegeben hatte: .Soll sar erleich-
ternng des Verständnisses überhaupt modernisiert werden, so genügen die in der
Probebibel vorgenommenen änderangen nicht." Der abstimmang enthielten sidi die
herren Bindewald, Birch - Hirschfeld , Freymond, Strack, Wetz. Yen den flbngw
10 anwesenden mitgliedem der section wnrde der antrag angenommen. Auch der
vorher abgelehnte zweite antrag des versitzenden gelangte nnn za einstimmiger
annähme. — Nachdem noch prof. Soldan dem Präsidenten nnd den schriltfUirafi
den dank der section aasgesprochen hat, schliesst der erste versitzende mit einign
abschiedsworten die sitzong.
OIB88S1C. A. BTRACaL
MISCELLEN UND LITTERATUR
Ein brief Laehmanns.
Mein verehrter Frennd,
So geschwind widerspreche ich mir nicht. Sie werden | aber zugeben din
ein vollendetes werk gleich- 1 wohl fortgesetzt werden kann. Ich nehme an 1 1) eisn
Dichter des jüngeren Titnrel, der ihn viel- | leicht auch vollendet, d. h. mit der
S. XXX angoführ- | ten Strophe da ihm einen Schlass gegeben hat wo | nach dem
Parzival die Fabel aufhört.
• 2) einen Fortsetzer Albrecht, der das folgende angehängt hat.
3) einen Umarbeitor der im jungem Titurel | ursprünglich unverändert gelas-
senen eschen- | bachischen Strophen.
Dass Herr B R Schulz den Parz. in 8 Bücher | theilt, ist nicht meine Schuld.
auch nicht | seine: als er schrieb^ war meine Aus- | gäbe noch nicht heraus.
Der Ihrige
Lachmann
10. Mai 35.
Dieser brief Lachmanns, dessen mitteilung wir der gute des herm prof.
F. Kluge in Jena verdanken, befindet sich in einer erst neuerdings erworbeneo L&d-
doner handschrift (Egcrton 2407), welche briefe aus den lezten Jahrhunderten, von
verschiedenen Schreibern an verschiedene empfanger gerichtet, enthält, also doch
wahrscheinlich wol von einem autographensamler zusammengestelt worden ist
Laehmanns erste ausgäbe Wolframs erschien 1833. Die erste ausgäbe der
Übersetzung von A. Schulz (San-Marte) erschien 1836, und ihre vorrede ist datiert
„Naumburg im Juli 1835 ," mithin später geschrieben als dieser brief LachnULUtf.
Dieser Übersetzung liegt , nach der eigenen angäbe des Übersetzers , „ der text der
Lachmannschen ausgäbe zum gründe ," und Lachmanns abteilung des Parzival in
sechszehn büchor war dem Übersetzer wol bekant; aber aus gründen, die er in
der vorrede s. V angibt, hat er das gedieht hier in drei hauptteile von je drei
büchern, also zusammen in neun bücher, zerlegt. Mitbin muss sich die ang*^
lAchmamis anf irgend eine frühere, irgendwo gedruckte äossernng des herrn reg.-
nies A. Schulz (San-Marte) beziehen.
An wen der brief gerichtet ist, darüber gebricht leider jede angäbe, und
ns dem Inhalte Iftsst sich ein fester anhält für eine Termutnng schwerlich gewinnen.
LEXIKALISCHES.
Erre^ ErTen, ünterren im AltkSlnischen.
Die erbleihe ist ein vertrag, bei welchem der eigentümer eines grund-
(t&ies dasselbe einem andern überträgt and dieser, der beli ebene, für sich imd
Ktine erben als besitzer des betreffenden grundstücks einen jährlichen zins verspricht
)er leiheherr behält sein eigentum und als Inhalt dcsselbep das recht auf zinsbe-
ng. Der beliehene erhalt die „gewere'^ am grundstück ; er erscheint als der oigent-
ieiie Vertreter des grundstücks und wird daher im grundbuche an dasselbe ange-
chreini Das Verhältnis der erbleihe wird ausgedrückt durch „jure hereditario
abere, possidere*' usw. oder „habere mansionem hereditariam.*' Hereditas ist alt-
ölnisehes ervt, ervgued und bezeichnet zunächst das unbewegliche gut, den grund-
^tz gegenüber dem beweglichen vermögen, der fahrenden habe, sodann auch
sehte an unbeweglichen sachen, sowie rechte, die dingliche momente in sich schlies-
3n, die reallasten. Gerade in dieser bedeutung komt hereditas erve häufig vor.
dieser bedeutung entsprechen dann die von erve abgeleiteten verba erven, unterven
^ mit einem unbeweglichen gute versehen oder desselben sich entäussem. Vgl.
[«gens Beimkronik (Städte -Chroniken XII, 55) v. 1191:
hei toolde si erven unde gaiden
dat 8i sich mit eme verbunden usw.
Y. 5531 : is d<U toir Kolne wwmen
ich soll tuih aUe erven da enbinnen
^«▼erslaicht v. 502:
mer künden siH noch gewerven
dat si uch mochten entsetzen ind ent erven.
Wie wenig unterven dem viel engem begriff des heutigen „enterben" ent-
"^t zeigt eine Urkunde von 1386 (£nnen Quellen Y s. 527 nr. 369), wo Katha-
^ von Cnesin und genossen dem hospital Ipperwald einen erbzins vom hause
höfisch übertragen: ind havn uns i/nd unst erven der vurschr, eicht gxddene
^terft ind dat vurschr, hospitaü geerft, Synon. damit ist gueden und entgueden
l-cr untgiieden.
Das ist also die algemeinere altkölnische bedeutung, die ich in dem wb. zu
^ Chroniken XII — XI Y gänzlich übersehen habe. £rst der für Altköln epoche-
i^ende längere aufsatz von dr. jur. Josef Gobbers aus Crefeld, zugleich dok-
idissertation: „Die Erbleihe und ihr Verhältnis zum Bentenkauf im mittelalterlich.
^In des XII — XIY Jahrhunderts^ (Weimar, Hofbuchdruckerei) hat mich des
ehtigen belehrt .
Daneben findet sich aber schon der engere begriff späterer zeit von erven
dat in Hagens Beimchronik v. 2883 :
hei solde sin nist node verderven
unde it sinen kinden erven,
1) Die gen. abhandlang ist zu finden in der Zeitschrift der Savigny - Stiftung
^ BMitfigMchiflhte lY. bd. GermaniBtiBche abteilung.
ä82 ükcmiA
Zur spräche der Hambnrgrer im Yorlgen Jahrlmiidert.
Die spräche dor Hamburger solte eigentlich plattdeutsch sein and die ipndiai
wenn man sie in der gewalt hat, ist ner?ös, angenehm and zam singen geichickl,
hat ilire eigenen redensarten und eigenen Schönheiten. Man hat hochseitgediebtei
die zum scherz in dieser spräche verfertigt sind und wahre mdsterstficke heineii
können : aber viele verstehen sie gar nicht und lernen sie nicht Man redet hoelft-
deutsch, aber in einem erbärmlichen djalekt; man sagt maude st. mode; hUftmcL.
bleibt; Tacfiesua st. Jesus; bettken st. bischen; water st. wasser; gr(fU st grOiee ;
eten et essen; tu st zeit Lat mick mit free, Win st wein asw. Fnuufioctli
und englisch lernen alle junge leute und zum teil von gar elenden sprachmeiiterBi.
Vermischte bemerkungen auf zwei reisen durch Niedersachsen a. 1774/177' &
Von Heinrich Sander, prof. am gymn. Illustre in Karlsrahe. Widmung s. schwtt»^-
schen reisen an mad. Grotian in Hamburg.
BONN. ▲. BIRIilHOIB.
Jahresbericht über die erscheinungen auf dem gebiete der germanisehi
Philologie herausgegeben von der gesellschaft für deutsche philol«
gie in Berlin. Sechster Jahrgang. 1884. Leipzig, verlag von Carl
ner. 1885. IV, 418 s. 8«. m. 8.
Ein buch wie dieses ist nur in Deutschland möglich, we der mann der
senschaft, selbst wenn er mit irdischen glücksgütem so wenig gesegnet ist,
er sich nur mühsam durchs leben ringt, doch im reinen Interesse seiner
Schaft und aus liebe zu derselben sich andauernden, anstrengenden
liehen arbeiten unterzieht, ohne einen heller Vergütung, geschweige belohni
dafQr zu erhalten , oder auch nur zu erwarten. Um so mehr haben wir allen
zu dankbarer anerkennung der aufopferung jener manner, welche nun schon
sechsten male uns einen Jahresbericht über alle erscheinungen auf dem gebiete
deutschen philologio bis ins 16. Jahrhundert hinein darbieten, während die mi
von ihnen durch Verwaltung eines lehramtes an höheren schalen doch schon
lieh, und zum teil sogar überreichlich in anspruch genommen sind. Unbillig
wäre es und undankbar, kleinlich zu bemängeln, dass dies oder das dem
oder der ansieht des benutzers nicht ganz entspreche, und nach seiner meiiang
oder so anders, besser und ihm genehmer gestaltet sein solle. Denn es ist do^^^
wahrlich keine kleinigkeit, über 2000 nummern von büchem und aafsätien
durch-, oder doch wenigstens anzusehen, dass man gedrängteste aoskonft
ihren Inhalt, und etwa auch noch eine ansieht über ihre bedeutong oder il
wert auszusprechen vermag: auch wenn solche arbeit sich anter mehrere verteilt
Der 6. Jahrgang, über das jähr 1884, bietet 2079 nummern und leifilt
28 abteilungen, und zwar: 1. 2. Algemeine lexikographie und namenforscbi
3 — 5. Grammatisches; 6. Litteraturgescbichte; 7 — 10. Realien; 11. 18. 16. 19.
21. Gotisch, skandinavisch, englisch, friesisch, niederländisch, mit
13. 14. 15. 17. 18. Ober- und niederdeutsch; 22. Geschichte der germaai»cl^^
Philologie; 23. Pädagogisches (deutsches und englisches für schulzwecke). Sehli«^'*
lieh folgen sorgfältige namen- und Sachregister. Neu hinzagekonunen in die*^'^
jahrgange ist der 15., das 16. Jahrhundert befassende abschnitt (nr. 1077 — 1^^^
Für lehrer wird von näherem Interesse sein die lezte, die „pädagogische abteiloi^e '
reichend von s. 344 bis 394 (nr. 1775—2019). Recht zweckmässig ist, dass »»^
jedesmal die bereits anderwärts erschienenen recensionen und besprechongsn ^
dBBB GB1KMANI8T. JAHBBSB. 1885 ^Hä
treffenden baobes oder aufsatzes aDgegeben werden. Die gesamte anordnung ist
'stematiseh in bequemer Übersichtlichkeit.
Da nun professor Ph. Strauch in Tübingen begonnen hat, im „Anzeiger für
iiiisehea altertom und deutsche litteratur", (gehörend zu der von Haupt begrün-
ten , Zeitschrift für deutsches altertum''), ein jährliches knappestgehaltenes ver-
bhnia der erscheinungen auf dem gebiete der neuhochdeutschen litteratur zu
«fem, kann man jezt in diesen beiden bibliographien den gesamten Jahresertrag
f dem gesamtgebiete der deutschen philologie bequem überschauen, während
aiehieitig aach die nicht minder verdienstlichen übersichtlichen Jahresverzeichnisse
der von prof. Bartsch herausgegebenen „Germania^ ihren fortgang nehmen.
Gegen die früheren Jahrgänge ist Inhalt und umfang des sechsten beträcht-
h angewachsen , und in folge dessen ist der ladenpreis auf 8 mark erhöht wor-
n; auch jezt noch nicht zu hoch in anbetracht des gebotenen. Überdies gibt die
3action im „verwerte" bokant: „Wer seinen namen als mitglied der geselschaft
xhnet, erhält ihn bei pränumerierung von 6 mark portofrei zugesant Für den
eis von 6 mark sind auch Jahrgang lY and Y (1882. 1883) durch den unterzeich-
ten [K. Einzel] zu beziehen."
Für den pfleger und den liebhabcr deutscher spräche und litteratur ist die-
: Jahresbericht nachgrade fast unentbehrlich geworden. Und dass keine lehrer-
Dliothek der gymnasien und realschulen ihn anzuschaffen unterlasse, bleibt drin-
nd zu wünschen. ■ Wer durch Jahrzehnte lange über verschiedene provinzen sich
itreckende erfahrung überreiche gelegenheit gehabt hat, zu gewahren, wie man-
Ihaft, ja wie schlecht und selbst elend die lehrerbibliothekon dieser anstalten zum
1 aoBgestattet und beschaffen , ja mitunter sogar verwaltet sind , der muss immer
id immer wider darauf dringen , dass hier endlich wandel geschaft werde. Alles
iinaGhaffeny was im gebiete der auf den schulen gepflegten Wissenschaften wich-
^ und verdienstliches erscheint, das vermag freilich keine solche bibliothek.
Hr den betreffenden lehrem muss doch die möglichkeit geboten werden , dass sie
tahren, was je auf ihren gebieten erschienen ist, und dass sie damit auf dem
nfenden ihrer Wissenschaft erhalten bleiben.
Den herauBgebem aber wünschen wir beharlichen mut des ausdauerns und
Q wolberechtigte freude gedeihlichsten erfolges. Schliesslich bitten wir sie , ihr
'S^nmerk wesentlich zu richten auf gedrängte, möglichst klare und möglichst
jective angäbe des Inhaltes; mit eigenem urteile aber vorsichtig hauszuhalten,
Q es um so wirksamer aufzusparen für die in den speciellen her eich ihrer eigenen
idien derart fallenden werke, dass sie aus volkommener beherschung des gegen-
^des leicht und sicher ein richtiges, zutreffendes urteil darüber abgeben können.
Zuschriften in dieser angelegenhoit sind zu richten an herm gymnasiallehrer
Karl Kinzel, Friedenau bei Berlin.
HALLE, 24. DSCEHBBB 1885. J. ZACHRB.
Utsche Glossen in dem Yocabular Niger Abbas (Metzer hs. 293) von
iL Flobr« Separat -Abdruck aus den Strassburger Studien. Strassburg. Yer-
lag von Karl J. Trübner. 1885. 3 m.
Der Verfasser veröffentlicht die deutschen glossen aus dem im 15. jahrhun-
t geschriebenen Vokabular Niger Abbas, von denen schon Mone (Anzeiger für
' Kunde teutscher Yorzeit, bd. Y s. 234. 1836.) den anfag mitgeteilt hatte. Nach
^tr reihe dankenswerter bcmcrkungen über geschichte, zweck und quellen des
384 kLLTNGBB, ÜB. KIGEB ABBAS BD. PLOBB. BBDXAim, i^B. t7Lt.tS»B&0BB , UOVÜBBMaL
glossars und hinweisen auf verwante handscbriften bringt er die gloasen Bweunal
zum abdmck, einmal nomeriert in der reihenfolge, in welcher sie die hftodfldirift
bietet, und das andre mal in kategorien alphabetisch eingeordnet, ohne beüttgimg
des lateinischen textes. Auf grand einer eingehenden nnterBüchnng des laatbeitMi-
des der deutschen glossen komt der Verfasser zu dem resnltat, du» die gegeiid
zwischen Metz und Strassbnrg als die hoimat der handschrift anzonehmen sei, eine
hypothese, welche durch die mitteilungen, die s. 2 fg. aus dem gioBsar gemadit
werden, noch wesentlich bestärkt wird.
In bezug auf die benutzung von Ovids Amorcs in den klöstem des mittel-
alters hotte auf die bemerkungen verwiesen werden können, die Wattenbmch (Ge-
schieh tsquellon , 4. aufl. Bd. I s. 264 fg.) über die benutzung der Ars amandi macht
Der Verfasser würde dann die folgerung vermieden haben, welche er b. 7 ans der
anführung eines vorses der Amores zieht: „Selten alle derartige dtate nicht selbet
gewonnen, sondern aus andren handscbriften (vielleicht dem GraecismuB des Eber-
hard von Bethune, um den ich micli vergeblich bemüht habe) entnommen sein, wo
zeigen sie doch immerhin das interesse, welches der Schreiber für sie gehabt hat*
80NDEB8HAUSEN, AM 8. DBCEMBEB 1885. GEOBG BLUHeKE.
Ullsperger, über den Modusgebrauch in mhd. Belativsätzen I. II. (Jah«
resbericht des k. k. Staatsgymnasiums.^ Smichow 1884. 1885.
Die meisten und interessantesten falle von relativsätzen sind behandelt, der
schluss steht noch aus. Die reichhaltige samlung von beispielen anch fülr den
indicativ bietet eine sehr dankenswerte ergänzung aller Untersuchungen dos mhd.
conjunctivs, auch der von Bock (QF. 27). Dass der indicativ in vielen fUlen steba
geblieben ist, für den man den conjuuctiv erwarten könte, wird keinen verBt&ndigea
überraschen; es konten eben feinheiten durch den conjunctiv aasgedr&ekt werden,
auf die man in anderen fällen verzichtete. Die motivierung beider modi ▼ersucht
Ullspcrgcr überall scharfsinnig; vielleicht hätte sich manchmal eine einfachere fiiw-
sung finden lassen. Ich würde alle fölle des conj. auf die optativische oder Poten-
tiale bedeutung zurückzuführen suchen, d. h. darauf, dass der satzinhalt als ein
gewünschter oder bloss als möglich vorgcstelter (beides vom sprechenden oder aaeh
von einem anderen) bezeichnet werden soll. Auch vorg&nge, an deren geschehea
oder geschehensciu der sprechende nicht zweifelt, kann er als bloss vox^gestelt
bezeichnen (dies ist § 5c etwas weitschweifig ausgedrückt; vgl. § 18, wo mit recht
diese auffassung für Walther 5, 27 geltend gemacht wird : daus uz dem werte enod^
Ben 81 , dcLZ tat von kifides sinnen tri) ; andererseits kann er eine handlang als einem
subjecte im algcmeinen zukommend im indicativ ausdrücken, auch wenn daa wirk-
liche eintreten derselben erst gefordert oder gar verneint wird (§9c: wi9et
den pfat, der mich leitet an die atut, nicht leite, wie man erwartet; § 22, 1 :
da nieman, der in wert ^^ wenn niemand da ist van den leutenf die ihnem tM^broi;
und solche gibt es).
Die einsieht in die mannigfaltigkeit des mhd. Sprachgebrauches wird dnrdi
die arbeit gefordert. Es wäre zu wünschen, dass sie nach ihrer Vollendung anch
buchbündlerisch zugänglich würde.
BBBSLAU. 0. BBBMUni.
Hullo a. &., Buehdruckerei dos TTaisonhansoi.
Inhalt
Kill Aititttrhe% |iii[i|H-niipii'l : Alcesli-^ Vim Ocorn; Eilingitr
llrr tnlüiltiv nadi ut/lm uml den vpHia |>niel(!iito-pnuisBn(Jft En dm
n|ieu Hanniaiim von Ahp (Sokitiss.) Von Dr. Sf-tTina von
Mon«tiTler({-MUn(^k(>nftu
/ur TinttlKli«!! «ap'tikuiiiltt. I. Von J. /.initt^rle . _ . - .
C\kt KrirniT iinil vcmMnilrc crw-buinunsi-n in Jit tnitlvUicidideiUsehoa
l^rik. (Scliluw.) V.m II. Üink*- . . - . -
Itae n-rtnitn imil ntimcn in Notkttn Aristorclps. Vim J. Kollft
Itifrirlil nbpr diu vt^rtiandluagen der demacb-ronanisrlmi mcÖM
ilnr XXXV III. vorsstnlang <l(>nIi«h(T |itillob|i«n nii't wlml-
infliinur In (Hi'iiscn, 1HH5. Vuii A. Slratk . .
MiscHlpn uii.i Littcratur.
Ein bri"f LaclimuniiB . . ... ...
Levikuli^cbfii Isrvf, orvcii, uLitprvcn im AltküluiBchfii. ^ Zur Hitrsitbc
iler Hamburger im Vf>ni^>n jahrbonderi. Von A. Birliiig«r .
.lahn-sbii rieht llbor ilif crsrlii'ioiiiigBn auf ilem gebiete iter igeni
pliUologio heransKeaflbi'ii von der gesslbchaft fttr deuucbe |
iit ftnrliii. ^echsKT jahrgaug. ISft-l; aogez. von .1. ZsEher.
DuutHi^lio ({liJHsen iti dem vocabular Niger abhu (Meuer li
von M, Flotir: angcit. vou G. Elliugcr. 383. - Clkpcrgcr,
den mi)dus(t<'brauf)i in mlid. rolativsatzen. I. II,; wifex. von 0. KU
maiin. ftH4.
ZErrscnRTFT
)EUT8CHE PHILOLOGIE
lIEnAÜSGEOEBEK
Du. ERNST HOPFNCR D». JULIUS ZACHER
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TlllUiAA nRB MlllllltAltllLrK^ tiRa tVAIHE!cn*IJKIU>
ISKt!
iKEHARDS „EXOERPTUM DE VITA ALEXANDRI
MAGNI" UND DIE HISTORIA DE PRELIIS.
Bekantlich enthält die Weltchronik des Ekkehard von Aura
umfangreiches „Excerptum de vita Alexandri Magni'S über des-
stellung zu den übrigen bearbeitungen der Alexandersage die
langen noch immer auseinander gehen. Die gruudlage dieses
rpts bildet ersichtlich Leos sog. „Historia de preliis'' nebst der
istola Alexandri ad Aristotelem de miraculis Indiae.'^ Der heraus-
r der Weltchronik (M. G SS. VI), Waitz, der beide werke in der
)en Bamberger Sammelhandschrift E. III. 14 (B) vorfand, nahm
weiteres an , dass diese Ekkehards quelle gewesen sei , da Ekke-
ofTenbar auch andere stücke aus dieser handschrift benuzt hat. Man
I jedoch seiner behauptung kein gewicht bei , wol namentlich deswe-
weil die interpolierten texte der Historia de preliis , mit denen das
-pt mancherlei Übereinstimmung zeigt, von ihm gar nicht in betracht
i;en sind. Vielmehr scheint die anschauung , dass Ekkehards bear-
ng nicht auf die Bamberger handschrift zurückgehe und folgerich-
bei ihrem hohen alter, als ein wertvolles mittel zur widerherstel-
der ursprünglichen gestalt der Historia de preliis zu gelten habe,
rdings die herschende zu sein. Erst jüngst noch hat dieselbe in
ingerle (in dessen schrift „Die Quellen zum Alexander des Rudolf
Ems'') und 6. Landgraf, dem herausgeber des Bamb. textes der
i. p., Vertreter gefunden. Bei der Wichtigkeit der frage für die
critik der H. d. p. , deren ergebnisse ihrerseits wider für die kritik
zahlreichen ma. Alexandergedichte bedeutung haben, ist eine aus-
iche Untersuchung wol nicht überflüssig.
Dass sich Ekkehard eine zeit lang in Bamberg aufhielt und dort
einer chrouik schrieb, hat Waitz (s. 2) mit ziemlicher Sicherheit
gewiesen. Dass die handschrift E. III. 14 der kgl. bibliothek zu
berg bereits im mittelalter in Bamberg aufbewahrt wurde, lässt
notiz vermuten, die mit schriftzügen des 12. — 13. Jahrhunderts
lern lezten blatt eingetragen ist: „m. m. dci gratia decanus maio-
töibenbergensis ecclesie.'' Um dieselbe zeit werden in einem bücher-
dichnis der Bamberger dombibliothek (Oken, Isis bd.XXII s. 1237;
Jäck, Beschr. d. öff. Bibl. zu Bamb. bd. II s. XLII fg.) nach oinan-
ITBOHB. F. DEUTSCHE PHILOLOQIK. RD. XVUI. 25
386
AUS^SLi)
der aufgeführt: „Entropii gentilis historia romana. Historia romana a
Paulo digesta." In rücksicht auf jenen ein trag dürfen wir wol anneb-
men , dass in diesen Worten eine bezeichnung unserer handschrift steckt
Denn diese begint mit dem briefe, in welchem Paulus Diaconus seine
bearbeitung des Eutrop der herzogin Atbelberga widmet and seine
erweiterung des ursprünglichen textes damit begründet, dass der her-
zogin an Eutrop misfallen habe ,,quia quasi homo gentilis nuUun
commemorationem fecit de diuina historia^ ; und diesem briefe wird
sodann die Epitome des Aurelius Victor in einer weise angereiht, ab
sei dies die versprochene bearbeitung , daher auch von anderer hand
die Überschrift „ystor. Rom. a Paulo digesta" hinzugef> ist (vgl
Arch. IX s. 675).^ Die handschrift gehörte also jedenfals im mittel-
alter der Bamberger dombibliothek , und wurde dieser wol durch ihren
begründer, kaiser Heinrich n, geschenkt , der auch in Italien -=- daher
stamt die handschrift unzweifelhaft — bücher erwarb (Jäck a. a.a
s. n) , und aus dessen Stiftung die mehrzahl der älteren stücke , „deren
meiste einen italienischen Charakter haben"* (a. a. o. s. III), herrfili-
ren mag.
Die handschrift war somit vermutlich für Ekkehard sehr bequem
zu erreichen. Hat er sie nun auch benüzt? Er hat von den werken,
die in derselben enthalten sind , eine ganze reihe f&r seine chronik ver-
wertet, und zwar haben ihm einige derselben in einem eigentümlich
veränderten texte vorgelegen, welcher — ein erzeugnis unteritalischer
bearbeiter — nirgends sonst als in dieser handschrift überliefert ist*
Waitz hat dies (s. 5) an einem beispiel dargetan. Es genüge hier ein
beliebiges weiteres anzuführen:
Ekk. 143, 44 fgg.
Alboin igitiir petiit auxi-
liam ab antiquis Saxo-
nibus amicis suis, nt
spaciosam Italiam intra-
Paul. hist. Langob. II , 6.
Alboin voro ad Italiam
cum Langobardis profectu-
rus ab amicis suis ve-
tulis, Saxonibus, auxi-
lium petiit, quatonus spa-
tiosam Italiam cum plu-
ribus possessurus in-
trarot. Ad quem Sa-
xonos plus quam vi-
B144^
Alboin petiit adiutorium
uetulis saxonibus ami-
cis suis, ut spaciosam
italiam cum multis iu-
trarcnt. cui saxonoslrot cum multis. Coi
plus quam cum uigin-
ti milibus iuncti sunt,
cum mulieribus et filiis suis,
et sccundum oius uo-
Saxonos plus quam
cum 20000 iuncti saot
et secundum eins to-
luntatom cum uxoribas
1) In dem bticherverzeichnis sind die wortu „historia romana'' offenbar irtnm-
lich widerholt, und es solte eigentlich heissen: „Eutr. gent. hist. rem. a. P. d." —
Eine Umarbeitung der hist. Rom. des Paulus steht in B Fol. 24* — 65**, ißt aber
bei der änderung des textes und dem fehlen des titeis nicht ohne weiteres als aolcht
orkenbar.
2) Nur im cod. Vatiean. 1984 findet sich ähnliches; vgl. Wait«, ArcLH
ö. G82 fg.
SKKBHABD U. DIE EIST. DE PEEL. 387
luntatcm iiitraneruiit
cum CO italiaiu.
ot Ullis Italiam cum cu
intraveruiit.
ginti milia virornm
eun nxoribns simnl et par-
thHb, ut cam eo ad Ita-
tiam pcrgerent, iuxta
Pins Tolnntatem vene-
rn nl
Demnach ist wol sicher, dass die handschrift in Ekkchards hän-
den war; und also lag ihm auch der Banibergcr text der H. d. p. und
der Ep. vor, denn die heschaffenhcit der liandschrift zeigt uuzwoifol-
huft, dass die verschiedenen teile derselben bereits iun orte ihrer cnt-
stebung ein zusanmiengehöriges ganzes bildeten.
Hat nun Ekkehard, wie von sonstigen stücken der handschrift,
au eil von der H. d. p. und Ep. gebrauch gemacht? Eine vergleichung
derselben mit dem Excerpt weist nicht nur eine bedeutende Überein-
stimmung im Wortlaut auf, sondern ergibt überdies, dass sich der
gesamte Inhalt des Exe. aus diesen beiden abschnitten herleiten lässt,
mit alleiniger ausnähme folgender zusätze: E. 62, 13 fg. (Nectanebus,)
qu.i regis Persarum Artaxersis, qui et Memnon dictus est, fuit con-
tenaporaneus : aus Hieron. chron., wo Nect. unter diesem Persorkönig
merst erwähnt wird; E. 62, 17 Curaque regnaret (Nect.) auuis decem
6t ccto: aus der angäbe des Hier., dass Nect. 18 jähre regiert habe;
E- 66, 35 invenitque ibi matrem Darii et uxoreni eandemque soro-
T^Txx et duas filias eins statt 6 205° I. i. m. D. et uxorem et filios
^tia (ebenso 67, 54. 59. 60; 68, 1 „filios" in „filias" geändert): aus
Oros. HI, 16, 9; E. 69, 44 — 47 Cum Poro — restituit: aus Oros. III,
1^» 3. 4; E. 70, 13 — 27 Deinde Adrestas — urbem expugnavit: aus
Oi'os. m, 19, 4 — 11; E. 73, 7 fg. Halestris — excitata: aus Or. HI,
^ö ^ 5j E. 75, 12 — 20 Post peragratam — rumorem: aus Oros. III,
1^, 2. 1; 20,1—3; E. 75, 54 (Ptholomeus) filius Lagi: aus Hier.; E. 75,
5B fg. regni - regnavit : berechnet aus Hier.: „AI. obtinuit Babylonem
^"terfecto Dario , in quo Persarum regnura destructuin est. AI. regnum
Aaiae anno regni sui VII occupat et tenet omnia annis XII." * —
O^'osius und Hieronymus sind aber hauptquellen Ekkchards fiir die alte
S^Bchichte, so dass nicht auffallen kann, wenn sie auch in dieser
P^iflie gelegentlich herangezogen werden.
1) Die ausserdem bei Waitz angeführten, nicht zum ursprünglichen toxtc
^Icehards gehörigen znsatzo der Gothaor handschrift stanmicn ans Jul. Valcr. Epi-
*<>»ne: 68, 61—69 =» Epit. II, 21; 75, 63 — 69 == Epit IH, 35. — Die angäbe
»^ocaTitqae eundem caballam bucefalum*" (E. 63, 22) ist nicht aas einer andern
^^^llo entnommen, wie Waitz meint. Der nanie des pfords wird in B bei anderer
S^legenhoit dreimal erwähnt und ist danach hier passend eingefügt; nur liat Ekkc-
"^Vid die griechische endung (Acc. bncefalon B 211'') in die lateinische verwandelt,
OK.*
388 AU8FBLD
Erklärt sich demnach der Inhalt von Ekkehards Excerpt TolBtän-
dig aus den büchern, deren benützung durch Ekkehard feststeht, so
durfte es fast überflüssig erscheinen, sich nach andern queUen diflr
umzusehen. Doch mögen gewisse übereinstimmangen zwischen dem
Exe. und den interpolierten texten der H. d. p. immerhin die frage
offen lassen : könte nicht Ekkehard zu demselben Inhalt aof anderm
wege gelangt sein und aus irgend einem gründe einen andern textder
H. d. p. anstatt des Bamberger oder neben demselben verwertet haben?
Um die unwahrscheinlichkeit eines solchen Verhältnisses klar ra
legen , wird es nötig sein auf die handschriften der H. d. p. einen bück
zu werfen. Der ursprüngliche text der H. d. p. ist uns einzig in B
in ziemlich unveränderter gestalt erhalten. Handschriften dieser texi-
form werden überhaupt nur sehr wenige existiert haben, da die bai^
barische spräche und die trockene, dürftige, mehrfach auch niikhre
art der darstellung der Verbreitung im wege stehn muste. Vom Vor-
handensein eines zweiten solchen textes in Deutschland findet sich keine
spur. Ein unerweiterter text liegt ausserdem nur noch im cod. lat.
Mon. 23489 (M) vor. Dass dieser aus einer direkten bearbeitong der
Bamberger H. d. p. (M*) abgeleitet ist, habe ich schon früher (in mei-
ner abhandlung über die quellen zu Rudolfs Alexander vgl. ztschr.
bd. 16 s. 124) kurz darzulegen versucht. Einige beweise werden ach
ferner gelegentlich unten ergeben. Diesen beiden texten gegenüber
steht die grosse masse der erweiterten, welche — soweit sie mir
bekant sind — sämtlich auf eine spätestens im 12. Jahrhundert in Ita-
lien verfasste bearbeituug der H. d. p. (I*) zurückgehn. Diese hat
durch besserungen und Zusätze Leos werk zu dem beliebten Unterhaltung»-
buche umgeschaffen, als welches uns dasselbe seit dem 12. Jahrhundert
in der litteratur entgegentritt. Sie ist uns in drei verschiedenen recen-
sionen überliefert: Zu der ersten (IJ, welche I* am reinsten bewahrt
hat», gehört u. a. — um auf texte hinzuweisen , die durch den druck
bequem zugänglich gemacht sind — die von 0. Zingerle (in der ange-
führten Schrift) herausgegebene Grazer handschrift und die Utrechter
drucke (diese jedoch nicht ihrem ganzen inhalte nach); zu der zweiten
(Ig), der litterarhistorisch wichtigsten, in welcher zwar der Wortlaut
von P im ganzen beibehalten, aber die komposition durch abänderung
der reihenfolge der begebenheiten und durch bedeutende, namentlich
aus Orosius eingefügte zusätze umgestaltet ist : die Oxforder handschrift
Gagniers (teilweise abgedruckt in dessen ausgäbe des Joseph. Gorioni-
des) und Zingerlea Seitenstetter handschrift — beides geringwertige
Vertreter der gruppe; zu der dritten (Ig), einer späten Umarbeitung,
wolclio den ursprüngliclien inhalt mit massigen erweiterungen in gezier-
KKKKHARD U. DIE UIST. DE PEEL. 389
ter und schwülstiger spracbo widergibt: Kinzels Berliner handschrift
(vgl. dessen programmbeilage „Zwei recensionen der Vita AI. Magni'^
QBW. Berlin 1884) und die Strassburger drucke. Eine genauere bespre-
chong and begründung dieser Verhältnisse sei mir gestattet hier bei-
seite zu lassen und dafür auf meine ausgäbe der H. d. p. zu verweisen,
deren ersten teil ich bald hoffe veröffentlichen zu können.
Lässt sich nun annehmen, dass Ekkehard M oder eine hand-
schrift der klasse 1* benttzt habe?
M selbst zunächst kann von Ekkehard nicht gebraucht sein,
denn die handschrift ist frühestens in der zweiten hälfte des 12. jahr-
bunderts entstanden. Wol aber wäre denkbar ^ dass ihm die original -
bearbeitung M* vorgelegen hätte , welche in der abschrift M trotz meh-
rerer flflchtigkeitsfehler offenbar doch ziemlich getreu überliefert ist.
Allerdings könte diese quelle nur für das in betracbt konmien, was
^kehard aus der eigentlichen H. d. p. entnommen hat , und man müste
ftr die zusfttze, die aus der Ep. stammen, nach einer zweiten quelle
sttchen. Vergleicht man jedoch die stellen, in welchen M* von B
abweicht, mit den entsprechenden des Excerpts, so zeigt sich dieses
^"^ gegenüber im ganzen dergestalt mit B im einklang, dass von
einer herleitnng desselben aus M'*' nicht die rede sein kann. Fassen
^r — um das Verhältnis an einer beliebigen stelle zu prüfen —
E- 62, 28 — 36 neben B 194** und M 4* 5* ins äuge. Hier hat zwar
^kebard so gut wie der Verfasser von M* in dem satze „in somnis
'lidcbis illum et in ipso somno concumbit tecum" die form „concum-
Mt *' in rücksicht auf „uidebis" in „concumbet", und in dem ausdruck
»«Fecitque incantationem olimpiadis" den undeutlichen gen. obiect. in
tiOlimpiadi *' verwandelt Aber bei sonstigen divergenzen zwischen B und
^* stimt Ekkehard zu B : largitur diuitias in Omnibus B — 1. d. omni-
'^B E. — 1. d. hominibus M; babens in fronte cornua B — h . . . . i.
'• o. E. — h. in capite coronam M; in ipso somno B E. — i. i.
»o^nio M; euellens herbas et triturans ea tollens sucum B —
e^^llensque herbas et exprimens sucum E. — e. h. et trit. tulit
^^cum M; faciamus aliquod arbitrium B E. — f. a. experimen-
'^mM; recipe cubiculum B E. — intra c. M. Ähnlicb zeigt sich
^H^ textverhältnis durch das ganze stück. Zur erklärung der falle, in
▼eichen Ekkehard zu M gegen B steht, reicht völlig die erwägung aus,
*^«8 hier zwei deutsche bearbeiter des 12. Jahrhunderts dieselbe auf-
Sal)e zu lösen hatten , einen in der singulären italiänischen latinität des
lO. Jahrhunderts verfassten , überdies durch unklare kürze des ansdrucks
•^kwer verständlichen text für ihre zeit- und landesgenossen zurecht
^ machen. Beide führen zunächst die gewöhnliche Orthographie des
390 AUSFELD
12. Jahrhunderts eiu: so polednis st. poUetrus, nichil si nihil; 63, 15
= M 3^ concham st. concam (ch st c sogar in eigennamen: Zachora
65, 28 = M 12^ st. Zacora); 72, 66 = M 30* insecuntur st inseqnnn-
tur; 71, 15 = M 25** cocodrilli si corcodilli; 72, 42 = M 29' bni-
niam st. broniam. Beide begegnen sich aber begreiflicherweise auch
sonst mehrfach in ihren änderungen, mögen diese nun die beseitigiuig
fehlerhafter oder ungewöhnlicher formen und ausdrücke, oder die glit-
tung von stil und spräche, oder die besserung unklarer und verderbter
stellen bezwecken. Von fällen dieser art sind bemerkenswert: B 194*
percussit eam in utero; E. 62, 37 p. manu illius uterum; M5*p.
uterum eius (so auch die Innsbr. hs. von I^ ; aber I* = B). —
B 194"^ taliter suasa est olimpiadis adulterando se ab homine;
E. 62, 39 fg. = M 5* t. persuasa Ol. [E.: Olimpiades] adulterata
est a. h. — B 196* quare uoluisti te intermittere de c^lestibos
elementis; E. 63, 8 und M 6** intromittere st. interm. — B 198'
canes multum latrantes nuUum affectum faciunt; E. 64, 19. M.10*c.
m. 1. n. effectum faciunt (M: habent); ähnlich I*: canis, qui m. L,
n. effectum facit. — B 199' werden in bezug auf Darius kurz nadh
einander die ausdrücke gebraucht: „lucente una cum persidis düs^ imd
„fulgis una cum persidis — " sc. „diis", was der Schreiber von B aas
versehen ausgelassen hat, während es E. (64, 31) und der Verfasser
von M* (M 10**) natürlich leicht aus dem ersten ausdruck ergänzen
kontcn. Auch 1* hat diis. — B 200' non ascendat cor tuum talia
facorc; E. 64, 60 = M 11** n. a. in cor usw. B. 203'' cogitemus de
saluationc nostra. et [st. ut] non .... paruitas Ulis crescat. et magni-
tudo nostra despiciat. E. 65, 61 fg. ne forte parvitas illius cres-
cat e. m. n. deficiat. M 16' et non ... p. illorum crescit e. m. n.
deficit. — B. 204' stelt Oxiather seinem bruder Darius den AL als
miister hin: „Quia ille sie facit sicut tu (.) quando uult pugnare cum
aliquo homine. satrapes. et principes mittit ut pugnent cum eo. Per
seniet ipsum uadit. et pttguaf* usw. Selbstverständlich fehlt (zweimal)
„non", das sich denn sowol bei E. 65, 64 als in M 16' und I* findet —
B205** liox alexander dario regi. superbiam et elationem su^ uacu^
glorit} odio babuerunt dii; E. 66, 50 und M 18' st. „su§": „tu^.** —
B 206'* iste fluuius . . . prenimio gelu coagulat se; E. 67, 7 Hie f.
p. frigoro congelatur; M. 19' i. f... p. g. congelatur. — B 209'
a modo persarum gens atque macedones efficiantur in unum regnum;
E. 68, 25. M 22** a. p. g. (g. p. : E.) et macedonum efficiatur unum
regnum (r. u.: M). — B 211'* Non decet imperatori sie in uacnura
perdero uictorialem populum suum; E. 69, 31. M 24** N. d. imperat^
rem sie in van um p. v. [v. fehlt E.] p. s, — Für „offer tio" setzen
BKKKHABD ü. DIB HIBT. DE PBBL. 391
E. und M regelmässig „oblatio", für „apocrisarius" : „apocrisiarius.'* —
Endlich drei stellen , in welchen E. und der Verfasser von M'*' auf die-
selbe weise ihre vorläge misverstanden haben: B 195*" äussert sich
Philipp über den eben geborenen Alexander: nutriatur in memoriani
(= elg livj^iivjif Tov zeXevzi^aavTÖs f.iov /caiöög Ps. Call.) quasi
proprins sit meus filius et quasi sit ille qui mortuus est mihi
ex aUa oxore.^ Da die angäbe, zu wessen andenken das kind aufge-
zognen werden soll, nicht, wie zu erwarten wäre, bei „memoriam^
steht, so übersahen Ekkehard (62, 60) und der Verfasser von M*
(H 6*) die versteckte beziehung und dachten bei „in memoriam" zu-
oäclist an den vater des kindes: daher sezt ersterer nach „memoriam^
»aici*< ein (so auch jüngere, zu I| gehörige texte, während ältere
zeigen, dass I* das ursprüngliche bewahrt hatte), lezterer „meam."
— B 210% fatigatus est una cum militibus suis, quietiam (=ä(ne,
wie öfter in B) omnes principes sui dicebaut sie" usw. änderten E.
(6 Ö , 46) und der Verfasser von M* (M 23 •) , die nicht wüsten , was
»Q.ui etiam'^ hier heissen solte, auf dem einfachsten wege, indem sie
»principes sui" (M auch „etiam", E. „sie") wegliessen. — B 217' end-
licli betet Alexander zu Juppiter „recipe me tercium mortalem",
^as beiden bearbeitern (wie leider auch mir bei einer früheren gelc-
genheit) sinlos erschien, während man bei genauerer vergleichung von
1^8. GaU. ni , 30 findet j dass gemeint ist : als den dritten , nachdem
bereits Herakles und Dionysos unter die götter aufgenommen wurden.
B* 70, 40 und M 30** bringen beide die hübsche konjektur „recipe
(E2- : susdpe) me tecum immortalem" — auffallend genug; aber
^oint nicht jezt noch oft vor, dass zwei bearbeiter desselben toxtes
''^.abhängig von einander einen solchen einfall haben? Und dass es
'^^der Ekkehard noch dem Verfasser von M* an der fähigkeit zu einer
^•^Xchen emendation fehlte, beweisen uns beide durch mehrere proben. —
^lles dies genügt unter den hier gegebenen Verhältnissen nicht, um, bei
**^Ä sonstigen auseinandergehen beider bearbeitungen , eine benützung
^On M* durch Ekkehard glaublich zu machen.
Ein ähnliches resultat bringt die vergleichung mit I*. Auch
^^«sem texte gegenüber steht Ekkehard von anfang bis zu ende so ent-
f^^iedon auf der seite von B , dass sich bestimt sagen lässt : unter den
^^iden texten I* und B kann nur lezterer dem Excerpt als grundlage
^^dient haben. Die fälle, in welchen Ekkehard gemeinsam mit I* von
abweicht y sind aus einem ähnlichen gesichtspunkte zu beurteilen,
ie oben die anklänge an M*. Die texte der Historia de preliis und
Ep., auf welche der Verfasser von I* seine bearbeitung gründete,
aren unzweifelhaft — den nachweis werde ich in der ausgäbe der
3d2
AUSFELB
Historia de preliis zu bringen versuchen — mit den in B überlieferten
im wesentlichen identisch. Der Verfasser von I* hat nun zwar, als
Landsmann Leos^ an manchem keinen anstoss genommen, was Ekke-
hard und M"^ ändern musten, aber er fand doch in der spräche, im
stil, und namentlich auch in der komposition (die nur M* in ihrer
ganzen uugeniessbarkeit belassen bat) sehr viel zu bessern , und es ist
ganz natürlich, dass er dabei mit Ekkehard mehrfach übereinkomt
Um das textverhältnis anschaulich darzustellen^ greifen wir
aus dem Excerpt aufs geratewol drei stellen heraus — etwa von 6 zu
6 Seiten nach Waitzs ausgäbe jeweils die ersten sätze — und verglei-
chen diese mit den entsprechenden in I* und ß:
E. 63, 1. 2.
Qüi compntansdixit: Co-
gitatio illius mnnda est erga
te; sol enim re spielt in
qaandam stellam separan-
tcm desideriuro suum. Ale-
xander vero tunc ibi
erat. Qni ubi hoc audivit,
diiit: Pater, hao stel-
lae, quas tu computas,
apparcnt in coeloV
E. 69, 1. 2.
Post aliquantes dies
in finibas Indiae ob-
viavenint Alexandre legati
Pori regis deferentes ei epi-
stolam continentem hanc
modum :
E. 75, 2-5.
Erant autem in eodem
fliiminc feminae capil-
iatae, qnae cum viderint
extraneos homines in ipso
flumine natantes, apprehen-
dnnt illos , et aut sulTocant
Ulos in eodem flumine , aut
trahunt eos inter can-
nas ripanmi, et qaia ip-
sae sunt nimium for-
mosae, faciunt illos secum
tarn diu concumbere, quous-
que sine anima remaneant,
aut nolentes pre nimia
ira occidunt
B 195 d (H. d.p.)
Cijpit computare. et dixit.
cogitatio illius erga te
munda est. Sol itaque re-
spicit in quandam stel-
lam. separando dcsidcrium
suum. alexander tunc
ibi erat, et ubi boc audi-
uit dixit. pater. hQ stellQ.
quas tu computas. pa-
rent in c^lo.
B 210 ^ (H. d. p.)
Et post aliquantes
dies, uenerunt in fini-
bns in die. et obuiaue-
runt ei missi deferentes ei
Qpistolam a rege poro con-
tinentem ita.
B 235 »» (Ep. ad Ar.)
Erant in eodem flumine
femiuQ capillatQ. ist^
quando uidebant extraneos
homines natare in ipso flu-
mine. appr^bendentes illos.
aut sufibcabant in ipso flu-
mine. aut trahebant eos
inter ipsas cannas. et
quia erant nimium for-
mos(,*. aut per nimiam
iram occidebant illos.
aut tantum faciebant illos
secum concumbere. quo us-
que sine anima remanerent.
!• (vgl. Zing. 8. 138)
Nectanebus hec andiens
ceplt computare et dixit
regine: „Cogitatio illius
erga te munda est.* Sd
itaque respicieb^t in
quandam ji#%m separando
ab e^ desideriam soum.
Apdions autem hec Alexan-
der dixit illi: , Pater, hec
Stella, quam computas,
paret in celo?*
1* (vgl. Zing. 8. 201)
Exinde amoto exercitu ue-
nerunt in Indiam Phasia-
cen mense lalio defi-
ciente; et obuiaaerunt ei
missi Pori regis deferentes ei
epistolam continentem ita:
I* (vgl. Zing. 8. 251)
Et erant in eodem flu-
mine mulieres specioso
nimis habentes capil-
los multos et longos
usque ad talos. Iste
mulieres si uidebant homi-
nes extraneos natare in ipso
flumine, apprehendebant il-
los et aut suffocabant il-
los in ipso flumine, aut
trahebant eos iu ipso
arundineto et tarn diu
faciebant eos secum con-
cumbere , quousque sine ani-
ma remanerent.
EKKEHABD U. DIB HIST. DE FREL. ä93
t
Prüfen wir nun von jenen besonderen Übereinstimmungen zwischen
dem Excerpt und I* was irgend berOcksichtigung 7A\ verdienen scheint.
