Skip to main content

Full text of "Zeitschrift für deutsche Philologie"

See other formats


Google 


This  is  a  digital  copy  of  a  book  that  was  prcscrvod  for  gcncrations  on  library  shclvcs  bcforc  it  was  carcfully  scannod  by  Google  as  pari  of  a  projcct 

to  make  the  world's  books  discoverablc  online. 

It  has  survived  long  enough  for  the  Copyright  to  expire  and  the  book  to  enter  the  public  domain.  A  public  domain  book  is  one  that  was  never  subject 

to  Copyright  or  whose  legal  Copyright  term  has  expired.  Whether  a  book  is  in  the  public  domain  may  vary  country  to  country.  Public  domain  books 

are  our  gateways  to  the  past,  representing  a  wealth  of  history,  cultuie  and  knowledge  that's  often  difficult  to  discover. 

Marks,  notations  and  other  maiginalia  present  in  the  original  volume  will  appear  in  this  flle  -  a  reminder  of  this  book's  long  journcy  from  the 

publisher  to  a  library  and  finally  to  you. 

Usage  guidelines 

Google  is  proud  to  partner  with  libraries  to  digitize  public  domain  materials  and  make  them  widely  accessible.  Public  domain  books  belong  to  the 
public  and  we  are  merely  their  custodians.  Nevertheless,  this  work  is  expensive,  so  in  order  to  keep  providing  this  resource,  we  have  taken  Steps  to 
prcvcnt  abuse  by  commercial  parties,  including  placing  lechnical  restrictions  on  automated  querying. 
We  also  ask  that  you: 

+  Make  non-commercial  use  ofthefiles  We  designed  Google  Book  Search  for  use  by  individuals,  and  we  request  that  you  use  these  files  for 
personal,  non-commercial  purposes. 

+  Refrain  fivm  automated  querying  Do  not  send  automated  queries  of  any  sort  to  Google's  System:  If  you  are  conducting  research  on  machinc 
translation,  optical  character  recognition  or  other  areas  where  access  to  a  laige  amount  of  text  is  helpful,  please  contact  us.  We  encouragc  the 
use  of  public  domain  materials  for  these  purposes  and  may  be  able  to  help. 

+  Maintain  attributionTht  GoogXt  "watermark"  you  see  on  each  flle  is essential  for  informingpcoplcabout  this  projcct  and  hclping  them  lind 
additional  materials  through  Google  Book  Search.  Please  do  not  remove  it. 

+  Keep  it  legal  Whatever  your  use,  remember  that  you  are  lesponsible  for  ensuring  that  what  you  are  doing  is  legal.  Do  not  assume  that  just 
because  we  believe  a  book  is  in  the  public  domain  for  users  in  the  United  States,  that  the  work  is  also  in  the  public  domain  for  users  in  other 
countries.  Whether  a  book  is  still  in  Copyright  varies  from  country  to  country,  and  we  can'l  offer  guidance  on  whether  any  speciflc  use  of 
any  speciflc  book  is  allowed.  Please  do  not  assume  that  a  book's  appearance  in  Google  Book  Search  mcans  it  can  bc  used  in  any  manner 
anywhere  in  the  world.  Copyright  infringement  liabili^  can  be  quite  severe. 

Äbout  Google  Book  Search 

Google's  mission  is  to  organizc  the  world's  Information  and  to  make  it  univcrsally  accessible  and  uscful.   Google  Book  Search  hclps  rcadcrs 
discover  the  world's  books  while  hclping  authors  and  publishers  rcach  ncw  audicnccs.  You  can  search  through  the  füll  icxi  of  ihis  book  on  the  web 

at|http: //books.  google  .com/l 


Google 


IJber  dieses  Buch 

Dies  ist  ein  digitales  Exemplar  eines  Buches,  das  seit  Generationen  in  den  Realen  der  Bibliotheken  aufbewahrt  wurde,  bevor  es  von  Google  im 
Rahmen  eines  Projekts,  mit  dem  die  Bücher  dieser  Welt  online  verfugbar  gemacht  werden  sollen,  sorgfältig  gescannt  wurde. 
Das  Buch  hat  das  Uiheberrecht  überdauert  und  kann  nun  öffentlich  zugänglich  gemacht  werden.  Ein  öffentlich  zugängliches  Buch  ist  ein  Buch, 
das  niemals  Urheberrechten  unterlag  oder  bei  dem  die  Schutzfrist  des  Urheberrechts  abgelaufen  ist.  Ob  ein  Buch  öffentlich  zugänglich  ist,  kann 
von  Land  zu  Land  unterschiedlich  sein.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  sind  unser  Tor  zur  Vergangenheit  und  stellen  ein  geschichtliches,  kulturelles 
und  wissenschaftliches  Vermögen  dar,  das  häufig  nur  schwierig  zu  entdecken  ist. 

Gebrauchsspuren,  Anmerkungen  und  andere  Randbemerkungen,  die  im  Originalband  enthalten  sind,  finden  sich  auch  in  dieser  Datei  -  eine  Erin- 
nerung an  die  lange  Reise,  die  das  Buch  vom  Verleger  zu  einer  Bibliothek  und  weiter  zu  Ihnen  hinter  sich  gebracht  hat. 

Nu  tzungsrichtlinien 

Google  ist  stolz,  mit  Bibliotheken  in  Partnerschaft  lieber  Zusammenarbeit  öffentlich  zugängliches  Material  zu  digitalisieren  und  einer  breiten  Masse 
zugänglich  zu  machen.     Öffentlich  zugängliche  Bücher  gehören  der  Öffentlichkeit,  und  wir  sind  nur  ihre  Hüter.     Nie htsdesto trotz  ist  diese 
Arbeit  kostspielig.  Um  diese  Ressource  weiterhin  zur  Verfügung  stellen  zu  können,  haben  wir  Schritte  unternommen,  um  den  Missbrauch  durch 
kommerzielle  Parteien  zu  veihindem.  Dazu  gehören  technische  Einschränkungen  für  automatisierte  Abfragen. 
Wir  bitten  Sie  um  Einhaltung  folgender  Richtlinien: 

+  Nutzung  der  Dateien  zu  nichtkommerziellen  Zwecken  Wir  haben  Google  Buchsuche  Tür  Endanwender  konzipiert  und  möchten,  dass  Sie  diese 
Dateien  nur  für  persönliche,  nichtkommerzielle  Zwecke  verwenden. 

+  Keine  automatisierten  Abfragen  Senden  Sie  keine  automatisierten  Abfragen  irgendwelcher  Art  an  das  Google-System.  Wenn  Sie  Recherchen 
über  maschinelle  Übersetzung,  optische  Zeichenerkennung  oder  andere  Bereiche  durchführen,  in  denen  der  Zugang  zu  Text  in  großen  Mengen 
nützlich  ist,  wenden  Sie  sich  bitte  an  uns.  Wir  fördern  die  Nutzung  des  öffentlich  zugänglichen  Materials  fürdieseZwecke  und  können  Ihnen 
unter  Umständen  helfen. 

+  Beibehaltung  von  Google-MarkenelementenDas  "Wasserzeichen"  von  Google,  das  Sie  in  jeder  Datei  finden,  ist  wichtig  zur  Information  über 
dieses  Projekt  und  hilft  den  Anwendern  weiteres  Material  über  Google  Buchsuche  zu  finden.  Bitte  entfernen  Sie  das  Wasserzeichen  nicht. 

+  Bewegen  Sie  sich  innerhalb  der  Legalität  Unabhängig  von  Ihrem  Verwendungszweck  müssen  Sie  sich  Ihrer  Verantwortung  bewusst  sein, 
sicherzustellen,  dass  Ihre  Nutzung  legal  ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  ein  Buch,  das  nach  unserem  Dafürhalten  für  Nutzer  in  den  USA 
öffentlich  zugänglich  ist,  auch  für  Nutzer  in  anderen  Ländern  öffentlich  zugänglich  ist.  Ob  ein  Buch  noch  dem  Urheberrecht  unterliegt,  ist 
von  Land  zu  Land  verschieden.  Wir  können  keine  Beratung  leisten,  ob  eine  bestimmte  Nutzung  eines  bestimmten  Buches  gesetzlich  zulässig 
ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  das  Erscheinen  eines  Buchs  in  Google  Buchsuche  bedeutet,  dass  es  in  jeder  Form  und  überall  auf  der 
Welt  verwendet  werden  kann.  Eine  Urheberrechtsverletzung  kann  schwerwiegende  Folgen  haben. 

Über  Google  Buchsuche 

Das  Ziel  von  Google  besteht  darin,  die  weltweiten  Informationen  zu  organisieren  und  allgemein  nutzbar  und  zugänglich  zu  machen.  Google 
Buchsuche  hilft  Lesern  dabei,  die  Bücher  dieser  Welt  zu  entdecken,  und  unterstützt  Autoren  und  Verleger  dabei,  neue  Zielgruppcn  zu  erreichen. 
Den  gesamten  Buchtext  können  Sie  im  Internet  unter|http:  //books  .  google  .coiril  durchsuchen. 


ZEITSCHRIFT 


DEUTSCHE  PHILOLOGIE 


HERAÜSUEliEHEN 


Dr.  ernst  HÖPFNER 


Dr.  JULIUS  ZACHER 


ACnrZKflNTKR  BAND 
HEFT  I 


HALLE 

'I.KI.AO     l>KI(    IIICIIIIANOMINCI    riKM    WAIHKSIIAIJ) 

188G 


■ 


9 


ZEITSCHRIFT 


FÜR 


DEUTSCHE  PHILOLOGIE 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


Dr.  ernst  hopfner  und  Dr.  JULIUS  ZACHER 

PROVINZIALSCHULRAT  TS  KOBLENZ  PBOF.   A.   D.   UNIVERSITÄT  ZU  HALLE 


ACHTZEHNTER  BAND 


HALLE, 

VXBIiAO     DKB    BÜCHHASDLDKä    DES    WAISENHAUSES. 

188  6. 


N   .V» 


('^  LU;i-':R.V 


^/^ 


H.  *^  ^  \  07 


1^< 


nr 


INHALT. 


Seite 

I>er  infinitiv  nach  weüen  and  den  verba  praeteritopraesentia  in  den  epen  Hart- 

manns  von  Aue.   Von  dr.  Sylvias  v.  Monsterberg-Münckenan  1. 144.  301 
Der  monolog  der  Elisabet  (M.  St.  lY,  10)  and  ein  aasgefallener  monolog  Butt- 

lers.  Von  Gustav  Eettner .*. 54 

Über  Kömer  and  verwante  erscheinangen  in  der  mittelhochdeutschen  lyrik.   Von 

R  Giske 57.  210.  329 

üntersachungen  über  den  altfranzösischen  prosaroman  von  Tristan  and  Isolde. 

Aus  Brakelmanns  nachlasse.  Von  H.  Suchier 81 

Zn  Tacitas  Germania  cap.  XIII.  XIV.    Von  Gustav  Kettner 129 

Veit  VTarbeck  und  das  drama  von  der  schönen  Magelone.    Von  H.  Holstein    186 

Thümmels  Ceciüa.    Von  A.  Koch 249 

Sn  deutsches  Puppenspiel:  Alceste.    Von  Georg  Ellinger 257 

Zur  Tirolischen  sagenkunde.  I.    Von  J.  Zingerlo    321 

Das  yerbum  und  nomen  in  Notkers  Aristoteles.    Von  J.Kelle  342 

Ekkebards  „excerptum  de  vita  Alexandri  magni*'   und  die  Historia  de  preliis. 

Von  Ad.  Ausfeld 385 

Eichen.    Von  K.  Lucae 405 

Dramen  und  dramatiker  des  sechszehnten  Jahrhunderts.    1.  Das  drama  von  Holi 

und  seinen  zwei  söhnen.     2.  Matthäus  Schaarschmid.     3.   Esther.     Von 

Hugo  Holstein  406 

Der  begriff  der  kiusche  bei  Wolfram  von  Eschonbach.    Von  K.  Kinzel 447 

Zu  den  Luzemer  dor&pielen.    Von  Benward  Brandstetter  459 

Zu  Christian  und  Friedrich  Leopold  von  Stolbergs  Jugendgedichten.    Von  Carl 

Schüddekopf 477 

Zu  Thomas  Naogeorgs  geburtsort.    Von  Hugo  Holstein 485 

Zu  Pandval  29,  9.    Von  J.  Zingerle 487 

Selbstbiographie  des  Johannes  Nasus.    Von  J.  Zingerle  488 

Freiberger  bruchstfick  von  Jeroschins  chronik.    Von  Bachel 490 

Miscellen. 

Ein  dmckfehler  bei  Koberstein  und  Gervinus.    Von  Hugo  Holstein 128 

Zu  Andreas  Gryphius.    Von  Hugo  Holstein  250 

Ein  brief  Lachmanns   380.  493 

Lexikalisches.  Erve,  erven,  unterven  im  altkölnischen.  —  Zur  spräche  der  Ham- 
burger im  vorigen  Jahrhundert  —  Nachtrage  zu  bd,  16.  17.  Von  A.  Bir- 

linger 881.  491 

Bericht  über  die  Verhandlungen  der  deutsch -romanischen  section  der  XXXVHI. 
venamlong  deutscher  philologen  und  schulmänner  in  Giessen.  1885.  Von 
A.  Strack 370 


J-'^  . 


IV  INHALT 

Litteratur. 

Soita 

Corpus  poeticnm  boreale.    By  Gndbrand  Yigfasson  and  F.  York  Powell. 

1.  2;  angez.  von  B.  Sijmons    iK> 

Joh.  Bolte,  ein  Spandaner  weihnachtsspiel;  angez.  von  Hugo  Holstein 251 

Georg  Ellinger,  Alceste  in  der  modernen  litteratur;  angez.  von  G.  Eettner  252 
Jahresbericht  Ober  die  erscheinungen  auf  dem  gebiete  der  germanischen  philo- 

logie,    herausg.  von  der  gesellschaft   ftir   deutache   philologie   in   Berlin. 

Sechster  Jahrgang.  1884;   angez.  von  J.  Zacher   382 

Deutsche  glossen  in  dem  vocabular  Niger  abbas  (Metzer  hs.  293),  von  M.  Flohr; 

angez.  von  G.  Ellinger 383 

Ullsperger,  über  den  modusgebrauch  in  mhd.  relativsätzen.  I.  II ;  angez.  von 

0.  Erdmann 384 

Die  vita  Aleiandri  magni  des  archipresbyters  Leo,   herausg.  von  Landgraf; 

angez.  von  Ad.  Ausfeld 493 

Aug.  Hettler,  Schillers  dramen.  Eine  bibliographie ;  angez.  von  G.  Eettner  498 
Ein  deutsches  handworkerspiel,  herausg.  von  Bieb.  Jonas;  angez.  von  Hugo 

Holstein  502 

Register  von  E.  Matthias 505 


DER   INFINITIV 
NACH    WELLEN  UND   DEN  VERBA  PR^TERITOPRiESENTIA 

IN  DEN  EPEN   HARTMANNS  VON  AUE. 

Die  aofzählong  aller  falle  ist  es  ans  der  sich  gesetzo  so  wohl 
als  ausnahmen  ergeben. 

G.  F.  Benecke,  Wörterbuch  zu  Hartmanns  Iwein,  Vorrede. 

Im  5.  heft  der  von  professor  K.  Weinhold,  meinem  hochver- 
ehrten lehrer,  zu  Breslau  herausgegebenen  germanistischen  abhandlun- 
gen,  „der  infinitiv  in  den  epen  Hartmanns  von  Aue",  habe  ich  widerholt 
auf  die  Wichtigkeit  des  verbum  wdlen  und  derjenigen  mit  verschobenem 
praeteritum  (der  praetoritopraesentia)  für  die  entwicklung  des  infinitivs 
aufmerksam  gemacht  und  eine  eingehndere  darstellung  ihres  Verhaltens 
zu  demselben ,  soweit  es  aus  den  epen  Hartmanns  von  Aue  hervorgeht, 
an  dieser  stelle  angekündigt.  Wie  gerade  nach  ihnen  die  gleichsteUung 
des  infinitivs  mit  den  finiten  formen  in  bezugauf  verbalrection,  tempus- 
und  genusunterscheidung  am  weitesten  vorgeschritten  ist,  ist  ebendaselbst 
gezeigt,  hier  aber  bleibt  der  wichtigste  einfluss  jener  interessanten 
verben  auf  die  entwicklung  des  infinitivs  zu  untersuchen ,  der  auf  seine 
begriffliche  erleichterung. 

Wellen, 

J.  Orimm,  (gram.  IV,  s.  90  ff.),  und  ihm  folgend  0.  Erdmann, 
(Untersuchungen  über  die  syntax  der  spräche  Otfrids,  Halle  1874,  I 
§  332),  und  wegen  seiner  ähnlichkeit  mit  scdL  auch  R.  Steig,  (über  den 
gebrauch  des  infinitivs  im  altniederdeutschen,  im  XVI.  bände  dieser  Zeit- 
schrift s.  323),  behandeln  es  zusammen  mit  den  verbis  praeterito- 
praesentibus.  Erdmann  allerdings  vereint  es  einmal  auch  (§  283)  mit 
den  verben  des  bestrebens ,  nur  A.  Denecke,  (der  gebrauch  des  infinitivs 
bei  den  althochdeutschen  Übersetzern  des  8.  und  9.  Jahrhunderts,  Leipzig 
1880,  s.  14),  trent  es  ganz  von  den  verben  mit  verschobenem  prae- 
teritum. Zwar  hat  nun  weUen  in  seiner  bedeutungsentwicklung 
grosse  ähnlichkeit  mit  lezteren,  aber  weder  hat  es  dieselbe  formale 
bildung,  wenn  auch  eine  ähnliche  (vgl.  E.  Weinhold,  mhd.  gram. 
§  404  —  421*),  noch,  und  hierauf  komt  es  doch  bei  einer  behandlung 

ZBrrSCHRIFT  F.    DEUTPCHB   PHILOLOGIR.      BD.    XVni.  1    " 


2  V.   MONSTE&BSBO 

des  Infinitivs  vom  historischen  Standpunkte  allein  an,  nimt  es  dem  infi- 
nitiv  gegenüber  in  seiner  von  uns  noch  wahrnehmbaren  ältesten  bedeu- 
tung  dieselbe  Stellung  ein  wie  jene.  Die  reihe  seiner  Verbindungen  mit 
dem  Infinitiv  weist  ihn  noch  in  seiner  ältesten,  volsten  gestalt  auf 
und  zieht  von  da  aus  sich  durch  alle  seine  möglichen  abblassungen 
hindurch  bis  zu  der,  welche  nur  den  blossen  wortbegriff  enthält;  die 
der  praeteritopraesentia  begint  mit  derjenigen  bedeutung  des  Infinitivs, 
welche  in  diesem  falle  zwar  (E.  Weinhold,  germanistische  abhandlungen 
heft  5  s.  21)  keine  fortentwicklungerst  aus  dervolsten,  sondern  histo- 
risch betrachtet  ihr  parallel,  abep  doch  um  ein  inhaltliches  moment 
ärmer  ist  als  jene,  welche  der  sich  mit  wellen  verbindende  Infinitiv 
m'sprünglich  hatte. 

Beim  infinitiv  nach  wellen  haben  wir  es  mit  dem  finalen  Infini- 
tiv, bei  allen  praeteritopraesentibus  mit  dem  der  richtung  zu  tun,  in 
dem  nie  der  ethische  anteil  der  person  liegt.  So  stelt  sich  beider  Ver- 
hältnis für  den ,  dem  der  infinitiv  hauptgegenstand  der  betrachtung  ist. 
Grimm,  für  den  Jene  verben  selbst  ein  hohes  interesse  hatten,  wegen 
ihrer  wunderbaren  bedeutungsentwicklung,  Hess  sich  durch  eben  dieses 
interesse  veranlassen,  gründe ,  die  bei  einer  behandlung  dieser  verben 
selbst  für  deren  Vereinigung  sprechen  musten,  auch  bei  der  behandlung 
des  nach  ihnen  stehnden  infinitivs  für  eine  gemeinsame  betrachtung 
gelten  zu  lassen,  was  doch  wol  nicht  ohne  ein  unrecht  gegen  den 
infinitiv  geschehen  kann  (J.  Grimm,  gesch.  d.  d.  spräche,  11.  bd. 
8.  892). 

Abgesehen  aber  von  dem  verschiedenen  ausgangspunkt  —  ein 
fQr  die  beurteilung  der  natur  des  infinitivs  aber  wesentlicher  und  darum 
für  die  behandlung  desselben  allein  massgebender  unterschied  —  ist 
dann  die  weitere  entwicklung  des  infinitivs  sowol  nach  wellen  wie  nach 
den  verben  mit  verschobenem  praeteritum  dieselbe  und  untrenbar  ge- 
bunden an  die  dieser  verben  selbst,  und  seine  Untersuchung  kann  nur 
im  verein  mit  einer  Untersuchung  der  lezteren  erfolgen.  Das  wunder- 
bare aber  an  wellen  (und  den  meisten  der  verba  mit  verschobenem 
praeteritum)  liegt  in  der  unendlichen  geschmeidigkeit;  mit  der  es  die 
einzelnen  in  ihm  enthaltenen  bedeutungsmomente  im  innigen  bunde  mit 
dem  infinitiv  zu  entwickeln  vermag ,  wie  es  durch  almähliche  Verflüch- 
tigung seines  concreteren  kernes  in  der  bedeutung  zum  träger  der  fein- 
sten gedankenunterschiede  geschickt  wird.  Wie  Grimm  in  dem  capitel 
über  die  deutschen  praeteritopraesentia  (1.  c.)  ausführt ,  war  die  bedeu- 
tung aller  dieser  verba  ursprünglich  eine  plastisch  sinnliche ;  für  wellen 
stelt  Grimm  keine  bestimte  auf,  aber  schwerlich  ist  das  abstracto  wol- 
len die  erste.    Dieser  unsem  blicken  hinter  vorhistorischem  dunkel  sich 


nWlUlTlV  MACH  WSLLBN  tJ8W.  3 

entziehende  anstoss   sezte  sich   in    der  fruchtbaren   entwicklung   einer 
reihe  von  ideen   fort,    eine   bewegung,   die  im  mittelalter   noch  nicht 
rar  rohe  gekommen  war,  und  die  nicht  eher  aufhören  zu  sollen  schien, 
als  bis  alle   in   jenen    verben    enthaltenen  begriflichen  momente  nach 
allen  ihren  selten  hin  im  dienste   des   nüanciertesten  sprachlichen  aus- 
druckes,  namentlich  für  die  feinsten  psychologischen  Schattierungen,  ent- 
wickelt worden  wären.    Unerschöpflich  aber  schien  der  reichtum  dieser 
Terba  an  begriflichem  Inhalt,  den  eine  nicht  weniger  bewundernswerte 
feinheit  und   lebhaffcigkeit   des   individuellen  gefühls  unserer  vorfahren 
in  feinf&hliger  aufTassung  und  Unterscheidung  psychologischer  momente 
zu  entfalten  vermochte. 

Die  einzige  über  diesen  so  dankenswerten  stoif  mir  bekant  ge- 
wordene arbeit,  Karl  Lucae,  über  bedeutung  und  gebrauch  der  mittel- 
hochdeutschen verba  auxiliaria  I.  Marburg  1868,  beschäftigt  sich  nur 
mit  einigen  der  uns  angehnden  verben  (kunnen  und  soln)  und  auch 
mit  diesen  nur  eklectisch ,  ohne  einer  entwicklung  nachzuforschen.  Ich 
war  also  genötigt  für  meinen  zweck  ihn  wie  einen  noch  unbearbeiteten 
KU  behandeln.  Nicht  immer  wird  es  mir  dabei  gelungen  sein,  alle  vor- 
handenen nüancierungen  und  Übergänge  richtig  zu  charakterisieren  oder 
auch' nur  zu  bemerken,  und  noch  weniger  die  oft  unmerklich  in  ein- 
ander verschwinmienden  grenzen  gehörig  auseinander  zu  halten  und 
festrastelleu ,  noch  auch  ein  jedes  beispiel  seiner  gruppe  richtig  zuzu- 
weisen. Ich  darf  aber  bemerken,  dass  ich  für  den  vorliegenden  zweck 
auch  nicht  alle  Übergänge  aufzusuchen  hatte,  sondern  nur  die  feststel- 
len muste,  die  auf  die  entwicklung  des  Infinitivs  von  einfluss  waren. 
In  beziehnng  auf  die  anordnung  der  einzelnen  fälle  darf  ich  versichern, 
dass  sie  in  einem  jeden  mit  sorgsamster  berücksichtigung  des  ganzen 
Zusammenhanges  erfolgte,  dem  er  angehört.  Wo  ich  mich  trotz  langen 
Schwankens  zulezt  doch  nicht  für  das  richtige  entschieden  zu  haben 
scheinen  werde,  wird  man  die  gründe  fQr  meine  wähl  wol  immer  dem 
zusammenhange  entnehmen  können,  eine  genaue  angäbe  derselben  war 
wegen  der  häufigkeit  solcher  fälle  nicht  wol  angänglich. 

Nach  todlen  nun  sehen  wir  in  dem  Infinitiv  denjenigen  teil  sei- 
ner entwicklung  vereinigt ,  den  er  überhaupt  als  verbalkategorie  durch- 
laufen hat.  Wir  werden  daher  zunächst  ihn  zwar  in  seinen  manig- 
fachen  Übergängen  soweit  verfolgen ,  als  er  noch  eine  spur  seiner  finalen 
bedeutung  erkennen  lässt  und  er  also  nach  meiner  einteilung  in  E. 
Weinholds  germanistischen  abhandlungen  heft  5  in  den  ersten  teil  ge- 
hört, dann  aber  diese  grenze  überschreiten  (vgl.  das.  s.  21)  und  auch 
demjenigen  seiner  entwicklungsstufen  nachgehn ,  in  denen  er  dem  2.  und 
3.  teile  zuzuweisen  wäre.    Nachdem  nämlich  einmal  der  infinitiv  durch 

1* 


4  '  T.  MON8TEBBEB0 

sehr  häufigen  gebrauch  sich  mit  tcdlen  eng  verbunden  hat,  sondert  er 
sein  Schicksal  von  dem  dieses  verbum  nicht  mehr,  sondern  wo  dies 
den  auch  in  ihm  enthaltenen  begriff  des  ethischen  interesses,  der  sich 
in  dem  des  zielens  und  strebens  äussert,  aufgibt  und  von  der  bedeu- 
tung  wünschen,  fordern  und  der  von  hier  aus  durch  abschwächung 
entstehnden  bedeutungsreihe  in  die  eines  blossen  bereit-  oder  wil- 
ligseins  übergeht,  da  macht  auch  der  infinitiv  diese  Wandlung  mit 
und  enthält  hier  nur  zwei  momente  seines  casus :  wortbegriff  und  rich- 
tung.  Von  hier  ab  ist  die  entwicklung  des  infinitivs  nach  todlen  die- 
selbe wie  nach  den  verben  mit  verschobenem  praeteritum.  Verflüchtigt 
sich  nunmehr  die  bedeutung  von  u;eZ^n  noch  weiter,  so  kann  es  allein- 
stehnd  überhaupt  nicht  mehr  gedacht  werden,  seine  Vereinigung  mit 
dem  infinitiv  wird  eine  Verschmelzung  beider  zu  einem  ausdruck,  in 
dessen  momente  beide  sich  so  teilen,  dass  seine  Wortbedeutung  vom 
infinitiv  geboten  wird,  dessen  einzigen  Inbegriff  sie  von  jezt  ab  nur 
noch  bildet,  die  form  dagegen  bestimt  wird  von  wellen^  so  jedoch, 
dass  der  abstracto  rest  seiner  ursprünglichen  Wortbedeutung  sich  noch 
darin  äussert,  dass  er  die  handlung  des  infinitivs  nicht  einfach  als  wirk- 
lich, sondern  nur  als  Vorstellung  bezeichnet,  wodurch  dieselbe  denn  in 
grammatischer  beziehung  einerseits  temporal  als  futurisch ,  andererseits 
modal  als  conjuuctiv  in  seinen  manigfachen  auwendungen  bestimt  wird. 
Über  im  got.^  bei  Otfrid,  den  ahd.  Übersetzern  und  im  andd.  sich  fin- 
dende bedeutungsnüancen  vgl.  die  Schlussbemerkung  zu  müeeen.  Ich 
eitlere  den  £rec  und  armen  Heinrich  nach  F.  Bech ,  Leipzig  1867,  den 
GrSgÖijus  nach  H.  Paul,  Halle  1873,  und  den  Iwein  nach  E.  Lachmann, 
Berlin  1868. 

L    Wellen  mit  dem  finalen  inflnltlT. 

Wellen  in  finaler  bedeutung  bezeichnet  ein  streben  als  ausfluss 
entweder  eines  gefühls  oder  des  entschlussvermögens  des  Verstandes. 

1.  Es  bezeichnet  ein  streben  als  ausfluss  eines  gefühls. 
Dann  ist  das  gefähl  in  verschiedenen  graden  von  stärke  vorhanden 
und  in  demselben  masse ,  als  es  zurücktritt ,  verliert  auch  der  folgende 
infinitiv  an  finaler  bedeutung. 

A.  Wellen  bezeichnet  in  mancherlei  nüancen  den  be- 
gehr, den  wünsch,  die  forderung.  Ich  stelle  die  ener- 
gischesten beispiele  innerhalb  der  f&lle  eines  jeden  epos  voran; 
hierher  gehören  fast  alle  Verbindungen  von  tcellen  mit  dem 
adverb  gem. 
E.  1051  ich  ml  des  haben  ein  g<ßbe  phant. 
3040  daa  ich  die  rede  wieeen  ml. 


INFINITIV  NACH  WELLEN  USW.  5 

4751  ich  icü  wigzen  dinen  namen. 
7151  der  doch  gerne  toolde  jagen. 

1060  tcan  dag  er  gerne  wolde  daz  getwerc  warnen  mite. 
3728  als  er  doch  gerne  wolde. 
569  dag  ich  mir  ge  mbe  iwer  toJUer  gerne  nemen  toil 
3430  ich  teil  iuch  ge  hnehte  hän. 
3813  ge  swederm  er  mich  wil  hän. 
6271  ge  unbe  wü  ich  iuch  nemen. 

6349  er  wolde  si  ge  mbe  hän.  830.  3085.  4221.  5514.  5961.  6340. 
7015.  7021.  9341. 
Im  bedingenden  Vordersatz. 
4376  wert  iuch,  weit  ir  behalten  den  lip. 
4999  weüe  er  in  gesehen  ^  dag  müeze  also  geschehen. 
5936  anders  dan  du  soldest^  ob  du  gedienen  woldest. 
6495  ir  hestigent  den  lip,  weit  ir  toiggen,  äne  not. 
7177  und  wolde  er  den  hasen  jagen,  der  mohte  vinden  — 
9332  weit  ir  eine  wUe  leben  ^  so  volget  guotem  rate. 
0.    853  dag  wü  ich  wiggen,  crede  mich. 

969  sd  wil  ich  eg  iemmer  hän  vil  gerne  an  mines  Tcmdes  stat. 
1704  ieh  wü  ir  soldencere  sin  (so  Paul  mit  BGH  p  e,  Lachmann 

und  Bech  mit  A  gerne  ir). 
1942  die  dag  wolden  schouwen.     3751. 

Im  bedingenden  Vordersatz. 
2352  ob  ir  iemmer   mine  vrouwen  lebende  weit  beschouwen,   so 
geseht  si  vil  dräte. 
a.E  1511  so  wü  ich  si  ge  wibe  hän. 

564  6  ich  in  sihe  verderben,  ich  wü  e  vür  in  sterben.  844.  1226. 
Iw.    All  vü  gerne  wold  ich  von  dan. 

1436  so  wolt  ich  harte  gerne  sehen  ir  gebcerde. 
3889  dag  er  dag  gerne  wolde  jagen. 
2598  ir  woUet  niuwan  gerne  sehn,   welch  vaUen  wcere. 
6084  die  herbergen  solden,  als  ouch  si  gerne  wolden. 
6236  von  den  eilenden  wolt  er  den  portenaere  gerne  vrägen  mere. 
6898  die  gerne  wolden  nemen  war,  wie  — 
8031  ich  wil  in  harte  gerne  sehn. 
Weniger  gut  hierher  gezogen   würden   folgende    föUe  mit  gern: 
1341.    1481.    1774.    1981.    E.  3420.  6207.  9841  s.  u. 
1218  weit  ir  iht  eggen? 
1719  so  wolder  doch  wider  dar. 

2238  6f  wü  iuch  niuwan  eine  sehn  (oder  bedeutet  es :  sie  sagt,  sie 
werde  euch  nur  allein  sehen ?).  2532.  5496.  5879.  6954.  7086. 


6  ▼.  MONSTERS  BBO 

Im  bedingenden  Vordersatz. 

730  wert  iuch^  ob  ir  weit  genesn. 
1859  weit  ir  den  hrunnen  und  duz  lant   niht  Verliesen   äne  strtt, 

so  warnet  iuch  der  wer  enzU  und  lat  iuwern  swceren  muot. 
4529  wdt  ir  ein  vremde  mcere  hoeren,  daz  toü  ich  iu  sagen. 
5089  wander  hete  sich  da  niht  ze  sümen  mere,   ob  er  sin  ere  an 

ir  behalten  wolde, 
5103  weit  ir  mich  geniezen   län^    ob   ich  iu  iht  gedienet  hän^    so 

tuot  ein  dinc, 
5959  weit  ir  in  schiere  erriten,  sone  sult  ir  auch  niuwet  bUen. 
1825  im  wellet  brunnen  und  daz  lant  und  iuwer  ere  Verliesen,  so 

müezt  ir  etswen  kiesen. 

Die  treue ,  mit  welcher  der  ausdruck  unserer  älteren  spräche  den 
psychologischen  zuständen  des  subjects  gerecht  zu  werden  sucht,  zeigt 
sich  ganz  naturgemäss  besonders  hervortretend  bei  dem  starken  gefuhl 
des  begehrens.  Die  stärke  dieser  empfindung  widerzuspiegeln  erhält 
auch  der  sprachliche  ausdruck  bei  wellen  mehrfache  Verstärkungen. 

I.  Indem  der  wünsch  doppelt  bezeichnet  wird. 

1.  Indem  das  advcrb  gerne  hinzutritt.  Die  fälle  sind  aus  jedem 
epos  zusammengestelt. 

2.  Indem  wellen  in  den  conjunctiv  des  Wunsches  tritt,  dieser  also 
sowol  durch  die  Wortbedeutung  des  verbum  als  auch  durch 
dessen  modus  bezeichnet  ist. 

E.      80  min  vrowe  wolde  in  erkennen, 
4517  daz  ich  wolde  werden  iuwer  man. 
4823  iuwern  namen  den  wolde  ich  wizzen. 
4883  Jane  lebt  er  niht,  den  ich  vür  in  iezuo  wolde  sehen. 

Mit  gern 

E.  7615  ich  wolt  sü  gerne  erkennen  und  kunnen  genennen. 
G.  1251  ich  wold  e  sin,  da  niemen  ist. 
Iw.      54  ichn  wolde  do  niht  sin  gewesn. 

Wie  E.  4883  zeigt ,  steht  dieser  conjunctiv  selbst  in  nebensätzen. 

3.  Indem  wellen  mit  dem  Infinitiv  des  verbum  uninschen  selber 
verbunden  wird. 

G.  2845  rehte  als  er  wünschen  wolde. 

4.  Oder  indem  es  negiert  im  abhängigen  coiganctiv  steht  nach 
einem  negierten  verbum  von  selbst  negativem  sinn  (erlän,  ver- 
gezzen,  betraget). 

G.     998  eznlie  sich  niht  betragen ,  ezn  wolde  dinglichs  vrägen. 

981  ouch  lie  der  herre  unmanegen  tac,  eme  wolde  selbe  spehen. 


INPINITIV  NACH  WELLEN   USW.  7 

Iw.  2229  und  enunl  mich  doch  des  niht  erlän,  sine  welle  iuch  gesehn. 

3656  diu  vrouwe  des  niht  vergas,   sine  wolte  wizzen  daz,   wä  ir 

scdbe  waere. 

In  diesem  falle  mag  dem  älteren  Sprachgebrauch  die  doppelung 

vielleicht  gar   nicht   überflüssig    erschienen   sein,    weil  nebensätze  im 

conjunctiy  wol  in  grammatischer  hinsieht  immer  noch  in  einer  gewissen 

paratactischen  Selbständigkeit  erschienen. 

IL  Zu  demselben  zweck  scheint  mir  ein  zweites  auf  andern  princi- 
pien  beruhendes  verfahren  zu  dienen.  Der  infinitiv  der  Vergangenheit 
nach  wellen  hebt  die  Intensität  des  begehrens  dadurch  hervor ,  dass  er 
die  erstrebte  handlung  in  lebhafter  Vorstellung  als  bereits  geschehen 
vorfBhrt  Man  vergleiche  lateinisch :  volo  id  factum  (esse).  Auch  beim 
finiten  verbum  zeigt  sich  in  gleichem  falle  das  perfect,  vgl.  E.  5490 
dannoch  wolde  in  J^rec  mit  güete  überwunden  hän,  daz  er  den  ritter 
hde  län.  Die  verbreitete  erklärung,  der  gebrauch  möchte  dadurch 
entstanden  sein,  dass  man  den  neu  gebildeten  perfecten  der  praeterito- 
praesentia  die  Vergangenheitsbedeutung  nicht  recht  zumutete,  kann  ich 
schon  darum,  zunächst  wenigstens  was  wellen  anlangt,  nicht  für  ge- 
nügend gelten  lassen,  weil  ja  in  allen  übrigen  beziehungen  die  praete- 
rita  jener  verba  durchaus  die  volle  Vergangenheitsbedeutung  haben,  der 
infinitiv  perf.  also  als  ein  bedeutungsloser  ballast  erscheint,  -den  eine 
spräche  nicht  lange  mit  sich  schleppen  würde.  Zum  überfluss  findet 
sich  nun  aber  dieser  infinitiv  perf.  auch  nach  einem  praesens  von  wellen: 
Iw.  5001  (der)  unl  sich  vil  wol  an  tu  gerochen  hän. 

Zunächst  muss  es  auffallen,  dass  sämtliche  beispiele  in  Hart- 
manns  epen,  in  denen  wellen  mit  dem  infinitiv  perf  verbunden  ist, 
sich  unter  diese  gruppe  ordnen  lassen,  in  der  das  gefühl  des  begehrens 
am  stärksten  ausgedrückt  ist,  sieht  man  sich  aber  die  im  folgenden 
volständig  zusammengestelten  fälle  an,  so  wird  man  nicht  umhin  kön- 
nen zuzugestehn,  dass  der  infinitiv  perf.  hier  doch  wol  eine  function 
l^be.  In  den  meisten  föUen  wird  es  auf  den  ersten  blick  klar,  wo  es 
sich  am  verben  einer  leidenschaftlichen  tätigkeit  handelt. 
E.  3223  sin  geselle  in  wolte  gerochen  hän. 

4072  (er)  wdte  in  hän  erslagen. 

4440  wand  er  wolt  in  ersla^gen  hän. 

4710  so  woU  er  dem  argen  zagen  die  Jiant  ahe  hän  geslagen. 

6937  und  wolde  in  vol  hän  erslagen. 
Iw.  2045  min  herre  wolt  in  hän  erslagen. 

5846  und  woldes  hän  erhangen.  5001  s.  o.    Einmal  ist  auch  gern 
hinzagefQgt: 

6767  (er)  weit  in  gerne  hän  erslagen. 


8  ▼.  M0H8TERBSB6 

Auch  wol  noch,   wo  die  innere  leidenschaftliche  Ungeduld  nach 
erreichung  des  begehrten  geschildert  werden  sol, 
E.  3679  dojsf  er  dem  guoten  knehte  sin  tctp  weide  hän  genomen. 
4032  ob  er  st  wolde  hän  genomen. 
1112  do  wölt  der  künec  hän  genomen  sin  reht. 
Iw.  4292  den  woUens  aUe  gekistert  hän. 
oder  ein  eifriges,  widerholtes  bemühen. 

E.  3129  si  wolt  imz  mit  gehären  gerne  hunt  halben  getan  (mit  gern). 

3037  nü  wolde  sis  gdougent  hän. 
G.     839  (si)  wolden  ime  entsaget  hän. 

3245  Si4S  wolde  er  sich  verborgen  hän. 
Iw.  3243  er  wdd  in  getroestet  hän. 

Wol  auch  noch  kentlich 
E.  5489  dannoch  wolde  in  Jßrec  mit  güete  überwunden  hän. 
6161  war  unibe  woÜent  ir  den  lip  selbe  hän  ersterbet. 

Vielleicht  das  ungeduldige  drängen  der  sich  verabschiedenden 
gaste  gegenüber  dem  zu  weiterem  bleiben  nötigenden  wirt  kann  man 
finden  in  dem  wol  formelhaften  ausdruck 

E.  2211  otich  wolden  urloup  hän  genomen  die  vürsten. 

Iw.  6591  (fö  Wolter  urloup  hän  genomen. 

Wenigstens  vertragen  doch  alle  diese  stellen  eine  solche  aus- 
legung  und  gewinnen  dadurch  an  plastischer  anschaulichkeit  der 
Situation. 

Nicht  gerade  die  Intensität  des  begehrens  bezeichnet  der   Infini- 
tiv perf.  zweimal  nach  weUen  in  der  bedeutung  eines  periphrastischen 
futurum. 
E.  4049  und  wolde  wäfen  hän  geschrim.    y^Nü  sihstü  wol,  daz  wirz 

bim.'' 
Iw.  7436  die  rede,  die  ir  habent  getan,  die  wold  ich  gesprochen  hän. 

Hier  bezeichnet  er,  wie  nahe  die  handlung  daran  war  eine  vol- 
lendete zu  sein. 
vgL  Iw.  1491  im  wdlent  mir  volgen,  so  habt  ir  den  lip  verlorn. 

Wirklich   dagegen  Vergangenheitsbedeutung  hat   dieser  infinitiv 
nach  wellen  in  der  bedeutung  von  wünschen  im  wünschenden  conjunetiv. 
Iw.  54  ichn  wolde  do  niht  sin  gewesn^  daz  ich  nü  nM  enwcere. 

Es  sind  also  nicht  alle  diese  fälle  gleich  zu  beurteilen,  sondern 
unterschiede  zu  machen.    Vgl.  germ.  abh.  heft  5  tempusausbildung. 
B.     Wellen  bezeichnet  nur  die  neigung,   lust,  das  belie- 
ben.   Im  einzelnen  ist  aufmerksam  zu  machen  auf  die  hierher 
gehörigen   fälle,  in   denen  wellen   in   algemeinen   relativsätzen 


INFIMITIT  NACH  WELLEN  USW.  9 

steht.    Die  verwantschaft  zwischen  diesen  und   dem  begriff  des 
beliebens  zeigen  ja  auch  andere  sprachen.    Femer  fallen  hier 
die  vielen  negierten  fälle  auf.    Die   negation   gehört  immer  zu 
ioellen. 
E.  1110  daß  er  eine  küssen  solde^  swdhe  er  wolde. 
3834  iuwer  geselle  var^  swar  er  welle. 
5219  daz  ir  eouberlich  gevoalt^  swent  st  wolde  ^  gebot. 
7181  nü  jage  sdhe^  swaz  du  wiU. 

7 Abb  wan  sagen,  swaz  si  wellen.  8739.  9588.  Negiert  2382.  4245. 
5285.  6882.  8668.  8674.  9483.  9813. 
Im  bedingenden  Vordersatz. 
5834  weU  iuwer  exn^  ez  kume  her. 
6.  1080  ein  zage  swä  er  wolde.     1275.    2061.  2963.    Negiert  1897. 
1907. 
a.H.  306  si  woUe  nie  entwiehen  von  ir  herren, 
Iw.    846  nü  muoz  si  sprechen,  swaz  ez  wU. 

2145  (er)  ruowe  dar  nach  swie  lange  so  er  welle. 
2164  ern  läze  iuch  nemen,  swen  ir  weit.   7380.  Negiert  861.  876. 
5720.         6281.  6632.  6904. 
Im  bedingenden  Vordersatz. 

120  des  lazen  wir  tu  den  strit,  oh  unr  selbe  wellen. 
802  ob  er  nü  welle,  er  sage  daz. 
2570  daz  mugent  ir  kiesen,  ob  ir  weit. 
7817  die  schände  tuet  uns  ein  man,  swenne  er  wU. 
C.    Wellen  in  einem  nahezu  mit  geruhen  gleichbedeuten- 
den  sinne   hat   nur  noch  einen   schwachen  finalen   rest  (vgl. 
geruochen,  germ.  abh.  heft  5  s.  36)  und  verschmilzt   mit   dem 
infinitiv  fast  zu  einer  blossen  Umschreibung,  in  welcher  lezterer 
kaum  mehr  als  die  Wortbedeutung  liefert. 
E.    535  nü  hat  got  über  mich  verhenget,  swes  er  wolde. 
600  unz  mirs  got  gunnen  wolde. 
1140  got  welle  in  uns  senden.  6124. 
6626  herre^  weit  ir  vür  gän, 

8147  die  uAle  und  mich  got  toü  in  siner  huote  hän, 
8857  dem  er  geneedic  wolde  wesen. 
Im  bedingenden  Vordersatz. 

540  er  mac  den  riehen,  swenner  wil,  dem  armen  gdtchen. 
2837  im  enwolde  got  geneededichen  bi  stan,   so  vorhte  si  in  un- 

lange  hän. 
6844  im  enwdle  got  genäde  gd>en. 
8149  und  enwil  er  (got)  mirs  niht  bUen. 


10  y.   M0N8TBB6ER0 

8858  tvil  er,  so  trüwe  ich  wol  genesen. 
9046  ir  sprechet  ,mW,  ob  got  wil. 

Einmal  steht  pleonastisch  geruochen  selbst  dabei: 
8510  und  weit  irs  geruochen,  so  gibe  ich  tu  den  besten  rät. 
Gregörjus  und  anner  Heinricli  nur  im  bedingenden  satz. 
G.  1249  ich  genise  wol  und  wil  ez  got 
518  ezn  wolde  in  got  künden, 

748  egn  welle  got  der  guote  mit  sinen  gnaden  understän,  st  muoz 
ouch  die  verlorn  hän. 
a.H.    823  wil  ez  got. 

204  got  enwelle  dan  der  arzat  wesen, 
Iw.  4503  wdd  er  (got)  daz  rihten  über  mich  unde  lieze  den  gerich. 
Im  bedingenden  satze. 
1812  ob  got  wil.  2382. 

5015  und  wil  sin  unser  trehten  nach  rehtem  gerihte  pflegn. 
6343  ober  (got)  imz  enblanden  ml. 
6421  und  wü  mir  got  gncedec  wesn. 
7992  und  sweme  ir  gncedec  woltet  sin. 
7415  got  enwdle  michs  erlän, 
7994  irn  welletz  danne  baz  enpfän. 
Pleonastisch  in  einem  abhängigen  satze. 
751  em  bot  mir  nie  die  ere,  daz  er  mich  wolde  ane  gesehn. 
Wie  nahe  hier  die   Wortbedeutung  von   wellen   dem   schwinden 
ist,  zeigt  der  Wechsel  mit  der  finiten  form  Iw.  4503. 

D.    Mit  entschieden  noch  finalem  sinn  sezt  wellen  in  der 
bedeutung  hoffen,   gedenken  an,   verliert  ihn  aber  durch 
den  nahen  Übergang  zu  meinen,   behaupten  gerade  wie  das 
verbum  gedenken  selbst  (germ.  abh.  heft  5  s.  41). 
Ebenso  auch  der  infinitiv  nach  ihm. 
Hoffen,  gedenken  heisst  es  noch 
E.  8124  ern  wolt  der  unbe  liezen  engelten  noch  geniezen, 

9440  oder  weit  irs  Ion  haben  von  gote. 
G.  2775  und  wcldes  geniezen  wider  got. 

Iw.     213  ouch  wil  ich  niht  engelten,  swaz  ir  mich  muget  schelten. 
1965  daz  wil  ich  wol  mit  iu  gehaben, 
3192  ^  wil  ouch  an  iuch  genesen, 

6263  zwäre,  wcer  ich  da  vor^  ich  wolde  doch  her  wider  in. 
6924  si  wolte  daz  gewis  hän,. 
Verloren  geht   die  futurische   beziehung  nur  im   £rec  einige- 
mal völlig. 
E.    538  daz  wil  ich  von  gote  hän. 


INPINinv   NACH  WELLEN  USW.  11 

9061  in  ist  daz  eUen  tiurCy  die  so  griulich  wellen  sin, 
10087  er  tete  sam  die  unsen  tuant,  die  des  gote  genäde  sagenty  swas 
si  eren  h^otgent  imd  es  von  im  wellent  hän. 
Mit  lezterem  gebraucli   ist  zu  Yergleichen  velle  z.  b.  Cic.  Lael. 
13,  48   qui  virtutem   duram   et   quasi  ferream    esse  quandam  volunt; 
de  or.  I,  17,  74  quae  ego  vellem  non  esse  oratoris. 

2.  Im  zweiten  fall  ist  das  ethische  interesse  weniger  durch  das 
gefahl,  als  vielmehr  durch  den  an  teil  der  verstandeskräfte, 
namentlich  des  entschlussvermögens,  des  subjectes  bedingt. 
Yf(üen  bedeutet  dann:  beabsichtigen,  vorhaben,  entschlos- 
sen sein. 
E.      94  iirec  der  woU  ouch  vürhae. 

865  dcus  galt  er,  als  jener  tuot^  der  da  mere  entnemen  toü, 
2357  als  er  wolde  riten, 
2542  die  turnieren  wcHden.   3382.  3913.  4148.  4629.  4775.  5648. 

5731.  6065. 
6113  als  ^  sich  wolde  ervaUen  dran. 
6169  woUent  ir  selbe  iu  tuon  den  tot?  6546.  8023.  8655. 
8664  daz  er  wolde  bestän  den  in  dem  boumgarten. 

9041  tvil  du  vehten  wider  mich? 

9042  (weit  dan  ir,)  so  ml  ouch  ich, 
9276  er  wolde  in  zuo  im  vähen. 

Die  negation   gehört   hier  bald   zu  wellen,   bald  zum  Infinitiv: 
2789.  4578. 

Im  bedingenden  satze. 
704  esn  wellen  iu  die  Hute  jehen^  ez  muoz  undr  uns  beiden  diu 

ritterschaft  scheiden. 
3682  ob  im  ieman  schaden  wolde. 
4338  als  ein  ritter  sol,  der  ze  deheinen  stunden  werlös  wil  werden 

vunden. 
4689  wan  weit  ir  mich  dar  bringen  ^  ir  müezet  mich  es  twingen. 
5669  swer  so  manheit  üeben  unl,  — 

8517  und  wdt  irz  danne  selbe  sehen,  so  muoz  iu  alsam  geschehen, 
9042  weit  dan  ir^  (so  wil  ouch  ich). 

9845  und  ob  nach  sinen  -eren  si  wolden  vreuden  walten,  so  scehers 
ungeme  alten. 
Abhängig  von   ausdrücken   oder   eingeleitet  von    conjunctionen, 
die  schon  finalen  sinn  haben. 

48  diu  maget  eriie  niht  umbe  daz,  sine  wolde  riten  vürbaz. 
1751  nu  gedühte  ouch  den  künec  zit,  daz  er  den  strit  enden  wolde. 
6015  daz  er  gedaht  haste,  daz  er  ir  wolde  warten. 


12  y.  MONSTERBERO 

6980  ich  enscMne  ie  mitten  üf  der  varty    ich  und  mine  gesellen, 

daz  wir  im  helfen  wellen, 
8054  ezn   half  kein  understriten,    er    wolde    volriten    (so    Bech, 

Haupt  *  aber  ez  half  — ,  er  enwolde  — ). 
8574  em  wirdet  des  niht  erlan^  ich  enweUe  in  bestän, 
9052  die  steueren,  daz  si  wolden  gewinnen  in  selben  ein  geztemez 

kint, 
G.     211  wes  wil  du  beginnen? 

358  unr  wellen  dir  entsliezen  ein  heimliche  Sache. 
1899  durch  got  und  durch  ere  wöld  er  Verliesen  den  Up  ode  daz 

unsdiuldige  uAp  loesen.    28.    402.   1373.    1565.  1859.  1885. 

2042.    2100.    2290.    2342   (Paul  wü,    Lachmann  and  Bech 

muoz),  2540.  2715.  3238.  3415. 

Im  bedingenden  satze. 
2464  swer  ir  jämer  wolde  an   ein  ende  sagen^  der  müese  unser 

sin  dan  icli, 
2895  unl  du  vam,  guot  man,  sich,  da  sümest  du  dich  an.  3643. 

3645. 

Abhängig  von  einem  finalen  ausdruck. 
2037  si  h(Bte  den  muot  erkom,  daz  si  verbem  wolde  aüe  man. 
a.H.   613.  625.  636.  639.  648.  650.  707.  797.   798.  805.  1195.  1266. 
1513  so  wil  ich  sterben  äne  unp. 

Abhängig  von  finalen  ausdrücken. 
528  des  einen  si  sich  gar  verwac,  daz  si  benamen  ir  leben  woUe 

geben. 
850  wan  mir  mac  daz  nietnan  erwem,  ich  enweUe  emem  nw^en 

herren. 
881  sich  bedähte  ir  güete,  daz  si  niht  enwolten  si  wenden. 
842  so  läze  ich  twcÄ  e  nach   mir  ge weinen,   ich  enweUe  mir  er- 
scheinen, des  — 
Iw.    808  ich  wil  ouch  vam  den  brunnen  sehn.  1248.  1341. 

1481  als  er  vil  gerne  hin  vür  zuo  ir  wolte  gähen  und  ir  die  hende 

vähen.    Oder  gehören  1481.  1341  besser  unter  1  A? 
1485.  2120.  3954.  4004.  4355.  4487.  4655. 

4725  und  wil  im  ncemelichen  wider  gewinnen  sin  wip  ode  ver- 

liesen  den  Up. 
4777  er   weUe  durch  uns    tot   gdigen   ode  dem   risen  an  gesigen 
(hängt  von  geloben  ab).  4774.  4823.  5637.  6023.  6030.  6243. 
6581.  6664.    6958.    7605.    7938.   8034.  8145.     Negiert  386. 
798.  1030.  1977.  2588.  4301.  4893.  7290. 


mnNrnv  nach  wellen  usw.  13 

Im  bedingenden  satze. 

551  wä  du  den  lip  wägen,  sane  darftü  niht  me  vrägen, 
2466  zwärey  ober  tuch  rechen  tvily  so  sümet  er  sich, 
5746  w6U  lernen  siriten,  daz  er  da  zehant  strüe, 
7670  daz  müezet  ir  ir  wider  gebn,  wdt  ir  nach  gerthte  lehn, 
7676  swer  daz  rechen  wolde,  der  müese  vü  gerochen. 
7919  weit   ir  nach  im  sendeny   diu   wort   mit   werken  enden,    so 
sprechet  — 
Abhängig  von  finalen  ausdrücken. 
903  M  ime  swuor  er  des,  daz  er  zuo  dem  brunnen  wolde  komen. 

Uli  vgl.  s.  12. 
910  wathd  er  sich  hate  an  gcfiomen^  daz  er  dar  eine  wolde  kamen. 
1504  swes  sin  aber  so  stat,  daz  er  wü  volbringen  sinen  muot, 
3849  und  bedäkt  sich,  daz  er  wolde  helfen  dem  edden  tiere. 

In  der  abhängigkeit  namentlich  nach  niht  län  wechselt  wellen 
mit  einfachen  conjunctiven  E.  352.  G.  936.  Iw.  5305.  5741 ,  mit  dem 
indic.  Iw.  7928  (vgl.  swem^  K.  Weinhold,  germ.  abL  heft  5  s.  75.  76). 

n.    Wellen  mit  dem  Infinitiv  der  richtung. 

In  den  unter  I.  behandelten  fällen  bezeichnete  wellen  eine  spon- 
tane äusserung  der  Willenskraft,  welche  sich  mit  grösserer  oder  gerin- 
gerer energie  aussprach,  und  angeregt  sein  konte  vom  gefuhle  oder  von 
dem  entschlussvermögen  des  Verstandes.  Hier  nahm  das  subject  immer 
sowol  an  der  tätigkeit  des  woUens  selbst  als  auch  an  der  von  diesem 
erstrebten  handlung  als  ausflüssen  seines  eignen  Innern  anteil.  Der 
infinitiv  nach  ihm  war  daher  der  finale  mit  allen  in  seinem  casus  mög- 
lieherweise  liegenden  begriflichen  momenten.  Wellen  kann  aber  nun 
zweitens  auch  eine  blosse  reaction  auf  eine  fremde  initiative  bezeichnen, 
die  bereitwilligkeit  einzugehn  auf  den  willen  einer  andern  person  oder 
die  anforderung  der  umstände.  Die  handlung  ist  nun  nicht  mehr  ge- 
genständ des  eignen  strebens  des  subjects ,  sondern  auf  fremde  anregung 
Mn  nur  zugestanden.  Das  ethische  Interesse  ist  daher  hier  weder  bei 
wellen  noch  beim  infinitiv  vorhanden.  Der  infinitiv  ist  hier  nicht  der 
finale,  sondern  er  gibt  nur  die  richtung  an,  in  welcher  sich  der  im 
SQbject  befindliche  zustand  der  bereitwilligkeit,  der  nicht  selbst  eine 
handlang  oder  ein  abgeschlossener  zustand,  sondern  nur  die  vorbedin- 
g^g  zu  denselben  ist  und  also  einer  weiteren  ergänzung  bedarf,  äussert 
Von  hier  ab  würde  die  behandlung  von  wellen  in  den  2.  teil  einer  dar- 
stellung  des  Infinitivs  gehören,  wo  die  der  verba  mit  verschobenem 
praeteritum  überhaupt  erst  anfängt. 


14  V.  MOKSTEBBEBG 

Im  einzelnen  ist  aufmerksam  zu  machen  auf  die  naturgemäss 
hier  auftretenden  Zusammenstellungen  von  todlen  mit  müesen  und 
soln.  In  den  negierten  fällen  gehört  die  negation  immer  zu  wellen, 
und  unter  ihnen  ist  hinzuweisen  auf  die  zahlreichen  Infinitive  von  ver- 
ben  mit  negativer  bedeutung. 

E.  3266  (, vergebet  mirz')  ,vrouwe,   daz  si  getan,  ich  wil  düg  unge- 
rochen  län''. 
4474  herre,  dcus  si  getan  ^  ich  wil  ituih  wizzen  lan. 
7997  nü  toil  ich  iuch  wizzen  lan. 

9370  doch  ez  ^  wider  dem  Site  getan,  so  wü  ich  iuchz  wizzen  lan. 
9367  ich  wU  mich  läzen  ttoingen, 
9382  ich  wil  iuch  minen  namen  sagen. 
4569  ich  toil  ii4ch  wem. 

235  der  sich  sin  ze  gaste  wolde  underwindenj  den  künde  er  nien- 

der  vinden, 
1011  nü  wü  ich  iuch  leben  lan, 
1049  ich  wü  mich  üz  der  ahte  lan. 
1236  ich  wü  mich  schuldic  ergeben.    2767.  20.  8195.  9321.  2771. 

3173.  3898.  3991.  4040. 
7972  wände  ich  wü  unde  muoz  mich  bieten  an  iuwem  vuoz. 
9841  nü  woU  em  gerne  urloup  geben. 

726  ich  enwil  ir  niht  wandet  hän. 
1022  des  enwü  ich  niht  enbem. 
4965  swes  er  niht  wü  enbem. 
1044  dckz  enwü  ich  niht  vertragen. 
3275  ichn  unl  iwer  ze  knehte  niht  entwesen. 
4129  ich  wils  von  tu  niht  liden.  43.  5454.  1364. 
8000  sU  irs  niht  wellent  hohen  rat. 
8478  dies  niht  wolden  haben  rät. 
8811  Sit  daz  du  es  niht  entwesen  wüt. 
6058  ichn  wüs  ouch  langer  niht  enbem. 
5271  er  ouch  siner  vart  durch  niemen  wolde  abe  stän. 
1888  nunc  wolde  in  des  niht  erlän  Ärti^. 

877  ir  deweder  wolte  ez  läzen.    1481.    3951.    5450.    1401.  7261. 
5250.  6424.  4852. 
4995  daz  £rec  niht  erunnden  weUe. 

Im  bedingenden  satze. 

3779  weit  ir,  noch  geschiht  iu  allez  guot. 

3887  swer  bezzer  mich  da  vone  nach  Sren  Uesen  wolde,  gern  ich 
ims  volgen  solde. 


vstmfmv  NACH  willen  usw.  15 

3830  ladt  ir  niht  güetlichen  miner  bete  entwichen,   so  geschiht  ee 

under  iutvem  danc. 
4130  und  wdt  ir  ez  niht  miden,  ee  get  iu  an  den  Up. 
5820  wil  abe  du  mirs  niht  wider  geben,  so  wis  gemant. 
7933  €0  wirt  iu  wol  erscheinet,  und  wdt  ir  niht  erwinden. 
9450  ich  enwolde  werden  triuwelös^  so  muoste  ich  ez  behalten. 

Pleonastisch  steht  wdlen  in  Sätzen  mit  daz  nach  biteni  einmal 
(3631)  tritt  Wechsel  mit  dem  conjunctiv  des  einfachen  verbum  ein,  der 
sonst  häufig  ist  z.  b.  E.  1822.  3746.  a.  H.  569.  1518.  Iw.  7329. 
Dennoch  steht  diesem  die  Umschreibung  mit  wdlen,  nicht  völlig  gleich, 
sondern  ist  nachdrucksvoller,  wie  namentlich  Iw.  7329  zeigt  (s.  u.): 

E.  3631  er  bat  ^,   daz  st  üf  sin  hüs  karten  und  daz   si  wolden  da 
bestan, 
6443  swie  vü  der  wirt  gebtete,  daz  si  sichs  wdde  mäzen. 
6795  (er)  bat  die  tugentrichen,  daz  si  wolde  vergeben. 
6.  2564  ich  wil  im  ouch  ze  btwze  stän. 
2819  die  wil  ich  dir  ze  stiure  geben, 
274  daz  mein,  daz  wir  unz  Mute  der  werlde  haben  vor  verstoln, 

dazn  wil  niht  me  sin  verholn. 
2416  ich  enkan  iu  vürbaz  niht  gesagen  (so  Paul,  Lachmann  und 
Bech  aber  ichn  wilz). 
a.H.  996  wir  wdlen  ir  durch  iuch  entwesen.  438.  486.  836.  1289. 

Pleonastisch  abhängig  von  biten. 

489  do  ir  vater  aber  tete  manege  dro  unde  bete,   daz  si  ez  ime 
wolte  sagen. 
Iw.  1774  und  wil  iu  gerne  bewarn  den  Up. 
1981  wand  ich  si  gerne  liden  wil  (s.  50). 

3638  ich  wü  min  reise  durch  iuch  län.  4756.  4800.  , 

4789  ich  sol  unde  unl  gedienen  immer  mcre. 
5183  und  sol  si  da  zuo  kempfen  han^  so  wü  ich  vehten  vür  si, 
5181  des  wil  ich  in  ir  schulden  stän, 
5590  man  mac  den  gast  lihte  vil  geladen,  der  bdiben  wil. 
7320  ich  wü  üf  dich  yerkiesen. 

7713  beide  ich  wü   und  muoz  si  wern.    181.    524.    1645.    4167. 
5739.  5784.  7373. 

244  Sit  ir  michs  niht  wdt  erlän. 
1227  cUs  si  imz  niht  wolden  vertragen. 
2228  und  enwil  mich  doch  des  niht  erlän. 
3806  desn  wolte  si  in  niht  gewem, 

7714  sU  daz  irs  niht  weit  enbem.  6905.  7335.  7754, 


16  V.    MONSTERBEBa 

Im  bedingenden  satze. 
248  ich  sag  iu  deste  gemer  vü,  oh  manz  ze  rehte  merken  tvil, 
250  man  verliuset  michel  sagen,  man  enweUez  merken  unde  dangen. 
2043  <mch  stet  unschulde  da  bi,  der  ez  ze  rehte  wü  verstan. 
1006  daz  er  sich  weren  solde,  oh  er  niM  dulden  wolde  — 
4444  iedoch  enweU  irs  niM  enbern,  sag  ich  tu  — 

Pleonastisch  nach  ausdrücken  finalen  sinnes. 
5095  der  wirt  hegund  in  starke  hiten^  daz  er  da  ruowen  wolde. 
5955  ichn  künde  in  nie  des  überkomeny  daz  er  hie  langer  wolde  wesn. 
7329  ^  aUe  baten,  daz  erz  durch  got  teste  undevr  swester  bcete,  dcus 

st  der  jüngeren  doch  das  dritte  teil  ir  erbeteiles  wolde  gehn. 
8095  gedienert  mOez  ich  noch  umb  in,  daz  er  mich  lieber  welle  hän. 
Bisher  wahrte  wdlen  stets  seine  Wortbedeutung ,  wenngleich  sie 
in  verschiedenen  graden  der  energie  hervortrat.  Dennoch  sahen  wir 
das  verbum  auch  hier  schon  in  Verhältnisse  treten ,  in  denen  sich  seine 
schwäche  kundtat.  So  in  dem  umstände,  dass  es  zur  stärkeren  her- 
vorhebung  des  Wunsches  mancherlei  Unterstützungen  bedurfte  (s.  6.  7), 
dass  es  mit  gleichbedeutenden  worteu  im  infinitiv  sich  verband  (s.  10). 
Bedenklicher  konnte  sie  in  den  ßlllen  scheinen,  in  denen  wellen  über- 
flüssig in  der  abhängigkeit  von  gleichbedeutenden  ausdrücken  stand ,  wo 
ja  in  der  tat  neben  wellen  mit  dem  infinitiv  die  finiten  formen  des 
sonst  im  infinitiv  stehnden  verbum  gefunden  wurden  (s.  10.  13.  15). 
Jene  abhängigen  fälle  sind: 

für  I,  1,  A  s.  6.  7:  G.  998.  981.    Iw.  2229.  3656. 
für  I,  1,  C  s.  10:  Iw.  751. 

für  I,  2.  E.  s.  11:  48.  1751.  6015.  6980.  8054.  8574.  9052. 
G.  s.  12:  2037.     a.  H.  s.  12:  528.  842.  850.  881. 
Iw.  8.  13:  903.  910.  1504.  3849.  4777. 
.für  IL      E.  s.  15:  3631.  6443.  6795. 
a.H.  s.  15:  489. 

Iw.  s.  16:   5095.  5955.  7329.  8095. 
Nicht  finden  sich  dergleichen  fälle 
f&r  I,  1,  A  im  £.  und  a.  H. 

für  I,  1,  B,  C,  D  überhaupt  nicht  (für  C  nur  einmal). 
.  fttr  U  nicht  im  G. 

Indes  ist  für  eine  richtige  beurteilung  dieser  erscheinung  nicht 
zu  vergessen,  dass  für  den  altern  autor  wellen  doch  noch  in  allen  die- 
sen fällen  seine  bedeutung  wahrt,  insofern  der  logisch  abhängige  satz 
grammatisch  der  paratactischen  Selbständigkeit  näher  steht,  als  das 
uns  scheinen  will,  so  dass  eine  widerholung  des  begrifs  des  Wunsches, 
der  absieht  usw.  in  dem  zweiten  satze  nicht  überflüssig  war,  ja,  wenn 


INFINITIV  NACH  WELLKN  USW.  17 

die  abhängigkeit  noch  gar  nicht  gefühlt  wfirde ,  sogar  notwendig  wäre. 
So  wirkt  hier  als  nicht  zn  unterschätzender  factor  auf  die  bedeutungs- 
entwicUung  von  wellen  (cfr.  auch  die  praeteritopraesentia)  eine  damals 
noch  nicht  abgeschlossene  bewegung  ein,  die  sich  auf  einem  scheinbar 
von  unserm  thema  ganz  entfernt  liegenden  gebiete  der  syntax  volzog, 
die  ausbildung  der  abhängigkeit  der  'sätze.  Wie  wichtig  aber  auf  die 
entwicklnng  des  infinitivs  dann  weiter  diese  entkleidung  des  wellen  von 
seiner  bedeutung  war,  werden  wir  bald  sehen.  Wir  besitzen  also  in 
der  grösseren  oder  geringeren  häufigkeit,  mit  der  dieses  scheinbar 
pleonastische  wellen  gesezt  ist,  einen  ziemlich  feinfühligen  gradmesser 
fir  die  innigkeit,  mit  welcher  die  abhängigkeit  der  ursprünglich  para- 
taetischen  sätze  damals  empfunden  wurde,  auf  den  es  sich  verlohnt  auf- 
merksam zu  machen.  Je  selbständiger  der  logische  nebensatz  noch 
war,  am  so  nötiger  war  in  ihm  ein  eigner  ausdruck  far  das  im  haupt- 
satze  in  bezug  auf  ihn  mit  gesagte,  je  abhängiger,  um  so  überflüssi- 
ger wurde  er,  weil  der  im  hauptsatze  für  den  diesem  unterstelten  satz 
mit  galt,  und  wenn  er  auch  dann  stehn  blieb,  konte  er  es  nur  unter 
absehwächung  seiner  bedeutung.  Es  folgen  nunmehr  die  fälle ,  in  denen 
wikn  seine  Wortbedeutung  tatsächlich  aufgibt. 

m.    Wellen  mit  dem  apposltlven  Infinitiv. 

Ursprünglich  hatte  wellen  auf  den  Infinitiv  ein  recht  nur  ver- 
möge seiner  finalen  oder  doch  auf  eine  richtung  verweisenden  bedeu- 
^g.  Inzwischen  ist  ihre  Verbindung  nun  eine  so  feste  geworden,  dass 
man  diesen  grund  vergessen  und  die  casuelle  beziehung,  welche  nrr 
sprünglich  in  beiden  ihrer  teile  lag  und  die  sie  überhaupt  zu  einander 
geselte,  nur  noch  in  dem  regierenden  werte  gefühlt  haben  muss:  als 
*0^  mit  seiner  Wortbedeutung  zugleich  jene  einer  casuellen  ergän- 
2ung  bedürftige  beziehung  aufgab ,  empfand  man  es  nicht  mehr  als  einen 
misbrauch  des  infinitivs  ihn  mit  jenem  noch  weiter  verbunden  zu  lassen,, 
als  wenn  er  zugleich  mit  wellen  jene  casuelle  beziehung  hätte  fallen 
lassen,  während  er  doch  nunmehr  seiner  natur  nach  mit  ihm  nichts 
^ehr  hätte  zu  tun  haben  sollen.  Diese  aber  eben  war  bereits  vorher 
Vergessen,  und  durch  die  neue  Verwendung  wurde  es  nur  klar  ausge- 
sprochen, dass  der  Infinitiv  seine  casuelle  natur  völlig  verloren  hatte. 
Mit  dieser  bedeutenden  einschränkung  seines  begriflichen  Inhalts  aber 
^ir  dem  infinitiv  naturgemäss  (vgl.  germ.  abh.  heft  5  s.  20)  die  mög- 
lichkeit  zu  einer  ansehnlichen  erweiterung  seiner  Verwendung  geboten, 
^em  ganz  neuen,  fast  endlosen  entwicklungsstadium  die  bahn  ge- 
brochen, das  an  sich  in  dem  alten  verbalnomen  gar  nicht  zu  liegen 
^bien  und  das  die  hauptsächliche  Ursache  war  des  wunderbaren  und 

ZOTSCHRIFT  F.    DKÜTSGHE  PHILOLOGUB.      BD.    XYin.  t 


IS  T.   MOKSTEBBEBG 

rätselhaften .  das  den  pliilologen  die  erkentnis  des  wesens  des  Infinitivs 
entzog .  und  wenn  er  selbst  noch  in  Hartmanns  epen  vorerst  sehdchtem 
und  uiassvoU  die  neuen  wege  betritt,  so  sind  sie  es  doch,  auf  denen 
er  in  zukunft  gebietseroberungen  macheu  solte.  Er  enthält  hinfort 
nicht  mehr  als  die  abstracte  Wortbedeutung,  und  diese  sezt  er  ohne  jede 
constiiictiTe  abhängigkeit,  die  doch  bisher  der  ausgangsponkt  aller 
seiner  Verbindungen  war,  wenngleich  sie  früh  aus  dem  sprachbewostsein 
auch  bei  diesen  gekommen  war,  im  freien  Verhältnisse  einer  apposition 
neben  jeden  einer  ergäuzung  bedürftigen  begriff.  Nichts  ist  er  mehr 
von  hier  ab  als  der  absolute  verbal  begriff,  wie  die  alten  grammatiker 
ohne  genügende  souderung  den  infinitiv  überhaupt  nanten  (vgl.  germ. 
abh.  heft5s.  lu4).  Bin  ich  nun  weit  entfernt  über  den  ersten  grund  und 
anlass  zu  dieser  destructiven .  doch  für  den  Infinitiv  so  fruchtbaren 
entwicklung  irgend  eine  Vermutung  zu  wagen,  so  viel  glaube  ich 
aus^prechen  /u  dürfen:  die  wirksamsten  Vorarbeiter  und  Verbreiter  des 
infinitivs  in  seiner  neuen  function  waren  die  verba  praeteritopraesentia 
und  wt'llcn. 

Wellen  gibt  aber  keineswegs  nun  ^eine  bedeutung  so  auf,  dass 
sie  spurlos  verschwindet  uiid  icclhn  mit  dem  infinitiv  dasselbe  besagt, 
was  die  entsprechende  finite  form  des  im  infinitiv  folgenden  verbum 
bezeichnen  würde,  indem  xcellen  die  formale,  der  infinitiv  die  inhalt- 
liche Seite  bestimte,  und  das  ganze  nichts  als  eine  schwerfällige  Um- 
schreibung Ware ,  vielmehr  weiss  die  spräche  die  in  jener  bedeutung 
enthalt-enen  momente  auf  dem  wege  der  abstraction  so  zu  vergeistigen, 
dass  diese  reste  auf  die  im  infinitiv  folgende  handlung  gewisse  nüan- 
cieningen  der  psychologischen  auffassung  zu  übertragen  im  stände  sind 
(vgl.  s.  4).  Die  selbständige  Wortbedeutung  ftlt  nur  in  den  fällen  aus, 
in  denen  der  Übergang  aus  der  absieht  in  die  ausfahrung  der  handlung 
selbst  unmittelbar  eintreten  kann .  auch  sonst  nichts  im  zusammenhange 
liegt .  das  die  erste  als  gesondertes  moment  vor  der  handlung  selbst 
hervorhebt.  Wellen  bezeichnete  nun  bisher  die  abhängige  handlung 
als  nicht  wirklich,  sondern  nur  vom  subject  vorgestelt,  zugleich  aber 
als  von  diesem  aus  eigener  initiative  erstrebt  oder  auf  Veranlassung 
andrer  ins  äuge  gefasst.  Fortwirkungen  der  zulezt  erwähnten  bedeutung 
von  ti'tU'-.ii .  in  welcher  nach  ihm  der  infinitiv  der  richtung  steht|  schei- 
nen >\Q\i  in  seinem  fast  blos  umschreibenden  gebrauch  nicht  weiter 
^'eitend  zu  machen.  Die  beiden  andern  momente  treten  nunmehr 
gesondert  auf:  wellen  verleibt  der  im  infinitiv  stehnden  handlung 
ausser  der  finiten  form  den  Charakter  bald  einer  vorgestelten ,  bald 
einer  dem  innern  des  subjeets  nahestehndeu.  Von  jezt  ab  concurrieri 
wellen   mit   organischen   conjugationsformen    viel   häufiger   aln  vorher. 


INFINITIV  NACH  WILLEN  USW.  19 

und  von  jezt  ab  solte  daher  auch  erst  die  bezeichnung  hilfsverb  anwen- 
dong  finden. 

1.     Wellen   bezeichnet    die    handlung    als    vorgestelt  und 
coDcorriert   also    grammatisch   mit   dem    futurum  sowol   als  mit  dem 
conjanctiv.    Das   fehlende  futurum  ersezt  es  in  hauptsätzen,   den  con- 
jancÜT  vertritt  es  nur  in  nebensätzen,  für  den  selbständigen  conjunctiv 
kann  ich  es  aus  Hartmanns  epen  nicht  belegen. 
A.    Wellen  umschreibt  das  futurum.    In  der  auffassung  der 
einzelnen  fälle   kann  man   nicht  selten  schwanken,     öfter  wird 
man  die  absieht  noch  von  der  handlung  unterscheiden  und  daher 
ausfall  der  Wortbedeutung  nicht  annehmen  wollen.    Alsdann  wäre 
der  fall  unter   I.  und  IL  unterzubringen,    wie  man   umgekehrt 
dazu  neigen  kann  einzelne  beispiele  aus  jenen  teilen ,  namentlich 
aus  II,   zumal  sie  meist  in  der  ersten   person  wie  die  hier  zu 
behandelnden  grösstenteils  stehn ,  hierher  zu  ziehen.    Der  Zusam- 
menhang allein  vermag  dann,  und  auch  der  keineswegs  immer, 
die  entscbeidung  zu  liefern.     Kann  nun  der  plan  in  die  ausfüh- 
mng  zwar  ohne  hindernis  ubergehn,   liegen   aber    beide  zeitlich 
getrent,    so  umschreibt  wellen  die   gewöhnliche  zukunft,   wobei 
es  durch  zeitadverbien  häufig   unterstüzt  wird.    Bisweilen  liegt 
die  ausf&hrung  dem   plane   so   nahe,    dass  man  geneigt  ist,    in 
ihr  das   praesens   zu   sehen,   wie  auch  häufig  nü  dabei  steht. 
Alsdann  scheint  auch  der  lezte   rest  der  bedeutung  von  wellen 
dem  ausfall  nahe.    Die  person  ist  immer  die  erste,  in  indirecter 
rede  nur  die  sie  vertretende  dritte  (Iw.  1841.  4495.  4497),  denn 
„nur  wer  von  sich  selbst  redet ,  ist  seines  entschlusses  und  wil- 
lens so  gewiss,   dass  er  eine  künftige  handlung  zu  melden  ver- 
mag" (Grimm,  gram.  IV  s.  181).    Wird  dagegen  die  handlung 
als  zugleich  mit  dem  plane  zu  ihr  beginnend  vorgestelt,  so  um- 
schreibt wellen  das  periphrastische  futurum, 
a.  Wellen  umschreibt  das  gewöhnliche  futurum. 
£     69  ieh  ml  riten  dar.  3594. 
1130  ieh  wil  tu  immer  vremde  sin,  ichn  gereche  — 
2531  ich  wil  im  immer  guotes  jehen. 
3420  nü  wü  ich  immer  gerne  dagen  (s.  5).    7454.  7830. 
3783  ich  wil  tu  kumbers  schaffen  rät   8407.   vgl.  G.  1261. 
4193  ich  wil  si  ir  vriunden  wider  geben,   6405.  9443. 
7452  des  ichz  läzen  wil.   4531. 
9550  hie  wü  ich  inne  mich  nieten  iuwer  minne. 
48G9  dag  wU  ich  vor  in  allen  hän, 
6207  vil  gerne  ml  ich  immer  daz  umb  iuch  verschulden. 

2* 


20  V.  MONSTIBBEBa 

4374  die  ich  nimmer  ivil  zebrechen   vgl.  G.  371. 
4533  und  ml  es  immer  wesen  vro. 
91  ß  als  ich  tu  nü  sagen  toü.  1185.  1856.  2130.  2135  (vgl.  germ. 
abh.    heft  5   s.  120).    2622.  4270.  4343.    5132.    5223.  7276. 
7499.  7591.  7664.  8013.  8788.  8862.  9180.  9458.  9574. 
1450  den  top  ich  iu  enden  wü. 

3864  vü  rehte  wil  ich  iu  hejehen.  6291.  vgl.  a.H.  1126. 
4302  da  von  ich  tu  si  kürzen  wil. 

4514  vememet,  herre,  ais  ein  spü^  das  ich  nü  reden  wU. 
7488  so  wil  ich  iuch  wizzen  /du. 
8004  durch  daz  wil  ichz  bediuten. 
8538  die  rede  Tu  baz  bescheiden  wä.   9562. 
G.  1465  nA  wil  ich  dichs  niht  wenden  me. 

1560  sun^  so  unl  ich  dich  niht  me  sümen  vür  dise  vrisi, 
1220  dojs  ich  utiz  rnities  endes  zU  den  dar  umbe  biien  wü.  1261. 
371.  a.  H.  1126. 
Iw.  3301  ich  wil  im  mines  broies  gebn,  4497. 

4321  daz  ich  imfner  wil  den  tcülen  vür  dm  were  hon. 
5499  so  wü  ich  midi  ietner  schämen  mins  lebennes.  7430. 
5501  ich  icU  pnich  niemer  gevreun, 
258  ichn  wil  iu  keine  lüge  sagen.   1135.  4529.  6361.  7470. 
528  daz  wil  ich  dir  be^heiden  baz.    7041. 
6114  Kfkfe  ich   wil  iu  des  bejehen  bi  der  rtkten  wärheit.    1841. 
2175.  1887.  4495.  5648.  5897.  6417. 

b.  Wellen  bildet  das  periphrastische  futuram. 
E.  3082  als  er  wotde  buhurdieren, 

3401  do  er  wdde  riien.  er  sprach  ee  vroun  £mten. 
7607  sam  ez  (ein  bild)  wolde  sprechen  und  bildes  rdä  brechen. 
G.     204  ir  muui  unde  ir  wangen  vani  $i  im  so  geUme  ligen,  als  da 
der  tiuvti  uril  gesigen. 
843  do  er  die  vrdge  wolde  Idn,  do  erweinl  daz  kint. 
2897  min  wiri  wil  raren  iif  den  sc. 
Iw.  2765  dos  urioup  nemeu  woldeny  her  Gawein  vuorU  kern  Iweinen  dan. 

Zweimal  findet  sich  wellen  in  diesem  sinne  auch  mit  dem  Infi- 
nitiv perf.,  um  zu  bezeichnen,  wie  wenig  fehlte,  dass  die  handlang 
irt^schehen  wäre:  E.  4049.  Iw.  7436  cfr.  s.  8. 

n.  Welhu  umschreibt  den  conjnnctiv.  Dies  gesdiidit  in 
zwei  fällen:  1"^  wenn  das  mit  wellen  nms^riebene  fotanmi  ans 
&:rammatischen  gründen  in  den  coiymiictiT  des  perfecta  gewan- 
delt werden  müste.   2)  im  vordersatx  dner  bediagiugsperiode« 


INPOmV   NACH  WELLEN   USW.  21 

Diese  so  gesteckten  grenzen  überschreitet  nur  der  Iwein  in  zwei 
beispielen. 

a.    Wellen  umschreibt   den   das  futurum  vertreten- 
•  den  conjunctiv. 

a.  In  der  indirecten  rede. 
E.  3060  er  sprach,  er  ivclde  rtten  üe  hu/rzmlen. 
G.  20H7  daa  A  den  muot  Juste  erkomj  daz  si  hcete  verhorn  und  ver- 
lern wolde  aUe  man. 
a.EU67  er  seite  in  do  stnen  muot:  er  wolte  nach   sinken  vriunden 

senden, 
Iw.    955  vä  stiller  ime  sagte,  er  wolt  ze  velde  rtten  und  sin  Uten, 
3867  do  heter  zwivd  genuoc,  daz  in  der  lewe  wolde  bestän. 
6531  und  reiten,  wie  si  weiten  guoter  vreude  walten. 
Hierher  können  auch   mehrere   früher  genante  abhängige  fälle 
gezogen  werden,  vgl.  s.  16.    Wenn  hierbei  wellen  selbst   in   den  con- 
junctiv tritt,    so  könte  man  an   völligen  ausfall   seiner  Wortbedeutung 
glauben,  wie  der  nhd.  conjunctiv  impf,  ja  den  conjunctiv  des  futurum 
vertritt.    Richtiger   aber   wird   man    annehmen,    dass  der  futurbegriff 
nicht  blos  ersezt,  sondern  durch  weUen  eben  wirklich  ausgedrückt  sei. 

ß.  Wenn  er    ein  in  den   irrealen   conjunctiv  ge- 
seztes  futurum  vertritt. 

Es  ist  dies  in  den  hauptsätzen  irrealer  bedingungs- 
perioden   der  fall.    Dieser  gebrauch    scheint   sich  am 
ehesten  im  anschluss  an  das  umschriebene  futurum  zu 
erklären  und  will  man  hier  noch  einen  rest  der  Wort- 
bedeutung behaupten,    so   wird   es  nur  in  dieser  auf- 
fassung  möglich  sein.    Sezt  man  an  stelle  der  irrealen 
bedingung,    die  übrigens   mehrmals   verschwiegen   ist, 
einen  realen  grund,  so  könte  in  allen  folgenden  föllen 
im  hauptsatze  das   futurum  eintreten.    Parallelen  mit 
dem  finiten  verbum  dürften  sich  viele  bieten. 
E.  1590  vü  gerne  ich  si  wolde  loben:  nü  bin  ich  niht  so  unser  man. 
4520  daz  ichz  gemer  weide  sin,  ob  ich  wizzen  mehte  — 
3816  ich  wolde  erwdn  e^   daz  ich  wurde  verbrant,   e  daz  ichz 

iemer  gettete. 
5884  ich  hete  umbe  den  versolt^   daz  im  gevide  min  lip,    dem 
wolde  ich  sin  ein  sUstez  unp, 
Iw.  2309  stüende  mir  min  dhte  als  ez  andern  vrouwen  tuot,   daz  ich 
iuwer  niht  enwolde  so  gähes  gnäde  gevähen, 
49  und  huifez  iht^  ich  woldez  clagen. 


22  T.  K:5saaiiiB& 

Gaii2  wie  Iiier  «ier  eoajniLetiT  das  p<r&ct3  r*m  «eO?«  mit  dem 

int  pn-?*?-    iTir  nmsclireibixng  des   orgULsc&^iL  Wflj.  pei£.    so  dient  er 

uüt  dem   inf.  p^rf.  zweizc^   fnr   die    des   organi^eixeii  oonj.  plnsqiuun- 

ptrl  • 

E.       '>3^  ^/udi  icM  er  ^v^h   yrcdietk  kam,   msm  das  er  5»jieii  £ome 

Iw.^Pfi  wnm  dAki  ffi  alle  mi^^^ftdn,  ai  it»}li  im  daA  yemomen  han, 
b.  Wellen  umschreibt  den  conjnnc^ir  in  den  nebcn- 
sätzen  der  bedingnngsperiodeo.  Wdien  hat  mit 
bedingt  ausgesprochenen  Sätzen  ia&  moment  der  TOrsteUang 
gemein.  Es  steha  3«}woI  im  indieasiT.  als  auch  selbst  im 
eonjnnetir.  Im  leiteren  Mle  kann  man  ansSsdl  der  ganzen 
Wortbedeutung  annehmen.  In  ¥iden  beispielen  aber  wird 
man  aneh  diese  darin  noch  wieder  erkennen  nnd  dann  wird 
man  nur  sagen  müssen,  dass  mit  einer  ^fter  widerkehren- 
den nngenaoigkeit  der  naehsatz  nicht  ron  der  handlnng 
des  Toriersaoes.  sondern  ron  deren  entwarf  abhängig 
gemadit  ist.  Natürlich  behllt  aber  reffen  seine  roQe  be- 
dentong  da.  wo  die  hanpthandhmg  wirklieh  ron  dem  ent- 
wnrf  nnd  nicht  von  der  handixmg  des  nebensatzes  abhängt 
Diese  fiUe  gehören  nicht  hierher:  es  and  bei  Hartmann 
folgende  Tier  gmppen  derselben  wahrnehmbar:  1.  wenn  im 
nachsatze  «las  mittel  zur  Terwirklicbong  der  im  Tordersatze 
als  erstrebt  bezeichneten  handhug  angegeben  wird.  Es 
steht  dann  im  hanptsatze  ein  aosdruck  des  müssens  oder 
der  moglichkeit :  müezen  <  doch  nicht  das  in  bezng  anf  das 
prädicat  gesezte^  TgL  miiesen,  wie  G.  74^.  2020.  E.  8517. 
(s.  96 j.  Iw.  6138.  4550).  so/n.  ein  imperatiT.  dürfen^ 
mugen.  YgL  anter  I.  1,  A  aas  E.  4376.  4999.  5936.  6495 
(WO  als  naehsatz  etwa  zn  ergänzen:  remewe^L  7177.  9332. 
G.  2352  (s.  5);  Iw.  730.  1859.  4529.  5089.  5103.  5959. 
1825  (3.  6):  anter  I.  1,  B  ans  E.  5834  (ä.9);  anter 
I.  2  E.  4689.  5669.  704.  4338  (s.  11):  G.  2464.  2895 
(s.  12>:  Iw.  551.  (2466).  7919.  5746.  7670.  7676  (s.  13); 
anter  n  s.  15  ans  E.  9450,  s.  16.  Iw.  1006.  Tgl.  sein 
B,  I,  2,  b;  2.  wenn  in  beiden  Sätzen  das  nämliche  Terbom 
steht  t  im  haaptsatz  finit,  im  nebensatz  nach  wdlen  im 
infiniÜT,  so  dass  entwarf  and  TerwirkUchnng  einander  gegen- 
über treten.  Ahnlich  wenn  in  beiden  Sätzen  KtUen  mit 
demselben  infinitiT  steht;  Tgl.  ^h  B.  I.  2,  c  gegen  ende. 
Vgl  anter  I,  1,  B  (s.  9)    aas  Iw.  120.  802.   2570.    7817; 


INFINinV  NACH  WELLEN  USW.  23 

unter  I,  1,  C  s.  9.  10  aus  E.  540.  8858.  9046.  G.  1249. 
a,  H.  823;  Iw.  1812.  2382;  s.  11  unter  I,  2  E.  9042; 
s.  13  Iw.  5746;  aus  IL  s.  14  E.  3779;  3.  wenn  wellen 
bereit  sein  bedeutet.  Vgl.  unter  II  s.  15  aus  E.  (3779 
gehört  schon  unter  2)  3830.  4130.  5820.  7933  (9450  ge- 
hört schon  unter  1).  Doch  möchte  man  auch  hier  bisweilen 
das  die  haupthandlung  bedingende  lieber  in  der  nebenhand- 
lung  als  in  der  bereitschaft  zu  dieser  erkennen;  4.  wenn 
wellen  blos  eine  höfliche  Umschreibung,  also  =  geruhen  ist, 
fals  man  in  dieser  rücksichtsvollen  form  nicht  etwa  über- 
haupt ausfall  der  Wortbedeutung  von  wellen  annehmen  will. 
Vgl.  unter  I,  1,  C  s.  9.  10  aus  E.  2837.  6844.  8149.  G.  518. 
748;  a.  H.  204;  s.  10  Iw.  5015.  6343.  6421.  7415.  7992. 
7994. 
Aach  ausserdem  gibt  es  einige  fSlle,  in  denen  die  haupthandlung 
wirklich  als  von  der  blossen  Voraussetzung  des  nebensatzes  bedingt  auf- 
gefasst  werden  kann,  wie  G.  3643.  3645   E.  9845. 

a.  Wellen  steht  im  indicativ  des  praesens. 
(E.   152  (aber  in  indirecter  rede)    oueh  yedähte  der  juncherre,    im 
w<Bre  daz  ze  verre ,  oh  er  ze  den  seihen  zUen  hin  wider  wolde 
fiten, 
6.  3173  si  gehiezen  im  daz,  er  moefUe  vil  deste  haz  Jcomen  von  sinem 
meine,  öh  er  si  ztw  dem  steine  wolde  wisen. 
2020  der  zmvel,   daz  in   alsam  müese  ergän,   oh  si  tvolde  aber 
bestän  dehein  gewaltigiu  hant). 
a.H.  209  ir  enweUent  iuwer  meistersehaft  und  iuwer  rekt  oueh  hr ecken 
und   dar  zuo  versprechen  min  golt,    ich   mache  iuch   mir 
also  holt. 
560  zewäre,  im  weit  mirz  danne  wem,   so  hin  ich  im  zarzenie 

guot. 
839  u>elt  ir  mir  wenden  min  heil,  so  läze  ich  iuch  e  nach  mir 
geweinen. 
Iw.  5647  wil  du  mich  mines  guotes  und  miner  eren  hehern,   des  ml 
ich  mich  mit  kämpfe  wem, 
6138  ir  mOezet  vliesen  den  lip,  weit  ir  üf  die  hure  varn  (hier  ist 

müezen  blos  =  sicherlich  wird  geschehen  (vgl.  müezen  B). 
592  wil  du  danne  niht  verzagen,    sone  tuo  dem  hecke  niht  me 
(trotz  des  Imperativs  im  nachsatze  gehört  das   beispiel  hier- 
her, weil  dieser  nicht  das  mittel  zur  Verwirklichung  des  im 
Vordersatz  erstrebten  angibt). 
4570  ir  habet  missetän,  weit  ir  den  ritter  alsus  län. 


24  V.  MONSTERBER& 

1490  ime  toeUet  mir  volgen,  so  habt  ir  den  lip  verlorn. 
912  ich  mac  dae  niht  bewarn,    und  teil  der  hünec  selbe  vam, 

mir  wirt  min  riterschafl  benomen, 
2864  hat  er  sich  eren  verzigen  und  unl  sich  -M  ir  verligen  und 

giht  des  danne,  das  — ,  dane  gesieh  st  niemer  suo, 
7840  im  wellet  besorgen   dise  selbe   sacke ^    man,efdat    iuch  mü 

gemache  nienwr  mere  gelebn. 

/  Bei  den  pluralen  formen   Hess  sich  nicht  erkennen,  ob  sie  dem 

indicativ  oder  conjonctiv    angehörten.     Wechsel  mit  der  finiten  form 
findet  sich  Iw.  2864. 

ß.  Im  conjunctiv  des  praesens. 

£.  6927  ezn  möhte  ouch  nieman  gejehen^  er  entceUe  in  liegen  an. 
G.  1530  des  tcär  ich  Jean  si  wol  erjagen,  sine  welle  sich  mir me  ver- 
sagen. 
a.H.  1408  dem  meier  und  sinem  wibe  den  mac  manwci  gdouben,  man 

etucdles  rehtes  roubefi. 
Iw.  7966  shie  welle  brechen  det^  ir  eit,   so  hän  ich  ouch  volendet  die 
rede. 

y.  Im  conjunctiv  des  perfects. 
£.  3887  (s.  14)   swer  besser  mich   da  tone  nach  eren  kesen  tvolde, 
gern  ich  ims  volgen  solde. 
432  swen  dise  cdelarfHet^  niht  wolden  erbarmen,   der  was  herter 
danne  ein  st^in. 
5233  von  diu  wter  er  niht  wiser   man,   swer  im  wolde  dar  an 

nemen  gros  l<ister. 
5237  ja  w<en  man  iender  runde,   swie  sere  er  wolde  ersuockeny 

so  krefteclkhe  liste, 
6904  wan  er  bereit  sich  ouch  dar  suo,  als  er  justieren  sclde,  ob 

er  niht  versagen  wolde. 
8692  und  wolle  er  immer  versagen  von  geheisen  ufwl  von  starker 
dro,  $6  wterc  er  versagtt  do  (dieses  beispiel  widerspricht 
nicht  no.  2   s.  22,    weil   kein   g^ensati  iwischen   entwurf 
und  Teiwirkliehung  vorliegt:  der  gegensats  liegt  hier  viel- 
mehr in  dem  verzagen  vor  drohungen  überhaupt  und  dem 
damaligen  im  be sondern). 
36^2  dti  cm  bevriden  solde.   ob  in  ieman  schaden  wolde  (vgL  zu 
Iw.  592  s,  231 
a.  H.  967  der  die  ron  dir  nemen  wolle,  $6  geriuwes  dich  n7  lihie  doch. 
Iw.  4550  ^  MtN^^  tu  das  mis^semen ,  woMei  ir  iU  um  memen  (vgl. 
zu  Iw.  6138  &  23X 


DdFlMTlV   NACH  "WELLEN  USW.  25 

3172  si  ist  tu  06  edd,  dcus  ir  st  Jcebsen  soldet,   ob  ir  erkennen 
tßoldety  was  riters  triuwe  wcere, 

d.   Im  coDJunctiv  des  perfecta  mit  dem  Infinitiv  des  perfects. 
E.  5260  und  heten  es  gerne  vil  getan ,  tcolt  ins  JlSrec  gehenget  hän. 
Iw.  3797  und  Wolter  lönes  hän  gegert,  des  wcerer  da  gewert. 
7334  dae  hete  si  lihte  getan  y  woU  es  der  hünec  verhenget  hän, 

c.  Die  unter  a  und   b  angegebenen   grenzen  in  seinem  den 
conjunctiv    umschreibenden    gebrauch    überschreitet  wellen 
nur  im  Iwein.     Hier  steht  es  einmal,    um   die  vorge- 
stelte   folge   einer   nicht   wirklichen   Ursache   zu 
bezeichnen  mit  dem  inf.  praes. 
Iw.  2949  ichn  wart  nie  manne  so  holt,    dem  ich  ditz  selbe  golt  wolle 
Ithen  ode  gebn.   und  einmal  in  gleicher  läge  mit  dem  inf. 
perf.  X 

8084  mim  tete  dag  weter  nie  so  we,  ichn  woltez  hän  geliten  e. 

2.  Wellen  bezeichnet  die  handlung  als  dem  interesse 
des  subjects  nahestehend.  Auch  hier  begegnet  wellen  einer  alten 
fimction  des  conjunctivs  (vgl.  Rossbach ,  Vorlesungen  über  griech.  Synt. 
und  über  Dias  W.  S.  1880/81  zu  Ilias  A  26).  Doch  ist  dies  hier  zufall 
und  die  hier  zu  behandelnde  fähigkeit  des  verbum  von  dem  in  ihm 
enthaltenen  ethischen  interesse  herzuleiten. 

So  bezeichnet  es  den  innersten  drang  des  herzens  in  ausdrücken, 
die  so  recht  als  unmittelbare  ausflüsse  des  jeweiligen  gemütszustandes 
hingestelt  werden  sollen:  ich  toü  ez  gote  klagen  E.  4777.  G.  2388. 
Iw.3976.  4728.  5906. 

a.E  608  des  ich  got  iemer  loben  wil. 

701  des  wil  ich  gote  genäde  sagen, 
6. 1357  des  wil  ich  iemer  wesen  vro. 

Ein  futurischer  sinn  liegt  in  diesen  Verbindungen  nur  insofern, 
als  er  in  jedem  praesens  liegen  kann,  namentlich  wenn  zeitadverbien 
dabei  stehn,  die  auf  die  zukunft  gehn,  wie  Iw.  6956  daz  ich.es  gote 
«wmcr  klctge, 

Oder  es  verleiht  den  werten  den  ton  der  treuherzigen  Überzeu- 
gung oder  der  gutmütigen  besorgnis.  Daher  finden  sich  hier  häufig 
beteuernde  partikeln.  Viele  fS-lle  derart  wird  man  aus  III,  1,  A,  a 
8-19fgg.  hierher"  ziehen  dürfen  (zwäre  steht  bei  E.  1185.  1856.  2622. 
4343.  8862). 

R3183  sich  6/",  lieber  herrCy  üf  genäde  verre  toü  ich  dir  durch  triuwe 
sagen,  dir  sint  ritter  nähen  bi. 


26  y.   MONSTERBEBO 

E.  54G5  doch  wil  ich  iu  jstväre  sagen,   hat  diser  man  ritters  namen, 
so  möhtcnt  ir  iuch  immer  schämen. 
5681  da  ist  ez  also  gewant^  daz  ich  iu  wä  zwäre  sagen y  ezn  mac 

ein  ritter  niht  bejagen  bezzer  lop  danne  otich  da. 
5876  so  wil  ich  hie  verkiesen  alle  man  immer  mere, 
5960  (in  den  dubitativen  conjunctiv  gesezt?)    nü  was   weide  ich 

tumbe  ie  reden  dar  unibe? 
6509  vil  kurze  ich  iu  antwurten  wU:   ir  mugt  wcl  rede  Verlie- 
sen vil. 
9049  ichn  ahte  et  niht  üf  iuwer  dro  und  wil  si  wol  genozen  zwein 

bergen  grozen. 
9066  ja,  des  wil  ich  dir  verpflegen. 
9539  ouch  wil  ich  mich  vennezzen, 
9682  des  swer  ich  wol  und  wil  es  jehen. 
9833  wan  si  da  ze  huse  nimmer  weiden  werden  vro. 
G.  1296  nü  wil  ich  dir  vilr  war  verpflegen. 

1626  und  verkaufe  dine  kurze  tage  umb  daz  ewige  leben,    sun, 

den  rät  wil  ich  dir  geben. 
1631  ich  geruoive  niemer  me  utid  wü  iemmer  vamde  sin. 
2361  herrCy  des  wil  ich  iu  jehen. 
a.H.  1340  ich  wil  iu  geheizen  unde  sagen,  daz  — 

1517  bi  unsers  herren  hulden  wil  ich  iuch  biten  alle,  daz  — 
Iw.    849  ich  wil  iu  daz  zwäre  sagen. 

1902  sone  wilz  diu  werlt  so  niht  verstän. 

4339  zwäre  ^  ich  wil  iuch  troesten  wol. 

6708  von  swem  iu  leide  mac  geschehn^    daz  wü  ich  harte  gerne 

sehn. 
6819  ja  wcerent  ir  da  mite  bes wichen,  daz  wil  ich  iu  sagen. 
7048  si  hat  aber  underslagen  ein  want,    als  ich  iu   wä   sagen 
(durch  wellen  erhält  hier  die  lösung  der  voraogehnden ,    auf 
erregang  von  Spannung  berechneten  worte  eine  gewisse  Wich- 
tigkeit). 
8126  nu  wil  ich  iuch  durd^  got  biten,  daz  — 
Naturgemilss  bei  impersonalibus  der  affecte: 
E.  4649  so  wolde  in  niht  genüegen. 

9005  daz  duMe  in  torlich  getan  und  wolde  im  versmähen  und 
begunde  gähen. 
Q.  3094  desn  wolde  in  niht  verdriezen. 

Viel  zur  erhaltung  der  bedeutnng  von  wdlen  trägt  sdn  gegen* 
satz  za  yerben  mit  verschobenem  praeteritnm  bei  Es  steht  verbon* 
den  mit 


INFINITIV  NACH  WELLEN  USW.  27 

soln  G.  28.     a.  H.  882.     Iw.  386.  2309.  4788. 
müe^en  E.  7971.     Iw.  7713. 
hunnen  Iw.  8144. 

Häufig  steht  der  inf.  nicht  dabei,    sondern    ist   zu  entlehnen, 
nämlich 

L  ans  derselben  periode 

a)  im  relativsatze  ans  dem  hanptsatze  (vgl.  R.  Steig  s.  325) 
E.  3728  (s.  5).  Iw.  2145  (s.  9).  6084  (s.  5).  Namentlich 
im  algemeinen  relativsatze  E.  535  (s.  9).  1110.  7181.  7455. 
8739.  3834.  9588.  G.  1080.  2061.  2963.  Iw.  846.  7380. 
2164  (s.  9),  der  in  den  hauptsatz  eingeschoben  ist  E.  540. 
5219  (s.  9). 

b)  im  bedingenden  nebensatze  G.  1249  (s.  10).  Iw.  120  (s.  9). 
1030  (s.  12).  2670.  7817.  (s.  9).  Er  geht  dem  hauptsatz 
voran  E.  5834  (s.  9).   8858  (s.  10).     Iw.  802  (s.  9). 

IL  aus  einer  andern  periode 

a)  in  der  antwort  aus  der  frage  E.  9042  (s.  11).^ 

b)  aus  dem  algemeinen  zusammenhange  E.  3779  (s.  14). 

Über  die  ellipse  und  andere  mit  dem  inf.  nach  wellen  concur- 
rierende  constructionen  vgl.  germ.  abh.  heft  5  s.  51. 

Die  rerba  praeteritopraesentia. 

Das  Verhältnis  des  Infinitivs  zu  den   verben  mit  verschobenem 
praeteritum  ist  ganz  ähnlich  wie   zu  wellen  mit  dem  s.  2  angeführten 
DDterschiede.    Auch  mit  ihnen  war   er  ursprunglich   nur   darum  ver- 
einigt, weil  jene   das  bedärfnis  nach  vervolständigung  ihres  begriffes 
darch  angäbe  einer  richtung  hatten  und  er  eine  solche  angäbe  zu  bie- 
ten vermochte.    Sobald  aber  die  Vereinigung  volzogen  war  und  in  folge 
FOD  ihr  entzog  sich  der  infinitiv  seiner  aufgäbe,   weil  der  consecutive 
sinn  nur   noch   in   dem  regierenden   verbum   gefühlt   wurde.     Daher 
erklärt  es  sich,   dass  er  auch  da  ohne  bedenken  mit  jenen  werten  in 
Verbindung  gelassen  wurde,  wo  sie  ihre  bedeutung  so  geändert  hatten, 
dass  nach  ihnen  eine  condecutive   ergänzung  nicht  mehr  nötig  war. 
Der  infinitiv  hatte  nach  jenem  gefühl  nur  soviel  bedeutung  einer  rich- 
tung, als  der  ganzen  Verbindung  vom  regierenden  verbum  verliehen 
wurde. 

So  wurde  die  bedeutung  des  Infinitivs  sehr  bald  verdeckt  durch 
die  verwante  der  verba  mit  verschobenem  praeteritum  resp.  von  wel- 
len^ ein  Schicksal  des  infinitivs,  das  vermöge  des  so  ungemein  häufigen 
Torkommens  jener  Verbindungen  sicherlich  nicht   zum  kleinsten  teile 


28  T.  MONSTEBBBBO 

dazu  beigetragen  hat,  dass  man  sich  gewöhnte  denselben  in  abgeblass- 
ter  bedeutuug  zu  setzen. 

Will  man  daher  im  einzelnen  feststellen ,  auf  welchem  wege  der 
Infinitiv  almählich  seine  casuelle  bedeutung,  die  der  richtung  hier,  nach 
diesen  verben  verloren  hat,  so  ist  man  widemm  genötigt,  den  wandet 
der  bedeutung  jener  selbst  zu  verfolgen.  So  lange  in  ihnen  noch  ein 
rest  ihrer  ursprünglichen,  eine  ßlhigkeit  oder  bereitschaft  zu  einer 
tätigkeit  bezeichnenden  bedeutung  nachzuweisen  ist,  werden  wir  anneh- 
men müssen ,  dass  der  infinitiv  nach  ihnen  noch  vermöge  seines  casuel- 
len  Ursprunges,  dessen  man  sich  freilich  nicht  mehr  bewust  war,  zu 
stehn  berechtigt  war^  wie  aber  jene  durch  zahlreiche  Übergänge  almäh- 
lich abnimt  und  ganz  schwindet,  so  wurde  auch  das  alte  wesen  des 
Infinitivs  immer  verwischter^  bis  er  da  anlangte,  bis  wohin  wir  ihn  schon 
nach  toellen  (germ.  abh.  hcft  5  auch  nach  wcenen,  gedenken^  heiisen,  lassen 
und  geschehen)  begleitet  haben :  bis  zum  blos  appositiven  gebrauch ,  fast 
die  lezte  Station,  bis  zu  welcher  der  infinitiv  bei  Hartmann  als  ver- 
balform  überhaupt  auf  dem  wege  seiner  entartung  gekommen  ist.  Die 
wichtigste  aufgäbe  bei  der  anordnung  sämtlicher  hierher  gehörender  bei- 
spiele  muss  es  daher  auch  hier  sein,  die  ursprüngliche  bedeutung  bis 
in  ihre  lezten  spuren  zu  verfolgen ,  und  hierbei  sind  auch  die  modi  und 
gewisse  adverbien,  welche  zur  nüaucierung  des  ausdruckes  beitragen, 
zu  berücksichtigen.  Für  das  Got.,  das  Audd.,  für  Otfrid,  die  ahd. 
Übersetzer  und  Berthold  von  Regensburg  vgl.  A.  Koehler,  der  Gfyntac- 
tische  gebrauch  des  infinitivs  im  Gotischen,  in  Pfeiffers  Germania  XII, 
a.  1867,  8.  425,  K.  Steig  8.317  fgg.,  0.  Erdmann  I  §  332,  A.  De- 
necke 8.  9  fgg.,  H.  Koetteken,  der  zusammengesezte  satz  bei  Berthold 
von  Regensburg,  Strassburg  1884,  §  203. 

1.    Mugen. 

A.  Der   ergänzung  durch   einen  infinitiv  ist  mugen  bei 
Hartmann  nicht  bedürftig 

a.  in  der  alten,  in  sich  begrifflich  noch  völlig  abgeschlossenen 
bedeutung  von  valere,  kraft  haben,  gesund  sein.  Es 
findet  sich  so  in  einer  Schwurformel  im  firec 

E.  4683  ich  bringe  iuch  ze  hüse  oder  ich  enmac, 

4686  ich  wcene  ir  enmegt.     Vgl.   Eaiserkr.  11823  wie  mac  mtn 
tmp? 

b.  in  der  transitiven  von  vermögen  oder  zu  etwas  beitra- 
gen.   Statt  des  neutralen  objects  steht  auch  ein  satz  mit  das* 

E.  2679  toider  st  niemen  nikt  enmac. 

G.  3499  nü  tnoM  diu  große  triuwe,  daß  im  dm  eile  genas* 


INFINITIV  NACH  WELLBN  USW.  29 

a.R  1256  urider  den  niemen  niht  enmac. 
Iw.  4058  waz  moht  ich,  daz  ir  an  im  missegie? 

Mit  einem  dativ  der  person  zugleich. 
E.  8319  dag  machete  in  der  ougen  regen. 
G.  2906  diu  liebe  und  diu  leide,  die  mähten  im  daa,  das  — 

B.  In  allen  übrigen  fällen  bedarf  mugen  eines  infini- 
tivs  (der  bisweilen  zu  entlehnen,  zuweilen  zu  ergänzen  ist, 
s.  u.),  und  zwar  bezeichnet  es  dann  entweder  eine  möglich- 
keit  oder  einen  anlass  haben. 

i.    Mugen  bedeutet  eine  mSglichkeit  haben. 

1.  Das  die    möglichkeit   gewährende    liegt    in    der   eignen 

kraft  des  subjects. 
a.    In  der  körperlichen  stärke  oder  fertigkeit 
Im  ind. 
E.   887  sine  mohten  noch  enkunden  ir  mit  kreften  niht  gelegen. 

6427  si  efimohte  im  niht  gestrUen, 
Iw.  6678  (die  risen)  mohten  ervehten  wol  ein  her. 

Im  coiy. 
K  373  daz  bette  ein  man  nie  möhte  erwegen. 

3118  dem  si  mohten  hän  gestriten. 
Iw.  2129  so  snd  ist  dehein  man,   daz  er  hin  und  her  widere  möht 
kamen  in  so  kurzer  vrist, 
2232  wie  möhte  iu  den  lip  genemen  ein  unp. 

b.    In  der  geistigen  fassungskraft. 
Im  ind. 

E.  3077  der  sich  des  mohte  verstän. 

3130  done  moht  ers  niht  verstän. 

Iw.  7844  mahtü  mir  nü  rät  gegebn? 

Im  conj. 

E.  338  swes  ein  man  möhte  erdenken. 

c*  Iq  einer  dem  subject  speciell  zukommenden  wesenhaftigkeit. 

Das  subject  ist  eine  person. 
Im  ind. 
**•  541  gat  mac  den  riehen  dem  armen  geliehen   und  den  armen 
geriehen. 
^1^7  im  lüfte  als  üf  der  erde  mohte  si  sweben^  üf  dem  wäge  und 

drunder  leben. 
^^^7  si  mohte  wunder  machen. 

598s  wes  im  zer  s&e   si  gedäht,    des  enpnac   ich    (ein   mensch) 
wiezen  niht. 


30  V.  MONSTEBBBRG 

G.  1905  der  im  mohte  gevrumen  unde  gewerreriy  dem  oberisten  Herren, 
a.H.   399  dag  sl  ere  unde  guot  ane  got  mügen  hän, 

505  leider  nü  enmuge  wir  im  ze  keinen  skUen  kamen. 
753  dajs  ir  unlange  doch  mit  mir  iuwer  vreude  mOgent  hän. 
Iw.  3129  dag  min  vrouwe  ein  wip  ist,   dag  si  sich  gerechen  niene 
mac,    5013. 
6342  got  eine  nux  iu  helfen  hin. 
Mit  tpol  1803  nü  mac  tuch  got  weil  stiuren. 

Inf.  fehlt. 
E.  3288  des  gevertes  st  do  pflac,  dar  nach  als  ein  vrouwe  mac.  3442. 
5768  wan  daz  siz  pflegent  efManden  ougen  unde  handen,  wan  st 
anders  niht  enmegen. 

Im  CODJ. 
a.H.  571  daz  si  gdeisten  mohte. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Im  iüd. 

£.  1567  mit  eime  mantd  langen,  der  im  ze  mäze  mohte  ^n. 

2609  nune  moMe  sich  geliehen  der  schal  von  den  scheftenj  wan  — 

4698  wände  ez  iu  niht  nuic  gewerren.  4750.     G.  1302. 

6228  ezn  mag  itAch  niht  vervän.     G.  298. 

7569  swaz  er  dinges  begie,  daz  sagebtere  wesen  mac. 

7662  daz  mohte  sich  gemäzen  disetn  sateUuoch. 

8421  dinge  f  diu  uns  sus  gnuoc  ringe  die  zit  mugen  gemachen. 

8437  da  von  daz  einer  slahte  bluot  diseti  stein  geweichen  mac. 

a.H.  1155  noty  diu  sich  in  eines  ta^es  vrist  an  mime  libe  geenden  mac. 

1345  daz  (schelten)  enmohte  ir  niht  vrum  wesen. 

Iw.    761  done  f nahten  mir  diu  werc  den  muot  an  im  niht  volbringen. 

5339  alles  des,  des  im  ze  schaden  mohte  komen.   7910. 

Mit  wol. 
E.      90  ez  mac  iu  wol  gewerren. 

8601  als  ez  des  tvirtes  richeit  wol  vürbrtngen  mohte. 
G.  3644  dazn  mac  der  lip  niht  wol  vertragen. 

Im  coDJ. 
E.  3140  waz  mohte  sich  geliehen  so  nahen  gender  riuwe. 
6501  wände  ez  mohte  in  niht  gewerren,  daz  si  — 
a.H.    491  waz  mäht  uns  me  gewerren?   1062. 
Iw.  7203  nü  sehent,  wie  selch  gewin  iemen  geriehen  mege. 

Mit  wol. 
G.  3017  daz  metnde,   daz  eines  mannes  münt   niht   mohte   erziugen 
wol  — 


INFINITIV  NACH  WELLEN  USW.  31 

a.E  908  es  mokte  in  umbe  ir  herren  vil  harte  wol  gewerren. 
Iw.  6725  ern  mohte  niuwet  an  getragen,  daz  im  wol  geschienen  mähte. 

2.    In   Verhältnissen  ausserhalb  des  subjects. 

a.    In  zur  Verfügung  stehnden  mittelu. 
Im  ind« 
E.  305  sU  mir  wülehomen  zim>  dem  und  ich  nü  haben  mac, 

il2  so  vü  was  dem  riehen  man  niht  vertan,  daz  er  einen  kneht 

mohte  hän. 
8738  des  obzes  moht  er  ezzen,  swie  vü  od  swaz  er  wolde. 
1002O  die  ez  haben  mähten.  9984. 
6. 1078  mute,  des  er  mohte  hän, 
a.H.  761  daz  ir  mir  alsolhez  guot  zeifietn  manne  niht  mugent  geben. 
Iw.7115  diu  sper,  diu  st  da  haben  mohten. 

Im  conj. 
E.  499  moht  ir  mir  umb  isengwant  getuon  deheiner  slahte  rät,    so 
wurder  — 
1395  der  vaier  mokte  ez  niht  erziuget  hän. 
2276  möhte  er  gehabt  hän  volle  hant,  — 
Iw.  2844  moht  ich  dem  hüse  geringen. 

7985  d€tz  mir  des  guotes   ode  der  tage  ode  beider  zerinne,  e  ich 
die  grozen  mimie  umb  iuch  verschulden  miige. 

b.    In  äussern  umständen. 

a)   In  der  beschaffenheit  des  objects. 

Das  object  ist  eine  sache. 
Im  ind. 

E.  1434  man  moht  ez  vil  geriten. 

5161  man  mac  diu  wunder  niht  gesagen. 

7296  mit  volblanker  varwe.    ezn  mohte  niemen  vaste  keine  wile 

angesehen. 

8225  man  moht  so  umnnecUcher  schar  nie  gliches  iht  beschouwen. 

9287  daz  man  isengwant  vil  mildiche^i  mac  begrifen. 

G-  911  deheinen  list  enmohter  erdenken  so  gevüegen. 

3088  daz  man  gevüeren  mohte. 

Iw.  2399  si  mohtn  ir  wiUen  unde  ir  heil  ir  Uhte  geraten. 

4887  nune  mag  ichs  beidiu  niht  bestän. 

5399  ezn  mohte  her  Iwein  den  lewen  niht  vertriben. 

Inf.  fehlt 

a.H.  591  alsus  so  wände  er  ^  do  gesweigen:  dö  enmoJUer. 

Im  conj. 

^•H    553  klage,  die  niemen  doch  enmöhte  verenden  noch  gebüezen. 


32  V.  MONSTKBBKBa 

Das  object  ist  eine  person  (meist  im  dat). 

Im  ind. 
E.  1139  ichn  mohie  in  nie  erwenden. 
2674  si  niemen  mohie  erwegen, 
4887  mag  ich  iii^  erbiten. 
5805  trän  liim  phoc  niht  verborgen  sin. 
6398  d€U!  iuch  ni^nan  getreusten  mac. 
8025  im  mohie  nihi  wider  sin, 

8121  Jen  (uncerMagien)  man  nihi  lihie  entsprechen  mae. 
8814  dim  mac  ^  niemen  des  gewegen. 

Mit  Kol. 
Iw.  1880  Juan  macs  (diu  wip)  üg  äbdem  mmoie  beieren  wcl  ee  guote. 

Mit  lihie, 
5808  ein  gast,  der  also  spate  und  also  mOeder  iumä  geräem,  den 

mac  man  Khie  des  erbiten. 
5590  man  mac  Am  gt^si  tiUe  ril  geladen^  der  beliben  wil. 
Im  eoi\j. 
G.  2065  ^  geddhie,  9cen  si  nü  new^en  wkMe. 
a.H.   901  ^  man  ir  doch  niht  emnoUe  benemem  ir  wüten, 

ß)  In  einem  praepodtionalen  oder  adverbialen  ansdruek.  der  im  znsam- 

menhange  meist  eine  nihere  erklinmg  findet 

^Ich  ordne:  die  localen,  temporalen^  instnunentalen •  modalen.) 

Das  sabjeet  ist  eine  person. 
Im  ind. 

E»    312  dar  am   moht  WMn  schomwen.     3620.    5278     7164.    10078. 

Iw.  1162. 

2601  mume  mohie  er  swische»  dm  sdwurm  geymstieren  mere, 

3331  als  ich  es  term  wmc  gesehen. 

4344  ir  mugnt  hie  den  pris  bejagen.   5682. 

4855  als  ich  es  dar  an  kiesen  moc*.     Iw.  2570. 

6029  michel  graben  mmde  mist  mac  man  daar  uj»  Verliesen. 

7884  da  mmm  jn»  mohte  rtfm. 

8531  da  ich  lüttet  wider  er»t  wdgen  mac. 

8751  da  niemen  durch  muhte  kiMmen. 

a.H.    101  d^  mmge  wir  an  der  kersen  seh^m  ein  wahres  bilde  geschehen. 

Iw.    7^  ichn  muhi  miht  imer  dd  getigen. 

V^s  ^inhtchff  verbuiu  «ti^kt  in  ^teich^m  &lle  G.  274S.  3592. 

Iw%2134  Ja»  eimr  m  i«mM  (Ui^fenj  gerüen  mac^ 

2923  dime  mMe  sis  mhi  wider  komen. 

$IM  di  muUe  mtm  s^.'htmwen. 


mymiTlV   NACH  WELLEN  Ü8W.  33 

3908  esn  moht  et  do  niht  toceher  stn. 

4099  der  dewedem  mach  ich  ze  disen  zUen  niht  hän, 
E.  814  so  si  meiste  von  ir  sinnen  üz  den  rossen  mohten  gwinnen, 

5909  und  si  den  Tot  mit  ir  bete  enmohte  ühertvinden  noch  — 

6284  nu  enmohte  im  diu  guote  vor  grözem  unmuote  und  vor  her- 
zensere  geantwurten  mere. 

9179  des  enmohte  er  niht  verzagen, 
G.  629  da  von  enmac  ich  der  vrouwen  leit  entecken  noch  mit  worten 
errecken. 

1652  unz  si  sich  vor  dem  breiten  se  enmohten  undersehen  me. 

1881  mag  ich  nü  disen  herzogen  üf  gotes  gnade  bestän? 
Iw.2059  mit  mime  Itbe  mac  ich  den  brunnen  niht  erwern. 

2908  nü  mugt  ir  mit  dem  guote  volziehen  dem  muote. 

6500  si  mohte  nach  betwingen  mite  eines  engeis  gedanc. 
E,3917  so  mugt  ir  äne  sorgen  mich  genemen. 

3921  so  enmctch  er  iu  niht  geschaden. 

9379  so  mugt  ir  dienest  von  mir  hän, 
0.  448  so  mac  si  mit  dem  guote  volziehen  dem  muote, 
Iw.  777  daz  ichz  niht  gende  enmohte  getragen, 

7295  do  si  mit  minnen  nieman  gescheiden  moMe. 
Mit  tpol. 
R  3196  ir  muget  wol  schouweti  an  ir  geverte,    6817.     Iw.  5934. 
6.2812  da  mäht  du  dich  diner  sünde  wol  beklagen. 
Iw.  3684  der  mac  ich  beider  nü  wd  jehn. 

Der  inf.  fehlt 
B.  258  er  im  gedahte  bdiben  da:  wände  em  mohte  anderswä. 
R  142  ich  kum,  ob  ich  vor  siechtuome  mac, 
G.  608  alsus  getruogen  si  ez  hin  bi  der  naht:  vor  dem  tage  enmoh- 

tens  e. 
Iw.  7542  ob  ich  mohte  iuch  geren,  nunc  mac  ich  anders,  wan  also,  daz — 

Im  conj. 
£•3409  möht  mcm  dehein  ere  an  iu  unben  begän.  5481. 

8433  i  man  ez  dem  steine  iender  möhte  erkiesen  an, 
G»  471  man  möhte  von  in  beiden  da  grozen  jämer  hän  gesehen, 
Iw.  2000  sine  möhte  da  niht  vinden  niuwan  zom. 
Iw.6l57  war  möht  ich  nü  gerUen? 

^  6236  möhtent  ir  im  daz  leben  mit  weinenne  wider  geben, 
6-  2945  em  möhte  der  spise  vor  dem  hunger  niht  geleben, 
Iw.  1069  so  er  mit  niemen  enmohte  erziugen  dise  geschiht,   1527. 

6888  em  möhte  den  kämpf  niht  gesehn  vor  ander  unmüezekeit, 

7447  und  möhtet  ir  vor  der  naht  hän  gesehn. 

UntCBR.   V.   DBUT80BS   PHTLOLOOTS.    BD.  XYTII.  3 


E.  7943  iraM  so  wioUad  ir  habfm  warn  — 
Mit  traf. 

E.  4187  ee  mcUe  <m  dirre  tnmwen  ein  tore  wd  sdkamwem 
Iw.  1462  der  toi  tmoUe  am  mir  wol  hie  Mefff». 
Iir.7429  ir  tmöUent  ane  sduimde  mir  wo!  sagem  imwerm 


Das  snbjeet  ist  eine  sadie. 
Im  ind. 

E.  1181  es  tmac  im  da  frt  ^m  eriami, 
Iw.  6685  dorne  m^Me  nM  vor  hesian. 

E.  6732  es  entmoUe  do  miki  (o;  geäm. 

E.  9345  ja  cmmtae  mir  disim  sehamde  vom  solkem  mamme  me  gesduikel^ 

E.  4878  so  fmac  mnr  li€bers  mHU  gesdiAem.  9427. 

G.    442  mm  9ras  w^ae  dämme  ir  mmoi  gnrwmem  «psie»  äme  guoi? 
Iw.  2597  erm  mtokte  m  amders  mikt  gesdidm. 

Mit  wol. 
O.  2808  da  mme  dir  wol  werden  we. 

Im  CODJ. 
G.  1746  e£m  mtoU  le  mmmsier  gesekAem. 

2470  sieh  mkjUe  ril  moA  der  toi  gemmd  hohem  se  dirre  moi. 
G.  3719  ob  dos  vom  goies  gebe  imumer  mtohie  geschekem^ 
Iw.  1402  wamd  was  mtöU  im  nm  der  gesehAm? 

344^  da  mite  es  gmmoc  m^Aie  insu. 
a.H*  370  mtohi  es  mf  riiirnrii  hmldem  sitL 
Iw.  1735  dim  im  alswa  moUe  gtsdkei^ 

7*.    In    einem   andern    saiie« 

la.    In  einem  übeigeoidBeces. 
aa.    Der  salz  mit  mmgem  ist  &n  conseenliTer  coAJonclionalsafaL 

Das  sabject  ist  dne  pcneo. 
Im  ind. 

E.    490  mirm  gerOege  goi  moeh  dem  imt.  doM  iek  er  geweeiem  wme. 

1835  mtam  fei  m  edsi  rieke.  dos  er  sieh  maii  m  lejmgem  machie, 

2961  dos  er  hermoehie  mi  gesdlem  algdiehe.  dos  si  ciI  voBetSd 

r*yn  im  selbem  awhiem  rem. 

2971  mos  dos  er  siek  so  gor  vewloe^    dos  wftwffi  dekeim  akie  i 


3021  (der  smmmem  sdim)  hei  die  bnmemüem  liekks  «W  krvfeit,  di 
sS  skk  McdUm  M»dhr.TdWw.    1^9.  22ib4.   S251.   3570.   558 
t>409.  6865.  9172. 
G.    125  ir  beäe  jimomdem  so  m^  dos  si  sidk  mmtiem  mmekfithtm. 


INPmiTIV  NAOH  WBLLBN   USW.  35 

6.  779  der  wint  wart  also  gröz,   daz  si  Meine  noch  groz  mohten 
gevähen. 
1268  got  hat  dir  vil  vrie  wal  gegeben^  daz  du  nü  selbe  din  leben 
mäht  koufen  unde  keren  ze  schandeti  ode  ze  eren. 
a.E  609  ez  ist  mir  kamen  üf  daz  zil^   daz  ich  den  jungen  lip  morC 
geben. 
929  Sit  ez  alsus  umbe  iuch  statj  daz  man  iu  gehelfen  mac. 
1147  wan  daz  ich  mich  weste  des  muotes  also  veste,  daz  ich  ez 
wol  ma^  dulden. 
Iw.  2520  daz  hat  im  lihte  an'dirre  vrist  ein  sdh  unmuoze  benomen, 
daz  er  niht  mohte  kamen. 
3609  er  was  bedwungen  mit  seiher  siecheite,  daz  er  so  wol  gereite 

niht  üf  mohte  gestan. 
4754  daz  uns  der  rise  kume  vruo,  daz  ich  umbe  den  mitten  tac 

dannach  hin  kamen  ma^.  4798. 
4945  den  warn  die  zagde  under  in  zesamene  gevlohten^    daz  si 

niene  mähten  ein  ander  entwOchen, 
5468  wnz  üf  den  tac,   daz  ich  wider  haben  mac  miner  vrouwcn 

hulde. 
5909  er  und  sin  lewe  wären  wunt  so  sere^   daz  er  mohte  gevarn 
unverre.  5612,  7355.  7412.  7667. 
Mit  wol. 
Iw.  270  so  vuar  ich  allen  den  tac,   daz  ich  vür  war  wol  sprechen 
mac.  5034. 
6849  daz  man  ir  da  vil  schone  pfl<^,  daz  si  wol  mähten  riten. 
Mit  likte. 
Iw.6945  iu  ist  e  so  vil  geseit,  daz  ich  iu  lihte  ma>c  gesagen. 

Im  conj. 
^1596  auch  hat  sich  so  manec  munt  in  wibes  labe  gevlizzen,    daz 
ich  niht  möhte  wizzen,  weihen  lop  — 
1769  als  ob  die  sterne  wceren  unverdaht,   daz  man  si  möhte  wol 

gesehen  (dies  wol  gehört  zum  inf.). 
5426  der  ritter  groze  quäle  leit,    daz  nimer  man  möhte  erliden 
grtßzer  not.    7947.  9553.  9840.  9913. 
Iw.  4027  ein  also  a/rmiu  magt,  daz  deheiniu  armer  möhte  lehn. 

6376  so  sint  si  ze  manhaft,   daz  in  iemer  delvein  man  den  sige 

mäge  beihaben  an. 
6625  sof^  hin  ich  niender  dem  gdich,  daz  ich  ir  möhte  gezemen. 
Mit  wol. 
£•  6247  so  enwas  iuwer  man  weder  so  edel  noch  so  rieh,  im  müget 
wol  werden  ergeizet. 

3* 


36  V.   MONSTBBBBBO 

G.  1326  waZj  ob  mine  vordem  sint  von  sdhem  geslehte,  dae  ich  tvol 
werden  mehte  ritter. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Im  iad. 
E.  2306  ein  mouwe  Sobelin  y  daz  diu  niJU  bezzer  mökte  ^n.  7293. 

bin  nü  het  er  sich  ervohten,   daz  im  niene  mähten  Ane  wunden 

ganz  bestän.  8193.  8872.  9618. 

G.  2862  ein  so  armez  hiusdin,  daz  ez  niht  armer  mohte  sin, 

Iw.  1388  du  hetest  an  in  gdeit  die  manheit,  daz  im  von  gehit^en  dm- 

gen  niene  mohte  misselingen.  2237.  2898. 

Mit  tool, 
Iw.  2939  unser  ere  und  unser  lant  vil  gar  üf  der  wäge  lity   enkunU 

ir  wider  niht  enzity  daz  ez  wol  geschaden  mac.  7241. 

Der  Inf.  fehlt. 

£.    892  nü  häten  si  sich  also  gar  erunietet  und  ervohten,  daz  si  niht 

mere  mohten. 

Im  conj. 

E.  2389  em  dühte  sich  so  volkomen,  daz  ez  im  erhübet  mohte  sin. 

9206  von  dem  slage  erglaste  ein  breitiu  vlamme  viurin,  daz  dez 

viur  möhte  sin  gevangen  mit  eim  schoube. 

G.  2270  ob  siner  swcere  also  wcerCy  daz  min  helfe  ims  benemen  möhte. 

Mit  wol. 
E.  7353  geschaffen  dort  unde  hie,  daz  es  iuch  wol  möhte  lüsten. 

Beabsichtigt  ist  die  folge. 

E.  6432  ir  wart  ein  vaÜstuol  vor  gesät,    durch  daz  er  die  vrouwen 
deste  bctz  möhte  schouwen.  4218.  5266. 
Iw.  5312  $i  liezen  von  ein  ander  gän,  dazs  ir  ptmeiz  möhten  hän. 

ßß.    Der  satz  mit  mugen  ist  ein  consecutiver  relativsatz. 

Das  subject  ist  eine  person. 
Im  ind. 
E.  3770  solhem  man,   der   enmac   noch  enkan  iuch  geren  ze   rehte^ 

7937.  8706. 

G.      13  zwei  kint,  diu  an  ir  Itbe  niht  schcener  mohten  ^n. 

a.H.   411  ein  sus  gewante  siecheit,  die  niemen  mag  erlceseh.  548. 

Iw.  3765  sdhe  rUerschaft,  die  niema/n  gevelschen  mohte. 

Mit  wol. 
Iw.    864  mit  seiher  vuoge,  die  niemen  wol  gezurrten  mac. 

Im  coi\j. 
E.      23  ein  maget  begunde  si  üz  wein,  die  ^  möhte  senden  dar. 
272  wdher  winkd  im  dar  zuo  töhte^  da  er  inne  bdiben  möhte.  7082« 


INFINITIV  NACH  WELLRN  ÜBW.     '  37 

G.  1753  dca  er  in  brmhte  üf  die  statj  da  er  st  mohte  gesehen. 
a.E    11  ob  er  iht  des  vunde^  da  mite  er  swcere  stunde  möhte  senfler 

machen.  15.  202. 
Iw.  1021  ein  strUen^  dajs  got  mit  eren  möhte  sehn,  3046. 

Mit  tpol. 
Iw.  1043  so  vü,  da  von  ich  wol  gemäßen  mege  die  mäße  ir  stiche. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Im  ind. 

E.  3191  liebiu  mcere,  da  von  uns  wol  mac  geschehen. 

bb.    In  einem  untergeordneten, 
öö.   Der  satz  mit  mugen  ist  der  folgesatz  in  einer  bedingungsperiode. 

Das  subject  ist  eine  person. 
6.  435  belibt  si  mit  dem  lande,  ir  sünde  mac  st  so  baz  gebüezen.  436. 

Mit  tool. 
Iw.  5732  ttu>t  min  swester  wider  mich  gnade ,  daz  ist  bülich:  so  mac 
si  mit  minnen  vtl  wol  von  mir  gewinnen,  swaz  — 
7065  und  swennern  ilbertoindet ,  sone  mac  er  niemer  werden  vro. 
Im  conj. 
E.  4300  man  möhte  vil  da  von  gesagen ,  wan  daz  da  wurde  der  rede 
ze  vil. 
6451  enwcßrt  ir  niht  ein  kint,  ir  möhtet  iuwer  Jcktge  län,  Iw  5261. 
7453  wan  deiz  niht  rehte  kceme,  —  so  möhte  ich  tounder  von  im 

sagen. 
8032  enist  ez  niht  wan  ein  man,  des  möhte  werden  guot  rät. 
6.3171  er  möhte  vil  deste  baz  kamen  von  sinem  meine  ^  ob  er  si  zuo 

dem  steine  wolde  wtsen. 
Iw.  7835  im  möhtet  schände  merre  niemer  gewinnen ,  swenn  er  schei- 
det  hinnen  aUes  strites  erlän. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Im  conj. 

E. 8866  enhet  ich  aller  manheit  niender  eines  häres  breit,   wan  der 

die  ich  von  tu  hän,  mim  möhte  nimmer  missegän. 

d901  wan  daz  vrou  Scelde  ir  stiu/re  lech,  sone  möhte  ez  nimmer 

sin  geschehen.  # 

6-2026  heten  si  eir^en  herren,  sone  möhte  in  niht  geworren.  Iw.3544. 

3753. 

3187  h4Bt  er  der  niewan  eine,  der  er  vil  manege  mit  unrät  erliten 

hat^  ezn  möhte  dehein  Up  erwem. 


38  y.  MONSTERBimO 

ßß.  Der  satz  mit  mugen  ist  hauptsatz  zu  einem  causalen  conjunctionalsatz. 

Im  ind. 
E.    112  ichn  mac  des  niht  verlangen ,  wand  ir  eis  selbe  habt  gesehen. 

G.  3241  nü  mohtr  niht  loufen  dräte,    wand  er  gebende  hate    (Lach- 

mann  und  Bech  besser  mit  handschrift  A  em  moht). 

Iw.  5706  ich  enmae  in  ze  staten  niht  gestän,  wand  ichgroz  unmuoee  hän. 

Mit  wol, 
Iw.  6989  st  mohten  wol  striten,  wand  sis  niht  erste  begunden. 

yy.   Der  satz  mit  mugen  ist  hauptsatz  zu  einem  temporalen  nebensatz 

mit  conditionalem  oder  causalem  sinne. 

Das  subject  ist  eine  person. 
Im  ind. 
E.  3257  wan  unz  ez  ir  verboten  wirtj  so  mac  sis  langer  niht  verlän. 

Iw.  1121  do  im  daz  ros  tot  lac,    done  mohter  niht  vürebaz  gejagen. 

1207.  1400.  6613. 

Im  conj. 
Iw.  1281  unz  daz  beslozzen  wcer  ditz  hüs^   sone  moht  niht  lebendes 
drüz  kamen. 

Das  subject  ist  eine  sache. 

E.  8148  die  wUe  und  mich  got  tvil  in  stner  huote  hän,  so  enmac  mir 
niht  missegän.    Iw.  4267. 

dd.    Der  satz  mit  mugen  ist  hauptsatz  zu  einem  relativsatz,   der  con- 

ditionalen  oder  causalen  sinn  hat. 
Im  ind. 

6.  1361  der  im  die  mäze  kan  gegeben^  sane  mac  niemen  baz  genesen 

Iw.  6781  jener,  der  da  nider  lac,  dem  moht  im  niht  ze  stoßen  kamen. 

Im  conj. 
E.  2385  giudens  urloup  möhter  hän^   derz  dicke  vilr  in  hete  getan, 

6019. 
Iw.  1318  Ezn  mähte  nimmer  dehein  unp  gelegen  an  ir  selber  lip  sdhe 
swcere,  der  niht  ernest  wtere. 

Mit  weil, 
E.    873  einer  ellenlanger  wunden  mohter  vil  wol  sin  bekomen,  der 

daz  phantreht  solle  hän  genofnen. 

ee.    Der  satz  mit  mugen  ist  hauptsatz  eines  modalen  relativsatzes  mit 

als,  sOy  dan. 

Das  subject  ist  eine  person. 
Im  ind. 
Iw.  7144  si  entlihen  kreftiger  siege  me  dan  ich  gesogen  mege. 


INFINITIV  NACH  WELLEN  Ü8W.  39 

Mit  wol. 
ä.H.  559  als  uns  min  herre  hat  gesaget,  so  mac  man  in  vil  wol  ernern. 
614  ich  mag  iuch  eine  wol  bewarn,  als  ich  iu  nü  hescheide. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Im  ind. 

aLH.1161  iu  enmaCj  als  min  muot  stät,  an  mir  niht  gewerren. 

Im  conj. 
6.3355  so  hohe  so  min  schulde  stät,   so   möhte   houm   unde  gras 
darren, 

cc.    In  einem  gleichgeordneten, 
acu  der  mit  dem  andern  durch  eine  coordinierende  conjunction  verbun- 
den ist. 

Das  subject  ist  eine  person. 
Im  ind. 

E.  4670  ich  hän  ze  varne  verre  unde  enmac  ze  disen  ziten  üz  dem 

wege  niht  geriten. 

Mit  wol. 
Iw.  1928  nü  habent  ir  schoene  unde  jugent  —   und  mugt  ein  also 
biderben  man  wol  gwinnen. 

Im  conj. 

Iw.  210  ichn  möhte  niht  geniezen  iwers  lobes,   wan  iuwer  rede  hat 

niht  kraft. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Mit  wd. 

£•1794  ez  moht  wol  äne  haz  sin^  wand  ilrec  was  sin  künne. 

4623  dar  zu^  ist  iu  daz  lant  unkunt  und  mac  iu  vil  wol  missegäfi 

ßß.    Der  asyndetisch  neben  dem  andern  steht. 

Das  subject  ist  eine  person. 
Im  ind. 

E.  8486  so  vindet  er  si  (die  porte)   offen   stän:   er  mac  drin  riten 
oder  gän. 
8743  ez  was  dar  unibe  also  getan,  ezn  fnohte  niemen  üz  getragen, 
8949  ouch  mohtes  Jßrec  niht  gesehen,    daz  muoste  da  von  gesche- 
hen, daz  — 
Iw.  1038  ir  einer  wart  erslagen:  dem  mohte  niht  da  von  gesogen. 
7380  wir  haben  et  vertan  unser  häzlichez  spil:  ich  nmc  nü  spre- 
chen, swaz  ich  wü. 

Mit  wol. 
E.  962  ichn  hän  dir  so  herzenleide  niht  getan,  du  mäht  mich  wol 
K  Itbe  län. 


40  ▼.  1IOV8TKSBXB6 

Iw.  2312  ez  ist  mir  so  gewarU,  ich  mae  Verliesen  wol  min  lant. 

Der  int  fehlt 

E.  1347  er  emphienc  mich  gester, —  haz  enmoUer. 

Q.    932  vü  wol  gehidt  er  im  daZj  eme  mohte  bog. 

Im  coDJ. 

Iw.  2267  ir  mokterU  sitzen  naher  boLZ,    ich  geheize  tu  wol  daz,    min 

vroutoe  enbizet  iuwer  nxht. 

Mit  wol. 
Iw.    174  ichn  habe  tu  sdhes  niht  getan,  ir  mohtet  mich  wol  lAen  lan. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Im  ind. 
E.  1576  so  guot  was  des  schapels  schin,   ezne  moht  kein  borte  bez- 

zer  sin, 

5901  ich  bin  an  der  besten  tugent,    dim  mac  mä  mir  niht  wesen 

ze  gäch. 

Im  conj. 
Iw.    626  ein  also  gdpfer  rubin,    der  morgensteme   mohte  sin  niht 
schoener. 

6.    Im   zusammenhange. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Im  ind. 
E.    266  sU  ich  niht  wesen  baz  enmac  (nämlich  wegen  232). 

1040  Jan  mugt  irs  niht  geUmgen   (wegen  1038).     2482  (vgl.  vor- 
her).   4484.  4572  (wegen  4575).    4625  (wegen  4575).   7179 
(wegen  7154). 
Iw.  5567  do  er  niht  mere  mohte  gän  (5564). 

5719  Sit  ich  niht  kempfen  mac  gewinnen  (5706). 
6454  sine  mohten  beidiu  niht  baz  getan  sin  noch  gebaren. 
Mit  wol. 
E.  9570  daz  ich  vil  wol  erziugen  mac  (9572). 

a.tt    950  du  mäht  mich  des  niht  wol  gewern  (972). 

Der  inf.  fehlt. 
a.R  1274  ,,gesprechent  mich."'     „ja  enmach  ich,"^  (1270). 
Im  coi\j. 
E.  6553  wä  si  die  vreude  mohte  nemen  (6556). 
G.  1516  wie  mohte  erz  baz  gewenden. 

3295  man  mohte  im  sin  geheine  haben  gezalt  (3281). 
1436  ders  mohte  hän  genomen  war  (1406). 
Iw.  7558  doch  enmöhtent  ir  niht  baz  gerochen  sin  an  mir. 

Mit  wol. 
G.  3093  er  mohte  ir  wol  geniezen  (3083). 


INFINITIV  NACH  WBLLBN  USW.  41 

Iw.  7429  ir  möhtent  äne  schände  fnir  tool  sagen  iuwern  natnen  (7425). 
Der  inf.  fehlt. 
E.  7262  und  wa&re  geriten,  mokier,  e  (7233). 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Im  ind. 
E.5264  des  hünec  Artüses   bete  enmoJde  niht   vrum   gesin   (5250). 

3554.  9717. 

G.  795  diu  stcUe  entnohte  in  niht  geschehen  (793). 

Mit  wöl. 
£.  517  ez  mac  wol  mit  eren  sin  (518). 

Im  CODJ. 
E.  1205  er  gedähte,  wä  er  baz  erbeizen  möhte. 

1800  wä  möhte  grcezer  vreude  sin?    2868.    5391    (wegen  5386). 

7502.  8430. 

Iw.  1239  toä  mite  möhte  iu  u?esen  baz  ? 

4482  wem  möhte  leider  geschehn? 

BisweQen  liegt  der  grund  zur  möglichkeit  oder  Unmöglichkeit  selbst- 
verständlich in  der  Situation. 

E.4851  ichn  moht  sin  niht  erkennen. 

6153  wände  er  mohte  sich  vü  nach  an  der  rede  versümet  han, 

9544  als  ir  selbe  muget  warten. 

Mit  wol. 
6. 3729  ir  muget  wol  nemen  war. 

Iw.  3398  ir  mt^  wol  schouwen,  daz  — 

3-  In  rücksichten   auf  willen,   sitlichkeit,   gefühl   oder 

denken. 
.    ^    Die  möglichkeit  oder  Unmöglichkeit  liegt  in  dem  willen  der 

redenden  oder  angeredeten  person. 

Das  subject  ist  eine  person. 
Im  ind. 
Iv.  2525  also  gerne  mac  ein  man  übele  tuon  also  wol. 

Im  conj. 
E-4521  ob  ich  wizzen  mehte. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Im  ind. 
^*  703  nü  unzzet  rehte  vür  war,  esn  ma,c  niht  mere  geschehen. 

4952  nuic  daz  nü  gescheiten. 

6292  ez  enmac  nimmer  beschehen,  daz  ich  iuwer  wip  werde. 

Im  conj. 
^  510  sehty  ob  ez  müge  sin. 


tt  T. 

b.    In  einem  gefohl. 
Im  ind. 

E.  3184  dinen  schaden  enmac  ich  nihi  verdagen. 

6434  nune  mohis  ab  nikt  vergezzen  ir  It'Aen  gesellen. 

6444  sine  mohtes  dach  nihi  lägen, 

6515  nune  mohte  der  gräve  me  im  selben  meisUr  gesin. 

6938  dazn  moht  diu  vrawe  niU  vertragen, 

9434  urie  ir  mugt  beliben,  ein  also  wteüicher  man, 

G.  1650  sine  mohien  der  äugen  ein  ander  niht  verlaugen. 

a.H.  1285  ja  enmach  ich  ir  todes  niU  gesehen. 

Iw.  4143  swer  sime  zome  niene  mae  gedwingen. 

5304  doch  enmoUer  des  ninwet  län, 

5965  sine  mohte  zdtens  niht  gehaben. 

c    In  der  moral  oder  dem  Charakter. 

Das  snbject  ist  eine  person. 
Im  ind. 

E.  6458  ich  ensaeh  wunder  nie  so  gros,  das  ir  nHU  enkunnet  ged 

gen  und  niht  enmuget  wol  vertragen. 

9209  wand  ich  niht  drumbe  geswem  mac. 

10013  son  mac  niemen  des  gejehen. 

G.    126  man  enmac  im  anders  niht  gejehen,   2503. 

Iw.  3223  wan  ern  mohte  die  schulde  uf  niemen  anders  gesagen. 

7904  ichn  mac  iuch  des  nihi  erlan,  188.  288.  812.  847.  1262. 

Im  conj. 
E.  5466  das  enmohte  ich  niht  verdagen.    6926.     Iw.  7271. 
Iw.  1896  mohte  ich  umben  tot  min  leben  äne  houbetsünde  gegebn. 

Das  snbject  ist  eine  sache. 
Im  ind. 

Iw.  8032  swie  das  mit  vuoge  mac  geschehn. 

Im  conj. 
Iw.  1435  möht  es  mit  vuoge  geschehen, 

d.    Im  denken. 

(Durch  eine  Überlegung  wird  die  möglichkeit  einer  erklärong  f&r  eil 

tatsache  gesucht).    VgL  H.  Boetteken  a.  a.  o. 

Das  snbject  ist  eine  person. 
Im  ind. 

E.  2449  wer  mac  disiu  ros  erledegä  hon? 

7604  wer  mohte  ius  doch  reUe  sagen? 

Iw.  7005  ^  mohten  von  rfterschaft  schneie  gtMbel  Aon, 


INFINITIV  NACH  WELLEN  ÜSW.  43 

Mit  wol, 
£.  2761  daz  melkte  £rec  wöl  ^n. 
4329  ir  muget  wol  ein  degen  sin. 
4537  ich  wcme  ez  vü  wol  an  der  gelmrte  haben  mac. 
6.3232  er  moht  wd  wesen  anderswä. 

Im  conj. 
E.     14  nü  wundert  die  hünegin^  wer  der  ritter  möhte  sin.  25.  1169. 
4849. 
4939  do  nam  uns  wunder,  wer  ez  möhte  hän  getan, 
6.2167  wa^  möhte  er  vemomen  hän  der  mtere? 
a.E  485  si  begunden  si  vragen^  waz  ir  wcere  und  wdher  hande  swcere 
si  möhte  Magen. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Im  ind. 

6.2190  waz  mac  wesen  daz? 

2234  waz  mac  im  danne  werren? 

2250  nü  waz  mag  im  ze  weinen  sin  geschehen? 

Im  conj. 

E.  448  er  vrägen  began,  waz  der  schal  möhte  bediuten* 

1194  nü  jähens,  der  eitUwederz  möhte  sin, 

5303  michel  wunder  in  des  nam,  waz  diu  rede  möhte  sin. 

7939  mich  wundert,  waz  ez  müge  sin,    G.  825. 

6.3144  dö  prägten  in  die  herren,  waz  im  möhte  gewerren. 

a.H.1016  und  zwivelte  vaste  dran,  weder  ez  bezzer  getan  möhte  sin 

oder  Verlan. 

Iw.  7596  der  künec  unt  tiu  diet  vrägten  unde  riet ,   waz  diu  minne 

möhte  diuten, 

^'   Die  möglichkeit  oder  Unmöglichkeit   ist  schliesslich 

eine  algemeine. 

Das  subject  ist  eine  person. 
Im  ind. 

E.  1133  ob  ich  mich  errechen  mac.    3178.  3897.  4800.  6057. 

6.3747  mag  ichn  gesehen  ^  herre? 

a-H.  576  du  enmaht  es  niht  vür  bringen,  849. 

Iw.  911  ich  mac  daz  niht  bewarn, 

1288  erne  mac  des  niht  entwenken,  1262.  1801.  1891.  2118.  2287. 

3571.  4079.  5137.  5225.  6724.  6867.  7206.  7501. 

Mit  UH>1, 

^  B.  973  die  enmugen  din  niht  wol  enbem, 

Iw.  2840  Jane  mac  niemen  wizzen  wol. 


44  V.  MONSTSBBERO 

Iw.  7861  ez  mac  wol  5*n,  das  ez  geschiht. 

Der  inf.  fehlt. 
E,  1090  ich  kume  morgen,  ob  ich  mac.  3186.  8580. 
Iw.  7893  dag  ich  im  ir  zommuot  vertrtbe,   ob  ich  iemer  mac.    4958. 
4972.  6117. 

Im  CODJ. 
E.  2621  ob  er  den  pris  möhte  bejagen,    5343.    9843.    G.  146.    1937. 

Iw.  7540. 
E.  3004  si  gedähtCj  tvie  si  möhte  ertcenden  also  gemeinen  hojs.  3673. 
8400. 
3861  mohte  ich  mtne  sache  verwandeln^    daz  enkete  ich.    8165. 
Iw.  4879. 
E.  6847  ouwe  möht  ich  im  vor  gesin. 

8222  teer  möhte  iu  die  beschriben.     8287.    a  H.  1037.     Iw.  3736. 
4028.  4080.  7279. 
Iw.  2650  sine  möhtens  im  gemeren  — 
3693  des  man  niht  wider  mOge  hän. 

5020  nü  hate  dem  risen  geseit  sin  sterke,  wer  im  geschaden  möhte. 
7276  möhten  siz  in  beiden  nach  eren  hän  gescheiden,  daz  heten  si 
gerne  getan. 

Mit  wol. 
E.  8095  wie  du  queUesi  dinen  lip,  ob  du  möhtest  wizzen  wol,  was  — 

Der  inf.  fehlt. 
a.H.    945  möhtestü,  du  hülfest  mir. 
Iw.  2932  er  Tcoeme  wider,  möhter,  e. 

6416  ich  ben(eme  iun  gerne,  möht  ich. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Im  ind. 

E.  4772  esn  mac  dehein  rät  sin.     a.  H.  925. 

E.  5114  die  wile  und  daz  mohte  sin.   10048.    a.H.  221. 

E.  6239  desn  mac  doch  leider  niht  geschehen.  8795.  9322.    Iw.  6160. 

a.H.    188  wie  mac  ddus  wesen? 

1512  mac  daz  niht  ergan. 

Iw.      51  sdch  vreude  niemer  werden  mac. 

1745  une  mac  sich  daz  gevüegen? 

5507  wie  mac  daz  kamen? 

Mit  wol. 
G.  3750  daz  mac  wol  geschehen. 
Iw.  1978  mir  mac  wol  gesckehn  arbeit. 


nvFnnTiv  nach  wbllbn  üsw.  45 

Im  conj. 
E.  9510  icie  mokte  diu  geselleschaß  haben  deheiner  liebe  krafi? 
9564  des  enhete  sH  deheinen  wän,  daz  ez  immer  möhte  ergän  od 
das  man  in  iender  vunde. 
6.   513  5f  wurden  ze  rate,  wie  ez  verholn  mähte  sin. 

1732  wie  daz  mokte  geschehen   äne  missewende^   des  vrägte  der 

eilende.  3735. 
2514  möht  aber  dehein  buoze  wesen. 

Iw.  1614  od  wie  mokte  sich  gevOegen  daz?  4324. 

4033  daz  ist  unmügdich,  daz  iuwer  kumber  müge  sin  des  endes 

iender  sam  der  min. 
4352  und  möht  ez  cUso  sin  gewesn, 
6509  möht  die  deheines  wibes  güete  iemer  benomen  hän. 

Mit  wol. 
Iw.  8059  und  möht  iu  daz  wol  wesen  leit. 

Ans  dieser  bedeutong  des  algemein  möglichen  oder  unmöglichen 
entwickelt  sich  die  veralgemeinemde  von  mugen  überhaupt,  vermöge 
deren  das  wort  seine  Stellung  in  algemeinen  relativsätzen  hat.  Wir 
haben  damit  die  eine  bedeutungsreihe  von  ihrer  geschlossensten,  concre- 
testen  gestalt  durch  alle  sprachlich  erkenbaren  abstufungen  der  fassbarkeit 
der  eigentlichen  bedeutung  verfolgt,  immer  weiter  trat  der  grund  der 
möglidikeit  zurück,  bis  diese  Wortbedeutung  in  den  zulezt  zu  behan- 
delnden gebrauchsweisen  zu  schwinden  im  begriff  steht  und  mugen  mit 
dem  iof.  widerum,  wie  wir  es  bei  wetten  sahen,  nichts  andres  ist  als 
eine  modalität  des  im  inf.  stehnden  verbum.  Der  modus  aber,  mit 
dem  hier  mugen  sich  berührt,  ist  der  conjunctiv,  der  ja  auch  das 
ftlgemein  mögliche  bezeichnet  und  in  algemeinen  relativsätzen  steht, 
z.b.  E.  1084  swie  ^  iuch  heize  leben,  3834  er  var,  swar  er  wette. 

Tritt  mugen  hierbei  selbst  in  den  conjunctiv ,  eine  leicht  bgreif- 
liche  cumulation  der  bezeichnung,  so  ist  im  gründe  jede  bedeutung 
Ton  mugen  ausgefallen. 

Das  subject  ist  eine  person. 
Im  ind. 
E.  1893  swar  er  mokte  gereichen. 
2396  an  swdhen  andern  dingen  er  es  niht  mokte  bringen. 
4316  swaz  er  fei   svnen  ziten  ir  ie   mohte  erriten.     6343.    7764. 
8125.  9524.  9767. 
Ö.  143  swä  erz  mac  erwenden. 
2087  swaz  einem  manne  mac  gegeben  ein  umnnedichez  leben. 


46  T.  MOHSTKBBSBa 

a.  EL    803  swasf  tnan  das  jär  alse  lanc  dar  üf  gearbeiten  mac. 
Iw.    214  stpcus  ir  mich  muget  schelten. 

5315  swaz  d"  ors  mohten  gevam.  4808.  7115. 
Mit  tod. 
E.  7638  swes  ein  man  wd  al  den  tac  so  rehte  lihie  engdten  mae. 

Der  inf.  fehlt. 
E.    730  si  icafenten  sich  sä,    tlrec  als  er  moUe.   418.    2116.    2273. 

2592.  5164.  6316.  10119. 
G.    555  da  schreip  des  kindes  mucier  an  so  si  meiste  mähte, 

1476  mähte  in  ritter,  so  er  schierest  mohte.  107.  slEL  329.  1029. 
Iw.    737  do  tele  ich,  das  ich  mohte. 

2776  doch  ringet  dar  nach  allen  tac  manec  man,  so  er  meiste  mac, 
3875  und  erzeict  im  sine  minne,  cds  er  von  sime  sinne  aUer  beste 
mohte.  5112.  5813.  8053. 
Im  conj. 
K    388  swes  ein  nmn  mohte  erdenken.  4862.  9503. 

Das  snbject  ist  eine  sache. 
Im  ind. 

E.  5127  sw€us  im  dienest  mohte  ^n. 

8125  swa£  im  getroumen  mahie,  dar  üf  hat  er  kein  ahte. 

G.    535  dae  beste  ^  dae  da  iener  mohte  sin. 

Iw.  6707  von  swem  tu  leide  mac  geschehn. 

Aach  ansätze  zu  einer  zweiten  bedeatong  finden  wir  bereits  in 
den  epen  Hartmanns,  in  der  mugen  in  das  gebiet  des  conjnnctiirs  ein- 
dringt Wird  die  algemeine  möglichkeit  trotz  eines  Torschwebenden 
gegensatzes  zugegeben,  so  geht  mugen  in  die  concessive  bedentang* 
über  und  bezeichnet  also  anch  hier  nnr  dasselbe,  was  sonst  der  con- 
jnnctiy  bezeichnen  würde.  Doch  finden  sich  hierzu  im  £rec  and  Iwein 
erst  je  zwei  beispiele. 

K  6510  tV  mugt  wol  rede  Verliesen  vQ. 

7456  wan  sagen  swajs  si  wellen,  si  mugen  vil  stUen  und  sprechef»^ 
ir  muot,  een  kam  doch  — 
Iw.  5264  ir  muget  harte  vil  gedreun. 
7149  so  mac  er  wol  borgen. 
Der  concessive  conjanctiv   wechselt  mit  inti^ei»  hier  geradezu 
R  7455. 

Dies  sind  die  schwachen  aasgänge  der  einen  entwicklongsreihe. 
Wir  wenden  ans  znrück  za  mugen  in  YoUerer  kraft,   aber  in  seiner 
zweiten  bedentang,  am  auch  sie  bis  in  ihre  lezten  aaal&afer  zn  Ter- 
f  folgen.    Sie  ist  bereits  an  sich  eine  aas  der  ersten  al^elätete. 


INFINITIV   NACH  WBLLSN   ÜSW.  47 

B.  Mugen  in  der  bedentnng  „anlass,  grund,  gelegen- 

heit  haben.^^ 

1.    Parallel  mit  1,  c  von  A  (s.  29). 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Im  conj. 

E.  6032  und  moht  die  toerU  erbarmen  min  vil  groz  ungeval. 

2.  Mit  2,  b,  a  von  A  (s.  31);  von  einer  person. 
Im*  ind. 

E.  8280  noch  mohte  er  gemer  schouwen  die  sibenzehende  vrouwen. 
Iw.    26  dae  man  gerne  hceren  mac. 
2354  ein  rät,  des  mugt  ir  tvesen  vro. 
Mit  wol, 
'    E.  7508  des  mac  ich  wd  erlachen. 
a.El407  dem  meier  und  sinem  unbe,  den  mac  man  wol  gelouhen. 
Iw.  3993  ich  mac  wol  dagen  min  schcene  mp. 

Im  conj. 
E.  6499  den  selben  wehsd  möhtent  ir  immer  gerne  triben. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
E.  6272  des  ld}ennes  mag  tu  baz  gezemen. 
7216  der  arzte  mohte  in  wol  gezemen. 

3.  Mit  2,  b,  /9  von  A  (s.  32);  von  einer  person. 

Im  ind. 
E.  8554  da  von  ich  gerne  wägen  mac  mine  kranke  ere. 

Im  conj. 
Iw.  2861  durch  wen  mohte  ein  vrumer  man  gerner  wirden  sinen  lip. 

Mit  wol, 
Iw.  6091  si  möhten  wol  erschricken  von  ir  twerchen  blicken. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Mit  wd, 
Iw.  4499  mac  mir  danne  min  lehn  niht  wol  unmcere  sin? 

4.    Mit  2,  b,  y,  aa,  aa  (s.  34). 
Das  subject  ist  eine  person. 
£•  1544  daz  hemde  5i  bedahte^  daz  man  ez  loben  mohte. 

Beabsichtigt  ist  die  folge  und  es  steht  der  conj. 
^  827  daz  tet  er  uvnbe  daz,  daz  iemen  des  mohte  jehen. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
£•5558  er  duoc  so  manegen  grimmen  slaCy  daz  uns  wol  wundern 
mac.   8700.   9152. 
Wd  steht  E.  6558.  9152. 


48  V.  MONSTBRBESO 

6.    Mit  2,  b,  y,  aa,  ßß  (8.36). 

Das  subject  ist  eine  person. 
Mit  wol. 
Iw.  7440  ein  tac,  den  ich  wol  immer  hazeen  mac.  7546.  8119. 

6.     Mit   2,   b,  y,   bb,   aa  (8.37). 
Das  subject  ist  eine  person. 
Iw.  1923  ir  mugt  ez  dannoch  heizen  guot,  oberz  toilleclichen  tuot 
3187  mac  sich  der  kiinec  iemer  schämen,  hat  er  iuch  mere   in 
rUers  namen. 
Im  conj. 
E.  5468  hat  dirre  inan  ritters  namen  j    so  mohtent  ir  iuch  immer 
schatnen. 
Mit  trol. 
E.  1352  soU  ich  nü  von  im  wenken^  so  möhi  er  wol  gedenken. 

7.     Mit  2,  b,  y,  bb,  ßß  (s.  38). 
Iw.  7746  ich  mac  wol  ietner  sin  unvro,  das  ich  iu  sus  gedanket  hän, 

8.  Mit  2,  b,  y,  bb,  yy  (ib.);  im  conj. 

Iw.    135  ."^  unser  keif^er  sine  sach,  do  möht  ir  ouch  geseszen  sin, 

9.  Mit  2,  b|  y,  bb,  öd  (ib.);  im  conj. 

R  6464  .«NYiM  also  gdunge^  er  möhte  baz  singen  danne  weinen. 

10.    Mit  2,  b,  y,  bb,  €€  (ib.). 
K.  8151  ick  mag  ze  disen  siten  also  m€tre  sierben,  so  der  tip  doch 
mnoz  verderben^ 

11.     Mit  2,  b«  y«  cc,  aa  (s.  39). 
Das  subject  ist  eine  person.    Mit  wo!  oder  gem. 
Im  ind. 
tu  6554  f IfU  mmgt  ir  gerne  rtmemen ,    wan  ^ege  imont  selten  iemen 
mV     Iw.  li6L  4030. 
Im  i\\i\}. 
R  65:9(2  es  M>inY  hrrtkh  griäm  mnd  tnMts  gerne  lasen  hän, 
Iw.  d02^  h4  Moft/r  M\>f  lyrtfuini  ntine  sormige  site.  warn  da  gewinnet 
niamen  mite  m  wmni  j^uüif. 

D»s  subject  ist  eine  siekei. 
K.  2;^S^  J^  wi^  •«!  «Iwiir»  finlri«  sit.  mmml  er  mms  — 

Mit  iTkV. 
1%  :^)40  «iß^  MMir  midb  1«;!;^^  w^^«  w«iW  <r  das  mk^l  irrfciwIAw  hm, 

12.    Mit  2.  i.  ;.  ce.  SS  \j^\ 
na$  $«)^ect  i$i  eiie  |i«r;^«L 
Iw^    :^^7  ir  «M^  «iir  «jirij:!^  «rmi^  AijUflM .  idbi  mil  m  keimt  tm§e 
I^fc^c^  itft  am^mt  «n^  ir  Um:  «r  fimimmii  imfi  wmd  dhur 


INFINITIV  NACH  WELLEN  USW.  49 

Im  conj.  mit  tool. 
Iw.  3580  ich  mohte  mich  wol  ätien  rtterUches  mnotes^  libes  unde  guo- 
tes  der  gebrist  mir  beider. 

Das  subject  ist  eine  sache.    Im  conj. 
G.  3278  er  was  so  gliche  Meine,  ez  mähte  got  erbarmen. 

13.    Mit  2,  b,  d  (s.  40);  meist  mit  wol  oder  gern. 

Das  subject  ist  eine  person. 

E.  5360  ouwe  wie  wol  ich  weinen  mac  (vgl.  5357). 

5854  ir  mugt  mich  gerne  nemen  (vgl.  5898).    G.  1362  (vgl.  13G1). 

2385  (vgl.  das  folgende). 
2517  (Paul  maoß,  Lachmann  und  Bech  mag,  vgl.  das  folgende). 

Im  conj. 
Iw.  7405  nA  seht,  ob  ich  von  dem  tage  niht  großen  Jcumbcr  wol  von 
schidden  haben  ^nege.    G.  1108   (909).     a.  H.  464   (vgl.  vor- 
her).   490  (491). 

Das  subject  ist  eine  sache. 

E.  7284  auch  mohte  sis  vü  wol  gesetnen  (vgl.  vorher). 
8780  (vgl.  das  folgende). 

14.    Mit  4  (s.  43).     (Es  wird  jeder  grund  geleugnet.) 

E.  3815  wag  mac  ich  sprechen  mc? 
5076  wcus  mac  ich  nü  gesprechen  me? 
7970  waz  mac  idi  iu  mere  sagen? 
a.H.  1439  wae  mag  ich  da  von  sprechen  me? 
Iw.    778  nü  was  mag  ich  mere  sageti? 
6980  wes  mugen  si  iemer  btten? 

Im  conj. 
E.  2120  wes  möhtens  langer  Uten? 

Auch  in  dieser  bedeutung  geht  die  entwicklung  von  mugen  iu 

einer  so  grossen  schwäche  aus,  dass  es  nur  noch  umschreibende  func- 

tion  behält,  so  aber,  dass  durch  dieses  zurücktreten  der  ursprunglichen 

bedeutung  räum  gewonnen  wird   auch  hier  wider   zur  entfaltung  von 

aufang  an  in  mugen  vorhandener   oder  im  laufe    seiner  entwicklung 

erst  entstandener  ideenkeime.     Wird  nämlich  eine  person  aufmerksam 

gemacht,  dass  eine  gelegenheit,   ein  grund  oder  anlass  zu  etwas  vor- 

lianden  sei,   so  schliesst  das  von  selbst  eine  aufforderung  in  sich  jene 

gelegenheit  zn  benutzen,  jenem  anlass  folge  zu  geben.     Im  indicativ 

mtOBB.  y.  DSUT80HS   FHILOLOOIB.    BD.   XYIU.  4 


I 

i 


50  V.   M0N8TERBBRG 

der  angerodeten  person  zunächst  umschreibt  mugen  daher  den  impera- 
tiv des  einfachen  verbum. 
E.    395  nü  mugt  ir  haaren  mtsre. 

6554  daz  mugt  ir  gerne  verneinen. 
Iw.  4661  ir  mugt  wol  alle  hie  bestän,  sU  — 

Insofern  die  aufforderung  aber  nicht  direkt  ausgesprochen  wird, 
sondern  den  hinweis  auf  die  gelegenheit  usw.  zu  benutzen  oder  nicht 
dem  ermessen  der  angeredeten  person  ilberlassen  bleibt,   kann  in  die- 
ser ausdinicksweise   eine   besonders  höfliche  Zurückhaltung  liegen,   die 
noch  dadurch  an  milde  gewinnen,  kann ,  dass  mugen  in  den  potentialen 
coi^unctiv  tritt,  wie  da,  wo  £rec  bei  seinem  beruhigenden  zusprach  eine 
besondere  Weichheit  in  seine  werte  legen  will. 
E.  8844  ir  möhtetU  beiten   unz  an  die   stunt,    daz   ir   mich   saheni 
bliiotvar. 
Umgekehrt  aber  könte  man  erwarten,  dass  die  aufforderung  an 
nachdruck  gewinne,   wenn  mugen  selbst  in   den  imperativ  tritt,   doch 
finden  wir  diesen  gebrauch  auch  in  fallen,    wo  er  entschieden  beson- 
dere höflichkeit  ausdrücken  soll.     Dieser  schritt ,   so  nahe  er  zu  liegen 
scheint,  spielt  gleichwol  das  wort  zu  einer  neuen  bedeutungsentwick- 
lung   hinüber.     Zunächst   finden    wir  nämlich   ganz   verständlich   den 
(pleonastisch  gesezten)  imperativ,  der  sich  vom  indicativ  hier  am  so 
weniger  unterscheidet,  als  das  pronomen  nie  fehlt,  so  dass  man  in  der 
tat  zweifeln  kann,   ob  es  auch  der  imperativ  und  nicht  eine  frage  im 
indicativ  ist 
E.      75  nü  mugt  tr  mir  gesogen, 

5437  durch  got  mugt  ir  mich  wiesen  län,  —  sagei  — 
5474  mugt  ir  in  durch  got  lan. 
6280  muget  ir  fioch  iutcer  tceinen  hin. 
7938  mugt  ir  mir  ouch  durch  got  ni^  sagen, 
7986  mugt  ir  mich  län  bevifulen. 
8007  mugt  ir  warten. 
8323  muget  ir  schouwcfK 
G.  2398  herre,  muget  ir  mir  des  rerjchen. 
2512  muget  ir  mir  sagcfi. 
3380  muget  ir  doch  miuen  lip  sehen. 
Iw.    486  fHahtu  mich  danfie  wiesen  Um. 

Wol  die  den  imperativ  vertretende  3.  person  des  indicativs  müs- 
sen wir  in 

Iw.  3187  »wir  sich  der  künec  iemer  schämen. 

anerkennen,  der  gerade  bei  der  energischen  rede  der  err^^n  Lünete 
von  grosser  Wirkung  ist 


INFINITIV  NACH  WELLEN  USW.  51 

Dieser  lezte  gebrauch  aber  muss  zu  dem  misverständnis  geführt 
haben y  als  habe  mugen  selbst  eine  optative  bedeutung  (wünschen,  lust 
haben  zu,  geneigt  sein  zu,  wollen,  geruhen,  mögen)  in  sich,  was  ja 
an  sich  gar  nicht  der  fall  ist.  Das  wesen  des  hier  zu  gründe  liegen- 
den Vorgangs  vermag  ich  nicht  zu  erkennen.  Mugt  ir  heisst  z.  b. 
G.  2512  ich  wünsche,  will,  dass  ihr  — ,  in  dem  gegenwärtigen  falle 
dagegen  (vgl  die  unten  folgenden  stellen)  wünschet,  wolt  ihr.  Solte 
hier  ein  Wechsel  in  der  beziehung  auf  die  subjecte  anzunehmen  und 
dadurch  die  neue  bedeutung  entstanden  sein?  Ganz  unannehmbar 
scheint  diese  erklärung  nicht,  wenn  man  bedenkt  1)  dass  mugen  in 
imperativer  form  nicht  mehr  träger  einer  Wortbedeutung  ist,  und  die 
Sprache  also  wol  eine  neue  in  dasselbe  zu  legen  geneigt  ist.  2)  dass 
als  solche  sich  wünschen ,  wollen  usw.  darbietet ,  sobald  man  in :  du 
seist  =  ich  wünsche,  dass  du  die  Übertragung  von  der  grammatisch 
nicht  ausgedrückten  redenden  person  als  subject  auf  die  grammatisch 
zum  ausdruck  gelangte  2.  oder  angeredete  als  subject  zulässt.  Mugen 
steht  nämlich  nun  nicht  mehr  blos  in  anzeigenden  und  befehlenden 
Sätzen,  sondern  bereits  auch  in  bedingungssätzen. 

E.      40  mugt  ir  mich  daz  unzzen  län,  äne  schaden  ir  daz  tuot. 

7584  mahiü  dich  nü  erbarmen,  sich,  des  ist  zU. 

6802  mahiü  des,  herre,  bilde  geben,  daz  tuo  schin, 
G.  2289  muget  ir  des  erbiten,  so  vüer  ich  iuch  dar. 

und  auch  in  andern  als  der  2.  person,  und  zwar  von  neuem  in 
den  Optativen  conjunctiv  gesezt. 

Iw.  2503  er  mohte  sungen  als  ich. 

5515  ich  möhte  mittem  muote  gevrumet  han  die  yncere. 

So  haben  wir  hier  auch  bereits  den  ansatz  zu  der  noch  heut  so 
verbreiteten  Optativen  Verwendung  von  mv^en, 

Überblicken  wir  die  bedeutungsentwicklung  von  nmgen,  wie  sie 
sich  in  dem  Sprachgebrauch  Hartmanns  darstelt,  so  fanden  wir  noch 
reste  der  ältesten  sinlichen  bedeutung;  deren  concreto  bestimtheit  zer- 
floss  immer  mehr ,  je  nachdem  das ,  welches  die  Ursache  der  möglich- 
l^eit  oder  des  anlasses  war ,  zurücktrat.  Sobald  sie  auf  diesem  wege 
der  abstraction  bei  der  algemeinsten  stufe  angelangt  war,  war  das  verb 
niit  gewissen  functionen  des  conjunctivs  zu  concurrieren  geschickt  gewor- 
den und  konte  nun  diese  selbst  übernehmen ,  und  nunmehr  war  ihm 
ein  neues  feld  zu  seiner  entfaltung  eröfnet.  Denn  wie  bei  wellen  fält 
seine  bedeutung  im  indicativ  niemals  ganz  aus,  sondern  äussert  sich 
in  der  bestimmung  der  form ,  und  zwar  ist  diese  bestimmung  nicht 
wie  bei  wellen  eine  temporale   und   eine   modale,   sondern  nur  eine 

4* 


52  V.  M0X3TERBKB0 

modale:  mugen  um::chreibt  sowol  den  conjuDCtiv  wie  den  imperaÜT,  nnd 
zwar  den  conjunctiv  nicht  blos  wie  tcellen  in  der  abhängigkeit,  sondern 
aach  in  selbständigen  Sätzen.  Im  algemeinen  relativsatz  hat  mugen 
den  einfachen  conjunctiv  zur  seite  £.  1084.  3834,  im  concessiTen 
gebrauch  E.  7455,  im  potentialen  a.  H.  483  (s.  43),  nnd  E.  14  mit  38 
mhi  rroiuce  tceste  gerne  m^erCy  teer  der  rltter  tc<ere.  Als  blosse  Um- 
schreibung des  imperativs  oder  des  adhortativen  eonjunetivs  findet  sich 
mugen  .schon  bei  Otfrid  (0.  Erdmann  I  §  78).  Ä.  Denecke  s.  9  fBhrt 
ein  beispiel  zur  Umschreibung  eiues  futur  an.  Tat.  70 ,  34  quomodo  fiet 
isiud,  icuo  Mag  ihaz  shi.  Es  ist  wol  freie  Übersetzung  nnd  nach  A,  3,  d 
zu  beurteilen.  Wie  schwach  aber  die  ganze  bedeutung  des  wertes  war, 
zeigt  der  umstand,  dass  es  mehrmals  in  Verbindungen,  in  denen  es 
sonst  zu  stehn  pflegt,  ganz  fehlt.  Man  vergleiche  E.  1989.  2306  mit 
E.  1362  ich  etibringe  in  üf  die  rari,  duz  er  nie  richer  wart,  oder 
G.  540  cds  rtchiu  mltniu  tcai,  daz  nienwn  bezzer  hat;  oder  E.  4521 
3.  41  mit  4472  iehn  muotej  tcan  daz  ich  tcizze^  wer  ir  sU. 

Verhängnisvoll  muste  unter  solchen  nmständen  ein  zusammen- 
treffen mit  dem  conjunctiv  werden.  Denn  mngen  wurde  dadurch  trft- 
ger  eigentlich  zweier  bedeutungen  und  um  so  leichter  konte ,  ohne  ver- 
misst  zu  werden,  die  schwächliche  von  mugen  schwinden,  während  die 
vom  Sprachgebrauch  einmal  gebotene  form  nicht  geändert  zu  werden 
brauchte.  Diesen  Vorgang  werden  wir  noch  ganz  ebenso  bei  soln  nnd 
müezcn  sich  widerholen  sehen,  die  einmal  überlieferte  form  bleibt,  die 
bedeutung  aber  des  verbum  schwindet  unbemerkt  unter  der  decke  der 
sich  vordrängenden  modusbedeutung.  Bei  wellen  konte  dieser  zasam- 
menstoss  seine  Wirkung  weniger  deutlich  äussern ,  weil  jenes  Terbum 
in  seiner  auflösung  schon  weiter  vorgeschritten  nnd  schon  im  indicativ 
oft  nur  noch  Umschreibung  des  eonjunetivs  war  oder  des  ftitumm.  Für 
fnugefi  nun  wird  die  gefahr  des  Schwindens  der  bedeutung  verwirklicht 
erst  durch  den  übertritt  in  den  conjunctiv  und  zwar  in  doppelter  weise. 
Entweder  es  tritt  mugepi  in  einer  seiner  schwächeren  anwendungen  in 
den  coi^junctiv  in  irgend  einer  seiner  functionen  und  die  der  yerflüch- 
tigimg  nahe  verbalbodeutnng  fält  einfach  aus,  da  das  wort  nun  der 
trägiT  einer  neuen  bedeutung  geworden  ist.  Es  ist  also  ein  yerdrän- 
gungsprozoss,  wio  man  ihn  bei  wdlen  weniger  annehmen  darf.  Wellen 
war  in  allen  den  t'ilUen,  in  denen  seine  bedeutung  beim  übertritt  in 
den  ooi^unctiv  ausfiel,  dem  conjunctiv  selbst  schon  oder  dem  diesem 
vorwanten  futurum  im  iudicativ  nahe  gerückt.  Mugen  aber  steht  wk- 
lich  in  föUon,  in  denen  es  volständig  ebenso  gut  fehlen  könte  nnd 
auch  fehlt,  wo  os  vielleicht  nur  einen  griVsseren  nachdruck  bezweckt 
(s.  i^)  und  wo  die  gefahr  nahe  liegt,   dass  es  zum  unnützen  ballast 


MFIMITIV   NACH  WELLEN  USW.  53 

wird.     Hier  verbleibt  ein  rest  der  bedeutung  nur ,  weil  die  vom  Sprach- 
gebrauch, namentlich  aus  der  nachdmcksvolleren  directen  form  einmal 
überlieferte  wortform  an  ihn  erinnert,  schwindet  aber  gänzlich,  sobald 
mugen  nicht  mehr,  auch  wenn  es  sie  aufgibt,  als  blosse  schwerfaUige 
mnecfareibung,   sondern  wider  in   einer  function,  der  des  conjunctivs, 
erscheinen  kann.    Es  tritt  dies  bei  allen  den  fällen  ein,  in  denen  aus 
irgend  einer  tatsache  eine  schärfer  unterscheidende  zeit  nur  eine  mög- 
fichkeit  f&r  eine  andre,   eine  spätere ,  im  schnelleren  denken  diese  als 
selbstverständlich  übergehnde,  weniger  gewissenhaft  die  handluug  bald 
selbst  folgerte,   d.  i.  namentlich  in  den  Mlen  von  A  und  B,  2,  b,  ^ 
und  in  den  folgerungssätzen  der  bedingungsperioden.     Ob   schon  Hart- 
mann hier  blos  den  coi^unctiv  gefühlt  hat,  muss  dahingestelt  bleiben, 
doch  sprechen  dafor  parallelen  und  selbst  Verbindungen  mit  dem  orga- 
nischen  conjunctiv.     Vgl.  E.  9564  des  enhete  st  deheinen  wän,    dag 
ejs  tmmer  mohte  ergän  od  dcus  man  in  iender  vunde,   oder  man  ver- 
gleiche K  5426  (s.  35)    oder  Iw.  4027   (ebd.)   mit  Iw.  6497  ich  wcene 
man  an  kinde  niemer  nxere  vinde  stiezer  wort  oder  mit  E.  7369  also 
was  sin  geschafl,  das  doch  ein  werlttmser  man  niht  hezzers  hetraJUe 
oder  mit  a.  H.  217  waere  der  arzenie  aiso,  daz  man  si  veile  vunde  oder 
das  man  si  hunde  erwerben,  ferner  E.  6451  (s  37),  oder  Iw.  5261  (ebd.) 
mit  E.  709  ob  tu  wcere  der  llp  ze  ihte  mcsre,  so  liezet  ir  iuwern  kint- 
Uehen  sirU  oder  mit  Iw.  6806  wtere  iu  daz  erkant,   so  hetent  ir  des 
gerne  rät.    Seltner  steht  mugen  so  im  bedingenden  satz,  vgl.  E.  4521 
(8.  41). 

Oder  aber  es  tritt  mugen  wie  wellen  in  einer  der  bedeutungen, 
in  welchen  es  an  sich  schon  dem  conjunctiv  nahe  steht,  in  den  con- 
junctiv. Alsdann  ist  es  ein  verschmelzungsprozess.  Dies  tritt  ein  beim 
gehrauch  von  mugen  in  veralgemeinerndem  (s.  45) ,  concessivem  (s.  46, 
wo  aber  übertritt  in  den  conjunctiv  sich  nicht  nachweisen  lässt)  und 
potentialem  (s.  42)  sinne.  Auch  hier  findet  sich  parallel  der  conjunctiv 
des  einfachen  verbum,  s.  o. 

Dieselbe  gefährliche  doppelung  des  ausdruckcs  tritt  ein,  wenn 
dts  den  imperativ  umschreibende  mugen  in  imperative  form  gcsezt  wird, 
Tgl.  8.  50. 

Immer  aber  behält  mugen  mehr  oder  weniger  seine  bedeutung, 
weim  es  zu  andern  praeteritopraesentibus  in  gogensutz  tritt.  Das  ist 
derfaU 

mit  kunnen  E.  887.  ;i288.  3770.  6458.     Iw.  2286. 
mit  saht  G.  2502.    Iw.  5096.  8053. 

ähnlich  bei  tuon,  wo  die  ausfuhrung  zur  möglichkeit  in  gegensatz 
trit,  E.  3859.    Iw.  7275. 


54  GU8T.    KETTNER 

auch  bei  geschehen  E.  4878.  9344.    9427.     Iw.  1402.    1735.  2597 

G.  1746.  3719. 
oder  bei  sin  E.  6732.     a.  H.  370.     Iw.  3448. 
oder  wo  der  infinitiv  zu  entlehnen  ist. 

Zu  entlehnen  aber  ist  der  infinitiv 

I.  innerhalb  der  nämlichen  periode. 

1)  im  relativsatze  aus  dem  vorangehnden  hauptsatze. 

a.  Ein  Superlativ  steht  im  ersteren  vor  mugen  G.  107.  555.  1476. 
a.  H.  1029.  Iw.  2776.  3875.  E.  2116  steht  mugen  vor.  Der 
hauptsatz  folgt  E.  2592.  5164. 

b.  Der  relativsatz  hat  einen  algemeinen  sinn  £.  418.  2273.  6316. 
10119.     a.H.  329.     Iw.  5112.  5813.  8053. 

c.  Im  gewöhnlichen  relativsatze  E.  730.  3288.  3442.    Iw.  737. 

2)  Im  bedingungssatze  aus  dem  hauptsatze 

mit   ob  E.  142.    1090.    8580.     Iw.  7893;   der   hauptsatz 

folgt  Iw.  4958. 
ohne  ob  E.  3186.   Iw.  6416;  der  hauptsatz  folgt  a.H.  945. 

Iw.  4972.  6117;  der  nebensatz  ist  eingeschoben  E.7262. 

Iw.  2932. 

3)  Im  consecutivsatze  aus  dem  hauptsatze  E.  892. 

II.  aus  einem  andern  Satzgefüge,  immer  negiert, 

E.  258.  1347.  5768.     G.  6u8.  932.    a.  H.  591.  1274.    Iw.  5096. 
7542. 
Über  die  ellipse  bei  mugen  vgl.  K.  Weinholds  germ.  Abh.  heft  5 
s.  95. 

(Fortsotzang  fol^) 


DER   MOXin.Oi;  DER   ELISABET   iM.  ST.  IV,  10)   UND 
EIN  AUSGEFALLENER    MOXOLuG   BUTTLEKS. 

Am  16.  junuar  18iK>  teilte  KC^ruer  an  Schiller  seine  bemerkun- 
gen  über  den  \Vallon<tein  mit.  Am  sohluss  des  briefes  (IV,  166) 
äusserte  er  folgeii.le  ansieht  ubt^r  Buttlers  Charakteristik:  „Nur  eine 
bomerkung  erlaube  mir  im  spinzen  über  Ruttier.  Ich  wünschte  ihn 
finsterer  und  verschlossener.  Dies  würde  mehr  mit  Wallensteins  heit- 
rer Offenheit  coutrastieren.  Auch  scheiut  es  oieht  nötig,  dass  ButÜer 
sieb   von  seiner  handluugsweise   so    deutlich   rechenschaft  gibt     Ich 


MONOLOG  DBB  BLISABBT  55 

würde  ihn  daher  wenig  allein  sprechen  lassen,   nur  etwa  den  anfang 
des  monologs  im  3.  [jezt  4.]  act  bis  zu  der  zeile 

Und  hier  an  Böhmens  Grenze  muss  er  sinken.^ 

B.  Boxberger  hat  daran  (in  den  Jbb.  für  Phil.  u.  Paed.  1873 
II.  abt  8.  384)  die  vermutuDg  geknüpft,  dass  ausser  dem  veränderten 
actschluss  vor  allem  diese  bemerkung  Körners  für  Schiller  der  anlass 
gewesen  sei,  den  längeren  monolog  Buttlers, ^  wie  ihn  das  bühnen- 
mannscript  als  abschluss  des  dritten  actes  von  Wallensteins  tod  (hinter 
act  IV  sc.  8  der  druckausgabe)  enthielt ,  zu  streichen. 

Diese  Vermutung  hat  viel  ansprechendes.  Zwar  antwortete  Seh. 
auf  Es.  aesthetische  kritik  des  ganzen  am  24.  märz  1800  ziemlich 
ablelinend  und  nahm  keine  der  von  demselben  vorgeschlagenen  tief- 
greifenderen änderungen  vor;  welchen  wert  er  indessen  doch  auf  Kör- 
ners bemerkungen  im  einzelnen  legte,  beweisen  die  folgenden  briefe. 
Dass  E.  am  26.  juni  desselben  jahres  einen  ausdruck  in  Schillers  Mac- 
betbübersetzung  tadelt  (lY,  174),  bestirnt  ihn  zur  abänderung  dessel- 
ben. Auch  erbittet  er  sich,  bevor  der  druck  seines  nächsten  Stückes, 
der  Maria  Stuart,  begint,  wider  —  13.  januar  1801  (IV,  206)  —  Ks. 
bemerkungen ;  dieselben  sind  enthalten  im  brief  vom  28.  januar  (IV, 
209);  am  5.  märz  (IV,  210)  antwortet  Seh.,  dass  er  sie  benuzt  habe, 
wie  dies  auch  die  ausgäbe  des  dramas  beweist. 

Vielleicht  aber  möchte  doch  ein  anderer  grund  entscheidender 
gewirkt  haben!  Seh.  mochte  sich  nicht  verhehlen,  dass  er  in  dem 
monolog  der  Elisabet  (Maria  Stuart  IV,  10)  wegen  der  in  vieler  bezie- 
bung  ähnlichen  Situation  der  heldin  mehrfache  berührungen  mit  jenem 
früheren  monolog  Buttlers  nicht  vermeiden  konte,  und  es  muste  ihm 
unlieb  sein,  in  jenem  an  diesen  zu  erinnern.* 

Man  vergleiche  nur  einmal  die  beiden  monologe  mit  einander! 
In  beiden  drehen  sich,  die  gedanken  der  redenden  um  denselben  mittcl- 
pnnkt,  um  das  bewustsein  eines  dunklen  fleckens  an  ihrem  rufe,  der 
ihre  Stellung  zu  vernichten  droht;  bei  Buttler  ist  es  der  treubruch 
gegen  seinen  kaiser,  bei  Elisabet  ihre  unehliche  geburt. 

Ich  habe  mir  den  reinen  Buf  gespart 
Mein  Leben  laug 

b^t  Buttler;  ganz  analog  sagt  Elisabet  zu  anfang  des  ersten  haupt- 
abschnittes: 

1)  Abgedruckt  in  der  histor.  -  krit.  ausg.  XII,  346,  bei  Hempel  IV,  5. 

2)  Über  widerholangen  dordolben  godankcn,  motivc  und  wendungeu  in  Goe- 
tbesdramen  vgl.  D.  Jacoby  im  Goethe -Jahrbuch  V  (1884)  313. 


5<  GCST.  KETmUI,  MONOLOG   DSB  ELI8ABBT 

Warum  hab'  ieh  Gerechtigkeit  geübt, 
Willkür  gehasst  mein  Leben  lang. 

Beide  grollen   dem  gegner,    dass  er  ihnen   das  höchste  im  leben  ge- 
nommen, 

Buttler:  die  Arglist  dieses  Herzogs 

Baubt  mir  des  Lebens  höchsten  Schatz 

Elisabet:  Sie  entreisst  mir  den  Geliebten, 

Den  Bräufgam  raubt  sie  mir. 

Beide  meinen,   nur  durch  das  blut  des  gegners  den  flecken  ihres  rufes 
auslöschen  zu  können: 

Nein,  diesen  Schandfleck  tilgt  nur  Blut! 
Du,  Friedland,  oder  ich. 

ruft  Buttler,  und  ähnlich  Elisabet: 

Der  Zweifel  meiner  fürstlichen  Geburt, 
Er  ist  getilgt,  sobald  ich  Dich  vertilge. 

Dazu  berücksichtige  man.  dass  die  drucklegung  des  Wallenstein 
und  die  arbeit  an  der  Maria  Stuart  gleichzeitig  Terliefen.  —  Der  druck 
des  W.  begann  im  februar  1800  (brief  an  Kömer  vom  5.  Januar, 
IV,  159),  am  23.  juni  gieug  das  eiemplar  für  Kömer  ab  (Goedeke 
in  seiner  ausgäbe  der  briefe  11,  345  anm.).  —  Ende  april  1799  hatte 
Seh.  die  vorarbeiten  zur  Maria  begonnen  (an  Goethe  II  ^  187),  am 
31.  december  war  er  bis  zu  Mortimers  tod  (act  IV,  sc.  4)  gediehen 
(ebda  s.  264);  indes.<en  eine  schwere  erkrankung  und  die  Übersetzung 
des  Macbeth  verzögerten  die  Vollendung  so,  dass  erst  zu  anfang  des 
mai  IHOO  die  vier  ersten  acte  ihre  sehlussredaction  erfuhren  (ebda  8.  279), 
in  den  ersten  tilgen  des  juni  wurde  dann  auch  der  lezte  act  abgeschlos- 
sen (^ brief  au  Körner  vom  16.  juni,  IV,  171),  am  14.  dieses  monats 
das  drama  zum  erstenmal  aufgeführt. 

Wenn  man  dies  beides,  das  ziisammentrefien  im  Inhalt  und  in 
der  zeit  der  abfassung  resp.  des  druckes,  zusammenhält,  wird  man  es 
wahrscheinlich  finden,  dass  neben  jener  tadelnden  bemerkung  Körners 
der  monolog  der  Elisiibet  der  hauptsilchlichste  grund  gewesen  ist,  wes- 
halb jener  monolog  Buttlers  in  W.  T.  IV,  8  gestrichen  wurde. 

SCUULrFOKTE.  GUSTAV    KETTNKR. 


57 


ÜBER  KÖENER  UND  VERWANTE  METRISCHE  ERSCHEI- 
NUNGEN IN  DER  MITTELHOCHDEUTSCHEN  LYRIK. 

Wilhelm  Wackernagel  (Altfranzösische  Lieder  und  Leiche, 
s.  171)  nent  körner  die  widerkehr  desselben  reims  in  je  einer  zeile 
Ton  System  zu  System.  ^ 

Wilhelm  Grimm  drückt  sich  in  seiner  bekanten  abhandlnng 
»Zur  Geschichte  des  Reims  ^  (Abhandlungen  der  Berliner  Akademie 
1851,8.586)  algemeiner  so  aus:   ,,  körn  er  heissen   die  in  verschie- 

1)  Körner  ist  ein  kanstausdrnck  der  Meistersinger,  über  welchen  ihre 
tabulatar,  d.  h.  die  aufzeichnung  der  für  ihre  vors-  und  reimkunst  massgebenden 
regeln,  bestirnte  aaskunft  gibt.  Joh.  Christof  Wagenseil  hat  in  seinem  „Buch 
von  der  Meister -Singer  Holdseligen  Kunst  *^,  (angehängt  seiner  „Commentatio  de 
ciritate  Noribergensi.  Altdorfi  1697.  4«.  S.  433  — 576)  aus  den  tabulaturen  meh- 
rerer meistersingergeselscbaften,  die  ihm  teils  gedruckt  teils  handschriftlich  vor- 
lagen, eine  verlässige  und  übersichtliche  zusanmienfassung  der  tabulatur  gestaltet. 
Er  erklärt  in  dieser ,  s.  523 : 

.Körner  sind  blosse  und  ungebundene  Vers  in  allen  Gesetzen,  die  sich  aber, 
so  man  sie  zusammen  hält,  mit  einander  binden  und  reimen.  Als,  wann  zum  Bey- 
spiel,  im  ersten  Gesetz  der  letzte  Vers  bloss  und  ungebunden  stünde ,  so  müste  ihn 
der  lotste  Vers  im  andern ,  dritten ,  und  so  fortan ,  und  also  in  allen  Gesetzen  bin- 
den; Zorn  Beyspiel: 

1. 

Diß  arme  Pilgram -Loben, 

Ist  aller  Arbeit  vol, 

Und  wird  schon  einem  wol, 

So  hat  er  Müh  darneben, 

Biß  er  gorecht  gestorben. 

2. 
Es  ist  ein  Haus  der  Krancken, 
£in  Maugel -volles  Ort, 
Das  speiset  Thränen -Wort, 
Und  traurende  Gedanckon, 
So  bleiben  unverdorben. 

3. 
Deßwegen  sich  die  Frommen, 
Stets  sehnen  nach  der  Freud, 
Die  fem  von  allem  Leid, 
Dahin  kein  Schmertz  kann  kommen. 
Ja  GOtt  selbst  wird  erworben. 

Hie  bleibt  im  ersten  Gesetz  das  Wort,  gestorben;  im  andern,  unverdorben; 
und  im  dritten,  erworben,  bloß  und  (un-)  gebunden;  sie  binden  sich  aber  mit- 
einander."   Vgl.  midebrand,  in  Grimms  Wörterbuche  5,  1820.  J.  Z. 


58  GISKB 

dene  Strophen  verteilten  Beime.'^  Als  beispiele  fuhrt  er  indes  ausser 
den  beiden  „Kunststücken"  Gottfrieds  von  Neifen  (11,  6  und  34,  26) 
nur  solche  gedichte  an,  in  denen  eine  verszeile  der  ersten  strophe  in 
der  entsprechenden  aller  folgenden  Strophen  ihr  reimwort  findet. 

Auch  die  gelehrten  unserer  zeit  scheinen  der  ansieht  zu  sein, 
dass  man  unter  körn  er  die  über  alle  Strophen  eines  liedes  verteilten 
reime  zu  verstehen  habe.  Wilmanns  z.  b.  (Walther  von  der  Vogel- 
weide *,  s.  63)  findet  bei  Walther  nur  in  den  gedichten  110,  13  und 
119,  17  körner,  während  Bechstein  (Ausgewählte  Gedichte  Walthers 
von  der  Vogelweide  und  seiner  Schüler,  s.  79,  anm.  zu  10,  30)  auch 
in  den  beiden  ersten  Strophen  des  liedes  45,  37  kömer  entdeckt  und 
glaubt ,  dass  der  correspondierende  vers  der  dritten  strophe  verderbt  und 
entsprechend  zu  ändern  sei. 

Ich  glaube  mit  andern,  dass  hier  eine  änderung  durchaus  nicht 
am  platze  ist.  Auch  die  ansieht,  die  Wilmanns  (Z.  f.  d.  A.  13,  s.  233) 
ausspricht,  dass  46,  21  später  als  die  beiden  ersten  Strophen  gedichtet 
un4  später  nachgetragen  sei,  reicht  meines  erachtens  nicht  aus,  das 
fehlen  des  korns  zu  erklären  (vgl.  zu  1  B  1). 

Mir  scheint  es  überhaupt  richtiger,  zunächst  die  frage  anfzu- 
werfen:  „Ist  es  rein  zufällig,  dass  str.  1  und  2  des  liedes  So  die  bluo- 
men  üz  dein  grase  dringent  körner  aufzuweisen,  str.  3  nicht,  oder 
verfuhr  der  dichter  hier  mit  bewuster  absieht?"  Diese  frage  bot  mir 
veranlassung,  die  anwendung  der  körner  in  der  mittelhochdeutschen 
lyrik  genauer  zu  untersuchen. 

Bei  dieser  gelegenheit  stiess  ich  auf  andere,  mit  den  körnern 
verwante  strophenbinduiigen ,  über  welche  meines  Wissens  weder  im 
zusammenbange  noch  im  einzelnen  ausführlicher  gehandelt  ist. 

Man  ist  in  unsern  tagen  verschiedentlich  bemüht  gewesen,  die 
poetische  technik  der  minnesinger  zu  erforschen  und  die  resultate  die- 
ser forschung  für  die  herstellung  der  ursprünglichen  gestalt  ihrer  lie- 
der  nutzbar  zu  machen.  Auch  die  im  folgenden  gesammelten  metri- 
schen erscheinungen  bieten  in  dieser  beziehung  anhaltspunkte.  Ich 
habe  es  daher  für  geboten  erachtet,  die  in  betracht  kommenden  reime 
überall  auszuschreiben.  Bei  einigen  gedichten  habe  ich  angegeben,  wie 
ich  mir  unter  beobachtung  der  Strophenbindungen  die  ursprüngliche 
zahl  und  reihenfolge  ihrer  Strophen  denke.  Es  hätten  sich  gewiss  noch 
manche  von  den  gedichten,  welche  die  Minnesinger  von  der  Hagens 
allein  bieten,  in  dieser  hinsieht  bessern  lassen,  aber  ich  glaubte,  dies 
lieber  einem  überlassen  zu  sollen,  der  mit  einem  genaueren  kritischen 
apparat  arbeiten  kann,  als  es  zur  zeit  möglich  ist. 


KÖRNBR  59 

I.    Gedichte,  deren  Strophen  durch  körner  gebunden  sind, 
i  Gedichte,   deren  sämtliche   Strophen  durch  körner  gebunden  sind. 

a.    durch  ein  körn. 

1.  Wachsmut  von  Mülnhausen  (HMS  I  327  III.  B.  L.  LII  17)  * 

28tr.  7zeiL  ababcKc 

ir  :  mir 

2.  Die  Winsbekin  (HMS  III  467  III) 

28tr.  21zeil.  abcbcdaefefdghghikikK 

troestcerinne  :  minne 

3.  hl  einem  namenlosen  Z.  f.  d.  A.  4,  573.   B.  L.  XCVIIl  559    mit- 
geteilten liede. 

2str.  11  Zeil.  aabccbddddK 

cristmlieit  :  streit 

4.  Christian  von  Lupin  (HMS  II  20  H) 

3str.  15zeil.  abbcabbcKddeffe 
Str.  1.  9  ein  munt  rceter  danne  rot 
„    2.  9  mir  totere  nceter  danne  not 
„    3.  9  stürbe  er  tceter  danne  tot 

5.  Walther  von  der  Vogelweide  (WL  119,  17) 

4str.  9zeil.  ababccKdd 
Siehe  V  A. 

6.  Heinrich  von  Veldeke  (MF  59,  23) 

3str.  9zeil.  abaababKb 
Dies  lied   nimt  insofern   eine   Sonderstellung  ein,    als   hier  die 
körner  in  der  widerholung  ebenderselben  werte  bestehen: 
Str.  1.  8  swer  hat  rehte  minne 
2.  8  diu  mir  gap  rehte  minne 


n 


Die  reime 


^    3.  8  diu  mich  durch  rehte  minne. 


Str.  1.  1:3:4:6  järe  :  kläre  :  offenbare  :  märe 
„    "2.  1  :  3  :  4  :  6  ere  :  kere  :  scre  :  here 
„    3.  1  :  3  :  4  :  G  nulen  :  unbltden  :  Uden  :  venntdeti 
zeigen  in  ihren  vokalen  die  folge  ä,  e,  l.     Die  Vermutung,   dass  dem 
liede  zwei  Strophen  mit  den  vokalen  ö,  ü  m  den  reimen  der  entspre- 
chenden verse  fehlen,  lässt  sich  leicht  aussprechen,   aber  nicht  bewei- 
sen.   Dagegen  scheint  das  mit  ziemlicher  Sicherheit  angenommen  wer- 
den zu  können,  dass  diese  künstelei  beabsichtigt  ist  und  die  ursprüngliche 
reihenfolge  der  Strophen   anzeigt.     MF  ist  die  leztere  richtig  hergestelt 

1)  Die  auf  die  deutsche  llttoratur  bezüglichen  citate  werden  als  veitttändlich 
Tonuugesezt. 


60  OISKS 

gegen  die  Überlieferung  der  Iiandschriften  ^    von  denen  B  die  atrophen 

in  der  folge  1.  3.  2  hat,  C  dieselben  in  der  folge  3.  1.  2  bietet 

7.   Walther  von  der  Vogelweide  (WL  110,  13) 

2str.  7zeil.  ababKE  (cc) 

enkan  :  gewan. 

Auch  dies  gedieht  weicht  von  den  beispielen  1  —  5  in  etwas  ab: 
der  zeile,  welche  das  körn  enthält,  folgt  ein  zweizeiliger  refrain,  und 
diese  drei  Zeilen  bilden  zusammen  den  abgesang. 
8.    Reinmar  (MF  154,  32  fgg.) 

Die  Überlieferung  schwankt  in  anzahl  und  reihenfolge  dieser  Stro- 
phen: A  hat  Str.  1.  3.  4.  5,  B  1.  2.  3,  C  1.  2.  3.  4.  5,  E  3.  5.  2.  1. 
In  MF  sind  aus  den  fünf  in  C  erhaltenen  Strophen  zwei  lieder  (I  = 
str.  1  —  3 ,  n  =  str.  4.  5)  gemacht.  Regel  (Germ.  19,  156)  nimt  156,  8 
die  Überlieferung  von  E  an,  verbindet  diese  Strophe  mit  154,  32  — 
155,  26  zu  einem  vierstrophigen  gedichte  und  trent  155,  27  als  ein- 
strophiges  lied  ab.  Ihm  stimt  Paul  (Beitr.  2,  519)  bei  Burdach  (Rein- 
mar der  Alte  und  Walther  von  der  Vogel  weide  s.  200  fgg.)  beweist, 
dass  E  eine  völlige  Umarbeitung  von  155,  38  gibt,  gemacht,  um  die 
einzelne  frauenstrophe  in  einen  Zusammenhang  mit  den  drei  vorher- 
gehenden zu  bringen.  Ich  stimme  Burdach  sowol  in  diesem  punkte  als 
auch  darin  zu,  dass  155,  27  und  155,  38  von  den  voraufgehenden 
Strophen  abzutrennen,  umzustellen  und  unter  sich  zu  einem  liede  zu 
vereinigen  seien.  Darnach  haben  wir  hier  nur  in  betracht  zu  ziehen 
MF  154,  32—155,  26 

38tr.  llzeil.  ababbWbWcKc 

Str.  1.  10  gU  :  Str.  2.  10  strtt  :  str.  3.  10  zU. 

b.    durch  ein  seinerseits  durch  reim  mit  einem  refrain  gebundenes  kom. 

1.  Albrecht  von  Johansdorf  (MF  90,  16) 

28tr.  8zeil.  ababccK(d)  R(d) 

verlie  :  nie 
Refr.  vröudc  utid  sunier  ist  noch  allez  hi&. 
Beide  Strophen  beginnen  mit  Ich. 

2.  Steinmar  (HMS  H  155  IV) 

5str.  9zeil.  ababccK(d)R(Wd) 

gern  :  etibem  :  gern  :  wem  :  kern 
Refr.  Mirst  min  Ion  gen  der  vü  süezen  Mure  unnaher,  danne  vem 
mit  geringer  Variation  des  anfangs  der  ersten  zeile  in  den  verschiede- 
nen Strophen. 

3.  Rost  Kirchherr  zu  Sarnen  (HMS  II  133  VIII) 

3str.  12zeil.  aabccbE(d)eebR(dd) 

mac  :  maltersac  :  hejac 


KÖBNKB  61 

Eefr.  Minne  ^  minne^  hilf  mir  werben  umbe  tac,  al  min  not  mir  her- 

ter  nie  gdac, 

4.  Markgraf  Heinrich  von  Meissen  (HMS  I  13  IV.   B.  L.  LIU  1) 

2 Str.  8 Zeil.  ababcE(d)cR(d) 

tmgemüete  :  glüete 
Befr.  str.  1  des  hüe  ich  got  ir  reinen  lip  behüete 
„    2  und  bite  got  ir  usw. 

Bartsch  scheint  das  lied  für  volständig  zu  halten.  Nach  HMS 
ist  in  der  handschrift  far  drei  Strophen  räum  gelassen ,  so  dass  wir 
nur  die  beiden  anfangsstrophen  besässen.  Soviel  scheint  indes  sicher 
zü  sein ,  dass  die  fehlenden  Strophen  denselben  refrain  und  mithin  die- 
selben körner  aufwiesen. 

5.  Heinrich  von  Morungen  (MF  127,  34) 

5str.  lOzeil.  ababccB(d)eeE(d) 

Hier  findet  das  umgekehrte  von  der  in  den  beispielen  I  Ab  1—4 
beobachteten  erscheinung  statt :  die  durch  die  interjection  owe  gebildete 
reirainzeile  geht  voraus ,  es  folgen  die  mit  ihr  reimenden  körner  in  der 
lezten  zeile  der  strophe 

ste  :  e  :  me  :  me  :  erge 

6.  Ulrich  von  Lichtenstein  (L  449,  11) 

P(e) 
38tr.  lOzeil.  a  ab  ccb  dddE(e) 

Hier  reimt  das  erste  wort  jeder  strophe ,  welches  immer  dasselbe 
(tcci)  ist,  als  pause  mit  dem  lezten 

hol  :  vol  :  sol  (vgl.  I  A  b  5). 

B.  Gedichte ,  deren  Strophen  mit  ausnähme  einer  einzigen  durch  körner 

gebunden  sind. 

1.  Walther  von  der  Vogelweide  (WL  45,  37) 

3str.  llzeil.  str.  1  und  2  abcabcddeEe 

„    3  ewe 

Str.  1.  10  getan  :  str.  2.  10  stän 
str.  3.  10  sin. 

Die  handschriften  stimmen  in  der  Stellung  von  str.  46,  21  nicht 
fiberein:  in  ABP  folgt  sie  auf  46,  20,  in  CE  hinter  47,  15.  Wil- 
Mnns  Z.  f.  d.  A.  13,  s.  233  schliesst  aus  dieser  verschiedenen  anord- 
nung,  dass  diese  strophe  in  der  gemeinsamen  quelle  BCEF  ursprüng- 
licb  nicht  vorhanden  gewesen ,  dass  sie  später  als  die  Strophen  45,  37 
^d  46,  10  gedichtet,  später  nachgetragen,  aber  bestimt  gewesen  sei 
un  anschluss  an  die  erwähnten  Strophen  vorgetragen  zu  werden. 


62  OISKB 

Nehmen  wir  an,  Wilmanns  hätte  darin  recht,  dass  str.  46,  21 
eme  spätere  nachdichtung  sei,  so  müssen  wir  eine  erklärnng  dafür 
finden,  dass  diese  strophe  nicht  genau  dieselben  formen  aufweist  wie 
die  beiden  andern.  Man  solte  doch  meinen,  der  dichter  würde  sieb 
bemüht  haben,  dadurch  dass  er  die  Strophen  volstfindig  gleich  baute, 
die  nachdichtung  als  solche  so  wenig  auffällig  wie  möglich  zu  machen. 
Da  scheint  nichts  näher  zu  liegen,  als  mit  Bechstein  (vgl.  oben  s.  58) 
46,  30  als  verderbt  aufzufassen.  Aber  bei  dem  einfachen  klaren  sinn, 
den  die  beiden  scblusszeilen  ergeben ,  ist  eine  änderung  mehr  als  bedenk- 
lich. Man  könte  ferner  die  körner  in  den  beiden  ersten  Strophen  als 
Zufälligkeiten  ansehen.  Allein  auch  hiergegen  erheben  sich  gewichtige 
bedenken.  Wenn  wir  die  unter  I  B  gesammelten  beispiele  betrachten, 
finden  wir,  dass  häufiger  dreistrophige  gedichte  so  gebaut  sind,  dass  das 
kom  der  beiden  ersten  strophen  in  der  lezten  fehlt.  Ziehen  wir  nun  weiter 
das  zu  I  B  3  und  6  sowie  das  am  Schlüsse  dieser  arbeit  über  die  drei- 
teiligkeit des  liedes  gesagte  heran,  so  muss  der  gcdanke,  dass  wir  es 
hier  mit  einer  Zufälligkeit  zu  tun  haben,  volständig  schwinden.  Hier- 
nach werden  wir  von  selbst  zu  der  annähme  geführt ,  dass  Walther  mit 
absieht  das  kom  in  der  lezten  strophe  fortliess.  Ist  dies  aber  richtig, 
dann  ist  es  unmöglich,  str.  46,  21  als  nachdichtung  aufzufassen,  und 
sieht  denn  diese  strophe  wie  eine  nachdichtung  aus?  Ich  glaube,  wenn 
die  handschriften  sie  sämtlich  an  derselben  stelle  überliefert  hätten, 
wäre  kein  mensch  auf  einen  derartigen  gedanken  gekommen.  Man 
muss  nach  einer  andern  erklärung  für  die  abweichung  der  handschriften 
suchen. 

2.  Heinrich  von  Frauenberg  (HMS  I  96  IV) 

3str.  7zeil.    Str.  1  und  2  ababcKc 

„   3  cWc 

Str.  1.  6  minneclichen  :  str.  2.  6  geliehen 

Str.  3.  6  twingen, 

3.  Christian  von  Hamle  (HMS  I  112  IL    B.  L.  XXXH  34) 

3 str.  7 Zeil.    Str.  1  und  2  ababbKb 

„    3  bab 

Str.  1.  6  vüe^e  :  str.  2.  6  müeze 

Str.  3.  6  grüezen 
Str.  2  und  3  beginnen  mit  Her  Anger, 

Wenn  Bartsch  das  von  der  handschrift  str.  3,  6  überlieferte 
grüezen  in  grüeze  ändert ,  so  tut  er  dies  jedenfals  nur  deshalb ,  am  auch 
in  dieser  strophe  ein  kom  zu  erhalten.  Wir  werden  aber  im  weiteren 
verlaufe  onserer  darstellung  finden,   dass  die  gedichte,   in  denen  eine 


KÖBNEB  63 

Strophe  kein  körn  aufweist,  nicht  minder  zahlreich  sind  als  diejenigen, 
welche  in  allen  strophen  körner  haben.  Die  nötigung  zu  einer  ände- 
nmg  fält  somit  weg.  Ja,  mir  scheint  dieselbe  sogar  falsch  zu  sein. 
Wenn  wir  die  überlieferte  lesart  festhalten,  so  reimt  zeile  6  der  drit- 
ten Strophe  mit  zeile  1  und  3 ,  und  es  ergibt  sich  für  die  lezte  strophe 
UDseres  gedichtes  ein  von  dem  der  beiden  ersten  strophen  abweichen- 
der bau.  Dass  eine  oder  die  andere  strophe  eines  liedes  anders  gebaut 
ist  als  die  übrigen ,  finden  wir  nicht  selten.  Dahin  gehören  z.  b.  schon 
aUe  nnter  I  B  und  II  B  unserer  arbeit  angeführten  gedichte.  Am  auf- 
fiUligsten  aber  wird  öfter  die  schlussstrophe  jn  dieser  weise  ausgezeich- 
net Ich  rechne  dahin  die  erscheinung,  dass  der  refrain  der  lezten 
Strophe  vielfach  von  dem  der  vorangehenden  abweicht,  z.  b.  NH  XLYI 
20,  HMS  I  151  XI  (B.L.  XXXVUI  1),  HMS  I  154  XVI  (B.  L. 
XXXVni  71),  HMS  I  290  VIÜ  (WR  221,  27),  HMS  I  291  XI 
(WB229,  53),  HMS  II  25  VIII.  (B.  L.  XCHI  13).  Ich  ziehe  ferner 
die  gedichte  hieher,  deren  schlussstrophe  im  vergleich  zu  den  übrigen 
tun  eine  oder  mehrere  zeilen  erweitert  ist,  z.  b.  MF  137,  10,  WL  73,  23, 
L428.  1,  431.  19,  447.  13,  456.  25,  518.  1.^  und  endlich  gibt  es 
eine  ganze  anzahl  von  gedichten,  in  denen  die  schlussstrophe  ähnlich 
behandelt  ist  wie  in  unserem  liede,  z.  b.  NH  U  57.  24,  HMS  I  21  HI, 
I  343  I,  I  348  HI  (B.  L.  LVHI  1),  H  147  H,  HI  401  XXHI.  Nach 
all  diesem  scheint  mir  hier  eine  mit  absieht  verwante  künstele!  vor- 
zuliegen und  eine  änderung  durchaus  nicht  am  platze  zu  sein. 

4.  Brunwart  von  Augheim  (HMS  H  75  III) 

3str.  lOzeil.    Str.  1  und  2  abcabcddKd 

„    3  ddWd 

Str.  1.  9  scide  ich  si  cd  eine  sehen 
^    2.  9  solde  ich  die  vü  lieben  sehen 
(vgl  I  Aa6) 
Str.  3  schin 
^*  In  einem  namenlosen  in  der  handschrift  der  Baseler  Universitäts- 
bibliothek B.  XL  8  überlieferten  liede. 
(Altdeutsche  Blätter  2,  129.    HMS  HI  468"^  XIV.   B.  L.  XCVHI  G95) 
3str.  7zeil.    Str.  1  und  2  ababcEc 

„   3  cWc 

Str.  1.  6  liebe  :  str.  2.  6  herzelieben 
Str.  3.  6  vinden. 

1)  Ähnlich  ist  das  geleit,  das  der  provenzalischon  lyrik  so  häufig  nnd  geläu- 
%  ist,  and  welches  auch  in  der  altfranzösischen  begegnet;  vgl.  W.  Wackernagel 
^  ft.  0.  8. 175.  Auch  in  der  modernen  deutschen  dicbtung  findet  sich  bekantlich 
<Ü6M  erscheinong. 


64  GI6KB 

6.  Konrad  von  Kirchberg  (HMS  I  24  U.    B.  L.  LXXXV  33) 

5str.  11  Zeil.    Str.  1.  2.  3.  4  abcabcKdeed 

y,    5  abcabcadeed 

Str.  1.  7  unvrö  :  str.  2.  7  jo  :  str.  3.  7  so  :  str.  4.  7  j^mw 

Str.  5.  7  voUeclkh. 
Die  beiden  handscbriften ,  welche  diese  Strophen  überliefern, 
schwanken  in  der  reihenfolge  derselben:  C  hat  die  von  uns  nach  HMS 
beobachtete  folge  1.  2.  3.  4.  5,  B  dagegen  1.  5.  2.  4.  3.  Bartsch  gibt 
der  Überlieferung  in  B  den  Vorzug.  Ich  bann  ihm  nicht  zustimmen. 
Zwar  lassen  sich  die  wovte,  welche  Knod  (Gottfried  von  Neifen  und 
seine  lieder,  s.  5)  im  hinblick  auf  die  gedichte  Gottfrieds  von  Neifen  aus- 
spricht: „Man  kann  die  strophen  eines  liedes,  abgesehen  von  der  ein- 
gangsstrophe ,  meist  in  beliebiger  reihenfolge  lesen,  ohne  dass  dadurch 
der  gesamteindruck  des  gedichtes  beeinträchtigt  würde  ^  öfter  auch  auf 
Produkte  anderer  mhd.  dichter  anwenden.  Hier  aber  scheint  mir  soviel 
sicher  zu  sein,  dass  die  mit  Hei^  tvenne  sd  es  An  beginnende  strophe 
nicht  durch  die  strophe  Mir  tocere  tool  gdieh  von  der  ersten  getrent 
werden  kann.  Damach  dürfte  wenigstens  in  diesem  punkte  die  Über- 
lieferung von  C  vor  der  von  B  den  Vorzug  verdienen. 

Die  handschrift  B  überliefert  zeile  7   und  8  der  strophe  Mir 
wtere  tocl  gdich  der  an  fröiden  gar 

voüedtche  mich  beriet 
Bartsch  sezt^  um  ein  kom  zu  gewinnen,   für  gar  ganz  matt  do.^    C 
überliefert  der  mir  voUectiche 

an  die  minneclicJien  riet, 
also  ebenfals  kein  kom  an  dieser  stelle.  Dasselbe  durch  conjectur  her- 
zustellen ist  überflüssig,  da  zahlreiche  gedichte,  wie  wir  bereits  sahen, 
in  einer  strophe  das  kom  der  übrigen  strophen  nicht  aufweisen.  In 
den  bisher  angeführten  beispielen  war  die  lezte  strophe  körnerlos.  Beach- 
ten wir  nun  weiter,  dass  nach  der  Überlieferung  in  C  str.  5,  7  mit 
str.  5,  1  und  4  reimt,  und  rufen  wir  uns  das  zu  I  B  3  über  den  abwei- 
chenden bau  der  schlussstrophen  gesagte  ins  gedächtnis  zurück,  so  weist 
dies  alles,  wie  mir  scheint,  darauf  hin,  dass  die  Überlieferang  von  C 
der  ursprünglichen  gestalt  unseres  liedes  näher  steht  als  die  von  B. 

7.  Chrisüan  von  Hamlo  (HMS  I  112  I.    B.  L.  XXXII  1) 

a   a 
3str.  llzeiL    Str.  1  bcbcddeWeff 

a  a 
„    2  und  3  bcbcddeKeff 

1)  (h)riKdn«  hatte  v.  d.  Tlagen  a.  a.  o.  m  587,    12  11  schon  einen  ihnlichen 
gedankeii.     Abor  IV  59,  anm.  1  verwirft  er  ihn  wider. 


KÖBNEB  65 

Str.  1.  8  fnunde 

„    2.  8  ja  enist  ee  der  toerlte  nxkt  hezzerre  fröide 
„    3.  8  aida  hat  diu  minne  mit  maneger  fröide 
(vgl  L  Aa  6  und  I  B  4). 
Die  inderuDg,  welche  Bartsch  a.  a.  o.  s.  347  mit  str.  1.  8  in 

80  tat  diu  liebe  ir  ietwederg  vor  fröide 
yoniimt,  ist  aus  den  zu  I B  3  (ygl.  I  B  6)  erwähnten  gründen  unnötig 
und  verkehrt  Leicht  kernt  man  zu  einer  andern  Vermutung.  Wenn 
wir  ans  die  bisher  unter  I  B  mitgeteilten  beispiele  ansehen ,  so  finden 
wir,  dass  immer  der  schlussstrophe  das  körn  fehlt.  Man  möchte  dar- 
nach auch  diesem  Uede  eine  ähnliche  gestalt  geben  und  str.  1  an  das 
ende  setzen.  Dieselbe  könte  in  der  vorläge  von  C  am  rande  nach- 
getragen und  vom  abschreiber  an  eine  verkehrte  stelle  des  gedichtes 
geeezt  sem.  Der  sinn  spricht  nicht  gegen  eine  solche  Umstellung. 
Str.  2  schildert  den  umbevanc ,  str.  3  gruss  und  kuss ,  str.  1  fasst  beides 
zusammen.  Auch  der  strophische  bau  scheint  str.  1  den  lezten  platz 
im  Uede  anzuweisen.  Ich  denke  nicht  daran ,  dass  im  aufgesang  dieser 
Strophe  je  zwei  verse  mit  dem  abgesang  von  str.  2  und  3  durch  reime 
geinmden  sind.  Str.  1.  V  :  3*  Übe  :  u^e 

„    2.  7  :  9  uAbe  :  vertribe 

„    1.  2  :  4  tuot  :  muot 

„    3.  5  :  6  gluot  :  tuot 
Das  wfirde,  selbst  wenn  es  nicht  zufilllig  wäre,  doch  noch  nicht  gegen 
die  überlieferte    strophenfolge  sprechen.     Wol   aber   möchte  ich    auf 
str.l.  8  :  10  :  11  munde  :  munt  :  kunt  hinweisen  und   dabei  an  das 
von  nns  zu  I  B  3  bemerkte  erinnern. 

C.  Gedichte ,  in  denen  sämtliche  Strophen  zu  je  zweien  durch  verschie- 
dene körner  gebunden  sind. 

a.    Durch  ein  kern. 

Gottfried  von  Neifen  (H  34,  26) 

4str.  7zeil.    Str.l  und. 3  aaaaaaK^ 

^    2  und  4  aaaaaaE' 
Str.  1.  7  want  :  str.  3.  7  steinwant 
„    2.  7  guot  :     «    4.  7  guot. 
Haupt  a.  a.  0.  s.  58  anm.  zu  34^  31)  scheint  mir  recht  zu  haben, 
wenn  er  meint ,  dass  str.  2  und  3  umzustellen  seien.    Ich  stimme  dem- 
Bdben  gelehrten  auch  darin  zu ,  dass  dies  gedieht  vielleicht  nicht  volstän- 
dig  fiberliefert  sei.    Es  fehlt  wahrscheinlich  eine  Strophe.    Diese  mag 
den  erfolg  von  OottMeds  werben  enthalten  haben  und  weder  mit  str.  1 
und  3  noch  mit  str.  2  und  4   durch  ein  körn  gebunden  gewesen  sein. 

mnOKS,  F.   DXUT80HB  PBIXiOLOOIB,     BD.  XYIO.  5 


66  GISKE 

Wenn  Knod   (a.  a.  o.  8.  8)  gegen  Haupts  Vermutung  die  Gottfriedschen 
lieder  11,  6  und  27,  15   anführt,    so  kann   doch   wol  nur  das  erstere 
derselben   in  betracht  kommen.     Allein  auch   dort  ist,    wie  wir  sehen 
werden ,  die  überlieferte  stroplienfolge  nicht  ganz  sicher  (vgl.  I  C  b). 
Darnach  hätten  wir  etwa  folgendes  schema  dieses  liedes: 

13     2  4     5 

b.    Durch  soviel  kömer  als  die  strophe  zeilen  hat. 

1.    Gottfried  von  Neifen  (H  11,  6).     4str.  7zeil. 

Str.  1.  1  f HCl  gen  :  str.  8.  1  leigefi 

2  Jieide  :  str.  3.  2  scJieide 

3  gesingen :  str.  3.  3  gelingen 

4  wise  :  str.  3.  4  prise 

5  alciyie  :  str.  3.  5  meine 

6  giiete  :  str.  3.  6  getnüete 

7  hat  :  str.  3.  7  rät 


Str.  2.  1  alsus  verderben  :  str.  4.  1 

kus  erwerben 

2  rosen  :  str.  4.  2  lösen 

3  eigen  :  str.  4.  3  erzeigen 

4  verdirbe  ;  str.  4.  4  8Ürbe 

5  kinde  :  str.  4.  5  vinde 

6  riche  :  str.  4.  6  hdfediche 
1  hän  :  str.  4.  7  gei4n 

Wir  haben  hier  eine  ähnliche  erscheinung  wie  in  dem  II  Dh  1 
behandelten  gedichte.  Aber  während  dort  jede  strophe  in  dreiteiligem 
bau  in  sich  abgeschlossen  ist,  ist  dies  hier  nicht  der  fall.  Hier  ist 
jede  zeile  jeder  strophe  an  sich  eine  waise  und  hört  auf  dies  zu  sein 
durch  den  hinzutritt  einer  folgenden  strophe.  Nennen  wir  die  erste 
Strophe  hinsichtlich  ihrer  reime  a,  die  zweite  b,  so  erhalten  wir  für 
das  ganze  gedieht  das  schema  ab  ab.  Es  berührt  beim  lesen  dieses 
liedes  sonderbar,  dass  die  reime  der  ersten  und  dritten  strophe  (a.  a) 
durch  die  reime  der  zweiten  (b)  von  einander  getrent  sind  (I C  b  2  ist 
doch  verschieden).  Aber  das  ist  geffihlssache ,  und  ich  würde  dies  gar 
nicht  erwähnt  haben,  wenn  ich  nicht  der  meinung  wäre,  dass  noch 
andere  momente  vorliegen,  welche  die  überlieferte  strophenfolge  in  zwei- 
fei ziehen  lassen. 

Strophe  2  will  dem  sinne  nach  dort  nicht  recht  passen  ^  wo  sie 
in  der  handschrift  ihren  platz  hat  Zieht  man  das  gedieht  27,  15  heran, 
so  möchte  man  strophe  3  auf  str.  1  folgen  lassen,  um  so  das  schema 
a  a  zu  bekommen.  Str.  3  und  4  zu  trennen  wird  keinem  beifaUen.  So 
bleibt,  da  str.  1  mit  ihrem  natureingang  anfangsstrophe  sein  mnss,  für 
str.  2  nur  der  platz  zu  ende  des  gedichtes  übrig.  Es  ist  ja  sehr  wol 
möglich,  dass  der  Schreiber  von  C  die  strophe  Owiy  triutelehter  lip^ 
sol  ich  alstis  verderben  am  rande  seiner  vorläge  nachgetragen  fand  und 
sie  an  eine  falsche  stelle  sezte.  Nehmen  wir  die  vorgeschlagene  Umstel- 
lung an,  so  hat  jedes  strophenpaar  einen  nach  form  und  Inhalt  ähn- 
lichen schluss: 


KÖBNBB  67 

E  str.  1  and  3  ob  des  nikt  geschiht,  so  wirt  mir  sender  sorgen 
niemer  rat, 

H.  str.  4  and  2  ob  des  niht  gescJM ,  so  muoz  min  spüendiu  fröide 
ein  ende  hän 

Wenn  Wilhelm  Grimm  (a.  a.  o.  s.  586)  und  nach  ihm  Knod 
(a.  a.  0.  8.  55)  in  den  reimwörtem  1 ,  1  meigen  :  3 ,  1  leigen  mit  4 ,  3 
ergeigen  :  2,  3  eigen  zuGh  kömer  sehen  ^  so  scheint  mir  das  nicht  rich- 
tig: kömer  müssen  doch  in  den  verschiedenen  strophen  an  derselben 
strophenstelle  widerkehren.  Unbeabsichtigt  brauchen  diese  gleichen, 
reime  deshalb  doch  nicht  zu  sein.  Im  gegenteil ,  Gottfried  wolte  durch 
dieselben  die  beiden  strophenpaare  binden,  gerade  ebenso  wie  durch 
den  oben  erwähnten  gleichen  schluss.  Auch  das  Owe  zu  anfang  jeder 
der  beiden  lezten  Strophen  nach  unserer  Vermutung  ist  wol  nicht  ohne 
absieht 

2.  Uhich  von  Lichtenstein  (L443,  1).    5  str.  7zeil. 

Diese  tanjsunse  bildet  einen  Wechsel,  dessen  kunstvollen  stro- 
phenban  Ulrich  selber  444,  8  fgg.  mit  den  werten  röhrat 

Diu  liet  vil  maneger  niht  verstuont, 
als  noch  die  tumben  ofte  tuont: 
stoer  aber  was  so  rehte  unSy 
der  si  verstuont  y  der  gäbe  in  pris. 
si  warn  getihtet  tounderUch 
die  fime  gesetzet  meisterlich: 
diu  uns  kund  hezzer  niht  gesin: 
ich  redet  drinn  mit  der  frowen  min. 

Der  dichter  spricht  str.  1 ,  str.  3 ,  str.  5 ,  l  —  4 ,  diu  frowe  str.  2, 
str.  4,  str.  5,  5  —  7.  Die  männerstrophen  haben  das  strophenschema 
aa&aaaa,  resp.  aaaa  und  in  den  stumpfen  reimen  (str.  1  und  str.  5, 
1—4)  ein  a,  in  den  klingenden  (str.  3)  ein  a.  Die  frauenstrophen 
bestehen  aus  kömem,  und  zwar  finden  die  einzelnen  verse  von  str.  2 
in  den  entsprechenden  versen  von  str.  4  ihre  reimwörter.  In  gleicher 
weise  ist  mit  str.  2,5  —  7  und  str.  4,5  —  7  gebunden  str.  5,  5  —  7. 

Str.  2.  1  bereit  :  str.  4.  1  gemeit 

2  reht  :  2  jeht 

3  dag  :  3  baz 

4  gestaU  :  4  tüsentvalt 

b  an  :  5  dan  :  str.  5,  5  man 

6  ri  ;  6  6J  ;  6  vri 

7  geschehen  :       7  sehen  :  7  gejehen 

5* 


68  GISKE 

D.   Gedichte ,  in  denen  nur  einige  Strophen  durch  kömer  gebunden  sind. 

1.  Otto  znm  Turme  (HMS  I  343  H) 

llstr.  7zeil.     Str.  2  und  4  ababcK^c 

„    9  und  10  ababcK'c 
Siehe  V  B  1. 

2.  Walther  von  der  Vogelweide  (WL  99,  6) 

5str.  7zeiL  ababcwc    Str.  3  und  4  ababcKc 
Str.  3.  6  ougen  :  str.  4.  6  ougen, 

IL     Gedichte,    deren  Strophen  dadurch  gebunden  sind,   dass  dieselben 
reime  in  mehreren  ihrerseits  mit  einander  gebundenen  zeilen  widerkehren. 

A.    Gedichte,  deren  sämtliche  Strophen  gebunden  sind. 

a.    Durch  widerkehr  derselben  reime  in  zwei  zeilen. 

1.  Heinrich  von  Rugge  (MF  102,  27) 

2str.  7zeil.  aaaaaEE(bb)^ 
Str.  1.  6  :  7  muot  :  entuot^  Str.  2.  6  :  7  muoi  :  guat. 
Es  zeigt  sich  in  diesem  gedieht  eine  gewisse  venvantschafk  mit  I A  b  5 
und  6  insofern,  als  jede  erste  der  in  betracht  kommenden  zeilen  mit 
denselben  werten  schliesst: 

Str.  1.  6  der  dur  valschen  muot 
„    2.  6  trüegen  valschen  muot  (vgl.  ausserdem  I  Aa6). 

2.  Eeinmar  der  Fiedler  (HMS  H  162  H) 

2str.  6 Zeil.  ababKK(cc) 
Str.  1.  b  :  Q  list  :  ist,  Str.  2.  5  :  6  is^  :  list 

3.  Günther  von  dem  Forste  (HMS  II  164  1) 

28tr.  6zeil.  ababKK(cc) 
Str.  1.  5  :  6  tage  :  plage,  Str.  2.  5  :  6  sagen  :  klagen 

4.  Der  Meissner  (HMS  HI  109  XX) 

2str.  16zeil.  abcdabcdeeK(f)ggK(f)hh 
Str.  1.  11  :  14  lesterUchen  :  geliehen 
„    2.  11  :  14  lügelichen  :  geliehen 

5.  Wachsmut  von  Mülnhausen  (HMS  I  327  IV) 

2str.  9zeil.  K(a)bK(a)bcdcdc 

Str.  1.  1  :  3  blüei^i  :  güete,  Str.  2.  1  :  3  güete  :  gemüete 
G.   In  einem  in  dem  anhange  der  Würzburger  samlung  der  lieder 
Reinmars  (e  bei  Lachmann)  überlieferten  liede  (MF  s.  314) 
2str.  8zeil.  aK(b)aK(b)ccdd 
Str.  1.  2  :  4  gar  :  war,   Str.  2.  2  :  4  gar  :  bewar. 

1)  Dio  binncBrcimc  habe  ich  hier  und  auch  anderswo  nnbexelchnet  gelassen, 
wo  mein  zweck  eine  derartige  bczeichnung  nicht  forderte.  Ffir  die  in  den  Terschie- 
denen  atrophen  widerkehronden  reime  habe  ich  die  bezeichnnng  ^K*  angewani. 


KÖBXEB  69 

7.    Dietmar  von  Aist  (MF  39,  30—40,  10) 
28tr.  8zeil.  ababEEdd 
Bardach  (a.  a.  o.  s.  77  fgg.)  meint,    dass  diese  beiden  Strophen 
Tielleicht  ein  gedieht  bildeten.    Diese  Vermutung  scheint  mir  um  so 
sicherer,  als  die  strophen  durch  die  gleichen  reime 

Str.  1.  6  :  6  ficM  (L  brach)  :  naht,  Str.  2.  5  :  6  gedäht :  hräht 
gebunden  sind  nnd  ausserdem  durch  str.  1,  6  und  2,  1  in  enge  bezie- 
hung  zu  einander  treten.    Aber  darin  kann  ich  Burdach  nicht  zustim- 
men,  dass  39,  30  der  frau  in   den  mund  zu  legen  sei.    Es  ist  das 
handschriftliche  swaz  (39,  32)  und  das  komma  am  schluss  von  39,  34 
beizubehalten.    Für  fiakt  (39,  34)  ist  mit  Lachmann  brach  zu  lesen, 
denn  den  hluomen  vlehten  kann  man  doch  wol  schwerlich  sagen.   Der 
gnmd,  den  Burdach  dafür  anführt,  dass  unter  leides  (39,  32)  nicht  lie- 
besleid zu  verstehen  sei,  scheint  mir  nicht  stichhaltig.    Ich  glaube  dar- 
nach, dass  wir  hier  einen  Wechsel  haben. 

8.  Reinmar  (MF  162,  15  +  MF  s.  291  E  338) 

2str.  lOzeil.  aEaEccdeed 

Str.  1.  2  :  4  vergän :  hän,  Str.  2.  2  :  4  hän  :  getan. 
Ich  verbinde  diese  strophen  nach  Burdach  (a.  a.  o.  s.  196  fgg.)  zu  einem 
Wechsel  und  finde  in  den  angemerkten  bindungen  eine  bestätiguug  die- 
ser ansieht 

9.  Eeinmar  (MF  164,  12—29) 

2str.  9zeil.  ababccEwE 

Str.  1.  7  :  9  geschach  :  sachy  Str.  2  7:9  ensprach  :  sach. 

Ich  glaube  mit  Burdach  (a.  a.  o.  s.  208),  dass  die  in  MF  mit  164,  12 
und  164,  21  zu  einem  liede  verbundene  strophe  164,  3  als  selbstän- 
diges lied  abzutrennen  ist.  Die  anfangs  werte  164,  12  ich  sach  si 
kehren  am  schluss  des  liedes  164,  29  ich  si  sach  wider,  und  das  owe 
aus  dem  schluss  der  ersten  strophe  (164,  19)  wird  am  anfang  der  zwei- 
ten (164,  21)  widerholt  (vgl.  Burdach). 

10.  Hartmann  von  Aue  (MF  211,  35  —  212,  12) 

2str.  8zeil.  ababEddE 
Str.  1.  5  :  8  wän  :  hän 
jf    2.  5  :  8  undertän  :  gewan, 

Burdach  (a.  a.  o.  s.  100)  macht  darauf  aufmerksam ,  dass  das 
spiel  mit  dem  werte  stcete  sich  in  diesen  beiden  strophen ,  nicht  aber 
in  der  MF  mit  ihnen  zu  einem  liede  vereinigten  strophe  211,  27  findet. 
Da  diese  strophe  auch  inhaltlich  nichts  mit  den  beiden  andern  gemein 
^i,  80  schliesst  Burdach  mit  recht  daraus,  das»  dieselbe  als  selbstän- 
diges lied  abzutrennen  sei. 


70  OISKB 

11.  Hesse  von  Rinach  (HMS  I  210  I) 
3str.  7zeil.  aK(b)aK(b)ccc 

Str.  1.  2  :  4  minne  :  sinne,     Str.  2.  2  :  4  ktnne  :  Hnne, 
„    3.  2  :  4  sinne  :  brinne 

12.  Heinrich  von  der  Mure  (HMS  I  120  HI) 
2str.  9zeil.  abK(c)abK(c)ddd 

Str.  1.  3  :  6  spehen  :  geschehen^    Str.  2.  3  :  6  sehen  :  jehen. 

Es  fehlt  indes  nach  der  andeutung  in  HMS  eine  Strophe.  Daher  ist 
nicht  zu  ersehen,  ob  dies  gedieht  hieher  zu  rechnen  oder  zu  den  bei- 
spielen  unter  H  B  a  a  zu  zählen  ist. 

b.   Durch  widerkehr  derselben  reime  in  drei  Zeilen. 

1.  Neune  (HMS  II  172  II) 

2str.  13zeil.     Str.  1.  aWWaW W WÄbK(d)bK(d)K(d) 

„    2.  WaWabWbWcK(d)cK(d)K(d) 
Str.  1.  10  :  12  :  13  verlorn  :  dam  :  zom 
„    2.  10  :  12  :  13  wolgeborn  :  ssorn  :  dorn 

2.  Bost  Kirchherr  zu  Samen  (HMS  H  131  I) 

3str.  13zeil.  abcK(d)abcK(d)cabcK(d) 
Str.  1.  4  :  8  :  13  vogeltn  :  in  :  sin 
„    2.  4  :  8  :  13  ßn  :  pin  :  din 
„    3.  4  :  8  :  13  troßstcerhi  :  bin  :  mn. 
Hier  schliessen  die  gleichen  reime  jeden  der  beiden  stellen  sowie  den 
abgesang. 

3.  Friedrich  von  Hausen  (MF  51,  13) 

2str.  lOzeil.  aK(b)aK(b)K(b)aaccc 
Str.  1.  2  :  4  :  5  hän  :  getan  :  erlän 
„    2.  2  :  4  :  5  undertän  :  getan  :  enhän. 
Str.  1  begint  mit  Mich,  8tr.-2  mit  Sich. 

4.  Von  Weissenlo  (HMS  H  144  III) 

2str.  llzeil.  abcdabcdK(c)K(c)K(c) 
Str.  1.  9  :  10  :  11  dan  :  län  :  man 
„    2.  9  :  10  :  11  man  :  gewan  :  getan. 

In  der  handschrift  ist  nach  HMS  für  eine  dritte  strophe  räum  gelas- 
sen ,  und  wir  können  mithin  nicht  entscheiden ,  ob  dies  lied  hier  unter- 
zubringen oder  unter  II  B  b  a  zu  stellen  ist. 