Zunächst zusammentreffen in änderungen des ausdruckst wie:
B 19^^ uenit macedoniam. sedensque [part. in der geltuug des verb.
finil, wie häufig bei Leo] palam diuinando omnibus usw.; E. 62, 21
divinabatuTf I* diuinabat st. diuinando. — Bl96**utcum quando
blAüditur domino suo canis. sie et ille blandiebat alexandro; E. 63, 21
sicut canis blandiri seiet d. s. , s. i. blandiebatur A.; I* sicut quando
blanditur c. d. s., s. et i. blandiebatur A. — B 196* E 63, 39. I*
reoipe (accipe E.) a me de priori (prima E. I*) mea pugna uictoria-
lem coronam. — B 198* Sciscitatus est — de statu et posicione ale-
x&ii.drL ostenderunt ei depictam imaginem al.; E. 64, 6 de statura
eins; I* de aspectu et statura AI. — B 199* 200' si hoc (sementem
pstpaueris) mensurare potueris. pro certo mensurabitur populus
nieiis; E. 64, 59 und I* in rücksicht auf „populus": s. h. (ergo hancE.)
namerare p., p. c. (scias, quia I*) numerabitur p. m. — B 205"
Poeuitque in eam (bactram) solium suum. et subiugauit sibi onmes
Alias ciuitates. Daunklar ist, was für „sonstigee'* städte gemeint sein
sollen, so ändert E. 66, 36: omnes circumpositas civ., I*: o. ciu.
i^e erant in circuitu eins. — B 206* fluuius (coagnlatus)
^issoluit se; E. 67, 8. I* dissolvitur. — B 209** sagt Darius zu
Völlen, die ihn ermorden wollen: „si me occiditis. et uenorit alexan-
doi- uindictam faciet his qui me occiderint." E. 68, 14 fg.
«nd I» deutlicher: vi. fac. [E.: f. v.] in vos. — B 211" elefanti . . .
^H.dentes rostra sua. E. 69, 28 extendentes promoscidas suas, id
®öti rostra sua; I*t. promoscides suas; „promoscides" ausEp.(B232**)
''i^emus multitudinem elefantorum. tendentes promoscides contra nos.
Übereinstimmung in änderungen rücksichtlich des inhalts, und
^^^ar erstlich fälle, in welchen die kürze des ursprünglichen textes zur
^'^ "^veiterung und Verdeutlichung aufforderte: B 199* wirft Darius Alexan-
"^* vor: „uadis pugnando et dissipando ciuitates.*' P. 64, 56 sezt
"^^^eas" hinzu, I* „nostras." — B 200** erwähnt Alexander in einem
"^"Hef an Darius, er sende ihm hiermit pfeffer als zeichen der tapferkeit
Ines heeres, worauf fortgefahren wird: uocauit al. apocrisarios darii.
^itque illis epistolam. et dimisit eos. Den bearbeitern schien dies,
*^ rücksicht auf jene angäbe , unvolständig , und E. 64, 70 ergänzt zu
'♦ ^jistolam": „cum parvo pipere", I*: „et piper pariter et dona opti-
^*^^** -- Um über die zahl seiner truppen zu täuschen lässt Alexander
^"^^ub aufwirbeln: B 206° hoc ingenium fecit sapientissimus al. euellens
^^%as ramosque usw. Diese in der klassischen latinität so gewöhnliche
^^ der breviloquenz erregte hier anstoss : E. 66, 68 iussit milites suos
894 AV8FBLD
evellere herbas usw.; I* precepit mil. suis, ut usw. — B 209* ver-
spricht Darius dem Porus : „Caballus uero bucefalon. et imperiale para-
mentum. tuum sit." E. 68, 6 und 1* fügen nach ^paramentum*' «Ale-
xandri^ ein. — B214<' Viditque excelsas arbores. portantes pomi
grandia ut cedrus. habentes et botros uu^ magnos ualde klingt, ab
selten auch die Weintrauben als fruchte der hohen bäume bezeich-
net werden. E. 72, 6 und I* setzen daher „uites" hinzu. — Dahin
mag man auch die erweiterung des zweiten satzes reebnen. Nachdem
zuvor gesagt war, dass sich die Ägypter in der magischen kunst aus-
zeichneten, und dann mit „Dicunt autem de Nectanebo'^ auf deren
könig die rede kam , erwartet man , dass von jenem algemeinen satze
nun auf diesen speciell anwendung gemacht werde, und empfindet die
fortsetzung, wie sie B 193*" bietet, „quomodo subito bestes sicut nahes
uenissent super eum^, als eine härte. Daher fährt £. 62, 14 fort:
(Quorum rex Nectanebus) magicae artis erat peritus , ita ut , com
super eum bestes venirent usw. ; 1* : (Dicunt autem de Nectanebo rege
eorum,) quod fuissethomo ingeniosus et peritus in astrologia et mathe-
matica et magicis uirtutibus plenus. — Ferner fälle , in welchen, gegen-
über einem wirklichen oder scheinbaren textverderbnis der Bamb. hs.,
Ekkehard durch korrektur, I* durch korrektur oder gemäss seiner vor-
läge eine abweichende lesart bietet : B 200 ^ "" cum tanta uelocitate fugie-
runt (Amonta cum reliquis). quia nee darium inuenerunt apocrisaiü
(korr. aus apocrisarios) qui portaueruut ei piper et epistolam alexandri.
Dass hier „quia nee" aus „qui ante" (qui, und quia in B öfter = ut
consec.) entstelt ist — welche entstellung dann weiter die verkehrte
änderung von „apocrisarios" zur folge hatte — war für Ekkehard bei
berücksichtigung des erforderlichen sinnes um so leichter zu erkennen,
da a von qui getrent , mehr nach nee hin steht und ec te sehr ähnhch
sieht. Für das ungewöhnliche konsekutive quia (qui) sezten Ekkehard
und der Verfasser von I* quod ein: E. 65, 5 tanta velocitate fugit in
Pcrsidam, quod ante Darium invenit apocrisiarios ; I* cum tanU
ccleritate fugiit, quod ante Darium inuenit ipsos missos usw. (Dage-
gen M*, dessen Verfasser den fehler nicht herausfand: quod preuene-
runt nuntios alexandri). — Alexander hat sich verkleidet in das hof-
lager des Darius geschlichen und wird von den Persern angerufen:
B207' „Interrogaverunt eum. respondit apocrisarius regis alexandri sum."
Dann erblickt ihn Darius. „luterrogavitquo eum. quis es tu?" worauf
dieselbe antwort erfolgt. Die erste frage ist in B ausgefallen. Die
ergänzung war von selbst gegeben: E. 67, 12 quis esset; I* Quis es
tu? — Ebenso natürlich ist die ausfüllung der lücke B 209'' Plorabant
enim perses neu tan tum pro morte [Darii E. 68, 29. 1*; fehlt BJ.
WKKKHAKD V. BIB BIST. D. PBSL. 39$
qaantam pro pietate alexandri (als Aloxander den sarg des Darius tra-
gen half). — Sehr leicht auch die besserung von B 210 ** et istos solus
nici. et ubicumque iero facere pugnam cum barbaris superando illos.
E. 68, 53 und I*: superabo illos. — Verfehlte änderungen: B 196** qua-
draginta de na milia (= TeaaaQoyiowa ^vQiddag) aureorum solidorum;
E. 63, 25 und I*: quadraginta milia. — B 213** Iste arbores ferebant
fruetus odoriferos. Freeepique quibusdam hominibus meis ut tollerent
ex liquore ipsarum arborum (Ps. Call. OTtSyyoig BYXeyead^ai rä rotkiav
Sax^a). Den bearbeitem erdchien ,,liquore'', namentlich in rücksicht
auf den vorhergehenden satz, fehlerhaft; auch lassen sie Alexander,
wie sonst regel ist, an Soldaten seinen auftrag erteilen: E. 71, 31 Pre-
cepit autem AI. militibus quibusdam, ut tollerent de fructibus ipsis;
I* precepit cuidam militi suo, ut toUeret ex fructu ipsarum arbo-
rum. — B 215*^ erzählt Alexander von seinem aufenthalt in der göt-
tergrotte. Er wird zuerst von einem gotte angeredet, der sich ihm
auf die frage „quis es tu domine?^ als Sesonchosis zu erkennen
gibt. Weiter vordringend erblickt er wider einen gott. „et dixit mihi.
qaid est hoc? (= olddg ixe rlg d^ti; Ps. Call.) adiungens. natiuitas
sum ego deorum." An dem unklaren „quid est hoc?" haben begreif-
licherweise beide bearbeiter anstoss genommen und lassen statt dessen
Alexander die frage widerholen, die er an den ersten gott richtete:
E. 72, 49 cui dixit: „Quis es, domine?" Qui ait: „Nativitas" usw.;
I* et dixit illi AI.: „Quis es tu, domine?" Et ille dixit: „Ego
gnm origo" usw.
Dazu kommen noch die bereits erwähnten korrekturen , in denen
mit Ekkehard neben P auch M* übereinstimt.
Während aber der Verfasser von M* den text nur im einzelnen
veränderte, haben Ekkehard und der Verfasser von I* auch die kompo-
sition umgestaltet. Vor allem versahen beide den ursprünglichen bericht
der H. d. p. mit Zusätzen aus der Ep. Dass Ekkehard diesen erwei-
terten bericht nicht etwa aus P entlehnte, vielmehr neben dem uner-
weiterten text der H. d. p. die Ep. ad Ar. gesondert vor sich hatte,
folgt aus mehreren umständen ganz evident. So gibt Ekkehard die
abenteuer am bitteren flusse und am süsswassersee , in deren schilde-
nmg der in der H. d. p. enthaltene brief Alexanders an Aristoteles mit
der Ep. konkurriert, erst 71, 3 — 16 nach derH. d. p. (B 212' — 213'),
dann 73, 19 — 57 nach der Ep. (B 230*— 231**), während der Verfas-
ser von I* beide stücke zu einer einheitlichen darstellung verschmolzen
hat S. 69 vergleicht Ekkehard die angäbe der H. d. p. , dass Perus
von Alexander getötet worden sei, mit der entgegenstehenden desOro-
siuSy und fährt dann z. 47 fort: „Haec autem diversitas etiam in epi-
396 AUSFELD
stolis , quae ipsius Alexandri dicuntur ad magistrum säum Aristotelem.
reperitur, quae si ipsius sunt, diversa sibi sentiunt/^ An einer stelle
nämlich (in der H. d. p. B 215^) erwähnt Candacis, dass Perus darcl
Alexander gefallen sei, an einer andern (in der Ep. B 231®**, vor
£. 51 — 64 ausfQhrlich mitgeteilt) heisst es, Alexander habe mitPonu
freundschaft geschlossen. Die erstere stelle aber erscheint nur in £
(und M) als bestandteil eines briefes an Aristoteles, die leztere isi
weder in I* enthalten noch eignet sie sich überhaupt zur interpolatioii
der H. d. p. , da sie mit derselben in Widerspruch steht — stamt alsc
sicher aus der selbständigen Epistola. Auf dieselbe beruft sich Ekke-
hard auch 70, 61 mit den worten ,,ut ipse magistro suo Aristotel
scribit*' fär eine angäbe, deren herleitung aus einem briefe an Aristo«
teles in I* nicht erkenbar ist. Dazu komt das Verhältnis der texte
welches auch in diesen abschnitten beweist , dass Ekkehard wol aus B
nicht aber aus 1* geschöpft haben kann. Man vergleiche daf&r das
dritte der oben angefahrten beispiele (E. 75,2 — 5).
Durch die Zusätze aus Orosius ferner trift Ekkehard teilweise
mit I, zusammen. Wir sahen bereits, dass er dieselben unmittelbai
vom schriftsteiler entnommen hat. Überdies bringt er auch solche stel-
len aus Orosius, die bei I, fehlen, wie die erwähnte notiz Ober Poms:
E. 69, 44 — 47 = Or.m, 19, 3. 4.
Ebensowenig von belang ist die Übereinstimmung zwischen Ekke-
hard und I* in kürzungen. Ekkohards arbeit ist ja, schon seiner eige-
nen bezeichnung nach, ein excerpt, und wenn sich unter dem vielen,
was er auslässt, auch manches findet, was andere bearbeiter gleichfals
auslassen, so wird man derartigen kongruenzen von vorne herein kein
grosses gewicht beilegen. Solche gemeinsame auslassungen finden sieb
auf dem gebiete der eigentlichen H. d. p. nur wenige, da deren meist
knappe darstellung eher zur erweiterung als zur kürzung aufforderte,
der Verfasser von I* daher in der regel nur das übergieng, ¥ras ihm
unverständlich oder unpassend vorkam. Wir f&hren an was irgend dei
erwähnung wert erscheint: B 195® sagt Philipp von Bucephalus ^in hoc
caballo significabitur signum sine bonum sine malum^; von E. 63, 15
und P als sinlos weggelassen. — B 201^ nihil locuti sunt ei (Ale-
xandre) sed armati sunt ex eis quattuor milia ... atque dixeruni
alexander usw. scheint einen Widerspruch zu enthalten. E. 65, 31 und
I* fehlt nihil — sed. — B 204® Kelecta filippus ^pistola cognouit
contrarietatem suam et dixit Das unklare „cogn. contr. s."^, ein
misverständnis von dvayvobc: xa^* iavTÖv elTtev (Ps. Call. II, 8)
fehlt E. 66 , 8 und l*. — Nach der Schlacht am flusse Stranga wirft
sich Darius verzweifelnd zu boden, „dura trahens suspiria. quia per-
XKKEHABD U. DIE mST. DE PEEL. 397
didit tantam multitudinem hominum'' (B208') und beklaget
sein Schicksal. Da sich der inhalt seiner klagen nur auf seine furcht-
bare demütigung, nicht auf den Untergang seiner truppen bezieht, so
streichen E. 67, 47 und I* quia — hominum. — B 208" erwidert Alexan-
der dem Farmenius, der ihm rät dem Darius gegen die versprochenen
schätze seine angehörigen zurückzugeben: „tollo ego has diuitias
(soll heissen : diese schätze gewinne ich ohnehin), sed miror. si darius
per datom uult recolligere matrem^ usw. E. 67, 58 und I* beseitigen
toUo — sed als unpassend, da es auf den ersten blick zu bedeuten
scheint: ich nehme die schätze an. — Alexander hat Darius am fiusse
Stranga geschlagen und befindet sich noch in dieser gegend. Darius hat in
seinem palast seine niederlage betrauert und fordert nun (B 209 ') Perus
auf y ihm nach den kaspischen toren zu hilfe zu kommen. Alexander
erfährt dies „et abiit mydiam.^ Es wird ihm gemeldet, Darius
rQcke nach den kaspischen toren: „statim al. c^pit ire illuc.^
Darauf aber wird Darius in seinem palaste ermordet, zu welchem
Alexander durch Überschreitung des Stranga gelangt (B 209 *") ; beide
scheinen also ihren aufenthaltsort vorher nicht verändert zu haben.
Demnach lassen E. 68, 81 und I* „et ab. myd.^ weg, sowie alles, was
sicli hierauf denzug nach den kaspischen toren bezieht. — B 216'^ sagt
der Zeichendeuter zu Alexander in betreff der misgeburt, die seinen
^e'vorstehenden tod ankündigt: „Ex qua re plora homines. quia pro te
&ctum est hoc Signum''; ein dunkeler ausdruck, den E. 70, 39 und I*
übergehen. — B 212" komt Alexander an einen fluss, in dessen mitte
^ine Stadt liegt. „Barcell^ erant in ipso fluuio.'' Mehrere Soldaten
^ersuchen den fluss zu durchschwimmen, werden aber von flusspferden
Verschlungen. Den bearbeitern fält die angäbe auf, dass schiffe vor-
'^^nden gewesen seien , während doch die leutc hinüberschwimmen nrns-
*eii. E. 71, 4 und I* tilgen daher Bare. — fiuuio. — B216*' Per
^Hum quemque annum celebramus festiuitatem iouis et in feste (st.
^o^ et ifesto = Jil xat ^Hcpatav(ii) celebramus ipsas festiuitates per
^^ginta dies. E. (72, 62) und der Verfasser von 1* erkanten das
Verderbnis nicht und strichen et — festiuitates als tautologie. —
Das verderbte „per unam quamque feminam dabinms amnades quin-
9Ue excepto quod eis fecerimus" (B 216*-) umschreibt E. 73, 5 durch
^ donabimus singulas^, 1* durch „dona optima illis faciemus." —
^ine erheblichere zusammenziehung des inhalts der H. d. p. zeigt sich
t^ei I* nur im lezten abschnitte, der von Alexanders tod handelt,
^ind noch mehr ist bei Ekkehanl gegen den schlnss hin eile ersicht-
Uch. Namentlich fehlt E. (s. 75) wie l'^: die angäbe, dass sich Yolns
für seinen mordanschlag genossen warb (B 218**), die besprechung
398 AÜ8FELD
dos Cassander mit den übrigen verschworeneu (B 218*) — ^diese jbei-
den stellen wol deshalb, weil in der einen Yolus, in der andern Cas-
sander als anstifter der verschörung erscheint — , die Verabredung zwi-
schen Perdica und Ptolomeus (B 218*), die der Verfasser von I* nicht
gebrauchen konte, weil er dem Perdica eine ehrenvollere rolle zuge-
dacht hatte (in 1* ernent Alexander auf wünsch der Soldaten den Per-
dica zum reichsverweser) , endlich die etwas unklare Schilderung, wie
die Soldaten einzeln von Alexander abschied nehmen (B 219^). — Den
bericht der Ep. dagegen kürzt der Verfasser von I* fast noch stärker
als Ekkchard. Denn solte ein einigermassen gleichartiger Charakter der
darstellung durch das ganze werk erzielt werden, so Hess sich die
behaglich breite erzählung der Ep. nicht ohne eine solche Veränderung
in die rasch fortschreitende handlung der H. d. p. einfügen. Obwol
nun auch bei dieser gelegenheit die Selbständigkeit beider bearbeite
klar hervortritt, indem der eine dieses, der andere jenes streicht un
beibehält, so komt es doch natürlich auch vor, dass beide dieselbe!
Sätze ihrer vorläge entbehrlich finden. Eine aufzählung solcher fall
wird mau uns nach dem vorher erwähnten hoffentlich erlassen.
Die anordnung dos auf diese weise gewonnenen und gesichtete
Stoffes war für die bearbeiter eine weitere gemeinsame aufgäbe , die si
aber in durchaus verschiedener weise lösen. Von vereinzelten überein —
Stimmungen in der Umstellung grösserer abschnitte sind hervorzuheben
Die erzählung von der ankunft des Bucephalus (BIOS*'**. E. 63, 14—16^
haben beide mit der von Alexanders berühmtem ritte (B 196 *^ E. 63
16 fgg.)» diö von der Verschwörung gegen Alexander (B 217*. K. 75
20 — 27) mit der von seiner Vergiftung (B 218** fgg. E. 76, 27 fgg._ ^'I-
je zu 6inem stücke vereinigt. Die stärke des indischen heeres f&geir^ '>
sie aus der Ep. (B 228^) da ein, wo die H. d. p. (B211') durch ein
kurze bemerkung über die menge seiner Soldaten und elephanten daranft
hinleitet (E. 69, 22 fgg.). Den zug, den die Ep. (229*— 231**) Alexan — ^
der zwischen seinem ersteu und zweiten zusammentreffen mit Poms^s:' >
unternehmen lässt, berichten sie (E. 73, 9 fgg.) nach dem briefwechsel
mit den amazonen (6 216"-*'); ein zufälliges zusanmientreffen inmit-
ten einer völlig abweichenden reihenfolge der begebenheiten. Alexan-
ders testament (E. 75, 43 fgg.) führen sie naturgemäss bei der stell«
VLüf wo der sterbende Alexander seinem notar befiehlt es niederzu-
schreiben (B218'^), während es in B (217***) an unpassendem orte,
vor Alexanders Vergiftung, untergebracht ist. — Auch da konunen
Ekkehard und I* gelegentlich zusammen, wo es gilt durch omstellnng
einzelner sätze den gedankengang klarer oder die schilderoug wirkungs-
voller zu machen, ein mittel, das der Verfasser von I* häufig, Ekkehard
fi^KBlIABD U. DIE HIST. DE PEEL. 399
äemlich selten anwendet. So ist B 218" bei der darstellung der luft-
fehrt Alexanders von der höhe, die Alexander erreichte („tantam alti-
tndinem — girans ea"), erst nachträglich die rede, nachdem bereits
der Sturz des verwegenen erwähnt war. E. 70, 52 fgg. und 1* geben
das abenteuer nach der zeitlichen Ordnung. — B 214' zählt Caudacis
in ihrem briefe erst geschenke auf, die sie Alexander sende, dann
solche f&r den gott Ammon, worauf abermals geschenke für Alexander
folgen. Bei E. 71, 52 fgg. und 1* nent sie erst die geschenke für Am-
mon, dann sämtliche für Alexander. — B214'* hat Alexander den
palast der Gandacis besichtigt; „et miratus sum.^ Am andern tag
zeigt ihm Gandacis die wunderbarsten gemacher , schliesslich eine beweg-
liche kammer, die von elephanten gezogen wird. Hier war Alexanders
bewunderung besser am platze. Ekkehard und I* tilgen daher oben
„et m. 8.*^ und fügen entsprechendes nach dem zulezt geschilderten
ein: E. 72, 15 Haec videns Alexander miratus est; I* Alexander uero
iu hoc fitcto cepit obstupescere nimisque mirari. — Im brief der ama-
zonen an Alexander steht der satz „Quod tollere a nobis nil inuenies^
B 216* ausser allem Zusammenhang. E. 72, 70 und l* stellen ihn
dahin, wo er allein passend erscheint: in den schluss, wo Alexander
darauf hingewiesen wird , dass ihm ein kämpf gegen die amazonen in
keinem falle gewinn bringen könne.
Eine zweckmässige anordnung der abschnitte war aber nicht
durchführbar y ohne dass erst noch eine andere Veränderung mit dem
ffnindtext vorgenommen worden wäre. Ein beträchtlicher teil des stof-
''öa war in drei grossen briefen Alexanders gegeben, von welchen zwei
gleichzeitige, stellenweise sogar dieselben ereignisse behandeln. Um
^^rans eine zusammenhängende erzählung zu bilden musten die bear-
^iter diese stücke ihrer briefform entkleiden, wodurch natürlich der
^^^rüngliche Charakter der H. d. p. noch mehr verwischt wurde, und
^^^Vischen dem Exe. und I* eine weitere ähnlichkeit entstand.
Wir sehen , dass sich alle diese kongruenzen des Excerpts und der
^Bearbeitung I* auch ohne die annähme eines abhängigkeitsverhältnissoa
ungezwungen erklären. Dagegen wäre umgekehrt völlig unverständlich,
^arum Ekkehard, wenn er den glatten, ausführlichen bericht von 1*
besessen hätte, diesen nur zur besserung einzelner stellen gebraucht, und
^ch damit geplagt haben solte, den fehlerhaften stil und die kahle darstel-
lung des nicht interpolierten textes mühsam umzuarbeiten, anstatt einfach
den interpolierten zur grundlage seiner Alexandergeschichte zu machen.
Wenn somit weder M* noch eine der von I* stammenden bcarbeitun-
gen Ekkehards quelle war , so kennen wir demnach keinen text , aus dem
Bkkehards Excerpt abgeleitet sein könte , ausser dem der Bamberger hs.
400 AUSPELD
Dass nun Ekkehard dieser in der tat den stoff zu seinem ex-
cerpte verdankt, wird endlich durch eine reihe von fällen bestätigt,
in welchen dasselbe durch fehler von B beeinflusst erscheint. Dabei
ist interessant zu beobachten , wie sich der Verfasser von M* g^enflber
denselben stellen verhalten hat, wodurch sich weitere beweise daflir
ergeben , dass sich auch dieser direkt auf B stüzt
B 197*" Ynde eleuatus pausania. in audatia introioit palatiom
eins. Die Interpunktion gehört natürlich nach audatia. E. 63 , 56 fg.
Pausania vero putans eum mortuum, elevatus est, intransque pali-
tium cum audacia abstraxit usw. ; M 8 ^ V. e. p. cum audatia intr.
Dagegen 1*: Pro hoc itaque facto eleuatus est Paus, in audatia et
intr. — B 199^ tu qui es parens solis et resides in throne mithere
(st. mithre). In „mithere^ steht der erste strich des m den beiden
andern, m aber den übrigen buchstaben des Wortes etwas femer, so
dass die züge „in^ zu bedeuten scheinen, was einem späteren korrek-
ter veranlassung gab, das vermeintliche ^in ithere"^ zu „in ethere*'
zu ändern. Daher E. 64, 31 resides in throne velut in aethere;
M 10** r. i. thr. in ethere. Aber I* r. l th. Mithre (so scheint der
Verfasser von.I* geschrieben zu haben; in den mir bekanten handschiif-
ten ist die form teils ausgelassen, teils verstümmelt: mirhree, mirre,
mitre, mirithiadis) — B 199^ Nos quia (st. qui) adiutores dicti sumos
imperii. necesse est ut queramus uestram saluationem (d. h. : dass wir
bei euch rettung suchen; vgl. Ps. Call. ^Ev toxbi olv el&e ftevä diw-
fiscog Tiollrig im f.u) ld(pvQa yevcj/xe&a). M 11* fast ebenso. E. 64,
48 fg. Quia vero uos dicitis imperii adiutores, nee e. u. v. quer, salo-
tem. I*: Etenim nos, quos adiutores dicitis uestri imp., nee. e. u. q.
uestrum adiutorium. — B 204** sagt der arzt Philippus zu Alexander
bezüglich des verläumders , der ihm schuld gegeben hatte, er sei von
Darius bestochen den könig zu töten : „ fac uenire ipsum hominem . . .
quia ipse noluit (st uoluit) me tibi talia facere." E. 66, 11 quia uie
tibi talia pro salute tua facere ipse noluit. Dagegen M 17* richtig
geändert: q. i. uoluit m. t. t. f. . . I* q. ille monuit me t. t f. —
B 207 • apochrisarius sum. regis alexandri. missus ad te. dicens tibi,
quia (st. qui) moram facit exire preliari in campe cum inimicis suis,
timidus est. atque pauidus. E. G7, 14 A. s. r. A. m. nunciare tibi,
quia moram facit in campo oxspectans te. M 19** A. s. a. m. a. t d.
t. quia moram facis timidus es a. p. I* Misit me rex Alei. ad
te dicens: Ut quid moram facis ut timidus homo exire preliari in
campo cum inimicis tuis? — 6 210** persides isti contrarii suut
mihi et uobis. Ebenso E. 68, 51. Dagegen M 23^ und I*: perses. -
Auch durch beibehaltung auffälliger inkonsequenzen der Schreibung ver-
BKKBHABD U. DIB BIST. DE PBEL. 401
rftt Ekkehard seiae vorljige: turnare 64, 10 = B 198 "^ (M 10" termi-
nare, I* tornare) neben toruans 63, 19 = B 196 **, tornauit 69, 38 =
B 212% tornare 72, 23 entsprechend tornani B 215*; Clytomagus 65, 38
neben Cljtomachus 65, 39 und 42 genau nach den entsprechenden stel-
len in B 201 ^ 202*, nur mit einsetzung von y st. i, wie häufig bei
Ekkehard in eigennamen (M 13^ überall clito magus; die lesarten der
Idagse P gehen auseinander).
Da somit Ekkehard sicher die Bamberger handschrift vor sich
gehabt und stark benüzt hat, da sein „Excerptum de vita Alexandri
JUagni*^ ausser ein paar Zusätzen aus den hauptquellen seiner chronik
nichts enthält, was sich nicht aus der Bamberger handschrift her-
leiten liesse , da vielmehr unter allen uns bekanteu texten nur der Bam-
berger dem Excerpt als grundlage gedient haben kann , da sich endlich
im Excerpt mehrere charakteristische fehler der Bamberger handschiift
wideifinden: so wird man nun wohl nicht länger bezweifeln mögen,
dass Ekkehards Excerpt eine direkte bearbeituug der Bamberger Histo-
ria de preliis und Epistola ad Ar. darstelt und demnach für die ermit-
telung der ursprünglichen form der H. d. p. keinerlei wert besizt.
Immerhin mag die art, wie Ekkehard dieses werk aus den vor-
lagen zusammengesezt hat, in ergänzung des bereits oben besprochenen
zum schluss noch eine kurze zusammenhängende betrachtung verdienen.
Nachdem s. 61 fg. aus den quellen, deren sich Ekkehard für
<Iiese partie der alten geschichte hauptsächlich bedient, eine übersieht
fiber die taten Alexanders gegeben ist, wird s. 62 fortgefahren: „Sed
^uia idem Alexander multa mire peregisse legitur, quae scire multi
dolectantnr, libet de vita eins aliqua summatim decerpere, quibus
dolectationi qnerentium utcumque valeam satisfacere.^ Darauf folgt
dann 8.62 — 75 das Excerpt, welches der Verfasser in zwei teile zer-
^^gt: einen glaubwürdig historischen und einen abenteuerlichen, für
^Qasen Wahrheit er nicht einstehen mag. In dem ersteren wird (62, 13
"^-^70, 13) in eogem anschluss an B193° — 212*^ der Inhalt derH. d. p.
'^ia dahin nacherzählt, wo der grosse brief Alexanders an Aristoteles
^gint. Eingef> ist nichts ausser den oben erwähnten angaben des
-^eronymus über Nectanebus , der korrektur aus Orosius über die fami-
^ie des Darius , dem bericht des Orosius über den krieg mit Perus und
Qinem dritten bericht über denselben gegenständ nach der Epist. B 231 ****.
Am Schlüsse wird (dem weitermarsch vom lande der Oxydraces) 70, 13
— 27 ein stück über Alexanders lezte kriege in Indien aus Oros. III,
1) Die angäbe, zu der Waitz s. 61 bemerkt: „haec vorba ncsnio ubi Ekk.
^^«Mdt* stamt ans Joseph, ant. XI, 8.
V. IMBVTSOBE FHILOLOOIB. DD. XVIII. 2G
402 AUSFBLl)
19, 4 — 11 augereiht. — Ungleich freier gestaltet ist der zweite teil
^ie mirabilibus rebus, quas Alexander vidisse dicitor^, welchem Ekke-
hard folgende vorsichtige einleitung vorausschickt: „In his ergo itine-
ribus quae et quanta pertulerit et quam miranda conspexerit| ipse, nt
fertur, ad matrem suam Olympiadem et magistrum suam
scribit, de quibus aliqua ob delectatiouem noticiae reruin mirabiliu
breviando perstringimus , ceterum veritatem ipsarum rerum iudicio legen
tium relinquimus.^ Die auffallende anordnung der abenteuer beruh
offenbar zunächst auf den anfangsworten des lezten briefes an
(6 217*"): ,, Quantum facimus (st. fecimus) a principio asqae dnu ^i
uenissemus asiam significatum est tibi. Iterum notum sit tibi qnan
tum fecimus in antea (= nachher). A babilonia cepi ire coadonat^^N;
populo meo^ usw. Ekkehard schloss hieraus, das in diesem briefa^ne
geschilderte müsse bald nach Alexanders ankunft in Asien geschehe^Ks
sein, und wies deshalb diesen ereignissen ihren platz vor denen de r
briefe an Aristoteles an , in welchen die Unterwerfung Fersiens nnd de r
tod des Darius bereits als bekant vorausgesezt wird. Eine noch
here stelle schien ihm aber der erzäblung von der misgeburt in Bab]
Ion (B216'') zu gebühren. Indem nämlich hier der scbreiber von
oder seiner vorläge, wie öfter, gedankenlos die erste person f&r
dritte einsezte, entstand folgender unsinn: ^Vidi ibi et alia miracoL a
quQ scribo olimpiadi matri me^ cum essem in babilonia ante qnaiK^n
exissem de hoc seculo uidi mulierem qu; genuit filium.^ usw. (f^m^o
ohne interpunkiion). Ekkehard suchte den fehler irrigerweise in „^Le
hoc seculo" und besserte in rücksicht auf ^cum essem in babiloniik-^ *"
und den 217° erwähnten auszug aus Babylon: „Scribit itaque ad matrei
suam, quia cum adhuc in Babylonia [esset, fehlt bei Waitz] prini
quam egrederetur de terra illa, erat ibi mulier qnaedam,
peperit filium" usw. Er eröfnet damit seinen beriebt (70, 32 — 40 )i
weil die B 217'' fgg. erzählten abenteuer erst mit dem auszug ans Bab^ '*"
Ion beginnen, und schliesst daran (70, 41 — 60) den abmarsch vo ^
Babylon und den weiteren Inhalt des briefes an Olympias nach B 217
218 \ Dann kommen die wundergeschichteu der briefe an Aristoteles*'*^
und zwar zunächst (70, 61 — 71, 3) der anfang der erzäblung in de "**'
Ep. ad Ar. bis zum schluss der Schilderung des palastes des Peru -^^
nach B 228"* 229 \ Weil es aber in der Ep. weiter heisst ,,et per- '
ueni ad portas caspias^, so muste hier erst der inhalt des in der" ^'
H. d. p. mitgeteilten briefes an Aristoteles eingeschoben werden , indei
dessen ercignisse „postquam cepimus ire ad caspias portas*^ (B212
geschehen sein sollen. So folgt 71, 3 — 73, 7 eine forUanfende ersah
Inng nach der H. d. p. (B 212° — 216^) vom anfang des grossen
SKKEBABD U. DIB HlST. DB PBBL. 40S
an Aristoteles bis zum schluss der Verhandlungen mit den Amazonen.
Nach einf&gung einer kurzen notiz über die amazonenkönigin Halestris
(73, 7 fgg.) aus Or. III, 18, 5 nimt Ekkehard den faden der Ep. wider
auf und schildert (73, 9 — 57) nach B 229 ' — 231** die abenteuer bei
den caspischen toren. Den sodann in der Ep. (B231*''') gegebenen
berichty wie Perus von Alexander zum zweiten mal besiegt wird, spä-
ter aber mit ihm freundschaft schliesst und ihn zu den säulen des
läber und Hercules geleitet, hatte Ekkehard (69, 51 — 64) bereits an
der stelle vorweg genommen, wo er an der band der H. d. p. zur
erwfthnung des kampfes mit Perus gelangt war. Er überspringt also
hier diese partie und gibt 73, 58 — 75, 12 nach B 232' — 235" einen
aossQg aus dem ganzen rest der Ep., wobei er sich rücksichtlich der
reihenfolge der begebenheiten dieser durchaus anschliesst. Darauf wer-
den irider einige stücke aus Orosius eingefügt : 75, 12 — 15 = Or. III,
19, 2 die eroberung eines steilen felsens; 15 fg. = Or. III, 19, 1 der
tag nach Nysa und die eroberung der dädalischen berge und des rei-
ches der Cleophylis; 17 — 20 = Or. III, 20, 1 — 3 die rückkehr nach
Babylon. Endlich folgt 75, 20 — 55 eine zusammenhängende darstel-
long der Verschwörung gegen Alexander, seiner Vergiftung und seines
todes nach der H. d. p. B217'\ 218** — 219 ^ Das ganze beschlies-
sen die angaben des Hieronymus über Alexanders lebenszeit und regie-
mngsdauer.
Diese art der komposition unterscheidet sich wesentlich von der-
jenigen, die wir in der bearbeitung I* treffen. Der Verfasser von I*
hat sich mit seinen vorlagen eingehend beschäftigt und sucht dieselben
zu einem wirklich einheitlichen, in sich zusammenhängenden ganzen zu
verarbeiten , wobei er freilich bisweilen in geschmacklose künstelei ver-
flüi Ekkehard, in dessen weltchronik die geschichte Alexanders nur
die untergeordnete rolle einer episode spielt, macht sich nicht soviel
mühe, sondern begnügt sich im algemeinen damit, sein material der
Zeitfolge nach in grossen stücken bequem zusammenzustellen. Wo die-
ser lange partien seiner vorläge ohne Unterbrechung widergibt, hat sich
jener alles sorgsam zergliedert und bringt die einzelnen abschnitte hier
and dort unter, wo sie ihm am passendsten erscheinen. So ist z. b,
der Inhalt des Stückes 71, 3 — 73, 7 = B 212^—216" bei I* an vier
vergehiedenen stellen verteilt. Dies würde, da nichts in I'*' auf die
ursprüngliche reihenfolge hindeutet, schon für sich allein beweisen,
dass Ekkehard seinem Excerpt nicht P zu gründe gelegt haben kann.
Eine Übersicht über die kürzungen, die Ekkehard mit dem stoff
der H. d. p. und Ep. vorgeiioipmen hat , möchte hier zuviel räum bean-
spruchen. Am stärksten zusammengezogen sind Alexanders fRldzngo. in
20*
404 AÜ8FELD, EKKRHABD ü. DIE HUT. Wi PUEL.
Italien, Afiika, Syrien und Griechenland , sowie der sehlnssderElf,
namentlich das stück zwischen dem ersten bericht Aber die Tendn^
rung und dem brief an Olympias (B 217 *~''). — In der aofbanigki
textes zeigt Ekkehard den geübten blick , den eine aosgedehnte kktki
zu verleihen pflegt. Nur selten begegnet ihm ein misrersttndmi, ni
das meist in fallen, wo ein solches sehr verzeihlich erschefnt Bow-
kenswert sind namentlich die irtümer: 62,26 ans B 194\ 68,8
aus B 194", 62, 42 aus B 194^ 63, 17 aus B 196* (wo somiiiimB
lesen ist).
Die sonstigen sachlichen ab weichungen Ekkehards von der Ei^
und £p. beziehen sich gröstenteils auf die form der namen. Ite
haben in B vielfach ein seltsames aussehen , anch wenn sie nicht dnA
Schreiber entstelt sind, da Leo die formen seiner vorläge öfters hA
der griechischen ausspräche seiner zeit , bisweilen mit beibehaltang kt
griechischen casusendung widergab und die lateinische flexion sidt
richtig zu handhaben wüste. Ekkehard suchte da zn bessern; muck-
mal freilich recht verkehrt: z. b. 65, 29 Heraclius st Iradi, 65, S
Delphum st. delfim ; einiges wol aus andern quellen , wie Hammoi i
Ammon nach Orosius. — Von andern korrekturen erwähnen wir: 6&,11
„decem et septena milia^^ st. „dec. et septem dena milia^ (B SOO*);
68, 46 „transiens flumina invadosa'' si ^^inaquosa'' (B 210*); 71,11
„Yenerunt et homines silvatici habentes sex digitos in msnibiis et
pedibus" st. „hab. sex manus" (B 212**); 75, 45 ,,gubemator Aegypä"
(st „uestri" = der Macedonier B 217**) Ptolomeus erit. — Auf Mos»
fluch tigkeit beruhen differeuzen wie 69, 23 : „4000 octingentae qnadri-
gae*' st. „quattuordecim mil. oct.'* (B 228*); 73, 50 „qninquaginta*" (sL
„quinq. et duos" B231*) conculcavit. Für manches trift vielleidi
die schuld den herausgeber oder den setzer ; so 72 , 69 ad ipsos [mos-
tes fehlt, vgl. B 216 *"] exiemus obviam tibi; vgl. auch 70, 32 wo „esset'
ausgelassen, 70, 10, wo „fuerit" st. „fiunt" zu lesen ist Doci
zeigt 73, 42, dass dergleichen versehen auch in Ekkehards autograph
vorkommen.
Der gesamteindruck des Excerpts ist kein ungünstiger. Es hält
die mitte zwischen der dürftigen kürze der echten und der übermässi-
gen breite der erweiterten H. d. p. Von der lezteren unterscheidet w
sich nach unserm geschmack namentlich vorteilhaft durch das fehlen
des langweiligen briefwechsels zwischen Alexander und Dindimus, den
Ekkehard ebenfals aus B hätte entnehmen können. Was freilich pbn-
niässigkeit der komposition und klarheit der darstellung anlangt; so
vordient die bearbeitung I* entschieden den Vorzug, den ihr das mit-
telalter so unbedingt einräumte. Dass aber auch Ekkehards werk des
LUCAK , EICHEN 405
beifals nicht völlig entbehrte, dürfen wir aus der Verbreitung schliessen,
die das Excerpt als selbständiges stück aus dem zusammeuhaug der
Chronik losgelöst in einer ganzen auzahl von handsehrifteu gefun-
den hat.
DONAÜESCHINGEN , NOV. 1885. AD. AUSFELI).
EICHEN.
Eichen, „probare, mensurare, visieren^ ist zunächst aus iclicn,
schweizerisch icha „den keltereid schwören", ichta „eichen", nd. iken,
nnl. ijken hervorgegangen, ichen aber entsprang, wie M. Heyne im
DA/VB. 4*, 2032 gezeigt hat, aus ichten oder ichtefi (osterländisch und
hessisch), woneben in Hessen auch die gunierte form eichten (wie eich
neben ich) üblich ist.
Aber der älteste a. a. o. aus Freiburg im Breisgau (Schreibers
Urkondenbuch 1, 82) beigebrachte, dem jähre 1275 angehörende beleg
des verbums ist ähtin: ellü mas und ellü gewäge du stallt in der vier
Ufid gwenzigon gewalt eins ielichen dinges, und swenne si die gema^ont
und geähtint, so sun si sü eime empfelheti, stvcm sü went (wollen),
und swer mit minre oder merre ma^e oder gewäge Jcoufit oder verkou-
fit, der begat düpstdl. Dass dieses oberdeutsche ähtin mit dem aus-
schliesslich niederdeutschen und mitteldeutschen echt nichts gemein hat,
hat Heyne a. a. o. mit recht bemerkt, ohne jedoch eine weitere erklä-
fung daran zu knüpfen. Und doch wird ähtiti schwerlich etwas anderes
sein als reinmhd. ahten „nachrechnen, anschlagen, schätzen." Der
fechte umlaut ä (vgl. Weinhold al. gr. § 12) verdünte sich weiterhin
zu i und i (vgl. al. gr. § 21) und rief die formen ichten, icht^n her-
vor, aus denen mit ausfall des t die formen ichen, ichen, znlezt eichen
entsprangen. Diefenbach gloss. lat. germ. 436* s. v. j?>iMte verzeichnet
^chmafi^ ichmaiß^ ichUnafi, echtmaß, achtnmß.
Der ausfall des t Hesse sich dadurch erklären, dass der stamm
^On ahten auf t auslautet, mithin praesens und perfectum des verbums
formell zusammenfielen. War ahten einmal zu ichten, icÄ/cw geworden,
batte sich an diese neuen verba der begriff des amtlichen eicheus gehef-
W, so konten die neben dem inf. wol am häufigsten gebrauchten, wenn
^Uch nicht belegten, in der fiexion gekürzten formen ge-icht, ge-icM
==s mhd. geaht für geahtet als part. perf. von verbis angesehen werden,
deren inf. ichen j icheti zu lauten habe.
MAKBURG, 30. DEC. 1885. K. LUCAE.
406
DEAMEN UND DRAMATIKER DES SECHZEHNTEN
JAHRHUNDERTS.!
1. Das drama Ton HeH und seinen zwei sSlinen.
Die gescliichte des hohenpriesters Heli und seiner beiden söhne
ist, soviel ich sehe, dreimal dramatisch bearbeitet worden. Die
bearbeituug'von 1548 war bis jezt nur aus Gottsched Nöthiger Vorrat
2, 208 bekant (vgl. Goedeke Grundriss H*, 381 nr. 268), die zweite is^ .si
von Hans Sachs (1553), die dritte von 1559, welche Johann Laut—
t erb ach verfasst hat, ist noch gänzlich unbekant
1. Die erste dramatische bearbeitung, deren Verfasser nicl
genant werden kann, erschien unter folgendem titel:
Ein schöne Tra | gedi von Heli de | Hohenpriester, vnd zwey | se'
nen Sünen, gezogen | auß dem ersten buch | Samuelis. | Allen froiin
men Eltern | vuud jungen kindern zu | nütz, lehr, vnd warnung.
Nünnberg. | M. D. XLVIII. Am ende: Gedrückt zu Nörmberg
durch Johan vom Berg, | Vnnd Virich Newber, | WonhafTt ai
dem ne- • wenbaw bey der ] Kalckhütten. | M. D. xlviij. 38 bl. 8®.
In Weimar. Mit roter schrill die 1. 2. 3. (zur hälfte) 7. 8. --9.
und 11. zeile des titeis.
Es treten im ganzen 14 personen auf. Die poetische vorrec — ie
(bl. 2^) geht von der betracbtung aus, dass die Jugend an allen ortg=?P
schwöre, fluche und gott lästere. Das sei eine folge mangelhaft" pt
erziehuug, und da es unchristlich sei, so sei dieses spiel gemacht, a --^
christliche zucht und sitte zu lehren:
Das yeder hab sich selbs in acht,
Vnd thue was seinem ampt zughor*
Der Vatter seine kinder lehr,
Lass von jm sehen alles guts
So Werdens auch desselben muths,
Vnd weyss sie auff die tugend frey,
Das kind den Eltern gehorsam sej,
Vnd nem jr lehr gar willig an
So wirt auss jm ein Biderman.
Argumentum bl. 4 a. Zur strafe fBr ihre vergehen kommen v^ -^^
einen tag Heli und seine söhne Hophni nnd Phineas am ; ersterer bric^^ ^^
beim fallen vom stuhl den hals, leztere fallen im kämpf g^en i^-^^
Philister, des Phineas weib stirbt bei der gebart eines sohnes.
1) Vgl. ArvhiT für Littentnrg^^^chichte X, 145 fgg.
J
HOLSTEIN, DRAMEN DKB 16. JAURH. 407
1. 1. Heli sezt seine söhue zu hobcnpriestern ein und ermahnt
treulich am gesetze gottes festzuhalten. Die söhne versprechen die
ahnongen zu befolgen, zumal da sie ihr vater stets liebevoll und
üsichtig behandelt habe.
2. Eleaser, der nachbar, klagt in einem gebet zu gott Ober die
Ihaftigkeit der menschen.
Der menschen lastcr, sünd, vnd schand
Die yetzt hond gnommen vber band,
Vnglaub, der geytz, vnd vnkeuschheyt
Die hoffart, neyd, betriegligheit,
Es ist kein traw bey jung vnd alt,
Man holt kein recht , man lebt Tuit gwalt
Die fleyschlich glüst vnd böss begierd
Hond nahet all diss weit varftirt.
Es lebet yederman im sauss
Was will zu letzten werden drauss?
3. Der nachbar Jacob komt dazu. Er klagt, dass Helis söhne,
zu hohenpriestem gemacht seien , gottlose menschen seien und nur
lück über Israel bringen würden. Sie seien in ihrer Jugend nicht
ug gestraft worden.
El. Es wird kein kind von jm selb gut
Es straff es denn des vatters rut.
Jac. Glaubt mir, wo ist ein frommer man
Da kan man fromme kinder han,
Gleich wie die Herrn in einem rath,
So sind die Burger in der Stadt
Vnd wie man mag ein Fürsten hon
Also sind auch die vnterthon,
Vnd wie der Vatter ist im hauss
So wirdet auch ein gsind darauss,
Ewig wee müssen die eitern hon
Die jre kind vngestraffet Ion.
Die Jugend müsse scharfe zucht kennen lenien:
Man zärtle nit mit keinem kind,
Vnnd straffs vmb sein Verschuldung gschwind.
Jacob spricht dann weiter über die erziehung der Jugend. Zu-
hst müsse der vater die kinder unterweisen , dann müsse ein gottes-
ihtiger lehrmeister eintreten.
Denn von jugent auff ists menschen hertz
Zum Bösen gneygt, sag ich on schertz.
408 HOLSTEIN
Helis söhne könten als warnendes beispiel dienen. Hell habe
keinen ernst bei der erziehung seiner söhne gezeigt, deshalb seien sie
verzogene kinder,
Sie trachten nit was böss, was gnt,
Was yedem gfelt, das selb er thut
II , 1 . Helis söhne fordern ihren knecht Syr auf, von den opfer-
stückcn die besten auszusuchen und für sie zu entfernen.
2. Heli richtet neue ermahnungen an seine söhne:
nichts opfFer auss, dient ewerem Qot
Gantz fleyssigklich , wie jr denn solt,
Vnd Siecht die sünd so fast vnd fehrn
Alss ob es gifftig nattern wehrn.
Die kinderschuhe hätten sie abgelegt, und müsten bedenken,
dass sie nun männer seien.
3. Syr hat dem befehl seiner herren gemäss die besten opfer-
stücke entwendet und freut sich, dass er wie seine herren sich den
bauch mit essen und trinken anfülle. Er weiss , dass diese ein schlech-
tes beispiel geben.
Des Gottesdienst sie gar nit achten.
Nur alzeit nach der bauchfüll trachten.
Fern leuten stellends sich so fein,
Daheimen sind sie voller wein.
Vüd wenn jr einr auflf gassen kombt,
Du hieltest jn für helg vnd fromm.
4. Die söhne spotten über des vaters mahnungen:
Sein zucht ist yetzt au vns verlorn,
Ist Lappenwerck, macht sich zum thorn.
Vnd hindert vnser freuden fast
Er last vns weder rw noch rast
Sie wünschen seinen tod herbei, damit sie noch unabhängiger
und freier leben können. Nachdem sich beide von der bühne entfernt
haben, komt Syr in trunkenem zustande.
Botz fassnacht ich bin eben vol.
Mein fuss mich nit mehr tragen wol,
Mein zung hangt mir am gumep an.
Ich bin ein voller geckelman.
Wie kombts, nu trinck ich oft mee wein
Vnd dunck mich darnach nüchtern sein?
Es ist kein necker wein gewesen
Er ist freylich zu Francken gelesn.
DRAMEN DES 16. JAHRHUNDERTS 409
Nun hab ich vber sechs becher vol
Nit aussgetruncken , weiss ich wol.
5. Der fromme Joachim ist voll heiligen ingrims über das gott-
se leben der söhne seines nachbars Hell.
Mit deiner straff Herr bleib nit aoss,
Schick schweffei, bech, ins Helis hauss,
Verbrenn mit fewr diss schentlich gschlecht
Dmmm, das man f&rhin an dich gedecht.
Diss gsinds lass niemands vberbleiben,
Was geht vnd steht von mann vnd weihen.
Denn Gott der Herr rieht böss vnd frumm,
Die Gottloss sein, die kommen vmb.
Ob sie wol leben hie in zeyt,
Das mau si« lobt für fronmie leut.
Alle schuld treffe den vatcr, der seine kinder nicht in strenger
'ht gehalten habe.
Weh dem, der seiner kind verschont,
Vnd strafft sie nit, soss vnrecbt thond.
ni, 1. Joachim begibt sich in früher morgenstunde zu Heli
1 berichtet ihm über das schändliche leben seiner söhne. Die strafe
rde nachfolgen, wie sie Chore, Dathan und Abiron getroffen habe,
mit 250 mann von der erde lebend verschlungen seien.
Wer teglich schlemmerey ist treibn,
Muss all sein tag ein betler bleibn.
Denn brassler, hurer und weinschleich,
Die werden warlich selten reych.
Eim frommen gibt Got weyssheit und kunst,
Dem Sünder all plag vnd vngunst.
Heli verspricht seine söhne über ihr gottloses leben zur rede
stellen.
2. Heli warnt seine söhne vor dem Strafgericht gottes.
Hört mich allein, nembt war der zeit.
Mein sün, vom vbel fliehen weit
Alss.von vergifft, bald kombt der Herr
Wenn nyemand meint, fort er daher,
Sein gäher zorn schnell vberfelt.
Sein weg sind gar in still gestelt,
In kurzer zeit bringt euch sein räch,
In trawrn, in leid vnd vngemach.
Phineas erklärt, dass der vater falsch berichtet sei, auch sei er
^n „vil zu glaubisch man.^
410 UOLSTKIN
Ich lob gleich 8olchs nit sehr an dir,
Bist gar zkindisch, auch gehstu schier
Yetzt mit dem einen fuss im grab,
Als der nit lang zu leben hab,
Ynd last dich lose leut anredn,
Dast vns f^ind werdest allen bedn?
Zulezt versprechen sie nach pflicht und gewissen bände
wollen.
3. Der prophet Theander (in der bibel der mann gottes]
kündet Heli das Strafgericht gottes.
4. Gott verkündet Samuel die strafe Helis, und so soll ei
eitern ergehen , die ihre kinder schlecht erziehen.
So will ich mit allen eitern schaffn,
Die jre kind nit seyen str&flfn.
Auch will ich von der v&ter hendn,
All jrer kind sünd vnd schandn
Erforschen: hie mit vngefell;
Oder dort mit ewiger hell.
Ein grewel hab ich an vätern lind,
Die nicht zeytlich ziehen jr kind.
Die hinlessigen will ich rechen.
Mit meiner band den halss abbrechen.
Samuel teilt dem Heli auf dessen wünsch die werte gotf
Heli ergibt sich in sein Schicksal.
Gott thue was jn geduncket recht.
Er ist der Herr, ich bin sein knecht.
Ich will jm gern sein vnterthon,
Er schaff mit mir wie ers wöll hon.
Kein hoffnung denen weg zeigt an.
Die in leid vnd betrübniss stan.
IV; 1. Heli fordert seine söhne auf, die bundeslad
band der Philister zu retten. Beide sind entschlossen den
den Philistern siegreich zu bestehen.
2. Heli, des sieges gewiss, ruft das volk auf zum 8
den feind und zu vertrauen auf gott.
Last vns zu Gott im himel schreyen.
Das er vns wöll erbarmd verleyen,
Vnd wöll an seinen bund gedenckn,
Den er vnsem vätern thet schenckn.
3. Jacob fQrchtet die niederlage Israels.
DBAMBN PB8 16. JABBH. 411
V, 1. Ein böte verkündet die völlige niederlage Israels, es
seien 30000 mann gefallen, auch die lade sei genommen, er sei der
einzige, der der schlacht entronnen sei. Israel könne nur in der Zuver-
sicht auf gott erstarken.
0 Got, dn kanst allein abwendn
Diss leyd: vnd von der feinde bendn
Erretten, auch den burgern gebn
Frid: das sie mögen lenger lehn.
2. Helis Schwiegertochter Sunffraw (im personenverzeichnis ein-
fach: Helis Junckfraw) ist in sorge wegen des lebens ihres mannes.
Entweder ist mein man gestorbn,
Oder das hör im krieg flüchtig wordn.
3. Der böte berichtet Heli über den unglücklichen ausgang der
Schlacht, auch über den Untergang seiner söhne im heldenmütigen
kämpfe. Heli erkent, dass Theanders Weissagung erfßlt ist.
Theander hat wol weyssgesagt
Das ich, mein sun, auff einen tag
Ein schendlichs tod selten vmbkommen
Vonr lad des Herrn hab ich nit vemomen,
Was kan ich nu jetzt anfangen,
Israels heyl ist gar vergangen.
Wehe mir, hllflf Got mir alten man.
Er falt vom stuhl und bricht den hals. Seine Schwiegertochter
stirbt bei der geburt eines sohnes. Die hebamme beklagt den fall des
hauses Heli.
Also beweyset blinde tück.
Das stoltz vnd vbermütig glück.
Wer dem glück traut der ist ein thor,
Vnd vnglücks wert: hüt euch daruor. —
Wir dürffen nichts mer weiters hoflfen
Es hat vns Gottes räch getroffen.
In der „Conclusio^ wird eine ermahnung an die väter gerichtet,
ihre kinder in der furcht gottes und zu seiner ehre zu erziehen, sie
um des fluchens, spottens, stehlens, lügens und spielens willen zu
strafen. Die Schlussworte lauten:
Dz sey euch zu einr wamung gmacht.
Ich bit, habt ewer kinder acht.
Weyst sie auff Gots forcht, erberkeyt,
Auff Zucht, auff schäm, bescheidenheit.
Damit sie fürn ein ehrlich lehn.
So Wirt euch Got die seligkeyt gebn. Amen.
412 U0L8TB1N
Dann folgt noch eine sentenz ans Seneca: Vbi non est pudor,
nee cura iuris, sanctitas, pietas, instabile regnum est
Hört wo man belt die scbam för schlecht,
Kein sorg ist das man handle recht,
Kein heilignng, kein forcht des Herrn,
Kein glaub dz reich wirt nit lang wern.
Aus den mitgeteilten proben ist der geringe wert des dramaa
ersichtlich. Der versbau ist meist hart und ungeschickt. Nicht seltem
erscheinen weibliche reime. Das wort „drat^ = schnell, das Yalte]
Yoith u. a. oft anwenden, kernt nur einmal vor:
Das vnser sach all wol gerad,
Vnd wir bed wider kommen drat.
Aus dem Luther -liede „Aus tiefer Noth schrei ich zu dir^ i^^st
entlehnt: Er leydts wohin ers haben will.
Sein band zu helffen hat kein zil. (lY, 1.)
2. Die zweite bearbeitung ist die von Hans Sachs.
Tragedia mit 14 personen. Der priester Eli mit sein ungen^ -a-
ten söhnen. Hat fünff actus. Keller X, 241 — 261.
Sie ist vom 27. august 1553 datiert. Der „Ehrenhold** leit— :ilet
das drama ein, indem er die quelle und den Inhalt kurz angibt.
Friedt, gnadt und hail sey euch gemein.
Allen, so hie versamelt sein.
Von erbarn herrn und züchting frawen.
So da wollen hören und schawen
Ein tragedi, wellicher sumb
Steht in dem ersten buch regum!
Dies scheint nun freilich ein irtum. Nicht im ersten buch d^ ^^
Könige, sondern im ersten buche Samuelis ist die geschichte von Y^3^^^
erzählt Indes klärt sich der irtum dadurch auf, dass in der frfihere^^^
zeit vier bücher der Könige gezählt wurden, von denen die beid<
ersten später als die zwei bücher Samuelis bezeichnet wurden.
I. Elkana und Hanna beschliessen ihren söhn Samuel in dt
haus des herrn zu Silo zu bringen und begeben sich auf die reise. JK^---''
fordert seine söhne Hophni und Pinehas auf, zum feste das haus g(^ '^
tes zuzurüsten und den opferaltar bereit zu halten. Hophni erklä^ri
das fest sei erst morgen, Pinehas schmäht den vater.
Der alt redt in der aberwitz.
Er ist wunderlich. Lass uns gehn!
Ihm gehn villeicht erst auf die zftn.
£r treibet gleich sein alte weiss.
DBAMSN DBS 16. JAHBH. 413
Eli segnet Samuel, der von seinen eitern ihm zum opferdienst
^ht ist, für sein amt ein.
U. Elis söhne ergehen sich in lästeiTingen über das speisopfer
)rrn, das ihnen den bauch fülle und kurzweil, freude und guten
erschaffe.
Die zeit ist kurtz; wer sich hie thut
Versäumen, hat der schaden zwen.
Wer weiss, wie es dort ist zu gehn,
Ob dorten sey freudt oder leidt?
Ich weiss ie keinen unser zeit.
Der uns sagt und wer widerkommen.
Wer lange faste und bete , sagt Hophni , leide ebensowol schände
shaden, als wer mit Sünden beschwert sei.
Drum lass uns nur mit heuchlerey
Ein schein machen mit gleissnerey
Und mit den Sachen still umbgehn,
Das es der pöfl nit thu verstehn.
Das wir nit wern unwerdt bey in!
Ihr vater würde, wenn er ihr unlauteres treiben erführe, doch
it dem fuchsschwanze streichen , wie er es denn bisher getan habe.
Da keren wir uns wenig an,
Weisen im wol darzu die feigen.
So ist er fro, das er sol schweigen.
Wenn wir in mit stützing honworten
Von uns weisen an solchen orten.
Eli wirft seinen söhnen ihr ungöttliches leben vor.
Wer wider ein menschen Sünden thut.
Das kan schlichten der richter gut.
Wer aber sündet wider Gott,
Fräventlich zerbricht sein gebot,
Wer kan die selben sünde schlichten?
Ir lieben söhn, thut das mit nichten.
Das euch nit eins der Herre straff!
Diese worte entsprechen dem bibeltext 1. Sam. 2, 25. Der ver-
de» anonymen spieles von 1548 hat denselben in folgende worte
t: Denn wenn ein man schwerlicher sünd
Wider ein man, bald gnad er find.
Sündigt aber einr wider Got,
Auch handelt wider sein gebot.
Wer will da bitten für den man?
Auss ists, wo er nit gnad mag han,
414 HÖL8TB1N
Hophni erwidert auf Elis rede, er habe zu seiner zeit nicht also
ubel hans gehalten , in sehr unehrerbietiger weise :
Schaw mir nur einer zu dem alten!
Wie rein dunckt er sich in den sachen!
Du hast nit allzeit küchlin bachen,
Vorauss in deinen jungen tagen.
So lass uns beid auch ungefrett!
In der jugendt es als hin geht.
Pinehas macht dem vater vorwürfe, dass er sie früher nie
schärfer gezüchtigt habe.
Schweig, vatter, und bleib nur mit rhu!
Weist, das wir betten besser tugendt,
So müst uns haben in der jugendt
Nicht so mutwillig haben zogen
Und bass gebucket und gebogen.
Uns brechen unsern eignen willn.
Du sachst uns aber zu durch brilln.
Nun weist uns gern habn gelachsen.
So sindt der ruthen wir entwachsen,
Nemen kein straff mehr von dir an.
Als die söhne sich entfernen, klagt Eli über die mangelha
erziehung , die jene von ihm erhalten haben.
III. Des Propheten strafrede. Gebet Elis, in welchem er v
neuem bekent, dass er seine vaterpflicht nicht gewissenhaft erfQlt hal
Weil sie noch jung zu ziehen warn.
Dacht ich : Die witz kombt nit vor jarn ;
Sie werden mit der zeit auff erden
Selber witzig und fromb werden.
Liess sie also mutwillig wandern
Von einem laster zu dem andern.
Nun ruft gott den Samuel. Dieser hält Eli fBr den rufende
Herr, hie bin ich; was wilt du mein?
Mir hat gerüfft die stimme dein.
Aber Eli erwidert:
Ich hab dir nit gerttffet sider.
Geh hin^ mein söhn, und leg dich nider!
Verkündigung des göttlichen Strafgerichtes durch Samuel
IV. Ein böte begehrt von Eli die absendung der bundeslade ^
die im kämpfe mit den Philistern begriffenen Israeliten, von decMea
schon viertausend gefallen seien. Eli fordert seine söhne auf, die bm:^-
BBAMBM BBS 16. JAHBH. 415
e ia das lager zu tragen. Als diese sich weigeru, widerbolt er
anfforderung.
Weil das volck der laden begert,
Soll wirs nit lassen ungewerdt^
Wann darinn erzeigt Gott sein krafft,
Dardurch auch vor ¥rurdt sieghafft
Josua, da mans vmb Jericho trug,
Die mawer fiel, den feind man schlug.
Derhalben zweivelt nit an Gott!
Wann er kan helffen wol auss not.
Wer im gelaubet und vertraut,
Derselbig auff ein felsen baut
Und bleibt von feinden unerlegen.
Endlich entschliessen sich die söhne, aber Pinehas kann seinen
nicht zurfickhalten.
So ziech wir mit dahin all zwen,
Thun mit der ladn spaciern gehn^
Gleich wie die katz mit irn jungen !
Wir müssens thon, wol halb bez¥rungen.
Ich hab warlich kein glauben dran.
Y. Zwei kriegsleute der Philister, Gasa und Thimnat, besorgen,
hrem volke der sieg entzogen werde , wenn die bundeslade in das
der Israeliten gebracht wird.
Wir Philister sindt allesandt
«
Ob der Ebreer gross frolocken
Verzaget worden und erschrocken,
Uns ist eutphalhen gleich das hertz.
Aber dennoch wollen sie den kämpf wagen. Gasa fordert sei-
enossen auf, mutig in die reihen der feinde einzudringen. Ihr
)agon werde sie nicht verlassen.
Lauff, lauff! verzeuch nit in den sachn!
Lauff, lauif! botz wunnen willn, lauff!
Der feind hauffen zeucht schon berauff.
„Sie lauffen beide eylendt auss" sagt die bühnenanweisung.
komt Eli mit Samuel und Saffra, seiner schnür, sezt sich
lagt:
Mir ist umbgeben gleich mein hertz
Mit angst und wehmütigem schmertz.
Förcht, unserm volck geschech etwas.
Da komt ein kriegsmann, Ariel, der aus dem beer entflohen ist,
«richtet, dass 30Q00 Israeliten erschlagen, dass ancli Elis söhne
416 H0L8TR1N
getötet und dass die bundeslade geraubt sei. 9,Eli feit hinter sich Tom
stuhl zu todt. Saffra, die schnür, schlecht ihr hendt ob dem kopff
zusam" und stimt klagen über das so mächtig hereingebrochene
Unglück an.
So ist die herrligkeit dahin
Von Israel, darumb ich bin
Betrübet auch biss in den todt
Ich muss gebären in der not,
Icabodt sol heissen der söhn,
Den ich letzt wirt gebären thon,
Dieweil hin ist in diser zeit
Von Israel die herrligkeyt.
On trost wirdt ich auch sterben werden
Und begraben unter die erden.
Gott gsegn euch alle, so noch leben!
Jetzt wirt ich gleich dem todt gegeben.
Sie geht traurig ab. Samuel sieht das Unglück Elis und seiner
söhne als ein Strafgericht gottes an.
Der ehrenhold beschliesst das spiel mit der bemerkung, dass
dasselbe zwei lehren enthalte. Erstlich solle man die kinder in der
Jugend wol auferziehen.
Straff dein söhn! er stirbt nit daran,
Wann er wirdt klug und weiss darvon.
Wann es treibet die ruth mit schmertzen
Die thorheit auss dess kindes hertzen.
Wer seinem kindt die ruten spart,
Der hasst sein kindt nach feindes art
Die andere lehre bezieht sich auf den wandel der priesterscbaft;
dieser müsse vorbildlich sein , denn der gemeine häufen richte sich nach
dem priester. Die gotteslade bedeute das wort gottes, das einem gan-
zen Volke genommen werde, wenn es wie die priester mit sünde und
lästern behaftet sei.
Nun, zu für kommen solchem schaden,
Soll ein priester mit wort und leben
Dem gmein volck gut exempel geben,
Das es beide durch werck und wort
Das volck ziech besser an dem ort,
Das lieb und glaub wider auffwachs
Und Gottes ehre , wünscht H. Sachs.
Wie fast in allen biblischen dramen, so hält sich Hans Sacks
auch in diesem an den Wortlaut der bibeL Danadi ist die dranuiti^
DEAMBM DES 16. JABBB. 417
ickelung der handlang einfach, aber durchaus nicht tadelnswert,
rechnen die tragoedie von Eli und seinen zwei söhnen zu den bes-
i dramen des Nürnberger meisters.
3. Da» dritte, noch unbekante drama erschien unter folgen-
titel:
Hell I Ein grausam er- | schrecklich' Tragedia, Inn | diser letz-
ten gefehrlichen zeyt, Allen | Gotsförchtigen Christlichen Eltern,
zu ei- I ner trewen warnung, rechtschaffen Kin- | derzucht an
zu richten, vnnd zu erhalten, | auß dem ersten buch Samuelis
be- I schriben, Durch Johann Laut- | terbach, Kay. Gekrön- |
ten Poeten. | Ecclesiast. vij. | Hast du Kinder, so zeuch sie, vnd
bew- I ge jren hals von jugent auft, vnd verweh- | ne sie nicht. |
M. D. LIX. — Am ende: Gedruckt zu Nürmberg, | durch Valen-
tin I Neuber. | 56 bl. 8». — In Heidelberg.
Der Verfasser widmet sein stück in einer „zu Oringaw (d. i.
ngen), 1559. Den 17. Aprilis" datierten vorrede „der wolgeboren
n Greffin, Frawen Anna, Gehörne vonn Solmis, Greffin von
lenlohe, Frawen zu Langenberg, meiner Gnedigen Frawen** als
schwaches zeichen seiner dankbarkeit fUr die woltaten, die ihm und
jr hausfrau durch die gräfin erwiesen sind. Den anlass zur abfas-
seiner tragödie habe die Wahrnehmung gegeben, dass der Christ-
in kinderzucht nur geringe aufmerksamkeit gewidmet werde. Das
Bckliche urteil Helis habe er in eine deutsche tragödie gestelt, damit
*, der nicht der lateinischen spräche kundig sei^ sie lesen möchte,
1 er auch wisse, dass „etliche Momi vnd uachreder^ dies tadeln
ien. Job. Lautterbach, der sich kaiserlich gekrönter dichter nent,
zuvor Informator im hause des grafen von Hoheulohe und scheint
zeit der abfassung seines dramas pfarrer in Öhringen ^ gewesen
{ein.
Die Verteilung des Stoffes auf fünf acte geschieht ziemlich in
elben weise wie in dem anonymen stücke ; die personenzahl ist um
teufel Fhilocreus, die engel Michael und Gabriel vermehrt. Auch
noch ein dritter nachbar auf.
Der prologus gibt den uns schon bekanten anlass zur abfassung
Stückes an, dann folgt in 10 zeilen das Argumentum Tragcdiae.
im acte geht ein Argumentum voraus.
1) Öhringen, der hauptort der ehemaligen grafschaft Hohenlohe - Öhringen,
rfirtemberg gelegen. 1744 wnrdj das gräfliche haus Hohenloho in den reiclis-
mttaiid erhoben. Mit dem in der Widmung genanten Langenberg ist Langen-
ift Wlbrtemberg gemeint.
ra 9, DXVTSCHE pmLOLOOiE. BD. xvm. 27
418 B0L8TBIK
1. 1. Gebet Helis. Der knecht Sannio wird aufgefordert die
söhne zu rufen.
2. Sannio trift die söhne Helis und fordert sie auf zum Tatet
zu kommen. Als er ihnen mitteilt , dass sie zu priestem gemacht wer-
den solten, sprechen sie ihre freude aus.
Der botschaflft seit du wol geniessen
Denn dirs zum guten sol entspriessen.
3. Philocreus wird von den söhnen zur gastung geladen.
Nach meinem wuntsch geht mir die Sachen
Ymbs maul wil ichs jn sösse machen
Ob ich darnach schon gall ein streich
Ligt nit yil dran, gilt alles gleich
Die fisch gehören in mein Beuse
Wer mit den Katzn jagt fengt meuse.
4. Helis ermahnung zu treuer Verwaltung des den söhnen fil>«r-
tragenen amtes. Feierliche einweihung der söhne in ihr amt dair«b
darreichung des kleides, des gesetzes, des priesterschmuckes, des g'Or-
tels und des friedenskusses.
Im namen des Almechtign Gott
Den Abrahm, Isac, Jacob hot
Geehret, dem wir auch beweysen
Die gbörlich ehr, mit lob und preysen,
Salb ich euch yetz zu seiner Ehr
Das jr euch fleist ye mer vnd mehr,
Ynd thu euch kundt nach altem recht
Das jr yetzund seyt Gottes Knecht,
Der geh euch glück zu disem standt
Das sein nam durch euch werdt bekandi
5. Die söhne bereden sich Ober das auszurichtende gastmssM
zu dem sie das opferfleisch nehmen wollen.
6. Die engel Gabriel und Michael beten für das wol der sötm^
U; 1. Die söhne stiften Sannio an, das opferfleisch zu stehl^o*
2. Hell ist erfreut über den frommen wandel seiner söhne.
3. Sannio hat den befehl der söhne ausgeführt.
Ich henck den Mantel nach dem windt
Nun wil ich sehen wo sie sindt
Wil jn zurichten ein gut gloch
Ynd darnach weytters fragen noch.
4. Die söhne spotten über die milde und lindigkeit ihrai fiM**
Ophni. Er wescht ein peltz, er wird genarrefc
Denn er hatt viel zu lang geharret
DBAMEN DES 16. JAHBH. 419
Ja, alte leute lass ich dallen
Gemeinigklich ists bey jn allen.
Pinehas. Zeyt bringt Bosn, wöUu wol klug werden
Spat Saat kommt auch mit raht auflf erden.
Ophni. Er ist so gar ein lautter Eindt
Lest sich narren gleich wer er blindt
Merckt nit das wir nach vnser art
Yon Btro jm machen einen hart.
5. Sannio meldet den herren, dass das mahl bereit ist. Seine
trnnkenheit entschuldigt er mit des feuers hitze, die ihm zum köpf
gestiegen sei.
6. Zwei nachbarn Isachar und Buben klagen über den übolu
wandet der söhne Helis. Die schuld trage der vater.
Der Vatter ist jn gar zu leyss
Sein straff sie halten für schertzweyss
Das für vnd für lebt in seim mut
Ein böses kindt thut seiden gut
Drumb wer wil frumme kinder kriegen
Muss jn den Hals bey zeiten biegen,
Nicht machen sich durch vberseben
Der Sündt theylhafftig so geschehen
Alt hundt sindt sunst böss bendig zmachen.
Isachar bittet seinen freund , er möchte ihn lehren , wie man ein
kind recht erziehe. Dieser weist ihn an den alten Lamech.
7. Lamech erfült die bitte Rubens und spricht über die rechte
kindererziehung. Zuerst müsse das Mud gottesfurcht kennen lernen
dann müsse es durch Unterricht zum fleiss angehalten werden.
Müssiggang hat bösen nachklang
Vnd ist der Tugent vndergang
Drumb sich das er durch erbt vorkummen
Der Laster die gewaltig summen
Als sauffen, spilen, tauschen, liegen
Auch bulen, stelen vnd betriegen.
Isachar schliesst die belehrung mit einem dankgebet.
III, 1. Joseph beschliesst Heli über seiner söhne gottloses leben
aufzuklären.
2. Sein bericht wird von Heli mit Verwunderung aufgenommen.
3. Heli macht seinen söhnen Vorhaltungen, diese leugnen aber
jede Übeltat
Es ist erstuncken und erlogen
Wer leichtlich glaubet wird betrogen.
27*
420 HOLSTEIN
Er warnt sie vor dem Strafgericht, das Ober Chore, Daihao nod
Abyran gekommen ist.
4. Die söhne freuen sich, dass sie Heils zom beschwichtigt
haben, und begeben sich von neuem zum spiel
5. Theander verkündet Heli das Strafgericht gottes.
G. Heli lobt Samuels frömmigkeit
7. Jehovah redet mit Samuel von Helis Untergang.
Ich wil rechen die missethat
Das er sein Sün nicht zogen hat
Vnd sawer zu den Sündt gesehen
Die teglich von jn ist geschehen
Die Eltern die den willen lassen
Den Kindern , will ich all der massen
Also heimsuchen, weil sie sein
Ein vrsach, das die gnade mein
Muth willig wird veracht vnd gspot
Vnd halten nichts von mir dem Gott
Sie leben teglich hin inn windt
Besudeln sich mit schand vnd sündt
Drümb dörffen sie gedencken nicht
Das er sol bleyben vngericht
Ir blut will greulich fordern ich
Hie zeitlich vnd dort ewigklich.
8. Samuels dankgebet für die gute erziehung, die ihm sei^^
mutter gegeben.
IV, 1. Philocreus schmiedet neue plane, um die söhne Helis ^^
verderben.
2. Heli fordert seine söhne auf, in den kämpf gegen die Phil^'
ster zu ziehen.
3. Die söhne rüsten sich zum kämpf. Pinehas beschliesst V^^
seiner frau abschied zu nehmen.
4. Lamech zweifelt , dass Israel siegreich aus dem kämpf \k^^'
vorgeht, weil es sein vertrauen nicht auf gott setze.
V, 1. Buben , Isachar und Joseph sehnen sich nach naGhricht>^"
über den verlauf des krieges.
2. Biniaminites bringt böse botschaft aus der schlacht
3. Heli und Sostrata, seine Schwiegertochter, schliessen ans L-^^
lärm auf der Strasse, dass ein Unglück geschehen ist.
4. Sannio fordert den boten auf, seinem herrn bericht
statten.
DRAMEN DES 16. JAHRH. 421
5. Biniaminites berichtet Heli das Unglück des heeres und den
meiner söhne. Sostrata klagt über den verlust ihres mann es.
Ach wee meim grossen hertzen leyd
Das mir mein lieber man ist gstorben
Vnd schendtlich in dem Krieg verdorben
Ach wie soll jmmer mir geschehen
Ich hab jn zu dem letzten gsehen.
Heli fält tot vom stuhle. Alle beklagen das ende Elis. Biuia-
tes sagt: Allein kein vnglück pflegt zu sein
Es dringt allzeyt mit hauffen ein
So gschicht yetzt auch , Nu Gott der weyss
Warumb er vns so machet heiss.
Sie tragen den toten Heli ins haus.
6. Lamech erfUhrt vom boten das ende Helis.
7. Sophrona, die hebamme, berichtet das endo von Helis scliwie-
»chter. Buben schliesst mit einer mahnung:
Drum last vns bessern unser leben
Vnd bitten, Gott wird gnade geben
So wir allein auflf jn vertrawen
Vnd sunst auif keine hülffe bawen
Das hoffen wir durch seinen Samen.
Epilogus redet noch einmal ausführlich von der rechten kinder-
t. Wenn diese recht geübt wird,
So wird euch denn in disem leben
Gott reichlich seinen segen geben
Vnd darnach durch sein lieben Son
Endtlich die ewig frewd zu lohn,
Das helff vns die Dreyfaltigkeyt
Der sey Lob Preyss inn Ewigkeyt.
Amen.
Die diction in Lauterbachs stück erscheint weniger hart als in
ersten; dass das stück des anonymus bonuzt worden ist^ dürfte
i unwahrscheinlich sein , obgleich wörtliche Übereinstimmungen nicht
mden sind. Es finden sich nur einige anklänge, z. b.
Anonymus. Lautterbach.
I, 1. I, 3.
zu jr aller liebste kind Mein lieben Sün da hört mir zu
s alters trost und beste freund. Was ich ouch beiden sagen thu
$cht das ich bin alt und kranck Ihr secht, ich bin nit viel gesundt
Lschwach vnd zitternd einher gang Geh auff der giiiben alle stundt
krafit ist mehr in meinem leib Nimm an gesiebt an weyssheit ab
422 HOLSTEIN
Wey SS nit wie lang auff erd ich bleyb. An krafft ynd glidern nicht vil hab
Mein ghör vnd mein gesicht ist blöd Mir legt auch ab mein gantz gehör
Auif diser weit hab ich kein freud. So plaget mich der hasten sehr.
Weil ich den Gotsdienst nit vermag Weil ich so vnuermüglich bin
So setz ich euch auff disen tag So merkt, ich wil euch nicht yerhälen
Zu Hohenpriestern meine kind Mit allem Gottesdienst beßlhen.
Denn jr dazu erwelet sind,
1, 3. n, 6.
Ich weiss nit wz meimnachbarn bricht Sich was ist das mein Nachbaur dort
Das er so mit den henden ficht. Bey sich so trawrig redt vil wort?
Ich wil besehen vnd zu jm gau Wil mit jm reden, zu jm gehn
Mein nachbar Jacob wz ligt euch an? Hör Buben, hör, bleib stille stehn
Das jr bekümmert also schreyt Was trawrest du? was ist dein klag?
Vor forcht vnd sorg so trawrig seydt ?
Weyl jr mich fragt so will ich frey Ach lieber Nachbaur dir ichs sag
Mein nachbaur, sagen was mir sey^ Des Heli Sün seind Priester worden
Ynd sag euch das mit grosser klag Ynd halten selten jren orden
Denn Holis son auff disen tag Thun nichts denn nur den schleromer
Zu Hohenpriestern sind gemacht singen
Die doch auff gots forcht hond kein Ja allen vntugent nach ringen
acht Jetzt hau si wider ir geloch
1 , 3. Nicht vil dem ampt thun fragen noch.
Ein gelerten meyster man jm such
Der gots forcht hab, nit sey verrucht, H, 7.
Stellst oft eim nach, bedaurt dich nicht Lest man die Vögel, hund vnd thier
Der huud vnd vogel, die ross abriebt. Erziehn mit ernst vnd grossem begier
Also wölst dich nicht bedauren Ion Warum weit nicht an seinem Soa
Das dein kind mög ein meyster hon Ein Vatter das auch lassen thon
Der jm in thugent wol vor gaht Was ist ein heimgezogen Kindt
In zucht und lehr sein achtung hat. Denn bey den leuten wie ein Rindt?^
1, 3. n, 6.
Er straffts, doch auff ein ander weyss. Der Vatter ist ja gar zu leyss
Sein straffung ist gar vil zu leyss. Sein straff sie halten für scherzweyss.
m, 1. m, 2.
Es mag wol etwas sein daran. Es kan so gleich nit alles sein
Doch hond sie es leicht nicht alss Gleub nicht was sagt der Nachbaar
gethan. mein
Wie er von sagt, wol ists mir schwer, Ist schon etwas, so ists doch nicbt
Das ich solchs von meim nachbar hör. Wie eben er mich hat beriebt
1) Die beiden lezten verse sind aas Hans Ackermanns Verlornem wohn T.473
and iU entlehnt (Stattg. Litt. Verein nr. 170).
i
DRAMEN DBS 16. JAUBH. 423
Das hab ich mich nit mercken Ion, Vnd ob michswolsoerhatt verdrossen
Das mir auff jn hab zoron thon. Hab icbs mich doch nicht merken
lassen
m, 2. ni, 3.
Dergleichen auch mit den weyben Ir pflegt mit den weyben
Seit jr schantlich sachen treiben. Daseuchnitzimbtvnzuchtzutreybeu
Auch seit jr tag vnd nacht vol, Seyt voll vnd toll , lebt lästerlich
Steht euch denn solchs priester v^ol? Daran das Yolck seer ergert sich.
V, 2. V, 3.
Was ists, das yederman so wider Was mag doch wol sein für ein Lermon
Laufft hin vnd her, jetzt auf jetzt Das auff der gass die leut so schwer-
nider? men?
Ich weysB nit was für vngefell, Ich bin erschreckt und ist mir wee
Was leyd , was forcht mich ein ist Es deucht mich nicht das recht zu geh
kommen, Gar böss gedancken fallu mir ein.
Der schreck hat mir all kraft genom-
men.
V, 3. V, 5.
Bringt mir dieweil ein sessel her, Gar kraffloss ful ich mich vnd kranck
Ich kan nit steen, es wirt mir schwer, Kan nicht wol stehn hol mir ein banck
Biss das der bot hierher wer gon. Wil an die thür mich setzen her
Biss mir der man bring dise mär.
Ich kan jn gentzlich sehen nicht, So tunckel sein die äugen mein
Denn mir an meinem gsicht bricht. Das ich nicht wol gesehen kan
Heyst doch den man herzu mir gon. Weiss mir wo ist der frembde man.
Die Übereinstimmung der reden Theanders (auch bei Lautterbach
heisst der mann gottes so) und Jehovahs lassen sich auf die benutzung
des bibeltextes (l. Sam. 2 und 3) zurückfuhren. Die eigentliche dra-
matisierong des Stoffes jedoch gehört dem anonymus; schon dieser
umstand muss uns veranlassen , seiner arbeit vor der seines nachfolgers
den Vorzug zu geben.
Eine lateinische bearbeitung des Stoffes lieferte Georg Cala-
minus (Röhrig), professor am gymnasium zu Linz: Helis, Comoo-
dia Sacra, Argentor. 1591. (Goedeke Grundriss II ^, 142 nr. 59
A. Jundt, Die dramatischen Aufführungen im Gymnasium zu Strass-
barg, Strassb. 1881, s. 23, anm 2. In der AUg. deutschen Biographie
III, 692 wird nur seine tragödie „Bodolphottocarus"^ genant.)
3. MatthSus Scharschmid,
Von diesem dramatiker nent Goedeke Grundriss IP, 370 zwei
dramen, von denen das eine nur dem titel nach aus Gless und Gott-
424 HOLSTEIN
scheds Vorrath bekant geworden ist. Wir fögen diesen beiden ein drit-
tes noch unbekantes drama hinzu , dessen stoff nicht der bibel entnom-
men ist.
Matthäus Scharschmid, vicarius zu S. Nicolai in Zeitz, liess
seine drameU; nachdem zwei von ihnen zuvor öfter aofgef&hrt waren,
sämtlich im jähre 1589 erscheinen. In der Torrede zum drama von
den sieben Mai-tyrern heisst es von ihm, dass er jezt über etliohe und
vierzig jähre im stifte gelebt habe. Von seinen lebensumständen habe
ich nichts weiter in erfahrung bringen können, als dass er noch im
jähre 1603 als vicar in Zeitz lebte, denn als solcher wird er in einer
über der tür der (damals erbauten) gottesackertdrche befindliehen inschrift
genant. Er scheint auch die auflTührung der sechs dramen in Zeitz, die
in den jähren 1579 — 1583 statfand, veranlasst zu haben (Neue Mit-
teilungen des Thür.- Sachs. Vereins XVI, 432).
1. Das erste drama erschien unter folgendem titel:
Gomoedia. | Von des König | sehen Son y der kranck lag zu | Ca-
poruaum , Vnd durch Chri | stum wider gesund worden etc. | Ja-
han. 4. | (Bild : Christus und der königische.) Beimweise gestellei,
Durch I Mathaeum Scharschmid. | Psalm 55. | Wirff dein anligeo
auff den HEERN , der | wird dich versorgen , Vnd wird den Gerech-
ten nicht ewiglich in vnruge lassen. — Am ende : Gedruckt zu
Eißleben, bey | Vrban Glaubisch, im jähr, | M. D. LXXXTX. 75 BL
8^. In Heidelberg. Nach Goedeke nr. 208 in Berlin und Breslau.
Auf der kehrseite des titelblattes widmet der Verfasser dem leser
folgende werte: Lectori.
So jemand wird gefallen nicht,
Was ich hiemit hab bracht ans Licht,
Derselbig mag was bessers tichtn,
Es lest sich leicht einander richtn,
Wer ist? der es kan machen all,
Das es eim jeden wolgefall.
Sticht dich mein Arbeit in die Augn,
So wasch ein Tuch aus scharffer Laugn,
Vnd lass dir drauff nach deim gefalln,
Ein bessers für die Nase walln,
Was ich gemacht, bitt lass mirs stan,
Ich hab hiebey mein bestes gthan,
Vnd Gottes Ehr gesucht allein,
Der wird auch wol mein Schützer sein.
Die Widmung gilt den bürgermeistern und dem rat der sta^^
Pegau. In der vorrede („Gegeben in Zeit [so!] den dritten Febrotft»
j
DBAMBN DBS 16. JAHSH. 425
Anno 1589. Matthaeus Scharschmid Yicarius in dem Beformirten Stifft
daselbs.^) werden die comödien nnd tragödien als ein mittel bezeichnet,
durch welches die menschen zur erkentnis gottes, zum glauben, zur
liebe, zur geduld, hoffnung und andern tugenden angereizt und vom
Unglauben, Ungeduld, zauberischem und abergläubischem vertrauen,
vermessenheit , Sicherheit und andern lästern abgehalten werden sollen.
Nachdem das vorliegende drama dreimal agieret und öffentlich in Zeitz
gespielet worden ist, hat sich der Verfasser auf antreiben und ver-
mahnen guter leute veranlasst gesehen, dasselbe in druck ausgehen
zu lassen.
Ausser prolog, argumentum, den argumenten der 5 acte und
dem epilog zählt das stück 32 personen. Um den an sich wenig umfang-
reichen biblischen Stoff dramatisch zu gestalten, hat Scharschmid eine
menge beiwerk geschaffen , das oft sogar ausser Zusammenhang mit dem
stücke selbst steht. Die handlung schlept sich mühsam durch 5 acte.
Dennoch zeigt der Verfasser eine gewisse gewantheit in der erfindung.
Der prolog kundigt ein spiel an, das nicht ein gegenständ des
lachens sein soll,
Denn wer nur schalckheit hören wil.
Find er im Schimpff vnd Ernst gar viel,
In Euln Spiegl vnd Rolln Wagn,
Die sich mit vielen Schnacken plagn,
Vnd doch der Seelen rathen nicht,
Sind nur zu Fleischeslust gericht,
sondern das den glauben zu stärken bestimt ist.
I. Die krankheit des sohnes.
1. Begulus, der königische, rühmt sich seiner klugheit und
list, die er in der ausübung seines amtes anwendet.
Wer Gelt wil han, muss triegerey
Gebrauchen offt gar mancherley,
Practik vnd Kenck, gross listigkeit,
Welchs man jtzt helt für Erbarkeit,
Amts Bechnung kan ich stellen fein,
Vnd geh ir einen solchen schein.
Ein X schreib ich offt für ein V
So nimpt die Summ gewaltig zu.
Sein weih entdeckt, dass der söhn seine rede gehört hat.
Das dich S. Eüris marter rhür^
Ist denn der Knab jtzt eben hier,
Mochsts du mir denn nicht wincken halt
426 uoLSTEik
Vnd mich in solcher red aaffhalt,
Ich wolt es wol vermentelt han.
2. Sohn gesteht, dass er den vater behorcht habe, um von ihm
zu lernen , auf welche weise auch er zu reichtum und ansehen kom-
men könne.
3. Satan beschliesst des Begulus hochmut zu dämpfen, mdem
er seinen liebsten söhn auf das krankenlager wirft
4. Sohn , der sich aus dem hause geschlichen hat , nm zu spie-
len , fält im ringkampf mit den beiden söhnen des nachbars so ungltt^t
lieh, dass er nicht im stände ist sich vom boden zu erheben.
5. Begulus vermisät seinen söhn und sendet Davus, einen sei-
ner knechte, aus, ihn zu suchen. Dieser findet Dromo, den knecht
des nachbars, und teilt ihm seinen auftrag mit.
Meins Herren Son ist gangen aus
Vnd sich geschleuffet aus dem Haus,
Den sol ich suchen, zu Hause fühm,
Ist das nicht schier Sanct Yeltens kührn.
Er leuft teglich der Schalckheit nach,
Dis bringt mir ofit gros vngemach.
Endlich finden ihn beide halbtot liegen. Dromo läuft in Be^^'
lus' haus, um zu melden, dass der söhn gefunden ist
6. Auf Dromos nachricht begeben sich die eitern zu ihrem sol»*^^
und erfahren das Unglück desselben.
7. Der zweite knecht Geta wird zum arzt geschickt
II. Vergebliche versuche, den kranken söhn zu heilen.
1. Arzt und apotheker sprechen über die verschiedenen art^^
von krankheiten und über die mittel sie zu heilen.
2. Begulus erwartet sehnlichst den arzt.
3. Arzt findet den knaben im fieber liegen und verordnet ^i^
„Cristier."
4. Die mutter unterhandelt mit einer Wahrsagerin , die den kfl^'
ben von seiner krankheit befreien will.
5. Bauernsceue. Zwei ehepare kehren aus der stadt nach haa^^
zurück.
6. Als Begulus keine besserung in dem zustande seines sobnes
wahrnimt, schickt er zur Wahrsagerin.
7. Die Wahrsagerin gibt gegen bezahlung ihr pulver zur heiloBS
des kranken sohnes.
III. Begulus erfährt von der ankunft Jesu und beschliesst
ihn um hilfe zu bitten.
1. Jesus unterredet sich mit seinen jungem. Job. 4, 32 lasM*
DREHEN DBS 16. JAHRH. 427
Ich hab ein Speiss zu essen doch,
Daruon jr jtzt nicht wisset noch.
V. 34. Mein Speiss ist, das ich thu zu hand
Den Willen des, der mich gesand
Vnd körtzlich auch voUend sein Werck.
V. 35 — 38. Vier Monat sind, so kömpt die zeit
Der Ernd , das man anfeht vnd schneid,
Seht in das Feld, das liebe Korn
Ist zu der Ernd schon weislich wordn,
Wer schneid wird seinen Lohn empfahn
Vnd Frucht zum ewign Leben han,
Auff das da sey ein gleiche Frewd,
Dem der da seet vnd der da schneid.
Es ist ja war, vnd daran leits,
Ein ander seet, ein ander schneids.
Zu schneiden hab ich euch gesandt.
Daran jr doch kein Hand gewandt.
Denn andere gearbeit han,
Der stät jr jtzt versorget dann.
Jtzt seid jr Herrn , bald aber Knecht,
Geschieht euch demnach also recht.
2. Ein Samariter teilt dem Probus das gespräch Jesu mit der
Samariterin am Jacobsbrunnen mit. Auch tadelt er die jetzige klei-
dertracht
3. Begulus sieht ein, dass ihn gott um seines abfals willen
strlife, und gelobt besserung.
4. Der Schulmeister Jairus weist Regulus auf den in Cana wei-
lenden Jesus hin, der so eben auf einer hochzeit wasser in wein ver-
wandelt habe.
5. Begulus teilt seiner frau seinen eutschluss mit, Jesum um
bilfe anzusprechen.
6. Sathan wütet darüber, dass sein plan vereitelt wird.
lY. Begulus bittet Jesum um die errettung seines sohnes
von der tödlichen krankheit.
1. Frobus klagt gegen seinen knecht Dromo über die krankun-
gen, die er von seinem bösen weihe Staphyla erfahre.
2. Sathan will die Zwietracht zwischen den eheleuten schüren
und den weibern die herschaft über die männer zuwenden.
3. Die Wahrsagerin wird von der mutier des kranken knaben
als betrügerin entlarvt.
428 HOLSTBIK
4. Die zänkische Staphyla stelt. ihren mann zur rede.
5. Der priester wird zu dem kranken knaben gerufen. Eirch-
uer und totengräber freuen sich, dass ein begräbnis in aussidit steht
6. Begulus bittet Jesum, er möge seinen söhn heilen.
Ach Jhesu jtzt erbarm dich mein,
Lass dir mein Sohn anglegen sein,
Ach kom hinnab, eh denn er stirbt,
Hilfif jm , eh er im Tod verdirbt
Zuerst wird er abgewiesen ; als er aber seine bitte erneuert und
seinen glauben bekent, sagt Jesus:
Wolan, weil du bestendig bist,
Im Glauben nu zu aller frist,
Vnd dein Vertrawen steht zu mir
Allein, so wil ich helffen dir,
Auch weil dein Sund dir hertzlich leid,
Soltu bekommen gut bescheid,
Geh hin, ich sag dein Sohn der lebt.
Seht, das jr Gott die Ehre gebt.
y. Begulus findet seinen söhn gesund und dankt gott.
1. Die mutter verkündet voller freude dem Probus und dem
priester, dass ihr söhn plötzlich gesund geworden sei. Alle sprechen
ihre Verwunderung aus.
2. Sathan bedauert , dass Probus von Jesu gehört und auf Um
aufmerksam gemacht hat.
3. Die mutter schickt ihrem manne zwei knechte mit der fro-
hen botschaft entgegen.
4. Die knechte verkünden Begulus die genesung des sohnes.
5. Begulus begrüsst seinen söhn; er verspricht ihn zu gottes
ehre zu erziehen.
6. Narr spottet über den totengräber, der nun um sein so
sicheres geld gekommen ist.
Epilog spricht die ermahnung aus, die vier lehren, die das spiel
enthalte, zu beachten: 1) wie uns und unsre kinder gott straft, wenn
wir in sünd und schände leben, 2) wie man sich in krankheit, trübsal
und gefahr zu benehmen habe, 3) wie Jesus zum heile der menschhät
gesaut sei, 4) wie wir, wenn uns geholfen, dankbar sein müssen.
Scharschmid fand einen nachfolger in Johannes Berte sius aas
Kammerforst, rector zu Thamsbrück, der im jähre 1606 folgendes spiel
veröffentlichte:
Begvlvs. Comoedia: Ein schön Geistliches Spiel, aus dorn Euan-
geUo Johannis am 4. Gapitel. Von dem Eönigiaobent ^ Sola
DRAMEN DBS 16. JAHBH. 429
krauck lag zu Capernaum. Johannes Bertesius, Cammerforsten-
sis, Thuringus, Gebessert, vnd mit Personen gemehret. Anno
M. DC. VI. — Am ende: Leipzig, Gedruckt vnd verlegt, bey
Nicol Nerlich. Im Jahr 1606. 8^ — Maltzahn Deutscher Bücher-
schatz I, 1153. Goedeke n*, 373, nr. 223. Scherer in der AU-
gem. deutschen Biographie H, 512.