5.  Rost  Kirchherr  zu  Sarnen  (HMS  H  132  VI) 

3str.  lOzoil.  abcabcddbc 
Str.  1.  2:5:9  min  :  pin  :  schin,   Str.  2.  2:5:9  zit  :  nU  :  Vit, 
„    3.  2  :  5  :  9  minneklich  :  sicherlich  :  sceldenrich 


KÖRNEB  71 

Ich   habe  geglaubt  dieses  sowie  das  folgende  gedieht  hier  anfuhren  zu 
dürfen,  wenn  auch  die  drei  einander  entsprechenden  verszeiien  der  ver- 
schiedenen Strophen  in  ihren  reimen  nur  assonanzen  aufweisen. 
6.   Winli  (HMS  11  30  IV)     3str.  lOzeil.  abcabcWabc 
Str.  1.  3  :  6  :  10  wip  :  belip  :  leitvertrip, 
„    2.  3  :  6  :  10  sin  :  min  :  schin^  Str.  3.  3  :  6  :  10  Z*^  :  strit :  zit. 
Vgl.  n  Dc4. 

c.    Durch  widerkehr  derselben  reime  in  vier  Zeilen.   , 

Friedrich  von  Hausen  (MF  49,  37) 

2str.  lOzeil.  K(a)bK(a)bbK(a)bK(a)K(cc) 
Str.  1.  1  :  3  :  6  :  8  kan  :  getan  :  han  :  ergän 
^    2.  1  :  3  :  6  :  8  man  :  Verlan  :  gewan  :  bestän. 
Vgl.  IV  B  1. 

B.  Gedichte,  deren  Strophen  mit  ausnähme  einer  einzigen  gebunden  sind. 
a.    Durch  widerkehr  derselben  reime  in  zwei  Zeilen, 
or.    Die  Schlussstrophe  nimt  an  den  biudungen  nicht  teil. 

1.  Reinmar  (MF  171 ,  32) 

3str.  Gzeil.     Str.  1  und  2  aKaKcc,  Str.  3  abab 
Str.  1.  2  :  4  han  :  begän,  Str.  2.  2  :  4  hän  :  getan, 
„    3.  2  :  4  dröun  :  pröun 

2.  Reinmar  (MF  162,  34) 

3str.  9zeil.    Str.  1  und  2  KbKbccdWd,  Str.  3  abab 
Str.  1.  1  :3  we  :  beste,  Str.  2.  1  :  3  me  :  beste,  Str.  3.  1 :  3  wol :  sol 

3.  Dietmar  von  Aist  (MF  40,  19) 

3str.  8zeil.    Str.  1  und  2  KKbccbdd,  Str.  3  aabccbdd 
Siehe  VI  A  1. 

4.  Neidhart  von  Reuenthal  (HI  6 ,  1) 

3str.  6zeil.     Str.  1  und  2  KKbbcc,   Str.  3  aabbcc 
Str.  1.1:2  grise  :  ise,  Str.  2.  1 :  2  rise :  imse,  Str.  3.  1 :  2  fnm'eti :  rcien 

5.  Unter  Neidhart  von  Eeuenthal  (H  XLIV  25) 

3str.  6zeil.  Str.  1  und  2  aKaKcc,  Str.  3  a.a.cc 
Str.  1.  2  :  4  viretage  :  alle  Mage,  Str.  2.  2  :  4  gesage  :  alle  klage, 
Str.  3  ist  unvolständig  überliefert.  Haupt  weiss  die  reime  nicht  horzu- 
stellen.  Das  scheint  aber  sicher,  dass  str.  3.  2  :  4  mit  den  entspre- 
chenden Versen  der  beiden  ersten  Strophen  nicht  durch  dieselben  reime 
gebunden  war. 

6.  Otto  von  Botenlauben  (HMS  I  27  HI) 

38tr.  7zeil.     Str.  1  und  2  KbKbccc,  Str.  3  abab 
Str.  1.  1  :  3  sanc  :  dune,  Str.  2.  1  :  3  sanc  :  twanc, 
„    3.  1  :  3  was  :  palas. 


72  GISKE 

Dies  ist  ein  tagelied.  Die  beiden  ersten  strophen  singt  der  w&chter, 
die  lezte  der  ritter.  Der  engere  Zusammenhang  von  str.  1  mid  2  mag 
durch  die  gleichen  reime  bezeichnet  sein. 

7.  Reinmar  (MF  158,  1  —  30) 

3str.  lOzeil.    Str.  1  und  2  aKaKccdede,  Str.  3  abab 
Str.  l,2Ugät:  hcHy  Str.  2.  2:4  stcU  :  hat,  Str.  3.  2:Ahan:  wan. 
Ich  habe  mich  der  von  Burdach  (a.  a.  o.  s.  203)  ausgesprochenen  ansieht 
angeschlossen,   dass  die  atrophe  158,  31   in  den  zusanunenhang  der 
übrigen  nicht  hineinpasse  und  abzutrennen  sei. 

8.  Unter  Wolfram  von  Eschenbach  in  C.    (LW  vorrede  XII.  HMS  I 
287  VII) 

3str.  lOzeil.    Str.  1  und  2  aEcaEcdeed,  Str.  3  abcabc 
Str.  1.  2  :  5  tage  :  klage^  Str.  2.  2  :  5  Tdage  :  tage, 
„    3.  2  :  5  mäht  :  hräht 

9.  Der  von  Buwenburg  (HMS  II  262  V) 

3str.  llzeil.    Str.  1  und  2  aEcaKcdeedc,  Str.  3  abcabc 
Str.  1.  2  :  5  vogdin  :  schm,    Str.  2.  2  :  6  in  :  sin, 
y,    3.  2  :  5  wegen  :  segen 

10.  Der  von  Wildonie  (HMS  I  347  II) 

3str.  lOzeil.     Str.  1  und  2  abEabEdeed,  Str.  3  abcabc 
Str.  1.  3  :  6  lanc  :  sanc,  Str.  2.  3  :  6  umbevanc  :  hranc, 
„    3.  3  :  6  M  :  m 

11.  Der  von  Sachsendorf  (HMS  I  300  HI) 

3str.  6zeil.     Str.  1  und  2  ababEE,  Str.  3  cc 
Str.  1.5:6  kan :  man^  Str.  2.  5  :  6  erdcan :  man^  Str.  3.  5  :  6  gar  :  war 

12.  Der  Püller  (HMS  H  70  III) 

3 Str.  6zeil.     Str.  1  und  2  ababEE,  Str.  3  cc 

Str.  1.  5  :  6  rosenvar  :  war,   Str.  2.  5  :  6  Mar  :  gar, 
„    3.  5  :  6  hübescJieit  :  leü 

13.  Der  Püller  (HMS  U  70  V) 

38tr.  13zeil.    Str.  1  und  2  aabcddbcEffbE,  Str.  3  effbe 
Str.  1.  9  :  13  keret  :  merd,   Str.  2.  9  :  13  meret  :  Uret, 
„    3.  9  :  13  entwichen  :  minnedichen 

14.  Gottfried  von  Neifen  (H  37,  2) 

3str.  13zeU.     Str.  1  und  2  abcdabcdEfEfa,  Str.  3  efefa 
Str.  1.  9  :  11  unbekleit  :  herzdeit,  Str.  2.  9  :  11  erd)eü  :  leü, 
„    3.  9  :  11  sol  :  wöl. 
Die  handschrift  lässt  am  Schlüsse  dieses  gedichtes  räum  für  zwei  stro- 
phen (vgl.  Haupt  vorrede  V).    Mir  scheint  dies  lied  so  völständig  zu 


sem,  wie  nur  ems. 


KÖBNRB  73 

16.   Markgraf  vou  Hohenburg  (HMS  I  34  V.    B.  L.  XIX  25) 

Sstr.  13zeil.    Str.  1  und  2  aabccbddKffKb,  Str.  3  effeb 
Str.  1.  9  :  12  sin  :  cRn,  Str.  2.  9  :  12  schin  :  min, 
„    3.  9  :  12  veriom  :  hom. 
Dies  ist  ein  tagelied.    Str.  1  und  3  singt  der  Wächter,  str.  2  die  frau. 
In  str.  1  und  3  kehrt  an  derselben  strophensteile  (z.  3.  6.  13)  der  vers 
wider  wecke  in  froutoe.    Str.  1  und  2  sind  ausser  durch  die  mitgeteil- 
ten reime  auch  noch  dadurch  gebunden ,   dass  str.  2  zu  anfang  (1:2 
st» :  dm)  die  reime  am  Schlüsse  von  str.  1  widerholt. 

16.  In  einem  namenlosen  HMS  III  425  XXVIU  mitgeteilten  liede. 
3str.  lOzeil.    Str.  1  und  2  aabccbKEB(ee),  Str.  3  ddK 

Str.  1.  7  :  8  morgen  :  sorgen,  Str.  2.  7  :  8  verborgen  :  sorgen^ 
„    3.  7  :  8  müege  :  süeze 

17.  Heinrich  Hetzbold  von  Weissensee  (HMS  1125  VIII.  B.L.  XCIII 13) 
Sstr.  8zeil.  ababcdcd. 

Str.  1.  5  An  ime  mich  ger ecken 

seht  so  1/oSr  ich  frouden  rieh : 
daz  stet  als  ez  welle  sprechen 
r,jä  truz,  wer  tar  küssen  mich?^ 
Str.  2.  5  Ein  mundet  älse  freche 
sach  ich  nie  so  süverlich: 
daz  stet  cdsam  ez  spreche^ 
yja  truz,  wer  tar  küssen  mich?^ 
Str.  3.  5  Gar  von  gutem  unbe, 

so  wer  ich  in  frouden  ganz, 
swie  vü  ichz  an  si  getribe, 
säst  siez  doch  der  Schone  Glanz. 
In  diesem  liede  sind  in  den  beiden   ersten  Strophen  die  in  betracht 
kommenden  verse  mit  den  refrainzeilen   durch  überschlagende  reime 
gebunden.    Wir   haben   hier  gleichsam   eine   Verdoppelung   der   unter 
I  Ab  1  —  4  angemerkten  erscheinung. 

Dieselbe  bildung  des  abgesangs  nur  mit  dem  unterschiede,  dass 
beiden  Schlusszeilen  der  strophe  keinen  refrain  bilden,   zeigt  sich 
>Qch  in  den  beiden  ersten  Strophen  eines  liedes  von 

18.  Wachsmut  von  Kunzich  (HMS  I  303  HI) 

38tr.  8zeil.    Str.  1  u  2  ababKiK^K^K«,    Str.  3  cdcd 
Str.  1.  5  :  7  enscheide  :  leide,   Str.  2.  5  :  7  leide  :  scheide^ 
„    3.  5  :  7  wcere  :  swcsre 

1)  So  die  handschrift.   Dio  ändemng  von  Bartsch ,  der  diese  zeile  mit  str.  1,  7 
^^  a»cht,  ist  nicht  nötig. 


74  GI8KE 

Str.  1.  6  :  8  sin  :  bin,    Str.  2.  6  :  8  min  :  sin, 
„    3.  6  :  8  rät  :  hat. 
Es  findet    sich  hier   die  in  den  beispielen  n  Baal  — 16  beobach 
erscheinung  verdoppelt. 

Ähnliches  tritt  in  den  beiden  folgenden  gedichten  hervor. 

19.  Meister  Johannes  Hadlaub  (HMS II  298  XXXIX) 

b  e 

38tr.  12zeil.     Str.  1  und  2  aabK*ddeK*K«ggK« 

b        e 
„    3  aabcddecfggf 

Str.  1.  4:8  län  :  zergän^  Str.  2.  4  :  8  man  :  entstän, 

„    3.  4  :  8  not  :  rot 
Str.  1.  d:  12  me  :  we^  Str.  2.  9  :  12  wS  :  erge, 

„    3.  9  :  12  mir  :  dir. 

20.  Heinrich  von  Morungen  (MF  130,  31) 

4str.  8zeil.     Str.  1  und  3  ababK^K^K^K« 

„    2  ababcK«cK« 

^    4  cdcd 

Str.  1.  5  :  7  niht  :  siht,  Str.  3.  5  :  7  niht  :  siht 

„    1.6:8  sin  :  min,      „    2.  6  :  8  sm  ;  min,  Str.  3.  6  :  8  ; 

min,  Str.  4.  6  :  8  gänt  :  slänt. 

Auffällig  ist  hier  die  gleichheit  der  reimwörter.     Die  beiden  strof 

dieses  wechseis,  welche  der  mann  spricht  (1  und  3),  schliessen  in  i 

lieber  weise: 

Str.  1  swenn  aber  si  min  ouge  an  sihty 

sehty  so  tagt  ez  in  dem  herzen  min, 

Str.  3  als  aber  si  min  ouge  an  siht, 

so  taget  ez  mir  in  dem  herzen  min. 

(vgl.  I  A  a  6 ,  I  B  4  und  7  ,  II  A  a  1). 

Die  beiden  Strophen,   welche  der  geliebten  in  den  mund  gelegt  we 

(2  und  4),  beginnen  mit  Owe. 

ß.    Die  zweite  strophe  nimt  an  den  bindungen  nicht  teil. 

1.  Meister  Johannes  Hadlaub  (HMS  11  291  XXIII) 

3str.  llzeil.    Str.  1  und  3  KKbccbdedde,  Str.  2  aabc< 
Str.  1.  1  :  2  beginnen  :  hinnen,  Str.  3.  1  :  2  minne  :  sinti 
„    2.  1  :  2  riche  :  gdiche 

2.  Ulrich  von  Singenberg,  Truchsess  von  St.  Gallen  (HMS  III  3J 
WR  223,  8) 

3str.  6zeiL    Str.  1  und  3  aKaEcc,  Str.  2  ab  ab 
Str.  1.  2  :  4  baz  :  daz,  Str.  3.  2  :  4  ftewr ;  daz^  Str.  2.  2  :  4  bin  : 


KÖRNEB  75 

3.  Reinmann  von  Brennenberg  (HMS  I  335  I) 

3  Str.  8zei].     Str.  1  und  3  aKaEcdcd,    Str.  2  ab  ab 
Str.  1.  2  :  4  jär  :  gar,  Str.  3.  2  :  4  gar  :  var,  Str.  2.  2 : 4  lip :  wip 

4.  Walther  von  Hetze  (HMS  III  328  III) 

38tr.  6zeil.    Str.  1  und  3  aKaKcc,   Str.  2  abab 
Str.  1.  2  :  4:  jsU  :  beste  mp,  Str.  3.  2  :  4  heste  wip  :  lip, 
„    2.  2  :  4  sack  :  sprach, 

5.  WinK  (HMS  II  30  V) 

3str.  9zeiL     Str.  1  und  3  aKcaKcddc,  Str.  2  abcabc 
Str.  1.  2  :  5  güete  :  blüete,    Str.  3.  2  :  5  güete  :  gemüete, 
9,    2.  2  :  5  kleine  :  eine, 

6.  Markgraf  von  Hohenburg  (HMS  I  33  III) 

3str.  8zeil.     Str.  1  und  3  KbKbcdcd,    Str.  2  abab 
Str.  1.1:3  gesa^h  :  ungemach ,  Str.  3.  1  :  3  verjach  :  sach, 
„    2,  1  :3  sol  :  wol. 
Schon  V.  d.  Hagen  bemerkt  indes  a.  a.  o.  III  588:    „str.  3   ist  unver- 
ständlich und  vielleicht  aus  zweien  zusammengeschmolzen.^ 
Str.  1  und  2  beginnen  mit  Öwe  daz, 

7.  Brunwart  von  Augheim  (HMS  n  75  I) 

3str.  7zeil.    Str.  1  und  3  ababKaE,  Str.  2  cac 
Str.  1.  5  :  7  sin  :  min,  Str.  3.  5  :  7  sin  :  mundelm^ 
„    2.  b  '.1  Up  :  wip. 
Sie  zweite  strophe  weist  in  den   entsprechenden   reimen  assouanz  mit 
den  beiden  ersten  auf.     Somit  hat  dies  lied   ähnlichkeit  mit  den  unter 
n  A  a  5  und  6  angeführten  beispielen. 

Dasselbe  gilt  von  dem  folgenden  gedichte 

8.  Der  von  Wildonie  (HMS  I  348  III.    B.  L.  VHI  1) 

3str.  7zeil.     Str.  1  ababKWK,     Str.  3  abab  — WK^ 

„    2  ababcWc 
Str.  1.  5  :  7  schln  :  vogelin  ^     Str.  3  5:7  sin  :  vogelin, 
„    2.  5  :  7  wip  :  lip, 

9.  Heinrich  von  Morungen  (MF  140,  11) 

3str.  7zeil.     Str.  1  und  3  ababKWK,  Str.  2  cWc 
Str.  1.  5  :  7  schin  :  min,  Str.  3.  5:7  min  :  sin, 
„    2.  5  :  7  iemerme  :  owe. 

10.  Reinmar  (MF  196,  35) 

3str.  6zeil.     Str.  1  und  3  ababKK,  Str.  2  ababcc 
Str.  1.  5  :  6  län  :  gän,    Str.  3.  5  :  6  getan  :  gän^ 
„    2.  5  :  6  leben  :  geben, 

1)  In  dieser  strophe  reimt  b  mit  K,  also  abab — cb. 


76 

11.   Heinrich  tod  Fnuenberg  (EMS  I  95  DI) 
3$lr.  lOzeil.    Str.  1  und  3  abeabeddKK,  Str.  2  abcabcddcc 
Str.  1.  9  :  10  tmci  :  mmgcmmoi,  Str.  3.  9  :  10  ftud  :  hufi, 
•    2.  9  :  10  mmlertam  :  edan. 

li.    Meister  Johannes  Hadlanb  (HMS  U  396  XXXIV) 

3$tr.  llzeiL    Str.  1  und  3  abcabcccKKe,   Str.  2  cddc 
Su.  1.  9  :  10  liäkke  :  rkke,     Str.  3.  9  :  10  smmdtrtiche  :  rieke, 
,    ±  9  :  10  tmmme  :  tmme^ 

13.  Sieinmar  (HMS  H  157  IX> 

3str.  l^zeiL    Str.  1  und  3  aabecbKKeeH(fO,  Str.  2  ddeeB 
Str.  1.  7  :  8  <tummi  :  atmmi.    Str.  3.  7  :  8  grumi  :  buU, 
•    2.  7  :  S  ^1«  .*  MCA. 

14.  Dieimar  tob  Aisi  ^^D^  ^-  19  —  35.  15) 

3str.  llxaL    Str.l  nnd3  ababcKcKeWe.  Str.2edcdeWe 
Str.  1.  6  :  S  MMi  r  iM .  Ssr.  3^  6  :  8  sim  :  sehimy 

lA  ^cfauibe«  diese  di«i  stri^eA  bildet^a  zsaBuneB  ein  lied.    Es  wird 
in  deftsribeii.  vie  s«dh<A  Sch«rar  bemerb   Deatscke  Stndien  U,  s.481)» 
der  trennnngssickmenL  ditTCbgesirtieidec   Je^ienM«  veis«s  anf  die  bestim- 
■wag  djesm-  $£rv>pbMi  fSr  fonlanfe»iefi  T.nnf  die  oben  ai^meri^tem. 
rane  mnd  TieUacht  aach  üe  bcadans^ft 

^.  1.  1:3  /H  r  J«     Ar.  2.  5  :  7  /H  --  Ä. 

15.  Maibnraf  tm  Hokchin:   HMS  I  34  VI 

Die  haadä^iirtft  C  ibif  rtk^ers  die  er<sea  dn»  strv^faen  und  zwm.:s 
in  der  M^.  vie  5ce  in  HMS  5Sei.4ft  1.  2.  3  .  A  dagej^en  1.  3.  ^^ 
lA  ciinW.  •!;:&$$  üe  s(n>pke 

>«rr  ^it  ;V  ^s^TTY  Mm  An  mmm  nrUf 
miAi  im  dSietsiML  cesüciLie  cei>3ci.    ^ci^:a  ixijk!:3i:k  vül  sie  zn  den  dr^ 
aahhn  ucki  r>K4«  Ml<i^«ML  Ekiscfte^irfSff  aSfr  fxr  »etaie  ansieht  scheic^^ 
■ir  Ak*   aäkWKficäiM^ae  lax   i^r  <äLn^*ea  Tf^^lfr  ix  si«l     Darnach  i^^ 


355r   SüäI    S5r.  1  xxi  ?  aVaVKiKi.  Ssr.  2  cded 
:^.  1.  5  :  I  Vf^>s;M  c  nrriJm^  Su;  X  5  :  7  ncfin  r  eryd«, 

^    :!.  5  :  7  f^/'C  .^  mk^ 

I€L   Bc».^  ^:«  B.raterx   HM<  U  ^^7  IV 

3«r   ii«!  5^  ix;?  K  VcK"Vcir*K- •.  Sisr.  2  abeabcddc 
Str.  1.  1 : 4  m¥rrf :  im  israry^  S5r  J.  1 : 4  •sme  ivienr .-  rrmtdehte^^ 


k5bnbb  77 

In  diesem  gedichte  tritt  die  in  den  beispielen  1—15  beobach- 
tete erscheinung  verdoppelt  auf  (vgl.  11  Baa  18  ~-  20). 

/.    Die  erste  Strophe  nimt  an  den  bindungen  nicht  teil. 

1.  Meister  Johannes  Hadlaub  (EMS  II  282  V) 

3str.  Uzeil.    Str. 2  n.  3  KKbcddbcefffef,    Str.i  aabc 
Str.  2.  1 :  2  mir  :  eir ,  Str.  3.  1 : 2  tr  :  wir, 
y,    1.  1 :  2  fvunderlich  :  sich. 

2.  Tannhänser  (EMS  11  91  IX) 

3str.  22zeil.    Str.  1  aaWbccWbdedeffeR(ggghihi) 

y,    2  KKbcddWcbebeffeR 
„    3  KKWbccWbdedeffeR 
Str.  2.  1  :  2  wän  :  hän,  Str.  3.  1  :  2  Indian  :  Mn, 
„    1.  1  :  2  gtwt  :  tuot 

Die  dritte  verszeile  jeder  Strophe ,  welche  in  str.  1  und  3  eine  waise  ist^ 
findet  ihren  reim  in  einer  andern  Strophe : 

Str.  1.  3  getan  reimt  mit  str.  2.  1 : 2  und  str.  3.  1:2, 

„    2.  3  eerge      „       „      „    3.  13  :  14  M?e  :  Noe, 

„    3.  3  lautet  gleich  mit  str.  2.  7. 

3.  ühich  von  Singenberg,   Truchsess  von  St  Gallen   (EMS  I  295 
XXn  4—6.    WR243,  19) 

3str.  6zeil.    Str.  2  u.  3  EbEbcc,    Str.  1  ababcc 
Str.  2.  1 : 3  sagen  :  bejagen,    Str.  3.  1 :  3  klage  :  b^age, 
jf    1.  1  : 3  kan  :  an. 

4.  Von  Weissenlo  (EMS  E  143  I) 

3str.  Szeil.    Str.  2  und  3  EbEbcddc,    Str.  1  abab 
Str.  2.  1  :  3  uAp  :  Up,    Str.  3.  1  :  3  lip  :  tmp, 
,f    1.  1  :  3  gepflegen  :  wegen. 

5.  Reinmar  (MF  180,  1  —  27) 

3str.  9zeil.  aEaEccddc 
Str.  2.  2  :  4  gert  :  gewert,    Str.  3.  2  :  4  wert  :  gegert, 
„    1.  2  :  4  Joe  :  mae* 

Ich  glaube,  Burdach  hat  recht,  der  (a.  a.  o.  s.  219  fgg.)  diese  drei  stro- 
pben  von  den  vier  vorangehenden  in  demselben  tone  abgefassten  als 
^in  besonderes  lied  abtrent.  Zu  den  von  Burdach  angeführten  gründen 
treten  die  gleichen  reime  bestätigend  hinzu. 

6.  Steinmar  (EMS  E  156  VI) 

38tr.  Szeil.    Str.  2  und  3  aEaEccR(dd),  Str.  1  abab 
Str.  2.  2  :  4  min  :  sin,    Str.  3.  2  : 4  min  :  schin^ 
„   1.  2  :  4  gesehen  :  gestehen. 


78 


GI8KE 


7.  Gösli  von  Esenhein  (HMS  I  347  ü) 

3str.  13zei1.    Str.  2  u.  3  aaaEcccEdeeed,  Str.  1  aaabaa 
Str.  2.  4  :  8  vrouwen  :  schouwen,  Str.  3.  4  :  8  vrouwen  :  schouu 
„    1.  4  :  8  gevüde  :  getoüde. 

8.  Der  Tannhäuser  (HMS  H  92  X.    B.  L.  XLVII  131) 

3str.  18 Zeil.    Str.  2  und  3  ababcEcKefefB 
Siehe  VI  A  2. 

9.  Otto  zum  Tunne  (HMS  I  345  V) 

a    c    d    f     g  i    k 
3str.  14zeil.     Str.  2  und  3  abcbdEfEghihkh 

Siehe  VI  A  3. 

10.  Ulrich  von  Lichtenstein  (L  110,  5) 

3str.  12zeil.    Str.  2  u.  3  abacdbdcEbEc,  Str.  1  ebec 
Str.  2.  9  :  10  stetere  :  totere,    Str.  3.  9  :  10  gevtere  :  Uere, 
„    1.  9 :  10  mire  :  ere. 

11.  Walther  von  der  Vogel  weide  (L  71,  35) 

3str.  llzeil.    Str.  2  u.  3  abcabcddEwE,  Str.  1  ewe 
Str.  2.  9  :  11  scAtn  :  min^  Str.  3.  9  :  11  sin  :  min, 
„    1.  9  :  11  muoe  :  gruoe. 

12.  Friedrich  von  Hansen  (MF  42,  1  —  27) 

3str.  9zeil.    Str.  2  u.  3  abbwaaEwE,  Str.  1  cwc 
Str.  2.  7  :  9  bekamen  :  gent>men,  Str.  3.  7  :  9  gefromen  :  kam 
yt    1,  9:7  lip  :  unp. 
Durch  alle  atrophen  zieht  sich  der  reim  Up  :  unp  (Str.  1.  7 : 9,  Str 
5  :  6,  Str.  3.  2  : 3). 

13.  Bernger  von  Horheim  (MF  115,  3) 

3str.  8zeil.    Str.  2  u.  3  ababccEE,    Str.  1  ccdd 
Str.  2.  7 : 8  min  :  sin,  Str.  3.  7  : 8  schin  :  min, 
„    1.  7  :8  muojBT  :  buas. 

14.  Ulrich  von  Singenberg,  Tmchsess  von  St  Gallen  (HMS  I  290  ] 
WR  222,  4) 

3str.  6zeil.    Str. 2  und  3  ababEE,  Str.  1  cc 
Str.  2.  5:6  gevctri  :  geriy  Str.  3.  5 : 6  gert  :  wert, 
„    1.  5  :  6  gebe  :  Itbe. 
Die  von  den  herausgebem  aus  der  handschrift  A  mit  diesen  drei  st 
phen  lu  einem  liede  verbundene  vierte  Strophe 

Minne^  minnedicke  Minne 
gehört  schwerlich  zu  diesem  gedieht«.    Schon  inhaltlich  passt  sie  ni< 
hierher,  wovon  jeder  sieb  selbst  überzeugen  mag.    Ausserdem  ist 
nicht  im  tone  der  vorangehenden  abgefasst    Man  vergleidie  die  fib 
gehenden  reime  Mmne  :  minnc  (z.  1 : 2),  dich  :  mich  (jl  2  : 3),  sin$ 


Str.  2.  2 
«    3.  2 

.    1.  2 

Str.  2.  5 

„    3.  5 

.    1.  5 


KÖRNBB  79 

mnne  (z.  3  :  4).  Diese  strophe  wird  ein  lied  für  sich  gebildet  haben, 
in  welchem  der  dichter  mit  dem  worte  Minne  in  ausgedehntester  weise 
spielte. 

In  ähnlicher  weise  ist  in  A  zu  dem  gedichte  HMS  I  34  VI  eine 
Strophe  hinzugefügt,   von  der  wir  auch  glaubten  nicht  annehmen  zu 
dürfen,  dass  sie  mit  den  drei  vorangehenden  zu  einem  liede  zu  ver- 
einigen sei  (vgL  TL  B  2k  ß  Ib). 
15.  Graf  Konrad  von  Kirchberg  (HMS  I  26  VI) 

38tr.  8zeil.  Str.  2  u.  3  aK^aK^K^ddKS  Str.  1  ababcddc 

4  minnediche  :  ^  hat  mich  entwert  gewaltecliche 

4  riche  :  si  hat  mich  entwert  gewaltecliche 

4  grise  :  rtse 

8  sinne  :  gewinne 

8  unminne  :  verbrtnne 

8  äne  :  wäne. 
In  diesem  gedichte  findet  sich  die  in  den  beispielen  1  — 14  beobachtete 
erscheinung  verdoppelt  (vgl.  n  B  a  a  18  — 20  und  n  B a/J  16).     Eben- 
dasselbe ist  in  dem  folgenden  gedichte  der  fall. 

16.  Von  Obemburg  (HMS  11  225  m) 

3str.  12zeil.    Str.  1  abcabcddaeea 

„    2  abK^abK^ddeK^K^e 
„    3  abK^abK^ddWK^K^ci 
Str.  2.  3  : 6  Äd^  :  stät,    Str.  3.  3  :  6  Äa^ :  lät,    Str.  1  3:ß  stibi, 
Str.  2.  10 :  11  mtiot  :  tuot,  Str.  3.  10 :  11  muot  :  guot, 
„    1.  10: 11  sach  :  geschach. 

d.    Verbindung  von  n  Baa  und  ß. 

1.  Der  Schenke  von  Limburg  (HMS  I  133  V) 
3str.  9zeil.  ababcdcdd 

Str.  1.  2  : 4  Jier  meie  :  eweie,  Str.  2.  2  :  4  der  meie  :  maniger  leie^ 

„   3.  2 : 4  hiure  :  gehiure. 
Str.  1.  5 : 7  schin  :  sin,    Str.  3,  6:7  sin  :  schrin^ 

yf    2.  5 : 7  blanc  :  gesanc. 

2.  Best,  Kirchherr  zu  Sarnen  (HMS  II  131  III) 
3str.  lOzeiL  Str.  1  abcabcdacd,   Str.  2  u.  3  abcabcdabd 

Str.  1.  7 :  10  gedingen  :  gedringen^  Str.  2.  7  :  10  singen :  gelingen^ 

„   3.  7 :  10  ijounr^  :  brunne. 
Str.  1.  2  :  5  beliben  :  vertriben,    Str.  3.  2  :  5  Übe  :  schibe, 

„    2.  2 :  ö  wenden  :  enden, 

l)  In  dieser  atrophe  reimt  die  lezte  zeile  mit  der  dritten  and  sechsten. 


80  Ö18KS,  KÖBHEB 

€.    Verbindung  von  11  Bfia^ß  und  y. 

Dietmar  von  Aist  (MF  38,  32—39,  17) 
3str.  lOzeiL  WaWabbWcßc 
Str.  1.  8 :  10  Äa^  :  tat,  Str.  2.  8:10  rät  :  hat, 

,f    3.  8 :  10  min  :  ^n. 
Str.  1.  5 : 6  undertän  :  stiureman,  Str.  3.  5 : 6  hän  :  get* 

jf    2.  5 : 6  jert<  :  mp. 
Str.  2.  2  : 4  guot  :  muot^   Str.  3.  2  : 4  fruot  :  tuot, 
„   1.  2 : 4  ranc  :  getwanc. 

Wie  man  sieht,  habe  ich  die  darstelinng,  die  Scherer  (a.a.O. 
von  diesem  tone  giebt ,  angenommen.    Bardach  (a.  a.  o  s.  80) 
die  einheit   dieser  drei  Strophen   aas   dem   refrain   so  höh  du 
bestätigang  dieser  ansieht   kann  ich  noch  auf  die  oben  angc 
reime  and  die  responsion 

Str.  1.  3  dae  mich  ein  eddiu  frouwe 
„    3.  3  dasf  mir  ein  edelm  frouwe 
aufmerksam  machen. 

b.    Durch  widerkehr  derselben  reime  in  drei  Zeilen, 
a.    Die  schlussstrophe  nimt  an  den  bindungen  n^ht  teil 

1.  Winli  (HMS  II  28  II) 

3str.  lOzeil.    Str.  1  u.  2  aaEEEacddc,   Str. 3  aal 
Str.  1.  3:4:5  ttoingen  :  singen  :  dringen 
„    2.  3 : 4  : 5  twingen  :  gelingen  :  bringen 
^    3.  3  :  4 :  5  geliehen  :  minnecdehen  :  herichen. 

2.  Der  von  Sachsendorf  (HMS  I  300  11) 

3str.  7zeiL    Str.  1  und  2  EbEbcEc,    Str.3cac 
Str.  1.  1:3:6  singen  :  entspringen  :  gedingen 
9    2.  1 : 3 : 6  missdingen  :  bringen  :  ringen 
„    3.  1 : 3 : 6  enthaiden  :  weiden  :  behaiden. 

3.  Der  Taler  (HMS  U  147  H) 

38tr.  9zeil.    Str.  1  u.  2  aaabbbEEE,  Str.  3  aaaf 
Str.  1.  7  :  8 :  9  stn  :  vrouwd^n  :  wün 
yt    2.  7  : 8  : 9  5m  :  mütidetin  :  sehrin 
y,    3.  7:8:9  wdzsolikcL 

(Wird  fortgeaeit) 


81 


UNTERSUCHUNGEN  ÜBER  DEN  ALTFRANZÜSISOHEN 
PROSAROMAN  VON  TRISTAN   UND  ISOLDE. 

[Der  am  16.  augnst  1870  in  der  schlacht  bei  Mars -la- Tour 
ge&IIene  junge  gelehrte  Jnlins  Brakelmann^  hat  unter  andern 
arbeiten  auch  eine  über  den  altfranzösischen  prosaroman  von  Tristan 
und  Isolde  nuToUendet  hinterlassen.  Diese  arbeit,  die  ich  zunächst 
ganz  äosserlich  beschreiben  will ,  besteht  aus  notizen  über  die  Pariser 
handschriften  (22  bl.),  analysen  und  auszügen  aus  denselben,  von  Bra- 
kdmann  nach  einer  darin  behandelten  episode  des  romans  Escu  ver- 
metl überschrieben  (35  bl.),  verschiedenartigen  bemerkungen  (15  bl.  und 
SdoppelbL),  einer  ausgäbe  aller  derjenigen  lyrischen  Lais,  welche  Bra- 
kelnumn  dem  ältesten,  im  12.  Jahrhundert  verfassten  Tristanroman 
glaubte  vindicieren  zu  dürfen  (es  sind  17  Lais  auf  22  bl.),  einer  ein- 
leitnng  hierzu  über  die  klassification  der  handschriften  (13  bl.)  und 
endlich  einem  blatt  mit  der  Überschrift:  Generalresultate  durch 
welche  die  in  dem  ausgearbeiteten  Theile  ausgesprochenen 
Behauptungen  über  die  inhaltliche  Classification  der  Hand- 
schriften theilweise  widerlegt  werden,  und  darunter  die  bemer- 
hmg:  Vorarbeiten  vorläufig  abgeschlossen  am  Himmel- 
fahrtstage 1870,  den  26.  Mai.* 

Die  von  Brakelmann  behandelten  fragen  gehören  zu  den  schwie- 
rigsten, aber  auch  zu  den  vnichtigsten  der  französischen  litteratur-^ 
geschichte.  Nach  der  angäbe  des  Helyes  de  Borron,  von  welcher  ich 
freilich  vermute  dass  ihr  ein  misverständnis  zu  gründe  liegt,  ist  der  Tristan 
der  älteste  französische  prosaroman  überhaupt ,  und  in  seiner  ursprüng- 
liehen  fassung  ein  werk  des  ritters  Luce  du  Gast,  der  sich  wegen  sei- 
ner mangelhaften  handhabung  der  französischen  spräche  damit  entschul- 
^,  dass  er  bei  Salisbury  in  England  zu  hause  sei,  sich  aber  nach 
der  in  seinem  besitz  befindlichen  bürg  Le  Gast,  bei  Vire  in  der  Nor- 
inandie,  nent. '  Ähnlich  weist  auch  der  familienname  des  Anglonor- 
öuumen  Philipp  von  Thaün  auf  die  Ortschaft  Thaon  unweit  Caen  zurück. 

1)  Ein  nekrolog  Brakelmanns  findet  sich  in  dieser  ztschr.  1871.  3,  207—10. 

2)  Auf  dem  lezten  blatt  der  notizen  sagt  Brakehnann:  Die  stelle  die  ich 
aiif  dem  einliegenden  grünlichen  papiore  notirt  habe,  und  Esca  23*^: 
£ine  wichtige  stelle  von  757  auf  einliegendem  blatte.  Die  hier  erwähn- 
^  beiden  blatter  scheinen  zu  fehlen. 

3)  Tressan  dachte  vielmehr  an  die  bürg  Le  Gua  bei  Marennes,  D^p.  Cha- 
''»te  bferienre. 

zutbchbift  f.  deutsche  pHUiOLOGiB.    BD.  xvm.  6 


82  BRAKELMANK 

Soweit  wir  bis  jezt  die  handschriften  dieses  werkes  überblicken, 
enthält  ihrer  keine  dasselbe  in  seiner  unverfälschten  gestalt.  Die 
magisch  fesselnde  kraft ,  welche  nnn  einmal  an  diesem  stoffe  haftet  und 
die  ihre  Wirkung  bis  heute  nicht  eingebüsst  hat,  ist  fQr  das  werk  des 
Luce  verhängnisvoll  geworden.  Dasselbe  hat  schon  bis  zum  ende  des 
13.  Jahrhunderts  mindestens  vier  verschiedenartige  Umarbeitungen  erfah- 
ren, und  diese  haben,  wie  so  oft  in  der  altern  französischen  litteratur, 
den  Verlust  früherer  fassungen  herbeigeführt  So  erklärt  sich  das  starke 
auseinandergehen  der  erhaltenen  handschriften,  die  schon  durch  ihren 
riesenumfang  abschreckend  wirken.  Noch  dazu  sind  mehrere  hand- 
schriften aus  bruchstücken  verschiedener  Versionen  zusammengebunden 
oder  gar  zusammengearbeitet,  und  in  der  mehrzahl  der  handschriften 
fehlt  der  anfang  oder  der  schluss,  oder  beides  zugleich.  Es  war  eine 
äusserst  mühselige  arbeit,  die  abweich ungen  der  Pariser  texte  von  ein- 
ander festzustellen,  aufzusuchen  wo  die  umfangreichen  bruchstficke  in 
volständigen  handschriften  beginnen  und  schliessen,  die  stellen  heraus- 
zuschreiben wo  in  einer  jungem  fassung  auf  die  ältere  verwiesen  wird, 
und  aus  dem  ermittelten  auf  das  Verhältnis  der  texte  zu  einander 
Schlüsse  zu  ziehen.  Brakelmann  hat  sich  der  ausführung  dieser  arbeit 
mit  einem  fleisse  und  einem  Scharfsinn  unterzogen,  welche  den  frühen 
tod  des  so  reich  begabten  nur  um  so  bedauernswerter  erscheinen 
lassen. 

Ich  veröffentliche  hier  zunächst  Brakelmanns  untersnchnng  Aber 
das  Verhältnis  der  handschriften.  Folgen  sollen  die  17  von  Brakelmann 
bearbeiteten  Lais,  und  die  von  ihm  gesammelten  stellen,  an  denen  im 
Tristnin  auf  andre  bearbeitungen  desselben  romans  oder  auf  andre 
roniane  verwiesen  wird.  Ich  gedenke  Brakelmanns  arbeit  meinerseits 
zu  ergänzen  durch  eine  Übersicht  und  beschreibung  der  handschriften, 
sowie  durch  eine  analyse,  welche  den  roman  in  einzelne  ahentener 
gliedert  und  bei  den  einzelnen  abenteuern  vermerkt,  in  welchen  hand- 
schriften oder  rcdactionon  dieselben  hinweggelassen  oder  hinzngesezt  shid. 
Brakelmann  hat  zwar  den  roman  in  mehreren  exemplaren  gelesen, 
allein  den  Inhalt  dossolben  nicht  aufgezeichnet  PauUn  Paris  (Hsc. 
fran^.  1,  1*.)H)  hat  seine  absieht,  eine  analyse  zn  veröffentlichen,  mcht 
znr  ausfuhrung  gebracht  Die  alzu  kurze  bei  Dunlop- Liebrecht  8.80 
—  Kl  kann  nicht  in  bctracht  kommen  und  die  einzige  einigennassen 
»ingohondo  vom  grafon  Trossan  (Oeuvres  du  comte  de  Tressan.  Paris 
1822.    Tnnio  III)  wissouschaftlichen  anforderungen  nicht  genfigen.  ^ 

1)   Von  \h\T  llii)(oii  und  DüMolun^  sind  im  Bach  der  Liebe  I  s.  XX  einfach 
'rri'MNiin  K«'f"lK^'     M«»  vorKlolohi»  aucIi  Von  der  Hagen,  Minnesinger  IV  a.  671. 


TBIBTAN  83 

Die  entfemung  meines  wo}mortes  von  den  grossen  handschrif- 
famsamlnngen  möge  znr  entschuldigung  dienen,  wenn  die  von  der  logik 
geforderte  reihenfolge  in  der  veröffentlichnng  dieser  Untersuchungen 
nicht  eingehalten  wird. 

Brakelmann  weite  seine  arbeit  in  Frankreich  erscheinen  lassen. 
Sr  hat  sie  daher  zum  teil  in  französischer  spräche  entworfen ,  aber  frei- 
M  nicht  der  art  ausgearbeitet,  dass  sie  ohne  Veränderungen  dem 
dmd:  hfttte  übergeben  werden  können.  Das  zeigt  auch  seine  über- 
sehiift  aof  dem  lezten  blatt:  Generalresultate  durch  welche  die 
in  dem  ausgearbeiteten  Theile  ausgesprochenen  Behaup- 
tnngen  ...  theilweise  widerlegt  werden.  Beim  redigieren  von 
Brakelmanns  entwurf  habe  ich  diese  endergebnisse  an  die  stelle  der 
vm  ihm  wider  aufgegebenen  geseztrund  an  die  stelle  der  französischen 
spräche  die  deutsche  treten  lassen,  auch  französische  brocken ,  dieBra- 
kdmann  mit  rücksicht  auf  die  beabsichtigte  französische  Veröffentlichung 
zuweilen  in  deutschen  Sätzen  gebraucht,  durch  deutsche  werte  ersezt. 
Ich  habe  nur  die  form  des  ausdrucks ,  nicht  aber  den  Inhalt  von  Bra- 
kelmanns darlegungen  angetastet  und,  was  ich  meinerseits  zusezte,  in 
eddge  klammem  eingeschlossen. 

Ich  benutze  die  gelegenheit,   um  auf  eine  arbeit  hinzuweisen, 
welche  nicht  die  beachtung ,  die  sie  verdient ,  geftinden  zu  haben  scheint^ 
auf  Harry  Wards  ^xtikel  Ramance ,  mediaeval,  in  der  English  Cyclopaa- 
dia,  London  1873.    Ward  hat  hier  in  bezug  auf  die  enge  beziehung, 
welche  zwischen  Gottfrieds  Tristan ,  der  nordischen  und  englischen  fas- 
soDg  und  den  sogenanten  Thomasbruchstücken  besteht ,  bereits  volkom- 
nen  Uar  gesehen,   und  überhaupt  die  beste  zusammenfassende  arbeit 
geliefert,  die  wir  bis  dahin  über  den  Ursprung  der  Artussage  und  die 
ertwicUnng  der  Artusromane  besitzen.    Seine  gründlichen  forschungen 
iaben  ihm  manches  wichtige  resultat  zugeführt,   wie  die  erwähnung 
des  romans  Palamedes  (sonst  auch  Guiron  le  Courtois  betitelt)  in  einem 
bnefe  Friedrichs  n  vom  jähre  1240 ,  welche  beweist  dass  die  abfassung 
des  Palamedes  und  um  so  mehr  die  des  Bret  vor  diese  zeit  zu  setzen 
ist    Freilich  wird  Wards  Vermutung,   dass  die  person  des  Palamedes, 
der  als  Tristans  nebenbuhler  in  dem  Bret  des  Helyes  de  Borron  eine 
bedeutende  rolle  spielt ,   eine  Schöpfung  dieses  autors  sei,  aus  Brakel- 
manns mitteilungen  widerlegt  werden. 

HALLE.  HEBMANN  SUCHIER.] 


84 

1. 

Bekantlich  enthält  der  prosaromu  ron  Tristan  dne  bebrftcht- 
Iidie  anzahl  lyrischer  stficke^  welche  ads  lais  oder  als  lettres  en  mm- 
Uance  de  lais  bezeichnet  und  von  denen  die  meisten  im  romane  selbst 
far  gedichte  Tristans  ausgegeben  werden.  Da  nnn  der  verfiuser  des 
romans,  Lnce  dn  [Brakelmann  schreibt  stets  de]  Gast/  unter  Heinrich 
dem  IL  von  England  schrieb  und  ron  seinem  fortsetzer  Helis  de  Bor- 
ron ansdräcklich  als  ältester  bearbeiter  eines  französischen  prosaromaiis 
und  als  Vorgänger  des  Gantier  Map  genant  wird,  so  Inlden  die  lyri- 
schen Lais  des  Tristan  die  ältesten  proben  dieser  dicfatongsart  mid  ? er- 
dienen schon  als  solche  die  herausgäbe. 

Bis  jezt  sind  nur  geringe  bruchstücke  von  den  Lais  abgedrudt 
bei  Wolf,  Über  die  Lais,  Facsimlle  YIL  YIII;  der  Lai  martd  gani, 
aber  nach  einem  schlechten  drucke  von  Michel  Lenoir  bei  Francisqne 
Michel,  Tristan  U,  212;  ein  stück  bei  Bartsch,  Chrestomathie  de  Tan- 
cien  firan^ais,  1.  ausg.  sp.  117  [4.  ausg.  sp.  150;  femer  ein  Lai  inTree- 
sans  Analyse  s.  84 ,  und  einer  in  Paul  Heyses  Bomanischen  Inedib 
8.  169]. 

Auf  die  Wichtigkeit  dieser  Lais  machte  schon  Paulin  Paris  auf- 
merksam.   Er  sagt  (Msc.  firan9. 1,  120):    Plusieurs  lais  de  Triskm  4 
d^YseuU  sont  conserves  au  milieu  du  texte  en  prase  . .  .,   dant  la  dak 
franQaise  remonte  au  moins  ä  la  findu  XIP  sieele.    Dem  widerspradi 
Ferdinand  Wolf,  Über  die  Lais  s.  182,  indem  er  sagte:   der  lezte  teS 
dieser   behauptung   ist   so  offenbar  übertrieben,    dass   er  gar  keiner 
ernsten  Widerlegung   bedarf.     Warum  Wolf  hier   gegen   Paris   pole- 
misiert,  entgeht  mir  völlig.    Die  person  des  Luce  du  Gktöt  und  di® 
zeit,  in  der  er  lebte,  sind  durch  die  ausdrücklichen  und  bei  mehreren 
gelegenheiten  widerholten  angaben  seines  fortsetzers  Helis   so   sidi^ 
gestelt  wie  nur  überhaupt  eine  litterarische  tatsache  des  mittelalter^* 
Olaubte  Wolf  etwa,   die  Lais  seien  erst  später  in  den  text  gebracht 
worden  ? 

1)  Die  Bchreibnng  Geist  findet  sich  nnr  in  einer  Pariser  handsohrift,  tno^^ 
103,  wo  de  Gast  steht,  [ansserdem  anch  in  der  Genfer  handschhft,  vgl  Senebt^ 
Catalogue  raisonnö  des  mannscrits  .  .  de  Geneve  s.  454  Luce  du  GtMsH.  Andx* 
handschriften  ^gen  folgende  formen:  du  Craü  756,  ddGaü  757,  duCtad  97.  lO^i 
äu  GtU  99  (nicht  de  Gast,  wie  der  gedruckte  Cat€Uogue  angibt),  ebenso  100,  d^ 
Gat ,  die  Edinbnrger  handschrift ,  del  Galt  Ld.  add.  23929 ,  de  Gant  104  (niebt 
Gast,  wie  Estlander  dmckt),  du  Gant  die  Wiener  handschriften  2539.  2542  nnd  di« 
Londoner  Egerton  989,  de  Gaut  750,  du  Gaut  und  de  Grant  die  Wiener  2&S?' 
del  Gaut  1463  und  die  Yaticanische  Christ  727.  Im  Palamedes  steht  de  Gau  S9^ 
du  Gdl3bß,  dd  Gay  Ld.  add.  12228. 


TRISTAN  85 

Da  die  Lais  der  viel  spätem  fortsetzung  des  Helis,  welche  wahr- 
seheinlioh  von  diesem  in  nachahmung  der  Lais  des  alten  teiles  gedich- 
tet dnd  (auch  sein  roman  Palamedes  enthält  lais  nnd  leUres) ,  als  nach- 
ihmimgen  ein  weit  geringeres  Interesse  haben  als  ihre  Vorbilder,  auch 
jedenfals  nicht  unter  die  gedichte  des  12.  Jahrhunderts  gehören,   war 
kh  in  der  läge,   eine  Scheidung  des  alten  teiles  von  der  fortsetzung 
Yersachen,   mit  andern  werten  feststellen  zu  müssen  an  welcher  stelle 
das  werk  des  Luce  du  Gast  aufhört  und  die  fortsetzung  des  Helis  de 
Bonon  anfängt.    Der  einzige  weg,   der  in  dieser  hinsieht  erfolg  ver- 
sprach, war  die  vergleichung  der  mir  zugänglichen  handschriften.    Auf 
nnielheiten  der  von   mir   angestelten   Untersuchungen   kann  ich  hier 
nicht  eingehen,   und  begnüge  mich,   die  ergebnisse  derselben  kurz  zu- 
sumnenzufassen. 

Die  kaiserliche  bibliothek  zu  Paris  besizt  21  handschriften  des 
prosaromans  von  Tristan.^  Sieben  gehören  dem  ausgehenden  13.  Jahr- 
hundert an:  750  vom  jähre  1278,  12599,  104,  759,  776,  1434,  1463 
—  eine  ist  zum  teile  im  13.  Jahrhundert  geschrieben  und  im  14.  ver- 
Tidständigt  worden :  758  —  fünf  stammen  aus  dem  14.  Jahrhundert : 
94,  334,  755,  760,  und  aus  dem  ende  dieses  Jahrhunderts  die  zwei- 
bändige handschrift  756/757  —  sieben  sind  im  15.  Jahrhundert  geschrie- 
ben: 335/336  im  jähre  1400,  die  gleichfals  zweibändige  handschrift 
lOO/lOl,  97,  349,  99  im  jähre  1463,  und  gegen  das  ende  des  jahr- 
bnndertB  die  handschriften  102  und  103  —  eine  im  16.  Jahrhundert: 
S4400. 

Ihrem  Inhalte  nach  lassen  sich  die  handschriften  in  sieben  klas- 
len  einteilen. 

A.  Der  roman  des  Luce  du  Gast  mit  der  fortsetzung  von  Bobert 
de  Borron:*  Le  grant  estoire  de  Tristan,  wahrscheinlich  nur  aus- 
xQglich  erhalten.  Dieser  auszug  wird  repräsentiert  durch  die  hand- 
sehrift  756.  757  bl.  1  —  99  und  ausserdem  durch  das  bruchstück 
in  1434. 

[Nach  einer  notiz  Brakelmanns  würde  auch  die  handschrift  349 
Ueriier  gehören,  die  jedoch  in  ihrem  Schlüsse  mit  der  klasse  D  über- 
dnstimi] 

B.  Erste  redaction  von  Helis  de  Borron:  750,  12599,  757 
BL  99  bis  263,  760,  755  (?). 

1)  [Die  handschrift  772,   anc.  7185  ^  hat  Brakelmann  niobt  berücksichtigt. 
V^  Panlin  Paris  Mac.  fr.  VI.  129.] 

2)  [Weshalb  Brakelmann  den  Bobert  de  Borron  für  den  ersten  fortsetzer  des 
^  da  Gast  ansah,  wird  sich  ans  den  von  ihm  gesammelten  stellen  ergeben.] 


86  BBAKBLMANN 

[Auch  104  wird  hier  einzureihen  sein ,  da  diese  handschrift  nach 
Krakelmanns  notizen  mit  dem  hierhergehörigen  teil  von  757  meist  wört- 
lich zusammengeht.] 

C.  Zweite  rcdaction  von  Helis  de  Borron ,  genant  li  Bret.  Dies 
die  vulgata.  Hierher  gehören:  334,  102 ,  776,  100  [diese  handschrift 
kehrt  unter  D  wider]. 

D.  Erweiternde  bearbeitung  dieser  zweiten  redaction:  335/336, 
100/101 ,  99  \  94  (?) ,  97,  758  (sehr  erweitert),  24400.  In  der  vulgata 
reitet  nach  Tristans  tode  Sagi-emors  über  land,  ein  unbekanter  ritter 
begegnet  ihm  und  erzählt  ihm  den  ausgang  der  Queste  dd  saitU  ChraaL 
Diese  golegenheit  haben  spätere  bearbeiter  (zumal  in  den  handschrif- 
ten  336.  101.  758.  24400)  benuzt,  um  hier  fast  die  ganze  Queste  ein- 
zuschalten. 

E.  Redaction  der  handschrift  103,  welche  der  zweiten  redac- 
tion des  Helis  am  nächsten  komt.  Tristans  ende  wird  hier  wie  in  dem 
gedichte  des  Thomas  erzählt,  während  er  nach  allen  übrigen  prosahand- 
schriften  von  Marc  mit  einer  vergifteten  lanze  getötet  wird.  Der  mibe- 
kante  bearbeiter  war  vielleicht  aus  Nantes.  Seine  fassung  bildet  die 
grundlage  aller  gedruckten  romane. 

F.  Auszug  von  Uustieien  de  Pise ,  welcher  die  lyrischen  stücke 
hinwegliess :  1463.  Es  ist  dies  mehr  eine  auswahl  einzelner  abenteuer, 
als  ein  fortlaufender  auszug  aus  dem  ganzen. 

Q.   Von  einem  andern  abgekürzte  fassung:  759. 

Als  besonders  nahe  verwant  erscheinen  die  handschriften  750 
und  12599;  760  und  755;  758  und  24400. 

Die  umfangreiche  cyelische  Verarbeitung  verschiedener  Artos- 
roniane  in  der  haudschrift  340  lasse  ich  bei  seite. 

Andre  als  die  Pariser  handschriften  habe  ich  nicht  eingesehen, 
kann  loh  also  auch  nicht  in  meine  klassification  einreihen.  Die  drei 
AVioner  handschriften  (^Wolf ,  Über  die  Lais  s.  240)  und  die  Yaticani- 
sehe  (^Koller,  Komvart  s.  134)  scheinen  den  vnlgatateit  m  enthalten. 

Ob  auch  die  Londoner  handschrift  add.  23929,  ans  der  Karl 
Kstlandor  proben  ^regeben  (Pieces  inodites  da  Boman  de  Tristan,  Hei- 
siugfors  1866,  in  ()uart\  den  vulgatatext  enthält,  kann  ich  nicht  sagen- 
Dio  vermeint  liehen  ergebnisse  Estlanders  werden  durch  die  handschrif- 
ten selbst  widerleiTt .  aus  denen  ich  die  beweiskräftigsten  stellen  anfüh- 
ren werde.    Sohon  die  annähme .  von  der  Estlander  ausgeht,  dass  näm- 

1)  PaiQlin  Paris  iM$c.  fruis\  1,  133^  omp&U  dner  ausgäbe  dea  xomaas  diete 

handschrift  zu  gnindo  zq  legem 


I 


TRISTAN  87 

]iek  die  kürzeste  form  des  romans  die  älteste  sein  müsse  ^  ist  das 
jBgenteil  vom  richtigen:  er  hätte  nur  an  die  redaction  Busticiens  den- 
ken sollen !  Überhaupt  ist  es  sehr  gewagt ,  nach  oberflächlicher  einsieht 
dreier  ziemlich  junger  handschriften  (add.  23929,  Harleyan  49  und 
Pariser  handschrift  franf .  94 ;  von  diesen  scheint  nur  die  Harlejanische 
dne  beträchtlich  altertümlichere  version  zu  enthalten)  sich  über  die 
iberUeferung  emes  Werkes  zu  äussern,  das  in  vielleicht  fünfzig  exem- 
pliren  erhalten  ist,  von  denen  eine  gute  zahl  noch  dem  13.  Jahrhun- 
dert angehört 

Bei  einer  so  verwickelten  Überlieferung  muss  es  ein  glück  genant 
werden,  dass  wir  über  den  Tristan  eingehende  litterarische  angaben 
besitzen,  welche  von  den  autoren  selbst  herrühren.  Wir  haben  nicht 
allein  ein  Vorwort  des  ersten  bearbeiters  und  ein  nachwort  des  fort- 
setiers  Helis  de  Borron:  auch  innerhalb  des  werkes  findet  sich,  wenig- 
stens in  den  älteren  redactionen,  eine  anzahl  gelegentlicher  angaben 
Teistreuty  die  bis  dahin  unbeachtet  geblieben  sind  und  in  einer  der 
folgenden  Untersuchungen  mitgeteilt  werden  sollen. 

Vielleicht  hätte  man  dies  reiche  litt^rarische  material  volstän- 
diger  ausgebeutet,  wenn  uns  der  Tristan  des  Christian  von  Troyes 
erhalten  wäre.  Seitdem  durch  Jonckbloets  Untersuchungen  die  abhän- 
gigkeit  des  Boman  de  la  Gharrette  von  Maps  Lancelot  nachgewiesen 
irt,^  darf  man  glauben ,  dass  Christian  auch  zu  seinem  Tristan  den  von 
Lnoe  du  Oast  geschriebenen  ältesten  teil  des  prosaromans  benuzte.  Die 
sagenform  des  leztem  muste  dem  höfischen  stile  Christians  näher  ste- 
hen als  die  in  den  gedichten  des  Berol  und  Thomas  niedergelegte. 

Auf  eine  Untersuchung  des  Verhältnisses  dieser  Versionen  unter 
einander  gehe  ich  hier  nicht  ein,  ebensowenig  auf  die  nähern  bezie- 
Inmgen,  welche  zwischen  Eilhart  und  dem  prosaroman  zu  bestehen, 
sehdnen.  Ich  muss  mich  hier  darauf  beschränken ,  den  anteil  des  älte- 
sten Verfassers  am  Tristan  abzugränzen,  um  hiernach  zu  entscheiden, 
welche  von  den  zahlreichen  Lais  des  Tristan  zu  den  denkmälern  der 
fitnzösischen  lyrik  des  12.  Jahrhunderts  gezählt  werden  dürfen.  Um 
der  lOsong  dieser  frage  näher  zu  kommen,  sind  einige  ausführungen 
über  die  composition  des  romans  nicht  zu  umgehen;  doch  werde  ich 
uush  kräften  bemüht  sein  mich  kurz  zu  fassen. 

Bis  dahin  hat  man  Helis  de  Borron  nur  für  den  fortsetzer  des 
Yon  Luce  du  Gast  verfassten  werkes  gehalten :  ich  glaube ,  er  hat  das- 

1)  [Die  annähme  Jonckbloets  ist  von  Gaston  Paris  in  der  Bomania  XTT.  485  fg. 
videri^  worden,  welcher  zeigt,  dass  ein  teil  des  Prosalancelot  auf  Christians 
gedieht  beruht] 


88  BRAK  ELM  ANN 

selbe  auch  umgearbeitet  und  partienweise  sogar  neu  geschrieben,  und 
zwar  glaube  ich  dass  von  Helis  zwei  verschiedene  redactionen  des  Tri- 
stan herrühren.  Den  text  des  Lucet  enthält  in  seiner  volständigen  und 
reinen  gestalt  keine  der  von  mir  untersuchten  handschriften.  Daher 
würden  wir  über  das  verhalten  des  Helis  zu  seiner  vorläge  nicht  artei- 
len können,  wenn  nicht  Helis  selbst  uns  ausdrücklich  darüber  anf- 
schluss  gäbe:  er  hat  eine  menge  abenteuer  unterdrückt,  insbesondre 
solche  die  nur  nebenpersonen  betrafen.  Dagegen  hat  er  erst  in  seiner 
zweiten  redaction  den  roman  durch  einfuhrung  neuer  abenteuer  Tristans 
bedeutend  erweitert.  Nach  dieser  meiner  ansieht  hat  Helis  in  seiner 
ersten  redaction  das  werk  des  Luce  zwar  an  vielen  stellen  verkürzt, 
aber  noch  nicht  durch  zusätze  vermehrt  oder  durch  ausscheidung  alter 
und  einsetzung  neuer  abenteuer  an  stelle  der  ausgeschiedenen  verän- 
dert; er  hat  sich  zunächst  auf  die  einfache  weiterführung  der  von  Lnce 
unvollendet  hinterlassenen  erzählung  beschränkt.  Erst  in  der  zweiten 
redaction  machte  er  den  versuch ,  die  beiden  teile  zu  verschmelzen  ond 
die  lücken,  welche  könig  Heinrich  von  England  darin  bemerkt  hatte, 
auszufüllen.  Nur  dieser  zweiten  redaction  gebührt  der  name  li  BrA 
Qleichwol  hat  Helis  auch  hier  noch  den  grösten  teil  von  Luces  roman 
wörtlich  bewahrt,  wie  er  selbst  ausdrücklich  sagt  und  wie  auch  ans 
dem  vergleich  der  beiden  redactionen  hervorgeht. 

Da  diejenige  redaction,  welche  ich  die  erste  nenne,  lange  stel- 
len enthält,  welche  die  abenteuer  des  ritters  a  la  cote  mal  taiUie  erzäh- 
len und  in  der  zweiten  ausgelassen  oder  durch  abenteuer  Tristans 
ersezt  sind :  so  könte  man  auf  den  ersten  blick  geneigt  sein ,  sich  lie- 
ber für  das  umgekehrte  Verhältnis  der  beiden  redactionen  zu  entschei- 
den; doch  wird  eine  eingehendere  prüfung  der  betreffenden  abschnitte 
dartun ,  dass  nur  die  annähme ,  für  welche  ich  mich  entschieden  habe, 
zulässig  ist. 

Ich  wähle  als  repräsentantin  der  ersten  redaction  des  Helis  die 
handschrift  750/  als  die  der  zweiten  die  handschrift  334,  eine  der 
ältesten  handschriften  der  vulgata.  Der  anfang  der  handschrift  750 
entspricht  dem  untern  teile  von  bl.  86'  der  handschrift  334.  Zunächst 
gehen  die  beiden  handschriften  zusammen  bis  750bl.  35^  334  bl.  114^ 
Hier,  mitten  in  einem  absatze  des  textes  750,  bricht  334  plötzlich  die 
abenteuer  des  ritters  a  la  cote  mal  taillie  ab,  um  zu  denen  Tristans 
überzugehen:  Mais  a  tant  $e  lest  ores  li  contcs  cTeuls  touz^  et  retoume 
a  parier  de  Trystram ,  qui  estoit  encore  eti  la  Petite  Bretagne.    In  750 

1)  12599  enthält  nur  die  erste  hälfte  der  fraglichen  episodo;  der  rest  fiUt 
in  eine  der  zahhrcichen  lücken  hinein,  welche  die  handschrift  dadurch  anzudeuten 
pflegt,  dass  sie  ein  stück  pergament  unbeschrieben  lässt. 


TRISTAN  89 

und  12599  wird  noch  lange  in  den   abenteuern   des  Brunor  le  Noir  ^ 
fortge&hren,  Lancelot  spielt  eine  bedeutende  rolle,  die  geschichte  von 
Galehot  und  von  dem  Destroü  de  Soreloys,  welche  für  die  fortsetzung 
der  Abenteuer  Lancelots  und  Brunors  unentbehrlich  ist,  wird  mit  allen 
einielbeiten  erzählt.    Dies  alles,   das  in  der  vulgata  ausgelassen  und 
dorch  eine  andre   erzählung  ersezt  ist,    uimt  in  der  handschrift  750 
über  60  blätter  ein  (bl.  35'  — 97''),    Statt  dessen  erzahlt  die  vulgata 
die  abentener  Tristans  im  walde  des  Damantes  *  mit  L'Amorat ,   mit 
dem  ritter  a  la  beste  glattssant,    Eeux,   Brandeiis  und  Hector  dem 
söhne  des  Ar6s,  die  befreiung  Artus  durch  Tristan  usw.,   was  zusam- 
mengenommen  in  handschrift  334  nur  10  blätter  einnimt  (bl.  115' — 
125').    Für  die  spätem  ereignisse  des  romans  ist  das  hier  erzählte 
ohne  bedeatung;  es  war  leicht,  neue  kämpfe  Tristans  mit  verschiede- 
nen helden   der  tafeirunde  einzuschalten.    Die  Verzauberung  Artus  im 
Darnanteswalde  und  seine  befreiung  durch  Tristan  ist  eine  blosse  epi- 
80de:  fQr  die  fortsetzung  des  romans  komt  dieses  liebesabenteuer  gar 
Dicht  in  betracht ,  welches  ohne  das  eingreifen  der  Dame  vom  See  dem 
k9nig  Artus  das  Schicksal  Merlins  bereitet  haben  würde.    Als  später 
Tristan  von  Lancelot   an  Artus   hofe   eingeführt   wird,    erwähnt    der 
enähler  mit  keiner  silbe ,  dass  der  könig  in  ihm  den  ritter  widererkant 
habe,  der  ihm  einen  so  wichtigen  dienst  geleistet  hatte,   oder  dass  er 
sich  jener  dienstleistung  erinnert  hätte ,   so  dass  man  das  ganze  aben- 
tener unterdrücken  kann,  ohne  den  Zusammenhang  im  geringsten  zu 
stören. 

Ganz  anders  steht  es  um  die  erzählung ,  welche  sich  in  750  und 
12599  an  entsprechender  stelle  findet;  hier  werden  abenteuer  erzählt, 
die  von  der  fortsetzung  des  romans  bestimt  vorausgesezt  werden.  Die 
geschichte  von  Galehot  und  dem  Destroit  de  Sordoys  wird  erzählt  bei 
gdegenheit  der  beschreibung  von  Brunors  schild,  dem  escu  vermeil  a 
la  main  blanche  (750  bl.  75").  Brunor  hatte,  auf  die  bitte  der  demoi- 
9de  mesdisant  hin ,  sich  verpflichtet ,  das  land  Soreloys  Plenorius  und 
dessen  brüdern,  den  söhnen  Cerons,  wider  abzunehmen.  Lancelot  ent- 
flchliesst  sich  Brunor  zu  folgen ,  um ,  wenn  dieser  nicht  ans  ziel  gelan- 
gen solte,  seinerseits  die  gefährliche  aufgäbe  zu  volbringen.  Da  dieses 
in  der  vulgata  ausgelassen  ist,   so  sah  sich  ihr  bearbeiter  gezwungen, 

1)  Dies  ist  der  name  des  ritters  a  la  cote  mal  taüUe;  den  beinamen  g^b 
üim  der  Seneschal  Kez,  als  Artus  jenen  zum  ritter  schlug,  vgl.  750  bl.  40% 
12509  bl.  77  ^ 

2)  Dem  wald  Broceliande  des  Merlin  entsprechend.  [Über  den  namen,  den 
'hmuk  la  foret  d'Amant  scbroibt,  ist  zu  vergleichen  Dunlop -Liebrecht  s.  467 
ttm.124,  und  8.470  anm.  147.] 


90  BRAKBLMAWH 

zur  motivieining  von  Lancelots  abreise  von  hofe  den  Inhalt  der  lan- 
gen stelle,  die  er  hinwegliess ,  kurz  referierend  nachznholen.  Vgl  334 
bl.  144'':  Li  Chevaliers  feisoit  son  escu  porter  covert  cFune  houce  ver- 
meiüe.  Et  se  aucuns  nie  demandoit  qui  li  Chevaliers  estaä^  je  dircie 
que  ce  estoit  Lancelot  du  Lac.  II  s^estoü  tout  nouvdement  departus  de 
court,  car  il  avoit  oi  cofUer  a  la  cort  Vaventure  de  la  demoiseie  mes- 
disanty  et  pour  quele  achoison  ele  estoit  a  la  cowrt  venue,  et  camment 
li  Chevaliers  a  la  cote  mal  taillie  avoU  seur  lui  emprise  la  hesoigne 
pour  mener  la  a  fin,  Pour  ceste  achoison  s'estoit  a  icelui  point  lamr 
celot  departijs  de  court  au  plus  priveement  que  ü  pouoU,  et  s* estoit 
apenssee  que  il  iroit  äpres  la  danmsde,  et  se  li  Chevaliers  a  la  cate 
mal  taillie  n'i  venoit  avant  de  lui  a  Vaventure,  il  feroit  tant  lui  meesr 
mes  que  il  acheveroit  la  hesoigne  se  il  pouoit  (nicht  porroit?). 

In  dieser  nachträglichen  erklärung  hat  jedoch  der  bearbeiter  die 
frühere  auslassang  keineswegs  wider  gut  gemacht:  wir  erfahren  gar 
nicht  was  es  denn  für  eine  sache  war  que  li  Chevaliers  a  la  cote  mci 
taillie  avoit  seur  lui  emprise,  und  wodurch  sich  Lancelot  bewogen 
fählte  ihm  zu  folgen.  Li  der  redaction,  die  ich  für  die  ältere  ansehe, 
ist  dieses  genügend  motiviert 

Auch  enthält  die  leztere  eine  begegnung  zwischen  Agravain 
rOrguillex  und  Brunor,  die  zum  Verständnis  der  abenteuer  von  Agra- 
vains  bruder  Mordret  nicht  entbehrt  werden  kann.  Der  bearbeiter  selbst 
betont  diesen  umstand  (750  bl.  42',  12549  bl.  79'):  FOr  cestui  fai 
que  je  vos  ai  devise  a  cestui  point  aquesta  li  volles  a  la  cote  mal  taiV 
liee  la  haine  de  mon  seignor  Gr.  pÄgravain]  et  de  toe  ses  freres,  qtu 
puis  li  toma  maifite  fois  a  anui  et  dofnage.  Ceste  fu  la  premien 
achoisot^  de  la  hahie,  que  dura  puis  dusqu'a  pres  de  la  grant  biUaiUt 
qui  fu  e>»  la  plaifie  de  ScUübieres,  ou  la  flor  (12599 :  de  la  chevalerie] 
du  realme  de  Logres  morut  a  dud  et  a  martire,  et  plus  por  la  fdonu 
de  Mordrei  que  por  autre  chose. 

Noch  eins  spricht  dafür  dass  die  fassung  der  vulgata  eine  Ver- 
änderung des  ursprünglichen  textes  darstelt:  das  abenteuer  Lancelofa 
und  Brunors  ist  bloss  eine  ungeschickte  erfindung  des  bearbeiters 
welche  erklären  soll,  weshalb  Lancelot  sich  hinter  Brunor  her  auf  der 
weg  macht,  und  diese  ihrem  wesen  nach  bloss  die  widerholnng,  und  nocl 
dazu  ungeschickte  widerholung,  einer  andern  begegnung  derselben  rit 
ter,  die  unmittelbar  nachher  komt  und  in  allen  handschriften  steht 
Der  bearbeiter  hat  geringes  geschick  an  den  tag  gelegt ,  wenn  er  die« 
iweite  begegnung  neben  jener  ersten  bestehn  liess. 

Nicht  geschickter  ist  er  da,  wo  er  den  Übergang  zu  der  aui 
der  ersten  redaotion  übernommenen  partie  von  den  abenteuern  Tristani 


TBI8TAN  91 

kerznstellen  sucht.  Die  anschauliche  erzählung  der  altern  redaction, 
wie  Tristan  ohne  yorwissen  könig  Marcs  an  dessen  hof  gelangt,  wird 
m  ihm  durch  eine  bei  ihm  äusserst  beliebte  form  der  praeteriHo 
ireezt,  die  an  das  lateinische  Quid  dicam?  erinnert:  Que  vos  diroie 
je?^  Tristan  vtnt  a  cari,  si  que  otiques  nus  ne  le  sot,  d  quant  la 
rme  le  viij  ne  demandejs  mie  la  joie  qui  entr^  euls  fu  faite  (334 
bL  IW). 

Etwas  weiter  unten  (334  bl.  125^)  tritt  in  der  vulgata  ganz 
plOtdich  Fergus  auf  (ne  Fergus  ifCot  onques  tant  de  hardement  usw.), 
ohne  dass  yorher  yon  ihm  die  rede  gewesen  wäre.  In  der  ersten  redac- 
tion war  erzählt  worden,  wie  Tristan,  als  er  sich  von  Kahedin  und 
Tselt  yerraten  glaubte  und  halb  wahnsinnig  im  walde  umherirte,  mit 
Feigos  zusammengetrofTen  war.  Die  erzählung  der  vulgata  sezt  also 
dieses  erste  auftreten  des  Fergus  voraus ,  und  so  gibt  uns  ihr  bearbei- 
ter  selbst  die  mittel  an  die  band ,  ihn  der  Unterdrückung  jener  in  der 
eisten  redaction  erhaltenen  abenteuer  zu  überführen. 

Die  angeführten  tatsachen  liefern  zur  genüge  den  beweis,  dass 
der  text,  den  ich  als  die  vulgata  bezeichne,  von  Helis  interpoliert 
worden  ist ,  der  zudem  uns  selber  sagt ,  könig  Heinrich  habe  seine  erste 
bearbeitung  unvolständig  befunden  (104  bl.  344'  por  ce  que  il  ai  trouve 
jue  asse0  choses  faiUent  en  cestui  livre  qui  bien  i  seroient  convenaubles 
amdre).^  Auch  war  Helis  selbst  der  ansiebt,  Luce  du  Gast  habe 
Ton  den  abenteuern  Tristans  nicht  genug  erzählt  (Vorwort  zu  Palame- 
des,  hs.  338:  iMces  de  Gau  . .  translata  en  langue  frangoise  partie 
ie  VisMre  mon  seigneur  Tristran,  et  mains  assez  quHl  ne  deüst. 
MmiU  commenga  bien  san  livre  y  mais  ü  ne  dist  mie  d'assez  les  oeuvres 
MO»  seigneur  Tristan,  ains  en  laissa  bien  la  gregneure  partie).  Daher 
entschloss  sich  Helis  auf  bitten  könig  Heinrichs ,  aufs  neue  an  die  arbeit 
m  gehen  und  alles  nachzutragen ,  was  weder  Luce  du  Gast ,  noch  Gau- 

1)  Diesolbo  fonnel  hat  auch  der  Verfasser  derjenigen  redaction  häufig  ange- 
wendet, welche  Estlander  für  die  älteste  hielt.  Auch  da  zeigt  sie  kürznngen  nnd 
MsUssongen  an  und  liefert  den  beweis,  das  diese  redaction  den  text  der  vulgata 
n  gründe  1^^. 

2)  Mit  unrecht  haben  einige  handschriften  das  nachwort  der  altem  redaction 
dir  vnlgata  angehängt,  deren  echtes  Explicit  das  von  Ferdinand  Wolf,  Über  die 
lAia  s.  2i0,  ans  der  Wiener  handschrift  2542  abgedruckte  ist  Dieses  selbe  Expli- 
cit findet  sich  in  der  mehrzahl  der  Pariser  handschriften  der  vnlgata.  Die  sehrei- 
W,  wdche  das  ältere  nachwort  an  die  vnlgata  anfügten,  liessen  sich  offenbar  von 
deouelben  gesichtspunkt  leiten,  der  auch  Busticien  de  Pise  bewog,  das  längere 
nachwort  aofzunehmen ,  nur  wegen  der  ausführlichen  angaben  über  die  Verfasser  des 
romans,  die  es  enthielt  [Der  schluss  der  Wiener  hs.  2542  ist  fast  wörtlich  der 
KhloBs  der  Hort  Artu;  vgl.  Fnmivalls  ausgäbe  der  Queste  dd  Saint  Qraal  s.  249, 
^  BiiQh-mrschfeld,  Die  Sage  vom  Gral  s.  2S8.] 


92  BRAKBLMAKN 

tier  Map,  noch  Robert  de  Borrou,  noch  er  selbst  gesagt  hatten  (hs.  104 
fMur  ce  m'ai  ü  requts  par  soy  et  par  atäres  . .  que  je  autre  feie  me 
travaiUasse  de  faire  un  autre  livre  ou  taute  la  moitie  fut  cantetme 
qui  en  cestui  livre  faut  —  Hs.  1463  Bosticiens  text:  ei  paurverai  de 
Chief  en  chief,  et  de  ce  que  je  verai  que  faudra  et  que  je  trauverai  en 
livre  de  Laiin,  je  fircU  un  livre  entier  au  je  canpäerai^  se  diex  piaist, 
tat  ce  que  MS.  Luces  del  Graut  que  primieremant  camance  a  treskA- 
tier,  et  fHoistre  Gualtier  Map  qui  fist  le  primier  livre  de  Lancdat,  et 
M,  Baubert  de  JBaran,  d  je  meismes  que  sui  apeUes  Hdyes  de  Baron, 
tat  que  nas  n'avan  meties  affin  ^  je  acamplircU,  $e  dex  me  dane  tant  de 
vie  que  je  peusse  cdui  livre  mener  a  /!»). 

Im  Vorwort  zu  Palamedes  sagt  er  femer,  dass  er  den  Bret  auf 
bitten  man  seigneur  de  Barran  begonnen  habe:  Je  Hdis  de  Barren 
par  la  priere  man  seigneur  de  Barran  et  paur  ce  que  campaignan 
d'armes  fusmes  langement^  encammcn^ai  man  livre  du  Bret  (hs.  338). 
Man  seigneur  de  Barran  gehört  also  wol  zu  den  autres,  die  nach  der 
so  eben  angezogenen  stelle  aus  hs.  104  ihn  ersuchten ,  den  Tristan  neu 
in  bearbeiten. 

Aus  den  angeführten  stellen  ergibt  sich ,  dass  von  Helis  de  Bor- 
ron zwei  bearbeitungeu  des  Tristan  herriUiren;  ich  glaube  diese  mit 
Wahrscheinlichkeit  in  den  Pariser  handschriften  nachgewiesen  zu  haben. 
Auch  bei  seiner  zweiten  redaction  befolgte  Helis  das  princip,  aben- 
teuere die  mit  den  hauptb^ebenheiten  des  romans  in  lockerem  zusam- 
menhange standen«  zu  unterdrücken,  um  sich  in  seiner  erz&hlung  ans- 
schlie^cher  mit  Tristan  zu  beschiftigen.  Man  Tcrglttche  folgende 
stelle:  CW  jar  lor  avini  accntures  aucumes  que  je  ne  vod  pas  deviser 
en  MIHI  Iktt:  c^ur  ammis  me  s^nUerait  dt  deriser  lautes  les  aoentures 
qui  arimreni  a  cimscmn  dkraUer.  Car  pe  m^ai  eure  d'aeanter  alonges, 
mms  vous  dimi  les  ar<ntures  qmi  apartiement  a  ma  draite  wüstere,  d 
CHI  |4nj^  briement  que  je  jH»rrui\  ei  raus  dirrai  eomment  U  avint  a  Tri- 
;s4am  d  a  Djmadam  ^776  bL  11^ 

Wenn  wir  uns  nun  der  schwierigen  frage  zuwenden,  wie  sich 
die  erst<'  n^aciK^u  d«ts  Helis  zu  ihnj  T\>rlap^  mag  verhalten  haben, 
so  gtaubo  ich  dass  Helis  hier  bereits  nach  demselben  principe  verfuhr, 
da$  er  bei  der  iw^^iieu  nslacuon  nur  mit  gr^^sserer  consequenz  durch- 
(%bn«r.  Kr  $elK^  sa$t  die$  an  mehrami  sli^lleii«  an  denen  er  längen 
und  aKMiiweiftaupm  in  l.ttc^  rouon  herroiheta..  doch  sollen  diese  stel- 
len ftr  eine  der  tol^mden  uniin^cliungen  an^rBfipart  werden.  Hier 
fUiT^  Wh  nur  eine  stalle  an;^  dem  nachw^Mrt  der  h&  101  an,  die  ffir 
nnsex^  (h^  \<m  bekn^r  i^-  Hier  $«!t  Heixs:  de  foirfe»  ces  flars  fera 
Jt  mm  <>MYm  ««  won  jpruMf  Unr^  m  ki  mumiert  fw  U  Ikres  de  man 


TBISTAM  93 

mignar  Luces  de  Gant  et  de  maistre  Gautier  Maapp  et  dz  de  man 
$mgnaur  Bobert  de  Berron,  qui  est  mes  amis  et  mes  paranis  charnex, 
iacowrderont  au  miev^  livres^  et  li  miens  s^acorderont  an  meintes 
(ioses  OS  lour.  Wenn  Helis  hier  auch  noch  far  seine  zweite  redaction 
Übereinstimmungen  mit  Lnce  da  Qast  an  meintes  choses  annimt,  so 
mfissen  diese  übereinstinminngen  in  um  so  höherem  grade  bei  der  ersten 
redaction  vorhanden  gewesen  sein,  wo  Helis  sich  darauf  beschränkt 
hatte,  zu  dem  unbeendigten  werke  Luces  die  fortsetzung  zu  liefern  . . . 

[PARIS   1870.]  JULIUS  BRAKELMANN, 

[Jeder  wird  zugeben,  dass  der  vorstehende  aufsatz  Brakelmanns 
mandie  f&r  die  geschichte  des  Tristantextes  wichtige  tatsache  aufdeckt, 
die  ihren  wert  behalten  wird ,  auch  wenn  man  an  den  Schlüssen ,  die 
Bnkelmann  aus  den  tatsachen  zieht,  auf  die  dauer  nicht  solte  festhal- 
ten können:  Wäre  es  ihm  vergönt  gewesen ,  diese  arbeit  zum  abschluss 
IQ  bringen,  so  hätte  er  vielleicht  in  einigen  punkten  noch  seine  ansieht 
geändert.  So,  meine  ich,  liest  man  fast  zwischen  den  Zeilen  von  Bra- 
keknanns  darlegung,  dass  die  zweite  redaction,  welche  Brakelmann 
Helis  de  Borron  zuschreibt,  nicht  wol  von  diesem  herrühren  kann. 
Solte  Helis  sein  eignes  werk  in  so  ungeschickter  weise  entstelt  haben? 
Idi  glaube  fast  dass  Brakelmann  auf  dem  wege  war ,  einzusehen ,  auf 
wie  schwachen  fassen  seine  hypothese  von  den  beiden  redactionen  des 
HeliB  steht ,  und  dass  nur  der  schluss  der  hs.  104  ihn  verhinderte^ 
diese  hypothese  aufzugeben.  Brakelmann  wolte  diesen  schluss  zum 
abdmck  bringen;  er  ist  seitdem  von  Hucher  Le  saint  Qraal  I,  s.  35 
(1875)  veröffentlicht  worden,  so  dass  hier  von  einer  ausgäbe  von  Bra- 
hhnanns  text  abstand  genommen  werden  kann.  Hucher  aber  hat  auf 
8. 156  auch  das  Vorwort  zum  Palamedes  herausgegeben ,  und  ein  ver- 
gleich dieses  Vorworts  mit  dem  nachwort  der  hs.  104  genügt,  um  Bra- 
kehnanns  hypothese  ihre  wichtigste  stütze  zu  entziehen.  Im  nachwort 
der  hs.  104 ,  der  einzigen  welche  dieses  nachwort  unverkürzt  enthält, 
sagt  Helis  de  Borron:*  li  rois  nCa  requis  par  soi,  et  par  autres 
ä  par  sa  houehe,  et  meisment  por  ce  qu'ü  ai  trouv6  que  asses  choses 
faülent  en  cestui  livre  qui  hien  i  seroient  convenaubUs  a  metre,  ne 
■•rfre  ne  sH  parroient  mie  des  or  mais,^  que  je  autre  fois  me  tra- 

1)  Ich  nnterdrücke  in  Helis  Worten  was  mir  ftlr  den  gegenwärtigen  zweck 
cntbebrlich  scheint 

2)  d.  h.  „weil  der  Tristan  von  mir  bereits  abgeschlossen  ist,  so  wäre  es  jezt 
n  spit,  das  darin  fehlende  nacbzutragen;  ich  kann  dies  nnr  in  einem  neuen  werke 
tm."  Besagt  das  nicht  deutlich ,  dass  Helis  von  einer  zweiten  redaction  des  Tristan 
abstehen  will? 


M  BBAKSUCANH,  TBISTAN 

vaiUasse  de  faire  un  autre  livre  ou  taute  la  moitU  fut  cantenue  qui 
en  cestux  livre  faut.  Et  je  li  proniet  que,  taut  meintenant  gue  la 
grant  fraidure  de  cestui  yver  serai  trespassee  et  naus  serans  en  la 
dauce  saisan  que  Fan  apele  le  tens  de  ver^  je  qui  adanc  me  sarai 
repaus&s  apres  le  grand  travail  quefai  ehu  de  cestui  livre  ^  antour  eui 
ai  demarS  eine  ans  taus  entters  et  plt^,  me  retaumerai  adanc  . ..  et 
je  ferai  un  autre  grant  livre. 

Hiermit  vergleiche  man  das  Vorwort  za  Palamedes,  wo  Heils 
sagt:  A  Dieu  qui  nCa  danne  paavr  et  engien  et  memoire  de  finer  hau- 
naureement  le  livre  du  Bret,  entaur  qui  je  ai  travaiUie  mault  Icnc 
temps,  merci  je.  Bai  Henry  ^Engleterre  vueuU,  par  ce  gu^il  U 
samble  que  je  n'at  encare  mie  mis  taut  ce  quHl  i  apartenoü,  que  je 
encammence  un  autre  livre  de  celle  metsmes  matere^  et  vueuU  que  en 
cestui  livre  saient  cantenues  tautes  les  chases  qui  en  man  livre  du  Bret 
faülent.  Et  paur  ce  que  je  vai  que  le  tems  est  biaus  et  ders  et  li  airs 
purs  et  la  grant  fraidure  de  Viver  s^est  d^entre  naus  partie^  vueü 
cammencier  man  livre  en  td  maniere. 

Es  ist  völlig  klar:  wenn  Helis  im  naohworte  zum  Tristan  sagt, 
er  wolle  nur  die  winterkälte  vorüber  lassen  und  den  frühling  abwar- 
ten, ehe  er  dem  wünsche  des  königs  entsprechend  ein  neues  grosses 
werk  zu  schreiben  beginne,   und  dann  im  Palamedes  sagt,  weil  das 
wetter  schön  und  hell  und  die  winterkälte  voröber  sei,   so  schreibe  er 
nun  den  Palamedes,   so  kann  mit  dem  am  schluss  der  hs.  104  ver- 
sprochenenen  werke  nicht  eine  zweite  redaction  des  Tristan,  wie  Bra- 
kelmann  glaubte  ^   sondern  nur  der  Palamedes  gemeint  sein.    Andrer- 
seits aber  kann  das  werk,   für  dessen  endlichen   abschluss  Helis  im 
eingang  des  Palamedes  dem  himmel  dankt,   nur  dasjenige  sein,  zu 
welchem  das  in  der  hs.  104  erhaltene  nach  wort  gehört,  also  der  Tri- 
stan dieser  handschrift.    Denn  dass  das  nachwort  dieser  handschrift 
zu  einem  andern  als  zu  dem  in  ihr  enthaltenen  texte  gehörte,  wäre 
zwar  denkbar ,  ist  aber  ohne  triftigen  grund  nicht  anzunehmen.   Daraus 
aber  ergibt  sich  weiter ,  dass  der  in  der  hs.  104  erhaltenen  version  des. 
Tristan  der  name  li  Bret  gebührt,   also  der  klasse  B,   und  nicht  erst 
der  klasse  C,  wie  Brakelmann  dachte. 

Dagegen  bleiben,  auch  wenn  wir  Helis  de  Borron  nur  ^in^ 
redaction  des  Tristan  zuschreiben  dürfen,  Brakelmanns  beobachtungeim 
über  das  sachliche  auseinandergehen  der  verschiedenen  bearbeitunger»- 
in  ihrer  ganzen  Wichtigkeit  bestehen.] 


96 


LITTERATUR. 


Corpas  poetienm  boreale.  The  poetry  of  the  old  northern  tongue 
from  the  earliest  times  to  the  thirteenth  Century  edited  classi- 
fied  and  translated  with  introdnction^  excursns,  and  notes  by 
ChiAnuul  "ngftissoii,  M.  A.  and  F.  York  Powell,  M.  A.  Vol.  I:  Eddie 
poetry.  VoL  ü:  Court  poetry.  Oxford,  at  the  Clarendon  Press,  1883. 
CXXX  and  575;  712  pp.    gr.  8o.    M.  42. 

Die  besprechnng  des  vorliegenden  umfangreichen  und  bedeutenden  Werkes 
endieint  spät,  später  als  es  mein  wünsch  und  meine  absieht  war.  Nicht  bloss 
imaere  nmstände  haben  sie  verzögert  Ich  habe  mich  vor  ihr  gescheut  und  es 
Inge  nicht  Aber  mich  gewinnen  können,  einem  manne  von  Yigfussons  eminenter 
begabimg  in  einer  weise  gegenüber  zu  treten,  wie  ich  es  um  der  sache  und  der 
mhiheit  willen  glaubte  tun  zu  müssen. 

Eine  hervorragende  Idstung  ist  dies  buch  unzweifelhaft,  ausgezeichnet  durch 
die  Alle  des  in  ihm  zum  ersten  male  vereinigt  en  materials ,  durch  den  reichtum 
der  in  ihm  angeregten  probleme,  durch  nicht  altägliche  gelehrsamkeit,  durch  com- 
Inutioiisgabe  und  schar£Binn,  geschmückt  durch  stilistische  Vorzüge  seltenster  art 
nd  durch  feinfühliges  dichterisches  nachempfinden ,  belobt  durch  den  geist  einer 
«genartig  ausgeprägten  persönlichkeit.  Man  sieht  überall,  wenn  man  es  nicht 
Mhon  zur  genfige  wüste,  dass  Gudbrandr  Yigfusson  die  altnordische  litteratur, 
diehtung  wie  prosa,  älteste  wie  spätere,  und  zugleich  deren  handschriftliche  Über- 
lififenng  in  einem  grade  beherscht,  wie  kein  anderer  seit  Jon  Sigurdsson.  Nie- 
BHuid  unter  den  lebenden  wäre  wie  er  dazu  berufen  gewesen ,  uns  ein  quellenwerk 
der  altaordischen  poesie  zu  schenken  als  grundlage  der  weiteren  forschung.  Nie- 
■and  wie  er  —  wenn  nicht  eines  ihm  fehlte:  die  philologische  methode!  Das  Cor- 
pos  poeticam  boreale  erinnert  in  der  tat  in  seinem  völligen  mangel  methodischer 
•dnifamg  an  die  anfange  der  germanischen  philologie ,  hie  und  da  an  die  Zeiten  der 
kDmtDisten.  Es  wimmelt  von  wilkürlichkeiten  und  rücksichtsbsigkeiten  aller  art, 
die  flfichügkeit  und  fahrlässigkeit,  die  inconsequenz  und  ungenauigkeit  in  der  bear- 
beitong  fibersteigen  jedes  erlaubte  mass.  So  kann  das  werk  trotz  aller  jener  glän- 
lenden  rorzfige  nicht  nur  nicht  die  grundlage  bilden  für  die  Studien,  welche  sich 
die  altnordische  poesio  zum  g^enstando  wählen,  sondern  es  muss  als  unbrauchbar 
tb  wiisenflchaftliche  zwecke  bezeichnet  werden. 

Ich  werde  den  beweis  für  diese  behauptung  führen.  Zuvor  wird  es  aber  not- 
wen^  fein,  den  reichen  inhalt  des  Corpus  poeticum  boreale  in  umrissen  zu  skiz* 
ncren,  um  so  notwendiger,  als  der  herausgeber  auch  in  der  anordnung  seines 
iMes  fiberall  das  hergebrachte  verschmäht  und  nur  ausnahmsweise  sich  und  den 
leser  mit  Verweisungen  belästigt. 

Die  einleitung  hebt  an  mit  einigen  interessanten  §§  über  die  geschichte 
der  altnordischen  philologie  auf  Island.  Der  herausgeber  weist  nach ,  wie  dort  so 
gut  wie  anderswo  die  alte  tradition  einige  Jahrhunderte  hindurch  abgebrochen  war.^ 

1)  Zum   beweise  für  diese  behauptung  weist  Vigflsson  s.  XYIII  u.  a.  auf  das 

jeit  TOI  O.  Cedersobiöld  unter  dem  titel  Allra  kappa  kvteäi  veröffentlichte  gedieht  (Ar- 

kirl,  62  fgg.).    In  demselben  (ca.  1500)  werden  aber  ausser  Skald-Helgi   —   ^Gunn- 

■ag  SBake's-tongue'^  findet  sieh  nicht   —  doch   noch  einige  andere  isländische  helden 

»fgBfihit.    Ich  bemerke  dies  nur  der  genauigkeit  wegen:  Yigfussons  Verwendung  des 

Akk.  fir  aeine  ansieht  soll  damit  nicht  angetastet  werden. 


i . 


96  STMONB 

Er  schildert  dann  das  wideranfleben  der  altnordischen  stndien :  die  Wirksamkeit  tod 
Amgrimr  Jonsson  (1568 — 1648)  nnd  Bj^m  Jonsson  a  Skardsa  (1575  — 1656),  dann 
besonders  Ton  bischof  Brynjoifir  (1605 — 1675)  tritt  in  anziehend  gezeichneten  bil- 
dem  in  ein  helles  licht  £s  zeigt  sich,  dass  Snorres  Edda,  vor  allem  Skäldakapar- 
mal,  in  den  Zeiten  des  Terfals  das  einzige  werk  der  klassischen  zeit,  wovon  man 
noch  etwas  woste,  die  erinnemng  an  die  skaldendichtnng  nicht  ganz  erlöschen  lieas. 
Der  §4,  welcher  die  geschichte  des  wertes  Edda  Tor  nnd  nach  der  entdecknng 
des  Codex  Regius  der  Eddalieder  beschreibt,  gehört  zn  den  wertvolsten  der  einlei- 
tung.  Ergänzt  wird  er  (11 ,  560  fg.)  durch  die  liste  Ton  anfuhrnngen  des  Wortes 
Edda  in  den  rimnr.  Bemerkenswert  ist,  dass  bereits  Magnus  OlaCsson  (f  1636) 
den  gedanken  an  „eine  andere  ältere  Edda*  fasste:  seine  theorie,  der  bischof  Bryn- 
jolfir  nnd  andere  sogleich  lebhaft  znstimten,  ebnete  den  weg  für  die  bezeichnmig 
des  nen  an^efundenen  0>dex  Begins  2365,  4*  als  Edda,  wihrend  die  phantasie 
des  BJQm  Jonsson  auf  Saemnnd  führte.  —  Im  folgenden  (§§  5.  6)  wird  yon  den 
handschriften ,  specieU  den  für  die  ausgäbe  benuzten,  gehandelt.  Der  heransgeber 
zeigt  hier  dasselbe  streben  wie  in  den  Prolegomena  zur  Sturiunga,  die  datierang 
der  isL  membranen  möglichst  zu  yerfrühen.  Ein  urteil  steht  mir  nicht  zn.  Der 
Codex  Begius  der  Eddalieder,  den  man  algemein  mit  Bugge  gegen  das  ende  des 
XnL  Jahrhunderts  sezte,  soll  nach  Yigfusson  zwischen  1220  und  1240  geschrieben 
sein,  „but  certainly  not  later  than  the  latter  date,  and  in  all  probability  earlier* 
(s.  XLll).  Diese  datierung  steht  in  unlösbarem  Widerspruch  mit  der  wolbegrftnde- 
ten  annähme,  dass  die  liedersamlung  um  1240  oder  1250  abgeschlossen  sei  (Bngge 
Fornkr.  s.  LXVII.  Müllenhoff ,  Deutsche  Altertumsk.  V,  1,  232).  ^  —  Bezddmend 
ist  die  beschreibung  der  benuzten  handschriften  in  §  6  für  die  arbeitsweise  des  he^ 
ausgebers.  Der  abschnitt  ist  auf  das  sorgfaltigste  begonnen,  indes  —  offenbar,  weO 
das  Interesse  erlahmte  —  in  nachlässigster  weise  beendet. 

Die  folgenden  selten  (§  7)  bandeln  im  algemeinen  von  altgermanischer  epi- 
scher dichtung.  Die  erzablungen  bei  Paulus  Diaoonus  Ton  Alboins  Jugend  nnd 
ermordung  gelten  dem  heransgeber  für  treue  paraphrasierungen  untergegangener 
longobardischer  lieder.  —  Die  Untersuchung  wendet  sich  den  Eddaliedern  zn  (s.  LVI 
— LXXX).  Yigfusson  sucht  seine  bekante  hypothese  über  die  heimat  der  Eddalia- 
der durch  neue  argumente  zu  stützen,  mit  denen  ich  mich  bald  an  anderer  stdle 
auseinanderzusetzen  haben  werde  (vgl.  Edzardi,  Beitr.  von  Paul  nnd  Braune  S, 
349  fgg.,  sowie  den  lesenswerten  aufsatz  von  E.  Magnussen  „On  Havamal  Terees 
2  and  3"  in  den  Proceedings  of  the  (Cambridge  Philol.  Soc.  1884,  nr.  IX).  Die  lie- 
der werden  auf  eigentümliche  weise  klassificiert.  Der  heransgeber  unterscheidet 
einen  „Helgidichter^,  den  er  c.  950  ansezt,  einen  „tapcten**-  oder  „monolog*-  oder 
„klaglied**- dichter  (c.  1050),  dem  die' lieder  von  Brynhild,  Gudrun,  Oddmn,  nicht 
aber  die  älteren  Atlamai  (c.  1020),  gehören  sollen,  einen  „balladendichter**  (c990)t 
einen  nordischen  Aristophanes  (Lokasenna,  Skirnismäl,  Harbarps^op) ,  einen  , Sibyl- 
lendichter'' (Vgluspa),  einen  „christlichen  dichter**  (Solarljop)  usw.  Doch  solles 
diese  namen  nicht  immer  bestirnte  dichter ,  sondern  öfter  nur  die  ähnlichkeit  von 
Inhalt  und  stil,  die  gleichzeitigkeit,  kurz  die  schule  andeuten  (s.  CXIII).  —  §10 
sucht  das  alter  der  liedersamlung  zu  bestimmen.  Yigfusson  gelangt  zu  1150:  diese 
datierung,  schwach  begründet  und  ohne  rücksichtnahme  auf  ältere  ansichten,  i^t 
aus  den  verschiedensten  gründen  unmöglich.  Yon  dor  datierung  der  handschriften 
abgesehen,    scheitert  sie  schon  an  dem  umstände,   dass  Snorre  die   samlung  nicht 

1)  Dagegen  sezt  Yigfusson  dieselbe  um  1150  (s.  LXXII):  s.  unten! 


ÜBEB  CORPUS  POET.  BOBBALE  07 

gdint  baben  kann.  §  11  sammelt  die  Zeugnisse  für  die  Verbreitung  der  Eddalie- 
der, namentlich  die  filteren:  Eyrindr  skäldaspillir  (c.  970),  der  den  „ Helgidichter  *" 
gqiltlndert  haben  soll  (s.  LXIV)  nnd  Ülfr  üggason  (c.  {«80) ,  der  in  der  Hüsdrapa 
(8D.B.I,  268;  Cpb.  11,  24,  z.  21)  auf  Hyndl.  35  (Bugge)  anspielt  (s.  LXVIII), 
bwten  ^e  frühsten.  Sodann:  Am6rr  jarlaskald  (c.  1064,  vgl.  MüUenboff  DA.  V, 
7^),  Ivarr  Ingimnndarson  (Cpb.  ü,  261),  jarl  BQgnvaldr  im  Hattalykill,  könig 
STerrir  (Tina.  VIU,  409) ,  der  Verfasser  der  F6stbr(B{)ra  saga  (ed.  Gislason  s.  83. 
Flii  n,  206).  Anch  stellen  der  Islendinga  sQgar  nimt  Vigfüsson  als  Zeugnisse  für 
die  verbreitang  der  Eddalieder  in  anspmch  (vgl.  II,  s.  501  fgg.)«  Paraphrasen  findet 
er,  abgesehen  von  Snorra  Edda,  Yplsünga  saga  nsw.,  in  Tnglinga  s.  c.  6—7.  21, 
QJ^ldnnga  8.  (s.  LXXV),  Gisla  s.  Sdrssonar  (II,  331)  ^  Hromandar  s.  Groipssonar 
(I.LAÄY11  fgg.)  nnd  Bosa  s.  c.  12  in  Fas.  UI,  233:  leztere  stelle  gibt  aber  nnr 
£e  bekante  erwfihnnng  der  EQarrandahlj6p  (vgl.  meine  ansg.  der  Eudrun  s.  5). 

Ana  den  abschnitten  über  die  bofdichtnng  (§  12.  13)  und  die  Snorra  Edda 
ßlQ  hebe  ich  hervor  die  hypotbese  des  herausgebers  Über  die  Überlieferung  der 
itrophen  in  8n.  £.  nnd  den  königssagas ,  auf  welche  er  selber  offenbar  grossen  wert 
k^  (vgL  a.  LXXXn  „the  results  here  put  fortb  are  entirely  new").  Die  häofige 
udit -Übereinstimmung  zwischen  der  prosa  und  den  citiertcn  Strophen  führt  Yigfüs- 
imi  IQ  der  ansieht,  dass  die  verse  sowol  in  Sn.  E.  als  auch  in  Hkr. ,  obgleich  von 
ton  verfiwsem  (gleichviel  ob  Are  oder  Snorre)  benuzt  oder  paraphrasiert,  dennoch 
aidit  von  diesen  selbst,  sondern  erst  von  späteren  bearbeitern  der  Hkr.  und  Sn.  E., 
uixwar  nach  verderbter  (von  Einarr  Skiilason  verflachter?  s.  LXXXVH,  vgl.  II, 
%8)  voilage,  eingefügt  worden  sind.^  Gegen  diese  hypotbese  „von  der  systema- 
Wien  bearbeitnng  der  älteren  skaldenpoesie'^  hat  bereits  Heinzel  Anz.  t  d.  A.  XI, 
IB%^.  sehr  beachtenswerte  einwände  vorgebracht. 

In  §  14  sezt  Vigfüsson  seine  teztkritischen  grundsätze  auseinander.  Eine 
löhe  von  stellen  wird  behandelt.  Ich  fähre  sie  an ,  um  die  prtifung  zu  erloich- 
ten:«  Gniwr.  H,  29»  (Cpb.  I,  320;.  -  VqIs.  s.  B.  150,  28  (II,  538).  —  Hyndl.  24,  1 
(1,230).  —  Hüsdrapa  Sn.  E.  I,  250  (II,  23«).  —  Sonatorrek  z.  49  (I,  279).  — 
W  X.2  a.  277).  —  Grdgaldr  13«  (I,  95).  — '  Sonatorrek  z.  50  (I,  279).  — 
«M.  1.94  (I,  280).  —  QnpT.  HI,  11«  (I,  323).  —  Hrafnsmäl  z.  60  (I,  258).  — 
B*.  Brynh.  6  »-*  (1,304).  —  Atlam.  65«  a,  340).  —  Arinbjamardr.  z.  93 
(1,876).  —  Vspä  23»-  «  (I.  196).  —  Sig.  UI,  64  8-*  (I,  302).  Auf  einige  dieser 
^neidationen  wird  noch  zurückzukommen  sein. 

Es  folgen  bemerkungen  über  „frühere  ausgaben  und  commentare.'*  Von  einer 
^nmmenhftngenden  bibliographie  ist  natürlich  nicht  die  rede.  Ich  hebe  einzelnes 
l^ttiiiB.  Wohnend  berührt  die  warme  Verehrung  für  die  unnachahmliche  Übersetzung 
^  eddlsdien  heldenlieder  durch  die  brüder  Grimm  (s.  XCIU),  welche  Hoffory 
*o^n  aufs  neue  herausgegeben  hat.  Der  brief  W.  Grimms  auf  s.  XCIY  ist  wol 
^  H.  W.  Tjdeman  gerichtet.  Von  Bugges  Norrocn  FomkvsBdi  heisst  es ,  dass  diese 
^^igibe  yhaa  been  the  staple  out  of  which  subsequent  editions  have  been ,  ospecially 
Hl  Gennany,  mannfactared.**  Als  erwähnenswert  werden  dann  angeführt  die  von 
Onudtrig  nnd  Hildebrand.    Eent  Vigfüsson  noch  andere?    Noch  eine  bemerkung 

1)  Damit  im  zusammenhange  steht  die  ansieht,  dass  Vgluspä  nicht  nach  B, 
^^  Bach  Hanksbök,  Bondem  nach  Sn.  E.  „restauriert"  werden  müsse  (Introd.  §  16. 
^  U,  648). 

t)  loh  eitlere  die  Eddalieder  stets  nach  Bugge,  auch  nach  dessen  kurzzeilen, 
^  diese  sn  billigen. 

Bmomu  F.  DnuTSOHs  philolooib.  rd.  xyiu.  7 


98  8TH0KS 

muss  mir  vom  herzen.  Wenn  der  herausgeber  s.  XCVI  Egilssons  Lexicon  Poeticam 
als  ^unsafelj  based"  bezeichnet  wegen  des  völligen  mangels  an  textkritik  und  Ter- 
glcichender  methode,  so  gebietet  die  gerechtigkeit  darauf  hintaweiaen,  dasa-et  an 
exactheit  das  Icelandic  -  English  Dictionary  bei  weitem  überragt. 

Von  der  haupttendonz  des  §  16  über  die  prosaische  Edda  ist  schon  berichtet 
Der  verfiEisser  der  Gylfaginning  soll  älter  als  Snorre  sein,  der  „glossator*,  d.  h.  der 
einfugcr  der  strophencitate  nach  einem  verderbten  nnd  gefälschten  tezt  jünger, 
ebenso  der  Verfasser  dos  formäli  and  eptirmäli.  Die  klage,  dass  ,no  man  of  ialeat 
has  ever  reallj  taken  np  and  stadied  the  Prose  Edda*",  wird  vor  Mfillenhofb  nnter- 
snchnngcn  wol  verstummen.  Am  schloss  dieses  §  wird  die  schon  ans  den  Prolego- 
mena  zar  Sturl.  (s.  C  fg.)  bekant«  ansieht  widerholt ,  dass  nicht  Snorre,  sondern 
Are  der  Verfasser  des  grundstocks  der  Hkr.  seL  —  Der  folgende  abachnitt  (|  17) 
bespricht  mythologische  fragen.  Der  heransgeber  versacht  ältere  nnd  jüngere 
mythenschichten  zu  trennen.  Nur  für  die  lezte  gibt  er  direkten  einflnaa  des  Chri- 
stentums SU,  doch  auch  da  nur  in  beschränktem  maase.  Die  Charaktere  der  Wal- 
hall -  religion  sind  alt,  doch  in  neuer  Verbindung  gebraucht  und  mit  neuen  personi- 
ficationen  vermengt  Dazu  der  erste  excurs  des  ersten  bandea  d,  401 — 431,  a 
unten). 

Den  schluss  der  einleitung  (§  18  —  20)  bilden  angaben  über  die  Orthographie, 
einrichtung.  Übersetzung,  geschichte  und  zwecke  der  vorliegenden  ausgäbe ,  worauf 
noch  zurückzukommen  sein  wird. 

Der  text  zerfalt  in  10  bücher.    Die  6  des  ersten  bandes  umfassen  die  altn. 
gedichte  im  fomyrI>islag,  oder,  wieVigfusson  mit  unzweckmässiger  erweitaning  dei 
begriffes  sagt,  die  ^  Eddie  poetry."    Buch  1  (,  älteste  nordische  poeaie')  enthält  in 
fünf  abteilungen  die  grosse  masse  der  Havanuü,    nämlich  1)  «des  gastea  Weisheit' 
(82  Str.);  2)  , spruchgedicht"  (Hav.  81  — 83.  85—87.  89.  88.  90.  137.  74.  73,  rgl 
I,  400.  dazu  noch  eine  strophe  aus  prosa  hergestelt  nach  Sn.  E.  I,  106);  3)  «Lodd- 
fiifhis  lAi«'    (Häv.  112  —  117.  119  —  121.  44—46.  122.  123.   125—136.   162)  - 
dazu  Sn.  £.1,  36:   4)  , Odins  liebeslehren"   (Hav.  102.  96-101.  —  104— lia - 
13.   14.    12):    5)   die   eigentlichen  Hävamäl   (111.  138  —  164),    dazu   als  appendii 
str.  80. 1    Es  mag  genügen  dazu  im  algemeinen  zu  verweisen  auf  MüUenhoff,  DA. 
V,  250  ffxig.  und  die  anzeige  von  Hoffory.  Gott  gel.  Anzz.  1885,  s.  35  (gg.  —  Ange*    . 
fugt  ist  Sigrdrifumäl  13 « — 19.  —    Es  folgt  «das  alte  Völsungenspiel*,   d.  h.  teile 
aus  Roginsmäl,  Fafnismal  und  Sigrdrifumäl.   Sodann  «die  ältesten  epischen  gedichtet 
Atlakvitva.    Hamlnsmäl   (vermischt  mit  Gu])rünarhvi}t  1—8,   vgl.  I,  375)  und  das 
^gedieht  auf  ThetMiorich  den  grossen",  d.  h.  die  strophe,   welche  Bugge  (Tolkninif 
af  runoindskriften  pa  Rokstonen  s.  40  fgg.)  auf  dem  Bokstein  gelesen  hat' 

Buch  11  (.älteste  ge^lichto  der  woatlichen  inseln'')  hebt  an  mit  didaktischea 
dichtung^^n:  Vaf|tniImism.Äi  (^nebst  Grimn.  40  fg.),  Giimnismil,  Alviasmal,  Svip" 
dagsmäl  (Gn>galdr  und  Fj^^lsvinnsmal,  im  anschluss  an  Bugges  schöne  entdeetoiBg) 
und  die  rät«el  des  konigs  Heil^rek  aus  der  Hervarar  saga.  Aus  Grimn.  scheidet 
ViirfÜMK^n  die  stix^phon  IS  20.  24.  36.  43.  4ö.  46.  47 »-«.  48»"'.  49.  50.  54  »I» 
fkiffmente  oinos  selbständigen  gedieht««  aus.    VgL  dazu  meine  bemerkungen  Ti^ 

\)  K«  tM^ji  lUv.  TO*  -•,  ;$.  llS,  die  der  leser,  wenn  er  sich  das  w«^ 
nUhl  y«r«lri«M*n  U««t«  Opb.  1«  ^t«  fg.  mittea  unter  den  SöUrlj6>  findet. 

t)  >ym\i|rrr  kriliiK'h  al«  Uujrf:«  *.  «.  o.  «.  47  anm.  bringt  YigftfBson  das  tunk^ 
*-  mmiH^iH  {tiVi  «U/«  mittitff4  \^\.  Sa.  K.  l«  516^  d<r  ioschrifl  gleich  in  verbindnBg  i^^ 
Peam  Unfi'  (()r^in  \ ,  t^^^\    /wvwfi^r  4lt*  ^fVny  wimrm  JT«  rwy«  bmy. 


ÜBBB    COBPUS    POET-   IIO&BAt.II  Öd 

BijJt.n.  105  ^g.  nml  namentlich  Möllenhoff  a,  a.  o.  s,  159  fgg.  236  fg.  Anijorc 
ilwiiheB  «iiuses  gedichtes  (44.  27.  28-  47*— 48')  werden  mit  recht  als  memorinl- 
nwe  rnnholuKisahen  inholU  gpF&9st.  Dazu  werden  goatclt  (a.  77  —  80):  die  twet- 
^-,  iioruen-  und  w&lkjrieuforxeichiiisae  aus  Tspii,  sowie  die  strophtiu  auB  8n.  E. 
I,  t«0.-lÖ4  (pofgrinjBlPttla),  1,340.  U.  431.  514.  1,482  (KiltByiaa).  n,  142. 
djp  Eid)  alle  auch  bei  Bugge  a.  332  fgg.  finden.  —  Uen  uweiteo  abBchoitt  dleHCa 
buchnB  bilden  die  dichtnngcD  des  „Aristophancs  der  weatUcLeD  inseln" :  Lokatenna, 
ShrniBiuil,  HärbarlisljoJ)  und  ein  fragment  ana  der  Skjgtduoga  (Faa.  I,  372" — 
SU"),  welohea  ein  zankgeapräoh  zwi^sehcu  Odin  und  Irar  (Irarr  vipfafimi)  enthälti 
D(ir  Iwranggcber  hat  demselben  metriache  farui  gegeben.'  —  Den  sablnss  dieaoa 
Iv.bw  bilden  „mythische  Eragmente" :  HcimdaUaigaldt  (Sn.  E.  1,  102J,  Njqr|ir  oud 
Shpi  (Sil  E.  I.  92).  Gnä  und  Hofvarpnir  (Sd.  E.  I,  Ilß),  pijkk  (Sn.  E.  I.  18Ü). 
[lufT  und  Geirrg|ir  (Sn.  E,  I,  386)  —  alle  ancli  bei  Bngge  Pornkv.  s.  330  fg. 

Buch  ni  salte  epische  gedichte  von  den  woatlicben  inseln"  enthält  in  drei 
itiKboittcn  ,die  blQte  der  nordiacbnii  epik"  iiiid  als  vierten  abschnitt  die  ältesten 
cldsUicIien  dichtungen  des  nordens  didaktischen  inhalta.  1)  „der  Helgedichtor": 
'1  .Helgu  und  tjigrun"  in  drei  teilen,  welche  die  ganze  erste  Helgakvipa  Bund, 
uod  TOD  der  zweitün  str.  23  — 28  und  von  30  au  bis  zum  schlnsa  bringen.  Diit 
a  gilt  dem  heranagober  hier  wie  tibernll  für  jünger.  —  b)  „Helge  und  Svava" 
;.  Hj?tv.  1—11.  31-43).  —  c)  „Helge  ond  Kära"  (H.  Hu.  U,  1-13),  vgl. 
-  d)  das  tragmunt  der  Vijlsungakvilia  in  foma  (U.  Hu.  II,  14 — 18).  — 
eines  dialt^iscben  gedichtes  von  Uelge  und  Sigriin  (H.  Hu.  D ,  29), 
tBaitr.  IV,  172  anm.  —  f)  ÄUe  und  Hiimgerpr  (Helg.  Hj^r».  12  —  30).  — 
■  westliche  Welsungeulied' ,  8  fragment«  einea  jüngeren  liedea  von  den  Wol- 
,  «eiche  sich,  mit  ausnähme  des  ersten  (der  halbstruphe  in  c.  8  der  V>j1b. 
it  in  B«ginan).,  Fäfnism.  und  Sgrdrfm.  zwi&chen  den  brachstücken  des  älteren 
B  Aber  denselben  gegenständ  (buchl,  §4)  voründon. —  h)  „Hjohnars  tudos- 
K  nnd  Angantyra  erwecknog"  aus  der  Hervorar  und  Orvur-Odds  saga  (Faei.  I, 
»Ölgg.    II.  212  fgg.).  vgl.  I,  495. 

2)  .der  batladendichter' :  Vylundarkvi[ia,  prjraakviim »,  Vegtamekripa  (,Bal- 
io"»  •luom"),  UrotlaagngT,  Bjarkamal  (Fas.  I,  110),  ein  kleines  fragment  eines  ver- 
lUDvii  lieOes  vun  Hrulfr  kraki  ans  So.  E.  1 ,  3M ,  endlich  die  ^agmeote  eiuea  Hilde- 
'Tuuliliedes  aus  Ämiundarsaga  kappabana  (Fhb.  U,  484  fgg.),  vgl.  die  I,  387  mlt- 
Z'tiiille  parnpfaraso  Saioa  und  Mflllenhoff  in  den  Denkm.'  264. 

3)  .der  SibyUendiehter":  Vqlaapii,  dazu  I,  377.     11,  621.  642. 

^  4)  aiier  christliche  dichter":  Sülarljüj),  als  swei  gedichto  (des  elften  jabrhun' 
H^f)  gefasst,  nämlich  a)  die  eigentlichen  Solarljüti  (atr.  :i3  —  75.  81  —83),  b)  „die 
^Bihnt  dea  chriüten",  fragmentu  einer  parabeldichtung,  zn  denen  Vigfüasuu  auch 
RTtSl  70*-".  118  stell. 

^B  Buch  IV  bringt  unter  der  zusammen fassnng  „alte  hiatorische  gedicbtu"  — 
^■n  dem  ersten  abschnitte  nicht  passt  —  eine  reilie  von  dichtuugon  aus  dem  X. 
^Bden  aufang  des  XX  jahrh.  Auf  die  Uymiskvijpa  (dazu  vgl.  I,  511),  welche  wol 
^i^Uiehlicb   aus  metrischen   gründen   hiorhorgeatelt   wurde ,    fulgeu  genealogiscbo 

l)   In  T.  10   des  so  bergegtelten   fragmente«   will   VigfiSaaDn    st-ilt   SöHcr  lesen 
LJ'lUl.  468).      TieLmehr    muaa    in    v.  13    scatt    HcimdaUr    gelcnen    «erdvn    BqPr,    wie 
Br«  Eludim  üben,  von  Itrcnnor  s.  37  anm.  1   bereits  bemerkt  hut.      Auf  llenar  paant 
^H  Iwwli  hiiiliij,  (•  hraddattr  tut  Ätu  nneb  Yngl.  s.  c.  i  giiux  wul. 
H      t)  DuD  I,  501  die  ballade  Therd  af  Hafujoard. 


100  smoKB 

gedichte:  Hjndlaljot)  (vgl.  U,  515.  G29.  652).  Eigsl.ola  (Tgl.  I.  379).  Tngtii 
»on  fijöfolft  hvinrereki  (ein  »euer  tcrt  wiri]>n.  655  gegeben*.  Rikjjatal  i 
vindr  skäldaspilltr  (neuer  tett  11,  65T):  sodann  die  ältesten  encomiftstigchen  gedieht«: 
Eorokloßs  „RabenBang"  (als  „Haraldamal"  beraosgogeben  in  Möbias  Edda  s.  22^ 
ffTE-)-  Eiriksmäl  und  Rakonamial,  Von  dem  zulezt  geDaaten  gedieht«  werden  di« 
Strophen  5 — 8  abgetrent.  —  Den  vierten  abschnitt  bilden  die  drei  dichtnngen  von 
E^Il  äfcallagrimBBon :  Hijfuplausn  (960  —  954),  dazu  1,  379  der  t«it  des  Wolfen- 
bflttlei  Codex.  Arinbjarnardräpa  (c.  960) ,  dua  I,  380  der  tcit  de«  Cod.  AM  132 
fol..  and S^natorrek  (97&— i««!),  dauu  ein  neuer  t^it  1.  544.  —  Endlich  ,Sigti7gga 
dichter",  d.  i.  Darrapsrljö])  (nach  1014)  aua  der  Njäla  c.  167. 

In  ttaub  V  sind  namentlich  die  lieder  zueammengeBtelt,  welrhe  sich  in  B 
nach  der  grossen  lücke  finden.  Unter  dem  titel  ,  die  lezten  epischen  dichtungen " 
sind  sie  nach  ihren  Stoffen  geordnet,  ,whieh  rooghl;  giTca  thc  chronological  order." 
I)  ,.8iegfriods  halladan dichter",  d.  i.  Oripisspu.  —  'i)  „der  Brfnhilddiehter" :  „dna 
lange  lied  ron  Brynhild",  Hrckhes  Vigfüsson  zusammenfügt  aas  SigurfiarkTipa  bin 
ikanima  nnd  Helrei|)  Brjnbildar,  —  „frsgraent  eines  knrsen  BrjnhildliedeB",  d.  i. 
Brat  af  Sigar]iarkvit)n ,  —  Oddranargrätr  —  .fragynente  verlorner  lieder  ans  d^r 
lacke",  d-  b.  die  in  Sverria  s.  e.  164  (Fras.  VI1\,  409)  citierte  halbstrophc  and  di* 
Strophen  der  VqIs.  b.  c.  27  —  29  (auch  in  Buggea  Femki-.  9.  XXXVtU.  336  fg.)  — 
3)  „der  Gndrundichter" :  Gu[)njnftrkvipa  in  torna .  wovon  str.  37—44  abgetrent  wer- 
den (b.  onteol  —  .Gudruns  gotteaurteil",  d.  i.  Guprünarkvipa  111.  —  „Gudninnr- 
kvida  oder  Gudruns  erzählung",  d.  i.  Uu{irünarkvi[)a  I  (in  str.  18.  Gofirkr.  n,  S 
Tgl.  I,  381)  —  „Tregrof  Gndrnnar",  d.  i.  Hanipismäl  I.  Gu{)ränarh».)t  9  —  21 
(vgl.  hoch  !,  §  5).  —    4)  ,der  ÄUidichter" :    Ätlamal  —  und  Gaprunarkvipa  II,  37 

—  44  als  besonderes  bruchstück  eines  AttitiodeB,  —  5)  ,dei  hunnische  cjclus*:  das 
lied  von  SlQJir  und  Angantyr  nebat  einem  kleinen  brachstiicke  ans  einem  andern 

liede  von  Anguityr,   beides  ans  der  Herrar  s.   (Fas.  1 ,  490 Ö08.   489).     Dan 

TgL  Cpb.  I,  387  Saio.  —  6)  .heldenkataloge" ;  die  liste  der  Hälfsrecken  ans  Half« 
8.  c.  16  (Fas.  II.  M)  —  aus  Hjalmara  todcBsang:  Orvar-Oddss.  c.  14  (Fas.  11,  230} 

—  aus  ABbjqrns  lied  (Fms.  III,  220}  —  ans  Gautreks  a.  e.  4  (Fas.  UI.  19)  —  data 
das  brachstücfc  eines  Starkapliedes  aus  3n.  E.  II,  407:  daa  volständige  hed  hat  Sa» 
gekant,  vgl.  Cpb.  I,  388  fgg. 

Bach  VI  („Scbulia")  enthält  eine  bldtcnlese  von  volkstümlichen  improviu- 
tiones,  sowie  kleine  lyrische  golegcnheitsverse  in  einem  versmass,  das  VigfässoD 
ganz  wilkürlicb  ^TorT-Einar  metru"  nent,  weil  die  strophen  des  Torf-Einart  aus 
der  Orkneyinga  in  ihm  vetfaast  sind.  Vgl.  Möbius  Hatt.  I,  54.  —  Nachträge  tu 
diesem  bavhe  s.  I,  400.  567.  672.  Die  nene  lesnng  des  Tuue-steins  am  leztgenan- 
ten  orte,  der  infolge  die  spräche  „rein  gotisch"  sein  soll,  ist  entschieden  mehr  nnu 
als  gut.' 

Die  vier  bflcber  des  2 
wäre  wol  als  zusammenfassender  n 
oder  jedenfala    richtiger   gi 
inbalta  hier  nicht  eingehen. 

Blich  VII:  heidnische  poesio  im  drottkvaitt.  1)  qm^tholugisrlio  hÖtiBcbe  dich- 
tnng":  Ragnarsdräpa  —  Haustlqng,  dazu  ein  paar  Inusavisur  aus  Hkr.  —  die  Jxira- 
drä|>a  von  Eilifr  GuprnnorsoD ,  nebst  einem  fragmente  desselben  diditers  aus  ejnetn 


bandes  umfassen  die  „hofdicbtung";  aoHi  hier 
„dichtung  im  drdttkviebr  hättr"  paasend« 
Ins  einu^lne  dürfen  wir  bei  unserer  skiaie  di>s 


1)    Vgl.  je«    F.  Burg,    die    üttn 

lao  feg. 


lordischen    runcninacbitlUn ,    Berlin    ISU, 


ÜB£R  CORPUS  POET.  BOREALB  101 

gedkhte  aaf  Christas  (So.  £.  I,  446)  —  die  Hüsdrapa  von  ülfr  üggason  (c.  975  — 
900)  —  liniehstücke  dieser  gattung.  Die  quelle  für  diesen  ganzen  abschnitt  ist  die 
Ssom  Edda.  —  2)  „  lobgediohte  ^.  die  ältesten  historischen  dichtungen  im  drott- 
hstt,  haiq>tBächlich  aas  4en  konanga  sQgur,  einzelnes  aus  Sn.  E.:  Hornklofis  Glym- 
dnipa  (TgL  Sn.  £.  III,  408)  —  Qathonnr  Sindri:  drapa  aaf  Hakon  den  guten  — 
ebe  Strophe  aas  Fagrsk.  s.  15 ,  welche  der  königin  Gunnhild  beigelegt  wird  — 
Koimaln  SigroBpardrapa  (c.  960—970)  —  lausayisur  von  Eyvindr  skaldaspillir  aus 
Hb.  and  Sn.  B.  —  Glumr  Geirason:  Grafeldardrapa  (c.  976)  usw.  —  die  dichter 
Ton  Hakon  jarl  (976  —  995) ,  unter  denen  hervorragen  Einarr  skalaglara  (Yellokla 
B.a.),  Tindr  Hallkelsson  und  Eyjolfr  dal)askäld  (Bandadräpa,  vgl.  G.  porlaksson, 
Udngt  over  de  norsk-islandske  skjaldo  fra  9"^*  til  14*^«  ärhundrede,  Ebb.  1882, 
1.78^.).  —  3)  „  golegenheitsgedichte ",  nicht  encomiastischer,  sondern  privater 
utor.  Darunter  ragen  hervor  die  Strophen  des  Hromuudr  und  seiner  söhne  aus 
Lafidnama  (IsL  ss.  I,  161  fgg.)  und  die  Mählipingavisnr  des  porarinn  svarti  aus 
^7C>8J>^  6.18.  19.  22.  —  4)  lausavisur  von  Kormakr,  HolmgQngu-Bersi,  Egill, 
Vigi-Glüinr,  dessen  söhn  Yigfüss  und  Hävarpr  halti.  Hauptquellen  für  diesen 
tbidmitt  sind  natürlich  die  Kormaks,  Egils  und  Viga-Glums  sagas.  Femer  einige 
ntirisohe  Strophen  von  isl.  dichtem.^ 

Buch  Vni  („christliche  hofdichtung ^)  führt  in  sieben  abschnitten  die  klas- 
Mb  zeit  der  skaldenpoesie  vor.  1)  die  dichter  Olafs  Trjggvasons  und  Eirik  jarls 
(995—1014):  Hallfrepr  vandrs9|>askald,  Halldorr  ukristni,  Sküli  porsteinsson ,  porpr 
Kolbeinsson,  BJQm  Hitdselakappi,  Gunnlaugr  ormstunga  u.  a.  —  2)  die  dichter 
OUIs  des  heiligen  (1014— lOaO)  und  Knuts  von  Dänemark  (1008—1035):  der  vor- 
ttehniste  von  diesen  Sighvatr  pörparson,  nach  Yigfüsson  (I,  118)  der  einzige  unter 
des  Skalden,  welcher  den  namen  eines  dichters  in  unserem  sinne  verdient,  zugleich 
dojenige,  von  welchem  uns  mehr  erhalten  ist  als  von  irgend  einem  anderen  (Cpb. 
1, 124 — 150),  femer  Gttarr  svarti,  pörarinn  loftunga,  Bjarni  gullbrä,  Skald-Refr, 
pormopr  kolbrunarskald  u.  a.  Unter  den  kleineren  stücken  finden  sich  auch  ein 
pur  Strophen,  die  dem  h.  Olaf  selbst  beigelegt  werden  (Fms.  V,  178.  200.  Fiat, 
m,  241  fgg.),  —  3)  die  dichter  des  Magnus  göpi  und  des  Haraldr  harpräpi  (c.  1040 
—1070):  Amdrr  jarlaskäld  und  pjopolfr  Amorsson  die  bedeutendsten,  auch  könig 
Hindd  selber  ist  vertreten ,  u.  a.  durch  ein  liebeslied  (vgl.  porläksson ,  üds.  s.  105). 
—  4)  die  dichter  Eiriks  des  guten  von  Dänemark  und  des  Magnus  berfcettr  und 
■einer  söhne  (1093  — 1130).  Der  haupskalde  des  dänischen  königs,  Markus  Skeggja- 
NB  (t  1107  ?  s.  Sn.  E.  ni ,  348  fgg.)  eröfnet  diesen  abschnitt,  unter  den  poeten  des 
Htgnos  berfoDttr  ragen  hervor  Gisl  Dlugason,  BJQrn  krepphendi  und  porkell  hamar- 
^d,  auf  Signrd  den  kreuzfahror  bezieht  sich  namentlich  die  Sigurpardräpa  von 
Einin  Skulason.  —  5)  die  dichter  der  prätendenton  und  späteren  könige  (1130  — 
1200):  Ivarr  Ingimundarson ,  Halldorr  skvaldri,  Einarr  Skulason  u.  a.,  dann  auch 
gelegenheitsverse  aus  dieser  zeit.  —  6)  Gedichte  des  12.  Jahrhunderts  über  frühere 
cnignisse:  Geisli  (drapa  auf  den  h.  Olaf)  von  Einarr  Skulason  (c.  1154),  überliefert 
i>  Beigsbok  und  Flateyjarbok  —  Bekstefja  zu  ehren  Olafs  Tryggvasons  von  Hallar- 
Steinn  oder  Steinarr  (ob  identisch  mit  Steinn  Herdisarson?  vgl.  porläksson  s.  118)  — 

1)  Zur  bequemlichkeit  des  benutzers  vervolständige  ich  für  diese  zerstreuten 
"^phen  die  ungenügenden  quellenaogabcn  Yigfüssons:  Cpb.  I,  79 — 81  —  str.  1  —  4: 
Hü.  I,  248.  306.  308.  152.  —  6  —  11:  Bisk.  ss.  I,  6.  10.  13.  14.  16.—  12:  Hkr. 
(^Htr)  151.  —  18:  Fms.  XI,  81.  —  14:  roneninscbrift  zu  Karlevi  auf  Öland  (s.  Er. 
^öttiont  Oldn.  Ordb.  XL  fgg.). 


l 


102  STMONS 

die  Jörns vikiDgadrapa  von  bischof  Bjarni  Kolbeinsson  (vor  1200)  —  EonuDgatal 
nach  Fiat.  II,  520  fgg.  und  anderes.  —  7)  Allerlei  kleinere  reste  der  skaldenpoede: 
darunter  fragmente  von  encomien  aus  Snorra  Edda  und  atrophen ,  welche  nach  Yig- 
füsson  später  in  die  Islendinga  SQgur  interpoliert  wordeiysind. 

Buch  IX:  „epigonenpoesie^ :  1)  „der  Ragnarcyclus** :  Eräkumal  (Fas.  I,  300 
^SS')  —  andere  fragmente  aus  der  Ragnars  saga  (dazu  s.  Edzardi,  Helden -Sagen» 
Stuttgart  1880 ,  s.  L  fgg.)  —  verse  aus  den  Fomaldar  SQgnr  und  einigen  anderen 
sagas  gleichen  Charakters:  besonders  poetisch  die  der  Viglundar  saga  (ed.  G.  Yig- 
fi'isson,  Kph.  1860).  —  2)  Mälshättakv»])!  (herausg.  von  Möbius  in  der  Ztschr.  f.  d. 
phil. ,  ergänzungsband  s.  1  fgg.) ,  nebst  einem  runenliede  (vgl.  Möbius  Cat.  s.  20. 
Verz.  s.  94). 

Buch  X  („  buchpoesie ")  bildet  den  schlnss  der  samlung.  1)  Merlinna  spa, 
eine  zu  anfang  des  13.  Jahrhunderts  von  dem  möncbo  Gunnlaugr  Leifsson  gefertigte 
Übersetzung  nach  Gottfried  von  Monmouth  (herausgegeben  von  Jon  Sigurdsson  in 
den  Breta  sQgur  nach  Hauksbok:  AnO.  1849).  —  2)  „lezte  gedichte  in  altem 
metruni^:  Y^^lsa  f(jersla,  ein  phalluslied  (Fiat.  II,  331  fgg.).  —  Skaufhalabalkr  (her- 
ausg. von  Külbing,  Beitr.  zur  vorgl.  gesch.  der  romant.  poosie  und  prosa  des  ma., 
Breslau  1876,  s.  242  fgg.,  vgl.  Germ.  21,  368)  u.  a.  —  3)  fragmente  von  taozlie- 
dorn  und  kehrreime  von  Island  und  den  Faröor.  —  4)  Rimur,  die  zwei  ältesten: 
Ölafsrinia  von  Einarr  Glisson  (Fiat.  I,  8  fgg.)  und  Skidarima  von  Einarr  Fostri 
(herausg.  von  K.  Maurer,  München  1869  [aus  den  Abhandl.  der  k.  bair.  akad.  I 
cl.  XII,  1],  vgl.  Möbius  in  dieser  zcitschr.  3,  227,  und  von  G.  Cederschiöld  in 
Wisens  Garm.  norr.  ,^Lund  1880,  s.  100  —  112),  dazu  100  Impromptus  in  demselben 
versmass.  —  5)  die  Islendingadrapa  von  Haukr  Yaldisarson  (ed.  Möbius,  Kiel  1874) 
nebst  anderen  katalogischen  fragmenten.  —  6)  die  pulur  aus  der  Snorra  Edda, 
manche  in  drottkvsett.  —  Endlich  7)  Skuldatal  nach  cod.  Academ.  und  cod.  Ups. 
(vgl.  Catal.  s.  169  fgg.  und  Sn.  E.  III,  205  fgg.). 

Ein  anhang  (II,  547  —  559)  enthält  „unächte"  verse  aus  den  Fornaldar  sQgiur, 
unter  diesen  auch  den  Yikarsbalkr  aus  Gautrcks  s.  c.  3  —  7. 

Dazu  kommen  noch  einige  texte  zur  erläuterung:  doppeltezte,  d.  h.  7  mehr 
oder  minder  gleiche  stellen,  die  sich  zwischen  je  zwei  Eddaliedern  finden,  und  zwei 
gedichte  Egils  in  doppelter  Überlieferung  I,  375  —  380  —  paraphrasiorende  lieder- 
fragmcnte  aus  Saxo  Grauimaticus  I,  381  —  391  —  die  bereits  angeführten  recon- 
sructioncn  von  Yspä  und  Vspa  in  skamma  (Hyndl.)  II,  621  —  630,  Hai.  und  YngL 
II,  655 — 657  und  Senat.  I,  544-  548  -r  die  prosa  von  R  vor  und  nach  der 
lücke  II,  524 — 532  —  die  paraphraso  der  durch  die  lücke  verlornen  liedcr  in 
YqIs.  II,  532 — 541,  nebst  englischer  Übersetzung  I,  391  —  399  —  paraphrasiorende 
stücke  aus  Sn.  E.  II ,  541  fg.  —  Verzeichnisse  von  kenningar  und  okend  heiti  1, 
574  fg.    II ,  542  —  546.  61 8  —  620. 

Unter  dem  texte  steht  eine  englische  prosaübersetzung ,  darunter  die  les- 
arten. '  Ausführliche  historische  und  litterarische  einlcitungen  sind  den  einzelnen 
abschnitten  und  dichtungen   vorangeschickt.     Es   folgen  reichhaltige  anmerkungen 

I,  459—574.    II,  563—617. 

Endlich  hat  Vigfusson  beiden  teilen  eine  reihe  von  wichtigen  oxcursen  bei- 
gegeben: 1)  über  den  altn.  gottesdienst  I,  401  —  431  (tempel  und  opfcr,  orakel, 
ahnencultus,  gelübde  und  eidc,  besessenheit,  kalender).  —  2)  über  germ.  und  altn. 

1)  „Final  readings''  zum  ersten  bände  I,  GXXIY  —  CXXX,  zum  zweiten  bände 

II,  657  fg.  —    Addenda,  corrigenda,  crrata  I,  400.  576.     II,  710 — 712. 


tIBBK  OOHPTIB  POCT.  RORKALB  103 

k  1,  432  — 458.  —  3)  über  iliu  kenningar  in  der  ulto.  pocsie  II,  447-186, 
h  kan#r  oinleitung  eine  lilaBailiuierto  zusammeoBtoliiing  derselben.  —  4>  über 
B  II.  487  —  500.  —  5)  übet  die  apuren  alM(  holJouUeder  io  einsielnen 
endingiSQgDi  n,  501 —d09.  -~  6)  .der  BchöpfongBinythns  und  die  nordischen 
'«li^ien  in  Uyndluljöp "  U,  509—023  (darin  nt^mologien  von  ediUi  und  qsa, 
ft  MoonatroctJon  von  Hyndl.).  —  ludicos  (zur  mythologie  nnd  sage,  zur  geachirhte, 
b^nmioatik,  poetik,  kricik  aaw-,  und  su  den  behandelten  realien)  beBcfaliessen 
kweik  U,  660  —  708. 

Ein  corpus  poaUcnm  nornxnnm  soll  selbstverstindlieh  keine  poetische  antho- 

sundem  ein  sprachliches  und  litterarhistorisches  qnellenwerk.    Yolatän- 

j^dt  dar  teite  ist  erstes    bedürTuis.    Von  nitch  weis  baren  fatschuagen,   via  etwa 

HJalldj^A    oder  GnnnarBftliLgr,   abgesehen,    hat  es  alle  altn.  gadichte'    bis  zu 

T  f«wiason  zeitlichen  grenze  zn  umfassen,    volstündigu  gedichte  wie  einzelne 

zu  den  nnbedeutcndsten  frogmenten,  auch  Bolche,  die  wertlos  oder  der 

jUHbten   Überlit^fening   wegen   fast    nn verstau dliob    orsc^betnen.     Als  terminus   od 

n  lAre  wol  die  mittu  des  vierzehnten  jabrbunderts  anzunehmen:  Eysteins  Liljn 

EO)  kdnta  den  schlnsB  bilden.    Vigfüssou  nimt  das   13.  Jahrhundert  a.\a  zeitliche 

Er  hat  s.  CXI  Tg,   der   einleitung   eine    liste   derjenigen   gedieht«   gegeben. 

er  absichtlich  von   seiner   samlung  auRgeschlosüen  hat.    Uie  gründe  sind 

nmer  sehr  stichhaltig.    Es  worden  dort  aufgefiihrt  Hättntal  nnd  Uattalykill, 

■  gediuht,  weil  Höbins  eine  anegabe  dessulben  vorbereite,  was  jedoch  ketnea- 

•$  der  fall  ist,    die  dichtungen  ans  Sturlunga  als  „rein  künstliche  und  nochah- 

e",    die  »erso   der  Orknej'inga ,    mit  ausnähme  einiger  besonders  wich- 

a  von  Eognvttldr  jarl.    Ferner:    UugBVinnsmal    [haransg.  von  Scheving  1S3I). 

kltioh  Vigfüsson  selber  sie  dem  anfange  des  12.  Jahrhunderts  zuschreibt,  Uann- 

],  Leijiarvisan ,   Liknarbraut,   die  Placiduadrä|ia    (Iczteros  gedieht  ans   Cod.  AM. 

18,4*  vennntlich  der  ÜberUeferung  nach   das  älteste  altn.  gedieht),   die  Gu[jniun- 

liipur  und  Lilja,   endlich  fragmente  der  Slfälda  aas  gedichten  legondariscbun 

Dagegen  haben  dichtutigen  aufnähme  gefunden,   die  den  selbatgDfitei-'kten 

D  Aea  hernnsgcbers  gemäss  hätten  ansgescblossen  bleiben  sollen  ;  ans  unseror 

bitaflliersicht   ergibt   sieh   dies  zur  genfige.     Ein  princip  ist  dabei  kaum  zu  cnt- 

Mien.    Wenn  die  Hugsvinnsmal,  eine  bearbeitung  der  Distich^  Catonis,  fortgelaa- 

ll  worden  als  „  biicbdicbtung",   so  bätte  dasselbe  Schicksal  den  grasten  teil  des 

('bnohee  treffen  müssen.     Der   heransgeber   hat  sich  eben    mehr  durch   seine  jier- 

A  Vorliebe  oder  abneigung  leiten  lassen,  als  man  billigen  kann.    Man  ist  nun 

lliwie  vor  genötigt,  wichtige  gedichte  an  entlegenen  stellen  znsnchen:  don  Hat- 

t/liü  X.  h.  in  der  selten  gewordenen  ausgäbe  der  Sn.  B.  von  Egilsson,   Flacidiiü- 

\  und  die  anderen  geistlluhen  stücke  in  iallindiachen  Programmen  von  1833  nnd 

Es  fehlt  aber  noch  anderes,  das  Vigfüsson  nicht  erwähnt.    Eine  ganze  reihe 

1  eluMlnen  visnr  ans  Fas.  und  Ist.  ss. ,  namentlich  viele  lansuvisur  der  lozteruu, 

USD  durch  ihre  abwesenheit.     Ob  absichtlich,    weil  sie  dem  henasgeber  unäclit 

[iBläeneii  oder  misSelen,  oder  aus  versehen,  steht  dahin.    Hcinzcl  hat  A.  f.  d.  a. 

U  IS  einzelnes  hervorgehoben.     Ich  bemerke    noch  folgendes,   ohne  erschöpfend 

D  n  wollen.    Es  fehlen  die    zwei  Strophen  des  porbJQm  homkloü  Fagrsk.  o.  14 

4  Fiat  I,  574   (Fma.  S,  192),   die  drei  atrophen  der  Skiüda  saga  (Fnis.  III,  08 

',  Tgl.  Sn.  E.m,  412.  415.  40G,   die  verse  des  Sncgiii-Halli  Flat.UI,  427  fg.; 


1)  Vgl.   die   kuMO,    ttbcf  YOitrfflicbe    übersicbl   der   i 
lug  in  Uübiua  IlitUtal  II ,  SB  fgg. 


Uberliufarlon   iiorrirnf 


104  8TM0MS 

foruer  alle  verse  der  Hävarpar  saga  (bis  auf  die  halbstrophe  So.  £.  I,  232),  weil 
8io  dem  horansgeber  nnäclit  erschienen  (Cpb.  II,  73  fg.).  Cpb.  II,  62  wird  ^ine 
8tro])bo  des  ponaldr  Hjaltason  gegeben  (Fiat  11,  73^):  warum  fehlt  Fiat  11 ,  73*? 
Cpb.  II,  172  fehlt  Fiat.  III,  241».  Obne  ersichtlichen  gnind  werden  in  Buch  IX, 
§  1  zwei  Strophen  der  Ragnars  saga  und  fünf  der  Horvarar  saga  (Fas.  I,  254. 
262  fgg.  431  fg.)  weggelassen.  Cpb.  I,  3G9,  ur.  64  (=  Sturl.  I,  17  ....  19)  fehlt 
der  schluss.  In  demselben  abschnitt  (Cpb.  I,  363,  nr.  26)  wird  die  zweite  hiüfte 
der  lezten  strophe  aus  der  Egils  saga  (ansg.  Reykjavik  1856,  s.  226  fg.)  angef&hrt, 
die  (;rste  hälfto  aber  fortgelassen.  Weshalb  fehlt  unter  den  atrophen  der  Giinn- 
laugs  s.   (Cpb.  II,  111  fgg.)    die  stropho  Tsl.  ss.  II,  271? 

Es  mag  dabei  sein  bewenden  haben.  Freilich,  es  ist  bereits  mit  recht  von 
IK'inzel  a.  a.  o.  s.  45  betont  worden,  dass  es  sehr  schwer  hält,  sich  zu.  öbeneagen, 
ob  eine  strophe,  die  man  im  Cpb.  sucht,  auch  wirklich  darin  steht.  Die  benatiuig 
dc8  Werkes  wird  eine  walire  quäl.  Eine  genügende  controle  zwischen  den  altn. 
(|uelleu werken  und  dem  Cpb.  wird  durch  die  ganze  anläge  des  bnchea  fast  zur 
unmriglielikeit.  Ich  rede  hier  noch  nicht  von  der  anordnung:  sie  stand  dem  her- 
ausgeber  frei,  ist  aber  nicht  consequent.  Allein  es  fehlen  die  nötigen  angaben 
über  die  herkunft  der  einzelnen  strophen  imd  fragmente,  Verweisungen  auf  frü- 
here ausgaben  und  die  unentbehrlichen  indices.  Beispielsweise:  der  leser  wünscht 
sich  zu  überzeugen,  ob  die  erhaltenen  atrophen  des  Halldorr  skvaldri  aufnähme 
gefunden  haben.  Nach,  einigem  suchen  findet  er  ihn  an  zwei  stellen  II,  248  fg. 
266  fg.  Von  den  12  strophen  an  der  zuerst  genanten  stelle  erfahrt  er  bloss,  dass 
die  beiden  lezten  ^from  Edda"  sind.  Von  den  zehn  ersten  kann  er  natürlich 
voraussetzen,  dass  sie  aus  den  konunga  SQgur  herstammen.  Aber  wo  stehen  sie? 
Der  geduldige  leser  wird  ersucht,  in  Ukr.,  Fms.  VII  und  Fak.  zn  suchen,  bis  er 
sie  hat.  Von  den  6  strophen,  die  sich  n,  266 fg.  finden,  heisst  es  wörtlich: 
„Verse  5  from  O.  U.  L.  [d.  i.  die  „legendarische*'  Olafs  s.  helga,  herausg.  Ton  Key« 
ser  und  Unger,  Christiania  1849];  verse  6  from  Morkinsk.;  verse  5  from  Fagrsk.* 
Abgesehen  von  einem  störenden  druckfehler,  leistet  diese  qnellenangabe  gewiss  das 
mögliche  an  ungenauigkeit  und  rücksichtslosigkeit  gegen  den  benntzer.  Genaueres 
s.  8n.  E.  III ,  369.  —  Eyvindr  skaUlaspillir  steht  an  drei  verschiedenen  stellen  des 
Werkes:  das  Häloygjatal  I,  251,  die  Hakonarmäl  I,  262,  lausavisur  11,  33.  Ober 
die  Überlieferung  des  Hai.  heisst  es  kurz  und  bündig,  dass  die  von  VIgfüsson  als 
III.  IV.  VIII.  IX  bezeichneten  fragmente  in  „the  King^s  Lives*'  vorkommen,  frag- 
ment  X  in  Fagrskinna,  die  übrigen  in  Edda  und  Skalda  (W).  Nun  ist  die  Über- 
lieferung gerade  dieses  gedichtes  sehr  verwickelt,  wenigstens  stellenweise.  Und 
mit  diesen  angaben  soll  man  sich  zufrieden  geben,  durch  sie  soll  man  in  stand 
gesezt  werden,  sich  ein  urteil  zu  bilden  über  die  von  Vigfüsson  beliebte  reihen- 
folge  der  fragmente  und  so  manche  andere  frage!  Von  Ey\'inds  lausavisnr  crlshreD 
wir,  dass  sie  aus  „the  Lives  of  Kings**  stammen  und  daiss  „Snorri  in  Edda**  die 
Zeilen  21  —  22,  25—  26,  29—32  citiert  Nun  suche  du!  Er  hätte  bei  jeder  auf- 
genommenen Strophe  die  herkunft  derselben  angegeben  werden  müssen^  unter 
genauer  Verweisung  auf  eine  bestimte  ausgäbe.  Schon  für  die  Eddalieder  ist  das 
fehlen  dieser  angaben  eine  empfindliche  erschwerung  des  Studiums:  für  die  8kal- 
denpoesic  aber  macht  es  die  nutzbarkcit  des  workes  geradezu  illusorisch.  Der  her- 
ausgeber  hätte  sich  in  diesem  punkte  die  Sorgfalt  Jon  Sigurdaaona  im  dritten  bände 
der  Snorra  Edda  AM  zum  muster  nehmen  können.  Die  citate,  die  wirklich  bei- 
gebracht werden,  sind  in  ihrer  ungenauen  algemeinheit  nutzlos,  aosserdem  noch 
häufig  falsch.    So  heisst  es  II,  114  von  den  IV«  strophen  der  Gestr  poriiaUsson 


ÜBKB  CORPUS  POBT.  BOBBALB  105 

,froin  Cod.  Worm.  Appendix^,  allein  nur  die  halbstrophe  findet  sich  Sn.  E.  II,  628/ 
die  Strophe  ist  ans  der  Heiparviga  s.    (Isl.  ss.  II,  299).    Ganz  irreführend  ist  die 
angäbe  zu  Sighvats  Togdxäpa  II,  135:  str.  1  ist  niclit  aas  der  ßagnars  s. ,  sondern 
ans   dem  pattr  af  Bagnars  sonum   (Fas.  I,  354),   nicht  str.  2  und  11,    sondern  5 
md  11  sind  aus  Fagrsk.,  nicht  str.  2,  sondern  str.  12  aus  SkJQldunga  s.  (Fms.  XI, 
202).     Die  erste  strophe  der  Knutsdräpa  von  Hallvarpr  hareksblesi  II,  161  stamt 
nicht  aus  den  Eonanga  SQgar,    sondern  aus  Sn.  E.  I,  320.    Die  fünf  halbstropken 
fon  Ormr  Stein|)6rsson  II,  322  sollen  der  Sn.  E.  entnommen  sein,  allein  die  fünfte 
ist  nirgends  zu  finden.*    Die  unmittelbar  folgenden  werden  der  „Ups.  Edda^  zuge- 
schrieben: sie  finden  sich  Sn.  E.  I,  468.  332.    Dies  sind  einzelne  beispiele  aus  vie- 
len.   Falsche  angaben  sind  von  mir  u.  a.  noch  bemerkt  worden  II,  54  (Norprsetu- 
drapa),    63  (Eormakr),    71  (Egill),    94  (Hallfrcpr),    175  (pormopr  koibrünarskald), 
216  (Valgarpr  ä  Velli),   218  (Grani  skald),    289,  III  und  V  usw.  —  doch  mag  die 
liste  hiermit  geschlossen  werden.  —    Die  nutzbarkeit  des  Werkes  wird  noch  mehr 
beeinträchtigt  durch  das  fehlen  der  unentbehrlichsten  rcgister.     Neben   acht  indices 
TOD  zum   teil  sehr  problematischem  nutzen  fehlen  unbegreiflicher  weise  die  drei 
wichtigsten,   nämlich  ])  der  dichter,    2)  der  benanten   gedichte,    vor  allem  aber 
3)  der  werke  (Sn.  E.  und  SQgur ,  nach  bestimtor  ausgäbe) ,  aus  denen  die  einzelnen 
gedickte  and  fragmente  genommen  sind.   Nur  auf  diese  weise ,  durch  genaue  angäbe 
der  herkunft  einer-  und  den  an  dritter  stelle  genanten  index  andererseits,  wäre  die 
10  notwendige  controle  zwischen  der  altn.  litteratur  einerseits  und  dem  Cpb.  ande- 
leneits  ermöglicht. 

Ich  gehe  zu,  dass  man  die  bisher  gerügten  mäugel  durch  eigene  nacharbeit 
benitigen  kann.  Die  register  kann  man  sich  anlegen,  die  citate  am  rande  anmer- 
ken. Ich  darf  zwar  versichern,  dass  leztcres  gar  nicht  so  einfach  ist,  aber  mit 
ODTerhiltaismässigem  aufwand  von  zeit  und  mühe  gelingt  es  in  den  meisten  fällen 
doch.*  Weit  schlimmer  ist,  dass  die  textbehandlung  ausserordentlich  wilkürlich 
gfhandhabt  wird.  Das  schlimste,  um  gleich  damit  anzufangen,  ist  die  unvolstän- 
dige  mitteilong  der  Überlieferung.  Bei  den  Eddaliodern  und  den  anderen  nicht 
eneomiastischen  volständigeu  gedichten  lag  offenbar  angäbe  der  Varianten  unter  dem 
teite  im  plane  der  herausgebers.  Am  einfachsten  war  die  sache,  wo  nur  eine  hand- 
Khrifk  vorhanden  ist,  wie  z.  b.  bei  denjenigen  Eddaliedern,  welche  bloss  in  B 
bewahrt  sind.  Allein  sogar  da  werden  nicht  selten  wilkürliche  lesarten  in  <len  text 
gemt,  ohne  angäbe  der  handschriftlichen  Überlieferung.  Ich  wähle  aufs  gcratewol 
wenige  beispiele  aus  vielen. 

Cpb.  I,  146,  z.  59  (Hülg.  HJQrv.  34*)  Sagdir  ßü,  Udgi,  ctt  Hroämarr  veeri] 
wtcr  dem  texte  bemerkt  der  hcrausgeber  „Hroduiarr]  emend.;  h',  R."  Nach  Buggo 
liest  aber  BHeI>iiin;  dagegen  z.  64  (str.  35  3),.  wo  Vigfüsson  ohne  bemorkung  Hedin 
in  den  text  sezt,  liest  R  h',  d.  i.  kann,  —  Cpb.  I,  148,  z.  3  (Helg.  Hund.  II,  1«^) 

1)  Vgl.  Sn.  £.  II,  498. 

2)  Dagegen  ist  Sn.  E.  I,  502 *  (Ormr)  fortgelassen:  s.  Möbius  Hätt.  II,  130  s.v. 
Ulfhupt. 

S)  Nieht  in  allen.  So  sollen  die  dritte  (halb-)  strophe  des  SnsebJQrn  Cpb.  11^ 
55'-t  und  die  seile  des  Skäld-Helgi  II,  171  *«  hergenommen  sein  aus  „AM  738." 
über  diese  papicrhs.  AM  738 ,  4^  wüste  mir  auch  herr  prof.  Möbius  weiter  nichts  mit- 
utifleiiy  als  dass  sie  enthält  „Edda  e^ur  Samtok  fomra  «fintyra  og  dseroesagna"  (nach 
Ätfai  Kdikomäl,  1826,  s.  87,  vgl.  Fas.  I,  XVIII,  nr.  9).  Die  vcrse  konte  er  nirgends 
üftieibea. 


106  8TM0NS 

fs  ulf  untjan  inni  htiofdot]  R  hat  vif  grdn,  und  ungan  iHt  eino  coDJcctar.  Nichts 
davon  in  den  Varianten.»  —  Cph.  I,  153,  z.  41  (Holg.  HJQrv.  22«)  ef  ßü  afli  truir] 
ohno  honicrknng,  ahor  R  liest  efafli  treystiz.  -  Cph.  I,  156,  z.  31.  32  (Reg.  18*—*) 
Hnikarr  hctomk  fiä-es  hugin  gladdak,  \  Vawlsungr  ungi!  ok  regit  hafdakj  R  hat 
nicht  nnr  hafde,  sondern  auch  gladde^  wie  sich  aus  Wimmers  Oldn.  Lsesob.*  V 
bereits  ersehen  Hess  (vgl.  ztschr.  f.  d.  phil.  12,  368  und  Bugge,  Arkiv  2,  121).  Yig- 
fÜHson  gibt  keine  bemorkung.  Ebensowenig  ist  auf  die  lesart  der  VqIs.  s.  und  des 
Norn.  [).  rOcksicht  genommen.  —  Cph.  I.  158,  z.  83  (Sigrdrfm.  B.  229%  7  fg.). 
Agnarr  M  Audo  broäir]  dazu  die  bemerkung  „Agnarr]  Bugge;  annarr,  R.*  Man 
muss  also  annehmen,  dass  R  lese  annarr  hH  Audo  broäir.  In  Wirklichkeit  aber 
Host  R  aNaa  het  Agnaa  ha/f>o  broptr,  und  Bugge  hat  bloss  nach  Helr.  Brynh.  8,  6 
und  Völs.  s.  Atißo  horgestolt. 

Das  sind  einige  beisi)iole  von  wenigen  selten.    Ich  könte  sie  mit  der  grösten 
loichtigkeit  —  ausschliesslich  was  die  lesarten  von  R  betrift  —  verzehnfachen.  Im 
texte  der  liokasenna   (Cpb.  I,  101  —  110)   z.  b.  linde  ich  13  abweichungen  von  der 
handschrift,  die  nicht  als  solche  kentlich  gemacht  sind:  str.  11,  5  inni]  innar  R.— 
14,  5  /Mrm/i  ij  i  hmde  wer  R.  -  15,  b  ef]  ef  ßü  U,  —  19,  6  fUi]  frid  R,  —  27, 1 
ef  inni]  ef  ek  imii  R.  —  29,  5  hygg]  hvg  R,  hygg  hss.  der  Sn.  £.  —  31,  2  MSfiu/ 
mt^K  —  47,  2  ert/  er  R.  —  47,  3  Jescaßu*"]  leztaßv  R,  lezkattuW,  legskaßv  r.  - 
49,  2  tird  letigi]  Ictigi'  srd  R.  —    52,  4  ßess]  sUks  R.  —   58,  1  burr]  fehlt  &  — 
59,  5  d]  ok  d  R.    Von  rein  orthographischen  Varianten  sehe  ich  ab,  denn  dass  der 
horausgeber  diese  nicht  anführt,   muss  man  billigen.    Eben,   weil  der  heraosgeber 
mit  den  isländisc^hm  manuscript^n  auf  so  vertrautem  fusse  steht  wie  kein  anderer,* 
wird  man  das  peinliche  gofiihl  der  Unsicherheit  und  des  zweifeis  niemals  loa.    Man 
wirft  immer  wider  die  frage  auf;   steht  die  lesart  von  Vigfnssons  text  wirklich  in 
der  luindschrift,  oder  vers&umt  er  nur,  wo  sein  text  von  Bngges  angaben  abweicht, 
die  lesart  der  handsohrift  zu  verzeichnen?    Lozteres  wird  in  hohem  grade  wahr* 
scheint  ich:   Bugges  Sorgfalt  in   diesen  dingen  ist  bewährt,   und  der  ausgezeichnete 
norwegische  gelehrte  hat  noch  kürzlich  die  resultatc  einer  emeaten  lesong  von  B 
voroffontlidit  (Arkiv  II,  116  fgg). 

Änderten  manuscripten  gegenüber  scheint  die  akribio  des  heransgebera  nicht 
griMiHor  gewesen  zu  sein.  In  dorn  texte  des  Gn^ttasi^ngr  (I,  184 — 188)  liest  der 
horau8gol>or  x.  48  sUktom ,  wo  die  hs.  (cod.  r  der  Su.  E.)  stoße  hat ,  wenigstens  nach 
Bugge  (zu  str.  11.  T»)  und  der  8n.  E.  AM.  I.  384:  z.  79  burr  statt  9(mr,  i.  80  Half-' 
dan4tr  statt  Ilalftiana  —  stets  ohne  angäbe  dor  handschriftlichen  lesart,  während 
sonst  abwoiohungon  von  giTingerer  bcdeutong  in  diesem  gcdichte  verzeichnet  wer* 
den.  —  In  Rigs|mla  (1 ,  2:{4  -  242,  nach  W^  hat  Vigfnsson  die  namen  der  karla- 
tochtcr  in  str.  25  an  eine  sp.Htere  stelle  (zwischen  str.  41  und  42)  versezt,  da  sie 
seiner  ansieht  nach  eigentlich  namen  der  jarlstochtor  sind,  während  er  die  so  ent* 
btohende  lücke  in  str.  *J5  aus  den  pulur  (8n.  K.  1 .  558)  ergänzt  Die  einleitong  m 
Kigs|mla  und  die  amnerkungiMi  (1.  519)  geben  darüber  ansknnft,  aber  so,  dass  man 
meinen  muss,   die  nainen  aus  str.  25  seien  einfach  versezt  und  Anden  sieh  nan^ 

1)  [Narhtriiglirh  »che  ich,  dass  in  den  anrnm.  I,  494  die  handsehrilUicbe  Icsazt 
wiitgrtoilt  IM.  Pir  ronjt^iur  wird  dort  gf'Mäit  durrh  «Old.  WoU.  PL  Sil.  Long  Br. 
I*.  4«*  (d.  i.  Sgnlrlni.  ,VS«      Sig,  111,  l*«'  *i]. 

S)  Vgl  1,  X1.ll:  .though  thf  Editor  hss  had  in  hand  and  goae  throngk  pio- 
Kablv  «vm  citaat  ejirlv  IctUndic  vrllum  or  vellam  fragment  ^save  those  at  Wolphen- 
büttil)  ...'.- 


ÜBER  CORPUS  PORT.  BOREALE  107 

wie  W  sie  bietet,  zwischen  str.  41  und  42.  Das  ist  aber  in  Wirklichkeit  nicht  der 
bll:  statt  Vif  und  Bistiü  W  findet  man  bei  Vigfüsson  Kona  and  Ekkja  nach  den 
(olu,  und  zwar  ohne  varia  lectio. 

Wo  mehrere  handschriften  vorliegen,   bleibt   man   stets  im  unklaren,    ob  die 
bentellang  des  textes   auf  einer  philologischen  imtersuchung  des  handschriftenvor- 
hiltnisses  beruht.    In  einigen,  allerdings  seltenen  fallen,  ist  die  hcrbciziehimg  kri- 
tueher  hilfsmittel  ganz  unterlassen:  für  den  text  von  Eeginsmäl  13  —  26  (I,  155  fgg. 
34)  nnd  Helrcif»  Brynh.    (I,  304  fg.)   sind  z.  b.   die  Codices  des  Norn.  p.  unbenuzt 
gsblieben  (Tgl.  diese  ztschr.  12,  87  fgg.)-    ^^  macht  wenig  aus.    Schlimm  dagegen 
ist  die  unvolstandigc  mitteilung  der  Varianten  wol  benuzter  handschriften.    Ich  ver- 
weile den  leser  beispielsweise  auf  die  texte  von  Grimnismal ,   wo  die  lesarten  von 
Annd  Sn«  E.  durchweg  nicht  angegeben  sind,    von  VQluspä,   wo  bald  die  lesarten 
TOD  H,  bald  die  von  R  fehlen,   von  Ynglingatal  und  so  manche  andere.    Den  tex- 
tn  ans  Snorra  Edda,  namentlich  den  wichtigen  alten  dichtungen  in  Buch  Yll,  §  1, 
hat  der  herausgeber  W  zu  gründe  gelegt:  die  ab  weichungen  der  anderen  handschrif- 
[     ten  werden  gelegentlich  angegeben,  gewöhnlich  aber  nicht,  zuweilen  wird  sogar  die 
leiart  von  W  ohne  angäbe  verlassen.    Dabei  passieren   denn  allerlei  ilüchtigkeiten. 
So  wird  zu  Cpb.  I,  252,  z.  3  (Häleygjatal) :   pvi-at  lians  cett  i  hvei'-legi  die  lesart 
angegeben  „fivi-at]  W,   medan  A^^   während  A  =  Hkr.  ist  und  die  strophe   sich 
nur  in  Sn.  E.  findet.  —   Cpb.  II,  23,  z.  1  (Hüsdräpa)  liest  Vigfüsson  Uk  ohne  les- 
art   Keine  von   den  handschriften  der  8n.  E.  liest  so:    s.  Sn.  E.  I,  250.    11 ,  307. 
622.    Mogk   Beitr.  7,  323.     In  demselben  gedichte  z.  19  ist    Viä-gymir   ebenfals 
gegen  alle  handschriften  eingcsezt,    und  widerum   fehlt  angäbe  der  lesarten   (vgl. 
Mogk  a.a.  0.  8.327).  —    In  den  Mähli{)ingavisur   (II,  57  fgg.)   aus  Eyrbyggja  wird 
in  str.  13,  z.  51  angegeben ,  dass  hligi  eine  conjcctiir  ist,  nicht  aber  zu  str.  6,  z.  22, 
da«  es  steh  mit  rank  ebenso  verhält:  s.  Evrb.  1864 ,  s.  25.  —    Im  texte  des  Skal- 
ilatal   (II,  442  fgg.)    finden  sich  zwei  auslassungon ,   abweichend  von  beiden  hand- 
sduiften.    Doch  wozu  beispiele  anhäufen?    Weit  besser  wäre  es  gewesen,  gar  keine 
lenrten  zu  geben  als  eine  so  wilkürliche  auswahl. 

Am  empfindlichsten  aber  vermisst  man  die  Zuverlässigkeit  der  neuen  ausgäbe 
bei  den  texten  aus  den  königssagas.  Dass  so  viele  stro]>heu  mehrfach  überliefert 
Bind,  erf&hrt  der  leser  in  der  rogil  gar  nicht.  Durchweg  bleibt  es  bei  der  angäbe 
,froin  the  Lives  of  Kings^ :  welcher  receusion  (Hkr. ,  Morkinsk. ,  Fagrsk. ,  Fiat,  usw.) 
dine  strophe  entnommen  ist,  wird  wenigstens  noch  hie  und  da,  ob  eine  strophe 
dch  aber  in  mehreren  rccensionon  zugleich  findet,  so  gut  wie  nirgends  gesagt. 
Dem  entsprechend  fohlt  die  rückslcht  auf  die  abweichungen  der  verschiedenen  recen- 
siouen  von  einander. 

Nach  dem  bisher  gesagten  braucht  kaum  hervorgehoben  zu  werden,  dass  der 
lieransgeber  die  kritischen  bestrebungen  seiner  Vorgänger  gröstonteils  ignoriert. 
Dann  und  wann  werden  allerdings  frühere  ausgaben  angeführt,  doch  benuzt  sind 
sie  fest  gar  nicht.  Die  meisten  texte  erscheinen  als  „nunc  primum  edita",  namenlr 
üdi  im  zweiten  bände.  Eddalitteratur  ist  I,  XCIII  fgg.  citiert:  conjecturen  Bugges 
werden  nicht  selten  aufgenommen,  mit  und  ohne  nennung  seines  namens,  ein  ein- 
zelnes mal  stöst  man  unter  dem  texte  auch  auf  die  namen  Rask,  Arne  Magnüsson, 
Egilsson,  Grinmi,  Grundtvig,  alles  ohne  system  und  Ordnung.  Für  die  texte  des 
zweiten  bandes  wird  s.  XCVI  ausschliesslich  verwiesen  auf  Egilsson  Skyringar  im 
zwölften  bände  der  Fms.  Ausgaben  einzelner  werke  werden  dann  in  den  speciellen 
einieitangen  noch  hin  und  wider  angeführt,   wenn  es  dem  herausgeber  gerade  ein- 


108  8YH0NS 

fiel:  vgl.  II,  8.43.  284.  295.  301.  363.  372.  381.  390.  396.  442.»  Von  don  kritischen 
beitragen  zu  den  Eddaliedern  von  Edzardi,  Wisen,  Kichert  u.  a.  ist  nirgends  die 
rede.  WiscnR  Carmina  norrcona  (liUnd  1880),  K.  Gislasons  arbeiten  zur  altn.  slud- 
dendiühtung  (Aarbeger  1866.  1879.  1881.  Njäla  II)  sind  weder  erwähnt  noch  bennzt 
Ich  nenne  noch  oinigos,  ludern  ich  bloss  herausgreife,  dessen  benatzung  man  nngeme 
voruiisst:  die  versciuodenon  schwedischen  arbeiten  über  Haraldsmal,  Häkonarmäi, 
HQfu|ilauKn,  Arinbjaniardräpa,  Vcllolda  n.  a.  (s.  Möbiiis  Yerz.  s.  66.  64.  73.  39.  106), 
(iröndals  bemerkungcn  zu  Haustlgng  in  AnO.  1860,  Mogks  ausgäbe  der  Hosdrapa 
Beitr.  7,  319  fgg. ,  Jou  porkclssons  skyringar  der  Tisur  in  Gannlaugs  s.  usw.  1868, 
in  Njala  1870,  in  Cirettla  1871  usw.,  0.  Kyhlberg  Om  Skaldon  Sighvat  Thordsson, 
Lund  1868  und  A.  Toruström  Gm  Skalden  Sighvat  Thordsson,  Lund  1871,  Möbiua 
ausgäbe  der  Islendingadrapa,  Kiel  1874,  ganz  abgesehen  von  den  texten  vieler 
saga-editionen  und  der  Icsebücher. 

Wilkürlich  und  inconsequent  ist  auch  die  Orthographie.    Der  herausgeber  deu- 
tet in  der  einleitung  s.  CYII  an ,  es  sei  für  die  älteren  gedichte  sein  streben  gewe- 
sen, die  Orthographie  der  ältesten  handschriftcn  durchzuführen.    In  Wirklichkeit  ift 
das  aber  nicht  geschehen.    Die  Schreibung  des  Cpb.  schwankt  planlos  zwischen  der 
Orthographie   der  ältesten  und  der  der  jüngeren  hss.  und   steht   nicht   selten  mit 
beiden   im  widcrs])ruch.    Der  räum  verbietet  mir,   dies   im   einzelnen  zu  belegen. 
Wenige  proben  mögen  genügen.    In   den   ableitungs-  und  flexionssilbcn  ist  altera 
o  durchgeführt,   nicht  aber  e:    mit  unrecht,   wie   der   horausgebor  s.  CYIII  selber 
zuzugeben  scheint,    ist  hier  die  schreibwciso  von  B  zu  gründe  gelegt,   während  die 
ältesten  hss.  durchweg  neben  o  auch  c  zeigen.*    Die  untorscheidung  zwischen  foc^ 
lischem  und  consonantischem  i  in  der  Orthographie  als  i  und  j  (also  fiaü,  iök,  abs 
miäjom,   dynja)   hat  in  den  hss.  keine  stütze.    Wenn  fiaU,  iök,   so  auch  mifuMf 
dynia  und  selbst  „zwischen  vokalen**  deyia  u.  ä.    Der  herausgebcr  unterscheidet 
natürlich  zwischen  q  und  o.    Für  das  zeichen  q  gebraucht  er  lieber  ao,   und  das 
Hesse  man  sich  gerne  gefallen.    Statt  des  0  wird  vorzdgsweiso  ce  gedruckt,   was 
schon  bedenklicher  ist.    Aber  wie  wird  die  Unterscheidung  im  texte  gehandhabt? 
Man  findet  bald  rwlo,   vwlor  (1,  182,  z.  14.    196,  z.  79.   232,  z.  141),  baldroolo,  rao- 
lor  (I,  15,  z.  20.   30,  z.  19.    105,  z-  97),  nebeneinander  aorlaog  und  arlaog  (I,  19&, 
z.  44.  56).    Den  u  -  umlaut  des  d  bezeichnet  Vigfüsson   in  der  rogel  durch  daa  la- 
chen m,   doch  stehen  auf  einer  soite  nebeneinander  die  formen  dotto,  vitro,  XvoMO 
(I,  194).    VigfüsBons  system  für  den  gebrauch  von  d  und  d  im  schwachen  praet 
vermag  ich  auch  nicht  zu  erkennen.    Überall  vermisst  man  die  consequente  durdi- 
führung  der  aus  den  ältesten  hss.  und  den  akaldcn  gewonnenen  formen.     Fonneft 
wie  or  statt  6r,   lion  statt  hon,   dagegen  hdna,    ülr,   der  artikel  inn  statt  em^ 
naokkod  (I,  131  *<^)  statt  nakkvat  oder  fickkvatt  und  so  manche  andere  müaten  ve]^ 

1)  Dioso  anführungen  sind  zudem  oft  ziemlich  unverständlich  durch  ihn  klim 
und  ungenauigkcit.  So  ist  s.  43  die  rede  von  einer  ausgäbe  der  Jdmsvikinga  saga  nach 
cod.  AM  510  [4"]  „bj  Dr.  Petersens,  Lund  1880**,  während  s.  301  verwiesen  wird  auf 
die  ausgäbe  der  Jönisvikingadrdpa  vom  jähre  1880  „bj  Mr.  Petersen,  of  Land."  W« 
wini  aus  diesen  angaben  schliessen,  dass  in  beiden  fallen  eine  und  dieselbe  ausgabt 
gemeint  ist?  Ferner:  genügt  es  für  die  leser,  auf  welche  Vigfüsson  rechnet,  wean 
Cederschiulds  ausgaben  der  Rekstofja  und  der  Skfdarima,  KÖlbings  ausgäbe  des  Sloutf* 
halabälkr,  Möbius  ausgäbe  des  Mälshättakvsedi  u.  a.  bloss  nach  der  Jahreszahl  eitiait 
werden } 

2)  Vgl.  Mogk  im  Literaturbl.  für  germ.  und  rom.  phil.  1888 ,  ip.  196. 


'.   BOKKALB 


10!1 


_  tinJen.  I,  62'  wirrt  >'il  ei  beibehalten,  dagog^ii  I,  2S«".  8a">  und  sonst  ilaa 
ilb(fii(f«rte  rä  in  rflja  ^cfindert.  l'nkliir  ist  auch  trotz  dor  hetncrkuLg  b.  CIX  ilie 
iKliandlnnit  Je»  vr,  wo  der  Btabreim  es  erheiarht:   I.  ]7(i'  Briär,   aher  I,  103»" 

«I,  S?"*.  38'".  42"*  vreidir  nsw.  Die  rinffthrong  des  8g.  bragarmöl,  die 
fflg  der  sdTerliiEi  epter,  fyrer,  yftr,  under  yna  den  prsopositionon  grf,  /"yr, 
i,  die  sinsetianK  Ton  «fiil,  frü.  hef,  hcfr  inw..  die  re^Inng  det  ncgation, 
kflnnng  von  onclitiria ,  daa  alles  niid  vieles  andero  schwankt.  Aach  durcli 
ireime  bidegt«  rormen  wie  üam,  brinna  und  rinna,  hrafiarr  hätten  in  den 
lextea  duTchgpfllhrt  werden  sollen.  Endlicli  —  denn  ich  kann  hier  nur 
sn  —  hätten  bfi  den  ältosten  »kalden  raanche  formen  eingesezt  werden  kön- 
ie  ihre  lüötrisohe  t«chnik  fordert,  mag  die  grnmmatiache  theorie  sie  nun 
nder  nicht.  Bei  pjö[)älfr  hino  hvioverabi  wäre  so  niuht  nur  II,  17  in  der 
titen  teile  ED  lesen  Jißrf  «-^  i'c/r  (Hoffory  Ätkiv  I,  45),'  aondem  z.  b.  auch  II,  14* 
/h^M  ('v/  re*),  sUtt  des  flberlioferten  pjaza,  wenn  aneh  die  grammatische  tlieorie 
"^inr  wncn  nom.  *peie,  aber  einen  gen.  pjaia  an  fordern  aobeint.  E.  Mogk,  wel- 
^^Bv  mir  brieflich  eine  gelungene  etj^mologie  von  pJoH  mitgeteilt  hat,  uimt  wol  mit 
^^Hk  u,  doBS  zar  leit  pjäliölfs  die  bredmng  noch  nicht  volstÄndig  darchgednin- 
^^n  war,  imd  verweist  auf  eino  strophe  Ggile  aua  dem  jähre  976  (Egils.  a.  1856, 
^ii208!,  wo  die  schlnssseile  lant«t  erfgroen»  mSr  rerßa. 

Eine  andere  Schattenseite  des  Werkes  will  ich  hier  sogleich  anschlioaaen.  Für 
1^1^  «rkUmng  der  skaldischen  gedichte  ist  viel  za  wenig  getan.  Es  fohlt  dit-  angubo 
irr  «ntittolge  und  der  kenningnr,  aowie  deren  erklärung.  Hin  nnd  wider  findet 
'i  .'H^r  in  den  , Notes"  einiges  angedeutet,  doch  dürftig  und  ungenügend.  Daaa 
ii'  i''irii-niiiige  aber  sehr  freie  Sberaetznng,  die  vieles  weglässt.  z.  h.  in  der  regel 
:-  <i.il -'^äize,  dieicm  mangel  nicht  abhelfen  kajin,  braacht  wol  nicht  näher  erilr- 
'  n  m  werden.  Allerdings  ist  Tigfüsaon  mit  dem  System  der  sk^ngar  nicht  bc«on- 
''!  eingenommen,  s.  I,  XCVl,  und  man  muss  geatehen,  dass  es  nicht  sehr  anmu- 
■'•i  iU.  Allein  die  schuld  trift  nicht  die  interpretatoren ,  sondern  die  dichter. 
■  Iclie  einen  derartigen  commontar  erfordern.  Glaubt  Vigfüsson  in  der  tat,  daas 
'  iBe  leaer  diese  schwierigen  texte  des  zweiten  bandes  verstehen  werden  ohne  angäbe 
'•r  proaaiflchen  Wortfolge,  daEa  sie  im  at&nde  sein  werden,  jedeamal  die  vorkom- 
i^rndan  knnningar  zn  erkennen  und  zu  denten  mit  hilfe  der  abdrücke  ans  Sn.  E. 
II.  M2— 546.  618—620)  und  dea  encuwies  n,  447— 486,  vgl.  1 .  574  fg. ?  Das 
''iJium  [1^  Mtn.  poesio  muss  in  England  und  Amerika  einen  hohen  grad  von  vol- 
"inmeDhoit  erreicht  haben,  wenn  der  horauageber  dergleichen  voraussetscn  darf 
:'  •■  Bbcrrmschang  wächst,  wenn  man  I,  CXXI  die  bofnung  ansgeaprochen  findet, 
I  L>ti  du  Cpb.  für  manches  dilettanten  eine  qnellc  litterarischer  erholung  in  aeinen 
üMBstsnden  sein  werde. 

In  der  kritik  raüsaen  wir  den  schwerpnnkt  von  Vigfiissons  aimgabo  anchen, 
'j  achiu«  hier  , kritik"  in  der  weitesten  auadehnung:  teitkritik,  höhere  kritik. 
ii^inlanng,  leztere  Uberhanpt  eng  verbanden  mit  der  höheren  kritik. 

VigfiiMons  textkritik  hat  einen  Jauuakopf.    Eine  methodische  handachriften- 

r.tc-rsnehnng,    wo  mehrere  ha^dachriftcn  da  sind,    sucht  man  bei  ihm  vergebens. 

'■  M^hen  vor  der  uberliofeiiing ,  welche  sieh  zur  emondation  erst  entachüesst,  wenn 

■.'.\i-  ti-niaefae  eine  überliefert«  leaart  genügend  zu  erklären  Bcheitem,  ist  ihm  ftemd. 

''' ..  aber  Scharfsinn  und  angeborene  kritischo  begabung.   nnteratfizt  darcb  cindrin- 

1)  In  ilersttbea  atr.  L  O^rOfir  statt  GoUnrAr  (vgl.  Bagge.  R<lkslen  a.  II.    Noreen, 
All«.  JF-  8  »ItJ- 


110  STMOMS 

gende  sprachliche,  litterarische  and  palaeographische  keDtnisse,  zum  siele  führen 
können ,  erreicht  er  oft  glänzende  resultate.  Vigfdsson  bcsizt  die  kritische  mtaition» 
welche  so  oft  die  hoilung  einer  verderbten  lesart  in  lezter  Instanz  entscheidet,  in 
hervorragendem  masse.  An  treilichen  textvcrbesserungen  ist  denn  aoch  in  den  bei- 
den bänden  des  Cpb.  kein  mangel.  Manche  werden  von  jedem  künftigen  bflnuu- 
geber  aufgenommen  werden  müssen.  Einleitung  s.  LXXXYIII  fgg.  hat  der  heraus- 
geber  seine  textkritischen  grundsätze  dargelegt  und  durch  beispiele  erläatert  Da 
er  diese  beispiele  offenbar  als  besonders  einleuchtende  muster  seiner  textkritischen 
methode  betrachtet,  möge  es  gestattet  sein,  an  einigen  derselben  die  mangel  imd 
Vorzüge  von  Yigfussons  textkritik  aufzuzeigen. 

S.  LXXXIX  „In  Hus-drapa^  the  MS.  has  „geä  nit>ar%  whieh  is   a  simple 
mistake  for  „ge^  m'kar'*  (Wolf  was  thinking  of  Egils  mun  -  strandar).  *    Yet  all  the 
difference  in  the  MS.  is  the  prolonging  of  a  down  stroke.**    Die  bessening  wire 
äusserst  einfach  and  empföhle  sich   schon  durch  diese  einfachheit.    Wie  steht  es 
aber  mit  der  Überlieferung?    ,,The  MS.**  ist  hier  cod.  r  der  Sn.  E.,    welcher  nicb 
Mogk  Beitr.  7,  323  an  der  betreffenden  stelle  geäniarßar  liest  (s.  auch  Cpb.  II,  564). 
Dagegen  haben  U   (Sn.  E.  II,  307)  geßfiarßar,   W  ged  fiardar,   cod.  AM  757,  i* 
(Sn.  E.  n,  52*2)  gedfiaräar.    Die  Übereinstimmung  von  UW  757  nötigt  zur  anfiiahine 
der  lesart  geßfjarßar,   wenn  anders  diese  sich  genügend  erklären  l&sst.     Dies  dbb 
ist  ganz  gewiss  der  fall  (s.  Lex.  poet.  s.  v.  und  Mogk  a.  a.  o.).    Aach  Vigfoiioa, 
der  sonst  W  zu  gründe  legt,  hätte  nicht  abweichen  dürfen.    In  der  tat  finden  wir 
im  texte  die  lesart  ged-fiardar,    aber  in  den  anmerkungen  U,  564  and  in  da 
^nal  Beadings"  n,  658  will  Vigfusson  ged-markar  lesen.  Die  oonjectar  ist  fibw- 
liüssig,  zumal  geßmarkar  Id  doch  nichts  anderes  bedeuten  würde  ab  geßfjarfarli: 
„der  ström  der  brüst  (Odins) **,  denn  geßmqrk  wäre  wol  „campus  animi.** 

Heb-.  Brynh.  6'-*  (Cpb.  I,  304,  z.  309  fgg.)  liest  B:  Let  hami  varahvgfrllr 
konungr  YIII.  systra  vndtr  eic  borit. '    Daraus  macht  Vigfusson  (vgl.  einL  s.  XCQ: 

Sat-ek  med  Heimi  %  Hlym-daolom 
dtta  misseri,  undeik  lifi. 
Die  angenommene  cormptel  wird  zurückgeführt  auf  das  bestreben  des  TortxagendeB 
Sängers,  ausdrücke,  die  er  nicht  vorstand,  in  ähnlich  klingende  zu  verwandeln.  Des 
Schlüssel  zum  Verständnis  fand  Vigfusson  in  „einenfHer  durch  die  lücke  verloraMS 
lieder^,  also  in  der  V^lsunga-paraphrase.   Welche  stelle  der  saga  ihm  vorgeschwebt 
hat ,  kann  ich  nicht  entscheiden.    Dass  die  halbstrophe  bis  zur  unken tlichkeit  entr 
stelt  ist,    scheint  auch   mir  sicher.    Niemand  hat  sie  noch  zu  deuten  vermocht  (s. 
zulezt  Edzardi  Germ.  23,  413  fgg).    Edzardis  annähme,  dass  str.  8 — 10  interpolieit 
seien ,  scheint  mir  ebenso  unbegründet ,  wie  die  meinung  von  Bugge  und  GrundtTig» 
dass  str.  6.   8  — 10  aus   einer  andern  fassung  der  Sgrdrm.  fälschlich  sich  in  oiuflf 
lied  verirt  hätten.     Zwischen  str.  10  und  11   ist  allerdings  ein  Widerspruch  unleog' 

1)  Vigfusson  citiert  natürlich  nicht.    Gemeint  ist  Sn.  £.  I,  250,  4«.    Cpb.  11,  SS*- 

2)  UQfaI>lausn  z.  2  (Cpb.   1 ,  267). 

S)  Nach  den  hss.  des  Nom.  ^.  lautet  die  halbstrophe: 

JUt  mik  af  harmi    % 

hugfuür  konungr 

Atla  »ystur 

undir  eik  bua. 
Die  abwpichungen  des  Nom.  ^.  sind  ohne  bedeutang  für  die  textkritik  (Ztschr.  f.  d.  pbil* 
12,  88  fgg.). 


ÜBBB  CORPUS  POBT.  BOREALE  111 

bar,  der  aber  bereits  in  der  diesem  liede  za  gründe  liegenden  sagenfassung  (Beitr. 
3,257^.)  Torhanden  gewesen  sein  muss.  Vigfüssons  herstellnng  von  6*—*  geht 
T(a  der  richtigen  einsieht  in  den  Zusammenhang  des  liedes  ans ,  ist  aber  unnötig 
rlebiditsloB  gegen  die  Überlieferung.  Eine  befriedigende  besserung  der  vierten 
bdbiefle  kenne  ich  nicht,  doch  übrigens  lässt  sich  die  strophe  in  engerem  anschlass 
ID  die  Überlieferung  von  B  folgendermassen  herstollen : 

HH  par  Heimer    hugfullr  konongr, 

ätte  aystor ;» 

viui'k  vetra  tölf,    ef  [pik]  vita  lyster, 

at  [ek]  engam  gram    eipa  selpak.  > 

Fidleieht  müssen  die  zweite  halfte  von  str.  6  und  die  (unvolstandige?)  halbstrophe  7 
iliro  stelle  tauschen. 

Atlm.  65"  (Cpb.  I,  340,  z.  231)  ändert  Yigfüsson  das  überlieferte  dagmegtV 
ii  droit -m^^  nach  Akv.  2<.  Die  handschriftliche  lesart  wird  aber  gestüzt  durch 
dif»  tyn^r  Sgrdr.  3*.  Eine  Umschreibung  wie  „ tagessöhne **  für  „menschen"  ist 
den  itUe  der  Atlm.  nicht  nnangemessen.  Auch  sagt  die  VqIs.  s.  c.  37  (B.  177  >^) 
Dur:  ok  allir  undrußust  prek  hans. 

Vspä  23»-»  (Cpb.  I,  196,  z.  65.  ü,  624,  z.  81)  lesen  RH  übereinstimmend 
^Ayldo  gop  [godin  B,  gudin  H7  qll  gilde  eiga.  Das  metrum  macht  einige 
lehwierigkeit,*  doch  nichts  berechtigt,  mit  Vigfusson  (vgl.  einl.  s.  XCI)  unter  beru- 
fmg  auf  Tngl.  8.  c.  4  zu  ändern  gislar  sdjask,  edr  güdi  eiga.  Zur  rettnng  der 
ibirlieferang  genügt  eine  Verweisung  auf  MüUenhoff  DA.  V,  98,  wo  die  bedeutung 
^gop  qü  (d.  h.  äsen  und  vanen),  den  teser  der  vorhergehenden  zeile  gegenüber, 
nOrtert  wird.    Vigfössons  conjectur  zerstört  den  Zusammenhang. 

Ein  gutes  beispiel  kritischer  intnition  bietet  die  überzeugende  herstellnng  der 
iddosistrophe  von  Egils  Sonatoirek:  Cpb.  I,  280,  z.  94  fg.  548,  z.  94  fg.,  vgl. 
«iL  8.XC. 

Die  teztkritische  behandlung  der  encomiastischen  gedichte  oder  gedichtfrag- 
BMBte  wird  von  der  oben  s.  97  berührten  hypothese  beherscht,  dass  dieselben,  die 
Stoen  wenigstens,  eine  systematische  Überarbeitung  erfahren  haben,  s.  I,  LXXXII 
ki'  XCI.  II ,  28  fg.  In  den  meisten  fallen  hält  der  herausgeber  eine  befriedigende 
^Mnning  nicht  mehr  för  möglich  und  begnügt  er  sich  die  verderbte  stelle  durch 
uAhnmgBzeichen  kentlich  zu  machen.  Gegen  diese  hypothese  und  die  aus  ihr 
Sttogeoen  Schlüsse  hat  sich  Heinzel  Anz.  f.  d.  a.  XI,  48  fgg.  in  eingehender  und 
ttenengender  weise  ausgesprochen.    Ich  will  seine  einwände  nicht  widerholen. 

1)  Es  bezieht  sich  ätte  »ystor  offenbar  darauf,  dass  Heime  mit  Brynhilds  schwe- 
izer vermählt  war,  vgl.  YqIb.  s.  c.  23  (Bugge  135*^):  hann  [sc.  Hetmirl  dtti  tyttur 
hynkUdar,  er  Bekkhildr  Ut  . . . 

2)  Ich  muss  bemerken,  dass  ich  auf  die  unvoUtändige  besserung  der  ersten 
^bitrophe  unabhängig  von  Yigfüsson  gekommen  war.  Dagegen  verdanke  ich  Vigftfs- 
xm  die  trefliche  besserung  in  z.  4  *  engom  (wa  at  ek  angom  Yigfüsson)  statt  des  über* 
^«ferten  ungom.  Sie  ist  entschieden  notwendig.  „Der  junge  könig^  könte  nur  Sigurd 
■OB:  Ton  einer  Verlobung  mit  ihm  kann  aber  erst  nach  str.  8  — 10  die  rede  sein.  Mit 
^^  Tersteht  Yigfüsson  die  lezte  zeile  „before  I  plighted  my  troth  to  any  prince." 

S)  Sievers  Proben  1885,  s.  21  denkt  an  akolo  statt  akyldo^  was  mir  syntactisch 
^^  noglich  scheint.  Am  wahrscheinlichsten  ist  die  zeile  als  altertümliche  licenz  zu 
^c^nditen,  sei  es  nun  als  fünfsilbler  oder  mit  Streichung  von  »ky^ldo  als  dreisilbler. 


112  STMOKS 

An  ähnlichen  gebrechen  leidet  Vigfüssons  höhere  kritik.  Ich  greife  die  beband- 
lung  der  Holgelieder  herans,  um  an  ihr  auch  algcmeineres  vorzubringen. 

Vigfüsson  ordnet  die  in  R  bl.20a  — 26«  (vgl.  Bugge  Pomkv.  s.  III)  fiber- 
lieferte  Helge -trilogie  folgendcrmassen :  I.  Helge  und  Sigmn.  Ein  lied  in  drei 
abschnitten,  zwischen  denselben  grosse  lacken.  Der  erste  abschnitt  umfiftsst  Helg. 
Hund.  I,  1  —  31.  32  —  35.  44.  36—43.  45.  46  (parallelstrophen  Helg.  Hund.  11,  19 
—24).  47  —  56.    Helg.  Hund.  II,  25  —  28;  der  zweite  abschnitt  Helg.  Hund.  II,  30 

—38;  der  dritte  Helg.  Hund.  II,  39 50.  40—42.  49.  51.  43  —  48.    Daneben 

finden  sich  bruchstücke  von  parallcldarstellungen :  a)  fragmente  der  alten  Vplsnnga- 
kvipa  (erste  begegnung  zwischen  Helge  und  Sigmn):  Helg.  Hund.  II,  14—18.  — 
b)  eine  atrophe  im  lj6{)ahättr  aus  einem  dialogischen  gedichte,  das  ebonüala  die 
sage  von  Helge  und  Sigruu  behandelt  hat:  Helg.  Hund.  11,  29. 

IL  Helge  und  Svava.  Fragmente  eines  liedes:  Helg.  HJQrv.  1—5.  —  6  — 11. 
31  —  43.    Abgelöst  werden  die  Hriniger{)armäl :  Helg.  HJQrv.  12 — 30. 

DI.  Helge  und  Kara.  Fragmente  der  Karuljöp:  Helg.  Hund.  11 ,  1—4  .... 
5  — 13.  —  Zu  lU  vgl  die  auszüge  aus  der  Hrömundar  s.  Groipsa.  in  der  algemei- 
nen ein],  s.  LXXVIU  fg. 

Alle  Überreste  der  Helge  -  trilogie ,  vielleicht  mit  ausnähme  von  Helg.  Hund. 
H,  14  —  18  (und  29?),  sollen  von  demselben  unbekanten  dichter  herrühren,  dem 
auch  anderes  zugewiesen  wird  (Cpb.  I,  155.  159). 

Die  erste  Helgakvil>a  Hundingsbana  ist  ein  wol  zoBammenhängcndes  gedieht 
ans  einem  gusse.  Helge,  der  söhn  des  Sigmund  und  der  Borghild,  wird  in  Bra- 
lund  geboren.  In  tiefer  nacht  (2  >)  spinnen  ihm  die  nomen  seinen  achickaalsfaden 
(1 — 5^).  Hier  nehme  ich  mit  Vigfüsson  eine  lücke  an,  denn  str.  5  aolte  offenbar 
erzählen,  dass  eine  böse  fee,  entgegen  den  bestimmnngen  ihrer  schwestem,  dem 
jungen  beiden  einen  frühen  tod  bescheert.*  Es  fronen  sich  seiner  die  raben  und 
die  krieger,  der  vater  bringt  ihm  namen  und  geschenke  dar  (5* — 8).  Er  wäehit 
empor  zum  beiden,  rächt  seines  vaters  tod  an  Hunding  und  vernichtet  dessen  gan- 
zes geschlecht  (9  — 14).  Dies  ist  die  einleitung  des  liedes.  Sein  eigentlicher  gegen- 
ständ ist  die  zweite  grosstat  der  Helgi,  welche  auch  Saxo  neben  der  ersohlagnng 
Hundings  hervorhebt:  die  besiegung  seines  nebenbuhlers  HQpbrodd.  Die  liebe  mr 
Sigmn  steht  in  diesem  liede  nicht  im  vordeigrunde  des  Interesses.  Sie  ist  melir 
motiv  als  zweck.  Die  erzählung  ist  folgendermassen  gegliedert:  Erste  begegnung 
mit  der  walkyrie  (15 — 20).  Helge  bietet  seine  mannschafb  auf  zum  kämpf  wider 
die  Granmarssöhne  (21  —  25).  Sie  stechen  in  see.  Sturm.  Sigmn  bringt  die  flotte 
in  den  sicheren  hafen  (26  —  31).  Dann  eine  cpisode:  ein  zankgesprädi  zwischen 
Gupmund  und  SinfJQtlo,  dem  Helge  ein  ende  macht  (32—46).  Gupmiind  bringt 
die  nachricht  heim,  IlQpbrodd  bietet  seine  mannen  auf  (47  —  52).  Die  soblaoht  am 
Wolfsstein  (53).  Signm  erscheint  und  begrüsst  den  siegreichen  Helge  als  ihren 
verlobten.  Dass  HQ{)brodd  erschlagen  ist,  erfahren  wir  nur  aus  Sigmns  werten 
(54 — 56).    Der  sänger  schliesst  ausdrücklich  ab:  /d*«  8^n  loket.^ 

1)  Die  halbstrophe  6*—*: 

4itt  fftu  at  angrt     Ylßnga  mf 

ok  peirt  meyjo    es  mumtfff  fodde 

kann  sich  nicht  auf  das  folgende  bezichen.    In  den  reden  der  raben  liegt  nichts  heu- 

rohigendes.     Die  nomensceno  spielt  in   der  tiefe   der  nacht,    die  rabensoeoe  bei  taget- 

Anbruch  (mn  '«  dagr  komenn  6^,  Helge  ist  schon  dßgra  ein*  gmmUl), 

8)  Vigfüston  überseit  „now  the  battle  is  ended**  und  scheint  die  werte  noch  ab 

Worte  Sigruni  tu  verstehen.     Allein   das  wäre  ein  lahmer  schlussy   der  gecadcsn 


ÜBXB  CORPUS  POBT.  BOBBALB  113 

Der  dichter  dieses  liedes  enthält  sich  von  den  tragischen  con Sequenzen  des 
iweiten  Helgeliedes.  H^gne  wird  allerdings  znr  Schlacht  aufgehoten  (52 1),  doch 
Tm  seber  teilnähme  am  kämpfe,  Yon  seinem  falle,  von  der  vemichtnng  von  Sigruns 
giBiem  geschlecht  mit  ausnähme  von  Dag  ist  nicht  die  rede.  Dem  dichter  kam  es 
sieht  darauf  an,  sondern  anf  die  erschlagang  des  HQpbrodd.  Mau  könte  sein  gan- 
HB  lied  betrachten  als  eine  dichterische  ausfühmng  von  Saxos  Worten  (od.  Müller 
i83):  Quo  evenU,  ut,  cut  ntyper  ob  Hundingi  caedem  agnotnen  incesseraty  nunc 
Hodibradi  strages  eognomenhum  inferret.  Und  diese  auffassung  erhält  eine  bestä- 
tigoBg  dnreh  die  nur  noch  halb  lesbare  Überschrift  des  liedes  in  B  (Bugge  Fornkv. 
i407^.  Arkiv  U,  122).  Aus  mehrfachen  anzeichen  geht  hervor,  dass  das  erste 
Helgefied  nicht  zu  den  älteren  der  samlang  gehört.  Die  häufang  von  kenningar 
erreicht  in  ihm  neben  der  Hymiskvipa  ihren  höhepnnkt  Ich  verzeichne  die  folgen- 
den, indem  ich  von  leicht  verständlichen,  wie  sie  allerwärts  vorkommen,  absehe: 
mdfakam  Jaen*  53",  mdno^aJr  „hinmiel^  3',  mistarmarr  „luft"  (=  nebelmeer?) 
47 \«  —  SJoiflrdi^  30',  brimds^  50»,  sljdmmarr  (s.  Cleasby -  Yigfüsson  s.  v.  stag) 
29»,  roMsa  hjqrir  49»  „schiff«  —  JEges  datter  29«,  Kolgo  syster  28«  „woge*'  — 
hj^fmg  50",  hjqrstefna  13",  vahtefna  19*,  veßr  grdra  gevra  12«,  dölga  dgwr  20  8, 
dmafrymr  16  •,  randa  rymr  17»,  vigßrima  ?•  „kämpf,  schlacht"  —  blöpormr  S"*, 
he^ihgebl*  „schwert",  h/u^ens  barr  54»  „leichen",  Vißres  grey  13»  „wölfe",  ögtiar 
Ijme  21»  „gold**  (anders,  doch  kaum  richtig  Edzardi  Germ.  23,  165);  endlich  meh- 
nce  gesuchte  antonomasien: »  almr  urbar enn  9»,  dtstafr  Yngva  55»,  nipt  Nera  4^ 
•ornCr  fhtga  54»  usw. 

Die  metrik  unseres  liedes  zeigt  nur  wenige  abweichungen  von  dem  viersilb- 
W-schema,  sobald  man  die  durch  tilgung  überschüssiger  pronomina  und  partikeln, 
wfie  durch  einsetzung  älterer  und  kürzerer  wortformen  zu  heilenden  zeilen  abzieht.» 
Kt  recht  hat  J.  Hoffory  neuerdings  angedeutet  (GrGA  1885,  s.  27  fgg.),  dass  die 
Uofigkeit  und  die  art  der  vorkonunenden  licenzen  ein  wertvolles  kriterium  ist  um 
iai  relative  alter  der  verschiedenen  lieder  zu  bestimmen ,  wenn  ich  ihm  auch  nicht 
ladiiagen  möchte,  dass  man  nur  mit  hilfe  der  metrik  zu  einer  annähernd  rieh- 
tigen  aJterabestimmung  wird  gelangen  können.  In  der  Helgakvipa  Hand.  I  finden 
oA  iwd  dreisilhler:  ißgnögan  21»,  tolf  hwndroß  25  ^,  beide  unverdächtig.  Ob  auch 
&  beiden  zeilen  en  af  gevrom  15»,  en  af  heste  17^  so  zu  fassen  sind,  scheint 
la^ieh,  da  man  sich  wol  die  licenz  vorstellen  könte,  dass  ein  kurzes  einsilbiges 
mrt  im  verseingang  die  hebung  trägt.  Dann  wäre  wol  auch  15»  en  af  [ßetm] 
Ijmm  zu  schreiben.    Schwerer  ist  es  für  die  vorkommenden  fünfsilbler  zu  bestim- 

SnüUeh  wird ,  wenn  man  unmittelbar  so  fortfahrt ,  wie  Vigfdsson  es  tut.  Wie  ich  fas- 
ln die  schluseworte  auch  Zamoke  Berichte  der  sächs.  ges.  der  wiss.  phil.-hist  cl.  1870, 
il94,  Ghirndtvig,  Hildebrand  und  Wimmer. 

1)  Dagegen  ist  Mmenvangr  15»  ,,  bimmelsaue  ^  nicht  als  kenning  im  technischen 
öne  XU  betrachten  (vgl.  as.  hebanuuang).  Trotz  8»  wird  himenvanga  15»  als  acc.  plur. 
liiet  appellativs  aufgefasst  werden  müssen. 

2)  Altepische  Umschreibungen  wie  baugbrote  17»,  hringbrote  45»  kommen  nicht 
ii  betneht,  vgl.  J.  Grimm  Andr.  u.  El.  s.  XXXVm. 

8)  Den  metrischen  regeln  für  den  kvi^uhättr  und  mdlahdttr,   wie  £.  Sievers  sie 

niest  formuliert  hat  (Proben  einer  metrischen  herstellung  der  Eddalieder,   Tübinger 

progr.  1885,  vgl.  Beitr.  10,  209  igg,)j  wird  wol  niemand  mehr  seine  freudige  beistim- 

■ug  vwsagcn.     Im  folgenden  bediene  ich   mich  nach  Sievers  der  bezeichnung  X  für 

«■betonte  silbe  gleichgültiger  quantität 

tminaan  r.  oniTBora  fhiloloqi..    bd.  xvm.  8 


114  STM0N8 

mon ,  wo  metrische  liccnz ,  wo  Verderbnis  vorliegt.  Zweisilbige  nicht  verschleifbare 
mittelsenkung  ist  für  den  gnindtypus  JL  X  \  S,  X  unbedingt  anzuerkennen:  Bj<ir' 
varß  okHdvarß  14*,  gerßer  ßik  /r<c^'an  41 »,  ok  ßeire  meyjo  5*,  segffiuj  ßtU  iaptan 
34'.  1  In  anderen  fällen  ist  sie  vielleicht  durch  einsilbige  ausspräche  zu  vermei- 
den: ßä  kvaß  ßat  Sigrt'm  54*,  (kvaßat?,  Sievers  Beitr.  6,  312,  vgl.  auch  Noreen 
Altu.  gr.  §209  a.  1),  k^qmo  ßir  ögqgn  (ßer?)  41»,  hafßäk  ßir  moßre  42»  (ßer? 
oder  eher  mit  Sievers  Beitr.  6,  333  Heß?),  ßykkjat  mir  gößer  46»  (mer?),  fü  rast 
hrüßr  Grana,  wo  ßü  den  ton  hat,  42*  (ßü  v'st?,  vgl.  Sievers  Beitr.  5,  404.  8,57. 
Probon  s.  14),  ßa  Imße  Helga  1»,  «a  hafße  hümtr  53 >*  (mit  verkfirzung  der  pro- 
clitica,  vgl.  Sicvers  Proben  s.  10).  In  den  steigenden  typen  X  ^  |  X  -1  und 
X  ^  I  i.  X  ist  doppelte  unverschleifbare  eingangssenkung  ebenfials  sieher:  ß6*$  t 
ndtünom  25»,  ok  riß  eßlinga  33%  at  si  Ylfingar  34»,  en  meß  haugbroia  17  \ 
wol  auch  Idtt  und  stqßom  h^ima  41  ^  deiU  grqm  viß  ßik  44»,  tdteß  enge  iiiafin51% 
Udde  randa  rymn^.  Dagegen  ist  einsilbigkoit  der  Senkung  annehmbar  in  der 
halbzeilc  fyr  mun  dolga  dynr  20 '  (/nCn  ?),  Auflösung  der  zweiten  Senkung  im  typus 
X  JL\  X  Z.  käme  nach  der  Überlieferung  zweimal  vor:  ofland  ok  of  Iqg  21*  und 
sem  hjqrg  eßa  brim  28 ».  Im  ersten  boispiele  wird  das  zweite  of  zu  streichen  sein, 
im  zweiten  ist  eßa  auch  dem  sinne  nach  anstossig  und  in  viß  zu  ändern,  wie  schon 
die  Kopenhagen  er  ausgäbe  vorschlug  (s.  auch  Yigfüsson  Cpb.  I,  491). 

Die  bisher  angefahrten  halbzeilcn  mit  mehrsilbiger  unverschleif barer  Senkung 
sind  allerdings  als  llcenzen,  aber  nicht  als  besondere  altertümlichkeiten  zu  betrach- 
ten. In  der  Y^luspä  sind  sie  noch  häufiger,  auch  in  den  echten  teilen  (Sievers 
Proben  s.  14  fgg.) ,  die  Hofifory  mit  recht  fHihestens  in  die  mitte  dos  zehnten  Jahr- 
hunderts gesezt  hat.  Aber  auch  die  skaldische  Hymiskvi^a  hat  wenigstens  zwei 
ganz  sichere  beispielc:  um  iil  Egels  kvqmo  7^,  drep  viß  haus  Hymes  90»,  von 
unsicheren  abgesehen. 

Von  wirklichen  „fQnfsilblern''  sind  die  folgenden  durch  einfiEUihe  oonjeetor  n 
beseitigen:  ek  vas  einn  faßer  ßeira  39«,  1.  vask  einn  faßer;  vare  ykr  Sinfjqüe  4b^ 
und  en  si  önytom  45*  sind  zu  bessern  nach  Helg.  Hund.  II,  23*'  »  (vgl.  EUeven 
Beitr.  G,  340  fg.).  Dann  bleiben  noch  4  übrig:  diser  sußranar  16\  ßo  duger  süäm- 
gom  (b*  Helg.  Hund.  II,  34»),  wo  das  betonte  ßo  nicht  mit  Sievers  Beitar.  6,  888 
gestrichen  werden  darf,  rennirqkn  hitluß  51*,  Iqtom  Vqlsonga  52».  Die  halbieile 
51*  ist  unsicher:  die  drei  anderen  wage  ich  nicht  anzutasten.  Es  muss  erwähnt 
werden,  dass  die  meisten  Unregelmässigkeiten  sich  in  dem  zankgespräch  zwischen 
Gu^mund  und  SinQptle  finden  (str.  32  —  46),  das  meiner  ansieht  nach  von  dem  dich- 
ter des  liedes  zum  teil  aus  einem  älteren  liede  aufgenommen  wurde  (vgl.  unten 
und  Beitr.  4,  170  fg.). 

Für  ein  nicht  hohes  alter  des  ersten  liedes  von  Helge  dem  Hundingstdter 
sprechen  auch  die  vorkommenden,  entschieden  beabsichtigten  endreime:  fara  Vifres 
grey  \  valgjqm  umb  ei/  13'-  "  und  varß  ära  ymr  \  ok  jdrna  glymr  27»*  •.  •  Die 
zulezt  angefülirte  halbzeilo  ist  auch  noch  in  anderer  beziehung  von  bedeutung. 
Bekantlich  bat  sich  die  form  isam  lange  gehalten  und  ist  im  10.  Jahrhundert  jeden- 
fals  noch  die  gebräuchliche:  belege  aus  der  skaldendichtung  geben  Gislason  Njala 
II,  318  und  Mogk  im  Literaturbl.  für  germ.  und  rom.  phil.  1883,  sp.  295.     Auch 

1)  Hierher  gehurt  wol  auch  üu  8t6ß  Hqßbroddr  48». 

2)  Reine   endreime  kommen  auch  vor  Vspä  52».    Hym«  24*  A.     unreine  maA 
kaum,  wie  Ediardi  Beitr.  5,  574  a.  1  meint,  beabsichtigt,  vieUeieht  mit 
oxa  :  laxa  prkv.  24  ». 


j 


:,  BOBBUG 


115 


in  <icn  Eililalieilem  läast  sie  *ich  mehrfach  ohne  sthädignug  des  verses  ehiäeUen: 
:-  h  Täfia  40«  ■'  üarnvife,  Gu|ir.  11,  39«  es  isurn  dreyma,  Harali.  25'  tggjar  «e 
"■>,  HpidL  37"  ok  Itamsaxa;  jd  aa  swei  stelloD  musti  sie  Bog&r  auB  metrisch«!! 
.'.'juili;u  ia  Jen  text  gesett  werden:  Sig.  sk.  23' kytibirt  iiiam ,  GS*  egghvast  ifurn.' 
jj  iin«ut«r  i»Ue  ok  järna  glymr  gienge  aber  der  vera  durch  einaetiniDg  der  iUteren 
fiTTD  in  die  brnchc.< 

Zn  diesen  rtUistiachen ,  metrischen  und  Bpiacblichen  (>igontümUchkäiten  stimt 
tiun  nfs  befite ,  dass  Beige  in  onscrem  liede  10*  seine  heldenlaofbabn  mit  dem 
i^infiebnten  lebensjahre  bepot.  Wie  K.  Maurer  in  dieser  ztsehr.  2,  443  gezeigt 
iiii,  bin  dioser  erweiterte  mändiglteitstermin  nicht  rur  dem  ende  des  10.  jahrhiin- 
i-its  vaL    Noch  der  lieiligc  Olaf  äeht  lOOT  mit  zwütf  jähren  auf  die  heorfahrt, 

[tat  anfaiig  des  liedea  är  vaa  alda  patit  arar  gallo  acheint  der  Vijluspii  3 ' 
fr  nur  atäa  Jxa-g  Ymer  bygpe  nachgebildet.  Auf  atr.  47  hat  mi3glioberweia(>  Ätla- 
'•'][»  13  einSusa  amgeiiht,  Die  annähme  Vigfusauns,  dass  Eyrlndr  skäldaspillir  lUe 
'inlladuDg  der  Hakonannal  den  Helgeliedern  nachgebildet  habe  (Cpb.  I.  LXV),  iat 
tu  aicti  nnnotig  and  bewiese  jedenfals  für  diu  datierung  dua  ersteti  Helgeliudes 
niuhia,'  Dagegen  Iftast  siuli  nichts  einwenden  gegcu  die  vcrmattmg,  daBH  jarl  Rijgn- 
ulil  im  UsttaljkiU  (ca.  1150)  unser  lied  geksnt  und  benuzt  habe.  ».  Cpb.  I, 
l-IIYÜ,  CSI. 

So  glaube  ich  mich  zu  der  annähme  berechtigt,  daati  die  Helgakvi|ia  Hun- 
lüagibaoa  I  nicht  Mher  als  im  anfange  des  XI.  jahrhnnderta  gedichtet  sein  kann. 
ihi  i>t  eine  ana  Einern  guBse  hervorgegangene  apäteio  beliandlacg  der  alten  sage, 
nrlitjg«r  eines  abschnita  der  aagc,  oud  steht  ea  den  fragmenten  dos  aagenanten 
»riteo  Hclgi^Iiedes  in  ähnlichem  vcrbältnia  wie  die  ougeföhr  gleichzeitigen .  jeden- 
fii»  aaoU  981  rerTasaten  Atlamäl  zu  der  weit  älteren  Atlakvipa  (vgl.  Biigge  in  die- 
«TiUdir.  7,  386  und  meine  bcmerkangen  in  den  Boitr.  4,  173  fg.), 

Wi?  nun  Vigfüsson  —  um  zurUckzn kehren  zum  Corpne  poeticnm  boteale  — ■ 
Hill  diMem  otoheitlichen ,  in  sich  abgeschloaaonen  gedichte  die  atrophen  25 — 28. 
'«|~3S.  3ä  —  öl  des  zweiten  Eelgelicdea  zu  brnchatQckeu  üinea  liedea  verbinden 
iion,  ist  kaum  tsts Ländlich,  Noch  weniger  lässt  es  sich  begreifen,  wie  er  unmit- 
"jlfiu  an  den  «ehluss  des  ersten  Hcigeüedes  atr.  25—28  des  zweiton  als  direkte 
(uriMUiuig  fSgt.  Man  urteile  nur  über  diesen.  Zusammenhang:  Sigrun  begrUest 
tltlg»  ala  ihren  orretter  und  verlobten  (schluss  der  H,  Hu.  1).  Darauf  wendet  sii- 
»-h  zu  d«m  sterbenden  HQjibrodd  (H.  Hu.  II,  25),  der  nach  H.  Hn.  I.  55.  4  fgg. 
■"kua  tot  ist.  Jc£t  erst  verkündet  ihr  Helge  die  traurige  mähr,  dass  ihr  ?ater  and 
'bf  gnntcs  geschlecht  am   morgen    in   der   schlacht   am  Wolfastoin   gefallen   sind 

I  1)  iam  Ist  mir  night  wahrBcheinlich. 

^m-  1)  DaiB  auch  dw  n  der  »■itämDiD  sowie  die  bjiterogenen  i  und  h  ia  UDserem 
^Hh^  bersita  geachwuiiden  liiiil,  wird  bevricBeu  durc^h  veraa  wie  33°  fiar  tv»  timdriprßr 
^^Hb  Bahr  —  tqrßull) ,  97 '  ibs^  hrytyiiPan  (niebt  mehr  icgg').  Vialo  bewciiende  foi- 
^^^pkoMnen  niobt  ror.  Ea  ist  dui  ruTdieuBt  von  Julius  Uuffory  in  der  melirfaah  dtier- 
BHfakaUreiehtm  Tecension  tod  Müllenhoffa  Deuttohcr  Altertumskunde  V,  1  (Gott.  gel. 
'  tnn.  1BB6,  nr.  1}  zueist  auf  dieees  wichtige  Icritvrium  taj  die  altorsbeaümniaDg  der 
I  iuehna  lieder  hiagewiesen  lu  babcn.     An  anderer  stelle  bolTe  ieh  pacbzuweiüon .  dnaa 

: '  hl  alle  kTipubittr-licder  der  aamlaag  in  allen  ihren  teilen  bereits  auf  dioBem  spraeb- 

.  licD  itandp  unkte  sieben. 

1)  Das  Wort  vigreße,  auf  welches  VigTHsBan  wert  logt,  steht  II.  Hu,  II.  !9  '  und 

ii  bei  Bftind  (Cpb,  I,  2GG")  erat  durch  conjectQT  Va.  hergoBtelt, 


116  8TMON8 

(II,  26—28):  im  ersten  liode  war  aber  nirgends  die  rede  von  der  teilnähme  HQgnet 
am  kämpfe.  Und  hat  Helge  an  diesem  einen  tage  zwei  schlachten  geacUagoi, 
aber  beide  at  Frekasteine  (I,  &3^.  II,  26")?  Denn  eine  und  dieselbe  sehlacht 
kann  nicht  gemeint  sein,  da  Sigran  dem  Helge  erscheint  unmittelbar  naofa  der 
Schlacht,  in  welcher  und  offenbar  auf  dem  schlachtfelde  wo  H^pbrodd  gefallen  ist, 
während  ihr  Helge  von  der  vemichtong  ihres  geschlecht«  durch  seine  eigene  hand 
erzählen  muss.  In  der  tat  scheint  Vigfusson  I,  492  selber  nicht  mehr  im  stände 
die  consequenzen  seiner  kritik  zu  verantworten. 

Ich  halte  die  atrophen  H.  Hu.  II,  25—51  (mit  ausnähme  von  29  und  89)  fftr 
fragmonte  ^ines  liedes.    Sie  gehören  einem  älteren  liede  Yon  Helge  Hnndliigsbaae 
an ,   das  dem  samler  nicht  mehr  volständig  in  der  erinnemng  war.    Das  Utere  liad 
wolte  dem  anscheine  nach  den  hauptnachdruck  legen  auf  die  leidenschaltliehe  liebe 
der  schöben  walkyrie  und  des  jugendlichen,   einem  frühen  tode  verfallenen  beiden. 
Für  die  Zusammengehörigkeit  der  genanten  strophenreihe  spricht  die  gleiehartti^eit 
des  poetischen  stils:   namentlich  die  schönen  gleichnisse  und  bilder  ans  der  tier- 
und  pflanzenweit   (37.  38.  43.  50).    Nur  hier  heisst  Sigrun  frd  SevafjqUam  (S5'. 
42 >.  45 >,  vgl.  36 ^  48«):  in  dem  „herz-  oder  minneberge <*  (Müllenboft  Ztschr.  1  d. 
a.  23,  169)  weilt  auch  Helge  bei  ihr.    Die  nordische  epik  hat  in  diesen  herlichen 
Strophen  ihre  schönste  frucht  gezeitigt.     Die  Umstellungen,   welche  Vigfdsson  in 
dem  lezten  abschnitte  vornimt  (s.  oben  und  Cpb.  I,  493),  zerstören  die  diöhtong.^ 
Er  ordnet  50.  40 — 42.  49.  51.  43—48,  weil  Sigran  in  den  armen  des  toten  gelieb- 
ten sterben  müsse.    Das  kann  aber  die  meinung  des  dichters  nicht  gewesen  sein. 
Der  samler,  der  sich  der  schlussstrophen  nicht  mehr  entsinnen  konte,  wie  er  Mieh 
nach  str.  41.  49  lücken  durch  prosa  ausgefQlt  hat ,   erinnerte  sich  doch  gins  gut 
des  ganges  der  handlung.     Seine  angäbe  Sigrtin  varß  skammUf  af  harmi  ok  irejßm 
verdient  glaubon.    Das  vergebliche  harren  auf  Helges  widerkehr  bringt  der  walkyrie 
den  tod.    Yigfüssons  kritik  leidet  in  diesem  falle,  wie  auch  sonst  sehr  hfiofig,   an 
Überstürzung.    Nach  seiner  anordnung  spricht  Helge  die  str.  42,  welche  der  samler 
der  afnbqtt  beilegt.    Gewiss  könte  Helge  von  sich  in  der  dritten  person  als  Het^ 
und  fdks  jaßarr  sprechen,   doch  kann  er  auch  sagen:   dqglingr  haß  fik?     IH» 
Übersetzung  gibt  freilich  „the  king  bids  theo  come.**     Helge  sezt  bei  Vigfosson 
seine  rede  fort  in  str.  49:    mdVs  tner  at  rißa    roßnar  hratUer  „«it  is  time  for  me 
to  ride  along  the  reddening  roads.^     Nach  s.  493  soll  die  strophe  aussagen,  dass 
Helges  zeit  nur  knapp  bemessen  sei.    Es  ist  aber  klar ,  dass  die  strophe  den  absohied 
vorbereiten  soll  und  somit  an  der  überlieferten  stelle  belassen  werden  muss. 

Über  str.  39,  die  Vigfusson  da  wo  die  Überlieferung  sie  bietet,  beibehilt 
(doch  vgl.  s.  493)  s.  Beitr.  4,  171  fg.  Sie  ist  fragment  eines  scheltgespräches  mit 
Hunding  und  kann  demselben  liede  angehört  haben,  dem  str.  14  — 18*  entnommen 
sind,  also  der  Yglsungalcvipa  in  forna.  Diese  Strophen  sind  weit  matter  und  dich- 
terisch unbedeutender  als  der  schluss  unsres  gedichtes.  Ich  knöchte  nun  annehmen, 
dass  auch  die  strophon  19—24  (=  22  —  27  bei  Hildebrand)  der  YQlsungakvif« 
ursprünglich  angehörten.  In  ihr  folgte  auf  die  begegnung  zwischen  Helge  und 
Sigmn  das  aufbieten  der  mannschaft ,  die  abfahrt ,  der  seesturm ,  die  rettung  dordi 
Sigrun,  die  kundschaft  der  Granmarssöhne.    Der  samler  erinnerte  sich  jedoch  die- 

1)  Überflüssig  scheint  mir  auch  die  von  Edzardi  Germ.  23,  168  vertretene  umttd- 
lung  von  str.  46.  47. 

2)  Ordne  mit  Grundtvig  und  Hildebrand    14.    17 -f  15.    16.    18.      Der   samler 
hatte  nur  noch  bruefastücke  im'  gedäohtnis. 


l 


ÜBBB  CORPUS  POET.  BOREALE  117 

MT  Strophen  nicht  mehr  und  ergänzte  die  lücken  durch  amen  kurzen  prosaauszug 
Mch  Helg.  Hand.  I,  22 — 32.  Wol  aber  kante  er  noch  strophen  des  scheltgosprächs 
niielien  Gn^mnnd  nnd  SinfJQtle,  welches  in  der  Vglsungatvipa  sich  anschloss. 
Di  aber  eine  abweichende  reeension  dieser  scene  bereits  im  ersten  Helgeliede  stand, 
begnfigte  er  sich  mit  der  anf&hmng  der  ersten  halbstrophe  und  verwies  im  übrigen 
Mf  die  Helgakvipa.    Es  ist  klar,  dass  die  citierte  halbstrophe 

hverr  es  fylker    80*8  flota  sttfrer 

ok  fetknaUp    firer  at  lande? 
Mdi  dem  gedaehtnisse  angeführt  ist,  denn  die  entsprechende  halbstrophe  des  ersten 
liedflB  (33*—^  hat  in  ihrer  ersten  langzeile  anderen  Stabreim.    Die  anderen  paral- 
lektrophen  ans  der  VQlsangakvipa  mag  der  samler  dann  am  rande  angemerkt  haben, 
ud  ein  abachreiber  hat  sie  später  an  falscher  stelle  eingereiht.* 

Meiner  ansieht  nach  müssen  wir  also  im  sogenanten  zweiten  Helgeliede 
bndiftficke  Yon  drei  verschiedenen  liedem  über  Helge  Hundingsbane  unterschei- 
te: 1.  fragmente  der  Vcjlsnngakvipa  in  forna:  14—18.  19-  24  («  22—27  Hild.), 
vemmtlich  anch  39.  Der  name  des  gedichtes  ist  etwas  auffallend,  doch  ist  zu 
beaditan,  dass  nach  meiner  annähme  auch  SiiifJQtle  eine  bedeutende,  wenn  auch 
episodische,  rolle  in  ihm  spielte. 

2.  fragmente  eines  Uedes  von  Helge  und  Sigrun:  25—28.  30—38.  40—51. 

3.  fragment  eines  liedes  im  Ijopahattr:  29.  Die  strophe  enthält  eine  interes- 
nnte  anapielnng  auf  die  Hildesage.  Die  anspiolung  ist  um  so  wichtiger,  da  die 
ffildesige,  wie  anch  Bugge  annimt  (Studien  übers,  von  Brenner  s.  183),  einen 
vesestiichen  einfluss  auf  die  dichtung  von  Helge  Hundingsbane  gehabt  hat.' 

Die  atrophen  1 — 13  habe  ich  bisher  von  der  Untersuchung  ausgeschlossen. 
Bevor  ich  zu  denselben  übergehe,  noch  eine  Schlussbemerkung.  Es  wird  jezt  klar 
gevofden  sein ,  dass  das  erste  Helgelied  durchaus  auf  der  nur  fragmentarisch  erhal- 
tenen Vi^Isnngakvipa  in  forna  beruht.  Bereits  Müllenhoff  Ztschr.  f.  d.  a.  23,  134  fg. 
hi  hervorgehoben ,  dass  die  ältere  zweite  Helgakvi^a  Hundingsbana  der  jüngeren 
entm  ,  durchaus  zur  richtschnur  und  grundlago  diente.'^  Der  dichter  des  jüngeren 
liedes  hat  aus  dem  älteren  einige  strophen  des  scheltgosprächs  in  sein  gedieht  auf- 
genommen, und  so  erklärt  es  sich,  dass  gerade  in  dieser  partie  die  meisten  abwoi- 
ehmigen  vom  strengen  viersilblerschema  angetroffen  werden.  Man  darf  auch  Helg. 
Hud.  I,  20  ugge  eige  pü  l8ong8bana  wol  betrachten  als  eine  nachbildung  von 
Hdg.  Hund.  II,  18  hirp  eige  pü  Hqgna  retpe  tii  ülan  hug  kUar  pinnar. 

Die  Strophen  Helg.  Hund.  U,  1.  2 — 4.  5  — 13  betrachtet  Vigfdsson  als  frag- 
nente  der  Karuljop.  Er  vermutet  (s.  494) ,  dass  der  samler  oder  einer  der  lezten 
Mter,  des  ursprünglichen  Zusammenhangs  nicht  mehr  eingedenk,  das  fragment 
fiUidilich  auf  Helge  und  Sigrun  bezogen  und  namen  aus  ihrem  Sagenkreise  an  die 
stelle  der  alten  namen  aus  der  sage  von  Helge  Haddingjaskate  und  Kära  gesczt 
l^be.  Vigfusson  versucht  die  alten  namen  wider  herzustellen.  Ich  hatte  bereits 
Batr. 4,  194  vermutet,  dass  die  strophen  1  —  4  fragmente  der  Earuljof)  sind,  und 
l>in  jezt  auch  für  die  strophen  5 — 13  davon  überzeugt.    Die  erzählung  der  Hro- 

1)  Vgl.  Beitr.  4,  170  fg.  Mit  recht  ist  Hildebrand  zur  anordnung  der  handschrift 
*ttniekgekehrt ,  von  der  die  herausgcbcr  seit  Rask  abgewichen  waren,  s.  Zarncke  in  den 
achten  der  kgl.  sächs.  ges.  der  wiss.  phil. -bist.  cl.  1870,  s.  193  fgg.  und  Hildebrand 
S«  Hdg.  Hund.  II ,  82—27. 

2)  Da  Bogge  den  nach  weis   dieser   behauptung  in  aussieht  gestelt  hat,     möchte 
Mlibi  nicht   vorgreifen.    Zu  str.  29  vgl.  auch  Edzardi  Genn.  23,  166. 


118  BTMOsa 

luimjar  saga  Groipasonar  c.  8  (Fax.  II,  'ilQ  fg.)  beweist  eunilcliBt  deutlicli,  dass  der 
Bamler  die  Btrophea  1  —  4  ßlscblich  auf  Helge  Uutidingabniie  bezog,  Ob  erst  er 
oder  bereits  ein  umdialiter  I"  den  oaxaea  HunditufT  BÜigBBi>ztha,t,  wird  sieb  scbwei 
entBclieiden  lassen.  Die  zu  gninde  Üageade  sage  Jiaiin  ungefähr  folgende  geetelt 
gehabt  haben.  Helges  v&ter  ist  eracUagen  von  einem  kQuige.  Wie  der  Tater  hiesa, 
itolit  dnhiD.  VigfäsBon  vermutet  ScEe,  doch  aus  ganz  UDZnreicIieDden  grOndOD.  Er 
fasBt  »eaa  10*.  11'  als  eigonnamen  und  will  13*  statt  Sigmnndar  bur  lesen  Sera 
hvr,  wogegen  schon  die  motrik  eiDS])rache  erhebt.  Lieber  wage  ich  oine  andere 
Temiotung.  Faa.  H,  10  wird  ein  Sigmand  genant  aus  dem  goBchleehte  der  Bik- 
linge,  der  gemohl  der  Hilde  von  Meere,  der  vater  des  Sigar.  Nun  gibt  4"  Hagal 
den  in  woiberkleidom  mahlendeii  Helge  ffir  eine  schweater  des  Sigar  aus,  und 
Beitr.  4,  190  fgg-  wurde  gezeigt,  dass  Saxo  s.  341  fgg.  von  Hagbard,  den  könig 
Sigar  töten  Hess  ,  ähuliohes  erzählt  wie  unsere  Strophen  von  Helge  und  die  skgi 
von  nroniund.  Hiess  der  vater  des  Helge  Haddingjiiskate  vielleicht  in  dar  tat 
Sigmund,  hat  str.  12*  das  ricbtige  bewolirt,  und  führte  diese  zutallige  nameue- 
gleichheit  zu  der  Verwirrung,  nachdem  einmal  der  Hundingstöter  zum  söhne  des 
TgUnngs  Signmnd  gemacht  werden  war?  —  Den  toter  von  Helges  vator  nent  Tlg- 
füaiou  Hadäingr  und  er  sozt  diesen  namen  1'  und  10'  l'Br  Hunditufr  ein.  Gewiis 
mit  unrecht.  Tigfisson  betrachtet  allerdingii  die  lesart  haddinffia  »capi  „Hoddinge- 
teter"  (0|)b.  I,  130),  die  R  in  dem  prosaischen  schlossabechDitt  von  Helg.  Hund.  II 
bietet,  aJa  riohlig.  Allein,  abgesehen  davon  dais  Uaddingjaakape  doch  anr  .tfitet 
der  Haditiugo"  bedeuten  könte,  ist  HaddÄngjankaUi  „käuipfer  der  Haddinge*  (Fu, 
n,  8.  an.  E.  I,  482)  die  richtige  form.  Müllonhoff  hat  Ztschr.  f.  d.  a.  12,  351 
U1>erzeiigond  nachgewiesen ,  dass  der  dritte  Helge  oder  vielmehr  sein  protatfp 
urs|iröuglieh  der  alten  vandiÜsehen  dioskurensago  angebörto.  Er  ist  im  norden  u 
die  iitelle  dos  einen  der  beiden  Haddiuge  [Hartuuge)  getreten,  und  der  ansehliua 
dos  alten  mythus  an  die  beiden  andern  Helgen  mnss  um  die  grenze  des  X.  DDd  XI 
Jahrhunderte  volzogen  gewesen  sein ,  wie  sich  aus  einer  vom  skaldon  Ballfr«!« 
gebrauchten  kenning  (*.  Beitr.  5,  i!J2j  zweifellos  ergibt  Hailding  kann  der  feinJ 
des  dritten  Helge  also  nimmermehr  geheisson  haben.  Wie  ihn  die  sage  genant  lul, 
l£sst  sich  doch  wol  ermitteln.  Der  nome  lautete  mit  H 
Hamid  und  Helga.    Bedenkt  man  nun ,    dass  in  der 

Hitmaujr?)  ohne  näliere  hezoiclmniig  genant  wird,  so  darf  man  vermuten,  dus 
angäbe  des  samlers,  Bieming  sei  ein  sehn  dos  Uunding  gewesen,  ein  blosser  f<^ 
such  ist,  die  beiden  namen,  welche  er  vorfand  oder  selbst  erst  Behuf,  zu  votbii)<!'n, 
und  dass  in  Wirklichkeit  Hanniug  nicht  der  söhn,  sondern  der  vater  war.  Ich  b*"*^ 
dismoaeh  dafür,  doss  str.  1  ursprünglich  lautet«: 

Seg  Jlänninge,    at  Beige  man 
hverjan  i  brynjo     bragnaT  feldo: 
er  Ulf  ffraan    inne  kqfpop 
pars  Hamal  hugpe     HtEtmnffr  konongr. 
Niwh  der  erscUlagung  seines  vaters  durch  Haming  —  so  wird  die  etdhlitnS 
gelautet  haben  —  wurde  Helge  von  seinem   pflegovater  Hamal   gerettet     Er  sen^«* 
ihn  an  den  hof  ILsmings,  wo  er  uncrkant,  unter  dem  namen  von  Hagats  aohn  Eiinff^- 
orzugen  wird.    Da  Ilolge  zum  mann  gereift  ist,  verläest  er  dos  haus  seines  feiwle'' 
nachdem  ur  sich  einem  liirten  [so  die  prusa]  zu  erkennen  gegeben  hat  (str.  1).  U^' 
ming  «endet  einen  spürer  aus,  Blindr  inn  bglvisi  [vgl.  Beitr.  4,  191  fgg.I,  niDFIol(ir* 
bei  Ilagal  zu  eiichen,     Helge  kann  sicli  nur  rotten ,  indem  er   iu  woibcrli leidem  siCT** 
an  die  nibble  stelt  und  mahlt.    Diese  scene  ist  fragmentarisch  in  str.  2 — 4  erhiX' 


,  denn  er  alHtterierte  ni 
eile  IIt;iningr  (il.  i. 


ÜBBB  CORPUS  POET.  BOBEALB  119 

ten.  Das  lied  rnnss  weiter  berichtet  haben  von  Helges  yaterrache.  Dann  folgte 
ofbnbar  die  begegnung  Helges  mit  Eara,  von  welcher  die  Hromundar  saga  c.  6 
meldet,  daas  sie  in  schwansgestalt  über  ihm  schwebte  und  durch  ihren  unwider- 
liehlich  nnberlschen  gesang  seine  feinde  lähmte.  Diese  begegnung  nun  scheint 
erhalten  in  den  Strophen  5 — 13.  Zwar  hat  der  samler  und  vielleicht  schon  der 
leite  dichter  sie  anfgefasst  als  begegnung  zwischen  Sigrun  und  dem  Hundingstöter, 
doch  der  name  HainaXl  6  * ,  der  angenommene  name  des  dritten  Helge ,  verbietet 
diese  beiiebnng.  Nach  dieser  anffassung  wird  10^  H^mingr  konongr  und  13®  Half- 
imar  mar  zu  lesen  sein,  lezteres  in  Übereinstimmung  mit  Vigfusson  nach  dem 
fiottiachen  schlnss  der  Helgakvipa  Hund.  U,  Über  Sigmtmdar  bur  12^  s.  oben.  — 
Den  verlorenen  schluss  der  Karuljop  zu  vermuten  ermöglicht  der  bericht  der  Hrö- 
mimdar  saga  c.  7 ,  dass  Helge  im  kämpfe  wider  Hromund  das  schwort  zu  hoch 
uhwingt  and  seine  schirmende  walkyrie  totlich  trift.  Da  erkent  er,  dass  sein  heil 
gewichen  ist,  und  Hromund  spaltet  ihm  das  haupt  (vgl.  Beitr.  4,  203). 

Auf  Vigfussons  kritik  der  Helgakvipa  Hjprvarpssonar  brauche  ich  nicht  näher 
einiogehen.  Die  ausscheidung  der  Hrimgerparmal  (str.  12  —  30)  als  besonderes 
IHedieht  oder  bruchstück  eines  solchen  ist  unzweifelhaft  richtig.  Die  übrigen  stro- 
pJMD  scheint  Vigfusson  als  bruchstücke  ünes  gedichts  zu  betrachten.  Vgl.  dagegen 
Gnindtvig,  üdsigt  over  den  nord.  oldtids  heroiske  digtning,  Kbhv.  1867,  s.  81. 
Beitr.  4,  168.  180  fg.  Edzardi  Germ.  23,  159  fgg.  Die  ausscheidung  der  prosa 
wiikt  hier  besonders  störend,  denn  sie  beruht  zum  grösseren  teile  auf  strophon, 
die  dem  samler  in  ihrer  metrischen  form  nicht  mehr  erinnerlich  waren. 

Yigfnsson  betrachtet  den  Hundingstöter  als  den  ersten,  HJQrvarps  söhn  als 
den  zweiten,  den  Haddingjaskate  als  den  dritten  Helge.  Aus  welchem  gründe?  Die 
ffleinnng  des  prosaisten  war  dies  nicht.  Wenn  derselbe  sagt:  Helgi  ök  Sväva  er 
n0  at  fXBri  endrborin,  so  kann  er  nur  meinen,  dass  sie  widergeboren  wurden  in 
Helge  und  Sigrun,  denn  diese  lässt  er  wider  aufleben  in  Helge  und  Eara.  Es  kann 
neh  natürlich  nur  um  die  frage  handeln ,  welchem  holden  der  name  Helge  ursprüng- 
Üeii  zukam.  Der  glaube  von  der  widergeburt  des  einen  paares  in  dem  andern  wurde 
venmlasst  durch  die  gleichartigkeit  des  Inhalts  der  drei  „sagen  von  der  leidcn- 
sehaftlichen  liebe  schöner  valkyrien  und  jugendlicher,  einem  frühen  tode  verfallener 
Itelden.^  Dass  der  anschluss  des  Hartungenmythus  die  trilogie  vollendete,  wird 
durch  die  gewaltsame  anknüpfung,  indem  Helge  an  die  stelle  des  einen  Hartungs 
getreten  ist,  deutlich  genug.  Der  Hundingstöter,  aus  dum  geschlecht  der  Ylfinge, 
aber  scheint  auf  den  namen  Helge  von  haus  aus  geringeren  anspruch  erhoben  zu 
können  als  der  söhn  Hj^rvarps  (Müllenhoffs  Ztschr.  f.  d.  a.  23,  128  a.  1).  Dieser 
ponkt  ist  jedoch  von  untergeordneter  bcdeutung,  denn  es  ist  klar,  dass  die  sage 
Ton  Helge  HJQrvarpsson  ihre  uns  vorliegende  gestalt  erst  erhalten  haben  kann, 
nachdem  Helge  Hundingsbane  an  die  Y^lsungensage  angeknüpft  war  (Beitr.  4,  197  fgg. 
Hüllenhoff  a.  a.  o.  s.  139  fgg.). 

Es  wäre  leicht,  auch  an  anderen  gedichten  die  unhaltbarkeit  von  Vigfussons 
höherer  kritik  aufzuzeigen.  Ich  verweise  den  leser  beispielsweise  auf  die  texte  der 
HaTamal,  der  Grinmismal,  der  V^luspä  (vgl.  Heinzel  a.  a.  o.  s.  54  fgg.)  u.  a. 

Die  gruppierung  der  einzelnen  lieder  des  ersten  bandes  hängt  damit  aufs 
genaaste  zusammen.  Der  „  Helgidichter  ^  ist  uns  unter  den  bänden  in  nichts  zor- 
floseen.  Mit  anderen  geht  es  ebenso.  Die  Lokasenna,  die  Skimismäl,  das  Har- 
Wdslied  nebst  dem  metrisch  reconstruierten  zankgespräch  Fas.  I,  372  schreibt  Vig- 
^<U8on,  wie  wir  bereits  sahen,  einem  dichter  zu,  den  er  den  „Aristophanes  der 
Veetlichen  inseln^  nent  und  als  einen,   vielleicht  etwas  älteren,   Zeitgenossen  des 


120  SYMONS 

„Ilcigidichtcrs''  (also  erste  hälfte  des  X.  Jahrhunderts)  hetrachtet  Er  charakterisiert 
diesen  dichter  (s.  LXVII,  vgl.  s.  101)  als  einen  heiden,  der  in  angezogener  spott- 
lust  stets  mehr  sagt  als  er  wirklich  meint ,  der  Thor  und  Odin  mit  einem  angexwon- 
gcnen  humor  behandelt,  aus  welchem  eher  Sympathie  als  hass  oder  absehen  spricht 
Auf  den  dichter  der  Lokaseuna  passt  diese  Charakteristik  sehr  wol.  Dieser  heid- 
nische freidenkor  schwingt  nicht  die  gcissel  der  satire,  sondern  erzählt  mit  ketze- 
rischcr  kritik  die  chroniquc  scandalcuse  des  nordischen  Olymps.  Aassorlich  betrachtet 
steht  das  Harbardslicd  der  Lokasenna  sehr  nah.  Allein  es  ist  ans  einer  ganz  ande- 
ren grundstimmung  erwachsen,  seine  eigentliche  tendenz  ist  nicht  religiös,  sondern 
social  (Müllenhoff  DA.  Y,  203  fg.).  Der  dichter  des  Harbardsliedes  tlbt  keineswegs 
wie  der  der  Lokasenna  seine  frivole  kritik  an  den  äsen  insgemein,  er  hat  es  aos- 
schlicsslich  auf  Thor,  den  baucmgott  abgesehen  und  stelt  dem  repräsentanten  der 
rohen  kraft  den  abenteuerlichen,  leichtlebigen,  gewanten  freibeuter  gegenüber,  wie 
die  Wikingerzeiten  ihn  gezeitigt  hatten.  Loke  in  ,der  Lokasenna  weicht  allein  Yor 
Thor,  das  Harbardslicd  erreicht  seine  spitze  mit  der  dreisten  abweisung  des  Thor, 
welcher  murrend  abzieht.  In  metrischer  beziclmng  steht  der  regelmässige  y6l»ahattr 
der  Lokasenna  dem  uiiregelmässigen  strophenbau  des  Harbardsliedes,  welches  zwischen 
lj6[)ahattr,  kvipuhättr  und  Stabreim eiider  prosa  schwankt,  aufs  schärfste  gegenüber.* 

Noch  viel  weniger  kann  davon  die  rede  sein,  die  Skirnismäl  demselben  dich- 
ter zuzuweisen  wie  die  I^okasenna  und  das  Harbardslicd.  Für  mehr  als  einen  ein- 
fall  kann  ich  diese  überraschende  behauptung  nicht  halten.  Wer  möchte  wol  dem 
dichter  der  tolkühnen  Lokaf^enna  oder  dem  geistreichen,  aber  verwegenen  yerfauer 
des  Harbardsliedes  jene  innige  liebespoesie  zutrauen,  die  Vigfdsson  selber  (I,  110) 
stellenweise  an  Romeo  und  Julie  gemahnt? 

Vigfiisson  führt  nun  allerdings  —  ausnahmsweise  —  für  seine  „Aristopha- 
nes**-hypothese  einige  parallelismen  des  ausdrucks  in  den  drei  gedichten  an 
(s.  LXVII  anm.).  Prüfen  wir  dieselben.  Zu  Harb.  1  >  hrerr's  [sd]  sveinn  steina 
(und  2 '  hrerr's  [sdj  hirl  hirki)  stelt  er  Skim.  14  ^  hcaVa  pat  hlym  hlyn^ja.  Die 
stellen  sind  aber  nicht  parallel ,  denn  hlym  wäre  dativ ,  ist  aber  von  Bergmann  mit 
recht  ^'estrichen  (vgl.  Zupitza  Ztschr.  f.  d.  phil.  4,  117).  Wirkliche  parallelstellen 
zu  Harb.  1*.  2*  finden  wir  anderwärts:  Gul)r.  I,  1  mir  vask  meyja,  vgL  HyndL  1>. 
—  Yigfusson  fi'ihrt  ferner  an  die  Zusammensetzungen  mit  gamban-  :  gambanre^ 
Skirn.  33  ^  gamhantcinn  Skirn.  32**  '*.  Harb.  20*,  gamhansumbl  Lok.  8*,  aufweiche 
er  bereits  Dict.  188  ^*  die  identität  des  dichters  von  Skim.  und  Lok.  stüzte.  Sodann 
zwei  weitere  parallelen:  Lok.  53 

heill  res[pu]  tm,  Loke,    ok  tak  vip  hrimkalke 

fullom  forns  mjapar 
und  Skim.  37 

Imll  rerpfuj  nü  Mdr,  sveinn,    ok  tak  vip  hrimkalke 

fullom  forns  mjapar, 

sowie  Lok.  60*  =  Harb.  20*  ok  pötteska  pü  pd  porr  vesa. 

Die  zeile  Harb.  26*,  welche  die  strophe  üborfült,  ist,  wie  schon  Bask  uinahm, 

ohne  zweifei  in  der  tradition  falschlich  aus  Lok.  60*  in  die  regelmässige  kvit^uhattr- 

strophe  geraten.    Die  Übereinstimmung  zwischen  Lok.  53  und  Skim.  37  ist  natürlich 

nicht  zufällig.     Dass  ein  dichter  sich  selbst  so  ausschriebe,  ist  aber  recht  nngteub- 

1)  Andererseits  weist  auf  grund  des  metrums  Vigfiisson  dem  dichter  des  Har- 
bardsliedes das  zankgesprüch  zwischen  Ivar  und  Odin  zu  (I,  123).  Wer  kann  aber 
eutächeideu,  wie  stark  die  metrische  form  in  der  prosa -paraph rase  entstelt  iit^ 


ÜBEB  C0BPÜ8  POET.  BOBEALE  121 

lieh.   Nun  ist  za  beachten,   dass  in  der  Lokasenna  mehrfach  anklänge  und  mehr 

all  anklänge  an  ältere  gedicbte  sich  finden.    Gleich  die  erste  strophe  erinnert  an 

SkiriLiO.    Zu  Lok.  11»-^ 

heiler  aser,    heilar  dsynjor 

oh  qü  ffinheilog  goß 

TgL  Sgrdr.  4  »• «.    Zu  Lok.  17 »-  • 

ßege  pü,  Ißtmn!    ßik  kveßk  aUra  kvenna 

vergjarvMSta  vesa 

lUmt,  dcher  nicht  zufällig,  prkv.  13^.  Die  wondung  I^k.  21**  ^  gemahnt  an  Helg. 
HuDdll,  34^**.  Ich  möchte  also  eher  an  eine  bewuste  odor  unbcwuste  rominis- 
eenz  glauben.  —  Das  auftreten  der  composita  mit  gamban-  ist  in  der  tat  merk- 
wüidig.  Doch  wie  viele  alte  Wörter  kommen  nur  in  wenigen  Eddaliedern  noch  vor ! 
Ich  f&rchte,  dass  es  auch  mit  dem  „Aristoi)hanes*'  nichts  ist. 

Ebensowenig  —  um  noch  ein  beispiel  aus  vielen  herauszugreifen  —  kann  ich 
mir  uiter  dem  „  balladendichter  "*  etwas  vorstellen.  Einl.  s.  LXV*fg.  wird  er  als 
indiriduum  behandelt  und  um  900  angesezt.  Dagegen  heisst  es  s.  CXIII  von  die- 
sem namen  wie  von  andern,  es  seien  passende  bezoichnungen  für  verschiedene  dich- 
toogoi  von  gleichem  stil  und  plan  und  aus  derselben  zeit.  Yglundarkvipa,  pryms- 
bi^,  Vegtamskvil)a ,  GrottasQUgr,  Bjarkamäl  und  das  fragment  des  Hildebrands- 
bedea  Fas.  n ,  484  fgg.  werden  dann  diesem  „balladendichter*'  zuerkaut.  Von  pryms- 
hipa  and  Vegtamskvipa  wird  I,  181  mit  entschiedenheit  behauptet,  sie  seien  von 
demselben  Verfasser.  Vermutlich  gründet  sich  diese  behauptung  auf  die  überein- 
stimmenden Zeilen  prkv.  14,  1 — 6.  Vegt.  1,1  —  6.  Sie  können  aber  nur  ersterom 
gedichte  ursprünglich  angehören  (Edzardi  Germ.  24,  58).  Von  ihnen  abgesehen, 
ist  mm  zwischen  beiden  liedern  eine  besondere  ähnlichkoit  nicht  zu  entdecken.  Die 
I^rjmakrilA  ist  eine  wirkliche  bailade,  die  Vegtamskvipa  eine  mythologische  untcr- 
luhong  mit  episch  erzählendem  eingange.  In  der  metrik  sind  grosse  unterschiede 
Bidit  bemerkbar,  doch  s.  Sievers  Proben  s.  30.  33.  In  sprachlicher  hinsieht  möchte 
ifib  bervorheben,  dass  für  die  Vegt.  die  form  vü,  nicht  viHa  in  der  1.  person  sing, 
daitb  den  vers  gefordert  wird:  pik  vük  fregna  8«.  10 2.  12*,  mlk  etinvita  8*.  10*. 
12^  Die  annähme,  dass  der  eingang  (str.  1  —  5?)  der  Vegt.  älter  sei  als  das 
Sbrige,  hat  manches  für  sich.  Bei  der  zusammenfügung  des  vorliegenden  gedichts 
vir  die  alte  anfangsstrophe  wol  vergessen,  und  der  umdichter  half  sich  mit  pryms- 
^•14,  ohne  sich  an  den  abrupten  eingang  zu  stossen,  der  dadurch  herbeigeführt 
VBide.  Dass  der  mythologische  teil  des  gedichtos  nicht  alt  sein  kann  und  wilkür- 
liefae  Züge  bietet,  hat  Jessen  Ztschr.  f.  d.  i>hil.  3,  75  fg.  gezeigt.  Ob  derselbe  frei- 
lich kentnis  der  VQluspa  voraussezt,  scheint  mir  nicht  so  sicher  wie  Jessen  und 
£^di.  Die  strophe  11  der  VogtamskviI)a  gehört  dieser  jedenfals  ursprünglich  an 
«Bd  ist  in  die  VQluspa  32  fg.  erst  interpoliert  (vgl.  MüUenhofT  DA.  V,  112). 

Verfehlt  ist  auch  die  annähme,    dass  Vglundarkvipa  und  prymskripa,    wenn 

>ieb  nicht  demselben  dichter,    so  doch  derselben    zeit  und  derselben  schule  ange- 

lidreii  könten.     Auch  die  einschränkung  s.  LXVI,   die  VQlundarkvi{)a  sei  ein  älteres 

gedieht,  das  eine  Überarbeitung  durch  einen  „be wunderer  des  baUadenstils"  erfahren 

bbe,  mnss  abgelehnt  werden.    Die  Überarbeitung  würde  sich  doch  am  ersten  in 

der  form  zeigen  müssen ,  allein  gerade  in  formeller  hinsieht  erweist  sich  die  VqIuu- 

darkvipa  als  das  älteste  aller  in  kvipuhättr  gedichteten  Eddalieder  und  als  beträcht- 

hek  iUer  als  die  piymskvijia.    Vgl.  Hoffory  GGA.  1885 ,  s.  30  fg.    Aber  auch  sonst 

flBMben  sÜIifltische  und  sprachliche  gründe ,  die  ich  bald  in  anderem  Zusammenhang 

SB  fltMeni  hofTe,   es  höchst   wahrscheinlich,   dass  die  V^lundarkvipa  unter  allen 


122  8TM0NS 

eddischen  beldenliedern  das  älteste  ist.  Wenn  irgend  eines,  so  hätte  dieses  lied 
von  Yigfüsson  unter  die  „ältesten  epischen  gedichte^  (Bnch  I,  §5)  gestelt  werden 
müssen. 

Die  chronologische  anordnung  der  Eddalieder,  wie  Yigfüsson  sie  durchzufah- 
ren gestrebt  hat,  muss  als  ein  verfrühter  und  voreiliger  versuch  gelten.  Eine  kUs- 
sificierung  der  altnordischen  gedichte  kann  überhaupt  nicht  rein  chronologisch,  son- 
dern sie  muss  chronologisch  -  systematisch  sein,  d.  h.  die  zeitlich  nicht  bestimbaren 
sind  den  zeitlich  bestirnten  nach  verwantschaft  von  inhalt  und  form  beizuordnen. 
Im  zweiten  bände  dos  Corpus  ist  das  im  algemeinen  wol  auch  versucht,  doch  wech- 
selt das  princip  der  anordnung  häufig  genug.  Bald  entscheidet  der  Verfasser,  bald 
die  Chronologie^  bald  die  gattung.  Wenn  z.  b.  Sighvsts  dichtungen  sich  an  einer 
stelle  vereinigt  finden  (II,  124  — 150),  so  solte  man  dasselbe  auch  bei  andern  nam- 
haften skaldcn  erwarten.  Einarr  Skülason  steht  aber  z.  b.  an  vier  verschiedenen 
stellen:  II,  252  (drapa  auf  könig  Sigurd  den  kreuzfahrer) ,  11,  267  fgg.  (die  mehr- 
zahl  seiner  dichtungen),  11,  277  fg.  (lausavisur) ,  11,  283  (Geisli). 

Auf  die  ezcurse  näher  einzugehen  muss  ich  mir  versagen,  um  diese  anseige 
nicht  über  gebühr  anzuschwellen.  Doch  möchte  ich  im  algemeinen  auf  eine  cha- 
rakteristische Seite  derselben  hinweisen.  Yigfüsson  zeigt  überall  das  bestreben  die 
altnordische  prosa  und  poosic,  auch  die  skaldendichtung,  aus  ihrer  bisherigen  mehr 
oder  weniger  isolierten  Stellung  herauszulösen  und  sie  der  algemein  germanischen 
einzufügen.  Unleugbar  ist  diese  tendenz  berechtigt  und,  wo  sie  über  das  siel 
hinausschiesst,  ist  der  versuch  doch  nicht  ohne  Interesse.  Im  dritten  ezcors  des 
zweiten  bandes  (II,  501  fgg.)  trachtet  Yigfüsson  in  den  Islendinga  sQgnr  sparen 
altgermanischer  heldenliedcr  aufzudecken.  Zu  Grettir  und  Beöwulf  vgl.  schon  ProL 
zu  Sturl.  und  Gering  Anglia  3,  74  fgg.  Die  neu  beigebrachten  parallelen  haben 
nicht  dieselbe  überzeugende  kraft.  Der  träum  porsteins  in  der  Gunnlaugs  ssga^ 
c.  2  und  seine  erfüllung  im   lezten  tötlichon  kämpfe  Gunnlaugs  und   Hrafns  c  1& 

erinnert  Yigfüsson  an  die  Walthariussago  in  der  fassung  des  Chronicon  Novaliciettse 

Allein  die  ähnlichkoit  läge  in  der  lücke  der  Überlieferung:   s.  Heinzel  a.  a.  o.  s.  69 
fg.  —  Ebenso  verhält  es  sich  mit  der  angenommenen  parallele  zwischen  dem  aben — 
teuer  des  jungen  porsteinn   in   der  Yatnsdasla  und  dem  was  Paulus  Diaconus  E^  , 
c.  23  fgg.  von  Alboin  erzählt.    Wo  die  ähnlichkeit  anfangen  müste  —  nimtYigfW' 
son  eine  lücke  in  der  paraphrase  des  langobardischen  liedes  an.  —   Dass  anf  histi»-* 
rische  figuren  verbreitete  sagenzüge  übertragen  wären,   wie  Yigfüsson  n.  a.  anninx^ 
von  Guprün,   Ejartan  und  Belli  der  Laxdasla   (Cpb.  II,  506  fg.),   ist  an  sieh  wol 
denkbar.    Zuviel  aber  möchte  ich  auf  solche  motive,   die  an  verschiedenen  stelloB 
in  verschiedenem  zusammenhange  imd  verschiedener  ausführung  widerkebren,  nicit 
geben.    Wenn  die  Gudrun  der  Lazdsela  ihre  söhne  dazu   antreibt,   den   vater  sn 
rächen,  so  kann  ich  an  sich  in  diesem  ulgemein  menschlichen  und  also  auch  poeti- 
schen motive  kein  „deutliches  echo"  der  Hampisniäl  anerkennen.    Und  ebensowenig 
will  es  mir  in  den  sinn,   dass  die  schönen  worte  der  Guprün  in  ihrem  gespr&clM   : 
mit  ihrem  lieblingssohne  Belli  am  schluss  der  saga  „^etm  var  ek  verst  er  ek  wnm  | 
mesi'^  ein  nachklang  sein  sollen  von  Gudruns  klagen  umSvanhild,  Sigurd  und  ihn 
brüder   (Gupr.  hv.  16  fg.).     Doch  muss  man  dankbar  sein  für  die  anregung,  wie 
denn  überhaupt  alle  cxcurse  weniger  reinliche  ergebnisse  der  forsdiong  als  geisi* 
volle  und  anregende  aper^us  bieten. 

Auch  in  dem  ausführlichen  metrischen  ezcurse  (I,  432^458)  stelt  sich  Y%^ 
füsson  auf  gemeingermanischen  Standpunkt  Auf  seine  metrischen  thfioriflii  Ite 
einzugehen  liegt  mir  fem.    Mit  seinen  yorg&ngem  sozt  sich  Yigfamaa  anek  Uv  ; 


ÜBER  COBPÜS  POET.  BOBBALE  123 

nieht  aaseioander.    Die  arbeiten  von  Sievers  sind  ihm  allerdings   bekant,   wie  sich 
MS  dem  bitterbosen  aasfall  s.  432  fg.  ergibt.    Die  ansieht,    dass  die  an.  mctra  anf 
festen  bestimm ungon  über  die  silbenzahl  beruhen,   ist  Yigfüsson  ein  dorn  im  ango, 
«in  Yerhangnisvoller  irtum ,  eine  ^baseless  fancy/     Seine  rechtfertigung  hat  Sievers 
wlbst  übernommen  (Beitr.  10,  209  fgg.)-   ^&s  andere ,  namentlich  Jessen  und  Bugge, 
vor  Sieverg  für  die  erkontnis  der  gesetze  der  altnordiäcben  mctrik  getan  haben ,  sei 
dankbar  anerkant.    Erst  Sievers  aber  hat  uns  gelehrt  die  skaldenmetra  zu  skandie- 
ren.   Und ,  wenn  er  im  ersten  entdcckungseifer  die  volkstümlichen  metra  zu  media- 
iiiseb  behandelte  und  die  natürliche  wort-  resp.  Satzbetonung  za  sehr  vemachläs- 
ngte,  so  hat  er  durch  seine  neuesten  Untersuchungen  diesen  fehler  selbst  gehoben 
nnd  den  beweis  geliefert,  dass  das  viersilblerschema  der  kvipuhattr-  (und  wol  auch 
der  dröttkvett  -)  kurzzeile  mit  der  natürlichen  betonung  nirgends  unvereinbar  ist. 
Sr  kat  endlich  einen  ersten  anfang  dazu  gemacht,  den  inneren  Zusammenhang  zwi- 
schen der  altnordischen  und  westgermanischen  allitterationszeile  aufzudecken.    Sie- 
ven  metrische  arbeiten  >  werden  allezeit  ihre   geltung  behalten  als   die  gruudiage 
Ar  eine  wissenschaftliche  goschichto  der  cntwickclung  der  nordischen  motrik.    Dies 
Bodi  einmal  ausdrücklich  zu  betonen ,    schien  nicht  bloss  Vigfusson ,    sondern  auch 
anderen  skandinavischen  gelehrten  gegenüber,*  angemessen. 

Von  K.  Gislasons  metrischen  Untersuchungen  „om  helrim**  ist  bei  Yigfüsson 
Dirgends  die  rede.  K.  Hildebrands  erörterungen  über  die  Verstellung  in  den  Edda- 
liedern (Ztschr.  f.  d.  phil.,  ergänzungsband  s.  74  fgg.)  bleiben  unberücksichtigt. 
E.  Jessens  regel,  dass  die  vorlozto  silbe  im  drottkvstt  lang  sein  müsse«  wird  nicht 
enrilmt,  wol  dagegen  Bugges  regel  über  den  versausgang  im  Ijopaliattr  (s.  439  fg.). 
Sonst  finde  ich  nur  in  der  cinl.  s.  CXIX  anm.  1  die  arLoit  Edzardis  Beitr.  5,  570  fgg. 
fiber  die  skaldischen  versmasse  in  ihrem  Verhältnis  zur  altirischen  verskunst,  nnd 
nar  mit  beifall ,  angeführt.  Auffallender  scheint ,  dass  Yigfüsson  auch  nirgends 
einen  versuch  macht,  sich  mit  Snorres  Hättiital  auseinanderzusetzen.  Das  bleibt 
uffidlend,  auch  wenn  er  es  ausdrücklich  und  mit  recht  ablohnt,  von  demselben  als 
Imus  auszugehen ,  was  übrigens  auch  Sievers  nicht  getan  hat,  wie  man  nach  dem 
tthnb  von  Yigfüssons  metrischem  ezcurse  glauben  könte. 

Wenn  Yigfüsson  den  ans))ruch  erhebt,   von  der  altgermanischen  metrik  aus- 

ngefaen,   so  mnss  bemerkt  werden,  dass  er  weder  von  der  westgermanischen  vers- 

kinst  noch  von  der  litteratur  über  dieselbe  eine  leidlich  eingeliende  kentnis  besizt. 

^  inag  genügen  auf  die  beispiele  s.  430  fg.  zu  vorweisen ,  wo  u.  a.  verse  aus  dem 

Heiland  nnd  den  Merseburger  Sprüchen    —    und  in  was  für  einem  texte!   —   unter 

Hüdebrandslicd  und  Wessobninner  gebet  aufgeführt  worden.    Die  bohauptung  s.  439, 

dass  die  form  des  ^'opahattr  —  malaliattr  möchte  Yigfüsson  sie  nennen  —  niemals 

io  der  ags.  poesie  oder  in  Deutscliland  entdeckt  sei ,  hätte  doch  einer  einschränkung 

bedurft:  vgl,  Müllenhoff  de  carm.  Wessofoutano  s.  17.    Denkm.«  278  fg.    Beachtung 

bitte  auch  die  ansieht  verdient,  dass  sich  im  ersten  Merseburger  Zauberspruch  eine 

1)  Beitr.  5,  449  fgg.  6,  266  fgg,  8,  54  (gg.  10,  209  fgg.  451  fgg.  (loztere 
abhandlang  noch  nicht  erschienen).  Proben  einer  metrischen  berstellung  der  Eddalie- 
der.    Halle  1885  (abdruck  aus  dem  Tübinger  märzprograrom). 

S)    So  verweist  K.  Gislason  Njdla  II,  542  anm.  allerdings  einmal  auf  die  „ver- 
diABaÜielie  skaldenmetrik"  von  Siorers,  insofern  sie  ibn  auf  Jessen  aufmerksam  gemacht 
if   nieht  aber  ebd.  s.  845  und  433 ,    wo   die   beispiclsamlungen   überhaupt  erst  auf 
▼OB  Sievers  nntersachungen  möglich  waren. 


124  STM0N8 

Spur  des  drottkvstt  auf  deutschem  boden  finde   (E.  v.  d.  Bocke  Ztschr.  f.  d.  a.  23, 
406  f gg. )f  ^^^  ansieht,  die  allerdings  schwerlich  viele  anhänger  finden  wird. 

Als  einheit  betrachtet  Vigfässon  die  langzeile,  und  das  ist  ja  f&r  das  fomyr- 
[»islag  unzweifelhaft  richtig,  wie  schon  Jacob  Grimm  am  ende  seiner  vorrede  in 
Andreas  und  Elene  schön  und  treffend  entwickelt  hat.  Die  einheit  der  langseile 
wird  auch  durch  Sie  vors  ontdockungen  nicht,  wie  man  wol  gemeint  hat,  widerlegt» 
sondern  im  gegonteil  gestüzt,  da  die  erste  halfte  keineswegs  ganz  so  wie  die  sweite 
gebaut  ist.  Bedenklicher  ist,  dass  Vigfüsson  auch  die  skaldischen  metra  in  lang- 
zeilen  druckt  Ich  will  nicht  bestreiten,  dass  ursprünglich  auch  der  drottkviettven 
als  langzeile  gemeint  worden  sei,  doch  die  ansieht  der  „oonrt-metrists'',  der  zufolge 
die  kurzzoilo  als  viauarp  gilt,  wird  für  die  skaldenmetrik  wol  massgebend  bleiben 
müssen.  Unter  allen  umständen  bleibt  aber  erwünscht,  dass  die  c&snr  kentlich 
gemacht  werde,  im  drottkvrott  wie  im  fomjrpislag. 

Vigfüsson  hat  aber  speciell  bei  den  dichtungon  in  kvipuhättr*  noch  eine 
andere  neuerung  eingeführt,  bei  der  ich  endlich  noch  einen  angonblick  verweilen 
möchte.  Er  leugnet  die  strophische  gliederung  der  epischen  Eddalieder  and  dniekt 
sie  dieser  ansieht  gemäss  nicht  strophisch,  sondern  stichisch.  Seine  gründe  sind 
ziemlich  algem einer  natur.  „In  der  einen  ausgäbe  nach  der  andern **,  heisst  es 
s.  433,  „sind  die  unglücklichen  Eddalieder  in  Strophen  gezwängt  worden,  nütginz* 
lieber  nichtachtung  des  flusscs  der  dichtungen  selbst,  sowie  der  parallelen  alteng- 
lischen und  altdeutschen  dichtungen,  und  trotz  der  furchtbaren  wunden,  welche 
die  systematische  anwendung  dieser  theorie  so  edlen  werken  wie  der  Y^luspa  und 
den  Helgiliedem  schlagen  würde.**  Er  macht  sodann  darauf  aufmerksam,  dass  maa 
viel  kostbare  zeit  auf  diese  „chimaere**  verschwendet  habe ,  indem  man  in  dem  plu 
oder  minus  der  überlieferten  Strophe  von  vier  langzcilon  ein  kriterinm  gegen  ihre 
Integrität  zu  finden  glaubte.  Es  ist  klar,  dass  diese  bemerkungen  nichts  entschei- 
den. Die  üborlicforuug  wird  auch  hier  wider  in  souverainer  freiheit  anbeaehtet 
gelassen.  Wie  Vigfüsson  hat  sich  übrigens  bereits  Holtzmann:  Die  ältere  Edda 
1875,  8.  l(j  geäussert.  Die  ansieht  hatte  viel  ansprechendes,  auch  für  mich,  nnd  wie 
ich  weiss,  auch  für  andere.    Dennoch,  glaube  ich,  ist  sie  unhaltbar. 

Dass  in  den  handschriften  der  Eddalioder  —  um  mich  auf  diese  zu  beschrän- 
ken —  die  strophische  gliederung  bei  den  epischen  wie  bei  den  dialogischen  liedem 
durchgeführt  ist,  lässt  sich  u.  a.  bei  Bugge  s.  II  ersehen.  In  R  and  offenbar  aoeh 
in  anderen  handschriften  wird  der  anfang  einer  neuen  strophe  darch  einen  groeaen 
anfangsbuchstaben  bezeichnet,  welcher,  wenn  er  der  erste  buchstabe  in  der  seile 
ist,  gerne  ein  wenig  vorgerückt  wird.  Das  ende  der  strophe  wird  gewöhnlich  dorch 
einen  punkt  bezeichnet,  wie  auch  häufig  das  ende  der  halbstrophe.  Nun  ist  diese 
strophenteilung  nicht  vom  scbreiber  des  Rogius  eingeführt,  sondern  trea  aas  seiner 
vorläge  herübergenommen.  Dies  ergibt  sich  aus  einer  vergleichung  des  textes  der 
Hymiskvif»a'  nach  R  uud  A.  Die  strophenteilung  ist  in  beiden  handschriften  vol- 
ständig  dieselbe  (nach  Bugges  angaben,  die  zutrauen  einflössen),  auch  da,  wo 

1)    Die  auseinandersetzungcn  von  Möbius  Arkiv  I,  288  fgg.  über   die  aosdrack 
foniyrßithff^   krißuhdttr^  Ijoßafnittr  halte  ich  i^'ar  für  durchaus  unanfeehtbar;    ich 
aber   doch  keine  mö^lichkeit   von  der    geläufigen  bezcichnung  der  bloss  stabreimend 
venart  überhaupt  als  fomyrßhlag  uud  der  acht-  rcsp.  vierzeiligen  epischen  strophe 
kvifiHÄättr  zu  lassen,  bis  man  uns  richtigere  und  gleich  bequeme  an  ihrer  stelle 

S)  Bekantlich  ist  Hymiskvijia  das  einzige  gedieht  in  kvij^uhättr,  wekhea 
in  R  und  A  volständig  erhalten  ist. 


l 


ÖBEB  00BPÜ8  I»OET.  BOREALE  125 

entscfaieden  nnriGhtig  ist,  hat  also  in  ihrer  überlieferten  form  bereits  dem  arcbety- 
pu  Ton  RA  angehört.  Die  „strophisierung^  wäre  also  jedonfals  alt.  In  der  Snorra 
Eddt;  VQlsnnga  saga  nsw.  stirat  die  teilung  der  angeführten  strophen  und  halb- 
strophen  durchweg  mit  der  des  Regius  überein.  Aber  auch  die  strophen  und  halb- 
ikroph«n,  welche  sich  nur  in  der  VqIs.  finden  (Bugge  Fomkv.  s.  336  fg.)  sind  regel- 
Biuig  Tier-  resp.  zweizeilig.^  Einen  weiteren  beweis,  dass  wenigstens-  im  XIII. 
jahiiiQndert  auch  die  dichtung  im  fomyrpislag  strophisch  geübt  wurde,  bietet» 
wonnf  mich  herr  prof.  Möbius  aufmerksam  gemacht  hat ,  Snorres  Hattatal  in  den 
itophen  95  fgg.  Es  wird  zugleich  durch  diese  strophen  bewiesen ,  dass  das  fomyr- 
lulig  damals  auch  kurzzeilig  geübt  wurde,  denn  Snorre  hätte  sonst  in  denselben 
m  halbstrophen  gegeben,  den  ganzen  strophen  1  —  94  gegenüber. 

Behauptet  man  für  die  altnordischen  kvipuhättr  -  lieder  unstrophische  form, 
M  hon  das  demnach  nur  besagen  wollen,  dass  die  seit  dem  X.  oder  gar  schon  seit 
im  H.  Jahrhundert  herschende  achtzeilige  strophe  des  alüblichen  dröttkvtett  auf 
die  txidilion,  zunächst  die  mündliche,  dann  die  schriftliche,  der  alten  epischen 
lieder  umgestaltend  eingewirkt  habe.  In  einer  zeit ,  wo  alles  nur  strophisch  gedacht 
md  gedichtet  wurde,  wo  strophische  gliederung  gleich  dem  Stabreim  als  eine  con- 
ditio sine  qua  non  für  alle  poesie  galt,  dachte  und  reconstaruierte  man  auch  die 
alte  dichtung  strophisch.  Möglich  ist  diese  annähme  gewiss,  aber  auch  wahr- 
Mfaeinlioh? 

Die  Überlieferung  der  Eddalioder  spricht  nur  scheinbar  für  sie.  Betrachten 
wir  einige  der  jüngeren.*  Die  Gripisspa  zerfalt  ohne  jegliche  änderung  in  53  x  4 
hagzeilen,  d.  h.  in  53  vierzeilige  strophen,  welche  nach  einer  einleitung  (1 — 6) 
ngelmässig  zwischen  Gripir  und  Sigurd  verteilt  sind,  nur  dass  am  Schlüsse  der 
entere  einmal  zwei  strophen  (51.  52)  spricht.  Yigfüsson  scheint  hier  (I,  2B5)  die 
fregdar  four-lined  stanzas"  anzuerkennen,  druckt  das  lied  aber  unstrophisch.  — 
Die  Yegtamskripa ,  richtig  abgeteilt,  besteht  aus  14  x  4  =  56  langzeilen.  In  der 
kiiidschrift  ist  die  strophenteilung  diese:  1.  2  +  3i-*.  3»-»  +  4>-*.  4»-"  + 
61-4.  55-8.  6  ^  7.  8.  9.  10.  11.  12.  18.  14.  Es  ist  also  zweimal  falsch  abgeteüt, 
vod  einmal  die  bezeichnung  der  neuen  strophe  vergossen.  Lücken  sind  nicht  wahr- 
lehmbar:  das  lied  erscheint  als  die  neubearbeitung  eines  älteren  (oben  s.  123).  — 
Die  6ulir6narkvit»a  I  hat  17  regelmässige  vierzeilige  strophen;  in  3  strophen  (4.  17. 
18)  steht  die  einführung  der  sprechenden  (pä  hvdp  pctt  Gjaflaug,  Gjuka  sysUr  usw.) 
offenbar  ausserhalb  der  visa;  daneben  kommen  5  dreiteilige  strophen  (5.  7.  11.  15. 
25)  TOT ,  die  eine  besondere  kunstform  zu  bezeichnen  scheinen ;  dann  bleiben  noch 
2itrophen  übrig  (21.  24),  die  über  das  normale  mass  hinausragen,  doch  sicher  erst 
n  der  tradition  ausgeweitet  sind.'  —  Die  Hymiskvijia  zeigt  nach  dem  überein- 
itimmenden  texte  von  BA  bloss  an  fünf  stellen  eine  ab  weichung  von  der  vierzei- 
%ea  strophe.  Von  diesen  kommen  die  dreizeilige  strophe  26  und  die  fänfzeilige  27 
Mfort  in  abzug,  da  auch  der  sinn  die  Verbindung  von  27^— >®  mit  26  fordert  (Grundt- 
^•194*):  26  +  27»*  »*>  und  27*—»  bilden  dann  zwei  vierzeilige  strophen.    Die 

1)  Die  Strophe  in  c.  30  (B.  166,  19  fgg.)  ist  bekantüch  verderbt,  vgl.  Brot  af 
%4.  —  Die  nur  in  der  Sn.  £.  vorkommenden  strophen  ans  alten  mythischen  liedem 
^  Btist  in  Ijö^ahdttr. 

S)  Ich  eitlere  nach  Bugges  strophenteilung. 

8)  Streiche  21,  9.  10  und  24,  11.  12.  Leztere  strophe  wird  dann  aohtseilig, 
^  der  tnfimgsieile  fä  kvaß  fat  Oollrqnd,  OJ^a  dötter.    Vgl.  dazu  Chrundtvig  Edda« 


126  ST1I05S 

beiden  unmittelbar  Toifaergebenden  Strophen  24.  25  bilden  in  den  handschriften  eine 
secbszeilige  strophe.  Es  wird  aber  dorch  die  vergleichnng  von  Sn.  E.  I,  170'  deat- 
lieh,  dasä  nach  24^  etwas  fehlt,  und  Termutlieh  ist  dasselbe  vor  25 >  der  falL  Die 
Zeilen  10*—*  +  H  bilden  in  den  handschriften  eine  siebenzeilige  strophe.  Streicht 
man  mit  Gruudtrig  11^  *,  so  erhiUt  man  zwei  regelmässige  Strophen:  10.  11'—^. 
*  — >*.  Dass  endlich  nach  36*  eine  langzeile  fehlt ,  ist  gewiss  keine  gewagte  annähme. 

Bei  den  älteren  kvif»uhättr-liedem  ist  wegen  der  oft  lückenhaften  und  ebenso 
oft  überladenen  Überlieferung  der  nachweis  der  strophischen  gliederung  schwieliger. 
Unleugbar  ist  aber,  dass  abweichungen  Tom  Tierzeiligen  strophenmasse  in  denselben 
Tielfach  zusammentreffen  mit  kritischen  bedenken  anderer  art    Ich  begnüge  mieh 
einstweilen  mit  einem  hinweise  auf  zwei  lieder,  die  der  zweiten  hSlfte  des  X.  Jahr- 
hunderts angehuren  werden.    Das  jüngere,   die  Ti>luspa,    zerfalt  nach  Müllenhofii 
einschneidender  kritik  in  50  lierzeilige  Strophen:   die  Überlieferung  ist  nur  an  f&of 
stellen  gestört   (MüUenhoff  str.  16.   21.  45.  47.   49*,    Tgl.   dazu  DA.  T.  lia  lia 
155  fg.  35).    Man  wird  nicht  behaupten  wollen,   dass  die  Ton  MüUenhoff  in  den 
ächten  teilen  des  liedes  verworfenen  leilen  [R  22»*  «  =  H  26  »••".—  B  31»-  ".- 
B  38*-  *  =  H  35*-  •.   —    R  44  '    »•  =  H37  "*  •.  33»-*]   bloss  des  stropbenbanei 
wegen  athetiert  sind:  sie  müssten  auch  in  einem  unstrophischen  gedichte  notwendig 
ausgemerzt  weiden.    Fraglich   kann   meiner  ansieht  nach  nur  die  herstellung  der 
stzvphen  39.  40  Mb.  sein,   die  aber  auf  die  algemeine  gliederung  des  liedes  ohM 
einflnss  ist. 

Die  prTmskril«,  das  altere,  zeigt  gleichfals  an  Terschiedenen  stellen,  weldie 
auch  sonst  bedenklich  sind,  abweichungen  vom  regelmässigen  strophenmasse.  DahiB 
rechne  ich  (TgL  Taalk.  Bijdr.  EL  304  fgg.>  die  metrisch  und  im  Zusammenhang  ent- 
behrlichen Zeilen:   5**  *  und  9*"  *   (li<^  mit  Grundtrig  imj  ffr  MNaN  hcam  iq/i^ 
kwma  i«sp.  OM  garpa).  6*-  *.  29**  »*.    Die  erste  halbstrophe  zu  4  und  zu  19  fehlt 
vermutlich.    An  anderen  stellen  dieses  liedos  bieten  aber   die  überlieferte  fünfza- 
ligen  tl3w  24)  und  dreizeiligen  str»phen  (17.  20)  keinen  anstoss.    £s  erhebt  sich  die 
frage,   ob  nicht    in  manchen  Eddaliedern  stn:*phen  von   ungleicher  länge  Ton  hMX» 
aus  abwechselten,   ähnlieh*  wie  im  deutschen  Lcdwigsliede ,   der  Samariterin,    dem 
Georgsliede  und  dem  sogenanten  ,I>e  Heinrico'^  ^Denkm.*  nr.  XI.  X.  XTIL  iVlH 
TgL  s.  297  fg.   3l>4.   327).    Die  nähere  ervrterong  dieser  frage,   die  innerhalb  des 
rahmens  einer  anzeige  zu  viel  räum  beanspruchen  würde.  T<aspare  ich  mir  fftr  eine 
andere  gelegenheit.    loh  mache  nur  noch  für  diesai  bestimtcn  faU  darauf  anfmeik' 
sam,   dass  in  der  prkv.  die  <}rei-  und  fünfzeili^en  strv>phtn  nicht  wahUos  zwischen 
die  Tieneiligen  eingoschoben  scheinen.    Es  ergibt  sich  vielmehr  eine  überlegte  gli^' 
derang.   die  sich  folgendemiassen  veranschaulichen  lässt.   indem  ich  die  normil^* 
atrophen  durch  u,  die  dreizeiligen  durch  6,  die  funfieüigen  durch  c  bezdchne: 
11  o.  —  [c.  —  3«.  —  6.  —  3  o.  —  6.  —  3  o.  —  t]  —  8  a. 

l)  !■  algcaeinea  rerweise  ich  für  die  beuneiluztf  des  TvrhaltÜMCs  der  Uyw^-^^ 
kvi^  tu  dem  in  der  «rzählun^  cer  Grlfa^ianin^  tv«  Ihon  kämpf  mit  der  Midgan^^' 
■eUange  beautn  liede  auf  £«ianü  Genn.  23.  421  fg^.  ud  Mogk  Beitr.  7.  277  fg^  ' 
S)  MilkakoA  ergäuung  der  kalbatroph«  49  [^  U  SS,  fehlt  in  £]  naeh  ^^" 
ist  doch  vol  uniichti|r.  Nicht  hl<MS  rr«<\)f  wrr.  soncera  aaeh  tJt  misar  U^^^ 
anstöMig,  wähzvad  im  d«m  aller\ün|r»  roUtäsdiges  Ter*e  «snr  iUmi 
das  hmm  vciuichtig  scheint»  Ähnlich«  n:ecrische  TvntMM  biete«  die  jängcren  slrop-^ 
der  TcftaHkkvi^  wvie  die  FonpjalUijo^  V^grL  auch  Sicrer»  Beitr.  10,  214 
»22  ans.). 


r  I  tndr  at  Itamre  steht  onsaerlialb  d 


Cbrr  c 

ila  kvam  Öpem  «i 
i  B  iM-ieicIinot  dies. 

Es  »ordlent  ferner  Ijeachtnng,  dass  die  runeniiiaclirift  auf  dem  Rökstein  vier 
mnieiitiängende  Ungz«ilen  im  kvifiuhättr  'entlifilt ,  die  doch  gewiss  als  volstän- 
digt  Tinrefälige  strophc  aiiTgcfasst  ivorden  mltsaen  (vgl.  Bugge,  ToIlmiDg  dI  raoc- 
fndikr.  pS  ßflkBtonen  8.48.  W  fgg.  Hoffory  GGA,  1885.  3,  23  fgg.).  Daijiit  wird 
^'^liou  für  die  gienzscheide  dea  IX.  und  X.  jahrbondert«  HtrophiBchc  glioderung  des 
tv-i)inbjittT  w&brsobeinlicb.  also  go  früh,  dass  Ton  einem  einflusHe  des  strophtsehnn 
'  1  rcttliriBlt  noeh  nicht  die  rede  sein  kann. 

Eiuc  Iteob  ach  taug  nlgemeincrcr  art  heatätigt  dieses  aus  der  liberlicfernuK 
^owouDcnc  niBultat.  Man  darf  annehnien,  das»  dn  teit.  der  mit  solchar  leirhtig- 
kisitDod  natürlicbkeit  in  itrephiache  gebilde  zerfält  wie  der  der  Eddalieder,  Ton 
Via.iu  aas  stropUiacb  gemeint  sein  mnes.  Der  unterachied  von  den  weatgetiim- 
nischcn  ppen  ist  aagenHillig.  Jeder  durcbgoftthrte  Terauch,  selbat  kleinere  gedicbto 
•v-i«  Jis  Hildebrandslicd  oder  den  ags,  W.iidore  in  atrophen  zn  zerlegen,  mosB  aehei- 
'  «^-Yn.  Der  scharfsinnige  und  gelehrte,  aber  wol  algcindn  in  seinen  reanltaten  ver- 
I '  rteiite  versnob  in  dieser  ricbtung  von  H.  Müller  (Das  iio.  volkaepos  iu  der  urs|iriing- 
licticD  Etrophiaeben  form,  Kiel  1883)  kana  ala  probe  gelten.  In  den  epischen 
j^odichten  der  Edda  herscht  das  betrebou,  in  vierzciligeu  abaätzen  die  erEählong 
vonntmgen,  in  ganz  anderer  aasdehnung,  wie  in  den  restcn  des  ags.  volkaepos 
<  *"lgL  ileaniel  Änz.  f.  d.  a.  10,  216),  in  einer  aosdehnang,  daaa  wir  selbst  bei  nnatro- 
t>)ii«<;b.<r  ülteili«fernng  die  grundlago  strepliischer  compositionen  auKnnehmon  genö- 
tißt  wrirwi.  Und  die  gliodening  geht  noch  weiter.  Denn  es  harscht  ferner  <las 
"nuiiii-drue  bestreben,  welches  im  ljÜ[)ahättr  und  im  dröttkvmtt  gesetitmässig  wird, 
^i«  iistbatrophen  durch  die  stärkste  interpunction  von  einander  abzuheben.  Die  kvi- 
(»ukiittr- Strophen  zerfallen  durchweg,  soweit  die  überlieterung  nicht  gestört  ist,  in 
x-Wf)  «jntactisch  getrente  hälften. '  Ton  den  vierzeiligen  slropben  der  prymBkri[>a, 
Qn  bei  diosetn  beispielc  zu  bleiben,  veratöaat  gegen  die  regel  nnr  str.  2,  wo  die 
Zweite  ttropbenhälfte  sich  als  relativsatz  auf  die  erste  bezieht.  Auch  dieao  eigen- 
^■talichkeit  sezt  atcopliische  gliederung  voraua ,  ebenso  das  stef  der  Tqlnspd. 

Die  hier  nicht  abschliesacDd ,  sandom  nur  andeutend  beaprochonu  frage  wird 
ilwer  entscheidnng  näher  geführt  werden  durch  einen  diplomatischen  abdmck  des 
«od«i  [{«mpna,  desaen  notwendigkeit  VigfussoD  mit  recht  s.  XLII  hervorhebt  nnd  die 
l^srtiue  seines  bnehes  widerholt  bestätigt.  Dom  atudium  der  wichtigsten  urkande 
<3u  germanischen  lieidentunia  hätte  schon  langst  die  unentbehrliche  grundlage 
ffCHhafien  werden  sollen .  welche  man  dem  Beowulf  nnd  der  Chanson  de  Roland 
i)ii:tit  vorenthält.    Damit  soll  Bnggca  Kddaausgabe  nicht  zu  nahe  getreten  werden : 

»*i<  «ifd  schon  dadurch,  daas  sie  die  handschriftliche  liberliefernng  mit  getreuer 
voliUnüigkeit  bietet,  die  grundli^o  fUr  alle  nachfolgenden  bleiben,  aUein  eine 
<%lotDatische  ausgäbe  ist  neben  ibr  ein  bedQrfnis.  Vielleicht  findet  dieser  stuss- 
■ttber  eines  berausgohers ,  dem  unter  der  arbeit  manclimal  d.is  alte  wart  einfalt: 
■in  enivia  bomini  contingit  adire  Corinthnm",  im  norden  einen  Widerhall. 
Gin  zntammenfasaendes  urteil  über  dos  Corpus  poeticum  borealc  ist  nach 
™i  gleich  m  nnfang  dieser  anzeige  bemerkten  überlläaMg.  Dass  Vigfüsaoos  werk 
nicbt  die  grimdlngc  unserer  weiteren  forschung  abgaben,  daaa  es  nnr  mit  der  gröas- 
b  uniicht  nnd  kritik  benttit  wcr<len  kann,    crbelt  ans  den  vomtebenden  wel  zur 


128  HOLSTEIN,  ZU  IFFLAND 

genüge.  Ein  wirkliches  Corpus  der  altnordischen  dichtang  müste  sich  auf  dem 
sicheren  gmndo  der  handschriftlich on  überliefemng  erheben  und  überall,  wo  Vig^ 
fusson  sich  mit  nnmethodischon  einfallen  und  geistreichen  aper^ns  begnügt,  die 
ergebnisse  der  philologischen  arbeit  an  deren  stelle  setzen.  Ich  habe  im  voratehen- 
den  auf  diesen  empfindlichsten,  alle  Vorzüge  des  Werkes  trübenden  mangel  den 
hauptnachdnick  legen  wollen.  Hier  aber  ziemt  es  sich  noch  einmal  dankbar  her- 
vorzuheben, dass  Vigfüsson  durch  die  fQUo  von  anregung,  die  er  im  verlaufe  seine« 
buches  aus  dem  reichen  schätze  seiner  kentnisse  spendet,  durch  gelungene  beeee- 
rungen,  feinsinnige  Übersetzungen,  scharfsinnige  combinationen ,  ja  bereits  durch 
die  zusammenhängende  Vorführung  des  stoiTes,  unsere  einsieht  in  die  entwickelnng 
der  altnordischen  poesie  wesentlich  gefordert  und  viele  sich  darbietende  fragen 
zwar  nicht  gelöst,  aber  ihrer  lösung  näher  geführt  hat  Fast  liosso  sich  auf  den 
herausgober  des  Corpus  pooticum  boreale  das  wort  anwenden,  das  Goethe  einmal 
von  Sterne  braucht  (Hcmpel  XIX,  115),  er  sei  in  nichts  ein  muster  und  in  allem 
ein  andeuter  und  orwecker. 

GRONINGEN,   1.   MAI    1885.  B.    STMONB. 


Ein  dmekfehler  bei  Koberstein  lud  Ctorrinns. 

Koberstein  sowol  als  Gervinus  haben  sich  eingehend  mit  A.  W.  Iffland 
beschäftigt  Freilich  von  der  reichen  littoratur,  die  über  diesen  grossen  schanapie- 
1er  und  Schauspiel  dichter  vorhanden  ist,  erfahren  wir  nichts.  Nur  ein  werk  ist 
angegeben,  und  dies  eine  bei  beiden  falsch.  Koberstein  scheint  mir  hierbei  den 
Vorzug  der  priorität  zu  geniessen.  Das  buch,  das  beide  anfuhren,  hat  nicht  Den* 
necker,  sondern  Duncker  zum  Verfasser.  Es  erschien  unter  folgendem  tatel: 
Duncker,  Iffland  und  seine  Schriften  als  Künstler,  Lehrer  und  Director  der  Ber- 
liner Bühne.  Berlin  1859.  8.  Vgl.  Koberstein  (5.  aufl.)  4,  209  anm.  67  und  Ger- 
vinus (5.  aufl.)  5,  GOO  anm.  131.  Zudem  verdient  das  angezogene  werk,  das  keiner 
der  beiden  litterarhistoriker  in  bänden  gehabt  zu  haben  scheint ,  als  eine  so  her- 
vorragende quelle,  für  die  man  es  nach  dem  vielversprechenden  titel  zu  halten 
berechtigt  ist,  durchaus  nicht  angeführt  zu  werden.  Denn  es  enthält  weder  eine 
lobcnsbeschroibung  Ifflands  noch  eine  Charakteristik  seiner  dramatischen  oder  kftnat- 
lorischen  verdienst«,  sondern  es  ist  nichts  weiter  als  eine  samlung  mehrerer  in  sei* 
non  theater-almanacheu  gedruckter  aufsätze  nebst  einigen  anderen  dramatorgisehen 
arbeiten  und  der  krankhcitsgeschichte  von  Formey.  Das  buch  erschien  1859  zum 
gedächtnis  von  Ifflands  hundertjährigem  geburtstagc  (19.  april)  und  der  horanagebery 
Carl  Duncker ,  der  seit  18(13  bis  zu  Iffhinds  tode  (1814)  das  beglückende  los  seines 
Vertrauens  und  seiner  freundschaft  genossen  hatte,  glaubte  seinem  verewigten  freunde 
in  seinem  buche,  in  dem  ihm  nichts  gehört  als  die  auswahl  und  anordnung  der 
ausgewählten  IfTlandschen  aufsätze,  ein  würdiges  dcnkmal  stiften  zu  sollen. 

QBBSTKMCnDR.  HUGO  HOLSTIDI. 


Uallo  a.  S. ,  Haehitrackeiri  des 


»-'  '—  ■ 


Inhalt. 


I><T  iriÜDiliv  imdi  wellen  uiul  ili>ii  vorba  iirAHerito]irni.'!ii:intin  tu  Aen 
cpon  IlartmonDH  von  Aue.  Von  Dr.  Sylvius  von  Moimlfr- 
berg-MQnrkonau 1 

Per  monoloR  der  Elisalict  (M.RLIV,  10)  und  oln  ausgefallener  mgna- 

log  ßuttinrs.     Von  Gustav  Kertiicr M 

Ober  Künicr  und  verwante  ersrheänmigeu  hi  iler  inilU'llioclideuU(*eB 

lyrik.     Von  U.  Giskc 67 

IFnIcTKUchungon    llbcr   den  altrronzOsiscbon  pn)saroinan   von   TriKian 

lind  Isolde.     Ann  Drakelmanns  uachlass<\  von  U.  Suchi>^r        Kl 


Miscellen   und  l.ittftratnr. 

( 'orpiis  poptirum  tmreale.  Tlie  iMX-lr)  of  tlie  old  norüipm  (onRU*^  - .  odil«l 
cliutfiilied  and  trimslated  witli  introdadion,  excnraus,  and  nolws  by 
Uudbrand  ViKfussun  und  F.  York  l'owcll.  1.  '2;  aniwx.  vnq 
B.  SijmonB.    95. 

Ein  drorkrehtcr  bei  KohoMtcin  und  (icrvinus;  von  Hugo  IIo|8H»ir,   128. 


IM»  tiAtalm  lwfl#  wfrtM  m.  ■.  Mmoii  Zd  dm  Lnrnmu  Amtrf\Mia.  V«i 
Bntiiil'ioKpT  <l.nmnl.  —  Ktn  dmiH'h«  papt^nupi»!  AImoI«.  Vnn  Oviie  KMInr 
hnlMiiV  —  Zar  Ali<>iuuli>r<ac"-  Xnm  rmirinkkllltlliniH,  Am  mlUlmUBnitni  *nn  .1,  O  1 1 
(Dann).  ~-  Pbm  kfmrr  und  TiwwMult«  aiMrttöh"  mM-lmlnnnKm  In  iln  mM.  Ii-iili  i- 
n.  nitkn  fl.lihMkl.  —  Dminm  iiiid  ilniuttll:«  iIm  :(!.  Julirhniidnli,  Vi>n  lli..".  ii.  i 
liAlfliihiirvnl  —  Vnii  WuVi'li  und  d»  dmtnii  vnn  diir  wdtnoiui  lljii(iilr>iii' 
Johwin«  Rtouaw.   V'in  E.  HDptncr  ISoblun),  -  Bnwlutnck»  «ii*  (hM 

'innnwil«  13    Ii     Von  DnilaT  Ksltnwr  ll*fiHM.|  —  D«  IbBuIUt  im.-}. 
tr-  >'»tni   InllnlltT  In  •lim  npm  IlnriiiiinM  i-i>.n  A>u>  iirhlslnl     Vnn  KjItiui.  i  -u    M.  > 
MaBntnniiu    (ItmlKnV   —  MlltJinlJiintMl  >ii*    h>iid«>liilnmi.     Vnn  IL  !■« IpM  Ulli'-' 
(TodlrMn  iln  Kr».    Vo«  Plp»!  iAM"(uil.  -  Pb«  Jto  Mutnldn  img«l  h«  ToHnwo.    V™ 
(ImMhnckV  -   '/t'  UmliwtHW  uwanlainitn.     Von  4.  Itincnrlo  (laiiahnrVl 


.,  BwliiltUEkvni  4»  VTubanhAnou. 


ZEITSCHRIFT 


I 


DEUTSCHE  PHILOLOGIE 


IIERAIISGKGF.IIKS 


Dl.  ERNST  HÖPFNER        „.,.  Da.  JULIUS  ZACHER 


ACHTZEHNTER  BAND 
HEFT  II 


THE 
_LIIEBBA!rD 
■  UEBABlf. 


PHU^U    l>KU    UUIIIIII«NOMI.-«l   OBÜ   WAIHENIIAKI 
1886 


zu  TACITUS   GERMANIA  CAP.  XIII.  XIV. 

Nicht  ohne  zagen  wage  ich  es  die  schon  unzählige  male  behan- 
delte stelle  Ins^ignis  7iobilüas  —  mter  comites  aspict,    die  noch  zulezt 
b«i  Waitz,   Verfassungsgesch.  I*,    283  —  290    die    eingehendste    und 
grfindlichste  erörterung  erfahren  hat,  noch  einmal  zu  besprechen.    Ich 
wage  es  nm* ,  weil  ich  eine  interpretation  vorschlagen  möchte ,  die  mei- 
nes Wissens  überhaupt  noch  nicht  versucht  ist  oder ,   wenn  sie  doch 
scbon  angeregt  sein  solte,  dann  jedesfals  noch  nie  eingehender  begrün- 
det oder  bekanter  geworden  sein  kann. 

Ich  glaube,   dass  alle  wesentlichen  Schwierigkeiten   der  stelle 
schwinden,  wenn  man  folgendermassen  intcrpungiert : 

Insignis  ndbüitas  aut  magna  patrum  merita  principis  dignaiioncm 
etiam  adtdescentidis  assignant:  ceteris  röbustioribus  ac  iam  j)ridein 
probatis  aggregantur.  Nee  i'ubor  inter  comites  aspici:  gradus  quin 
etiam  ipse  comüatus  habet  usw. 

Diese  interpunction ,  wonach  bei  Nee  ruhor  ein  neuer  satz  begint, 
ist  zwar  schon  von  Budolph  Eöpke,^  Anfönge  des  Königthums  bei 
den  Gothen  s.  18  angenommen,  derselbe  folgt  indessen  einer  ganz 
anderen  interpretation  der  stelle,  als  ich  sie  im  folgenden  zu  begrün- 
den versuchen  will. 

Ich  entwickle  zunächst  in  zusammenhängender  darstellung  meine 
anfiEassung  und  gehe  dann  erst  auf  die  begründung  derselben  im  ein- 
zelnen und  die  Widerlegung  der  entgegenstehenden  deutungen  ein. 

Tacitus  hat  in  den  vorhergehenden  capiteln  das  öffentliche  leben 
der  Germanen  in  seiner  militärischen,  sacralen  und  administra- 
tiven gestaltung  geschildert.  Mit  capitel  XIII  geht  er  nun  zu  dem 
über,  was  der  Römer  bei  der  Schilderung  des  politischen^  lebcns  noch 
vermissen  muste,  zu  den  hon  eres;  diese  erörterung  bildet  ganz  uatur- 
gemäSB  die  spitze  und  den  abschluss  des  ganzen.  Und  zwar  begint  er 
mit  dem  eintritt  in  das  politische  leben,  mit  der  dem  römischen 
brauche  der  togao  sumptio  entsprechenden  wehrhaftmachung :  hie  pri- 
mus  iuventae  hofios  sezt  er  hinzu.  Die  carrii^re  des  Germanen  — 
man  verzeihe  mir  den  ausdruck  —  führt  nun  entweder  zum  principat 

1)  Ober  Phillips  vgl.  das  s.  138  anm.  2  gesagte. 

2)  Tgl.  hierzu  auch  den  schluss  derselben  anm. 

BUTSCHBIFT  V.  OEUTSCmS  PmLOLOGIK.      BD.  XVUI.  9 


180  O.   KETTNEB 

oder  zum  coinitat  Um  zum  princeps  gewählt  zu  werden,  dazu  geh< 
loibüSHtftrko  und  sonst  erprobter  wert;  aber  auch  junglinge,  die  di 
Vorzüge  noch  nicht  besitzen  können,  auch  sie  können  doch  schon  ( 
rang  eines  princeps  erlialten  mit  rücksiclit  auf  ihre  edle  geburt  o< 
die  hohen  Verdienste  ihrer  väter.  Eine  niedrigere  stufe  der  hono 
ist  der  comitat,  aber  auch  sie  ist  keineswegs  verächtlich,  vielmi 
finden  im  comitat  selbst  noch  weitere  abstufungen  statt.  Die  princi] 
Htrobon  eifrig  danach ,  möglichst  viele  und  tüchtige  comites  zu  besitzi 
denn  erst  das  macht  ihre  Stellung  zu  einer  wirklich  bedeutend 
erst  das  gibt  ihnen  wahre  dignitas  und  macht. 

So  etwa  stelle  ich  mir   den  gedankengang  der  stelle  vor. 
gehe  nun  zur  erörterung  der  einzelheiten  des  textes  über, 

Inslgiils  iioblUtas  aut  magna  patrum  merita  princi] 
dt^nattonem  [dig;nitateni  Bb.J  etiam  adulescentnlis  assignf 
ausgezeichneter  adel  oder  grosse  Verdienste  der  väter  w 
80n  eines  fürsten  würde  auch  schon  jüngeren  männern 
Die  ausgaben  schwanken  noch  immer  zwischen  dignattofiem  oder  c 
nitatem.  In  der  tat  ist  es  schwer ,  eine  sichere  entscheidung  zu  trefl 
Da  indosson  1)  dignifatem  eigentlich  nur  der  Vaticanus  1861  bi€ 
(denn  der  Leidensis  kann  bekantlich  bei  den  correcturen,  welche  P 
tj\uu8  selbst  und  der  abschreiber  des  codex  vorgenommen  haben,  kc 
selbständige  geltung  beanspruchen") ,  alle  anderen  dagegen  dignatiov 
haben ;^  2)  da  ferner  wol  erklärlich  ist,  wie  aus  dignationem 
absohroiber  das  in  der  classischen  latinität  übliche  dignitatem  mac 
konto,  abt»r  nicht  umgekehrt;  3")  da  endlieh,  wie  sich  am  sehluss  n 
ner  bospn>ohung  zeigini  wird,*  gerade  der  ausdruck  digtuxtionem  € 
ft\r  den  godanken/usammenhang  der  stelle  sehr  charakteristische  nna 
in  die  bedeutuug  von  dignitas  eintöhrt  —  so  glaube  ich  aus  allen  i 
sen  gründen  die  les;irt  digmitionaH  doch  unbedingt  vorziehen  zu  müss 

Was  5odanu  die  luHleutung  des  wertes  betrift,  so  muss  zunäc 
oonsiatiort  wervlen,  dass  es  nur  in  passivem  und  nicht,  woran  Wa 
noch  immer  festhält,  in  aotivem  sinne  {^tcürdigimg  eines  fursten  il 
er  befindet  die  adulesoentuU  tur  würdig,  sie  in  sein  gefolge  aufzuD 
uumO  genommen  worxien  liinn.  Wenn  nämlich,  wie  schon  mehrf 
herYorv^'hoK>n  und  xulert  noch  durch  die  samlung  aller  steUen 
l*o\.  Taoiteum  von  iierbor  und  Orect  «weifellos  festgesteh  ist,  digm 

1>  CWr  de«  lr,?;Ä'hc»  wort  vWr  bJÄ<Ä*Vr  0  v^'aJ-  1MS>  vsri.  O.  Waitz,  d 
BK   *v*  Wtvt  v'  lÄ  *lot  rv^*!  \iJv*   ovhtcr*.*  .iVHx'fer:;«:  *    -«d  rorli^ni  deshalb 


Zu  TAG.   GEBM.    13.    14  131 

bei  Tacitus  niemals^  in  activer  bedeutung  sich  nachweisen  lässt, 
so  ist  es  doch  wol  völlig  ausgeschlossen,  dass  Tacitus  gerade 
hier,  wo  nichts  im  Zusammenhang  den  leser  auf  diese  specielle  bedeu- 
tang  fahren  konte,  das  wort  in  so  ganz  singulärem  sinne  gebraucht 
üabe.  So  hat  denn  u.  a.  0.  ßibbeck*  schon  1867  mit  recht  abschlies- 
.  send  bemerkt  (ßhein.  Mus.  N.  F.  XXII,  158)  dass  die  passive  bedeu- 
tung des  Wortes  durch  den  Sprachgebrauch  des  Tacitus  unumstösslich 
crtoieseti  sei^  wird  kein  strenger  exeget  mehr  bestreiten.  Was  dagegen 
zur  aufrechterhaltung  der  activen  bedeutung  an  dieser  stelle  geltend 
gemacht  werden  könte,  bringt  Baumstark,  Urdeutsche  Staatsalter- 
thümer  s.  601  vor,  nämlich  1)  Germania  26  secundum  dignaiioneni 
habe  dign.  activen,  sinn  oder  könne  ihn  doch  wenigstens  ha- 
ben (!).  Ich  bemerke,  dass  auch  Waitz,  der,  wie  gesagt,  c.  13  dig- 
natio  activ  nimt,  hier  (Verfassgsch.  I^  145,  vgl.  auch  s.  109)  diese 
aaslegung  fiör  „unmöglich"  erklärt!  2)  „rein  sprachlich"  sei  dieser 
gebrauch  des  wortes  der  „berechtigtste."  Für  die  interpretation  komt 
öS  aber  selbstvei-ständlich  nicht  auf  die  bedeutung  an ,  welche  ein  wort 
seiner  ableitung  nach  haben  kann,  sondern  nur  auf  die,  welche  sich 
ifli  Sprachgebrauch  festgesezt  hat!  Worauf  Baumstarks  schlussbemer- 
kung  sich  bezieht:  der  gebrauch  des  wortes  in  dieser  grundbedeutung 
•  -  .  .  ist  so  sehr  in  den  quellen  der  latinität  (??!)  gesichert  ^  dass 
^ne  art  Unverschämtheit  dazu  gehört  j  wenn  jemand  dagegen  einspräche 
ttti^,  verstehe  ich  nicht. 

Die  passive  bedeutung  von  dignatio  ist  ferner  die  einzige,  die 
sich  völlig  ungezwungen  und  natürlich  mit  assignare  =  zuweisen^ 
öntimcn,  zuzeiten,  verbinden  lässt.  Diesen  von  Halm  (Controverse 
stellen  der  Germania  s.  4)  betouten  grund  erkennen  an  G.  Eicht  er 
(Rhein.  Mus.  N. F.  XXIV.  1869  s.  230),  W.  Sickel  (Gesch.  d.  deutschen 
Staatsverfassung  I.  Halle  1879  s.  104  anm.  a)  und  andere.' 

1)  Auch  bei  andern  Schriftstellern  der  kaiserzeit  findet  es  sich  kaum  einige 
**^e  an  „nicht  adäquaten  stellen"  activ  verwendet;  v^.  Halm,  Controverse  Stellen 
^^  Germania  s.  3  des  sop.  -  abdr. 

2)  Scharf  betonen  diesen  sinn  auch  —  worauf  mich  herr  prof.  Zacher  auf- 
merksam macht  —  Leo  Meyer  in  dieser  ztschr.  V,  1874  s.  263  —  265  und  Louis 
^i'hardt ,  Aelteste  germanische  Staatenbildung  (Leipzig  1879)  s.  60.  Lezterer  wSre 
^OQ  seiner  auffassung  des  principats  aus  an  sich  sehr  geneigt,  die  Waitzschc  erklä- 
^i>g  zu  acceptieren,  ist  indessen  doch  unbefangen  genug,  um  zu  erkennen,  es  sei 
^^1l^6gl%ch  ncLch  dem,  was  Waitz  selbst  zugesteht,  dass  fUimlich  dignatio  nie  in 
**^«»wt(ifeiit  sinne  hei  Tacitus  sich  findet,  trozdetn  an  unsrer  stelle  diese  interpre- 
^f^^icn  des  wortes  anzunehmen. 

3)  Auch  Haupt  hat  nach  einer  gütigen  mitteiluug  hcrrn  prof.  Zachors  in 
•einer  Germania -Vorlesung  1855/56  erklärt,  dass  assigtiare  bei  dignatio  in  pass. 
■i^ue  ^ein  verkehrter  ausdmck  wäre." 

9* 


132  O.  KBTTNEB 

Welche  weiteren  Schwierigkeiten  sich  aus  der  annähme  der  tran- 
sitiven bedeutung  für  die  interpretation  der  folgenden  sätze  ergeben, 
werde  ich  s.  133  fgg.,  s.  139  fgg.  ausfuhren. 

Die  anwendungen ,  welche  dignatio  von  jener  intransitiven  grund- 
bedeutung  aus  bei  Tac.  findet,  lassen  sich  etwa  folgendermassen  schei- 
den: ^  1)  zunächst  bezeichnet  es  ganz  algemein  die  gdtung^  das  anse- 
hen z.  b.  Hist.  ni,  80  auxit  invidiam  propria  dignatio  viri.  2)  spe- 
ciell  drückt  es  aus  die  mit  einem  amte  verbundene  rangsteUung,  z.  b. 
Annal.  III,  75  consulatum  ei  acceleraverat  Augustus,  ut  Labeonein 
Antistium  isdem  artibus  praecellentem  dignatione  eins  magistratus 
anteiret.  II,  33  senatus  et  equites  —  sicut  locis  ordinibus  dignatio- 
nibus  antistent  ...  3)  daraus  entwickelt  sich  dann  der  gebrauch ,  dass 
es  den  blossen  rang  auch  ohne  das  wirkliche  amt,  oder  auch  wie  Bib- 
beck  es  ausdrückt  (nur  durfte  er  hierin  nicht  die  ausschliessliche  bedea- 
tung  sehen)  nicht  sowol  eine  reelle  würde  ...  als  die  ideelle  geUung 
der  person  oder  des  namens  bezeichnet.  Am  klarsten  tritt  diese  bedeu- 
tung hervor  Hist.  I,  52  Valens  will  den  Vitellius  zur  empörung  bestim- 
men, indem  er  ihm  vorhält,  Yitellio  tres  patris  consulatus,  censuram« 
coUegium  Caesaris  et  imponere  iam  pridem  imperatoris  dignationeim^ 
et  auferre  privati  securitatem,  d.  h.  doch  unbedingt:  wenn  er  aucl 
faktisch  nur  Privatmann  sei,  so  gelte  er  in  den  äugen  der  leute  gewis 
sermassen  schon  als  Imperator  ^^  sodass  er  dadurch  dem  kaiser  ver 
dächtig  werden  müsse,  also  nicht  mehr  ruhig  als  einfacher  bürge 
leben  könne.  4)  Nur  sehr  selten  bezeichnet  es  die  ehrenstellung  selbs- 
(=  dignitas,  bonos),  wie  z.  b.  Ann.  Xm,  20  Pabius  ßusticus  aucto^^^^ 
est,  scriptos  esse  ad  Caecinam  Tuscum  codicillos,  mandata  ei  praeto  — 
riarum  cohortium  cura,  sed  ope  Senecae  dignationem  Burro  retentan^^^ 
(hier  ist  ßibbecks  erklärung  im  sinne  von  3  durch  den  zusammenband? 
ausgeschlossen). 

Welche  von  diesen  bedeutungen  dignatio  hier  nun  hat,   warucÄ:! 
Tacitus  gerade  diesen  aifcdruck  für  besonders  geeignet  erachten  must^^» 
um  die  Stellung   der  jungen  principes  damit  zu  bezeichnen,    das  wir^^ 
sich  uns  erst  nach  betrachtung  der  ganzen  stelle  und  der  erwäguiB.£' 
des  Zusammenhanges,   in  dem  sie  zu   den  weiteren  ausführungen  d^^ 
capitels  steht,  ergeben.    Vgl.  unten  s.  141  und  besonders  s.  142. 

1)  Vgl.  ausser  Gorber  und  Greef,  die  aber  die  stellen  nicht  scharf  gea-i^ 
sondern^  Leo  Meyer  und  Eibbeck  a.  a.  o.,  gegen  lezteren  Richter  im  nachwort  2D 
seinem  obigen  aufs.  s.  238 ;  beide  fassen  indessen  die  bedeutung  zu  einseitig  auf. 

2)  Richter  a.  a.  o.  bestreitet  diesen  sinn ,  indem  er  selbst  sehr  ungenau  üVicr- 
sezt:  Vitellius  erscheine  zum  kaiserlicJien  amte  berufen.  Dadurch  wird  u.  a.  völlig 
der  gegensatz  zu  privati  securitas  verwischt. 


Zu  TAG.  OKBM.   13.    14  133 

Nach  feststelloüg  der   passiven  bedeutung  von  dignatio,   nach 
/eststellnng  der  tatsache,   dass  man  über  das  schwerwiegende  sprach- 
liche bedenken,    welches  der  annähme  einer  activen  bedeutung  entge- 
genjsteht ,  nur  leicht  hinweggegangen  und  auch  noch  nicht  den  versuch 
gemacht  hat,   es  ernstlich  zu  heben,    fallen  alle  auf  dieser  bedeutung 
fassenden  erklärungen  der  stelle  eigentlich  von  selbst.    Dennoch  will 
ich  wenigstens  die   beiden  hauptsächlichsten  derselben  kurz  erwähnen 
und  hervorheben,  zu  welchen  weiteren  Schwierigkeiten   dieselben  füh- 
ren.   Ich  tue  es  namentlich  deshalb,   weil  die  eine  derselben,   welche 
Waitz  vertritt,    weit  verbreitet  ist,    die  andere,    von   Köpke    vor- 
gebrachte ,  wie  ich  schon  oben  erwähnte ,  dieselbe  interpunction  im  fol- 
genden annehmen   will,    welche   ich  vorschlage,    sodass   es  mir   also 
erwünscht  sein  muss,  gleich  zu  anfang  meine  interpretation  scharf  von 
derselben  abzugrenzen. 

a)  Eöpke,  Anfänge  des  Königthums  s.  17,  bezieht  den  satz  auf  die 
wehrhaftmachung:   ausnahmsweise  könne  der  princeps  den  noch  nicht 
herangereiften  jüngling  unter  die  wirklich  wehrhaften  aufnehmen.   Aber 
es  erscheint  mir  doch  kaum  denkbar,   dass  Tacitus  hier  den  ausdruck 
^ulescentuli  in   gegensatz   zu   den  vorher   genanten   mit  frame   und 
Schwert  bewehrten  iuvenes  gebraucht  habe.    Von  dem  alt  römischen 
Sprachgebrauch  darf  man  dabei  nicht  ausgehen,   weder  auf  adulescen- 
^ulus  noch  auf  iuvenis  lässt  er  sich  hier  irgendwie  anwenden;  Tacitus 
denkt  hier  gerade  bei  iuvenes  an  die  anlegung  der  toga  virilis,  welche 
iJH  15.  oder  auch  16.  jähre  erfolgte,   genau  so  wie  er  dial.  c.  34,    wo 
er  den  in  der  republik  befolgten  brauch  des  deduci  schildert,   welcher 
^ei  dem  e  pueris  egressus  adulescens  sumpta  virili  toga  statfand ,  auch 
*Ht;enis  gebraucht.    Und  wenn  man  diesen  unterschied  hier  auch  zuge- 
gen wolte  —  wie  gross  kann  denn  schliesslich  bestenfals  die  altersdif- 
ferenz  bei  den  Germanen  hinsichtlich  der  wehrhaftmachung   gewesen 
sein?    Vor  allem  aber  ist  es   durchaus  unzulässig,   in  dem  folgenden 
Erklärenden   satze   ceteris  röbustiorihus  ac  iam  pridem  prohatis  aggre- 
QdfUur  nur  die  bezeichnung  der  wehrhaften  finden  zu  wollen  (=  qaos 
Evitas  probaverit),   dabei  wird   das  sehr  wesentliche  iam  pridetn  ganz 
übersehen.     Endlich  würde  dann  der  Übergang  zu  dem  gefolgswesen 
völlig  unvermittelt  sein;  ich  muss  bei  der  Voraussetzung  dieses  gedan- 
kenganges,  den  Köpke  statuiert,  Waitz  durchaus  beistimmen ,  wenn  ihm 
dann  der  Übergang  mit  Nee  ruber  inter  eomites  aspici  (Forschungen 
^-  Deutsch.  Qesch.  n,  394)  weder  an  sich  angemessen  noch  Taciteischer 
^eUe  entsprechend  erscheint;  wie  gut  sich  dieser  Übergang  mit  mei- 
ner auffassung  des  gedankenganges  verträgt,  werde  ich  s.  137  bei  der 
^fOrterung  des  betreffenden  satzes  zeigen. 


134  0.   KETTNBB 

b)  Waitz  selbst  will  bekantlich  die  digncUio  prindpis  von  der 
aufnähme  unter  das  gefolge  verstehen:  hoher  add  oder  ausgezeichtiele 
verdictiste  des  vaiers  weisen  auch  ßinglingen  die  tmrdigung  (oder  gunst) 
des  filrsten  zu:  sie  werden  den  kräftigeren  (ceterisü)  und  schon  erprob- 
ten zugcscU,  gleiclhgestelt ,  d,  h.  mit  ihnen  zugleich  (?)  ins  gefolge  auf- 
gmwmpHCfh,  Gegen  diese  erklärung  ist  der  grund,  den  Richter  a.  a.  o. 
231  anfuhrt,  allein  schon,  wie  ich  glaube,  durchschlagend,  ceteris  auf 
die  im  folgenden  crwalmten  gefdgsgeftossen  zu  beziehen  ....  wäre 
sjmicMich  umrhört,  da  die  comites  bisher  mit  keinem  toorte  erwähnt 
sind.  In  dignatio  liegt  dieser  hier  zu  ergänzende  begriff  noch  nicht  (vgl 
Waitz  286),  vielmeht  muss  er  zur  aufhellung  dieses  an  sich  noch  sehr 
dunklen  begrifs  erst  selbst  aus  dem  folgenden  suppeditiert  werden. 
Über  diesen  schwerwiegenden  sprachlichen  einwand  wird  von  den  Inter- 
preten viel  zu  leicht  hinweggegangen ,  gewöhnlich  wird  er  einfach  igno- 
riert, Ikiumstark  (Staat^alterthümer  607  anm.)  weiss  nur  einige  nichts- 
sagende algemeinheiten  dagegen  vorzubrmgen ,  ein  beispiel  für  einen 
soloheu  gebniueh  von  ceteris  ist  meines  Wissens  nirgends  angeführt  (der 
vorgleich  von  o.  26  agri  ah  universis  ocatjHtntur,  quos  pro  numero  cul- 
tornm  inter  se  jxir/ifoi/Nr  bei  Baumstark  passt  naturlich  gar  nicht  und 
beweist  nur  seine  Verlegenheit). 

tH>teris  robastioribas  ae  tarn  pridem  probatis  aggregan- 

tut  sie  werden  dadurch  den  übrigen  ^prineipes),  welche  doch 
stärkere  und  hingst  bewährte  männer  sind,  zugeselt,  mit 
ihuou  auf  eine  stufe  gestelt 

a^^nr^iri  oder  ^  aggrrgare  hat  bei  Taeitus  gewöhnlich  die 
botioutuug:  sich  eiuer  [H^rson  oder  mehreren  so  anschliessen ,  dass  daraas 
ein  eiiuiger  h;iufe  wird;  so  wird  es  augew^mt  auf  das  sich  zusammen- 
rotten der  sv>ldateu  vxier  des  pC^bels«  das  zusauuueneilen  der  truppen 
usw.  Auual  X\\  50  steht  das  aotir  gleichbedeutend  mit  dem  bald 
damuf  gebrauchten  «K^NViVinr  von  der  aufnähme  neuer  mitglieder 
in  die  ver^ch^üCVruujr  des  Hso, 

I^>^^»/k<  nehnte  ich  in  dem  sinne,  den  es  so  absolut  gebraucht 
$t^w\\halioh  im  Ut.  h^t  ^f;isT  irleichb^leutesd  mit  dem  bei  Cicero  auch- 
damil  susAmwoncv^iolteu  >^v.-f«k*Ä.<^  frt-f^:i<.  f-rif^Uff,  Es  bildet  den^ 
kUwn«  dmvh  u^m  t^^.iim  o^s:<»ii:vrt<?r*  ce:cerLSi:5  i^  admlc^ccniHli ,  dies 
iKvfc  kiisiih>  |\rv^N>  N^stiir.deu  hAK^n.  soriiifru  bX'isters  mit  rücksicht  aufi 
%lw  a«  ihivr  \;Ätor  a;o  Wtuuuir  auf  ifeziUvi:^  xr:>:ur-D:a  erwecken  kön- 
wä^   durch  %i\e   si^  ^uv?  v^^-^^^V**^  '^^^^  wirklich  wtrüg  werden.  — 

\m\  K^»etluv^$  auf  dcw  anfa^^sjf  a^  CAfi5»fI$^  <jckit.  djkss  dum  proba-- 


Zu   TAG.  GEBM.   13.    14  135 

tis  neben  rolmstioribus  ein  müssiger  zusatz  wäre ,  da  ja  bei  jenem  pro- 
bare (=  iudicare)  es  ausschliesslich  auf  das  robustum  esse  ankam. 

Dieser  erklärung  des  satzes  stehen  hauptsächlich  folgende  erklä- 
nmgen  und  einwände  gegenüber. 

l)  Ziemlich  nahe  komt  scheinbar  meiner  Übersetzung  die  schon 
TOD  J.  V.  Gruber  in  seiner  mit  unrecht  vergessenen  ausgäbe  v.  1832 
aufgestelte,   dann  von  Halm  (Controv.  Stellen  d.  6.  s.  5)  ausgeführte 
erklärung  (von  der  auch  Scherer  ausgeht),  sie  erhält  aber  einen  völ- 
lig yerschiedenen  sinn  durch  die  auffassuug  des  folgenden  satzes ,    den 
ich  deshalb  gleich  hier  mit  heranziehen  muss.    Die  noch   ganz  jungen 
^meTy  welche  eines  häuptlings  geltung  und  würde  erhalten  haben, 
scUiessen  sich  anderen  fürsten  an,  die  kräftigeren  alters  und  schon  als 
solche  (als  principes)   bewährt  sind  und  es  ist  Jceine  schände,  unter 
dem  gefolge    (den  gefolgsleuten   eines  schon   bewährten  princeps)    zu 
Scheinen.    Er  meint  also  nicht,   wie  ich  es  oben  betonte,   dass  diese 
jungen  principes  als  völlig  ebenbürtige  den  principes  gleichgestelt  wur- 
den, als  peers  unter  sie  traten,    sondern  dass  sie,  gleichsam  um  eine 
lehrzeit  durchzumachen,   sich   in  der  zwar  nicht  officiellen,   aber  doch 
tatsächlichen  Stellung  eines  comes  einem  älteren  princeps  anschlössen. 
Diese  erklärung  scheitert  an  folgenden  bedenken: 

a)  vor  allem  an  der  bedeutung  von  ceteris ;  es  müste  dann  unbe- 
dingt aliis  heissen;  Halm  übersezt  auch,  als  ob  so  dastünde,  ganz 
algemein  „anderen."  Ceteris  (den  übrigen)  könte  in  diesem  Zusam- 
menhang nur  den  sinn  haben,  dass  die  robustiores  usw.  als  ein  geschlos- 
senes Corps  zusanunengefasst  würden.  Dem  ganzen  corps  aber  schlies- 
sen  sich  doch  die  Jünglinge  —  nach  jener  auffassung  —  während  ihrer 
Probezeit  nicht  an,  sondern  einzelnen. 

b)  Man  erwartet  dann  zum  klareren  ausdruck  dieses  gedankens 
^interim,  welches  ßibbeck  a.  a.  o.  159  consequenter  weise  auch  ein- 
will, indem  er  meint  ceteri  sei  aus  UerT  verderbt. 

c)  Was  hätten  die  jungen  principes  dann  überhaupt  von  ihrem 
-principat    gehabt?    anwartschaft    darauf,    dass    sie    praestUis 

pfmtandis,  wie  Eibbeck*  sagt,  später  ein  faktisches  principat 
^hielten?  Dann  hätten  sie  vor  den  anderen  nichts  wesentliches  vor- 
aosgehabt    Halm  meint,   sie  hätten  als  gleichsam  geborne  principes 

1).  Wobei  er  assignare  dann  in  der  bedeutung  anwartschaft  gehen,  desig- 
**««'e»  nehmen  muss,  wogegen  sich  mit  recht  Richter  wendet  a.  a.  o.  237.  — 
^^r.  I,  30,  auf  welche  stelle  sich  lübbeck  beruft,  transfugae  et  desertores,  quos 
^^^fumetn  aut  tribunum  sibi  eligentes  nemo  ferret,  imperium  assipuibunt? 
•^^eißt  schon  die  gleichstellung  mit  eligentes ,  dass  a.  nur  den  sinn  von  aitribuere 
(die  kaiserwürdo  verleihen)  haben  kann. 


L 


13G  O*   KETTNBB 

im  comitat  in  der  regel  eine  hervorragende  stellang  eingenommen ,  und 
beruft  sich  dafür  auf  die  unmittelbar  folgende  erwähnung  der  gradus 
comitatus.  Nur  schade,  dass  die  art^  in  der  Tacitus  diese  einfuhrt, 
es  schlechterdings  unmöglich  macht  anzunehmen,  er  habe  hei  robustUh 
ribiis  aggregmUur  schon  an  diese  rangstellung  gedacht :  mit  quin  etiam 
führt  er  dieselbe  vielmehr  als  etwas  ganz  neues  ein. 

d)  Endlich  wird  dabei,  wie  Halm  (mit  sich  selbst  im  Wider- 
spruch ,  wie  Waitz  Vfgsch.  s.  285  u.  richtig  hervorhebt)  s.  4  bemerkt, 
der  bedeutung  von  aggregari  eifie  Meine  Zwangsjacke  angelegt  und  der 
begriff  y^zugesdt^  in  deti  von  y^untergeordnct*^  erweitert, 

2)  Die  directen  einwendungen  gegen  die  oben  befolgte  Über- 
setzung der  stelle  betreffen  die  beziehung  von  ceteris  robustiorihus  ae 
tarn  pridepn  pröbatis  auf  die  fürsten. 

a)  Die  ergänzung  von  principibus  bei  ceteris  soll  (Waitz  285) 
sprachlich  wenigstens  nidU  schön  sein.  —  Wie  so?  Eben  ist  von  einer 
bestirnten  art  der  principes  die  rede  gewesen,  die  streng  genommen 
zum  principat  noch  nicht  berechtigt  erscheint;  nun  fähii;  Tacitus  fort: 
sie  treten  trotz  ihrer  verdienstlosen  Jugend  in  die  reihen  der  übrigen 
principes  ein ,  die  sonst  alle  würdiger  (stärker  und  erprobter)  sind.  Es 
ist  doch  jodesfals  das  nächstliegende,  ceteris  im  gegensatz  zu 
der  soeben  genanten  art  der  principes  zu  fassen.  Noch  viel 
weniger  schön  scheint  es  mir,  es  auf  comites  zu  beziehen.  Es  ist 
bereits  s.  134,  b.  darauf  hingewiesen,  wie  unerträglich  es  ist,  hier  in 
ceteris  einen  begriff  zu  supplieren,  der  noch  gar  nicht  vorschweben 
kann,  der  weder  vorher  erklärt  noch  auch  nur  genant  wäre. 

b)  robustiorcs  ac  iam  pridem  probat!  soll  für  fursten  eitie  nicht 
fHisscfide  ik'wWcAiifiiH/  sein^  weil  es  nichts  von  deti  eigenschaften  aus- 
drückt y  die  man  von  einem  solchen  verla9igen  mag.  So  Waitz  285; 
weiter  uuteu  28<>  ftlhrt  er  noch  an:  frei/  e^^  eine  gang  inhalüose  bemer- 
knng  foiir,  (f<ic^<  cfk*  jungak  fürsten  den  übrigen  zugesdt  werden 
^Itaumstark  s«  607  ueut  es  in  seiner  weise  einfach  ^absurd''  ohne  einen 
gruud  anzugeben).  —  Dom  gegenüber  könte  man  zunächst  schon  gel- 
totul  maohon,  dass  für  die  wähl  eines  fursten  ausser  der  rücksicht  auf 
die  faiuiUo  sohliosslioh  dvvh  köri>erknft  und  erprobte  tüchügkeit  in 
erster  liuio  rnns^^^htMul  gowoson  sein  werden.*  Sodann  aber  —  und 
dies  muss  hier  vor  allem  botvnit  weiüen  —  sollen  hier  nach  meiner 
iutorprotatiou  rotmstiorihns  ae  iam  pridem  pröbatis  gar  nicht  eine  alge- 
moiuo  Wxoiohuun);  der  ftlrsiou  sein,  nicht  die  f&rsten  an  sich  werden 


zu  TAG.   OEBM.    13.    14  137 

SO  genant,   sondern  die   älteren  im  gegensatz^  zu  den  aus  den 

adulescentuli  erhobenen  fürsten,   der  begriflf  principes  liegt  schon  in 

dem  auf  principis  zurückweisenden   cderis  enthalten ,   robustioribus  ac 

iam  pridem  probatis  schliesst  sich  daran  als  ein  grammatisch  prädi- 

cativer,  logisch  adversativer  (concessiver)  zusatz  an. 

Wenn  man  den  satz  so  fasst,  wie  ich  vorschlage,  die  doch  alle 
^onst  stärkere  und  längst  erprobte  männer  sind,  so  kann  ich  die 
Weichnnng  weder  unpassend  noch  den  zusatz  müssig  finden. 

Xec  ruber  inter  comites  aspici.    Ich  beginne  also  hiermit 
einen  neuen  abschnitt  in  der  gedankeneutwicklung.    Tacitus  hat  von 
der  höchsten  dignitas ,  der  der  principes ,  gesprochen  und  geht  nun  zu 
dem  zweiten  ränge,    dem  der  comites,  über  mit  der  ganz  natürlichen 
anfaiäpfung:   Aber  es  ist  auch  keine  schände,   oder  um  die  lateinische 
li  totes  durch  den  dem  sinne  derselben  im  deutschen  mehr  entspre- 
chenden positiven  ausdruck  widerzugeben:  aber  es  ist  auch  eine  ehrcj 
^nter  den  comites  )su  erscheinen,  zu  den  comites  zu  gehörend 

Der  folgende  satz  gradus  quin  etiam  ipse  comitatus  habet  (ja 
sogar  der  comitat  hat  selbst  noch  stufen)  setzt  mit  notwendigkeit  den 
gedanken  voraus:  der  comitat  ist  eine  stufe.  Durch  die  ablösung  des 
^t  nee  beginnenden  satzes  wird  nun  in  einfachster,  klarster  weise  die 
^eue  klasse  selbständig  eingeführt  und  bestimt  der  vorigen  gegenüber- 
S^stelt;  jezt  erhält  jene  Steigerung  mit  quin  etiam  ihren  vollen  sinn. 

Dass  der  Übergang  mit  nee  sprachlich  ohne  jeden  anstoss  ist, 
^igt  ein  blick  auf  die  samlungen  bei  Ph.  Spitta,  de  Taciti  in  com- 
Pouendis  enuntiatis  ratione.  pars  I  (Qöttinger  Diss.  1866)  s.  122  —  124. 
*^te  blosse  nee  steht  bei  Tacitus  sehr  häutig  adversativ  für  neque  vero, 
*^^9ue  tarnen. 

rubor  is  der  persönlichere  ausdruck  für  dedecus  (vgl.  Kritz  z.  st.) 
^^gentlich  man  braucht  nicht  zu  erröten.  Dieser  persönlicheren  vorstel- 
^^g,  diesem  sich  hineinversetzen  in  die  Situation,  wie  es  die  aus- 
^J^cksweise  des  Tacitus  überall  kenzeichnet,  hier  also  in  die  seele  der 
^iiütes,  entspricht  dann  auch  der  poetische  ausdruck  aspici  inter  für 
^^  prosaischere  abstrakte  versari  inter,  esse  in  numero. 

Wenn  man  sich  zum  bewusstsein  bringen  will,  wie  leicht  und 
^fach  sich  alle  Schwierigkeiten  der  stelle  durch  diese  lostrennung 
^«8  satzes  nee  rubor  usw.  lösen,*  wie  klar   nun    der   Zusammenhang 

« 

1)  Darauf  weist  auch  der  comparativ,  der  sonst  gar  nicht  zu  seinem 
rechte  komt 

2)  £&  liegt  nahe,  um  die  natürlichkeit  des  Überganges  —  wenn  es  nötig 
wSre  —  zu  beweisen,  daran  zu  erinnern,  wie  Schiller  Braut  v.  M.  I,  8  mit  der 
^<^dentDg  des  krieges  einsezt:  aber  der  krieg  auch  hat  seine  ehre! 


138  G.    KKTTN£B 

erscheint/  so  braucht  man  nur  einen  flüchtigen  blick  auf  die  haupt- 
sächlichsten interpretationen  zu  werfen,  zu  denen  die  unmittelbare  Ver- 
bindung dieses  satzes  mit  den  vorhergehenden  fahrte!  Auch  die  mei- 
sten der  mehr  oder  weniger  gezwungenen  auffassungen  der  vorhergehen- 
den Sätze,  die  wir  früher  besprachen,  stanmien  daher. 

1)  Am  besten  fügt  sich  der  satz  in  den  gedankenzusammenhang, 
wenn  man  dignatio  passiv  genommen  und  mit  Halm^  erkläi-t  hat  (vgl. 
oben  s.  135):  solche  junge  2>'^i^^^cipes  schliessmi  sich  anderen  fursten  an, 
die  kräftigeren  alters  und  schon  als  principes  bewährt  sind^  und  es  ist 
keine  schände  unter  dem  gefolge  (den  gefolgsleuten  eines  schon  bewähr- 
ten princeps)  zu  erscheinen.    Doch  fält  diese  erklärung  mit  den  g^en 

1)  ünwilkürllch  schciDt  auch  Waitz  sich  früher   (nach  Baumst&rV  s.  659  za 
schlicssen,   da  ich  die  älteren  auflagen  der  Vfgsch.  nicht  hesitze)   dadurch  zu  den 
roferat  haben    verführen  lassen,   das  gefolgsverhältnis  war  ein  dienst,   aber  em 
ehrendietist    Er  gereichte  keinem  zur  scJiande.    Baumstark  bemerkt  von  seiner  und' 
Waitzs  auffassung  aus  mit  recht  dagegen:  toenn  das  leztere  auch  wahr  ist,  so  gM 
es  docJi  in  dieser  dlgemeinlieit  nicht  aus  den  werten  nee  röbur  usw,  hervor,  dem 
diese  besagen  nur,  für  die  hochgeborenen  adolescenttdi  sei  es  keine  schände ,  dem 
comitatus  aggregiert  zu  sein.     In  der  dritten   aufläge  führt  Waitz  s.  374  zu  der 
obigen  äusserung  in  anm.  3  das  citat  fiec  rubor  usw.   an   und  bemerkt  dazu  f^ä 
riicksicht  darauf,   dass  auch  Jünglinge  von  insignis  nobUitas  daran  teil  nahmenf 
was  zu  der  algemeinen  fassung  des  obigen  satzes  (keinem  !J  doch  nicht  recht  stimi 
Oder  meint  er,  durch  den  eintritt  jener  Jünglinge  sei  gleiclisam  der  ganze  oomitet 
geadelt  worden?    Das  liegt  doch  schwerlich  in  Tacitus  werten,    und  wenn  Wiitz 
es  darin  finden  wolte,   so  würde  er  eben  dadurch  den  satz  nee  rübor  vom  voAer- 
gehenden  trennen.  —  S.  288  fasst  er  ihn  jedesfals  anders.    Genaueres  hierüber  wei- 
ter unten  s.  140,  c. 

2)  Im  wesentlichen  ebenso  erklärt  diesen  satz  der  mann,  welcher  ausser 
Köpke  (vgl.  s.  129  anm.  1)  wie  es  scheint,  vor  Nee  einen  punkt  setzen  wolte, 
Phillips  in  den  Münchener  Gelehrten  Anz.  1846  nr.  44  s.  356;  er  geht  aber  von 
ganz  anderen  Voraussetzungen  aus.  Die  nicht  gerade  klare  deduction  gipfelt  in  dem 
satze  für  Jünglinge  aus  edeln  geschlechter n,  die  den  rang  eines  princeps  einndir 
men,  ist  es  dennocih  keine  scltande,  auch  unter  den  comites  gesehen  zu  wtrie^t 
d.  h,  unter  der  anführung  eines  gefolgs/ierren  in  den  kämpf  zu  ziehen  (während 
sie  im  frieden ,  so  meint  er ,  zu  den  principes  gehören ,  qui  iura  per  pagos  vicoßqn* 
reddunt).  Der  comitat  bestand  aber  nicht  bloss  für  den  fall  des  kriegcs.  [Vgl» 
magno  semper  electorum  iut'eniim  gloho  circumdarif  in  pace  dccus  usw.  —  weh 
C.  14  hebt  ausdrücklich  als  etwas  besonderes  hervor  cum  renium  in  aciem  usw.] 
Die  sonstigen  bedenken ,  die  Phillipps  auffassung  im  woge  stehen ,  zu  erörtern  würde 
hier  zu  weit  führen,  ich  will  nur  hervorheben,  dass  Avenu  man  annehmen  woltei 
dass  Tacitus  hiermit  nun  auf  die  kriegsfüHrung  durch  die  gofolgschafto" 
übergeht,  man  ihm  einen  groben  fehler  in  der  gruppierung  des  Stoffes  zutrauen 
würde,  und  dass  dann  diejenigen  ganz  recht  hätten,  welche,  wie  z.  b.  noch  J.  Praui- 
uer  in  seiner  Schulausgabe,  Wien  1878,  meinen,  dass  man  die  Schilderung  des 
gefolgswesens  bereits  cap.  6  — 8  bei  der  darstell ung  des  kriegswcseus  der  G.  erwartete 


zu  TAC.   QEBM,    13.    14  139 

die  Tordersätze  oben  s.  135  erhobenen  schweren  bedenken,  vgl.  nament- 
b'ch  die  Verwechslung  des  ceteris  mit  alns, 

2)  Die  andere  aaffassung  des  satzes  geht  von  der  activen  bedeu- 
toDg  von  digfiatio  aus.  Ich  will  hier  von  den  meiner  meinung  nach 
schon  den  ausschlag  gebenden  bedenken  gegen  die  annähme  dieser  acti- 
ren  bedeutung  einmal  absehen  und  nur  die  consequenzen  ins  äuge  fas- 
sen, zu  denen  diese  annähme  für  die  erklärung  dieses  satzes  führt. 

Von  dieser  annähme  aus  ergäbe  sich  folgender  gedanke:  I.  Die 
jungen  adligen  usw.  werden  von  einem  princeps  der  aufnähme  in  seinen 
comitat  für  würdig  erachtet,  IL  sie  werden  den  übrigen  älteren  und 
längst  erprobten  (ob  man  pröbati  algemein  nimt  oder  auf  die  wehr- 
baftmachnng  bezieht,  ist  hier  ohne  bedeutung)  comites  gleichgestelt, 
m  and  es  ist  keine  schände  für  sie  zu  den  gefolgsgenossen  zu  gehören. 

Mit  recht  ist  schon  widerholt  hiergegen  bemerkt  worden,  dass 
ßatzl  und  HI  sich  widersprechen.  Was  in  I  als  eine  dignatio,  eine 
anszeichnung  seitens  des  fürsten  bezeichnet  wird,  kann  in  III  nicht 
eine  schände  sein  oder  genauer:  nicht  es  nötig  erscheinen  lassen,  dass 
aosdrücklich  uns  versichert  werde,  es  sei  keine  schände. 

So  unwiderleglich  dieser  Widerspruch  scheint,  so  hat  doch  Waitz, 
V^cL  288  ihn  zu  lösen  versucht.  Sickel,  Gesch.  d.  d.  Staatsvfssg. 
1,104  anm.  b.  bemerkt  kurz  dagegen,  diese  entgegnuug  von  Waitz 
^iche  nicht  aus,  denselben  zu  heben.  Ich  glaube,  dass  man  doch  die 
Pflicht  hat,  Waitzs  gründe  im  einzelnen  zu  prüfen. 

a)  Es  schliesst  sich  nicht  aus,  dass  Ici  auszeichmmg  oder  gunst 

tkes  fürsten  betmrkt  wird,   was  sie  gewährt  sei  keine  schände;   es 

erklärt  vidtnehrj  dass  als  eine  digfiatio  bezeichnet  ist  was  zur  aufnalmic 

ins  comitat  führte.    Ich  glaube  Waitzs    ansieht   dahin  präcisieren   zu 

können,  dass  er  nee  =  neque  enim  nehmen  will:   mit  fug  ist  es  eine 

dignatio  zu  nennen ,  wenn  jemand  unter  die  comites  aufgenommen  wird, 

denn  comes  zu  sein  ist  eine  ehre.    Hierzu  bemerke  ich   1)  ich  weiss 

mcht,  ob  sich  diese  anwendung  von  nee  bei  Tacitus  belegen  lässt,  ich 

bezweifle  es,   möchte  es  indessen  doch  auch  nicht  geradezu  bestreiten. 

2)  Ich  glaube,   dass  man   auch   auf  dieses   sprachliche  bedenken  gar 

nicht  einzugehen  braucht,    da  Waitzs  erklärung  schon  daran  scheitert, 

dass  sie  ganz  den  Zwischensatz  übersieht   ceteris  robustiorihus  ac  tarn 

pridem  probatis  aggregantur;  nach  diesem  Zwischensatz  muss  eine  solche 

negative  Versicherung,    „es  sei  keine  schände"   mindestens  überflüssig, 

ja  sogar  völlig  zweck-  und  bedeutungslos  erscheinen. 

b)  Waitz  fügt  als  einen,  wie  er  glaubt,  aualogen  fall  hinzu: 
une  man  heutzutage  wol  einem  fremden  sagest  honte:  prinzliclw  geburt 
ver Schaft  auch  ganz  jungen  männern  die  aus  Zeichnung  vom  könig 


140  G.   KETTNEB 

ßum  officier  emant  zu  werden,  und  (=  denn)  es  ist  keine  schände 
[für  sie]  zu  dienen.    Ich  will  nicht  leugnen,  dass  man  so  sagen  könte; 
schön  wäre  es  aber  gewiss  nicht,  jeder  fühlt,   dass  der  satzbau  etwas 
tautologisches  hat.    Aber  ich  leugne  durchaus  die  analogie  dieses  sa&es 
mit  dem  Taciteischen.    Denn   1)  hat  Waitz  auch  hier  wider  den 
Zwischensatz  ceteris  robusiiorihus  usw.  vergessen;   sezt  man  aber 
diesen  ein,  so  springt  das  widersinnige  sofort  in  die  äugen:  prinzlieht 
gehurt   verschaß  auch  ganz  jungen  männem  die  auszeichnung  j    vom 
hönig  zum  officier  ertiant  zu  werden   [sie  werden  den  übrigen  aUeren 
und  tüchtigen,  längst  erprobten  officier en  gleichgestelt]  und  es  ist  keine 
schände  für  sie  zu  dienen.     Jeder  fühlt  sofort  heraus ,    dass  nun  nee 
nicht  mehr  =  neque  enim  ist,  wie  aus  den  bei  a)  angefahrten  Worten 
Waitzs  hervorgieng,  sondern  dass  es  dann  vielmehr  den  sinn  \on  neque 
igitur  haben  muss,    oder,   mit  anderen  werten ,    dass  jezt  nicht  mehr 
satz  III  causalsatz  zu  I,   sondern  consecutivsatz  aus  U  ist.    Da  Waiti 
satz  n  ganz  wegliess,   kann  ihm  dies  leztere  satz  Verhältnis,    welches 
allein  noch  einen  sinn  gibt,  nicht  vorgeschwebt  haben.     2)  Kann  aber 
nee  dies  ausdrücken?  solte  man  nicht  ein  ut  non  oder  qtw  fU,  ut  fum 
usw.  erwarten?    3)  Aber  auch  abgesehen  hiervon:  der  vergleich  selbst 
ist  ein  wenig  zutreffender!    Die  bei  Tacitus  erwähnten  Jünglinge  sind 
doch  kaum  mit  prinzen  von  geblüt  zu  vergleichen!  bei  diesen  lezteren 
mag  man  wol  nötig  finden ,  noch  besonders  hinzuzusetzen :  es  ist  keioe 
schände  für  sie  zu  dienen,    weil   zwischen   der  ihnen  durch  die  gebart 
gewordenen  und  der  ihnen  nun  faktisch  angewiesenen  Stellung  ein  Wider- 
spruch besteht:   sie,   die   eigentlich   geborene  herscher  sind,    dienen. 
Wo  fände  sich  bei  jenen  adulescentuli  etwas  analoges  ?    Sie  sind  nach 
Waitzs  eigener  annähme  keine   gebornen  principes  —  solche  gab  es 
überhaupt  nicht  —   die   aus  dem  Verhältnis  der  gleichberechtigung  in 
das  der  Unterordnung  sich  begeben ;  wenn  sie  auch  aussieht  haben  mögen^ 
einmal  princeps  zu  werden,  so  können  sie  es  doch  erst  durch  die  waU* 
des  Volkes.  —    Jener  vergleich  wird  für  Tacitus   endlich  noch  mehr 
dadurch  abgeschwächt,   dass  neben   der  insignis   nobilitas   die   magna 
patrum  merita  erwähnt  werden. 

c)  Wider  anders  fasst  Waitz  die  bedeutung  des  nee  ruber  usw. 
an  der  von  mir  schon  oben  in  anderem  Zusammenhang  ^  kurz  berühr- 
ten stelle  s.  374.  Der  comitat  war  ein  dienst,  aber  ein  ehroidienstj 
er  gereicMe  Jceinetn  zur  schände  hat  Waitz  im  text  gesagt  und  füg* 
nun  in  der  anmerkung  hinzu  nee  ruber  usw.  mit  rücksicht  darauf,  dass 

1)  Vgl.  Waitz  269.  270. 

2)  S.  138  anm.  1. 


zu  TAG.  G£BM.    18.   14  141 

auch  Jünglinge  von  insignis  nohilitas  daran  teilnahmen.  Hiernach 
sdieint  also  Waitz  anzunehmen,  der  comitat  an  sich  sei  durch  die 
teünahine  jener  jungen  nobiles  geadelt  worden,  etwa  wie  man  früher 
sagen  konte,  bei  uns  in  Freussen  sei  im  gegensatz  zu  anderen  ländern 
der  militärdienst  dadurch  zu  ehren  gebracht ,  dass  auch  die  söhne  höhe- 
rer geselschaftsklassen  darin  von  der  pike  auf  dienen  musten.  Dann 
würde  also  satz  III  wider  consecutivsatz  sein,  aber  nicht  aus  satz  II 
eine  den  gedanken  von  satz  I  begründende  folge  ziehen, 
sondern  aus  satz  I  allein  eine  algemeine  folge.  Kann  dies  in 
MC  ausgedrückt  liegen  ?  Wo  bleibt  dann  wider  der  gedanke  von  satz  II? 
Wenn  die  jungen  nobiles  sofort  zu  den  robustiores  ac  iam  pridem  pro- 
bat! treten  auch  ohne  eigenes  verdienst  aufweisen  zu  können ,  ist  es 
dann  noch  für  alle  comites  eine  ehre,  comes  zu  sein? 


Es  erübrigt  noch,  von  der  neu  gewonnenen  erklärung  der  viel- 
unstrittenen  hauptsteUe  aus  ein  paar  stellen  im  folgenden  zu  betrach- 
ten, die,  wie  ich  glaube,  erst  so  das  rechte  licht  erhalten  und  ihrer- 
seits dann  wider  dazu  dienen,  die  erstere  noch  schärfer  zu  beleuchten, 
insbesondere  die  bisher  noch  unbestimt  gelassene  bedeutung  von  dig- 
natio  nun  aus  dem  weiteren  Zusammenhang  heraus  noch  präciser  zu 
bestinunen.  —  Ich  muss  mich  aber  hier  kürzer  fassen  und  kann  nament- 
lich nicht  genauer  auf  entgegenstehende  auffassungen  eingehen. 

Nachdem  Tacitus  kurz  von  dem  gefolge  gesprochen  hat,    kehrt 
er  wider  zu  den  principes  zurück:    haec  dignitas,    hae  vires,   magno 
smper  dectorum  iuvenum  globo  circumdari,    in  pace  decus^    in  hello 
praesidium.    Die  widerholung  desselben  wertes,    wenn  man  prindpis 
^Hgniiatefn,  eines  eng  verwanten  begriffes,  wenn  man  dignationem  las, 
mit  dem  demonstrativpronomen  an  der  spitze  des  satzes  kann  doch  nur 
den  sinn  haben:  das  erst  ist  wahre  ehrenstellung ,  wahre  niacht.^    Die- 
ser rückweis  auf  das  vorhergehende  sezt  den  gedanken  voraus,   dass 
der  prindpat  allein ,  ohne  ein  solches  grösseres  oder  tüchtigeres  gefolge, 
mehr  eine  blosse  würde  als  ein  factischer  bonos,   mehr  ein  blosser 
rang,  als  eine  Stellung  in  der  gemeinde  von  wirklicher  bedeutrmg  und 
macht  sei.    Und  es  wird  wol  in  den  meisten  fällen  in  der  tat  das  los 
jener  jugendlichen  principes  gewesen  sein,   dass  sie  zunächst  ziemlich 
isoliert  dastanden ,  nur  wenige  und  unbedeutende  genossen  (wol  nament- 

1)  Beispiele  hierftir  scheinen  kaum  erforderlich ,  doch  will  ich  Senec.  Dial. 
12,  19,  3  anführen.  Er  hat  von  verschiedenen  solatia  gesprochen,  znlezt  erwähnt 
er  das  maximum  solatium,  dio  liehe  ihrer  seh  wester:  hoc  est,  mater  carissima, 
Boiaimm,  quo  reficiaris. 


142  O.  KETTNBB 

lieh  verwante  und  freunde)  um  sich  sahen,  dass  sie  erst  almählich, 
indem  sie  durch  steigenden  rühm  tüchtige  geflossen  anzogen,  ein  ansehn- 
liches gefolge  um  sich  sammelten  und  so  zu  der  würde  eines  prin- 
ceps  auch  einfluss  und  macht  gewannen.* 

So  komt  dignaüo  hier  zu  der  ihm  eigentümlichen  bedeutung: 
gcltung^  rang.  Wenn  Tacitus  auch  nicht  immer  die  Synonyma  streng 
scheidet  und  dignaüo  mitunter  im  sinne  von  dignüas,  honos  steht  — 
wo  es  ihm  darauf  ankomt,  begriffe  gegenüber  zu  stellen  und  dem 
Zusammenhang  gemäss  den  schärfsten,  bezeichnendsten  ausdruck  n 
wählen,  da  achtet  er,  wie  jeder  sorgfältige  Stilist,  sehr  genau  auf  die 
nuancen  der  worte. 

Durch  das,   was  wir  soeben  über  die  Stellung  der  jungen  prin- 
cipes  und  die  erwerbung  eines  comitats  folgerten,  werden  wir  zugleich 
auf  eine  stelle  in  cap.  XIV  geführt,   die  bisher  ebenfals  den  erklärem 
viel  not  gemacht  hat,  deren  sinn  aber  sofort  ganz  einfach,  deren  aus- 
druck ganz  natürlich  erscheint,  wenn  man  sie  in  diesem  Zusammenhang 
betrachtet.     8i  civitas,   in  qua  orti  sunt,  longa  pace  et  otio  torpeatf 
plerique  nohilium  adulescentium  petunt  ultro  eas  nationes,    quae  im 
bellum  aliquod  gerunt,   quin  et  ingrata  genti  quies  et  f acutus  inkr 
ancipitia  clarescunt  magnumque  comitatumnon  nisi  vi  beUoque  tueare;* 
exigunt  enim  principis  sui  liberalitate  illum  bellaforem  equum  uswr. 
Man  hat  sich  viel  gestritten,   ob  unter  den  nobiles  adulescentes  princi- 
pes  oder  comites  zu  verstehen  seien.     Für  principes  schien  1)  der 
ausdruck  nobiles  adulescentes  eine   „ganz  unpassende  bezeichnung"  2U 
sein  (Halm),   2)  auch  der  zusatz  in  qua  orti  sufU  muste  bei  ihnen  als 
seltsam  auffallen,   man  erwartete   eine  ihrer  Stellung  entsprechendere 
bezeichnimg.    Verstand  man   anderseits  comites  darunter,   so  steltco 
dieser   annähme    die   causalen   nebensätze    sehr   erhebliche    Schwierig- 
keiten in  den  weg.     1)  es  muste  auffallen,  dass  ganz  algemein  gesagt 
ist  facilius  inier  ancipitia  clarescunt,    während  man   erwarten  solte, 
dass  etwa  ausgedrückt  wäre,    dass   die  comites,    die  sonst  sua  fortia 
facta  gloriae  principis  assignant  am  leichtesten  durch  selbständige  teil- 
nähme an  auswärtigen  kämpfen  berühmt  werden.     2)  dass  bei  dem  fol- 
genden satze  magnumque  comitaium  —  tucare  —  auch  in  der  algemri- 
neren  form,  die  er  bei  annähme  der  lesart  von  C.  erhält  —  ein  har- 

1)  Damit  erledigt  sich  ein  einwand,  den  Baumstark  s.  609  so  ausdrückt* 
man  wird  es  rein  unmöglich  finden,  dass  ein  soldier  junge  ein  gefolgsfiütrer  fi^^* 
ein  junge ,  der  überdies  noch  Iceinen  kricgsruhm  hesizt. 

2)  Bb.  tuentnr,  C.  mit  den  übrigen  tueare.  Algomein  ausgesprochenes  nrt^^** 
„Man  kann  ja  auch  ein  grosses  gefolge  nur  durch  gowalttat  und  krieg  erhalt^'^* 
Vgl.  in  demselben  capitel  die  conjunctive:  persuaseris,  possis. 


zu  TAG.  OBBM.    18.   14  143 

ter  subjectswechsel  statfinden  und  in  dem  daran  sich  schliessenden 
tx^fU  enim  wider  das  frühere  subject  angenommen  werden  müste. 
Denn  durch  tueare  wird  eben  nur  die  form  des  gedaukens  eine  alge- 
meinere,  der  ganze  inhalt  desselben  bezieht  sich  doch  speciell  nur 
aof  die  principes;  dies  subject  schwebt  bei  der  unbestimten  2.  pers. 
Tor,  wie  sich  dies  aus  dem  gedanken  des  folgenden  satzes  klar 
ergibt:  schon  i^rincipw  sui  weist  darauf  hin,  und  das  exigere  sezt 
ein  äarSy  resp.  dare  velle  oder  posse  voraus.  Dieser  doppelte  subjects- 
wechsel wttrde  meiner  meinung  nach  ganz  unerträglich  sein ;  er  lässt  sich 
gar  nicht  vergleichen  mit  der  von  Halm  als  parallele  lierangezogenen 
stelle  c.  19:  paacissinia   in    tarn  numerosa  gente  aduUeria;  quorum 

pma  praesens  et  fnarttis  permtssa.  accisis  cnnibus nudcUam 

imo  expettit  maritus,  —  puUtccUae  enim  pudicitiae  nuUa  venia:  non 
forma,  non  aetate^  non  opibus  tnaritmn  invenerit,  denn  hier  schlägt 
der  (nicht  bloss  der  form  nach)  algemeine  gedanke  püblicatae  pudici- 
feensw.  eine  brücke  und  vor  allem  findet  nicht  ein  enger  zusam- 
menschluss  der  sätzo  statt  wie  an  unserer  stelle,  wo  die  beiden 
Sätze  in  einem  einzigen  subordinierten  satze  durch  que 
coordiniert  sind. 

Alles  löst  sich  auf  das  einfachste,    wenn  man  den  ganzen  satz 
nicht  auf  die  principes  im  algemeinen,  sondern  auf  die  in  cap.  XIII 
erwähnten  jungen  principes  bezieht.    Dann  ist   1)  der  ausdruck 
nobiles  adnlescentes  nicht  im  mindesten  unpassend,  ja  er  mnss,   wie 
auch  Halm  fühlte,  notwendig  den  leser  an  die  dort  erwähnten  adules- 
oentali  von  insignis  nobilitas  erinnern.    2)  bei  ihnen  ist  auch  der  zusatz 
in  qua  orti  sunt  ganz  erklärlich ,  denn  etwas  bezeichnenderes  Hess  sich 
JÄ  von  ihnen  noch  nicht  aussagen.     3)  sie  müssen  ferner   vor   allem 
ach  rühm  zu  erwerben  suchen,   damit  andere  es  für  rühmlich  erach- 
ten, ihrer  führung  als  gefolgsmannen  sich   anzuschliessen  und  4)  sie 
müssen  endlich  „durch  gewalt  und  krieg  reiche  beute"   zu  erwerben 
suchen,   wie  solche   „zur  haltung  eines  grossen    gefolges  erforderlich 
ist,"^  sie  müssen  auch  immer  wider  zu   diesem   mittel  greifen,    da 
ehrengaben,    namentlich   geschenke   von    auswärtigen    Völkern,    ihnen 
natürlich  viel  seltener  zufallen,   als  den  älteren,   weithin  angesehenen 
principes. 

1)  Hahn  s.  8  berührt  sich  hier  und  auch  sonst  noch  mit  meiner  auffassnng, 
am  nächsten  kernt  ihr  in  der  erklärang  des  einzelnen  Baumstark  s.  699;  Halm  denkt 
aber  an  comitcs,  Baumstark  schwankt  oh  er  auch  comites  annehmen  oder  nohiles 
adnlescentos  ganz  algemein  fassen  soll. 

SCHULPPOHTE.  GUSTAV  KETTNER. 


144 

DER   INFINITIV 

NACH    WELLEN  UND   DEN  VERBA  PR^TERITOPiLESENTI 

IN  DEN  EPEN  HARTMANNS  VON  AUE. 

(Fortsetzung.) 

3.    Kunnen. 

Kunnen  hat  seine  bedeutung  durchweg  mit  geringen  ausnahm 
gewahrt.  Es  findet  sich  bei  Otfrid  selten  (0.  Erdmann  I ,  §  332) ,  1 
den  ahd.  Übersetzern  gar  nicht  (A.  Denecke  s.  13). 

A.  Der    ergänzung    durch    einen    inf.    ist    kunnen   nie! 
bedürftig,  wenn  es 

a.  die  geschlossene  bedeutung  verständig  sein  hat. 
Iw.  7684  toirne  kunnen  leider  baz. 

oder  bei  sich  hat 

b.  eine  präposition. 

E.  3443  sin  künde  niht  wol  da  mite. 

c.  ein  object. 

E.  5188  st  künde  et  zoubers  die  kraft 
7368  der  aller  dinge  ahte  kan, 
8748  daz  unmanec  man  den  list  kan. 
G.    954  une  wol  er  sine  rede  kan. 
Iw.  5318  der  sine  riterschaft  wol  kan. 
Dies  ist  ein  neutrales  pronomen, 
E.  5058  da  enkan  ich  nü  niht  zuo. 

5165  waz  si  künde. 
G.  1365  dune  kanst  ze  rüterschaft  niht. 
1372  des  ich  niht  enkan. 
1407  swaz  ich  der  huoche  kan. 
1409  ich  künde  ir  gerne  mere. 
Iw.  6201  die  des  niene  künden. 
7301  diu  niuwan  süezes  künde. 
das  Vertreter  eines  verbalbegrifs  ist. 
E.  5182  ditz  künde  diu  vrouwe. 

7218  si  heilten  sine  wunden:  wände  siz  wol  künden. 
G.  1406  swelh  ritter  ie  aUer  beste  gesaz,  so  kan  ichz  mit  gedanken  ^ 
1596  vünvzec  und  hundert  marke  habe  wir  dir  gewunnen,  s^ 
übel  wirz  kunnen. 

B.  Einen  in£  hat  kunnen  bei  sich 

a.  in  seiner  ursprünglichen  bedeutung  wissen,  verstehii.* 
a.  Von  Verben  einer  denktätigkeit 
wizzen  G.  2784.  3066.  —  enstdn  £.  6462.  —  versldn  a.  H.  811. 
bedenken  G.  1398.  —  erämäsm      m  «iner  aache  Iw.  841.  —  venkm 


V.  yONBTXRfiEBQ,  INFINITIV  NACH  WELLEN  USW.  145 

a.H.736.  —  raten  G.  375.  —  err&ten  E.  7509.  —  geraten  G.  322.  Von 
einer  sache  a.  H-  376.  —  erkennen  E.  7602.  Iw.  2859.  —  Tciesen 
E.1172.  3194.  3322.  —  erkiesen  E.  923  (witzige),  6241.  —  ersehen 
E.  3155.  7696.  —  gesehen  Iw.  5522  (die  handschriften :  han,  Lach- 
mann:  kan).  —  gevüegen  E.  4650.  —   sine  stunde  bewenden  Iw.  24. 

ß.  Von  yerben,  die  der  ausdnick  einer  denktätigkeit  sind. 

wiegen  län  E.  7491.  —  den  wistuom  und  den  sin  erzeigen,  von 
einer  sache  a.H.  871.  —  bescheiden  E.  1603.  6.  2981.  —  gesagen 
E.5001.  5572.  7481.  8328.  8454.  G.  1028.  1130.  2468.  3043.  Iw.  2096. 
8629.  3632.  4429.  5881.  5889.  8165.  —  genennen  E.  7616.  7618.  8497. 

—  gesprechen  Iw.  2264.  —  geantwurten  Iw.  2973.  —  genäden  mit  dem 
munde  6.  1215.  —  helfen  liegen  unde  triegen  Iw.  2183.  —  kurzen  die 
iWmie  E.  8190.  —  gedagen  E.  6457.  —  verdagen  iE.  9735.  Iw.  797.  — 
gesungen  G.  873. 

y.  Von  verben,  die  einen  dem  gemütslebcn  angehörenden  begriff 

bezeichnen. 
vürhteti  E.  8622.  G.  865  (gevürhten),  —  Sich  erbarmen  E.  9197. 

—  versagen  Iw.  5361.  7899.  —  sich  getrcesten  G.  668.  —  einic  wort 
g^echen  niht  enkunnen  a.  H.  893. 

d.  Von  verben ,  die  sich  auf  moral  und  betragen  beziehen. 

sanfle  leben  E.  4791.  ze  rehte  G.  3623.  —  rehte  mäze  geben 
6- 1360.  3651.  —  ze  rehter  mäze  tragen  G.  1076.  —  ze  rehter  mäze 
"«Wen  a.  H.  317.  —  sich  enthalten  Iw.  6580.  —  staete  werden  Iw.  6808. 
*^  tumbe  gedanken  verdenken  Iw.  1500.  —  sich  lasier s  schämen  Iw. 
4965.  —  vertragen  E.  5968.  —  gebären  a.H.  304.  Iw.  3561.—  vriunt- 
«c*ö/l  erzeigen  Iw.  7768.  —  gedienen  E.  1288.  4548.  4568  (dienen).  — 
^^chulden  G.  2241.  —  Ionen  Iw.  4195.  —  geren  E.  3771.  —  geniezen 
^  Iw.  4967.  6382.  —  daz  leben  gelieben  Iw.  2423.  —  betdiehe  Uten 
Iw.  4574.  —  undersagen  Iw.  862.  —  erUten  E.  6326. 

<•  VoD  verben,  die  eine  körperliche  fähigkeit  oder  geschicklichkeit 

bezeichnen. 
droben  E.  1962.  —  gehceren  E.  7444  (wise).  —  gebiegen  {die 
«*oiW)  G.  1428.  —  geregen  {die  arme)  E.  888.  —  grinen  Iw.  877.  — 
l"wikfcn  (daz  ars)  G.  1443.  —  ritter  wesen  G.  1814.  —  striien  Iw.  7. 
^•W.—  vekten  Iw.  7001.  —  veUen  Iw.  7090.  —  siege  gelegen  E.  887.  — 
**Welefi  E.  100.  —  lesen  Iw.  6457.  —  geprüeven  E.  5235.  —  erziu- 
I"»  1.  2800.  —  pflegen  E.  3289.  Iw.  2196.  gepflegen  E.  3709. 
<  —  bmden  E.  8244.  —  ezzen  (ironisch)  G.  2766. 

OnmOHK   PHILOLOGIB.    UD.   XYIII.  10 


146  V.  MOHSTEttBBllÖ 

Das  subject  ist  eine  sacbe. 
E.  5532  sin  snelheit  künde  in  vür  tragen. 

7672  si  künde  wol  gemachen  des  goltsmides  hatU. 

b.  Weniger  bervor  tritt  diese  eigentlicbe  bedeutong  von  Ami- 
nen und  es  unterscbeidet  sieb  wenig  oder  nicbt  von  mugen 
in  folgenden  föUen: 

vinden  E.  236.  a.  H.  437.  —  erjagen  Q.  1529.  —  enoerben 
a.  H.  219.  gewerben  Iw.  2772.  —  gewinnen  E.  3696.  a.  H.  72.  444. 
Iw.  1619.  —  mit  listen  gevristen  Iw.  948.  —  mit  listen  gesümen  und 
gevristen  E.  5010.  —  mit  listen  sünwn  E.  5027.  —  mit  listefi  gevristen 
E.  5530.  vristen  Iw.  5320  (oder  von  muoser  abbängig?).  —  mit  sin- 
nen an  gewinnen  G.  2854.  —  überwinden  E.  5848.  5926.  Iw.  1999.  — 
überkomen  Iw.  5954t  —  gemeren  a.  H.  58.  —  sich  erhcln  E.  9305.  — 
gevürdern  E.  5685.  —  sich  gewirden  G.  1517  (Becb  gevürdem).  — 
bewam  E.  8254.  Iw.  920.  1775.  2978.  6137.  —  behalten  Iw.  3973. 
8145.  —  bevriden  Iw.  1910.—  gehOeten  Iw.  1103.  —  behHeten  Iw.  3162. 

—  engdten  Iw.  7458.  —  genieeen  E.  3345.  Iw.  3139.  Q.  1334  (Bech 
enbizen).  —  g^n  und  geriten  E.  8709.  —  riche  wesen  Iw.  6397.  — 
äne  herze  leben  Iw.  3022.  —  missetuon  Iw.  4064.  —  bedecken  Iw.  2963. 

—  gerechen  Iw.  4462.  -7-    swachen  Iw.  2486.  —    handeln  E.  5258.  — 
schaffen  G.  1100.  —  ereiehen  E.  5544  (Coiyectur  Lacbmanns).  —  wid&r 
kamen  Iw.  8117.  —   werden  a.  H.  905  (äne).    Iw.  3180.  —    erwenden^ 
G.  383.     Iw.  4845.  6011.  —   gercUen  Iw.  1899.  6124. 

Das  subject  ist  eine  sacbe. 

E.    593  des  künde  mich  diu  armuot  noch  nie  betunngen  nocli  üfdi 
zunvel  bringen.  8439.  8440. 

9436  wie  mich  des  wundern  kan. 
Iw.  2063  ob  ez  sich  geviiegen  kan. 

2093  daz  si  (diu  werÜ)  mirz  niht  gemzen  kan. 

6345  ezn  kan  ouch  äne  in  niht  geschehn. 

2638  ez  enkund  im  niht  geschaden. 
a.H.  1186  uns  kan  daz  niht  gewerren. 

In  ganz  äbnlicben  Verbindungen  stebt  mebrmals   aucb  muge- 
vgl.  E.  1139.    4855  8.32;    1133   s.  43;    Iw.  2650  s.  44   usw.      Erzi^ 
hen  E.  5544 ,   fals  die  conjectur  Lacbmanns  ricbtig  ist,  wurde  sieb 
körperlicbe    kraftäusserung    sogar    natürlicber    mit    mugen    verbinde — " 
Nur  durcb  diese  annäberung  an  mugen  wol  nimt  kunnen  aucb  an  de 
sen  scbwäcbe  teil,  und  so  wie  dies  stebt  es  zuweilen  in  verbindunge 
in  denen  es  ein  andermal  feblt  (vgl.  s.  52).    Vgl.  mit  E.  9436  a.  H.  3*^ 
des  ivundert  mich,   eine  Verbindung,   in   der  aucb  mugen  gern  stet:^ 


HtPlNITlV  NACH  WELLEN  USW.  147 

Vgl.  8  47  E.  5558.  8700.  9152,  vgl.  noch  8.30  und  31.  E.  4698. 
4750.  90.  6501.  a.H.  908.  491.  1062.  Und  zwar  lässt  sich  die  beob- 
acbtuDg  machen,  dass  das  eindringen  von  kunnen  in  Verbindungen, 
die  im  firec  und  Gr§görjas  noch  fast  ausschliesslich  mugen  vorbehal- 
ten sind,  im  Iwein  zunimt.  Da  kunnen  nun  speciell  ein  geistiges ,  ein 
denkvermögen  bezeichnet,  trift  es  auf  dem  wege  seiner  annäherung 
an  mugen  zunächst  auf  dessen  Verwendung  von  Ä ,  3 ,  d  s.  42  und 
0.1762  wand  er  tu  wd  gedienen  kan  nähert  es  sich  diesem  Poten- 
tialen sinne. 

Im  algemeinen  aber  ist  die  bedeutung  von  kunnen  noch  nicht 
erschüttert  und  wenn  ich  auf  jene  berührungspunkte  aufmerksam  mache, 
geschieht  es  nur,  um  auch  die  leisen  anfange  eines  bedeutungswandels 
nicht  unbemerkt  zu  lassen ,  vermöge  deren  kunnen  in  unserer  zeit  bis 
zur  modalen  Umschreibung  herabsinken  konte.  Daher  ist  es  mit  mugen 
and  andern  verben  mit  verschobenem  praeteritum  oft  genug  verbunden, 
TgL  8.  53,  mit  wellen  z.  b.  Iw.  8144,  turren  z.  b.  Iw.  7001,  und  wenn 
ft.H.  219  (daz  man  sl  veüe  vunde  oder  daz  man  ^  künde  mit  deheineti 
iingm  erwerben)  kunnen  c.  inf.  einem  organischen  conjunctivus  praete- 
riti  gegenüber  steht ,  so  sind  darum  beide  ausdrücke  doch  nicht  gleich : 
^e  vinden  ist  von  äussern  Verhältnissen,  erwerben  von  der  findigkeit 
^^  snbjects  abhängig.    Lezteres  soll  kunnen  bezeichnen. 

Zn  entlehnen  ist  der  Infinitiv 

I.  innerhalb  der  nämlichen  periode. 

1)  im  relativsatze  aus  dem  vorangehnden  hauptsatze. 

a.  Ein  Superlativ  steht  vor  kunnen  E.  1603.    7491.    8190.    8244. 
G.  375.    Iw.  1775.  2962.    Hinter  kunnen  E.  5258. 

b.  Der  relativsatz  hat  einen  algemeinen  sinn  E.  5027.    Iw.  2486. 

2)  im  bedingungssatze  aus  dem  hauptsatze.    Ersterer  ist  ein- 
geschoben mit  ob  G.  1216.     Ohne  ob  6.  1100. 

II.   aus  einem  andern  Satzgefüge,  negiert  E.  3289. 
Wirkliche  ellipse  findet  sich  bei  kunnen  nicht. 

3.     Solu. 

A.  Der  ergänzung  durch  einen  inf.  ist  soln  bei  Hartmann  in  den 
"^Pen  nicht  bedürftig  in  der  bedeutung  nützen,  taugen,  angemes- 
^Bn  sein,  zweck  haben  (wo  nicht  die  ellipse  des  inf.  dieser  verba  oder 
^csen  mit  Grimm  Gramm.  IV  s.  133.  134  anzunehmen  ist,  was  auch 
^^^t'eits  Lucae  nicht  tut  in  seiner  s.  3  citierten  abhandlung,  sondern 
/Uoae  bedeutung  hat  soln  selbst  in  sich  aus  der  ursprünglichen  eine 
^^rpflichtung  haben  entwickelt). 

10* 


148  V.  MONSTKRBBRG 

E.    125  ichn  tveiz,  ztoiu  mir  daz  leben  sol. 
565  wag  solde  mir  iezuo  der  spot? 
1445  waz  sol  des  langiu  maere?    5905.  7460.  8806. 
G.  1457  und  wetz  ntht,  war  zuo  daz  sol?  1542. 
a.  H.   653  waz  solte  uns  lip  unde  guot? 

654  waz  solte  uns  werlütch  muot^  swenne  wir  dm  enbteren? 
Iw.  1466  waz  sol  ich^  swenn  ich  din  enbir?   1467.  1468.  2416.  46^ 

B.  In  allen  übrigen  fällen  hat  soln  den  Infinitiv  bei  sich  n 
zeigt  sich  hier  in  einem  hohen  grade  der  auflösung,  wie  wir  ihn  n 
bei  wellen  gefunden  haben  und  bei  mOezen  finden  werden.  Ich  fül 
indes  zunächst  die  fälle  an,  in  denen  soln  in  einer  noch  selbständig 
bedeutung  den  infinitiv  in  seiner  eine  richtung  bezeichnenden  functi 
bei  sich  hat,  um  später  seinen  umschreibenden  gebrauch  mit  d< 
appositiven  infinitiv  zu  behandeln.  So  unmerklich  fliessen  aber  h 
beide  gebiete  des  infinitivs  zusammen,  dass  ich  genötigt  bin  zwiscb 
beide  teile  einen  dritten  einzuschieben ,  in  dem  ich  die  stellen  samm( 
werde,  in  denen  es  zweifelhaft  bleibt  und  auch  nicht  entschieden  w< 
den  darf^  ob  Hartmann  bei  soln  noch  eine  eigne  bedeutung  fQhlte  oc 
ob  es  mit  dem  infinitiv  ihm  nur  noch  eine  einzige  verbalform  zu  b 
den  schien. 

I.    Soln  mit  dem  inflnitlv  der  richtung. 

Nach  Qrimm,  G.  d.  d.  Spr.  II  s.  892  fgg.,  bezeichnet  soln  ursprüi 
lieh  ein  Schuldverhältnis.  An  diese  bedeutung  finden  sich  noch  anklän] 
Dieselbe  lässt  sich  aber  zerlegen  in  zwei  begrifliche  bestandteile ,  ini 
fern  sie  gleich  ist  einem  von  der  gerechtigkeit  auferlegten  zwangsvi 
hältnisse.  Jener  erstere,  moralische  teil  verflüchtigt  sich  nun  in  and( 
t&llen  und  es  bleibt  nur  der  begriff  eines  Zwanges  übrige  der  da 
leicht  übergeht  in  die  eines  anlasses,  einer  gelegenheit,  ja  einer  m< 
lichkeit. 

1.  Soln  bezeichnet  verpflichtet  sein. 

a.  Am  nächsten  wol  der  von  Grimm  angenommenen  urbedi 
tung,  durch  eine  schuld  verpflichtet  sein,  komn 
die  fälle,  in  denen  soln  mit  verben  der  Vergeltung  verbi 
den  ist. 

engdten  E.  1007  (von  rehte),    Iw.  4970  im  conj.  —  gamen  E.  IC 
(von  rehte).  —    buoze  enpfän  Iw.  4000  im  conj.   —   ze  buoze  si 
E.  7022  im  conj.   —    verschulden  E.  4990.    —    dienen  E.  7941. 
gedienen   Iw.  4789.   —    verdienen   Iw.  7761.   —    lor^en   E.  10 
Iw.  1197. 


INFINITIV   NACH   WBLLBN   USW.  149 

b.    Soln  bezeichnet  eine   aus  dem  Verhältnisse  zu  den  mitmen- 
schen (freundschaft    —    feindschaft,   gastlicbkeit ,    verwant- 
schaft,  stand,  geschlecht  oder  algemeine  gattung)  entsprin- 
gende Verpflichtung. 
£•    178  da  wart  er  emphangen  wol,  so  man  ee  vritmdes  hüse  sol. 
1520  als  man  lieben  vriunt  sol. 

3908  nü  rate  ich  iu  wol,  als  ein  vriunt  dem  andern  sol. 
4559  dan  vriunt  M  vriunde  vinden  sol. 
6214  so  man  den  vriunt  nach  leide  sol, 
G.    382  als  man  den  vriunt  nach  leide  sol. 
Iw.  1003  als  vient  sinen  vient  sol. 
E.  8408  ich  wil  iu  raten  wol,  als  ich  minem  gaste  sol. 
Iw.  4766  als  man  lieben  gast  sol. 

6476  als  ein  wirt  den  gast  sol. 
6r.    128  als  ein  getriuwer  bruoder  sol. 

1262  als  ich  minem  lieben  sol  (die  hdschr.  im  Vatican   und  der 
prosaauszug  in  dem  winterteil  der  heiligen  leben,  bei 
Faul  A  und  F,   haben  lieben  chinde,   Lachmann  und  Bech 
sune). 
a.H.    675  der  vater  unde  muoter  sol  leisten  ir  kinde. 
£•      16  als  ein  guot  kneht  sol. 
G.  1234  ich  sol  und  muoz  mich  nieten  not  und  angest  (daz  ist  reht) 

als  ein  eilender  kneht. 
£.4155  gewäfent,  als  ein  guot  ritter  sol. 
4336  gewäfent,  als  ein  ritter  sol. 
a.  £      35  die  ein  ritter  haben  sol. 
1349  als  ein  vrumer  ritter  sol. 
Iw.  2516  als  ein  riter  sandern  sol. 
2796  als  ein  rUer  sdte. 
5345  (US  guote  riter  sotten. 
5913  swaz  ein  riter  haben  sol. 
G.   3377  die  ere,  die  ein  bäbest  haben  sol. 
S391  der  grözes  gwaMes  pflegen  soL 
3631  und  sol  doch  (der  bäbest)  vreveUiche  sile  erzeigen  und  die 

neigen,  die  — 
3640  man  sol  dem  sündcere  ringen  sine  swaere. 
B-  6302  diu  wip  sulefi  reden  also. 

7781  swä  mite  ein  wip  gedienen  sol. 
^-     705  als  ein  minne  gerndez  unp  sol. 
^784  als  einem  manne  ein  wip  sol. 
^239  als  ich  sol  (ein  weib  spricht). 


150  V.  M0N8TERBEBO 

E.  2038  st4^az  ein  habech  vähen  sol. 
Iw.    206  der  humbd  der  sol  stechen, 

209  der  homüe  sol  diesen. 
E.  7826  und  sage  ez  so  iche  sagen  sol  (als  autor). 

c.  Soln  bezeichnet  eine  aus  geltendem  recht,   der  sitte  c 
moral  entspringende  Verpflichtung  oder  berechtigung. 

E.      78  ir  sdtet  ez  durch  zuM  län, 

1109  daz  reht,  daz  er  eine  küssen  solde, 

5332  sU  ich  der  wärheit  sol  jehen. 

8975  daz  nietnan  sol  bieten  ungetriuwen  gruoz. 
G.  2103  daz  im  dienen  solde. 
Iw.  2811  ez  si  des  hi^ses  Site,  daz  er  stU  weder  riien  noch  gebn. 

2812  er  siU  dem  hüse  lehn, 

4466  ailes  des  ich  solde  hän, 

5432  den  selben  tot,  den  der  fnan  solle  Itden. 

d.  Soln  bezeichnet  ganz  algemein ,  was  recht  und  billig  ist  c 
dafür  gehalten  wird. 

Das  subject  ist  eine  person. 
Im  praes.  ind. 
£.    347  man  sol  denh  wirte  län  sinen  wiüen.  daz  ist  guot  getan,  i 
733.    2912.    3069.    3330.    5072.    5826.    6785.    8120.     8( 
8626.  9396. 
G.    16  a  der  gedenkt  niht,  als  er  sf  rehte  sd, 

629  dA  von  enmac  ich,  als  ich  sol,  der  vrouwen  leit  ente6 
956.  2503. 
a.H.   658  ja  sdtA^  Jibiu  toMcr  min,  unser  beider  vreude  sin, 

829  ouch  sol  ich  mine  iriuwe  an  mir  selber  niht  brechen.  949.  { 
Iw.    164  ich  cnphähe  gerne  als  ich  sol.  4969.  6068.  6626. 

Im  coi\j. 
Iw.    121  iuch  bedunkt,  man  suln  iu  län. 

Im  perf.  ind. 
K.  8653  er  tcäfent  sich  als  er  solde. 
G.    735  als  ers  versuochen  solde,  1079.  2846. 
a.  II.   882  daz  $i  niht  enwoUen  si  tcenden  noch  ensoUen. 
Iw.  1592  ^^Nv^  solde  $i  xuo  keren. 

Im  conj. 
K.  1552  dii  sis  in  briste  beidenihalp  so  man  solde,  1590.  3681.  5^ 
5935. 
Q.  47.  48  Ni)  soll  ich  mit   iu  beiden  alrerst  vreude  wüten  und  w 
necH^en  tüten. 


INFINITIV   NACH   WELLEN   USW.  151 

6.  2681  den  scHdest  du  enphähen  haz.  2690. 
Iw.  1667  die  marter,  die  sold  ich  bülicher  enpfän.  2016.  2030.  3005. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Im  praes.  ind. 
E.     248  (ds  ez  ze  hochziten  sol. 

4098  SK^cr  s^ne  sache  wendet  gar  ze  gemache,  dem  sol  ere  abegän. 
Iw.  1214  als  ein  bette  beste  sei. 

Im  perf.  ind. 
E.  1444  daz  gesmtde  sam  ez  solde  vofi  rotem  golde, 
1994  daz  getoürhte  ais  ez  solde, 
2293  dar  üf  ein  mouwe  ze  der  mäze  und  si  solde. 

Im  perf.  conj. 
E.  5921  dem  nimmer  solde  leit  geschehen. 
\w.  4651  iu  sölte  versmähen  daz  gemeine  nach  gähen. 
5638  daz  dienen  solt  in  beiden. 
7083  cUs  ez  wesen  solde. 
l^lh  des  si  niht  sprechen  solde. 

2.    Soln  bezeichnet  genötigt  sein,  anlass,  gelegenheit, 

möglichkeit  haben. 

a.    Der  zwang  usw.  kann  wie  bei  mugen  liegen  in  äussern  umständen. 

a.   In  der  beschaffenheit  des  objects. 

£.     488  daa  sol  min  herze  immer  Magen. 
G.  1533  sus  sol  man  st  (die  Saelde)  erloufen. 

ß.    In    einem   praepositionalen   oder   adverbialen    ausdruck    oder   einer 

apposition. 

Das  subject  ist  eine  person. 

E.  6303  da  von  man  irs  niht  wizen  sol. 

a.H.    687  des  sol  ich  ze  iutoerem  geböte  iemer  vil  gerne  stän. 

1176  da  von  so  sol  ich  disen  tot  hän  mir  eine  süeze  not. 

Iw.  1658  da  von  sol  si  mich  niht  län  als  unbescheiden  under  wegn, 

1796  nü  sol  man  schouwen  alrerst  iuwer  vrümekheit. 

5723  ouch  ensol  ich  von  diu  min  rehtez  erbe  niemen  län. 

Einmal  ist  die  notwendigkeit  auf  das  praedicatsverhältnis  bezo- 
gen (vgl.  müezen): 
6.  2746  dine  vüeze  solden  unden  breit  sin  und  zeschrunden  als  einem 
wallenden  man. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
Iw.  1813  da  von  sol  sich  min  senediu  not  nimmer  volenden. 


152  y.   MONSTKRBEB0 

y,   la  einem  andern  satze. 
aa.    In  einem  übergeordneten. 

aa,   Soln  steht  in  einem  consecutiven  conjunctionalsatze. 

Im  praes.  ind. 
£.  3792  nu  gevaUet  ir  mir  also  wol,  dais  ich  iuch  gerne  machen  sei 

ee  vrouwen.  3938.  4460. 
Iw.    191  ez  ist  umb  iuch  also  getoant^   dazz  iu  niemen  merken  sol, 
sprecht  ir  anders  danne  woL 
867  min  her  Keii  der  ist  so  uns,  daz  man  in  gerne  hoeren  sd. 
2068.  4642. 
Im  perf.  ind. 
Iw.    323  daz  der  wäfenrtemen  also  rehte  lüizel  ist,  daz  si  ntht  langer 
vrist  mit  mir  solde  unibe  gän. 

Im  conj. 
Iw.  2309  ir  hat  mir  seih  leit  getan  ^  daz  ich  iuwer  niht  enwclde  so 
gähes  noch  ensolde  gnade  gevähen. 

ßß.   Soln  steht  in  einem  consecutiven  relativsatze. 

E.    481  mir  ist  ein  leit  von  im  geschehen,  daz  ich  immer  Idagen  sd. 

7921. 
Iw.  1624  nü  toeiz  ich  doch  ein  dinc  wd,   des  ich  mich  tool  troesten 

sol,  2799. 

Im  perf.  conj. 
E.  7949  und  wcer  s%  danne  so  getan,  dar  unibe  ich  solde  ertcindefh, 
daz  lieze  ich  an  mir  vinden. 

bb.    In  einem  untergeordneten. 

aa.    Soln  steht  im  folgesatze  einer  bedingungsperiode. 
Im  praes.  ind. 
Iw.  4343  ob  ich  deheine  triuwe  hon,  sone  sol  ich  daz  ntht  gerne  sehn. 
5960  wdt  ir  in  schiere  erriten,  sone  suU  ir  ouch  niuwet  Uten. 
Im  perf.  conj. 
Iw.  1005  daz  er  sich  weren  solde,  ob  er  niht  dulden  wdde. 

ßß.   Sdn  steht  im  hauptsatze  eines  conditionalen  relativsatzes. 
Im  praes.  ind. 
Iw.  7176  swer  gerne  lebt  nach  eren^  der  sd  vil  starke  kären  alle  sine 
sinne  nach  eteslichem  gwinne. 

cc.    In  einem  gleichgeordneten. 
Im  praes.  ind. 
E.  3365  daz  sd  mich  geriuwen:  wan  so  muoz  mtn  sHe  verderben. 


f  IMPINITIV   NACH  WBLLBN   USW.  153 

d.   Im  zusammenhange. 
Im  praes.  ind. 

£.6695  stdn  wir  nü  ee  vuoze  gän?  (6693). 

9122  so  sei  man  toaerlichen  den  wiben  doch  entwichen  ze  etesUcher 

stunde  (9426) 

a.E  .715  gote  müeze  ez  sün  geklaget,  daz  ich  unz  mome  leben  sol. 

Iw.  1821.  7461. 

Im  perf.  ind. 

E.  1848  daz  er  ze  langem  ziten  ir  minne  solde  VUcn.    G.  179. 

Iw.  386  und  do  ich  niene  wolde  noch  Idiben  solde,  5096. 

Im  perf.  conj. 

E.  3373  ich  wtene  ez  solde  verdagen,  6982. 

Iw.  2922  daz  solde  ich  e  bewarn. 

Wie  bei  mtyen  begegnet  hier  häufig  das  adverb  gerne  und  wol. 

b.  Die  notwendigkeit  usw.  wird  überhaupt  als  eine  solche  gesezt  in 
bedingenden  Sätzen.  Soln  verliert  hier  so  lange  seine  bedeu- 
tung  nicht,  als  der  nachsatz  eine  angäbe  darüber  enthält,  ob 
einer  bereit  ist  jener  notwendigkeit  zu  genügen,  oder  ob  er  ihr 
genügt  und  wie  oder  welches  mittel  ihr  zu  genügen  nötig  wäre. 
Vgl.  s.  22. 

Im  praes.  ind. 
^*  5055  swer  ze  hove  wesen  sol,  dem  zitnet  vreude  wol.  8014. 
ß-  1393  ez  bedarf  vil  wol  gewonheit,  swer  guot  ritter  wesen  sol. 
*ff.     599  swer  ouch  dann^  die  lenge  mit  arbeiten  leben  solj   dem  ist 

tedoch  niht  zewoh 
^'   2272  und  sol  man  des  genäde  hän,  da  zuo  hoeret  bezzer  Ion. 
2839  da  hoeret  groz  kumber  zuo,  swer  daz  hüs  haben  sol. 
3417  und  sult  ir  ouch  vor  ime  genesn,   daz  muoz  mit  siner  helfe 

wesn. 
^192  swer  den  man  erkennen  sol,  da  hostet  langer  wUe  zuo. 
-4871  ich  darf  wol  meisterschaftj  sol  ich  daz  wcegest  ersehn. 
<Sl82  und  sol  st  da  zuo  kempfen  hän,  so  wil  ich  vehten  vür  si. 
^829  und  sd  ich  min  arbeit  iemer  überwinden  y   so  muoz  ich  in 

vinden. 
C628  ouch  vind  ich  ein  wip  wolj  swenn  ich  unp  nemen  sol. 
C936  wand  ezn  tuet  dem  biderben  man  niht  wol,  der  sandem  tot 
sehen  sol. 
Im  perf.  ind. 
IS*-   5208  swaz  si  haben  solde ^  des  nam  si  genuoc. 

7192  swcus  da  mere  solde  sin,  vü  lützel  des  da  gebrast. 
l^f  •  6083  ein  burc  den  Hüten  wol  ze  maze,  die  herbergen  solden. 


154  V.   MONBTBBBERO 

Sollen  komt  in  diesen  fällen  der  bedeutung  von  nötig   haben, 
bedürfen  nahe.    Dieses  ist  nun  einmal  mit  soln  verbunden. 
Iw.  7937  done  was  niht  versteigen,  des  er  bedürfen  scide. 
Hän  sdde  oder  bedorfle  allein  würden  genügen. 

Im  perf.  conj. 
E.  3457  so  Jksten  dar  an  harte  vtl  ze  ttwne  vier  knehte,  solden-st  ze 
rehte  aht  ros  vüeren  unde  bewam, 
6810  solt  ich  daz  langer  Itden,   dar  unibe  müeste  ich  doch  min 

leben  als  schiere  hän  gegeben. 
9452  so  muoste  ich  ez  behalten  und  solde  ich  hinne  alten. 
6.  3048  solden  si  inier  vinden  in,  daz  man  in  danne  müeste  saochen 
in  der  wüeste. 
a.H.   245  daz  in  des  aller  meist  verdroz,  ob  er  langer  solde  lehen  (s.  u.). 
441  mit  der  genist  ich  solle  geneseti,   daz  miieste  ein  solh  sache 
wesen, 
Iw.  6637  sold  ich  joch  einen  bestän,  da  mikze  ich  angest  zuo  hän. 

Mit  dem  inf.  perf. 
E.  2465  swer  im  gewartet  solde  hän,  der  endorfte  d*  ougen  ruowen  lan. 

c.  Der  zwang  usw.  liegt  in  der  absieht  einer  andern  person,  die 
ausgedrückt  sein  kann  in  einer  aufforderung ,  einem  wünsche, 
einer  vorhergegangenen  abuiachung  usw.  oder  bisweilen  nur  stil- 
schweigend als  bei  einem  andern  vorhanden  vorausgesezt  wird. 

Das  subject  ist  eine  person. 

E.    621  der  tac,  daz  si  solden  rUen. 

952  als  er  solde  erslagen  sin,  • 

1503  so  wisten  die  krähte  der  zit,  wenne  er  solde  komen. 
2119  der  tac,  daz  tlrec  solde  nemen  vrowen  tlniten. 
2640  als  er  erkuolt  solde  sin. 
4031  er  gedahte,  wenn  er  zer  vrowen  solde  komen. 
4069  une  lange  sol  ich  dich  vrägen?    7925.    8741.   8797.    9375. 
9441.  10003. 
G.    209  hie  verstuont  si  sich  mite,  daz  ez  ein  emest  solde  sin. 
340  der  uns  da  raten  sol    1590.  2062.  2903.  3482. 
a.H.  1482  als  ie  die  Hute  täten,  da  si  da  soUen  raten. 
Iw.  2526  sU  ez  niemen  reden  sol. 
4241  an  den  ich  it^h  rechen  sol. 

4743  ich  sol  komen  an  eine  stat,  dar  mich  ein  vrouwe  komen  bat 
5090  der  er  da  komen  solde  ze  helfe. 

5135  mä  ten  ich  da  striten  sol    6198.    6649.   7374   (vgl.    s.  52 
E.  4521.  4472).  7911.  7917.  8034.  8053. 


INFLVITIV  NACH  WELLEN  USW.  155 

Mit  dem  inf.  perf. 
Iw.  6350  und  soUe  mit  in  Mn  gestriten. 

Im  perf.  conj. 
E.      19  jSrec  sine  vrowen  vrägen  began,  ob  erz  ervarn  solde. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
E.     582  sU  daz  der  strit  sol  toesen  vrtio,  2239.  2351. 
Iw.  6824  er  sol  in  sitne  hove  geschehn. 
6977  sU  daz  der  kämpf  wesen  sol. 

Algemein  man  kann   von   mir  nicht  erwarten,   fordern 
bedeutet  ich  sol  in  Sätzen  negativen  sinnes  mit  daz  und  iu  der  unwil- 
ligen frage. 
E.  8035  weder  ist  er  berc  od  berges  gnoz,   daz  man  in  also  vürh- 

ten  sol. 
6.  1140  dinen  vriunden  zimet  daz  niht  wol,  daz  ich  daz  laster  dul- 
ten  sol. 
Iw.  8080  sol  ich  dem  vürdermcäe  lebn ,  der  — - 

Die  absieht  des  verfertigers  ist  es. 
E.  2024  daz  daz  gesmide  solde  sin. 

7685  daz  ez  borten  solden  sin,  dazn  wurde  iu  schin  ode  — 
7713  daz  die  vasen  solden  sin. 
8914  daz  der  knoph  wesen  solde. 

Ein  specieller  fall  hiervon  ist  es  auch,   wenn  das  bestimmende 
der  wille  des  Schicksals  ist. 

Das  subject  ist  eine  person.* 
E.  3031  daz  ich  minem  Itbe  so  manegen  vluoch  vernenien  sol. 

7279  daz  doch  nie  dehein  man  dehein  schcenerz  gewan  noch  solde 
beschauwen.  7773.  8167.  8347.  9693. 
G.  2729  Ouwe  deich  diz  an  sehen  sol. 

3106  mir  ist  harte  wol  geschehen,    sit  ich  hie  solde  sehen  also 

guote  Hute. 
3801  und  ist,  daz  ich  genesen  sol. 
a.  H.   493  daz  wir  den  suln  Verliesen. 

621  die  wUe  daz  er  leben  sol.  1108.  1135.  1224.  1237. 
Iw.  1893  daz  ich  iemer  keinen  ta^  nach  mime  herren  leben  sol. 

3393  dctz  eim  also  vrumen  man  diu  swadieit  solle  geschehn.  3677. 
3978.  6975.  7313. 
Im  perf.  conj.  eines  bedingenden  satzes.    Soln  behauptet  hier 
seine  bedeutung,  weil  im  hauptsatze  verben  stehn,  die  dem  im  inf 
amnähnlich  sind. 
Iw.  1294  solden  si  in  immer  vinden,  daz  heten  si  ouch  do  getan. 


156  V.   M0N8TKRBEBQ 

Iw.  5408  seitens  da  von  sin  behuot,  si  wären  werhaft  genuoc. 
Vgl.  wellen  s.  22  nr.  2. 

Auch  a.H.  245  s.  154  könte  man  bierberziehen.  Die  bedeutun 
aber  verbliebe  soln  aus  den  s.  153  angefubrten  gründen,  was  mit  wei 
len  s.  22  nr.  1  zu  vergleichen  ist. 

Das  subject  ist  eine  sache. 

E.  4801  nwie  mac  doch  daz  nieman  bewam,  daz  im  geschehen  sol. 
8096  ob  du  mohtest  wizzcn  wol,  waz  dir  hie  geschehen  sol.   809 
8160. 
Iw.  2561  dö  in  got  so  gerte,  daz  erm  solle  gelten. 

3985  daz  mir  daz  solle  geschehn,  4987.  6567.  6617.  8101. 

Auch  soln  kann  schliesslich,  wie  weUen  s.  10  von  einer  blossesz 
behauptung  oder  rnitteilung  gebraucht  werden,   wodurch  der  inf.  nacIS 
ihm  dem  appositiven  gebrauch  sehr  nahe  rückt. 
a.H.   337  swaz  kinden  liep  sol  sin. 
934  da  soUent  ir  genesen  mite. 
Iw.  4824  der  da  komen  solde. 

4829  wä  ist,  der  da  komen  sol? 

Mit  dem  inf.  perf. 
E.  1753  ir  wizzety  daz  er  solde  sin  reht  hän  genomen. 

Im  conj. 
E.  9636  der  des  hete  ddieinen  wän,  daz  der  ritter  Mäbonagrin  solde 
überwunden  sin, 

n.  FMle,  in  denen  es  unentschieden  sein  muss,  ob  soln  blos 

umschreibende  fiinction  liat. 

Bei  soln  in  seiner  umschreibenden  function  kommen  wider  wie 
bei  wellen  beide  in  dem  moment  der  Vorstellung  liegende  begriffe,  sowol 
der  modale  als  der  temporale,  zur  entwicklung.  Dies  geschieht  aber 
zunächst  noch  im  engen  anscbluss  an  die  specielle  bedeutung  von  soln 
und  erst  im  weiteren  verlaufe  bleibt  nur  das  wol  allen  verben  mit  ver- 
schobenem praeteritum  und  wellen  gemeinsame  moment  der  vorstellang 
als  alleinige  erklärende  Ursache  der  futur-  und  conjunctivbedeutung 
übrig,  und  erst  von  da  ab  ist  ein  unterschied  zwischen  dieser  und 
Umschreibungen  mit  andern  ähnlichen  verben  nicht  mehr  aufzufinden. 
Natürlich  lässt  sich  auch  der  inf.  im  ersteren  falle  noch  nicht  als  blos 
appositiv  betrachten.  Unmittelbar  aus  der  speciellen  bedeutung  von 
sein  entwickelt  sich  nun  aber  sowol  die  Verwendung,  welche  als  eine 
umschreibmig  des  Imperativs  als  auch  die,  welche  als  eine  solche  des 
futurum  betrachtet  werden  kann. 


nnmnTiv  nach  wblLbn  usw.  157 

1.  Die  erwähnung  einer  Verpflichtung  oder  einer  gelegenheit 
nsw.  der  angeredeten  person  pflegt  die  aufforderong  in  sich  zu  schlies- 
sen,  derselben  nachzukommen  resp.  sie  zu  benutzen.  Soln  dient 
daher  zur  widergabe  des  imperativs 

der  2.  person  in  allen  fällen,  wenn  nicht  ausdrücklich  der  Zusam- 
menhang (z.  b.  a.  H.  658  s.  150)  oder  die  irreale  form  des  perf. 
conj.  die  erfüllung  der  Verpflichtung  negiert  (z.  b.  E.  78  s.  150. 
0.  2681  8.  151), 

der  3.  person  in  gleichem  falle, 

der  1.  pl.,  insofern  sie  gleich  der  1.  +  2.  ist.  So  dass  sie  gleich 
der  1.  +  3.  ist,  findet  sie  sich  bei  Hartmann  nicht 

Parallel  mit  I,  1,  a  (s.  148). 

2.sg.  E.  5816  des  soltü  mich  geniezen  län, 

9945  du  solt  von  schtdden  immer  sin  gepriset  unde  geeret. 

2.pl.  E.  1028  des  suU  tr  ze  huoze  stän.    Iw.  721. 

3413  tr  Sfdt  mich  des  geniezen  län.  4133.  4552. 

3.pl.  Iw.  1177  des  sol  man  tuch  geniezen  län, 

I  pl.  E.  1286  nü  stdn  wir  in  ze  lone  emphähen  vü  schone. 

Mit  I,  1,  b  (s.  149). 
2.  sg.  Q.    83  die  dinen  solt  du  eren,    die  vremeden  zuo  dir  kSren, 
uns  usw. 
a.H.  656  dune  (soU  uns   sus  niht   swceren).     Nach   F.   Pfeiffers 
ergänzung. 
Mit  I,  1,  c  (s.  150). 
2.  pL  Iw.    205  im  sült  iwer  gewonhdt  durch  nieman  zehrechen. 
7686  so  stdt  ir  iuwcr  reht  iewam. 
Mit  I,  1,  d  (s.  150). 
2.  pL    E.    532  herre,  dtsen  spot  stdt  ir^läzen  durch  got. 
3622  ir  suU  si  schone  emphähen. 
7666  ir  sult  mir  des  tool  gunnen. 
7924  des  suU  ir  mir  tool  gunnen. 

Das  subject  ist  eine  sache. 

3.  8g.   E.  698  der  sol  er  biUichen  sin. 

Mit  I,  2,  a,  a  (s.  151). 
2.  pL    E.    658  ouch  sult  ir  des  gewis  sin^  daz  iuwer  ellenthafter  muot 

iu  gevüeget  allez  guot. 
1530  dirre  Meider  sult  tr  wandet  hän. 
Iw.  2148  ouch  suU  ir  ein  dinc  niuwet  län. 
1.  pL    E.  1289  unr  suln  von  rehte  einem  man,  der  ez  so  wd  gedienen 

ian,  aller  eren  gunnen. 


158  V.  M0NSTERBER6 

Mit  I,  2,  a,  /9  (s.  151). 

2.  pl.    E.  3640  ir  sutt  ze  disen  eiten  ze  gemcuihe  uns  Icusen  rUen.  4675. 

4700. 

3.  sg.  E.  4975  er  sei  mich  ze  dirre  vris^  mit  hülden  läzen  tHen. 

6030  des  sol  man  bilde  kiesen  an  mir  vU  gotes  armen. 
Q.  3793  da  ensol  niemer  an  dehein  sündiger  man  genemen  las- 
sez  bilde. 
3812  da  sol  der  sündige  man  ein  scdic  bilde  nemen  an. 
Mit  I,  2.  a,  y,.  bb,  aa  (s.  162). 
2.  sg.  a.  H.  669  wütü  uns  wesen  guot,  so  soÜü  rede  und  den  muot  Mn. 

I,  2,  a,  /,  bb,  /?/?  (s.  152).    Soln  steht  im  hauptsatze  eines 
temporalsatzes  mit  causaler  bedeutang. 

2.  pl.  Iw.  6840  Sit  ich  hie  gesiget  hän,  so  suU  ir  iwer  gevangen  län  kdee. 

3.  sg.        4220  Sit  diu  selbe  schulde  niemens  ist  wan  min^   der  schade 

sol  ouch  min  eines  sin. 

1.  pl.    E.  1365  Sit  ir  mit  mir  niht  wellet  sin^  so  suUn  wir  bi  tu  besienf 

mit  iu  ze  herbergen  gen. 
Q.    961  sU  ^  des  gotes  hüses  sint,  so  sule  wir  inz  niht  versag. 
Soln  steht  im  hauptsatze  zu  einem   relativsatze  mit  causaler 
bedeutung. 

2.  pl.  Iw.  8047  als  ich  im  geheizen  hän,  so  suU  ir  Icesen  den  eit. 

Mit  I,  2,  a,  y,  cc  (s.  152). 
aa.    Der  eine  ist  mit  einer  coordinierenden  causalconjunction  angefägU^ 

2.  pl.    E.  3333  ir  herren,   die  sult  ir  mir  län:   wand  ichs  von  erst^ 

ersehen  hän, 
4359  ir  sult  ez  durch  got  tuon  und  mich  mit  gemache  län:'^ 
wand  ich  enhabe  in  nüit  getan. 

1.  pl.  E.  10073  tüir  sfdn  im  sin  wol  gunnen:  wand  er  hat  es  wol  begannen. 

ßß.   Beide  sätze  stehn  asyndetisch  neben  einander,  aber  entweder  ist 
der  mit  soln  die  logische  folge  des  andern  oder  dieser  die  logische 

begründung  des  mit  soln. 

2.  pl.   E.  3632  herre,   des  sult  ir  uns  erlän,   uns  hat  der  lange  wec 

getan  unhovebcere.   576.  4679.  7006.  7524. 

1.  pl.   E.    343  wir  sulns  die  juncvrowen  erlän:  ich  wcen  siz  seilen  habe 

getan. 
Iw.  1586  doch  enhäl  si  hie  niht  missetän:  wir  sulen  st  genesen  län. 

Mit  I,  2,  a,  rf  (s.  153). 

2.  pl.    6.  1233  nü  sult  ir  mir  gebieten. 

Iw.  2802  ir  sult  mit  uns  von  hinnen  varn. 
1.  pl.        2803  wir  suln  turnieren  als  e. 


INWNITIV  NACH  WfiLLfiN  ÜÖW.  159 

Mit  I,  2,  c  (s.  154). 
2.pl.  E.  3204   ivag   wir   under  uns  gelobet  härij   und  suU  mir  die 

wcd  län. 
2.  Gesteht  der  redende  selbst  eine  Verpflichtung  usw.  ein,  so 
Gegt  darin  ansgesproehen  ^  dass  er  ihr  nachkommen  will.  Soln  bezeich- 
net daher  in  der  1.  person  sing,  und  in  der  1.  person  plur.  dann,  wenn 
sie  gleich  der  1.  +  3.  ist,  das  futurum.  Ebenso  wenn  die  1.  person 
plur.  fBr  die  1.  sing,  steht  (E.  6550)  und  in  der  2.  und  3.  in  dem  falle, 
dass  die  erf&llung  nicht  von  dieser,  sondern  von  der  redenden  abhängt 
(E.3252.  3559).  Diesem  ursprünglichen  sinne  gemäss  hat  diese  Um- 
schreibung des  futurum  oft  noch  eine  besonders  nachdrucksvolle  bedeu- 
tnng,  oft  liegt  noch  vorsatz  oder  bereitwilligkeit  und  Versicherung 
(lersprechen  oder  drohung)  in  ihr. 

Parallel  mit  I,  1,  a  (s.  148). 
E.  1221  des  sol  ich  tu  ze  buoze  stän. 
1346  so  daz  ich  ez  dienen  sol. 
3559  hnäbe,  ir  suU  von  rehte  ettelichen  Ion  emphän. 

Mit  I,  1,  b  (s.  149). 
£.2018  als  ich  iu  sagen  sol   7122.   0.  2126. 

Dass  selbst  dieser  so  farblos  aussehende  ausdruck  nicht  schlecht- 
hin fainrum  ist,  zeigt  E.  7826  (s.  150).   Zu  gründe  liegt  die  pflicht  des 
an  sein  original  gebundenen  autors. 
Iw.  5111  den  ernst  sol  ich  im  niuwen. 

Mit  1 ,  1 ,  d  (s.  150). 
£.  1355  ich  sol  mit  im  vil  gerne  sin, 
a.H.   829  ouch  sol  ich  mine  triuwe  an  mir  selber  niht  brechen. 
Iw.  6246  iu  sol  hie  iuwer  reht  geschehn, 

6250  man  sol  iuch  e  bereiten  maneger  uneren, 
6252  man  sol  iuch  e  leren  dise  hovezuht  baz. 
Hier  steht  einige  mal  die  3.  person.    Indess  redet  der  pförtner 
von  allem,  was  die  bürg  bewohnt,  sich  selbst  einschliessend. 

Mit  I,  2,  a,  a  (s.  151). 
E.  6550  ir  gebmrde  ensuln  wir  niht  verdagen. 

Mit  I,  2,  a,  /S  (s.  151). 
E.  3252  des  stUt  ir  laster  liden. 

Mit  I,  2,  a,  y,  bb,  ßß  (s.  152). 
Iw.    485  swer  mir  niene  tuot,  der  sol  ouch  mich  ze  vriunde  hän. 
I,  2,  a,  /y  bb,  /y  (s.  152).    Soln  steht  im  hauptsatze  eines 

temporalsatzes  mit  causalem  sinne. 
EL    265  wand  ich  in  eime  winket  sol  bdiben,  sit  ich  niht  wesen  baz 
enmac. 


160  V.  MONSTERBEBÖ 

Mit  I,  2,  a,  y,  cc  (s.  152). 
£.  5631  herre,  in  iwer  gewaU  suln  unr  uns  vür  eigen  geben:  von  in 
so  haben  wir  daz  leben.     Iw.  1201.  4223. 

Mit  I,  2,  a,  d  (s.  153). 
E.    129  so  sol  ichz  versuochen.  3374  (vgl.  3366).  9457. 
Q.  3738  wand  ich  iu  vreude  künden  sol,    Iw.  3191. 
Iw.  4338  wir  stden  beidiu  genesn. 
Unpersönlich. 
E.  7272  des  sol  doch  werden  rät.  8977. 

Mit  I,  2,  c  (s.  154). 
E.  4535  nAn  geburt  ich  iu  nennen  soL 
Iw.  7917  nach  dem  ich  da  rUen  sol. 

Der  Wille  des  Schicksals  liegt  zu  grande. 
G.  1149  und  ist,  daz  ich  nü  leben  sol. 

2527  niht  verzu^felt  ane  gote:  ir  sutt  vil  harte  wol  genesen^ 
2568  unr  sülnz  noch  bringen  dar  zuo. 
Iw.  1952  nü  bin  ich  ie  mit  iu  gewesn  und  sol  ouch   noch   mit   iu 
genesn  (Lachmann  schreibt  muoZj  Handschr.  A  sal,  c  unl). 
Der  wille  der  redenden  person  ist  es^  oder  doch  ihre  Überzeu- 
gung oder  hofnung. 
E.  3177  ez  ensol  min  geselle  daz  leben  so  niht  enden.  4194.  6265. 
Iw.  4340  wan  ichz  ourch  bewceren  sol.  6833. 

Das  subject  ist  eine  sache. 

E.    365  beide  tip  unde  guot  unde  willeclicher  muot  sol  iu  dar  euo 
sin  bereit 
3276  herre  min,  daa  sd  wesen. 
4927  daz  sol  iuch  unverswigen  sin. 

5014  daz  sol  mit  guotem  willen  sin.  692.  6048.  9038.  9062.  9328. 
Iw.      57  da  uns  noch  mit  ir  mcere  so  rehte  wol  wesen  sol. 

919  entriuwen,    ez   sol   anders    vam    729.    4230.    4238.    4246. 
4337.  4979. 

III.    Soln  mit  dem  appositiren  inflntttr. 

Fallen  die  aus  der  ursprünglichen  bedeutung  von  sdn  sich  erge- 
benden gesichtspunkte  ganz  aus,  so  umschreibt  soln  nur  eine  tempus- 
oder  modusform  des  im  inf.  folgenden  verbum. 

1.    Soln  umschreibt  das  futurum. 

a.   Das  periphrastische. 

E.    436  des  diu  hochzU  solde  sin. 
2541  als  sis  beginnen  solden. 


tNFnanv  nach  wixlen  usw.  iCl 

E.  6903  als  er  justieren  solde. 
8642  alsam  ein  ritter  der  sol  vam  kemphen,  3209.   5732.  8851. 
9630. 
6.   682  do  si  ee  kirchen  solde  gän. 
a.  EL  1169  in  des  namen  ee  geschehen  sol. 
Iw.  2766  die  da  riten  seiden. 

Im  conj. 
6.  3228  als  er  ze  tanze  solde  gän. 
a.  H.  968  so  manz  danne  enden  solte. 
1152  cUs  ich  ze  tanze  siUe  gän. 

b.   Das  erste. 

Das  subject  ist  eine  person. 

E.  4067  entriuwen,  daz  ich  daz  sol. 
4137  ich  sol  ez  immer  tool  iewarn. 

5369  iffande  ich  henamen  sd  bi  im  heliben  tot  oder  ich  hilfe  im. 
5007.     G.  2282. 
a.  H.    823  ich  sol  von  minen  schulden  üz  iuwern  hulden  niemcr  kamen, 

unl  ez  got. 
Iw.     914  mir  sol  des  strites  mrkomen  min  her  Gäwein. 
924  wan  ich  sol  des  endes  vam  und  niemen  sagen. 
1170  so  ensol  ich  doch  den  lip  niht  Verliesen  cds  ein  tmj). 
5004  wand  ich  daz  schiere  schaffen  sol. 
6321  unser  lehn  und  unser  burt  diu  suln  unr  iu  vü  gerne  sagen, 

7601. 
7971  daz  ir  aber  min  herre  werden  sult  in  kurzer  vrist,  3176.  4228. 

Das  subject  ist  eine  sache. 

E.  7338  daz  sol  iu  werden  gezalt 

8791  da  sol  iuwer  hoübet  Affe  stän. 
Iw.  4173  (ds  ich  des  beitende  bin,  daz  sich  min  lip  sol  enden. 

4602  ouch  ensol  mir  niuwet  wesen  gäch, 

c.    Das  zweite,  indem  es  sich  mit  dem  inf.  der  Vergangenheit  verbindet. 

Iw.  4650  ich  sol  sim  schiere  hän  benomen. 

Es  steht  hier  ganz  wie  das  perfectum,  wenn  es,  namentlich  mit 
schiere,  entsprechend  der  Vertretung  des  ersten  futurum  durch  das  prae- 
sens das  zweite  vertritt:  vgl.  Iw.  4988  daz  hat  man  schiere  gesehn. 
5016;  ohne  schiere  1491.  Das  praes.  des  inf.  bei  soln  steht  dagegen 
trotat  schiere  Iw.  5004  (s.  161),  vgl.  513,  bei  müezen  E.  3801.  4352. 
Iw.  4223  (8. 160).  7789.    Vgl.  K.  Weinholds  germ.  Abb.  heft  5  s.  162. 

r.  muTSOHB  FHiLOLOois.    BD.  xvm.  11 


1G2  V.   1I0K8TERBBB0 

2.    Solu  umschreibt  einen   modus. 

a.    Den  imperativ. 

Von  wirklicher  Umschreibung  des  imperativs  kann  erst  die  rede 
sein,  wenn  die  in  soln  liegende  forderung  lediglich  in  dem  willen  des 
redenden  beruht. 

2.  person. 

E.      79  iuwem  herm  sult  ir  mir  nennen. 
544  durch  got  ir  sult  erbeten  sfin. 
550  doch  sult  ir  mir  geloüben  wol. 
563  daz  sult  ir  üz  dem  muote  län, 
1083  in  ir  gwalt  sult  ir  iuch  geben  und  lebt, 
3201  nü  sult  ir  herren  sin  gemant, 

9609  nü  sult  ir  üf  stän  unde  gän  blasen.  130.  1021.  3572.  3589. 
4570.  4808.  4981.  6265.  6966. 
G.    399  die  iuwers  landes  walten,  sult  ir  ze  hove  gd)ieten. 

401  ir  sult  iuch  wider  ^l  enbarn.    (2398  hat  Paul  mit  handschr. 
G£  und  Bartsch  mugetj   Lachmann  und  Bech  mit  A  suU 
s.  50).     2414.  2537.  2539. 
a.  H.    611  nune  sult  ir  mirz  niht  leiden. 
785  dem  sult  ir  mich  geben. 
1290  ir  sult  die  maget  läzen  leben. 
Iw.    768  der  unzuht  sult  ir  mich  verhunnen. 

830  so  volget  mir.   slaft  ein  liitzd  dernäch,   troume  tu  dan  iht 
swäre,  so  sult  irs  iu  zwäre  nemen  eine  mäee.  ode  vari  und 
gebt  mir  niht  —  und  cnzelnt  mir  niht. 
2521  ir  sult  die  rede  län.  8006.  4322.  4547. 
4256  ir  sult  iedoch  geuns  hän,  ichn  läze  iuch  niht  vgl.  E.  658  s.157. 
5120  herre,  zuo  dem  ritent  ir  unde  grüezent  in  von  mir  und  vüe- 
rent  mit  iu  iweriu  kint  und  daz  ir  swester  mit  in  vor  und 
vüert  ouch  daz  getwerc  tar  und  ^M  im  des  gnade  sagen. 
5288  den  sult  ir  höher  heizen  gän. 
6266  vriunty  du  sölt  mich  wizzen  län. 
7863  du  solt  die  rede  län. 

3.  person. 

E.    641  des  sol  niht  geschehen. 
3075  man  sol  in  baz  riemen. 

9602  nü  sulen  si  ir  aber  phlegeh.  1278.  3836.  6107.  7916. 
Q.  1556  ditz  sol  der  rede  ein  ende  wesen.  2566.  3793.  381S  (a.  168). 
Iw.    220  min  vrouwe  sol  mich  des  gewem^  datf  —   2S8.    690.    994SL 
3194.  4346.  5302.  7554. 


Infinitiv  nach  wrllbn  Usw.  163 

1.  person  plur. 
R  4581  wir  suien  riten. 

E.  9919  toir    suln   gen    schouiven    unser  niuwekonien  vromven  und 
troßstens  nach  ir  leide. 
a.  H.  1287  wir  süln  st  wider  üf  län. 

Iw.  3685  den  schaden  suln  wir  verdagen,  des  vrumen  gote  gnäde  sagen. 

Durch  diese  Umschreibung  des  imperativs  wird  auch  eine  irreale 

ausdrucksweise  desselben  möglich,   indem   der  conj.  perf.  steht;   wenn 

bezeichnet  werden  soll,  dass  eine  aufforderung  oder  bestimmung  blos 

unter  einer  gewissen,  nicht  wirklichen  bedingung  gelten  würde. 

E.    503  so  soldet  ir  mich  lazen  riten. 

3410  möJU  man  dehein  ere  an  iu  wiben  begän,   ezn  solde  nilit  so 

ringe  sian  — 
3735  enwaere  ez  iu  niht  leit,  so  soldet  ir  mich  wiesen  län. 
Mit  dem  Inf.  perf.  ganz  ebenso  von  der  Vergangenheit. 
E.  1050  ez  solte  der  magt  niht  haben  getan. 
1082  ir  soldet  nü  geriten  sin. 
Iw.  4516  ir  soldet  dar  $in  geriten. 

Wechsel  mit  dem  imper.  ist  häufig.  Vgl.  E.  1083  s.  162.  G.  83 
s.  157 :  wis  getriu,  wis  stcetej  uns  milte^  uns  diemüete,  wis  vrevele,  ms 
diner  euht  wol  behuot,  die  dinen  solt  du  eren,  uns  den  unsen  gerne  M, 
vliuch  den  tumben.  minne  got,  rihte  wol.  Iw.  830,  5120  s.  162. 
Ferner  ist  zu  vergleichen  E.  3201  s.  162  mit  E.  5821  so  uns  gemant  oder 
mit  G.  74  sun,  nü  wis  gemant;  Iw.  5288  s.  162  mit  Iw.  8045  vrouwe, 
heigt  in  üf  stän;  a.H.  669  s.  158  mit  E.  3263  weit  ir  nüy  dag  ez  mich 
riuwe,  so  vergebet  mirz;  E.  9609  s.  162  mit  Iw.  8132  stet  üfy  sprach 
der  herre;  Iw.  2521  s.  162.  8006  ib.  mit  Iw.  2162  vrouwe  min,  die 
rede  lat;  Iw.  4256  s.  162  mit  E.  5226  daz  unzzet  wcerltche. 

Durch  die  Umschreibung  wird  femer  die  beibehaltung  des  Impe- 
rativs in  abhängigen  Sätzen  möglich. 
E.  3239  /a  verbot  ich  iu  an  den  lip,  daz  ir  iht  soldet  sprechen.  4009. 

4631- 
G.     569  dannoch  schreip  si  me,  daz  man  ez  toufen  solde  und  ziehen 
mit  dem  golde.  871. 
Iw.  5677  doch  gelobet  ez  her  Gäwein  so,  daz  si  ez  niemen  solle  sagen. 
6691.  6535. 
Im  relativsatze. 
£.  6318  und  hiez  im  lieht  gewinnen ,  diu  ob  im  solden  brinnen. 
O.  3018  swaz  gröze  hraß  haben  sol. 

Wie  amdi  in  andern  sprachen  der  imperativ  nicht  sowol  eine 
',  ab  Tielmehr  ein  Zugeständnis  enthält  und  dann  conces- 

11* 


1G4  ^  V.   M0N8T£]iB£B(} 

siven  sinn  hat ,  »o  auch  einmal  der  mit  suln  gebildete  (vgl  mugen  s.  46). 
Iw.    122  ouch  solz  min  vrouwe  da  vür  hän. 

Schliesslich  tritt  sohl   auch    statt  des   im   optativischen   sinne 
gebrauchten  Imperativs  ein. 
E.    656  got  sol  iu  gelücke  geben. 
G.      94  got,  dem  ich  erbarmen  sol. 
a.H.    924  als  ez  dir  got  vergelten  sol.  953. 
Iw.  1814  got  sol  mir  den  senden.  4960.  5641.  6149.  8068. 

In  den  irrealen  conjunctiv  gesezt. 
E.  4426  owe,  sdde  ich  ez  vür  iuch  sin! 

Iw.  1660  ouwi  wan  solde  si  nü  pflegn  gebcerde  nach  ir  güete! 
3512  sold  ich  dan  nimme  släfen! 
Der  imper.  oder  conj.  steht  in  gleichen  fäUen  E.  8812.  9668 
geret  sl  dm  lip!  9672  wird  gevreut  unde  gepriset!  8890  nu  hewar 
et  in  diu  gotes  kraft!  9748  des  ere  got  trecken!  132  der  himelkei- 
scr  bewar,  vrouwe,  iuwer  ere!  3595  got  vergelte  tu!  3596  itoer  ere  si 
von  im  behuot!  G.  95  got  geruoche  iuwer  beider  pflegen!  2692  so 
helf  dir  got!  a.  H.  1121  got  löne  iUj  lieber  herre!  Iw.  5233  dcus  ver- 
gelt  iu  got!  6752  got  velle  si  beide.  6798  des  si  got  iemer  geret. 
Iw.  5531  wie  E.  8813  vgl.  unter  miXezen. 

b.    Den  conjunctiv. 

a.    Wenn  dieser  den  conjunctiv   des  futurum  vertritt.    Es  ist  nur 
der  fall  1  in  den  conjunctiv  gesezt.   Wie  dort  (s.  161)  kann  bei 
soln  hier  der  inf.  perf  stehn,   wenn  es  sich  um  die  Vorstellung 
der  vollendeten  handlung  handelt. 
E.    599  ich  behielt  ez  nach  dem  wäne,  daz  ichz  im  lihen  solde. 
1057  duz  hdte  der  guote  niht  in  sinem  muote,  daz  er  also  tuan  solde. 
2229  des  antwurt  Gäwein  zehant,   die  solden  ouch  si  vinden  da. 
2840.  3727 
G.    558  wan  si  hole  den  gedingen,  daz  ez  got  solde  bringen  — 
a.H.    361  wa7i  si  vorMen^   daz  sin  tot   si    sere  solte  letzen  und  daz 

herters  muofes  würde  ein  ander  herre. 
Iw.  6673  wand  ez  im  üf  den  wan  geschach,  daz  ez  in  da  soUe  bestän. 

Mit  dem  inf.  perf 
E.    293  wand  er  vorhte  die  gewonhdtj  er  soU  in  üz  getrxben  han. 
403  G  wand  er  des  vorhte  und  häte  wan,  er  solde  sich  versümet  hdn, 
Soln  steht  also  hier  in  Sätzen  gerade  wie  der  finale  inf.  nach 
Verben  mit  finalem  sinn.  Vgl.  K.  Weitiholds  genn.  Abh.  hefl  5  8.  3S  ^g. 

ß.  In  finalen  conjunctional-  und  relativsfttzen ,  oiÜBiibnr  •^i^MMi 
noch  mit  dem  futuren  chaiakter  des  ?erbi 


INFINITIV  NACH  WELLEN    DSW.  1()5 

E.  2137  da  was  aUes  des  diu  kraft,  des  Hute  und  ors  solden  leben. 
6124  den  hete  got  dar  zuo  erJeorn,  daz  er  si  solde  bewani.    7418. 
8110. 
G.       27  er  besande  die  besten,  den  er  getrüwen  solde  stniu  kint, 

545  ouch  wurden  zuo  im  dar  in  geleit  zweinzic  marc^   da  mite 

man  ez  solde  ziehen, 
926  und  gab  dem  armen  dö  zwo  marke,  da  mite  erz  ziehen  solde; 
dem  andern  eine  marke ^  daz  er  ez  hcele  starke.   1277. 
Iw.  3159  unz  si  iu  gap  ir  Up  unde  ir  lant,  daz  ir  daz  sollet  bewarn. 
3464  und  zoch  ein  pfert  an  der  hant^  daz  er  riten  solde. 

Wechsel  mit  einfachem  coDJunctiv  findet  sich  6.  926.  a.  H.  361. 
Zu  vergleichen  ist  auch  E.  7207.  3044. 

Ich  halte  die  formen   von  soln  in  a  und  ß  für  conjunctivische, 
hervorgerufen  durch   die  subjective  abhängigkeit.     Die  Wortbedeutung 
von  sdn  aber  äussert  sich  noch  in  dem  futuren  sinne  aller  dieser  föUe 
und  erscheint  nur  darum  ganz  ausgefallen,  weil  in  andern  solchen  fal- 
len finalen  Charakters  die  zukunft  nie  bezeichnet  zu  werden  pflegt.  Ver- 
möge des  wellen  wie  allen  verben  mit  verschobenem  praeteritum  eige- 
nen momentes   einer  blossen  Vorstellung  kann  aber  (vgl.  s.  156)   soln 
auch  im  indicativ  an  dem  mit  ihm  verbundenen  begriff  einer  tätigkeit 
dasselbe  bezeichnen,    was   sonst   an   ihm   der  conj.    ausdrückt.      Dies 
geschieht  wie   bei  wellen  (s.  22)  in   bedingenden   Sätzen.      Wenn   die 
eben  behandelten  fälle  a  und  ß  den  s.  21   unter  B,  a,  a  von  wellen 
parallel  stehn,  so  sind  die  folgenden  mit  den  unter  B ,  b  zu  vergleichen. 
Mit  den  s.  21  unter  ß  aufgeführten  dagegen,  wo  wellen  den  conjunctiv 
in  bedingten  Sätzen  umschreibt,  lässt  sich  nur 
E.  3888  swer  bezzer  mich  da  vone   lassen   wolde^   gern  ichms  volgen 
solde:  dar  zuo  vergulte  ez  im  got. 
9579  den  solle  ich  mit  iu  hän  bestat  und  iuwer  houbet  druf  gesät 
mit  zu  ergänzendem  Vordersätze,    vielleicht  auch  E.  3410  s.  163  ver- 
gleichen.   Ferner  geschieht  es  in  vorgestelten  Vergleichssätzen ,  in  dubi- 
tativen  oder  potentialen  fragen  und  einige  male  in  algemeinen  relativ- 
sätzen. 

y.    Im  Vordersätze  einer  conditionalen  periode. 

1.    Soln  steht  im  indicativ  des  praesens. 

Mit  dem  Infinitiv  des  praesens  gleichbedeutend  mit  dem  conjuntiv 

des  praesens  vom  einfachen  verbum. 

E.  1367  fMd  suln  unr  leben  hcAbez  jär,  ich  mache  in  rtche. 
S9S7  wind  mikt  mich,  stdt  ir  dulden  schaden,  4766.  9793. 

t  er  m^  binde  tuon  we,  man  dultct  ez  unlange  vrist.  1554. 


166  V,   MONSTERS  ERG 

Iw.  2806  mir  taot  anders  ietner  toe,   daz  ich  iuwer  Jcünde  hon,  $61 
iuwer  riterschaft  zergän,  2881.  6150.  6698.  7401. 

bb.   Mit  dem  infinitiv  des  perfecta  gleichbedeutend  dem  conjunctiv  des 

perfecta  vom  einfachen  verbum. 
E.  5077  sol  ich  iuch  beswaret  hän,  daz  ist  doch  durch  guot  getan, 
6842  welch  ein  schade  muoz  ergän  und  sei  den  lip  verloren  hdn 
der  beste  ritter, 

2.   Soln  steht  im  conjunctiv  des  praesens.    Es  ist  eine  cumulation  der 

die  Vorstellung  bezeichnenden  momente. 
Iw.  7462  swa  ez  mich  niht  süle  krenken,   da  geschehe   iu  aUez  des 
ir  gefi, 

3.   Soln  steht  im  conjunctiv  des  perfects. 

aa.   Der  fall  1  (s.  165)  in  den  conjunctiv  der  indirecten  rede  gesezt. 

E.  2224  nü  sprächen  daz  genuoge,   ez  wcere  äne  vuoge,   ob  ein  also 
guot  man  solde  scheiden  von  dan.  2772. 
a.H.   855  ja  horte  ich  dich  sprechen  e,  ez  taste  dime  herzen  f/oe^  sottest 

du  ob  mime  grabe  stän. 
Iw.  6530  und  reiten,  wie  ^  beidiu  weiten,  ob  si  leben  soUen,  guoter 
vreude  walten.  7374. 

bb.  Nur  um  die  momente,  welche  die  handlung  als  Vorstellung 

bezeichnen,  zu  häufen. 

aa.    Mit  dem  in  f.  praes.   gleich   dem  conjunctiv  des  perfects   vom 

einfachen  verbum. 
E.  1341  wie  täte  ich  danne  so,  solt  ich  minefi  wirt  lan? 

1351  solt  ich  nü  von  im  wenken,   so  möht  er  wol  gedenken,  —   ' 
1448.  4161.  7985.  7989. 

« 

6.    25  a  und  wcere  aber  er  geborn  von  Adame  und  soU  mit  im  sin 
sele  wercfi  unz  an  den  jungesten  tac ,  so  hcete  er  niht  ze  vü 
gegeben. 
a.H,    708  (?  andre  lesart  unde  umrde  ich  alt). 

Iw.    512  swer  ouch  anders  under  in  solde  sin  als  ich  bin^  der  wtere 
schiere  verlorn,  (vgl.  s.  161). 
1022  daz  got  mit  eren  möhte  sehn^  solt  ein  kämpf  vor  im  geschehn. 
1142.  6606.  6698. 

ßß.   Mit  dem  infinitiv  des  perfects  in  der  bedeutung  eines  conjunctivs 

des  plusquamperfects. 

E.    874  einer  ellenlanger  wunden  mohter  vil  wol  sin  bekamen,    der 
daz  phantreht  solle  hän  genomen, 
5726  solt  er  iht  vHrbaz  sin  geriten,  so  müeste  er  bdiben  sin. 


INFINITIV   NACH   WELLEN   USW.  167 

Wechsel  mit  dem  organischen  conjuuctiv  findet  sich  E.  3888. 
6.25  a. 

In  welchen  fällen  soln  im  bedingenden  satze  seine  bedeutung 
bewahrt  vgl.  s.  1 53  fgg.  a.  H.  855  wird  man  vielleicht  besser  eine  nöti- 
gnng  durch  die  Verhältnisse  noch  annehmen. 

3.   In  vorgestelten  Vergleichssätzen. 

Es  finden  sich  aber  nur  fälle,  in  welchen  die  schon  berührte 
cumulation  durch  den  conjunctiv  eingetreten  ist,  und  zwar  dreimal  im 
iwein,  einmal  im  Gr§g6rjus. 

Im  praes.  conj. 
Iw.  2230  e  des  niht  ensüle  geschehn ,  ich  läse  mir  e  nenien  den  lip, 
7319  ich  hin  noch  haz  ein  armwip,    danne  ir  detceder  den  lip 
sül  Verliesen. 

Im  perf.  conj. 
G.  3218  eifieti  harte  schcenen  man  von  zierlichem  geraete,  daz  niemen 
deheine  (wät)  bezzer  hohen  solde,  den  envundens  niender  da. 
Iw.  3171  si  ist  iu  ze  edd  und  ze  rieh,  daz  ir  si  kebsen  soldet. 

€.   In  dubitativen  oder  potentialen  fragen. 

Im  praes.  ind. 
£•  3156  waz  sol  mir  armen  geschehen? 

7206  wer  sol  nü  sin  arzet  sin?    7264.  8576. 
ö.  1611  wie  sol  ich  gotes  hulde  gewinnen  nach  der  missetät? 
^H.  1801  wie  sol  ez  mir  nü  ergän?  Iw.  5973. 
'^-     215  war  unibe  solt  ir  michs  erlän? 

Im  conj.  zur  bezeichnung  der  irrealität. 

E.  4071  war  umbe  solle  ichs  iu  versagen?  4172.  6053.  7162.  7829. 

G.  3797  wie  soldest  du  verwäzen  wesen? 
^H.    684  wem  soUe  ich  der  genäden  jehen? 
Iw.  2276  wer  solt  iu  des  gnade  sagen? 

Von  einem  ausdrucke  des  nichtwissens  abhängig. 
Im  praes.  ind. 
E.  4827  und  enweiz  niht,  wiech  iuch  nennen  sol. 

5938  nunc  wetz  ich,  war  ich  armiu  sol. 
Iw.  1944  ichn  wetz,  waz  ich  dir  tuon  sol.  2223. 

Im  perf.  conj. 
^•3146  do  si  in  solhem  zwivd  reit^  ob  si  imz  torste  gesagen  oder 
solde  gedagen. 
7682  e  ir  westent,  wes  ir  soldent  jehen.  9649. 


168  y.  M0N3TERBBB0 

a.H.  1196  er  enwoUe  in  niht  sehen  län,  wie  ir  ende  sdUe  ergän. 
Iw.  3847  kern  Iwein  tele  der  zmvel  we,  toederm  er  helfen  scide. 

(HeiSöt  niht  mzzcn  wirklich  in  unkentnis  über  einen  Vor- 
gang sein,  so  gehören  von  ihm  abhängige  conjunctive  des  einfachen 
verbum  nicht  hierher.  G.  648  si  enweste  niht,  wiez  dem  ergS).  Wech- 
sel aber  mit  dem  einfachen  conjanctiv  sehen  wir  E.  3146.  Dieser  steht 
in  demselben  falle  Iw.  2837  min  wip,  diene  weiz  ich  war  ich  tuo.  4221 
ichn  weiz,  wem  ich  si  mere  gebe,  4231  ichn  wetz,  waz  ich  nü  mere 
tuo.  5822  ichn  weiz,  wie  ichn  tu  nenne,  7793  sone  weiz  id^^  wiech 
ir  minne  temer  gewinne. 

C    In  algemeinen  relativsätzen  schliesslich,   gleichfals   blos  wegen  des 
momentes  der  Vorstellung,   bei  weitem  seltener  als  mugen  (vgl.  s.  45) 

und  nur  in  dem  gehäuften  conjunctiv. 

E.  7530  von  dem  besten  golde,  daz  ie  werden  solde, 
7583  so  er  beste  wesen  solde. 

Geschützt  in  seiner  bedeutung  wird  auch  soln  durch  den  gegeo- 
satz  zu  andern  verben  mit  verschobenem  praeteritum.    Es  ist  verbun- 
den mit  müezen  E.  8740.  8976.     G.  1234.     Iw.  6248. 
mit  mugen  vgl.  s.  53 ,  mit  wellen  vgl.  s.  27. 

Zu  entlehnen  ist  der  Infinitiv 

I.  innerhalb  der  nämlichen  periode. 

1.   im  relativsatze  aus  dem  vorangehnden  hauptsatze,  namen'kF- 
lieh  mit  so  angeschlossen  (vgl.  R  Steig  s.  320). 

E.  16.  178  (ein  passiver).  248.  733.  1520.  1590.  1994.  2293.  291  'S. 
3069.  3908.  4155.  4336.   5072    (ein  passiver).   5935.   621-  ■^' 
7941.    8120.    8408.   8607.   8653.    9396.     G.  128.    382.  70  ^• 
956.  1262.  1590.   1784.  2239.     a.  H.  1349.     Iw.  164.  lOC^  3- 
1214.  2516.  2796.  4766.  5346.  6476.  7761. 

Eingeschoben  ist  der  relativsatz  E.  1443.  1552  (ein  passiver?). 

2.    im  algemeinen  relativsatze  G.  1079.    Iw.  8053. 

II.  aus  einem  andern  Satzgefüge,  negiert. 

E.  9038  in  der  antWort.     Iw.  5096. 

Oft  steht  dann  bei  soln  die  construction ,  welche  eigentlich  d 
inf.  zukomt:  E.  178.  733.  1520.  2912.  3908.  6214.  8408.  86 
G.  382.  1262.  Iw.  1003.  4766.  6476.  8053. 

Vom  einfachen  verbum  aufgenommen  ist  soln  E.  5369  s.  161 
Über  ellipse  u.  a.  vgl.  K.  Weinholds  germ.  Abb.  hofl  5  s.  9ö 


m 
7. 


IKPINITIV   NACH   WELLEN   Ü8W.  169 

4.    Müezen. 

Müejsen  hat  stets  den  inf.  bei  sich,  aber  da  es  die  bedeutung 
einer  notwendigkeit  nicht  von  anfang  an  hat,  so  ist  sein  Verhältnis  zu 
ihm  ursprunglich  nicht  dasselbe  wie  das  der  schon  behandelten  verben 
mit  verschobenem  praeteritum  und  das  von  wellen.  Noch  bei  Hart- 
mann  sind  zahlreiche  spuren  der  in  dem  verwanten  gotischen  gamotjan, 
gleich  begegnen,  widerzufindenden  alten  bedeutung,  nämlich  der  von 
sich  treffen,  ereignen,  statfinden,  der  fall  sein.  In  diesem 
falle  hat  müezen  den  consecutiven  inf.  als  ein  verbum  des  geschehens 
nach  sich ,  vgl.  K.  Weinholds  germ.  Abb.  heft  5  s.  78. 

1.   Müezen  in  der  bedeutung  eines  yerbum  des  gesehehens. 

Es  finden  sich  weniger  Verwendungen  dieser  eigentlichen  bedeu- 
tung, als  begrifliche,  durch  abstraction  entstandene  Weiterbildungen, 
die  dadurch  zu  blossen  Umschreibungen  des  dann  nur  appositiven  inf. 
herabsinken. 

I.    Mit  dem  eonseeutiyen  inflnitiy. 

1.  MiMZ  bedeutet  es  trift  sich,  dass  ich  oder  mir  wird  zu 
teil,  nur  im  firec  und  GrSgörjus.  Zu  vergleichen  ist  aus 
unserer  kindersprache:  ich  muss  eine  reiche  dame  sein  und  du 
musst  mich  besuchen  kommen  u.  ä. 

E.  1390  da  muoste  er  geste  äne  zal  schouwen. 

4016  als  ein  manj  der  gemnnen  mtioz, 
ö.  2369  wände  er  muose  schouwen  an  siner  lieben  vrauwen  ein  swcere 
ougenweide, 

2.  Ich  muoz  bedeutet   es   ist   über   mich   verhängt,   mir    ist 
beschieden  oder  vergönt,  vgl.  sbln  s.  155. 

E.  4778  ich  wil  ez  gote  klagen,  daz  ich  min  lasier  muoz  sagen. 

5875  sU  ich  dich  muoz  Verliesen. 
ö-  3702  er  was   des  herzenlichen  vro,  daz   im  diu  scelde  geschach, 
daz  er  si  vor  ir  ende  sach  und  daz  er  si  alten  muose  behal- 
ten und  rät  geben.  • 
^^-  1314  si  muose  toten  sehn  ein  den  liebesten  man. 

3986  daz  mir  daz  solte  geschehn,   daz  ich  muoz  an  sehn  schaden 
unde  schände! 

Mit  dem  inf.  perf. 

**•  6413  sit  daz  mir  min  geseUe  also  muoz  sin  verlorn! 
*^"  X302  muoz  ich  alsus  verlorn  hän  die  riehen  himelkrone? 

G.  3702  ist  muoze  für  behalten  das ,  was  für  sach  geschach  ist. 


170  V.   MOMSTEBBERG 

3.   Ich  muoz  bedeutet  ich  habe  es  so  an  mir,  in  meiner  ar 

Das  subject  ist  eine  person. 

E.  5991  ich  miu)Z  et  unscelic  sin, 

7651  die  des  viures  müezen  leben. 

Iw.    140  daz  ist  din  Site,  daz  du  den  iemer  hazzen  mucst^ 

wo  die  bedeutung  von  müezen  schon  als   zu  schwach  galt  und  dur- 

einen  synonymen  regierenden  ausdruck  verstärkt,   zugleich  aber  eb 

dadurch   auch  in  seinem  restbestande   getährdot  ist,    wie  schon  ol^ 

Iw.  3986. 

Das  subject  ist  eine  sache. 

E.  8152  so  der  Up  doch  muoz  verderben. 

G.  2490  swä  mite  aber  diu  sele  ist  genesen,  daz  muoz  des  libes  ku 

ber  Wesen. 

3360  da  von  diu  werlt  gesten  muoz. 

a.  H.   110  unser  Uuome  der  muoz  vaUen. 

Iw.  2841  waz  ez  (daz  hüs)  muoz  kosten. 

2851  daz  hüs  muoz  kosten  harte  vil. 

II.    Mit  dem  appositiTen  inflnlÜT. 

Müezen  dient  bei  Hartmaun  in  seiner  durch  abstraction  herbei- 
geführten auflösung  nur  zur  Umschreibung  eines  modus,  nicht  eines 
tempus.  Iw.  1952  nü  bin  ich  ie  mit  iu  gewesn  und  muoz  ouch  noch 
mit  iu  genesn.  verriet  ich  iuch,  waz  wurde  min?  liest  Lachmann 
freilich  muoz.  Die  alte  Heidelberger  handschrift  (A)  aber  bietet  sal, 
1952  steht  offenbar  zu  1951  im  gegensatz  und  zwar  in  einem  tempo- 
ralen. 1951  redet  von  der  Vergangenheit,  demnach  1952  von  der  Zu- 
kunft. Die  Zukunft  aber  wird  von  soln  oft,  von  müezen  würde  sie  wol 
nur  hier  umschrieben.  Doch  vgl.  s.  179.  Ich  schreibe  mit  A  daher 
lieber  sol.  Auch  ist  zu  vergleichen  Iw.  4338  s.  160.  6.  2527  und  25^8 
s.  160,  wo  soln  in  ganz  ähnlichem  falle  bei  einer  erhoften  zukunft  steht 

Aber  auch  mit  der  modalen  Umschreibung  von  müezen  steht  es 
nicht  so,  wie  wir  es  bei  wellen,  sdn  und  zum  teil  mugen  gesehen 
haben.  Der  Vorgang  ist  ein  etwas  andrer.  Da,  wo  dem  subject  an 
dem  eintreffen  einer  handlung  viel  gelegen  ist ,  findet  sich  die  Zerlegung 
derselben  durch  einen  algemeinen  und  einen  speciellen  verbalbegriff,  um 
sie  hervorzuheben,  vgl.  germ.  Abb  heft  5  s.  83.  86.  110 ,  wo  der 
algemeine  geschehen  und  tuon  war.  Die  stelle  von  geschehen  kann 
nun  in  wünschen  und  finalen  Sätzen  auch  müezen  einnehmen.  Tritt 
nun  müezen  in  den  coi^unctivus  der  wünsch-  oder  absichtss&tze ,  so 
gewint  es,  da  jene  hervorhebung  durch  die  begrifspaltung  gewöhnlich 
unbeachtet  gelassen  wird,  den  anschein,  als  stehe  müezen  in  conjono- 
tivischer  function. 


INFINITIV  NACH   WELLEN  USW.  171 

1.  Im  wünsch. 

E.  3796  eine  vrouwen  müeze  iu  got  gehen, 
4676  got  müeze  iueh  hewam, 

8813  got  si  din  scJiiU  und  müeze  dir  der  sele  phlegen! 
9669  geret  si  din  lip!  mit  scelden  müezest  immer  leben! 
9677  mit  heile  muostü  werden  alt!  5769.  6697.  4906. 
G.    472  niemer  müeze  mir  geschehen  also  grözer  ungemach! 
1540  sone  müeze  ich  niemmer  drie  tage  geleben, 
a.H.    71^  got  müeze  ez  sin  geklaget! 

1286  gotes  wüle  müeze  an  mir  gescJiehen!  1528. 
Iw.    838  her  Keii  iwer  zunge  müez  guneret  sin! 
1888  allez  guot  müez  in  geschehn! 
5530  got  müez  iuch  bewam  unde  gebe  iu  scelde  und  6re! 
6719  got  müeze  des  gastes  pflegn!   4305.  5969.  6584.  7527.  7812. 
8094. 
Wechsel  mit  dem  conjunctiv  ist  naheliegend. 
E.  8813.  9669.    Iw.  5530,    vgl.  auch  Iw.  5854  got  pflege  sin   6719. 
Vgl.  E  3774.    Der  ind.  von  muozen  steht  E.  9677. 

2.  In  finalsätzen. 

E.    523  lip  und  aUez  daz  ich  hän  mache  ich  ir  undertän,   daz  si 

des  muoz  walten. 
1116  do  hat  in  diu  künegin,  daz  ez  gevristet  müese  sin, 
1407  do  bat  in  ir  oßhein^  daz  er  si  mileste  vazzen  haz, 
1467  unsern  herren  got  bater,  daz  er  ir  müeste  walten, 
3095  und  gehet  sinem  wibe,  daz  si  muose  vür  fiten  und  verbot  ir, 

daz  ir  munt  iht  üf  kceme, 
7978  daz  ich  des  vil  groze  angest  hän,  ez  müeze  iu  alsam  ergän, 

—  3587.  3597.  4819.  4979.  5708.  7915. 
O.    407  mit  bete  gewinnet  uns  daz  abe,   daz  wir  der  vrouwen  hülde 

swem,  daz  si  des  landes  müeze  pflegen, 
2019  diu  tcßgeliche  vorhte,  daz  ez  in  sam  müese  ergän, 
3412  ich  vürht  ze  buoze  müeze  ich  ir  gestän.   415.    1451.    2587* 

2693.  2789.  3082. 
^  II.  695  länt  ez  an  iuwern  hulden  stän,  daz  ich  euch  die  beide  (sele 

unde  lip)  von  dem  tiuvd  scheide  und  mich  gote  müeze  geben. 
\  2339  got  ruoche  mir  daz  heil  bewarn,  daz  wir  gesellen  müezen  sin. 
7469  ich  wolde,   daz  ez  wcere  also,   daz  dise  juncvrouwen  zwo 

heten,  swaz  si  dühte  guot,  und  daz  wir  dienesthaflen  muot 

ein  ander  miiesen  tragen, 
6559  nü  vürht  ich  aber,  daz   ich  dise  gröz  ere  vil  tiure  gelten 

müeze.  2921.  4586.  5238.  6866. 


172  V.   MOXSTKRBEBO 

Nach  vürhien  neigt  müesen  indess  wol  schon  zu  der  bedentong 
eines  Zwanges^  Iw.  6559.  G.  3412.  2019.  Dass  es  aber  anch  wol  hier 
ursprünglich  nichts  andres  heisst  als  ich  furchte,  dass  ich  in  die  läge 
komme,  die  freilich,  da  es  sich  hier  immer  nm  etwas  unangenehmes 
handelt,  hier  nur  eine  Zwangslage  sein  kami,  zeigt  noch  E.  7978- 
Dagegen  schon  deutlich  ausgebildet  ist  die  bedeutung  eines  Zwanges 
Iw.  2483.  2834.  5257.  s.  u. 

Wechsel  mit  dem  einfachen  conjunctiv  findet  sich  E.  3095  a.  H. 
695.     Iw.  7469. 

3.  Im  bedingenden   satze.    Hier   steht  gleichfals  müeaefh  nicht 
wegen  des  in  ihm  liegenden  begrifs  einer  blossen  Vorstellung,  sondern 
als  verbum  des  geschehens.     Daher  kann  es  nur  im  conjunctiv   stehii, 
nicht  wie  soln  und  taellen  auch  im   indicativ,    denn   ich  muoz  wurde 
bedeuten  es  ist  der  fall,  dass  ich,  nicht  es  sei  der  fall,  dass  ich.    Der 
conjunctiv  ist  also  nötig,    um  den  fall  als  einen  gesezten   oder  vorge- 
stelten  zu  bezeichnen.    Die  Spaltung  des  begrifs  aber  steht   hier  mit 
demselben  recht,    wie  in  gleichem  falle  lateinisch  sit,    dem  es  genau 
entspricht,  oder  nhd.  ist  es  der  fall,  dass,  oder  fals.    Ausserdem  durch 
ob  eingeführt  ist  der  bedingende  satz  nur  im  GrSgörjus. 

G.      38  daz  einem  herten  tvibe  se  lachenne  totere  geschehen  ^   ob  si  51 
müese  an  sehen. 
3728  weder  wcere  iu  da  mite  lip  ode  leit  geschehen,  oh  ir  inmüC' 

sei  sehen? 
3736  mim  moht  ze  disem  lihe  dehein  S(clde  niht  gescJiehen,   mn 
oh  ich  in  müese  selten. 
Iw.  6159  mües  ich   itich   danne  sehn  her  wider  äz  keren,   des  vreu^ 
ich  mich. 
Mit  negation. 
E.  1258  daz  tu  nieman  ctisaget,  daz  er  ie  scluetier  hahe  gesehen,  en^ 
müeze  der  tcärheite  jehen. 
a  H.    762  und  kumet  in  so  groze  not,  daz  ir  mir  alsdhez  guot  sein 
manne  niht  mugent  gehen,  ich  enmüeze  cUsc  swache  Jehen, 
Iw.  1736  daz   im  gar  unmcere  elliu  diu   ere   weere,    eni    müese  sif 
vrouwen  sehen, 
Müezen  in  vordersät^reu   gehört  nicht  hierher,    wenn  der  folge-  ^ 
satz  nicht  von  der  handlung  des  ersteren,  sondern  schon  von  der  blos-    ' 
sen  notwendigkeit  hierzu  abhängt:  E.  4825.  9331.    G.  1494,  oder  aller-    ' 
dings  ersteres   der  fall,   sie  aber  durch  müezen  als  eine   ungern,   nur 
aus  zwang  getane  bezeichnet  werden  soll,  vgl.  Iw  4911. 

4.  Häufig  steht  müezen  auch  zur  hervorhebung  einer  handluug, 
wo   dieselbe   schon   durch    die   doppelte   negation   als  sicher  eintretend 


INFINITIV  NACH  WELLEN  ÜSW.  ,  l73 

i&ezeichnet  ist,  nämlich  im  abhängigen  negierten  conjunctiv  nach  einem 
regierenden  satze ,  der  ein  negiertes  prädicat  von  selbst  negativem  sinne 
enthält     Im   abhängigen   satze  fehlt  die  negation    E.  5989.    G.  2518 
{yfü  Bach  ic%n  schreibt).    Mueze/ix  bezeichnet  hier  allerdings  schon   die 
aotwendigkeit  des  eintrits  einer  handlung  und  kann  daher  als  Übergang 
%\x    dem   folgenden   gebrauche    angesehen    werden,    namentlich   wo   es 
la^elbst  die  notwendigkeit  in  bezug  auf  die  prädicative  aussage  bezeich- 
net, da  es  aber  dies  nur  vermöge  der  durch  die  formelle  Zerlegung  der 
tia-ndlung  hervorgerufenen  hervorhebmig  und  be tonung  derselben  vermag, 
so   dürfte   dieser  gebrauch  immer  noch  der  ursprünglichen  bedeutung 
eines  eintreffens  näher  liegen  als  der  folgenden  abgeleiteten. 

£.1023  des  efivil  ich  niht  entern^  ezn  müez  min  vrotoe  diu  küne- 
gin  wider  ir  laster  geret  sin, 
2981  ezn  hete  mp  noch  man  deheinen  zmvel  dar  an^   ern  müeste 
sin  verdorben.  5333.  5989.  6866. 
G.      45  nu  enist  des  niht  rät,  ichn  müeze  von  iu  scheiden. 
2518  ob  des  nü  ist  dehein  rät,  ich  müez  die  helle  bütven. 
^H.   581  daz  des  dehein  rät  ist,  du  enmiiezest  sterben, 
Iw.  1289  eme  mac  des  niht  enwenken^  erne  müeze  her  vür. 

1901  ob  ich  des  niht  geraten  kan,   ichn  müeze  mit  eim  andern 
man  mines  herren  wandet  hän,  — 

2829  sone  wart  ich  nie  des  über,    ichn  müese  koufen  daz  kam. 
3968.  4638.  6337.  6600.  7226. 

^*    Müezen  bedeutet  einen  zwang  oder  eine  notwendigkeit. 

Stathaben,  eintreten  in  folge  äusserer  rücksichten  geht  in 
^i©  bedeutung  über  in  folge  jener  Verhältnisse  notwendiger  weise 
^tathaben,  weil  das  Verhältnis  der  folge  eine  notwendigkeit  in  sich 
^hliesst.  Hierbei  ist  aber  folgender  unterschied  nicht  zu  übersehen. 
*'^ue  notwendigkeit  wird  entweder  auf  das  subject  bezogen  und  das 
® tathaben  ist  als  ein  dem  subject  durch  seine  läge  abgenötigtes  hin- 
Sestelt,  so  dass  es  heisst  gezwungen  sein  oder  doch  anlass  haben, 
^der  auf  das  prädicat  und  das  stathaben  ist  sodann  als  ein  durch- 
^^s  bestimt  eintretendes,  nach  läge  der  dinge  als  gewiss  zu 
^^w  arten  des  bezeichnet.  Im  zweiten  falle  ist  Wechsel  mit  einfachen 
formen  natürlich. 

^-    Die  zwingenden  rücksichten  sind   äussere  Verhältnisse, 
a.  Äussere  vorhandene  oder  als  vorhanden  gesezte  umstände. 
a.   Diese  liegen  in  der  beschaffenheit  des  subjects. 
Es  finden  sich  nur  fälle  für  die  notwendigkeit  des  prädicats. 
S.  8285  do  muoste  im  wol  gevcUlen  diu  zweinzegest. 
9941  düz  muoste  im  wol  gevcMen, 


174  V.  MONSTEUBSRÖ 

G.    418  daz  muoz  in  wol  gevaUen. 
Iw.  2762  sei  ere,  diu  in  allen  muose  wol  gevallen. 

ß.    In  der  bescbaffeDheit  des  objects. 
Es  finden  sich  nur  fälle  für  die  Zwangslage  des  subjects. 
E.  5199  wand  ir  muosten  die  trachen  von  den  lüften  bringen  st 
Iw.  6912  den  müese  man  wol  iemer  dagen. 

y.   In  einem  praepositionalen  oder  adverbialen  ausdruck. 

1.  Die  notwendigkeit  auf  das  subject  bezogen. 

E.    992  do  ich  von  iuwern  schulden  die  schäme  muoste  dulden. 

1447  des  muoz  tcJi  iuch  vil  verdagen.    2627.    3469.    3882.    4 

4788.  5059.  6477.  7255.  8873. 

G.  1274  nü  muost  du  disen  selben  sttit  in  disen  jäm,  ze  dirr 

scheiden,  301. 

a.H.    457  des  muoz  ich  schenielicJie  not  tragen. 

Iw.    352  do  muose  ich  rede  und  vreude  län. 

392  seht,   do  muose  ich  von  ir.    846.    1018.    1703.    2319.    4 

5303.  6713. 

Das  subject  ist  eine  sache. 

a.H.    223  da  von  muoz  tu  diu  helfe  min  durch  alU  not  sin  versai 

2.  Die  notwendigkeit  auf  das  prädicat  bezogen. 
E.  1867  da  von  muoz  im  wirs  geschehen. 

3367  wan  so  muoz  von  untriuwen  min  sele  verderben.  5853.  6 
8950.  9380. 
G.    524  do  mtwse  in  wol  gelingen. 
2558  so  mOezt  ir  got  erbarmen. 
Iw.    762  des  mtu)st  mir  misselingen. 
3818  von  deme  si  müesen  verderben. 
4236  wand  ez  muoz  doch  min  senediu  not  mit  dem  tode  ein  ende 

d.   In  einem  andern  satze. 
aa.   In  einem  übergeordneten. 
aa.   Der  satz  mit  müezen  ist  ein  consecutiver  conjunctionalsatz. 
Die  notwendigkeit  auf  das  subject  bezogen. 
E.      64  so  flohen  f  daz  siz  muoste  anseJien.    1997.  3247.  5671.  6 

6051.  6935.  7215.  9704. 
G.  1455  sun,    du  hast  mir  vil  geseit,   fnanic  diutsch  wort  vür  gi 
daz  mich  s(re  umbe  dich  umndem  muoz.    crede  mich. 
2838  und  beheft  dir  diniu  bein,   daz  du  da  muost  alten  und 
du  mich  niemmer  gedrangest.  1528. 
Iw.  3742  er  sluoc  unde  stach,  daz  jene  muosen  entunchen. 

4481  und  hat  ir  zwSne  erhangen  ^  daz  ichz  ane  muose  sehn.  4 
5745.  6357.  6823.  6923.  7052. 


IKPlNiflV  KACä  WBLLEK  ÜSW.  175 

Die  notwendigkeit  auf  das  praedicat  bezogen. 
E.  4660  da  versnoachete  er  sich  mite,  daz  er  den  liuten  allen  muoste 
missevallen  und  niemen  was  ze  giwte  erkant 

ßß.  Müezen  steht  in  einem  vom  unß  eingeleiteten  nebensatze. 
Die  notwendigkeit  auf  das  subject  bezogen. 
C2.  3642  urlouhes  hegunden  si  dö  gern,  um  er  sis  muoste  gewem. 

bb.    In  einem  untergeordneten. 

aa.  Müezen  steht  im  folgesatze  einer  bedingungsperiode. 

Die  notwendigkeit  auf  das  subject  bezogen. 
IS.  3436  und  unrt  einez  verlorn,  ir  miiezet  dulden  den  zom, 

7988  ich  müeste  mich  wöl  immer  schämen,  solde  ich  vürhten  neiz- 
waz.  8330. 
Q.  1349  swer  sich  von  pf äffen  bilde  gote  machet  wilde  unde  ritter- 
Schaft  begät,  der  muoz  mit  maneger  missetät  verunirken  sile 
unde  lip.  1369.  3351. 
a.H.    624  läze  wir  den  sterben,  so  müezen  wir  verderben. 
Iw.    724  daz  kinty   daz  da  ist  geslagen,   daz  muoz  wol  weinen  unde 
clagen. 
6136  ir  miiezet  vliesen  den  lip,  weit  ir  üf  die  burc  vam,    6638. 

7448. 
7678  swer  daz  rechen  wolde,  der  müese  vil  gerechen. 

Mit  dem  in£  perf.  (vgl.  s.  161).    E.  6812  vgl.  s.  154. 
Zu  Iw.  6136   vgl.    s.  23,    zu  Iw.  7678    vgl.    s.  13.   22,    zu  Iw. 
66SS  s.  154. 

Die  notwendigkeit  auf  das  prädicat  bezogen. 
E.  3929  daz  doch  benamen  muoz  ergän,   im  tuot,   als  ich  gespro- 
chen hän. 
4765  mich  hat  üf  solhe  schände  hie  bräht  min  zageheit,  daz  doch 
mir  ein  herzeleit  von  den  dingen  muoz  geschehen^  söl  ich  iu 
mxnes  namen  jehen.  —    5727  (s.  166).    6841  (s.  166).   8518 
(s.  11.  22).     8737.  8986. 
G-  1381  mir  saget  vil  maneges  munt,  swer  da  ze  schuole  belibe,  der 

müeze  iemmer  viJi/r  war  gebären  nach  den  pfaffen. 
a.H,i3i4  ob  diz  wcere  vollebräht,  so  wcere  ime  der  Up  genesen  und 
müeste  ich  iemer  scelic  stn, 
1^-1768  vüer  ich  verstolne  von  hinnen,   des  müese  ich  wol  gewinnen 
laster, 
2070  ob  ez  anders  umb  in  stät  also  rehte  und  also  wol,  so  muoz 
er  mich  mit  triuwen  ergetzen  mxner  riuwen  und  muoz  mich 
deste  baz  han.  —  2950.  4549  (s.  24).  7903. 


116  V.   MONSTKRBEftO 

Mit  dem  inf.  perf.  (vgl.  s.  175.  161). 
Iw.  7789  in  dühte,    ob  in  sin  vrouwe  niene  loste,   so  müeser  sckiew^ 
^n  tot. 

ßß,   Miiezen  steht  im  hauptsatze  eines  causalsatzes. 
Die  notweudigkeit  bezogen  auf  das  subject. 
E.  9239  do  et  im  der  wer  eeran,  dö  mtwste  er  vor  im  dan  sinen  sie- 
gen enttoichen. 
Iw.  2483  er  vorhle^  wcerer  lier  komen,  wand  er  sichz  het  an  genomen, 
er  miiese  de  not  vor  bestän. 
3001  er  muoz  verzagen  als  ein  mp,  sU  wibes  herze  hol  sin  Up. 
5568  do  er  (der  Uwe)  niht  mere  mohte  gän,   do  muoser  (Iwein) 
von  dem  rosse  stau.  3767.  4356.  7713. 

yy.   Miiezen  steht  im  hauptsatze  eines  temporalen  nebensatzes  mit 
conditionalem  sinne.    Die  notwendigkeit  ist  auf  das  subject  bezogen. 

G.  2342  des  gedingen  muoz  ich   leben,    unz  ich  die  rede  rekte  ervar 

(Paul  wil,  Lachmann  und  Bech  mit  handschr.  A  muojer). 
Iw.  5946  unz  ich  den  niht   vunden   hän,   so   muoz  ich   gnade    und 
ruowe  län, 

cc.    In  einem  gleichgeordneten. 

Die  notwendigkeit  auf  das  subject  bezogen. 
E.    374  daz  bette  ein  man  nie  möhte  erwegen  und  selbe  vierde  muost^ 
legeth 
1582  wan  si  was  beraubet  ir  stat:  si  muoste  danne  entwichen. 
3103  dise  kumberlicJie  spaehe  muoste  si  geloben  do:  wan  si  vorhte 
sine  drö.  (4237,  nach  Bech).   5162.  5584.  9736. 
G.    663  do  begunde  er  siechen  und  muose  bdiben  sin  vart. 
a.H.  1346  daz  enmohte  ir  niht  vrum  wesen:  sü  muoste  iedoch  genesen. 
Iw.  2310  nü  muoz  ich  leider  gähen,  wandez  ist  mir  so  gewant,  — 
4229  min  vrowe  muoz  doch  den  kämpf  gesehn,   wander  sol  vor 
ir  gcsdichn.  4451.  4737. 
Die  notwendigkeit  auf  das  prädicat  bezogen. 
Iw.  4100  der  dewedem  mach   ich  niht  Jian  und  muoz  mir   an  den 

lip  gän, 
a.H.   665  dt%  muost  von  gotes  hulden  ienter  sin  gescheiden:  daz  kaufest 
an  ufis  beiden, 

e.   Im  zusammenhange. 

Die  notwendigkeit  aufs  subject  bezogen. 
E.    120  daSAch  im  daz  mnoz  vertragen  (vgl.  102). 
487  gniz  laster  muosiich  dö  vertragen  (vgl.  485), 


INFINITIV   NACH   WELLEN    Ü8W.  177 

E.    494  rotes  muoz  ich  iuch  biten  (vgl.  495). 

1403  sin  unmuoze  hegunder  zeln  und  sprach  er  mücste  riten  und 

vüeren  vroun  J^nUen. 
6376  ich  muoz  selbe  dar.  1600  (vgl.  1596).  3593.  4299  (vgl.  4301). 
4546  (vgl.  4458).  4825.  4966  (vgl.  5051).  6809.  8489.  8666. 
8741.  9261. 
G.  475  do  si  sich  muosen  scheiden.   480.  1494.  2825.   2918. 
a.H  159  er  sente  sich  vil  sere,  daz  er  so  manege  vre  hinder  im  müeste 
lazen, 
628  ez  muoz  wesen.  (vgl.  E.  1282  u.) 
Iw.  1081  da  miwse  man  hin  durch  varn  unde  sich  vil  wol  bewarn 
vor  der  selben  slegetür, 
1375  ottcÄ  muoser  dicke  wenken. 

1511  herre,  ich  muoz  iuch  eine  län  und  vil  dräte  toider  gän.  2469. 
2831.  2834.  2968.  3275.  3276.  4306.  4307.  4779.  4911 
(vgl.  s.  172).  5257  (vgl.  6141).  5316.  5320  (vgl.  s.  146).  6158. 
6385.  6793.  7150.  7413.  7912. 

Die  üotwendigkeit  auf  das  prädicat  bezogen. 

E.  3801   ez    müeste    iuch   harte    schiere   geriuwen   und   wcere  tvider 
triuwen. 
6952  wan  du  es  sünde  haben  muost    3429.    4352.    5990.    6259. 
6463.  8977.   10111.     G.  2517  (vgl.  s.  49). 
a.H.    151  si»  hochvart  muoste  vollen,  sin  honic  wart  ze  gaUen. 
I^v.  2169  ouun  st  sint  des  vil  vro,   daz  si  der  lantwer  also  über  wer- 
den  müezen. 
5262  ir  möhtet  wol  die  rede  län^    diu  iu  an  den  lip  muoz  ^än, 
6218.  6346.  6830.  8129. 

^    Die  nötigung  ist  ganz  algemein  gedacht. 

Auf  das  subject  bezogen. 

E.  6895  Sit  daz  du  (Tot)  mich  doch  nemen  muost, 

9331  wan  da  ergienge  ein  wunder  an,  swenne  sich  der  ober  man 
müeste  dem  undern  ergeben. 
G-  2688  swelch  ma/n  sich  alle  tage  begen  muoz  von  sime  bejoge. 
a-H-    604  so  muoz  er  liden  doch  den  tot 
1258  Sit  du  benamen  sterben  muost. 
Iw.  2647  die  andern  muosen  alle  hern  Iwein  wol  gunnen  stns  lan- 
des.  938. 

Auf  das  prädicat  bezogen. 
Iw.      63  doch  müezen  wir  ouch  nü  genesn. 

XSTTSCm.   F.    DEUTSCHE   PHILOLOGIE.     BD.  XVin.  12 


178  V.   MONSTEBBERQ 

b.   Äussere,  erst  noch  beabsichtigte,  zu  erstrebende  oder  zu  verhütend.^ 
Müezen  rückt  dann  der  bedeutung  von  bedürfen  nahe. 

a.    Der  zweck  ist  ausgedrückt  in  einem  bedingungssatze  mit  wellen 

oder  soln^  vgl.  s.  22  nr.  1  und  s.  153. 

E.  4690  (s.  11).    5000  (s.  5).    9451   (s.  15.     Anders  5727    und   8518^ 
s.  175).     G.  2465  (s.  12).   3050,   a.H.  442  (s.  154).  Iw.  1826 
(s.  6). 

ß.    In  einem  temporalsatze  mit  e. 

E.  7681  ir  müesent  daz  iverc  wol  besehen,   e  ir  westent,  wes  ir  sd- 

dent  jehen. 
Iw.  6391  wir  müezenz  starke  enblanden  den  armen,  e  wir- so  vil  erwer- 
6en,  daz  — 

y.   Im  zusammenhange. 

E.  7495  ich  muoz  gedenken  e  dar  nach. 

7972  ich  wil  unde  muoz  mich  bieten  an  iuwem  vuoz,    daz  ir 
erwindet. 
a.H.   224  tr  müestent  haben  eine  maget.  446. 

1107  ezn  gesclmch  nie   kinde  also  we,    als   dir   muoz   von  mir 
geschehen. 
Iw.  2314  daz  (lant)  muoz  ich  besorgen  mit  eim  mane,  der  ez  wer. 
5493  ich  muoz  ir  hulde  e  haben  baz. 
7161  si  muosen  vaste  gelten  vür  des  todes  schelten. 
7708  durch  güete  erdete  siz  nimmer  getan,    si  muose  gewalt  od 
vorhte  hän. 

2.    Die  zwingenden  rücksichten  sind  der  befehl  oder  wünsch 
eines  andern  oder  eine  abmachung  mit  einem  andern. 

E.    190  ditz  muoste  jcerliche  sin. 
3458  da  si  eine  muoste  mite  vam. 
8760  ouch  muoste  mite  riten  Qruivreiz. 
G.    887  die  muosten  im  beide  vil  wol  besttßten  daz. 
a.H.  1089  ob  ir  iht  ir  herre  die  rede  hefe  iiz  erdrot.  —    «wie  dA  den 

tot  liden  muost^  ob  du  daz  niht  vü  gerne  tuost^  — 
Iw.  1636  ezn  ist  nie  so  unmUgdich-,  geraet  ^  ir  her  ee  mir,  st  müese 
ir  zom  allen  län. 
5631  wand  er  muos  im  (dem  tode)  ze  suone  gebn  beide  gesunt 
und  sin  lebn.  6366.  6605.  6821. 

Der  wille  des  verfertigers  ist  es  (vgl.  soUen  s.  155). 
E.  7543  er  mischte  dar  under  goU^  daz  muoste  de$  were  Mesamen 
haben. 


INFINITIV  NACH   WELLEN   ÜSW.  179 

Ist  es  der  befahl  und  wille  der  sprechenden  person  selbst,  so 
bezeichnet  müejsen  den  energischen  vorsatz  in  der  1.  person,  einen 
befehl,  eine  bitte  oder  bestimmang  in  der  2.  und  3. 

1.  8g.  E.  7934  ich  muoz  ez  bmamen  crvinden, 

2.  sg.      6108  du  muost  noch  mordes  me  begän. 

Iw.  5657  swester,  du  muost  mir  min  erbefeü  län  oder  einen  kern- 
pfen  hän, 
"2.  pl.  E.  3041  ir  müezei  mir  benamen  sagen. 

3272  tr  mOezet  der  rosse  plüegen.  3835.  4571.  4811. 
Iw.  1954  nü  müezt  ir  min  riht(ßre  sin, 

5265  ir  mOezet  mich  bestän  ode  die  juncvrouwen  län. 
6812  ir  mOezt  si  nenven^  sprach  der  wirt^  ode  ir  stt  gevan- 
gen.  2239.  7649.  7669. 

3.  sg.  E.  705  ez  muoz  undr  uns  beiden  diu  ritterschaß  scJmden. 

1282  daz  mtwz  ouch  wesen  äne  strit  (vgl.  s.  177.     a.  H.  628). 

4702.  6299. 
6.   3447  des  mOeze  er  uns  drin  ein  rehtez  Wortzeichen  gebn  (so 

Paul ;  Lachmann  und  Bech  mit  Handschr.  A  muoz). 
3450  er  muoz  mir  wider  senden  den  slüzzel. 

Im  irrealen  conjunctiv. 
a.H.  508  het  ez  iemen  anders  getan,  der  müese  unsern  vluoch  Mn, 

Hier  dient  also  müezen  bereits  in  seiner  abgeleiteten  bcdeutung 
zur  blossen  Umschreibung  des  imperativs.    Auch  in  den  früheren  fällen 
wird  man  da,  wo  müezen  nur  die  notwendigkeit  der  prädicativen  aus- 
sage bezeichnet,  dem  inf.  blos  appositiven  wert  zuzusprechen  berechtigt 
sein,  wenn  man  jene  durch  müezen  hervorgehobene  bestimtheit  und 
Sicherheit  der  prädicativen  behauptung,  wie  das  bisweilen  möglich  ist, 
aufgibt.    Alsdann  entspricht  das  praesens  oder  perfect  von  müezen  mit 
dem   inf.  dem   einfachen  praesens   oder  perfect  des  im  inf.  stehnden 
yerbom ,  der  conj.  perf.  ebenso  dem  einfachen  conj.  perf.  (vgl.  E.  4660 
(s.  175).     a.  H.  151,    E.  3801  (s.  177).     a.  H.  1314   (s.  175).     Durch 
das  futurum  kann  man  das  praesens  von  müezen  nur  in  sofern  wider- 
geben,  als   dieses   überhaupt  jenes   zu   vertreten  im  stände  ist   und 
das  praesens  des  hilfsverbum  ist  nur  darum  besonders  dazu  geeignet, 
als  es  die  handlung  als  bestimt  zu  erwartende  bezeichnet.    Dieses  lez- 
tere  moment  ist  daher  oft  noch  durch  wd^  benamen,  vür  war  hervor- 
gehoben. 

Für  die  f&Ue,  in  denen  die  notwendigkeit  auf  das  subject  bezo- 
gen ist,  ist  aufmerksam  zu  machen  auf  den  häufigen  gegeusatz  von 
müejsen  zn  dem  negierten  mugen  oder  Jcunnen. 

12* 


180  V.   MONSTEBBKBO 

3.  Die  zwingende  rücksicht  ist  die  auf  recht  und  billigk^ 
(ich  kann  nicht  umhin,  fühle  mich   gedrungen).    Hier  st^ 

oft  von  schulden  dabei. 

Auf  das  subject  bezogen. 
E.  1770  so  müeste  man  von  schulden  jehen.   6222.  8380.  8766. 
5865  ez  müeste  ir  die  swcere  ze  jungest  helfen  weinen. 
6466  ich  muoz  et  die  rihte  sagen. 
7359  sU  ich  ez  lohen  muoz. 
8930  wan  der  muoste  man  et  jehen. 

a.  H.  1433  den  Swäben  muoz  ieglich  biderber  man  des  jehen. 

Iw.  6248  man  muoz  iuch  ziuwer  üzvart  anders  bdeiten  (ironisch). 
7006  zwäre  man  muose  in  län  von  nterschefte  den  strit. 

Auf  das  prädicat. 
E.  7783  swa  mite  ein  tmp  gedienen  sol,   daz  si  gote  und  der  werlde 
wol  von  schulden  muoz  gevaUen, 
a.H.  1395  von  schulden  muosten  Vi  do  von  den  genäden  vreude  han. 

4.  Die  zwingende  rücksicht  ist  die  logische  notwendigkeit 

des   Schlusses. 

a.   Dieser  wird  nach  dem  satze  vom  gründe  aus  der  folge  auf  den 

grund  gezogen. 
a.H.   415  swie  bcese  er  ist,  der  mich  gesihty  des  boeser  muoz  ich  dan- 

noch  sin:  sin  unwert  tuet  er  mir  schin. 
Iw.  2035  jener  der  in  da  sluoc,  der  muose  tiurre  sin  dan  er. 

b.  Nach  dem  satze  vom  ausgeschlossenen  dritten  in  der  weise,  dass 
der  Zusammenhang  oder  der  wille  des  redenden  nur  zwei  möglichkeitei 
zulässt,  eine   von  ihnen  negiert  wird  und  daher  nur  die  andre  geltez 

kann.     Formal  ist  der  satz  mit  müezen  entweder 

a.   Hauptsatz  zu  einem  negierten  bedingenden  satz,  der  meist  vorangeh' 

E.  2658  enwtere  er  niht  ze  helfe  kamen,  st  müesten  scheuten  hän  gc 

nomen  unde  enschumpfieret  sin. 
2675  doch  miiestens  sin  gevangen  und  wcere  daz  ergangen,   wa 

daz  i!rec  schone  in  geriten  kam. 
2687  noch  muoste  erz  enblanden  den  handen,    sin  wtere  ander 

niht  geschehen. 
O.    750  diu  was  ouch  also  besät  y   ezn  wdle  got  understän,  si  muo^ 

OHch  die  verlorn  hän. 
1177  wan  daz  em  dlnem  vater  nam,   so   müese  er  uns  ander 

undertcenic  sin. 
1179  er  miiese  uns  rinder  unde  sunn  triben  üz  unde  m. 


INFINITIV   NACH    WELLRN    USW.  181 

2098  ehfuet  ere  niht  durch  got  verlän,    im  mücsen  wesen  under- 

tan,  swae  — 
2699  sin  vart  diu   ist  unsüeze,    engezzent  in  die  wolve  niht,   so 

muoz  er  da  ungäz  ligen. 
Iw.  5301  do  riefens  oZfe,   ern  tcete  sinen  lewen  hin,  mit  im  envcehte 

niemen  da  und  zwäre  er  müese  ouch  sä  die  juncvrouwen 

Irinnen  sehn. 
7416  got  enwelle  michs  erlän,   so  muoz  ich  aber  bestän  den  aller 

tiuresten  man. 

oder  ß.  paratactisch  neben  einen  negierten  selbständigen  satz  gestelt, 

der  vor  oder  nach  steht, 
E.  1396  der  vater  vrowen  Jßniten  möhte  ez  niht  erziugethän:  ez  muo- 
ste  an  dem  herzogen  stän. 
4386  zesamne  riten  zwene  man,  der  ietwederre  nie  gewan  za^eheit. 
ez  muoste  sterJce  unde  heil  an  dem  sige  scheiden, 
6.1958  hie  hegunden   striten  zwene  geliche  starke  man,    der  dewe- 
derre  nie  geivan  zageheit ,  unde  ez  muoste  da  den  strtt  kunst 
tmde  gdUcke  scheiden, 
Iw.  1638  vrou  Minne  muoz  si  mir  bewegen ,  ichn  triut  mit  miner  vrü- 
mehheit  ir  nimmer  benemen  ir  leit. 

oder  y.  an  den  andern ,  welcher  positiv  ist ,  durch  die  disjunctive  con- 
jimctioQ  geknüpft,  oder  stellt  ohne  diese  doch  in  einem  disjunctiven 
Verhältnisse  zu  ihm.  Im  lezteren  falle  ist  der  satz  mit  müezen  negiert. 
Der  andere  geht  im  firec  und  Gregörjus  immer  voran ,  im  Iwein  folgt 

er  meist. 

E.  4741  daz  mir  daz  ros  hie  beste!    oder  ich  muoz  immer  m^  ver- 
swachet  unde  gehoenet  sin, 
9342  ich  aoil  e  werden  erslagen,  ir  enmüezet  mir  sagen, 
6.3449  des  miieze  er  uns  drin  ein  rehtez  wortzeich&n  gebn  ode  sich 

muoz  min  lebn  üf  disem  steine  verenden.     Vgl.  s.  179. 
Iw.  2060  mich  muoz    ein   biderbe  man   werw,    ode   ich   bin   benamen 
verlorn. 
4347  si  milezet^  iuch  läzen  vriy  ode  ich  erslahe  si  alle  dri. 
4985  zwäre  er  muoz  iu  widere  iuwer  süne  gesumle  gebn  ode  er 

nimt  ouch  mir  daz  lebn. 
5224  heizt  iuch  dräte  ledec  län,   ode  si  müezen  von  mir  hän  den 
strU. 
Wechsel  mit  den    einfachen    verbalformen   findet   sich  E.  2675 
8-  IBO.    4660  (s.  175).     G.  2838   (s.  174).      Mit  Iw.  4481  (s.  174)   vgl. 
^^«6.    Iw.  5850. 


182  V.  MONSTERBKRO 

Durch  den  gegensatz  zu  andern  verben  mit  yerschobenem  praeL 
wird  die  bedeutung  von  müezen  hervorgehoben.  Es  steht  zosammen  mit 
sein  vgl.  8.  168     wellen  vgl.  s.  27. 

Über  ellipse  nach  müezen  vgl.  E.  Weinholds  germ.  Abb.  heft  5 
s.  97.    Zu  entlehnen  ist  der  infinitiv  bei  müezen  nie. 

Für  die  Umschreibung  des  futurs  bei  Otfrid  durch  scci,  triß«, 
muaz  vgl.  0.  Erdmann  I  §  9 ,  des  conjunctivs  durch  scdl^  fnag,  mwu 
§  67 ;  für  die  beider  bei  den  ahd.  Übersetzern  durch  nuig  und  scdl  vgl. 
A.  Denecke  s.  9.  10;  für  die  des  futurs  durch  sol,  des  conjunctivs  durdi 
mac  (und  sol)  bei  Berthold  von  Begensburg  vgl.  H.  Boetteken  §  203;    ^ 
für  das  andd.  ist  bei  B.  Steig  über  diese  frage  nichts  angemerkt  Über 
die  widergabe  von  fiiHeiv  durch  skulan  im  Gotischen  vgl.  A.  Eoehler 
s.  428.    Die  noch  übrigen  verba  mit  verschobenem  praet.  (darf^  tar, 
weiz  und  taue)  können  sich  an  Vielseitigkeit  der  bedeutungsentwicklons 
mit  wellen  y  mugeti,  scln^   müezen  ebenso  wenig  messen  wie  kunnep^^ 
Gunnen  scheidet  ganz  aus  dieser  reihe  aus,  da  es  nie  den  infinitiv  naeli 
sich  hat,  vgl.  germ.  Abh.  s.  71;  ebenso  erbunnen  s.  72.    Vgl.  0.  Er4- 
mann  I  §  332.    A.  Denecke  s.  13. 

5.    JJurfen. 

Dürfen  findet  sich  wie  bei  Otfrid  (0.  Erdmann  1.  1.)  und  im 
Heliand  (B.  Steig  s.  329)  nur  in  negierten  Sätzen,  bei  den  ahd.  Über- 
setzern komt  es  mit  dem  inf.  gar  nicht  vor  (A.  Denecke  s.  13),  in  dero 
einen  von  H.  Boetteken  s.  118  aus  ßerthold  von  Begensburg  gegebenem 
falle  steht  gleichfals  die  negation.  Dem  inf.  gegenüber  hat  es  durcb' 
weg  seine  selbständige  bedeutung  gewahrt. 

A.  Der  ergänzung  durch  einen  inf.  ist  dürfen  nicht  bedürftig,  weiU^ 
es  ein  object  bei  sich  hat.    Die  handschriften  aber  bieten  es  ntjx 

Iw.  2892  diun  darf  niht  mere  huote. 

So  A  D  a ,  aber  auch  hier  bieten  B  c  d  bedarf    Alle  andern  her 
hen  auf  Lachmanns  emendur. 
Iw.  4583  otieh  endorfter  mere  Sicherheit. 
4870  ich  darf  wol  meisterschaft 
4876  ich  darf  wol  guoter  lere. 
Die  handschrift  bieten  alle:  bedorfl,  bedarf. 

B.  Mit  dem  inf.  steht  es  sowol  bei  personen  als  bei  Sachen. 

Das  subject  ist  eine  person. 

E.    515  dar  umbe  endurfet  irz  niht  lan. 

2991  in  dürfte  durch  vreude  niemen  suochen,    1253.    2466.  4 
4373.  4752.  5596.  7152.  7275.  8509.  8861. 


INFINITIV  NACH   WELLEN   Ü8W.  183 

G.    492  ein  wip,  diu  beidiu  sinne  utide  lip  in  gotes  dienst  häte  erge- 
ben: kein  mp  endorfte  hezsser  leben,  3188. 
Iw.  1210  im  durfei  niJU  me  sorgen  552.  (s.  13).  1252.  2105.  4443. 

Das  subject  ist  eine  sache. 
E.  2901  ezn  dorfie  vrouwen  Übe  baz  erboten  werden  nie, 

3713  im  woer  der  Ion  bereit^  daz  in  sin  arbeit  niht  dorße  riuwen. 
Iw.  1313  ezn  dorft  nie  tvibe  leider  geschehn. 

Im  armen  Heinrich  findet  sich  das  verbum  gar  nicht.  Der  inf. 
ist  nie  zu  entlehnen.  Zur  blossen  modusumschreibung  ist  es  nirgend 
herabgesunken ,  und  eine  Übersetzung  durch  nhd.  potentiales  dürfen  ist 
ungenau,  obgleich  sie  Benecke  zu  Iw.  1313  gibt  im  Wörterbuche  zumlwein. 
Viehnehr  heisst  es  hier  wie  E.  2901  und  G.  492  genau:  es  war  im 
liöhem  grade  nicht  nötig,  weil  es  an  dem  vorhandenen  nachgerade 
genug  war.  An  allen  drei  stellen  steht  in  diesem  falle  eine  negation 
Qod  ein  comparativ.    Dies  spricht  dagegen,  dass 

E.  6843  der  beste  ritter  der  dars  leben 
Kit  Haupt  darf  zu  lesen  sei.  In  einem  exemplar  der  Bechschen  aus- 
gäbe aus  der  königlichen  und  Universitätsbibliothek  zu  Breslau  findet 
sich  ,  nach  herrn  professor  Weinholds  dafürhalten  von  der  band  des 
verstorbenen  herrn  professor  Lichtenstein,  unter  Verweisung  auf  1.  Büchl. 
1509.    Trist.  307,  25  der  dar  leben  corrigiert. 