Dass dieses stück nach Scharschmid bearbeitet ist , mochte man
aus dem titel schliessen: er trägt den namen des königischen, wie er
bei Scharschmid heisst.
2. Das zweite drama hat folgenden titel:
Tragoedia, | Von den sieben | Märtyrern vnd jrer Mut- | ter, Wie
dieselbige vmb des Gesetz | Mosis willen vom Könige Antiocho
dem I Edlen erbermlich gemartert, vnd der König | hernach durch
ein schrecklich Ende von | Gott grewlich ist gestrafft wor- | den,
aus dem 2. Mac- | cab. 7. | Einfeltig in deutsche gebun- | dene
Reden gestellet vnd verfasset, | durch, | Matthaeum Scharschmid
Vi- I carien im Stifflt Zeitz. | Mit einer Vorrede M. Lucae | Mar-
tini Pfarherrn in der Key- | serlichen Reichsstad Nort- | hausen. |
Matth. 10. I Wer biß an das Ende beharret, der | wird selig. —
Am ende: Gedruckt zu Eiszle- | ben, durch Vrban Gau- | bisch.
Im Jahr, M. D. LXXXIX. 86 Bl. 8«. — In Heidelberg. Bis jezt
nur aus Cless 2, 96 und Gottscheds Vorrath 1, 123 dem titel
nach bekant Vgl. Goedeke a. a. o. nr. 207.
Auf der kehrseite des titelblatts befinden sich dieselben werte,
wie im ersten drama, doch mit der Überschrift: Autor ad Zoilum. Dann
folgt die vorrede des pastors M. Lucas Martini, des Schwagers des
▼er&ssers, datiert „Northausen den 21. Apprilis Anno 1589." Gewid-
met ist das stück „den Ehrwirdigen Edlen, Gestrengen, Ehrenvesten,
Achtbam vnd Hochgelarten Herren Probst , Dechand, Seniorn, vnd dem
gantzen Capitulo der Stifftkirchen im Bisthumb Merseburg." Schar-
schmid hat , wie der pastor Martini in der vorrede sagt , die vorliegende
tragödie vor jähren publice agirt, dann auf anraten mehrerer freunde
dem druck übergeben. Die dedication geschehe nicht allein mit erlaub-
nis der Verfassers, welcher ihn freundlich um eine vorrede ersucht,
sondern auch „aus betrachtung vielfeltiger gutthaten, welche jme in
seiner Jugend, vnd seinen lieben eitern, nu vber etliche vnd viertzig
Jahr in diesem hochlöblichen Stifft widerfahren" seien.
Das stück enthält 5 acte; es treten ausser prolog, argumentum
mid epilog 36 personen auf
Der prolog redet vom zweck dieses Spieles.
430 HOLSTEIN
Nu handelt dieses spiel allein,
Wenn Christen in verfolgang sein,
Wie sie ob jrem Qsetz vnd Glaubn,
Jr Fleisch vnd Blut solln gar beteubn^
Das sie viel lieber willig sterbn,
Die Seligkeit nnr zu ererbn^
Eh sie vom rechten Glauben weichn,
Der selig macht die Armn vnd Beichn,
Durch Christum, wie wir glauben frey,
Das Er der rechte Heyland sey.
1. 1. Antiochus, König von Syrien , hat die regierung angetre-
ten und wünscht durch grausame taten berühmt zu werden.
Ich will mir einen Namen machn
Durch Krieg vnd sonst auch andre sachn.
Das man so lang die Welt mag stan,
Von mir sol gnug zu sagen han,
Allein mir mangelt nu fast Geld,
Welchs denn auch klagt die gantze Welt,
• Jason verspricht ihm, wenn er ihn an stelle des Onias, seines
bruders, zum hohenpriester mache, 590 centner silber aus dem tempel
zu Jerusalem zu geben. Die aussieht auf das geld lilsst den könig
den wünsch Jasons gern erfüllen.
2. Jason freut sich seines neuen amtes. Sathan trauert über
die feindschafb, die zwischen brüdern herscht.
3. Jason vertreibt seinen bruder Onias aus dem hohenprie-
steramt.
4. Die trabanten Clemens und Sebulon klagen über Jason, der
sein amt nun schon drittehalb jähr so gar tyrannisch verwalte.
5. Auch Portius, ein bauer, klagt über Jasons regiment
6. Der schösser Menelaus bringt dem könig in Jasons auftnig
eine summe geldes und da er verspricht noch 300 centner mehr geben
zu wollen als Jason, so übergibt ihm der könig das hohenpriestertom.
7. Der könig , im begriff gegen die Tharser und Mallotter zn
ziehen, sezt Andronicus zum stathalter ein.
n, 1. Andronicus ersticht den Onias.
2. Zwei Juden , Salomon und Phiygellus , beklagen die frevelUt
des Andronicus.
3. Sathan freut sich, dass ^Andronicus bald in seine hftnde al-
len wird.
4. Der könig Übergibt Andronicus dem henker.
DBAMEN DES 16. JAHBH. 431
Qnad hin Gnad her, wer Menschenblut
Also wie du vergiessen ihut,
Der soll das seine auch vergiessn,
Solch Becht soUtu auch nu geniessn,
Sih Nickel , kom vnd greiff jn an,
Den Buben vnd heilosen Man.
m, 1. Judas Maccabäus berichtet dem bauer Hermann von der
liehen eroberung Jerusalems durch den könig Antiochus, wobei in
tagen 80000 menschen erschlagen sind und der ganze tempel-
tz, dessen wert sich auf 1800 centner silber belief, geraubt ist
2. Der könig Antiochus gibt den befehl, die Juden zur über-
ing ihrer gesetze zu zwingen, selbst unter anwendung von gewalt-
nregeln. Der hauptmann Sostratus und der hofrat Haman werden
der ausfQhrung des befehls beauftragt.
3. Satan beklagt das geschick der Juden.
4. Die Juden Salomon und Phrygellus sind bereit lieber ihr
Q zu lassen als wider das gebot des Moses Schweinefleisch zu essen.
5. Die rate des königs berichten diesem über die ausführung
3S befehles. Dem Juden Eleasar wird Schweinefleisch in den mund
eckt, aber er weigert sich dasselbe zu essen und wird vom Stadt-
)ht abgeführt. Eleasars gebet:
0 Gott, dir nichts verborgen ist,
Du weist das ich dem Tod gar fein
Jetzund wolt leicht entgangen sein,
Wo ich gewolt, der Seele nach,
Leid ich gar gerne diese Schmach,
Vmb Gottes willn, ich fahr dahin.
Getrost ist mir mein Herz und Sinn.
Dem judenweib, das sich mit seinen sieben söhnen ebenfals wei-
I das gesetz zu übertreten, soll noch bis zum andern tage frist
iben werden.
IV, 1. Der henker Nickel rüstet sich zu dem blutgericht, das
len sieben märtyrern volzogen werden soll.
2. Verhör des neunzigjährigen Adam vor dem könig und seinen
1. Da er sich weigert, so befiehlt der könig seinen tod.
Sich, nim zuerst den alten Man,
Für jn hinein zum Fewer bald,
Vnd wenn dasselb ist wol bestalt,
So haw jm ab sein Füss vnd Hend,
Sein Zung jm in seim Halss versehend.
432 HOLSTBIK
Vnd wenn du jn zerstümmelt hast,
So wirff hernach den klugen Gast
Noch lebend in die Ffann hinein
Vnd lass jn also braten fein.
Die andern lass auch mit dir gähn,
Das sie solch Marter schawen an,
Doch bring sie, wenn gestorben er^
Alsbald zu vns dann wieder her.
3. Verurteilung der mutter nebst fünf söhnen. Nur die mntter
wird noch verschont. Alle gehen mit gläubiger Zuversicht in den tod.
Andreas sagt:
0 du verfluchter Mensch hör ebn,
Du nimpst mir wol das zeitlich Lehn,
Doch wird der Herr Gott aller Welt,
Dem diss mit nichten wolgefellt,
Zum ewigen vns aufferweckn,
Die wir vmbs Gesetz die Hels darreckn.
4. Der jüngste der brüder, Daniel, wird mit seiner rnnttec
Salomona ebenfals zum tode geföhrt. Er prophezeit vor seinem enl«
dem grausamen und gottlosen könige seinen Untergang.
Hergegen solt gestrafet werdn
Du König hie auflF dieser Erdn
Nach Gottes Urteil, Macht vnd Gwald,
Ein zeit ist dir schon angestald,
Wie du mit deinem Hochmut hast
Verdienet, du verfluchter Gast
Voll begeisterung sagt die mutter:
Sie nemen vns nur diesen Leib,
Drümb sieng mein Son: Lass fahrn dahin,
Sie haben dos keinen gewin.
Das Eeich Gottes muss vns doch bleibn.
5. Der henker Nickel und sein knecht Georg beschliessen nach
volbrachtem werk sich einen guten tag zu machen.
6. Judas Maccabäus beredet mit Salomon und Phrygellns einen
aufstand.
V, 1. Die rate des königs werden von dem königlichen boten
Mnestäus über die plötzliche erkrankung des königs berichtet. Betrübt
über die niederlage des heeres in Medien habe der könig den Jaden
räche geschworen , er wolle aus Jerusalem eine totengmbe machen , aber
kaum habe er das wort gesprochen, so sei er in eine nnbeschreiblidie
schwäche verfallen.
DRAMBN DBS 16. JAflRH. 433
2. Der könig bittet gott um befireiung von seiner plage , er ver-
spricht freilassong der Juden von allem zins und die widerherstellung
des tempels, ja sogar den übertritt zum Judentum. Vor seinem ende
sezt er seinen söhn Antiochus zum nachfolger ein.
3. Der bauer Portius wünscht , dass dem könig durch einen arzt
geholfen werde.
4. Der arzt Hans SichdichfÜr preist seine kunst. Der bauer
Hermann Iftsst sich ein mittel geben, durch welches seine alte frau
wider jung wird.
6. Die beiden senftenträger Boas und Zebedeus verweigern den
dienst, weil des königs krankheit ekelerregend sei.
6. Die königin beklagt den tod ihres gemahls.
Da war kein hülff, wie sehr er schrie,
Sein Seufftzen Qott erhöret nie,
Weil ers gespart biss an sein End,
Vnd nur getrawt auff Menschen Hend,
Muss er also die Straff auch hau,
Denn Gott ein Zech wol borgen kan,
Vnd ist kein Mensch so hoch gesessn,
Dem Er nicht könd sein Theil abmessn.
Die rate , welche den könig zu jenen Übeltaten veranlasst haben,
entlässt sie.
7. Dankgebet des Judas Maccabäus für die befireiung der Juden
von dem könig Antiochus.
Drumb weil das Spiel also nu aus,
So geht jr andern auch zu Hauss,
Doch wart, die Lern mit vns betracht,
Habt darnach all eine gute Nacht
Wem aber nach dem Begräbnis gach,
Biss morgen hie wol warten mag.
Wird er damit denn nicht betrogn,
So sag er frey, das ich gelogn.
Epilog stelt folgende lehren auf: 1) brüder sollen in eintracht
leben , 2) der Christ soll nicht vom rechten wege weichen , auch wenn
er das leben verlieren wird:
Viel besser ist das Elend bann,
Als falscher Ler vnd Glauben trawn.
3) Christen, die um der Wahrheit willen verfolgt werden, soll man
nicht femer plagen und mit list und betrug des lebens berauben. Der
schluss lautet:
laiTBOBR. F. DCUT80HS PBILOLOOIl. BD. XTIIX. 28
434 HOLSTEIN
Diss merckt in kürtz aus diesem Spiel,
Wer sonsten etwas lernen wil.
Der denck jm femer nach zu Hauss,
Man kans jetzt nicht alls legen aus,
TVir hans fast schier zu lang gemacht,
Ich wündsch euch alln ein gute Nacht
Mit diesen lezten werten spricht der Verfasser es selbst aus:
mit einer ermüdenden breite hat er gearbeitet ; die personen , um die
es sich handelt, treten zum ersten male im dritten act auf; der erste
und zweite act sind mit grausamen handlungen des königs Antiochos
ausgefult.
Gern lässt Scharschmid seine beiden fluchen ; Sanct Yeltin spielt
dabei eine hervorragende rolle.
I, 3. Das dich Sanct Yeltins leiden^ sehend.
5. Magst gleich Sanct Yeltinss sichten hau.
n, 4. Das dich Sanct Yeltins sichtig sehend.
III, 1. Sonst dörfift ich wol Sanct Yelten kriegn.
5. Ey ist das nicht Sanct Yeltens EQhrn.
lY, 2. Wenn es auch gleich Sanct Yelten wer.
Y, 5. Solstu auch gleich pox Sichtig han.
Dazu Sanct Yeltens Eranckheit schier.
Dafür heisst es III, 5:
Box Marter, recht bringt den herfür,
Das jn Sanct Kührens Leiden rhür.
Ähnlich sagt Begulus in dem vorigen drama (I, 1):
Das dich S. Küris • marter rhür.
Sprichwörter finden sich nicht selten.
III, 1. Drümb man im Sprichwort also spricht.
Das wer da wil beyn Wölflfen sein.
Der muss mit heulen, laiin vnd schreyn.
5. Muss ist ein böses Kraut,
Kost manchem schon sein Leib vnd Haut.
lY, 3. Der Apflfel feit vom Stam nicht fem,
Das Kalb schlecht nach der Kuh auch gem.
Y, 6. Dieweil das Sprichwort also heist:
Ein Krö die ander seiden peist.
Es müst ein kalter Winter sein.
Das ein Wolff schluckt den andem ein.
1) Falsncht, epilepsie.
2) D. i. QuirinuB, der banptheilige des ehemaligen klostersT^gemieeL SehiM^
ler-Frommann* 1, 1284. 1396. YUniar, Idiotikon tod KorheMen i.Sli,
BRAMRN DES IC. JAHRn. 435
Bauerneinfalt beweist folgender dialog zwischen Judas und Her-
mann (III, 1):
Judas. Ach Qott, meinstu das Bossen sein,
Hertz aller liebster Bawer mein.
Wo bistu her? hastus vemommn?
Hermann. Ich bin von meiner Mutter kommn,
Wenn ich euch recht berichten sol.
Judas. Du schöner Narr, das weis ich wol,
Ich frog aus welchem Dorff jr seid?
Ob es auch weit von hinnen leit?
3. Während den eben angeführten dramen Scharschmids bibli-
sche Stoffe zu gründe liegen, steht das dritte nur in losem zusammen-
hange mit der bibel , indem es das schändliche leben eines buhlerischen
geistlichen in Franken als warnendes beispiel für die Übertreter des
sechsten gebotes hinstelt. Damit stelt es sich in die reihe der dramen
jener zeit, welche meist alle entweder auf einer biblischen grundlage
ruhen oder doch einen religiösen stoff behandeln.
Der titel dieses noch unbekanten dramas lautet:
Ein kurtzweilig Spiel | Von einem Bepsti- ( sehen Pfaffen im Land
zu I Francken, wie es demselbigen vber | der Bulerey, mit eines
Win tzers Weib , | so vbel ergangen, Aus dem Nachtbüchleiu | gezo-
gen, vnd in Keimen gefas- | set, Durch | Mattheum Scharschmid
(Bild: pfaffe und winzer.) — Am ende: Gedruckt zu EilJleben,
durch Vrban | Gaubisch, Im Jahr, 1589. 24 Bl. (Das lezte leer.)
8^ — In Heidelberg.
Die Widmung gilt „dem Erbarn , Achtbarn , vnd Wolweisen Herrn
Job an Schmieden, Stadrichtern zu Pegaw, Meinem günstigen Herrn
vnd Förderer.^ In der vorrede mit dem Schlussdatum „Zeitz, den
14. Aprilis, Anno 89^ erwähnt der Verfasser, dass das gegenwärtige
spiel nicht als ein märchen oder eine fabel von ihm erdacht worden
sei, sondern dass er den Inhalt aus dem Nachtbüchlein genommen habe,
in welchem es von wort zu wort beschrieben stehe (vgl. Archiv f. Litt.-
gesch. XI, 554 u. 628). Es ist des Leipziger schrifbgiessers Valentin
Schamann Nachtbüchlein, eine samlung von seltsamen und kurzweiligen
geschichten, welche um 1559 erschien, gemeint. Vgl. Goedeke II^ 469
nr. 7. Er habe , sagt Scharschmid weiter , die erzählung in deutsche
reime gebracht, nicht um damit jemanden heimlich anzustechen, son-
dern um ein beispiel zu geben, wie es allen denen zu ergehen pflege,
die wider das sechste gebot mit werten oder werken handelten; denn
gott lasse keine sünde ungestraft hingehen, sondern mache die täter,
28*
436 H0L8TB1N
wenn sie anch noch so verdeckt und gescheit zu bandeln dächten, hie
und da zu schänden und verhöhne sie.
Im ganzen treten 1 1 personen auf. Die bandlang wird auf ftnf
acte verteilt. Der inhalt ist folgender: Ein pfaflEe wird von liebe znr
frau eines winzers entzündet. Sie teilt ihrem manne mit, dass der
pfaff bei einem besuche mit ihr habe boblschaft treiben wollen, sie
habe ihn abgewiesen, aber ihm versprochen, ihn ein ander mal spre-
chen zu wollen. Der winzer verabredet mit seiner frau einen plan,
der zum verderben des pfaffen fährt. Dieser wird nämlich von der
winzerin zu einem besuch eingeladen; er folgt der einladong and als
er eben im bade sich befindet, komt der winzer. Der pfaffe flüchtet
sich in ein mit federn angefiUtes fass, das der winzer dem edelmann
zum verkauf anbietet, mit dem bemerken, es sei ein böser geist darin.
Das fass wird geöfnet und heraus komt der pfaffe in der gestalt eines
federhans. Auf diese weise wird er entlarvt, seines amtes entsezt mid
zu einer geldstrafe verurteilt.
Als nebenpersonen wirken Hans Narr (Prologns) and Clans Narr
(Argumentum), ferner die köchin des pfarrers, der knecht des edel-
manns, ein nachbar Sathan und Epilogus.
Der Epilog erwähnt noch einmal den zweck des Spieles, die
bestrafung der unzucht und des ehebruchs.
Am schluss befindet sich eine L. M. G. unterzeichnete gereimte
„Commendatio huius poematis^:
Wer seine Beim fein künstlich stelt.
Fürwar bald allem Volk gefeit,
Dazu gehört: recht disponim.
Die Sachen auch wol diuidim,
Wol achtung geben auff den Sinn,
Was der Poet wil leren drin:
Für schimpff nicht ernst , fär ernst den schimpff
Einmeng, denn das bringt vngelimpff.
Ein jedes sol sein ort behaltn.
So könn die Reim mit Ehren altn.
3. Esther.
Der von Thomas Naogeorgas 1643 verfasste Hamanos hat,
wie ich bereits im Archiv X, 154 bemerkte, drei deutsche fibersetnm-
gen erlebt, und zwar von Johannes Ghrysens (1646), Johannes
Mercurius und Johannes Posthius (c. 1670, handschriftlich in Hei-
delberg, s. Goedeke II*, 236 nr. 24) und von Damian Lindtner (1607).
Ich werde jezt die erste und die lezte dieser übertragangen besprecheit
DRAMEN DES 16. JAUBH. 437
1. Der titel der ersteren lautet:
Haman. || Die schöne vnd seer trö- | stlich Histori Bester , Spiel-
weis I ans dem Latein in Deutsche | Bheim gebracht, Durch |
Johannem Ghryseum. | (Holzschnitt) Am schluss: Gedruckt zu
Wittern- I berg, Durch Veit | Creutzer. | M. D. XLVL 88 BL 8«.
— In Weimar und Wolfenbüttel.
Von den lebensumständen des Johannes Chryseus wissen wir
nur wenig zu sagen. Dass er der Johannes Chryseus Frauenstadtensis
ist, der sich am 18. märz 1545 in das album der Wittenberger uni-
veraität eingezeichnet hat (Alb. Acad. Viteb. s. 222) , dürfte sehr wahr-
scheinlich sein, obwol er dann nicht eigentlich des Studiums halber
oadi Wittenberg gegangen sein wird, sondern möglicherweise um den
druck seines ersten dramas zu überwachen. Dasselbe erschien 1545
bei Veit Creutzer in Wittenberg, ebendaselbst erschien im folgenden
jähre auch das oben genante drama. Die vorreden beider dramen sind
aus Allendorf datiert, die des ersten vom 24. juni 1544, die des zwei-
ten vom 25. Januar 1546. Ob dieses Allendorf dasselbe Allendorf in
Hessen ist, in welchem Burkhart Waldis geboren wurde, ist nicht
bekani Übrigens folgt aus der angäbe des ortes, dass Chryseus 1544
bereits eine selbständige Stellung einnahm; vielleicht war er prediger
in Allendorf. Dass leute , die schon in amt und würden standen , doch
noch einmal die Universität bezogen , gehörte nicht zu den Seltenheiten.
Des Chryseus litterarische Stellung haben Palm (Bebhuns Dra-
men s. 118) und Scherer (AUg. deutsche Biographie lY, 253) dahin
bestirnt, dass er der form nach unter dem eiuflusse von Paul Bebhun
steht, dem gehalt nach diesen bei weitem Übertrift und entschieden als
Bchfiler des Thomas Naogeorg zu bezeichnen ist Dies leztere wird
daraas geschlossen, dass er Naogeorgs Hamanns übersezte, was aber
nicht ins gewicht SÜt, weil er von seinem vorbild nur den stoff ent-
lehnt hat. Überhaupt beruht die beurteilung des Chryseus durch Palm
und Scherer nur auf dem ersten drama desselben, dem „ Hofiteuffel ''^
in welchem die geschichte von Daniel in der löwengrube dramatisiert
worden ist Dieses drama ist deshalb so bedeutend , weil es die reiche
teofelslitteratur des 16. Jahrhunderts im gefolge gehabt hat, wobei
ftbrigens nicht ausser acht zu lassen ist, dass diese auf eine erbauliche
onterhaltung abzielende litteratur in prosa bearbeitet ist Chryseus
diente, wie Goedeke s. 402, 366 bemerkt, wider dem Franciscus
Omichius in seiner Comödia von Dionysii Syracusani und Damonis und
P^thiae Brüderschaft als quelle.
Während Chryseus den „Hoffteuffel^ den herzögen von Sachsen
widmete, ist das zweite dem herrn Hans von Tölck, ritter usw.
438 HOLSTEIN
gewidmet (Datum Allendorf am Tag Conversionis Pauli [25. jannar]
Anno Domini usw. xlvi). Trotz der verläumdungen, die auch Tho-
mas Naogeorg mit seinem „Hamanus" erfahren habe, habe er doch,
sagt er in der Widmung, und zwar mit vorwissen des antors diese
tragödie transferieren wollen , um zu zeigen , wie gott allezeit seine
kirche wider des teufeis gewalt über aller menschen verstand und hilfe
nicht allein erhalte, sondern auch zu ehren setze und erhebe, dagegen
die feinde stürze und vertilge. Seine ,,deutsche translaüon oder dol-
metschung^ widmet er seinem gönner, von dem er weiss, dass „die
darin taxierten laster bei seinem christlichen gemüt, adelig und recht
rittermässiger tugend^ ebenso von ihm verabscheut werden als von
dem frommen, weisen und getreuen Carsenas.
Am schluss des argumentes erwähnt der Verfasser, dass man
es nicht allen recht machen könne, aber ob auch viel naseweise men-
schen über sein spiel richten würden und zu tadeln und zu spotten
wüsten , so kehre er sich doch nicht daran , mögen sie erst selbst etwas
besseres auf den plan bringen.
1. 1. Mardachai und Cyrinus, sein knecht. An Yasthis stelle
sei Esther getreten, Haman sei zu hohen ehren gekommen und werde
die Juden unterdrücken, doch
Es geh nun drübr, gleich wie es wol,
Jedoch vns dieses trösten sol,
Das als geschieht \Tnb Gottes wort,
Vns sol nicht schrecken brand, seh wert noch mort.
2. Philarches und Polytlas wünschen Haman zu sprechen. Car-
charophon, der torwart, legt ihnen Schwierigkeiten in den weg; aber
obgleich er bestechlich ist, geben sie ihm doch nichts, „auch nicht
ein Egrisch hcllerlein."
3. Carphologus, ein „Jaherr", und Physotas, ein „Federleser,
schmeicheln dem Haman und melden ihm, dass Mardachai ihm die
gebührende ehre versage.
4. Philarches ersucht Haman, ihm beim könig die erledigte?
stathalterschaftsstelle in Babylon zu erwirken. Polytlas bittet Haman
um beistand in seinem streit mit dem scliösser zu Babylon, der ihm
alle seine guter geraubt und ihn vier monate lang gefänglich eingezo-
gen habe. Dem ersten wird die bitte abgeschlagen. Die stelle erliält
Hamans Schmeichler Carphologus. Von dem zweiten sagt er:
Wie icli doch hör, fürwar ich schätz,
Du seist ein rechte hader Katz,
und ermahnt ihn zum frieden mit dem bemerken, dass der schösser
ein ehrlicher mann sei. Polytlas erwidert;
OBAMEM DBB 16. JAHBH. 439
Kein Krä der andern (wie man sagt
Ynd ich wol inerck) die augn aushackt.
5. Mardachai weigert sich vor Haman sich zu neigen. Haman
ist enfirnt.
Das Jupiter in dieser stundt
Sampt allen Göttern auserkorn
Mus jn vertilgn jn grimms zom.
Wöst nicht wozu mir sonst nütz wer
Des Königs gunst vnd allr genies,
Wenn ich den Jüdn mich fatzeu lies.
6. Mardachai furchtet Hamans zorn nicht.
Las komen wie es komen kan,
Wolns mit gedult als nemen an,
Gott lebet noch, drumb sey getrost,
Er hat die sein wol mehr erlost,
Er kan vns retten vnd beschützn
Vor Hamans gwalt, stoltzim vnd trutzn.
7. Haman billigt den rat des Carphologus, die Juden um Mar-
dachais willen auszurotten.
8. Der kanzler Charsenas warnt den könig Artaxerxes vergeb-
lich vor Haman. Dieser erlangt vom könig den befehl zur ausrottung
der Juden.
9. Auf Hamans anlass wählen seine beiden ratgeber durchs los
den 14. tag des 12. monats als den zur ausrottung der Juden bestirn-
ten tag.
n, 1. Philarches und Polytlas beschliessen ihre sache noch-
malg vor den tron zu bringen.
2. Mardachai bestärkt sie in ihrem beschluss, obwol er bei
B&mans feindlicher Stimmung einen glücklichen ausgang nicht erwartet.
3. Cyrinus verkündet Mardachai das gegen die Juden erlas-
sene edict
Sie sollen werdn
Gantz ausgeroth von dieser Erdn,
Jr Gut, Vermügn, jr Hab vnd Gelt
Sol Sackman sein denn aller Welt,
Damit hinfort schönr Fried nicht mehr
Zurött werd, wie geschehn bisher
Von jnen ist.
Polytlas tröstet den jammernden Mardachai.
Kein wolfart, gluck noch herligkeit
So gros nicht ist, es kan zur Zeit
i
440 HOLSTBIN
BetrDbet werdn vnd widerambn
Ean anch nach vnfal glück wol kaum.
4. CarphologQs sieht Mardachai kommen.
6. Mardacbais klage. Er bittet Hatach , der königin kämmerer,
diese für die zurücknähme des edicts zu gewinnen. Mardacbais gebet
Darumb o Gott, gib itzt dein gnad
Der Königin, erhalt sie, Herr,
Des Königs hertz zn beker
Mit gnad vnd gunst^ auff das jr ehr
Nicht geh zu grund, zu schänden wer
Vnser heil vnd trost, so zu dir ist
Allein, o Qott, zu dieser frist.
6. Haman weist die bitsteiler Fhilarches und Polytlas noch-
mals ab.
7. Mardacbais gebet.
Ghorlied (Lob des frommen).
Weil Erbarkeit
Zu dieser zeit
So gantz gar leid zu poden:
Was lust müssn hau
Die Leut dauon?
Die Welt recht so thun loben.
16 Strophen zu je 3 reimparen (4- und 7 silbiger jambus).
Schluss: Was ich itzt klag, | Das ist am tag, | Keinr wird es
euch verneinen. | Drumb fromer Man, | Las nur dauon, | Du darfbt es
nicht vermeinen, |
Das dir die Welt | Dein trew vergelt , | Mit billigkeit ergetze. |
Ins Teuffels Reich | Qschied dir kein gleich, | Auff Gott Dein Hoff-
nung setze.
ni, 1. Esthers gebet
Ach heiligr Gott, godenck daran,
Was du Tor zusag hast gethan
Den Vetem aln vor souiel jam.
Die Ehr Deins Namens thu bewarn,
Li vnsr not, Herr, Herr, vns rett,
Gib mir itzt mut in meiner red.
Aus vnserm tod, o Gott, vns reis.
Das kund auch werd den Heidn Dein preis.
2. Phylarches und Polytlas beschliessen unverrichteter sache
die heimat zurückzureisen.
DBAMBN DBS 16. JAHBH. i£l
3. Hatach ermahnt die königin mit starkem herzen vor den
kSnig zu treten.
WeU grossen Herrn sehr wider ist
Die trawricb gstalt, bekfimert hertz,
So bergt anffs höchst itzt ewren schmertz,
Stelt euch gantz frölich guter ding,
Das als an euch was mit sich bring
Ein ansehn, gnnst ynd fröligkeit,
Denn weder Gott noch hohe Leut,
Anch sonst kein ehrlich weiser Man
Die Eudrisch ^ putzen lieben kan.
4. In jambischen fünff&sslern. Charsenas warnt den könig
videnun vor Haman.
Darum sag ich, Herr König, itzund euch,
Das Haman weder euch noch ewrem Reich
Zn Ehrn dient mit seiner weis vnd Bath,
Ein offner feind thnt euch kaum grössern schad,
Erwecket gegen euch des Yolcks vngunst,
Wie denn die Klag im Land sind nicht vmbsonsL
Esther ladet den könig zur mahlzeit ein und bittet zu gestat-
^^y dass auch Haman an der mahlzeit teilnehme.
5. Harbona ladet Haman zur mahlzeit ein. Haman weist Fhi-
^ches und Polytlas nochmals ab.
6. In jambischen fQnffüsslem. Der könig widerspricht den war-
^gen des kanzlers Charsenas.
Hie Charsena, siehst was doch für ein Man
Ynsr Haman sey, aus dem mans achten kan,
Das jn die Königin selbst helt so werd,
Sein zu eim Gast vor andern alln begert.
Nur du allein weist viel auff jn zu scheltn,
Liebr, las bey dir vnsr vrteil auch was gelten.
IV, 1. Garphologus hat sich für sein neues amt pferde gekauft.
2. Haman zankt mit seiner frau Zares.
3. Er berichtet seinen beiden freunden von dem mahle bei
Hher. Er hat eine neue einladung erhalten. Er zürnt dem MardachaL
Der Teuflisch Jüd verharret noch
Auff seiner altn vei*achtung hart,
Stundt noch nicht auff zu dieser fart,
^ Er rhürt sich nicht der lose Man,
1) «ntoriseh?
442 HOLSTEIN
Blickt mich nai' nach der Seiten an
Aussm sack mit grumpifnem angesicht.
Physolas rät dem Haman, Mardachai zu werfen
In Thurm, dasr in sein eigen schlam
Erfaulen müst, so hett jr fried
Ynd weren all seins hochmnts quied.
Carphologns empfiehlt die strafe des aufhangens am galgen.
Haman ordnet die aufrichtung des galgens an.
4. Carphologns sagt dem knecht Syms, dass der galgen ßr
Mardachai bestirnt ist
y. Der 5. act hat nicht weniger als 14 scenen. In diesen wird
die belohnung Mardachais und die bestrafung Hamans geschildert Der
könig hat nun endlich Hamans „practict falsche Tück^ erkant und
sezt Mardachai an Hamans stelle. Auch seine ratgeber werden bestraft.
Mardachai Weis, das sie es antrieffelt^ han,
Das so Haman widr vns hat than.
Desgleichen trift den Garcharophon harte strafe, denn
Er zant die Leut gar hesslich an.
Die doch zu Hoff zu schicken han.
Die beiden Babylonier habe Haman mit ihren gesncben lange
hingehalten :
Die habn in dreyen tagen nie
Von Haman antwort mugn erlangn,
Droth wöls an Beume lassen hangn
Wenn sie jn fürder sprechen an.
Der könig klagt:
Wie hab ich mir in meiner schos
Ernert ein Schlang so gifftig böss!
Die metrischen neuerungen hat Chryseus von Paul Rebhun gelernt.
Er hat wie dieser jeder scene das metrische Schema übergeschrieben.
Neben dem jambischen vierfüssler gebraucht er in zwei scenen (HI , 4
und 6) den jambischen fünffussler. Jeder act schliesst mit einem chor.
Der erste mit 8- und 7 silbigem jambicus:
Es ist gros schand zu aller frist
Das man es noch sol sagen,
Ein Mensch des andern Teuffei ist,
Thut jn am meisten plagen.
Den chor des 2. actes haben wir schon erwähnt Das in die-
sem angewante metrum findet sich teilweise auch im chor des i. actes :
1) Grimm wb. 1, 506 driefein » drieseln. Schmeller-Ftomauum* 1, 652.
DRAMEN DES 16. JAHEH. 443
Kein -glück nicht ist
Sowol vergwist,
Kan sich verkern,
So kan auch ynglück besser werdn.
Es sind 4- und 8 silbige jambische verse. Im 3. und 5. act ist
der trochaicus angewant, und zwar im 3. der 7 silbige:
Höret zu jr tollen Leut,
Die jr itzt in dieser zeit
Allem guten widerstrebt,
Schlechts auflf andr Leut vnglück lebt. — —
Ob nu gleich viel zeit vergeht,
Gotts gericht doch stille steht,
Wartet ewr mit schwerer pein^
Denn Got wil selbst Bichter sein.
Der chor des 5. actes besteht aus 6 Strophen zu je 2 reimparen
(11- und Tsilbiger trochaicus), wobei die lezte zeile sich in jeder Strophe
widerholt.
Hie nembt war jr gwaltigen gottlosen leut,
Was euch mit sich bringen thu ewr Sicherheit,
Sambt eum thun, nichts denn nur schand, den ewigen tod,
Welt aber spricht: es hat kein not.
2. Damian Lindtners drama erschien unter folgendem titel:
Newe I TßAGOEDIA | Von der Königin Esther, | vnd Haman. |
AVs der Bibel ge- | nommen, darinnen der | Vngehorsam vnd
Straffe, der stoltzen | vnd halsstarrigen Weiber, dagegen der De-
mü- I tigen Glück vnnd Wolfahrt an- | gezeiget wird. | Item, | Es
werden hierinnen gestrafft die Ver- | leumbdungen, vnd falschen
Aufflagungen , vnd | Tyranney der Gewaltigen , vnnd wird zu ei- |
nem frommen Leben , vnd zur Gottes- | furcht vermanet. | Aus der
gedruckten Lateinischen Tra- | goedien , welche vor etlichen Jah-
ren Thomas | Naogeorgus geschrieben , jetzo in gut | Deutsch vber-
setzt, durch Damia- | num Liudtnerum. | Lustig vnd nützlich zu
spielen | vnd zu lesen. | Gedruckt im Jahr, 1607. 157 pag. ss.
8<>. — In Weimar.
S. 1 und 2 findet sich die lateinische Widmung des Thomas
Naogeorg an den sächsischen hofrat Caspar v. Teutleben. Dann
folgt 8. 3 — 8 Lindtners vorrede „an den günstigen leser", unterzeich-
net mit „Damianus Lindtner der Elter.^ Sowol hier als auf dem titel
findet sich keine Ortsangabe, so dass wir nicht erfahren, wo Lindtner
gelebt hat, noch wo sein stück gedruckt worden ist. In der vorrede
444 HOLSTBIN
sagt er, die geistlichen lesen jezt lieber comSdien als die evangelieo,
die frauen hörten lieber die poeterei und die gedichte des Horaz an
als die lehren des weisen Salomo , und seien belesener im Ovid und in
bolenbüchern als in den briefen des Paulns. Selbst während der pre-
digt würden weltliche geschichtschreiber , wie Lucian und nödh ärgere
bücher gelesen. Ob das chiistlich getan sei , gebe er verständigen leu-
ten zu erachten. Die vorliegende tragödie sei niclit aus heidnischen
autoren , sondern aus der heil, schritt genommen ; damit wolle er einen
weg zeigen, wie man die geistlichen geschichten lesen, anhören und
agieren sehen könne. Über die einführung eines narren und einer n&r-
riuy wodurch bisweilen etwas lächerliches mit unterlaufe, wolle sich
niemand wundem. In deutscher spräche habe er seine tragödie, die
zuerst einer comödie ähnlicher sehe als einer tragödie, verfasst, weil
in den theatern oder Spielplätzen dieser landen meistenteils deutsche
Zuhörer erschienen, doch sei dadurch dem nutzen und der firacht der
lateinischen tragödien und comödien nichts genommen. Die summa
seiner tragödie sei diese, dass durch der königin Esther hilfe and rat
das Volk gottes von dem bevorstehenden blutbad errettet worden sei,
wie denn heutiges tages fürstliche personen diesem beispiel folgen sol-
len. An Hamans beispiel solle man sich hüten lernen, dass nicht etwa
eine solche tragödie lebendig mit einem gespielt werde.
Dem prolog folgt das personenverzeichnis, das 33 personen auf-
fahrt, daneben treten aber noch königs - knaben oder leibjungen , Jäger
und knechte, hoffrauen, zunftmägde aus dem frauenzimmer usw. auf.
Auch ein leimstengler ^ tritt auf.
Leimstengler, stell dein Leimenstang,
Ynd vns einmal was newes fang.
Das seltzam ist und fremder Tracht,
Welchs dient zur Hoffart, Stoltz vnd Pracht.
Die Welt wil jmmer seltzams habn,
Kom fang was, wollns gen Hofe tragn,
Da muss es alles Wllpret sein
Vnd köstlich Ding dem Herren mein.
Am schluss eines jeden der fQnf acte befinden sich rhythmische
chorgesänge. Der des ersten actes begint so:
Weltlich gesein
Ist lobenswerth,
Unrechter schein
Beschwert die Erd,
1) Vgl Archiv X, 576 fgg.
DRAinUf DBB 16. JAHBH. 445
Gefeilt Qott nicht,
Ist Menseben zuwiedr,
Hat sein Gericlit,
Schlegts Yolck damiedr.
Wie angeschickt sich der Verfasser in der dramatisiening seines
Stoffes zeigt, wie fem ihm die beobachtung der aristotelischen einhei-
ten liegt, möge die erste scene des zweiten actes beweisen. Hier schickt
der könig Artaxenes den Perserf&rst Charsena zur königin Yasthi ab,
um sie za hofe zu laden. Charsena führt den auftrag ans, indem er
Yasthi auffordert vor dem könige zu erscheinen. Sie weigert sich. Da
emenert des kOnigs kämmerer Harbona die anffordernng. Yasthi wei-
gert sich von neuem. Auch die hofdamen der königin raten ihr ver-
geblich , dem befehle des königs nachzukommen. Harbona erhält darauf
von der königin den auftrag, ihm zu melden, dass sie fest entschlos-
sen sei nicht zu erscheinen. Kaum hat Harbona erklärt, dass er die-
sen auftrag ausfahren würde, so meldet er auch schon dem könig die
weigeroDg der königin.
£benso wenig entspricht es den forderungen der einheit der zeit,
dass Lindtner die Yasthi nach ihrer entfernung vom hofe in ein
kloster gehen lässt
Ich wil nur in ein Kloster gehn.
Mich nicht mehr in der Welt umbsehn.
Bey Nonnen wil ich Geistlich lehn
Ynd embsig nach dem Himel strebn.
Wenn ich gleich muss im Closter sterbn,
Mein Tugend lesst mich nicht verderbn. :
0 Bömer Yesta, Yasthi kömpt
Zu dir ins Klösterlich Elend,
Da wil ich leben keusch vnd rein,
So lang kein Münch wird bey mir sein.
Ynterm Kutten steckt viel falscher schein,
Ynterm Schleir ists auch nicht alles rein.
Ein weiterer misgriff ist der, dass die hauptperson der ganzen
handlong, Esther, erst im 4. act zum ersten male erscheint, sowie der,
diBS der 6. act im Verhältnis zu den anderen acten eine übermässige
tnsdehnnng erfahren hat, indem er 78 Seiten, also die hälfte des
pnzen Stückes, einnimt.
lY, 1 wird Esther vom könig empfangen.
Abr du solst mir die Juno sein,
Du solst die liebe Atossa sein,
Hadassa berflmbt im OoHohloohte uioiu,
446 HOLSTRIN, DRAMEN DES 16. JAHBH.
Du solst mein Lebn vnd Hertze sein,
Mein Hoffnung, Prewd vnd Heyl allein,
Heins Keiches Krön vnd höchste Zier,
Allein zu dir steht mein Begir.
Sie fragt ihren vormund Mardocheus um rat, ob sie des köoigs
gemahlin werden soll. Er sagt ihr:
Doch seht euch f&r,
Vntrew ist allzeit vor der Thür
Doch kömpt die Sache von Qott her
Vnd gschieht gar nicht ohn gefehr,
Ynd ist nicht nur aus Menschen Bäht,
So nempt was Gott bescheret hat
In Hamans Umgebung befinden sich drei Schmarotzer und teller-
lecker, welche Mardocheus zwingen wollen, vor Haman das knie zu
beugen. V, 4 sagt der eine derselben, Carphologus:
I
Steh auff du Klotz, fall auf die Knie
Vorm Vicerex, der steht allhie,
Vnd bet ihn an als Sonn vnd Gott,
Du wirst sonst komn in Noth und Todt.
Du bist des Königs gefangner Knecht,
Der dich gar tödten kan mit recht,
Vnd wilst seim Gbott gehorchen nicht,
Welchs doch ein Perser frey verriebt.
Ich dörfft dir bald die Augen auskratzn,
Was bringstu vns für lose Pratzn
Vom Juden Gott, seim Dienst vnd Ehr,
Steh auff, bett an vnd dich nicht wehr.
Esthers Gebet (V, 7) gehört zu den wenigen guten partien des
Stückes :
Herr, du allein bist unser Gott,
Steh bey mir in der höchsten Noth,
Wenn ich zum Könige tret hinein,
Das mirs nicht gelt das Leben mein
Vnd mein Volk durch Vorbitt errett
Vom Tod vnd vnerschrocken red usw.
Den schluss macht (V, 12) Mardocheus.
Ihr Juden lieben Brüder mein,
Kompt mit mir, Gott zu danken heim.
Es trawert auch kein Persich Man
Vm den so schedlichen Haman.
KINZBL, KIU8CHB BRI WOLFRAM 447
GesegQ euch Gott, Zuseher gut,
Furcht Gott vnd jederiuan recht thut
Nach den mitgeteilten proben nehmen wir keinen anstand,
Valten Voiths Esther vom jähre 1537, über welche wir im Archiv X,
1^7 fgg. berichtet haben (s. den neudruck im Stuttg. Litt. Verein n. 170),
?or der Lindtnerschen unbedingt den vorzug zu geben.
WILHELMSHAVEN. HUGO HOLSTEIN.
DER BEGRIFF DER KIUSCHE BEI WOLFRAM
VON ESCHENBACH.
Bei dem versuche, klarheit zu schaffen über Wolframs auffas-
simg und beurteilung der Antikonie - episode (Parz. bch. Vlll), blieb
ich widerholt an dem werte kiusche haften, ohue dass ich im stände
war, über seine bedeutung in den betreffenden versen zu voller Sicher-
heit zu gelangen. Meine Untersuchung aller stellen, in welchen sich
das wort bei dem dichter findet (ich hoffe, dass mir keine entgangen
ist), erlaube ich mir im folgenden vorzulegen, in der hofnuug, durch
diese beschränkung einen nicht unbrauchbaren beitrag zur feststellung
des alglatten begrifs und zur interpretation Wolframs zu liefern, und
in der Überzeugung, dass noch manche solche arbeit nötig sein wird,
ehe wir zu richtigem Verständnis der sitlichen anschauungen des dich-
ters kommen.
A. Jciusche vom manne.
Mtische mit seine ableitungen komt vom manne gebraucht im
Parzival etwa 26 mal, 4 mal im Titurel, 10 mal im Willehalm vor. Es
bedeutet zunächst die enthaltsamkeit , mässigkeit im essen und trinken :
1) Der Gral gewährt speise und trank, so viel jeder mag:
Parz. 238, 28 da het der kiusche und der vräz edle geliche genuoc. —
Trevrezent heisst Pz. 459, 22. 472, 12. 493, 9 der kiusche. Die
bedeutung ist nur festzustellen aus Pz. 452, 15 fgg.
der kiusche Trevrizent da saz^
der manegen mäntac übel gaz:
als tet er gar die wachen,
er hete gar versprochen
moraz, unn und auch dez prot
20 $in kiusche im dennoch mer gebot,
der spase het er keinen muot,
448 iOKZBL
vische noch fleisch, swaz trüege hluat.
sus stuont sin .heileclichejs Idm,
27 mit vaste er großen kumber leU:
sin Jciusche gein den tievd streit.
Zweifellos ist das wort hier zunächst vom fasten zn verstehen, wenn
sich auch nicht leugnen lässt, dass dann im weiteren sinne überhaupt
sein enthaltsames , asketisches , heiliges leben gemeint ist
Ton dieser engsten präcisesten bedeutung des wortes fUurt nun
ein doppelter weg: dieser zu dem sinn „Zurückhaltung usw. im betra-
gen^ ; jener zu der bedeutung „innerlich massvolles wesen , reinheit des
herzens."
2) Es ist ein bekantes darstellungsmittel Wolframs , durch die
Zusammenstellung entgegengesezter begriffe zu wirken. Wie er mit
dem positiven werte das verneinte gegen teil zusammenstelt, habe ich
in dieser ztschr. 5,12 fgg. gezeigt. Hier stossen wir auf eine andre
eigentümlichkeit , nämlich die gegensätze zu paren; und dadurch wird
es möglich, die nähere bedeutung des wortes kiitsche festzustellen.
Der wolf ist ein frecher, begehrlicher geselle; daher sagt WoUr.
Wilh. 129, 14 ein wolf mit also kiuschen siten in die sch&fes stigesiU
als da der margräve sach. Hieran reiht sich Pz. 737, 20 :
hie wdlnt einander vären
die mit kitische lember waren
unt lewen an der vrecheit.
Also: sie waren zwar kühn zum kämpfe , aber doch auch kiusck, zu-
rückhaltend, wo es sich gehörte; und so hätten sie hier sein sollen,
wo sie umb unschtdde striten^ d. h. ohne genügenden grund.
Das aber sind die eigenschatlen, die jeder echte ritter haben
muss, 80 tritt es uns in folgenden stellen entgegen: Pz. 5, 22 dtr
Mische und der vrecJie GaJimuret Parzival heisst der kiusche vravd
man 437, 12, als er aus versehen gewafnet an Sigunens klanse gerit-
ten war und dies beschämt erkante. Pz. 823, 24 Anfortas m4xnliA ii
l^uschem herzen was. Wh. 253 , 29 Yivianz heisst der däre süete
kitische vrebel In demselben sinne wird auch der sonst nicht näher
bekante knappe Iwanet genant Pz. 159, 17 kiusche unde stole.
Auch auf frauen findet diese bedeutung anwendnng, wie wir
unten zeigen werden. So ist zu verstehen Pz. 26, 15, wo Belakine
den Isenhart rühmt : er was noch kiuscher denne ein wip : vrecheit uri
eilen truoc sin lip. — Schwierigkeit macht mir die hierher gehörende
stelle Wh. 153, 15: „wenn er je tapfer war, im dienst der fraoen
fireude oder not empfieng, an sinem manlichem sinne ums doA ü^ \
KIU8CHE BEI WOLFRAM 449
kifische euht betrogen. Heisst das: er war nur manlich, aber nicht
Täusche? Ein tadel soll hier nicht ausgesprochen werden, wie die fol-
genden Worte lehren.