6.    Turren. 

Aus  dem  Heliand  bringt  B.  Steig  s.  330  13  fälle,  alle  negativ, 
MS  Yolfila  belegt  A.  Eoehler,  J.  Grimm  berichtigend,  gadaursan  mit 
dem  inf.  dreimal,  ein  fall  ist  negativ,  von  den  7  von  0.  Erdmann  aus 
Othid  angeführten  beispielen  sind  4  negativ,  der  eine  fall  aus  den  ahd. 
öbersetzern  (A.  Denecke  s.  13)  ist  positiv,  von  den  zwei  von  H.  Roet- 
teken  §  203  gegebenen  beispielen  aus  Berthold  von  Begensburg  einer 
ii^ativ.    Hartmann  bietet  unter  24  fällen  14  negative. 

Praes.  ind. 
fi*    123  des  schäm  ich  mich  so  sere,  daz  ich  iuch  nimmer  mere  vür- 
baz  getar  schoutoen, 
2757  den  läze  ich  vor  den  einen  taCy   vürbaz  engetar  ich.    3850. 
8443. 
«•H.  H40  icÄ  getar  ez  wd  erliden, 
1332  daz  ich  doch  Uden  getar. 
^^  1254  ichn  tar  niht  langer  6i  iu  wesn. 
***ll39  geturrent  ir  mich  sniden, 
^333  dazn  turrent  ir  niht  dulden. 
I339  geturrent  ir  einen  vrömden  tot  niht  vertragen. 


1B4  V.    MONSTEBBBBG 

Iw,  1853  dem  tar  nicnier  dem  hrutmen  homen  e^  wer. 
7001  daz  er  getar  unde  kan  haz  vehten, 
Praes.  conj. 
Iw.  5212  nunc  habe  wir  niemen  mere,   der  da  unibe  uns  türre  n 

Perf.  ind. 
Iw.  3020  dmie  torst  ich  vrägen  vürbaz. 
E,    215  in  getorste  da  nieinan  bestän. 

3010  Jßrecke  getorste  siz  niht  Magen.  4248.  6681.  8470. 
Perf.  conj. 
Iw.  4325  so  torst  ich  iuch  wol  Uten, 
E.  3145  oZ»  ^  imz  torste  gesogen. 

5392  daz  er  getorste  si  bestän.  5496. 
a.H.   438  der  sich  min  underwinden  getorste  oder  wolte. 

Zu  entlehnen  ist  der  Infinitiv  aus  einem  andern  satz  E.  2757. 
Mit  andern  verben  mit  verschobenem  praet   ist   es  zusammen^^ 
gestelt:    mit  kunnen  Iw.  7001,    mit  weUen  a.  H.  438.    Im   Gregörjus  ^ 
komt  es  gar  nicht  vor. 

7.  Tugen. 

Tugen  hat  nie  in  Hartmanns  epen  den  einfachen,  nur  je  einmal 
im  £)rec  und  Iwein  den  praepositioualen  iuf  nach  sich.  Ahd.  folgt  nie 
ein  inf.  weder  bei  Otfrid  noch  den  ahd.  Übersetzern  (A.  Denecke  s.  13). 

E.  9504  swaz  mir  zc  tuone  tohte. 
Iw.  5814  daz  ir  ze  nemenne  tohte. 

Doch  finden  sich   öfter  stellen,  in  denen  ein  inf.  zu  entlehnen 
ist,  doch  auch  nur  in  den  genanten  zwei  epen  und  zwar  immer  im 
relativsatze. 
E.    729  Wide  wäfetUen  sich  säy  der  ritter,  als  im  wol  tohte. 
836  si  vähfen^  als  den  litUen  touc. 

1836  daz  er  sich  mit  in  bejagen  mohtCy  als  sinem  add  tohte. 
2274  er  efitweich  siner  milte,  als  siner  schäme  tohte. 
Iw.  7296  do  tete  si  als  ir  tohte. 

7540  ob  ich  möhte  iuch  gereti,  als  ez  tohte.  3876.  7986. 
Über  anderes  vergleiche  E.  Weinholds  germ.  Abh.  heft  5  s.  97. 

8.  ?Fi««eti. 

Im  got  steht  nur  einmal  der  blosse  infl,  einmal  der  acc.  o.  infl 
(A.  Koehler  s.  440) ,  bei  Otfrid  überhaupt  keiner  (0.  Erdmann  I  §  332), 
bei  den  ahd.  Übersetzern  einmal  mit  und  sweimal  ohne  si  (A.  Denedro 
8.  13.  60),  im  Heliand  nur  einmal  der  blosae  in£,  einmal  der  aca  o. 
inf.  (K.  Steig  s.  835.  480),  bei  BerthoU  yoa  Begensliiirg  gu  nidil 
der  inf. 


INFINITIV  NACH   WELLEN    USW.  185 

Keiner  verbalen  ergänzung  bedarf  wizzen, 
1-    wenn  es  absolut  steht,   wie  z.  b.  das  eingeschobene  ich  weiz  wol 
6.2259.     Iw.  1392.    5519,    oder   in   der  beteuerung  wizze  ktist 
Iw.  815.  3127.  4786.  5485,  oder  weizgot  E.  4742.    G.  1329.  2944. 
Iw.  338.  887.  2062.  4647.  5918.  6582.  7419.  7464.  7832. 

2.  wenn  es  ein  nominales  object  bei  sich  hat ,  z.  b.  6.  3010  den 
mweste  niemen  da,  Iw.  477.  1623.  3025.  4087.  4096.  4409 
(da  umbe).    4883.  5879.  5892.  7094.  7848.  7868. 

Bedarf  es  einer  solchen,  so  wird  sie  im  inf.  nur  da  gegeben, 

wo  wizzen  eine  fähigkeit  zu  der  im  inf.  gegebenen  handlung  ausdrückt, 

so  dass  dieser  nicht  bloss  appositiven  wert  hat,  wizzen  also  verstehn 

bedeutet.    Dies  ist  nur  einmal  der  fall,  und  da  steht  der  praepositio- 

nale  Infinitiv. 

E.  7138  (ds  ich  iu  ze  sagen  weiz. 

Ausserdem  findet  sich  der  inf.  und  zwar  ohne  praeposition  in 
einer  eigentumlichen  Verwendung,  nämlich  von  gehären  nach  wie,  wenn 
meen  negiert  ist. 

a.  H.  1420  si  enwesten  wie  gebären, 
Iw.  2252  er  enweste  wie  gebären. 

Dieser  inf.  ist  indess  lediglich   als  aus  der  directen  rede  beibe- 
fialten  zu  verstehn.    Dort  aber  stand  er  einzig  nur  den  abstracten  wort- 
begriff enthaltend,    auf  dessen    fixierung   es    in  aufgeregter   Situation 
allein  ankörnt     Die  aufi'egung  ist  in   unserm  falle  speciell  durch  die 
yerlegenheit  des  subjects  hervorgerufen,  vgl.  was  tun?  usw.,  und  diese 
lebhafügkeit  des  ausdrucks  wolte  man  in   der  abhängigkeit  nicht  ver- 
loren gehn  lassen.    Wir  haben   also  den  inf.  hier  in  einem  gebrauche, 
in    dem   er   völlig   dem  appositiven  gleichsteht,    beidemal  enthält  er 
lediglich   den  abstracten  begriff,    nur  dass   er  im   appositiven  übrigen 
gebrauche  als  specialisierende  apposition  zu  einem  begrifiich  unvolstän- 
digen  werte  tritt  und   in   unserm  falle  völlig  absolut,  nur  scheinbar 
von   wizzen  abhängig  steht.     Vgl.  Eilhart,    alt.  Ged.  VI,   37    ich  ne 
weis  was  ir  inbietin  me,   dagegen   bei  subjects  Wechsel  der  conjunctiv. 
IX,  103.     Über  anderes   vergleiche  K.  Weinholds  germ.  Abh.   heft  5 

s.  98. 

(Schluss  folgt.) 


186 


VEIT  WAKBECK  UND  DAS  DRAMA  VON  DER  SCHÖNEN 

MAGELONE. 

Der  roman  von  Peter  von  Provence ,  dem  ritter  mit  den  sflber- 
nen  schlüsseln,  und  der  schönen  Magelone,  welcher  die  trennung  und 
widerVereinigung  zweier  liebender  darstelt  und  die  beständigkeit  der 
treue  verherlicht,  ist  fast  allen  litteraturen  bekant.  Ziemlich  erschöpfend 
bebandeln  den  betreffenden  gegenständ  und  die  beziehungen  der  dich- 
tung  zu  andern  ähnlichen  v.  d.  Hagen,  Gesammtabenteuer  (Stuttg.  und 
Tüb.  1850)  I,  CXXXm  — CXL,  Holland,  Crestien  von  Troies  (Tüb. 
1854)  s.  77  —  99  und  Freiherr  v.  Tettau  in  den  Abhandlungen  der 
königl.  Akademie  gemeinnütziger  Wissenschaften  zu  Erfurt  1870  s.  306 
fgg.  Dazu  hat  Reinhold  Köhler  in  Pfeiffers  Germania  XVH,  62  fgg, 
zur  vergleichung  das  altdeutsche  gedieht  „Der  Busant^  herangezogen 
und  auf  die  von  Alessandro  dAncona  in  Bologna  1867  herausgegebene 
italienische  bearbeitung  der  Magelonsage :  „La  storia  di  Ottinello  e  6ia- 
lia,  poemetto  popolare  in  ottava  rima  riprodotto  sulle  antiche  stampei" 
sowie  auf  ein  altfranzösisches  gedieht  L'Escoufle  (mitgeteilt  in  dei 
Histoire  littöraire  de  la  France  bd.  22,  s.  807 — 817),  das  in  einer  wahr- 
scheinlich dem  13.  Jahrhundert  angehörenden  handschrift  erhalten  ist, 
aufmerksam  gemacht. 

Es  handelt  sich  für  uns  nur  um  das  deutsche  Volksbuch  von 
der  schönen  Magelone,  das  nach  v.  d.  Hagen  „ eingeständlich  durch 
den  sonst  nicht  bekanten  magister  Viten  Warbeck  aus  dem  Franzö- 
sischen übersezf^  worden  ist.  Die  erste  ausgäbe  ist  aber  nicht  vom 
jähre  1535,  sondern  von  1536.  Ihr  folgten  nach  Goedeke,  Grundriss 
I,  121,  bis  zum  jähre  1744  noch  neun  ausgaben.  Auch  im  Buche  der 
Liebe  1587  erschien  die  schöne  Magelone.  Dichterisch  erneuert  hat 
die  erzählung  Ludw.  Tieck  in  den  Volksmärchen  1797  („Wundersame 
Liebesgeschichte  der  schönen  Mageion  und  des  Grafen  Peter  aus  der 
Provence'^),  Simrock,  Schwab,  Marbach  haben  sie  in  ihre  samlungeu 
aufgenommen ,  Morgenroth  und  Lyser  haben  sie  bearbeitet.  Die  grosse 
zahl  dieser  ausgaben  und  bearbeitungen  entkräften  die  äusserung  eines 
unberufenen  kritikers,  der  in  der  Berlinischen  monatsschrifb  bd.  6  (1785), 
s.  300  bei  der  anzeige  einer  neuen  ausgäbe  schreibt :  „Nr.  6.  Die  schöne 
Magelone.  Ein  langweiliges  Ding,  das  jedoch  Jungfern  und  Frauen  in 
vielen  kleinen  Städten  mit  grosser  Geduld  lesen,  vermuthlich  weil  sie 
nichts  anderes  zu  lesen  haben.  Draudius  führt  eine  ausgäbe  von 
1593  an." 


HOLSTEIN,  VEIT  WABBEGK   U.   DRAMA  MAOELONE  187 

Den  genanten  bearbeitungen  liegt  die  Übertragung  Veit  Warbecks 
zu  gnrnde ,  in  deren  vorrede  bemerkt  wird ,   dass  die  historie  von  der 
schönen  Magelone  im  jähre  1453  in  französischer  spräche  niedergeschrie- 
ben sei  ^    Ihre  heimat  ist  die  Provence.    Aber  die  existenz  eines  vor 
dem  12.  Jahrhundert   verfassten   provenzalischen  werkes   ist  nicht   zu 
erweisen.'    Allem  anschein  nach  knüpft  sich  auch   der  inhalt  an  eine 
wirkliche  begebenheit  an,   deren  Schauplatz   die  Provence  ist.     Denn 
eine  insel  bei  Marseille,  die  der  heldin  des  romans  Zuflucht  gewährte, 
heisst  noch  jezt  Maguelone ,  und  in  der  Provence  zeigt  man  noch  ihr 
grab.    Die  erste  bearbeitung  in  einem  provenzalischen   gedichte  wird 
denn  auch  einem  stiftsherrn  zu  Maguelone,    Bernard  de  Treviez, 
der  im  13.  Jahrhundert  lebte ,  zugeschrieben.   (Holland ,  Crestien  v.  Troies 
8. 98,  weist  darauf  hin,  dass  die  Pariser  handschrift  der  arsenalbiblio- 
tiiek  nr.  245  le  Roman  de  Pierre  de  Province  et  de  la  belle  Magelone 
enthalte.)    Weder  von  jener  bearbeitung  des  Bernard  de  Treviez,  noch 
V€n  der  Petrarcas,   der  die   erstere  verbessert  haben,  soll,   hat  sich 
etwas  erhalten.    Aber  1453  wurde  eine  prosaübersetzung  in  das  Nord- 
französische gemacht,  die  zuerst  1480  zu  Lyon  gedruckt,  oft  widerholt, 
xiamentlich  1490,   1492,   1524,   1625   und   in   der  Bibliotheque  bleue 
Volksbuch  geblieben  ist.* 

Erwähnt  sei  noch,  dass  der  so  beliebte  stolf  von  der  Magelone* 
in  einer  „Historie  von  Philoconio"  (o.  o.  u.  j.  4®.)  auf  einen  königssohn 
Von  Portugal  und  in  Valentin  Schumanns  Nachtbüchlein  1559  auf 
einen  grafen  Christoph  von  Mümpelgart  und  eine  englische  herzogs- 
ti«chter  Veronica  übertragen  worden  ist.  ^  Die  zuerst  genante  historie 
ist  mir  nicht  bekant  geworden,  die  erzählung  Schumanns  in  nr.  22  sei- 
*!«  Nachtbüchleins  nennt  Goedeke  I,  376.  Schumann,  der  in  der  vor- 
rede unter  seine  lectüre  auch  Peter  von  Provence  und  Magelona  rech- 
A6t,  bemerkt,  seine  erzählung  sei  vormals  nie  gedruckt  worden,  er 
^f2ähle  sie  nach  einem  geschriebenen  buche,   das  er  1548  zu  Basel 

1)  Also  nicht  erst  1457,    wie  v.  d.  Hagen   und  nach  ihm  Frhr.  v.  Tettau 
^^apten. 

2)  Diez,  Die  Poesie  der  Troubadours  s.  206. 

3)  ▼.  d.  Hagen  a.  a.  o.  s.  CXXXV. 

4)  Der  concertmeister  am  herzoglichen  hofo  zu  Weissenfols  und  opigrammeu- 

*^ter  Johann  Beer  (geb.  1652)  schreibt  in  seinem  „Ursus  vulpinatus"  1697  s.  5: 

sWaim  Ulm  ^Qj  Goburts-  oder  Namenstag  der  Geliebten  meines  Mitschülers  kam, 

""^^«•le  ich  Verse  machon;  davor  gab  er  mir  fünfzehn  Kreuzer,  vor  welche  ich  mir 

^^storienbficher  kaufte  und  läse,   wie  Graf  Peter  aus  Provincia  mit  den  silbernen 

■*to«eln,  so  tapfer  auf  dem  Turnierplätze  zu  Neapolis  gefochten." 

6)  Qenrinus  ü*,  354,  anm.  431. 


188  HOLSTEIN 

gelesen  habe.    Erweitert  erschien  seine  erzählung  1605  in  einer  besom^« 

dern  schritt: 

Eine  schöne  Historia,  |  Von  einem  jungen  |  QraflFen  aas  Mümppel — 
gart,  genant  Herr  Christoffel,  vnd  |  eines  Hertzogen  Tochter  ai 
Engel-  I  landt,  mit  Namen  Veronica.  |  Wie  sie  das  Glück  erheb< 
vnnd  I  darnach  jhnen  so  hefiftig  zu  wider  ist,  durch  |  das  Vnglüo-"^ 
doch  sich  das  Glück  zu  |  letzt  wieder  zu  jhnen  wendet,  vnd  |  -3 
guten  fried  kamen.  |  Jetzo  auffs  new  vbersehen,  vnd  mit  |  schön ^^ 
Figuren  gezieret.  (Holzschnitt:  Die  liebenden  reichen  sich  (^  : 
band.)  Im  Jahr  M.  DC.  v.  -  Am  schluss:  Leipzig,  |  Bey  vnd  M 
Verlegung  |  Nickel  Nerlichs.    88  Bl.    8*^.  —    In  Berlin. 

Begint  mit  einer  poetischen  widmung  „an  den  leser": 

Mein  lieber  Leser,  liss  mich, 

Ein  schöne  History  bin  ich. 
Darinnen  findest  du  glück  vnd  vnglück. 

Wie  sich  die  zwey  in  allem  stück 
Stets  wieder  einander  streiten. 

Das  Glück  frölich  zu  allen  zeiten, 
Mit  frewd  vnd  auch  mit  wollust  viel 

Zu  aller  lieb  vnd  frewden  spil  usw. 

Beim  abschied  erhält  Christoph  von  seiner  mutter  eine  kette  mit  drei 
schönen  in  gold  gefassten  steinen.  Auf  seinen  schild  lässt  er  den  heil. 
Cbristophorus  mit  dem  Christuskind  malen. 

Das  Unglück  der  vom  geliebten  verlassenen  Veronica  veranlasst 
den  Verfasser,  andere  beispiele  aus  der  bibel  und  aus  der  geschichte 
anzuführen,  so  von  einem  söhn  aus  Gallia,  Tristant,  Fortunatus,  ritter 
Galmi  aus  Schottland,  auch  von  dem  ritter  Peter  von  Provincia  und 
der  schönen  Magelona,  einer  königstochter  aus  Engelland,  vom  kaiser 
Octavian,  den  sieben  weisen  Meistern.  (Bl.  H5^)  Das  buch  gehörte 
zu  den  gelesensten  unterhaltungsbüchern  jener  zeit 

Veit  Warbecks  Übersetzung  des  französischen  romans  erschien 
1536^  mit  folgendem  titel: 

Die  schön  Magelona.  ||  Ein  fast  lustige  vnd  kurtz weilige  Hi-  | 
stori,  von  der  schönen  Magelona,  eines  Künigs  |  tochter  vonn  Nea- 
ples,  vnnd  einem  Kitier,  genannt  Peter  mitt  den  |  silberin  schlüs- 
seln, eins  Graflfen  son  auss  Prouincia,  durch  Magister  |  Veiten 
War  heck,  auss  Prantzösischer  sprach  in  die  teütschen  ver  |  dol- 
metscht, mit  einem  SendbriefT  Georgij  Spalatini.    (Grosser  holz- 

1)   So  richtig  Gocdeke  I,   121,  21.     UDriohtig  Eoberstein-BartNli  l\  999. 
V.  d.  Hagen  s.  CXXXYU  und  v.  Tottau  s.  307  (1535),  Geninns  11»,  868  (IW^ 


VBIT   WABBECK   U.   DBAHA   MAOELONE  189 

schnitt:    Peter  und  Magelona,   im  hintergrunde  zwei  Schlösser.)  — 
Am  ende:    Gedruckt  zfi^Augspurg  durch  Haynrich  Stayner  |  am 
xxj.  Aprilis,  des  M.  D.  XXX  vj.  jars.    50  BL   4®.  —    In  Berlin. 
Spalatins  „Sendbrief"  mit  „Datum  am  ascherigen  mitwoch" 
(10.  februar)  Anno  1535  begint  mit  einer  widmung,  die  „der  Ernuesten 
vnd  tugendthafften  Frawen  Elisabeth  von  Einsidel,  zum  Gnaüstayn, 
meiner  lieben  geuattern"  gilt.     Nachdem  er  zu  mehrmalen  gebeten  wor- 
den sei,   die  lustige  und  züchtige  historie   vom  grafen  Peter  und  der 
schönen  Magelona ,  die  sein  lieber  herr  und  freund  magister  Veit  War- 
beck in  die  deutsche  spräche  gezogen,  im  druck  ausgehen  zu  lassen, 
so  habe  er  endlich  solcher  bitte  statgegeben,  nicht  allein  darum,  dass 
es  ein   sehr  lustig  und  lieblich  büchlein,   sondern  auch  dass  es  fast 
züchtig  gehe  und  dass  ein  exempel  daraus   genommen  werden  solle, 
deutsche  bücher  für  frauen  und  Jungfrauen  zu  schreiben;    denn  m  sei 
gewiss  ein  wahres  altes  Sprichwort:    Man  darf  den  teufel  nicht  malen, 
denn  er  findet  sich  selbst  wol. 

Wiewol  nun  in  dieser  historia  von  messe,  walfahrten,  ablass,  anru- 
fung  der  lieben  heiligen  stehe,  so  wolle  er  doch  in  keinen  zweifei  stel- 
len, ein  jeder,  der  zu  ziemlichem  verstände  des  wertes  gottes  gekom- 
men sei,  werde  sich  darin  wol  dermassen  richten,  dass  er  seine  selig- 
\Äi  in  keinem  der  genanten  stücke ,  sondern  allein  und  einig  in  gottes 
lauterer  gnade  und  barmherzigkeit  und  im  glauben  an  Jesum  Christum 
suche.  Sonst  sei  es  wahrlich  wol  eine  solche  schrift,  die  alle  frauen 
and  Jungfrauen  zu  ehrlicher  kurzweil  ohne  alles  ärgernis  lesen  und  hören 
mögen.  Zudem  diene  dies  buchlein  auch  dazu,  dass  die  eitern  auch 
ein  fleissiges  ange  und  achtung  auf  die  kinder ,  besonders  auf  die  töch- 
ter  haben;  denn  die  jugend,  besonders  ein  mägdlein,  sei  fast  vorwitzig, 
und  man  erfahre  täglich  an  vielen  orten  viel  unrats,  wenn  man  übel 
zosähe,   wie  denn  diese  historia  mit  der  schönen  Magelona  auch  fein 

anzeige.    Denn  wiewol  sie  je  rein  und  züchtig  gehe ,  so  werde  sie  doch 

• 

entfuhrt  und  folge  dem  ritter  mit  den  silbernen  schlüsseln  in  gottes 
und  ihrer  eitern  ungehorsam  wider  das  vierte  gebot  gottes,  welches 
denn  sehr  gej^hrlich  sei,  gerate  auch  selten  wol.  Wo  also  zwei  leute 
zusammen  kämen,  so  seien  die  eitern  auch  nicht  entschuldigt  ihrer 
anachtsamkeit ,  dass  also  billig  beide,  eitern  und  kinder,  verwarnet 
sein  sollen.  Überdies  so  diene  diese  historia  auch  dazu,  dass  man 
daraas  lernen  möge,  dass  keine  lust  noch  freude  auf  erden  ewig  sei, 
sondern  leichtlich  zu  trübsal  und  unglück  geraten  könne. 

Zulezt  bemerkt  Spalatin ,  er  habe  dies  büchlein  der  frau  v.  Ein- 
aiedel,  seiner  lieben  gevatterin ,  „von  euch  mir  offt  geschehener  Wolthat 
iiallMn*  mehr  zu  einem  denkzeichen  als  um  einer  vergleichung  ihres 


190  HOLSTEIN 

gemahls  willen  zuschreiben  wollen,  und  schliesst  mit  den  worten: 
„Bitte  derohalben ,  Ihr  wollets  von  mir  flnfnehmen ,  achten ,  daas  in 
aller  Wolmeinung  solches  geschehen  sey,  ich  bin  erbietig,  solches  zu 
verdienen,  in  welcherley  Pörnemnng  dienstlicher  Weise  das  in  Ewig- 
keit sey  mit  Euch,  alle  den  Enren  und  uns  allezeit,  Amen.^ 

Spalatins  „SendbrieP  ist  in  mehrfacher  beziehung  wichtig.    Zu- 
nächst sehen  wir , ,  wie  der  gerühmte  mitarbeiter  an   dem  werke  der 
reformation,  der  freund  alles  gelehrten  wissens,  bemüht  ist^  ein  deutsch 
geschriebenes  buch  seines  lieblichen  iuhalts  wegen  bekant  zu  machen 
und  dem  weiblichen  geschlecht  als  eine  lehrreiche  lecture  zu  empfeh- 
len.    Deutsche  bücher  solte  das   volk  in  die  bände  bekonmien,  das 
erstrebten  die  reformatoren,  voran  Luther,  der  schon  1516  sagte:  „Ich 
danke  Gott,   dass  ich  in  deutscher  Zunge  meinen  Gott  also  finde  and 
hör^,   wie  ich  und   sie   [die  deutschen  theologen]   anher  nicht  fundeo 
haben,  weder  in  lateinischer,  griechischer,  noch  hebräischer  Zunge.** 
Sodann  solte  das  weibliche  geschlecht ,  das  lange  zeit  hindurch  in  Unwis- 
senheit erhalten  war,  der  bildungselemente  des  Volkes  ebenso  teilhaftig 
werden,  eine  ebenso  eingehende  belehrung  finden,  als  das  mänliche. 

Der  frühere  caplan  und  geheimschreiber  des  kurfürsten  Friedrich 
des  Weisen,  der  seit  1525  oberprediger  in  Altenburg,  seit  1528  Super- 
intendent daselbst  war,  widmete  das  buch  der  edlen  frau  Elisabeth 
V.  Einsiedel  auf  Gnandstein,*  gebornen  v.  Haugwitz,  der  gemahlin 
Heinrichs  v.  Einsiedel,  des  freundes  Luthers  und  eifrigen  beförderen 
der  reformation,  dem  sie  1517  die  band  zum  ehelichen  bunde  gereicht 
hatte.  Zur  Einsiedeischen  familie  stand  Spalatin  in  sehr  innigen  bezie- 
hungen.  1536  widmete  er  den  beiden  brüdern  Heinrich  und  Abraham 
V.  Einsiedel  seine  deutsche  Übersetzung  von  Melanchthons  christlicher 
erinnerung  von  den  lieben  engein,  die  dieser  am  Michaelstag  an  die 
Studenten  zu  Jena  gerichtet  hatte, ^  und  sante  ihnen  ein  exemplar  mit 

1)  Vorrede  zur  „deutachen  Theologie." 

2)  Gnandstein,  dorf,  zur  Bächsischen  kreishauptmannschaft  Leipzig  geb^ 
rig,  mit  der  stamburg  des  geschlechts  v.  Einsiedel.  Vier  söhne  Heinrichs  t.  ES©- 
siedel,  der  am  6.  december  1557  im  60.  lebensjahre  starb,  wurden  dio  Stifter  dor 
Einsiedelschon  linien  zu  Sahlis,  Scharfenstein ,  Gnandstein  und  Syhra.  Die  Scb<^ 
fonsteinsche  linie  zweigte  sich  in  die  zu  Scharfenstein  und  in  die  Wolkenboig'^^' 
die  leztere  wurde  1745  in  den  reichsgrafenstand  erhoben.  —  Elisabeth  v.  Einsieil^^ 
starb  am  26.  october  1556  (Kapp,  kleine  Nachlese.  Leipz.  1727,  I,  320).  —  Lutb«^ 
briefe  an  Heinrich  und  Abraham  v.  Einsiedel  s.  de  Wette -Seidemann  VI,  492  f^' 
659.  Burkhardt  Briefwechsel  38.  41.  466.  —  Spalatins  briefe  an  die  ▼.  Einsie^^^ 
in  Eapp,  kleine  Nachlese,  1. 1.  Vgl.  auch  Seideraann,  Beiträge  zur  Reformation^' 
geschichte  I,  103  fg. 

3)  M.  P.  Melanchthons  Christliche  Erinnerung  von  den  lieben  Engeln ,     *^ 
S.  Michaels -Tage  zu  Jena  an  die  Studenten  gethan,   verteutscht  durch  G.  S.  cti^ 


YBIT   WARBECK  U.   DRAMA   MAOELONE  19] 

einem  briefe  vom  9.  januar  1536.^  Und  als  Heinrich  v.  Einsiedeis 
söhn  Wolfgang  zu  Paris,  wo  er  den  Studien  oblag,  starb,  da  sante 
Spalatin  den  betrübten  eitern  einen  trostbrief  (19.  januar  1541).^ 
Ebenso  widmete  er  den  beiden  brüdern  einen  tractat  vom  sacrament 
des  wahren  leibes  und  blutes  Christi  (Nürnb.  1543.  4^.)* 

Der  Widmung  Spalatins  vom  aschermittwoch  1535  folgt  eine  vor- 
rede, in  welcher,  wie  wir  schon  sagten,  bemerkt  wird,  dass  diese  histo- 
rie  von  dem  Peter  und  der  schönen  Magelona  im  jähre  1453  in  fran- 
zösischer spräche  niedergeschrieben  sei.  Als  mit  andern  ländern  das 
südliche  Prankreich ,  so  heisst  es  weiter ,  auch  die  Provence  zum  christ- 
lichen glauben  gekommen  war,  da  beherschte  dieses  land  der  graf 
Johann  Gerise,  dessen  gemahlin  eine  tochter  Alvaros  von  Dalbara  war.^ 
Dieser  hatte  einen  einzigen  söhn ,  genant  Peter ,  der  alle  ritter  in  Waf- 
fen and  ritterlichen  spielen  übertraf,  also  dass  er  sich  mehr  göttlich 
denn  menschlich  zeigte.  Der  adel  und  das  ganze  land  hielten  ihn  lieb, 
die  nntertanen  dankten  gott  solches  künftigen  oberherm.  Auch  hatte 
Sern  vater,  der  graf,  und  die  mutter  keine  andere  freude,  denn  an 
ihrem  söhne,  weil  er  so  tapfer,  freundlich  schön  und  weise  war. 

Dieser  einleitung  folgt  die  erzählung  in  31  kapiteln,  von  denen 
22  mit  bolzschnitten  versehen  sind.  Jedes  capitel  ist  durch  eine  über- 
schrift  gekenzeichnet,  z.  b.  cap.  1.  Wie  einsmals  ein  Thumier  gschach, 
dnrch  die  edlen  Freyherrn  des  Grafen,  auf  befelch  desselbigen. 

Über  Veit  Warbeck,  den  Übersetzer  des  französischen  romans 
^on  der  schönen  Magelona,  von  dem  den  litterarhistorikern  bis  jezt 
i^ichts  weiter  als  der  name  bekant  ist,  und  den  Spalatin  in  seiner 
^vidmong  seinen  lieben  herm  und  freund  nent,  haben  wir  folgendes 
^iforscht 

Er  stamte  aus  Gemünden  in  ünterfranken  (Baiem)  und  studierte, 
>uchdem  er  in  Paris  zum  magister  artium  promoviert  war,  von  1514 
^  in  Wittenberg.*  Hier  war  er  schüler  und  tischgenosse  des  dr.  Valen- 
"^  Hellerstadt  und  nahm  an  der  grossen  reformatorischen  bewegung 
lebhaften  anteil,  welche  Luthers  auftreten  gegen  den  ablass  hervorrief. 

Pnef.  ejusd.  et  dedic.  Henrico  et  Abrahamo  ab  Einsiedel  in  Guandstein  und  Scharf- 
'«««tein  fratribus.    Witteb.  1536.  4*. 

1)  Kapp,  kleine  Nachlese  I,  274. 

2)  Kapp  a.  a.  o.  I,  320.    Kapp   erwähnt  auch  Spalatins  Widmung  von  Veit 
^aibedu  Übersetzung  der  historie  der  schönen  Magolone  (I,  394). 

3)  C.  Schlegel,  historia  vitae  Georgii  Spalatini.    Jenae  1693,  s.  198. 

4)  K.  Simrock,   Die  deutschen  Volksbücher.    Frankf.  a.  M.   o.  j.  I,  40  nent 
*w  irtAmlich  eine  tochter  Alvaros  von  Dalborn. 

5)  Album  Acad.  Yiteb.  51*  zum  jähre  1514:   Vitus  Warbeck  gemundianus 
uoe.  iogiuten.  Arcium  Magister  Parisien. 


192  HOLSTEIN 

Auf  Spalatins  anlass  bewarb  er  sich  1517  um  eine  domliermstelle  am 
Georgenstift  in  Altenburg;  er  erhielt  dieselbe  1518  und  trat  gleichzei- 
tig als  rat  in  den  dienst  des  kurfürsten,   dem  er  von  Spalatin  beson- 
ders wegen  seiner  kentnis  der  französischen  spräche  empfohlen  war. 
1519  reiste  er  vor  den  tagen  der  kaiserwahl  im  auftrag  des  korffir- 
sten  nach  Frankfurt,  wie  Spalatin  am  26.  mai  schrieb,  ^illic  aaditnms 
quid  abs  te  fieri  cupiat.^     Über  die  Leipziger  disputation  scheint  er 
einen  längeren  bericht  verfasst  zu  haben,    wie  er  auch    dem  herzog 
Johann  über  den  einzug  Luthers  in  Worms  berichtete,^  wohin  er  den 
kurfursten  begleitet  hatte.'    Am  20.  juli  1525  sante  ihm  Spalatin  von 
Wittenberg  aus  für  den  kurprinzen  herzog  Johann  Friedrich  ein  Ver- 
zeichnis französischer  bücher  und   bat  ihn,   wenn  er  es  übergebe,  ihn 
der  gnade  des  fürsten  zu  empfehlen.    Überhaupt  scheint  Veit  Warbeck 
an  der  staatswissenschaftlichen  ausbildung  des  herzogs  Johann  Friedrich 
und  auch  der  beiden  neffen   des  kurfursten,   der  herzöge  Ernst  und 
Franz  von  Braunschweig  und  Lüneburg ,  welche  am  kurfürstlichen  hofe 
erzogen  wurden,   tätigen  anteil  genommen   zu  haben.*    52  briefe  Spa- 
latins an  ihn  aus  der  zeit  von  1517  —  1526  sind  bis  jezt  bekant,  die 
alle  von  der  innigsten  freundschaft  zeugen ,  die  beide  mit  einander  ver- 
band.   Spalatin   machte  ihn  zum  vertrauten  mitwisser  seiner  wichtig- 
sten  angelegenheiten ,   er  teilte  ihm   mit,    dass   seine  berufung  nach 
Altenburg  als  oberpfarrer  volzogen  sei  und  dass  er  zu  seiner  Verheira- 
tung mit  Katharina  Heidenreich  schreiten  wolte  usw.     Auch  von  Me- 
lanchthon  ist  ein  brief  vom  2.  januar  1526  (Magistro  Vito  Warbeck 
amico  suo)  erhalten,  worin  er  ihn  bittet,  ihm  bei  beschaffung  eines  im 
Franziskanerkloster    zu   Wittenberg   befindlichen    geräts    behilflich  zu 
sein.*    Ebenso  wird  er  in  Luthers   briefen  häufig  genant,    einmal  in 
scherzhafter  weise  M.  Vitus  Victor  Scacaticus.^    Der  lezte  brief  Spala- 
tins  an   ihn   ist  vom   23.  december  1526.     Veit  Warbeck   scheint  im 
jähre  1527  gestorben   zu  sein.     Als   Spalatin   seine   lebensgeschichte 
Friedrichs  des  Weisen  schrieb ,  gehörte  Warbeck  schon  nicht  mehr  zn 
den  lebenden.     Er  sagt  von  ihm  bei  dem  bericht  über  die  bevorstehende 
kaiserwahl  in  Frankfurt  1519:   „So  war  auch  Magister  Veit  Warbeck 

1)  Sein  bericht  in  Luthers  werken  von  Walch  XV,  2182.    Seckendorf,  Gesch. 
des  Luthertums  s.  347,  teilweise  auch  bei  Lingke ,  Luthers  Reisegoschichte  s.  9i. 

2)  Schlegel,  Vita  Spalat.  s.  26. 

3)  Spalatini  Annales  bei  Mencke  Scr.  ror.  Germ.  II,  663  fg. 

4)  Corp.  Ref.  I,  781.     Der  herausgeher  bemerkt  dazu:   Canonico  Altenbiu^ 
gensi,  qui  familiarissimus  erat  Spalatino. 

5)  De  Wette  I,  172.    II,  333.   519.  521.     Burkhardt  Briefwechsel  8.14.  39. 
85.  116. 


I 


VBIT  WABBBCK  V.   DBAMA  HAOELONE  193 

seliger  etliche  male  bei  ihm^  ^  (dem  kurfürsten  von  Sachsen) ,  um  ihn 
ZOT  annähme  der  kaiserkrone  zu  bewegen. 

Die  von  mir  angestelten  Untersuchungen  über  das  leben  Veit 
Warbecks,  die  ich  aber  als  noch  nicht  abgeschlossen  ansehe,  ergeben, 
im  derselbe  mehr  der  reformationsgeschichte  angehört  als  der  litte- 
ratorgesdiichte ,  denn  für  diese  hat  er  keine  andere  bedeutung  als  dass 
er  der  Übersetzer  des  französischen  romans  von  der  schönen  Magelona 
ist  und  dass  seine  arbeit  drei  dramatischen  bearbeitungen  als  unterläge 
gedient  hai    Sie*  erschienen  1539,  1555  und  1566  und  gehören  zu  der 
zahl  der  wenigen  dramen  des  16.  Jahrhunderts,   denen  kein  biblischer 
Stoff  zu   gründe  liegt.    Von  den  litterarhistorikern  erwähnt  Kurz  IT, 
114*  zwei  dramatische  bearbeitungen  von  1539  und  (irrig)  1570,  ohne 
etwas  weiteres  hinzuzufügen;   Eoberstein  -  Bartsch  P,  379  sagt:    „Man 
bennzte  den  Inhalt   berühmter  romane  und  novellen,   wie  die  schöne 
Ifagelone,   die  1539  ein  Student  und  später  Sebastian  Wild  dramati- 
sierte, and  mehrere   derartige  romantische  stoffe,   die  Hans  Sachs  seit 
1545  behandelte.^     Goedeke  nent  mit  rühmlicher  genauigkeit  alle  drei 
(1,308,145.146.     321,280.     351,271). 

I. 

Das  drama  von  1539  erschien  unter  folgendem  titel: 
Historia   mage-  |  lonae.     Spiel  weiss    In   Deudsche  |  reimlein 
gebracht  Durch  |  einen  Studenten,  |  Mit  einem  nutzlichen  vnter- 
richty  I  Oeorgij  Spalatini.  |  (Holzschnitt)   Am  schluss:  Gedruckt 
bey  Bfichael  Blum,  1.  5.  39.    40  bl.    8«.   —  In  Weimar. 

Der  holzschnitt  stelt  Peter  und  Magelona  dar;    er  ist  eine  ver- 
kleinerte nachahmnng  des  Warbeckschen  holzschnittes.     Der  druckort 
ät  nicht  angegeben.    Er  ist  Leipzig,  denn  Michael  Blum  war  seit 
1&31  buchdrucker  daselbst'    In  diesem  jähre  (im  September)   druckte 
er  des  Crotus  Bubeanus  Apologia  qua  respondetur  temeritati  calumuia- 
torom  etc.*  und  1549  Georg  Majors  Golloquia  familiaria  Erasmi  Roter- 
dami  selecta  pro  pueris  scholae  Magdeburgensis. 

Auf  Leipzig  dürfte  auch  die  lateinische   cmpfehlung  des  Leip- 
zigers Johann  Gigas  hinweisen,  die  sich  auf  der  kebrseite  des  titeis 

1)  Neadecker  n.  Preller,   Spalatins  historischer  Nachlass  aud  Briefe.    Jena 
1851.    I,  57. 

2)  Seidemftnn,  Beiträge  zur  ReformationAgeschichte  I,  8.  —  Er  ist  wol  andi 
der  Michael  Blume,  der  unter  den  105  bitsteUern  erscheint,  die  am  2.  april  1524 

ist  m  Leipiig  mn  bernfang  des  mag.  Andreas  Bodenschatz  ersuchen.    Seide- 
1,79. 

S)  Am  sdilius:  Lipsiae  lüchael  Blum  excudebat     G.  L.  Schmidt,  Justus 
OoaAl867.  8.22. 

V.  OHJT8CHB  PHILOLOGIE.      BD.   XVIII.  13 


194  HOLSTEIN 

beilüdet.    Gigas  hatte  1537  den  tod   des  prinzen  Johann,   des  soh 
des  herzogs  Georg ,  in  einem  Carmen  lugubre  beklagt  ^  und  befand 
1539  noch  in  Leipzig.^    Das  epigramm  lautet: 

Joannes  Gigas. 
Si  quis  avet  dubios  fortunae  noscere  casus, 

Si  quis  amat  certa  pectora  iuncta  fide, 
Haec  videat  tenui  quae  sunt  disposta  libello, 

Atque  aliquo  studio  et  dexteritate  legat, 
Haec  quem  non  tangunt,  lapis  est  truncusque  asinusque 
Gordaque  habet  duris  asperiora  Getis. 
Der  Verfasser  des  dramas  stand   offenbar  in  freundscbafblichei::^ 
beziehungen  zu  Gigas;    er  nent  sich  student  und  machte  seine  studiei 
wahrscheinlich  in  Leipzig.    Zu  bedauern  ist,  dass  uns  sein  name  nicht 
erhalten  ist.    Spalatins  einfiuss  scheint  kein  directer  gewesen  zu  sein; 
vielmehr  mag  wol  dem  unbekanten  Verfasser  des  dramas  das  Warbeck- 
sche  buch  in  die  bände  geraten  sein  und  ihm  so  gefallen  haben,    dass 
er  ohne  weiteres   zur   abfassung   des    dramas   schritt.    Aus  Spalatins 
„Sendbrief^  nahm  er  dann  diejenigen  stellen  wörtlich  auf,  welche  von 
dem  nutzen  der  Historia  von  der  schönen  Magelona  handeln,  und  gab 
dies  auch  im  titel  zu  erkennen,   indem  er  die  werte  hinzufügte:   ^Mit 
einem   nutzlichen   vnterricht   Georgij    Spalatini."     Bl.  Ajj  lesen    wir: 
„Georgius  Spalatinus.    Wiewol  das  in  dieser  Historia,   von   der  mes, 
walfarten,   ablas,   anruffung  der  lieben  heiigen  steet^  usw.  bis  zu  den 
werten  „Yber  das ,  so  dienet  disse  historia  auch  darzu  das  mahn  daraus 
lernen  mag,  das  kain  lust,  noch  freude  auff  erden  ewig  ist,   snndem 
leuchtlich  zu  trübsal,  vnd  vnglück  geraten  kan." 

Bl.  Ajjj  werden  die  Personae  angeführt  Es  sind  ausser  dem 
gefolge  des  königs  von  Neapel  (servi)  und  der  gräfin  (pedissequae) 
16  personen.  Die  handlung  spielt  sich  in  5  acten  ab,  von  denen  der 
vierte  in  4  scenen  abgeteilt  wird,  während  die  andern  in  1 — 3  scenen 
zerfallen.  Sehr  häufig  vermisst  man  einen  scenenwechsel ,  wo  er  durch- 
aus notwendig  erscheint. 

Der  Morio  praecursor  leitet  das  spiel  in  sehr  heiterer  weise  dn 
(prologium  recitat): 

Gluck  ins  haus  vnd  vngluck  hinaus, 
Hier  lebt  man  warlich  recht  im  sauss. 
Zu  rechter  zeit  wir  konmien  hehr. 
Gleich  wie  vns  doch  geruffen  wehr. 

1)  Seidemann,  Beiträg^e  zur  Reformationageschichte  I,  163. 

2)  Gigas  wurde  1540  rector  in  Joaehinurttial,  1641  in  Marienbeig,  1548  Ib 

Schalpforte. 


VEIT  WARBBCK  U.  DBAMA  MAGELONB  195 

Gott  grues  euch  all,  ihr  Üben  hern, 
Dem  fest  zu  gfaln,  ewr  freud  zu  mehrn, 
Hab  ich  mich  yberreden  lassen, 
Nechst  da  wir  beim  trunck  sassen, 
Mit  ihnen  zu  gehn  an  diesen  orth, 
Das  ich  solt  halten  ihr  aller  wort, 
Dan  wo  herr  hans  von  Gehn  ^  nicht  ist, 
Daselbst  man  aller  freuden  vorgist. 
Es  ist  kein  spil  so  gering  oder  klein, 
Ihn  welchem  gai*  kain  nar  must  sein,^ 
Nam,  dhoren,  liben  herren  mein, 
Die  müssen  binden  vnd  fome  sein. 

Darauf  kündet  der  narr  das  spiel  an: 

Es  ist  ein  zuchtig  Christlich  spiel. 

Argumentum  gibt  die  fabel  des  stückes  mit  folgender  lehre: 
Wier  lernen,  wie  in  diser  weit 
Das  gluck  80  gar  keinen  glauben  helt, 
Auch  mag  man  lernen  auss  disem  spiel, 
Wan  man  mit  vleis  auffmerken  will, 
Was  an  der  iugent  gelegen  sey. 
Die  ane  sorgen  lebet  frey 
Vnd  ledig ,  zuuor  junckfraulein, 
Wilche  dan  gemeinlich  furwitzig  sein  ^  usw. 

I,  1  (einzige  scene).    Johan  Cerise  dankt  gott  für  die  gnade, 
er  ihm  so  mannigfaltig  erzeigt  habe,  besonders  dafür,  dass  er  ihm 
züchtig  weib  und  einen  söhn  gegeben  habe,  an  dem  er  seine  lust 
freude  habe. 

1)  Zq  Hans  von  Gehn  (personification  des  narren)  bemerkt  Seidomann  in 
lers   briefen  von  de  Wette -Seidemann  VI,  669:  Hans  von  Jene  ist  also  glei- 

Sippe  mit  Goldschmidts  Jungen,  Hans  Dampf,  Hans  Tappinsmass,  dem  dam- 

Jungen  von  Meissen ,  Kurt  Knieriemen,  Peter  Meffert  usw.  und  vergleicht  Que- 

9  Yisita  de  los  chistes.    Obras,  Madrid  1772.   I,  174  fgg.   Hierher  gehört  auch 

E  yon  Zeitz  (Gädertz,  Gabriel  Rollenhagen,  Leipz.  1881.  s.  80.  129.  und  Schnorrs 

liT  IX,  586). 

2)  Fast  ebenso  in  Greffis  Aulularia  (1585),  prolog  des  Morio: 

Man  spricht,  Es  ist  kein  spiel  so  klein 
Es  mus  ein  Münch  aber  narr  drin  sein. 
in  desselben  Mundus  (1536),  prolog  des  narren: 

Ir  wist  es  ist  kein  spiel  so  klein 
Es  wil  ein  alt  weib  oder  Münnich  drin  sein. 

3}  Qans  nach  Spalatins  Sendbrief:  „Dan  die  jugent,  beuor  ein  meidlein,  ist 

13* 


196  B0L8TBIK 

Es  lust  mich  doch  im  herzcen  mein, 
0  got,  wie  ists  so  ein  gross  gab, 
Wann  einer  doch  mag  kinder  hab, 
Gezirt  mit  kunst  vnd  tngenden, 
Die  willig  folgen  auch  den  Eltern. 

Peter  beschliesst  die  £fchöne  Magelone  aufzusuchen  und  um  ihre 
liebe  zu  werben. 

Ich  hab  gehört  von  der  Mageion, 
Wie  sie  sol  sein  so  mercklich  schon. 
So  mercklich  schön  wie  ein  Christal, 
Vnd  ihr  kain  Jungfrau  gleich  sein  sol, 
Ihr  Vater  kunig  zu  Neapolis  ist 
Vnd  helt  Tornier  zu  aller  frist 

Er  trägt  nun  den  eitern  die  bitte  vor,  sie  möchten  ihm  gestat- 
ten, die  weit  zu  besehen,  denn 

Wilcher  nimmer  kummet  auss. 
Der  ist  gleich  wie  ein  stadtmauss, 
Auch  lernt  der  keine  sitten  nicht. 
Der  nicht  zuweilen  aussbricht, 
Vorsucht  sich  vnter  fremden  leuten, 
Leydet  bös  vnd  gutes  vnterzeiten. 

Graf  und  gräfin  suchen  ihn  von  seinem  vorhaben  abzubringen; 
mit  traurigem  herzen  trägt  er  seine  bitte  noch  einmal  vor. 

Her  vater  vnd  frau  mutter  mein, 

Bit  abermals,  wan  es  kundt  sein, 

Wolt  mir  Erlauben  ein  kleine  zeit, 

Ich  wil  nicht  reisen  &st  weit. 

Vor  war  eim  jungen  gesellen  kan 

Auff  erden  nichts  bessers  wider&ren, 

Dan  das  ehr  land  vnd  leut  beseh. 

Wie  es  auch  in  landt  zugehet 

Ihr  wist,  liber  her  Vater  mein. 

Wer  nihe  ausquam,  der  quam  nihe  heim, 

Der  lernet  nichts,  das  ist  ihe-war. 

Sundern  verdirbt  mit  haut  und  har, 

Der  vnter  die  leut  nicht  kumet  auss  ! 

Der  ligt  doheim  wie  ein  schnack  im  hansa.  j 

Endlich  wird  die  erlaubnis  erteilt  and  der  flokn  mit  lienlichiei  ' 
ermahnungen  zur  gottesfurcht  und  zur  Tocmeidi      *AMr  gttiilMluilIv 

entlassen. 


VEIT   WARBECK    17.    DRAMA    MAG  KLONE  197 

Ehum  auch  herwider  in  der  zeit; 
Mit  dir  nim  gold  vnd  auch  geschmeidt, 
Nim  harnisch,  wapen  als  mit  dir, 
Yorgiss  auch  nicht  der  langen  wehr. 

Die  gräfin  entlässt  ihn,  indem  sie  ihm  drei  ringe  mitgibt. 
Auffs  erst  kum  wider  zu  vns  heim, 
Vorlass  vns  nicht  lang  so  allein, 
Gedenck  ahn  vns  auch  all  zeit, 
Nu  zeuch  hindan  jhn  gottes  geleidt. 

n,  1.    Der  Herold  ruft  zum  turnier  auf.    Henrich  von  Crapana 
fordert  Peter  mit  höhn  heraus. 

Wil  dir  wol  brechen  deinen  muth 

Vnd  deinen  grosen  federhut, 

Du  scheinest  ein  rechter  motzen  knecBt, 

Du  solt  mir  itzunt  komen  recht, 

Du  wirst  mir  komen,  was  gilts?  belan. 

Es  wird  sich  heben  ein  wedlich  schlan. 

Furchtlos  entgegnet  ihm  Peter,  indem  er  ihn  an  ein  Sprichwort 

erinnert: 

Wer  sieh  mit  trawen  lest  erschrecken. 

Den  sol  man  mit  Esels  förtzen  decken, 

,  Viel  waschen  thut  gar  nichts  darbey. 

Im  Zweikampf  siegt  Peter.    Der  könig  lobt  den  unbekanten  rit- 
ter  und  lässt  ihn  zum  nachtmahl  einladen. 

2.   Magelona  bittet  Peter  das  ritterspiel  oft  zu  üben ,  Peter  dankt 
freudig  und,  als  sie  sich  zur  mahlzeit  begibt,  preist  er  sie: 

So  hab  ich  all  mein  tage  nicht 
Gesehen  solchs  freundlich  angesicht. 
Als  eben  die  schöne  Mageion, 
Ich  ihr  nimer  vergessen  kan, 
Hat  mir  mein  hertz  so  gar  entzundt, 
Ihr  lieb  hat  mich  so  gar  verwundt, 
Hat  mir  mein  hertz  so  gar  besessen. 
Ich  kan,  ich  kan  ihr  nicht  vergessen. 
Welchen  Magelona  nichf  bewegt, 
Derselb  ein  steiners  hertze  tregt.^ 
Er  sezt  sich  auf  eine  bank. 

0  liebe,  0  lieb,  0  rechte  liebe. 
Du  kanst  einen  rechtschaffen  treibe. 

1)  Man  vergleiche  das  Propemptikon  des  Johann  Gl  gas. 


198  HOLSTEIN 

Magelona  wünscht  mit  dem  ritter  zu  sprechen  und  gewint  ihre 
anmie.  Es  ligt  ein  herr  im  hertzen  mein, 

Welcher  mit  tugent  ist  geziert, 
Das  er  von  roenniglichen  wirt  geehret, 
Zu  dem  ich  solch  lieb  trag. 
Das  ich  weder  rast  noch  rüg  hab, 
Vnd  so  er  wer  eines  hohen  geschlecht, 
Vorwar,  vorwar  ich  ihn  gedecht 
Zu  einem  lieben  gemahel  zu  han. 

Nutrix  warnt  die  herrin  vor  der  geMu:  und  erinnert  sie  an  das 
Sprichwort  Was  halt  geschieht,  wirt  selten  gut 

Magelona  bricht  in  klagen  aus: 

Ean  ich  den  erlangen  nicht, 
0  herr  Gott,  mir  mein  hertz  bricht, 
Ich  weis  vor  pein  nicht,  wo  ich  bin. 
Der  Edle  ritter  ligt  Hiir  jm  sinn. 
Ich  bit,  wollest  mein  elend  ansehen. 

Endlich  wilfährt  Nutrix  ihren  bitten  und  ersucht  Peter ,  ihr 
namens  des  königs,  der  königin  und  Magelonas  seinen  stand  und  seine 
herkunft  anzugeben.    Peter  versagt  ihr  erst  die  bitte, 

Doch  weil  Magelona  die  schöne  (1.  schönste)  ist, 

Die  liebst ,  die  ich  auff  erden  wist, 

Begert  zu  wissen  meinen  stand, 

Solt  ihr  ihr  sagen  alzusandt, 

Das  ich  eins  grossen  geschlechts  sey. 

Als  zeichen  seiner  liebe  übergibt  ihr  Peter  einen  ring  für  Mage- 
lona. Diese  erwartet  ungeduldig  die  rückkehr  der  amme.  Als  sie  den 
ring  erhält,  jubelt  sie. 

All  iomer  ist  aus  meinem  hertzen. 
Nun  stet  zu  im  mein  zuuersicht, 
Vorhofif,  sol  mich  betriegen  nicht, 
Ihnen  (L  Ihn)  hab  ich  mir  auserkoren. 
Mich  deucht,  ich  sey  gar  new  geboren. 
Den  ring  wil  ich  hier  wickeln  ein, 
Das  sol  mein  gluck  vnd  heil  sein. 

Die  amme  wird  noch  einmal  abgeschickt,  um  Peter  zu  holen, 
da  sie  sonst  sterben  würde.  Peter  bekent,  dass  ihm  Magelona  stets 
im  herzen  liege,  dass  sie  sein  herz  so  gar  umfangen  habe. 

Ihr  schönes  klares  angesicht 
Alzeit  mich  engstet  vnd  anficht. 


yjlIT  WABBBCK   ü.   DRAMA   MA6RL0NB  199 

Seine  liebe  sei  züchtig  und  rein,  wie  ohne  zweifei  auch  Mage- 
looens.  Mit  einem  zweiten  ringe  für  Magelona  kehrt  die  amme  zur 
hemn  zurück.  Peter  teilt  *dann  der  Magelona  mit ,  dass  er  aus  Pro- 
vmcia  sei,  der  sehn  eines  grafen,  ein  ohm  des  königs  von  Frankreich; 
er  habe  sich  vorgenommen,  ihre  gunst  und  huld  zu  erlangen.  Mage- 
lona verlobt  sich  ihm  heimlich. 

Ich  hab  euch  begert  ein  lange  zeit, 
Ihr  mir  aufif  erden  der  liebst  seidt. 
Drum  wan  ir  mich  gleich  wie  ich  euch 
Von  hertzen  liebet  weren  beide  gleich, 
So  seht  ihr  an  eur  getrewes  gemall, 
Doch  solchs  verschwigen  bleiben  sol 
Bis  zu  eim  offen  kirchgangk, 
Drauff  nemet  diese  ketten  zu  danck. 
Dadurch  ich  euch  mein  trow  vnd  pflicht 
Zusag  vnd  keinen  andern  nicht. 
Hie  Magelona  Petrum  amice  ampleclitur,  lautet  die  bühnenwei- 
sung.    Peter  erklärt  sich  fiexis  genibus  der  danksagung  unwürdig,    er 
werde  allezeit  ihr  williger  diener  sein.    Sie  nimt  ein  geschenk  von  ihm. 
3.   Friedrich  von  der  Krön  fordert  zum  kämpf  um  Magelona  auf. 
Peter  besiegt  ihn.    Der  könig  ladet  alle  zum  abendmahl  ein. 

HE,  1.  Friedrich  von  der  Krön  und  Henrich  von  Crapana  be- 
schliessen,  da  sie  ihren  wünsch  nicht  erfQlt  sehen,  den  königshof  zu 
verlassen. 

2.  Peter  nimt  abschied  von  Magelona.  Diese  weint.  Wenn  sie 
mit  ihm  reisen  möchte,  so  wolle  er  sie  iu  aller  zucht  führen.  Sie  wil- 
ligt in  die  flucht,  da  ihre  eitern  sie  einem  andern  zu  vermählen  willens 
seien.  Um  mittemacht,  „wan  man  im  ersten  schlaff  noch  leidt,^  wolle 
er  sie  erwarten. 

IV,  1.    Flucht  der  liebenden. 
2.   Nutrix  vermisst  ihre  herrin. 

0  we,  ach  we,  ach  lieber  Got, 
Da  wirt  sich  heben  iämer  vnd  not, 
Das  frewlein  ist  komen  hienwegk. 
Der  kam  der  stet  nun  gar  im  dreck. 
Die  backen  werden  mir  werden  schmal, 
Hab  sie  gesucht  itz  vberal, 
0  wan  ich  wer  im  Dhuringer  walt, 
Ich  wolt  mich  hencken  also  balt. 
Sie  fält  dem  könig,  den  ihr  klagegeschrei  herbeigemfen  hat,  zu 
füssen,  indem  sie  ihre  Unschuld  versichert. 


200  IIOLSTKIN 

So  ich  hierin  schuldig  wer, 

Wolt  ich  nicht  hier  itz  bliben  sein, 

Ich  schwer  euch  hier  auch  stock  und  bein. 

Das  mir  solchs  gar  verborgen  ist. 

Der  könig  will  sie  auf  den  Babenstein  bringen,  er  sendet  die 
knechte  aus,  Magelona  zu  suchen  und  den  ritter,  der  sie  entführt, 
gebunden  auf  das  schloss  zu  bringen. 

3.  „Peter  hat  Magelonam  schlaffende  im  schos.^ 

Ist  das  nicht  ein  schön  angesicht? 

Auff  erden  ist  ihrs  gleichen  nicht, 

Ach,  welchen  Mageion  nicht  bewegt, 

Derselb  von  Eysen  ein  hertz  tregt 

Was  hat  sie  hie  bein  brüsten  stecken? 

Ach,  das  ich  sie  nicht  thet  auffwecken. 
„Hie  rapiimtur  Annuli.^     Peter  klagt  über  den  Verlust  der  ringe. 

Ach  lieber  got,  erbarm  dich  mein. 

Ich  weis  nu  nicht  wo  aus  oder  ein, 

0  Mageion,  du  liebste  mein, 

Wie  wirt  dir  doch  zu  mutte  sein 

Er  sieht  leute  kommen. 

Wil  sehen,  ob  ich  mich  mag  verberg. 

All  har  die  sten  mir  itz  zu  berg. 

Die  beiden  kaufleute  beschliessen  Peter  nach  Alexandrien  zu 
führen  und  dem  sultan  zu  schenken. 

Wollen  wir  vns  den  vber  die  köpffe  dresch? 
Du  machst  auch  sehr  viel  vnnütz  gewesch.  — 
So  wollen  wir  itzundt  fristen  dich. 

Sie  nehmen  ihn  gefangen  und  schleppen  ihn  fort. 
Nun  immer  fort,  nu  immer  fort 
Ihe  lenger  hie  ihe  spöter  dort 
Sofort  wird  der  „auffen  möhr"  gefangene  Peter  dem  ^  Soldan  "^ 
vorgestelt  und  von  diesem  gegen  *ein  geldgeschenk  angenommen. 

4.  Magelona  erwacht. 

• 

Wie  hab  ich  doch  so  wol  geschlaffen! 
Ich  hoff  nicht,  das  euch  hab  verdrossen. 
Sie  vermisst  Peter  und  klagt. 

0  Peter,  Peter,  höre  mein  stim, 
Sunst  kum  ich  halt  von  allen  meinen  sin. 
Wo  ist  dein  glaub  vnd  adel  gros, 
Do  du  mich  aus  meines  vaters  schlos 


V£IT   WARBECK   U.   DRAMA   MAOELONB  201 

Hindaunen  brachts  in  fremde  landt? 

« 

Du  hast  ein  hertz  von  Adamant; 
Medea  nit  so  grausam  war, 

Du  bist  ein  ander  Jason  zwar 

Ich  wil  suchen  an  allen  enden 
Vnd  wan  ich  ihn  ia  nit  werd  finden, 
Wil  ich  mich  in  ein  spital  geben, 
Wil  füren  ein  keuschs  fromes  leben. 

Einer  pilgerin  teilt  sie  ihren  entschluss  mit,  in  ihren  orden  zu 
treten.  Und  als  sie  fragt,  wie  es  in  Provincia  gehe,  erfährt  sie,  dass 
der  herr  des  landes  in  grosser  trauer  sei  um  den  in  fremdem  lande 
lebenden  söhn. 

Hilff  Got,  nun  ist  mir  wolbekandt, 

Das  ehr  mit  willen  nit  von  mir  bleibt. 

Ich  bit  nun,  gebt  mir  euer  kleidt. 

Ich  wil  nun  füren  ein  fromes  leben. 

Ach  Got,  wer  kann  dir  widerstreben? 

V,  1.  Die  gräfin  klagt  der  Magelona  den  verlust  ihres  sohnes. 
Et  sei  in  ferne  lande  gezogen  und  die  drei  ringe,  die  sie  ihm  mitge- 
geben, habe  ein  fischer  in  einem  fische  gefunden,  „gleich  also  zuhauff 
gewunden.**  Magelona  tröstet  sie  und  verspricht  Peters  in  ihrem  gebet 
gedenken  zu  wollen.    Dann  betet  sie  zu  gott  um  die  rückkehr  Peters. 

Drum  wil  ich  ziehn  an  einen  ort. 

Welchen  man  nennet  der  beiden  port. 

Daselbst  wil  bauen  ein  spital, 

Den  armen  wil  dienen  vberal, 

Wil  drey  altar  auffrichten  lan, 

Welcher  Sanctus  Peter  ehren  sol  haben  (1.  han), 

Wil  loben  Got,  im  danckbar  sein, 

Wil  ewig  pleiben  so  allein. 

2.    Peter  dankt  gott  far  die  glückliche  führung. 
Wer  hat  geglaubet  immermehr. 
Da  ich  war  (nitten  auf  dem  möhr. 
Das  ich  ein  herr  hie  werden  solt, 
Erlangen  des  grossen  Soldanes  huldt? 

Aber  die  Sehnsucht  nach  Magelona  und  den  eitern  ist  zu  gross. 
Drum  wan  ich  meines  herrn  laub 
Erlangen  kundt,  so  wolt  ich  schaub. 
Ob  ich  Mageion  in  Prouincia 
Ausfragen  möcht  oder  anders  wo. 


202  HOLSTEIN 

Der  Sultan  entläst  ihn  mit  geschenken  und  mit  dem  beding  der 
rückkehr.  Peter  erkrankt  anf  der  reise  nnd  begibt  sich  in  das  spital 
der  Magelona.    Hier  erzählt  er  ihr  sein  geschick.    Sie  erkent  ihn. 

0  Gott,  der  ist  der  liebste  mein^ 
Ich  wil  vergessen  aller  pein  — 
0  Gott,  du  hilffts  zu  aller  stundt, 
Wer  dir  allein  vertrawen  kundt. 

Sie  will  arznei  holen  und  kehrt  „regio  vestitu^  zurück. 

Aller  liebster  gemael  mein. 
Sich  an  hie  dein  getrewes  hertz, 
Das  deinethalben  so  gros  schmertz 
So  lange  zeit  erlitten  hat. 

Es  folgt  nun  die  erkennungsscene.  Magelona  sendet  Peter  zu 
dem  grafen ,  um  ihn  in  das  spital  zu  bitten.  Johann  Cerise  erkent  sei- 
nen sehn. 

Wilkomen  liebster  son  mein. 

Ich  mein ,  das  mag  ia  freude  sein. 
Ach  Peter,  du  mein  einiger  trost. 
Du  hast  vns  gantz  vnd  gar  erlost 
Von  allem  iamer  angst  vnd  pein, 
Das  mag,  das  mag  ia  freude  sein. 

Auch  die  gräfin  äussert  ihre  freude. 

Mein  freud  nieman  ermessen  kan, 
Der  liebe  Got  hats  so  wollen  han. 

Peter  entdeckt  seinen  eitern,  dass  Magelona  eine  königstochter 
sei.    Der  graf  freut  sich  über  die  gute  mär  und  lobt  gott 

Kompt  her,  wir  wollen  nun  gehn  hienein 
Nun  wollen  wir  ersten  frölich  sein. 
Finis  Historiae. 

Morio  recitat  Epilogium. 

Ich  kum  nun  wider,  lieben  hern, 

Ich  weis,  ihr  hört  mich  vber  aus  gern, 

Dan  ich  zu  Pareis  hab  gestanden. 

Wer  besser,  het  zuzeiten  gangen, 

Sie  weiten  aus  mir  ein  Doctor  machen, 

Nun  bin  ich,  des  die  leute  lachen, 

Doch  narren  pflegen  die  warheit  zusagen 

Vnd  für  niemant  schew  zutragen. 

Drum  lieben  herren  allzumall, 

Ihr  habt  itzt  mögen  a 


YSIT  WABBECK   ü.   DBAMA    MAOELONB  203 

Wie  hier  auff  dieser  weit  das  glück 
So  gar  ist  voller  böser  tück, 
Vnd  wie  wir  sollen  in  aller  not 
Vertrawen  dem  ewigen  got, 
In  keiner  not  sollen  vorzweiflen, 
Sünder  ihn  lassen  die  Scheiben  treiben. 
Auch  wie  sooiel  daran  ligt, 
Das  man  die  jugent  wol  erziechi 
Drum  lieben  herren,  dencket  dran, 
Nempt  solchs  von  einem  narrn  an, 
Es  wer  wol  viel  daruan  zusagen, 
Die  zeit  wil  aber  solchs  nit  tragen, 
Wir  müssen  fort  au  ein  andren  ort, 
Ihr  habts  auch  zwar  genug  gehört. 

Ad  personas. 
Nun  schickt  euch  zu  vnd  trefft  die  thor. 
Doch  wart,  ich  mus  ia  trincken  for. 
Nun  geth  von  stad,  wie  steet  ihr  so? 
Geth  fort,  das  euch  der  donner  schlag. 
Hierauf  folgt  eine  lateinische  strophe: 
De  fortuna  hendecasyllabum. 
Fortuna  ambiguo  vagatur  axe 
Vultu  lubrica  iam  sereniore 
Blanditur,  modo  colligit  tenebras 
Certis  nescia  passibus  teneri. 

Gedruckt  bei  Michael  Blum,  1.  5.  39. 


Eine  zweite  ausgäbe  erschien  1540  bei  demselben  buchdrucker, 
1er  Warbecks  buch  gedruckt  hatte. 

Historia  Mage-  |  lone,  Spilweiss  in  Teütsche  |  reimlein  ge- 
bracht ,  Durch  einen  Studenten.  |  Mit  einem  nutzlichen  vnderricht  | 
Georgij  Spalatini.  |  (Holzschnitt.)  M.  D.  XXXX.  —  Am  ende: 
Getruckt  zu  Augspurg  durch  Haynrich  |  Stainer  im  1540,  Jan 
35  bl.  8«.  —  In  München,  Wien  (hofbibl.)  und  Zürich. 

Unter  Gigas'  versen  auf  der  kehrseite   des  titelblattes  befindet 

sich  ein  holzschnitt.    Der  oberdeutsche  druck  ist  dem  inhalt  nach  nicht 

verschieden  von  der  ersten  ausgäbe.    Orthographische  Verschiedenheiten 

smi  dagegen  zahlreich  vorhanden,  wie  klain,  dyser,  anzaigt,  zweyffel, 

ansskam  (f&r  klein,  dieser,   anzeigt,  zueifel,  ausquam).    Wenn  in  A 

^^'«gabe  von  1539)  vorstand,  vorgist,  vorhoff,  an  allen  vorzug,  vor- 


204  HOLSTBIN 

zeich  sich  findet,  liest  man  in  B  (ausgäbe  von  1540):  verstand,  ver- 
gist,  verhofiF,  on  allen  Verzug,  verzeuch.  Lesarten  von  A  wie:  hinfor- 
der  mehr ,  im  Dhuringer  walt ,  Pareis  (B  hinfurt  der  mehr ,  im  Dürin- 
ger  wald ,  Pariss) ,  druckfehler  in  A :  vbertrit  (B  vbertriflFt) ,  erzeicht 
(B  erziecht),  leibst  (B  liebst),  sowie  auch  das  fünfmalige  „belan^ 
(B  wolan)  lassen  darauf  schliessen,  dass  B  kein  nachdruck  von  A  ist, 
sondern  ohne  vorläge  von  A  gedruckt  wurde.  Dagegen  könte  man  A 
als  nachdruck  von  B  ansehen,  wenn  feststände,  dass  Michael  Blum 
unter  die  nachdrucker  jener  zeit  zu  rechnen  ist.  Auffallend  ist  inmier- 
hin  das  fehlen  des  druckortes  in  A,  weniger  auffallen  würde  die  äude- 
rung  der  Jahreszahl  1540  in  1539.  Zu  bemerken  ist  noch,  dass  die 
ziemlich  häufigen  bühnenweisungen  in  A  in  lateinischer ,  in  B  in  goti- 
scher Schrift  gedruckt  sind. 

Für  den  Sprachschatz  sind  anzumerken: 

I,  1  Es  lust  mich  doch  im  herzen  mein. 

IV,  2  Der  kam  der  stet  nun  gar  im  dreck. 

Ich  schwer  euch  hier  auch  stock  und  bein. 
lY,  3  All  har  die  sten  mir  itz  zu  borg. 

Wollen  wir  vns  den  vber  die  köpfife  dresch? 
So  wollen  wir  itzundt  fristen  dich. 

V,  2    Drum  wan  ich  meines  herm  laub 

Erlangen  kundt,  — 
So  bit  ich,  gnediger  fürst  vnd  herr, 
Das  ich  mit  euer  laub  zuhandt 
Besuchen  möge  mein  vaterlandt. 

In  der  handhabung  des  reimes  zeigt  der  Verfasser  nur  eine  sehr 
geringe  fertigkeit.  Wir  notieren:  gestanden  —  gangen,  not  —  hat, 
gut  —  not,  sagen  —  widerfaren,  gemahel  —  wol,  das  —  kraftlos^ 
solt  —  huld,  hab  —  trag,  verzagt  —  tag,  nidder  —  federn,  dich  — 
streich,  tugenden  —  eitern,  finden  —  gelingen,  knyen  —  fortgehen, 
zeit  —  ligt,  ziben  —  besehen  usw.  Sehr  häufig  findet  sich  der  auch 
andern  dramatikern  des  16.  Jahrhunderts  geläufige  reim  zart  —  auf  der 
fart,  ist  —  zu  dieser  frist.  Widerholungen  desselben  wertes  zur  aos- 
hilfe  finden  sich  nicht  selten: 

Lasst  vns  immer  daruan,  daruan. 
Das  glaub  ich  nicht  fnrwar,  furwar. 
Das  mag,  das  mag  ia  freude  sein. 
Ich  mus  furbas  gehn  bas  herbey. 
Alzeit  volauff  volauff  geben. 
Die  tragen  grosse  grosse  pein  usw. 


VBIT  WARBROK  ü.  DBAMA  MAOELONB  205 

Die  versbildung  zeigt  viele  schwächen.  Der  achtsilber  wird  um 
eine  silbe  bald  gekürzt ,  bald  verlängert.  Die  tonsetzung  ist  gleichfals 
öfter  mangelhaft 

Nechst  da  wir  beim  trunck  sässen. 

Seim  h^rr  vat^r  Cerise  lieb  währ. 

Doch  liebt  ihr  dir  rittßr  vor  allen. 

Foret  sie  zu  seines  herrn  väters  schlös. 

Sie  wölt  bleiben  ein  jünckfrau  rein. 

Die  willig  folgen  auch  d^n  Eltern. 

Wflcher  nimmer  kümmet  äuss  usw. 

Inmierhin  ist  das  drama  des  unbekanten  Verfassers  als  ein  beach- 
tenswertes erzeugnis  aus  der  ersten  zeit  der  dramatischen  litteratur  des 
16.  Jahrhunderts  anzusehen. 

n. 

Der  zweite  bearbeiter  des  sagenstoffes  von  der  schönen  Mf^e- 
ona  ist  Hans  Sachs.    Zuerst  hat  er  denselben  als  erzählung  behandelt. 

Historia  der  schönen  Magelona,   eins  königs  tochter  zu  Neapolis. 
Anno  salutis  1554,  am  28  tag  Februarii.    Keller  U,  251  —  261. 

Der  anfang  des  gedichtes  lautet: 

In  der  Frantzosen  cronica 
List  man,  wie  in  Provincia 
Ein  mechtig  reicher  grave  sass, 
Johan  Geriso  genendt  was. 

Am  schluss  werden  drei  lehren  aufgestelt: 

Auss  dem  man  die  drey  stück  sol  lern : 

Erstlich,  das  man  auff  zucht  zu  ehrn 

Die  eitern  ziehen  ihre  kind 

Und  haben  acht  auff  ihr  gesind, 

Auff  das  ir  töchter  behüt  seyen 

Vor  cuplerey  und  bulereyen; 

Zum  andern,  das  jungkfrawen  fliehen 

Sollen  manssbilder,  sich  einziehen. 

Hüten,  das  nicht  die  wütend  lieb 

Sie  hinderschleich  gleich  wie  ein  dieb. 

Die  sie  verwegen  durch  vil  duck 

Stürtz  inn  schand,  schad  und  ungelück; 

Zum  dritten,  wenn  auch  der  unfal 

Mit  gwalt  ist  reyten  uberal. 

Das  er  darundter  nit  verzag^ 

Wann  Gott  als  Unglück  wenden  mag, 


206  HOLSTEIN 

Wer  ihn  anrülft  und  ihm  vertrawt, 
Derselb  auff  einen  felsen  bawt. 
Das  glück  wider  grün,  blü  und  wachs, 
Das  wünschet  zu  Nürnberg  Hans  Sachs. 
Schon  im  nächsten  jähre  gestaltete  der  Nürnberger  meister  den 
Stoff  zu  einem  drama.    Dasselbe  wurde  z.  b.  1585  in  Frankfurt  von 
einer  geselschaft  Nürnberger  bürger  gespielt.^ 

Comedi  mit  19  personen,  die  schön  Magelona,  vnnd  hat  7  actas. 
Am  ende:  Anno  salutis  1555,  am  19  tag  Novembris.  Keller  Xu, 
451  —  487. 

Dass  Hans  Sachs  Warbecks  Übersetzung  benuzte,  geht  aus  den 
werten  des  ehrnholts  hervor,  den  er  im  anfang  sagen  lässt: 

Ein  comedi  zu  recedirn, 
Welchs  gschicht  in  teutsch  thet  transferim 
Magister  Veit  Warbock,  hoch  erfarn, 
Auss  französischer  sprach  vor  jam. 
Hans  Sachs  nent  seine  quelle  Veit  Warbock ,  den  ritter  am  hofe 
des  königs  von  Neaples  Heinrich  von  Trepona  (st.  Crapana).    Die  fal- 
sche Schreibung  dieser  namen  bestätigt  Goetzes  mahnung  (Schnorrs  Ar- 
chiv YIII,  312),  dass  die  falsch  gelesenen  eigennamen  nach  der  quelle, 
der  der  dichter  seinen  stoff  entnommen  hat ,  berichtigt  werden  müssen. 
Die  handlung  volzieht  sich  in    7  acten.     Zuerst  Peters   bitte, 
abreise  und  ankunft  in  Neapel.  Dann  turnier  und  Peters  sieg.    Er  wird 
von  der  schönen  Magelona  bekränzt  und   zur  tafel  geladen.    Er  ent- 
brent  in  liebe  zu  ihr. 

Ach  Gott,  wie  überschön  und  zart 

Gelidmasirt  englischer  art 

Ist  Magelona,  die  jungkfraw  her, 

Artlich  und  höflicher  geber! 

Auss  ir  scheint  aller  tugent  gut  * 

Beide  an  leib  und  an  gemüt 

Sie  hat  mit  im  freundlichen  blicken 

Mein  hertz  in  liebe  zu  verstricken. 

Das  ich  mit  tieffen  seufzen  sencken 

Nichts  kan,  denn  ir  allein  gedencken. 

Act  ni.  Verhandlungen  zwischen  der  amme ,  Peter  und  Mage- 
lona. IV.  Flucht  der  liebenden,  gefangennähme  Peters.  V.  Magelona 
im  spital  „der  beiden  pfort^  als  spitalmeisterin.    VL  Eintreffen  Peters 

1)   E.  Menzel,   Geschichte  des  Theaters  in  Fraokfart  a.  M.    Frankftirt  a.]L 
1882.  8.195. 


VBIT  WARBBCK  U.  OBAHA  MAGBLONB  207 

im  spital.    YII.  Erkennung  und  widerfinden.    Ehrnholt  beschliesst  das 

ganze  mit  zwei  lehren ;    die  erste  betrift  eine  mahnung  an  die  eitern, 

ihre  kinder  in  guter  hut  zu  halten,   voraus  aber  auf  die  töchter  und 

jongfraaen  zu  schauen ,  die  andere  ist  an  die  söhne  und  töchter  gerich- 

tety  die  Ursachen  der  liebe   zu  fliehen   und  den  lehren  der  eitern  in 

gehorsam  zu  folgen. 

Eine  yergleichung  dieses  dramas  mit  dem  von  1539  lehrt,  dass  Hans 
Sachs  in  jeder  beziehung  über  dem  Verfasser  jenes  dramas  steht.  Beson- 
ders zeigt  sich  das  offenbar  dramatische  gescbick  des  Nürnberger  meisters 
in  der  scene ,  in  der  der  raub  der  drei  ringe  durch  einen  raben  geschil- 
dert wird  (in  der  französischen  quelle  geschieht  der  raub  durch  einen 
„vogel,  der  lebet  von  dem  raub,  derselb  ersah  den  zendel  und  vermai- 
net  es  war  fleisch^^  in  der  historia  von  Hans  Sachs  durch  einen  fal- 
len). Während  nämlich  im  drama  von  1539  die  bühnenweisung:  „hie 
rapiuntur  annuli*^  den  raub  einfach  meldet  und  es  dem  Zuschauer  über- 
lassen bleibt,  zu  erraten,  auf  welche  weise  der  raub  vor  sich  geht, 
lässt  Hans  Sachs  seinen  beiden  den  Vorgang  erzählen. 

Zwischen  ihrn  brüsten  ich  ergrieff 

Ein  zendel  roth,  darinn  ich  schawt 

Drey  ring,  darmit  ichs  het  vertrawt. 

Diese  drey  ring  die  knüpffet  ich  ^v 

Wider  in  zendel  fleissigklich. 

Legt  sie  neben  mich  auff  ein  stein. 

Mein  wun  und  fireud  die  war  nit  klein 

Ob  der  schlaffenden  schön  jungkfrawen. 

Der  schön  thet  ich  mit  wunder  schawen. 

Da  kam  im  luft  geflogn  ein  rab. 

Sah  den  zendel  und  schoss  herab, 

Zuckt  den  zendel,  meint,  es  wer  ein  ass  usw. 

m. 

Als  der  dritte  bearbeiter  der  Magelonsage  erscheint  der  Augs- 
burger  dramatiker  Sebastian  Wild,  der  auch  unter  den  meistersän- 
gem  der  Augsburger  schule  genant  wird.  ^  Von  den  12  dramen,  die 
er  ver£Etöste,  sind  die  meisten  biblisch;  zu  denen ,  welchen  novellistische 
8t4>fre  zu  gründe  liegen,  gehören  ausser  der  „schönen  Magelona^  noch 

1)  Schnorr  v.  Carolsfeld,  Zur  Geschichte  des  deutschen  Meistergesanges. 
Beriin  1872.  s.  22.  —  Wagenseil  führt  s.  534  die  kurze  Nacht -weiss,  s.  535  die 
Jiiigfkaiiweis  an.  Wilds  lieder  stehen  in  dem  dritten  der  Eolmarer  Liederhand- 
•chiift  (heraoBgegeben  von  K.  Bartsch  1862,  Bibl.  d.  litt.  Vereins  in  Stuttgart 
BT«  08D  bfligvgebenen  manascripte  (Münchener  Cod.  germ.  4999). 


208  HOLSTEIN 

„Kaiser  Octavianus"  und  „die  sieben  weysen  Maister."  Orientalischen 
Ursprungs  ist  seine  tragödie  „vom  Doctor  mit  dem  Esel  vnd  dem  Spie- 
gel der  Welt.''  '  Seine  sämtlichen  dramen  erschienen  1566  in  einer 
samlung : 

Schöner  Co-  |  medien  vnd  Trage-  |  dien  zwölflF:  Auss  heiliger  |  Gött- 
licher schrüTt,  vnd  auch  auss  etlichen  Historien  gezogen.  |  .  . . 
Aufifs  new  *  in  Truck  |  verfertiget ,  |  Durch  |  Sebastian  Wilden. 
M.  D.  LXVI.  Am  ende:  Gedruckt  zu  Augspurg,  |  durch  Matthemn 
Francken.     483  bl.    8^  —    In  Celle. 

Nr.  10  behandelt  die   schön  Magelona  vnd  Ritter  Peter.    Der 
Yolständige  titel  ist: 

Ein  schöne  Tra-  |  gedj,  von  dem  Ritter  Peter,  |  dess  Graffen  Son 
auss  Prouincia,  j  vnd  von  des  Königs  Tochter  auss  Ne-  |  aples,  die 
da  genandt  wirdt  |  die  schön  Magelona.     48  bl. 

Es  treten  20  personen  auf.    Das  spiel  ist  auf  5  acte  verteilt 
Der  herold  kundigt  das  spiel  an. 

Drumb  bitt  ich  euch;  seyt  still  vnd  züchtig, 

Die  Historj  ist  schön  vnd  wichtig, 
Sehr  kläglich  vnd  tröstlich  dar  neben, 
Drumb  thut  fleissig  auffmerken  eben. 
So  wollen  wir  das  Spiel  anheben. 
Im  4.  act  finden  wir  die  beiden  liebenden  im  walde.    Die  büb.— 
nenanweisung  lautet:  Sie  legt  sich  auf  seinen  Schoss  nieder  vnd  schlä 
Peter  preist  sie  ein  wenig  auf,  findet  die  Ringe  in  ihrem  Busen  inZe 
del  eingewickelt.     Er  legt   sie   neben  sich ,  indem  lässt  er  ein  Vog^^^ 
fliegen  und  spricht: 

Sich,  diser  verfluchter  Vogel 

Hat  mir  die  Ring  weg  zucket  schnell, 
Halt,  ich  will  jm  eylend  nachlauffen, 
Dieweyl  sie  also  sanfft  thut  schlaffen. 
Diese  probe  wird  genügen ,  um  den  geringen  dramatischen  wer* 
des   dramas   zu  kenzeichnen.    Wir  fugen  nur  noch  hinzu,   dass  Wild 
sich  von  seiner  vorläge  sclavisch  abhängig  macht.    Wenn  es  bei  Veit 
Warbeck  bl.  J  4'  heisst:   „Gnädige  Frau,  ihr  sollt  euch  nicht  bekfim- 
mern  .  .    Es  kann  und  mag  doch  wol  sein,  dass  er  die  Ringe  hat  ver- 
loren oder  einer  andern  Person  geben,  darumb  ich  euch  bitt,  ihr  wollt 
euch   nicht  mehr   betrüben  oder  bekümmern.    Darin  werdet  ihr  eurem 
Herrn  thun  zu  gefallen,   denn  ihr  mehret  ihm  seinen  schmerz,   alsbaM 

1)  Qedruckt  bei  Tittmann ,   Schauspiele  aus  dem  sechzehnten  Jahrhundert  It 
201—245. 

2)  Goedeke  I,  321,  280:  Auffs  ueuo  d.  h.  zum  erstenroale. 


VKIT  WARBECK   ü.   DRAMA    HAOBLONE  209 

^>e  trübt  und  traurig.    Darum  kehret  euch  gegen  Gott  den 
1  danket  ihm  um  alles,   das  er  euch  erzeiget  hat," 


^      V  Magelona  also  sprechen: 


'•    -  herr  vnd  liebste  frawe  zart, 

^"L  ^  ^mert  euch  dess  nicht  so  hart, 

,   \  ('wiss,  das  er  ist  todt, 

r    •■    ^  omm  noch  ein  andrer  Bott, 

\  '  »vol  verloren  han, 

V  *  omer  andern  person 

^ooen,  darumb  lassend  hin 
Den  unmuth  aus  ewerem  sinn^ 
Vertrawet  Gott  dem  Henn  allein. 
Als  sie  sich  zu  erkennen  gibt,  sagt  sie  (bei  Veit  Warbeck  bl. 
^^''):   „Ich  bin  dieselbige,   die  ihr  allein  schlafend  liegen  verlassen 
'^sbt  in  dem  holtz  und  wilden  wald,  und  ihr  seid  derjenige,  der  mich 
^st  geführt  aus  dem  haus  meines  vaters ,  des  Königs  von  Neaples.   Ich 
'>iö  die,    der  ihr  verheissen  habt  alle  ihre  Ehre  und  Zucht  bis  zu  Be- 
^chlnss  unserer  Ehe,   ich  bin  auch  diejenige,    die  diese  guldne  Eettin 
liat  gehenkt  an  eueren  hals  mit  Übergebung  der  Gewalt  meines  Lebens, 
ieb  bin  die,   deren  ihr  habt  gegeben  die  drei  Kinge,   die  also  köstlich 
lind  gewesen.'^    Aus  diesen  worten  macht  Wild  folgende  verse : 

Ich  bins  die  jr  habt  ligen  lassen 

SchlafTend  in  dem  Wald  aller  massen. 
Ich  bin  des  Königs  Tochter  von 

Neapels,  ewer  liebste  schon, 
Ich  bins,  der  jr  verheissen  thet 

Ihr  Ehr  in  zucht  zu  halten  stet. 
Ich  bins,  die  euch  die  Ketten  gab 
Mit  vbergab  meins  Leibs  vorab, 
Ich  bin  die,  welcher  jr  habt  eben 
Die  drey  köstliche  Ring  gegeben. 
Nachdem  die  eitern  den  bund  der  liebenden  gesegnet,   schliesst 
^  herold  mit  dem  bericht  von  der  hochzeit,  die  14  tage  lang  „mit 
tetien,  springen  ohne  zil^  gefeiert  worden  ist,  und  mit  einer  mah- 
Vttg,  dem  glück  nicht  zu  trauen, 

Dann  es  ist  rundt  vnd  schlüpfferigk. 
Zu  band  faats  ein  gworffen  zurück. 
Dann  ist  sein  Gsell  der  vnfal  da, 

Der  regt  jn  biss  in  den  todt,  wa 
In  Gott  nit  wider  begnadet. 
Also  es  in  der  Wellt  zugeht, 

'*'**CHIin  V.  DBTJT8CHI  FHILOLOOIB.      BD.  XTIH.  1 4 


210  0I8KB 

Glfick  vud  vngläck  ist  alles  anders 
Nur  ein  tag  vnd  nacht  von  einander 

Gott  wöll  all  denen ,  dies  begeren, 
Auss  dem  vnglück  helffen  zu  Ehren, 

Durch  sein  Barmhertzigkeit  so  mildt, 
Spricht  vnd  wünscht  Sebastian  wildt. 
Ende  diser  Tragedj. 

Gedicht  vnd   zusammen  |  getragen,  durch  |  Sebastian  Wilden,  zu 
halten  |  mit  20.  personen. 

Es  leidet  wol  keinen  zweifei ,  dass  Wilds  drama  unter  den  drei 
angeführten  das  unbedeutendste  ist.  Seine  übrigen  dramen  teilen  die 
mängel  des  dramas  von  der  schönen  Magelona,  so  dass  sich  über  Seba- 
stian Wild  dasselbe  urteil  fällen  lässt,  das  W.  Scherer  ^  über  Joadiiin 
Greff  gefält  hat:  „Er  ist  für  die  litteraturgeschichte  eher  eine  lmb^ 
quemlichkeit  als  eine  freude.'' 

GEESTEMÜNDE.  HUGO   HOLSTEIN. 


ÜBER  KÖRNER  UND  VERWANTE  METRISCHE  ERSCHß  ^' 
NUNGEN  IN  DER  MITTELHOCHDEUTSCHEN  LYRIK. 

(Fortsetzung.) 

4.    ßeinmar  (MF  191,  7  —  33)« 
Die  handschrift  überliefert  diese   drei  in  demselben  tone  abgefassfc^^ 
Strophen  in  der  folge  1.  3.  2.    In  MF  sind  aus  denselben  zwei  lieJ^^ 
gemacht,  dergestalt,  dass  die  Strophe 

06  fröiden  nähet  alle  tage 

ein  lied  für  sich  bildet.     Richtig  scheint  mir  erkant  zu  sein,  dass 
str.  1  und  2  nicht  durch  die  dritte  getrent  werden  dürfen ,  aber  str.  3 
ganz  abzutrennen  halte  ich  für  verkehrt.    Ich  glaube  vielmehr,  dass 
diese  strophe  mit  ihrer  winterklage  und  frühlingshoiiiung  den  anfang 
des  dreistrophigen  liedes   bildete.     Es    besteht  dann   allerdings  \m 
ganz  enger  Zusammenhang  zwischen  str.  3  und  1.    Allein   zwischen  1 
und  2  ist  derselbe  auch  kein  so  enger,   und  wie  viele  lieder  Beinmars 
und  anderer  gleichzeitiger  dichter  sind  denn  so  abgefasst^  dass  ein  enger 
logischer  Zusammenhang  klar  zu  tage   trete?     Darnach  scheint   dies 
gedieht 

1)  Dentsohe  Stadien  IIl,  60. 

2)  Bardach  (a.  a.  o.  s.  228)  zweifelt  an  dor  ochtheit  dieser  atrophen. 


KÖBKEB  211 

3str.  9zeil.    Str.  3  u.  1  (1  u.  2)  KbKbKbccb 

„    2  (3)  abababccb 

Str.  3  (1).  1:3:5  tage  :  klage  :  verzage 
„  1  (2).  1:3:5  sage  :  trage  :  Jdage 
„   2  (3).  1:3:5  man  :  Jean  :  behan. 

5.     Wizlav  (EMS  DI  84  XV) 

38tr.  IGzeil.    Str.  1  u.  2  aaabcccbKKKefffe 

„    3  dddefffe 

Str.  1.  9:10: 11  guot  :  bltwt  :  tiwt 
y,  2.  9  :  10  :  11  muot  :  guot  :  tuot 
„    3.  9:10:11  zU  :  git  :  gebit 

Str.  1.  11  daa  ez  den  ougen  senfte  tuot 
jf   2.  11  einer,  diu  mir  senfte  tuot, 

ß.  Die  zweite  atrophe  nimt  nicbt  an  den  bindungen  teil. 

1-      Graf  Rudolf  von  Fenis  (MF  80,  1) 

Bstr.  8zeil.    Str.  1  u.  3  KbKbccEc,  str.  2  ababccac 

Str.  1.  1:4:7  wän  :  hän  :  kan,  Str.  3.  1:4:7  län :  hän  :  ban, 
„    2.  1  :  4  :  7  gewant  :  erkant  :  hänt. 

Ich  habe  die  reime  nach  der  herstellung  des  gedichtes  in  MF 
gegeben.  Mag  man  auch  im  übrigen  über  die  gewagten  änderungen 
indem  verderbt  überlieferten  liede  abweichende  ansichten  hegen,  das 
Teimschema  scheint  richtig  gefunden  zu  sein. 

^-    Winli  (HMS  n  30  VI) 

Bstr.  llzeil.  Str.  lu.  3  abcEebcKeaE,  str.  2  abcdebcdead 

Str.  1.  4  :  8  :  11  Uuot  :  vruot  :  tuot 
„    3.  4  :  8  :  11  guot  :  tuot  :  bluot 
„    2.  4  :  8  :  11  &o^  ;  not  :  rot. 

Die  gleichen  reime  schliessen  jeden  der  beiden  stellen  sowie  den 
abgesang  (vgl.  D  A  b  2). 

^  Albrecht  Marschall  von  Raprechtswyl  (HMS  I  342  D) 

aa    bdd    e     ccK  f f  K 

38tr.  lOzeil.  Str.  1.  b  b  c  e  e  c  c  K  K  c,  Str.  3.  K  K  c 

9»    2.  g  g  c 
Str.  1.  8:9^:9'  dahin  :  mündeltn  :  bin 
jt    3.  8  :  9* :  9*  pin  :  min  :  sin 
»    2.  8  :  9* :  9*  vuoz  :  gruoz  :  muoz. 

14* 


212  GISKE 

4.   Heinrich  von  Rugge  (MF  109,  9)  ^ 

Sstr.  9zeil.    Str.  1  u.  3  ababccKKK,   Str.  2  ababccd 
Str.  1.    7:8:9  gään  :  toän  :  hän 
y,    3.   7  :  8  :  9  man  :  gewan  :  hegan 
„    2.    7:8:9  niht  :  geschiht  :  gesiM, 

y.   Die  erste  Strophe  nimt  an  den  bindungen  nicht  teil. 

1.  Der  Schenk  von  Limburg  (HMS  I  133  VI) 

3str.  9zeil.    Str.  2  u.  3  ababKEddE,  Str.  1  ababccdd 
Str.  2.   5:6:9  munt :  gesutU  :  vertoutU 
y,    3.   5  :  6  :  9  stunt  :  toutU  :  gesutU 
„    1.    5:6:9  ttoanc  :  ranc  :  sanc. 

2.  Eubin  (HMS  I  313  VH) 

3str.  llzeil.   Str.  2  u.  3  abcabcdEdEE 

„    1  abcabcdedee 

Str.  2.  8  :  10 :  11  arebeü  :  leit  :  gehleU 
yt    3.   8  :  10  :  11  stcetekeit  :  arebeit  :  treit 
y,    1.   8  :  10  :  11  niJU  :  geschiht  :  übersiht. 

c.   Verbindung  von  H  Ba/9  und  hß. 

Der  von  Buwenburg  (HMS  II  261  I) 
3str.  I3zeil.  abcdabcdeffce 
Str.  1.  1:5  sich  :  wunnedich^  Str.  3.  1  :  5  minnedich  :  i 
^    2.  1  :  5  ml  :  spil. 
Str.  1.  3  :  7  :  12  vogelin  :  in  :  gesin 
„    3.  3  :  7  :  12  darin  :  ptn  :  in 
„    2.  3  :  7  :  12  lebet  :  swebet  :  strebet. 

d.   Durch  widerkehr  derselben  reime  in  vier  Zeilen. 

ce.    Die  Schlussstrophe  nimt  an  den  bindungen  nicht  teil. 

1.  Albrecht  von  Johansdorf  (MF  87,  5) 

3str.  8zeiL    Str.  1  u.  2  EbEbbEbE,   Str.  3  ababbabs 
Str.  1.    1:3:6:8  scheiden  :  leiden  :  heiden  :  beiden 
„    2.    1:3:6:8  Meide  :  beide  :  —  :  leide 
„    3:    1:3:6:8  sSre  :  ire  :  sere  :  keren. 

2.  Meister  Johannes  Hadlaub  (HMS  H  289  XIX.  B.  L.  LXXXVH 
3str.  llzeil.  Str.  1  u.  2  aEaEcEcEddd,  Str.  3  ababcbc 

Str.  1.    2:4:6:8  ßn  :  dahin  :  tohterlin  :  sin 

1)  Wilmanns  im  Anzeiger  f.  d.  Altert.  1,  8. 155  tgg,  und  Buidach  a. 
8. 190  fgg.  und  b.  224  fgg.  nehmen,   wie  mir  scheint,   mit  recht  an,    dass  Rei: 
der  Yerfasser  dieses  liedes  sei. 


KÖBNES  213 

Str  2.    2:4:6:8  dahin  :  gewin  :  sin  :  in 
n    3.    2  :  ^  :  ß  :  S  leit  :  geseit  :  gemeit  :  arbeit. 

ß.  Die  erste  strophe  nimt  an  den  bindungen  nicht  teil. 
Friedrich  von  Hausen  (MF  47,  9) 

38tr.  8zeil.    Str.  2  u.  3  aEaEKaaE,     Str.  1  ababbaab 
Str.  2.    2:4:5:8  nan  :  verban  :  man  :  ergän 
„    3.    2:4:5:8  län  :  enpfä  :  ergän  :  getan 
j,    1.    2  :  A  :  b  :S  ßU  :  mp  :  sit  :  strit 

C.    Verbindungen  von  II  A  und  B. 

Heinrich  von  Bugge  (MF  109,  36  —  110,  7.     110,  8  —  25) 
3str.  9zeil.    ababccddd  ' 

Str.  1.    1  :  3  tvol  :  sol,    Str.  2.  1  :  3  sol  :  wol, 

„    3.    1  :S  wol  :  sol.     (Vgl.  II  A  a.) 
Str.  2.    7  :  8  :  9  fei  :  si  :  vri,  Str.  3.    7  :  S  :  9  U  :  st  :  vri, 
„    1.    7  :  8  :  9  rd^  :  s^o^  :  hat.     (Vgl.  H  B  by.) 
Die  handschriften    überliefern   diese   strophen   an  verschiedenen 
^f^llen  und  unter  verschiedenen  dichtem.    MF  ist  richtig  erkant,    dass 
^^^    einem  dichter  gehören.     Burdach  (a.  a.  o.  s.  198)  nimt  dieselben  für 
^^inaar  in  anspruch. 

109,  36  ist  von  den  beiden  folgenden  strophen  als  besonderes 
^^d   abgetrent    Dies  scheint  mir  nicht  richtig.     Die  angemerkten  glei- 
^l^en  reime  weisen  darauf  hin ,  dass  alle  drei  strophen  für  fortlaufenden 
Vortrag  bestirnt  waren.    109,  36  bildete   die   einleitung  zu  dem  nach- 
folgenden  Wechsel  und   eine  engere   beziehung   zwischen    110,  6  swes 
*^tiot  iedoch  zer  werlte  als  der  rnine  stät^    ich  W(Bne  er  nienege  sorge 
'^thb  ere  hat  und  110,  20  mir  ist  der  muot  von  grözen  sorgen  komen 
^st  doch  auch  wol  anzunehmen. 

^'    Gedichte,  in  denen  entweder  sämtliche  strophen  oder  alle  mit  aus- 
liahme  einer  einzigen  zu  je  zweien  oder  dreien  in  verschiedener  weise 

gebunden  sind. 

a.    Durch  widerkehr  derselben  reime  in  zwei  Zeilen. 

1.  Kraft  von  Toggenburg  (HMS  I  21  III) 

Östr.  lOzeil.     Str.  2  aabccbdfeed,    Str.  1  u.  3  dE^E^d 

„    4  u.  5  dE«E«d 
Str.  1.    8  :  9  sunder  wän  :  hän,  Str.  3.  8  :  9  wunder  han  :  begän. 
»    4.    8:9  also  :  vro,    Str.  5.   8  :  9  vro  :  so. 

Str.  1  enthält  den  bekanten  natureingang :   der  dichter  beklagt 
^  wmter  mit  seinen  leiden  und  sagt,   dass  er  mit  der  natur  kumber 


214  0I8KE  • 

leidet.  Str.  2,  welche  mit  sommerhofnuDg  begint  und  mit  liebeszuver- 
sicht  schliesst,  will  vor  str.  3  nicht  passen.  Wol  aber  schliesst  str.  3 
sich  treflich  an  str.  1  an.    Vergleichen  wir  nun  str.  3,  10 

wil  si  niht  schiere  minen  Jcumber  wenden 
mit  str.  2,  4 

und  daz  diu  liehe  vrouwe  min 

noch  wende  minen  senden  ptn 

diu  guote  unt  diu  vil  here,   , 

dann  wissen  wir  auch ,   wo  str.  2  wol  ursprünglich  ihren  platz  gehabt 

hat.    Diese  Vermutung  scheint  mir  um  so  sicherer  zu  sein^    als  str.  4 

in  ähnlicher  weise  mit  str.  2  (vgl.  str.  2,  10  mit  str.  4,4),  str.  5  mit 

str.  4   (vgl.  str.  4 ,  9  mit  str.  5,1)  in  Verbindung  steht    Schliesslich 

mag  noch  auf  den  abweichenden  bau  der  fünften  strophe  (aabccbdaad) 

aufmerksam  gemacht  sein. 

1  3  24J 

2.  Gottfried  von  Neifen  (H  15,  6) 

östr.  8zeil.  Str.  1  u.2  aK^aK'cddc,  Str.  3  u.  5  aK«aK«cddc 
Siehe  VI  B  a  1. 

3.  Ulrich  von  Singenberg ,  Truchsess  von  St.  Gallen.  (HMS  I  289  V. 
WR  225,  17) 

5str.  Szeil.    Str.  4  ababccdd,  Str.  1  u.  5  aE^aE^ 

„    2  u.  3  E«bE«b 

Str.  1.  2:4  bescheiden  :  erleiden,    Str.  5.  2  :  4  erleiden  :  scheiden- 
„    2.  1  :  3  lett  :  widerseity  Str.  3.  1  :  3  werdecheU  :  bereit. 

12345 

4.  Eonrad  von  Altsteten  (HMS  II  64  I) 

El  E« 

östr.  7zeil.  Str.  1  u.  5.  bcbcddE*,  Str.  2  u.  3  bcbcddK« 

a 
„   4  u.  5.  E»cE«cdda 

Str.  1.   1^:7  min  :  sin,    Str.  6.  1^ :  7  in  :  sin. 

jy   2.   1^:7  mir  :  dir,       „    3.  1* :  7  mir  :  ir. 

„    4.  1  :  3  schauwen  :  frouwen,  Str.  5.  1  :  3  tauwe :  frauwe. 

12345 

5.  Hartmann  von  Aue  (MF  207,  11  fgg.) 

A  überliefert  MF  207,  11;  207,  23;  208,  20;  208,  32;  B  208,  8; 

207,  11;   207,  35;    207,  23;    208,  20;    C  208,  8;   207,  11;    207,  35; 

208,  32;  207,  23;  208,  20.  In  MF  sind  207,  11  —  208,  31  zu  einem 
fünfstrophigen  liede  vereinigt,  208,  32  ist  als  einstrophigeB  lied  abge- 


KÖBNER  215 

trent.  Bardach  (a.  a.  o.  s.  53)  sondert  auch  noch  207,  11  ab  und  meint 
die  richtige  reihenfolge  der  vier  atrophen  sei:  207,  35;  208,  8;  207,  23; 
208,  20.  Ich  stimme  Burdach  bei  siwvol  in  der  abtrennung  von  207, 11 
als  auch  in  der  anordnung  der  strophenfolge.  Nur  glaube  ich,  dass 
208,  32  mit  den  vorhergehenden  Strophen  zu  einem  funfstrophigen  liede 
zu  vereinigen  ist. 

„Sie,  der  ich  in  treuen  diente,  will  mich  nicht  erhören.  Das 
qnält  mein  herz.  Aber  ich  will  sie  nicht  durch  böse  werte  kränken 
(207,  35).  Ich  kann  ja  auch  in  der  tat  nichts  böses  von  ihr  sagen. 
Die  tatsache  liegt  freilich  zu  tage,  dass  ich  ohne  erfolg  nach  ihrer 
liebe  geworben  habe.  Aber  sie  trift  keine  schuld :  hätte  sie  mich  ihrer 
liebe  wert  erachtet ,  so  würde  sie  mich  erhört  haben  (208 ,  8).  Wenn 
ich  mich  nun  aber  doch  einmal  rächen  soll ,  so  will  ich  es  in  der  weise 
tun,  dass  ich  ihr  das  gi'össte  erdenglück  wünsche  (207,  23).  Trotz 
meines  miserfolges  v^ill  ich  mich  der  aussen  hofnung  auf  eine  glück- 
liche Zukunft  getrösten.  Eine  solche  hofnung  ist  schon  manches  man- 
nes  lebenslänglicher  trost  gewesen  (208,  20).  Hat  mir  mein  treues 
werben  auch  wenig  genüzt,  so  will  ich  doch  nicht  traurig  sein.  Wer 
sein  lieb  verlassen  will ,  mag  es  tun ;  er  ist  aber  ein  treuloser  mann. 
Mir  ists  unmöglich  von  ihr  zu  lassen  (208,  32)." 

Mit  den  werten  min  muot  stet  baz:  von  ir  ich  niemer  kamen 
icil  kehrt  der  schluss  des  liedes  zu  dem  anfang  Ich  was  untriuwen  ie 
gehojs  zurück.  Die  im  folgenden  verzeichneten  reime  dürften  zur  bestä- 
tigung  meiner  oben  ausgesprochenen  ansieht  dienen. 

(MF  207,  35;   208,  8;   207,  23;   208,  20;  208,  32) 
58tr.  12zeil.    Str.  2.  3  u.  4  aK^aK^ccdeffde 

„    1  u.  5  aK'aK* 
„    3  u.  4  ababccdK^ffdK» 
„    3  u.  5  abab  ccdeK*K*de 
Str.  2.    2:4  hän  :  län,    Str.  3.   2  :  4  hän  :  ergän^ 
4.    2:4  hän  :  wän. 

1.    2  :4:  sin  :  min^    Str.  5.    2:4  sin  :  min. 
3.    8  :  12  (dso  :  fro,    Str.  4.    8  :  12  also  :  fro. 
3.    9  :  10  gan  :  man,    Str.  5.   9  :  10  kan  :  man. 

12  3J5 

6.    Albrecht  von  Johansdorf  (MF  94,  15) 

48tr.  lOzeil.    Str.  1  u.  4  abcabcK^K^ee 

„    2  u.  4  aK*caK'cddee 
„    3  u.  4  K»bcK«bcddee 


216  0I8KE 

Str.  1.    7  :  8  fwt  :  tot^    Str.  4.  7  :  8  tio^ ;  tot. 
„    2.    2  :  6  län  :  han,    Str.  4.   2  :  5  han  :  gewan. 
ji    3.    1  :  4  mp  :  lip,    •  „    4.    1:4  unp  :  Up. 

12  3  4 

Bar  dach  (a.  a.  o.  s.  78)  sondert  94,  15  und  94,  25  von  den  bei- 
den lezten  Strophen  ab.  Dass  er  dies  sehr  mit  unrecht  tut,  beweisen, 
wie  mir  scheint,  die  oben  mitgeteilten  reime. 

7.  Friedrich  von  Hansen  (MP  52,  37 --53,  30) 

48tr.  8 Zeil.    Str.  4  ababccdd,  Str.  1  u.  2  ababccK^K* 

„    2  u.  3  aK«aK«ccdd 
Str.  1.    7  :  8  giiote  :  maote,    Str.  2.    7:8  gtwten  :  rtwten. 
„    2.    2:4  erbunde  :  funde,  „    3.    2  :  4  stunde  :  erfunde. 
G  überliefert  die  ersten  beiden   Strophen  an   einer  andern  stelle 
als  die  beiden  lezten,  in  B  stehen  nur  str.  3  und  4.    In  MF  sind  ans 
den  vier  Strophen  zwei  zweistrophige  lieder  gemacht.    Ich  glaube ,  dass 
alle  vier  strophen  ursprüglich   ein  lied  bildeten.    Der  innere  Zusam- 
menhang ist  vorhanden,   und  die  angemerkten  bindungen  deuten  auf 

bestinmiung  dieser  strophen  för  fortlaufenden  vertrag. 

12  3  4 

8.  Derselbe  (MP  45 ,  37)        ^^ 

5str.lOzeil.  Str.l.  2  u. 4  aabbccddK^K*,  Str.2u.3K«K«bbccddee 

„    3  u.  5  aabbK«K»ddee 
Str.  1.    9  :  10  versan  :  veman,     Str.  2.    9  :  10  Mn  :  getan, 
j,    4.    9  :  10  hän  :  han, 

„  2.  1  :  2  strit  :  zit,  Str.  3.  1  :  2  lip  :  zU. 
„  3.  5  :  6  muot  :  tuot,  Str.  5.  5:6  gtiot  :  tuot. 
Ich  kann  Müllenboff  (Z.  f.  d.  A.  14,  s.  137)  nicht  beistimmen, 
der  die  drei  lezten  strophen  dieses  liedes  als  ein  gedieht  für  sich 
betrachtet.  Diese  strophen  hängen  inhaltlich,  wenn  auch  freilich  nur 
lose,  mit  den  ersten  beiden  zusammen.  Ausserdem  weisen  die  ange- 
merkten metrischen  erscheinungen  darauf  hin,    dass  alle  fünf  strophen 

zu  einem  liede  zu  vereinigen  sind. 

12  3  4  5 

9.  Ulrich  von  Lichtenstein  (L  555,  21) 

5str.  6zeil.     Str.  2  ababcc,  Str.  1  u.  4  aK^aK^cc 

„    3  u.  5  ababK»K« 
Str.  1.    2  :  4  ro^  ;  stat,     Str.  4.    2  :  4  missetät  :  stät. 
„    3.    5  :  6  unvrö  :  ho^     „    5.    5  :  6  vrö  :  ho.        • 

12  3  4  5 


KöBiniB  217 

10.  Derselbe  (L  584 .  1) 

Tstr.  6zeil.    Str.  3  ababcc,    Str.  1  u.  5  ababK^K* 

„    2  u.  7  aK»aK«cc,    Str.  4  u.  9  bK«bK»bcc 
Str.  1.    5:6  tiwt  :  guot^    Str.  5.    5  :  6  giMt  :  tuot, 
jf    2.    2:4  min  :  schin,     ^    7.    2  :  4  min  :  sin. 
„    4.    1  :  3  ougen  :  lougen,    Str.  6.    1  :  3  ougen  :  tougen, 

1  2  3  4  5  6  7 

11.  Derselbe  (L512,  7) 

P(d) 
78tr.  7zeiL    Str.  6  abab  c  cd,    Str.  1  u.  3  aKUK* 

„    1  u.  5  abab  c  cK*,  Str.  2  u.  7  abab  c  cK* 

„    3u.  4  K*bK*b 
Str.  1.    2:4  min  :  vensterlin,     Str.  3.  2  :  4  min  :  gesin. 
„    1.    5* :  7  wie  :  hie,    Str.  5.    5*  :  7  wie  :  nie. 
„    2.    5^:7  der  :  ger,       „    7.    5^  :  7  er  :  wer. 
j,    3.    1:3  dich  :  ich,       ,,    4.    1  :  3  mich  :  ich. 

12  3  4  5  6  7 

12.  Eonrad  der  Schenke  von  Landegge  (HMS  I  356  XI) 

58tr.  lOzeil.    Str.  1  u.  3  abK^abKMeed 

„    2  u.  4  abcabcdK»K«d 

„    4  u.  5  aK'caK^cdeed 

Siehe  VI  B  a  2. 

13.    Derselbe  (HMS  I  351  II) 

dd  f 

östr.  9zeil.    Str.  5.  ababc  c  R(eef) 

^    lu.  3ababc    c    B 

dd 
„    2  u.  4  aK«aK«c  c  R 

Str.  1.    6^ :  6*  doßne  :  schcene^    Str.  3.  6^  :  6'  krcene  :  schosne. 

„    2.    2  :  4  kunt  :  murU,    Str.  4.    2  :  4  kunt  :  vtmt. 

12  3  4  5 

14.    In  einem  namenlosen  HMS  III  468  "^"^  mitgeteilten  liede 
8str.  lOzeiL    Str.  1  u.  8  K^K^bbcddeec 

„    2  u.  5  K«K«bbcddeec,  Str.2u.  6  aaK»K» 
„    7  u.  8  aaK*K*,    Str.  3  u.  6  aabbcK^K^ 
„    4  u.  7  aabbcK«K« 
Siehe  VI  B  a  3. 


218  0I8KE 

15.    Dietmar  von  Aist  (MF  37,  30  —  38,  31) 

Dass  diese  vier  stropben  für  den  forüanfenden  Vortrag  bestirnt 
waren,  darauf  weisen  die  unten  angemerkten  bindungen.  Allerdings 
ist  die  reibenfolge  derselben  in  der  bandscbrift  wol  nicht  die  ursprüng- 
licbe.  leb  glaube,  an  die  winterklage  und  zusicberung  beständiger 
treue  in  str.  1  scbloss  sich  (str.  4)  die  bitte  an  den  herrn  der  v^elt, 
der  geliebten  den  sinn  zu  geben ,  dass  sie  ihr  herz  ihrem  getreuen  Ver- 
ehrer zuwende.  Dann  folgte  str.  3 ,  in  welcher  der  dichter  seinen  boten 
sprechen,  der  geliebten  sein  ungemach  klagen  und  sie  um  endgiltigen 
besclieid  ersuchen  lässt.  In  str.  2  gibt  dann  die  geliebte  erwünschte 
antwort. 

4str.  9zeil.   Str.  3  WaWabbcWc,  Str.l  u.4  WaWabbK^WK' 

„    2  u.  4  WK«WK»bbcWc 

Str.  1.    7:9  gedienet  hau  :  gegän 
„    4  (2).    7  :  9  begän  :  gedienet  hän, 
^    4(2).    2  :  4  sinne  :  und  mich  von  rehtem  herzen  minne 
^    2  (4).    2  :  4  sinne  :  in  sime  herzen  minne, 

14  3  2 

b.    Durch  widerkehr  derselben  reime  in  drei  Zeilen. 

Ulrich  von  Lichtenstein  (L  563,  1) 

Str.  3  ababab,    Str.  1  u.  2  aK^aK^aK* 

4  u.  5  K«bK^bK«b 

6  sanc  :  getane  :  twanc 
6  gedanc  :  wanc  :  kranc. 

5  munde  :  stunde  :  vunde 
5  vunden  :  gebunden  :  verswunden. 

Str.  1  und  4  beginnen  mit  Woly  str.  2  und  3  mit  Man. 

Wenn  Ulrich  564,  1  von  diesem  gedichte  rühmt 

Diu  liet  diu  wären  nmsterlich 
unde  ir  rim  gar  sinnenrich 

so  denkt  er  doch  wol  nicht  allein  daran,  dass  durch  alle  atrophen  hin  ^ 
durch  die  reimworte  von  demselben  wortstamme  abwechselnd  klingenir^ 
und  stumpf  gebildet  sind.  Er  wird  jedenfals  auch  die  künstliche  bin-  ^ 
düng  der  stropben  durch  die  angemerkten  reime  im  sinne  gehabt  habend 
Die  so  gebundenen  stropben  gruppieren  sich  um  die  mittelstrophe  de5  ^ 
gedichtes,  welche  an  den  bindungen  keinen  anteil  nimt. 

12  3  4  5 


5  str. 

6  Zeil. 

Sti 

n 

Str. 

1. 

2 

:  4 

V 

2. 

2 

:  4 

n 

4. 

1 

:3 

«1 

5. 

1 

:3: 

KÖRNEB  219 

c.  Verbindung  von  II  D  a  und  b. 

1.  Dlrich  von  Lichtenstein  (L  322,  1) 

58tr.  7zeU.    Str.  2  u.  5  K^bK^bccc,  Str.  1  u.  5  ababK«K«K« 

„    2u.  4  ababK»K«K3 
Siehe  VI  B  b  1. 

2.  Sabin  (EMS  I  311  II) 

Die  handschriften  überliefern  eine  verschiedene  anzahl  und  rei- 
hentolge  der  Strophen :    A  bietet  str.  1  —  7 ,    B  6.  5.  3 ,    C  2.  5.  6.  3. 
Sicheres  über  die  ursprüngliche  strophenfolge  zu   sagen  bin  ich   nicht 
im  stände.    Nur  soviel  scheint  mir  festzustehen,  dass  str.  1.  2.  3  in  A 
in  richtiger  Ordnung  überliefert   sind    (vgl.   str.  1,  12  mit  str.  2,  1; 
str.  2,  12  mit  str.  3,  1).     Die  vierte  Strophe  steht  vielleicht  nicht  am 
richtigen  platze.    Für  den  fortlaufenden  vertrag  scheinen  die  sieben  in 
A  zusanmiengestelten  Strophen  wegen  der  mannigfachen  bindungen  der- 
selben unter  einander  bestirnt  gewesen  zu  sein. 

Tstr.  12zeiL  Str.  1  u.  7  K^bcK^bcdedede,  Str.  2  u.  4  K^bcK^bc 

„    1  u.  4  aK^caK^c 
„    1.  6  u.  7  abcabcdKMKMK* 
„    1  u.  5  abcabcK*eK*^eK^e 
Siehe  VI  B  b  3. 

3.  Friedrich  von  Hausen  (MF  54 ,  l) 

58tr.  9zeil.  Str.  2  u.  5  ababbK^ddKS   Str.  2  u.  3  ababbcK'K'c 

„    lu.4  aK^aK'K^cddc,  ^  3u.  5  aK*aK*K*cddc 
Siehe  VI  B  b  2. 

4.  Steimuar  (HMS  II  157  XI) 

5str.  llzeil.    Str.  1  u.  3  aabK^K^bddeee 

„  2  u.  5  aaK*ccK*ddeee 
„  1  u.  3  aabccbK'K^eee 
„    2  u.  3  aabccbddK*K*K* 

Str.  1.  4  :  5  vogelin  :  stn,    Str.  3.  4  :  5  lln  :  schrin. 
6  diencerin  :  ^n^    „    5.  3  :  6  min  :  gesin, 
8  swcBre  :  saeldenhcere,    Str.  3.  7  : 8  swtBrc  :  nuere. 
11  strousak  län  :  strousak  län  :  getan 
11  strousak  län  :  strousak  län  :  gän, 
[    „    1.   d  :  10:  11  lät  :  lät  :  hat 

11  tragen    :  tragen  ;  erwägen 
11  vam  :  vam  ;  spam,] 
12  345 


2. 

3:6 

1. 

7:8. 

2. 

9  :  10 

3. 

9:  10 

1. 

9:  10 

4. 

9:10 

5. 

9  :  10 

220  0I8KB 

5.   Walther  von  Breisach  (HMS  II  140  I) 

78tr.  15zeil.    Str.  1  u.  2  K^K^bcddbceefggfc 

„    5  u.  7  aabcddbcK»K«fggfc 
^    4  u.  6  aabcddbceeK»K*K*E*c 
^    2  u.  3  aabK»ddbK*eefggfK5 
Siehe  VI  B  b  4. 

d.   Durch  widerkehr  derselben  reime  in  vier  Zeilen. 
Gottfried  von  Neifen  (H  50,  7)   ^ 

5str.  lOzeil.    Str. 5  abcabcdddd 

„    1  u.  2  abcabcK^K»K>K^ 
„   3  u.  4  abcabcK»K»E«K« 
Str.  1.    7:8:9:10  blüde  :  gemüete  :  güete  :  heküete 
„   2.    7  :  8  : 9  :  10  süeze  :  grüeze  :  müeze  :  hüeze. 
ji   3.    7  :  8  :  9  :  10  underwunden  :  befunden  :  wunden  :  unverbunden 
jy   4.    7  :  8 :  9  :  10  stunde  :  munde  :  gunde  :  enbunde. 
Es  bestehen  die  bindungen  in  diesem  gedichte  allerdings  nar  in 
unreinen   reimen.    Aber  für  Zufälligkeiten  sind  sie  deshalb  doch  wol 
kaum  anzusehen.  12  3  4  5 

e.  Verbindung  von  II  D  a  und  d. 
Heinrich  von  Meningen  (MF  126,  8) 

4str.  8zeil.    Str.  2  u.  3  KibK^bbccb 

„    1  u.  4  aK«aK«K»ccK«.    Siehe  VI  Bei. 

f.  Verbindung  von  II  D  b  und  d. 
Friedrich  von  Hausen  (MF  45,  1  —  36) 

In  MF  haben  wir  zwei  in  demselben  tone  verfasste  lieder.  Allein 
schon  MüUenhoff  (Z.  f.  d.  A.  14,  s.  135)  meint,  dass  man  fragen  könne, 
ob  Friedrich  die  beiden  lezten  Strophen  nach  seiner  räckkehr  ans  Ita- 
lien gedichtet  oder  den  ersten  beiden  in  Italien  ver&ssten  als  geleit 
mitgegeben  habe.  Ich  kann  die  Strophen  sehr  wol  verstehen,  wenn 
sie  in  Italien  verfasst  sind ,  ein  jähr  (vgl.  45,  29)  nach  dem  anfbrnche 
Friedrichs  nach  suden,  also  1186  (vgl.  MüUenhoff  a.  a.  o.  s.  135). 
Wegen  der  weiter  unten  anzuführenden  kömer  scheinen  alle  vier  Stro- 
phen ßiY  den  fortlaufenden  vertrag  bestimt. 

4str.  9zeil.    Str.  2  u.  4  aK^aK^aaE^cc 

„    1  u.  3  K«bK«cK»K»bcc 
Str.  2.    2:4:7  wcere  :  stotere  :  mcere 
„    4.    2:4:7  jaere  :  waere  :  sxvijere. 
„    1.    \  :  ^  :b  i  ^  zU  i  lU  '.  lip  :  wip 
„    3.    1  :  3  :  5  :  6  jgri^  :  Zip  :  ni^  :  uAp, 

12  3  4 


KÖRNER  221 

&   Durch  widerkehr  derselben  reime  in  je  drei  und  sechs  zeilen. 

^ch  von  Gutenberg  (MF  77,  36) 

68tr.  9zeil.    ababbbbab 

Str.  4.    1:3:8  hdiben  :  verMben  :  vermiden 

jf   5.    1:3:8  vermiden  :  Uden  :  hdiben. 

Str.  1.  2:4:5:6:7:9  enstän  :  wän  :  ergän  :  undertän :  missetän  : 
zergän 

y,  2.  2:4:5:6:7:9  getan :  getan  :  enkan  :  undertän  :  man  :  enkan 
n  4.  2:4:5:6:7:9  hegän  :  wän  :  gän  :  verhan  :  man  :  gestän, 
„  5.  2:4:5:6:7:9  ergät  :  gät  :  bestät  :  rät  :  hat  :  missäät 
„  6.  2 : 4  :  5  :  6  :  7  :  9  flfo*  :  Äo^  :  Za^  :  stät  :  vervät  :  hat. 
j,   3.  2 : 4 :  5  :  6  : 7  :  9  geranc  :  gedanc  :  underwant :  erkant :  sanc  : 
bettpanc. 
In  MF  sind  aus  diesen  in  gleicher  anzahl  und   folge  von  den 
handschriften  überlieferten  sechs  Strophen  sechs  lieder  gemacht.    Auch 
Scherer  (Deutsche  Studien  I ,  s.  335)  spricht  sich  dahin  aus ,  dass  Ulrich 
Ton  Gatenberg  neben  seinem  leich  nur  einstrophige  minnelieder  gedich- 
tet habe.     Burdach  hingegen   macht  (a.  a.  o.  s.  89)  auf  die  respon- 
sion  zu  anfang  dreier  dieser  Strophen    (78,  15  ich   wil  iemer  me 
wesen    holt   mfnem    muote,    78 ^  24    ich    wil    iemer    mit   genäden 
IdSben,   78,  33  ich  wil  niemer  durch  minen  kuniber  vermiden)  auf- 
merksam.    Er  glaubt,    dass    diese  Strophen   hierdurch    als   ein   lied 
gekenzeichnet    werden,    und    dass    hiernach  Scherers   bemerkung    zu 
berichtigen  sei.    Eine  weitere  berichtigung  wird  derselben  bemerkung 
durch  die  oben  verzeichneten  reime  dahin  zu  teil,  dass  alle  sechs  Stro- 
phen für  den  fortlaufenden  Vortrag  bestimt  waren  und  zu  einem  gan- 
zen zn  vereinigen  sind.    Str.  1.  2.  4  sind  an  denselben  strophensteilen 
durch  dieselbe  anzahl  der  körnerzeilen  mit  einander  gebunden  wie  ihrer- 
seits Str.  5  und  6.    Die  beiden  körnergruppen  reimen  assonierend  mit 
einander,   und  dasselbe  gilt  von  den  entsprechenden  zeilen  der  dritten 
Strophe.     Ausserdem  sind  str.  4  und  5  in  abweichender  weise  durch 
kömer,   str.  4  und  5  durch  die   oben  erwähnte   responsion  gebunden, 
so  dass  sich  der  kunstvolle  metrische  bau  dieses  liedes  etwa  so  dar- 
stellen liesse  ^:::^^ 

12  3  4  5  6 

h.   Durch  widerkehr  derselben  reime  in  allen  zeilen. 

1.    Gottfried  von  Neifen  (H  27,  15) 
4str.  lOzeiL    aabaabcddc 

Str.  1.  1  eungen  :  str.  2.  1  entsprungen 
^    1.  2  gesungen  :  str.  2.  2  gelungen 


222  oisKB 

Str.  1.  3  walt  :  str.  2.  3  gewcdt 

4  bettüungen  :  str.  2.  4  erklungen 

5  verdrungen  :  str.  2.  5  jungen 

6  Ä;aZ^  :  str.  2.  6  alt 

7  s^o^  :  str.  2.  7  ro^ 

8  mlne  :  str.  2.  8  pine 

9  scÄine  :  str.  2.  9  eitn« 
10  flfo^  :  Str.  2.  10  ct-^o^. 

Str.  3.  1  stunde  :  str.  4.  1  gunde 

2  munde  :  str.  4.  2  enbunde 

3  rö^  :  str.  4.  3  jeftö^ 

4  enÄ;un(2ß  :  str.  4.  4  underti^unde 

5  wunde  :  str.  4.  5  erwunde 

6  no^  :  str.  4.  6  not 

7  gän  :  str.  4.  7  Äan 

8  übergulde  :  str.  4.  8  schulde 

9  %ti^  :  str.  4.  9  dulde 
10  stö»  :  str.  4.  10  ^etön. 

Jede  Strophe  besteht  nach  dem  oben  mitgeteilten  Schema  ans 
auf-  und  abgesang.  Die  zweite  hat  dieselben  reime  in  den  entsprechen- 
den Zeilen  wie  die  erste,  die  vierte  wie  die  dritte.  Bezeichnet  man 
die  erste  strophe  hinsichtlich  ihrer  reime  mit  a,  die  dritte  mit  b,  so 
ergibt  sich  für  das  ganze  gedieht  das  schema  aabb.  Die  vorlezte  zeile 
der  drei  lezten  Strophen  begint  mit  frouwe.  Dass  dies  beabsichtigte 
künstele!  ist,  muss  man  bei  diesem  dichter  wol  annehmen.  So  ist 
denn  auch  aa  mit  bb  gebunden. 

Auch  eine  andere  Wahrnehmung  will  ich  hier  mitteilen :  Str.  1, 
1  — 3  +  Str.  2,  1  —  3  +  str.  3.  7.  8  +  str.  4,  9.  10  ergeben  eine  sin- 
gemässe  strophe,  die  in  form  und  Inhalt  dem  ganzen  liede  entspricht. 

Lop  von  nmngen  fsungen 
wart  dem  meigen  hiure  gesungen 
von  dien  vogden  dur  den  gruenen  walt. 
mir  was  fröide  entsprungen, 
leider  nu  ist  mir  niht  gelungen 
an  der  lieben  diu  min  hat  gewaU, 
Minne,  sich,  du  last  mich  trüric  gän. 
tröst,  der  S(slden  Überguide, 
frouwe,  sende  not  ich  dulde 
nu  dur  got,  waz  hän  ich  iu  getan? 


KÖBNBR  223 

E.    Fünf-  und  mehr  als  fänfstrophige  gedichte,    in  denen  nur  einige, 
jedoch  mehr  als  zwei  strophen  zu  je  zweien  oder  dreien  in  verschie- 
dener weise  gebunden  sind. 

a.   Durch  widerkehr  derselben  reime  in  zwei  zeilen. 

1.  Neidhart  von  Beuenthal  (HI  7  11) 
5str.  8zeil.    abbacddc 

Star.  1.  1 : 4  e  :  Ue^    Str.  3.  1:4  ergi  :  ste. 
„   1.2:3  von  dem  touwe  :  frouwe 
„    2.  2  : 3  von  dem  touwe  :  schouwe, 

12  3  4  5 

2.  Konrad  der  Schenke  von  Landegge  (HMS  I  350  I) 
5str.  16zeil.    abbccaddeeffgghh 

Str.  1.  15 :  16  hraft  :  schadehafly  Str.  3.  15  :  16  kraß  :  meisterschafl, 
9)  2.  11 :  12  Ao^  verwunt  :  Jcunt,  „  3.  11  :  12  kunt  :  hat  verwunt. 

12  3  4  5 

3.  Beinmar  (MF  186,  19)    58tr.  lOzeil.    abcabcWdWd 

Str.  1.  8 :  10  sere  :  ere,    Str.  2.  8:10  mere  :  bekere, 
„   2.  3 : 6  höchgemüete  :  hehüete,    Str.  3.  3  :  6  güete  :  müete. 

12  3  4  5 

4.   Walther  von  der  Vogelweide  (L  97,  34) 

östr.  lOzeil.    abcabcdeed 

Str.  1.  8:9  minnen  :  sinnen^    Str.  2.  8  :  9  sinne  :  inne. 
„    2.  3 : 6  ergat  :  häty  Str.  5.  3 :  6  Ao^  ;  bestät. 

1  2345 

6.    Beinmar  (MF  183,  33) *    östr.  7zeil.  ababccc 

Str.  1.  1 : 3  stän  :  getan,    Str.  4.  1 : 3  wider stän  :  hän. 
„    2.  2 : 4  min  :  sin,     Str.  4.  2  :  4  ^n  :  min. 

12  3  45 

6.    Meister  Johannes  Hadlaub  (HMS  ü  284  IX) 

58tr.  12zeil.    abbcaddceffe 
Str.  2.  1  :  5  sinne  :  minne,    Str.  3.  1  :  5  minnen  :  gewinnen. 
j,    3.  9  :  12  6i  :  vfi,    Str.  5.  9  :  12  wi  :  U. 

12  3  4  5 

1)  Nach  Burdach  (a.  a.  o.  s.  21)  unecht. 


224  0I8KB 

7.  Konrad  der  Schenke  von  Landegge  (EMS  I  353  EL    B.  L.  LXXTT  1) 

östr.  lOzeil.    aabccbdeed 
Str.  2.  7:10  tnot  :  guot ,    Str.  4.  7:10  gfAot  :  gemuct. 
„    2.  1 :  2    tmngen  :  singen,    Str.  5.  1 :  2  singen  :  erklingen. 

12  345 

8.  Derselbe  (HMS  I  358  XIY)    58tr.  lOzeil.    abcabcdeed 

Str.  2.  8:9  bdiben  :  unben,     Str.  4.  8 : 9  toibe  :  libe. 
„    4.  1 : 4  Up  :  saiik  wip,     „    5.  1 : 4  stdik  wlp  :  Up. 

12  3  4  5 

9.  Steinmar  (HMS  11  156  VII.    B.L  LXXVI  51) 

5str.  lOzeil.    ababccddB(ee) 

Str.  3.  5  :  6  muote  :  huote^  Str.  4.  5  :  6  huote  :  muote, 
„    3.  7  :  8  wd  :  sol,    Str.  6.  7  :  8  soZ  :  wol, 

12  3  4  5 

10.  Jakob  von  Warte  (HMS  I  65  I)    58tr.  8zeil.    ababcddc 
Str.  3.  2  :  4  not  :  aide  ich  hin  an  vröuden  tot 

^    5.  2  :  4  aide  ich  bin  an  vröuden  tot  :  rot, 
y,    4.  5  :  8  gewaltic  min  :  ^n,   Str.  5.  5  :  8  gewaUic  min  :  sin, 

12  3  4  5 

11.  Derselbe  (HMS  I  66  III)    58tr.  lOzeil.  aabccbdeed 

Str.  1.  4  :  5  singen  :  dringen,  Str.  4.  4  :  5  gedingen  :  gelingen. 
y,  1.8:9  nußre  :  saeldenbisre,  „  4.  8  :  9  stP(ere  :  S€ddenb(ßre. 
„    4.  1  :  2  gemOete  :  güete,     Str.  5.  1  :  2  güete  :  ungemüele. 

12  3  4  5 

12.  Der  tugendhafte  Schreiber  (HMS  H  148  I)  5str.  6zea  ababec 
Str.  1.  2:4  here  :  mere^    Str.  3.  2  :  4  sire  :  mSre, 

„    5.  2  :  4  sere  :  here. 

12  3  4  5 


13.  Walther  von  der  Vogel  weide  (L  52,  23)  58tr.  8zeil.  ababcddc 
Str.  3.  6  :  7  kleine  :  aleine,    Str.  4.  6  :  7  gemeine  :  aleine, 

^    5.  6  :  7  deheine  :  Jdeif^. 

12  3  4  5 

14.  Steinmar  (HMS  II  158  XII)    58tr.  9zeil.  ababccR(dWd) 

Str.  3.  1  :  3  sin  :  din,    Str.  4.  1 :  3  sin  :  U  dir  min  troesUstrm, 
„    5.  1  :  3  sin  :  bi  dir  min  trcesUerin. 

12  3  4  5 


KÖRNBB  225 

15.    Tannhäuser  (HMS  II  93  XI) 

5str.  12zeil.    Str.  1.  2.  3  aabcddbceeff,    Str.  4  u.  5  eeee 
Str.  3.  4 :  8  minne  :  sinne,  Str.  4.  4  :  8  sinne  :  minne^ 
„    5.  4  :  8  hOniginne  :  heiserinne. 

12  3  4  5 

Vgl  aasserdem  VI  Ca  1  —  5. 


16.  Ulrich  von  Lichtenstein  (L  134,  5)  6str.  12zeil.  aabccbddefef 
Str.  2.  10  :  12  twanc  :  kranc,    Str.  4.  10 :  12  hranc  :  habedanc. 

„    2.  9  :  11  SiViBre  :  ewivelcere,  „   5.  9 :  11  stvcere  :  betoeere. 
„    4.  3  :  6     si  :  bi,    Str.  5.  3  :  6  si  :  vri. 

12  3  4  5  6 

17.  Neidbart YOü Beaenthal  (H  n  44,  36)  6str.  lOzeil.  abcabcdeed 
Str.  1.2:5  eergän  :  stan ,    Str.  5.2:5  getan  :  ergän. 

„   2,  1 1 10  söl  :  wolj    Str.  5.  7  :  10  wol  :  sol. 

12  3  4  5  6 


18.  Babin  (HMS  I  317  XX)     68tr.  9zeil.    aabccbddd 
Str.  2.  4  :  5  ^n  :  min,     Str.  3.  4  :  5  hin  :  hin. 

j,   3.  3  :  6  ä%n  :  min,       „   4.  3  :  6  in  :  hin, 
j,    5.  3  :  6  ^n  :  min. 

12  3  4  5  6 

19.  Wachsmnt  Yon  Eonzich  (HMS  I  302  H)   6str.  6zeil.    ababcc 
Str.  2.  2  :  4  hän  :  toidertän,    Str.  5.  2  :  4  wolgetän  :  umbevän, 

„    2.  5 :  6  mare  :  herzeswcere,    Str.  5.  5  :  6  swcere  :  wcere, 
j,    3.  5 :  6  heider  :  leider^    Str.  4.  5  :  6  heide  :  ougenweide. 

12  3  4  5  6 

Vgl.  ausserdem  VI  C  a  6  —  9. 


20.    Neidhart  von  Beuenthal  (H  H  92,  11) 
7str.  14zeil.    abcdabcdeefgfg 

Str.  2.  9  :  10  strit  :  nit,    Str.  3.  9  :  10  eU  :  s«. 
„   2.  4  :  8    hegan  :  man,    Str.  4.  4  :  8  dorfman  :  gan. 
j,    6.  4  :  8    wöl  :  doly    Str.  7.  4  :  8  wol  :  sol. 
j,    2.  2  :  6     min  :  sin,      „    7.  2  :  6  ^n  :  min, 
„   4.  1 :  5    Bm  :  hreizdin^    Str.  6.  1  :  5  min  :  Addmn. 

12  3  4  5  6  7 


r.  IXIÜTSGHI  FHILOLOeiX.     BD.  xvin.  15 


226  OUKS 

21.   unter  Neidhart  von  Beuenthal  (H  LI  1) 

78tr.  Idzeil.    ababcdedeccff 

Str.  2.  6  :  8  wän  :  umbeväny    Str.  7.  6  :  8  man  :  gan, 

y,    S.  ß  :  S  ich  :  mich,     Str.  ß.  6  :  S  ich  :  mich. 

^    6.  1  :  3  sprach  :  sivach,    Str.  7.  1  :  3  sprach  :  ungemctch. 

12345  6  7 


22.  Neidhart  von  Eeuenthal  (H  E  82,  3) 

78tr.  12zeil.    aWabcWcbdeed 

Str.  1.  10  :  11  mäze  :  läze^    Str.  5.  10  :  11  gd&ee  :  str&ee. 

yt    6.  4  :  8  han  :  verstau,       „    7.  4  :  8  hän  :  getan. 

12  34567 

23.  Ulrich  von  Lichtenstein  (L  456,  25)    7str.  6zeiL  aabccb 
Str.  1.  1  :  2  schouwen  :  vrouwen,   Str.  6.  1:2  schoutoen  :  vroutoen. 

„    2.  1  :  2  Schilde  :  müde^    Str.  5.  1  :  2  schUde  :  wüde. 

1  2  3  4  5  67 


24.   Derselbe  (L  545,  3)  78tr.  7zeil.    ababeWc 

Str.  1.  1  :  3'güete  :  hdchgemüetCj   Str.  4.  1  :  3  güete  :  hochgemüete. 
„    1.  5  :  7  guot  :  muot^    Str.  5.  5  :  7  guot  :  gemuot. 

12  34567 


Vgl.  ausserdem  VI  C  a  10  und  11. 

b.   Durch  widerkehr  derselben  reime  in  drei  zeilen. 

1.  Walther  von  der  Vogelweide  (WL  36,  11) 

5str.  lOzeiL    aabbccdddc 

Str.  3.  5  :  6  :  10  griiezen  :  sOezen  :  swtßre  büezen 

„    4.  5  :  6  :  10  fOeze  :  süeze  :  swtere  büezen. 

„    4.  7  :  8  :  9    sach  :  sprach  :  ungemach 

„    5.  7  : 8  :  9    stach  :  ensprach  :  brach. 

12  3  4  5 

Dass  die  drei  lezten  Strophen  dieses  tones  durch  ihren  Inhalt 
sowie  durch  die  angemerkten  reime  zusammenhängen,  hat  schon  Wü- 
manns  (s.  195)  bemerkt  und  gleichfals,  dass  alle  fftnf  Strophen  vielleicht 
ein  lied  bildeten. 

2.  Neidhart  von  Beuenthal  (HI  26,  23)   9str.  6zeiL  aabbWb 

Str.  S,  S  :  ^  :  6  vcd  :  zal  :  nahtigäl 
„    9.  3  :  4  :  6  verhol  :  al  :  Biuwental. 
„    5.  3  :  4  :  6  wolgetän  :  hän  :  dan 
„    7.  3  :  4  :  6  man  :  enkan  :  gestän. 

123456789 


KÖBNEB  227 

c.   Verbindung  von  a  und  b. 

1.    Hugo  von  Werbenwag  (HMS  II  67  L    B.  L.  XLK  l) 
7str.  7zeiL    ababccc 

Str.  1.  1 : 3  mere  ;  Sre,    Str.  7.  1 : 3  serc  :  ere. 
„    2.  2 : 4  fett  :  mir  verseit,    Str.  6.  2  : 4  leit  :  ir  gesett. 
j,    1.5:6:7  bekant  :  emiant  :  vatU 
„    6.  5  :  6  :  7  eehant  :  lant  :  vatU, 

12  34567 


2.    Gottfried  von  Neifen  (H  44 ,  20)    5  str.  5  zeil.    a  b  a  b  b 
Str.  1.  1  :  3  büttefkjere  ;  minnehaerey   Str.  2.  1 : 3  mcere  :  büttencere, 
^    1.  2  :  4  :  5  lant  :  vant  :  bant 
„    4.  2  :  4  :  5  hant  :  heUant  :  gesant. 

12  3  4  5 

Vgl.  ausserdem  VT  C  b. 

d.    Durch  widerkehr  derselben  reime  in  je  zwei  und  vier  Zeilen. 
Meister  Johannes  Hadlaub  (HMS  H  278  L    B.  L.  LXXXVII  1) 
7Btr.  12zeil.    Str.  1  u.  4  ababcbcbdK^dK* 

„    2.  6  u.  7  aK»aK«cK»cK«dede 
Siehe  VI  C  c. 

P.    Vier-  und  mehr  als  vierstrophige  gedichte,  in  denen  nur  zwei 

Strophen  gebunden  sind. 

a.   Durch  widerkehr  derselben  reime  in  zwei  zeilen. 

a.   In  vierstrophigen  gedichten. 

1.  T^eidhart  von  Beuenthal  (HU  71,  11)  13zeil.  abbcaddcefefe 

Str.  3.  4  :  8  kan  :  man,    Str.  4.  4  :  8  man  :  getan. 
^    3.  10  :  12  lachen  :  gemachen y  Str.  4.  10 :  12  machen  :  Sachen, 

2.  Kaiser  Heinrich^  (MF  5,  16)  7 zeil.  ababccc 

Str.  1.  2:4  enmac  :  tac,    Str.  4.  2  :  4  toc  :  ennuic. 

3.  Heinrich  von  Bugge  (MF  103,  3)  8 zeil.    ab  ab  cd  cd 

Str.  2.  1:3  rät  :  begät^    Str.  4:.  1  :  3  stät  :  rät. 

4.  Heinrich  von  Morungen   (MF  143,  22)  8 zeil.    ababcccB 

Str.  1.  1  :  3  m^ :  sni,    Str.  2.  1  :  3  me  :  engi 
Jede  Strophe  begint  mit  OwS. 

5.  Beinmar  (MF  176,  5)  11  zeil.    abcabcddWee 

Str.  1.  7  :  8  dm  ;  min,    Str.  4.  7  :  8  min  :  din, 

1)  Ich  Bohliesse  mich  der  ansiebt  Scherers  (a.^a.  o.  s.  444)   an ,   dass  dies 
gedidit  von  dem  Stanfer  Heinrich,  dem  söhn  Friedrichs  I,  sei. 

15* 


228  GISKB 

Burdach  (a.  a.  o.  s.  95  und  218)  macht  darauf  aufmerksam,  das::» 
die  lezte  zeile  der  ersten  (176,  15)  und  die  lezte  zeile  der  lezten  Stro- 
phe (177,  9)  das  wort  frouwe  enthalten,  während  die  zweite  und  dritte 
Strophe  übereinstimmend  mit  frouwe  ich  hän  beginnen.    Dass  der  anfang 
der  zweiten  und  dritten  strophe  mit  bewuster  absieht  gleich  gebildet 
ist,  steht  ausser  allem  zweifei.  Dagegen  möchte  ich  in  iemfroutüc,  das 
sich  in  der  lezten  zeile  der  anfangs-  und  schlussstrophe  findet,   eher 
zufölligkeit  als  beabsichtigte  responsion   sehen.     Das  wort   steht  gar 
nicht  einmal  an  derselben  versstelle.    Gebunden  sind  str.  1  and  4  indes 
doch  und  zwar  durch  die  oben  vermerkten  reime,   so  dass  Bardachs 
Schema  abba  nichtsdestoweniger  zu  recht  bestehen  bleibt. 

6.  Derselbe  (MF  179,  3-- 38)  9zeil.    ababccddc 

Str.  2.  2  : 4  hat  :  stät.     Str.  3.   2 : 4  gät  :  stät 
Vgl.  Burdach  a.  a.  o.  s.  219  fgg.  und  oben  z\i  U  B  2l  y  b. 

7.  Derselbe  (MF  197,  15)    7zeil.    ababcWc 

Str.  1.  5 :  7  enmac  :  slac,    Str.  3.  5  :  7  mac  :  tac. 

8.  Hartmann  von  Aue  (MF  216 ,  1)    7zeil.   ababccc 

Str.  1.  1  :  3  stät  :  rät^     Str.  3.  1  :  3  rät  :  hat, 

9.  Walther  von  der  Vogelweide  (WL40,  19)    Szeil.    ababeddc 

Str.  3.   2  :  4:  me  :  we,    Str.  4.  2:4  widersti  :  engi. 

10.  Neidhart  von  Eeuenthal  (H  II  52,  21)  13zeil.  abcdabcdWeffe 

Str.  1.   1:5  war  :  missevar,    St  4.  1:5  vor  :  Engdmär, 

11.  Derselbe  (Hü  41,  33)  lOzeil.    abcabcddee 

Str.  2.  1  :  4  dar  :  Adelmär,     Str.  3.  1  :  4  jär  :  war. 

12.  Unter  Neidhart  (H  XXXVm  19)   9zeil.  ababcdddc 

Str.  1.  2:4  singen  :  ttoingen,    Str.  2.  2  :  4  ringen  :  singen. 

13.  Ulrich  von  Lichtenstein  (L  113,  13)   8zeil.    ababcdcd 

Str.  1.  5:7  gewinnen  :  minnen,  Str.  4.  5:7  brinnen  :  minnen. 

14.  Schenk  Ulrich  von  Winterstetten  (HMS  I  172  XLV)  ^ 
lOzeil.    ababcddcB(ee) 

Str.  1.  2  :  4  sanc  :  kranc,    Str.  2.  2  :  4  kranc  :  sanc. 

15.  Eubin  (HMS  I  312  III)  llzeil.    abababcddcd 

Str.  2.  7  :  10  niht  :  isuoversiht,     Str.  4.  7  :  10  iW  :  siht. 

16.  Derselbe  (HMS  I  316  XVU)  lOzeil.  abcabcdede 

Str.  1.  8  :  10  m<^  ;  e,     Str.  4.  8  :  10  ste  :  m6. 

17.  Eonrad  der  Schenke  von  Landegge  (HMS  I  356  X) 
13zeil.  ababcdcdeefef 

Str.  1.  2  :  4  jrf^  ;  lU,     Str.  4.  2  :  4  K<  ;  sU. 

1)  In  der  handschrift  ist  räum  gelassen  f&r  eine  frtzophe. 


KÖBHBB  229 

IS.  Wilhelm  von  Heinzenburg  (HMS  I  305  VI)  8zeil.  ababcddc 
Str.  1.  6  :  7  kleine  :  cUeinej    Str.  3.  6 :  7  gemeine  :  aleine. 
Vgl  ausserdem  VI  D  a. 

ß.   In  f&nfistropbigen  gedichten. 
1.   Von  Singenberg,   Truchsess  von  St.  Gallen    (HMS  I  299  XXX. 
WB264y  13)   8zeil.    ababccdd 
Str.  1.  1  :  3  hän  :  getän^    Str.  5.  1  :  3  getan  :  län. 
y,    1.  2  :  4  versinne  :  minne^    Str.  5.  2  :  4  versinne  :  minne, 

2.  Wolfram  von  Eschenbach  (LW  7,  11)    6zeil.  ababcc 

Str.  1.  6  :  6  sanc  :  enJUane,    Str.  4.  5  :  6  ttoanc  :  lanc. 

3.  Der  togendhafte  Schreiber  (HMS  II 1 48  II)  10 zeil.  ababccdeed 

Str.  2.  1  :  3  Jean  :  an,     Str.  3.  1  :  3  Jean  :  an. 

4.  Neidhart  von  Reuenthal  (HI  26,  14)  8 zeil.    WaabbcWc 

Str.  1.  2  :  3  ricJ^en  :  tieften,   Str.  3.  2  :  3  wünnecUchen  :  ticJ^en., 

5.  Derselbe  (H I  28 ,  1)    7 zeil.    Waabbcc 

Str.  1.  6  :  7  meien  :  zweien  j    Str.  3.  6  :  7  reien  :  meien. 

6.  Derselbe  (HI  28,  36)   6zeil.    aabbcc 

Str.  1.  3  :  4  schal  :  al,    Str.  5.  3  :  4  boZ  ;  Riuwental. 

7.  Derselbe  (RTL  43,  15)  lOzeil.  abcabcdeed 

Str.  2.  7  :  10  jär  :  daty    Str.  3.  7  :  10  heMoar  :  var. 

8.  Derselbe  (H n  97,  9)   14zeil.   ababcdedecfggf 

Str.  3.  12  :  13  ftörf  :  trai,    Str.  5.  12  :  13  Aä^  :  vo&t. 

9.  Derselbe  (HH  99,  1)  14zeil.  aabbcddeecfggf 

Str.  3.  8:9  Ji&n  :  getan,    Str.  5.  8  :  9  Jhän  :  wän, 

10.  Unter  Neidhart  (H  XIY  1)  9 zeil.  ababcdddc 

Str.  2.  1 :  3  maget :  tmvermget,    Str.  3.  1  :  3  gesaget :  heJiaget. 

11.  Unter  Neidhart  (H  XLVIII  24)  10 zeil.  abcabcddee 

Str.  3.  3  :  6  gogdheit  :  geseit,    Str.  4.  3  :  6  gemeit  :  bereit. 

12.  Unter  Neidhart  (HL  6)  4 zeil.  aabb 

Str.  2.  3  :  4  jär  :  Aar,    Str.  4.  3  :  4  war  :  här. 

13.  Ulrich  von  Singenberg ,  Truchsess  von  St.  Gallen  (HMS  I  297  XXV. 

WB249,  17)   8zeil.  ababccdd 

Str.  2.  7:8  gan  :  an,    Str.  5.  7  :  8  an  :  Jean, 

14.  Ulrich  von  Lichtenstein  (L  97,  9)  8 zeil.  ababcddc 

Str.  1.  2  :  4  vogelin  :  scJhin,    Str.  4.  2  :  4  min  :  stn. 

15.  Derselbe  (L  406,  1)  6  zeil.  ababcc 

Str.  2.  6  :  ^  leit  :  werdiJceüj    Str.  4.  5  :  6  werdüceit  :  seit 

16.  Ulrich  von  Lichtenstein  (L  407,  27)  7  zeil.  ababccc 

Str.  2.  2  :  4  st&t  :  ergat,     Str.  4.  2  :  4  s^d^  :  legät. 

17.  Derselbe  (L444,  24)  6zeil.  ababcc 

Str.  4.  5  :  6  %  :  mp^    Str.  5.  5  :  6  wip  :  lip. 


230  OISKB 

18.  Derselbe  (L  533,  13)  6zei1.  ababcc 

Str.  2.  2  :  4  man  :  eergän,    Str.  4.  2  :  4  kan  :  dan. 

19.  Derselbe  (1649,  17)  6zeil.  ababcc 

Str.  2.  5  :  6  an  :  zergän ,    Str.  3.  5  :  6  gan  :  an. 

d 

20.  Derselbe  (L  563,  21)  7zeil.  ababccd 

Str.  3.  2  :  4  vrowen  min  :  sin,  Str.  5.  2  :  4  min  :  vrawen  m. 

cd 

21.  Burkart  von  Hohenfels  (HMS  I  202  ü)  6zeil.  ababdc 

Str  1.  1:3  ere  :  sere,    Str.  2,  1  :  3  bere  :  ISre. 

22.  Derselbe  (HMSI  203  V.    B.L.  XXXIV  71)  8zeil.  ababccd d 

Str.  1.  1:3  tuot  :  höher  muoty  Str.  3.  1  :  3  höher  muot :  guct, 

23.  Derselbe  (HMS  I  203  VI)   llzeil.   aabccbdedde 

Str.  1.  3  :  6  ^n  :  min,    Str.  3.  3  :  6  sin  :  min. 

24.  Derselbe  (HMS  I  207  XHI)  lOzeil.  abcabcddee 

Str.  3.  7:8.  rät  :  hat,    Str.  4.  7  :  8  rd<  :  gät. 

25.  Gottfried  von  Neifen  (H23,  8)  lOzeil.  abcabcdeed 

Str.  1.  7  :  10  gdeä  :  Uit,    Str.  4.  7  .  10  gemeit  :  meii. 

26.  Gottfried  von  Neifen  (H  29,  36  —  31,  16). 

Haupt  (vorrede  VI)  vermutet ,  dass  str.  31,  16  eine  erweitemng 
des  liedes  sei.  Enod  (a.  a.  o.  s.  8)  will  sie  nicht  streichen ,  da  sie  „in 
eigentümlicher  weise  mit  der  zweiten  strophe  in  Verbindung  stehe." 
Diese  eigentümliche  Verbindung  besteht  darin ,  dass  aus  der  dritten  zefle 
der  zweiten  strophe  das  wort  einmüetic  herausgenommen  ist  und  nun 
der  preis  dieses  j^lieplichen  Wortes*^  die  ganze  sechste  strophe  ffilt ,  der- 
gestalt ,  dass  von  den  elf  zeilen  derselben  sieben  mit  einmüetic  beginnen. 

Gesezt  Enod  hätte  recht,  dann  müste  man  doch  billiger  weise 
annehmen,  dass  str.  6  auf  str.  2  ursprünglich  folgte.  Diese  annähme 
scheint  um  so  mehr  berechtigt  zu  sein,  als  str.  31,  16  dort,  wo  sie  in 
der  handschrift  ihren  platz  hat,  durchaus  nicht  passt  Aber  auch  an 
30,  20  schliesst  sich  31 ,  16  nicht  passend  an.  Ausserdem  dürfen 
str.  2  und  3,  die  mit  einander  in  engster  Verbindung  stehen  (vgL  30,  20: 
da  tuo  diu  Minne  ein  wunder  mit  30,  21  ^  dag  diu  Minne  wunder 
Jean)  nicht  getrent  werden.  Hiernach  will  mir  Haupts  Vermutung  höchst 
wahrscheinlich  erscheinen.  Nur  eins  könte  bedenken  erregen :  str.  30,  32 
und  31,  16  weisen  an  denselben  strophensteilen  dieselben  reime  au£ 

Str.  4.  8  :  9  :  10  munt  :  gesunt  :  stunt 
„    6.  8  :  9  :  10  stunt  :  funt  :  munt 
Allein  diese  Wahrnehmung  fält  um  so  weniger  ins  gewicht,    als  eine 
andere    mit   gröster  deutlichkeit   darauf  hinweist,    dass  die   Strophen 
29,  36  —  31,  15  zu  einem  dreiteiligen  liede  zu  vereinigen  sind.     Str.  1 
und  5  beginnen  mit  Nu,   str.  2  und  4  mit   Wä  wart  ie.     Darnach 


KÖBNBB  231 

ergibt  sich  f&r  das  ganze  lied  das  scbema  abxba.    Ausserdem  sind 
a  und  b  gebunden  dnrch 

Str.  1.  7  :  11  swtere  :  unwandelbtere 
„    4.  7  :  11  wcere  :  swiere 

27.  Schenk  Ulrich   von   Winterstetten    (EMS  I  155  XVn.      B.  L. 
XXXVm  136)  eff 

llzeil.    ababcdcddB  (e  0 
Str.  1.  5  :  7  fniht  :  euht,    Str.  2.  5  :  7  zuht  :  fruht. 
Jede  der  vier  lezten  Strophen  begint  mit  Min  Uage. 

28.  Rudolf  von  Botenburg  (HMS  I  89  XV)   lOzeil.  ababccdede 

Str.  2.  2:4  st&t  :  herzen  gat^  Str.  5.  2  :  4  herzen  gät :  bestcU. 

29.  Derselbe  (HMS  I  89  XVI)  7zeil.  ababcac 

Str.  1.  2  :  4  wo  :  also,    Str.  3.  2  :  i  vrö  :  ho. 

30.  Von  Scharfenberg  (HMS  I  350  ü)  9zeil.  ababccddc 

Str.  1.  1  :  3  nuere  :  swcere,     Str.  2.  1  :  3  swtsre  :  mcere.    d 

31.  Heinrich  von  Stretelingen  (HMS  1 111  H)  10z eil.  abbaccB(ddee) 

Str.  1.  5  :  6  ^0^  :  not^    Str.  4.  6  :  6  ro^  :  tot 

32.  Eonrad  der  Schenke  von  Landegge  (HMS  I  352  JE) 

12zeiL  abbcaddceffe 
Str.  3.  4  :  8  u^  :  verstß,    Str.  4.  4  :  8  verste  :  mS. 

33.  Derselbe   (HMS  I  357  XU)   12 zeil.  aabbccddeeff 

Str.  2.  11  :  12  Zip  :  tmpy    Str.  3.  11  :  12  mp  :  lip. 

34.  Derselbe  (HMS  I  359  XVH)   llzeU.  abcabcddeed 

Str.  4.  3  :  6  kan  :  an,    Str.  5.  3  :  6  man  :  gan. 

35.  Heinrich  von  Breslau  (HMS  I  10  H.    B.  L.  LXXXI  1) 

llzeiL  abcabcddeWe 
Str.  1.  9:11  toesen  :  genesen  ^  Str.  5.  9:11  toesen  :  genesen, 

36.  Meister  Johannes  Hadlaub   (HMS  H  301  XLV) 

lOzeiL  aabccbdeed 
Str.  1.  3  :  6  entstän  :  gän,    Str.  3.  3  :  6  wolgetän  :  gän. 

acac    f 

37.  Der  Dümer  (HMS  H  336.    B.  L.  XC  1)   8zeiL  bdbdeeef 

Str.  1.  2  :  4  schin  :  sin,    Str.  2.  2  :  4  mündelin  :  min. 

38.  Eonrad  von  Altstetten  (HMS  H  64  H)  llzeil.  abcabcddeec 

Str.  2.  9  :  10  diu  reine  :  die  ich  da  meine, 
jf    5.  9  :  10  diu  reine  :  die  ich  da  meine. 
Jede  Strophe  begint  mit  Wd. 

39.  In  einem  namenlosen  HMS  HI  422  XXH  mitgeteilten  liede 

lOzeil.  abcabcdede 
Str.  3.  8  :  10  zwar  :  gar^    Str.  5.  8  :  10  bar  :  var. 
Vgl  ausserdem  VI  D  b. 


232  GI8KB 

y.   In  sechsstropbigen  gedichten. 

1.  Hermann  der  Damen  (HMS  III  162  II)  7zeil.  ababcWc 

Str.  1.  2:4  ein  saelik  man  :  teil  vergan 
„    b.  2  :  4:  teil  gewan  :  ein  scelik  man. 
„    1.  5  :  7  eagen  :  von  in  sagen 
n    5.  6  :  7  von  im  sagen  :  tragen, 

2.  Ulrich  von  Lichtenstein  (L  420,  16)  7zeiL  ababccW 

Str.  2.  1  :  3  vinden  :  ermnden,    Str.  6.  1  :  3  vinde  :  undenoindi 
„    2.  6  :  ß  ire  :  mirCy    Str.  6.  5  :  6  ^e  :  mSre. 

3.  Beinmar  (MF  195,  37)^  6zeil.  ababcc 

Str.  1.  2  :  4  benomen  :  komen,    Str.  3.  2  :  4  benamen  :  kamen. 

4.  In  einem  in  B  hinter  Beimars  gedichten  überlieferten  liede 

(HMS  UI  320)  9zea.  ababccddc 

Str.  2.  2:4  hat  :  stät,    Str.  3.  2  :  4  gät  :  stät. 

5.  Neidhart  von  Benenthai  (H  H  59  36)  lOzeil.  abcabcdede 

Str.  4.  2  :  5  trat  :  hat,    Str.  5.  2  :  5  gestät  :  gät. 

6.  Burggraf  Von  Lüenz  (HMS  I  211  I.    B.  L.  XXXV  I) 

lOzeil.  ababcdcdee 
Str.  5.  6  :  8  ergie  :  unibevie,    Str.  6.  6  : 8  ^te  :  lie. 

7.  Wernher  von  Teufen  (HMS  I  109  IV)  7zeil.  ababccc 

Str.  3.  1  :  3  ieri;  :  lit,    Str.  5.  1  :  3  nU  :  lU. 
VgL  ausserdem  VI  D  c. 

d.   In  siebenstrophigen  gedichten. 

1.  Neidhart  von  Beuenthal  (HI  11,  8)  7zeil.  abbacca 

Str.  2.  2  :  3  vogelin  :  min,    Str.  5.  2:3  min  :  ^n. 

2.  Derselbe  (H  li  95,  6)   9zeiL  abcabcddd 

Str.  2.  3  :  6  ^  :  mac,    Str.  7.  3  :  6  mac  :  tiretac 

3.  Ulrich  von  Lichtenstein  (L447,  13)  8zeiL  ababccdd 

Str.  3.  7:8  schin  :  sin,    Str.  7.  7  :  8  min  :  din. 

4.  Derselbe  (L  507,  11)  8zeiL  ababcddc 

Str.  1.  6  :  7  sunne  :  tvtmnej    Str.  7.  6  :  7  tounne  :  sunne. 
VgL  ausserdem  VI  D  d. 

b.   Durch  widerkehr  derselben  reime  in  drei  zeilen. 

a.  In  yierstrophigen  gedichten. 
1.  Friedrich  von  Hausen  (MF  50,  19)  8zeiL  ab  ababcc 
Str.  1.  2:4:6  sinne  :  minne  :  willen 
„    4.  2  :  4  :  6  wiUe  :  sinne  :  minne. 

1)  Burdach  (a.  a.  o.  s.  229)  behauptet  von  diesem  gedieht,  wie  mir  scheio 
mit  recht,  dass  es  sicher  an&cht  seL 


KÖBNSB  233 

^.  Hildbold  von  Schwanegau  (HMS  I  280  I)  8zeil.  ababbaaa 
Str.  3.  2:4:5  rät  :  güetUchen  stat  :  hat 
ji    4.  2  :  4  :  6  ergal  :  rat  :  güetltchen  stat. 

ß.    In  fanfstrophigen  gedichten. 

1.  Budolf  von  Fenis  (MF  81,  30  —  82,  25)   7zeiL  ababbab 
Str.  2.  1  :  3  :  6  eren  :  Tc&ren  :  verseren 
a    4.  1  :  3  :  6  mire  :  sSre  :  here. 

Bardach  (a.  a.  o  s.  91)  will  aus  den  fünf  Strophen  dieses  tones 
zwei  üeder  machen,  dergestalt,  dass  einerseits  81,-  30  — 82,  4,  ande- 
rerseits 82 ,  5  —  25  je  ein  lied  bilden.    Er  hebt  die  responsion  in  den 
drei  lezten  Strophen  hervor:  es  korrespondiert  82,  9  mit  82,  16  u.  12« 
desgleichen  82,  13.  14  mit  82,  20.  21  sowie  82,  15  mit  82,  22.   Zwi- 
schen den  beiden  ersten  strophen  besteht  ein  ähnlicher  enger  Zusam- 
menhang. Beide  teile  scheinen  mir  mit  einander  gebunden  zu  sein  durch 
die  reime,  die  ich  oben  angab.     Darnach  ergibt  sich  far  das  ganze 

lied  etwa  folgendes  Schema         c    c 

aabbb 

2.  Der  tugendhafte  Schreiber  (HMS  II  149  HI.    B.  L.  XXIV  1) 

ccc 
7zeil.  ababddd 

Str.  3.  5^ :  6^ :  7^  gebunden  :  entwunden  :  wunden 

„    4.  5^ :  6^  :  7^  hunden  :  künden  :  überwunden, 

3.  Ulrich  von  Lichtenstein   (L  419,  1)   7zeil.  ababcbc 

Str.  1,  1:3:6  ere  :  lere  :  mere 
„    4.  1  :  3  :  6  hdre  :  nimmermere  :  immermere. 

4.  Oottfried  von  Neifen  (H  7,  15)  9zeil.  abcabcddc 

Str.  2.  3:6:9  sin  :  schin  :  dm,  Str.  5.  3:6:9  schtn :  sinipin, 

5.  Walther  von  Klingen  (HMS  I  72  HI.    B.  L.  LXIV  1) 

7zeil.  ababccb 
Str.  2.  2:4:7  daß  herze  min  :  sin  :  pin 
„    5.  2  :  4  :  7  pin  :  daz  herze  min  :  sin, 

6.  Eonrad  der  Schenke  von  Landegge  (HMS  I  358  XY) 

llzeil.  abcabcdeed^ 
Str.  1.  8  :  9  :  11  schin  :  blüemdin  :  sin 
„    4.  8  :  9  :  11  ^n  :  min  :  schin, 
7-    Heinrich  Frauenlob  (HMS  III  396  XVI)  lOzeiL  abcabcdddc 
Str.  1.  3  :  6  :  10  min  :  in  :  sin 
„    4.  3  :  6  :  10  m  :  schin  :  ruUn. 
8.    In  einem  namenlosen  HMS  m  428  XXXUI  mitgeteiltem  liede. 

13zeiL  aaabcccbefffe 
Stx.  1.  5  :  6  :  7  gedanc :  hranc :  lancj  Str.  2.  5  :  6  :  6  sanc  :  Manc :  spranc. 


234  0I8KB 

y.   In  sechsstropbigen  gedichten. 

1.  Ulrich  von  Lichtensein  (L  67,  25)  7zeil.  ab a bebe 

Str.  3.  2:4:6  mm  :  An  :  sdnn,  Str.  4.  2:4:  6  min  :  An :  scIAn. 

2.  Derselbe  (L  403,  26)  7zeil.  aabbccc 

Str.  1.  5:6:7  reine  :  (Aeine  :  gemeine 
„    6.  5  :  6  :  7  cHeine  :  meine  :  deheine. 

3.  Tannhäuser  (HMS  11  95  XIY)   9zeil.  ababccddd 

Str.  2.  7  :  8  :  9  winde  :  Ä^'tuJe  :  vind^ 
n    4.  7  :  8  :  9  tnncZa  :  mnde  :  ^u^ndla. 

4.  Walther  von  Klingen  (HMS  I  72  IV) 

7 Zeil.  Str.  1.  2.  3  5  ababbaa,  Str.  4  n.  6  ababWcc 
Str.  1.  2:4:5  schxn  :  nach  der  lieben  vromoenmin  :  sin 
yy    5.  2  :  4  :  5  nach  der  lieben  vrouwen  min  :  An  :  /tn. 

c.   Verbindung  von  a  und  b. 

Beinmar  (MF  199,  25)^    6str.  llzeil.  aabccbddeee 

Str.  1.  4:5  gemüete  :  güete,    Str.  6.  4  :  5  güete  :  behüete. 
„    1.  9 :  10  :  11  sere  :  mSre  :  Sre 
jy    6.  9  :  10  :  11  mere  :  sere  :  herzesere. 

d.  Durch  widerkehr  derselben  reime  in  vier  Zeilen. 

1.  Walther  von  Klingen  (HM^  I  73  V.    B.  L.  LXIV  36) 

48tr.  (nach  der  andeutung  in  HMS  fehlt  indes  eine  atrophe) 

7zeil.  ababbab 
Str.  2.  2  :  4  :  5  :  7  jert^  :  ß^  :  vröude  git  :  toU 
„    3.  2  :  4  :  5  :  7  nl^  :  21^  :  vröude  git  :  eit. 

2.  Derselbe  (HMS  I  71  I)  5str.  7zeil.  ababbab 

Str.  2.  2:4:5:7  mündd  rot  :  not  :  mir  gebot  :  vröuden  tot 
„    5.  2  :  4  :  5  :  7  vröuden  tot  :  not  :  mündet  rot  :  mir  gebot. 

HI.    Verbindung  von  I  und  IL 

A.   Verbindung  von  I  A  und  II  A. 

Unter  Walther  von  der  Vogelweide  (WL  166 ,  21) 
2str.  12zeU.  aabccbK»K*K»K«K»K« 
Str.  1.  8  so  rehte  an  aüen  dingen 
yy    2.  8  SO  stcete  an  allen  dingen  (vgL  I  A  a) 
„    1.  7  :  9  :  11  tuot  :  behuot  :  guot 
„    2.  7  :  9  :  11  muot  :  guot  :  tuot  (vgl.  H  A  b). 

1)   Bardaoh  (a.  a.  o.  s.  230)  schliesst  mit  recht  ans  fonn  und  inhalt  dieaei 
liedea  auf  seine  an&chtheit 


KÖBHSB  235 

B.    Verbindung  von  I  A  und  II  B. 

Von  Sunecke  (HMS  I  349  HL    B.  L.  LIX  1) 
3str.  7zeil.    ababcB(cc) 
Str.  1.  5  gründe  :  Str.  2.  5  funde  :  Str.  3.  5  bunde 
Kefir,  wand  äne  got  nieman  erdenken  künde 
so  lieplich  lachen  von  so  rotem  munde 
(Vgl.  I  A  b.) 
Str.  1.  2  :  4  minneclichen  :  slichen,  Str.  2.  2  :  4  riehen  :  geliehen, 
„    3.  2  :  4  totere  :  stetere. 
(Vgl  n  Baa.) 

C.  Verbindung  von  I  B  und  11  B. 

Markgraf  Heinrich  von  Meissen  (HMS  1 13  UI)  3str.  7zei].  ababcWc 
Str.  1.  ß  täi  :  Str.  2.  6  hat,    Str.  3.  6  ho. 
„    2.  5  :  7  gar  :  bewar,   Str.  3.  5  :  7  var  :  addar, 
„    1.  5  :  7  min  :  sin  (vgl.  H  B  a  y). 

D.  Verbindung  von  I  D  und  II  D. 

1.  Unter  Hartmann  von  Aue  (MF  320)    5str.  7zoil. 

Str.  1  u.  4  ababcK^c,    Str.  3  u.  5  ababcK^c 

„    1  u.  3  aK»aK»cWc,    Str.  2  u.  5  aK*aK*cWc 

„    1  u.  5  ababK^WK» 

Str.  1.  6  5i  :  Str.  4.  6  K,    Str.  3.  6  niht  :  Str.  5.  6  niht 

y,  1.  2  :  4  tool  :  sol,    Str.  3.  2  :  4  toöl  :  sol. 

n  2.  2  :  ^  teil  :  vil,     Str.  5.  2  :  4  teil  :  vil. 

j,  1.  b\l  stat  :  hat,     „    b.  b  :  7  lät  :  hat  (vgl.  H  D  a). 

1 2  fn 

2.  Eeinmar  (MF  166,  16  —  167,  30). 

Die  handschriften  überliefern  diese  sechs  in  demselben  tone 
abgefassten  strophen  in  verschiedener  anzahl  und  reihenfolge.  A  bietet 
1.  2.  3.  4.  5,  b  1.  2.  3.  4.  6,  C  1.  2.  3.  6.  5.  4,  E  1.  4.  2.  3.  6.  6. 
In  MF  sind  unter  beobachtung  der  Strophenfolge  in  A  mit  hinzufügung 
der  in  A  fehlenden  strophe  aus  den  sechs  strophen  drei  lieder  gemacht 
(I  =  Str.  1  —  4,  n  =  Str.  5,  HI  =  str.  6). 

Dass  alle  strophen  sich  in  derselben  weise  mit  demselben  lie- 
besverhältnis  beschäftigen,  ist  klar.  Burdach  (a.a.O.  s.  211)  meint, 
dass  MF  167,  4  eine  später  nachgedichte  und  mit  den  übrigen  zusam- 
men vorgetragene  strophe  sei.  Diese  Vermutung  scheint  mir  sehr  wahr- 
scheinlich. Wenn  sich  nun  weiter  ergibt,  dass  MF  167,  13  mitteilt, 
worin  der  spott  bestand,  von  welchem  MF  166,  26  die  rede  ist,   so 


286  oiSKB 

dürfte  sich  von  dieser  stropbe  dasselbe  behaupten  lassen ,  was  Bnrdach 
von  167,  4  yermutet.  Ja  noch  mehr:  ich  glaube,  dass  beide  Strophen 
zu  gleicher  zeit  verfasst  sind  und  zwar  gieng  167,  13  167^  4  voran. 
Was  167,  22  anlangt,  so  fölt  die  ähnlicbkeit  zwischen  167,  22  ^g. 
und  166,  25  fgg.  sofort  in  die  äugen.  Ich  halte  auch  167,  22  f&r  eine 
spätere  zudichtung,  die  dann  aber  mit  den  anderen  fünf  Strophen 
zusammen  vorgetragen  wurde.  Denn  auf  bestimmung  aller  sechs  Stro- 
phen für  fortlaufenden  vertrag  deuten  die  unten  angemerkten  reime. 
Vielleicht  war  die  ursprüngliche  reihenfolge: 

MF  166,  16;  166,  25;  167,  13;  167,  4;  166,  34;  167,  22. 

12  3  4  5  6 

9zeil.    Str.  3  u.  6  ababccdK^d,     Str.  2  u.  4  aK«aK«ccdWd 

„    1  u.  6  ababK'K^dWd,  „    3  u.  4  ababK*K*dWd 

„    2  u.  5  ababccK^WK* 

Str.  3.  8  toip  :  Str.  6.  8  mp, 
„    2.  2  :  4  soÜe  :  tooUe,    Str.  4.  2  :  4  tooUe  :  soUe, 
„    1.  5  :  6  gesach  :  ungemach,  Str.  6.  5  :  6  ungemach  :  geschach. 
„    3.  5  :  6  6i  :  ^,     Str.  4.  5:6  hi  :  si. 
„    2.  7  :  9  minne  :  inne,    Str.  5.  7  :  9  gewinnen  :  minnen. 

12  345  6 


E.  Verbindung  von  I  D  und  n  E. 

Ulrich  von  Lichtenstein  (L  582 ,  4) 

7str.  7zeil.   Str.  2  u.  6  ababcK^c,    Str.  6  u.  6  aK>aK*cWc 

„   6  u.  7  ababK»WK» 
Siehe  VII  A. 

F.  Verbindung  von  I  D  und  II  F. 

1.  Eonrad  der  Schenke  von  Landegge  (HMS  I  355  IX) 

4str.  9zeil.    Str.  4  abcabcddW,    Str.  1  u.  2  K* 

„    1  u.  3  K«bcK«bcddW 

Str.  1.  9  min  :  Str.  2.  9  dahin.     Str.  1.  1  :  4  kalt  :  gewaU, 
yj    3.  1  :  4  tvolgestaU  :  baU  (vgl.  11  F  a). 

ilr  3  4 

2.  Unter  Neidhart  von  Reuenthal  (H  XL  7) 

5str.  18zeil.    Str.  4  u.  5  ababccddeeffK^gghhg 

„   1  u.  5  ababccK«K«eeffW 
Siehe  VH  B. 


KÖBNBB  237 

IV.  Gedichte,  deren  Strophen  paarweise  durch  an  verschiedenen  stro- 
phenstellen  widerholte  reime  dergestalt  gebunden  sind,  dass  durch 
diese  bindungen  die  strophen  zu   einander  in  ein  bestirntes  Verhältnis 

treten. 

A.  Dreistrophige  gedichte. 

1.  König  Wenzel  von  Böhmen  (HMS  I  9  II)  lOzeil.  abcabcdeed 

Str.  1.  2  :  5  sanc  :  danc,    Str.  2.  1  :  4  umbevanc  :  Jcranc. 
„    1.  1  :  4  getan  :  hän,    Sti*.  3.  2  :  5  hän  :  län, 

1:2  =  3:1 

2.  Meister  Johannes  Hadlaub   (HMS  11  300  XLII)   7zeil.  ababccc 

Str.  1.  2:4  dienestman  :  Jean,  Str.  2.  5:6:7  kan  :  man  :  gran. 

j,    1.  5  :  6  :  7  wunderlich  :  ungdtch  :  sich 

j,    3.  2  :  4  gdich  :  sich. 

1:2  =  3:1 

a      d       f 

3.  Derselbe  (HMS  II  300  XLHI)  lOzeil.  abcdbcefef 

Str.  1.  3  :  6  war  :  gar,    Str.  3.  8  :  9^  :  10  dar  :  gar  :  Jdär 
„    2.  8  :  9^ :  10  schin  :  min  :  pin,     Str.  3.  S  :  6  sin  :  hin. 

1:3  =  3:2 

4.  König  Konrad  der  Junge  (HMS  I  4  H.    B.  L.  LXV  1) 

7zeil.  ababcWc 
Str.  1.  6  tage,    Str.  2.  2  :  4  tage  :  trage. 
„    2.  ß  an,  yy    3.  2  :  4  hän  :  'began. 

1:2  =  2:3. 

B.  Vierstrophige  gedichte. 

1.  Hartmann  von  Aue  (MF  205,  1  —  206,  9)  9zeil.  ababbcccc 
Bardach  (a.  a.  o.  s.  100)  macht  darauf  aufmerksam ,  dass  sich 
das  wort  wandd  oder  seine  Zusammensetzung  durch  die  drei  strophen 
205,  10  —  206,  9  widerhole,  und  glaubt,  dass  dadurch  diese  als  ein 
lied  erwiesen  werden ;  205,  1  —  9  aber  abzusondern  sei.  Dass  das  wort 
foandd  in  den  angeführten  strophen  mit  absieht  verwant  ist  und  auf 
Zusammenhang  derselben  unter  einander  deutet,  ist  klar.  Dass  aber 
205,  1  —  9  deshalb  abzusondern  sei ,  weil  in  dieser  strophe  sich  jenes 
wort  nicht  findet,  möchte  ich  bezweifeln.  Ich  will  nur  an  die  unter 
I  B  and  H  B  mitgeteilten  beispiele  erinnern.  Dass  eine  betrachtung 
des  inhalts  Bardachs  ansieht  bestätige,  habe  ich  nicht  gefunden,  wol 
aber  verschiedene  metrische  erscheinungen ,  die  für  die  Zugehörigkeit 
Ton  205,  1  —  9  sprechen.    Dahin  gehören 

Str.  1.  2:4:5  g%iot  :  mw>t  :  tuot,  Str.  2.  1  :  3  ttAot  :  muot. 
„    3.  1  :S  gie  :  erlie,    Str.  4.  2:4:5  liez  :  verstieß  :  gehiejs. 

1:2  =  4:3 


238  GI8KB 

Auch  die  assonanzen 

Str.  1.  6:7:8:9  hän  :  wän  :  län  :  getan 
„    2.  6 :  7 :  8  :  9  man  :  gewan  :  kan  :  an 
„    3.  6 :  7 :  8  :  9  entsaz  :  daz  :  hos  :  600 
sind  yielleicht  nicht  unbeabsichtigt. 

2.  Von  Stadegge  (HMS  H  74  I)  7zeil.  ababcWc 

Str.  1.  2  :  4  getan  :  t(7an,    Str.  2.  6  :  6  man  :  understön. 
„    S.  2  :  A  me  :  we,    Str.  4.  b  :  Q  ge  :  me, 

1:2  =  3:4 

3.  ßeinmar  (MF  175,  1)    7zeil.  ababcWc 

Str.  1.  6  niU,    Str.  4.  2  :  4  si«  :  niht. 
jy    2.  2  :  4  klagen  :  sagen,    Str.  4.  6  klagen. 

1:4  =  4:2. 

G.    Fünfstrophige  gedichte. 

1.  ßeinmar  (MF  170,  1)    7zeil.  ababcWc 

Str.  1.  5  :  7  tage  :  tragCy    Str.  2.  2  :  4  sagen  :  tragen 
n    4.  5  :  7  ^ä^  :  Zd^^    Str.  5.  2  : 4  missetät  :  %d^. 

1:2  =  4:5. 

2.  Schenk  Eonrad  von  Landegge  (HMS I  353  VI)  lOzeiL  abcabcdede 

Str.  1.  8  :  10  wil  :  fröidenspilj    Str.  2.  1  : 4  viZ  :  kindespä, 
„    4.  8  :  10  mp  :  lip ,     Str.  5.  1  :  4  tmp  :  21p. 

1:2  =  4:5 

3.  Der  tugendhafte  Schreiber  (HMS  11 149  IV)  lOzeil.  aabccbddee 

Str.  1.  4  :  5  güete  :  hehüetey    Str.  5.  7  :  8  güete  :  gemüete. 
„    2.  4  :  5  müeeen  :  grüegen,    Str.  4.  7  :  8  süejsen  :  grüezen. 

1:5  =  2:4 

4.  Meister  Johannes  Hadlaub  (HMS  H  299  XLI) 

16zeil.  aabbcddcecfgghhf 
Str.  1.  3:1  zit  :  git,    Str.  4.  14  :  15  sumereit  :  lU. 
„    2.  14  :  15  guot  :  tuoty    Str.  5.  3  :  4  guot  :  tuat. 

1:4  =  5:2. 

5.  Geltar   (HMS  U  173  IV.    B.L.  LVH  20)    5zeü.  aabbb 

Str.  1.  1  :  2  breit  :  gekielt,  Str.  3.  3:4:5  geleit :  bMeii  :  meit. 
n    2.  1  :  4:  län  :  man,    Str.  3.  3:4:5  man  :  kan  :  getan. 

1:3=2:5 


6.    Günther  von  dem  Forste  (HMS  11  164  II)   6zeil.  ababcc 
Str.  3.  2  :  4  sagen  :  verdagen,    Str.  5.  5  :  6  hejagen  :  Idagen. 
n    4.  5  :  6  gewar  :  rebar,    Str.  5.  2  :  4  tor  :  här. 

3:5  =  5:4 


KÖBNBB  239 

7.  In  einem  namenlosen  HMS  UI  423  XXIV  mitgeteilten  liede 

6zeiL  ababcWc 

Six.  1.  6  enkan,    Str.  4.  1:3  man  :  an. 
9    3.  1  :  3  wil  :  vü,     Str.  4.  6  viL 

1:4  =  4:3 

8.  Heinricli  von  Sachs  (HMS  I  93  m)  7zeil.  ababccc 

Str.  1.  1:S  Ut  :  strU,    Str.  4.  5:6:7  strU  :  lit  :  zU. 
„    1.  5  :  6  :  7  schar  :  toar  :  dar,    Str.  4.  1  :  3  dar  :  var. 

1:4  =  4:1 


9.  Meister  Johannes  Hadlaub  (HMS  H  283  Vn.  B.  L.  LXXXVII,  188) 

a   c     f 
7zeil.  at)cbefe 

Str.  1.  1:2^  man  :  hän,    Str.  4.  6  :  7^  man  :  etikan. 

„    3.  6  :  l^harigar^  Str.6.  1\2^  järigar^  Str.  4.  b:ldar:t€ar. 

„    1.  6  :  7    i  :  we^       ^    4.  1  :  2^  t(;e  :  m&. 

1:4  =  5:3,     1:4  =  4:5 

10.  Jakob  von  Warte  (HMS  I  67  IV)    7zeil.  ababcWc 
Str.  2.  b  :7  ivol  :  dol,    Str.  4.  6  wol. 

„    2.  6  min,    Str.  4.  5  :  7  min  :  sin^     Str.  5.  2  :  4  min  :  sin. 
M    3.  6  so,    Str.  4.  2  :  4  50  :  tmvro. 

2:4  =  4:2,     2:5  =  3:4 

11.  Eubin  (HMSI  317  XVIH)    lOzeÜ.  ababcdcdee 
Str.  1.  2  :  4  geben  :  leben,    Str.  3.  6  :  8  gebe  :  Übe. 

yy    2.  2  :  4  bereit  :  geseit^    Str.  4.  6  ;  8  senftekeit  :  arbeit. 
jf    2.  9  :  10  tool  :  sol^     Str.  3.  2  :  4  wol  :  sol, 
yt    4.  2  :  4  bräht  :  verdäht,    Str.  5.  9  :  10  gedaht  :  bräht. 

1:3=2:4,     2:3=5:4 

.12.   Heinrich  von  Momngen  (MF  123,  10)  12zeiL  abbcaddccecc 

Str.  1.  4  :  8  :  9  :  12  mi  :  besti  :  wi  :  ge,  Str.  2.  6  :  7  me  :  Ä 

,,    3.  6  :  1  gruoz'.muoßj  ^ix,h.  i::^\^:12gruo0:muois:vuoß:buoz. 

„    1.  2  :  3  mp  :  lip,  Str.  4.  4  :  8  :  9  :  12  ^gfi*  :  understrit :  lit :  git. 

„    2.  4 :  8  :  9  :  12  baz  :  daz :  vergaz  :  haz,  Str.  5.  2  :  3  gehaz :  baz. 

1:2  =  5:3,     1:4  =  5:2 
13.    Ulrich  von  Lichtenstein  (L  397,  1)  6zeil.  ababcc 

Str.  1.  2  : 4  saiikeit  :  leit,    Str.  5.  1  :  3  scelikeit  :  gdeit. 
„    2.  2  :  4  man  :  kan,    Str.  4.  1  :  3  kan  :  man. 
,y    2.  1  :  3  min  :  ^n,        „    4.  2  :  4  min  :  din^ 
„    3.  5  :  6  schin  :  min. 

„    2.  5  :  6  tuot  :  muotj    Str.  5.  2  :  4  tuet  :  guot. 
1:5  =  2:4  =  4:2,     2:5  =  3:4 


240  GI8KS 

a  a    cc  dd 
14.   Derselbe  (L  394,  16)    özeil.  bbbb    b 

Str.  1.  5^  :  5*  meine  :  reine 

„    4.  1  :  2  :  3  :  4  :  5  algemeine  :  eine  :  bescheine  :  meine  :  reine. 

„    2.  1  :  2  :  3  :  4  :  5  fmote  :  hochgemuote  :  behuote  :  muote  : 

guote,    Str.  4.  5^ :  5*  muote  :  guote. 

„    2.  5^  :  5*  hüete  :  güete 

„    3.  1  :  2  :  3  :  4  :  5  füeze  :  mileze  :  grOeze  :  &tieee  :  ^ue^re. 

„    2.  1^  :  2*  M?ecre  :  swcere,    Str.  3.  4^ :  4*  gebcere  :  sw€ere. 

yy    2.  4^  :  4*  dingen  :  singen,    „    5.  IM  2*  dinge  :  gdinge. 

1:4  =  4:2  =  2:3,     2:3  =  5:2 

D.  Sechsstrophige  gedicbte. 

1.   Neidhart  von  ReuODthal  (H  n  38,  9)  lOzeil.  abcabcdeed 

Str.  1.  8  :  9  vaZ  :  ncMigal,     Str.  4.  1  :  4c  cd  \  tcd. 
„    3.  8  :  9  gän  :  län,    Str.  6.  1  :  4  gän  :  understän. 

1:4  =  3:6 

E.  Siebenstrophige  gedicbte. 

1.  Ulrich  von  Lichtenstein  (L  520,  25)   6zeil.  ababec 

Str.  1.  5  :  6  so  :  vro,     Str.  4.  2  :  4  so  :  vro, 
„    2.  2  :  4  wü  :  spil,    „    7.  5  :  6  m?  :  spü. 
„    2.  5  :  6  soZ  :  tool,     „    5.  2  :  4  wol  :  vd. 
yy    5.  5  :  6  grünt  :  umnt,     Str.  7.  2  :  4  munt  :  stunt 
1:4  =  2:5  =  5:7  =  7:2 

2.  Unter  Neidhart  von  Reuenthal  (H  XVI,  1)  9zeiL  abcabcddd 

Str.  1.  2  :  5  überwinden  :  kinden 
„    2.  7  :  8  :  9  kinden  :  vinden  :  linden. 

„    3.  2  :  5  litUe  :  triute,  Str.  6.  7:8:9  Kiute  :  gebitde  :  triute. 
„    4.  7  :  8  :  9  Hildebolden  :  Adelaiden  :  Herolden 
„    5.  2  :  5  Berhtolden  :  Gotebolden, 

1:2  =  3:6  =  5:4 

3.  Neidhart  von  Beuenthal  (HI  14,  4)  8zeil.  aWaabbcc 

Str.  1.  5  :  6  Zd^  :  räty   Str.  7.  1  :  3  :  4  rÄ<  :  Äd/  :  erg&t. 
„    3.  1  :  3  :  4  jfevor  :  war  :  dar^    Str.  4.  5  :  6  gelar :  offenbar. 

1:7=4:3 

4.  Derselbe   (H 11  36,  18)   lOzMl.  abcabcdeed 

Str.  2.  2:5  winkelsehen :  geschehen,  Str.  4.  3  : 6  seft^fi :  j^esdkefte». 
„    2.  3  :  6  96tön  :  Adn,    Str.  6.  2  :  5  getan  :  jjfdn. 

2:4  =  6:2 


KÖBNSB  241 

5.  Meister  Johannes  Hadlanb   (HMSII  286  XIII)    Özeil.  aabbb 

Str.  3.  1  :  2  bae  :  was,     Str.  6.  3:4:5  liaz  :  was  :  gesaz. 
„    6.  1  :  2  gesin  :  ptUy     „    7.  3  :  4  :  5  sin  :  hin  :  pin. 

3:6=6:7 

6.  Ulrich  von  Lichtenstein  (L416,  28)  7zeil.  ababccc 

Str.  1.  2:4  guot  :  gemuot,  Str.  7.  5  :  6  :  7  missetuot :  muot :  guot, 
y,    2.  5  :  6  :  7  spil  :  teil  :  vil,     Str.  6.  2  :  4  wil  :  vU. 

1:7=6:2 

7.  Derselbe  (L  440,  19)   7zeil.  ababacc 

Str.  1.  2:4  stunt  :  funt,     Str.  4.  6  :  7  kunt  :  munt, 
„    3.  2  :  4  Äo^  :  ra^,     Str.  7.  6  :  7  lät  :  stät. 

1:4  =  3:7 
Jede  Strophe  begint  mit  Hoher  Maot.    Auf  diese  kiinstolei  macht 
Ulrich  selber  442 ,  8  mit  den  werten  aufmerksam 

Diu  liet  von  reht  si  dühten  guot, 
daz  ieslich  liet  sprach  Höher  muot 
da  ez  sich  huopy  des  smielte  siCy 
wan  siz  gehört  het  da  vor  nie. 

V.   Verbindung  von  I  und  IV. 

A.  Verbindung  von  I  A  und  IV. 

Walther  von  der  Vogelweide  (WL  119,  17)  48tr.  9zeil.  ababccKdd 
Körner  (siehe  I  A  a  5) : 
Str.  1.  7  si/  :  Str.  2.  7  lit  :  Str.  3,  7  nit  :  Str.  4.  7  zit 

Verhältnisse  (IV  B) : 
Str.  1.  1:3  tac  :  maCy     Str.  4.  2  :  4  pflac  :  mac. 
y,    2.  1  :  3  getan  :  hän,    „    3.  2  :  4  hän  :  län, 

1:4  =  2:3. 

B.  Verbindung  von  I  D  und  IV. 

1.    Otto  zum  Turne  (HMS  I  343  ü)  llstr.  7zeil.  ababcWc 
Str.  2.  6  reine  y     Str.  4.  6  Tdeine^ 
„    8.  5  :  7  meine  :  alter  seine  ^  Str.  11.  1:3  beweinen  :  erscheinen, 
„    9.  6  hulde,  Str.  10.  6  schulde,  Str.  4.  5  :  7  hulden  :  schulden. 
„    1.  6  sterben,    Str.  2.  1  :  3  sterben  :  verderben, 
„    5.  2  :  4  verderben  :  sterben,    Str.  9.  5  :  7  verderbe  :  sterbe. 
„    8.  6  wunne,    Str.  1.  1 :  3  tounne  :  sunne, 
„    9.  2  :  4  gewunt^  :  zerrunne. 
^    11.  6  gedinge,    Str.  1.  5  :  7  twinget  :  gedinget. 
yf    2.  5  :  7  kumber  :  suniber,     str.  4.  1  :  3  tumber  :  sumber. 
jy    8.  2  :  4  kumber  :  krumber. 

SBIT80HRIFT  F.  DBUT8CHB  PHILOLOGIE.      BD.  Xvni.  1 0 


242  GISKE 

Str.  7.  1  :  3  güete  :  gemüete^    Str.  11.  2:4  güete  :  gemüeie. 

123456789  10  11 


2 

9 

4: 

:8 

10 
2 

:4 

—  1 

:9  = 

:    11 

:  1 

1  : 

:  2 

4: 

11 

—  8 

:  1 

8: 

11 

=  9 

:  2 

—  2 

:  4  = 

8: 

2 

2  : 

:5 

1  : 

9  = 

-  4: 

8  — 

7: 

11 

1 

:5 

8  : 

9 

VI.   Verbindung  von  11  und  IV. 
A.   Verbindung  von  II  B  und  IV  A. 

1.  Dietmar  von  Aist^  (MF  40,  19)    3str.  8zeil.  aabccbdd 

Widerkehr  derselben  reime  an  denselben  strophenstellen  (siehe 
n  Baa3): 
Str.  1.  1 :  2  tmp  :  lip,     Str.  2.  1 :  2  mp  :  lip. 

Verhältnisse  (IV  A) : 

Str.  3.    7  :  8  Mp  :  tmp.     Str.  1.  7  :  8  hegän  :  undertän, 

„    3.    1:2  man  :  getan. 

1 

2:3  =  3:1 

2.  Tannhäuser  (HMS  U  92  X.    B.  L.  XLVII  131) 

3str.  18zeil.    ababcdedefefß(ggghhh) 

Widerkehr  derselben  reime  (siehe  II  Bay8): 
Str.  2.  ß:S  ger  :  sper,    Str.  3.  ß:S  her  :  ger. 

Verhältnisse  (IV  A): 
Str.  1.  1:3  mir  :  ir^     Str.  3.  5 : 7  ir  :  mir. 
„    1.  5  :  7  Bin  :  min,    Str.  2.  1  :  3  schin  :  min. 

1:3  =  2:1 

3.  Otto  zum  Turne  (HMS  I  345  V) 

a   c    d  f    g  1    k 
3str.  14zeil.    abcbdefeghihkh 

Widerkehr  derselben  reime  (siehe  II  Ba7'9): 

Str.  2.  G  :  8  ir  :  mir^     Str.  3.  6  :  8  ir  :  emr. 

Verhältnisse  (IV  A): 

Str.  1.2:4  hant  :  lant,  Str.  2.  10 :  12 :  14  hant  :  gemant  :  gepfani 

,.    2.  2:4  iuot  :  muoty    Str.  3.  10 :  12  :  14  muot  :  tuot  :  gftwt 

1:2  =  2:3 

1)  Nach  Scberer  a.  a.  o.  s.  503  unecht. 


KÖRNEB  243 

B.   Verbindung  von  II  D  und  IV. 

a.    Verbindung  von  II  D  a  und  IV. 

1.  Gottfried  von  Neifen  (H  15,  6)  5str.  8zeil.     ababcddc 

Was  die  überlieferte  strophenfolge  anlangt,  so  glaube  ich,  dass 
str.  2  ursprünglich  nicht  auf  str.  1  folgte :  man  weiss  nicht ,  worauf 
sich  das  ir  15,  15  bezieht.  Die  sache  wird  sofort  anders,  wenn  wir 
str.  2  und  3  umstellen.  Dann  erhalten  wir  guten  Zusammenhang.  Der 
anfang  von  str.  3  schliesst  sich  an  den  schluss  von  str.  1 ,  str.  2  an 
str.  3  passend  an. 

Widerkehr  derselben  reime  (siehe  II  D  a  2): 
Str.  1.    2:^  zU  :  gtt,     Str.  2  (3).   2:4  Up  :  loip, 
„    3  (2).  2  :  4  min  :  sin ,     Str.  5.  2  :  4  pin  :  min. 
Beachtenswert  ist  die  assonanz. 

13  2  4  5 

Verhältnisse  (IV  C) : 

Str.  4.   5  :  8  min  :  sin. 

„  1.5:8  sanc  :  kranc ,     Str.  4.  2  :  4  sanc  :  ranc. 

3(2) 
4:5  =  1:4 

2.  Konrad  der  Schenke  von  Landegge  (HMS  I  356  XI) 

5str.  lOzeil.    abcabcdeed 

Widerkehr  derselben  reime  (siehe  II  D  a  12): 
Str.  1.  3:6  muot  :  wan  si  ist  vür  trüren  guot 
„    3.  3 : 6  behuot  :  wcere  ein  kus  vür  trüren  guot. 
„    2.  8 : 9  meine  :  aleine,     Str.  4.  8:9  reine  :  meine. 
„   4.  2  :5  sinne  :  minne^       „    5.  2  :  5  küniginne  :  gewinne. 

12  3  4  5 

Verhältnisse  (IV  C): 
Str.  1.1:4  zit  :  lU,     Str.  5.   7  :  10  zU  :  lit. 
„    2.    1:4  mac  :  sumertac,    Str.  3.   7  :  10  mac  :  tac. 
„    4.    1:4  dir  :  mtr^     Str.  5.    3  :  6  dir  :  mir. 
„    4.    3  :  6  mp  :  Up,       „    5.    1  :  4  wip  :  Up. 
1:5  =  2:3,     4:5  =  5:4 

3.  In  einem  namenlosen  HMS  III  468*'*  mitgeteilten  liedo 

8str.  lOzeil.    aabbcddeee 

Widerkehr  derselben  reime  (sielie  n  D  a  14): 
Str.  1.    1:2  begin  :  sin,     Str.  8.   1:2  mm  ;  in. 
„    2.    1:2  vluot  :  gluot,     „    5.    1:2  guot  :  durtvtwt. 
^    2.    3  :  4  hant  :  hekant,     Str.  6.  3  :  4  ungennnl  :  unbekanf. 

16  • 


244  GISKE 

Str.  7.    3  :  4  iht  :  niht,    Str.  8.   3  :  4  iU  :  niht. 
„    3.    6  :  7  mat  :  stat,     „    6.    6  :  7  stät  :  wai. 
„    4.    Q  :7  wit  :  lit,        „    7.    ß  :  7  fsU  :  mit. 

12345678 


Verhältnisse : 

Str.  1.    5  :  10  gebar  :  wär^    Str.  6.   1 : 2  Mär  :  gar. 

„    8.    5  :  10  vltMt  :  guot. 

2 
1:6=8:5 

b.    Verbindung  von  II  D  c  und  IV. 

1.   Ulrich  von  Lichtenstein  (L322,  1)    5str.  7zeil.   ababccc 

Widerkehr  derselben  reime  (siehe  11  Del): 
Str.  2.    1  :  3  toij)  :  Up,    Str.  5.    1  :  3  ßp  :  uAp, 
„    1.    5:6:7  muot  :  tu^t :  giMt^  Str.  5.  5:6:7  guot :  muot  :  tuot, 
„    2.    5:6:7  schin :  min  :  sin,  Str.  4.  5:6:7  keiserin  :  sin  :  min. 

12  3  45 


Verhältnisse  (IV  C): 

Str.  3.    2:4  mtwt  :  guot.     Str.  5.    2  :  4  min  :  sin. 

1  2 

3:5=5:4 

2.   Friedrich  von  Hausen  (MF  54,  1)  5str.  9zeil.  ababbcddc 

Widerkehr  derselben  reime  (siehe  II  D  c  3) : 

Str.  2.   6:9  totp  :  lip,     Str.  5.  6  :  9  mp  :  lip. 
8  min  :  sin,      ,,    3.  7  :  8  sin  :  min. 
5  gewan  :  man  :  gan 
5  gewan  :  man  :  enÄ^an. 
5  Ungemach  :  geschach  :  gesach 
„    ^.    «  .  ^  .  5  mac  :  j'ocA  :  g^flac. 

12  3  4  5 


91 


2. 

7  :  8 

1. 

2  :  4 

4. 

2  :  4 

3. 

2  :  4 

5. 

2:4 

Verhältnisse  (IV  C) : 

Str.  1.    1:3  unp  :  lip,     Str.  4.  7  :  8  uAp  :  leUvertrip. 

„    3.    1:3  gert  :  ungewert,     Str.  5.    7  :  8  gewert  :  gert. 

„    4.    1:3  sin  :  bin,    Str.  4.    6  :  9  sin  :  min. 

2     2  2  2 

1  :  4  =  3  :  5  =  4»  :  3,    3  :  4*»  =  4  :  5,     1  :  6  =  4*  :  4'* 


KÖRNSfi  245 

3.    Rubin  (HMS  I  311  11)   Tstr.  12zeil.     abcabcdedede 
Widerkehr  derselben  reime  (siehe  II  D  c  2): 
Str.  1.    1  :  4  wol  :  söl,    Str.  7.    1  :  4  wol  :  dol. 
„    2.    1  :  4  danc :  sanc,    „   4.   1  :  4  danc  :  ttoanc. 
„    1.    2:5  singen  :  bringen,    Str.  4.   2  :  5  fwingen  :  dingeti. 
j,    1.   8  :  10  :  12  undertän  :  hän  :  began 
r,    6.    8  :  10  :  12  stän  :  Verlan  :  hän 
^    7.    8  :  10  :  12  stän  :  hän  :  wän. 
„    1.    7  :  9  :  11  tmbe  :  vertrtbe  :  bdtbe 
„    5.    7  :  9  :  11  beRben  :  vertriben  :  totben. 


12  3  4567 


2. 

8 

3. 

1 

6. 

7 

2. 

2 

3. 

7 

Verhältnisse  (IV  E): 
Str.  4.    S  :  10  :  12  sol  :  wol  :  dol. 

10  :  12  gesigen  :  verzigen  :  geligen 

4  gdige  :  gesige. 
9  :  11  gedingen  :  bringen  :  gelingen. 

5  hochgemiiete  :  güete 

9  :  11  höchgetnüete  ;  giiete  :  hilete, 

1  1 

2:3  =4:6,     2:3  =  4:7. 

4.    Walther  von  Breisach  (HMS  II  140  I) 

Tstr.  15zeil.    aabcddbceefggfc 

Widerkehr  derselben  reime  (siehe  II  D  c  5) : 

Str.  1.  1  :  2  eine  :  ungemeine,  Str.  2.  1  :  2  gemeinen  :  erselieinen. 

„    5.  9  :  10  klage  :  trage ,        „    7.  9  :  10  trage  :  sage. 

„    4.  11  :  14  muot  :  behuot,     „    6.  11  :  14  muot  :  — 

„    4.  12  :  13  spil  :  wily  „    6.  12  :  13  wankelspil  :  wiL 

„    2.  4  :  8  :  15  eigenliche  :  geliche  :  riche 

„    3.  4  :  8  :  15  stnneriche  :  geliche  :  geliche. 

12  3  4  5  6  7 

Verhältnisse  (IV  E): 
Str.  1.    9  :  10  stät  :  hat,    Str.  2.    12  :  13  Äd^  :  rät. 
„    2.    9  :  10  breit  :  ireit,     „    3.    12  :  13  treit  :  widerleit. 

1:2  =  2:3 

c.   Verbindung  von  11  D  e  und  IV. 

Heinrich  von  Meningen  (MF  126,  8)  48tr.  8zeil.   ababbccb 
Widerkehr  derselben  reime  (siehe  11  D  e  1): 
Str.  2.    1  :  3  min  :  sin,    Str.  3.    1:3  schin  :  min. 


» 


246  GI6KE 

Str.  1.    2:4:5:8  cntseu  :  ven  :  sien  :  zergcn 

„    4.    2:4:5:8  sen  :  zergm  :  stcn  :  gesehen, 

12  3  4 

Verhältnisse  (IV  B) :     '"^^^^ 

Str.  4.    6  :  7  wiw  :  vogellm, 

„    1.    6  :  7  sicÄ  :  mich,     Str.  4.   1  :  3  sicÄ  :  mich. 

2 
3:4  =  4:1 

C.   Verbindung  von  11  E  und  IV. 
a.    Verbindung  von  11  E  a  und  IV. 

1.  Ulrich  von  Lichtenstein  (L  104,  9) 

5str.  7zeil.    ababcWc.     Str.  3  ababaWc 

Str.  1.    2:4  vogelin  :  sin,    Str.  2.    2:4  sin  :  schin, 

3  min  :  din. 

7  leit  :  widerseü,    Str.  4.    b  :7  leit  :  treitj 

3  gemeit  :  bereit 

3  zergän  :  5<an,     Str.  4.    2:4  crjfan  :  wän, 

3  ;?i^  :  JT«,     Str.  3.  5  :  7  strU  :  lity    Str.  5.  6  ziL 

6  muot,     Str.  5.   5  :  7  mwo^  :  guot 

12  3  45 

5  =  4  :  1,  4  :  2  =  3*»  :  3%  3*» :  5  =  5  :  1. 

2.  Derselbe  (L414,  3)     östr.  lOzeil.    aabccbddee 
Str.  2.    9  :  10  ich  :  mich,     Str.  4.    9  :  10  mich  :  s^ich. 

„    3.    3  :  6  ;6^J/  :  strit,  „    4.    3  :  6  mp  :  K|). 

„    1.    4  :  5  tage  :  X^Za^e^      ^    2.    3  :  6  ^a^e  :  X^/a^e. 

„4.    3:6  mp  :  ß^^,  „    5.    4:  :  b  lip  :  mp. 

12  3  4  5 

1  :  2^^5  :  4. 

3.  Steinmar  (HMS  H  154  I.    B.L.  LXXVI  1) 
5str.  lOzeil.    aabccbddee,    Str.  3  aabocbddcc 

Str.  5  aabccbddaa 

Str.  1.    3  :  6  prisen  :  risen,     Str.  5.    3  :  6  spise  :  prise. 

„    2.    7  :  8  ingesinde  :  bevinde,     Str.  5.  7  :  8  sUnde  :  ingesinde 

„    1.    4  :  5  rät :  wät,  Str.  5.  1 :  2  jfa^ :  rät,  Str.  5.  9 :  10  statihäi 

„    2.    1:2  wm  :  ^n,  „  3.  4  :  5  5M^n:sin,    „    3.  9 :  10  ^n :  win 

„    2.    9  :  10  tc;o?  :  vo?,     Str.  4.   1 : 2  wd  :  so?. 

12  345 


5. 

1 

1. 

5 

2. 

1 

1. 

1 

3. 

1 

1. 

6 

1 

2  : 

5 

1  :  5'  =  3  :  2,     1  :  5**  =  3':  3** 
5*:  5^  =  2  :  3*»  =  4:  2. 
Jeder  zehnte  vers  jeder  strophe  begint  mit  wafen. 


KÖRNER  247 

4.    Meister  Johannes  Hadlaub  (HMS  II  297  XXXVI) 
5str.  12zeil.    abcabccddeeW 
Star.  1.    10  :  11  mich  :  ich,     Str.  4.    10  :  11  dich  :  mich. 
„    3.    1  :  4:  si  :  vri,    Str.  4.   1  :  -4  $t  :  bi. 
„    1.    1:4  vogeUin  :  schtn,     Str.  2.    3:6:7  pin  :  shi :  min. 
„    2.    1  :  A  jsU  :  ividerstrit,       „    4.    3:6:7  zU  :  lit  :  giL 

12  3  4  5 

1:2  =  2:4. 

6.    Heinrich  von  Sax  (HMS  1  92  11)  5str.  llzeil.  abcdabcdeee 
Str.  1.    3:7  getan  :  gelän,    Str.  2.  3  :  7  undertän  :  wän. 
„    2.    2  :  6  sfrit  :  nit,     Str.  3.   2  :  Q  git  :  lU, 
„    2.    9  :  10  :  11  niht :  siM  :  jiht,  Str.  4.  4  :  8  movcrsiht :  nilit. 
„    3.    4  :  8  leitvertrip  :  kip,  Str.  4.  9 :  10  :  11  Up  :  mp  :  ^rJp. 

12  3  4  5 

2:4=4:3. 


6.    Hartmann  von  Aue  (MF  209,  25  —  211,  19) 
6stT.  12zeil.     ababcdcdeeff 
Str.  1.    11  :  12  wät  :  hat,     Str.  5.  11  :  12  hat  :  stät. 
y,    2.    2:4  muot  :  guot,      „    6.  2  :  4  muot  :  guot 
„    1.    6:8  man  :  kan,        „    3.  1  :  3  an  :  man, 
4.    1  :  3  hat  :  gestät,       „    6.  6  :  8  stät  :  hat. 

123456 


n 


1:3    =    6:4 

7.    Ulrich  von  Lichtenstein   (L428,  1)     6str.  6zeil.  ababcc 

man  :  kan,    Str.  3.  1  :  3  man  :  an, 
hän  :  an. 

hat  :  herzen  gaJt,  Str.  3.  5  :  6  herzen  rät :  missctät. 
wert  :  gert,     Str.  6.   5  :  6  gert  :  gewert, 
leben  :  gegeben,    Str.  6.  2  :  4  vergeben  :  leben, 
hochgemuot  :  tuot,    Str.  4.   5  :  6  miU)t  :  tuot. 
12  3  4  5  6 


Str.  1. 

1:3 

»    6. 

1:  3 

,    2. 

5:  6 

«     1. 

2:4 

»     1- 

5:6 

,    2. 

2:4 

1:6=6:1  =  2:4 

8.    Derselbe   (L429,  11)   6str.  6zeil.  ababcc 

Siar.  1.    1  :  3  meien  :  zweien,    Str.  2.    l  :  3  zwetet  :  metet. 
«    5.    1  :  3  vindet  :  swindet,    „    6.    1  :  3  vinden  :  überwinden. 
\  ^    2.    2  :  4  fir«  :  jw«,     Str.  5.    5  :  6  sfi<  :  zU. 


248  GISKE 

Str.  4.    5  :  6  sin  ;  mm,     Str.  6.   2  :  4  sin  :  min, 

1  23456 

2:5  =  6:4 

8.    Goeli    (HMS  II  78  I)   östr.  llzeil.  abcabcdedec 

4  geeelt  :  velt,    Str.  5.    1:4  wdt  :  geeeU. 
4  treit  :  breit,       „    6.    1:4  vermeit :  versneit, 
6  weide  :  heide,    „    6.    3:6  scheide  :  leide. 
9  osterspil  :  ml,    „    5.    2  :  5  wü  :  vil. 
9  gar  :  dar,    Str.  4.    2:5  ar  :  dar. 

123456 


Str. 

.1 

1 

n 

2. 

1 

n 

1. 

3 

n 

2. 

7 

M 

3: 

7 

2:5=  3:4 

9.   Unter  Wolfram  (LW  9,  3)    6str.  llzeil.  abcabcdeeWd 
Str.  5  abcabcceeWc,    Str.  6  abcabcdeecd 

Str.  4.  8  :  9  ir  mtnne  :  brinne ,     Str.  5.  8  :  9  ir  mtnne  :  gottnne, 
„    4.  7  :  11  grünt  :  wunt,    Str.  6.  7  :  11  munt  :  kunt. 
„    2.  10  not,     Str.  5.  2  :  5  rot  :  tot. 
„    3.  2  :  5  Mch  :  noch^    Str.  5.  10  noch. 

12  345  6 

2:5  =  5:3 


10.    Ulrich  von  Lichtenstein  (L  524,  14)    7str.  6zeiL  ababcc 

Str.  1.2:4  sanfte  tuet :  muot,  Str.  5.  2  :  4  hochgemiMt :  sanfte  tuot. 
^    6.  2 :  4  fpiuot  :  sanfte  tuot,    „    2.  5  :  6  hochgeniuot  :  guot. 
^    3.  2  : 4  mich  :  sich ,     Str.  7.  b  :6  ich  :  mich. 

1234567 


6  :  2  =:  3  :  7 

6 

11.    Meister  Johannes  Hadlanb  (HMS  II  283  VIII) 
7str.  13zeiL    aabcddbceffef 
Str.  1.    3:7  schime  tronirffi  :  geschomwen, 
«,    2.    3:7  schirme  troMiCfH    :  schamtoen, 
«,    3.    3  :  7  vroHHTH  :  schouwen. 
^    3.    1:2  koH  :  an ,    Str.  5.  5  :  6  Icbesan  :  kan. 
«    4.    1  :  2  •>  :  »tir,         ^    7.  5  :  6  mir  :  •>. 

123456  7 

3:5  =  4:7 


A.  KOCH,  THOMMBLB  CECILIA 


249 


12. 


Deiselt 

)6  (UMS  n  281  IV. 

B.  L  LXXXVU  85) 

a   c      e 

a   c       b 

9str. 

.  Tzeil.    abcbded, 

Str.  3  abcbdbd 

a  c 

6 

Str.  7  abcbi 

aea 

1 

Str.  3. 

3  :  4^  lanc  :  sanc, 

Str. 

5.    3:4^  lanc  :  ganc. 

n     4- 

3  :  4^  mich  :  tcÄ, 

n 

6.    3:4*  sich  :  ich, 

„    7. 

3  :  4*  sicA  :  »mcä, 

n 

8.    3:4^  stcA  :  ich. 

r,     7. 

2:4    do  :  vrö^ 

n 

8.    2:4    dö  :  vrd. 

»     4. 

6:7^  jfar  :  dar, 

n 

6.    6:7*  tZar  :  gar^ 

n     1- 

2  :  4    ^ar  :  war. 

V 

9.    3:4^  var  :  gar. 

»    5. 

6  :  7*  sin  :  tn, 

n 

7.    6:7*  kindelin  :  «iw, 

»    1. 

5  :  7    Am  :  scAln, 

n 

4.    2:4    sin  :  mm^ 

«    6. 

1:2^  hinddin  :  min 

• 

,    5. 

1  :  2*  län  :  gän. 

w 

7.    1:2*  gf^an  :  wt^iZwan, 

«    7. 

5  :  7    Verlan  :  Äa», 

T» 

1.    3:4*  ergän  :  man, 

»     3. 

2  :  4    umbvän  :  plan, 

V 

3.    6:7*  ergän  :  ti?dw. 

.    8. 

1:2^  ir  .mir,  Str.  9. 

1  : 

2^  ir  :  wn>,  Str.  3.  5  :  7  mir :  ir. 

„     2. 

5:7    rf  :  m,      „    4. 

.  1  : 

2^  si:  vriy      „    b.  2:4k  si  :  vri. 

1:4  = 


123456789 

4  5 

1:9  =  3:1,     6:1  =  3V  3*  =  7:4 

4  5 

6  :  9  =  3*»:  1,     7  :  1  =  3'*:  7** 

5  8 

7*» :  3'  =  2  :  5,     7  :  7**  =  6  :  1  =  9  :  3 

5  5 

7:3  =  6:4  =  4:5,     6  :  7  =  7*  :  3^ 

(SchlnsB  folgt.) 


=  4:2 


THÜMMELS   CECILIA. 

Durch  eine  correspondenz  mit  der  familie  des  jovialen  reisen- 
den, der  sich  in  der  vorclassisclien  periode  unserer  litteratur  doch 
immerhin  einen  ehrenvollen  namen  erworben  hat,  bin  ich  in  den  stand 
gesezti  fSr  die  freunde  der  heiteren  muse  die  historischen  motive 
zweier  poetischen  improvisationen  Thümmels  zu  enträtseln.  Die  beiden 
gelegenheitspoesieen  Pygmalion  und  Das  entflogene  Haar  basieren  auf 


250  HOLSTEIN,    Zu   ANDBBA8  GBTPHIUB 

einer  neigung  des  greises  zu  einer  jüngeren  verwanten.  Die  Cecilia 
war  die  niclite  des  autors  und  stanoite  mütterlicherseits  aus  der  auch 
in  der  Goethelitteratur  hervorragenden  familie  v.  Ziegesar.  Sie  war 
mit  einem  herrn  v.  Werthern  verheiratet  und  wurde  witwe.  Der  ein- 
zige hiograph  des  diehters,  Qruner,  dem  zugleich  in  einem  auszuge 
die  den  gesamtwerken  beigefügte  lebensbeschreibung  entnommen  ist, 
nent  aus  Schonung  trotz  aller  redseligen  mystik  den  namen  noch  nicht 

NEUSES.  A.  KOCH. 


MISCELLEN  UND  LITTERATUR. 

Zu  Andreas  Gryphius. 

Die  wissenschaftliche  beilage  zum  prograram  des  stadtgymnasioms  zu  Hallo  a.S. 
vom  jähre  1883  enthält  eine  abhandlung  des  gymnasiallehrers  dr.  F.  W.  Jahn: 
qUber  Herodis  Fnriae  et  Racheiis  lachrymae  von  Andreas  Gryphios.  Nebst  eioigen 
weiteren  Nachrichten  über  den  Dichter."  32  s.  4^  Es  sei  mir  gestattet,  über  den 
inhalt  dieser  abhandlung,  welche  mehrere  wichtige  historische  festsetzongen  enthält, 
kurz  zu  berichten. 

Sie  zerfält  in  vier  abschnitte.    Der  erste  behandelt  den  gebortstag  des  dich- 
ters.    Derselbe  ist  nicht  der  11.  october,  sondern,  wie  auch  Palm  in  der  AUg.  deni- 
sehen  Biographie  X,  73  angibt,   der  2.  october  1616.    Der  Verfasser  bespricht  ein- 
gehend die  ontstehung  und  weitorführung  des  irtums  unter  angäbe  der  hanptquollen     i 
für  das  leben  dos  dichters. 

Im  zweiten  abschnitt  wird  die  erstlingsarbeit  des  dichters ,  das  lange  f&r  Ter-  — 
lorcn  gehaltene,  in  heroischem  versmass  geschriebene  lateinische  gedieht  j^Horodis  ^ 
Furiae  et  Kaehelis  lachrymae"  besprochen,  das  1634  zu  Glogau  im  dmck  erschien. .  i 
Dies  gedieht  verfasste  Gryphius,  als  er  noch  zögling  der  unter  der  leitong  des^» 
mag.  Jacob  Rollius  stehenden  Fraustadter  schule  war.  Hieher  kam  er  am  3.  jnni  1632«.  2 
aber  nicht  schon  1631.  Denn  bis  zum  grünen  donnerstag  1631  wurde  er  von  sei — ^ 
nem  Stiefvater,  dem  pfarrerEdncr  in  Driebitz  unterrichtet,  nachdem  ihn  dieser  vonar^ 
der  Glogauer  schule  genommen  hatte.  Gryphius  begab  sich  am  g^finen  donnerstag  ^ 
1031  nach  Görlitz,  um  sich  daselbst  auf  der  schule  anzumelden.  Aber  hier  wi 
nicht  einmal  räum  in  der  herberge  zu  finden,  und  der  obdachlose  sachte  nnn  sei-, 
nen  bruder  Paul  auf,  der  pastor  in  Rückcrsdorf  war.  Von  diesem  wurde  er  danr 
wider  auf  die  Glogauer  schule  gebracht.  In  folge  eines  grossen  brandes  aber  wnrd. 
die  schule  geschlossen.  Dieser  brand  fand  am  24.  juni  (nicht  24.  jannar)  1631  statt^::^ 
Den  Sommer  hindurch  studierte  Gryphius  für  sich.  Gegen  ende  des  Jahres  want^*^ 
er  sich,  von  not  getrieben,  mit  einer  elegie  an  seinen  Stiefvater,  der  ihn  bereitwir^K" 
lig  wider  in  sein  haus  aufnahm  und  ihn  am  3.  juni  1632  nach  Franstadt  bracht»-^:^ 
Diese  auf  den  quellen  ruhende  darstellung  weicht  von  der  herkömlichen ,  auch  v( 
der  Palmschen  ab. 

Im  dritten  abschnitt  behandelt  der  Verfasser  das  zweite  epos  dos 
^Dei  Yindicis  impetus  et  Herodis  interitus**  (1635). 

Der  vierte  abschnitt  bespricht  eine  Gryphius -auffühmng  am  Btadtgjmnasii 
zn  Halle  im  jähre  1665.    Dieselbe  fand  zur  hundertjährigen  Jubelfeier  der 


HOLSTEIN,   ÜBKR  BOLTE,   SrANDAÜKR  WEITIN ACIITSSl'IEL  251 

des  gymnasioms  statt.     Das  Grypliiussclic  stück,    flas  bei  dieser  foior  aufgeführt 
wunle,  war  das  Schauspiel  „vou  der  bcständigkcit  der  königin  (^athariiion  von  Geor- 
gien in  Armenien  y''    dessen  Verfasser  nicht   genant   war.    In   der  oinladungsschrift 
waren  anch  die  namcn  der  17  auftretenden  schüler  verzeichnet ,  darunter  14  Hallenser. 

OESSTEMONDE.  HUGO  HOLSTEIN. 


Ein  Spandauer  Weihnachtsspiel.    1549.    Herausgegeben  von  Johan- 
les  Bolte.    (Märkische  Forschungen  18 ,  109  —  222.) 

Am  2.  fobruar  1549  wurde,   wie  Schulze  in  seinen  handschriftlichen  „Mate- 
rialien zur  Boschreibung  und  Geschichte  von  Spandow'*  berichtet,  in  der  kirche  zu 
Sp&ndau  ein  drama  von  der  gehurt  Christi,   den  unschuldigen  kindorn  und  Herodes 
gespielt  und  am  7.  mai  15ti2  abermals   gespielt.    Gemeint  ist  mit  diesem  drama 
dea  magister  und  Spandauor  pfarrherrn  Christophorus  Las  ins   „gar  schön  herrlich 
new  Trostspil  von  der  Geburt   Christi  vnnd  Herodis  Bluthundes ,"    dessen  druck- 
l^ng  erst  1586,  14  jähre  nach  dem  tode  des  Verfassers,  erfolgte.    Auf  dem  titcl 
»iri  Lasius  „weyland  Pfarrherr  zu  Spandow"  genant.    Der  horausgeber  dieses  weih- 
■uuibtBspieles  gibt  zunächst  den  toxt  nach  dem  einzigen ,  im  besitz  der  grosshorzog- 
^en  bibliothek    zu   Weimar    befindlichen,    ursprünglich    Gottsched    angehörigen 
ttemplare  (s.  111  —  163).    Das  spiel  enthält  1850  achtsilbige  verse  und  ist  in  5  acte 
*wlegt.    Die  bühnenanweisungen  sind  in  lateinischer  spräche  gegeben.    Dem  in  der 
*^reibweiso  des  Originals  gegebenen  toxtesdruck  folgen  annierkungen  (s.  164 — 178), 
^  in  metrischen,   sachlichen  und   sprachlichen  erklärungen  bestehen.    In  einem 
«ritten  abschnitt  folgt  eine  biographie  des  Verfassers  (s.  179 — 194),  zu  deren  abfas- 
'^g  die   umfassendsten    nachforschungen    angcstelt    sind.      Christophorus   Lasius 
(*^ch)  wurde  am  6.  juli  1504  zu  Strassburg  geboren,  studierte  1522  und  1527  in 
''ittenberg,    wurde  von  Nicolaus  Gorbelius  au  Luther  und  1533  von  Melanchthon 
^  Jacob  Sturm  in  Strassburg  empfohlen,  übernahm  1537   das  rectorat  der  schule 
'**  Görlitz  und  erhielt  1540,  nachdem  er  in  Wittenberg  zum  pfarramt  ordiniert  war, 
4^  diacooat  zu  Arnstadt  und  1543  das  zu  Greusson.     In  Spandau,    wo  er  1546 
P^firtei  wurde,  verlobte  er  die  friedlichste  und  glücklichste  periode  seines  lebens. 
^^  iblge   antinomistischer    lehrstreitigkeiten    mit   Johann   Agricola   wurde    er    am 
**^*  augost  1555  seines  amtes  entsezt  und  lebte  von  da  ab  unstät  an  vcrsclücdenen 
'*iteu,  wie  Schmiedeberg,  Lauingen,  Strassburg,  Augsburg,  Monostabium  (vielleicht 
®**8i8heim  =  Einsheim?),    Zeitz,  Küstrin  und  Cottbus.     1570  fand  er  in  Senftcn- 
^»■g  ein  obdach,   starb  aber  schon  nach  zwei  jähren   (2.  august  1572).    Er  ist  der 
^«rfiuser  von  8  theologischen  Schriften,   die  meist   einen  apolegotischen   Charakter 
^^ifWeisen. 

Der  vierte  abschnitt  behandelt  das  Lasiussche  weihnachtsspiel  (s.  194  —  211). 

*'*'    zeugt    von    Job.   Boltes    liebevoller    und    eingehender   beschäftigung    mit   der 

S^chichte  des   dramas  besonders  der   reformationszeit  und  enthält  eine  fülle  von 

^^ttvollen  nachtr&gen  zur  goschichte  verschiedener  dramon,    namentlich  von   der 

^Ua^nna,  vom  verlornen  söhn,   von  Isaak  und  Rebecca,  Sodom  und  Gomorra,  von 

^«r  Opferung  Isaaks.    Dabei  werden  sämtliche  Spandauer  dramatische  aufführungen 

^^Ä   1546 — 1602  aufgezählt.     Alle   nachweise  sind   mit  grosser   bibliographischer 

Q^auigkeit  unter  angäbe  des  fundortos   der  einzelnen  ausgaben  der  bes])rochenen 

^^'Mnen  geliefert    Auch  der  anhang  (s.  211  —  221)  darf  als  eine  hervorragende  lei- 

•^ttag  Boltes  gerühmt  werden :  er  ftihrt  72  weihuachtsspiele  auf  und  vervolständigt 

^«iaholda  Verzeichnis.    Auf  s.  221  und  222  folgen  nachtrüge. 


252  G.   KBTTNER 

Wir  hätten  gewünscht,  dass  die  verdienstliche  arbeit  Bolies  entweder  als 
selbständige  schrift  oder  wenigstens  in  einer  fachzeitschrift  erschienen  wäre,  wo  sie 
oinen  würdigeren  platz  gefunden  haben  würde. 

Zulozt  geben  wir  noch  einige  druckfehler.  S.  165  z.  5  v.  u.  lies  kommt  st 
kompt.  S.  197  z.  11  v.  u.  lies  2,  104  st.  2,  93.  484.  S.  204  z.  9  v.  u.  Yander- 
haeghen  st.  Vandahaeghen.  S.  206  z.  11  v.  u.  Carmina  st  Carminae.  S.  219, 
nr.  55  ist  hinter  Jehna  1671  zu  setzen:  s.  161 — 164  (Dresden).  Zu  s.  214,  nr.  21 
ist  zu  bemerken,  dass,  wie  ßolte  mir  selbst  nachträglich  bestätigt,  die  in  der  Wie- 
ner handschrift  nr.  9838  enthaltene  Weihnachtscomödie  Edelpöcks  in  der  tat  nur 
die  abschrift  seines  1568  dem  erzherzog  Ferdinand  von  Tirol  gewidmeten  Weih- 
nachtsspieles ist ,  das  Weinhold  nach  der  Wiener  handBchrift  nr.  10180  abgedmckt  hat 

OEESTBMÜNDE.  HUGO  HOLSTEIN. 


Georg  Elllnger,  Alcesto  in  der  modernen  Litteratur.    Halle  a.  S.    Yerlig 
der  Buchhandlung  des  Waisenhauses.    1885.    Preis  80  pf. 

Schon  Wieland  hatte  das  bedürfnis  gefühlt,  das  Verhältnis  seiner  Alceste  la 
früheren  bearbeitungen  desselben  Stoffes  zu  behandeln.  Neben  der  selbstgefiLUigeo 
rechtfertigung  seiner  abweichungen  von  Euripides  Alkestis,  die  ihm  die  derbe 
spottung  in  Goethes  farce  „Götter,  beiden  und  Wieland"  zuzog,  berichtete  er  mil 
behaglichem  Selbstgefühl  über  drei  ältere  deutsche  opem  dieses  namens,  von  den« 
die  eine  nach  Aurelio  Aureli,  die  beiden  anderen  nach  Quinault  von  Matsen 
König  bearbeitet  waren.  —  In  umfassender  und  gründlicher  weise  hat  nnn  EllingME-« 
in  der  oben  genanten  schrift  alle  Verzweigungen  und  Verästelungen  der  AlkestisfabeL^ 
in  der  modernen  litteratur  verfolgt. 

Er  bespricht  zunächst  die  Alcestis  des  Hans  Sachs,  welche  noch  ohne  jed»J 
beziehung  zu  dem  drama  des  Euripides  steht,  und  versucht  mit  erfolg  die  qndl^f 
derselben  zu  bestimmen.  Dann  werden  die  französischen,  auf  Euripides  znrü< 
gehenden  stücke  Hardys  und  Quinaults  behandelt,  bei  der  oper  des  lezteren 
die  durch  dieselbe  hervorgerufene  querelle  des  anciens  et  des  modernes 
Es  folgen  die  deutschen  bearbeitungen  des  Stoffes,  zuerst  die  selbständig 
Euripides  entstandene  Spangenbergs,  dann  die  von  Quinault  abhängigen  von 
und  König.  Daran  schliessen  sich  die  italienischen,  die  stark  barocke  von 
lio  Aureli,  die  schon  auf  Quinaults  oper  einfluss  gehabt  hatte,  dann  von  Hfta( 
seinem  Admet  zu  gründe  gelegt  w^urde  und  endlich  in  mehreren  deutschen  pnpp^-^^ 

spielen  erst  in  unserem  Jahrhundert  ausklang,   sowie  die  ganz  rationalistische  t- 

Martello.  Nachdem  der  Verfasser  im  Zusammenhang  mit  der  lezteren  gleich  (  1 
ebenfals  modernisierte  dicbtung  Thomsons  erörtert  hat,  schliesst  er  die  iliiliüniiii.h— f 
bearbeitungen  zunächst  mit  Calsabigis  von  Gluck  componierter  oper  ab. 
lieber  wird  nun  Wielands  Singspiel,  die  abweichungen  desselben  von  Euripides, 
mängel  seiner  tochnik  usw.  beurteilt,  die  kritik,  welche  er  gegen  Euripides  richt^^Bt 
und  Goethes  gegenkritik  in  seiner  farce  eingehend  gewürdigt,  anf  den  einfli 
den  das  geschmähte  drama  später  auf  Goethes  Ipbigenio  ausübte,  nach  dem  v 
gang  von  Herrn.  Grimm,  Scherer  und  Seuffert  kurz  hingewiesen.  Endlich  wird 
aliegorie  des  St.  Foix,  die  Alceste  seconda  Alfieris ,  die  tragoedie  vonFranfois 
die,  wie  der  Verfasser  vermutet,  gegen  Calsabigi- Gluck  sich  wendende  saÜre  A] 
hoffs  und  Herders  drama,  bei  dem  der  Verfasser  ebenfals  den  einflnsi  Cakaln^^^ 
wahrscheinlich  macht,  analysiert. 


ÜBEB   BLLINGBR)   ALCBSTE  253 

Man  sieht,  ein  reiclior  Rtoff  ist  in  dieser  kleinen  litterarbistorischen  luono- 
grapbie  verarbeitet.  Und  man  muss  dem  Verfasser  das  lob  spenden ,  dass  es  ihm 
geLungen  ist,  denselben  im  ganzen  übersichtlich,  klar  und  lebendig  vor  dorn  loser 
XU  entwickeln.  Man  gewint  ein  sehr  deutliches  bild  von  den  Wandlungen  ^  welche 
die  alte  fiabel  im  laufe  der  Jahrhunderte  erfahren  hat:  der  gang  der  handlung  in 
den  einzelnen  stücken  wird  so  anschaulich  skizziert,  dass  auch  derjenige,  der  sie 
nicht  kent,  sofort  völlig  orientiert  ist;  die  com position  wird  kurz,  aber  ausreichend 
analynert,  so  dass  man  mit  leichtigkeit  erkent,  wie  immer  mehr  fremdartige 
bestandteile  an  den  ursprünglichen  stoff  anwachsen  und  ihn  überwuchern,  wie  es 
den  einzelnen  dichtem  nicht  gelingt  die  disparaten  demente  zu  vereinigen ,  wie  sie 
aeh  in  einzelnen  motiven  ungeschickt  widerholen  usw. 

Die  anordnnng,   in  der  der  Verfasser  die  einzelnen  dramen  vorführt,   scheint 

mir  einigem ale  nicht  glücklich  gewählt  zu  sein:    namentlich  gegen  den  schlnss  hin 

Terliert  man  den  faden  aus  den  bänden.   Auch  wäre  es  doch  wol  das  zweckmässigste 

gewesen,  in  der  einleitung,  wo  ohnehin  auf  das  Euripideische  drama  bezug  genom- 

Bcn  wird,   sogleich    eine  ausreichende  Orientierung   über   dasselbe   zu  geben,    die 

frocihibaren  keime,   welche  es   enthält,    genauer   aufzuzeigen,   die  wirkungsvollen 

ittotiTe  in  den  Charakteren,   die  scenischen   effecte  durch  wolbcrcchnete  contraste, 

durch  das  einmischen  phantastischer  demente  usw.    Bei  der  Würdigung  des  dramas, 

velehe  der  Verfasser  später  im  anschlnss  an  Wielands  kritik  gibt,  berücksichtigt  er 

ferner  die  von  ihm  in    der   einleitung  angedeutete   eigenartige  Stellung  desselben 

^  viertes  stück  einer  tetralogie  nicht  mehr  —  vielleicht  weil  er  sich  auf  den  stand- 

pOBkt  Wielands  stellen  wolte ,  der  die  notiz  des  Yatic.  noch  nicht  kante.    Übrigens 

^  der  Verfasser,   wenn  er  meint,   dass  die  litte rarhistorikor  mit  ausnähme  Kleins 

bu  jezt  nor  lebhaften  tadol  über  das  stück  ausgesprochen  hätten;   es  genügt,   die 

'uunen  von  Bemhardy,    Steinhart,    Kapp  und  den  jüngst  verstorbenen  Paul  de  St. 

Bieter,   dessen  geistreiche   und   feinsinnige,   wenn    auch   nicht   mit   philologischer 

^bibie  gearbeitete  geschichte  des  antiken  dramas  ^  in  Deutschland  wenig  bekant  zu 

"^ün  scheint,  zu  nennen. 

Möchte  es  dem  Verfasser  gefallen,   der  skizze,    die  er  jezt  nur  veröffentlicht 

w,  bald   die   in    aussieht   gestelte  systematische  litterarhistorischo  Untersuchung 

folgen  zu  lassen  und  darin  nicht  blos  die  Veränderungen   der  fabol  zu  schildern, 

^(^dem  auch  die  wechselnden  interessen  der  einzelnen   zeitcn,    die  Wandlungen  in 

der  auffassung   und   dem   ausdmck   der   emptiudungen ,    die  verschiedene  art  der 

bebandlnng  der  Charaktere  näher  ins  augo  zu  fassen,   kurz,   möchte   es  ihm  gcfal- 

^tt  in  den  motamorphosen  der  Alcestodichtung ,  uns  von  der  naiven  freudo  am  stof- 

^Hdien  und  der  grob  holzschnitartigen  Zeichnung  der  ßguren  bei  Hans  Sachs  bis  zu 

^r  pnrifiderten ,  sentimentalen  antike  Wielands  mit  ihrem  lyrischen  auskosten  rüh- 

'•»der  Situationen  —  der  Verfasser  sieht  jezt  darin  nur  einen  dramatischen  fehler  — 

^Qa  einen  ausschnitt  aus  der  culturgeschichte  zu  geben.    Gerade   stoffe,   wie  der 

fliegende,    an   dem   fast  alle  Zeiten  und  Völker  gearbeitet  haben,   ohne  dass  ein 

c&nxiger  genialer  dichter  ihn  mächtig   mit   seiner  Individualität   durchdrungen  und 

i*ik88gebend  gestaltet  hätte ,  bieten  für  solche  Untersuchungen  den  günstigsten  boden. 

Und  dasB  gerade  der  Verfasser  dazu  berufen  sei,   hat  er  in  seiner  schrift  über  das 

terh&ltnis  der  öffentlichen  meinung  zu  Wahrheit  und  lüge  im  10., 

!!•  nnd  12  Jahrhundert  gezeigt,  auf  die  ich  bei  dieser  gelegenheit  die  aufmerk- 

Mnkeit  der  leser  dieser  Zeitschrift  hinlenken  möchte. 

1)  Les  deux  masques.     Tragödie -com^die.     Premiere  s^ric:  los  Antiques  II,  281 
-"W7.    Paris  1882. 


254  O.   KKTTNBB 

Es  sei  mir  gestattet  an  dieser  stelle  noch  auf  eine  nachwirknng  der  Aloeste 
Wiolands  auf  ein  liauptwerk  unserer  litteratur  hinzuweisen,  welche,  wie  es  scheint, 
bis  jezt  der  littcrarischen  forschung  gänzlich  entgangen  ist.  Jenes  Singspiel  hat 
nicht  blos,  wie  Scuffert  in  seinem  anfsatz  „der  junge  Goethe  und  Wieland"  Z.  f. 
d.  A.  XXVI,  276—279  im  einzelnen  nachweist,  auf  Goethes  Iphigenic  einfloss 
gei'ibt:  in  noch  viel  evidenterer  weise  zeigt  das  zweite  grosse  antikisierende  drama 
der  Weimarer  dichter,  Schillers  Braut  von  Messina,  die  spuren  dieses  Vorbildes. 

Die  beiden  ersten  acte  der  Alceste,  deren  Schönheit  jezt  wol  algemein  aner- 
kant  ist,  schwebten  Schiller  bei  der  composition  der  H^o^og  seines  dramas  Tor. 
Es  liegt  auf  jenen  actcn  eine  eigentümlich  ergreifende  weihevolle  stimmnng,  aus 
der  uns  auch  die  nicht  seltenen  Wielandschen  platheitcn  (z.  b.  I,  2  Du  willst  jeder 
Freude  Des  Lebens«  jedem  schonen  Blick  In  wonnevolle  Tage,  die  dir  winken  Ent- 
sagen? —  Schrecklich!  Nein!  du  sollst  es  nicht!)  und  banale  opemphrasen  (wie 
II,  3  Grosse  Götter!  welche  Liebe!  Welch  ein  Beispiel  reiner  Triebe!  Nein!  die 
Erde  sah  es  nie !  ...  Bestes  Weib !  dein  eignes  Leben  Für  den  Gatten  hinzugeben 
usw.)  nicht  zu  reissen  vermögen.  In  wirkungsvoller  Steigerung  lässt  Wieland  seine 
heldin  ruhig  schmerzlich  ihren  todesentschluss  gegen  alle  gründe  der  confidcnte 
Parthenia,  die  sie  an  freunde,  Vaterland  und  kinder  mahnt,  dann  weiter 
gegenüber  dem  hcissen  flehen  ihres  gatten,  endlich  auch  bei  dem  herzzerreissen- 
den  anbllck  ihrer  kinder  festhalten.  —  Ganz  analog  ist  die  Situation  in  der 
f|f>Joc  der  Braut  von  Messina.  Auch  hier  hält  erst  der  chor  dem  zum  tode  fest 
entschlossenen  Don  Cesar  alle  vemunftgründe  entgegen,  die  ihn  etwa  von  seinem 
entscliluss  abbringen  könten:  er  zählt  ihm  die  pflichten  auf,  die  er  gegen  den  enge- 
ren kreis  des  hauses,  wie  den  weiteren  des  Staates  habe.  Auch  hier  muss  der 
held  sich  sodann  wapnen  gegen  die  bitten  seiner  mutter;  auch  hier  muss  er 
endlich  drittens  den  schwersten  kämpf  bestehen  bei  dem  unverhoften  widorsehen 
seiner  Schwester  —  wie  dort  die  kinder  wird  sie  hier  zu  hilfe  gerufen,  als  die 
bitten  der  andern  sich  ohnmächtig  erweisen. 