Noch mit andern gegensätzen wird Jciusche zusammengestelt. So
mit Mchvart Pz. 472, 16. Parzival sagt: wird der Oral denf tapfern
ritter zu teil, so muss ihn gott mir geben. Darauf erwidert Trevrizent:
ir müesi aldä vor hochvart
mit senften willen sin bewart,
iuch verleit UM twer jugent
ddz ir der Jciusche brcechet iugent.
hochvart ie seic unde viel.
Anfortas hat auch in solcher hochvart minne gegert üzerhalx} der hin-
sehe sinne Pz. 472, 30. hinsehe wird auch von den frauen verlangt,
welche sich dem Graldienst weihen ; wir kommen darauf unten zurück.
Hier konte man nun an eine ganz algemeine bedeutung des wertes
denken im anschluss an Pz. 473, 1 — 4, wo von den Gralrittern nur
verlangt wird: bewart sin vor lösheit; diemuot ie hochvart über streit.
Aber die richtige erklärung folgt 478, 13: ein gräles herre durfte nur
minne gern als diu schrift (inschrift am Gral) in wert. Anfortas hatte
diese Vorschrift übertreten und nach eignem gutdünken eine geliebte
gewählt (hos im eine friundin des in düM 478, 19). hinsehe ist also
hier Zurückhaltung des eignen willens, Unterordnung unter die Gral-
gesetze, demut (vgl. Pz. 479, 2), gehorsam. Ebenso sind also aufzu-
fassen Pz. 493 , 24 so snln sin {des gräles) rtter hüeten mit hiuschec-
liehen gHeten. 454, 28 hiuschlichin zuht. 455, 8 ein volc dae der
Husche sich bewcege. Tit. 7, 1 des gräles herre mnoz sin hinsehe
unde reine.
Ferner mit zom: Wh. 276, 13 daz starhe trinhen überstreit sin
kiusche znht unt lert in zom. So von Kennewart, von dem Gyburc
"Wh. 272, 18 sagt: er hat onch hinschliche znht: man mac in ziehn als
ein maget, indem sie seine bescheidene Zurückhaltung im gegensatz zu
seinem sonstigen ungestüm meint. In demselben sinne Wh. 190, 1.
Dem Bennewart wird von den Soldaten im Übermut der zuber mit was-
ser umgestossen: daz vertruoc er als ein hinschin (schüchterne) maget.
Als es zum zweiten male geschieht, heisst es Wh. 190, 11: da von im
kiusche ein teil zesleif, indem er einen knappen gegen eine steinerne
Säule schleuderte, dass er zerbarst.
In einen gegensatz zu hinsehe tritt auch vro. Die Gralbotin
begrüsst Parzival 781, 12 nü uns hinsehe unt da bi vro, d. h. halte
dich bei der fülle des glückes , das ich dir jezt verkündige.
SBIT8CHB. F. DBVTBCUE PHII«OLOOIE. BD. XYUI. 29
450 KIHZBL
So bezeichnet also kiusche das massh alten in wort, ge-
bärde und tat, wie es erhelt aus Pz. 465, 16:
sU rede und werke niht so fri:
wan der sin leit so richet
daz er unkiusche sprichd,
von des lone tuon Vu kunt usw.
wol mit hin weis darauf, dass sich Parzival (472, 16) von gott lossagte.
Gott erlöste uns aus der höUe, doch die unkiasclien liez er dinne
465, 30
In diese kategorie dürfen wir vermutlich [auch folgende stelle
rechnen, aus denen sich eine nähere bedeutung nicht entwickeln lässt:
Tit. 123, 2 von Schionatulander: sm edelkeit^ sin kiusche. Wh. 87, 18
Willehalm reitet gegen Tesereiz, beide werden gerühmt: da was manheit
gein eilen komn und diu milte gein der güetey kiusche und hoctigemüete,
mit friwen zuht ze heder sU. Aus Heinrichs von Narbon Frucht (Vivianz)
was erhlOet kiusche , milte y manheit, euht Wh. 167, 22. unklar ist mir
Wh. 157, 7: „Deine Werdekeit hat noch nie Schande erlitten; wem
liez diu kiuschliche zuht ? Heisst das : wem hat diu sc. werdekeit ihre
kiusche zuht überlassen, d. h. wohin ist dieselbe gekommen?
3) Kann sich also die mässigung und Zurückhaltung auf alle
äusserungen der rede, gebärde und tat beziehen, so findet sie ihre fein-
sten beziehungen in der gesinnung. Den Übergang von jenem zu die-
sem bildet eine stelle, wo es deutlich mit hinweis auf das magetuom
angewant ist. So braucht es Trevrezent Parz. 458, 9 von sich selbst
Er sagt V. 2 zu Parzival, er trüege fluht nah tnagetuom (er sei weder
ein feigling noch ein Junggeselle) und spricht zuerst von seiner tapfer-
keit V. 3 — 6 ; dann geht er v. 7 zur minne über und sagt :
etswenne ich sündehtem gedanc
gein der kiusche parrierte,
min lehn ich dar üf zierte,
daz mir getiäde tcete ein uAp.
d. h. seine kiusche war durchsezt (s. unten s. 456) mit sündebtem ge-
danc, mit gedanken, die auf minnegenuss gerichtet waren. Dies ist
die einzige stelle, wo es vom manne im sinne unsrer keuschheit
gebraucht wird. In den folgenden wird man ihm nur die algemeine
bedeutung „ reinheit des herzens ^ zuweisen. Ich lasse die stellen der
reihe nach folgen:
Pz. 113, 26 wer Christi zürnen gering achtet, führt seine sadie
schlecht, swie kiuscher si und wcere.
KlUSCHB BEI WOLFRAM 451
451, 5 Parzival, von dem pilger Kalienis am karfreitag zurecht-
gewiesen, trent sich vou ihm und den seinen: dem riet stn manlichiu
zuht kiusch und erharmiinge.
462, 4 Trevrezent zu Parzival: sagt mir mit hinsehen witzen,
wie der zorn sich an geviency da von got iwern haz enpfienc.
4G6, 28 Gott prüft die gedauken: des hinsehen got gcruoehet;
owe der hrceden werhe doh Man beachte den gegensatz.
502, 21 ist schwierig: der priester darf die hostie anrühren
(das allerheiligste) ; swelch priester sich hat so bewart , daz er dem
(dem hcßhesten pfände?) hiusche han gegeben, wie möht der heileclicher
lehn? Also: der priester ist der heiligste mann, wenn er mit seinem
heiligen amte ein reines leben zu verbinden weiss.
Tit. 4, 1 min scelde^ min hinsehe^ mit sinnen min strefe rühmt
der alte Titnrel. Man beachte die parung mit sfcete, wie gleich dar-
nach 5, 2: ich weiz ivoly swen wlpliez Jachen enphcehet, daz imihe
hiusche unde stceteheit dern herzen ncehet, diu ztvei kunnen sich da
niht gemrreny wan mit dem töde al eine.
Wh. 4 , 4 hoisst es von sanct Willehalm : du hast und hetest
werdeheit, helfcere, do dm hiusche erstreit mit diemuot vor der hceh-
sten hantj daz si dir helfe tet erkanf.
Zweifelhaft könte Pz. 743, 21 sein: mit rehter hiusche ertoorhen
kint ich wcen diu smatines srelde sint. Doch sind dia Worte wol vom
manne zu verstehen: er erlangt durch seine reine gesinnung (?) kin-
der, d. h. in einer ehe, wo wahrhafte herzliche liebe waltot.
B. hiusche von der frau.
Wir haben die stellen vorausgeschickt , in welchen das wort vom
manne gebraucht wird, weil sich selbstverständlich dort die bedeutnng
leichter feststellen liess als hier. Von der frau wird es im Parz. etwa
35 mal, im Tit. 4 mal, im Wh. 4 mal gebraucht, wobei mir aufgefal-
len ist, dass es im XL — XIII. buche des Parz. nicht vorkomt.
Für die unter A 1 angeführte bedeutung findet sich kein beispiel.
2) Oben s. 448 ist schon auf diese Verwendung hingewiesen.
Die Jungfrauen , welche Parzival bei Gurnemanz im bade pflegen, heissen
Pz. 167, 2 hiusche unde halt mit bezug auf die bedenkliche Situation,
welche den jungen mann sogar veranlasst, sich von ihnen beim auf-
stehen aus dem bade das laken nicht umgeben zu lassen, wozu sie
trotz ihrer massvollen Zurückhaltung (hiusche) bereit (balt) sind.
Pz. 365, 17. 21. Meljanz hatte von Obie für seinen dienst der
minne lohn gefordert (345, 29). Sie hatte es ihm, als noch zu früh,
aufbrausend versagt (316, 30 fg.). Dies nent Wolfram : ir kiusch e wart
29*
452 KINZBL
gcin zorne halt und sus flaht ir kiusch^ steh in jsom. Es liegt hier
sehr nahe an Zurückhaltung in geschlechtlicher beziehung zu denken.
Aber die analogie der oben angeführten stellen zeigt, dass lediglich
der gegensatz kiusche — zorn zu urgieren ist: sie, die sonst so mass-
voU in ihrer weiblichen scheu war, liess sich zum zorn fortreissen.
Anders werden wir es in der gleich folgenden stelle 367, 27 aufzufas-
sen haben , was hier wegen des inneren Zusammenhangs vorweg genom-
men werden muss. Der vater Lippaut klagt, Meljanz greife ihn nur
an, weil er keinen söhn habe; doch er sei es zufrieden: trage seine
tochter auch kein schwort, ir wer ist aiiders als wert (ihre Verteidi-
gung ist sonst ebenso gut): si erwirbt im (dem vater) kitischdUiche
einen sun, d. h. also grade durch ihr betragen, das sie veranlasste,
den minnegehrenden scheinbar abzuweisen.
Wh. 250, 19 wir haben iuch unverzagetltch funden, das man
Olyvier noch Ruolant nie genendeclicher vant, unt ist ou4^h daz mit
kiuschcn siten, Sie haben Gyburc entschlossen gefunden und dabei doch
kiusche.
Tit. 110, 3 dö künde ir kiusche niht verdecken die liepltchen li(k
in ir herzen : trotz ihrer schüchternen Zurückhaltung sah man ihre hebe.
Pz. 824, 7 si mit rehter kiusche warp^ al menschlich gir an ir
verdarp. Sie wolte nur den zum manne nehmen, den gott ihr zuwies.
3) Dass kiusche im algemeinsten sinne der wiplichen güeU „rein-
heit des herzens" bedeutet, wird durch einige stellen sicher, in wel-
chen Wolfram nach einer ihm eigenen manier einen kurzen unkl&reo«
oder algemeinen und dadurch undeutlichen ausdruck durch einen zusatz
zu praecisieren sucht, wie es sehr instructiv Wh. 247, 29 zeigt. Gybure
ermahnt ihre frauen vor dem mahle, sich gut zu benehmen, „Sezt
sich ein ritter neben euch,
dem suÜ ir die gebcerde gehi,
daz iwer kiusche im si bekant.
bi vriundin vriunt ie dien vafU:
diu wipliche güete
gU dem man hoch gemiide.
Also: „zeigt eure reine, edle gesinnung, hochgemut wird ein man nur,
wo er bei einer frau weibliche tüchtigkeit findet"
Pz. 252, 16 Sigune rühmt von ihrer muhme Herzeloide: tciplichr
kiusche ein bluome ist si, geliutert äne tou. Hier wird ä«*scÄ€ deut-
lich genug durch das wort „geläutert" näher bestimt.
Pz. 260, 8 heisst es von Jeschute: mplicher kiusche lohes kran:
truoc si mit armiide: si pflixc der waren güete ist erläuterung vouA»«*-
sd^ und der gegensatz valsch.
KIÜSCIIE BEI WOLFRAM 453
Demgeinäss kaim man auch wagen Pz. 332, 12 beide begriffe zu
identificiercn , wo Parzival dem Gawan ein weib wünscht, an der du
kiusche hast bekant unt wipUche güete.
Und ebenso werden nun auch im algemeinsten sinne die stellen
zu interpretieren sein, wo das wort auf Antikonie angewendet wird,
der nach Wolframs darstellung gewiss niemand „keuschheit" nachrüh-
men wird. Ihr wird Pz. 404, 27 wiplich ere und freisein von valsch
zugesprochen: da mite ir kiusche pris envarp, d. h. also: dadurch zeich-
nete sich ihre weibliche tugend aus. Pz. 409, 14 heisst es in bezug
darauf, dass Antikonie dem ritter im kämpf mutig beigestanden: kämpft
eine frau in waffen,
diu hat ir rehts vergessen,
sol man ir kiusche mezzen^
sine tuoz dan durch ir triuwe.
Also: waffen zu tragen steht einer frau nicht zu, es entspricht nicht
ihrer Weiblichkeit, kiusche ist hier = wtpUch reht, was einer frau
erlaubt ist. — Das gegen teil von kiusclie, reine ^ wiplichiu güete ^ ere
scheint valscheit. Daher wird Antikonie 413, 2 genant vor valschcit
diu vrie. Sie sagt 414, 23: der schild der frau, auf dem ihre werde-
keit beruht, ist guot gehcerde und kiuscher site, den zwein wont vil
State mite; also: „edle Weiblichkeit und der entsprechendes betragen"
(gebaerde). Diesem scheint also unkeuschheit in unserm sinne, gewäh-
rnng des minnegenusses , nachdem man sich eine zeit lang gesträubt
(vgl. Pz. 406, 6 und 407, 7), unter umständen nicht zu widersprechen,
sondern nur valscheit^ unstcete. So ist es auch wol zu verstehen, wenn
Wolfram Pz. 427, 6 die kiuschen unt diu süezen Äntikonien lobt und
hinzusezt: vor valscheit die vrlen. Hier erkent man wider die bedeu-
tung des wertes aus dem gegensatz, nach der stilistischen eigentüm-
lichkeit des dichters, der dem positiven ausdruck gern das verneinte
gegenteil zur erläuterung hinzufügt.
Pz. 235, 28 wo wir gegen Lachmann mit den andern handschrif-
ten beider klassen lesen:
wol muose ir kiusche sm hewart
diu sin (des gräles) ze rehte solde pflegn:
diu muose valsches sich hewegn.
ist ebenfals hiuscJie und valsch entgegengestelt.
Pz. 477, 12 Trevrezent sagt von Tschoysianen , Sigunens mutter:
ir tviplich herze was so guot,
ein arke für unkiusche fluot.
ein magt, mhi swester, pfligt noch site^
454 KINZEL
SO daz ir volget Musche mite,
Repanse de schoye pfligt des gräles.
Tit. 33, 4 in unechter strophe von der jungen Sigune diu kiuscke
junge reine; sie heisst 83, 3 sin kiusche ämte.
Tit. 149, 2 Clauditte: der gap kiusche unde ir güet gelonedes
vrömden top und ouch der si hekande.
Auf dieselbe bedeutung werden wir durch diejenigen stellen
geführt, in welchen der dichter innere und äussere Schönheit in einen
gewissen gegensatz stellt, wie
Pz. 809, 13 Kepanse de schoye, von der sich der Gral allein
tragen liess: ir herzen was vil kiusche M, ir vd des Uickes flori.
Pz. 176, 12 Liäzen lip was minnecllch, dar zuo der mtrm
kiusche rieh,
Tit. 105, 4 Sigün diu sigehaft üf dem wal, da man weit ma-
gede kiusche tmde ir süeze,
Pz. 732, 3 ml dähte aber Parziväl an sin mp die lieht gaml
und an ir kiuschen süeze. Vgl. 742, 28 , wo Condwiramur ebenfals
diu kiusche lieM gemal genant wird. (441, 10 sagt Parziväl von ihr:
ich sen mich nach ir kiuschen zuht).
An andern stellen verbindet er dagegen die gesinnung mit einem
ihr entsprechenden betragen. Auf Wh. 247, 29 haben wir schon 8. 452
hingewiesen. In demselben sinne ist aufzufassen Pz. 819, 24, wo An-
fortas zu Feirefiz sagt: ir füerct hinne ein edel wlp: diu gU ze dienste
iu kiuschen lip mit guoten wtplichen siten, wo widorum die synonym»
kiusche und wipliche güete zu beachten sind.
Ist es uns gelungen, aus diesen stellen die algemeinste bedea-
tung für das wort kiusche zu eruieren, so dürfen wir dieselbe auchßr
die folgenden in anspruch nehmen:
Pz. 3, 2 Ein weib soll wissen , an wen sie ihre miune und teer-
dekeit wendet, so daz si niht geriuwe ir kiusclie wvd ir triuwe.
Pz. 28, 9. Von Belakanen, die eben gestanden hat: idi enwari
nie wip dcheines man, sagt Wolfram: obgleich sie heidin war, weib-
licherer sinn kam nie in weibes herz: ir kiusche was ein reitier touf,
d. h. die reinheit ihrer gesinnung ersezte gewisserraassen die christliche
taufe. Es kann hier nicht „Zurückhaltung" heissen, es kann auch nicht
an ihre Jungfräulichkeit gedacht sein; denn nach ihrer Vermählung
heisst sie 90 , 22 in reiner art ein süeze wip, ir werdiu kiusche w^f
den Up nach ir minnc jämers mant,
Pz. 103, 5 Herzeloide kehrt ihr herz an gutes können (j^^
kufist) , gelobt wurde ir kiusche was für pris erkant.
KIUSCHE BEI wolfham 455
Pz. 87, 8 Amflise , welche dem Qahmuret ihre minne bieten lässt,
heisst hinsehe unde wise.
Pz. 446 , 20 Die töchter des pilgers am karfreitag tragen auch
pilgergewand. daz riet in kiusches herzen rät, si giengen alle har^
fuoz. Über diese töchter wird von Trevrezent gesagt 457, 16: nie
kiuscher fruht von liebe wart gebom,
Pz. 734, 12 wie von Pelrapeir diu künegin ir kiuschen wip^
liehen sin behielt.
Pz. 800, 6 Schoysiän sin kiuschez wt2).
Wh. 154, 22 von Alyze: man moht üf eine wunden ir kiusche
hän gebunden.
Wh. 280, 2. Gyburc und der markgraf pflegen der minne:
Gyburc mit kiuscher giXete so nähe an sine brüst sich want.
Es bleibt uns nun noch übrig, die aufmerksamkeit auf diejeni-
gen stellen zu richten, in welchen das woii; unsrem begriff der keusch-
heit nahe komt. Während schäm das algemeinere ist und in bezug
auf jede empfindung sitlichen Unrechts gebraucht wird , scheint kiusche
die Zurückhaltung, welche durch das kühne verhalten des mannes in
geschlechtlicher beziehung bedingt ist.
Pz. 131, 3 heisst es von Jeschute, als der kindische Parzival
über sie herfält: diu süeze kiusche unsamfle erschräke, do der knappe
an ir arme lac. mit schafne . . . sprach si : wer hat mich enteret,
Pz. 192, 3. Gondwiramur durch belagerung geängstigt komt in
der nacht an Parzivals bett: ez prach niht wlplichiu zil: mit steete
kiusche truoc diu magt Die stelle ist interessant, weil sie den Über-
gang zeigt von der algemeinen bedeutung (edle weibliche gesinnung;
unplichez zil = wlplichiu güete) zu der besonderen des keuschen Ver-
haltens. Dass hier eine hindeutung auf unkeusches verlangen beabsich-
tigt war, wird aus dem folgenden klar, wo Wolfram hervorhebt: si
gienc niht fläch sölher minne diu sölhen namen reizet j der meide wip
heizet.
Instructiv, aber schwer zu interpretieren ist die folgende stelle
201, 27, die ich volständig hersetze: Parzival in Condwiramurs Arm.
201, 21 er lac mit sölhen fuogen,
des nu nilU wil genuogen
mangiu wip, der in so tuet,
daz si durch arbeitlichen muot
25 ir zuht sus parrierent
und sich der gegen zierctU!
vor gesten sint se an kiuschen siten:
456 EINZEL
ir herzen mlle hat versniten
swaz mac an den gehcerden sin.
ir friunt si heinlichen pln
202 füegent mit ir zarte.
des mäze ie sich hewartej
der getriwe stcete man
wol friwendinne schonen kan.
5 er denket, als ez Uht ist war:
„ich Mn gedienet miniu jär
nach löne diseni toibe;
diu hat mimd Übe
erboten trost: nu lige ich hie,
10 des hete mich genüeget ie,
ob ich mit miner blozen hant
müsse rüeren ir gewant
ob ich nu gites gerte,
untrtwe es für mich werte.
15 solt ich si arbeiten,
unser beider laster breiten?
vor släfe süeziu nuere
sint frouwen site gebmre.^
Also: Parzivals Zurückhaltung {mit sölhen fuogen^ schicklichem betm-
gen) würde vielen frauen nicht genügen. Was sind das für franen?
V. 24 — 27 solche, deren anständiges betragen {zuht) durchsezt^ ist mit
arbeitUchem muot, doch äusserlich unmerkbar: da sind sie demgegen-
über geschmückt (26). In der auffassung von arbeitlichem muot trete
ich der algemeinen (wie es scheint) W. Müller im mhd. wb. enÜelmteD
erklärung entgegen. Wenn sich die dort aufgestelte und auch von
Lexer recipierte bedeutung von arbeitUch als „beflissen zu quälen** nur
auf diese einzige stelle stüzt, so kann sie schwerlich aufrecht erbalten
werden, ebenso wenig wie die mhd. wb. III, 876 allein für unsre stelle
angenommene erklärung von v. 26 sich ziehen „die spröde spielen wie
nhd." (so auch Bartsch). Müller erklärt I, 53: „nur um den gelieb-
ten zu quälen aus vermeinter anständigkeit bald die gnädige , bald die
spröde, die beleidigte spielen." Dies gibt im Zusammenhang keinen
sinn; arbeitlidi heisst, was arebeit (not, quäl) in sich hat und wird,
wie es scheint, nur von Sachen gebraucht. Wolfram meint also: viel«
frauen würden pein Luden bei so zurückhaltendem wesen des geüebten.
1) über parrieren siehe ineiDe abhandluDg in dieser ztschr. Y, 20. 2^
der anraerkung daselbst füge: „dort fehlt flir bnote kleider das citat Wig. 187, 39
geteilet gel unde rot. Vgl. mhd. wb. XU, 25. undermiden Wh. v. Wenden 1620.*
KIUSCHE BEI WOLFRAM 457
Äusserlich zeigen sie das freilieb nicht, was in ihrem herzen lebt,
nämlich die begierde. Diesen sinn lehren die folgenden zeilen, auf
deren interpretation es hier ankörnt v. 27 — 29: vor fremden benehmen
sie sich kiusche und zeigen in ihrem wescn nicht ihres herzens lust.
Hier ist also der sinn von kiusche klar: zuht v. 25 und Tausche siie
V. 27 stehen gegenüber dem arbeitlichen muot und herzen wille; inner-
lich leiden sie quäl und verlangen nach vollem genuss, äusserlich
(v. 28) zeigen sie es nicht, sondern zierefit sich. Wir kommen also
grade zum entgegengesezten sinn von Müller. Wie weit sich die-
ser in der auffassung der stelle verirt hat, zeigt die erklärung des fol-
genden 201, 30 fgg. im mhd. wb. III, 851 y^manegiu wip — ir friunt
st heinlichen pln füegent mit ir zarte durch den angenommenen schein
einer liebe, die von sinlichem genusse durchaus nichts wissen will."
AVolfram dagegen sagt: solche frauen bereiten ihrem geliebten heim-
liche pein mit ihrer liebe, wenn er nämlich ein so rücksichtsvoller
mann ist, wie ihn der dichter 202, 1 fg. schildert.
. Was die sitliche auffassung betrift, die in dieser auseinander-
setzung zu tage tritt, so kann man vielleicht zweifeln, ob Wolfram
wirklich hier im ernst das ausspricht, was er für sein ideal hält oder
ob er hier nur dem reiz der vorliegenden Situation nachgibt, verlockt,
durch die erweiterung derselben zu einer algemeinen betrachtung die
hörer reizvoll zu unterhalten. In den Zusammenhang passt die Situation
vorzüglich: dass der tumbe Farzival mit seinem reinen kindlichen
gemüt, plötzlich durch seine kühne rittertat in die arme einer königin
geworfen, in zurückhaltender Schüchternheit, von seinem glücke schon
genug erfült, den minnegenuss verschmäht — das ist eine psycholo-
gisch feine erfindung. Dass aber die veralgemeinerung der sache, wie
sie aus des dichters erörterung 201, 22 — 202, 18 folgt, wirklich der
ritterlichen geselschaft seiner zeit couform ist, davon kann man sich
schwer überzeugen. Wenigstens muss man sich, um eine richtige
anschauung zu gewinnen, immer das gegenbild gegenwärtig halten,
das Wolfram nachher in Gawans verhalten gegen Antikonie zeichnet,
ohne ein wort der misbilligung.
Pz. 264 , 9. Jeschute , die vorher im algemeinen sinne kiusche
genant war, wird es hier im speciellen. Ihr gemahl glaubt sie von
Parzival getwtzogt (v. 3), unt daz si geunerct hat ir kiusche unde ir
pris mit einem andern amis. Der algemeine ausdruck wlpUcher sin
geht V. 6 voraus.
Pz. 526, 5 in Verbindung mit magctuom. Urjäns hatte eine Jung-
frau mit gewalt (nach sinem willen äne ir danc) geschändet: ir hete
getiomen ir kiuscheclichen magetuom der nie was in ir dienst körnen.
458
KINZEL, KIUSCHE BEI WOLFRAM
Er wird auf das härteste angeklagt, sU dckz ir W(ere ein raup ge-
nonin, der nimnier möMe wider konm, ir magetuom kitische reine
527, 11.
Zum schluss stelle ich die von mir behandelten stellen zu leich-
terer Orientierung zusammen:
3, 2
5, 22
20, 15
28, 9
87, 8
90, 22
103, 5
113, 26
131, 3
167, 2
176, 12
102, 3
201, 27
235, 28
238, 28
252, 16
260, 8
264, 9
332, 12
365, 17.
367, 27
21
8. 454
, 448
„ 448
. 454
„ 455
. 454
. 454
« 450
n 455
„ 451
. 454
„ 455
« 455
« 453
. 447
«452
„ 452
„ 457
„ 453
„ 451
. 452
4, 1 8. 451
5, 2 „ 451
7, 1
449
4, 4 8. 451
87, 18 „ 450
129, 14 , 448
153, 15 „ 448
404
409
414
427
437
441
446
451
452
452
452
454
455
457
458
459
462
465
465
466
Parzival
27
14
23
6
12
10
20
5
15
20
28
28
8
16
9
22
4
16
30
28
Titurel:
8.453
n453
„ 453
. 453
»448
„ 454
n 455
. 451
n 447
„447
^ 448
r, 449
„449
„ 455
450
447
451
450
450
451
„
»1
154, 22
455
33, 4 8. 454 •
105, 4 „ 454
110, 3 „ 452
Willehalm:
157, 7 8. 450
167, 22 „ 450
190, 1. 11 „449
247, 29 „ 452
250, 19 „ 452
472
472
472
477
493
493
502
526
527
732
734
737
742
743
781
800
809
819
823
824
12
B.447
16
, 449
30
„449
12
„ 453
q
„447
24
„419
21
„451
5
„457
11
,458
3
„454
12
, 455
20
.„448
28
„454
21
, 451
12
„449
6
„455
13
„454
24
,454
24
, 448
7
.452
123, 2 s. 450
149, 2 454
253, 29 8,448
272, 18 , 449
276, 13 . 449
280, 2 , 455
FRIEDENAU BEI BERUN , SEPT. 1885.
KARL KINZEL.
459
ZU DEN LUZEENER DOEFSPIELEN.
Über die Luzerner dorfspiele der Schmidlinschen samlung hat
Lütolf im Geschichtsfreund eine trefliche arbeit veröffentlicht. Seither
sind aber wider frische handschrift^n entdeckt worden, die eine kurze
erwähnung ebenfals verdienen. Ich werde bei der besprechung das
hauptaugenmerk auf die technische seite richten , dabei aber auch auf das
sprachliche einige blicke werfen. Ich habe auch das spiel von Au , das
zwar ausserkantonal , aufgenommen, einmal da es ziemlich verwanter
natur ist, und dann weil es doch nicht angehen würde, ihm eine spe-
cielle arbeit zu widmen. Folgendes sind diese spiele , in chronologischer
Ordnung aufgezählt:
I.
Karsamstagprozession in Ruswil. Ein auszug hievon findet sich
im Geschichtsfreund, mitgeteilt von Bölsterlin. Die liandschrift im
pfarrarchiv Ruswil.
Sabatho Sancto, Omnia secundum Rubricas. Cantatur \ Offi-
cium in Choro, Uarä ^wfiä noctis dato Signo \ fit processio cum Sacra-
sancto j et quidem stib silentio \ per circuitum Coetneterij, Sacerdos
cum SSO' stans ad- \ portam tertia vice eam pede pidsat dextro nihil
dicens. sed
Lucifer intra Ecclesiae portam
(II) Wer klopfet an, an diser Porth,
So Vngestümb, der Mach sich forth,
Troll sich hinweg flux Vnd angentz *
Man gibt hier 'Niemand Äudienjs.
Sacerdos Dicit
Attollite portas vestras Principes infernales, et \ iniroibit Sex
Gloritje, Lucifer. Itespondct,
Vmbsofist Klopft dißer König an^
^ Kein Stadt noch platz soll Er hie han^
In Vnserem Reich ist alß ein Herr,
Der Aller -gröste Lucifer.
Processio prosequitur, et Sacerdos statis ante portam \ iterum
Maiorem clausam, pulsat eam^ ut prius, dice.^
Lucifer,
Wer Klopfet an Zum Andern Mohl
Der sich Von Uinen Madien soll,
Die Porten die Verschlossen sei^id
Diß Reich ist nur für Vmsere Fründ^
1) Ich habe an der Interpunktion und den wenigen Schreibfehlern nichts geändert.
460 BEAND8TKTTER
(EH) Hollen Hollen all HöUisch Tracht^
Macht Euch Herfür Mitt gantzer Macht,
Dan Vnser Ueich steht in gefahr
Gott Sahaoth Ist Selbst darfor.
Sacerdos.
I Ättollite portas vestras Princtpcs infernales \ & in troibä Bex
Glortce,
Lucifer.
Mach dich hinweg hhänd vnvertrossen
Eß ist vor dir die thiir Verschlossen
Verschantzt vor dir Ist vnser ReicJi,
Mitt spodt darumb von Hinnen weich,
I Processio prosequitur tertia vice, Et Sacerdos ante por- \ i<itn
eandem mioran (!) stans 2>ode pulsat eam ut supra.
Lucifer.
Waß Hast Mit Vnß 0 großer Godt,
Du König der Ehren Sahaoth,
In Vnser Ueich wirst nicht gehn ein
Der höllisch gwalt wird dir zue wider sein.
Sacerdos.
Ättollite portas vestras Principes Infernales ^ et \ Introihit Bex
Glorice.
Lucifer.
Weh Vnserem Reich Weh Vnseren Sachen!
Die höllisch Porth fangt an Zue Krachen,
Die Porthen der Göttlichen 3Iacht,
Hatt Vnsere porthen schon offen gmacJU,
Weh Vnserem Reich in Ewigkeith
Vberwunden hat Vnß Gotteß Barmhertzigheith.
His perOfCtis Sacerdos intrat Ecclesiam, et scola- | res cant<if^
Regina coelj: Sacerdos autem stat ante \ summum altare cum ^Vencrc^
hilj adversiis poptdum \ et incipit alta voce cantare. Christ Ist Ersiaf^
den u. I Et quidem omnes et singulas strophas incipit: \ His de car^
tatis datur Benedictio absque Cantu, et \ ponit Sa>cerdos Venerabf^
ante Tabernaculum: \ Dein Organaedus^ incipit: Te Deum Laudamusr
Sub quo SS: mum thurificatur, atque hoc cantato can- \ tantur Lau^
des, Regina Codi cum Oratione. Demum \ cum SS: tno datur Ben^
dictio, ante et post Benedictionem \ fit in censio, cantando: Sä
Dominj Benedictum \ alleluia. Chorus, Ex hoc nunc et usque in
cülum I alleluia. Sacerdos, Adiutorium nostrum in nomine \
1) Der gegenwärtige Lnzerner staatskalendcr schreibt Orgonotin^^
LUZERNBB DORFSPIBLB 461
AUduia: chorus, Qui fecit Coelum et (er- \ ram aUeluia. Sacerdos:
Oremus^ Benedidio Dei etc. Et cum \ S/Sö. facit tantum Simplicem
Crucem super populum.
Niedergeschrieben durch den pfarrer Alphons ßäber 1701 oder
1702. Diese prozession wird noch heute abgehalten, allein ohne diese
ceremonien, bloss mit stillen gebeten. Über ähnliche prozessionen
berichtet der Geschichtsfreund 17, 127 u. 128, wo aber Hergiswil statt
Eildisrieden zu lesen ist.
II.
Das spiel heisst bald fastnachtsspiel , bald heilige komödie , bald
Tirolerspiel. Es urafasst circa 1000 verse, Verfasser ist der pfarrer
Schuhmacher in Rotenburg. Es solte den 24. und 25. febr. 1743 über
die bühne gehen, die censur verbot aber die aufführung trotz des Vor-
spieles. Das Staatsarchiv von Luzem bewahrt sowol den entwurf C
als auch mehrfache reinschriften R. Für die erforschung der spräche,
des witzes, der reminiscenzen , meinungen, gebrauche unseres Volkes
dürfte dieses spiel wol eine der besten quellen sein. Es figuriert darin
der grosse Alexander , es figuriert Ronceval , vor dem tode wird Si Jo-
hannes segen getrunken, zur abwehr eines Übels nach Appel oder gar
Compostella eine walfahrt unternommen. Von grosser stärke heisst
es: so stark wie der ochse auf der Engel weihe, womit mau Cysats
Vierwaldstättersee 157 vergleichen möge. QVA, der seine rolle im
himmel aufgibt, sagt:
ja es ist inär gangä wie sant Dorothe mit den langä fueßä
ih hob unuerichter sachä wider aha müeßä
Ein auch jezt noch sehr beliebtes kindersprüchlein lautet aber:
Eusi Jumpfere Dorethe
Mit de lange Füesse^
Ist sibe Johr im Hiniel g'si
Do hed si wider abe müesse,
Personen:
Pfiffer, Tambur.
Spihigraf der Alt und der Neu^ zugleich Souffleur.
Gott Vodä der AU = GVA.
GoU Vodä der Neu = GVN.
Sant Michel = SM.
Cherubindle = CH (ist stumm). Dodt.
Maribab s' teufeis groß mutier ihre Schwester.
schwösterle der Maribab,
Abraham. Isach.
462 BBANDSTBTTEB
Das spiel zerfalt in das vorspiol, den proIog oder vortrab ^ das
eigentliche spiel bestehend aus sechs scenen, wovon die zweite das
interludium, und den epilog oder die abdankung. Das Vorspiel will
dartun , man wolle in dieser aufführung ja nicht heilige sachen verspot-
ten, man habe den stoif auch nicht aus der bibel genommen, sondern
von einem in Tirol befindlichen gemälde, auf welchem dargestelt, tcit
Isac uon seinem Vatter Abraham mit Einem Kugel -röhr solle ersclioßen
werden, von Einem Engell aher^ so uon oben herab Waßer zu gießet
uerhinderct wordeti. Man wolle also bloss die manier der Tiroler geiselu:
Tiroler gattig
welche auf einander gethy wie ä baura Pratig^
wo bald rolhSy bald schwartzeß gschrtbä
wo d* feyrtäg «' Nägel abhauwäy und s — mist aus führä
ivunderlich durch einander tribä.
Im prologe fordert der spielgraf die Zuschauer auf, sich rubig
zu verhalten.
seits still wie nä mauß
sonst heißts buger '^ marschier nauß.
Darauf pfeift er den schauspielern, diese kommen und werden dem
publikum vorgestelt, z. b. :
dort ist der lebendig Todt mit der sichel
sey Baroggen ist uom weggäßer Michel. ^
Jede scene wird eingeleitet durch eine anspräche des spielgra-
fen, welcher die materie der scene darlegt und auf die personen der-
selben aufmerksam macht, z. b. vor der dritten scene:
Nur der gutt Isaac fhuet mih erbamui
Er wird Jetz anh kofiiä mit ämä Korb uiider den armä.
Li der ersten Seen,
GVA tritt auf:
Jetjs will ich mit defn Abrham ä rauperey^ anfangä
Er ruft den SM, niemand erscheint. GVA wird böse.
weis bim strohl^ nit, was ich soll aJiebä.
Auf widerholtes rufen erscheint endlich SM, entschuldigt sich
aber, er könne nicht zu diensten stehen, da er wegen Zahnschmerzen
das zimmer hüten müsse. GVA solle das CH verwenden. Dass es
stumm, sei gerade ein vorteil.
er kan dih nur desto minder uerrathä,
1) Kalender. 2) Frz. bougre. 3) Vom haDdelsmann Michael aot W^SP* J
4) Einen streich spielen. 5) Blitz.
LUZBRNBR DORFSPIBLE 4G3
6 VA gibt nun dem CH den auftrag, einen spritzkriig bei den
klosterfrauen zu holen.
Bernach wart der Ahram sein söhn wihl tierschießä
so muest waßer auf d zünd pfannen dbägicßä.
In der 2. Seen.
Das interludium. Wegen dem ausgestandenen ärger will OVA
seine rolle abgeben. Der spielgraf ist zwar darüber sehr ungehalten,
das wird ä im Todt hett recht ängstä
dort werde da rupfä die höllische wohlhängstä^
Indess ruft er doch alle Schauspieler herbei, diese wählen SM
als neuen GV. Dem alten GV wird auf der bühne das kostüm aus-
gezogen und dem neuen GY angelegt.
In der 3, Seen,
Abraham tritt auf mit einem kugelmodell, er fleut und krazt
im haar, weil er kugeln giessen muss^ den Isac zu erschiessen, ist er
ihm ja so lieb:
iJi gäbä nit um hundert dürbyrä.^
Isaac komt mit einem korb, worin verschiedene leckerbissen, die
ihm der sant Niklauß gschleickt.^ Er bietet dem vater davon an,
Isaac: Vattä schauw da doch, scJmu!
Abraham: 6 du guettä tauderlau!
Isaac: Vattä nim doch auh ä söpfle.
Abraham: o du arms Tröpfli!
GYN komt und fragt teilnehmend, was fehle, er wolle gerne
helfen. Abraham :
Ach! gott geh dar die Ewig Cron,
aber ih sorg din Versprechä sey lahr!
GYN sieht selber ein, dass da nichts zu machen, da GYA Isaks
tod schon anbefohlen. Zwar versucht Abraham noch alle möglichen
mittel, er verspricht eine wohlfart auf Appel oder Compastell. Er bie-
tet ihm einen byrä tatsch.^ Ferner:
so nim doch ä spannisch hrödige frau
oder ä zürilakiAechige^ sauw.
Aber trotz dieser anerbietungen, trotz der klagen Abrahams:
es ist ja sünd und schad um das schön Kind^
in aUeß kan sich da Herbets^ lecker schickä
er kan schon bürstä bindä, und schue fiickä,
ist nichts mehr zu machen.
1) WaldameiaeD. 2) Gedörte bimen. 3) Mhd. Bleichen, 4) Eachen.
5) Aus Zürcher lebkacheD. 6) Euphemistisch statt Herrgotts, als Verstärkung.
464 BRANDSTETTEB
GYN Bi Tcun niei wort ninui zruck scJduckhä
habs schon laßä in d schafhauser Zeitung^ druckä
der Isaac könne sich nit freüwä
das er noch ä inahl ghör da gugger scJireyä.^
Doch will er ein einseben tun. Zum entgalt soll Abraham so
viele nachkommen erhalten
als auf allä stroh Tächeren Ziegel stein.
4. Seen.
Abraham ist zufrieden, ein diniä tägel^ wird herbeigebracht,
die Sache schriftlich abzumachen. Abraham reicht GYN den kalender,
um das datum hinzusetzen, allein GYN entschuldigt sich.
GYN: Ih kan nit drucks läse,
bin nur 3 Jahr Jtofgeiß^ gwese
Abraham: so will ihh gugä, was heilt sey:
Es ist der 40. Winterinonat ins Rüttinmnfi bucMrukerey}
Endlich ist alles in Ordnung, Abraham lobt GYN:
de hast dih ghaltä wienä TJiäll
Die geschenke werden eingepackt, und man geht den Isac
suchen.
Der spielgraf macht auf den Inhalt der kommenden scene auf-
merksam :
es tvird mit dem Isaac miserabel st<!h.
absonderlich wird der abram barmherzig herzä.^
Zu der 5. Seen.
Isaac bekomt das sogenante henkermahl. Der tod holt einen
tisch, Maribab wird ausgeschickt, beim senn eine NgdW zu stehlen.
Darauf sezt man sich, Maribab bekomt den ehrenplatz.
Denh Frauwezifer ghört alzeit eF ehr,
und Wans nur d' stäckä damä wer.
Man führt allerlei tischgespräche , z. b. über die matter der
Maribab. Abraham sagt
Ih hob dei Muetterle nah gar woU kent,
mä hat sie nur s* Lisi Poßert^ gnent.
Es geht hoch her, besonders nach C. Nach C gibt es streit
um die Nydel , der Maribab taucht man den köpf in die schüssel. Was
übrig bleibt, streicht Abraham dem CR in den mund. Darauf Isac:
ietz mag ih erleydä zsterbä.
1) Damals berühmteste zeitung. 2) Lütolfs sagen S54. 3) Gefass. 4) Scha-
ler in der hofschnle in Luzem. 5) Anspielung auf einen druckfebler in eiDem
kalender aus Rüttimanns druckerci. 6) Stöhnen. . 7) Ein topf toII rahm.
8) Berüchtigte hexe in Zug.
LDZBRNER DORFSPIELB 465
Nun gibts noch einen tanz. Maribab spielt die leier:
Lustig Isaac fang nur a springä
mei riesternient^ tmrd bald eins Klingä.
Das Schwesterchen der Maribab komt herein und tanzt mit Isaac.
Wie der tanz aus, verabschiedet sich Isaac von seiner tänzerin:
ietz Trinele zapf diJiy
der Tantz ist auß sonst Kläpf dihJ*
Nun hat mein junges Leben an End.
Der tod bringt noch most herbei zum abschiedstnmk fiir Fsac:
Da Isaac Kanst noh sant Johans segen drinckä.
Man trinkt auf das wol des Isac, Maribab ruft:
Es gut, der Isaac soll lebä.
GYN nimt eine so grosse portion zu sich, dass der tod meint,
er sei ein putsch^ Juncker.
Nun komt der abschied. Maribab ¥rird halobä* tituliert und
einfach fortgejagt. Nach G reicht ihr Schwesterchen dem Isaac s schmutz
handle. GYN:
fort mit derä Cremoni
machts es wie der Herr Hanß roni
wir müeßä d' sach ä wenig zamä zieh.
In der 6. Seen.
GVN befiehlt, wie sehr passend dem tod:
Du dodt setz ietz den Isaac aufs holtz
und halt an aufrecht, wie nä hoUz,
ich aher will uon weitem zue schauwä
es ist dem rostigä schmök scheit nit recht z trauwä.
Unterdessen geht GH in die wölken hinauf und schüttet wasser
auf den Zünd tägel. Isaac ist gerettet, alles freut sich, nur nicht
der tod.
Jetz woUmä gantz langsam in d KircM springä)
und dortä den tinggeß, tanggeß si^igä
drauf gehn mär in eins aus s — abrams häüßrä
bis zum flacht eßä könn mär einß keisere^
Abraham: hiemit seidt ihr alle freündtlich eingladä.
Man geht zur kirche , GVN wird in einer tragbahre hingebracht :
bin Müed, inag nima geh
th lauf mih halbet z— reh.^
1) Instrumont. 2) Jezt noch beliebtes kindersprüchlein. zapf dich =
mach dich davon, kläpfe == beohrf eigen. 3) Obstwein. 4) Kuh, abschealiches
weib. 5) Ein kartenspiel. 6) Mhd. re, rewes,
IIIT8CER. P. niUTSOBB PHILOLOOXB. BD. XYIII. 30
466 BBANDSTETTBB
C und R weichen wenig von einander ab, z. b. :
GVA will seine rolle nicht mehr weiter spielen.
C. ich hab gschworä segs nah ä tnaJd
ä so kam ih föUig in nmtjsifcM ^
ß. Ih hab heilig gschwohrä,
wan ihs nü halt so streck mär cT ohrä.
Bei der anspräche des spielgrafen nach dem interludium bat C
folgende verse^ die in B nicht aufgenommen sind:
recht thdl geth wider alles auß einander
wir könnes schier gar wie da groß Alexander,*
Kostüm. Über das kostüm geben folgende verse einige aas-
kunft: groß mutter gib mär du dei Kappä hüllä
und du dodt gib mir dei haar trüllä
und du abram gib dei huet.
Statt liaar trüUä sagt C haar Lappä. Ferner: gott Vodä
ä barth mues er haben, und ä 3 eggigä schein.
Ferner hat 6V eine perrücke, einen mantel, eine Weltkugel.
Von SM heisst es , das publikum könne ihn an seiner rüstig wol erken-
nen. MB trägt eine leier über dem rücken, der tod trägt eine sichel,
Abraham hat ein wams (nach C) mit zwei yerlängerungen. Isaac
wird mit der rothen Kappen auf dem Haupt und dem kreuz in der
band auf den Scheiterhaufen gesezt.
Musik und gesang. Die Music ist hurte aber guth. Sdbige
bestehet in drey Liederen, In dem Ersten bedauret gott Vodä die jeteige
Mode Zeit.
Das andere ist Ein wey nacht Lied, in welchem dem Liden
Christ kindelein Ein gotten und göttj aws Erkisen wird.
Das dritte Lied wird von Einem stutn gebohmen Engd gesun-
gen ^ und handlet von Eitelkeit der schlottermilch ^ und Fusterli.^
Jedes geth in seiner Melodi, und wan Es aus ist^ so hat Es
Ein End.
Das erste lied wird gesungen am ende der dritten scene, das
zweite in der fünften, das dritte am anfang der sechsten.
Die musik war höchst wahrscheinlich vertreten durch einen
tromler und einen pfeif er. Dieses sind wenigstens die personen des
Vorspiels. Ferner sagt der spielgraf, wie er die Schauspieler dem
publikum vorstelt:
1) Figürlich fQr: verderben. 2) Der grosse Alexander figuriert todi ii J
andern redensarten. 3) Saure milch. 4) Geachäzte milchspeiae.
LUZB&NER DORPSPIELB 467
Das ist ä Musicant
er schlagt trüniä recht galant
Wan ä — Seen auß ist, so wird är drumä
und alzeit uorsagä^ waß werd kommä.
Dieser lezte vers bezieht sieh darauf, dass nach dem interludium der
tromler die stelle des spielgrafen übernimt. Femer heisst es am
schluss, GVN lasse sich in einer tragbahre* unter trommeln und pfeifen
heimbringen. Ebenso sagt der tambur am ende des Vorspiels zum
pfeifer :
drum, wan der tambur trumel rührt,
so pfeif du bis weilä, das s — unter den eahnä kiert.