So  spiegelt  der  aufbau  dieser  scenen  die  grundlinien  der  composition  von 
act  I  nnd  II  der  Alceste  wider;  freilich  weiss  Schiller  dieselben  viel  lebendiger 
und  kräftiger  auszugestalten,  er  versteht  es  die  empfindungen  viel  ernster  und  lei- 
denschaftlicher zu  entwickeln ,  die  Stimmung  ganz  anders  zu  vertiefen  nnd  fcstzn- 
halten,  die  steigening  straffer  und  mächtiger  durchzuführen,  so  dass  ein  kcnner 
wie  Laube  einmal  von  dieser  e^o^og  gesagt  hat,  dass  ihr  an  tragischer  wncht  nichts 
zu  vergleichen  sei. 

Und  wie  hier  im  entwurf  der  ganzen  scenen  sein  schaffen  durch  daJB  Vorbild 
des  älteren  Stückes,  vielleicht  unbewusst,  beeinflusst  war,  so  wirkten  die  remi- 
niscenzen  aus  demselben  nnwilkürlich  auch  im  einzelnen  auf  den  sprach- 
lichen ausdruck  ein.  Wenn  irgendwem  das  von  mir  behauptete  Verhältnis  bei- 
der stücke  zu  einander  bisher  noch  zweifelhaft,  die  Übereinstimmungen  als  zufällige 
oder  aus  der  ähnlichen  Situation  mit  notwendigkeit  sich  ergebende  erschienen  sind 
so  wird  durch  die  vergleichung  folgender  stellen  die  abhängigkeit  der  Brant  von 
Messina  von  der  Alceste  wol  unwiderleglich  bewiesen. 

Alceste  sagt  II,  5  zu  Admet,  der  selbst  den  tod  erleiden  will: 

Ach,  Admet,  die  Todesg5tter 
Sind  unerbittlich.    Eines  von  uns  beiden 

Muss  fallen!  — 

Lass  mich,  lass  mich  allein  das  Opfer  sein! 


ÜBSK  ELLINOEB,   ALCE8TE  255 

Fast  wörtlich  ebenso  Beatrice  IV,  10: 

Ein  Opfer  fordert  der  geliebte  Todte; 

Es  soll  ihm  werden,  Mutter  —  Aber  mich 

Lass  dieses  Opfer  sein! 

Wie  Admot  11,  3  den  gemeinsamen  tod  sich  ausmalt: 

Unsre  Seelen  hat 
Die  Liebe  unauflöslich  in  einander 
Verwebt,  und  ewig,  ewig  unzertrennbar 
Vereinigt,  sollen  sie  ins  Land  der  Schatten  gehn! 

So  auch  Cosar  IV,  9: 

friedlich  werden  wir  zusammen  ruhn 
Versöhnt  auf  ewig,  in  dem  Haus  des  Todes. 

Wenn  Parihenia  I,  2  betet: 

0  gute  Götter,  höret  nicht 

Was  in  der  Angst  der  zärtlichen  Verzweiflung 

Ein  liebekrankes  Herz  euch  angelobt! — 

Die  Götter  haben  Mitleid 

Mit  unsrer  Schwachheit;  hören  nicht 
Gel&bde,  von  Verzweiflung 
Der  Liebe  ausgepresst. 

0O  widerruft  ganz  ähnlich  Isabella  ihre  fluche  IV,  9: 

Ich  rufe  die  Verwünschungen  zurück, 

Die  ich  im  blinden  Wahnsinn  der  Verzweiflung 

Auf  Dein  geliebtes  Haupt  heninterriof.  — 

Nicht  hört  der  Himmel  solche  sündige 
Grebete. 

Die  Worte  der  Parthenia  in  derselben  scenc: 

(du  willst)  dieses  goldne  Licht 
Der  Sonne  mit  der  ew'gen  Nacht 
Des  Tartarus  vertauschen? 

klingen  wider  in  Cesars  rede  IV,  10: 

(Du  willst)  Das  Licht  der  Sonne  mir  noch  teuer  machen 
Auf  meinem  Wege  zu  der  ew*gn  Nacht? 

Wie  Herkules  am  schluss  von  act  III  den   an   den   göttern  verzweifelnden 
Admet  tröstet: 

Der  Ausgang  soll  mit  ihnen  dich  versöhnen 
Die  Götter  walten! 

■o  weist  auch  der  chor  IV,  4  Isabella  auf  die  himmlischoii  hin,   deren  macht  sie 

verkent: 

Der  Ausgang  wird  die  Wahrhaftigen  loben 

Die  Götter  leben. 

Die  gewalt  seiner  liebe  schildert  Admet  IV,  3: 

Ich  will  an  Sie  allein 
Nur  denken;  wachend,  träumend  Sie,  nur  Sie 
Vor  meinen  Augen  sehn. 


256  O.   KETTMKB,   ÜBER  KLLINOBB,  ALCB8TB 

und  Codar  bekent  der  Beatrice  II,  2  fast  wörtlich  dasselbe: 

Dich  hab'  ich 
Gesacht,  nach  Dir  geforschet;  wachend,  träumend 
Warst  Du  des  Herzens  einziges  Gefühl. 

Der  aiikommonde  Herkules  wird  von  Parthenia  V,  2  geschildert: 

Admet,  sich  Deinen  Freund! 
Und  Freude  blitzt  aus  seinen  Augen! 

genau  so,  wie  der  zurOckkelircnde  böte  vom  chor  I,  6 

Freue  Dich, 
Don  Cosar!    Gute  Botschaft  harret  Dein, 
Denn  fröhlich  strahlt  der  Blick  des  Kommenden. 

Wie  Admct  II,  4  die  lezten  bitten  der  Alceste  abweist 

Grausame!    Höre  auf  mein  Herz  zu  foltern! 
ähnlich  begint  Don  Cesar,  als  IsaboUa  zulezt  die  Beatrice  herbeiruft: 

Argllstge  Mutter!  also  prüfst  Du  mich! 

Das  nahen  der  todesgötter  vemimt  Alceste  I,  2  visionsartig: 

Ich  höre  das  Schweben 
Der  schwarzen  Gefieder. 
Sie  steigen  hernieder! 

Dies  erinnert  an  die  viäion  des  chors  (auch  im  metrum)  IV,  4: 

Eherner  Füsse 

Kauschen  vemehm'  ich 

Ich  erkenne  der  Furien  Schritt! 

Allenfals  Hesse  sich  auch  noch  anführen  Ale.  III,  4: 

Sich  her!  Da,  siehst  Du  diesen  Aschenkrug? 
Bald  wird  er  alles  ^  alles  was  von  ihr 
Mir  übrig  ist,  verschlingen! 

Br.  V.  M.  IV,  5:      0  blick  her  und  sieh 

— Ja.  das  ist  alles, 

Was  Dir  noch  übrig  ist  von  Deinem  Bruder! 

Man  mag  einzelnen  dieser  stellen  geringe  beweiskraft  beimessen:  im 
monhang  mit  den  übrigen  gewinnen  auch  leichtere  anklänge  bedentnng.  —  Wie 
landd  Alcosto  muss  übrigens  Schiller  schon  in  Dresden,  in  Körners  musikliebcndei 
hause  naher  getreten  sein,  lezterer  citiert  in  einem  briefe  vom  8.  joli  1785  ein 
stelle  aus  dem  fünften  acte. 

SnirLPFORTB.  GUSTAV  KETTHER. 


rbersehene  fehler! 

S.  131  z.  2  V.  u.  st.  pass.  lies  activen. 
S.  137  z.  14  V.  u.  st.  is  lies  ist. 


Hallo  a.  S.,  Bnrhdruckenn  des  Waii 


I 


Inhalt 


Zu  TiwUua  Oc-nuaiib  cap.  XIII.  XIV.     Vtm  Ountnv  Kettnor  .     - 
Der  inßrütlc  nimh  tatllm  iiiiil  iJoil  vcrbn  pmcU'ritn*pnMii>lUft  Hl  dw 

ppea  Ikrtmotm«   vwii  Am'.     (I'ortm-lüniiu)     Von  Dr.  Sylvia« 

von  Mornttärlierg-MänckiMUitj      ......,,,     IM 

Vrll   VTarbcck   un<I   Am   itrsma  von   üvr   üdiitiiL'n   ^Ugtrlinut.     Van 

H.  Holstein I8C 

OhPr  KöiTif^r  uuii  viTwanilto  credi[-iniiuK«ii  lu  Aor  m)lli'llionlid«iKclMiii 

ijrik.    (ForUM/ung.)    Von  U.  C.isko      ......._    ÄlflC] 

TliBmliiL'ls  (Vdüa.     Viio  4.  Koeb     .  


Miscelleii   uihI    Litlonttur. 


Za  Andn^iu  Grj-pliios;  von  II.  Ilolstrin.  250.  —  Jah.  tlolte, 
S|iamUflnr  wrJlinarbtsBgücl ;  aiigcz.  mn  tl,  IIit[§tolu.  ääl. 
(!e.  KlUngor,  Alcojitc  In  der  modorncu  lUt»nuir;  ■ 
G,  KetdiiT.    2r.2. 


in«  miirnilra  kffTi-  vmlni  ii.  •.  hrlncHi:  7."  Am  I.ofht»"!  itiirrc|it*1ini.  Vnn  lUa 
ilnmdilnlttt  {imtmü,  —  Kln  ^milifliin  pUTpm>tln1  A)n*>ln.  Von  r>ii..t«  B-Ilii 
hni>Mg).~  Znr  ÄtKiiiiduntiHt  Kun  F'vmilalnilltMliMia.  Am  milthitllnni^  nni  J.  OIMiiE*l«laf 
(Dniiiil.  .-  Plror  CTinm  uii4  rwwnu.lin  inMtiinCtM  arwIinlBunicau  1«  >1*r  uiUil.  litOt  ImUbSv  V«p 
n.itlik*  llJllw'kV  -  DoiiHm  diu)  diuiiulUim  Jn  Kl.  MrkUMirn*.  Vm  Uhgu  lliil.ii.tii  iWlI- 
lialnibATDiL  "  liihmiiie*  lUmnuTtni  Von  IC,  linflDAr  (lüiftliiul.  —  Ilriiiti>t>tnM>  tia»  tubteAilnak. 
Von  Jaiil^kc  (llmii"m),  -  Vnrl.nm  nirf  >ir,in«i  In  V. rtk.« AMrt«l»l-^  V.,i,  Ji.h.  K«|t»  <I>M«1. 
-  tto  l»inl  d">  KiMEhfl  Inl  n-:afn^u  nm  fbohanbaLh.  >'an  K.  Klntnl  lHwlinl  -  t'*r  »oMd* 
nnrli  ^^m  im  ;  'üu  (moSx  :■•-  ■'•■Im  ilJlitili«  in  ■Im  tiftfi  Hutniaiiiii  run  A<H>  <wUiil>1-  Vwm 
»j-lrian  •"«  ^■'»«(■irliiiiv-llflfli-liiiniiu  <(ln«t«iit.  —  illtlhillumcvii  *<•  hiuu!>clifltai.  Tm 
0.  rniiiai  (Bn^tlau)  -  Dln  tMinUin  in  Am.  Tm  ['Ipct  (Album).  -  fi)«i  lUn  niuitnli«  a^n| 
Ul   Vrulhaui.    V.«  J.  Kcnliai   (UnuliBiakl.    -     Sin    llf»l/H.liWi    uciriikuiulu.     Vau  J.   Xlncvrl» 


ZEITSCHRIFT 


DEUTSCHE  PHnX)LOGlE 


HKHAl'StJKUKBKN 


D«.  ERNST  KOPFNER        ..h..  Dr.  JULIUS  ZACHER 


ACHTZEHNTEfft  BAND 


H  A  L  L  K 

ruHt.Ail    IIKII  •■l<'4tlllA>ill)l.tJ9«i   DKN  WAUUMIAtItlUt 

IHSti 


EIN  DEUTSCHES  PUPPENSPIEL:  ALOESTE. 

Die  puppenspieldichtuDg  ist  bis  jezt  von  der  litterarhistorischen 
forachung  in  ungebührlicher  weise  vernachlässigt   worden;   und  doch 
sind  88  die  texte  der  puppenkomödien  allein,   welche  uns  bedeutsame 
aofischlflBse  über  ein  nns  völlig  unbekantes  gebiet,   das  volksdrama  des 
17.  nnd  18.  Jahrhunderts  geben  und  uns  wichtige  rückschlüsse  gestat- 
ten.   Einzelne  Puppenspiele  sind   zwar  gedruckt;   aber  selbst  die  not- 
wendigsten bemerkungen  über  den  litterarbistorischeu  Zusammenhang, 
fiber  die  quellen  usw.  hat  man  zu  machen  unterlassen.    Ich  will  nur 
ein   beispiel   statt  vieler   anführen.     In    dem   Puppenspiel:   Don  Juan 
^    (gedruckt  bei  Engel,   PuppeukomGdien ,  Br. UI)   findet  sich  eine  scene 
,    swischen  Don  Juan  und  zwei  gerichtsdienern   (a.  a.  o.  s.  35  fgg.),   die 
nemlich  bekant  ist,  da  sie  aus  dem  Puppenspiel  auch  in  Mozarts  oper 
|.  vn^enommen  worden  ist,   wie  ich  sie  selber  denn  in  meiner  kindheit 
:    snf  einer  kleinen  opembühne  habe  mit  aufführen  sehen.    Auch  Grabbe 
kante  die  scene  und  hat  sie  im  „Don  Juan  und  Faust"  nachgebildet. 
Sieht  man  sich  diese  scene  nun  genauer  an,   so  erkent  man  auf  den 
ersten  blick,    dass    dieselbe   der  gerichtsscene  aus:    „Viel   Lärm   um 
Hichts''  nachgebildet  ist,  worauf  bis  jezt,  so  viel  ich  weiss,  noch  nie- 
mand aufmerksam  gemacht  hat. 

Besonderes  Interesse  verdienen  diejenigen  Puppenspiele ,  die  antike 
Stoffe  behandeln.  Es  würde  sich  wol  verlohnen,  diese  eigenartige 
renaiseanoedichtung  einmal  völlig  zu  behandeln  und  sie  auf  ihre  quel- 
len zu  nntersQchen.  Eine  ganze  reihe  antiker  steife,  Medea,  Oedipus 
nsw.  ist  von  den  puppenspieldichtern  bearbeitet  worden.  Ein  merkwür- 
diges stück  dieser  art  will  ich  auf  den  nachfolgenden  blättern  mitteilen. 
Dasselbe  ist  in  mehr  als  einer  hinsieht  interessant.  Auf  die  existenz 
desselben  hat  mich  herr  dr.  Beinhold  Koehler  aufmerksam  gemacht; 
er  hatte  auch  die  freundUchkeit ,  mir  eine  genaue  abscbrift  desselben 
za  besorgen. 

Das  stück  behandelt  die  Alceste-sage  und  die  hauptzüge  des 
Inhalts  sind  schon  von  mir  in  meinem  buche :  Alceste  in  der  modernen 
Idtteratur,  Halle,  Verlag  der  Buchhandlung  des  Waisenhauses,  1885, 
8.  20  fg.  mitgeteilt  worden:  „Nachdem  Alceste  sich  geopfert  hat,  wen- 
det Admet  sich  sofort  einer  andren  schönen  zu,  er  verliebt  sich  in  die 
sebäferin  Dorinde  und  will  dieselbe  seinem  diener  Hannswurst,  der  sich 
ebenfals  in  das  mädcbeu  verliebt  hat,    entreissen.^    —    Fragen  wir, 

SnTBCHBIFT  P.   DEUTSCHE  PHILOLOGIE.      BD.   XVm.  17 


258  ELLINOEB 

woher  der  dichter  diese  seltsame  Umgestaltung  der  antiken  sage  entnom- 
men ,  so  werden  wir  auf  einen  eigentümlichen  Zusammenhang  geffihrt 

Es  existiert  nämlich  unter  allen   den  dramen  der  modernen  lit- 
teratur ,  welche  den  Alceste  -  stoff  zum  gegenständ  haben ,  nur  ein  stQck, 
welches  mit  dem  Puppenspiel  ähnlichkeit  hat.    Es  ist  das  drama  per 
musica  des  Italieners  Aurelio  Aureli:  Antigona  delusa  d'Alceste.^   (um 
1664  entstanden;   von  mir  analysiert  in   meiner   angeftQirten   sehrift, 
s.  15  fgg.,  ausfuhrlicher  in  der  vierteljahrsschrift  für  musikwissenschaft, 
bd.  I  s.  201  fgg.)-    Auch  in  dem  stuck  des  Aureli  wendet  sicli  Admet, 
nachdem  Alceste  gestorben,   sofort  einer  andren  schönen  zu,    n&mlidi 
der  trojanischen  prinzessin,  Antigona,  um  welche  er  sich  frfliier  scIioh 
beworben ,  allerdings  ohne  sie  zu  sehen ,   und  die  sich  jezt  unter  der 
maske  einer  Schäferin  Bosilda  in  Thessalien  aufhält.    Admet  verliebt 
sich  in  das  mädchen  und  will  sie  heiraten ;  aber  auch  sein  brnder  Tit- 
simede  und  sein   diener  Orindo  sind  in  Antigona  verliebt   —    Man 
erkent  leicht,  wie  das  hauptverhältnis  des  Puppenspiels  dem  italieni- 
schen stück  nachgebildet  worden  ist;   aber  auch  in  den  einzelheün 
lässt  sich  die  einwirkung  erkennen.     Wie  Casper  der  statue  des  got- 
tes  Schimpfworte  zuruft  und  dieselbe  schliesslich  von  ihrem  tron  ber- 
unterwirft,  so  fährt  auch   der  spassmacher  des  italienischen  stfiekes, 
Lille,  das  bildnis  des  gottes  an,  nachdem  es  den  orakelsprach  getan 
und  ruft  ihm  zu.-  o  statua  maledetta!    Wie  bei  Aureli  Trasimede  die 
Antigona  zum  ersten  mal  trift,  als  er  zum  jagen  auszieht  (I,  18.)  ^  so 
begegnet  auch  Admethes  im  Puppenspiel  der  Dorinde   bei   der  jagd. 
Noch  weiter  im  einzelnen  würde  sich  die  vergleichung  durchfuhren  las- 
sen. —   Noch   wahrscheinlicher  wird  die   einwirkung   des  italienischen 
Stückes,  wenn  wir  daran  denken,  dass  auch  in  ein  anderes  Puppenspiel: 
Alceste  (das  wir  nicht  mehr  besitzen,   dessen  Inhalt  uns  aber  durch 
einen  bericht  Matthissons   bekant  ist,   vgl.  meine  angeführte   sehrift, 
s.  19  fg.)  motive  aus  Aurelis   drama  übergegangen  zu  sein  scheinen. 
Das  stück  des  Aureli  muss  um  die  wende  des  17.  und  18.  Jahrhunderts 
in  Deutschland  verhältnismässig   bekant  gewesen  sein,   wie   denn  eine 
Übersetzung   desselben    1693    von   einem    gewissen    Thiemich    verfasst 
wurde'  und  auch  Händel  aus  Aurelis  drama  sich   den  text  f&r  seine 
oper:  Admet  gesaltete. 

Wir  können  demzufolge   die  abfassung  unsres  Stückes  etwa  in 
den  anfang  des  18.  Jahrhunderts  setzen.     Die  form  freilich,   in  der  es 

1)  In  einem  sammelband  auf  der  königlichen  bibliothek  zu  Berlin:    opere  di 
Aurelio  Aureli  X  g  6018. 

2)  Die  Übersetzung  kante  schon  Wieland;  er  hat  sie  analysiert  im  Deutschen 
Merkur,  1773.     St.  I,  s.  37  —55. 


PÜFPENSPIBL  ALOBSTB  259 

]ezt  noch  vorliegt,  stamt  wol  aus  dem  anfang  des  19.  Jahrhunderts. 
Nicht  allein  dass  die  handschrift ,  wie  mir  herr  dr.  Beinhold  Koehler 
mitteilt,  aus  dem  19.  Jahrhundert  stamt,  auch  anspielungen  auf  zeit- 
yerhUtDisse  (scUacht  bei  Austerlitz,  v.  818)  und  litterarische  Verhältnisse 
(Kotzebue  v.807)  haben  sich  eingefunden.^  —  Auch  Situationen  aus  andren 
pnppenspielen  scheinen  benuzt  worden  zu  sein :  das  benehmen  des  Kas- 
per, der,  da  Herkules  anklopft,  aus  furcht  nicht  fragen  will,  wer  draus- 
sen  ist  und  der  dann,  als  Herkules  eintritt,  unter  den  tisch  kiiecht, 
erinnert  lebhaft  an  Hannswurst  beim  erscheinen  des  comthurs  im  Pup- 
penspiel: Don  Juan.  (Engel,  Puppenkomödien,  bd.  HI  s.  62  fg.) 
WennEasper,  nachdem  Herkules  die  Alceste  befreit  und  mit  ihr  abge- 
gangen, nun  die  Zauberformeln,  welche  er  von  Herkules  gehört,  wider- 
bolt,  um  die  geister  zu  beschwören,  so  gemahnt  das  lebhaft  an  die 
gleicbe  Situation  im  Puppenspiel  Faust.     (Engel ,  bd.  I  s.  15  fgg.) 

Bei  meiner  herausgäbe  habe  ich  die  verse  abgesezt,  die  in  der 
bandschrift  ziemlich  wilkfirlich  geschrieben  und  zuweilen  falsch  abgesezt 
sind;  auch  habe  ich  sie  mit  regelmässiger  Zählung  versehen.  Zu  anfang 
tritt  der  Alexandriner  auf;  nachher  schwankt  das  versmass  meist  in 
den knittelvers  um,  einzelne  stellen  sind  dann  wider  in  Alexandrinern 
»bgefassi  Die  verse  sind  sehr  roh  und  regellos.  —  In  der  Orthogra- 
phie folge  ich  durchweg  der  handschrift,  Interpunktion  habe  ich  nur 
in  den  seltensten  fällen  zugefügt;  wo  ich  die  Interpunktion  der  hand- 
schrift verändert  habe ,  ist  die  betr.  interpunktion  des  manuscripts  meist 
in  Uammem  zugefagt 

Eine  Scheidung  der  mutmasslichen  bestandteile ,  des  ursprüng- 
lichen kems  und  der  zusätze,  welche  sich  nach  und  nach  angesezt 
haben,  mochte  ich  nicht  durchführen,  trozdem  die  Versuchung  dazu 
nahe  genug  lag.  

Alzeste  oder:  Der  HOUenstUrmer. 

Lustspiel  in  4  anfzügcn. 
Personen:  Decorationen. 

^^^-  Erster  »et: 

Unig  Admethes  von  Thessalien.  j..„  ^.^^^,  ^j^  ^j^^,,^  g^^^^ 

Ein  seneschftll.  „     . 

Herkules.  ^^«^^^  *^^- 

Aeskulabius.  ^^^  *®°^P®^  ^®®  Aeskulabs. 

Dorinde,  eine  hirthin.  Dritter  act: 

Casper,  hofnarr.  Ein  finstrer  wald. 

Tmttscherl,  seine  brant.^                                              Vierter  act: 

Furien.  Garten. 

1)  Diese  anspielungen  verraten  sich  deutlich,    da  sie  so  nahe  nebeneinander 
■^W,  während  sonst  im  ganzen  stück  sich  ähnliches  nicht  findet,  als  späioron  zusatz. 

2)  Im  Puppenspiel  selbst  wird  diese  ligar  als:  Gretcl  bezeichnet. 

17* 


2G0  ELLINGEB 

Erster  act.    Erste  scene. 
König  im  Bett  liegend.    Alzeste.    Seneschall  am  Bett  stehend. 

König  matt: 
0  Himmel!  Himmel!  ach!  was  grosse  Leibesschmerzen 
Empfind  mein  schwacher  Geist,  mich  quält  schon  in  dem  Herzen 
Mortunas  schwarze  Hand,  und  raubet  mir  die  Ki*aft, 
Schon  nagt  der  Todeswurm  an  meinem  Lebenssaft.  (,) 
Sofern  die  Götter  noch  mit  ihrer  Hülf  verweilen,  (!)  5 

So  muss  ich  ganz  gewiss  ins  Beich  der  Todten  eilen. 

Alzeste: 
Admethes,  ob  du  gleich  in  Krankheit  bist  gefallen, 
So  werd  ich  helfen  dir  gewiss  vor  Andern  Allen! 
Und  sollt  es  auch  gleich  sein  mit  meinem  eignen  Leben, 
So  glaub  nur  sicherlich ,  dass  ichs  für  dich  werd  geben.  10 

Seneschall: 
Der  Götter  Aug  wird  stets  für  seine  Bürger  wachen, 
Beschützen  Krön  und  Thron,  und  dessen  Kostbarkeit. 
Vergebens  sucht  der  Tod  das  Grabe  schon  zu  machen. 
Als  wie  ein  Phönix  wird  die  Lebens -Kraft  erneut;  (,) 
Gesetzt  auch,  wenn  ein  Sturm  die  Sonne  wollt  vertreiben,  15 

So  wird  sie  sicherlich  nicht  lang  zurücke  bleiben  — 
Sie  bricht  die  Wolken  durch,  mit  ihrem  hellen  Schein  — 
Erfreut  des  Menschen  Herz  — 

König.     Ach,  lasset  mich  alleine, 
Ich  bin  sehr  schwach  und  matt,  ich  fuhl*s,  bald  werde  ich  erblassen 
Und  Weib,  und  Reich  und  Tron  trostlos  zurücke  lassen.  20 

Alzeste. 
Nein!  nein!  Gemahl,  noch  nicht,  es  ist  noch  Rettung  da, 
Ich  eil  zum  Tempel  hin  (,)  des  Aeskulabia! 
Bring  reiche  Opfer  ihm,  Weihrauch  in  goldnen  Schalen, 
Lass  einen  Purpur  ihm  von  Gold  und  Perlen  malen, 
Misch  meine  Tränen  drein,  die  gleich  Rubinen  glänzen  25 

Lass  alle  Grazien  vor  seinem  Trone  tanzen. 
Er  lässt  mich  sicher  nicht  trostlos  von  hinnen  gehn, 
Wo  eine  Königin  bitt,  wer  wird  da  widerstehn  — ? 
Gomahl,  ich  gehe  schon,  lebt  wohl,  lebt  wohl,  mein  König, 

(ab.) 

Seneschall. 
Das  flohn  aus  einem  Mund  ist  wahrlich  noch  zu  wenig.  30 

Ich  selbst  will  mich  begeben 
Zum  Aeskulabius,  zu  bitten  um  Ew.  Leben. 


PUPPENSPIEL  ALCESTE  261 

König. 
Wohlan,  so  geht,  doch  lasst  mich  nicht  alleine, 
Schickt  meinen  Hofnarrn  mir.  — 

Seneschall. 

Ich  meine, 
Der  macht  Euch  zu  viel  Lärm,  doch  wie  ihr  wollt,  mein  König,      35 
Ich  schick  ihn  zn  Euch  her,  vielleicht  schaft  er  ein  wenig 
Darch  seine  Schwank  Euch  Buh, 
Lebt  wohl,  ich  eil*  anjetzt  dem  Göttertempel  zu. 

(ab.) 
König,  (allein.) 
Ach!  ach!  es  ist  vergebens, 
Verlöschen  wird  gar  bald  die  Lampe  meines  Lebens.  40 

(dazu)  Gas  per. 

Ey  sagt  mir  Leutchen  doch,  wer  ist  nun  Koch  und  Keller? 

Der  eine  sauft  den  Wein,  der  Andre  leckt  die  Teller. 

Das  machts,  der  Meister  König  liegt  im  Bett, 

Als  wenn  Em  Rhevmatism  am  linken  Absatz  hätt. 

Prosit,  Prosit!  (geht  ans  Bett.) 

Herr  König,  was  Teufels  liegt  ihr  denn  im  Bett,  den  ganzen  Tag 

im  Nest  45 

Pfoui  Teufel,  was  ist  das,  ihr  stinkt  ja  wie  die  Pest, 

Was  habt  ihr  denn  beim  Blitz  für  Teufelszeug  genommen, 

Was  habt  ir  denn  ffir  Zeug  von  Eurem  Arzt  bekommen, 

Das  was  so  garstig  riecht? 

König. 

Ach,  ich  hab  eingenommen 

Aqoavis  mortia,  und  dulzis  lubis  ender,  50 

Auch  Wasser  musst  ich  trinken,  von  Sellerie  gekocht. 

Casper. 

Potz  Tausend!  fresst  doch  Schinken,  sauft  Malaga  dazu,  das  giebt 

mehr  Kräfte, 
Als  alle  Schmiererey  und  Apothekersäfte. 

König. 
O  schweig,  wie  kann  ein  Kranker  denn  noch  Schweineschinken  essen, 
Hast  du  denn,  dass  ich  krank  bin,  ganz  und  gar  vergossen?  55 

Casper. 
Vergessen  hab  ichs  nicht,  ich  spürs  an  meinem  Magen, 
Das  (sie)  krank  ihr  seid 

König, 
wie? sollte  mau  es  wagen, 


262  BLLINOEB 

Und  dir  nicht  so  wie  sonst,  recht  satt  zu  essen  geben? 

Das  hoff  ich  wahrlich  nicht  — 

Casper. 

Ich  sags,  in  meinem  Leben 

Hab*  ich  nicht  so  gefressen ,  sonst  musst  ich  Morgens  laufen  60 

Und  für  drei  Pfennig  Brod  zu  meinem  Frühstück  kaufen, 

Jetzt  steht  mir  Alles  auf,  ich  kann  zu  Eist  und  Schränken 

Und  kann  mir,  wenn  ich  will,  vom  besten  Wein  einschenken. 

König. 
Mein  Diener,  gehe  fort,  du  kannst  mit  deinen  Scherzen 
Mir  dennoch  helfen  nicht,  ich  fühle  heftge  Schmerzen,  65 

Ich  glaub,  ich  werde  wohl  nicht  lang  mehr  bey  euch  bleiben. 

Casper. 

Hört,  ich  will  Eucb  einmal  ein  guts  Rezept  verschreiben. 

Das  hilft  Euch  sicherlich  — 

König. 

0  Himmel,  lass  es  bleiben, 

Was  hilft  dein  Schreiben  mir,  da  alle  grossen  Männer 

An  mir  nichts  ausgericht  — 

Casper. 

Drum  hört,  gekrönter  Gönner,  70 

Ein  kleines  Männchen  an,  es  giebt  bey  kleinen  Leuten, 
Oft  auchn  gescheuten  Kopf,  drum  nehmet  nur  bey  Zeiten 
Ein  tüchtigen  Aderlass  ein ,  drauf  nehmt  s  Olium  Babolium ,  Audinm 
et  GuDTulorum  eigrugulus  Puckulorum.     Das  ist  ein  pucklicher  Mai- 
käfer.    Kornikulum   Komua  Rumosa.    Simplizia.    Camura.     Be-  75 
kurva.     Konvulata.  in  Muctonem  DosinentL 

Dieses  au  die  Stirn  gerieben,  und  drauf  eingenommen  —  — 
Fünf  Zentner  ungeli^hten  Kalk«  3  Zentner  Wagenschmier, 
Da$  hilft  Euch  auf  der  Stell.  Herr  KC^nig,  glaubt  es  mir.  — 

K^nig. 
Ach  Thor,  das  Zoucr  kann  Niemand  nehmen.  80 

Casper. 
1>ÄS  wollt  ihr  nicht  einnehmen? 
So  ki^nnt  ihr  Euch  Wquemen 
Tnd  Kuren  Schnappsack  nehmen. 
Tnd  heisa  huckepack 

*Keisen  inV  TVufcl^Äack.  85 

Ks  hat's  d*voh  ein^renommen 
Mm  alter  Zie^ywiKvk. 
Vnd  ist  ihm  wohl  bokommen  — 


PUPPENSPIEL  ALCESTE  263 

König. 
O  schweig,  du  dummer  Stock, 

Ich  bin  ja  keine  Geise.  90 

Casper. 
Es  hilft  auf  alle  Weise 

Den  andern  Böcken  auch. 

Vorige  und  GreteL 

Gretel. 
Da  lauf  ich  fiberall  rum  und  such  den  Wechselbalg, 
Den  Tölpel,  den  Dickkopf,  den  Ochs,  den  Narr,  den  Stier  — 
(sieht  Casper.)  Ha  find  ich  dich  einmal,  bist  du  denn  einmal  hier?  95 

Casper.  (für  sich.) 
Pfui  Teufel!  kommt  das  Mensch  auch  noch  hierhergegangen, 
Nun  wirdsn  rechten  Läim  Yorm  König  hier  anfangen, 
(laut)  Sag  an,  was  willst  du  denn?  — 

Gretel. 
Nun,  wie  der  Mensch  noch  fragen  kann, 
Ich  will  dich  halt  heirathen!  — 

Casper.  (langsam.) 
heirathen?  — 
Gretel. 
Nun  ja,  ich  back  dir  Hochzeitsfladen,  und  geb  dir  rothen  Wein,     100 
Da  wollen  wir  mal  recht  tanzen  und  wacker  lustig  sein. 

Casper. 
Nun  sag  mal,  dummes  Thier,  was  bildst  du  dir  denn  ein, 
Dass  so  ein  Kerl,  wie  ich,  ein  Mann  für  dich  sollt  sein? 

Gretel. 
Nun  hast  mirs  nicht  versprochen. 

Es  sind  nun  schon  4  Wochen,  105 

Da  hab  ich  dir  gekauft  4  Maass  Tiroler  Wein 
2  fette  Gans  und  Schöpsenkeil,  mein  Herze  gab  ich  drein. 
Du  birst's  doch  jetzt  wie  viele  junge  Herrn  nicht  machen? 

Casper. 
Wie  machen's  die? 

Gretel. 

Das  Mädel  angeführt  und  hinterher  auslachen,  110 

Das  ist  die  Mode  so. 

Caspar. 

Nun  wenns  jetzt  Mode  ist,  so  wollen  wirs  auch  mitmachen. 

Gretel. 

Du  hartes  Felsenherz,  du  bist  von  Holz  und  Stein, 

(weinend.)  Wenn  du  mich  nimmer  willst,  spring  ich  in  Fluss  hinein. 


2^  KLLCTOER 

Casper. 
0  pfai,  eiu  kluges  Weib  muss  sich  in  Alles  finden  —  115 

Wer  wird  sich  wohl  an  solche  Kleinigkeiten  binden, 
Wer  sich  deswegen  gleich  ersäufen  wollte, 
Das  war  ja  nicht  das  Weib,  wies  sein  sollte. 

Gretel.  (zum  König) 
Mein.  Horts  mal,  Meister  König,  ihr  seid  son  wackrer  Mann, 
Sagt*s,  was  fang  ich  mit  dem  Schlankerl,  mit  dem  Casper  an?       120 

König. 
Warum  mein  Kind?  was  hat  er  dir  gethan? 

Gretel. 
Ja,  schaut,  es  sind  jetzt  grad  4  Wochen, 
Da  hat  er  mir  das  heirathen  versprochen, 
Ich  hab'm  alle  Tag  Speckklösse  müssen  kochen. 

Und  4  Pfund  Fleisch  frass  er  auf  bis  auf  die  Knochen,  125 

S'  Herz  im  Leib  that  mir  oft  vor  Freuden  pochen, 
Wenn  ich  ihn  so  fressen  sah,  und  nun  will  er  mich  sitzen  lassen. 
(weinend.)  Huhu,  nun  soll  ich  allein  Abends  gehn  auf  der  Strassen  — 
Soll  hiesten  uod  husten,  bis  über  mich  Armen, 

Sich  wieder  ein  Andrer  einmal  thut  erbarmen.  130 

Du  lieber  Himmel,  wie  hält  es  so  schwer. 
Bis  einer  zu  uns  armen  Mädchen  kommt  her. 
Ja  wenn  man  könnt  gehn  in  Haub  und  Saluppen, 
So  wie  sie  zu  Leipzig,  wohl  gehen  in  Truppen  — 
Oder  zu  Dresden  auf  der  Brücken,  13 

Ach,  ich  möchte  vor  Jammer  ersticken. 

König. 

Mein  liebes  Kind,  sev  still,  und  schreie  mir  nicht  so, 

Er  muss  heirathen  dich  — 

GreteL 

Juchhe  nun  bin  ich  froh, 

(zu  Casper.)  Nun  rausst  du  mich  heirathen, 

Nun  will  ich  kochen  und  braten,  14 

Kebhündl,  Enten,  Tauben, 

Kosin,  Apfelsini,  TraubeJi, 

Auch  Mohnkuchen  nach  schlesischer  Manier 

Und  Kaffee  mit  Zigory  gebe  ich  dir. 

Casper. 

Und  ich  geh  dir  nach  jet«^er  Manier  14=- 

Don  Absatz  ,Hufm  ruckel  daför. 
(zum  König)  Pfui  Teufel,  Herr  König,  was  habt  ihr  gedadit| 


PUPPENSPIBL  ALCESTB  265 

Das  (sie!)  ihr  das  Tbier  zu  meiner  Braut  habt  gemacht. 

Was  thu  ich  mit  dem  Wechselbalg  dann, 

Was  soll  ich  mit  ihr  fangen  an?  150 

Das  Mensch  ist  nichte  aestaitisch,  nicht  poetisch, 

Sie  schreit  den  ganzen  Tag  wie  toll. 

Kurz,  es  ist  nicht  das  Weib,  wies  sein  soll. 

König. 
Ach  öott,  aestantsche  Weiber  sind  nicht  theuer, 
Und  langweilig,  wie  das  Leben  im  Fegefeuer,  155 

Ich  bitte  dich^  jag  sie  hinaus. 
Ich  halt  das  schrein  nicht  länger  aus, 

Casper. 
Ha  ha!  Herr  König,  nun  seh  ich*s  ein, 
Ihr  habt's  versprochen  mir  aufn  Schein, 

So  wies  die  grossen  Herrn  oft  machen,  160 

Bas  Wort  zu  halten  sind  nicht  ihre  Sachen. 

^u  gebt  nur  acht,  ich  will  sie  gleich  nausfegen, 

Grad  oder  krumm,  mir  ist  nichts  dran  gelegen. 

Mein  Absatz  ist  so  grob  wie  Eure  Politik, 

Ich  brech  ihr,  wenn  ihr  wollt  gleich  auf  der  Stell  das  Gnick.         165 

(zn  Gretel  mit  aufgehobnem  Fusse.)  Ich  frag  dich,  wirst  du  gehn, 

Oder  willst  du  meinen  Absatz  sehn  ? 

Gretel. 

ß«h,  geh  und  sey  kein  Narr  mein  Lieber, 

^  hast  wol  gar  das  gelbe  Fieber? 

Casper. 
^^^  ja  mein  Kind^  mein  Absatz  ist  schon  mobil,  170 

öruna  bitt  ich  dich  recht  schön  und  viel, 
^^ch,  dass  du  kömmst  zur  Thür  hinaus. 

Gretel. 
^^u  sey  gesch'eidt,  komm  mit  nach  Haus. 

Casper. 
^^  dunmer  Balg^  marsch,  pack  dich  fort. 

^^  Thier  g'hörst  nicht  an  diesen  Ort.  175 

^  Mädchen,  das  nach  Hofe  geht, 
*I^8s  seyn,  wie  der  Hahn,  der  aufm  Schlosse  steht,  (stösst  sie  ab.) 

Gretel.  (von  aussen.) 
0  Weh,  er  hat  mim  Arm  verdreht. 

Casper  (gegen  die  Seite,  wo  Gretel  abgegangen.) 
^  Ifarr,  bey  jetzger  Zeit, 
^ö  so  rar  die  Mannsleut,  180 


266  ELLINOSB 

Wo  man  so  viel  zum  Streit 

Und  Krieg  gebraucht,  da  leiht 

Man  solchem  Madel  gar  kein  Ohr, 

Da  kriegt  man  eine  mit  viel  Louisdour. 

(zum  König)  Nicht  wahr  Meister  König?  Was  sagt  ihr  dazu? 

König.  185 

Ach!  ach!  mein  Diener,  geh  und  lass  mir  Ruh, 

Doch  willst  du  seyn  ein  frommer  Heyd, 

So  geh  und  mache  dich  bereit. 

Nimm  Weirauch,  Myrthen,  Edelstein, 

Und  geh  in  unsern  Tempel  ein  (,)  190 

Zum  grossen  Aeskulapius, 

Beug  deine  Knie  am  heiigen  Dreifuss, 

Und  bitt  um  deines  Königs  Leben, 

Vielleicht,  dass  dir  die  Götter  Gnade  geben. 

Gasper. 
Den  Dreifuss  soll  ich  schmieren,  195 

Mit  Weirauch  und  lacieren? 

Mit  Myrthen  und  Edelstein, 

Nein,  mein  Herr  König,  mein, 

Man  muss  nicht  so  gar  spendabel  sein. 

Erst  soll  er  helfen  Euch ,  der  Doctor  Schnipselabius,  200 

Dann  kriegt  ers  Honorar,  und  wird  Leibmedikus;  (,) 

So  ists  bei  grossen  Herren  jetzt  der  Brauch, 

Und  so,  Herr  König,  macht  ihrs  auch. 

Und  schnurrt  ihr  ab,  und  müsst  ihr  mit  der  Haut  bezahlen, 

So  wird  man  dem  Herrn  Schnippselabius  ein  Honorarium  malen,  (ab.)  205 

Actus  : 

Zweiter  act.    Tempel  des  Aesculap. 

Priester  machen  Zeremonien,  eine  Sinfonie  beg^t  Priester  nngen,  riLnchem 
etc.  Ein  kleiner  Altar,  woranf  das  heilige  Feaer  brent,  im  Hintergnmd  ein  präch- 
tiger Altar,  mit  goldnen  Franzcn ,  worauf  Aeskulabins  zu  sehn,  mit  erhabnen  Stufen. 
Nach  der  Zeremonie  erscheint 

Alzeste. 
(mit  zerstreuten  Haaren ,  wirft  sich  auf  die  Knie.) 
Ach  grosser  Aeskulap,  du  Helfer  aller  Heiden,  - 
Ach  sag,  wie  lange  soll  mein  theurer  Admeth  leiden? 
0 ,  kernst  du  helfen  ihm ,  so  hilf  ihm  doch  bei  Zeiten, 
Lass  ihn  genesen  schnell ,  ich  mach  alsdann  die  Freuden  (,) 
Dem  ganzen  Land  (,)  210 

Und  allem  Volk  bekannt.  Pause. 


PÜPPEN8FIEL  ALCESTE  267 

loh  bitt  zum  zweiten  Mal,  lass  mich  den  Ausspruch  hören, 
Das  ganze  Volk  wird  dann  die  Gottheit  willig  ehren, 
Sag,  wird  mein  Gemahl  genesen? 

Pause. 
Wie?  —  Unbegreiflich  Wesen,  215 

Orakel,  du  sagest  nix? 

Du  reissest  mir  ihn  fort,  du  ziehst  in  übern  Stix? 
Sieh  meine  Tränen  an,  sieh,  wie  sie  häufig  rollen  — 
Ich  will  dem  Tempel  auch  die  reichsten  Opfer  zollen. 
Nur  sag  die  Wahrheit  mir.    (es  donnert.)  220 

Ich  hör  den  Donner  rollen, 
Die  Götter  sind  erzürnt,  sie  wollen  mirs  nicht  sagen. 
Ha!  soll  ich  ihn  so  bald  zu  Grabe  lassen  tragen? 
So  nehmt  mich  auch  mit  hin,  mit  ihm  will  ich  erblassen. 
Ich  werd  mich  auch  mit  ihm  sogar  verbrennen  lassen. 

Donner  und  Blitz. 
Das  Orakel.  225 

Der,  so  am  meisten  liebt,  erhält  des  Königs  Leben, 
Wenn  er  sich  willig  wird  dem  Tod  zum  Opfer  geben. 

Alzeste. 
Der,  so  am  meisten  liebt?    Ha?  hab  ich  recht  verstanden? 
Wer  liebt  den  König  mehr  in  allen  seinen  Landen  — 
Als  ich??  —    Ich  will  dem  Volke  geben  230 

Den  König  wiederum,  mein  Leben 
Ist  ja  doch  ohne  ihn  nur  so  ein  leerer  Traum, 
Ein  Nichts,  ein  Schattenbild,  der  leere  Feigenbaum,  — 
Und  um  dasselbe  gleich  zu  enden  — 
Ermord  ich  mich  mit  eignen  Händen.  (ab.)  235 

Seneschall. 
So  wag  ichs  denn,  mit  Zittern  und  mit  Beben, 
Mich  in  den  geheiligten  Tempel  zu  heben, 
Zu  bitten  mit  Bescheidenheit 
Um  unsers  Königs  Gesundheit. 

(kniet.)  Sieh  grosser  Aeskulap ,  du  Doctor  ohne  Gleichen,         240 
Sieh  meine  Tränen  an,  ach  lass  dich  doch  erweichen. 
Hilf  unserm  Könige  nur  diesmal  aus  der  Noth, 
Sonst  machen  ihn  gewiss  die  Schmerzen  heut  noch  tot. 

Pause. 
Potz  tausend  sapperlot ,  dass  (sie !)  kann  ich  nicht  begreifen, 
Die  Gottheit  spricht  kein  Wort?  ich  muss  das  Messer  schleifen,  245 
Und  dem  Orakel  gleich  5  feiste  Kinder  schlachten, 


268  ELUNGEB 

Das  AeskulabiuSy  wirst  du  sicher  nicht  verachten.  (,) 
Bevor  ich  aber  geh,  so  sag  mirs  nur  ein  wenig, 
Todt  oder  Leben  dann?  wie  stets  mit  unsrem  König?? 

Pause. 
Kein  Wort!  Kein  Wort!  Kein  Wort!  Das  ist  doch  gar  zu  toll  —  250 
Ich  geh  und  mache  dir  die  Bauch  erfässer  voll, 
Wachholderbeer  und  Kümmel, 
Myrthen  und  Johannis-Blömmel 
Bauten,  Pomeranzenblüth 
Word  vor  seinem  Tron  verglQht.      (ab.) 

Alzeste.    (mit  einem  dolch.)  255 

Hier  bin  ich,  Aeskulab,  mich  Selbsten  nun  zu  schlachten  — 
Doch  muss  ich  noch  einmal  das  Messer  selbst  betrachten  — 

(besieht  das  messer,  oder  den  dolch.) 
Es  ist  doch  gar  zu  scharf,  jedoch  ich  muss  hinein^ 
Als  Wittwe  leben,  ach!  das  ist  die  grösste  Pein. 
Nunmehro,  kalter  Stahl,  durchbohre  diese  Brust,  260 

Die,  so  am  meisten  liebt,  dieselbe  stirbt  mit  Lust, 
(ersticht  sich.)    Ach!  ach!  ich  habs  getroffen 
Gerad  ins  Herz  hinein,  die  Wunde  steht  noch  offen  — 
Ich  ahl's !  ich  sterb !  —  Gott ! 

Ach!  welche  Noth  —  265 

Admethes  —  gute  Nacht! 
Ich  fall  —  es  ist  vollbracht.  —    (fällt  in  die  scene.) 

Casper. 
Da  lauf  ich  überall  rum  und  such  den  Tölpel  auf 
Von  Schnippselabius ,  und  find  ihn  nirgends  nicht, 
Doch  den  von  dem  Herrn  Bachius,  270 

Den  hab  ich  gleich  gefunden 
Und  den  von  dem  Merkurius 
Potz  Blitz!  der  steht  dort  unten. 
Der  ist  den  ganzen  Tag  recht  voll. 

Die  Kaufleut  laufen  heut  wie  toll,  275 

Reissen  den  geflügelten  Patron 
Mit  ihrem  Beten  bald  vom  Tron. 

(er  sieht  Aeskulab.) 
Was  Teufels  ist  denn  das  für  ein  Politikus? 
Was  gilts,  das  bt  der  Meister  Schnipselabius, 

Das  ist  gewiss  der  Doctor  aller  Finken,  280 

Der  curirt  die  Menschen  nicht  mit  Malaga  und  Schinken. 

(kniet.) 


PUPPENSPIEL  ALCESTE  2G9 

Schmirakel  ?    Bockheit  ? 

Wie  stehts  mit  der  Gesundheit 

Von  onserm  guten  König? 

0  sagt  mir's*  doch  ein  wenig.  285 

Wird  er  bald  wiederum  gesund? 

Nun,  hörst  du  nichts,  du  tauber  Hund?  — 

Pause. 
Der  Eerl  ist  stumm  als  wie  ein  Fisch, 
Nu  —  Doktor  Schnippselabius  —  frisch  — 
Machs  Maul  auf,  sags  geschwind  einmal,  290 

Wie  geht's  mit  unserm  Piinzipal? 

(Pause,  für  sich.) 
Der  Eerl  ist  taub,  bey  meiner  Ehr, 
Der  hört  kein  einzigs  Wörtle  mehr.  (,) 
Wart,  ich  steig  hier  auf  die  Stufen, 
und  werd  ihm  in  die  Ohren  nein  rufen. 

(Er  steigt  hinauf,  und  schreit  entsetzlich.)  295 

Bockheit!  Schnippselabius, 
Schmirakel!  Parazelsus!  — 
Bist  du  dann  taub?    H^örst  dann  nichts  mehr? 
Nun  sag  mirs  doch,  hörst  du  denn  nix? 
Machs  Maul  auf,  und  sag  mirs  fix  —  300 

Wird  unser  König  wieder  aufstehn? 

Oder  wird  er  den  Weg  alles  Fleisches  gehn  ? 

(Pause.) 
Der  Kerl,  der  sagt  kein  Wortle  nicht, 
Ich  schlag  dir  gleich  ins  Angesicht. 
Mach's  Maul  mal  auf,  und  sags  mal  her  —  305 

Ich  stoss  dich  sonst,  wie  ä  Tanzbär. 

(Pause.) 

Kein  Deutsch  yersteht  er,  wie  ich  seh. 

Pariewu  franze,  Musje? 

Parlatti  Italiani? 

Bossoni  popolski? 

Internus  Latyni?  310 

0  du  dummes  Rindvieh.  — 

(giebt  ihm  Orfeigen  und  steigt  herab.) 

Kein  Wörtle  geht  ihm  aus  der  Goschen, 
Ich  muss  mehr  plaudern  um  4  Groschen. 

1)  In  der  handschrift  steht:  mit. 


270  SLLINOBB 

Wenn  ich  auch  so  ä  stummer  Götz  wollt  sein,  315 

Da  kam  kein  Mensch  ins  Komödie  hinein. 

(Pause.) 

Wart,  ich  will  ihn  schon  zum  reden  bringen, 
Ich  will  mal  meine  Sachen  singen, 
Vielleicht  hat  er  nur  musikalische  Ohren, 
Und  ist  ohne  alle  andern  Organe  geboren. 

(singt  knieend.)  320 

Schnippselabius ,  mach  mal  auf  dein  Maul, 
Und  sey  nicht  stumm  wie  ein  alter  Gaul, 
Sag ,  wie  wird's  dem  König  gehn  ? 
Wird  er  gesund  vom  Bett  aufstehn? 

(Donner  und  Blitz.) 

Orakel. 
Der  König  wird  gesund  3-25 

Und  zwar  in  dieser  Stund, 
Dir  aber  Bösewicht,  wird  zum  Lohn, 
Die  Galgen  in  3  Tagen  schon. 

(Casper  springt  zornig  auf.) 

Was?  der  König  wird  gesund?  Und  ich  soll  an  den  Galgen? 
Wart  Kerl,  ich  muss  mich  ä  bissei  mit  dir  rumbalgen. 

(er  stösst  ihn  hinunter.)  33ü 

Du  4ecktger  Quatemberlümmel, 
Ich  prügel  dich  bis  in  den  Himmel, 
Und  wieder  runter  in  die  HöU, 
Du  verdanmiter  Maulesel. 

(er  stellt  sich  auf  den  Altar.) 

Potz  tausend  Flikerment  noch  mein,  335 

Ich  sollt  so  ein  Abgott  sein, 

Ich  wollt  plaudern,  ich  wollt  reden. 

Und  gleich  helfen  aus  den  Nöthen.  - 

(er  sieht  den  Seneschall  kommen.) 

Ejf  seht,  da  kommt  der  Seneschall, 

Der  Freund  von  unserm  Prinzipal,  340 

Der  hat  die  Augen  sich  verbunden. 

Und  hat  den  Weg  doch  hergefunden;  (,) 

Er  will  gewiss  andächtig  sein. 

Drum  kommt  er  heut  so  blind  herein. 

Der  wird  mir  gleich  sein  Herz  entfalten,  345 

Den  will  ich  recht  fürn  Narren  halten. 


PUPPEHSPIBL  ALCBSTB  271 

Sechste  scene: 

Seneschall:  (kniet  mit  verbundenen  äugen.) 
Sieh,  grosser  Aeskulab,  sieh  meine  Demuth  an, 
Du  bist  der  Gott  allein,  der  uns  noch  helfen  kann, 
Ich  wUl  das  Tageslicht  nicht  eher  wieder  sehen. 
Ich  will  von  deinem  Tron  nicht  wiederum  aufstehen,         350 
Bis  dass  ich  Antwort  hab,  bis  dass  ich  dich  erweichet, 
Und  du  mir  deinen  Trost  und  deine  Hulf  gereichet. 
0  sag  es  doch  geschwind,  wird  unser  Herr  genesen? 

Casper. 
Ja  a!  — 

Seneschall. 

Wie?  hab  ich  recht  gehört?  es  ist  mir  fast  gewesen,         355 

Als  hätt  die  Qottheit  mir  ein  tröstlich  Wort  gesagt? 

Casper.  (quetschend.) 
Ja  a  a  — 

Seneschall. 

Ha!  welch  ein  Ton!  wär's  nicht  zu  viel  gewagt,  (?) 

Dich,  grosser  Aeskulab,  submissest  zu  befragen?  (,) 

Was  du  anjetzt  gesagt,  es  noch  einmal  zu  sagen  — 

Bitt  ich  dich,  o  Orakel! 

Casper:  (sehr  laut.) 

Ja  a. 

Seneschall.  360 

Ha!  nun  hab  ich's  vernommen. 

Das  Ja  hab  ich  ganz  laut  von  deinem  Tron  bekommen. 

Was  soll  für  Freud  ich  thun?   Erlaube  mir  zu  küssen, 

0  grosser  Aeskulab,  die  Spitzen  deiner  Füssen. 

Casper.  (reicht  ihm  den  fuss.) 
Da  küss,  so  lang  du  willst  — 

Seneschall.  365 

0  wie  so  zuckersüsse  schmeckt  dieser  liebe  Kuss. 

Casper. 
Grad  wie  Haselnuss. 

Seneschall. 

Erlaube  noch  einmal,  o  Aeskulabius, 

Dass  ich  dir  geben  darf  solch  einen  Freudenkuss. 

Casper. 

Da  küss  du  nur  drauf  los ,  das  Ding  gefällt  mir  wohl. 

Seneschall.  (entzückt.)  370 

Ich  weiss  vor  Freuden  nicht,  was  ich  beginnen  soll, 


272  ELLINOSB 

Der  süsse  Euss  der  Lieb  kann  nicht  so  reizend  sein, 
Als  wie  der  Oöttermund. 

Gas  per:  (lacht.) 

Und  wie  mein  hölzern  Bein, 
0  Asino!   Asinone! 

Seneschall. 

Erlaub  nun,  dass  ich  geh,  375 

Und  meine  Augen  öffne, 

Um  sehend  meinen  Dank  zu  bringen 

Und  dir  ein  Freudenliedchen  singen,  (steht  auf  und  geht  ab.) 

Casper. 
Pfui  Henker,  wenn  der  nun  hingeht 

Und  mir  ein  Freudenliedchen  kräht,  380 

Und  mich  erblickt  auf  dem  Altar, 
Ich  glaub,  der  fällt  in  Andacht  gar. 
Doch  wart,  ich  weiss  nun  was  ich  thu. 
Erst  hat  er  mir  gekösst  die  Schuh, 

Nun  muss  er  mir  den  Puckel  küssen,  385 

Sonst  tret  ich  ihn  mit  meinen  Füssen, 
Beleg  mit  Flug  (sie!)  und  Bannstrahl  ihn. 
Und  sonst  mit  scharfer  Disciplin, 
Denn  wen  der  Himmel  so  hochgestellt. 
Der  schert  sich  den  Teufel  um  die  ganze  Welt. 

Seneschall  (kommt.)  390 

Voll  Demuth  komm  ich  nun,  o  Aeskulab  zu  dir. 
Zu  danken  IFÜr  die  Gnad, 

(sieht  Casper:) 

Was  Schurke  machst  du  hier? 
Wirst  du  herunter  gehn!    Ich  schlag  dich  gleich  zu  Brei. 

(giebt  ihm  eine  Ohrfeige.) 

Casper. 
0  weh!  0  weh!  o  weh!  die  Gottheit  ist  vorbey,  395 

Ich  hab*s  ja  gleich  gedacht. 
Wer  sich  zu  hoch  erhebt,  der  wird  ganz  klein  gemacht. 

Seneschall. 
Sag  Schurke,  sag,  wo  ist  die  Gottheit  hingekommen? 
Hast  du  den  Aekulab  vom  Tron  hinweg  genonunen? 

Casper. 
Genommen?    Ey,  bei  Leib,  ich  hab  ihn  weggestossen.         400 


PUFPEK8PIEL   ALCE8TE  273 

Seneschall.  (laut  aufspringend.^) 
0  Jupiter!  Saturn! 

Casper. 

0  Schiffer  und  Matrosen!  400 

Seneschall.    . 
Könnt  ihr  die  Bosheit  sehn,  habt  ihr  den  Donner  nicht? 
Warum  zerschmettert  ihr  nicht  gleich  den  Bösewicht?! 
Warum  lasst  ihr  nicht  gleich  vom  Himmel  fallen  Feuer?  (!) 

Casper. 
Sie  sparen  halter  auch,  der  Galfony  ist  gar  theuer. 

Seneschall. 
Sag  Bösewicht,  sag  an,  405 

Warum  hast  du  denn  hier  die  Frevelthat  gethan?  — 

Casper. 
Das  will  ich  Euch  gleich  sagen,  sperrts  Eure  Ohren  auf. 
Ich  kam  daher  gerennt,  und  zwar  in  vollem  Lauf 
Zum  Schnippselabius ,  und  wollte  höflich  bitten 
Für  unser  Königle,  weil  er  schon  lang  gelitten  410 

An  Podagra  und  Gicht, 

und  wie  die  Krankheit  heisst,  ich  weiss  es  selber  nicht. 
Da  hat  er  nichts  gesagt^ 

Das  hat  mich  gleich  crepirt  und  fast  in  Harnisch  bracht, 
Drauf  steig  ich  zu  ihm  rauf,  und  hab  ihn  brav  gerüttelt      415 
Und  hab  den  stummen  Kerl  ä  bissei  grob  geschüttelt,  (y) 
Das  hat  ihn  gleich  gerührt,  da  hat  er  Antwort  geben, 
und  hat  zu  mir  gesagt:  der  König  bleibt  beim  Leben, 
Dir  aber  Bösewicht  wird  zum  Lohn, 

Der  Oalgen  in  3  Tagen  schon.  420 

Das  hat  mich  gleich  verdrossen, 
Da  hab  ich  ihn  denn  bald  vom  Thron  hinabgestossen. 

Seneschall. 
O  Jupiter,  grosser  Zews!  du  Vater  aller  Götter, 
Kannst  du  den  Frevel  sehn?    Hast  du  kein  Donnerwetter, 
Die  Bosheit  zu  bestraffen?  425 

Casper. 
Er  hat  ja  grad  geschlafen. 

Seneschall  (geht  an  die  Seite  und  sieht  Alzeste.) 
Potz  tausend  sapperlot, 
Wer  liegt  hier  an  der  Erd?  ein  Frauenzimmer  todt!  — 

1)  Wol:  auÜBchreiend. 

jnOTSOHBIFT  F.   DKÜTSCHB  PHILOLOQTR.      BD.   XVIII.  IB 


274  BLLIMGSB 

Sag  Bösewicht,  sag  an, 

Wer  hat  das  hier  gethan?  430 

Wer  hat  das  Weib  durchbohrt  (?) 

Hier  an  dem  heil'gen  Ort? 

Und  wer  mag  sie  wohl  sein? 

Sag  kennst  du  sie  vielleicht. 

Casper. 
Herr  Seneschall,  nein,  nein! 
Wer  kennt  die  Frauenzimmer  all ,  die  an  der  Erd  oft  liegen,  4  35 
Betrachts  Euch  recht  genau. 

Seneschall. 

Ob  mich  die  Augen  trügen? 
Oh  Himmel ,  seh  ich  recht  —  Alzeste ,  ach  ihr  Q5tter  1 

Casper. 
Was  wollt  ihr  mit  dem  Bäcker? 

Seneschall. 
Hier  liegt  Alzeste  todt,  und  schwimmt  in  ihrem  BlaL 
Ha,  wer  hat  das  gethan?  welch  eine  freche  Wuthü  —         440 

Casper. 
Was  ?  Die  Frau  Eöniginn  todt  —  gehts  weg ,  das  mass  ich  sehn, 
Wie  kann  denn  das  nur  sein  ?  Ich  sah  sie  erst  noch  gehn.  — 

(er  geht  zu  Alzeste.) 
He!  He!  Frau  Königin!!    Sagt,  seid  ihr  wirklich  todt? 
He!  sagt  ihr  weiter  nix?    Potz  Blitz,  sie  ist  ganz  roth 
Von  Blut  an  ihrem  Kragen.  445 

He,  he!  (pfeift.)  Frau  Königin!  Wollt  ihr  denn  gar  nichts  sagen  ? 
Gebt  nur  ne  Antwort  mir. 
Was  liegt  ihr  denn  dahier? 
Geschwind!  steht  auf! 

Und  geht  hinauf,  450 

AUons  frisch! 
Auf  dem  Tisch 
Steht  der  Kaffee  fertig. 
Man  ist  Euch  gewärtig. 

Sie  ist  raaustodt  bey  meiner  Ehr,  455 

Sie  spricht  kein  einziges  Wörtle  mehr. 
Denn  lässt  sich  ein  Weib  nicht  mit  Kaffee  erwecken. 
So  muss  ihr  der  Tod  schon  im  Halse  drin  stecken. 

Seneschall. 
Wie  Bösewicht,  du  kannst  dich  erfrechen,  (?) 
Mit  dieser,  die  da  mordetest  zu  sprechen?  460 


PUPPEK8FIBL  ALCBSTE  275 

Wer  anders  hat  die  Frevelthat  als  du,  o  Schelm,  hegangen? 

Drum  sagt  die  Gottheit  auch,  du  Bösewicht,  wirst  gehangen!  — 

Nun  geh  ich  zum  Senat,  die  Bosheit  vorzutragen, 

Ha!  heute  noch  wird  dir  das  Haupt  herabgescblagen.  (ab.)* 

Casper.  (hebt  den  Fuss  auf.) 

Verdammter  Schmeichler,  ha!  465 

Verdammter  Speichellecker,  du  krummer  Sene.schall! 

Nun  lauft  er  gewisslich  hin  zu  unserm  Prinzipal, 

Er  ists  im  Stand  und  sagt. 

Ich  hätt  sein  Weib  umbracht, 

Sie  hängen  mich,  verflucht!  470 

und  dann  wird*s  untersucht.  (,) 

Auweh!  ich  vergeh! 

Ach  mir  droht  grosse  Noth! 

Ach,  ich  soll  unschuldig  sterben, 

Ol  heiliger  Branntwein,  lass  mich  nicht  verderben!  475 

Eine  Furie.    (Donner  und  Blitz.) 

Alzestes  Leib  und  Seel  gehöret  in  die  HöU, 

Hier  steht  der  Zerberus  schon  wirklich  auf  der  Stell. 

Ich  greif  Alzeste  an  mit  meinen  grimmigen  Klauen, 

Und  du  Casper!  — ! 

Casper.      Bond  vorbey! 

Furie. 

Darfst  mir  auch  nicht  lang  mehr  trauen, 

Was  giltSy  ich  hol  dich  bald  mit  Haut  und  auch  mit  Haar!      480 

Geschieht  es  heuer  nicht,  geschieht*s  doch  übers  Jahr. 

(fllhrt  unter  Donner  und  Blitz  mit  Alzeste  ab.) 

Casper. 

I  nun,  da  hab  ich  doch  noch  Zeit  fürwahr.  (,) 

He!  he!  lass  die  Frau  Königin  da. 

Du  schwarzer,  lass  sie  da!  du  Teufel,  lass  sie  hier. 

Potz  Tausend  Sapperment,  was  ist  das  für  Manier.  485 

Das  ist  ja  Teufelszeug,  das  sind  verfluchte  Sachen. 

Was  wird  der  König  nicht  für  grosse  Augen  machen. 

Wenn  er  das  Ding  erfährt,  wenns  ihm  nun  wird  gesagt, 

Dass  seine  liebe  Frau  eine  Luftfahrt  hat  gemacht 

Mit  einem  schwarzen  Peter,  490 

Hit  Sturm  und  Donnerwetter, 

Ohne  S&nfte  und  ohne  Luftballon, 

Ich  glaub,  er  kriegt  vor  Schreck  das  Zipperle  davon. 

1)  Im  manuscript  ist  das  abgehen  des  Seiieschall  nicht  bezeichnet. 

18* 


276  ELLINGEB 

Ja  9  mancher  Mann  war  froh  und  voller  Liberität, 
Wenn  ihm  der  Teufel  nur  sein  Weib  abholen  thät  — 

(sieht  den  König  kommen.) 
Da  kommt  der  König  her,  der  macht  ja  ein  Gesicht 
Als  wie  ein  böser  Drach,  als  wenn  die  Katz  im  Kindbett  lie( 
Ich  werde  lieber  Beiseiten  gehn, 
Denn  der  thut  heut  keinen  Spass  verstehn, 
Das  sind  ihm  kleine  Sachen, 
Er  lässt  mich  Gingerle  gang  gleich  machen. 

(macht  die  Pantomime  des  Hängens.)    (ab.) 

Admethes. 
Den  Göttern  sei  anjetzt  der  grösste  Dank  gebracht, 
Dass  sie  mich  wiederum  gesund  und  wohl  gemacht 
Mein  erster  Gang  soll  sein ,  den  Göttern  Dank  zu  bringen, 
Und  in  dem  Tempel  auch  zu  beten  und  zu  singen. 
Sieh  grosser  Aeskulab  — 

(er  sieht  den  Altar  leer.) 

Ihr  Götter,  welches  Schrecken! 
Der  Tempel  ist  zerstört  —  wer  kann  mir  das  entdecken? 
Wo  ist  die  Gottheit  hin?    Wer  hat  sie  hier  verjagt? 
Ist  denn  kein  Priester  da,  der  mir  die  Wahrheit  sagt? 

Seneschall:  (kommt) 

Die  Götter  wollen  dich,  mein  König,  reich  beglücken 

Es  soll  nur  Freud  und  Lust  dein  Herze  stets  entzücken, 

Das  Volke  jubelt  laut  vor  Übermaass  der  Freuden, 

Nur  ich,  mein  König,  ach!  nur  ich  muss  bitter  leiden! 

Der  Tempel  — 

Admethes, 

Ist  zerstört!  —  Ich  sehs!  mein  Herze  bricht  — 

Sag,  was  bedeutet  das?    Sag's  frey,  verhehl  mirs  nicht  — 

Seneschall. 
Ach!  —  !  — 

Admethes. 

Weswegen  seufzest  du?    Woher  entsteht  das  Zagen? 

Gib  deutlichen  Bericht  — 

Seneschall. 

Ich  kann  nichts  weiter  sagen, 

Als  was  du  Selbsten  hier  bereits  gesehen  hast. 

Der  Tempel  ist  zerstört!     Doch  mache  dich  gefasst, 

Was  Schrecklichers  als  diess,  mein  König,  anzuhören, 

Dein  Tischrath  wagte  es,  den  Tempel  zu  zerstören, 


PUPPENSPIEL  ALCESTE  277 

INoch  mehr,  Gott,  welche  Pein,  Jupiter,  welche  Noth!  — 
.Alzeste^  die  Königm,  die  stach  der  Bösewicht  todt.  525 

Jch  sah  die  Edle  hier,  sie  schwamm  in  ihrem  Blute^ 
IKe  Tränen  fliessen  mir,  ach !  haltet  mirs  zu  Gute  — 

Admeth. 
ÜVas  sagt  ihr?!    Ihr  Götter,  hör  ich  recht? 
^Izeste,  (!)  mein  Gemahl,  ermordet  durch  den  Knecht: 
Des  Weibes -Mörder  Herz  soll  mir  hier  Rache  schaffen,  530 

Ich  kann  die  Lasterthat  nicht  schleunig  gnug  bestrafen. 
Geht,  treuer  Seneschall,  und  holt  den  Bösewicht. 
JBier  fliess  des  Schurken  Blut,  hier  werd  er  hingericht. 

Seneschall. 
üfein  König!  tröstet  Euch!  es  ist  einmal  geschehen, 
£etrübt  Euch  nicht  zu  sehr,  ich  werde  jetzt  gleich  gehen,        535 
XJnd  so,  wie  ihr  befohlen, 
-X)en  Meuchelmörder  holen,     (ab.) 

Admeth:  (allein.) 
Hch  dank  Euch  Götter  nicht,  dass  ihr  mich  leben  liesset^ 
Jjidem  Ihr  mir  durch  sie  das  Lebenslicht  ausblieset. 

Seneschall  (hinter  der  Scene.) 
^ort  Bösewicht  hinein,  in  den  Tempel  zu  dem  König.  540 

Casper. 
So  lasst  mich  doch  nur  los,  so  wartet  nur  a  wenig, 
^nd  stosst  mich  nicht  so  rum,  potz  tausend  flickerment. 

Seneschall. 
^Slarsch  fort,  marsch  fort  hinein,  und  gleich  die  That  bekannt. 

(Casper  wird  hineingestossen.) 

König, 
^^a  komm  nur  Teufels  -  Brut ,  verdammter  Höllenriegel. 

Casper.  (zum  Seneschall.) 
^err,  habt  ihrs  angehört?  ihr  seid  ä  Wellenprügel  —  545 

König. 
Du  Mörder!  —  Bösewicht!  du  Monstrum  sonder  Gleichen. 

Casper.  (zum  Seneschall.) 
Herr  Seneschall,  Ihr  seid  ein  Mannsstrumpf  von  nem  Beichen. 

König. 
Nein  Bösewicht  mit  dir,  Verräther,  reden  wir. 

Casper. 
Mit  mir  sprecht  ihr  so  höflich?    Herr  König  saget  an. 
Was  hab  ich  denn  verschütt,  was  hab  ich  denn  gethan  — ?    550 


278  ELLlHGBfL 

König. 
Wie?  du  unterstehst  dich  noch?  du  kannst  es  auch  noch  wagen? 
Was  du  für  Gräuelthat  allhier  gethan,  zu  fragen? 
Sieh  diesen  Tempel  an,  sieh  diesen  heiigen  Ort, 
Wer  hat  ihn  so  zerstört?    Wer  hat  Alzest  eraiord? 
Bekenne,  sage  an?  555 

Hast  du  es  nicht  gethan? 
Verdammtes  Ungeheuer! 
Ha!  Galgen!  Schwerdt  und  Feuer 
Ist  fQr  dich  noch  zu  wenig. 

Du  Natternbrut  — 

Casper. 

Herr  König,  560 

Ihr  seid  noch  nicht  gesund,  ihr  fabelt  gar  im  Frost. 

Ich  hatt  bey  eurem  Weib  die  allerbeste  Kost. 

Nein  nein!  ich  wills  Euch  besser  sagen, 

Sie  wollt  hier  das  Schmirakel  fragen, 

Das  hat  ihr  wohl  sone  Antwort  geben,  565 

Das  (!)  sie  sich  selber  hat  bracht  ums  Leben. 

König. 
Was  sagst  Du!  wie?  was  hör  ich  hier? 

Casper. 
Die  Wahrheit,  Herr  König,  glaubt  es  mir. 

König. 
Woher  kannst  du  aber  dieses  wissen? 

Casper. 
Schauts,  wie  ich  ihn  hab  runter  gerissen,  570 

Den  stummen  hölzernen  Patron, 
Da  war  Alzeste  Maustodt  schon. 
In  die  Brust  hatt  sichs  gestochen  ä  grosses  Loch, 
Denns  Messer  hats  ja  in  Händen  noch. 
Ich  Selbsten  habs  gesehn,  doch  könnt  ihr  etwas  sparen.  575 

König,  (zornig.) 
Was  red  ich  mit  dem  Narren? 
He!  ist  denn  keine  Wache  hier? 

Casper. 
Nee!  sie  sind  beim  Doppelbier. 

König. 
Nun  wohl,  so  sage  an, 
Was  Dein  König  sparen  kann.  .  580 


PUPPENSPIEL  ALCS8TE  279 

Gasper. 
Ihr  brauchts  kä  Tischler  nicht 
Zum  Leichensarg,  kein  Wachlicht 
Ffir  die  Träger,  auch  keine  Zitronen, 
um  ihre  Nasen  zu  schonen, 

Kein  Bäucherfass,  keine  Kohlen,  585 

Denn  der  Teufel  thät  sie  holen. 

König. 
Ihr  Q5tter,  wie?  ists  wahr? 

Gasper. 
Nun  ja!  —  er  sagt  ja,  übers  Jahr 
Da  wollt  er  mich  auch  bald  kriegen 
Und  in  die  Höll  hinabziehen.  590 

König. 
Die  Oötter  konnten  sich  an  mir  nicht  ärger  rächen, 
Sie  wollten  mir  mein  Herz  durch  dieses  Unglück  brechen. 
Ich  glaubte,  für  Alzeste,  da  ständen  jederzeit 
In  dem  Elysium  die  Felder  stets  bereit. 
Ich  war  so  froh,  dass  ich  dem  Grabe  war  entrissen.  595 

Gasper. 
Nun  hat  der  Teufel  gar  das  Weib  in  die  Höll  geschmissen. 

König. 
Ach ,  dieses  kostet  mich  viel  100  tausend  Tränen. 

Gasper. 
Verdriesslich  muss  es  sein,  wenn  man  sich  so  thut  sehnen 
Nach  seinem  schönen  Weib. 

König. 

Wer  hätte  diess  gedacht. 
Gasper. 
Das  (!)  der  Teufel  aus  der  Hochzeit  hat  ä  Fasttag  gemacht.  600 

König. 
Da  ich  bereits  gesund,  da  wir  im  Hafen  waren. 
Das  (!)  unser  liebes  Schiff  — 

Gasper. 

Zum  Teufel  sollte  fahren. 

König. 
0  ungemeine  Noth! 

Gasper. 

0  Schmerz!  der  allzusehr  — 

König. 

Geh  Hofharr,  gehe  fort,  ich  höre  dich  nicht  mehr, 


280  ELLINGEB 

Dein  Schmerz  macht  mir  nicht  Freud ,  es  findet  meine  Brust  605 
Im  weinen  und  nunmehr  im  Klagen  seine  (!)  Lust 

Casper. 
Was  nützt  das  klagen  denn,  was  todt  ist,  kömmt  doch  nimmer. 
Es  hat  die  weite  Welt  mehr  als  ein  Frauenzinmier.  — 

König. 
Ich  werde  meine  Gluth  beständig  rein  bewahren, 
Alzeste  soll  von  mir  den  Meineid  nie  erfahren.  610 

Die  Bande,  die  sie  mir  geknüpft,  sind  allzufest. 
Drum,  wenn  der  ünglücksstem  mir  sonst  nichts  übrig  lässt, 
So  will  ich,  ob  ich  gleich  damit  nichts  kann  erwerben, 
Dennoch  beständig  sein,  und  voller  Treue  sterben. 

Casper  (lacht.) 
Der  kann  recht  närrisch  thun,  recht  klagen  und  recht  weinen,  615 
Die  muss  nach  ihrem  Tod  auch  wirklich  noch  erscheinen. 

(es  wird  geklopft) 

König. 
Es  klopfet  Jemand  an,  sieh  zu,  wer  draussen  ist 

Casper. 
Es  könnt  der  Teufel  sein,  oder  der  Antikrist 

König,  (zornig.) 
Kennst  du  nicht  deine  Pflicht?    Sogleich  geh  vor  die  Thür, 
Und  sieh  wer  draussen  ist 

Casper. 

0  weh!  wer  ist  denn  hier?         620 
Gleich  sag,  wer  draussen  ist 

Hercules  (hinter  der  scene.) 

Ein  Held! 

König. 
Nun  hast  du  es  gehört?  sag  an  wer  ist*8. 

Casper. 

Die  Welt 
König. 

Ey>  oy»  wie  kann  denn  dieses  sein, 

Wie  käme  denn  allhier  die  ganze  Welt  herein? 

Gleich  sehe  nochmals  zu. 

Casper. 

Mir  wird  ganz  angst  und  bang;     625 

Vielleicht  sind  in  der  HöU  die  Jahre  nicht  so  lang; 

Und  kam  der  schwarze  Kerl  mich  jetzt  schon  abzuholen  — 


FUFPBNSPIBL  ALCBSTE  281 

König. 
Nun  wirst  Du  wohl  bald  gehn  und  thun,  wie  ich  befohlen? 

Casper. 
Ja,  ja 9  ich  geh  ja  schon,  sag  Kerl,  wer  bist  du  draussen? 
Doch  sag  mirs,  bitt  ich  recht,  sonst  will  ich  dich  zerzausen    630 
Als  wie  mein  Stiefelknecht.    Nun  sag,  wer  bist  du  denn? 

Herkules. 
Ein  unüberwindlicher  Held. 

König. 
Hast  du  es  nun  gehört?    Sag  an,  wer  ist  es?  nun? 

Casper. 
Ihr  seht,  dass  ichs  vor  lachen  gar  nicht  sagen  kann, 
Er  hat  gesagt,  er  war  ä  unüberwindlicher  Schneidergesell.       635 

König  (ärgerlich.) 
Ach  geh  zum  Teufel  in  die  HöU, 
Was  soll  denn  bei  mir  ä  Schneidergesell. 

Casper. 
Er  will  halt  Eure  Beutel  flicken, 
Hört,  ihr  könnt  ihn  zu  Eurem  Finanzier  schicken. 

König. 
*Du  bist  ein  Narr,  geh,  frag  zum  3ten  und  letzten  mal  640 

Casper. 
Ja,  Herr  Prinzipal. 

(er  geht  an  die  scene:) 

Hör,  sag  es  kurz  und  gut,  wie  heisst  du? 

Herkules. 

Herkules. 
König. 

Nun  hast  Dus  recht  gehört?  wie  heisst  er? 

Casper. 

SperUngsnest. 
König. 

O  Thor!  0  närrscher  Mensch  wie  kann  ein  Sperlingsnest 

Denn  mit  Dir  Narren  reden?    Doch  geh,  es  ist  das  Best,       645 

Dass  dieser  Mensch  selbst  zu  mir  komme  und  sage  wer  er  sey. 

Geh  y  lass  ihn  nur  herein. 

Casper. 

He!  Du!  komm  mal  herbey. 

Herkules  (tritt  auf.) 

Casper  (schreit.) 
Auwey!  auwey!  auwey!  wie  sieht  der  Kerl  da  aus. 


282  ELLINGEB 

Das  ist  ein  wahi'er  Graus. 

Der  Kerl  ist  gar  zu  fürchterlich.  650 

Herr  König,  ich  verstecke  mich,    (versteckt  sich.) 

Herkules. 

Mein  König  und  mein  Herr!    Ich  hab  sogleich  yemommen, 

Was  Deine  Frau  gethan,  und  bin  drum  hergekommen. 

Dir  alles  ganz  haarklein  was  sich  nur  zugetragen, 

Dass  sie  sich  selbsten  hat  ermordet,  dir  zu  sagen^  655 

Und  zwar  aus  Liebe  zu  Dir  hat  sie  die  That  gethan, 

Damit  ihr  König  und  Gemahl  noch  länger  leben  kann; 

Doch  ist  sie  durch  den  Mord  in  Pluto's  Beich  verfallen. 

Nur  ich  kann  helfen  ihr  vor  andern  Göttern  allen. 

Du  sollst  Dein  treues  Weib,  mein  König,  wieder  haben,  660 

Ich  führ  sie  aus  der  HöU  kraft  meinen  starken  Gaben. 

König. 

Sag  an,  wer  bist  du  denn?  das  (!)  du  es  traust  zu  wagen, 

Alzeste  aus  der  Höll,  aus  Plutos  Beich  zu  tragen. 

Herkules. 
Ich  nenne  mich,  Herkules ,  der  starke  Jophis  Sohn. 

Casper. 
Ha  ha,  bist  du  des  Stoffels  Sohn?  —  ^  ,665 

König. 

Er  ist  des  Jophis  Sohn,  sein  Vater  war  — 

Casper. 

Ein  Schlosser, 

Ein  krummer,  pucklichter,  und  auch  zugleich  ein  grosser 

Und  dummer  Hörnerträger! 

König. 

0  grosser  Herkules,  o  starker  Göttersohn, 

Geh,  hole  sie  heraus,  ich  geb  Dir  dann  zum  Lohn  670 

Das  halbe  Königreich. 

Herkules. 
0  pfui,  wer  wird  sogleich 

Sich  so  bezahlen  lassen. 

Ich  geh  nun  meiner  Strassen, 

Doch  eh  ich  geh,  hab  ich  an  Euch,  mein  König,  eine  Bitt,     675 

Gebt  mir  doch  an  die  Pfort  der  Hölle  einen  Zeugen  mit 

König. 
Der  verlangte  Zeug,  mein  König,  sey  Euch  gewährt. 

Doch  saget,  wers  dann  sey,  und  wen  Ihr  wohl  begehrt 

Herkules. 
Es  muss  ein  wohlbeherzter  Zeuge  sein, 


PUPPENSPIEL  ALCE8TB  283 

Denn  er  muss  mit  mir  selbst  in  die  Hölle  hinein.  680 

Mein  König,  gieb  mir  diesen  da  nur  ber^ 

Der  scheint  mir  kuragirt,  und  herzhaft  wie  ein  Bär. 

König. 
Mein  treuer  Tischrath,  hast  du  wohl  gehört, 
Was  Herkules,  der  Gott  der  Stark  von  mir  begehrt? 

Gasper. 
Ne,  ne,  ich  habe  nichts  gehört. 

König.  685 

Du  sollst  ihn  in  die  Hölle  begleiten. 

Gasper. 
Er  kann  allein  zum  Teufel  reiten. 
Das  war  ä  schöner  Spass, 
Nein  in  die  HöU,  da  geh  ich  nicht. 

König. 
Warum? 

Gasper. 

Ey  wenn  mich  da  mein  Grossmutter  sieht,  690 

Potz  Plickerment,  die  krieget  mich  beym  Schopf, 

I,  ging  ich  in  die  Höll,  da  war  ich  wol  ä  Tropf. 

König,  (zu  Herkules.) 
Er  fQrchtet  sich  gar  sehr, 
Und  glaubt,  er  kommt  nicht  wieder  her. 

Herkules. 
Er  soll  sich  fürchten  nicht,  in  meinen  jungen  Tagen,  695 

Häb  ich  schon  so  viel  Stärk,  die  Teufel  all  zu  schlagen. 

König    (zum  Kasper.) 
Mein  Diener,  er  verspricht,  bey  seiner  vielen  Stärke, 
Das  (!)  dir  nichts  soll  geschehn,  drum  geh  nur  mit  und  merke. 
Was  er  dich  lehren  wird. 

Gasper. 
Ey,  wenn  er  so  viel  Stärke  hat,  so  kann  ers  ja  verkaufen       700 
An  die  Waschweiber,  das  Geld  dann  zu  versaufen. 
Da  bin  ich  mit  dabey. 

König. 
Er  ist  der  Stärkste  von  den  Göttern. 

Gasper. 
So,  der  Stärkste  von  den  Bäckern. 

Ey,  da  kann  er  nur  ins  Gommiss  gehn,  705 

Da  braucht  man  starke  Leut,  die  gut  aufh  Füssen  stehn. 


284  ELLIMOBB 

König. 
Wirst  Du  Herkules  begleiten,  mein  Sohn, 
So  bekommst  Du  100  Silberstück  zum  Lohn. 

Casper. 
100  Silberstück,  potz  1000  Flickennent, 
Da  geh  ich  wahrlich  mit,  bis  an  die  Welt  ihr  End. 

König. 
Nun  lebt  indessen  wohl,  mein  treuer  Herkules,    (ab.) 

Herkules. 
Mein  König,  lebet  wohl,  und  hoffet  nur  das  Best. 

Casper. 
Hör  mal,  Du  Sperlingsnest, 
Wie  yiel  mal  bist  du  denn  schon  in  der  Höll  gewest? 

Herkules. 
Schon  3 mal  war  ich  dort,  wohl  in  dem  HöUeurachen 
und  habe  dort  gekämpft  mit  Teufeln  und  mit  Drachen. 

Casper. 
Schon  3 mal?  Flickerment! 
Und  hast  dein  haargen  Wamms  noch  niemals  dort  verbrennt 

Herkules. 
0  diesen  Pelz  verbrenn  ich  niemals  nicht 

Casper. 
Was  hast  denn  in  der  Hand? 

Herkules. 
Da  schlag  ich  ins  Qesicht  dem  Teufel  und  den  Faunen. 

Casper. 
Haha!  damit  schlägst  du  die  Hahnen  und  Kapaunen. 

Herkules. 
Nun,  komm  nur  mit,  nun  sollst  du  sehn. 
Wie  schlimm  es  den  Teufeln  in  der  Höll  wird  gehn.    (ab.) 

Casper. 
Nun  geh  ich  in  die  Höll ,  bey  Sturm  und  Nacht  und  Graus, 
Und  jag  die  Teufel  all  sammt  ihrer  Mutter  raus,    (ab.) 

Ende  des  2.  actes. 

Dritter  act: 

Ein  finstrer  Wald.    Aaf  der  einen  Seite  der  Eingang  zur  Hölle. 

Erste  Scene.    Casper.    Herkules. 

Casper. 
Lauf,  dass  du  gleich  crepirst,  verdammter  Sperliugsnest, 
Du  laufst  ja  so  drauf  los ,  als  wenn  Dus  Laufen  hftttst. 


PUPPENSPIEL  ALCE8TB  285 

Xch  kann  fast  nimmer  nach ,  ich  geh  nicht  von  der  Stell, 
Sag  Sperlingsnest,  sind  wir  denn  noch  nicht  an  der  Höll?   730 

Herkules. 

l^^un  sind  wir  da,  mein  Sohn,  an  Pluto's  Höllenreich. 

HS^un  werd  ich  zitiren  die  Teufel  allzugleich. 

3Doch  da  bleibst  still  an  meiner  Seite  stehn, 

XJnd  von  derselben  darfst  Du  nicht  3  Schritte  gehn. 

JNun  sprich  mir  Alles  nach.  735 

^Sise !   Sise ! 

Gasper. 
^Schmisse!  Schmisse! 

Herkules, 
^degeronissia  Stix ! 

Casper. 
-»Flegel  Hundsvott  fix! 

Herkules, 
ilejus !  Hejns! 

Casper.  740 

^Kexefus!  Hexefus! 

Herkules. 
wAlceste  male  Spiritus! 

Casper. 

-^Iter  Maler!  schmier  mirn  Fuss! 

Herkules. 
lEerkules  videridet  zitra! 

Casper. 
CÜasperlibus  videridet  zitra! 

(man  hört  die  Oeister  brummen.) 

SSperlingsnest ,  was  schreit  denn  so,  was  ist  denn  das?  —    745 

auweh ! 
^as  thut  ja  fast  so  arg ,  als  wie  das  Männchen  an  der  Spree. 

Herkules. 
^as  sind  die  Geister,  die  auf  mein  Zitii'en 
Sich  in  dem  Höllenpfuhl  vor  Angst  und  Schrecken  rühren . 

Casper. 
3lir  wird  ganz  wunderlich.    0  weh!  ich  krieg  das  frieren.    750 
^omm ,  gehn  wir  doch  nach  Haus.  Mir  ist  es  dort  viel  lieber, 
^er  krieg  ich  wohl  noch  gar  zuletzt's  Eanonenfieber. 

Herkules. 
Schweig  still,  und  sey  beherzt,  was  hilft  das  lange  Zagen, 
^Damit  wird  nichts  gethan,  komm,  lass  uns  nochmal  wagen, 


286  ELLINGEB 

Die  HöU  zum  2ten  mal  zu  necken  und  zu  plagen.  755 

Drum  thu  mir  nur  getrost  das,  was  ich  Sprech,  nachsagen. 

(die  vorige  Beschwörung.) 
(Das  Geschrei  wird  stärker,  Gasper  zittert,  ßLllt  hin  und  schreit) 

Casper. 
Sperlingsnest!  hör  auf,  ich  krieg  das  Frieren, 
Krieg  auch  wol  noch  das  Fieber,  das  gelbe,  das  rothe. 
Das  hitzige,  das  kalte,  das  Liebes -Fieber  nach  der  Mode. 
Ach,  lieber  Sperlingsnest,  es  friert  mich  fast  zu  Tode.  760 

Herkules. 
Ey  was  zittern,  ey  was  frieren. 
Ich  werd  gleich  zum  dten  mal  zitiren. 
Minos!   Eratus!   Rhatamantus! 

Casper. 
Mühlfluss!  Bachtuss!  Bottermaniluss ! 

Herkules. 

Ich  beschwöre  Euch !  765 

Casper. 
Ich  beschmiere  Euch! 

Herkules. 
Per  Stix  et  Acheron! 

Gasper. 

Herr  Stix !  ich  lauf  davon. 

Herkules. 
Per  Pluto  et  per  Proserpina!  770 

Casper. 
Per  Blutwurst  und  Broserwilla. 

Herkules. 
Dass  mir  sogleich  erscheinen  soll 
Die  Furien  aus  dem  Höllenpfuhl. 

Casper. 
Dass  mir  sogleich  erscheinen  soll 
Ein  Fass  voll  Wein  bis  oben  voU! 775 

Zweite  Scene.    Vorige.    Eine  Furie. 

Furie. 
Verwegner  Herkules,  du  wagst  es  noch  zu  kommen 
Vor  unser  Höllenhaus? 
Sag  an,  was  willst  du  hier? 

Herkules. 

Gebt  mir  Alzest  heraiuu 


PÜPPEN8PIBL  ALCBSTB  287 

Furie. 
Die  kannst  du  nicht  bekommeD, 

Denn  sie  ist  aufgenommen  780 

Zur  Qual  ins  Höllenreich. 
Entferne  dich  sogleich, 
Sonst  wirst  du  noch  zerrissen, 
Und  sammt  dem  bösewicht 
In  Tartarus  geschmissen.  785 

Herkules. 
Und  ich  werd,  trotz  eurer  Gewalt, 
Die  HöU  bestürmen  allsobald. 

Furie. 
Ich  werd  es  gleich  den  Höllenrichtern  sagen, 
Dass  sie  dich,  Herkules,  zu  Staub  und  Pulver  machen. 

(fährt  ab  und  stösst  an  Casper.) 

Gas  per.  (schreit.) 
0  weh!  0  weh!  ich  bin  todt,  mausetodt!  790 

0  lieber  Sperlingsnest  —  (fällt  um.) 

Herkules. 
Steh  auf  und  sey  beherzt,  es  hat  noch  keine  Noth. 
(man  hört  einen  Teufel  rufen.) 
Vater  Pluto!   Vater  Pluto! 

Pluto  (hinter  der  Scene.) 
Ho!  ho!  was  giebts?  wer  schreit  denn  so? 
Qiebts  etwann  wieder  Krieg?    Nun,  nun,  da  bin  ich  froh.  795 
Oder  gar  eine  Revolution? 
Drauf  freu  ich  mich  im  Voraus  schon, 
Da  werden  die  Menschen  an  Mordsucht  uns  gleich. 
Es  wird  auch  bevölkert  das  höllische  Keich. 

Furie,  (hinter  der  Scene.) 
Nein,  Vater  Pluto,  es  ist  vor  unsern  Pforten  800 

Der  Herkules  dahier,  mit  stolzen,  stolzen  Worten 
Verlanget  er  Alzest,  die  Königin  von  Admeth, 
Die  sich  aus  Liebeswuth  heut  selbst  ermorden  thät. 

Pluto. 
Ha,  lass  die  Teufel  los,  den  frechen  Bösewicht 
Zerreisst  in  1000  Stück  und  schonet  seiner  nicht.  805 

Casper. 
0  weh !    Da  bleib  ich  auch  ganz  dabey, 
Sie  schlagen  mich  in  1000  Stück  entzwei. 


288  ELLINOEH 

Herkules. 
Courage!  nuu  schlag  zu, 
Sowie  der  Neid  der  Dichter  auf  den  Kotzebue. 

Dritte  scene.    Die  Vorigen.    Furien  erscheinen,  sie  streiten. 

Casper. 
(schreit  immer  dazwischen.) 
Courage!  verlass  uns  nicht. 
(Die  Furien  werden  zurückgeschlagen,   Casper  schlägt  immer 

von  hinten  auf  Herkules  und  ruft)  810 

Schlag  zu  Sperlingsnest,  schlag  zu  aufs  allerbest. 

(ruft :) 
Victory !    Cigory !    Gregory ! 

(Herkules  geht  in  die  Hölle.) 

Casper  (allein.) 
Ey  ey,  wenn  man  doch  Curage  hat  und  Muth 
Da  schlägt  man  alle  Feinde,  und  wenns  auch  Teufel  wären,  todt. 
Aber  wie  wirds  dem  armen  Sperlingsnest  jetzt  gehn,  (?)       ^\^ 
Wenn  er  die  vielen  Teufel  erst  in  der  Hölle  wird  sehn? 

Vierte  scene.    Casper.    Herkules.    Alzeste. 

Casper. 
Was  seh  ich?  er  bringt  sie,  nun,  das  geht  über  Menschen wifc: ^z. 
Der  hat  mehr  Curage,  als  mancher  Held  bei  Austerlitz. 
Sag  Sperlingsnest,  könnt  ich  nicht  aus  den  Kohlen, 
Mir  auch  son  schönes  Weibchen  holen.  ^20 

Herkules. 
0  ja,  bey  dieser  Verwirrung  im  höllischen  Eeich, 
Da  kannst  du  so  etwas,  drum  geh  nur  sogleich, 
Setz  alle  höllische  Schönheiten  in  Requisition, 
Und  nimm  dir  dann  Casper  die  Schönste  dayon. 

(geht  mit  Alzeste  ab.) 

Casper. 

Nun  ich  wilFs  ä  mal  probiren,  82  T) 

Und  die  höllischen  Geister  citiren, 

Die  müssen  mir  bringen  bey  meiner  Ehr, 

Die  Schönste  von  allen  Schönen  daher. 

(beschwört.) 
Schmisse:  Schmisse: 

Flegel  Hunds vott  fix:  ^^^^ 

Hexefuss!  Hexefuss! 


1»UPPKK8PIKL  ALCRSTE  289 

ältester  Maler,  schmier  mir'u  Fuss. 
Cüasperlibus  yideridet  citra. 

Fünfte  Scene.    Eine  Menge  Teufel  crsebeiiien. 

Casper. 
O  das  ißt  nicht  Garnison, 
So  viel  Aber  einen  schon  — 

T^un  Garage,  verlass  mich  nicht,  835 

Curage,  Curage!  verlass  mich  nicht! 
JBin  Held  wie  ich,  der  filrcht  sich  nicht, 
Curage!  Curage!  verlass  mich  nicht! 

(er  treibt  die  Teufel  fort  und  geht  ab.) 

Se  erliste  Scene.    Das  Theater  verwandelt  sich  in  einen  Wald. 

Dorinde.   (allein.) 
Vergnügter  Schäferstand ,  ich  preise  mein  Geschicke, 
X)as  mir  das  Schicksal  gab,  ich  nehm  es  für  ein  Glücke,     840 
Das  willige  Lämmervolk  aufs  fette  Klee  zu  führen, 
lEier  lässt  sich  Freud  und  Lust  auf  Feld  und  Auen  spüren. 
"Vo  mag  doch  nur  mein  Freund,  mein  Philemon,  jetzt  sein? 
Itfan  lebt  doch  nicht  vergnügt,  ist  man  so  ganz  allein, 
Der  Männer  Gegenwart  peitscht  unser  Blut  viel  schneller,    845 
^uch  unser  Frohsinn  wird  bey  Männern  täglich  heller, 
XJnd  find  ich  ihn  nicht  dort,  an  jenem  hellen  Bach, 
So  geh  ich  ihm  noch  heut  in  seine  Wohnung  nach. 

Siebente  Scene.    Dorinde.    Casper. 

Casper. 
"Verschwunden  ist  die  HöU,  verschwunden  sind  die  Teufel, 
Sie  furchten  sich  vor  mir,  daran  ist  gar  kein  Zweifel.  850 

(Er  sieht  Dorinde.) 
"Was  ist  das  far  ein  Kind?    Potz  1000  Flickerment, 
Das  mir  so  unverhofft  hier  in  die  Hände  rennt. 

Dorinde. 

^ein  Freund ,  habt  ihr  auf  eurem  Wege  nicht  einen  Schäfer 

gesehn  ? 
Casper. 

Hein,  mein  schönes  Kind;  Schäfer  sah  ich  keinen  gehn; 

Aber  muss  es  denn  just  ein  Schäfer  sein?  855 

Ist  denn  ein  Schäfer  nur  ganz  allein 

Im  Stande  dein  schönes  Herz  zu  rühren? 

Kanns  nicht  auch  ein  Jäger,  ein  Soldat,  ein  Ritter  verführen? 

W»  DBÜTBOHE   PHILOLOOIB.    BD.  XYIII.  19 


^90  fiLLINGRfi 

Dorinde. 
Nein,  mein  lieber  Freund,  nein. 
Es  muss  absolut  ein  Schäfer  sein. 

Casper. 
Nun ,  könnt  ich  denn  nicht  deinen  Schäfer  machen  ? 

Dorinde. 
Du?  ha  ha  ha,  sag,  welch  närrsche  Sachen, 
Du  hast  ja  keine  Hcerden  nicht,  keine  Bindvieh,  keine  Schaafen. 

Casper. 
Mein  Kind,  das  schadet  Alles  nicht,  ich  kann  doch  bei  dir  schlafen 

Dorinde. 
Das  ist  noch  nichts  und.  hast  du  denn  auch  Geld  und  auch  Vermögen?  8 
Hast  du  ein  Haus,  wo  sicher  sind  die  Schaaf  vor  Sturm  und  Regen? 
Hast  du  ein  Amt  und  kannst  du  auch  wohl  eine  Frau  ernähren? 
Hast  du  300  Schaaf  so  will  ich  deine  Bitt  gewähren. 

Casper. 

Mein  Kind ,  das  ist  zii  viel  begehrt  bey  diesen  schweren  Zeiten, 

Jetzt  heisst  es  blos,   Kind  liebst  du  mich?   und  kannst  du  mich 

wohl  leiden?      ö 
Jetzt  kuckt  man  blos  in  Mond  hinein. 

Man  seufzt,  man  spricht  von  Tod  und  Pein, 

Macht  Verse  und  auch  Stanzen, 

Macht  keine  Resonanzen, 

Macht  Reisen  nach  Paris,  « 

Und  über  alles  diess 

Schreibt  man  ein  grosses  Buch, 

Ist  das  noch  nicht  genug? 

Dorinde. 

0  nein,  mein  Freuud,  nein, 

Das  mag  ein  schöner  Ehstand  sein,  i: 

Ohne  zu  leben  zu  haben, 

Muss  man  die  Liebe  lebendig  begraben. 

Wie  lange  dauert  denn  in  eurem  Land 

Bey  euch  so  ein  neumodscher  Ehestand. 

Casper. 
4  Wochen,  mein  Kind,  das  ist  schon  bekannt,  6 

Dann  gehen  beide  einen  andern  Weg, 
Dann  giebt  es  schon  Prügel  und  Schlag. 
Ich  bin  aber  ein  Mann  von  Stand, 
Hochzuverehrender  Herr  Tischrath  werd  ich  genannt, 


PUPPENSPIEL  ALCESTB  291 

Hohen  und  Niedern  als  Narr  venerirt,  (.)  890 

A.rk     jedem  Hofe  von  mir  ein  Brüderchen  existirt. 

Dorinde. 

ist  deine  Familie  ja  entsetzlich  gross  ? 

Casper. 

mein  Kind,  und  mit  gelehrten  Narren, 

ist  gar  der  Teufel  los. 

JL>i^   bilden  sich  oft  ein,  895 

Di^   König  auf  dieser  Welt  zu  sein, 

Sit^^^en  in  einem  ganz  kalten^  Kämmerlein, 

XJrk<i  haben  statt  Licht  nur  Mondenschein. 

Dorinde. 

A.b&  du  bist  doch  wol  reich?    Sag  an,  was  du  hast? 

Ga.sper. 

O     xch  hab  einen  gar  schönen  Palast,  900 

Ga.1-  herrlich  ausstaffirt, 

Na.ch  der  neusten  Mode  garnirt, 

Schöne  Vorhänge,  (beiseit)  Aber  kein  Bett, 

Bin.€  Kanapee ,  gar  zierlich  und  nett, 

(beiseit)  Mit  Stroh  und  Lumpen  ausgestopft,  905 

Einen  StaU  voU  Vieh, 

(beiseit)  Die  Wände  mit  Wanzen  ausgestopft, 

(beiseit)  Auch  mit  Maus  und  Hatten  angepfropft. 

Schöne  Hemden,  schöne  Cravatten, 

M^ein  Haus  ist  gar  herrlich  bestellt,  910 

(für  sich)  Und  Schulden  hab  ich ,  wie  ein  Mann  nach  der  Welt. 

Dorinde. 
^^*i,  das  lässt  sich  Alles  wohl  hören, 

^   könnt  ich  dir  bald  deine  Bitte  gewähren, 

-^^ch   sag  mir  zuvörderst,  wie  heissest  du  dann? 

loU  Casper. 

**    Henne  mich  Casper,  nun,  werd  ich  dein  Manu?  915 

j  .  Dorinde. 

^^    xxiuss  es  erst  meinem  Vater  sagen, 

^iH:^  so  darf  ich  es  ja  gar  nicht  wagen. 

^^Vä  sich?  was  kömmt  denn  doch  dort? 

Casper.         Wo? 

Dorinde.  Dahier. 

y  Casper. 

Miiti    Teufel,  das  ist  ein  vornehmer  Cavalier. 

1>  X«  m«„«cript:  +  JJtem 

19* 


292  £LLtNGfiR 

Achte  Scene.    König.    Vorigen. 

König. 
Die  Jagdlust  kann  mich  nicht  ergötzen,  920 

Alzeste  kann  mir  nichts  ersetzen. 
Wenn  Andre  sich  der  Lust  erfreun, 
So  geh  ich  einsam  in  den  Hain. 
Vor  lauter  Kummer,  der  mich  quält, 
Hab  ich  nunmehr  den  Weg  verfehlt.  925 

(sieht  Casper:) 
Doch  sieh ,  da  treff  ich  auf  dem  Plan 
Wohl  gar  schon  meinen  Tischrath  an. 
He  Casper,  sag,  was  machst  du  hier? 

Casper. 
Herr  König,  ich  wills  Euch  sagen,  ich  Karmesier. 

König. 
Ey,  ey!    Das  ist  auch  ein  schönes  Kind.  930 

Casper. 
Sie  ist  mein,  sie  heisst  Dorind, 
Ich  werde  ihr  Mann, 
Euch  geht  sie  nichts  an, 
Ihr  könnt  nur  Eure  Mühe  sparen. 

König. 
Ey  was,  ich  muss  sie  sprechen.    Weg  mit  dem  Narren.       935 

(er  geht  zu  Dorinde.) 
Mein  schönes  Kind,  wer  bist  du?  Und  wie  nennst  du  dich? 

Dorinde. 
Ich  bin  eine  Hirthin,  Dorinde  nennt  man  mich. 

König. 
Wo  wohnst  du?  mein  liebes  Kind? 
Und  wer  ist  dein  Vater?  sag  an  geschwind. 

Dorinde. 
Mein  Vater  heisst  Dämon,  und  wir  wohnen  940 

Auf  der  Insel  Amoris,  unter  den  heissen  Zonen. 

Casper.  (stösst  den  König  an.) 
Herr  König, 

Pfui,  schämts  euch  doch  ein  wenig. 
Mit  einem  Hirthen- Mensch  Euch  abzugeben. 
Das  ist  ä  Schand  für  Euch  in  Eurem  ganzen  Leben.  945 

König. 
Ey  was,  die  Götter  haben  sich  schön  selbsten  wohl  verliebt 
lu  schöne  Schäferinnen ,  ich  bin  jetzt  sehr  betrübt^ 


l*UrP£K8PI£L  ALC£STE  293 

Ich  such  mich  zu  zerstreuen, 

Vielleicht  kann  mich  das  Eind,  die  Schäferin  erfreuen. 

Casper. 

Pfui  Teufel,  schämts  Euch  doch,  950 

Es  giebt  Eurem  ganzen  Kespekt  ein  Loch. 

Und  (winkt  ihm)  wisst  ihrs  denn  noch  nicht? 

(spricht  leise  mit  ihm) 

Das  Mensch,  das  hat  ä  Schaden. 

König. 

Wo? 
Casper. 

Im  Gesicht. 

Die  Augen  sind  so  schwarz  als  wie  Kohlen. 

Auch  hat  das  Mensch  mich  heut  noch  bestohlen.  955 

König. 
Was  kann  sie  dir  denn  nehmen?    Du  hast  ja  nichts,  du  Narr? 

Casper. 
Sie  hat  mir  heut  gestohlen  mein  Herz,  den  Kopf  sogar. 

König. 
Schweig,  mit  dem  dum^nen  Plaudern, 
Das  Mädel  ist  gar  schön,  was  nützt  das  lange  Zaudern. 
Alzeste  ist  nun  Tod  sie  kommt  nicht  mehr  zurück.  960 

(er  geht  zu  Dorinde.) 
Mein  Kind ,  sag ,  willst  du  mit  ?  Ich  mach  noch  heut  dein  Glück. 
Ich  nehm  dich  mit  nach  Hofe,  da  sollst  du  sehn. 
Wie  gut  es  dir  bei  Hofe  wird  gehn. 

Dorinde. 
Im  Hofe  find  ich  kein  Vergnügen, 

Da  kann  ich,  wenn  ich  will,  mich  hin  verfugen,  965 

Da  sind  aber  nichts  als  Gänse  und  Schwein, 
Pfui,  was  kann  auf  dem  Hof  für  ein  Vergnügen  sein? 

König. 
Das  ist  kein  solcher  Hof,  worinnen  nur  Schwein 
Oder  solche  wilde  Bestien  sein. 
Nein,  es  ist  des  Königs  Hof,  den  ich  mein.  970 

Dorinde. 
Des  Königs  Hof?    Hab  ich  vielleicht  das  Glück  zu  sehn. 
Meinen  grossen  König  vor  mir  zu  stehn? 

König. 
Ja,  mein  Kind,  ich  bin  Admethes,  dein  König, 
Und  kannst  du  mich  lieben,  Dorinde,  ein  wenig. 


294  ELLINOBB 

und  willst  du  mir  dein  Herze  geben, 

So  sollst  du  an  meiner  Seite  als  Königin  leben. 

Dorinde. 
Ach  \  welches  Glück ,  mein  Vater  mir  oft  gesagt  hat, 
Kind,  wirst  du  deinen  König  sehn,  so  fleh  um  Gnad.  (kniet 

Gasper. 
(kommt  zu  Dorinde  gelaufen  und  sagt  ihr  ins  Ohr.) 
Halt  dich  nicht  mit  ihm  auf,  er  hat  ä  Fehler,  der  Mann. 

Dorinde. 
Einen  Fehler?  wo  fehlts  ihm  dann? 

Gasper. 
Er  hat  ä  Fehler!  er  hat  —  er  hat  —  (lacht)  ich  kanns  nie 

sagen, 
Ich  aber  bin  ä  ganzer  Mann,  mit  mir  kannst  dus  schon  wa^ 

König. 
Mein  schönes  Kind,  halt  dich  nicht  auf  mit  dem  Narren, 
Komm,  du  sollst  gleich  mit  mir  nach  Hofe  fahren. 
Ich  werde  dir  geben,  was  ich  habe,  Scepter  und  Kronen. 
Du  sollst  bey  mir  als  Königin  tronen. 
Ich  werde  dich  zu  meiner  Gemahlin  machen. 

Gasper.  (für  sich.) 
Das  wären  ja  verfluchte,  teuflische  Sachen, 
Wart,  ich  werd  ihm  gleich  einen  Strich  durch  die  Rechnung  mj 
(laut.)  Heisa.  Victory!  Zigory!  Gregori.    Herr  König,  Juchl 

König. 
Was  hat  der  Narr  für  ein  Gelächter,  was  hast  du  fürGeschre 

Gasper. 
Lachts,  Herr  König,  lacht, 

Alleweil  hat  der  Sperlingsnest  Euer  Weib  nach  Haus  gebrac 

König, 
(erschrocken.)  Wie?  was  sagst  du  da? 

Gasper. 
Die  Wahrheit,  Herr  König,  glaubt  es  ja! 

Dorinde. 
Und  ich  werd  eilen, 

Meinem  Vater  die  frohe  Botschaft  ertheilen. 

Und  ihm  sagen,  dass  ich  den  König  gesehn,  (ab.) 

Neunte  Scene.    Gasper.    König. 
Gasper. 
Wart  a  bissei,  ich  werd  mit  gehn. 


PUPPENSPIEL  ALCESXB  295 

König. 
Hast  du  sie  denn  wirklich  gesehn  ? 

Caspev. 
Ey    freilich,  ich  war  ja,dabey?  sie  hat  recht  gelacht.  1000 

Wie  sie  der  Sperlingsnest  aus  der  HöU  hat  gebracht. 

König. 
JJ'ixii,  so  sey  still,  halte  verschwiegenen  Mund, 
Und  sage  mir,  war  denn  meine  Gemahlin  noch  frisch  und  gesund? 

Casper. 
0  ,    sie  blühte ,  wie  eine  Rose ;  aber  ich  muss  fort,  •(will  ab.) 

König. 
Ca.sper,  warte,  noch  auf  ein  Wort:  1005 

Sage,  ist  denn  meine  Gemahlin  noch  so  schön? 

Casper.  (für  sich.) 
Jotzt  hält  er  mich  nur  auf,  dass  ich  nicht  soll  zum  Madel  gehn? 
O^tit.)  Freilich,  sie  ist  noch  viel  schöner  geworden  im  Feuer. 
Si^  kann  jetzt  viel  sparen,  denn  der  Karmin  ist  so  entsetzlich  thcuer. 
A^l>er  ich  muss  meinem  Madel  nach,  (will  fort.) 

König. 

Nun  warte  noch  ein  wenig.        1010 
Casper. 
Zum  Teufel,  nun  hält  er  mich  wieder  auf,  Herr  König, 
^V"ais  wollt  ihr  denn  immer,  ich  muss  eilen. 

König, 
^un,  nun,  thu  nur  noch  ein  wenig  verweilen. 
Saige  mir,  wird  mich  meine  Gemahlin  auch  noch  so  lieben? 

Casper.  (heulend.) 
^^as  das  für  Fragen  sind  —  um  mich  nur  zu  betrüben,  1015 

^^  hält  er  mich  mit  solchen  Fragen  auf  und  an, 
-^^Biit  ichs  Madel  nimmer  finden  kann: 
^^arum  sollt  sie  euch  nicht  lieben,  in  der  HöU 
^  örliebt  sie  sich  gewiss  nicht  in  son  schwarzen  Junggesell. 
^^'>t  wohl,  ich  muss  meinem  Madel  nach.  — 

König. 

WHa,  hast  du  nicht  vernommen,    1020 
^J^d  meine  Gemahlin  hieher  oder  nach  Hofe  kommen? 

Casper. 
r^^l   der  Teufel  das  verdammte  Fragen. 
^^   muss  meinem  Madel  nachjagen, 
^ie  yfixi  freilich  nach  Hofe  gehn,  denn  hier  im  Wald, 
"^ird  sie  Euch  nicht  finden  sobald,    (will  ab.)  1025 


2%  BLL1N0KB 

König,  (ruft) 

Casper,  so  höre! 

Casper. 

Ich  hab  nicht  Zeit,  ];bt  wohl. 
König,  (allein.) 
Der  Kerl  ist  ganz  rasend  und  toll, 
Doch  was  wundre  ich  mich  über  ihn, 
Ich  selbst  wünsche  ja  meine  Gemahlin  zu  sehn. 

Wenn  nur  der  Narr  nichts  sagt,  1030 

Und  meiner  Gemahlin  keinen  Aerger  macht 
Dass  ich  mich  mit  Dorind  in  Liebe  eingelassen. 
Ich  weiss,  sie  würde  vor  Schrecken  erblassen, 
Doch  hat  der  Narr  keine  Zeugen. 

Und  ich  —  ich  —  kann  ja  gut  läugnen.  1035 

(Ende  des  dritten  Acts). 

Vierter    Act. 

Garten. 

Erste  Scene. 

König,   (allein.) 
Schon  eine  Stunde  bin  ich  hier  und  warte  auf  Alzest, 
Die  wiederum  aus  der  HöU  befreit  durch  Herkules. 
Ach!  liebte  sie  mich  noch,  wie  wollt  ich  sie  verehren. 
Für  diese  schöne  That, 
Da  sie  aus  Lieb  für  mich  sich  selbst  ermordet  hat.  1040 

Zweite  Scene. 
König.    Alzeste.    Herkules. 

Alzeste. 
Gemahl,  Admeth,  ich  lebe,  lebe  nur  f&r  dich. 
Sag,  kannst  du  mir  verzeihen?  Admeth  und  liebst  du  mich? 
Kann  ich  die  vorge  Gunst  und  liebe  noch  gemessen. 
So  soll  mein  Blut  für  dich  Admeth  allein  nur  fliessen. 

König. 
Alzeste,  liebstes  Weib,  lass  mich  Verzeihung  bitten,  1045 

Du  hast,  0  Theuerste,  für  mich  so  viel  gelitten. 
Dein  Herz  soll  weder  Zank  noch  Untreu  je  betrüben. 

Alzeste. 
Damit  bin  ich  vergnügt,  doch  Herkules,  sagt  an, 
Womit  ich  Euch  anjetzt  genug  bedienen  kann, 
Seyd  ihr  nunmehr  vergnügt  mitm  halben  Königreich?  1U50 


FUPPJSN8PIBL  ALCESTfl  297 

Herkules. 
Was  ich  Admeth  gesagt,  das  sage  ich  auch  Euch, 
Mich  reizt  kein  Gut  noch  Gold,  mich  reizt  kein  Königreich. 
Lebt  wohl  und  liebet  Euch,  ich  ziehe  meiner  Strassen. 

Alzeste. 
Freund  Herkules  —  bleibt  hier,  geniesset  erst  der  Ruh! 

Herkules. 
Verzeiht,  ich  eile  jetzt  dem  Fluss  Zendaures  zu,  1055 

Dort  muss  ich  aus  den  Ketten 
Der  Faunen  heute  noch  ein  schönes  Kind  erretten. 

(gegen  das  Parterre.) 
Ihr  Menschen,  sehet  doch,  was  wahre  Treue  kann, 
Das  Weib  liebt  öfters  noch  viel  stärker  als  der  Mann, 
Doch  ist  die  HöU  bestürmt,  die  Teufel  sind  verjagt,  1060 

Flato  wird  sauer  sehn,  wenn  man  ihm  dieses  sagt,    (ab.) 

Dritte  Scene.    Alzeste.    König. 

Alzeste. 
Das  ist  ein  wahrer  Freund,  ein  ächter  Göttersohn, 
Er  will  für  diesen  Dienst  nicht  den  geringsten  Lohn. 

König. 
Es  ist  fürwahr  recht  gross  und  königlich  gedacht. 

Alzeste. 
O  sag  mir  doch  Admeth,  was  Herkules  gesagt.  1065 

Er  sprach 9  man  sieht,  was  wahre  Treue  kann, 
Das  Weib  liebt  öfters  noch  viel  stärker  als  der  Mann. 
Was  meint  er  wohl  damit?  wen  ging  wohl  dieses  an? 

König. 
Es  thut  mir  leid,  Alzest,  dass  ichs  nicht  sagen  kann. 
Wer  kann  die  dunkle  Red  der  Götter  all  verstehen.  1070 

Kommt,  lasst  uns  nun  hinauf  in  unser  Zimmer  gehen. 

Vierte  Scene.    Vorigen.    Casper.  (schreit.) 

A.  u.  u.  aÜ! 

uu.  u.  eü!  u.  u.  u.  iü! 

u.  u.  u.  u. 

(stellt  sich  an  die  Wand.) 

Alzeste. 

Was  hast  du  Casper  dann,  was  schreist  du  jmmer  zu? 

Casper. 
A.  u.  a.  u.  u.  uü! 

Mein  Herz  thut  mir  so  weh,  wenn  ich  nur  nicht  sterben  muss. 


21)8  ELLIKOEB 

Alzeste. 
Wo  fehlt  es  dir  mein  Freund,  was  hast  du  für  Verdruss? 

Casper. 

Au.  u.  a.    Wenn  ich  nur  nicht  sterben  niuss. 

Alzeste. 
Weswegen  willst  du  sterben? 

Casper. 

Aus  lauter  Liebe  muss  ich  verderben. 

Alzeste. 
Aus  Liebe? 

Casper. 

Ja  aus  lauter  Liebe,  u.  u.  a. 

Mein  Herz  schlägt  und  wackelt  wie  ein  Lämmerschwanz. 

Nun  ist  sie  fort,  nun  wird  nichts  aus  dem  Hochzeitstanz. 

Nun  muss  ich  sterben  u.  u.  a. 

Alzeste. 

Nun?  ist  das  Mädchen  nicht  mehr  da? 

Casper. 
Nein,  die  ist  fort,  pritscht  verlohren,  weggeflogen. 
Und  ich  bin  ums  Mädel  betrogen. 

Alzeste. 
Wer  hat  sie  dir  denn  weggenommen? 
Sage,  warum  ist  denn  deine  Brust  so  sehr  beklommen. 

Casper. 
Nun  schauts,  Frau  Königin,  Euch  will  ich  Alles  wohl  erzählej 
Ihr  seid  ä  braves  Weib,  Euch  werd  ich  nichts  verhehlen. 
Seht,  wie  ich  kam  in  Wald,  dort  an  dem  Höllenloch  — 
Fand  ich  Dorind  —      (der  König  hustet  stark.) 

Ja  hust  nur,  ich  sags  doch! 
Ein  Mädchen,  ach!  so  schön!  so  schlank,  so  weiss  und  roth; 
Und  Alles  war  Natur,  nich  Färb  nach  jetzger  Mod, 
Kein  falsches  Augenbraun  bedeckte  ihr  Gesicht, 
Sie  trug  ihr  eignes  Haar,  auch  sah  man  bey  ihr  nicht 
Den  Busen  ausgestopft,  kein  falscher  Zahn, 
Ich  weiss  es  selber  nicht,  was  wohl  in  unsern  Tagen 
Die  Frauenzimmer  all  für  fremde  Eeize  tragen, 
Kurzum,  sie  war  so  schön!  so  schön  fast  als  wie  ihr. 
Ich  glaub,  der  König  zog  Dorinde  Euch  noch  für. 

Alzeste. 
Das  glaub  ich  wohl,  doch  sage  mir. 
Wie  du  darum  gekommen. 


PUPPJSN8PIEL  ALCESTS  299 

Und  warum  hat  man  dir 

Dein  Mädchen  abgenommen. 

Casper. 

Ach  nein,  es  ist  ein  anderes  Apropos  1105 

Am  ganzen  Handel  ist  Niemand  schuld  als  der  da. 

(deutet  mit  dem  Fuss  nach  dem  König.) 

Alzeste. 

Wie  so?  —  Was  hör  ich?  mein  Gemahl?  wie  kam  der  zu  deiner  Braut? 

Casper. 

0,  wo  kommt  ä  junger  Wittwer  nicht  hin,  schaut! 

Wie  ich  im  besten  Carmesieren  bin  gewesen, 

So  konmit  Euer  Maler,  vermaledeytes  Wesen,  1110 

Nimmt  mir  gleich  mit  Feldeäherrn  Kraft 

Das  Mädel,  und  mich  hat  er  vauf  die  Seit  geschaft. 

Drauf  hat  er  mit  ihr  geredt  vom  Fluchen,  Vermaledoyn! 

Alzeste. 
Wie  vom  Vermählen? 

Casper. 

Ja  Vermaledeyn, 

Und  vom  Beyliegen  obendrein,  1115 

Er  hat  gesagt,  er  wollt  sich  mit  ihr  nach  Hof  begeben, 

Und  sie  als  Königin  auf  den  Thron  erheben, 

Ja,  sie  sogar  mit  Krön  und  Scepter  schmilcken, 

Und  so  that  er  dem  Madel  den  Kopf  verrücken, 

Und  als  ich  sagte,  ihr  wärt  wieder  auf  der  Welt,  1120 

So  ist  das  Mädel  geschwind  fortgeschnellt, 

Und  ich  armer  Teufel  bin  ums  Mädel  geprellt,   (weint.) 

Alzeste. 
Was  hör  ich,  theuerster  Gemahl, 
Kaum  war  ich  der  Oberwelt  eutflohu, 

So  lasset  sich  Admeth  in  andre  Liebe  schon,  1125 

Wer  hätte  diess  gedacht,  das  hätt  ich  nicht  geglaubt, 
Dass  sich  Admethes  schon  solch  einen  Schritt  erlaubt. 
0  Herkules,  mein  Freund,  nun  kann  ich  dich  verstehn!  — 

König. 
Alzeste!  theures  Weib,  komm,  lass  uns  weiter  gehn, 
Wer  wird  des  Narren  Wort  wohl  glauben,  was  er  sagt,  1130 

Und  wenn  er  so  nach  Art  der  Narren  ein  Bonmot  macht?! 

Casper  (zornig.) 
0  ja,  ihr  könnt  es  mir  nur  jmmer  sicher  glauben, 
Die  Wahrheit  ist  die  Wahrheit,  und  die  Wahrheit 


800  BLLINGEB 

Ist  und  bleibt  die  Wahrheit,  von  nun  an  bis  in  Ewigkeit 
Bleibts  immer  noch  die  Wiihrlieit. 

Alzeste. 
Nun  tröste  dich,  mein  Freund,  ist  diese  gleich  verlohren. 
So  ist  vielleicht  für  dich  ein  anderes  Kind  geboren. 

Casper. 
Nein,  nem,  Frau  Königin,  nein! 
Es  muss  absolut  Dorinde  sein. 
Und  krieg  ich  diese  nicht,  spring  ich  in  Fluss  hinein. 

König. 
Nun  nun  9  erwähl  dir  eine  Gnad  für  ausgestandne  Fein. 

Casper. 
Juchhey,  o  könnt  ich  nicht  auch  einmal  ä  König  sein? 
0  gebt,  ich  bitte  Euch, 
Mir  doch  einmal  so  ein  zerrissnes  Königreich. 

König. 
Das  haben  wir  nicht  mehr,  das  können  wir  nicht  geben. 

Casper. 
So  gebt  mir  so  ä  Dienst,  wo  ruhig  ich  kann  leben. 

Alzeste. 
Kein  Dienst  ist  ohne  Müh,  und  ohne  die  kein  Brod, 
Drum  wähl  dir  was  du  willst,  du  sollst  nicht  leiden  noth. 

Casper. 
Der  Dienst,  wo  man  ruhige  Tage  hat,  ist  ausgedacht, 
Wenn  ihr  mich  zum  Nachtwächter  macht. 

Alzeste. 
Hat  denn  ein  Nachtwächter  ruhige  Tage?  sag  an? 

Casper. 
Natürlich,  weil  er  den  ganzen  Tag  schlafen  kann, 
Wenn  er  nachts  seine  Konde  hat  gemacht, 
So  wird  der  ganze  Tag  in  Kühe  hingebrachi 

Alzeste. 

Nun,  nun!  gewährt  sey  deine  Bitte. 

(zu  Admeth.)  Die  Angst,  die  ich  erlitten, 

Lass  uns  nunmehr  versüssen 

Durch  Liebe  und  durch 

Casper. 

Küssen  — 

König. 

Vorbey  ist  nun  der  Sturm,  vorbey  ist  Alles  Leiden, 

Kommt,  lasst  uns  lustig  sein,  mit  1000  reinen  Freuden,    (ab.) 


Puppenspiel  alcbste  301 

Alzeste. 
Das  Unglück  ist  vorbey,  der  Sturm  ist  überstanden, 
Mit  Freuden  kann  ich  nun  am  Liebesufer  landen,    (ab.) 

Casper. 
Ich  wünsch  Euch  Ochsen,  Küh,  und  lauter  gute  Sachen, 
und  dass  bald  ohne  Müh  ein  junger  Prinz  mög  lachen. 

(Gegen  das  Parterre.) 
Das  Schauspiel  ist  vorbey,  der  letzte  Act  ist  aus,  11C5 

Und  die  ein  Liebsten  hat,  die  nehm  ihn  mit  nach  Haus, 
Die  aber  Keinen  hat,  und  kein  bekommen  kann. 
Die  komm  zum  Kasper  rauf,  so  hat  sien  hölzern  Mann. 

Ende. 

SONDERSHAUSEN.  GEORG  ELLINGER. 


DER   INFINITIV 
NA.CIH   WELLEN  UND   DEN  VERBA  PUJETERITOPßiESENTIA 

TS  DEN  EPEN  HAKTMANNS  VON  AUE. 

(Schluss.) 

**^^  praflx  ge-  beim  inflnltir  In  den  epen  Hartmanns  ron  Aue. 

Bei  gelegenheit  meiner  beschäftigung  mit  dem  Infinitiv  in  den 

Hartmanns   von  Aue    glaubte    ich   auch   allen  innerhalb  dieser 

'enzung  zur  frage  nach  dem  histonschen  gebrauch  des  praefixes  gc- 

^^^otenen  stoflf  sammeln  zu  sollen,   um  so  zur  kentnis  dieses  schwie- 

^Sbh  gegenständes,  der  zu  seiner  behandlung  ja  ein  viel  umfangreiche- 

^B    material  erfordert,  meinen  bescheidenen  beitrag  zu  liefern.    Von 

:^^^rter  gehörender  litteratur  ist  mir  bekant  geworden:    Stalder,   die 

^Udessprachen   der  Schweiz  oder  schweizerische  Dialectologie,    Aar- 


1819,  8.  52  fgg.  —    Schmeller,  die  Mundarten  Baierns,  München 

^^ai,  §  982.  984.  —  J.  Grimm,  deutsche  Grammatik,  2.  Teil,  Göttin- 

S^U   1826,  s.  832  —  850.  868  fg.  —  K.  Ferdinand  Becker,  ausführliche 

^^^tsche  Grammatik,  Frankfurt  a.M.  1842,  1  s.  109  fgg.  150  fg.  258  fgg. 

1^;^     Frommann,   deutsche  Mundarten,    Nürnberg  1854,   I  s.  123.    143. 

^    S.  79,  12;    190,  9;    277;    430,  14.    III  s.  124.   —    K.  Regel,   die 

"^^^laer  Mundart,  Weimar  1868,  s.  100.  —  Vilmar,  curhessisches  Idio- 

**^^Oii,  Marburg  und  Leipzig  1868,  s.  120.  —  H.  Martens,  Kuhns  Zeit- 

^Hrifl  Xn  S.31  — 41.    321  —  335  die  verba  perfecta  in  der  Nibelun- 

8etidichtung.  —  L.  Tobler,  ebd.  XIV  s.  108—138  über  die  Bedeutung 

^^  deutschen  ge-  vor  Verben.  —    K.  Weinhold,  alemannische  Gram- 


S02  V.  MONSTERBSfiO 

matik,  Berlin  1863,  s.  281.  —  id.  mittelhochdeutsche  Grammatik,  Pa- 
derhom  1877,  §  285.  —  Bernhardt,  über  die  Partikel  flfo-  als  Hilfs- 
mittel bei  der  gotischen  Conjugation ,  Zeitschrift  für  deutsche  philologie 
II  s.  158  fgg.  —  Benecke- Muller -Zarncke,  mittelhochdeutsches  Wör- 
terbuch I  s.  490.  —  Lexer ,  mittelhochdeutsches  Handwörterbuch  s.  745. 
—  W.  Wackernagel,  Wörterbuch  zum  ahd.  Lesebuch,  Basel  1861.  — 
Benecke ,  Wörterbuch  zu  Hartmanns  Iwein  s.  84  *.  —  Alexander  Beif- 
ferscheid,  über  die  untrennbare  Partikel  ge-  im  Deutschen.  L  j^  bei 
infinitiven  1.  Abteilung,  Breslau  1871 ,  und  Zeitschrift  für  deutsche  philo- 
logie, ergänzungsband  s.  319 — 446.  —  C.  Dorfeid,  über  die  Function 
des  Praefix  ge-  in  der  Composition  mit  Verben.  1.  Theil:  Das  Praefii 
bei  Ulfilas  und  Tatian.  Halle  1885  (konte  nicht  mehr  bennzt  werden). 
Unter  den  in  Hartmanns  epen  sich  findenden  598  verschiedenen 
infinitiven  sind  mit  dem  praefix  ge-  componiert  129.  Hierunter  sind, 
was  L.  Tobler  und  AI.  Beifferscheid  mit  recht  fordern,  vor  allem  die 
mit  gc'  nur  aus  syntactischen  gründen  gelegentlich  verbundenen  zu 
trennen  von  denen,  welche  mit  ihm  als  einem  notwendigen,  ihren  wort- 
begriff mit  bildenden  teile  beständig  componiert  sind.  Das  erste  ist 
das  syntactische ,  das  zweite  das  lexicalische  ge-.    Es  zeigen 

1.  das  syntactische  ge-  52  blos  im  inf.,  nicht  zugleich  in  fini- 
ten  formen  (d.  h.  von  mir  wenigstens  bei  Hartmann  und  in  den  grös- 
seren Wörterbüchern  so  nicht  gefunden),  so  dass  man  hier  im  algemei- 
nen wird  voraussetzen  dürfen,  es  sei  durch  erst  beim  inf.  zutreffende 
umstände  hervorgerufen.  Von  diesen  52  haben  aber  andererseits  im  int 
immer  das  ge-  12. 

2.  das  syntactische  ge-  53  auch ,  jedoch  nicht  immer ,  in  finiten 
formen,  so  dass  es  hier  dahingestelt  bleiben  muss,  inwieweit  die  Stel- 
lung des  verbum  als  inf.  das  ge-  herbeigezogen  hat.  Von  diesen  53 
haben  andrerseits  immer  das  ge-  6. 

3.  das  lexicalische  ge*  24. 

Die  übrigen  469  haben  das  praefix  nicht  und  zwar 

4.  sind  218  mit  andern  treu-  oder  untrenbaren  partikeln  ver- 
bunden, und  in  diesem  fall  nehmen  nur  einige  mit  den  trenbaren  ^n, 
üf,  üz^  volj  vor  und  wider  componierten  ge-  an. 

5.  sind  251  einfache  verba. 

Ich  gebe  im  folgenden  ein  volständigos,  alphabetisch  geordnetes 
Verzeichnis  aller  inf,  die  stellen  aber  nur  für  die  gruppen  1 ,  2,  5,  J* 
die  3.  und  4.  über  ge-  beim  inf.  keinerlei  auskunft  geben  kann.  Bei 
der  5.  konte  ich  mich  mehrmals  mit  angäbe  der  summe  begnügen.  9^ 
der  1.  art  ist  durch  fetteren,  ge-  der  2.  durch  cursiveu  druck  ausge- 
zeichnet ; 


INFINITIV  NACn   WELLEN  USW.  303 

ahten  E.  67.   6177.     H.  869.  —    alten,   soln  E.  9452.     G,  48, 

Iw.  7401;  G.  2838.  2918;  E.  9846;  hv.  8146.  —  änen,  mac  Iw.  3084). 

—  anden  E.  9231.  —  gunnen.  —  gearbeiten,  mao  IL  803  (a).  —  gar- 

uen.  —   enbarn.  —   gebären.  —   erbarmen.  —    beiteu  E.  8844;   tvü 

94S3,  —  erbeizen.  —  entbem.  —  verbern.  —  betten  E.  7082,  heizen  3949, 

—  gebiegen,  kan  Q.  1428.  —  bieten ,  wil  und  sol  E,  7972 ;  8975.  —  r/ebie- 
ten,  mac  M.  kan  Iw,  2287-,  soZ  0.399.  1233-,  heize  U,1470,—  verbieten. 

birsen  G.  2290.  2300.  —  biten  Iw.  4574;  wil  G.  1220.  H.  1517.  Iw, 

raSO.  8126;  E.494;  Iw.  4325;  E.  8893;  beginne  Iw.  5093.  6008.  6917. 
rS98;  heiße  H.  1470.  —  erbiten.  —   biten,  mac  E.  2120.    Iw.  6980. 
ii^l  E.  8149.    Iw.  956;   sol  E.  1848.     Iw,  5960;  7052.  6158;  E.  6681; 
3083.  3537.  4776.  5306.  5714.  —    erbiten.  —   (enbizen,  kan  G.1334, 
80   Bech,  Paul  geniesen).  —  enblanden.  —    blasen  E.  8797;  Iw.  5797; 
E.   9623;  8808;  9611.  —  bluoten  Iw.  1360.  1362.  —  urborn.  —   bor- 
gen Iw.  7148.    mac  7149.  —  bözen  H.  1268.  —  brechen,  wil  E,  7608. 
tf.  209.  636.  Iw.  7966;  sol  H.829;  G.  3558.  5521.  H.  894;  E.  3240.  — 
«ebrecben.  —  bresten  E.  9261.  —    bringen,  mac  E.2396.  9503.  9767; 
^^89;  G.  558;  E.  5199;  G.  1212.  —  gebringen,  'inac  Iw.2898.  —  vol- 
tebringen. —    vür  bringen.   —    wider   bringen.    —    brinnen   E.  6318; 
'w.6301.  —  briuten  E.  6340;  1886.  —  buezen,  mac  Iw.l462;    mtioz 
*.  2587.  2789;  3770.  —  gebüezen,  mac  G.435,   U.553.  —  buhurdie- 
'euE.  3082.    —    büwen  G.  2518;    2684.     Iw.  7815.  —    dagen,    m^c 
Iu>.188.  257;  wü  E.  3420.  Iw.  250;  E.44.  —  gedagen,  kan  E.6457; 
•«^  7454;    sol  576,    3146.   7006;   riwchcn  Iw.  182.  —    verdagen.  — 
^^tecken.  —  denken  E.  930.  3022.  —  bedenken.  —  erdenken.  —  geden- 
k«ii,  mac  E.  1352 ;  sol  Iw.  7461 ;  muoz  E.  7495  (?) ;  beginne  H,  1010.  — 
^erdenken.   —    verderben.   —    dienen  E.  1346.    G.  2103.    Iw.  5638; 
*J-   6568;    G.  1185;    kan  E.  4568.  —    gfcdienen,    kan  E.  1288.   4548. 
<*•  1762;    wü  E.5936  (e).     Iw.  4789;    sol  E.  7781.    Iw.  4789;  muoz 
^^94.  —  verdienen.  —  diezen  Iw.  209.  —  gedingen.  —  diuten  Iw.  7596; 
1-  16.  —    bediuten.  —   donen  G.  3355.  —  draben,  kan  E.1962;  be- 
^i^me  Iw.  5966.  —  gedrewen ,  mac  Iw.  5264.  6258.  6867.  —  erdriezen. 

verdriezen.  —  dulden,  mac  H,  1147;  wi/ Iw.  1006;  E.  3927.  G.  1140; 

-^-  992.  3436.  4788.  6935.    G.  1369;    H.  1333.   —    dünken  E.  2865.  — 

*^^^urfen.    —    enden  E.  1450.   1751 ;    sol  E,  3177,    H.  968.     Iw.  2942. 

*^78.  —   geenden,  mac  11.1155.  —  volenden.  —  verenden.  —  eren 

^-  8».  —  ^gren,  mac  E.3770.    Iw.7501.  7540;  kan  E,  3770.  —  ent- 

^'^IjeiL  — ,  ezzen  E.8738;   kan  G,2766;   Iw.  1218;    G.2727;    E.  3662. 

^^.868;   E.  6433;    6357.    6379.    6410.    6421.    8359.      Iw.  351.    6545; 

'^»61.—    vMien,   wü  E.9276.    Iw.  1343.  1482;    sol  E,  2038;    muoz 

ft».ÄW!5,  —  empftn.  —  jfevähen,  mac  G.779;  wUxiai  sol  Iw.2309.— 


3()4  V.  MONRTRRBBRG 

(unUcrvän  G.  749,  nacli  Lachmann  und  Bech ',  wo  Paul  mit  hand- 
schiiftA  umiersiän).  —  vervän.  —  vallen  H.  110;  sihe  usw.  G.3176; 
E  2611.  —  ervalleti,  —  gevallen  (=  placere).  —  gevallen  (=^  acci- 
dere),  sol  Iw.6617  (e);  muos  H.1538  (e).  —  missevallen.  —  Tarn. 
mac  E.  29G1;  5648.  G.  402.  2895.  2Ö97.  H.  613.  Iw.  808.  912. 
6138.  sol  E.  8642.  Iw.  024.  919.  2802.  3005.  7911;  muoe  E.  3158. 
Iw.  1081.  2931.  4306;  E.1817;  E.  8129.  Iw.5529;  E.254;  Iw.803e: 
E.4675.  Iw.  1465.  2977;  heke  Iw.  1773;  E.  7869;  4668  ;  9978.  - 
ervarn.  —  gevarn,  mac  Ito.6315.  5909.  —  volvani.  —  wider  vam.  — 
zuo  varn.  —  vazzen  E.  1407;  639.  —  vegen,  heise  E,  2409.  —  vebten 
Iw.  7412;  kan  7001;  E.  9041.  Iw,  4774.  5183;  6337;  gdar  Iw.7001; 
sihe  usw.  E.  833.  Iw.  407.  7626;  E.  4403;  Iw.  2477.  5818; 
E.  4378.  9021;  4224.  5568.  8512.  —  ervehten.  —  gevehten,  mat 
Iui.5013.  —  bevelhen.  —  vellen  Iw.  7090;  7086;  sol  4960;  E.3397. 
6436.  6943.  —  zevellen.  —  gftvelsehen,  fmc  Iw.  3765.  —  rinden, 
mac  E.  4484.  5910.  7179.  Iw.  2000.  5612;  kan  E.236.  B.437;  sei 
E.  2229.  4559.  G.  3048.  Iw.l294;  E.  7950.  —  bevinden,  —  erfiii- 
den.  —  vischeu  G,  775.  2833.  —  vliegen  E.  761.  9079.  O- 1M7. - 
vliehen,  wil  H.798;  sol  G.  2538;  beginne  E.6643;  Iw.  1059;  E.  6663. 
—  vluochen  E.  2992.  6073.  —  volgen,  wil  H.  836.  Iw.  1490.  7335: 
sol  E.  3888.  3938.  G.  2414;  läse  G.  1314.  —  vrägen,  tvü  G.  998 
Iw.6236;  E.4069;  ge/ar  Iw.3020;  darf  562;  beginne  l^mü;  Iw.SSßä; 
519;  E.9317;  5448.  —  (/evrägen,  gctar  E.8443{f,?).  —  gevreun.  icÜ 
Iw.  5501.  —  bevriien.  —  vriaten,  teil  G.  1897.  H.  625;  E.  394«. 
4410.  ~  (/cvriaten,  mac  E.  5266;  kan  5010.  5530.  Iw.948;  wtou» 
E.  5458.  ~  gevrumen,  mac  G.442.  1905.—  vflegeD,  muoe  Iw.6584.— 
jcTüegen,  wac  Iw.  1614.  1745;  kan  E.  4650.  Iw.  2063.  —  yflereo 
E.  3457.  G,  2903;  mitoz  E.1404.  3587.  Iw.  4586  ;  4623.  —  gcvfiereD. 
mac  G.3088  (a).  —  gevürderii,  kan  E.  5685  (a).  —  vürhten,  ka- 
E.8622;  sol  E.  7989.  8035.  8626.—  gevürhten,  kan  G.865.  —  gOhen* 
wil  Iw.l341.  1481;  2310;  E.  2554.  H.  866.  iw.  3718.  7732;  hegintf 
12inal  —  ergiihen.  —  zuo  gäben.  —  geben,  mac  E.  5802.  6236.  R6I»9- 
755;  kan  G.  1360.  3651;  wil  E.  6405.  6844.  9443.  9841.  G-  1626- 
2819.  H.528.  648.  1289.  Iw.  1645.  3301.  4496.  7329.  8084;  sot 
E.656.  1083.  5631.  H.  785.  Iw.2811;  muoe  E.2627.  3796.  G.34i7- 
3449.  3703.  H.  695.  Iw.4985.  5631.  6366.  6605.  6793.  6866;  H.H6; 
G.950;  Iw.6412;  E.  840.  —  ergeben.  —  gegeben,  tnac  G.2087  {*)■ 
Iw.  189G  (e).  6613.  7844  (e).  —  vergeben.  —  wider  geben,  —  gefleii 
il;  6559.  7161;  0.3117;  Iw.  7996.  —  CD 


G.  3119.  —  gelten  Iw.  256 
ten. —  vergelten.  —  geo,  vm 
wil  E,  8195.  Iw.  6417;  sd  E.  ( 


•  E.8488.  9913,  ho.  5567%  kan  £.870»: 
696.  9611.  9919.  G.  682.  3Ä28.  H.  »Mi 


iNFLNlTlV  NACH  WELLEN   USW.  305 

moeR3470.  8486.  lw,1512,  4100.  4638.  5262;  sihe  E.4805.  8750. 
6.2210.  3246.  Iw.  474.  1242.  1701.  1747.  4374.  5592;  E.  3952. 
Iw.  6425;  765.  Ausserdem  noch  13mal.  —  abegän.  —  begän.  —  ergän. 
—  volgän  G.  1451.  —  vür  gän.  —  missegän.  —  üf  gän.  —  umbe  gän.  — 
özgSn. —  yergän.  —  zergän.  —  zuogän.  —  gern,  sol  E.  4570.  H.949. 
974;  darfG.  3188.  Iw,  4443]  E.3641.  7143.  Iw.  3805.  —  engesten.— 
ergetzen.  —  vergezzen.  —  beginnen.  —  giuden  E.  2385.  —  begraben. 

—  begrifen.  —  grinen  Iw.  877.  —  grüezen  ö.  436;  E.  9704.  —   han, 
mw  E.  1989.  9840.   H.  753.    Iw.  3693.  4099.  5468.  7115,    Ausserdem 

12 mal;  wil  E.726.  8000.  8478.  G.969,  Iw.4321.    Ausserdem  15 mal; 

mtiog  n.508.    Iw.  1901.   5657.   7903.     Ausserdem   lOmal;    G.  2216. 

rw.5287;  7278.  7377;  E.2838;  warne  Iw.691;  läzc  4155.  —  behaben. 

—  gehaben  (=  sich  bequemen ,  sich  benehmen ,  behaupten.)  —  gehaben 
C==  haben),  mac  E.  2972.  —  zesamme  haben.  —  halten  G.  2539; 
E-  6897.  Iw.  2558.  —  behalten.  —  enthalten.  —  gehalten.  —  gehan- 
äeln,  mac  E.3570  (e).  —  hangen  Iw.  629.  2530.  4691;  E.  418.  —  haz- 
KOB,  mac  Iw.7440]  muoz  140.  —  heben  Iw.  5376;  G.  857.  —  fif  he- 
ben. —  heften  Iw.  6756.  —  beheften.  —  heilen  Iw.  7775.  —  heizen, 
mm  Iw.  1923.  8119.  7546;  5288;  E.2790.  —  geheizen  (=  verheizen). 

—  heln,  hdfen  G.493;  E.  3068;  Iw.6884;  G.  566.  —  verheln.  —  hel- 
fen Iw.  6342;  2183;  3849.  E.  69.  4040;  Iw.  3847;  E.  5865;  566. 
G.  3553.  Iw.  7933.  —  gehelfen ,  mac  H.  929  (e).  —  herbergen  Iw. 
6083.—  behem.  —  hören,  mac  E.  395.  Iw.26;  4529;  867;  G.  370.— 
ÄTchören,  kan  E.7444.—  erhob.—  houwen  E. 6308.  —  hüeten  G.  179. 

—  behüeten.  —   gehüeten ,  Jean  Iw.  1103.  —   ilen  E.  3062.  —  jagen, 

^oilE.7151.  im.   Iw.3889;  E.7174.—  bejagen.—  erjagen.-  geja- 

Ren,  mac  Iw.ll21.  —  nach  jagen.  —  jehen,  mac  E.  827.    Iw.3684; 

^ilK  704.   2531.   9321.   9682.     G.  2361.     Iw.  1887;  E.  4766.    5332. 

7682.   H.  684;  muoe  E.  1258.  1770.  6221.  8380.  8766.  8930.    U.1433, 

*W.  6367.    7448;    Adrcn  E.  7298.    7892.     G.  2252.     H.  1324.     Iw.  800. 

^887;   begitmc  7  mal.  —    bejehen.  —   gejehen,  mac  E.  10013.   6926. 

Ö,  126.  2503.  Iw.  7271  (doch  vgl.  K.  Weinholds  germ.  abh.  heft  5  s.  100. 

160);  8dG.2503,—  veijehen.—  justieren  E.  2767.  2771;  6903;  9101. 

Q*1839;  E.2573.  —  jqustieren,  mac  E.2601.  —   kebsen  rw.3171.— 

kempfen  Iw.4823.  6958;  6975;  E.  8642.  —   erkennen.  —  keren,  mac 

lw.4808.    G.1268]  sol  84.    Iw.  1592.  7176;  H.  1442.    Iw.  3750.  7282; 

^  814;  Iw.  4668.—  bekgren.  —  fiz  keren.—  verkeren.  —  kiesen  E.  4855. 

1^.2570;  E.  1172.  3194.  3322;  3991;  646.  6030;  muoe  Iw.  1826.  2319; 

^  369.  —  erkiesen.  —   verkiesen.  —  klagen ,  mac  H.  490.  985.    Iw. 

laoi.  3993;  wU  6mal;  sol  E.  481.  488]  mw>z  Iw.  724.  2831.  6912; 

E.8010;  darf  8861;  sihe  usw.  H.  853.    Iw.  5426.    Ausserdem 

W.  DBUTBOHB  PmLOLOGIE.      BD.  ZVm.  20 


d06  V.   MONSTBBBE&G 

3 mal;  Mfen  E.  5748.  5752.  6237 \  begimien    E.7057.  8080.  3044  (e). 
Ausserdem  lOmal;   Iw.  4294;   gän  usw.     E.512D.    G.  2143.  2279.  — 
beklagen.  —    gcklageii ,    darf  E.  5596.  7150.  7275.    —   verklagen.  — 
klingen  E.  7753.  —    komen ,    mao  E.  8751.      G.  3171.    H.  505.  841). 
Iw.  1281.    2129.   2520.    6781.    7241.     Ausseraem  7mal;    han  8117 \ 
wil  E.4245.    Iw.4301.  903.   1840;    sdl  H.  823.    Ausserdem   lOmal; 
getar  Iw.l853;  sihe  E.5841.  Iw.4825  u.  3 mal;  läzeE.944;  Iw.2604. 
4744;  E.  1499.  —   überkomen.  —   üf  komen.  —  vor  komen.  —  wiJer 
komen.  —   zesamne  komen.  —   bekorn.  —  kosten  Iw.  2841.  2851.  — 
koufen,  mac  G.  1268.    Iw.  2829.  —  kratzen,  sihe  Iw.  6690.  —  kren- 
ken,   sol  Iw.7462.   —    bekumbern.   —    künden,   aoü  G.  518]   37a8; 
beginne  3588.  —  kunnen,  wil  E.7610.  —  erkunnen.  —  verkunnen.— 
kürzen  E.  4302.  —  kurzwilen  E.  3061.    G.8Ü7.  —   küssen  E.  1109.  — 
quelen  E.  6140.  —     lachen  E.  8235;    8441;    8103;    G.  37.   —    laden 
Iw.  2030.  —  geladen ,  inac  Iw.  5590.  —  belangen.  —  län ,  nuic  E.  962. 
5437.  5474.    Iw.l74.  4030.  5261.  5304  und  8 mal;   kan  4967.  6382] 
wil  23  mal  (negationen  usw.  geboren  zu  tvil);   sol  E.  7007.  4360  und 
36  mal   (ebenso) ;    muoz  E.  3469.   4392.    Iw.  1511.    5266.    5657  und 
17 mal;    getar  4888;   E.  515.  2466;  8459;  1005.  9352;   E.  146.  4124. 
9492.    H.  1269.    Iw.  4978.  5223.  7315.  —  (jrdäzen,  tnac  E.  6479).  - 
erlän.  —    fif  län.  —    verlän.  —  leben,  mac  E.  7764.    Iw.  4027;  ka» 
E.  4791.     G.3623.     Iw.   3022;    wil  E.  5961.    9332.     Iw.  7676;   sd 
E.4194.  H.  599  \mi  11  msl;  tnuozE.Sbdd.  3597.  7651.  9669.  G.2342. 
11.762.    Iw.2950;    darf  G.  492;    E.  2628.     Iw.  3403;    H.  96.   1255. 
Iw.  706;    läze   10 mal;    E.  1084.    5819.    —    flreleben,    niac    G.  20io. 
Iw,  7501  (=  erleben) ;  muoz  G.  1540 ;  trüwen  E.  6338 ;  läze  Iw.  7843.- 
überleben.  —  ledegen,  sol  Iw.  4642.  —  legen,  muoz  E.  374.  —  jde- 
gen,  mac  E.  887.     Iw.  1318;  kan  E.  887.  —  leiden,  wil  U.  650;  sd 
611,  —    leisten  H.  675;    E.  1015;  945.  3902.     Iw.  4581.—  gcleiriten, 
mac  II.  571.  Iw.  5225.  —  beleiten.  —  leren  Iw.  6252;  G.  991.  —  lesen 
Iw.  6457.  —  letzen  II.  861.  —  beliben.  -  liden,  wil  E.  4129,  Iw.  1981; 
E.  3552.  6810.     Iw.  5432;  II.  604.  1089.     Iw.  6385;  H.  1332;  E.  375i>. 
9932.     Iw.  1453;  3b81;  E.  4271.     H.  141.  293.     Iw.  7855.  —  erlideu. 
—   lieben,  beginne  G.  233.  —  ^clieben,  mac  H.  15;  kan  Iw.  2423.-- 
liegen,  hilfc  Iw.  2183.   —    liebten  Iw.  672.    —    ligen,   sol  Iw.  4223; 
muo0  G.  2699;    ivü  Iw.  4777;    sihe  8 mal;   läse  Iw.  99.  747.  6290.-- 
biligen.  —  ^cligeu,  mac  Iw.  764;  wil  4777.  —  verligen.  —  Ithen,  »f» 
Iw,  2944;  E.  599;  4795.  —   gelihen.  —   gelingen.  —   misselingen. 
Verliese». —  liuten  G,  3587,  —  liuteru  E.  6786.  —  loben  E.  1544; 
E.  1590;  II.  608;   E.  7359;    beginne  Iw.  1272;    E.  9494;    2484.   1291. 
2399.     G.  1095.  —  geloben  (vovere),  muoz  E.  3103.  4811.  —   tosen, 


i 


V.  MONSTERBERO,  INFINITIV  NACH  WELLEN  USW.  307 

«ril   E.  3887.     G.  1901 ;   Iw.  8047 ;  G.  2070.  —    erlcßson.  —    Ionen  Iw 
4195;   E.  1048.     Iw.  1197.    —    golouben.    —    loufcn,   mac  G.  3341 
K.7165.  —  erloufen.  —  lougen  E.  9214.  —  gclougen,  mac  E.  1040,  — 
verlougen.   —    lüsten,   mac  E.  7353.     G,  2240.    —     macheu  E.  5197 
H.11;  sol  E.  3792;    Iw.  5464;   E.  8131.  —    flfemaclien,  mac  E,  8421 
tan  7672.   —    sich  fif  machen.    —    mänen  Iw.  6050.    —    sich  mäzen 
E.  6443.  —  gemäzen,  w«w  Iw,1043.  —  meren  Iw.  6954;  7445;  E.  1310 
9762;  Iw.  6057.  —    jremeren,  nmc  Iw.2ß50;  kan  11.58.  —    merken 
w?^Iw.  248.    250;   sol  191.    —    vermezzen.    —    mlden,    Jean  11.317 
E.  4130;  388*2.  6809;  beginne  E.  3249.  -  vermiden.  —  inuoden  E.  885 
2631.  —  gen&den.  —   neigen,  beginne  E.  5730.  6909.  —    nemen,  mac 
E.  6854.  6553.    G.  2065.  3729;  wil  E.  569.  3913.  5233.  6271.   H.  967. 
Imt.  2765.  6898;   sol  7mal;  muoz  3  mal;  Iw.  5814;   H.  1218;   E.  3720. 
7283;  Iw.  2164.  2231.   G.  2061;  2057;  E.  468.  —  an  nemen.  —  bcne- 
irien.—  entnemcn.  —  gemmen,  wac  E.  3917.  Iw.2232{e);  sol  G.3793. 
— -  üz  nemen.  —  vernemen.  —  genenden.  —  nennen,  wil  E.  4852;  79- 
4535.  4827;   4820.—    ^<mennen,  kan  E.  7616.   7618.   8497.  —    nein 
Iw.  2060;  416.  —  ernern.  —  genesen.  —  nieten  E.  9550;  sol  und  muoz 
^^34.  —  ^enieten,  wcenc  Iw.  5642.  —    geniezen.  —  nigen  G.  874.  — 
^iuwen  Iw.  5111.   —     genözen.  —    genüegeu.  —    ougeu  E.  5167.  — 
ci-ougen.  —   pflegen  G.  2100;    E.  9602.     G.  3391.     Iw.  1660;    E.  3272. 
Ö813.  G.407.   Iw.  6719;  2188;  E.  1461.  2499.  9129.     G.  95;  Iw.  2196. 
5159.  6423.  —    jf^pflegen,  mac  Iw.  4879;  kan  E.  3709.     Iw.  5530.  — 
Verpflegen.   —    prisen ,   muo0  E.  1997 ;    beginne  H.  1462.  —   gfcpriscn, 
*^^ac  G.  1108.  —  geprücven,  kan  E.  52:35.  —  gerasteu,  läse  G.  724.  — 
fiten  E.  8407.     G.  1261;    340.     H.  1482;    Iw.  5212;    beginne  E.  9825. 
^J^^U62.    Iw.  7323;  7852.  —  erraten.  —  .geraten  (=  rat  geben),  mac 
^^.2399;  kan  G.  322.    H.  376.  —   geraten  (=  entraten).  —    rechen, 
^il  E.  4221.    Iw.  2466.  7676;  4241;  beginne  E.  9249.  —  errechen.  — 
ee rechen,  mac  E.  490  {e).  Iw.3129;  kan  4462;  muoz  7678.  —  durch- 
lecken.— reden  E.  4514.  5960;  sol  6302.   Iw.2526;  E.6543;  4120.— 
S^<?reichen,  mac  E.  1893  (ül).  —  bereiten.  —  rihten  Iw.  4503;  E.  3661.— 
^chen,  beginne  H.  252.  —  geriehen,  mac  Iw.  7203.  —  riemen  E.  3075; 
^ciw  2409.  —  ringen  G.  3640 ;  Iw.  407 ;  7884 ;  lerne  E.  9283.  —  ge- 
igen, mac  Iw.  2844  (e).  —  entrinnen.  —    risen  Iw.  5380.  —    riten, 
«»•acE.  7884.  8486.    Iw.  6849;  wil  Iw.  955  und  10 mal;  sol  2811  und 
^uud;  muoB  E.  3095.  1403.  8760.  8874;  sthe  11  mal;  799.  3600;  l(he 
'«•5138  und  5mal;   E.  5031.     Iw.  5898;    E.  1414.   7747.   7804.     Iw. 
^**7;  E.  1468.  2862;  Iw.  5548.  —  beriten.  —  erriten.  —  flferlten,  mac 
^970.  Iw.  2134  (=  erriten).  6757;  kan  E.  8708;  wil  6882.  — 
fOl  rlten.  —   zuo  riten.  —   riuwen,  mac  E.  8789;  4352. 

20* 


308  V.  MONSTKBBBtiÖ 

Iw.  8129;  darf  E.  3713;  3667.  4216.  4638.  —  gerinwon,  soI  E.  3365; 
muoz  3801,  —  röten  Iw.  7230.  —  rüeren  Iw.  2141.  —  ronben  H.  1408. 

—  rümen  Iw.  7052;  E.  2790.  5002.  Iw.  6931.  —  ruoclien  Iw.6759.— 
gemochen,  wü  E.  8510;  sol  130.  —  ruofen  G.  2693;  hare  E.  5298, 
5459.  Iw.  4952.  —  berucfeu.  —  ruowen  Iw.  5095 ;  E.  5732 ;  3486 ;  2466; 
908.  —  jrcruowen,  muojs  G.  3082;  läze  1046.  —  sagen,  tnac  Iw.  5034. 
7429  und  emB.1;  unl  E.  43.  5454.  G,  1907.  H.  486.  1340.  Iw.  258.  5905 
und  35  mal;  sol  E.  4981.  7122.  Iw,924.  368e.  5677.  6321.  7601  und 
7 mal;  muog  E.9342  und  4 mal;  7138;  höre  H.23  und  6 mal;  E.  2135; 
Icginne  E.  7058,  G.  3146  und  7 mal;  E.  7524;  bite  Iiv,  2321  und  6 mal; 
E.  1572.  7483;  Iw.  7266 ;  G.  2261 ;  Iw.  219.  —  flfcsagen ,  tnac  E. 75.  4300. 
5161.  Iw,  1038.  3223.  6945.  7144  (e);  kan  E,5001.  5572.  7481.  8328. 
8454.  G.  1028.  1130.  2468.  3043.  Iw.  2096.  3629,  3633.  4429.  5881. 
5889.  8165;  wü  E.  2135  (vgl  K.  Weinholds  germ.  abh.  beft  6  s.  120> 
G.  2416.     Iw.  798;  tar  E.  3145.  4248;  beginne  E,  8691;  höre  Iw.548. 

—  volsagen  Iw.  187.  —  voljesagen,  mac  H.  1037.  —  vürsagen.  — 
widersagen.  —  schaden  Iw.  6664;  E.  3682.  4148;  3727;  tuon  1230, 
3935.  G.  1509.  Iw.  636.  —  geschaden,  mac  E,  3921.  Iw.2939. 
5020  (e);  han  2638.  —  schaflfen  E.  3783;  sol  lat.  5004;  1596.  —  ge- 
schaffen, geruoche  Iw,  987;  trüwe  G.1304.  —  schämen,  mM  E.5468. 
Iw.  3187;  kan  4965;  wtl  5499.  7430;  muoz  E,  5671.  7988.  G.  1494 
Iw.  2968;  darf  E,  4752.  —  geschamen,  darf  Iw.  2105.  —  beschehen. 

—  geschehen.  —  scheiden  Iw.  5634.  6030;  sol  E.  2224.  4679.  6048; 
muoz  705.  4386.  4825.  8489.  8873.  G.  45.  475.  480.  1274.  1966; 
E.  2358;  heize  3949;  Iw.  330.  —  bescheiden.  —  gescheiden  (transit), 
mac  Iw.  847.  7295;  sol  8068.—  erscheinen.  —  schelten,  mac  Iw.  214; 
sol  4969;  G.  1195;  Iw.  5012.  —  geschirmen,  mac  Iw,  6725.  —  schiuf- 
ten,  beginne  Iw.  5966.  —  schouwen,  mac  E.  312.  3196.  3620.  4187. 
5278  (q).  6187.  6432.  7164.  8280.  8323.  10078.  Iw.  1160.  3398.3791 
5934;  G.  1942;  sol  E.  7921.  Iw.  929.  1796;  E.  1390.  G.  2369;  gdor 
E,123;  beginne  1485.  3499;  60.  649.  Iw.  3724;  E.1156.  5129.  5254. 
9764.  9919.  Iw.  6427.  —  beschouwen.  —  umbe  schouwen.  —  beschri- 
ben.  —  erschricken.  —  schrien  E.  5419.  —  verschulden.  —  schün- 
den G.  231.  —  sehen,  mac  G.  3380.  H.  101.  Iw.  1021.  3046;  «ä 
1436.  2238.  2598,  8031;  sol  E.  8674.  H.  1266.  1108.  Iw.43^ 
und  6 mal;  muoz  8 mal;  E.  6599.  8765.  8835;  G.  3225;  läze  H.859 
und  7 mal;  Iw.  6933;  808;  E.  5486.  —  ane  sehen.  —  besehen.  —  erse- 
hen. —  gesehen,  mac  E.  1769,  8949.  G.  1753.  3747.  H.l2Si' 
Iw,1207.  2118  (e).  6888;  kan  5022  (negativer  sinn);  wil  E.4999. 
9813,  Iw,1977.  2229;  sol  E,  4701,  11,1237;  muoz  Iw.  4229.  6346; 
geruoche  E.  4951 ;   läze  G.  1745.  —   ane  jfcsehen,   mac  E.  7296\  ^ 


INFINITIV  NACH  WBLLBN  08W.  809 

Iw.  751.  —  undersehen.  —  senden  E.  23;  1140.  H.  1467.  Iw.  2175. 
7919;  1814;  G,  3450.  —    gesenden,  niuoz  E.  6697  (e).  —  vür  setzen. 

—  sieben  G.  661.  —  jesigen,  mac  Iw.  6965  \  wü  G.  204  (e).  —  ane 
flresigen,  tvil  Iw,  4778;  trüwe  4224.  —  sigen  E.  221.  5553.  9303.  — 
sin ,  mac  E.  517,  1576.  1794,  2306,  2761.  3554.  4329.  4772.  5127, 
5805.  7293.  8025,  G,  13.  535,  2385.  2862,  H.  221.  Iw.  626,  3908, 
4033.  4499.  6454,  7746,  7861  und  19 mal;  wtl  E.  1364,  4520,  G.1631, 
H.  925  (e)  und  5 mal;  sd  E.  1355.  4426.  7192.  9441.  9693.  H.  337. 
Iw.  3194  und  24mal;  muoz  Iw.3968.  778» und  18mal;  E.  9039;  9815; 
wcme  usw.  9  mal ;  läse  6mal ;  heize  7mal.  —  gesin ,  mac  E.  5264.  6515. 
6732.  —  vorgesin ,  mac  E.  6847  (e).  —  singen ,  mac  E.  6464.  —  ver- 
sinnen.  —  sitzen  Iw.  2267;  sihe  11  mal;  7877.  8255.  9928.  —  an  sitzen. 

—  ^fesitzen,  sihe  E.  8925.  —  siuften  G.  261.  —  släfen  Iw.  3512;  läze 
H.  549;  E.  3952.  8578.  8591.  G.  2830.  H.  470.  515.  Iw.  7482; 
E-  7078.  Iw.  383.  5866.  —  slahen  E.  3382;  Iw.  4228;  E.  3360;  Iw. 
6634;  E.  2296.  —  entslifen.  —  entsliezen.  —  versmähen.  —  smiden 
E.  6087.  —  snlden,  getar  H.  1139.  —  sorgen  Iw.  4737.  7413;  darf 
E.  1253.  Iw.  1210.  —  besorgen.  —  spehen  G.  981 ;  beginne  H.  1239 ; 
E.  7079.  —  gespeben,  mac  E.  3331.  —  spiln  Iw.  4872;  G.  1116.  — 
gpotten  Iw.  2455.  —  sprechen,  mac  E.  3815.  H.  1439.  Iw.  270.  7380; 
wil  E.7607]  3239.  Iw.  7675;  846;  tar  E.  3850;  darf  4199.  4373; 
bin  bereit  G.32a.  621;  höre  H.  635.  830.  853;  E.  2712;  Iw.  5479; 
E.  3098.  3963.  —  entsprechen.  —  besprechen,  ^nac  E.  4867.  5076;  han 
H.  892.  Iw.  2264.  —  versprechen.  —  bestaeten.  —  stän  G.  2564. 
Iw.  6181;  sol  E.  3410.  6107  und  7 mal;  muoz  4 mal;  sihe  E.  6625. 
Iw.  6689  und  16 mal;  E.  3725;  lojse  8mal;  E.  6832.  7625.  8967. 
8986.  —  abe  stän.  —  bestan.  —  bistän.  —  enstän.  —  gfcstän,  mac 
Iw.5706;  muoB  G.  3360.  3412.  Iw.  4731;  laze  H.  663  (e).  —  üf 
Bt&n.  —  üf  jcstän,  mac  Iw.  3609.  —  understän. —  verstän.  —  stechen 

lw.3954;  206.  —  erstechen.  —  stein,  hilfe  G.492.  —  sterben  E.  8151; 

8173.    H.  564.  1513;  1135;  muo0  581.  1258;  623;  E.  5870.  H.  1292; 

5243.  —  ersterben.  —  stiuren ,  mac  Iw.  1803.  —  stözen ,  wil  E.  9277. 

~-  strafen ,  beginne  E.  2523.  H.  550.  —  streben ,  darf  (oder  tar  ?) 
S.8470\  4792.  —  strecken,  heize  E.  1065.  —  strichen  E.  5584;  5787. 
I'^.  1975.  —  an  strichen.  —  zesamne  strichen.  —  striten,  mac  Iw.  6989; 
fc»n  7.  6992;  5746;  5135;  E.  4237;  936;  G.  1958;  Iw.  6653.  —  erstri- 
teu.  —  flfcstriten ,  mac  E.  6427 ;  trüwe  Iw.  4656.  —  sümen ,  wü  E.  2789. 
fl^-  1560 ;  E.  5059 ;  5026 ;  Iw.  5087.  —  suocheri  G.  3645 ;  E.  6053 ; 
ö-  3050;  darf  E.  2991;  beginne  H.  1238  und  4 mal;  gän  usw.  6 mal; 
^^.  4512.  —  ersuochen.  —  versuochen.  —  swseren,  sd  H.  656. 
•^  beswaeren.  -—    sweben  E.  5177;    7652.    6.783.  —   gesweigen.  — 


310  V.  M0N8TEBBEB0 

swern  E.  3898 ;  Iw.  5740.  —  geswern ,  mac  E.  9209.  —  swtgen  Iw. 
2503.  —  gfcswigen,  Jean  G,873;  willw,578i  (e).  —  tagen  G.  1980.— 
tihten  Iw.  25.  —  toben ,  beginne  Iw,  1271,  —  toctcn  Iw.  4487.  E.  9347. 

—  ertoeten.  —  toufen,  sd  G,569,  871,  —  tragen  E.  5532.    6. 1076; 
H.  457.    Iw.  7469;    1305;   E.  6238;    3009;    G.  2511.  ~    betragen. - 
gfetragen,  niac  Iw,  777.  —  üz  (/etragen,  mac  E.  8743.  9142.  —  anjc- 
tragen ,  mac  Iw.  6725.  —  übertragen.  —    vertragen.  —   betrahten.  — 
triben,  mac  E,  6499.  —  ein  triben.  —  fiz  triben.  —  vertriben.  —  triegen, 
hilfe  Iw,2184;    E.  762;    3876.  —    triuten  G.  205.   —     troesten,  twl 
Iw.  4339;    soll624;  gän  usw.  E,9921,  —    gfetroesten,    mac  E. 6398; 
Jean  G.  668,   —   getroumen ,  mac  E.  8125  (a).  —   truoben  E.  526.  — 
trüien  G.  279;  265.  —   gfd;rüwen,  mac  G.2517;  wil  27.  —    tuen  Iw. 
2525;    wil  E.  6169.     H.  1226.     Iw.2588;    sol  E.  1057.    4009.    1359. 
G.  1158.  H,  1108.    Iw.  1944.  2223;  E.  9504;  1473.    Iw.  3411;  G.171; 
E.  2721.     G.  2963;  2806.  3455.  9001.     G.  1699.     Iw.  775.   —    jfetuon, 
mac  E.  498;  siJic  2041.  —  missetuon.  —  turnieren  E.  2542;  Iw.  2803; 
E.  666;   Iw.  2921.  3005;  E.  2411.     Iw.  3043.  —  twclen,  wü  E,  140L 
7261;  21.  —   twingen  E.  4690;   Iw.  5627;  E.  9367.  —  betwingen.  - 
getwingen,   nuxc  Iio.  4143,   —     ilebcn,   wil  E.  5669  (b).   —    wachen 
G.  200;  E.  3999.  —  wägen,  mac  E.  8531.  8554;  wil  G.  1859.  1885 (e). 
Iw.  551 ;  E.  2840;  4971 ;  Iw.  4317.  —  gewägen,  wil  Iw.  6632,  —  über- 
wallen. —  walten,  wil  E.  7015,  9845.    G.  2540.  .Iw.  6531;  sd  G,il\ 
E.  523.  1467;  1822.  —    wandeln  E.  2931.  —  verwandeln.  —  waiikon 
G.  313.  —  bewarn.  —   bewajren.  —   warneu,  toil  E,  1059,  —  warten 
E.  8007.  9544;  6015;   9630.  —    gewarten,  miioz  E.  8666.  —    verwä- 
zen.  —  bewogen.  —  erwegen.  —   gewogen.  —  geweichon.  —  weinen, 
mac  E.5360;  muos  Iw.  724;  siJie  G.  61.  2224.  2231;  E.  5865.  G.379: 
E.  9796.  G.  2171.  2229.  2251.  H.  1298;  E.  9699;  5227.  5349.    H.  1007- 

—  geweinen,  /a^eH.  841. —  erweln. —  üz  wein.  —  wenen  Iw.  3322.- 
gewenen,  adjoctiv  H.  334.  —  wenden,  wil  G.  1873  (a).  1465.  11.839 
881 ;  Iw.  4174;  E.  806.  855.  G.  583;  ist  gedäJit  E.  5085  (a),  —  bewen- 
den. —  crwenden.  —  gewenden,  ia7i  G.1H3;  mac  G.  1516  (e). - 
wenken  E.  1351;  Iw.  1375;  beginne  E.  6643.  —  entwenken.  —  wem 
E.  4569.  H.  560.  Iw.  5048.  5739.  7713;  G.  25  a.  Iw.  1005.  6068: 
7713 ;  beginne  G.  406.  —  entwern.  —  erwern.  —  (/cwern,  mac  Iw.  7;'^^? 
wil  3806;  sol  E.  1021.  Iw.  220;  muoz  E.  3612.  —  werben  E.  457.^.— 
erworben.  —  geworben,  Jean  Iw.  2772.  —  werden,  mac  E.  ^i'^^-- 
G,  1326.  2808.  Iw.  7065;  Icnn  IL  905.  Iw.  3180,  6808;  wil  E.  45ir. 
9450;  sol  E.  7272.  7530.  9062.  H.  708.  fw.  7971 ;  muos  E.  9611  (r>- 
Iw.  2169;  E.  3136;  4928.  5929.  —  werrcn ,  mac  G.  22.^4;  wim>:  Iw- 
5238.  —    jfcwerren,   mac  E,  90,   4218.    4608.   17.50,    hJOl.    (i.  1  :)'•-• 


INFINITIV  NACH  WSLLBN  Ü8W.  Bll 

1905.  2026,    3141.     H.  491.    908.    1062  (e).    1161.     Iw.  3544.    S75S 
4267;   kan  H.1186;   muoz  E.6487;   vürhte  8969;    läze  Iw.  22i.    — 
Wesen,  fnac  E.266,  5901.    G.  1362.  3223.    H.  1343.    Iw.  1701.   8059 
und  7inal;  kan  G.  1814.  Iw.  6397;  wil  E.  4533  und  6 mal;  sol  E.  1960. 
Iw.  57.  729.   4602  und  18 mal;    muoz  E.  4546.    IL  1314   und  8 mal; 
tar  Iw.  1254;  läse  E.4515  und  4 mal;  geschelimi  9863.  —  eiitwesen.  — 
gewesen,  mac  E,  8872.  —    wetzen  H.  1230.  —    entwichen.  —   erwin- 
den.  —  übei'winden.  —  underwinden.  —  gewinnen.  —  ane  <]fewinncn.  — 
widor  gewinnen.  —  wirden  Iw.  2861.  —  (/ewirden,  han  G.  1517.  —  ver- 
wischen. —  wlsen  G.  3173;  E.  3643.  —  wizen,  sol  E.  6303.  —  gcwt- 
zen ,  kan  Iw.  2093.  —    wizzen ,  mac  E,  1596.  5999.  S095.    Iw.  7S40 
und  2 mal;   kan  G.  2784.  3055;    wil  7 mal;    Iw.  7374;  G.  2264;    läzc 
E.5437   (e).    7947.    hv.  5450.   7754    und  13 mal;    G.  999.   —    wun- 
dern,   mac    E.  5558.    8700.    9152;    9436;     G.  1456.     —     wünschen 
6.  2845.    2846.    —    wuofen,    höre   E.  5297.    —    wurken    Iw.  6191. 
6197. —   verwurken.    —    antwurten.   —    geantwurteu,    mac  E.  6284; 
^nlw.2973.—  verzagen.  —  zeigen  G.  2282;  E.  1826;  613.  —  erzei- 
gen. —  Zellen,  mac  E.  7456;  2827;  1402.  —   zelten  Iw.  5965.  —  gc- 
zemen,  mac  E.  6272.  7216.  7284.    Iw.  6625;  muoz  E.  5853.  —  misse- 
zemen.  —  ziehen,  toü  11.797;  sol  G.  872  und  3 mal.  —  abe  ziehen.  — 
entziehen.  —  erziehen.  —  verzihen.  —  volziehen.  —  zinsen  Iw.  6G19.  — 
©rziugen.  —  zoumen  G.  1971.  —  zücken  Iw.  1018.  —  zürnen  Iw.  4593; 
heginne  E.  4536.  —    gezürnen,  mm  Iw.  864.  —    zwifeln  E.  9316.  — 
verzwifeln. 

Hierzu  sind  einige  bemerkungen  nötig. 

1.    Oh  ge-  steht  oder   nicht,    auch   andres,    das   die  form   der 

int  angeht,  ist  kritisch  mehrfach  unsicher.    Ich   bin  für  firec  Bochs 

Ausgabe,  für  Gregörjus  Pauls,  für  armen  Heinrich  ßechs  und  für  Iwein 

tachmauns   gefolgt.     G.  1428  zu  tvol  bewiegenn  handschrift  E,    Paul 

**>it  recht  gehiegen.  —  E.  8601  liest  Haupt  in  der  2.  ausgäbe  wol  hrin- 

9en  statt  vürbringen.  —     E.  6681  shi  getorste  da  nicrncn  hVen   tilgt 

*Iaupt  *  das  ge.    Von  23  Verbindungen  des  verbum  turren  mit  dem  inf. 

erscheint  ge-  weder  am  inf.   noch    vor   turren  nach  den  herausgebern 

'•Ur  6 mal  und  alle  6  mal  bieten  es  auch  hier  handschriften.    Jene  6  stel- 

\^^  sind  Iw.  3020  (dou  nendorstih  A ,  do  en  turstc  ich  a ,  done  gctorst 

'^  BDbcd),  H.  1333  (Strassburger  handschrift  duz  engetärrent,  II A- 

^^Iberger  und   Koloczaer  des  entravf),    Iw.  5212    (geturre   umhc   uns 

geraten  BF,  furre  A.E,  geturre  Dhi,  geraten  E?F),  E.  3850  (Aml)ra- 

^^   handschrift   tcA   getar  nit  sprechende),    5496  {daz  er  si  getorste 

"^ä»),  Iw.  1254  (;ichn  tar  niht  langer  hl  iu  wesen  Ada,  getar  I*cd). 

*^  Ebenso  lässt  Haupt  ge  gegen  die  handschrift  aus  metrischen  grün- 


812  V.  MONSTBBBBBO 

den  weg  bei  gedagen  E.  7006 ,  Bech  behält  es  bei ;  44  dagegen  bietet 
auch  die  handschrift  nur  dagen,  —  E.  6568  Haupt'  gedienen,  Haupt^ 
und  Bech  dienen.  —  E.  1962  handschrift  diu  Icunden  niht  drabeii, 
Haupt  rehte  droben.  Hier  würde  sehr  wol  ein  gedraben  am  orte  seiiL 
—  G.  1517  Lachmaun  und  Paul  gewirden ,  Bech  gevOrdem.  —  Q.  1360 
hat  Paul  mit  EG  gehen,  Lachmann  und  Bech  mit  A  gegeben.  — 
Iw.  3162  daz  sich  ein  mp  niemer  wol  huoten  ne  hm.  Lachmann  Mm- 
ten  hm.  Nicht  besser  gehileten?  vgl  1103.  —  Iw.  1801  dagen  ADd, 
gedagen  BEabc.  —  E.  6444  Haupt  nun  moht  sis  niht  gelassen ^  haod- 
schrift  nu  mohte  sy  doch  nit.  ge  ist  zu  streichen  und  doch  zu  behal- 
ten. Läzen  hat  bei  Hartmann  nie  ge.  —  Iw.  4777  ligen  Aad,  g^Ugm 
DEb,  beiigen  e;  Lachmann  wählt  ligen.  Doch  i^  wohl  gdigen  du 
richtige.  —  Ebenso  wol  auch  Iw.  4223,  wo  AEbd  ligen,  BD2Lgdigm 
hat.  —  E.  3917  Bech  genemen  statt  des  überlieferten  n^mcn. —  Iw.  416 
handschrift  A  generen,  BD  nem^  c  erneren,  a  demeren.  Lacbouum 
schreibt  genem.  —  G.  1334  Paul  mit  GEp  geniezen^  Lachmann  «fo- 
zen,  Bech  enUzen.  —  Zu  Iw.  5522  gesehen  hm  oder  hon  vgl.  Laeb- 
mann.  —  G.  3106  Paul  sehen,  Lachmann  und  Bech^  gesehen.  —  G.7I9 
Paul  understän ,  Lachmann  und  Bech  ^  undervän.  —  G.  2224  Paul 
weinen,  Lachmann,  Bech  mit  A  geweinen.  —  G.  1516  Paul  gewendete 
mit  AE,  Lachmann,  Bech^  genenden,  Bech'  mit  Ha  biwenden.  - 
E.  8969  Haupt*  werren^  Haupt ^  lierren^  Bech  gewerren. 

2.  Die  verba  zu  den  inf.  mit  ge-  der   ersten  art  kann  ich  in 
finiten  formen  bei  Hartmann  in  den  epen  mit  ge-  nicht  finden ,  sondern 
nur  ohne  dasselbe.    Findet  sich  der  inf.  einfach,  so  können  auch  ein- 
fache finite  formen  vorausgesezt  werden.    Aber  auch  die  12,  welche 
im  inf.  stets  ge-  haben ,  zeigen  sich  finit  nur  ohne  ge- :  arbeite  vermag 
ich  finit  bei  Hartmann  nicht  zu  belegen ;    gebiege  (E.  464 ,   particip]; 
drewe  (Iw.  5285.  6694),  ende  (ende  mich  Ivf.  4796);  vdsclie  (Iw.  4134); 
vreue  (Iw.  2670);    handele   (E.  5255.    H.  1136.    Iw.  3635);    geprüecef^ 
spricht  Beuecke- Müller -Zarncke  Hartmann  irtümlich  ganz  ab,  praecs- 
E.  1954;  raste  vermag  ich  finit  bei  Hartmanu  nicht  zu  belegen;  schirrt 
(Iw.  572);  trounie  (Iw.  3530).    Auch  in  den  lexicis  von  Benecke -Mül- 
ler-Zarncke  und  Lexer  finde  ich  von  den  hier  in  rede  stehenden  ver— 
ben   nur  die  inf.  mit  ge-   verbunden  gebringen,    gcvclschen,  geja^^^ 
gdougen,  gerasten,  geschirmen,  gesin,  vorgesm^  gespchen,  geantwuriei^^ 
gezürnen. 

3.  Für  die  Verbindungen  mit  ge-  der  2.  art  habe  ich  finite  for- 
men mit  und  ohne  ge-  zu  belegen ,  doch  ist  es  nicht  für  alle  ßH^ 
nötig.  Findet  sich  ein  einfacher  inf. ,  so  darf  auch  die  finite  einfach^ 
form  als  erwiesen  betiachtet  werden,    gebiete  Iw.  355;  gcde^ike  K.  747^»' 


nVINITIV  NACH  WSLLEN  USW.  818 

gediene  Iw.  3636;  g6re  Iw.  2560;   gevähe  Iw.  3898;   gevalle  =  accido, 

ohne  ge-  H.  256.    G.  1113;    gevar  mit  ge  Iw.  4892;    gevräge;    genriste 

G.  3197;    vrume  ohne  ge-  Iw.  561,    mit  gc-  6665;    gevüegc  Iw.  7652; 

gehöre  Iw.  991;    gejusticre  E.  2639;   gfcWjg?^  Iw.  1332;    gcld>e  Iw.  4490; 

geZe^d  Iw.  2817;  gdiebe  H.  848;  gelige  G.  388;  gfrfö&e  Iw.  4581;  gemache 

Iw.  1630;   gemere  Iw.  3042;    jfenim  E.  1840.   3825;  gfcnc««e  Iw.  406 ; 

geniete  selbst  kann  ich  nicht  belegen,  sondern  ausser  dem  inf.  mit  ge- 

nur  das  particip  Iw.  7960.    Benecke  zu  iwein  5642  ist  die  stelle  E.  9550 

nachzutragen;  gepflige  Iw.  3283;  geprise  Iw.  5473;  gerate  (=  gebe  rat) 

1633;  gereiche  E,  9091,   von  Müller  aber  in  gerieten  verbessert,  sonst 

finde  ich   es  citiert  aus  spec.  eccl.  49,    auch  reiche  kann  ich  nur  aus 

andern  autoren  belegen  Trist.  7192 ;  gcrite  E.  4257;  geriuwe  büchl.  1,  38 

fferuodie  Iw.  4773;    geruowe  Iw.  3643;    gesage  Iw.  5693   (volgesage) 

gesihe  Iw.  563  {gesihe  ane)\  gesige  Iw.  1957  (gesige  ane)]  gesitze  E.  775 

ff&priche  Iw.  7674;    gestän  Iw.  5275  (gestän  üf);    gestrite  5899;    ge- 

^unge  E.  7023;  getrage  Iw.  4923  (getrage  üZj  avC)]  getrceste  420;  truwe 

ohne  ge-  1496,  mit  ge-  5136;  getumi  E.  8292;  gewer  Iw.  6070;  geivirre 

E-476;  zim  ohne  ge-  Iw.  163,  mit  ge-  7996. 

Über  den  gebrauch  nun  von  ge--  bei  dem  inf.  in  HaHmanns  epen 
I^jsen  sich  folgende  beobachtungen  machen: 

1.  Wiewol  ursprünglich  ge-  eine  temporale  bedeutung  gehabt 
*^at  (K.  Weinhold,  alem.  Gramm,  s.  281)  und  sie,  wofür  H.  Martens 
^nd  das  lexicon  von  Benecke- Müller -Zarncke  bcispiele  bieten,  am 
^^iten  verbmn  auch  in  mhd.  zeit  und  speciell  bei  Hartmann  noch  hat, 
^cj  zeigt  sich  dies  doch  in  seiner  Verbindung  mit  dem  inf.  unmittel- 
bar nicht 

a.  Weder  erhält  durch   seinen  einfluss  ein   inf.   logische   ver- 
S^Dgenheitsbedeutung ,  sei  es  relative  oder  absolute  (vgl.  K.  Weinholds 

Abh.  heft  5  s.  157), 

b.  noch  zeigt  sich  seine  vergaugenheitsbedeutung  etwa  in  einer 
orliebe  fBr  die  Verbindung  mit  inf.  nach  Vergangenheitsformen,   was 

an  vielleicht  nach  J.  Grimm,  Gramm.  II  s.  844  (blos  eine  mork- 
5  ^  che  vorneigung  der  partikel  zu  dem  praeteritum  behaupte 
*^  ^5h)  erwarten  könte.  Es  finden  sich  ge-  von  den  52  der  ersten  art, 
^U  denen  84  stellen  gehören,  51  nach  einem  praesens,  33  nach  einem 
l^«rfect,  von  den  53  der  zweiten,  zu  denen  199  stellen  gehören,  103 
^^«wh  einem  praesens,  96  nach  einem  perfect. 

c.  Noch  auch  scheint  sie  in  einem  dritten  sinne  durch ,  welchen 
«-Grimm  (Gramm.  I  s.  850)  erwog,  mit  recht  aber  ablehnte,  wie  auch 

^      **-Tobler  1.  c  s.  132  im  gegensatz  zu  Wackernagel  tut,  dass  etwa  gc- 
^Veh  die  perfectnatur  von  mac  und  kan  veranlasst  sei.    Den  inf.  mit 


314  V.  MONSTRRBERO 

ge-  haben  nämlich  nicht  blos  nach  sich  twoc,  Tcan,  darf,  tdr^  die  Grimm 
nent,  sol^  teil,  die  von  Wackernagel  nachgewiesen  sind,  sondern  auch 
Idzcy  von  dem  es  schon  Toller  zeigt,  trüwe,  ruochCy  wcene,  vürhte,  sihet 
höre  und  adjectiva.  Die  praeteritopraesentia  als  solche  sind  för  stehn 
oder  fehlen  der  partikel  nicht  entscheidend,  wie  schon  AI.  Reiffer- 
scheid,  Zeitschr.  f.  d.  phil.  ergänzungsband  s.  324  erkante,  und  man 
darf  mit  Benecke  wtb.  zu  Iwein  s.  84  *  den  Wörtern  Ican^  mac  u.  a.  wol 
einen  logischen ,  aber  keinen  grammatischen  einfluss  zugestehn. 

2.  Das  syntactische  ge-  steht  in  Hartmanns  epen  in  beiden 
arten  seines  gebrauches  nach  mac,  han,  sol,  ml,  muoa,  fräwe,  ruoche 
und  läze.  Ausserdem  steht  das  syntactische  ge-  der  ersten  art  nach 
darf  imd  adjectiven,  der  zweiten  nach  tar,  sihe,  hörCf  wcene^  mrhte^ 
heize  und  heginne. 

Allerdings  aber  bestätigt  sich  auch  hier  wider  die  oft  gemachte 
beobachtung ,  dass  es  in  ganz  überwiegendem  masse  für  den  inf.  gerade 
nach  mac  und  kan  neigung  zeigt.     Es   erscheinen   von   den  52  ge-  der 
ersten   art   28  ausschliesslich   nach  niaCf    8  ausschliesslich  nach  to», 
2  nur  nach   nmc  und  kan  zugleich  und  von  deren  84  stellen  entfallen 
51  für  wtac,  12  für  kan,  5  für  sol,  3  für  wil,  3  für  mtwz,  4  für  darf, 
2  für  ruoche,    1  für  tmwe,    2  für  läze,    1  für  ein  adjectivum.    Zieht 
man  beide  arten  des  syntactischen  ge-  gemeinsam  in  betracht,   so  ver- 
teilen sich  die  283  stellen  der  105  verben  folgendermassen:   nach  mac 
131,  kan  58,  sol  19,  wil  22,  muoz  19,  läze  7,  darf  4,  verben  der  Wahr- 
nehmung 3,    tar  3,    trüwe  4,    ruoche  3,  woene  2,  vürhte  1,   heize  1» 
heginne  2  und  einem  adjectivum  1. 

3.  Überall   scheint  mir  das  syntactische  ge-  zum  zwecke  eines 
durch  das  interesse   oder   die  persönliche   bcteiligung  des  subjectes  an 
der  handlung  hervorgerufenen  uachdruckes  zu  stehn ,  die  kraft  des  ver- 
bum   meist   mit   plastischer  sinlichkeit   zusammenfassend.     Es   berührt 
sich  also  die  Wirkung  von  ge-  sehr  nahe  mit  der  des  inf.   der  vei^an- 
genheit,    aber  nicht  in   s<»iner  logischen,    sondern  in  seiner  blos  ethi- 
schen Verwendung   (vgl.  germ.  abh.  heft  5  s.  160),   und  in  dieser  eiu- 
schrfinkuug  ist   der   vergleich   zwischen   beiden    berechtigt    (J.  Grimni. 
(rramm.  II  s.  847,  K.  Weinhold,  alem.  Gramm,  s.  281 ,  id.  mhd.  Gramm- 
§285,  Benecke- Müller -Zarucke,  mhd.  AVörterb.  I  s.  490).     Diese  natur 
des  gc'  vor  inf.  bei  Hartmann  gibt  sich  zu  erkennen  in  zwei  uniständett- 

a.  ge-  erscheint  sehr  gern  zugleich  mit  einer  anzahl  kleiner 
wörtclien,  welche  lediglich  dem  gedanken  einen  besonderen  nachdnK'k 
zu  verleihen  bestirnt  sind.  Diese  wörtchen  sind:  ie  (schon  von  Tobler 
s.  125  b(»merkt),  iemcr,  immer  mvre,  icmen,  noch,  vil,  harte  vil,  V(^^^^f 


INFIMTIV  NACH  WELLEN  ÜSW.  315 

t?i7  gerne,    reJite,   serc,   starJce,    henamen^   ncmnelichen^   Wite,  schiere, 
gentAoc,     Bezeichnend   ist  Iw.  7678   swer   daz  rechen   icoldc,    da/a  wir 
wip  gesprochen,   der  müese  vtl  gcrcchvn.     Über  gern  vgl.  s.  4.  7.   8. 
Wol  scheint    nur    dann    noiguiig    zu   gc-  zu    zeigen,    wenn    es    das 
affirmierende ,   =  sehr  wol,  sicherlich,  nicht,  wenn  es  das  nur  poten- 
üale,  =  vielleicht,   ist.     Ferner   steht   das   praefix    gern    bei   effect- 
voUer  Stellung  oder  einem  lebhafteren  schwung  oder  auch  wol  ilber- 
schwänglichkeit  (z.  b.  Iw.  2650)    oder   algemeingiltigkeit    des  gcdan- 
kens.     Auch  dieses   zusammentreffen   von  ge-  mit   veralgemeinorndem 
s-  liat  bereits  Toblor  (s.  125)    bemerkt.      Ja    selbst    die    Verbindung 
mehrerer   inf.    oder   mehrerer   regierender   verben    als    gleiehfals    den 
gedanken    in    gewissem    masse    veralgemeinerud    scheint    nicht    oline 
einfluss   zu  sein.     Auch  hat,    wenn   einer   von  zwei  inf.  ge-   annimt, 
gewöhnlich   es   auch   der  andere  bei   sich.     Iw.  i777    er   welle   durch 
ttfw  tot   h'gen   ode   dem   risen    angesigen   (so  A  a  d)    wird    besser  mit 
DEb  geligen  zu  schreiben  sein,  s.  o.  vgl.  Iw.  6965  mähten  si  nü  beide 
ffcsigcn  ode  beide  sigelös  geligen  ode  aber  nmwrwäzen  den  strit  beide 
^Äfw  (Jäzen  hat  nie  ge-,  über  E.  6444  s.  s.  312),  G.  1905  der  im  mohte 
*^€Jl  dar  an  gevnimen  unde  gewerren,   ebenso  E.  3145  ob  si  imz  forste 
ff^sagen  oder  solde  gedngcn;  dagegen  freilich  H.  1470  biten  und  gebieten, 
Wo  in  gC"  ein  sjntactisches  ge-  der  zweiten  art  zu  erkennen  ist,    nur 
*ii  der  bedeutung  von  imperare  ist  es  bei  dem  werte  bieten  lexicaliscli. 
Nicht  beobachtet  wird  dieser  gleichklang,   wenn  das  eine  nur  ein  lexi- 
kalisches ist  (H.  1340  geheizen  und  sagen,  G.  3788  gedingen  noch  gcrn\ 
<>der  wenn  der  andere  inf.  bereits  componiert  ist  (E.  8124  engdtennoch 
Ü<mes€n,  7615  erkenncfi  und  Jctmnen  gcncnncn,  H.  553  verenden  noch 
Üehüezen,  ähnlich  G.  27  dcii  er  gctruiveti  sohle  und  in  bevclhen  wolde). 
Von  besondrer  kraft  scheint  die  negation  dos  gedaukens  (vgl.  K.  Wein- 
^old,  mhd.  Gramm.  §285),  namentlich  wenn  sie  eine  starke  ist  (nie, 
•**V?man,  niemer,  niender,  nie  nihi).     P.ezoichuend  ist  G.  3793  da  cnsol 
^^iemer  an  dehein  sündiger  man  gcnemen  brescz  bilde  gegenüber  3811 
^^  sei  der  sündige  man  ein  scelic  bilde  nemcn  an.     Hierauf  hat  bert^its 
ßemhardt,   über  die  partikel  ga-  als  hilfsmittel  bei  der  gotischen  con- 
jugation,  Zeitschrift  f.  d.  phil.  II,  158  fj;g.   in   bezug  auf  diis  gotische 
aufmerksam  gemacht.    Indess  wird  nicht  sowol  die  negierung  des  gedan- 
keng  an  sich,   was  den  oben  genanten  affirmierenden  wörtchon  gegen- 
über unverständlich  wilre,  als  vielmehr  der  häufig  mit  ihr  sich  verbin- 
4©nde  nachdruck  imd  anteil  des  subjectes  das  wirkende  sein,    welcher 
^  dem  wünsche  des  positiven  gegeutoils,    der  furcht,   dem  warnenden 
■•*«  usw.  liegen  kann,  wie  denn  aucli  die  nur  schianbare  negation,  die 
^  4w*  Verdoppelung  auf  hebt  (E.  4130.  44^3.  6903.  G.  998.  Iw.  1901. 


816  ▼.  MOXSTKBBSBO 

2829.  4638.  6337.  7226),  so  wie  die  in  bedingenden  Sätzen  nicht  die 
gleiche  Wirkung  hat  (E.  2396.  4130.  6844.  6903.  9450.  Iw.  1006. 1736. 
1899.  2000.  3978.  7462.  79G6)  und  wo  in  solchem  falle  doch  je-  steht 
(Iw.  1899.  2229)  wird  vermutlich  die  negation  nicht  der  gmnd  zn  sei- 
nem erscheinen  sein.  Erinnert  sei  hier,  dass  auch  im  lateinischen 
der  conj.  perf.  als  potentialis  gern  bei  negativen  gedanken  und  behanp- 
tnngen  steht,  vgl.  Heraeus  zu  Tac.  bist  m,  28,  2.  Daher  scheint 
auch  der  positive  wünsch  von  einfluss,  vgL  vargesin,  geringen,  gesendet 

In  dem  Verzeichnisse  sind  alle  die  stellen  y  an  denen  sich  irgend 
einer  der  hier  unter  3  a  genanten  umstände  findet ,  cursiv  gedruckt  nnd 
es  erforderte  eine  objective  darstellung  der  Verhältnisse  dies  nicht  blos 
für  die  stellen  mit  ge-  ^  sondern  auch  für  die ,  bei  denen  unter  gleichen 
umständen  ge-  fehlt.  Potentiales  wol  (z.  b.  Iw.  3005.  4325)  und  negi- 
tionen  der  soeben  genanten  art  sind  dabei  nicht  berücksichtigt  Wo  diese 
umstände  nicht  in  einer  sprachlichen  form  zur  erscheinung  kommen  und 
subjectives  ermessen  unvermeidlich  ist,  habe  ich  algemeingiltigkeit  des 
gedankens  durch  zugefugtes  (a),  anzunehmende  emphase  des  ansdrackes 
jeder  art  (wünsch ,  furcht ,  drohung ,  mahnung  u.  a.)  durch  (e)  bezeichnet 

Dieses  zusammentreffen  von  ge-  mit  einem  der  erwähnten  nm- 
stände  findet  in  den  84  fällen  der  ersten  syntactischen  art  72  mal  statt 
Die  12  fUlle,  in  denen  es  nicht  der  fall  ist,  betreffen  die  verben:  gAit^ 
gen,  gebüezen,  gedagen  (2),  gevürdern,  geleisten  (2),  geprüeveny  gespe- 
hen,  gewarten  j  gewenen,  gewerhen  nach  maCy  kan,  toUy  muoZj  ruoche 
und  einem  adjectivum.  Von  diesen  finden  noch  9  unten  ihre  erledigung. 
Bei  den  199  stellen  der  zweiten  syntactischen  art  trift  es  155mal  za. 
Die  übrigen  44  stellen  bedürfen  in  diesem  falle  keiner  erklärung.  Sie 
betreffen  die  verba  gebieten,  gedenken  (2),  geren,  gevaUen  (2),  gern- 
sten  ^  gevüegen  (3),  geliehen,  geloben  (2),  gencmeny  genieten,  gq^fle^ 
(2),  gesagen  (2),  gertten,  geriuwen,  geruochen  (2),  geruotcen,  gesAfH^ 
(6),  gesitzen,  gesiän  (3),  geswigen,  getuon,  gewem  (3),  gewerren(^i\ 
gezemen  (2).  Nun  finden  sich  dieselben  umstände  zwar  auch  bei  den 
einfachen  verben,  aber  bei  deren  1901  stellen  nur  432 mal  bei  dea 
verben  alteti  (2)^  äneyi,  betten,  heiten,  bieten ^  bitefi  (ß)^  ftUen  (4)-» 
borgen,  brcche^i  (3),  bringen  (2),  biiezen  (2),  dagen  (4),  dieni^y 
droben  (2),  dulden^  enden,  ezzen,  vahcn  (5),  vollen,  vom  (5)» 
vegeny  vehten  (2),  vellen,  vinden  (6),  vliehen  (3),  volg^i  (4),  t^fl- 
gen  (3),  vristen,  vücgen,  vüeren,  värhten  (2),  gähen  (2),  geben  {^h 
gen  (9),  gern  (5),  hän  (16),  hazzen  (2),  heizen  (3),  AcZn,  hören  {-}f 
jogen  (2),  jehen  (4),  kcren  (3),  kiesen^  Mögen  (14),  kamen  (16),  b^ 
fcn,  krotzen,  krenken,  künden  (2),  kuntien^  län  (16),  leben  (9),  fe^' 
gen,  leiden  (2),  letzen,  liden,  liegen,  lihen,    Hüten,  loben  (3)^  l(i^ 


INFINITIV  NACH  WILLEN*  USW.  All 

laufen,  lüsien  (2),  machen,  merken  (2),  miden  (2),  neigen ^  wemcn(4), 

nennen,  nieten,  prisen  (2),  räfcn,  rechen  (3),  reden^  riemen,  ringen,  riten 

(^7),  riuwen  (2),  ruofen,  sagen  (20),  schaden  (2),  schaffen,  scliamen  (8), 

scheiden  (4),  schelten  (2),  schiuften,  sclumwen  (13),  scÄcn  (8),  sJn  (37), 

sinken,  släfen,  sargen  (2),  spehen,  sprecJien  (10) ,  5^an  (4),  s^eZw,  s/e*-- 

fccn,  Sturen ^  stozen,  strafen,  streben,  strecken y  striten  (2),  sünien  (2)^ 

suoehen  (2),  strccren,  Soften,  toufen  (2),  triben,   tr legen,  troesfen  (3), 

^tKw(3),  <trefc»(2),  Heben y  wägen  (2) j  todlten{2)y  warnen,  weinen  (2), 

Wenden  (3),  wer^ken,  wern^  werden  (8),  «^cscn  (17),  wizen,  wizzen  (8), 

tcHffuZ^m  (3),  wuofen,  zelten,  ziehen  (2),  zürnen. 

Von  1000  fällen  zeigen  also  das  syntactische  ge-  beider  arten 
Von  jenen  umständen  begleitet  857  resp.  773,  diese  auftretend  ohne 
ge-  nur  227.  Noch  weiter  treten  die  beiden  einander  gegenüberstehn- 
den  zahlen  auseinander,  wenn  man  bei  den  compositis  die  9,  welche 
ans  andern  gründen  das  ge-  annehmen ,  bei  den  simplicibus  die ,  welche 
an  sich  abneigung  gegen  das  ge-  zeigen  (ßn,  wesen,  werden,  können, 
t^nden^  Mn,  län,  wizzen  y  vürhten,  dtddeny  gen  mit  zusammen  136 
stellen,  s.  u.),  als  der  behauptung  nicht  widersprechend  ansieht,  was 
berechtigt  ist  Es  ergeben  sich  dann  die  zahlen  81,  auf  je  tausend 
964,  für  das  syntactische  ge-  der  ersten  art,  dagegen  296,  auf  je  tau- 
send 155,  i&r  die  simplicia,  fUr  die  auch  der  umstand  noch  angeführt 
Beul  mag,  dass  unter  diesen  296  stellen  78  nur  darum  mitgezählt  sind. 
Weil  mehrere  inf.  oder  mehrere  regierende  verben  verbunden  sind,  69, 
Weil  sie  eine  einfache  negation  enthalten. 

Ein  Zusammenhang  des  praefixes  vor  inf.  mit  den  angegebenen 
Umständen  wird,  selbst  fals  trotz  peinlichster  Sorgfalt  und  mehrfach 
Widerholter  Zählung  in  diesen  aufstellungen  einzelne  irtümer  enthalten 
Sein  fM)lten,  damit  als  erwiesen  angesehen  werden  dürfen,  wenngleich 
»lan  nicht  sagen  darf,  es  werde  durch  dieselben  hervorgerufen.  Yiel- 
niebr  verdanken  beide  in  gleicher  weise  ihr  Vorhandensein  dersel- 
ben Ursache ,  nämlich ,  dass  ein  gedanke  mit  besonderer  kraft  vom  sub- 
jeet  angeschaut  und  ausgesprochen  wird.  So  ist  denn  meist  eines  des 
andern  begleiter,  ohne  dass  das  auftreten  eines  jeden  für  sich  aus- 
Keschlossen  wäre. 

An  sich  kann  hiernach  der  inf.  eines  jeden  verbum  und  nach 
jedem  verbom  in  die  läge  kommen  sich  mit  ge-  zu  verstärken. 

b.  Doch  äussert  sich  die  sinlich  plastische  natur  von  ge-  ancli 
^*Ä  d«r  waU  der  verba,  zu  welchen  es  mit  verliebe  tritt,  und  zwar 
*^irol  des  inflnitiYen  als  des  finiten. 

a.  Des  Infinitiven,  insofern  es  sich  gern  mit  verben  einer  kör- 
tttigkMt  verbindet  und  hier  gewissermassen  die  naive  freude 


318  V.   MONSTBBBEEG 

an  eigner  oder  anderer  körperlicher  kraft  und  tüchtigkeit:    gearbeiten, 
geleisten,    geschaffen,   getragen^    gevehtefi,    siege   gelegen^    gevcaii, 
gevüercn,  geriten,  gejagen,  gejustieren,  gestylten,  gestgcn,  geschick- 
liclikeit,  sorgfalb  und  geuauigkeit:   gebiegcn  (die  schenke!),  getcendai 
(daß  ors),  geprüeven,  ge werben,  gewarten ^  genmsen,  gehüeU*n,  eifer, 
energie  oder  lieftigkeit:  gevürdcrn,  geraten,  geladen^  gerechen^  geW- 
fen,  getwingcn,  geMiezen,  gezürnen,  gedrewen,  gewogen,  getrcesten, 
gevreun^  geMagen,  ge  pflegen,  oder  schärfe  der  sinlichen  Wahrnehmung 
ausdrückt:  gehören,  gesehen,  gestehen.    Die  verben  eines  körperlichen 
beharrens  {geligen,  gesitzen,  gestän,  geruowen)  haben  alle  auch  finit  ge-, 
vgl.  Tobler  s.  129.     Auf  der  andern  seite  lässt  sich  eine  gruppe  verben 
erkennen,  welche  sich  dem  ge-  abgeneigt  zeigen.    Schon  Grimm,  Gramm. 
II,  s.  850  macht  die  bcobachtung:  geioisse  abstracta  sin,  wesen,  werdtn 
verweigern  sich  überall  dem  ge-.    II,  s.  843   nent  er  als  mit  ge-  ahd 
nicht  belegbar   von   uns   angehnden   verben*  noch  kofnen  und  vinden. 
Man  wird  ihnen  noch  für  Hartmanns  epen  und   den  inf.  wizzen^  idii, 
län  und    vielleicht  gen  zugesellen  müssen.    Jene  bemorkung  Grimn« 
behält  ihren  wert,  auch  wenn  die  von  Scherer  zu  dieser  stelle  gesam- 
melten beispiele  von  gesln  aus  Hartmann  noch  durch  weitere  4  gt^ 
und  ein   gewesen  vermehrt  werden.     Überall   sind   sie  von   einem  der 
oben   besprochenen  umstände   gekenzeichnet  und  jedenfals   gegenüber 
den  02  wesen  und    127  shi  eine   sehr  kleine  zahl.     Werden  nimt  bei 
19,    komen  bei  42,    vinden  bei  13,    wizzen  bei  35,    hän  bei  59,  K» 
bei   113  und  gen  bei   44  fällen   seines  Vorkommens   nie  ge-  an.    Ein 
gekomen  finde  ich  nur  bei  AI.  ßeifferscheid,  Zeitschr.  f.  d.  phil.  ergäu- 
zungsband  s.  358   nachgewiesen.    In   derselben  samlung  ist  auch  eine 
grosse  menge  von  gesin  und  gewesen  zu   finden.     Weitere  lalle  siud, 
zunächst  solche,    welche  wol,    negationen,    iemcr  usw.  bei  sich  haben» 
für  gesin:   Salom.  u.  Markolf  509,  2;    Eilh.  Bearb.  5510;  Trist.  14421. 
145G5.  18397;  Wigal.  2375;  Mai  u.  Beaflur,  ed.  Pfeiffer  3,  40.  5,  26: 
ebd.  Koenig   von  lieuasen:    daz  ez   wol  dne  sünde  möhte   gesin,  d^ 
mähte  wol  gesin,    ez  mac  aber  leider  niht   gesin;   Bitterolf  247.   4364. 
5268;  Alph.  110,  4;   Dietmar  von  Eist  UMS  39,  24;  Engelhard  409<. 
271.  —  Für  gewesen:  Bitterolt*  10130;  Trist.  10487;  Engelh.  1559.- 
l^ux  gewerdmi  Koenig  Itother  223;  Kennewart,  bei  Koth  blatt  1  v.3^- 
Keiner  solcher  uebeuumstiinde  steht  dem  ge-  zur  seite  in  gesin:  Sato- 
u.Mark.  293,  5.  124,  5;  Trist.  14452;    Engelh.  453G;    Flore  5970.  - 

• 

In  geiverden:  Hartmanns  Glaube  71.  Daher  scheinen  auch  verba  ff'^ 
dulden,  vürhicu  ge-  nicht  oft  anzunehmen,  wol  dagegen  wider  gd^^ 
und  gcwachcn  sowie  die  bogriflidj  diesen  nahestolmden  vorba  causativer 
bedeutuug:   geweichen,   gesweigen,  gescheiden,  geenden.     Zwar  ruft  ^ 


INFIJnXlV   NACH  WELLEN  USW.  319 

iiicht  die  causativo  bedeutuug  Jiervor ,    wie  StaUler  s.  56  moint, 

diese  liegt  vielmehr  auch  in   den   einfachen   verben    (vgl.  leiden  von 

tlilon,    neigen  von  öligen,  heizen  von  lAzcn  ohne  ge-),   sondern  es  lioljt 

es  nur  sich  mit  solchen  verben  zu  verbinden ,  um  die  bei  hervorruliiiig 

^iaer  handlung  oder  eines  zustandes  vorhandene   energie   des  sul)jects 

zu  bezeichnen   (vgl.  auch  ürimm,  Gramm.  II,  s.  841). 

ß.   Von  den  finiten  verben  findet  sich  der  inf.  mit  syntactiseliem 

Pe-  nach  ^nac  134mal  von  563  Verbindungen  mit  irgend    einem  inl'., 

fo»n  58mal  von  161,   sol  19mal  von  491,   wil  22mal  von  470,   nnioz 

19mal  von  358,  läze  7mal  von  152,  darf  4mal  von  22,  sihe  und  Aörc 

3  mal  von  173,    tar  3 mal  von  23,  trüive  4  mal  von  14,    ruoehe  (3), 

u?€Bm  (2),  vürhte  (1),  zusammen  6  mal  von  62,  verben  des  antreibens 

linal  von  107,    beginne   2  mal  von   213   und   einem  adjectivum   Imal 

'^on  8.    Unter  je  tausend  Verbindungen  mit  irgend  einem  inf.  dürfen 

^Iso  nach  Jean  360,  irüice  285,  mac  238,  darf  181,   iar  130,  ruoehe 

Usw.  96,   mtwz  52,   wil  46,   sol  38,    läze  46,   silie  usw.   11  inf.   mit 

Byntactischen  ge-  angenommen  werden. 

Berücksichtigt  man  nur  das  syntactische  ge-  der  ersten  art  und 

Vergleicht  es  nur  mit  den  einfachen  verben,   so  stehn  bei  kan  12  ge- 

formen  gegenüber  40  einfachen,    mae   51  gegen   239,    ruoehe  2  gegen 

,  darf  4  gegen  15,    läze  2  gegen  102,  sol  5  gegen  326,    muoz  3 

in  224,   wil  3   gegen   312,   triiwe  findet  sich   mit   einem  syntac- 

tischen  ge-  der  ersten  art  nur  einmal ,  mit  einem  simplex  nie. 

Wie  man  also   auch  die  numerischen  tatsachen  zu  einander  in 

Beziehung  setzen  mag,   immer  treten  mae  und  kan  als  diejenigen  lior- 

vor,  welche  für  das  ge-  am  inf.  am  günstigsten  sind.    Der  grund  kann 

^Oj  in  der  bedeutung  beider  verba  liegen  und  deren  verwantschaft  mit 

dem  sonst  hervortretenden  Charakter  von  ge-.    Zwar  gilt  das  nur  für 

die  ursprüngliche   bedeutung,    namentlich  von   7imc,    aber   durch    die 

^X^vachgewohnheit  wirkte  sie  auch  da  in  ähnlichem  sinne,  wo  das  ver- 

I^Ojtn  seine  sinliche  bedeutung  geschwächt  oder  ganz   verloren   hatte. 

^^reits  Grimm  (Gramm.  II,  s.  850)  schien  es  wahrscheinlich,   dass  der 

^^griff  des  Vermögens  die  vermitteluug  zwischen  jenen  verben  und  gc- 

^H^e,  nur  dass  er  ihn  mit  dem  der  dauer  und  Stetigkeit  verknüpfte. 

^^»cless  nicht  blos  diese  eine  idee,    sondern  auch  andre,   sofern  sie  nur 

S^eichCals  ein  starkes  Interesse  irgend   einer  art  seitens   des  subjects 

^^tiudten,  bewirken  bei  ihrem  abhängigen  inf.  ge-.    So  zeigen  alle  nicht 

^lideiweitig  componierten  inf.  nach  truwen  ge-,    weil   es,   fals  positiv 

mid  mit  woi  verbunden ,  eine  überzeugungsvoUo  Zuversicht,  fals  negiert, 

A^      eine  ängstliche  besorgnis  in  sich  schliesst.    Von  14  fällen  zeigen  9  gc-, 

^  xwar  ein  syntactisches  ge-  der  ersten,   3  der  zweiten  art,  5  Icxi- 


320  V.  MONSTKRBFJIG ,  INFINITIV  NACH  WKLLEN  ttSiV. 

kaiische.  Die  übrigen  5  sind  anderweitig  componiert  (H.  193.  1166. 
Iw.  1640.  1490.  415)  und  es  ist  nicht  zu  übersehn,  dass  hier  H.  116C 
das  ge-  an  trüwen  selbst  erscheint  und  Iw.  1040.  415  wenigstens  meh- 
rere handschriften  es  zeigen.  Denn  ähnliches  können  wir  bei  turren 
beobachten.  Während  es  nämlich  seiner  bedeutung  nach  der  Verstär- 
kung seines  inf.  durch  ge-  sehr  günstig  zu  sein  scheint,  zeigt  os  von 
23  fällen  seines  Vorkommens  mit  einem  inf.  bei  lezterem  nur  3  mal  ge- 
(E.  3145,  zweimal  hat  ausserdem  auch  turren  selbst  ge-  E.  8443.  4248) 
aber  in  12  fällen  finden  wir  dafür  das  ge-  bei  turren  selbst,  und  zwai 
vor  einem  anderweitig  componierten  inf.  sowol  E.  215.  5392.  H.  114 
438.  1339,  als  vor  einem  einfachen  E.  6681.  3010.  123.  H.  1139.  1332 
Iw.  4888.  7001.  Bei  den  übrigen  (E.  3850.  5496.  H.  1333.  Iw.  1254 
1853.  3020.  4325.  5212  vgl.  s.  311)  zeigen  Varianten  das  ge-  bei  tur- 
ren oder  dem  inf.  E.  8470  hat  die  handschrift  dorffte^  der  Hanpl 
folgt,  Bech  hat  entorste.  Warnen  und  vürhten  stehn  trüwen  nahe 
Bei  dürfen  steht,  fals  sein  inf.  syntactisches  ge-  bei  sich  hat  (nur  ge- 
schämen  und  geklagen)  starke  negation.  Soln^  müezen,  weilen  habei 
ein  syntactisches  ge-  der  ersten  art  nur  bei  Vorhandensein  eines  dei 
fälle  von  3a  nach  sich  (nur  E.  8666  gewarien  anders,  doch  erklärt  es 
sich  bei  diesem  verbum  aus  seiner  eignen  bedeutung,  vgl.  s.  318) 
Nach  sihe  steht  nur  einmal  ein  syntactisches  ge-  der  ersten  art,  nnc 
da  waltet  ein  besonderer  grund  ob,  Q.  2224  ich  gesach  auch  niemaf 
mere  geweinen  also  sere,  das  weinen  als  rückhaltslosen  herzensergo» 
bezeichnend,  Paul  schreibt  hier  mir  weinen,  vgl.  Tobler  s.  127),  eben- 
sowenig ist  dieses  ge-  nach  läzen  durch  das  regierende  verbum  bedingt 
sondern  H.  841  so  läe  ich  iuch  vil  Khte  ein  teil  e  nach  mir  geweinen 
zeigt  geweinen  mit  umständen  aus  3  a  verbunden  und  0.  724  enlie  sif 
Up  nie  grasten  wird  das  ge-  wol  wie  in  gestän,  gesitzen^  gdigen,  geruo- 
wen,  gewarten  zu  beurteilen  sein,  was  über  die  hier  gesteckten  gren 
zen  hinaus  liegt  (vgl.  Tobler  s.  130). 

Nie  steht  das  syntactische  ge-  nach  tugen^  wiegen,  zusammen- 
gesezten  ausdrücken  einer  fähigkeit,  verben  der  bewegung,  nach  tuen 
helfen,  bei  dem  noch  nominalen  und  absoluten  inf.  Nie  verbindet  es 
sich  ferner  mit  dem  praepositionalen  inf.  (nur  ee  gewenene  H.  334 
nach  einem  adjectivum,  wenigstens  kann  ich  eine  finite  form  toi 
gewenen  bei  Hartmann  nicht  belegen),  daher  fehlt  es  nach  den  ver- 
ben einer  geäusserten  absieht,  wo  ja  der  inf.  meist,  nach  geschehen 
beim  frei  finalen  und  frei  consecutiven  inf.,  wo  er  immer  ee  hat. 

BRESLAU.  8.  V.   MONSTERBERO. 


321 

ZUR  TIROLISCHEN  SAGENKUNDE. 

I. 

Die  Kaiserchronik  (M.  v.  7071  —  7154)  schildert  uns  die  schlackt 
etüis4ihen  hönig  Severus  und  dem  Baiemherzog  Adelger  und  schliesst 
mit     den  versen:      Alse  der  kunic  irslagen  wart, 

7150  der  herzöge  stackete  sinen  scoft 
zuo  dem  heselinen  brunnen: 
yydaz  lant  hän  ich  gwunnen. 
den  Beiem  ze  eren. 
die  marke  diene  in  immir  mere. 
Über  den  jyhesdinen  brunnen"'  vgt  die  anmerkungen  M.  Kschr, 
UT,  815  f gg. 

Ich  schrieb  in  meinen  Schüdereien  aus  Tirol.  Innsbruck  1877. 
8.  &S:  ^ünd  seit  jener  zeit  bildete  jener  brunnen  die  marke  zwischen 
Waisdiland  und  Baiem.  Der  genante  brunnen  ist  ohne  zweifei  am 
Ziffglerhofe  zu  suchen,  der  eine  stunde  von  Brixen  gegen  Klausen  an 
<fe*^  gränze  der  bisffiümer  Trient  und  Brixen  liegt."'  —  Die  deutsche 
W^^vfe  war  längst  in  uralten  Zeiten  weiter  gegen  Süden  vorgescJioben, 
dbc9r  der  y^^hesdin  brunnen "  kann  nur  der  Ziggel  (cisteme)  bei  devi 
<WK2Ä  ihm  benanten  hofe  sein.  Nach  der  Kaiserchronik  flohen  die  besieg- 
fe»»  Jtömer  südwärts^  —  nach  dem  grossen  castelle  Sabiona,  nun  Sähen, 
»w  dessen  nahe  widerholt  funde  römischer  münzen  gemacht  wurden-. 
C^ffi.  Der  deutsche  AntheU  des  Bisthums  Trient  von  Ph.  Neeb  und 
-BtiW  Atz.    Bozen  1880.    &  16,) 

Die  erinnerung  an  diese  sage  hat  sich  fwch  im  volke  erhalten. 

"    tneiner  samlung:  „Sagen,  Märclien  und  Gebräuche  aus  Tirol.   Inns- 

^'^—ek  1859  s.246.    Nr.  438''  teilte  ich  mit:    „Zwischen  dem  kloster 

^**&€»  und  dem  Tinnabache  liegt  so  viel  geld  vergraben,  dass  sieben 

^'^^nesd  es  nicht  leicht  ertragen  können.    Es  rührt  von  den  heiden 

*^*^,  die  bei  dem  annahen  der  Christen  ihr  geld  vergruben  und  schnell 

*^    flucht  ergriffefi."'     Unter  den  Christen  sind  die  Deutschen  (Baiern), 

^***er  den  heiden  die  Römer  zweifelsohne  getfieint.    Auch  wird  erzählt : 

f^^^f  Sähen  hausten  die  heiden,  da  kamen  die  Christen  und  weiten  sie 

^'^•'T^ctfeen  und  es  umrde  zunschen  beiden  furcJttbar  gekämpft.    Erst  um 

^^^^f^enuhr  abends  ward   der  streit  entschieden  und  die  heiden  musten 

f^^  immer  Sähen  räumen.    Zur  erinnerung  daran  wird  in  Sähen  und 

^^usen  noch  um  siehenuhr  abetvds  im  winter  geläutet.^     Der  langan- 

^tiemde  kämpf  mahnt  an  j^den  sumerlangen  tac^  der  kaiserchronik. 

J^as  läuten  um  siebenuhr  ist  aber  nichts  anderes,  als  das  anderswo 

i^Aiche  husläuten  oder  die  weinglocke  läuten.  —    Adam  von  Brandis 

SBIT8CHBIFT  F.  DEUTSCHE  PHILOLOGIE.     BD,  ZVUI.  21 


333  3.  znicxBLE 

JmHchtet  in  „Tiroler  Adlers  immergrünendes  Ehrcnh-ämeJ."  Bozn 
1678  s.  66,  Wie  Nigritius  in  dem  buche :  „Die  von  Natur  toolvers<^när 
und  fast  unühenointViche  gefürstete  Grafsehaß  Tyrd.  Frankfurt  1703. 
S,  2,  dass  AUila  mit  seinen  blutgierigen  seJtaaren  in  das  Pusl^hai 
eingefallen  und  durch  THrol  nach  Itaiien  gezogen  sei.  Auf  dieser  fahrt 
habe  er  das  castcll  Sähen,  das  festeste  im  ganzen  lande,  ser stört.  Sagn 
von  den  Säbner  schiüsen  teilte  ich  mit  in  meiner  sagensamlung  s.  2lS 
nr.  380,  s.  246  nr.  439. 

Als  nachtrug  gehe  ich  einige  sagen ,  die  ich  professör  F.  JA. 
SiUer  verdanke: 

„Im  Schlosse  Gamstein  (1  stunde  von  Sähen  entfernt)  wohnim 
die  hddcn  und  konnten  nicht  vertrieben  werden.  Endlich  schoss  «uu 
von  „Pabisthoden"  auf  sie  herah ,  da  musstcn  sie  ausziehen.'^ 

„Auf  Sähen  sind  sehr  grosse  schiUee  vergraben.  Einst  giag 
eine  bürgerin  von  Klausen  hinauf,  um  die  messe  eu  hören.  Da  Inf 
am  wege  ein  goldener  jiflug,  den  ein  schwarzer  zottiger  hund  bacacUe. 
Da  geriet  sie  in  furcht  und  lief  schnell  zurück.^ 

„  Ein  anderes  mal  stieg  ein  mann  frühmorgens  ttach  Sabm  hin- 
auf Da  fand  er  beim  tor  droben  eine  eiserne  kiste.  Er  tcolUe  M 
aufheben,  doch  sie  war  zu  schwer.  Nun  lief  er  fort,  um  hilft  » 
suchen.  Als  er  mit  einem  hauern  zum  tore  eurüch  kam,  war  die 
ki^  spurlos  verschwunden.'^ 

Äfinliche  sckatzscigen  werden  vom  nahen  V^anderer  berge  ertHlt, 
die  wol  mit  dem  ehemaligen  bergsegen  in  beziehung  stehen. 

An  den  kämpf  um  Säien  und  die  dort  vergrabenen  schätze  iat 
sich  ein  kleiner  roman  geknüpft.    Adam  von  Brandts  erzäMt  im  jjnn» 
ten  „Ehrenkränzel  II,  131,"    dass  220  jähre  vor  Christi  gehuri  On- 
stoges,  herzog  in  Baiem  und  Schwaben,  auf  Säbeti  sein  hofiager  gM 
wid  die  den  ttnUiegendcn  Völkern  geraubten  schätze  dort  vergrahm  Me- 
—  J.  Staffier  schreibt  In  seinem  werke  „  Das  deutsche  Tirol  und  Rt- 
arlberg'*  II,  972:  „Sähen  ist  in  historischer  beziehung  einer  der  tnirli— 
würdigsten  punkte  unseres  landes.    Im  Brixener  archtve  izt  die  mp^ 
einer  geschriebetien  tafel ,   so  elietn^Üs   bei  dem   heil,  kreuze  auf  Sate^ 
aufbewahrt   gewesen,    mit   der   bestäiigung  ihrer   richtigkeit  vers^»^ 
hinterlegt.    Dieser  aufsatz  erzählt  das  herkommen  und  die  schidsol^^ 
des  Schlosses  und  der  stadi  Sähen  vom  jähre  220  vor  Christi  g^f^^ 
bis  zum  jähre  868  nach  Christi  g^urt  auf  eine  recM  possierliche  wn«^^ 
und  gibt  danri  einen  kurzen  auszug  der  ftdiel  von  „Arostages."^   I<^^ 
gebe  hier   die  ganze  erzäJUung  nach  einer  handscltrift  des  InnshTwitr*' 
etatthaltereiarchives    ( Schalzar chiv.     Lade  129.     Tirol.),    vier  6K«»^» 
^1(0 ,  pcipier,  aus  dem  anfange  des  15.  jahrkundetis.    Die  dipi«»^~ 


2U&  TIROL.   SA0KNKT7in>E.   1  323 

tisch  genaue  abscJirtß  derselben  verdanke  ich  dem  herrn  dr.  Oswald 
Bedlich. 

Der  priff  wart  gesant  hertzog  Leupold  von  Hildenprant  Lapi 

von  Florentz,   der   darnach   von  Florentzen  in  potschafft  gesant 

wart  zu  demselben  hertzogen,   nach  Cristi  purt  tausent  iar  zway- 

hundert  jar  vnd  xxv  jar. 

Durchlenchter  fürst   vnd   gnediger  herr!    Ich    han   mit  ewrm 

nigromantico  die  lant  ewrs  vettern  des  hertzogen  von  Kernden  erfarn, 

so  daz  in  der  gegen  zu  Sehen,   nu  Brixen  genant,   an  manigen  steten 

grozz  schetz  verporgen  sein,  der  ein  tail  leicht  fanden  sein  vnd  etwi- 

viel  mag  man  ir  nach  wol  finden.    Doch  sein  die  grosten  schetz  vmb 

Sehen  mit  der  swartzen  chunst  den  geisten  entpholhen  vnd  vndertan, 

so  daz  si  nimant  finden  mag  an  die  swartzen  chunst.    Auch  sein  etleich 

schetz  vmb  Sehen,   die  sunderlichen  personen  peschaffen  sein,   als  die 

prophecie  sagt  hernach.    Wie  aber  dem  sei,  daz  umb  Sehen  da  nfr 

perg  sein  vnd  nicht  fruchtpar  erd  noch  stet  noch  leut  sein,   so  groz 

schetz  verporgen  sein,  darvmb  wil  ich  von  Sehen  sagen  aus  den  alten 

croniken,   als  man  schreibt  von  den  edlen  Romern,   die  erslagen  sein 

ftuff  dem  perg  Portu ,   als   mit  warhait  geschehen  ist  nach  Cristi  purt 

tausent  jar  hundert  jar  vnd  Ixi  jar ,  da  chaiser  Fridreich  mit  den  Dewt- 

schen  wider  die  Romer,  der  gar  vil  gesiecht  was,  vacht  pei  dem  perg 

Portum  vnd   si  all  erslug,   so   daz  manich  gesiecht   der  Romer  gantz 

^d  gar  vnderging  vnd  vil  puch  vertilget  wurden,   die   da  sagten  von 

Sehen,    als  die   alten  croniken  auch   sagen t.     Und  pesunderleich  für 

Cristi  ^purt   zwayhundert  jar  vnd  xx  jar  was   ein  haidennisch  kunig 

gehaissen  Arostoges  ein  kunig  des  gopirgcs,    da  von  daz  er  in  dem 

[pir]g^  sazz  auf  Sehen,  die  da  hiessz  die  purg  der  sterkch,  vnd  reich 

^d  gar  mechtig  was.    Er  het  auch  auzzer  dem  gepirg  vil  lant  vnd 

löut,    doch  sazz  er  zu  Sehen  durch  sicherhait  willen,   vnd  sein  land 

öftren  vmb  vnd  vmb  vmb  Sehen  aufwert  vnd  abwert,  hinder  sich  vnd 

für  sich,   wol  tzwelff  tagwed  lang  vnd  prait.    Er  hat  auch  daz  lant 

P«i  der  Etsch,  das  lustig  vnd  fruchtpar  ist,  da  pflag  er  selber  herr  zu 

Sein  vnd  niemant  anders,   vnd  sein  herschalBFt  gieng  vntz  gen  Ttalia. 

ß^  hat  nf r  ein  tochter  vnd  zwen  vetter ,  die  waren  ym  lieb ,  die  hies- 

8eu  Elphasus  vnd  Qorisdonis,   vnd  het  chainen  son.    Elphasum 

^^cht  er  zu  herren  vber  perg  vnd  tal  von  Sehen  abwertz  gein  der 

^unen  vndergankch,  daz  nf  Swaben  haisset ,  vnd  gein  der  mitternacht, 

^Ä  nf  Pairn  haisset,    vnd   Gorisdonem   macht   er  zu  herren  vber 

P^rg  vnd  tal  abwerts  gein  der  sunnen  aufgang.  Da  nf  die  Romer  het- 

*«ü  petwungen  vilnach  die  gantz  werlt  vnd  betten  von  allen  landen  ir 

1)  Durch  einen  brandfleck  sind  die  ersten  bnchstabcn  des  wertes  ganz  zerstört. 


aptgofcor  zfl  Röni  in  dem  tempel,  da  chart  sich  des  chunigesü 
abtgot  Tinb  ?nd  kart  der  Kouier  aptgot  den  rukch  zil  zaiohen,  daz  fe 
den  Romera  nicht  woit  vndertau  sein.  Ynd  die  Romer  verstanden  v<^^^ 
daz  si  seil!  laut  iu  dem  pirg  ni^ht  zwingen  mocbteii;  da  liebten  sie  ^^^ 
yn  sein  zwen  vetter  vnd  gaben  des  groz  gab  \*iid  verbiessen  in  dim=:a 
kunigreich,  daz  sie  im  vetter  den  ktiuig  vud  Sebeu  vnd  das  lant  an^  i 
Worten  sulteu  den  Hörnern.  Da  betten  die  zwen  vettei  gedingen,  a —  x 
wurden  kuuig,  vnd  cbnmen  als  des  kuuiges  dieser  gein  Sebeii  ge^^. 
hoffe  mit  gar  vil  volka,  daz  haimleicli  gewappent  was,  vnd  slugeu  d^szi*; 
kunig  zd  tod   mit  allen  seinen  dieaer  klain  vnd  grozz.     Nfr  die  tOß^Hs. 

ter  fingen  si  vnd  antworten   ai  vnd   die   purch    zi'i  Sebeu   den  Romei B 

so  daz  die  Romer  gewaltich  wurden  da  selbs.  Aber  den  grosteu  scha^fc^ 
da  von  cbain  cronica  sagt,  als  man  schreibt,  den  nomen  die  zwen  vt^^t 
tern,  des  was  achthundei-t  vnd  l^ivi  sawm  goldes  vnd  silber  vnd  ei^He 
gestaiu,  vnd  weiten  des  schätz  niemaut  getrawen,  weder  in  purgen  dh_'^! 
iu  steten,  vnd  haben  den  an  raaniger  stat  umb  ^ebon  in  den  per^-^! 
verporgen  vnd  haben  zaichen  gemacht  da  pei.  die  niemant  erkenn^ -^M 
k&nd,  den  sie,  vnd  haben  auch  etteich  scbetz  den  geisten  entphoU».  -^ 
mit  nigromancia,  dax  si  suUen  der  schetz  hüitten.  Da  aber  die  iw~^f 
bertzogen  inn  wurden,  daz  in  die  Romer  daz  chunichreich  nicht  get»  *^ 
wolten,  als  si  in  versprochen  betten,  da  widersagten  si  den  Komt^ K~i 
vnd  wolten  mit  in  kriegen.  Da  was  der  Romer  hauptman  auf  Set^  *»' 
vnd  pracht  zfi  eiuauder  groz  votk  vnd  zoch  auH'  die  zwen  herzogen  7^n< 
vertrihen  die  vnd  machet  alte  ir  lant  vudertan  den  Römern  vnd  sackst 
die  verporgen  scbetz  vud  fand  ir  nicht,  vud  des  kunigs  tochtcr  ^~^^ 
(fol.  2)  er  seinem  sfln,  der  gewan  mit  ir  xni  sou  au  die  tochter.  ^^om 
ieJem  son  wart  ein  gesiecht,  so  daz  Rom  worden  xui  gesleoht  t^t^f 
edlen  Homer,  die  von  Sehen  chomen  waren,  vnd  werten  so  l&ng,  racs^ 
daz  der  streit  goschach  pey  dem  perg  Portum. 

Und  die  Komer  betten  Seben  vnd  daz  lant  inn,  nutz  daz  tS-" 
volkch  von  dewtächeu  landen  mit  den  fangen  perten  cbam  in  iiiilia  »''* 
lant  vnd  gantz  Ytalia  petwaug.  Auch  worden  die  Römer  offt  auz  d  ^e«* 
land  getrihen  vud  chomeu  dann  mit  cbrnß't  vud  gewunnen  es  hinwi^tl*'^ 
vnd  daz  hat  gewert  manich  zeyt.  Auch  zö  zeileu  des  kaisers  0^"**" 
niani,  da  Cristus  geporn  wart,  da  chomen  die  !tomer  für  Sehen  «^■'■»" 
zwungen  das  laut  vud  machteu  es  vudertan  des  kaisers  camer,  i^'»**' 
darnach  als  cristeuleicher  glawb  aufstund,  Ja  cJiam  sant  Cassian  ^^^" 
Ymmel  gein  Sebeu  vnd  machet  da  ein  pistum.  Vnd  daz  hab  ich  '^* 
gescbribeu,  darumb  daz  ir  dester  sicherr  seit  der  scbetz,  die  vmb  Sef  ^ 
verporgen  sein,  vnd  daz  es  ew  ein  last  sey  z&  lesen  vnd  zft  hor^*' 
Auch  hau  die  Körner  vinb  Seben,  da  man  sie  vertreib,  vil  i 


ECB  TIBOL.  8AQXNXUNDE.  I  025 

porgen ,  wann  si  hetten  geding ,  si  solten  hin  wider  chomen.    Auch  hat 
man  nach  Gristi  port  vil  schetz  da  verporgen,  die  nicht  fanden  sein. 
A.ber   nmb  die  grossen  schetz,   die  Elphasus   vnd  Gorisdonis  da 
verporgen  han,   daz  ist  sicher  ein  gantz  warhait,   als  ich  mit  ewrm 
nigromantieo  die  rechten   zaichen  ftinden  han,   vnd  sein  anch  grosse 
sclietz  an  maniger  stat  in  den  pergen  vnd  in  tal  vnd  sunderleich  zwi- 
schen Insprukch  vnd  Brawnek,  vnd  die  zaichen,  zwischen  den  die 
schetz  verporgen  ligen,  sein  die  pey  Inspnrk  (!)  ein  anffgerekter  stain 
mit   puchstaben   in   latein    gehawen    pei   den   pe      n  ^   vnd   genhalb 
Srawnek  vier  gehawen  stain  an  puchstaben,   die  auffgerekcht   sein, 
als  in  die  vir  end  der  werlt,  pei  einer  offen  strazz.   Aber  der  perg  pei 
Brixen,  als  man  aufwert  get  vnd  auch  nach  der  twer  wol  ein  dewtsch 
meil   zwischen  zwein  wassern,  daz  ein  get  vil  nach  von  dem  vnder- 
gping  der  sunnen  vnd  daz  ander  von  dem  aufgang  vnd  umbflissen  den 
perg,   da  sein  vnsaglich  schetz  verporgen  vnd  der   hfitten  die  geist. 
£z  sein  auch  etleich  schetz  pesundem  personen  peschaffen ,  als  hernach 
die  prophecia  spricht.    Ob  daz  suUe  sein  auf  dem  perg  oder  anderswa, 
des  weiz  ich  nicht  ftir  war.  etc. 

Gnediger  herre,  ich  wil  euch  schreiben  von  Tyrol,  daz  ewer 
Vetter  inne  hat  vntz  gein  Peru,  als  man  in  den  alten  Komischen  Cro- 
iiiken  findet  geschriben  von  Tyrol,  das  emaln  gein  Sehen  gehört  hat, 
B.18  das  kunig  Arostoges  vnd  die  Eomer  von  alter  haben  inne  gehabt 
Vnd  darnach  die  laut  getailt  wurden,  da  die  mit  den  langen  perten 
Sein  Ytalia  chomen,  da  wurden  hertzogen  gesetzt  zu  Trient  an  der  Etsch, 
die  so  lang  blieben^  vntz  daz  hertzog  Ecim  mit  Carnutho  dem  kunig 
Von  Frankreich  under  Salurn  vacht  vnd  ym  oblag.  Da  wurden  vil 
Si^osser  schetz  vmb  Tyrol  verporgen ,  der  vil  funden  sein ,  wan  es  daselbs 
^ol  erpawen  ist.  Doch  sein  da  nach  etleich  schetz ,  der  die  geist  hflt- 
*eii^  vnd  etleich  sein  pesuuderlichen  personen  peschaffen,  als  die  pro- 
Pl^ecia  sagt  hernach.  Wie  aber  die  schetz  von  fremden  lauten  dar  sein 
^bomen,  daz  wil  ich  sagen,  als  die  alt  cronika  sagt.  Ir  sult  wissen, 
das  nach  Crist  purt  virhundert  jar  vnd  Ixii  jar,  da  die  mit  den  lau- 
Sen  perten  hetten  einen  kunig,  hiezz  Albuinus  vnd  het  gantz  Ttalia 
^J^Ue,  den  sein  weip  Kosimunt  ze  Peru  verriet,  daz  er  erslagen  wart. 
^a  nam  das  weip  des  kunigs  schetz  alle  vnd  fürt  die  gein  ßauenna. 
Auch  was  ein  hertzog  des  kunigs  vetter,  der  het  des  kunigs  schetz  vil 
^JUie,  die  er  genomen  hett  von  land  vnd  leuten,  vnd  da  der  kunig 
^<^lagen  wart,  do  pesorgt  der  hertzog,  im  bieben  die  schetz  nicht, 
Vnd  flochet  si  haimleich  gein  Tyrol  vnd  verparg  si  umb  Tyrol;  dar- 

1)  Dnrch  elDen  brandfieck  etwa  3  buchstaben  zerstört,   vielloicbt  zu  crgün- 
««11 :  pe[rge]n. 


826  J.  ZINQEBLS 

nach  wart  er  gefangen  vnd  sult  die  schetz  gezaigt  han,   da  starb       et 
in  der  fanknösse,  also  plieben  die  schetz  verporgen.    Auch  nach  Ci — nsk 
purt  sybenhundert  jar,   da  in  Campania  gar  vil  trait  wart  vnd  ^H^ie 
leut  gemenklich  stürben,  daz  lutzel  leut  plieben  leben,   die  da  pliel       >eii 
die  namen  gut  vnd  schetz  mit  in  vnd  chomen  in  daz  pirg  gein  Tyr^  o\, 
daz  lant,    daz  ewr  vetter  bat,    vnd  verporgen   die  schetz  haimleich  ia 

die  perg  an  manche  stat.  Do  waren  si  des  luftes  vnd  der  speise  vn^  ^ge- 
wonet  vnd  stürben  ir  das  maist  tail  vnd  die  vberigen  die  machten  zs^Ezai- 

chen  an  die  stete  der  schetz  vnd  zogen  haim  vnd  weiten  wider  chon^ men 

vnd  chomen  nicht,  also  plieben  die  schetz  da.    Damach  zu  zeiten  des 

(fol.  3.)  Romischen  kuniges  Ludweig,  der  mit  Karulo  dem  kunig  ^^  von 
Frankrich  streit  vnd  vacht ,  nach  Crist  purt  achthundert  jar  vnd  Ixi  ^  jar, 
da  es  pei  Brixen  drei  tag  vnd  drei  nacbt  plut  regent,  da  nomen  die 

von  Brissen  ir  schetz  vnd  ir  gut  vnd  flohen  in  das  pirg ,  das  in  nah  ^r~ient 
was,  vnd  pegruben  die  schetz  vnd  machten  warzaichen  dar  z&.  "ü^Wie 
auch  alle  schetz  in  dem  land  plieben  sein,  das  wer  gar  zfi  lang  'S  z^ 
schreiben.  Es  ist  aber  ein  gantz  warhait,  daz  unsegleich  grozz  sckrÄhetz 
in  dem  land  verporgen  sein;   weit  ir  des  ein  warzeichen  han,   die  ^ 

ich  ew  ein  ander  mal  schreiben.  Auch  wist,  daz  vil  schetz  in  (Ei^öin 
land  sunderlich  personen  pehalten  sein ,  als  die  prophecia  hernach  8^  <^agt 
Doch  wil  ich  da  uon  schreiben  aus  der  cronica.  Zfl  Zeiten  des  kci*^  -^'^" 
ges  der  mit  den  langen  perten,  Adolat  gehaissen,  da  er  geta^^-^^" 
fet  wart,    da   satzt   sich   Moiolan    wider   in,    da  legt  er  sich  ß' 

Meyolan  und  mocht  sein  nicht  gewinnen.  Da  wart  im  gewei^^  -^^^' 
get,  er  vberwund  nicht  Meyolan,  es  chöm  denn  der  rot  adler  w^  ^^^ 
flug  für  ym.  Der  adler  wirt  mit  gewalt  sein  wonung  setzen  vber  p^r^P^^'f 
vnd  tal  nach  den  vier  winden  vnd  nach  den  vier  tailen  der  wc^^  ^^^^^ 
Darnach,  wenn  die  mit  den  langen  perten  veriehen,  des  adler  cfcÄ^^'^^'^ 
werden  vergehen  an  dem  andern  gesiecht,  so  werden  dann  die  verpr^  "P^^ 
gen  schetz  geoflfent  in  den  landen  den,  die  sich  enthaltend  vnder  cfc^  ^®" 
schatten  der  kint  des  adlers.  Das  wirt  aber  geschehen  in  den  les^äs  «stei 
Zeiten,  wenn  grosz  schand  aufstat,  das  man  gotes  spottet,  du  w;--^^^'^^ 
mit  dem  adler  für  dem  adler  obligen.  Darnach  sach  der  kunig  in  d^^^^m 
slafif  ein  pannir  mit  dem  roten  adler  für  im  zihen  gein  Meyolan,  ^ 

erwachet  er  vnd  gedacht  an  die  prophecie  vnd  desselben  tages  cb^^"^^^ 
ein  graflf  von  Tyrol  mit  gutem  volk  vnd  fürt  das  pannir  mit  dem  ro  ^^^^^ 
adler.  Der  kunig  wart  fro  vnd  tröstet  sich  des  adlers  vnd  zfich  ^^ 
Meyolan  vnd  petwang  die  mit  eren.  Darnach  zö  Zeiten  der  koni  S^"^ 
zu  Lamparten,  Todolina  gehaissen,  die  iren  man  kunig  Agisul^*'  ™ 
tauffen  liezz,  da  wart  groz  red  von  dem  adler  vnd  wart  fried  gemae  ^^^* 
zwischen  dem  Komischen  chaiser  vnd  dem  kunig  von  Lamparten , 


tcfi  TiBOL.  sxotnxvvvt.  : 


8» 


■b  Gregorine  pabst  zfi  liom  was  vnd  saiit  Mäuricius,  vnd  bett 
BT  kauigin  ai  gesaut  das  pucb,  daa  haieaet  dyalogoram.  Das  spricbt 
OD  zwein  veden,  das  si  daz  gelesan  het,  vnd  si  pettel  in  der  chirchen, 
o  kam  ein  stymm  zi5  ir  vnd  sprach:  schreib,  der  rot  adler  ia  dieuuUig 
nd  wirt  Lochfertig,  er  wirt  ausrekchen  sein  flog  vber  die  hohen  perg 
Bil  wirt  mit  seinen  claen  zereissen  die  reichen  vnd  die  gewaltigen, 
ifl  heiser  des  harren  wirt  oed  machen ;  er  gewinnet  vil  kint  vnd  die 
leiben  nicht.  Ein  kint  kernt  in  die  wouung  des  leen,  als  es  sulle 
egniren ,  es  regniret  aber  nicht ,  der  leo  wirt  chomen  als  ein  fuchs  in 
as  aeat  tiea  adler  vud  wil  da  rueben  vnd  wirt  nicht  ünden  nfr  ein 
eyL  Der  adler  wirt  gesellet  dem  adler,  mit  dem  adler  wird  der  leo 
niten  und  suchet  wen  er  fressz.  l'iin  plinder  wirt  lesen  das  puch 
jalogorum,  das  puch  wirt  zergehen  ein  weil,  darnach  vber  vier  .jar 
nd  sechs  monad  ein  lamp  wirt  sterkch  vnd  chrafFt  an  sich  nemen  vnd 
'•nii  wachsen  vnd  an  sich  nemen  vnd  wirt  wachen  vnd  sich  meren  an 
eichtum  vnd  an  eren.  Der  hirt  des  lams  vuter  dem  leou  aus  dem 
est  des  vergangen  adler  wirt  furgen  vber  al  erschrocken  vnd  wirt 
3er  slalfen  denn  wachen.  In  den  Zeiten  wirt  er  haben  die  vei'porgen 
tbetz,  die  nicht  geoffent  werden,  denn  in  den  Zeiten,  vntz  das  sein 
elubd  volpracht  *  wirt  vnd  daz  er  erheben  will  den  voderu  hirten  des 
UQs.  So  wirt  das  puch  dyalogoruin  geoffent  vnd  daz  hat  die  kunjgin 
lies  dem  pabst  saut  Gregorio  geschrieben  vnd  der  antwurt  ir  also: 
'ochter,  pis  sted  vnd  glaub  in  got  vnd  pette  in  an  vnd  hoff  in  in  vnd 
Fäs  ich  dir  geschrihen  han  in  dem  puch  dyalogoruin,  des  gedenkch 
nd  eher  dich  nicht  an  zfichumftig  wuiiderleich  ding,  nfr  merkch  an 
as  gericht  gotes,  das  niemant  dnrchgründen  mag.  Doch  nam  sant 
Itegorins  wunder,  das  im  die  kuuigiu  geschriben  het.  Darnach  wart 
■geweissagt  von  Ermeramo  dem  insidel,  der  sprach  so:  Ich  weker 
il  auffwekkeu,  die  vergangen  sein  von  meinr  schar.  Ich  wil  züprecben 
iß  pogen  des  gewaltigen  vnd  wil  furpriugon  mein  lere,  wenn  die 
banden  end  haben,  die  peschehen  suUeu.  In  den  zeiten,  so  die 
iderwertigen  (fol.  4)  adler  sich  gesellent  zu  einander  in  den  pergen  des 
Ud  adlers,  so  kernt  von  dem  perg  dor  perg  ein  mensch  mit  einem 
rtenstab,  dan  werden  die  vnsegleich  verporgen  schetz  in  dem  pirg 
d  die  werdent  im  geoffent  noch  der  dritten  purt-  So  wirt  dann  cho- 
än  der  gerecht  des  herren  als  ein  schein  vuti  das  puch  dyalogorum 
rt  wider  lebendig.  In  den  sachen  mugt  ir  wol  veraten,  das  etleich 
libtz  sunderlieh  personen  pehalten  vnd  peschatfen  sein  in  dem  laud 
y^jel  vuder  dem  roten  adler.  Doch  wisset,  daz  ich  vnd  ewr  nigio- 
htticDa  an  drein  steten  in  ewrs  vettern  laut  groz  schetz,  die  ir  wol 
^^^j  tulgi  »nagostrichen  n^tirdeu," 


328  J.  ZIKOBRLB,  ZÜB.  IIBOL.  BAOUfKUHDB.  I 

gehaben  magt  mit  ewrs  vettern  willen  vnd  mit  vnderweisang  ewndi 
mantici,  als  ich  ew  in  einem  andern  qnatem  verschriben  sendnii 
mich  ew  perait  ze  sein  in  ewrn  dinsten  nach  allen  ewm  woIfeUa^ 

Die  prophecie  ist  geweissagt  nach  Cristi  port  virhimdert  jvi 
Ixu  jar,  als  geschriben  stat in  einem  alten  pnch  anMeranzfledv 

Als  kunig  Carnnthus  von  Frankreich  von  herzog Eeii 
Trient  vnder  Salurn  erslagen  wart ,  als  sant  Ingennin  legnii 
der  bischolff  auff  Sehen  gewesen  ist,  da  weissagt  einer  ynd 
Es  komen  erger  zeit  dann  ee  vnd  ein  volk  wird  sten  wider  dai 
der  frid  wirt  gen  in  das  eilend ,  nntz  daz  ein  lamp  vnd  ein  lempd 
widerpringent.  Damach  wird  daz  reich  getailt  vnd  werden  vil 
vnd  kain  farst  wirt  vber  sie  all,  vntz  das  der  rot  adler  kom  voi 
perg  der  perge ,  der  wirt  perg  [und]  tal  demfttigen  vnd  nidem  vni 
alle  ding  begreiffen  mit  seinen  chlaen  vnd  setzt  alle  ding  vnter 
flog  vnd  wirt  frid  setzen  den  landen.  Der  adler  gewinnet  vil  kint, 
pleiben  nicht,  die  kint  vergeen  an  dem  andern  gesiecht,  die  vi 
der  vergangen  kint  werden  sich  claiden  mit  einem  leon  ein  weil 
chnmpt  wider  in  sein  nest.  Der  leo  wird  chomen  als  ein  fochs  i& 
nest  des  vergangen  adler  vnd  rübt  da  etlich  zeit,  doch  pleibt  er 
vnd  pringt  auch  nicht  frucht.  In  den  zeiten  wirt  er  mit  gewalt  tal 
fremden  verleichend  die  tempel  der  hailigen ,  wenn  dann  der  rot  alte 
mit  dem  adler ,  der  im  gleich  ist ,  mit  dem  swartzen  adler  in  dem  ofltj 
des  vergangen  adlers  gesellet  werden,  so  wirt  auffstan  vor  der  drittal 
purt  ein  man  voller  Streits  vnd  wirt  regniren  vnder  dem  vergang« 
adler ,  der  gedorret  het  vnter  dem  leo ,  vnd  wirt  gewappent  mit  wd»* 
sen  strichen  mit  rotem  vmbzogen.  Der  man  wirt  ein  hirt  des  lami» 
das  im  wider  ist ,  vnd  noch  der  dritten  purt  werden  im  alle  verporg« 
schetz ,  die  sein ,  im  peschafifen.  Er  wirt  mechtig  vnd  reich  vnd  erber. 
Der  wirt  den  unrechten  adler  vnd  die  hoflfertig  natur  mit  seinem  hirteo- 
Stab  zwingen  vnd  nidermachen ,  er  wirt  grozz  ding  tun ,  er  vrirt  auck 
in  ern  sein  tage  enden  vnd  nach  zweinhöndert  monad  vnd  xlvi  monad 
wirt  sein  sfin  herschen  untz  gein  Rom  vnd  von  der  rechten  Seiten  des 
manns  wirt  auffstan  ein  hirtt  der  schaffe,  geziret  mit  einem  starkchea 
rad ,  der  ^virt  sein  gesezze  machen  in  der  wonung  des  vnrechten  adlers 
vnd  die  häet  des  lams  wirt  im  undertan  vnd  darnach  verswindet  des 
adlers  gedechtnösse. 

Eine  andere  streng  erzählende  darstdlung  fand  ich  vor  30  jjM 
in  einer  miscdlaneenhandschrift  (papier  4^)  aus  dem  14.jhd.  im  ftr- 
dinandeum  zu  Innsbruck  ^  die  ich  leider  niclU  melir  auffinden  kank. 

GUFIDAUN.  J.  ZINGERLE. 


829 


:ER  KÖKNER  UND  VERWANTE  METRISCHE  ERSCHEI- 
NUNGEN IN  DER  MITTELHOCHDEUTSCHEN  LYRIK. 

(Scbluss.) 

3.   Meister  Johannes  Hadlaub  (HMS  n  279  11) 

13str.  lOzeil.  aabccbdeed 
Str.  4.  1  :  2  mir  :  ir,    Str.  6.  1 :  2  mir  :  ir,    Str.  3.  4  :  5  mir  :  ir^ 
„    3.  8  :  9  ir  :  wir,      „    8.  7  :  10  mir  :  ir. 
„    1.  3  :  6  gesin  :  min,     Str.  9.  3  :  6  sdhtn  :  sin, 
„    5.  7  :  10  fin  :  sin,        „    7.  1  :  2  vürstin  :  sin. 
„    3.  3  :  6  y^än  :  man,     „    6.  3  :  6  ^eAän  :  nan^ 
„    10.  3 : 6  kan  :  gegän,    „    4.  4  :  5  wolgetän  :  ieffian, 
y,    9.  7  :  10  man  :  ergän,  „11.  1:2  ^än  :  behän, 
j,    12.  8 :  9  gän  :  man. 
„    8.     3  : 6  6i  :  t;ri,     Str.  13.  3  :  6  si  :  bi, 
„    1.     8  :  9  M  :  si ,         „      3.  1  :  2  si  :  vri. 
yt    5.     8:9  UHiS  :  haz,   „    10.  8 :  9  hae  :  daz, 
y,    2.  7  :  10  saz  :  haz. 

j,    8.  8  : 9    flfar  :  dar,     Str.  9.  8  :  9  Mär  :  jär, 
„    2.  1 : 2     dar  :  gar,       „  12.  4  :  5  rosenvar  :  Mär. 
yt    7.  8 : 9    Regensberger  :  ger,    Str.  13.  8:9  ger  :  er, 
„    6.  4  :  5     her  :  ger. 

jy  10.  7 :  10  mich  :  ich,    Str.  13.  7  :  10  endelich  :  Heinrich^ 
yt    2.  3  :  6     mich  i  ick,       „    7.  4  :  5  lohelich  :   Vriderich. 
y,    1.  4  :  5    ie  :  nie^  „    4.  8  :  9  jfie  :  nie, 

„  10.  1  :  2    vie  :  nie. 

y,    2.  4  :  5     zehant  :  geswantj    Str.  2.  8  :  9  liant  :  hevant, 
y,    5.  3  :  6    Juint  :  bevant. 
y,    3.  7  :  10  not  :  bot,     Str.  6.  8  :  9  bot  :  7i6t. 
yy    4.  3  :  6     wd  :  vol,       y,   S.  1  :  2  vol  :  woL 
„    9.  1  :  2     iht  :  zuoversiht^    Str.  11.  8:9  nHit  :  geschiht. 
„12.  1:2     wort  :  hört,     Str.  13.  4:5  wort  :  hört. 


1  2  3456789  10  111213 


4  5 

5:7=8:6  =  9:11,     2:  10  =  8:  3  =  3:6  =  9:  12 

10       1  3/6  10 

4:9  =  3:8  =  7:13,     9:5=10:9  =  2:13 


d30  GI8KB 


1 

3/6 

8 

7  : 

9  — 

11  : 

10 

— 

3: 

;  13 

=  8 

:4 

4 

6 

:3  = 

11  : 

:  4  : 

= 

2: 

12 

=  10 

:  1 

4 

>. 

8 

6  : 

:  3 

11 

:  12  = 

=  2 

:9 

8 

3  : 

;  1  = 

7 

=  10: 

4 

9 

:  11 

8': 

3^ 

4  : 

13  = 

:   12 

:  9 

= 

6  ; 

:  13 

—  1  : 

4 

2* 

:2'^ 

8 

3/6 

1 

3/6 

13  :  1  =  10  :  12  =  5  :  2^       2  :  7  =  10  :  4  =  5  :  2*. 

b.   VerbinduDg  von  II  E  c  und  IV. 

1.   Ulrich  von  Lichtensein  (Lö6öy  25)  7str.  7zeil.  ababbcc 

Str.  5.  6  :  7  ere  :  mere,     Str.  7.  6  :  7  ere  :  Ure, 

„    2.  1  :  3  ere  :  Ure. 

jy    2.  2  :  4  :  5  güete  :  behüde  :  hochgemüete^ 

„    7.  2  :  4  :  5  hochgemüete  :  güete  :  behüete. 

„    3.  2  :  4  :  5  sttßtidichen  :  strichen  :  riehen, 

jf    6.  2  :  4  :  5  riehen  :  gdichen  :  endelichen. 

^    2.  6  :  7  schone  :  lone,    Str.  7.  1  :  3  sdione  :  lane. 

„    3.  6  :  7  immer  :  nimtner,    Str.  5.  1  :  3  immer  :  nimtner. 

12345  6  7 


2:7  =  7:2  =  5:3. 

c.   Verbindung  von  11  E  d  und  IV. 

1.   Meister  Johannes  Hadlanb  (HMS  n  278  L    B.  L.  LXXXVU  1) 

7str.  I2zeil.    ababcbcbdede 

Str.  1.  10  :  12  was  :  cUus,    Str.  4.  10  :  12  gehag  :  daz. 

„    2.  2  :  4  :  6  :  8  man  :  an  :  getan  :  eniran^ 

jy    6.  2  :  4  :  6  :  8  getan  :  stän  :  kbesan  :  hon, 

jy    7.  2  : 4  :  6  :  8  län  :  hän  :  gewan  :  an. 

„    2.  5  :  7  sere  :  dre,    Str.  5.  1  :  3  sdre  :  here. 

y,    3.  1  :  3  t(ete  :  hißte,    „   4.  5  :  7  taete  :  btete. 

rt    3.  5  :  7  sinne  :  minne,    Str.  7.  1  :  3  minne  :  sinne. 

yy    1.  2  :  4  :  6  :  8  gesin  :  schin  :  pilgrin  :  metttn^ 

„    2.  10  :  12  in  :  hin. 

y,    4.  2  :  4  :  6  :  8  Jr  :  wir  :  verbir  :  jf»r, 

„    6.  10  :  12  mir  :  eir. 

12  34567 

1:2  =  4:6,     2:5  =  4:3  =  3:7. 


KÖANKB  831 

D.   Verbindung  von  II  F  und  IV. 

a.  Verbindung  von  U  F  a  a  und  IV. 

1.  Reinmar  (MF  187,  31  —  189,  4)  4str.  13zeil.  abedabcdeefWf. 
Burdach  (a.  a.  o.  s.  226)  glaubt,  dass  das  ursprüngliche  gedieht 
aus  188,  31  als  erster,  188,  5  als  zweiter,  188,  18  als  dritter  strophe 
bestand,  und  dass  187,  31  dem  ganzen  liede  als  einleitungsstrophe  vor- 
ausgeschickt sei.  Ich  halte  diese  Vermutung  für  sehr  annehmbar  und 
glaube,  dass  dieselbe  durch  die  im  nachstehenden  vermerkten  strophen- 
bindungen  ihre  bestätigung  findet 

Str.  1.  4  :  8  mac  :  tac,    Str.  4  (2).  4  :  8  mac  :  tac. 
„    1.  1  :  5  not  :  gebot,     „    2  (3).  2  :  6  nö^  :  gebot. 
„    1.  2  :  6  Magen  :  tragen,  Str.  3  (4).  1  :  5  gesagen  :  Magen. 
„    4  (2).  1  :b  zit  :  strit,       „    3  (4).  2  :  6  ztt  :  strit. 

1:3  =  4:1  =  2:4. 

b.  Verbindung  von  II  F  a  /?  und  IV. 

1.  Reinmar  (MF  192,  25)    7zeil.  ababcWc 

Str.  1.  2  :  4  wil  :  spil^     Str.  3.  2:4  vil  :  wil. 
„    2.  5  :  7  mp  :  Up^       „    1.  6  imp. 
„    3.  5  :  7  man  :  Jean,     „    5.  6  ^nan. 

2:1  =  3:5. 

2.  Unter  Neidhart  (HN  XXVII  9)   14zeil.  aabWcddbWcefef 

Str.  2.  11  :  13  belgelin  :  min,     Str.  4.  11  :  13  etigerlin  :  sm. 

y,    1.  Q  :  7  eit  :  widerstrit  y         „    S.  11  :  13  nit  :  gtt, 

„    1.  11  :  13  alt  :  balt,  „    5.  6  :  7  gestalt  :  balt. 

1:3  =  5:1. 

3.  Der  von  Sachsendorf  (HMS  I  300  I)  9zeil.  abcabcdcd 

Str.  2.  1  ;  4  site  :  mite^  Str.  3.  1  :  4  site  :  bite, 
„  1.  2  :  5  schtn  :  sin,  „  5.  7  :  9  min  :  sin. 
„    3.  2  :  5  gewar  :  bar,     „    4.  7  :  9  dar  :  jär, 

1:5  =  3:4. 

4.  Der  Schenk  von  Limburg  (HMS  I  131  I)  13zeil.  abcabcdedefff 

Str.  3.  2  :  5  singen  :  ringen,    Str.  5.  2  :  5  twingen  :  dingen, 

„    1.  11:12:13  miyi  :  sin  :  troestcerin^ 

„    2.  3  :  6  min  :  pin, 

„    1.  3  :  6  zit  :  widerstritt    Str.  5.  11  :  12  :  13  sit :  lU  :  sit. 

1:2  =  5:1. 

5.  Walther  von  Metze  (HMS  I  309  VII)    lOzeil.  ababcdcdee 

Str.  2.  6  :  8  ticot  :  behuot,     Str.  5.  6  :  8  muot  :  guot 

j,    1.  9  :  10  ergän  :  wän,     „    5.  1  :  3  hän  :  län. 

„    2.  9  :  10  ml  :  wil,  „    3.  1  :  3  vil  :  wü, 

1:5  =  3:2. 


332  018KB 

6.  Der  wilde  Alexander  (HMS  n  366  III)  9zeil.  ababcdcdc 

Str.  1.  1  :  3  wunneclich  :  rieh,     Str.  4.  1  :  3  rieh  :  wunnedich, 
y,    1.  2  :  4  wolgevar  :  bar,     Str.  4.  6  :  8  rosevar  :  bar  :  klär. 
„    3.  6  :  8  :  9  brehen  :  jeJien  :  gesehen^ 
„    5.  2  :  4  brehen  :  sehen. 

1:4  =  5:3 

7.  Meister  Johannes  Hadlaub  (HMS  II  295  XXXII.  B.  L.  LXXXVII 

148)  b  b        e 

8zeil.  acacdded 

Str.  4.  2  :  4  mir  :  zir,     Str.  5.  2  :  4  ir  :  mir. 

„    1.  7  :  8*  schouwe  :  frouwe^    Str.  2.  1  :  3  froutve  :  auwe. 

„    2.  7  :  8^  gercete  :  sumerwcete,     Str.  5.  1  :  3  Ußte  :  erb€die. 

1:2  =  2:5. 

8.  Der  Guter    (HMS  IE  41  I,  1  —  5.    B.  L.  LXXXIX  1) 

lOzeil.  abcabcddee 
Str.  2.  2  :  5  viirspan  :  an,    Str.  3.  2  :  5  an  :  gän. 
„    1.  9  :  10  mir  :  dir,     Str.  2.  3  :  6  tV  ;  dir. 
„    4.  9  :  10  werdikeit  :  geleit,    Str.  5.  3  :  6  breit  :  leit. 

1:2=4:5. 

c.    Verbindung  von  II  P  a  y  und  IV. 

1.  Friedrich  der  Knecht  (HMS  II  169  II)  lOzeil.  aabccbdeed 

Str.  1.  3  :  6  sane  :  lanc,    Str.  3.  3  :  6  kranc  :  sanc. 
„    3.  4  :  5  giiot  :  wol  gemuot,    Str.  4.  8  :  9  tuot  :  wol  gemuot. 
„    3.  8  :  9  gemeit :  streit,     Str.  6.  4  :  5  gekleit  :  leü. 
,,    1.  1  :  2  schin  :  sin,     Str.  6.  7  :  10  vüessdin :  min. 
„    5.  7  :  10  reht  :  kneht,   „    6.  1  :  2  kneht  :  reht. 

1  :  6=  6  :  5 ,    3:4  =  6:3. 

2.  In  einem  namenlosen  HN  s.  227  —  229   und  B.  L.  XCVin    475 

mitgeteilten  liede.    14zeil.  abcdabcdeefgfg 
Str.  2.  abcdabcdbb,    Str.  5  abcdabcdeefafa 
Str.  1.  1  :  5  gän  :  plan,    Str.  6.  1  :  5  gegän  :  län. 
„    1.  9  :  10  Ranis  :  tanz,     Str.  4.  2  :  6  tanz  :  Rang. 
yy    2.  2  :  6     nam  :  Vrideman,    Str.  2.  9  :  10  kam  :  Engdram. 
„    3.  9  :  10  Übdher  :  wer,    Str.  5.  2  :  6  wer  :  Übdher. 

1  :  4  =  2«:  2*  =  3:5. 

d.    Verbindung  von  H  F  a  d  und  IV. 

1.    Walther  von  der  Vogelweide  (WL  88,  9) 
12zeU.    abWcWddaWcWb 
Str.  2.  4  :  10  guot  :  beswcerest  minen  muotj 
„    7.  4  :  10  guot  :  beswtßren  mtnen  mmt* 


KÖBNBR 


333 


2. 


6. 


sin. 


Str.  1.  4  :  10  lieht  :  nieht,    Str.  2.  6  :  7  lieht  :  nieht. 
„    4.  6  :  7     dir  :  mir,    Str.  5.  4  :  10  mir  :  enbir, 

1:2=  5:4. 
Ulrich  von  Lichtenstein   (L  426,  12)   4zeil.  aabb 
Str.  4.  1  :  2  hän  :  getan,    Str.  6.  1  :  2  Mn  :  umUrtan, 
y,    1.  1  :  2  ^n  :  mm,  99    7.  3 

^    3.  1  :  2  muot  :  guot^      99    6.  3 

1:7  =  3:6. 

Derselbe  (L  515,  12)  6zeil.  ababcc 

Str.  1.  2  :  4  min  :  din^    Str.  6.  2  : 

4  vü  :  spily        „    4.  5  : 

4  jfuo^  :  muot,   ^    6.  5  : 


4  nl^n 

4  gemuot  :  ichuot. 


2.  2 

3.  2 
3.  5 


6  dir  :  mir. 


7.  2 
2:4  =  3:6  = 
Derselbe  (L  560,  7)    6zeiL  ababcc 


J9 

3 


4  irüstelin 
6  i?i7  :  M?iZ. 
6  gtiot  :  mtco^. 
4  d?V  :  7nir, 
7:3. 


7;}m. 


Str.  5. 
„    1. 

19     3. 

»    7. 
1. 

2. 

4. 

2. 


V 


1 

2 

1 

2 

5 

2 

1 

1 

5 

7 


3  missetät  :  Za^,     Str.  7.  1  :  3  Za^  :  missetät. 

4  rd^  :  s^d^,     Str.  3.  5  :  6  stät  :  %d^. 

3  A^an  :  man,     „    6.  5  :  6  Ä^n  :  län, 

4  Jfcan  :  gewan, 

6  gemuot  :  gftio^ ,  Str.  6.  2  :  4  gemuot  :  guot. 


4  t(;oZ 
3  u^'Z 
3  unp 


vol, 
vil, 
lip. 


Str.  5.  5  :  6  wol 


»9 


=  7 

1  : 


5.  2  :  4  tc;27 

7.  5  :  6  lip 
5 
:3  =  5:4,     3:7  =  6; 

3  =  7:6  =  6:1  =  2 


:  söl. 

wip. 

3=7:2, 
5. 


Derselbe  (L  571,  7)  7zeil.  ab  ab  cd  d 

Str.  1.  2:4  sehen  :  spelien ,    Str.  4.  2  :  4  seh^n  :  jcÄe», 

„    6.  6  :  7  erspehen  :  jehen. 

j,    2.  2  : 4  war  :  jfar,     Str.  4.  6  :  7  gar  :  crt^ar, 

„    3.  1  :  3  jfar  :  ^ar. 

„    2.  6  :  7  munt  :  ifcwn^,     Str.  4.  1  :  3  grünt  :  /cww/. 

„    5.  6  :  7  ßjp  :  mp,    Str.  6.  1  :  3  lip 
1 
4:6  =  2:4,     4:3  =  2 

Derselbe  (L  576,  5)  6zei1.  ababcc 

Str.  1.  2  :  4  himmelrich  :  wünnedich, 

j,    4.  2  :  4  himmdrich  :  minneclich, 

j,    3.  5  :  6  föjp  :  mp ,    Str.  5.  2  :  4  ß|)  :  mp. 

p    4.  5 :  6  getoan  :  getan,    Str.  6.  2  :  4  7^m  :  gan, 

3:5  =  4:6. 


4  =  5:6. 


334  GISKB 

7.    Derselbe  (L  580,  15)   6zeil.  ababcc 

Str.  2.  5  :  6  so  :  Äö,     Str.  7.  5  :  6  also  :  vro. 
„    3.  2  :  4  minnevar  :  dar,     Str.  4.  5  :  6  dar  :  minnevar. 
„    5.2:4  wol  :  voi ,     Str.  6.  5  :  6  wol  :  ensol. 

„    b.  b  :  6  git  :  lit  j         „    7,  2  :  A  git  :  hockgejnt, 

3:4  =  5:6  =  7:5. 

• 

VII.    Verbindung  von  III  und  IV. 
A.    Verbindung  von  III  E  und   IV. 
Ulrich  von  Lichtenstein  (L  582,  4)     7str.  7zeil.  ababcWc 
Str.  2.  6  minnecUclien  y    Str.  6.  6  minnedichen. 
„    6.  5  :  7  sehen  :  geschehen,     Str.  7.  5:7  geschahen  :  gejeha^^^ 
„    5.  2  :  4  ivip  :  Up,     Str.  6.  2  :  4  wip  :  Up^ 
„    4.  5  :  7  wip  :  Up, 
„    1.  2  :  4  wol  :  voly     Str.  3.  5  :  7  wol  :  so?. 

1  2  3  4  5"6  7 

1:3  =  6:4 

B.   Verbindung  von  III  F  und  IV. 
Unter  Neidhart  von  Keuenthal  (HN  XL,  7) 

östr.  18zeiL  ababccddeeffWgghhg 
Str.  4.  13  diemeltn,  Str.  5.  13  dtemelin,  Str.  1.  5  :  6  sin  :  mi^^ 
„    1.  7  :  8  habe  :  ahe,  Str.  5.  7  :  8  abe  :  hnahe. 
„    3.  13  6aZ,     Str.  5.  5  :  6  6aZ  :  val, 
„    2.  13  jagen,     Str.  4.  5  :  6  hejagen  :  tragen. 

1  2  3  4^^ 

4     

1:5  =  6:3  =  4:2. 


Im  algemeinen  steht  fest,  dass  die  reflektierende  lyrik  aus  Süd- 
frankreich nach  Deutschland  gekommen  ist.  Die  provenzalischen  Vor- 
bilder wirkten  nicht  nur  auf  den  inhalt  der  nachbildungen ,  sondern 
auch  auf  die  form  derselben  ein.  Mit  einem  teile  der  leztereu  haben 
wir  es  zu  tun,  und  unsere  nächste  aufgäbe  ivird  die  sein  festzustellen, 
inwieweit  die  gedichte  der  Troubadours  fnr  die  von  uns  behandelten 
metrischen  erscheinungen  die  Vorbilder  abgeben  konten. 

Bei  den  Provenzalen  ^  ist  es  regel,  wie  die  erste  Strophe  gereimt 
worden,  so  in  den  entsprechenden  Zeilen  aller  folgenden  atrophen  die 
gleichen  reime  sich  widerholen  zu  lassen. 

1)  Ich  gebe  die  folgenden  bemerkungen  &b6r  die  in  betmlll  kpOMMtai  tuf^ 
men  der  provenzalischen  dichtang  nach  Bartseh  JH»  B'»'»^  Oi^* 

Eberts  Jahrbuch  Üür  romanische  and  esglisdit  P 


KÖBNSR  335 

Daneben  findet  sich,   wenn  auch  verhältnismässig  selten ,   reim- 
wechsel  von   strophe  zu  strophe.    Freilich  die  erscheinung,   welche  in 
der  deutschen  lyrik  regel  geworden  ist,  dass  die  einzelnen  strophen  ihr 
reimsjstem  f&r  sich  haben,   die  Übereinstimmung  also  nur  in  der  glei- 
chen gliederung  und  dem  gleichen  geschlecht  der  sonst  ungleichen  reime 
besteht,  begegnet  ausserordentlich  selten.    Fast  überall  in  den  gedich- 
ten^  die  reimwechsel  zeigen,   ist  ein  rest  der  durchreimung  der  Stro- 
phen geblieben:  ein  teil  der  reime  geht  durch  alle  strophen  hindurch, 
während  die  übrigen  reime  wechseln.    So  kehren  bei  Marcabrun  (Mahn 
I,  48)  dieselben  reime  von  strophe  zu  strophe  in  zwei  ihrerseits  mit 
einander  gebundenen  zeilen  (z.  3  und  6)  wider.    Widerkehr  derselben 
reime  in  drei  zeilen  (z.  4.  6.  und  8)  begegnet  in  einem  gedichte  Aime- 
lics  von  Belenoi   (Mahn,  Gedichte  101).    Mehr  beispiele  der  art  bei 
Bartsch  a.  a.  o.  s.  173. 

Ein  bei  weitem  häufigerer  fall  ist,  dass  alle  zwei  strophen  neue 
reime  eintreten  bei  gewöhnlich  gerader  strophenzahl  ^  z.  b.  Mahn  I,  20 
22.  29  (vgl  Bartsch  a.  a.  o.  s.  174). 

In  Peires  von  Auvergne  Lied  von  der  Nachtigall  (Mahn  I,  89—92) 

unterscheidet  die  erste  hälfte,   die  sendung  der  nachtigall,   sich  durch 

die  reime  von  dem  zweiten  teile,   der  antwort  der  geliebten.    Ganz 

ebenso  ist  es  in  einem  liede  Marcabruns   (Bartsch  provenz.  Lesebuch 

55—67). 

Bei  Marcabrun  (Mahn  I,  50)  ist  der  schlussreim  des  liedes 
durch  den  voraufgehenden  refrain  herbeigeführt. 

Ein  anderes  Mittel,  das  die  Verbindung  zwischen  den  einzelnen 
Strophen  herstelt,  sind  die  kömer.  Diese  sind  von  den  Troubadours 
in  mannigfaltigster  weise  verwant. 

Ein  kom  findet  sich  recht  häufig,  seltener  zwei,  drei,  vier  usw. 
kOrner.  Zuweilen  tritt  auch  der  fall  ein,  dass  alle  reime  einer  strophe 
körner  sind  (vgl.  Bartsch  a.  a.  o.  s.  176  und  die  dort  angefahrten  bei- 
spiele). 

Die  dttrchreimung  sämtlicher  strophen  hat  in  der  deutschen  lyrik 
kerne  anwendung  gefunden. 

Widerkehr  derselben  reime  von  strophe  zu  strophe  in  zwei,  drei 
oder  vier  ihrerseits  mit  einander  gebundenen  zeilen  findet  sich  in  den 
unter  n  A,  II  G,  HI  A  zusammengestelten  beispielen. 

Von  €k>tt&ied  von  Neifen  besitzen  wir  ein  vierstrophiges  gedieht, 
fn  welchem  alle  zwei  strophen  neue  reime  eintreten  (11  D  h  1). 

Sonst  tritt  uns  die  widerkehr  derselben  reime  auch  hier  nur  in 
•iKStlven  ihrerseits  mit  einander  gebundenen  zeilen  entgegen.    Die 

m  gediohte  weisen  selten  gerade  strophenzahl  auf.   Nie 


folgen   die  gebundenen  atrophen  in  der  weise  auf  einander,   dass  z.  ^' 

für  ein  vierstrophiges  gedieht  sich  das  Schema  aabb  ergäbe.    Vielmei^ 

sind  in  einem  solchen  falle  die  Strophen  in  der  verschiedenartigste^^ 

weise  zusammengi*uppiert :  in  11  D  a  6  z.  b.  ist  die  schlussstrophe  mi^ 

a/b 
allen   drei  vorhergehenden  gebunden :  a  b  c  c ;   II  D  f  findet  sich  da^ 

Schema  ab  ab,  YIBc  zeigt  sich  die  liedform  abba  (vgL  im  übrigen  die 
beispiele).  In  mehreren  gedichten  sind  zwei  Strophen  durch  eine  grös- 
sere oder  geringere  anzahl  der  widerkehrenden  reime  gebunden  als  zwei 
andere.  Zuweilen  ist  eine  slrophe  mit  zwei  anderen,  aber  in  verschie- 
dener weise  verknüpft.  Oft  nimt  eine  oder  auch  mehrere  atrophen  an 
den  bmdungen  nicht  teil.  Nicht  selten  begegnet  die  widerkehr  dersel- 
ben reime  sogar  nur  in  zwei  Strophen  mehrstrophiger  gedichte.  Die 
zahl  der  zeilen,  in  denen  sich  dieselben  reime  finden,  beträgt  zwei, 
drei,  vier  und  sechs  (U  D  a  — g,  H  E,  U  F,  HI  D,  HI  E,  HI  F,  VI  B^ 
VIC,  VID,  VUA,  VnB). 

Was  die  körner  anlangt,  so  treten  uns  fast  nur  gedichte  ent- 
gegen, die  ein  körn  aufweisen  (I  A  a,  HI  A,  VA). 

Widerkehr  desselben  reims  in  je  einer  zeile,  welche  ihrerseits 
mit  nachfolgendem  oder  vorausgehendem  refrain  gebunden  ist  findet 
sich  in  den  beispielen  unter  I  A  b  und  III  B. 

In  einem  vierstrophigen  gedichte  Gottfrieds  von  Neifen  haben  je 
zwei  Strophen  dasselbe  kom  (I  C  a). 

In  einem  andern  liede  desselben  Verfassers,  welches  gleichfals 
vierstrophig  ist,  sind  alle  reime  kömer.  Aber  auch  hier  haben  nicht 
alle ,  sondern  nur  je  zwei  Strophen  dieselben  körner  (I  C  b). 

In  einem  fünfstrophigen  gedieht  Ulrichs  von  Lichtenstein  sind 
in  den  2^/^  frauenstrophen  alle  'reime  körner,  während  die  männer- 
strophen  jede  für  sich  einreimigkeit  aufzeigen.  Ahnlich  sind  die  oben 
(s.  335)  erwähnten  lieder  Peir^  von  Auvergne  und  Marcabmns  gebaut 
(I  C  b  2). 

Femer  gibt  es  einige  mehr  als  dreistrophige  gedichte,  in  wel- 
chen sich  nur  in  einigen  Strophen  körner  finden.  Die  meisten  von  die- 
sen gedichten  enthalten  ausserdem  noch  andere  reimkünsteleien  (I  D, 
lUD.  E.  F,  VB,  VII  A.  B). 

Die  unter  I  B  mitgeteilten  gedichte  sind  alle  derartig  gebaat, 
dass  einer  strophe  das  kom,  welches  die  übrigen  aufweisen,  fehlt 
Schon  die  anzahl  der  beispiele  tritt  dem  g'edanken,  dass  wir  es  mit 
einer  blossen  Zufälligkeit  zu  tun  haben,  entgegen.  Folgende  erwägung 
aber  scheint  mir  mit  Sicherheit  darauf  hinzudeuten,  dass  hier  eine  von 
den  dichtem  beabsichtigte  kunstform  vorliegt 


KORNEA  dS7 

In   der   deutschen   lyrik   herscht   das    gesetz  der  dreiteiligkeit. 

Dieses  finden  wir  bekantlicli  in  dem  bau  der  einzelnen  stropben  ange- 

want     £s   war  nur   ein  natürlicher   fortschritt,    dass  man,   als  man 

anfieng  mehrstrophige  lieder  zu  verfassen,   die  dreiteiligkeit  auch  auf 

das  ganze  lied  übertrug.    Diese  dreiteiligkeit  beruht  zuweilen  nur  in 

der  zahl  der  atrophen   (drei,   fünf,    sechs,   sieben  Strophen),    oft  aber 

wird  sie  noch   bestirnter  hervorgehoben  durch  die  reimverbindung  je 

zweier  atrophen.    Dies  zeigt  sich  am  deutlichsten  bei  dreien,   wo  das 

rdmverhältnis    der   atrophen    (2  +  l)    dem    der    strophenglieder    zu- 

B&chst  liegt. 

Sehen  wir  uns  die  unter  I  B  aufgeführten  beispiele  an ,  so  finden 
wir,  dass  in  fünf  der  dort  erwähnten  dreistrophigen  lieder  der  lezten 
sliophe  das  kom  fehlt.  Es  tritt  also  die  dreiteiligkeit  klar  zu  tage, 
h  dem  gedichte  ÜB?  fehlt  bei  beobachtung  der  handschriftlichen 
Strophenfolge  der  ersten  strophe  das  kern,  so  dass  sich  danach  das 
Mgekehrte  Verhältnis  (1  +  2)  ergeben  würde.  Aber  wahrscheinlich 
ist  die  erste  strophe  ans  ende  zu  stellen.  I  B  6  sind  die  fünf  Strophen 
nach  dem  achema  2  +  2  +  1  zu  ordnen. 

Ebenao  deutlich  tritt  una  daa  prinzip  der  dreiteiligkeit  des  lie- 

des  in  den  beispielen  entgegen ,    die  unter  11  B   (vgl.  U  C ,  III  B.  Ö, 

VIA)  vereinigt  sind.    Wir  haben  hier  mit  einer  ausnähme  dreistro- 

phige  gedichte.    Die  bindung  der  betreffenden  Strophen  wird  durch  die 

Verkehr  derselben  reime  in  je  zwei  oder  drei  oder  vier  ihrerseits  mit 

siMnder  gebundenen  zeilen  bewirkt.    Die  bindungen  fehlen  der  schluss-, 

der  mittel  -  oder  der  anfangsstrophe ,  so  dass  wir  entweder  das  schema 

a%x  oder  a  x  a  oder  x  a  a  haben.   Das  vierstrophige  gedieht  II B  a  o  20 

a     a 
^dst  das  Schema  b  b  b  x  auf. 

Auch  die  meiaten  der  unter  II  D  zusammengestelten  gedichte  aind 
^  dem  geaetze  der  dreiteiligkeit  gebaut.  Am  klarsten  tritt  uns  hier 
i^lbe  in  ffinfetrophigen  gedichten  entgegen.  Die  strophe,  welche 
Ak  nicht  an  den  bindungen  beteiligt ,  kann  die  zweite ,  dritte ,  vierte 
und  ftnfte  sein.  Die  gebundenen  stropben  können  einander  unmittel- 
tar  folgen  oder  durch  eine  oder  mehrere  Strophen  von  einander  getrent 
im.  Die  deutlichsten  beispiele  der  erwähnten  dreiteiligkeit  liefern 
IIDdl:  aabbx,^  nDal3:  ababx,  IIDal:  aaxbb.    nDa3 

1)  Dies^  dreiteiligkeit  des  fdnfstrophigcn  licdes  findet  ihre  analogio  in  Wal- 
ftes  knutfoller  atrophe  47,  16,  welche  aus  zweimal  zwei  gleichen  teilen  besteht 
(16^18  —  19—21;  22  — 26  =  27  — 31),  denen  ein  fünfter  (32—35)  folgt  (vgl. 
k  a.  ^*  s.  224). 

'^mSOBB  FHILOLOOIB.     BD«  ZVIII«  22 


S3S  GISK& 

zeigt   das  Schema  abbxa,    IIDa9:    axbab,    VIBal:    abaxb 

(vgl.  im  übrigen  die  beispiele). 

Auch  in  vier-,  sechs-  und  siebenstrophigen  gedichten  erkennen 

b  a 

wir  dieses  gesetz ,  z.  b.  IIDa?:  aabx,  15:  abxby  10:  abxcaeb, 

c    d 
11:  ab  adcxb.^ 

Sehr  merkwürdig  ist  die  metrische  erscheinung,  die  mis  in  den 
unter  IV  gesammelten  beispielen  entgegentritt.  Es  sind  dort  die  atro- 
phen paarweise  durch  widerholung  derselben  reime  an  verschiedenen 
Strophenstellen  dergestalt  gebunden,  dass  durch  diese  -bindungen  die 
Strophen  zu  einander  in  ein  bestirntes  Verhältnis  treten.  An  zof&Uig- 
keit  ist  auch  hier  nicht  zu  denken.  Die  nicht  geringe  anzahl  der 
gedichte,  welche  hieher  gehören,  die  Verbindung  dieser  künstelei  mit 
anderen  (V.  VI.  VII),  vor  allem  aber  gedichte,  wie  die  unter  VB, 
VI  C  a  l^und  13  analysierten  zeigen,  dass  wir  es  hier  mit  einer  beab- 
sichtigten kunstform  zu  tun  haben. 

Hinzukomt,  dass  diese  art  der  Strophenbindung  auch  in  der  dich- 
tung  anderer  Völker  angetroffen  wird. 

Ich  will  nur  im  vorbeigehen  an  die  sogenante  malaische  form 
erinnern,  die  von  Ghamisso  bekant  gemacht  ist. 

Wichtiger  ist ,  dass  auch  der  provenzalischen  und  altfranzösischen 
dichtung  diese  künstelei  nicht  ganz  fehlt. 

Zunächst  erinnere  ich  an  ein  gedieht  Bernarts  von  Ventadour 
(Mahnl,  39,  XXII).  Dies  gedieht  besteht  aus  sechs  Strophen  mit 
einem  geleit.  Das  strophenschema  ist  a  b  a  b  a  b  a  b  b.  Alle  zwei  Stro- 
phen tritt  reimwechsel  ein.  Aber  dies  in  der  weise,  dass  die  zweite 
gruppe  (str.  3  und  4)  den  zweiten  reim  der  ersten  (str.  1  und  2),  also 
den  reim  b,  als  ersten  reim  (a)  aufweist.  Dasselbe  gilt  von  der  drit- 
ten gruppe  in  ihrem  Verhältnis  zur  zweiten.  Darnach  verhält  sich 
gruppe  1  :  gruppe  2  =  gruppe  2  :  gruppe  3.* 

Strophenbindungen ,  sowol  durch  widerkehr  derselben  reime  in 
zwei  resp.  drei  zeilen  an  denselben  strophenstellen  als  auch  durch  die 
künstelei,  von  der  hier  die  rede  ist,  finden  sich  bei  Simons  Daatin 
(Mätzner,  altfranzösische  Lieder  XXII).    Es  verhalten  sich  hier 

1  1 

Str.  2  :  Str.  3  =  Str.  1  :  Str  2.     Str.  1  :  Str.  3  =  Str.  3  :  Str.  2. 

1)  Bükantiich  findet  sich  das  gesetz  der  dreiteiligkeit  des  liedes  ansserordeat- 
lich  häufig  in  der  altfranzösischen  poesie  angewant. 

2)  Eine  ähnliche  künstelei  ist  die  ablösung  der  reime  im  Provenzalischen,  die 
Bartsch  a.  a.  o.  s.  182  fgg.  behandelt. 


k5bnbr  339 

Terzeiehnls  d<9r  aasführlieher  behandelten  gedlchte« 

AI  brecht  von  Johansdorf  MF  94,  15:  II  D  a  6. 

Christian  von  Hamle  HMS  I  112  1  I.     B.  L.  XXXÜ,  1:    I  B  7;    HMS  I  112  II. 

B.L  XXXII,  34:  IB3. 
Dietmar  von  Aist  MF  34,  19—35,  15:    II  B  a  ^  14;    37,  30—38,  31:    II  D  a  15; 

88,  32—39,  17:  UBacl;  39,  30-40,  10:  II  A  a  7. 
Friedrich  von  Hausen  MF  45,  1—45,  36:   II  D  f  1;   45,  37:  II  D  a  8;   52,  37  — 

53,  30  nDa7. 
Gottfried  von  Neifen  11,  6:  I  C  b  1;    15,  6:  VI  B  a  1;    27,  15:  U  D  h  1;   29,  36: 

n  F  a  /9  26;  34,  26;  I  C  a  1;  37.  2:  H  B  a  «  14. 
Hartmann  von  Aae  205,  1  —  206,  9:  IVB  1;  207,  11:  II  D  a5;  211,  35—212,  12: 

n  A  a  10. 
Keinrich  von  Morungon  MF  130,  31 :  II  B  a  et  20. 
Heinrich  von  Rugge  MF  109,  36— 110,  25;  II  C  1. 
Heinrich  von  Veldeke  MF  59 ,  23 :  I  A  a  6. 

Hetibold  von  Weiasensee  HMS  II  25  VIII.    B.  L.  XCm  13 :  II  B  a  «  17. 
Hohenbnrg,  von,  HMSI34V.    B.L.XIX,25:  IIBa«15;  HMSI34VI:  UBa/9  15. 
Konrad  von  Kirchborg  HMS  1  24  II.    B.  L.  LXXXV,  33:  I  B  6. 
traft  von  Toggenburg  HMS  I  21  HI :  II  D  a  1. 
Otto  von  Boteulauben  HMS  1 27  HI :  II  B  a  «  6. 
I^inmar  der  Alte  MF  152,  15  +  s.  291  E  338:  H  A  a  8;  154,  32:  I  A  8;  158,  1  — 

30:nBaa7;    164,  12 -29:  H  A  a  9;    166,  16— 167,  30:  III  D  2;   176,5: 

nFaa5;  180,  1—27:  HBay  5;  187,  31  —  189,  4:  VI  üal;  191,  7  —  33: 

n  B  b  a  4. 
Rubin  HMS  I  811  H:  H  D  c  2. 
Rudolf  von  Fenis  MF  81,  30—82,  25:  H  F  b  /9 1. 
•Patinh&nser  HMS  H  91 IX:  H  B  a  y  2. 
Ulrich  von  Gutenberg  MF  77,  36:  II  D  g  1. 
Ulrich  von  Lichtenstein  443,  1:  I  C  b  2;  563,  1 :  U  D  b  1. 
Ulrich  von  Singcnberg  HMS  I  290  IX.    WR  222,  4:  II  B  a-y  14. 
Walther  von  der  Vogelwoide  36,  11:  H  E  b  1;  45,  37:  I  B  1. 


Inhalt. 


Soite. 

1-    Oedichte ,  deren  atrophen  durch  köraer  gebunden  sind 59 

A  Gedichte,  deren  sämtliche  stropheu  durch  kömer  gebunden  sind 59 

a.  Durch  ein  kom 59 

b.  Durch  ein  seinerseits  mit  einem  refrain  gebundenes  körn  60 

B.  Gedichte,  deren  Strophen  mit  ausnähme  einer  einzigen   durch   korner 

gebunden  sind 61 

G.  Gedichte,   deren  sämtliche  stropheu  zu  je  zweien  durch  verschiedene 

kömer  gebunden  sind 65 

a.  Durch  ein  kom 65 

b.  Durch  so  viel  komer  als  die  strophe  zeilou  hat  6G 

B.  Gedichte,  in  denen  nur  einige  strophen  durch  körner  gebunden  sind....  68 

*^  Gidiehte,  deren  strophen  dadurch  gebunden  sind,  dass  dieselben  reime  in 

lihrggen  IhreraeitB  mit  einander  gebundenen  zeilen  widerkehren  68 

22* 


340  oiSKfi 

A.  Gedichte ,  deren  sämtliche  atrophen  gebunden  sind 4S8 

a.  Durch  widerkehr  derselben  reime  in  zwei  Zeilen €8 

b.  Durch  widerkehr  derselben  reime  in  drei  Zeilen 70 

c.  Durch  widerkehr  derselben  reime  in  vier  Zeilen  71 

B.  Gedichte,  deren  strophen  mit  ausnähme  einer  einzigen  gebunden  sind  71 

a.  Durch  widerkehr  derselben  reime  in  zwei  Zeilen 71 

a.  Die  schlussstrophe  nimt  an  den  bindungen  nicht  teil 71 

/?.  Die  zweite  strophe  nimt  an  den  bindungen  nicht  teil  .f..     7i 

y.  Die  erste  strophe  nimt  an  den  bindungen  nicht  teil 77 

J.    Verbindung  von  a  und  ß 79 

€.    Verbindung  von  «,  ß  und  y 80 

b.  Durch  widorkehr  derselben  reime  in  drei  Zeilen  ..•    80 

a.  Die  schlussstrophe  nimt  an  den  bindungen  nicht  teil BO 

/?.   Die  zweite  strophe  nimt  an  den  bindungen  nicht  teil  211 

y.  Die  erste  strophe  nimt  an  den  bindungen  nicht  teil 212 

c.  Verbindung  von  a  ß  und  b  ß 212 

d.  Durch  widerkehr  derselben  reime  in  vier  Zeilen 212 

a.   Die  schlussstrophe  nimt  an  den  bindungen  nicht  teil  212 

ß.   Die  erste  strophe  nimt  an  den  bindungen  nicht  teil 213 

C.  Verbindung  von  A  und  B ^  213 

D.  Gedichte,  in  denen  entweder  sämtliche  strophen  oder  alle  mit  aus* 
nähme  einer  einzigen  zu  je  zweien  oder  dreien  in  verschiedener  weise 
gebunden  sind .-  213 

a.  Durch  widorkehr  derselben  reime  in  zwei  zeilen  213 

b.  Durch  widerkehr  derselben  reime  in  drei  zeilen  --  218 

c.  Verbindung  von  a  und  b  ^ —  219 

d.  Durch  widerkehr  derselben  reime  in  vier  zeilen  —  220 

e.  Verbindung  von  a  und  d  220 

f.  Verbindung  von  b  und  d  .-220 

g.  Widerkehr  derselben  reime  in  je  drei  und  sechs  zeilen  221 

h.   Widerkehr  derselben  reime  in  allen  zeilen -  -  221 

E.  Fünf-  und  mehr  als  fünfstrophige  gedichte,  in  denen  nur  einige,  jedoel^ 
mehr  als  zwei  strophen  zu  je  zweien  oder  dreien  in  verschiedener  weis^^ 
gebunden  sind -  -  ^ 

a.  Durch  widerkehr  derselben  reime  in  zwei  zeilen - ...  223 

b.  Durch  widerkehr  derselben  reime  in  drei  zeilen --  2^ 

c.  Verbindung  von  a  und  b -  •  ^ 

d.  Durch  widerkehr  derselben  reime  in  je  zwei  und  vier  zeilen ^  ^  •  ^ 

F.  Vier-  und  mehr  als  vierstrophige  gedichte,  in  denen  nur  zwei  strophe :^^ 
gebunden  sind •  —•  ^ 

a.  Durch  widerkehr  derselben  reime  in  zwei  zeilen  ^  —  ^ 

«.   In  vierstrophigen  gedichten —•  \^ 

ß.   In  fünfstrophigen  gedichten — -  ^ 

y.  In  sechsstrophigen  gedichten  — -  ^^ 

J.  In  siebenstrophigen  gedichten -^  *  ^ 

b.  durch  widerkehr  derselben  reime  in  drei  zeilen  -*-•  ^^ 

«.  In  vierstrophigen  gedichten ^  "  «jj 

ß.  In  fünfstrophigen  gedichten ^— .•^«»<^'  ^  ^1 

y.  in  sechsstrophigen  gedichten  -•^••.«..•^-•mmmmwmmmm^^^ 


KÖBNBB  841 

Seile. 

e.   Verbindong  von  a  and  b   234 

d.  Barch  widerkohr  derselben  reime  in  vier  zeilen  234 

Verbindang  von  I  und  n  234 

i.  Verbindung  von  lA  und  II  A 234 

B.  Verbindung  von  I  A  und  IIB 235 

3.  Verbindung  von  I  B  und  11 B 235 

D.  Verbindung  von  I  D  und  II  D  235 

E.  Verbindung  von  I  D  und  II  E 236 

P.   Verbindung  von  ID  und  IIP 236 

ledichte,  deren  Strophen  paarweise  durch  an  verschiedenen  strophi>nstel- 
en  widcrholte  reime  dergestalt  gebunden  sind,  dass  durch  diese  bindun- 
^en  die  Strophen  zu  einander  in  ein  bestimtes  Verhältnis  treten  237 

i.   Dreistrophige  gedichte  237 

B.  Vierstrophige  gedichte  237 

2.   Pünfstrophige  gedichte 238 

[).   Sechsstrophige  gedichte 240 

B.   Siebenstrophige  gedichte  240 

V^erbindung  von  I  und  IV  241 

L  Verbindung  von  I  A  und  IV  241 

B.   Verbindung  von  I D  und  IV  241 

V^erbindung  von  11  und  IV 242 

L   Verbindung  von  n  B  und  IV 242 

B.  Verbindung  von  HD  und  IV 243 

a.  Verbindung  von  HD  a  und  IV 243 

b.  Verbindung  von  11  D  c  und  IV 244 

c.  Verbindung  von  II  D  e  und  IV 245 

C.  Verbindung  von  II  E  und  IV  246 

a.  Verbindung  von  II  E  a  und  IV 246 

b.  Verbindung  von  11  E  c  und  IV 330 

c.  Verbindung  von  II  E  d  und  IV 330 

D.  Vorbindung  von  II P  und  IV  331 

a.  Verbindung  von  n  P  a  a  und  IV 331 

b.  Vorbindung  von  II  P  a  /?  und  IV  331 

c.  Verbindung  von  II  P  a  y  und  IV 332 

d.  Verbindung  von  n  P  a  d  und  IV 332 

Verbindung  von  ni  und  IV  334 

L  Verbindung  von  HIE  und  IV 334 

B.  Verbindung  von  m  P  und  IV 334 

LÜBECK.  H.   GISKE. 


DAS  VERBUM  UND  NOMEN  IN  NOTKERS 

ARISTOTELES. 

Ebenso  abgeschlossen  und  einheitlich  wie  im  Boethius*  und 
Capeila  ^  ist  die  spräche  auch  in  den  aristotelischen  abhandlungen 
yuxrtiyoQiai  und  /ibqI  fQ^rpfeiag.  Weder  beim  ablaut  noch  im  wurzel- 
auslaut  zeigen  die  starken  verba  irgend  welche  Verschiedenheit  Der 
stamauslaut  der  langsilbigen  verba  der  1.  sw.  conjugation  ist  im 
praet.  auf  gleiche  weise  behandelt.  Eine  Ungleichheit  findet  sich  Ober- 
haupt nur  wider  bei  den  kurzsilbigon  verben  dieser  klasse,  indem  sie 
im  praes.  liquida  teilweise  verdoppeln.  Die  flexion  des  verbums  zeigt 
ebenso  wenig  eine  abweichung  wie  die  tempusbildung.  Volständig 
gleich  ist  auch  die  nominalflexion.  Bei  grifel  und  hitnel  findet  sich 
nur  die  bildungssilbe  -el-;  fogd  und  wchsel  belegen  daneben  wie  im 
Boethius  und  Capella  auch  -aU.  In  einzelnen  fällen  rührt  dieser  Wech- 
sel ohne  zweifei  von  den  Schreibern  her,  welche  die  S.  Galler  Codices 
818  und  825  copierten.  B  sezt  fogales  418**  18,*  toelisal  416*  16; 
433'  29  gegenüber  fogeles,  wehsei  in  A.  Meistens  war  aber  -oZ-  neben 
-cZ-  bereits  in  der  vorläge  vorhanden,  aus  welcher  die  uns  erhaltene 
volständige  und  die  unvolständige  abschrift  der  kategorien  usw.  stammen. 

Beide  stimmen  in  äusserlichkeiten  und  Schreibfehlern  zusammen : 
386'  15  vemumste  B,  A  vernumste,  397'  6  eeadem  B,  A  (Badetn^ 
398'  1  siehe  B,  A  siehe,  415'  9  secühe  B,  A  sealhcy  389'  13  hohso 
B,  A  h  ausgekrazt,  393^  22  So  B,  A  Si  (i  auf  rasur  von  o)  usw.  Da 
aber  weder  B  aus  A ,  noch  A  aus  B  geschrieben  sein  kann  ,^  so  muss 
angenommen  werden,  dass  beide  unabhängige  abschriften  eines  codex 
sind.     Nur  ist  B  ungleich  sorgfältiger  copiert  als  A. 

Auch  üe,  das  in  trüege  389**  22.  25.  trüegm  389**  21.  gniiege 
418'  13;  442**  32;  445**  28.  gnüegiu  419'  17.  süeziu  424**  4.  sOesi 
436'  5.  30;  436**  22.  süeze  436'  5.  30.  gnüegta  426'  20.  gchde- 
zenm  434'  9.      unspä^te  435**  13.      ehAelin  445**  11.      srrä^ie449' 

1)  Das  Terbnm  und  nomen  in  Notkors  Boethius.  Sitzungsberichte  der 
V^Tiener  Akademie.    Bd.  109,  s.  229  fgg. 

2)  Das  verbum  und  nomen  in  Notkors  Ca])ella.  Zcitschr.  für  deutsches 
Alterthnm.    Bd.  18. 

3)  Die  citate  beziehen  sich  immer  auf  den  toxt  bei  H.  Hattemor,  Denk- 
mahle des  Mittelalters.  St.  Gallen  1844—1849.  3.  bd.  s.  377  —  526,  den  ich  mit 
codex  818  [A]  und  codex  825  [B]  der  St.  Galler  stiftsbibliothok  verglichen  habe 
Collationen  derselben  veröfTentlichten  £.  Stoinmeyor  in  der  Zcitschr.  f.  d.  a.  17, 
474—503,  P.  Piper  in  der  Zcitschr.  f.  d.  ph.  13,  322  —  337. 

4)  Vgl.  E.  Steinmeyer  in  der  Zcitschr.  f.  d.  a.  17,  451. 


KXLLS,  HOMSK  ü.  VERB.  IK  NOTKSBS  ABIS:^.  843 

12.  —   gnüegiu  419**  18  A.     süeeiu  466^  24  A.     spud  491*  37   A. 

stüende  494'  25  A   gesezt   ist,    sowie   ä,    das   in  brücJient  398**  36. 

rura  406"*  13.     hüte  414**  20.     rihtüm   449'  20.    —     gnügm  463' 

29  A     /ttee  465'  4  A.     gnüge  466**  34  A   begegnet,    waren   neben 

iio,  welches  in  analogen  wortern  ausschliesslich  gebraucht  ist,  bereits 

ia    der  vorläge   vorhanden.      Sie   würden   sonst   in   B   und  A   nicht 

ÜQxner  an  der  gleichen  stelle  erscheinen.    Dem  originale  waren  aber 

beide  fremd.    Ebensowenig  war  i,    welches  in  beiden  handschriften  in 

bildongs-  und  flexionssilben  häufig  für  e  geschrieben   ist,    im  urtext 

vorhanden.    Vielfach  rührt  es  von  den  Schreibern  der  S.  Galler  Codices 

ber,  die  dann  mitunter  von  einander  abweichen.    Aber  auch  in  der 

baudschrift,  welche  den  S.  Galler  copisten  vorlag,  war  es  bereits  gesezt. 

Und  lediglich  durch  das  häufige  vorkommen  des  irrationalen  i,  sowie 

durch  das  oft  gesezte  üe  scheidet  sich  die  Überlieferung  der  kategorien 

ns^r.  von  der  des  Boethius  und  Capeila.    Der  hauptsch reiber  des  Boe- 

thiuscodex  825  kent  dieses  i  nur  ganz  vereinzelt.    Geläufiger  war  es 

dem  Schreiber  des  blattes  88'**,    sowie  dem   copisten  des  metr.  IX, 

libx.  in  im  Züricher  codex  121/462.*    Auch  der  zweite  Schreiber  der 

Ca.pellahand8chrift  872  gebraucht  das  i  statt  e  nur  äusserst  selten.    Der 

erste  sezt  es  wol  etwas  häufiger,   aber  doch  bei  weitem  nicht  so  oft,* 

wl©  diejenigen ,  welche  die  kategorienhandschriften  herstelten.    üe  kent 

der  Capellacodex  gar  nicht,   der  Boethiuscodex  sezt  es  einmal,^   und 

einmal  steht  es  auch  in  dem  Boethiusbruchstück  in  der  Züricher  hand- 

schrift.* 

Sonst  ist  vokalismus  wie  consonantismus  völlig  gleich  überlie- 
fert Selbst  die  eigentümlichkeiten ,  welche  sich  im  Boethius  und  Capella 
finden,  begegnen  im  Aristoteles  wider.    Wie  dort  geht  üo  vor  ä,   auf 
das  ein  vokal  folgt,  in  u  über:  B  skuhe  179'  36.     C  geskuhe  334^  4.  — 
k  geäsuhel  446'  20.    i  wandelt  sich  vor  gutturalem   reibelaut  in  ic: 
B  UMe  33**  20;   47'  14;    58'  36;  —    88^  21;  —   129'  17;   134^  12; 
169*^  25;  194'  22;   205'  29;  —    243''  36.     liehti  129'  16;    146'  15. 
C  liehti  357**  8.     Uehto  364*»  4.  —     A  Uehl  421**  27.     liehto  486'  20; 
öOS*"  11.    Ursprünglich  langer  vokal  wird  verkürzt,   wenn  auf  densel- 
ben inlautendes  h  folgt:  B  diho^  spiho^  ziho,  faho  usw.    C  diho,  spiho, 
inll(iho,  fdho  usw.  —  A  bediho,  eiho,  fdlio  usw. 

Auch  hinsichtlich  der  formen  des  verbums  und  nomeus  stimmen 
die  handschriften  des  Boethius  und  Capella  ausnahmslos  mit  denen  des 

1)  S.  Das  verbüm  und  nomen  in  Notkers  Boethias.   s.  246. 

2)  S.  Das  verbum  und  nomen  in  Notkers  Capella. 

3)  wiwde  214«  27. 

4)  fkeret  131 «  3. 


844  KELLE 

Aristoteles  zusammen.  In  der  Wortbildung  zeigt  sich  nirgends  ein 
unterschied.  Vielmehr  finden  sich  für  Boethius  und  Gapella  charak- 
teristische bildungen  auch  wider  im  Aristoteles:  B  langseim  118**  30; 
185'  16;  190**  14;  234'  2.  langseimi  88'  22.  C  langseim  292'  10; 
368'  26.     langseimi  274'  18.  —  A  langseimi  406**  23  B. 

Es  ist  selbstverständlich,  dass  sich  die  verschiedenen  Schreiber 
derselben  darüber  nicht  verständigt  haben  können.  Aber  auch  ihre 
mittelbaren  und  unmittelbaren  Vorgänger  können  diese  einheit  in  lauten 
und  formen  nicht  hergestelt  haben.  Die  völlige  und  alseitige  gleich- 
heit ,  welche  zwischen  Boethius  und  Capella  einerseits  und  Aristoteles 
anderseits  herscht,  muss  also  in  den  urtexten  derselben  ihren  gmnd 
haben.  In  diesen  müssen  durchweg  die  gleichen  laute  und  formen 
gestanden  haben,  und  wo  selbe  in  den  erhaltenen  copien  nicht  vor- 
handen sind,  da  haben  die  verschiedenen  Schreiber  meist  unwilkürlich, 
ihrem  dialekte  oder  schreibgebrauche  folgend,  geändert. 

So  wenig  aber  wie  durch  laute  und  formen  sind  die  drei  werke 
durch  den  stil  und  wortvorrdt  geschieden.  Sämtliche  starken  verba, 
welche  in  der  Übersetzung  des  Aristoteles  i^orkonmien,  begegnen  auch 
in  der  Verdeutschung  des  Boethius  und  Capella  mit  ausnähme  von  bilgo 
(er-hilgo),  hillo,  shroto,  fer-slizo,  ge-waho.^  Von  den  schwachen  Ver- 
ben, welche  im  Aristoteles  belegt  sind,  fehlen  im  Boethius  und  Gapella 
nur:  ir-bleiehen,  er-blinden,  ehalten,  ehüolo,  fer-misso,  siecfUn,  be- 
skero,  smeccho,  trtiren.  Grösser  ist  die  anzahl  der  substantiva  und 
adjectiva  des  Aristoteles,  welche  im  Boethius  und  Gapella  unbelegt 
sind:  azäse,  bloh,  bog,  brüh,  atiaburte,  chempfo  (füst-,  chnuttd- 
ehenipfo),  wider-eheta,  darba,  dolunga,  ehm,  fald,  fehtare^  fiera^  gram- 
matihy  leger ^  ge-leiche,  under-merche ,  minnerunga,  muUe,  offenunga, 
parla,  riga,  r ingare,  rog,  sag,  sinnelosi,  sJcalta,  skeituftga,  ge-skirrej 
sTcröt,  sleifa,  sjyait,  sjy^'eid,  stoUo,  sundera^  sundertgt,  svarzi,  toarieda^ 
er-worteni;  anderlih^  ä-bolgigj  wider-cJtettg  ^  chcUo,  ditUisc^  einlik, 
drio-,  sveio- einig,  ä-gezely  ge-nam^  goreg,  meistig^  olang^  sktn, 
euhtig. 

Der  hauptgrund ,  warum  eine  reihe  von  Wörtern  im  Boethius  und 
Gapella  gegenüber  Aristoteles  nicht  gebraucht  ist,  liegt  indes  nicht  in 
der   deutschen  Übersetzung,   sondern  in   dem   lateinischen  texte.     Es 

1)  Dass  hieboi  jene  simplicia  des  Aristoteles  ebenso  wenig  in  betracht  kom- 
men, welchen  im  Boethius  oder  Capella  ein  compositum  gegenüber  steht,  als  wie 
jene  composita  desselben,  denen  im  Boethius  oder  Capella  das  simplex  oder  ein 
anderes  compositum  entspricht,  ist  selbstverständlich.  Aber  auch  abstracta  wie 
dvrunibi,  eifert  usw.  können  für  Boethius  und  Capella  nicht  als  unbekant  gelteo. 
da  dort  die  ihnen  zu  gründe  liegenden  adj.  chrumb,  eifer  usw.  Torkommen. 


NOHBN  U.  VXBB.  IN  KOTKSBB  ASIST.  845 

finden  ddi  n&mlicli  in  den  kategorien  namentlich  zahlreiche  substantiva 
und  adjectiva,   welche  in  folge  des  ganz  anderen  Inhaltes  in  den  wer- 
ken de  cODSolatione  und  de  nuptiis  nicht  vorkommen :  accubütis  —  leger, 
Keubitus,  tricuMtus  —  drio-,  zveio -einig,   contradictio  —  widercheta, 
cimtradictarius  —  underchetig,  contus  —  skalta^  corruptio  —  warteda, 
eneorteni,  cubitus  —  dna,  dementia  —  sinnelosi,  deminutio  —  min- 
nerunga,   grammatica  —  grammatthy   hircus  —  bog,    linea  —  riga, 
madius  —  mutte,  sag,  nigredo  —  svarzij  plica  —  fdld^  palestricus  — 
ringare,  pugiUator  —  chempfo  (chnuttd-,  füst-clienipfo),^  quadratum 
—  fiera,  tunica  —  rog  usw.    Und  ans  dem  charakteristischen  Inhalte 
der  kategorien  erklärt  sich  auch,  warum  wir  eine  grosse  zahl  von  ver- 
ben,  Substantiven  und  adjectiven  überhaupt  nur  aus  der  Übersetzung 
derselben  kennen.    Dass  umgekehrt  eine  menge  von  Wörtern,   welche 
im  Boethius  und  Gapella  vorkommen ,   im  Aristoteles  nicht  belegt  ist, 
folgt  abgesehen  von  dem  verschiedenen  Inhalte  der  drei  werke  schon 
«18  dem  gan^ ungleichen  umfange  derselben. 

Nicht  selten  sind  ferner  lateinische  ausdrücke,  welche  gemein- 
sam im  Boethius  und  Gapella,  sowie  im  Aristoteles  begegnen ,  mit  einem 
gemeinsamen  deutschen  widergegeben.  Und  die  gleichen  deutschen 
tnsdrficke  finden  sich  selbst  in  solchen  fällen,  in  denen  alle  anderen 
Ai.  quellen  das  betreffende  lateinische  wort  anders  widergeben.  Im 
BoeUiius  und  Aristoteles  ist  aequalis,  inaeqtmUs  mit  gcmäze^  tmgemäze 
(B34*26  und  A  411^*  19;  412' 23;  —  411^  20;  412'  24;  417**  11.  12), 
iefmOio  mit  notmez  (ß  148'  21;  149'  1  und  A  443*»  10.  15.  32),  deß- 
m  mit  gnotmezon  (B56'  31;  88'  15  und  A  406**  28;  426**  17), 
»uperabundantia,  affluentia  mit  urguse  (B  72'  32  und  A  457'  26), 
säeiUia,  ignorantia,  inscitia  mit  chunna,  unchunna  (B  15**  4  und 
A  433'  16.  20;  433**  6;  —  417'  18)  übersezt.  Im  Capeila  und  Ari- 
stoteles wird  par  et  impar  durch  gerad  unde  ungerad  (C  323**  4; 
326'  22;  —  322**  30;  323'  10;  325'  21  und  A  413**  31;  448'  28;  — 
413^*  31;  448'  29),  vena  durch  ida  (C  266'  24;  269**  22  und  A  401** 
2.  6)  verdeutscht. 

atahafto,  ge-luheda,  ordena,  dri-skoz,  ge-spirre,  unge-wändo  kom- 
men überhaupt  nur  im  Boethius,  Gapella  und  Aristoteles  vor.  Eine 
anzahl  anderer  Wörter  ist  nur  im  Boethius  und  Aristoteles  oder  ;iur 
im  Gapella  und  Aristoteles  belegt.  So:  int-änon,  barlicho,  zm^heine, 
ana-chameni^  chunna  (un-chunna),  not- folgig,  aba-gän,  ur-guse,  wihte- 
Hh,  ge-mäze,  not-mez,  ge-reichön,  sketer,  zeigunga,  —  chunnig,  hirmo, 

1)  Boethias  176^  1:  fermalUa  er  siJi  ringcnnes,  so  htez  er  graece  pcHestri- 
eaiOT,  fermMa  er  sih  fehtennes  mit  demo  chnutteh ,  so  hiez  er  pugü. 


846  SELLB 

ida,  name-Us,  ge-rad  (unge-rad),  rüora^  un- spaltig.  Daraas. 
uns  diese  Wörter  anderwärts  nicht  überliefert  sind ,  kann  selbstver 
lieh  nicht  gefolgert  werden,  dass  dieselben  insgesamt  sonst 
gebraucht  worden  sind.  Es  ist  aber  dadurch  wenigstens  be^ 
dass  alle  den  übrigen  ahd.  denkmälern  nicht  so  geläufig  waren 
Boethius  und  Aristoteles  einerseits ,  sowie  Capella  und  Aristoteles  i 
seits.  Und  dadurch  werden  sie  zu  einem  charakteristischen  mc 
far  Boethius  und  Capella  sowie  für  Aristoteles.  Der  nahe  zusai 
hang  von  Aristoteles  und  Capella  wird  auch  durch:  ekka,  lu 
g-rehtiy  ana-^  unana-sthtig ,  wendig  dargetan.  Denn  dass  die 
ausserdem  noch  in  den  psalmen  begegnen,  berührt  das  verhältni 
Capella  und  Aristoteles  nicht.  Es  lässt  sich  daraus  nur  eine  ¥ 
beziehung  beider  zu  den  psalmen  erkennen.  Auch  Boethius  ha 
anzahl  Wörter  mit  den  psalmen  geraein.  Und  nicht  bloss  mit 
berührt  sich  Aristoteles,  g-nötmezön  steht  in  der  bedeutung  d 
nur  im  Boethius  und  Aristoteles.  Das  simplex  nötmezon  ist  in 
selben  sinne  auch  de  syllogismis  gebraucht,  zeiga  steht  sowol  Bo 
und  Aristoteles,  als  auch  de  syllog.  Ebendort  steht  g-toissön 
wider  im  Capella  und  Aristoteles  verwendet  ist.  Andere  denk 
kennen  sie  nicht. 

ünbelegt  ist  sonst:  allelih,  ohenahtig,  rertOy  ge-frahtede 
gleich  anderen  in  Übereinstimmung  mit  Aristoteles  im  Boethiu; 
Capella  einerseits,  in  den  psalmen  anderseits  erscheinen.  Nur  au 
sen  vier  quellen  sind  die  Zusammensetzungen  mit  -iKilng  (fast- 
Boethius;  sloz-h<ihig.  Capella;  zesamiiie-hahig,  Aristoteles,  Boc 
psalmen)  bokant.  Zahlreich  sind ,  was  anderwärts  erörtert  werden 
die  Wörter,  welche  nur  in  den  psalmen  pind  im  Aristoteles  get 
werden:  ana-burtj  ehalten,  chüolOy  darha^  dolunga^  grammati) 
lim^  offetiunga,  porta,  reccheda,  reht-sktUdig  ^  spaU,  trüren  usw. 

Dass  aber  in  den  drei  Übersetzungen  gleiche  ausdrücke  \ 
selbst  für  solche  lateinische  Wörter  gebraucht  werden,  welche  alle 
gen  ahd.  quellen  anders  verdeutschen,  ist  nur  möglich,  wenn  si 
einem  gemeinsamen  Verfasser  herrühren.  Nur  wenn  alle  drei  den 
liehen  autor  hatten,  können  ferner  widerholt  solche  Wörter  vorkoi 
welche  den  anderen  ahd.  denkmälern  wenigstens  nicht  geläufig  i 
Der  Wortvorrat  weist  also  die  annähme  zurück,  dass  verschii 
gleichzeitig  an  demselben  orte  lebende  und  aus  derselben  g 
stammende  personen  sich  der  gleichen  laute  und  fonnen  bedi 
Yiehnehr  miua  snoh  die  ideiohheit,  welche  die  drei  werke  ii 
■er  bf  ecUbt  werden ,  dass  dieselbe 


HOMBH  U.  VXBB.  IN  NOTKBBS  ABIST.  347 

son,  welche  Boethias  und  Capella  verdeutschte,   Aristoteles  übertra- 
gen hat.  ^ 

V  E  R  B  U  M. 

L 

Starke   eonjugation. 

A.    Tempusbildung. 
1.  Ablautende  verba. 
L     1.  btro  (g€'hiro)y    bricho,    chido  (in-  [en-],*    mder-chido), 
diumo  (be-j  nahnihumo),  fligo,  gibo  (ge-gibo),  ij3o,  jiho  (ge-jiho),  liso, 
*»w,  nimo  (aba-,  fer-y  ge-,  misse-^  under-nimo),  ge-nisoj  siho  {ana-, 
9^siho)^  ge-shihoj  spricho  (anage-,  6e-,  ge-,  sesamine-spricho),  zinio^ 
fer-nrOy  —  ligo  (ge'Ugo)^  sizzo,  —  bristo, 

2.  praet.  ind.  sing.  1.  3.  a:  chad,  geskah,^  sah,  was,  —  S2)rah. 

3.  praet  ind.  plur.,  conj. ,  2.  sing,  ä;  belege  s.  unten. 

4.  pari  perf.  a)  o:  anagesprochen ,*^  besprochen,  chonien,  ferno- 
^nm,  geboren,  gesprochen,  undernonien.  Irrig  mit  ausfall  des  vokales: 
ferzom  400*  27.  geborn  437*29  B;  s.  unten;  b)  e:  gegeben,  genesener, 
geskekenj   —  gelegeniu.    Von  gejiho  steht  gejegen  394**  26. 

5.  Der  vokal  des  präsensstammes  wird  mit  ausnähme  von  ligo, 
süeo  im  ind.  plur.  usw.  gebrochen.  Belege  ergeben:  anasiho,  biro, 
gmmo,  gesiho,  geskiho,  gibo,  inchido,  jiho,  nimo,  siho,  spricho.  Von 
chwm  steht  chonient^  —  bechoment,  nähchomenteyi. 

II.  1.  bilgo  (er-bilgo),  billo^  ge-,  zesaminege-bindo ,^  birgo,  ge- 
dringoy  dmngo,  findo  (in-findo),  gilto,  be-,  in-ginno^  hillo  {ge-,  misse- 
Wfc),  ge'limfo,  ringo,  hina-rimw,  shrindo,  ztioge-slingo ,^  stincho, 
^^BmmOj  g-winno,''  wirdo  (ir-mrdo),^  wirro, 

1)  Ohne  einen  beweis  beiziibriiigcn ,  sagt  Wackornagel,  Dio  vcrdionsto 
^  Schweizer  nm  die  deutsche  litteratur.  20 " :  „Vom  Boethius  hat  ein  andrer  dio 
■^  enten  bücher  übersezt,  ein  andrer  (üo  drei  lozten  und  zugleich  don  Capella; 
^>d«r  ein  andrer  den  Aristoteles.*' 

2)  ff»- =■  tn^  steht  ausschliesslich  bei :  in-chan,  in-falw,  in-faro,  in-findo, 
^'fimäeiütk.  Bei  in- chido  findet  sich  neben  in-  abgeschwächtes  cii-.  int-  begeg- 
*^  mr  bei  M-dndti. 

3)  haeah  487  *  21  A ,  B  Icesah  Schreibfehler. 

4)  getgfochen  441^  22  A,  B  gcsprogen  Schreibfehler. 

6)  MMominMndU  400*  6  A,  B  zesamenebendit  Schreibfehler. 
Q  ä^geOmtgen  582^  2  A.    zügeslungenis  522^  9.  25  A  Schreibfehler. 
f)  Vor  W  fehlt  das  e  der  partikel  stets  bei:  g-ioinno,  g-tvis  (g-wisser,  g-wis^ 
**»  f'Wkto,  g*wi88Ö8t),  g-wisheit,  g-ioudicfio ,  g-mssön,   —   ge-tvis  403^  20 
1^  Ul  ^wUair  404*  17.    ge-wissoten  407  ^  16  gehören  dem  Schreiber  an. 
'JÜ^'lBif^  TOCBilbe  tr-  findet  sich  noch:    ir-hl^icMn,  ze-ir-gango,  ir -roten, 


848  KStLB 

2.  praet.  sing.  1.  3.  a:  gelamf,  toardj  —  fant. 

3.  praet.  ind.  plur.  usw.  u;  belege  s.  unten. 

4.  part.  perf.  a)  u:  funden,^  gebunden,  gedrungen,  ingunfm, 
züogeslungen.    b)  o:  erbolgen,  warten. 

5.  Im  praes.  ind.  plur.  usw.  belegen:  billo,  erwirdOy  gehiBoj 
wir  da  den  vokal  c.    werdet  517^  19  A  ist  Schreibfehler. 

Ein  verbum  lässt  m  für  i  eintreten:  svummendee  461^  38  A; 
461^  9  A.    Für  gwinnet  380»  33  A  sezt  B  gvunnet. 

DI.  1.  grtfo  (he-,  misse-,  umbe-grifo),  Udo,  fer-mido,  under- 
rizo,  sJdnOj  sTcriho  (ge-sJcribo),  fer-sUzo^  fer-sntdo,  strito,  svino,  tribo^ 
tvicho  und  mit  verkürztem  wurzelvokal  be-dtho^  ziho  (fure-^  ge-mko). 

2.  praet  ind.  sing.  1.  3.  ei:  sTcreib.  —  Vor  h  contrahiert  in  i: 
bedeh  446»  28. 

3.  part.  perf.  i:  (ersitzen,  geskriben,  underrizen;  d  wandelt  ach 
in  t:  fersnäen  517»  28  A.  f  wird  verdoppelt:  begriffen  386»  11; 
504»  14  A. 

rV.  1.  chiusOf  diuzo  (üz-diuzo),  fliugo^  Hugo  (ge-ltugo),  fer- 
sJduzo,  triugo  (be-trtugo). 

2.  part.  perf.  o:  betrogen  ^  gelogen. 

3.  praes.  ind.  plur.  usw.  steht  die  brechung  ie.  Belege  ergeben: 
chiuso,  diuzo,  fliugo,  Hugo,  triugo.  —  fUgen  384»  5  und  in  A  Msen 
512»  32.  ferskizent  461^  30.  fligendez  461»>  9.  üztizen  461»  33.  - 
liuge  486»  7  sind  Schreibfehler. 

V.  1.  a)  er-,  uber-hevo,  skepfo^  (/er-,  ge-skepfo);  b)  faro  (er- 
fer-,  in- faro),  lado  (ana-lado),  aba-,  uber-slaho,  trago  (f er- trage),  ge- 
waho,  waliso,  —  stände  (be -stände). 

2.  praet.  ind.  sing.  plur.  usw.  üo:  fiior,  gewüog ,  uberMA 
Belege  für  den  plur.  s.  unten.  —  trüege  389^  22.  25.  trüegin  389 Ml. 
stAende  494»  25  A  gehören  dem  schreibor  an. 

3.  part.  perf.  a:  erfaren,  erhavenez,  ferskaffen,  geshaffen.^  Mit 
ausfall  des  e  der  endung:  ferfarnen  476»  22  A.  —  fervarenen  402** 24 
ist  Schreibfehler. 

4.  faro,  trago  und  comp,  werden  in  der  2.  und  3.  praes.  ifli 
sing,  umgelautet;  belege  s.  unten,  wahso  bleibt  unumgelautet:  uHAsä 
463»  25.  35  A. 

5.  Neben  stando  besteht  stän;  s.  unten. 

ir-mrdo.    In  der  regel  steht  er:  er-hügo,  er-hlindin,  er- faro,  er-gango,  er-Ä««' 
er-wego,  er-wendo,  er-worteni. 

1)  fände  499*  22  A  Schreibfehler 

2)  skepfet  419»»  24.  —  skeffenne  486*  28  A. 

3)  ferskafen  487»^  10  A.    geskaffen  419»*  25.  30  B,  A  geskafen  Schreibfehler. 


MOMEN  V.  YKBB.  IM  NOTKERS  ABlSl*.  349 

2.    Bedapllelerende  verba. 

L    1.  l&go  (forc',  ge-lägo),  räto  und  mit  verkürztem  wurzel- 
Tokal:  fciho  {fet-^  ge-,  in-,  misse -faho).^ 

2.  praet.  ind.  sing.:  foreltee. 

3.  part  perf,  d:  gd&zen,  —  gefangen,  infangen. 

TL    1.   faldo^  ge-faüo^*  halto  (ge-hdlto)^  spälto,  —  gango  (er-, 
te-,  eeir-gango).^ 

2.  praet.  ind.  plur.  usw.;  belege  s.  miten. 

3.  part  perf.  a:  gehalten,  —  ergangen ^  gegangen,  eeir gangen. 

4.  Neben  gango  besteht  gän;  formen  s.  miten. 

in.    1.   heizo  (ge-hdeo)  ,^  skeido  (jfe-,  under-skeido). 

2.  praet  ind.  sing.:  hie^f. 

3.  part.  perf.  ei:  geheieen,  gesJceiden^  underskeiden. 

rV.    1.  loufo  (dana',  fer-j  züo-loufo),^  skroto  (fer-skröfo),  stozo. 

2.  praet  ind.  sing,  ie:  stiez. 

3.  part  perf.  o:  ferskroten. 

B.    Flexion. 

1.    Praesens. 
1.  Ind.     1)  sing.  1.  ps.  o:  chido,  fligo,  fordäzo,  gibOy  heizo. 

2)  2.  ps.  6-^:  findest^  sthesty  sprichest,  wirdest.    Ausschliesslich 
rteht  contrahiertes  ehist.  —  chidis  390*  18  gehört  dem  Schreiber  an. 

3)  3.  ps.  e-t:  beginnet  y  hegrifet,  hilget,  hirety  birget,  hrichet, 
^^iskty  chidet,  chumet,  dancdoufet,  dvingä,  fahet,  feret,  ferfaJiet,  fer- 
^'«rf,  ferzirety  findet,  furezihet,  gefallet,  gehillet,  gdimfet,  gesihet, 
Mciket,  gibet,  giltetj  gunnnd,  heizet,  infahd,  inferd^  infinddy  irtoir- 
^,  iezdy  jihet,  lidety  ligd,^  liugdj  loufd,  mizet,  missegrifet,  misse- 
^üktf  missenimdy  ntmet,  ringet^  sihety'^  sizzet,  skeidd,  skepfet^  sMnet, 
•fciWrf,  spaltet,  sprichety  stozet,  tregd,  trtbd,  triugd^  wahsd,  wir- 
^,  wirret  y  zesamindnndet ,  zesaminesprichet  y  zihet,  zimet,  züoloufet. 

Contraction   findet   sich  bei   chU,   —    inchit,   mderehtt;   cMd 
3M^  36;  hit  Ul^  19  B  verschrieben. 

Neben  wirdd  steht  tmrt    fert  421^  9  A  ist  Schreibfehler. 

1)  inpfahen  398*  12  rührt  vom  Schreiber  hör. 

2)  keviOUt  419b  9  A,  B  keuuaUet  Schreibfehler. 

9)  gegengent  424*  9.    zegengent  424*  12  A,  B  zeigengent  Schreibfehler. 

4)  hmucfU  436b  11  B  Schreibfehler. 

5)  jKOaufet  470  b  31  A  Schreibfehler. 

6)  1^  404b  2  A,  B  {^e  Schreibfehler. 

7)  fJM  4Slb  ^  By  Asiet  Schreibfehler. 


350  E£LLIt 

4)  plur.  1.  ps.  e-n:  cheden,  heizen,  infinden ^  sehen ^  sprechen^ 
werden.  ^ 

5)  3.  ps.  e-nt:  andladent,  bechoment,  beginnent^  chedent,  duh 
mentj  dtesent^  fershiezent,  gebent,  geheUent^  geskehent,  heizent,  heUeni, 
hinarinnent,  inchedentj  infarent,  jehent,  ligent^  nemcnt,  ringent^  sehentj 
sJceidenty  skmenty  sprechent^  tragent,  umbegrtfenty  wahsent,^  toerdeni, 
zegangent 

2.  Conj.    1)  sing.  2.  ps.  est:  chedest 

2)  3.  ps.  e:  beginne,  bestände ,  chede,  gefaUe,  geheize ^  gehdlty 
gesJcehe^  heize,  infinde,  lige,  liege,  neme,  sehe,  sizze,  spreche,  sUmde, 
stoze,  strtte,  smne,  trage,  wahse,  werde, 

3)  plur.  1.  ps.  e-n:  cheden,  chiesen^  fememen,  finden,  hdsen, 
jehen,  raten,  sehen, 

4)  3.  ps.   e-n:    beginnen,  incheden,  in  finden,  ligen,  sehen,  äA-   \ 
nen,  standen,  stozen,  werden. 

3.  Imp.  sing.  2.  ps. :  ahanim,  abasla^^  chid,  fcdd,  fermid,fer 
nim,  liSy  missefah,  nim,  sih,  sJceid,  sprih, 

4.  Inf.  e-n:  anawesen,  beren,  cheden,  chiesen,  erfaren,  erhe- 
ven,  faren,  fernemen,  fersJcepfen,  f ertragen,  finden,  fliegen,  ^efc«, 
gefallen,  genetnen,  gesehen,  geskehen,  gezihen,  grifen,  halten,  h^za^ 
infahen,  irwerden,  lesen,  Uden,  ligen,  loufen,  nemen,  raten,  sAeUf 
sizzen,  sMnen,  skroten,  sprechen,  striten,  svinen,  tragen,  triegen,  über- 
hevcfi,  üzdiezen,  wahsen,  werden,  wesen,  wichen,  zihen. 

5.  Ger.  a)  e-nne-s:  geseJiennes,  loufennes,  wesennes.  b)  e-nne: 
äbanemenne,^  berenne,  chedenne,  chiesenn^,  farenne,  fernanenne,  fin- 
denne,  gebenne,  jehenne,  ligenne,  sehenne,  sizzenne,  skepfenne,  spre- 
chenne,  wahsenne,  werdenne,  wesenne 

6.  Part,  a)  unflektiert:  e-nd-;  1)  gesehende,  Jieizende,  ladende, 
ligende,  skeidende,  wesende.  2)  anaschendo,  chedendo,  grifendo,  jehendo, 
llegendo,  missenemendo,  sehende,  sizzendo,  skeidendo,  sprechende,  stin- 
chendo,  tragende . 

b)  flektiert:  e-nt-;  fliegendez,  ligender,  ligendcn,  ligenddn^  svuHt- 
mendez  rühren  vom  Schreiber  her;  s.  unten.  —  trageten  389^  36  B, 
ferloufeten  439*  17  A  sind  Schreibfehler. 

2.    Praeteritom. 

1.  Ind.  1)  plur.  1.  ps.  c-w:  wurten,  2)  3.  ps.  e-n:  fundf*) 
wären,  wurten. 

1)  Über  die  länge  des  e  s.  vcrbum  und  nomen  in  Notkers  Boethius.  Sitzungs- 
berichte der  Wiener  akadcmie.     Bd.  109.  s.  247. 

2)  waJisint  442  ^  14  B ,  A  verschrieben  waz  mit, 

3)  ahagenenienne  434*  lü  B,  A  abanevienne. 


KOMBN  ü.  VBRti.  IK  KOTKBRS  ARIST.  ii5l 

2.  Conj.  1)  sing.  3.  ps.  e:  chäde,  chämc,  gewäogc,  gtenge,  läge, 
spräche,  stüonde,  trüoge,  wäre^  tvurte.  2)  plur.  3.  ps.  z-n:  chämin, 
läffin,  trüogtny  wärm,  wurtin,  zegiengin. 

IL. 
Sehwaelie  conjugation. 

A.    Tempnsbildung. 
L    Co^Jugration. 

a)  Kurzsilbige  verba. 

1.  Der  suffixvokal  ist  im  praes.  nirgends  erhalten.  In  folge  des 
ansfalles  ist  liquida  teilweise  verdoppelt:  ind.  plur.  3.  wcrrent  443**  19. 
iaf.  geburren  418^  34;  489»  28.  ger.  zellenne  445*  34.  Einfache 
liquida  steht:  ind.  sing.  3.  geluret  489*35;  510^  14.  24.  35;  511*  7. 
^era  442»  28. 

Mnta  steht  immer  einfach;  formen  s.  nnten. 

2.  Im  praet.  ist  der  snfßx vokal  als  e  erhalten:  gehugeta,  habeta, 
foresagettty  sageta, 

3.  Auch  im  part.  perf.  ist  der  vokal  ausnahmslos  vor  dem  suffix 
geblieben:  a)  heskeret^  erweget,  f er  saget,  foregesaget,  geleget  ^  gesaget  ^ 
9eedä,  eesaminegeleget  b)  beskereter,  foregcsageten,  zesaminegelcgetiu, 
^^^legdemo.  —  gehalten  407*  37  ist  als  langsilbig  behandelt.  Das  con- 
ti'ahierte  zesaminegeleäero  455^  31  A  gehört  dem  Schreiber  an. 

4.  ind.  plur.  1.  foUehabeen  434^  23  ist  nach  der  3.  conj.  flek- 
tiert, habo  und  die  anderen  comp,  belegen  nur  die  1.  Von  sago  (fer- 
^<^)  steht  neben  charakteristischen  formen  der  1.  conj.  aus  der  3.: 
conj.  sing.  3.  fersagee  421»  36.    plur.  3.  sagecn  508*  8.  24  A. 

5.  Verzeichnis  der  kurzsilbigen  verba  der  1.  conj.:  ge-buro, 
chiebo,  habo  (ana-,  be-,  [1.  und  3.  conj.]  folle-,  jfc-/  umbe-y  zesamine- 
Äc»6o),  ge-hugo,  lego  (ge-,  zesamine-y  zesamtnege-,  züoge-,  züO'lego\^ 
[1.  und  3.  conj.]  sago  ([1.  und  3.  conj.]  fer-,  forege-,  fore-,  ge-,  hina-, 
t^^dcT'  sago),  be-skero,  wego  {er-wego)^  wero,  zelo  (ge-zelo). 

b)  Langsilbige  verba. 

1.  Bei  allen  lang-  und  mehrsilbigen  verben  ist  der  suflßxvokal 
^^^  praes.  ausnahmslos  geschwunden. 

2.  Im  praet.  tritt  das  suffix  stets  unmittelbar  an  den  stamm. 
V'on  sezeo  steht  sazton  514*  18.  20  A,  von  dencho:  dähta  422^>  2G, 
von  furderruccho :  furderruhtt  391*  29. 

1)  idUbit  465*  9.  10  A  rfihrt  vom  schreibcr  her. 

2)  8&lege8t  469*  34  A;  472*  1  A.    zuleget  454*  33  A.    zulegest  471*  28  A  ; 
*•*••  2  A.    euUge  497*  12  A.    zügelegetemo  463»  34  A  Schreibfehler, 


353  teLtB 

3.  Im  part  perf.  bleibt  der  vokal  bestehen,  wenn  dasselbe 
imflectiert  ist:  becheret,  hesMbety  bewendet,  breitet ^  gctgenstelJet ,  geabe- 
ret,  gediutet,  gehugenet,  genemmet^  geouget,  gesaretüet^  gesegset^  geshh 
het,  gestellet,  geteilet,  gezeichenet,  ingagensteUet,  umbebewendet^  under- 
stupfet,  sesaminegefüoget  Von  geumrcho  steht  gewurchet  499^*  14  und 
geworht  423^  12.  geskuihen  446^  20  (en  auf  rasur  A)  ist  Schreibfeh- 
ler. Ebenso  gesazt  415^  29,  veranlasst  durch  das  unmittelbar  voraus- 
gehende hesazta. 

Ist  es  flektiert^  so  falt  der  vokal  stets  aus:  gagenchSrten ,  gagm- 
staltün,  gderta,  geuobto,  gesazta,  gezohter^  missechSrtiu,  missesagHu^ 
svarzter,  eesamenegesazten  ^  —  geworhte.  —  besMpte  435»  11  gehört 
dem  Schreiber  an. 

Nach  liquida  m  steht  als  suf&x  d:  warmder. 

4.  Verzeichnis  der  lang-  und  mehrsilbigen  verba  der  1.  conj.: 
ge'äberOy  beitOj  brenne,  brüochoy^  ge-büozOy^  be-chenno,  chero  (be-, 
gagen-,  misse-chSro) ,  be-chnäOy  chüolo,^  dencho  (be-dencho),  diuto  (j«- 
diuto),  duncho,  füogo  (zesamine-ßogo),  furhto,  be-gctgeno,  eesamm- 
hefte,  JiengOy  hirmo,  höro  (ge'hdro)^  hüoto,^  irro^  jihto,  leite y  Uro 
{ge-lero),  anorliuto,  ge-loubo,  loiAgeno  {ge-loageno) ,  tneino,  fernrnssOf 
nemmo  (ge-nemnio) ,^  g-nüogo,^  ougo  (ge-otigo),  reccho,  rerto,  umbe- 
ringo,  ruccho  (fer-j  für  der-,  ge-,  nider-,  üf-mcchc^y  ge^sarewo,  setso 
(folle-j  ge-,  misse-,  umbe-y  zesaminege- sezzo) y  be-skibo,  ge-skuho,  smec- 
cJu),''  spüOy  ge-y  gagcn-,  ingagen-stello,  uber-stepfo,  stercho,  under- 
stupfo,  süocho  (be-süocho),  sverzOy  teile  (ge-teile)^  üebe  (ge-üobe),  mnOj 
warme,  ge-ware,^  be-y  er-,  umbebe- wende y  wurche  {ge-wurdie),  aä- 
wurtey  zaney  zeiclmie  (be-,  ge  -  zeichetw)  ,^  ge-zehe,  zvivele. 

n.    Co^Jugration. 

1.    Abschwächung  des  suffix vokales  findet  sich  im  praes.  nir- 
gends.   Verkürzt  ist  derselbe  im  conj.  und  imp.  sing.  ^® 

1)  hruchent  398i>  36  Schreibfehler. 

2)  gebüezenne  434»  9  gehört  dem  Schreiber  an. 

3)  chüelin  445^  11  gehört  dem  Schreiber  an.    4)  hüte  414^  20  sclireibfehl^r* 

5)  nemmen  434 ^  29  B,  A  nemen  Schreibfehler. 

6)  gnüegta  426»  20.  —  Vor  n  ist  das  e  der  partikol  stets  ausgeUssen  bei: 
g-noto  (g-nötor),  g-notmezan,  g-nüoge,  g-nüogo.  —  ge-nötmezöt  426^  17  gehOrt 
dem  Schreiber  an.    Vor  r  fehlt  es  bei:  g-recho,  g-rehti, 

7)  smechendo  424»  1  Schreibfehler. 

8)  gewärit  487»  1  A.  —  gevären  423^  4  Schreibfehler. 

9)  hezeichent  446»  5  A  Schreibfehler,  pezei^^henne  468»  30  A;  469''  20  A 
Schreibfehler,   hezechenent  445  ^  4  A  Schreibfehler,    hezeizenet  446»  19  B  Schreibfehler. 

10)  S.  über  die  quantitat  dos  6:  verbum  und  nomcn  in  Notkors  Bocthiu*. 
Sitzungsberichte  der  V^iener  akadcmie.    Bd.  109  s.  258. 


KOHEN  ü.  VERB.  IN  NOTKEBS  ABIST.  353 

2.  Auch  im  praet.  steht  der  erweitorungsvokal  stets  ungeschwächt. 

3.  Im  pari  perf.  findet  sich:  a)  fertiligöt^  gcanafundot^  geana- 
leüot,  gcafhderlichdt ^  gefestenöt^  gefetiachot^  gemarchoty  gemcröt,  gemin- 
ncrötj  genamöty  geoffenot,  geordenot,  gerüoderöt,  gesJcafot,  gcskidöt, 
getcehsdotf  gezeigotj  gnotmezot^  intänot^  undcrmarchöt 

b)  fertiligoten^  ferwehselotero  ^  geebenotiu^  gefcttachöta ,  geleide- 
goMr^  gemarchotej  genamote^  gerüoderötez y^  geskidotiu,  gewehselotenio^ 
gunssoton,  geseigotiu, 

4.  Verzeichnis  der  verba  der  2.  conj.:  ahton,  anderlichon  (ge- 
anderlichon) ,  int-änon^  hezeron,  hildöUy  chorön^  cMson,  choußn^  ge- 
Äewo»,  eiskon^  fcstenon  (ge-festenön) ^  ge-fettachön ^^  geana-fundon^  ge- 
rön,  ge-leidegon^  geatKi-leiton^  nmehon  {ge-machdn)^  marchon  (ge-^ 
under-^tarchon)  y  ge-meron^  gnöt-mezdUy^  ge-minnerön ^  ge-namon,  offe- 
nön  (ge-offenon),  ordenon  (ge-ardenön)  ^  ortötty  gc-reichon,  ge-rüoderdn, 
rfecÄrfo»,  skaßn  (ge-skafon),  skidon  (ge-skidon),  ge-statön^  strangon, 
sveibon^^  tUtgon  (Jer^üligon) y^  wagm  {ir-wagon),^  wider-wallon,'^  weh- 
Selon  (fer-y  ge-wehselon) ,^  g-wissön,^  zeigön  {ge-seigon),  zvivdon, 

III.  Co^Jugation. 

1.  Im  praes.  ind.  und  im  inf.  steht  vor  der  endung  e.  Sonst 
ist  der  suffix vokal  kurz.  *^ 

2.  Auch  im  praet.  erscheint  nur  e:  fersvigctuy  lebeta. 

3.  Im  unflectierten  part.  perf.  steht  langer  vokal:  fersvigä^  ge- 
atmet.   Im  flektierten  kurzer:  erblindeter,  gefrägeten,  gemSeto. 

4.  Verzeichnis  der  verba  der  3.  conj.:  ir 'bleichen,  er -blinden^ 
dkäten,  darben  ^  dolen^  folgen ,  fragen  (ge'frägen)^  [1.  und  3.  conj.] 
fotte-habeny  haften  {zesamine -haften),  leben ^  leiben ^  liehen^  Urnen 
(ff^imen)^  ge-nialeny  roten  {er'rötm)^  [1.  und  3.  conj.J  sagen  ([l.  und 

1)  geruoderötiz  419^  2  B,  A  irrig  gerüoderöt. 

2)  gecettachot  418*»  29.    gevettachöta  418^  28.    gcveitacMHs  41 8»»  27.  —  ge- 
^^iachoter  418i>  13  B,  A  gevetacJwter. 

3)  S.  352.  anm.  6. 

4)  sveiböt  410^  16  A ,  B  sveibotöt  Schreibfehler. 

5)  fertiligdt  515*14  A.  fertiligotcn  420i>  30;  421*24.  —  tikgönt  394*  17  A, 
^  ^helont  Schreibfehler.  tUegöt  424«  33.  ülegöfit  422*  20;  424*  32  rühren  vom 
**^eiber  her. 

6)  irtoagöt  402^  14  B,  A  iro  wagöt  Schreibfehler. 

7)  tndertcaUot  520*  15  A;  520^  8  A.  ^oiderwallan  394^  3  B,  A  mderwalon 
"^^^-eibfehlor. 

8)  kewehsdötemo  380*  3.  kewehselöt  396 ^^  28.  31 ;  433 1>  9.  gewehselötiz  513* 
^  A.  —  gewehsalöt  476  b  23  A. 

0)  S.  347.  onm.  7. 
10)  Siii.- berichte  der  W.  akad.  bd.  109  s.  202. 

V.  DXUT8CHE  FHILOLOaiB.     BD.   XVni.  23 


354  KXLLB 

3.  conj.]  fer-sagen),  stechen,  svarzen,  svigen  (fer-svigen) ^  trüren^  war- 
men,  weren,  wiztn,  toondn. 

B.    Flexion. 

1.   Praesens. 
L  Conjugratloii. 

1.  Ind.  1)  sing.  1.  ps.  o:  fersago,  furhtOy  habo^  lero^  memo, 
sago,  wäno. 

3)  2.  ps.  est:  f ermissest,  füogest,  habest,  missecherest ^  sejszest, 
süochest,  uberstepfest ,  süölegest 

3)  3.  ps.  e-t:  analuUet,  begagenet,  behöbet,  beitet,  beehenmä, 
bechnäet,  besüochet,  bezdchenet,  brennet,  chlebet,  denchet^  dunehä, 
erweget,  ferrucchet,  foresaget,  füoget,  geburet,  gehebet,  gehöret,  gerue- 
chet,  gewäret,  habet,  hengef,  hinasaget,  hirmet,  irret,  leget,  lerei,  hu- 
genet,  meinet y  missecheret,  ouget,  recehet,  saget,  seeeet,  stechet,  wand, 
wegety  widersaget,  wurchet,  zesaminehabet ,  eesamineheftet ,  eüciegä. 

Über  spüet  491^  37  A  s.  unten. 

4)  plur.  1.  ps.  e-n:^  bechennen,  haben,  nemmen, 

5)  3.  ps.  e-nt:  begagenent,  behäbent,  bezeiqhenent  ,^  brüockentj 
denchent,  fersagent,  geloubent,  hdbent,  irrent,  lougenent,  sageni,  sei- 
eent,  teilent,  umbehabent,  umberingent,  umbesesszent,  üobent,  wätient, 
wurchent,  zetchenent,  zesaminehahenty  zvivelent. 

2.  Conj.   1)  sing.   2.  ps.  est:  züolegest, 

2)  3.  ps.  e:  antwurte,  bechenne,  bedenche,  bezeichene,  chere,^ 
dunche,  habe,  lege,  leite,  meine,  rerte,  sage,  zesamineJiefte ,  zesamine- 
lege,  züolege. 

3)  plur.  1.  ps.  e-n:  besüocheny  foUesezzen,  sezzSn. 

4)  3.  ps.  e-n:  bezeichenen,  ougen,  wegen. 

3.  Imp.  sing.  2.  ps.  e:  fersage,  habe,  hüte,  sezze,  zesaminelegt 

4.  Inf.  e-n:  anahaben,  bechennen,^  begagenen,  bezeichenen,  bren- 
nen, chüolen,  diuten,  dunclien,  f er  sagen,  foresagen,  geburren,  genew- 
m^n,  gerucchen,  gesogen,  geteilen,  gewären,  geivurchen,  haben,  ;Vte 
legen,  leren,  lotigenen,  meinen,  ntdei'rucdieny  rucchen,  sageti,  sterchin, 
teilen,  üf rucchen,  wänen,  warmen,  wurchen,  zeichenen,  zesamindcgen. 

5.  Ger.  a)  e-nnes:  brennennes.  b)  c-nne:  erwendenne,  fer^' 
genncj  gebüozennCy  habennc,  lerennc,  lougenenne,  rucchenne,  sagenne, 
sezzenne,  süoclienne. 

1)  S.  350.  anm.  1. 

2)  hezciclu^iint  408 ^  19  A,  B  bezeichenit  Schreibfehler. 

3)  chere  iz  400 ^  3  B,  A  eher  iz  Schreibfehler. 

4)  i^cheni^cn  407  •>  9  A ,  B  peclieyvne  .Schreibfehler, 


NOMEN  U.  VBBB.  IN  NOTKBBS  ABIST.  355 

6.  Part,   a)  unflektiert  e-nd-;   1)  hezeichenende^  habende,  mei- 
i€h,  sagende,    2)  hörende,  lougenendo,  nteinetido,  netnmendo,  sagende, 
Siii^^chendo^  süochendo,  zesamhielegendo, 

b)  flektiert  e-nt-;  irrig  habender;  belege  s.  unten. 

II.  Coi^ugation. 

1.  Ind.   1)  8ing.  2.  ps.  o-st:  zeigost 

2)  3.  ps,  ö-t:  ahtöt,  anderlichöt,  bezerot,  bildöt,  festenot,  gema- 
chSt ,  geretchöt,  geröt,  gnotmezot,  irwagöt,  machot,  marchot^  off&not 
€>rtöt,  sveibot,  iUigöt,  wagot,  wehselöt,  widerwallot,  zeigöt,  zmveloL 

3)  plur.  1.  ps.  oe-n:  chosoen,  zeigoen. 

4)  3.  ps.  o-nt:  ahtönt,  anderlichönt,  eisTcont,  geoffenont,  gesta- 
tä^zt,  machont^  sJcaßnt,  sJcidont,  strangönt,  tUigönt,  wagönt,  wehsdont, 
fse%gontj  eviveUnt 

2.  Conj.  1)  plur.  1.  ps.  oe-n:  ordenoen,  wehseloen.  2)  3.  ps. 
oe-»»:  toehsdoen. 

3.  Int  o-n:  choußn,  festenon,  gezeigon,  machön,  sicchelön, 
^CLfon^  shidon,  widerwallon,  zeigon,  zmvelon. 

4.  Ger.  o-nne:  festenonne^  zeigönne. 

5.  Part,  a)  unflektiert  ö-nd-;  1)  wehselonde,  2)chor6ndo,  feste- 
**ön€to,  toehseUndo,  zeigondo.    b)  flektiert  o-nt-;  formen  s.  unten. 

III.  Coi^agration. 

1.  Ind.  1)  sing.  3.  ps.  e-t:  fersviget,  folget,  fraget,  geltrnet, 
^fiä,  irbleichä,  irrotä,  ld)et,  leibet,  liehet,  weret,  wtzet.  2)  plur. 
^-  p8.  e^-n:  foUehabeen.  3)  3.  ps.  e-nt:  darbent,  folgent,  haßent,  tvermt, 
^^S€iminehaft6fü. 

2.  Conj.  1)  sing.  3.  ps.  ee:  fersagee,  folgee.  2)  plur.  3.  ps. 
^^■"»»;  döU^f  sageen,  zesaminehafleen, 

3.  Imp.  sing.  2.  ps.  e:  Urne,  lose. 

4.  Inf.  e-n:  ehalten,  darben,  dolen,  folgen,  haften,  stechen, 
^•■'Ät-Äi,  warmen. 

5.  Ger.  a)  e-nne-s:  dolennes,  losennes.    b)  e-nne:  frägenne. 

6.  Part,  a)  unflektiert  e-nd-:  folgende,  fragende,  smgendo. 
^y     flektiert  e-nt-;   irtümlich  steht  felgendün,  rötender,  zesaminehaflen- 

6.     Stets  lebend-;    ausgenommen    lebenten  448»  23.     lebentemo 
•  19  A. 

2.    Praeteritum. 


1.  Das   Suffix  erscheint  in   der  2.  und  3.  conj.  sowie  bei  den 
1^^ 


^  ^^^^^aBölbigon  verben  der  l.  conj.  als  -t-;   die  lang-  und  mehrsilbigen 


nach  n  stets  d:  bezeichendi,  wända,  —  chonden. 

23* 


356  KELLE 

2.  Ind.  1)  sing.  1.  ps.  -ta:  I.  conj.:  forescLgda,  teiUa.  2)  3. ps. 
'ta:  I.  conj.:  dähta,  gehugeta,  gnüogta,  habeia,  lerta,  sagda,  wanda, 
zanta,  —  bedorfta,  mahfa,  soUa,  —  tvissa.  III.  conj.:  fersvigetaj 
lebeta.    3)  plur.   3.  ps.  4dn;  I.  conj.:  saztön^  —  chondonj  toolton. 

3.  Conj.    l)  sing.    3.  ps.   -^i;    I.  conj.:    bezcichemh'y  fersageli, 

foresagdi,  furderruhti,  habeti,  sageti^ —  chondi,  maJUi,  sölti, —  unssi 

II.  conj.  machoti.     2)    plur.   3.  ps.  -ßn :    I.  conj. :    habetln ,  —   maJitin^ 

soUm. 

III. 

Einsilbige  wurzeln« 

1.  bin  (aba-,  ana-,  tiber-y  toiderc-bin):  1)  praes.  ind.  sing.  3. 
ist  —  aba-ist,  uber-ist,  wider-tst.  plur.  1.  bim.  3.  sint  —  ana-sinL 
conj.  sing.  3.  si  —  aba-si^  widere-si.  plur.  3.  sin.  inf.  sin  —  am- 
sin,  widere -sin.  ger.  sinne.  Über  inf.  und  part.  aus  der  wurzel  tvas 
s.  oben.    2)  praet.  s.  oben. 

2.  tüon  (ana-,  be-,  ge-,  under-tuon):  1)  praes.  ind.  sing.  2.  tüost. 
3.  tüot  —  ge-tüot.  plur.  3.  ttwnt  —  ge-tüont.  conj.  sing.  3.  tue.  plur.  1. 
tuen.  3.  tuen.  inf.  tiUni  —  ge-tuan.  ger.  a)  tüomies,  b)  tüonne.  — 
tAennes  517*  12  A.  tiketme  465*  23  A.  part.  ana-tüendo  454*  9  A. 
2)  praet.  ind.  sing.  3.  teta,  plur.  3.  täten,  conj.  sing.  3.  ge4ätc. 
part  be-tän,  ge-tän,  under-tän;  flektierte  formen  s.  unten. 

3.  st  an  (bc-,  fer-,  fore-,  gc-^  uf-stän):  ind.  sing.  1.  fer-siän. 
3.  stät  —  bc-sfät,  nf-stät,  plur.  3.  stdnt  —  be-sfänt,  ge-slänt.  inf. 
st4n  —  fcr-stän.  ger.  staune,  part.  a)  unflektiert  1)  stände.  2)  stmh, 
b)  flektiert:  fore-stand-;  stänt-  384^  17;  410^23.  24.  25  Schreibfehler. 

4.  gän  (aba-j  aua-,  durh-,  mite-.,  näh-,  Glider-,  uf-,  umk-, 
ze-gän):  ind.  sing.  3.  gdt  —  aua-gdt,  dnrh-gät,  Cif-gdt,  umbc-gätjSf' 
gät.  plur.  3.  aba-gänt,  durh-gdutj  mite-gänt  j  umbe-gänty  ze-gM 
inf.  gän  —  aba-gdn,  nidcr-gan,  umbc-gän.  part.  a)  unflektiert:  giinäK 
b)  flektiert:  gCnuh:  verschrieben  gdnt-  499»'  23  Ä.  —  gäend-  401 M. 
21;  461*  37  A;  461'^  9  A.  mitc-gdend-  420»  28:  420^  29.  fudi-gäend- 
489*  31  A. 

Aus  der  unerweitorten  wurzel  ist  auch  gebildet  spuet  491*  37  A. 

IV. 
Praeteritopraesentia. 

1.  1.  chan  {fcr-,  in-chan):  1)  praes.  ind.  sing.  3.  chan.  conj. 
sing.  3.  in-chuhne.  inf.  chtunicn.  ger.  fer-chunnenne.  2)  praet.  inJ. 
plur.  3.  chondon.     conj.  sing.  3.  chomii. 

2.  l^e-darf:  praet.  ind.  sing.  3.  be-dorfta. 

3.  nkig  (gc-mag):    1)  pra<^^.  ind.  sing.  2.   niaJU.  .  3.   wwj  — 


KOUBN   U.   VBBB.   IN   NOTKEBS  ABIST.  857 

ge^magy    plur.  1.  mugeii.    3.  mugen —  ge-mugen,    conj.  sing.  S.niuge, 
2)   praet  ind.  sing.  3.  mahta,    conj.  3.  mahti,^    plur.  3.  mahim. 

4.  sol:  1)  praes.  ind.  sing.  1.  sol    2.  solt  502^8  A;  510»  11. 

14:    ^;  —    sokt  400^  8;    425 »  29;    494^  7  A   rühren    vom    Schreiber 

heJT-      3.  sol   plur.  1.  sulen;  —  suln  438'  23;  504**  14  A.  3.  sulen;  — 

s^^T^  510*  20  A.    conj.  sing.  3.  sule.      2)    praet.  ind.  sing.  3.    solia, 

conj.  sing.  3.  soUi.    plur.  3.  sölün, 

5.  muoz:  praes.  ind.  sing.  3.  müoz, 

IL     1.  eig:  praes.  ind.  plur.  1.  eigen.     3.  eigen, 

2.  weis:  1)  praes.  ind.  sing.  3.  wetz.  plur.  1.  toiszen.  conj. 
sing.  2.  unzist  inf.  wtzzen,  ger.  wizzemie.  2)  praet.  ind.  sing.  3.  te;issa. 
eonj.  smg.  3.  tvissi. 

3.  M^iTe;  1)  praes.  ind.  1.  wile.  2.  toile.  3.  t(;i7e.  plur.  1.  wel- 
^^-w-.  3.  wellen,  conj.  sing.  2.  wellest  3.  e(;eHe.  plur.  3.  wellen, 
2)     praet.  ind.  plur.  3  woltön, 

III.     1.  femflf:  praes.  ind.  sing.  3.  touuf. 


NOMEN. 

SubstantlYum. 

A.    Vocalische    declination. 
L    Stumme  auf  a. 

a.    Masculina. 

1.  1)  Sing.  gen.  e-s:  herges,  loumes,  fettaches,  fingeres,  foge- 

^®,   himdes^  mannes,  reizes,  rhiges,  sindes,  Sinnes,  skalcheSj  shefes^ 

'^^^^eSf  wehseles,     2)  dat.  e:   berge,    UocM,    houme,  fettache,   gewalte, 

^^*fce,  himele,  lotigene,  manne,   morgene,  reize,  sinne,  spalte,  steine, 

^'^^tie,  stüole,  stupfe,   tage,  umhcehere,  unwehsale,  urspringe,  üzläze, 

**^^>ae,  wehsele.     Über  7nan  s.  unten  s.  363.       3)    plur.  nom.  acc.  a: 

.  ^'^oJistaba,'  fettacha,  fingera,  fogela,  foregedancha ,  gedancJia,  hugena, 
^^^^^'Stupfa ,  retza,  ringa^  steina,  teila,  wäna,  wehsela^  wendelinga, 
^^  gen.  o:  gedancho,  reizo^  steino,  wäno,  wehselo.  5)  dat.  c-n:  gehei- 
,  skröten^  strUen,  tvänen, 

2.  Verzeichnis  der  masculinen  a- stamme:    a)  hcrg^  hloh,  bog, 
\,  charl,^  eher  (umbe-cher),  forege-,  ge-dang ,  fald,  fcttah,^  finger, 

1)  mag  405^  33  A,  B  mäht  schreibfehl or. 

2)  mahti  422^  18  A,  B  maffti  schreibfehlor. 
'  8)  dwrel  465^  2  A  gehört  dem  Schreiber  an. 

i)  fBMh  418*  17.  27.    vettacJ^e  418^  29.    Irtüralich  fetah  418»  32;  418^  3; 
^tkuM  418»  83.    fetacha  418 «>  18.  —  vettah  418^  8  B,  A  vetah. 


35B  KSLLB 

fogd^^   geisen,   grisel,  ana-habid^   hals,   ge-heie,    hitnel,  hüt,  hui 

(mere-hunt)j  üz-läz,  lib^  laugen,   man,  morgen j  reiZj  rihiüom^^  Tvng^ 

rog,^  sin,  sint,  skalh,^  under-sJceidy  skrot,  spait,^  spretd^  ur-spring^ 

hiioh'Stab,   stein,   strih,    strtt,   stuol,   stupf  {ort-stupf)^   tag,   [masc. 

ncutr.]  teil,  töd,  ge-walt,  wän,  weg,  wehsd  {Jhert-,  stete*,  un-^vehseljj^ 

wendeling,  sJcef-tvlg,  wln,  ge-ziug,  zvivel.    b)  Stämme  auf  va:  sne 

sing.  dat.  snewe.    c)  Stämme  auf  ia:   fektare,''  grammatichare^  wa— 

cJhare,^  ringare,'^ 

1)  Sing,  nom.:  grammatichare.     2)  plur.  nom.:   fehtara, 

chara,  ringara. 

b.    Neutra. 

1)  Sing.  gen.  e-s:  chornes,  dinges,  grammatiches ,  honange^^sßs 
MseSy  mezes,  rehtes,rindes,  rosses,  sTcefes,  teiles,  tüoches^  werches,  zUes^^^ses 
2)  dat.  e:  lande,  btioche,  dinge,  drioelnemeze,  fazze,  fdde,  fiure,  ^om^^«^»- 
matiche,  guote,  holze,  houbete,  male,  meze,  müote,  rekte,  rAodere,  teä^'^le 
unrehte,  wäre,  worte,  zveioelnemeze,  zUe,  —  rehto  434*  19  ist  schreibcdi'  b- 
fehler.  Über  dorf,  hüs,  warthüs  s.  363.  3)  plur.  nom.  acc.: 
houbet,  mal,  skef,  teil,  tüoh,  tvorty  zeichen.  4)  gen.  o:  dingo^ 
tiero,  worto.  5)  dat.  e-w;  büochen,  chomen,  dingen,  jären, 
Worten. 

2.  Verzeichnis  der  neutralen  a- stamme:  a)  alter,  arg,  ban^^-^, 
büoh,  chorn  (hirse-chom),  chrdt,^^  ding,  eigen,  faz,  feld,  fiur,  goU^^ld, 
grammatih,  güot,  holz,  honang,^^  houbet,  hüs  (wart-hüs),  is,  jtL-^^ir, 
laclmi,  leger,  loub,  mal,  mez  {drioelne-,  not-,  mw-,  zveiodne'mer:^^^), 
müot,  ort,  reht  (un-reht),  rint,  ros,  rüoder,  ser,  silber,  skef  (rüode»  ^'-» 
skalt-skef) ,^^  [masc.  neutr.]  teil,  tier,  tüoh,^^  übel,  war,  wazer,  wd^l^^ff 


1)  fogeles  418»  32.     fogela  418^  19.    —    fogcU  418»  33;    418^  9. 
41di>  4.  5.  —  fogeles  418b  18  A,  B  fogales, 

2)  rihtüm  449»  20. 

3)  rogh  464  b  31  A;  482»  19.  20  A. 

4)  scalhc  415»  9. 

5)  spalte  401  b  9  A ,  B  splalte  Schreibfehler. 

6)  wehsal  462b  20  A;  464»  17.  28.  32.  35  A;  464b  i  A;  472»»  15  A. 
sale  464»  7.  16  A.    wehsalo  463»  18  A.    weJisales  462»  24  A.    unwehsai  464»  16  ^ 
untoehscUe  464»  32  A.     weJisal  416»  16  B;    433»  29  B,   A  wehsd.     Sonst 
welscl  513  b  19  A  ist  Schreibfehler. 

7)  rehiarra  441»  6  Schreibfehler.         8)  macharra  436 1>  17  Schreibfehler. 
9)  ringarra  441»  7  Schreibfehler. 

10)  chruü  388»  34  Schreibfehler. 

11)  hotiang  436»  4.    Jwnangis  436b  22.    hanang  436»  29  A,  B  honag  sdixeir 
fehler. 

12)  sJcaltslef  419»  24  A,  B  skaüsef  Schreibfehler. 

13)  tüoches  401»  3  A,  B  tüohis  Schreibfehler. 


HOHEN  U.  T£BB.  IN  NOTKBBS  ABIST.  359 

h  (/or-ircrÄ),*  wiht,  wort,  mchen  (sunder -zeichen),  [neutr.,  fem. 
kämm]  eU  (un-eU).  b)  Stämme  auf  ia:  azäse,  bilde,  ana -hurte, 
hosej  chunne,  ende  (un-ende),  fingere,  ana-genne,  ur-guse,  ge-lcichv, 
\hnisse,  ge-moHe,  gemein-y  under-merche,*  niutte,  ala-rihte,  ge-ruste, 
iunCj  ge^skeüe,  ge-shirre,  gagen-stelle,  stucche,  ge-traMede,  wizze, 
'  würfe. 

1)  Sing.  nom.  acc:  anaburte,  anagenge,  antumrte,  azäse,  bilde, 
me,  fingere,  gagenstelle,  gelthnisse,  gemeinmerche,  geruste,  gesiune, 
eüCy  geskirre,  mutte,  undermerche,  unende,  urguse,  wizze,  2)  gen.: 
vurtes,  bUdes,  gesiunes,  getrdhtedes,  3)  dat.:  alarihte,  bilde,  ende^ 
me,  gemäle,  gesiune.  4)  plur.  nom.:  gechose,  geleiche,  gelthnisse, 
lermerche.    5)  gen.:  stuccho.    6)  dat.:  enden,  stucchen, 

II.    Stämme  auf  i. 

a.  Masculina. 

1.  1)  Sing.  gen.  es:  sunes.  2)  dat.  e:  aste,  friste,  lide,  liste, 
)egange.  3)  plur.  nom.  acc.  e:  albize,  durhgenge,^  este,  füoze, 
,  liste,  siege,  zene.  4)  gen.  o:  liuto.  5)  dat.  e-n:  anagengen,^ 
chen,  liden,  Unten. 

2.  a  einsilbiger  stamme  wird  im  plur.  umgelautet :  ast,  slag,  zan. 

3.  Verzeichnis  der  masculinen  i- stamme:  aibiz,  dst,  brüh, 
'fang,^  frost,  ana-,  durhr,  umbe-gang,  lid,  list,  Hut,  louft,  sag, 
',  —  füoz,^  sun,  zan,  —  sito. 

b.  Feminina. 

1.  1)  Sing.  gen.  e:  gagensihte,  gejihte,  hüsstete,  merheite,  min- 
heite,  mitewiste,  stete,  unspuote,  werlte.  2)  dat.  e:  afiäburte,  be- 
ste, ferte,  fernumiste,  geburte,  gejihte,  geskihte,  gwisheite,  nwJite, 
twiste,  nähskrifte,  note,  samentwiste,  selbwahste,  swchelheite,  stete, 
te,  täte,  tugede,  unmahte,  wärheite,  wende,  wizentheite,  zuhte.  Über 
t^  s.  363.  3)  plur.  nom.  acc.  e:  durfte,  geburte,  gejihte,  geskiJde, 
äe,  mähte,  skrifte,  stete,  tugede,  wantstete,  wende.  4)  dat.  c-w; 
'^ten,  brachen,  geskihten,  handen,  mahtefi,  steten,  wnskulden. 

2.  a  einsilbiger  stamme  wird  mit  ausnähme  von  mäht  (tm-maht), 
todhst  im  sing.  gen.  dat.  und  in  allen  casus  des  plur.  umgelautet. 

1)  werh  406»>  9.  —  werch  459»>  9  A. 

2)  kemeinmerche  401  ^  4.  18;  —    402^  25  A,  B  kenieine  merche  schreibfohler. 

3)  durhkanga  401  &  9;  401  ^  8  rührt  vom  schroibor  hör. 

4)  anagangen  476^  32  A  Schreibfehler. 

5)  anaitang  402^  26  B,  A  anauuang  Schreibfehler. 
19  /Sm  465<^  4  A  Schreibfehler. 


360  KBLLfi 

Belege  ergeben:   fart^  stat  (hüs-^  want-stat)^  tvant.  —    Ebenso  Äairf, 

ausgenommen  dat.  plur.  handen  470^  34  A. 

3.    Verzeichnis  der  femininen  i- stamme:   awo-,  fure^y  ge-hwri, 

chust  (ä-chust),  durß,  fart,  fr  ist,  he-gunst,  hant,  hüty  ge-jiht,  nuJä 

(un-tnaht),  mer-heitj  minnerheit,  naht,  not  (un-nöt),  fer-nutnistj^  «fe- 

chelheit,  ana-j  gagen-,  ge-siht,  ge-sJcafty   ge-skiht,  skrift  (fiah'8krifi\ 

un-skuld,  spüot  (un-sptl^t),^  stat  {hüs-j  leger- ,  toant-stai)^   sukt,  tM 

(ge-tät),  tuged,  ge-,  selb-wahsty^  want,  wärheitj  waty  tverU^^  jf-iws- 

heity   wist  {niite-^   sanient-wist),   wi^entheit^   [neutr. ,    fem.  i- stamm] 

sU,  ziiht 

m.    Stämme  auf  6. 

1.  1)  Sing.  nom.  acc.  a:  abesagay  anagehefteda^  anasaga,  le- 
cliennedtty  heskereda,  hezeichenm'sseda  y  darba^  dolunga,  elna,  erda^ 
farewa,  fersagay  ferstayitnisseda,  festetiunga,  fiera,  furderrucckedOf 
gehureda,  gelirnunga,  gestelleda,  gesundeday  habay  hertay  hizza^  ler% 
machungay  tnarchay  marchunga,  merunga,  minnerunga,  recckedoy  reäa, 
rtga,  rüora,  sachay  sagay  selay  shaffunga^  skama,  skeitunga^  skepfeda^ 
skidungtty  slaJita,  sleipfay  statu  y  stimma,  sträzay  sunderOy  stungeda^ 
stunda,  wala^  wartedüy  widerclietunga ,  tmlüy  wisa^  mla^  zeichenunga, 
züöbietunga,  2)  gen.  o:  bezeichennissedo ,  dolungo^  erdOy  festenungOj 
selOy  sldlito^  sträzOy  tvago,  zalo,  3)  dat.  o:  anagehe fledo^  anewirtedo^ 
besJceredOy  bezcichennissedo  ^  darboy  dolungOy  eJcko^  erdo,  fareuH>,  fer- 
stantnissedo  y  festenungo,  ffägo,  gagenstclUdo ,  gelubedo,  geswMo, 
habOy  hizzo,  leibo^  Uro,  marcho,  mäzOy  notfolgungOy  ordeno,  porto^ 
rcdo,  selo,  skamo,  skidungo,  sträzo,  wago,  widerchetungo  y   wilo,  zdo. 

—  leibe  507^  14;  510^  23.  25.  26.  27;  511«  6.  7  A  ist  scbreibfehler. 
4)  plur.  nom.  acc,  ä:  anafallmigäy  anafiindedä^  analeitä^  bechen- 
nedä^  besJceredä,  chunnä,  dolunga y  farewa^  festenungä^  foresatp: 
geburedä,  habäy  offemmgä,  sagäy  sUä,  skidungä,  sprächäy  stimmitj 
sträzäy  stungedä^  widerchcfäy  ividerchetimgä ,  zeigungä.  5)  geii.  o-r. 
tinony  unchtiundn.^  6)  dat.  ö-n:  chtmnön,  dolungön^  farcwön,  fromni^ 
gebiiredöriy  hubön^  halböny  hcrton,  Iir7iu7ig6n,  redön,  sagön,  sclÖHj  skd- 
totiy  slzamön,  stimmony  sfräzon,  wilön,  ivison. 

2.  Als  0-  und  dn- stamm  flektieren:    1)  saga:    sing.  acc.  saifi 
478^  8  A.     plur.  nom.  acc.  sagä  477'^  32  A;  477^  17  A;  525*  34  i 

—  sing.  dat.   sagün  507«*  16  A;    510*^  2  A.      acc.  sagun  477^  7  A; 

1)  vermmist  468»  1  A;    471  »  20  A;    491^»  27  A.     vernumiste  i^^  34  A: 
467  a  27  A.  —  vermmste  386»  15  scbreibfehler. 

2)  unsjmete  435»»  13  Kchrcibfebler.       3)  (favast  i^V>  22  A  schrcMliIcr. 

4)  werlte  410l>  15  A,  B  wercltc.  —  wcrcltc  403»  32. 

5)  nnchunnön  417»  18  B,  A  o  aus  u  corrigiert. 


KOMEN  ü.  V£BB.  IN  MOTKEBS  ABIST.  361 

52&^  25  A.    sing.  nom.  saga;  plur.  dat.  sagön.  —   fore-saga  ist  con- 

soae-ntisch  (dat.  sing,  forcsagun  486*^  27.  29  A.     acc.  foresagün  487*^  2  A; 

489*  31  A)    und  vokalisch    (plur.  nom.   forcsagä  489''  19)   flektiert. 

o6*-,  ana-y  fer^saga  belegen  keinen  entscheidenden  casus.      2)    wtsa: 

ring.  acc.  unsa  460*  4  A.  —  dat.  msün  455*  9  A.    plur.  dat.  wison. 

Adverbial  erscheint  auch  die  abgekürzte  form  wis. 

3.    Verzeichnis  der  ö- stamme:    a)   süo-hietunga,  he- chenneda, 

ge-hureda,  mder-cheta ^^  wider^chßtunga ^  chunna  (un-chunna),  darha^ 

äolungüf  ekka,  elna^  erda,  ana-fallimgay  festenungay  ßera,  ndt-fol- 

gunga^    fräga,    froma,    ana-fmidedaj    haba,   halba,  anage-hefteda^^ 

hertQj  hizzüj  leiba,  ana^leita,  lera,  Urnunga  (ge-lirnunga),  ge^luheda, 

machunga,  marchay  marchungUy  mäzay  merungay  mimierunga,   offe- 

nungüy  ordenay  portüy  reccheday  reday  rigay  furder-ruccheda,  rüora^^ 

sachay  [6-y  öw- stamm]  saga  (a6e-,  awa-,  /br-,  [ö-,  ön-stamm]  fore'Saga)y 

säa,  sUtty  skaffungay*  skaltay  skamay  skeitungay  skejyfeda,  he-skereda^ 

sUdungay  slahtay  sleipfay  sprächay  fer-stantnisseday  statay  gagen-y  ge- 

sidleday  stimma,  sträza,  stunday  stungeda,  ge-sundeda,  sunderay  waga^ 

wohy  warteday  mluy  ane-toirteda,    [o-,  (3w-stauim]  unsa^  he- seichen- 

^isseda^    zeichenungay    seigunga,^      b)    Stämme   auf  vö:    farewa.^ 

c)  Stämme   auf  io:    alüy   anderlichi,  haldiy  hitteri^  hleicliiy'^  hlindiy 

ireäi,  chalti,  misse-cheri ,  ana-chomeni  y  chnwihi,   dicchi,  eiferi^  ferri, 

f^iy  ßüo-füogi,  ganzi,  gräwi  {un-gräwi),   halzi,   Jieizi,    heviy  hohty^ 

skrege-hori,  langseimiy^  ge-legeni,   lengiy   ge-^   unge-Uchi,    sinne-losi^ 

hgij  lukkij  micheli,    müotegi  (zarn-niüotegi),    ordenhaßigi,   g-rehtiy^^ 

^eiy  siechiy  un-sinnigiy  sköniy  slihti  (feld-,  ohe-sUhti),  sUmhi,  skirchi, 

^iÜi,  sunderigi,  ge-sundi,^^  süoziy^^  svarzi^   üsenahtigi.,  selh-waltigiy 

^^rmi^  wider-warti^  wider-wartigi^  iveichiy  wiolichi^^^  ung-wissi^  wtzi^ 

^-warteni^  zvifaUL 

1)    Sing.  nom.  acc.  i:   anachomeiii^  anderlichi^  hitteri^  hleichi^ 
^indi^  chalti^  chrumhi^  dicchi y  eiferi^  crivorteui^  fcldslihti^ferri^  festig 

1)  toiderchetä  481  ^  12  A.    widcrcliedä  506  ^  4  A. 

2)  anctgehefleda  415^  4.     atuigeheftedo  415^  37.     anagehefteda  415i>  35  B, 
"^  ^nahefleda  Schreibfehler. 

3)  rura  406^  13  rührt  vom  schroiber  her. 

4)  skafunga  441 1>  7  schreibfoliler.        5)  zegunga  401 »  12  A  schreib  fehler. 

6)  varawa  382»  1.  2.    vnrawa  437 1>  2  B,  A  varetva;  sonst  fareica. 

7)  blekM  4371)  13  A,  B  plechi  Schreibfehler.  8)  höi  404»  14.  17. 
9)  langseimi  406^  23  B,  A  langsami  gehört  dem  schroiber  au. 

10)  crehti  439»  30  A,  B  irrig  rehii, 

11)  gestmdi  448*  24  B,  A  gebuiuUdu, 

12)  ffiofi  436  b  24.  —  9uezi  436»  5.  30;  436^  22  gehören  dem  schrcibcr  an. 
Uj)  mUMma  439*  16  B,  A  woKchina  Schreibfehler. 


862  RBLLB 

ganjsi^  gelegeni^  gcsundij  gräwi^  grehti,  holzig  heisi^  hevi^  hahi^  Umg- 
seimiy  lengi^  ^ti^/,  luJcki^  micheli^  missecheri^  öbeslihti^  ordenhaftigi^ 
sdbwaltigi^  sezzi^  siechi^  simidosi^  skoni^  sJcregehori^  sliJUi^  düMy 
stilli^  sunderigi^  stwzi^  svarzi^  migelichi^  ungräicij  ungtvissij  ügenak- 
tigi^  warmi^  weichi^  widerwärtig^  widerwartigi^  wiolidiij  wUi^  zonh 
müotigi^  züofüogi^  zvifalti.  2)  gen.  i:  blindi^  chalti^  dtcchi^  festig  gansiy 
heizt  ^  heni^  hohi^  sliJUi^  süozi^  ungeltchi^  tciderwarHgij  wiolichi^  uiei. 
3)  dat.  i:  dlti^  anderlichi^  hcddi^  breiti^  ganzi^  gdichij  hevi^  lengi^ 
obesUhti^  siechi^  slihti^  starchij  svarzi^  warmiy  widerwariigi ^  widichi. 

Plur.  nom.  lugi  521^  30  A. 

Von  anachomeni^  müotegi^  unsinnigi^  wiolichi  steht:  anachanU' 
nina  433^  14.  müotegina  438^  33.  unsinnigina  438^  22.  unoUdUm 
438»  28;  439»  16, 

B.    GoQSonantische  declination. 

L    StSmme  auf  an. 

a.   Masculina. 

1.  1)  Sing.  nom.  o:  herro^  hüfo^  mennisko^  namo^  ohso^  5fc«fo, 
skimo^  wider sacho^  wilh.  2)  gen.  en:  herren^  Ikhamen^  menniske»^ 
namen^  zanderen.  3)  dat  en:  lidiamen^  menntsken^  mittemef^  ffame», 
willen,  4)  acc.  en:  mennisken^  mAotwillen^  tiamen^  willen.  5)  plur. 
nom.  acc.  e^i:  diempfen^  chnxittelchempfen^  fustchempfeti^  geferten,  lo«r 
fen^  mennisken^  na^nen^  stoUen^  strhnen^  strUloufen^  unmennisken. 
6)  dat.  ön:  nienniskon  ^  strimon, 

2.  Verzeichnis  der  maskulinen  «»-stamme:  chempfo  (chnuitd-^ 
füst'Chempfo)  ^^  gc-ferto^  herro^  hufo^  lichamo^  loufo  {str%t'loufo\^  mei^ 
nisko  {un-mennisko)^^  mittenw^^  namo^  ohso^^  widerscbcho^  skado^  skim^ 
stollo^  strhno^  willo  {niüot-willo)^  zandero. 

«  b.    Neutra. 

1)  Sing.  nom.  a:  ouga,     2)  plur.  nom.  en:  ougen. 

n.    Stämme  auf  6n. 

1.  1)  Sing.  nom.  a:  foresaga^  forhta^  sumui^  zeiga^  sesetca, 
zila^  zufiga.  2)  dat.  ün:  foresagun^  idun,  sagun^  sunnün^  wiiisterun, 
zcseumn,  zungün,     3)  acc.  ün:  chenün^  foresagün^  idun^  sagun^  wlsün- 

1)  widerwartin  394»  10  Schreibfehler. 

2)  chemphin  440^  26.  —  chnuttelchemfcn  435»  23.    füsichemfen  434*  30. 

3)  lonpfen  440  *  26.  —  stritloupfen  434  b  30;  435»  24. 

4)  menisko  501^  28  A.    menjisko  482  b  8  A  Schreibfehler. 

5)  mittemin  401»  16.   mittemen  470^  30  A.  mittemin  400»  27  A,  B  mUemi* 

6)  hofiso  389«  13  B,  A  Ä  ausgekrazt. 


KOMSN  U.  VERB.  IN  MOTKBBS  ABIST.  86ä 

plur.  nom.  ün:  belegt  durch  das  substantivisch  gebrauchte  widere 
yun  478^  30  A.     5)  dat.  on:  forhiön, 

2.  Verzeichnis  der  ö»- stamme:  chena^  forhta^  ida^  reba^  fö-, 
stamm]  sctga  (fore - 8<iga) ^  summ,  winstera^  [o-,  ö»- stamm]  tolsa^ 
s,  zesewa^  ziUif  zunga. 

ni«    Stftmme  auf  tar. 

1)  Sing.  nom.  fater^  —  müoter.    2)  gen.  fater.    3)  dat.  müoter. 

lY.    Ans  dem  consonantischen  stamme  sind  femer  grebildet: 

M  a  8  c.  sing,  dat :  man.  N  e  u  t  r.  sing.  dat. :  Ms  (wart-hüs)^  darf, 
1.  sing,  gen.:  bürg,    dat.:  burg^  naht 

IL 

Adjectlvnm. 

A.    Vocalische   declination. 
L    Stämme  auf  a. 

Masculina  und  neutra. 

1.  l)  Sing.  nom.  masc.  e-r:  äbolgiger^  blinder^  driorter^  gefah- 
fierarter^  gehafter^  gwisser^  iliger^  langer^  luzzeler^  rehter^  svarzer^ 
Mer^  toärer^  mzer,  part.  perf. :  erblindeter^  fundener^  gefettachoter^ 
degotdr^  genesener^  gezöhter^  svarster^  warmder,  wortener. 

2)  nom.  acc.  neutr.  e-z:  alcganzez^  barez^  chrumbez  ^  diccheZy 
'fOzez^  fiersközez^  ganzez^  gdtchez^  gerehtez^  langez^  michdez,  olan- 

rüoeZy  sketerez^  slehtez^  unferslizenez  ^  unfershrötenez  ^  unholez^ 
Wß0,  wizelösez^  mzez.  part.  perf.:  erhavenez^  gedrungenez^  ge- 
ihenez^  gewehselotez. 

3)  gen.  masc.  neutr.  e-s:  anaburtiges^  anagehaßes^  driskozes^ 
heSj  habemahtiges  ^  güotes^  gwisses^  liMbliches^  luzzeles^  svarzes^ 
rwartiges^  ubdes^  ungeliches^  tmzes^  zuhügez.  part.  perf.:  gefetta- 
s,  gesazteSj  züogeslungenes. 

4)  dat.  masc.  neutr.  e-tno:  altemo^  alleUchemo^  baremo,  blei- 
ch dingoKchemo  ^  drifaUemo^  ebenemo,  fornahtigemo  ^  ganzemo^  geH- 
4),  güotemo^  gwissetno^  obenaJitigemOy  rehtenWy  rotemo^  slehtenWj 
wmOy  unebenefno^  unfertiligdtemo  j  unganzemo^  ungegatefno^  unle- 
emOy  unsvarzemOy  mzenho^  zvifaüemo.  —  luzzelmo  416*  36  gehört 

Schreiber  an.      part.  perf.:   gewehsdötemo ^^  tnissesaztemo ^  züogde- 

NO. 
1)  HmMOtmq  880»  3  A,  B  kewehselotomo  schroibfehler. 


864  KELLE 

5)  acc.  masc.  e-n:  (ülcUchen^  blindeyi^  geUchen^  gdimigeHy  gwk» 
sen^  halben j  luzselai^  töten ^  imgcliehen^  wären ^  widerwärtigen^  vAzm^ 
zanelosen.    part.  perf. :  gesprochenen, 

6)  plur.  Dom.  masc.  e:  bleiche,  chunnigCy  drisköze^  ganze^  reWe, 
sinnelose^  sunderige^  svarze^  unganze^  unrehte^  zornmüotige.  pari  peit: 
fundenCy  genamote^  zegangene. 

7)  norn.  acc.  neutr.  iu:  bitter iu^  ebengwissiu^  eiferiu^  jfeBcW«, 
gesihtigiu^  gesiunlichiu  ^  houbetlosiu  ^  infundetüichiu^  luzzeliUy  matug* 
namigiti^  meistigiu^  micheliu^  missenamigiu^  slehtiu^  sunderigiu^^  ungt- 
haftiu^  ungeskidotiu  ^  warmiu^  wider  wart  igtu.  —  ^eKc/iW  438**  9  A 
Schreibfehler,  part.  perf.:  chotneniu^  gagenstaltiu ^  gelegeniu^  geskü^ 
tiu^  gesjyrocheniu ^  getäniu^  gezeigotiu^  missesaztiu^  worteniu^  zesarmne- 
gelegetiu. 

8)  gen.  masc.  neutr.  —  fem.  c-ro:  gelicJiero^  misselichero^  unge- 
lichero.    part.  perf.:  gesprochenero  ^  getätiero^  zesaminegelegetero. 

9)  dat.  masc.  neutr.' —  fem.  e-n:  allelichen^  alten^  baren^  chmf- 
tigen^  einlichcti^  ganzen^  genamdm,  gegaten^  gelidien^  gwissen^  lugst- 
len^  meistigen ^  misselichen^  sichten j  stetigen^  unlebendcn^  untigendh^ 
wären  ^  widerwärtigen^  wir  igen  ^  zvivdigen.  part.  perf.:  ergangenin^ 
ferfarnen^  ferttligoten^  foregesageten ^  gage^tcherten^  gegebenen^  jeWnen, 
gwissotm^  tmdertänen^  wortemln^  zegangenen^  zesaminegdegeten. 

comp.:  ereren^  nideren^  oberefi^  undere^n,     superl. :  tristen. 

10)  acc.  masc.  e:  ganze  ^  unganze. 

II.    StUmme  auf  ö. 

Feminina. 

1.  1)  Sing.  nom.  iu:  chaltiu^  gwissiu^  latigiu^  rchtiu^  sichtig 
ungeweJiselotiu ^  wäriu.      part.  perf.:    geebetwtiu^  geskeideniu,  wortewfi- 

2)  dat.  e-ro:  altero^  gellchero^  slehtero^  ungwissero.  part. perf- 
ferwehsdötero ,  getänero. 

3)  acc.  a:  alldtcha^  dlta^  anawalga^  breita^  eiciga^  gdichi 
gwissa^  michela^  natürUcJui  ^  sameTicha,  sunderiga^  ungdicha^  tc^^^ 
widerwartiga^  wiza.    part.  perf:    getäna. 

4)  plur.  nom.  e:  churze^  dolemaehtige ^  cbengewäre^  jfcfirM 
gwisse^  mahttge^  misseUche^  rehte^  stetige^  ungebundene^  ungeniarchm^ 
widerwärtige^  wirige.    part.  perf :  geheizene^  gemarchote^  getane,  mr^^ 

5)  acc.  e:  lange,  unebenlange,  widerwärtige,  part.  perf.:  geißdf^- 

2.  Verzeichnis  der  adjectivischen  a  -  [ö  -]  stamme :  a)  [comp] 
after,  alleUh  {un-alleUh),  cdt  {eben -alt),  [comp.]  alter, ^    [comp.)  W^' 

1)  A  irrig  sunderigo  380^  18,  das  auch  B  geschrieben  war. 

2)  altera  424*»  14.  24j  458b 29.  34  A,  alteren  424^ 2a—  ator*ra5l9»2$^  , 


NOMEN  ü.  VERB.   IN  KOTKEBS   ABIST. 


566 


Mr^  5ar,  heittg^  [comp.]  hezer^^  bitter^  hleih^  Uint^  ä-holgig^  hrdt, 
\ge'lmnden^  ana-hurüg^  cficdt^  [comp.]  chdlter^  tvider - chetig ^  [comp.] 
kiner^  chrumb^  chumftig  {un-chumfUg)^^  chunnig^  [comp.]  chunnigör^^ 
unt  (ale-chunt),  chnrz,  dig^  diutisCj  drifalt^  durfte  eben  (un-eben)^ 
'er^  eigen  ^  [superl.J  eigenhaftist  ^  einWi^  einluzlih^  drio-^  zveio  -  dnig^^ 
»mp.j  erer^  [superLJ  ertst,^  [superl.]  erchenöst,  [comp.]  erhaßer,  emg^ 
fahSy  [superl.]  ferrist^  [comp.]  fester  [s.  feste]  ^  festcnig,  not-^  unge- 
jfij,*  forder^  [comp.]  forderör^  fomdhtig^  in-fundetdih^''  gang  (aZe-, 
-ganz)^^  [comp.]  ganzer^  un-ganzer,  ge-,  unge-gat^  [superl]  gengest 
genge],  ä-gezel^  goreg^  güot  (un-güot)^  zesamine-lwhvg  ^  anage-^  </e-, 
ge-hafly  hcdb^  hcUblihy  heiz,  [superl.]  herost,  eben-hevig,  himdisc, 
-^hol,  houbetaJU,  Uig,  lang  (eben-,  uneben -lang),  leideg,  [comp.] 
fer,  Uebsam^  je-,  tinge-Uh^  [comp.]  ge-y  unge-licher,  [superl.J 
,  unge- liehest,^  zUe-gelih,  dingo-,^^  güote-,  teile-,  irnkte-,  zite- 
,  jfc-,  unge-limflih^  ge-lirn^  ge-lirnig,  här-,  houbet-^  Ivbe-, 
mer,  sinne-,  wize-y  zane-los,^^  lougentg^  [comp.]  lukker  [s.  lukke], 
sely  ge-mah,  mahtig^^  {chunne-^  dole-^^^  habe-^  un-mahtlg)^  maht- 
{un-mah(lih)y  unge-marchot^  [comp.]  unge-mäzer  [s.  unge-maze\ 
-meinrih^^^  meistig  (al-meistig)^  mer^  [comp.]  meror^  [superl.]  meist^ 
Ad  (eben-^  und)en  -  mtchel) ,  [comp.]  minner ^  misselih^  zorn-niüo- 
i  [comp.]  naher ^  ge-nam^  ein-^  gdth-,  gemein-^  tnaneg-^  misse-, 
-namig^  [superl.]  namohaficst^  forege-^  ge-namt^^^  natürUhy  [comp.] 
kry  [superl.]  nideröst^  ana-nemig^  öbenahtig^  [comp.]  öber^  [superl.] 

1)  hezero  427 1>  22;  428«  9.  12;  454»  27  A.  pezera  459b  30  A.  pezeren 
^  24.  32.  hezzera  395»  14;  508»  26  A.  hezei'o  427^  23  A;  428»  2  A;  — 
cröfo  427b  23  B;  428»  2  B  rührt  vom  schroiber  hör. 

2)  unchumtig  484  b  29  A  Schreibfehler. 

3)  chunnigöro  443»  29  A,  B  chuvnigero. 

4)  drioelnig  408^  14.   —    trielnig  385»  4.    zveioelnig  408  b  14.   —    zveielnig 

5)  errerün  497  b  15  A.    irren  494  b  22  A  schroibfehlor. 

6)  tngevolgig  518b  20  A  Schreibfehler. 

7)  inftmdenli<ihiu  424b  3  A,  B  infundelichm  Schreibfehler. 

8)  (üeganziz  412»  33.  —  alganzez  487  b  20  A. 

9)  tmgolicJiesten  394»  15  Schreibfehler. 

10)  dingoWi  403»  26;  472  b  29  A;  475b  21  A.  dingoUcliemo  470b  6  A; 
i»6A.  dingolig  449»  2  B,  A  dingelih,  ditigeUh  379b  20  A.  teiklth  439b  29  A, 
^ih  Bchreibfehler. 

11)  zaneUfs  450»  2.  15.  21;  454b  33  A.  zanelös  450»  16  A,  B  zanolös 
orwbfehler. 

12)  tnahtige  517»  36  A.    unmahttg  435b  12  A,  B  untnagttg  Schreibfehler. 
18)  tolemachige  436  b  28  Schreibfehler. 

14)  kemein^  477»  17  A.    Jcemeinliceh  486»  6  A  Schreibfehler, 

15)  fm^fenamdän  444»  6  B ,  A  forenamdon, 


366  ftBLLfi 

oberosty  offen,  olang,  dri-,  ßer-orf,  ge-,  ungc-rad,  unrredoUk^^  rdU* 
(jf-,  un-reht),  [comp.]  rehter,  un-rehter,  [superL]  un-rehtest,  rot,  rüok* 
samoWi,^    [comp.]  seltsäner,   sieh^^  ana-,  gagen-,  ge-,  unana-,  widet' 
sihttg,^  sinnig,  ge-siunlih,  skadd,  skamdth,  unge-skeiden^  sketer^  unge- 
shidot,  skin,  dri-,  fier-sköe,  unfer-skröten,  skuURg  {reht-,  un-skul^y 
ge-slaht,    sieht,    unfer-sUsen,    un-spaUig,    [comp.]   sp&atiger,   staHh 
[comp.]   stäter,    stetig,^    sunderig,^    svarz    (un-svarz),    unfer •PligÜ, 
tot,  übel,    [comp.]  under,    [comp.]  underor,  [superL]  underdsi,   [comp.] 
üzer,  [superL]  üseröst,  selb-wahsen,  ana-toalg,^^  war  ((de-,  ebenge-warl 
[comp.]   wärer    [s.  ge-wäre],^^   warm,   [comp.]   warmer,   idder-wari, 
wider- wartig,  unfer-,  unge-weJiselot,   wdh,   wendig,  [comp.]  werdff, 
winster,   wirig,   [comp.]  wirigör,   [comp.]  wirser,   eben-,   g-^  wng-m^ 
[comp.]  g-wisser,  ung-wisser,  [superL]  g-toissist,  ung-wiss^,  wie,  [comp.] 
wizer,  ge-won,  be-,  umbe-eeichenlih,^^  zitig  (un-gUig),  eameg,  jsuh6§, 
zvifalt,   [comp.]  zvifdUer,   un-zvifaUer,   zfAvdig,  [comp.]  msioeliger,  — 
frö,  grä  {sat-grä),  —  chalo,  falo,  salo,  zeso. 

b)  Stämme  auf  ia  [io] :  zvi-beine,  böse,  umbe-chäme,  (urt- 
chunde,  ur-eiche,  einluzze,  feste  (un-feste),  genge,  wüse-geme,  griane,^* 
ge-helle,  herte  (un-herte),  un-lebende^^^  liehte,^^  un4igende,  unge4imß,^* 
lukke,  manegfaite,^''  ge-,  unge-mäze,  ge-,  unge^meine,  müte^  g-nüogc,^* 

1)  unreddih  504«  lO  A  Schreibfehler.    2)  recter  440b  6  B  Schreibfehler. 

3)  rüoz  439b  18;  440*  12. 

4)  samolih  483b  2  A;  484»  15  A.    samdichön  436 &  33.    samelicha  437'  19. 

5)  sieJi  409b  18;  433b  30;  435a  lg;  454a  9  A;  456a  2  A;  457b  35  A;  «A 
398»  1  Schreibfehler. 

0)  wider ^htih  480  a  25  A. 

7)  unsktildigen  418a  27  A,  B  unskuUigen  Schreibfehler. 

8)  stestige  438  b  22  B  Schreibfehler. 

9)  sunderigen  380  b  28.     sufideriga  377  b  16;  398b  10;   472*  12  A.    wiit- 
rtge  486  a  6  A.    sundrigefi  47  7  a  25  A  Schreibfehler. 

10)  anatcolga  471*  19  A  Schreibfehler. 

11)  wärriu  460b  17  A.    wärra  460b  7  a.    värra  460b  12  A;  482b  14 A.- 
ale-wär  406*  8;  501b  27  A.    al-wär  407  a  19. 

12)  um^bejseichenlih  472  a  22  A;  um-  vor  b  für  un-, 

13)  crücfie  449  a  12  gehört  dem  schreibcr  an. 

14)  unlebendcn  518*  12  A.    unlehentemo  458*  19  A. 

15)  lUTU  421b  27  rührt  vom  schreibcr  her. 

16)  ufigeUmfe  485*21  A;  516*31  A.  —  ungeUmj^iu  501b  24  A.  un^i^ 
602b  28  A. 

17)  manigfalte  433a  5.  _  manigfalt  408*  38  Schreibfehler. 

18)  cnüoge  446'*  29.  gmioges  444*  33.  amoge  459b  35  A.  gnüogen  4^*2i 
gnaogiu  487b  5  a.  gnitogiu  419b  18  B,  A  cwm^/im.  cnüogiz  434b  21  B,  A  c*^*^ 
gnuege  418*  13:  442b  32;  445b  28.  cnuegiu  419*  17.  gnuge  466b  34  A.  9^ 
463*  29  A. 


KÖMEK  U.  VBSLA,  in  KOTKS&S  ABISl*.  &Gl 

imee  (un-nuezc)^  tn-sele^  semfle  (un-senifte)  ^^  ebenlang-stte,  skcyiic^  ge- 
spifre^  ge-sunde^^  süoze  (un-srnze)^^  gagen  -  werte  ^^  ge-wäre  [s.  ii?ar], 
iw8e,  eviske^  —  faro  (chrüag-^  gold-faro)  ^^  —  niwe. 

L    Stftmme  auf  ia. 

'Masculina  und  neutra. 

1)  Sing.  nom.  masc.  e-r:  einluzzer^  gesunder^  inseler^  lukJcer^ 
mker.  part  praes.:  gänder^  geschenter^  hdbenter^  ligenter^  rötenier^ 
t^smlir^  svarzenter^  toarmenter. 

2)  nom.  acc.  neutr.  e-z:  einluzzez^  festez^  gnüogez,  part.  praes.: 
lueidienentez  ^  fliegentez^  gäendez^  häbenfez^  svummentez. 

3)  gen.  masc.  neutr.  e-s :  ureiches.  part.  praes. :  folgentes ,  ligen- 
6»,  sizzentes. 

4)  dat.  masc.  neutr.  e-mo:  einluzzemo^  hertemo^  lukkemo^  mit- 
tmo^  unhertemo^  unsüozemo.  part.  praes.:  frägentenw^  gändemo^  leben- 
demo,  machontemo. 

5)  acc.  masc.  e-n:  gemeinen^  niwen^  ungemeinen^  zviheinen. 
part  praes.:  anttowrtenlen ^  bellenten^  rätenten^  skidonien, 

6)  plur.  nom.  acc.  neutr.  iu:  einluzziu^  gemeiniu^  gnüogiu^ 
%mu^  BAoziUy  ungelimfiu,    pari  praes.:  ständiu. 

7)  gen.  masc.  neutr.  —  fem.  e-ro;  part.  praes.:  fersagentero^ 
imdero. 

8)  dat  masc.  neutr.  —  fem.  c-n:  einluzzen^  gagenwerten^  gnüo- 
jwi,  mitten^  zvisken.  part.  praes.:  foreständen^  hahenfen^  lebenden^ 
^mten^  mitegäenden^  nähgäenden^  tragenten, 

n.    Stämme  auf  iö. 

1)  Sing.  nom.  im:  eberUangsUiu ^  festiu^  lukkiu^  unfestiu,  part. 
praes.:  sehentiu^  uberslahentiu ^  wesentiu. 

2)  dat  e-ro:  gemeinero^  manigfcdtero,  part.  praes.:  bezeichenen- 
fe»^,  jehentero. 

3)  acc.  a:  einluzza^  festa^  gagcnwerta^  gemehia^  lukka^  unfesta^ 
^^emeina.    part.  praes.:  bezeichenetUa^  gäenda, 

4)  plur.  nonL  e;  part.  praes.:  wonetite. 

1)  tmsemfte  426 &  9.  —  unsenfte  464a  8  A  Schreibfehler. 

2)  gemmde  409b  18;  454»  9  A;  456»  3  A.  —  Irrig  gesuwt  398»  2.    Für  deh 
^  9t$wiU  435»  18  B  steht  A  irrig  sieh  unde  sUh, 

8)  8Üoze  472b  17  A;    522»  11.  15  A.      fiueze  43G»  5.  30.     sueziu  424b  4; 
^^  24  A.  —    unsüozemo  522»  10  A. 

14)  gagemoertün  469b  32  A.     gagenwerten  47G»  21  A;   482b  26  A.     kagen- 
**''fo'402^  28  Ay  B  kagenwarta  Schreibfehler. 
G)  vmo  487»  31  B,  A  vare. 


3G8  KBLLB 

B.    ConsonaDtische   declination. 

I.    Stämme  auf  an. 

Masculina   und   neutra. 

1)  Sing.  nom.  masc.  o:  güoto^  slehto^  wäro^  toidertoario ^  unzo. 
part.  perf.:  gcuohto.  comp.:  bezero^  chunnigoro^  ganzerOy  lukkeroj  reh- 
tero^  toirsero,     superl.:  unrcJdesto. 

2)  nom.  acc.  neutr.  a:  allelicha^  anagehaßa^  getvana^  güota^ 
habemahtiga^  sunderiga^  ubcla^  winstera,  wiza^  zuhüga.  part.  pert: 
gefettachöta  ^  geheizetia^  gelerta^  gesazta^  gesprochena^  getäna.  comp- 
anderlichöra^  altera^  bezera^  chdltera^  Meinera^  erera^  erhaflera^  geU- 
chera^  gunssera^  merora^  mtnnera^  nahcra^  nidera^  obera^  rehtera^ 
seUsänera^  spüottgcra^  undera^  unganzera,  ungelichera^  ufigetnusera^ 
ungwissera^  unrehtera^  unzvif  altera  ^  wärer a^  warniera^  wizera^  zvifd- 
tera,  superl. :  eigenhafUsta ,  erchenosta ,  gengesta ,  gwissesta ,  wamö- 
Jiaflesta. 

2)  gen.  masc.  neutr.  en:  alleltchen^  häbemahtigen^  Judben  ^  hm- 
betahten^  svarzen^  ubelen^  widerwarten^  winsteren^  zesewen.  part  perf.: 
gelcrten^  gerüoderöten.     comp.:  nideren^  oberen. 

4)  dat.  masc.  neutr.  en:  allelichen^  chumftigen,  goregen^  tM- 
shUdigen^  skuldigen,  slehten^  underen^  unsktddigen^  widerwärtige^^' 
part.  perf.:  ferfarnen^  gefrägeten^  geUrten,  comp.:  ereren^  nideren^ 
oberen^  underören^  wirseren,    superl.:  eristen^  meisten. 

5)  acc.  masc.  en;  part.  perf.:  gelerten,  comp.:  bezeren^  gewis- 
seren. 

6)  plur.  nom.  masc.  en:  genammen,  shtddigen.  comp.:  Ziefe- 
rew,  Werder  en. 

7)  nom.  acc.  neutr.  en:  anasihtigen^  gagensihtigen^  genamda^ 
gerhammen^  himdisken^  sunderigen^  unanasihtigen  ^  ungwissoten^  iffidcf' 
wartigen.  part.  perf.:  foregesageten^  gesprochenen^  getanen,  misses(^' 
tcn,  zesaminegelegeten.  comp.:  alteren,  ereren,  forderoren,  gelickeref^'> 
oberen,  tlzeren,  zmveligcren.  superl.:  erchenosten,  eristen,  ferriste^'h 
oberosten,  undcrosien,  ungeüchesten. 

8)  gen.  masc.  neutr.  —  fem.  öni  allelichon,  chumftigon,  gena'^^' 
don,  IwbemaJitigön ,  samelichdn,  widerwartigön.  part.  perf.:  gtoisso- 
ton.    comp.:  ererön,  oberon,  üzeron. 

9)  acc.  masc.  en:  ägezelen. 

U.    StSmme  auf  ()ii. 

Feminina. 
1)   Sing.    nom.  a:   ananemiga,  bara,  gemacha,   tcdra,     P^^ 
perf.:   getäna,  underskeidena.    comp.:   altera,  erera^  festera^  fordert 


KOifBK  U.  VEtUB.  IN  NOTKBBS  ABIST.  369 

jrora,  gunissera^  mSra^  minnera^  stcUera^  toirigora.    Buperl.:  eri- 
gdichistüy  herosta^  niderösta. 

2)  gen.  ün;  comp.:  ererün.    superl. :  eristün. 

3)  dat.  ün:  ailelichün.  part.  perf.:  gagenstaltün.  comp.:  afte- 
^ererün.     superl.:  erchenostün^  eristün, 

4t)  acc.  ün:  alldichün^  diutiskün^  unaUelichün.  part.  perf.:  ge- 
thmün.    comp.:  ererün.    superl.:  eristün, 

5)  plur.  nom.  en;  comp.:  afteren^  ereren,  oberen,  superl.:  gen- 
en.  —  üeerostün  h\2^  17  A  ist  Schreibfehler,  veranlasst  durch  die 
littelbar  vorausgehenden  einün  —  aviderün. 

L    StSmme  auf  ian. 

Masculina  und  neutra. 

1)  Sing.  nom.  masc.  o:  luhho.  part.  praes.:  frägento  ^  jehento^ 
^,  lougenentOy  ständo^  mdersagento. 

2)  nom.  acc.  neutr.  a:  gctgenwerta^  gemeina^  mitta, 

3)  gen.  masc.  neutr.  en:  eirduzeen^  mitten,  part.  praes.:  leben- 
,  ständen. 

4)  dat  masc.  en ;  part.  praes. :  losenten. 

5)  acc.  masc.  en;  part.  praes.:  sterchenten. 

6)  plur.  nonu  masc.  en:  imsegemen. 

7)  nom.  acc.  neutr.  en:  eirduezen^  gemeinen^  niwen.  part. 
».:  lebenden. 

8)  gen.  masc.  neutr.  —  fem.  on:  einluzzon    part.  praes.:  ligen- 
fßesenton^  zesaminehaftentön. 

n«    Stämme  auf  iOn. 

Feminina. 

1)  Sing.  nom.  a:  getneina^  mitta^  unnuzza,  part.  praes.:  fer- 
^,  sagenta. 

2)  dat.  ün:  niwün,    part.  praes.:  folgentün^  sagentün. 

3)  acc.  ün:  gagenwertün. 

4)  plur.  nom.  en;  part.  praes.:  chomenten^  f erlauf enten ^  näh- 
^i^ten. 

PRAQ.  J.  KELLE. 


W.  BBUTSCHB  PHILOLOOIB.     BD.  XTm.  24 


370 


BERICHT   ÜBER   DIE  VERHANDLUNGEN    DER  DEUTSCH  -  R01£ANI8CHEN 
SECTION    DER   XXXVIII.  VERSAMLUNG    DEUTSCHER  PHILOLOGEN  UND 

SCHULMÄNNER    IN   GIESSEN 
vom  30.  September  bis  3.  oetober  1885. 

1.  Sitzung. 

Die  erste ,  constitaierende  sitzang  der  deutsch  -  ronutnischeii  section  wude 
mittwoch  den  30.  sept.  mittags  12  uhr ,  nach  schluss  der  ersten  algemeinen  iHnig, 
von  dem  im  vorigen  jähre  zu  Dessau  gewählten  ersten  Vorsitzenden ,  pnt  dr. 
Braune-Giessen  erofoet.  Das  amt  eines  zweiten  versitzenden  hatte  der  ebenftli 
in  Dessau  gewählte  prof .  dr.Birch-Hirschfeld- Giessen  übernommen.  Zu lefarift- 
f&hrem  wählte  die  vorsamlung  privatdocent  dr.  Schwan-Berlin  und  dr.  Straek- 
Giessen.    In  das  album  der  section  zeichneten  sich  folgende  27  mitglieder  ein: 

Privatdocentdr.  V. Bahder,.  Leipzig;  prof.  dr. Behaghel,  Basel;  £.  Beiot- 
ker,  Anclam;  dr.  Bindewald,  realgymnasiallehrer ,  Giessen;  prof.  dr.  Bireh- 
Hirschfeld,  Giessen;  cand.  phiL  Bon  in,  Giessen;  prof.  dr.  Braune,  GiaMen; 
prof.  dr.  Freymond,  Heidelberg;  prof.  dr.  Kluge,  Jena;  prof.  dr.  Kölbingi 
Breslau;  dr.  Landmann,  prof.  am  realgymnasium,  Darmstadt;  dr.  F.  Ltid- 
mann,  Leipzig;  pfarror  Lindenborn,  Odenhausen;  dr.  W.Mangold,  obedehitf» 
Berlin;  prof.  dr.  Paul,  Freiburg;  prof.  Pichler,  Giessen;  dr.  L.  ProeschoUti 
Homburg;  cand.  phiL  Schilling,  Giessen;  privatdocent  dr.  Schwan,  Beilii: 
prof.  dr.  G.  Sold  an,  Basel;  Spam  er,  reaUehrer,  Giessen;  prof.  dr.  Stengeli 
Marburg;  dr.  A.  Strack,  Giessen;  Theisen,  reallehrer,  GKessen;  dr.  G.  Wen- 
ker,  custos,  Marburg;  privatdocent  dr.  Wetz,  Strassburg;  dr.  ZlmmermtBii 
archivar,  Wolfenbüttol. 

Nachdem  dem  vorschlage  des  ersten  pr&sidenten  entsprechend  die  taget- 
Ordnung  für  die  folgenden  Sitzungen  festgestelt  worden  war,  wurde  die  aitnaf 
geschlossen. 

2.  Sitzung. 

Die  zweite  sitzung  wurde  donnerstag  den  1.  oetober  morgens  8  nhr  tri&A 
Vor  beginn  der  vortrage  stelte  der  erste  präsident  den  antrag,  30  maik  voi  te 
überschuss  der  kasse  der  section  dem  fonds  für  das  Grimmdenkmal  zu  Hsaaa  ü 
überweisen ,  sowie  eine  samlung  zu  demselben  zwecke  unter  den  mitgliedem  n  Ttf* 
anstalten.  Der  antrag  wurde  genehmigt.  Die  samlung  ergab  die  summe  von  24  ■• 
40  pf .  Darauf  hält  horr  prof.  dr.  Birch-Hirschfeld- Giessen  einen  vortng t^^ 
die  bedeutung  der  Troubadours  in  Dantes  göttlicher  komödie.**  Dante  stelt  in  afl" 
ner  dichtung  die  geistigen  Einwirkungen ,  welche  die  troubadourpoesie  auf  üu  tf** 
geübt  hat,  in  der  dichterischen  fiction  persönlicher  begegnungen  daur.  Er  erka^ 
in  den  provenzalen  dankbar  seine  lehrer,  und  als  die  hervorragendsten  repriNotar 
ten  provenzalischer  poesie  führt  er  in  die  göttliche  komödie  vier  troubadoma  e>a: 
Bertran  de  Born  (Inf.  XVUI),  Sordel,  den  Mantuaner  (Purg.  VI),  Anaut  Dtfi^ 
(Purg.  XVI) ,  Folquct  von  Marseille  (Parad.  IX).  Dante  lernte  von  diesen  diditi^ 
die  patriotische  Schätzung  der  muttersprache.  Aber  auch  der  die  provenaaliae^ 
poesie  beherschende  geist  und  ihr  Inhalt  hat  Dantes  ästhetisches  nitail  und  t^ 
dichterische  richtung  mit  bestimt.  Bertran  de  Born  und  Amaut  Daniel  siad  9i 
Dante  die  repräsentanten  zweier  hauptau^aben  der  dichtkunst,  der  Yenos  uri  ^ 
Virtus  (vgl  de  vulg.  El.  U,  2).  An  Sordel  knüpft  der  dishter  ada  MloaSt^ 
pber  Florenz  und  die  könige  und  fürsten  der  eignen  Mit  aiL    (Pttg.  VI,  ^ 


OlEBSENKB    PaHOLOC.-VKKaAML.    18B6 


371 


^^Iqaot  von  Marseille  wird  passend  dio  klage  über  die  entartung  der  kirche  in  den 
mand  gelegt.  Aa«h  der  die  liubeüljrik  der  pToveazalen  beberscheode  geist  ist  bedeu- 
tuagsroll  fQr  Däute  geworden.  Die  Banna  dollo  Hcheimo  in  der  Tita  nucva,  das 
anberücksichtlaaseu  von  Seatricciis  vermählong,  die  untordrücknng  des  namens  aind 
alle»  dinge,  die  aus  dem  von  den  troobadours  in  ihrer  liebesljrik  aasgebildeten 
conventionaliamuB  stummea.  Selbst  Dantes  vcrgütteruug  der  geliebten  hat  ibro 
Vorbilder  b«i  den  troubadours.  —  Eine  diBkuaslcia  schlioast  aich  an  den  vertrag 
nicht  an. 

Es  folgt  der  Vortrag  des  horm  dr.  Wenker-Marburg  „Über  das  sprach- 
atlasaDternetim e D."  Der  vortragende  will  zonäclist  kurz  über  die  äasscren 
Schicksal«  des  BpiachatlaBQnteroohmens  berichten  ,  dann  den  inneren  entwickolnogs- 
gang  deaaetbcD  darlegen  und  daran  anknüpfend  die  aus  der  neubeit  und  eigenart 
der  EBche  notwendig  entspringenden  BClmierigkeLteo  entwickeln,  die  ein  rechtes 
gedeihen  des  werkea  bis  heate  nicht  haben  aufkommen  lassen. 

Im  jähre  ]HTö  machte  dr.  Wenker  den  ersten  versuch  von  Düsseldorf  aas, 
indem  er  sich  an  die  volksschullehrcr  des  betreffenden  regierungsbezirks  vrante,  nm 
Hieb  darch  äberactzung  vorgescb  rieben  er  hachdeutscher  satxchen  in  die  ranndart 
zahlreicher  orte  das  material  mi  kartographischen  darstoünng  einzelner  dialokt- 
eigentämlichkeiten  zu  vorschaffen.  Im  folgenden  Jahro  wurde  die  samlung  aus- 
gedehnt auf  die  ganze  Rheinprovinz  nordwärta  der  Mosel  und  Bchlieaslieh  auch  auf 
die  provinz  Westfalen.  Bis  ende  187S  wurden  die  sehr  interesaanten  ergebnisse  in 
einem  handschriftlich  angefertigten  „Sprachatlas  der  Rheinprovinz  nördlich  der  Mosel 
mit  einschlusa  des  kreises  Siegen"  zusammengesteit  (ca.  1500  Ortschaften).  Dieser 
wurde  der  philosophischen  fakuität  zu  Marburg  vorgelegt,  die  den  atlas  nebst 
einem  giitachten  dem  ktjnigl.  pieuaaiscbcn  ctittasministeriun  einreichte.  In  folge 
davon,  sowie  eines  sehr  günstigen  urteits  der  königl.  prenssischen  akademie  der 
Wissenschaften  über  das  □ntemehracn ,  wurde  domsolben  die  Unterstützung  der 
preussiscben  regiemng  zu  teil  und  es  dem  vortragenden  ao  ermöglicht,  sein  unter- 
Deluncn  über  ganz  Norddeutschland  auszudehnen.  Es  wurden  nun  ca.  40000 
gedruckte  formutare  versaut,  wovon  endo  1860  etwa  30000  mit  der  mundartlichen 
Übersetzung  in  deu  bänden  dr.  Wenkers  waren.  Es  begann  nun  die  arbeit  des  con- 
InliereuH,  ordnens  und  eiDteilune,  sowie  die  eigentliche  Verarbeitung,  als  deren 
resnlUt  im  herbst  18B1  die  ersten  sechs  kartonblätter  im  bucbhondel  erschienen. 
Du  ganze  unternehmen  aolte  ca.  470  verschiedene  blattcr  in  13  sectionen  umfassen. 
Die  eracliiencnen  aochs  bEtter  wurden  von  dem  vortragenden  dem  preussischen 
BBltDaministeriBm  eingereicht  mit  der  bitte,  ihm  einen  hilfsarbeitcr  zu  bewilligen. 
Du  miaisterium  holte  von  neuem  das  gutacliten  der  akademie  ein.  Der  verstor- 
bene Professor  MüllenhofT  unterzog  das  ganze  einer  scharfen  kritik  und  atelte  mass- 
gebende geaichtspnnkte  zu  einer  neuen,  wesentlich  verbesserten  methode  der  karto- 
graphischen widergabe  auf.  Nach  diesen  gesichtspaukton  moste  das  ganze  roaterial 
nnigeordnet  und  neoe  grundkarten  gezeichnet  werden.  Inzwischen  war  dr,  Wenker 
auch  eine  summe  zur  anstellnng  eines  hilfsarbeitors  bewilligt  und  dieser  im  Som- 
mer 1884  in  der  person  des  horrn  dr.  Norrenborg  gefunden  worden.  Es  wurde  nun 
du  geeamtgebiet  nicht  mehr  wie  anränglich  in  13  sectionon,  Boudern  in  zwei  hätf- 
ten  abgeteilt,  die  eine  westlich,  die  andere  östlich  vom  SO.  Uugegrade,  und  die 
■pracMichen  erscheinungen  selten  nun  nicht  mehr  sjatematiscb,  d.  h.  nach  consa- 
Danten,  vokalen,  fletionen  zusammengruppiert  dargestelt  werden,  wodurch  eine 
ganz  venvirrende  Überladung  der  karten  entstanden  war,  sondern  es  solte  nun  jedes 
HMit  getrent  auf  einem  blatte  ei^cbeincn,  sodass  man  mit  einem  blicke  alle  seinq 
K  24* 


^^Rennilgen  öbcraolion  konto.  —  Iniwiscliei)  sind  für  die  weatlicbo  hälft« 
ter  aas  dem  nateriul  von  ca.  16OO0  ortea  fertig  aosgezogen  nnd  secb»  duTon  ii  Üb 
ni>u  angelegte  gntndkarte  eingetrngea  worden.  —  Dies  sind  die  lnssvren  tcliirk- 
sala  des  Sprachatlas.  Der  TortrBg^nde  wendet  sich  oun  xai  inneren  genetudito 
des  untemehmens, 

Folgenscbner  für  die  entwickelnng  desselben  ist  besonders  der  umstand  g«««r- 
deo ,  dass  wilbroad  der  Verarbeitung  des  kolossalen  materialt  sieh  bei  ii«in  wrt»- 
geoden  sonol,  wie  bei  allen  der  sache  nüher  stehenden  cioe  forttcItreitMiln  ntn- 
gestaltnng  der  wisBenschalUiaheu  Ansichten  vom  wesen  unserer  dialektTKrtiKltuiMe 
nad  Ton  dem  werte  ihrer  detailerforscbung  volzog. 

UrsprÜDgUch  hatte  der  vortragende  die  mnndatten  seiner  beiinatpmlu  b 
nntersachung  gezogen,  am  ein«  anzahl  wichtiger  eigentOmlichkeiti-D  ilar  dortifea 
diolekte  schärfer  als  bisher  abzugrenzen:  dabei  war  noch  die  bberaengung  UiUwl, 
diese  Charakteristika  müaten  ganz  oder  nahezu  ganz  einträchtiglicb  zusatumHie^ 
und  BO  eine  klare  dialcktgrenze  ergeben,  der  zufolge  jeder  ort  entweder  dorn  elon 
oder  dem  aoderen  dialcktgubiete  zugewiesea  werden  kDutc.  Dies  stell«  sidi  btU 
als  ein  irtum  heraus.  Die  groDiwn  der  vermeintlichen  uliarakteriittik»  lief«ii  ib» 
eignen  wego  und  kreuzten  sieb  oft  genug.  Welehes  charakteristikimt  war  m« 
eigentlich  charakteristisch?  —  die  consonanten,  die  vokale,  uder  die  fteiionmdito- 
gen?  Je  weiter  die  arbeit  voran  schritt,  desto  gri>«ser  wurde  die  verwirrang.  Da 
volsog  sich  die  erste  durchgreifende  nrnwandlong  der  alten  Vorstellung  von  diilii>^ 
grenzen.  Sie  muete  aufgegeben  werden  gegen  eine  neue,  und  diese  Baue  duU 
gesucht  werden  nicht  auf  dem  besobrünkten  räume  einer  einxelnen  provinz  mit  UM 
speziellen  sprachlichen  Verhältnissen,  sondern  auf  einem  breiten  gebiete  mit  nna- 
nicbfaob  wechselnden  dialektgestaltungen.  Diese  methodische  E^rdemng  wurde  la 
antrieb  zur  ausdohnong  des  Unternehmens  über  gani  Norddontschland. 

Bei  der  weiteren  bearbeitung  des  materials  begann  eine  wuitore  mogM' 
tung  der  ansichten  dos  vortragenden  vom  zweck  und  weit  des  gaosen  uiMn^ 
nehmens  sich  dnicbxusetzen.  Wenn  früher  der  wünsch  dialektgrenseu  hetziftell» 
den  leitenden  gesichtapunkt  abgegeben  hatte,  ho  brach  sich  jett  did  DbennfUf 
bahn,  dasB  eine  methodisch  umTasaende  betrachtung  sprachlicher  orscheinnDgenjite 
auch  die  scheinbar  planlos  auftauchende,  sjioradisch  sich  entwickelnde  ummniDuiC 
im  vokalismna,  in  der  fomienbildung  zu  vorfolgen,  zu  wHidigen  und  zu  ventthK 
suchen  raäsao.  Nicht  mehr  nur  die  groben  unterschiede  festzustellen  ist  di«  i*!' 
gäbe  der  di&leklforacbung ,  sondern,  wenigstens  rein  sprachlich  genuwmen,  b<i1I^ 
dialeklforschung  darauf  auagehn,  alle  abstufiingen  der  einzelnen  laute  uder  fsniA 
gleichviel  ob  sie  nur  innerhalb  eines  stammesgebietes  oder  an  der  gtttxK  ifä'' 
st&mme,  oder  Ober  mehrere  atammeagebiete  hin  verbreitet  sind,  in  ihran  spM^ 
liehen  werden  und  wachsen ,  in  ihrer  gegenseitigen  bedingtheit  danolagCB  ■"* 
wenn  möglich  zu  vorstehen  und  lu  erklären.  Und  gerade  dieser  roii)  aprachUA'* 
forachung  eine  höhere  und  wenn  man  so  sagen  darf,  mikroskopisch  genaue  gr^^ 
läge  zu  geben,  ist  die  hauptAnfgabe  dea  Sprachatlas. 

Die  geographische  beliandlong  dinloktiecber  erscheinungen  hat  eimml  '*" 
£weck,  die  historisch  -  geographische  erforschung  unserer  alten  stamm esvorb&ltiü**^ 
wesentlich  zn  tSrdeni,  nnd  dann  die  viel  umfassendere  aufgäbe,  d«rr  r«in 
aoben,  sprach  geschichtlichen  forschung  neues,  zuverlässiges,  methodisch  fw 
tea  nnd  durum  auch  metbodiscli  vorwendbarea  maU'rial  zu  bieten. 

Die  frage,    wie  ein  rein  geographisi-h  (reordnet^r  stofl  tiata  gtadM 
betrachtnng  dienlich  worden  kann,  ni.i::    '      t  ;''<:I  LeanlwcrlAt  weH^ 


OIESSENBR  rHiLOi.oa. •  VEBSAUL.  ISSS  373 

ntigen  streng  ubordeiitechen  mucdarten ,    wie  das  ilinen  zu  griindo  liegende  alt- 

boehdeatscha .  haben  vor  zeiten  e'nmal  einen  caneonantenstand  gehabt ,  welcher  dem 
4ee  heutigen  eugliach  sehr  ühnlich  ist.  Wir  können  auch  sagen,  dass  in  einer 
weniger  zurückliegend en  xeit  jeuet  consonantianma  dem  heatigea  niederdeutachun 
and  weiter  der  heutigen  mitteldeutacben  eutwiukclDngBatufe  geglichen  habe.  Diea 
ist  ein  klares  heispiel ,  wie  sich  ein  geographisches  übereinander  gleichzeitiger 
eraftieinnngen  in  ein  hiatorisches  nacheinander  gleich  Örtlicher  ontnickelntigen  umaetzen 
lässt-.  Dies  verfahren  nun,  z\x  dem  uns  die  tatsache  berechtigt,  dass  sprachliche 
Umwandlungen  «ich  nicht  auf  allen  teilen  ihrea  gehieta,  gleich  energisch,  gleich 
scbnell  durchaetzen,  wird  auf  die  iiu  apracbatlas  niedergelegten  tatsachen  aasge- 
dehote  annendung  finden.  Überall  aehen  wir  zwiauhenstufen,  Übergänge  zwischen 
weiter  ansein anderllegeade  erachetnungen  geschoben.  Sa  wird  die  in  der  Trierer 
gegend  vorkommende  mnwandlung  von  i  in  a,  z.  b.  ttand  Kr  kiiid  stofenweiae  vcr- 
iDitt«It  durch  fast  küncentriach  gelagerte  zonen ,  in  denen  sieb  der  reihe  nach  i,  e, 
6,  o,  a  in  diesen  würtem  Undet.  Ebenso  ist  der  mitteldeutsche  Übergang  von  d 
in  I  vermittelt  durch  das  in  vielen  gcgenden  erscheinende  r,  x.b.  sdde,  seirt,  teile 
S^T  hochdeutach  weiten. 

So  lioase  sich  auf  dem  material  des  Sprachatlas  eine  vetgleicbeada  dialekt* 
fotschang  aufbauen,  die  als  ein  teil  der  vergleichenden  indogermaniachcn  sprach- 
forscbang  vor  dieser  den  groasen  vorteil  voraus  hat,  daas  sie  mit  lebendem,  joder 
deUillieiten  fragcatellnng  zugänglichen  material  arbeitet.  Die  gesetze  sprachlichea 
Werdens  und  wandcls  lassen  sich  hier  an  der  quelle  studieren ,  und  ihr  Studium 
wird  reichen  gewinn  für  jede  Sprachvergleichung  bringen,  und  gerade  die  germa- 
nische  spräche,  die  von  UlGlas  Zeiten  bis  heute  in  einer  reihe  reich  entwickelter 
bildungen  vor  uns  liegt,  eignet  sich  besonders  zu  einer  solelien  detaillierten  dialekt- 
forscbung.  Allerdings  iat  dann  die  beschränkung  des  sprachatlasuntemehmons  auf 
Noiddeutschland  mehr  ala  eine  halbheit,  ja,  methodisch  betrachtet,  ein  unding. 
Soll  der  Sprachatlas  seinen  hauptzweck,  eine  einheitliche  grnndlage  zu  jeuer  for- 
schuDg  zu  geben ,  erfüllen ,  so  muas  er  auuii  über  Süddeutschland  ausgedehnt  wer- 
den. Dm  so  mehr,  da  unsre  mnndarten  unauflialtsam  dem  verfalle,  der  sersetinng 
durch  das  Schriftdeutsch u  entgegengchn.  Die  dialektforsch uog  kann  heute  noch 
mit  lebendem  material  arbeiten:  in  einem  mcnschenalter  wird  sie  es  nicht  mehr 
können,  wenigstens  wird  schon  die  nächste  generation  nicht  mehr  doa  gefühl  .einer 
in  sich  einheitlich  entwickelten  mundart  besitzen,  das  heute  noch  hei  unserer  laud- 
bevölkerung  wenigatena  zu  üudeu  iat.  Die  innere  Sicherheit  wird  aus  dem  mund- 
artlichen lehen  verachwnndeD  sein,  und  eine  wissenschaftliche  orforachnng  der  dia- 
Ickte  wird  sich  dann  auf  schwankendem  boden  bewegen  und  mit  zweifelhaften  tat- 
lacben  arbeiten.  Es  komt  dazu ,  dass  der  Sprachatlas  keineswegs  eine  abschliessende 
arbeit  sein  wird.  Es  steht  vielmehr  zn  hoffen,  dass  er  zu  fruchtbaren  systematischen 
lokaJforschuDgon  anregen  wird,  die  eine  notwendige  ergänzung  zu  ihm  bilden  wer- 
den. Auch  diese  arbeiten  verlangen  noch  den  feston  bestand  unserer  mundarteu  als 
grondlage. 

Solche  erwSgungen  hatten  dun  vortragenden  veranlasst,  in  diesem  frübjahr 
di«  ganze  sacbe  der  köuigl.  preassischen  akademie  der  Wissenschaften  zn  Berlin 
vorzlüegen  und  ihr  den  plan  zu  entwickeln,  dass  man  nunmelir  8Qddent«elilund 
gleichfals  heranziehen  oder  wenigsteus  lüe  Vollendung  des  norddeutschen  teils 
beschleunigen  miige,  damit  man  in  abaeUbaror  zeit  an  Söddeutschland  herantreten 
IcSnne.  Die  akademie  hat  aich  finauiiell  ausser  stände  erklärt,  diesem  plane  bei- 
»rtrcten  nnd  zagleicb  für  eine  weitere  anterstetxung  seitens  des  cultusministeriums 


371  6TRACK 

eine  einschr&nkung  und  Verkürzung  an  der  bereits  begonnenen  norddeutschen  a 
als  bedingnng  hingestelt.  Damit  aber  würde  der  organische  znsammenhang  ser 
werden,  der  die  zahlreichen  im  matorial  des  vortragenden  niedergelegten  spi 
liehen  erscheinungen  nach  der  planmässigen  anläge  der  samlang  zu  einem  fe 
systematischen  gef&ge  verbindet,  und  es  wäre  damit  die  wissenschafUidie  veri 
barkeit  der  resultate  in  empfindlichster  weise  geschm&lert.  Der  vortragende  a 
daher,  nach  wie  vor  auf  seiner  forderung  bestehn  zu  müssen,  dass  das  begOD 
nicht  auf  halbem  wege  stehen  gelassen  oder  gar  verkümmert  werde. 

Welch  hohen  wert  das  ganze  unternehmen  hat,  Hesse  sich  veranadiaali 
durch  eine  frage:  was  würden  wir  darum  geben,  wenn  wir  eine  solche  spnuii 
samlui^  von  ort  zu  ort  aus  der  zeit  Karls  des  Grossen  besftssen?  Hnnderti 
rätseln,  fragen  und  zweifeln  wären  durch  sie  mit  einem  schlage  gelöst 

So  erwächst  aus  der  klaren  einsieht,  dass  die  genaue  feststellüng  ob 
heutigen  mundarten  vor  ihrem  gänzlichen  verfall,  für  die  kommenden  jahrhnn 
von  unersetzlichem  werte  sein  muss,  dem  vortragenden  die  pflicht,  wider  und  i 
mit  seiner  forderung  hervorzutreten.  Er  hält  fest  an  der  hofnung,  dass  die  * 
sehe  Wissenschaft  mittel  und  wege  finden  werde,  den  begonnenen  sprachatii 
ganz  Deutschland  auszudehnen  und  ihn  unverkürzt  zur  Vollendung  zu  bringet 
auch  er  ein  denkmal  der  einholt  unseres  volkes  und  unseres  Vaterlandes.  — 

Nach  beendigung  seines  Vortrages  gewährte  dr.  Wenker  durch  vorzeiget 
karten  den  mitgliedem  der  section  einen  interessanten  einblick  in  das  ganzen 
nehmen;  insbesondere  hatte  die  versamlung  gelegenheit  si(^  mit  eignen  äug« 
dem  fortschritt,  der  gegenüber  der  ersten  publikationsart ,  durch  die  neue  me 
der  darstellung  erreicht  worden  ist,  zu  überzeugen. 

Hierauf  ergriff  herr  prof.  Braune  das  wort,  um  nochmals  auf  die  wii 
keit  des  untemehm/ens  aufmerksam  zu  machen  und  zu  betonen,  wie  ¥rünscheii 
es  sei ,  dass  das  werk  in  der  geplanten  volständigen  form ,  vor  allem  mit  znzu 
von  Süddeutschland,  zur  ausfnhrung  komme.  Um  dies  zu  ermöglichen,  sei  c 
das  beste,  sich  an  die  reichsregierung  zu  wenden  mit  der  bitte,  das  untemc 
zu  unterstützen.  —  Hieran  scUoss  sich  eine  kurze  diskussion,  an  der  sich  dii 
ren  proff.  Behaghel,  Birch- Hirschfeld,  Paul  beteiligten.  Auch  dr.  Wenker  er 
seine  zustinmiung  zu  dem  von  dem  Präsidenten  gemachten  verschlag.  Auf  a 
des  Präsidenten  wird  sodann  einstimmig  von  der  section  beschlossen: 

1)  Dass  es  wünschenswert  sei,  dass  das  werk  in  der  von  dr.  Wenker  g< 
ten  volständigkeit  zur  ausfuhrung  komme. 

2)  Ein  gesuch  an  das  reichskanzleramt  zu  richten  mit  der  bitte,  das  i 
nehmen  zu  unterstützen.    Das  Präsidium  wird  mit  der  ausfÜhrung  beauftragt 

3.  Sitzung. 

Die  dritte  Sitzung  begann  freitag  den  2.  octbr.  morgens  8  uhr  mit  da 
teilung  des  versitzenden,  dass  Zürich  zum  nächsten  versamlungaort  bestim 
Auf  seinen  verschlag  hin  wählte  die  section  zu  künftigen  versitzenden  die  l 
pröf.  dr.  Tob  1er  (I.  vors.),  prof.  dr.  Ulrich  (U.  vors.),  beide  in  Zürich. 

Hierauf  ergriff  herr  prof.  Kluge  das  wort  zu  einem  vertrag  «Obei 
principien  in  der  entwickelung  der  Wortbildungselemente.* 

Die  in  Pauls  „Principien  der  Sprachgeschichte"  niedergelegten  algeH 
grundsätze  sind  bisher  fast  nur  auf  laut-  und  formenlehre  angewend«!  vi 
Aber  die  in  lezter  zeit  vemachlfissigte  wortbildongslehre  fiofat  weit  saveiiid 
material  für  das  leben  und  wachsen  der  apnolio  ada  dii  gmamuäaribm  la 


^^^^^^^^  OIESBBNBB  FB]IX>L0O.  -  VESgAW..   188S  375 

^^JutigeiL  Man  kann  innerhalb  dor  cntwickelnngsRescbicbU  von  siirfkaii  kl.ir  Aaa 
fMxt»  verfolgen-,  wie  nrsprtinglioli  funktionsloso  elemcnto  eine  fncilitian  iibnrneli- 
men  nnd  dum  produktive  snfflie  werden.  Jedes  wortbitdungaelement  ron  aasge- 
ipmehener  fanfction  ist  produktiv.  Als  beispiel  bierffir  fubrt  der  vortragende  n.  u. 
in:  gr.  i^nni^öt,  lat.  iinüter,  abd.  irinisler.  Dioae  baben  bei  gleicher  bedeiitnug 
giM  psraUele  bildnng,  die  wabrach einlieh  uraprünglich  nnr  einem  von  ihnen  odur 
i'innn  gemeinschaftlichen  protetj'p  zakam  und  durch  übertragang  sieb  fortpQatiztu ; 
im  griechischen  nnd  lateinischen  wurde  sie  noch  auf  deitor:  Silnfgos  Gbertrsgen. 
Bio  gt^ichmässige  bildung  der  germaniacben  benennnngeu  der  himmelBgogendcn 
ilirf  auf  grand  des  namena  der  Tiaigoten  kein  hohes  alter  beanaprachen .  ebonao 
™  p  wall  elbegriffe,  wie  ags,  lefen  :  morgen,  engl,  evetiing  —  monüng  nacbweisHoh 
iiifht  von  jeher  gleiche  eiidnng  gehabt  haben.  —  Dieae  aosätze  zor  produlitivitnt 
lind  wertvoll  als  äOBBerungen  des  algemoinen  geBetzea,  wonach  die  Wortbedeutung 
riar  «igentliehe  anagangspunkt  für  die  auttbreitang  von  anrflien  ist.  Griieaere  naob 
tifgflflichea  gesiohtsp unkten  gebildete  Wortgruppen  worden  meist  auf  dem  einen 
mler  dem  anderen  Bpracbgebicte  dureb  ein  beEtimtoB  suffii  cbarakteriBiert.  Ea  lüaat 
<i(li  diese  Produktivität  der  aiifilxform  leicht  an  lehnsuftixen  beobachteo ,  z.  b.  xu 
mlii.  huffenier,  brusteiiier,  herxsnier,  lemlaner,  schimer,  miUenier,  waren  grnod- 
IjpoD  die  entlebnton  wwfr,  Uatier,  barbier,  ^alier.  Im  altgemianischen  lassen 
räh  feste  stiffiie  für  beneDnungeo  von  krankbeiten,  münzen,  bäumen,  kdrben  usw. 
loastatieren.  —  Die  funktion  spielt  in  der  entwickelung  der  wortblldungselemente 
die  hasptrolle,  ein  gesichtspunkt ,  der  aeitbor  zu  wenig  zur  geltuDg  gekommen  ist. 
Ein  anderes  moment  in  der  entwickelangageachichte  der  sufflxe  steht  im 
'aummenhang  mit  der  frage  des  auffizweebaels.  Nirgends  kann  von  beliebigem 
nffiiwecbsel  die  rede  sein.  Eb  iat  in  selcbeoi  Talle  xa  unteraacben ,  ob  nicht  laut- 
ffgeln  zu  stötungeo  anlasa  gegeben  liaboo  wie  z.  b.  in  peregrina»  au  pügrim, 
AiniN  zu  himil.  Hier  bandelt  es  aich  anch  um  unproduktive,  lebloae  wortbilduDgs- 
'Irmeote.  ~^  Uen  Bchlnsa  des  rortrngs  bildete  der  hinweia  auf  die  mehrfach  boob- 
»thtete  eracheinnng,  daaa  der  Wortkörper  zuweilen  in  kleinen  gnippen  dieselbe 
^Ulisnniuit.  z,  b.  raman.  grevii-Uxw  (fUr  \&t.  grani- levis);  Aga,  hUUr  and  pider 
'w«  hidtr  aivl  fadtr);    ahd.  Iiäcko  —  kräcko.  — 

Xach  einer  kurzen  bomerkung  des  herra  prof.  Behaghel,  der  sich  in  den  haupt- 
!>>ikten  mit  dem  lortragenden  einverstanden  erklärt,  erhält  das  wort  herr  prof. 
BcDgel  £11  „Mitteilungen  ftborWeigandsbriefwechsel."  Dem  vortragen- 
n  Weiganda  tocbter,  fran  Oberlehrer  dr.  Flach  in  Wiesbaden  der  litterariache 
S  ihrea  vaters,  soweit  dera ei be  sich  noch  in  ihren  händeD  befand,  anvertraut 
Derselbe  besteht  zum  grossen  teil  aus  collegienheften,  aus  entworfen  von 
ba TerüSentliehteu  arbeiten,  aus  vortrügen,  welche  Wcigand  iu  Gteaaen  gehatten 
s  rerschiedenen  coUectaneen,  aua  einer  anzabi  altdeutscher  porgamentblätl er, 
f  kllem  aber  ans  einer  samkng  von  an  Weigand  gericbteten  briefeii  einer  grossen 
i  gelehrten,  darunter  sehr  viele  briefo  nach  lebender  gelehrter,  Über 
[  Mlbstverständlich  hier  keine  mitteilimg  gemacht  werden  kann,  obgleich  sie 
X  wertvolles  material  für  einen  künfUgen  ge schieb tascbreiber  der  deotscbeo  pbi- 
i  während  der  lezten  40  jähre  bieten.  Von  den  verstorbenen  correspon deuten 
loda  sind  vor  allen  zu  nennen  die  brfidor  Grimni.  Es  sind  44  briefe ,  die 
MmlehBt  In  der  vuii  dem  vortrasfunden  herausgegebenen  aamliing  von  Grimmbrie- 
I U  llcBKiacbe  freunde  <l>d,  1  von  „Private  und  amtliche  Beziehungen  der  Brüder 
I  m  HeHsen.''  Marburg  1886.  2  bde.)  voistindig  erscheinen  werden,  zugleich 
^,§n  der  flteigut  onrnpondanE  Weigandi,  soweit  dieselbe  »nf  die  brfl- 


876  6TaACK 

der  Grimm  bezng  nimt.    Veröfifcntlicht  worden  sind  bereits  von  dem  Tortragendea 
die  6  briefe  von  Fr.  Diez  („Erinnerungsworte  an  Fr.  Diez*',  Marburg,  1883).   Ausser- 
dem liegen  vor  briefe  von  Cb.  Crcizenach  in  Frankfurt  (8.  10.  64),  Lorenz  Diefen- 
bach   (ca.  80  briefe  von  1837  —  72) ,    Pb.  Dieffenbacb  in  Friedberg   (28  briefe  ron 
1841 — 58),   Dietrich  in  Marbarg  (4  briefe  von  1855  —  61),    GervinoB  (7  briefe  ron 
1847  —  53),  Grieshabor  (4  briefe  von  1846  —  50),  v.  d.  Hagen  (1  brief  v.  26.4.42). 
M.  Haupt  (4  briefe  von  1841  —  48),  Heinrich  Hofimann  v.  Fallersleben  (dickes  pick 
briefe  von  1851  —  72),  Osk.  Jänicke  (6  briefe  von  1871—73),  Earajan  (1  bricf  tob» 
2.  6.  50),  Kehroin  (4  briefe  von  1846—72),  Ad.  v.  KeUer  (8  briefe  von  1846-72), 
K.  Müllenhoff  (35  briefe  von  1850  —  76),   Franz  Pfeiffer  (22  bviefe  von  1843-68), 
Rud.  V.  Räumer   (5  briefe  von  1870  —  74),    Franz  Roth  (52  briefe  von  1844-67), 
Heinr.  Ruckcrt   (1  brief  vom  16.  1.  51),    D.  Schiller  (2  briefe  vom  23.  10.  6S  and 
31.  5.  65),    A.  Schleicher  (1  brief  vom  13.  7.  60),    J.  A.  Schmeller  (9  briefe  von 
1841  —  52),  Vilmar  (21  briefe  von  1843—67),  W.  Wackemagel  (5  briefe  von  1846 
—  62),   J.  W.  Wolf  (U  briefe  von  1850—53).    Es  ist  der  zweck  dieser  mitteünn. 
gen,   einmal  die  uächstinteressierten  auf  die  existenz  dieser  wichtigen  briefsamlang 
hinzuweisen,  und  dann  das  augenmcrk  der  collegen  auf  ähnliche  briefsamlungen  n 
lenken,   die,   wenn  die  nachkommen  nicht  rechtzeitig  belehrt  werden,  meist  &st 
unretbar  der  Vergessenheit  anheim  fallen,   die  aber,    wenn  sie  Borgfaltig  geordnet 
und  sicher  aufbewahrt  werden ,  für  die  geschichte  der  betreffenden  frissenschaft  eine 
im  laufe  der  jähre  immer  wachsende  bedeutung  erlangen. 

Nach  einigen  an  den  vertrag  des  herm  prof.  Stengel  sich   anschliessenden 
bemerkungen  des  herm  realgymnasiallehrers  dr.  Bindewald-Giessen,  geht  die 
section  über  zum  lezten  punkte  der  tagesordnung,  der  besprecbung  der  „gntachten 
über  die  von  der  Halleschen  revisions-kommission  herausgegebene 
probebibel,   abgegeben  von  den  in  der  deutsch -romanischen  section  der  phüolo' 
genversamlung  zu  Dessau  gewählten  kommission  ^   (Halle ,  Max  Niemeyer  1885).  -" 
Exemplare  dieser  gutachten  waren  zwar  an  die  sectionsmitglieder  ausgeteilt  wordeOi 
aber  die  wenigsten  hatten  während  der  bewegten    festtage  zeit  gefunden  sich  noi^ 
dem  gegenständ  vertrauter  zu  machen,  so  dass  von  einer  eingehenderen  besprechoi^^ 
der  gutachten  von  vornherein  abstand  genommen  werden  muste.    Zu  der  verbui^' 
lung  hatten  sich  auch  einige  theologen,   meist  professoren  der  nniversit&t  Giess^^ 
eingefunden.    Der  präsidont  eröftiet  die  besprecbung  mit  einem  kurzen  refent  ül^^ 
die  gutachten. 

Auf  der  vorigjährigen  philologenversamlung  zu  Dessau  war  auf  antng  vc^ 
herrn  prof.  Zache  r-Halle  zur  prüfung  der  probebibel  nach  der  Bprachlichen  sei'^ 
eine  kommission  gewählt  worden,  bestehend  aus  den  herren  prof.  dr.  Paul-Fr^ 
bürg,  dr.  M.  Rieger -Darmstadt  und  archivrat  dr.  E.  Wülcker-Weinuur.  Dani^ 
die  ansichteu  der  drei  kommissionsmitglieder  zu  weit  auseinander  gingen,  als  da-— 
es  möglich  gewesen  wäre,  aus  ihnen  ein  gemeinsames  gutachten  hennstellen,  ^ 
legte  jeder  seine  ansichteu  besonders  dar.  Besonders  scharf  gegenüber  stehen  si^^ 
die  gutachten  von  Rieger  und  Paul.  Während  ersterer  einen  mehr  konservativ^ 
Standpunkt  vertritt  und  meint,  in  der  probebibel  sei  eher  zn  viel  modemisie^ 
behauptet  lezterer,  um  den  text  algemein  verständlich  zu  machen,  würde  eine  vi— - 
durchgreifendere  modernisierung  notwendig  sein.  —  Von  herm  prof.  Zacher  war^ 
hierzu  folgende  thesen  eingesant  worden,  die  nun  zur  Vorlesung  gelangten: 

1)  In  Luthers  deutscher  bibel  vereinigen  sich  zwei  meisterleistongen  ent^ 
ranges,  aber  verschiedenen  Charakters  und  deshalb  verBchiedea  ^ 
beurteilen: 


6XS88BNSB  PmLOLOO.-YBBSAML.   1885  37? 

a)  Die  Übersetzung  als  solche,  d.  h.  die  möglichst  getreue  und  rich- 
tige widergabe  eines  Originalwerkes  in  einer  fremden  spräche.  Für 
ihre  zeit  und  die  damaligen  hilfsmittel  ein  meisterwerk,  heute  viel- 
facher berichtigung  und  Verbesserung  fähig.  Für  diesen  teil  seiner 
arbeit  hat  Luther  den  rat  und  die  hilfe  sachkundiger  stets  gern 
gesucht,  angenommen y  verwertet. 

b)  Die  form,  durch  welche  die  Bibel  gleichsam  deutsches  original- 
werk geworden  ist,  was  kein  geringerer  als  Goethe  sehr  richtig  erkant 
und  gepriesen  hat.  Für  diesen  teil  seiner  arbeit  hat  sich  Luther  fremde 
einwirkung  stets  ausdrücklich  verbeten. 

2)  Soll  Luthers  Bibel  revidiert  worden,  so  ergibt  sich  die  erste  grundfrage: 
soll  sie  Luthers  Bibel  bleiben  oder  nicht?  Wenn  nicht,  so  mache  man 
eine  ganz  neue  Übersetzung,  nach  Inhalt  und  form.  Wenn  ja,  so  ändere 
man  in  Luthers  eigenem  sinn  und  geist 

Daraus  folgt: 

3)  In  der  Übersetzung  darf  man  nur  das  höchst  sparsam  und  vorsichtig 
berichtigen,  was  Luther  selbst  unbedingt  als  richtiger  und  als  notwen- 
dig anerkant  haben  würde ,  nämlich  a)  gröblich  sinstörende  fehler;  b)  we- 
sentliche dogmatisch  wichtige  fehler.  Alles  andere  ist  für  den  blossen 
bibelleser  ädidtpoga,  muss  also  und  kann  auch  ohne  allen  schaden  stehen 
bleiben. 

4)  Die  sprachliche  form  ist  Luthers  eigene  originale  Schöpfung,  so 
unantastbar  wie  Vossens  Odyssee,  Schlegels  Shakespeareübersetzung.  Rich- 
tiger mag  man  sich  ausdrücken  können,  besser  nun  und  nimmermehr. 
An  diesem  unvergleichlichen  nationalen  schätze  sich  mäkelnd  zu  vergreifen 
ist  eine  sQnde  wider  den  heiligen  geist  des  deutschen  Volkes.  Den  Griechen 
ist  es  nie  eingefallen,  ihr  national  werk,  den  Homer,  zu  modernisieren.  Wol- 
len wir  nach  2000  jähren  weniger  Weisheit,  kunstsinn  und  geschmack,  und 
poetisches  Verständnis  beweisen  als  die  alten  Griechen?  Die  Bibel  ein 
Schulbuch  zu  nennen,  ist  geradezu  albern;  sie  ist  ein  weltbuch,  und 
Luthers  deutsche  überdies  ein  nationalschatz.  Daher  muss  alles 
stehen  bleiben ,  was  irgend  noch  haltbar  erscheint.  Schwierigeres  mag  unter 
dem  texte,  oder  im  glossar,  aufs  kürzeste  und  treffendste  erklärt  werden. 
Die  schule  mag  und  soll  mit  nutzen  und  segen  diejenigen  partien  lesen, 
die  für  sie  geeignet  sind.  Der  lehrer  soll  lernen,  was  dazu  nötig  ist; 
mag  man  ihm  geeignete  hilfsmittel  dazu  an  die  band  geben. 

>)  Unter  allen  umständen,  und  ganz  unbedingt  notwendig  ist  die  germanisten- 
versamlung  dem  dr.  Frommann  eine  einstimmige  ehrenerklärung 
schuldig  und  eine  ab  wehr  gegen  seine  ebenso  unwissenden  als  an- 
m aasenden  tadler.    Dahin  lautend: 

a)  Frommann  ist  ein  treflicher  kenner  der  deutschen  spräche  und  ihrer 
mundarten,  von  alter  zeit  bis  auf  die  gegen  wart;  hat  es  durch  gedruckte 
leistungen  glänzend  bewiesen. 

b)  Er  ist  der  beste  kenner  der  spräche  Luthers,  in  spede  in  dessen 
Bibel.  War  aufs  beste  dazu  gerüstet,  und  am  besten,  vielleicht  wol 
allein,  dazu  geeignet. 

c)  Er  ist  im  principe  richtig,  im  einzelnen  höchst  gewissenhaft,  mit 
geschick,  takt,  geschmack  verfahren.  Weite  man  etwas  principioll  aus- 
setzen,   so  könte  es  höchstens  sein,  dass  er  sich  unberechtigten  forde* 


87d  BTRACK 

rangen  gegenüber  zu  nachsichtig  erwiesen  hat.  —    Sind  Über  manche 
einzelheiten  manche  etwas  anderer  moinung,   so  wird  dch  das  aniglei- 
chen  lassen;    in   der  hanptsache  und  im  principe  wird  dadurch  nidits 
geändert. 

d)  Nur  wirkliche  kenner  sind  berufen  und  befähigt  ftber  Luthers  sprich« 
und  deren  bohandhing  in  der  probebibel  zu  urteilen.  Vorlaute,  abspr^ 
chende  niohtkenner  mögen  sich  getrösten  mit  dem  sprflchkin  desApel-- 
les  an  den  vorlauten,  absprechenden  schuster. 

o)  Frommann  verdient  für  seine  langjährige,  unermüdliche,  treue,  h'Ks- 
dige,  weise  arbeit  die  volle  freudige  anerkennung  aller  germaniitar^, 
aller  freunde  der  vaterländischen  spräche  und  litteratur,  und  den  h^^L 
des  gesamten  deutschen  volkes. 

Herr  prof.  Paul  richtete  hierauf  an  die  versamlung  die  frage ,  ob  sie  ber^^it 
sei  eine  bostimto  ansieht  in  sachen  der  Bibelrevision  auszusprechen?  Die  fin^^g« 
wurde  einstimmig  bejaht.  Hierauf  ergriflf  das  wort  herr  prof.  Stade-Gieu  ^rin 
(theolog).  Er  habe  mit  grosser  freude  gefunden ,  dass  die  gutachten  darin  fibereL  si- 
stimten,  dass  die  Probebibel  inkonsequent  sei.  Mit  besonderer  genagtnung  ba"H)e 
er  das  gutachten  von  Paul  gelesen,  der  mit  recht  hervorgehoben  habe,  dass  A^'^i' 
gangbare  Luthertext  gar  nicht  mehr  der  alte  Luthertext  sei.  Der  vortragende  we  '^' 
det  sich  dann  mit  einigen  werten  gegen  die  thesen  von  Zacher:  ein  yemiehtender'^f 
urteil  über  die  ganze  revision  sei  nie  ausgesprochen  worden  als  diese  thesen.  Wei 
es  der  kirche  überhaupt  nicht  gestattet  sei  zu  findom,  wenn  sich  Luther  das 
drastisch  verbeten  habe,  dann  sei  diese  revision  auch  nicht  gestattet  Die  gas^« 
arbeit  der  revisionskommission  sei  mislungen.  Vor  allem  sei  daran  schuld  des« 
gesch&ftsordnung ,  die  jedes  vernünftige  resultat  von  vornherein  habe  unmögK^^li 
machen  müssen.  Wirkliche  sachkentnis  sei  in  der  kommission  nicht  xu  werte  gekocD- 
men.  Die  sprachliche  gestalt  der  Probebibel  sei  verfehlt.  Man  solle  nicht  glanbezi« 
dem  kind  in  der  schule ,  dem  volk  sei  etwas  ehrwürdig  deshalb ,  weil  es  in  alt^f 
spräche  vorgeführt  werde.  Diese  bibel  müsse  die  kirche  und  die  theologie  aUol^* 
neu;  mit  ihr  könne  man  der  gemeinde  nicht  entgegentreten.  Die  frage,  ob  übex*' 
haupt  eine  revision  möglich  sei ,  die  die  spräche  durchgreifend  ändere ,  lastt  der 
vortragende  unentschieden.  Jedesfalls  sei  es  kein  unglüok,  wenn  vor  der  band  ^^ 
Sache  ins  wasser  falle. 

Herr  pfarrer  Lindenborn  verlangt,  die  Bibel  möge  sich  mehr  der  heuti^^ 
spräche  des  volkes  anschliessen ,   da  sie  doch  von  diesem  verstanden  werden  soH^* 
In  der  revidierten  Bibel  sei  zu  wenig  geschehen  in  dieser  hinsieht  —    Herr  V^'      \ 
Harnack-Giessen  (theolog)  meint,   es  handle  sich  um  drei  punkte:    1)  den  ntt^^ 
in  gutem  deutsch  wid  er  zugeben ;  2)  Luthers  text  möglichst  zu  erhalten;  3)  ein  ^^^' 
ständliches  buch  zu  liefern.    Er  fragt  herm  prof.  Paul ,  ob  er  es  für  möglich  b***** 
diese  drei  aufgaben  zu  vereinigen,   oder  vielmehr  meine,   man  solle  einerseits  ^^ 
Luthertext  genau  nach  der  lezten  ausgäbe  feststellen,   andrerseits  eine  neue  0^^ ' 
Setzung  geben,  die  sich  in  einigen  punkten  noch  an  Luther  anschliessa.  —     ^^ 
Paul  erklärt  das  leztere  gemeint  zu  haben.    Luthers  text  könne  ja  stUistiadi     '^ 
bild  sein,  aber  der  unterschied  der  beiden  Übersetzungen  müsse  sofort  m  tage       . 
ten.  —  Prof.  Behaghel  macht  auf  die  Schwierigkeiten  der  revision,  besonder^  "T 
den  briefen  aufmerksam.  —    Prof.  Gottschick- Glossen  (theolog)  hilt  drei  IM^'      i 
ausgaben  für  notwendig:  1)  eine  streng  historisch  auf  Luther  lurQekgdieiide  &^*     i 
2)  eine  durchaus  in  modernem  deutsch  gehaltene,   dem  sinn  ent^radicnte  ^^^     | 


&IB88BNBB  PHILOLOO.  - VEB8AHL.   1885  879 

tMxagi  3)  eine  Bibel  für  den  kirchlichen  gebrauch,  deren  groudlago  der  Lather- 
!ie  text  bilden  müsse. 

An  der  weiteren  debatte  beteiligen  sich  noch  die  herren  prof.  Behaghel, 
irrer  Lindenbom ,  prof.  Paul ,  prof.  Stade.  —  Bei  der  frage  der  abstimmting  über 
thesen  von  prof. Zacher  erklärt  dr.  Strack,  dass  er  dieselben  billige,  soweit  sie 
b  mit  dem  gntachten  Biegers  deckten.  Er  könne  überhaupt  den  principiellen 
leinandersetzungen  Biegers  nur  wort  für  wort  beistimmen.  —  Auf  antrag  des 
sitzenden  wird  beschlossen,  die  Zacherschen  thesen  nicht  zur  abstimmung  zu 
agen.  —  Hierauf  bringt  prof.  Paul  folgende  thesen  zur  Verlesung: 

Die  sprachlichen  abweichungen  der  Probebibel  Ton  dem  Cansteinschen  und 
i  Übrigen  jezt  Terbroiteten  texten  der  Lutherbibel  bestehen 

1)  darin,  dass  die  bisher  durchgedrungene  modemisirung  der  Lutherischen 
spräche,  die  hauptsächlich  die  sprachformen  trift,  zum  teil  durch  zurück- 
greifen auf  den  alten  text  wider  beseitigt  ist; 

2)  darin,  dass  andrerseits  in  beschränktem  masse  eine  weitergehende  moder- 
nisierung  Torgenommen  ist,  indem  namentlich  einige  unverständlich  gewor- 
dene Wörter  durch  andere  orsezt  sind. 

Die  section  erklärt  nun: 

1)  in  bezug  auf  den  ersten  punkt:  die  Wiederherstellung  bereits  beseitigter 
arohaismen  ist  zu  misbilligen,  und  der  text,  wie  er  sich  jezt  festgestelt 
hat,  nur  insoweit  an  der  band  der  Luthorschen  Originalausgaben  zu  kor- 
rigieren ^  als  sich  bei  der  modemisierung  fehler  eingeschlichen  haben; 

2)  in  bezug  auf  den  zweiten  punkt:  eine  modemisierung,  die  sich  in  den 
grenzen  der  Probebibel  hält,  reicht  bei  weitem  nicht  aus,  um  den  text 
algemein  verständlich  zu  machen  und  hat  daher  keinen  rechten  zweck.  Die 
forderung  durchgängiger  Verständlichkeit  lässt  sich  überhaupt  ebensowenig, 
wie  die  durchgängiger  richtigkeit  der  Übersetzung  mit  der  pietät  gegen  den 
Lutherschen  text  vereinigen.  —  Unter  diesen  umständen  bleibt  nichts  übrig 
als  folgendes: 

1)  der  Luthersche  text  bleibt  im  wesentlichen  in  der  gestalt,  wie  er  sich 
jezt  festgespzt  hat,  unangetastet  und  wird  nach  wie  vor  durch  die  Bibel- 
geselschaften  verbreitet  als  ein  hochbedeutsames  werk  unserer  litteratur 
und  als  ein  erbauungsbuch ,  welches  man  der  grossen  menge  der  evangeli- 
schen Christen,  die  sich  an  dasselbe  gewöhnt  haben,  nicht  entziehen  darf; 

2)  daneben  tritt  eine  berichtigte  Übersetzung,  für  welche  Luthers  text  nur 
insoweit  massgebend  sein  darf,  als  dadurch  der  Verständlichkeit  ebenso- 
wenig wie  der  richtigkeit  der  Übersetzung  abbruch  geschieht.  Diese  muss 
ebenso  zugänglich  gemacht  werden  wie  jene. 

An  der  sich  hieran  anschliessenden  kurzen  debatte  beteiligen  sich  die  herren : 
>f.  Gottschick,  prof.  Paul,  prof.  Behaghel,  dr.  Wetz,  prof.  Birch- Hirschfeld, 
>f.  Eölbing,  pfarrer  Lindenborn.  Nach  den  ergebnissen  der  debatte  hält  es  der 
atzende  nicht  für  opportun,  über  die  Panischen  thesen  ins  gesamt  abzustimmen, 
■^dem  es  werde  genügen  die  eine  frage  zu  beantworten,  die  er  folgendermassen 
nmifiert:  „Ist  es  wünschenswert,  dass  bei  einer  revision  sprachliche  altertümlich- 
Hon,  welche  in  den  verbreiteten  ausgaben  beseitigt  sind,  wider  hergestelt  werden ?'* 
ittk  einer  kurzen  geschäftsordnungsdebatte  wird  die  frage  von  der  versamlung 
^aeittt  mit  allen  stimmen  gegen  die  von  dr.  Strack,   der  sich  der  abstimmung 


580  XIH  BBIBF  LACHMAHXS 

Der  vorsitzeDde  stelte  nnn  den  zweiten  antrag:  .Die  ▼ewamlniig  oimt  dit 
gutachten  der  kommission  and  die  thcsen  des  herm  prof.  Zacher  mit  dank  nr 
kentnis,  hält  aber  die  sache  für  noch  nicht  spruchreif,  am  podtiTe  vonehUge  n 
machen/  —  Da  die  meisten  sectionsmitglieder  den  wansch  hatten,  noh  aach  nodi 
über  die  frage  der  modernisierung  anszosprechen,  worde  zonachst  dieser  antrag  mit 
allen  gegen  5  stimmen  abgelehnt.  —  Hieranf  worde  über  die  zweite  Panlsdie  these 
abgestimt,  der  herr  prof.  Behaghel  folgende  form  gegeben  hatte:  .Soll  sar  erleich- 
ternng  des  Verständnisses  überhaupt  modernisiert  werden,  so  genügen  die  in  der 
Probebibel  vorgenommenen  änderangen  nicht."  Der  abstimmang  enthielten  sidi  die 
herren  Bindewald,  Birch  -  Hirschfeld ,  Freymond,  Strack,  Wetz.  Yen  den  flbngw 
10  anwesenden  mitgliedem  der  section  wnrde  der  antrag  angenommen.  Auch  der 
vorher  abgelehnte  zweite  antrag  des  versitzenden  gelangte  nnn  za  einstimmiger 
annähme.  —  Nachdem  noch  prof.  Soldan  dem  Präsidenten  nnd  den  schriltfUirafi 
den  dank  der  section  aasgesprochen  hat,  schliesst  der  erste  versitzende  mit  einign 
abschiedsworten  die  sitzong. 

OIB88S1C.  A.  BTRACaL 


MISCELLEN  UND  LITTERATUR 

Ein  brief  Laehmanns. 

Mein  verehrter  Frennd, 

So  geschwind  widerspreche  ich  mir  nicht.  Sie  werden  |  aber  zugeben  din 
ein  vollendetes  werk  gleich- 1  wohl  fortgesetzt  werden  kann.  Ich  nehme  an  1 1)  eisn 
Dichter  des  jüngeren  Titnrel,  der  ihn  viel-  |  leicht  auch  vollendet,  d.  h.  mit  der 
S.  XXX  angoführ-  |  ten  Strophe  da  ihm  einen  Schlass  gegeben  hat  wo  |  nach  dem 
Parzival  die  Fabel  aufhört. 

•  2)  einen  Fortsetzer  Albrecht,  der  das  folgende  angehängt  hat. 

3)  einen  Umarbeitor  der  im  jungem  Titurel  |  ursprünglich  unverändert  gelas- 
senen eschen-  |  bachischen  Strophen. 

Dass  Herr  B  R  Schulz  den  Parz.  in  8  Bücher  |  theilt,  ist  nicht  meine  Schuld. 

auch  nicht  |  seine:  als  er  schrieb^  war  meine  Aus-  |  gäbe  noch  nicht  heraus. 

Der  Ihrige 

Lachmann 

10.  Mai  35. 

Dieser  brief  Lachmanns,  dessen  mitteilung  wir  der  gute  des  herm  prof. 
F.  Kluge  in  Jena  verdanken,  befindet  sich  in  einer  erst  neuerdings  erworbeneo L&d- 
doner  handschrift  (Egcrton  2407),  welche  briefe  aus  den  lezten  Jahrhunderten,  von 
verschiedenen  Schreibern  an  verschiedene  empfanger  gerichtet,  enthält,  also  doch 
wahrscheinlich  wol  von  einem  autographensamler  zusammengestelt  worden  ist 

Laehmanns  erste  ausgäbe  Wolframs  erschien  1833.  Die  erste  ausgäbe  der 
Übersetzung  von  A.  Schulz  (San-Marte)  erschien  1836,  und  ihre  vorrede  ist  datiert 
„Naumburg  im  Juli  1835 ,"  mithin  später  geschrieben  als  dieser  brief  LachnULUtf. 
Dieser  Übersetzung  liegt ,  nach  der  eigenen  angäbe  des  Übersetzers ,  „  der  text  der 
Lachmannschen  ausgäbe  zum  gründe ,"  und  Lachmanns  abteilung  des  Parzival  in 
sechszehn  büchor  war  dem  Übersetzer  wol  bekant;  aber  aus  gründen,  die  er  in 
der  vorrede  s.  V  angibt,  hat  er  das  gedieht  hier  in  drei  hauptteile  von  je  drei 
büchern,   also  zusammen  in  neun  bücher,   zerlegt.     Mitbin  muss  sich  die  ang*^ 


lAchmamis  anf  irgend  eine  frühere,  irgendwo  gedruckte  äossernng  des  herrn  reg.- 
nies  A.  Schulz  (San-Marte)  beziehen. 

An  wen  der  brief  gerichtet  ist,   darüber  gebricht  leider  jede  angäbe,   und 
ns  dem  Inhalte  Iftsst  sich  ein  fester  anhält  für  eine  Termutnng  schwerlich  gewinnen. 


LEXIKALISCHES. 
Erre^  ErTen,  ünterren  im  AltkSlnischen. 

Die  erbleihe  ist  ein  vertrag,  bei  welchem  der  eigentümer  eines  grund- 
(t&ies  dasselbe  einem  andern  überträgt  and  dieser,  der  beli ebene,  für  sich  imd 
Ktine  erben  als  besitzer  des  betreffenden  grundstücks  einen  jährlichen  zins  verspricht 
)er  leiheherr  behält  sein  eigentum  und  als  Inhalt  dcsselbep  das  recht  auf  zinsbe- 
ng.  Der  beliehene  erhalt  die  „gewere'^  am  grundstück ;  er  erscheint  als  der  oigent- 
ieiie  Vertreter  des  grundstücks  und  wird  daher  im  grundbuche  an  dasselbe  ange- 
chreini  Das  Verhältnis  der  erbleihe  wird  ausgedrückt  durch  „jure  hereditario 
abere,  possidere*'  usw.  oder  „habere  mansionem  hereditariam.*'  Hereditas  ist  alt- 
ölnisehes  ervt,  ervgued  und  bezeichnet  zunächst  das  unbewegliche  gut,  den  grund- 
^tz  gegenüber  dem  beweglichen  vermögen,  der  fahrenden  habe,  sodann  auch 
sehte  an  unbeweglichen  sachen,  sowie  rechte,  die  dingliche  momente  in  sich  schlies- 
3n,  die  reallasten.  Gerade  in  dieser  bedeutung  komt  hereditas  erve  häufig  vor. 
dieser  bedeutung  entsprechen  dann  die  von  erve  abgeleiteten  verba  erven,  unterven 
^  mit  einem  unbeweglichen  gute  versehen  oder  desselben  sich  entäussem.  Vgl. 
[«gens  Beimkronik  (Städte -Chroniken  XII,  55)  v.  1191: 

hei  toolde  si  erven  unde  gaiden 
dat  8i  sich  mit  eme  verbunden  usw. 
Y.  5531 :     is  d<U  toir  Kolne  wwmen 

ich  soll  tuih  aUe  erven  da  enbinnen 
^«▼erslaicht  v.  502: 

mer  künden  siH  noch  gewerven 
dat  si  uch  mochten  entsetzen  ind  ent erven. 
Wie  wenig  unterven  dem  viel  engem  begriff  des  heutigen  „enterben"  ent- 
"^t  zeigt  eine  Urkunde  von  1386  (£nnen  Quellen  Y  s.  527  nr.  369),  wo  Katha- 
^  von  Cnesin  und  genossen  dem  hospital  Ipperwald  einen  erbzins  vom  hause 
höfisch  übertragen:  ind  havn  uns  i/nd  unst  erven  der  vurschr,  eicht  gxddene 
^terft  ind  dat  vurschr,  hospitaü  geerft,  Synon.  damit  ist  gueden  und  entgueden 
l-cr  untgiieden. 

Das  ist  also  die  algemeinere  altkölnische  bedeutung,  die  ich  in  dem  wb.  zu 
^  Chroniken  XII — XI Y  gänzlich  übersehen  habe.  £rst  der  für  Altköln  epoche- 
i^ende  längere  aufsatz  von  dr.  jur.  Josef  Gobbers  aus  Crefeld,  zugleich  dok- 
idissertation:  „Die Erbleihe  und  ihr  Verhältnis  zum  Bentenkauf  im  mittelalterlich. 
^In  des  XII  — XIY  Jahrhunderts^  (Weimar,  Hofbuchdruckerei)  hat  mich  des 
ehtigen  belehrt    . 

Daneben  findet  sich  aber  schon  der  engere  begriff  späterer  zeit  von  erven 
dat  in  Hagens  Beimchronik  v.  2883 : 

hei  solde  sin  nist  node  verderven 
unde  it  sinen  kinden  erven, 

1)  Die  gen.  abhandlang  ist  zu  finden  in  der  Zeitschrift  der  Savigny  -  Stiftung 
^  BMitfigMchiflhte  lY.  bd.  GermaniBtiBche  abteilung. 


ä82  ükcmiA 

Zur  spräche  der  Hambnrgrer  im  Yorlgen  Jahrlmiidert. 

Die  spräche  dor  Hamburger  solte  eigentlich  plattdeutsch  sein  and  die  ipndiai 
wenn  man  sie  in  der  gewalt  hat,  ist  ner?ös,  angenehm  and  zam  singen  geichickl, 
hat  ilire  eigenen  redensarten  und  eigenen  Schönheiten.    Man  hat  hochseitgediebtei 
die  zum  scherz  in  dieser  spräche  verfertigt  sind  und  wahre  mdsterstficke  heineii 
können :   aber  viele  verstehen  sie  gar  nicht  und  lernen  sie  nicht    Man  redet  hoelft- 
deutsch,   aber  in  einem  erbärmlichen  djalekt;   man  sagt  maude  st.  mode;  hUftmcL. 
bleibt;   Tacfiesua  st.  Jesus;  bettken  st.  bischen;  water  st.  wasser;  gr(fU  st  grOiee  ; 
eten  et  essen;    tu  st  zeit    Lat  mick  mit  free,     Win  st  wein  asw.     Fnuufioctli 
und  englisch  lernen  alle  junge  leute  und  zum  teil  von  gar  elenden  sprachmeiiterBi. 

Vermischte  bemerkungen  auf  zwei  reisen  durch  Niedersachsen  a.  1774/177' & 
Von  Heinrich  Sander,  prof.  am  gymn.  Illustre  in  Karlsrahe.  Widmung  s.  schwtt»^- 
schen  reisen  an  mad.  Grotian  in  Hamburg. 

BONN.  ▲.  BIRIilHOIB. 


Jahresbericht  über   die   erscheinungen  auf  dem  gebiete  der  germanisehi 
Philologie  herausgegeben  von  der  gesellschaft  für  deutsche  philol« 
gie  in  Berlin.    Sechster  Jahrgang.  1884.    Leipzig,  verlag  von  Carl 
ner.  1885.    IV,  418  s.    8«.    m.  8. 

Ein  buch  wie  dieses  ist  nur  in  Deutschland  möglich,  we  der  mann  der 
senschaft,    selbst  wenn  er  mit  irdischen  glücksgütem  so  wenig  gesegnet  ist, 
er  sich  nur  mühsam  durchs   leben  ringt,   doch  im  reinen  Interesse  seiner 
Schaft  und  aus  liebe  zu  derselben  sich  andauernden,   anstrengenden 
liehen  arbeiten   unterzieht,   ohne  einen  heller  Vergütung,   geschweige  belohni 
dafQr  zu  erhalten ,  oder  auch  nur  zu  erwarten.    Um  so  mehr  haben  wir  allen 
zu  dankbarer  anerkennung  der  aufopferung  jener  manner,  welche  nun   schon 
sechsten  male  uns  einen  Jahresbericht  über  alle  erscheinungen  auf  dem  gebiete 
deutschen  philologio  bis  ins  16.  Jahrhundert  hinein  darbieten,  während  die  mi 
von  ihnen  durch  Verwaltung  eines  lehramtes  an  höheren  schalen  doch  schon 
lieh,  und  zum  teil  sogar  überreichlich  in  anspruch  genommen  sind.    Unbillig 
wäre  es  und  undankbar,   kleinlich  zu  bemängeln,   dass  dies  oder  das  dem 
oder  der  ansieht  des  benutzers  nicht  ganz  entspreche,  und  nach  seiner  meiiang 
oder  so  anders,   besser  und  ihm  genehmer  gestaltet  sein  solle.    Denn  es  ist  do^^^ 
wahrlich  keine  kleinigkeit,   über  2000  nummern  von  büchem  und  aafsätien 
durch-,   oder  doch  wenigstens  anzusehen,   dass   man   gedrängteste   aoskonft 
ihren  Inhalt,    und   etwa  auch   noch  eine  ansieht  über  ihre  bedeutong  oder  il 
wert  auszusprechen  vermag:  auch  wenn  solche  arbeit  sich  anter  mehrere  verteilt 

Der  6.  Jahrgang,   über  das  jähr  1884,   bietet  2079  nummern   und  leifilt 
28  abteilungen,    und  zwar:    1.  2.  Algemeine  lexikographie   und  namenforscbi 
3 — 5.  Grammatisches;   6.  Litteraturgescbichte;  7  —  10.  Realien;  11.  18.  16.  19. 
21.  Gotisch,    skandinavisch,   englisch,    friesisch,   niederländisch,    mit 
13.   14.   15.   17.   18.    Ober-  und  niederdeutsch;    22.   Geschichte  der  germaai»cl^^ 
Philologie;  23.  Pädagogisches  (deutsches  und  englisches  für  schulzwecke).    Sehli«^'* 
lieh  folgen  sorgfältige  namen-  und  Sachregister.     Neu  hinzagekonunen  in  die*^'^ 
jahrgange  ist  der  15.,   das  16.  Jahrhundert  befassende  abschnitt   (nr.  1077  —  1^^^ 
Für  lehrer  wird  von  näherem  Interesse  sein  die  lezte,  die  „pädagogische  abteiloi^e  ' 
reichend  von  s.  344  bis  394  (nr.  1775—2019).     Recht  zweckmässig  ist,   dass  »»^ 
jedesmal  die  bereits  anderwärts  erschienenen  recensionen   und  besprechongsn  ^ 


dBBB  GB1KMANI8T.  JAHBBSB.   1885  ^Hä 

treffenden  baobes  oder  aufsatzes  aDgegeben  werden.     Die  gesamte  anordnung  ist 
'stematiseh  in  bequemer  Übersichtlichkeit. 

Da  nun  professor  Ph.  Strauch  in  Tübingen  begonnen  hat,  im  „Anzeiger  für 
iiiisehea  altertom  und  deutsche  litteratur",  (gehörend  zu  der  von  Haupt  begrün- 
ten , Zeitschrift  für  deutsches  altertum''),  ein  jährliches  knappestgehaltenes  ver- 
bhnia  der  erscheinungen  auf  dem  gebiete  der  neuhochdeutschen  litteratur  zu 
«fem,  kann  man  jezt  in  diesen  beiden  bibliographien  den  gesamten  Jahresertrag 
f  dem  gesamtgebiete  der  deutschen  philologie  bequem  überschauen,  während 
aiehieitig  aach  die  nicht  minder  verdienstlichen  übersichtlichen  Jahresverzeichnisse 
der  von  prof.  Bartsch  herausgegebenen  „Germania^  ihren  fortgang  nehmen. 

Gegen  die  früheren  Jahrgänge  ist  Inhalt  und  umfang  des  sechsten  beträcht- 
h  angewachsen ,  und  in  folge  dessen  ist  der  ladenpreis  auf  8  mark  erhöht  wor- 
n;  auch  jezt  noch  nicht  zu  hoch  in  anbetracht  des  gebotenen.  Überdies  gibt  die 
3action  im  „verwerte"  bokant:  „Wer  seinen  namen  als  mitglied  der  geselschaft 
xhnet,  erhält  ihn  bei  pränumerierung  von  6  mark  portofrei  zugesant  Für  den 
eis  von  6  mark  sind  auch  Jahrgang  lY  and  Y  (1882.  1883)  durch  den  unterzeich- 
ten [K.  Einzel]  zu  beziehen." 

Für  den  pfleger  und  den  liebhabcr  deutscher  spräche  und  litteratur  ist  die- 
:  Jahresbericht  nachgrade  fast  unentbehrlich  geworden.  Und  dass  keine  lehrer- 
Dliothek  der  gymnasien  und  realschulen  ihn  anzuschaffen  unterlasse,  bleibt  drin- 
nd  zu  wünschen.  ■  Wer  durch  Jahrzehnte  lange  über  verschiedene  provinzen  sich 
itreckende  erfahrung  überreiche  gelegenheit  gehabt  hat,  zu  gewahren,  wie  man- 
Ihaft,  ja  wie  schlecht  und  selbst  elend  die  lehrerbibliothekon  dieser  anstalten  zum 
1  aoBgestattet  und  beschaffen ,  ja  mitunter  sogar  verwaltet  sind ,  der  muss  immer 
id  immer  wider  darauf  dringen ,  dass  hier  endlich  wandel  geschaft  werde.  Alles 
iinaGhaffeny  was  im  gebiete  der  auf  den  schulen  gepflegten  Wissenschaften  wich- 
^  und  verdienstliches  erscheint,  das  vermag  freilich  keine  solche  bibliothek. 
Hr  den  betreffenden  lehrem  muss  doch  die  möglichkeit  geboten  werden ,  dass  sie 
tahren,  was  je  auf  ihren  gebieten  erschienen  ist,  und  dass  sie  damit  auf  dem 
nfenden  ihrer  Wissenschaft  erhalten  bleiben. 

Den  herauBgebem  aber  wünschen  wir  beharlichen  mut  des  ausdauerns  und 
Q  wolberechtigte  freude  gedeihlichsten  erfolges.  Schliesslich  bitten  wir  sie ,  ihr 
'S^nmerk  wesentlich  zu  richten  auf  gedrängte,  möglichst  klare  und  möglichst 
jective  angäbe  des  Inhaltes;  mit  eigenem  urteile  aber  vorsichtig  hauszuhalten, 
Q  es  um  so  wirksamer  aufzusparen  für  die  in  den  speciellen  her  eich  ihrer  eigenen 
idien  derart  fallenden  werke,  dass  sie  aus  volkommener  beherschung  des  gegen- 
^des  leicht  und  sicher  ein  richtiges,  zutreffendes  urteil  darüber  abgeben  können. 

Zuschriften  in  dieser  angelegenhoit  sind  zu  richten  an  herm  gymnasiallehrer 
Karl  Kinzel,  Friedenau  bei  Berlin. 