Das dritte lied.
hinacJU ist nüwi Jahr aben fsuoch daß heilig \ Christ Tcindly
vonh himell Mr ab der lieb | hatß gesegnet vor war got gab Euch
allen \ Ein saHigß nüw JaJir, wer muoß deß kindliß \ göty sein Jo-
haneß muoß der teüfer sein \ daß heillig Christ kindlin von himdl
herab \ der lieb got hatß gesegnet vür wahr got gab | Euch allen Ein
sdigß *nüß JaJir, \ wer muoß deß kindliß goten sein die \ heillig
Jungffrauw sant Cathrin, \ daß heillig krist kindlin vom himell \ häräb
der lieb got J^itß gesegnet vor | waJkr got gab Euch Ein seligß nüß
Jahr, I währ vnß daß kindlin nie geboren so \ wäJirid mir alle samen
verloren \ daß heiUig Christ kindlin von himell \ her ab der liebgot
hatß gesegnet vur wahr got gab Euch aUen Ein seligß nüß Jahr
von mir stathalter Johan Ruodolf wäber von Rotenburg
den 22 tag horner 1743.
Ein paar notizen über dieses spiel finden sich in Balthasars
Denkwürdigkeiten und in Liebonaus altem Luzern.
III.
Die handschrift, 45 blätter umfassend, die seite zu 24 Zeilen,
befindet sich im kloster Engelberg, eine kopie davon im pfarrarchiv
Au. Der titel lautet: Vnsers Heylands Jesu Christi Bitteren Leidens
vnd Sterbenß Lebhaft^ vndt Anmüthige Vorstellung In Einem Geist-
lichen Traur spihl auf den Heiligen Char freytag Gehalten in der Pfarr-
kirchen zu Auw Ao- 1757, Verfaßet von R. P. Wolffgang Iten in Auw.
Das spiel zerfält in drei handlungen, die handlungen in auf-
tritte, voraus geht der von einem eugel gesprochene prolog, zulezt
komt der epilog.
L handlung,
1. Christus, Johannes und Petrus. Christus gibt den auftrag
das osterlamm zu bereiten, Johannes und Petrus gehen ab. 2. Chri-
30*
468 BB^NDBTBTTER
stus und Maria. Abschied. 3. Die vier pharisäer Raban, Subath, Achias
und Schebett beraten sich wider Christum. Darauf eine Sittenlehre vou
einem engel gesprochen. 4. Der grosse rat im hause des Eaiphas.
Eaiphas, Pralli, Molli, Spahi und die vier pharisäer. 5. Judas und
die vorigen. Der verrat. 6. Christus und die drei jünger am ölberg.
Die todesangst, der tröstende engel, der schlaf der jünger. 7. Christus
wird gefangen. Christus, die drei jünger, Judas, Rabbi, Ali, Muffü,
Lami, Suffti, Effendi. Textprobe:
Ali. Ihr gselUn greift Ihr J3u waffen^
Macht Ihne fest^ sonst möcht man unß straffen.
Muffti. Man bind Ihn ohne gnad
dan längsten Urs verdienet hai.
Lami. Man weiß sciwn, wer du bist
Ein Betrieger vnd voller list.
Effendi. Jetz bist Einmahl in vnsrem gwaldt
solst nit drauß komen mehr so bald
Suffti. Der soll unß gwüß nit mehr Entgehn
mit seither sa^h vor gricht bald stehn,
Rabbi, kom nur ietz här du leüth Betrieger
landes stöhrer, vnd leüth Verführer.
All. Kom, kom nur gschwind du großer Praller
bist doch nit wehrt Ein fauler Haller
Muffti. fort^ fort schwartzkünsÜer ohne gnad
must ietz vor vnsren hochen rath,
Lami. hast unß lang gnug betrogen
vnd weiß nit was daher gelogen.
Effendi. Nur fort mit dir detn Creützweeg zu
Vcrstöhrer der allgmeinen ruh,
Suffti. Marschier du brecher vnsers gsatz
du ghörst nur auff den galgen platz.
Daran schliesst sich ein engelgesang.
n. handlung.
1. Christus, der vorher bei Annas gewesen, wird vor Kaiphas
geführt und hier von den Juden des todes schuldig befunden. Die sache
muss aber noch vor Pilatus gebracht werden. 2. Jiidas wirft das gelJ
dem Eaiphas auf den tisch. Er erhängt sich. Zwei teufel holen um*
Eine Sittenlehre. 3. Christus vor Pilatus. Pilatus vrill ihn nicht znffl
tode verurteilen, überliefert ihn aber der geislung und krteuiig. Die
Juden gehen murrend ab. 4. Maria und Johannes. Maria ldl|gt;
LUZEBNEB SOBFSFIELE 469
0 Traurige stunden, o schmertzliclie Zeit!
Mein hertg fast versinckt in Teufher vnd leid,
Tcein trost ich mehr hob, kein Einzige freüd
Ich muß noch verschmachten vor Traurigkeit.
Ach Sofi, vnd sternen traurt alle mit mir.
Johannes sucht sie zu trösten. Sie werden einig, Jesum aufza-
suchen. 5. Geislung Christi. Zuerst geisein ihn Babbi und Ali. Wie
diese ermüdet, kommen Muffti und Effendi:
laß mich ietz auch hinder den gseU här^
vnd Einß zu hacken auf den bär.
Zum dritten kommen Lami und Suifti:
Laßt mich ietz av^h zu mit meinen Seil
wül Ihm auch gehen meinen theil.
Wie endlich alle ermüdet sind und Christus an der säule ohn-
mächtig niedersinkt, komt doch noch Suifti:
Von dannen ich nit Ehnder weich
Er muß noch haben Einen streich.
Jezt werden drei Strophen eines trauerliedes gesungen, darauf
treten Maria und Johannes auf, sehen Christus, Maria falt in Ohnmacht,
die vierte strophe wird gesungen. 6. Pharisäer und älteste halten rat
über den ankauf des ackers für die 30 silberlinge. 7. Die dornenkrö-
nung. Krönungslied.
IIL handlung.
1. Pharisäer und älteste verschwören sich noch einmal. Wir
wären zaghafte lätfeigen,^ rufen sie aus, könten wir die Verurteilung
Christi nicht durchsetzen. 2. Pilatus iUlt wider willen das endurteil.
3. Die höUe, Lucifer, Beelzebub, Astaroth, ist wegen des Urteils teils
in freuden, teils in sorgen. 4. Die Creütz schlei/fung. (Die Veronika
figuriert nicht.) Ein trauerlied. 5. Die kreuzigung. Christus wird ans
kreuz genagelt:
llabbi. Äuß mit dem Kleid, riist dich zum Todt
hast geßen hcüt daß leiste Brodt.
MuiFti. Daß Kleid dir nit mehr daugen thut
bist gnug beUeidt mit deinem Blut.
Die Juden verspotten Christum. 6. Maria und Johannes unter
dem kreuz. Christus stirbt. 7. Eröfnung der seite Christi.
Aus einigen randbemerkungen , besonders seite 20 b, 23 a, 24 b,
36b geht wol mit gewisheit hervor, dass, wenigstens in der II. und
in. handlung, die bühne in zwei abteilungen geteilt war, Vordergrund
1) Lezer unter let-vüezic.
470 BRANDSTBTTSB
uud hintergmnd , durch einen verhäng gegen einander verschliessbar.
Eaiphas und Pilatus befinden sich im hintergrund , ebenda geislung und
krönung. Im Vordergrund spielt z. b. ü, 4. In II. 2 wirft Judas im
hintergrund dem Eaiphas das geld zu, darauf geht er in den Vorder-
grund, der eben erwähnte verhäng fölt, und die erhängung des Judas
findet nun im Vordergründe statt In II, 3 ist dieser verhäng nieder-
gelassen, im Vordergrund toben die Juden und verlangen Christi Ver-
urteilung. Der Vorhang wiid aufgezogen,^ Pilatus, dann Christus sind
im hintergrund. Pilatus tritt in den Vordergrund, unterhandelt mit
den Juden über Christus, darauf geht er wider in den hintergrund, der
Vorhang fillt,* die Juden murren im Vordergründe.
IV.
Die handschrift ist im besitze des herrn pfarrers M. Estennann,
der sie mit V aufgefunden. Sie umfasst 33 blatt, die seite hat im
durchschnitt 24 zeilen. Am ende steht: Geschrieben Joseph hahertm-
eher im Jähr 1770. Der titel lautet: Die vom stärbenden weit heä-
land besigte HöUy. Das spiel zerßllt in drei handlungen, die Hand-
lungen in eingänge. Es sind ziemlich viele gesänge und sprüche ein-
geflochten, es komt auch vor, dass ein gesprochener monolog in einen
kurzen gesang ausgeht. Die dialektbeimischung ist sehr gering, die
bearbeitung überhaupt wenig volkstümlich gehalten.
Vor Stellente persohnen.
Theander der söhn Gottes.
Erostes die Liebe.
Phobosindus die Forcht.
Brodosia die mönschliche seU.
Gnomia die Vernunft.
Scotarchus der finstemußen Fürst.
Ethnosius die heiden Schaft,
Cosmianus die weit.
Creastes das Fleisch.
Misondes — der haß i _ _ ,
Bascanius der neid] ^ ^"^ ^«»•-
Ormenus bie böse begird.
Astasius die vnheständige buoßferdigkeä (Judas).
Metaneus daß reüw müötige heiden thum.
In der ersten handlung klagt Scotarchus über seinen fall Ans
räche will er die Brodosia mit ins verderben reissen. Seine höUiscben
1) Seite 23a. 2) Seite 24b zwischen der zweit- und dritontertten lefle^
LÜZBENSB DOBFSFISLB 471
verbfindeten , Misondes, Cosmianus, Creastes, Bascanius sind ihm bei
seinen planen behilflich. Wirklich gelingt es ihnen, sie ins gefangnis
zu f&hren, worüber Gnomia in Verzweiflung gerät. Theander tröstet
sie, er wolle Brodosia befreien. Dem ob seiner verschiedenen misse-
taten sehr niedergeschlagenen Astasius spricht Theander mut zu und
fährt ihn mit sich zum abendmahl. Erostes und Phobosindus sind
hierüber voll besorgnis und warnen den Theander. In der zweiten
handlung wird Theander von dem wankelmütigen Astasius verraten,
Brodosia wird wider ertapt, nachdem sie vorher von Gnomia und Erostes
befreit worden war, und zu Scotarchus geführt, der sie zum tode durch
gift verurteilt. In der dritten handlung wird Brodosia vergiftet , Ethno-
sius verurteilt den Theander nur aus furcht vor Misondes und Basca-
nius. Theander wird gegeiselt, gekrönt, getötet. Erostes macht die
tote Brodosia durch des Theanders blut wider lebendig. Textprobe :
II, 11. Scotarchus, Ormenus, Cosmianus.
Der fürst,
ach hate sy ein blitz auf Ihrer flucht erschla^efh
auf welcher ban ist sy ford,
bös begird.
mein küng ob sy sclwn nit giengen , sonder flugen
sy haben noch kein gleich, kein frondes rieh bezogen.
der fürst,
man eüle dan behänd, mit leichter manschaft nach
er schröcklich gined^ meir^ roch
man wird sy auf kollen wdtzen
mit ver nistem (?) ertz, in feür kesllen schmeltzen
ged fördered euch, ich weis das euer hurdigkeit
sy bekombt vnd sy sy noch so toeid.
Über die einrichtung der bühne ist nur eine notiz da, handlung
I, 1. Scotarchus sizt angefesselt in einem feurigen abgrund, von ande-
ren höllischen geistern umgeben. Später treten diese leztern aus dem
feuer , um über die teufelskleider ein anderes , nicht auffallendes kostüm
anzuziehen , damit sie unerkant ihre plane volführen können. Vergleiche
damit „Technik der Luzerner Heiligenspiele 11** unter Kostüm in Her-
rigs Archiv.
^ V.
S, Catarina Jungfrau marterin.
Die handschrift, 29 blatt, die Seite 20 — 24 zeiled, wurde von
herrn pfarrer M. Estermann in einem bauernliofe in Rickeubach, einem
1} biare.
472 BRANDSTBTTSB
dörfchen an der nordgrenze des kantons, aufgefunden. Die mündlidie
tradition in Bickenbach besagt, das spiel sei von einem leinweber yer-
fasst und vor 100 jähren aufgeführt worden , eine Zeitangabe , welcher
die schriftzöge entsprechen. Das spiel ist ein echtes, reines, ziemlich
kunstloses bauernspiel:
fründ vnd find dl gros vnd Mein
Aus Threuer lieh sol geEhret sein
die aus liebe zu vns kernen
von vns vnglehrten zu vemämen
wir stamen här vom huren gscMächt
vnd stellen vns als Threüe knächt
Die dialektbeimischung ist nicht so bedeutend wie bei 11 und Tl,
doch sind namentlich von Wichtigkeit sonst in altern denkmälem schwer
zu belegende formen wie Vergaust = vergunst, misgunst, gspeist =
gespenst. Es sind einige beziehungen zu dem volksliede von der bl.
Katharina (Lütolf, Sagen 542) vorhanden, z. b.
Volkslied: Das Rad das ließ er irihe
Der hl, Jungfrau St Kaihri ihre Liib verschnide
Unser spiel: das man sy kan thrihen
sy zerfätzen vnd zerschniden.
Das spiel zerfält in drei handlungen , die handlungen in auftritte.
Voraus geht einladung und prolog, zulezt komt der epilog. Aus der
einladung verdient vor allem beachtung , dass auch die grenznachbaren,
die anderer konfession, herzlich wilkonmien geheissen werden.
Die nachbaren aus dem bämer hiet
nänd wir in acht aus Threü vnd lieh.
In der ersten handlung ist ein interludium , 5 selten , eingescho-
ben, in dem zuerst teufel^ dann engel und teufel auftreten. Dieses
steht zum spiel in losem Zusammenhang und ist mehr algemein mora-
lisierenden inhalts. Die teils reflektierenden, teils den connex vermit-
telnden lieder werden von engein oder von schäfern gesungen. Sie
sind in Vorstellungen, d. h. Strophen abgeteilt. Der inhalt der drei
handlungen :
Erster IheiU ein Gang die gehurt vnd aufer Zucht CcUarina.
Die zunite handlung wie Catarina Gelebt bis zur mart^ md
wie sy die 50 Redner überwunden zu Christo hekert.
die drite Handlung wie Catarina kdsery * hekert vnd des iei-
sers kriegs öberist porfiryus mit sinen 2 hundert Soldaten ■ hieruf qf
1) Der artikel d dem k von keisery assimiliert
2) Das erste a wie in kalatse frühstücken aas it. coUusione,
LÜZEBNEB DOBFSPIELE 473
der keiser aUe piniget vnd ent hauten lasen (Samt Katharina und der
kaiserin).
Eine textprobe , das erste auftreten der teufel beim interludium :
1 homU al ha/r Ihr deufels gsind
der hagel schlagt vnd stost der wind
ein doner keil hat mich geschlagen
in thöl ^ hinein mit pfärt vnd wagen
drum gebt wd acht auf disen List
ein neüwe sach ist an gericht
das die Ehleüth auf jene gstaUen
die Tcinder lehren vnd im Zaum halten
wie das mägtly vom barg sinen
sy solden sich spieglen an diser Catrinen
2 geist spricht
0 gfrores übel wie wollen wir das an keren
3 geist
bsind euch drüber wir wends^ er wehren
4 geist spricht
die kinder fast an allen orten
lehrend geüheit ohne schroten! —
das theüre kärdlen^ vnd luoder laben
zu diser gwonheit wir sy threiben
bis wir ein gantzes buoch voU schreiben
Der Cobido^ spricht
drum gschwind in aUe länder fard
Ihr teufel al kein müöh nit spart.
Über die einrichtung der bühne gibt die handschrifl wenig aus-
kunft. Es ist ein türm da, in welchen Katharina gespert wird, und
wo ihr der tröstende engel erscheint. Der kaiser sizt im tron , um ihn
her stehen die redner. Die marter mit dem rad wird auf offener bühne
vorgenommen, das rad zerspringt und erschlägt eine grosso zahl von
beiden. Die enthauptungen finden hinter einem verhäng statt. ^
VI.
Das original liegt im Pfeffikon. Eine genaue abschrift besizt
herr ständerat Herzog in Bero - Münster. Ich folge hier der abschrift.
Stalder Id. I, 448 sagt: Giritze^ = Moos [= Kibitz-moor]
schnakige Fassnachtspie}(B zum Trotz alter, besonders verhasster Mäd-
1) Die höUo. 2) woUon es. 3) Karten spielen. 4) Capido. 5) Ergibt
sich aus s. 49 mitte. 6) Das wort wird in der heutigen mundart bald giriise,
bald girüsey bald grase, bald grötse ausgesprochen. Über die bedeutung des Sim-
plex siehe Lütolf , Sagen 566.
474 BBAimSTBTTEB
eben unter wildem Gelärm getrieben. Yielleicbt lässt sich aach die
notiz über das Moosfahren, Geschichtsfreund 17, 129, hieherziehen.
Über die mythische bedeutung der Giritzenmoosfahrt berichten Lötolf
und Rochholtz [Schweizersagen aus dem Aargau 2, 44. 47]. Während
die heutige mundart nur das kompositum Giritzenmoos kent , findet sich
in unserm stück auch Gritzenhus und das simpIex plural Gritzen. Von
bedeutung ist auch das verbum schweben in folgendem verse:
Bir müßt allzeit einsam leben.
Mit den Grusen schweben.
Zuerst tritt auf der große Schtcyzer mit einer Halbarten und
spricht den prolog:
Hochgeehrteste y wertheste Fründ!
Die ihr hier zugegen sind!
hier haben tvir ein Faßnachtspiel,
Bedeutet aber gar nicht viel.
Nachher kernt der hanswurst und zeigt kurz die materie des
Spieles an. Darauf ein gesang in 6 strophen, worin die WiÜligen^
und Gesellen aufgefordert werden, unter den alten Gritzenmoosjnngfern
zu freien, die ja so viele Vorzüge vor den jungem haben , z. b.:
Kein Puder braucht ihr Hoor,
Darauf tritt der Gritzenmoosvater auf und empfiehlt seine töch-
terschaar, die auf einem wagen angefahren ist Er fuhrt sich ein als
alten mann:
Ich alter Vater des Gritzenmoos,
Mir kürzet der Sin und schwächet der Bios,*
Auf seine lobpreisungen komt der Jogget:^
Herr Gritzenmosvater, i mußt di fragen
I sett es Mensch ^ ha ah dim Wagen.
Zwar: möchti '5 Mensch au nid löthig^
Erfreut befiehlt der Gritzenmoosvater demSpetter^^ er solle einige
von den töchtern vom wagen herunterheben. Alle drängen sich vor,
jede will die erste sein. Der Spetter mahnt sie zur ruhe, nimt eine
um die andere und stelt sie dem Joggeli vor:
Spetter: do chund'^ jetzt Eine^ wie gefällter die?
Joggeli: die macht mer 0' fürchte, i wül glaub ^ flieh.
Spetter : do chund jetzt eine, du wirst die nid welle,
I will sie grad nebeln- use^ stelle.
1) Witwer. 2) Atem. 3) Jakob. 4) Nicht im schlimmen sinD. 5) pw,
ohne beigäbe. 6) Stelvertrcter , marktholfer besonders bei fahrleaten. 7) komt
8) glaube ich. 9) auf die seite.
LÜZSRNER DOBFSriELB 475
Aber do chund jetzt eine^ die wird der^s preie,^
Wenn sie Grüns über chund ^ aber erst im Meien}
Joggeli: Ich tnag die nid, pack nur ivieder ie,
Wen sie jetzt wüst isty wie wird sie de i^n Mexe sie?
Die Jungfern, Trudte^ Grite^ Trine, Idde, Vroni, Zuse^ rüh-
men nun dem Joggeli ihre vortreflichen eigenschaften , Joggeli ist bei-
nahe gerührt, da komt der kupier, der verspricht ihm anderswo eine
partie: Sie hed tusig Guide verfallnigs Guet,
Joggeli lässt die Gritzenmoosjungfern stehen , alle weinen bitter-
lich. Resel^ komt daher:
Was hend die Meitle z^ thue sOy
Wie weü sie wette ^ vo Sine cho.^
Züse klagt nun über die Schlechtigkeit des Joggeli, der ein wah-
rer Hagel ^ sei. Eesel hat mitleid , er wäre geneigt, die Züsi zu wiben^^
fragt aber auch nach der aussteuer. Der Gritzenmoosvater verspricht
allerlei: Ich will ich (?) no öppis Kleiderigs^ überclw^^
Es Hüfdi Brügdholz^ Liebest Hut^ Bschnidesdhöpf^^
und ähnliclies. Bald wäre auch der Kesel gerührt , da komt wider der
kupier : Du müßtesti jo schäme , wo d' hi kämist,
Wen du so ne alte Kratte ^* nähmist.
Kesel geht, die Jungfern geraten in solche Verzweiflung, dass
der vater einschreiten muss:
Wend ihr^ daß Buebe chömid ^^ zue^
So münder ordli ränggele^^ thue.
Jezt folgt ein wetgesang zwischen schäfer und Jäger, ersterer
ist für, lezterer gegen die alten Jungfern. Darauf der Spetter:
Komet ihr Grusligen ^^ jetzt do zue^
Ich g* hei^^ ech toieder ufen Wagen ue,
Ihr g* sehnd jo scho , daß Euch meiner will.
Da komt zur rechten zeit noch der hanswurst dazwischen mit
gutem trost, er wisse noch einen, es sei zwar ein Buggel.^'^ Die jung-
fern sind watZj d. h. voll ungeduldiger freude, der buckel habe nichts
zu bedeuten. Der buckelige komt, betrachtet die Jungfern, ist aber
keineswegs entzückt:
1) bercichon, d. h. zutreffen, passen. 2) Im mai, beim grnnfutter wird das
vieh schön und glatt. Das schöne gcschlecht wird im groben spass jöpe-ß, vieh
in der joppc, genant. 3) Gertrad, Grete, Katbarina, Ida, Veronica, Snsanna.
4) Andreas. 5) wolten. 6) kommen. 7) schlimmer korl. 8) zur frau neh-
men. 9) etwas kleidemes = einige kleider. 10) hier == herschalFen. 11) ?
12) mürrische person. 13) Wolt ihr, dass buben herkommen. 14) so müsst ihr
each zierlich bewegen. 15) mbd. griusUch, 16) ich schmeisse. 17) ein buckliger.
476 BBANDSTETTEB, LCZEBNBB DOBFSPXELE
Die ist glaub voU Lüs u. hed e Rifefikopf,^
Und es Mul hed sie, wie ne Wageschopf^
Das ist Einey die alUit latschet,^
Viel Braütwi suuft u. dubak chätschet,^
Sie hed e füürige Nase^ rothe Auge^
Wenn die Eim gefiel, war's nid e Täubet
Ist das die best vom ganzn Spiel?
Züpfli hed sie wie Müsestid,^
Voll absehen geht der bucklige weg. Der feldarzt aus Schla-
raffenland tritt auf und verspricht, alle alten Jungfern wider jung zu
machen. Der vater traut aber der geschichte nicht:
Weü er öppis chönt^ so hätf er deheime i^thtie.
Zum teil könne er, der vater, ja selber kurieren, so wisse er trefliche
mittel gegen das saure gesicht, z. b. faustpulver, das eingeweide einer
uiistgabel , rätschige Abfluk ^ usw. Das alles wolle er nun mit ihnen
probieren.
Jetzt isfs fertig , packii wieder i
Mer wend witers go , do isfs vorbi.
Darauf ein gesang über das tema:
Ihr alte Jung f er e! es ist vergebens^
AUes Bitten ist umsonst.
Der grosse Schwyzer spricht noch den opilog.
Verschieden ist die Gritzenmoosfahrt , wie sie noch vor 40 jäh-
ren in Bero- Münster aufgeführt wurde. Eine Viertelstunde von Bero-
Münster liegt ein feld, Gritzenmoos genant. An einem der fastnacht-
tage fUhrt ein phantastisch ausgeschmückter wagen in den flecken hin-
ein. Auf demselben befindet sich der kommandant, sechs söhne des
Mars begleiten den wagen. Da und dort sind in den häusern junge
burschen versteckt, als alte Jungfern verkleidet. Vor diesen häusern
hält der wagen, auf befehl des kommandanten tritt der herold vor die
türe des betreffenden hauses und inift laut den namen einer wirklich
lebenden misbeliebten alten Jungfer, sie solle herauskommen, sie müsse
aufs Giritzenmoos. Nichts rührt sich. Da werden zwei krieget abge-
schickt. Diese schleppen den als alte Jungfer verkleideten burschen
heraus. Trotz des heftigen sträubens wird er auf den wagen gebracht,
darauf ein anderer, und so weiter, bis der wagen völlig angefalt ist
Die alten Jungfern weinen und jammern, sie seien noch jung, können
1) rife = grind. 2) Wagenschuppon. 3) Das maul verziehen. 4) Anf
grobe weise kauen. 5) sondern ein blinder. 6) Rattenscbwana. 7) AbM
beim hanfbrechen.
SChOdDBKOPF, JTJGBNDOEDD. D. 6T0LBBB0. 477
loch wol einen mann bekommen, lieber sterben, als aufs Giritzenmoos.
)er kommandant mahnt sie zur ruhe und schlägt mit einem stabe
mter sie. So werden sie unter fröhlicliem gelärm der begleitenden
iuschauer auf das oben erwähnte Giritzenmoos gebracht und dort
;bgeladen.
LUZERN. RENWARD BRANDSTETTER.
ZU CHRISTIAN UND FRIEDRICH LEOPOLD VON
STOLBEBGS JUGENDGEDICHTEN.
Die Verbindung der jungen Stolbergs mit Johann Arnold Ebert,
1er das hier mitzuteilende material seine erhaltung verdankt,^ ward
eingeleitet durch die mutter der grafen , Charlotte Friederike Christiane,
jeb. gräfin zu Castell - ßemlingen (5. IK. 1722 — 20. XH. 1773),
!?elche mit Ebert seit einer begegnung in seiner Vaterstadt Hamburg,
m Sommer 1760, in korrespondenz stand. Eine schwärmerische Ver-
ehrerin Toungs , welcher bei ihrem söhne Magnus Ernst Christian (geb.
l. Xn. 1760) durch Eberts vermittelung zum gevatter gebeten ward,
3chloss die pietistisch - empfindsame frau mit dem liebenswürdigen Über-
setzer der „ Night -thoughts" enge freundschaft. Die Kopenhagener
freunde, voran Klopstock und J. A. Cram6r, welcher der gräfin ein
jchönes denkmal sezte,^ vermittelten. So vereinigen sich Cramer und
frau, Klopstock und die gräfin zu einem (undatierten) koUektivbriefe ;
Klopstock schreibt [ungedr.]: „Wenn Sie Sich erbitten lassen zu kom-
men, mein lieber E. so nehme ich Sie hiermit zum voraus in Besiz.
Sie sollen in Lingbye in meiner ehmaligen Stube wohnen, und unter
meinem ehmaligen Schatten Ihre Weisheit ausleeren. Ja, so soll es
3eyn. Ich will Sie für Geld nach Belieben fahren lassen; und denke
etwas Baarschaft mit Ihnen zu verdienen. Nach Hirschholm und Kocke-
thal sollen Sie theuer verkauft werden. Denn dort hat man Sie vori-
gen Sommer viel zu oft gehabt. In Bernstorf allein geb ich Sie
omsonst. A propos Sie thäten nicht übel wenn Sie je eher je lie-
ber Ihren zweyten Theil der Nachtgedanken an den Herrn Geh. E
Bernstorf schickten. Ihr Kl." — und die gräfin fügt bei : „Er abusiret
1) Ms. nov. 616. 4« der herzogl. bibl. zu Wolfenbüttel. Der grössere teil des
Ebertschen nachlasses befindet sich im besitz der familie Yieweg zu Braunschweig.
2) Wandsbeckor Bothe 1774 nr. 6. Dienstags, den 11. Januar. — Auch Ham-
burg. Neue Zeitung 11. Jan. 1774 und Gott. M. A. 1775, s. 69 fgg. Vgl. Redlich,
Die poet. Beiträge usw. s. 42.
478 BCHÜDDBKOPP
von Ihrer Gutheit , dass er Sie an ein ^nonstrum oder dergl. vergleicht,
dies müssen Sie schlechterdings übel nehmen. Seite es aber dazu kom-
men , so verkaufte ich alles was ich habe , um Sie zu sehen. Übrigens
bitte wohl zu bemerken dass es nicht aus generositaet geschieht dass
er Sie in B. umsonst will sehen lassen , Sie wissen dass er daselbst za
Haus ist."
Die Zuneigung des erfalirenen freundes und dichters sachte die
gräfin, die nach Bernstorffs stürze von ihrem gute Rondstedt nach
Altena übersiedelte^ auch ihren söhnen zu sichern. Unter bemfimg
.auf seiner freundin wink wanten sich die beiden ältesten kurz vor ihrem
abgange von der Universität Halle, am 4. resp. 7. IX. 72, an Ebert,
der eben in Hamburg weilte , und baten um seine freundschafL Eberts
gewinnende antwort, sein empfehlungsschreiben an Boic, das die gra-
fen in den Hain einführte, der an Klopstocks geburtstag (2. VIL 73)
auch auf Eberts gesundheit trank,' vermehrten den wünsch nach per-
sönlicher bekantschaft , welche auf der anfang april 1773 gemeinsam
mit C. Fr. Gramer angetretenen ferienreise in Braunschweig erfolgte.
Schon hier scheint wenigstens Christian Stolberg dem feinsinnigen älte-
ren freunde gewiesen zu haben , was vorzüglich der lezte winter in
Göttingen an poetischen fruchten gereift hatte. Aus Altona fiber-
schicken dann beide ihre jugendversuche. Christian schreibt (28. IV. 73):
„Sie, mein Liebster Herr Ebert, haben von einigen kleinen Versuchen
in der Dichtkunst von mir, so sehr gütig geurtheilt, dass ich es wage,
Ihnen noch einige Versuche zu überschicken. Wie würden Sie mich
erfreuen, und aufinuntern, wenn Sie die Güte haben weiten, mir scharfe
Kritiken darüber zu machen !^ und Fritz : „Ich bin so kühn mein thea-
rester Herr Ebert! Ihnen einige Verse von mir zu schicken. Ich unter-
werfe sie ganz Ihrem Urtheile, o wie würden Sie mich erfreuen wenn
Sie mir scharfe Kritiquen darüber machten!"
Von diesen gedichten liegen neun handschriftlich den briefeo
bei , darunter vier von Christian (An Bürger und ungedruckt : An Claus-
witz , Elegie an die Grafen Beventlow , An seine Mutter) und fünf Ton
Friedrich Leopold (Die Ruhe, Der Abend Stern, Der Harz, An meine
kranke Schwester Sophia Magdalena und ungedruckt: An seine Mat-
ter), zum teil in Halle und Göttingen, zum teil erst um ostern 1773
in Altona entstanden. Da schon die ersten drucke im Götting. M. A.
von 1774 beträchtliche Veränderungen zeigen, besonders charakteristbch
in den lezten strophen des „Harzes" und der ersten der „Ruhe", ohne
dass Eberts ein Wirkung nachzuweisen wäre, folgt hier zunächst eine
1) Vgl. Voss, Briefe 1, 145. Weinhold, Boie s. 52.
JUGENDGEDD. D. 8T0LBBBG. 479
coUation der mannscripte (M) mit deu drucken im Götting. M. A. (A) und
in den ^Oedichten der Bruder Christian und Friedrich Leopold Grafen
zu Stolberg. Herausgegeben von Heinrich Christian Boie." Leipzig
1779. (JB) auf grund der „Gesammelten Werke" 1827. bd. I (W).
L Der Harz. WI, s. 5 — 7. Bs. 8— 10. A 1774 s. 175 —
177. Der Harz. Auf dem Harze gemacht. M
V. 1. Cheruscien! M 2. nervichten A nervigten M 3. freyeren M
4. Dann A Als M 6. var Einfalt gestrichen : ernste M
7. Klippen, A
9. lächelt dir goldener M 10. Seegen, schüttet sich aus in der
Genügsamkeit M 11. Frohgeöfnetem Schoosse, M 12. DieM
13. in M 16. zackigten M
Strophe 5 und 6 in M vertausdU. 17. deinen A 19. Eber M
26. moossigten M 28. Flucht! AM
30. wann des Bardiets Orkan A 31. Edelthaten der Vorzeit A
32. Und die himmlische Preyheit pries. A
37. Biedergeschlechts sklavische Brut verbarg A
Strophe 8 — 11 lauten in M:
Deinen dichtrischen Hain liebt die Begeisterung,
30. Felsen hallten umher wenn der melodische
Barde Thaten der Väter,
Und die himmlische Freiheit sang.
Ist nicht Herman dein Sohn? Sturm war sein Arm! sein
Schwerdt
Gab uns Freiheit u: Sieg! Graun wie die Todten Gruft
35. Sendet, schreckte den Bömer
Wenn ihm Herman entgegen zog.
Herman welchen der Arm kalter Vergessenheit
Hüllte danklos in Nacht, bis ihn dein grösserer
Sohn, mit mächtiger Leyer,
40. Sang im Liede der Ewigkeit.
Klopstock! ewigen Euhm werden Aeonen ihm
Tönen, Klopstock ist dein! jauchze Cheruscia!
Gross in Schlachten der Freiheit!
Gross in ewiger Lieder Hall!
n. Die Ruhe. W I, s. 2 — 4. Bs. 5 — 7. A 1774 s. 205 —
207 M
2. ob sich der Bischof Roms BA der hieerarchische M 3. Des-
potisch aufbläh (bläh' A) oder knechtisch BA Despot sich
aufbläh' oder feige M 4. Lecke die Ferse den Burboniden ; BA
Lecke den Fusstritt des Burboniden; M
480 SCHÖDDEKOPI'
5. junger Oktavius B Caesar Oktavius A 6. Das Volk H
8. fremde Provinzen theilen, M
10. Geweihte M 12. Räuber A Höllen Geschwader der Styx ihm
sandte. M
14. und um M
17. süsse Buhe! süsse Gespielinn , komm, A 18. führe A 20. Dir
nur u: lächelnder Weisheit widmet, M
22. ihm der Ocean A 23. Noch lächelt AM
26. Ekel und Schlummer A kalte Zufriedenheit M 27. Giebt sie,
gewandten Blicks, mit Wünschen M 28. gestöret. A Oft
unterbrochen u: oft mit Furcht, ihm. M
29. Thäler A führen, wann AM 32. Bösen. M
34. voller Empfindungen, AM 36. Festliches AM
37. sanftren M
m. An den Abendstern. W I, s. 10 fg. B s. 14 fg. Der
Abend Stern. M
3. farbigten M
6. Waizenhalme (B) der Thau, bald aber schwanden sie, M
10. gleich mir M
12. stralende B
13. blaue Gewand corr, aus goldene Netz M
IV. An meine Schwester Sophie Magdalene in ihrer
Todeskrankheit. WI, s. 25fg. B s. 28 fg. An meine kranke
Schwester Sophia Magdalena. M abweichend nur in Schreibung
und interpunktion.
V. An Bürger. WI, s. 8fg. Bs.llfg. A 1774 s. 209 fg. M
4. mit Tigers B [so auch in dem Schmiederschen nachdrucke,
Karlsruhe 1794 — druckfehler, da der glykoneus an zweiter
stelle einen daktylus erfordert]
7. hungriger A
11. Du, unnennbar dem Volk, A
14. Klage! A Seufzen! M der Furie, A 15. Erbarmung: AM
16. Scheucht — fort! A
17. seligen Tags, da die Gerechtigkeit A 18. Noch mit stralen-
der Stirn weilte bey Mana's Volk, A war M 19. Noch, von
Eichen umschaurt, mit in A unter dem M 20. Kreise sil-
berner Väter A Kreiss' ehrwürdiger Greise M
23. Erfahrung, und du, Erbe Teutonia's,A Teutoniens, M 24. Ta-
gend, lehrtest A
30. Druden M 32. Locken A
JtJGKHDOKDD. D. STOLBBBG. 481
Es folgen die bisher angedruckten gedichte, treu nach der hs.,
Zuerst das von Friedrich Leopold von Stolberg, ohne Überschrift, von
Christians band geschrieben:
Muse wenn je der Empfindungen Fülle der hohen Begeistrung
Becher dir reichte, dir je Liebe die Saiten gestimmt;
0 so entlocke der Leyer melodische zärtliche Töne,
Töne zärtlich und sanft, wie mein Gefühl sie dich lehrt!
5 Zwar dich schreckt die furchtbare Nähe der hohen Siona
Die den Messias sang, die sein Weltgericht sang!
Aber ob auch der Adler, mit lüsternem Auge die Sonne
Trincket, streben nicht auch Kinder der Büsche empor?
Lange dürst' ich umsonst der besten Geliebtesten Mutter
10 Ganz zu sagen wie hoch immer mein Herz für sie schlägt.
Wag' 0 Muse den Schwung ! auf Fittigen hebt dich die Liebe !
Dass nicht gauckle dein ' Flug hält dich die Ehrfurcht zurück !
Liebe mit Ehrfurcht vereint! sie tief wie des Oceans Tiefe,
Jene hob und entflammt Mittags -Sonne wie du!
15 Siehe die Sprache verlässt das Gefühl, der Odem entgeht ihr,
Reichende bleibe zurück! schwinge Gefühl dich empor.
Friedrich Leopold Stolberg.
Auf demselben quartblatt steht von Christians band, ebenfals
ohne Überschrift:
Welcher blähende Stolz, welche Verwegenheit
Dih erhabne 9 dih höchste der Musen, die
Elopstocks himlische Harfe
Und nur diese allein beseelt,
5 Dih zu flehen herab, von der mich blendenden
Von der schwindelnden Höh' Muse zu senken dih,
Schwachen irdischen Saiten,
Zu entlocken die Töne der
Sanften Rührungen: denn wisse des Liedes Zweck
10 Welches Sprösslingen gleich, unter dem Schatten der
Geder Libanon aufkeimt;
Hör' ihn Muse den hohen Zweck,
Und begeistre mich! 0 lange schon klopfet mir
Mein empfindendes Herz, und ich vermag es nicht,
15 Auszusagen der Mutter,
Ihr der besten, der zärtlichsten
1) Zuerst: der.
EIIT8CHBI1T V. DlüTBCHl PmLOLOOIS. BD. ZVm. 31
482 SCHÜDDEKOPF
Aller Mütter, wie mit zärtlichem Ungestüm
Meine Seele Sie liebt; inniger, feuriger,
Ach viel heftiger, stärcker
20 Als wie selber ich liebe mich!
Wie die Wange mir glüht , Wonne mir trübt den * Blik,
Wenn den festlichen ganz, wenn den erqnickensten [sie]
Der Gedanken ich denke.
Beste Mutter dein Sohn bin ich!
25 Singe Muse ihr Lob, du nur allein vermagst
Sie zu singen , du kenst jede Erhabenheit,
Jede höhere Tugend
Welche Sie nur allein verkennt, fsicj
Doch wass wagest du? Nein singe Sie Muse nicht,
30 Ihr bescheidener Blick, siehst du ihn, siehst du ihn?
Der gebietet zu schweigen.
Schweigend Muse verehre Sie!
Christian Stolberg.
Auf dem gleichen oktavbogen mit „An Bürger*^, also wol auch
anfang 1773 in Göttingen entstanden, steht von Christians band fol-
gende ode:
An Clauswitz.^
Dir ertöne mein Lied, Erster dem innige
Freundschaft sich mir entschlich, welchem mein jugentlich
Herz voll ahndender Wonne
In der ersten Umarmung schlug!
5 0 nun ist er bewährt, unserer Herzen Bund,
Sechzehn Sommer, am Strahl, reift' er der wärmenden
Sonne, welcher kein Wölkchen
Je den heiteren Blik getrübt.
Ewig segnet den Tag, ewig mein volleres
10 Überfliessendes Herz, als du, mit sichrer Hand
Meiner wankenden Kindheit
Schwache Tritte zu leiten kamst.
Wenn ich klimme zum Ziel, dem der geprüfteren
Tugend Lorbeer entkeimt, wenn ich geschärftem Bliks
15 Dring' ins Heiligthum hoher
Weisheit welche den Pöbel scheucht:
1) Hs. der.
2) Seit 1757 hofmeistcr der jungen grafen, in Kloster Berge und auf ^^
pädagogiam zu Halle gebildet.
JÜOENDOBDD. D. STOLBBBG. 483
Wenn den heissesten Durst, Durst nach Unsterblichkeit
Der im Busen mir glüht, löschet Kastalia
Wenn den Kranz ich mir winde
20 Zeitverhöhnenden Amaranths:
Dir, dir glühet alsdann, dir auch ertönt mein Dank,
Dass zum Ziele du mich führtest, ins Heiligthum,
Dass des ewigen Kranzes
Blüte finden du mich gelehrt!
25 Deine Saiten hinab glitt in die Seele mir
Süsser Wehmuth Gefühl, glittet ihr Erstlinge
Hoher Freuden mit denen
Ihren Peyrer die Muse krönt.
Nun ach! ruhen sie stumm, tönen der Freuden mir
30 Keine fürder — 0 Freund höre der Freunde Flehn,
Ach entlocke der Leyer
Wieder sanfter Gesänge Ton,
Wie sie vormals erklang: sanft wie der Abend thau.
Wie des säuselnden Wests kühlende Wehungen,
35 Sanft wie Silber des Mondes
Das den lispelnden Bach erhellt.
Zum schluss, ebenfals vor ostern 1773 entstanden/ auf einem
lartblatte von Christian Stolberg geschrieben:
Elegie
An die Grafen Reventlow.
Ach! ich täuschte mich oft, und sann in goldenen Stunden
Meinen rauheren Pfad mir mit der Rose zu streun.
Aemsig pflückt' ich sie ab, und froh des lachenden Weges
Ging mein eilender Fuss über den Blüten dahin.
5 Ich bethörter! ist nicht mit Dornen jede bewafnet?
Und ontträufelten nicht blutige Tropfen dem Fuss?
Auch du, zucktest, auch du! o schönste Rose des Lebens
Freundschafft gegen mein Herz deinen tückischen Dorn!
Ach erspäh'te mein forschender Blick , die besten der Freunde
1) Die grafen Cajus und Friedrich Reventlow, immatrikuliert am 16. X. 17G9,
rliesson Güttingcn zu ostern 1773. Auch Fritz Stolbcrg besang ihren abschied;
Bchreibt an Puletchen (14. VI. 73): „Hier sind einige Zeilen, die ich an den <e-
en Reventlow den Tag vor seiner Abreise machte." (Janssen, Stolberg 1877.
26.)
31*
484 SCUÜDDEKOPF , JUGEND6BDD. D. 8T0LBBBG.
10 Himlische Freunde, wie Gott selten sie Sterblichen gab,
Ach erspäh't' ich sie nur, dass bald das eiserne Schicksal
Sie ergriffe, sie bald risse vom Herzen mir weg?
Dunkel trübt sich mein Geist , und zwo melancholische Thränen
Wie die Liebe sie weint, weinen die Wangen hinab;
15 Euch, ihr fernen Geliebten, euch weint die eine, die andre
Euch, ihr lieben die bald nicht mein Auge mehr sieht!
Schon schon rückt sie heran , die grause Stunde der Trennung,
Schon schon eilen hinweg, Theure Geliebte von mir.
Ach! ihr scheidet von mir, ihr edlen Jünglinge, scheidet
20 Reventlowe! von mir, eurem Getreuen hinweg!
Innig liebt euch mein Herz, und ewig liebt es euch, Zeuge
Sey du, ahndend Gefühl späterer Zärtlichkeit mir!
Weise floh't ihr die Schaar der albernen Jünglinge, flöhet
Jede gaukelnde Lust welche der Seele zu klein:
25 Euren eigenen Pfad erwähltet ihr muthig, er führet
Heiterer Weisheit euch zu, heiterer Tugend euch zu!
Ach ihr scheidet von mir, ihr edlen Jünglinge, scheidet
ßeventlowe! von mir, eurem Getreuen, hinweg!
Näher nah't sie die Stunde des Scheidens! aber es schimmert
30 Meinem Auge von fem, tröstender Hofiiungen Schein;
Wieder find' ich euch einst, 0! Freund' am baltischen Ufer
Und dann knüpfet das Band fester und fester sich zu.
Was sonst von dichtungen in dem langjährigen briefwechsel u
Ebert übersant wurde, so die „Hesperideu meinem Freunde Ebert
gewiedmot" von der italienischen reise 1792 (Werke IX, 332 fgg.),
chöre aus dem „Otaues", der „Anfang des fünften Gesangs der Zu-
kunft" * oder die gedichte an Elise v. d. Eecke (Werke I, 414. 416)
nach dem zusammüntreifen mit dieser und Ebert in Dresden (sommer
1784), bietet zu geringfügige abweichungen , als dass ihre mitteiloBg
sich lohnte.
1) Vgl. Arch. f. I/it.-gesch. XIII, 82 fgg. — Fritz Stolberg übersendet die
cr.stcn 2\i verse aus Eutin am 6. VI. 1782 mit den Worten: „An der Zukunft trbeifc
ich Ruckweise wie ein Volkan. Ick schicke Ihnen hier den Anfang des fönftefl
Gesan^^ä in welchem ich ganz Amerika frey gemacht habe.*"
WULFENBÜTTEL. CARL SCHÜDDEKOPP.
485
ZU THOMAS NAOGEORGS GEBURTSORT.
Thomas Naogeorg nimt unter den tendenzdramatikern der
reformationszeit wol die erste stelle ein. Als seinen geburtsort bezeich-
net Goedeke sowol in der ersten aufläge des Grundrisses (I, 134 nr. 18)
als auch in der zweiten (II, 134 nr. 10 und s. 333) Hubelschmeiss bei
Straubing. Goedekes angäbe kann sich nur auf Freytag Adparatus lit-
terarius II, 1011 (Lips. 1753) stutzen, wo es heisst: „Thomas Nao-
georgus si VC Kirch mayr, quem alii Neubauer vocant, et Tobias Schmi-
dius in Chronico cygneo I, 373 fundamento nescimus quo Thomam
Hubelschmeiser adpellatum esse scribit, Straubingae in Bavaria infe-
riore anno 1511 natus" usw. In der von Freytag angezogenen Chro-
nik der Stadt Zwickau von Tob. Schmidt heisst es: „. .. wie denn die
armen Leute im Papsttum noch nicht anders meinen, davon Thomas
Naogeorgus , sonsten eigentlich Heubelschmeisser genant^ usw. Hieran
erinnert Naogeoi^s biograph Am Ende in der „Nachricht von Thomä
Naogeorgi Leben und Schriften" (in G. Th. Strobels Miscellaneen lite-
rarischen Inhalts. Nümb. 1780. 3, 111), wo es heisst: „Noch einen
andern Namen führt er von dem Orte seiner Geburt. Da heisst er
Heubelschmeisser oder Hubelschmeisser. Ungeachtet er sich selbst und
andere ihn Straubingensem nennen ^ so war er doch eigentlich nicht
von Straubingen selbst, sondern von einem ziemlich unbekannten , nicht
weit davon gelegeneu Orte, das Hubelschmeiss heisst, von welchem *
er diesen Namen bisweilen geführt haben mag. Es ist aber solches von
einigen ganz falsch verstanden worden. Li Tob. Schmidts Zwickauischor
Chronik soll stehen, dass Naogeorgus sonst Heubelschmeisser heisse,
wie Schlegel im Leben Spalatins S. 3 meldet. Dies erzählt J. A. Wim-
mer in seinem lateinischen Leben des Kanzlers Gregorius Pontanus,
Altenburg 1730, S. 25 ganz verkehrt: Thomas Heubelschmeisser, a
patria Naogeorgus."
Am Ende vermutet also die existenz eines in der nähe von Strau-
bing bdegenen ortes Hubelschmeiss, welcher ihm als die geburtsstätte
des dichters gilt. Die von mir angestelten nachforschungen haben
ergeben, dass ein ort dieses namens nicht vorhanden ist; wol aber
dürfte das Örtchen den namen „Hundsschweif" geführt haben, woraus
durch irrige abschrift oder irrigen druck jene entstelte Icsart entstan-
den sein wird. Gegenwärtig heisst nämlich ein zwischen Kirch roth
und Zeitldorn in einer cntfernung von etwa 10 km von Straubing an
der nach Regensburg am linken ufer der Donau führenden distrikts-
strasse gelegener weiler Hundsschwanz (vgl. die geueralstabskarte).