HALLE,  24.  DSCEHBBB  1885.  J.  ZACHRB. 


Utsche  Glossen  in  dem  Yocabular  Niger  Abbas  (Metzer  hs.  293)  von 
iL  Flobr«  Separat -Abdruck  aus  den  Strassburger  Studien.  Strassburg.  Yer- 
lag  von  Karl  J.  Trübner.  1885.    3  m. 

Der  Verfasser  veröffentlicht  die  deutschen  glossen  aus  dem  im  15.  jahrhun- 
t  geschriebenen  Vokabular  Niger  Abbas,  von  denen  schon  Mone  (Anzeiger  für 
'  Kunde  teutscher  Yorzeit,  bd.  Y  s.  234.  1836.)  den  anfag  mitgeteilt  hatte.  Nach 
^tr  reihe  dankenswerter  bcmcrkungen  über  geschichte,  zweck  und  quellen  des 


384  kLLTNGBB,  ÜB.  KIGEB  ABBAS  BD.  PLOBB.     BBDXAim,  i^B.  t7Lt.tS»B&0BB ,  UOVÜBBMaL 

glossars  und  hinweisen  auf  verwante  handscbriften  bringt  er  die  gloasen  Bweunal 
zum  abdmck,  einmal  nomeriert  in  der  reihenfolge,  in  welcher  sie  die  hftodfldirift 
bietet,  und  das  andre  mal  in  kategorien  alphabetisch  eingeordnet,  ohne  beüttgimg 
des  lateinischen  textes.  Auf  grand  einer  eingehenden  nnterBüchnng  des  laatbeitMi- 
des  der  deutschen  glossen  komt  der  Verfasser  zu  dem  resnltat,  du»  die  gegeiid 
zwischen  Metz  und  Strassbnrg  als  die  hoimat  der  handschrift  anzonehmen  sei,  eine 
hypothese,  welche  durch  die  mitteilungen,  die  s.  2  fg.  aus  dem  gioBsar  gemadit 
werden,  noch  wesentlich  bestärkt  wird. 

In  bezug  auf  die  benutzung  von  Ovids  Amorcs  in  den  klöstem  des  mittel- 
alters  hotte  auf  die  bemerkungen  verwiesen  werden  können,  die  Wattenbmch  (Ge- 
schieh tsquellon  ,  4.  aufl.  Bd.  I  s.  264  fg.)  über  die  benutzung  der  Ars  amandi  macht 
Der  Verfasser  würde  dann  die  folgerung  vermieden  haben,  welche  er  b.  7  ans  der 
anführung  eines  vorses  der  Amores  zieht:  „Selten  alle  derartige  dtate  nicht  selbet 
gewonnen,  sondern  aus  andren  handscbriften  (vielleicht  dem  GraecismuB  des  Eber- 
hard von  Bethune,  um  den  ich  micli  vergeblich  bemüht  habe)  entnommen  sein,  wo 
zeigen  sie  doch  immerhin  das  interesse,  welches  der  Schreiber  für  sie  gehabt  hat* 

80NDEB8HAUSEN,  AM  8.  DBCEMBEB   1885.  GEOBG  BLUHeKE. 


Ullsperger,  über  den  Modusgebrauch  in  mhd.  Belativsätzen  I.  II.  (Jah« 
resbericht  des  k.  k.  Staatsgymnasiums.^    Smichow  1884.  1885. 

Die  meisten  und  interessantesten  falle  von  relativsätzen  sind  behandelt,  der 
schluss  steht  noch  aus.  Die  reichhaltige  samlung  von  beispielen  anch  fülr  den 
indicativ  bietet  eine  sehr  dankenswerte  ergänzung  aller  Untersuchungen  dos  mhd. 
conjunctivs,  auch  der  von  Bock  (QF.  27).  Dass  der  indicativ  in  vielen  fUlen  steba 
geblieben  ist,  für  den  man  den  conjuuctiv  erwarten  könte,  wird  keinen  verBt&ndigea 
überraschen;  es  konten  eben  feinheiten  durch  den  conjunctiv  aasgedr&ekt  werden, 
auf  die  man  in  anderen  fällen  verzichtete.  Die  motivierung  beider  modi  ▼ersucht 
Ullspcrgcr  überall  scharfsinnig;  vielleicht  hätte  sich  manchmal  eine  einfachere  fiiw- 
sung  finden  lassen.  Ich  würde  alle  fölle  des  conj.  auf  die  optativische  oder  Poten- 
tiale bedeutung  zurückzuführen  suchen,  d.  h.  darauf,  dass  der  satzinhalt  als  ein 
gewünschter  oder  bloss  als  möglich  vorgcstelter  (beides  vom  sprechenden  oder  aaeh 
von  einem  anderen)  bezeichnet  werden  soll.  Auch  vorg&nge,  an  deren  geschehea 
oder  geschehensciu  der  sprechende  nicht  zweifelt,  kann  er  als  bloss  vox^gestelt 
bezeichnen  (dies  ist  §  5c  etwas  weitschweifig  ausgedrückt;  vgl.  §  18,  wo  mit  recht 
diese  auffassung  für  Walther  5,  27  geltend  gemacht  wird :  daus  uz  dem  werte  enod^ 
Ben  81 ,  dcLZ  tat  von  kifides  sinnen  tri) ;  andererseits  kann  er  eine  handlang  als  einem 
subjecte  im  algcmeinen  zukommend  im  indicativ  ausdrücken,  auch  wenn  daa  wirk- 
liche eintreten  derselben  erst  gefordert  oder  gar  verneint  wird  (§9c:  wi9et 
den  pfat,  der  mich  leitet  an  die  atut,  nicht  leite,  wie  man  erwartet;  §  22,  1 : 
da  nieman,  der  in  wert  ^^  wenn  niemand  da  ist  van  den  leutenf  die  ihnem  tM^broi; 
und  solche  gibt  es). 

Die  einsieht  in  die  mannigfaltigkeit  des  mhd.  Sprachgebrauches  wird  dnrdi 
die  arbeit  gefordert.  Es  wäre  zu  wünschen,  dass  sie  nach  ihrer  Vollendung  anch 
buchbündlerisch  zugänglich  würde. 

BBBSLAU.  0.  BBBMUni. 


Hullo  a.  &.,  Buehdruckerei  dos  TTaisonhansoi. 


Inhalt 


Kill  Aititttrhe%  |iii[i|H-niipii'l :  Alcesli-^     Vim  Ocorn;  Eilingitr 

llrr  tnlüiltiv  nadi  ut/lm  uml  den  vpHia  |>niel(!iito-pnuisBn(Jft  En  dm 
n|ieu  Hanniaiim  von  Ahp  (Sokitiss.)  Von  Dr.  Sf-tTina  von 
Mon«tiTler({-MUn(^k(>nftu 

/ur  TinttlKli«!!  «ap'tikuiiiltt.    I.     Von  J.  /.initt^rle       .    _     .     -    . 

C\kt  KrirniT  iinil  vcmMnilrc  crw-buinunsi-n  in  Jit  tnitlvUicidideiUsehoa 
l^rik.    (Scliluw.)    V.m  II.  Üink*-  .         .  -     .     - 

Itae  n-rtnitn  imil  ntimcn  in  Notkttn  Aristorclps.     Vim  J.  Kollft 

Itifrirlil  nbpr  diu  vt^rtiandluagen  der  demacb-ronanisrlmi  mcÖM 
ilnr  XXXV III.  vorsstnlang  <l(>nIi«h(T  |itillob|i«n  nii't  wlml- 
infliinur  In  (Hi'iiscn,     1HH5.     Vuii  A.  Slratk  .     . 


MiscHlpn    uii.i    Littcratur. 

Ein  bri"f  LaclimuniiB .     .  ...  ... 

Levikuli^cbfii     Isrvf,  orvcii,  uLitprvcn  im  AltküluiBchfii.  ^  Zur  Hitrsitbc 
iler  Hamburger  im  Vf>ni^>n  jahrbonderi.     Von  A.  Birliiig«r  . 

.lahn-sbii rieht  llbor  ilif  crsrlii'ioiiiigBn  auf  ilem  gebiete  iter  igeni 
pliUologio  heransKeaflbi'ii  von  der  gesslbchaft  fttr  deuucbe  | 
iit   ftnrliii.     ^echsKT   jahrgaug.    ISft-l;   aogez.  von  .1.  ZsEher. 

DuutHi^lio  ({liJHsen  iti  dem  vocabular  Niger  abhu  (Meuer  li 
von  M,  Flotir:   angcit.  vou  G.  Elliugcr.  383.  -   Clkpcrgcr, 
den  mi)dus(t<'brauf)i  in  mlid.  rolativsatzen.  I.  II,;  wifex.  von  0.  KU 
maiin.   ftH4. 


ZErrscnRTFT 


)EUT8CHE  PHILOLOGIE 


lIEnAÜSGEOEBEK 


Du.  ERNST  HOPFNCR  D».  JULIUS  ZACHER 


ACiny.EHMTKR  BAND 

HEFT   IV 


THE 
1  UEMB'i 


tTALlE 

TlllUiAA    nRB   MlllllltAltllLrK^  tiRa   tVAIHE!cn*IJKIU> 
ISKt! 


iKEHARDS   „EXOERPTUM  DE   VITA  ALEXANDRI 
MAGNI"   UND  DIE  HISTORIA   DE  PRELIIS. 

Bekantlich  enthält  die  Weltchronik  des  Ekkehard  von  Aura 
umfangreiches  „Excerptum  de  vita  Alexandri  Magni'S  über  des- 
stellung  zu  den  übrigen  bearbeitungen  der  Alexandersage  die 
langen  noch  immer  auseinander  gehen.  Die  gruudlage  dieses 
rpts  bildet  ersichtlich  Leos  sog.  „Historia  de  preliis''  nebst  der 
istola  Alexandri  ad  Aristotelem  de  miraculis  Indiae.'^  Der  heraus- 
r  der  Weltchronik  (M.  G  SS.  VI),  Waitz,  der  beide  werke  in  der 
)en  Bamberger  Sammelhandschrift  E.  III.  14  (B)   vorfand,    nahm 

weiteres  an ,  dass  diese  Ekkehards  quelle  gewesen  sei ,  da  Ekke- 

ofTenbar  auch  andere  stücke  aus  dieser  handschrift  benuzt  hat.  Man 
I  jedoch  seiner  behauptung  kein  gewicht  bei ,  wol  namentlich  deswe- 

weil  die  interpolierten  texte  der  Historia  de  preliis ,  mit  denen  das 
-pt  mancherlei  Übereinstimmung  zeigt,  von  ihm  gar  nicht  in  betracht 
i;en  sind.  Vielmehr  scheint  die  anschauung ,  dass  Ekkehards  bear- 
ng  nicht  auf  die  Bamberger  handschrift  zurückgehe  und  folgerich- 
bei  ihrem  hohen  alter,  als  ein  wertvolles  mittel  zur  widerherstel- 

der  ursprünglichen  gestalt  der  Historia  de  preliis  zu  gelten  habe, 
rdings  die  herschende  zu  sein.  Erst  jüngst  noch  hat  dieselbe  in 
ingerle  (in  dessen  schrift  „Die  Quellen  zum  Alexander  des  Rudolf 
Ems'')  und  6.  Landgraf,  dem  herausgeber  des  Bamb.  textes  der 
i.  p.,  Vertreter  gefunden.  Bei  der  Wichtigkeit  der  frage  für  die 
critik  der  H.  d.  p. ,  deren  ergebnisse  ihrerseits  wider  für  die  kritik 
zahlreichen  ma.  Alexandergedichte  bedeutung  haben,  ist  eine  aus- 
iche  Untersuchung  wol  nicht  überflüssig. 

Dass  sich  Ekkehard  eine  zeit  lang  in  Bamberg  aufhielt  und  dort 
einer  chrouik  schrieb,  hat  Waitz  (s.  2)  mit  ziemlicher  Sicherheit 
gewiesen.  Dass  die  handschrift  E.  III.  14  der  kgl.  bibliothek  zu 
berg  bereits  im  mittelalter  in  Bamberg  aufbewahrt  wurde,  lässt 
notiz  vermuten,  die  mit  schriftzügen  des  12.  — 13.  Jahrhunderts 
lern  lezten  blatt  eingetragen  ist:  „m.  m.  dci  gratia  decanus  maio- 
töibenbergensis  ecclesie.''  Um  dieselbe  zeit  werden  in  einem  bücher- 
dichnis  der  Bamberger  dombibliothek  (Oken,  Isis  bd.XXII  s.  1237; 
Jäck,  Beschr.  d.  öff.  Bibl.  zu  Bamb.  bd.  II  s.  XLII  fg.)  nach  oinan- 

ITBOHB.   F.    DEUTSCHE   PHILOLOQIK.     RD.  XVUI.  25 


386 


AUS^SLi) 


der  aufgeführt:  „Entropii  gentilis  historia  romana.  Historia  romana  a 
Paulo  digesta."  In  rücksicht  auf  jenen  ein  trag  dürfen  wir  wol  anneb- 
men ,  dass  in  diesen  Worten  eine  bezeichnung  unserer  handschrift  steckt 
Denn  diese  begint  mit  dem  briefe,  in  welchem  Paulus  Diaconus  seine 
bearbeitung  des  Eutrop  der  herzogin  Atbelberga  widmet  and  seine 
erweiterung  des  ursprünglichen  textes  damit  begründet,  dass  der  her- 
zogin an  Eutrop  misfallen  habe  ,,quia  quasi  homo  gentilis  nuUun 
commemorationem  fecit  de  diuina  historia^ ;  und  diesem  briefe  wird 
sodann  die  Epitome  des  Aurelius  Victor  in  einer  weise  angereiht,  ab 
sei  dies  die  versprochene  bearbeitung ,  daher  auch  von  anderer  hand 
die  Überschrift  „ystor.  Rom.  a  Paulo  digesta"  hinzugef&gt  ist  (vgl 
Arch.  IX  s.  675).^  Die  handschrift  gehörte  also  jedenfals  im  mittel- 
alter  der  Bamberger  dombibliothek ,  und  wurde  dieser  wol  durch  ihren 
begründer,  kaiser  Heinrich  n,  geschenkt ,  der  auch  in  Italien  -=-  daher 
stamt  die  handschrift  unzweifelhaft  —  bücher  erwarb  (Jäck  a.  a.a 
s.  n) ,  und  aus  dessen  Stiftung  die  mehrzahl  der  älteren  stücke ,  „deren 
meiste  einen  italienischen  Charakter  haben"*  (a.  a.  o.  s.  III),  herrfili- 
ren  mag. 

Die  handschrift  war  somit  vermutlich  für  Ekkehard  sehr  bequem 
zu  erreichen.  Hat  er  sie  nun  auch  benüzt?  Er  hat  von  den  werken, 
die  in  derselben  enthalten  sind ,  eine  ganze  reihe  f&r  seine  chronik  ver- 
wertet, und  zwar  haben  ihm  einige  derselben  in  einem  eigentümlich 
veränderten  texte  vorgelegen,  welcher  —  ein  erzeugnis  unteritalischer 
bearbeiter  —  nirgends  sonst  als  in  dieser  handschrift  überliefert  ist* 
Waitz  hat  dies  (s.  5)  an  einem  beispiel  dargetan.  Es  genüge  hier  ein 
beliebiges  weiteres  anzuführen: 

Ekk.  143,  44  fgg. 

Alboin  igitiir  petiit  auxi- 
liam  ab  antiquis  Saxo- 
nibus  amicis  suis,  nt 
spaciosam  Italiam  intra- 


Paul.  hist.  Langob.  II ,  6. 

Alboin  voro  ad  Italiam 
cum  Langobardis  profectu- 
rus  ab  amicis  suis  ve- 
tulis,  Saxonibus,  auxi- 
lium  petiit,  quatonus  spa- 
tiosam  Italiam  cum  plu- 
ribus  possessurus  in- 
trarot.  Ad  quem  Sa- 
xonos    plus    quam    vi- 


B144^ 

Alboin  petiit  adiutorium 
uetulis  saxonibus  ami- 
cis suis,  ut  spaciosam 
italiam  cum  multis  iu- 
trarcnt.      cui    saxonoslrot    cum    multis.     Coi 


plus  quam  cum  uigin- 
ti  milibus  iuncti  sunt, 
cum  mulieribus  et  filiis  suis, 
et  sccundum  oius  uo- 


Saxonos  plus  quam 
cum  20000  iuncti  saot 
et  secundum  eins  to- 
luntatom    cum    uxoribas 


1)  In  dem  bticherverzeichnis  sind  die  wortu  „historia  romana''  offenbar  irtnm- 
lich  widerholt,  und  es  solte  eigentlich  heissen:  „Eutr.  gent.  hist.  rem.  a.  P.  d."  — 
Eine  Umarbeitung  der  hist.  Rom.  des  Paulus  steht  in  B  Fol.  24* — 65**,  ißt  aber 
bei  der  änderung  des  textes  und  dem  fehlen  des  titeis  nicht  ohne  weiteres  als  aolcht 
orkenbar. 

2)  Nur  im  cod.  Vatiean.  1984  findet  sich  ähnliches;  vgl.  Wait«,  ArcLH 
ö.  G82  fg. 


SKKBHABD  U.  DIE  EIST.  DE  PEEL.  387 


luntatcm  iiitraneruiit 
cum  CO  italiaiu. 


ot  Ullis  Italiam  cum  cu 
intraveruiit. 


ginti  milia  virornm 
eun  nxoribns  simnl  et  par- 
thHb,  ut  cam  eo  ad  Ita- 
tiam  pcrgerent,  iuxta 
Pins  Tolnntatem  vene- 
rn nl 

Demnach  ist  wol  sicher,  dass  die  handschrift  in  Ekkchards  hän- 
den  war;  und  also  lag  ihm  auch  der  Banibergcr  text  der  H.  d.  p.  und 
der  Ep.  vor,  denn  die  heschaffenhcit  der  liandschrift  zeigt  uuzwoifol- 
huft,  dass  die  verschiedenen  teile  derselben  bereits  iun  orte  ihrer  cnt- 
stebung  ein  zusanmiengehöriges  ganzes  bildeten. 

Hat  nun  Ekkehard,  wie  von  sonstigen  stücken  der  handschrift, 
au  eil  von  der  H.  d.  p.  und  Ep.  gebrauch  gemacht?  Eine  vergleichung 
derselben  mit  dem  Excerpt  weist  nicht  nur  eine  bedeutende  Überein- 
stimmung im  Wortlaut  auf,  sondern  ergibt  überdies,  dass  sich  der 
gesamte  Inhalt  des  Exe.  aus  diesen  beiden  abschnitten  herleiten  lässt, 
mit  alleiniger  ausnähme  folgender  zusätze:  E.  62,  13  fg.  (Nectanebus,) 
qu.i  regis  Persarum  Artaxersis,  qui  et  Memnon  dictus  est,  fuit  con- 
tenaporaneus :  aus  Hieron.  chron.,  wo  Nect.  unter  diesem  Persorkönig 
merst  erwähnt  wird;  E.  62,  17  Curaque  regnaret  (Nect.)  auuis  decem 
6t  ccto:  aus  der  angäbe  des  Hier.,  dass  Nect.  18  jähre  regiert  habe; 
E-  66,  35  invenitque  ibi  matrem  Darii  et  uxoreni  eandemque  soro- 
T^Txx  et  duas  filias  eins  statt  6  205°  I.  i.  m.  D.  et  uxorem  et  filios 
^tia  (ebenso  67,  54.  59.  60;  68,  1  „filios"  in  „filias"  geändert):  aus 
Oros.  HI,  16,  9;  E.  69,  44  —  47  Cum  Poro  —  restituit:  aus  Oros.  III, 
1^»  3.  4;  E.  70,  13  —  27  Deinde  Adrestas  —  urbem  expugnavit:  aus 
Oi'os.  m,  19,  4  —  11;  E.  73,  7  fg.  Halestris  —  excitata:  aus  Or.  HI, 
^ö  ^  5j  E.  75,  12 — 20  Post  peragratam  —  rumorem:  aus  Oros.  III, 
1^,  2.  1;  20,1—3;  E.  75,  54  (Ptholomeus)  filius  Lagi:  aus  Hier.;  E.  75, 
5B  fg.  regni - regnavit :  berechnet  aus  Hier.:  „AI.  obtinuit  Babylonem 
^"terfecto  Dario ,  in  quo  Persarum  regnura  destructuin  est.  AI.  regnum 
Aaiae  anno  regni  sui  VII  occupat  et  tenet  omnia  annis  XII."  *  — 
O^'osius  und  Hieronymus  sind  aber  hauptquellen  Ekkchards  fiir  die  alte 
S^Bchichte,  so  dass  nicht  auffallen  kann,  wenn  sie  auch  in  dieser 
P^iflie  gelegentlich  herangezogen  werden. 

1)  Die  ausserdem  bei  Waitz  angeführten,  nicht  zum  ursprünglichen  toxtc 
^Icehards  gehörigen  znsatzo  der  Gothaor  handschrift  stanmicn  ans  Jul.  Valcr.  Epi- 
*<>»ne:  68,  61—69  =»  Epit.  II,  21;  75,  63  —  69  ==  Epit  IH,  35.  —  Die  angäbe 
»^ocaTitqae  eundem  caballam  bucefalum*"  (E.  63,  22)  ist  nicht  aas  einer  andern 
^^^llo  entnommen,  wie  Waitz  meint.  Der  nanie  des  pfords  wird  in  B  bei  anderer 
S^legenhoit  dreimal  erwähnt  und  ist  danach  hier  passend  eingefügt;  nur  liat  Ekkc- 
"^Vid  die  griechische  endung  (Acc.  bncefalon  B  211'')  in  die  lateinische  verwandelt, 

OK.* 


388  AU8FBLD 

Erklärt  sich  demnach  der  Inhalt  von  Ekkehards  Excerpt  TolBtän- 
dig  aus  den  büchern,  deren  benützung  durch  Ekkehard  feststeht,  so 
durfte  es  fast  überflüssig  erscheinen,  sich  nach  andern  queUen  diflr 
umzusehen.  Doch  mögen  gewisse  übereinstimmangen  zwischen  dem 
Exe.  und  den  interpolierten  texten  der  H.  d.  p.  immerhin  die  frage 
offen  lassen :  könte  nicht  Ekkehard  zu  demselben  Inhalt  aof  anderm 
wege  gelangt  sein  und  aus  irgend  einem  gründe  einen  andern  textder 
H.  d.  p.  anstatt  des  Bamberger  oder  neben  demselben  verwertet  haben? 

Um  die  unwahrscheinlichkeit  eines  solchen  Verhältnisses  klar  ra 
legen ,  wird  es  nötig  sein  auf  die  handschriften  der  H.  d.  p.  einen  bück 
zu  werfen.  Der  ursprüngliche  text  der  H.  d.  p.  ist  uns  einzig  in  B 
in  ziemlich  unveränderter  gestalt  erhalten.  Handschriften  dieser  texi- 
form  werden  überhaupt  nur  sehr  wenige  existiert  haben,  da  die  bai^ 
barische  spräche  und  die  trockene,  dürftige,  mehrfach  auch  niikhre 
art  der  darstellung  der  Verbreitung  im  wege  stehn  muste.  Vom  Vor- 
handensein eines  zweiten  solchen  textes  in  Deutschland  findet  sich  keine 
spur.  Ein  unerweiterter  text  liegt  ausserdem  nur  noch  im  cod.  lat. 
Mon.  23489  (M)  vor.  Dass  dieser  aus  einer  direkten  bearbeitong  der 
Bamberger  H.  d.  p.  (M*)  abgeleitet  ist,  habe  ich  schon  früher  (in  mei- 
ner abhandlung  über  die  quellen  zu  Rudolfs  Alexander  vgl.  ztschr. 
bd.  16  s.  124)  kurz  darzulegen  versucht.  Einige  beweise  werden  ach 
ferner  gelegentlich  unten  ergeben.  Diesen  beiden  texten  gegenüber 
steht  die  grosse  masse  der  erweiterten,  welche  —  soweit  sie  mir 
bekant  sind  —  sämtlich  auf  eine  spätestens  im  12.  Jahrhundert  in  Ita- 
lien verfasste  bearbeituug  der  H.  d.  p.  (I*)  zurückgehn.  Diese  hat 
durch  besserungen  und  Zusätze  Leos  werk  zu  dem  beliebten  Unterhaltung»- 
buche  umgeschaffen,  als  welches  uns  dasselbe  seit  dem  12.  Jahrhundert 
in  der  litteratur  entgegentritt.  Sie  ist  uns  in  drei  verschiedenen  recen- 
sionen  überliefert:  Zu  der  ersten  (IJ,  welche  I*  am  reinsten  bewahrt 
hat»,  gehört  u.  a.  —  um  auf  texte  hinzuweisen ,  die  durch  den  druck 
bequem  zugänglich  gemacht  sind  —  die  von  0.  Zingerle  (in  der  ange- 
führten Schrift)  herausgegebene  Grazer  handschrift  und  die  Utrechter 
drucke  (diese  jedoch  nicht  ihrem  ganzen  inhalte  nach);  zu  der  zweiten 
(Ig),  der  litterarhistorisch  wichtigsten,  in  welcher  zwar  der  Wortlaut 
von  P  im  ganzen  beibehalten,  aber  die  komposition  durch  abänderung 
der  reihenfolge  der  begebenheiten  und  durch  bedeutende,  namentlich 
aus  Orosius  eingefügte  zusätze  umgestaltet  ist :  die  Oxforder  handschrift 
Gagniers  (teilweise  abgedruckt  in  dessen  ausgäbe  des  Joseph.  Gorioni- 
des) und  Zingerlea  Seitenstetter  handschrift  —  beides  geringwertige 
Vertreter  der  gruppe;  zu  der  dritten  (Ig),  einer  späten  Umarbeitung, 
wolclio  den  ursprüngliclien  inhalt  mit  massigen  erweiterungen  in  gezier- 


KKKKHARD   U.   DIE   UIST.   DE  PEEL.  389 

ter  und  schwülstiger  spracbo  widergibt:  Kinzels  Berliner  handschrift 
(vgl.  dessen  programmbeilage  „Zwei  recensionen  der  Vita  AI.  Magni'^ 
QBW.  Berlin  1884)  und  die  Strassburger  drucke.  Eine  genauere  bespre- 
chong  and  begründung  dieser  Verhältnisse  sei  mir  gestattet  hier  bei- 
seite zu  lassen  und  dafür  auf  meine  ausgäbe  der  H.  d.  p.  zu  verweisen, 
deren  ersten  teil  ich  bald  hoffe  veröffentlichen  zu  können. 

Lässt  sich  nun  annehmen,   dass  Ekkehard  M  oder  eine  hand- 
schrift der  klasse  1*  benttzt  habe? 

M   selbst  zunächst  kann    von  Ekkehard  nicht  gebraucht  sein, 
denn  die  handschrift  ist  frühestens  in  der  zweiten  hälfte  des  12.  jahr- 
bunderts  entstanden.    Wol  aber  wäre  denkbar  ^  dass  ihm  die  original - 
bearbeitung  M*  vorgelegen  hätte ,  welche  in  der  abschrift  M  trotz  meh- 
rerer flflchtigkeitsfehler  offenbar  doch  ziemlich  getreu  überliefert  ist. 
Allerdings  könte  diese  quelle  nur  für  das  in  betracbt  konmien,   was 
^kehard  aus  der  eigentlichen  H.  d.  p.  entnommen  hat ,  und  man  müste 
ftr  die  zusfttze,   die  aus  der  Ep.  stammen,  nach  einer  zweiten  quelle 
sttchen.     Vergleicht  man  jedoch   die  stellen,  in  welchen   M*   von  B 
abweicht,   mit  den  entsprechenden  des  Excerpts,    so  zeigt  sich  dieses 
^"^   gegenüber  im  ganzen  dergestalt   mit  B  im   einklang,    dass   von 
einer  herleitnng  desselben  aus  M'*'  nicht  die  rede  sein  kann.    Fassen 
^r   —   um  das  Verhältnis  an  einer  beliebigen   stelle   zu  prüfen  — 
E-  62,  28  —  36  neben  B  194**  und  M  4*  5*  ins  äuge.    Hier  hat  zwar 
^kebard  so  gut  wie  der  Verfasser  von  M*  in  dem  satze  „in  somnis 
'lidcbis  illum  et  in  ipso  somno  concumbit  tecum"   die  form  „concum- 
Mt  *'  in  rücksicht  auf  „uidebis"  in  „concumbet",  und  in  dem  ausdruck 
»«Fecitque  incantationem   olimpiadis"   den  undeutlichen  gen.  obiect.  in 
tiOlimpiadi  *'  verwandelt    Aber  bei  sonstigen  divergenzen  zwischen  B  und 
^*  stimt  Ekkehard  zu  B :  largitur  diuitias  in  Omnibus  B  —  1.  d.  omni- 
'^B  E.  —  1.  d.  hominibus  M;  babens  in  fronte  cornua  B  —  h  . . .  .  i. 
'•    o.  E.  —  h.  in  capite  coronam  M;   in  ipso  somno  B  E.  —  i.  i. 
»o^nio  M;    euellens  herbas  et  triturans  ea  tollens  sucum  B  — 
e^^llensque  herbas  et  exprimens   sucum  E.  —   e.  h.  et  trit.  tulit 
^^cum  M;   faciamus  aliquod  arbitrium  B  E.  —  f.  a.  experimen- 
'^mM;   recipe  cubiculum  B  E.  —    intra  c.  M.    Ähnlicb  zeigt  sich 
^H^  textverhältnis  durch  das  ganze  stück.    Zur  erklärung  der  falle,  in 
▼eichen  Ekkehard  zu  M  gegen  B  steht,  reicht  völlig  die  erwägung  aus, 
*^«8  hier  zwei  deutsche  bearbeiter  des  12.  Jahrhunderts  dieselbe  auf- 
Sal)e  zu  lösen  hatten ,  einen  in  der  singulären  italiänischen  latinität  des 
lO.  Jahrhunderts  verfassten ,  überdies  durch  unklare  kürze  des  ansdrucks 
•^kwer  verständlichen  text  für  ihre  zeit-  und  landesgenossen  zurecht 
^  machen.    Beide  führen  zunächst  die  gewöhnliche  Orthographie  des 


390  AUSFELD 

12.  Jahrhunderts  eiu:  so  polednis  st.  poUetrus,  nichil  si  nihil;  63,  15 
=  M  3^  concham  st.  concam  (ch  st  c  sogar  in  eigennamen:  Zachora 
65,  28  =  M  12^  st.  Zacora);  72,  66  =  M  30*  insecuntur  st  inseqnnn- 
tur;  71,  15  =  M  25**  cocodrilli  si  corcodilli;  72,  42  =  M  29'  bni- 
niam  st.  broniam.  Beide  begegnen  sich  aber  begreiflicherweise  auch 
sonst  mehrfach  in  ihren  änderungen,  mögen  diese  nun  die  beseitigiuig 
fehlerhafter  oder  ungewöhnlicher  formen  und  ausdrücke,  oder  die  glit- 
tung  von  stil  und  spräche,  oder  die  besserung  unklarer  und  verderbter 
stellen  bezwecken.  Von  fällen  dieser  art  sind  bemerkenswert:  B  194* 
percussit  eam  in  utero;  E.  62,  37  p.  manu  illius  uterum;  M5*p. 
uterum  eius  (so  auch  die  Innsbr.  hs.  von  I^ ;  aber  I*  =  B). — 
B  194"^  taliter  suasa  est  olimpiadis  adulterando  se  ab  homine; 
E.  62,  39  fg.  =  M  5*  t.  persuasa  Ol.  [E.:  Olimpiades]  adulterata 
est  a.  h.  —  B  196*  quare  uoluisti  te  intermittere  de  c^lestibos 
elementis;  E.  63,  8  und  M  6**  intromittere  st.  interm.  —  B  198' 
canes  multum  latrantes  nuUum  affectum  faciunt;  E.  64,  19.  M.10*c. 
m.  1.  n.  effectum  faciunt  (M:  habent);  ähnlich  I*:  canis,  qui  m.  L, 
n.  effectum  facit.  —  B  199'  werden  in  bezug  auf  Darius  kurz  nadh 
einander  die  ausdrücke  gebraucht:  „lucente  una  cum  persidis  düs^  imd 
„fulgis  una  cum  persidis  — "  sc.  „diis",  was  der  Schreiber  von  B  aas 
versehen  ausgelassen  hat,  während  es  E.  (64,  31)  und  der  Verfasser 
von  M*  (M  10**)  natürlich  leicht  aus  dem  ersten  ausdruck  ergänzen 
kontcn.  Auch  1*  hat  diis.  —  B  200'  non  ascendat  cor  tuum  talia 
facorc;  E.  64,  60  =  M  11**  n.  a.  in  cor  usw.  B.  203''  cogitemus  de 
saluationc  nostra.  et  [st.  ut]  non  ....  paruitas  Ulis  crescat.  et  magni- 
tudo  nostra  despiciat.  E.  65,  61  fg.  ne  forte  parvitas  illius  cres- 
cat e.  m.  n.  deficiat.  M  16'  et  non  ...  p.  illorum  crescit  e.  m.  n. 
deficit.  —  B.  204'  stelt  Oxiather  seinem  bruder  Darius  den  AL  als 
miister  hin:  „Quia  ille  sie  facit  sicut  tu  (.)  quando  uult  pugnare  cum 
aliquo  homine.  satrapes.  et  principes  mittit  ut  pugnent  cum  eo.  Per 
seniet  ipsum  uadit.  et  pttguaf*  usw.  Selbstverständlich  fehlt  (zweimal) 
„non",  das  sich  denn  sowol  bei  E.  65,  64  als  in  M  16'  und  I*  findet  — 
B205**  liox  alexander  dario  regi.  superbiam  et  elationem  su^  uacu^ 
glorit}  odio  babuerunt  dii;  E.  66,  50  und  M  18'  st.  „su§":  „tu^.**  — 
B  206'*  iste  fluuius  .  .  .  prenimio  gelu  coagulat  se;  E.  67,  7  Hie  f. 
p.  frigoro  congelatur;  M.  19'  i.  f...  p.  g.  congelatur.  —  B  209' 
a  modo  persarum  gens  atque  macedones  efficiantur  in  unum  regnum; 
E.  68,  25.  M  22**  a.  p.  g.  (g.  p. :  E.)  et  macedonum  efficiatur  unum 
regnum  (r.  u.:  M).  —  B  211'*  Non  decet  imperatori  sie  in  uacnura 
perdero  uictorialem  populum  suum;  E.  69,  31.  M  24**  N.  d.  imperat^ 
rem  sie  in  van  um  p.  v.  [v.  fehlt  E.]  p.  s,  —    Für  „offer  tio"  setzen 


BKKKHABD  ü.  DIB  HIBT.  DE   PBBL.  391 

E.  und  M  regelmässig  „oblatio",  für  „apocrisarius" :  „apocrisiarius.'*  — 
Endlich  drei  stellen ,  in  welchen  E.  und  der  Verfasser  von  M'*'  auf  die- 
selbe weise   ihre  vorläge    misverstanden  haben:    B  195*"  äussert    sich 
Philipp  über  den   eben  geborenen  Alexander:    nutriatur  in  memoriani 
(=  elg  livj^iivjif   Tov   zeXevzi^aavTÖs   f.iov   /caiöög  Ps.  Call.)   quasi 
proprins  sit  meus  filius  et  quasi  sit  ille  qui   mortuus   est  mihi 
ex  aUa  oxore.^    Da  die  angäbe,   zu  wessen  andenken  das  kind  aufge- 
zognen werden  soll,   nicht,   wie  zu  erwarten  wäre,   bei   „memoriam^ 
steht,    so  übersahen  Ekkehard   (62,  60)    und    der  Verfasser  von  M* 
(H  6*)   die  versteckte  beziehung  und  dachten  bei  „in  memoriam"  zu- 
oäclist  an  den  vater  des  kindes:  daher  sezt  ersterer  nach  „memoriam^ 
»aici*<  ein    (so  auch  jüngere,    zu  I|  gehörige  texte,    während   ältere 
zeigen,   dass  I*  das  ursprüngliche  bewahrt  hatte),   lezterer   „meam." 
—    B  210%  fatigatus  est  una  cum  militibus  suis,    quietiam  (=ä(ne, 
wie  öfter  in  B)   omnes  principes  sui  dicebaut  sie"  usw.    änderten  E. 
(6  Ö  ,  46)   und  der  Verfasser  von  M*  (M  23  •) ,    die  nicht  wüsten ,    was 
»Q.ui  etiam'^  hier  heissen  solte,   auf  dem  einfachsten  wege,   indem  sie 
»principes  sui"  (M  auch  „etiam",  E.  „sie")  wegliessen.  —  B  217'  end- 
licli  betet  Alexander   zu  Juppiter   „recipe  me  tercium  mortalem", 
^as  beiden  bearbeitern   (wie  leider  auch  mir  bei  einer  früheren  gelc- 
genheit)  sinlos  erschien,  während  man  bei  genauerer  vergleichung  von 
1^8.  GaU.  ni ,  30  findet  j   dass  gemeint  ist :   als  den  dritten ,    nachdem 
bereits  Herakles  und  Dionysos   unter  die  götter  aufgenommen  wurden. 
B*   70,  40  und  M  30**  bringen   beide    die   hübsche   konjektur   „recipe 
(E2- :  susdpe)  me  tecum   immortalem"   —   auffallend  genug;    aber 
^oint  nicht  jezt  noch  oft  vor,   dass   zwei   bearbeiter  desselben   toxtes 
''^.abhängig  von  einander  einen   solchen  einfall  haben?    Und  dass  es 
'^^der  Ekkehard  noch  dem  Verfasser  von  M*  an  der  fähigkeit  zu  einer 
^•^Xchen  emendation  fehlte,  beweisen  uns  beide  durch  mehrere  proben.  — 
^lles  dies  genügt  unter  den  hier  gegebenen  Verhältnissen  nicht,  um,  bei 
**^Ä  sonstigen  auseinandergehen  beider  bearbeitungen ,   eine  benützung 
^On  M*  durch  Ekkehard  glaublich  zu  machen. 

Ein  ähnliches  resultat  bringt  die  vergleichung  mit  I*.  Auch 
^^«sem  texte  gegenüber  steht  Ekkehard  von  anfang  bis  zu  ende  so  ent- 
f^^iedon  auf  der  seite  von  B ,  dass  sich  bestimt  sagen  lässt :  unter  den 
^^iden  texten  I*  und  B  kann  nur  lezterer  dem  Excerpt  als  grundlage 
^^dient  haben.  Die  fälle,  in  welchen  Ekkehard  gemeinsam  mit  I*  von 
abweicht  y  sind  aus  einem  ähnlichen  gesichtspunkte  zu  beurteilen, 
ie  oben  die  anklänge  an  M*.  Die  texte  der  Historia  de  preliis  und 
Ep.,  auf  welche  der  Verfasser  von  I*  seine  bearbeitung  gründete, 
aren  unzweifelhaft  —   den  nachweis  werde  ich  in  der  ausgäbe  der 


3d2 


AUSFELB 


Historia  de  preliis  zu  bringen  versuchen  —  mit  den  in  B  überlieferten 
im  wesentlichen  identisch.  Der  Verfasser  von  I*  hat  nun  zwar,  als 
Landsmann  Leos^  an  manchem  keinen  anstoss  genommen,  was  Ekke- 
hard  und  M"^  ändern  musten,  aber  er  fand  doch  in  der  spräche,  im 
stil,  und  namentlich  auch  in  der  komposition  (die  nur  M*  in  ihrer 
ganzen  uugeniessbarkeit  belassen  bat)  sehr  viel  zu  bessern ,  und  es  ist 
ganz  natürlich,  dass  er  dabei  mit  Ekkehard  mehrfach  übereinkomt 

Um  das  textverhältnis  anschaulich  darzustellen^  greifen  wir 
aus  dem  Excerpt  aufs  geratewol  drei  stellen  heraus  —  etwa  von  6  zu 
6  Seiten  nach  Waitzs  ausgäbe  jeweils  die  ersten  sätze  —  und  verglei- 
chen diese  mit  den  entsprechenden  in  I*  und  ß: 


E.  63,  1.  2. 

Qüi  compntansdixit:  Co- 
gitatio  illius  mnnda  est  erga 
te;  sol  enim  re spielt  in 
qaandam  stellam  separan- 
tcm  desideriuro  suum.  Ale- 
xander vero  tunc  ibi 
erat.  Qni  ubi  hoc  audivit, 
diiit:  Pater,  hao  stel- 
lae,  quas  tu  computas, 
apparcnt  in  coeloV 

E.  69,  1.  2. 
Post  aliquantes  dies 
in  finibas  Indiae  ob- 
viavenint  Alexandre  legati 
Pori  regis  deferentes  ei  epi- 
stolam  continentem  hanc 
modum : 

E.  75,  2-5. 
Erant  autem  in  eodem 
fliiminc  feminae  capil- 
iatae,  qnae  cum  viderint 
extraneos  homines  in  ipso 
flumine  natantes,  apprehen- 
dnnt  illos ,  et  aut  sulTocant 
Ulos  in  eodem  flumine ,  aut 
trahunt  eos  inter  can- 
nas  ripanmi,  et  qaia  ip- 
sae  sunt  nimium  for- 
mosae,  faciunt  illos  secum 
tarn  diu  concumbere,  quous- 
que  sine  anima  remaneant, 
aut  nolentes  pre  nimia 
ira  occidunt 


B  195  d  (H.  d.p.) 
Cijpit  computare.  et  dixit. 
cogitatio  illius  erga  te 
munda  est.  Sol  itaque  re- 
spicit  in  quandam  stel- 
lam. separando  dcsidcrium 
suum.  alexander  tunc 
ibi  erat,  et  ubi  boc  audi- 
uit dixit.  pater.  hQ  stellQ. 
quas  tu  computas.  pa- 
rent  in  c^lo. 

B  210  ^  (H.  d.  p.) 
Et  post  aliquantes 
dies,  uenerunt  in  fini- 
bns  in  die.  et  obuiaue- 
runt  ei  missi  deferentes  ei 
Qpistolam  a  rege  poro  con- 
tinentem ita. 

B  235 »»  (Ep.  ad  Ar.) 
Erant  in  eodem  flumine 
femiuQ  capillatQ.  ist^ 
quando  uidebant  extraneos 
homines  natare  in  ipso  flu- 
mine. appr^bendentes  illos. 
aut  sufibcabant  in  ipso  flu- 
mine. aut  trahebant  eos 
inter  ipsas  cannas.  et 
quia  erant  nimium  for- 
mos(,*.  aut  per  nimiam 
iram  occidebant  illos. 
aut  tantum  faciebant  illos 
secum  concumbere.  quo  us- 
que  sine  anima  remanerent. 


!•  (vgl.  Zing.  8.  138) 
Nectanebus  hec  andiens 
ceplt  computare  et  dixit 
regine:  „Cogitatio  illius 
erga  te  munda  est.*  Sd 
itaque  respicieb^t  in 
quandam  ji#%m  separando 
ab  e^  desideriam  soum. 
Apdions  autem  hec  Alexan- 
der dixit  illi:  , Pater,  hec 
Stella,  quam  computas, 
paret  in  celo?* 

1*  (vgl.  Zing.  8.  201) 
Exinde  amoto  exercitu  ue- 
nerunt in  Indiam  Phasia- 
cen  mense  lalio  defi- 
ciente;  et  obuiaaerunt  ei 
missi  Pori  regis  deferentes  ei 
epistolam  continentem  ita: 

I*  (vgl.  Zing.  8. 251) 
Et  erant  in  eodem  flu- 
mine mulieres  specioso 
nimis  habentes  capil- 
los  multos  et  longos 
usque  ad  talos.  Iste 
mulieres  si  uidebant  homi- 
nes extraneos  natare  in  ipso 
flumine,  apprehendebant  il- 
los et  aut  suffocabant  il- 
los in  ipso  flumine,  aut 
trahebant  eos  iu  ipso 
arundineto  et  tarn  diu 
faciebant  eos  secum  con- 
cumbere ,  quousque  sine  ani- 
ma remanerent. 


EKKEHABD   U.   DIB  HIST.  DE  FREL.  ä93 

t 

Prüfen  wir  nun  von  jenen  besonderen  Übereinstimmungen  zwischen 

dem  Excerpt  und  I*  was  irgend  berOcksichtigung  7A\  verdienen  scheint. 

Zunächst  zusammentreffen   in  änderungen  des  ausdruckst   wie: 

B  19^^  uenit  macedoniam.    sedensque   [part.  in  der  geltuug  des  verb. 

finil,  wie  häufig  bei  Leo]  palam  diuinando  omnibus  usw.;  E.  62,  21 

divinabatuTf   I*  diuinabat   st.  diuinando.  —    Bl96**utcum  quando 

blAüditur  domino  suo  canis.    sie  et  ille  blandiebat  alexandro;  E.  63,  21 

sicut  canis  blandiri  seiet  d.  s. ,  s.  i.  blandiebatur  A.;  I*  sicut  quando 

blanditur  c.  d.  s.,    s.  et  i.  blandiebatur  A.   —    B  196*   E  63,  39.    I* 

reoipe  (accipe  E.)  a  me  de  priori  (prima  E.  I*)  mea  pugna  uictoria- 

lem  coronam.  —  B  198*  Sciscitatus  est  —  de  statu  et  posicione  ale- 

x&ii.drL   ostenderunt  ei  depictam  imaginem  al.;    E.  64,  6    de  statura 

eins;  I*  de  aspectu  et  statura  AI.  —  B  199*  200'  si  hoc  (sementem 

pstpaueris)   mensurare  potueris.    pro  certo  mensurabitur  populus 

nieiis;  E.  64,  59  und  I*  in  rücksicht  auf  „populus":  s.  h.  (ergo  hancE.) 

namerare  p.,  p.  c.  (scias,  quia  I*)  numerabitur  p.  m.  —  B  205" 

Poeuitque  in  eam  (bactram)  solium  suum.    et  subiugauit  sibi  onmes 

Alias  ciuitates.    Daunklar  ist,  was  für  „sonstigee'*  städte  gemeint  sein 

sollen,  so  ändert  E.  66,  36:    omnes  circumpositas  civ.,   I*:   o.  ciu. 

i^e  erant  in  circuitu  eins.  —  B  206*  fluuius  (coagnlatus) 

^issoluit  se;  E.  67,  8.    I*  dissolvitur.  —    B  209**  sagt  Darius  zu 
Völlen,   die  ihn  ermorden  wollen:   „si  me  occiditis.    et  uenorit  alexan- 

doi- uindictam  faciet  his   qui  me  occiderint."    E.  68,  14  fg. 

«nd  I»  deutlicher:    vi.  fac.  [E.:  f.  v.]  in  vos.  —    B  211"  elefanti  .  . . 

^H.dentes  rostra  sua.    E.  69,  28  extendentes  promoscidas  suas,  id 

®öti  rostra  sua;  I*t.  promoscides  suas;  „promoscides"  ausEp.(B232**) 

''i^emus  multitudinem  elefantorum.   tendentes  promoscides  contra  nos. 

Übereinstimmung  in  änderungen  rücksichtlich  des  inhalts,   und 

^^^ar  erstlich  fälle,  in  welchen  die  kürze  des  ursprünglichen  textes  zur 

^'^ "^veiterung  und  Verdeutlichung  aufforderte:  B  199*  wirft  Darius  Alexan- 

"^*  vor:   „uadis  pugnando    et  dissipando   ciuitates.*'     P.  64,  56   sezt 

"^^^eas"  hinzu,  I*  „nostras."  —    B  200**  erwähnt  Alexander  in  einem 

"^"Hef  an  Darius,  er  sende  ihm  hiermit  pfeffer  als  zeichen  der  tapferkeit 

Ines  heeres,  worauf  fortgefahren  wird:  uocauit  al.  apocrisarios  darii. 

^itque  illis  epistolam.     et  dimisit  eos.    Den  bearbeitern  schien  dies, 

*^     rücksicht  auf  jene  angäbe ,  unvolständig ,   und  E.  64,  70  ergänzt  zu 

'♦  ^jistolam":   „cum  parvo  pipere",  I*:  „et  piper  pariter  et  dona  opti- 

^*^^**  --  Um  über  die  zahl  seiner  truppen  zu  täuschen  lässt  Alexander 

^"^^ub  aufwirbeln:  B  206°  hoc  ingenium  fecit  sapientissimus  al.  euellens 

^^%as  ramosque  usw.    Diese  in  der  klassischen  latinität  so  gewöhnliche 

^^  der  breviloquenz  erregte  hier  anstoss :  E.  66,  68  iussit  milites  suos 


894  AV8FBLD 

evellere  herbas  usw.;  I*  precepit  mil.  suis,  ut  usw.  —  B  209*  ver- 
spricht Darius  dem  Porus :  „Caballus  uero  bucefalon.  et  imperiale  para- 
mentum.  tuum  sit."  E.  68,  6  und  1*  fügen  nach  ^paramentum*'  «Ale- 
xandri^  ein.  —  B214<'  Viditque  excelsas  arbores.  portantes  pomi 
grandia  ut  cedrus.  habentes  et  botros  uu^  magnos  ualde  klingt,  ab 
selten  auch  die  Weintrauben  als  fruchte  der  hohen  bäume  bezeich- 
net werden.  E.  72,  6  und  I*  setzen  daher  „uites"  hinzu.  —  Dahin 
mag  man  auch  die  erweiterung  des  zweiten  satzes  reebnen.  Nachdem 
zuvor  gesagt  war,  dass  sich  die  Ägypter  in  der  magischen  kunst  aus- 
zeichneten, und  dann  mit  „Dicunt  autem  de  Nectanebo'^  auf  deren 
könig  die  rede  kam ,  erwartet  man ,  dass  von  jenem  algemeinen  satze 
nun  auf  diesen  speciell  anwendung  gemacht  werde,  und  empfindet  die 
fortsetzung,  wie  sie  B  193*"  bietet,  „quomodo  subito  bestes  sicut  nahes 
uenissent  super  eum^,    als   eine   härte.     Daher  fährt  £.  62,  14  fort: 

(Quorum  rex  Nectanebus) magicae  artis  erat  peritus ,  ita  ut ,  com 

super  eum  bestes  venirent  usw. ;  1* :  (Dicunt  autem  de  Nectanebo  rege 
eorum,)  quod  fuissethomo  ingeniosus  et  peritus  in  astrologia  et  mathe- 
matica  et  magicis  uirtutibus  plenus.  —  Ferner  fälle ,  in  welchen,  gegen- 
über einem  wirklichen  oder  scheinbaren  textverderbnis  der  Bamb.  hs., 
Ekkehard  durch  korrektur,  I*  durch  korrektur  oder  gemäss  seiner  vor- 
läge eine  abweichende  lesart  bietet :  B  200  ^ ""  cum  tanta  uelocitate  fugie- 
runt  (Amonta  cum  reliquis).  quia  nee  darium  inuenerunt  apocrisaiü 
(korr.  aus  apocrisarios)  qui  portaueruut  ei  piper  et  epistolam  alexandri. 
Dass  hier  „quia  nee"  aus  „qui  ante"  (qui,  und  quia  in  B  öfter  =  ut 
consec.)  entstelt  ist  —  welche  entstellung  dann  weiter  die  verkehrte 
änderung  von  „apocrisarios"  zur  folge  hatte  —  war  für  Ekkehard  bei 
berücksichtigung  des  erforderlichen  sinnes  um  so  leichter  zu  erkennen, 
da  a  von  qui  getrent ,  mehr  nach  nee  hin  steht  und  ec  te  sehr  ähnhch 
sieht.  Für  das  ungewöhnliche  konsekutive  quia  (qui)  sezten  Ekkehard 
und  der  Verfasser  von  I*  quod  ein:  E.  65,  5  tanta  velocitate  fugit  in 
Pcrsidam,  quod  ante  Darium  invenit  apocrisiarios ;  I*  cum  tanU 
ccleritate  fugiit,  quod  ante  Darium  inuenit  ipsos  missos  usw.  (Dage- 
gen M*,  dessen  Verfasser  den  fehler  nicht  herausfand:  quod  preuene- 
runt  nuntios  alexandri).  —  Alexander  hat  sich  verkleidet  in  das  hof- 
lager  des  Darius  geschlichen  und  wird  von  den  Persern  angerufen: 
B207'  „Interrogaverunt  eum.  respondit  apocrisarius  regis  alexandri  sum." 
Dann  erblickt  ihn  Darius.  „luterrogavitquo  eum.  quis  es  tu?"  worauf 
dieselbe  antwort  erfolgt.  Die  erste  frage  ist  in  B  ausgefallen.  Die 
ergänzung  war  von  selbst  gegeben:  E.  67,  12  quis  esset;  I*  Quis  es 
tu?  —  Ebenso  natürlich  ist  die  ausfüllung  der  lücke  B  209''  Plorabant 
enim  perses  neu  tan  tum  pro  morte  [Darii  E.  68,  29.   1*;   fehlt  BJ. 


WKKKHAKD  V.  BIB  BIST.  D.  PBSL.  39$ 

qaantam  pro  pietate  alexandri  (als  Aloxander  den  sarg  des  Darius  tra- 
gen half).  —  Sehr  leicht  auch  die  besserung  von  B  210  **  et  istos  solus 
nici.  et  ubicumque  iero  facere  pugnam  cum  barbaris  superando  illos. 
E.  68,  53  und  I*:  superabo  illos.  —  Verfehlte  änderungen:  B  196**  qua- 
draginta  de  na  milia  (=  TeaaaQoyiowa  ^vQiddag)  aureorum  solidorum; 
E.  63,  25  und  I*:  quadraginta  milia.  —  B  213**  Iste  arbores  ferebant 
fruetus  odoriferos.  Freeepique  quibusdam  hominibus  meis  ut  tollerent 
ex  liquore  ipsarum  arborum  (Ps.  Call.  OTtSyyoig  BYXeyead^ai  rä  rotkiav 
Sax^a).  Den  bearbeitem  erdchien  ,,liquore'',  namentlich  in  rücksicht 
auf  den  vorhergehenden  satz,  fehlerhaft;  auch  lassen  sie  Alexander, 
wie  sonst  regel  ist,  an  Soldaten  seinen  auftrag  erteilen:  E.  71,  31  Pre- 
cepit  autem  AI.  militibus  quibusdam,  ut  tollerent  de  fructibus  ipsis; 
I*  precepit  cuidam  militi  suo,  ut  toUeret  ex  fructu  ipsarum  arbo- 
rum. —  B  215*^  erzählt  Alexander  von  seinem  aufenthalt  in  der  göt- 
tergrotte.  Er  wird  zuerst  von  einem  gotte  angeredet,  der  sich  ihm 
auf  die  frage  „quis  es  tu  domine?^  als  Sesonchosis  zu  erkennen 
gibt.  Weiter  vordringend  erblickt  er  wider  einen  gott.  „et  dixit  mihi. 
qaid  est  hoc?  (=  olddg  ixe  rlg  d^ti;  Ps.  Call.)  adiungens.  natiuitas 
sum  ego  deorum."  An  dem  unklaren  „quid  est  hoc?"  haben  begreif- 
licherweise beide  bearbeiter  anstoss  genommen  und  lassen  statt  dessen 
Alexander  die  frage  widerholen,  die  er  an  den  ersten  gott  richtete: 
E.  72,  49  cui  dixit:  „Quis  es,  domine?"  Qui  ait:  „Nativitas"  usw.; 
I*  et  dixit  illi  AI.:  „Quis  es  tu,  domine?"  Et  ille  dixit:  „Ego 
gnm  origo"  usw. 

Dazu  kommen  noch  die  bereits  erwähnten  korrekturen ,  in  denen 
mit  Ekkehard  neben  P  auch  M*  übereinstimt. 

Während  aber  der  Verfasser  von  M*  den  text  nur  im  einzelnen 
veränderte,  haben  Ekkehard  und  der  Verfasser  von  I*  auch  die  kompo- 
sition  umgestaltet.  Vor  allem  versahen  beide  den  ursprünglichen  bericht 
der  H.  d.  p.  mit  Zusätzen  aus  der  Ep.  Dass  Ekkehard  diesen  erwei- 
terten bericht  nicht  etwa  aus  P  entlehnte,  vielmehr  neben  dem  uner- 
weiterten text  der  H.  d.  p.  die  Ep.  ad  Ar.  gesondert  vor  sich  hatte, 
folgt  aus  mehreren  umständen  ganz  evident.  So  gibt  Ekkehard  die 
abenteuer  am  bitteren  flusse  und  am  süsswassersee ,  in  deren  schilde- 
nmg  der  in  der  H.  d.  p.  enthaltene  brief  Alexanders  an  Aristoteles  mit 
der  Ep.  konkurriert,  erst  71,  3  —  16  nach  derH.  d.  p.  (B  212'  — 213'), 
dann  73,  19  —  57  nach  der  Ep.  (B  230*— 231**),  während  der  Verfas- 
ser von  I*  beide  stücke  zu  einer  einheitlichen  darstellung  verschmolzen 
hat  S.  69  vergleicht  Ekkehard  die  angäbe  der  H.  d.  p. ,  dass  Perus 
von  Alexander  getötet  worden  sei,  mit  der  entgegenstehenden  desOro- 
siuSy  und  fährt  dann  z.  47  fort:    „Haec  autem  diversitas  etiam  in  epi- 


396  AUSFELD 

stolis ,  quae  ipsius  Alexandri  dicuntur  ad  magistrum  säum  Aristotelem. 
reperitur,  quae  si  ipsius  sunt,  diversa  sibi  sentiunt/^  An  einer  stelle 
nämlich  (in  der  H.  d.  p.  B  215^)  erwähnt  Candacis,  dass  Perus  darcl 
Alexander  gefallen  sei,  an  einer  andern  (in  der  Ep.  B  231®**,  vor 
£.  51  —  64  ausfQhrlich  mitgeteilt)  heisst  es,  Alexander  habe  mitPonu 
freundschaft  geschlossen.  Die  erstere  stelle  aber  erscheint  nur  in  £ 
(und  M)  als  bestandteil  eines  briefes  an  Aristoteles,  die  leztere  isi 
weder  in  I*  enthalten  noch  eignet  sie  sich  überhaupt  zur  interpolatioii 
der  H.  d.  p. ,  da  sie  mit  derselben  in  Widerspruch  steht  —  stamt  alsc 
sicher  aus  der  selbständigen  Epistola.  Auf  dieselbe  beruft  sich  Ekke- 
hard  auch  70,  61  mit  den  worten  ,,ut  ipse  magistro  suo  Aristotel 
scribit*'  fär  eine  angäbe,  deren  herleitung  aus  einem  briefe  an  Aristo« 
teles  in  I*  nicht  erkenbar  ist.  Dazu  komt  das  Verhältnis  der  texte 
welches  auch  in  diesen  abschnitten  beweist ,  dass  Ekkehard  wol  aus  B 
nicht  aber  aus  1*  geschöpft  haben  kann.  Man  vergleiche  daf&r  das 
dritte  der  oben  angefahrten  beispiele  (E.  75,2  —  5). 

Durch  die  Zusätze  aus  Orosius  ferner  trift  Ekkehard  teilweise 
mit  I,  zusammen.  Wir  sahen  bereits,  dass  er  dieselben  unmittelbai 
vom  schriftsteiler  entnommen  hat.  Überdies  bringt  er  auch  solche  stel- 
len aus  Orosius,  die  bei  I,  fehlen,  wie  die  erwähnte  notiz  Ober  Poms: 
E.  69,  44  —  47  =  Or.m,  19,  3.  4. 

Ebensowenig  von  belang  ist  die  Übereinstimmung  zwischen  Ekke- 
hard und  I*  in  kürzungen.  Ekkohards  arbeit  ist  ja,  schon  seiner  eige- 
nen bezeichnung  nach,  ein  excerpt,  und  wenn  sich  unter  dem  vielen, 
was  er  auslässt,  auch  manches  findet,  was  andere  bearbeiter  gleichfals 
auslassen,  so  wird  man  derartigen  kongruenzen  von  vorne  herein  kein 
grosses  gewicht  beilegen.  Solche  gemeinsame  auslassungen  finden  sieb 
auf  dem  gebiete  der  eigentlichen  H.  d.  p.  nur  wenige,  da  deren  meist 
knappe  darstellung  eher  zur  erweiterung  als  zur  kürzung  aufforderte, 
der  Verfasser  von  I*  daher  in  der  regel  nur  das  übergieng,  ¥ras  ihm 
unverständlich  oder  unpassend  vorkam.  Wir  f&hren  an  was  irgend  dei 
erwähnung  wert  erscheint:  B  195®  sagt  Philipp  von  Bucephalus  ^in  hoc 
caballo  significabitur  signum  sine  bonum  sine  malum^;  von  E.  63,  15 
und  P  als  sinlos  weggelassen.  —  B  201^  nihil  locuti  sunt  ei  (Ale- 
xandre) sed  armati  sunt  ex  eis  quattuor  milia  ...  atque  dixeruni 
alexander  usw.  scheint  einen  Widerspruch  zu  enthalten.  E.  65,  31  und 
I*  fehlt  nihil  —  sed.  —  B  204®  Kelecta  filippus  ^pistola  cognouit 
contrarietatem  suam  et  dixit  Das  unklare  „cogn.  contr.  s."^,  ein 
misverständnis  von  dvayvobc:  xa^*  iavTÖv  elTtev  (Ps.  Call.  II,  8) 
fehlt  E.  66 ,  8  und  l*.  —  Nach  der  Schlacht  am  flusse  Stranga  wirft 
sich  Darius  verzweifelnd  zu  boden,  „dura  trahens  suspiria.    quia  per- 


XKKEHABD  U.  DIE  mST.  DE  PEEL.  397 

didit   tantam   multitudinem   hominum''   (B208')   und   beklaget 
sein  Schicksal.    Da  sich  der  inhalt  seiner  klagen  nur  auf  seine  furcht- 
bare demütigung,   nicht  auf  den  Untergang  seiner  truppen  bezieht,   so 
streichen  E.  67,  47  und  I*  quia  —  hominum.  —  B  208"  erwidert  Alexan- 
der dem  Farmenius,  der  ihm  rät  dem  Darius  gegen  die  versprochenen 
schätze  seine  angehörigen  zurückzugeben:   „tollo  ego  has  diuitias 
(soll  heissen :  diese  schätze  gewinne  ich  ohnehin),   sed  miror.  si  darius 
per  datom  uult  recolligere  matrem^  usw.    E.  67,  58  und  I*  beseitigen 
toUo  —  sed  als   unpassend,   da  es  auf  den  ersten  blick  zu  bedeuten 
scheint:  ich  nehme  die  schätze  an.  —   Alexander  hat  Darius  am  fiusse 
Stranga  geschlagen  und  befindet  sich  noch  in  dieser  gegend.  Darius  hat  in 
seinem  palast  seine  niederlage  betrauert  und  fordert  nun  (B  209 ')  Perus 
auf  y   ihm  nach  den  kaspischen  toren   zu  hilfe  zu  kommen.    Alexander 
erfährt   dies   „et  abiit  mydiam.^     Es  wird  ihm  gemeldet,   Darius 
rQcke  nach  den  kaspischen   toren:    „statim  al.  c^pit  ire  illuc.^ 
Darauf  aber  wird  Darius   in   seinem   palaste   ermordet,   zu   welchem 
Alexander  durch  Überschreitung  des  Stranga  gelangt  (B  209  *") ;  beide 
scheinen   also   ihren   aufenthaltsort  vorher  nicht  verändert  zu  haben. 
Demnach  lassen  E.  68,  81  und  I*  „et  ab.  myd.^  weg,  sowie  alles,  was 
sicli  hierauf  denzug  nach  den  kaspischen  toren  bezieht. —  B  216'^  sagt 
der  Zeichendeuter  zu  Alexander   in  betreff  der  misgeburt,   die  seinen 
^e'vorstehenden  tod  ankündigt:  „Ex  qua  re  plora  homines.   quia  pro  te 
&ctum  est  hoc  Signum'';  ein  dunkeler  ausdruck,  den  E.  70,  39  und  I* 
übergehen.  —  B  212"  komt  Alexander  an  einen  fluss,   in  dessen  mitte 
^ine  Stadt  liegt.     „Barcell^  erant  in  ipso  fluuio.''    Mehrere  Soldaten 
^ersuchen  den  fluss  zu  durchschwimmen,  werden  aber  von  flusspferden 
Verschlungen.    Den  bearbeitern  fält  die  angäbe  auf,   dass  schiffe  vor- 
'^^nden  gewesen  seien ,  während  doch  die  leutc  hinüberschwimmen  nrns- 
*eii.    E.  71,  4  und   I*  tilgen  daher  Bare.  —  fiuuio.   —    B216*'  Per 
^Hum  quemque  annum  celebramus  festiuitatem  iouis  et  in  feste   (st. 
^o^  et  ifesto  =  Jil  xat  ^Hcpatav(ii)   celebramus  ipsas  festiuitates  per 
^^ginta  dies.     E.  (72,  62)    und   der    Verfasser   von   1*    erkanten    das 
Verderbnis    nicht   und   strichen    et  —  festiuitates    als    tautologie.   — 
Das  verderbte  „per  unam  quamque  feminam  dabinms  amnades  quin- 
9Ue  excepto  quod  eis  fecerimus"   (B  216*-)   umschreibt  E.  73,  5  durch 
^  donabimus   singulas^,   1*   durch    „dona    optima   illis    faciemus."  — 
^ine  erheblichere  zusammenziehung  des  inhalts  der  H.  d.  p.   zeigt  sich 
t^ei    I*  nur  im  lezten  abschnitte,    der  von   Alexanders    tod    handelt, 
^ind   noch  mehr  ist  bei  Ekkehanl  gegen  den  schlnss  hin  eile  ersicht- 
Uch.     Namentlich  fehlt  E.  (s.  75)  wie  l'^:   die  angäbe,   dass  sich  Yolns 
für    seinen  mordanschlag  genossen  warb    (B  218**),    die   besprechung 


398  AÜ8FELD 

dos  Cassander  mit  den  übrigen  verschworeneu  (B  218*)  —  ^diese  jbei- 
den  stellen  wol  deshalb,  weil  in  der  einen  Yolus,   in  der  andern  Cas- 
sander als  anstifter  der  verschörung  erscheint  — ,  die  Verabredung  zwi- 
schen Perdica  und  Ptolomeus  (B  218*),    die  der  Verfasser  von  I*  nicht 
gebrauchen  konte,    weil  er  dem  Perdica  eine  ehrenvollere  rolle  zuge- 
dacht hatte  (in  1*  ernent  Alexander  auf  wünsch  der  Soldaten  den  Per- 
dica zum  reichsverweser) ,   endlich  die  etwas  unklare  Schilderung,  wie 
die  Soldaten  einzeln  von  Alexander  abschied  nehmen  (B  219^).  —   Den 
bericht  der  Ep.  dagegen  kürzt  der  Verfasser  von  I*  fast  noch  stärker 
als  Ekkchard.    Denn  solte  ein  einigermassen  gleichartiger  Charakter  der 
darstellung  durch  das  ganze  werk  erzielt  werden,   so  Hess  sich   die 
behaglich  breite  erzählung  der  Ep.  nicht  ohne  eine  solche  Veränderung 
in   die   rasch  fortschreitende  handlung  der  H.  d.  p.  einfügen.    Obwol 
nun  auch  bei  dieser  gelegenheit  die   Selbständigkeit  beider  bearbeite 
klar  hervortritt,   indem  der  eine  dieses,   der  andere  jenes  streicht  un 
beibehält,   so  komt  es  doch  natürlich   auch  vor,   dass  beide   dieselbe! 
Sätze  ihrer  vorläge  entbehrlich  finden.    Eine  aufzählung  solcher  fall 
wird  mau  uns  nach  dem  vorher  erwähnten  hoffentlich  erlassen. 

Die  anordnung  dos  auf  diese  weise  gewonnenen  und  gesichtete 
Stoffes  war  für  die  bearbeiter  eine  weitere  gemeinsame  aufgäbe ,  die  si 
aber  in  durchaus  verschiedener  weise  lösen.  Von  vereinzelten  überein — 
Stimmungen  in  der  Umstellung  grösserer  abschnitte  sind  hervorzuheben 
Die  erzählung  von  der  ankunft  des  Bucephalus  (BIOS*'**.  E.  63,  14—16^ 
haben  beide  mit  der  von  Alexanders  berühmtem  ritte  (B  196  *^  E.  63 
16  fgg.)»  diö  von  der  Verschwörung  gegen  Alexander  (B  217*.  K.  75 
20  —  27)  mit  der  von  seiner  Vergiftung  (B  218**  fgg.  E.  76,  27  fgg._  ^'I- 
je  zu  6inem  stücke  vereinigt.  Die  stärke  des  indischen  heeres  f&geir^  '> 
sie  aus  der  Ep.  (B  228^)  da  ein,  wo  die  H.  d.  p.  (B211')  durch  ein 
kurze  bemerkung  über  die  menge  seiner  Soldaten  und  elephanten  daranft 
hinleitet  (E.  69,  22  fgg.).  Den  zug,  den  die  Ep.  (229*— 231**)  Alexan —  ^ 
der  zwischen  seinem  ersteu  und  zweiten  zusammentreffen  mit  Poms^s:'  > 
unternehmen  lässt,  berichten  sie  (E.  73,  9  fgg.)  nach  dem  briefwechsel 
mit  den  amazonen  (6  216"-*');  ein  zufälliges  zusanmientreffen  inmit- 
ten einer  völlig  abweichenden  reihenfolge  der  begebenheiten.  Alexan- 
ders testament  (E.  75,  43  fgg.)  führen  sie  naturgemäss  bei  der  stell« 
VLüf  wo  der  sterbende  Alexander  seinem  notar  befiehlt  es  niederzu- 
schreiben (B218'^),  während  es  in  B  (217***)  an  unpassendem  orte, 
vor  Alexanders  Vergiftung,  untergebracht  ist.  —  Auch  da  konunen 
Ekkehard  und  I*  gelegentlich  zusammen,  wo  es  gilt  durch  omstellnng 
einzelner  sätze  den  gedankengang  klarer  oder  die  schilderoug  wirkungs- 
voller zu  machen,  ein  mittel,  das  der  Verfasser  von  I*  häufig,  Ekkehard 


fi^KBlIABD  U.  DIE  HIST.   DE  PEEL.  399 

äemlich  selten  anwendet.    So  ist  B  218"  bei  der  darstellung  der  luft- 
fehrt  Alexanders  von  der  höhe,  die  Alexander  erreichte  („tantam  alti- 
tndinem  —  girans  ea"),  erst  nachträglich  die  rede,   nachdem  bereits 
der  Sturz  des  verwegenen  erwähnt  war.    E.  70,  52  fgg.  und  1*  geben 
das  abenteuer  nach  der  zeitlichen  Ordnung.  —    B  214'  zählt  Caudacis 
in  ihrem  briefe  erst  geschenke  auf,    die  sie  Alexander  sende,    dann 
solche  f&r  den  gott  Ammon,  worauf  abermals  geschenke  für  Alexander 
folgen.    Bei  E.  71,  52  fgg.  und  1*  nent  sie  erst  die  geschenke  für  Am- 
mon,  dann   sämtliche   für  Alexander.  —    B214'*  hat  Alexander  den 
palast  der  Gandacis  besichtigt;   „et  miratus  sum.^    Am  andern   tag 
zeigt  ihm  Gandacis  die  wunderbarsten  gemacher ,  schliesslich  eine  beweg- 
liche kammer,  die  von  elephanten  gezogen  wird.    Hier  war  Alexanders 
bewunderung  besser  am  platze.    Ekkehard  und  I*  tilgen  daher  oben 
„et  m.  8.*^  und  fügen  entsprechendes   nach  dem   zulezt  geschilderten 
ein:  E.  72,  15  Haec  videns  Alexander  miratus  est;   I*  Alexander  uero 
iu  hoc  fitcto  cepit  obstupescere  nimisque  mirari.  —  Im  brief  der  ama- 
zonen  an  Alexander  steht  der  satz  „Quod  tollere  a  nobis  nil  inuenies^ 
B  216*  ausser  allem  Zusammenhang.     E.  72,  70  und   l*   stellen   ihn 
dahin,   wo  er  allein  passend  erscheint:   in  den  schluss,  wo  Alexander 
darauf  hingewiesen  wird ,   dass  ihm  ein  kämpf  gegen  die  amazonen  in 
keinem  falle  gewinn  bringen  könne. 

Eine   zweckmässige   anordnung   der  abschnitte  war  aber  nicht 

durchführbar  y   ohne  dass  erst  noch  eine  andere  Veränderung  mit  dem 

ffnindtext  vorgenommen  worden  wäre.    Ein  beträchtlicher  teil  des  stof- 

''öa  war  in  drei  grossen  briefen  Alexanders  gegeben,  von  welchen  zwei 

gleichzeitige,   stellenweise  sogar  dieselben  ereignisse  behandeln.     Um 

^^rans  eine  zusammenhängende  erzählung  zu  bilden  musten  die  bear- 

^iter  diese  stücke  ihrer  briefform  entkleiden,    wodurch   natürlich   der 

^^^rüngliche  Charakter  der  H.  d.  p.  noch  mehr  verwischt  wurde,  und 

^^^Vischen  dem  Exe.  und  I*   eine   weitere   ähnlichkeit   entstand. 

Wir  sehen ,  dass  sich  alle  diese  kongruenzen  des  Excerpts  und  der 

^Bearbeitung  I*  auch  ohne  die  annähme  eines  abhängigkeitsverhältnissoa 

ungezwungen  erklären.    Dagegen  wäre  umgekehrt  völlig  unverständlich, 

^arum  Ekkehard,   wenn  er  den  glatten,   ausführlichen  bericht  von  1* 

besessen  hätte,  diesen  nur  zur  besserung  einzelner  stellen  gebraucht,  und 

^ch  damit  geplagt  haben  solte,  den  fehlerhaften  stil  und  die  kahle  darstel- 

lung  des  nicht  interpolierten  textes  mühsam  umzuarbeiten,  anstatt  einfach 

den  interpolierten  zur  grundlage  seiner  Alexandergeschichte  zu  machen. 

Wenn  somit  weder  M*  noch  eine  der  von  I*  stammenden  bcarbeitun- 

gen  Ekkehards  quelle  war ,  so  kennen  wir  demnach  keinen  text ,  aus  dem 

Bkkehards  Excerpt  abgeleitet  sein  könte ,  ausser  dem  der  Bamberger  hs. 


400  AUSPELD 

Dass  nun  Ekkehard  dieser  in  der  tat  den  stoff  zu  seinem  ex- 
cerpte  verdankt,  wird  endlich  durch  eine  reihe  von  fällen  bestätigt, 
in  welchen  dasselbe  durch  fehler  von  B  beeinflusst  erscheint.  Dabei 
ist  interessant  zu  beobachten ,  wie  sich  der  Verfasser  von  M*  g^enflber 
denselben  stellen  verhalten  hat,  wodurch  sich  weitere  beweise  daflir 
ergeben ,  dass  sich  auch  dieser  direkt  auf  B  stüzt 

B  197*"  Ynde  eleuatus  pausania.  in  audatia  introioit  palatiom 
eins.  Die  Interpunktion  gehört  natürlich  nach  audatia.  E.  63 ,  56  fg. 
Pausania  vero  putans  eum  mortuum,  elevatus  est,  intransque  pali- 
tium  cum  audacia  abstraxit  usw. ;  M  8  ^  V.  e.  p.  cum  audatia  intr. 
Dagegen  1*:  Pro  hoc  itaque  facto  eleuatus  est  Paus,  in  audatia  et 
intr.  —  B  199^  tu  qui  es  parens  solis  et  resides  in  throne  mithere 
(st.  mithre).  In  „mithere^  steht  der  erste  strich  des  m  den  beiden 
andern,  m  aber  den  übrigen  buchstaben  des  Wortes  etwas  femer,  so 
dass  die  züge  „in^  zu  bedeuten  scheinen,  was  einem  späteren  korrek- 
ter veranlassung  gab,  das  vermeintliche  ^in  ithere"^  zu  „in  ethere*' 
zu  ändern.  Daher  E.  64,  31  resides  in  throne  velut  in  aethere; 
M  10**  r.  i.  thr.  in  ethere.  Aber  I*  r.  l  th.  Mithre  (so  scheint  der 
Verfasser  von.I*  geschrieben  zu  haben;  in  den  mir  bekanten  handschiif- 
ten  ist  die  form  teils  ausgelassen,  teils  verstümmelt:  mirhree,  mirre, 
mitre,  mirithiadis)  —  B  199^  Nos  quia  (st.  qui)  adiutores  dicti  sumos 
imperii.  necesse  est  ut  queramus  uestram  saluationem  (d.  h. :  dass  wir 
bei  euch  rettung  suchen;  vgl.  Ps.  Call.  ^Ev  toxbi  olv  el&e  ftevä  diw- 
fiscog  Tiollrig  im  f.u)  ld(pvQa  yevcj/xe&a).  M  11*  fast  ebenso.  E.  64, 
48  fg.  Quia  vero  uos  dicitis  imperii  adiutores,  nee  e.  u.  v.  quer,  salo- 
tem.  I*:  Etenim  nos,  quos  adiutores  dicitis  uestri  imp.,  nee.  e.  u.  q. 
uestrum  adiutorium.  —  B  204**  sagt  der  arzt  Philippus  zu  Alexander 
bezüglich  des  verläumders ,  der  ihm  schuld  gegeben  hatte,  er  sei  von 
Darius  bestochen  den  könig  zu  töten :  „  fac  uenire  ipsum  hominem  . . . 
quia  ipse  noluit  (st  uoluit)  me  tibi  talia  facere."  E.  66,  11  quia  uie 
tibi  talia  pro  salute  tua  facere  ipse  noluit.  Dagegen  M  17*  richtig 
geändert:  q.  i.  uoluit  m.  t.  t.  f.  . .  I*  q.  ille  monuit  me  t.  t  f.  — 
B  207  •  apochrisarius  sum.  regis  alexandri.  missus  ad  te.  dicens  tibi, 
quia  (st.  qui)  moram  facit  exire  preliari  in  campe  cum  inimicis  suis, 
timidus  est.  atque  pauidus.  E.  G7,  14  A.  s.  r.  A.  m.  nunciare  tibi, 
quia  moram  facit  in  campo  oxspectans  te.     M  19**  A.  s.  a.  m.  a.  t  d. 

t.  quia  moram  facis timidus  es  a.  p.    I*  Misit  me  rex  Alei.  ad 

te  dicens:  Ut  quid  moram  facis  ut  timidus  homo  exire  preliari  in 
campo  cum  inimicis  tuis?  —  6  210**  persides  isti  contrarii  suut 
mihi  et  uobis.  Ebenso  E.  68,  51.  Dagegen  M  23^  und  I*:  perses. - 
Auch  durch  beibehaltung  auffälliger  inkonsequenzen  der  Schreibung  ver- 


BKKBHABD  U.  DIB  BIST.   DE  PBEL.  401 

rftt  Ekkehard  seiae  vorljige:  turnare  64,  10  =  B  198  "^  (M  10"  termi- 
nare,  I*  tornare)  neben  toruans  63,  19  =  B  196 **,  tornauit  69,  38  = 
B  212%  tornare  72,  23  entsprechend  tornani  B  215*;  Clytomagus  65,  38 
neben  Cljtomachus  65,  39  und  42  genau  nach  den  entsprechenden  stel- 
len in  B  201  ^  202*,  nur  mit  einsetzung  von  y  st.  i,  wie  häufig  bei 
Ekkehard  in  eigennamen  (M  13^  überall  clito  magus;  die  lesarten  der 
Idagse  P  gehen  auseinander). 

Da  somit  Ekkehard  sicher  die  Bamberger  handschrift  vor  sich 
gehabt  und  stark  benüzt  hat,   da  sein  „Excerptum  de  vita  Alexandri 
JUagni*^  ausser  ein  paar  Zusätzen  aus  den  hauptquellen  seiner  chronik 
nichts   enthält,    was  sich  nicht  aus   der  Bamberger  handschrift  her- 
leiten liesse ,  da  vielmehr  unter  allen  uns  bekanteu  texten  nur  der  Bam- 
berger dem  Excerpt  als  grundlage  gedient  haben  kann ,  da  sich  endlich 
im  Excerpt  mehrere  charakteristische  fehler  der  Bamberger  handschiift 
wideifinden:   so  wird  man  nun  wohl  nicht  länger  bezweifeln  mögen, 
dass  Ekkehards  Excerpt  eine  direkte  bearbeituug  der  Bamberger  Histo- 
ria  de  preliis  und  Epistola  ad  Ar.  darstelt  und  demnach  für  die  ermit- 
telung  der  ursprünglichen  form  der  H.  d.  p.  keinerlei  wert  besizt. 

Immerhin  mag  die  art,  wie  Ekkehard  dieses  werk  aus  den  vor- 
lagen zusammengesezt  hat,  in  ergänzung  des  bereits  oben  besprochenen 
zum  schluss  noch  eine  kurze  zusammenhängende  betrachtung  verdienen. 
Nachdem  s.  61  fg.  aus  den  quellen,  deren  sich  Ekkehard  für 
<Iiese  partie  der  alten  geschichte  hauptsächlich  bedient,  eine  übersieht 
fiber  die  taten  Alexanders  gegeben  ist,  wird  s.  62  fortgefahren:  „Sed 
^uia  idem  Alexander  multa  mire  peregisse  legitur,  quae  scire  multi 
dolectantnr,  libet  de  vita  eins  aliqua  summatim  decerpere,  quibus 
dolectationi  qnerentium  utcumque  valeam  satisfacere.^  Darauf  folgt 
dann  8.62 — 75  das  Excerpt,  welches  der  Verfasser  in  zwei  teile  zer- 
^^gt:  einen  glaubwürdig  historischen  und  einen  abenteuerlichen,  für 
^Qasen  Wahrheit  er  nicht  einstehen  mag.  In  dem  ersteren  wird  (62, 13 
"^-^70,  13)  in  eogem  anschluss  an  B193°  — 212*^  der  Inhalt  derH.  d.  p. 
'^ia  dahin  nacherzählt,  wo  der  grosse  brief  Alexanders  an  Aristoteles 
^gint.  Eingef&gt  ist  nichts  ausser  den  oben  erwähnten  angaben  des 
-^eronymus  über  Nectanebus ,  der  korrektur  aus  Orosius  über  die  fami- 
^ie  des  Darius ,  dem  bericht  des  Orosius  über  den  krieg  mit  Perus  und 
Qinem  dritten  bericht  über  denselben  gegenständ  nach  der  Epist.  B  231  ****. 
Am  Schlüsse  wird  (dem  weitermarsch  vom  lande  der  Oxydraces)  70,  13 
—  27  ein  stück  über  Alexanders  lezte  kriege  in  Indien   aus  Oros.  III, 

1)  Die  angäbe,   zu  der  Waitz  s.  61  bemerkt:    „haec  vorba  ncsnio  ubi  Ekk. 
^^«Mdt*  stamt  ans  Joseph,  ant.  XI,  8. 

V.  IMBVTSOBE   FHILOLOOIB.    DD.   XVIII.  2G 


402  AUSFBLl) 

19,  4 — 11  augereiht.  —  Ungleich  freier  gestaltet  ist  der  zweite  teil 
^ie  mirabilibus  rebus,  quas  Alexander  vidisse  dicitor^,  welchem  Ekke- 
hard  folgende  vorsichtige  einleitung  vorausschickt:  „In  his  ergo  itine- 
ribus  quae  et  quanta  pertulerit  et  quam  miranda  conspexerit|  ipse,  nt 
fertur,   ad  matrem  suam  Olympiadem  et  magistrum  suam 


scribit,  de  quibus  aliqua  ob  delectatiouem  noticiae  reruin  mirabiliu 
breviando  perstringimus ,  ceterum  veritatem  ipsarum  rerum  iudicio  legen 
tium  relinquimus.^    Die   auffallende   anordnung   der  abenteuer  beruh 
offenbar  zunächst  auf  den  anfangsworten  des  lezten  briefes  an 


(6  217*"):    ,, Quantum  facimus   (st.  fecimus)  a  principio  asqae  dnu      ^i 

uenissemus  asiam  significatum  est  tibi.    Iterum  notum  sit  tibi  qnan 

tum  fecimus  in   antea  (=  nachher).    A  babilonia  cepi  ire  coadonat^^N; 
populo  meo^  usw.    Ekkehard   schloss   hieraus,   das   in   diesem   briefa^ne 
geschilderte  müsse  bald  nach  Alexanders  ankunft  in  Asien  geschehe^Ks 
sein,   und  wies  deshalb  diesen  ereignissen   ihren  platz  vor  denen  de       r 
briefe  an  Aristoteles  an ,  in  welchen  die  Unterwerfung  Fersiens  nnd  de       r 
tod  des  Darius  bereits  als  bekant  vorausgesezt  wird.    Eine  noch 
here  stelle  schien  ihm  aber  der  erzäblung  von  der  misgeburt  in  Bab] 
Ion  (B216'')  zu  gebühren.    Indem  nämlich  hier  der  scbreiber  von 
oder  seiner  vorläge,   wie  öfter,   gedankenlos  die  erste  person  f&r 
dritte  einsezte,  entstand  folgender  unsinn:    ^Vidi  ibi  et  alia  miracoL  a 
quQ  scribo  olimpiadi  matri  me^  cum  essem  in  babilonia  ante  qnaiK^n 
exissem  de  hoc  seculo  uidi  mulierem  qu;  genuit  filium.^  usw.  (f^m^o 
ohne  interpunkiion).    Ekkehard  suchte  den  fehler  irrigerweise  in  „^Le 
hoc  seculo"  und  besserte  in  rücksicht  auf  ^cum  essem  in  babiloniik-^  *" 
und  den  217°  erwähnten  auszug  aus  Babylon:  „Scribit  itaque  ad  matrei 
suam,   quia  cum  adhuc  in  Babylonia  [esset,   fehlt  bei  Waitz]   prini 
quam  egrederetur  de  terra  illa,   erat  ibi  mulier  qnaedam, 

peperit  filium"  usw.    Er  eröfnet  damit  seinen  beriebt  (70,  32 — 40 )i 

weil  die  B  217''  fgg.  erzählten  abenteuer  erst  mit  dem  auszug  ans  Bab^  '*" 
Ion  beginnen,  und  schliesst  daran  (70,  41 — 60)  den  abmarsch  vo  ^ 
Babylon  und  den  weiteren  Inhalt  des  briefes  an  Olympias  nach  B  217 
218 \  Dann  kommen  die  wundergeschichteu  der  briefe  an  Aristoteles*'*^ 
und  zwar  zunächst  (70,  61 — 71,  3)  der  anfang  der  erzäblung  in  de  "**' 
Ep.  ad  Ar.  bis  zum  schluss  der  Schilderung  des  palastes  des  Peru  -^^ 
nach  B  228"*  229 \  Weil  es  aber  in  der  Ep.  weiter  heisst  ,,et  per-  ' 
ueni  ad  portas  caspias^,  so  muste  hier  erst  der  inhalt  des  in  der"  ^' 
H.  d.  p.  mitgeteilten  briefes  an  Aristoteles  eingeschoben  werden ,  indei 
dessen  ercignisse  „postquam  cepimus  ire  ad  caspias  portas*^  (B212 
geschehen  sein  sollen.  So  folgt  71,  3  — 73,  7  eine  forUanfende  ersah 
Inng  nach  der  H.  d.  p.  (B  212°  —  216^)  vom  anfang  des  grossen 


SKKEBABD  U.  DIB  HlST.   DB  PBBL.  40S 

an  Aristoteles  bis  zum  schluss  der  Verhandlungen  mit  den  Amazonen. 
Nach  einf&gung  einer  kurzen  notiz  über  die  amazonenkönigin  Halestris 
(73,  7  fgg.)  aus  Or.  III,  18,  5  nimt  Ekkehard  den  faden  der  Ep.  wider 
auf  und  schildert  (73,  9  —  57)  nach  B  229 '  —  231**  die  abenteuer  bei 
den  caspischen  toren.  Den  sodann  in  der  Ep.  (B231*''')  gegebenen 
berichty  wie  Perus  von  Alexander  zum  zweiten  mal  besiegt  wird,  spä- 
ter aber  mit  ihm  freundschaft  schliesst  und  ihn  zu  den  säulen  des 
läber  und  Hercules  geleitet,  hatte  Ekkehard  (69,  51  —  64)  bereits  an 
der  stelle  vorweg  genommen,  wo  er  an  der  band  der  H.  d.  p.  zur 
erwfthnung  des  kampfes  mit  Perus  gelangt  war.  Er  überspringt  also 
hier  diese  partie  und  gibt  73,  58  —  75,  12  nach  B  232'  — 235"  einen 
aossQg  aus  dem  ganzen  rest  der  Ep.,  wobei  er  sich  rücksichtlich  der 
reihenfolge  der  begebenheiten  dieser  durchaus  anschliesst.  Darauf  wer- 
den irider  einige  stücke  aus  Orosius  eingefügt :  75,  12  — 15  =  Or.  III, 
19,  2  die  eroberung  eines  steilen  felsens;  15  fg.  =  Or.  III,  19,  1  der 
tag  nach  Nysa  und  die  eroberung  der  dädalischen  berge  und  des  rei- 
ches der  Cleophylis;  17  —  20  =  Or.  III,  20,  1  —  3  die  rückkehr  nach 
Babylon.  Endlich  folgt  75,  20  —  55  eine  zusammenhängende  darstel- 
long  der  Verschwörung  gegen  Alexander,  seiner  Vergiftung  und  seines 
todes  nach  der  H.  d.  p.  B217'\  218**  — 219  ^  Das  ganze  beschlies- 
sen  die  angaben  des  Hieronymus  über  Alexanders  lebenszeit  und  regie- 
mngsdauer. 

Diese  art  der  komposition  unterscheidet  sich  wesentlich  von  der- 
jenigen, die  wir  in  der  bearbeitung  I*  treffen.  Der  Verfasser  von  I* 
hat  sich  mit  seinen  vorlagen  eingehend  beschäftigt  und  sucht  dieselben 
zu  einem  wirklich  einheitlichen,  in  sich  zusammenhängenden  ganzen  zu 
verarbeiten ,  wobei  er  freilich  bisweilen  in  geschmacklose  künstelei  ver- 
flüi  Ekkehard,  in  dessen  weltchronik  die  geschichte  Alexanders  nur 
die  untergeordnete  rolle  einer  episode  spielt,  macht  sich  nicht  soviel 
mühe,  sondern  begnügt  sich  im  algemeinen  damit,  sein  material  der 
Zeitfolge  nach  in  grossen  stücken  bequem  zusammenzustellen.  Wo  die- 
ser lange  partien  seiner  vorläge  ohne  Unterbrechung  widergibt,  hat  sich 
jener  alles  sorgsam  zergliedert  und  bringt  die  einzelnen  abschnitte  hier 
and  dort  unter,  wo  sie  ihm  am  passendsten  erscheinen.  So  ist  z.  b, 
der  Inhalt  des  Stückes  71,  3  —  73,  7  =  B  212^—216"  bei  I*  an  vier 
vergehiedenen  stellen  verteilt.  Dies  würde,  da  nichts  in  I'*'  auf  die 
ursprüngliche  reihenfolge  hindeutet,  schon  für  sich  allein  beweisen, 
dass  Ekkehard  seinem  Excerpt  nicht  P  zu  gründe  gelegt  haben  kann. 

Eine  Übersicht  über  die  kürzungen,  die  Ekkehard  mit  dem  stoff 
der  H.  d.  p.  und  Ep.  vorgeiioipmen  hat ,  möchte  hier  zuviel  räum  bean- 
spruchen.   Am  stärksten  zusammengezogen  sind  Alexanders  fRldzngo.  in 

20* 


404  AÜ8FELD,  EKKRHABD  ü.  DIE  HUT.  Wi  PUEL. 

Italien,  Afiika,  Syrien  und  Griechenland ,  sowie  der  sehlnssderElf, 
namentlich  das  stück  zwischen  dem  ersten  bericht  Aber  die  Tendn^ 
rung  und  dem  brief  an  Olympias  (B  217  *~'').  —  In  der  aofbanigki 
textes  zeigt  Ekkehard  den  geübten  blick ,  den  eine  aosgedehnte  kktki 
zu  verleihen  pflegt.  Nur  selten  begegnet  ihm  ein  misrersttndmi,  ni 
das  meist  in  fallen,  wo  ein  solches  sehr  verzeihlich  erschefnt  Bow- 
kenswert  sind  namentlich  die  irtümer:  62,26  ans  B  194\  68,8 
aus  B  194",  62,  42  aus  B  194^  63,  17  aus  B  196*  (wo  somiiiimB 
lesen  ist). 

Die  sonstigen  sachlichen  ab  weichungen  Ekkehards  von  der  Ei^ 
und  £p.  beziehen  sich  gröstenteils  auf  die  form  der  namen.  Ite 
haben  in  B  vielfach  ein  seltsames  aussehen ,  anch  wenn  sie  nicht  dnA 
Schreiber  entstelt  sind,  da  Leo  die  formen  seiner  vorläge  öfters  hA 
der  griechischen  ausspräche  seiner  zeit ,  bisweilen  mit  beibehaltang  kt 
griechischen  casusendung  widergab  und  die  lateinische  flexion  sidt 
richtig  zu  handhaben  wüste.  Ekkehard  suchte  da  zn  bessern;  muck- 
mal  freilich  recht  verkehrt:  z.  b.  65,  29  Heraclius  st  Iradi,  65,  S 
Delphum  st.  delfim ;  einiges  wol  aus  andern  quellen ,  wie  Hammoi  i 
Ammon  nach  Orosius.  —  Von  andern  korrekturen  erwähnen  wir:  6&,11 
„decem  et  septena  milia^^  st.  „dec.  et  septem  dena  milia^  (B  SOO*); 
68,  46  „transiens  flumina  invadosa''  si  ^^inaquosa''  (B  210*);  71,11 
„Yenerunt  et  homines  silvatici  habentes  sex  digitos  in  msnibiis  et 
pedibus"  st.  „hab.  sex  manus"  (B  212**);  75,  45  ,,gubemator  Aegypä" 
(st  „uestri"  =  der  Macedonier  B  217**)  Ptolomeus  erit.  —  Auf  Mos» 
fluch tigkeit  beruhen  differeuzen  wie  69,  23 :  „4000  octingentae  qnadri- 
gae*'  st.  „quattuordecim  mil.  oct.'*  (B  228*);  73,  50  „qninquaginta*"  (sL 
„quinq.  et  duos"  B231*)  conculcavit.  Für  manches  trift  vielleidi 
die  schuld  den  herausgeber  oder  den  setzer ;  so  72 ,  69  ad  ipsos  [mos- 
tes  fehlt,  vgl.  B  216  *"]  exiemus  obviam  tibi;  vgl.  auch  70,  32  wo  „esset' 
ausgelassen,  70,  10,  wo  „fuerit"  st.  „fiunt"  zu  lesen  ist  Doci 
zeigt  73,  42,  dass  dergleichen  versehen  auch  in  Ekkehards  autograph 
vorkommen. 

Der  gesamteindruck  des  Excerpts  ist  kein  ungünstiger.  Es  hält 
die  mitte  zwischen  der  dürftigen  kürze  der  echten  und  der  übermässi- 
gen breite  der  erweiterten  H.  d.  p.  Von  der  lezteren  unterscheidet  w 
sich  nach  unserm  geschmack  namentlich  vorteilhaft  durch  das  fehlen 
des  langweiligen  briefwechsels  zwischen  Alexander  und  Dindimus,  den 
Ekkehard  ebenfals  aus  B  hätte  entnehmen  können.  Was  freilich  pbn- 
niässigkeit  der  komposition  und  klarheit  der  darstellung  anlangt;  so 
vordient  die  bearbeitung  I*  entschieden  den  Vorzug,  den  ihr  das  mit- 
telalter  so  unbedingt  einräumte.     Dass  aber  auch  Ekkehards  werk  des 


LUCAK  ,    EICHEN  405 


beifals  nicht  völlig  entbehrte,  dürfen  wir  aus  der  Verbreitung  schliessen, 
die  das  Excerpt  als  selbständiges  stück  aus  dem  zusammeuhaug  der 
Chronik  losgelöst  in  einer  ganzen  auzahl  von  handsehrifteu  gefun- 
den hat. 

DONAÜESCHINGEN ,  NOV.   1885.  AD.  AUSFELI). 


EICHEN. 

Eichen,  „probare,  mensurare,  visieren^  ist  zunächst  aus  iclicn, 
schweizerisch  icha  „den  keltereid  schwören",  ichta  „eichen",  nd.  iken, 
nnl.  ijken  hervorgegangen,  ichen  aber  entsprang,  wie  M.  Heyne  im 
DA/VB.  4*,  2032  gezeigt  hat,  aus  ichten  oder  ichtefi  (osterländisch  und 
hessisch),  woneben  in  Hessen  auch  die  gunierte  form  eichten  (wie  eich 
neben  ich)  üblich  ist. 

Aber  der  älteste  a.  a.  o.  aus  Freiburg  im  Breisgau  (Schreibers 
Urkondenbuch  1,  82)  beigebrachte,  dem  jähre  1275  angehörende  beleg 
des  verbums  ist  ähtin:  ellü  mas  und  ellü  gewäge  du  stallt  in  der  vier 
Ufid  gwenzigon  gewalt  eins  ielichen  dinges,  und  swenne  si  die  gema^ont 
und  geähtint,  so  sun  si  sü  eime  empfelheti,  stvcm  sü  went  (wollen), 
und  swer  mit  minre  oder  merre  ma^e  oder  gewäge  Jcoufit  oder  verkou- 
fit,  der  begat  düpstdl.  Dass  dieses  oberdeutsche  ähtin  mit  dem  aus- 
schliesslich niederdeutschen  und  mitteldeutschen  echt  nichts  gemein  hat, 
hat  Heyne  a.  a.  o.  mit  recht  bemerkt,  ohne  jedoch  eine  weitere  erklä- 
fung  daran  zu  knüpfen.  Und  doch  wird  ähtiti  schwerlich  etwas  anderes 
sein  als  reinmhd.  ahten  „nachrechnen,  anschlagen,  schätzen."  Der 
fechte  umlaut  ä  (vgl.  Weinhold  al.  gr.  §  12)  verdünte  sich  weiterhin 
zu  i  und  i  (vgl.  al.  gr.  §  21)  und  rief  die  formen  ichten,  icht^n  her- 
vor, aus  denen  mit  ausfall  des  t  die  formen  ichen,  ichen,  znlezt  eichen 
entsprangen.  Diefenbach  gloss.  lat.  germ.  436*  s.  v.  j?>iMte  verzeichnet 
^chmafi^  ichmaiß^  ichUnafi,  echtmaß,  achtnmß. 

Der  ausfall  des  t  Hesse  sich  dadurch  erklären,  dass  der  stamm 
^On  ahten  auf  t  auslautet,  mithin  praesens  und  perfectum  des  verbums 
formell  zusammenfielen.  War  ahten  einmal  zu  ichten,  icÄ/cw  geworden, 
batte  sich  an  diese  neuen  verba  der  begriff  des  amtlichen  eicheus  gehef- 
W,  so  konten  die  neben  dem  inf.  wol  am  häufigsten  gebrauchten,  wenn 
^Uch  nicht  belegten,  in  der  fiexion  gekürzten  formen  ge-icht,  ge-icM 
==s  mhd.  geaht  für  geahtet  als  part.  perf.  von  verbis  angesehen  werden, 
deren  inf.  ichen  j  icheti  zu  lauten  habe. 

MAKBURG,  30.  DEC.   1885.  K.  LUCAE. 


406 

DEAMEN  UND  DRAMATIKER  DES   SECHZEHNTEN 

JAHRHUNDERTS.! 

1.   Das  drama  Ton  HeH  und  seinen  zwei  sSlinen. 

Die  gescliichte  des  hohenpriesters  Heli  und  seiner  beiden  söhne 
ist,  soviel  ich  sehe,   dreimal  dramatisch  bearbeitet  worden.    Die 
bearbeituug'von  1548  war  bis  jezt  nur  aus  Gottsched  Nöthiger  Vorrat 
2,  208  bekant  (vgl.  Goedeke  Grundriss  H*,  381  nr.  268),  die  zweite  is^  .si 
von  Hans  Sachs  (1553),  die  dritte  von  1559,  welche  Johann  Laut— 
t  erb  ach  verfasst  hat,  ist  noch  gänzlich  unbekant 

1.    Die    erste   dramatische   bearbeitung,    deren   Verfasser    nicl 
genant  werden  kann,  erschien  unter  folgendem  titel: 

Ein  schöne  Tra  |  gedi  von  Heli  de  |  Hohenpriester,  vnd  zwey  |  se' 
nen  Sünen,  gezogen  |  auß  dem  ersten  buch  |  Samuelis.  |  Allen  froiin 
men  Eltern  |  vuud  jungen  kindern  zu  |  nütz,  lehr,  vnd  warnung. 
Nünnberg.  |  M.  D.  XLVIII.    Am  ende:    Gedrückt  zu  Nörmberg 
durch  Johan  vom  Berg,  |  Vnnd  Virich  Newber,  |  WonhafTt  ai 

dem  ne-  •  wenbaw  bey  der  ]  Kalckhütten.  |  M.  D.  xlviij.    38  bl.  8®. 

In  Weimar.  Mit  roter  schrill  die  1.  2.  3.  (zur  hälfte)  7.  8.  --9. 
und  11.  zeile  des  titeis. 
Es  treten  im  ganzen  14  personen  auf.  Die  poetische  vorrec — ie 
(bl.  2^)  geht  von  der  betracbtung  aus,  dass  die  Jugend  an  allen  ortg=?P 
schwöre,  fluche  und  gott  lästere.  Das  sei  eine  folge  mangelhaft"  pt 
erziehuug,  und  da  es  unchristlich  sei,  so  sei  dieses  spiel  gemacht,  a  --^ 
christliche  zucht  und  sitte  zu  lehren: 

Das  yeder  hab  sich  selbs  in  acht, 
Vnd  thue  was  seinem  ampt  zughor* 
Der  Vatter  seine  kinder  lehr, 
Lass  von  jm  sehen  alles  guts 
So  Werdens  auch  desselben  muths, 
Vnd  weyss  sie  auff  die  tugend  frey, 
Das  kind  den  Eltern  gehorsam  sej, 
Vnd  nem  jr  lehr  gar  willig  an 
So  wirt  auss  jm  ein  Biderman. 
Argumentum  bl.  4  a.    Zur  strafe  fBr  ihre  vergehen  kommen  v^  -^^ 
einen  tag  Heli  und  seine  söhne  Hophni  nnd  Phineas  am ;  ersterer  bric^^  ^^ 
beim  fallen  vom  stuhl  den  hals,   leztere  fallen  im  kämpf  g^en  i^-^^ 
Philister,  des  Phineas  weib  stirbt  bei  der  gebart  eines  sohnes. 


1)  Vgl.  ArvhiT  für  Littentnrg^^^chichte  X,  145  fgg. 


J 


HOLSTEIN,   DRAMEN  DKB    16.  JAURH.  407 

1.  1.  Heli  sezt  seine  söhue  zu  hobcnpriestern  ein  und  ermahnt 
treulich  am  gesetze  gottes  festzuhalten.  Die  söhne  versprechen  die 
ahnongen  zu  befolgen,  zumal  da  sie  ihr  vater  stets  liebevoll  und 
üsichtig  behandelt  habe. 

2.  Eleaser,  der  nachbar,  klagt  in  einem  gebet  zu  gott  Ober  die 
Ihaftigkeit  der  menschen. 

Der  menschen  lastcr,  sünd,  vnd  schand 
Die  yetzt  hond  gnommen  vber  band, 
Vnglaub,  der  geytz,  vnd  vnkeuschheyt 
Die  hoffart,  neyd,  betriegligheit, 
Es  ist  kein  traw  bey  jung  vnd  alt, 

Man  holt  kein  recht ,  man  lebt  Tuit  gwalt 

Die  fleyschlich  glüst  vnd  böss  begierd 
Hond  nahet  all  diss  weit  varftirt. 
Es  lebet  yederman  im  sauss 
Was  will  zu  letzten  werden  drauss? 

3.  Der  nachbar  Jacob  komt  dazu.  Er  klagt,  dass  Helis  söhne, 
zu  hohenpriestem  gemacht  seien ,  gottlose  menschen  seien  und  nur 
lück  über  Israel  bringen  würden.  Sie  seien  in  ihrer  Jugend  nicht 
ug  gestraft  worden. 

El.  Es  wird  kein  kind  von  jm  selb  gut 

Es  straff  es  denn  des  vatters  rut. 
Jac.   Glaubt  mir,  wo  ist  ein  frommer  man 
Da  kan  man  fromme  kinder  han, 
Gleich  wie  die  Herrn  in  einem  rath, 
So  sind  die  Burger  in  der  Stadt 
Vnd  wie  man  mag  ein  Fürsten  hon 
Also  sind  auch  die  vnterthon, 
Vnd  wie  der  Vatter  ist  im  hauss 
So  wirdet  auch  ein  gsind  darauss, 
Ewig  wee  müssen  die  eitern  hon 
Die  jre  kind  vngestraffet  Ion. 

Die  Jugend  müsse  scharfe  zucht  kennen  lenien: 
Man  zärtle  nit  mit  keinem  kind, 
Vnnd  straffs  vmb  sein  Verschuldung  gschwind. 

Jacob  spricht  dann  weiter  über  die  erziehung  der  Jugend.  Zu- 
hst  müsse  der  vater  die  kinder  unterweisen ,  dann  müsse  ein  gottes- 
ihtiger  lehrmeister  eintreten. 

Denn  von  jugent  auff  ists  menschen  hertz 
Zum  Bösen  gneygt,  sag  ich  on  schertz. 


408  HOLSTEIN 

Helis  söhne  könten  als  warnendes  beispiel  dienen.  Hell  habe 
keinen  ernst  bei  der  erziehung  seiner  söhne  gezeigt,  deshalb  seien  sie 
verzogene  kinder, 

Sie  trachten  nit  was  böss,  was  gnt, 

Was  yedem  gfelt,  das  selb  er  thut 

II ,  1 .  Helis  söhne  fordern  ihren  knecht  Syr  auf,  von  den  opfer- 
stückcn  die  besten  auszusuchen  und  für  sie  zu  entfernen. 

2.  Heli  richtet  neue  ermahnungen  an  seine  söhne: 

nichts  opfFer  auss,  dient  ewerem  Qot 
Gantz  fleyssigklich ,  wie  jr  denn  solt, 
Vnd  Siecht  die  sünd  so  fast  vnd  fehrn 
Alss  ob  es  gifftig  nattern  wehrn. 

Die  kinderschuhe  hätten  sie  abgelegt,  und  müsten  bedenken, 
dass  sie  nun  männer  seien. 

3.  Syr  hat  dem  befehl  seiner  herren  gemäss  die  besten  opfer- 
stücke entwendet  und  freut  sich,  dass  er  wie  seine  herren  sich  den 
bauch  mit  essen  und  trinken  anfülle.  Er  weiss ,  dass  diese  ein  schlech- 
tes beispiel  geben. 

Des  Gottesdienst  sie  gar  nit  achten. 
Nur  alzeit  nach  der  bauchfüll  trachten. 
Fern  leuten  stellends  sich  so  fein, 
Daheimen  sind  sie  voller  wein. 
Vüd  wenn  jr  einr  auflf  gassen  kombt, 
Du  hieltest  jn  für  helg  vnd  fromm. 

4.  Die  söhne  spotten  über  des  vaters  mahnungen: 

Sein  zucht  ist  yetzt  au  vns  verlorn, 
Ist  Lappenwerck,  macht  sich  zum  thorn. 
Vnd  hindert  vnser  freuden  fast 
Er  last  vns  weder  rw  noch  rast 

Sie  wünschen  seinen  tod  herbei,  damit  sie  noch  unabhängiger 
und  freier  leben  können.  Nachdem  sich  beide  von  der  bühne  entfernt 
haben,  komt  Syr  in  trunkenem  zustande. 

Botz  fassnacht  ich  bin  eben  vol. 
Mein  fuss  mich  nit  mehr  tragen  wol, 
Mein  zung  hangt  mir  am  gumep  an. 
Ich  bin  ein  voller  geckelman. 
Wie  kombts,  nu  trinck  ich  oft  mee  wein 
Vnd  dunck  mich  darnach  nüchtern  sein? 
Es  ist  kein  necker  wein  gewesen 
Er  ist  freylich  zu  Francken  gelesn. 


DRAMEN  DES   16.   JAHRHUNDERTS  409 

Nun  hab  ich  vber  sechs  becher  vol 

Nit  aussgetruncken ,  weiss  ich  wol. 
5.  Der  fromme  Joachim  ist  voll  heiligen  ingrims  über  das  gott- 
se  leben  der  söhne  seines  nachbars  Hell. 

Mit  deiner  straff  Herr  bleib  nit  aoss, 

Schick  schweffei,  bech,  ins  Helis  hauss, 

Verbrenn  mit  fewr  diss  schentlich  gschlecht 

Dmmm,  das  man  f&rhin  an  dich  gedecht. 

Diss  gsinds  lass  niemands  vberbleiben, 

Was  geht  vnd  steht  von  mann  vnd  weihen. 

Denn  Gott  der  Herr  rieht  böss  vnd  frumm, 

Die  Gottloss  sein,  die  kommen  vmb. 

Ob  sie  wol  leben  hie  in  zeyt, 

Das  mau  si«  lobt  für  fronmie  leut. 
Alle  schuld  treffe  den  vatcr,  der  seine  kinder  nicht  in  strenger 
'ht  gehalten  habe. 

Weh  dem,  der  seiner  kind  verschont, 

Vnd  strafft  sie  nit,  soss  vnrecbt  thond. 
ni,  1.    Joachim   begibt  sich  in  früher  morgenstunde  zu  Heli 
1    berichtet  ihm  über  das  schändliche  leben  seiner  söhne.    Die  strafe 
rde  nachfolgen,  wie  sie  Chore,  Dathan  und  Abiron  getroffen  habe, 
mit  250  mann  von  der  erde  lebend  verschlungen  seien. 

Wer  teglich  schlemmerey  ist  treibn, 

Muss  all  sein  tag  ein  betler  bleibn. 

Denn  brassler,  hurer  und  weinschleich, 

Die  werden  warlich  selten  reych. 

Eim  frommen  gibt  Got  weyssheit  und  kunst, 

Dem  Sünder  all  plag  vnd  vngunst. 
Heli  verspricht  seine  söhne  über  ihr  gottloses  leben   zur  rede 
stellen. 

2.  Heli  warnt  seine  söhne  vor  dem  Strafgericht  gottes. 

Hört  mich  allein,  nembt  war  der  zeit. 

Mein  sün,  vom  vbel  fliehen  weit 

Alss.von  vergifft,  bald  kombt  der  Herr 

Wenn  nyemand  meint,  fort  er  daher, 

Sein  gäher  zorn  schnell  vberfelt. 

Sein  weg  sind  gar  in  still  gestelt, 

In  kurzer  zeit  bringt  euch  sein  räch, 

In  trawrn,  in  leid  vnd  vngemach. 
Phineas  erklärt,  dass  der  vater  falsch  berichtet  sei,  auch  sei  er 
^n  „vil  zu  glaubisch  man.^ 


410  UOLSTKIN 

Ich  lob  gleich  8olchs  nit  sehr  an  dir, 
Bist  gar  zkindisch,  auch  gehstu  schier 
Yetzt  mit  dem  einen  fuss  im  grab, 
Als  der  nit  lang  zu  leben  hab, 
Ynd  last  dich  lose  leut  anredn, 
Dast  vns  f^ind  werdest  allen  bedn? 

Zulezt  versprechen  sie  nach  pflicht  und   gewissen  bände 
wollen. 

3.  Der  prophet  Theander  (in  der  bibel  der  mann  gottes] 
kündet  Heli  das  Strafgericht  gottes. 

4.  Gott  verkündet  Samuel  die  strafe  Helis,  und  so  soll  ei 
eitern  ergehen ,  die  ihre  kinder  schlecht  erziehen. 

So  will  ich  mit  allen  eitern  schaffn, 

Die  jre  kind  nit  seyen  str&flfn. 

Auch  will  ich  von  der  v&ter  hendn, 

All  jrer  kind  sünd  vnd  schandn 

Erforschen:  hie  mit  vngefell; 

Oder  dort  mit  ewiger  hell. 

Ein  grewel  hab  ich  an  vätern  lind, 

Die  nicht  zeytlich  ziehen  jr  kind. 

Die  hinlessigen  will  ich  rechen. 

Mit  meiner  band  den  halss  abbrechen. 

Samuel  teilt  dem  Heli  auf  dessen  wünsch  die  werte  gotf 
Heli  ergibt  sich  in  sein  Schicksal. 

Gott  thue  was  jn  geduncket  recht. 
Er  ist  der  Herr,  ich  bin  sein  knecht. 
Ich  will  jm  gern  sein  vnterthon, 
Er  schaff  mit  mir  wie  ers  wöll  hon. 
Kein  hoffnung  denen  weg  zeigt  an. 
Die  in  leid  vnd  betrübniss  stan. 

IV;  1.    Heli  fordert  seine   söhne  auf,   die  bundeslad 
band  der  Philister  zu  retten.    Beide  sind  entschlossen  den 
den  Philistern  siegreich  zu  bestehen. 

2.  Heli,  des  sieges  gewiss,  ruft  das  volk  auf  zum  8 
den  feind  und  zu  vertrauen  auf  gott. 

Last  vns  zu  Gott  im  himel  schreyen. 
Das  er  vns  wöll  erbarmd  verleyen, 
Vnd  wöll  an  seinen  bund  gedenckn, 
Den  er  vnsem  vätern  thet  schenckn. 

3.  Jacob  fQrchtet  die  niederlage  Israels. 


DBAMBN  PB8   16.  JABBH.  411 

V,  1.  Ein  böte  verkündet  die  völlige  niederlage  Israels,  es 
seien  30000  mann  gefallen,  auch  die  lade  sei  genommen,  er  sei  der 
einzige,  der  der  schlacht  entronnen  sei.  Israel  könne  nur  in  der  Zuver- 
sicht auf  gott  erstarken. 

0  Got,  dn  kanst  allein  abwendn 

Diss  leyd:  vnd  von  der  feinde  bendn 

Erretten,  auch  den  burgern  gebn 

Frid:  das  sie  mögen  lenger  lehn. 

2.  Helis  Schwiegertochter  Sunffraw  (im  personenverzeichnis  ein- 
fach: Helis  Junckfraw)  ist  in  sorge  wegen  des  lebens  ihres  mannes. 

Entweder  ist  mein  man  gestorbn, 
Oder  das  hör  im  krieg  flüchtig  wordn. 

3.  Der  böte  berichtet  Heli  über  den  unglücklichen  ausgang  der 
Schlacht,  auch  über  den  Untergang  seiner  söhne  im  heldenmütigen 
kämpfe.    Heli  erkent,  dass  Theanders  Weissagung  erfßlt  ist. 

Theander  hat  wol  weyssgesagt 

Das  ich,  mein  sun,  auff  einen  tag 

Ein  schendlichs  tod  selten  vmbkommen 

Vonr  lad  des  Herrn  hab  ich  nit  vemomen, 

Was  kan  ich  nu  jetzt  anfangen, 

Israels  heyl  ist  gar  vergangen. 

Wehe  mir,  hllflf  Got  mir  alten  man. 
Er  falt  vom  stuhl  und  bricht  den  hals.    Seine  Schwiegertochter 
stirbt  bei  der  geburt  eines  sohnes.    Die  hebamme  beklagt  den  fall  des 
hauses  Heli. 

Also  beweyset  blinde  tück. 

Das  stoltz  vnd  vbermütig  glück. 

Wer  dem  glück  traut  der  ist  ein  thor, 

Vnd  vnglücks  wert:  hüt  euch  daruor.  — 

Wir  dürffen  nichts  mer  weiters  hoflfen 

Es  hat  vns  Gottes  räch  getroffen. 
In  der  „Conclusio^  wird  eine  ermahnung  an  die  väter  gerichtet, 
ihre  kinder  in  der  furcht  gottes  und  zu   seiner  ehre   zu  erziehen,   sie 
um  des  fluchens,   spottens,  stehlens,   lügens  und  spielens  willen  zu 
strafen.    Die  Schlussworte  lauten: 

Dz  sey  euch  zu  einr  wamung  gmacht. 

Ich  bit,  habt  ewer  kinder  acht. 

Weyst  sie  auff  Gots  forcht,  erberkeyt, 

Auff  Zucht,  auff  schäm,  bescheidenheit. 

Damit  sie  fürn  ein  ehrlich  lehn. 

So  Wirt  euch  Got  die  seligkeyt  gebn.   Amen. 


412  U0L8TB1N 

Dann  folgt  noch  eine  sentenz  ans  Seneca:   Vbi  non  est  pudor, 
nee  cura  iuris,  sanctitas,  pietas,  instabile  regnum  est 

Hört  wo  man  belt  die  scbam  för  schlecht, 
Kein  sorg  ist  das  man  handle  recht, 
Kein  heilignng,  kein  forcht  des  Herrn, 
Kein  glaub  dz  reich  wirt  nit  lang  wern. 

Aus  den  mitgeteilten   proben  ist  der  geringe  wert  des  dramaa 
ersichtlich.    Der  versbau  ist  meist  hart  und  ungeschickt.    Nicht  seltem 
erscheinen  weibliche  reime.    Das  wort  „drat^  =  schnell,   das  Yalte] 
Yoith  u.  a.  oft  anwenden,  kernt  nur  einmal  vor: 

Das  vnser  sach  all  wol  gerad, 

Vnd  wir  bed  wider  kommen  drat. 

Aus  dem  Luther -liede  „Aus  tiefer  Noth  schrei  ich  zu  dir^  i^^st 
entlehnt:         Er  leydts  wohin  ers  haben  will. 

Sein  band  zu  helffen  hat  kein  zil.    (lY,  1.) 

2.    Die  zweite  bearbeitung  ist  die  von  Hans  Sachs. 

Tragedia  mit  14  personen.    Der  priester  Eli  mit  sein  ungen^  -a- 
ten  söhnen.    Hat  fünff  actus.    Keller  X,  241  —  261. 

Sie  ist  vom  27.  august  1553  datiert.     Der  „Ehrenhold**  leit— :ilet 
das  drama  ein,  indem  er  die  quelle  und  den  Inhalt  kurz  angibt. 

Friedt,  gnadt  und  hail  sey  euch  gemein. 
Allen,  so  hie  versamelt  sein. 
Von  erbarn  herrn  und  züchting  frawen. 
So  da  wollen  hören  und  schawen 
Ein  tragedi,  wellicher  sumb 
Steht  in  dem  ersten  buch  regum! 

Dies  scheint  nun  freilich  ein  irtum.  Nicht  im  ersten  buch  d^  ^^ 
Könige,  sondern  im  ersten  buche  Samuelis  ist  die  geschichte  von  Y^3^^^ 
erzählt  Indes  klärt  sich  der  irtum  dadurch  auf,  dass  in  der  frfihere^^^ 
zeit  vier  bücher  der  Könige  gezählt  wurden,  von  denen  die  beid< 
ersten  später  als  die  zwei  bücher  Samuelis  bezeichnet  wurden. 

I.    Elkana  und  Hanna  beschliessen  ihren   söhn  Samuel  in  dt 
haus  des  herrn  zu  Silo  zu  bringen  und  begeben  sich  auf  die  reise.  JK^---'' 
fordert  seine  söhne  Hophni  und  Pinehas  auf,   zum  feste  das  haus  g(^  '^ 
tes  zuzurüsten  und  den  opferaltar  bereit  zu  halten.    Hophni  erklä^ri 
das  fest  sei  erst  morgen,  Pinehas  schmäht  den  vater. 

Der  alt  redt  in  der  aberwitz. 

Er  ist  wunderlich.    Lass  uns  gehn! 

Ihm  gehn  villeicht  erst  auf  die  zftn. 

£r  treibet  gleich  sein  alte  weiss. 


DBAMSN  DBS    16.  JAHBH.  413 

Eli  segnet  Samuel,  der  von  seinen  eitern  ihm  zum  opferdienst 
^ht  ist,  für  sein  amt  ein. 

U.    Elis  söhne  ergehen  sich  in  lästeiTingen  über  das  speisopfer 

)rrn,  das  ihnen  den  bauch  fülle  und  kurzweil,  freude  und  guten 

erschaffe. 

Die  zeit  ist  kurtz;  wer  sich  hie  thut 

Versäumen,  hat  der  schaden  zwen. 

Wer  weiss,  wie  es  dort  ist  zu  gehn, 

Ob  dorten  sey  freudt  oder  leidt? 

Ich  weiss  ie  keinen  unser  zeit. 

Der  uns  sagt  und  wer  widerkommen. 
Wer  lange  faste  und  bete ,  sagt  Hophni ,  leide  ebensowol  schände 
shaden,  als  wer  mit  Sünden  beschwert  sei. 

Drum  lass  uns  nur  mit  heuchlerey 

Ein  schein  machen  mit  gleissnerey 

Und  mit  den  Sachen  still  umbgehn, 

Das  es  der  pöfl  nit  thu  verstehn. 

Das  wir  nit  wern  unwerdt  bey  in! 
Ihr  vater  würde,  wenn  er  ihr  unlauteres  treiben  erführe,   doch 
it  dem  fuchsschwanze  streichen ,  wie  er  es  denn  bisher  getan  habe. 

Da  keren  wir  uns  wenig  an, 

Weisen  im  wol  darzu  die  feigen. 

So  ist  er  fro,  das  er  sol  schweigen. 

Wenn  wir  in  mit  stützing  honworten 

Von  uns  weisen  an  solchen  orten. 
Eli  wirft  seinen  söhnen  ihr  ungöttliches  leben  vor. 

Wer  wider  ein  menschen  Sünden  thut. 

Das  kan  schlichten  der  richter  gut. 

Wer  aber  sündet  wider  Gott, 

Fräventlich  zerbricht  sein  gebot, 

Wer  kan  die  selben  sünde  schlichten? 

Ir  lieben  söhn,  thut  das  mit  nichten. 

Das  euch  nit  eins  der  Herre  straff! 

Diese  worte  entsprechen  dem  bibeltext  1.  Sam.  2,  25.  Der  ver- 
de» anonymen  spieles  von  1548  hat  denselben  in  folgende  worte 
t:  Denn  wenn  ein  man  schwerlicher  sünd 

Wider  ein  man,  bald  gnad  er  find. 

Sündigt  aber  einr  wider  Got, 

Auch  handelt  wider  sein  gebot. 

Wer  will  da  bitten  für  den  man? 

Auss  ists,  wo  er  nit  gnad  mag  han, 


414  HÖL8TB1N 

Hophni  erwidert  auf  Elis  rede,  er  habe  zu  seiner  zeit  nicht  also 
ubel  hans  gehalten ,  in  sehr  unehrerbietiger  weise : 

Schaw  mir  nur  einer  zu  dem  alten! 
Wie  rein  dunckt  er  sich  in  den  sachen! 
Du  hast  nit  allzeit  küchlin  bachen, 

Vorauss  in  deinen  jungen  tagen. 

So  lass  uns  beid  auch  ungefrett! 
In  der  jugendt  es  als  hin  geht. 

Pinehas  macht  dem  vater  vorwürfe,   dass  er  sie  früher  nie 
schärfer  gezüchtigt  habe. 

Schweig,  vatter,  und  bleib  nur  mit  rhu! 

Weist,  das  wir  betten  besser  tugendt, 

So  müst  uns  haben  in  der  jugendt 

Nicht  so  mutwillig  haben  zogen 

Und  bass  gebucket  und  gebogen. 

Uns  brechen  unsern  eignen  willn. 

Du  sachst  uns  aber  zu  durch  brilln. 

Nun  weist  uns  gern  habn  gelachsen. 

So  sindt  der  ruthen  wir  entwachsen, 

Nemen  kein  straff  mehr  von  dir  an. 
Als  die  söhne  sich  entfernen,   klagt  Eli  über  die  mangelha 
erziehung ,  die  jene  von  ihm  erhalten  haben. 

III.  Des  Propheten  strafrede.    Gebet  Elis,   in  welchem  er  v 
neuem  bekent,  dass  er  seine  vaterpflicht  nicht  gewissenhaft  erfQlt  hal 

Weil  sie  noch  jung  zu  ziehen  warn. 
Dacht  ich :  Die  witz  kombt  nit  vor  jarn ; 
Sie  werden  mit  der  zeit  auff  erden 
Selber  witzig  und  fromb  werden. 
Liess  sie  also  mutwillig  wandern 
Von  einem  laster  zu  dem  andern. 

Nun  ruft  gott  den  Samuel.    Dieser  hält  Eli  fBr  den  rufende 
Herr,  hie  bin  ich;  was  wilt  du  mein? 
Mir  hat  gerüfft  die  stimme  dein. 

Aber  Eli  erwidert: 

Ich  hab  dir  nit  gerttffet  sider. 

Geh  hin^  mein  söhn,  und  leg  dich  nider! 
Verkündigung  des  göttlichen  Strafgerichtes  durch  Samuel 

IV.  Ein  böte  begehrt  von  Eli  die  absendung  der  bundeslade  ^ 
die  im  kämpfe  mit  den  Philistern  begriffenen  Israeliten,  von  decMea 
schon  viertausend  gefallen  seien.     Eli  fordert  seine  söhne  auf,  die  bm:^- 


BBAMBM  BBS   16.  JAHBH.  415 

e  ia  das  lager  zu  tragen.    Als  diese  sich  weigeru,  widerbolt  er 
anfforderung. 

Weil  das  volck  der  laden  begert, 

Soll  wirs  nit  lassen  ungewerdt^ 

Wann  darinn  erzeigt  Gott  sein  krafft, 

Dardurch  auch  vor  ¥rurdt  sieghafft 

Josua,  da  mans  vmb  Jericho  trug, 

Die  mawer  fiel,  den  feind  man  schlug. 

Derhalben  zweivelt  nit  an  Gott! 

Wann  er  kan  helffen  wol  auss  not. 

Wer  im  gelaubet  und  vertraut, 

Derselbig  auff  ein  felsen  baut 

Und  bleibt  von  feinden  unerlegen. 
Endlich  entschliessen  sich  die  söhne,   aber  Pinehas  kann  seinen 
nicht  zurfickhalten. 

So  ziech  wir  mit  dahin  all  zwen, 

Thun  mit  der  ladn  spaciern  gehn^ 

Gleich  wie  die  katz  mit  irn  jungen ! 

Wir  müssens  thon,  wol  halb  bez¥rungen. 

Ich  hab  warlich  kein  glauben  dran. 

Y.  Zwei  kriegsleute  der  Philister,  Gasa  und  Thimnat,  besorgen, 
hrem  volke  der  sieg  entzogen  werde ,  wenn  die  bundeslade  in  das 
der  Israeliten  gebracht  wird. 

Wir  Philister  sindt  allesandt 

« 

Ob  der  Ebreer  gross  frolocken 

Verzaget  worden  und  erschrocken, 

Uns  ist  eutphalhen  gleich  das  hertz. 

Aber  dennoch  wollen  sie  den  kämpf  wagen.    Gasa  fordert  sei- 

enossen  auf,  mutig  in  die  reihen   der  feinde  einzudringen.    Ihr 

)agon  werde  sie  nicht  verlassen. 

Lauff,  lauff!  verzeuch  nit  in  den  sachn! 

Lauff,  lauif!  botz  wunnen  willn,  lauff! 

Der  feind  hauffen  zeucht  schon  berauff. 

„Sie   lauffen    beide   eylendt   auss"   sagt   die   bühnenanweisung. 

komt   Eli   mit   Samuel   und   Saffra,    seiner    schnür,    sezt   sich 

lagt: 

Mir  ist  umbgeben  gleich  mein  hertz 

Mit  angst  und  wehmütigem  schmertz. 

Förcht,  unserm  volck  geschech  etwas. 

Da  komt  ein  kriegsmann,  Ariel,  der  aus  dem  beer  entflohen  ist, 

«richtet,  dass  30Q00  Israeliten  erschlagen,   dass  ancli  Elis  söhne 


416  H0L8TR1N 

getötet  und  dass  die  bundeslade  geraubt  sei.    9,Eli  feit  hinter  sich  Tom 

stuhl  zu  todt.    Saffra,    die  schnür,    schlecht  ihr  hendt  ob  dem  kopff 

zusam"    und   stimt    klagen   über    das    so    mächtig   hereingebrochene 

Unglück  an. 

So  ist  die  herrligkeit  dahin 

Von  Israel,  darumb  ich  bin 

Betrübet  auch  biss  in  den  todt 

Ich  muss  gebären  in  der  not, 

Icabodt  sol  heissen  der  söhn, 

Den  ich  letzt  wirt  gebären  thon, 

Dieweil  hin  ist  in  diser  zeit 

Von  Israel  die  herrligkeyt. 

On  trost  wirdt  ich  auch  sterben  werden 

Und  begraben  unter  die  erden. 

Gott  gsegn  euch  alle,  so  noch  leben! 

Jetzt  wirt  ich  gleich  dem  todt  gegeben. 
Sie  geht  traurig  ab.    Samuel  sieht  das  Unglück  Elis  und  seiner 
söhne  als  ein  Strafgericht  gottes  an. 

Der  ehrenhold  beschliesst  das  spiel  mit  der  bemerkung,  dass 
dasselbe  zwei  lehren  enthalte.  Erstlich  solle  man  die  kinder  in  der 
Jugend  wol  auferziehen. 

Straff  dein  söhn!  er  stirbt  nit  daran, 

Wann  er  wirdt  klug  und  weiss  darvon. 

Wann  es  treibet  die  ruth  mit  schmertzen 

Die  thorheit  auss  dess  kindes  hertzen. 

Wer  seinem  kindt  die  ruten  spart, 

Der  hasst  sein  kindt  nach  feindes  art 
Die  andere  lehre  bezieht  sich  auf  den  wandel  der  priesterscbaft; 
dieser  müsse  vorbildlich  sein ,  denn  der  gemeine  häufen  richte  sich  nach 
dem  priester.  Die  gotteslade  bedeute  das  wort  gottes,  das  einem  gan- 
zen Volke  genommen  werde,  wenn  es  wie  die  priester  mit  sünde  und 
lästern  behaftet  sei. 

Nun,  zu  für  kommen  solchem  schaden, 

Soll  ein  priester  mit  wort  und  leben 

Dem  gmein  volck  gut  exempel  geben, 

Das  es  beide  durch  werck  und  wort 

Das  volck  ziech  besser  an  dem  ort, 

Das  lieb  und  glaub  wider  auffwachs 

Und  Gottes  ehre ,  wünscht  H.  Sachs. 
Wie  fast  in  allen  biblischen  dramen,   so  hält  sich  Hans  Sacks 
auch  in  diesem  an  den  Wortlaut  der  bibeL    Danadi  ist  die  dranuiti^ 


DEAMBM  DES   16.  JABBB.  417 

ickelung  der  handlang  einfach,  aber  durchaus  nicht  tadelnswert, 
rechnen  die  tragoedie  von  Eli  und  seinen  zwei  söhnen  zu  den  bes- 
i  dramen  des  Nürnberger  meisters. 

3.  Da»  dritte,  noch  unbekante  drama  erschien  unter  folgen- 
titel: 

Hell  I  Ein  grausam  er-  |  schrecklich'  Tragedia,  Inn  |  diser  letz- 
ten gefehrlichen  zeyt,  Allen  |  Gotsförchtigen  Christlichen  Eltern, 
zu  ei-  I  ner  trewen  warnung,  rechtschaffen  Kin-  |  derzucht  an 
zu  richten,  vnnd  zu  erhalten,  |  auß  dem  ersten  buch  Samuelis 
be-  I  schriben,  Durch  Johann  Laut-  |  terbach,  Kay.  Gekrön-  | 
ten  Poeten.  |  Ecclesiast.  vij.  |  Hast  du  Kinder,  so  zeuch  sie,  vnd 
bew-  I  ge  jren  hals  von  jugent  auft,  vnd  verweh-  |  ne  sie  nicht.  | 
M.  D.  LIX.  —  Am  ende:  Gedruckt  zu  Nürmberg,  |  durch  Valen- 
tin I  Neuber.  |  56  bl.  8».  —  In  Heidelberg. 

Der  Verfasser  widmet  sein  stück  in  einer  „zu  Oringaw  (d.  i. 
ngen),  1559.  Den  17.  Aprilis"  datierten  vorrede  „der  wolgeboren 
n  Greffin,  Frawen  Anna,  Gehörne  vonn  Solmis,  Greffin  von 
lenlohe,  Frawen  zu  Langenberg,  meiner  Gnedigen  Frawen**  als 
schwaches  zeichen  seiner  dankbarkeit  fUr  die  woltaten,  die  ihm  und 
jr  hausfrau  durch  die  gräfin  erwiesen  sind.  Den  anlass  zur  abfas- 
seiner  tragödie  habe  die  Wahrnehmung  gegeben,  dass  der  Christ- 
in kinderzucht  nur  geringe  aufmerksamkeit  gewidmet  werde.  Das 
Bckliche  urteil  Helis  habe  er  in  eine  deutsche  tragödie  gestelt,  damit 
*,  der  nicht  der  lateinischen  spräche  kundig  sei^  sie  lesen  möchte, 
1  er  auch  wisse,  dass  „etliche  Momi  vnd  uachreder^  dies  tadeln 
ien.  Job.  Lautterbach,  der  sich  kaiserlich  gekrönter  dichter  nent, 
zuvor  Informator  im  hause  des  grafen  von  Hoheulohe  und  scheint 
zeit  der  abfassung  seines  dramas  pfarrer  in  Öhringen  ^  gewesen 
{ein. 

Die  Verteilung  des  Stoffes  auf  fünf  acte  geschieht  ziemlich  in 
elben  weise  wie  in  dem  anonymen  stücke ;  die  personenzahl  ist  um 
teufel  Fhilocreus,  die  engel  Michael  und  Gabriel  vermehrt.    Auch 
noch  ein  dritter  nachbar  auf. 

Der  prologus  gibt  den  uns  schon  bekanten  anlass  zur  abfassung 
Stückes  an,  dann  folgt  in  10  zeilen  das  Argumentum  Tragcdiae. 
im  acte  geht  ein  Argumentum  voraus. 

1)  Öhringen,   der  hauptort  der  ehemaligen  grafschaft  Hohenlohe  -  Öhringen, 
rfirtemberg  gelegen.    1744  wnrdj  das  gräfliche  haus  Hohenloho  in  den  reiclis- 
mttaiid  erhoben.    Mit  dem  in  der  Widmung  genanten  Langenberg  ist  Langen- 
ift  Wlbrtemberg  gemeint. 

ra  9,  DXVTSCHE  pmLOLOOiE.    BD.  xvm.  27 


418  B0L8TBIK 

1.  1.    Gebet  Helis.    Der  knecht  Sannio  wird  aufgefordert  die 
söhne  zu  rufen. 

2.  Sannio  trift  die  söhne  Helis  und  fordert  sie  auf  zum  Tatet 
zu  kommen.  Als  er  ihnen  mitteilt ,  dass  sie  zu  priestem  gemacht  wer- 
den solten,  sprechen  sie  ihre  freude  aus. 

Der  botschaflft  seit  du  wol  geniessen 
Denn  dirs  zum  guten  sol  entspriessen. 

3.  Philocreus  wird  von  den  söhnen  zur  gastung  geladen. 

Nach  meinem  wuntsch  geht  mir  die  Sachen 
Ymbs  maul  wil  ichs  jn  sösse  machen 
Ob  ich  darnach  schon  gall  ein  streich 
Ligt  nit  yil  dran,  gilt  alles  gleich 
Die  fisch  gehören  in  mein  Beuse 
Wer  mit  den  Katzn  jagt  fengt  meuse. 

4.  Helis  ermahnung  zu  treuer  Verwaltung  des  den  söhnen  fil>«r- 
tragenen  amtes.  Feierliche  einweihung  der  söhne  in  ihr  amt  dair«b 
darreichung  des  kleides,  des  gesetzes,  des  priesterschmuckes,  des  g'Or- 
tels  und  des  friedenskusses. 

Im  namen  des  Almechtign  Gott 
Den  Abrahm,  Isac,  Jacob  hot 
Geehret,  dem  wir  auch  beweysen 
Die  gbörlich  ehr,  mit  lob  und  preysen, 
Salb  ich  euch  yetz  zu  seiner  Ehr 
Das  jr  euch  fleist  ye  mer  vnd  mehr, 
Ynd  thu  euch  kundt  nach  altem  recht 
Das  jr  yetzund  seyt  Gottes  Knecht, 
Der  geh  euch  glück  zu  disem  standt 
Das  sein  nam  durch  euch  werdt  bekandi 

5.  Die  söhne  bereden  sich  Ober  das  auszurichtende  gastmssM 
zu  dem  sie  das  opferfleisch  nehmen  wollen. 

6.  Die  engel  Gabriel  und  Michael  beten  für  das  wol  der  sötm^ 
U;  1.   Die  söhne  stiften  Sannio  an,  das  opferfleisch  zu  stehl^o* 

2.  Hell  ist  erfreut  über  den  frommen  wandel  seiner  söhne. 

3.  Sannio  hat  den  befehl  der  söhne  ausgeführt. 

Ich  henck  den  Mantel  nach  dem  windt 
Nun  wil  ich  sehen  wo  sie  sindt 
Wil  jn  zurichten  ein  gut  gloch 
Ynd  darnach  weytters  fragen  noch. 

4.  Die  söhne  spotten  über  die  milde  und  lindigkeit  ihrai  fiM** 
Ophni.    Er  wescht  ein  peltz,  er  wird  genarrefc 

Denn  er  hatt  viel  zu  lang  geharret 


DBAMEN   DES    16.   JAHBH.  419 

Ja,  alte  leute  lass  ich  dallen 
Gemeinigklich  ists  bey  jn  allen. 
Pinehas.  Zeyt  bringt  Bosn,  wöUu  wol  klug  werden 

Spat  Saat  kommt  auch  mit  raht  auflf  erden. 

Ophni.    Er  ist  so  gar  ein  lautter  Eindt 

Lest  sich  narren  gleich  wer  er  blindt 
Merckt  nit  das  wir  nach  vnser  art 
Yon  Btro  jm  machen  einen  hart. 

5.  Sannio  meldet  den  herren,  dass  das  mahl  bereit  ist.  Seine 
trnnkenheit  entschuldigt  er  mit  des  feuers  hitze,  die  ihm  zum  köpf 
gestiegen  sei. 

6.  Zwei  nachbarn  Isachar  und  Buben  klagen  über  den  übolu 
wandet  der  söhne  Helis.    Die  schuld  trage  der  vater. 

Der  Vatter  ist  jn  gar  zu  leyss 
Sein  straff  sie  halten  für  schertzweyss 
Das  für  vnd  für  lebt  in  seim  mut 
Ein  böses  kindt  thut  seiden  gut 
Drumb  wer  wil  frumme  kinder  kriegen 
Muss  jn  den  Hals  bey  zeiten  biegen, 
Nicht  machen  sich  durch  vberseben 
Der  Sündt  theylhafftig  so  geschehen 
Alt  hundt  sindt  sunst  böss  bendig  zmachen. 
Isachar  bittet  seinen  freund ,  er  möchte  ihn  lehren ,  wie  man  ein 
kind  recht  erziehe.    Dieser  weist  ihn  an  den  alten  Lamech. 

7.  Lamech  erfült  die  bitte  Rubens  und  spricht  über  die  rechte 
kindererziehung.  Zuerst  müsse  das  Mud  gottesfurcht  kennen  lernen 
dann  müsse  es  durch  Unterricht  zum  fleiss  angehalten  werden. 

Müssiggang  hat  bösen  nachklang 
Vnd  ist  der  Tugent  vndergang 
Drumb  sich  das  er  durch  erbt  vorkummen 
Der  Laster  die  gewaltig  summen 
Als  sauffen,  spilen,  tauschen,  liegen 
Auch  bulen,  stelen  vnd  betriegen. 
Isachar  schliesst  die  belehrung  mit  einem  dankgebet. 

III,  1.  Joseph  beschliesst  Heli  über  seiner  söhne  gottloses  leben 
aufzuklären. 

2.  Sein  bericht  wird  von  Heli  mit  Verwunderung  aufgenommen. 

3.  Heli  macht  seinen  söhnen  Vorhaltungen,    diese  leugnen  aber 

jede  Übeltat 

Es  ist  erstuncken  und  erlogen 

Wer  leichtlich  glaubet  wird  betrogen. 

27* 


420  HOLSTEIN 

Er  warnt  sie  vor  dem  Strafgericht,  das  Ober  Chore,  Daihao  nod 
Abyran  gekommen  ist. 

4.  Die  söhne  freuen   sich,   dass  sie  Heils  zom  beschwichtigt 
haben,  und  begeben  sich  von  neuem  zum  spiel 

5.  Theander  verkündet  Heli  das  Strafgericht  gottes. 
G.   Heli  lobt  Samuels  frömmigkeit 

7.  Jehovah  redet  mit  Samuel  von  Helis  Untergang. 

Ich  wil  rechen  die  missethat 
Das  er  sein  Sün  nicht  zogen  hat 
Vnd  sawer  zu  den  Sündt  gesehen 
Die  teglich  von  jn  ist  geschehen 
Die  Eltern  die  den  willen  lassen 
Den  Kindern ,  will  ich  all  der  massen 
Also  heimsuchen,  weil  sie  sein 
Ein  vrsach,  das  die  gnade  mein 
Muth willig  wird  veracht  vnd  gspot 
Vnd  halten  nichts  von  mir  dem  Gott 
Sie  leben  teglich  hin  inn  windt 
Besudeln  sich  mit  schand  vnd  sündt 
Drümb  dörffen  sie  gedencken  nicht 
Das  er  sol  bleyben  vngericht 
Ir  blut  will  greulich  fordern  ich 
Hie  zeitlich  vnd  dort  ewigklich. 

8.  Samuels  dankgebet  für  die  gute  erziehung,   die  ihm  sei^^ 
mutter  gegeben. 

IV,  1.   Philocreus  schmiedet  neue  plane,  um  die  söhne  Helis    ^^ 
verderben. 

2.  Heli  fordert  seine  söhne  auf,  in  den  kämpf  gegen  die  Phil^' 
ster  zu  ziehen. 

3.  Die  söhne  rüsten  sich  zum  kämpf.    Pinehas  beschliesst  V^^ 
seiner  frau  abschied  zu  nehmen. 

4.  Lamech  zweifelt ,   dass  Israel  siegreich   aus  dem  kämpf  \k^^' 
vorgeht,  weil  es  sein  vertrauen  nicht  auf  gott  setze. 

V,  1.   Buben ,  Isachar  und  Joseph  sehnen  sich  nach  naGhricht>^" 
über  den  verlauf  des  krieges. 

2.  Biniaminites  bringt  böse  botschaft  aus  der  schlacht 

3.  Heli  und  Sostrata,  seine  Schwiegertochter,  schliessen  ans  L-^^ 
lärm  auf  der  Strasse,  dass  ein  Unglück  geschehen  ist. 

4.  Sannio  fordert  den  boten  auf,   seinem  herrn  bericht 
statten. 


DRAMEN  DES    16.   JAHRH.  421 

5.  Biniaminites  berichtet  Heli  das  Unglück  des  heeres  und  den 
meiner  söhne.    Sostrata  klagt  über  den  verlust  ihres  mann  es. 

Ach  wee  meim  grossen  hertzen  leyd 

Das  mir  mein  lieber  man  ist  gstorben 

Vnd  schendtlich  in  dem  Krieg  verdorben 

Ach  wie  soll  jmmer  mir  geschehen 

Ich  hab  jn  zu  dem  letzten  gsehen. 
Heli  fält  tot  vom  stuhle.    Alle  beklagen  das  ende  Elis.    Biuia- 
tes  sagt:      Allein  kein  vnglück  pflegt  zu  sein 

Es  dringt  allzeyt  mit  hauffen  ein 

So  gschicht  yetzt  auch ,  Nu  Gott  der  weyss 

Warumb  er  vns  so  machet  heiss. 
Sie  tragen  den  toten  Heli  ins  haus. 

6.  Lamech  erfUhrt  vom  boten  das  ende  Helis. 

7.  Sophrona,  die  hebamme,  berichtet  das  endo  von  Helis  scliwie- 
»chter.    Buben  schliesst  mit  einer  mahnung: 

Drum  last  vns  bessern  unser  leben 

Vnd  bitten,  Gott  wird  gnade  geben 

So  wir  allein  auflf  jn  vertrawen 

Vnd  sunst  auif  keine  hülffe  bawen 

Das  hoffen  wir  durch  seinen  Samen. 
Epilogus  redet  noch  einmal  ausführlich  von  der  rechten  kinder- 
t.    Wenn  diese  recht  geübt  wird, 

So  wird  euch  denn  in  disem  leben 

Gott  reichlich  seinen  segen  geben 

Vnd  darnach  durch  sein  lieben  Son 

Endtlich  die  ewig  frewd  zu  lohn, 

Das  helff  vns  die  Dreyfaltigkeyt 

Der  sey  Lob  Preyss  inn  Ewigkeyt. 

Amen. 
Die  diction  in  Lauterbachs  stück   erscheint  weniger  hart  als  in 
ersten;    dass  das  stück  des  anonymus  bonuzt  worden  ist^  dürfte 
i  unwahrscheinlich  sein ,  obgleich  wörtliche  Übereinstimmungen  nicht 
mden  sind.    Es  finden  sich  nur  einige  anklänge,  z.  b. 

Anonymus.  Lautterbach. 

I,  1.  I,  3. 

zu  jr  aller  liebste  kind  Mein  lieben  Sün  da  hört  mir  zu 

s  alters  trost  und  beste  freund.  Was  ich  ouch  beiden  sagen  thu 

$cht  das  ich  bin  alt  und  kranck  Ihr  secht,  ich  bin  nit  viel  gesundt 

Lschwach  vnd  zitternd  einher  gang  Geh  auff  der  giiiben  alle  stundt 

krafit  ist  mehr  in  meinem  leib  Nimm  an  gesiebt  an  weyssheit  ab 


422  HOLSTEIN 

Wey SS  nit  wie  lang  auff  erd  ich  bleyb.  An  krafft  ynd  glidern  nicht  vil  hab 

Mein  ghör  vnd  mein  gesicht  ist  blöd  Mir  legt  auch  ab  mein  gantz  gehör 

Auif  diser  weit  hab  ich  kein  freud.  So  plaget  mich  der  hasten  sehr. 

Weil  ich  den  Gotsdienst  nit  vermag  Weil  ich  so  vnuermüglich  bin 

So  setz  ich  euch  auff  disen  tag  So  merkt,  ich  wil  euch  nicht  yerhälen 

Zu  Hohenpriestern  meine  kind  Mit  allem  Gottesdienst  beßlhen. 
Denn  jr  dazu  erwelet  sind, 

1, 3.  n,  6. 

Ich  weiss  nit  wz  meimnachbarn  bricht  Sich  was  ist  das  mein  Nachbaur  dort 
Das  er  so  mit  den  henden  ficht.      Bey  sich  so  trawrig  redt  vil  wort? 
Ich  wil  besehen  vnd  zu  jm  gau        Wil  mit  jm  reden,  zu  jm  gehn 
Mein  nachbar  Jacob  wz  ligt  euch  an?  Hör  Buben,  hör,  bleib  stille  stehn 
Das  jr  bekümmert  also  schreyt        Was  trawrest  du?  was  ist  dein  klag? 
Vor  forcht  vnd  sorg  so  trawrig  seydt  ? 

Weyl  jr  mich  fragt  so  will  ich  frey     Ach  lieber  Nachbaur  dir  ichs  sag 
Mein  nachbaur,  sagen  was  mir  sey^   Des  Heli  Sün  seind  Priester  worden 
Ynd  sag  euch  das  mit  grosser  klag   Ynd  halten  selten  jren  orden 
Denn  Holis  son  auff  disen  tag         Thun  nichts  denn  nur  den  schleromer 
Zu  Hohenpriestern  sind  gemacht  singen 

Die  doch  auff  gots  forcht  hond  kein    Ja  allen  vntugent  nach  ringen 

acht         Jetzt  hau  si  wider  ir  geloch 
1 ,  3.  Nicht  vil  dem  ampt  thun  fragen  noch. 

Ein  gelerten  meyster  man  jm  such 
Der  gots  forcht  hab,  nit  sey  verrucht,  H,  7. 

Stellst  oft  eim  nach,  bedaurt  dich  nicht  Lest  man  die  Vögel,  hund  vnd  thier 
Der  huud  vnd  vogel,  die  ross  abriebt.  Erziehn  mit  ernst  vnd  grossem  begier 
Also  wölst  dich  nicht  bedauren  Ion     Warum  weit  nicht  an  seinem  Soa 
Das  dein  kind  mög  ein  meyster  hon    Ein  Vatter  das  auch  lassen  thon 
Der  jm  in  thugent  wol  vor  gaht      Was  ist  ein  heimgezogen  Kindt 
In  zucht  und  lehr  sein  achtung  hat.  Denn  bey  den  leuten  wie  ein  Rindt?^ 

1, 3.  n,  6. 

Er  straffts,  doch  auff  ein  ander  weyss.  Der  Vatter  ist  ja  gar  zu  leyss 
Sein  straffung  ist  gar  vil  zu  leyss.   Sein  straff  sie  halten  für  scherzweyss. 

m,  1.  m,  2. 

Es  mag  wol  etwas  sein  daran.  Es  kan  so  gleich  nit  alles  sein 

Doch  hond  sie  es  leicht  nicht  alss  Gleub  nicht  was  sagt  der  Nachbaar 

gethan.  mein 

Wie  er  von  sagt,  wol  ists  mir  schwer,  Ist  schon  etwas,  so  ists  doch  nicbt 

Das  ich  solchs  von  meim  nachbar  hör.  Wie  eben  er  mich  hat  beriebt 

1)  Die  beiden  lezten  verse  sind  aas  Hans  Ackermanns  Verlornem  wohn  T.473 
and  iU  entlehnt  (Stattg.  Litt.  Verein  nr.  170). 


i 


DRAMEN  DBS    16.   JAUBH.  423 

Das  hab  ich  mich  nit  mercken  Ion,  Vnd  ob  michswolsoerhatt  verdrossen 
Das  mir  auff  jn  hab  zoron  thon.      Hab  icbs  mich  doch  nicht  merken 

lassen 

m,  2.  ni,  3. 

Dergleichen  auch  mit  den  weyben  Ir  pflegt  mit  den  weyben 

Seit  jr  schantlich  sachen  treiben.  Daseuchnitzimbtvnzuchtzutreybeu 

Auch  seit  jr  tag  vnd  nacht  vol,  Seyt  voll  vnd  toll ,  lebt  lästerlich 
Steht  euch  denn  solchs  priester  v^ol?  Daran  das  Yolck  seer  ergert  sich. 

V,  2.  V,  3. 

Was  ists,  das  yederman  so  wider  Was  mag  doch  wol  sein  für  ein  Lermon 

Laufft  hin  vnd  her,  jetzt  auf  jetzt  Das  auff  der  gass  die  leut  so  schwer- 

nider?  men? 

Ich  weysB  nit  was  für  vngefell,  Ich  bin  erschreckt  und  ist  mir  wee 

Was  leyd ,  was  forcht  mich  ein  ist  Es  deucht  mich  nicht  das  recht  zu  geh 

kommen,  Gar  böss  gedancken  fallu  mir  ein. 
Der  schreck  hat  mir  all  kraft  genom- 
men. 
V,  3.  V,  5. 

Bringt  mir  dieweil  ein  sessel  her,  Gar  kraffloss  ful  ich  mich  vnd  kranck 
Ich  kan  nit  steen,  es  wirt  mir  schwer,  Kan  nicht  wol  stehn  hol  mir  ein  banck 
Biss  das  der  bot  hierher  wer  gon.   Wil  an  die  thür  mich  setzen  her 

Biss  mir  der  man  bring  dise  mär. 

Ich  kan  jn  gentzlich  sehen  nicht,     So  tunckel  sein  die  äugen  mein 
Denn  mir  an  meinem  gsicht  bricht.  Das  ich  nicht  wol  gesehen  kan 
Heyst  doch  den  man  herzu  mir  gon.  Weiss  mir  wo  ist  der  frembde  man. 

Die  Übereinstimmung  der  reden  Theanders  (auch  bei  Lautterbach 
heisst  der  mann  gottes  so)  und  Jehovahs  lassen  sich  auf  die  benutzung 
des  bibeltextes  (l.  Sam.  2  und  3)  zurückfuhren.  Die  eigentliche  dra- 
matisierong  des  Stoffes  jedoch  gehört  dem  anonymus;  schon  dieser 
umstand  muss  uns  veranlassen ,  seiner  arbeit  vor  der  seines  nachfolgers 
den  Vorzug  zu  geben. 

Eine  lateinische  bearbeitung  des  Stoffes  lieferte  Georg  Cala- 
minus  (Röhrig),  professor  am  gymnasium  zu  Linz:  Helis,  Comoo- 
dia  Sacra,  Argentor.  1591.  (Goedeke  Grundriss  II ^,  142  nr.  59 
A.  Jundt,  Die  dramatischen  Aufführungen  im  Gymnasium  zu  Strass- 
barg,  Strassb.  1881,  s.  23,  anm  2.  In  der  AUg.  deutschen  Biographie 
III,  692  wird  nur  seine  tragödie  „Bodolphottocarus"^  genant.) 

3.    MatthSus  Scharschmid, 

Von  diesem  dramatiker  nent  Goedeke  Grundriss  IP,  370  zwei 
dramen,  von  denen  das  eine  nur  dem  titel  nach  aus  Gless  und  Gott- 


424  HOLSTEIN 

scheds  Vorrath  bekant  geworden  ist.  Wir  fögen  diesen  beiden  ein  drit- 
tes noch  unbekantes  drama  hinzu ,  dessen  stoff  nicht  der  bibel  entnom- 
men ist. 

Matthäus   Scharschmid,   vicarius  zu   S.  Nicolai  in  Zeitz,  liess 
seine  drameU;   nachdem   zwei  von  ihnen  zuvor  öfter  aofgef&hrt  waren, 
sämtlich  im  jähre  1589  erscheinen.    In  der  Torrede  zum  drama  von 
den  sieben  Mai-tyrern  heisst  es  von  ihm,  dass  er  jezt  über  etliohe  und 
vierzig  jähre  im  stifte  gelebt  habe.    Von  seinen  lebensumständen  habe 
ich  nichts  weiter  in  erfahrung  bringen  können,  als  dass  er  noch  im 
jähre  1603  als  vicar  in  Zeitz  lebte,   denn  als  solcher  wird  er  in  einer 
über  der  tür  der  (damals  erbauten)  gottesackertdrche  befindliehen  inschrift 
genant.   Er  scheint  auch  die  auflTührung  der  sechs  dramen  in  Zeitz,  die 
in  den  jähren  1579  — 1583  statfand,  veranlasst  zu  haben   (Neue  Mit- 
teilungen des  Thür.- Sachs.  Vereins  XVI,  432). 

1.  Das  erste  drama  erschien  unter  folgendem  titel: 
Gomoedia.  |  Von  des  König  |  sehen  Son  y  der  kranck  lag  zu  |  Ca- 
poruaum ,  Vnd  durch  Chri  |  stum  wider  gesund  worden  etc.  |  Ja- 
han.  4.  |  (Bild :  Christus  und  der  königische.)  Beimweise  gestellei, 
Durch  I  Mathaeum  Scharschmid.  |  Psalm  55.  |  Wirff  dein  anligeo 
auff  den  HEERN ,  der  |  wird  dich  versorgen ,  Vnd  wird  den  Gerech- 
ten nicht  ewiglich  in  vnruge  lassen.  —  Am  ende :  Gedruckt  zu 
Eißleben,  bey  |  Vrban  Glaubisch,  im  jähr,  |  M.  D.  LXXXTX.  75  BL 
8^.  In  Heidelberg.  Nach  Goedeke  nr.  208  in  Berlin  und  Breslau. 
Auf  der  kehrseite  des  titelblattes  widmet  der  Verfasser  dem  leser 
folgende  werte:  Lectori. 

So  jemand  wird  gefallen  nicht, 
Was  ich  hiemit  hab  bracht  ans  Licht, 
Derselbig  mag  was  bessers  tichtn, 
Es  lest  sich  leicht  einander  richtn, 
Wer  ist?  der  es  kan  machen  all, 
Das  es  eim  jeden  wolgefall. 
Sticht  dich  mein  Arbeit  in  die  Augn, 
So  wasch  ein  Tuch  aus  scharffer  Laugn, 
Vnd  lass  dir  drauff  nach  deim  gefalln, 
Ein  bessers  für  die  Nase  walln, 
Was  ich  gemacht,  bitt  lass  mirs  stan, 
Ich  hab  hiebey  mein  bestes  gthan, 
Vnd  Gottes  Ehr  gesucht  allein, 
Der  wird  auch  wol  mein  Schützer  sein. 
Die  Widmung  gilt  den  bürgermeistern  und  dem   rat  der  sta^^ 
Pegau.    In  der  vorrede  („Gegeben  in  Zeit  [so!]  den  dritten  Febrotft» 


j 


DBAMBN  DBS   16.  JAHSH.  425 

Anno  1589.  Matthaeus  Scharschmid  Yicarius  in  dem  Beformirten  Stifft 
daselbs.^)  werden  die  comödien  nnd  tragödien  als  ein  mittel  bezeichnet, 
durch  welches  die  menschen  zur  erkentnis  gottes,  zum  glauben,  zur 
liebe,  zur  geduld,  hoffnung  und  andern  tugenden  angereizt  und  vom 
Unglauben,  Ungeduld,  zauberischem  und  abergläubischem  vertrauen, 
vermessenheit ,  Sicherheit  und  andern  lästern  abgehalten  werden  sollen. 
Nachdem  das  vorliegende  drama  dreimal  agieret  und  öffentlich  in  Zeitz 
gespielet  worden  ist,  hat  sich  der  Verfasser  auf  antreiben  und  ver- 
mahnen guter  leute  veranlasst  gesehen,  dasselbe  in  druck  ausgehen 
zu  lassen. 

Ausser  prolog,  argumentum,  den  argumenten  der  5  acte  und 
dem  epilog  zählt  das  stück  32  personen.  Um  den  an  sich  wenig  umfang- 
reichen biblischen  Stoff  dramatisch  zu  gestalten,  hat  Scharschmid  eine 
menge  beiwerk  geschaffen ,  das  oft  sogar  ausser  Zusammenhang  mit  dem 
stücke  selbst  steht.  Die  handlung  schlept  sich  mühsam  durch  5  acte. 
Dennoch  zeigt  der  Verfasser  eine  gewisse  gewantheit  in  der  erfindung. 
Der  prolog  kundigt  ein  spiel  an,  das  nicht  ein  gegenständ  des 
lachens  sein  soll, 

Denn  wer  nur  schalckheit  hören  wil. 
Find  er  im  Schimpff  vnd  Ernst  gar  viel, 
In  Euln  Spiegl  vnd  Rolln  Wagn, 
Die  sich  mit  vielen  Schnacken  plagn, 
Vnd  doch  der  Seelen  rathen  nicht, 
Sind  nur  zu  Fleischeslust  gericht, 

sondern  das  den  glauben  zu  stärken  bestimt  ist. 

I.    Die  krankheit  des  sohnes. 

1.    Begulus,   der  königische,   rühmt  sich  seiner  klugheit  und 
list,  die  er  in  der  ausübung  seines  amtes  anwendet. 

Wer  Gelt  wil  han,  muss  triegerey 
Gebrauchen  offt  gar  mancherley, 
Practik  vnd  Kenck,  gross  listigkeit, 
Welchs  man  jtzt  helt  für  Erbarkeit, 
Amts  Bechnung  kan  ich  stellen  fein, 
Vnd  geh  ir  einen  solchen  schein. 
Ein  X  schreib  ich  offt  für  ein  V 
So  nimpt  die  Summ  gewaltig  zu. 

Sein  weih  entdeckt,  dass  der  söhn  seine  rede  gehört  hat. 

Das  dich  S.  Eüris  marter  rhür^ 
Ist  denn  der  Knab  jtzt  eben  hier, 
Mochsts  du  mir  denn  nicht  wincken  halt 


426  uoLSTEik 

Vnd  mich  in  solcher  red  aaffhalt, 
Ich  wolt  es  wol  vermentelt  han. 

2.  Sohn  gesteht,  dass  er  den  vater  behorcht  habe,  um  von  ihm 
zu  lernen ,  auf  welche  weise  auch  er  zu  reichtum  und  ansehen  kom- 
men könne. 

3.  Satan  beschliesst  des  Begulus  hochmut  zu  dämpfen,  mdem 
er  seinen  liebsten  söhn  auf  das  krankenlager  wirft 

4.  Sohn ,  der  sich  aus  dem  hause  geschlichen  hat ,  nm  zu  spie- 
len ,  fält  im  ringkampf  mit  den  beiden  söhnen  des  nachbars  so  ungltt^t 
lieh,  dass  er  nicht  im  stände  ist  sich  vom  boden  zu  erheben. 

5.  Begulus  vermisät  seinen  söhn  und  sendet  Davus,  einen  sei- 
ner knechte,  aus,  ihn  zu  suchen.  Dieser  findet  Dromo,  den  knecht 
des  nachbars,  und  teilt  ihm  seinen  auftrag  mit. 

Meins  Herren  Son  ist  gangen  aus 
Vnd  sich  geschleuffet  aus  dem  Haus, 
Den  sol  ich  suchen,  zu  Hause  fühm, 
Ist  das  nicht  schier  Sanct  Yeltens  kührn. 
Er  leuft  teglich  der  Schalckheit  nach, 
Dis  bringt  mir  ofit  gros  vngemach. 
Endlich  finden  ihn  beide  halbtot  liegen.    Dromo  läuft  in  Be^^' 
lus'  haus,  um  zu  melden,  dass  der  söhn  gefunden  ist 

6.  Auf  Dromos  nachricht  begeben  sich  die  eitern  zu  ihrem  sol»*^^ 
und  erfahren  das  Unglück  desselben. 

7.  Der  zweite  knecht  Geta  wird  zum  arzt  geschickt 

II.  Vergebliche  versuche,  den  kranken  söhn  zu  heilen. 

1.  Arzt  und  apotheker  sprechen  über  die  verschiedenen  art^^ 
von  krankheiten  und  über  die  mittel  sie  zu  heilen. 

2.  Begulus  erwartet  sehnlichst  den  arzt. 

3.  Arzt  findet  den  knaben  im  fieber  liegen  und  verordnet  ^i^ 
„Cristier." 

4.  Die  mutter  unterhandelt  mit  einer  Wahrsagerin ,  die  den  kfl^' 
ben  von  seiner  krankheit  befreien  will. 

5.  Bauernsceue.    Zwei  ehepare  kehren  aus  der  stadt  nach  haa^^ 
zurück. 

6.  Als  Begulus  keine  besserung  in  dem  zustande  seines  sobnes 
wahrnimt,  schickt  er  zur  Wahrsagerin. 

7.  Die  Wahrsagerin  gibt  gegen  bezahlung  ihr  pulver  zur  heiloBS 
des  kranken  sohnes. 

III.  Begulus  erfährt  von  der  ankunft  Jesu  und  beschliesst 
ihn  um  hilfe  zu  bitten. 

1.    Jesus  unterredet  sich  mit  seinen  jungem.    Job.  4,  32  lasM* 


DREHEN  DBS   16.   JAHRH.  427 

Ich  hab  ein  Speiss  zu  essen  doch, 
Daruon  jr  jtzt  nicht  wisset  noch. 
V.  34.   Mein  Speiss  ist,  das  ich  thu  zu  hand 
Den  Willen  des,  der  mich  gesand 
Vnd  körtzlich  auch  voUend  sein  Werck. 
V.  35  —  38.   Vier  Monat  sind,  so  kömpt  die  zeit 

Der  Ernd ,  das  man  anfeht  vnd  schneid, 
Seht  in  das  Feld,  das  liebe  Korn 
Ist  zu  der  Ernd  schon  weislich  wordn, 
Wer  schneid  wird  seinen  Lohn  empfahn 
Vnd  Frucht  zum  ewign  Leben  han, 
Auff  das  da  sey  ein  gleiche  Frewd, 
Dem  der  da  seet  vnd  der  da  schneid. 
Es  ist  ja  war,  vnd  daran  leits, 
Ein  ander  seet,  ein  ander  schneids. 
Zu  schneiden  hab  ich  euch  gesandt. 
Daran  jr  doch  kein  Hand  gewandt. 
Denn  andere  gearbeit  han, 
Der  stät  jr  jtzt  versorget  dann. 
Jtzt  seid  jr  Herrn ,  bald  aber  Knecht, 
Geschieht  euch  demnach  also  recht. 

2.  Ein  Samariter  teilt  dem  Probus  das  gespräch  Jesu  mit  der 
Samariterin  am  Jacobsbrunnen  mit.  Auch  tadelt  er  die  jetzige  klei- 
dertracht 

3.  Begulus  sieht  ein,  dass  ihn  gott  um  seines  abfals  willen 
strlife,  und  gelobt  besserung. 

4.  Der  Schulmeister  Jairus  weist  Regulus  auf  den  in  Cana  wei- 
lenden Jesus  hin,  der  so  eben  auf  einer  hochzeit  wasser  in  wein  ver- 
wandelt habe. 

5.  Begulus  teilt  seiner  frau  seinen  eutschluss  mit,  Jesum  um 
bilfe  anzusprechen. 

6.  Sathan  wütet  darüber,  dass  sein  plan  vereitelt  wird. 

lY.    Begulus  bittet  Jesum  um  die   errettung   seines  sohnes 
von  der  tödlichen  krankheit. 

1.  Frobus  klagt  gegen  seinen  knecht  Dromo  über  die  krankun- 
gen,  die  er  von  seinem  bösen  weihe  Staphyla  erfahre. 

2.  Sathan  will  die  Zwietracht  zwischen  den  eheleuten  schüren 
und  den  weibern  die  herschaft  über  die  männer  zuwenden. 

3.  Die  Wahrsagerin  wird  von  der  mutier  des  kranken  knaben 
als  betrügerin  entlarvt. 


428  HOLSTBIK 

4.  Die  zänkische  Staphyla  stelt.  ihren  mann  zur  rede. 

5.  Der  priester  wird  zu  dem  kranken  knaben  gerufen.  Eirch- 
uer  und  totengräber  freuen  sich,  dass  ein  begräbnis  in  aussidit  steht 

6.  Begulus  bittet  Jesum,  er  möge  seinen  söhn  heilen. 

Ach  Jhesu  jtzt  erbarm  dich  mein, 
Lass  dir  mein  Sohn  anglegen  sein, 
Ach  kom  hinnab,  eh  denn  er  stirbt, 
Hilfif  jm ,  eh  er  im  Tod  verdirbt 
Zuerst  wird  er  abgewiesen ;  als  er  aber  seine  bitte  erneuert  und 
seinen  glauben  bekent,  sagt  Jesus: 

Wolan,  weil  du  bestendig  bist, 
Im  Glauben  nu  zu  aller  frist, 
Vnd  dein  Vertrawen  steht  zu  mir 
Allein,  so  wil  ich  helffen  dir, 
Auch  weil  dein  Sund  dir  hertzlich  leid, 
Soltu  bekommen  gut  bescheid, 
Geh  hin,  ich  sag  dein  Sohn  der  lebt. 
Seht,  das  jr  Gott  die  Ehre  gebt. 
y.    Begulus  findet  seinen  söhn  gesund  und  dankt  gott. 

1.  Die  mutter  verkündet  voller  freude  dem  Probus  und  dem 
priester,  dass  ihr  söhn  plötzlich  gesund  geworden  sei.  Alle  sprechen 
ihre  Verwunderung  aus. 

2.  Sathan  bedauert ,  dass  Probus  von  Jesu  gehört  und  auf  Um 
aufmerksam  gemacht  hat. 

3.  Die  mutter  schickt  ihrem  manne  zwei  knechte  mit  der  fro- 
hen botschaft  entgegen. 

4.  Die  knechte  verkünden  Begulus  die  genesung  des  sohnes. 

5.  Begulus  begrüsst  seinen  söhn;  er  verspricht  ihn  zu  gottes 
ehre  zu  erziehen. 

6.  Narr  spottet  über  den  totengräber,  der  nun  um  sein  so 
sicheres  geld  gekommen  ist. 

Epilog  spricht  die  ermahnung  aus,  die  vier  lehren,  die  das  spiel 
enthalte,  zu  beachten:   1)  wie  uns  und  unsre  kinder  gott  straft,  wenn 
wir  in  sünd  und  schände  leben,   2)  wie  man  sich  in  krankheit,  trübsal 
und  gefahr  zu  benehmen  habe,  3)  wie  Jesus  zum  heile  der  menschhät 
gesaut  sei,  4)  wie  wir,  wenn  uns  geholfen,  dankbar  sein  müssen. 

Scharschmid  fand  einen  nachfolger  in  Johannes  Berte sius  aas 
Kammerforst,  rector  zu  Thamsbrück,  der  im  jähre  1606  folgendes  spiel 
veröffentlichte: 

Begvlvs.    Comoedia:  Ein  schön  Geistliches  Spiel,  aus  dorn  Euan- 
geUo  Johannis  am  4.  Gapitel.    Von  dem  Eönigiaobent  ^  Sola 


DRAMEN  DBS    16.   JAHBH.  429 

krauck  lag  zu  Capernaum.  Johannes  Bertesius,  Cammerforsten- 
sis,  Thuringus,  Gebessert,  vnd  mit  Personen  gemehret.  Anno 
M.  DC.  VI.  —  Am  ende:  Leipzig,  Gedruckt  vnd  verlegt,  bey 
Nicol  Nerlich.  Im  Jahr  1606.  8^  —  Maltzahn  Deutscher  Bücher- 
schatz I,  1153.  Goedeke  n*,  373,  nr.  223.  Scherer  in  der  AU- 
gem.  deutschen  Biographie  H,  512. 

Dass  dieses  stück  nach  Scharschmid  bearbeitet  ist ,  mochte  man 
aus  dem  titel  schliessen:  er  trägt  den  namen  des  königischen,  wie  er 
bei  Scharschmid  heisst. 

2.    Das  zweite  drama  hat  folgenden  titel: 

Tragoedia,  |  Von  den  sieben  |  Märtyrern  vnd  jrer  Mut-  |  ter,  Wie 
dieselbige  vmb  des  Gesetz  |  Mosis  willen  vom  Könige  Antiocho 
dem  I  Edlen  erbermlich  gemartert,  vnd  der  König  |  hernach  durch 
ein  schrecklich  Ende  von  |  Gott  grewlich  ist  gestrafft  wor-  |  den, 
aus  dem  2.  Mac-  |  cab.  7.  |  Einfeltig  in  deutsche  gebun-  |  dene 
Reden  gestellet  vnd  verfasset,  |  durch,  |  Matthaeum  Scharschmid 
Vi-  I  carien  im  Stifflt  Zeitz.  |  Mit  einer  Vorrede  M.  Lucae  |  Mar- 
tini Pfarherrn  in  der  Key-  |  serlichen  Reichsstad  Nort-  |  hausen.  | 
Matth.  10.  I  Wer  biß  an  das  Ende  beharret,  der  |  wird  selig.  — 
Am  ende:  Gedruckt  zu  Eiszle-  |  ben,  durch  Vrban  Gau-  |  bisch. 
Im  Jahr,  M.  D.  LXXXIX.  86  Bl.  8«.  —  In  Heidelberg.  Bis  jezt 
nur  aus  Cless  2,  96  und  Gottscheds  Vorrath  1,  123  dem  titel 
nach  bekant    Vgl.  Goedeke  a.  a.  o.  nr.  207. 

Auf  der  kehrseite  des  titelblatts  befinden  sich  dieselben  werte, 
wie  im  ersten  drama,  doch  mit  der  Überschrift:  Autor  ad  Zoilum.  Dann 
folgt  die  vorrede  des  pastors  M.  Lucas  Martini,  des  Schwagers  des 
▼er&ssers,  datiert  „Northausen  den  21.  Apprilis  Anno  1589."  Gewid- 
met ist  das  stück  „den  Ehrwirdigen  Edlen,  Gestrengen,  Ehrenvesten, 
Achtbam  vnd  Hochgelarten  Herren  Probst ,  Dechand,  Seniorn,  vnd  dem 
gantzen  Capitulo  der  Stifftkirchen  im  Bisthumb  Merseburg."  Schar- 
schmid hat ,  wie  der  pastor  Martini  in  der  vorrede  sagt ,  die  vorliegende 
tragödie  vor  jähren  publice  agirt,  dann  auf  anraten  mehrerer  freunde 
dem  druck  übergeben.  Die  dedication  geschehe  nicht  allein  mit  erlaub- 
nis  der  Verfassers,  welcher  ihn  freundlich  um  eine  vorrede  ersucht, 
sondern  auch  „aus  betrachtung  vielfeltiger  gutthaten,  welche  jme  in 
seiner  Jugend,  vnd  seinen  lieben  eitern,  nu  vber  etliche  vnd  viertzig 
Jahr  in  diesem  hochlöblichen  Stifft  widerfahren"  seien. 

Das  stück  enthält  5  acte;  es  treten  ausser  prolog,  argumentum 
mid  epilog  36  personen  auf 

Der  prolog  redet  vom  zweck  dieses  Spieles. 


430  HOLSTEIN 

Nu  handelt  dieses  spiel  allein, 
Wenn  Christen  in  verfolgang  sein, 
Wie  sie  ob  jrem  Qsetz  vnd  Glaubn, 
Jr  Fleisch  vnd  Blut  solln  gar  beteubn^ 
Das  sie  viel  lieber  willig  sterbn, 
Die  Seligkeit  nnr  zu  ererbn^ 
Eh  sie  vom  rechten  Glauben  weichn, 
Der  selig  macht  die  Armn  vnd  Beichn, 
Durch  Christum,  wie  wir  glauben  frey, 
Das  Er  der  rechte  Heyland  sey. 

1.  1.  Antiochus,  König  von  Syrien ,  hat  die  regierung  angetre- 
ten und  wünscht  durch  grausame  taten  berühmt  zu  werden. 

Ich  will  mir  einen  Namen  machn 
Durch  Krieg  vnd  sonst  auch  andre  sachn. 
Das  man  so  lang  die  Welt  mag  stan, 
Von  mir  sol  gnug  zu  sagen  han, 
Allein  mir  mangelt  nu  fast  Geld, 
Welchs  denn  auch  klagt  die  gantze  Welt, 
•  Jason  verspricht  ihm,   wenn  er  ihn  an  stelle  des  Onias,  seines 
bruders,  zum  hohenpriester  mache,  590  centner  silber  aus  dem  tempel 
zu  Jerusalem  zu  geben.     Die  aussieht  auf  das  geld  lilsst  den  könig 
den  wünsch  Jasons  gern  erfüllen. 

2.  Jason  freut  sich  seines  neuen  amtes.  Sathan  trauert  über 
die  feindschafb,  die  zwischen  brüdern  herscht. 

3.  Jason  vertreibt  seinen  bruder  Onias  aus  dem  hohenprie- 
steramt. 

4.  Die  trabanten  Clemens  und  Sebulon  klagen  über  Jason,  der 
sein  amt  nun  schon  drittehalb  jähr  so  gar  tyrannisch  verwalte. 

5.  Auch  Portius,  ein  bauer,  klagt  über  Jasons  regiment 

6.  Der  schösser  Menelaus  bringt  dem  könig  in  Jasons  auftnig 
eine  summe  geldes  und  da  er  verspricht  noch  300  centner  mehr  geben 
zu  wollen  als  Jason,  so  übergibt  ihm  der  könig  das  hohenpriestertom. 

7.  Der  könig ,  im  begriff  gegen  die  Tharser  und  Mallotter  zn 
ziehen,  sezt  Andronicus  zum  stathalter  ein. 

n,  1.    Andronicus  ersticht  den  Onias. 

2.  Zwei  Juden ,  Salomon  und  Phiygellus ,  beklagen  die  frevelUt 
des  Andronicus. 

3.  Sathan  freut  sich,  dass ^Andronicus  bald  in  seine  hftnde  al- 
len wird. 

4.  Der  könig  Übergibt  Andronicus  dem  henker. 


DBAMEN   DES   16.  JAHBH.  431 

Qnad  hin  Gnad  her,  wer  Menschenblut 
Also  wie  du  vergiessen  ihut, 
Der  soll  das  seine  auch  vergiessn, 
Solch  Becht  soUtu  auch  nu  geniessn, 
Sih  Nickel ,  kom  vnd  greiff  jn  an, 
Den  Buben  vnd  heilosen  Man. 

m,  1.    Judas  Maccabäus  berichtet  dem  bauer  Hermann  von  der 
liehen  eroberung  Jerusalems  durch  den  könig  Antiochus,  wobei  in 
tagen  80000  menschen   erschlagen  sind  und  der  ganze  tempel- 
tz,  dessen  wert  sich  auf  1800  centner  silber  belief,  geraubt  ist 

2.  Der  könig  Antiochus  gibt  den  befehl,  die  Juden  zur  über- 
ing  ihrer  gesetze  zu  zwingen,  selbst  unter  anwendung  von  gewalt- 
nregeln.  Der  hauptmann  Sostratus  und  der  hofrat  Haman  werden 
der  ausfQhrung  des  befehls  beauftragt. 

3.  Satan  beklagt  das  geschick  der  Juden. 

4.  Die  Juden  Salomon  und  Phrygellus  sind  bereit  lieber  ihr 
Q  zu  lassen  als  wider  das  gebot  des  Moses  Schweinefleisch  zu  essen. 

5.  Die  rate  des  königs  berichten  diesem  über  die  ausführung 
3S  befehles.  Dem  Juden  Eleasar  wird  Schweinefleisch  in  den  mund 
eckt,  aber  er  weigert  sich  dasselbe  zu  essen  und  wird  vom  Stadt- 
)ht  abgeführt.    Eleasars  gebet: 

0  Gott,  dir  nichts  verborgen  ist, 
Du  weist  das  ich  dem  Tod  gar  fein 
Jetzund  wolt  leicht  entgangen  sein, 
Wo  ich  gewolt,  der  Seele  nach, 
Leid  ich  gar  gerne  diese  Schmach, 
Vmb  Gottes  willn,  ich  fahr  dahin. 
Getrost  ist  mir  mein  Herz  und  Sinn. 

Dem  judenweib,  das  sich  mit  seinen  sieben  söhnen  ebenfals  wei- 
I  das  gesetz  zu  übertreten,  soll  noch  bis  zum  andern  tage  frist 
iben  werden. 

IV,  1.  Der  henker  Nickel  rüstet  sich  zu  dem  blutgericht,  das 
len  sieben  märtyrern  volzogen  werden  soll. 

2.  Verhör  des  neunzigjährigen  Adam  vor  dem  könig  und  seinen 
1.    Da  er  sich  weigert,  so  befiehlt  der  könig  seinen  tod. 

Sich,  nim  zuerst  den  alten  Man, 
Für  jn  hinein  zum  Fewer  bald, 
Vnd  wenn  dasselb  ist  wol  bestalt, 
So  haw  jm  ab  sein  Füss  vnd  Hend, 
Sein  Zung  jm  in  seim  Halss  versehend. 


432  HOLSTBIK 

Vnd  wenn  du  jn  zerstümmelt  hast, 
So  wirff  hernach  den  klugen  Gast 
Noch  lebend  in  die  Ffann  hinein 
Vnd  lass  jn  also  braten  fein. 
Die  andern  lass  auch  mit  dir  gähn, 
Das  sie  solch  Marter  schawen  an, 
Doch  bring  sie,  wenn  gestorben  er^ 
Alsbald  zu  vns  dann  wieder  her. 

3.  Verurteilung  der  mutter  nebst  fünf  söhnen.    Nur  die  mntter 

wird  noch  verschont.    Alle  gehen  mit  gläubiger  Zuversicht  in  den  tod. 

Andreas  sagt: 

0  du  verfluchter  Mensch  hör  ebn, 

Du  nimpst  mir  wol  das  zeitlich  Lehn, 

Doch  wird  der  Herr  Gott  aller  Welt, 

Dem  diss  mit  nichten  wolgefellt, 

Zum  ewigen  vns  aufferweckn, 

Die  wir  vmbs  Gesetz  die  Hels  darreckn. 

4.  Der  jüngste  der  brüder,   Daniel,  wird  mit   seiner  rnnttec 
Salomona  ebenfals  zum  tode  geföhrt.    Er  prophezeit  vor  seinem  enl« 
dem  grausamen  und  gottlosen  könige  seinen  Untergang. 

Hergegen  solt  gestrafet  werdn 
Du  König  hie  auflF  dieser  Erdn 
Nach  Gottes  Urteil,  Macht  vnd  Gwald, 
Ein  zeit  ist  dir  schon  angestald, 
Wie  du  mit  deinem  Hochmut  hast 
Verdienet,  du  verfluchter  Gast 
Voll  begeisterung  sagt  die  mutter: 

Sie  nemen  vns  nur  diesen  Leib, 

Drümb  sieng  mein  Son:  Lass  fahrn  dahin, 

Sie  haben  dos  keinen  gewin. 

Das  Eeich  Gottes  muss  vns  doch  bleibn. 

5.  Der  henker  Nickel  und  sein  knecht  Georg  beschliessen  nach 
volbrachtem  werk  sich  einen  guten  tag  zu  machen. 

6.  Judas  Maccabäus  beredet  mit  Salomon  und  Phrygellns  einen 
aufstand. 

V,  1.  Die  rate  des  königs  werden  von  dem  königlichen  boten 
Mnestäus  über  die  plötzliche  erkrankung  des  königs  berichtet.  Betrübt 
über  die  niederlage  des  heeres  in  Medien  habe  der  könig  den  Jaden 
räche  geschworen ,  er  wolle  aus  Jerusalem  eine  totengmbe  machen ,  aber 
kaum  habe  er  das  wort  gesprochen,  so  sei  er  in  eine  nnbeschreiblidie 
schwäche  verfallen. 


DRAMBN  DBS   16.   JAflRH.  433 

2.  Der  könig  bittet  gott  um  befireiung  von  seiner  plage ,  er  ver- 
spricht freilassong  der  Juden  von  allem  zins  und  die  widerherstellung 
des  tempels,  ja  sogar  den  übertritt  zum  Judentum.  Vor  seinem  ende 
sezt  er  seinen  söhn  Antiochus  zum  nachfolger  ein. 

3.  Der  bauer  Portius  wünscht ,  dass  dem  könig  durch  einen  arzt 
geholfen  werde. 

4.  Der  arzt  Hans  SichdichfÜr  preist  seine  kunst.  Der  bauer 
Hermann  Iftsst  sich  ein  mittel  geben,  durch  welches  seine  alte  frau 
wider  jung  wird. 

6.  Die  beiden  senftenträger  Boas  und  Zebedeus  verweigern  den 
dienst,  weil  des  königs  krankheit  ekelerregend  sei. 

6.  Die  königin  beklagt  den  tod  ihres  gemahls. 

Da  war  kein  hülff,  wie  sehr  er  schrie, 
Sein  Seufftzen  Qott  erhöret  nie, 
Weil  ers  gespart  biss  an  sein  End, 
Vnd  nur  getrawt  auff  Menschen  Hend, 
Muss  er  also  die  Straff  auch  hau, 
Denn  Gott  ein  Zech  wol  borgen  kan, 
Vnd  ist  kein  Mensch  so  hoch  gesessn, 
Dem  Er  nicht  könd  sein  Theil  abmessn. 

Die  rate ,  welche  den  könig  zu  jenen  Übeltaten  veranlasst  haben, 
entlässt  sie. 

7.  Dankgebet  des  Judas  Maccabäus  für  die  befireiung  der  Juden 
von  dem  könig  Antiochus. 

Drumb  weil  das  Spiel  also  nu  aus, 
So  geht  jr  andern  auch  zu  Hauss, 
Doch  wart,  die  Lern  mit  vns  betracht, 
Habt  darnach  all  eine  gute  Nacht 

Wem  aber  nach  dem  Begräbnis  gach, 
Biss  morgen  hie  wol  warten  mag. 
Wird  er  damit  denn  nicht  betrogn, 
So  sag  er  frey,  das  ich  gelogn. 

Epilog  stelt  folgende  lehren  auf:  1)  brüder  sollen  in  eintracht 
leben ,  2)  der  Christ  soll  nicht  vom  rechten  wege  weichen ,  auch  wenn 
er  das  leben  verlieren  wird: 

Viel  besser  ist  das  Elend  bann, 
Als  falscher  Ler  vnd  Glauben  trawn. 

3)  Christen,  die  um  der  Wahrheit  willen  verfolgt  werden,  soll  man 
nicht  femer  plagen  und  mit  list  und  betrug  des  lebens  berauben.  Der 
schluss  lautet: 

laiTBOBR.  F.  DCUT80HS  PBILOLOOIl.    BD.  XTIIX.  28 


434  HOLSTEIN 

Diss  merckt  in  kürtz  aus  diesem  Spiel, 
Wer  sonsten  etwas  lernen  wil. 
Der  denck  jm  femer  nach  zu  Hauss, 
Man  kans  jetzt  nicht  alls  legen  aus, 
TVir  hans  fast  schier  zu  lang  gemacht, 
Ich  wündsch  euch  alln  ein  gute  Nacht 
Mit  diesen  lezten  werten  spricht  der  Verfasser  es  selbst  aus: 
mit  einer  ermüdenden  breite  hat  er  gearbeitet ;   die  personen ,   um  die 
es  sich  handelt,  treten  zum  ersten  male  im  dritten  act  auf;   der  erste 
und  zweite  act  sind  mit  grausamen  handlungen  des  königs  Antiochos 
ausgefult. 

Gern  lässt  Scharschmid  seine  beiden  fluchen ;  Sanct  Yeltin  spielt 
dabei  eine  hervorragende  rolle. 

I,  3.    Das  dich  Sanct Yeltins  leiden^  sehend. 

5.    Magst  gleich  Sanct  Yeltinss  sichten  hau. 
n,  4.    Das  dich  Sanct  Yeltins  sichtig  sehend. 
III,  1.    Sonst  dörfift  ich  wol  Sanct  Yelten  kriegn. 

5.    Ey  ist  das  nicht  Sanct  Yeltens  EQhrn. 
lY,  2.    Wenn  es  auch  gleich  Sanct  Yelten  wer. 
Y,  5.    Solstu  auch  gleich  pox  Sichtig  han. 

Dazu  Sanct  Yeltens  Eranckheit  schier. 
Dafür  heisst  es  III,  5: 

Box  Marter,  recht  bringt  den  herfür, 
Das  jn  Sanct  Kührens  Leiden  rhür. 
Ähnlich  sagt  Begulus  in  dem  vorigen  drama  (I,  1): 

Das  dich  S.  Küris  •  marter  rhür. 
Sprichwörter  finden  sich  nicht  selten. 
III,  1.    Drümb  man  im  Sprichwort  also  spricht. 
Das  wer  da  wil  beyn  Wölflfen  sein. 
Der  muss  mit  heulen,  laiin  vnd  schreyn. 
5.  Muss  ist  ein  böses  Kraut, 

Kost  manchem  schon  sein  Leib  vnd  Haut. 
lY,  3.    Der  Apflfel  feit  vom  Stam  nicht  fem, 

Das  Kalb  schlecht  nach  der  Kuh  auch  gem. 
Y,  6.    Dieweil  das  Sprichwort  also  heist: 
Ein  Krö  die  ander  seiden  peist. 
Es  müst  ein  kalter  Winter  sein. 
Das  ein  Wolff  schluckt  den  andem  ein. 

1)  Falsncht,  epilepsie. 

2)  D.  i.  QuirinuB,  der  banptheilige  des  ehemaligen  klostersT^gemieeL  SehiM^ 
ler-Frommann*  1,  1284.  1396.    YUniar,  Idiotikon  tod  KorheMen  i.Sli, 


BRAMRN    DES    IC.   JAHRn.  435 

Bauerneinfalt  beweist  folgender  dialog  zwischen  Judas  und  Her- 
mann (III,  1): 

Judas.    Ach  Qott,  meinstu  das  Bossen  sein, 
Hertz  aller  liebster  Bawer  mein. 
Wo  bistu  her?  hastus  vemommn? 

Hermann.   Ich  bin  von  meiner  Mutter  kommn, 
Wenn  ich  euch  recht  berichten  sol. 

Judas.  Du  schöner  Narr,  das  weis  ich  wol, 
Ich  frog  aus  welchem  Dorff  jr  seid? 
Ob  es  auch  weit  von  hinnen  leit? 

3.  Während  den  eben  angeführten  dramen  Scharschmids  bibli- 
sche Stoffe  zu  gründe  liegen,  steht  das  dritte  nur  in  losem  zusammen- 
hange mit  der  bibel ,  indem  es  das  schändliche  leben  eines  buhlerischen 
geistlichen  in  Franken  als  warnendes  beispiel  für  die  Übertreter  des 
sechsten  gebotes  hinstelt.  Damit  stelt  es  sich  in  die  reihe  der  dramen 
jener  zeit,  welche  meist  alle  entweder  auf  einer  biblischen  grundlage 
ruhen  oder  doch  einen  religiösen  stoff  behandeln. 

Der  titel  dieses  noch  unbekanten  dramas  lautet: 
Ein  kurtzweilig  Spiel  |  Von  einem  Bepsti-  (  sehen  Pfaffen  im  Land 
zu  I  Francken,  wie  es  demselbigen  vber  |  der  Bulerey,  mit  eines 
Win tzers  Weib ,  |  so  vbel  ergangen,  Aus  dem  Nachtbüchleiu  |  gezo- 
gen, vnd  in  Keimen  gefas-  |  set,  Durch  |  Mattheum  Scharschmid 
(Bild:  pfaffe  und  winzer.)  —  Am  ende:  Gedruckt  zu  EilJleben, 
durch  Vrban  |  Gaubisch,  Im  Jahr,  1589.  24  Bl.  (Das  lezte  leer.) 
8^  —  In  Heidelberg. 

Die  Widmung  gilt  „dem  Erbarn ,  Achtbarn ,  vnd  Wolweisen  Herrn 
Job  an  Schmieden,  Stadrichtern  zu  Pegaw,  Meinem  günstigen  Herrn 
vnd  Förderer.^  In  der  vorrede  mit  dem  Schlussdatum  „Zeitz,  den 
14.  Aprilis,  Anno  89^  erwähnt  der  Verfasser,  dass  das  gegenwärtige 
spiel  nicht  als  ein  märchen  oder  eine  fabel  von  ihm  erdacht  worden 
sei,  sondern  dass  er  den  Inhalt  aus  dem  Nachtbüchlein  genommen  habe, 
in  welchem  es  von  wort  zu  wort  beschrieben  stehe  (vgl.  Archiv  f.  Litt.- 
gesch.  XI,  554  u.  628).  Es  ist  des  Leipziger  schrifbgiessers  Valentin 
Schamann  Nachtbüchlein,  eine  samlung  von  seltsamen  und  kurzweiligen 
geschichten,  welche  um  1559  erschien,  gemeint.  Vgl.  Goedeke  II^  469 
nr.  7.  Er  habe ,  sagt  Scharschmid  weiter ,  die  erzählung  in  deutsche 
reime  gebracht,  nicht  um  damit  jemanden  heimlich  anzustechen,  son- 
dern um  ein  beispiel  zu  geben,  wie  es  allen  denen  zu  ergehen  pflege, 
die  wider  das  sechste  gebot  mit  werten  oder  werken  handelten;  denn 
gott  lasse  keine  sünde  ungestraft  hingehen,  sondern  mache  die  täter, 

28* 


436  H0L8TB1N 

wenn  sie  anch  noch  so  verdeckt  und  gescheit  zu  bandeln  dächten,  hie 
und  da  zu  schänden  und  verhöhne  sie. 

Im  ganzen  treten  1 1  personen  auf.    Die  bandlang  wird  auf  ftnf 
acte  verteilt.    Der  inhalt  ist  folgender:    Ein  pfaflEe  wird  von  liebe  znr 
frau   eines  winzers  entzündet.    Sie  teilt  ihrem  manne  mit,  dass  der 
pfaff  bei  einem  besuche  mit  ihr  habe  boblschaft  treiben  wollen,  sie 
habe  ihn  abgewiesen,  aber  ihm  versprochen,  ihn  ein  ander  mal  spre- 
chen zu  wollen.    Der  winzer  verabredet  mit  seiner  frau  einen  plan, 
der  zum  verderben  des  pfaffen  fährt.    Dieser  wird  nämlich  von  der 
winzerin  zu  einem  besuch  eingeladen;    er  folgt  der  einladong  and  als 
er  eben  im  bade  sich  befindet,  komt  der  winzer.    Der  pfaffe  flüchtet 
sich  in  ein  mit  federn  angefiUtes  fass,   das  der  winzer  dem  edelmann 
zum  verkauf  anbietet,  mit  dem  bemerken,  es  sei  ein  böser  geist  darin. 
Das  fass  wird  geöfnet  und  heraus  komt  der  pfaffe  in  der  gestalt  eines 
federhans.    Auf  diese  weise  wird  er  entlarvt,  seines  amtes  entsezt  mid 
zu  einer  geldstrafe  verurteilt. 

Als  nebenpersonen  wirken  Hans  Narr  (Prologns)  and  Clans  Narr 
(Argumentum),  ferner  die  köchin  des  pfarrers,  der  knecht  des  edel- 
manns,  ein  nachbar  Sathan  und  Epilogus. 

Der  Epilog  erwähnt  noch  einmal  den  zweck  des  Spieles,  die 
bestrafung  der  unzucht  und  des  ehebruchs. 

Am  schluss  befindet  sich  eine  L.  M.  G.  unterzeichnete  gereimte 
„Commendatio  huius  poematis^: 

Wer  seine  Beim  fein  künstlich  stelt. 

Fürwar  bald  allem  Volk  gefeit, 

Dazu  gehört:  recht  disponim. 

Die  Sachen  auch  wol  diuidim, 

Wol  achtung  geben  auff  den  Sinn, 

Was  der  Poet  wil  leren  drin: 

Für  schimpff  nicht  ernst ,  fär  ernst  den  schimpff 

Einmeng,  denn  das  bringt  vngelimpff. 
Ein  jedes  sol  sein  ort  behaltn. 

So  könn  die  Reim  mit  Ehren  altn. 

3.    Esther. 

Der  von  Thomas  Naogeorgas  1643  verfasste  Hamanos  hat, 
wie  ich  bereits  im  Archiv  X,  154  bemerkte,  drei  deutsche  fibersetnm- 
gen  erlebt,  und  zwar  von  Johannes  Ghrysens  (1646),  Johannes 
Mercurius  und  Johannes  Posthius  (c.  1670,  handschriftlich  in  Hei- 
delberg, s.  Goedeke  II*,  236  nr.  24)  und  von  Damian  Lindtner  (1607). 
Ich  werde  jezt  die  erste  und  die  lezte  dieser  übertragangen  besprecheit 


DRAMEN  DES   16.  JAUBH.  437 

1.   Der  titel  der  ersteren  lautet: 
Haman.  ||  Die  schöne  vnd  seer  trö-  |  stlich  Histori  Bester ,  Spiel- 
weis I  ans   dem  Latein   in  Deutsche  |  Bheim   gebracht,    Durch  | 
Johannem  Ghryseum.  |  (Holzschnitt)  Am  schluss:  Gedruckt  zu 
Wittern-  I  berg,  Durch  Veit  |  Creutzer.  |  M.  D.  XLVL    88  BL    8«. 
—  In  Weimar  und  Wolfenbüttel. 
Von  den  lebensumständen  des  Johannes  Chryseus  wissen  wir 
nur  wenig  zu  sagen.    Dass  er  der  Johannes  Chryseus  Frauenstadtensis 
ist,   der  sich  am  18.  märz  1545  in  das  album  der  Wittenberger  uni- 
veraität  eingezeichnet  hat  (Alb.  Acad.  Viteb.  s.  222) ,  dürfte  sehr  wahr- 
scheinlich sein,   obwol  er  dann  nicht  eigentlich  des  Studiums  halber 
oadi  Wittenberg  gegangen  sein  wird,  sondern  möglicherweise  um  den 
druck  seines  ersten  dramas  zu  überwachen.    Dasselbe  erschien  1545 
bei  Veit  Creutzer  in  Wittenberg,   ebendaselbst  erschien  im   folgenden 
jähre  auch  das  oben  genante  drama.    Die  vorreden  beider  dramen  sind 
aus  Allendorf  datiert,  die  des  ersten  vom  24.  juni  1544,  die  des  zwei- 
ten vom  25.  Januar  1546.    Ob  dieses  Allendorf  dasselbe  Allendorf  in 
Hessen  ist,   in  welchem  Burkhart  Waldis  geboren  wurde,   ist  nicht 
bekani    Übrigens  folgt  aus  der  angäbe  des  ortes,  dass  Chryseus  1544 
bereits  eine  selbständige   Stellung  einnahm;   vielleicht  war  er  prediger 
in  Allendorf.    Dass  leute ,  die  schon  in  amt  und  würden  standen ,  doch 
noch  einmal  die  Universität  bezogen ,  gehörte  nicht  zu  den  Seltenheiten. 
Des  Chryseus  litterarische  Stellung  haben  Palm  (Bebhuns  Dra- 
men s.  118)   und  Scherer   (AUg.  deutsche  Biographie  lY,  253)   dahin 
bestirnt,  dass  er  der  form  nach  unter  dem  eiuflusse  von  Paul  Bebhun 
steht,  dem  gehalt  nach  diesen  bei  weitem  Übertrift  und  entschieden  als 
Bchfiler  des  Thomas  Naogeorg  zu  bezeichnen  ist    Dies  leztere  wird 
daraas  geschlossen,   dass  er  Naogeorgs  Hamanns  übersezte,  was  aber 
nicht  ins  gewicht  SÜt,  weil  er  von  seinem  vorbild  nur  den  stoff  ent- 
lehnt hat.    Überhaupt  beruht  die  beurteilung  des  Chryseus  durch  Palm 
und  Scherer  nur  auf  dem  ersten  drama  desselben,  dem  „ Hofiteuffel ''^ 
in  welchem  die  geschichte  von  Daniel  in  der  löwengrube  dramatisiert 
worden  ist    Dieses  drama  ist  deshalb  so  bedeutend ,  weil  es  die  reiche 
teofelslitteratur  des   16.  Jahrhunderts  im  gefolge   gehabt  hat,    wobei 
ftbrigens  nicht  ausser  acht  zu  lassen  ist,  dass  diese  auf  eine  erbauliche 
onterhaltung  abzielende  litteratur  in  prosa  bearbeitet  ist     Chryseus 
diente,   wie  Goedeke  s.  402,   366  bemerkt,   wider   dem  Franciscus 
Omichius  in  seiner  Comödia  von  Dionysii  Syracusani  und  Damonis  und 
P^thiae  Brüderschaft  als  quelle. 

Während  Chryseus  den  „Hoffteuffel^  den  herzögen  von  Sachsen 
widmete,  ist  das  zweite  dem  herrn  Hans  von  Tölck,   ritter  usw. 


438  HOLSTEIN 

gewidmet  (Datum  Allendorf  am  Tag  Conversionis  Pauli  [25.  jannar] 
Anno  Domini  usw.  xlvi).  Trotz  der  verläumdungen,  die  auch  Tho- 
mas Naogeorg  mit  seinem  „Hamanus"  erfahren  habe,  habe  er  doch, 
sagt  er  in  der  Widmung,  und  zwar  mit  vorwissen  des  antors  diese 
tragödie  transferieren  wollen ,  um  zu  zeigen ,  wie  gott  allezeit  seine 
kirche  wider  des  teufeis  gewalt  über  aller  menschen  verstand  und  hilfe 
nicht  allein  erhalte,  sondern  auch  zu  ehren  setze  und  erhebe,  dagegen 
die  feinde  stürze  und  vertilge.  Seine  ,,deutsche  translaüon  oder  dol- 
metschung^  widmet  er  seinem  gönner,  von  dem  er  weiss,  dass  „die 
darin  taxierten  laster  bei  seinem  christlichen  gemüt,  adelig  und  recht 
rittermässiger  tugend^  ebenso  von  ihm  verabscheut  werden  als  von 
dem  frommen,  weisen  und  getreuen  Carsenas. 

Am  schluss  des  argumentes  erwähnt  der  Verfasser,  dass  man 
es  nicht  allen  recht  machen  könne,  aber  ob  auch  viel  naseweise  men- 
schen über  sein  spiel  richten  würden  und  zu  tadeln  und  zu  spotten 
wüsten ,  so  kehre  er  sich  doch  nicht  daran ,  mögen  sie  erst  selbst  etwas 
besseres  auf  den  plan  bringen. 

1.  1.  Mardachai  und  Cyrinus,  sein  knecht.  An  Yasthis  stelle 
sei  Esther  getreten,  Haman  sei  zu  hohen  ehren  gekommen  und  werde 
die  Juden  unterdrücken,  doch 

Es  geh  nun  drübr,  gleich  wie  es  wol, 

Jedoch  vns  dieses  trösten  sol, 

Das  als  geschieht  \Tnb  Gottes  wort, 

Vns  sol  nicht  schrecken  brand,  seh  wert  noch  mort. 

2.  Philarches  und  Polytlas  wünschen  Haman  zu  sprechen.  Car- 
charophon,  der  torwart,  legt  ihnen  Schwierigkeiten  in  den  weg;  aber 
obgleich  er  bestechlich  ist,  geben  sie  ihm  doch  nichts,  „auch  nicht 
ein  Egrisch  hcllerlein." 

3.  Carphologus,  ein  „Jaherr",  und  Physotas,  ein  „Federleser, 
schmeicheln  dem  Haman  und  melden  ihm,  dass  Mardachai  ihm  die 
gebührende  ehre  versage. 

4.  Philarches  ersucht  Haman,  ihm  beim  könig  die  erledigte? 
stathalterschaftsstelle  in  Babylon  zu  erwirken.  Polytlas  bittet  Haman 
um  beistand  in  seinem  streit  mit  dem  scliösser  zu  Babylon,  der  ihm 
alle  seine  guter  geraubt  und  ihn  vier  monate  lang  gefänglich  eingezo- 
gen habe.  Dem  ersten  wird  die  bitte  abgeschlagen.  Die  stelle  erliält 
Hamans  Schmeichler  Carphologus.    Von  dem  zweiten  sagt  er: 

Wie  icli  doch  hör,  fürwar  ich  schätz, 

Du  seist  ein  rechte  hader  Katz, 
und  ermahnt  ihn   zum   frieden   mit  dem   bemerken,    dass  der  schösser 
ein  ehrlicher  mann  sei.    Polytlas  erwidert; 


OBAMEM  DBB    16.  JAHBH.  439 

Kein  Krä  der  andern  (wie  man  sagt 
Ynd  ich  wol  inerck)  die  augn  aushackt. 

5.  Mardachai  weigert  sich  vor  Haman  sich  zu  neigen.    Haman 

ist  enfirnt. 

Das  Jupiter  in  dieser  stundt 

Sampt  allen  Göttern  auserkorn 

Mus  jn  vertilgn  jn  grimms  zom. 

Wöst  nicht  wozu  mir  sonst  nütz  wer 

Des  Königs  gunst  vnd  allr  genies, 

Wenn  ich  den  Jüdn  mich  fatzeu  lies. 

6.  Mardachai  furchtet  Hamans  zorn  nicht. 

Las  komen  wie  es  komen  kan, 
Wolns  mit  gedult  als  nemen  an, 
Gott  lebet  noch,  drumb  sey  getrost, 
Er  hat  die  sein  wol  mehr  erlost, 
Er  kan  vns  retten  vnd  beschützn 
Vor  Hamans  gwalt,  stoltzim  vnd  trutzn. 

7.  Haman  billigt  den  rat  des  Carphologus,  die  Juden  um  Mar- 
dachais  willen  auszurotten. 

8.  Der  kanzler  Charsenas  warnt  den  könig  Artaxerxes  vergeb- 
lich vor  Haman.  Dieser  erlangt  vom  könig  den  befehl  zur  ausrottung 
der  Juden. 

9.  Auf  Hamans  anlass  wählen  seine  beiden  ratgeber  durchs  los 
den  14.  tag  des  12.  monats  als  den  zur  ausrottung  der  Juden  bestirn- 
ten tag. 

n,  1.  Philarches  und  Polytlas  beschliessen  ihre  sache  noch- 
malg  vor  den  tron  zu  bringen. 

2.  Mardachai  bestärkt  sie  in  ihrem  beschluss,  obwol  er  bei 
B&mans  feindlicher  Stimmung  einen  glücklichen  ausgang  nicht  erwartet. 

3.  Cyrinus  verkündet  Mardachai  das  gegen  die  Juden  erlas- 
sene edict 

Sie  sollen  werdn 

Gantz  ausgeroth  von  dieser  Erdn, 
Jr  Gut,  Vermügn,  jr  Hab  vnd  Gelt 
Sol  Sackman  sein  denn  aller  Welt, 
Damit  hinfort  schönr  Fried  nicht  mehr 
Zurött  werd,  wie  geschehn  bisher 
Von  jnen  ist. 
Polytlas  tröstet  den  jammernden  Mardachai. 
Kein  wolfart,  gluck  noch  herligkeit 
So  gros  nicht  ist,  es  kan  zur  Zeit 


i 


440  HOLSTBIN 

BetrDbet  werdn  vnd  widerambn 

Ean  anch  nach  vnfal  glück  wol  kaum. 

4.    CarphologQs  sieht  Mardachai  kommen. 
6.    Mardacbais  klage.    Er  bittet  Hatach ,  der  königin  kämmerer, 
diese  für  die  zurücknähme  des  edicts  zu  gewinnen.    Mardacbais  gebet 

Darumb  o  Gott,  gib  itzt  dein  gnad 
Der  Königin,  erhalt  sie,  Herr, 
Des  Königs  hertz  zn  beker 
Mit  gnad  vnd  gunst^  auff  das  jr  ehr 
Nicht  geh  zu  grund,  zu  schänden  wer 
Vnser  heil  vnd  trost,  so  zu  dir  ist 
Allein,  o  Qott,  zu  dieser  frist. 

6.  Haman  weist  die  bitsteiler  Fhilarches  und  Polytlas  noch- 
mals ab. 

7.  Mardacbais  gebet. 

Ghorlied  (Lob  des  frommen). 
Weil  Erbarkeit 
Zu  dieser  zeit 
So  gantz  gar  leid  zu  poden: 

Was  lust  müssn  hau 
Die  Leut  dauon? 
Die  Welt  recht  so  thun  loben. 
16  Strophen  zu  je  3  reimparen  (4-  und  7  silbiger  jambus). 

Schluss:  Was  ich  itzt  klag,  |  Das  ist  am  tag,  |  Keinr  wird  es 
euch  verneinen.  |  Drumb  fromer  Man,  |  Las  nur  dauon,  |  Du  darfbt  es 
nicht  vermeinen,  | 

Das  dir  die  Welt  |  Dein  trew  vergelt ,  |  Mit  billigkeit  ergetze.  | 
Ins  Teuffels  Reich  |  Qschied  dir  kein  gleich,  |  Auff  Gott  Dein  Hoff- 
nung setze. 

ni,  1.    Esthers  gebet 

Ach  heiligr  Gott,  godenck  daran, 

Was  du  Tor  zusag  hast  gethan 

Den  Vetem  aln  vor  souiel  jam. 

Die  Ehr  Deins  Namens  thu  bewarn, 

Li  vnsr  not,  Herr,  Herr,  vns  rett, 

Gib  mir  itzt  mut  in  meiner  red. 

Aus  vnserm  tod,  o  Gott,  vns  reis. 

Das  kund  auch  werd  den  Heidn  Dein  preis. 

2.  Phylarches  und  Polytlas  beschliessen  unverrichteter  sache 
die  heimat  zurückzureisen. 


DBAMBN  DBS   16.  JAHBH.  i£l 

3.  Hatach  ermahnt  die  königin  mit  starkem  herzen  vor  den 
kSnig  zu  treten. 

WeU  grossen  Herrn  sehr  wider  ist 
Die  trawricb  gstalt,  bekfimert  hertz, 
So  bergt  anffs  höchst  itzt  ewren  schmertz, 
Stelt  euch  gantz  frölich  guter  ding, 
Das  als  an  euch  was  mit  sich  bring 
Ein  ansehn,  gnnst  ynd  fröligkeit, 
Denn  weder  Gott  noch  hohe  Leut, 
Anch  sonst  kein  ehrlich  weiser  Man 
Die  Eudrisch  ^  putzen  lieben  kan. 

4.  In  jambischen  fünff&sslern.     Charsenas  warnt   den    könig 
videnun  vor  Haman. 

Darum  sag  ich,  Herr  König,  itzund  euch, 

Das  Haman  weder  euch  noch  ewrem  Reich 

Zn  Ehrn  dient  mit  seiner  weis  vnd  Bath, 

Ein  offner  feind  thnt  euch  kaum  grössern  schad, 

Erwecket  gegen  euch  des  Yolcks  vngunst, 

Wie  denn  die  Klag  im  Land  sind  nicht  vmbsonsL 

Esther  ladet  den  könig  zur  mahlzeit  ein  und   bittet  zu  gestat- 
^^y  dass  auch  Haman  an  der  mahlzeit  teilnehme. 

5.  Harbona  ladet  Haman  zur  mahlzeit  ein.    Haman  weist  Fhi- 
^ches  und  Polytlas  nochmals  ab. 

6.  In  jambischen  fQnffüsslem.    Der  könig  widerspricht  den  war- 
^gen  des  kanzlers  Charsenas. 

Hie  Charsena,  siehst  was  doch  für  ein  Man 
Ynsr  Haman  sey,  aus  dem  mans  achten  kan, 
Das  jn  die  Königin  selbst  helt  so  werd, 
Sein  zu  eim  Gast  vor  andern  alln  begert. 
Nur  du  allein  weist  viel  auff  jn  zu  scheltn, 
Liebr,  las  bey  dir  vnsr  vrteil  auch  was  gelten. 

IV,  1.    Garphologus  hat  sich  für  sein  neues  amt  pferde  gekauft. 

2.  Haman  zankt  mit  seiner  frau  Zares. 

3.  Er  berichtet  seinen   beiden   freunden   von    dem  mahle   bei 
Hher.    Er  hat  eine  neue  einladung  erhalten.   Er  zürnt  dem  MardachaL 

Der  Teuflisch  Jüd  verharret  noch 
Auff  seiner  altn  vei*achtung  hart, 
Stundt  noch  nicht  auff  zu  dieser  fart, 
^      Er  rhürt  sich  nicht  der  lose  Man, 

1)  «ntoriseh? 


442  HOLSTEIN 

Blickt  mich  nai'  nach  der  Seiten  an 
Aussm  sack  mit  grumpifnem  angesicht. 
Physolas  rät  dem  Haman,  Mardachai  zu  werfen 
In  Thurm,  dasr  in  sein  eigen  schlam 
Erfaulen  müst,  so  hett  jr  fried 
Ynd  weren  all  seins  hochmnts  quied. 
Carphologns   empfiehlt  die   strafe   des  aufhangens   am  galgen. 
Haman  ordnet  die  aufrichtung  des  galgens  an. 

4.    Carphologns  sagt  dem  knecht  Syms,   dass   der  galgen  ßr 
Mardachai  bestirnt  ist 

y.    Der  5.  act  hat  nicht  weniger  als  14  scenen.    In  diesen  wird 

die  belohnung  Mardachais  und  die  bestrafung  Hamans  geschildert  Der 

könig   hat   nun   endlich   Hamans   „practict  falsche  Tück^  erkant  und 

sezt  Mardachai  an  Hamans  stelle.    Auch  seine  ratgeber  werden  bestraft. 

Mardachai  Weis,  das  sie  es  antrieffelt^  han, 

Das  so  Haman  widr  vns  hat  than. 

Desgleichen  trift  den  Garcharophon  harte  strafe,  denn 

Er  zant  die  Leut  gar  hesslich  an. 

Die  doch  zu  Hoff  zu  schicken  han. 

Die  beiden  Babylonier  habe  Haman  mit  ihren  gesncben  lange 

hingehalten : 

Die  habn  in  dreyen  tagen  nie 

Von  Haman  antwort  mugn  erlangn, 

Droth  wöls  an  Beume  lassen  hangn 

Wenn  sie  jn  fürder  sprechen  an. 

Der  könig  klagt: 

Wie  hab  ich  mir  in  meiner  schos 

Ernert  ein  Schlang  so  gifftig  böss! 

Die  metrischen  neuerungen  hat  Chryseus  von  Paul  Rebhun  gelernt. 

Er  hat  wie  dieser  jeder  scene  das  metrische  Schema  übergeschrieben. 

Neben  dem  jambischen  vierfüssler  gebraucht  er  in  zwei  scenen  (HI ,  4 

und  6)  den  jambischen  fünffussler.    Jeder  act  schliesst  mit  einem  chor. 

Der  erste  mit  8-  und  7  silbigem  jambicus: 

Es  ist  gros  schand  zu  aller  frist 

Das  man  es  noch  sol  sagen, 

Ein  Mensch  des  andern  Teuffei  ist, 

Thut  jn  am  meisten  plagen. 

Den  chor  des  2.  actes  haben  wir  schon  erwähnt    Das  in  die- 
sem angewante  metrum  findet  sich  teilweise  auch  im  chor  des  i.  actes : 

1)  Grimm  wb.  1,  506  driefein  »  drieseln.    Schmeller-Ftomauum*  1,  652. 


DRAMEN  DES  16.  JAHEH.  443 

Kein  -glück  nicht  ist 

Sowol  vergwist, 

Kan  sich  verkern, 

So  kan  auch  ynglück  besser  werdn. 

Es  sind  4-  und  8  silbige  jambische  verse.  Im  3.  und  5.  act  ist 
der  trochaicus  angewant,  und  zwar  im  3.  der  7 silbige: 

Höret  zu  jr  tollen  Leut, 

Die  jr  itzt  in  dieser  zeit 

Allem  guten  widerstrebt, 

Schlechts  auflf  andr  Leut  vnglück  lebt.  —  — 

Ob  nu  gleich  viel  zeit  vergeht, 

Gotts  gericht  doch  stille  steht, 

Wartet  ewr  mit  schwerer  pein^ 

Denn  Got  wil  selbst  Bichter  sein. 

Der  chor  des  5.  actes  besteht  aus  6  Strophen  zu  je  2  reimparen 
(11-  und  Tsilbiger  trochaicus),  wobei  die  lezte  zeile  sich  in  jeder  Strophe 
widerholt. 

Hie  nembt  war  jr  gwaltigen  gottlosen  leut, 
Was  euch  mit  sich  bringen  thu  ewr  Sicherheit, 
Sambt  eum  thun,  nichts  denn  nur  schand,  den  ewigen  tod, 
Welt  aber  spricht:  es  hat  kein  not. 

2.  Damian  Lindtners  drama  erschien  unter  folgendem  titel: 
Newe  I  TßAGOEDIA  |  Von  der  Königin  Esther,  |  vnd  Haman.  | 
AVs  der  Bibel  ge-  |  nommen,  darinnen  der  |  Vngehorsam  vnd 
Straffe,  der  stoltzen  |  vnd  halsstarrigen  Weiber,  dagegen  der  De- 
mü-  I  tigen  Glück  vnnd  Wolfahrt  an-  |  gezeiget  wird.  |  Item,  |  Es 
werden  hierinnen  gestrafft  die  Ver-  |  leumbdungen,  vnd  falschen 
Aufflagungen ,  vnd  |  Tyranney  der  Gewaltigen ,  vnnd  wird  zu  ei-  | 
nem  frommen  Leben ,  vnd  zur  Gottes-  |  furcht  vermanet.  |  Aus  der 
gedruckten  Lateinischen  Tra-  |  goedien ,  welche  vor  etlichen  Jah- 
ren Thomas  |  Naogeorgus  geschrieben ,  jetzo  in  gut  |  Deutsch  vber- 
setzt,  durch  Damia-  |  num  Liudtnerum.  |  Lustig  vnd  nützlich  zu 
spielen  |  vnd  zu  lesen.  |  Gedruckt  im  Jahr,  1607.  157  pag.  ss. 
8<>.  —  In  Weimar. 

S.  1  und  2  findet  sich  die  lateinische  Widmung  des  Thomas 
Naogeorg  an  den  sächsischen  hofrat  Caspar  v.  Teutleben.  Dann 
folgt  8.  3  —  8  Lindtners  vorrede  „an  den  günstigen  leser",  unterzeich- 
net mit  „Damianus  Lindtner  der  Elter.^  Sowol  hier  als  auf  dem  titel 
findet  sich  keine  Ortsangabe,  so  dass  wir  nicht  erfahren,  wo  Lindtner 
gelebt  hat,  noch  wo  sein   stück  gedruckt  worden  ist.    In  der  vorrede 


444  HOLSTBIN 

sagt  er,  die  geistlichen  lesen  jezt  lieber  comSdien  als  die  evangelieo, 
die  frauen  hörten  lieber  die  poeterei  und  die  gedichte  des  Horaz  an 
als  die  lehren  des  weisen  Salomo ,  und  seien  belesener  im  Ovid  und  in 
bolenbüchern  als  in  den  briefen  des  Paulns.  Selbst  während  der  pre- 
digt würden  weltliche  geschichtschreiber ,  wie  Lucian  und  nödh  ärgere 
bücher  gelesen.  Ob  das  chiistlich  getan  sei ,  gebe  er  verständigen  leu- 
ten  zu  erachten.  Die  vorliegende  tragödie  sei  niclit  aus  heidnischen 
autoren ,  sondern  aus  der  heil,  schritt  genommen ;  damit  wolle  er  einen 
weg  zeigen,  wie  man  die  geistlichen  geschichten  lesen,  anhören  und 
agieren  sehen  könne.  Über  die  einführung  eines  narren  und  einer  n&r- 
riuy  wodurch  bisweilen  etwas  lächerliches  mit  unterlaufe,  wolle  sich 
niemand  wundem.  In  deutscher  spräche  habe  er  seine  tragödie,  die 
zuerst  einer  comödie  ähnlicher  sehe  als  einer  tragödie,  verfasst,  weil 
in  den  theatern  oder  Spielplätzen  dieser  landen  meistenteils  deutsche 
Zuhörer  erschienen,  doch  sei  dadurch  dem  nutzen  und  der  firacht  der 
lateinischen  tragödien  und  comödien  nichts  genommen.  Die  summa 
seiner  tragödie  sei  diese,  dass  durch  der  königin  Esther  hilfe  and  rat 
das  Volk  gottes  von  dem  bevorstehenden  blutbad  errettet  worden  sei, 
wie  denn  heutiges  tages  fürstliche  personen  diesem  beispiel  folgen  sol- 
len. An  Hamans  beispiel  solle  man  sich  hüten  lernen,  dass  nicht  etwa 
eine  solche  tragödie  lebendig  mit  einem  gespielt  werde. 

Dem  prolog  folgt  das  personenverzeichnis,  das  33  personen  auf- 
fahrt, daneben  treten  aber  noch  königs  -  knaben  oder  leibjungen ,  Jäger 
und  knechte,  hoffrauen,  zunftmägde  aus  dem  frauenzimmer  usw.  auf. 
Auch  ein  leimstengler  ^  tritt  auf. 

Leimstengler,  stell  dein  Leimenstang, 
Ynd  vns  einmal  was  newes  fang. 
Das  seltzam  ist  und  fremder  Tracht, 
Welchs  dient  zur  Hoffart,  Stoltz  vnd  Pracht. 
Die  Welt  wil  jmmer  seltzams  habn, 
Kom  fang  was,  wollns  gen  Hofe  tragn, 
Da  muss  es  alles  Wllpret  sein 
Vnd  köstlich  Ding  dem  Herren  mein. 

Am  schluss  eines  jeden  der  fQnf  acte  befinden  sich  rhythmische 
chorgesänge.    Der  des  ersten  actes  begint  so: 

Weltlich  gesein 
Ist  lobenswerth, 
Unrechter  schein 
Beschwert  die  Erd, 

1)  Vgl  Archiv  X,  576  fgg. 


DRAinUf  DBB   16.  JAHBH.  445 

Gefeilt  Qott  nicht, 
Ist  Menseben  zuwiedr, 
Hat  sein  Gericlit, 
Schlegts  Yolck  damiedr. 
Wie  angeschickt  sich  der  Verfasser  in  der  dramatisiening  seines 
Stoffes  zeigt,  wie  fem  ihm  die  beobachtung  der  aristotelischen  einhei- 
ten  liegt,  möge  die  erste  scene  des  zweiten  actes  beweisen.   Hier  schickt 
der  könig  Artaxenes  den  Perserf&rst  Charsena  zur  königin  Yasthi  ab, 
um  sie  za  hofe  zu  laden.    Charsena  führt  den  auftrag  ans,  indem  er 
Yasthi  auffordert  vor  dem  könige  zu  erscheinen.    Sie  weigert  sich.  Da 
emenert  des  kOnigs  kämmerer  Harbona  die  anffordernng.    Yasthi  wei- 
gert sich  von  neuem.    Auch  die  hofdamen  der  königin  raten  ihr  ver- 
geblich ,  dem  befehle  des  königs  nachzukommen.   Harbona  erhält  darauf 
von  der  königin  den  auftrag,  ihm  zu  melden,  dass  sie  fest  entschlos- 
sen sei  nicht  zu  erscheinen.    Kaum  hat  Harbona  erklärt,  dass  er  die- 
sen auftrag  ausfahren  würde,   so  meldet  er  auch  schon  dem  könig  die 
weigeroDg  der  königin. 

£benso  wenig  entspricht  es  den  forderungen  der  einheit  der  zeit, 
dass  Lindtner  die  Yasthi  nach  ihrer  entfernung  vom  hofe  in  ein 
kloster  gehen  lässt 

Ich  wil  nur  in  ein  Kloster  gehn. 
Mich  nicht  mehr  in  der  Welt  umbsehn. 
Bey  Nonnen  wil  ich  Geistlich  lehn 
Ynd  embsig  nach  dem  Himel  strebn. 
Wenn  ich  gleich  muss  im  Closter  sterbn, 

Mein  Tugend  lesst  mich  nicht  verderbn. : 

0  Bömer  Yesta,  Yasthi  kömpt 
Zu  dir  ins  Klösterlich  Elend, 
Da  wil  ich  leben  keusch  vnd  rein, 
So  lang  kein  Münch  wird  bey  mir  sein. 
Ynterm  Kutten  steckt  viel  falscher  schein, 
Ynterm  Schleir  ists  auch  nicht  alles  rein. 
Ein  weiterer  misgriff  ist  der,  dass  die  hauptperson  der  ganzen 
handlong,  Esther,  erst  im  4.  act  zum  ersten  male  erscheint,  sowie  der, 
diBS  der  6.  act  im  Verhältnis  zu  den  anderen  acten  eine  übermässige 
tnsdehnnng  erfahren  hat,    indem  er  78  Seiten,    also    die  hälfte  des 
pnzen  Stückes,  einnimt. 

lY,  1  wird  Esther  vom  könig  empfangen. 
Abr  du  solst  mir  die  Juno  sein, 
Du  solst  die  liebe  Atossa  sein, 
Hadassa  berflmbt  im  OoHohloohte  uioiu, 


446  HOLSTRIN,    DRAMEN  DES   16.  JAHBH. 

Du  solst  mein  Lebn  vnd  Hertze  sein, 
Mein  Hoffnung,  Prewd  vnd  Heyl  allein, 
Heins  Keiches  Krön  vnd  höchste  Zier, 
Allein  zu  dir  steht  mein  Begir. 

Sie  fragt  ihren  vormund  Mardocheus  um  rat,  ob  sie  des  köoigs 
gemahlin  werden  soll.     Er  sagt  ihr: 

Doch  seht  euch  f&r, 

Vntrew  ist  allzeit  vor  der  Thür 

Doch  kömpt  die  Sache  von  Qott  her 
Vnd  gschieht  gar  nicht  ohn  gefehr, 
Ynd  ist  nicht  nur  aus  Menschen  Bäht, 
So  nempt  was  Gott  bescheret  hat 

In  Hamans  Umgebung  befinden  sich  drei  Schmarotzer  und  teller- 
lecker, welche  Mardocheus  zwingen  wollen,  vor  Haman  das  knie  zu 
beugen.    V,  4  sagt  der  eine  derselben,  Carphologus: 

I 

Steh  auff  du  Klotz,  fall  auf  die  Knie 
Vorm  Vicerex,  der  steht  allhie, 
Vnd  bet  ihn  an  als  Sonn  vnd  Gott, 

Du  wirst  sonst  komn  in  Noth  und  Todt. 

Du  bist  des  Königs  gefangner  Knecht, 
Der  dich  gar  tödten  kan  mit  recht, 
Vnd  wilst  seim  Gbott  gehorchen  nicht, 
Welchs  doch  ein  Perser  frey  verriebt. 
Ich  dörfft  dir  bald  die  Augen  auskratzn, 
Was  bringstu  vns  für  lose  Pratzn 
Vom  Juden  Gott,  seim  Dienst  vnd  Ehr, 
Steh  auff,  bett  an  vnd  dich  nicht  wehr. 

Esthers  Gebet  (V,  7)  gehört  zu  den  wenigen  guten  partien  des 

Stückes : 

Herr,  du  allein  bist  unser  Gott, 

Steh  bey  mir  in  der  höchsten  Noth, 

Wenn  ich  zum  Könige  tret  hinein, 

Das  mirs  nicht  gelt  das  Leben  mein 

Vnd  mein  Volk  durch  Vorbitt  errett 

Vom  Tod  vnd  vnerschrocken  red  usw. 

Den  schluss  macht  (V,  12)  Mardocheus. 

Ihr  Juden  lieben  Brüder  mein, 
Kompt  mit  mir,  Gott  zu  danken  heim. 
Es  trawert  auch  kein  Persich  Man 
Vm  den  so  schedlichen  Haman. 


KINZBL,   KIU8CHB  BRI   WOLFRAM  447 

GesegQ  euch  Gott,  Zuseher  gut, 
Furcht  Gott  vnd  jederiuan  recht  thut 

Nach  den  mitgeteilten  proben  nehmen  wir  keinen  anstand, 
Valten  Voiths  Esther  vom  jähre  1537,  über  welche  wir  im  Archiv  X, 
1^7  fgg.  berichtet  haben  (s.  den  neudruck  im  Stuttg.  Litt.  Verein  n.  170), 
?or  der  Lindtnerschen  unbedingt  den  vorzug  zu  geben. 

WILHELMSHAVEN.  HUGO   HOLSTEIN. 


DER  BEGRIFF   DER  KIUSCHE  BEI   WOLFRAM 

VON  ESCHENBACH. 

Bei  dem  versuche,  klarheit  zu  schaffen  über  Wolframs  auffas- 
simg  und  beurteilung  der  Antikonie  -  episode  (Parz.  bch.  Vlll),  blieb 
ich  widerholt  an  dem  werte  kiusche  haften,  ohue  dass  ich  im  stände 
war,  über  seine  bedeutung  in  den  betreffenden  versen  zu  voller  Sicher- 
heit zu  gelangen.  Meine  Untersuchung  aller  stellen,  in  welchen  sich 
das  wort  bei  dem  dichter  findet  (ich  hoffe,  dass  mir  keine  entgangen 
ist),  erlaube  ich  mir  im  folgenden  vorzulegen,  in  der  hofnuug,  durch 
diese  beschränkung  einen  nicht  unbrauchbaren  beitrag  zur  feststellung 
des  alglatten  begrifs  und  zur  interpretation  Wolframs  zu  liefern,  und 
in  der  Überzeugung,  dass  noch  manche  solche  arbeit  nötig  sein  wird, 
ehe  wir  zu  richtigem  Verständnis  der  sitlichen  anschauungen  des  dich- 
ters  kommen. 

A.    Jciusche  vom  manne. 
Mtische  mit  seine  ableitungen   komt  vom  manne  gebraucht  im 
Parzival  etwa  26 mal,  4 mal  im  Titurel,  10 mal  im  Willehalm  vor.   Es 
bedeutet  zunächst  die  enthaltsamkeit ,  mässigkeit  im  essen  und  trinken : 

1)  Der  Gral  gewährt  speise  und  trank,  so  viel  jeder  mag: 
Parz.  238,  28  da  het  der  kiusche  und  der  vräz  edle  geliche  genuoc.  — 
Trevrezent  heisst  Pz.  459,  22.  472,  12.  493,  9  der  kiusche.  Die 
bedeutung  ist  nur  festzustellen  aus  Pz.  452,  15  fgg. 

der  kiusche  Trevrizent  da  saz^ 
der  manegen  mäntac  übel  gaz: 
als  tet  er  gar  die  wachen, 
er  hete  gar  versprochen 
moraz,  unn  und  auch  dez  prot 
20  $in  kiusche  im  dennoch  mer  gebot, 
der  spase  het  er  keinen  muot, 


448  iOKZBL 

vische  noch  fleisch,  swaz  trüege  hluat. 
sus  stuont  sin  .heileclichejs  Idm, 

27  mit  vaste  er  großen  kumber  leU: 
sin  Jciusche  gein  den  tievd  streit. 
Zweifellos  ist  das  wort  hier  zunächst  vom  fasten  zn  verstehen,  wenn 
sich  auch  nicht  leugnen  lässt,  dass  dann  im  weiteren  sinne  überhaupt 
sein  enthaltsames ,  asketisches ,  heiliges  leben  gemeint  ist 

Ton  dieser  engsten  präcisesten  bedeutung  des  wortes  fUurt  nun 
ein  doppelter  weg:  dieser  zu  dem  sinn  „Zurückhaltung  usw.  im  betra- 
gen^ ;  jener  zu  der  bedeutung  „innerlich  massvolles  wesen ,  reinheit  des 
herzens." 

2)  Es  ist  ein  bekantes  darstellungsmittel  Wolframs ,  durch  die 
Zusammenstellung  entgegengesezter  begriffe  zu  wirken.  Wie  er  mit 
dem  positiven  werte  das  verneinte  gegen  teil  zusammenstelt,  habe  ich 
in  dieser  ztschr.  5,12  fgg.  gezeigt.  Hier  stossen  wir  auf  eine  andre 
eigentümlichkeit ,  nämlich  die  gegensätze  zu  paren;  und  dadurch  wird 
es  möglich,  die  nähere  bedeutung  des  wortes  kiitsche  festzustellen. 

Der  wolf  ist  ein  frecher,  begehrlicher  geselle;  daher  sagt  WoUr. 
Wilh.  129,  14  ein  wolf  mit  also  kiuschen  siten  in  die  sch&fes  stigesiU 
als  da  der  margräve  sach.    Hieran  reiht  sich  Pz.  737,  20 : 

hie  wdlnt  einander  vären 
die  mit  kitische  lember  waren 
unt  lewen  an  der  vrecheit. 
Also:  sie  waren  zwar  kühn  zum  kämpfe ,  aber  doch  auch  kiusck,  zu- 
rückhaltend,  wo  es  sich  gehörte;   und  so  hätten  sie  hier  sein  sollen, 
wo  sie  umb  unschtdde  striten^  d.  h.  ohne  genügenden  grund. 

Das  aber  sind  die  eigenschatlen,  die  jeder  echte  ritter  haben 
muss,  80  tritt  es  uns  in  folgenden  stellen  entgegen:  Pz.  5,  22  dtr 
Mische  und  der  vrecJie  GaJimuret  Parzival  heisst  der  kiusche  vravd 
man  437,  12,  als  er  aus  versehen  gewafnet  an  Sigunens  klanse  gerit- 
ten war  und  dies  beschämt  erkante.  Pz.  823,  24  Anfortas  m4xnliA  ii 
l^uschem  herzen  was.  Wh.  253 ,  29  Yivianz  heisst  der  däre  süete 
kitische  vrebel  In  demselben  sinne  wird  auch  der  sonst  nicht  näher 
bekante  knappe  Iwanet  genant  Pz.  159,  17  kiusche  unde  stole. 

Auch  auf  frauen  findet  diese  bedeutung  anwendnng,  wie  wir 
unten  zeigen  werden.  So  ist  zu  verstehen  Pz.  26,  15,  wo  Belakine 
den  Isenhart  rühmt :  er  was  noch  kiuscher  denne  ein  wip :  vrecheit  uri 
eilen  truoc  sin  lip.  —  Schwierigkeit  macht  mir  die  hierher  gehörende 
stelle  Wh.  153,  15:  „wenn  er  je  tapfer  war,  im  dienst  der  fraoen 
fireude  oder  not  empfieng,  an  sinem  manlichem  sinne  ums  doA  ü^    \ 


KIU8CHE  BEI   WOLFRAM  449 

kifische  euht  betrogen.  Heisst  das:  er  war  nur  manlich,  aber  nicht 
Täusche?  Ein  tadel  soll  hier  nicht  ausgesprochen  werden,  wie  die  fol- 
genden Worte  lehren. 

Noch  mit  andern  gegensätzen  wird  Jciusche  zusammengestelt.  So 
mit  Mchvart  Pz.  472,  16.  Parzival  sagt:  wird  der  Oral  denf  tapfern 
ritter  zu  teil,  so  muss  ihn  gott  mir  geben.    Darauf  erwidert  Trevrizent: 

ir  müesi  aldä  vor  hochvart 
mit  senften  willen  sin  bewart, 
iuch  verleit  UM  twer  jugent 
ddz  ir  der  Jciusche  brcechet  iugent. 
hochvart  ie  seic  unde  viel. 

Anfortas  hat  auch  in  solcher  hochvart  minne  gegert  üzerhalx}  der  hin- 
sehe sinne  Pz.  472,  30.  hinsehe  wird  auch  von  den  frauen  verlangt, 
welche  sich  dem  Graldienst  weihen ;  wir  kommen  darauf  unten  zurück. 
Hier  konte  man  nun  an  eine  ganz  algemeine  bedeutung  des  wertes 
denken  im  anschluss  an  Pz.  473,  1  —  4,  wo  von  den  Gralrittern  nur 
verlangt  wird:  bewart  sin  vor  lösheit;  diemuot  ie  hochvart  über  streit. 
Aber  die  richtige  erklärung  folgt  478,  13:  ein  gräles  herre  durfte  nur 
minne  gern  als  diu  schrift  (inschrift  am  Gral)  in  wert.  Anfortas  hatte 
diese  Vorschrift  übertreten  und  nach  eignem  gutdünken  eine  geliebte 
gewählt  (hos  im  eine  friundin  des  in  düM  478,  19).  hinsehe  ist  also 
hier  Zurückhaltung  des  eignen  willens,  Unterordnung  unter  die  Gral- 
gesetze, demut  (vgl.  Pz.  479,  2),  gehorsam.  Ebenso  sind  also  aufzu- 
fassen Pz.  493 ,  24  so  snln  sin  {des  gräles)  rtter  hüeten  mit  hiuschec- 
liehen  gHeten.  454,  28  hiuschlichin  zuht.  455,  8  ein  volc  dae  der 
Husche  sich  bewcege.  Tit.  7,  1  des  gräles  herre  mnoz  sin  hinsehe 
unde  reine. 

Ferner  mit  zom:  Wh.  276,  13  daz  starhe  trinhen  überstreit  sin 
kiusche  znht  unt  lert  in  zom.  So  von  Kennewart,  von  dem  Gyburc 
"Wh.  272,  18  sagt:  er  hat  onch  hinschliche  znht:  man  mac  in  ziehn  als 
ein  maget,  indem  sie  seine  bescheidene  Zurückhaltung  im  gegensatz  zu 
seinem  sonstigen  ungestüm  meint.  In  demselben  sinne  Wh.  190,  1. 
Dem  Bennewart  wird  von  den  Soldaten  im  Übermut  der  zuber  mit  was- 
ser  umgestossen:  daz  vertruoc  er  als  ein  hinschin  (schüchterne)  maget. 
Als  es  zum  zweiten  male  geschieht,  heisst  es  Wh.  190,  11:  da  von  im 
kiusche  ein  teil  zesleif,  indem  er  einen  knappen  gegen  eine  steinerne 
Säule  schleuderte,  dass  er  zerbarst. 

In  einen  gegensatz  zu  hinsehe  tritt  auch  vro.  Die  Gralbotin 
begrüsst  Parzival  781,  12  nü  uns  hinsehe  unt  da  bi  vro,  d.  h.  halte 
dich  bei  der  fülle  des  glückes ,  das  ich  dir  jezt  verkündige. 

SBIT8CHB.   F.   DBVTBCUE   PHII«OLOOIE.     BD.  XYUI.  29 


450  KIHZBL 

So  bezeichnet  also  kiusche  das  massh alten   in  wort,  ge- 
bärde und  tat,  wie  es  erhelt  aus  Pz.  465,  16: 

sU  rede  und  werke  niht  so  fri: 
wan  der  sin  leit  so  richet 
daz  er  unkiusche  sprichd, 
von  des  lone  tuon  Vu  kunt  usw. 

wol  mit  hin  weis  darauf,  dass  sich  Parzival  (472,  16)  von  gott  lossagte. 
Gott  erlöste  uns  aus  der  höUe,  doch  die  unkiasclien  liez  er  dinne 
465,  30 

In  diese  kategorie  dürfen  wir  vermutlich  [auch  folgende  stelle 
rechnen,  aus  denen  sich  eine  nähere  bedeutung  nicht  entwickeln  lässt: 
Tit.  123,  2  von  Schionatulander:  sm  edelkeit^  sin  kiusche.  Wh.  87,  18 
Willehalm  reitet  gegen  Tesereiz,  beide  werden  gerühmt:  da  was  manheit 
gein  eilen  komn  und  diu  milte  gein  der  güetey  kiusche  und  hoctigemüete, 
mit  friwen  zuht  ze  heder  sU.  Aus  Heinrichs  von  Narbon  Frucht  (Vivianz) 
was  erhlOet  kiusche ,  milte y  manheit,  euht  Wh.  167,  22.  unklar  ist  mir 
Wh.  157,  7:  „Deine  Werdekeit  hat  noch  nie  Schande  erlitten;  wem 
liez  diu  kiuschliche  zuht  ?  Heisst  das :  wem  hat  diu  sc.  werdekeit  ihre 
kiusche  zuht  überlassen,  d.  h.  wohin  ist  dieselbe  gekommen? 

3)  Kann  sich  also  die  mässigung  und  Zurückhaltung  auf  alle 
äusserungen  der  rede,  gebärde  und  tat  beziehen,  so  findet  sie  ihre  fein- 
sten beziehungen  in  der  gesinnung.  Den  Übergang  von  jenem  zu  die- 
sem bildet  eine  stelle,  wo  es  deutlich  mit  hinweis  auf  das  magetuom 
angewant  ist.  So  braucht  es  Trevrezent  Parz.  458,  9  von  sich  selbst 
Er  sagt  V.  2  zu  Parzival,  er  trüege  fluht  nah  tnagetuom  (er  sei  weder 
ein  feigling  noch  ein  Junggeselle)  und  spricht  zuerst  von  seiner  tapfer- 
keit  V.  3  —  6 ;  dann  geht  er  v.  7  zur  minne  über  und  sagt : 

etswenne  ich  sündehtem  gedanc 
gein  der  kiusche  parrierte, 
min  lehn  ich  dar  üf  zierte, 
daz  mir  getiäde  tcete  ein  uAp. 

d.  h.  seine  kiusche  war  durchsezt  (s.  unten  s.  456)  mit  sündebtem  ge- 
danc, mit  gedanken,  die  auf  minnegenuss  gerichtet  waren.  Dies  ist 
die  einzige  stelle,  wo  es  vom  manne  im  sinne  unsrer  keuschheit 
gebraucht  wird.  In  den  folgenden  wird  man  ihm  nur  die  algemeine 
bedeutung  „  reinheit  des  herzens  ^  zuweisen.  Ich  lasse  die  stellen  der 
reihe  nach  folgen: 

Pz.  113,  26  wer  Christi  zürnen  gering  achtet,  führt  seine  sadie 
schlecht,  swie  kiuscher  si  und  wcere. 


KlUSCHB   BEI   WOLFRAM  451 

451,  5  Parzival,  von  dem  pilger  Kalienis  am  karfreitag  zurecht- 
gewiesen, trent  sich  vou  ihm  und  den  seinen:  dem  riet  stn  manlichiu 
zuht  kiusch  und  erharmiinge. 

462,  4  Trevrezent  zu  Parzival:  sagt  mir  mit  hinsehen  witzen, 
wie  der  zorn  sich  an  geviency  da  von  got  iwern  haz  enpfienc. 

4G6,  28  Gott  prüft  die  gedauken:  des  hinsehen  got  gcruoehet; 
owe  der  hrceden  werhe  doh     Man  beachte  den  gegensatz. 

502,  21  ist  schwierig:  der  priester  darf  die  hostie  anrühren 
(das  allerheiligste) ;  swelch  priester  sich  hat  so  bewart ,  daz  er  dem 
(dem  hcßhesten  pfände?)  hiusche  han  gegeben,  wie  möht  der  heileclicher 
lehn?  Also:  der  priester  ist  der  heiligste  mann,  wenn  er  mit  seinem 
heiligen  amte  ein  reines  leben  zu  verbinden  weiss. 

Tit.  4,  1  min  scelde^  min  hinsehe^  mit  sinnen  min  strefe  rühmt 
der  alte  Titnrel.  Man  beachte  die  parung  mit  sfcete,  wie  gleich  dar- 
nach 5,  2:  ich  weiz  ivoly  swen  wlpliez  Jachen  enphcehet,  daz  imihe 
hiusche  unde  stceteheit  dern  herzen  ncehet,  diu  ztvei  kunnen  sich  da 
niht  gemrreny  wan  mit  dem  töde  al  eine. 

Wh.  4 ,  4  hoisst  es  von  sanct  Willehalm :  du  hast  und  hetest 
werdeheit,  helfcere,  do  dm  hiusche  erstreit  mit  diemuot  vor  der  hceh- 
sten  hantj  daz  si  dir  helfe  tet  erkanf. 

Zweifelhaft  könte  Pz.  743,  21  sein:  mit  rehter  hiusche  ertoorhen 
kint  ich  wcen  diu  smatines  srelde  sint.  Doch  sind  dia  Worte  wol  vom 
manne  zu  verstehen:  er  erlangt  durch  seine  reine  gesinnung  (?)  kin- 
der,  d.  h.  in  einer  ehe,  wo  wahrhafte  herzliche  liebe  waltot. 

B.    hiusche  von  der  frau. 

Wir  haben  die  stellen  vorausgeschickt ,  in  welchen  das  wort  vom 
manne  gebraucht  wird,  weil  sich  selbstverständlich  dort  die  bedeutnng 
leichter  feststellen  liess  als  hier.  Von  der  frau  wird  es  im  Parz.  etwa 
35 mal,  im  Tit.  4 mal,  im  Wh.  4 mal  gebraucht,  wobei  mir  aufgefal- 
len ist,  dass  es  im  XL  —  XIII.  buche  des  Parz.  nicht  vorkomt. 

Für  die  unter  A  1  angeführte  bedeutung  findet  sich  kein  beispiel. 

2)  Oben  s.  448  ist  schon  auf  diese  Verwendung  hingewiesen. 
Die  Jungfrauen ,  welche  Parzival  bei  Gurnemanz  im  bade  pflegen,  heissen 
Pz.  167,  2  hiusche  unde  halt  mit  bezug  auf  die  bedenkliche  Situation, 
welche  den  jungen  mann  sogar  veranlasst,  sich  von  ihnen  beim  auf- 
stehen aus  dem  bade  das  laken  nicht  umgeben  zu  lassen,  wozu  sie 
trotz  ihrer  massvollen  Zurückhaltung  (hiusche)  bereit  (balt)  sind. 

Pz.  365,  17.  21.  Meljanz  hatte  von  Obie  für  seinen  dienst  der 
minne  lohn  gefordert  (345,  29).  Sie  hatte  es  ihm,  als  noch  zu  früh, 
aufbrausend  versagt  (316,  30  fg.).    Dies  nent  Wolfram :  ir  kiusch e  wart 

29* 


452  KINZBL 

gcin  zorne  halt  und   sus  flaht  ir  kiusch^  steh  in  jsom.    Es  liegt  hier 
sehr  nahe  an  Zurückhaltung  in  geschlechtlicher  beziehung  zu  denken. 
Aber  die  analogie   der   oben  angeführten  stellen  zeigt,  dass  lediglich 
der  gegensatz  kiusche  —  zorn  zu  urgieren  ist:  sie,  die  sonst  so  mass- 
voU  in  ihrer  weiblichen   scheu  war,    liess   sich  zum   zorn  fortreissen. 
Anders  werden  wir  es  in  der  gleich  folgenden  stelle  367,  27  aufzufas- 
sen haben ,  was  hier  wegen  des  inneren  Zusammenhangs  vorweg  genom- 
men werden  muss.    Der  vater  Lippaut  klagt,   Meljanz  greife  ihn  nur 
an,   weil  er  keinen  söhn  habe;   doch   er  sei  es  zufrieden:    trage  seine 
tochter  auch  kein  schwort,   ir  wer  ist  aiiders  als  wert   (ihre  Verteidi- 
gung ist  sonst  ebenso  gut):    si  erwirbt  im  (dem  vater)   kitischdUiche 
einen  sun,   d.  h.  also  grade  durch  ihr   betragen,   das  sie  veranlasste, 
den  minnegehrenden  scheinbar  abzuweisen. 

Wh.  250,  19  wir  haben  iuch  unverzagetltch  funden,  das  man 
Olyvier  noch  Ruolant  nie  genendeclicher  vant,  unt  ist  ou4^h  daz  mit 
kiuschcn  siten,  Sie  haben  Gyburc  entschlossen  gefunden  und  dabei  doch 
kiusche. 

Tit.  110,  3  dö  künde  ir  kiusche  niht  verdecken  die  liepltchen  li(k 
in  ir  herzen :  trotz  ihrer  schüchternen  Zurückhaltung  sah  man  ihre  hebe. 

Pz.  824,  7  si  mit  rehter  kiusche  warp^  al  menschlich  gir  an  ir 
verdarp.    Sie  wolte  nur  den  zum  manne  nehmen,  den  gott  ihr  zuwies. 

3)  Dass  kiusche  im  algemeinsten  sinne  der  wiplichen  güeU  „rein- 
heit  des  herzens"  bedeutet,  wird  durch  einige  stellen  sicher,  in  wel- 
chen Wolfram  nach  einer  ihm  eigenen  manier  einen  kurzen  unkl&reo« 
oder  algemeinen  und  dadurch  undeutlichen  ausdruck  durch  einen  zusatz 
zu  praecisieren  sucht,  wie  es  sehr  instructiv  Wh.  247,  29  zeigt.  Gybure 
ermahnt  ihre  frauen  vor  dem  mahle,  sich  gut  zu  benehmen,  „Sezt 
sich  ein  ritter  neben  euch, 

dem  suÜ  ir  die  gebcerde  gehi, 
daz  iwer  kiusche  im  si  bekant. 
bi  vriundin  vriunt  ie  dien  vafU: 
diu  wipliche  güete 
gU  dem  man  hoch  gemiide. 
Also:  „zeigt  eure  reine,  edle  gesinnung,  hochgemut  wird  ein  man  nur, 
wo  er  bei  einer  frau  weibliche  tüchtigkeit  findet" 

Pz.  252,  16  Sigune  rühmt  von  ihrer  muhme  Herzeloide:  tciplichr 
kiusche  ein  bluome  ist  si,  geliutert  äne  tou.  Hier  wird  ä«*scÄ€  deut- 
lich genug  durch  das  wort  „geläutert"  näher  bestimt. 

Pz.  260,  8  heisst  es  von  Jeschute:  mplicher  kiusche  lohes  kran: 
truoc  si  mit  armiide:  si  pflixc  der  waren  güete  ist  erläuterung  vouA»«*- 
sd^  und  der  gegensatz  valsch. 


KIÜSCIIE   BEI   WOLFRAM  453 

Demgeinäss  kaim  man  auch  wagen  Pz.  332,  12  beide  begriffe  zu 
identificiercn ,  wo  Parzival  dem  Gawan  ein  weib  wünscht,  an  der  du 
kiusche  hast  bekant  unt  wipUche  güete. 

Und  ebenso  werden  nun  auch  im  algemeinsten  sinne  die  stellen 
zu  interpretieren  sein,  wo  das  wort  auf  Antikonie  angewendet  wird, 
der  nach  Wolframs  darstellung  gewiss  niemand  „keuschheit"  nachrüh- 
men wird.  Ihr  wird  Pz.  404,  27  wiplich  ere  und  freisein  von  valsch 
zugesprochen:  da  mite  ir  kiusche pris  envarp,  d.  h.  also:  dadurch  zeich- 
nete sich  ihre  weibliche  tugend  aus.  Pz.  409,  14  heisst  es  in  bezug 
darauf,  dass  Antikonie  dem  ritter  im  kämpf  mutig  beigestanden:  kämpft 
eine  frau  in  waffen, 

diu  hat  ir  rehts  vergessen, 
sol  man  ir  kiusche  mezzen^ 
sine  tuoz  dan  durch  ir  triuwe. 

Also:  waffen  zu  tragen  steht  einer  frau  nicht  zu,  es  entspricht  nicht 
ihrer  Weiblichkeit,  kiusche  ist  hier  =  wtpUch  reht,  was  einer  frau 
erlaubt  ist.  —  Das  gegen  teil  von  kiusclie,  reine  ^  wiplichiu  güete  ^  ere 
scheint  valscheit.  Daher  wird  Antikonie  413,  2  genant  vor  valschcit 
diu  vrie.  Sie  sagt  414,  23:  der  schild  der  frau,  auf  dem  ihre  werde- 
keit  beruht,  ist  guot  gehcerde  und  kiuscher  site,  den  zwein  wont  vil 
State  mite;  also:  „edle  Weiblichkeit  und  der  entsprechendes  betragen" 
(gebaerde).  Diesem  scheint  also  unkeuschheit  in  unserm  sinne,  gewäh- 
rnng  des  minnegenusses ,  nachdem  man  sich  eine  zeit  lang  gesträubt 
(vgl.  Pz.  406,  6  und  407,  7),  unter  umständen  nicht  zu  widersprechen, 
sondern  nur  valscheit^  unstcete.  So  ist  es  auch  wol  zu  verstehen,  wenn 
Wolfram  Pz.  427,  6  die  kiuschen  unt  diu  süezen  Äntikonien  lobt  und 
hinzusezt:  vor  valscheit  die  vrlen.  Hier  erkent  man  wider  die  bedeu- 
tung  des  wertes  aus  dem  gegensatz,  nach  der  stilistischen  eigentüm- 
lichkeit  des  dichters,  der  dem  positiven  ausdruck  gern  das  verneinte 
gegenteil  zur  erläuterung  hinzufügt. 

Pz.  235,  28  wo  wir  gegen  Lachmann  mit  den  andern  handschrif- 
ten  beider  klassen  lesen: 

wol  muose  ir  kiusche  sm  hewart 

diu  sin  (des  gräles)  ze  rehte  solde  pflegn: 

diu  muose  valsches  sich  hewegn. 

ist  ebenfals  hiuscJie  und  valsch  entgegengestelt. 

Pz.  477,  12  Trevrezent  sagt  von  Tschoysianen ,  Sigunens  mutter: 

ir  tviplich  herze  was  so  guot, 

ein  arke  für  unkiusche  fluot. 

ein  magt,  mhi  swester,  pfligt  noch  site^ 


454  KINZEL 

SO  daz  ir  volget  Musche  mite, 
Repanse  de  schoye  pfligt  des  gräles. 

Tit.  33,  4  in  unechter  strophe  von  der  jungen  Sigune  diu  kiuscke 
junge  reine;  sie  heisst  83,  3  sin  kiusche  ämte. 

Tit.  149,  2  Clauditte:  der  gap  kiusche  unde  ir  güet  gelonedes 
vrömden  top  und  ouch  der  si  hekande. 

Auf  dieselbe  bedeutung  werden  wir  durch  diejenigen  stellen 
geführt,  in  welchen  der  dichter  innere  und  äussere  Schönheit  in  einen 
gewissen  gegensatz  stellt,  wie 

Pz.  809,  13  Kepanse  de  schoye,  von  der  sich  der  Gral  allein 
tragen  liess:  ir  herzen  was  vil  kiusche  M,  ir  vd  des  Uickes  flori. 

Pz.  176,  12  Liäzen  lip  was  minnecllch,  dar  zuo  der  mtrm 
kiusche  rieh, 

Tit.  105,  4  Sigün  diu  sigehaft  üf  dem  wal,  da  man  weit  ma- 
gede  kiusche  tmde  ir  süeze, 

Pz.  732,  3  ml  dähte  aber  Parziväl  an  sin  mp  die  lieht  gaml 
und  an  ir  kiuschen  süeze.  Vgl.  742,  28 ,  wo  Condwiramur  ebenfals 
diu  kiusche  lieM  gemal  genant  wird.  (441,  10  sagt  Parziväl  von  ihr: 
ich  sen  mich  nach  ir  kiuschen  zuht). 

An  andern  stellen  verbindet  er  dagegen  die  gesinnung  mit  einem 
ihr  entsprechenden  betragen.  Auf  Wh.  247,  29  haben  wir  schon  8. 452 
hingewiesen.  In  demselben  sinne  ist  aufzufassen  Pz.  819,  24,  wo  An- 
fortas  zu  Feirefiz  sagt:  ir  füerct  hinne  ein  edel  wlp:  diu  gU  ze  dienste 
iu  kiuschen  lip  mit  guoten  wtplichen  siten,  wo  widorum  die  synonym» 
kiusche  und  wipliche  güete  zu  beachten  sind. 

Ist  es  uns  gelungen,  aus  diesen  stellen  die  algemeinste  bedea- 
tung  für  das  wort  kiusche  zu  eruieren,  so  dürfen  wir  dieselbe  auchßr 
die  folgenden  in  anspruch  nehmen: 

Pz.  3,  2  Ein  weib  soll  wissen ,  an  wen  sie  ihre  miune  und  teer- 
dekeit  wendet,  so  daz  si  niht  geriuwe  ir  kiusclie  wvd  ir  triuwe. 

Pz.  28,  9.  Von  Belakanen,  die  eben  gestanden  hat:  idi  enwari 
nie  wip  dcheines  man,  sagt  Wolfram:  obgleich  sie  heidin  war,  weib- 
licherer sinn  kam  nie  in  weibes  herz:  ir  kiusche  was  ein  reitier  touf, 
d.  h.  die  reinheit  ihrer  gesinnung  ersezte  gewisserraassen  die  christliche 
taufe.  Es  kann  hier  nicht  „Zurückhaltung"  heissen,  es  kann  auch  nicht 
an  ihre  Jungfräulichkeit  gedacht  sein;  denn  nach  ihrer  Vermählung 
heisst  sie  90 ,  22  in  reiner  art  ein  süeze  wip,  ir  werdiu  kiusche  w^f 
den  Up  nach  ir  minnc  jämers  mant, 

Pz.  103,  5  Herzeloide  kehrt  ihr  herz  an  gutes  können  (j^^ 
kufist) ,  gelobt  wurde  ir  kiusche  was  für  pris  erkant. 


KIUSCHE  BEI  wolfham  455 

Pz.  87,  8  Amflise ,  welche  dem  Qahmuret  ihre  minne  bieten  lässt, 
heisst  hinsehe  unde  wise. 

Pz.  446 ,  20  Die  töchter  des  pilgers  am  karfreitag  tragen  auch 
pilgergewand.  daz  riet  in  kiusches  herzen  rät,  si  giengen  alle  har^ 
fuoz.  Über  diese  töchter  wird  von  Trevrezent  gesagt  457,  16:  nie 
kiuscher  fruht  von  liebe  wart  gebom, 

Pz.  734,  12  wie  von  Pelrapeir  diu  künegin  ir  kiuschen  wip^ 
liehen  sin  behielt. 

Pz.  800,  6  Schoysiän  sin  kiuschez  wt2). 

Wh.  154,  22  von  Alyze:  man  moht  üf  eine  wunden  ir  kiusche 
hän  gebunden. 

Wh.  280,  2.  Gyburc  und  der  markgraf  pflegen  der  minne: 
Gyburc  mit  kiuscher  giXete  so  nähe  an  sine  brüst  sich  want. 

Es  bleibt  uns  nun  noch  übrig,  die  aufmerksamkeit  auf  diejeni- 
gen stellen  zu  richten,  in  welchen  das  woii;  unsrem  begriff  der  keusch- 
heit  nahe  komt.  Während  schäm  das  algemeinere  ist  und  in  bezug 
auf  jede  empfindung  sitlichen  Unrechts  gebraucht  wird ,  scheint  kiusche 
die  Zurückhaltung,  welche  durch  das  kühne  verhalten  des  mannes  in 
geschlechtlicher  beziehung  bedingt  ist. 

Pz.  131,  3  heisst  es  von  Jeschute,  als  der  kindische  Parzival 
über  sie  herfält:  diu  süeze  kiusche  unsamfle  erschräke,  do  der  knappe 
an  ir  arme  lac.    mit  schafne  .  . .  sprach  si :  wer  hat  mich  enteret, 

Pz.  192,  3.  Gondwiramur  durch  belagerung  geängstigt  komt  in 
der  nacht  an  Parzivals  bett:  ez  prach  niht  wlplichiu  zil:  mit  steete 
kiusche  truoc  diu  magt  Die  stelle  ist  interessant,  weil  sie  den  Über- 
gang zeigt  von  der  algemeinen  bedeutung  (edle  weibliche  gesinnung; 
unplichez  zil  =  wlplichiu  güete)  zu  der  besonderen  des  keuschen  Ver- 
haltens. Dass  hier  eine  hindeutung  auf  unkeusches  verlangen  beabsich- 
tigt war,  wird  aus  dem  folgenden  klar,  wo  Wolfram  hervorhebt:  si 
gienc  niht  fläch  sölher  minne  diu  sölhen  namen  reizet  j  der  meide  wip 
heizet. 

Instructiv,  aber  schwer  zu  interpretieren  ist  die  folgende  stelle 
201,  27,  die  ich  volständig  hersetze:  Parzival  in  Condwiramurs  Arm. 

201,  21    er  lac  mit  sölhen  fuogen, 
des  nu  nilU  wil  genuogen 
mangiu  wip,  der  in  so  tuet, 
daz  si  durch  arbeitlichen  muot 
25   ir  zuht  sus  parrierent 
und  sich  der  gegen  zierctU! 
vor  gesten  sint  se  an  kiuschen  siten: 


456  EINZEL 

ir  herzen  mlle  hat  versniten 

swaz  mac  an  den  gehcerden  sin. 

ir  friunt  si  heinlichen  pln 
202  füegent  mit  ir  zarte. 

des  mäze  ie  sich  hewartej 

der  getriwe  stcete  man 

wol  friwendinne  schonen  kan. 
5  er  denket,  als  ez  Uht  ist  war: 

„ich  Mn  gedienet  miniu  jär 

nach  löne  diseni  toibe; 

diu  hat  mimd  Übe 

erboten  trost:  nu  lige  ich  hie, 
10  des  hete  mich  genüeget  ie, 

ob  ich  mit  miner  blozen  hant 

müsse  rüeren  ir  gewant 

ob  ich  nu  gites  gerte, 

untrtwe  es  für  mich  werte. 
15  solt  ich  si  arbeiten, 

unser  beider  laster  breiten? 

vor  släfe  süeziu  nuere 

sint  frouwen  site  gebmre.^ 
Also:  Parzivals  Zurückhaltung  {mit  sölhen  fuogen^  schicklichem  betm- 
gen)  würde  vielen  frauen  nicht  genügen.  Was  sind  das  für  franen? 
V.  24  —  27  solche,  deren  anständiges  betragen  {zuht)  durchsezt^  ist  mit 
arbeitUchem  muot,  doch  äusserlich  unmerkbar:  da  sind  sie  demgegen- 
über geschmückt  (26).  In  der  auffassung  von  arbeitlichem  muot  trete 
ich  der  algemeinen  (wie  es  scheint)  W.  Müller  im  mhd.  wb.  enÜelmteD 
erklärung  entgegen.  Wenn  sich  die  dort  aufgestelte  und  auch  von 
Lexer  recipierte  bedeutung  von  arbeitUch  als  „beflissen  zu  quälen**  nur 
auf  diese  einzige  stelle  stüzt,  so  kann  sie  schwerlich  aufrecht  erbalten 
werden,  ebenso  wenig  wie  die  mhd.  wb.  III,  876  allein  für  unsre  stelle 
angenommene  erklärung  von  v.  26  sich  ziehen  „die  spröde  spielen  wie 
nhd."  (so  auch  Bartsch).  Müller  erklärt  I,  53:  „nur  um  den  gelieb- 
ten zu  quälen  aus  vermeinter  anständigkeit  bald  die  gnädige ,  bald  die 
spröde,  die  beleidigte  spielen."  Dies  gibt  im  Zusammenhang  keinen 
sinn;  arbeitlidi  heisst,  was  arebeit  (not,  quäl)  in  sich  hat  und  wird, 
wie  es  scheint,  nur  von  Sachen  gebraucht.  Wolfram  meint  also:  viel« 
frauen  würden  pein  Luden  bei  so  zurückhaltendem  wesen  des  geüebten. 

1)  über  parrieren  siehe  ineiDe  abhandluDg  in  dieser  ztschr.  Y,  20.  2^ 
der  anraerkung  daselbst  füge:  „dort  fehlt  flir  bnote  kleider  das  citat  Wig.  187,  39 
geteilet  gel  unde  rot.    Vgl.  mhd.  wb.  XU,  25.    undermiden  Wh.  v.  Wenden  1620.* 


KIUSCHE  BEI  WOLFRAM  457 

Äusserlich  zeigen  sie  das  freilieb  nicht,  was  in  ihrem  herzen  lebt, 
nämlich  die  begierde.  Diesen  sinn  lehren  die  folgenden  zeilen,  auf 
deren  interpretation  es  hier  ankörnt  v.  27 — 29:  vor  fremden  benehmen 
sie  sich  kiusche  und  zeigen  in  ihrem  wescn  nicht  ihres  herzens  lust. 
Hier  ist  also  der  sinn  von  kiusche  klar:  zuht  v.  25  und  Tausche  siie 
V.  27  stehen  gegenüber  dem  arbeitlichen  muot  und  herzen  wille;  inner- 
lich leiden  sie  quäl  und  verlangen  nach  vollem  genuss,  äusserlich 
(v.  28)  zeigen  sie  es  nicht,  sondern  zierefit  sich.  Wir  kommen  also 
grade  zum  entgegengesezten  sinn  von  Müller.  Wie  weit  sich  die- 
ser in  der  auffassung  der  stelle  verirt  hat,  zeigt  die  erklärung  des  fol- 
genden 201,  30  fgg.  im  mhd.  wb.  III,  851  y^manegiu  wip  —  ir  friunt 
st  heinlichen  pln  füegent  mit  ir  zarte  durch  den  angenommenen  schein 
einer  liebe,  die  von  sinlichem  genusse  durchaus  nichts  wissen  will." 
AVolfram  dagegen  sagt:  solche  frauen  bereiten  ihrem  geliebten  heim- 
liche pein  mit  ihrer  liebe,  wenn  er  nämlich  ein  so  rücksichtsvoller 
mann  ist,  wie  ihn  der  dichter  202,  1  fg.  schildert. 

.  Was  die  sitliche  auffassung  betrift,  die  in  dieser  auseinander- 
setzung  zu  tage  tritt,  so  kann  man  vielleicht  zweifeln,  ob  Wolfram 
wirklich  hier  im  ernst  das  ausspricht,  was  er  für  sein  ideal  hält  oder 
ob  er  hier  nur  dem  reiz  der  vorliegenden  Situation  nachgibt,  verlockt, 
durch  die  erweiterung  derselben  zu  einer  algemeinen  betrachtung  die 
hörer  reizvoll  zu  unterhalten.  In  den  Zusammenhang  passt  die  Situation 
vorzüglich:  dass  der  tumbe  Farzival  mit  seinem  reinen  kindlichen 
gemüt,  plötzlich  durch  seine  kühne  rittertat  in  die  arme  einer  königin 
geworfen,  in  zurückhaltender  Schüchternheit,  von  seinem  glücke  schon 
genug  erfült,  den  minnegenuss  verschmäht  —  das  ist  eine  psycholo- 
gisch feine  erfindung.  Dass  aber  die  veralgemeinerung  der  sache,  wie 
sie  aus  des  dichters  erörterung  201,  22  —  202,  18  folgt,  wirklich  der 
ritterlichen  geselschaft  seiner  zeit  couform  ist,  davon  kann  man  sich 
schwer  überzeugen.  Wenigstens  muss  man  sich,  um  eine  richtige 
anschauung  zu  gewinnen,  immer  das  gegenbild  gegenwärtig  halten, 
das  Wolfram  nachher  in  Gawans  verhalten  gegen  Antikonie  zeichnet, 
ohne  ein  wort  der  misbilligung. 

Pz.  264 ,  9.  Jeschute ,  die  vorher  im  algemeinen  sinne  kiusche 
genant  war,  wird  es  hier  im  speciellen.  Ihr  gemahl  glaubt  sie  von 
Parzival  getwtzogt  (v.  3),  unt  daz  si  geunerct  hat  ir  kiusche  unde  ir 
pris  mit  einem  andern  amis.  Der  algemeine  ausdruck  wlpUcher  sin 
geht  V.  6  voraus. 

Pz.  526,  5  in  Verbindung  mit  magctuom.  Urjäns  hatte  eine  Jung- 
frau mit  gewalt  (nach  sinem  willen  äne  ir  danc)  geschändet:  ir  hete 
getiomen  ir  kiuscheclichen  magetuom  der  nie  was  in  ir  dienst  körnen. 


458 


KINZEL,    KIUSCHE  BEI  WOLFRAM 


Er  wird  auf  das  härteste  angeklagt,  sU  dckz  ir  W(ere  ein  raup  ge- 
nonin,  der  nimnier  möMe  wider  konm,  ir  magetuom  kitische  reine 
527,  11. 

Zum  schluss  stelle  ich  die  von  mir  behandelten  stellen  zu  leich- 
terer Orientierung  zusammen: 


3,  2 

5,  22 
20,  15 
28,  9 
87,  8 
90,  22 
103,  5 
113,  26 
131,  3 
167,  2 
176,  12 
102,  3 
201,  27 
235,  28 
238,  28 
252,  16 
260,  8 
264,  9 
332,  12 
365,  17. 
367,  27 


21 


8.  454 
,  448 
„  448 
.  454 
„  455 
.  454 
.  454 
«  450 
n  455 
„  451 
.  454 
„  455 
«  455 
«  453 
.  447 
«452 
„  452 
„  457 
„  453 
„  451 
.  452 


4,  1  8.  451 

5,  2  „  451 


7,  1 


449 


4,  4  8.  451 

87,  18 „  450 

129,  14 ,  448 

153,  15 „  448 


404 
409 
414 
427 
437 
441 
446 
451 
452 
452 
452 
454 
455 
457 
458 
459 
462 
465 
465 
466 


Parzival 

27 

14 

23 

6    

12 

10 

20 

5    

15 

20 

28 

28 

8    

16 

9    

22  

4    

16 

30 

28  


Titurel: 


8.453 
n453 
„  453 
.  453 
»448 
„  454 
n  455 
.  451 
n  447 
„447 
^  448 
r,  449 
„449 
„  455 
450 
447 
451 
450 
450 
451 


„ 


»1 


154,  22 


455 


33,  4   8.  454    • 

105,  4    „  454 

110,  3    „  452 

Willehalm: 

157,  7    8. 450 

167,  22 „  450 

190,  1.  11 „449 

247,  29 „  452 

250,  19 „  452 


472 
472 

472 
477 
493 
493 
502 
526 
527 
732 
734 
737 
742 
743 
781 
800 
809 
819 
823 
824 


12 

B.447 

16 

,  449 

30 

„449 

12 

„  453 

q 

„447 

24 

„419 

21 

„451 

5    

„457 

11 

,458 

3    

„454 

12 

,  455 

20 

.„448 

28 

„454 

21 

,  451 

12 

„449 

6    

„455 

13  

„454 

24 

,454 

24 

,  448 

7    

.452 

123,  2    s.  450 

149,  2   454 


253,  29 8,448 

272,  18 ,  449 

276,  13 .  449 

280,  2    ,  455 


FRIEDENAU   BEI   BERUN ,  SEPT.   1885. 


KARL  KINZEL. 


459 

ZU   DEN   LUZEENER    DOEFSPIELEN. 

Über  die  Luzerner   dorfspiele   der  Schmidlinschen   samlung  hat 

Lütolf  im  Geschichtsfreund  eine  trefliche  arbeit  veröffentlicht.    Seither 

sind  aber  wider  frische  handschrift^n  entdeckt  worden,   die  eine  kurze 

erwähnung   ebenfals   verdienen.    Ich   werde   bei   der  besprechung   das 

hauptaugenmerk  auf  die  technische  seite  richten ,  dabei  aber  auch  auf  das 

sprachliche  einige  blicke  werfen.    Ich  habe  auch  das  spiel  von  Au ,  das 

zwar  ausserkantonal ,    aufgenommen,    einmal  da  es  ziemlich  verwanter 

natur  ist,  und  dann  weil  es  doch  nicht  angehen  würde,  ihm  eine  spe- 

cielle  arbeit  zu  widmen.    Folgendes  sind  diese  spiele ,  in  chronologischer 

Ordnung  aufgezählt: 

I. 

Karsamstagprozession  in  Ruswil.  Ein  auszug  hievon  findet  sich 
im  Geschichtsfreund,  mitgeteilt  von  Bölsterlin.  Die  liandschrift  im 
pfarrarchiv  Ruswil. 

Sabatho  Sancto,  Omnia  secundum  Rubricas.  Cantatur  \  Offi- 
cium in  Choro,  Uarä  ^wfiä  noctis  dato  Signo  \  fit  processio  cum  Sacra- 
sancto  j  et  quidem  stib  silentio  \  per  circuitum  Coetneterij,  Sacerdos 
cum  SSO'  stans  ad-  \  portam  tertia  vice  eam  pede  pidsat  dextro  nihil 
dicens.  sed 

Lucifer  intra  Ecclesiae  portam 

(II)     Wer  klopfet  an,  an  diser  Porth, 

So  Vngestümb,  der  Mach  sich  forth, 
Troll  sich  hinweg  flux  Vnd  angentz  * 
Man  gibt  hier  'Niemand  Äudienjs. 

Sacerdos  Dicit 
Attollite  portas  vestras  Principes  infernales,   et  \  iniroibit  Sex 
Gloritje,  Lucifer.    Itespondct, 

Vmbsofist  Klopft  dißer  König  an^ 
^  Kein  Stadt  noch  platz  soll  Er  hie  han^ 

In  Vnserem  Reich  ist  alß  ein  Herr, 
Der  Aller -gröste  Lucifer. 
Processio  prosequitur,    et  Sacerdos  statis  ante  portam  \  iterum 
Maiorem  clausam,  pulsat  eam^  ut  prius,  dice.^ 

Lucifer, 
Wer  Klopfet  an  Zum  Andern  Mohl 
Der  sich  Von  Uinen  Madien  soll, 
Die  Porten  die  Verschlossen  sei^id 
Diß  Reich  ist  nur  für  Vmsere  Fründ^ 

1)  Ich  habe  an  der  Interpunktion  und  den  wenigen  Schreibfehlern  nichts  geändert. 


460  BEAND8TKTTER 

(EH)    Hollen  Hollen  all  HöUisch  Tracht^ 

Macht  Euch  Herfür  Mitt  gantzer  Macht, 
Dan  Vnser  Ueich  steht  in  gefahr 
Gott  Sahaoth  Ist  Selbst  darfor. 

Sacerdos. 

I  Ättollite  portas  vestras  Princtpcs  infernales  \  &  in  troibä  Bex 

Glortce, 

Lucifer. 

Mach  dich  hinweg  hhänd  vnvertrossen 

Eß  ist  vor  dir  die  thiir  Verschlossen 

Verschantzt  vor  dir  Ist  vnser  ReicJi, 

Mitt  spodt  darumb  von  Hinnen  weich, 

I  Processio  prosequitur  tertia  vice,  Et  Sacerdos  ante  por-  \  i<itn 

eandem  mioran  (!)  stans  2>ode  pulsat  eam  ut  supra. 

Lucifer. 
Waß  Hast  Mit  Vnß  0  großer  Godt, 
Du  König  der  Ehren  Sahaoth, 
In  Vnser  Ueich  wirst  nicht  gehn  ein 
Der  höllisch  gwalt  wird  dir  zue  wider  sein. 

Sacerdos. 
Ättollite  portas  vestras  Principes  Infernales  ^  et  \  Introihit  Bex 
Glorice. 

Lucifer. 

Weh  Vnserem  Reich  Weh  Vnseren  Sachen! 

Die  höllisch  Porth  fangt  an  Zue  Krachen, 

Die  Porthen  der  Göttlichen  3Iacht, 

Hatt  Vnsere  porthen  schon  offen  gmacJU, 

Weh  Vnserem  Reich  in  Ewigkeith 

Vberwunden  hat  Vnß  Gotteß  Barmhertzigheith. 
His  perOfCtis  Sacerdos  intrat  Ecclesiam,  et  scola-  |  res  cant<if^ 
Regina  coelj:  Sacerdos  autem  stat  ante  \  summum  altare  cum  ^Vencrc^ 
hilj  adversiis  poptdum  \  et  incipit  alta  voce  cantare.     Christ  Ist  Ersiaf^ 
den  u.  I  Et  quidem  omnes  et  singulas  strophas  incipit:  \  His  de  car^ 
tatis  datur  Benedictio  absque  Cantu,  et  \  ponit  Sa>cerdos  Venerabf^ 
ante  Tabernaculum:  \  Dein  Organaedus^  incipit:  Te  Deum  Laudamusr 
Sub  quo  SS:  mum  thurificatur,   atque  hoc  cantato  can-  \  tantur  Lau^ 
des,  Regina  Codi  cum  Oratione.    Demum  \  cum  SS:  tno  datur  Ben^ 
dictio,  ante  et  post  Benedictionem  \  fit  in  censio,  cantando:  Sä 
Dominj  Benedictum  \  alleluia.    Chorus,  Ex  hoc  nunc  et  usque  in 
cülum  I  alleluia.    Sacerdos,    Adiutorium  nostrum  in  nomine  \ 
1)  Der  gegenwärtige  Lnzerner  staatskalendcr  schreibt  Orgonotin^^ 


LUZERNBB  DORFSPIBLB  461 

AUduia:  chorus,  Qui  fecit  Coelum  et  (er-  \  ram  aUeluia.  Sacerdos: 
Oremus^  Benedidio  Dei  etc.  Et  cum  \  S/Sö.  facit  tantum  Simplicem 
Crucem  super  populum. 

Niedergeschrieben  durch  den  pfarrer  Alphons  ßäber  1701  oder 
1702.  Diese  prozession  wird  noch  heute  abgehalten,  allein  ohne  diese 
ceremonien,  bloss  mit  stillen  gebeten.  Über  ähnliche  prozessionen 
berichtet  der  Geschichtsfreund  17,  127  u.  128,  wo  aber  Hergiswil  statt 
Eildisrieden  zu  lesen  ist. 

II. 

Das  spiel  heisst  bald  fastnachtsspiel ,  bald  heilige  komödie ,  bald 
Tirolerspiel.  Es  urafasst  circa  1000  verse,  Verfasser  ist  der  pfarrer 
Schuhmacher  in  Rotenburg.  Es  solte  den  24.  und  25.  febr.  1743  über 
die  bühne  gehen,  die  censur  verbot  aber  die  aufführung  trotz  des  Vor- 
spieles. Das  Staatsarchiv  von  Luzem  bewahrt  sowol  den  entwurf  C 
als  auch  mehrfache  reinschriften  R.  Für  die  erforschung  der  spräche, 
des  witzes,  der  reminiscenzen ,  meinungen,  gebrauche  unseres  Volkes 
dürfte  dieses  spiel  wol  eine  der  besten  quellen  sein.  Es  figuriert  darin 
der  grosse  Alexander ,  es  figuriert  Ronceval ,  vor  dem  tode  wird  Si  Jo- 
hannes segen  getrunken,  zur  abwehr  eines  Übels  nach  Appel  oder  gar 
Compostella  eine  walfahrt  unternommen.  Von  grosser  stärke  heisst 
es:  so  stark  wie  der  ochse  auf  der  Engel  weihe,  womit  mau  Cysats 
Vierwaldstättersee  157  vergleichen  möge.  QVA,  der  seine  rolle  im 
himmel  aufgibt,  sagt: 

ja  es  ist  inär  gangä  wie  sant  Dorothe  mit  den  langä  fueßä 

ih  hob  unuerichter  sachä  wider  aha  müeßä 

Ein  auch  jezt  noch  sehr  beliebtes  kindersprüchlein  lautet  aber: 

Eusi  Jumpfere  Dorethe 
Mit  de  lange  Füesse^ 
Ist  sibe  Johr  im  Hiniel  g'si 
Do  hed  si  wider  abe  müesse, 

Personen: 
Pfiffer,         Tambur. 

Spihigraf  der  Alt  und  der  Neu^  zugleich  Souffleur. 

Gott  Vodä  der  AU  =  GVA. 

GoU  Vodä  der  Neu  =  GVN. 

Sant  Michel  =  SM. 

Cherubindle  =  CH  (ist  stumm).        Dodt. 

Maribab  s'  teufeis  groß  mutier  ihre  Schwester. 

schwösterle  der  Maribab, 

Abraham.        Isach. 


462  BBANDSTBTTEB 

Das  spiel  zerfalt  in  das  vorspiol,  den  proIog  oder  vortrab  ^  das 
eigentliche  spiel  bestehend  aus  sechs  scenen,  wovon  die  zweite  das 
interludium,  und  den  epilog  oder  die  abdankung.  Das  Vorspiel  will 
dartun ,  man  wolle  in  dieser  aufführung  ja  nicht  heilige  sachen  verspot- 
ten, man  habe  den  stoif  auch  nicht  aus  der  bibel  genommen,  sondern 
von  einem  in  Tirol  befindlichen  gemälde,  auf  welchem  dargestelt,  tcit 
Isac  uon  seinem  Vatter  Abraham  mit  Einem  Kugel -röhr  solle  ersclioßen 
werden,  von  Einem  Engell  aher^  so  uon  oben  herab  Waßer  zu  gießet 
uerhinderct  wordeti.   Man  wolle  also  bloss  die  manier  der  Tiroler  geiselu: 

Tiroler  gattig 
welche  auf  einander  gethy  wie  ä  baura  Pratig^ 
wo  bald  rolhSy  bald  schwartzeß  gschrtbä 
wo  d*  feyrtäg  «'  Nägel  abhauwäy  und  s —  mist  aus  führä 
ivunderlich  durch  einander  tribä. 

Im  prologe  fordert  der  spielgraf  die  Zuschauer  auf,   sich  rubig 

zu  verhalten. 

seits  still  wie  nä  mauß 

sonst  heißts  buger '^  marschier  nauß. 

Darauf  pfeift  er  den   schauspielern,    diese  kommen   und   werden  dem 
publikum  vorgestelt,  z.  b. : 

dort  ist  der  lebendig  Todt  mit  der  sichel 
sey  Baroggen  ist  uom  weggäßer  Michel. ^ 

Jede  scene  wird  eingeleitet  durch  eine  anspräche  des  spielgra- 
fen,  welcher  die  materie  der  scene  darlegt  und  auf  die  personen  der- 
selben aufmerksam  macht,  z.  b.  vor  der  dritten  scene: 

Nur  der  gutt  Isaac  fhuet  mih  erbamui 

Er  wird  Jetz  anh  kofiiä  mit  ämä  Korb  uiider  den  armä. 

Li  der  ersten  Seen, 
GVA  tritt  auf: 

Jetjs  will  ich  mit  defn  Abrham  ä  rauperey^  anfangä 

Er  ruft  den  SM,  niemand  erscheint.     GVA  wird  böse. 
weis  bim  strohl^  nit,  was  ich  soll  aJiebä. 

Auf  widerholtes  rufen  erscheint  endlich  SM,  entschuldigt  sich 
aber,  er  könne  nicht  zu  diensten  stehen,  da  er  wegen  Zahnschmerzen 
das  zimmer  hüten  müsse.  GVA  solle  das  CH  verwenden.  Dass  es 
stumm,  sei  gerade  ein  vorteil. 

er  kan  dih  nur  desto  minder  uerrathä, 

1)  Kalender.       2)  Frz.  bougre.      3)  Vom  haDdelsmann  Michael  aot  W^SP*      J 
4)  Einen  streich  spielen.       5)  Blitz. 


LUZBRNBR   DORFSPIBLE  4G3 

6 VA  gibt  nun  dem  CH  den  auftrag,   einen  spritzkriig  bei  den 
klosterfrauen  zu  holen. 

Bernach  wart  der  Ahram  sein  söhn  wihl  tierschießä 
so  muest  waßer  auf  d  zünd  pfannen  dbägicßä. 

In  der  2.  Seen. 
Das  interludium.    Wegen  dem  ausgestandenen  ärger  will  OVA 
seine  rolle  abgeben.    Der  spielgraf  ist  zwar  darüber  sehr  ungehalten, 
das  wird  ä  im  Todt  hett  recht  ängstä 
dort  werde  da  rupfä  die  höllische  wohlhängstä^ 
Indess  ruft  er  doch  alle  Schauspieler  herbei,  diese  wählen  SM 
als  neuen  GV.    Dem  alten  GV  wird  auf  der  bühne  das  kostüm  aus- 
gezogen und  dem  neuen  GY  angelegt. 

In  der  3,  Seen, 
Abraham  tritt  auf  mit   einem  kugelmodell,   er  fleut  und  krazt 
im  haar,  weil  er  kugeln  giessen  muss^  den  Isac  zu  erschiessen,   ist  er 
ihm  ja  so  lieb: 

iJi  gäbä  nit  um  hundert  dürbyrä.^ 
Isaac  komt  mit  einem  korb,  worin  verschiedene  leckerbissen,  die 
ihm  der  sant  Niklauß  gschleickt.^    Er  bietet  dem  vater  davon  an, 
Isaac:   Vattä  schauw  da  doch,  scJmu! 
Abraham:  6  du  guettä  tauderlau! 
Isaac:  Vattä  nim  doch  auh  ä  söpfle. 
Abraham:  o  du  arms  Tröpfli! 
GYN  komt  und  fragt  teilnehmend,   was  fehle,   er  wolle  gerne 
helfen.    Abraham : 

Ach!  gott  geh  dar  die  Ewig  Cron, 
aber  ih  sorg  din  Versprechä  sey  lahr! 
GYN  sieht  selber  ein,  dass  da  nichts  zu  machen,  da  GYA  Isaks 
tod  schon  anbefohlen.    Zwar  versucht  Abraham  noch  alle  möglichen 
mittel,  er  verspricht  eine  wohlfart  auf  Appel  oder  Compastell.    Er  bie- 
tet ihm  einen  byrä  tatsch.^    Ferner: 

so  nim  doch  ä  spannisch  hrödige  frau 
oder  ä  zürilakiAechige^  sauw. 
Aber  trotz  dieser  anerbietungen,  trotz  der  klagen  Abrahams: 
es  ist  ja  sünd  und  schad  um  das  schön  Kind^ 
in  aUeß  kan  sich  da  Herbets^  lecker  schickä 
er  kan  schon  bürstä  bindä,  und  schue  fiickä, 
ist  nichts  mehr  zu  machen. 

1)  WaldameiaeD.        2)  Gedörte  bimen.         3)  Mhd.  Bleichen,        4)  Eachen. 
5)  Aus  Zürcher  lebkacheD.        6)  Euphemistisch  statt  Herrgotts,  als  Verstärkung. 


464  BRANDSTETTEB 

GYN  Bi  Tcun  niei  wort  ninui  zruck  scJduckhä 

habs  schon  laßä  in  d  schafhauser  Zeitung^  druckä 
der  Isaac  könne  sich  nit  freüwä 
das  er  noch  ä  inahl  ghör  da  gugger  scJireyä.^ 
Doch  will  er   ein  einseben   tun.    Zum  entgalt  soll  Abraham  so 
viele  nachkommen  erhalten 

als  auf  allä  stroh  Tächeren  Ziegel  stein. 

4.  Seen. 
Abraham  ist  zufrieden,    ein   diniä  tägel^  wird  herbeigebracht, 
die  Sache  schriftlich  abzumachen.    Abraham  reicht  GYN  den  kalender, 
um  das  datum  hinzusetzen,  allein  GYN  entschuldigt  sich. 
GYN:  Ih  kan  nit  drucks  läse, 

bin  nur  3  Jahr  Jtofgeiß^  gwese 
Abraham:  so  will  ihh  gugä,  was  heilt  sey: 

Es  ist  der  40.  Winterinonat  ins  Rüttinmnfi  bucMrukerey} 
Endlich  ist  alles  in  Ordnung,  Abraham  lobt  GYN: 

de  hast  dih  ghaltä  wienä  TJiäll 
Die    geschenke   werden    eingepackt,    und   man   geht   den  Isac 
suchen. 

Der  spielgraf  macht  auf  den  Inhalt  der  kommenden  scene  auf- 
merksam : 

es  tvird  mit  dem  Isaac  miserabel  st<!h. 

absonderlich  wird  der  abram  barmherzig  herzä.^ 

Zu  der  5.  Seen. 
Isaac  bekomt  das  sogenante  henkermahl.    Der  tod  holt  einen 
tisch,   Maribab  wird  ausgeschickt,    beim  senn  eine  NgdW  zu  stehlen. 
Darauf  sezt  man  sich,  Maribab  bekomt  den  ehrenplatz. 

Denh  Frauwezifer  ghört  alzeit  eF  ehr, 
und  Wans  nur  d'  stäckä  damä  wer. 
Man   führt  allerlei  tischgespräche ,    z.  b.   über  die  matter  der 
Maribab.    Abraham  sagt 

Ih  hob  dei  Muetterle  nah  gar  woU  kent, 
mä  hat  sie  nur  s*  Lisi  Poßert^  gnent. 
Es  geht  hoch  her,    besonders  nach  C.    Nach  C  gibt  es  streit 
um  die  Nydel ,  der  Maribab  taucht  man  den  köpf  in  die  schüssel.   Was 
übrig  bleibt,  streicht  Abraham  dem  CR  in  den  mund.    Darauf  Isac: 

ietz  mag  ih  erleydä  zsterbä. 

1)  Damals  berühmteste  zeitung.  2)  Lütolfs  sagen  S54.  3)  Gefass.  4)  Scha- 
ler in  der  hofschnle  in  Luzem.  5)  Anspielung  auf  einen  druckfebler  in  eiDem 
kalender  aus  Rüttimanns  druckerci.  6)   Stöhnen.     .      7)  Ein  topf  toII  rahm. 

8)  Berüchtigte  hexe  in  Zug. 


LDZBRNER   DORFSPIELB  465 

Nun  gibts  noch  einen  tanz.    Maribab  spielt  die  leier: 
Lustig  Isaac  fang  nur  a  springä 
mei  riesternient^  tmrd  bald  eins  Klingä. 
Das  Schwesterchen  der  Maribab  komt  herein  und  tanzt  mit  Isaac. 
Wie  der  tanz  aus,  verabschiedet  sich  Isaac  von  seiner  tänzerin: 

ietz  Trinele  zapf  diJiy 
der  Tantz  ist  auß  sonst  Kläpf  dihJ* 
Nun  hat  mein  junges  Leben  an  End. 
Der  tod  bringt  noch  most  herbei  zum  abschiedstnmk  fiir  Fsac: 

Da  Isaac  Kanst  noh  sant  Johans  segen  drinckä. 
Man  trinkt  auf  das  wol  des  Isac,  Maribab  ruft: 

Es  gut,  der  Isaac  soll  lebä. 
GYN  nimt  eine  so  grosse  portion  zu  sich,   dass  der  tod  meint, 
er  sei  ein  putsch^  Juncker. 

Nun  komt  der  abschied.  Maribab  ¥rird  halobä*  tituliert  und 
einfach  fortgejagt.  Nach  G  reicht  ihr  Schwesterchen  dem  Isaac  s  schmutz 
handle.    GYN: 

fort  mit  derä  Cremoni 

machts  es  wie  der  Herr  Hanß  roni 

wir  müeßä  d'  sach  ä  wenig  zamä  zieh. 

In  der  6.  Seen. 
GVN  befiehlt,  wie  sehr  passend  dem  tod: 
Du  dodt  setz  ietz  den  Isaac  aufs  holtz 
und  halt  an  aufrecht,  wie  nä  hoUz, 
ich  aher  will  uon  weitem  zue  schauwä 
es  ist  dem  rostigä  schmök  scheit  nit  recht  z  trauwä. 
Unterdessen  geht  GH  in  die  wölken  hinauf  und  schüttet  wasser 
auf  den  Zünd  tägel.    Isaac  ist  gerettet,    alles  freut  sich,    nur   nicht 
der  tod. 

Jetz  woUmä  gantz  langsam  in  d  KircM  springä) 
und  dortä  den  tinggeß,  tanggeß  si^igä 
drauf  gehn  mär  in  eins  aus  s —  abrams  häüßrä 
bis  zum  flacht  eßä  könn  mär  einß  keisere^ 
Abraham:  hiemit  seidt  ihr  alle  freündtlich  eingladä. 

Man  geht  zur  kirche ,  GVN  wird  in  einer  tragbahre  hingebracht : 
bin  Müed,  inag  nima  geh 
th  lauf  mih  halbet  z—  reh.^ 

1)  Instrumont.  2)  Jezt  noch  beliebtes  kindersprüchlein.  zapf  dich  = 
mach  dich  davon,  kläpfe  ==  beohrf eigen.  3)  Obstwein.  4)  Kuh,  abschealiches 
weib.        5)  Ein  kartenspiel.        6)  Mhd.  re,  rewes, 

IIIT8CER.   P.   niUTSOBB  PHILOLOOXB.    BD.  XYIII.  30 


466  BBANDSTETTBB 

C  und  R  weichen  wenig  von  einander  ab,  z.  b. : 
GVA  will  seine  rolle  nicht  mehr  weiter  spielen. 

C.   ich  hab  gschworä  segs  nah  ä  tnaJd 
ä  so  kam  ih  föUig  in  nmtjsifcM  ^ 

ß.   Ih  hab  heilig  gschwohrä, 

wan  ihs  nü  halt  so  streck  mär  cT  ohrä. 

Bei  der  anspräche  des  spielgrafen  nach  dem  interludium  bat  C 
folgende  verse^  die  in  B  nicht  aufgenommen  sind: 

recht  thdl  geth  wider  alles  auß  einander 

wir  könnes  schier  gar  wie  da  groß  Alexander,* 

Kostüm.  Über  das  kostüm  geben  folgende  verse  einige  aas- 
kunft:  groß  mutter  gib  mär  du  dei  Kappä  hüllä 

und  du  dodt  gib  mir  dei  haar  trüllä 
und  du  abram  gib  dei  huet. 

Statt  liaar  trüUä  sagt  C  haar  Lappä.    Ferner:  gott  Vodä 
ä  barth  mues  er  haben,  und  ä  3  eggigä  schein. 

Ferner  hat  6V  eine  perrücke,  einen  mantel,  eine  Weltkugel. 
Von  SM  heisst  es ,  das  publikum  könne  ihn  an  seiner  rüstig  wol  erken- 
nen. MB  trägt  eine  leier  über  dem  rücken,  der  tod  trägt  eine  sichel, 
Abraham  hat  ein  wams  (nach  C)  mit  zwei  yerlängerungen.  Isaac 
wird  mit  der  rothen  Kappen  auf  dem  Haupt  und  dem  kreuz  in  der 
band  auf  den  Scheiterhaufen  gesezt. 

Musik  und  gesang.  Die  Music  ist  hurte  aber  guth.  Sdbige 
bestehet  in  drey  Liederen,  In  dem  Ersten  bedauret  gott  Vodä  die  jeteige 
Mode  Zeit. 

Das  andere  ist  Ein  wey nacht  Lied,  in  welchem  dem  Liden 
Christ  kindelein  Ein  gotten  und  göttj  aws  Erkisen  wird. 

Das  dritte  Lied  wird  von  Einem  stutn  gebohmen  Engd  gesun- 
gen ^  und  handlet  von  Eitelkeit  der  schlottermilch  ^  und  Fusterli.^ 

Jedes  geth  in  seiner  Melodi,  und  wan  Es  aus  ist^  so  hat  Es 
Ein  End. 

Das  erste  lied  wird  gesungen  am  ende  der  dritten  scene,  das 
zweite  in  der  fünften,  das  dritte  am  anfang  der  sechsten. 

Die  musik  war  höchst  wahrscheinlich  vertreten  durch  einen 
tromler  und  einen  pfeif  er.  Dieses  sind  wenigstens  die  personen  des 
Vorspiels.  Ferner  sagt  der  spielgraf,  wie  er  die  Schauspieler  dem 
publikum  vorstelt: 

1)  Figürlich  fQr:  verderben.         2)  Der  grosse  Alexander  figuriert  todi  ii    J 
andern  redensarten.       3)  Saure  milch.       4)  Geachäzte  milchspeiae. 


LUZB&NER  DORPSPIELB  467 

Das  ist  ä  Musicant 

er  schlagt  trüniä  recht  galant 

Wan  ä —  Seen  auß  ist,  so  wird  är  drumä 

und  alzeit  uorsagä^  waß  werd  kommä. 
Dieser  lezte  vers  bezieht  sieh  darauf,  dass  nach  dem  interludium  der 
tromler  die  stelle  des  spielgrafen  übernimt.  Femer  heisst  es  am 
schluss,  GVN  lasse  sich  in  einer  tragbahre*  unter  trommeln  und  pfeifen 
heimbringen.  Ebenso  sagt  der  tambur  am  ende  des  Vorspiels  zum 
pfeifer : 

drum,  wan  der  tambur  trumel  rührt, 

so  pfeif  du  bis  weilä,  das  s —  unter  den  eahnä  kiert. 

Das  dritte  lied. 

hinacJU  ist  nüwi  Jahr  aben  fsuoch  daß  heilig  \  Christ  Tcindly 
vonh  himell  Mr  ab  der  lieb  |  hatß  gesegnet  vor  war  got  gab  Euch 
allen  \  Ein  saHigß  nüw  JaJir,  wer  muoß  deß  kindliß  \  göty  sein  Jo- 
haneß  muoß  der  teüfer  sein  \  daß  heillig  Christ  kindlin  von  himdl 
herab  \  der  lieb  got  hatß  gesegnet  vür  wahr  got  gab  |  Euch  allen  Ein 
sdigß  *nüß  JaJir,  \  wer  muoß  deß  kindliß  goten  sein  die  \  heillig 
Jungffrauw  sant  Cathrin,  \  daß  heillig  krist  kindlin  vom  himell  \  häräb 
der  lieb  got  J^itß  gesegnet  vor  |  waJkr  got  gab  Euch  Ein  seligß  nüß 
Jahr,  I  währ  vnß  daß  kindlin  nie  geboren  so  \  wäJirid  mir  alle  samen 
verloren  \  daß  heiUig  Christ  kindlin  von  himell  \  her  ab  der  liebgot 
hatß  gesegnet  vur  wahr  got  gab  Euch  aUen  Ein  seligß  nüß  Jahr 

von  mir  stathalter  Johan  Ruodolf  wäber  von  Rotenburg 

den  22  tag  horner  1743. 

Ein  paar  notizen  über  dieses  spiel  finden  sich  in  Balthasars 
Denkwürdigkeiten  und  in  Liebonaus  altem  Luzern. 

III. 

Die  handschrift,  45  blätter  umfassend,  die  seite  zu  24  Zeilen, 
befindet  sich  im  kloster  Engelberg,  eine  kopie  davon  im  pfarrarchiv 
Au.  Der  titel  lautet:  Vnsers  Heylands  Jesu  Christi  Bitteren  Leidens 
vnd  Sterbenß  Lebhaft^  vndt  Anmüthige  Vorstellung  In  Einem  Geist- 
lichen Traur  spihl  auf  den  Heiligen  Char freytag  Gehalten  in  der  Pfarr- 
kirchen zu  Auw  Ao- 1757,    Verfaßet  von  R.  P.  Wolffgang  Iten  in  Auw. 

Das  spiel  zerfält  in  drei  handlungen,   die  handlungen  in  auf- 

tritte,   voraus  geht  der  von  einem  eugel  gesprochene  prolog,  zulezt 

komt  der  epilog. 

L  handlung, 

1.  Christus,   Johannes  und  Petrus.    Christus  gibt  den  auftrag 

das  osterlamm  zu  bereiten,    Johannes  und  Petrus  gehen  ab.     2.   Chri- 

30* 


468  BB^NDBTBTTER 

stus  und  Maria.  Abschied.  3.  Die  vier  pharisäer  Raban,  Subath,  Achias 
und  Schebett  beraten  sich  wider  Christum.  Darauf  eine  Sittenlehre  vou 
einem  engel  gesprochen.  4.  Der  grosse  rat  im  hause  des  Eaiphas. 
Eaiphas,  Pralli,  Molli,  Spahi  und  die  vier  pharisäer.  5.  Judas  und 
die  vorigen.  Der  verrat.  6.  Christus  und  die  drei  jünger  am  ölberg. 
Die  todesangst,  der  tröstende  engel,  der  schlaf  der  jünger.  7.  Christus 
wird  gefangen.  Christus,  die  drei  jünger,  Judas,  Rabbi,  Ali,  Muffü, 
Lami,  Suffti,  Effendi.    Textprobe: 

Ali.  Ihr  gselUn  greift  Ihr  J3u  waffen^ 

Macht  Ihne  fest^  sonst  möcht  man  unß  straffen. 
Muffti.    Man  bind  Ihn  ohne  gnad 

dan  längsten  Urs  verdienet  hai. 
Lami.  Man  weiß  sciwn,  wer  du  bist 

Ein  Betrieger  vnd  voller  list. 
Effendi.   Jetz  bist  Einmahl  in  vnsrem  gwaldt 

solst  nit  drauß  komen  mehr  so  bald 
Suffti.   Der  soll  unß  gwüß  nit  mehr  Entgehn 

mit  seither  sa^h  vor  gricht  bald  stehn, 
Rabbi,   kom  nur  ietz  här  du  leüth  Betrieger 

landes  stöhrer,  vnd  leüth  Verführer. 
All.    Kom,  kom  nur  gschwind  du  großer  Praller 

bist  doch  nit  wehrt  Ein  fauler  Haller 
Muffti.  fort^  fort  schwartzkünsÜer  ohne  gnad 

must  ietz  vor  vnsren  hochen  rath, 
Lami.   hast  unß  lang  gnug  betrogen 

vnd  weiß  nit  was  daher  gelogen. 
Effendi.    Nur  fort  mit  dir  detn  Creützweeg  zu 

Vcrstöhrer  der  allgmeinen  ruh, 
Suffti.    Marschier  du  brecher  vnsers  gsatz 

du  ghörst  nur  auff  den  galgen  platz. 

Daran  schliesst  sich  ein  engelgesang. 

n.  handlung. 

1.  Christus,  der  vorher  bei  Annas  gewesen,  wird  vor  Kaiphas 
geführt  und  hier  von  den  Juden  des  todes  schuldig  befunden.  Die  sache 
muss  aber  noch  vor  Pilatus  gebracht  werden.  2.  Jiidas  wirft  das  gelJ 
dem  Eaiphas  auf  den  tisch.  Er  erhängt  sich.  Zwei  teufel  holen  um* 
Eine  Sittenlehre.  3.  Christus  vor  Pilatus.  Pilatus  vrill  ihn  nicht  znffl 
tode  verurteilen,  überliefert  ihn  aber  der  geislung  und  krteuiig.  Die 
Juden  gehen  murrend  ab.    4.  Maria  und  Johannes.    Maria  ldl|gt; 


LUZEBNEB  SOBFSFIELE  469 

0  Traurige  stunden,  o  schmertzliclie  Zeit! 
Mein  hertg  fast  versinckt  in  Teufher  vnd  leid, 
Tcein  trost  ich  mehr  hob,  kein  Einzige  freüd 
Ich  muß  noch  verschmachten  vor  Traurigkeit. 
Ach  Sofi,  vnd  sternen  traurt  alle  mit  mir. 
Johannes  sucht  sie  zu  trösten.    Sie  werden  einig,  Jesum  aufza- 
suchen.    5.  Geislung  Christi.     Zuerst  geisein  ihn  Babbi  und  Ali.    Wie 
diese  ermüdet,  kommen  Muffti  und  Effendi: 

laß  mich  ietz  auch  hinder  den  gseU  här^ 
vnd  Einß  zu  hacken  auf  den  bär. 
Zum  dritten  kommen  Lami  und  Suifti: 

Laßt  mich  ietz  av^h  zu  mit  meinen  Seil 
wül  Ihm  auch  gehen  meinen  theil. 
Wie  endlich  alle  ermüdet  sind  und  Christus  an  der  säule  ohn- 
mächtig niedersinkt,  komt  doch  noch  Suifti: 
Von  dannen  ich  nit  Ehnder  weich 
Er  muß  noch  haben  Einen  streich. 
Jezt  werden  drei  Strophen   eines  trauerliedes  gesungen,    darauf 
treten  Maria  und  Johannes  auf,  sehen  Christus,  Maria  falt  in  Ohnmacht, 
die  vierte  strophe  wird  gesungen.     6.  Pharisäer  und  älteste  halten  rat 
über  den  ankauf  des  ackers  für  die  30  silberlinge.     7.  Die  dornenkrö- 
nung.    Krönungslied. 

IIL  handlung. 

1.  Pharisäer  und  älteste  verschwören  sich  noch  einmal.  Wir 
wären  zaghafte  lätfeigen,^  rufen  sie  aus,  könten  wir  die  Verurteilung 
Christi  nicht  durchsetzen.  2.  Pilatus  iUlt  wider  willen  das  endurteil. 
3.  Die  höUe,  Lucifer,  Beelzebub,  Astaroth,  ist  wegen  des  Urteils  teils 
in  freuden,  teils  in  sorgen.  4.  Die  Creütz  schlei/fung.  (Die  Veronika 
figuriert  nicht.)  Ein  trauerlied.  5.  Die  kreuzigung.  Christus  wird  ans 
kreuz  genagelt: 

llabbi.   Äuß  mit  dem  Kleid,  riist  dich  zum  Todt 

hast  geßen  hcüt  daß  leiste  Brodt. 
MuiFti.    Daß  Kleid  dir  nit  mehr  daugen  thut 
bist  gnug  beUeidt  mit  deinem  Blut. 

Die  Juden  verspotten  Christum.  6.  Maria  und  Johannes  unter 
dem  kreuz.     Christus  stirbt.     7.  Eröfnung  der  seite  Christi. 

Aus  einigen  randbemerkungen ,  besonders  seite  20  b,  23  a,  24  b, 
36b  geht  wol  mit  gewisheit  hervor,  dass,  wenigstens  in  der  II.  und 
in.  handlung,  die  bühne  in  zwei  abteilungen  geteilt  war,  Vordergrund 

1)  Lezer  unter  let-vüezic. 


470  BRANDSTBTTSB 

uud  hintergmnd ,  durch  einen  verhäng  gegen  einander  verschliessbar. 
Eaiphas  und  Pilatus  befinden  sich  im  hintergrund ,  ebenda  geislung  und 
krönung.  Im  Vordergrund  spielt  z.  b.  ü,  4.  In  II.  2  wirft  Judas  im 
hintergrund  dem  Eaiphas  das  geld  zu,  darauf  geht  er  in  den  Vorder- 
grund, der  eben  erwähnte  verhäng  fölt,  und  die  erhängung  des  Judas 
findet  nun  im  Vordergründe  statt  In  II,  3  ist  dieser  verhäng  nieder- 
gelassen, im  Vordergrund  toben  die  Juden  und  verlangen  Christi  Ver- 
urteilung. Der  Vorhang  wiid  aufgezogen,^  Pilatus,  dann  Christus  sind 
im  hintergrund.  Pilatus  tritt  in  den  Vordergrund,  unterhandelt  mit 
den  Juden  über  Christus,  darauf  geht  er  wider  in  den  hintergrund,  der 
Vorhang  fillt,*  die  Juden  murren  im  Vordergründe. 

IV. 

Die  handschrift  ist  im  besitze  des  herrn  pfarrers  M.  Estennann, 
der  sie  mit  V  aufgefunden.  Sie  umfasst  33  blatt,  die  seite  hat  im 
durchschnitt  24  zeilen.  Am  ende  steht:  Geschrieben  Joseph  hahertm- 
eher  im  Jähr  1770.  Der  titel  lautet:  Die  vom  stärbenden  weit  heä- 
land  besigte  HöUy.  Das  spiel  zerßllt  in  drei  handlungen,  die  Hand- 
lungen in  eingänge.  Es  sind  ziemlich  viele  gesänge  und  sprüche  ein- 
geflochten,  es  komt  auch  vor,  dass  ein  gesprochener  monolog  in  einen 
kurzen  gesang  ausgeht.  Die  dialektbeimischung  ist  sehr  gering,  die 
bearbeitung  überhaupt  wenig  volkstümlich  gehalten. 

Vor  Stellente  persohnen. 

Theander der  söhn  Gottes. 

Erostes die  Liebe. 

Phobosindus die  Forcht. 

Brodosia die  mönschliche  seU. 

Gnomia die  Vernunft. 

Scotarchus der  finstemußen  Fürst. 

Ethnosius die  heiden  Schaft, 

Cosmianus die  weit. 

Creastes das  Fleisch. 

Misondes —  der  haß  i    _      _  , 

Bascanius der  neid]  ^  ^"^  ^«»•- 

Ormenus bie  böse  begird. 

Astasius die  vnheständige  buoßferdigkeä  (Judas). 

Metaneus daß  reüw  müötige  heiden  thum. 

In  der  ersten  handlung  klagt  Scotarchus  über  seinen  fall  Ans 
räche  will  er  die  Brodosia  mit  ins  verderben  reissen.    Seine  höUiscben 

1)  Seite  23a.        2)  Seite  24b  zwischen  der  zweit-  und  dritontertten  lefle^ 


LÜZBENSB  DOBFSFISLB  471 

verbfindeten ,  Misondes,  Cosmianus,  Creastes,  Bascanius  sind  ihm  bei 
seinen  planen  behilflich.  Wirklich  gelingt  es  ihnen,  sie  ins  gefangnis 
zu  f&hren,  worüber  Gnomia  in  Verzweiflung  gerät.  Theander  tröstet 
sie,  er  wolle  Brodosia  befreien.  Dem  ob  seiner  verschiedenen  misse- 
taten  sehr  niedergeschlagenen  Astasius  spricht  Theander  mut  zu  und 
fährt  ihn  mit  sich  zum  abendmahl.  Erostes  und  Phobosindus  sind 
hierüber  voll  besorgnis  und  warnen  den  Theander.  In  der  zweiten 
handlung  wird  Theander  von  dem  wankelmütigen  Astasius  verraten, 
Brodosia  wird  wider  ertapt,  nachdem  sie  vorher  von  Gnomia  und  Erostes 
befreit  worden  war,  und  zu  Scotarchus  geführt,  der  sie  zum  tode  durch 
gift  verurteilt.  In  der  dritten  handlung  wird  Brodosia  vergiftet ,  Ethno- 
sius  verurteilt  den  Theander  nur  aus  furcht  vor  Misondes  und  Basca- 
nius. Theander  wird  gegeiselt,  gekrönt,  getötet.  Erostes  macht  die 
tote  Brodosia  durch  des  Theanders  blut  wider  lebendig.  Textprobe : 
II,  11.    Scotarchus,  Ormenus,  Cosmianus. 

Der  fürst, 
ach  hate  sy  ein  blitz  auf  Ihrer  flucht  erschla^efh 
auf  welcher  ban  ist  sy  ford, 

bös  begird. 
mein  küng  ob  sy  sclwn  nit  giengen ,  sonder  flugen 
sy  haben  noch  kein  gleich,  kein  frondes  rieh  bezogen. 

der  fürst, 
man  eüle  dan  behänd,  mit  leichter  manschaft  nach 
er  schröcklich  gined^  meir^  roch 
man  wird  sy  auf  kollen  wdtzen 
mit  ver  nistem  (?)  ertz,  in  feür  kesllen  schmeltzen 
ged  fördered  euch,  ich  weis  das  euer  hurdigkeit 
sy  bekombt  vnd  sy  sy  noch  so  toeid. 

Über  die  einrichtung  der  bühne  ist  nur  eine  notiz  da,  handlung 
I,  1.  Scotarchus  sizt  angefesselt  in  einem  feurigen  abgrund,  von  ande- 
ren höllischen  geistern  umgeben.  Später  treten  diese  leztern  aus  dem 
feuer ,  um  über  die  teufelskleider  ein  anderes ,  nicht  auffallendes  kostüm 
anzuziehen ,  damit  sie  unerkant  ihre  plane  volführen  können.  Vergleiche 
damit  „Technik  der  Luzerner  Heiligenspiele  11**  unter  Kostüm  in  Her- 

rigs  Archiv. 
^  V. 

S,  Catarina  Jungfrau  marterin. 

Die  handschrift,  29  blatt,  die  Seite  20  —  24  zeiled,  wurde  von 
herrn  pfarrer  M.  Estermann  in  einem  bauernliofe  in  Rickeubach,  einem 

1}  biare. 


472  BRANDSTBTTSB 

dörfchen  an  der  nordgrenze  des  kantons,  aufgefunden.  Die  mündlidie 
tradition  in  Bickenbach  besagt,  das  spiel  sei  von  einem  leinweber  yer- 
fasst  und  vor  100  jähren  aufgeführt  worden ,  eine  Zeitangabe ,  welcher 
die  schriftzöge  entsprechen.  Das  spiel  ist  ein  echtes,  reines,  ziemlich 
kunstloses  bauernspiel: 

fründ  vnd  find  dl  gros  vnd  Mein 

Aus  Threuer  lieh  sol  geEhret  sein 

die  aus  liebe  zu  vns  kernen 

von  vns  vnglehrten  zu  vemämen 

wir  stamen  här  vom  huren  gscMächt 

vnd  stellen  vns  als  Threüe  knächt 
Die  dialektbeimischung  ist  nicht  so  bedeutend  wie  bei  11  und  Tl, 
doch  sind  namentlich  von  Wichtigkeit  sonst  in  altern  denkmälem  schwer 
zu  belegende  formen  wie  Vergaust  =  vergunst,  misgunst,  gspeist  = 
gespenst.  Es  sind  einige  beziehungen  zu  dem  volksliede  von  der  bl. 
Katharina  (Lütolf,  Sagen  542)  vorhanden,  z.  b. 

Volkslied:  Das  Rad  das  ließ  er  irihe 

Der  hl,  Jungfrau  St  Kaihri  ihre  Liib  verschnide 
Unser  spiel:  das  man  sy  kan  thrihen 

sy  zerfätzen  vnd  zerschniden. 

Das  spiel  zerfält  in  drei  handlungen ,  die  handlungen  in  auftritte. 
Voraus  geht  einladung  und  prolog,  zulezt  komt  der  epilog.  Aus  der 
einladung  verdient  vor  allem  beachtung ,  dass  auch  die  grenznachbaren, 
die  anderer  konfession,  herzlich  wilkonmien  geheissen  werden. 

Die  nachbaren  aus  dem  bämer  hiet 
nänd  wir  in  acht  aus  Threü  vnd  lieh. 

In  der  ersten  handlung  ist  ein  interludium ,  5  selten ,  eingescho- 
ben, in  dem  zuerst  teufel^  dann  engel  und  teufel  auftreten.  Dieses 
steht  zum  spiel  in  losem  Zusammenhang  und  ist  mehr  algemein  mora- 
lisierenden inhalts.  Die  teils  reflektierenden,  teils  den  connex  vermit- 
telnden lieder  werden  von  engein  oder  von  schäfern  gesungen.  Sie 
sind  in  Vorstellungen,  d.  h.  Strophen  abgeteilt.  Der  inhalt  der  drei 
handlungen : 

Erster  IheiU  ein  Gang  die  gehurt  vnd  aufer  Zucht  CcUarina. 

Die  zunite  handlung  wie  Catarina  Gelebt  bis  zur  mart^  md 
wie  sy  die  50  Redner  überwunden  zu  Christo  hekert. 

die  drite  Handlung  wie  Catarina  kdsery  *  hekert  vnd  des  iei- 
sers  kriegs  öberist  porfiryus  mit  sinen  2  hundert  Soldaten  ■  hieruf  qf 

1)  Der  artikel  d  dem  k  von  keisery  assimiliert 

2)  Das  erste  a  wie  in  kalatse  frühstücken  aas  it.  coUusione, 


LÜZEBNEB  DOBFSPIELE  473 

der  keiser  aUe  piniget  vnd  ent  hauten  lasen  (Samt  Katharina  und  der 
kaiserin). 

Eine  textprobe ,  das  erste  auftreten  der  teufel  beim  interludium : 

1  homU  al  ha/r  Ihr  deufels  gsind 

der  hagel  schlagt  vnd  stost  der  wind 

ein  doner  keil  hat  mich  geschlagen 

in  thöl  ^  hinein  mit  pfärt  vnd  wagen 

drum  gebt  wd  acht  auf  disen  List 

ein  neüwe  sach  ist  an  gericht 

das  die  Ehleüth  auf  jene  gstaUen 

die  Tcinder  lehren  vnd  im  Zaum  halten 

wie  das  mägtly  vom  barg  sinen 

sy  solden  sich  spieglen  an  diser  Catrinen 

2  geist  spricht 

0  gfrores  übel  wie  wollen  wir  das  an  keren 

3  geist 

bsind  euch  drüber  wir  wends^  er  wehren 

4  geist  spricht 

die  kinder  fast  an  allen  orten 

lehrend  geüheit  ohne  schroten!  — 

das  theüre  kärdlen^  vnd  luoder  laben 

zu  diser  gwonheit  wir  sy  threiben 

bis  wir  ein  gantzes  buoch  voU  schreiben 
Der  Cobido^  spricht 

drum  gschwind  in  aUe  länder  fard 

Ihr  teufel  al  kein  müöh  nit  spart. 
Über  die  einrichtung  der  bühne  gibt  die  handschrifl  wenig  aus- 
kunft.  Es  ist  ein  türm  da,  in  welchen  Katharina  gespert  wird,  und 
wo  ihr  der  tröstende  engel  erscheint.  Der  kaiser  sizt  im  tron ,  um  ihn 
her  stehen  die  redner.  Die  marter  mit  dem  rad  wird  auf  offener  bühne 
vorgenommen,  das  rad  zerspringt  und  erschlägt  eine  grosso  zahl  von 
beiden.    Die  enthauptungen  finden  hinter  einem  verhäng  statt.  ^ 

VI. 

Das  original  liegt  im  Pfeffikon.  Eine  genaue  abschrift  besizt 
herr  ständerat  Herzog  in  Bero  -  Münster.    Ich  folge  hier  der  abschrift. 

Stalder  Id.  I,  448  sagt:  Giritze^  =  Moos  [=  Kibitz-moor] 
schnakige  Fassnachtspie}(B  zum  Trotz  alter,  besonders  verhasster  Mäd- 

1)  Die  höUo.       2)  woUon  es.       3)  Karten  spielen.      4)  Capido.      5)  Ergibt 
sich  aus  s.  49  mitte.  6)   Das  wort  wird  in  der   heutigen   mundart  bald  giriise, 

bald  girüsey  bald  grase,  bald  grötse  ausgesprochen.    Über  die  bedeutung  des  Sim- 
plex siehe  Lütolf ,  Sagen  566. 


474  BBAimSTBTTEB 

eben  unter  wildem  Gelärm  getrieben.  Yielleicbt  lässt  sich  aach  die 
notiz  über  das  Moosfahren,  Geschichtsfreund  17,  129,  hieherziehen. 
Über  die  mythische  bedeutung  der  Giritzenmoosfahrt  berichten  Lötolf 
und  Rochholtz  [Schweizersagen  aus  dem  Aargau  2,  44.  47].  Während 
die  heutige  mundart  nur  das  kompositum  Giritzenmoos  kent ,  findet  sich 
in  unserm  stück  auch  Gritzenhus  und  das  simpIex  plural  Gritzen.  Von 
bedeutung  ist  auch  das  verbum  schweben  in  folgendem  verse: 

Bir  müßt  allzeit  einsam  leben. 

Mit  den  Grusen  schweben. 

Zuerst  tritt  auf  der  große  Schtcyzer  mit  einer  Halbarten  und 
spricht  den  prolog: 

Hochgeehrteste  y  wertheste  Fründ! 
Die  ihr  hier  zugegen  sind! 
hier  haben  tvir  ein  Faßnachtspiel, 
Bedeutet  aber  gar  nicht  viel. 

Nachher  kernt  der  hanswurst  und  zeigt  kurz  die  materie  des 
Spieles  an.  Darauf  ein  gesang  in  6  strophen,  worin  die  WiÜligen^ 
und  Gesellen  aufgefordert  werden,  unter  den  alten  Gritzenmoosjnngfern 
zu  freien,  die  ja  so  viele  Vorzüge  vor  den  jungem  haben ,  z.  b.: 

Kein  Puder  braucht  ihr  Hoor, 

Darauf  tritt  der  Gritzenmoosvater  auf  und  empfiehlt  seine  töch- 

terschaar,  die  auf  einem  wagen  angefahren  ist    Er  fuhrt  sich  ein  als 

alten  mann: 

Ich  alter  Vater  des  Gritzenmoos, 

Mir  kürzet  der  Sin  und  schwächet  der  Bios,* 

Auf  seine  lobpreisungen  komt  der  Jogget:^ 

Herr  Gritzenmosvater,  i  mußt  di  fragen 
I  sett  es  Mensch  ^  ha  ah  dim  Wagen. 

Zwar:  möchti  '5  Mensch  au  nid  löthig^ 

Erfreut  befiehlt  der  Gritzenmoosvater  demSpetter^^  er  solle  einige 
von  den  töchtern  vom  wagen  herunterheben.  Alle  drängen  sich  vor, 
jede  will  die  erste  sein.  Der  Spetter  mahnt  sie  zur  ruhe,  nimt  eine 
um  die  andere  und  stelt  sie  dem  Joggeli  vor: 

Spetter:   do  chund'^  jetzt  Eine^  wie  gefällter  die? 
Joggeli:  die  macht  mer  0'  fürchte,  i  wül  glaub ^  flieh. 
Spetter :   do  chund  jetzt  eine,  du  wirst  die  nid  welle, 
I  will  sie  grad  nebeln- use^  stelle. 

1)  Witwer.  2)  Atem.  3)  Jakob.  4)  Nicht  im  schlimmen  sinD.  5)  pw, 
ohne  beigäbe.  6)  Stelvertrcter ,  marktholfer  besonders  bei  fahrleaten.  7)  komt 
8)  glaube  ich.        9)  auf  die  seite. 


LÜZSRNER  DOBFSriELB  475 

Aber  do  chund  jetzt  eine^  die  wird  der^s  preie,^ 
Wenn  sie  Grüns  über  chund  ^  aber  erst  im  Meien} 
Joggeli:   Ich  tnag  die  nid,  pack  nur  ivieder  ie, 

Wen  sie  jetzt  wüst  isty  wie  wird  sie  de  i^n  Mexe  sie? 
Die  Jungfern,    Trudte^   Grite^  Trine,  Idde,  Vroni,  Zuse^  rüh- 
men nun  dem  Joggeli  ihre  vortreflichen  eigenschaften ,  Joggeli  ist  bei- 
nahe gerührt,   da  komt  der  kupier,   der  verspricht  ihm  anderswo  eine 
partie:  Sie  hed  tusig  Guide  verfallnigs  Guet, 

Joggeli  lässt  die  Gritzenmoosjungfern  stehen ,  alle  weinen  bitter- 
lich.   Resel^  komt  daher: 

Was  hend  die  Meitle  z^  thue  sOy 
Wie  weü  sie  wette  ^  vo  Sine  cho.^ 
Züse  klagt  nun  über  die  Schlechtigkeit  des  Joggeli,  der  ein  wah- 
rer Hagel  ^  sei.    Eesel  hat  mitleid ,  er  wäre  geneigt,  die  Züsi  zu  wiben^^ 
fragt  aber  auch   nach   der  aussteuer.    Der  Gritzenmoosvater  verspricht 
allerlei:  Ich  will  ich  (?)  no  öppis  Kleiderigs^  überclw^^ 

Es  Hüfdi  Brügdholz^  Liebest  Hut^  Bschnidesdhöpf^^ 
und  ähnliclies.    Bald  wäre  auch  der  Kesel  gerührt ,  da  komt  wider  der 
kupier :  Du  müßtesti  jo  schäme ,  wo  d'  hi  kämist, 

Wen  du  so  ne  alte  Kratte  ^*  nähmist. 
Kesel  geht,    die  Jungfern  geraten  in  solche  Verzweiflung,    dass 
der  vater  einschreiten  muss: 

Wend  ihr^  daß  Buebe  chömid  ^^  zue^ 
So  münder  ordli  ränggele^^  thue. 

Jezt  folgt  ein  wetgesang  zwischen  schäfer  und  Jäger,  ersterer 
ist  für,  lezterer  gegen  die  alten  Jungfern.     Darauf  der  Spetter: 

Komet  ihr  Grusligen  ^^  jetzt  do  zue^ 
Ich  g*  hei^^  ech  toieder  ufen  Wagen  ue, 
Ihr  g*  sehnd  jo  scho ,  daß  Euch  meiner  will. 

Da  komt  zur  rechten  zeit  noch  der  hanswurst  dazwischen  mit 
gutem  trost,  er  wisse  noch  einen,  es  sei  zwar  ein  Buggel.^'^  Die  jung- 
fern  sind  watZj  d.  h.  voll  ungeduldiger  freude,  der  buckel  habe  nichts 
zu  bedeuten.  Der  buckelige  komt,  betrachtet  die  Jungfern,  ist  aber 
keineswegs  entzückt: 

1)  bercichon,  d.  h.  zutreffen,  passen.  2)  Im  mai,  beim  grnnfutter  wird  das 
vieh  schön  und  glatt.  Das  schöne  gcschlecht  wird  im  groben  spass  jöpe-ß,  vieh 
in  der  joppc,  genant.  3)  Gertrad,  Grete,  Katbarina,  Ida,  Veronica,  Snsanna. 

4)  Andreas.  5)  wolten.  6)  kommen.  7)  schlimmer  korl.  8)  zur  frau  neh- 
men. 9)  etwas  kleidemes  =  einige  kleider.  10)  hier  ==  herschalFen.  11)  ? 
12)  mürrische  person.  13)  Wolt  ihr,  dass  buben  herkommen.  14)  so  müsst  ihr 
each  zierlich  bewegen.     15)  mbd.  griusUch,     16)  ich  schmeisse.    17)  ein  buckliger. 


476  BBANDSTETTEB,   LCZEBNBB  DOBFSPXELE 

Die  ist  glaub  voU  Lüs  u.  hed  e  Rifefikopf,^ 
Und  es  Mul  hed  sie,  wie  ne  Wageschopf^ 
Das  ist  Einey  die  alUit  latschet,^ 
Viel  Braütwi  suuft  u.  dubak  chätschet,^ 
Sie  hed  e  füürige  Nase^  rothe  Auge^ 
Wenn  die  Eim  gefiel,  war's  nid  e  Täubet 
Ist  das  die  best  vom  ganzn  Spiel? 
Züpfli  hed  sie  wie  Müsestid,^ 

Voll  absehen  geht  der  bucklige  weg.  Der  feldarzt  aus  Schla- 
raffenland tritt  auf  und  verspricht,  alle  alten  Jungfern  wider  jung  zu 
machen.    Der  vater  traut  aber  der  geschichte  nicht: 

Weü  er  öppis  chönt^  so  hätf  er  deheime  i^thtie. 
Zum  teil  könne  er,  der  vater,  ja  selber  kurieren,  so  wisse  er  trefliche 
mittel  gegen  das  saure  gesicht,  z.  b.  faustpulver,  das  eingeweide  einer 
uiistgabel ,   rätschige  Abfluk  ^  usw.    Das  alles  wolle  er  nun  mit  ihnen 

probieren. 

Jetzt  isfs  fertig ,  packii  wieder  i 

Mer  wend  witers  go ,  do  isfs  vorbi. 

Darauf  ein  gesang  über  das  tema: 

Ihr  alte  Jung f er e!  es  ist  vergebens^ 
AUes  Bitten  ist  umsonst. 

Der  grosse  Schwyzer  spricht  noch  den  opilog. 

Verschieden  ist  die  Gritzenmoosfahrt ,  wie  sie  noch  vor  40  jäh- 
ren in  Bero- Münster  aufgeführt  wurde.  Eine  Viertelstunde  von  Bero- 
Münster  liegt  ein  feld,  Gritzenmoos  genant.  An  einem  der  fastnacht- 
tage fUhrt  ein  phantastisch  ausgeschmückter  wagen  in  den  flecken  hin- 
ein. Auf  demselben  befindet  sich  der  kommandant,  sechs  söhne  des 
Mars  begleiten  den  wagen.  Da  und  dort  sind  in  den  häusern  junge 
burschen  versteckt,  als  alte  Jungfern  verkleidet.  Vor  diesen  häusern 
hält  der  wagen,  auf  befehl  des  kommandanten  tritt  der  herold  vor  die 
türe  des  betreffenden  hauses  und  inift  laut  den  namen  einer  wirklich 
lebenden  misbeliebten  alten  Jungfer,  sie  solle  herauskommen,  sie  müsse 
aufs  Giritzenmoos.  Nichts  rührt  sich.  Da  werden  zwei  krieget  abge- 
schickt. Diese  schleppen  den  als  alte  Jungfer  verkleideten  burschen 
heraus.  Trotz  des  heftigen  sträubens  wird  er  auf  den  wagen  gebracht, 
darauf  ein  anderer,  und  so  weiter,  bis  der  wagen  völlig  angefalt  ist 
Die  alten  Jungfern  weinen  und  jammern,   sie  seien  noch  jung,  können 

1)  rife  =  grind.  2)  Wagenschuppon.  3)  Das  maul  verziehen.  4)  Anf 
grobe  weise  kauen.  5)  sondern  ein  blinder.  6)  Rattenscbwana.  7)  AbM 
beim  hanfbrechen. 


SChOdDBKOPF,    JTJGBNDOEDD.   D.   6T0LBBB0.  477 

loch  wol  einen  mann  bekommen,  lieber  sterben,  als  aufs  Giritzenmoos. 
)er  kommandant  mahnt  sie  zur  ruhe  und  schlägt  mit  einem  stabe 
mter  sie.  So  werden  sie  unter  fröhlicliem  gelärm  der  begleitenden 
iuschauer  auf  das  oben  erwähnte  Giritzenmoos  gebracht  und  dort 
;bgeladen. 

LUZERN.  RENWARD   BRANDSTETTER. 


ZU  CHRISTIAN  UND  FRIEDRICH  LEOPOLD  VON 
STOLBEBGS  JUGENDGEDICHTEN. 

Die  Verbindung  der  jungen  Stolbergs  mit  Johann  Arnold  Ebert, 
1er  das  hier  mitzuteilende  material  seine  erhaltung  verdankt,^  ward 
eingeleitet  durch  die  mutter  der  grafen ,  Charlotte  Friederike  Christiane, 
jeb.  gräfin  zu  Castell  -  ßemlingen  (5.  IK.  1722  —  20.  XH.  1773), 
!?elche  mit  Ebert  seit  einer  begegnung  in  seiner  Vaterstadt  Hamburg, 
m  Sommer  1760,  in  korrespondenz  stand.  Eine  schwärmerische  Ver- 
ehrerin Toungs ,  welcher  bei  ihrem  söhne  Magnus  Ernst  Christian  (geb. 
l.  Xn.  1760)  durch  Eberts  vermittelung  zum  gevatter  gebeten  ward, 
3chloss  die  pietistisch  -  empfindsame  frau  mit  dem  liebenswürdigen  Über- 
setzer der  „  Night -thoughts"  enge  freundschaft.  Die  Kopenhagener 
freunde,  voran  Klopstock  und  J.  A.  Cram6r,  welcher  der  gräfin  ein 
jchönes  denkmal  sezte,^  vermittelten.  So  vereinigen  sich  Cramer  und 
frau,  Klopstock  und  die  gräfin  zu  einem  (undatierten)  koUektivbriefe ; 
Klopstock  schreibt  [ungedr.]:  „Wenn  Sie  Sich  erbitten  lassen  zu  kom- 
men, mein  lieber  E.  so  nehme  ich  Sie  hiermit  zum  voraus  in  Besiz. 
Sie  sollen  in  Lingbye  in  meiner  ehmaligen  Stube  wohnen,  und  unter 
meinem  ehmaligen  Schatten  Ihre  Weisheit  ausleeren.  Ja,  so  soll  es 
3eyn.  Ich  will  Sie  für  Geld  nach  Belieben  fahren  lassen;  und  denke 
etwas  Baarschaft  mit  Ihnen  zu  verdienen.  Nach  Hirschholm  und  Kocke- 
thal  sollen  Sie  theuer  verkauft  werden.  Denn  dort  hat  man  Sie  vori- 
gen Sommer  viel  zu  oft  gehabt.  In  Bernstorf  allein  geb  ich  Sie 
omsonst.  A  propos  Sie  thäten  nicht  übel  wenn  Sie  je  eher  je  lie- 
ber Ihren  zweyten  Theil  der  Nachtgedanken  an  den  Herrn  Geh.  E 
Bernstorf  schickten.   Ihr  Kl."  —   und  die  gräfin  fügt  bei :  „Er  abusiret 

1)  Ms.  nov.  616.  4«  der  herzogl.  bibl.  zu  Wolfenbüttel.  Der  grössere  teil  des 
Ebertschen  nachlasses  befindet  sich  im  besitz  der  familie  Yieweg  zu  Braunschweig. 

2)  Wandsbeckor  Bothe  1774  nr.  6.  Dienstags,  den  11.  Januar.  —  Auch  Ham- 
burg. Neue  Zeitung  11.  Jan.  1774  und  Gott.  M.  A.  1775,  s.  69  fgg.  Vgl.  Redlich, 
Die  poet.  Beiträge  usw.  s.  42. 


478  BCHÜDDBKOPP 

von  Ihrer  Gutheit ,  dass  er  Sie  an  ein  ^nonstrum  oder  dergl.  vergleicht, 
dies  müssen  Sie  schlechterdings  übel  nehmen.  Seite  es  aber  dazu  kom- 
men ,  so  verkaufte  ich  alles  was  ich  habe ,  um  Sie  zu  sehen.  Übrigens 
bitte  wohl  zu  bemerken  dass  es  nicht  aus  generositaet  geschieht  dass 
er  Sie  in  B.  umsonst  will  sehen  lassen ,  Sie  wissen  dass  er  daselbst  za 
Haus  ist." 

Die  Zuneigung  des  erfalirenen  freundes  und  dichters  sachte  die 
gräfin,  die  nach  Bernstorffs  stürze  von  ihrem  gute  Rondstedt  nach 
Altena  übersiedelte^  auch  ihren  söhnen  zu  sichern.  Unter  bemfimg 
.auf  seiner  freundin  wink  wanten  sich  die  beiden  ältesten  kurz  vor  ihrem 
abgange  von  der  Universität  Halle,  am  4.  resp.  7.  IX.  72,  an  Ebert, 
der  eben  in  Hamburg  weilte ,  und  baten  um  seine  freundschafL  Eberts 
gewinnende  antwort,  sein  empfehlungsschreiben  an  Boic,  das  die  gra- 
fen  in  den  Hain  einführte,  der  an  Klopstocks  geburtstag  (2.  VIL  73) 
auch  auf  Eberts  gesundheit  trank,'  vermehrten  den  wünsch  nach  per- 
sönlicher bekantschaft ,  welche  auf  der  anfang  april  1773  gemeinsam 
mit  C.  Fr.  Gramer  angetretenen  ferienreise  in  Braunschweig  erfolgte. 
Schon  hier  scheint  wenigstens  Christian  Stolberg  dem  feinsinnigen  älte- 
ren freunde  gewiesen  zu  haben ,  was  vorzüglich  der  lezte  winter  in 
Göttingen  an  poetischen  fruchten  gereift  hatte.  Aus  Altona  fiber- 
schicken dann  beide  ihre  jugendversuche.  Christian  schreibt  (28.  IV.  73): 
„Sie,  mein  Liebster  Herr  Ebert,  haben  von  einigen  kleinen  Versuchen 
in  der  Dichtkunst  von  mir,  so  sehr  gütig  geurtheilt,  dass  ich  es  wage, 
Ihnen  noch  einige  Versuche  zu  überschicken.  Wie  würden  Sie  mich 
erfreuen,  und  aufinuntern,  wenn  Sie  die  Güte  haben  weiten,  mir  scharfe 
Kritiken  darüber  zu  machen  !^  und  Fritz :  „Ich  bin  so  kühn  mein  thea- 
rester  Herr  Ebert!  Ihnen  einige  Verse  von  mir  zu  schicken.  Ich  unter- 
werfe sie  ganz  Ihrem  Urtheile,  o  wie  würden  Sie  mich  erfreuen  wenn 
Sie  mir  scharfe  Kritiquen  darüber  machten!" 

Von  diesen  gedichten  liegen  neun  handschriftlich  den  briefeo 
bei ,  darunter  vier  von  Christian  (An  Bürger  und  ungedruckt :  An  Claus- 
witz ,  Elegie  an  die  Grafen  Beventlow ,  An  seine  Mutter)  und  fünf  Ton 
Friedrich  Leopold  (Die  Ruhe,  Der  Abend  Stern,  Der  Harz,  An  meine 
kranke  Schwester  Sophia  Magdalena  und  ungedruckt:  An  seine  Mat- 
ter), zum  teil  in  Halle  und  Göttingen,  zum  teil  erst  um  ostern  1773 
in  Altona  entstanden.  Da  schon  die  ersten  drucke  im  Götting.  M.  A. 
von  1774  beträchtliche  Veränderungen  zeigen,  besonders  charakteristbch 
in  den  lezten  strophen  des  „Harzes"  und  der  ersten  der  „Ruhe",  ohne 
dass  Eberts  ein  Wirkung  nachzuweisen  wäre,   folgt  hier  zunächst  eine 

1)  Vgl.  Voss,  Briefe  1,  145.    Weinhold,  Boie  s.  52. 


JUGENDGEDD.  D.  8T0LBBBG.  479 

coUation  der  mannscripte  (M)  mit  deu  drucken  im  Götting.  M.  A.  (A)  und 
in  den  ^Oedichten  der  Bruder  Christian  und  Friedrich  Leopold  Grafen 
zu  Stolberg.  Herausgegeben  von  Heinrich  Christian  Boie."  Leipzig 
1779.    (JB)  auf  grund  der  „Gesammelten  Werke"  1827.  bd.  I  (W). 

L    Der  Harz.     WI,  s.  5  — 7.     Bs.  8— 10.     A  1774  s.  175  — 
177.    Der  Harz.    Auf  dem  Harze  gemacht.  M 

V.  1.   Cheruscien!  M    2.  nervichten  A    nervigten  M    3.  freyeren  M 

4.   Dann  A     Als  M      6.   var  Einfalt  gestrichen :    ernste  M 

7.  Klippen,  A 

9.   lächelt  dir  goldener  M     10.  Seegen,  schüttet  sich  aus  in  der 

Genügsamkeit  M    11.  Frohgeöfnetem  Schoosse,  M    12.  DieM 

13.   in  M     16.  zackigten  M 

Strophe  5  und  6  in  M  vertausdU.     17.  deinen  A     19.  Eber  M 
26.   moossigten  M    28.  Flucht!  AM 
30.   wann  des  Bardiets  Orkan  A      31.   Edelthaten   der  Vorzeit  A 

32.  Und  die  himmlische  Preyheit  pries.  A 
37.   Biedergeschlechts  sklavische  Brut  verbarg  A 
Strophe  8  —  11  lauten  in  M: 

Deinen  dichtrischen  Hain  liebt  die  Begeisterung, 
30.    Felsen  hallten  umher  wenn  der  melodische 
Barde  Thaten  der  Väter, 
Und  die  himmlische  Freiheit  sang. 
Ist  nicht  Herman  dein  Sohn?    Sturm  war  sein  Arm!    sein 

Schwerdt 
Gab  uns  Freiheit  u:  Sieg!    Graun  wie  die  Todten  Gruft 
35.  Sendet,  schreckte  den  Bömer 

Wenn  ihm  Herman  entgegen  zog. 
Herman  welchen  der  Arm  kalter  Vergessenheit 
Hüllte  danklos  in  Nacht,  bis  ihn  dein  grösserer 
Sohn,  mit  mächtiger  Leyer, 
40.  Sang  im  Liede  der  Ewigkeit. 

Klopstock!  ewigen  Euhm  werden  Aeonen  ihm 
Tönen,  Klopstock  ist  dein!  jauchze  Cheruscia! 
Gross  in  Schlachten  der  Freiheit! 
Gross  in  ewiger  Lieder  Hall! 
n.    Die  Ruhe.    W  I,  s.  2  — 4.     Bs.  5  — 7.     A  1774  s.  205  — 
207  M 

2.  ob  sich  der  Bischof  Roms  BA  der  hieerarchische  M  3.  Des- 
potisch aufbläh  (bläh'  A)  oder  knechtisch  BA  Despot  sich 
aufbläh'  oder  feige  M  4.  Lecke  die  Ferse  den  Burboniden ;  BA 
Lecke  den  Fusstritt  des  Burboniden;  M 


480  SCHÖDDEKOPI' 

5.  junger  Oktavius  B  Caesar  Oktavius  A  6.  Das  Volk  H 
8.  fremde  Provinzen  theilen,  M 

10.   Geweihte  M    12.  Räuber  A    Höllen  Geschwader  der  Styx  ihm 

sandte.  M 
14.    und  um  M 
17.    süsse  Buhe!  süsse  Gespielinn ,  komm,  A    18.  führe  A    20.  Dir 

nur  u:  lächelnder  Weisheit  widmet,  M 

22.  ihm  der  Ocean  A    23.  Noch  lächelt  AM 

26.  Ekel  und  Schlummer  A  kalte  Zufriedenheit  M  27.  Giebt  sie, 
gewandten  Blicks,  mit  Wünschen  M  28.  gestöret.  A  Oft 
unterbrochen  u:  oft  mit  Furcht,  ihm.  M 

29.  Thäler  A    führen,  wann  AM    32.  Bösen.  M 
34.    voller  Empfindungen,  AM    36.  Festliches  AM 
37.    sanftren  M 

m.  An  den  Abendstern.  W  I,  s.  10  fg.  B  s.  14  fg.  Der 
Abend  Stern.  M 

3.  farbigten  M 

6.  Waizenhalme  (B)  der  Thau,  bald  aber  schwanden  sie,  M 

10.  gleich  mir  M 

12.  stralende  B 

13.  blaue  Gewand  corr,  aus  goldene  Netz  M 

IV.  An  meine  Schwester  Sophie  Magdalene  in  ihrer 
Todeskrankheit.  WI,  s.  25fg.  B  s.  28  fg.  An  meine  kranke 
Schwester  Sophia  Magdalena.  M  abweichend  nur  in  Schreibung 
und  interpunktion. 

V.  An  Bürger.     WI,  s.  8fg.   Bs.llfg.   A  1774  s.  209  fg.  M 

4.  mit  Tigers  B  [so  auch  in  dem  Schmiederschen  nachdrucke, 
Karlsruhe  1794  —  druckfehler,  da  der  glykoneus  an  zweiter 
stelle  einen  daktylus  erfordert] 

7.  hungriger  A 

11.  Du,  unnennbar  dem  Volk,  A 

14.  Klage!  A  Seufzen!  M  der  Furie,  A  15.  Erbarmung:  AM 
16.  Scheucht  —  fort!  A 

17.  seligen  Tags,  da  die  Gerechtigkeit  A  18.  Noch  mit  stralen- 
der  Stirn  weilte  bey  Mana's  Volk,  A  war  M  19.  Noch,  von 
Eichen  umschaurt,  mit  in  A  unter  dem  M  20.  Kreise  sil- 
berner Väter  A    Kreiss'  ehrwürdiger  Greise  M 

23.  Erfahrung,  und  du,  Erbe  Teutonia's,A  Teutoniens,  M  24.  Ta- 
gend, lehrtest  A 

30.  Druden  M    32.  Locken  A 


JtJGKHDOKDD.  D.  STOLBBBG.  481 

Es  folgen  die  bisher  angedruckten  gedichte,  treu  nach  der  hs., 
Zuerst  das  von  Friedrich  Leopold  von  Stolberg,  ohne  Überschrift,  von 
Christians  band  geschrieben: 

Muse  wenn  je  der  Empfindungen  Fülle  der  hohen  Begeistrung 

Becher  dir  reichte,  dir  je  Liebe  die  Saiten  gestimmt; 
0  so  entlocke  der  Leyer  melodische  zärtliche  Töne, 

Töne  zärtlich  und  sanft,  wie  mein  Gefühl  sie  dich  lehrt! 
5  Zwar  dich  schreckt  die  furchtbare  Nähe  der  hohen  Siona 

Die  den  Messias  sang,  die  sein  Weltgericht  sang! 
Aber  ob  auch  der  Adler,  mit  lüsternem  Auge  die  Sonne 

Trincket,  streben  nicht  auch  Kinder  der  Büsche  empor? 
Lange  dürst'  ich  umsonst  der  besten  Geliebtesten  Mutter 
10        Ganz  zu  sagen  wie  hoch  immer  mein  Herz  für  sie  schlägt. 
Wag'  0  Muse  den  Schwung !  auf  Fittigen  hebt  dich  die  Liebe ! 

Dass  nicht  gauckle  dein '  Flug  hält  dich  die  Ehrfurcht  zurück ! 
Liebe  mit  Ehrfurcht  vereint!  sie  tief  wie  des  Oceans  Tiefe, 

Jene  hob  und  entflammt  Mittags -Sonne  wie  du! 
15  Siehe  die  Sprache  verlässt  das  Gefühl,  der  Odem  entgeht  ihr, 

Reichende  bleibe  zurück!  schwinge  Gefühl  dich  empor. 

Friedrich  Leopold  Stolberg. 

Auf  demselben  quartblatt  steht  von  Christians  band,  ebenfals 
ohne  Überschrift: 

Welcher  blähende  Stolz,  welche  Verwegenheit 
Dih  erhabne 9  dih  höchste  der  Musen,  die 

Elopstocks  himlische  Harfe 

Und  nur  diese  allein  beseelt, 
5  Dih  zu  flehen  herab,  von  der  mich  blendenden 
Von  der  schwindelnden  Höh'  Muse  zu  senken  dih, 

Schwachen  irdischen  Saiten, 

Zu  entlocken  die  Töne  der 
Sanften  Rührungen:  denn  wisse  des  Liedes  Zweck 
10  Welches  Sprösslingen  gleich,  unter  dem  Schatten  der 

Geder  Libanon  aufkeimt; 

Hör'  ihn  Muse  den  hohen  Zweck, 
Und  begeistre  mich!   0  lange  schon  klopfet  mir 
Mein  empfindendes  Herz,  und  ich  vermag  es  nicht, 
15        Auszusagen  der  Mutter, 

Ihr  der  besten,  der  zärtlichsten 

1)  Zuerst:  der. 

EIIT8CHBI1T  V.  DlüTBCHl  PmLOLOOIS.     BD.  ZVm.  31 


482  SCHÜDDEKOPF 

Aller  Mütter,  wie  mit  zärtlichem  Ungestüm 
Meine  Seele  Sie  liebt;  inniger,  feuriger, 
Ach  viel  heftiger,  stärcker 
20        Als  wie  selber  ich  liebe  mich! 

Wie  die  Wange  mir  glüht ,  Wonne  mir  trübt  den  *  Blik, 
Wenn  den  festlichen  ganz,  wenn  den  erqnickensten  [sie] 
Der  Gedanken  ich  denke. 
Beste  Mutter  dein  Sohn  bin  ich! 
25  Singe  Muse  ihr  Lob,  du  nur  allein  vermagst 
Sie  zu  singen ,  du  kenst  jede  Erhabenheit, 
Jede  höhere  Tugend 
Welche  Sie  nur  allein  verkennt,  fsicj 
Doch  wass  wagest  du?    Nein  singe  Sie  Muse  nicht, 
30  Ihr  bescheidener  Blick,  siehst  du  ihn,  siehst  du  ihn? 
Der  gebietet  zu  schweigen. 
Schweigend  Muse  verehre  Sie! 

Christian  Stolberg. 

Auf  dem  gleichen  oktavbogen  mit  „An  Bürger*^,  also  wol  auch 
anfang  1773  in  Göttingen  entstanden,  steht  von  Christians  band  fol- 
gende ode: 

An  Clauswitz.^ 

Dir  ertöne  mein  Lied,  Erster  dem  innige 

Freundschaft  sich  mir  entschlich,  welchem  mein  jugentlich 

Herz  voll  ahndender  Wonne 

In  der  ersten  Umarmung  schlug! 
5  0  nun  ist  er  bewährt,  unserer  Herzen  Bund, 
Sechzehn  Sommer,  am  Strahl,  reift'  er  der  wärmenden 

Sonne,  welcher  kein  Wölkchen 

Je  den  heiteren  Blik  getrübt. 
Ewig  segnet  den  Tag,  ewig  mein  volleres 
10  Überfliessendes  Herz,  als  du,  mit  sichrer  Hand 

Meiner  wankenden  Kindheit 

Schwache  Tritte  zu  leiten  kamst. 
Wenn  ich  klimme  zum  Ziel,  dem  der  geprüfteren 
Tugend  Lorbeer  entkeimt,  wenn  ich  geschärftem  Bliks 
15        Dring'  ins  Heiligthum  hoher 

Weisheit  welche  den  Pöbel  scheucht: 

1)  Hs.  der. 

2)  Seit  1757  hofmeistcr  der  jungen  grafen,   in  Kloster  Berge  und  auf  ^^ 
pädagogiam  zu  Halle  gebildet. 


JÜOENDOBDD.  D.  STOLBBBG.  483 

Wenn  den  heissesten  Durst,  Durst  nach  Unsterblichkeit 
Der  im  Busen  mir  glüht,  löschet  Kastalia 

Wenn  den  Kranz  ich  mir  winde 
20        Zeitverhöhnenden  Amaranths: 

Dir,  dir  glühet  alsdann,  dir  auch  ertönt  mein  Dank, 
Dass  zum  Ziele  du  mich  führtest,  ins  Heiligthum, 

Dass  des  ewigen  Kranzes 

Blüte  finden  du  mich  gelehrt! 
25  Deine  Saiten  hinab  glitt  in  die  Seele  mir 
Süsser  Wehmuth  Gefühl,  glittet  ihr  Erstlinge 

Hoher  Freuden  mit  denen 

Ihren  Peyrer  die  Muse  krönt. 
Nun  ach!  ruhen  sie  stumm,  tönen  der  Freuden  mir 
30  Keine  fürder  —  0  Freund  höre  der  Freunde  Flehn, 

Ach  entlocke  der  Leyer 

Wieder  sanfter  Gesänge  Ton, 
Wie  sie  vormals  erklang:  sanft  wie  der  Abend  thau. 
Wie  des  säuselnden  Wests  kühlende  Wehungen, 
35        Sanft  wie  Silber  des  Mondes 

Das  den  lispelnden  Bach  erhellt. 

Zum  schluss,   ebenfals  vor  ostern  1773  entstanden/    auf  einem 
lartblatte  von  Christian  Stolberg  geschrieben: 

Elegie 
An  die  Grafen  Reventlow. 

Ach!  ich  täuschte  mich  oft,  und  sann  in  goldenen  Stunden 
Meinen  rauheren  Pfad  mir  mit  der  Rose  zu  streun. 

Aemsig  pflückt'  ich  sie  ab,  und  froh  des  lachenden  Weges 
Ging  mein  eilender  Fuss  über  den  Blüten  dahin. 

5  Ich  bethörter!  ist  nicht  mit  Dornen  jede  bewafnet? 

Und  ontträufelten  nicht  blutige  Tropfen  dem  Fuss? 
Auch  du,  zucktest,  auch  du!  o  schönste  Rose  des  Lebens 

Freundschafft  gegen  mein  Herz  deinen  tückischen  Dorn! 
Ach  erspäh'te  mein  forschender  Blick ,  die  besten  der  Freunde 

1)  Die  grafen  Cajus  und  Friedrich  Reventlow,  immatrikuliert  am  16.  X.  17G9, 
rliesson  Güttingcn   zu  ostern  1773.    Auch  Fritz  Stolbcrg  besang  ihren  abschied; 

Bchreibt  an  Puletchen  (14.  VI.  73):  „Hier  sind  einige  Zeilen,  die  ich  an  den  &lte- 
en  Reventlow  den  Tag  vor  seiner  Abreise   machte."     (Janssen,   Stolberg  1877. 

26.) 

31* 


484  SCUÜDDEKOPF ,   JUGEND6BDD.  D.   8T0LBBBG. 

10        Himlische  Freunde,  wie  Gott  selten  sie  Sterblichen  gab, 
Ach  erspäh't'  ich  sie  nur,  dass  bald  das  eiserne  Schicksal 
Sie  ergriffe,  sie  bald  risse  vom  Herzen  mir  weg? 

Dunkel  trübt  sich  mein  Geist ,  und  zwo  melancholische  Thränen 
Wie  die  Liebe  sie  weint,  weinen  die  Wangen  hinab; 
15  Euch,  ihr  fernen  Geliebten,  euch  weint  die  eine,  die  andre 
Euch,  ihr  lieben  die  bald  nicht  mein  Auge  mehr  sieht! 
Schon  schon  rückt  sie  heran ,  die  grause  Stunde  der  Trennung, 

Schon  schon  eilen  hinweg,  Theure  Geliebte  von  mir. 
Ach!  ihr  scheidet  von  mir,  ihr  edlen  Jünglinge,  scheidet 
20        Reventlowe!  von  mir,  eurem  Getreuen  hinweg! 

Innig  liebt  euch  mein  Herz,  und  ewig  liebt  es  euch,  Zeuge 

Sey  du,  ahndend  Gefühl  späterer  Zärtlichkeit  mir! 
Weise  floh't  ihr  die  Schaar  der  albernen  Jünglinge,  flöhet 
Jede  gaukelnde  Lust  welche  der  Seele  zu  klein: 
25  Euren  eigenen  Pfad  erwähltet  ihr  muthig,  er  führet 

Heiterer  Weisheit  euch  zu,  heiterer  Tugend  euch  zu! 
Ach  ihr  scheidet  von  mir,  ihr  edlen  Jünglinge,  scheidet 

ßeventlowe!  von  mir,  eurem  Getreuen,  hinweg! 
Näher  nah't  sie  die  Stunde  des  Scheidens!  aber  es  schimmert 
30        Meinem  Auge  von  fem,  tröstender  Hofiiungen  Schein; 
Wieder  find'  ich  euch  einst,  0!  Freund'  am  baltischen  Ufer 
Und  dann  knüpfet  das  Band  fester  und  fester  sich  zu. 

Was  sonst  von  dichtungen  in  dem  langjährigen  briefwechsel  u 
Ebert  übersant  wurde,  so  die  „Hesperideu  meinem  Freunde  Ebert 
gewiedmot"  von  der  italienischen  reise  1792  (Werke  IX,  332  fgg.), 
chöre  aus  dem  „Otaues",  der  „Anfang  des  fünften  Gesangs  der  Zu- 
kunft" *  oder  die  gedichte  an  Elise  v.  d.  Eecke  (Werke  I,  414.  416) 
nach  dem  zusammüntreifen  mit  dieser  und  Ebert  in  Dresden  (sommer 
1784),  bietet  zu  geringfügige  abweichungen ,  als  dass  ihre  mitteiloBg 
sich  lohnte. 

1)  Vgl.  Arch.  f.  I/it.-gesch.  XIII,  82  fgg.  —  Fritz  Stolberg  übersendet  die 
cr.stcn  2\i  verse  aus  Eutin  am  6.  VI.  1782  mit  den  Worten:  „An  der  Zukunft  trbeifc 
ich  Ruckweise  wie  ein  Volkan.  Ick  schicke  Ihnen  hier  den  Anfang  des  fönftefl 
Gesan^^ä  in  welchem  ich  ganz  Amerika  frey  gemacht  habe.*" 

WULFENBÜTTEL.  CARL  SCHÜDDEKOPP. 


485 

ZU  THOMAS  NAOGEORGS  GEBURTSORT. 

Thomas  Naogeorg  nimt  unter  den  tendenzdramatikern  der 
reformationszeit  wol  die  erste  stelle  ein.  Als  seinen  geburtsort  bezeich- 
net Goedeke  sowol  in  der  ersten  aufläge  des  Grundrisses  (I,  134  nr.  18) 
als  auch  in  der  zweiten  (II,  134  nr.  10  und  s.  333)  Hubelschmeiss  bei 
Straubing.  Goedekes  angäbe  kann  sich  nur  auf  Freytag  Adparatus  lit- 
terarius  II,  1011  (Lips.  1753)  stutzen,  wo  es  heisst:  „Thomas  Nao- 
georgus  si VC  Kirch mayr,  quem  alii  Neubauer  vocant,  et  Tobias  Schmi- 
dius  in  Chronico  cygneo  I,  373  fundamento  nescimus  quo  Thomam 
Hubelschmeiser  adpellatum  esse  scribit,  Straubingae  in  Bavaria  infe- 
riore anno  1511  natus"  usw.  In  der  von  Freytag  angezogenen  Chro- 
nik der  Stadt  Zwickau  von  Tob.  Schmidt  heisst  es:  „. ..  wie  denn  die 
armen  Leute  im  Papsttum  noch  nicht  anders  meinen,  davon  Thomas 
Naogeorgus ,  sonsten  eigentlich  Heubelschmeisser  genant^  usw.  Hieran 
erinnert  Naogeoi^s  biograph  Am  Ende  in  der  „Nachricht  von  Thomä 
Naogeorgi  Leben  und  Schriften"  (in  G.  Th.  Strobels  Miscellaneen  lite- 
rarischen Inhalts.  Nümb.  1780.  3,  111),  wo  es  heisst:  „Noch  einen 
andern  Namen  führt  er  von  dem  Orte  seiner  Geburt.  Da  heisst  er 
Heubelschmeisser  oder  Hubelschmeisser.  Ungeachtet  er  sich  selbst  und 
andere  ihn  Straubingensem  nennen  ^  so  war  er  doch  eigentlich  nicht 
von  Straubingen  selbst,  sondern  von  einem  ziemlich  unbekannten ,  nicht 
weit  davon  gelegeneu  Orte,  das  Hubelschmeiss  heisst,  von  welchem  * 
er  diesen  Namen  bisweilen  geführt  haben  mag.  Es  ist  aber  solches  von 
einigen  ganz  falsch  verstanden  worden.  Li  Tob.  Schmidts  Zwickauischor 
Chronik  soll  stehen,  dass  Naogeorgus  sonst  Heubelschmeisser  heisse, 
wie  Schlegel  im  Leben  Spalatins  S.  3  meldet.  Dies  erzählt  J.  A.  Wim- 
mer  in  seinem  lateinischen  Leben  des  Kanzlers  Gregorius  Pontanus, 
Altenburg  1730,  S.  25  ganz  verkehrt:  Thomas  Heubelschmeisser,  a 
patria  Naogeorgus." 

Am  Ende  vermutet  also  die  existenz  eines  in  der  nähe  von  Strau- 
bing bdegenen  ortes  Hubelschmeiss,  welcher  ihm  als  die  geburtsstätte 
des  dichters  gilt.  Die  von  mir  angestelten  nachforschungen  haben 
ergeben,  dass  ein  ort  dieses  namens  nicht  vorhanden  ist;  wol  aber 
dürfte  das  Örtchen  den  namen  „Hundsschweif"  geführt  haben,  woraus 
durch  irrige  abschrift  oder  irrigen  druck  jene  entstelte  Icsart  entstan- 
den sein  wird.  Gegenwärtig  heisst  nämlich  ein  zwischen  Kirch roth 
und  Zeitldorn  in  einer  cntfernung  von  etwa  10  km  von  Straubing  an 
der  nach  Regensburg  am  linken  ufer  der  Donau  führenden  distrikts- 
strasse  gelegener  weiler  Hundsschwanz  (vgl.  die  geueralstabskarte). 
Die  karte  von  Apian  (1579)  nent  diesen  ort  Hündshofen. 


486  HOLSTEIN,   NAOGEOBGS    GEBURTSORT 

Will  man  hiernach  die  bezeichnung  Hubelschmeisaer  oder  Heu- 
belschmeisser  auf  den  geburtsort  Naogeorgs  zurückfuhren ,  so  wird  man 
eine  erklärung  zu  geben  kaum  im  stände  sein ,  da  der  ort  Hubelschmeis:; 
nicht  existiert;  auch  das  zurückgehen  auf  Hundsschweif  oder  Hunds- 
schwanz lässt  sich  nicht  rechtfertigen.  Die  zuerst  von  Schmidt  gebrachte 
benennung  Heubelschmeisser  müste  demnach  eine  dem  lateinbcheo 
namen  Naogeorgus  entsprechende  deutsche  benennung  sein^  lässt  aber 
eine  passende  erklärung  nicht  zu. 

Unter  diesen  umständen  erscheint  es  mir  notwendig  andere  quel- 
len aufzusuchen,  welche  über  den  geburtsort  Naogeorgs  aufschlos:^ 
geben.  Die  am  nächsten  liegende  und  sicherste  dürfte  diejenige  seiu. 
die  aus  seinen  eigenen  Schriften  schöpft.  Nun  beweisen  die  titel  emer 
anzahl  seiner  zahlreichen  Schriften ,  dass  Naogeorg  aus  Straubing  stamte. 
Seine  dramen:  Pammachius  (1538),  Mercator  (1540),  Incendia  (1541), 
Hamanns  (1543),  Hieremias  (1551)  tragen  auf  dem  titel  die  worte: 
autore  Thoma  Naogeorgo  Straubingensi.  Ebenso  die  Übertragungen 
dieser  dramen :  Pammachius  . .  beschrieben  im  latein  zu  Wittemberg 
durch  Thomas  Kirchmeyern  von  Straubingen  und  jüngst  verteutschet; 
der  Mordbrand  . . .  durch  Thomam  Kirchmeyern  von  Straubingen ,  ebenso 
der  Kaufmann.  Aber  nicht  blos  in  den  dramen ,  sondern  auch  in  andern 
Schriften  nent  er  sich  Straubingensis ,  so  in  den  Agricolturae  sacrae 
libriV,  die  Freytag H,  1008  anführt,  in  seinen  Adnotationes  in  primam 
*  d.  Johannis  epistolam  (1544),  im  Carmen  de  hello  Germanico  (1548). 
in  der  lateinischen  Übersetzung  des  Sophokleischen  Ajax  und  Philokte- 
tes,  in  dem  gedieht  de  componendis  discordiis  religionis  (1559),  Syne- 
sii  epistolae  (1558),  die  alle  bei  Strobel  3,  144.  146.  148.  149  ange- 
führt werden. 

Diesen  Zeugnissen  schliesst  sich  ein  anderes  historisches  zeugni^ 
an.  .  Es  ist  nämlich  erwiesen ,  dass  Straubing  schon  sehr  früh  sich  der 
roformation  anschloss  und  um  die  mitte  des  16.  Jahrhunderts  fast  gioz 
der  lutherischen  lehre  ergeben  war,  und  aus  Ed.  Wimmers  darsteUnog 
„Wirkung  der  Eeformation  in  Straubing  im  16.  Jahrhundert '^  (Sam- 
melblätter zur  Geschichte  der  Stadt  Straubing)  geht  hervor,  dass  u 
Straubing  gerade  damals  eine  ratsbürgerliche  familie  Kirchmayr  blühte, 
der  der  dichter  und  dramatiker  sicher  angehörte.  Diese  familie  ist 
erst  im  anfange  des  17.  Jahrhunderts  erloschen. 

Es  dürfte  hiernach  zur  genüge  bewiesen  sein ,  dass  Thomas  Nao- 
georg (Kirchmayr)  aus  Straubing  und  nicht  aus  Hubelschmeiss  bei 
Straubing  stamt. 

WILUELMSHAVEN.  nUQO   HOLSTEIN. 


487 


ZU  PARZIVAL  29,  9  fg. 

K.  Bartsch  hat  in  seiner  ausgäbe  zu  den  versen: 

dar  nach  Mes  sie  schenken  sän: 
getorste  sie,  daz  wcer*  verlän. 
ez  mOete  sie  deiz  ntht  hdeip^ 
wand  ez  die  rUer  ie  vertreip^ 
die  gerne  spräcJien  tvider  diu  toip. 

die  anmerkung  zu  29,  9  „schenken,  wein  und  andere  getränke  ein- 
schenken: zur  bowilkomnung'^  und  zu  29,  12:  „es  war  für  ihn  das 
zeichen,  an  den  aufbruch  zu  denken,  dem  ersten  besuche  ein  ende  zu 
machen."  Diese  erklärung  passt  nicht,  denn  dabei  wirft:  getorste  sie^ 
daz  wcer  vertan  auf  Belakane  ein  schiefes  licht,  als  ob  sie  den  wil- 
komtrunk  nicht  gern  gespendet  hätte.  Es  ist  hier  nicht  von  einem 
tränke  zur  bewilkomnung,  sondern  von  einem  abschiedstrunke ,  scheide- 
trunke  erst  nach  der  Unterredung  die  spräche. 

Ich  , mochte  hier  an  das  „schenken"  in  Meleranz  erinnern  8698 : 

moraz  kläret  ufide  win 
wart  da  geschenket  vollecltch. 
diu  edel  käniginne  richy 
do  daz  schenken  geschach^ 
do  stuont  si  üf  unde  sprach: 
j,Jierre,  nach  iuwer  arbeit 
sult  ir  ruowen  usw. 

Vgl.  auch  Lohengrin  str.  184.  185. 

Diese  sitte  lebt  noch  in  manchen  tälern  Tirols  fort.  Zu  guter 
lezt,  zum  Schlüsse  der  Unterredung  wird  ein  trunk  geboten.  Eine  ähn- 
liche gepflogenheit  berichtet  J.  Ph.  Fallmerayer  Fragmente  U,  315 
aus  dem  Oriente :  „In  ganz  gleichen  Zwischenräumen  werden  erfrischun- 
gen  gereicht,  scherbet,  backwerk,  süsses  usw.  Endlich  wird  ein 
albanischer  grosser  apfel  von  vorzüglichem  aroma  mit  messer  und  hand- 
tuch  jedem  der  sitzenden  besonders  in  einem  teller  auf  den  schoss 
gelegt,  zum  Schlüsse  aber  noch  einmal  kaffee  herum  gege- 
ben, was  in  mohamedanischen  abendgeselschaften  das  zei- 
chen  zum   aufbruch  ist." 

GUFIDAUN.  J.   ZINGERLE. 


488 


SELBSTBIOGRAPHIE  DES  JOHANNES  NASUS. 


Durch  die  bemerkung  E.  Gödekes  (Grondriss  L  aufl«  s.  385): 
^Es  ist  aufTallende  vernachlässigang ,  dass  von  katholischer  Seite  die- 
sem Polemiker  bisher  noch  keine  aa&nerksamkeit  gewidmet  wurde*', 
veröffentlichte  ich  einen  kleinen  aufsatz  fiber  J.  Nasus  im  ^Anzeiger 
für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit  YI,  nr.  9.^  Im  jähre  1859  warde 
P.  Johann  B.  Schöpf,  der  als  professor  am  gymnasiom  in  Bozen 
wirkte,  beauftragt,  eine  abhandlung  far  das  gymnasialprogramm  deg 
Schuljahres  1859/60  zu  schreiben.  Er  wante  sich  an  mich  mit  der 
frage,  welches  thema  ich  ihm  empfehlen  würde.  Ich  schlug  J.  Nasus 
vor  —  und  im  juni  1860  erschien  seine  fieissig  gearbeitete  schrift: 
„Johannes  Nasus,  Franziskaner  und  Weihbischof  von  Brixen.^  (1534 
—  1590).  Ihm  stand  ein  reiches  material  zu  geböte,  und  widerholt 
konto  er  die  Selbstbiographie  seines  berühmten  längst  verstorbenen 
mitbruders  erwähnen,  z.  b.  s.  6.  9.  45.  47.  Allein  das  kurze  currica- 
lum  vitae ,  das  Nasus  selbst  aufgezeichnet,  ist  bisher  ungedrucki  Durch 
die  gute  meines  Schülers  P.  Linus  Fehr  konte  ich  einsieht  und 
abschrift  von  der  aufzeichnung  des  J.  Nasus  nehmen.  Unter  den  reli- 
quien  des  Nasus,  die  im  Franziskanerkloster  zu  Innsbruck  aufbewahrt 
werden ,  findet  sich  ein  kleines  lateinisches  gebetbüchlein  auf  pergament 
(kleinstes  format),  zierlich  geschrieben,  224  blätter.  BL  155  — 158 
incl.  enthält  die  biographie,  die  ich  in  diplomatischer  abschrift  gebe. 
Auf  dem  innern  deckel  der  rückseite  steht: 

„Wer  dieses  büchlein  ungefar 
Verloren  fint,  der  merck  fürwar, 
Daz  solches  F.  Joann  Nass, 
Wolbekanten  predigers,  was. 
Der  bit  freuntlich  durch  Gottes  Ehrn, 
Das  man  ims  wol  widerkem: 
Keins  drinckelts  wirt  er  sich  beschwern. 

1580.** 

Ego  frater  Joannes  Nasus:  gratia  dei  me  prevenievde,  natm 
sum  in  mundum,  opidoeUman,  ducaius  franconicj  honestis  pareniäms, 
patre  valentino  naso^^  matre  nuigdalena  schumanin,  legittimo  {horo, 
anno  1534,   19.  marcii;    anno  1546,    Didid  prope  bambergam  artem 

1)  Schopfs  anfsatz,  der  im  bachhandol  nicht  zu  haben  ist,  kann  tod  der 
dircctioD  des  Franciscaner-gymnasinms  in  Bozen  bezogen  werden,  wo  noch  einige 
excmplare  vorratig  sind. 

2)  fM8o  am  aussenrande  nachgetragen. 


J.   ZIN6BBLB,   J.  NASÜ8  489 

vestiariamy  qua  etvidum  quesiui  eam  exercendo  ferme.  6.  annis.  Porro 
1552  mancLchii  ex  lectione  cmusdam  libdi  de  imitatmie  cliristi  con- 
mctus  ingressus  swm  ordineni  scmcti  Francisd  Guardtano  schmilJcotiero, 
Mintstro  henrico  roch,  quem  ordinem  professus  sum  anno  revoluto  in 
festo  Mariae  de  Niue^  vd  s.  dominici,  aug.  5.*  anno  53.^  —  1557 
ordinatus  sum  sacerdos^  fraisinge  ab  sübfraganeo  osbaldo  Fischer, 
quem  papa  Julius  III  episcopum  ordinauerat;  ab  eodem  episcopo  om- 
nes  ardines  acceperam.  Cantaui  primitias  in  festo  annuntiationis  ma- 
rie.  —  Anno  1559  ex  monaco  ingdstadium  mutatus  püblicis  ledioni- 
hus  operam  nauaui,  in  aJhum  studiosorum  debito  iuramento  insertus.  — 
Anno  1560  in  capikdo  seflinge  super  festo  exaltationis  s.  cruds  renun- 
ciatus  sum  praedicator  conuentus  ingdstadiensis.  —  Anno  1566  y  dum 
predtcarem  straubinge  et  deus  sua  misericordia  totum  opidum  in  grc- 
mium  romane  ecdesie  reducerat.  Motu  proprio  pii  5.  admonente  tUust. 
cardinali  dementi  monil.,  quodam  ordinis  fratrum  mi,  generali  crea- 
tus  sum.  S.  A.  G.  —  Anno  1571 ,  dum  Borne  generali  capitulo  custos 
prouincie  argentine  intereram,  predicaui  Romae'^  et  vivo  oraculo  plura 
preuilegia  reportaui.  Generalibus  ministris  aloisio  puteo  et  christophoro 
de  eape.  fon.  Ab  isto  posteriore  institutus  sum  commis(sarius)  super 
tres  proui(ncias)  d  conventum  oeniponti  1572.  —  Ea  occasione  adsci- 
tus  ab  serenis.  archi.  ferdinandi  Oenipontum^  cuius  d  predicator  auli- 
cus,  ab  inde  diam  brixinensis  ccUhedralis  ecdesie. 

A  papa  Greg(orio)  XIII.  designatus  commis(sarius)  anno.  1578. 
d  pro  his  omnibus  acerbissime  a  m^is  füiis  spiritalibus  d  frairibus 
acusatus  sum  a^no  1579  in  general(i)  cap(itulo)  parisiensi,  sed  ini- 
quitas  mentita  est  sibi:  Authore  teste  R.  P,  frater  fraficisco^  Gonzaga^ 
Generamendicanti :  Sotio  fratre  bernardinuo'^  candano. 

Deinde  ascitus-fui  ad  suffraganeatum  Brixinensem  a  B^  in 
Christo  domino  Jo.  Thoma  principe  Episcopo  Brixine  etc.  designatus 
d  confirmatus  Episcopus  Bdlinensis  a  papa  Gre(gorio)  13.,  consecra- 
tus  Brixine  in  Ecdesia  S.  Catherine  anno  1580  a  supradido  principe 
consecratore ,  Dominica  post  ExaU.  S.  Crucis  18.  sep.  Deus  dd  su<im 
graiiam  ad  muUos  annos  multorumque  hominum  salutem.    Amen. 

Rot  geschrieben  ist  der  beisatz:  mort:  1590.  16  May  in  Sero 
oeniponti. 

1)  Mar.  de  auf  rasur  nachgetragen.    NiiAe  am  aussenrande. 

2)  5  corrigiert  ans  2.  3)  3  corrigiert  aus  2. 

4)  sacerdos  corrigiort  aus  scicerdotem. 

5)  Bomae  am  aussenrande  nachgetragen. 

6)  flrandsco  corrigiert  aus  frandscum. 

7)  bernardimo  corrigiert  aus  hemardvmm. 


490  BACHBL 

In  neuester  Zeit  hat  dr.  Joseph  Hirn  im  werke:  ^Erzherzog 
Ferdinand  IL  von  Tirol.  Geschichte  seiner  Regierung  und  Länder. 
1.  Band.  Innsbruck,  Wagner  1885"  s.  247  —  262  das  wirken  des 
J.  Nas  in  Tirol  besprochen.  Unrichtig  ist  es,  wenn  jüngst  feuilleto- 
nisten  Nasus  als  Tiroler  bezeichneten,  denn  er  ist  erst  im  jähre  1571, 
also  in  einem  alter  von  37  jähren  nach  Tirol  gekommen. 

(UIFIDAUN.  IGNAZ  ZINOERLE. 


FßEIIJEKGER    liRlKMISTÜCK    VON    JEROSCllINS 

CHRONIK. 

In  den  zwei  bänden  einer  ausgäbe  der  werke  des  Joh.  Chrj'so- 
stomus  in  der  Freiberger  gymnasialbibliothek  (cl.  II.  fol.  39.  40)  fan- 
den sich,  wie  mein  koUege  herr  dr.  Heydeureich  bei  einer  durchsieht 
bemerkte,  als  Vorsatzblätter  ein-  und  zum  teil  unter  die  papierdecke 
des  holzdeckels  untergeklebt  vier  porgamentstreifen ,  die  nach  ihrer 
ablösung  sich  als  die  zusammengehörigen  h&lften  zweier  blätt^r  heraus- 
stelten;  und  zwar  sind  es  bruchstücke  einer  handschrift  der  Kronike 
von  Pruzinlant  des  Nicolaus  von  Jeroschin.  Sie  enthalten  in  8  spal- 
ten von  je  32  zeilen  die  verse  21,252  bis  mit  21,504  (nach  Strehlkes 
Zählung). 

Die  beschaflfenheit  der  bruchstücke  brachte  auf  die  Vermutung, 
dass  sie  derselben  handschrift  angehören,  von  welcher  die  Berliner 
bibliothek  ein  halbes  blatt  besitzt  Ms.  germ.  fol.  725,  das  Strehlke  in 
seiner  einleitung  (s.  301)  als  B  anführt  und  kurz  beschreibt.  Eine  durch 
die  freundlichkeit  der  Berliner  bibliothek,  die  das  blatt  hierhersante, 
ermöglichte  vergleichung  ergab  die  richtigkeit  dieser  Vermutung.  Das 
Berliner  blatt  stimt  in  grosse,  schrift,  Zeilenzahl  und  orthographischen 
eigentümlichkeiten  volkommen  mit  den  Freiberger  bruchstücken  über- 
ein; es  ist  auch  genau  so  verwendet  gewesen,  wie  der  mit  leimresten 
behaftete  deutlich  sichtbare  bruch  in  der  mitte  beweist  Leider  ist 
keine  nachricht  darüber  vorhanden,  wie  das  Berliner  blatt  in  den  besitz 
Hotfmauns  von  Fallersleben ,  aus  dessen  bibliothek  es  in  die  Berhner 
übcrgieng,  gekommen  ist. 

Die  „trefliche  handschrift",  wie  Strehlke  sie  nent,  stamt  etwa 
vom  ende  des  XIV.  Jahrhunderts  und  steht  der  ältesten  und  besten 
handschrift  der  kronike,  der  Stuttgarter,  ziemlich  nahe.  Die  Freiber- 
ger biaichstücke  bieten  daher  wenig  abweichungen  vom  Strehlkeschen 
text,   dem  ja  die  Stuttgarter  handschrift  (S)  hauptsächlich  zu  gründe 


FKEIBEROEB  BBUCHST.  V.   JEROSCHTN  491 

liegt  An  orthographischen  eigentümlichkeiten  ist  zu  bemerken  das 
häufig  vorkommende  y  für  i ,  teils  langes ,  teils  kurzes ;  die  media  g,  d 
am  ende  des  wortes,  sogar  der  zeile  statt  der  tenuis  c,  t;  c  für  is  im 
anlaut  (eil,  dt) ;  dialektisch  das  fast  durchgängige  i  statt  des  tonlosen  c, 
noch  häufiger  als  schon  Strehlkes  text  gibt.  Bemerkenswerte  Varianten 
sind  nur:  21285  gemenge  (Strehlke  getwenge)  und  in  der  Überschrift 
nach  21287:  ein  groz  unindtr  (Strehlke  ein  wundir).  In  folgenden  föl- 
len  stimt  unsere  handschrift  mit  den  von  Strehlke  angeführten  lesarten 
von  S  überein:  Bei  21267:  do  di  andern  drizig  man  hat  ^  do  si  di; 
ebenso  unsere  handschrift,  nur  ist  das  überflüssige  si  von  späterer  band 
gestrichen.  21278  Strehlke  niman,  S  niinant  Freib.  bruchst.  nymant 
21305  Strehlke  misilsucht,  S  und  Freib.  bruchst.  tncs^ilsuelU.  21341 
Strehlke  da,  S  und  Freib.  bruchst.  dar.  21356  Strehlke  vunften,  S 
vumfzen,  Freib.  bruchst.  vtmßen,  21473  Strehlke  ufide,  S  und  Freib. 
bruchst.  und. 

Dagegen  stimt  in  folgenden  stellen,  wo  Strehlke  abweich ungen 
von  S  bemerkt,  unsere  handschrift  nicht  mit  S  überein:  21315  Strehlke 
herze  Über;  ebenso  Freib.  bruchstück;  S  Ivcrre  liher.  21347  Strehlke 
und  Freib.  bruchst.  zweimal  varwar,  S  nur  einmal.  21342  Strehlke 
und  Freib.  bruchst.  vorswundin,  S  vorsundin.  21356  Strehlke  und 
Freib.  bruchst.  aleinania,  S  alamania. 

Vielleicht  finden  sich  von  der  handschrift,  die  wenigstens  zu 
einem  grossen  teil  vom  bucbbinder  verarbeitet  worden  zu  sein  scheint, 
noch  anderweit  bruchstücke  vor. 

FREIBERG   I.    S.  RACHEL. 


MISCELLEN  UND  LITTERATUR. 

Lexikogrraphisehc  nachirUgo  zu  bd.  XYI.  XYII. 

Zeitschrift  XVI,  99:  Lorenz  Krummer.  K.  L.  machen  heisst  wenn 
jemand  ungeschickt  und  bäurisch  tanzt  oder  auf  gleiche  art  Vorbeugungen  macht, 
üntorpfalz.  Kloin.  Provinz.  Wh.  I,  26L  Lorenz  ein  bäurischer  bückling.  Harz- 
gegend.   Ebenda  285. 

Ztschr.  XVI,  376:  Judenspiess,  Raiffspiess.  Das  spahron  ist  mir 
angeboren,  meine  ahnherrn,  sagt  man,  wären  getaufte  Juden  gewesen,  von  denen 
hab  ich  den  Judenspiess  ererbt;  kans  nunmohro  nicht  ändern ^  was  ich  nur 
erwuchem  kann,  das  untorlass  ich  nicht.  Quasi  Vero  Der  Hinckendo  Bot  Hat  sich 
wol  sive  Novellae  Politico  —  Morales  — .  1714  s.  59.  Alem.  13,  134.  —  Klein  im 
Provinz.  Wb.  I,  215  bringt  es  aus  Augsburg,  wo  es  sich  allerdings  volkstümlich 
erhalten  zu  haben  scheint.  Dann  sein  abrichter  (springlehror)  Wolhlnam  sagt:  solche 
Sprung  weron   nichts   werd,   noch  etwas   nutz  im  Krieg   Sondern  in  eim  zolauff 


492  BTRLINGRB 

sprang  er  vber  ein  graben,  an  eim  Beiffspiss  schwang  er  sich  vber  alle  Pfitz«n 
usw.    Fischart  Garg.  1580,  s.  346. 

Ztschr.  XYI,  98:  Beigoschirer.  XVII,  233:  Pakschiren.  So  g^ 
wir  vmb  vmbschantzen ,  Prassen,  rasen,  dantzen,  mummen,  stummen,  prommeo, 
rennen,  fechten,  ringen,  stechen,  Bagschiren  mit  der  Trummen  osw.  Gaig. 90. 
„Ich  bin  nicht  gesessen  inn  der  Versamlung  der  Spotter  vnd  Bettschirern**  wird 
die  bekaute  stelle  des  AT  citiert  in  M.  Maruli  VI  Bücher  Ton  Gedachtnuss  würdiger 
Reden  und  Thatcn  deutsch  v.  Hermann  Baumgarten.  1602.  Dilingen.  Eb  ist  Tor- 
her  von  denen  die  rode,  die  mit  scherzreden  und  gelechter  aufwarten,  bübische 
leichtfcrtigkeit  usw.  M.  Höfors  Wb.  II,  304:  packschierig  oder  packsehier- 
lieh  in  der  gemeinen  und  scherzhaften  sprechart  eine  geschmeidige,  possierlicbe 
person,  die  sich  in  die  goselschaft  wol  zu  schicken  glaubt.  A.  ▼.  Klein  Provini. 
Wb.  II,  42:  packschierli  sehr  artig,  niedlich,  munter.  Es  wird  aber  nur  tod 
kindern  gesagt.  Osterreich.  Baiorn.  Blumaner  in  s.  gedichte  „Der  eyangeUsche 
Banemjunge  in  der  kathol.  Kirche**: 

Vorn  da  stund  a  mächtiger  Mann 
Hat's  Hemmet  über  d'Hosen  an; 
Der  kunts  recht  bagschierli  machen 
(vom  messelesenden  priestor). 

Hof  er  weist  Adelungs  erklärnng  ab  und  beruft  sich  auf  Mich.  Denis  Lesefrüchte,  wo 
„beygeschirrig'*  stehe,  also  an  unsere  form  oben  als  älter  müsse  man  sich  halten. 

Ztschr.  XVI,  99  (und  98:  Bandglas)  Passeu:  Lud  er  gemeinlich  gern  in 
ihm  erlich  wolbesolTene  Schlucker  seiner  Nachbauren,  mit  denen  nam  ers  an  in 
allen  Pässen  vnd  Süffen,  wie  maus  jhm  bracht.    Garg.  332. 

Ztschr.  XVII,  230:  Duchet  ist  eine  sehr  dicke,  mit  pflaumfcdem  oder 
eiderdunen  (österreichisch  Eitertom)  gefütterte  bettdccke,  deren  man  sich  im  win- 
ter  zu  bedienen  pflegt.  Klein,  Provinzialwörterb.  1792  I,  92.  —  236.  Vippern. 
A.  V.  Klein  gibt  os  als  echt  bairisch  an:  übern,  zittern.  Er  hat  das  ding  ange- 
fibert,  mit  aller  anstrengung  seiner  nerven  betrachtet.    I,  112. 

Ztschr.  XVII,  232:  Knocken  ist  auch  in  dem  bei  Aperger  c.  1630  erschi^ 
nenen  Veridicus  Germanus  (kath.  parteischrift)  zu  lesen:  unser  Herr  Gott  fragte 
mehr  darnach ,  (dünkte  ihn)  wann  ein  Papist  ein  Vattor  vnser  an  die  Wand  schreibe, 
als  wann  er  mit  allen  semen  Pfarrkindem  den  gantzen  Tag  auff  den  Knyen 
knocket.    (Volst&ndiger  titel  Alem.  13,  188.) 

Ztschr.XVII,  235:  Siemann  (und XVI,  100  Sicke):  noch  Siman  (schUt) 
weil  man  einen  sinnschen  schafnäsigen  Delphinen  vnd  den  Mörschwoin  Näsigen 
Schafen  vnd  den  Weiberbeherschten  Gaucheyerbrütlem  also  mffet?  Garg.  207. 
Hornkönig,  Homemann,  Herr  sie  man,  Hanrey.  Curuca.  Hanbtschlüssel  der 
Teutschen  und  Italiänischen  Sprache.  Augsb.  1648  s.  340.  Lessing  hat  im  wb.  in 
Logans  Sinngedichten  (Hempel,  12.  teil)  s.  281:  Weibling  vir  oxoris  oder  wie  es 
unsere  Vor£ahrcn  gleichfalls  nannten  ein  Sie  mann. 

Ztschr.  XVn,  447:  Schalaundecke.  Bei  Fisohart  Garg.  137:  Leilach, 
Bettgewand,  Tischtücher,  Teppich,  Vmbheng,  Schalaunen,  Decken,  Ziechen  nsw. 

Ztschr.  XVII,  229:  Baselmann.  Da  macht  er  ihm  ein  Spanisch  Base- 
losmanos  vnd  sprach  usw.    Garg.  453. 

Ztschr.  XVII,  444:  Momper.  Klein,  Provinz.  Wb.  II,  19:  momber,  der 
Vormund.    Momberschaft  Vormundschaft.    Saarwerden. 


LBZIKALI8CHB8  493 

Zum  dentsehen  w9rterbaehe. 

Hampelmann  spöttisch  für  celebrierenden  priester  in  M.  Job.  Hachenburgs 
bflchlein  vom  Sacrament,  vor  1600:  Man  findet  ihrer  auch  die  zar  Zeit  der  Conse- 
eration  und  Ansstheilong  wie  die  Hampelmänner  und  grobe  Stockfisch  ihre  Filtz 
oder  Baret  auff  ihren  Häupteren  nicht  anders  kleben  haben,  als  wären  sie  ihnen 
auff  den  Grind  gepicht  oder  mit  einem  Trabnagel  angehefPbet.  S.  40.  J.  Münch 
1617.    (ControTersschrift.)    Münster. 

Jnnker:  Juncker  wird  in  Lendisch  L.  (Innländische  Meissnische  und 
Leipziger  Orth  und  Gegenden  anzeiget)  zwar ,  fast  läppischer  weise ,  einer  genandt, 
welcher  newlicher  zeit  ein  Bräutigam  mit  einer  worden,  wenn  es  gleich  nur  ein 
Baorenknecht  oder  Handtwerks  Gesell  wer,  so  man  zu  Nürnberg  die  hejrath  (hel- 
fet) nennet:  mein  heyrath  —  so  sagen  sie:  mein  Juncker,  mein  Hochzeiter, 
sponsus,  neonymphus.  Haubtschlüssel  der  Teutschen  und  Italiänischen  Sprache 
das8  ist  vollständiges  Wortbuch  usw.  per  Giouanni  Alemanni  Sassone.  Angspurg 
Aperger  1648.    Sp.  356  *>. 

BONN.  A.  BIBLINOBB. 


Kaehtrag  zu  XYIII.  880. 

Die  oben  s.  380  unerledigt  gebliebene  äusserung  in  Lachmanns  briefo 
bezieht  sich  auf  „Parcival  im  Auszuge  mitgetheilt  von  San-Marte.  Magdeburg, 
Coentz.  1833."  Lachmanns  erste  ausgäbe  erschien  in  demselben  jähre  1833,  und 
die  vorrede  ist  unterzeichnet  3.  merz  1833,  aber  die  vorrede  von  San -Maries  aus- 
zuge  ist  unterzeicbnot  1.  novembor  1832.  Demnach  ist  dieses  buch  San-Martes 
(R.-B.  A.  Schulz)  vor  Lachmanns  erster  ausgäbe  erschienen,  und  der  auszug 
selbst  beruht  auf  der  ausgäbe  in  Christoph  Hcinr.  Müllers  Sammlung  deutscher 
gedichte  aus  dem  XIL,  XUI.  und  XIV.  Jahrhundert.    Berlin  1784.  4''.  J.  Z. 


Die  Yita  Alexandri  Magni  des  Archipresbyters  Leo  (Historia  de  preliis). 
Nach  der  Bamberger  und  ältesten  Münchener  Handschrift  zum  erstenmal  her- 
ausgegeben von  Dr.  Gustav  Laudgraf.  Erlangen,  Deichert.  1885.  140  s.  8^  3  m. 
Nachdem  vor  einem  jähre  durch  0.  Zingerle  einige  interpolierte  texte  der 
Historia  de  preliis  mitgeteilt  wurden,  bt  jezt  eine  boarbeitung  des  unerweiterten 
teztes  erschienen,  welche,  im  gegensatz  zu  der  erstgenanten  publication,  auf  die 
geltung  einer  kritischen  ausgäbe  anspruch  macht.  Der  Verfasser  derselben ,  dr.  Land- 
graf, hatte  dafür  an  material  zur  Verfügung:  die  bekanten  beiden  einzigen  hand- 
schriften  des  unerweiterten  teites,  die  Bamberger  (B)  und  den  cod.  lat.  Monac. 
23489  (M),  femer  für  die  interpolierten  texte  Zingeries  druck  und  die  alten  drucke 
von  Strassburg  und  Utrecht.  Bezüglich  der  wichtigsten  kritischen  frage,  welche 
Stellung  der  Bamberger  und  Münchener  handschrift  zuzuweisen  sei,  schliesst  sich 
Landgraf  meiner  auffassung  an ,  die  ich  seinerzeit  in  meiner  abhandlung  über  Rudolfs 
Alexander  zu  begründen  versuchte:  dass  der  Bamberger  text  nach  form  und  Inhalt 
der  ursprünglichen  gestalt  der  H.  d.  p.  sehr  nahe  steht,  der  Münchener  aus  dem 
Bamberger  abgeleitet,  also  für  die  kritik  wertlos  ist;  nur  hält  Landgraf  M  für  eine 
direkte  abschrift  von  B,  während  ich  aus  mehreren  gründen  indirekte  ableitung 
annehme,  ein  unterschied,  auf  den  es  hier  nicht  ankomt.     Daraus  folgt  der  von 


494  AUSPELD 

Landgraf  richtig  aufgcstolto  grundsatz,  dass  einzig  der  Wortlaut  von  B  die  gewibr 
der  echtbeit  bat  und  so  weit  als  möglich  beibehalten  werden  moas.  Aus  B  allein 
aber  lüsst  sich  die  nr8])rüDgliche  form  der  H.  d.  p.  nicht  ermitteln,  da  der  teit 
dieser  handschrift ,  trotz  seines  hohen  wertes ,  bereits  durch  manche  fohler  nnd  aus- 
lassungcn  verderbt  ist.  Es  müssen  also  die  interpolierten  texte  hinzugezogen  wer- 
den ,  deren  selbständige  bodeutung  sich  daraus  ergibt,  dass  sie  widerholt  onabhäogig 
von  B  mit  Pseudo-Callisthoncs  übereinstimmen,  um  aber  diese  richtig  verwenden 
zu  können ,  muss  man  natürlich  feststellen ,  wia  sie  sich  zu  dem  unerweiterten  texte 
und  unter  einander  verhalten.  Landgraf  hat  mit  seinem  geringen  material  auf  die 
iüsung  dieser  frage  gänzlich  verzichtet,  und  das  ist  die  erste  grosse  Ificke  seiner 
forschung.  Nach  meinen  Untersuchungen,  über  welche  ich  in  meiner  ausgäbe  der 
Historia  de  preliis  rechenschaft  ablegen  werde,  gehen  alle  erweiterten  toxte,  soweit 
ich  sie  kenne,  auf  eine  und  dieselbe  bearbeitung  der  H.  d.  p.  zurück,  deren  vor- 
läge dem  in  B  überlieferten  texte  sehr  nahe  verwandt  war.  Der  gang  des  kritischen 
Verfahrens  muss  also,  meiner  ansieht  nach,  der  sein,  dass  man  zunächst  durch 
vergloichung  der  verschiedenen  recensionen  des  interpolierten  teites  die  Icsart  der 
ursprünglichen  bearbeitung  (die  ich  mit  I*  bezeichne)  ausfindig  macht,  hierauf  durch 
vergleichung  derselben  mit  B  die  lesart  der  vorläge  des  Verfassers  von  I*  zu  gewin- 
nen sucht,  sodann  auf  die  Schreibung  des  gemeinsamen  archetypus  zurückschliesst 
und  diese  endlich  durch  vergleichung  mit  Ps.  Call,  und  sonstige  crwägungen  auf 
ihre  echthoit  prüft  So  lichtet  sich  das  chaos  der  Varianten,  und  man  gelangt,  zo 
klaren  und  sicheren  ergebnissen  über  den  ursprünglichen  text  Leos.  Landgraf  ist 
nicht  so  zu  werke  gegangen,    und  daraus  erklären  sich  mehrere  seiner  fehler. 

Zunächst  ist  das  von  ihm  s.  20  behauptete  „grundgesetz",  dass  die  ursprüng- 
liche Icsart  bewahrt  sei,  wo  B  mit  einer  der  interpolierton  handschriften  übereinstimt. 


j 


keineswegs  richtig,  und  fehler  wie  baculo  statt  poculo  (r^  xvlixa  Ps.  Call.)  B  196 
müssen  beseitigt  werden,  wenn  sie  sich  auch  in  allen  handschriften  finden.  Ein 
satz,  in  welchem  sich  Landgraf  hierüber  ausspricht,  zeigt  überhaupt  eine  seltsame 
Unklarheit  der  auffassung.  Er  sagt  s.  21 :  „Fehler ,  die  entweder  der  urhandschrift 
der  Historia  bereits   eigen,    wie  z.  b.  baculum  st.  poculum  196**   oder  auf  die  von 

Leo  abgeschriebene  vorläge  zurückzugehen  scheinen ,   wie  z.  b.  die verschrei- 

bung  von  öot}  und  oQitt,  die  B  216**  zu  der  Übersetzung  ad  montes  statt  ad  Hufs 
geführt  hat schien  es  nicht  ratsam  im  texte  zu  bessern."  Zwei  so  grund- 
verschiedene dinge  kann  man  doch  nicht  auf  eine  stufe  stellen.  Unrichtige  le;«- 
arten,  die  sich  nur  aus  der  Verderbnis  eines  lateinischen  wertes  erklären,  bereits 
der  urhandschrift  zuweisen  heisst  annehmen,  dass  sich  Leo  bei  der  abfassung  seines 
Werks  gedankenlos  verschrieben  nnd  sein  werk  herausgegeben  habe,  ohne  solche 
Schreibfehler  zu  bessern  —  eine  Voraussetzung,  zu  der  uns  doch  gar  nichts  berech- 
tigt. Dagegen  ausdrücke ,  die  auf  fehler  der  griechischen  vorläge  zurückdeaten« 
erproben  sich  selbstverständlich  gerade  dadurcli  als  die  echte  Schreibung  Leos,  nnd 
sie  zu  ändern  wäre  nicht  nur  „nicht  ratsam",  sondern  ein  Verstoss  gegen  die  ersten 
regeln  der  kritik. 

Sodann  zeigen  sich  die  mängel  von  Landgrafs  vonmtersuchung  in  dem  ge- 
brauche, den  er  von  den  interpolierten  texten  macht.  Widorbolt  glaubt  er  in  einer 
einzelnen  solchen  bearbeitung  die  ursprüngliche  lesart  erhalten  zu  sehen,  während 
die  vergleichung  der  übrigen  dartut,  dass  die  lesart  von  I*  anders  lautete,  also  der 
vermeintlich  echte  ausdruck  lediglich  die  konjektur  eines  Schreibers  ist.  So  soll 
z.  b.  s.  40,  16  aus  dem  Ütrechter  druck  „sollicite"  eingcsezt  werden;  aber  I*  hatte, 
80  gut  als  B,   das  ganz  richtige  „sol  itaque**,   das  nur  Landgraf,   wie  auch  seine 


ÜBEB  LEO,   VITA    ALEX.,   ED.   LANDGRAF  495 

interpnnktioii  andeutet,  nicht  recht  verstanden  hat.    (Dass  ich  mich  früher  für  die 
ändernng  „solitoque"  entschieden  hätte,  ist  ein  irtum  Landgrafs.)    Im  algemeinen  übt 
jedoch  der  herausgeber  die  vorsieht,  nur  mit  solchen  lesarten  zu  operieren,  in  wei- 
chen die  Grazer   und   Soitenstettor  handschrift,   welche   verschiedenen   recensionon 
angehören,  übereinstimmen.    Und  wenn   er  dabei   mit  richtiger  methode  verfahren 
wäre,   so  hätte  er,  bei  der  guten  Überlieferung,  die  B  bietet,   und  der  verhältnis- 
mässig geringen  zahl  der  fälle,    in  denen  eine  Verwertung  der  interpolierten  hand- 
schriften  notig  wird,  trotz  seiner  mangelhaften  kentnis  des  handschriftenvcrhältnis- 
ses  einen  leidlichen  text  herstellen  können.    Aber  so  wie  Landgraf  die  interpolierten 
handschriften  vielfach  verwendet,   dürfen   iiiteri)olierte  handschriftcn  überhaupt  nie- 
mals verwendet  werden.    Wer,  wie  Landgraf  häufig  tut,  eine  Schwierigkeit  kurzer- 
hand dadurch  beseitigt,   dass  er  die  dunkele  lesart  einer  handschrift  des  Originals 
durch  die  bequem  verständliche  einer  Überarbeitung  ersezt,   wird  zwar  einen  glatt 
lesbaren  text  hervorbringen ,  aber  gewiss  nicht  den  ursprünglichen  des  Schriftstellers. 
Ein  beispiel  mag  die  art  seiner  kritik  erläutern.    Der  satz  s.  65,  13  — 18  lautet  in 
ß  201***^:    PrQcepit  iterum  duo  milia  militibus  suis  ut  cum  sccuribus  (et)   ucctes 
ferreos   rumperent   fundamenta  muri  quas  construxit   ansionos   et   zithu.    Et 
aliis  quadringentis  prccepit  ut  irent  cum  ardentibus  facculis  et  incenderont  portas 
ciaitatis.    et   alia   tria   milia   ordinauit   ut   percuterent  murum  cum   uerbicibus. 
Landgraf  korrigiert  zunächst  nach   den   interpolierten  handschriften:    „et   vectibus 
ferreis."    Aber  dass  bei  einer  präposition  neben  einander  zwei  verschiedene   casus 
stehen,  ist  in  der  latinität,  die  hier  als  massgebend  gelten  muss,  gar  nichts  uner- 
hörtes und  komt  auch  bei  Leo  noch  sonst  vor.    Er  schreibt  femer  im  anschluss  an 
die  interpolierten  handschriften    (nur  mit  beibehaltung  des  i  =  tj)    „Amphion  et 
Zithus.  **    Aber  die  formen  von  B  sind  ersichtlich  griechische  genitive  (=  jifi(f{()vog 
x«l  ZrjOxtv)  y  also,  abgesehen  von  der  kleinen  entstellung  ansionos  aus  äfionos,  sicher 
echt.    Leo  nahm  nach  seiner  art  die  namen  in   der  casusform  unverändert  heriibor, 
wie  er  z.  b.  anderswo  aus  dem  genitiv  KavStixrjg  einen  nominativ  Candacis,  aus  dem 
accusativ  udoxQövg  einen  nom.  Locrus  macht.    Mit  „uerbicibus"  endlich  weiss  Land- 
graf nichts  anzufangen.    Hätte  er  sich  überlegt,  wie  oft  in  der  unteritalischen  lati- 
nität u  und  b  wechseln,    so  würde   ihm  wol  das  bekante  wort  vervex,   der  schöps, 
eingefallen  sein,  und  er  würde  bei  DuCange  die  notiz  „berbices  =  arietes,  machi- 
nae  bellicao"    gefunden  haben.     So  ändert  er  noch  das  ganz  richtige  „uerbicibus" 
mit  den  interpolierten  handschriften  zu  „arietibus",   worauf  schliesslich  das  charak- 
teristische gepräge  des  ursprünglichen  ausdnicks  fast  völlig  verwischt  ist.  —  Dieser 
gebrauch   der  interpolierten  texte  geht  so  weit,   dass   bisweilen  sogar  ganze  sätze 
daraus  ohne  genügende  berechtigung   eingefügt  werden.    S.  84,  5  fg.  z.  b.  hat  der 
Verfasser  von  I*  dem  drohenden  schluss  eines  briefes,  mit  dem  Alexander  ein  hoch- 
mütiges schreiben  des  Darius   beantwortet    „Caue  itaquo    et  habeto  mentero  in  te" 
die  begrtindung  hinzugesezt:  „quia  certissime  uenio  ad  te,  ut  loiiuar  tecum",  welcho 
sich  den  vorhergehenden  werten    „Habeo  spem  intrandi  ad  te"    passend  anschliesst. 
Obwol    sich  nun   bei  Ps.  Call,  nichts  findet,    was  diesem  zusatze  entspräche,    und 
man   nur  das  zuvor  angeführte  schreiben    des  Darius   zu  vergleichen  braucht,    um 
zu  erkennen,  dass  derselbe  aus  den  werten  „cogitas  uenire  prope  nos,  ut  loqua- 
ria  nobiscum"  gemacht  ist,    so  nimt  ihn  Landgraf  dennoch  in    seinen  text  auf 
mit  der  bemerkung :    „  Die  ....  lesart  . . .  scheint  der  ursprünglichen  fassung  anzu- 
gehören,  da  sie  an  die  werte  habeo  spem  intr.  ad  te  anknüpft."     Mit  demselben 
rechte)  könte  man  mehr  als  die  hälfte  aller  Interpolationen  dem  echten  texte  zuwei- 
sen, denn  das  ist  doch  eben  die  art  eines  geschickten  bearbciters,    dass  er  nicht 


496  AUSFELD 

planlos  erweitert,  sondern  irgend  eine  in  der  vorläge  gegebene  andeiitiiiig  benibt 
und  ausführt.  —  So  hat  denn  Landgraf  durch  seine  heranziehung  der  interpotieclH 
texte  zwar  manchen  fehler  von  ß  richtig  beseitigt,  manche  lücke  glCicklieh  »u- 
gefult  —  aber  im  ganzen  buchstäblich  mehr  stellen  verdorben  als  gebessert 

Ausser  den  aus  1*  abgeleiteten  bearbeitungen  hat  der  herausgeber  zur  eimik- 
tolung  der  ursprünglichen  gestalt  der  H.  d.  p.  auch  Ekkehards  ,,  Excerptnm  de  tu» 
Alexandri  Magni**  verwenden  wollen.  Dass  dieses  eine  direkte  bearbeitang  des  Bmü- 
bcrgor  textes,  also  für  die  kritik  der  H.  d.  p.  unbrauchbar  ist,  hoffe  ich  künlick 
in  dieser  Zeitschrift  nachgewiesen  zu  haben.  Jedenfals  ist  nicht  zu  bUligen,  das 
Landgraf,  nachdem  er  s.  12  selbst  gesagt  hat,  die  frage  bedürfe  noch  einer 
gehenden  Untersuchung,  dann  ohne  eine  solche  vorgenommen  zu  haben  lesaxten 
dem  Excerpt  in  seinen  text  einsezt,  auch  s.  21  versichert:  „Ekkehards 
und  Lamprechts  Alexandreis  waren  des  öfteren  zur  richtigstellung  förderlich.*  Wsi 
Lamprechts  gedieht  betrift,  so  finde  ich  unter  den  stellen,  filr  welche  sich  Lsad- 
graf  auf  dasselbe  beruft,  keine  einzige,  in  der  unsere  kentnis  dadurch  Ikber  du 
ergebnis  der  lateinischen  handschriften  hinaus  gefordert  würde.  Die  Tenneintlkl 
ursprünglicheren  lesarten  des  Excerpts  aber  sind  in  Wirklichkeit  konjektureo  Ekk^ 
hards,  und  zwar  zum  teil  verfehlte,  wie  s.  43,  9  iacentes  summitates. 

Wo  die  handschriften  und  bearbeitungen  im  stiebe  lassen,  bietet  die  verglei- 
ch ung  mit  Pseudo-Callisthenes  ein  wichtiges  mittel  der  emendation,  das  Laadgnf 
mit  mehr  geschick  und  glück  zu  gebrauchen  weiss,  als  das  handschriftliche  mai^ 
rial.  Eine  hübsche  konjektur  ist  z.  b.  s.  69,  3  clam  Alexandre  («"  la&wr  raw  Uk 
Ps.  Call.)  statt  cum  AI. ;  ganz  unzweifelhaft  auch  s.  51,  5  reprehendit  st.  i^prek» 
dit,  was  in  den  text  hätte  aufgenommen  werden  sollen.  Auch  sind  mehrere  sckw 
rigkeiten  aus  Ps.  Call,  richtig  erklärt,  so  z.  b.  s.  66  der  name  Stisichoms.  Aber 
gerade  bei  einigen  recht  dunkclcn  stellen,  wie  s.  51,  18  — 20,  8.72,  9  fg.,  *.l%, 
5  fg.,  8. 134,  1,  bleibt  die  erklärung  aus.  Überhaupt  werden  gegen  das  ende  ko. 
wo  sich  die  zweifei  häufen,  die  anmerkungen  umgekehrt  immer  spärlicher.  Dm 
schwierigste  problcm ,  die  Verwirrung  der  Schlusspartien ,  hat  Landgraf  gar  nidil  b 
losen  versucht. 

Wo  der  herausgeber  freie  änderungon  der  Überlieferung  für  nötig  gehaUa 
hat ,  kann  man  nur  selten  mit  ihm  übereinstimmen.  Er  ändert  öfters  voreflig  oksr 
sich  die  lesart  der  handschrift  erst  recht  zu  überlegen  —  ich  nenne  hier  wu  idi 
„tentaverunf*  s.  65,  2  — ,  und  seine  änderungen  verfahren  zimi  teil  so  gewaltasir 
dass  man  fragen  mag,  ob  ihm  die  konsoquenzen  der  Stellung,  die  er  selbst  den 
Bamberger  texte  einräumt,  genügend  klar  geworden  sind.  In  bedenklicher  wci» 
operiert  er  namentlich  einigemal  mit  Umstellungen.  S.  76,  2  fgg.  (wo  an  der  gq|^ 
benen  Wortstellung  gar  nichts  zu  ändern,  sondern  nur  in  der  vorhergehenden  leik 
statt  „et**  „ut**  zu  schreiben  ist)  wird  ein  satz  förmlich  zerpflückt. 

Nicht  wenige  von  Landgrafs  verkehrton  änderungen  sind  lediglich  dnich  aeiv 
unzureichende  kentnis  des  Sprachgebrauchs  hervorgerufen.  Sein  algemeines  vteü 
über  Leos  spräche  ist  zwar  ganz  richtig ,  und  was  ihm  nach  s.  20  als  erstes 
der  kritik  galt:  die  eigentümlichen  formen  und  strukturen  von  B  „so  lange 
getastet  beizubehalten,  als  dieselben  durch  gleiche  oder  ähnliche  beispiele  d«r 
kenden  latiuität  oder  durch  analogieschlüsse  irgendwie  gerechtfertigt  werden  käs- 
ten** verdient  gewiss  vollen  beifall.  Was  hat  aber  nun  Landgraf  getan,  na  n 
erfahren,  was  seinem  Schriftsteller  erlaubt  sei  und  was  nicht?  Kaum  erheblidi  SMte. 
wie  es  scheint,  als  dass  er  Ronschs  ^Itala  und  Yulgata**  durchging.  Dieses  werk  fiadit 
sich  sehr  häufig  citiert,  andere,  wie  Diezs  Grammatik,  Koffiomne,  Aofsätie  ansZflür 


€SIB  LBO,  TRA  ALDL,  ED.  f^gPfimiy  4d7 


\ 


sduifleD,  daaeben  nur  Tereiiudt.  So  Tortrefiidi  nun  loeh  jene  hJLndbäelier  find. 
80  soHe  doch  Biemand  meinen,  ädi  djunit  illein  fär  die  edition  eines  BchrifUtellere 
aoarfisten  zn  kdancB.  Vielmehr  ist  es  f&r  einen  henosgeber  der  Historie  de  prelüs 
gans  nneriiSBÜch,  sieh  in  die  itnlüniseh- lateinische  litteiatar  des  10.  Jahrhunderts 
eomarbdten,  was  sieh  freflich  nicht  so  im  Torbeig«Erheo  abmachen  lässt.  Landgraf 
hat  aieh  das  enpart,  and  glaubt  non  Tieles  ändern  zu  müäsen,  was  gerade  zu  den 
achten  etgeotfimfiefakeiften  dieser  latinität  gehört  Im  gefahl  seiner  nnsidierheit 
gesddeht  es  ihm  aneh,  dass  er  eine  aofiaDende  erscheinang  aellos  das  einemal 
iadert,  das  aademnal  beibehält  So  wird  &  33,  8  aaditos  som  (=  ijMovaa  Pä. 
Galt  A)  in  aktircm  sinne  belaasea  —  s.  129,  13  nictiis  €s  in  demsdben  gebnuiche 
komgiert,  a.  42,  8  dnhitsait  e«m  dimittere  in  fooeam  (=»  Ir  r6  ßo^^  Ps-  CalL) 
haiasinn  —  a.  111,  23  ooddi  in  ignem  nnd  s.  121,  6  modo  hac  esse  oideris  (wo 
ohendicm  interpolierte  texte  mit  der  orsprnnf^icheB  lesart  Ton  B  fibereinstimmen) 
fcorrigiBrtv  a.  95,  21  rcnoeans  in  memoria  toa  korrigiert  —  s.  102,  25  aenenint  in 
Ibdbiia  Indiae,  s.  4L  6  seqocre  me  . . .  in  eampo,  s.  87,  11  pergas  tn  ibi  nnd  lahl- 


Li  diesen  fidlen  liegt  der  friiler  im  ändern.  Ein  anderesmal  hat  Landgraf 
nmgekdirt  Terderhtes  beibehalten,  wo  ihm  eine  genaoere  kentnis  der  spräche  die 
riefatige  lesart  gezeigt  hätte.  So  miiss  z.  b.  s.  39,  11  in  dem  satze  v^ali  eins  non 
aimflahaiitiir  ad  altermi*  statt  .aHeram*  mit  M  g^escfarieben  werden  , altemtmm *", 
was  im  mittdlatnnischen ,  speoell  aach  üi  der  Volgata.  öfters  ab  prODomen  reci- 
procum  gebrancht  wird.  —  überhaopt  harren  n>cb  fiele  stallen  der  beäsenmg. 

Der  miBgel  selbitändiger  beeehäftignng  mit  der  cnteritalischen  litterator  tritt 
emdlicfa  aadi  in  der  ofthogxaphie  herror.  Während  der  heraugcber  s.  21  den  lob- 
ficfaen  gnndsatz  anssprieht:   ^hreibmgen,  die  ans  historisdien  oder  ffpraehliehen 

grtBdcA  dem  anpf  anglichen  teite  Leos  eigentömlieh  zn  sein  schienen , matten 

«nangetastet  UeftcB",  hat  er  tatsächlich  die  meisten  abwekhnngen  Ton  der  jetzigen 
■diBlorthogzaphie  beseitigt,  daranter  axvh  so  charakteristisches  wie  die  rerwendong 
h  im  aalaat  nd  den  Wechsel  zwiäcben  m  und  h.    Freilich  geht  er  aach  dabei 

werke,  and  dinge^  die  in  der  regel  tod  ihm  j?eäfidert  werden. 

wider  aas  Tenehcn  beü^ehalten .   wie  z.  t.  das  i  de«  namens 

Beücmdcn  nangeDefam  bcrchreo  halbkonigierte  formen  wie  Ephaessti/j 


-  -  *• 


Asf  ^mr^mm  cnrieiktigkexte&  in  den  inaMrk^ngen  wül  ich  hier  nicLt  weiter 
t^  aaffikHendste  irtsm  findet  aeh  s.  35:  das«  der  text  des  Josephu 
Gporionides  mit  geringen  ahweidnu.gen  zui  handsehrift  P*  d^r  H.  d.  p.  itiEir*-?. 
wilnead  dies  naxMyrh  Tom  Oxfvrder  text  der  H.  d.  p.  gut,  den  Gagaier  in  seiner 
magihe  des  Josl  Grnoudes  mixteih,  ^iki  mit  dem  fich  Landgraf  als  heraosgeber 
der  H.  d.  p.  doch  hätte  l-ekant  iLMchfOi  s^'^Uen. 

Km  xam  schlass  noch  ein  wichiiger  pcnki:  die  zi^rerläsiigkeit  dsi  heraa»- 
l^rtii»!  ^tgmiha  der  haadKhrif^Schen  tberüeferzsg.  Um  diese  n  prtfen.  babe 
ich  £e  aMgaibe  mit  oesner  absehnf«  der  Bacberger  H.  d.  p.  Tergüeben^  fcr  deren 
gqmHrigkmt  ich  nach  widerh^>her  k'i^jsi:«  besiint  gla:::be  «m^tefa^m  zn  dürfen.  I>as 
reanltit  war  läder  eizi  t\^anäch*ad  angisistiges.  Laadgraft  teit  enthäh  ther  fSsd- 
lig  hdsche  lesartea,  w2iU  resn  vn^'ßga^üdyaht  diüereniea  ziA  tnkbükhe  drsck- 
fthkr  Biht  mitgersdurfC  and.  Es  is  gewiss  uo-eeirt  einem  beraojgeb^r  cogfeKh 
dberlifhlirhbit  vonswcijen.  wom  er  skl  in  seines.  koQadr>neD  ein  psrsiai  geixt 
lm(L  Aber  eine  atlehe  anzahl  Toa  feLkrn  in  eiBcm  ss&fi«  m  aissigw  szsfsages 
nad  gffgnfibei  einer  ao  kicfct  ksbana  haoditd^ft  gv-ht  d^j^^h  wrA  Cber  da«  erteUe 


498  O.   KETTNEB 

mass  hinaus.  Gleich  im  prolog  finden  sich  auf  einer  seito  drei  derartige  Tenehen: 
s.  28  z.  7  fehlt  nach  „Joseppam^  „uero'^,  z.  10  steht  ^^constituif  statt  „instHnif, 
z.  11  „  praedicatus  **  statt  „predictus/  Wider  holt  sind  Wörter  ausgelassen.  B200' 
ist  Landgraf  in  dem  satze  „antea  uoluissem  fieri  discipulns  homeri.  qnam  habere 
laudem  quam  habnit  achiUes**  (s.  63 ,  5  fg.)  von  dem  ersten  quam  auf  das  zwdte 
f^eratcn  und  sucht  dann  das  Verderbnis,  das  er  selbst  geschaffen  hat,  durch  eine 
ziemlich  abenteuerliche  konjektur  zu  heilen.  Dazu  komt  noch  eine  reihe  unridi- 
tiger  lesarten  in  den  Varianten. 

Kurz ,  wir  erkennen  in  Landgrafs  buch  gerne  an ,  was  anerkennang  verdient: 
dass  seine  gesamtvorstellung  von  der  beschaifenheit  des  ursprünglichen  textes  der 
II.  d.  p.  in  der  hauptsache  eine  richtige  ist,  und  dass  auch  im  einzelnen  mehrofe 
stellen  von  ihm  gebessert  und  richtig  erklärt  sind.  Aber  Landgraf  hat  seine  anf- 
gäbe  zu  leicht  genommen.  AUen  schwierigen  und  zeitraubenden  Untersuchungen  iit 
er  ans  dem  wege  gegangen,  und  so  fehlte  ihm  die  unentbehrliche  gmndlage,  eine 
genaue  kentnis  der  Überlieferung  und  des  Sprachgebrauchs.  Auch  da,  wo  ihn  diese 
mängel  nicht  hemten,  wäre  gewiss  manches  anders  ausgefallen,  wenn  er  sich  mehr 
zeit  zu  ruhiger  Überlegung  gegönt  hätte.  So  wie  das  werk  vorliegt  entspricht  et 
schwerlich  den  anforderungen,  die  an  eine  kritische  edition  gostolt  werden  müssen. 

DONAUESCHIMOEN,  15.  JAN.  1886.  AD.  AUSFBLD. 


August  Bettler,  Schillers  Dramen.  Eine  Bibliographie  nebst  einem 
Verzeichniss  der  Ausgaben  sämmtlicher  Werke  Schillers.  Berlin 
1885.    W.  Wellnitz.    VI,  57  s.    80.     3  m. 

Nachdem  Unflad  in  seinem  wüsten  buche  „Dio  Schiller -Literatur  in  Deutsch- 
land" (München ,  Selbstverlag ,  1878)  neben  dem  chronologisch  geordneten  verzeiek- 
nis  der  gesamtausgaben  die  einzolausgaben  und  erläuterungsschrifton  in  ganz  äus8e^ 
lieber  alphabetischer  reihenfolge  aufgezählt  hatte  (die  lateinische  Übersetzung  dei 
Spazierganges  steht  danach  z.  b.  weit  getrent  vom  gedichte  selbst  unter  „ambnli- 
tio**!),  teilte  W  ackern  eil  in  dieser  Zeitschrift  1882,  XIH,  90  —  121.  254—236 
seine  reichen  ergänzungen  aus  praktischen  gründen  zwar  noch  in  der  von  Unflsd 
beliebten  Ordnung  mit,  deutete  aber  am  schluss  der  ersten  nachlese  die  allein  zweck* 
massige,  in  einer  neuen  bibliographie  zu  befolgende  einrichtung  an.  Offenhar  nach 
den  von  Wackemell  aufgestelten  gesichtspunkten  hat  es  nun  Hettler  unternom- 
men, die  litteratur  über  die  dramen  Schillers  zu  verzeichnen;  er  hat  dabei  nicht 
bloss  die  ausgaben  und  selbständig  erschienenen  abhandlungen  berücksichtigt, 
sondern  auch  dio  in  Zeitschriften  und  Sammelwerken  zerstreuten  heranzuziehen 
versucht 

Leider  ist,  um  es  gleich  von  vornherein  rückhaltlos  auszusprechen,  die  txor 
führung  eine  völlig  ungenügende.  Die  uns  hier  für  den  preis  von  3  mark  auf 
nicht  ganz  57  selten  splendiden  drucks  gebotene  bibliographie  ist  so  unvoiständi^ 
in  der  Zusammenstellung  der  litteratur,  so  ungenau  in  den  angaben,  daaa  joder 
käufer  das  buch  enttäuscht  aus  der  band  legen  wird. 

Ich  greife  beispielsweise  gleich  die  litteratumachweise  über  das  an  den  anfang 
gestelte  drama,  die  braut  von  Messina,  heraus.  Hettler  führt  nicht  einmal  die 
einzeln  erschienenen  arbeiten  über  dies  drama  volständig  an.  Er  kent  z.  b.  nicht 
J.  G.  Rönne  fahrt,  Blätter  aus  der  Naturgeschichte  der  Menschheit,  zweites  Blatt: 
Schillers  Br.  v.  M.    Leipzig,  Dyk,  0.  j.    95  ss.  (wie  er  auch  das  ^vierte  hUtt* 


tBEn  HBTTLER,  BIBLIOGB.   VON  SCHILLEBS  DBAMEN  499 

Über  Maria  Stuart,  ebda*,  136  ss.  bei  nr.  395  nicht  .anführt);  er  kent  nicht  Isaac 
Flagg,  an  analysis  of  Schillors  tragody,  d.  Br.  v.  M.,  after  Aristoteles'  poetic. 
Inang.-Diss.  Göttingen  1871,  43  ss.;  er  kent  nicht  M.  Krafft,  Schillers  Br.  v.  M. 
für  Schule  und  Haus  erklärt.  Cassel,  Kay  1881,  156  ss.  r—  Man  sucht  vergebens 
Jos.  Pohl,  Zur  Kritik  von  Goethes  Faust ,  seiner  Ballade  Mignon  und  Schillers  Br. 
y.  M.  Progr.  d.  Progymn.  zu  Linz  a/Rh.  1884  (zu  der  lesart  „dem  Gesunden"  v.  401), 
oder  Fried.  Oberwegs  wertvolle  abhandlung  über  die  schicksalsidoe  in  Schillers 
dichtung  und  refloxion,  in  Geizers  protestantischen  monatsblättern  1864,  XXIII, 
154 — 169  (falsch  citiort  in  dem  jüngst  von  Brasch  herausgegebenen  werke  dessel- 
ben Verfassers  „SchiUer  als  Historiker  und  Philosoph  s.  179),  oder  G.  Hauffs  aus- 
ftihrungen:  Schillerstndion  1880  8.129  —  154,  oder  Düntzers  aufsatz  über  den 
Klansner  in  Schnorrs  Archiv  1875,  IV,  79—83,  oder  F.  Dingelstedts  wichtige 
dramaturgische  bemerknngon  in  Eodenbergs  Deutscher  Bundschau  XVIII,  1879, 
461 — 464;  oder  die  Untersuchung  über  das  Verhältnis  von  Schillers  darstellung 
der  landschaft  und  des  volkscharakters  zur  Wirklichkeit  in  der  Augsburger  Allg. 
Ztg.  1881,  nr.  306.  307,  beilage;  selbst  die  umfassende  Charakteristik  „Schiller 
als  dichter  der  br.  v.  M."  von  Walther  Bormann  in  don  von  Otto  Sievers  her- 
ausgegebenen Akademischen  Blättern  1884,  s.  672  — 715  ist  ihm  unbekant  geblie- 
ben!! Neben  solchen  lückeu  überraschen  die  genauen  recensionen  -  nachweise  zu 
Dr.  73;  nur  schade,. dass  die  recensionen  alle  aus  den  jähren  1869  —  71,  das 
buch,  aus  dem  sie  angeführt  werden,  aus  dem  jähre  1879  ist  —  jeder  errät 
sofort,  dass  sie  in  dem  buche  selbst  mit  bezug  auf  eine  frühere  publi- 
cation  des  betreffenden  aufsatzes  angeführt  sind.  Und  so  ist  es  in  der  tat: 
Lieb  recht  hatte  denselben  zuerst  in  Lemckes  Jahrb.  für  roman.  u.  engl.  Lit.  X» 
1869,  331—338  veröffentlicht;  zu  dem  neuen  abdruck  (1879)  in  dem  sammelband 
„Zur  Volkskunde''  fügt  er  selber  s.  480  eine  aufzählung  und  besprechung  jener 
beurteilungen  hinzu.  —  Von  Bulthaupt  (nr.  72)  kent  Hettlor  nur  die  Dramatur- 
gischen Skizzen,  dagegen  nicht  die  gegen  jenen  ersten  ontwurf  bedeutend  erwei- 
terte, weitverbreitete  „Dramaturgie  der  Classiker",  wo  über  die  Br.  v.  M.  I,  297 — 
321  gehandelt  ist.  —  Bei  nr.  62  wird  die  Seitenzahl  von  Bösslers  programm 
falsch  bestirnt:  es  sind  26,  nicht  36  s. 

Die  litteratur  über  die  Br.  v.  M.  umfasst  bei  Hettler  nr.  59 — 79.  Unter  diesen 
21  angaben  dreizehn,  resp.  wenn  man  das  fehlen  von  Überwegs  und  Hauffs  auf- 
sätzen  lieber  beim  algemeinen  teil  der  bibliographie  s.  13  (zu  nr.  23)  in  anrechnung 
bringen  will,  elf  lücken  oder  fehler  —  ich  glaube,  das  ist  ein  procentsatz,  wie 
er  in  bibliographien  glücklicherweise  selten  ist  Und  dabei  können  meine  bcmer- 
kongen  noch  nicht  einmal  den  anspruch  auf  volständigkeit  erheben;  ich  bin  über- 
zeugt, wer  systematischer  zu  Schiller  gesammelt  hat  und  nicht  so  gänzlich  auf 
seine  eigne  bibliothek  angewiesen  ist,  wird  noch  manches  nachzutragen  haben. 

Mancher  mag  vielleicht  solche  fehler,  wie  falsche  angäbe  der  Seitenzahlen, 
verzeihlich  finden;  ich  selber  würde,  obgleich  man  in  bibliographien  von  so  gerin- 
gem umfang  genauigkeit  auch  in  solchen  dingen  wünscht,  das  versehen  kaum 
erwähnt  haben,  wenn  es  bloss  druck-  oder  Schreibfehler  wäre  —  aber  leider  hat  es 
für  Hottiers  arbeit  qucllenkritischen  wert!  Hottier  hat  nämlich  diese  angäbe, 
wie  auch  sonst  öfter,  gänzlich  uncontrollicrt ,  aus  Wackornell  a.  a.  o.  s.  256  abge- 
schrieben. So  schreibt  er  diesem  seinem  Vorgänger  —  der  eingestandenermassen 
gar  keine  wissenschaftliche  bibliographie,  sondern  nur  vorarbeiten  zu  einer  solchen 
liefern  wolte  und  unter  seinen  quellen  deshalb  ganz  offen  in  erster  linie  buchhänd- 
lerkataloge  nent  —   auch  nr.  23  bei  der  abhandlung  von  Noelting  die  Seitenzahl 


500  0.  KBTTNBB 

33  statt  19  nach,  und  wonn  or  bei  nr.  462  Ton  BoxbergDrs  progmnm  gar  kune 
seitcnzalil  nent,  so  geschieht  dies  einfach,  weil  auch  Wackemell  s.  106  dailttwr 
schweigt  (es  sind  22). 

Auch  dass  er  die  angeführte  abhandlnng  Büntzers  nicht  nent,  ist  beniok- 
nend  für  seine  art  zu  sammehi;  sie  steht  in  einer  zeitschriffc,  die  der  veifasser  tonst 
excerpiert  zu  haben  scheint,  warum  vergass  er  sie?  Sehr  einfach:  der  Terfaaser 
hat  sich  die  für  die  ausarbeitung  einer  so  spedellen  bibliographie  nniimgiiigli«^ 
und  leichteste  aufgäbe ,  die  einschlägige  litterator  aus  den  faohzeitschiiften  n  reg[i- 
strieren,  noch  leichter  gemacht,  er  führt  meist  nur  solche  arbeiten  auf,  denen  man 
schon  im  register  die  Zugehörigkeit  ansehen  kann;  Dfintzen  aofsatz  aber  hat 
unglücklicherweise  den  unbestimten  titel:  „Zu  Schiller''  und  Hetüer  £and  es  nklit 
der  mühe  wert,  ihn  sich  anzusehen.  Aus  demselben  gründe  sucht  man  mefarere 
andere  arükel  aus  Schnorrs  Archiv  vergebens,  z.  b.  Brosin,  anklänge  an  IHigil 
bei  Schiller  YIII,  518  —  533  (beispiele  namentlich  aus  den  dramen),  Boxberger. 
Seh.  u.  Siegwart  IV,  494 — 500  (mit  bezug  auf  Spiegelbergs  erzählong  von  der 
Plünderung  des  klosters,  das  brutale  auftreten  des  Präsidenten  bei  Miller)  nsw.  h 
selbst  ausführungen  in  dieser  Zeitschrift,  deren  beziehung  schon  im  titel  kentlich 
gemacht  war,  hat  er  bei  seiner  flüchtigen  art  vergessen;  ich  nenne  R.  Boxber- 
ger, Lessings  dramat.  etil  in  Schillers  nachahmung  IV,  252 — 259.  Bindel,  zur 
Jgfr.  V.  OrL  XI,  454. 

Auch  die  Ztschr.  f.  d.  phil.  wird  von  ihm  excerpiert;  dass  er  dabei  das  ver- 
steckte referat  von  Eiste rs  vertrag  über  Don  Carlos  auf  der  Dessaner  philologenfo^ 
samlung  —  welches  ausfuhrlicher  ist  als  das  in  den  „Verhandlungen*'  s.  165 — 66,  die 
Hettler  natürlich  auch  nicht  anführt  —  nicht  gefunden  hat,  kann  niemand  wonder 
nehmen  (ob  der  vertrag  selbst  inzwischen  erschienen  ist,  weiss  ich  nicht).  —  Die 
zweite  abteilung  der  Jahrb.  f.  dass.  phil.  u.  paed«  erscheint  ebenfals  gelegentlich 
citiert,  doch  ist  sie  mit  derselben  flüchtigkeit  benuzt;  es  fehlt  z.b.  Mickwitz,  zd 
Piesco  n,  17  („papieme  Krone")  1873.  II,  387.  —  Das  Goethe-Jahrbuch,  die 
(Münchener)  Allgemeine  Zeitung,  welche  seit  jähren  regelmässige  mitteilongcn 
zur  Schiller -litteratur  bringt,  scheint  Hettler  kaum  angesehen  zu  haben. 

Vollends ,  dass  er  auf  etwas  entlegenere  beitrage  zur  forschnng  über  die  dn- 
men  geachtet  hatte,  darf  man  nicht  erwarten;  sucht  man  doch  selbst  ein  bacb, 
wie  das  von  Otto  Brahm  über  das  ritterdrama  (QF.  xl),  in  dem  eine  fÜUe  von 
litterarhistorischen  beziehungen  der  dramen  Schillers  nachgewiesen,  besonders  aber 
wertvolle  beobachtungen  über  den  stil  und  die  oomposition  der  Jugenddramen  nie- 
dergelegt sind,  hier  vergebens. 

Völlig  planlos  ist  überhaupt  die  Zusammenstellung  der  algemeinen  litterator 
über  die  dramen  s.  12  —  13.  Wol  wird  nr.  14  Boessels  programm  der  aufnähme 
würdig  befunden  (es  stand  ja  bei  Wackemell  l) ,  dagegen  die  „Prolegomena  zu  Sdiiüen 
Dramen"  von  B.  Boxberger,  Progr.  der  realschule  in  Erfurt  1874,  10  s.  nicht,  ebenso 
nr.  24  Beupers  skizze,  dagegen  weder  die  schrift  von  0.  Brosin  über  Schillers 
verh.  zu  dem  publikum  seiner  zeit,  noch  Brauns  bekantes  dreibändiges  sammelwerL 
Und  warum  der  Verfasser  dann  nicht  auch  überhaupt  aesthetische  und  litterarhisto- 
rische  werke,  in  denen  Schillers  dramen  eine  gesonderte  und  eingehende  besprechong 
finden,  hier  aufführte,  ist  nicht  abzusehen.  Meines  erachtens  gehörten  die  bekan- 
ten  bücher  von  Freytag,  Carriere,  Hettner,  Bayer,  Klaar  und  so  viele 
andere  ähnliche  teils  in  dieses  capitel,  teils  unter  die  bibliographie  der  eiiuelnen 
dramen  mit  genauer  angäbe  der  betrefifenden  abschnitte;  oder,  wenn  er  von  diesen 
algemeineren  werken  absehen  wolte,  so  durfte  er  doch  so  specidle  analysen,  wie 


ÜBKB  HETTLBB,   BIBLIOGB.  TON  8CHILLBB8  DBAMBN  501 

816  z.  b.  Kiino  Fischer  in  „ScMIlers  Selbstbekenntnisse*  von  den  B&nbern  nnd 
Don  Carlos ,  in  „Schiller  als  Komiker*  von  einer  ganzen  reihe  von  Charakteren  gibt, 
keineswegs  fibergehen;  aach  die  scharfe  kritik  namentlich  des  Wallenstein,  daneben 
der  Maria  Stuart  in  Otto  Ludwigs  Shakespeare -Stadien,  gehört  unbedingt  in 
eine  bibliographie  der  dramen  Schillers ,  schon  weil  sie  ein  wichtiges  Stadium  in  der 
beurteilung  derselben  bezeichnet.  Und  —  si  parva  licet  componere  magnis  —  hat 
die  gutgemeinte,  freilich  auf  sehr  naiven  aesthetischen  anschauungen  beruhende 
analyse  der  Maria  Stuart  in  Goerths  «Einführung  in  das  Studium  der  Dicht- 
kunst IL  Das  Studium  der  dramatischen  Kunst  s.  41  —  77*  nicht  ebensogut  ein 
recht  hier  angeführt  zu  werdet,  wie  die  besprechungen  einzelner  dramen  bei  Bult- 
haupt  und  Boetscher?  Von  lezterem  hatte  übrigens  Hettler  ebenso,  wie  ich  dies 
oben  schon  für  Bulthaupt  erwähnte,  auch  die  neueren  samlungen  seiner  dramatur- 
gischen abhandlungen  berücksichtigen  sollen. 

Ich  breche  ab,  denn  es  ist  sonst  schwer  ein  ende  zu  finden:  es  fehlt  eben 
fiberall  an  planm&ssigkeit  nnd  volstandigkeit  der  samlungen. 

Nur  ein  paar  werte  glaube  ich  noch  fiber  das  Verzeichnis  der  drucke  der 
dramen  hinzufügen  zu  müssen.  Was  sich  Hettler  bei  diesem  teil  seiner  bibliog^phie 
eigentlich  gedacht  hat,  weiss  ich  nicht.  Von  der  acribie,  die  hier  absolute  Voraus- 
setzung ist,  hat  er  keine  ahnung;  er  gibt  die  titel  so  an,  wie  sie  schon  ein  buch- 
hftndlerkatalog  bietet,  ja  man  muss  sagen,  dass  er  hier  von  den  antiquarischen 
catalogen  jeder  bedeutenderen  buchhandlung  hatte  lernen  können.  —  Schon  der 
gleichmassige  antiquadruck  ist  selbstverständlich  bei  solchen  arbeiten  grundsatzlich 
anszuschliessen.  Bei  den  drucken  der  Jungfr.  v.  0.  findet  auch  Hettler  für  gut, 
bei  nr.  214.  215  die  art  der  typen  anzugeben ;  wie  ist  es  aber  bei  den  üngerschen 
drucken  209.  210.  212?  Wie  steht  es  überhaupt  mit  215;  bei  wem  erschienen?  — 
Wenn  man  sich  eine  Vorstellung  von  der  flüchtigkoit  von  Hettlers  titelangaben 
machen  will ,  so  schlage  man  das  Verzeichnis  der  drucke  der  Räuber  auf  —  sie  bil- 
den ja  den  besten  prüfstein;  z.  b.  412:  in  statt  von,  Acten  st  Akten,  Zweite 
st.  Zwote;  ähnlich  413.  Einen  hinweb  auf  A.  Cohns  abdruck  des  unterdrückten 
bogens  B  der  ersten  ausgäbe,  in  Schnorre  Archiv  IX,  277 — 296  hat  Hettler  ebenso 
wenig  für' nötig  befunden,  wie  einen  solchen  auf  die  neudrucke  der  unterdrückten 
vorrede.  (Dagegen  war  es  natürlich  viel  nötiger,  die  Beclamsche  ausgäbe  zu  regi- 
strieren!) Vollends  über  die  abweichungen ,  die  sich  bei  exemplaren  der  Räuber, 
der  Jungfrau,  die  von  demselben  satz  abgezogen  sind,  finden,  wird  gar  nichts 
bemerkt;  auch  sonst  das  Verhältnis  der  drucke  zu  einander  nur  gelegentlich  und 
flüchtig  angegeben. 

Endlich  will  ich  noch  kurz  bemerken,  dass  auch  das  Verzeichnis  der  Über- 
setzungen, bearbeitungen  usw.  überall  die  empfindlichsten  lücken  aufweist  —  Ge- 
samtfibersetzungen, wie  z.b.  die  bekante  Hachettesche,  werden  überhaupt  nicht 
angeführt.  Wie  unbewandert  der  Verfasser  auf  diesem  gebiete  ist,  mag  man  schon 
daraus  ersehen ,  dass  er  vom  Wallenstein  weder  die  freie  französische  bearbeitnng  von 
Benjamin  Constant,  Genf  1809,  noch  die  englische  Übersetzung,  Edinburgh  1827 
kent,  obwol  fiber  beide  doch  sogar  urteile  Goethes  vorliegen  (vgl.  W.  v.  Biedermann, 
Goethe -Forschungen,  Frankfurt  a/M.  1879  s.  3  — 4.  —  Goethes  WW,  XXIX,  794. 
Hempel).  —  La  Marteliere  wird  nicht  genant,  obgleich  über  seine  bearbeitungen 
Schillerscher  dramen  ein  besonderes  programm  von  H.  Doberenz  erschienen  ist 
(Löbau  1883).  —  Neuere  französische  Übersetzungen,  u.  a.  auch  die  für  die  schule 
berechneten  wörtlichen ,  dann  vor  allem  jene  ausgaben  mit  einleitung  und  commen- 
tar,  wie  sie  seit  dem  kriege  so  vielfach  (z.  b.  bei  Garnier,  Hachette,  Dela- 


502  HOLSTEIN 

lain)  heraasgekommen  sind,  werden  gänzlich  vermisst.  Hetüer  nent  überhaupt 
fast  nur  ältere  übersotzungon  (aber  auch  diese  ganz  unvolständig) ;  anscheinend  hat 
er  sich  nicht  die  mühe  gegeben,  hier  über  Warzbachs  Schillorbnch  hinauszugehn 
und  selbständig  zu  sammeln ;  sein  Verhältnis  zu  der  lozteren  quelle  näher  zn  bestiia- 
men ,  schien  mir  nicht  der  mühe  wert. 

Der  verÜEisser  verheisst  ans  in  seinem  buche  noch  andere  bibliographien ,  x.  b. 
über  den  Tasso  und  die  Iphigenio.  Wir  können  ihm  nach  der  Yorli^enden  probe 
nur  dringend  raten,  uns  mit  weiteren  machwerkon  dioser  art  zu  verschoDen!  — 
Ungenauigkeiten ,  irtümer,  lücken  in  der  bibliographie  einer  gesamt  -  litterator  wird 
jeder  billig  denkende  entschuldigen;  anders  ist  schon  der  masstab,  den  man  bd 
einer  so  speciollen  bibliographie,  wie  die  vorliegende  ist,  anwendet;  aber  eine  soldie 
unkontnis,  solche  nachlässigkeiten ,  wie  sie  der  Verfasser  auf  schritt  und  tritt  bekun- 
det, sind  unter  allen  umständen  unverzeihlich.  —  Schliesslich  kann  ich  den  wunidi 
nicht  unterdrücken,  dass  die  manior  des  Verfassers,  blosse  fragmente  von  spe- 
cial -  bibliographien  zu  veröffentlichen,  keine  nachahmung  finden  möge.  Die  werke 
eines  dichtors  hängen  meist  so  eng  zusammen,  dass  die  littoraturangabcn  über  die- 
selben sich  oft  gar  nicht  trennen  lassen,  zum  mindesten  sezt  eine  solche  bibliogra- 
phie üt)er  einzelne  dichtungen  eine  genaue  bibliographie  der  algemeinen  werke  ober 
den  dichter  voraus.  Wio  äussorlioh  ist  z.  b.  Bettlers  Scheidung,  wenn  er  Hin- 
richs,  Schillers  dichtungen  in  ihren  historischen  boziehungen  usw.  erwähnt  (weil 
zufällig  der  zweite  teil  als  „dramatischer''  besonders  bezeichnet  ist),  U  off  mei- 
ste rs  grosses  werk  aber  nicht,  obwol  hier  die  besprechungen  der  einzelnen  drames 
zu  selbständigen  abhandlungen  erwachsen  sind. 

SCHULFPORTB.  GUSTAV  KXTTHBB. 


Ein  deutsches  Handwerker -Spiel  nach  einer  handschriftlichen 
Überlieferung  aus  dem  Königlichen  Staatsarchiv  zu  Posen  her- 
ausgegeben von  Professor  Dr.  Riehard  Jonas^  Oberlehrer  am  Kö- 
nigl.  Friedrich  Wilhelms-Gymnasium  zu  Posen.  Posen  1885.  53  s.  & 
M.  1,50. 

Gern  haben  wir  von  der  Stiftung  einer  historischen  geselschaft  in  Posen  kcntais 
genommen,  welche  sich  die  aufgäbe  stolt  die  geschichte  der  provinz  zu  erforschen 
und  namentlich  diejenigen  denkmäler  ans  licht  zu  ziehen,  aus  denen  der  nachweis 
erhelt,  dass  die  provinz  Posen  eine  menge  deutscher  demente  enthält,  die  dieselbe 
zu  einem  echt  deutschen  gebiete  unseres  Vaterlandes  machen.  Das  vorliegende  hand- 
werkerspiel ist  ein  Separatabdruck  aus  der  zeitsclirift  der  historischen  geselschaft 
zu  Posen.  Der  herausgeber  wurde  auf  die  im  Staatsarchiv  zu  Posen  befindliche 
handschrift  aufmerksam  gemacht  und  hat  dieselbe  unverändert  zum  abdruck  gebracht 
In  der  einloitung  unterrichtet  er  den  leser  über  die  zeit  der  abfassung  des  spiele«. 
Er  bemerkt  mit  recht,  dass  dasselbe  nicht  erst  im  jähre  1753  abgefasst  ist  ood 
dass  die  angegebene  zahl  sich  auf  das  jähr  einer  auffubrung  bezieht.  Vielinebr 
muss  die  abfassung  in  die  dem  ende  des  30jährigen  krieges  unmittelbar  folgende 
zeit  fallen ,  worauf  auch  die  scbriftzügo  weisen.  Die  handschrift  dieses  Spieles  - 
offenbar  eines  depositionsspielos  (vgl.  das  von  E.  Th.  Gaedertz  in  den  Akademischen 
Blättern  1883  herausgegebene  depositionsspiel)  —  fand  sich  unter  den  akten  der 
innimg  der  lohgerber,  welche  mit  den  posamentierern  lange  zeit  zu  einer  innong 
vereinigt  waren.  Die  Orthographie  ist  die  der  zweiten  hälfte  des  17.  Jahrhunderts, 
jene  wunderliche  Schreibung,   an  der  der  herausgeber  festgehalten  hat,   ohne  lo 


fBEB  HAVDWF.RKKR8PTICT1  KT>.  JONAfl  503 

bedenken,  dass  dadurch  dein  Icaer  allu  frendo  nn  dioneni  „zvau^iuh  dmitHchon  ^i;i- 
stes  und  deatscher  anschanaii)^*^  ^oraabt  wird.  Dazn  koint,  iIuhh  diu  rt('.)ui;il)W4MMi^ 
des  17.  jahrhandorts  obno  historisf'Jiun  wert  ist,  d«;nii  .nie  ist  das  «t/.iüi^hIk  d>'r 
grosten  wilkür  nnd  niemand  wird  jozt  Opitz'  niid  (trypiilnH'  wcrko  in  der  MrJintili- 
weise  der  originaldrucke  heran  sieben.  KhciiHtj  vorliillt  fH  hicli  mit  der  iiitorpiink- 
tion,  die  herr  Jonas  eben  {als  iinvorändrirt  aafjr^cnoinnien  bat.  ,,Wir  haben  hIIi-h  k'» 
gelassen,  wie  es  das  manuscript  bietet,  damit  Hieb  der  loHor  rin  mö^'lirliHt.  grnaiirrt 
und  volstandiges  bild  von  demselben  machen  kann**,  mit  di<'H«;n  wort«'n  n/ddicMMt  die 
oinloitnng.  Das  ist  nun  freilich  sehr  bovinem,  .'ibf;r  den  rordf;riing4:n  d<T  wir.m^u- 
schaft  nicht  entsprerhend.  Der  heratisgebor  eines  littf:rariHch«:n  wcrkfiM,  rnii^  «v; 
dem  17.  oder  einem  andern  Jahrhundert  an^^ehonn,  hat,  wenn  t-r  H^'in«:  aiit'^^ahc  zur 
genüge  losen  will,  mehr  zn  tun;  er  hat  vor  allem  einen  le-tharen  ft'.xi  zu  lichTu, 
er  hat  das  recht  Terbeasemngen  vorzunehmen  nnd  in  anmerkiinf.7rn  KJeh  d;iriih'T 
aaszQsprechen ,  aber  herr  Jona^i  hat  sowol  Pur  t/;itkritik  alH  für  die  mrtrik  ao  ^yl 
als  nichts  getan,  obwol  je^ie  -leite  reiehlieh  dazn  {r^rlet^^enh^it  hot  und  djf:  ^:rf/»rd<i 
liehen  bessernngen  vielfach  anf  platter  band  Ia(^:n.  Nur  auf  die  erkLiruni.:  d'r^  Ux- 
tes  hat  er  fleüs  verwant,  indem  er  eino  reihe  von  anrnf'rknnif'-n  ^elir:fr;rt  h>Lf ,  ah' r 
er  trift  nicht  immer  das  riehti^^e.  Wir  geben  zu,  da^^  rnanrhe-t  r;if>:<ih.irt  Idrihf, 
weÜ  in  der  han^l^chrift  verderbt,  aber  wir  m^iehten  doeh,  indem  wir  der  auffordr- 
nug  des  heransgei:ier9  na/^hkommen,  einige  ver^^^sepingen  in  Vorschlag  hrin^fen. 
Wir  könten  unsere  bemerknngen  na^h  gmppen  ';rdn:n,  ind^rn  »ir  die  stuf  m'-trik. 
textrerindening  and  erklänin^f  hf-7'iS?:ir^hen  zn.Harr:iii^:ri-tt/:l!rr. ,  ahor  w.r  hniten  *■-,  für 
besser  bei  imserm  vorhaben  der  relrienfilrre  d-^r  verne  /  j  f-A'j/:u.  V. :;  r,fid  t.  Kr.m/ 
sowie  das  aof-  und  ni-itlerateiir^n  ^ehnnen  mir  t-^rrrJni  teehniri  dr*  fAn/e4  zü  ^'-in. 
Aach  firiefanz  beiientet  tanz»  ^.  «'/rmm*  VPr,.  h.  v.  —  0  :^.*  am  ende  z^i  levin;  »»re- 
ten  her" ,  entsprechenii  v.  10 :  m  ii^  h .  md  •  la^  n  ieh  t  on  if -:  f.*  •*  f  /  •*  n  n  ri  /e  fä  h  r .  *  *  f  a  I  - 
lig.  —  15  lies:  -sein  tun  md  =»*Ln  ganze <  'üratiir.  .V,  allein  d^ri;n  i^''-!teJf ',  d^rin 
V.  15  kamt  der  reim   ,gili.''   —    J^i  1.  im  on.ie  ^  hie.  jl   -r.^r.t    u*  /^i^/J^r 

wol  =  pa^iit  :iaf.    vzi-  *'>rmm  W>.'.  j.   ,.   —    -25  I.:    ^n.v.-:  t'.t*    .r. !   ;*^r.I  /  rh.-t^: 
herm,  manrf)nen  md  ,'Timrfra:et:.-  —  if?  1.  r'.. .  —  1.-.  t.  i^  -..  .>i  f--:.-  r..*.  n  w  IIti 
Tud  'JnMen  jt»  .»in  tos.  —  4/5  I.    irr  ■•''■^  -it.    i^r.    •r-i'.  —  t.>  7-'*'::.*    —    '.I   ;V:/^- 
W   —    »iT  weit-  ind  a;:eh  ^•»ivü.x-;    —    'i-:  .-.:■:!-■:  ^.»a?.    —    7j  -  :*  ^-rr.j.-.l 
75  bedeatet:   ohne  ■iir'ta  jr-^nzen  -iizi-^r-^.aiT: .    SiiiTi.i.n  r;  m:-::    —    "•'-  '    A"=v 
?5  ^Denn  Phiiomeu  iAan  ili.r:  ii.*  o:r.rTi  .  L  :.  ':•  :*:»:•!    t   .is.^-.  •  —  -7  —  ■»      -'- 
halten  eine  ^inerklir*e  hLirorl-üiir  j-.-pirl  i.ir  —    -o  ■.-..-'.  .-.:-   :d, Mr:  .ü  *  —  '-  •     ". -" 
it.  dem  —   l-.»l  -ii»!  <l:a"-Ti  .'•jr-ir  —    I /j  -v-r  -.kj  —    i  :'    i:i:   j.*.-"  ■". i-:.-i-r  t:  i- 
•üe  isammt'    ind   iri.L-Rid«:iiei*    —    ,  f,    L-;  iZ'"':-'=-   — .i    :a::i:i-':-     m"-     :■■::-    ■*■ 

»iiCBenmacht^r    —     ll.i   -r.it   :3  ill    i^nrf:    ii.rj.,iz    —    '.'.z     riiAin   1>  1   'r 

axia  —  121  ■:jjmyai;fia  -  .  -'sizI'-'l.  .\Xsr  vz-'.  ü.  -  tr'i  ".liL  —  '.J.  :v^-.-'.  - 
^osA  .?^  imi  *in**  i- Llrt  *r::n:r  —  ' -i  "■-  ...^  -  i-.  =.-,.  .  . ,,:  '.  ^^-.i-.-  ~ 
—  133  y.ir'ii:ri.  «.a.Ti.";iJiii:i  —  l.V  •;.-  -.■...  .  -  .  ,--»47  _  '..-;-  \-.  i  ■  —  *.' 
^■eht —  1.T4  w»*r  :Vii>t.  aii.^.^  l."-.\i -f»  ■■-"  -  »-^  -■.  ■  .  .1-  -  -.  &  ■  -  —  "-."  ■• 
fliÄttt  —  137  ^-ipan*:  wa  -r.:::-  .-  ^  ..  ,  ^..  ..,  ,-  -  _  -  ■^'  -  :  ▼  *-  --«r  : 
"in-i  TaiiJ>t  —  InO  ^1.^  :.^r  .-r  fr-  -isiiT..-.  _..  .-  .^  ,..*,  .  ■-.  ■  ■•  —  '.'■'■  ■ 
■i»^trt  -Jbr  aerZi'iien  lad  "v-jr»^'.':   !i  <  •    r  v  •  ■»>:••:;        —.t    , .  • :    —     '.   *^' 

'"^  iisT  :  sTamt  —  :7.'j  3... ■.:-.<    -    *".   v.    x.. ,  -       ■  ^,j  -c     ""   — 

IJi^  ■»»•nraanten  =    lehrL^^-»'     ;>•    -.      ..  ,    .^.., .,    ,.  ...   ^.    ,  — <    :.■  =  -   vt  . 

ioÜA   i«eMni*n   a^.-a   ?fr-..:, ..      ,    .,.     .      ^..,  .  v^.  .      .-.    >■    - 

^wi^rw»  P  denü  —  >:    i..^,.  ^,,  ^     ..  ..   ..  ^     .  ■  --i  e '-J 


504  HOLSTEIN,  ÜBSB  HANDWERK BB8PIBL  SD.  JONAS 

und  den  lohn  —  199  an  leib  nnd  gemüt  —  der  grobe  halnnke  steckt  noch  im 
goblüt  —  204  dem  horren  herführen  —  206  behann  —  207  die  äst  —  209  o.  810 
und  uns  deponieren,  so  können  wir  künftig  als  recht  und  vernünftig  gesellen  pas- 
sieren —  212  so  lang  als  wir  leiben  '—  213  soll  euer  rühm  bleiben  —  215  Ton 
golde  bereiten  —  216  dass  wir  es  volführen,  die  stuhle  beschreiten  —  217  so 
schmerzlich  sehnlich  flehet  —  218  so  heftig  bei  ihr  blähet  —  222  ihr  lang  geehr- 
tes Volk  und  schwärmende  Vaganten  —  224  und  dero  compagnie  jetzond  vor  angen 
geht  —  228  und  kämet  nimmermehr  zur  rochton  jugendbahn  —  2S0  woher  das 
deponiem  —  231  so  soll  euch  widerfahm  —  237  den  grossen  Alexander  —  245  o. 
247  bezieht  Perlbach  die  werte  Aponi  und  Basilius  auf  den  athenischen  ArdMo 
oponymos  und  den  Basileus;  ich  möchte  für  Aponi  lieber  „dem  ApoUini^  losen  —  24680 
wurd  es  zu  Athen  —  267  u.  268  sind  zu  einem  verse  zu  vereinigen:  ^Das  Sprich- 
wort bleibet  wahr:  verstand  komt  nicht  vor  (st.  von)  jähren^  —  279  nun  habe  idi  — 
284  erholen  sich  an  meim  geschlecht  —  285  ich  aber  steh  hier  mit  dem  bell  — 
297  nimt  mich  in  acht  <=  sorgt  für  mich  —  302  dem  vierten  mangelts  überall  — 
306  wo  doch  der  lezte  sei  hinkommen  —  307  so  viel  ich  mir  vor  wenig  tagen  — 
313  vergilt  —  314  vor  ein  meister  schilt  —  316  als  war  ich  bestellet  —  325  gleich 
wenn  die  arbeit  ist  volführt  (vgl.  323  gebührt)  —  328  denn  arbeiten  ist  mein 
begehr  —  332  und  zeig^  mir  euren  groben  söhn  —  339  Pressbuig  —  340  Angs*. 
Philipps-,  Strass-  und  Regensburg  —  341  in  Böhmen,  Sachsen,  Meissnerland  — 
345  geziert?  (st.  gerühmt)  vgl.  346  aufgeführt  —  358  doch  hats  der  meister  nicht 
benant  —  363  dn  wirst  mich  mit  verschonen  —  380  ihr  seid  toll  —  387  das  lass 
ich  mir  nicht  sein  entgegen  —  397  geld  ist  die  losung  —  399  bezahlen,  ja  dis 
ist  mein  freund  —  405  und  führt  ein  häufen  lose  wort  —  406  hacket  —  408  eia 
zunftgesessner  mann  —  411  viel  weng^er  —  430  gelach  =^  gelage  —  432  solch  spiel 
hat  keinem  noch  geglückt  —  458  wie  ein  querle  —  461  wärs  aber  zum  gemenge 
kommen  —  465  solte  bei  vogel  nicht  an  crepitus  zu  denken  sein?  —  466  ihr  wisst 
wann  er  entflogen  ist  —  474  ach  meister,  ach  wie  hungert  mich  —  480  weil  ich 
solch  hungr  und  durst  muss  leiden  —  484  halt  gute  wacht  (:  acht  v.  482)  —  4Sb 
es  ist  verletzlich  —  488  butzen,  putzen  s.  Grinmi  Wh.  2,  593,  7  —  493  und 
schreitet  drüber  —  506  auf  den  —  518  das  meiste  brot  zuführet  —  522  dem 
kanns  nicht  übel  gehen  —  527  ranth  richtig  =  räude  —  531  den  ancb  — 
547  warum  ihr  Kickerling,  s.  Grimm  Wb.  5,  662  —  549  an  den  ich  vorg«- 
dacht  —  552  hier  liegt  die  edle  kunst  begraben  —  555  warum  liegt  jetiud 
denn  die  ganze  weit  nicht  krank?  —  560  ein  Zahnarzt,  oculist,  landstörzer  ond 
bruchschneider  —  567  denn  eh  man  sichs  versieht  —  572  der  herr  Mercurio«* 
Emplastmm,  Melelote  —  575  der  mich  zu  hilfe  rufet,  wo  man  mit  not  behalt  — 
576  und  Cataplasma  machen  —  577  Yesicadoria  und  pillen  mancher  art  — 
580  du  weisser  entia,  du  hochbelobtes  mittel  —  583  gar  nächst  vor  kurzer  seit  — 
584  bisamknopf  =  bisam pillen  —  589  auch  die  ihr  härte  tragt,  fünfviertel  eUes 
lang  —  591  =  bliebe  ich  länger  bei  euch,  so  würde  ich  euch  zur  stunden  aoch 
fast  von  quäl  und  bang  helfen;  der  schluss  lautet:  von  quäl  und  bang  (:  eU«B 
lang  v.  589)  —  592  krankert  ist  eine  veraltete  fluchformel,  s.  Grinmi  Wb.  5,  2040  — 
594  bei  ihn'n  —  601  dergleichen  pack  —  602  an  der  schelle  (:  zu  boden  nillo  v.  604)  — 
607  und  kömre  —  608  warmer  bruder  ist  der  ausdruck  für  einen  päderasten  —  614 
kunstnärsches  —  623  hülse  und  kern  bezeichnen  wertlose  schale  und  gewinn  —  60 
wohnt  —  636  schliff  —  637  so  hatt  —  641  nach  der  ture  (tour?)  «  einen  nach 
dem  andern  —  in  dor  bühnenweisung  zu  642  mociriren  «»  mokieren  —  642  seht 
doch  —  645  bringt  —  648  warum  wird  denn  dann  halbiert  —   656  nnd  sehe  ww 


8ACHBBGI8TKB 


505 


hier  wird  gemisst  =  vermisst  —  660  der  horro  —  669  zähnchen  —  der  mit  v.  680 
beginnende  auftritt  bildet  eine  nnmotivierte  episode  —  682  gelernt  —  688  nnd  bin 
in  ihrer  schal  —  728  ein  fünfjährig  hnt  =»  ein  fünf  jähr  alter,  schäbiger  hat  — 
730  kammeratig,  bei  Grimm  5,  98  kameradlich  —  735  bekomm  —  780  Pankratius 
und  Pamphilius  sind  volkstümliche  namen  von  karten  —  786  die  rede  von  Yielfröh- 
lich  fehlt;  wie  vordacht  «a  vorher  geplant;  denn  erwähnt  ist  vorher  nichts  —  789 
nun  könnet  —  799  zuerst  sollt  ihr  vor  allen  dingen  —  802  gern  singen  —  804  ver- 
messentlich  nicht  schwöm  noch  fluchen  —  818  umschauen  erinnert  an  einen  hand- 
werksbrauch,  s.  ▼.  820  —  819  denn  —  839  befleissigt  euch  —  842  wenn  ihr  das 
habt,  zieht  solches  an  —  851  zum  trutzen  —  860  wenig  genütz  und  grossen 
stank  —  861  pfuschor  sind  leute,  die  nichts  ordentliches  verstehen  —  die  erklä- 
mng  zu  874  passt  nicht  in  den  Zusammenhang  —  895  das  leid  von  mir,  von  kei- 
nem mehr  —  896  denn  schmach  bringt  dir  sonst  schlechte  ehr  —  907  unsrer  kunst 
ehr  und  'gab  —  912  der  feiern  will  allzeit  —  915  heut  bin  ich  —  920  so  bin  ich 
ja  derselbe  mann  —  922  ihr  herm  ~  926  lacht  auch,  erzeigt  euch  wolgomut  — 
927  so  klingt  es  noch  einmal  so  gut  —  945  dein  geist  sei  dreimal  hoch  erhoben 
und  gepriesen  —  951  ist  unsrer  andrer  rühm  —  953  wir  singen  und  springen  und 
freuen  uns  hier  —  954  unser  andre  —  961  merkt  es. 

Vielleicht  tragen  unsere  vorschlage  dazu  bei,  herm  Jonas  zu  einer  zweiton 
ausgäbe  seines  Spieles  zu  veranlassen. 


wniHSLMSHAViar. 


HUOO   HOLSTEIN. 


L    SACHREGISTER 


Alceste ,  deutsches  Puppenspiel,  s.  dieses. 

Alexandersage  s.  Ekkohard. 

altfranzösisch:  prosaroman  v.  Tristan 
n.  Isolde,  algemeines  81  —  83.  Verfas- 
ser Lucc  du  Gast  84.  enthält  lyrische 
stücke,  lais  84  fg.  fortsetzer  des  Luce : 
Helis  de  Borron  84  fg.  klassifiderung 
der  handschriften  85  fgg.  Verhältnis 
des  Tristan  Christians  v.  Troyes  zu  dem 
des  Luce  du  Gast  87.  doppelte  boar- 
beitung  des  lezteren  durcn  Uclis  de 
Borron  87  —  92.  Verhältnis  der  ersten 
redaction  zu  ihrer  vorläge  92  fg.  — 
die  zweite  bearbeitung  kann  nicht  von 
Helis  herrühren  94  fg.  sein  2.  werk 
ist  der  Palamedes  95.  —  provon9ali8cho 
bearbeitung  der  historie  von  dor  schö- 
nen Magelone  s.  dieses.  —  Troubadours 
in  der  metrik  Vorbilder  dor  minnesin- 

gii  334—38.  —  einfluss  derselben  auf 
antes  göttliche  comoedie  370  fg. 

althochdeutsch:  Übereinstimmung  dor 
spräche  in  Notkers  Boethius,  Oapolla 
u.  Aristoteles:  verbum  347  —  57.  nomen 
357  —  69. 

altnordisch:  corpus  poeticum  borealo, 
Inhaltsangabe  95  —  105.     textkritische 


behandlung  105  —  111;  höhere  kritik: 
die  Helgetrilogie  und  der  angebliche 
Helgidichter  112  — 119.  d.  angebliche 
Verfasser  der  Lokasenna,  Skirnismäl, 
dos  Harbardsliodes  119  fgg.  d.  sogen, 
balladondichtor  121.  cluronologie  der 
Eddalieder  121  fg.  Stellung  der  nor- 
dischen sagas  zu  d.  germanischen  hel- 
donsago  122.    metrisches  122  fg.    stro- 

Ithlschü  glioderung  u.  langzeile  in  den 
öchhillodorn  124—27. 

Aurolio  Anroli:  seine  Antigona  delusa 
(l*AlcüHto  in  Deutschland  nachgeahmt 
258. 

Bambi^rgcr  handschrift  der  Historia  de 
prolÜH  u.  Euistola  Alexandri  ad  Arist. 
schon  seit  begründung  der  bibliothek 
in  Bamberg  385  fg.  ausgäbe  v.  Land- 
graf 493.  —  quelle  für  Ekkehards  ex- 
cerptum  s.  diesen. 

BortesiuH,  Job.,  sein  drama  Regulus  nach- 
ahmung  des  Matth.  Scharschmid  428  fg. 
vgl.  drama. 

bibolübersotzung  Luthers:  gutachten  über 
die  Hallesche  probebibel  376  —  80. 

Blum,  Michael,  buchdrucker  in  Leipzig 
103. 


506  SACHREGISTER 

Borron,  Hclis  de,  fortsetzer  des  altfran-  Gast,    Lnce  du,    Verfasser    des   ältesten 

zösischcn  Tristan  s.  altfranzösisch.  französischen  prosaromans  s.  altfranx. 

briof Wechsel  Weigands  375  fg.  Gigas*  empfehlung  des  draraas  ton  der 

(^alauiinus,  Georg,  seino  latein.  bearbei-  schönen  Magelone  193  fg. 

tnng  dos  dramas  Ilcli  u.  seine  söhne  423.  grammatik  s.  mittel-  a.  althochdeatBcb. 

Christians  v.  Troyes  Tristan  s.  altfran/ö-  Handwerkerspiel  502. 

sisch.  Hartmann  v.  Aue  s.  mittelhochdoutsch. 

corpus  pooticiim  boreale  s.  altnordisch.  Helgetrilogie  s.  altnord. 

Dante,   becinflusst  von  den  Troubadours  Uistoria  de  preliis  quelle  für  Ekkehsrd^ 

370  fg.  cxcerptnm    de   vita  Alexandri    385%. 

<1ialckto:  graphische  darstellnng  der  dia-  vgl.  Bamberger  hs.  und  Ekkchanl. 

lektischen  vcrschicdcnhcitfjn  durch  einen  Jeroschin ,  brachstück  490. 

Sprachatlas  371 — 74.  Iffland  u.  seine  schrifton  usw.  Dicht  von 

drania:  dramatische  bearbcitung  der  hi-  Denneckcr  sondern  v.  Duncker  128. 
storie  von  der  scliönen  Magelone  siehe  Heu,  Wolfgang,  s.  Luzorner  dorfspiele. 
dieses.  —   volksdrama  des  17.  und  18.  indogermanisch:    principien    in    der 
Jahrhunderts  s.  Puppenspiele.  —  dr  a m  a  ontwickolung  der  wortbildungselemcnte 
des   16.  Jahrhunderts:    Heli   und  374  fg, 
seine  zwei   söhne  von  einem  unbekan-  infinitiv  s.  mittolhochdentsch. 
ten  Verfasser  40G— 12.    bearbeitet  von  Körners  verschlag  einer  änderung  im  Wal- 
Hans  Sachs  412 — 17.    von  Job.  Laut-  Icnstein  Schillers  54  fg. 
terbach  417  —  21.    dessen  Verhältnis  zu  körner  als  kunstausdrnck  der  meistersin- 
dem  anonymus  421  —  23.    lat.  bearbei-  ger  57  anm.  1.  —   nachweis  der  k.  in 
tung  durch  Georg  Calaminus  423.  —  der  mittelhochdeutschen  lyrik  s.  metrik. 
Mattliaeus  Scharschmids  dramen:    von  laig^  lyrische  stücke  im  altfranz.  Tristan 
des   köuigschen  söhn,   der   krank   lag  g,  altfranz. 

usw.   424—28.      nachgeahmt  in   Job.  Lautterba^hs,  Job.,  drama:  Heli  417— 21 

Bertesius   Regulus   428  fg. ;    von   den  Verhältnis  zu  dem  anonymen  drama  Heb 

7  Martjrern  u.  jrer  Mutter  429—35.  u.  seine  2  söhne  421  —  23.    vgl.  drami. 

von    einem   Bepstischen    Pfaflfen    usw.,  Luthers  bibelübersetzung :  gutachten  über 

entnommen  dorn  nachtbüchlein  des  Va-  ^lie  Halleschc  probebibel  376  —  80. 

lentin  Schumann,  bisher  unbekant  435  Luzemer  dorfspiele  s.  drama. 

fg.  —  des  Thomas  Naogeorgus  Hama-    xr 1     ^     1 1«*^»;*  ,.^«  .1.».  «^i,x»«»  ir  . 

««„  ,i««fo«K  ^^«  T/^^»    ni,*,.f«»o  A^äii  Magelone:   histone  von  der  schonen  M.: 

nus  ueutscn  von  Jon.  Cnryseus  436 —  Tx  ,  ..„^  «  „^„  v«:*  'n7'»*k.,v^ir  ««^  j««. 

443.    abhänRig  von  Paul  Lbhun  437.  '}^''^~'tf^ll^J,il'^^^^Zit^Z 

442.  -  Damian  Lindtnere :  Esther  und  t'^T^it^^ ""„1  R.^^rH  ^.'^^^ 

Haman  443-47.  -  Luzcrncr  dorf-  J^l^e  «rca    eSr^be^Ä 

spiele:    karsam^tagsprocession ,    nie-  ^^SnmärnaÄhli  m  f^Vett 

dcrgcsclmeben  durch  pfarrAJfonK  ßa-  ^^b^^^    Dbersetzimg    und    S^alatlM 

b«  4»9  %g- ;  fastnachtsspiel  (he.I  ko-  j^^^j  ^„    ^   ^^^  ,    j^^^,, 

niodic,  Tyrolerspiol)  vom  pfarr.  Schuh-  iaR_9i      Warbocks  lobensiFeBchichte 

niacher  in  Rotenburg  461-67;    char-  }„,      q,      V"  .*     wa^^™!!  .   i 

freiUgsspiel  des  Wolfgang  Ilen  467  -  »^ "  ^LnSt  Si  Ä    bÄ  V 

470;  die  vom  stärbonden  weit  heiland  *^ "i"  i.,^,„  TI^k    Lr  pi.«.  ^«a  fe 

besigte  Hölly  470  fg.   S.  Cafauina  Jung-  \2^'^Z  Sts   m  -'^    TJt 

EddS:   t   altnordisch.  f «»  ''S^^'''±  t  Ä'  fl'"  "^ 

-.^1111          A                    i       ji     'L  hma  205  fg.   als  drama  JOo  fg.    bear- 

Lkk ehards  v.  Aura  excerptum  de  vnta  ^  j^           ^  Sebastian  Wild  207- 10. 

Alexandn  ist  eine  direkte  bearbcitung  ^^^  »  b     ^    »^ 

des  Bamb.  tixtes  der  Historia  de  prel.  meistersinger  (kömer)  57  anm. 

und  der  Epistula  Alexandri   385—88.  metrik:  altnordische  s.  dieses.  -  mit- 

400  fg.      hat   keine    von    den    übrigen  telhochdeutsche:  kömer  57  fgg.    nach- 

handschriften  benuzt  388— 96.    ari;  der  weis  derselben   bei  den   niinnesingenj 

compositiou  101  fgg.    kür/ungcn,   ab-  57-80.  210-49.  329— 34     diedich- 

weichungeu  404  fg.  ^^^f>   ^^^^  Troubadours  Vorbild  m  die- 

Epistuia  Alexandri  ad  Aristotelcm  s.  Ek-  »er  bezichung  3^4  — 38. 

kehard.  minnesinger ,  techmk  58.    köraer  57  fg. 

fastnachtsspiele  s.  Luzemer  dorfspiele.  mittelhochdeutsche  metrik  s.  dieses 

formenlehre    Notkers    im    Aristoteles    s.  u.  körner.  —    mittclh.  syntax:  infi- 

althochdeutsch.  nitiv  nach  wellen  u.  den  verb.  prat*t«- 


VBRSBICHNIS  DEB  B88PB0CHENEN  8TBLLEN 


507 


ritopraesentia  in  den  epen  Hartmanns 
von  Aue  1—54.  144—85.  301  —  20. 
wellen  mit  finalem  Inf.  4  — 13.  mit 
inf.  der  richtung  13  — 17.  f entwick- 
lang der  bedentnng  des  inf.  17  fg. 
27  fg.)  wellen  mit  appositivem  inf. 
17—27.  umsehreibt  das  fut  19  fg. 
den  conjunctiv  20 — 25.  bezeichnet  die 
handlung  als  dem  Interesse  des  subj. 
nahestehend  25  —  27.  —  verba  praete- 
ritopraesentia:  mugen  bedeutung,  con- 
struction  28 — 54.  bedeutet:  eine  mög- 
lichkeit  haben  29 — 46.  anlass,  grund, 
gelegenheit  haben  47  —  54.  kunnen 
144—47.  solnl47  — 68.  mit  inf.  der 
richtung  148 — 56.  fälle,  in  denen  die 
bloss  umschreibende  function  unent- 
schieden 156 — 60.  mit  appositivem  inf. 
160 — 68.  müezen  in  der  bedeutung 
eines  verbums  des  geschehens  169 — 73. 
bedeutet  einen  zwang  oder  eine  notwen- 
digkeit  173—82.  dürfen  182  fg.  tur- 
ren  183  fg.  tugen  184.  wizzen  184  fg. 
praefix  ge-  beim  inf.  301  —  20. 

Naogeorgus*  beiname  u.  geburtsort  485.  — 
Haman  deutsch  bearbeitet  von  Job. 
Chrysous  436—43.  vgl.  drama. 

Nasusy  Selbstbiographie  488. 

Noikers  Boethius,  Capeila.  Aristoteles 
stimmen  in  der  spräche  überein  342 — 
347.  vgl.  ahd. 

Palamedes  des  Helis  de  Boron  s.  altfranz. 

Petrarcas  bearbeitung  der  historio  von  der 
schönen  Magelone  187. 

probebibel:  gutachten  über  die  Hallesche 
pr.  376—81. 

provenzalisch  s.  altfranz.  u.  Troubadours. 

puppenkomödien  s.  Puppenspiele. 

pappenspiele:  Don  Juan  enthält  eine  nach- 
bildung  von :  Viel  Lärm  um  nichts  257. 
Alceste,  Zusammenhang  mit  der  Anti- 
gona  delusa  d' Alceste  dos  Aurelio  Aureli 
258.  zeit  der  abfassuug  258  fg.  an- 
klänge an  andere  Puppenspiele  259. 

Raber,  Alfons  s.  Luzerner  dorfspiele. 

roman :  altfranzösischer  prosaroman  s.  alt- 
franz. 

Sähen,  kloster,  sagen  vom  s.  Tyroler 
sagen. 


Sachs,  Hans:  bcarbeitungen  der  historic 
von  der  schönen  Magelone  205  —  207. 
drama :  der  priestor  Eli  mit  seinen  un- 
geratenen söhnen  412—17. 

sagen,  Tyroler  s.  dieses. 

Scharschmids ,  Matthaeus,  dramen:  von 
des  königschen  söhn,  der  krauck  lag 
usw.  424 — 28.  nachgeahmt  von  Joh. 
Bertesius  im  Regulus  428  fg.  von  den 
7  Märtyrern  usw.  429—35.  bisher  un- 
bekantes:  von  einem  Bepstischeri  Pfaf- 
fen usw.  entnommen  Schumanns  nacht- 
büchlein  435  fg. 

Schiller,  Wallensteins  tod:  gründe  der 
Streichung  des  Buttlerschen  monologs 
IV,  8  54  fg.  die  Braut  von  Messina 
abhängig  von  Wielands  Alceste  254  — 
256.    bibliographie  d.  dramen  498. 

Schuhmacher,  pfarrer  s.  Luzemer  dorf- 
spiele. 

Schumanns,  Valentin,  nachtbüchlcin  s. 
Magelone  und  Scharschmid. 

Spalatins  sendbrief  zu  Veit  Warbecks 
Magelone  s.  diese. 

Sprachvergleichung  s.  indogermanisch. 

Stolberg:  gedichte  der  brüder  St.:  colla- 
tion  der  manuscripte  mit  dem  druck 
im  Göttinger  Musenalmanach  479  fg. 
ungedruckte  gedichte  481  —  84. 

Treviez ,  Bemard  de,  provenzalische  bear- 
beitung der  historie  von  der  schönen 
Magelone  187. 

Tristan  u.  Isolde,  altfranzösischer  prosa- 
roman 8.  altfranz. 

Troubadours  in  der  metrik  Vorbilder  der 
minnesinger  334 — 38.  ihr  einfluss  auf 
Dantes  göttliche  comoedie  370  fg. 

Tyroler  sagen  (kloster  Sähen)  321—28. 

Volksbücher,  deutsche,  s.  Magelone. 

Warbeck,  Veit,  bearbeitet  die  französische 
Magelone  186-210  s.  dieses. 

Weigands  briefwechsel  375  fg. 

Wielands  Alceste  Vorbild  für  Schillers 
Braut  von  Messina  254 — 56. 

Wilds,  Seb.,  drama  von  der  schönen  Ma- 
gelone 207—10. 

wortbildungslehre:  über  principien  in  der 
entwicklung  der  wortbildungselemente 
374  fg. 


II.    VERZEICHNIS  DER  BESPROCHENEN  STELLEN. 


Tacitus,  Germania 

c.  XIU,  XIV  8.  131—43. 
Snorra  Edda  1  250,  4*  s.  110. 
Helr.  Bryuh.  6»-*  s.  110  fg. 


Atlm.  65«  s.  111. 
Völuspa  23^-«  s.  111. 
Wolfram  v.  Eschenbach,   Parzival  89,  9. 
8.  487.  —  stellen  register  s.  458. 


508 


WO&fBaOl8TBB 


m.    WORTREGISTER. 


Latelnlselu 

aggr^ari  s.  134. 
dignatio  s.  130—32.  s.  141 
ig. 


I; 


probatos  s.  135  fg. 
rabor  s.  137. 


Mittelhoehdentselu 

bedentnng  n.  construction 
von  darfen,  kannen,  müe- 
zen,  mugcn,  solo,  tugen, 
tnrren ,  wellen ,  wizzen, 
8.  Wortregister  anter  mit- 
telhochdeutsch. 

lausche  s.  447—58. 


Alemmimiseli« 

absluk  s.  476  anm.  7. 
b'schneideselkopf  s.  475 

anm.  11. 
berzä  s.  464  anm.  6. 
blos  8.  474  anm.  2. 
buger  8.  462  anm.  2. 
bnggel  8.  475  anm.  17. 
chätschen  s.  476  anm.  4. 
cho  8.  475  anm.  6. 
chand  s.  474  anm.  7. 
cobido  8.  478  anm.  4. 
dfirbyra  s.  463  anm.  2. 
fusterli  s.  466  anm.  4. 


ginen  s.  471  anm.  1. 
giritse  s.  473  anm«  6. 
glaub  8.  474  anm.  8. 
greie  a.  475  anm.  1. 
grüslich  8.  475  anm.  15. 
ha^el  8.  475  anm.  7. 
hei  8.  475  anm.  16. 
hofgeiss  8.  464  anm.  4. 
Joggel  8.  474  anm.  3. 
kärdlen  s.  473  anm.  3. 
keisere  8.  465  anm.  5. 
kläpf  dih  8.  465  anm.  2. 
kleiderigs  s.  475  anm.  9. 
kratto  8.  475  anm.  12. 
lätfeigen  s.  469  anm.  1. 
latschen  s.  476  anm.  3. 
Lisi  Popert  8.  464  anm.  8. 
löthig  8.  474  anm.  5. 
mensch  s.  474  anm.  4. 
Michel  Weggfisser  s.  462 

anm.  3. 
mfisestiel  s.  476  anm.  6. 
Nydle  s.  464  anm.  7. 
Pratiff  8. 462  anm.  1. 
pntsch  8.  465  anm.  3. 
r&uggcle  8.  475  anm.  14. 
rauperey  s.  462  anm.  4. 
refc  8.  476  anm.  1. 
reh  8.  465  anm.  6. 
riesterment  s.  464  anm.  1. 
runtzifahl  s.  466  anm.  1. 
saldaten  s.  472  anm.  2. 
saloba  s.  465  anm.  4. 


schleiken  8.  463  anm.  3. 
sehlottermilch  8.466  anm.  3. 
speller  b.  474  anm.  6. 
strohl  8. 468  annL  5. 
tägd  8. 464  anm.  3. 
tatach  6.  468  anm.  4. 
thöl  8. 478  anm.  1. 
übercho  8  475  «nsL  10. 
nse  8.  474  anm.  9. 
wageaohopf  8. 476  anm.  2. 
wends  8.  473  anm.  3. 
wette  8.  475  anuL  5. 
wiben  8.  475  anm.  8. 
Wittligen  s.  474  anra.  1. 
wohlh&ngstä  s.  463  anm.  1. 
zapf  dib  8.  465  anm.  2. 
zürilakfiechige  8. 463  anm.  5. 

Neulioehdevtaek* 

baselmann  8.  492. 
beigeschirer  usw.  8.  492. 
dachet  s.  492. 
hampelmann  s.  493. 
judenspiesa  8.491. 

i'anker  8. 493. 
:nocken  s.  492. 
Lorenz,  kmmmer  8.  491. 
momper  s.  492. 
passen  s.  492. 
schalaundecke  s.  492. 
siemann  s.  492. 
vippem  s.  49@. 


Halle  a.  8.,  Boohdmckenl  des  Vaiaenhaows. 


I  n-  h.  a  1  t  / 


Ekkoliants  „püporjilum   ilo   vita  Akxanilri  maK"i"   ""'l  ilii-  llixtHrin 

i\p  jireliis.     Von  j\(l.  Aa»f«I<I 

Kidien.     Vnii  K.  Lucne 

Dnimtni  Dnd  (tramniikcr  des  sechszohntm  jnbrliundcrtx.    l.  lins  driunit 

von    Heli    luiil    seinun    HÜhnün.      3.    MattliüuK    ScbnsrHclmid. 

3,  ICsther.     Von  Hugo  UolEtein ...     401 

IkT  begriff  der  kttuehe  bei  Wolfram  vun  Eichünbacb.    Voo  K.  Kinzol     447 
Zn  den  huzerner  dorfspiolca.     Von  Uenward  Brandsiottcr  .     . 
Zu  riiriatian  und  Friedrich  Leopold   ton  Stolbergs  Jiigcndge<ü«li(i9L 

Von  Carl   SohUddekopf 4^ 

Zu  TlKimaa  Naograrg»  ({diunsorl.     Von  Hurq  UoUlein     .     . 

Zii  pgmvftl  2Jl.'J.    Von  J.  Zlngerle 

S(>Ib«tbiogrii|>liic  l^t^s  Johannes  Nosus-     Von  .1.  ZJn([«trle       ,     , 
Fipjliof^cr  hrucliKtliek  von  .lcn>^chiiis  ■'bronik.     Vcm  Raelii'l    . 


Mi) 


nd   Litteratur. 


Lwikographtsdic  naclitrOBe  tm  Bd.  XVI.  XVII.    Von  A.  Birlingcr 

Naclitrag  zn  18,:i80  (viu  bncf  Lachmanns) 

Bio  lita  Aloiandri  magni  dv»  arohiprc-sbyien  Leu  tiomasg.  von  (>.  Lu^j 

giaT;  nngc2.  von  Ad    Ausfold-    493.  —  Ang.  IIi!ttl(<r,    ScIitUdH 

dramen.     Eini^  liihliogrnplilt^;  angi'n.  von  0.  KiMtuor.    49S. 

dcalschca  bandMvrkt'i?)iiH,    licrauxg.   von    Iticb.    Jonas;  nngre.  - 

Hugo  Holstein.    bO'2.