Die karte von Apian (1579) nent diesen ort Hündshofen.
486 HOLSTEIN, NAOGEOBGS GEBURTSORT
Will man hiernach die bezeichnung Hubelschmeisaer oder Heu-
belschmeisser auf den geburtsort Naogeorgs zurückfuhren , so wird man
eine erklärung zu geben kaum im stände sein , da der ort Hubelschmeis:;
nicht existiert; auch das zurückgehen auf Hundsschweif oder Hunds-
schwanz lässt sich nicht rechtfertigen. Die zuerst von Schmidt gebrachte
benennung Heubelschmeisser müste demnach eine dem lateinbcheo
namen Naogeorgus entsprechende deutsche benennung sein^ lässt aber
eine passende erklärung nicht zu.
Unter diesen umständen erscheint es mir notwendig andere quel-
len aufzusuchen, welche über den geburtsort Naogeorgs aufschlos:^
geben. Die am nächsten liegende und sicherste dürfte diejenige seiu.
die aus seinen eigenen Schriften schöpft. Nun beweisen die titel emer
anzahl seiner zahlreichen Schriften , dass Naogeorg aus Straubing stamte.
Seine dramen: Pammachius (1538), Mercator (1540), Incendia (1541),
Hamanns (1543), Hieremias (1551) tragen auf dem titel die worte:
autore Thoma Naogeorgo Straubingensi. Ebenso die Übertragungen
dieser dramen : Pammachius . . beschrieben im latein zu Wittemberg
durch Thomas Kirchmeyern von Straubingen und jüngst verteutschet;
der Mordbrand . . . durch Thomam Kirchmeyern von Straubingen , ebenso
der Kaufmann. Aber nicht blos in den dramen , sondern auch in andern
Schriften nent er sich Straubingensis , so in den Agricolturae sacrae
libriV, die Freytag H, 1008 anführt, in seinen Adnotationes in primam
* d. Johannis epistolam (1544), im Carmen de hello Germanico (1548).
in der lateinischen Übersetzung des Sophokleischen Ajax und Philokte-
tes, in dem gedieht de componendis discordiis religionis (1559), Syne-
sii epistolae (1558), die alle bei Strobel 3, 144. 146. 148. 149 ange-
führt werden.
Diesen Zeugnissen schliesst sich ein anderes historisches zeugni^
an. . Es ist nämlich erwiesen , dass Straubing schon sehr früh sich der
roformation anschloss und um die mitte des 16. Jahrhunderts fast gioz
der lutherischen lehre ergeben war, und aus Ed. Wimmers darsteUnog
„Wirkung der Eeformation in Straubing im 16. Jahrhundert '^ (Sam-
melblätter zur Geschichte der Stadt Straubing) geht hervor, dass u
Straubing gerade damals eine ratsbürgerliche familie Kirchmayr blühte,
der der dichter und dramatiker sicher angehörte. Diese familie ist
erst im anfange des 17. Jahrhunderts erloschen.
Es dürfte hiernach zur genüge bewiesen sein , dass Thomas Nao-
georg (Kirchmayr) aus Straubing und nicht aus Hubelschmeiss bei
Straubing stamt.
WILUELMSHAVEN. nUQO HOLSTEIN.
487
ZU PARZIVAL 29, 9 fg.
K. Bartsch hat in seiner ausgäbe zu den versen:
dar nach Mes sie schenken sän:
getorste sie, daz wcer* verlän.
ez mOete sie deiz ntht hdeip^
wand ez die rUer ie vertreip^
die gerne spräcJien tvider diu toip.
die anmerkung zu 29, 9 „schenken, wein und andere getränke ein-
schenken: zur bowilkomnung'^ und zu 29, 12: „es war für ihn das
zeichen, an den aufbruch zu denken, dem ersten besuche ein ende zu
machen." Diese erklärung passt nicht, denn dabei wirft: getorste sie^
daz wcer vertan auf Belakane ein schiefes licht, als ob sie den wil-
komtrunk nicht gern gespendet hätte. Es ist hier nicht von einem
tränke zur bewilkomnung, sondern von einem abschiedstrunke , scheide-
trunke erst nach der Unterredung die spräche.
Ich , mochte hier an das „schenken" in Meleranz erinnern 8698 :
moraz kläret ufide win
wart da geschenket vollecltch.
diu edel käniginne richy
do daz schenken geschach^
do stuont si üf unde sprach:
j,Jierre, nach iuwer arbeit
sult ir ruowen usw.
Vgl. auch Lohengrin str. 184. 185.
Diese sitte lebt noch in manchen tälern Tirols fort. Zu guter
lezt, zum Schlüsse der Unterredung wird ein trunk geboten. Eine ähn-
liche gepflogenheit berichtet J. Ph. Fallmerayer Fragmente U, 315
aus dem Oriente : „In ganz gleichen Zwischenräumen werden erfrischun-
gen gereicht, scherbet, backwerk, süsses usw. Endlich wird ein
albanischer grosser apfel von vorzüglichem aroma mit messer und hand-
tuch jedem der sitzenden besonders in einem teller auf den schoss
gelegt, zum Schlüsse aber noch einmal kaffee herum gege-
ben, was in mohamedanischen abendgeselschaften das zei-
chen zum aufbruch ist."
GUFIDAUN. J. ZINGERLE.
488
SELBSTBIOGRAPHIE DES JOHANNES NASUS.
Durch die bemerkung E. Gödekes (Grondriss L aufl« s. 385):
^Es ist aufTallende vernachlässigang , dass von katholischer Seite die-
sem Polemiker bisher noch keine aa&nerksamkeit gewidmet wurde*',
veröffentlichte ich einen kleinen aufsatz fiber J. Nasus im ^Anzeiger
für Kunde der deutschen Vorzeit YI, nr. 9.^ Im jähre 1859 warde
P. Johann B. Schöpf, der als professor am gymnasiom in Bozen
wirkte, beauftragt, eine abhandlung far das gymnasialprogramm deg
Schuljahres 1859/60 zu schreiben. Er wante sich an mich mit der
frage, welches thema ich ihm empfehlen würde. Ich schlug J. Nasus
vor — und im juni 1860 erschien seine fieissig gearbeitete schrift:
„Johannes Nasus, Franziskaner und Weihbischof von Brixen.^ (1534
— 1590). Ihm stand ein reiches material zu geböte, und widerholt
konto er die Selbstbiographie seines berühmten längst verstorbenen
mitbruders erwähnen, z. b. s. 6. 9. 45. 47. Allein das kurze currica-
lum vitae , das Nasus selbst aufgezeichnet, ist bisher ungedrucki Durch
die gute meines Schülers P. Linus Fehr konte ich einsieht und
abschrift von der aufzeichnung des J. Nasus nehmen. Unter den reli-
quien des Nasus, die im Franziskanerkloster zu Innsbruck aufbewahrt
werden , findet sich ein kleines lateinisches gebetbüchlein auf pergament
(kleinstes format), zierlich geschrieben, 224 blätter. BL 155 — 158
incl. enthält die biographie, die ich in diplomatischer abschrift gebe.
Auf dem innern deckel der rückseite steht:
„Wer dieses büchlein ungefar
Verloren fint, der merck fürwar,
Daz solches F. Joann Nass,
Wolbekanten predigers, was.
Der bit freuntlich durch Gottes Ehrn,
Das man ims wol widerkem:
Keins drinckelts wirt er sich beschwern.
1580.**
Ego frater Joannes Nasus: gratia dei me prevenievde, natm
sum in mundum, opidoeUman, ducaius franconicj honestis pareniäms,
patre valentino naso^^ matre nuigdalena schumanin, legittimo {horo,
anno 1534, 19. marcii; anno 1546, Didid prope bambergam artem
1) Schopfs anfsatz, der im bachhandol nicht zu haben ist, kann tod der
dircctioD des Franciscaner-gymnasinms in Bozen bezogen werden, wo noch einige
excmplare vorratig sind.
2) fM8o am aussenrande nachgetragen.
J. ZIN6BBLB, J. NASÜ8 489
vestiariamy qua etvidum quesiui eam exercendo ferme. 6. annis. Porro
1552 mancLchii ex lectione cmusdam libdi de imitatmie cliristi con-
mctus ingressus swm ordineni scmcti Francisd Guardtano schmilJcotiero,
Mintstro henrico roch, quem ordinem professus sum anno revoluto in
festo Mariae de Niue^ vd s. dominici, aug. 5.* anno 53.^ — 1557
ordinatus sum sacerdos^ fraisinge ab sübfraganeo osbaldo Fischer,
quem papa Julius III episcopum ordinauerat; ab eodem episcopo om-
nes ardines acceperam. Cantaui primitias in festo annuntiationis ma-
rie. — Anno 1559 ex monaco ingdstadium mutatus püblicis ledioni-
hus operam nauaui, in aJhum studiosorum debito iuramento insertus. —
Anno 1560 in capikdo seflinge super festo exaltationis s. cruds renun-
ciatus sum praedicator conuentus ingdstadiensis. — Anno 1566 y dum
predtcarem straubinge et deus sua misericordia totum opidum in grc-
mium romane ecdesie reducerat. Motu proprio pii 5. admonente tUust.
cardinali dementi monil., quodam ordinis fratrum mi, generali crea-
tus sum. S. A. G. — Anno 1571 , dum Borne generali capitulo custos
prouincie argentine intereram, predicaui Romae'^ et vivo oraculo plura
preuilegia reportaui. Generalibus ministris aloisio puteo et christophoro
de eape. fon. Ab isto posteriore institutus sum commis(sarius) super
tres proui(ncias) d conventum oeniponti 1572. — Ea occasione adsci-
tus ab serenis. archi. ferdinandi Oenipontum^ cuius d predicator auli-
cus, ab inde diam brixinensis ccUhedralis ecdesie.
A papa Greg(orio) XIII. designatus commis(sarius) anno. 1578.
d pro his omnibus acerbissime a m^is füiis spiritalibus d frairibus
acusatus sum a^no 1579 in general(i) cap(itulo) parisiensi, sed ini-
quitas mentita est sibi: Authore teste R. P, frater fraficisco^ Gonzaga^
Generamendicanti : Sotio fratre bernardinuo'^ candano.
Deinde ascitus-fui ad suffraganeatum Brixinensem a B^ in
Christo domino Jo. Thoma principe Episcopo Brixine etc. designatus
d confirmatus Episcopus Bdlinensis a papa Gre(gorio) 13., consecra-
tus Brixine in Ecdesia S. Catherine anno 1580 a supradido principe
consecratore , Dominica post ExaU. S. Crucis 18. sep. Deus dd su<im
graiiam ad muUos annos multorumque hominum salutem. Amen.
Rot geschrieben ist der beisatz: mort: 1590. 16 May in Sero
oeniponti.
1) Mar. de auf rasur nachgetragen. NiiAe am aussenrande.
2) 5 corrigiert ans 2. 3) 3 corrigiert aus 2.
4) sacerdos corrigiort aus scicerdotem.
5) Bomae am aussenrande nachgetragen.
6) flrandsco corrigiert aus frandscum.
7) bernardimo corrigiert aus hemardvmm.
490 BACHBL
In neuester Zeit hat dr. Joseph Hirn im werke: ^Erzherzog
Ferdinand IL von Tirol. Geschichte seiner Regierung und Länder.
1. Band. Innsbruck, Wagner 1885" s. 247 — 262 das wirken des
J. Nas in Tirol besprochen. Unrichtig ist es, wenn jüngst feuilleto-
nisten Nasus als Tiroler bezeichneten, denn er ist erst im jähre 1571,
also in einem alter von 37 jähren nach Tirol gekommen.
(UIFIDAUN. IGNAZ ZINOERLE.
FßEIIJEKGER liRlKMISTÜCK VON JEROSCllINS
CHRONIK.
In den zwei bänden einer ausgäbe der werke des Joh. Chrj'so-
stomus in der Freiberger gymnasialbibliothek (cl. II. fol. 39. 40) fan-
den sich, wie mein koUege herr dr. Heydeureich bei einer durchsieht
bemerkte, als Vorsatzblätter ein- und zum teil unter die papierdecke
des holzdeckels untergeklebt vier porgamentstreifen , die nach ihrer
ablösung sich als die zusammengehörigen h&lften zweier blätt^r heraus-
stelten; und zwar sind es bruchstücke einer handschrift der Kronike
von Pruzinlant des Nicolaus von Jeroschin. Sie enthalten in 8 spal-
ten von je 32 zeilen die verse 21,252 bis mit 21,504 (nach Strehlkes
Zählung).
Die beschaflfenheit der bruchstücke brachte auf die Vermutung,
dass sie derselben handschrift angehören, von welcher die Berliner
bibliothek ein halbes blatt besitzt Ms. germ. fol. 725, das Strehlke in
seiner einleitung (s. 301) als B anführt und kurz beschreibt. Eine durch
die freundlichkeit der Berliner bibliothek, die das blatt hierhersante,
ermöglichte vergleichung ergab die richtigkeit dieser Vermutung. Das
Berliner blatt stimt in grosse, schrift, Zeilenzahl und orthographischen
eigentümlichkeiten volkommen mit den Freiberger bruchstücken über-
ein; es ist auch genau so verwendet gewesen, wie der mit leimresten
behaftete deutlich sichtbare bruch in der mitte beweist Leider ist
keine nachricht darüber vorhanden, wie das Berliner blatt in den besitz
Hotfmauns von Fallersleben , aus dessen bibliothek es in die Berhner
übcrgieng, gekommen ist.
Die „trefliche handschrift", wie Strehlke sie nent, stamt etwa
vom ende des XIV. Jahrhunderts und steht der ältesten und besten
handschrift der kronike, der Stuttgarter, ziemlich nahe. Die Freiber-
ger biaichstücke bieten daher wenig abweichungen vom Strehlkeschen
text, dem ja die Stuttgarter handschrift (S) hauptsächlich zu gründe
FKEIBEROEB BBUCHST. V. JEROSCHTN 491
liegt An orthographischen eigentümlichkeiten ist zu bemerken das
häufig vorkommende y für i , teils langes , teils kurzes ; die media g, d
am ende des wortes, sogar der zeile statt der tenuis c, t; c für is im
anlaut (eil, dt) ; dialektisch das fast durchgängige i statt des tonlosen c,
noch häufiger als schon Strehlkes text gibt. Bemerkenswerte Varianten
sind nur: 21285 gemenge (Strehlke getwenge) und in der Überschrift
nach 21287: ein groz unindtr (Strehlke ein wundir). In folgenden föl-
len stimt unsere handschrift mit den von Strehlke angeführten lesarten
von S überein: Bei 21267: do di andern drizig man hat ^ do si di;
ebenso unsere handschrift, nur ist das überflüssige si von späterer band
gestrichen. 21278 Strehlke niman, S niinant Freib. bruchst. nymant
21305 Strehlke misilsucht, S und Freib. bruchst. tncs^ilsuelU. 21341
Strehlke da, S und Freib. bruchst. dar. 21356 Strehlke vunften, S
vumfzen, Freib. bruchst. vtmßen, 21473 Strehlke ufide, S und Freib.
bruchst. und.
Dagegen stimt in folgenden stellen, wo Strehlke abweich ungen
von S bemerkt, unsere handschrift nicht mit S überein: 21315 Strehlke
herze Über; ebenso Freib. bruchstück; S Ivcrre liher. 21347 Strehlke
und Freib. bruchst. zweimal varwar, S nur einmal. 21342 Strehlke
und Freib. bruchst. vorswundin, S vorsundin. 21356 Strehlke und
Freib. bruchst. aleinania, S alamania.
Vielleicht finden sich von der handschrift, die wenigstens zu
einem grossen teil vom bucbbinder verarbeitet worden zu sein scheint,
noch anderweit bruchstücke vor.
FREIBERG I. S. RACHEL.
MISCELLEN UND LITTERATUR.
Lexikogrraphisehc nachirUgo zu bd. XYI. XYII.
Zeitschrift XVI, 99: Lorenz Krummer. K. L. machen heisst wenn
jemand ungeschickt und bäurisch tanzt oder auf gleiche art Vorbeugungen macht,
üntorpfalz. Kloin. Provinz. Wh. I, 26L Lorenz ein bäurischer bückling. Harz-
gegend. Ebenda 285.
Ztschr. XVI, 376: Judenspiess, Raiffspiess. Das spahron ist mir
angeboren, meine ahnherrn, sagt man, wären getaufte Juden gewesen, von denen
hab ich den Judenspiess ererbt; kans nunmohro nicht ändern ^ was ich nur
erwuchem kann, das untorlass ich nicht. Quasi Vero Der Hinckendo Bot Hat sich
wol sive Novellae Politico — Morales — . 1714 s. 59. Alem. 13, 134. — Klein im
Provinz. Wb. I, 215 bringt es aus Augsburg, wo es sich allerdings volkstümlich
erhalten zu haben scheint. Dann sein abrichter (springlehror) Wolhlnam sagt: solche
Sprung weron nichts werd, noch etwas nutz im Krieg Sondern in eim zolauff
492 BTRLINGRB
sprang er vber ein graben, an eim Beiffspiss schwang er sich vber alle Pfitz«n
usw. Fischart Garg. 1580, s. 346.
Ztschr. XYI, 98: Beigoschirer. XVII, 233: Pakschiren. So g^
wir vmb vmbschantzen , Prassen, rasen, dantzen, mummen, stummen, prommeo,
rennen, fechten, ringen, stechen, Bagschiren mit der Trummen osw. Gaig. 90.
„Ich bin nicht gesessen inn der Versamlung der Spotter vnd Bettschirern** wird
die bekaute stelle des AT citiert in M. Maruli VI Bücher Ton Gedachtnuss würdiger
Reden und Thatcn deutsch v. Hermann Baumgarten. 1602. Dilingen. Eb ist Tor-
her von denen die rode, die mit scherzreden und gelechter aufwarten, bübische
leichtfcrtigkeit usw. M. Höfors Wb. II, 304: packschierig oder packsehier-
lieh in der gemeinen und scherzhaften sprechart eine geschmeidige, possierlicbe
person, die sich in die goselschaft wol zu schicken glaubt. A. ▼. Klein Provini.
Wb. II, 42: packschierli sehr artig, niedlich, munter. Es wird aber nur tod
kindern gesagt. Osterreich. Baiorn. Blumaner in s. gedichte „Der eyangeUsche
Banemjunge in der kathol. Kirche**:
Vorn da stund a mächtiger Mann
Hat's Hemmet über d'Hosen an;
Der kunts recht bagschierli machen
(vom messelesenden priestor).
Hof er weist Adelungs erklärnng ab und beruft sich auf Mich. Denis Lesefrüchte, wo
„beygeschirrig'* stehe, also an unsere form oben als älter müsse man sich halten.
Ztschr. XVI, 99 (und 98: Bandglas) Passeu: Lud er gemeinlich gern in
ihm erlich wolbesolTene Schlucker seiner Nachbauren, mit denen nam ers an in
allen Pässen vnd Süffen, wie maus jhm bracht. Garg. 332.
Ztschr. XVII, 230: Duchet ist eine sehr dicke, mit pflaumfcdem oder
eiderdunen (österreichisch Eitertom) gefütterte bettdccke, deren man sich im win-
ter zu bedienen pflegt. Klein, Provinzialwörterb. 1792 I, 92. — 236. Vippern.
A. V. Klein gibt os als echt bairisch an: übern, zittern. Er hat das ding ange-
fibert, mit aller anstrengung seiner nerven betrachtet. I, 112.
Ztschr. XVII, 232: Knocken ist auch in dem bei Aperger c. 1630 erschi^
nenen Veridicus Germanus (kath. parteischrift) zu lesen: unser Herr Gott fragte
mehr darnach , (dünkte ihn) wann ein Papist ein Vattor vnser an die Wand schreibe,
als wann er mit allen semen Pfarrkindem den gantzen Tag auff den Knyen
knocket. (Volst&ndiger titel Alem. 13, 188.)
Ztschr.XVII, 235: Siemann (und XVI, 100 Sicke): noch Siman (schUt)
weil man einen sinnschen schafnäsigen Delphinen vnd den Mörschwoin Näsigen
Schafen vnd den Weiberbeherschten Gaucheyerbrütlem also mffet? Garg. 207.
Hornkönig, Homemann, Herr sie man, Hanrey. Curuca. Hanbtschlüssel der
Teutschen und Italiänischen Sprache. Augsb. 1648 s. 340. Lessing hat im wb. in
Logans Sinngedichten (Hempel, 12. teil) s. 281: Weibling vir oxoris oder wie es
unsere Vor£ahrcn gleichfalls nannten ein Sie mann.
Ztschr. XVn, 447: Schalaundecke. Bei Fisohart Garg. 137: Leilach,
Bettgewand, Tischtücher, Teppich, Vmbheng, Schalaunen, Decken, Ziechen nsw.
Ztschr. XVII, 229: Baselmann. Da macht er ihm ein Spanisch Base-
losmanos vnd sprach usw. Garg. 453.
Ztschr. XVII, 444: Momper. Klein, Provinz. Wb. II, 19: momber, der
Vormund. Momberschaft Vormundschaft. Saarwerden.
LBZIKALI8CHB8 493
Zum dentsehen w9rterbaehe.
Hampelmann spöttisch für celebrierenden priester in M. Job. Hachenburgs
bflchlein vom Sacrament, vor 1600: Man findet ihrer auch die zar Zeit der Conse-
eration und Ansstheilong wie die Hampelmänner und grobe Stockfisch ihre Filtz
oder Baret auff ihren Häupteren nicht anders kleben haben, als wären sie ihnen
auff den Grind gepicht oder mit einem Trabnagel angehefPbet. S. 40. J. Münch
1617. (ControTersschrift.) Münster.
Jnnker: Juncker wird in Lendisch L. (Innländische Meissnische und
Leipziger Orth und Gegenden anzeiget) zwar , fast läppischer weise , einer genandt,
welcher newlicher zeit ein Bräutigam mit einer worden, wenn es gleich nur ein
Baorenknecht oder Handtwerks Gesell wer, so man zu Nürnberg die hejrath (hel-
fet) nennet: mein heyrath — so sagen sie: mein Juncker, mein Hochzeiter,
sponsus, neonymphus. Haubtschlüssel der Teutschen und Italiänischen Sprache
das8 ist vollständiges Wortbuch usw. per Giouanni Alemanni Sassone. Angspurg
Aperger 1648. Sp. 356 *>.
BONN. A. BIBLINOBB.
Kaehtrag zu XYIII. 880.
Die oben s. 380 unerledigt gebliebene äusserung in Lachmanns briefo
bezieht sich auf „Parcival im Auszuge mitgetheilt von San-Marte. Magdeburg,
Coentz. 1833." Lachmanns erste ausgäbe erschien in demselben jähre 1833, und
die vorrede ist unterzeichnet 3. merz 1833, aber die vorrede von San -Maries aus-
zuge ist unterzeicbnot 1. novembor 1832. Demnach ist dieses buch San-Martes
(R.-B. A. Schulz) vor Lachmanns erster ausgäbe erschienen, und der auszug
selbst beruht auf der ausgäbe in Christoph Hcinr. Müllers Sammlung deutscher
gedichte aus dem XIL, XUI. und XIV. Jahrhundert. Berlin 1784. 4''. J. Z.
Die Yita Alexandri Magni des Archipresbyters Leo (Historia de preliis).
Nach der Bamberger und ältesten Münchener Handschrift zum erstenmal her-
ausgegeben von Dr. Gustav Laudgraf. Erlangen, Deichert. 1885. 140 s. 8^ 3 m.
Nachdem vor einem jähre durch 0. Zingerle einige interpolierte texte der
Historia de preliis mitgeteilt wurden, bt jezt eine boarbeitung des unerweiterten
teztes erschienen, welche, im gegensatz zu der erstgenanten publication, auf die
geltung einer kritischen ausgäbe anspruch macht. Der Verfasser derselben , dr. Land-
graf, hatte dafür an material zur Verfügung: die bekanten beiden einzigen hand-
schriften des unerweiterten teites, die Bamberger (B) und den cod. lat. Monac.
23489 (M), femer für die interpolierten texte Zingeries druck und die alten drucke
von Strassburg und Utrecht. Bezüglich der wichtigsten kritischen frage, welche
Stellung der Bamberger und Münchener handschrift zuzuweisen sei, schliesst sich
Landgraf meiner auffassung an , die ich seinerzeit in meiner abhandlung über Rudolfs
Alexander zu begründen versuchte: dass der Bamberger text nach form und Inhalt
der ursprünglichen gestalt der H. d. p. sehr nahe steht, der Münchener aus dem
Bamberger abgeleitet, also für die kritik wertlos ist; nur hält Landgraf M für eine
direkte abschrift von B, während ich aus mehreren gründen indirekte ableitung
annehme, ein unterschied, auf den es hier nicht ankomt. Daraus folgt der von
494 AUSPELD
Landgraf richtig aufgcstolto grundsatz, dass einzig der Wortlaut von B die gewibr
der echtbeit bat und so weit als möglich beibehalten werden moas. Aus B allein
aber lüsst sich die nr8])rüDgliche form der H. d. p. nicht ermitteln, da der teit
dieser handschrift , trotz seines hohen wertes , bereits durch manche fohler nnd aus-
lassungcn verderbt ist. Es müssen also die interpolierten texte hinzugezogen wer-
den , deren selbständige bodeutung sich daraus ergibt, dass sie widerholt onabhäogig
von B mit Pseudo-Callisthoncs übereinstimmen, um aber diese richtig verwenden
zu können , muss man natürlich feststellen , wia sie sich zu dem unerweiterten texte
und unter einander verhalten. Landgraf hat mit seinem geringen material auf die
iüsung dieser frage gänzlich verzichtet, und das ist die erste grosse Ificke seiner
forschung. Nach meinen Untersuchungen, über welche ich in meiner ausgäbe der
Historia de preliis rechenschaft ablegen werde, gehen alle erweiterten toxte, soweit
ich sie kenne, auf eine und dieselbe bearbeitung der H. d. p. zurück, deren vor-
läge dem in B überlieferten texte sehr nahe verwandt war. Der gang des kritischen
Verfahrens muss also, meiner ansieht nach, der sein, dass man zunächst durch
vergloichung der verschiedenen recensionen des interpolierten teites die Icsart der
ursprünglichen bearbeitung (die ich mit I* bezeichne) ausfindig macht, hierauf durch
vergleichung derselben mit B die lesart der vorläge des Verfassers von I* zu gewin-
nen sucht, sodann auf die Schreibung des gemeinsamen archetypus zurückschliesst
und diese endlich durch vergleichung mit Ps. Call, und sonstige crwägungen auf
ihre echthoit prüft So lichtet sich das chaos der Varianten, und man gelangt, zo
klaren und sicheren ergebnissen über den ursprünglichen text Leos. Landgraf ist
nicht so zu werke gegangen, und daraus erklären sich mehrere seiner fehler.
Zunächst ist das von ihm s. 20 behauptete „grundgesetz", dass die ursprüng-
liche Icsart bewahrt sei, wo B mit einer der interpolierton handschriften übereinstimt.
j
keineswegs richtig, und fehler wie baculo statt poculo (r^ xvlixa Ps. Call.) B 196
müssen beseitigt werden, wenn sie sich auch in allen handschriften finden. Ein
satz, in welchem sich Landgraf hierüber ausspricht, zeigt überhaupt eine seltsame
Unklarheit der auffassung. Er sagt s. 21 : „Fehler , die entweder der urhandschrift
der Historia bereits eigen, wie z. b. baculum st. poculum 196** oder auf die von
Leo abgeschriebene vorläge zurückzugehen scheinen , wie z. b. die verschrei-
bung von öot} und oQitt, die B 216** zu der Übersetzung ad montes statt ad Hufs
geführt hat schien es nicht ratsam im texte zu bessern." Zwei so grund-
verschiedene dinge kann man doch nicht auf eine stufe stellen. Unrichtige le;«-
arten, die sich nur aus der Verderbnis eines lateinischen wertes erklären, bereits
der urhandschrift zuweisen heisst annehmen, dass sich Leo bei der abfassung seines
Werks gedankenlos verschrieben nnd sein werk herausgegeben habe, ohne solche
Schreibfehler zu bessern — eine Voraussetzung, zu der uns doch gar nichts berech-
tigt. Dagegen ausdrücke , die auf fehler der griechischen vorläge zurückdeaten«
erproben sich selbstverständlich gerade dadurcli als die echte Schreibung Leos, nnd
sie zu ändern wäre nicht nur „nicht ratsam", sondern ein Verstoss gegen die ersten
regeln der kritik.
Sodann zeigen sich die mängel von Landgrafs vonmtersuchung in dem ge-
brauche, den er von den interpolierten texten macht. Widorbolt glaubt er in einer
einzelnen solchen bearbeitung die ursprüngliche lesart erhalten zu sehen, während
die vergleichung der übrigen dartut, dass die lesart von I* anders lautete, also der
vermeintlich echte ausdruck lediglich die konjektur eines Schreibers ist. So soll
z. b. s. 40, 16 aus dem Ütrechter druck „sollicite" eingcsezt werden; aber I* hatte,
80 gut als B, das ganz richtige „sol itaque**, das nur Landgraf, wie auch seine
ÜBEB LEO, VITA ALEX., ED. LANDGRAF 495
interpnnktioii andeutet, nicht recht verstanden hat. (Dass ich mich früher für die
ändernng „solitoque" entschieden hätte, ist ein irtum Landgrafs.) Im algemeinen übt
jedoch der herausgeber die vorsieht, nur mit solchen lesarten zu operieren, in wei-
chen die Grazer und Soitenstettor handschrift, welche verschiedenen recensionon
angehören, übereinstimmen. Und wenn er dabei mit richtiger methode verfahren
wäre, so hätte er, bei der guten Überlieferung, die B bietet, und der verhältnis-
mässig geringen zahl der fälle, in denen eine Verwertung der interpolierten hand-
schriften notig wird, trotz seiner mangelhaften kentnis des handschriftenvcrhältnis-
ses einen leidlichen text herstellen können. Aber so wie Landgraf die interpolierten
handschriften vielfach verwendet, dürfen iiiteri)olierte handschriftcn überhaupt nie-
mals verwendet werden. Wer, wie Landgraf häufig tut, eine Schwierigkeit kurzer-
hand dadurch beseitigt, dass er die dunkele lesart einer handschrift des Originals
durch die bequem verständliche einer Überarbeitung ersezt, wird zwar einen glatt
lesbaren text hervorbringen , aber gewiss nicht den ursprünglichen des Schriftstellers.
Ein beispiel mag die art seiner kritik erläutern. Der satz s. 65, 13 — 18 lautet in
ß 201***^: PrQcepit iterum duo milia militibus suis ut cum sccuribus (et) ucctes
ferreos rumperent fundamenta muri quas construxit ansionos et zithu. Et
aliis quadringentis prccepit ut irent cum ardentibus facculis et incenderont portas
ciaitatis. et alia tria milia ordinauit ut percuterent murum cum uerbicibus.
Landgraf korrigiert zunächst nach den interpolierten handschriften: „et vectibus
ferreis." Aber dass bei einer präposition neben einander zwei verschiedene casus
stehen, ist in der latinität, die hier als massgebend gelten muss, gar nichts uner-
hörtes und komt auch bei Leo noch sonst vor. Er schreibt femer im anschluss an
die interpolierten handschriften (nur mit beibehaltung des i = tj) „Amphion et
Zithus. ** Aber die formen von B sind ersichtlich griechische genitive (= jifi(f{()vog
x«l ZrjOxtv) y also, abgesehen von der kleinen entstellung ansionos aus äfionos, sicher
echt. Leo nahm nach seiner art die namen in der casusform unverändert heriibor,
wie er z. b. anderswo aus dem genitiv KavStixrjg einen nominativ Candacis, aus dem
accusativ udoxQövg einen nom. Locrus macht. Mit „uerbicibus" endlich weiss Land-
graf nichts anzufangen. Hätte er sich überlegt, wie oft in der unteritalischen lati-
nität u und b wechseln, so würde ihm wol das bekante wort vervex, der schöps,
eingefallen sein, und er würde bei DuCange die notiz „berbices = arietes, machi-
nae bellicao" gefunden haben. So ändert er noch das ganz richtige „uerbicibus"
mit den interpolierten handschriften zu „arietibus", worauf schliesslich das charak-
teristische gepräge des ursprünglichen ausdnicks fast völlig verwischt ist. — Dieser
gebrauch der interpolierten texte geht so weit, dass bisweilen sogar ganze sätze
daraus ohne genügende berechtigung eingefügt werden. S. 84, 5 fg. z. b. hat der
Verfasser von I* dem drohenden schluss eines briefes, mit dem Alexander ein hoch-
mütiges schreiben des Darius beantwortet „Caue itaquo et habeto mentero in te"
die begrtindung hinzugesezt: „quia certissime uenio ad te, ut loiiuar tecum", welcho
sich den vorhergehenden werten „Habeo spem intrandi ad te" passend anschliesst.
Obwol sich nun bei Ps. Call, nichts findet, was diesem zusatze entspräche, und
man nur das zuvor angeführte schreiben des Darius zu vergleichen braucht, um
zu erkennen, dass derselbe aus den werten „cogitas uenire prope nos, ut loqua-
ria nobiscum" gemacht ist, so nimt ihn Landgraf dennoch in seinen text auf
mit der bemerkung : „ Die .... lesart . . . scheint der ursprünglichen fassung anzu-
gehören, da sie an die werte habeo spem intr. ad te anknüpft." Mit demselben
rechte) könte man mehr als die hälfte aller Interpolationen dem echten texte zuwei-
sen, denn das ist doch eben die art eines geschickten bearbciters, dass er nicht
496 AUSFELD
planlos erweitert, sondern irgend eine in der vorläge gegebene andeiitiiiig benibt
und ausführt. — So hat denn Landgraf durch seine heranziehung der interpotieclH
texte zwar manchen fehler von ß richtig beseitigt, manche lücke glCicklieh »u-
gefult — aber im ganzen buchstäblich mehr stellen verdorben als gebessert
Ausser den aus 1* abgeleiteten bearbeitungen hat der herausgeber zur eimik-
tolung der ursprünglichen gestalt der H. d. p. auch Ekkehards ,, Excerptnm de tu»
Alexandri Magni** verwenden wollen. Dass dieses eine direkte bearbeitang des Bmü-
bcrgor textes, also für die kritik der H. d. p. unbrauchbar ist, hoffe ich künlick
in dieser Zeitschrift nachgewiesen zu haben. Jedenfals ist nicht zu bUligen, das
Landgraf, nachdem er s. 12 selbst gesagt hat, die frage bedürfe noch einer
gehenden Untersuchung, dann ohne eine solche vorgenommen zu haben lesaxten
dem Excerpt in seinen text einsezt, auch s. 21 versichert: „Ekkehards
und Lamprechts Alexandreis waren des öfteren zur richtigstellung förderlich.* Wsi
Lamprechts gedieht betrift, so finde ich unter den stellen, filr welche sich Lsad-
graf auf dasselbe beruft, keine einzige, in der unsere kentnis dadurch Ikber du
ergebnis der lateinischen handschriften hinaus gefordert würde. Die Tenneintlkl
ursprünglicheren lesarten des Excerpts aber sind in Wirklichkeit konjektureo Ekk^
hards, und zwar zum teil verfehlte, wie s. 43, 9 iacentes summitates.
Wo die handschriften und bearbeitungen im stiebe lassen, bietet die verglei-
ch ung mit Pseudo-Callisthenes ein wichtiges mittel der emendation, das Laadgnf
mit mehr geschick und glück zu gebrauchen weiss, als das handschriftliche mai^
rial. Eine hübsche konjektur ist z. b. s. 69, 3 clam Alexandre («" la&wr raw Uk
Ps. Call.) statt cum AI. ; ganz unzweifelhaft auch s. 51, 5 reprehendit st. i^prek»
dit, was in den text hätte aufgenommen werden sollen. Auch sind mehrere sckw
rigkeiten aus Ps. Call, richtig erklärt, so z. b. s. 66 der name Stisichoms. Aber
gerade bei einigen recht dunkclcn stellen, wie s. 51, 18 — 20, 8.72, 9 fg., *.l%,
5 fg., 8. 134, 1, bleibt die erklärung aus. Überhaupt werden gegen das ende ko.
wo sich die zweifei häufen, die anmerkungen umgekehrt immer spärlicher. Dm
schwierigste problcm , die Verwirrung der Schlusspartien , hat Landgraf gar nidil b
losen versucht.
Wo der herausgeber freie änderungon der Überlieferung für nötig gehaUa
hat , kann man nur selten mit ihm übereinstimmen. Er ändert öfters voreflig oksr
sich die lesart der handschrift erst recht zu überlegen — ich nenne hier wu idi
„tentaverunf* s. 65, 2 — , und seine änderungen verfahren zimi teil so gewaltasir
dass man fragen mag, ob ihm die konsoquenzen der Stellung, die er selbst den
Bamberger texte einräumt, genügend klar geworden sind. In bedenklicher wci»
operiert er namentlich einigemal mit Umstellungen. S. 76, 2 fgg. (wo an der gq|^
benen Wortstellung gar nichts zu ändern, sondern nur in der vorhergehenden leik
statt „et** „ut** zu schreiben ist) wird ein satz förmlich zerpflückt.
Nicht wenige von Landgrafs verkehrton änderungen sind lediglich dnich aeiv
unzureichende kentnis des Sprachgebrauchs hervorgerufen. Sein algemeines vteü
über Leos spräche ist zwar ganz richtig , und was ihm nach s. 20 als erstes
der kritik galt: die eigentümlichen formen und strukturen von B „so lange
getastet beizubehalten, als dieselben durch gleiche oder ähnliche beispiele d«r
kenden latiuität oder durch analogieschlüsse irgendwie gerechtfertigt werden käs-
ten** verdient gewiss vollen beifall. Was hat aber nun Landgraf getan, na n
erfahren, was seinem Schriftsteller erlaubt sei und was nicht? Kaum erheblidi SMte.
wie es scheint, als dass er Ronschs ^Itala und Yulgata** durchging. Dieses werk fiadit
sich sehr häufig citiert, andere, wie Diezs Grammatik, Koffiomne, Aofsätie ansZflür
€SIB LBO, TRA ALDL, ED. f^gPfimiy 4d7
\
sduifleD, daaeben nur Tereiiudt. So Tortrefiidi nun loeh jene hJLndbäelier find.
80 soHe doch Biemand meinen, ädi djunit illein fär die edition eines BchrifUtellere
aoarfisten zn kdancB. Vielmehr ist es f&r einen henosgeber der Historie de prelüs
gans nneriiSBÜch, sieh in die itnlüniseh- lateinische litteiatar des 10. Jahrhunderts
eomarbdten, was sieh freflich nicht so im Torbeig«Erheo abmachen lässt. Landgraf
hat aieh das enpart, and glaubt non Tieles ändern zu müäsen, was gerade zu den
achten etgeotfimfiefakeiften dieser latinität gehört Im gefahl seiner nnsidierheit
gesddeht es ihm aneh, dass er eine aofiaDende erscheinang aellos das einemal
iadert, das aademnal beibehält So wird & 33, 8 aaditos som (= ijMovaa Pä.
Galt A) in aktircm sinne belaasea — s. 129, 13 nictiis €s in demsdben gebnuiche
komgiert, a. 42, 8 dnhitsait e«m dimittere in fooeam (=» Ir r6 ßo^^ Ps- CalL)
haiasinn — a. 111, 23 ooddi in ignem nnd s. 121, 6 modo hac esse oideris (wo
ohendicm interpolierte texte mit der orsprnnf^icheB lesart Ton B fibereinstimmen)
fcorrigiBrtv a. 95, 21 rcnoeans in memoria toa korrigiert — s. 102, 25 aenenint in
Ibdbiia Indiae, s. 4L 6 seqocre me . . . in eampo, s. 87, 11 pergas tn ibi nnd lahl-
Li diesen fidlen liegt der friiler im ändern. Ein anderesmal hat Landgraf
nmgekdirt Terderhtes beibehalten, wo ihm eine genaoere kentnis der spräche die
riefatige lesart gezeigt hätte. So miiss z. b. s. 39, 11 in dem satze v^ali eins non
aimflahaiitiir ad altermi* statt .aHeram* mit M g^escfarieben werden , altemtmm *",
was im mittdlatnnischen , speoell aach üi der Volgata. öfters ab prODomen reci-
procum gebrancht wird. — überhaopt harren n>cb fiele stallen der beäsenmg.
Der miBgel selbitändiger beeehäftignng mit der cnteritalischen litterator tritt
emdlicfa aadi in der ofthogxaphie herror. Während der heraugcber s. 21 den lob-
ficfaen gnndsatz anssprieht: ^hreibmgen, die ans historisdien oder ffpraehliehen
grtBdcA dem anpf anglichen teite Leos eigentömlieh zn sein schienen , matten
«nangetastet UeftcB", hat er tatsächlich die meisten abwekhnngen Ton der jetzigen
■diBlorthogzaphie beseitigt, daranter axvh so charakteristisches wie die rerwendong
h im aalaat nd den Wechsel zwiäcben m und h. Freilich geht er aach dabei
werke, and dinge^ die in der regel tod ihm j?eäfidert werden.
wider aas Tenehcn beü^ehalten . wie z. t. das i de« namens
Beücmdcn nangeDefam bcrchreo halbkonigierte formen wie Ephaessti/j
- - *•
Asf ^mr^mm cnrieiktigkexte& in den inaMrk^ngen wül ich hier nicLt weiter
t^ aaffikHendste irtsm findet aeh s. 35: das« der text des Josephu
Gporionides mit geringen ahweidnu.gen zui handsehrift P* d^r H. d. p. itiEir*-?.
wilnead dies naxMyrh Tom Oxfvrder text der H. d. p. gut, den Gagaier in seiner
magihe des Josl Grnoudes mixteih, ^iki mit dem fich Landgraf als heraosgeber
der H. d. p. doch hätte l-ekant iLMchfOi s^'^Uen.
Km xam schlass noch ein wichiiger pcnki: die zi^rerläsiigkeit dsi heraa»-
l^rtii»! ^tgmiha der haadKhrif^Schen tberüeferzsg. Um diese n prtfen. babe
ich £e aMgaibe mit oesner absehnf« der Bacberger H. d. p. Tergüeben^ fcr deren
gqmHrigkmt ich nach widerh^>her k'i^jsi:« besiint gla:::be «m^tefa^m zn dürfen. I>as
reanltit war läder eizi t\^anäch*ad angisistiges. Laadgraft teit enthäh ther fSsd-
lig hdsche lesartea, w2iU resn vn^'ßga^üdyaht diüereniea ziA tnkbükhe drsck-
fthkr Biht mitgersdurfC and. Es is gewiss uo-eeirt einem beraojgeb^r cogfeKh
dberlifhlirhbit vonswcijen. wom er skl in seines. koQadr>neD ein psrsiai geixt
lm(L Aber eine atlehe anzahl Toa feLkrn in eiBcm ss&fi« m aissigw szsfsages
nad gffgnfibei einer ao kicfct ksbana haoditd^ft gv-ht d^j^^h wrA Cber da« erteUe
498 O. KETTNEB
mass hinaus. Gleich im prolog finden sich auf einer seito drei derartige Tenehen:
s. 28 z. 7 fehlt nach „Joseppam^ „uero'^, z. 10 steht ^^constituif statt „instHnif,
z. 11 „ praedicatus ** statt „predictus/ Wider holt sind Wörter ausgelassen. B200'
ist Landgraf in dem satze „antea uoluissem fieri discipulns homeri. qnam habere
laudem quam habnit achiUes** (s. 63 , 5 fg.) von dem ersten quam auf das zwdte
f^eratcn und sucht dann das Verderbnis, das er selbst geschaffen hat, durch eine
ziemlich abenteuerliche konjektur zu heilen. Dazu komt noch eine reihe unridi-
tiger lesarten in den Varianten.
Kurz , wir erkennen in Landgrafs buch gerne an , was anerkennang verdient:
dass seine gesamtvorstellung von der beschaifenheit des ursprünglichen textes der
II. d. p. in der hauptsache eine richtige ist, und dass auch im einzelnen mehrofe
stellen von ihm gebessert und richtig erklärt sind. Aber Landgraf hat seine anf-
gäbe zu leicht genommen. AUen schwierigen und zeitraubenden Untersuchungen iit
er ans dem wege gegangen, und so fehlte ihm die unentbehrliche gmndlage, eine
genaue kentnis der Überlieferung und des Sprachgebrauchs. Auch da, wo ihn diese
mängel nicht hemten, wäre gewiss manches anders ausgefallen, wenn er sich mehr
zeit zu ruhiger Überlegung gegönt hätte. So wie das werk vorliegt entspricht et
schwerlich den anforderungen, die an eine kritische edition gostolt werden müssen.
DONAUESCHIMOEN, 15. JAN. 1886. AD. AUSFBLD.
August Bettler, Schillers Dramen. Eine Bibliographie nebst einem
Verzeichniss der Ausgaben sämmtlicher Werke Schillers. Berlin
1885. W. Wellnitz. VI, 57 s. 80. 3 m.
Nachdem Unflad in seinem wüsten buche „Dio Schiller -Literatur in Deutsch-
land" (München , Selbstverlag , 1878) neben dem chronologisch geordneten verzeiek-
nis der gesamtausgaben die einzolausgaben und erläuterungsschrifton in ganz äus8e^
lieber alphabetischer reihenfolge aufgezählt hatte (die lateinische Übersetzung dei
Spazierganges steht danach z. b. weit getrent vom gedichte selbst unter „ambnli-
tio**!), teilte W ackern eil in dieser Zeitschrift 1882, XIH, 90 — 121. 254—236
seine reichen ergänzungen aus praktischen gründen zwar noch in der von Unflsd
beliebten Ordnung mit, deutete aber am schluss der ersten nachlese die allein zweck*
massige, in einer neuen bibliographie zu befolgende einrichtung an. Offenhar nach
den von Wackemell aufgestelten gesichtspunkten hat es nun Hettler unternom-
men, die litteratur über die dramen Schillers zu verzeichnen; er hat dabei nicht
bloss die ausgaben und selbständig erschienenen abhandlungen berücksichtigt,
sondern auch dio in Zeitschriften und Sammelwerken zerstreuten heranzuziehen
versucht
Leider ist, um es gleich von vornherein rückhaltlos auszusprechen, die txor
führung eine völlig ungenügende. Die uns hier für den preis von 3 mark auf
nicht ganz 57 selten splendiden drucks gebotene bibliographie ist so unvoiständi^
in der Zusammenstellung der litteratur, so ungenau in den angaben, daaa joder
käufer das buch enttäuscht aus der band legen wird.
Ich greife beispielsweise gleich die litteratumachweise über das an den anfang
gestelte drama, die braut von Messina, heraus. Hettler führt nicht einmal die
einzeln erschienenen arbeiten über dies drama volständig an. Er kent z. b. nicht
J. G. Rönne fahrt, Blätter aus der Naturgeschichte der Menschheit, zweites Blatt:
Schillers Br. v. M. Leipzig, Dyk, 0. j. 95 ss. (wie er auch das ^vierte hUtt*
tBEn HBTTLER, BIBLIOGB. VON SCHILLEBS DBAMEN 499
Über Maria Stuart, ebda*, 136 ss. bei nr. 395 nicht .anführt); er kent nicht Isaac
Flagg, an analysis of Schillors tragody, d. Br. v. M., after Aristoteles' poetic.
Inang.-Diss. Göttingen 1871, 43 ss.; er kent nicht M. Krafft, Schillers Br. v. M.
für Schule und Haus erklärt. Cassel, Kay 1881, 156 ss. r— Man sucht vergebens
Jos. Pohl, Zur Kritik von Goethes Faust , seiner Ballade Mignon und Schillers Br.
y. M. Progr. d. Progymn. zu Linz a/Rh. 1884 (zu der lesart „dem Gesunden" v. 401),
oder Fried. Oberwegs wertvolle abhandlung über die schicksalsidoe in Schillers
dichtung und refloxion, in Geizers protestantischen monatsblättern 1864, XXIII,
154 — 169 (falsch citiort in dem jüngst von Brasch herausgegebenen werke dessel-
ben Verfassers „SchiUer als Historiker und Philosoph s. 179), oder G. Hauffs aus-
ftihrungen: Schillerstndion 1880 8.129 — 154, oder Düntzers aufsatz über den
Klansner in Schnorrs Archiv 1875, IV, 79—83, oder F. Dingelstedts wichtige
dramaturgische bemerknngon in Eodenbergs Deutscher Bundschau XVIII, 1879,
461 — 464; oder die Untersuchung über das Verhältnis von Schillers darstellung
der landschaft und des volkscharakters zur Wirklichkeit in der Augsburger Allg.
Ztg. 1881, nr. 306. 307, beilage; selbst die umfassende Charakteristik „Schiller
als dichter der br. v. M." von Walther Bormann in don von Otto Sievers her-
ausgegebenen Akademischen Blättern 1884, s. 672 — 715 ist ihm unbekant geblie-
ben!! Neben solchen lückeu überraschen die genauen recensionen - nachweise zu
Dr. 73; nur schade,. dass die recensionen alle aus den jähren 1869 — 71, das
buch, aus dem sie angeführt werden, aus dem jähre 1879 ist — jeder errät
sofort, dass sie in dem buche selbst mit bezug auf eine frühere publi-
cation des betreffenden aufsatzes angeführt sind. Und so ist es in der tat:
Lieb recht hatte denselben zuerst in Lemckes Jahrb. für roman. u. engl. Lit. X»
1869, 331—338 veröffentlicht; zu dem neuen abdruck (1879) in dem sammelband
„Zur Volkskunde'' fügt er selber s. 480 eine aufzählung und besprechung jener
beurteilungen hinzu. — Von Bulthaupt (nr. 72) kent Hettlor nur die Dramatur-
gischen Skizzen, dagegen nicht die gegen jenen ersten ontwurf bedeutend erwei-
terte, weitverbreitete „Dramaturgie der Classiker", wo über die Br. v. M. I, 297 —
321 gehandelt ist. — Bei nr. 62 wird die Seitenzahl von Bösslers programm
falsch bestirnt: es sind 26, nicht 36 s.
Die litteratur über die Br. v. M. umfasst bei Hettler nr. 59 — 79. Unter diesen
21 angaben dreizehn, resp. wenn man das fehlen von Überwegs und Hauffs auf-
sätzen lieber beim algemeinen teil der bibliographie s. 13 (zu nr. 23) in anrechnung
bringen will, elf lücken oder fehler — ich glaube, das ist ein procentsatz, wie
er in bibliographien glücklicherweise selten ist Und dabei können meine bcmer-
kongen noch nicht einmal den anspruch auf volständigkeit erheben; ich bin über-
zeugt, wer systematischer zu Schiller gesammelt hat und nicht so gänzlich auf
seine eigne bibliothek angewiesen ist, wird noch manches nachzutragen haben.
Mancher mag vielleicht solche fehler, wie falsche angäbe der Seitenzahlen,
verzeihlich finden; ich selber würde, obgleich man in bibliographien von so gerin-
gem umfang genauigkeit auch in solchen dingen wünscht, das versehen kaum
erwähnt haben, wenn es bloss druck- oder Schreibfehler wäre — aber leider hat es
für Hottiers arbeit qucllenkritischen wert! Hottier hat nämlich diese angäbe,
wie auch sonst öfter, gänzlich uncontrollicrt , aus Wackornell a. a. o. s. 256 abge-
schrieben. So schreibt er diesem seinem Vorgänger — der eingestandenermassen
gar keine wissenschaftliche bibliographie, sondern nur vorarbeiten zu einer solchen
liefern wolte und unter seinen quellen deshalb ganz offen in erster linie buchhänd-
lerkataloge nent — auch nr. 23 bei der abhandlung von Noelting die Seitenzahl
500 0. KBTTNBB
33 statt 19 nach, und wonn or bei nr. 462 Ton BoxbergDrs progmnm gar kune
seitcnzalil nent, so geschieht dies einfach, weil auch Wackemell s. 106 dailttwr
schweigt (es sind 22).
Auch dass er die angeführte abhandlnng Büntzers nicht nent, ist beniok-
nend für seine art zu sammehi; sie steht in einer zeitschriffc, die der veifasser tonst
excerpiert zu haben scheint, warum vergass er sie? Sehr einfach: der Terfaaser
hat sich die für die ausarbeitung einer so spedellen bibliographie nniimgiiigli«^
und leichteste aufgäbe , die einschlägige litterator aus den faohzeitschiiften n reg[i-
strieren, noch leichter gemacht, er führt meist nur solche arbeiten auf, denen man
schon im register die Zugehörigkeit ansehen kann; Dfintzen aofsatz aber hat
unglücklicherweise den unbestimten titel: „Zu Schiller'' und Hetüer £and es nklit
der mühe wert, ihn sich anzusehen. Aus demselben gründe sucht man mefarere
andere arükel aus Schnorrs Archiv vergebens, z. b. Brosin, anklänge an IHigil
bei Schiller YIII, 518 — 533 (beispiele namentlich aus den dramen), Boxberger.
Seh. u. Siegwart IV, 494 — 500 (mit bezug auf Spiegelbergs erzählong von der
Plünderung des klosters, das brutale auftreten des Präsidenten bei Miller) nsw. h
selbst ausführungen in dieser Zeitschrift, deren beziehung schon im titel kentlich
gemacht war, hat er bei seiner flüchtigen art vergessen; ich nenne R. Boxber-
ger, Lessings dramat. etil in Schillers nachahmung IV, 252 — 259. Bindel, zur
Jgfr. V. OrL XI, 454.
Auch die Ztschr. f. d. phil. wird von ihm excerpiert; dass er dabei das ver-
steckte referat von Eiste rs vertrag über Don Carlos auf der Dessaner philologenfo^
samlung — welches ausfuhrlicher ist als das in den „Verhandlungen*' s. 165 — 66, die
Hettler natürlich auch nicht anführt — nicht gefunden hat, kann niemand wonder
nehmen (ob der vertrag selbst inzwischen erschienen ist, weiss ich nicht). — Die
zweite abteilung der Jahrb. f. dass. phil. u. paed« erscheint ebenfals gelegentlich
citiert, doch ist sie mit derselben flüchtigkeit benuzt; es fehlt z.b. Mickwitz, zd
Piesco n, 17 („papieme Krone") 1873. II, 387. — Das Goethe-Jahrbuch, die
(Münchener) Allgemeine Zeitung, welche seit jähren regelmässige mitteilongcn
zur Schiller -litteratur bringt, scheint Hettler kaum angesehen zu haben.
Vollends , dass er auf etwas entlegenere beitrage zur forschnng über die dn-
men geachtet hatte, darf man nicht erwarten; sucht man doch selbst ein bacb,
wie das von Otto Brahm über das ritterdrama (QF. xl), in dem eine fÜUe von
litterarhistorischen beziehungen der dramen Schillers nachgewiesen, besonders aber
wertvolle beobachtungen über den stil und die oomposition der Jugenddramen nie-
dergelegt sind, hier vergebens.
Völlig planlos ist überhaupt die Zusammenstellung der algemeinen litterator
über die dramen s. 12 — 13. Wol wird nr. 14 Boessels programm der aufnähme
würdig befunden (es stand ja bei Wackemell l) , dagegen die „Prolegomena zu Sdiiüen
Dramen" von B. Boxberger, Progr. der realschule in Erfurt 1874, 10 s. nicht, ebenso
nr. 24 Beupers skizze, dagegen weder die schrift von 0. Brosin über Schillers
verh. zu dem publikum seiner zeit, noch Brauns bekantes dreibändiges sammelwerL
Und warum der Verfasser dann nicht auch überhaupt aesthetische und litterarhisto-
rische werke, in denen Schillers dramen eine gesonderte und eingehende besprechong
finden, hier aufführte, ist nicht abzusehen. Meines erachtens gehörten die bekan-
ten bücher von Freytag, Carriere, Hettner, Bayer, Klaar und so viele
andere ähnliche teils in dieses capitel, teils unter die bibliographie der eiiuelnen
dramen mit genauer angäbe der betrefifenden abschnitte; oder, wenn er von diesen
algemeineren werken absehen wolte, so durfte er doch so specidle analysen, wie
ÜBKB HETTLBB, BIBLIOGB. TON 8CHILLBB8 DBAMBN 501
816 z. b. Kiino Fischer in „ScMIlers Selbstbekenntnisse* von den B&nbern nnd
Don Carlos , in „Schiller als Komiker* von einer ganzen reihe von Charakteren gibt,
keineswegs fibergehen; aach die scharfe kritik namentlich des Wallenstein, daneben
der Maria Stuart in Otto Ludwigs Shakespeare -Stadien, gehört unbedingt in
eine bibliographie der dramen Schillers , schon weil sie ein wichtiges Stadium in der
beurteilung derselben bezeichnet. Und — si parva licet componere magnis — hat
die gutgemeinte, freilich auf sehr naiven aesthetischen anschauungen beruhende
analyse der Maria Stuart in Goerths «Einführung in das Studium der Dicht-
kunst IL Das Studium der dramatischen Kunst s. 41 — 77* nicht ebensogut ein
recht hier angeführt zu werdet, wie die besprechungen einzelner dramen bei Bult-
haupt und Boetscher? Von lezterem hatte übrigens Hettler ebenso, wie ich dies
oben schon für Bulthaupt erwähnte, auch die neueren samlungen seiner dramatur-
gischen abhandlungen berücksichtigen sollen.
Ich breche ab, denn es ist sonst schwer ein ende zu finden: es fehlt eben
fiberall an planm&ssigkeit nnd volstandigkeit der samlungen.
Nur ein paar werte glaube ich noch fiber das Verzeichnis der drucke der
dramen hinzufügen zu müssen. Was sich Hettler bei diesem teil seiner bibliog^phie
eigentlich gedacht hat, weiss ich nicht. Von der acribie, die hier absolute Voraus-
setzung ist, hat er keine ahnung; er gibt die titel so an, wie sie schon ein buch-
hftndlerkatalog bietet, ja man muss sagen, dass er hier von den antiquarischen
catalogen jeder bedeutenderen buchhandlung hatte lernen können. — Schon der
gleichmassige antiquadruck ist selbstverständlich bei solchen arbeiten grundsatzlich
anszuschliessen. Bei den drucken der Jungfr. v. 0. findet auch Hettler für gut,
bei nr. 214. 215 die art der typen anzugeben ; wie ist es aber bei den üngerschen
drucken 209. 210. 212? Wie steht es überhaupt mit 215; bei wem erschienen? —
Wenn man sich eine Vorstellung von der flüchtigkoit von Hettlers titelangaben
machen will , so schlage man das Verzeichnis der drucke der Räuber auf — sie bil-
den ja den besten prüfstein; z. b. 412: in statt von, Acten st Akten, Zweite
st. Zwote; ähnlich 413. Einen hinweb auf A. Cohns abdruck des unterdrückten
bogens B der ersten ausgäbe, in Schnorre Archiv IX, 277 — 296 hat Hettler ebenso
wenig für' nötig befunden, wie einen solchen auf die neudrucke der unterdrückten
vorrede. (Dagegen war es natürlich viel nötiger, die Beclamsche ausgäbe zu regi-
strieren!) Vollends über die abweichungen , die sich bei exemplaren der Räuber,
der Jungfrau, die von demselben satz abgezogen sind, finden, wird gar nichts
bemerkt; auch sonst das Verhältnis der drucke zu einander nur gelegentlich und
flüchtig angegeben.
Endlich will ich noch kurz bemerken, dass auch das Verzeichnis der Über-
setzungen, bearbeitungen usw. überall die empfindlichsten lücken aufweist — Ge-
samtfibersetzungen, wie z.b. die bekante Hachettesche, werden überhaupt nicht
angeführt. Wie unbewandert der Verfasser auf diesem gebiete ist, mag man schon
daraus ersehen , dass er vom Wallenstein weder die freie französische bearbeitnng von
Benjamin Constant, Genf 1809, noch die englische Übersetzung, Edinburgh 1827
kent, obwol fiber beide doch sogar urteile Goethes vorliegen (vgl. W. v. Biedermann,
Goethe -Forschungen, Frankfurt a/M. 1879 s. 3 — 4. — Goethes WW, XXIX, 794.
Hempel). — La Marteliere wird nicht genant, obgleich über seine bearbeitungen
Schillerscher dramen ein besonderes programm von H. Doberenz erschienen ist
(Löbau 1883). — Neuere französische Übersetzungen, u. a. auch die für die schule
berechneten wörtlichen , dann vor allem jene ausgaben mit einleitung und commen-
tar, wie sie seit dem kriege so vielfach (z. b. bei Garnier, Hachette, Dela-
502 HOLSTEIN
lain) heraasgekommen sind, werden gänzlich vermisst. Hetüer nent überhaupt
fast nur ältere übersotzungon (aber auch diese ganz unvolständig) ; anscheinend hat
er sich nicht die mühe gegeben, hier über Warzbachs Schillorbnch hinauszugehn
und selbständig zu sammeln ; sein Verhältnis zu der lozteren quelle näher zn bestiia-
men , schien mir nicht der mühe wert.
Der verÜEisser verheisst ans in seinem buche noch andere bibliographien , x. b.
über den Tasso und die Iphigenio. Wir können ihm nach der Yorli^enden probe
nur dringend raten, uns mit weiteren machwerkon dioser art zu verschoDen! —
Ungenauigkeiten , irtümer, lücken in der bibliographie einer gesamt - litterator wird
jeder billig denkende entschuldigen; anders ist schon der masstab, den man bd
einer so speciollen bibliographie, wie die vorliegende ist, anwendet; aber eine soldie
unkontnis, solche nachlässigkeiten , wie sie der Verfasser auf schritt und tritt bekun-
det, sind unter allen umständen unverzeihlich. — Schliesslich kann ich den wunidi
nicht unterdrücken, dass die manior des Verfassers, blosse fragmente von spe-
cial - bibliographien zu veröffentlichen, keine nachahmung finden möge. Die werke
eines dichtors hängen meist so eng zusammen, dass die littoraturangabcn über die-
selben sich oft gar nicht trennen lassen, zum mindesten sezt eine solche bibliogra-
phie üt)er einzelne dichtungen eine genaue bibliographie der algemeinen werke ober
den dichter voraus. Wio äussorlioh ist z. b. Bettlers Scheidung, wenn er Hin-
richs, Schillers dichtungen in ihren historischen boziehungen usw. erwähnt (weil
zufällig der zweite teil als „dramatischer'' besonders bezeichnet ist), U off mei-
ste rs grosses werk aber nicht, obwol hier die besprechungen der einzelnen drames
zu selbständigen abhandlungen erwachsen sind.
SCHULFPORTB. GUSTAV KXTTHBB.
Ein deutsches Handwerker -Spiel nach einer handschriftlichen
Überlieferung aus dem Königlichen Staatsarchiv zu Posen her-
ausgegeben von Professor Dr. Riehard Jonas^ Oberlehrer am Kö-
nigl. Friedrich Wilhelms-Gymnasium zu Posen. Posen 1885. 53 s. &
M. 1,50.
Gern haben wir von der Stiftung einer historischen geselschaft in Posen kcntais
genommen, welche sich die aufgäbe stolt die geschichte der provinz zu erforschen
und namentlich diejenigen denkmäler ans licht zu ziehen, aus denen der nachweis
erhelt, dass die provinz Posen eine menge deutscher demente enthält, die dieselbe
zu einem echt deutschen gebiete unseres Vaterlandes machen. Das vorliegende hand-
werkerspiel ist ein Separatabdruck aus der zeitsclirift der historischen geselschaft
zu Posen. Der herausgeber wurde auf die im Staatsarchiv zu Posen befindliche
handschrift aufmerksam gemacht und hat dieselbe unverändert zum abdruck gebracht
In der einloitung unterrichtet er den leser über die zeit der abfassung des spiele«.
Er bemerkt mit recht, dass dasselbe nicht erst im jähre 1753 abgefasst ist ood
dass die angegebene zahl sich auf das jähr einer auffubrung bezieht. Vielinebr
muss die abfassung in die dem ende des 30jährigen krieges unmittelbar folgende
zeit fallen , worauf auch die scbriftzügo weisen. Die handschrift dieses Spieles -
offenbar eines depositionsspielos (vgl. das von E. Th. Gaedertz in den Akademischen
Blättern 1883 herausgegebene depositionsspiel) — fand sich unter den akten der
innimg der lohgerber, welche mit den posamentierern lange zeit zu einer innong
vereinigt waren. Die Orthographie ist die der zweiten hälfte des 17. Jahrhunderts,
jene wunderliche Schreibung, an der der herausgeber festgehalten hat, ohne lo
fBEB HAVDWF.RKKR8PTICT1 KT>. JONAfl 503
bedenken, dass dadurch dein Icaer allu frendo nn dioneni „zvau^iuh dmitHchon ^i;i-
stes und deatscher anschanaii)^*^ ^oraabt wird. Dazn koint, iIuhh diu rt('.)ui;il)W4MMi^
des 17. jahrhandorts obno historisf'Jiun wert ist, d«;nii .nie ist das «t/.iüi^hIk d>'r
grosten wilkür nnd niemand wird jozt Opitz' niid (trypiilnH' wcrko in der MrJintili-
weise der originaldrucke heran sieben. KhciiHtj vorliillt fH hicli mit der iiitorpiink-
tion, die herr Jonas eben {als iinvorändrirt aafjr^cnoinnien bat. ,,Wir haben hIIi-h k'»
gelassen, wie es das manuscript bietet, damit Hieb der loHor rin mö^'lirliHt. grnaiirrt
und volstandiges bild von demselben machen kann**, mit di<'H«;n wort«'n n/ddicMMt die
oinloitnng. Das ist nun freilich sehr bovinem, .'ibf;r den rordf;riing4:n d<T wir.m^u-
schaft nicht entsprerhend. Der heratisgebor eines littf:rariHch«:n wcrkfiM, rnii^ «v;
dem 17. oder einem andern Jahrhundert an^^ehonn, hat, wenn t-r H^'in«: aiit'^^ahc zur
genüge losen will, mehr zn tun; er hat vor allem einen le-tharen ft'.xi zu lichTu,
er hat das recht Terbeasemngen vorzunehmen nnd in anmerkiinf.7rn KJeh d;iriih'T
aaszQsprechen , aber herr Jona^i hat sowol Pur t/;itkritik alH für die mrtrik ao ^yl
als nichts getan, obwol je^ie -leite reiehlieh dazn {r^rlet^^enh^it hot und djf: ^:rf/»rd<i
liehen bessernngen vielfach anf platter band Ia(^:n. Nur auf die erkLiruni.: d'r^ Ux-
tes hat er fleüs verwant, indem er eino reihe von anrnf'rknnif'-n ^elir:fr;rt h>Lf , ah' r
er trift nicht immer das riehti^^e. Wir geben zu, da^^ rnanrhe-t r;if>:<ih.irt Idrihf,
weÜ in der han^l^chrift verderbt, aber wir m^iehten doeh, indem wir der auffordr-
nug des heransgei:ier9 na/^hkommen, einige ver^^^sepingen in Vorschlag hrin^fen.
Wir könten unsere bemerknngen na^h gmppen ';rdn:n, ind^rn »ir die stuf m'-trik.
textrerindening and erklänin^f hf-7'iS?:ir^hen zn.Harr:iii^:ri-tt/:l!rr. , ahor w.r hniten *■-, für
besser bei imserm vorhaben der relrienfilrre d-^r verne / j f-A'j/:u. V. :; r,fid t. Kr.m/
sowie das aof- und ni-itlerateiir^n ^ehnnen mir t-^rrrJni teehniri dr* fAn/e4 zü ^'-in.
Aach firiefanz beiientet tanz» ^. «'/rmm* VPr,. h. v. — 0 :^.* am ende z^i levin; »»re-
ten her" , entsprechenii v. 10 : m ii^ h . md • la^ n ieh t on if -: f.* •* f / •* n n ri /e fä h r . * * f a I -
lig. — 15 lies: -sein tun md =»*Ln ganze < 'üratiir. .V, allein d^ri;n i^''-!teJf ', d^rin
V. 15 kamt der reim ,gili.'' — J^i 1. im on.ie ^ hie. jl -r.^r.t u* /^i^/J^r
wol = pa^iit :iaf. vzi- *'>rmm W>.'. j. ,. — -25 I.: ^n.v.-: t'.t* .r. ! ;*^r.I / rh.-t^:
herm, manrf)nen md ,'Timrfra:et:.- — if? 1. r'.. . — 1.-. t. i^ -.. .>i f--:.- r..*. n w IIti
Tud 'JnMen jt» .»in tos. — 4/5 I. irr ■•''■^ -it. i^r. •r-i'. — t.> 7-'*'::.* — '.I ;V:/^-
W — »iT weit- ind a;:eh ^•»ivü.x-; — 'i-: .-.:■:!-■: ^.»a?. — 7j - :* ^-rr.j.-.l
75 bedeatet: ohne ■iir'ta jr-^nzen -iizi-^r-^.aiT: . SiiiTi.i.n r; m:-:: — "•'- ' A"=v
?5 ^Denn Phiiomeu iAan ili.r: ii.* o:r.rTi . L :. ':• :*:»:•! t .is.^-. • — -7 — ■» -'-
halten eine ^inerklir*e hLirorl-üiir j-.-pirl i.ir — -o ■.-..-'. .-.:- :d, Mr: .ü * — '- • ". -"
it. dem — l-.»l -ii»! <l:a"-Ti .'•jr-ir — I /j -v-r -.kj — i :' i:i: j.*.-" ■". i-:.-i-r t: i-
•üe isammt' ind iri.L-Rid«:iiei* — , f, L-; iZ'"':-'=- — .i :a::i:i-':- m"- :■■::- ■*■
»iiCBenmacht^r — ll.i -r.it :3 ill i^nrf: ii.rj.,iz — '.'.z riiAin 1> 1 'r
axia — 121 ■:jjmyai;fia - . -'sizI'-'l. .\Xsr vz-'. ü. - tr'i ".liL — '.J. :v^-.-'. -
^osA .?^ imi *in** i- Llrt *r::n:r — ' -i "■- ...^ - i-. =.-,. . . ,,: '. ^^-.i-.- ~
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fliÄttt — 137 ^-ipan*: wa -r.:::- .- ^ .. , ^.. .., ,- - _ - ■^' - : ▼ *- --«r :
"in-i TaiiJ>t — InO ^1.^ :.^r .-r fr- -isiiT..-. _.. .- .^ ,..*, . ■-. ■ ■• — '.'■'■ ■
■i»^trt -Jbr aerZi'iien lad "v-jr»^'.': !i < • r v • ■»>:••:; —.t , . • : — '. *^'
'"^ iisT : sTamt — :7.'j 3... ■.:-.< - *". v. x.. , - ■ ^,j -c "" —
IJi^ ■»»•nraanten = lehrL^^-»' ;>• -. .. , .^.., ., ,. ... ^. , — < :.■ = - vt .
ioÜA i«eMni*n a^.-a ?fr-..:, .. , .,. . ^.., . v^. . .-. >■ -
^wi^rw» P denü — >: i..^,. ^,, ^ .. .. .. ^ . ■ --i e '-J
504 HOLSTEIN, ÜBSB HANDWERK BB8PIBL SD. JONAS
und den lohn — 199 an leib nnd gemüt — der grobe halnnke steckt noch im
goblüt — 204 dem horren herführen — 206 behann — 207 die äst — 209 o. 810
und uns deponieren, so können wir künftig als recht und vernünftig gesellen pas-
sieren — 212 so lang als wir leiben '— 213 soll euer rühm bleiben — 215 Ton
golde bereiten — 216 dass wir es volführen, die stuhle beschreiten — 217 so
schmerzlich sehnlich flehet — 218 so heftig bei ihr blähet — 222 ihr lang geehr-
tes Volk und schwärmende Vaganten — 224 und dero compagnie jetzond vor angen
geht — 228 und kämet nimmermehr zur rochton jugendbahn — 2S0 woher das
deponiem — 231 so soll euch widerfahm — 237 den grossen Alexander — 245 o.
247 bezieht Perlbach die werte Aponi und Basilius auf den athenischen ArdMo
oponymos und den Basileus; ich möchte für Aponi lieber „dem ApoUini^ losen — 24680
wurd es zu Athen — 267 u. 268 sind zu einem verse zu vereinigen: ^Das Sprich-
wort bleibet wahr: verstand komt nicht vor (st. von) jähren^ — 279 nun habe idi —
284 erholen sich an meim geschlecht — 285 ich aber steh hier mit dem bell —
297 nimt mich in acht <= sorgt für mich — 302 dem vierten mangelts überall —
306 wo doch der lezte sei hinkommen — 307 so viel ich mir vor wenig tagen —
313 vergilt — 314 vor ein meister schilt — 316 als war ich bestellet — 325 gleich
wenn die arbeit ist volführt (vgl. 323 gebührt) — 328 denn arbeiten ist mein
begehr — 332 und zeig^ mir euren groben söhn — 339 Pressbuig — 340 Angs*.
Philipps-, Strass- und Regensburg — 341 in Böhmen, Sachsen, Meissnerland —
345 geziert? (st. gerühmt) vgl. 346 aufgeführt — 358 doch hats der meister nicht
benant — 363 dn wirst mich mit verschonen — 380 ihr seid toll — 387 das lass
ich mir nicht sein entgegen — 397 geld ist die losung — 399 bezahlen, ja dis
ist mein freund — 405 und führt ein häufen lose wort — 406 hacket — 408 eia
zunftgesessner mann — 411 viel weng^er — 430 gelach =^ gelage — 432 solch spiel
hat keinem noch geglückt — 458 wie ein querle — 461 wärs aber zum gemenge
kommen — 465 solte bei vogel nicht an crepitus zu denken sein? — 466 ihr wisst
wann er entflogen ist — 474 ach meister, ach wie hungert mich — 480 weil ich
solch hungr und durst muss leiden — 484 halt gute wacht (: acht v. 482) — 4Sb
es ist verletzlich — 488 butzen, putzen s. Grinmi Wh. 2, 593, 7 — 493 und
schreitet drüber — 506 auf den — 518 das meiste brot zuführet — 522 dem
kanns nicht übel gehen — 527 ranth richtig = räude — 531 den ancb —
547 warum ihr Kickerling, s. Grimm Wb. 5, 662 — 549 an den ich vorg«-
dacht — 552 hier liegt die edle kunst begraben — 555 warum liegt jetiud
denn die ganze weit nicht krank? — 560 ein Zahnarzt, oculist, landstörzer ond
bruchschneider — 567 denn eh man sichs versieht — 572 der herr Mercurio«*
Emplastmm, Melelote — 575 der mich zu hilfe rufet, wo man mit not behalt —
576 und Cataplasma machen — 577 Yesicadoria und pillen mancher art —
580 du weisser entia, du hochbelobtes mittel — 583 gar nächst vor kurzer seit —
584 bisamknopf = bisam pillen — 589 auch die ihr härte tragt, fünfviertel eUes
lang — 591 = bliebe ich länger bei euch, so würde ich euch zur stunden aoch
fast von quäl und bang helfen; der schluss lautet: von quäl und bang (: eU«B
lang v. 589) — 592 krankert ist eine veraltete fluchformel, s. Grinmi Wb. 5, 2040 —
594 bei ihn'n — 601 dergleichen pack — 602 an der schelle (: zu boden nillo v. 604) —
607 und kömre — 608 warmer bruder ist der ausdruck für einen päderasten — 614
kunstnärsches — 623 hülse und kern bezeichnen wertlose schale und gewinn — 60
wohnt — 636 schliff — 637 so hatt — 641 nach der ture (tour?) « einen nach
dem andern — in dor bühnenweisung zu 642 mociriren «» mokieren — 642 seht
doch — 645 bringt — 648 warum wird denn dann halbiert — 656 nnd sehe ww
8ACHBBGI8TKB
505
hier wird gemisst = vermisst — 660 der horro — 669 zähnchen — der mit v. 680
beginnende auftritt bildet eine nnmotivierte episode — 682 gelernt — 688 nnd bin
in ihrer schal — 728 ein fünfjährig hnt =» ein fünf jähr alter, schäbiger hat —
730 kammeratig, bei Grimm 5, 98 kameradlich — 735 bekomm — 780 Pankratius
und Pamphilius sind volkstümliche namen von karten — 786 die rede von Yielfröh-
lich fehlt; wie vordacht «a vorher geplant; denn erwähnt ist vorher nichts — 789
nun könnet — 799 zuerst sollt ihr vor allen dingen — 802 gern singen — 804 ver-
messentlich nicht schwöm noch fluchen — 818 umschauen erinnert an einen hand-
werksbrauch, s. ▼. 820 — 819 denn — 839 befleissigt euch — 842 wenn ihr das
habt, zieht solches an — 851 zum trutzen — 860 wenig genütz und grossen
stank — 861 pfuschor sind leute, die nichts ordentliches verstehen — die erklä-
mng zu 874 passt nicht in den Zusammenhang — 895 das leid von mir, von kei-
nem mehr — 896 denn schmach bringt dir sonst schlechte ehr — 907 unsrer kunst
ehr und 'gab — 912 der feiern will allzeit — 915 heut bin ich — 920 so bin ich
ja derselbe mann — 922 ihr herm ~ 926 lacht auch, erzeigt euch wolgomut —
927 so klingt es noch einmal so gut — 945 dein geist sei dreimal hoch erhoben
und gepriesen — 951 ist unsrer andrer rühm — 953 wir singen und springen und
freuen uns hier — 954 unser andre — 961 merkt es.
Vielleicht tragen unsere vorschlage dazu bei, herm Jonas zu einer zweiton
ausgäbe seines Spieles zu veranlassen.
wniHSLMSHAViar.
HUOO HOLSTEIN.
L SACHREGISTER
Alceste , deutsches Puppenspiel, s. dieses.
Alexandersage s. Ekkohard.
altfranzösisch: prosaroman v. Tristan
n. Isolde, algemeines 81 — 83. Verfas-
ser Lucc du Gast 84. enthält lyrische
stücke, lais 84 fg. fortsetzer des Luce :
Helis de Borron 84 fg. klassifiderung
der handschriften 85 fgg. Verhältnis
des Tristan Christians v. Troyes zu dem
des Luce du Gast 87. doppelte boar-
beitung des lezteren durcn Uclis de
Borron 87 — 92. Verhältnis der ersten
redaction zu ihrer vorläge 92 fg. —
die zweite bearbeitung kann nicht von
Helis herrühren 94 fg. sein 2. werk
ist der Palamedes 95. — provon9ali8cho
bearbeitung der historie von dor schö-
nen Magelone s. dieses. — Troubadours
in der metrik Vorbilder dor minnesin-
gii 334—38. — einfluss derselben auf
antes göttliche comoedie 370 fg.
althochdeutsch: Übereinstimmung dor
spräche in Notkers Boethius, Oapolla
u. Aristoteles: verbum 347 — 57. nomen
357 — 69.
altnordisch: corpus poeticum borealo,
Inhaltsangabe 95 — 105. textkritische
behandlung 105 — 111; höhere kritik:
die Helgetrilogie und der angebliche
Helgidichter 112 — 119. d. angebliche
Verfasser der Lokasenna, Skirnismäl,
dos Harbardsliodes 119 fgg. d. sogen,
balladondichtor 121. cluronologie der
Eddalieder 121 fg. Stellung der nor-
dischen sagas zu d. germanischen hel-
donsago 122. metrisches 122 fg. stro-
Ithlschü glioderung u. langzeile in den
öchhillodorn 124—27.
Aurolio Anroli: seine Antigona delusa
(l*AlcüHto in Deutschland nachgeahmt
258.
Bambi^rgcr handschrift der Historia de
prolÜH u. Euistola Alexandri ad Arist.
schon seit begründung der bibliothek
in Bamberg 385 fg. ausgäbe v. Land-
graf 493. — quelle für Ekkehards ex-
cerptum s. diesen.
BortesiuH, Job., sein drama Regulus nach-
ahmung des Matth. Scharschmid 428 fg.
vgl. drama.
bibolübersotzung Luthers: gutachten über
die Hallesche probebibel 376 — 80.
Blum, Michael, buchdrucker in Leipzig
103.
506 SACHREGISTER
Borron, Hclis de, fortsetzer des altfran- Gast, Lnce du, Verfasser des ältesten
zösischcn Tristan s. altfranzösisch. französischen prosaromans s. altfranx.
briof Wechsel Weigands 375 fg. Gigas* empfehlung des draraas ton der
(^alauiinus, Georg, seino latein. bearbei- schönen Magelone 193 fg.
tnng dos dramas Ilcli u. seine söhne 423. grammatik s. mittel- a. althochdeatBcb.
Christians v. Troyes Tristan s. altfran/ö- Handwerkerspiel 502.
sisch. Hartmann v. Aue s. mittelhochdoutsch.
corpus pooticiim boreale s. altnordisch. Helgetrilogie s. altnord.
Dante, becinflusst von den Troubadours Uistoria de preliis quelle für Ekkehsrd^
370 fg. cxcerptnm de vita Alexandri 385%.
<1ialckto: graphische darstellnng der dia- vgl. Bamberger hs. und Ekkchanl.
lektischen vcrschicdcnhcitfjn durch einen Jeroschin , brachstück 490.
Sprachatlas 371 — 74. Iffland u. seine schrifton usw. Dicht von
drania: dramatische bearbcitung der hi- Denneckcr sondern v. Duncker 128.
storie von der scliönen Magelone siehe Heu, Wolfgang, s. Luzorner dorfspiele.
dieses. — volksdrama des 17. und 18. indogermanisch: principien in der
Jahrhunderts s. Puppenspiele. — dr a m a ontwickolung der wortbildungselemcnte
des 16. Jahrhunderts: Heli und 374 fg,
seine zwei söhne von einem unbekan- infinitiv s. mittolhochdentsch.
ten Verfasser 40G— 12. bearbeitet von Körners verschlag einer änderung im Wal-
Hans Sachs 412 — 17. von Job. Laut- Icnstein Schillers 54 fg.
terbach 417 — 21. dessen Verhältnis zu körner als kunstausdrnck der meistersin-
dem anonymus 421 — 23. lat. bearbei- ger 57 anm. 1. — nachweis der k. in
tung durch Georg Calaminus 423. — der mittelhochdeutschen lyrik s. metrik.
Mattliaeus Scharschmids dramen: von laig^ lyrische stücke im altfranz. Tristan
des köuigschen söhn, der krank lag g, altfranz.
usw. 424—28. nachgeahmt in Job. Lautterba^hs, Job., drama: Heli 417— 21
Bertesius Regulus 428 fg. ; von den Verhältnis zu dem anonymen drama Heb
7 Martjrern u. jrer Mutter 429—35. u. seine 2 söhne 421 — 23. vgl. drami.
von einem Bepstischen Pfaflfen usw., Luthers bibelübersetzung : gutachten über
entnommen dorn nachtbüchlein des Va- ^lie Halleschc probebibel 376 — 80.
lentin Schumann, bisher unbekant 435 Luzemer dorfspiele s. drama.
fg. — des Thomas Naogeorgus Hama- xr 1 ^ 1 1«*^»;* ,.^« .1.». «^i,x»«» ir .
««„ ,i««fo«K ^^« T/^^» ni,*,.f«»o A^äii Magelone: histone von der schonen M.:
nus ueutscn von Jon. Cnryseus 436 — Tx , ..„^ « „^„ v«:* 'n7'»*k.,v^ir ««^ j««.
443. abhänRig von Paul Lbhun 437. '}^''^~'tf^ll^J,il'^^^^Zit^Z
442. - Damian Lindtnere : Esther und t'^T^it^^ ""„1 R.^^rH ^.'^^^
Haman 443-47. - Luzcrncr dorf- J^l^e «rca eSr^be^Ä
spiele: karsam^tagsprocession , nie- ^^SnmärnaÄhli m f^Vett
dcrgcsclmeben durch pfarrAJfonK ßa- ^^b^^^ Dbersetzimg und S^alatlM
b« 4»9 %g- ; fastnachtsspiel (he.I ko- j^^^j ^„ ^ ^^^ , j^^^,,
niodic, Tyrolerspiol) vom pfarr. Schuh- iaR_9i Warbocks lobensiFeBchichte
niacher in Rotenburg 461-67; char- }„, q, V" .* wa^^™!! . i
freiUgsspiel des Wolfgang Ilen 467 - »^ " ^LnSt Si Ä bÄ V
470; die vom stärbonden weit heiland *^ "i" i.,^,„ TI^k Lr pi.«. ^«a fe
besigte Hölly 470 fg. S. Cafauina Jung- \2^'^Z Sts m -'^ TJt
EddS: t altnordisch. f «» ''S^^'''± t Ä' fl'" "^
-.^1111 A i ji 'L hma 205 fg. als drama JOo fg. bear-
Lkk ehards v. Aura excerptum de vnta ^ j^ ^ Sebastian Wild 207- 10.
Alexandn ist eine direkte bearbcitung ^^^ » b ^ »^
des Bamb. tixtes der Historia de prel. meistersinger (kömer) 57 anm.
und der Epistula Alexandri 385—88. metrik: altnordische s. dieses. - mit-
400 fg. hat keine von den übrigen telhochdeutsche: kömer 57 fgg. nach-
handschriften benuzt 388— 96. ari; der weis derselben bei den niinnesingenj
compositiou 101 fgg. kür/ungcn, ab- 57-80. 210-49. 329— 34 diedich-
weichungeu 404 fg. ^^^f> ^^^^ Troubadours Vorbild m die-
Epistuia Alexandri ad Aristotelcm s. Ek- »er bezichung 3^4 — 38.
kehard. minnesinger , techmk 58. köraer 57 fg.
fastnachtsspiele s. Luzemer dorfspiele. mittelhochdeutsche metrik s. dieses
formenlehre Notkers im Aristoteles s. u. körner. — mittclh. syntax: infi-
althochdeutsch. nitiv nach wellen u. den verb. prat*t«-
VBRSBICHNIS DEB B88PB0CHENEN 8TBLLEN
507
ritopraesentia in den epen Hartmanns
von Aue 1—54. 144—85. 301 — 20.
wellen mit finalem Inf. 4 — 13. mit
inf. der richtung 13 — 17. f entwick-
lang der bedentnng des inf. 17 fg.
27 fg.) wellen mit appositivem inf.
17—27. umsehreibt das fut 19 fg.
den conjunctiv 20 — 25. bezeichnet die
handlung als dem Interesse des subj.
nahestehend 25 — 27. — verba praete-
ritopraesentia: mugen bedeutung, con-
struction 28 — 54. bedeutet: eine mög-
lichkeit haben 29 — 46. anlass, grund,
gelegenheit haben 47 — 54. kunnen
144—47. solnl47 — 68. mit inf. der
richtung 148 — 56. fälle, in denen die
bloss umschreibende function unent-
schieden 156 — 60. mit appositivem inf.
160 — 68. müezen in der bedeutung
eines verbums des geschehens 169 — 73.
bedeutet einen zwang oder eine notwen-
digkeit 173—82. dürfen 182 fg. tur-
ren 183 fg. tugen 184. wizzen 184 fg.
praefix ge- beim inf. 301 — 20.
Naogeorgus* beiname u. geburtsort 485. —
Haman deutsch bearbeitet von Job.
Chrysous 436—43. vgl. drama.
Nasusy Selbstbiographie 488.
Noikers Boethius, Capeila. Aristoteles
stimmen in der spräche überein 342 —
347. vgl. ahd.
Palamedes des Helis de Boron s. altfranz.
Petrarcas bearbeitung der historio von der
schönen Magelone 187.
probebibel: gutachten über die Hallesche
pr. 376—81.
provenzalisch s. altfranz. u. Troubadours.
puppenkomödien s. Puppenspiele.
pappenspiele: Don Juan enthält eine nach-
bildung von : Viel Lärm um nichts 257.
Alceste, Zusammenhang mit der Anti-
gona delusa d' Alceste dos Aurelio Aureli
258. zeit der abfassuug 258 fg. an-
klänge an andere Puppenspiele 259.
Raber, Alfons s. Luzerner dorfspiele.
roman : altfranzösischer prosaroman s. alt-
franz.
Sähen, kloster, sagen vom s. Tyroler
sagen.
Sachs, Hans: bcarbeitungen der historic
von der schönen Magelone 205 — 207.
drama : der priestor Eli mit seinen un-
geratenen söhnen 412—17.
sagen, Tyroler s. dieses.
Scharschmids , Matthaeus, dramen: von
des königschen söhn, der krauck lag
usw. 424 — 28. nachgeahmt von Joh.
Bertesius im Regulus 428 fg. von den
7 Märtyrern usw. 429—35. bisher un-
bekantes: von einem Bepstischeri Pfaf-
fen usw. entnommen Schumanns nacht-
büchlein 435 fg.
Schiller, Wallensteins tod: gründe der
Streichung des Buttlerschen monologs
IV, 8 54 fg. die Braut von Messina
abhängig von Wielands Alceste 254 —
256. bibliographie d. dramen 498.
Schuhmacher, pfarrer s. Luzemer dorf-
spiele.
Schumanns, Valentin, nachtbüchlcin s.
Magelone und Scharschmid.
Spalatins sendbrief zu Veit Warbecks
Magelone s. diese.
Sprachvergleichung s. indogermanisch.
Stolberg: gedichte der brüder St.: colla-
tion der manuscripte mit dem druck
im Göttinger Musenalmanach 479 fg.
ungedruckte gedichte 481 — 84.
Treviez , Bemard de, provenzalische bear-
beitung der historie von der schönen
Magelone 187.
Tristan u. Isolde, altfranzösischer prosa-
roman 8. altfranz.
Troubadours in der metrik Vorbilder der
minnesinger 334 — 38. ihr einfluss auf
Dantes göttliche comoedie 370 fg.
Tyroler sagen (kloster Sähen) 321—28.
Volksbücher, deutsche, s. Magelone.
Warbeck, Veit, bearbeitet die französische
Magelone 186-210 s. dieses.
Weigands briefwechsel 375 fg.
Wielands Alceste Vorbild für Schillers
Braut von Messina 254 — 56.
Wilds, Seb., drama von der schönen Ma-
gelone 207—10.
wortbildungslehre: über principien in der
entwicklung der wortbildungselemente
374 fg.
II. VERZEICHNIS DER BESPROCHENEN STELLEN.
Tacitus, Germania
c. XIU, XIV 8. 131—43.
Snorra Edda 1 250, 4* s. 110.
Helr. Bryuh. 6»-* s. 110 fg.
Atlm. 65« s. 111.
Völuspa 23^-« s. 111.
Wolfram v. Eschenbach, Parzival 89, 9.
8. 487. — stellen register s. 458.
508
WO&fBaOl8TBB
m. WORTREGISTER.
Latelnlselu
aggr^ari s. 134.
dignatio s. 130—32. s. 141
ig.
I;
probatos s. 135 fg.
rabor s. 137.
Mittelhoehdentselu
bedentnng n. construction
von darfen, kannen, müe-
zen, mugcn, solo, tugen,
tnrren , wellen , wizzen,
8. Wortregister anter mit-
telhochdeutsch.
lausche s. 447—58.
Alemmimiseli«
absluk s. 476 anm. 7.
b'schneideselkopf s. 475
anm. 11.
berzä s. 464 anm. 6.
blos 8. 474 anm. 2.
buger 8. 462 anm. 2.
bnggel 8. 475 anm. 17.
chätschen s. 476 anm. 4.
cho 8. 475 anm. 6.
chand s. 474 anm. 7.
cobido 8. 478 anm. 4.
dfirbyra s. 463 anm. 2.
fusterli s. 466 anm. 4.
ginen s. 471 anm. 1.
giritse s. 473 anm« 6.
glaub 8. 474 anm. 8.
greie a. 475 anm. 1.
grüslich 8. 475 anm. 15.
ha^el 8. 475 anm. 7.
hei 8. 475 anm. 16.
hofgeiss 8. 464 anm. 4.
Joggel 8. 474 anm. 3.
kärdlen s. 473 anm. 3.
keisere 8. 465 anm. 5.
kläpf dih 8. 465 anm. 2.
kleiderigs s. 475 anm. 9.
kratto 8. 475 anm. 12.
lätfeigen s. 469 anm. 1.
latschen s. 476 anm. 3.
Lisi Popert 8. 464 anm. 8.
löthig 8. 474 anm. 5.
mensch s. 474 anm. 4.
Michel Weggfisser s. 462
anm. 3.
mfisestiel s. 476 anm. 6.
Nydle s. 464 anm. 7.
Pratiff 8. 462 anm. 1.
pntsch 8. 465 anm. 3.
r&uggcle 8. 475 anm. 14.
rauperey s. 462 anm. 4.
refc 8. 476 anm. 1.
reh 8. 465 anm. 6.
riesterment s. 464 anm. 1.
runtzifahl s. 466 anm. 1.
saldaten s. 472 anm. 2.
saloba s. 465 anm. 4.
schleiken 8. 463 anm. 3.
sehlottermilch 8.466 anm. 3.
speller b. 474 anm. 6.
strohl 8. 468 annL 5.
tägd 8. 464 anm. 3.
tatach 6. 468 anm. 4.
thöl 8. 478 anm. 1.
übercho 8 475 «nsL 10.
nse 8. 474 anm. 9.
wageaohopf 8. 476 anm. 2.
wends 8. 473 anm. 3.
wette 8. 475 anuL 5.
wiben 8. 475 anm. 8.
Wittligen s. 474 anra. 1.
wohlh&ngstä s. 463 anm. 1.
zapf dib 8. 465 anm. 2.
zürilakfiechige 8. 463 anm. 5.
Neulioehdevtaek*
baselmann 8. 492.
beigeschirer usw. 8. 492.
dachet s. 492.
hampelmann s. 493.
judenspiesa 8.491.
i'anker 8. 493.
:nocken s. 492.
Lorenz, kmmmer 8. 491.
momper s. 492.
passen s. 492.
schalaundecke s. 492.
siemann s. 492.
vippem s. 49@.
Halle a. 8., Boohdmckenl des Vaiaenhaows.
I n- h. a 1 t /
Ekkoliants „püporjilum ilo vita Akxanilri maK"i" ""'l ilii- llixtHrin
i\p jireliis. Von j\(l. Aa»f«I<I
Kidien. Vnii K. Lucne
Dnimtni Dnd (tramniikcr des sechszohntm jnbrliundcrtx. l. lins driunit
von Heli luiil seinun HÜhnün. 3. MattliüuK ScbnsrHclmid.
3, ICsther. Von Hugo UolEtein ... 401
IkT begriff der kttuehe bei Wolfram vun Eichünbacb. Voo K. Kinzol 447
Zn den huzerner dorfspiolca. Von Uenward Brandsiottcr . .
Zu riiriatian und Friedrich Leopold ton Stolbergs Jiigcndge<ü«li(i9L
Von Carl SohUddekopf 4^
Zu TlKimaa Naograrg» ({diunsorl. Von Hurq UoUlein . .
Zii pgmvftl 2Jl.'J. Von J. Zlngerle
S(>Ib«tbiogrii|>liic l^t^s Johannes Nosus- Von .1. ZJn([«trle , ,
Fipjliof^cr hrucliKtliek von .lcn>^chiiis ■'bronik. Vcm Raelii'l .
Mi)
nd Litteratur.
Lwikographtsdic naclitrOBe tm Bd. XVI. XVII. Von A. Birlingcr
Naclitrag zn 18,:i80 (viu bncf Lachmanns)
Bio lita Aloiandri magni dv» arohiprc-sbyien Leu tiomasg. von (>. Lu^j
giaT; nngc2. von Ad Ausfold- 493. — Ang. IIi!ttl(<r, ScIitUdH
dramen. Eini^ liihliogrnplilt^; angi'n. von 0. KiMtuor. 49S.
dcalschca bandMvrkt'i?)iiH, licrauxg. von Iticb. Jonas; nngre. -
Hugo Holstein. bO'2.